3a. / SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DEE WISSENSCHAFTEN PHILOSOPHISCH - HISTORISCHE CLASSE. FUNFUNDSECHZICSTER BAND. WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI KARL QEROI.D'S SOHN, BÜCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1870. I SITZUNGSBERICHTE DER PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE DEK KAISEULICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. FUNFUN0SECH2ICSTER BAND. Jährgang 1870. — ■ Heft I bis IV. if^ WIEN. AUS DEB K. K. HOF- UND STAATSDKUCKEßEI. IN COMMISSION BEI KARL GEEOLD'S SOHN, BÜCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1«70. As INHALT. Sfite Sitzung; vom 6. April 1870 3 Sitzung vom 20. April 1870 / 4 Sitzuni; vom 27. April 1870 4 Müller, Indogermanisch und Semitisch. Ein Beitrag- zur Würdigung- dieser beiden Spraehstänime 5 Schulte, Zur Geschichte der Literatur über das Dekret GratiauS. Dritter Beitrag 21 Kvicala. Untersuchungen auf dem Gebiete der Pronomina, besonders der lateinischen 77 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 1S7 Sitzung vom U. Mai 1870 163 Sitzung- vom IS. Mai 1870 164 Phillips, Über das iberische Alphabet 165 Bergmann, Die Nominale der Münzreform des Chalifen Abdulmelik . . 239 Uöfler, Abhandlungen aus dem Gebiete der alten Geschichte. III. Unter- suchung der Frage, ob Griechenland mit der Zerstörung Korinths römische Provinz geworden sei 267 Pfizmaier, Die Lebensverlängerungen der Männer des Weges . Karajan, Zu Seifried Helbling und Ottacker von Steiermark . Schröer, Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gotschee Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften- ...... 311 377 391 Sil II Seite S^illzung vom 1. Juni 1870 515 Sit^eun^a^ vom 15. Juni 1870 516 S«Htzun^ vom 22. Juni 1870 517 Phillips, Die Einwanderung der Iberer in die pyrenäische Halbinsel . 519 Karajan, Zu Seifried Helbling' und Ottaeker von Steiermark .... 565 Höfler, Abhandlungen aus dem (iebiefe der alten Geschichte. IV. l'ber die richtige Abgrenzung- der alten Geschichte gegen das Mittel- alter 577 Müller, Bemerkungen über zwei armenische Keil-Inschriften .... 589 Schulte, Die Compilationen Gilberts und Alanus 595 Sachau, Zur ältesten Geschichte des muhammedanischen Rechts . . . 699 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 725 Ü»i<:£iing vom 6. Juli 1870 729 S^iixuii^ vom 13. Juli 1870 729 SiiKuiig vom 20. Juli 1870 730 Phillips, Eine baskische Sprachprobe nebst Einleitung und Commentar 731 Pfizmaier, Die Anwendung und die Zufälligkeiten des Feuers in dem alten China 767 Uöfier, Anna von Luxemburg, Kaiser Karl's IV. Tochter, König Richard's II. Gemahlin, Königin von England. 1382—1394 813 Hofmann, Über den Verlobungs- und den Trauring 825 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 8o5 SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENS! HAUEN PHILOSOPHISCH -HISTORISCHE CLASSE. LXV. U\d. I. HKKT. JAHRGANG 1870. — APRIL. Coniu)is$ioii8l)ei'icht. 3 SITZUNG VOM 6. APRIL 1870. Der pi-ov. Secretär legt vor: 1) drei von Dr. Behrnauer in Dresden eingesendete Proben aus dem von ihm vorbereiteten pbotolithograpbischen orientalischen Album; 2) ein Schreiben des Herrn Prof. Peters in Graz, womit derselbe anzeigt, dass die Freunde des verstorbenen Hofrathes Dr. Franz Unger demselben ein Denkmal in Graz zu errichten beab- sichtigen, und die Mitglieder der Akademie zur Theilnahme daran einladet; 'S) eine von Herrn Prot. Dr. Friedrich Ritter v. Schulte in Prag eingesendete Abhandlung: „Zur Geschichte der Literatur über das Decret Gratians. Dritter Beitrag". Das w. M. Herr Hoi'rath Phillipps legt „Eine baskische Sprachprobe nebst Einleitimg und Commentar" vor. Das c. M. Herr Prof. Dr. Theodor Gomperz legt eine für die Sitzungsbesichte bestimmte Abhandlung vor: eine Bearbeitung des herculanensischen Papyrus Nr. 1021 (Collectio altera Vol. I Fase, 5) nebst Einleitung und erklärenden sowie kritischen Anmerkungen. Commissionsberichf. SITZUNG VOM 20. APRIL 1870. Das w. M. Hr. HotVatli Ritter v. Miklosich legt eine Abhandlung vor für die Denkschriften „Albanische Forschungen.-* I. „Die slavischen Elemente im Albanischen." Das w. M. Herr Prof. Dr. Friedrich Müller überreicht eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: „Indogermanisch und Semitisch. Ein Beitrag zur Würdigung dieser beiden Sprach- stämme'". Der prov. Secretär legt vor: 1) die von Dr. Kürschner, Adjunct im k. u. k. Reichsfinanz- archiv, zur Aufnahme in die akademischen Druckschriften einge- sendeten „Regesten zur Geschichte des Herzogthunis Troppau (1081 — 1064)" aus dem Nachlasse des Professors Kopetzky; 2) ein von dem k. k. Bezirkshauptmann in Jaroslau, Herrn F. Chlebik, eingesendetes Manuscript : „Die Philosophie des Bewussten und die Wahrheit des Unbewussten" mit dem Gesuche des Verfassers um Aufnahme desselben in die akademischen Schriften. SITZUNG VOM 27. APRIL 1870. Das c. M. Herr Prof. Dr. Kvicala in Prag sendet zur Auf- nahme in die Sitzungsberichte eine Abhandlung; .,Untersuchungen auf dem Gebiete der Pronomina, besonders der lateinischen". Das vv. M. Herr Regierungsrath Birk legt vor: „Kaiser Rudolf des n. Polizeiordnung für das Erzherzogthum Oesterreich. Von Beda Pi r i nge i- Herr Dr. Franz Stark hält einen Vortrag über „die Irrthümer in der heutigen Forschung über deutsche und keltische Personen- namen-'. M ii 1 1 e r , Indogermanisch und Semitisch. Indogermanisch und Semitisch. Ein Beitrag zur Würdigung dieser beiden Spraehstäiiime von Dr. F r i e d i' i c h Müller, Professor an der Wiener Universität. Zu den Fragen von ganz besonderer Wichtigkeit und der grössten Tragweite, mit welchen die höhere vergleichende Sprach- wissenschaft noch lange sich wird beschäftigen müssen, gehört jene über das Verhältniss der beiden am meisten entwickelten Sprach- stämme, des indogermanischen und des semitischen, zu einander. Die Frage ist gar nicht so einfach als sie auf den ersten Anblick erscheint, und ich glaube sogar, dass die Wissenschaft heutzutage noch nicht auf dem Punkte steht, um sie vollkommen und unzweifel- haft zu erledigen. Die Tragweite dieser Frage bezieht sich nicht nur auf die Sprachwissenschaft, sondern auch, und in noch grösserem Masse, auf die Naturgeschichte des Menschen, die Anthropologie. Gelingt es nämlich der Sprachwissenschaft den Beweis zu führen, dass zwischen Indogermanisch und Semitisch eine unzweifelhafte Ver- wandtschaft besteht, dass beide Sprach-stämme , welche die Wissen- schaft bisher geschieden hat, auf eine Einheit zurückweisen, aus welcher sie sich durch einen langen und eigenthümlichen Process herausdifferenzirt haben, so ist damit auch theilweise bewiesen, dass Volksthum und Rasse sich gegenseitig decken und dass auch die fernere Möglichkeit vorhanden ist, Rassen-Entwicklung und Sprach- Entwicklung in die genaueste Parallele zu bringen. Natürlich muss dieser Beweis methodisch geführt werden und darf sich nicht ohne vorhergegangene strenge Prüfung der Grundlagen auf die Hervorhebung zufälliger Ähnlichkeiten einlassen. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. I. Hft. 2 6 Müller Wenn ich, trotz der oben abgegebene» Erklärung, dass eine entscheidende Lösung dieser Frage heute noch nicht zur Reife ge- diehen sein dürfte, es dennoch unternehme, in dem vorliegenden Auf- sätze dieselbe zu behandeln, so bestimmt mich dazu einerseits der Umstand, dass ich damit den noch immer auftretenden dilettantischen Versuchen Indogermanisch und Semitisch für verwandt zu erklären, ein Ziel setzen möchte, andererseits das Bedürfniss, diese Frage nach dem gegenwärtigen Standpunkte der Spraciiwissenschaft erwogen zu sehen. Vom letzteren Gesichtspunkte aus muss ich freilich gestehen, dass sich in mir die Überzeugung festgesetzt hat. Indo- germanisch und Semitisch seien zwei grundverschiedene Sprachstämme, deren jeder einen vom anderen unabhängigen Ursprung voraussetzt und ich befinde mich in BetrelV der Sprachschöpfung im vollkommensten Einklänge mit einem der bedeutendsten modernen Naturforscher, Ernst Häckel, welcher Sprache und Rasse fürzM'ei von einander unabhängige Sphären betrachtet und den Ursprung der Sprache nach bereits vollzogener Rassen-DiflFerenzirung ansetzt. Damit nun Jedermann über die Berechtigung einer solchen Ansicht, womit leider über manche mit einem grossen Aufwände von Scharfsinn und Gelehrsamkeit gelieferte Arbeiten der Stab gebrochen ist, ein selbstständiges Urtheil sich bilden könne, werde ich beide Sprachstämme einer vergleichenden Betrachtung unterziehen und dabei so verfahren, dass auch der sprachwissenschaftlich nicht Gebildete den von mir vorgebrachten Thatsachen mit Leichtigkeit folgen kann. Indogermanisch und Semitisch. 7 A. Die Laute. 1. Consonaoten. Die indogermanische Ursprache hatte folgende Consonanten: t d dli 11 y r s p b(?) bh m V Der Laut h, der in der späteren f^poche der indogermanischen Sprachen auftritt, ist das Residuum des Aspirations- oder des Assihilations-Processes, also entweder aus gh, dh,hh oder ans« hervorgegangen. Die semitische Ursprache dagegen hatte folgende Consonanten : k 1} / k h / g y t s t s s d z(?) n l p f b r m Wenn wir lieide Lautsysteme mit einander vergleichen, so «rsehen wir daraus folgende tief eingreifende Unterschiede : Wahrend die indogermanischen Sprachen innerhalb der drei vorhandenen Organreihen: Guttural, Dental und Labial die tönenden Aspiraten gh, dJi, bh (zu g, d, b gehörig) entwickelt haben, sind die semitischen Sprachen in derselben Richtung innerhalb der Stumm- laute vorgegangen. — Wie in den indogermanischen Sprachen gh, dh, bh der Reihe y, d, b, gehen in den semitischen h, s, f der Reihe k, t, p parallel. Und wie im Indogermanischen gh, dh, bh schliesslich in vielen Fällen in h aufgehen . so dass dieses nach Aufgeben des festen Theiles als Residuum des Aspirationsprocesses übrigbleibt, ebenso treffen wir im Semitischen aus k den Laut / und aus t den Laut h (wahrscheinlich durch die Mittelstufen th, s) entwickelt. Während in den indogermanischen Sprachen unzweifelhaft der Laut r primitiv ist, da er innerhalb der Consonantengruppen gegen- über / viel häufiger auftritt, ist in den semitischen Sprachen umge- kehrt der Laut / der ältere. 2» 8 Müller Das semitische Consonantensysteni unterscheidet sich aber vom indogermanischen noch in einem wesentlichen , demselben eigen- thümlichen Punkte, nämlich in der Entwicklung emphatischer Stumm- laute innerhalb der Guttural- und der Dental-Reihe, welche auch in Betreff der Entwicklung den gewöhnlichen Gutturalen und Dentalen parallel gehen. Neben dem gewöhnlichen k (hebräisch "j, arabisch ^) finden wir nämlich noch ein zweites, welches wir mittelst k bezeichnen (hebräisch p, arabisch j), welches im Gegensatze zum ersteren ursprünglich durch eine grössere nach Innen gezogene Energie der dabei betheiligten Organe erzeugt wird. In demselben Verhältnisse wie k zu k steht auch t (hebräisch ü, arabisch \o>) zu t (hebräisch p^, arabisch O). Gleichwie nun k zu h und /, t zu s und h sich entwickeln, ent- wickeln sich auch k zu h und c und t zu s und i. Der Laut c (hebräisch y, arabisch P und p} ist eben ein Residuum des Aspira- tions- und Assibilations-Processes der emphatischen Laute k und t', er verhält sich also zu i* (hebräisch n, arabisch 1) ebenso wie k, t zu k, t sich verhalten. — Das dies wirklich der Fall ist, beweisen der Übergang des hebräisch-arabischen t, s in / in den aramäischen Dialekten und die Aussprache des Ä- als c in einigen vulgärarabischen Idiomen, abgesehen davon, dass auch aus der älteren Sprache Fälle, worin c älterem A: gleich ist, sich beibringen lassen. Wenn wir diese Punkte überblicken , so stellen sich schon in Betreff der Consonanten folgende Unterschiede zwischen Indoger- manisch und Semitisch heraus: I. Während Indogermanisch zu den tönenden g, d, b parallele Aspiraten gh, dh, hh entwickelt hat, sind dieselben im Semitischen zu den stummen Ä', t, p als h, s, s und /'vorhanden. IL Während im Indogermanischen von den beiden flüssigen Lauten /, r der letztere ursprünglich ist, scheint im Semitischen / der ursprüngliche zu sein. III. Im Semitischen finden sich zu den Stummlauten der guttu- ralen und dentalen Classe parallele emphatische Laute entwickelt, während dem Indogermanischen dergleichen Laute ganz abgehen. Indogermanisch und Semitisch. 9 2. Yocale. Die ursprüngliche Vocalreihe des Semitischen ist folgende: a i u Dagegen stellt sich die ursprüngliche Vocalreihe des Indoger- manischen folgenderniassen dar: a i u ai au Die Vocallängen sind in beiden Sprachstämmen etwas Seeun- däres und verdanken wahrscheinlich einerseits der Zusammenziehung, andererseits dem Accente ihre Entstehung. Was dagegen die Diphthonge ai, au betrifft, so sind sie ursprünglich nur dem Indogermanischen eigen und weichen später in beiden Sprachstämmen, ihren Ursprung anlangend, von einander sehr ab. Während ai, au im Semitischen stets ein Zusammenziehungs- product aus « -f- ^, a-\-ii, respective a-\-y, a-\-v sind, erscheinen dieselben im Indogermanischen neben derselben Geltung als a-\-i, a -j- M auch als Steigerungen von i und u. An Stelle eines wurzel- hat'ten i oder u treffen wir, ohne dass irgend ein lautliches Moment dieser Veränderung namhaft gemacht werden könnte, die Laute ai oder au, eine Erscheinung, für welche aus der semitischen Ursprache kein Beleg beigebracht werden kann. B. Die Silbe. 1. Aolaat. Im Indogermanischen ist sowohl consonantischer als auch Tocalischer Anlaut der Silbe gestattet. Beim consonantischen Anlaut ist die Sprache nicht auf einen einzelnen Consonanten beschränkt, sondern kann auch mehrere Consonanten zu einer Gruppe ver- einigen. Im Semitischen muss jede Silbe mit einem Consonanten beginnen; es sind sowohl vocalischer Anlaut als auch der Anlaut mit mehr als einem Consonanten ausgeschlossen. l 0 M ü 11er !2. Auslaat. Was den Auslaut der Silbe betrifft, so sind im Semitischen nur zwei iMöglichkeiten vorhanden; die Sprache kann sie entweder mit einem Vocal oder mit einem einfachen Consonanten schliessen lassen. Das Indogermanische kennt eine solche Beschränkung nicht; hier wird der Schluss der Silbe mit mehr als einem Consonanten gestattet. t C. Die Wurzel. In beiden Sprachen zerfallen jene Elemente, in welche sich der gesammte Sprachstoff auflösen lässt und welche, falls der an ihnen haftende Sinn nicht zerstört werden soll, als untheilbar gelten müssen, in zwei Kategorien, nämlich Objectiv- oder Stoffwurzeln (auch Verbalwurzeln genannt) und Subjectiv- oder Formwurzeln (auch Pronominalwurzeln genannt). Während aber in Betreff des Baues der letzteren Indogermaniscli. und Semitisch mit einander übereinstimmen , insofern als dieselben durchgehends einsilbig sind, weichen sie in Betreff der ersteren von einander wesentlich ab. Die Verbalwurzel ist im Indogermanischen stets einsilbige Im Semitischen dagegen ist dasjenige Element, welches der indo- germanischen Verbalwurzel parallel geht, durchgehends aus drei Consonanten aufgebaut und wurde ursprünglich wahrscheinlich auch dreisilbig gesprochen. In der That dürften diese dreiconso- nantigen Formationen keine Wurzeln sein , sondern Bildungen, in denen die Wurzeln bereits zu festen concreten Anschauungsausdrücken verarbeitet vorliegen. Der Process, durch welchen diese Elemente aus den einsilbigen Wurzeln sich entwickelt haben (und dies voraus- zusetzen ist eine theoretische Nothwendigkeit) ist in völliges Dunkel gehüllt. So lange dieses Dunkel nicht gelichtet ist, und zwar auf eine strenge methodische Weise, sind die Wurzeln des Indogermanischen und des Semitischen im Verhältniss zu einander irrationale Grössen^ welche mit einander nie verglichen werden dürfen. Iiittog-ermaiiisch und Semitisch. 1 1 D. Das Wort. Die Bildung des Wortes aus der Wurzel geht in beiden vSpraeh- stämmen sowohl durch äusserö als auch durch innere Mittel vor sich. Unter den ersteren, den äusseren Mitteln, begreifen wir die Verbindung der Pronominalwurzeln mit den Verbalwurzeln, Im Indo- germanischen wird stets die Pronominalwurzel an die Verbalwnrzel angehängt; das Indogermanische kennt also, was die Stellung der formalen Elemente zu den stofflichen anbelangt, nur Suffixe. Anders das Semitische. Dieses gestattet nicht nur wie im Indo- germanischen, Anfügung der formalen Elemente an die stofflichen, sondern auch Vorsetzen der ersteren vor die letzteren, d. h. es kennt nicht nur Suffixe, sondern auch Präfixe. Unter den inneren Mitteln der Wortbildung begreifen wir die Veränderung der W^ u rzelvocale. Das Indogermanische lässt bekanntlich in Verbindung mit dem äusseren Mittel der Suffigirung auch eineAffection desVocals der Wurzel eintreten, wodurch derselbe gesteigert, d. h. a bald zu a, bald zu ü, i zu ai, u zu au erhoben wird. Diese Steigerung bewegt sich stets innerhalb der Sphäre des ursprünglichen Vocals; aus i kann nur ai, aus u kann nur au werden, nicht aber kann ai aus u oder au aus i entstehen. Anders das Semitische. Hier wird nicht auf die Sphäre des ursprünglichen V^ocals Rücksicht genommen, sondern jener Vocal, der durch das Gesetz eines bestimmten Typus gefordert wird, muss ohne Rücksicht auf den primitiven Vocal, wenn im Semitischen über- haupt von einem solchen die Rede sein kann, eintreten. Während also das Indogermanische aus der Wurzel lik laik-a (griech. /ot7r-ö-) bildet, aus der Wurzel btulh baudh-a, bildet das Semitische von Jlä (kutala) — J-Iä (katiluu), von öj>- (hazina) — ^yj^ (hazlnunj, von ^^^-.^'^ (hasunaj — ^•*-.»- (hasmunj, von y^ (katala) — ^^^ (ma-kträun), \on öjs>- (hazina) — '^x^ fniahzünunj. 12 Müller E. Die Wortkategorien. In beiden Spraehstämmen gehen alle Redetheile, welche die Sprache kennt, in den beiden Gruppen: Nomen (arab. x^l) undVerbum (arab. J^ä) auf. Jeder Redetheil, sofern er nichtNomen oderVerbum ist, ist von einem oder dem andern derselben abgeleitet. Die alten, sowohl indogermanischen als semitischen Grammatiker waren dieser Erkenntniss sehr nahe; wäre ihnen das Wesen der vergleichenden und historischeu Grammatik aufgegangen, so hätten sie ohne Zweifel das Richtige gefunden. Was das Nomen betrifft, so kommt im Indogermanischen dem Substantiv, dem Pronomen der dritten Person und auch dem Adjectiv, sofern es mit dem Substantiv in Congruenz gesetzt wird, die Bezeich- nung des grammatischen Geschlechtes (Genus) zu. Dieses ist im Indogermanischen ein dreifaches, nämlich Masculinum, Femininum und Neutrum; jedes derselben hat seinen ihm eigenthümlichen sprach- lichen Exponenten. Das Semitische kennt auch ein grammatisches Geschlecht, aber einerseits nicht in demselben Umfange, indem nur zwei Kategorien sich finden, welche dem Masculinum und Feminino-Neutrum ent- sprechen, andererseits kommt die Bezeichnung des grammatischen Geschlechtes nicht nur dem Substantivum, Adjectivum und Pronomen der dritten Person, sondern auch dem Pronomen der zweiten Person zu. — Aber auch im Verbum finden wir an den Formen der zweiten und dritten Person das Genus bezeichnet, während im Indogerma- nischen von einer Genusbezeichnung am Verbum keine Spur vor- handen ist. Beiden Spraehstämmen ist eine im Geiste flectirender Sprachen gebildete Ziihlbezeichnung sowohl am Nomen als auch am Verbum eigen; beide haben drei Kategorien der Zahl, nämlich Singular, Dual und Plural entwickelt. In Betreff der Casusformen findet sich zwischen Indogermanisch und Semitisch eine grosse Abweichung. Während die älteste Form des Indogermanischen, die uns bekannt ist, acht grösstentheils von einander lautlich verschiedene Casus- bildungen zeigt, lassen sich im Semitischen höchstens drei ver- schiedene Casusformen, ich will nicht sagen nachweisen, aber doch, aus den vorhandenen Spuren zu schliessen, annehmen. I Indogermanisch und Semitisch. 1 3 Was das Verbum betrifft, so wird sein Bau im Semitischen, wie im Indogermanischen von dem Gegensatze der momentanen, vollen- deten und der sich entwickelnden, dauernden Handlung beherrscht. In der Ausführung weichen aber Indogermanisch und Semitisch von einander ab. Das Semitische kennt nur zwei auf den eben berührten Gegensatz basirte Formen, welche äusserlich durch die verschiedene Weise der Verbindung der Formelemente (Pronominalelemente) mit dem Stoffelemente (dem Verbalstamme) gekennzeichnet sind. Jene Form, welche zum Ausdrucke der vollendeten Handlung dient, wird durch Suffixe, jene dagegen, welche zum Ausdrucke der sich ent- Anckelnden Handlung bestimmt ist, wird durch Präfixe gebildet. Diesem einfachen Bau gegenüber, in welchem von einer näheren Bezeichnung der Zeit und Modalität der Handlung vollkommen Um- gang genommen ist, bietet das Indogermanische einen reich ent- wickelten Verbalausdruck dar. Neben den beiden deii oben erwähnten semitischen Formen entsprechenden Stämmen, dem Präsens- und Aoriststamme, kommt noch ein aus dem Bereich des Präsens (III. Classe im Sanskrit) sich herauslösender Perfectslamm in Anwendung und werden Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, sowie Wunsch, Möglichkeit und andere der Handlung anklebende Accidentien inner- halb der Verbalform durch lautliche Exponenten bezeichnet. Das Verbum kann im Indogermanischen durch Vortritt gewisser Partikeln determinirt werden. Diese Partikeln , obschon ein Theil derselben aus flectirten Nominalformen bestellt, deren Bedeutung abgeblasst ist, sind meistens reine, auf bestimmte räumliche und zeitliche Verhältnisse hinweisende Formelemente und in diesem Sinne dem Indogermanischen eigenthümlich. Das Semitische entbehrt der- selben und muss sie innerhalb des Satzes durch concrete Nominal- formen und innerhalb des Verbums durch den Process der Wort- bildung ersetzen. F. Die Wortzusammensetzung. Die Wortzusammensetzung (Composition) ist ein Übergriff des Wortes in den Satz. Es gibt bekanntlich viele Sprachen, bei denen die Scheidung von Satz und Wort gar nicht durchgedrungen ist. Das Indogermanische ist darin sehr massvoll, indem es nur jene 14 M ii i I e I- Abhängigkeitsvei'hältnisse, welche zwischen dem Nomen (auch Pro- nomenj und Adjectivum stattfinden können, in den Bereich der Wort- bildung aufnimmt. Also nui* Anschauungen wie „der Stadtbewohner", „mein Vater", schöne Blume", können in einem einzigen Aus- druck vereinigt ') und kaun danu dieser Ausdruck wie jedes andere Wort behandelt werden. Diese Ausdrücke zeigen uns die älteste Wortstellung der indogermanischen Sprachen, wornach der bestimmende Ausdruck stets vor dem bestimmten Platz fand. Etwas anders verhält sich die Sache im Semitischen. Dem Semitischen sind alle Wortzusammensetzungen des Indogermanischen, bis auf jene, worin ein Substantivum durch ein Pronomen bestimmt wird, unbekannt. — Hier ist nur Bestimmung eines Substantivums durch ein persönliches Pronomen gestattet und zwar muss vermöge der ganz umgekehrten Wortstellung des Semitischen, wonach der bestimmende Ausdruck dem bestimmten stets folgen muss, das Pro- nomen dem Substantivum suffigirt werden 2). Dass dieser Process in den semitischen Sprachen ein alter- t h ü m 1 i c h e r ist, beweisen namentlich zwei Umstände : 1. Der Umstand, dass die Pronominalsuflfixe stets in derselben kurzen Gestalt wie bei der Verbalbildung auftreten, mithin ebenso wenig wie hier etwa durch Verkürzung aus den vollen Formen ent- standen sein können. 2. Der Umstand, dass die lautliche Form derselben von jener der sowohl in den vollen Pronominalformen als auch im Verbum auftretenden Elemente grösstentheils verschieden ist. Neben diesem tiefgreifenden Unterschiede, welcher zwischen Indogermanisch und Semitisch sich nachweisen lässt, findet sich noch ein zweiter, der ein viel kühneres Eingreifen des semitischen Wortes in den Satz als dies innerhalb des Indogermanischen nach- gewiesen werden kann, otTenbart. Das Semitische nämlich ist im Stande das Object, sofern es durch ein Pronomen ausgedrückt ist, mit dem Verbalausdruck un- mittelbar zu verbinden. 1) Die Dvandva-Composition scheint «lern Indo-Eranischen ganz eigenthümlich zu sein und das Bahuvrihi geht bekanntlich auf ein Karmadhäraya zurück. 2) Wenn von einigen Gelehrten Subslantiv-Coniposlta (den indog'ermanischen Tat- yurushas gleichbedeutend} angenommen wurden, so war dies ein grober Frrthnm. fndogermniiisch und Semitisch. 1 0 Das Arabische kann dies sogar auf zwei Objecte, ein näheres lind ein entfernteres ausdehnen •). Die Form der Pronominalsuffixe, welche dabei angewendet werden, ist mit jener der Possessivsuffixe identisch, ein Beweis, dass auch dieser Process ein alterthümlicher ist und nicht etwa durch Zusammenrückung der einzelnen Elemente in späterer Zeit entstanden sein kann. &. Die EntwicklungsgescMchte beider Sprachstäiume. In der Entwicklung besteht zwischen Indogermanisch und Semitisch ein Gegensatz, wie er tiefer und einschneidender kaum gedacht werden kann. Die semitischen Sprachen gleichen einem aus Granit auf- geführten Bauwerke, das allen äusseren Einflüssen trotzt und sich immerwährend unversehrt erhält. Durch die scharfe Articulation der Sprachlaute und das Vorwalten gutturaler Consonanten, sowie des den Gutturalen am meisten verwandten a-V^ocales sind die semitischen Formen schon in ihren Elementen mehr geschützt, als die der anderen Sprachen. Dazu kommt noch der Bau der Silbe, welcher weder im Anlaut noch im Auslaute Anhäufungen von Consonanten duldet, in denen vornehmlich der Grund der Zersetzung, welche wir innerhalb des Sprachlebens wahrnehmen, gesucht werden muss. Der Umfang der Worte ist innerhalb der semitischen Sprachen sehr massig: so langgedehnte Formen, wie wir ihnen innerhalb der indogermanischen Sprachen gar nicht selten begegnen, sind hier nicht zulässig. Der Accent scheint so weit als möglich vom Ende sich entfernt zu haben, d. h. er st-.iud, da die meisten Formen der Sprache dreisilbig waren, sofern er von einer langen vorletzten Silbe nicht festgehalten wurde, auf der drittletzten Silbe. Durch den massigen Umfang wurden die Formen, da im Geiste einer flectirenden Sprache jedem Worte nur ein Hauptaccent zukommt, wunderbar conservirt. *) Wenn die mittel- und neiipersischen Dialekte verbale und nominale Pronominal- Sutfixe zeigen, so ist dies auf denEinfluss im ersten Falle der aramäischen Sprachen, im letzteren des Arabischen zurückzuführen. 16 Müller Die Summe aller Veräiideningeu . welche die semitische Ur- vsprache in Betreff der Formen durchgemacht hat und welche zusammengenommen mit dem verschiedenen Wortsatze den Unter- schied zwischen den einzelnen Sprachen des semitischen Stammes hegründen, kann, abgesehen von den sporadischen Erscheinungen der Aspiration und der Assimilation, durchwegs auf den Accent zurückgeführt werden. So lange als der Accent seine Stelle auf der drittletzten Silbe behauptete, war der Vocal der letzten Silbe durch den Gegenaccent, welcher auf ihr ruhte, geschützt. So finden wir denn auch im Ara- bischen, welches die eben beschriebene Accentuation zeigt, die voca- Jischen Ausgänge der Worte unversehrt erhalten. Als aber der Accent, namentlich bei vocalisch schliessenden Formen, von der drittletzten Silbe auf die vorletzte verrückt wurde, ein Process, welcher namentlich innerhalb der nordsemitischen Sprachen frühzeitig eingetreten zu sein scheint, da zeigte sich eine Reihe von Veränderungen innerhalb des Vocalismus, unter welchen folgende als die wichtigsten betrachtet werden können. 1. Wurde der Vocal der betonten Silbe häufig gelängt oder gesteigert; i wurde bald zu /, bald zu e, u bald zu ti bald zu d. 2. Der Vocal der letzten , auf die betonte vorletzte folgenden Silbe wurde in den kurzen Vocal e geschwächt und schliesslich ganz verflüchtigt. 3. Der Vocal der drittletzten nun unbetonten Silbe wurde, Avenn sie geschlossen war, ebenfalls geschwächt und ging dabei a bald in e, bald in i über. So lange man im Semitischen die Form ta-ktulu „du tödtest" mit dem Accent auf der drittletzten Silbe aussprach, wie dies im Arabischen der Fall ist, konnte sie sich unversehrt behaupten. Sobald aber der Accent auf die vorletzte Silbe übersprang, wie dies im Nordsemitischen bald eingetreten zu sein scheint , entstanden die Formen te-ktul, ti-ktöl, wie selbe die aramäischen Sprachen und das Hebräische darbieten. Ebenso sind hebräisch kdtal, aramäisch ketal „er hat getödtet", durch Veränderung des Accentes aus dem im Ara- bischen erhaltenen urseniitischen katala (auf der drittletzten Silbe betont) hervorgegangen. Die Hauptveränderung, welche die Formen des Semitischen im Laufe der Zeit erlitten haben , besteht demnach in der Zerrüttung Indog'ernianisch und Semitisch. J 7 der Vocal Verhältnisse, d. h. in der Verkiirzung, der Verlängerung, dem Abfall und der Zusamnienziehung der Vocale. Diejenigen Ver- änderungen, welche die Consonanten betreffen, kommen dagegen beinahe gar nicht in Betracht: sie beschränken sich auf den Abfall und die Assimilation des u an folgende consonantische Laute (nament- lich im Nordsemitischen) und das grössere oder geringere Fort- schreiten des Aspirations- und Assibilationsprocesses in den ein- zelnen Dialekten. Dadurch aber sind auch die grösstentheils con- sonantiscben Formelemente, namentlich die Suffixe, einerseits vor der Zersetzung und dem Abfall bewahrt, andererseits nicht der Gefahr ausgesetzt, mit den Stoffelementen zusammengeschweisst und ihrer lautlichen Selbstständigkeit beraubt zu werden. Eben diesem Um- stände, dass nämlich das consonantische Gerippe der Formen mitten im mannigfachen Wechsel der Vocale vollkommen unversehrt bleibt, haben die semitischen Sprachen jenem von uns oben genannten gra- nitenen Bau zu verdanken. In Folge dessen weichen die semitischen Sprachen, wenn man von dem einer jeden derselben eigenthümlichen Wortschatze absieht, von einander viel weniger ab, als wir dies an Sprachen anderer Stämme wahrnehmen können. Kinen von dem oben geschilderten ganz abweichenden Typus bieten die indogermanischen Sprachen dar. Hier tritt selbst in den älteren Formationen derselben eine Reihe von zersetzenden Laut- processen auf, welche sich sowohl auf die Vocale als auf die Consonanten beziehen '). Der anfänglich auch mit Consonanten- gruppen zulässige Anlaut wird später in den einzelnen Sprachen einer grösseren oder geringeren Beschränkung unterworfen, wo- durch die Formen im Anlaute bedeutende Einbussen erleiden. Auch der Auslaut wird eigenthümlichen auf der Erschlaffung der Articu- lationskraft beruhenden Lautgesetzen unterworl'en, wodurch das Wort in den Suffixelementen geschädigt wird. Nach und nach stellt ^) Die wichtigsten auf die Vocale heziiglichen Lautgesetze sind : Schwächung Schwund, Trübung, (durch umgebende Consonanten) Dehnung, (namentlich Ersatzdehnung) und Umlaut (durch nachfolgende Vocale). Viel mannigfaltiger sind die auf die Consonanten sich beziehenden Gesetze, deren wichtigste folgende sein mögen: Organwechsel (am ausgedehntesten bei den Gutturalen, welche in Dentale und Labiale überspringen können), Palatalisirung der Gutturale (in den eränischen und indischen Sprachen und durch folgende e- und «-Vocale verursacht in den 1 8 VI ii I 1 e r sich eine gewisse Scheu vdii Fjftutgruppeii im Inneren ein, die eben auch in der Erschlaffung der Articuh-itionskralt begründet ist, womit das vollständige Zusammenschmelzen der Formelemente mit den Stoffelementen eingeleitet wird, so dass die einzelnen Wortl'onnen in dieser Periode Lautcomplexe darstellen, die ohne Kenntniss des nach und nach eingetretenen lautlichen Processes nicht mehr in ihre ursprünglichen Elemente aufgelöst werden können. Durch diese Vor- gänge können Wortformen , welche ursprünglich identisch waren, ihre Gestalt derart verändern, dass selbst das geübteste Auge und Ohr, nach den Formen selbst zu urtheilen, gar keine Verwandtschatt herauszufinden vermögen. Während Anfangs der Accent diesen Veränderungen ferne «tehl, macht sich in der späteren Sprachperiode sein Einfluss immer mehr und mehr geltend. Diese soeben in Kurzem beschriebenen Processe bringen es mit sich, dass mehrere Sprachformen, welche Anfangs lautlich strenge geschieden waren, zusammenfallen, wodurch, da der Trieb der Sprache nach Klarheit und Bestimmtheit immer derselbe bleibt, die Herbeiziehung äusserer H i 1 fs m i 1 1 e I nothwendig erscheint. Diese an die Form von aussen tretenden, aus Stoffelementen gebildeten Formelemente suchen dann wieder wo möglich mit der- selben zu verschmelzen, so dass sich der Process, wie er in der Periode der Sprachhildung bestand, wenn auch zwischen zwei ver- schiedenen Factoren, wiederholt. Die einzelnen Sprachen erhalten auf diese Weise einen ganz eigenthümlichen Typus, in welchem sie, gegenseitig mit einander verglichen, kaum den gemeinsamen Ur- sprung aus einer Quelle ahnen lassen. slavischen Sprachen) und der Dentale (im Litauischen), Aspiration und Assibilation (durch die umg^ebenden Consonanten oderVocale hervorgerufen), Zetacisoius (d. h. die Wandlung des y in z oder j und V^erschmelzung desselben mit dem vorher- gehenden Consonanten . im Griechischen und Altslavischen), Anähnllchung und Angleichung (sowohl nach vorwärts als auch nach rückwärts), ferner Ekthlipse. Alle diese Processe finden sich schon in den älteren Formationen des Indoger- manischen: in den jüngeren Sprachen nehmen sie in Verbindung mit noch anderen .«»0 »ehr überhand , dass die alten Wortformen in den neuen fast gar nicht 7.u erkennen sind (ndocrerm.'tnisch und Semitisch. \y H. ScMussbetrachtung. Wir haben in dem bisher Vorgetragenen die Form der semi- tischen und der indogermanischen Sprachen einer vergleichenden Betrachtung unterzogen und gefunden, dass hierin zwischen beiden gewaltige und tiefgreifende Unterschiede bestehen; den Stoff haben wir absichtlich gar nicht berührt, da eine tiefere Untersuchung des- selben uns hier zu weit führen würde. .\ber wir künnen in Betreff desselben doch eine Bemerkung nicht unterlassen, njimlich dass eine sporadisch nachweisbare, begriflfliclie und lautliclie Übereinstimmung in den Form elementen (den sogenannten Pronominalwurzeln) zwischen zwei Sprachen von keinem besonnenen Sprachforscher als Zeichen gemeinsamen Ursprunges angeführt werden darf. Die Pronominalwurzeln sind nämlich einsilbige, ursprünglich nur aus Vocal oder aus Consonant und Vocal bestehende Lautcomplexe, welche auf relative Verliältnisse hinweisen. Da nun weder in der einen nocli in der andern Richtung grosse Variationen möglich sind, so kann entweder ein gewisses subjectives, überall gleichmässig vorhandenes Sprachgefühl oder der höse Zufall an solchen [Überein- stimmungen Schuld tragen. Wenn wir nun zwischen den beiden uns interessirenden Sprach- stämmen verschiedene Anlagen in Betreff der Form und eine diesem entsprechende verschiedene Entwicklungsge- schichte wahrnehmen, so werden wir wohl keinen Fehlschluss machen, wenn wir den Ursprung beider aus einer gemeinsamen Quelle läugneu. Denn wenn wir annehmen, dass beiden Sprachstämmen eine nun nicht mehr existirende in ihnen aufgegangene Urspraclie zu Grunde liegt, so müssen wir dann ferner annehmen, dass die Anlagen ihrer Form der Form des einen oder des anderen Sprachstammes gleich gewesen sind, und mithin diese Ursprache entweder im [ndo- germanischen oder im Semitischen fortlebt. Dann wären aber aucli weiter die Gründe nachzuweisen und zu erklären . welche den einen Sprachstamm zu einer von dem andern total verschiedenen Ent- wicklung der Form gedrängt haben. Wenn man beide Sprachstämme vom rein formalen Standpunkt betrachtet , so zeigt gewiss der semitische eine viel grössere Alterthümlichkeit und Ursprüngliclikeit 20 Müller, Indogermanisch und Semitisch. als der indogermanische. Demnach wäre die indogermanisch-semi- tische Ursprache mehr dem Semitischen als dem Indogermanischen nahe gestanden. Die Forschung hätte daher die Gründe zu ent- wickeln, welche zu einer Abweichung des Indogermanischen von dem ursprünglichen Typus geführt haben und die Gesetze nach- zuweisen, nach welchen dieselbe eingetreten ist. Die über das supponirte Verwandtschaftsverhältniss zwischen Indogermanisch und Semitisch bisher angestellten Untersuchungen, wenn man sie überhaupt also nennen kann, haben die ganze Sach- lage umgekehrt und das Indogermanische für alterthümlicher als das Semitische angenommen. Denn nur unter dieser Voraussetzung begreift es sich, dass in den semitischen Verbalwurzeln der Eine indogermanische Nominalbildungen, der Andere indogermanische mit Präpositionen componirte Wurzeln wittert und ähnliche grundlose Behauptungen, welche die Wissenschaft strenge zurückzuweisen verpflichtet ist. V. Schulte, Zur Geschichte der Literatur über das Dekret Gratians. III. 2 1 Zur Geschichte der Literatur über das Dekret Gratians. Dritter Beitrag. Von Dr. Joh. Friedrich Ritter v. Schulte. Erstes Capitel*). Die Introductiones, Margaritae, Excerpta des Dekrets. I. Mit dem Decrete Gratian's und seiner Behandlung durch die Schule zu Bologna war für das canonisehe Recht eine vollständige Umwandlung erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkte gab es keine einzelne Sammlung, welcher die beiden Merkmale: Vollständigkeit hinsicht- lich des Stoffes und unbezweifeltes allgemeines Ansehen zukamen. Wohl genossen einzelne Sammlungen bedeutendes Ansehen, wie das De er et Burchard's, die Pannormie Jvo's; dies ergeben schon allein die vielen Citate aus dem ersteren bei den Glossatoren des zwölften Jahrhunderts und die ebenfalls erweisbare allgemeine Bekanntschaft mit der letztern. Aber schon die geringe Zahl der Handschriften vorgratianischer Sammlungen, welche auf uns ge- kommen sind, dürfte als Beweis gelten, dass die Verbreitung, min- destens der tägliche Gebrauch derselben keine auch nur entfernt mit *) Allen Handschriften, welche ich nicht selbst gesehen habe, setze ich ein * vor, sofern ich nicht ausdrücklich bereits .ingebe, worauf ich mich stütze. Die ange- führten P r a g e r und französischen Handschriften habe ich beschrieben in: Canonistische Handschriften der Bibliotheken ... in Prag. 1868. 4 (Abhandl. der kön. böhm. Ges. d. Wiss. VI. F. II. Bd. 1869), und Iter Gallicuiu (in diesen Sitz. Ber. LIX. B. S. 355—496), Wien. 1868. Sitzb. d. piiil.-liist. Cl. LXV. Bd. I. Hft. . 3 22 V. S c h u I t e der Verbreitung des Decrets ähnliche Dimensionen angenommen liat. Vieüeielit wendet man ein : es mögen die meisten Handschriften ver- loren gegangen sein. Ich gestehe aber, dass ich, ohne selbstver- ständlich die Thatsache zu bestreiten, dass durch Brand, Verbrauch, V^andalismus u. s. w. viele Manuscripte verloren gegangen sind, auf jenen Einwand kein grosses Gewicht lege. Einmal nändich glaube ich überhaupt nicht an die traditionelle Erzählung von solchem Unter- gange, weil die Menge der aufbewahrten Handschriften, so wie der Umstand dagegen spricht, dass mit Sicherheit nicht behauptet werden kann, es sei ein einziges Werk verloren gegangen i). Sodann wäre ein Verlust durch Brand u. s. w. doch immer nur in beschränktem Umfange eingetreten. Finden sich also — und das ist der Fall — von manchen Sammlungen in weiten Ländern keine Handschriften, so darf man auf geringe Verbreitung schliessen. Der wirkliche Ge- brauch der altern Sammlungen zeigt sich viel mehr durch Benutzen f ü r A n f e r t i g u n g neuer Sa m m 1 u n g e n zu besonderen Zwecken. Hieraus erklärt sich die enorme Zahl von Sammlungen aus dem 10., 11. und Anfange des 12. Jahrhunderte, welche noch ziemlich über die allgemein bekannte hinausgeht. Für diese Sammlungen bilden bald diese, bald jene älteren die Quelle. Mit einem Schlage nimmt seit dem Auftauchen des Decrets dieser ganze Zweig der Lite- ratur eine andere Gestalt an. Das Anfertigen von Sammlungen, die das im Decrete aufgenommene Material enthielten, hörte gänzlich auf; nur das Neue und das übersehene Alte sammelt man. Selbst das Abschreiben der vorgratianischen Sammlungen wird seitens). Die eiuentliche Literatur concentrirt sich auf und um das Decret. Hierin liegt zugleich der Beweis von dessen allgemeiner und unbe- 1) Bereits im 13. Jahrhundert lagen Schritten in Bibliotheken vergraben, die unser Jahrhundert /u Tage gefördert hat; die grössten Literarhistoriker des 13. iind 14. Jahrhunderts haben manche Schrift nicht gekannt, die wir kennen. Welche Masse von Handschriften v i e 1 b e n u t z t e r W e r k e es gab, beweisen die zahlreichen von den Werken einzelner Väter z. B. mancher Sachen von Augustinus Hieronymus u. s. w. ~) Um ein Beispiel zu geben. Von den 67 Codd. ms., die H i n s c h i u s in der Praef. zur Ausg. dar Becretalfs Pseudoisid. angibt, sind 17 jünger als das 12.Jahrh. Dazu kommt nun für ältere und jüngere noch eine Anzahl, die er nicht kennt, da» Verhältniss wird aber nicht alterirt. Und doch liatte man darin besonders eine ziemlicli voUstäiidige Sammlung der Cauones der alten Concilien. Zur Geschichte der Literatur über das Dekret Grntians. 111. -itt rstrittener Autorität. Einen weitem liefert die Art der Sciirit'ten, denen ilies Capitel gewidmet ist. IL Der Umlang' des Deerets gestattete nicht, dass sich Jeder ohne grosse Kosten in seinen Besitz setzen konnte '). Gleichwohl wurde dasselbe allenthalhen in der kirchlichen Verwaltung unent- behrlich, seitdem die Durchbildung der rechtlichen Verfassung der Kirche und die grosse Competenz der Kirche in Rechtsangele- genheiten nach der Mitte des 12. Jahrhunderts wohl nicht ohne maassgebenden Eintluss des Deerets sich vollzogen hatte. Es lag somit nahe, für das allgemeine Ijedürfniss und die nächste Orionti- vung Werke a nzu fertigen, wel che den Inhalt der wich- tigeren Gesetze w i e d e r g a b e n ^ j. Unzweifelhaft trat aber dieses Bedürfniss für das Decret so l'oi-t ein, weil die grösseren Werke (Apparatas, LecturaeJ sich regei- inässig dem Texte anschlössen. Denn dadurch erreicliten sie entweder einen sehr grossen Umfang oder setzten doch die Kenntniss des Textes, beziehungsweise den Vortrag eines Lehrers voraus. Aus diesem •Bedürfnisse erklärt sich zugleich, wesshalb neben dem Commentiren '■\rupi.' Diese von li o h e r t u s de Monte Cron. ad a. 1130 (P e r t z Mon. VIII. p. 430. '(iratianus episcopus Clusinus ) mitgetheilte Angabe findet sich sehr selten in Handschriften. 26 V. S c h u I t e Tours num. 347 saec. XIV. Berlin kön. Bihl. ms lat. 4". Num. 192. s. XIV. II. S ti m m a e m e t r i c a e. §. 2. Denselben Charakter der blossen Einleitung und allge- meinsten Orientirung tragen an sich die unter dem Namen Summae versificatae. Versus decretornm u. s. \\\ vorkommenden kurzen In- haltsangaben. Sie gehen zurück bis in die älteste Zeit und bieten eine grosse Mannigfaltigkeit. Die Methode wird sich aus einigelt Beispielen ergeben. n) eine anfangend : Prima, sequens leges distinguit, tertia canon Quid, cur lex; quarta qualis quoque debeat esse. Ipsa jejunat elerus tiielefore tecum. Quinta dat ecclesiam parienti tempore quovis. Nee vult in culpam parienti vertere poenam. Handschrift: Cod. ms. lat. fol. 231 der Berliner kön.. Bihl. saec. XII. auf XIII. fol. IIP'' — XIW h) eine zweite anfangend: I. dulce quod humanum jus divinumque vocatur: II. hie jus humanuni per singula membra notatur; III. tertia quare sonat lex ecclesiastica canon; IV. ecce quarta sonat cur condita jura fuerunt. Handschrift: Num. 566 saec. XIII. zu Tours Stadtbibl. c) In Handschriften vom XIV. Jahrhundert ah werden sie um- fangreicher und in einzelnen Formen zugleich allgemein verbreitet. Dahin gehört eine anfangend: Tres partes habet iste liher. Distinctio primae Nomina dat purti, cum per eentum sit et unam Parliculas distincta docens divisio quae sit Juris, quae species, actus quis canonis et quod OfTicium cleri . . . Handschriften: Prager Univers. I. B. 25. saec. XV. i) *Bibl. zu Troyes num. 1470. 1) Vorher g^eht noch eine in meinen Präger Handschr. S. 27. ahgedr. Einleitung-, — Die Siinime füllt 41 Bliiller kl. fol. mit \ie^eu 1800 Versen. Zur Geschichtp der Literatur über ins Dekret Gratians. III. 27 Die vor den Ausgaben abgedruckte setze ich als bekannt vor- aus. Die älteren sind regelmässig nicht in Handschriften des Decrets enthrdten, sondern bald in den sogenannten modus legendi, bald mit andern Summen verbunden, wie in den zwei unter c) genannten Handschriften. d) Gegen den Ausgang des XH. Jahrhunderts wurden solche metrische Summen nicht bloss auf Grund des Textes verfasst, sondern unter Zugrundelegung einzelner Summen über das Decret. Zugleich nahmen sie den Charakter metrischer Compendien an und er- streckten sich auch wohl nur auf einzelne Materien. Zu den interessan- teren dieser Art gehört die Handschrift der kaiserlichen Hof- bibliothek zu Wien Nr. 2221 in 4«. Sie enthält von fol. 40" fünfte Zeile bis 53'' vierte Zeile von einer Hand des XHI. Jahrhunderts eine versificirte Darstellung des Eherechts auf Grund des Decretum Gratian's Causa XXVH — XXXVI. mit der Rubrik: Medulla matrimonn. und beginnt: Arclua temptantes sub metrica iura medullam Legitimi nexus rauca licet usque cicuta Taxamus, et scriptis hitentes huguitionis Materiamque damus si forte quis inclitus ista Altisono pompare stilo velit ac pede digno. Nam lahor iste rüdes cum sit rudis, imbuit aures. Auf diese Einleitung folgt aus Gratian die Einleitung, ' Quidam Votum' zur Causa XXVH. Gerade so steht vor jeder der folgenden Causae die Einleitung Gratian's wörtlich. Neben dem Texte ist immer die Zahl der Causae angegeben, regelmässig auch die der Quaestio. Die Behandlung selbst ist ungleich, da bald eine längere, bald kürzere Darstellung gegeben wird. Um die Methode zu kennzeichnen, mögen einige Stellen folgen : C. XXVH. Q. I. Legislatores tradunt jurisque periti. Hie distinguendum: mentem cannnumque sciendum. Quippe superficie qui discordare videntur. Sed rationis ope mediante reconciliantur. Scilicet est simplex, est quod solemne vocamus Votum, diverso sortitum nomen ab actu. 28 V. S c h u l t e Nam solemne solet de praesenti profiteri. Ut promitto deo quod semper virgo manebo. Ast de venturo simplex vult usque voveri. Ut me victurum spondebo coelebe vita. Quidam distiguunt aliter, simplex referentes. Quod sit in occulto, vel non solemniter. At non. Voti naturam celebratioi* adiuvat actus. Nee premit occultus; ergo quodcunque liquebit Constans eeclesiae iuste solemne tenendum est. Quae nisi de notis per se vel teste probatis Judicat, arbitrio domini secreta relinquens, Cum Votum simplex nee non solemne notetur, Copula legitima per simplex non dirimetur. Verum solemni voto quicunque tenetur. Sortiri tbalamum nulla ratione tenetur. Quem si de facto tentabit, eo spolietur. Quisquis ob annexa voto venerandus habetur Censura canonum sub idem punctum revocetur. Est diversarum varius mos ecclesiarum ; De vita cleri. Conceditur uxor haberi Eoo sub sole sitis, ubi presbyter omnis Lege maritali fruitur; secus esse probatur. Orbe sub occiduo, quia coniugium sacer ordo Impedit et dirimit, sed quilibet inferiori Ordine contentus, si vult, valet esse maritus. Talis at officium clerique stipendia perdet. Si tarnen annexum regimen tenet ecclesiarum Nee personatum nee babens curas animarum De pietate licet, ut ab ecclesia toleretui- Victum percipere, si cui fuit adtitulatus. Über den Verfasser ist nichts zu entnehmen, eben so wenig über den Ort der Abfassung. Was die Zeit betrifft, so fällt die Ab- fassung wohl bald nach Huguccio, jedenfalls vor 1215, weil die Verwandtschaft bis zum 7. Grade als Ehehinderniss und drei Arten der Affinität aufgezählt werden. Zu C. XXXV. q. 8. wird dem Papste das Recht, im 1. und 2. Grade zudispensiren, abgesprochen, für die ferneren aber ihm allein beigelegt. Zur Geschichte der Literatur über das Dekret Gratians. III. 29 Die Qu. III. C. XXXIII. wird gleichfalls in vier Zeilen behandelt, so dass hieraus wiederum auf deren Vorhandensein bei Huguccio zu schliessen ist. e) Unmittelbar an dieses Stück schliesst sich fol. SS'' von der S. Zeile bis 60 zu Ende eine versificirte Inhaltsangabe der Causa I. bis XXVI., welche nach der Art der Bearbeitung den- selben Verfasser zu haben scheint. Sie beginnt: Q. I. C. I. Gratia virtutes niiracula signa salutes Cum gratis dentur nisi gratis non retinentur. Ordo datus pretio, nisi non sciat, accipientes Commaculat, stringitque scelus par distribuentes, Ecclesiae iura pretio si quaeris habere De facto sed non de iure potes retinere. III. Alphabetische B r e v i a r i a , M a r g a r i t a e. §. 3. Am Nächsten kommen der vorhergehenden Classe jene Werke, die kurz den Inhalt des Decrets in alphabetischer Folge an- geben. Sie dienen damit sowohl zum Auffinden der Canones als auch zum Nachschlagen und Orientiren über das Recht selbst, ersetzen daher für den ersten Gebrauch scheinbar ein Compendium. Hierin liegt der Grund ihrer grossen Verbreitung. Da mir jedoch weder in Handschriften, die über das 13. Jahrhundert hinabgehen, noch bei älteren Schriltstellern solche vorgekommen sind, schliesse ich sie von dieser Darstellung aus. Dagegen glaube ich wenigstens darauf hinweisen zu dürfen, dass es ihrer verschiedene gibt, worunter das verbreitetste i) ist das des 1277 verstorbenen Dominikaners Mar- tinusPolonus ('Margarita'), tabula Martiniana genannt. Alter ist des Johannes de Deo tabula decreti. Ein ähnliches machte der am 24. Juni 1349 zu Avignon verstorbene Cardinal Petrus Ber- trandusa). Verschiedene anonyme existiren handschriftlich, z. B. eines, welches anfängt: 'Abbas ordinat lectioneni: LXIX. d. quanquam. Item non po- lest cogere monachuni ad illicita: XI. q. ult. siquis et tres ibique 'J S t i n t z i u g. Populäre Gesch. S. 127 fg. führt 19 Separatausgaben bis 1313 auf; es steht hinter den meisten glossirten Ausg. des Decrets. 2) Anfang: A. est prima litera latinorum et w est ultima litera graecorum , Handschr. Tours num. ö99. 30 V. Schulte sequentes. Item non potest absque licentia episcopi presbyterum in parochia instituere: XVI. q. II. §. p'. et secundo.' Handschrift: Berliner kön. Bibl. Cod. ms. lat. 4**. membr. Niim. 209. saec. XIV. auf XV. jedoch defect am Ende, er hört auf in 'piiericia.' Ein ferneres enthält der Cod. mbr. s. XV. in 4". Fol. 89 — loO* der Wiener Hof bibl., anfangend: 'Abbafis electio . . . Abbas in monasterio non per episcopum . . .' endigend mit ' Zelus\ IV. Decretum abbreviatum, Excerpta decretorum. Diese Classe von Schriften hat einen wesentlich verschiedenen Charakter. Sie geben kurz den Inhalt des Decrets in der Folge der Canones in doppelter Weise. Die einen legen das alleinige oder Hauptgewicht auf die kurze Wiedergabe der Rechtssätze, ohne auf die Angabe der Quelle zu achten, die andern halten sich in der näher darzulegenden Weise an das Decret noch genauer. Letztere halte ich für älter, wessbalb ich sie zuerst behandle. a. Unter ihnen dürfte den ersten Platz hinsichtlich des Alters einnehmen das Excerpt, welches unter dem Namen Liber aureus decretorum concordatorum in einer Pergamenthandschr. des XII. Jahrb. Nr. 88 (181) der Stiftsbibliothek zu Güttweig fol. 1 — 22, enthalten und von mir nach derselben in einer kleinen Festschrift i) besprochen worden ist. Es schliesst sich genau an die Folge des Decrets und gibt eine Zusammenstellung der auf den kürzesten Ausdruck reducirten Rechts- sätze, wie solche theils schon in Gratian's Summarien enthalten sind, theils erst aus den Canones selbst abstrahirt werden müssen. Für das hohe Alter zeugt der Umstand, dass nicht eine einzige Palea berücksichtigt ist, dann keine Erwähnung von Distinctionen ge- schieht, vielmehr die Pars I. als ein Stück erscheint, während die Causae äusserlich geschieden werden. Die Pars III. wird nicht er- wähnt, wohl weil sie keine decreta concordata enthält. 1) DecretistaniiTi jiirisprudentiae specimeii. E liliro Gotwicensi 88 (181) saeciilo XII miiiMiscripto edidit J(ih. Frid. Schulte. Giss:ie. 1808.4. (I'" e r d. W a I t e r zum SOjälir. Doctorjuhiläiim dedicirt) pag. VII! — XII. Zur ficschiclife der Literatur über das Dekret firatians. III. Ol Ganz ähnlich ist das in der Hfindschrift der ki3n. Bibliothek zir Bamherg P. II. 29., mhr., 4. saec. XII. enthaltene, h. Jünger jedoch noch ziemlich tief ins XII. Jahrhundert hineinreichend, ist ein dreimal so grosses Werk i), das in dem cilirten Göttweiger Codex fol. 25 — 95^ gleichfalls von einer Hand des XIL Jahrh. geschrieben steht und den Titel hat: E.vcerpta et Summa Canonum sive decretorum siciit npostolicn snn.vit nuctor itas. ihm geht voraus die Vorrede von Ivo's Decret und Pan- normie ' Exceptioncs evangelicarnm vel ecclesiasticnrum i-effii~ lartim . . . neceamrinm quaerere debeat.' Die Arbeit hat die ge- wöhnliehe Eintheilung des Decrets vor Augen, verbindet aber damit eine zweite (Dist. 1—20,21 —49, oO — 80. 81—101), hebt die Causa XXVI — XXXVI. als ein G;mzes hervor, benennt den tract. de poeni- tentin als solchen nicht. In der ^Methode trifft es mit der vorher beschriebenen Arbeit insofern überein, als die Quelle des Canon- (z. B. Ex conc. Carth., Isidorus, August, u. dgl.) regelmässig ange- führt wird. Dagegen weicht die Methode von jener dadurch ab, dass nicht bloss ganz kurze Rechtssätze angeführt, sondern einzelne Sum- marien abgeschrieben, ganze Canones gegeben werden und durch- gehends die Excerpte wirkliche mit den Worten der Canones ge- machte, mithin auf deren genauem Studium beruhende Auszüge ent- halten. Auch die Methode Gratian's hinsichtlich der cotihvirietafe» und ihrer solntiones ist beachtet. Keine Ptifea, keine nachgra- tianische Decretale, wohl aber ein von Gr.itian übersehener Canon des Concils von 109ö zu Piacenza wird citirt. Diese Schrift liefert somit ein aufdas Decret gestütztes kurzes Lehrbuch des c a n o n i s c h e n Rechts. Dies und den wirklichen Gebrauch beweisen auch verschiedene am Rande stehende Glossen, von denen ich einzelne veröfTentlicht iiabe. Ohne Bedenken glaube ich die Abfassung der Entstehung des Decrets ziemlich nahe setzen zu dürfen. Ein äusseres Moment dafür bildet der Umstand» dass die alte Handschrift eine Copie ist; innere sind die neben der ') Von mir in der ariffefülirteii Schrift theilweise bekannt gemacht und auf's Genaueste beschrieben pay. XIII — XVIII. 32 V. S c h u I t e gewöhnlichen hergehende Eintheilung des Decrets i). die Nichtbe- rücksichtigung von Paleen, von denen einzelne doch eine Excerpt verdienen, die Glossen, welche aus den ältesten Summen geschöpft zu sein seheinen, endlich die Originalität und Frische der Methode. Seither habe ich dies Werk noch in einer zweiten Handschrift gefunden, nämlich dem Cod. membr. num. 2221 [IX. E. 30, früher Jur. can. N. CXIX. Olim 87], in 4" saec. XIII. ex. der kais. Hof- bibliothek zu Wien. Derselbe ist unzweifelhaft eine Abschrift des Güttweiger 2). Aus diesem Werke scheint gemacht zu sein das Excerptum decreti, welches sich mit demselben Anfange in anderen Hand- schriften findet, z. B. dem Cod. ms. lat. membr. in 4*^. Num. 209, der kön. Bibliothek zu Berlin fol. 9 — 69. Über den Ort der Abfassung ist es unmöglich, aus den Handschriften für das eine wie das andere Excerpt eine Vermuthung aufzustellen. Bedenkt man aber, dass die zu Bologna herrsehende Methode gänzlich abweicht, keine einzige jener Schriften, deren bolognesischer Ursprung sich mit Gewissheit darthun lässt, auch nur entfernt an die in diesen Excerpten befolgte erinnert, dass für Bologna, ja für Italien überhaupt im Hinblicke auf die Leichtigkeit, in Bologna zu studiren oder sich doch mit dem Inhalte des Decrets bekannt zu machen, kein Bedürfniss zur Abfassung solcher Schriften vorlag, so scheint der Schluss gerechtfertigt zu sein, die Abfassung ausserhalb Bologna's oder doch zum Behufe der Benutzung ausserhalb Italiens anzunehmen. Ist dies aber gerechtfertigt, so dürfte es 'j Diese erinnert an das, was bei den ältesten Glossatoren erwähnt wird. Vergl. meinen zweiten Beitrajf zur Gesch. der Literatur über das Decret Seite 27, Job. F a v e n t i n u s in der Einleitiuig^ (Schulte Rechtshandschr. S. 385). -) Gründe: Die Abweichung^en kommen nur auf Rechnung des Abschreibers; der Zusatz nach C. XXVI. und in D. I. de consecr., die Einleitung aus Ivo, die Nebeneintheiluug des Decrets findet sich; die Glossen des Göttweiger sind am Rande zugeschrieben; unmittelbar auf dasselbe folgt der im Göttweiger Codex ebenfalls sich anschliessende tractatus de matrimonio mit derselben Rubrik de impedimento matrimonii. Ich will indessen die Möglichkeit nicht be- streiten, dass beide von einer dritten Abschrift sein können; für diese .Miig-lich- keit liegt aber um so weniger ein Anhaltspunkt vor, als sich sehr leicht erklärt, dass man in einem österr. Kloster sich Abschriften aus einem andern zu ver- schaffen suchte. Zur Geschichte der Literatur über das Dekret Gratiaiis. III. 33 vielleicht nicht gewagt sein, die Abfassung in Deutschland, speciell in Salzburg oder durch einen deutschen, bezieiiungs- weise Salzburger Cleriker anzunehmen. Darin bestärkt mich der Umstand, dass beide Handschriften sich in Deutschland finden^ während ich weder ausserhalb Deutschlands bisher eine gefunden habe, noch auch in den zahlreichen gedruckten Katalogen auf eine solche gestossen bin, dass die Summa Coloniensis, welche ich in dem zweiten Beitrage beschrieben habe, unverkennbar einen ähnlichen Zweck verfolgt und, obwohl in der Methode abweichend, den Text des Decrets zu ersetzen bemüht ist, dass unter Eberhard von Salzburg die innigste Verbindung mit Rom und Italien statt fand, dass sich in einer früheren Salzburger Handschrift [Num. 1180 saec. Xn. der Wiener Hofbibliothek] ein ähnliches Excerpt aus Lib. IV» dist. 26 — 42. der Sententiae des Petrus Lombardus vorfindet, das offenbar i) in oder für Salzburg gemacht worden ist. Endlich dürfte auch der Umstand dafür sprechen, daß aus gleichen Gründen bald nach dem Erscheinen des Decrets in Frankreich ähnliche Arbeiten gemacht wurden, welche sich zufällig auch in Deutschland erhalten haben. Dies führt mich von selbst zur folgenden Schrift. c. Eine dritte, kaum jüngere Arbeit ist enthalten, geschrieben von einer Hand des XIII. Jahrhunderts, in dem Cod. ms. membr. J. LXXIV. in 8» des Prager Metropolitancapitels und danach von mir beschrie- ben in der Abhandlung: Über drei in Prager Handschriften enthaltene Canonen -Sammlungen. Wien 1868 (Sitz. Ber. Bd. LVII.) Seite B. 221 ff. Auch diese 'Exceptiones decretorum Gratiani schliessen sich ganz an den Text, geben sehr viele dicta Gratian's und führen regelmässig die Quelle an, sind übrigens trotz dieser Ähnlichkeit von den vorher beschriebenen durchaus verschieden. Aus den von mir dargelegten Gründen ergibt sich, dass das Werk, welches zugleich 1) Gründe : in dem Titel de Condilione (Petrus Lombardus IV. 36.) ist eine Abschrift der von P. H a d r i a n IV. an Erzb. Eberhard erlassenen Decretale Inter servos (Jeff e Regesta Pontificum num. 7068; CompiL l. c. 1. de conj. servor. IV. 9., c. 1. X. IV. 9.) aufgenommen; auf dieses Excerpt folgt unmittelbar der sicher nicht in Italien entstandene, bisher nur aus deutschen Handschriften bekannte tiactatus de sacrilegiis, den ich in den Sitzber. LYIl. Bd. S. 182 ff. publicirt habe. 34 V. vS c h u I t e die einzige bisher erwiesene Benulzuuy der E.vccpiiones legum Ru- manorum von Petrus entliiilt, nicht gar lange nach dem Elrscheineii des Decrets im südlichen Frankreich gemacht worden ist. Wir haben in ihm somit einen interessanten Beleg für das Rechtsstiidium in Frankreich, der höchst wahrsclieinlich einen nicht in Bologna ge- bildeten \ erfasse!" hat. V'ergleicht man die bisher behandelten Excerpte mit den in den Nummern 1. II. III. beschriebenen, so tritt die grosse Verschie- denheit darin auf, dass die letzteren oIYenbar eben so gut entstehen konnten, als das Decret längst allgemein verbreitet war, weil sie bloss die allgemeinste Übersicht, insbesondere für den Lernenden, bezwecken oder Register sind. Thatsächlich gehören denn auch die meisten \\''erke jeuer Art der Zeit von der zweiten Hälfte des XIII. Jahrb. aufwärts an. Ganz anders steht es mit diesen Excerpta. Sie hatten flur im XII. Jahrb. einen Sinn. Mir sind auch jüngere nicht vorge- kommen, obgleich ich selbstverständlich deren Existenz nicht läugneu kann. Ausser den drei genannten kenne ich nocli ein viertes höchst in- teressantes, dem ich eine ausführlichere Beschreibung widmen darf, weil es bisher nirgends genannt isl. d. Codex membran. ms. lat. t/tiart. Nr. 192 der königlichen Bibliothek zu Berlin, 181 Blätter mit je 2 Columnen auf der Seite zu 34 Zeilen umfassend, von einer Hand des XIV. Jahrhunderts sehr schön geschrieben, mit rothen Initialen und Rubriken, mit Tinte gezogenen Linien für die Zeilen und den Raum der Spalten. Der Codex ist neu gebunden; über seine Irüheren Besitzer geht nichts aus ihm hervor i). Derselbe enthält eine Abbreviatio Decreti folgender Ge- stalt. Auf eine also lautende Vorrede: 'Verbum abbreviatum ait propheta l'aciet dominus super ter- raiii. Ineirabilis abbreviatio, qua immensum fit modicum. aeternum transitorium, incircumscriptibile circumscriptum. Si sie pro capaci- tatc humana dominus breviavit unicum verbum suum, quanto magis multiplicia verba brevianda sunt hominum; gaudentque siquidem non immerito brevitate moderni. Hie igitur Über decretorum est velut breviarium quoddam, quod studiosius suscipiat lector diligenter et 'J Möchte doch die Unsitte, beim Unibiiiden von ihindsclirifteii das zu vertilgen, was den» Forscher so werthvoU ist, endlich aufhören! Zur Geschichte der Literatur über das Dekret Gratians. III. oö utiliter desudatum, in quo quae minus necessaria videbaiitur sie inve- niet resecata, ut servatis, quantum lex breviandi patitur, partium, di- tinctionum, causarum, quaestionum, capitulorum, paragraibrum. sen- tentiarum, verborum, integritute, ordine ac tenore. Si quis in aliquo dubitaverit, q. ad l'ontem derivulo recurrat ad ipsum autenlicum cou- sulendum. Huius enim voluminis corpus ununi quasi quodam trinitatis vestigio in tres partes: distinetionum seil., causarum, cousecrationis, considera distributum. In quo de offieiis, de negotiis, de sacramentis ecelesiastieis sut'ficiens ex dictis maiorum capere valeas documentum. Singulae vero partes sectione trifaria distinguuntur. Prima namque pars praedictarum constitutionibus , ordinationibus , executionibus immoratur. In constitutionibus juris peritia, in ordinationibus potestas iegitima, in executionibus administratio canonica continetur. Seeunda pars accusationum, actionum, obligationum ecclesiasticarum continet diseiplinam. In aceusationibus ordo iuditiorum, in actionibus regula gerendorum, in obligationibus describitur copula nuptiarum. Pars ter- tia sanctificationem prosequitur rerum, temporum, personarum. in rebus locorum et bostiarum consecratio, in temporibus feriarum ieiu- niorumque observatio, in personis animarum per saeramentum et me- ritum purißcatio declaratur. Consummati vero deo gloria, actori meri- tum, utilitas sit lectori' folgt von Spalte 2 toi. 1. bis fol. 6' das oben besprochene In- haltsverzeichniss über das ganze Deeret, welches jeder Distinc- tion und Quästion eine eigene Rubrik gibt, z. B. Dist. prima de iure divino et humano, de jure naturali gencium et civili. D. 11. de diversis speciebus legum secuiarium. 1). III. de divisione juris canonici, de officio legum. D. IV. de legum institutione.D. Y. deimmu- tabilitate iuris naturalis et divin. Pars I. iimfasst die Blätter 6 bis 42^ Pars II. die fol. 42% bis 139% darin der tract. de poen. von 144' bis 153^; Pars III. von lo9'^ bis 174M. Spalte. Vor jeder Distinclion und Quästion steht die Rubrik mit rotheii Buchstaben, so wie die Zahl, welche ebenso stets am obern Rande (in P. I. links d. rechts die Zahl; P. II. links c, rechts die Zahl; tract. de poen. links de rechts jje. ; P. III. links de, rechts con.^ ausgedrückt wird. Die Excerpte umfassen ziemlich alle Kapitel, schliessen sich an deren Worte an, geben stets das Anfangs- meist auch das Schluss- wort, gewöhidich auch den Namen seines Autors, jedoch durchweg 36 V. Schulte ohne den Ort, wo das Capitel steht oder den Namen des Adressaten bei Briefen. Von den in der Richter'schen Ausgabe des Decrets als Palae bezeichneten Capiteln sind nur folgende aufgenommen : Parsl.: e. 2. D. 6. — c. 1. D. 9— e. 17. D. 32. — e. ö. D. 34. — c. 5. 6. 7. D. 33. — c. 7. D. 42. — c. 23. D. ÖO. — c. 12. 13. 14. D. 96. Pars IL: e. 8. 9. C. IL q. 1. — c. 6. C. V. q. 6. — c. 31. C. XIL q. 2. — c. 33. C. XXIL q. o. — c. 1. 2. 3. C. XXIIL q. 8. - c. 38. C. XXVIL q. 1. somit nur ein und zwanzig Stellen. Gegenüber dem späteren Texte kommen mehrfache Abwei- chungen vor. So ist in Causa IL die qu. IV. bei Richter hier q. V. Was bei Richter als q. IV. steht, ist hier als V. bezeichnet. — In C. IIL q. 9. c. 6. steht das bei Ri ch ter und sonst befindliche, c. 4. C. in. q. 3, welches eine Palea ist: 'Item Damasus papa, Induciae accusatis in criminalibus causis, episcopis VL mensium vel eo amplius, si necesse fuerit: concedende sunt.' In C. VL q. 4. steht anstatt Ae^v Palea si metrop. der Richter' sehen Ausgabe folg. Kapitel : 'Ex concilio Meld. Canonum statuta sine praeiudicio ab Omnibus eustodiantur et nemo in accusationibus vel in iudiciis ecclesiasticis suo sensu sed eorum auctoritate du- catur. das im Dekret nicht vorkommt, aber aus Burchard oder Ivo in Comp. L c. 1. de const. übergegangen ist. — c. 2. C. VL q. 5. fängt an actor, nicht accusator. — In C. XVL ist die q. 6. bei Richter hier q. S., qu. 7. R. hier 6. — In C. XXIV. q. 3. steht c. 39. in tabellarischer Form, und hat 68 Nummern. Wo das Inhaltsverzeichniss mehrere Rubriken für eine Distinc- tion oder Quästion hat, ist dieselbe stets getheilt, so dass durch die ausgeschriebenen Rubriken neue Abschnitte gemacht werden. Nicht blos die Capitel sind aufgenommen, sondern auch die wichtigeren Dicta Graüani, sofern sie nämlich nicht blosse Über- gänge bilden. Übrigens enthält das Werk keinerlei eigne theoretische Erörterungen. Zur Geschifhle der Literatur iilier Jas Decret Gratians. III. O i Von fol. 174'' fünfte Zeile bis zu Ende steht ein anderes Inhalts V er zeichniss des Decrets, das offenbar als Register über das grössere dienen soll. Aus den früher dargelegten Gründen, sodann aus der geringen Zahl der Paleae halte ich für höchst wahrscheinlich, dass diese Arbeit dem Ende des 12. Jahrh. angehört, jedenfalls vor die Glosse des Johannes Teutonicus fällt. Dem Anfange nach zu urtheilen scheint dies Werk aucii, jedoch unvollständig der *Cod. 737 fol. 18—82 zu enthalten (Tabulae I. pag. 123). Ich habe den Gegenstand nicht für wichtig genug gehalten, um mir die Handschrift zu erbitten. Zweites Capitel. Die Quaestiones, Casus, Tractatus. -§■ 1. Wie für das Civilrecht ') früh Sammlungen von jenen Rechts- fällen angelegt wurden, über die man Disputati ones abhielt: so lag offenbar auch für das canonische Recht die gleiche Veranlassung aus gleichen Gründen vor. Ja das Decret selbst, dessen zweiter Theil in einer Verarbeitung von Causae besteht, musste unmittelbar darauf führen, weil sich kaum eine bessere Art, dasselbe für das praktische Rechtsleben fruchtbar zu machen, denken lässt, als durch Anknüpfen an unmittelbar dem Leben entnommene Fälle. Den Beweis dafür, dass in der ersten Zeit nach Entstehung des Decrets dieser Zweig zu Bologna gepflegt wurde, liefert eine zum Theil uns erhaltene Sammlung von Quästionena). Sie steht in dem im ersten Beitrage S. 7 beschriebenen Cod. ms. Nr. 62. jur. der Stuttgarter kön, Handbibliothek fol. 57 ') Vergl. V. S:. vigny V. S. 2ö8 ff. ') In dem Cod. P. II. 18. iiibr. fol. der kön. Bibliothek zu Bamberg steht auf den 11 letzten -Blättern eine Sammlung von Themata (zusammen 268) zu Disputationen ohne Lösung und Bearbeitung, die zwar sehr interessant sind, aber doch als blosse Aufgaben nicht weiter an dieser Stelle berücksichtiget zu werden brauchen. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. I. Hft. 4 JJS V. S e li H I t e (nacli der Summe des Kolandus zur P. II.) bis 70, 118 — 123, und enthält im Ganzen 30, ist aber unvollständig, indem sie mit der Seite mitten im Satze abbricht. Um in die Art der Behandlung einen vollkommenen Einblick zu ermöglichen, theile ich die folgenden 5 ganz mit. I. Quidam invenis nubilem quandam m«/*filiiiiii exaliomatri- monio habentem in matrimonio sibi collocavit. Qua mortua aliam sibi propter corporis incontinentiam in uxorem duxit. post aliquantuluni vero temporis humanae sorti exemtus eins pj-ivignus snperstes muli- erem, quam praefatus vitricus in coniugium duxerat atque septennio carnali copula pro velle cognoverat, post eins obitum in m. clanculo habere voluit. Quo comperto ecclesia eos penitus absque mora sepa- ravit. Demum adolescens antedictus suam complexionem apud se coiisiderans, ne corporis sui laesionem pro praedicta complexionis observantia incurreret, quam absconse sibi desponsavit, nee non ipsani volnntarie se allegat cognovisse. Transacto temporis aliqiio intervallo, quis habens filiam unicam iuvenem saepedictum lautam ad coenam et delicatam in noctis crapusculo illum invitat. Quod dum in mensae refectione cibariis ac potibus diversis foret alteratus , ipsum coepit commonere, quatenus suam filiam pulcbritudine nimia decoratam in uxorem duceret. Cuius verbis acquiescens ipsam statim desponsavit atque in eadem nocte patre volente nee non ipsa consentiente asserit se cognovisse. Audito hoc antecedens, quam sibi latenter desponsa- verat, patri suo iiitimare placuit, ut ab illo m. studeret revocare. In hoc autem themate Q. t. [quaestiones tres] videntur posse Ibrmari. Quaeritur I. utrum priviguus uxorem vitrici post eius obitum in Hl. de iure possit accipere? S. q. est, an secundam, quam clanculo desponsavit et carnali copula cognovit in coniugium habere debeat? T. q. est, an assertioni duorum sit eredendum? §. In I. Q. de facili probare possumus, quod privignns mulierem a vitrico cognitam in uxorem habere valeat. Nam fuit ibi consensus, pactio coniugalis, idoneitas personarum, votum minime ibi exstitit nee dissimilitudo tidei, nee error personae. Et sie de eaeteris. Ergo constat , quod eam habere potuit. Item alia ratione probari jiotest. Inter matrem et filiam vel filium non est primum genus affinitatis. et lioe probo in continenti. Primum enim genus nf'finitatis constituit vir cum consanguiiiitate uxoris sune, et e concerso. Sic ad commo- duin causae tuae de secundo genere affinitatis et ex transverso retor- Zur fiescliithte der Literiitiir übor das Dekret Gratiiin-i. HI. Otf <[uere potes, ubi [I. uti] reperiri polest In summa mugistri rolaiuli ^), ubi triictat de tribus geiiei'ibus altiiiitatis. §. Adoocati capltiilis ubiectis respondeant. Quo facto iiiducant illa, quibus parteni siiani eonoborare valeaut. Causa XXXV. Q. III. el hoc quoque stafittuin [c. 12. q. II. et III.] Causa XXXII. Q. VII. Siquis Aßidnam [c. 20]. Siquis cum noverca suu [e. 24]. Adhuc ratione pro- bari potest, quod non potuit privignus illani in ni. accipere. Persona addita per curnalem cummixtionetn mutat geuus in afßnitate et iiOH gradum, addita cero per carnalem propagationem mutat gra- dum et non genus-). Et ita videtur sutficienter probatuin, quia inter illos probatur tore II. geiius altiiiitatis, invicein uou posse copulari. •§. Dixinius in I. Q. quod iiiter vitricum et privignum sit attinitatis II. genus et invicem sibi attineat in pHnio gradu. Quod probari potest decreto Fabiani C. e. Q. III. Ae propinquis [C. 3. C. 3ö. q. 2. et 3]. In II. Q. dixiinus, ({uod iste praelatus illani, quam clanculo siiii desponsavit, non debeat de iure liabere. Quod de facili probari potesl auctoritatibus et rationibus. Id quod factum est in II. coniugio latenter, exceptis illis duobus, est ignotum ecelesiae, nee, (juod ipsi asserunt, potest probari testibus aliquibus. Constat ergo, quod illam secundani secundum ecelesiae consilium nulla ratione valciit liaberc. Sed ista uxor tertia, quam desponsavit in domo paterna, securam reddit eccle- siam, unde nullatenus titubare potest. Auctoritate id videtur posse proiiari Ca. XXX. Q. IUI. Incerta [est in dicto Grat. ad. c. 9. C. XXX. q. V.] Ca. VI. Q. III. Placuit [c. 4.], Ca. XVI. Q. t. Dilecfio tua. [e. 7. q. 3.]. ■§. Pars adversa sulito niore ad commodum suae causae prae- dicta capitula determinare studeat. Quo facto sua quasi propria indii- <'at, quibus partem siiani defensare valeat: Ca. X\'. Q. I. hiehria- verunt Lotli. Non est quod cuique [c. 9. 10.]. Ratione videtur posse probari. In noctis crapusculo antedictus liomo ad coenam eum frau- •) S t r o in a I! o I a ii d i Atfinitatis -.'enera i. e. niaiierie tria esse dicun- tur c. Primum genus affinitatis vir cum uxoris suae consanijiiinpis coüstituit et e coiiverso. Seciiudum vero {remis äff. est inier viruni et uxnrein cori- Sdiiguiiieoruin cet. 2) S t r o in a H o I a n d i C. XXXV. q. 2. Ut auteni faciliiis valeas praedicla coiii- prehendere, sequentein regulain menti t.iae iiifige: Persona addita persoiiae per • carnalem commixtionein mutat genus et non gr;iduin in affinitate, addita \eroper propagationem mutat gra !um et non genu-. 4* 40 ^■- S e h 11 I l e dnlenter invitavit. Cui oopulato post eoeiiam expletam filiani siiam desponsavit et in ipsa noete eins persiiasione iiivenis dicitnr eam cogiiovisse. Sointio Q. ff. talis dicitnr esse, Seciindum in., ([iio piiellam ipse adofescens, patre, niatre, caeterisqiie amicis igrioraiitifius, sifii occufte desponsavit, est ignntum ecclesiae, tertium vero omnino manifestum. Unde conjieimus, quod ecclesia uxorem tertiam liene cognitam ei coneedere debeat, quia de occuitis iudicare non potest eccfesia. Quod polest probari eap. Aug. Ca. XI. Q. III. Quamvis vera fiiit [c. 75.], Tamen dicit Petrus Baiolardns i), q'iod secundam potius debeat habere quam tertiam, quandocunque ultimam cognoscit ei reddendo debitum eins conscientia ipsum habet remordere nee non criminale com- mitti peccatum. Constat ergo seciindum magistri p. sententiam, quod non debet debitum tertiae reddere sed secundae. Magister ergo Hugo 2) heatae recordationis videlur in contrarium aflegare, videficet quod debitum tertiae reddat et non secundae. Dicit, illum posse excu- sari per ecclesiae obeiiientiam. Quod videtur in simili capitulo Greg, satis allegari Ca. XI. Q. HI. c. I. Non tamen reddat del>itum uxori tertiae non exactus. II. Quidam sua tradidit canonicae regulari et induit se habitu regulari, nee tamen expressit se ibi velJe permanere, nee votum praestitit. Mansit ibi per annum et mensem, postea vero claustrum exivit et quandam sibi desponsavit coram uno viro bonesto , aliis duobus trans parietem extantibus, et, quaiiter se pactione coniugali obligaverunt, audientibus. Hie tria quaeruntur. Quorum primum est, an ficeat illi mona- sterium exire et nuptias contrahere? Quod ficeat contrahere ei m. exinde probatur, quia non praestitit Votum. Unde et ficet ei m. contrahere iuxta iilud Nubendi liceiitia Ca. XXVII. Q. I. [c. 20.]. Etiamsi votum praestitit et m. contraxit, dissolvendum non est m. iuxta ilfud Nos novlmus etc. Ca, XVII. Q. IL [e. 2.]. Ergo cum iste votum non praestitit, ex quo m. contraxit multo m. matrimonium dissofvendum est. Item praeter tormam ec- 1) P e t r i L o m b ii r d i Sent. Lib. IV. dist. XXVII. Über die Sanction dieser Ansicht siehe den ersten Beitrag Seite 20. 2) H u g o de S. Victore de sacramentis L. I. C. 30 sqq. (edit. Venet. Iö8ä fol. m. fol. 163). Zur Geschichte der Literatur über das Dekret Gratiaiis- III. 41 clesiae habitum suscepit. Nam institutum est, ut, qiii vuluerit proposi- tum monacliale suscipere prius sit [in] probatione in ipso monasterio per annum et postea quaesito, an voluerit ibi mauere, detur ei habitus si voliieril, iuxta illiid Monasteriis etc. Ca. XVIII. Q. IIL [c. 6. C. XIX. q. 3.]. Hüc. cum contra canones factum sit, per canones dis- solvi tenetur iuxta illud Consaldus Ca. XVil. Q. II. [c. 1]. Quod pro- batur a simili. Forma statuta est faciendi testamenti, et si test. factum fuerit citra formam, nulius aliquid poterit petere ex illo test. Item si sola susceptio vestium astringit aliquem voto, cum multi elerici sola honestate sua utantur vestibus regularium, eo solo erunt iam regu- läres. Si item locum obiiciunt multi intrant nionaslerium bac de causa, ut peragant ibi poenitentiam. Erubescunt enim poenitere in praesentia omnium, qui in secreto enormiter deliqueruiit nee tarnen babentur monacbi. Si diuturnam observationem obiiciunt cum taliter poeniten- tes quandoque in claustro multo tempore maneant, iam eo solo erunt monacbi, quod absit. Nunc e contrario respondetur, quod tenetur quis voto solemni, tenetur et voto annexo. Hie autem, etsi non teneatur voto solemni, tarnen tenetur annexo, quare non potuit contrabere m. et si contrax- erit (liriiiiendum est iuxta illud Ut lex continentiae et illud de viduis Viduas Ca. XXVII. Q. I. et iilud de subdiacono Diacunus di. XXVI. et illud de illis, qui voluntarie semel suscipiuut babitum Proclivis C. XX. Q. III. illud eliam de voluntarie babitum sumentibus Proposi- ium C. e. Q. e. [c. 1. C. XX. q. 3.]. Quod allegatum est de illo, qui uavigaverat ad m., ille voluiitatem suam ostenderat non tarnen eam ad elTectum perduxerat et pro uuda voluntate neminem sacri canones astringunt. Quod autem dictum est de forma recipiendi aliquos in monasterio, dicimus, quod forma illa adbibenda est cum sunt ignoti, <|ui cupiunt intrare monasterium. Probatur etiam lege fori, quod iste «1. contrabere non potest. Nam, ut dicit lex in aatenticis ingressi monasterium, ipso ingressu se et sua deo dedicanl. Cum ergo iste ingressus sit monasterium se deo dedicavit nee ultra licet ei m. contra- bere. Etiam quisquis eorum alterum vendit, sine quo nee allerum provenit, neulrum invenditum delinquit ut Ca.I- Q. III. Siquisl^c. 2.]. A simiii et iste, ex quo suscepit, quod nunquam sine voto suscipi- endum est, perinde babetur ac si votum fecisset. ■§. Solutio in ecidenti. Ex quo enim quis se et sua dedit mona- fiterio, si babitum suscepit, licet votum non fecerit, tenetur voto an- 4 . q. 9.]. E contrario vespondetur, quod auctoritates illae intelligendae sunt in criminalr negotio, in quo domesticiremoventur a testimonio, sed in civil! minima- iuxta illud Super prndentia C XIIII. Q. II, [c. 1.]. In conficiendis- instrumentis saecularium sacerdotes testificari non debent, si tameft fortuitu casu venerint et instrumentis conficiendis astiterint, si non sint aliqui, per quos rei veri(as dociaretur, ipsi dicere debent, quod astantes audierunt iuxta illud Quanf/natn Ca. XIIII. Q. II. [c. 2.]. A simili ergo et hie, ex quo non assunt alii, per quos rei veritas decla- retur, illi, qui audierunt trans parieteni, recipiendi sunt, ut per eos veritas facti declaretur, maxime cum sit alius testis, qui praesens af- fuit facto. Item haec causa matrimonii est et in causa matrimonii maxime illi. per quos rei veritas clareat, recipieiuli sunt. Unde et in Zur fieschiohte der Literatur über das Dekret Gnitiaiis. III. 4t O causa consanguinitatis illi assumuntur ad testimonium , qui melius norunt parentelam. Sed luiic sie respoudetur. Hi recipiuntur ad dis- solvendum matrimonium iiiter consanguineos, non ad contracturn in. probandinn.§. Ad hoc Rol., quod in criminali negotio soli testes sunt, qui pi-aesenti^s facto alTuerunt, in aliis vero negotiis etiam ex auditu testimonium ferre possunt. Qui quandoque oportet, ut sint rogati ad hoc, ut audiant, ut in testamento, et quando quis testificari debet, aliquem affirmasse, pecuniam sibi solutam. In bis autem contractibus, quorum substantia ex solis verbis subsistit, ut in stipulatioiie, etiam illi, qui non fuerint rogati, ut audirent, ex auditu possunt ferre te.sti- monium. In bis autem contractibus, quorum substantia non subsistit ex solis verbis, immo ex ipsius rei exsecutione, ex auditu nuUus ferre potest testimonium, nisi fuit vocatus ad hoc , ut audiat. Contractus m. non subsistit ex solis verbis, immo ex rei exsecutione. Solus enim consensus per verba etiam de praesenti expressus m. non facit, nisi subseqiiatur subarrbatio annuli vel iurisiurandi religio vel carnalis copula. Si quaeras a Rolando, utrum aliqua obligatio fiat bis solis verbis, dicit, quod nulla his solis verbis fit obligatio , sed fit solum- modo quaedam voluntatis reseratio. Dicit quoque, ,quod non est standum assertioni horum trium tanquam testium, sed tarnen, quia unus eorum praesenter aflfuit et alii sunt non testes, sed adminicula probationis, praesumptio est, cui standum est, donec probetur contra- rium. Si autem contrarium probari ?ioti poterit, deferendum est iuramentum (Uteri partium. §. Tertio quaeritur, utrum pactio coniugalis faciat m. Quo»! videtur iuxta illud Cii^n initiatur. Coniuges Ca XXVII. Q. 1. [c. 5. 6. C. 27. q. 2.]. §. Sed e contra probatur, auctoritate Aug. dicentis Consensus. Hoc tnmen decretum non est in corpore decretoruni^.) §. Ad hoc Rol.-} quod pactio coniugalis sola non facit m. Namsiego dixero alicui: 'ego accipiam in uxorem' nex sequatur sacramentiim nee aliquid aliud, non teneor illam accipere. Si affuerit pactio coniu- galis cum consensu per verba praesentis temporis expresso et affuerit *) Gemeint ist ausfenscheinlioh die Stelle in c. 3. C. XXVII. q. 2. Nach der Äusse- rung' des Textes muss dieselbe zum Dictum Grat, gehörig' irerechnet werden. Dies bietet aber zug-leich einen interessanten Beleg- für die Auffassung: des Decrets in der ersten Zeit. 2) Vergl. Stroma R o I a n d i ad C. XXX. q. a. 44 V. Schulte iiirameiiti religio vel subarrhatio annuli vel carnalis copula, non pote- runt de caetero separari, nisi causa religionis. Si autem aliquis eorum ad alteriiis nuptias convolaverit, rescieudum [1. rescindendum] est se- ciiiiduin 111. et priinum tenendum. — III. Episcopus Mantuaniis villam habehat, cuius populus nou habens idoneam sibl ecclesiam ad villam Mutineiisis se transtulit ibi- que per XL. annos divina officia percepit. Tandem presbyter villae Maiitiianae in proprio praedio ecclesiam fundavit, ad quam ecclesiam populum revocavit. Prohibitus tamen a Mutinensi, qui asserebat, se praescripsisse conventum. Praedictus autem presbyter muneris annui statutione episcopum Mantuanum ecclesiam a se fundatam consecrare fecit. Processu vero temporis se et ecclesiam monasterio contulit. Hie primum quaeritur: an ep. Mutin. praescriptione XL. annorum conventum potuerit vendicare? Quod conventus non possit praescribi probatur auctoritate Toi. concilii Sicnt clioec. etc. C. XVL Q. III. §. Sed e contra probatur auctoritate Gelasü pp. dicentis Facultates ecct. etc. Ca. XIII. Q. II. §. Ad boc Rol. quod conventus potest praescribi XL. annis i). Sed notandum, quod quandoque quis possidet territorium et non conven- tum, est tunc, quantocunque tempore quis possideat territorium con- ventum praescribere wow T^aiesX.Territorium-^ q&\ collect io agrorum, conventus est ins hnpHzandiJ'unevamVi^Qpud Rol. tumulandi], prae- dicandi est disponendi populo spiritualia , vel niaiorem partem borum. Quandoque quis possidet territorium ita, quod et conventum, et tunc praescribendo territorium praescribit et conventum. Quando- que possidet conventum ita quod non territorium, et tunc non minus potest praescribere conventum. Quod ergo dicitur Sicut dioec, tunc intelligitur, quando praescribitur territorium possessione ita, quod non simul possidetur conventus. Secundo loco quaeritur, an dedicatio pactione annui muneris reddendi facta sit simoniac^a? Quod sit sym. probatur auct. illa: Xon- secratio quae pactione fit potius execratio dici debet' C. I. Q. IUI. c. electio. §. Sed approbatur auct. Gelasü dicentis Eleutherius Ca X\'l!l. Q. IIl. §. Ad boc Rol., quod quandoque in consecratione Ij So R o I a n d i S t r o m a in C. XVI. q. III. -) Diesur Satz ist aus Rolandi Stroma C. XVI. q. 3., die cursiv gedruckten Worte sind uiiiiiittelbar entiionimen. Zur Geschichte der Literatur über d:is Dekret Gratians. III. 4tD pacisciintur illa, quae pacisci debent, et tunc non est symonia, quando- que paciscuntur, quae non debent, vel plus quam debent, et tunc est symonia. Sym. eiiim trino munere committitur, ut cautum est in canoni- bus, seil, munere a manu, munere a lingua, munere ab obsequio, et ut dieitui- mutuis ab obsequio est C. I. Q. I. c. Sicut nonmilli, servitus Indebite impensa [c. 114]. Unde datur inlelligi, quod servitus debite impensa non est sym. auct. Gelasii seil. Eleutherius etc. Sic respondet: dicit, quod in potestate episcopi debent esse tres partes oblationis, ut Ca XII. Q. II. c. Coticessa, una sibi propria, altera fabricae reficiendae, tertia pauperum. Et ihi non plus statutuni est fundatione dari episcopo. quam debent. ■§•. Tertio loco quaeritur, an llcuerit fundatori ecciesiam conse- cratam monasterio dare inconsulto episcopo? Quod licuerit, probatur auct. Greg- Quoniam quicqiiid etc. Ca. XVI. Q. I. [c. 68.]. §. Sed e contra probatur auctoritate Bonifacii Si quis vult etc. Ca. XVI. Q. ult. c. antepemiU. §. Ad boc Rol. quod, ex quo quis accipit lapidem benedictum ab episcopo ipsius dioecesis et l'undat ecciesiam, liaec solo tenetur ab eodem fundari episcopo, ita quod non poterit ab alio consecrari nisi eo mortuo a suo successore. Et antequam coiisecretur ecclesia inconsulto episcopo potest eam dare monasterio, sed ex quo consecrata est, alteri eam dare non potest, nisi consilio episcopi. §. Sed probatur, quod nil ibi habeat fundator praeter processionis aditum auct. Gelasii Frigerius etc. C. XVI. Q. IUI. §. Sed e contra probatur ex Romana synodo Monasteritim etc. §. Ad hoc Rol. quod eorum, qui t'aciunt consecrari ecclesias a se fundatas alii in consecra- tione renuntiant omni iure suo et hi nihil habent praeter processionis aditum, alii vero non renuntiant et horum assensus adhibei i debet in iiistitutione presbyteroruqi ecclesiarum a se tactarum i). IV. Quidam canonici cuiusdam ecciesiae in quadam capella cen- sum annuiim habebant. Mortuo capellano iilius capellae aiius ei sub- stitutus est, qui dilfitetur, statutum censum se debere canonicis. Canonici ergo vocant eum in ins coram episcopo. Epc. utraque parte audita adiudicat censum annuum canonicis, tali tarnen conditione, seil, si iiifra annum et mensem probaverint, se iuste possidi-r^'. Can. vero staUito tempore probationem non adhibent. •j Roland US ad C. XVI. q. 7. Das Citat ist jedoch niclit f;ai!/. genau. Für die Ge- schichte der Eiitw icklun{j des Patronatsrechts interessant. 46 V. Schulte §. nie primum (juaer., an Can. cogantur pi'obare titulum suae possessionis. Qnod non coganttiv habetur in lege. •§. Sed quod cogantur, probatur illo decreto Si (juis de clericis etc. [c. 33. 40.] Item auct. Gelasii Dilectio ttia Ca. XVI. Q. III. [c. 7.]. Item auct. Greg. Voliimus, Äccedentem Ca. e. Q. IUI. [c. 2.]. Item Gela- sius. Quid res in litigio XI. Ca. Q. I. [c. 50,] §. Ad hoc. Rol. quod nullus cogitur probare titulum suae possessionis nisi qui possidet pro berede vel pro possesore et ut generaliter dicatur, nuUus probare cogitur titulum suae possessionis, nisi excipiens. Verbi gratia : fratres babeo, volunt mecum venire ad aequale participium; excipio, patrem mihi praecipue aliquid pro bereditate reliquisse, teneor probare titulum possessionis meae. Sed dicit Gefasius XI. Ca. Q. I. c. ult. Quisguis putnt qui perpinm competere veridico pulset examine. Ergo cum canonici putent, se iusto titulo possedisse, tenentur probare, se iusto titulo possedisse. §. Ad hoc Rol. quod, ubi manifesta est possessio, putans sibi competere, probare nou debet, ubi vero putat nee est manifestum, si actor est, tenetur probare. Secunda qu. est, an sententia lata sub conditione teneat? Quod non sif sentetitin, lex prociamat. Quod stare debet in sent. sua pro- batur ea ratione, quia ab ea appellandum est. Unde forma etc. Ca. II. Q. VI. •^. Ad boc Rol. quod conditio quandoque adiungitur facto, ut si apostolieus scripsisset alicui: volo te condemnare istum, si cognoveris eum esse homicidam , et tunc non est sent., quandoque conditio adjungitur eventui rerum, ut si quis mibi promiftat C, quod postea negans ducitur a me in causam et iudex, ut det mihi C. cum venerlt rex, et tunc est sententia. Sed bic non clare videtur videre Roland'. Non enim talis sententia est lata cum conditiono, immo absolute ; non enim adjungitur conditio sententiae sed eventui rerum. — V. Quaedam ecclesia privilegium a summo pontifice impetravit, ut praediorum totius dioec. baberet decimas. Processu vero temporis monachi cuiusdam monasterii quaedam praedia in illa dioec. emerunt, privil. postea a summo pont. impetraverunt, ut nulü decimas solverent. Hie primum quaer., an canonici possint petere decimas priori priv. muniti? Secundo quaer., an secundum priv. deroget priori? In bis duobiis quüest. hinc inde multa inveniuntur decreta in XX V"" causa. Zur Gesphii'hle der [.iteralur i'iher d«s Dekret Griitians. III. 47 §. A<1 (juotl Rol. •), qiioil qui habet potestatemcoiideiidi canones, liabet inde et potest. iritei'pretandi eos, et ideo dicit, quod sec. priv. derofjat jiriori. Si quaeras ab eo, an, quia canonici habent priv., tit babeaiit decimas suae dioecesis. possint petere qiiartam episeopi? dicit, quod non, quia statuta apostolicae sedis benignins interpretanda sunt. Sed si expresse det eis in privilegio qiiartani decimariim epis- eopi, tnnc possiint eain petere, vel, si exprimat in priv., se iis dare in integrum decimas totius dioecesis. Et notandum quod non dicit Rol. Al'n dicnnt, dari decimas intuitu praediorum, seil, ut cum assi- gnaiitnr certi liinites dioecesi. ut omnia praedia intVa limites assigna- tos sülvant dioecesi decimas, et tnnc, ubicunque personae se muta- verint, semper ex cultis praediis illins dioecesis illi dioecesi persolvent decimas. Alii vero decimas dandas dicnnt intuitu personarum et tnnc ubicunque ipsae personae excoluerint agros suos solvent decimas ecciesiis, a quibus ecciesiastica officia audiunt. Si quaeras a Rol.'-), quae istarum sententiarum plus sibi placeat, dicit, quod plus sibi placet, ut intuitu praediorum decimae dari debeant, Sed decrelum contra de decimis etc. Ca. XVI. Q. I. §. Tertia quaestio est, an monacbi debeant dare decimas. Quod non debeantur probatur auct. illa Qiiesfi sunt [c. 46] et illa Decimas Ca. XVI. Q. I. [c. 97.] §. Quod debeant dare decimas de omnibus laboribus suis, praeterquam de novalibus — nee hoc dictum est de omnibus novalibus, immo de illis tantum, quae excolunt propriis manibus vel propriis sumtibus — nee etiam de illis decimas dabunt, quae excolunt propriis manibus servi ecclesia. Illa vero, (piae ruslici monasterii excolunt, solvere debere decimas Rol. dieitaj Notandum quod, ut dicit Metellus, decimae possnnt praescribi non a laico. Quantocunque enim tempore laicus de proprio praedio non solvent decimas, non poterit praescribere quin solvat. Nee per se possnnt praescribi, sed contemplatione ecclesiae. Si enim quis ecciesiasticus praescribat ecelesiam, etiam praescribit sibi decimas illius ecclesiae. Sed quid si episcopus babeat praediuin in episcopalu alterius, de quo non solverit decimas per XXX. aniios? Diciint quidam, ({iiod non •) Der Sinn dieses Citats Lei R o 1 a n d u s ad C. XXV. ii. XVI. 2) Stroma Causa XVI. [Pol. T Cod. Sliitt;;-. (.] 'Dicimiis ergo deeimationes pjaedioriiiii intiiilii as>iij>iialas. Ideoque et paroehiae certls sunt limitihiis distinctae, iit uiiiusciiiiisqiie parochiae decimationes parochit.iiiis ministrentiii' ecciesiis. 3) Strom a Causa XVI. und XXV. wird dem Sinne iiaeli dies ffesa^^t. 48 V. Schulte poterit pi-aescribere, aisi praescribendo ecclesiam, cui competunt ipsae (lecimae. Setl tarnen difficilis quaestio est apud magistros. Huie autem, quod dixit, seil, quod pi-aedia iion possunt praescribi nisi coii- tomplatione ecclesiae, contrariiim videtur illud in I. Ca. Q. II. Quaesitum est. Sed dicimus, quod quidani sunt, qui redimunt honores a subditis, et in odium eoruni introduetum est, ut in boc casu, seil. sub eis redemptoribus praescribi possint decimae in ecelesia et a tali- bus personis seil, monacbis. Unde in eodem deereto dicitur 'sub huiusmodi redemptore'. Als interessant für die genaue Auffassung des Verhältnisses von geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit Iheile ich noch eine Stelle aus der Quaestio Quidani laicus fol. 121'' mit. 'Quando clericns impetit clericum, quod nuUa eausa eum nisi sub episcopo debet convenire. Quando vero clericns impetit Iniciim, aliquando impetit eum super eeelesiastica , aliquando super eivili causa. Item cum impetit eum super eeelesiastica, aliq. impetit super eceles. eriminali, aliq. super spirituali, aliq. super pecuniaria. Eeelesiastica criminuUs est, quando quis aecusatur de incestu, et ideo inter ipsum et uxorem suam petitur divortium. Eceles. spiri- tualis est, quando tantum de spiritualibus quaestio agitatur, utpote decimandi, funerandi et consecrandi. Eceles. pecimiaria est, quando movetur quaestio de rebus ex iure deeimationis, funerandi seu consecrationis provenientibus. Dicimus ergo, quoniam in omni causa eeelesiastica laicus sub episcopo est eonveniendus , sive fuerit pecuniaria, sive spiritualis, sive eriniinalis. dummodo in eriminali sunguis non petatur vel pecunii multatiu, quod iudicium non epis- copo exequitur nee in saeris ordinibus constituto licet exagilare, sed tan/mnmodu matrimonii impetatur separatio. Item eum impetit eum super eivili, aliquando super eivili pecuniaria, aliq. super eivili eriminali. Civilis pecuniaria est, quando agitur de praediis vel de aliis piHMiniis.quarumcognitio tantum ad iudieem eivilem speetat. Criminalis civilis est, quando agitur de criminalibus commissis, propler quae vel sanguinis effussio vel peeuniae petitur mullatio, quod iudicium tantum ad eivilem et non ecclesiasticum debet fieri iudieem. In eivili ergo pecuniaria sacerdos sub episcopo, si valet, conveniat laicum, alioquin per eivilem iudieem suum jus proseqiiatur. In eivili eriminali nee sacerdos nee quilibet in saeris ordinibus eonstitutus laicum, nee laicus quemlibct eorum, nisi loret exauetoratus, valet impetere. Zur Gescliichte der Literatur iilier das Dekret Gratians. III. 4-«f Item est, quando laicns impetit clericum, aliq. impetit eiim super civ. pec, alitf. super, civ. crini. Quando impetit eum supcrciv.crim., debet eum producere coram episcopo,qui debeteum,si constiterit,eiim admisisse.exauctoritate [/. e.ranctorare], etsicindicis snecidaris cog- nitioni traflere. Si vero impetit super ctv. pec, similiter eum pro- ducere coram episcopo [debet], et sub eo, si valet, jus suum con- sequi, nUnqnln ad civileni indicem est prodvceiidtis.' Die Metbode dieser Quaestiones ist ganz jene, welcbe Rolandus befolgt, bis auf die Ausdrücke. So z. B. figurirt bei Rolandus in Causa XXV. die pars adversa, werden bier wie oft die Argumente pro et contra gegeben, dann die solutio. Dem Verfasser sind die Zustände in der Lombardei genau bekannt, ebenso nimmt er auf Bologna eine besondere Rücksicbt. In der ersten kommt 'episcopus Bonnniensis vor; in der 9. wird bericbtet, es M^erde das Privileg, zu taufen und zu beerdigen aucb anderen als Taufkirchen gegeben, 'ut est consuetudo in Lom- bardia et in aliis regionibns." Eine bebandelt 'Ouidam Apnlus Bono- niam veniens', eine beginnt 'Nobilis quidam vasallus Archiepiseopi domini Medinhniensis agens in extremis', eine 'Quidam clericus licentia sui collegii Parisius causa studiorum pergens'. Rolandus ist derjenige Schriftsteller, auf welchen sich der Autor durchwegs stützt. Er wird noch sehr oft in den übrigen citirt. Häufig werdenseine Worte ohne Citate benutzt, z.B. in num. 18:'talis distinctio adhibendaestdecretorum; quaedam sunt ex causa, quaedam ex loco, q. ex tempore et ex persona. Ex causa, ut in hoc exemplo potest videri: Quidam miles oflTensam ecclesiae fecit.' So bei Rolandus Causa XXVII.: 'Sed notandum, quod decretorum quaedam sunt intelli- genda ex tempore, q. ex loco, q. ex causa.' die von Rolandus gege- benen Regeln über die Widersprüche zwischen zwei Autoren werden in num. 22. abgeschrieben. Römisches Recht wird verhältnissmässig selten, meist, wie bereits das Mitgetheilte ergibt, allgemein angeführt; in num. 7. 8. 12. kommen Citate aus dem Codex vor. Fasst man Alles ins Auge, so dürfte wohl keinem Zweifel unter- liegen, dass sie in Bologna in der ersten Zeit nach Abfassung der Summa des Rolandus gemacht worden sind. In der qu. 11. wird aus einem Beispiele klar, dass die Theilung des Kapitelgutes unter die Canonici sclion damals vorkam. Es heisst so V. S 0 Ji u I t e iiämlicli darin: 'Quaedain episcopaiis ecclesia, quam canonici suecn- lares iiilialjitahaiit, plures hahuit possessiones, qiiae videlieet iiiii- cuique illoruin, prout cuiusque digiiitas exigebat, ab exordiu ipsiiis ecciesiae tiieranl assignatae' . . . In Niiin. 12 kommt nocli folgende Stelle vor. 'Idemputest probari ad instar cuiusdam decreti, culus sumina talis est. Quidam jiecuniam certam statuta die se daturum iuravit. Termiiio vero adveniente rem jiracfatam ei, cui iuravit, ipse praebens bona tide deferebat. Casu fortuito ineidit in latrones, eumque omnibus bonis expoliaveruiit. De isto quaerebatur, utrum foret periurus nee ne? Sed dicitur absoiutus a iuramento, ut in (piibusdam deeretis reperitur, sed promissa eogi- tur adimplere, ut ([uldani magistri asserunt/ Die Casus dos H i c li a r d n s A n g 1 i c u s , D a m a s u s , B e n e n- easa u. a. geliören theils der Decretalenliferatur an, tbeüs lallen sie in eine Zeit, welcbe über die für diese Mittbeilungen gesetzte Grenze binaufreicbl. leb \\ erde deren Scbrilten im Zusammenlianoe be- sprechen. 4^. 2. Traetatus. Abgeselien von ganz kleinen Exeursen sind besonders zwei Materien monograpbiscb sehr früh behandelt worden: Proeess lind Eilerecht. I. P r 0 c e s s. a. Zu den ersteren kann auch jene Schrift gerechnet werden, Melche ich unter dem Namen Summa letjum ausführlich erörtert habe i). }). Ausschliesslich dem Processe ist aber gCMidmel eine zweite Arbeit, welche der Cod. ms. der kön. Bibliothek zu Bamberg P. 1. 11 von einer Hand des XIII. Jahrhunderts fol. öö -ea"" in 2 Col- zu je 42 Zeilen enthält. Sie fällt nach 1 179, da sie die Schlüsse des 3. Lateranensischen Concils berücksichtigt, aber vt)r die Compilatio prima, gehört mithin unbedingt zu den ältesten auf dem caiionischen Rechte fussenden Ordines judiciarii. Wegen dieser seiner Bedeutung ') Sitz. HtT. LVII. UtI. S. 434 — i(i(i und Nachtrag LXUI. S. 287 ff. Zur Gescliichle der Literatur über das Dekret Gratiaiis. III. ol werde ich das Werk edirea und begnüge mich an diesem Orte mit dieser Andeutung. c. Einen ganz eigeiitliünilichen Charakter trägt an sich das Juris canonici spectdum des Petrus Biese ns is jun., \\elches aus den verschiedensten Theilen des Rechts die allgemeinen Grundsätze erörtert und um 1180 gemacht ist. Da es edirt ist i), begnügeich micii mit der Hinweisung auf dasselbe. II. De m a t r i m 0 n i 0. Es ist zuerst von Kunstmann-J darauf hingewiesen worden, dass bereits lange vor der Sumniß de matrimonio Bernhard's von Pavia^), welche älter ist, als die Tancreds, systematische Darstellungen des Eherechts vorkommen. Kunstmann hat aus einem Freisinger Codex s. IX (cod. Fris. 42.) eine solche kurze Dar- stellung edirt (a. a. 0. S. o. ff.), welche 30 Capitel enthält*). Derselbe hebt auch schon iiervor, dass das Eherecht als 4. Stück des Dekrets erscheine, irrt aber wohl, wenn er glaubt, diese Rücksicht habe die Abschreiber geleitet s). In Wirklichkeit bildet aber das Ehe- recht den 4. Theil. Denn der erste umfasst ausser der Lehre von den Rechtsquellen Alles, was sich bezieht auf die Person der kirchlichen Judices (Dist. I — XX., bez. XXI — CI), der zweite umfasst den Process und M^as mit ihm zusammenhängt (C II — VI.), der dritte die ') Siehe darüber und über einen zweiten Ciidex die Bemerkung' im zweiten Beitrage Seite 50. 2) Archiv f. kath. Kirchenr. von Freih. v. Moy und Vering VI. (1861) S. 1 ff. 3) Edirt von K u u s t m a n n n a. a. 0. S. 217 fT. uud Lasperres in seiner Ausgabe der Summa Decretal. Bernh. Pap., Ratisb. 1860 pag. 287 sqq. *) Er tührt noch andere Handschriften an, weiche Theile des Tractats enthalten. Die neun ersten Capitel stehen auch in der Yonmir Iter Gallicum p. 410 beschrie- benen Canoneusiininilung des Cod. H. 137 der bibl. de l'ecole de medeeine von Montpellier. Dass regelmässig in den vorgratianisehen systematischen Sammlungen das Eherecht eine zusammenhängende Darstellung gefunden hat, ist bekannt. 5) Er gibt die Stelle aus Stephan v. Tournay, welche aus Joh. F a v e n- t i I) u s auch von mir bekannt gemacht wurde in den Rechtshandschr. der österr. Stiftsbibl. Sitzbr. LVII. S. ö8ii. Nur auf die Abschreiber führen aber die Genannten die Eintheilung zurück. 52 V. S c h u 1 t p Stellung der einzelnen Kleriker (VII — XXVI.), der vierte das Ehe- recht (XXVII. — XXXVI.j. Bernhard von Pavia hat sich an dies System angeschlossen, jedoch eine schärfere Sonderung u. s. w. vorgenommen. Im Ganzen entspricht die Stellung der Materien in den vier ersten Büchern der bei Gratian, wenn man vom Gegenstande des fünften Buches absieht. Fasst man nun die Literatur ins Auge, so erhellt fast ausnahms- los, dass die Apparate zum Decrete, wie sie dies meist auch für den Process thun, fast sämmtlich für das Eherecht den Charakter förm- licher Monographien annehmen, jedenfalls mehr eigentliche Sununae werden. Am wenigsten ist dies der Fall bei Paucapalea. Aber selbst er sendet eine verhältnissmässig lange Einleitung i) über die Stellung des Eherechts im Rechtssysteme, die causae matrimonii, den Begriff der Ehe, die Gründe der Ehebindernisse voraus und hat noch mehrere solche Erörterungen. Rolandusa) widmet dem Ehe- recbte die Hälfte seines Werkes. Stephan von Tour na y geht auf die meisten Punkte in zusammenhängender Darstellimg ein. Von Rufinuss) dürfen wir dasselbe annehmen, da Johannes Faven- tinus' Summe kaum mehr ist als eine Zusammenstellung aus den Summen von Ruf in und Stephan, im Eherechte aus Stephan sehr viel enthält und es doch sonderbar wäre, dass gerade für dieses das sonst stets befolgte Verfahren unterblieben wäre. Die Summe des Johannes über das Eherecht bildet aber, wenn man die blossen Erklärungen von Canones ausscheidet, eine ziemlich ausreichende und theilweise sehr eingehende systematische Darstellung des Ehe- rechts. Dieser Vorgang wurde beibehalten, so dass alle Glossatoren, selbst jene, welche abweichende Methoden haben, wie Simon de Bisiniano und Sigehardus Cremonensis, für das Ehe- recht viel ausführlicher sind und zusammenhängende Darstellungen ') Die Verbindung^ des Clerus mit der Kirche als coniuyium spirituale geht ihm parallel mit dem matrimonium corporale. 2) Erster Beitrag S. IT. 3) Die Mainzer Handsehritt enthält nur P. I., ebenso eine Göttinger, die Bamberger nur P. II. von C. I. bis XXIII. q. 6. Eine Handschrift der Summa Rufins mit dessen Namen wird angegeben im Catalogue gen. des manuscrits des bibl. des dep. 11. pag. 294 (num. 603 von Troyes), aber auch nur vom Anfange bis C. XXI. q. I. Es ist sonderbar, dass alle vier bis jetxt bekannte Handschriften defect sind. Zur Geschichte der Literatur über das Decret Grntians. 111. 53 liefern. Und hierin liegt wohl auch ein Grund dafür, dass Bernhard von Pavia ihm ein ganzes Buch einräumte. Die Wichtigkeit der Sätze über die Ehe, rücksichtlich deren die Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit zur Zeit des Erscheinens des Dekrets unbestritten der Kirche zustand, macht begreiflich, dass man sich für diese Materie, deren Kenntniss jedem Geistlichen in der Seelsorge und kirchlichen Verwaltung unentbehrlich war, nicht be- gnügen konnte mit Excerpten, sondern zur Abfassung zusammen- hängender Darstellungen schritt, die theils auf Petrus Lombardus, theils auf der Literatur zum Dekret fussen. Petrus Lombardus hat in seinen Sententlae Liber IV. dist. 26 — 42. dem Eherechte eine auf dem wesentlichen Quellenmateriale von der ältesten Zeit an ruhende Darstellung eingeräumt. Das Verhältniss der Sententiae des Petrus zum Dekrete Gratians ist noch nicht aufgeklärt. Sarti i) deducirt, Petrus habe Gratianus nachgeahmt, ohne jedoch den geringsten sachlichen Grund anzugeben. Andere nehmen an, Petrus' Sententiae seien um 1140 erschienen 2). Fest steht, dass Petrus, als er Bischof von Paris wurde, durch seine Sententiae ein be- rühmter Mann war, ja seiner Berühmtheit die Wahl zu danken hatte, dass er 1164 starb. Aus der Eintheiliing in distincfioneshei Graüanist nichts zu folgern, weil diese von Paucapalea herrührt, das Dekret also ursprünglich keine mit Petrus harmonirende Eintheilung hatte, folglich Petrus sie auch nicht, wie Sarti meint, Gratian entlehnt haben kann. Dass Gratians Dekret vor 1150 bekannt war, ist nicht zu erweisen. An sich erscheint es nun höchst unwahrscheinlich, dass in dem kurzen Zeiträume, der bleibt, zuerst das Dekret zu solchem Ansehen gelangt ist, dass dieses Petrus veranlasste, in einer ähnlichen Methode die Theologie zu behandeln, dass dieses Buch alsdann so bald das Ansehen des Mannes hob, dass bei der Wahl selbst der von einem Theile in Aussicht genommene Bruder des Königs die Candi- datur aufgab. Betrachtet man des Petrus Werk, das ein so einheit- liches philosophisch durchdachtes Ganzes ist, so kann man kaum auf 1) De dar. arch. Bon. prof. II. p. 3. sqq. 2) C a T e. Script, eccl. p. ü81 (Vdit. Col. Alobr. an. 1720. fol.) Richter i:iinmt, weil er in den Noten zum -.orp. jur. can. gewöhnlieh Petrus anführt, wenn eine Stelle bei ihm steht, offenbar stillschweigend an, Gratians Dekret sei jünger. Sitzb. d. phil.-hist. CI. LXV. Bd. I. Hft. 5 54 V. S c h u 1 t e die Idee kommen, es sei die blosse Copie eines fremden Systems oder wenigstens durch ein solches hervorgerufen. Nimmt man nun vollends das Eherecht, für welches eben in den Quellen die grösste Über- einstimmung von beiden herrscht, so bietet Petrus ein streng syste- matisches Werk, ganz nach derselben Weise, wie die anderen Theile i), w ährend im Dekret Gratians von einer inneren Ordnung irgendwelcher Art in dieser Materie kaum die Rede sein kann. Was die Quellen betrifft, so versteht sich bei einem Manne wie Petrus die umfassendste Kenntniss der Schriften der Väter und Concilien von selbst. Übrigens brauchte er nicht lange zu suchen. Schon die CoUectio trium partium, von der ihm sicherlich in Paris oder früher in Rheims ein Exemplar zu Gebote stand, oder Ivos Werke boten ihm die Belege der Quellen. Ich halte demnach die Selbstständigkeit derSententiae gegenüber dem Dekret für unzweifelhaft. Aber auch das halte ich bei genauer Vergleichung beider für einleuchtend, dass Gratian das Eherecht des Petrus vor sich hatte und dieses stark benutzte, namentlich in seinen Dicta. a. Der Codex der Wiener Hofbibliothek membr. fol. max. Nr. 1180, saec. XII [der gedruckte Katalog sagt irrig 'XII. — XIV.' Es sind alle Stücke aus dem XII.] enthält von fol. 167' vorletzte Zeile der zweiten Spalte bis 11 V zur 28. Zeile der 2. Spalte ein Stück überschrieben: De duplici institutione. Tractatus de coniugio. cuius institutio et causa ostenditur. Dasselbe ist ein Excerpt aus Petri Lombardi Liber Senten- tiarum L. IV. dist. 26. — 42. Theils werden die von Petrus mit- getheilten Quellenbelege und dessen Deductionen wörtlich ganz gegeben, theils nur die eine bez. mehrere Stellen, manche Para- graphe ausgelassen. Letzteres macht ihn interessant. Denn ist auch noch nicht, wie in den späteren Tractatus de matrimonio das Theolo- gische ausgeschieden und das Rechtliche allein massgebend, so •*>) Zweck, Wesen, Form, Anfang, Gebrauch, Verlöbniss, Foriualien, Hindernisse: WiHensunfreiheif. Irrthiim, in(er- zogen habe, hoffe ich für diese nochmalige Besprechung in den IMittheilun^en, welche als Ergänzung der früheren dienen, sell)st die Entschuldigung zu finden. 64 V. Schulte Dist. HI. also: 'Officium cXq.j) ermitter e. Permissio est providae concessiouis, ut matrimonii contrahendi causa vitandae for- nicationis. Quaedam est reeompeiisandae compensationis, ut ab una religione migrandi ad aliam distinctiorem, ut j. c.XIX. quaedam coactionis seil, ut fiant illicita, ne committantur graviora, ut hie et j. C. XXIII. q. IUI. §. hinc etiam, et j. C. XXXII. q. III. ■§. hoc dicit, Sed idem humilissimus.' Die Arbeit weicht von den meisten total ab, indem sie weder eine die einzelnen Capitel commentirende ist, noch auch die ein- zelnen Distinctionen u. s. w. sämmtlich berücksichtigt. Sie gibt viel- mehr nur einen Commentar zu einer Anzahl von Capiteln der Pars prima, z. B. D. III. dict. ad c. 3., D. IV. c. 2. 3. 6., D. V. c. 4., D. VIII. c. 1. 2., D. IX. c. 7. 11.. X. c. 7. 1. 6. 8, XI. princ, XU. c. 3. 4. 11., XIII. 2., XIV. princ, XV. c. 1. u. s. w. Für die Pars secunda ist meistens der Ausgang genommen von den Einleitungen Gratians, so dass an diese eine ganz kurze Auseinandersetzung der Materie angeknüpft wird. So schliesst sich die Arbeit an und umfasst allein in C I. q. I.: princ. quod autem, capp. 5. 37. 70. 111. 22. 50. 114. 100. 115. 39. 108., dict. post c. 97.; qu. 2. princ, c. 6. q. 3. princ. multorum, c 2. 13.; q. 4. pr. de secunda, q. S. princ, c. 3.; q. 7. princ u. dict. necessitatis ad c 12. — Sie hört auf mit C. XXXV. Angehängt sind in der Handschrift dann noch zu einigen Capiteln aus verschiedenen Causae die Commentare. Auf dem fol- genden Blatte beginnt eine neue Zusammenstellung von Erörterungen zum Decret, die in fünf Spalten bis dist L. geht, der Rest fehlt. Was die Zeit der Abfassung betrifft, so geben die fol- genden Stellen darüber, über die Methode und Anderes Aufschluss. 1. c Si peccaverit 19. C. II. q. 1. 'Si peccaverit etc. Magister d. concordans cum auctoritate intelligit de occulto hoc ponendum dicens: Si pecc. in te f. t. cor. e. int. te et ip. so. Si vero te non aud. adhibe duos vel tres t. et facias eum moneri a duobus vel tribus, qui crimen non debent publicare, sed tecum occultare, et hi tales non dicuntur festes commissi criminis, sed festes castigationis et correptionis, et hoc dicitur posse probari intra C. XI. q. \\L praecipue gualduardus in fine. Ibi enim dicitur: cave secundunj domini praeceptum, adhibeas duos vel tres festes. Non enim dixit: adhibiturum festes ad crimen convincendum, cum manifestum est. ut supra q. c Lothar ins. Scehis. In manifesta. Zur Geschichte der Literalur über diis Deci-et Gratians. III. OD Sed si etiam adhiic se corrigere nolunt, id ultimum dicas ecclesiae i. e. sacerdoti vel alii praelato, et ita non dicitur proditio, sed correptio, ut C. XXII. q. V. hoc videtur. Si vero nullum istorum valuerit, sit tibi sicut ethnicus et publicanus i. e. abstineas ab eo ut ab haeretico et publicano, privatim tarnen et non publice, ne ceteri scandalizentui*, sicut dicitur de episcopo, qui alterius peccatum solus novit, ut C. VI. q. II. Si tantum episcopus. Sunt autem, qui dicunt, et bene, hoc Caput duobus loqui casibus, primo, quando ita tibi notum est, quod nulli alii, quo casu si se ad ammonitionem tuam corrigere noluerit, non debes exhibere testes, sed sufficit tibi, si ei non consentias, ut j. XXIIII. q. IUI. c. VI. [Das Citat ist unrichtig]. Sed hie contrarius est finis huius capitis. Sed resp.,quia non approbat Aug. proditionem mulierum, sed potius inique agunt. Item j. XXII. q. v. hoc videtur in fine et j. V. q. v. Ä'oii vos. videtur contrarium. Sed ibi loquitur quando non solus seit, sed alii cum illo, per quos probari potest. In secundo casu loquitur, quando sibi et alii notum est crimen, hie post commonitionem secretam adhibendi sunt testes, non ad con- vincendum, set j. X. q. III. c. III., sed commonitionis habitae sunt testes. Ad ultimum die ecclesiae, et si nee resipuerit, sit tibi sicut ethnicus ei, pu., privatim tamen, non publice, ut j. VI. q. II. Si tarnen, placuit. Aliae sententiae sunt in summa magistri Johannis.^ Huguccio hat eine ähnliche Erörterung. 2. c. XVI. q. II. princ. '§. De cappellis etc. Nota, quod si in territorio proprio alicuius « monasterii fuerit constructa basilica, tunc permanebit [apud] abbatem eiusdem loci basilicae institutio, non quoad temporalia, sed quoad tcmporalia. Illud idem est, si episcopus basilicam inmonasterium con- tulerit simpliciter; si vero cum omni jure suo, tunc secundum Gratia7ium^^ et Jo. Faventinum et alias pertinebit institutio ad abbatem et quoad temporalia et quoad spiritualia. Quo casu loquitur capitulo I. Quidam tamen dicunt, hoc ita demum verum esse, si apostolici intercesserit auctoritas, hac moti ratione, quia huius- modi concessio Privilegium est, quod quidem soli papae concedere licet. Ad quod responderi potest, quod huiusmodi Privilegium formam generalem accepit, ideoque etiam ab episcopo concedi potest. Si vero laicus basilicam in monasterium contulerit nondum dedicatam. 1) Hierdurch ist meine frühere Cnnjectiir iin 2. Beitr. Seite 44 hestätigt. 66 V. Schulte liiiic ad abbatem pertinebit iiistitutio qiiaiitum ad teniporalia tantum, qiiia dominium iiitelligitur in monasterium translatum, quod laicus liabcbat ante dcdicationem, ut intVa qu. VII. monasterium. Si vero laicus basilicam dedicatam in monasterium contulerit, tunc non per- tinebit ad abbatem institutio quantum ad teniporalia, neque quantum ad spiritualia , sed jus tantum praesentationis, quod tantum babebat laicus, ut intVa q. VII. pio f'rigentius.' 3. Zu Dist. LIV. princ. servi autem beisst es am Ende: 'Item notantur casus, in quibus sacerdos lactus redigitur in Ser- vituten! Idem tbrtassis dicitur, si conditionem suam novo pontifiei non iiidicaverit, ut C. XII. q. II. longiiiquitate. Item si ad saecularem vitam redierint, forsan idem erit, ut C. de episc. aut. si serviis [ad c. 36. I. 3.] Jo.' 4. ad c. 20. 21. C. XII. q. 1. 'Ad solvendamcontrarietatumborumcap. nota super illudverbum, quod damnum incurret ecclesia, si ignoretur, quae res sintepiscopi,ut in illo c. sint manifest(ie\ji.2{.'\ et quia ecclesia ideo fuisset caritura in perpetuum vel ad tempus cum occasione ignoratiae talis fuerit ad alios devoluta eins possessio, neque sine dispendio litis ad eam redi- tura. Vel damnum incurret ecclesia eo, quod non sit babitura com- modum possessionis, si ignorantiae liuius occasione ad alios devoluta sit eins possessio. Quod tunc intelligendum est, cum certum est, episcopum babuisse propria. Si autem certum est, episcopum non •liabuisse propria vel incertum est, praesumendum est pro ecclesia. Ar. C. de donat. hiter vir., etiam et ff. e. Quintus, seciuidum Jo.' 5. Auf fol. G*" stebt unter den noch angebängten, offenbar von dem Verfasser herrührenden folgende: '<§. Hnc aiict. etc Sententia vero ditTinitionis si fuerit injusta ex ipso ordine, non est opus appellatione, si autem ex causa et fuerit appellatum, infra XX. annos poterit revocari sententia lata ex falsis instrumentis vel testibus. Hoc si causa civilis est, si vero criminalis quandocunque vult poterit retractare. d.' 6. C. II. q. II. '§•, Quod autein etc. Cum de restitutione cleri- corum agitur, sciendum est, quod tria sunt, quae in ecclesia possi- demus: beneticium, officium, fraterna communio. Item quod sub lieneficio res etiam episcopi comprehendas, quas de ecclesia tenet. Quidam tarnen nolunt res episcopi in beneficiis ecciesiae contineri, sed tantum res clericorum. Cum ergo quis fuerit beneficio spoliatus Zur Geschichte iler Literutur iiher das Üecrot Gratiaiis. III. Ol siquidein praeter ordinem iudiciarium regulariter est restituendus priusqiiam de causa, super qua impetitur, cogiioseatur, ut in hac q. in Omnibus cap., nisi suspectus sit de crimine, unde scandalum ori- retui", quod ei restitutionem impediret, ut supra q. I. in primis et j. q. V. super causa. Si autem ordine judiciario aut juste vel injuste. Juste enim, quia sententia damnatus est legitima sine objeetione, quae sententiam retractet, tum quia publice infamia gravatus est, tum quia contumacia rebellis, tum quia sie exigit casus constitutionis, veluti si dilapidator sit, ut j. C. III. q. II. quia. Talis ante Judicium principale non restituitur. Si injuste, omnino restituendus est.' §. Cum autem officio spoliamur, similiter ante causae in- gressum restituimur, nisi nos infamia urgeat, sicut in fine dicitur buius distiiictiotiis. Si ante restituti non fuerimus, administrare officium praesumere non debemus ut C. XVI. q. I. cunctis. Cum vero a tVaterna communione separamur, tunc prius cognoscatur de causa nisi tunc demum, cum post appellationem excommunicatio vel suspensio facta fuerit. In tali enim casu prius fiet absolutio, ut C. XI. q. III. si episcopus forte, et infra e. f. V. ad Romaiiam. ^. Item nota, quod tribus modis dicitur ordo judiciarius servari: respectu judicii, seil, quando legaliter fit expoliatio ante judicem, respectu causae, sicut in dilapidatione rerum ecclesiae non resti- tutuitur, quocunque modo exspolietur, et cum ordo judiciarius in eo dicitur servari, quia talis causa talem exigit ordinem, respectu etiam extrinsecae necessitatis, ut pro vitando scandalo ut j. q. v. presbyter, ibi enim non restituitur propter scandalum, §. Item distiiiguendum, utrum ordo judiciarius intercesserit, an non. Si o. j., prius cognoscetur de causa quam restituatur, quia propter infamiam suspendatur ante Cognitionen! causae, ut j. q. v. presb. Si vero praeter ordinem judiciarium, prius restitui debet per iudicem superiorem. §. Item notandum est, quia exspoliatus, quando restituitur ad causam et ad omnia, quae amiserat, quandoque ad causam tantum, aliquando vero ad nullum. Quod ut melius pateat, sie distinguis. Cum quis exspoliatur et aut absens aut praesens est; si praesens aut appellat aut non. Si appellaverit et ad causam et ad omnia restituendus est, priusquam de causa agatur, ut in bac q. in Omnibus canonibus. Si autem non appellaverit, forte de miseri- oordia restituetur et ad causam tantum, veluti se dixerit falsis testibus vel instrumentis convictum. Hoc enim potest ex illo cap. 68 V. Schulte q. I. in primis et C. VII. q. I. praesentium. Quod male actum est vult sanetus apostolicus saepiiis etiam rimare, ut C. XXXV. q. IX. sententiam et j. C. XI. q. VI. super causa [ist c. 11. C. XL q. 5, die erstere Stelle c. 6. C. XXXV. q. 9]. Ibi enim liabes, quia nie bis ad causam restitutus post condemnationem hie autem forte semper ei indulgentia dabitur, ut in causa tantum audiatur nisi talis fuerit qui eonvictus esset iudicio stare noluerit. Hie enim non audietur, nisi intVa annum, anno vero transacto ad nuUum resti- tuitur, ut C. XL q. III. rursus. Si vero absens fuerit, refert^ au ex justa causa. Si ex contuniacia, in nullo audietur, immo damnabitur et deponetur de crimine, si tarnen notum est aliquo modo, ut C. IX. q. III. decretum, et j. XXIIII. q. III. de ilUcita. Nee etiam vocem appella- tionis habebit ut ibidem dicitur. Si vero ex justa causa absens fuerit, refert, utrum alius sit ei substitutus vel non. Si alius est substitutus ad causam tantum restituitur ut supra q. I. in primis, et infra q. V. super causa et C. VII. q. I. praesentium. Si alius non est substi- tutus ad omnia restituetur, ut hie dicitur C. e. q. V. §. Item quaeritur, si aliquis ah aliquo est accusatus et ab ;dio exspoliatus, an sit cogendus stare ante judicem, nisi prius resti- tuatur. Et videtur, posse cogi ex illo c. in primis. Ille enim Januarius a Carniciolo exspoliatus accusatus a servis et principe nee tamen ante causae cognitionem restitutus. Sed melius est, ut dicamus, a quo- cunque fuerit exspoliatus prius esse restituendum, sicut haec omnia dereta velle videntur in hac q., nisi forte eius negligentia fiat, ut non restituatur, ut C. III. q. II. et III. cum ecclesiae. Ibi enim aperte dicitur: si non sponte sua et in fraudem restitui non venit ut alii accusare, ad illud quidem Januario ut diximus obiiei potest. Resp. quod tunc ille non restituebatur, quia erat si alius substitutus vel quia sine scandalo fieri non poterat, vel quia non appellaverat. Hoc idem etiam dicimus, si pro uno crimine fuerit iniuste exspoliatus et de illo impetitus ut C. III. q. I. §. Alii sie distinguunt: Spoliatio alia fit in civili causa, alia in criminali. Si in civili, aut fit sententia, aut violentia, aut contumacia. Si sententia, aut ordine lata et legum tra- mite aut non. Si vero restituitur ordinem redarguendo, si ordine restituitur ut in crimine; infra docebitur. Excipe tamen ahsentein. Si violentia, restituitur per interdictum; si contumacia, distinguendum est per litis contest. Item si in criminali contingit spo- liatio, alia fit per sententiam, alia per violentiam, alia propter Zur Geschichte der Literatur über das Decret Gratians. III. b«7 suspicionem, alia propter contumaciam, utinfra C. III. q. IX. decretum. §. Per sententiam exspoliatus pro crimine alias iatum ordine, alias non. Si non, aut excommunicatur aut non. Excommunicatus restitui- tur, sed ante absolutionem; si non, potest restitui per appellationem, si tamen ante appellet. Si-post, ordine improbato. Si autem ordine, tribus modis restituitur: per appellationem, per falsi redargutionem, per sententiae improbationem. Et boc duobus modis: aut quia data est contra iuris ordinem, ut si spolietur et condemnetur absens, vel quia contra ius constitutionis. Et haec de spoliatione, quae fit per sententiam tantum, quando alias fit excutione sententiae ubi resti- tuitur similiter omnibus modis praedictis. Sed aliter ibi restituitur spoliatus verbotenus seil, ad causam hie ad res ipsas. Si autem et sententia et executione spoliatus quis tandem appellet ad causam resti- tuitur, non ad res. §, Per violentiam exspoliatus si vult agere, non impeditur; con- ventus non respondebit nisi restitutus, seil, de illo crimine, pro quo spoliatus est, de alio ante vel post commisso et alii quam exspoliatori cogitur respondere. Sed mihi non placet, ut de prius commisso respondeat quam post exspoliationem hoc in fraudem fieri potest de post commisso concedo ad exemplum legati, ut ff. deiudic. 1. II. §. III. §. Propter iustam suspicionem exspoliatus non restituitur ante causae cognitionem, ut infra q. v. super causa, presbyter et infra C. III. q. II. quia. §. Item nota, quia, licet generaliter dicatur, quod non debet fieri condemnatio vel absolutio in judicio nisi ordine judi- ciario observato et omnibus injuste spoliato restitutis, tamen certae causae sunt, quae inducunt ordinem judiciarium non observari et injuste [spoliatum] non restitui. Sunt autem hac: criminis infamia ut j. q. v. presb., C. VI. q. III. placuit, C. XXIIII. q. II. saue pro- fertur et c. extrava. de symoniacis [damit kann nur gemeint sein c. 3. de sym. V. 2. Comp. I.] ubi dicitur quod testimonium unius auditur; delicti detestatio ut j. q. v. super jacturae cautelam ut j. C. III. q. II. quia; specialis ratio cohaerentiae ut C. XI. q. III. si episc. forte; militiae depressio ut in capitulo extravaganti alibi [abbati] Sancti Petri super dubia ad nostram noveris [ist c. 3. de appell. Comp. I.]; scandali vitatio, ut C. III. q. V. haec quippe; Judicii defunctus [defectus], ut in summo pontifice ut C. III. q. I. §. patet ; facti evidentia ut in notoriis; delinquentis contumacia ut C. XXIIII. q. III. de illicita: Sitzb. d. phil.-hist. Gl. LXV. Bd. I. Hft. 6 70 V. S c h u 1 t e 7. C. XVI. q. III. princ. '§. Qtiod ttutem etc. In omni praescriptione haec potentissime consideranda sunt Verum rei, de qua quaeritur, qualitas consideratur. Si enim aliquod Spirituale fuerit, nullo temporis spatio poterunt [poterit] vendicari, nisi fortassis ab eo, in quo eiusdem possessio poterit declinari, quia [adde quod] ab initio non valuit tractatu temporis non convalescit. Quibusdamquoque veluti albert o, rufo i) Visum fuit, quod in omni eeclesiastica praescriptione iustus titulus, bona fides initio, in media, in fine, argum. infra C. XXXIIII. si virgo et supra C XIIII. q. VI. si res et c. extra, vigilanti etc. [c. 7. de praescr. II, 18. Comp. I.] Sed fortassis tutius haec differentia propulsatur, ut c. per singulas [c. 1. 2. C. IX. q. 3.], illo dilligentius observato, an possessio praebendae seu beneficii nomine teneatur, an alio quoque titido ad possessorem devenerit. In primo namque casu nulla praescriptione tollitur, ut c. clerici [c. 11. C. XVI. q. 3.], in secundo quodlibet ius spirituale occupatur, ut c. placuit [c. 15. C. XVI. q. 3.]. -^. Tres praescriptiones locum habent ex canone expresso, seil. XXX., XL. et C. annorum; duae priores in minoribus ecclesiis, tertia in Rom. ecclesia, ut c. Nemo [c. 17. C. cit.]. Sed domus domini dupliciter accipitur: ecclesia et monasterium. Item ecclesia vel praescribit contra ecclesiam, ubi opus est XXX. annorum praescr., ut c. 1., aut contra monasterium simpliciter, per XXX. annos vel XL. secundum quosdam; aut contra laicos itidem per XXX. annos ut c. placuit. [c. 8. ibid.] Idem de monast. Aut enim raon. praescribit contra mon. et tunc necesse est XL. annis prae- scriptionem compleri, ut videtur quoniam contra ecclesiam minori tempore praescribere non potest, ut q. IUI. volumus [e. 2.]. Et hoc ^) Rufinus sagt zu dieser Stelle (Cod. Bamberg. P. I. 11.): '.^d hoc autem, ut iura ecclesiae praescribantur sive ab eccl. sive a privatis prius necesse est, ut haec duo inaxime personae oecurrant, seil, continua bona fides, fidei conseientiae ut ex quo praescribere copit usque ad novissimam horam praescrip- tionis in conscientia haberet, quod rem alienam non possideat, licet lex dicat, b. f. non ad tractum raedii temporis sed initium possessionis seil., et eredimus districtius se habere in ecclesiasticarum rerura praescriptionibus, et hoc propter favorem ecciesiasticae immunitatis , unde secundum canones aliquis tarn diu judicatur m. f. prossessor, donec habeat conscientiam rei alienae' cet. Zur Geschiclite der Literatur über das Decret Gratians. 111. 71 Greg, in registro suo stätuit. Contra laicos autem forte praescribere potest sicut ecclesia. §. Duo exigiintur, ut praescr. annorum XXX. et supra complea- tur seil, non interrupta possessio et possidere suo nomine. Aliud in praescr. X. vel. XX. annorum, ubi bona fides ex utraque parte desi- deratur, seil, tradentis et accipientis. §. Item rerum quaedam eor- poreae quaedam mcorporeae, veluti vita. Quorum quaedam debentur ecelesiae, quaedam debet ecclesia, quaedam habentur in ecclesia. Quae debentur, ut jus percipiendi et similia ab eo praescribi possunt, cui et debentur ut in monasterio et clerico, laieo non, quare nee praescribere poterit, ut q. IV. ad haec. Item vero debet ecclesia ut cathedraticum et similia, similiter ab alia ecclesia episcopali prae- scribi possunt. Dubium est, an monasterio, a laico minime. §. Quae babentur in ecclesia, quaedam habentur iure cleri, de bis crimen dictum est, quaellam iure laici, ut jus patronatus vel advocationis, forte sie transmittitur ad posteros, eodem iure et praescribi potest, maxime si tempus memoriam hominum ex- cesserit. Constat enim, jus spirituale illud non esse, dum in illud succeditur, quod non est in spirituali, ut C. VIII. q. I. Moyses §. Item corporearum quaedam mobilia, quaedam immob. Harum utrorumque quaedam consecratae, quaedam non. Cons. a nullo laico praescribi possunt, qui nee ab eo possideri. Et hoc legibus asseritur; possunt a monasterio vel ecclesia, quin et ipsa ecclesia praescribi jiosset. Non consecratae si immobiles sunt, XL. annis laico queruntur unde in aut. qnas actio 7i es etc. Res vero mobiles non conse- cratae forte dece?inio queruntur, non usucapione, quoniam res fisci usucapiuntur,' sed ubi res immobiles a laico praescribuntur, si canon annuus inde debeatur, illae non praescribuntur ad simi- litudinem tributi et tributarii praedii. §. Effectus duplex est: in retentione etiam contra dominum, si praescriptor possideat, in ven- dicatione, si de possessione ceciderit, si tarnen bonam fidem et titu- lum habuerit in principio. Sed quaestio est, an ecclesia mala fide praescribere possit . . . .' Folgen die Fälle der interruptio posses- sionis, darin auch die bereits mitgetheilte Stelle. Dazu sehe man die im zweiten Beitrage citirten Stellen. Wollen wir nunmehr die Zeit der Abfassung genauer untersuchen, so haben wir beweisende positive und negative Argu- mente. Erstens aus den unter num. 1. und 2. mitgetheilten StelliMi 6' 72 V. S c h u I t e ergibt sich, dass der Verfasser Johannes Faventinus <), «us num. 7., dass er Albertus und Rufinus kennt. Rufinus ist älter als Johannes. Hnguccio citirt Gregor VIII. (Albertus Rene- ven tanu.s) mehrmals 2), aber immer als Gregorius VIII. mit dem Zu- sätze 'antequam esset papa.' Gregor regierte vom 21. Oct. bis 17. Dec. 1187. Dass ein nach dieser Zeit schreibemler Schrift- steller der päpstlichen Würde nicht Erwähnung gethan hätte, ist unwahrscheinlich. Gregor VIII. erscheint als Cardinal und Kanzler in Urkunden vom 22. Febr. 1178 bis 22. Juli 1181 unter Alexander III. [Jaffe Regesta Pont. pag. 679], Lucius III. von 1181 bis 118o [ibid. p. 835] Urban III. bis zum Tage seiner Wahl [ibid. pag. 835]. Jedenfalls dürfte seine bisher unbekannte Summe, da er schon am 15. Oct. 1159 als Card. S. Laurentii in Lucina erscheint (ibid. pag. 678) wohl noch vor 1159 oder doch um 1160 fallen. Da 'somit Albertus zu den ältesten Glossatoren des Decrets gehört, da Johannes Faventinus selbst den Albertus citirts), da Johannes' Summa selbst nicht über die siebziger Jahre des XII. Jahrhunderts hinabgeht, so stände, was die benutzten Schriftsteller betrifft, nichts entgegen, diese Distinctiones auch in jene Zeit zu verlegen. Es käme nun noch darauf an, den D. zu bestimmen, der in den Stellen 1. und 5, vorkommt. Mir ist bisher ausser in einer Handschrift des Decrets, welche bei einer späteren Abhandlung zur Sprache kommen wird, kein Glossator dieses Namens vorgekommen ; eben so wenig finde ich bei anderen einen solchen citirt. Sarti I. pag. 285. erwähnt einen D. Canonicus Lon- dinensis, der, wie die dort Append. pag. 113 sq. mitgetheilten fünf Rriefe .\lexanders III. von 1162. 1163 ergeben, in Rologna als Magister thätig war und auch bei Alexander. III. als Gesandter des Königs von England fungirte. Ich glaube, zumal die Zeit und alle sonstigen Umstände stimmen, keinen Anstand nehmen zu sollen, den hier erwähnten Magister d. mit dem dieser Briefe für identisch zu halten. — Andere Schriftsteller sind nicht citirt. Zweitens von nachgratianischen Decretalen bez. Extravaganten werden citirt: 1} c. extr. de symoniacis (oben num. 6.). Damit ist, wie der 1) Derselbe wird auch noch citirt in C. XVI. q. 7, in C. XI. q. 3. e. 16. sieiit apostoli. 2) Sarti erwähnt ihn unter den Professoren zu Bologna und überhaupt nicht. ^) siehe meine Rechtshandschr. der österr. Stiftsbibliotheken (Sitzber. LVII. Bd.) Seite 587. Zur Geschichte der Literatur iiher das Decret Gratians. HI. 73 angegebene Inhalt lehrt c. 3. de sym. Comp. I. [c. 3. X. V. 3.] ge- meint, das vor Gratian fällt. 2) das daselbst genannte cap. ud nostram noveris ist c. 3. de appell. comp. I. und ibid. X. von Alex. III. — 3) in num. 7. ist citirt c. vigilanti, das als c. 7. de praescr. in der Comp. I. und alsc. 5.X. de praescr. steht. — 4.) zu D. XLIV. citirt er i) : '§. cum auten. Ex hoc colligitur, quod pi'ohibito uno aliud prohibitum intelligitur, quod inducunt censurae similitudo, ut capitulum Alex, extravag. [eine Lücke], generalis pronunciatio, ut C. XIV. q. V. yenale, prohibiti occasio ut di. XXI. legitur, B. 1. IL inhihenchim.' Es ist gemeint die Decretale Alex. III. in c. 13. de appell. comp. I. ' siciit Romann et intV. Super eo vero.' 5) zu c. eficientibus I. C. II. q. 5.: ' c. extrav. Inuocentii quotiens frater nostcr,' ist das schon von Johann Faventinus [meine Rechts- handschr. S. 589] citirte Cap. Innocenz II., das als Palea'mcXl. C. II. q. 5. steht. — 6) zu q. 6 ib. 'c. Alex. III. archiepiscopoSenon. qiiuesitum est.' Dies ist c. 1. de rescr. und c. 12. de appell. Comp. L, c. 1. X. de rescr. — 7) citirt er als Fälle der Unterbrechung der Ersitzung zu C. XVI. q. 3. a. E. : Mtem vacante sede, contra quam praescribitur: ut c. Alex. Salernitam archiep. Cotisuhiisti.' Es ist e. 6. de praescr. Comp. I. gemeint, das in der Comp, mit Licet beginnt; consuluisti beginnt aber auch ein Theil (vgl. c. 3. X. de 1) Huguecio ibid. '. . ar. ex ca. quae similem exposcunt censuram siniile coneessa vel inhibita intelligunt, ut I. q. 1. sicut Christus et di. 4. denique. Quatuor enim sunt, quae faciunt. ut uno concesso reliquum concedatur et uno pro- hibito reliquum prohibeatur, seil, censurae similitudo, quae enira simile Judicium et similem exposcerent censuram simile coneessa vel prohibita intelligunt, utebrielas et ventris ingluvies ut hie et ebriefas et quodlibet aliud mortale peccatum utdi. 4. (feni'jwc et in extra, sicut Romana. consuluit, ubi dicitur, quod, si prohibetur appeUatiu et recusatio, parem ei et similem exposcunt censuram. Secundum est generalis pro- nunciatio i. e. ampliatio vocalmli ad generalitatem ut 14. q. ü. poenale et 22. q. 4. meretrices [ist c. 11. C. XXXII. q. 4.], idem sicut adjuncfi ratio, seil, quia con- juncta et sibi cohaerent ut 1. q. 1. sicut Ch et I. q. 2. nullus primas epm. et in extr. sicut Rom Tertium facit prohibiti occasio .... Das Citat aus Burchard fehlt. Vergleicht man diese Stelle mit der obigen, so ist offenbar, dass sie einander vor Augen hatten. Aus des Job. F a v. Summe kann die Exposition nicht geschöpft sein, weil sie darin nicht vorkommt. Den Eindruck der Origina- lität macht offenbar die Summa anonyma, deren Erklärung Huguecio ausführt. Dies ist um so plausibler, als Huguecio die Stelle so citirt, wie man dies bei einer allbekannten Sammlung thut , die Summa anonyma aber mit dem Namen des Papstes. 74 V. S c h u 1 t e sponsa (hior. IV. 4.). — 8) zu C. XVI. q. 7. 'vel securulum Alexan- drum, sl quaestio patroiiatus infVa tres menses uon fuerit sopita, episcopiis invitis patronis poterit ordinäre, ut . .' (fehlt das Citat). Das nach dem Lateranensischen Concil erlassene cap. 5. de aet, et quäl. I. 8. Comp I. (c. 22. X. III. 38.) passt nicht, weil es sechs Monate hat, aher das c. 4. de jure patr. Comp. I. (c. 3. X. ib.) ent- haltend den can. 17. des lateran. Concils von 1179 passt unbedingt; eine andere Decretale desselben Inhaltes kenne ich nicht. 8) Dazu die übrigen bereits in den abgedruckten Stellen befindlichen Citate. Erwägt man, dass der Verfasser das 3. Lateranensische Concil kennt, und hält damit die übrigen Momente zusammen, so dürfte der Schluss gerechtfertigt sein: Die Distintionen als zwischen 1179 und 1187 entstanden anzunehmen; ihre Abfassung später zu setzen, dafür liegt nicht der geringste Anhaltspunkt vor. Die Art der Citate von Extravaganten scheint mir aber zu beweisen, dass er die Comp. I. nicht kannte: 1) weil er bei allen Decretalen, welche unzweifelhaft Alex. III. angehören, dessen Namen erwähnt; 2) weil er einmal (beiCitirung der ad nostratn noveris) die Inscrip- tion zusetzt, offenbar um ihre Auffindung zu erleichtern, was nicht nöthig war, wenn er eine streng systematische Sammlung vor sich hatte; 3) weil er die nicht sicher Alex, angehürigen [denn c. 'vigi- lanti wird in der Append. Clemens Martyr zugeschrieben] bloss mit dem Anfangsworte (vigilanti) oder so citirt, wie es für die Comp. I. nicht passt, nämlich bei dem c. de symoniacis, da der Titel jener de symonia lautet. Neben dem Decrete und den Extravaganten ist ein verhältniss- mässig reicher Gebrauch vom römischen Rechte gemacht worden ; ich habe gegen 20 Stellen aus den Pandacten, 15 aus dem Codex, 2 aus den Authentiken, 1 aus den Institutionen angemerkt. Von altern Quellen wird nur Burchard über zwölfmal citirt. Für einen Punkt ist die Summe nicht ohne Interesse. Die Citate Jo. in num. 3 und 4 ') sind nicht entnommen der Summa des Joh. 1) Dass Joh. F a V. auch ausser seiner Summa Glossen g'eschrieben. hat schon M a a s s e n Beiträg-e S. 27 bemerkt und durch ein Citat aus H u g u c c i o und einem Münchner Codex nachgewiesen. Für die SteUe in num. 3., welche genau aucli nicht in der Summe steht, finde ich im Cod. Trevir. 906. und im Bamberger P. I. 16., der gleichfalls neben denen des Joh. T e u t. Glossen von Joh. F a V. enthält, keinen Beleg. Auch H u g u c c i o citirt ihn nicht. Zur Geschichte der Literatur über das Decret Gratians. III. 75 Fav., sondern Glossen desselben. Glücklicherweise findet sich die in num. 4. bezogene im Cod. Nr. 906 der Stadtbibliotbek zu Trier, mbr. fol. s. XIII., wo sie lautet: 'Hinc argue, quod omnes res, quas possidet episcopus, eccle- siasticae intelligentur usque adeo, ut moriens episcopus in eis testari non possit, nisi fuerint prius manifestae vel evidenter probari possit, eas prius fuisse episcopi. Ar. est C. de don. int. vir. et uxor. Etiam, et ff. eodem Qiii?itus. Quid ergo est, quod in proximo supra canone dicitur. ut nee ecclesia damnum incurrat, non enim ex confusione daninum sustineat ecclesia, sed heredes duntaxat episcopi, si semper pro ecclesia praesumentur? Solutio : damnum ecclesia pati potest non iudicium exercendo, sed res ipsas, quas suas ignorat, petere negli- gendo, vel in sumptus judiciales, vel referre dicas, an certum sit, episcopum habuisse propria, vel non. In primo casu quicunque in possessione invenitur, seil, beres episcopi vel ecclesia, commodum possessionis obtinebit, ut transferat onus probationis ad alterum,utin superiori C. et infra e. q. IV. quicunque, et q. III. c. 1. Si vero non fuerit certum, eum habuisse propria, et post eins mortem de re aliqua dubitatur, pro ecclesia indistincte praesumetur, ut hie dicitur et q. IUI. e. 1. Jo: Dass diese Glosse wirklich von Job. Fav. herrühre, beweist das Schweigen der Summa und folgende Worte von Huguccio zu dieser Stelle (Cod. Bamb. P. II. 28.): c . . et est argum., quod, ubi est incertitudo ex confusione rerum episcopi et ecclesiasticarum, semper praesumitur pro ecclesia et ecclesiae intelliguntur omnes, donec probetur in contrarium, sive ecclesia sit in possessione sive episcopus vel ejus heres. Et sie onus probationis incumbit episcopo vel eins heredibus, alias autem, nisi ab eo probetur, eas esse vel fuisse episcopi, semper praesum.itur, quod sint ecclesiae et ei adiu- dicabuntur. Et hoc dicit Jo. argumento legis seil. C. de dona. int. vir. et ux. l. idt. et ff", de don. int. vir. et uoe. Qaintus Miicius.' Dass unsere Summe die Glosse des Faventinus vor Augen hatte, scheint mir aus den Worten hervorzugehen, die sich ihr genau anschliessen. Erwägt man die in der Arbeit zu Tage tretende Kenntniss der Literatur, der Quellen, die Selbstständigkeit des Urtheils, so darf man sie trotz des geringen Umfanges als wertbvoll bezeichnen, wie sie auch für die Dogmengeschichte von Interesse ist. ^6 V. S c h u 1 1 e , Zur Geschichte der Literatur über das Decret Gratians. III. Eine Stelle erlaube ich mir noch mitzutheilen, zu C. XXV. q. 1, ^. quod vero in princ. : '. . . •§. Cum autem aliqua priuilegia inter se inveniuntur con- traria nova prioribus praejudicant hac ratione quia in multis cap. videmus adjectum: ut salvum sit in Omnibus Romanae ecclesiae Privilegium licet alia ratione inspecta videantur priora posterioribus praeponenda, ut C. XXXIII, q. II. hoc ipsum in fine. Sed quaeritur; si autem emanaverint statuta datae senteiitiae seil, ut qui contra venerit anathema Sit, aii in eam incidat dominus papa, si contra venerit? Ad quod potest responderi, quod si huiusmodi statuta emanaverint a veteri testamento vel scriptura evangeliorum vel ab apostolis vel a supradictis IUI" conciliis, dominus papa veniens contra 60 ipso est excommunicatus. Si aliunde, poterit papa contra venire et ea immutare.' Ich habe in diesen drei Beiträgen die Glossatoren im engsten Sinne beziehungsweise die reinen Glossen nicht berücksichtigt. Es scheint mir angemessen, darüber abgesondert zu handeln, weil nur dadurch ein Einblick verschafft werden kann, dass man zugleich nachweist, auf welchen Glossatoren die Glossa ordinaria ruhet. Da ich nun hoffentlich in kurzer Zeit eine Abhandlung über die Geschichte der Glosse des Dekrets auf Grund alter Handschriften vollendet haben werde, habe ich unterlassen, um Wiederholungen zu vermeiden, in diesen Abhandlungen sie zu berücksichtigen. Kric ala , Untersuchungen auf d. Gebiete d. Pronomina, besond. d. latein. TT Untersuchungen auf dem Gebiete der Pronomina, be- sonders der lateinischen. Von dem c. M. Johann Kvicala. tber das gegenseitige Yerhältniss der indefiniten, interrogativen und relativen Bedentang des Pronominalstamnies ka- (ki-). I. Allgemein verbreitet sind gegenwärtig folgende Ansichten : 1. Die indefinite Geltung des Pronominalstammes hi- (ki-} hat sich aus der interrogativen entwickelt. 2. Ebenso ist die relative Geltung desselben Pronominalstammes auf die interrogative zurückzuführen. 3. Wahrscheinlich waren ursprünglich alle Pronomina demon- strativ, und somit auch ka- (vergleiche z. B. Curtius in Kuhn's Zeit- schrift VI, 93). Ist diese letzte Ansicht richtig — und sie ist es wohl — so könnte es auffallend erscheinen, dass man die relative Geltung des lateinischen qtu (und anderer von demselben Stamme herrührenden Wörter im Latein und in anderen Sprachen) aus der interrogativen erklärt und dass man nicht vielmehr auf die demonstrative Func- tion zurückgeht, da doch die anderen in den indoeuropäischen Spra- chen vorkommenden relativen Wörter (z. B. skv.jas, gr. ig, 6 in re- lat. Bed. bei Homer u. s. , altbulg, i-ze u. s. \v.) auf Demonstrativa zurückzuführen sind. Der Umstand, dass die Spuren der demonstra- tiven Geltung des Stammes ka spärlich sind im Vergleiche zu dem interrogativen Gebrauch, kann doch füglich nicht als Hinderniss be- trachtet werden, da es ja überaus oft vorkommt, dass gerade die äl- t O Kvicala testen Gebrauchsweisen später eingeschränkt wurden und zuweilen ganz verschwanden, so dass sie nur noch durch die Forschung er- schlossen werden können. Nichtsdestoweniger ist die Scheu , die re- lative Geltung von ka aus der demonstrativen herzuleiten, erklärlich und gerechtfertigt. Die Entwicklung des relativen Gebrauches von ka ist ja verhältnissmässigjung, während die demonstrative Geltung dieses Stammes lange vor der Entwicklung der relativen (die nur in ein- zelnen Sprachen sich findet), sicherlich bereits vor der Sprachentren- nung, dahinschwand und nur in dürftigen Resten sich erhielt. Diese frühzeitig geschwundene und nur in Resten, und zwar in erstarrtem, dem Sprachgefühle nicht mehr lebhaft bewusstem Zustande erhaltene demonstrative Geltung von ka hatte gewiss nicht mehr die Kraft, um aus sich heraus die in einigen Sprachen üppig gediehene relative Func- tion zu entwickeln. Gesetzt z. B., dass der lat. Partikel ce wirklich die demonstrative Geltung zu vindiciren ist (wie z. B. Corssen Aus- spr. I, 271 annimmt), so ist es doch undenkbar, dass diese demon- strative Geltung, die in hie, sie u. s. w. so zu sagen in gebundenem Zustande vorkommt, auf die Entwickelung des relat. Pronomen qui und der übrigen zahlreichen relativen Wörter einen Einfluss hätte haben können. So gerechtfertigt es nun aber auch ist, die relative Geltung von ka nicht aus der demonstrativen zu erklären, so halte ich doch an- derseits die Frage, ob der relative Gebrauch sich aus dem interroga- tiven entwickelt habe, für eine offene. Auch in dem Falle, wenn die indefinite Function von ka (ki, ku) wirklich aus der interrogativen sich entwickelt haben sollte i) , würde ich es vorziehen, die relative Geltung nicht unmittelbar aus der interrogativen, sondern vielmehr aus der indefiniten zu erklären. Ich verkenne freilich nicht, dass die gewöhnliche Herleitung logisch möglieh ist (vgl. Pott, etymol. Forsch. I, S. 361, 2. Aufl.). Scharfsinnig führt Miklosich (vgl. Gramm. IV. Bd. S. 77, Nro. 3) als Analogie den Umstand an, dass die Relation im Slavischen auch durch die Frageform des Satzes bezeichnet wird. Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, dass z. B. im Böhmischen die hy- pothetische (also relative) Geltung der enklitischen Partikel // secun- där, die interrogative primär ist. Das hypothetische Satzgefüge „po- ') Ich werde aber unten nachzuweisen suchen, dass das VerhäUniss umgekehrt werden muss. Untersuchungen auf d. Gebiete derPronomina, besonders der lateinischen. ty müzes-li ml. pochvdlim te"' (wenn du mir helfen wirst, werde ich dicli beloben) ist entstanden aus den zwei selbstständigen Sätzen : „Pomuzes-li mi? (wirst du mir helfen?) und „pochvdlim fe." Die Bedingung wird durch die Frage bezeichnet; die (in diesem Falle bejahende) Antwort wird nicht ausdrücklich ausgesprochen, aber vor- ausgesetzt, und daran die in diesem bejahenden Falle stattfindende Folge durch den zweiten Satz angeknüpft»). Ahnliche Beispiele aus dem Griechischen und Lateinischen sind: Her. 4, 118 oJx oiv noiiiGiTg raOraj rj'xtTg jm.lv ni-Coixsvoi r, £xAct'^o,u.£v r-^v -/^'Jjpnv, r/ ixivcwsg OjixoXo'ytY/ •/jjTifjoij.s^cc = £dv /xyj TZOiriCJTiXZ raüra, ri^ktlg . . . ixXet- ipc/AcV X.7Ä. 5, 92, 7 fin. o-Jjc o5v TiaiiazaBz aXÄä mipriato^s. rtocpa to oiy.oi.iov xaTd-yovrsg 'I/rn-jV/v; 'iars. •jiüv Kopiv^iovg 7t ou a'JVCciviovTocg. Cic. Tusc. 3, 24, 57 2). Es ist also die Erklärung der relativen Geltung aus der interro- gativen möglich. Möglich ist aber auch die Erklärung aus der indefi- niten Geltung, z. B.: „Qiii non serit, is non metef-^ ursprünglich = es säet einer nicht ; der ivird nicht mühen. Die Einwendung, dass das relative Pronomen regelmässig an der Spitze des Satzes steht, während das indefinite quis, qui enklitisch ist, wäre nicht erheblich. Mit demselben Bechte könnte man ja auch ein solches von der Stel- lung des Wortes entlehntes Argument gegen den Zusammenhang der ') Dieselbe Geltung hat das li in jestlite, das gegenwärtig nur als eine hypothetische Conjunction = wenn gefühlt wird, während es eigentlich bedeutet „estne, ui''. Z. B. jestlize pfijdes, uzfis ho (wenn du kommst, wirst du ihn sehen) eigentlich = jest-li ze pfijdes? uzfls ho = estne ut venias? conspicies eum. ^) Oft ist es freilich zweifelhaft, ob man das Fragezeichen setzen oder ob man den ersten Satz für einen die Annahme bezeichnenden Aussagesatz halten soll, wobei natürlich das Fragezeichen unstatthaft wäre; z. ß. Dem. Ol. 3, 18 xai vOv li-jei TIC ^ikrioi- zxvrx -ot£ci-£ a'/a5-^ ~'''X'C'- ^'^ Herausgeber sind in solchen Fällen bezüglich der Interpunction oft uneins, gegenwärtig entscheiden sich die meisten gegen das Fragezeichen und für die durch einen Aussagesatz ausgesprochene Annahme. Dies Schwanken ist begreiflich, weil auch in dem Falle, wenn man den ersten Satz als Aussagesatz nimmt „gesetzt dass", derselbe doch am Schlüsse mit gehobener Stimme (also ähnlich wie bei einer Frage) ge- sprochen werden muss, da er an und für sich nicht befriedigt, sondern die folgende Ergänzung erwarten lässt. Zuweilen lässt sich an einen Fragesatz gar nicht denken, z. B. bei xai 0/7 wie Eur. Med. 389 xal 8rj r£.5va<7t • rt's p.s diEzzai KÖXig^ Her. 7, 10, 2 u. s. 80 K V i c a I a interrogativen und indefiniten Geltung von quis, gut geltend machen, mag nun die interrogative die primäre oder (wie ich glaube) die se- cundäre sein. Dass das relative gui in der Regel an der Spitze des Satzes steht,istnatiirhch und findet sich dies auch bei relativen Wör- tern, denen andere Pronominalstämme zu Grunde liegen. Eben so na- türlich ist es, dass das indefinite guis, gtii nicht an die Spitze des Satzes gestellt ward, da die im Laufe der Zeiten sehr abgeschwächte Bedeutung dieser Wörter sich mit dieser nachdrücklich hervorheben- den Stellung nicht vertrug. Dass ursprünglich auch ein indefinites kas,kis, guis ander Spitze des Satzes stellen konnte, ist nicht zu be- zweifeln; so wie nun aber auch andere (zusammengesetzte) Indefinita diese Stellung nicht lieben (aliquis, quidam, quispiam), so musste bei dem schwächeren guis, gui diese Abneigung noch grösser sein. Die Gründe nun für die Annahme der Entwicklung des relativen Gebrauches aus dem indefiniten, und nicht aus dem interrogativen, sind : 1. Mit der Thatsache, dass bei anderen Pronominalstämmen sich die relative Geltung aus der demonstrativen entwickelt hat (skr. jas gr. ög, 6, slav. ize, goth. saei), harmoniert besser die Erklärung der relativen Geltung des Stammes ka aus der indefiniten, da bei dieser Erklärung der relative Nebensatz als entstanden aus einem selbstständi- gen Aussagesatz betrachtet wird, gerade so wie die Sätze, in denen das relative Pronomen sich aus dem demonstrativen entwickelt hat, ur- sprünglich selbstständige Aussagesätze und nicht Fragesätze waren. 2. Für die andere Auffassung werden wohl hypothetische Perio- den, deren Protasis ursprünglich ein selbstständiger Fragesatz war, als Analogie angeführt ; aber anderseits kann man auch viele Beispiele anführen für die Entstehung der hypothetischen Protasis aus einem die Annahme bezeichnenden Aussagesatze; vgl. oben S. 3. Bemer- kenswerth ist hiebei besonders, dass die lateinische Sprache, deren Relativa sämmtlich angeblich aus der interrogativen Geltung des Stam- mes ka entstanden sind, gerade bei der Bezeichnung des hypotheti- schen Verhältnisses, wo die Wahl der interrogativen Form am näch- sten gelegen wäre, davon keinen Gebrauch gemacht hat; denn z. B. in dem Satze „si nie adiuvabis, laudabo te'-^ wird man doch „s/ me adiuvabis'' nicht auf einen Fragesatz zurückführen können, da si (sei, svei) ursprünglich demonstrativ ist. Auch ist zu beachten, dass zahl- Untersuchungen aufd. Gebiete der Pronomina, besonders der lateinischen. ö 1 lose Relativsätze mit qui, og av der Wendung „si qiiis, idv rtg" ent- sprechen, was für den Zusammenhang des indefiniten und relativen Moments zeugt. 3. Für quisque wird schwerlich jemand eine interrogative Be- deutung als die ursprüngliche voraussetzen wollen; Bopp sagt mehr- mals, dass, sowie skr. cfl, so auch lat. que als Fraget ilg er fungiere; quis soll seine ursprünglich interrogative Geltung durch Hinzufügung von que verloren haben! Wie sonderbar ist doch diese Annahme, dass ein eigentlich interrogatives Wort (das müsste ja ca, que nach dQj' gewöhnlichen Annahme sein) gerade die eigenthümliche Kraft haben soll, den interrogativen Charakter des Wortes, mit dem es eine Ver- bindung eingeht, zu zerstören! Dies quisque nun aber, bei dem keine Spur der interrogativen Geltung sich findet, das vielmehr entschieden indefinit ist, hat auch die relative Bedeutung; so z. B. Plaut. Asin. 2, 3, 24 quisque ohviam huic occesserit irato, vivpidabit (ursprünglich „irgeud einer wird diesem in den Wurf kommen, er wird Schläge bekommen" = wer immer (\iesem in den Wurf kommen wirdu. s. w.). Mil. gl. 2, 2, 5; 2, 5, 50; 4, 9, 14 u. s. Dasselbe gilt von quando- que = quaudocumque. 4. Auch bei quisquis wird man wohl nicht an eine ursprünglich interrogative Geltung denken. Von der indefiniten Bedeutung finden sich Spuren , die ich nicht durch Annahme der Auslassung des Ver- bum substantivum erklären möchte; so CatoR.R. c. 7 in eodem fundo suum quidquid couseri oportet. Cap. 48. suum qnidquid genus ta- learum serito : und namentlich unusquisquis = utiusquisque, wie Cato bei Fest. p. 234 qui ummiquidquid mature transigit, is pro- perat: — ego unumquidquid qiiod adortus eram transigcbam. Plaut. Trin. 4, 2, 39 si unumquidquid singillatim et placide per- contabere. — Aus der indefiniten Geltung hat sich die relative ent- wickelt. 5. Wichtig sind ferner noch andere Wörter, die als subordinie- rende Conjunctionen relative Bedeutung angenommen haben und hei denen dieselbe durchaus nicht aus der interrogativen Geltung erklärt werden kann, da sie eben diese niemals hatten. Hieher gehört vor allen dum, mag nun diesem Worte ein Pronominalstamm da- (der jedenfalls demonstrativ sein musste , eine Modification von ta-^ zu Grunde liegen oder mag es nach Corssen (Ausspr. II, 149. 284) ein Accusativ von dius sein, so dass dum „ursprüglich den Tag, daim 82 Kvicala der Weile, indessen'^ bedeutete (Corssen a. 0. 284). Bezüglich der Entwicklung der relativen Geltung des dum vgl. das deutsche weil (auch temporal), derweil, wälirexd. Das griech. rioiq ist eig. demon- strativ „so lange"; aber die demonstrative Geltung tritt zuweilen zurück, so dass es „eine Weile, eine Zeit lang" bezeichnet, also in- definit gebraucht wird, wie z, B. Plat. Lys. 207 A rswg ixiv oüv ■finöpsi T£ xal cijxvst ixoMog npofyUvocr ejistTo, xtX. Lach. 183 E ziujg yAv o\jv nocpi^si iv rft vni dvvsjoixsvog roO oöparog ' sTzd oi ovj xtX. ^an sieht leicht, wie in diesem Contexte die Bedeutung von rswg „unterdessen, bis dahin" in die von „eine Zeit lang" übergehen konnte. Tioig findet sich nun aber auch als Conjunction, also relativ (= £wg) gebraucht, z. B. Plat. Symp. 191 E tsw? av rzalotg co^t, (pilouai Tovg ävopag (vgl. Lexika und Buttmann, index zu Demosth. Mid.) II Wie verhält sich nun die interrogative Function des Stammes ka (ki) zu der indefiniten? Die angebliche Entwicklung der letzteren aus jener stellt Pott (Etym. Forsch. I, 361) so dar: „Das Fragpro- nomen wird häufig in den Sprachen, nur wenn zuvor durch Tonlosig- keit abgeschwächt, als Indefinitum verwendet, z. B. si quis (aliquis). Griech. [ixizig ne quis. Es kam wer (jemand); d. h. Gekommen ist jemand, nur bleibt noch fraglich wer?'-'' Eine ähnliche Verbindung zweier Momente (eines Aussagesatzes und einer Frage) kommt wirk- lich vor, z. B. Eur. Hipp. 521 Trävr' äv ffO^ri^tX^ la^v dsiixaivscg di Tt,- Or. 393 Yip^M o£ 'kitaa-ng Tröre,* rig rii^ipa tot' -^v; Solche Sätze kann man, um Pott's Worte zu gebrauchen, erklären: „Du fürchtest,- nur bleibt noch fraglich, ivas." Aber auf diese Weise ist gewiss die indefinite Geltung historisch nicht entstanden , sondern das Verhält- niss muss umgekehrt werden. Ich führe hiefür folgende Gründe an: 1. Die interrogative Function eines Wortes ist ohne Zweifel ganz und gar abhängig von dem fragenden Tone, dessen man sich bedient. Es gab niemals absolute Fragewörter, d. i. solche, denen die fragende Geltung m irklich innegewohnt hätte i), sondern 1) Benfey (Kuhn's Zt. 9, 123) stellt zwar einen solchen Versuch auf, indem er meint, das interrogative Pronomen, dessen org-anische Form nach seiner Ansicht kva ist, könne in Verbindung gebracht werden mit dem skr. Verbum ku „ein Geschrei erheben, rufen". Unteriiuchung-en auf d. Gebiete derPronomina, besonders der lateinisclieii. oö alle hatten ursprünglich eine andere Bedeutung, und nur dadurch, dass sie in Fragesätzen oft verwendet wurden, geschah es, dass das Sprachgefühl das fragende Moment, welches eigentlich durch den Ton bezeichnet wurde, auf diese Wörter selbst übertrug und sie dann als Träger der interrogativen Function ansah (vgl. die Fragepartikeln dpa, rii ne, num, nonne u. s. w.). Die wirkliche Frage (im Gegen- satze zu der rhetorischen) entspringt aus dem Nichtwissen und dem Streben, das, was man nicht weiss, zu erfahren. Dieser Wunsch, Auskunft zu erhalten, wird zufolge einer natürlichen Symbolik da- durch kundgegeben, dass man am Schlüsse des Satzes die Stimme nicht (wie es bei einem Aussagesatze natürlich und angemessen ist) fallen, sondern sich erheben lässt. Dadurch wird symbolisch ange- zeigt, dass das Ausgesprochene nicht für sich einen befriedigenden Abschluss bietet, sondern dass man diesen Abschluss, die aufklärende Ergänzung erst erwartet; diese Ergänzung ist die Antwort. Jedes Wort kann aber in einem solchen Satze als „F r a g e w o r t" fungieren ; wenn man es nämlich stark betont, so lenkt man die Aufmerksamkeit auf dasselbe (wie es auch in einem Aussagesatze geschieht, vgl. z. B. der Bruder kam heute opp. und nicht sonst jemand; der Bruder kam heute opp. und nicht an einem andern Tage u. s. w.) und gibt zu verstehen, dass die Antwort gerade auf dieses Wort Rücksicht nehmen und sich beziehen soll; z. B. kam der Bruder gestern hieher? kam der Bruder gestern hieher? kam der Bruder gestern hieher? Mit Fug und Recht kann man also behaupten, dass es ursprünglich gar kein eigentliches Fragewort gab und dass ander- seits, wie jedes Wort, so auch das unbestimmte Pronomen kas, kis in einem fragend ausgesprochenen Satze zu einem interrogativen Pronomen werden konnte. Dass gerade das unbestimmte Pronomen sich zu einem Frageworte qualificierte,ist begreiflich. Die Frage ver- langt eine Antwort, und gerade das unbestimmte Wort ist eben das unbekannte x', das durch die Antwort seine Auflösung erhalten soll i)- So wurde aus 6 «oeAyö? tlni n der Satz d dotk^oq tlrzs. ti; 1) Interessant ist die Erscheinung, dass in der Conversatiou sehr oft da wo man etwas wünscht, Aussagesätze mit dem unbestimmten Pronomen gebraucht werden, die also bezüglich ihrer Geltung auf einer Stufe mit Fragesätzen stehen. So kann z. ß. jemand, der etwas fallen hört, aber nicht weiss was, und darüber Auskunft zu erhalten wünscht, sagen: „etwas ist heruntergefallen" und der Angeredete entnimmt daraus, dass Auskunft gewünscht wird, so dass also jener Satz dasselbe O'i Kvical« (der Bruder hat was gesagt?). Dass nun dies Wort regelmässig an die Spitze des Satzes gestellt wurde, ist natürlich; denn wenn man schon auf ein Wort die Autnierksamkeit lenken will, so erscheint die Setzung desselben an der ersten Stelle des Satzes als ein geeignetes Mittel. Gerade so wird man z. ß. wenn aus dem Aussage- satze ö ddzAfog TovT zlm ein Fragesatz werden soll, in der Regel lieber sagen toOt' zIkz^j 6 dozl(oög; als 6 äoeXyöj toöt' zItzz; Ebenso stellt man ja auch in Aussagesätzen ein besonders stark zu betonendes Wort nach Möglichkeit gern an die Spitze. 2. Es gibt in den Sprachen eine grosse Anzahl von indefinit gebrauchten Wörtern, bei denen die Voraussetzung des interro- gativen Gebrauches behufs der Erklärung der indefiniten Geltung schlechterdings unzulässig ist. Vgl. z. B. lat. utius, gr. 6 ozlva, got. mannahun, ainshun, manna, sums, deutsch man, einer, Mensch, böhm. clovek, jeden. Wie wir nun in solchen Fällen die indefinite Geltung so zu sagen vor unseren Augen sich entwickeln sehen — und gewiss nicht aus dem interrogativen Gebrauche — so dürfen wir auch für kos u. s. w. nicht die interrogative Function als die nothwendige Vorstufe gelten lassen. 3. Wenn man die Ansicht, das indefinite Pronomen sei aus dem interrogativen entstanden, aufgibt, so erklärt sich eine bedeutende Reihe von Erscheinungen sofort auf natürliche Weise, während man sonst bei ihrer Erklärung ein Mittel anwenden muss, dessen Berech- tigung sich nicht anerkennen lässt. So sieht sich Bopp veranlasst (Vgl. Gramm. -§. 395, 2. Aufl.) zu erklären, dass sich die Partikel ca im Skr. und Zend (altpers. cii) ihrer Verwandtschaft mit dem In- terrogativ nicht mehr bewusst ist und er nimmt an, (II, S. 177), dass die fragende Bedeutung dem Worte kinca durch ca, dem quisque durch que, dem hvazuh, hvarjizuh, hvatharuh (S. 213) durch uh, dem kascit, kaddcit, kathai'icit, kvacit durch cit genommen werde. Wie sollen aber die Partikeln ca, cit, que, uh, die doch selbst an- geblich eigentlich interrogativer Natur sind, gerade dazu benutzt worden sein, um anderen interrogativen Wörtern, wie kirn, hvas, quis u. s. w. ihre interrogative Geltung zu rauben? Vielmehr müsste erzielt, wie ein Fragesatz „was ist heruntergefallen". So hört man „jemand war da" (wo sich freilich leicht ein fragender Ton, eine Hebung der Stimme beigesellt) nicht in dem Sinne von „war jemand da", sondern vielmehr = „wer war da?". Untersuchungen auf d. Gebiete der Pronomina, besonders der lateinischen. oO doch aus einer solchen Vereinigung eine Kräftigung des interrogativen Moments resultieren. Geht man aber von der indefiniten Geltung als der ursprünglichen aus, so stellt sich hier eine wiederholte Bezeich- nung des indefiniten Moments heraus, die in allen Sprachen eine häufige Erscheinung ist; vgl. qui-cum-que (wer irgend wann irgend wie), quisquam (irgend einer irgend wo) u. A. m. Nun kann man freilich, wenn man der ursprünglichen Be- deutung von ka (ki, ku) nachzugehen sucht, bei der indefiniten nicht stehen bleiben. Zunächst muss man wohl als Vorstufe der unbe- stimmten Bedeutung „irgend einer" die Function des bestimmten Cardinalzahlwortes „«/ii^s" voraussetzen. Analogien für diesen Über- gang finden sich in grosser Anzahl. So ist bei unus, ein, jeden, sTg, welche Wörter auch in der Geltung eines unbestimmten Pronomen vorkommen ^j, unzweifelhaft die Function des bestimmten Numerale für die ältere zu halten. 0-Joüg steht dem oürt^ in der Bedeutung gleich, und wenn man energisch „nicht ein einziger" sagen wollte, so musste man o-joi v.g anwenden, da o-josig nicht mehr in dieser starken, ursprünglichen Bedeutung gefühlt wurde. Wichtig ist ferner ullus, das doch wohl gewiss (obzwar auch andere Ableitungen ver- sucht worden sind) eine Deminutivform von unus ist, Avie das hö\\- mischejedinky ein Diminutivum lxx jediny ist. Wenn nun auch gar keine Reste des Numeralgebrauches von ka sich fänden, so wäre man doch nach solchen Analogien berechtigt die Bedeutung „unus-' als Vorstufe der unbestimmten Bedeutung vorauszusetzen. Es scheinen aber noch Reste jener Bedeutung sich erhalten zu haben. Zunächst in skr. eka. Denn da die Bedeutung yiirgend einer'-'' so oft die Bedeutung „wius'^ voraussetzt, was ist natürlicher als die Annahme, dass in e-ka die Bezeichnung „eins'' nicht ausschliesslich, ja auch nicht einmal vorwiegend in dem ersten Theile des Wortes, sondern vielmehr im zweiten zu suchen ist? Ferner scheint Bopp (II, 60) bezüglich des merkwürdigen lat. cooles ij unus ist so gebraucht z- B. Plaut. Truc. 2, 1, 39 sed est huic unus servos vio- lentissumus. Cic. de or. 1, 29, 132 sicut unus paterfamilias de his rebus loquor und Fuchs (Verhandlungen der 7. Versammlung der deutschen Philol. u. Schul- männer S. 45). Für £'.c vgl. z. B. Arist. Vögel 1262; für jedini. Miklosich (a. a. 0 S. S3). Sitib. (1. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. I. Hft. 7 86 K V i c a 1 a mit Recht zu bemerken, „dass der BegritT der Einheit hier ein- leuchtend nur durch c vertreten ist". Wenn Corssen (krit. Nachtr. 263) die Herleitung von eka bestreitet, „weil der Abfall eines anlau- tenden langen e im Latein durchaus ohne Beispiel ist", so ist zu be- merken, dass in cocles eben nicht ein anlautendes e abgefallen ist, sondern dass der erste Bestandtheil ka ist, dem an und für sich die Bedeutung „eins" zukommt. Benfey (Kuhn's Ztschft. II, 222) erklärt ähidich coelebs. Wichtig und richtig scheint Bopp's Erklärung des Femininstammes skr. vatasar- zu sein, der, verglichen mit dem Fe- mininstamm des Zahlwortes drei tisnr-, um ca reicher ist, so dass dies ca die Bezeichnung der Einheit zu sein scheint, wie in m-?yör-, ca-tur- (Vgl. Gramm. II, 68; SchleicherComp. §. 237). Ferner hatmeiner Mei- nung nach Ahrens (Kuhn's Ztschft. 8, 331) genügend nachgewiesen, dass das griech. -y.'.q aus dem alten Zahlworte der Einheit verstümmelt ist. — Diesen Resten glaube ich auch die Präposition cum anfügen ; zu können, was ich in dem Excurs I. zu begründen suchen werde. IV. Aber auch bei dieser Geltung des in Rede stehenden Pronominal- stammes kann man noch nicht stehen bleiben , sondern man ist ge- zwungen, noch einen Schritt weiter zu gehen und entweder (mit Benfey) eine Verbalwurzel ') oder einen demonstrativen Prono- minalstamm anzunehmen. Letzteres halte ich für das richtige, indem ich überhaupt von der Richtigkeit der Ansicht überzeugt bin , dass alle Pronominalwurzeln keine eigentliche Bedeutung hatten, sondern ursprünglich nur eine lautliche Beigabe zu der Deixis, welche durch die Handbewegung oder durch eine sonstige Gebärde des Körpers erfolgte , bildeten. Die hiebei sich aufdrängenden Fragen „war die Wahl dieses oder jenes lautlichen Ausdruckes, um die Deixis zu unterstützen, gleichgiltig, oder bestand schon von Anfang an eine gewisse Wahlverwandtschaft, der zufolge verschiedenen Modifica- tionen der Deixis (z. B. mit Rücksicht auf die Nähe oder Ferne) be- stimmte Lautkörper sich beigesellten? ferner, wenn die Wahl gleichgiltig war, wie und auf welcher Grundlage fand die Differen- zirung der Gebrauchsweisen statt?" diese und ähnliche Fragen werden freilich wohl immer Fragen ohne Antwort (wenigstens ohne eine ganz zufriedenstellende Antwort) bleiben. 1) Benfey (Kuhn's Zeitschr. 9, 123). Untersuchung'en auf d. Gel)iete der I'ronomiiia, besonders der lateinischen. öT Aliqois. Uais. Es ist eine sehr verbreitete Ansicht, dass allquis eigentlich alms quis sei. Selbst Pott (Etym. Forsch. P, S. 363) sagt: „Selbst aber Lat. aliquis enthält versteckt eine Negation (Anderes) in sich. Näm- üch von alius quis (M. Schmidt, Pron. p. 57) ausgehend, besagt es augenscheinlich zunächst Lit. kit-kas (sonst wer, sonst was, etwas Anderes) aus kittas (ein anderer) Nesselm. S. 203 oder 'Jemand Anderes' Grimm. IV. 456. Nur in aliquis mit der besonderen Ein- schränkung: ein Anderer als der Redende, der, ausser sich, die ganze Unendlichkeit der Individuen zur Heraushebung eines von ihnen frei gibt; dann die Preisgabe einer Gattung zur Auswahl, jedoch nicht schrankenlos; endlich ganz allgemein irgend ein." Meines Wissens war der erste, der diese Erklärung aufstellte, Stuerenburg zu Cic. p. Arch. pag. 89; nach seiner Ansicht soll bei aliquis die Bedeutung des alius in der Beziehung auf das logische Subjet zu suchen sein, so dass es eigentlich das Nicht-Ich, das logische Object bezeichne. Es werden ziemlich viele Beispiele von den Erkläreru angeführt, in denen die angebliche Grundbedeutung von aliquis „irgend ein anderer" noch ersichtlich sein soll, wie denn Goerenz zu Cic. Acad. II, 10 sogar behauptete, über öO solcher Stellen aus Cicero gesammelt zu haben. Sehr richtig beurtheilt aber diesen Punkt Haase (zu Reisig'sVorles. Anm. 3öl), indem er bezweifelt, dass irgendwo eine Nöthigung vorliegen dürfte, die Bedeutung alius quis anzunehmen. In vollkommen angemessener Weise spricht sich über diese Stellen auch Klotz aus, der (Wörterb. s. v. aliquis I, S. 296, 1. Aufl.) z. B. über Cic. 1, 7, 23 nam qui iiiiuste facit inipetum in quempiam, facit aut ira auf aliqua perturbatione incitatus bemerkt: „was nicht soviel ist als: oder vegen einer anderen leidenschaftlichen Aufregung seines Geistes," sondern nur „oder wegen irgend einer u. s. w.," die sich aber natürlich von ira hier unterscheiden muss, weil Niemandem einfallen kann, das Gesagte noch einmal mit einzuschliessen, wenn er auch noch so allgemein sich ausdrücken will." Als Beweis, dass aliquis an solchen Stellen nicht die Bedeutung alius quis haben kann, führt Klotz mit Recht den Umstand an, dass sehr oft alius aliquis und alius quis vorkommt. Die Erklärung Reisig's ist nicht zulässig: „Da aber aliquis durch die Abweichung von der Etymologie so viel als irgend einer überhaupt zu bedeuten 7» OO Kvicala angefangen hatte, so wurde sogar beides verbunden, und man sagte aliud aliquid" (Vorles. §. 201). Es ist nicht denkbar, dass zu einer und derselben Zeit, dass bei demselben Schriftsteller aliquis noch in der angeblich ursprünglichen Bedeutung „alius qiiis" vorkäme und zugleich auch die V^erbindung alhis aliquis (vgl. z. B. Cic. Brut» 90, 310 und divin. in Caec. 6, 22). Wenn z.B. bei Cicero das erstere der Fall wäre, so hätte er sicher nie Veranlassung gehabt, alius ali- quis zu sagen. Bezüglich der scheinbaren Bedeutung „alius quis^ weist Haase sehr gut auf andere Fälle hin, in denen alius zu fehlen seheint, z. B. Cic. Brut. 41, 152 sie enim existimo, iuris civilis^ magnum usum et apud Scaevolum et apud muUos fuisse ; und so in der häutigen Wendung aut si quid, z. B. Catul. 19, 13 qui modo scurra aut si quid hac re tristius videbatur (zu Beis. Vorles^ §. 453, S. 797). Ich füge eine Sammlung ähnlicher griechischer Stellen hinzu: Hes. Theog. 381 f. koio'fopov . . . ccarpa ts lafiKi- Töojvra. Pind. Ol. 7, 102 y36va oaTiovTO Zsug rexat d3-dva.TQt (aber Od. ^ S3 ZsOg rot ooin, ^£iv£, xai 6t.Ba.va.zoL Bsoi äXXai). Dem. 18^ 285 Gü Zsv xal ^sot (eine häufig vorkommende Formel). Soph. Oed. R. 1331 inaiazv (/.vröytip viv ovriq a.W iyw r/d^awv. Trach. 390 r,[kzXg oi KpoG{j.iv(t)iX£v ; r, ri y^pYj noisTvj Oed. Col. 474 BcdlolGtv -n y.pöxaiGiv r, n-otco rpÖTTo) • Phil. 860 ov y^tpög, oü Tzooög, ov zivog äpy^uiv^ Plat. Kriton p. 50C. Tayrav^ ri kpovfxev; ib. 53 E ri noiöJv v zvoijob- [kzvoq iv Ssrralia.; Gorg. 480 B ri yäp oh yw/jicv, w HdixpaTsg; Rep. I, 332 C. dllcc ri ohi- Xen. Oec. 3, 3 dllcc ri ovv to'jtwv iariv ccirtov r, ort xrA. Kyr. 1, 4, 13. Mem. 4, 3, 9 sydü [xsv vjo"'/ roüro oy.o- kG), si dpa. ri i'^ri roXg BzoTg £pyov yj dvBpojTzo'jg BcparcsOeiv ^). 2. Nach Curtius' Vorgang (Gr. Et. I, n. 426, 524) bestreitet Corssen (krit. Beitr. S. 295 ff.) mit Recht, dass alius und dllog dem skr. a7ijds entspreche. Er nimmt an, dass der Pronominalstamm a zu Grunde liege; aus demselben seien durch das Suffix li (wie in ta-li-s, qua-li-s} die alten Formen a-li-s, a-li-d entstanden; in d-X-lo- g \y\v d-A-]o-g sei das 1 Rest desselben Suffixes, wie auch im got. a-l-ja. *) Ähnliches findet sich auch in neueren Sprachen, wie z. B. auch im Deutschen gesagt wird: „niemand hat dies getan als er", ohne dass es jemandem einfüllt, die Ellipse „anderer" bei „niemand" anzunehmen. Hieher gehört auch die dialektisch (in deutschen Gegenden Nordbölimens) im Volksmunde vorkommende Redewendung „oder was", die den Zweifel an der Wahrheit des Gesagten bezeichnet und eigentlich den Sinn hat „oder vielmehr was (d. i. etwas) anderes"'. Untersuchungen auf il. Gebiete der Pronomina, besonders derlateinischen. ö9 Von a-li-s sei dann a-l-iu-s mit dem Suffix io weiter gebildet, wie von edtilis edulium, von liostilis Hostilms i). Dieser Auffassung steht aber Avohl der Unterschied der Quantität älis, älius, aliquis opp. tälis, quälis, aequälis u. s. w. im Wege. Man Avird wohl vielmehr nicht umhin können, für Griech., Lat, Got., Slav., Lit. einen Pronominalstamm al, la, ala (=a-j-la oder al -|- a)» n^it welchem freilich die Suffixe la (lo, li), ala (alo, olo u. s. w.) zu- sammenhangen. Dieser Pronominalstamm scheint freilich kein echter Pronominalstamm zu sein, sondern von einer Verbal wurzel herzu- rühren. Ansprechend ist nämlich die von Schleicher (Compend. -§. 146, Anm. 2, 2. Aufl.) beiläufig geäusserte Vermuthung, dass älAog, alius „eine Bildung von einer Wurzel urspr. ar" seia). Wenn Corssen (a. a. 0. S. 297) dagegen bemerkt, dass es dunkel bleibe, wie nach den für Sanskr. Wz. ar angegebenen Bedeutungen sich aus derselben die Bedeutung von alius entwickeln konnte, so möchte ich in dieser Beziehung folgenden Versuch aufstellen. Die Wurzel ar bedeutet im Skr. gehen; dieselbe Wurzel findet sich in (o'/oiKai = ip-G-/^-o-ixai = ip-Gy.-o-ixai (Curt. Gr. Et. I, 54; II, 134); und, was hier besonders bemerkenswerth ist, diese Wurzel hat im Griechischen auch die Gestalt £/ angenommen, woraus durch weiterbildende Ele- mente il-v, il-^, iA-v-3- (Curt. a. a. 0.); auch der ursprüngliche a-Vocal hat sich noch erhalten in ia/jM (skr. ij-ar-nii; Kuhn, Zeitschr. 5, 195 ff.; Curt. Et. 2, 128) s). So könnte denn ä/io? und ij Man miisste wohl nach dieser Auffassung eher sagen, dass ali-u-s vom Stamme alt durch das Suffix o (urspr. a) weiter gebildet sei, wodurch das Wort in die a-De- clination übertraf. 2) Und zwar verhält sich alius zu alter wie skr. an-jä-s und an-tara-s), wie der Superlativ zum Comparativ ; man vergleiche, dass ja als superlativbildendes Suffix auch bei dem vierten Ordnungszahlworte im Skr. tilr-ja erscheint. •") Hieher ist vielleicht auch das vielbesprochene (xsraXXäw zu stellen. Die älteren Ableitungen, nämlich von fAs'T«)vXc/V (Euslathios zur II. 148, 8; zur Od. 1413, 35) oder von p.c7 a/.>.a„nach anderem d. i. nach neu em su chen" (Buttmann Lexii. 1, 140) erscheinen gegenwärtig fast niemandem glaublich. Bühler (Kuhn's Ztsch, 8, 368) erklärt es als p.£ra-XäM „nach etwas sehen", welche Er- klärung auch Ameis zu Od. •/ 243 angenommen hat; noch anders Düntzer (ebend. 13, 2 f.), der aber seine Ansicht selbst zweifelnd vorträgt. Dem Verbum p.£ra).X«w I liegt (wie auch Düntzer bemerkt) ein nicht vorkommendes Nomen (AaräXXvj zu Grunde. Dies Nomen ist mit Suffix j a gebildet (von VäX=api), wie auch das Verbum Hl'/M und das nach Analogie von dsTraXXstv (Bekk. Anecd. p. 414 (k^xk- fiO K V 1 c a I a alius, ■wenn es von dieser Wurzel herrührt, den sich entfer- nenden, den entfernten bezeichnen, woraus sich die Bedeutung jener ergab, die meiner Ansicht nach diesem mit ofltis (ille) stamm- verwandten Worte zukam und die älter ist, als die gewöhnliche Be- deutung. Die Ansicht, dass die Bedeutungen von alius, olliis auf eine Verbalwurzcl ar, al „gehen, sich entfernen" zurückgeht, wird nicht auffallend erscheinen, wenn man bedenkt, dass auch andere Wörter, deren Bedeutung verblasste und welche Baumverhältnisse bezeichnen, doch von Yerbalwurzeln herrühren, wie ^dj-ig, osEirzoöi;, dexter, «rxatö? u. a. Ferner wird z. B. /Tapwv, TzuptrjTfhg ^ ä-wv = ÖQt^ ixilyog gebraucht. Es fragt sich nun aber, ob alius und olhis verwandt ist. Pott (Etym. Forsch. I, 299) und nach ihm Corssen (Krit. Beitr. S. 303) sehen ollus für eine Deminutivform vom Pronominalstamme atia an i). Aber die Annahme einer Deminutivform scheint, wo es sich um die ).£ic d. i. ar:o-c'fA-:t^) anzunehmende if-zTsdlav. Das Verhältniss der drei Wörter [j.sra.V/.v.'j}. *f^£ra/.Ä-/;. 'p.£7a/.).w ist dasselbe, wie das von jTctGaoj. Zzior,, -ziotti, wobei natürlich eine Ableitung des ~iipr, voti dem Präsensstamm des Verbs Ksip(i> von mir eben so wenig angenommen wird, wie eine Ableitung des Nomens */A£raXXy; von "(A£rä).Xw ,• vielmehr haben Nomen und Verbura dasselbe Bildungs- element ja gemeint. Für fX£7aXA£tv, fAsraXXäv nun nehme ich die Bedeutung „nacheilen (eilen ist ja auch etymologisch mit liWsiv verwandt), nach- gehen" an, wie ti/.XEtv wirklich bei Hes. Theog. 269 (AJraypdvi.cxt '/ip t'aXXov noch die intransitive Bedeutung erhalten hat. Aus der Bedeutung „nachgehen" ergibt sich leicht die gewöhnliche Bedeutung von p.£ra>.).äv „nachforschen, nachfragen" (wie bei fx£7£'p^c(75at , (;.£7tc'vat, (X£7a5twx£tv eine ähnliche Metapher stattfindet). Aber das Verbum bat noch eine andere Bedeutung, nämlich Odyss. 0 23 o-jxiri p.;'^v£7ai Tzä-^cirr.g oiök pi£7aÄ/.a. Find. Ol. 6. 62 (Z£7aX- AaffiV 75 p.tv. was der Scholiast erklärt £piA09?pov^(7a70, i-cuzpx'^rt ayroö. Diese Bedeutung „s i c h kümm e rn , besorgt sein" kann man, wie Bühler mit Recht bemerkt, aus der Bedeutung „nachfragen" nicht erklären, da dem Grie- chischen eine solche Wendung, wie die deutsche „ich frage n i ch t d a rn a ch" (d. i. ich kümmere mich nicht diirum) fremd ist; wohl aber lässt sich dasselbe leicht aus der Bedeutung „nachgehen" erklären, wie z. B. II. E 429 p.£7cOxe'S Ep^a 7ä{Aoio bedeutet „nachgehen, sich kümmern, b esorge n" oder wie ll. a 160 75)v &V7£ i».£r Wohl mit Recht sagt Schleicher (Comp. S. 263): „In diesen üoppelformen (sollus: salvus, pello: alius) haben wir wohl Spuren einer Mischung von Mundarten zu erkennen. t7jO'jaa'j . ixiixrjrjoixivriV^ nicht richtig von Kühner angeführt Gramm. § 633. 5) Dem. Lept. Indefinitformen stattfinden dürfte. Bei diesen scheint mir das Pronomen ganz eigentlich als Interrogativum (?) fest gehalten; jedoch so, dass. indem man keineswegs den Inhalt des einfachen Pronomens gegenständlich in Abrep«fX£vcit Kp6Tipoi. ToOdz oj/. £7:c|r;/3ov, wozu Westermanii gut bemerkt : „rcslg rtvij, nicht, wie sonst häufig, zur Bezeichnung des Ungefähren der Zahl, sondern um das nähere Eingehen auf die Per- sönlichkeit dieser Leute abzulehnen; so 23, 142 iv Aaa-^ ä-zM ziv ig äv^/sw7rot yiyvovzai o6o"; •) Cic. Att. 4, 4 vilhn milii mittas de tiiis librarioHs duos aliquos und eben so die zwei von Forcellini aus Appuleius angeführten Stellen, wo quidam steht : i?itroductis qui- busdam Septem teslibus und tres quidam vegetis corporibus. Dagegen gehören zur ersten Classe Thuk. 3,1 1 1, 4 i? oiccxoGioug rvjv.q c^Cz'Jyj är.h.xziva.^. 7, 87, 3 r,p.ipcig ißooixrr/.o:/Td Tivag ovtoj dirtTr,^ria:t.v. 8, 21, 1 6 d-nij.og 6 SafAtojv ig oiay.orjiovg (xiv Tivag roug KOLvrag rwv ouvardöv an-ixrstvsv. Cato R. R. 156 si voles in convivio midtum bibere coenareqiie libente)', ante coenam esto criidam qiian- tum voles ex nceto; et item ubi coenaveris, comesto aliqiia quinqiie foUa. Varro R. R. 1,2 fin. si velis in co?ivivio midtum bibere coe- nareqiie libenter, ante esse oportet brassicam crudam ex aceto et post aliqica folia quinque. Cato bei Gell. 3, 7, 6 maturiim censeo, si rem servare vis, faciundiim, ut quadringentos aliquos milites ad verriicam illam Ire iubeas. Plaut. Men. 5, 5, 47 helleboriim potabis faxo aliquos vigi?iti dies. Es fragt sich nun, wie dieser Gebrauch zu erklären sei. Soll man vielleicht aliquos viginti dies, v^.aspaj kßdoixrr/.o^^TÜ rivag nach Analogie der deutschen Ausdrucksweise „einige zwanzig Tage" erklären. Darüber sagt Grimm Wörterb. III, 209: „wird einige anderen Zahlen beigefügt, so meint es 2, 3, 4 darüber: einige und zwanzig Jahre sind verstrichen d. i. 20 und einige mehr, wenn sich nicht bestimmen lässt, der Kürze halber oder um zu mildern unausgedrückt bleiben soll, wie viel einzelne den zwanziffen noch hinzu .... Auch mit ausbleibendem und: einige 20 Jahre, einige 40 Trauben. Die grössere Zahl lässt sich ebensowohl voraus, die unbestimmte nachstellen; dann aber wird das un d unerlässlich: zwanzig und einige Jahre.« Grimm scheint die lateinischen Beispiele ») Vgl. die von Zikmiind (Skladba §. 190 A. 1. b. Pozn. 2) aus den „knihy svedomi« angeführte Stelle: „A nekdo dva (wörtlich = irgend wer zwei = irgend welche zwei Personen = duo zivig) za nim bezeli honi'ce ho, ale ja nevim, kdu jsou byir' (aber ich weiss nicht, wer sie waren). Uiilersucliungen aufd. Gebiete ilerPronoiniii;!, IjesonJersder lateinisclieii. vu eben so aufgefasst zu haben, da er hierauf fortfährt: „Im Latein sehen wir aliqiii gerade so verwandt", worauf die obigen Stellen angeführt werden. Derselbe Sprachgebrauch iindet im Böhmischen statt, i) z. B. nekolik a dvacet Udi = einige und zwanzig Leute; für nektery führt Jungmann zwei Beispiele an: Stelcar (geb. 1330): pred 14 a nektevym letem (vor 1 -> und einigen Jahren): Velesl. Pol. 609 : dobre po nekterem a sedesüti letech od prvni vülky (nach einigen und 60 Jahren). Ferner geliort hieher auch das bühm. nekulikonäcte (entstanden aus nekoliko na deset = eig. einige auf zehn, also eben so gebildet wie dcanüct(e) u.s. w. = altbulg. dva na desete = o6o krd di/.ce.^ wie sich solche Constructionen wirk- lich im Griechischen finden) = einige zehn. — Aber wenn man auch davon absehen wollte, dass man vielmehr cvtot und aliquot er- warten würde, wenn die griechische und lateinische Wendung auf demselben Principe beruhen sollte: so muss man doch einwenden, dass sich in diesem Falle doch wohl Spuren eines älteren ißooixr//.o-j7c<. •/.cä nvsg, aliqui et viginti erhalten haben würden. Soli man nun vielleicht annehmen, dass das Pronomen statt des Adverbs (crycoöv, vkö rt, f'ere) stehe wie im Griechischen sehr oft, im Latein manchmal statt der vom Standpunkte anderer Sprachen erwarteten Adverbia Adjectiva und auch Pronomina gesetzt wer- den? 2) Aber dieser Gebrauch ist auf das prädicative Verhältniss beschränkt und bei dem Pronomen auf das demonstrative Pronomen. Nach unserer Ansicht ist ztvig, aliqui in diesem Falle weder prädicativ, noch war es jemals durch xaf et mit dem Zahlworte ver- bunden (wie im Deutschen und Böhmischen), sondern es w ar von An- fang an und immer eine attributive Bestimmung des Zahlwortes, — Eine sehr wichtige Stelle, die zur Erklärung dieser Construction bei- trägt, ist bei Thuk. 3, 68, 3: rrjv ot r.tlvj iviauri-j p.h ti-jc/. Q)r,ßy.Zo'. Mc^apiojv ävdpäGi /.azä. ozä'jt'^ iy.Kzr.roiy.i'ji. . . . eooacK'j ivo'.y.ily = ungefähr ein Jahr, was entweder „etwas mehr als *J Nur wird die Conjunctioii a nie ausgelassen. 2) Z. ß. Hom, Od. ^ 146 i^c p-v^o'^a^o? a^£', oder temporal (11. a 423 Zsbg y.5t?oj i'^yj xarä iJaira, oder modal Soph. Phil. 807 f. r^dz (vo'toj) (;iot iqzloc. ornri xai rayjl' y.rJpyj.TV.i. Und bei demoiistr. Fron. z. ß. Plato Rep. iiiit. 100 K V i' c a 1 a ein Jahr" oder „etwas weniger als ein Jahr" sein kann. Wie hi.xvzäg 7ig (1. i. eig. „irgend ein Jahr" zu dieser Bedeutung gelangte, ist leicht einzusehen. Nicht bloss gerade die Zeit von 354 Tagen konnte iviocvTog genannt werden, sondern neben diesem iviavTC? im streng- sten Sinne konnte auch ein Zeitabschnitt, der 1, 2, 3, 4 u. s. w. Tage mehr oder auch 1, 2, 3, 4 u. s. w. Tage weniger zählte, als iviuTJTog betrachtet werden. Das war bei den Alten eben so natürlich, wie auch wir dergleichen nicht genau nehmen und den Gebrauch des Wortes „Jahr" nicht auf die Zeit von 36o Tagen beschränken, sondern unzähligemal auch einen Zeitraum von 366, 367, 368 u. s. w. Tagen und anderseits einen Zeitraum von 364, 363, 362 u. s. w. Tagen „ein Jahr" nennen. Die Grenze, bis zu welcher der Gebrauch des W^ortes „Jahr" bei einem Plus oder Minus zulässig ist, lässt sich nicht genau bestimmen, aber natürlich darf das Plus oder Minus nicht zu bedeutend sein. Wenn das- selbe z. B. ein halbes Jahr oder fast so viel beträgt, so wird man nicht mehr von einem Jahre, sondern von anderthalb Jahren oder einem halben Jahre sprechen. — Da nun also mehrere Zeitab- schnitte bei ungenauem Sprachgebrauche, wie es eben sehr üblich war und ist, mit ivioL-Jvög bezeichnet werden können, da es also so zusagen mehrere evtaurot gibt, nämlich ausserdem normalen auch mehrere ungenaue, so war es möglich iyia-jzög zig (d. i. eig. irgend eines dieser mehreren Jahre) in dem Sinne „ungefähr ein Jahr" zu sagen, d. i. „etwas mehr als ein Jahr" oder „etwas weni- ger als ein Jahr" oder „möglicherweise auch gerade ein Jahr" ; denn unter diesen mehreren iviccvToi befindet sich natürlich auch der normale ivtaurog; es kann ein Zeitabschnitt, den der Schriftsteller genau zu kennen und zu bezeichnen nicht in der Lage war und den er desshalb als iviaurig zig bezeichnet, in Wirklichkeit zufällig ge- rade ein Jahr, nichts mehr und nichts weniger, sein. Wenn man nun, um eine Einwendung gegen diese Erklärung zu erheben, tragen würde, warum der Schriftsteller nicht bloss iviavzöv gesagt hat, da doch dies Wort nicht in strengem Sinne gebraucht werden musste: so ist zu erwidern, dass dies allerdings ganz gut möglich w^ar, dass es aber trotzdem dem Schriftsteller unbenommen blieb, zig hinzuzu- fügen, wenn er eben das Ungefähre ausdrücklich bezeichnen wollte. Untersuchungen aufd. Gebiete der Pronomina, besonders der lateinischen. IUI Auf dieselbe Weise wird im Böhmischen in der Volkssprache unzähligemal fidky (d. i. nejaky) rok (eig. irgend ein Jahr = unge- fähr ein Jahr), ndky mesic i) (ungefähr ein Monat) und ebenso nüke dva, tri roky (ungefähr zwei, drei Jahre) gesagt, wie man im Deutschen in der Umgangssprache „so ein Jahr, so einen Monat war ich dort, so zwei oder drei Jahre" sagt. Genau so, wie ivtauröv rtva, ist nun auch die Verbindung von Ttvi?, aliqui mit einem Cardinalzahlworte zu beurtheilen. Man kann ja auch, um die Erklärung anschaulicher zu machen, z. B. oUa. TVyig, TzvjTrr/.it'jzd rtvsj gleichsetzen dem Ausdrucke ozy.dg t'.j, /-cvrv;xojr6^ Ttff, der dann genau dem hicciirig Tig entspricht; zig musste sich aber im Numerus und Genus (oex.a zivig ävopsg, ot/.x zvjö. ^6//.«) dem oixa, -vjz'f,-/.vjzy. anschliessen 2). Unter -cvryjxovrä zvjig (nzvzrr/.oGz-jg tc?) ist auch die Zahl sF? -/.ai -ivzriy-o'jza., dOo y.xi nsvzrtxovza u. s.w. einbegrilTen, kurz die Zahlen, bei denen TrsvTT^xovra einen der beiden Summanden bildet, der immer wiederkehrt s). Dass man aber Zahlen, die der nächsten Dekade sehr nahe stehen (z. B. 08, S9) nicht mehr mit zzvzrrKOvzä zivsg bezeichnen mochte, ist natürlich, weil hier bereits sEhy-o^jzck rtvcc näher lag. Dass nämlich T:£vzriy.ovzd zivsg, k^'r,y.ovzä zivtg auch Zahlen unter der Grenze dieser Dekaden bezeichnen konnte (im Gegensatze zu der von Grimm erörterten deutschen Fügung „einige fünfzig"), halte ich für unzwei- felhaft. Auch z. B. 48 ist eine -vjzr,y.o(jziig zig, freilich eine 7Zcvzrr/.oa--jg diovaa. dvddog; wählte man doch wirklich im Griechischen und La- teinischen nicht selten zur Bezeichnung der zwei zunächst unter der Grenze der Dekaden stehenden Zahlen die betreffende Dekade als Ausgangspunkt, also z. B. ivög dioi/rsg oder o-joiv oc'ovrsj 7t£vzriy.o-jzcc avopeg = undequinquaginta, duodequinquaginta viri *). 1) Ebenso: p/^ijd' za näkou ctvrt hodiny (komm in beiläufig 1/4 Stunde). Freilich kann naky rok u. a. auch bedeuten: manches Jahr. 2) So auch Izarcv rivsc statt ixarov rt, was aber merkwürdiger Weise bei Arrian Ind. 7 sich findet. ^) Auf einem ähnlichen Principe beruht die Ausdrucksweise „in den dreissiger, vier- ziger Jahren" und böhm. „v letech tficätych, ctyficätych" zur Bezeichnung der Jahre zwischen der 3. und 4., 4. oder ö. Dekade des Jahrhunderts. *) Dass rtVc'j bei Zahlwörtern viel häufiger zur Bezeichnung des Ungefähren steht, als bei solchen Wörtern wie EVtavro?, ist begreiflich ; bei den Zahlwörtern war eben, wenn der Schriftsteller für die Genauigkeit der Zahl nicht bürgen konnte, Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. I. Hft. 8 102 Kvic.la Eine wiclitige Analogie für die gegebene Erkliirung erblicke icb in dem Gebrauch des unus bei Zahlwörtern in den romanischen Sprachen zur Bezeichnung der ungefiihren Angabe. Diesen Gebrauch erwähnt Diez (Gramm. III. 74, 1. Aufl.): „Vor Zahlbegriffe gestellt bezeichnet nnus diese als unsicher, wie it. un ceiito fior'mi, sp. inias dos crtbras'*. Beliebt ist dies namentlich im Italienischen. Valentini (Dizionario S. 1 178): ,,Fiir c/rc«, intorno, ein, ungefähr, gegen, an: Erano radi coloro, i corpi de' qunli fosser pii'i, che da iin dieci 0 dodici de' suoi vicini"; ferner „un otto [di] fiorini, etwa acht Gul- den; un quattordici, un trenta, gegen 14, etliche dreissig, dreissig und einige." Grimm, indem er denselben Gebrauch des „ein" im Deutschen bespricht, sagt (Wörterb. III, Sp. 137): „Ein vor Zahlen bei Namhaftmacliung oder Bestimmung einer Grösse oder Vielheit: das kann leicht noch ein drei oder vier ,Iahre dauern; es mag leicht ein zehen Thaler mehr kosten. Dieser Redegebrauch mahnt an den Sp. 114 erörterten und es scheint beinahe gleichviel zu sagen ein Jahr oder drei warten und ein d r e i J a h r e Märten») ... Sagen Hesse sich vielleicht, dass durch das ein ausgedrückt werde ungefähre Annäherung an die gemeinte Zahl; es soll noch ein acht Tage damit anstehen, d. h. ungefähr 8 Tage" -'). Die Erklärung des romanischen und deutschen Sprachgehrauches ist dieselbe, wie die bezüglich £^oGij.rr/.ovrd rtvc?, quadringenti aliqui gegebene. In im dieci, im ceuto hat iino nicht die Bedeutung des Zahlwortes (ein Zehner, ein Hundert), sondern die Geltung des un- bestimmten Pronomen; es ist also = ein Zehner, irgend ein Zehner, ein Hundert, irgend ein Hundert. Unter dem Ausdruck dieci, cento wird hiebei auch eine Zahl subsumiert, die nicht gerade genau 10,100 beträgt, sondern auch etwas darüber oder darunter; auch 12 z. B. ist iin dieci, dsxdg zig, auch 102, 103 u. s. w. ist un cento, s/.aröv 71 (Arrian Ind. 7). Natürlich entwickelte sich dieser Sprachgebrauch hier, wie beim lat. aliqui und beim griech. riyig zuerst bei runden Zahlen (10, 20, 30, 100 u. s. w.); sobald sich aber derselbe hier die ausdrückliche Bezeichnung- des Ungefähren viel mehr g-eboten als bei £Voayrof und ähnliehen Wörtern, die schon an und für sich oft ungenau gebraucht werden. 1) Diese Auffassung ist nicht richtig. ") >'ur diese Auffassung ist richtig. Untersiichnngen auf d. Gebiete der Pronomina, besonders der lateinischen. 103 festgesetzt hatte und man in uno nur das Moment der approximati- ven Angabe fühlte, blieb der Gebrauch nicht mehr auf runde Zahlen beschränkt. Qoisqaam, ullns. üllus ist, obzwar auch eine andere Erklärung versucht worden ist i), unzweifelhaft das Deminutivum von unus und es bietet in dieser Hinsicht eine zutreffende Analogie das h'dXxmhcht jedinky (Demin. yow jediny, unus) dar; ja es wird, um den Begriff des Einzigen, Alleinigen recht energisch auszudrücken, ^uc\i jedininky (in älterer Zeit auch jeduiicky^, so zu sagen eine Potenzierung der Deminutiv- form gebraucht; vgl. jediny, jedinky , jedininky (jedinicky) mit maly (parvus), mnUnky oder malicky (parvulus), maUninky (valde pusillus). Die Bedeutung „ein einziger, nur ein einziger" tritt auch noch im wirklichen Sprachgebrauch zuweilen bestimmt hervor und kann dem Sprachgefühl der Römer niemals ganz abhanden gekommen sein. Vgl. z. B. Cic. Brut. §. 301 prima causa publica pro S. Roscio dicta tantum commendationis habuit, ut non ulla (= ryjoi y^ia^ während nulla = o-Jos^aca) esset, quae non digna nostro patrocinio videretur. Daraus erklärt sich auch der Gebrauch von tiulhis, ferner der vorherrschende Gebrauch des idliis in nega- tiven Sätzen oder in Fragen , auf welche eine negative Antwort er- -wartet wird; unter den verschiedenen Mitteln 2) nämlich, deren sich die Sprachen bedienen , um das Nichtvorhandensein von etwas , um das Gegentheil von „jemand" oder „etwas" energisch zu be- zeichnen, ist die Verbindung der Negation mit der Einheit und die dadurch bewirkte Aufhebung der Einheit ein sehr naheliegendes und desshalb oft gebrauchtes Mittel; vgl. 7io?i (aus jioenoni), o'jddg^ lit. nevins (ne unus quidem), ahd. iiihein. Desselben Mittels bediente man sich freilich auch anderseits zur Bezeichnung der Vielheit, wie ^. B. skr. naika (mehrere), ov)^ scj, böhm. iiejeden (d. i. nicht bloss einer, viele), da der Gegensatz der Einheit die Nullität, aber auch die Mehrheit sein kann. *) Bopp (I, 33) stellt ullus (ul-tra, ul-terior, ul-timus) sowie auch ille mit alius, a).),05 (welche Wörter dem Mr. anja's entsprechen sollen) zusammen. 2) Eine interessante Zusammenstellung dieser Mittel gibt Miklosich, die Negation in den slav. Sprachen. Wien 1S69, S. 28. 8* 1 04 K V i' c a 1 a Dass w//ws von der Grundbedeutung „ein einziger" zu der Bedeutung „irgend einer" gelangen konnte , so dass der Begriff der Einheit zurücktrat, der der Unbestimmtheit hervortrat, zeigt imus, das ja auch (wie ein) als indefinites Pronomen fungiert, z. B. Plaut. Pseud. 4, 1, 38 ibi una adeint mulier lepida. Cic. de or. I, 29, 132 simit unus pciterfamilias his de rebus loquor. Da nun quisquam in seinem Gebrauche so sehr mit ullus über- einstimmt (wie dieses wird es auch vorzugsweise in negativen Sätzen und in Fragen mit negativem Charakter, dann in hypothetischen Vordersätzen und nur selten in positiven Sätzen gebraucht) , so ist man berechtigt, auch für quisquam die Bedeutung „einer" voraus- zusetzen, aus der sich erst „irgend einer" ergab. Quisquam ent- stand wohl zu der Zeit, als das einfache quis bereits zu schwach war, um den Begriff der Einheit (vgl. oben S. 9 f.) kräftig auszu- drücken. Durch die Verdoppelung (quisquam bedeutete urspr. einer an einem Orte, da quam urspr. local war; vgl. usquam, nusquam, nequam) i) gewann dies Wort Kraft, um die Bedeutung tragen zu können, die quis nicht mehr festhalten konnte. Dass wirklich auch in verhältnissmässig später Zeit noch quis- quam in der Bedeutung „einer, ein einziger" gefühlt und ge- braucht werden konnte, dafür zeugt wohl genügend der Spruch des Publius Syrus bei Sen. de tranq. an. c. 11: cuivis accidere potest, quod cuiquam potest; denn der hier zwischen cuivis und ctnquam stattfindende Gegensatz nöthigt uns, cuiquam in der Bedeutung „einem" aufzufassen. Vgl. Cic. de fato 12 confectum negotium, si- quidem tibi concedendum est aut fato omnia fieri aut quidquam posse fieri sine causa. Sehr nahe liegt es auch, die Bedeutung „einer" als thatsäch- lich vorhanden anzunehmen in solchen Beispielen, wie Cic. fam. 15, 4, 13 si quisquam fuit unquam remotus ab inani laude, ego profecto is sum (einen anderen Sinn gäbe si quis und si aliquis). Lael. 2, 9 aut nemo aut, si quisquam (wenn nur ein einziger), ille sapiens fuit. — Eine ähnliche Ansicht von der Bedeutung des idlus und quisquam hatte Haase, wenn er (S. 349, Anm. 361) Juv. 13, 209 nam scelus intra se tacitum qui cogitat ullum, facti crimen 1) Zeitschrift f. d. österr. Gymn. 1864, S. 317. Untersuchungen nuf d. Gebiete derPronomina, besonders der lateinischen. 1 Ü5 « habet erklärt, „scelus idlum heisst offenbar irgend eins, wäre es auch nur ein einziges, oder A\äre es auch nur gering." Nur ist ge- rade an dieser Stelle die Bedeutung von tillns abgeschwächt und es ist diese Erklärung für diese Stelle nicht richtig. Es mag nun noch in Betreff des quisquam die Frage erörtert werden, ob man für dies Pronomen auch die Entwicklung der nega- tiven Bedeutung anzunehmen habe. Veranlassung dazu gibt Ter. Andr. 2, 6, 3 : Quid Dave narrat? Da. aeque quicquam nunc qui- dem. Simo. Nilne? hem! Da. nil prorsus. Da die Antwort des Davus aeque quicquam nunc quidem offenbar einen negativen Sinn hat, so fragt es sicli , welche Erklärung zum richtigen Verständniss dieser negativen Geltung führt. Dass die Erklärung von Perizonius ad Sanct. p. 91 i) unmöglich ist, unterliegt heutzutage keinem Zweifel. Soll man also Ritter's Auffassung beipflichten? „Quicquam quum nonnisis) in enunciatis negantibus adhibentur, indidem ipsi negandi Ais quasi adhaesit." Absolut unmöglich wäre dies nicht. In verschie- denen Sprachen findet sich die Erscheinung, dass Wörter, die ur- sprünglich positiv sind, in Folge ihres häufigen Gebrauches in nega- tiven Sätzen selbst die negative Bedeutung angenommen haben. Vgl. über dehein Grimm III, 170, über personne, rien, pas, jamais. Diez III, 405 IT. Eine interessante Erscheinung bietet in dieser Hin- sicht das böhni. zcidny dar, das von der Bedeutung „exoptatus, e.vspectatiis" zu der Bedeutung yiullus gelangte sj. Unmöglich wäre also jene Annahme nicht; aber höchst unwahrscheinlich ist sie, weil, wenn man von der in Rede stehenden Stelle absieht, kein einziges Beispiel im Latein für diese Bedeutung vorliegt, während die aus anderen Sprachen anzuführenden Analogien zeigen, dass, wo überhaupt Wörter von ursprünglich positiver Bedeutung auch die negative erlangten, dieser negative Gebrauch sehr ver- breitet ist, ja zuweilen den positiven zurückgedrängt hat, wie dies 'J Unde vero extorquebimus iam rö Nihil in verbis Davi primis, in quibus nuUa nega- tionis species vel luinima inest? Nempe ipsa vis responsi non ex illis verbis, sed ex longa ellipsi est petenda, quasi dictum esset a Davo „Nunc quidem aeque quic- quam narro, ac narro tunc, quando nihil narro." ^J Vielmehr plerumque. ^) Zur Verlheidigung dieser Auffassung gegen eine andere, die nicht umgangen wer- den kann (Miklosich, Negat. S. 7), ist der Excurs lU. hinzugefügt. 106 Kvicala z. B, bei dem spaii. jam«s der Fall ist, das „die Bedeutung von nunca vollständig in sich aufgenommen hat, indem es vor dem Verbum stehend absolut verneint" (Diez III, 390); das böhm. zddny hat gegenwärtig die ursprüngliche positive Bedeutung ganz eingebüsst. Ferner ist aber auch zu erwägen , dass die lateinische Sprache auch bei keinem anderen Worte ein Beispiel der Entwicklung der nega- tiven Bedeutung aus der positiven darbietet i)- Und so muss man wohl die Stelle des Terentius erklären „aeque quicquam nunc qui- dem atque antea" d. i. eben in diesem Falle „nihil'' (Holtze, synt. prisc. Script, lat. p. 401). Neuerdings hat Umpfenbach nach quidem das Fragezeichen gesetzt, worüber er (P.Ter, comoediae, Berl. 1870, pag. LXXVI) sagt: „Interrogationis signo addito Andr. II, 6, 3 Aeqne quicquam nunc quidem? id certe assecuti sumus, ut iam quicquam ferri queat." Aber dies ist wegen aeque nicht zulässig. Man könnte nun vielleicht sagen, dass aus dem Vorkommen der Construction iiescio (haud scioj an quisquam, an ullus, an unquani in negativem Sinne statt der regelmässigen nescio an nemo, an malus, an nunquam hervorzugehen scheine, dass diesen Wörtern wegen ihres vorherrschenden Gebrauches in negativen Sätzen , um mit Bitter zu reden, „negandi vis quasi adhaesit;" z. B. Cic. LaeK 6, 20 qua (amicitia) quidem haud scio an excepta sapientia quid- quam melius homini sit a dis immortalibus datum 2). Aber diese Erscheinung ist nicht daraus zu erklären, dass quisquam, ullus, un- quani geradezu jemals für die negativen Wörter hätte eintreten können, sondern der Grund liegt in der schwankenden Bedeutung von nescio (haud scioJ an, das zwar gewöhnlich die Hinneigung zur *) Naucus, floccus, hilum und dergl. Wörter traten niemals geradezu in die Sphäre der Negation über, sondern bedeuteten immer eine Kleinigkeit, etwas Geringfügiges. Ich sehe hier natürlich davon ah, dass die Negation seihst, als deren lautlicher Ausdruck der Nasalconsonant auftritt, aus einem positiven Element hervorgegan- gen ist. Der Pronominalstamm na, auf den die negativen Wörter zurückgehen, bezeichnet „jenes, das entfernte". Das Negieren ist das Entfernen, Trennei» einer Eigenschaft oder Handlung von dem Subjecte, sowie die positive Aussage eine Verbindung ist. Dieser Gebrauch ist aber von allen Sprachen unseres Sprach- stammes aus der Ursprache herübergenommen worden. >*) Gegenüber jenen, die dergleichen Stellen bei besseren Schriftstellern durch Con- jectur auf die regelmässige Construction zurückführen zu sollen glauben, urtheilt besonnen Klotz, Lex. s. v. an. Untersuchungen «uf d. Gehiete der Pronomina, besonders der lateinischen. 107 positiven Vermuthung bezeichnet, woraus jedoch nicht folgt, dass das Gegentheil unmöglich gewesen wäre. daisqae. Man muss meiner Meinung nach testhalten an folgenden Punkten : 1. Das que in quisque, uterque, ubique u. s. w. ist identisch mit der enklitischen Conjunction que, wie im Griechischen Identität stattfindet zwischen dem ts in öare, imize u. a., ferner der Conjunc- tion t£ und dem zur Bildung von o-r-, rö-re, ;rö-T£ (dor. o-xa u. s. w.) angewandten rs. 2. Auch sind identisch que und -t (urspr. /.a). 3. (^i.ioxi föav;u.£'pat) , oaoi ^^v£i, Cija ETTj (offc'-yj), z. B. Dem. 24, 142 ot prjTopsg 0701 u.r-j'jz: jAixpoO öiovffi •Jo^o3i7slv rä a-j-ol, a-jiL'ji^ovxy. (alimünatlich). Hiebei ist natürlich £iC7i zu erg^änzen, wie' es wirklich Hom. Od. % 93 heisst ö'jijcx.i '/äo vyxTSj rs xal v;p.c'pat ix Aioj stfft'v, oy -OJ^ jv i.Cj--Jo-j.i'/st ;ro7cpoc UfJlWV. Untersuchungen auf i1. Gebiete der Pronomum. liesDnders der l;iteiniselien. 115 spiele, wo qnisque schlechtweg jeder heisst, z. B. cuiusque modi, ciiiusqne generis. Sali. Cat. 39, ö. Cic. Rep. 3, 9.0ffic. 1. 39, 139." Wenn von der Mehrheit der genera irgend eines, jedes beliebige gedacht werden kann, so ist eben keines ausgeschlossen, sondern an alle zu denken ist gestattet. So hat auch quivis die Bed. „jeder ohne Unterschied", titervis ^noM^nterque. Auch alteruter hat neben der gewöhnlichen Bedeutung die von nterque erlangt. Viellach ist die Frage erörtert worden, ob und in wiefern qnis- que mit dem Plural des Superlativs sich verbinde. Haase, der diesen Punkt (a. a. 0.) ausführlich bespricht, gelangt zu folgendem Resultate: „Es gilt aber für die gute Latinität die Regel, dass von quisqne mit dem Superlativ überhaupt nur das Neutrum im Plural gebraucht wird, nicht das masc. und fem.; der Grund ist aber ein- leuchtend, da theils der höchste Grad einer Eigenschaft genau genom- men immer nur einem Individuum zukommt, theils durch quisque im Singular schon eine Mehrheit, nämlich der einzelne in dem betreffen- dem Falle allemal, bezeichnet wird: beim Neutrum dagegen werden die sachlichen Begriffe ihrer Natur nach nicht so individuell geschie- den, wesshalb der Plural davon oft gebraucht wird, um nur einen einzelnen Begriff, wenn er nicht ganz handgreiflich concreter Art ist, mit Allem, was ihn angeht (rä -zpi r'.) zu bezeichnen, und die Lateiner haben daher, wie schon oben §. 193 bemerkt ist, eine besondere Vorliebe für den Plural des Neutrum .... Wenn demnach der häufige Gebrauch von nnbilissima quaeqiie vollkommen begrün- det erscheint, so ist es doch nicht ebenso m\\iwbilissimi quique und nobilissimne quaeque: dass hier der Singular nothwendig sei, haben die Lateiner aller Zeiten gefühlt, und wenn sich daher auch, beson- ders später, Belege für den Plural finden, so können diese gegen die ungeheure Mehrheit für den Singular kaum in Betracht kommen." Meiner Ansicht nach ist es aber nicht angemessen, die Frage so zu stellen , ob und wann qiiiftque mit dem Plural des Superlativs ver- bunden werde, sondern man niuss die allgemeine Frage aufwerfen, ob und inwiefern überhaupt der Plural \on quisque zulässig ist; mit der Beantwortung dieser principiellen Frage ergibt sich die Beantwortung jener speciellen Frage von selbst. Wann quisque im Plural gebraucht werden konnte, darüber gibt besonders die Verbindung desselben mit den pluralia tantum Aufschluss, z. B. Cic. fam. 7, 33 fin. sie stntuns, tuas mihi literas lotigissimas quasque gratissamas fore. Der Plural 116 K V i' c a I a literae, der eigentlich die Mehrheit der durch den Singular bezeich- neten Schriftzeichen bedeutet, ist der Ausdruck für eine zur Einheit verbundene Mehrheit, für das aus seinen Theilen bestehende Ganze. Sowie nun dieser Plural dem Sinne nach ein Singular ist, so konnte quisque beim Vorhandensein desselben Grundes auch sonst mit einem Plural verbunden oder auch ohne einen solchen selbst im Plu- ral gebraucht werden, wenn Mehrheiten bezeichnet werden sollten, deren jede als Einheit anzusehen ist. Die Bedeutung von quisque wird dadurch natürlich nicht alterirt ; an die Stelle einzelner Individuen oder Sachen treten hier einzelne Complexe von Individuen oder Sachen <). Belehrend ist in dieser Hinsicht z. B. Piin. H. N. 18, 8, 20, n. 1 gravissima quaeque grana serere. Gravissimum quodque gra- num wäre hier sogar falsch, weil es besagen würde, dass einzeln e grana ausgesucht und gesäet werden, während die Rede ist von ein- zelnen Mehrheiten, von Haufen, deren jeder viele grana umfasst. Ebenso klar ist der Grund für den Plural bei Cic. Lael. §. 34 (welche Stelle Haase übersehen hat)': pestem enhn tnaiorem esse 7iullam ami- citiis, quam in plerisque pecimiae cupiditatem, in optimis quibus- que honoris certamen et gloriae. In optima quoque war nicht zuläs- sig, weil hier immer an ein Freundespaar zu denken ist; alle diese Freundespaare, denen das Attribut optimi zukommt, werden durch in optimis quibusque, bezeichnet. Liv. 1, 9. 7nulti mortales conve- nere maxime proxijniquique, Caeninenses, Crustumini, Antemnates, wo nicht von einzelnen Individuen, sondern von Mehrheiten der Indivi- duen (Gemeinden) die Rede ist. Dessgleichen bei Flor. 1, 9 populus Romanus proximis quibusqne correptis totam Italiam sab se redegit. Dass bei weitem am häufigsten der Plural des Neutrums eines Superlativs mit quisque verbunden wird , hat , wie Haase selbst bemerkt, darin seinen Grund, dass gerade das Neutrum des Plurals 1) Wichtig- ist die Analogie von uterque, das auch im Plural gebraucht wird, wen» auf beiden Seiten eine als Einheit zu denkende Mehrheit ist. Sali. Jug. 88, 1 sed Marius impigre prudenterque suorum et hostium res paiiter attendere, cognoscere quid honi utrisque aut contra esset. Cic. Off. 1, 1, 2 sed tarnen nostra legens non multum a Peripateticis dissidentia, quoniam utrique et Socratici et Platonici esse Tolumus cet. Vgl. auch den Plural von unus, z. B. Verg. Aen. 2, «42. satis una superque vidimus excidia; ähnlich 'hzq, die einen, böhm. jedni, ferner nttWe, ovdi-izq. Untersuchung-en auf d. Gebiete derPronomina, besonders derlateinischen. 117 SO häufig zur Zusammenfassung mehrerer Momente zu einem Ganzen, zu einer Einheit gebraucht wird; so Cic. Acad. 1, 4 recentisshnn quaeque sunt correcta et emendata maxime, wo der allgemeine Aus- druck recentisdma passend ist, während recentissinmm quodque nur einzelne Punkte bezeichnen würde. Aber wenn bei dem Masculinum oder Femininum dieselbe Bedingung eintritt, so ist auch die Folge dieselbe, d. i. die Anwendung des Superlativs im Plural mit quisque. Wenn also Haase sagt: „Wenn demnach der häufige Gebrauch von nobilissima quaeque** u. s. w. — so ist zu bemerken, dass, sobald ein Schriftsteller von angesehenen Gemeinden, Völkern, Corporationen u. s. w. hätte reden wollen, nichts ihn hinderte, nohi- lissimi quique zu gebrauchen. Wenn ferner Haase für proximi qui- que und optuml quique (Plaut. Most. 1, 2, TS, wo aber wohl quoque zu lesen ist) eine Entschuldigung darin sucht, dass „mehrere der unregelmässig gebildeten Superlative in ihrer Form nicht den nöthi- gen Schutz fanden, um die Superlativbedeutung streng festzuhalten" — so ist diese Bemerkung hier überflüssig und schwerlich zutref- fend , da proccimus, optimus doch zu allen Zeiten regelmässig als Superlative gefühlt wurden. Man könnte höchstens sagen, dass proximi sich ganz besonders dazu eignete, eine zu einer Einheit ver- bundene Mehrheit zu bezeichnen. Dass im Ganzen der Gebrauch des Superlativs im Plural mit quhque mit Ausnahme des Neutrums (und überhaupt der Gebrauch des Masc. und Fem. von quisque im Plural) verhältnissmässig selten ist, kann nicht Wunder nehmen. Es liegt ja überhaupt beim Gebrauch des quisque naturgemäss seltener die Veranlassung vor, von einheit- lich zu denkenden Mehrheiten zu sprechen. Es ist derselbe Fall, wie bei uterque, dessen Plural ja auch ungemein seltener ist als der Sin- gular. Ferner vergleiche man z. B. die Abneigung der böhmischen und deutschen Sprache gegen den Plural von kazdy, jeder. Anzuerkennen ist übrigens Haase's Beobachtung, dass später (und zwar von Seneca an) der Gebrauch des Plurals von quisque freier wurde; es finden sich manche Beispiele, in denen für den Plu- ral von quisque sich nicht ein solcher Grund anführen lässt, wie für Cic. Lael. •§. 34 und die anderen oben besprochenen Stellen. Man kann nicht umhin zuzugeben, dass später der Plural von quisque missbräuchlich für omnes vorkommt. Dieselbe Erscheinung findet man bei uterque schon in älterer Zeit; es wird nämlich auch in guter Sltzl). .1. phil.-hist. Cl. LXV. ßd. I. Hft. ■ 9 118 K V i c a I a Latinität der Plural von iiterque auch von zwei einzelnen Personen oder Sachen gehraucht; so Sali. Cat. 30,4 hi utrique ad urbem impe- ratores erant (Q. Marcius und Q. Metellus); doch könnte man hier einen Grund des Plurals noch darin finden, dass die Feldherrn sammt ihrem Heere zu denken sind. Aber z, B. für Caes. B. G. 1, 53 duae fiierunt Ariovisti uxores . . . utraeque in ea fuga perierunt lässt sich absolut kein ähnlicher Erklärungsgrund ausfindig machen. Anni. Was quisque betrift't, so findet sich in iilterer Zeit wohl nur ein ein- ziges Beispiel, in welchem der Plural nicht so begründet ist, wie an den übrigen Stellen, so dass man nicht umhin kann zuzugeben, dass hier bereits ein „freierer Gebrauch" des Plurals vorliegt, wie er eben später um sich griff und wie er bei iiterque schon in älterer Zeit vorkam. Diese Stelle ist bei Cic. Off. 2, 21, 73 at vero pustea tot leges et proximae quaeque ditriores; tot rei, tot damnati cet. Die Verbindung des quisque mit Ordinalzahhvörtern (z. B. Plaut. Pseud. 4, 2. 17 vix decumus quisque est, qui ipsus se noverit. Cic. Rab. Post. 12 tertio quoque verbo excitabatur. Plin. H. N. 17, 22, 35 n. 7 quinto quoque palo) ist eigentlich keine von der Verbindung mit dem Superlativ verschiedene Gebrauchsweise, da die Ordinalia (mit Ausnahme von seciuidus) nach Form und Begriff eigentlich Superlative sind (vgl. Schleicher Comp. S. 507 ff. 2. Aufl.). Es zeigt sich in dieser Verbindung die Bedeutung von quisqice ungemein klar. In dem Satze decimum imperator interfici iussit ist mit deci- mus ein einziger aus irgend einer Anzahl, die nicht unter zehn ist, bezeichnet; decimum quemque dagegen besagt, dass z. B. von iOO Menschen je einer, der der zehnte in der Reihe war, getödtet werden sollte, je der zehnte, je d er zehnte. Dass diese decimi nicht einen Complex bilden, sondern aus je einer Dekade einer her- ausgenommen wird, das wird eben durch quisque bezeichnet. Dies zeigt uns nun auch, wie eigentlich fortissimum quemque eJegit und ähnliches zu verstehen ist. Aus einer Reihe oder Menge wird j e einer, der nach mehreren weniger /br^(?s wiederum fortissimus ist, ausgewählt; da diese fortissimi nicht zusammen einen Hauten bil- deten, sondern getrennt waren durch andere, denen das Prädicat fortissimi nicht zukommt, so ist quisque der geeignete Ausdruck zur Bezeichnung dieser Vereinzelung. Folgerichtig sollte daher auch, wenn immer zwei oder mehrere solcher fortissimi unmittelbar bei einander wären, fortissimi quique gesagt werden und bei dieser Auffassung zeigt sich, dass nicht alle von Haase (a. a. 0.) aus spä- Untersuchungen auf d. Gebiete der Pronomina, besondersderlateinischen. 119 teren Schriftstellern angeführten Beispiele eine missbräuchliche Anwendung des Plurals von quisqne enthalten. So hatte z. B. Justi- nus (o, 6) Grund zu sagen forilssimis quibusque amissis, da der Sinn hier nicht sein soll, dass auf mehrere andere immer nur ein ein- ziger fortissimii8 folgte, sondern es waren immer mehre fortissimi bei einander. Eine besondere Besprechung verdient die Verbindung primus ■quisque, welche drei verschiedene Bedeutungen hat : a) Liv. 23, lö, 6 cum ferme triginta senatores ac ferme primus quisque Capuam petissent, exclusi inde. . . Cumas se contulerunt. Tac. Ann. 13, 48. Dieser Gebrauch ist gerade so zu beurtheilen, wie ^ie Verbindung der anderen Ordinalzahlwörter oder der Superlative mit quisque. Jeder primus hat eine Beihe anderer, denen dies Prä- dicat nicht zukommt, neben oder hinter sich. ß) Cic. N. D. 3, 3, 7 Et ille (Cotta): Quadripartita, inquit, fuit divisio tua: primum ut velles docere deos esse, deinde quales essent, tum ab bis mundum regi, postremo consulere eos rebus humanis, Haec, si recte memini, partitio fuit. Bectissime, inquit Baibus; sed •exspecto, quid requiras. Tum Cotta; Primum quidque videamus, inquit. Hier hat, wie nach Haase's Bemerkung zuerst Wyttenbach gezeigt hat, primum quidque die Bedeutung „eines nach dem anderen, so aber dass jedes an die Reihe kommt'* y.a.3-' vj £V.a(7Tov). Ebenso de inv. 1, 23, 33 prima quaeque pars. Diese Gebrauchsweise zeigt auch sehr deutlich den distributiven Sinn des quisque und sie kann nur so erklärt werden, dass nachErledigungjeeinesPunktesder nächste (2. 3. u. s. w.) zum ersten wird, der nun in Be- tracht kommt. 7) Aber primu quoque tempore (z. B. Cic. fam. 13, 57), primo quoque die (Phil. 8, 1 1) unterscheidet sich von den ersten zwei Fäl- len und überhaupt von der gesammten Gebrauchsweise des quisque mit einem Ordinalzahlworte oder mit dem Superlativ. Da nämlich diese Redensarten „so bald als möglich" bedeuten, so ist hier nicht daran zu denken, dass etwas an mehreren Tagen stattfinden soll, sondern nur an einemTage, der überhaupt nach den Verhältnissen der erste sein kann. Es muss aber doch wohl diese Gebrauchsweise mit der unter ,3 erwähnten vermittelt werden. Es wird näjnlich hier bezeichnet, dass, wenn etwas am allerersten Tage nicht stattfindet, es dann am unmittelbar folgenden Tage, der jetzt zum ersten wird, 9» 120 Kv.'cala stattfinden solle oder könne, und wenn nicht an diesem, dann wieder am unmittelbar folgenden Tage u. s. w. Eine Analogie hiefür kann man im Gebrauch des deutschen „jeden Tag" u. ähnl. Verbindungen finden. „Er kann jeden Tag kommen" muss nicht bedeuten „er kann zu wiederholtenmalen, sowohl heute als auch morgen als auch über- morgen u. s. w. kommen", sondern es kann auch mit Rücksicht auf ein bloss einmaliges Kommen bedeuten „es ist möglich, dass er heute kommt, oder wenn nicht heute, so morgen oder übermorgen u. s. w. Die relative Geltung von guisque (=quicumque) ist bei Plautus nicht selten. Asin. 2, 3, 24 quisque obviam huic occesserit irato, vapulabit. Andere Beispiele, die Holtze (I, 405) anführt, sind Mil. 2, 2, 1 ; 5; 2, o, 50; 4, 9, 14; ebenso Asin. 1, 3, 47. In späterer Zeit tauchte dies wieder auf, wie bei Sidon. Ep. 4, 11. Hartel (Zt. f. d. Ost. Gymn. 1868 S. 31) sagt, er sei dem relativen quisque in den ältesten Cyprianhandschriften auf Schritt und Tritt begegnet. Schon Lindemann hat auf die Analogie qu ajidoque = qnnndocumqne hinge- wiesen. Es hat in diesem Falle der erste Theil von quisque aus der indefiniten Bedeutung die relative entwickelt, Vtie nach der oben ent- wickelten Ansicht das lateinische Relativum überhaupt auf das Inde- finitum zurückgeht. Bei quisquis und quicumque ist die ursprüngliche indefinite Bedeutung im Gebrauche zurückgedrängt worden; doch findet sie sich bei quisquis bei Cato R. R. 7. 48 und in der Verbin- dung unum quidquid. Quicamqae. Dies Pronomen besteht aus drei indefiniten Elementen, von denen die zwei letzten jedoch als eine bereits fertige Verbindung (cumque) an qui sich anschlössen. Cum (quom) ist ein temporales Adverb und identisch mit der Conjunction cum (quom): beide unter- scheiden sich nur durch den Gebrauch, wie das indefinite und rela- tive qui^^. Passend vergleicht Miklosich mit dem temporalen Elemente von quicumque die slavische Zeitpartikel koli , die zu demselben Behufe dem indefiniten Pronomen angehängt wird; und das tempo- 1) Corssen sieht diese Form für einen Accusativ an, wie tarn ii. a. Ich stimme mit Aufrecht überein, der (Kuhn's Zt. 1, So) diese Formen für Locative hält und mit dem umbrischen Locativsuifix verg-leicht. üntersuchuno;en auf d. Gebiete der Pronomina, besonders der lateinischen. 121 rale Moment kann noch durch Hinzut'ügung von vbKt (temporaler Accusativ des Zeitraumes = aevum = per aevura) verstärkt werden. Dass cnmque noch ziemlich lebhaft als selbstständiges Wort gefühlt wurde, wird durch die nicht seltene sogenannte Tmesis bewiesen, noch mehr aber durch Beispiele, wie Hör. Carm. 1, 32, lä o laborum dulce lenimen , mihi cumque salve rite vocanti, was richtig erklärt wird „quoties te vocavero", also „ wann immer, immer vorkommen- den Falls«. Die indefinite Bedeutung von quicumque ist gegenüber der herrschenden relativen selten ; als Beispiele führt man an Cic. Cat. 2, 5 quae sanari poterunt, quacumque ratione sanabo. Prop. 1, 8, 34 et quocumque modo maluit esse mea. Liv. 45 , 23 de quacumque causa. Man erklärt diese indefinite Bedeutung gewöhnlich aus der relativen (mit Annahme der Ellipse von esse, fieri oder sonst eines dem betreffenden Contexte entsprechenden Verbs) — und wol mit Recht. Denn ohzwar die ursprüngliche Bedeutung von quicumque die indefinite war und somit die Annahme, dass sich dieselbe in einzelnen Fällen auch in späterer Zeit erhielt, nicht widersinnig wäre, so scheint doch die Ansicht den Vorzug zu verdienen, dass die indefi- nite Bedeutung hier ganz erlosch und sich erst später wieder in Folge eines Vorgangs, den man in den Sprachen öfter antrifft, entwickelte. So wäre die obige Stelle Cicero's etwa = quae sanari poterunt, sanabo, quacumque ratione sanabo. Eine Analogie bietet der indefi- nite Gebrauch von '^n-riq (z. B. Plat. Hipp. mai. 282 D to-jtojv d" iy.iXTspog r'/Jov dpyjpioy ä.r.6 ao'iiiag tlp'^a.'jra.i r, äAAog dr}ij.iovpydg df' r,'j'i.vjg rr/yvg^^ häufig oaTtaoOv. Ähnliches im Slavischen und Deut- schen. — Auch bei qairis, quilibet ist die indefinite Bedeutung aus der relativen zu erklären. Es ist anzu- nehmen, dass das relative qui in diesen Verbindungen ursprünglich in dem entsprechenden Abhängigkeitsverhältnisse zu vis, lubet stand, wie man z. B. noch erklären kann mittam ad ie quemins = mitt(tm ad te, quem vis mitti oder mittam cuiusvis generis homines = mit- tam homifies, cuiiis vis generis hnynines mitti oder quolibet tempore veniam = veniam, quo (mihi) libet tempore venire oder ^ veniam quo {tibi) libet tempore me venire Vgl. Cato R. R. S2 qiiod genus 122 K V 1 c a 1 a vis propagabis. Aber nachdem man sich gewöhnt hatte, in zahh'ei- chen Fällen quem vis, quos vis, qtiae vis, cuitts vis, quem übet, qua libet II. s. w. als zusammenhängende Ausdrücke zu fühlen und zu gebrauchen, wobei die eigentliche Bedeutung von vis, lubet sich ver- dunkelte, Avurde dann auch der Nominativ quivis quilibet gebraucht, eine Construction, die mit Rücksicht darauf, dass sie eine streng grammatische Erklärung nicht zulässt , als eine missbräuchliche bezeichnet werden kann, z. B. quivis haec perspicit statt perspicit haec, quem vis, sc. haec perspicere. Vgl. das ganz entsprechende og ßovlsi z. B. Plat. Gorg. 517.4 £p7« rotavTa, oloc tovtuiv öq ßovlsi sTpyaarai. Krat. 432 Ä rd di/.cc t; oang ßoOlti ällog dfji^ixog. Man könnte zwar auf die Annahme verfallen, dass quivis haec perspicit zurükzuführen ist auf die vollständige Construction perspicit haec, qui (ut) haec perspiciat vis, Avobei die Ansdrucksweise auch in diesem Falle als eine streng grammatische sich herausstellen würde. Dafür könnte angeführt werden z. B. böhm. to ti pfinese sluha ktery (qui) chces (vis) = hoc tibi aflferet servus quivis, wo wirklich die Annahme .der Yollständigen Construction „htery chces aby jjvinesl"^ = qui vis ut afferat natürlicher ist. Aber im Böhmisclien hat das Verbum „chtiti" in diesem Falle immer seine eigentliche Bedeutung des Begehrens beibehalten und ist nicht zu der Bedeutung einer blossen der Willkür eines Subjects anheimgestellten Annahme herab- gesunken. Ferner muss doch bei den lateinischen Wörtern ohnehin in einem Falle, nämlich bezüglich der Bildung der Formen quidvis, quidWhet eine Verdunkelung des ursprünglichen Sprachgebrauches und eine missbräuchliche Anwendung zugegeben werden. Diese For- men entstanden nämlich, indem man sich der ursprünglichen relativen Bedeutung des ersten Elements nicht mehr bewusst war und behufs des substantivischen Gebrauches dann die Form quid wählte, an deren substantivische Geltung man sich bei dem indefiniten und interrogativen Pronomen gewöhnt hatte. Auf einer anderen Grundlage beruht der Gebrauch von 6 ßov- Xoixtvog (= ög ßo'jlsTai}, was aber nie zu der blossen Geltung eines indeiiniten Pronomen wie quivis abgeschwächt ^^urde. Über umbr. pisher vgl. Umbr. Spr. I, 138: „Pisher, welches nur Tat". VP 41 vor- liommt, hat wahrscheinlich die Bedeutung quilibet und besteht, ahn- Untersuchungen auf d. Gebiete der Pronomina, besünders der lateinischen. 1/CO lieh diesem letzteren, aus dem Frageworte i) verbunden mit der 3. sg. praes. ind. der Wurzel her (velle) , heisst also wörtlich: quivult."* f ber den Pronominalstamm sva. Man sieht diesen Pronominalstamm für einen ursprünglich reflexiven an; aber dass dieser Stamm ursprünglich eine demonstra- tive Geltung hatte, lässt sich nicht bloss a priori voraussetzen, son- dern auch mit Gründen nachweisen. Bei der Untersuchung über die ursprüngliche Function dieses Stammes ist der Gebrauch des griech. ov, ot, t voranzustellen, das in der Sprache des alten Epos ungemein häufig in der Bedeutung y^eius, ei, eum" u. s. w. vorkommt, z. B. II. ß 196 fiAsi oii (den König) ix-ozicTCi ZsOg, und so erscheint i (nach Krüger's Angabe Dial. §. 51, 1 A. 9) etwa an sechs Dutzend Stellen, häufig auch die Formen £0, e-S-£v, £-j, Ol, seltener £Ög = eins (z. B. Od. o 618 &.S-' kog ooixog dixfp£y.älv^zv y.slai ]ul£ voarr/tjavT«). 2^t kommt bei Homer und Herodot in der Bedeutung aiiTotg vor, o'fi'jvj bei Homer meist demonstrativ, seltener reflexiv, hei Herodot stets reflexiv (was eine spätere Ein- schränkung ist). Vgl. Krüger Gramm. §. 31, 1 A. 1 — 19. Ich halte es nun für unzweifelhaft, dass hiernicht „ein Umschlagen der reflexiven Bedeutung in die demonstrative angenommen werden kann, sondern dass umgekehrt eine Umwandlung der Bedeutung „/s" in die Bedeutung „sui" anzunehmen ist 2). 'J Dem pis müsste, wenn die Bedeutung' von pisher die ohen angegebene ist, die relative Geltung beigelegt werden, wie sie pisi hat in : pisi pumpe fust. ~) niese demonstrative Bedeutung war freilich im Griechischen in der Zelt, bis zu welcher wir bei der Verfolgung des Sprachgebrauches zurückgehen können, nie die starke Function, welche z. ß. der Demonstrativstamm ta hat, der in vielen Fällen zur Bezeichnung einer Hinweisung auf etwas noch nicht Erwähntes, noch nicht Bekanntes gebraucht werden kann, sondern er hatte nur die Kraft, auf etwas schon früher Erwähntes hinzuweisen; eine solche Hinweisung ist aber eine Rück- weisung. Nie hat z. B., so weit wir zurückblicken können. Jemand, der einen anderen auf eine erst ankommende, früher noch nicht gesehene oder erwähnte Person aufmerksam machen wollte, hinweisend auf diese Person gesagt qcwxe i, wohl aber z. B. O'JaJKc to'voe; dagegen war in der alten Zeit ganz geläufig z. B. vOv avTi' ; olo: 'A-^i/./.hvj . . . oto'j/.i'. (II. ■)( 172), weil Hektor schon früher genannt wurde. 124 Kvi'cala Wenn die ursprüngliche Geltung die reflexive (sei es nun eine speciell reflexive der 3. Person oder eine allgemein reflexive) gewesen wäre, so begreift man nicht, wie aus dieser Beschränkung heraus sich die Bezeichnung der 3. Person ohne Reflexion hätte entwickeln können. Durch welchen Vorgang liätte z. B. 'fuJei oi i ixTiVisra ZsOg von der angeblich ursprünglichen Bedeutung „er liebt sich" zu der Bedeutung „er liebt ihn" gelangen sollen? Ferner wäre doch wol (wenn man auch einen solchen Vorgang per inconcessum annehmen wollte) die Entwicklung der Bedeutung „er" aus „sich" überflüssig gewesen , da die Sprache für die nichtreflexive Bezeichnung der 3. Person eine Menge von Formen hatte. Wohl aber begreift man leicht, dass sich mit dem fortschreitenden Denken, mit der genaueren Wahrnehmung des Verhältnisses aus der Function „fs" die reflexive entwickeln konnte. Während man bei der entgegengesetzten Erklä- rung annehmen muss, dass ursprünglich o-j ^ ol^ 'i nur in Sätzen gebraucht ward, deren Subject dieselbe 3. Person ist, z. B. Ikwc^vj t „er schlug sich" oder nach der allgemein reflexiven Aufl"assung auch in Sätzen, wie nArjaoto i[ki. nlrjoasig ai: nehmen Avir an, dass der Gebrauch unbeschränkt war, z. B. srAvji;« i, iTzl-n'^dg £, c naTrjp tnXri'^iv L Wer dieser „er" ist, der z. B. in dem Satze i rraTrjp £/TAv;<^£v i als das Ohject des TcAr/GGtiv bezeichnet wird, das ist sprach- lich unbestimmt >); es konnte eine andere Person als das Subject Tzarrtp sein „der Vater schlug ihn" (die bereits erwähnte oder bekannte Person); es konnte aber i auch auf die durch TzaTVip bezeichnete Per- son sich beziehen „ der Vater schlug ihn , d. i. den Vater d. i, sich." Bezüglich der Zeit, in welcher das reflexive Moment noch nicht gefühlt und doch d na.rr,p snA-n^zv z in der Bedeutung i== TÖv Tzazipa gesagt wurde, ist zu bemerken, dass da s vom Stand- punkte des Sprechenden aus gesagt wurde, während man später, als die reflexive Beziehung bereits gefühlt wurde, i vom Standpunkte des handelnden Subjects (-aT/;c-) ansah; die Aussage ') Nur der Accent diente später zur Unterscheidung-, da das reflexive c orthotonirt war, während es im entg-egengesetzten Falle enklitisch behandelt wurde. Es war aber gewiss anfangs das ursprünglich nichtreflexive £ auch orthotonirt und schwächte sieh erst später ab, vielleicht gerade zu der Zeit, als der reflexive Gebrauch aufkam; es unterliegt keinem Zweifel, dass die Unterscheidung des reflexiven ;, als des energischeren Wortes, in der Betonung sehr angemessen und na- türlich ist. Untersuchungen anf d. Geliiete derPrononiiim, licsonilers der lateinischen. 1 ,6 5 hat also in diesem Falle ein subjectives, intierliches Gepräge, sie geht durch das Medium eines fremden Standpunkts hindurch. Bekanntlich kommen auch in späterer Zeit Reste des ersten Stadium noch vor; aürög und lat. is erscheint zuweilen da, wo man iauroü und sui erwartet; vgl. z. B. Cic. Att. 10, 4, o cum haec scripsissem, a Curione mihi nunciatum est, eiim ad me venire. De Orat. 1, 54, 232. Caes. h. g. 1, 5; II; 14. Für die Erklärung der reflexiven Geltung aus der demonstra- tiven ist ferner ixiv auszuführen, das unzweifelhaft ursprünglich eum, eam bedeutete, wie es diese Bedeutung auch regelmässig aufweist. Wenn nun daneben sich auch der reflexive Gebrauch tindet, so ent- stand eben dieser aus jenem. So Herod. 1, 4o iKiy.xTa^jfdEx'. ij.!v xsXs'Jcov TW vcx&üj. 1, 1 1 Uirsus px/ jxty dua'^jxcär, ivoelv i). Ein anderer Beweis liegt in dem Gebrauche von a-jvög, das bei Homer in reflexivem Sinne vorkommt; so ccCrov im Sinne des spä- teren ia-jTO'j oder a-jzov Od. | 51; avzf, =^ sibl Od. ^125; auröv — ici'jTÖv Od. 0 247; auch avTov = iixavTov Od. y 249; a'jTaJv = Yjfxwv aTjTöJv II. Ti 338, Od. y. 27. Hier ist es doch unzweifelhaft, dass aus der demonstrativen Geltung die reflexive sich ergab. Die demonstrative Geltung des Stammes sva hat sich in ein- zelnen Fällen auch in späterer Zeit noch erhalten; so z. B. a'och eine andere Umgestaltung erfuhr potis, indem es zu " pes. Gen. ' pitis wunle, welche Form sich nach Corssen 's scharfsinniger Erklärung (Krit. Naehtr. S. 230) in hos-pes, sos-pcs findet. Mit der hier eingetretenen Abschwächung des- ursprünglichen a der Wurzel pa zu i (im >'ora. e) vergl. dieselbe Abschwächung in Diespiter, Jupiter, skr. pita. 144 Kvieala '* lieh, gewiss, gerade" entwickeln konnte, so dass mihipte (mir gar sehr, mir gerade), ipse (er gar sehr, er gerade, er eben) in hervor- hebendem, restrictiven und eben dadurch einen Gegensatz zu andern Personen anzeigenden Sinne gebraucht Avard. Von den zahlreichen Analogien, die sich hiefür anführen lassen, ist besonders der ähnliche Gebrauch von potissimum hervorzuheben i) ; ip^ekann man füglich mit is pofisshnum vergleichen oder auch mit maxime, das den Wörtern nunc, tum, quum in der hervorhebenden Bedeutung „gerade, eben" beigegeben wird. Vgl. z. B. Plaut. Men. 5, 9. S8 ut nunc maxime memini und Cic. Att. 7, 3 quin mmc ipsum non dubitabo rem tantam abiicere, oder tum mnxime mit tum ipsum. Ferner ist der hervorhebende Gebrauch von juiäXa und iidliira zu nennen (z. B. 71 ixa/dora; quid potissimum?) so wie der von xdora. Excurs I über die Präposition cum nnd verwandtes. Es hat hat bereits Ahrens (Kuhn's Zt. 8, 337 Anm.) cum auf skr. eka zurückgeführt. In dieser Fassung ist freilieh diese Ansicht nicht richtig, ebenso wie Ahrens irrthümlich (S. 336) lat. quis (rtg) durch Aphärese des anlautenden Diphthongs aus aequ-is, got. hvas aus aihv-as erklärt. Es ist vielmehr cum bloss auf den Stamm ka (der eben den zweiten Theil von eka bildet) zurückzuführen und dem Stamme ka die Bedeutung des Zahlwortes luius zu vindicieren, wie auch für das indefinite quis, qui als Vorstufe die Bedeutung einer anzunehmen ist. Ich wage nicht zu entscheiden, ob com, cum eine verstümmelte Locativform (Benfey in Kuhn's Zt. 7. 127) oder der Accusativ neut. oder der Nominativ neutr. sei. Im ersten Falle würde als Grundbedeutung von cum sich ergeben „in einem, in Verbin- dung (vgl. lat unä, cjuloö, o^v;), im zweiten „in eins, zusammen (in unum, dg i'v), im dritten ,,eins". Die zweite Auffassung scheint mir die beste zu sein. Was nun die nicht zu umgehende Frage über das gegenseitige Verhältniss von skr. sam, aOv, slav. si>, £6v, cum betrifft, so bietet hier das von Bopp zur Vergleichung herbeigezogene vedische sakdm ij An den Gebrauch von potissimum und maxime hat schon Ebel in seiner Erklärung^ des ipse (Kuhn's Zt. 6, 209) erinnert, der aber pote für das Neutrum des Compa- rativs hält. Untersuchungen auf d. (Jebiete der Pronomina, besonders der lateinischen. l4o eine wesentliche Hilfe. Freilieh darf man nicht mit Bopp (3, S08) cum aus sTtkdm durch Unterdrückung der ersten Sylbe entstehen lassen (was auch Schweizer in Kuhn's Zt. 9, 70 thut, indem er com aus skom erklärt, und ebenso L. Meyer 1, 189). Pott äussert sich (I, S. 849) zweifelnd: „Es ist bereits der Schwierigkeit gedacht, welche Lat. cum (in Comp, com-) und die so eben besprochenen keltischen Wörter in Bezug auf ihren Ursprung darbieten. Wir Avollen annehm.en. ^6v entspreche dem Skr. sukam, dagegen a-jv . . . . etwa dem einfachen sam-. Dann müssten xotvd?, Lat. cum u. s. w. sich des Zischlautes entledigt haben, und wir hätten es in ihnen eigentlich nur mit dem unwesentlichen (?) Theile des Wortes, nämlich nur mit dem Suffixe (?) ohne den athroistischen Kern zu thuri", und S. 8o8 : „Eine gewisse Zusammengehörigkeit von L;it. cum, com-, Kelt. com, Germ, ga- (nur untrennbar) und Slavisch ko, k (nur getrennt) wird sich kaum in Abrede stellen lassen. Auch drängt sich xotvög heran, und C^^v, a-jv lassen sich nicht ohne Wei- teres abweisen. Wir haben gesehen, dass sich letztere mit Skr. sukam vermitteln lassen, und auch für die Reihen ohne Zischlaut liegt im All- gemeinen dazu die Möglichkeit vor. Das Befremdende hiebei wäre für mich nur hauptsächlich die einmüthige Stetigkeit in dem Fortlassen der ersten Sylbe in sogar vier Sprachkreisen". Corssen (Krit. Beitr. S. 457) hält den Abfall des anlautenden s bei cum für wenig erwiesen: Diese Bedenken werden gegenstandslos, wenn man folgende Gleichungen annimmt; 1. Nur fjv = sakam (<^6v steht für *c7x'jv, vgl. ci'vog — T/.i'foq Curt. Etym. 2, 268 f.) 2. com (cum), kelt. com, slav. kt, germ. ga, ge ist auf die Grundform kam zurückzuführen. Dies kam hatte, wie oben erwähnt, die Bedeutung „in eins, zusammen" und demnach schon an und für sich einen athroistischen Kern. Skr. sUkdm ist eiiie energische Wie- derholung des Moments der Zusammenfassung, wie dies nicht selten ist; vergl. mitsammt, ä/j.a (jjv, una cum, lit. dränge su (Schlei- cher, Lit. Gr. S. 290), böhm. spolu s nim. Koivöq, zunächst aus */'.ov£o?, führt auf eine Grundform kamjas zurück; die Bedeutung ist „in eins zusammengefasst, in unum collatus", daher „gemeinschaft- lich", wie ^-jvog mit Evv zusammenhängt •). ') Ob das Resultat von Ahrens' Untersuchung- (Kuhn's Zt. 3, 164), dass dem Grieeh. auch die Form X'JV zu vindiciren sei, richtig ist, niuss daliingestellt bleiben. Es 146 K V i' c a I a 3. 76v, Sil, lit. SU = sam. Die Sclnväclumg eines ursprüngliclien a zu -j in ^Ov, n'jv findet Pott (I, 841) bedenklieh, weil kein Beispiel vorluinden sei, wo dei- Wechsel von -j statt o eine Flexionsendung der 2. Declination träfe. Aber das Bewusstsein, dass es Casusformen sind, war längst geschwunden, und demnach darf man solche Analogien wie ovuC (vergl. Curt. 2, 287) und äolisehe Formen wie xbrz (= rözz) für hinreichend halten. Mit dem Stamme ÄYf parallel geht Stamm sa sowol bezüglich der Bildung der Präposition snm. si,, n'jv, lit. sü, wie auch bezüglich der für sam anzunehmenden Grundbedeutung, ein Umstand, der der eben dargestellten Ansicht über die Entstehung und Grundbedeutung von cum zur Bestätigung dient. Die Grundbedeutung der Einheit, resp. des Zusammenfassens zu einer Einheit, des Vereiniffens zeiiit sich in dem Präfix skt. sa-, griech. y. (z. B. ä-a?), a a^^ooj^nxöv (z. B. ä-OcXüctö^). Vom Stamme sa ist der Accus, sam gebildet, mit welchem tjv für identisch gehalten werden muss, da die Übereinstimmunq; in den Functionen (nach Benfey erscheint sam auch als Präposition mit dem Instrumental) zwischen sam, tj-j, st,, sü eine gar zu ein- leuchtende ist. Sobald nun sam nicht mehr als Casus, sondern als Adverb in der Bedeutung „in eins, zusammen" gefühlt wurde, diente es selbst als Grundlage zur Bildung neuer Wörter, in denen die Bedeutung der Einheit vorhanden ist, wie z. B. sim-plex, sin-guli, ziq = vjq = six-g (nach Pott und Meyer, Kuhn's Zt. ö, 161). Ferner diente sam als Grundlage zur Bildung eines neuen Stammes sama-. Das m wurde hier gerade so herübergenommen, wie das für m ste- hende V von ^-jv in ^wog (und ebenso in y.oivög = Kov-jog) er- scheint, oder wie das fertige Wort iy.si (Locativ) zur Bildung von hsivog verwandt wurde, eine überhaupt nicht seltene Erscheinung. Auch diesem Stamme sama- ist die Bedeutung der Einheit bei- zulegen, die z. B. offen vorliegt im slav. samt (urspr. ein, allein, ist möglich, dass Kuvovpta richtig als „confinium Laconicae et Argolidis" ge- deutet wird; aber sichergestellt ist dies nicht, da in Ortsnamen häufig xuwy vor- kommt; vergl. K-Jvsprtov, K-jv6: xs'jcclai, K-jvoc7ou/>a, K-jvof ar^p-'j: und namentlich Kuvo!7ov/>ta, durch welche Form die von Ahrens gegebene Deutung sehr fraglich wird. Auch xuvi'/'/-^ hat nicht zwingende Beweiskraft. Annehmbarer dürfte die von Ahrens ebend. eruirle kyprische Form yJ.'J sein. Unfersuchungen üufd. Gebiete Her Pronomiiin, besonders derlateinisclien. \ ^l dann selbst; vergl. Miklnsicli lY, 96 flP.) Es liegt ferner dieser Begriff eins zu Grunde den indefiniten Wörtern a,aöjc, a,u.63-£v got. sums (irgend einer), siimfni (einst, einmal); vgl. Curtius Et. 1, 361. Der Begriff der Vereinigung (früher getrennter Theile) ist in älJ.C(,, ''yIXO'J. öixöjg u. s. w. Aus dem Begriffe der Einheit ergibt sich der der Iden- tität. Gleichheit. Ähnlichkeit; vgl. z. B. das ist alles eins i) (= gleich); Gleichheit ist die Einheit an mehreren Gegenständen: so Hör. Carm. 1, 28, lo, omnes una manet nox. Cic. Flacc. 26, 63 unis moribus et numquam mutatis legibus vivunt. Hom. II. y 238 ro) lioi fJLt'a ystvaro fxrizrto. Als selbstständiges Ädverbium hat sich cwm nicht erhalten; es ist aber diese Function anzunehmen, da com als adverbielles Präfix erscheint, und da das griechische gOv die adverbielle Geltung noch aufweist, nämlich in gvv oi und in der fälschlich so genannten Tmesis. Als Präfix bei Verhis und Nominibus zeigt co)n, con, co den Begriff der Vereinigung sehr deutlich, z. B. coalescere in eins ver ■ Avachsen, coire, cogere, coUigere, coUegium. Oft wird dieser Begriff" noch durch in unum oder eine ähnliche Ausdrucksweise wiederholt, z. B. Caes. B. G. 2, 5 cogere copias in unum locum Sali. Jug. 80 cogere multitudinem in unum. Liv. 8. 11 conglobare se in unum. Zuweilen bezeichnet com in der Composition eine vollkommen zu Stande gebrachte Thätigkeit; so z. B. coacescere „durch und durch sauer werden", collustrare „ganz auf allen Puncten be- leuchten", collaudare, conficere, comedere (vergl. bölim. snisti für s-|- jisti= zusammenessen) 2). Das Mittelglied ist hier das Zusammen- fassen aller einzelnen Theile des der Thätigkeit unterworfenen Objects oder auch das Zusammenfassen aller Momente der Thätigkeit selbst. In letzterer Hinsicht hat nun die Sprache, die keine besondere Aoristform ausgeprägt hat, zuweilen getrachtet, das Moment des eftectiven Aorists (so bezeichnet Curtius passend z. B. -src:«'. im Gegensatze zu r.v.bzvi) durch com auzsudrücken, wie conficere. 1) Ebenso franz. c'est un. itiil. mi e tutto uno. 2) Zuweilen schwächt sich dies Moment so ab, dass die Handlung nur als eine inten- sive im Gegensatze zu der durch das einfache Verbuin bezeichneten Handlung hinge- stellt wird, wie z. B. conclamare (das auch die Bedeutung „laut, heftig rufen" hat), condurus. 148 conspicere. Zu ähnlichem Zwecke werden auch andere Präfixe ge- braucht, wie 2)er (pervenire), ob (obstupui) u. s. w. Den ausgedehn- testen derartigen Gebrauch von den Präpositionen macht bekanntlich das Slavische, dem freilich auch noch andere Mittel zur Erreichung dieses Zweckes zu Gebote stehen. So gelangen z. B. im Böhmischen Praesentia durativa durch Verbindung mit zahlreichen Präpositionen im Indicativ zur Geltung eines Futurs, d. h. es wird auf diese Weise dasjenige Stadium bezeichnet, in welchem die durch das einfache Verbum bezeichnete dauernde Handlung das angestrebte Ziel erreicht; so prijdii (ich werde ankommen), dojdu (ich werde hinkommen) vejdu (ich werde eintreten), sejdeme se (wir werden zusammen- kommen), opp. jdii, ich gehe. In den anderen Modis, sowie im In- finitiv und Participium, tritt das aoristische Moment hervor; z. B. prijd' = TzfJÖasAd's, vejdi = cccsX^s, sejiti se = a-jvtl^zlv. Soll in der Zusammensetzung mit diesen Präfixen das praesentische (durative oder iterative) Moment aufrecht erhalten werden, so müssen andere Formen des Verbs gewählt werden, wie prichazim = -po^jip'/oixut, scluhime se (durativ oder iterativ) = (7-jv£oyöjuLc^a (wir sind darin be- griffen, uns zu versammeln oder wir pflegen zusammenzukommen), schdzivdme se (nur iterativ) kazde'ho dne (wir pflegen täglich zusam- menzukommen). Wenn die lateinische Sprache zuweilen com- in ähnlicher Ab- sicht verwandte, so wollte sie dadurch das Zusammenfassen der ein- zelnen Momente zu einem Besultate, den von Erfolg begleiteten Ab- schluss einer dauernden Handlung bezeichnen (conficio opp. facio), und das dazu gewählte Mittel ist ohne Zweifel ein sinniges. Die Bedeutung der Gleichheit und Übereinstimmung, die manche Composita mit com- haben, hägt mit dem Begriff" der Einheit zu- sammen (vgl. ii).Cjg, o^xotog, similis u. a.). So concolor „was eine Farbe mit etwas anderem, dieselbe Farbe hat), Concors einmüthig. Auch in comlignus liegt wol nicht eigentlich der Begriff „sehr würdig'' (wie Freund im Lex. angibt), sondern C07i bezeichnet nochmals den durch das einfache dignus bereits ausgedrückten Begriff der Über- einstimmung mit der Sachlage, der Angemessenheit; freilich ist es wahr, dass auf diese Weise auch eine Verstärkung des Begriffes von dignus erzielt wird. Sehr lehrreich ist commodus, welches Wort die Übereinstimmung mit dem gehörigen Masse, also das entsprechende Mass bezeichnet, z. B. commoda statura (Plaut. Asin. 2, 3 21), Untersuchungen auf d. Gebiete derPronomina, besonders der lateinischen. 149 commodas viginti minas argenti (Plaut. Asin. 3, 3, 134 d. h. die Zahl der Minen stimmt mit der Angabe viginti ganz überein, also volle 20 Minen); vergl. als passende Analogie o-Jii.\i.trc,og. Das adver- bielle commodum bezeichnet, dass eine Handlung in einem dem Interesse der betreffenden Person entsprechenden, dienlichen Augen- blicke stattfindet, also z. ß. ecce autem commodum aperitur foris (Plaut. Mil. gl. 4, 4, 61 gerade zu rechter Zeit, h y.cuoöi)', es kann aber commodum auch bloss „just, eben" bedeuten ohne jenen Neben- griff. Die Bedeutung des Adj. commodus „bequem" und des Subst. commodum „Vortheil" ergibt sich sehr leicht. Das Slavische hat von der Präposition Ich, die mit cum etymo- logisch übereinstimmt, einen anderen Gebrauch gemacht, indem ki» nur „ad" bedeutet. Auch diese Function ergibt sich aus dem Begriffe der (angestrebten) Einheit, der Vereinigung. Eine wichtige Bestätigung für den Zusammenhang des cum mit dem Zahlwort der Einheit (d. i. mit der betreffenden Function des Pronominalstammes ka) bietet das entgegengesetzte dis-, diä, ahd. 2«r-, zer-, skr. vi-, das mit dem Zahlwort der Zweiheit zusammen- hängt. So viele Hauptfunctionen com- in der Zusammensetzung hat, so viele Gegensätze dazu bietet dis- dar. 1. Dem Begriffe der Vereinigung zu einem Ganzen ist die Trennung eines Ganzen in seine Theile entgegengesetzt; so digero opp. congero, discumho opp. coticumbo u. s. w. 2. Während com- Vollständigkeit der Handlung oder wenigstens die Intensität anzeigt, bezeichnet dis- nicht selten, dass die durch das Simplex angegebene Handlung oder Eigenschaft gar nicht statt- findet, sondern das Gegentheil; so diffido opp. coiifido, difficilis, opp. facilis, discalceatus opp. calceaius, dissimilis opp. similis. Freilich bezeichnet dis- auch zuweilen eine Verstärkung; aber dazu gelangt dis- auf einem ganz anderen Wege als com-. So ist zwar discupio durch seine energische Bedeutung dem concupisco ähnlich; aber es ist eigentlich „vor Sehnsucht gleichsam sich auf- lösen" (sich zervvünschen, wie Freund passend sagt; vergl. dirumpi dolore (Cic. Att. 7, 12, 3). Distaedet ist in seiner Bedeutung dem pertaedet ähnlich, aber es ist gleichsam = dirumpi taedio. 3. Dem Begriffe der Gleichheit, Übereinstimmung steht ent- gegen der der Ungleichheit, Disharmonie. So discolor (Avas in der Farbe von etwas anderem sich unterscheidet, wie z. B. Ov. Trist. Sitzb. d. phn.-hist. Cl. LXV. Bd. I. Hfl. 11 130 Kvi'cala S, 5, 8; 2, 477 oder auch was selbst verschiedene Farben hat, z. B. Phn. 10, 2. 2) opp. concolor ; discors opp. coucnrs, concinere opp. discrepare (Cic. N. D. 1, 7, IG Antiocho Stoici cum Peripa- teticis re concinere videntur, verbis discrepare). Excurs II. über solas, sollas. Für den Zusammenhang der Begriffe der Einheit, Ganzheit, All- heit bietet einen sehr lehrreichen Beleg sollm im Verhiiltniss zu solus dar. Dass solus und sollm dasselbe Wort ist, behauptet Lottner (Kuhn's Zt. ö, 15ö) mit Recht. So wie sich sollus zu einem anzunehmenden altgriechischen ""olloq (Curt. Et. II, l'^S) verhält {oloq: oAAoc = \i.iooi: ixi^aog}^ so verhält sich sdlus zum ion. o-jÄOb, abgesehen von der Einbusse des Spiritus asper. Als Vorstufe von*oX/o? ist ^oAFog (= skt. särvas, lat. salvus) anzunehmen, woraus durch Metathesis ""ö^Aog, *o-jAo?, o\jAog wurde. Für das Latein ist *solvus anzunehmen, woraus einerseits sollus wurde, anderseits durch dieselbe Metathesis *sovlus sölus (wie mötum = movtum, fümentum = fovmentum). Als Grundbedeutung nehme ich die Einheit an, obzwar sie sie sich im skr. sarvas nicht findet. Von dem Begriffe der Einheit gelangt man vermittelst des Begriffes der Vereinigung zudem der Ganzheit; das, was seine Theile in sich vereinigt, so dass kein Theil ausserhalb derselben ist, ist ganz (diese Bedeutung hat so//«o). *) Larramendi, Diccioiiario trilingue. Proleg. P. II. ca]!. 7. p. LXIX. (El bas- cuense es lerigiia primitiva de Espana). *) Astarloa, Apologia de la lengiia Bascongada. Madr. 1808. '') Vergl. S. F. W. Holfmaiin, die Iberer im Westen und Osten. S. 95. ^) Es ist in der That zu bedauern, dass der Nachlass Humboldt's, der un- streitig noch ein reichhaltiges Material für das baskische Sprachstudium enthalten muss, bisher noch gar nicht zugänglich geworden ist. ^) Die Ansicht Humboldt's hat in neuester Zeit fast allgemeine Anerkennung gefunden. Francisque-Michel, Le pays Basque (Paris, 1857) p. 9. vertritt im Gegensatze dazu die Meinung, die baskische Sprache sei von jeher nur in den sieben Provinzen (Labourd , Soule, Nieder- und Ober-Navarra , Alava , Guipuzcoa und Biscaya), wo es noch heute die Landessprache ist, geredet worden. Wenn er sich dabei aber aufOihenart (Note 1) beruft, so dehnt dieser Schriftsteller das frühere Sprachgebiet des ßaskischen doch auf Asturien , Galizien und Lusitanien aus und nimmt auch für das übrige Hispanien ein jenem ühnliches Idiom an. Jener Ansicht ist in neuester Zeit auch Garat, Origines des Basques de France et d'Espagne (Paris, 1869) beigetreten. '") Früher glaubte Humboldt viel Griechisches in der baskischen Sprache zu finden. Vergl. Gesammelte Werke. Bd. 5. S. 240 (Brief an Aug. Fried. Wolf. 1801). Worte, wie eolera, escola, aingeru (angelus), mendecosle (pentecoste) kann Hum- boldt damit nicht gemeint haben; eher Hesse sich noch arlo (äpTog, Brod) anfüh- ren; vergl. Lecluse, Grammaire basque. p. 32); aber auch darauf ist kein Gewicht zu legen, um so mehr als Bi-od im eigentlichen Sinne ogi heisst und mit Jenem Ausdrucke nur das Maisbi'od bezeichnet wird. über das iberische Alphabet. 171 Aber es lässt sich nicht leugnen, dass Humboldt doch noch etwas zu viel unter dem Einflüsse jenes gelehrten Astarloa stände), der zwar besoniierer als die meisten seiner Vorgänger und als einzelne neuere baskische Schriftsteller, sich doch zu manchen weit hergeholten und nicht ganz zutreffenden Namenserklärungen bewegen Hess. AVir wissen eben von dem Iberischen blutwenig und von dem Weni- gen das Meiste nur durch römische Überlieferung, um nicht zu sagen durch römische Verunstaltung. Es war daher auch nicht möglich, irgend welche feste Prinzipien über das Verhältniss des iberischen Lautsystems zu dem römischen aufzustellen. So kann es auch leicht kommen, dass zu einer römischen Wortform eines iberischen Namens ein modernes baskisches Wort zu passen scheint, während, wenn man wirklich einmal einen richtigen iberischen Namen, z. B. durch eine Münze kennen lernt, dieser sich unter jene baskische Erklärung durchaus nicht fügen will. Allerdings kann solchen Erklärungs- versuchen hin und wieder auch der Umstand zu Gute kommen, dass die baskische Sprache sicherlich selbst das Schicksal gehabt hat, sich unter römischem und dann unter dem in gleicher Weise wir- kenden romanischen Einflüsse in ihrem Lautsystem vielfach zu ändern; dennoch könnte auch, wenn ihr das Iberische zum Grunde liegt, die Erscheinung leicht eintreten, dass im heutigen Baskischen ein Wort ganz anders als ursprünglich lauten und desshalb schwer erkennbar sein würde. Im heutigen Baskischen trifft man eine nicht gerade unangenehm klingende Gruppirung der Laute an, während die iberische Sprache mit ihrem ganz alterthümlichen Vocalismus la) uns wohl eben so wenig, als den Römern angenehm lauten dürfte. Was aber jenen Einfluss fremder Sprachen auf das Baskische betrifft, so müssen wir uns schon bei dieser Gelegenheit ganz entschieden gegen die Ansicht erklären, als ob das Baskische eine durchaus reine und ungetrübte Sprache sei is). So rein sie in ihrem Organismus ist, so bunt gemischt ist sie in ihrem Wortschatz, so zwar, dass man ^') Vergl. E. Hübner, Epigraphische Reisemittheilung-en in den Monatsberichten der k. preuss. Akademie der Wissenschaften. 1861. S. 735. •2) Vergl. Corssen, Über Aussprache, Vocalismus und Betonung der lateinischen Sprache. 2. Aufl. S. 347. J3j Vergl. Vinson, Notes sur la declinaison basque (Revue de linguistique. Tom. 111. p. 5). 172 Phillips keine Seite in einem baskischen Buche aufschlagen kann, ohne latei- nischen Worten zu begegnen. Wenn es z. B. in einem irrthümlich in die Zeiten Hannil)als versetzten Liede i*) heisst: Chori, cantagale ejerra Vogel, schöner Sänger und bald darauf: ez orenic, ez mementic weder Stunde, noch Augenblick, so braucht man dazu keine Stunde, sondern kann augenblicklich das Lateinische darin erkennen, man müsste denn wie Larramendi und andere baskische Philologen thun , annehmen, die Bömer hätten derartige Worte aus dem Ibero-baskischen erborgt. So leicht es nun auch ist, die lateinischen Worte in ihrer haskischen Verpuppung (z. B. berthnte: virtus, gorphutz: corpus, borondate: voluntas) zu erkennen, so wird es noch eine schwere Aufgabe der Wissenschaft bleiben, in dieser Sprache wie in dem noch so wenig erforschten Iberischen, die keltischen Einflüsse auszusondern. Doch um zu Humboldt zurückzukehren, so werden dessen unsterbliche Verdienste nicht beeinträchtigt i^j, wenn man trotz einer Menge der geistvollsten Combinationen doch so manchen seiner ein- zelnen Erklärungen nicht beistimmen kann, freilich oft genug mit dem aufrichtigen Geständnisse, dass man eine bessere Deutung auch nicht zu geben vermöge. Es ist eben, wie Hübner gegen das Ver- fahren Boudard's sich ausdrückt, eine schwierige Sache „auf dem dunkeln Gebiete des Hjerischen mit dem Baskischen herum zu operiren" 16). Die Fälle, wo man wirklich mit voller Überzeugung sagen könnte, dies oder jenes baskische Wort sei ganz unzweifelhaft einem iberischen verwandt, sind nicht gar zu häufig, während andrer- seits sich nicht verkennen lässt, dass viele iberische Namen, auch in ihrer römischen Form, doch im Allgemeinen den Eindruck einer gewissen Übereinstimmung mit dem Baskischen machen. Man ist 1*3 Vergl. Gar.it, a. a. 0. p. 237. ^') Diese gering zu sehätzen war M. A. Montel, Histoire de la langue et de la iiterature gauloises (bei Garat a. a. 0. p. 237.) und Blade (S. 1. Note *} aufhehalten. 1«) E. Hübner, a. a. 0. S. 7ö3. über (las iberiselie AlpliHbet. 1 /o daher um so mehr berechtigt gerade auf diesen Punkt ein gewisses Gewicht zu legen, als allerdings einzelne Wurzeln auch in den von den Römern überlieferten Städtenamen — wir machen auf C/r: Wasser, aufmerksam — sich auch im Baskischen wiederfinden. Alles aber, was vom Echt-Iberischen auf die Nachwelt gekommen ist, besteht, einige bisher unentzifferte Inschriften abgerechnet, nur in Eigen- namen; von Conjugation wie überhaupt von irgend welchen gram- matischen Formen ist kaum Etwas daraus zu entnehmen, höchstens einmal in einigen Münzlegenden eine Andeutung eines Genitivs oder ein Sufiix, welches sich nicht jeder Erklärung entzieht. So findet z. B. — k^m oder — khi oder auch — q^m, selbst in Mitten von Legenden, welche zwei Namen enthalten (Leg. 166. 168), seinen Anklang in dem baskischen Suffix -kiii; dasselbe bezeichnet den Begriff einer Gemeinschaft oder Genossenschaft und kommt im Bas- kischen als Postposition in der Bedeutung von „mit" vori^). Die Veranlassung zu diesen Bemerkungen wird uns durch die Bedeutung jener Münzlegenden geboten; eine wichtige Quelle, deren Humboldt zwar auch, aber doch nur gelegentlich und anhangsweise gedenkt i^). Mag auch vielleicht die eine oder andere dieser iberischen Münzlegenden corrumpirt sein, so liefern sie doch ein verhältniss- mässig reichhaltiges Material, dessen Humboldt sich noch gar nicht bedienen konnte; hier treten entschieden echte iberische Formen auf 19), während Humboldt eben lediglich auf die durch die Römer corrumpirten Namen angewiesen war; ein Gegenstand, der noch einer näheren Beleuchtung bedarf. IIT. Die iberischen Namen in der Schriftsprache der Römer. Das Interesse, welches die beiden gebildetsten Völker des Alter- thums an den Lebensverhältnissen der von ihnen als „Barbaren'' bezeichneten Volksstämme nahmen, war ein nur sehr geringes. Sie ^') Wir enthalten uns jeder Sprachvergleichung-, obschon sich das griech. '7vv (ky- prisch kin s. G. Ciirtius, Grundziige S. 477. Pott, Etymologische Forschungen, Bd. 1. S. 840. u. ff.) und das lat. cum aufdrängen zu wollen scheinen. '8) Humboldt, a. a. 0. S. 53. S. 180. u. if. l**) In Betreff dieser ist hauptsächlich auf P. A. Boudard, Numismatique Iberienne (Paris. 1857. 4.) zu verweisen. 174 Phillips erachteten es wohl der Mühe \vcrth, die Länder fremder Völker sich zu unterwerfen und deren Schütze sich anzueignen, nicht aber irgend- wie gründlich und genau über die früheren Geschicke, über den Culturzustand , über Sitten und Gebräuche der Besiegten, ja nicht einmal über die Namen der einzelnen Stämme sich zu unterrichten. Ausser dem Namen, welchen sich ein Volk selbst gab, hörten sie auch die verschiedenen Bezeichnungen, die demselben von andern Völkern beigelegt wurden und brachten bei ihren nur sehr allmählig zunehmenden Kenntnissen in Geographie und Ethnographie, alle solche Namen, ohne recht zu wissen, wie sie eigentlich angewendet werden sollten, neben einander zur Geltung. Dabei schrieben sie diese Namen nicht etwa phonetisch, sondern, wenn sie ihnen über- haupt die Ehre anthaten, sie zu erwähnen, verunstalteten sie die- selben, um sie sich eben mundgerecht zu machen. In welchem Umfange haben dies schon die Griechen mit den indischen Namen gethan •)! Aus dem pfeilgeschwinden V^itasta wurde ihnen der Hydaspes, aus dem fessellosen Vipäsä der Hyphasis und um dem Alexander-fressenden Sandrophagos, wozu sie die „Mondesgabe" Chandrabhäjä gemacht hatten, zu entgehen, nannten sie diesen Fluss Akesines. Nicht anders machten es die Römer mit den Namen der meisten Völker; z. B. mit denen der Karthager und Numidier: aus Abdmilcart entstand Hamil- car, aus Magsibal : Micipsa, aus Mezetbal : Mezetulus, aus Hacamsbal : Hiempsalä). Man darf sich daher über die Äusserung des Plinius nicht wundern, wenn er gerade in Beziehung auf die iberischen Namen ohne allen Rückhalt eingesteht s), dass er nur solcher Städte Namen anzugeben beabsichtige, welche ganz besonders erwähnens- werth oder von seinen Landsleuten leicht auszusprechen seien; in gleicher Weise sagt er an einer anderen Stelle: er wolle nur die- jenigen Hülfsvölker aufzählen, weiche zu nennen nicht widerwärtig ') Vgl. Bohlen, das alte Indien. S. 17. ■■*) Vgl. Gasen ius, Scripturae linguaeque Phoeniciae Monumenta. p. 119. 197. 202. Als eines von vielen Beispielen, wie die Griechen punische Namen verdrehten, kann 'Itt-ou ax|ia oder 'lÄ-dcypvjra dienen, wodurch sie Ippo achoret, d. h. das andere Hippo, wiedergaben. S. Schröder, die phönizische Sprache. S. 41. ■2) PI in. Secund. Hist. natur. Lib. III. cap. 3: Ex bis digna memoratu aut Latiali sermone dictu facilia — Ossonoba etc. über das iberische Alphabet. 175 sei*). Dem ähnlich bemerkt Pomponius Mela^), dass es bei den Cantabrern verschiedene Völker gebe, deren unverständlicbe Namen ein römisches Ohr nicht in sich aufnelimen könne. Eigentlich darf man sich über ein solches Verfahren doch nicht gar zu sehr verwundern; spätere Zeiten haben es darin nicht besser gemacht. Wer erkennt noch in Gre noble: Gratianopolis, in Passau: Batava castra, in Wels: Ovilabis, in Sarragossa: Caesaraugusta?! Und wie werden noch heut zu Tage neu bekannt Averdende Namen in der Schrift wiedergegeben, der Aussprache der- selben gar nicht zu gedenken , die sich jedes Volk eben nach seinen Sprachwerkzeugen zurecht macht; ein Verfahren, worin bekannt- lich die Engländer alle anderen Völker übertreffen e). Um aber nunmehr der Schicksale zu gedenken, welche die iberischen Namen erfuhren, so muss man in der That doch ein billiges Urtheil über die Aussprache derselben durch die Römer fällen. Denn, man wird anerkennen müssen, dass so manche dieser Namen gerade wegen ihres Vocalismus den Römern ganz unüber- windliche Schwierigkeiten boten. Auch Humboldt hat dies, ob- schon er solcher echt iberischer Namen nur wenige kannte, ganz richtig geahnt; in der That, es gab Namen, welche den römischen Ohren noch viel widerwärtiger klingen mussten"), als die in dieser Beziehung von Strabo hervorgehobenen. Dieser Schriftsteller beendet seine Aufzählung iberischer Volksnamen mit den Worten s): *) PI in. I. c. Lib. IV. cap. 11: quos nominare non pigeat. ^) Pompon. Mela Geogr. Lib. III. cap. 15. Ähnlich wie diese Autoren drückt sich der Rhetor Maximus aus Madaura über die punische Sprache ans, von weicher er sagt, dass die Namen der panischen Bekenner „diis hominibusque odiosa nomina" seien. S. .\ug:ust. Epist. 16. p. 2. '') Den Namen eines bekannten deutschen Gelehrten hörte man in Eng-Iand aus- sprechen: Skäfhäjutel und den des berühmten Fürsten von Wahlstatt: BIü tscher. ') Wir glauben Humboldt darin niciit beipflichten zu dürfen, wenn er (Unter- suchungen S. 33. Note 31) annimmt, dass den Römern die iberischen Namen doch leichter auszusprechen gewesen seien, als die keltischen. «) Strabo, Geograph. Lib. III. cap. 3. n. 8. (edit. Paris. 1833. p. 29.) — Lucian, wenn er anders der Autor der Nekromantie ist, tadelt die Bedeutunglosigkeit und Vielsylbigkeit der barbarischen Namen. Vgl. Humboldt, Untersuchungen S. 3. der nach Zusammenstellung dieser Äusserungen bemerkt: „so mösen sie (die alten Schriftsteller) wohl manche von ihnen aufgenommene (Namen) abgekürzt und nicht blos dem griechischen oder römischen Organ, sondern auch wirklich Wörtern ihrer Sprache gemäss gebeugt haben". 176 Phillips „noch mehr Namen hinzuzufügen, widert an; ich scheue mich vor der Langweile neuer unerquicklicher Schreiberei , es sei denn, dass Jemand ein Vergnügen daran fände, die Namen Pleutauren, Bardyeten, Allotriger und andere noch hässlichere und ver- worrenere zu vernehmen 9). Doch hören wir nunmehr einige dieser echten iberischen Namen, wie sie uns durch Münzlegenden geboten und von Boudard gelesen werden 10): Aoraq'tz, Q°)ioor'b, Bortze', aus dem ersten machten die Römer Arevaci; der zweite wandelte sich in Contrebia; aus Bortze wurde Bursao. In gleicher Weise gaben die Römer Eoatia durch Viatia, H"tzom durch Uxama, Ooaq'tz durch Vaccaei, Ootoot durch Autetani wieder n). Was sollten sie aber wohl mit Meq- pioik'n, Oliaoq'n, Q'-noiq'tz, mit Tzatz und Tzoob anfangen? Vergleichen wir damit einige der Erklärungen Humhoidt's, so ist ersichtlich, dass i.^. Arevaci nicht von dem bask. area und 6« (was „tiefe Ausdehnung" bedeuten soll) herkommen kann »a). Auch der Name der Stadt Biatia lässt sich nicht durch bask. bi (zwei) und atia (eigentlich atea, Thüre) erklären is). Eben so wenig ist es zulässig die Autetani als die Bewohner eines „Landes des Staubes, der Trockenheit" anzusehen, weil autsa im bask. ^Staub" heisst 1*) ; davon ist in Ootoot keine Spur. Auch kann Contrebia nicht als ein Beispiel einer iberischen Consonantengruppe „ir" ange- führt werden i^), da es ursprünglich Qonoorib heisst, auch Glando- **) Vgl. nach L u c i a n. Necyon. (August. Opp. II. 26). — Vgl. Schröder, a.a.O. S. 37. Note 4. 'Oj Wir behalten einstweilen ßoudard's (Numisniatique Iberienne) Deutungen bei, obschon, wie sich weiter unten herausstellen wird, wir keineswegs in allen Ein- ielnheiten denselben zustimmen können. Insbesondere gilt dies auch an dem iberischen Buchstaben 4^, dessen Bedeutung erst weiter unten erörtert werden kann. ' ') Vgl. noch Chaho, Histoire primitive des Euskariens-Basques. Tom. I. p. 4. S. Boudard, Etudes sur l'Alphabet Iberien. p. 39. S. auch dessen Numismatique Iberienne. p. 328. '-) Humboldt, Untersuchungen. S. 103. Note 90. '3J Hu mboldt, a. a. O. S. 67. •*j Humboldt, a. a. 0. S. 63. 1') Humboldt, s. a. 0. S. 87. über dfls iberische Alphabet. 1 7T merium i«) nicht für die Zusammenstellung von g und /, weil durch die Münzlegende Kantomir die Variante ravoöjxtoov bei Ptolomaus und Gandomerium beim Anonymus Ravennas unterstützt wird. Dagegen lässt sich nicht in Abrede stellen, dass Bortz (^Bursao, dessen Humbo 1 dt nicht gedenkt} einen Wiederhall in dem bas- kischen Zahhvorte bortz, welches „fünf" bedeutet, findet. Die Römer trafen demnach in den Iberern auf ein Volk, welches in seiner Sprache noch einen ziemlich „unverwelkten" Vocalismus bewahrt hatte i"). Es mochte daher derselbe an Volitönigkeit nicht viel der „Sprache der arischen Inder in jenen Zeiten" nachgestanden haben, „als sie zuerst imPendschab dem Indra ihreHymnen sangen"; ob er sich zu der „weichen vielstimmigen Harmonie" ausgebildet habe, „wie diese in der griechischen Sprache in dem Zeitalter sich entwickelt hatte, als die Hellenen mit ihren Pflanzstätten die Küsten Kleinasiens bedeckten, die Seeherrschaft der Phönizier brachen und ihre Lieder sangen von Trojas Fall und der Heimfahrt der Helden-, mag dahingestellt bleiben. Unter allen Umständen befand sich die iberische Sprache damals als die Römer nach Hispanien kamen, noch in einem Stadium, welches den Sprachformen im Zeitalter der Sprachenscheidung noch sehr viel näher stand, als dies bei anderen Sprachen, mit welchen die Römer in Berührung kamen, der Fall war, ein Umstand , der auf eine gewisse Isolirung der Iberer hinzuweisen scheint i»). Dadurch, dass die Römer in der vorhin geschilderten Weise die Originalität der iberischen Namen derUnzulänglichkeit ihrer Sprach- werkzeuge oder ihrer Bequemlichkeit zum Opfer brachten, haben sie das Eindringen in die wenigen noch erhaltenen iberischen Sprach - reste sehr erschwert. Um so mehr verdienen daher die alten Münz- legenden Aufmerksamkeit, als sie vorzüglich zur Kenntniss des iberischen Alphabetes verhehen. '6) Humboldt, a. a. 0. S. 22. '^J Vgl. Corssen, (S. 11. Note 12J ; aus diesem Werke sind die im Texte nachfol gendea mit Anführungszeichen „ " versehenen Worte entnommen. ^^) Noch Tacit. Annal. IV. 43. bezeichnet die Iberer als harhari. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. II. Hft. 14 178 Phillips lY. Herstellung eines iberischen Alphabets. Tiiseres Wissens hat sich noch Niemand in Deutschland ein- gehend mit dem iberischen Alphabete befasst. Was Gesenius darüber mittheilt '), enthält viele Unrichtigkeiten; er führt Th als einen iberischen Buchstaben an und doch fehlt derselbe in jenem Alphabet ganz und gar; er bezeichnet ferner das Q durchaus unrich- tigmit dem Zeichen 9, welches das Iberische als Okennt, während jener Buchstabe in der Gestalt X erscheint; er berücksichtigt endlich den häufig vorkommenden Buchstaben H' gar nicht, und gibt statt seiner ganz andere Zeichen als dem phönizischen Schin entsprechend an. Nach seiner Classification, beziehungsweise Genealogie der aus dem phöni- zischen entsprungenen Alphabete, scheint Gesenius das der Iberer dem altgriechischen und dessen Tochteralphabeten (etruskisch, umbrisch, oskisch und sabinisch) unterordnen zu wollenaj, was doch keineswegs zuzugeben sein dürfte s). Das Verdienst, ein iberisches Alphabet und zwar mit Hülfe der Numismatik hergestellt zu haben, gebührt dem Franzosen Boudard; eine viel geringere Ausbeute als die angegebene Wissenschaft hat bisher die Epigraphik geliefert. Die in Aussicht gestellten viel ver- heissenden Arbeiten des Spaniers Delgado*) sind noch nicht erschienen; auch Boudard ist in seinen verdienstlichen Unter- suchungen unterbrochen worden s). Die Arbeiten des zuletzt genannten Autors haben indessen bereits zu so günstigen Besultaten in dieser Beziehung geführt, dass man von diesen, was das Alphabet betrifft, als von einem ziemlich sicheren Fundamente 1) Gesenius, Scripturae linguaeque phoenieeae Monumenta Tab. 2. **) Gesenius, 1. c. p. 64. 3) Über G r o t e f o n d , s. unten S. 20. *) E. Hübner, Epigraphische Reiseberichte in den Monatsberichten der k. preus. Akad. der Wissenschaften. 1861. S. 733. Nach einer gütigen Mittheilung desselben Gelehrten ist eine baldige Publication leider nicht zu hoffen. 5) S. unten Note 12. Ober das iberische Alphabet. 1 < 9 ausgelien darf«), wenn auch so manche einzelne Frage noch nicht genügend gelöst worden ist. Zu jenem Ziele zu gelangen war in der That um so wünschenswerther, als bisher hierin eine grosse Unsicher- heit herrschte und es vorkommen konnte, dass eine und dieselbe Münzlegende Rinthiris und Gentuge gelesen werden konnte, von welcher ßoudard festgestellt hat, dass sie Khonooriba zu lesen sei '). Boudard hat das iberische Alphabet in zwei verschiedenen Werken behandelt, nämlich in seinen „Etudes sur l'Alphabet Iberien et sur quelques monnaies autonomes d'Espagne" (Paris et Beziers. 1852. 8".) und in dem „Essai sur laNumismatique Iberienne, precede de recherches sur l'Alphabet de la langue des Iberes" (Paris. 1859. 4".). Freilich können Avir nicht umhin zu bemerken, dass Boudard in diesem neueren Werke manche frühere Ansicht aufgegeben hat, die uns wenigstens richtiger erschienen ist als das- jenige, was er an die Stelle gesetzt hat. Wir werden mehrmals Gelegenheit finden, dies hervorzuheben und näher zu begründen. Was die frühere Literatur dieses Gegenstandes anbetrifft, so liat Boudard allerdings mehrere verdienstvolle Vorgänger gehabt; dazu gehören aus neuerer Zeit vornehmlich folgende Schriltsteller: DomenicoSestini, Descrizione delle Medaglie Ispane. Firenze, 1818.4.; Fr. de Saulcy, Essai de Classification des monnaies autonomes d'Espagne. Metz. 1840 : J. J. Akerman, Ancient Coins of Cities and Princes. London. 1846. 8 und G. Dan. de Lorichs, Recherches Numismatiques concernant priucipalement les Monnaies Celtiberiennes, Paris. 1852. 4. Wegen der Abbildungen iberischer Münzen wäre auch noch Sabatier, Iconographie de cinq mille medailles Romaines, ßyzantines et Celtiberiennes. St. Petersb. 1849. fol., ein Werk, Avelches Boudard unbekannt geblieben zu sein scheint, zu erwähnen, wobei nur zu bedauern ist, dass es hier selbst ^) Die von demselben versuchten Namenserklärungen aus dem Basliischen liallen vir meistens nicht für geglückt. ^) Vgl. Boudard. Numisniatique Iber. p. 167. Auf jenem Standpunkte steht man noch in Betreff des turdetanischen Alphabetes. Für eine Legende, welche Acke rm an, Ancient. coins p. 47 Aetitboe liest, scheint mau eben so wohl Josilam als Josilas vorschlagen zu dürfen. 14° 180 Phillips an einem Versuclie der Erklärung gänzlich mangelt. Jene Arbeiten sind sämmtlich mitgrossemFleiss und vieler Sorgfalt gefertigf^), wenn auch der strebsame schwedische Gesandtschaftssecretär am Hofe zu Madrid, v. Lorichs, bei der Entzifferung der Münzlegenden von einer sehr unglücklichen vorgefassten Meinung, die allenfalls für spätere Zeiten einigen entfernten Grund hätte haben können, aus- gegangen ist 9). So viele Anerkeiniung diese Arbeiten also auch ver- dienen, so hat doch Boudard einen viel richtigeren Weg, als seine Vorgänger, in der Vergleichung der verschiedenen Münzlegenden eingeschlagen. Bis zu diesen neueren Untersuchungen figurirten noch immer in allen betrefFenden Werken, namentlich bei Florez in seinen Medallas de las Colonias, Municipios y Pueblos antiguos de Espaiia (Madr. 1737—1773. 3. Vol. 4.) eine beträchtliche Anzahl soge- nannter Letras desconocidas; ein Ausdruck, mit welchem man eben die noch nicht enträthselten iberischen Buchstaben bezeichnete. Schon Velasquez (Ensayo sobre los Alphabetos de las letras des- conocidas. Madr. 1752. 4) wollte auf Gi und althispanischer Münzen drei Alphabete von einander unterscheiden und zwar das kelt- i berische, das turdetanische unddas hast ulo-phö nizi s che. Von diesen sollte das zuerst Genannte vorzugsweise in Keltiberien und in dem grössten Theile der ProvinciaTarraconensis gebräuchlich gewesen sein, das zweite bei den Turdetanern und überhaupt in Baetica, das dritte in den phönizischen und punischen Colonien An- wendung gefunden haben. Wir glauben dem ersteren dieser Alphabete unbedingt den Namen des iberischen schlechthin beilegen zu dürfen, denn bei den Stämmen, welche gewöhnlich als Keltiberer bezeichnet werden, war doch das iberische Element sicherlich das vorherr- schende. Die bisher von Boudard veröfTentlichten Untersuchungen erstrecken sich auch nur auf dieses und noch nicht auf eine genauere Erörterung der turdetanisc.'hen und phönizischen Legenden ; wohl aber bat derselbe versprochen, auch über sie eine Abhandlung her- ^) Vgl. die höelist lehrreiche Kritik über Saulcy von A. de Longperrier, in der Revue nurnismatique. 1841. '') Der talentvolle Verfasser ist mit der, man könnte fast sagen fixen Idee behaftet, die Miinzlegenden bezögen sich sämmtlich nur auf römische Verwaltungsgegeii- stände und iuterpretirt sie, um ein Beispiel anzuführen, in folgender Weise: Die Legende H4I- (Hede), die er fälschlich HOE l'^st, erklürt er als Octava (weil über das iberische Alphabet. 181 auszugehen i"): allein bisher ist Aveder diese noch eine andere, Avelehe ethnographische Untersuchungen in Betreff des alten Hispaniens ent- halten sollten), vollendet wordenes). Es liegen daher für den solchen Forschungen ferner Stehenden noch nicht die hinlänglichen Materialien vor und somit muss auch unsere Erörterung sich auf das eigentlich iberische Alphabet beschränken: vielleicht liefern für die Zukunft altiberische Inschriften, welche bisher keineswegs in grosser Anzahl aufgefunden worden sind, noch mancherlei Ausbeute. Der Weg nun, welchen B o u d ar d eingeschlagen hat, um zu dem erwünschtem Ziele zu gelangen, war der, dass er mit sorgfältiger Aus- scheidung aller irgendwie zweifelhaften ^lünzlegenden, zuerst die- jenigen ins Auge fasste , welche , mit lateinischen Buchstaben geschrieben, nur den einen oder den andern iberischen Buchstaben enthielten, der dann auf diese Weise erkannt werden konnte. So wurden z. B. ermittelt < = C, r = P, F=E und h=5. Solche ibero-latinische Legenden boten, sobald leicht erkennbare iberische sich ihnen an die Seite stellten, wie ACINIPO und A, <, l^aM 11. CAnmo (AJ 39. AOrrOCTAHTwK 12. (ARMo {AJ 40. MVNrh 13. VSITANV (S.) 47. ORinno (s.) 20. EMPOP 48. OSSET (AJ 21. EMPor 49. OSSHT (S.) 22. l=MPoR 50. P^9P 23. EMnOAEITßN (S.) 5t. SACAISCER (AJ 24. ILERDA (AJ 52. HAESAPO 25. ILIPEMSE 53. veSAPO 26. ILITVRCI (S.) 54. SAETABI 27. ILOITVRGENSE (St.) 55. SEARo (AJ 28. ILVRCON 56. SILBIS (A) *) Die Legenden , welche ausAkerman entnommen sind, werden mit A, die aus Lumiares (Meniorias de la Acad. Tom. VIII) mit L., die aus Saulcy mit S., aus Sestini mit St. und endlich aus Zobel (Revue archeolog-ique. Tom. XIV) mit Z. bezeichnet; alle übrigen hat Boudard, wobei wir nicht weiter darauf Rücksieht nehmen, ob er sie aus Mionnet, Description des medailles antiques, g'recques et Romaines. Tom. I. Reciieil des planches. pl. XVI — XVIII. n. 1 — 98. Suppl. pl. 111. IV. n. 1 — 104. oder Lorichs Reclierches oder Andern entlehnt hat. über das ibfrisehe Alphabet. 18T 57. '^OLE (St.) 59. HLVRCON 58. TVRIASO (A) 60. VENTinO Iberische legenden. 61. (ins) AI*' 95. ^i\S^Hi 62. ArMAX 96. P'fl^>H<; 63. ArMAX 97. >fl^l>H^ 64. ArMAX 98. >^Mf:^X^XM 100. ^^ 102. ^'h 103. <\^^^\i 70. AOr^iDMI^ 104. (hr«M 71. Aor*J>^^ 105. ^\i'T 111. <^|: 78. APA 112. <^JJ! 79. AI>r*Jt:Mior*J 116. h>^M 117. :1^> 84. Fbri^M 118. tfrt=^ 85. >OAr*'hr^XM 119. ^A 86. >0/^r*Jhl*JXM 120. H 87. X^CAO^' 120 6/s. t=IXV 88. >^f>4^XM 121. 6nH^(ZJ 89. ^n'vxtA 122. |=Q 90. >^f>4i^ 122 6/s. \=X< 91. P'fll>H^ 123. J:XHM 92. VflS>H^ 124. IsMH 93. >RS>m 125. |J^>CTr*'A 94. Vfl^>HS 126. Is^A^^A 188 Phillips 127. ^0>h>XM 128. feOVh>XM 129. g<»hrXM i29 bis. PO>hrXM 130. beaea 131. Foaea 132. I=1^MV 13;}. b'hMH^ 134. HAh>X4^ 135. H^VI*^XM 137. Hr*lh->TVI*JXMMA 138. Hr^JhF^I^V^ 139. Hr*JhD^I=l*JXM 140. HtHMr^ 141. HOHMr^^ 142. HT4^U 143. Ho>5^MhAF-XM 158. A1AAA (AJ 159. HArOE 160. r^^AhO^KM 161. r*JAhOM+Kr^ 162. r»iA4^9X 163. r^JAYOX 164. r^'AH'^X 165. r*Jh4J0<^ 166. r«A4^^XMI>5^r»iOn=M^XM 182. AF^AS 183. h>AS 184. hFAH" 185. Ar4>KJ: 186. Af>ZM»: 187. Mfenr 188. MAM^> 189. MPAr^V 190. MEAr^> 191. M»:AM^f>XM' 192. Mi;nrsi> 193. MEAr^hP 194. Ml=nr^^l> 1946/s. M^Ar*'^P 195. MHM 196. MbXh-Or*'tJ 197. Mbxror^'t^ 198. MI=Xr^r*'F^ 199. Mf5XTI>X über das iberische Alphabet. 189 200. MI=IMI>f*JHM 201. MF>rM4^ 202. Mf>r*JY 203. r^t=l*JMXT 219. OÄirY 220. 5^hr^4^H 221. 5^hr*JlHH' 222. nr'xx 223. 5^MXX 224. nr^4^f>i^ 223. D^AXT 226. ♦^AXT 227. AO^iV 228. J^<>S< 229. D^^^'^ 230. OOS^t^ 231. OO^O^'h 232. nZTVP 233. m.VP 234. PHTAPPAC 235. rtAP 235 6/s. P'^AP'XI 236. PhPhr^JS 237. POA4^H 238. ror^AMH^M 239. XIOr*JAAA 240. XMeiXT 241. XMeiXT 242. XMeiXV 243. XM0IXT 244. XXh'^XT 245. Xr^09F^h 246. Xre9PI> 247. Xr^i^Lu 247 bis. XIMr^^ 248. XN^Mr*J|> 248 6is. XTf>Mr*J'^ 249. Xt^ 249 bis. X9M 250. X9MFMM (S.) 251. X9MI=MXM 252. XhMAM 253. )^hMAr^ 254. F<\S\= 259. M^>XhHM 260. ><^f:t=xa 261. Da5t:5aM 262. ><|^^l=hX< 267. l>0»=XOhX 268. POt=X<»X 269. I>0^0X0I>X 270. l>Ot=XOA' 271. f>^t:fH^ 100 Phillips 272. f>4^l=X^I>Xh 273. l>Ok:XOPXX 274. POtX^^XJ 27Ö. f>OtXOI>XX 276. JI>AArb 277. h»=^/^^ 278. ht:0r*'Jhr*'^H4^t* 284. I^MDT'hT 285. ^MYIr*'OAI> 286. 'hMVirO/*! (St.) 287. 'hr4^h'>lZI 292. '^^|s«0 293. ^AA^H C^) 294. >hdAAK+KM 298. TAH^ 299 HJJ:AF>r*JMAT 300. VA<» 301. H^^^rM 302. 4^4^r>XM 303. nm\^h (s.) 304. ^t=>rp 305. ^i=ir 306. Mt^ 307. M* B. Die iberischen Inschriften. Das hoffentlich recht hald von Andern zu ergänzende Material, welches die Epigrnphik bietet, iSsst sicii in drei Classen vertheilen: 1. Inschriften in iberischer Sprache mit iberischen Buchstaben; 2. in griechischer Sprache mit iberischen Buchstaben und 3. in iberischer Sprache mit lateinischen Buchstaben. Die letzte Classe kann freilich zur Aufiiellung des iberischen Alphabetes Nichts beitragen, umso weniger, als es bei mehreren dieser Insciiriften doch noch nicht unbedingt feststeht, ob sie wirklich iberisch sind oder nicht; M'ir haben sie aber dessenungeachtet der Vollständigkeit wegen auf- genommen, weil sie doch vielleicht einmal irgend einen interessanten Vergleichungspunkt darbieten könnten. Bei der Sammlung dieser Inschriften haben uns vorzüglich folgende Werke zu Gebote gestanden: 1. Eine Abhandlung über das Theater von Sagunt in den Transactions of the royal Irisb Academy MDCCCLXXXIX, Dublin Ül)er das iberische Alphabet. lyi 1790. (third Vol.) 4. Sie fülirt den Titel „Obsei-vations on tlie de- scription of the theatre of Saguntunias given by Emanuel Antonio Felix Zondadario. By the right hon. William C o n y n g h a m" . Die ersten sechs unter den mitgetheilten Inschriften sind von Perez Bayer abgeschrieben. 2. Alex. Co inte de Labor de, Voyage pittoresque en Espagne. 1806; aucli hier mehrere der Inschriften, welche in dem zuvor angegebenen Werke mitgetheilt sind, und von dem Stadthause zu Murviedro herrühren. Labor de bemerkt dazu: „11 faudrait se laisser entrainer ä beaucoup de conjectures pour essayer d'en donner une explication". 3. Vill anueva, Viaje literario. Vol. 20. 4. Memorias de la real Academia de la Historia. Tom. VIII. Madrid 18S2 und zwar ein Aufsatz unter folgendem Titel: ;,Inscrip- ciones y antiguedades del reino de Valencia: recogidas y ordenadas per D. Antonio Valcareel Pio de Saboya (Lumiares) e ilustradas por D. Antonio Delgado". 5. E. Hübner, Inscriptiones Hispaniae Latinae. Berol. 1870. Was sonst noch an Aufsätzen benützt wurde, ist an geeigneter Stelle angegeben. a) Inschriften in iberischer Sprache und in iberi- scher S c h r i f t. a. Fundort Tarragona. 1. l>OMO Labor de, Voyage pittoresque. Tom. I. P. I. pl. 88. n. 12. — Villanueva, Viaje literario Tom. XX. p. 98. n. 1. — Boudard, Numismatique p. 185, wo die zweite Zeile t=OhlO gelesen wird. Durch Villanueva (toh|0) wird der erste Buchstabe als ein E sichergestellt. 2. rM, M, uj, K. A. H, U. Hübner, Hermes Bd. 1. S. 89 : einzelne Buchstaben auf der inneren Seite der südwestlichen Stadtmauern von Tarragona. 192 Phillip 3. l>9l;X< FVLVIA LINTEARIA Laborde, a. a. 0. n. 30. — Villanueva, p, 98. n. 2. — Hübiiei-, Inscript. Hisp. n. 4318. a. Bei dem Ersteren fehlt in der zweiten Zeile der erste auf den Punkt folgende Buchstabe ^; bei Villanueva bat der drittletzte Buchstabe eben dieser Zeile die Gestalt b. Diese Inschrift befand sich früher im Garten der Kapuziner, kam nach Madrid und scheint abhanden gekommen zu sein; der Name der Kahnschifferin Fulvia, steckt nicht in den iberischen Worten und bietet somit keinen Schlüssel ; es wäre interessant ge- wesen zu wissen, wie man etwa im Iberischen das lateinische F aus- gedrückt hätte. In dem Stadtnamen Labitolosa = Flavitolosa ist es fortgeworfen. (Vgl. Hüb n er, a. a. 0. p. 408.) Wegen der ersten Zeile s. unten n. 5. 4. HEIC EST SIT////// 4>A^r*JAI/////// Laborde, a. a. 0. n. 25. — Villanueva, a. a. 0. n. 3. — Hüb n er, a. a. 0. n. 4424a. — Bei Villanueva werden die in der zweiten Zeile auf die Lücke folgenden Buchstaben also angegeben: DOI=XC ^r*J(AA A^NVIN.NVc bA^AAA<: Lumiares, p. 58. n. 120. p. Fundort ^lurviedro. 5. DOVXCrNCI NNbN:NV bNAAN Laborde, Tom. I. P. H. pl. 143. n. 10. >ovx(:hr*J(Ah A'MblNiNV" IjA'AAN:! T r a n s a c t i 0 n s, p. 46. n. 11. über das iberische Alphabet. lifo Diese Inschrift wurde in der Mauer der Citadelle, rechts unter- halb des Thurmes des Hercules gefunden. In ihr, wie in den beiden vorigen kehrt das Wort F*'OlsX< = DObXC wieder; sollte dasselbe eine sepulcrale Beziehuung haben? Siehe auch die Münzlegenden n. 267. u. fr. 6. ////// bX Mt:0XA>X M :>4^M MI;^frMI>4^M Ml^^^b^YM IA4JMb lAOH^MXb IAY^^ls Transactions, p. 45. Transactions, Lumiares, p. 58. n. 8. p. 45. n. 12. n. 118. Von neuerer Hand ist dem zweiten Exemplar der Inschrift bei- gefügt: „Ano405 des pues de Roma y300 anos antes deCristo". Das erste Exemplar befindet sich in der Calle Ramos am Hause des Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. U. Hft. 15 194 Phillips Michael Cambra und davon ist. auch die Zeichnung bei Lumiares entnommen; das zweite hingegen in der Mauer des Eremitenklosters vom Blute Christi. Ist nun eine dieser beiden Inschriften der andern nachgebildet oder drückt jede selbstständig den nämlichen Gedanken aus? >M>M:V|^XII Transactions, p. 44. n. 6. invÄXKi Lumiares, p. 10. n. 15. über das iberische Alphabet. löU Diese Inschrift wurde zu Polpis auf dem Gute des Joseph Tincent Puig gefunden. Lumiares Avill sie erklären durch ILDOK- COMNI, ILDOOOOMNI oder ILDOGAOMI; die sich streng an die Form der Buchstaben des ersten Exemplars anschliessende Lesung wäre ILROQIRI, die des zweiten ILDOQMEI, dem nach Analogie von n. lo noch ein N beizufügen wäre. 0. Fundort Iglesuela. 15. r*///////////////oYr Transactions, p. 44. n. 2. 17. ^ /////// W//// Transactions, p. 44. n. o. £. Fundort Cazlona. 18. Velasquez, Ensayo p. 123. — Mommsen, Repostigli sco- perti nella Spagna (Annali dell" istituto di corrispondenza archeo- logica. Tom. XXXV. p. 12). Diese Inschrift befindet sich auf einem silbernen Gefässe, welches im Jahre 1618 zu Torres, einem in der Nähe von Cazlona (Castulo) gelegenen Gute des Marquis von Cama- rosa gefunden wurde. Das Gefäss, welches 12 Unzen wog und 24 Unzen Wasser fasste, hat nach einer Abbildung bei Velasquez 15* 196 Phillips die Gestalt eines zur Hälfte durehsehnitteneiiEies oder einerUlysses- kappe und läuft Lei einer Höhe von O-IOo und einem Diameter von 0-137 Meter in eine Spitze aus. Das Gefäss ist von Aussen gana glatt, innen hat es zu oberst einen schmalen Reif, der mit kleinen Halbmonden geziert ist; die Inschrift befindet sich auf der Aussen- seite nicht fern vom Rande und scheint aus zwei Worten, vielleicht einem Spruche zu bestehen. Die erste Nachricht von diesem mit Münzen angefüllten Gefässe gab der Marquis de la Aula; es gelang demselben aber nicht die iberischen Buchstaben richtig zu erklären; eben so wenig ist dies von Velasquez geschehen; in lateinischem Lettern wiedergegeben lautet die Inschrift: Anenik zoreoen 19. CNKHmiBF'hXriÄ EXC^X=$ Transactions, p. 43. n. 1. Auch diese Inschrift gehört nach Cazlona, dem alten Castulo, der Heimath, wie geglaubt wird, der Himilka, derGemalinHannibals(?), Der Stein, auf welchem die Inschrift sich befand, soll nebst anderen solchen Blöcken, die ebenfalls mit Inschriften versehen waren, zum Mühlstein für eine Mühle am Flusse Guadelimar verwendet worden sein. Da einige Buchstaben in dieser Inschrift zweifelhaft sind , so kann eine Entzifferung derselben nur sehr mangelhaft ausfallen: als Versuch diene : oeoi cakhmiortiirio ouesisok kactzuomiec euctus aneo über das iberische Alphabet, 197 L Fundort Alvala del Rio. 20. Transactions. p. 44. n. 3. Der Stein, welcher diese im Jahre 1782 von Perez Bayer sorgfältig abgeschriebene Inschrift trägt, befand sich am genannten unfern von Sevilla gelegenen Orte, am Hause des D. Mathias Felix Perega. Wir würden die Inschrift freilich mit manchem Zweifel lesen : Mauurahoantihesanersaeoapaiconoairaealamoqana Hlbarebqerd ra. 198 Phillips h) Griechische Inschrift mit iberischen Buchstaben^ 21. Boudard, Numismatique. p. 184. Diese Steininschrift soll sich zu Tarragona in der Collect. Hernandez befinden. Die Buch- staben sind echt iberisch; welches Kallipolis und welcher Polemon damit gemeint ist, wissen wir nicht anzugeben. Avienus (Ora marit. 514) erwähnt allerdings einer Stadt jenes Namens in der Nähe von Tarragona. An den pontischen König Polemon, der zur Zeit von Christi Geburt starb oder an seinen Enkel Polemon (38 bis. 63 n. Chr.) ist wohl nicht zu denken«). c^ Mut li masslich iberische Inschriften mit lateinischen Buchstaben. H ü b n e r theilt in seinen Inscriptiones Hispaniae Latinae mehrere derartige Inschriften mit und zwar unter n. 416. 738. 739. 2S65. 3294. 3302. Sie sind folgende: 22. (1) RFIsjET TROSCRP SFRNT. VEAMNIGRI DOENTI .ANC. OM LAMATIGIM CROVGEAIMAGA REAIG . PETRNIoIT ADOM . PoRGMIoVEA CAEtBRIGoI. RVFINVS EST TIRO SCRIP SERVNT VIAE . AMICO . DOENTI ANCO . M RI C .Ro.V.C.EAIMAG REAIC0.I.PETR.4VI0.LI ADOM. PORCOMIO. V. EA. I CALELOBRICO. I. *) Vgl. Mo mm sen , n a. 0. S. 711. über das iberische Alphabet. 1 "" 23. (2) AVBATVS SCRirSI CARLAE PRAISOM SECIAS • ERBA MVITIE AS • ARIMO • PRAESO NEO • SINGEIEIO VN . INDI . > EDAGA ROM. TEVCAE 111 VDE /EC RVRSEI ICO AMPILVA INDI 24. (3) UOEMINA .INDI.ENV PETANIM. INDI • AR IMOM- SINTAMO M. INDI. TEVCOM SINTAMO. 25. (4) CROVGIN TOVDA DIGOE RVFONIA SEVER 26. (5) P. CORNIILIVS . P. L DIPHILVS CASTLOSAIC 27. (6) VI . FOLVI. GAROS \.VNINAVNINVE SAG . MARC . LA . L VNININIT SIEROYCIV 200 Phillips In der ersten und vierten erregt das öfters vorkommende -ov- als eine mehr keltische denn iberische Vocalgruppe') Bedenken, in der ersten um so mehr, als am Schlüsse ein entschieden keltischer Name sich findet. Wir müssen uns die Erörterung dieser Inschriften für eine andere Gelegenheit vorbehalten und beschränken uns auf ein Paar Bemerkungen über die fünfte und sechste derselben. Dort findet sich der Name Castlosaic, der sicher unrömisch ist und wohl auf die Stadt Castulo Bezug hat s). In der sechsten Inschrift (n. 27) trifft man (Zeile 5) einen Namen Sier-ov-civ, in welchem wieder das ov hervortritt; dagegen hat die zweite und vierte Zeile mehr einen iberischen Charakter. Es ist diese Inschrift schon anderweitig besprochen worden»); mit ihr ist eine andere (Hübner, a. a. 0. n. 33S2) zu vergleichen: M. PVBLICIVS. STEPHAnus PVBLICIA . L. ARBVSCula FABIA.L.L.VNINIta Wenn man die zweite Zeile der iberischen Inschrift n. 5 be- trachtet, so hat diese in der äusseren Erscheinung einige Ähnlich- keit mit dem lat. VNINAVNIN: freilich lautet das Iberische anders, nämlich INEINrNE, aber ein des Iberischen Unkundiger konnte leicht aus N und V ein V machen. Ein ähnlich lautendes Wort findet sich im Pönulus des Plautus, worauf wir jedoch keinen weitern Werth legen, sondern eben blos die Zufälligkeit anführen wollen. Es heisst daselbst Act. V. Sc. 1. v. 10: ymiynnu, was die Bedeutung ecce Iiunc hat i"). VI. Die verschiedenen Formen der iberischen Buchstaben. Das iberische Alphabet hat eine grosse Mannigfaltigkeit von Formen für seine einzelnen Buchstaben, für manche, namentlich A, E und 0 mehr als zwanzig. Das Verfahren Boudards, um alle diese Verschiedenheiten zu erkennen und sicher zu stellen , war ein ') S. oben S. 21. *) Vgl. Castlosoced in Leg. 13. 9) Becker, a. a. 0. S. 213. lOj Gesenius, Script. linguaeque phoen. monum. p. 369. 437. — Vgl. auch Schröder, die phönizische Sprache. S. 290. 314. über das iberische Alphabet. >CÜi sehr mühevolles: es wurde hauptsächlich dadurch erleichtert, dass es so viele verschiedene Münzlegenden für einen und denselben Namen gab. Aus diesem Grunde sind auch in die vorstehende Über- sicht des Materials alle solche Verschiedenheiten aufgenommen worden. Jene Mannigfaltigkeit der Formen hat aber wiederum eine besondere Schwierigkeit in ihrem Gefolge. Es kommt nämlich öfters vor, dass eine Form des einen Buchstabens sich von dessen als noi*mal anzusehender Gestalt so weit entfernt, dass sie sich mit der eines andern, wo das Nämliche stattfindet, begegnet und ihr zum Ver- wechseln ähnlich sieht«); z. B. A und L in Leg. 71 und 178, B und R in Leg. 83 und 2o8, L und P in Leg. 136 und 160, P und R in Leg. 20 und 22. Im Allgemeinen hat sich indessen doch die Unter- scheidung in derartigen Fällen durchführen lassen, während jedoch andererseits manche einzelne Buchstaben, z. B. in der Leg. 121 und in mehreren Inschriften sich nicht zur Genüge haben entziffern lassen. Unter den verschiedenen Formen der nämlichen Buchstaben, welche wir nunmehr folgen lassen , liaben wohl im Allgemeinen die gerad- linigen den Anspruch für älter als die abgerundeten zu gelten a). A. Für diesen Vocal lassen sich nicht weniger als sechs und zwanzig verschiedene Formen angeben. Boudard verzeichnet in seinem Alphabete deren achtzehn, doch will eine derselben A sich als A nicht wiederfinden lassen s); Saulcy gibt dieselbe als eine Form für D und R an*). Im Einzelnen kommen folgende Formen vor: 1. A 8. A 15. A 22. O 2. A 9. ^ 16. ^ 23. n 3. A 10. A 17. A 24. n 4. A 11. A 18. A 25. n 5. A 12. A 19. A 26. fl 6. A 13. A 20. P| 7. A 14. A 21. N V) Vgl. damit Schröder, die phönizische Sprache. S. 78. 2) Vgl. G e s e n i u s , Monum. p. 20. S. auch S e h r ö d e r , a. a. 0. S. 77. 3) Boudard, Aumismatique pl. IX. *J In letzterer Bedeutung findet es sich allerdings in Leg. 23. aber unter lauter griechischen Buchstaben. 202 phiii P s Diese mannigfaltigen Formen für den Buchstaben A lassen sich, abgesehen davon, je nachdem sie geradlinig oder abgerundet sind, nach verschiedenen Gesichtspunkten gruppiren. Ein unterscheidendes Merkmal bietet der Umstand, ob die beiden Schenkel miteinander durch eine Linie verbunden sind oder nicht; dieser Querstrich findet sich nicht immer in gleicher Höhe. Bisweilen treten an die Stelle des Querstrichs zwei kleinere im rechten Winkel mit einanderverbundene Linien, bald oben bald unten. Ist der Querstrich ganz an der Basis angebracht, so entstehen die verschiedenen Deltaformen des A. Häufig ist gar kein solcher Querstrich da, wodurch sich die Lambda- formen bilden; bisweilen geht an dem einen Schenkel eine mit der andern parallel laufende Linie aus, entweder rechts oder links, die bald die Basis erreicht, bald nicht; in zwei Fällen der Art (n. 9 und 12) erhält das A durch Verkürzung des einen Schenkels fast die Gestalt eines lateinischen F oder 1. B. 1. > 3. V 5. 7 7. D 2. ^ 4. V 6. r> Die Form B kommt auch in einigen Legenden vor, doch nur in ibero - latinischen (Leg. 4. 5. 43). Velasquez gibt noch in seinem Alphabete ^ als eine turdetanische Form an; Gesenius kennt gar keine iberische Form für dasselbe. C. 1. < s. c 9. 8. t 12. C Von sehr eckigen Formen anfangend, hat das iberische Alphabet endlich auch dasC lunafum in sich aufgenommen. Drei dieser Formen und zwar die unter n. 7 — 9 angegebenen machen eine eingehendere Erörterung und zwar im Gegensatze zu Boudards Numismatique nothwendig. Der genannte Schriftsteller hat die Ansicht aufgestellt. über das iberische Alpliabet. /wOt> < und jene beiden anderen Formen bezeichneten einen beson- deren Buchstaben, dem er die Bedeutuug von Co gibt*); er stellt daher jene Zeichen in die Reihe seiner Lettres ä son mLvte. Man sieht in der That nicht ein, wie der gelehrte und scharfsinnige Boudard auf diesen Gedanken hat kommen und dadurch mit sich selbst in Widerspruch treten können. In seinem früheren Werke «) hat er die Meinung vertreten , dass das Suffix {7'J und < (d)-^'); indessen in den Münz- legenden, in welchen diese beiden Buchstaben zusammentreffen (Leg. 254 u. ff.), sind sie niemals in dieser Weise in Eines zusammen- gezogen, M'as erkennen zu geben scheint, dass ein dazwischen lautender Vocal dies auch für die Schrift verhinderte. N. 1. V 3. M 5. k 7. N 2. M 4. v| 6. r 8. N Bei der vierten Form könnte man wohl an ein ül/ denken, dessen Anfang nicht mehr zu erkennen ist. o. Dieser Buchstabe übertrifft an Zahl der Formen selbst das A; die einzelnen derselben gruppiren sich, je nachdem sie geradlinig und zwar meistens viereckig oder rund sind und die ersteren dar- nach, je nachdem sie auf ihrer Spitze oder ihrer Grundlinie stehen, die Einen wie die Andern auch noch darnach, je nachdem ihr eigent- licher Körper in einer gewissen Entfernung über der Basis steht und mit dieser durch einen besonderen Strich verbunden ist. '^) S. unten bei den Gutturalen. 208 Phillips 1. D 8. <^ 15. ^ 22. o 29. 9 2. 0 9. A 16. -^ 23. 0 30. 9 3. O 10. ^ 17. B 24. e 31. 9 4. O 11. .^ 18. ED 25. 0 32. « ö. 0 12. Ä 19. ^ 26. e 33. n 6. O 13. 0 20. O 27. 9 34. ^ 7. 0 14. -^ 21. 0 28. 9 35. V 1. n 2. r p. 3. P 4. P 5. r 6. P R. 1. > 5. f^ 9. P 13. fl 2. /> 6. P 10. H 14. n 3. f> 7. P 11. D 15. P 4. r 8. P 12. ^ 1. i 2. I 3. Z 4. h,-^ S. 5. h 6. ^ 7. <, 8. <; 9. S 10, ( 1. T 2. T rn 3. >h 4. '^ 1. H 2. H u. 3. U 4. V 5. Y 1. Y Y. 2. K 3. y? über das iberische Alphabet. ^09 z. 1. ^ 3. T 5. ^^ 2. Z 4. ^ 6. J Ho. Boudard nimmt einen Buchstaben Ho an, für welchen er die Oformen 9 — 12 und 34 vindicirt; in seinem früheren Werke hatte er diese Unterscheidung nicht gezogen; es ist auch in der That nicht abzusehen, woher die Aspirata kommen sollte 21). Eher Hesse es sich noch hören, dass der Buchstabe etwa dem griechischen ß entspreche und es Hessen sich dafür als Gegensatz die Oformen 4 und 22 in so fern herbeiziehen, als in ihnen das 0 wirklich als ein 0 ixtapo-i^ er- scheint. Aliein etwas Bestimmtes lässt sich darüber nicht aufstellen. Ch. 1. ^ 2. X Kh. 1. X 2. X 3. X 4. X Tz. 1. 4^ 4. V 7. V 2. Y Ö. LU 8. ^i> 3. Y 6. Y Was endlich die verbundenen Buchstaben bei Boudard anbe- trifft, so ist von zweien derselben Co und Rd bereits oben die Rede gewesen; "M, I* und ^ sind als !Z>w, Ne und Sae leicht erkenn- bar, Xt als K7it nicht Kiil, wie Boudard angibt. H für ke zu halten, scheint kein Grund vorhanden und [^ sieht nicht darnach aus, um für Ne, sondern vielmehr für Nt angesehen zu werden; es 21) Höchstens Hesse sich das bei Liv. XXVIII. 13. erwähnte Honosa, dem die Leg. 224 entsprechen würde, dafür angeben. Vgl. Boudard, Nuraism. p. 261. Sifzh. d. pliil.-hist. Ol. LXV. lid. II. Hft. ■ 16 210 Phillips ist uns nicht begegnet. Es sind jedoch noch einige andere beizu- fügen. M (Leg. 137) scheint me oder em sein zu sollen; M (Leg. 144) ist vermuthlich Jr<»m zu lesen und <^ (Leg. 169) ist aller Wahrscheinlichkeit nach Q* ; ferner ist, wenn auch nicht sehr deut- lich, r^Q (Leg. 207) für ^^, <, <, K H, r, K, h, M, N, 0, n, X, K h, ra. T, H, Z, 4^. VII. Vergleich des iberischen mit anderen Alphabeten. Es sind bisber nur die Formen der iberischen Buchstaben unter einander verglichen worden; es ist jedoch nicht unwichtig, den Ver- gleich auch auf andere Alphabete auszudehnen und damit die Frage zu verbinden, woher denn die Iberer das Ihrige erhalten haben. Das Nationalgefühl gelehrter Basken bat sich darin Wohlgefallen, den Iberern als ihren Vorfahren, ein ihnen selbst ureigenes, von nirgend- über das iberische Alphabet. -C 1 1 her erborgtes Alphabet zuzuschreiben i). Dem gegenüber steht eine andere kühne Behauptung, dass das iberische Alphabet aus dem skandinavischen Runenalphabet herzuleiten sei 2); diejenigen, welche den Iberern ältere Wohnsitze in den Polarländern anweisen 3), werden begreiflicher Weise gern geneigt sein, dies anzunehmen. Allerdings finden sich einige Runen vor, welche mit iberischen Schriftzeichen ^ine gewisse Ähnlichkeit haben , aber wo eine solche vorhanden ist, haben diese doch meistens eine andere Bedeutung als jene*). Von diesen Erscheinungen nehmen wir Umgang und gehen auch jeder Versuchung aus dem Wege, von einem gemeinsamen Ur-Alphabet aller Völker zu sprechen, für welches neuerdings eine nicht sehr glückliche Erklärung in dem Tättowiren gesucht worden ist^), sondern halten uns vielmehr an die positiven Resultate der Wissen- schaft, um von diesen auf das iberische Alphabet Anwendung zu machen. Es gilt nunmehr für eine ausgemachte Thatsache, dass die sämmtlichen griechischen und italischen Alphabete, die letzteren nur mittelbar, aus dem Phönizischen entnommen sind e). Berücksichtigt man nun die ethnographischen Verhältnisse der pyrenäischen Halb- insel, die auf einander folgenden Colonisationen der Phönizier und der Griechen, so wie die Eroberungen seitens der Karthager und der Römer, so ist es naheliegend, dass phönizische und punische, griechische und römische Einflüsse sich wie im ganzen Leben der bisherigen Bewohner Hispaniens , so auch in Beziehung auf Wort und Schrift geltend machen mussten. Schon eine bloss oberflächliche Betrachtung der in den obigen Verzeichnissen mit- getheilten Schriftzeichen lässt deutlich griechischen und einen jüngeren römisclien Einttuss in dieser Ricl)tung erkennen; noch viel bedeu- tender ist aber unstreitig phönizische Einwirkung gewesen, ja man darf wohl behaupten, das phönizische Alphabet bilde die eigentliche Grundlage des iberischen, auf welches dann in späterer Zeit das 1) Erro, Alfabeto de la lengua primitiva de Espana. Madr. 1806. 2) 0 la n s VV 0 r m si US , Dan. Liter, antiqiia. Amst. 1636. ^) Baudriinont, Histoire des Basques. S. 7. Vgl. m. Abhandlung über die Einwan- derung der Iberer. S. 19. *j Übereinstimmend sind z. B. Mi h <"id 5^. 5) Geiger, Über die Entstehung der Schrift (Zeitschrift der deutschen niorgen- ländischen Gesellschaft. Bd. 23. S. 169. u. ff.). •«) Vgl. Corssen, Alphabet bei Pauli, Realencyklopodle. B. I. Abth. 2. S 799. i6' 212 Phillips griechische und römische Einfluss gewonnen hat. Offenbar hat dieser sich auch darin gezeigt, dass, wie schon oben bemerkt wurde, bei den Iberern die Schreibung von rechts nach links zu den seltenen Ausnahmen gehört. Eine andere und zwar sehr auffallende Erschei- nung ist aber die aus der obigen Zusammenstellung hervorgehende ausserordentliche Mannigfaltigkeit von verschiedenen Formen für ein- zelne Buchstaben. Darf man daraus den für die Ethnographie nicht unwichtigen Schluss ziehen , dass bei den Iberern eine grosse Zer- splitterung in einzelne Gentilitäten stattgefunden habe")? Doch die Untersuchung über ethnographische Verhältnisse behalten wir uns für eine andere Gelegenheit vor, während wir hier nur die rein äusserliche Form der Buchstaben zu betrachten haben, was aber auch für die Feststellung von Bedeutung und Aussprache der ein- zelnen Schriftzeichen von einigem Vortheil sein dürfte. Die in dieser Hinsicht zu ziehende Parallele soll sich jedoch nicht über das Gebiet des phönizischen, der griechischen und italischen Alphabete hinaus- erstrecken und ausserdem sollen nur noch die in neuerer Zeit von Mommsen ermittelten nordetruskischen Alphabete mit zu Bathe gezogen werden. Als Hülfsmittel zu dieser Vergleichung dienen theils die Arbeiten von Geseni US 8) und Sehr öder 9) für das phönizische, von Fra n zioj und Mo m m s e nu) für die griechischen, beziehungsweise italischen und nordetruskischen Alphabete 12), für das lateinische ins- besondere noch Corssen^s). Jedenfalls hat das iberische Alphabet mehr von seinem Ursprünge bewahrt, als die übrigen und hat sicher auch, wie in ältester Zeit das griechische, die vier Zischlaute des phönizischen in sich aufgenommen, wenn sich freilich dort ebenfalls die Neigung kund gibt, dieselben möglichst mit einander auszu- gleichen. In der nachfolgenden Tabelle stellen wir das iberische Alphabet in die Mitte zwischen das phönizisehe und jene übrigen; ') Vgl. Strabo, Geograph. Lib. HI. cap. 4, S. 5. ^) Scripturae linguaeque Phoeniciae Monumenta. Lib. 1. cap. 3. p. 13. 117. 9) Die phönizisehe Sprache. Taf. A. und B. S. 7o. u. ff. *0) Elementa Epigraphices Graecae. Introd. III. p. 17, sqq. P. I. §. 1. cap. 1. p. 39. sqq- 11) Die unteritalischen Dialekte. Tiif. I. — Monatsberichte der Akademie der Wissen- schaften zu Berlin. 1860. S. 431. 1') Die nordetruskischen Alphabete. (Miltheilungen der antiquarischen Gesellschaft iiv Zürich. B. 7. S. 197. u. ff. Taf. III.) *') Über Aussprache, Vocalismus und Betonung der lateinischen Sprache. 2. Aufl. Leipzig. 1861. Bd. 1. S, S. über das iberische Alphabet. ä 1 3 auf diese Weise wird am leichtesten Ursprung und Veränderung ein- zelner Sehriftzeichen ersichtlich werden. Die Mannigfaltigkeit und wenn man so sagen darf, dieQuasi-Originalität der iberischen Schrift- zeichen ist aber so gross, dass verhältnissmässig nur ein sehr geringer Theil derselben als völlig mit fremden Zeichen überein- stimmend in diese Parallele hineinbezogen werden kann. Wir wieder- holen nur noch zu allem Überflüsse, dass hier einstweilen nur auf die Übereinstimmung der äusseren Form Rücksicht genommen M^rd. Die den phönizischen Buchstaben beigefügte Zahl ist diejenige, unter welcher Gesenius sie aufführt. 214 Phillips PhÖDizisch Iberisch Archaistische Alph. Griechea- lands u. Italiens. nordetruskisch Aleph t A A A theräisch, rfor., att., iatein. messap. messap. eleisch. A Iatein. Schweiz A Iatein. Tyrol, Steier- A Iatein. mark N oskisch F^ umbrisch Beth ^ > P' D Gimel V < C > c c corcyr., dorisch, Iatein. oskisch Iatein. corcyr., dorisch, Iatein., falisk. falisk., etrusk. Daleth 41 < CJ8 a A < faliskisch theräisch u. s. w. dorisch He ^ E dorisch Todi, Schweiz *\ F u. s. w. i über das iberische Alphabet. 215 Phönizisch Iberisch Archaistische Alph. Griechen- lands und Italiens. nordetruskisch He E achilisch, dor. u. s. w. etruskisch, latein. salass. ^ latein. Vau 7 r Zain \ z latein. messap. ( 1 Chet "^ H ther., dor., att. latein,. "0, Steierm. messap. Verona H messap., latein. » - B? ther., ionisch, corcyr., dor., attisch u. s. w. Este Tet & fehlt Mehrere der in griech., ital. und nordetrusk. Sprach- zweigen vorkommenden Zeichen des Tet dienen im Iberischen für das Q; eben so die nordetruskischen Zeichen O, 9, ■^ und O. Jod rrls 1 ionisch u. s. w., latein. salass.u. s. w. >' u. s. w. Kaph K. K ionisch, lat. u. s. w. Salass, Todi, M« ^ und ähnlich in anderen Ms Lamed a h ther., achäisch i.' A eleisch. messap, 216 Phillips Phönizisch Iberisch Archaistische Alph. Griechen- lands und Italiens. nordetruskisch Mem T ' "+.6 M^li Mete. mit wenigen Modificationen übereinstimmend ^V| Schweiz Nun V K mit wenigen Modificationen sal., Todi übereinstimmend M Sameeh •^ 2 dor., arg., el., cur., etrusk., nol. der. ion., messap. Ain O, 0 0,0 corcyr., achäiseh, messap. sal., Todi, Conegiiano o dorisch, u. s. w. messap. Schweiz O latein. Este Phe 1 f— P P ion. u. s. w. latein., messap. latein. h latein. salass. Zade vvi \^9 S,^ dorisch, eleisch, nolan : messap. Conegiiano \ $10 ( Schweiz, Koph X Tyrol Resch 1 ^ ther., argiv., eleisch z > ther., corcyr. achäiseh über das iberische Alphabet. 217 Phönizisch Iberisch Archaistische Alph. Griechen- lands und Italiens. nordetruskisch Resch P ion., achäisch, att., cärit., fl inessap., latein. n R D etrusk., Q unibr., osk. Schin 1 1 1 1 4^ LJJ dorisch für Xi, dann das Zeichen für den Doppel- consonanten zvi cärit. Tau T T Fast durchweg in allen archaistischen Alphabeten ^ Gemäss dieser Übersicht kann es keinem Zweifel unterliegen, dass das iberische Alphabet ganz unmittelbar mit dem phönizischen zusammenhängt, und dass die allerdings unverkennbare Über- einstimmung mit griechischen und italischen Schriftzeichen einem spätem Einflüsse zuzuschreiben ist. Ursprünglich hat das ibe- rische Alphabet mit einziger Ausnahme des Tet , die übrigen ein und zwanzig Zeichen des phönizischen gehabt. Hierbei ist zweierlei aulTallend, zunächst dieser Mangel des Tet, worin das iberische Alphabet mit dem lateinischen übereinstimmt, ohne dass man berechtigt wäre, dies durch eine Einwirkung der lateini- schen Sprache zu erklären; sodann der Umstand, dass die meisten Zeichen, welche im Phönizischen und Griechischen für diese Aspirata, so wie hier für die andere, f, gebraucht werden, im Iberischen für das O wiederkehren. Die Zahl der phönizischen Buch- staben scheint dadurch hier wieder voll zu werden, indem das Laut- 218 Phillips zeichen ^ hinzutritt, für welches sich unter jenen, der Form nach, keine hinlängliche Analogie bietet. Allein dieses Zeichen dürfte kein für sich bestehendes sein, sondern in eine andere Kategorie gehören, wovon weiter unten noch die Rede sein wird. Es lässt sich somit das iberische Alphabet in folgender Weise aufstellen: A, >, C <, l=, H, Z, H, rM. K, K M, M. l O, P, h, X, ^ 4^, T. YIII. Die einzelnen Buchstaben des iberischen Alphabets. Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, die Bedeutung der ein- zelnen Buchstaben einer todten Sprache zu bestimmen. Treten in dieser Beziehung sogar beim Griechischen und Lateinischen grosse Hindernisse entgegen, während doch die reichhaltige Literatur dieser Sprachen ab und zu die verklungenen Laute verräth und, wenn auch grosse Veränderungen eingetreten sind, die romanischen Sprachen hin und wieder zu Hülfe kommen. Wie ganz anders steht aber die Sache bei der Sprache der alten Iberer! Hier gibt es nur ein, wenngleich unzuverlässliches Hülfsmittel, welches die Namengebung in Sprachen bietet, die selbst schon todt sind. Wir verweisen in dieser Hin- sicht auf die obigen in Betreff dieses Punktes gemachten Bemer- kungen !}• nie Feststellung der Zusammengehörigkeit eines rein erhaltenen und eines romanisirten oder gräcisirten iberischen Namens ist ausserordentlich schwer zu ermitteln und ist nach dem gegen- wärtigen Stande der Wissenschaft noch von anderweitigen theils linguistischen, theils ethnographischen Untersuchungen abhängig. Noch ist nämlich die nothwendig scharfe Scheidung des keltischen und des iberischen Elements in den althispanischen Namen nicht vollzogen und es fehlt noch viel daran, dass jeder einzelnen Münz- legende die richtige Heimath zugesichert wäre; gerade auf diesem Gebiete muss heut zu Tage noch gar zu viel herumgerathen werden. Jede, auch noch so plausibel erscheinende Erklärung aus dem heutigen Baskischen weisen wir einstweilen prinzipiell zurück, weil wir in solcher Beimischung leicht einen grossen Irrthum begehen <) S. oben [II. über das iberische Alphabet. 219 könnten; wir wollen erst einmal das Iberische, so weit es möglich ist, völlig rein darstellen; bietet sich nachmals aus dem Baskischen eine wahrhafte Bestätigung, um so besser. Eine andere Schwierigkeit in der Feststeilung der iberischen Namen liegt sodann noch in der verschiedenen Weise, in welcher dieselben geschrieben werden. Es herrscht in Beziehung auf die Schreibung der Vocale keine Gleichmässigkeit; bald wird ein Name mit allen, bald mit einzelnen, bald mit gar keinen Vocalen wieder- gegeben und dafür bietet auch das classische Gewand, in welches die römischen und griechischen Schriftsteller die Namen gekleidet haben, keine genügende Ergänzung. Es muss daher die Erörterung in Betreff der Aussprache der Buchstaben in so fern eine unvollkommene bleiben, als es sich nicht mit völliger Gewissheit bestimmen lässt, welcher Vocal zwischen zwei Consonanten zu setzen ist, obschon man darin Avohl nicht irre gehen wird, wenn man annimmt, dass es nur in den seltensten Fällen im Iberischen Consonantengruppen gegeben hat; ein Schluss, wozu die grosse Anhäufung von Vocalen in vielen Namen zu berech- tigen scheint. Eine Sprache, welche Namen wie Eoatia, Seois und ähnliche aufzuweisen hat, wird schwerlich Lrs, Qu oder Rds ohne vocalische Dazwischenkunft vertragen haben. Manches wird auch deshalb nicht mit Sicherheit festgestellt werden können, weil es noch eine Menge mit den Namen im Zusammenhange stehender geogra- phischer Controversen gibt, denen zwar nicht aus dem Wege gegangen werden darf, für welche es aber in dieser Erörterung keine Stelle geben kann, weil man sich sonst in ganz andere Regionen begeben müsste. Bei diesem Stande der Sache haben wir uns daher einstweilen darauf beschränken müssen, diejenigen Bestimmungen als normgebend beizubehalten, welche von Boudard gegeben worden sind; es haben dieselben auch in der That einen Anspruch darauf im Allgemeinen als Norm zu gelten, dennBou.dard hat in der Erklärung der Namen, wie oben bereits bemerkt wurde «), alle, seine Vorgänger, den sorgfältigen de Saulcy nicht ausgenommen, weit hinter sich gelassen; man kann das Verhältniss in der That dahin bestimmen, dass, wenn Boudard von zehn Erklärungen viel- 2) S. oben ni. 220 iM.i 1 1» s leicht eine nicht gelungen ist, hei de Saulcy von fünfen kaum eine richtig ist. Wir stellen in unserer Erörterung die Consonanten auch schon desslialh voran, weil mit diesen die Griechen nnd Römer sich doch einigermassen zurecht zu finden wussten, während ihnen und zwar den letzteren in noch höherem Grade als den ersteren der iherische Vocalismus fast unühersteigliche Hindernisse gehoten hahen muss; ein Grund, warum wir der Meinung Humboldt's nicht beistimmen können, dass den Römern die Aussprache des Keltischen noch weniger geläufig als die des Iberischen gewesen sei s^. I. Die Consonanten. I. Die GDttaraleu. Zur Classe der Gutturalen gehören die Buchstaben <, <, K, X und X, also fünf verschiedene Schriftzeichen. Schon diese Zahl lässt vermuthen, dass nicht jedes derselben einen besonderen Laut ausgedrückt habe, sondern einige von ihnen mit anderen gleich- bedeutend waren. Es ist dies bereits in Betreff der beiden Zeichen < und < dargethan worden*). Wenn man indessen die Legenden genauer mit einander vergleicht, so nimmt man wahr, dass dieselben auch zwischen diesen beiden Zeichen einerseits und K andererseits keinen strengen Unterschied beobachten. Als Beispiel dafür kann zunächst das oben besprochene Suffix 5) dienen, welches bald -^t^, bald -K und X dafür an, die man aber in den von ihm mitgetheilten Legenden nicht antrifft. )K findet sich bei Saulcy. Wir glauben nicht, dass dasselbe darauf Anspruch machen kann, der Ausdruck eines für sich bestehenden Liiutes zu sein. Im phönizischen Alphabete findet sich keine Analogie datür, höchstens ähneln ein paar Formen des Aleph oder T««!«); allein 12) Boudard. a. a. 0. p. 21. 28. *^) Andere Beispiele des Vorkommens des G in latinisirten hispanischen Namen lassen sich aus Hübner I. e. so manche zusammenstellen; z. B. Argaeli (n. 2907), Astigi (n. 1443; vgl. oben LasligiJ, Calagurris (n. 2939), Gigurrus (n. 2610), Gillo (n. 3437), Igabrum (n. 1610), Igaeditani (n. 460), Hugo (n. 3239), Ossigi (n. 2101), Tamagari (n. 2477), Urgavo (n. 2111) u. s. w. 1*) Gesenius, Monunient.T. p. 433. Schröder, die phönizisehe Sprache. S. 79. 1») Boudard, a. a. 0. PI. V. Iß) Gesenius, 1. c. p. 20. 47. I über das iberische Alpiialiet. .^23 diese Buchstaben liegen ganz fern von dem Gebrauche ab, in welchem das^im Iberischen angewendet wird. Es müsste also dieses Zeichen, wenn nicht einheimisch, aus dem Griechischen oder Lateinischen her- übergekommen sein; dort wäre allenfalls auf das Xi, hier auf das E.v oder la; zu vermuthen; das Erstere ist Avenig, das Letztere durchaus nicht wahrscheinlich. Es sind im Ganzen sechs Münzlegendeu, in welchen jener Buchstabe vorkommt: Leg. 249: ^ez, Leg. 252, 2ö3: Wmun, Leg. 249 bis'. Xon, Leg. 251: Xonemqti und Leg. 247: Q?i^tH^. Hier fragt sich ob X sich in ganz unbedingte Parallele zu ^ stellen lasse; näher scheint die von X zu liegen und in der That findet man bei Saulcy, welcher in Betreff der Wiedei'gabe der Schriftzeichen wohl als durchaus gewissenhaft anzusehen ist, folgende Varianten : )) und h B und P. Wenn auch nicht in den Zeichen dieselben mit einander wechseln, so scheint es doch mit der Aussprache öfters so gegan- gen zu sein, wofür die beiden Legenden 83 Blbtn und 236 Flplis das Beispiel bieten; die Römer zogen das B vor sie schrieben Bil- hitani und Bilbilis ^e) (Leg. o). 5. Die Liquiden. Auch das Iberische hat die vier Liquiden h, M . V, P. Die Münzlegenden bieten in Betreff ihrer zu keiner besonderen Bemer- kung Veranlassung; ein Wechsel findet nur bei dem mehrfach erwähnten Suffixe -t= jedenfalls die Stadt Edeta bezeichnet. Allein, wenn es richtig sein sollte, dass der Name Sedetani den nämlichen Namen bezeichnet, so würden wir hier einen auch sonst vorkommenden Zusammenhang zwischen dem Spiritus asper und dem S wiederfin- den ^sj. Sehr deutlich erscheint dieser Spiritus in der Leg. 134: HalbqH^, welchen iberischen Namen die Römer mit Alabunenses wiedergeben. Überhaupt haben die Römer regelmässig den Spiritus asper Meggelassen und die Griechen ihn öfters durch einen Spiritus lenis ersetzt. So hat es z. B. den Anschein, als ob das O'jajuia des Ptolomäus59^ die Leg. 140: Hohmi wiedergebe eo), vvas im Lateinischen dann widerum als Fama ^i) also doch mit einem Hauch- laute erschien. Das iberische H kommt auch öfters im Inlaut vor und hat dann zur Aspiration des vorangehenden Consonanten gedient. 7. Halbvocal. Ob das Iberische in dem I einen Halbvocal gehabt hat, miiss dahingestellt bleiben. Die Leg. 149: JiH^lh, kann vielleicht nach dem späteren muthmasslichen Namen dieses Ortes Jecsalis e«) als ein solcher Zwitter gedacht und ihm der lateinische Stammname Jaccetani an die Seite gesetzt werden zu dürfen. Wie es damit im Inlaut gestanden hat, ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen; ein Bei- spiel gibt die Leg. 285: Tm^iioar. Bevor wir zu den Vocalen übergehen, ist noch mit ein paar Worten auf die im Iberischen vorkommenden Consonantengruppen 5") S. de Saulcy, Essai, p. 193. 58) Vgl, G. Curtius, a. a. 0. S. 351. Vgl. oben S. 60. 59) p toi ein. IL 3. p. 114. 18. 60) Boudard, a. a. 0. p. 199. «1) Vgl. Hü b ner, 1. c. n. 989. 82) S. Note 39. 232 Phillips aufmerksam zu machen. Es hat wegen der häufigen Auslassung der Vocale seine Schwierigkeit, solche Gruppen zu bestimmen, denn da konnte man Gruppen von sechs Consonanten aufzählen; z.B. Leg. 91 : Brsbhz. Es ist wohl anzunehmen, dass es sehr wenige Consonanten- gruppen gab, weil die iberische Sprache ausserordentlich demVoca- lismus zugeneigt war. Auch darf man aus der römischen Namens- gebung keine Schlüsse ziehen, wie z. B. Contrehia in seinem Ori- ginal Leg. 246 : Qnoorh nicht als Beispiel einer iberischen Con- sonantengruppe tr angeführt werden kann. In jenem Beispiele ^rsM« bleibt höchstens die Consonantengruppe rs übrig, denn es ist ent- Aveder Borsabhez oder Bursabhez zu lesen. — Eben so ist im Iberischen eine Consonantenverdoppelung ausserordentlich selten; Beispiele sind Leg. 103: Cesse, Leg. 234: Petarrac Bisweilen erscheint der anlautende Consonant Aerdoppelt; wenn dies nicht ein blosser Fehler desjenigen ist, der die Legende gefertigt hat, so würde man doch an einen noch einzuschiebenden V^ocal denken. Es findet sich dies in der Leg. 244: Qqnoq^ und Leg. 291: Ttrnbo. Wir stellen in Kürze die in den iberischen Münzlegenden nach muthmasslich richtiger Vocalisirung vorkommenden Consonanten- gruppen zusammen. er in Leg. 89. vgl. 178. CS und qs in Leg. 165 und 272; s. jedoch oben S. 229. Ib in Leg. 66, 83 und 235. Ic in Leg. 42, 43, 44. II in Leg. 7. pp'm Leg. 30, 31, 47. rc in Leg. 26, 28. rs in Leg. Ol. rr in Leg. 234. rt in Leg. 13. r4^ in Leg. 88, 89, 90. sp in Leg. 276. SS in Leg. 48, 49. st in Leg. 37. über das iberische AI[iha!)et. !S3o IL Die Vocale. Die iberische Sprache hat fünf Vocale: A. E. I, O, H. Die Römer geben den Buchstaben A. sobald er im Anlaut vor einem und im Inlaut zwischen zweien Consonanten steht, ziemlich regelmässig durch ihr A wieder, z. B. Acinipo (Leg. 2), Albocela (Leg. 66), Ära (Leg. 78), Amaci (Leg. 62. 63. 64), Wman (Sa?)lman-tica; ausnahmsweise geht er auch in e über, so lliberris für Ilhar (Leg. lo7), Beterrae für Phtarrac (Leg. 234); bin und wieder lassen sie ihn auch ganz fort, z. B. Ildum für Iladh (Leg. 151 und 152). Über die Stellung des A neben anderen Vocalen wird bei den Diphthongen die Rede sein. Bisweilen wird andererseits ein in der iberischen Schrift nicht ausgedrücktes A von den Römern eingeschaltet, so Betamesa in Leg. 98. Auch M wird von den Römern meistens als £ ausgedrückt, so Etamesa (Leg. 132), wie auch das kurz zuvor hervorgehobene Betamesa, welches zugleich ein Beispiel der Aussprache des £1 im Inlaute gibt. Bisweilen wird J: römisch als /gegeben, so in Cissa für Cesse (Leg. 103), Sisapo füv Sesapo (Leg. 279), bisweilen auch Saesapo (Leg. 52. 53) als Ergänzung in Che lat. Celsa (Leg. 104). Der Buchstabe f*' wird im Anlaut auch im Lateinischen durch / bezeichnet, z. B. Iba (Leg. 145. 146), Ilipa (Leg. 158), was auch zugleich für den Inlaut als Beispiel dienen kann. Drei Silben mit / folgen auf einander in PlpUs (Leg. 5), wie es römisch in Bilbilis (Leg, 5) erscheint. Bisweilen abergeht das I*J auch in ^ über, wofür Emanaci sprechen würde, wenn es sich als gleichbedeutend mit Imones oder lomones (Leg. 170 — 172) erweisen würde ^s); sicher aber gehört hieher das obige lliberris, in so fern als es auch in der Form Eliberris vorkommt; in beiden Formen ist das zweite /ergän- zend , sicher auch der wirklichen Aussprache hinzugefügt. Wichtig wird auch das I in dem Suffixe Q*, wie es in Obidcin (Leg. 43) erscheint; darnach wäre es überall bei dem genannten häufig vor- kommenden Suffix zu ergänzen. Weggelassen wird das / des Namens 63) Boudard, a. a. 0. p. 217. 234 Phillips Urice (Leg. 296), wofiii- im Lateinischen Urci eintritt, dem die Schreibweise Urke (Leg. 297) zur Seite steht. Auch 0 wird im Anlaut und zwischen zwei Consonanten latei- nisch durch 0 ausgedrückt, z. ß. Leg. 218: OlbimqH*, Cose^'*) (-t-ani) in Leg. 109. Bisweilen tritt aber auch ü an seine Stelle, z. B. Bursao für Bor^^ (Leg. 90); ungeschrieben wurde es auf den iMünzlegenden gelassen in Rodose (Leg. 254. u. AT.). Am Seltensten kommt unter den Vocalen H vor; die Gestalt ist durchaus die des p iönizischen Vuv, der sich aber auch die des römischen Fan die Seite gestellt hat. Die Römer drücken es im Anlaut durch ihr (Jaus; z. B. Urci für Vrke oder Urike (Leg. 29ö 296). Im Inlaute findet es sich in dem wohl mehr griechischen Namen Myrt {ilis ; Leg. 14i), im Auslaute in Nmu (Leg. 212. 213), das die Römer wohl nach keltischer Aussprache Nemuusus nennen. Ganz anders aber und viel schwieriger gestalten sich die Dinge in Betreff der Vocalgruppen, die sich sehr weit, ja sogar bis zu einem Tetraphthongen erstrecken. a. Diphthongen. AN; die Römer gestalteten diesen Diphthong auf verschiedene Weise um: in ein einfaches ^, in ^ und in A mit darauf folgendem verdoppelten Consonanten. So Aimak (Leg. 62), in Amaci, Ai (Leg. 6o), vermuthlich .-1/6 xwEbusus, Ainieos (Leg. 68) Ammienses. AO in Aora (Leg. 72, 73) und Aoraq'^ (Leg. 74—76), woraus das latinisirte ^reya-c/ entstandes); Aoret- (Leg. 77) ging in Oret- über; die beiden Legenden Bucaoz (Leg. 87) und Ohaoqn (Leg. 217) machen einige geographische Schwierigkeiten. Ohno scheint der Name einer Stadt der Vaccaei gewesen zu sein , welchen Ptolomäus in der Form 'Ao-jca erscheinen lässtee); Bocaoz bleibt ungewiss; Boudard will darin Boccaioi finden s^), die er von den Vaccaei unterscheidet e^). ^*) Hühner, Tarrago und seine Denkmäler. (Hermes. Bd. I. S. 84. Note 3) ist der Ansicht , dass die betreffenden Münzleg-enden nicht Cose, sondern Cesse gfelesen werden müssen. 65) Boudard. a. a. 0. p. 156. 138. 160. 6«) Ptolem. III. ö. p. l.:4. 1.3. 6") Boudard, a. a. ü. p. 2Ö6. s. auch p. 176. über das ilierisciie AI|)liaI)et. <^3d EA findet sich in Leg. 271: H^earmaH*, für die sieh auch wieder schwer die Heiniath finden lässt. Sollte in diesem Falle das 4^ von den Römern in ein 7" verwandelt worden sein, so würde sich diese Lautgruppe in Teari^^) wenn in Th, dann in Thiar^^} erhalten haben. B o udard deutet es durch Carinenses ^o), was doch sehr zwei- felhaft ist: wäre es richtig, so bewiese es den Übergang von ea in a. EO. Beispiele für diesen Diphthong bieten die Leg. 130 und 131: Eodüd und Leg. 127 — 129: Eoblrqm. Bei letzterem ist bei Ptolomäus das E fortgeworfen, indem er Obila als eine Stadt der Vettonen nannte ''^i). Der lateinische Name für Eodod ist noch nicht gefunden; nach obiger Art müsste es ein Ort gewesen sein, der in römischer Aussprache mit Od begonnen hat. 11= ; Leg. 79, 80: Ariemcn; Boudard's Erklärung durch ^»-«a scheint zutrelfend zu sein'Js). lt*J; Leg. 149: I/'+'/A; dieser Diphthong scheint in le über- zugehen , da Jecsalis als die spätere Bezeichnung dieses Ortes erscheint ■'3^. 10; Leg. 171, 172: lomones; schon im Iberischen fiel hier das 0 aus, indem dieser Name auch unter der Bezeichnung Itnones (Leg. 170) erscheint. Ob ihm die £w2«wac2 entsprechen, muss dahin- gestellt bleiben'*); in diesem Falle würde sich lo einfach in E ver- wandeln ■^s). O^; Leg. 216: Oelihqm, vermuthlich das Ouiltla des Ptolo- mäus ^ß), YelJia bei den Römern 77); dem entsprechend gehtauch Oeske (Leg. 123) in Vescl über"«). Ist Coe (Leg, 108) Caum'^^, so würde dies freilich eine sehr bedeutende und auffallende Laut- veränderung sein, während in Leg. 267 — 273 der Name Roeqork «S) S. oben Plin. H. N. III. 3. 4. 69) S. oben S. 66. 70) Boudard, a. a. 0. p. 298. 71) Ptolem. II. 4. p. 117. 26. Vgl. Boudard, a. a. 0. p. 191. 72) Boudard, a. a. 0. p. 168. 73) S. oben S. 63. 7*) Boudard, a. a. 0. p. 227. '5) Wegen Tioh s. oben 66. 76) Ptolem. II. 3. p. 130. 9. 77) Forbig-er, Handbuch der alten Geogr. Bd. 3. S. 83. ■'S) Boudard, a. a. 0. p. 211. 79) Boudard, a. a. 0. p. 186. 236 Phillips durch den späterhin bei Isidorso^ vorkommenden ^?*). 00; Leg. 231 : Ootoot, woraus die Römer Antetanl gemacht haben 85): Leg. 227.228: Oosii^'^), vielleicht ^?/srt, wie ja auch jene bisweilen „Äiiseta/ii" genannt werden. Leg. 229. 230: Oozrt, wohl in Ooserit aufzulösen, wofür dann Boudard Ossaron vor- schlägt 87) ; für Leg. 245, 246 Qiioorb ist schon früher die Erklä- rung Contrehia gegeben worden ss); für Leg. 299: 4^oo6 müssen wir die Deutung schuldig bleiben sa). Hl; Leg. 138: Hil. htidqm ; etwa die BatoucC des Ptolo- mäus 90). b. Triphthongen, AIE; Leg. 276: Splaie, wohl die Spalenses des Pliniussi), wonach der Triphthong einfach in die römische Endung -enses umgewandelt wäre. AOI; Leg. 68 — 71 : Aoibst, was sich am Leichtesten in Joi6/siV- ^-«7«^ auflösen würde. Unter den latinisirten iberischen Namen bietet kein anderer eine Analogie, als Aebisoci^^}, der allenfalls (vgl. Are- vaci) auf Aoibis- (o) //'+' zurückschliessen lassen würde. *0j Isid. Hispal. Hist. d. reg.Gofli. c. 61 (Migiie, Patrol. Tom. LXXXIIF. col. 1073). 81) Boudard, a. a. 0. p. 281. 82) Boudard, a. a. 0. p. 232. 83) S. oben S. Ö7. 84) Boudard, a. a. 0. p. 163. 85) Boudard, a. a. 0. p. 238. 86) Nicht Oog-u. S. oben. S. 41. 8") Boudard, a. a. 0. p. 263. 88) S. oben S. 68. 89) Boudard, a. a. 0. p. 289 schlägt nicht daran zweifelnd Savia vor, welches bei Ptolem. II. 5. p. 123. 23. 2ao-jia genannt wird. 90) Ptolem. II. 3. p. 122. 1. Vgl. B o udar d, a. a. 0. p. 169. i»!) PI in. III. 3. Vgl. Boudard, a. a. 0. p. 283. 92) Hübner, I. c. 2477. — Bouda rd . a. a. 0. p. 162. Clier das iberische Alphabet. 4iOl EAI; Leg. 187 u. ff.: Meäisr ; (Meansr in Leg. 188 ist ein Fehler); die Deutung B oud ard's dnrch Mavitani^^) scheint doch etwas zu fern abzuliegen; freilich würde Massia nicht viel näher sein; eine andere gibt es bisher nicht. EOA; Leg. 125, 126: Eoatia. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass dies das römische \iatia und griechische Bcär'.a sei 9*). EOl; Leg. 277, 278: Seois, Seoisän ; vielleicht die nur von L i V i u s 95^ erwähnten Siiessetani ^ß) ? lOA; Leg. 28o: TmH^ioar. eigentlich Tm4^<7o«r. Durch die Erklärung dieses Namens mit Tempsi^') erfährt man Nichts über die Umgestaltung des Triphthongs. 101; Leg. 82: Bioi; vielleicht Vibieuses? Leg. 239 Qloila: Coeli . . . OAI; Leg. 85, 86: Boailiqm. Boudard sieht darin die Belloi^^); mehr scheint für Bailo (s. Leg. 4) zu sprechen. OIA; Leg. 238: PoicüiH'71 ^^)? OOA; Leg. 225 und 226: OoaqH^ sind wohl für die Vaccaei zu halten 100). c. Tetra phthong. AOlO; Leg. i2i lEidos? Leg. 154: Ilaoio: lleates^^^y. Schliesslich möge noch darauf hingewiesen werden, dass ein vocalischer Gleichklang mehrerer auf einander folgender Sylben hin und wieder, aber doch nicht sehr häufig bei den Iberern vorkommt. Als Beispiele gehören dahin: Astapa, Bracara, Bilbilis, Canaca, Canama. Caracca, Kesse, KlUn, Kinit, Laraz, Ootoot, Ossonoba, Silbis, Singilis. 93) Boudard, a. a. 0. p. 230. 9*) Boudard, a. a. 0. p. 190. 95) L i V. XXXFV. 19. 96) Boudard, a. a. 0. p. 282. 97) A V i e n. Ora marit. v. 235. — S. B o u d a r d , a. a. 0. p. 292. 98) S. Boudard, a. a. 0. p. 173. 99) Boudard, a. a. 0. p. 26o. 100) Boudard, a. a. 0. p. 133. 101) Boudard, a. a. 0. p. 206. C^IwjI doj^j ^jJ JU^'^j *) De mensuris et ponderibiis antiquis libri tres. Oxoniae p. 110. *) Makrizi I. c. p. 23. Die Nominale der Miinzrt'fordi des Chalifen Abiiulmelik. <»'49 Wortes IMithkal, welches ein Gewicht überhaupt bezeichnet; da- durch wird auch die Nachricht verständlich, dass in der Zeit des Heidentbuines der Dinar oder die Goldmünze eben so wie der Dirhem oder die Silbermünze Mithkal genannt wurden. Gewöhnlich ist unter dem Mithkal der Dinar als die häufigste Goldmünze zu verstehen, und wird derselbe auch genauer als Mithkal-el-Dhaliab bezeichnet i). Der Mithkal mayal enthielt nach syrischem Gewichte 24 Karat und vier Habba oder 96 Habba, der Dinar dagegen 21-75 Karat oder 87 Habba. Die letztere Zahl ist so irrationell, dass sie sich für Be- rechnungen und Theilbeträge selir unbequem darstellen musste. Es lassen sich aucli in der That mehrfache rationelle Ansätze für den Dinar nachweisen, die sich daher erklären, dass das Gewicht des zu Grunde gelegten Getreidekornes in den verschiedenen Ländern wechselte. Während, wie bereits erwähnt, der Dinar zu Mekka zu 24 Karat oder 72 Habba gerechnet wurde, findet sich auch ein An- satz desselben zu 24 Karat a 4 Habba, oder zu 96 Habba leichteren Gewichtes, denn bei Bernard werden 35 arabische Dinare 3360Granis liordei gleichgesetzt, was für den Dinar genau 96 Gran ergibt 2). Ebendaselbt wird auch gesagt (p. 110), dass in Sicilien der Aureus oder Dinar 90 Gran gleichstand s). Übereinstimmend wird in den arabischen Quellen *) berichtet, dass das Verhältniss des Dinars zum Dirhem oder der Silbermünze bezüglich ihres Gewichtes auf 10:7 fixirt wurde. Wendet man diese Belation auf den Dinar an, so erhält man als Gewicht des Dirhems 425 :a7= 10:7, j,- = 2-97 Gr. Stücke von diesem Nor- malgewichte finden sich oft genug in der Silberpräge Abdulmeliks und seiner Nachfolger; es ist jedoch nicht zu verkennen, dass der Dirhem bereits in erster Zeit weniger sorgfältig als der Dinar aus- gebracht wurde. Die vorstehend gegebene Bestimmung des Normal- V) Herbelot, orientalische Bibliothek unter dem Worte Mithkal, verg-l. auch Dschau- hari in der Konstantinopler Ausuabe Bd. II. p. 161. ^.^ibjJl ^^J^u-o Jtt>»L j^UIilj In Persien wurde so^ar die Hälfte des Dirhems Mithkal g^enannt, v. Ihn Haukai ed. Ouseley p. 133. ~) 1. c. p. 141. 3) Das Gewicht des Dinars blieb, wie die Münzen zeigen, in allen Ländern dasselbe. Wenn derselbe I. c. ^/a Dirhemen gleichgesetzt wird, so erklärt sich diess aus der späteren leichteren Ausmiinzung des Dirhems. *) Abulmahasin I. p. 196; Ibn Chaldun in der Chrestomathie Aiabe von Sacy p. 283 und 284 etc. ZdO Ber b gewichtes des Dirhems wird auf das Glücklichste durch ein von HotVath Stickel puhlicirtes Kupferstiick i) bestätigt, welches die Auf- schrift l>Uä>j^ <)JiSl J^-j; Jt«si trägt und demnach das Exagiiim eines Doppeldirhems darstellt. Dasselbe wiegt 5-93 Gr. und ergibt sich daraus als Gewicht des Dirhems 2-96 Gr. Über den Ursprung des letzteren finden sich in den arabischen Quellen zwei verschiedene Versionen. Die eine, welche von Makrizi und auch von Ihn Clialdun beigebracht wird, sagt, es sei der Dirhem bagli zu 8 Danek und der sogenannte alte Dirhem tabari zu 4 Danek, welche bisher unter den Arabern coursirten, summirt und auf das Mittel dieser Summe der legale Dirhem von 6 Danek geschlagen 2-97 worden. Das Gewicht des Danek stellt sich demnach aut — - — = 6 0-49 Gr. Der Dirhem bagli muss also 8.0-49 = 3-92 Gr. der alte Dirhem tabari 196 Gr. gewogen haben. Die andere Version wird von Ihn Chaldun und Abulmahasin gegeben; da jedoch beide dem Wort- laute nach difTeriren, so setze ich die betreffenden Stellen her. Ibn Chaldun schreibt: cLjI Ä)'3iij Uitj^ jmi ö^s^tp istij] ji) jj ir^i* ^ ij-jjii jc»-i ois^ii Die Stelle bei Abulmahasin 2) lautet: 1) Zeitschrift der deutschen morgeiil. Gesellschaft Bd. XI. p. 459. Der daseihst geg-e- beiieii Deutung des in Rede stehenden .Kupferstückes als Doppelstück einer römisch-attischen Rechnungsdrachme kann ich daher nicht beistimmen. 2) ed. Juynholl I. p. 213. vergl. p. 196. ••) Der Text hat ^jUj, was nichts bedeutet; es muss wohl Ai3uj heissen, das sich übrigens auch in einer Handschrift findet. Diese Correctur ist palüographisch vollkommen gerechtfertigt; an d^>j\\D zu denken geht nicht an. Die Nominale der Müiizreform des Chiilifen Abdulmelik. ^51 Aus Ibn Chaldun ergibt sich lolgender Ansatz: 1 Dirhem im Gew. des Mithkals i) od. Dinars = 4-25 Gr. = 20 Kar. 1/" „ „ ^ voni/a „ „ „ =2-12 „ =10 ^ <• n n n 710 n » n = <&"55 „ =\i „ '2 8-92 Gr. = 42 Kar. Als Älittel dieser Summe von 8'92 Gr. erhält man für den Dirhem 297 Gr. oder 14 Karat. Nach ALulmahasin dagegen gab es folgende Dirheme: 1 Dirhem wafi zu 1 Mithkal oder Dinar = 4-25 Gr. 1 „ bagll „1/3 „ „ „ = 2-12 „ 1 „ Zijadi „ Vio » « » = 2-55 „ 8-92 Gr. Bemerkenswerth sind hier die Benennungen der verschiedenen Arten von Dirhemen. Der Dirhem wafi entspricht dem Dirhem von 20 Karat bei Ihn Chaldun und ist das alte sasanidische Silberstück, dessen Normalgewicht der späteren attischen Drachme von 4-25 Gr. gleichstand. Das Halbstück von 2-12 Gr. oder 10 Karat wird ferner von Abulmahasin als Dirhem bagli bezeichnet. Dies ist aber ent- schieden falsch. Der letztere wird vielmehr in allen anderen Quellen höher normirt. Anderseits gibt die Unterscheidung, welche hier zwischen dem Dirhem wafi und dem Dirhem bagli gemacht wii'd, einen Fingerzeig, dass zwischen beiden eine Differenz besteht, wenn sie gleich gewöhnlich mit einander vermengt und ihre Bezeich- nungen wafi und bagli als identische gebraucht werden. In der That findet sich bei Makrizi sowohl als bei Ibn Chaldun ein doppelter An- satz für den Dirhem wafi oder aswad und für den Dirhem bagli, indem der erstere einmal auf 1 Mithkal 2), der andere aber auf 8 Danek bestimmt wird. Vielleicht gelingt es mir im Folgenden, eine Erklärung dieses scheinbaren Widerspruches beizubringen. Die Araber legten ihrem ersten Silberpräge den Münzfuss der letzten Sasaniden zu Grunde, ja verringerten diesen um ein Geringes. Ich stelle in der folgenden Tabelle die mir bekannten Wägungen dieser 'J Unter dem Mitlikal kann hier nur das Gewicht des Dinars verstanden werden, da die sasanidische Präge den syrischen Mitlikal mayal nicht kennt. 2) Makrizi 1. c. p. 6 u. p. 8. Der Dirhem wafi wird von Makrizi am ersteren Orte auch hagli genannt. 25^6 Bei-g-mann arabisch-sasanidischen Silberstücke in chronologischer Ordnung zusammen <). Jahr Gewicht Prägeart Münzherr 20 3-72 - a.26 — 3-748 Adserbeidsehan Obeidaünh ben Zijad a.26 3 •952 Andmesch Selim ben Zijad fl.26 — 4-005 (v. 10 St.) Herat a.27 — 1-97 Nischapur Obeidallah ben Zijad a.35 3-796 Raj — ä.45 3-913 Darabdschird Obeidallah ben Zijad a 53 3-94i Basa Zijad ben Abu Sofian «.53 2-018 Nisa „ „ ß.54 3-748 Basa „ „ „ „ a.54 3-70 Darabdschird „ „ „ „ ö. 56 3-845 „ Abdallah ben Zobeir a.56 4" 133 Adserbeidschan Obeidallah ben Zijad a.5G 3-268 Basa „ „ „ a.56 3-796 Sikaschtan Selim ben Zijad a.59 4-181 Basra Obeidallah ben Zijad a.60 3-845 Darabdschird Abdallah ben Zubeir «.62 4-085 Ledan Obeidallah ben Zijad «.63? 3-700 Chubus Abdallah ben Hazim «.63 3-641 iMerw Selim ben Zijad «.63 3-304 Kirman Abdallah ben Zubeir «.63 3-364 Stachr Abdallah ben Hazim «.63 4 -0.16 (5 St.) Merw Rud Selim ben Zijad «.63 3.855 (29 St.) Merw Abdallah ben Hazim «.66 4-085 Sedschestan Abdulaziz ben Abdallah «.66 - 3-977 - - „ „ „ «.67 3-933 (8 St.) — Baba Abdallah ben Hazim «.67 4-049 (4 St.) — ? „ „ „ «.67 4-146 Herat ? «.67 3-724 „ Selim ben Zijad «.67 3-674 (12 St.) ? «.68 4069 (7 St.) Basa Omar ben Obeidallah «.68 3-933 (4 St.) Andmesch — «.69 3-941 „ ^ «.69 4-049 Merwrud ■ Abdallah ben Hazim «.69 3-208 Stachr Omar ben Obeidallah «.70 3-989 „ „ „ „ «.72 3-434 Andmesch ? «■72 3-861 Kirman? ? ') Vergl. Mordtmann, Erklärung der Münzen mit Pehlvi-Legenden. Die Nomioale der Münzreform des Chalifen Abdulmelik. 253 Jahr Gewicht a.72 3-86 a.73 4-336 «.73 3-998 fl.73 4133 a.73 4-277 rt.74 3-724 a.74 — 3-821 a.7S 3-652 a.75 3-821 a.76 3-49 «76 3-628 a.78 3-891 fl.79 3-70 a.80 3-62 a-8Ü 3-869 0.83 3-941 Prägeart KiriTiiin Schadscha ? Sikadschtan » Choracan Basa » Merw Basa Darabdschird Andmesch Basa n n Munzherr Numeir ben Muhalleb Omeije ben Abdallah Chalid ben Abdullah Muhalleb ben Abu Sufra Abdulmelik ben Merwan Muhalleb ben Abu Sulra Heddschadsch ben Jusuf » » »> Die Ungenauigkeit der Aasmiinzung dieses arabisch-sasanidi- schen Silberstüekes fällt sogleich in die Augen; das Effectivgewicht desselben schwankt von 4-3 — 3-3 Gr., sein Normalgewicht kann aber auf 3*9 Gr. angesetzt werden. Neben diesem Ganzstücke findet sich auch dessen Hälfte. Ein solches Stück von Obeidallah ben Zijad aus dem J. 27 wiegt 1-97 Gr., ein anderes von Zijad Abu Sofian aus dem J. 53 2-018 Gr. Wenn wir uns nun des Gewichtes des Dirhems bagli von 8 Danek oder 3-92 Gr., ferner des Gewichtes des soge- nannten alten Dirhems tabaii zu 4 Danek erinnern, so bemerken wir sofort die Übereinstimmung derselben mit diesem arabisch-sasani- discben Silberstücke und die Zulässigkeit der Identitizirung der- selben dürfte kaum mehr zweifelhaft erscheinen. Die anscheinend widersprechende Angabe bei Makrizi und Ihn Chaldun, dass der auch bagli genannte Dirhem wafi einen Mithkal oder 4-25 Gr. wog ist leicht zu erklären. Dieselbe zielt auf das Nonnalgewicht des sasanidischen Dirhem von 4-25 Gr., und bezeichnet in mehr theoretischer Weise den Münzfuss, auf welchen letzterer geschlagen wurde. Der Dirhem wafi im Gewichte eines Mithkal war die normale alte sasanidische Silbermünze, der Dirhem bagli zu 8 Danek, welcher wegen seines leichteren Gewichtes auch Zajif ^j genannt wird i), das Silber- stück der arabisch-sasanidischen Präge ; beide konnten um so ^J .Makrizi de ponderibus p. 7. 2o4- Bergmann leichter verwechselt oder identifieirt werden, als sie gleichen Typus hatten i). Gegen die vorstehend gemachte Identificirung des sogenannten alten Dirhems tabari mit dem Halbstücke des arabisch-sasanidischen Dirhem spricht ausser dessen Namen noch die vereinzelt stehende Bemerkung Makrizi's in seiner Abhandlung über die arabischen Ge- wichte 2), dass derselbe römische Aulschritten hatte. Sie hat die Ver- anlassung zur Conjectur Schulten's gegeben, dass der alte Dirhem tabari seinen Namen von der Stadt Tiberias in Galilaea erhalten habe, indem vielleicht an diesem Orte der Handelsverkehr zwischen Byzantinern und Arabern am lebhaftesten gewesen und eine in die Hände der letzteren gelangende byzantinische Münzsorte in Folge davon Tabari genannt worden sei. Eine andere Hypothese stellte viel später Castiglioni auf. Er bestimmt in ziemlich richtiger Weise das Gewicht des Dirhems tabari auf 41 Gran mailändisch oder 2-091 Gr., will aber die Benennung tabari von den Kaisern Tiberius jMauritius oder Tiberius Constantin, die keineswegs eine bedeutende Rolle spielten, herleiten. Castiglioni sieht sich jedoch zu dem Geständ- nisse ffenöthiot, dass das Gewicht des Dirhems tabari mit einer der römischen Präge angehörenden Nominale nicht übereinstimme s) Es existirt auch in der That kein römisches oder byzantinisches Nominale, das auch nur mit einigem Grunde mit dem Dirhem tabari identifieirt werden könnte, und wird daher diese Erklärung, die sprachlich aller- dings möglich, hinfällig. Cberdiess ist es wenig plausibel, dass die Araber den in Rede stehenden Dirhem nach der Stadt Tiberias oder nach einem Kaiser Tiberius genannt haben sollten, da weder die erstere noch eine der letztern in besondere Berührung mit ihnen kam. Da- gegen dürfte wohl folgender Erwägung Raum zu geben sein. Als die Araber geraumere Zeit später Taberistan eroberten, schlugen ihre 1) So dürften auch unter der Million schwerer Dirheme, welche Chalid von den Hirensern beim Friedensschlüsse erhielt (3"^' •— *^ "-^^ ^^ flr^ ^^^ Tabari Annales II. p. 47) die älteren Silberstiicke zu verstehen sein. -) 1. c. p. 37; weder in der Abhandlung über die muhamed. Münzen noch bei Iba Chaldnn wird etwas davon gemeldet. ^) Dell" uso cui erano destinati i vetri p. 19. Die Herleitung des Namens tabari von der Stadt Tiberias findet sich ;iuch noch in der Zeitschr. der raorgenl. Gesellsch. Bd. XI. p. 431. Die Nominale der Münzreform des Chalifeii Ahdulmelik. /CO 5 Statthalter daselbst Silberstücke mit dem sasanidischeii Typus; diese hinlänglich bekannten Münzen wurden auf den späteren sasanidisch- arabischen Fuss geschlagen und wiegen 2*2 Gr. — 1-4 Gr., stimmen also im Durchsclmitte vollkommen mit dem sogenannten alten Dirhem tabari von 1-96 Gr. überein. Die arabischen Schriftsteller, welche diesen in Tabaristan geschlagenen Dirhem vorzugsweise kannten, nannten nun das im Gewicht und Typus gleiche Halhstück des Dirhems bagli ebenfalls Dirhem tabari, obgleich dasselbe keineswegs in Taberistan geprägt worden war, und unterschieden es von dem späteren eigentlichen Dirhem tabari durch die Benennung ^^ oder alt. Nur in diesem Falle hat dessen Bezeichnung als „alter Dirhem tabari" einen Sinn, während sie sonst beiBezeichung auf eine byzan- tinische Münzsorte gegenstandslos und unverständlich wäre. Die Nach- richt Makrizi's, dass der alte Dirhem tabari römische Aufschriften trug, beruht auf einer Confusion, wie sich deren bei ihm nicht selten finden. Ausser dem Dirhem wafi und dem Dirhem bagli wird in der citirten Stelle Abulmahasin's noch ein drittes Nominal, der Dirhem von 2-55 Gr. oder 6/,o Mithkal genannt. Während aber Ihn Chaldun dasselbe zu einer sasanidischen Münzsorte macht, nennt ihn Abul- mahasin, Dirhem Zijadi, eine Bezeichnung, die nur auf Zijad ben Abu Sofian zurückgeführt werden kann. Thatsächlich findet sich weder in byzantinischen noch in der sasanidischen Präge ein gleiches No- minal, das daher arabischen Ursprunges sein muss. Wir kommen noch später darauf zurück i). Welche der beiden Darstellungen über das Entstehen des legalen Dirhems von 2-97 Gr. ist nun die richtigere, 'J Bei Makrizi werden noch 3 andere Arten von Dirhemen genannt, welche in vor- islamitischer Zeit bei den Arabern coursirten, nämlich der Dirhem jemeni von 1 Danek oder 0'49 Gr., der Dirhem Magrebi von 3 Danek oder 1'47 Gr. und der Dirhem dschavareki von i'/g Danek oder 220 Gr. Der Dirhem magrebi ist wolil die Siliqua des Kaisers Justinian's und der Vandalen, wozu auch der Name trefflieh stimmt, von eben diesem Gewichte. Der letztgenannte Dirhem ist schwer zu identificiren, es mag wohl in der vereinzelten Angabe Makrizis ein Fehler stecken; die von Hofrath Stickel gegebeneErklärungseines Namens als aus graecus verdorben scheint nocli am plausibelsten; vielleicht steckt das Halbstück der syrisch-attischen Drachme dahinter. 2o() Bergmann o jene die denselben aus der Siimniirung der Dirheme bagli oder tabari, oder die andere, welche ihn ans der Summirung der besprochenen drei Miinzsorten herleitet? Die Entscheidung muss Avohl zu Gunsten der ersteren lauten; die Dirheme bagli und tabari wurden von den Ara- bern im Gegensatze zu dem älteren sasanidischen Silberstücke von 4,2S Gr, selbst geschlagen und waren das bekannteste und allge- meinste Silbercourant. Es lag nahe durch die besprochene Operation aus denselben ein neues Nominal zu schaffen, welches den doppelten Vortlieil einer sehr einfachen und praktischen Relation sowohl zur häufigsten Goldmünze, dem Solidus oder dem spätem Dinar (7: 10) als auch zu den älteren Dirhemen bagli und tabari (6:8 oder 6:4) bot, die nicht plötzlich aus dem Verkehr gezogen werden konnten. Der Dirhem von Vio Mithkal, der in der zweiten Version genannt wird, wurde entschieden in geringer iMenge und nur vorübergehend geschlagen und es sind mir nur ein Paar Stücke bekannt, welche auf ihn gedeutet werden können '), Die Wahrscheinlichkeit, dass er überhaupt in Rechnung gebracht worden, ist daher sehr gering. — Der legale Dirhem von 297 Gr. ist also das Mittel der summirten Dirheme bagli und tabari. In Betreff des Zeitpunktes seiner Creii-ung differiren jedoch die Quellen. So werden bei Makrizi und Ihn Chal- dun verschiedene Zeugnisse gegen einander aufgeführt, welche Abdulmelik die Priorität lür die Normirung des legalen Dirhem's theils zu- theils absprechen. Nach den Angaben Makrizi's und IbnChaldun's seihst kann nur das letztere das richtige sein, denn es wird aus- drücklich gesagt, dass Zijad Abu Sofian (-|- 53) Dirheme auf den Fuss von 7:10 bezüglich des Ulnares schlug, gleicherweise wie Musab ben Zobeir, der dem sasanidischen Stempel seiner Dirheme noch die Worte „Segen von Gott" beisetzte 2). Wenn ferner gemeldet wirds), dass Al-Heddschadsch bei der Übernahme der Verwaltung der Provinz Jrak im Jahre 7o diese Münze Musab"s änderte, so beschränkte sich diese Änderung nach *) Diese siud : a.4ä 2-2ÖS Gr. — Behislan — «. öö . 2-238 » — Basa — Zijad ben Abu Sofian a.60 2-323 » — Basra — Obeidaliah ben Zijad a.6S . 2 ■ 636 „ — Adserbeidschaii — Abdallah ben? -) Verg-I. die Bemerkung- Stickel's hiezu in der Zeitschr. der deutsch-morgeiil. Gesellschaft, Bd. XX. p. 344. -1 1. c. p. 17. Die Nominale der Münzreform des Chalifen Abdulmelik. 237 dem Zeugnisse desselben Makrizi i) bloss auf die Umschrift, indem der früheren bereits angeführten Legende die Worte „im Namen Gottes Heddschadseh" substituirt wurden 3). Diese Nachrichten werden in überraschender Weise von den Münzen selbst bestätigt, da sich Dirheme aus der Zeit vor Abdui- melik's Reform finden, deren Gewicht keine andere Deutung derselben als auf den sogenannten legalen Dirhem zulässt. Ich stelle sie hier zusammen nnd bemerke, dass bei der damaligen ungenauen Präge Gewichtsdifferenzen bis zu 0-2 Gr. nichts Auffallendes oder Bedenk- liches haben. * a. 63.— 2-991 — ? — Obeidallah ben Zijad a.43 — 2-907 — Darabgird - Zijad ben Abu Sofian a. 2 - 2-85 - ? _ „ „ „ „ «.54 — 2-835 — Schadscha — „ „ „ „ a. 61 - 2.80 — ? — Obeidallah ben Zijad «•67 — 2-787 — Zadrakarta — ? a.5l — 2-715 — ßasra — Zijad ben Abu Sofian. Diese Wägungen genügen, um die Existenz des legalen Dirhems vor Abdulmeliks Reform festzustellen, und die Richtigkeit der Angabe arabischer Quellen über die Präge Zijad's ben Abu Sofian darzuthun. Abdulmelik fand demnach bei seiner Münzorganisation den legalen Dirhem als effectives Nominal vor, und beschränkte sich diesen mit Beseitigung der älteren ungenau ausgebrachten Münz- sorten zur alleinigen Geltung zu bringen. Wenn nun Abdulmelik die Priorität derCreirung des Dirhems von 2-97 Gr. abzusprechen ist, so drängt sich die Frage nach der Zeit, in welcher dieselbe stattfand, auf. Wir sind hier zu einem schwierigen Punkte dieser Erörterung, nämlich zum Dirhem Omar's gelangt. Nach Makrizi's Angabe schlug Omar Dirheme auf das Verhält- niss von 6:10 bezüglich des Mithkals. Die Stelle lautet: „Damals *) de ponderibus p. 37. ^) Dass Heddschadseh mehrere Sorten von Dirhemen schlagen Hess, wird ausdrücklich gesagt (1. c. p. 25). Gleiches zeigen die von Abulmahasiu etc. beigebrachten verschiedenen Aufschriften seiner Silbermünzen. Dieselben sind: >-i^l AJUl *«J -^=^1 AÜl^^i» JJ , und ^'^l Aill _Xrs-l aUI Die letztere gehört wohl in die Zeit der Münzreform Abdulmelik's. Sitzb. d. phil.-hist. CI. LXV. Bd. U. Hit. 19 J>58 Bergmann (im Jahre 18) Hess Omar Dirheme mit denselben Typen, wie sie zu den Zeiten des Chosroen im Gebrauche waren, und in gleicher Form prägen, nur dass er auf die einen die Worte „Lob sei Gott", auf andere „Muhammed ist der Gesandte Gottes", auf andere wieder „Es gibt keinen Gott ausser Einen Gott." oder auch seinen Namen „Omar" hinzusetzte i). Er regelte ihr Gewicht nach dem Verhältnisse von 10 Dirhemen für 6 Mithkals. — Bevor wir die Richtigkeit dieser Nachricht untersuchen, ist es vor Allem nöthig, in Klarheit darüber zu kommen, wie der Schlusssatz der angezogenen Stelle aufzufassen sei, ob nämlich unter dem Worte Mithkal der Dinar oder der eigent- liche Mithkal mayal zu verstehen sein dürfte. Zu Gunsten der letz- teren Deutung lässt sich allerdings geltend machen, dass der Dinar oft mit dem Mithkal mayal verwechselt wurde. In diesem Falle würde sich der Dirhem Omar's nach der Proportion 4-72 :a? = 10:6, auf 2-83 Gr. stellen und in nicht sehr bedeutender Weise von dem legalen Dirheme von 2-97 Gr. differiren. Andererseits, und diese Erwägung ist hier wohl entscheidend, wird in den arabischen Quellen durehgehends die Darstellung der verschiedenen Münzfusse durch eine zwischen dem legalen Dirhem und dem Dinar gezogene Relation gegeben. An dieser wurden die Schwankungen der Präge in einfacher und zugleich vollkommen deutlicher Weise aufgezeigt. Es ist daher kein Grund abzusehen, dass Makrizi in der angezogenen Stelle mit dem Worte Mithkal nicht den Dinar, sondern den Mithkal mayal gemeint oder selbst eine von ihm benützte Quelle, in \velcher er diese Angabe fand, missverstanden habe. Unter der Bezeichnung Mithkal kann also nur der Dinar gemeint sein und es würde sich, die Rich- tigkeit der gegebenen Relation von 6: 10 vorausgesetzt, das Gewicht des Omarischen Dirhems auf 2-55 Gr. stellen und mit dem bereits erwähnten Dirhem von «/jo Mithkal zusammenfallen. In diesem Falle aber gerathen wir in unlösliche Widersprüche mit den weiteren Nachrichten über den Dirhem Moawias. Dieser Chalife verringerte nach letzteren wegen einer finanziellen Verlegenheit den Omar'schen Dirhem in der Weise, dass derselbe niclit mehr 6 Danek sondern •) Hinsichtlich der Typen und Aufschriften liegt hier wohl eine Verwechslung mit den Münzen des Statthalters Omar hen Ubeidallah vor; das gleiche gilt aber nicht für die Gewichtshestimmung, die für unseren Zweck massgebend ist, da die Dirheme des eben genannten Omar mit dem arab.-sasan. Silberstücke von circa 3"9 Gr. Nor- malgewicht übereinstimmen. Die Nominale der Müiizreforiii des Chalifen Abdulmelik. -CO 9 Aveniger 1 oder 2 Habba also circa 2*87 Gr. wog i)- DerDirhemOinar's muss also 6 Danek gewogen haben oder auf das Verhcältniss von 7:10 geschlagen worden sein. Damit trifft die Angabe Ibn Chalduns zusammen, dass Mosab ben Zubeir und al Heddschadsch, welche, wie ■wir aus Makrizi wissen, Dirheme auf die Relation von 7:10 be- züglich des Dinar's schlugen, hiebei dem Beispiele Omars folgten s). Die Bestimmung des omarischen Dirhems im jetzigen Texte Makrizis ist daher unrichtig und der Fehler wahrscheinlich auf Rech- nung eines späteren Copisten zu setzen. Die Existenz eines Dirhems von 6/,o Mithkals oder Dinars wird hiemit nicht in Abrede gestellt, nur war er eben nicht das Nominal Omar's, in welchem Falle sich doch auch in anderen Quellen hievon eine Nachricht finden würde. Dieser Dirhem von 2-55 Gr., der der sasanidischen und der bizantinischen Präge fremd ist, dürfte eine, sei es durch Zijad, sei es durch Jemand anderen eingeführte Münzsorte sein, welche vielleicht in Folge einer Münzreduction geschlagen wurde ^). Eine endgiltige Entscheidung hierüber wird erst möglich sein, wenn einmal eine grössere Anzahl Wägungen vorliegen wird. Die Herleitung des legalen Dirhems von einer durch Omar ins Werk gesetzten Operation, nämlich der Summirung der Dirheme bagli und tabari, ist am plausibelsten. Keine fremde Präge bietet ein Nominal dar, das dem Dirhem Omars entspräche; mag man ihn zu 2 97 oder 2*83 oder 2*55 Gr. ansetzen, immer bleibt der Nachweis seines ausländischen Ursprunges gleich misslich, selbst wenn man bis auf den Dinar der Republik oder den Antoninian zurückgeht. Noch weniger gerechtfertigt erscheint seine Deutung als Halbstück des Miliaresion's, welches nicht, wie irrig behauptet worden, auf i/go» sondern vielmehr nach der überzeugenden Darlegung Mommsens*) auf 1) Wenn darauf gesagt wird, dass Zijad ben Abu auch Dirheme auf den Fuss von 7:10 bezüglich des Dinares geschlagen, obwohl doch Moawia seinen Dirhem etwas leichter ausbrachte, so ist das eine nicht in Betracht kommende Ungenauig- keit, da es sich um minimale Gewichtsunterschiede handelt, v. Makrizi p. 10. ■2) So schreibt auch Muradgea nach türkischen Quellen Omar die Creirung des lega- len Dirhems zu; vergl. auch die Bemerkung Flügels in der Geschichte der Araber Leipzig 1867 p. 137. ^J Die Angabe bei Makrizi (p. 9), dass die Dirheme des Heidenthumes Vio Mithkal wogen, widerspricht nicht nur andern Daten desselben Schriftstellers, sondern auch den bisher bekannt gewordenen Münzen. *j Geschichte des römischen Münzwesens p. 787. 19' 260 Bergmann y72 des römischen PfunJes geseliLigen wurde. Dasselbe hatte also ein Normalgewicht von 4-i)S Gr. und seine Hälfte oder die Siliqua wog nicht i/i2o sondern 1/144 Pfund. Wir wissen jetzt ferner, dass das sogenante Lepton von 1 3/4 siliqua nur ein anderer minder ge- nauer Ansatz für das Miliaresion von 1/12 des römischen Pfundes war und in der wechselnden und schwankenden Relation des letzteren zum Solidus seinen Grund hatte. Es könnte hier nur das Silberstück von i/eo Pfund herangezogen werden, das in der noch constan- tinischen Zeit bis auf Magnus Maximus herab sich findet, und dessen Halbstück etwas leichter war als der legale Dirhem. Dieses Nominal jedoch wurde nur in geringer Menge und vorzugsweise als Festmünze ausgebracht und verschwand im 4. Jahrhunderte; es ist daher wenig wahrscheinlich weder dass es bei den Arabern vorzugsweise cour- sirte, noch dass es zum Muster für ihre neue Silberpräge wurde 1). Der legale Dirhem also war ein den Arabern eigenthümliches und von ihnen selbst aus der sasanidischen Silbermünze geschaffenes Nominal und kein arabischer Schriftsteller bericlitet etwas von dem ausländischen Ursprünge desselben, der sich doch in der Tradition erhalten hätte. Er existirte aber, wie auch die Münzen zeigen, bereits vor Abdulmelik's Münzreform und wurde durch Omar ins Leben ge- rufen. Dieser war der erste Chalife, welcher das arabische Staats- wesen begründete und ihm eine finanzielle und judicielle Organi- sation gab. Er systemisirte die Abgaben und fixirte zuerst die Grund- steuer. Bei diesen Reformen erkannte er, dass den mannigfachen und in keiner Relation zu einander stehenden Münzsorten, welche nebeneinander coursirten, die Creirnng einer otTiciellen und gesetzlich normirten Münzeinheit nöthig sei. Er schuf daher ein neues Nominal, welches auf den spätem sasanidischen Münzfuss basirt war, sich jedoch eigenthümlich darstellte und den officiellen Finanzoperationen zu Grunde gelegt wurde. Omar blieb aber hiebei auf halbem Wege stehen und anstatt diese neue Münze zur Geltung zu bringen, wurde im Gegentheile die Hauptmasse des Silhergeldes noch fortwährend auf den Dirhem bagli und tabari ausgebracht. So behielt der legale Dirhem bis auf Abdulmelik's Zeit herab, mehr den Charakter einer fictiven Rech- 1) Das Vorkommen ganz vereinzelter vermiinzter Silberstücke, wie z. B. eines von Justinian I. zu 2"9 Gr. bedeutet nichts; eben so wenig können die viel später auf den arabisclien Dirhems gesclilagenen Silbermünzen des Basilius Macedo hier in Betracht kommen. Die Nominale der Miinzreform des Chalifen Aljdulmelik. Zöl nungsmünze als eines effectiven Nominales. Erst Abdulmelik machte ihn zur ausschliesslichen Basis seiner Silberpräge und gab ihm ara- bische Aufschriften. Dieser Sachverhalt schimmert auch in der Dar- stellung Ihn Chaldun's über das älteste arabische Münzwesen durch, wenn er gleich seine Meinung nicht in so bestimmter Form ausdrückt. Fassen wir nun das Wesen der Münzorganisation Abdulmeliks zusammen, so stellt sich dieselbe als aus der Verbindung römischer und sasanidischer Nominale hervorgegangen dar. Abdulmelik schuf kein neues Nominal weder für die Gold- noch für die Silberpräge, sondern beschränkte sich auf die Herübernahme gewisser Nominale aus dem römischen Münzsysteme, und auf die Behaltung des von Omar creirten und aus der persischen Silberpräge entsprungenen legalen Dirhems. Diese traten an die Stelle der bisher coursirendeu mannigfachen Müiizsorten und wurden nunmehr allein in den ara- bischen Münzstätten geschlagen. Als Münzeinheit wurde das Exagium solrdi Romani zu Grunde gelegt und auch efFectiv wenngleich in erster Zeit nur in geringer Menge ausgebracht i). Für die gewöhn- liche Goldmünze oder den Dinar ward der römische Solidus dieser Zeit zum Muster genommen, für die Silbermünze der legale Dirhem, so dass beide im Verbältnisse von 10:7 bezüglich ihres Gewichtes zu einander standen. Indem Abdulmelik in solcher Weise an die Stelle der bisherigen Regellosigkeit des arabischen Geldwesens ein festgegliedertes Münzsystem setzte, und demselben zugleich einen nationalen Münztypus verlieh, erschien er in den Augen der Araber und ihrer Historiker als Begründer und Urheber des arabischen Münzwesens und in der That blieben die von ihm in die arabische Geldpiäge eingeführten Nominale für Jahrhunderte die herrschenden und nahezu ausschliesslichen in den Ländern des Islams. Es bleibt noch die Erörterung eines wichtigen Punktes übrig, nämlich der Metallwährung, welche Abdulmelik für sein neues Münz- system adoptirte. Um hierüber ins Klare zu kommen, ist es nöthig, die verschiedenen Theilstücke der Gold- und Silberpräge, den Fein- gehalt des Metalles und das Werthverhältniss des Goldes zum Silber zu kennen. 1) Eine ein^enthümliehe Erscheinung ist es, dass der Mithkal mayal sich in späterer Zeit so unter Al-Muktadir und Al-Nacer häufig als Goldmünze findet, jedoch, wenigstens hisher, niemals in Silber, wohl in Folge davon dass die Arabische Silberpräge aus dem sasanidischen Münzsysteme entsprungen war, das den genann- ten Mithkal nicht kannte. 262 Bergmann Mit dem Solidus wurden aus dem byzantinischen Münzsystem auch der Semis oder das Halbstück und der Tremissis oder Triens herübergenommen. Das erstere findet sich bereits in der Präge Walid's I. aus dem Jahre 91 zu 2-035 Gr., zwei andere halbe Dinare aus dem Jahre 100 wiegen je 2-04 Gr. ') und 2-01 Gr. Der Triens tritt gleichfalls unter Walid schon auf; zwei hiehergehÖrige Stücke aus den Jahren 94 und 96 wiegen 1-400 Gr. und 1-405 Gr. Viertel- stücke des Dinars aus so früher Zeit sind noch nicht publicirt worden; das älteste mir bekannte zu 1-040 Gr. vom Jahre 174 datiit aus der Zeit Harun's. Eben so gehören die Multipla des Dinars nach den vorliegenden Münzen alle einer späteren Zeit an und finden sich die Nominale von l'A"). IVaO' ^'^'^ ^*)' ^'AO ^ Dinaren s). Grössere Goldstücke oder Goldmedaillons wurden bisher noch nicht edirt, obwohl solche unzweifelhaft geschlagen wurden. Medaillons von 10 Dinaren werden bei den Historikern öfter erwähnt, jaMirchond erzählt gar von Riesenmedaillons zu 1.000 Dinaren'). Derlei Multipla waren zu Geschenken bestimmt. ') Castiglioni dell'uso cui erano destinati i vetri p. ö2 mit der Aufschrift ^Jül ( ß >yS "~^ j'*' s) (Lj J3 Vergl. über den Danek die Stelle bei Suidas. 2) So sagt Abulmahasin: J^ü J^l -3^-JjJ1j <)oJl)IsL1_j d^jy^\ J^\jJ\\ JUJlT^ und weiter: .- . •>^Jj'' i/*' ^ "^^ iV* '-' J J t*>ljjJl jjt>._5 ^1 J^ j, S>j> oll Ij^ J> j^ Ai ül^ J^ Dass das Verhältniss von 7: 10 bezüglich des Dinars für den normalen Dirhem constant blieb, zeigt die stehende Redensart: Ag«*iJ ÖJ5 c-^^ ^Lo ^>~o O..A^l nämlich w-».Ä>.Ai| j_J-JUo Die Nominale der ."Miinzreform des Chalifen Abdulmelik. 265 In Betreff des Feingehaltes der Münzen zumal der frühesten Zeit liegen fast keine Untersuchungen vor und das betreffende Münz- material des kaiserlichen Cabinetes ist so gering, dass ein voll- kommen sicheres Resultat hiefür nicht gewonnen werden kann. Doch darf als Durchschnitt festgehalten werden, dass die beiden edlen Metalle in gleicher Weise mit möglichst genauem Feingehalte zu 0-87 Percent ausgemünzt wurden; dass auch hierin Schwankungen vorkamen, zumal beim Dirhem, zeigt die angezogene Stelle Abül- mahasin's. Das Verhältniss des Goldes zum Silber stellt sich für die erste Zeit auf 14:1, da nach dem Zeugnisse Dschaiihari's der Dinar damals zwanzig Dirheme galt i). Der Ansatz de Sacy"s, der den Werth des Dinars auf 1 0 Dirheme bestimmte, kann dagegen nicht bestehen, und die Berechnung, durch welche er zu diesem Resultate kam, ist nach- weisbar falsch. Er ging von der Nachricht aus, dass für die Summe von 200 Dirhemen eine Steuer von 5 Dirhemen, dagegen für 20 Dinare eine Steuer von 1/2 Dinar zu entrichten war, und schloss hieraus, dass das Werthverhältniss des Goldes zum Silber sich auf 10: 1 stelle und 1 Dinar 10 Dirheme galt. Hierbei ist aber der Gewichtsunterschied des Dinars und des Dirhems unberücksichtigt geblieben, welche nach der Sacy'schen Bestimmung gleiches Gewicht haben müssten, wäh- rend thiitsächlich 20 Dinare nicht so viel wie 20 Dirheme, sondern vielmehr nur wie 200^/. Dirheme wiegen. Wenn ferner ! Dinar 10 Dir- heme galt, so Mürde sich, da der erstere 4-2ö Gr., der letztere 2-97 y 10 2-97 Gr. wog, eine Relation von ^—^ = 7:1 zwischen Gold * 4-25 und Silber ergeben, die offenbar zu tief gegriffen ist. Die Angabe Dschauhari's, dass der Dinar 20 Dirheme galt, ist um so glaub- würdiger, als damit das damalige Werthverhältniss von 4:1 zwischen Gold und Silber im byzantinischen Münzwesen zusammentrifft. Wenn wir nun uns der ungemein genauen Ausmünzung des Dinars und dagegen des schwankenden Gewichtes des Dirhems so wie der Mannigfaltigkeit der in Gold geschlagenen Nominale erinnern, so kann es nicht zweifelhaft erscheinen, dass das Gold bereits in erster Zeit als primäres Metall bezeichnet werden darf. ') V. Golius s. V. i^^ 266 Bergmann, Die Nominale der Miinzrefoim des Chalifen Abdulmelik. Bei dem anfänglich ziemlich gleichen Feingehalte des Goldes und Silbers, tritt das Vorschlagen des ersteren Metalles allerdings bis auf die abbasidische Zeit herab nicht mit so grosser Schärfe hervor als später, vielmehr gleichen die Geldverhältnisse jenen der ersten römi- schen Kaiserzeit, wo anfanglich beide Metalle nahezu coordinirt waren, jedoch die zukünftige Goldwährung aus einzelnen Indicien sich bereits erkennen lässt. Die constant zunehmende Ungenauigkeit der Silberpräge und die von den arabischen Quellen berichteten Devalvirungen des Üirhems zeigen aber, dass letzterer immer mehr und mehr Creditmünze wurde i). Der Dinar blieb von diesen finan- ziellen Katastrophen gewöhnlich unberührt, und nur der Dirhem stieg und fiel häufig in Folge seiner schlechten Ausmünzung. Dies ist aber das Charakteristische der Creditmünze oder des secundären Metalles, dass es im Verhältnisse zum primären zu hoch ausgebracht, der plötzlichen Entwerthung und dem Discredlte preisgegeben ist. In der schwankenden Silberpräge Ahdulmelik's und seiner Nach- folger, die anfänglich jedoch noch den möglichst besten Feingehalt hatte, liegt bereits der Keim des späteren Verfalles des arabischen Münzwesens, und die noch zu schreibende Geschichte desselben wird zeigen, dass es auch in dieser Beziehung in der Bahn blieb, welche ihm durch seinen Gründer vorgezeichnet worden war. IJ Eine Zusammenstellung- dieser sehr zerstreuten Nachrichten würde hierüber interessante Aufschlüsse geben. Zum Erweise der Richtigkeit der oben gemachten Bemerkung will ich nur ein Paar Daten anführen. Wenn Abulfeda unter dem J. 330 sagt, dass der Dinar in dieser Zeit 13 Dirheme galt, so zeigt dies, dass das Ver- hältniss des Goldes zum Silber auf 9 : 1 herabgesunken war und das Silber über seinen Werth und als Creditmünze Cours hatte. So galt der Dinar Muezzi, vom Nominalgewichte zu 4"23 Gr., loV2 Dirheme, während später unter Al-Hakim das schlechte Silbergeld so verrufen war, dass schliesslich für einen Dinar bis zu 34 Dirheme gegeben wurden. — In viel späterer Zeit setzte der Mamluken- sultan An-Nasir den Werth des Dinars, der bisher 20 Dirheme galt, auf 25 fest. — Dass der Dinar auch bisweilen Verschlechterungen, wie z. B. unter dem Chalifen Ar-Radhi erlitt, ist begreiflich. Höfler, Untersuchung der Frage, ob Griechenland etc. -^67 Abhandlungen aus dem Gebiete der alten Geschichte. III. Untersuchung der Frage, ob Griechenland mit der Zer- störung Korinths römische Provinz geworden sei. Von C. Höfler. Zerstörung Griechenlands durch die Hellenen. So gross auch das Unglück war, welches der unbesonnene, ja tollkühne Kampf der Achäer gegen Rom im Jahre 146 vor Christus über Griechenland brachte, er hätte sich für hellenische Freiheit, Staatsleben und den hellenischen Volksstamm selbst nicht so entsetz- lich gestaltet, wenn nicht einerseits die Katastrophe von Grossgrie- chenland und Sicilien, andererseits die systematische Vernichtung der Hellenen durch Hellenen im Mutterlande ihm vorausgegangen wären. Es war ein zweischneidendesSchwert, was Perikles auf der Höhe athenischer Macht und Herrlichkeit als Princip des von ihm gelei- teten Staates aussprach, dass Athen über Griechen herrsche i) und der frühere Wettkampf der Athener mit den Barbaren somit in einen grossen hellenischen Bürgerkrieg umgeschlagen war. Es bedurfte nur mehr des peloponnesischen Krieges, um die schnöden Thaten der Hellenen gegen Hellenen, den Untergang ganzer Städte, die Sciaverei oder Vernichtung ihrer Bevölkerung zu erblicken. Das Schicksal, welches die Spartaner frühe den Heloten und Messeniern bereitet, rückte auch andern griechischen Völkern 1) 'EXXyjvwv T£ özi "EXXyjvej TT^stffrwv 5ri rjp^o:iJ.e-J. Thukydides II. c. 64. 268 Höfler immer näher, bis endlich der peloponnesische Krieg; in einen Ver- nichtungskampf der Hellenen überging. Ohne Rücksicht auf die grossen Thaten ihrer Ahnen bei Salamis wurden die Agineten von den AthensBern aus ihrer Insel vertrieben, weil sie im saronischen Meerbusen in nächster Nähe von Salamis keine Feinde dulden konnten. Die gefangenen Thyreaten wurden in Athen ermordet. Als im fünften Kriegsjahre die Athenaeer den Aufstand der Lesbier nieder- geworfen, beschlossen sie alle mannbaren Methymnaeer zu tödten, Weiber und Kinder als Sclaven zu verkaufen. Dieser Beschluss ward zwar wieder zurückgenommen, aber doch wurden mehr als 1000 Ein- wohner als Haupturheber des Abfalles getödtet, was Thukydides ohne jede weitere Bemerkung erzählt i). Als die Lakedämonier in Verbin- dung mit den Thebäern Platää eingenommen hatten, von welchem nur 212 Einwohner nach Athen entronnen waren 2), mordeten sie die übrigen, welche die Hungersnoth und Belagerung übrig gelassen hatten, machten Frauen und Kinder zu Sclaven und zerstörten die Stadt, unbekümmert um ihre hohen Verdienste um die gemeinsame Sache Griechenlands s). Die kerkyräischen Demokraten mordeten alle diejenigen, welche angeblich die Volksherrschaft stürzen wollten, ohne Rücksicht auf das Heiligtluim der Hera, in welches sich die T'nglücklichen geflüchtet. Und jede Todesart, sagt Thukydides*). ^\urde angewendet: der Vater tödtete den Sohn, sie wurden aus dem Heiligthume geschleppt, bei demselben getödtet, einige im Tempel des Dionys eingemauert, wo sie auch starben. Was so be- gonnen worden war. Wurde im siebenten Kriegsjahre auch auf dieje- nigen Kerkyräer ausgedehnt, welche sich auf dem Berge Istone ver- schanzt hatten '^), aber von den Athenaeern gefangen genommen und an die Kerkyräer ausgeliefert worden waren. Als die Gegenpartei vernichtet worden war, hörte freilich der innere Kampf auf«). Er war in einen Vertilgungskrieg ausgeartet. In dieser Art und Weise nahm der Krieg eine immer blutigere Wendung. Als sich die Einwohner von Melos 416 den Athenern ergaben, tödteten diese alle männlichen Einwohner und machten Weiber und 1) in. öo. 2) HI. 24. 3) HI. 68. *) IIl. 81. 5) p. 48. 6) Kai y; aroL^i: koIky) 'ysvoiAs'vyj s-sXjyryjaev £v roviw. Unters, il. Frnge, ob Griechen!, m. d. Zerstör. Koriiitlisröm. Prov. geword. ,609 Kinder zu Sclaven i). Eben so geschah es mit Skione. Als das grosse athenische Heer in Sicilien von 40 — 60.000 Mann auf etwa 7000 herabgesunken war, wurden auch diese, in wie ferne sie nicht der Misshandhing erlagen, als Sclaven verkauft 2). 3000 athenische Gefangene Hess Lysander nach der Schlacht an den Ziegenflüssen (405), hinrichten s). Die Samier mordeten ihre angesehensten Ein- wohner. Nur der Widerspruch der Spartaner hinderte, dass die Athenseer nicht nach einem gemeinsamen Beschlüsse der siegenden Hellenen ausgerottet wurden. Aber Pest, Krieg und Hunger hatten das Ihrige gethan. Die Kekropiden starben aus. Es bildete sich ein Neu-Athen auf altem Grund und Boden. Die Beendigung des peleponnesischen Krieges brachte nicht blos die äusserste Schwäche Athens hervor; sie setzte an die Stelle des offenen Kampfes die Ausrottung der demokratischen Fraction, wie in Melos durch Lysander, in Korinth, Megara, Phlius, Elis, Mantineia. In Argos wurden 12 — loOO angesehene Bürger erschlagen. Eine Zeit des Verrathes, brutaler Gewalt, der Hinterlist und des Mordens war über Griechenland gekommen, die man sich nicht ärger vorstellen kann, als sich glücklich noch durch die thebaeisch iakedä- monischen Kriege eine Ableitung des Einzelmordens in zwei grosse Strömungen bildete, die die kleineren in sich aufnahmen. Nach der Schlacht von Mantineia wurde es noch ärger. Plünderten die Arkader die Schätze zu Olympia, so begann jetzt die grosse Plünderung des delphischen Schatzes durch die Phokäer*). Dann gesellte sich der grosse phokäische Krieg dazu, nach dessen Beendigung 23 Städte wüste lagen; Greise, Weiber und Kinder durften in der Heimath bleiben, die Reste des Volksstammes wurden nach Philippopolis und Kabyla verpflanzt. Die grosse Schlacht bei Chäroneia, 7. August 338, brach die Macht der Thehäer wie die der Athenäer. Dann erfolgte aber erst noch die grosse Niederlage der Thebäer durch Alexander. 6000 Mann wurden erschlagen, 30.000 als Sclaven verkauft, nur die Kadmeia verschont, in diese aber eine macedonische Besatzung gelegt. Die Misshandlung Platää's durch die Thebäer diente jetzt als 1) Thudes V. 16. 2) VI. 86. 87. 3) Xenophon, HeU H, 1. '*) In der macedonischen Zeit plünderte Telesphoros den Tempel von Olympia und nahm 300 Talente Silber, die aber Ptolemäos wieder ersetzte. Diodor. XIX, 119. 270 H ö f 1 e r Vorwand Theben das gleiche Schicksal zu bereiten i)- Wenige Jahre später erlitt der spartanische König Agis II. durch Kassander die grosse Niederlage bei Megalopolis, wo mit 5000 der Seinigen der König tiel. Im lamischen Kriege erlitten die Athenseer nicht bloss eine grosse Niederlage, sondern den Verlust von 12.000 Bürgern, die aus- wandern mussten. Bekannt ist, wie rasch die spartanische Bevölke- rung sank, das Grundeigenthum in die Hände der Frauen kam, der innere Kampfsich im dritten Jahrhunderte auch dahin verpflanzte. Der durchgängige Mangel an Einheit in der griechischen Geschichte hatte sich auf ihrem Höhepunkte schon recht empfind- lich bemerkbar gemacht; er bewirkte, dass zum inneren Verfalle sich die Angriffe von Aussen gesellten, dass die verschiedenen Theile der griechischen Welt sich völlig von einander lösten und einer nach dem andern der Fremdherrschaft verfiel. Da war das grosse Sybaris von Hellenen selbst zerstört, das wichtige Cumä samnitisch, Selinus, Akragas, Himera von den Puniern zerstört worden, von welchen es heisst, dass sie einen Theil ihrer Ge- fangenen zu kreuzigen, den anderen auf das Schändlichste zu misshandeln pflegten 2). Auf Messapier, Lukaner, Bruttier folgten in Grossgriechenland die Römer wie in Sicilien auf die Panier. Als Pyrrhos vergeblich in Italien wie in Griechenland gegen Römer wie gegen die Panier die griechische Sache zu retten gesucht, sank diese in beiden Ländern für immer. Zur punischen Zerstörung hellenischer Städte hatte Dionys eine griechische hinzugefügt, als er die Bürger von Naxos und Katania als Sclaven verkaufte, die Mauern und Häuser zerstörte, das Land der Naxier den Sikelern, also Nichtgriechen, zuwandte, die Leontiner nach Syrakus übersiedeln mussten s), erMessane*), Kaulonia 5), Hipponion zerstörte. Dann setzten sich campanische Soldaten in den Besitz von Rhegion, wo sie die Männer erschlugen, Weiber und Kinder sich aneigneten, Mamertiner sich in den Besitz von Messane. Hierauf kamen erst noch die schlimmen Zeiten des zweiten punischen Krieges, die Eroberung von V) Doch erstand es wieder, so dass es 313 als grosse Stadt (Polysperchon's) galt. Grauert S. 317. «) Diodor XIV. 3. ^) Diodor XIV. 14. 20. ^) 1. c. XIV. 38. ^) 1. e. XIV. 106. 107. Unters, d. Frage, oli Griechen!, m. d. Zerstöi'. Korinths röm. Prov. geword. ä7 1 Syrakus durch Marcelliis, die Leiden Grossgriechenlands durch Hanni- bal, derThurii plündern Hess, SSOOEinwohnernachKroton verpflanzte, dann von Stadt zu Stadt zog, die Bewohner zwang ihre Heiinath zu verlassen, worauf diese dem Hasdrubal zur Plünderung überlassen wurde. Als der punische Feldherr endlich Italien, dessen Geissei er so lange Zeit gewesen, verliess, befahl er noch alle Italer, die unter ihm gedient hatten, entweder zu Sclaven zu machen oder geradezu mit Wurfspiessen niederzuschiessen i). Als der zweite punische Krieg zu Ende ging, um durch den zweiten macedonischen abgelöst zu werden, hatten Messane, Syrakus 2) und die übrigen Griechenstädte Siciliens an dem jährlich wechselnden Prätor ihren Herrn gefunden, drohten in Italien griechischen Rücken die Ruthen, dem Nacken das römische Beils), -waren Rhegium und Tarent dahin gekommen, dass von ihnen gesagt wurde, es sei Rom durch ihre Ruinen gross geworden *). Im Mutterlande war es während dieser Zeit nicht viel besser zugegangen. Nur eine Neuorganisation des spartanischen Staates, in welchem 2/5 des Grundbesitzes in den Händen der Frauen waren, konnte diesem noch aufhelfen. Als Agis III. sie durch Vernichtung der Schuldbücher, durch eine Neuvertheilung von Grund und Boden durch eine Dictatur und eine Revolution von Oben nach Unten ver- suchte , scheiterte sein Bemühen am Widerstände der Ephoren, welche schon seit Langem der Hammer des Königthums geworden waren. Agis wurde im Gefängnisse ermordet. Aber dem Sturze des Königthums folgte schon unter Kleomenes 226 der Sturz des Ephorates und die anfänglich siegreiche Entfaltung der spartanischen Macht nach. Da wurde Megalopolis geplündert und verwüstet. Gemälde und Statuen nach Sparta geschleppt, die EiiiMohner retteten kaum das nackte Leben. 300 Talente löste Kleomenes vom Verkaufe ge- 1) Appian. VII. 57. 38. 39. 2) Urbem Syracusas maximara esse Graeearum urliium pulcherimamque omuium saepe audistis. Cicero. Messanam et Syracusas et totam Siciliam ipsi habent vectigalemque provinciam securihus et fuscihus suhiecerunt (Romani). Liv. XXXI. c. 29). 3) Virgae tergo, secures cervicibus imminent. Liv. XXXI. 29. '*) Rhegium -Tarentum lapsum — quorum ruinis crevit urbs Romana I. c. Magna Graecia , heisst es bei Cicero de amicitia c. 3. quae nunc quidem deleta est, tum florebat, etc. 272 H ö f I e r fangener Megalopoliten. Dann kam das Verhängniss über ihn. Er wurde 222 bei Sellasia geschlagen, verlor seinen Bruder und Mit- könig, 6000 Lacedemonier, 6000 Miethsoldaten. Mit 100 Spartiateii rettete er sich; aber die Heimath musste er autgeben und verlor dann, der letzte Herakleide, sein Leben in Alexandrien. Die schreck- lichsten Zeiten kamen über Sparta die systematische Ausrottung der Spartaner durch Nabis '), ein Elend ohne Gleichen, zugleich ein blei- bender Zwiespalt zwischen den Laconiern und dem achäischen Bunde, der endlich zur Vernichtung des letzteren führte. Atolier schleppten SO. 000 Menschen aus dem Vaterlande des Agesilaos weg. Aber auch Arkadien ward in das allgemeine Elend hineingezogen, da die Mace- donier Orchomenos plünderten, Mantineia zerstörten, die Einwohner als Sclaven verkauften. In Messene fand die d-(xi}Ma. ävdooiy, ein grosses Blutbad durch die Macedonier statt. Nur wenige Städte hatten sich vor dem Einbrüche der römischen Periode von den nach- haltigsten Wehen des äusseren oder inneren Kampfes frei erhalten. Hand in Hand damit ging die allgemeine Verarmung, Schon als die Athener im Vereine mit den Thebanern den Krieg mit Sparta unternehmen wollten und zu diesem Ende der Kriegssteuer wegen ganz Attika und allen Privatbesitz abschätzen Hessen, betrug der Werth des ganzen Besitzthums von Attika nuroToSTalente =). In den Tagen des Polybios, welche dieser selbst als die des grössten Wohl- standes bezeichnete, konnte seiner Berechnung nach aus dem ganzen Peloponnes an beweglichem Eigenthum und mit Ausschluss der Per- sonen — nicht die Summe von 6000 Talenten gezogen werden. So viel betrug aber der Schatz, welchen die Römer bei dem Umstürze des makedonischen Königthums in Samothrake erbeu- teten s), beinahe so viel bezogen die römischen Kaiser an jährli- chen Einnahmen aus Ägypten *). Den grössten Gewinn brachte der Verkauf Freier als Sklaven. Dadurch ward es dem König Kleo- menes möglich seine Kriege zu führen; Sclaven zu erhalten war das Hauptziel der ätolischen Räuberpolitik. Als Eumenes, König von Per- gamos mit König Philipp von Macedonien im V^ereine mit den Römern 1) über die Ausrottung der Spartaner durch Nabis: Polyb. Xllf. 6. 2) Polb. II. 62. 3) Polyb. XVIII. 14. *) Diodor. XVII. 2. Unters, d. Frag-e. ob Griechen], m. d. Zerstör. Korinths röra. Prov. geword. 273 Krieg führte, wurde bestimmt, dass jenem die Städte, diesen die Einwohner gehörten i). Der ärgste Schlag gegen die griechische Race erfolgte aber aus ihrer eigenen Mitte. Wenn in Sparta drei oder vier Brüder eine Frau hatten 2), so hatte letztere drei oder vier kräftige Männer, diese aber nur Eine Frau, und die Bevölkerung nahm bei dieser abscheu- lichen Unsitte nur ab, nicht zu. Auch wenn die Spartanerinnen Heloten den Spartiaten vorzogen, ward es nicht besser. In unseren Zeiten schreibt Polybios, ist ganz Griechenland von einer Kinder- losigkeit und überhaupt von einer Abnahme der Bevölkerung 3) be- troffen worden, in Folge deren sowohl die Städte entvölkert sind, als auch Unfruchtbarkeit eingetreten ist, obgleich wir weder von un- unterbrochenen Kriegen noch von ansteckenden Krankheiten heim- gesucht wurden. Da nämlich die Menschen in Grossthuerei, Hab- sucht und Vergnügungssucht verfallen sind und sich weder verhei- rathen, noch, wenn sie sich verheirathen, die ihnen gebornen Kinder aufziehen mögen, sondern die Meisten höchstens eines oder zwei aufziehen, um diese als reich zurückzulassen und sie in Üppigkeit aufwachsen lassen zu können, so ist das Übel unbemerkt binnen Kurzem so hoch gestiegen*). In Boötien lebte man für Schmau- sereien und Trinkgelage 5) und ging die Bevölkerung geistig und körperlich zu Grunde. Es war Sitte, dass die Kinderlosen ihr Vermögen zu Schmausereien vermachten; selbst viele von denen, die Nachkommenschaft hatten, bestimmten wenigstens einen Theil zu Syssitien, so dass es viele gab, die in einem Monate mehr Gast- mähler hatten als es Tagegab ej. {n2ö Jahren wurde kein Privat- oder öffentlicher Process zu Ende geführt. Wie es mit der Heiligkeit der Eide war, wie mit der Haltung von Verträgen, ist nach Polybios oft hervorgehoben worden. Aber auch physisch hatte sich die Race verschlechtert. Die griechischen Soldaten konnten die Lasten der Römer nicht tragen. Das Leben mit Hetären und Sclavinen, die Päderastie, das Überwiegen so vieler socialer Gebrechen hatten ihre ^) Urbs regi, captiva corpora Romanis cessere. Liv. XXXI. 46. 2) Polyb. XII. 6. 3) a-«i5ta xal — oAr/avS'pwrta. Polyb. XXXVII. *) Exe. üb. XXX VH. 5) Polyb. XX. 4. fi) I. c. e. 6. Sizb. der phil.-hist. Cl. LXV. Bd. II. Hft. 20 274 Höfler Früchte getragen. Schon auf ihrem Höhepunkte voll Eigennutz und Selbstsucht erlaubten sich die Hellenen jetzt Alles was zur Befriedigung ihrer Sinne diente. Wer sie unbefangen und durch ihre hohen Geistes- gaben unbestochen betrachtete, schrieb schon vor Jahren einer der grössten Kenner des hellenischen Lebens, findet, wenn er eines sittlichen Urtheiles fähig ist, ein losgebundenes und wüstes Privat- leben, im Staate ein Gewebe verworrener Leidenschaften und schlechter Neigungen und was das Schlimmste ist, in der Volks- gesinnung Härte und Rohheit oder Mangel an sittlichem Gefühle in höherem Grade als in der christlichen Welt. Die Römer hatten wenigstens eine alte Zeit, in welcher Treue und Redlichkeit galten, bei den Hellenen wird man diese vergeblich suchen i). Wie Polybios von den Achäern sagte 2), sie hätten Niemanden bei ihrer Katastrophe anzuklagen als sich selbst, hat er auch den Atoliern eine eigene Grabschrift gesetzt. Sie pflegten ihren Lebens- unterhalt durch Räuberei und derartige Verbrechen zu gewinnen. Solange es ihnen nun frei stand, unter den Griechen zu rauben und zu plündern, lebten sie davon, indem sie jedes Land als Feindesland ansahen. Als aber die Römer die Herrschaft erlangten, sahen sie sich von den Hilfsquellen nach Aussen abgeschnitten und auf sich selbst angewiesen. Und hatten sie schon früher alle Scheusslichkeiten verübt, so wurden sie jetzt völlig zu wilden Thieren und zu Allem bereit, so dass diejenigen, welche an der Spitze standen, nicht ein- mal auf Mittel zur Abhilfe denken konnten. Es war daher in Atolien alles voll von Verwirrung, Verbrechen und Mord, Von allem was mit Überlegung und Berechnung unternommen werden muss, kam nichts zur Ausführung: alles wurde aufs Geradewohl und in wilder Hast unternommen , wie wenn ein Sturmwind unter sie gefahren wäre sj. Volksstämme dieser Art sind wandelnde Ruinen, haben aber keine Zukunft, sondern nur ein Grab vor sich. Man kann ihnen, wenn sie endlich untergehen, keine andere Grabschrift setzen, als : sie hätten nur sich selbst anzuklagen. 1) Böckh, Staatshaushalt der Athener II. S. 204. 2) S. 204. Sj Polyb. Exe. Vales. Lih. XXX. Unters, d. Frage, oh Grieelienl. ni. d. Zerstör. Koriiitlisröm.Prov. geword. 27o Die Römer in Griechenland. Der Eintritt der macedonischen Periode in Griechenland hatte sich durch die successive Niederwerfung der Phokäer, der Lokreer, tXo:rotfJi.v;v r Maxs'öovaj Tirog "EXXvjcti ßor,äwv oiveiks. Unters, d. Frag-e, oh Griechenl. in. d. Zerstör. Korinthsröm. Prov. g-eword. 2^7 •chischer, halb hellenischer und barbarischerVölker vielleicht noch den Römern die im Osten gewonnenen ungeheueren Vortheile entreissen konnte, eine Reihe von halben Massregeln, die nur erbitterten, die Katastrophe schliesslich beschleunigten, sie aber nicht aufhalten konnten. Als Amilius Paullus mit einer Schnelligkeit ohne Gleichen den Sieg über Perseus, den Umsturz der Monarchie, die Gefangen- nahme des Hauses der Antigoniden vollendete, lag die griechische Welt zu den Füssen der Römer, flehten die heimlichen Anhänger des gestürzten Königs das Erbarmen der Sieger an. Der ganze Zustand im Osten ward von Grund aus verändert (167). Scheinbar am wenigsten verlor Macedonien, als es zwar das Königthum ein- büsste, aber nur mehr die Hälfte des königlichen Tributes an Rom zahlte,in vier Districte getheilt wurde und connubium und commercium zwischen diesen aufhörten i). Es war das alte System, welches Rom nach Beendigung des latinischen Krieges auf die latinischen Städte an- gewendet hatte. Man schuf einen Zustand nicht blos ungewohnter, sondern unerträglicher Freiheit, der über kurz oder lang zum Auf- stande führen, einen Verzweiflungskampf erzeugen musste. Eben so wurden die Illyrier für frei erklärt, d. h. ihres Königthums beraubt und in drei Districte getheilt, im Ganzen ein ähnlicher Zu- stand wie in Macedonien geschaffen a). Vielleicht hat auch die Be- rechnung einen Einfluss ausgeübt, dass man Völker schonen müsse, welche gegen den von Perseus aufgewühlten Norden als Vormauern dienen konnten. Hören denn doch seit dem Untergange des macedoni- schen Königreiches die thracischen Kriege nicht mehr auf und zwar mit nichts weniger als immer günstigem Erfolge. Denn es genügte nicht den Schatz der macedonischen Könige, die Kostbarkeiten ihrer Residenz, was sich von Philipps des Amyntas Sohnes ruhmvollen Zeiten an angesammelt hatte, in den bodenlosen Schlund Roms zu werfen, man musste die Erbschaft der macedonischen Könige auch im Schlimmen antreten. Auch die Epiroten, welche sich an Perseus angeschlossen hatten, hiess es, sollten frei sein. Als aber die Cohorten in die einzelnen Städte verlegt worden waren, mussten die Einwohner zuerst all ihr Gold und Silber ausliefern, dann wurden an einem Tage und zur selben Stunde alle Städte geplündert, ihre Mauern zerstört, 130,000 Menschen weggeschleppt. 1) Omnium primura liberos esse plaeebat Macedonas atque Uly ri os. Liv.XLV. 18. 2) Liv. XLV. 26. 278 Höfler. So geschah es mit 70 Städten i)- D^ brauchte man keine Provinz Epirus zu schaffen. Die Politik des Senates hatte sich von Grund aus^ geändert. Laut rühmten sich die römischen Legaten Marcius und Atilius, als sie von Perseus nach Rom zurückgekehrt waren, wie sie den König umgangen hätten, so dass durch ihre List Perseus auf- gehalten worden , während es ihm sonst ein Leichtes gewesen wäre,, alle günstigen Orte Griechenlands zu besetzen, ehe ein römisches Heer hätte hinüber gebracht werden können. Ein grosser Theil des Senates zürnte über diese Rede, nannte das Verfahren punische Hinter- list, griechische Schlauheit und erklärte darin römische Art nicht er- blicken zu können. Es siegte jedoch jener Theil des Senates, welchem das Nützliche mehr als das Erhabene zusagte 2). Als der Krieg ausbrach, führte ihn der Consul P. Licinius Crassus mehr gegen die Griechen- städte, die er grausam zerstörte, als gegen Perseus, und behandelte der römische Oberbefehlshaber die Bundesgenossen nicht viel besser 3). Als Flamininus den Griechen bei den isthmischen Spielen die Freiheit verkündete, meinten die leicht erregbaren Hellenen, es gebe auf Erden ein Volk, welches auf eigene Gefahr hin übernehme, für die Freiheit Anderer Krieg zu führen und welches überall die Herrschaft des Rechtes, die Billigkeit des Gesetzes aufzurichten ge- denke*). Dreissig Jahre hatten eine gründliche Enttäuschung zu Wege gebracht, und diese Verkehrung der ursprünglich überschwäng- lichen Anschauung von der Gerechtigkeitsliebe der Römer und ihrem gänzlichen Mangel an persönlichem Interesse in die leidenschaftlichste Erbitterung, in einen gesteigerten ohnmächtigen Zorn entschied das Schicksal Griechenlands 5). Zu spät erkannte man auch in Pergamos, ') Liv. XLV. 34. Wie ganz anders hatte Flamininus gehandelt, der von dem Streben lieseelt war: nullam gentem liberatae a se Graeciae fiinditus everti. Liv. XXXVI. 34. 2 Veteres et moris antiqui memores negabant se in ea legatione Roraanas agnoscere artes. — Vicit tarnen ea pars senatus, cui potior utilis quam honesti cura erat. Liv. XLIL e. 47. ">) Mylae captae direptae dirutae magna ex parte et incensae. Consul Malloeara cepitet diripuit. Pteleum desertum-diruit a fundamentis. Numiden bezogen Winterquar- tiere in Thessalien. Die achäischen Contingente bestanden aus einem Minimum. Die Atelier konnten nur mehr eine ala equitum aufbringen. Liv. XLIL 34. 55. 67. *) Liv. XXXlil. c. 33. ^) Anxie omnes prudentiores sensere circumagi orbem liberorumque popuiorum fortu- nam eo certamine discerni, Liv. XLIL 30. Unters, d. Frage, ob Griechenl. m. d. Zerstör. Korinthsröm. Prov. geword. 279 von WO man den Römern die Pforten zum Osten geöffnet hatte, König- thum und Republik befänden sich von Natur aus im Zustande unver- söhnlicher Feindschaft i). Überall hatte die Treue gewankt; die Bestra- fung folgte nach. Im Jahre 178 mussten Atolier, Epiroten, Böotier, Akarnanen, Athener und Achäer ihre Verbannten zurückrufen, damit Rom an ihnen eine Partei gewinne. Jetzt wurden 5o0 angesehene (Prin- cipes) Ätolier getödtets), die Städte Äginium, Agassä, Aeniun der Vernichtung preisgegeben.AlleiingeseheneiiMänner und wer immer dem Könige Perseus nahe gestanden, bei dem Heere oder sonst ein höheres Amt hegleitet 3), mussten sammt den über lo Jahre alten Sühnen Mace- donien verlassen und nach Italien wandern. Die politische Reinigung des achäischen Bundes folgte nach. Hatte Philopömen sich als Strateg auf das demokratische Element gestützt, so wurde dieses nun von Kallikrates als das den Römern feindlichste, unversöhnlichste Element dargestellt. Es war das wirksamste Mittel die Achäer zu schwächen und zu schrecken, als ein Tausend von ihnen nach Italien gerufen wurden. Alba, Spoletium, die etrurischen Städte, Carseoli, Igituniium wandelten sich in Gefängnisse für Kriegsgefangene und griechische Patrioten um. Die Kerker Roms eröffneten ihre unheilvollen Zwinger, welche nur Leichen wiedergaben. Italien ward das Gefängniss des freien Griechenlands; der Triumph über die Welt Alexanders des Grossen war vollständig. Von allen Seiten kamen die Gesandten von Königen und Völkern nach Rom Glück zu wünschen, abzubitten, Ver- zeihung zu erflehen. Man sah die rhodischen Gesandten mit Ölzweigen in den Händen in der Curie auf dem Boden liegen und um Gnade bitten. Es wurde dem Könige von Pergamos nicht gestattet, nach Rom zu kommen. Prusias, welcher sich einen Freigelassenen des römischen Volkes nannte und die Tracht derselben begehrte, durfte nach Rom kommen. Er warf sich an dem Eingange der Curie bin, küsste die Schwelle, nannte die Römer seine rettenden Götter*). Es durfte bei dem blutigen Drama auch der Possenreisser nicht fehlen. *) Niitura inimica inter se esse liberara civitatem et regem. Liv. XLIV, 24. -) Liv. XLV. c. 28. — alios in exsilium actos esse. ') Omnes qui in aliquibus ministeriis regiis, etiam qui in minimis legationibus fuerant, lussi in Italinm — ire; qui non paruisset imperio, mors denunciata. Liv. XLV. c. 32. ■*) Deos servatores suos. 280 H ö f 1 e r Ein ganz unsäglicher Jammer war über Griechenland gekom- men. Römischen Berichten nach machte Macedonien eine Ausnahme, da es so vortreffliche Gesetze erhalten, dass es schien, man habe sie nicht besiegten Feinden, sondern wohlverdienten Bundesgenossen gegeben i). Aber den Jammer derjenigen, welche von Vätern und Geschwistern, von Weib und Kind getrennt worden waren, die zahl- losen Seufzer der in dem entsetzlichen Dunkel römischer Gefängnisse Schmachtenden hat freilich Niemand aufgezeichnet. Systematisch wurde die Verarmung von Rhodos durch die Römer betrieben, die Delos zum Freihafen machten. Die Athener plünderten aus Ver- zweiflung Oropus und mussten dafür 500 Talente bezahlen, so viel als die Atelier, weil sie den Antiochos nach Europa beriefen. Bereits war alles erlaubt, was die Gewalt gestattete. Man erkannte der Stadt Cauca in Spanien Gnade zu und zerstörte sie sodann. Die Lusitanier behandelten Sulpicius Galba in ähnlicher Weise. Mit äusserster Con- sequenz steuerte die echtrömische Partei dahin, jeden Widerstand un- möglich zu machen; es gab nur mehr Siegende und Besiegte, und das eiserne Zeitalter hatte seinen rechten Ausdruck gefunden. Mehr und mehr gestaltete sich die übrige Welt zum grossen römischen Sclaven- zwinger. Und dennoch, wer kann es sagen, ob nicht der letzte tollste Kampf der Achäer mit Rom schon früher ausgebrochen wäre, wenn Milde vorgeherrscht und nicht erst nach 16 Jahren der traurigsten Verbannung den noch übrigen exilirtenAchäern — 700 waren in Italien dem Kummer und Elende erlegen — die Rückkehr gestattet worden wäre. Bald gestaltete sieh alles so, als sollte die Strenge der Römer durch das Benehmen der Achäer gerechtfertigt werden. Nur völlige Passivität, ein sich Fügen in das Unvermeidliche, konnte sie noch retten. Gerade das Gegentheil geschah, als der Leidensgefährte des Polybios, Diäos nach seiner Rückkehr Strateg wurde; der Kampf zwischen dem achäischen Bunde, zu welchem da- mals noch Korinth, Sparta, Argos, Herakleia am Öta und Orchomenos gehörten, und den Spartanern brach aus. Als Sparta auf dem Punkt stand der Übermacht zu erliegen, nahm der Senat die Angelegenheit in seine Hand und verfügte die Auflösung des Bundes ausserhalb 1) Liv. XLV, c. 32. Unters, d. Frage, oh Griechenl. m. d. Zerstör. Korinthsröin.Prov.geword. 281 At'hajas i), darüber der wilde Ausbruch tobender Leidenschaft, die Er- mordung der Spartaner in Korinth, die Rüstung zum Kriege und die Misshandlung römischer Gesandten, welche in Korinth zum Frieden redeten, der Ausbruch des Kampfes gegen Rom, an dem sich in schlimmer Stunde Chalcis und Theben betheiligten, die cruenta Achaeorum seditio^). Auch war die Zeit selbst nicht übel gewählt, da Rom im Kriege mit Karthago wie mit dem Pseudophilippus begriffen, ein Heer unter dem Prätor P. Juventius verloren hatte, das letzte Aufathmen freier Völker erfolgreich zu sein schien. Allein Karthago ward erobert und zerstört, der Pseudophilippus geschlagen und ge- fangen, die Thermopylen von dem Sieger Q. Cäcilius Metellus erstürmt, die griechischen Heeresabtheilungen bei Skarphia, bei Chaeroneia ge- worfen, an den Isthmus gedrängt, wo sie Mumm ins erreichte und die über einen kleinen Vortheil Siegestrunkenen schlug, den Aufstand durch Capitulation der Besiegten beendete, das Strafgericht ver- hängte. \^^ 0 d u r c h sich das Verfahren der Römer gegen die Achäer von dem gegen andere Völker unterschied. Die Antwort auf diese Frage besteht im Allgemeinen darin, in dem, wodurch sicli das Benehmen der Achäer gegen die Römer von dem anderer Völker unterschieden hatte. Die Römer hatten, als die Spartaner sich ihnen ergeben hatten, sie nicht vom achäischen Bunde getrennt; als der Streit mit den Spartanern bis zum äussersten Punkte gekommen, sich begnügt, den achäischen Bund auf sich selbst zu beschränken, nur das Bundesverhältniss, nicht aber die Freiheit der einzelnen Städte ange- tastet. Es war somit ihr Ausgangspunkt eine Rectificirung ihres Verfahrens unter T. Quintius Flamininus, hart für diejenigen, welche excentrische Ansichten in die Zukunft des achäischen Bundes setzten. *) Legati-missi ut eas eivitates quae siib ditione Philipp! fuerant al) Achaico con- cilio secernerentur. Liv. epit. LI. Was die Römer, welche den Anlass zum bewaff- neten Einschreiten jetzt suchten, thaten, war nur die Annahme des Grundsatzes des antalkidischen Friedens und seine Übertragung auf den achäischen Bund. Expedire Omnibus dieunt ut singulae eivitates sua jura etsuaslegeshabeant. Just.XXXlV. e. 1. 2) Just. XXXIV. c. 1. 282 H ö f 1 e r sehr unangenehm für Diäos und seine Freunde, welche für die lange Verbannung auf Rache gebrütet hatten. Da erfolgte die Verhöhnung i) der römischen Gesandten, ein Schimpf, welcher der Majestät des römischen Volkes zu einer Zeit angethan war, als der Legat Cajus Popillius den syrischen König zwang, ehe er aus dem im Sande gezogenen Kreise heraustrat, in die Forderungen Roms einzuwilligen. Dieses Vorgehen, ein Bruch des Völkerrechtes, stellte die Korinthier von selbst ausserhalb des gewöhnlichen Verfahrens, und gab dem Senate, abgesehen von seiner sonstigen Politik in Betreff Korinths den rechtlichen Anlass, nicht nur den Befehl zur Zerstörung der Stadt, sondern auch zum Verkaufe der Einwohner auszusprechen. Der Act in Bezug auf Korinth steht also ausserhalb des gewöhnlichen Verfahrens, wie das Benehmen der Korinthier gegen den römischen Gesandten ausserhalb des Völker- rechtes gestanden war. Anders war wieder das Verhalten der Thebaner (Boötier) und Chalkidenser. Es scheint die Absicht des macedonischen Prätenden- ten gewesen zu sein, sich durch Thessalien mit den Nordgriechen in Verbindung zu setzen. Die Treue der Boötier hatte schon in den Tagen der Perseus stark gewankt 2). Der Untergang des Prätor Juventius mag ihnen vollständig die Köpfe verrückt haben. Ihr Be- nehmen erschien den Römern als Treu- und Friedensbruch, und war bei Gelegenheit des perseischen Krieges schwere Ahndung über Einzelne gekommen, so musste man jetzt sich auf noch Schlimmeres gefasst machen. Das Schicksal der Epiroten war ein deutlicher Wink, was von den Römern zu erwarten war. Die Zurückwerfung des Pseudopliilippus aus Thessalien nach Macedonien durch Metellus brachte Uneinigkeit in die Gemüther der Griechen. Die Herakleioten hatten schon einmal erfahren, was römi- sche Waffen vermochten. Dass sie gehorchten, sich von den Achäern lossagten, öffnete den Römern die Thore von Griechenland. Aber auch unter den übrigen Hellenen war durch die Wendung des Krieges ^) Legatos quoque Roinanorum violassent nisi audito tumultu trepide fug-isseiif. I. c. 2) Der Thebaner Neo, einer von den dreien, welche den Perseus auf der Flucht von Pydna nach Pella begleitet, Liv. XLIV. c. 43., war als Urheber des boötischen Bündnisses mit Perseus enthauptet, die Begünstiger desselben nach Rom zur Piecht- fertigung geschickt worden. Liv. XLV. c. 31. Unters, d. Frage, ob Griechenl. in.d Zerstör. KoriiiHis röm. Prov. g-eword. 283 in Macedonien Spaltung eingetreten und das Vordringen des Metellus in Griechenland brachte dann von selbst mit sich, dass, als Kritolaos geschlagen war und nicht mehr zum Vorschein kam, der .Aufstand sich um Diäos und amisthmus concentrirte, ehe der neue Consul — dem übrigens nicht Macedonien sondern der achaische Krieg zugewiesen "worden wari) — L. JMummius denselben mit einem Schlage beendete, Griechenland, d. h. diejenigen, welche wirklich die Waffen ergriffen, unterwarf. Angst und Verzweiflung waren an die Stelle der frü- heren Zuversicht getreten, die Berge des Peloponneses wimmel- ten von Flüchtlingen, Theben war verlassen wie Korinth, die Seestädte fürchteten Landungen römischer Truppen, Plünderung mit allen Gräueln im Gefolge. Der Verlust der politischen Freiheit, so hart sie war, war das Mindeste, das man besorgte; ein grosses Blutbad und Sklaverei standen in Aussicht. Diäos wusste, wesshalb er — auf dem Isthmus geschlagen — sich und die Seinen in xMegalopolis tödtete. Wie in Grossgriechenland und Sicilien drohte der römische Stock dem griechischen Rücken, das römische Beil dem griechisclien Xacken. Die Schuld war verschieden, die Strafe natürlich auch. Aber nicht an dem Proconsul war es, wenn er nicht im Voraus den Be- fehl des Senates erhalten hatte, Korinth zu zerstören und die Ein- Avohner zu verkaufen, definitiv über das Geschick der Städte zu ent- scheiden, die die Waffen gegen Rom ergriffen hatten. Nach römischem Brauche wurden unter derartigen Verhältnissen Gesandte abgeordnet, die Angelegenheiten auf das Genaueste zu untersuchen und ihre Sen- tenz auszusprechen, worauf der Consul sie in Übereinstimmung mit Senat und Legaten verkündete und vollstreckte. Was die nothwen- digen militärischen Massregeln, Entwaffnung der Einwohner, Nieder- reissung der Mauern, Brandschatzung einzelner Städte, Wegführung und Hinrichtung der Urheber des Krieges betraf, so stand diess, wie natürlich, ganz in der Willkür des Siegers. Er hatte dafür zu sorgen, dass „der .Aufstand" niedergeschlagen werde, dass er sich nicht wieder erneuere. Was dann im Grossen und Ganzen zu geschehen habe, wurde nach weiterer Berathang festgestellt. Nun niuss be- merkt werden, dass selbst nach Besiegung der Ätolier das Land nicht in eine römische Provinz umgewandelt worden war, obwohl diese — *) Senatus .Mummio consuli bellum .\ehaieum decernit. Justin. 284 Höfler mit Ausnahme der Korinthier — sich ganz andere Dinge hatten zu Schulden kommen lassen als die Achäer; dass, als Macedonien i) nach dem Sturze des Königthums eingerichtet worden war, ausdrücklich der Grundsatz galt, man müsse eine der wichtigsten römischen Einrichtungen, das Pachtsystem und die Publicanen, ferne halten 2), damit nicht • das öffentliche Recht der Bundesgenossen ver- nichtet werde ; man hielt es der Würde des römischen Staates ange- messen, an den einmal ausgesprochenen Bestimmungen festzuhalten, auch wenn man sich denselben widersetzte und es war ja auch den Achäern frühzeitig der Rath gegeben worden, freiwillig das zu thun, was man von ihnen verlangte, damit sie nicht zuletzt gezwungen es doch thun müssten. Es war ferner Rom nur mit einem Theile Grie- chenlands in Streit gerathen s), so dass gar kein Grund vorhanden var, Griechenland zur Provinz zu machen; was aber den besiegten Theil betraf, so war wieder kein Grund vorhanden es zu thun, da die eigentlich Schuldigen eine ganz andere Bestrafung verdienten, die übrigen aber hinlänglich bestraft waren, wenn die Autlösung des aehäischen Bundes nach Aussen erfolgte, nach Innen aber jene Ver- fassung eingeführt wurde, welche die Menge in Zaum hielt und eine politische Action nur mehr im Sinne der Bömer zuliess. So geschah es denn auch. Wie einst bei den Isthmischen Spielen die Freiheit der Griechen von Flamininus verkündigt wurde, verkündigte jetzt Mummius den Achäern die Freiheit im Allgemeinen , die Einführung einer gleichmässigen aristokratischen Verfassung, dann Hess er sogleich die Korinthier, welche der Wohlthat unwürdig erklärt wurden, ergreifen, die Stadt rein ausplündern, wie es Ämilius Paullus mit dem Schatze der macedonischen Könige, Fulvius mit Ambrackia gemacht hatte, sie anzünden und zerstören, die Einwohner als Sclaven verkcaufen *) ; Chalkis und Theben traf ein ähnliches Loos. Die übrigen blieben was sie früher waren. Freunde und Bundesgenossen des römischen ^) Die epitoine libri XLV sagt übrigens: Macedoniain provinciae formamredactaest. ^) Ulli publiranus est, ibi aut jus publicum vanum aut libertatem soeiis nullam esse. Liv. XLV. c. 18. ^) Florus, Justin, bezeichnen ganz richtig den Kampf nicht als bellum graecum, son- dern Achaicum. *J Populus omnis sub Corona venditur ut hoc exemplo ceteris civitatibus metus nova- rum rerum imponeretur. Justin. Unters, d. Frage, ob Grieehenl. m. d. Zerstör. Korinths röm.Prov. geword. 28S Volkes, vereinzelt, entwaffnet, gedemüthigt, gebrochen, Griechen- land seines einen Auges, Korinths beraubt; der achäische Bund war auf seine ursprünglichen Bestandtheile reducirt. Griechenland be- stand aus einem Conglomerate sich selbst verwaltender kleiner Staaten, deren Blicke fortwährend nur auf Rom und seine Wünsche gerichtet sein mussten. Die Nachrichten der Quellenschriftsteller. Hören wir zuerst die römischen Historiker. 1. T. Livii epit. LI. und LH. Belli Achaici seniiiia referuntur haec, quod legati populi Romani ab Achaicis pulsati sint Corinthi, missi ut eas civitates quae sub ditione Philippi fuerant, ab Achaico concilio secernerent. Cum Achaeis qui in auxilio Boötos et Chalcidenses habebant, Q. Caecilius Metellus ad Thermopylas hello conflixit, — Diaens — ad Isthmum a L. Mummio consule victusest qui omniAchaja in deditionem accepta Corinthuni ex senatus consulto diruit, quia ibi legati Romani violati erant. Thebae quoque et Chalcis quae auxilio fuerant dirutae. — Mummius de Achaeis triumphavit. Hier ist nun zuerst autfällig, dass Livius nichts davon erwähnt, dass Achaja oder Griechenland römische Provinz geworden sei. Allein dieses Stillschweigen beweist nichts, weil in den Summarien auch von anderen Ländern, die notorisch Provinzen wurden, wie Asien u. a., diese Umwandlung nicht angegeben ist. Was aber von Wichtigkeit für die erwähnte Frage ist, besteht in der Thatsaclie, dass der Krieg der Römer nicht statt l'and mit Griechenland, sondern mit den Achäern, mit Theben und Chalkis. Somit ist auch klar, dass Griechenland schon deshalb nicht römische Provinz werden konnte, weil dasselbe nicht in Krieg mit Rom verwickelt war. Wohl aber ergab sich nach der Einnahme von Korinth ganz Achaja und wurden 3 Städte nach Livius zerstört. Welches Schicksal sonst Griechen- land erfuhr, erfährt man aus Livius erst wieder bei Gelegenheit des mithridatischen Krieges. 2. Velieji Paterculi bist. L c. 12. Universa deinde-instructa in bellum Achaja c. 13. L. Mummius Corinthum funditus eruit. 286 Hüfler Aus diesem Berichte lässt sich nur fulgern, dass er aucli nichts von einer Provinz Achaja erwähnt, wohl aher von einem Kriege mit Achaja. 3. Lucius Jul.Florus(epitome rerum romanarum) hat dem bellum Achaicum ein ganzes Capitel geliefert, das sich aber fast nur mit der Zerstörung von Korinth beschäftigt und für unsere Frage gar keine Bedeutung hat, 4. Seneca de beneficio V 16. Achaeis Rhodiis et plerisque urbibus claris jus integrum liberta- temque cum immunitate reddidisse; — ein schweres vollgültiges Zeugniss gegen die Anschauung, dass Griechenland 146 Provinz ge- worden sei. 5. SextusAurelius Victor de viris illustribus c. 60 erwähnt gleich- falls in seiner kurzen Lebensbeschreibung des L. Mummius nichts als seinen Sieg über die Achäer und die Zerstörung Korinths, sowie die Enthaltsamkeit des Consuls. 6. Pompejus Trogus (Justinus) erwähnt zuerst des Schicksales von Macedonien, und dass es noch jetzt unter den Gesetzen lebe, die Aemilius Paulus gegeben (Lib. XXXIII c. 2.) i), dann wird im XXXIV. Buche das Schicksal Ach.ijas erzählt. Das beschränkt der Verfasser c. 2 auf das Schicksal von Korinth, die Zerstörung der Stadt, den Verkauf der Einwohner. Es handelt sich bei ihm um die Nieder- werfung eines Aufstnndes, den eigentlich Rom angezettelt. 7. Rufi breviarium VII. Libera diu sub amicitiis nostris Achaja fuit, ad extremum — per L. Mummium procons. capta Corintho omnis obtenta est. Diese Stelle eines späten Schriftstellers beweist weder für noch wider, indem ob Achaja Provinz geworden ist oder nicht, es jeden- falls von den Römern in Bezitz genommen wurde, das omnis Achaja obtenta 2) sagt also nicht mehr noch weniger als das possessa Achaja Asiaque desTacitus ann. XIV. 21, wo man, was Asien betrifft, sich an die Stelle des Livius epit. LIX erinnern mag: Aristonicus-Asiam occupavit cum — legata populo Romano libera esse deberet. V) Libera facta est eg-esque quibiis adhuc utitur a Paulo accepit. 2) Dass dieser Ausdruck nicht heisst Provinz zu werden, hat Hermann hinlänglich bewiesen. Defensio p. 17. Unters, ri. Frage, ob Griechenl. m. d. Zerstör. Korinths röin.Prov. geword. Cot 8. Endlich gehört hieher die Inschrift über den Triumph des Procünsul L. Mummius L. MVMMI. L. F. COS. DVCTI. AVSPICIO. IMPERIOQVE. EIVS. AXAIA. CAPT. CO. RINTO. DELETO. ROMAM. REDIEIT. TRIVMPHANS. Wenn man auch über das consequente Stillschweigen der obener- wähnten Schriftsteller, welche über den Gegenstand ex officio be- richteten und, wenn Griechenland zur Provinz gemacht worden war, es sagen mussten, hinweggehen wollte, weil in der That aus dem Stillschweigen von Schriftstellern nur bei Vorbedacht Schlüsse ge- zogen werden dürfen, so möchte ich denn doch glauben, dass, wenn Griechenland durch Mummius wirklich Provinz geworden wäre, sich auch kein vernünftiger Grund denken Hesse, warum Mummius in einer Inschrift, die seine Rewältigung Aohaja's öffentlich aussprach, damit hätte hinter dem Berge halten sollen. Umgekehrt kann man gewiss sein, dass, wenn Mummius in der Dedicationsinschrift hätte sagen können, er habe Achaja zur Provinz gemacht, die römischen Schrift- steller, welche darüber berichteten, es gleichfalls in ihre Darstellung aufgenommen haben würden. Hier ist also der Schluss ex silentio auf das Nichtvorhandensein des Ereignisses ein vollständig gegründeter i). Mummius hat eben nur den Befehl des Senates vollzogen, die Achäer und ihre Verbün- deten niedergeworfen, Korinth zerstört, den achäisehen Krieg be- endigt. Gehen wir nun von den Lateinern zu den griechischen Ge- schichtschreibern über, so treten vor Allem die Angaben des Polybios lib. XL massgebend hervor. Die Darstellung des Polybios unterscheidet zuerst die eigent- liche Katastrophe nach der Niederlage des Diäos und das erste Strafgericht, welches Korinth , Theben und Chalkis betraf, von dem, was nachher für Einrichtungen getroffen wurden, als in ähnlicher Weise wie die Römer nach Besiegung des Perseus zehn Legaten nach 1) Als auf Befehl des Cons. Tiberius Gracchus eine Inschrift über die Unterwerfung Sardiniens gesetzt wurde (tabulam donum Jovi dedit), so hiess es zuerst: Sardiniam subegit, dann in ea provincia ec. Hier konnte auch von einer Provinz die Rede sein: Vergl. auch: Prima provinciarum Sicilia facta est. Rufi Festi breviarium c. 8. 28(S H ö f I e r. Macedonien sandten, (quorum de sententia imperatores L. Paul- lus, L. Anicins — letzterer für Ulyrien, wohin fünf Legaten geschickt worden waren — componerent res Liv. XLVc. 17) nun auch zehn Le- gaten nach Achaja kamen. Wie es von Paullus heisst: quae senatui quae sibi ex consilii sententia visa sunt pronuntiavit, Liv. XL 29, so wurde denn wohl auch hier in ähnlicher Weise verfahren. Es war gar nicht gegen die Art und Weise der Römer, wenn sie anfänglich die aOvsdpta (conventus) aufhoben, die früheren Staaten isolirten, öip-)(^g nX-nv twv Koptv3-toüv a,fny,s), was, wie ich schon oben angedeutet habe, auf das Verfahren des Paullus Macedonien gegen- über (omnium primum liberosesse jubere Macedones, habentes urbes easdem agrosque utentes legibus suis, annuos creantes magistratus. Liv. XLV, 29) hinweist, jedoch mit dem Unterschiede, dass diese die Hälfte des königlichen Tributes jetzt für Rom erlegten. Wenn im Jahre 167 Aeniilius Paullus hinzufugte: neque con- nubium neque commercium agrorum aedificiorumque inter se placere cuiquam extra fines regionis suae esse, so wurde diese Massregel, welche wir auch von der Besiegung der Lateiner her kennen, wie Pausanias sagt, nach einigen Jahren wieder, was die besiegten Achäer betraf, aufgehoben ; den Macedoniern waren gleich anfänglich concilia in vier Städten erlaubt worden; den Achäern wurden diese erst verboten, dann gestattet. Nicht unter Macedonien wurde Grie- chenland gestellt, wohl aber wurde dasselbe ziemlich ähnlich behan- delt, wie 21 Jahre früher Macedonien behandelt worden war. — Wie sich nun an die lateinischen Zeugnisse, welche von einer Provinzial- Unters, d. Frage, ob Grieclienl. in. d. Zerstör. Korinths röni. Prov. geword. /C 1) 1 rerfassung Griechenlands nichts wissen , die Vütivinschrift des L. Mumniius naturgemäss aiischliesst, so reiht sich an die griechi- schen Zeugnisse die Inschrift von Dyme an i), dieses wie Hermann so richtig sagt, unwiderlegliche Zeugniss nicht für die Provinzial- Terfassung, sondern dafür, dass die Römer den Griechen die Freiheit gegeben hatten (z-ng ä-ooedoixv^ric /.utcc xotvöv roig "EXav^^jv iAsv^e- ficg). Wie herrlich für die Vertheidiger der Provinzialverfassung Griechenlands, wenn statt iAsv^spiag das Entgegengesetzte stünde! Allein, in welche Zeit ist diese zu setzen? Die Beantwortung p. 168. Sj p. 163. •^94 Höfler Zumpt minder gelungen. Dass Metellus sieh bei Beendigung des macedonischen Krieges nach dem griechischen Süden wandte, be- weist für diese Frage gar nichts, sondern nur, dass, nachdem sein macedonischer Gegner sich auf den hellenischen Süden zu stützen gesucht, der römische Consul, um den Krieg völlig zu beenden, das- selbe thun musste. Nicht mehr und auch nicht weniger. Vor Allem aber wäre wünschenswerth, dass ein genauer Nachweis geliefert würde, wann Macedonien Provinz <), seit wann es regelmässig von Prätoren verwaltet wurde, während der gewöhnlichen Annahme und der, dass Metellus und Mummius es verwaltet, die sehr bezeichnende Stelle Cicero's de provinciis consularibus c. 3 in höchst auffälliger Weise entgegentritt: haue Macedoniam domitisjam gentibus finitimis barbariaque compressa pacatam ipsam per se et quietam tenui praesidio atque exigua manu etiam sine imperio per legatos nomine ipso populi Romani tuebamur, quae nunc consulari imperio atque exercitu ita vexata est etc. Ich weiss sehr wohl, dass man dagegen einwenden kann, es seien eben Ende des zweiten Jahrhunderts vor Christus jene Völker nicht völlig unterworfen, die Barbarei nicht niedergedrückt worden, sondern dieses erst im Zuge gewesen, wie ja auch Cicero in Pisonem 16. 38 sagt: exMacedonia aliquot praetorio imperio, consulari quidem nemo rediit, qui incolumis fuerit, qui non triumpharit. Ich möchte daraus nur folgern, dass die oratorischen Stellen Cicero's im Allge- meinen mit grosser Vorsicht als historische Belege zu gebrau- chen sind, im vorliegenden Falle aber besser die Sache im Unge- wissen zu belassen ist, als, da das Factum von Dyme ganz isolirt da- steht, nicht blos nach Fabius Eburnus zu greifen, sondern auch die eine Hypothese zur Grundlage der Behauptung oder gar eines Be- weises zu machen, dass Achaja unter Macedonien stand, nachdem vorher siegend nachgewiesen wurde, dass es für sich selbst keine Provinz war und aus der Inschrift selbst die Freiheit der Griechen unbestreitbar hervorgeht. Für mich gestaltet sich die Sache so. Die Römer wollten so- wenig als in Italien, Afrika oder anders wo, eine flacht in Griechen- *) Die epitome des Livius XLV. s.ng^t, wie oben bemerkt, aber im Gegensatze zum Texte: .Macedonia in provinciae forniam redacta est, keine epitome er- wähnt aber dieses für Griechenland, noch dass es zu Macedonien geschlagen wurde. Unters, d. Frage, ob Griechenl. m. d. Zerstör. Korinths röm.Prov. geword. ^90 land dulden. Diese musste gebrochen, gründlich beseitigt werden, damit nicht irgendwo noch freie Völker sich verbänden, nachdem die Macht der Könige gebrochen war. War Griechenlands Macht gebrochen, so war gar kein Grund vorhanden, ihm die Freiheit zu nehmen, um so weniger als ein Theil der Griechen sich ohnehin schon gefügt hatte, und ein halb freiwilliges halb gezwungenes Ver- zichtleisten auf Souveränitätsrechte — Krieg oder Frieden — schonseit 197 im Zuge war. Es erging Griechenland wie den 300 Griechen, welche man ruhig absterben Hess , wenn sie selbst Ruhe gaben. Dass letzteres geschah, dafür sorgte das Schicksal von Korinth. Drei Städte, meinte Cicero, seien dem Senate so mächtig er- schienen, dass beschlossen wurde, sie sollten keinen Staat bilden, in- dem sie die Wucht und den Xamen eines vollgewichtigen Staates auszuhalten im Stande gewesen waren: Karthago, Korinth, Capua. Karthago sei zerstört worden, weil es durch seine Menschenmenge, seine Lage und örtliche Beschaffenheit, mit seinen Häfen und Mauern aus Afrika Ausfälle machen und die fruchtbarsten Inseln des römischen Staates fortwährend bedrohen konnte. Von Korinth hätte man kaum eine Spur zurückgelassen, weil die Stadt an den Engen Griechenlands so gelegen war, dass sie ebenso das feste Land schloss, als 2 Meere, welche der Schifffahrt entgegengesetzte Rich- tungen böten, verbinde, indem sie nur durch eine sehr schmale Strecke von einander getrennt würden. Beide Städte, welche von dem Sitze des Reiches ferne lagen, hätten die Römer nicht nur be- drängt, sondern damit sie ja nicht wieder neugeschaffen erstünden und sich aufrichten könnten, von Grund aus zerstört. In Capua sei aber auch der Schein eines staatlichen Lebens vernichtet worden, damit Rom vor Capua nichts mehr zu fürchten habe i). Somit stellt sich denn als Thatsache heraus: 1. Die Annahme, dass Griechenland im J. 146 in die Provinz Achaja umgewandelt wurde, entbehrt jedes genügenden historischen Beweises. 2. Sie wird weder von einem römischen noch von einem grie- chischen Schriftsteller ausgesprochen und erhärtet. 3. Es ist ebenso wenig durch Nachrichten classischer Autoren zu beweisen, dass Griechenland zur Provinz Achaja wurde, als dass es zur Provinz Macedonien geschlagen wurde. ^) De lege agraria contra Rullum II. 32. 296 Höfler 4. Wühl aber sind zwei Perioden auseinander zu halten : die der ersten feindlichen Occupation, welcher Korinth, Chalkis, Theben erlagen und die ein Strafgericht auch über die anderen Städte ver- hängte, welche die Römer angegriffen hatten, und die Periode der Einrichtung aristokratischer Verfassungen und der Freigebung der Besiegten, die seitdem als amici et socii popuii Romani erscheinen. 5. Wie sich Athen von dem Kriege frei erhielt, die Lacedämo- nier die geschworenen Feinde der Achäer waren, hatten auch andere griechische Staaten an dem Kampfe der Achäer und ihrer Bundes- genossen gegen Rom keinen Antheil genommen; es ist eben deshalb in der Natur der Dinge begründet, dass die Strafmassregeln Roms die Rom befreundeten Griechen gar nicht treffen konnten. Es ist eben desshalb geradezu absurd von einer Provincialisirung Griechen- lands zu sprechen. 6. Als die Zeit der Verzeihung kam, wurden die von den Römern bestraften aber nicht gleich anfänglich vernichteten Griechen (^Achäer) den andern gleichgesetzt, die sich im Zustande jener Frei- heit befanden, welche ihnen T. Quintius Flamininus gewährte. 7. Das Verfahren der Römer gegen die Achäer wird durch das gegen Macedonien beleuchtet, nur wurde letzteres in Folge des vierten macedonischen Krieges zur Provinz herabgedrückt, die Achäer gleich anfänglich unbarmherzig bestraft, dann aber, unschäd- lich gemacht wie sie waren, in jene Freiheit gesetzt, welche verarm- ten und machtlosen Freunden und Bundesgenossen eines übermäch- tigen Gross- und Weltstaates noch zukommen konnte. Da auf den Krieg mit dem ersten Pseudupliilippos , den Metellus beendigte, ein Krieg mit einem zweiten Pseudophilippos (Pseudoalexander) folgte, den der Quästor L. Tremellius siegreich beendete i), die Kämpfe mit den Scordiskern in Thracien begannen, war es sehr natürlich, dass Macedonien theils unter Prätoren, 2) theils unter den- jenigen stand die in Thracien befehligten; ebenso natürlich als dass Achaja, das nach dem Grundsatze der Römer es Frieden zu nennen, wo sie eine Einöde machten, durch die Zerstörung Korinths, Thebens und von Chalkis befriedigt (pacata) worden war — keines Prätors 1) Liv. epit. LIII. 2) M. Cosconius praetor in Thracia cum Scordiscis prospere pugnavit. Epit. L^ I. Unters, d. Frag:e, ob Grieclieiil. in. d. Zerstör. Korintlisröm. Prov. geword. 297 bedurfte und in der Furcht der gewaltigen Republik sich selbst regierte. Seit der Zerstörung Thebens durch Alexander d. G. hatte Griechenland eine so entsetzliche Katastrophe nicht erlebt. Sie wäre das schrecklichste Ereigniss derselben, wenn nicht die Zerstörung von Selinus, .Akragas, Gela, die Eroberuns: von Svrakus und Tarent vorausgegangen wären i). Die Ansichten neuerer Schriftsteller. Nach Mommsen läuft die Frage, ob Griechenland im Jahre 608 a. u. römische Provinz geworden sei odernicbt, in der Hauptsache auf einen AYortstreit hinaus. Er sagt: 1. Dass die griechischen Gemeinden durchgängig frei blieben (Corp. I. Gr. 1543, 15. Caesar bell, civile III. 4. Appian. Mithr. 58. Zonar. IX 931), sei ausgemacht; aber nicht minder sei ausgemacht, dass: 2. Griechenland damals von den Römern in Besitz genommen ward (Tac. ann. XIV, 21. Maccab. 8. 9. 10.); dass: 3. von da jede Gemeinde einen festen Zins nach Rom ent- richtete. (Paus. VII. l(j, vergl. Cicero de prov. consul. III. 5), die kleine Insel Gyaros z. B. gab jährlich 150 Drachmen (Sti'abon,X485) ; dass: 4. die Ruthen und Beile des römischen Statthalters fortan auch in Griechenland schalteten (Polyb. XXXVIII, vgl. Cic. Verr. I, 21. 55) und derselbe die Oberaufsicht über die Stadtverfassungen (C. Inscr. Graec. 1543) sowie in gewissen Fällen die Criminaljurisdiction (C. J. G. 1543. Plut. Cimon 2) fortan so übte wie bisher der römische Senat; dass : 5. endlich die macedoniscbe Provincialäre auch in Griechen- land im Gebrauche war. •j Wenn Zumpt in seiner «jelehrten Ahhandlung' sagt : quod si quis latius extendet lihertatem et uliicunque lilieram civitatem noiiiinari videl)it, ihi provineiain esse iieg-aliit, dissolvet hercle totuni imperiuni Romanum neque uUam provinciani reliu- quet; nulla enim est in qua non liherae sint civitates. p. 1.'56, so wäre dieses ejjenso irrig- als wenn man die gleich unten angeführte Stelle aus Cicero ad Attic. VI. 1 auf Achaja anwenden wollte, während sie sich auf die asiati- schen Griechen hezieht, und daraus einen Schluss auf das Vorhandensein einer Pro- vinz Achaja ziehen würde ! 298 Höfler. Zwischen diesen Tliatsachen ist, wie Mommsen fortlahrt, keines- wegs ein Widerspruch, oder doch kein anderer als derjenige, welcher überhaupt in der Stellung der freien Städte liegt, welche bald als ausserhalb der Provinz stehend (Suet. Caes. 23Colum. XI 3, 26), bald als der Provinz zugetheilt (z. B. Joseph ant. lud. XIV. 4, 4) bezeich- net werden. 6. Der römische Domanialbesitz in Griechenland beschränkt sich zwar auf den korinthischen und einige Stücke von Euboa (C.I. Gr. 5879) i), und eigentliche Unterthanen gab es dort gar nicht, allein darum konnte dennoch, wenn man auf das thatsächlich zwischen den griechischen Gemeinden und dem macedonischen Statthalter bestehende Verhältniss sieht, ebenso wie Massalia zur Provinz Narbo, Dyrrhachion zur Provinz Macedonien, auch Griechen- land zur macedonischen Provinz gerechnet werden. 7. Der gelehrte Verfasser kommt endlich zu dem Piesultate : Es muss zugestanden werden, dass durch die Ereignisse des J. 608 Griechenlands Stellung staatsrechtlich sich nicht änderte; es waren mehr factische als rechtliche Verschiedenlieiten , dass statt der achäischen Eidgenossenschaft jetzt die einzelnen Gemeinden Achajas oder tributäre Clientelstaaten neben Rom standen und dass seit Ein- richtung der römischen Sonderverwaltung in Macedonien diese an- statt der hauptstädtischen Behörden die Oberaufsicht über die grie- chischen Clientelstaaten übernahm. 8. Man kann demnach, je nachdem die thatsächliche oder die formelle Auffassung überwiegt, Griechenland als Theil des Com- mandos von Macedonien ansehen oder auch nicht ; indess wird der ersteren Auffassung mit Recht das Übergewicht eingeräumts). S. 307. war bereits der Satz ausgesprochen, dass die Schutz- herrlichkeit, die Rom über das eigentliche Griechenland in Anspruch nahm, von selbst dem neuen Statthalter von Macedonien zufiel. Diese durchaus nicht bewiesene Annahme Mommsens verwirrt aber ^) Es handelt sich nur um den ehrenvollen Abschied dreier Griechen, eines Klazo- meniers, eines Karystiers, eines Milesiers, die den italischen Krieg' mitg-eniacht, wobei es heisst: ao^ovrsj rj^izipoi ol^Ttvsj i'v -ore Affi'av, Ei/'jSotav jjit(7.5'I)- avj vj -po?7o5Qvj 'A'Tt'a, Eußoioi svri3a)5'cv, yjXa^öövrai, x;^ ~i oüroi cJoOvat oysiXwatv. (V. J. 78 v. Chr.) 2) Rom. Gesch. Vierte Auflage. Band H. S. 48. n. **. Unters, d. Frng;e,ob Griechenl. m. il. Zei-slör. Koiinths röm. Prov. jjeword. 299 die gftnze Erörterung und verwickelt ihn wie n. 8 hinlänglich zeigt in einen Widerspruch mit sich selbst. Es handelt sich nicht darum, wie die Sache nach formeller oder thatsächlicher Autfassuns: er- scheint, sondern wie sie Mar; die Besitzergreifung Griechenlands — mitHinweisung auf dieStelle des TacitusXIV, 21 — beweist nichts als das Vorhandensein eines Factums, das übrigens sich nicht auf Graecia, sondern auf Achaja und Asien bezieht. So wie Tacitus davon nur im Vorübergehen spricht, kann die Stelle selbst keine Beweis- kraft haben. Was aber nun die behauptete Tributpflichtigkeit der Gemeinden betrifft, von welcher jede Gemeinde einen festen Zins nach Born entrichtete, so behauptet der von Mommsen angeführte Pausanias VII, 16 nur: Kai oöpo? rs iräy^^r^ rr, 'E/Xaoj i) v.olI ol zot. •/^prilxdTO. iy^ovTsg exwAOovro h rvj vK£f,opia. ■/.räa^ai, d. h. Pausanias stellt hier zwei vorübergehende Massregeln des Mummius zusammen, die eben beider Occupation und Dedition erfolgten; dass aber die von Mummius einzelnen Städten, die im Kriege mit Bom gewesen waren, auferlegte Steuer eine bleibende gewesen sei, behauptet Niemand, so wenig als dass der Erwerb von Gütern ausserhalb der einzelnen Stadt dauernd verboten worden sei. Die Hinweisung auf Piso, und dass ihm und nicht dem römischen Staate achäische Städte jährlich eine grosse Summe Geldes bezahlten, beweist für die Zeit des Mummius wieder nichts, sondern nur, dass gegen das Ende der Bepublik L. Piso die achäischen Städte in dieser Art bedrücken durfte und bedrückt hatte; das ist ein vereinzelter Fall. Das Beispiel der Fischer von Gyaros gehört endlich gar nicht daher, da in Stra- bo's Zeit es unzweifelhaft eine Provinz Achaja gab. Was aber die Stolle beidenMacchabäern beweisen soll, die voll orientalischen Schwulstes ist und behauptet, dass dieBömerden König Antiochus lebend gefangen hatten (I. 8), während dann trotz der angeblichen Sclaverei der Griechen die Juden doch sich an die Spartaner wenden, ist mir völlig unklar. Sie erwähnt Gerüchte, die nach Judäa drangen, aber nicht mehr. Aber die Buthen und Beile des römischen Statthalters schalteten fortan auch in Griechenland ! (Mommsen a. a. Ort.). Hier kommt es nun auf die bestimmten Fälle an, in welchen sich eine Einmischung 1) Was denn doch in dieser Allgemeinheit so unwahr ist, als dass Priitoren nach Griechenland geschickt wurden. 300 H ü f I e r röruiscliei' Magistrate in die inneren Angelegenheiten Achajas und Griechenlands in jenen Zeiten nachweisen lässt. Der erste Fall, den Mommsen anführt, ist der in der Inschrift von Dyme er^vähnte. Dieser gehört aber der Übergangsperiode an und bezieht sich auf den Ver- such, die von den Römern gegebene Verfassung abzuschaffen, was Sosos von Taormina that, der noch dazu kein Achiier sondern ein Provinciale aus Sicilien war. Dieser wurde zum Tode verurtheilt ini y.a.xalxjati r-ng dnodo^darj^ Kolndaq) so wie Phonniskos, welcher die Archive verbrannt hatte; Timotheos Nikia aber, als weniger schul- dig, wurde nach Rom gebracht und vor den Prätor peregrinus ge- stellt. Nirgends steht aber, dass derQuintus Fabius Proconsul Achajas und Macedoniens war, wohl aber das, dass die Kvllanier und andere Römerfreunde i) Ursache waren, warum ein Proconsul mit einer Un- tersuchung betraut wurde, welche sich auf das Verbrechen des Um- sturzes der von den Römern gegebenen Verfassung bezog. Dass die Römer sich dieser Sache ernstlich annahmen, lag dann auf flacher Hand; gefolgert kann aber daraus gar nichts werden, was sich irgend wie auf ein Provincialverbältniss bezöge. Auf die Anzeige, welche nach Rom gelangte, erfolgte auch das weitere Verfahren. Der zweite Fall bezog sich, auf eine spätere Zeit, nämlich auf den Krieg desMithri- dates, betraf somit nicht eine regelmässige friedliche Zeit, sondern die der ernsthaftesten Kriegsgefahr, als der König von Pontos be- reits die massenhafte Niedermetzlung von Römern durch die asiati- schen Griechen veranlasst hatte, der Kampf mit ihm auf griechischem Boden durch Sulla beendigt, die Gefahr eines neuen Einbruches aber nichts weniger als verzogen war. Damals war es, dass ein gewisser DarnoninChäroneia einen römischen Centurio getödtet hatte und des- halb nicht etwa von dem Prätor Macedoniens oder Achajas, wie man aus Mommsens Darstellung folgern sollte, sondern von der ßo'jÄr, von Chäroneia zum Tode verurtheilt wurde. Nun tödtete Dämon mit seinem Anhange die Archonten der Stadt. Diese Angelegenheit, ganz geeignet auch im Frieden Aufsehen zu machen, geschweige im Kriege, wurde an den Prätor von Macedonien gebracht, wie es scheint unter der Darstellung, als wenn die Chäroneier sich gegen Rom vergangen hätten. Lucullus aber, welcher sieh damals auf dem M ~(i)v ztrA K-j).).aviov a-j^i^^'jiM f/.ioavto'avrwv p.O',, schreibt der Proconsul. Unters, d. Frage, ol) Griecheiil. m. J. Zerstör. Korinthsröm. Prov. s-eword. 301 Feldzuge gegen Mithridates !)efand, nahm sich der Unschuldigen an, und bei dieser Gelegenheit sagt Plutarch, der diess erzählt, dass nach Griechenland s'.g t/jv "E/Xaoa keine römischen Statthalter ge- schickt wurden. Das sind also zwei ausserordentliche Fälle, welche aber weder beweisen, dass Griechenland unter dem Prätor von Macedonien stand, noch dass überhaupt ein Prätor im Lande war, und hier die Provincial- verfassung galt; ja der erste beweist entschieden die Freiheit der Hellenen und die zweite den Mangel einer Provincialverl'assung. Die Berufung auf Cicero Actio [ in Verrem scheint sich auf den Achaicus Inquisitor zu beziehen. Ist dieses der Fall, so ist sie gänz- lich unstatthaft, da dieser Inquisitor hur, wie Cicero in Sicilien „in- quirirte", so den Unthaten des Verres in Achaja nachspürte. Dieses hat aber mit der vorliegenden Frage gar nichts zu thun. Wird ferner als ein Beweis für die Provincialverfassung Grie- chenlands angeführt, dass die macedonische Provincialära in Grie- chenland im Gebrauche war, so wurde dieses von Marquardt in Be- treff einzelner Städte behauptet. Was soll aber die etwaige That- saclie, dass ein Paar Städte, die dem Schicksale Korinths entgangen waren, froh darüber und aus Servilität gegen die Römer, welche allen Hellenen die Freiheit gaben, das Jahr 146 als .Anfang einer neuen Ära, der von den Römern gegebenen Freiheit annahmen, beweisen? Her- mann hat übrigens den Einwurf, welcher auf der angeblichen Zeit- rechnung der Megarer, Hermioner, Messenier, Aegineten und Eleu- therolacsonen ') beruht; bereits auf das richtige Mass zurückgeführt 2), so dass es nicht nothwendig ist, hierauf zurückzukommen. Die Flam- men von Korinth leuchteten so gewaltig auf, dass man an Macedo- nien, über dessen Einrichtung als Provinz im J. 146 uns die näheren Berichte abgehen 3), gar nicht zu denken braucht. Für alle diejenigen, welche nur gezwungen dem achäischen Bunde beigetreten waren, galt das Jahr als Z ei c h e n de r B e fr e i u n g von lästiger Herrschalt der Griechen über Griechen ; kein Wunder wenn, nachdem einmal •) d. h. eine vielleicht eleuthero-lakonische Stadt! -) Defensio p. 9. ' ^) Wo steht denn, dass Macedonien gerade 1. .1. 14G „in formam provinciae* gebracht worden sei? 302 Kotier eine Stadt damit vorangegangen wav, auch andere nicht zuriick- bleihen Avollten. Durchgeht man die ganze Argumentation Mommsens, so macht sie bei ihren grossen Zugeständnissen in BetrefF der Freiheit der griechischen Gemeinden, der Beschränkung des römischen Domaniai- besitzes auf den korinthischen Boden und einige Stücke von Euboa ohne eigentliche Unterthanen, den Eindruck, dass die alte Valesische Ansicht um jeden Preis festgehalten werden sollte, die Beweisführung aber nicht stichhaltig ist und eben deshalb zu dem Satze Zuflucht genommen wird, es laufe hier auf ein Wortgefecht hinaus. Das ist aber eben nicht der Fall, sondern es handelt sich um Bectifieirung von Thatsachen, um Beseitigung von Irrthümern, an welchen man sich mit ungemeiner Zähigkeit festklammert, um Feststellung eines richtigen historischen Factums, das für die Geschichte Roms wie Griechenlands gleich wichtig ist. Bleibe man doch endlich bei der Thatsache stehen, dass die- jenigen Griechen, welche an dem achäischen Kriege keinen Antheil genommen hatten, frei blieben i) und diejenigen, welche die WafYen ergriften und dann sich ergeben hatten, frei wurden, socii et amici populi Romani, nur unter der Bedingung, dass sie an der ihnen von den Römern gegebenen Verfassung — der Timokratie — festhielten, d. h. dass derjenige politische Zustand, welchen T. Quinctius Flami- ninus bei der Befreiung der Griechen von macedonischem Joche, so weit er konnte, schon 197 eingeführt hatte, seit 146 ein allgemeiner v\erde. In der aus Polybios angeführten Stelle, welche Mommsen auf die spätere Zeit deutet, so dass man meinen sollte, Ruthenbündel und Beile seien ständig in Griechenland zu sehen gewesen, ist davon die Rede, dass in einer gewissen Zeit 2) (xard TO'jg •jäo/.s'.ixivövg y.xipo-jg) Peloponnesier, Boötier, Phoker weniger Verluste an eigenem Ver- ij Hatten sich doch von den römischen Legaten nach dem ärgerlichen Auftritte zu Korinth nur ein Theil nach Rom begeben: die anderen gingeü theils nach Naupaii- tos, theils nach Athen, theils nach Lacedämon. Ganz abgesehen von den übrigen Städten, welche sich an dem Kriege mit Rom nicht betheiligten, wurden diese drei wichtigen Punkte ausserhalb des Streites gehalten. 2) der macedonischen ! Unters, d. Frnge. ol) Griechenl. m. d. Zerstör. Korinths röm Prov. gewonl. oOo mögen erlitten, als Schande i). Dann heisst es in dem sehr lücken- haften Fragment: „indem sie aller Ehre verlustig gingen, nahmen die einen um Gnade flehend, die anderen mit festlichem Empfang, damals Ruthenhündel und Beile freiwillig in ihre Stadt auf. Denn ein schwerer Druck lastete auf ihnen wegen des Ubermasses ihrer eige- nen Verschuldung". Jedermann sieht, dass sich dieses eben nur auf die Zeit der Occupation bezieht, nicht aber auf jene, von welcher derselbe Polybios im 40. Buche schreibt, die 10 Gesandten hätten den Griechen ein schönes Denkmal der Gesinnung der Römer hinter- lassen; nicht Yon der Zeit der geschehenen Einrichtung, otooii.ivn TiOAiTsici und der Timokratie, sondern des Einrückens römischer Legionen und Strafcommissionen, die man nicht mit Festlichkeit, sondern mit Anstand und Zurückhaltung hätte empfangen sollen. — Können Mir uns mit der Auffiissung des Gegenstandes durch Momm- sen nicht einverstanden erklären, da fort und fort die Absicht hervor- tritt, eine unhaltbare Meinung durch Zusammentragung von Beweis- mitteln zu stützen, deren Mangel an innerem Gehalte kaum dem stren- gen Forscher selbst unklar sein konnte, so ist es nothwendig, sich von der Geschichte Roms zu der Geschichte Griechenlands unter der Herrschaft der Römer von Hertzberg zu wenden 2). Him zufolge stützt sich die Ansicht, dass Griechenland auch nach 146 von einem Provincialverhältnisse nicht berührt wurde a) auf das Schweigen der alten Schriftsteller über diesen Ge- genstand : bj auf die Unnachweislichkeit der Existenz von römischen Statt- haltern für Achaja vor der Zeit der Cäsaren, 1) Hier brechen die vaticauischen Fragmente ab, um gleich auf das 4. CapiteldesXXXVUI. Buches VTzkp wv oü dsrjaiL überzugehen. Auch die Bekker'sche Ausgabe des Polybios p. 1153, hat die von Mommsen angeführte Stelle nicht. Eine jüngere steht mir nicht zu Gebote. Ich citire daher die Stelle nach Oslander. Wohl aber wird sie commentirt durch Diod. XXXVll, 26, welche Stelle sich doch offenbar auf die Kriegsereignisse des J. 146, nicht aber auf spätere Zeiten bezieht, sowie auf Vor- gänge seit 167: öt 8s iv oy^aX^otf löovrsc ct-j'/^jvöjv xal otXuv soa'/ac xcd -eX£Xi!7(xojj xal -arpidwv aXcocstc xal apTra'/äc — das kann sich ja nur auf 167—146 beziehen — rat KOi.v8rjij.ov: p,£.5 '•JjSpsw? iv8poc7:o8i(7fiobc xal rö ffuvoAov zr;j sAcVJs&tav xa; ri^v 7:a(ä^y;7''av ä-ijSaXsvrij, li-v/icrorj ä'/airojv >5)./.ä£av7o röcj £C7)(ä7ac ffv^^opäc. 2) I. S. 284. not. 304 Höfler c) auf die zahlreichen Zeugnisse alter Schriftsteller über die fortdauernde Freiheit der gri-iechischen Völker. Ad a) bemerkt Hertzberg, dass die Unterwerfung Griechenlands im J. 146 eine vollständige war, wenn auch freilich nicht mit ausdrücklichen Worten erzählt wird, dass Griechenhind zur Provinz gemacht wurde. Gegen diese Fassung ist wohl mit Recht einzuwenden, dass Übergabe und Provinz zweierlei waren, hier es sich nur darum han- delt: berichten die alten Schriftsteller, dass Griechenland 146 Pro- vinz wurde? und darauf gibt es nur Eine IMeinuiig, wie es auch nur Eine Meinung darüber geben kann, dass Übergabe (Capitulation — deditio) und Provinz nicht identisch waren; die alten Schriftsteller unbedingt nichts davon berichten. Ad b) berichtet Hertzberg, wie siegreich Hermann und Zumpt die angeblichen Statthalter Achajas als Trug zurückwiesen, dass aber die Frage wegen dieser Männer immer nur als ein Punkt von unter- geordneter Bedeutung erschien. Hingegen verweist er auf eine Reihe von Momenten (namentlich von Marquardt und Mommsen mit grosser Sorgfalt zusammengestellt), die bestimmt zeigen, dass Griechenland nach dem letzten Achäerkriege allerdings in ein Provincialverhältniss zu den Römern trat. Hertzberg gibt freilich im nächsten Augenblicke wieder zu, dass die Massregeln d. J. 146 (Pausanias VH, 16. 9) noch nicht nöthig machen, an ein Provincialverhältniss der Griechen zu denken, wohl aber eine Reihe anderer wichtiger Momente. Fragt man sich nun, welcher Art diese seien, so heisst es erstens, dass seitdem der Name Achaja an der Stelle von Graecia mehr und mehr in Ge- brauch kommt. Allein wenn auch, was soll das beweisen, und ist etwa der Name Achaja auch für Laconia, Athen — ehe Achaja gegen den Untergang der römischen Republik wirklich Provinz wurde — ge- braucht worden? Schon die erste aus Cicero angeführte Stelle quod et Achaja prope esset plena audacissimorum inimicorum *), sagt in dieser Bezie- hung nichts. Ad fam, IV, 1 ist nur von einem nicht näher bekannten Achaicum negotium die Rede ; ebenso ad fam. XHI. 26 : negotia quae sunt 1) Ad Att. ni. 8. Unters, d. Frage, ob Griechenl. m. d. Zerstör. Korinths röm. Prov. geword. 303 in Achaja, welche noch dazu durch die gleich darauffolgende Erwäh- nung von Elis sich als aehaisch im engeren Sinne des Wortes er- weisen, i) Wie oft gebraucht aber nicht Cicero Graecia neben Achaja oder für das Ganze! Zum Beweise hiefür einige Stellen aus Cicero: Quem tu locum Graeciae non direptiun iri putas. Ad Attic IX 9. Omnis tibi erat Achaja, Thessalia, Athenae, cuncta Graecia ad- dicta. In Pisonem c. 16. Achaja exhausta, Thessalia vexata, lacerataeAthena e, Epirus excisa,Locri, Phoci, Boeotii exusti, Acarnania, Amphilochia, Perhaebia Athamanumque gens vendita, Macedonia condonata barbaris. 1. c. u. 40. Da ist doch gewiss Achaja nicht Griechenland gleichgestellt und ebenso sicher nicht als ein Bestandtheil von Macedonien erwähnt. Nulla unquam civitas in tota Asia et Graecia signum ulium vendidit. Warum heisst es denn hier nicht Achaja (in Verrem IV, c. 59.)? Totam denique Asiam, Achajam, Graeciam, Siciliam in paucis villis inclusas esse videatis (1. c. V. 48). Wenn aber in Verrem I. 32 erwähnt wird: le- gati ex Asia atque Achaja plurimi Romae tunc fuerunt, so folgt so- gleich darauf sociorum et amicorum, diese aber werden (de frumento 89) den Provinzen entgegen gestellt: lugent omnesprovinciae, querun- tur omnes liberipopuli. Dieses Moment Hertzbergs ist somit von gar keinem Belange für das Jahr 146, sondern höchstens dafür, dass der spätere Sprachgebrauch möglicher Weise öfter sich des Aus- druckes Achaja statt Graecia bediente. Das müsste aber erst durch eine hinreichende Menge von Stellen nachgewiesen werden. Die unseren beweisen das Gegentheil. Cäsar unterscheidet Achaja sehr genau von dem übrigen Griechenland und beschränkte ersteres auf das eigentliche Achaja, wie de hello civili III c. SS — S7 unwider- sprechlich beweist, wie er auch genau die Grenze zwischen Mace- donien, Epirus und Thessalien angibt III, c. 36, 41. Das zweite Hauptmoment findet Hertzberg darin, dass Megara, Aegina,Hermione,Messene und eine wahrscheinlichzudenEleutherolaco- nen gehörige Stadt mit 146 eine neue Ära begannen. Was dieses für die Einführung der Provinzialverfassung beweisen solle, namentlich wenn eine Eleutherolaconische Stadt und dann Städte, welche gar nicht oder nur gezwungen zum achäischen Bunde gehört hatten, ihre Ära mit *) Vergl. auch ad div. XV, 13. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. II. Hft. 22 306 H ö f 1 e r der Erinnerung an das denkwürdigste Ereigniss ihres Jahriiunderts, der Zerstörung von Korinth, Theben und Chalkis, der Auflösung des aehäischen Bundes in Verbindung brachten, ist mir völlig unklar, und nur so viel kommt mir dabei in den Sinn : dass wer zu viel beweisen will, nichts beweist. Das dritte Moment besteht darin, dass, da man nun einmal absolut nicht läugnen kann, dass Diodor, Zonaras, Appian, Cicero, die Inscriptionen, von den Griechen als freien Völkern sprechen, so soll diese „Freiheit" nichts beweisen. Aber heisst denn das nicht den Gegenstand der Erörterung verwischen, weil man die Sache selbst nicht widerlegen kann? Nicht darum handelt es sich, wie viel oder wie wenig im Laufe der Zeit die Freiheit der Völker galt, welche Rom anerkannt hatte, sondern ob sie frei waren oder nicht? Welch herrlicher Beweis doch für die Gegenseite, wenn überall, wo von den freien Völkern Griechenlands die Rede war, das Gegentheil stünde, von ihrer Unfreiheit die Rede wäre! Da wäre freilich der Streit beendigt. Da aber nicht von der Unfreiheit, sondern erstens absolut bei keinem Schriftsteller die Rede von einer Provinz Achaja und dann {lositiv die Rede ist, dass die Griechen frei waren — so hat — alles dieses das Gegentheil von dem zu gelten, was es ist und heisst! Diese Logik ist jedenfalls eine mehr als seltsame i). Ob die Römer aus Grossmuth die Griechen befreiten, oder weil sie glaubten, sie seien so ihren Zwecken am dienstbarsten (Hertzberg nach Marquardt S. 293), ist eine andere Frage, die nicht zu dieser Sache gehört. Möge man uns doch nicht blos das Verzeichniss der nachweisbar freien Städte Griechenlands, sondern auch das der zu- verlässig unfreien geben. Man weise nach, wo der Prätor von Achaja residirte, welche Städte zu seiner Provinz gehörten, welches die eigentlichen Provincialen in Griechenland waren, und wie es denn kommen konnte, dass sich in mehr als 100 Jahren von den Prä- toren Griechenlands oder Achajas so ganz und gar keine zuverlässige Spur vorfand, als jene negative des Plutarch, dass eben keine nach Griechenland geschickt wurden. Übrigens kann man nicht sagen, dass der eigentliche Gegen- stand der Controverse dadurch wissenschaftlich gefördert werde. 1) Sie erinnert an das berühmte Wort: der Bien muss. Unters, d. Frage, ob Grieehenl. m. d. Zerstör. Korinths röni. Prov. geword. 30^ eib und erhebt sich. Der Leib wartet auf das Einzige und entsteht. Bei den Warnungen der Bewahrung des Ein- Die Leljensverlaii^erungen der .Männer des Weges. «) 1 D zigen warnt man, dass man nicht ausschliesslich ist.' Ist man aus- schliesslich, so hat man später nicht die lange Dauer, Hat man die lange Dauer, so ist man nicht fähig zur Geistigkeit. Ist man geistig, so ist man nicht fähig zur Festigkeit. Ist man fest und nicht beständig, so entfernen sich die drei Einzigen, der Leib ist ein leeres Wohnhaus. Das Buch der fünf Beglaubigungsmarken sagt: Wer das Einzige kennt, für den gibt es keine einzige Sache, die er nicht wüsste. Wer das Einzige nicht kennt, für den gibt es keine einzige Sache, die er wissen könnte. Das Einzige ist die Benennung des Vornehmsten, dasjenige, das seines Gleichen nicht hat. Will man gewiss das Leben verlängern, müssen die Einzigen in das Licht gesetzt werden. Sehnt man sich nach dem Einzigen und ist sehr hungrig, so gibt das Einzige Mundvorrath. Ist man sehr durstig, so gibt das Einzige sauren Trank. Das Einzige ist fähig, das Yin zu vollenden, das Yang hervorzubringen. Es breitet aus- einander und bringt in Gang Hitze und Kälte. Seine Grösse kann durch die sechs Vereinigungen nicht verborgen werden. Seine Klein- heit kann durch die Haarspitzen und Ährenspitzen nicht umschrieben werden. Es ist fähig zu Müsse, es ist fähig zu Vorbereitungen. Das Einzige entfernt sich dann nicht. Man gibt Fortbestand dem Einzigen mit grosser Sorgfalt, das Einzige ist fähig, den Geist zu durchdrin- gen. Man trinkt wenig, isst spärlich. Das Einzige hält sich dann auf und ruht. Das Einzige kennen, ist nicht schwer, die Schwierigkeit liegt in dem Ende. Das Wahre kennen und nicht üben, ist so viel als ob man es nicht kennte. Man sucht es ohne Aufhören und steigt zu jenem Reinen der Edelsteine. Die Luft nähren, hierdurch erhält man den Leib unversehrt. Wer die Luft verzehrt, nimmt immer wenig in sich auf. Das Buch Lao-tse sagt: Der Weg ist unscheinbar und tief. Du bist noch nicht fähig, ihn zu unterscheiden. Man fasst zusammen seine Umschränkung und Kürzung, man hütet sich, dass man ihn nicht verliert. Man beein- trächtigt früher die Begierden, heisst nicht die Gedanken müssig sein. Man wohnt abgeschlossen an einem stillen Orte, in einem geistigen 316 P f i z m a i e r 1111(1 kleinen Hause des Gebetes. Zehntausend Rollen mennigrother Bücher gelten nicht so viel wie die Bewahrung des Einzigen. Man Süll das Sinnen zurecht bringen und dadurch den Vorsatz bestimmen. ]\Ian beruhigt den Leib und sichert dadurch den Geist. Man legt Werth auf die Luft und gibt dadurch Fortbestand dem Blute. Sehnen und Sinnen werden zugleich vergessen. Man soll naclidenken und innerlich betrachten, dann sind der Leib und der Geist ein Einziges. Man sehnt sich in der Stille und bestimmt die Zeit den Wahren, dann sind sämmtliche wundervollen Dinge angeregt und treffen zusammen. Man befasst sich ausschliesslich mit dem Geistigen, sammelt den Geist und vermengt sich nicht mit den Wesen. Dieses nennt man das klare Zurücktreten. Der Geist unterwirft sich, die Luft wird ruhig und bewegt sich nicht. Dieses nennt man den Weg. Wer gut das Leben leitet, wandelt auf trockenem Boden und begegnet nicht den Nashörnern und Tigern. Er tritt in das Kriegs- heer und wird nicht bedeckt von Panzern und Angriffswaffen. Die Nashörner haben nichts, wohin sie werfen könnten ihre Hörner. Die Tiger haben nichts, wohin sie setzen könnten ihre Klauen. Die An- griffswaffen haben nichts, das in sich fassen könnte ihre Schneide. Das Buch des Wahren des grossen Höchsten sagt: Das Einzige hat keine Gestalt. Sucht man es, so ist es schwer zu erlangen. Bewahrt man es, so ist es leicht zu verlieren. Dass man es leicht verliert, ist von der Mangelhaftigkeit der Erkenntniss. Begierden und Wünsche bewerkstelligen Stockung in dem Herzen, Dieses ist leer und unthätig. Es handelt sich um die Bewahrung des Einzigen. Wenn es sich häuft und noch nicht gipfelt, so ist dieses durch das allmälige Steigen. Es soll auf die drei Ursprünglichen ankommen. Man erforscht und erkennt die göttliche Luft, die Gestalt, das Aussehen, die Namen und die Jünglingsnamen. Man tritt aus und tritt ein bei dem Sein und Nichtsein. Im Leben hält man nieder die drei Paläste, das Gift der Leichname entfernt sich. Die Bücher der Iiöchstweisen Wahren und Unsterblichen, man folgt und über- gibt sie bei diesem Anlasse. Das Buch der acht Ungeschmückten sagt: Wer den äussersten Weg erlernt, untersucht und bestimmt sein Herz, entfernt die Sorge, klärt den Leib. Er kennt die Veränderungen und Abwechslungen. Ist das Denken richtig, der Leib klar, dann erst Die Lebensverlängeruiigen der .Miinuer des Weges. Ol • ist das Herz bestimmt. Ist das Htrz bestimmt, so wird der Weg vollendet. Ist der Weg vollendet, so steigen die W^ahren herab. Wer bei dem Einzigen verbleibt, das Göttliche bewahrt, macht zum Gegenstande der Forschung die richtigen Verwandlungen. Die rich- tigen Verwandlungen haben ihren Ausgang von der Bestimmung des Herzens. Ist das Herz bestimmt, so ist die Erkenntniss klar. Ist die Erkenntniss klar, so vereinigt man sich mit dem Wege. Die wahren Menschen der grossen Gipfelung sagen: Die Menschem des Alterthums, welche den Weg übten, waren ursprünglich still und ruhig. Ihr Geist gedachte der Wahren, sie gaben Fortbestand dem Ursprünglichen, zeigten, dass sie all- mälig herbeiführten, was sich noch nicht zuwandte. Sie erkannten die Quelle, ihr Geist war verständig und fähig zu sehen. Sie sahen und waren fähig zu folgen. Sie folgten und waren fähig sich zu üben. Sie übten sich und waren fähig sich zu befestigen. Sie befestigten sich und waren fähig zu vollenden. Wer vollendet hat und sich nicht befreundet mit den höchstweisen Menschen, betindet sich in der Welt gleich der Rohrpfeife des Sackes. Es ist nicht der Fall, dass er mit den zehntausend Dingen sich verbindet. Er streitet mit ihnen um die Tugend und wendet sich ihnen immer zu. Weil er bescheiden und nachsichtig ist, hat er nichts zu wünschen. Die Wünsche sind die Wurzel des Unheils und des Verderbens. Das Nichts ist das Ursprüngliche des Himmels und der Erde. Niemand kennt die Wurzel, Niemand kennt die Quelle. Die höchstweisen Menschen entfernen sich von den Wünschen, treten in das Nichts und stützen dadurch ihren Leib. Das Buch der ursprünglichen Wahren der Tiefen des grossen Einzigen sagt : Die beiden Ohren heissen mit Namen die hohen Fenster der sechs Vereinigungen. Es sagt ferner: In Tsi nennt man sie mit Namen die Paläste des höchsten Befehles. Bei dem Wege des Nährens des Lebens sind das Ohr und das Auge die Vorgesetzten. Blickt man auf die Dinge ohne Unterschied, so wird das Auge verdunkelt. Gibt man Gehör in grosser Ausdeh- nung, so wird das Ohr verschlossen. 3 1 (S P f i z 111 a i e r Die inneren Überlieferungen von dem Gebieter des Geschlechtes Pei sagen: Wer den Weg sucht, trachtet vorher, dass das Auge klar, das Ohr seharfhörig sei und macht sie zu Vorgesetzten. Auch sind Ohren und Augen die Leitern und die Stufen des Aufsuchens der Wahren, die Thore und die Thüren sämmtlicher reingeistiger Wesen. Gelingen und Fehlschlagen ist an sie gebunden. Das Buch der Unsterblichen sagt: Bei dem Nähren des Lebens macht man das Nichtverletzen zur Grundlage. — Dieses ist ein nothwendiges Wort. Das Buch der Wahren des grossen Klaren sagt: Unter den Dingen, die mit Entschiedenheit die Luft auf- genommen haben, legt alles ohne Ausnahme Werth auf das Leben. Das Leben ist die grosse Tugend des Himmels und der Erde. Unter den Tugenden geht nichts über das lange Leben. Was lange lebt, istgewiss der aussen befindliche Leib. Man verdirbt nicht mit dem eigenen Leibe die Wesen. Man lässt es nicht dabei bewenden, dass man sie nicht verdirbt, man steht auch den Wesen bei und vergisst den eigenen Leib. Man vergisst den eigenen Leib, und der eigene Leib wird nicht vergessen. Dieses ist es, was gut das Leben leitet. Den Weg der Wahren nährt den Geist, der Geist ist im Stande, zu fliegen und sich zu verwandeln. Das Buch der drei Ursprünglichen des grossen Höchsten sagt: Bei dem Wege des Nährens des Lebens muss man die Luft schonen, dem Geiste Fortbestand geben. Man darf nicht zu viel reden, nicht laut schreien. Man bewirkt dadurch, dass der Geist belästigt, die Luft beschädigt wird. Desswegen nehmen die wahren Menschen und die Männer des Weges immer aus dem Munde, nehmen auf und bringen dadurch zu Übereinstimmung die sechs Arten der Säfte. Das Buch des ursprünglichen Zeigens sagt: Die Gestalt und der StofY sind die Werkzeuge des Erfassens des Lebens. Sie sind es nicht, durch welche das Leben zum Leben geweckt wird. Das zum Leben Geweckte macht das Ungeschmückte und Rohe zum Stoffe. Es macht die Luft zum Ursprünglichen, den Geist macht es zur Gestalt. Dieses ist die Vorhalle des Palastes des Lebens. Es macht das Nichts zum Auferzogenen. Der Geist breitet sieh und wird auseinandergelegt an den Thoren des ursprünglichen Wundervollen, er kommt und geht in den Zwischenräumen des Die Lehensverläofferungen iler Maiiaer (Jes Weges. O 1 t' Gestaltlosen, er ruht und schöpft Athem hei dem Nachbarlosen. Dies ist, was man nennt: die Quelle des Lebens des ursprüng- lichen Lichtes erlangen. Es sagt ferner: Nach aussen denkt man an das, was zerreissen soll, nach innen erklärt man das ursprüngliche Wahre, dann erst kann das lange Leben bewahrt werden. Das Buch des wundervollen Wahren sagt: Die Menschen des Weges entwerfen das Lehen, sie entwerfen nicht den Namen. Die Mitte ihrer Brust ist überaus weiss. In ihren Gedanken ist nichts, das sich zur Seite neigte. Ihre Vorsätze sind gleich dem tliessenden Wasser. Wo dieses weilt, sind leere Stadt- mauern, mit .Anhäufen und Bewachen hat es nichts zu thun. Sie sind dann fähig zu dem langen Leben. Die Hütung sämmtlicher Wahren sagt : Heftigkeit und Ungestüm der Gemüthsart sind der grösste Mörder des ganzen Leibes, die dazwischen gestellte Leiter, auf der man sich zurückzuziehen sucht. Wer von ihr Gebrauch macht, von dem ent- fernen sich die Wahren. Verbessert man es, so kommen sie auf dem Wege. In allen Dingen, bei denen man mit seines Gleichen zusammen- trifft, soll man sanft und bedächtig sein und die Ordnung der Geistigen und Reinen erschöpfen. Thut man dieses, so ist man dem Wege nahe. Der Geist ist dasjenige, zu dem Himmel und Erde jagen. Man nährt den Geist, pflegt die Gemüthsart, verbringt das Leben, leitet die Luft, und ermisst dadurch die Schwierigkeiten. Dieses ist das Durchdringen und die Erkenntniss der obersten Höchstweisen und wahren Menschen. Diejenigen, welche den Weg üben, sollen dieses thun und dadurch aufladen lassen ihren Leib. Das Buch des Gebieters, des Kaisers des grossen Einzigen sagt: Ist man im Stande, beständig zu üben die Weise der die Gemächer der Tiefen beleuchtenden neun frühen Morgen, der Kugeln von Schlamm, so umschlägt man die Seele, bringt zurecht das zehn- tausendfache Unrecht. Man übt es klar und still, bewirkt, dass die Luft der reingeistigen Unsterblichen herabsteigt zu dem Schlaf- gemache. Dies ist es, was man nennt: führen die drei Lichter, die neun Sterne und dadurch beleuchten die hundert Götter. Die Darlegungen des höchsten Klaren sagen : Ist die Leibesfrucht verschlossen und athmet still, bewahrt man im Inneren die hundert Götter, verschluckt den Schatten, schlingt den Siift, so isst und trinkt man von selbst. Der Leib hat gewiss die 320 Pfi z ra a 1 e r Langjälirigkeit, man kann es dahin bringen, zu den Unsterblichen emporzusteigen. Die geheimen Nothwendigkeiten der wahren Menschen des grossen Höchsten sagen: Die Luft ist das Werkzeug des Lichtes der Götter, der Inbegriff des Klaren und Trüben. Weilt sie bei dem Ursprünglichen, so ist der Himmel klar. Befindet sie sich in dem Menschen, so hat der Leib den Fortbestand, Leben und Tod, Schwinden und Fülle richtet sich nämlich nach den Zwischenräumen der Leitung. Das Buch der Edelsteine der grossen Tiefen sagt: Indem man die Luft der ursprünglichen Wurzeln verzehrt, bewirkt man, dass die Mitte der Gliedmassen des Menschen klar und leuchtend, der Geist hell und von achtfacher Schärfe ist. Der Leib hat den Wiederschein der Sonne, das Angesicht hat den feuchten Glanz der Edelsteine. Man gebraucht als Lockspeise den Saft des Morgens, hängt die Wurzeln auf, setzt über alles die Reiskörner. Der Weg ist nothwendiger als Gold und süsser Wein, die Sache ist wundervoller als Eis und Edelsteine, Dies ist, was man nennt: aus dem Munde nehmen und aufnehmen die grosse Übereinstimmung des Selbstthätigen, leiten die reingeistige Luft der neun Geistigen. Das Buch Pao-po-tse sagt: Die Erfordernisse des langen Lebens bestehen in dem Wege der zurückkehrenden Jahre, Die Jahre in die Länge ziehen, die Krankheiten entfernen, folgt diesem zunächst. Es geschieht, dass man sich desswegeii nicht selbst rühmt. Ist man von Jahren noch jung, ist man kräftig und kennt die zurückkehrenden Jahre, so bessert man mit dem verborgenen Mennig das Gehirn aus. Die- jenigen, welche die sieben V^ortheile in dem langen Thale pflücken, gebrauchen nicht als Lockspeise die Arzneien. Sie verfehlen ebenfalls nicht ein bis zweihundert Jahre. Der Wege des Verletzens gibt es viele. Wohin die Begabung sich nicht erstreckt, mühselig ersehnen, was die Kraft nicht über- windet, mit Gewalt beginnen, tiefe Kümmerniss, heftiger Hass, Leid und Traurigkeit, Lust und Freude, was man leidenschaftlich begehrt, worüber man tief sich kränkt, bei Schlaf und Ruhe die Zeit ausser Acht lassen, stark sich berauschen und sich erbrechen, nachdem man satt gegessen, sich sofort niederlegen, springen, laufen und dabei keuchen, voll Freude laut rufen, wehklagen und weinen. Nicht- Die Lebensverlängeruiigen der Männer des Weges. 321 Vereinigung des Yin und Yang, hierbei kommen gehäufte Verletzun- gen heran, es sind Mittel, die dem Nähren der angeborenen Beschaffen- heit widerstreben. Mit dem Ohre hört man nicht bis zum Überdrusse. Mit dem Auge blickt man nicht lange Zeit. Man sitzt nicht bis zur Ermüdung. Man empfindet früher Kälte und bekleidet sich. Man empfindet früher Hitze und löst die Kleider. Man will nicht, dass man äusserst hungrig ist und dann Speise verzehrt. Man verzehrt Speise nicht mehr, als zur Sättigung genügt. Man ist äusserst durstig und trinkt. Man trinkt nicht zu viel. Man will nicht, dass man sehr angestrengt ist. Man will nicht, dass man viel schwitzt und viel ausspuckt, die Wagen laufen, die Pferde rennen lässt, mit der äussersten Schärfe des Auges in die Ferne blickt. Vieles Essen erzeugt Kälte. Im Winter will man nicht, dass es äusserst warm ist. Im Sommer will man nicht, dass es äusserst kühl ist. Grosse Kälte, grosse Hitze, grossen Sturmwind, grossen Nebel will man nicht ertragen. Die fünf Arten des Ge- schmacks dürfen nicht einseitig und in Menge vorhanden sein. Wo von Verletzungen die Rede ist, werden sie ebenfalls nicht sogleich bemerkt. Wenn sie lange einwirken, beeinträchtigen sie nur die Lebensdauer. Desswegen hat derjenige, der gut das Leben leitet, bei Nieder- legen und Aufstehen das Frühzeitige und Späte der vier Jahreszei- ten. Bei Aufbrechen und Verweilen hat er die beständige Einrich- tung der äussersten Übereinstimmung. Bei Zurechtstellung und Schärfung der Seiinen und Knochen hat er die Mittel des Darnieder- liegens und des Emporblickens, Bei Verschliessung der Kraukiieiten, Absperrung des Unrechts, hat er die Kunst des Verschluckens und des Auswerfens. Bei dem Flüssigmachen der Durchgänge, dem Auf- bau des Magens hat er die Weise des Ausbesserns und des Abführens. Bei dem Einschränken und Ausbreiten, der Anstrengung und der Müsse hat er die Erfordernisse des Gebens und Entreissens. Er be- wältigt den Zorn und erhält dadurch unversehrt das Yin. Er unter- drückt die Freude und nährt dadurch das Yang. Dann wird er früher gebrauchen die Pflanzen und Bäume, um zu Hilfe zu kommen dem Schwindenden und Lückenhaften, Später gehraucht er das Gold und den Mennig, um zu bestimmen das Unendliche. Die Ordnung des langen Lebens ist gänzlich hier inbegriffen. Wenn Jemand wäre, der über die Gedanken entscheiden, was er in dem Busen trägt, anver- Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. H. Hft. 23 322 Pfizinaier trauen wollte, der sagt, dass er durchdringt, versteht, deu höchsten Befehl kennt und nicht von Schlamm bedeckt ist, bei dem an einem verschiedenen Ende die äusserste Leidenschaft nicht aufgebaut ist und der lange lebt, wie könnte man von diesem sagen, dass er das Leben nährt? Die verborgenen Entscheidungen der aufsteigenden Wahren sagen : Der grüne Jüngling des Fang-tschü sagte: Der Mensch, der den Weg lernt, hat ebenfalls Mühsal. Der ihn nicht lernt, hat eben- falls Mühsal. Der Anfang der beiden Mühsale ist derselbe, das Ende der Mühsale ist aber verschieden. Wer den Weg übt, erlangt durch Mühsal die Freude. Wer den Weg nicht übt, hat bloss Ungemach und Mühsal, nichts weiter. Dadurch, dass der Mensch geboren wird, gelangt er zu dem Alter. Indem er alt wird, gelangt er zu Krank- heiten. Er wird des Leibes theilhaftig und gelangt zu dem Tode. Diese Mühsaie sind sehr gross. In Herz und Gehirn häufen sich Ver- brechen, Leben und Tod werden nicht durchschnitten. Dieses ist schwer auszusprechen, um wie viel mehr ist es der Fall bei dem- jenigen, der seine Himmelsjahre nicht vollendet? Dies sind die Mühsale desjenigen, der den Weg nicht übt. Wer den Weg übt und ebenfalls Mühsal hat, gibt klar und rein Fortbestand den Wahren, bewacht das Ursprüngliche, gedenkt des Reingeistigen, sucht den Lehrer, müht sich ab, versucht abwechselnd mehrere hundert Dinge, was sein Vorhaben ist, lässt er nicht fallen, und er hat ebenfalls die äusserste Mühsal. Dieses sind die Mühsale desjenigen, der den Weg übt. Weim er durch etliche zehn Jahre sich mit dem Anordnen der Mühsale befasst, hat er deren grössere als Jener. An dem Tage, wo er den Weg erlangt, vergisst er augen- blicklich diese Mühsale, als ob er nach einem Hungern von hundert Tagen eines Morgens gesättigt wäre. Wie sollte er wieder bemerken den Hunger und den Mangel, den er uidängst gelitten? Hat er nicht den Weg, so kann es nicht sein. Der wahre Mensch der Blüthen der Rechten sagte : Im Inneren sich befassen mit den Angelegenheiten des Hauses, um sich an der Halfter zu führen, nach aussen zusammenfassen die Geschäfte der Könige, um ohne Unterschied Dienste zu verrichten, dieses ist ebenfalls das nicht Ausschliessliche des Weges. Den Weg in den Armen halten und ihn nicht ausüben, ist so viel als keinen Die Lebensverlängerungen der Männer des Weges. 323 Weg besitzen. In den Händen Kostbarkeiten balten und sie nicbt verwenden, ist so viel als keine Kostbarkeiten besitzen. Der ursprüngliche Gebieter des purpurnen Unscheinbaren sagte : Wodurch Krankheit entsteht? Sie entsteht durch vieles Nach- denken. Wodurch Unrecht hervorgebracht wird? Es wird hervor- gebracht durch die Zerstreuung des Herzens. Ist vieles Nachdenken, so sind die Sachen weitläufig. Sind die Sachen weitläufig, so sind sie zusammengesetzt und mannichfach. Schwimmen und Fiuthen hat keine Einschränkung, Verwirrung und Streit hört nicht auf. Was im Inneren kocht, sind zehntausend Gedanken, Womit man nach aussen sich abmüht, sind hundert Dienstleistungen. Gestalt und Geist wer- den abgenützt, wie sollten die Krankheiten nicht aufkommen können? Bei hohen Mauern, doppelten Riegeln fürchtet man noch immer, dass die Räuber herannahen. Um wie viel mehr ist dieses der Fall, wenn man die Thürflügel öffnet, die Schutzwehr entfernt, wenn durch uns die Räuber zur Stelle gebracht werden! Weil die Vorsätze ohne Ufer, verlässt man die angeborne Eigenschaft und das Herz. Weil man Böses thut, erschüttert man das Wahre. Die Gestalt kommt und befindet sich in dem Auge. Der Ton kommt hervor und dringt zu dem Gehör. Überdeckt es die Säulen des Willens und hängt sich an die Gedanken, so ist in Wirklichkeit Vermehrung und Überströmung. Die Seele des Lichtes ist der richtige Geist. Der Geist ist vornehm, erleuchtet und wahrhaftig. Die Seele der Finsterniss ist der Dämon des Unrechts. Der Dämon ist noch immer wahnsinnig und unordent- lich. Wenn bei den Gedanken an die fliegenden Unsterblichen man mit diesen zusammenstösst und sie sieht, so denkt man gewiss nach. Wenn bei der Gemüthsstimmung des Wohlwollens und des Schutzes man den Wesen begegnet, so ist dieses die Gipfelung. Hiernach richtet man sein Herz ein. Das Herz ist der Weg. Das Buch der neun Blumen sagt: Das Auge ist der Spiegel des Leibes. Das Ohr ist das Fenster des Leibes. Blickt man viel, so ist der Spiegel verdunkelt. Hört man alles, so ist das Fenster verschlossen. Glättet man den Spiegel, durchschneidet das Fenster, so ist man fähig, zu durchdringen die Tiefen, die zehntausend leeren Räume, genau zu erforschen den ab- gerissenen Wiederhall. Das Angesicht ist die Vorhalle des Geistes. Das Haupthaar ist die Blume des Gehirns. Ist das Herz traurig, so ist das Angesicht verdorrt. Nimmt das Gehirn ab, so ist das Haupt- 23* 324 Pfiz maier haar gebleicht. Hierdurch gehen das Geistige und die Luft im Inneren verloren, die mennigrothe Furt wird beschädigt und versiegt. Das Geistige ist der Geist des Leibes. Das Licht ist die Kostbarkeit des Leibes. Bei vieler Anstrengung wird das Geistige zerstreut. Bei Her- beiführung von Streit wird das Licht verlöscht. Hierdurch erfolgt das Alter, die Luft fällt, und das hohe Alter ist bereits erreicht. Die Meldungen des Wahren sagen : Beichthum und vornehmer Stand sind die das Gebein zerstören- den Äxte und Sägen, die das Verbrechen aufnehmenden Schiffe und Wagen. Erlangen das Hinreichende, belehren über die Irrthümer, beschränken die Schande, führen die das Schicksal angreifenden WalTen, sind keine guten Dinge. Desswegen wussten die erhabenen Menschen des Alterthums, welche das Übel der Schuld und der Ver- brechen überblickten, im Voraus, dass Beichthum und vornehmer Stand nicht dargeboten werden dürfen. Fei entwich zuletzt aus Tschang-lin, setzte sich in den Schatten auf den berühmten Bergen und wollte sich entfernen von diesen Fussspuren. Er ist es, der be- gehrte vielen Segen, der bewahrte und unversehrt erhielt das äusserst Ungeschmückte. Der Gebieter von dem Geschlechte Pei sagte : Die drei Durchgänge seien beständig hergerichtet, sie sind der Weg des langen Lebens. Der Mund ist der Durchgang des Herzens. Die Hände sind der Durchgang des Menschen. Die Füsse sind der Durchgang der Erde. Sind die Durchgänge hergerichtet,, so sind die fünf Eingeweide beruhigt. Sind diese beruhigt, so gibt es keine Krankheiten. Man gibt ferner Fortbestand den fünf Göttlichen, welche der Leib sind. Man meint die beiden Hände, die beiden Füsse und das Haupt. Wenn das Haupt denkt und fortwährend grün ist, wenn die beiden Hände roth, die beiden Füsse beständig weiss sind, so kommen die sich entfernenden Unsterblichen nahe. Einst lernte Siü-ki-tao die Unsterblichkeit in dem Gebirge des Gesanges der Schwäne. Er kam auch von Zeit zu Zeit hervor. Auf dem Wege des Marktes sah er plötzlich einen Menschen. Derselbe trug ein ledernes Beitkleid und schwang einen Stock, auf den er sicli stützte. Ki-tao verbeugte sich vor ihm. Jener sprach bei diesem An- lasse zu Ki-tao: Wer den Weg lernen will, muss treffen das Grün des Himmels, hersagen das grosse Abwechselnde, auftreten mit den beiden Weissen, drehen die zwei Bothen. Die Lebensverliing:eruiigeii der Männer des We^es. ö Zo Das Buch des gelben Alters sagt: Ist der Mann fähig, zurückzulassen die Wesen, so kann er zu Rathe gehen üher das Leben. Das Leben ist ursprünglich ohne Un- recht. Es wird von den Wesen umwunden, und nach sehr langer Zeit wechseln die Vorsätze. Wenn in den Vorsätzen und dem Begehren äusserlich nichts ist, ist man fähig zu bewachen. Durch den Weg legt man Werth auf das Leben. Die Classen des grossen Wahren des grossen Höchsten sagen: Das Einzige befindet sich in dem Leibe des Menschen, es hält nieder und bestimmt die drei Orte. Ist man im Stande, die drei Ein- zigen zu bewachen, so werden Bewegung und Auiliören nicht vergessen. Die drei Leichname entfernen sich von selbst, die neun Thiere wer- den von selbst getilgt. Man entlehnt nicht Arzneimittel und Lock- speisen, man braucht keine Verbote und Hindernisse. Unter den Er- fordernissen des langen Sehens geht die Bewachung des Einzigen voran. Das nächste ist handeln nach der Lehre des Lehrers, über- geben die Obliegenheit, sich richten nach der Begabung, sich stützen auf die Verdienste, vorschreiten zu der Rangstufe, häufen die Tugen- den, verweilen in ehrenvoller Stellung, ausbreiten die wundervolle Luft, aufklären und führen die später Gehörnen. Das Buch der drei Erhabenen sagt: Der Himmel ist fähig, das Einzige zu bewachen, er überdeckt und hebt nicht empor. Die Erde ist fähig, das Einzige zu bewachen, sie ist still und fähig zu weilen. Die Berghöhen sind fähig, das Ein- zige zu bewachen, sie vermeiden nicht Hitze und Kälte. Das Meer ist fähig, das Einzige zu bewachen, es fliesst und kehrt nicht zurück. Der Mensch ist fähig, das Einzige zu bewachen, er erfasst gewiss die wahren Unsterblichen. Das Buch des emporsteigenden Ursprünglichen sagt: Für den Weg gibt es grosse Vorschriften. Wer ihn erlangt, er- langt ihn auf der Stelle. Dieses nennt man den Weg der drei Einzi- gen. Es soll ein Heerführer sein, der die Streitmacht wechselt und den Weg des Bösen abschneidet. Das Erhabene der Edelsteine des höchsten Klaren sagt: Die drei Wahren sind nach ihrer Bestimmung die Kaiser und Gebieter des einzigen Leibes, der innere Anfang der hundert Götter. Veränderung und Verwandlung, Trennung und Vereinigung richtet sich nach den Tiefen und leeren Räumen der Wahren. Wie dunkel! 326 P f i z m a i e r Es ist schwer zu sagen. Wenn es nicht Unsterbliche sind, wird es ihnen nicht überliefert. Das Buch des ungeschmüekten Leeren des grossen Höchsten sagt: Die drei Einzigen sind das leere Stammhaus des einzigen Lei« bes, die Wurzel des Befehles der hundert Götter, die Bergquelle des Saftes der Furt, das Edelsteinhaus der lichten Seele und des Geisti- gen. Desswegen ist der Teich des Magens von Gestalt viereckig und empfängt die Dinge. Der Palast des Gehirns ist ein runder leerer Raum und begegnet den Wahren. Das grosse Höchste sagt: Dasjenige, um dessen willen die wahren Menschen Werth darauflegen, Wahre zu sein, ist das Ein- zige, sonst nichts. Dasjenige, wovon das Einzige umschränkt ist, sind die Verwandlungen der ursprünglichen Luft. Die Veränderun- gen und der Verkehr des Einzigen sind die dunklen Vereinigungen des Himmels und der Erde. Desswegen ist das obere Einzige der Himmelskaiser des Leibes. Das mittlere Einzige ist das mennigrothe Erhabene des hochrothen Palastes. Das untere Einzige ist der ur- sprünglicbe Vorgesetzte der gelben Vorhalle. Allein die drei einzigen Wahren leiten die vierundzwanzig Lüfte in dem Inneren des Leibes und übergeben dadurch das Leben. Das Leben begründet das Ein- zige in dem Leibe und entspricht den vierundzwanzig wahren Lüften des grossen Unscheinbaren. Die wahren Lüfte wandeln umher in Übereinstimmung. Die Dinge der Ordnungen ziehen weiter mit der Gestalt. Der Geist des Ursprünglichen theilt sich gieichmässig. Die purpurnen Gemächer sind dämmerig und dunkel. Das obere Einzige ist die Gipfelung des wahren Kaisers. Das mittlere Einzige ist der Vorgesetzte des wahren Erhabenen. Das untere Einzige ist das Wundervolle des wahren Königs. Das Er- habene des Himmeis erlangt die Gipfelung, desswegen bringt es nach oben zu Stande die erhabene Gipfelung. Das Erhabene der Erde erlangt das Vorgesetzte, desswegen bringt es nach oben zu Stande das richtige Einzige. Das Erhabene des Menschen erlangt das Wundervolle, desswegen bringt es nach oben zu Stande die wundervollen Dinge. Die drei Erhabenen verkörpern das Wahre und bewachen das Einzige, sie sind die wahre Gipfelung. Sie erlangen das Einzige, sonst nichts. Die Tafeln der sich sammelnden Unsterblichen sagen: Die Lebensverlängeningen der Männer des VVeg-es. 32 < Bei allen Unternehmungen, bei Sehen, Athem schöpfen, Essen, Trinken, Sprechen, bei Gutem und Bösem, bei Recht und Unrecht hat jeder Mensch die Jahre, Monate, Tage und Stunden. Er folgt, wohin er gehört und bestimmt seinen Antheil. Dieses ist die ge- wöhnliche Zahl der Anordnung der Dinge. Der Leib hat die Sorge des entsprechenden Verderbens. Der Geist hat die bestimmte Zeit der entsprechenden Verflüchtigung. Das Lebenslos hat die Eigen- schaft des nothwendigen Ablaufens. Wenn der Geist innewohnt, ist man ein Mensch. Wenn der Geist wegzieht, ist man ein Leich- nam. Wo man nämlich durch Gelüste und Begierden das Herz auf- regt, ist man nicht im Stande, die Zufälligkeiten der Farbe und des Geschmacks zu meiden. Wer seinen Weg ordnet, befindet sich bei Zufälligkeiten und ist ohne Fesseln. Er stimmt überein und ist fort- während im Verkehr. Sowohl das Gute als das Böse besteht in der Anordnung des Vergehens und Entsprechens. Man verfehlt sich hier nicht im Geringsten. Was den Grund des langen Lebens betrifft, so ist das Gute allein das Fussgestell. Der Mensch lebt zwischen Himmel und Erde, ein jeder bringt zu Stande seine Eigenschaft. Wessen Luft klar ist, der ist scharfsinnig, erleuchtet, weise und verständig. Wessen Lult trüb ist, der ist heillos, grausam, irrsinnig und unwissend. Wessen Luft hart ist, der ist hochfahrend, streng, rüstig und heftig. Wessen Luft weich ist, der ist wohlwollend, menschlich, offen und aufrichtig. Der Erleuchtete unterwirft sich seine angeborne Eigenschaft und zieht dadurch in die Länge das Lebenslos. Der Verfinsterte folgt eigenwillig seinen Wünschen und verletzt die angeborne Eigenschaft. Die angeborne Eigenschaft ist die Quelle des Lebensloses. Das Lebenslos ist die Wurzel des Lebens. Man gibt sich Mühe und ordnet es. Hierdurch baut man das Leben und nährt dann seine angeborne Eigenschaft. Man bewacht den Geist und nährt dadurch sein Lebenslos. Das Leben des Menschen hat seinen Ausgang von dem Geiste. Ist der Geist beruhigt, so lebt man. Lst der Geist abgeschnitten, so stirbt man. Auf diese Weise häuft man die Luft und macht sie zu Geistigem. Man häuft das Geistige und macht es zu Geist. Dess- wegen verschliessen die Unsterblichen in sich das Trachten, sie ver- schliessen in sich das Geheime, und sie kommen dann auf dem Wege. OäO Pfizmaier Die Wahren ordnen das Lautlose, sie ordnen das Stille, und sie ver- einigen sich mit den Wahren. Der Geist muss sich häufen und angeregt sein, dann verkehrt er mit dem leeren Räume. Ist er fortwährend fähig, das Einzige zu bewachen, so kommen die Unsterblichen nahe. Er vertraut sich dann mit Himmel und Erde zugleich der Mitte des grossen Nichts, {st er ferner im Stande, in den Tiefen und in dem leeren Räume zu ver- körpern das Nichts, so vertraut sich das grosse Nichts mit ihm zu- gleich der Mitte des Lautlosen und Stillen. Ist man fähig zu der Stille der Tiefen, so horcht und blickt man, ohne zu hören und zu sehen. Man ist mit dem Wege im Dunklen. Der Weg ist das äusserste Wahre des Verkehres des Leeren. Die Kunst ist das begabte Ursprüngliche der Veränderungen und Verwandlungen. Der Weg ist ohne Gestalt, durch die Kunst steht er den Menschen bei. Wenn der Mensch das Leere besitzt, umschränkt er durch das Ordnen den Weg. Die Erfordernisse des Weges be- stehen in dem Aufsuchen der Schreibtafeln, in dem Wechseln der Verdienste. Die Geheimnisse der Kunst sind bloss Arzneien und Luft. W^enn die obersten Männer davon Gebrauch machen, steigen sie empor und werden Obrigkeiten der Unsterblichen. Wenn die mitt- leren Männer davon Gebrauch machen, lassen sie sich nieder und sammeln sich auf dem Kuen-iün. Wenn die untersten Männer davon Gebrauch machen, leben sie lange unter den Menschen. Hierauf gibt der ursprüngliche Gebieter des grossen Einzigen das Erforderliche des zurückkehrenden Mennigs und des Goldsaftes bekannt. Er lässt es ausüben in dem Zeitalter. Der Fürst des Holzes, die goldene Mutter, ist der Ahnherr und das Stammhaus der zwei Lüfte, die Quelle und der Stamm des Yin und Yang, der Vorgesetzte und Vorsteher der Unsterblichen und Wahren, der ursprüngliche Ursprung des Bewerkstelligens der \ er- wandlungen. Die gefrorene Luft, welche die Wahren zu Stande bringt, vereinigt mit dem Wege den Stoff. Auch umwindet die Luft immer mehr das Gebäude des Himmels und der Erde. Bewegt sie sich und ist gepflanzt in den Menschen, so ist sie der Mensch. Ist es in ein lebendiges Wesen, so ist sie ein lebendiges Wesen. Sie kommt hervor aus der grossen Häufung, zerstreut sich ohne Ende. Die Lebensverlängeruugen der Männer des Weg^es. 329 Die aiigebonie Eigenschaft kommt aus dem Himmel hervor, und das Lebenslos Avird vollendet in dem Mensehen. Der es begründet, ist der Himmel. Der es in Gang bringt, ist der Weg. Die ursprünglichen Greise sagen: Wenn man bewerkstelligt den leeren Raum und die Gipfelung, bewacht das Stille und Aufrichtige, so werden die zehn- tausend Dinge zurückkommen. Zurückkommen bedeutet: dem Wege sich zuwenden und fortw.ährend bestehen. Bei den Erfordernissen der langen Dauer bewahrt der Himmel sein Ursprüngliches. Die Erde bewacht ihre lebendigen Wesen. Der Mensch nährt seine Luft. Der König der Schang hörte, dass Peng-tsu den Weg besitze. Er ernannte ihn zu einem Grossen des Reiches. Jener meldete sich immer krank, wohnte abgeschlossen und besorgte nicht die Sachen der Lenkung. Er gebrauchte das Mehl der Wolkenmutter, Büffel- und Hirschhorn, Wasserzimmt. Er hatte fortwährend das Aussehen der Jugend, seine Beschaffenheit Mar tief und still. Er sagte nicht, dass er den W^eg besitze. Der König begab sich zu ihm und fragte ihn. Jener sagte ihm nichts. Der König errichtete in der Vorhalle des Seitenflügels ein blumiges Dach, einen purpurnen Söller und liess Tsu daselbst wohnen. Er fragte ihn um den Weg der Verlängerung der Jahre, der Vermehrung der Langjährigkeit. Jener antwortete: Will man aufsteigen zu der Höhe des Him- mels und aushelfen bei den Amtern der Unsterblichen, muss man gebrauchen das Gold und den Mennig des ursprünglichen Gebieters, des grossen Einzigen. Dieser Weg ist der grösste. Bei dem nächsten muss man das Geistige sparen, den Geist nähren, gebrauchen und verzehren Pflanzen und Arzneien. Man kann hierdurch das Leben verlängern. Bei dem zunächst folgenden wird die im Kreise sich drehende Luft des Yin und Yang genährt, sie beugt sich und streckt sich. Man bewirkt, dass die Luft der hundert Abschnitte in Gang kommt, dass sie ausgeht von den Triebwerken, ohne zu stocken. Hierdurch kann es geschehen, dass man nirgends Krankheiten an- dringen lässt. Sich sehnen nach dem Göttlichen, gedenken des Wah- ren, sitzend vergessen, die Säfte läutern, hierdurch kann man be- wirken, dass der Mensch das lange Leben hat. Was die Erforder- nisse des Schwimmens gegen den Strom, der Ausbesserung des Ge- hirns betrifft, so ist dieses sehr schwer auszuüben. Es gibt dabei die 330 Pfizmaier Gefahr des Tragens von Dornen in dem Busen, des Tretens auf die Schneide der Schwerter. Auch ist es keineswegs etwas, das Könige thun. Die seichten und dünnen Wege, von denen ich gehört habe, sind hier zu Ende. Sie verdienen nicht, dass man sie verbreitet und überliefert. Der Mensch, der in dem Zeitalter geboren wird, nährt sie bloss. Er erlangt das Angemessene bis zu hundert Jahren. Alles, wobei man dieses nicht erreicht, ist schädlich. Grosse Trunkenheit, grosse Heiterkeit, grosser Zorn, grosse Wärme, grosse Kälte, grosse Anstrengung, grosse Erschöpfung sind schäiiiich. Grosse Freude, grosser Kummer, grosse Scheu, grosse Bangigkeit, grosse Verwir- rung, grosse Hast, grosser Hochmuth, grosse Ausschreitung sind schädlich. Starker Hunger, starker Durst, heftiges Sehnen, tiefes Nachdenken sind schädlich. Lange sitzen, lange stehen, lange liegen, lange gehen ist schädlich. Wenn Kälte und Wärme das Mass ein- halten, Hunger und Sättigung das Angemessene erreichen, wenn kein Sehnen, kein Verrichten, hloss Klarheit, bloss Stille, hier lässt sich sagen, dass man den Leib nur ordnet. Hat man seine Langjährig- keit erlangt, so ordnet man ihn nochmals. Erlangt man das Ange- messene, so hat man das lange Leben. Es ist nur erforderlich, dass man nicht schadet. Hat man im Winter warm, im Sommer kühl, lässt man nicht ausser Acht die Übereinstimmung der vier Jahres- Zeiten, so gelangt man dadurch an den Leib. Hat man eine schöne Farbe, ein leichtes Benehmen, treibt man nicht auf das Ausserste die Anregung des Sehnens und Begehrens, so verkehrt man dadurch mit dem Geiste. Kennt man bei Wagen und Kleidern , bei der Weise des Ansehens die Genügsamkeit, ohne nach etwas zu streben, so bringt man dadurch zur Einheit seine V'orsätze. Gelangt man bei den acht Tönen, bei den fünf Farben nicht bis zu Leidenschaft und Ver- sunkensein, so führt man dadurch zurecht sein Herz. Mit allen diesen Dingen nährt man eigentlich den Menschen. Der Mensch ist nicht fähig, sie zu schöpfen, einzugiessen und die Mitte zu erlangen. Er bereitet sich im Gegentheil dadurch Sorge. Desswegen Hessen die Höchstweisen und Weisen hernieder Warnun- gen, sie fürchteten die Unruhe der Strömung, zu der man herabsteigt und in der die Begabung ertrinkt, das Verfehlen des Ortes, wobei man vergisst, zu der Anwendung zurückzukehren. Desswegen hiessen die den Weg ordnenden Männer es verbieten, sie wollten dadurch Die Lebensverlängerungen der Männer des Weges. 331 umschränken die Leichtigkeit der Einrichtungen. Es ist auch wie bei Wasser und Feuer. Gebraucht man sie übermässig, so wird man imGegcntheil nur Verderben bewirken. Der Mensch, der die Fäden und Adern nicht kennt, beeinträchtigt und verletzt das Blut und die Luft. Es genügt nicht, innerlich das Leere und Weite zu ordnen. Sind das Mark und das Gehirn nicht fest, so ist der Leib schon früher erkrankt. Desswegen wird er von äusseren Dingen beleidigt. Sie bedienen sich des Windes, der Kälte, des Weines, der Begierden, um gegen ihn loszubrechen. Wenn der Stamm voll und fest ist, wie sollte es da Krankheiten geben? Weitreichendes Sehnen, übermässiges Wünschen schadet dem Menschen. Kummer, Unwille, Leid, Traurigkeit, unter den mensch- lichen Leidenschaften zu viel Freude, Entrüstung, Zorn, der sich nicht löst, alles, was man unablässig liebt, um dessen willen man schmerzlich besorgt ist, wenn Kälte und Wärme das Mass verfehlen, das Yin und Yang sich nicht vereinigen, hierdurch erleidet er Schaden. Männer und Weiber bringen gegenseitig zu Stande, gleich- wie Himmel und Erde gegenseitig hervorbringen. Hierdurch leitet man das Nähren von Geist und Luft, bewirkt, dass der Mensch seiner Übereinstimmung nicht verlustig wird. Himmel und Erde trennen sich am Tage und vereinigen sich in der Nacht. In einem Jahre sind dreihundert sechzig Vereinigungen. Desswegen sind die vier Zeiten gleichförmig, und die zehntausend Dinge entstehen. Hervorbringen und Vollenden kennen kein Ende und keine Erschöpfung. Hierdurch wird der Himmel nicht verlustig seiner Bewegung. Die Erde wird nicht verlustig ihrer Übereinstim- mung. Die Dinge werden nicht verlustig ihres Entstehens und sind fähig zu langer Dauer. Wenn der Mensch nicht fähig ist, sich zu richten nach Himmel und Erde, sondern schmälert die Kleidung, übertrieben ist in Speise und sich zuzieht tödtliche Krankheiten, so ist dieses die grösste Thorheit. Richtet man sich nach diesem, ord- net und leitet, beschränkt und verbreitet es nach aussen, so gebraucht man die Luft der ursprünglichen Übereinstimmung. Erlangt man seinen Weg, so ist das Unrecht nicht im Stande, einzutreten. Dieses ist die Grundlage der Anordnung des Leibes. Die übrigen Dinge, wie das Aufnehmen des Schattens, das Sehnen nach dem Geiste, die vorübergehenden Jahre, das Leiten und Führen, das Verschlingen der Lockspeisen, das Kleiden und 3 3 seine Gestalt, so wird das ursprüngliche Geistige allmälig leer, Geist und Luft werden erschöpft und stocken. Gebraucht man aber Tag und Nacht Arzneien und befleissigt sich, liest man und sagt her die Bücher und Entscheidungen, so ist dieses ebenfalls ohne Nutzen. Die Bücher sind dreizeimtausend Hauptstücke. Sie zeigen bloss das Thor und die Vorhalle, zu denen man anfänglich hinübersetzt. Der König der Schang empfing als Darreichung die Erfordernisse und übte die immerwährende Langjährigkeit Peng-tsu's. Nur war er nicht fähig, sich vor seinen Ausschreitungen und Begierden zu hüten. Niü-ki war ein Weinweib auf dem Markte von Tschin. Sie be- reitete den besten Wein. Ein unsterblicher Mensch ging an ihrem Hause vorbei und trank Wein. Er gab fünf Rollen ungesclimückter Bücher für den Wein. Ki öffnete sie und blickte in sie. Sie enthiel- ten die Mittel der Unsterblichen, die Kunst, die angeborne Eigen- schaft zu nähren, das Leben zu verlängern. Ki schrieb heimlich diese Erfordernisse und Entscheidungen ab und übte sie. In drei Jahren waren die Züge ihres Angesichts nochmals jugendlich. Sie verkaufte Wein durch mehrere Jahre. Der unsterbliche Mensch kam wieder Die Lebensverlängeningen der Männer des Weges. d d O und sprach zu ihr lachend : Wer den Weg stiehlt, ohne einen Lehrer zu besitzen, besitzt Flügel und fliegt nicht. — Niü-ki folgte dem un- sterblichen Menschen und entfernte sich. Man weiss nicht, wohin sie gelangt war. Niü-tschü-yi von Tai-yang erlangte den Weg des Auswerfens und Aufnehmens. Die Sache war überaus tief und entschieden. Li- sieu-ki veröffentlichte ein Buch in vierzig Heften. Er nannte es: die Quelle des Weges. Auf dem Wege, den man beständig übt, siegt das Weiche über das Harte, das Schwache bringt zurecht das Starke. Es ist, als ob man herabblickte auf ein tiefes Wasser, träte auf den Rand eines Abgrundes, als Wagenlenker führte das Ent- laufende, bestiege das Verfaulte. Der Unterschied ist ein sehr gerin- ger. Die viereckigen Tafeln des Verlusttragens, wenn man sich be- fleissigt und nach ihnen handelt, kann man die lange Lebensdauer liaben. Niü-lu-kin von dem grossen Verborgenen lernte den Weg und hatte ihn noch nicht zu Stande gebracht. Er verkaufte auf dem Wege Wein und fragte insgeheim seinen Lehrer um Rath. Wenn Gäste herbeikamen, hiess er ihn sich erkundigen, wie viele Männer des Weges unter den Gästen seien. Er that dieses durch ein Jahr, und es waren im Süden nur drei, im Norden fünf, im Osten neun, im Nordwesten ein Einziger. Er kehrte zurück und meldete: Der grösste Weise unter den Gästen ist ein Mensch, der den Weg voll- kommen erlangt hat. Ich fragte ihn um ein Einziges und erfuhr fünf Dinge. — Hierauf fragte er diesen um den Weg des langen Lebens. Er erlangte die Erfordernisse des Ausbesserns und Führens, das Heilmittel des dampfenden Mennigs. Niü-tschuen-ho von dem grossen Ursprünglichen sagte bestän- dig: Wenn der Mensch, in dem Zeitalter weilend, einmal etwas ver- liert, kann er es nicht wieder finden. Wenn er einmal stirbt, kann er nicht wieder leben. Um wie viel mehr ist dieses der Fall bei der Beschränktheit der Grenze der Langjährigkeit! Ohne dass man den Weg ordnet, kann man sie nicht ausdehnen. — Hierauf wusch er sein Herz, suchte den Weg und erlangte dessen Kunst. Vi 3 4 P f i 7. ni a i e r Der Gebrauch der Lockspeisen. Das Buch (des Kaisers) des göttlichen Ackerbaues sagt: Die höchsten Arzneimittel bewirken, dass der Leib des Men» sehen beruhigt, sein Leben verlängert wird. Es sagt ferner: Macht man zur Lockspeise die fünf Unsterblichkeitspflanzen, den Mennig- sand, das mehrfache Grün, die Wolkenmutter, den Mundvorrath der Übrigen Yü's von dem grossen Einzigen und wendet ein jedes ein- zeln an, so bewirkt man, dass der Mensch lange lebt. Die mittleren Arzneimittel nähren die angeborene Beschaffenheit. Die niedrigsten Arzneimittel entfernen die Krankheiten. Dieses sind die zutreffenden Worte der obersten Höchstweisen, die wirklichen Entwürfe der Arznei- kunst. Die höchste der Arzneien der Unsterblichen ist der Mennig- sand. Die nächstfolgenden sind gelbes Gold, weisses Silber, sämmt- liche Unsterblichkeitspflanzen, die fünf Edelsteine, die glänzenden Perlen der fünf Wolken. Das gelbe Geistige und die Bergdistel, wenn man sie zur Lockspeise macht, so wirft man die Reiskörner zurück. Erlebt man ein unglückliches Jahr, so kann man durch sie die Reiskörner entbehren. Man nennt sie den Reis und das Dörr- fleich. Die glänzende Classe der westlichen Gipfelung sagt: Die mennigrothen Bücher des Goldsaftes des grossen Reinen, die göttlichen Abbildungen der neun Dreifüsse, das grosse Mennig- roth der neun Umdrehungen des grossen Einzigen und andere Bücher sind im Ganzen einhundert vierzig Rollen. Das Buch der fünf Beglaubigungsmarken sagt: Der Hanf wächst ursprünglich in dem grossen Wan. Er heisst auch: das grosse ÜbertrefFende. Gebraucht man ihn ohne Aufhören, so hat man ein Dasein von der Länge der Zeitalter. Er ist der Alteste der fünf Getreidearten. Gebraucht man ihn, so kann man dadurch die zehntausend Dinge erkennen, verkehren mit dem Lichte der Götter. Die wahren Menschen sagen, dass das gelbe Geistige den echten Geist des Himmels und der Erde erhalten hat. Es ist das- jenige, das an die Berge sich lehnt, auf die Wohnungen sich stützt und göttlich sich verwandelt. Die Unsterblichen geben ihm den Die Lebensverläni^-erungen der Männer des Weges. OuO "o Namen: die Uiistei-blichkeitspflanze Meii-khi (das in Blätterfülle sich Erhebende). Das Buch der Entscheidung der Edelsteine sagt: Die Luft der fünf Beständigkeiten des ersten Anfangs zerstreut sich bei dem ersten Glänze des Lichtes des Yang. Der Feuerglanz des ersten Anfangs, die wahren Menschen verzehren seinen Schatten und sind unendlich. Das Buch der drei Lichter sagt: Die drei Lichter sind die Kunst der geläuterten Leibesfrucht des Weges der Unsterblichen. Die Schlammkugeln sind der höchste Geist des Leibes und der Gestalt. Das Buch des Herausgebens und Aufnehmens sagt: Die acht Fürsten haben ein Sprüchwort, welches lautet: Wer Pflanzen verzehrt, ist kräftig. Wer Fleisch verzehn, ist muthig. Wer Brodfrucht verzehrt, ist verständig. Wer Luft verzehrt, ist göttlich. Das Buch der Unsterblichen sagt: Der Mennig ist Gold. Wer ihn gebraucht, ist ein oberer Mann des Weges. Wer die Unsterblichkeitspflanze verzehrt und die Ltnt der Kehle leitet, ist ein mittlerer Mann des Weges. Wer Pflanzen und Bäume als Lockspeise verzehrt, ist ein niederer Mann des Weges. Wer die grosse Arznei des Goldes verzehrt, entfernt sich zwar noch nicht von dem Zeitalter, allein die hundert unrechten Dinge nahen ihm nicht. Wenn man bloss Pflanzen und Bäume gebraucht und zur Lockspeise die acht Steine macht, so kann man zufällig nur bewirken, dass die Krankheiten hinweggenommen werden, das Lebenslos sich mehrt. Es genügt nicht, das äussere Unglück zurückzuwerfen. Man bewahrt bloss das wahre Einzige, dann verstärkt man die angeborne Eigenschaft und macht sich keines Vergehens schuldig. Einst ge- brauchte jeder Fürst der Unsterblichen einen einzigen Gegenstand und erlangte dadurch mehrere hundert Jahre. Sie vereinten nämlich göttlichen Mennig und Goldsaft. Han-tschung gebrauchte Magen- wurz durch dreizehn Jahre. An seinem Leibe wuchsen Federn, er blickte täglich auf zehntausend Worte in Büchern und sagte sie laut her. Im Winter hatte er entblösste Schultern, und es fror ihn nicht. Auch wächst Magenwurz auf moosigen Steinen. Es hat bei der Länge eines Zolles neun Knoten und darüber. Dasjenige, welches purpurne Blüthen besitzt, ist das beste. 0»>Ö Pfizmaier Die Heilmittel der gerüsteten Steine wurden durch den linken Reichsminister des östlichen Versammlungshauses, den Frühgebornen des weissen Steines verfertigt. Sie wurden von wahren Menschen übergeben, aber man sah noch nicht den wahren Text. In dem Zeit- alter gibt es zwei Texte. Man hält den gekürzten für den besseren. Dasjenige, was die wahren Menschen der östlichen Blumen beim Verzehren der Steine zum Muster nehmen, ist das östliche Ver- sammlungshaus. Es ist auch das grosse Klare. Die vornehme Frau des purpurnen Unscheinbaren wählte die Bergdistel und sagte in der kurzen Darlegung: Ich habe in Gemein- schaft untersucht das Überwinden und das Unterliegen der Pflanzen und der Gewässer. Wo es sich darum handelte, dass sie mir schnell nützten, erreichten sie nicht die vielen Erprobungen der Bergdistel. Hierdurch lebte ich lange, blickte lange Zeit auf das Ferne und wechselte das Leere. Ich sage nicht, dass sämmtliche Dinge weniger als die Bergdistel geachtet werden sollten. Das Wahre wird durch den Gebrauch der Bergdistel in der Gegenwart umschränkt. In den letzten Zeitaltern gibt es viele Krankheiten, es ist angemessen, Lockspeisen zu gebrauchen. Bei dem Wege bat man Zufriedenstel- lung nach innen und fürchtet noch immer das Unglück durch äussere Ereignisse. Hat man die Zufriedenstellung nach aussen, wird man ebenfalls bisweilen von der Verderblichkeit des Sturzes betrof- fen. Ich habe Solche gesehen, die in den Gebirgswäldern vei-borgen und unbeschäftigt waren und denen es möglich ward, die Berg- distel zu gebrauchen. In eintausend einhundert, in eintausend acht- hundert Jahren gesellen sie sich zu den fünf Berghöhen. Gegen- wärtig wählt man die Bergdistel, mehrere Heilmittel und überliefert das TrefTliche und Schätzbare. Werden sie mit Entschiedenheit und wahrhaftig gebraucht, so ist man ziemlich von dazwischen tretenden plötzlichen Unglücksfällen verschont. Die Lebensverlängerungen der Männer des Weges. 33 T In dem Gebirge des Districtes Li in Nan-yang befindet sich das süsse Thalwasser. Dasselbe ist desswegen süss, weil die Berge des Thaies zur Linken und Rechten süsse Goldblumen hervorbringen. Die Blüthen der Goldblumen fallen hinein, und dieses geschieht die wechselnden Geschlechtsalter hindurch immer länger. Die Menschen des V^olkes, die an diesem Thale und in demselben wohnen, graben keine Brunnen, sie trinken das süsse Thalwasser. Unter denen, die es trinken, ist keiner, der nicht die Langjährigkeit erlangt. Die das höchste Alter erreichen, werden einhundert vierzig bis einhundert fünfzig Jahre alt. Die das niedrigste Alter erreichen, ermangeln nicht, achtzig bis neunzig Jahre alt zu werden. Desswegen Hessen der den Räumen Vorstehende Wang-tschang, der grosse Beruhiger Lieu-kuan und der grosse Zugesellte Yuen-wei, als sie Statthalter von Nan-yang waren, bei der Ankunft an dem Sitze ihres Amtes immer durch den District Li monatlich vierzig Kufen süsses Thalwasser bringen. Sie gebrauchten es als Getränk und zu Speisen. Diese Männer waren stark von Gicht und Lähmungen gequält und wurden Avieder her- gestellt. Sie konnten aber des Vortheils nicht im Grossen theilhaftig werden gleich den Menschen, die an dem süssen Thale wohnen und von Jugend auf sogleich dieses Wasser trinken und zu Speisen gebrauchen. Die Blüthen der Goklblume haben ferner mit den Blüthen der Wasserlinsen Ähnlichkeit. Man unterscheidet sie eben nur auf Grund- lage der Süsse und Bitterkeit. Die Goldblume ist süss, jedoch die Wasserlinsen sind bitter. Gegenwärtig gibt es nur sehr wenige echte Goldblumen. Sie wachsen verhältnissmässig zahlreich an den Flüssen. Auf dem Berge Keu-schi und in dem Districte Li gibt es die meisten. Von ihnen wird in den Heilmitteln der Unsterblichen gesagt, dass das Geistige der Sonne wieder zum Leben kommt. Sie sind rings voll und überall ein Einziges. Es sind Goldblumen, aber W^urzeln, Stengel, Blüthen und Früchte haben verschiedene Namen. Die Ausein- andersetzung über sie ist sehr schön. Dass aber in jüngster Zeit die- jenigen, welche sie gebrauchen, durchaus nichts ausrichten, ist eben desswegen, weil man die echten nicht erlangt. Das Buch der acht Ungeschmückten sagt : Das grosse Höchste sagt: Durch die Weise des fliegenden Geläuterten lassen sich die Thore und Thüren der wahren Menschen nicht erreichen. — Ferner heisst es in den erleuchteten Classen der vier Gipfelungen: Das Buch Sitzb. .!. pliil.-hist. Cl. LXV. Bd. II. Hft. 24 OUO Pfizmaier. des Goldsaftes und Mennigs, die göttlichen Abbildungen der neun Oreifüsse sind geheime Bücher der Waiiren und Unsterblichen. Sie sind in den berühmten Gebirgen aufbewahrt. Die Darlegungen des höchsten Klaren sagen: Die Bücher des mittleren Gelben werden von dem Gebieter, dem weissen Kaiser aufbewahrt in der Erdstufe des Edelsteines Yao. Sie besprechen die geheime Weise des Mennigs und der Arzneimittel. Wer nicht die wahren Verzeichnisse besitzt, erlangt nicht jenen W^eg. Die mit Tinte geschriebenen Verzeichnisse der mennigrothen Tafeln des grossen Höchsten sagen: Wenn man die Kunst des Goldsaftes übt, muss man das mennig- rothe Buch des grossen Klaren erlangen. Das verborgene Buch des grossen Mennigrothen sagt: Ist man angeregt von den Fussspuren des Herbeirufens des Reingeistigen, so steigen die Götter des Himmels herab. Die Männer des höchsten Lernens gebrauchen die gelben Blumen der Sonne und des Mondes, das goldene Geistige, die fliegenden Wurzeln, die gelbe Luft. Das Buch der fünf Küchen sagt : Die geordnete und dargebotene grosse Übereinstimmung hat weder Schwinden noch Fülle. Das obere Buch der Vereinigungen des Himmels sagt: Dass die Menschen des hohen Alterthums lange lebten, war dess- wegen, weil sie keine Brodfrucht assen. Ihr Leib war ruhig, ihr Geist froh. Sie ordneten den Weg und brachten ihn leicht zu Stande. In dem Buche der fünf Beglauhigungsmarken wird gesagt: Wenn man das Geistige des Mondes verzehrt, kann man lange leben. Wenn man das Geistige der Sterne verzehrt, steigt man empor zu dem grossen Klaren. — In den verborgenen Entscheidungen der aufsteigenden Wahren wird gesagt: Wenn man den Wolkenzahn gebraucht, kann man die Brodfrucht entbehren und die Würmer des Leichnams ent- fernen. Man kann den Weg des wahren Einzigen ordnen. Der wahre Mensch des Geschlechtes Pei sagte: W^ohlgefallen und Zorn schaden den Vorsätzen. Traurigkeit und Freude schaden der angebornen Eigenschaft. Ehre und Aufblühen beeinträchtigen die Tugend. Das Yin und das Yang plündern den Leib. Dies alles sind grosse Vermeidungen der Lernenden des Weges, es wird in den Die Lel^ensverläng'eriingen der Männer des Weg'es. 00" Vorschriften der Unsterblichen gehasst. Nichts ist so gut als wissen «nd es nicht thun, es thun und sich nicht getrauen, es zu verbreiten. Dieses ist der nothwendige Weg der Unsterblichen, die ursprüngliche Beschältigung des Belebens des Lebens. Will man es dahin l)ringen, dass man die Jahre verlängert, muss man die Blumen der Sonne ver- schlucken. Wenn man Speise verzehrt und viel trinkt, hüte man sich, dass man sich nicht sogleich niederlegt. Trinkt man viel, so heisst man Krankheiten entstehen. Legt man sich nieder, so bringt man das Herz in Erregung. Ist das Herz in Erregung, so wird man der änge- bornen Eigenschaft verlustig. Wenn Krankheiten entstehen, kommen ^ie Arzneimittel nicht in Gang. Die den Weg Lernenden hüten sich vor diesen Dingen. Die von Lieu-hiang verfassten Überlieferungeii von Unsterb- lichen sagen : Wu-kuang war ein Zeitgenosse der Hia. Er liebte die Cither und gebrauchte Binsen- und Zwiebehvurzeln. Ferner gebrauchte Peng-tsu häufig Wasserzimmt und Wolkenmutter. Su-lin, ein Mensch der mittleren Berghohe, führte den Jünglingsnamen Tse-yuen. Er war ursprünglich ein Mensch von Wei. Im letzten Jahre des Fürsten Hiü nahm er zum Lehrer den Fürsten Khieu. Dieser lehrte ihn die Weise des Gebrauchens der Luft. Ferner begab sich Yün-hi nach Tschang-scha und gebrauchte die Frucht des grossen Überwindenden. Lieu-fung-lin war ein Zeitgenosse der Tscheu. Er lernte den Weg auf dem hohen Berge Sung und verbrachte die Jahre. Später begab er sich zu dem Berge der herabgelassenen Flügel. Er war im Stande, die Luft zu verschliessen und durch drei Tage nicht zu athmen. Er gebrauchte bloss das gelbe Zusammenhängende. Er hatte bereits tausend Jahre erreicht und war nicht fähig, bei etwas Dienste zu leisten oder Aufträge zu übernehmen. Tung-wei-ti war ein Mensch von unbekannter Herkunft. Gegen das Ende der Zeiten des Kaisers Wu von Tsin befand er sich in dem weissen Tempel von Lo-yang. Seine zerrissenen Kleider bedeckten ihn nicht. Er verschlang gewöhnlich einen Stein und nahm den ganzen Tag keine Speise zu sich. 24' 340 ' P f i z m a i e r. Die inneren Überlieferungen von der vornehmen Frau des Ge- schlechtes Wei von der südlichen Berghöhe sagen : Die vornehme Frau führte den Namen Hoa-tsün, den Mädchen- namen Hien-ngan. Sie stammte aus Jin-tsching. Zu den Zeiten des Kaisers Tsching von Tsin gebrauchte sie Goldpulver und erlangte den Weg. Die inneren Überlieferungen von dem wahren Menschen Miao- ying von Tai-yuen sagen: Der höchstweise Gebieter der goldenen Thorwarte erliess einen höchsten Befehl an die wahren Menschen der grossen Gipfelung und hiess die Leibwächter der Edelsteine des richtigen Ursprüng- lichen, Wang-tschung, Pao-khieu und Andere Miao-ying geben die vier Abschnitte, die Leibesfrucht der Schwalbe, das fliessende Licht, die göttliche Unsterblichkeitspflanze, das lange Sonnenlieht, die beiden Fliegenden, den Nachtglanz, die Pflanze der Tiefen. Er hiess sie sich vor ihm verbeugen und ihn damit speisen. Sie behängten den Gürtel mit Siegeln, legten die Kleider an, richteten die Mützen,, kehrten sich mit den Häuptern nach Norden, umgürteten die Be- glaubigungsmarken, hielten in den Händen kleine Glocken. Zuletzt verkündeten die vier Abgesandten Ying folgendes: Wer die vier Ab- schnitte der grossen Gipfelung, die verborgene Unsterblichkeitspflanze verzehrt, dessen Rangstufe ist diejenige eines Reichsministers der Wabren. Wer die Leibesfrucht der Schwalbe von der goldenen Thorwarte, die Unsterblichkeitspflanze der Edelsteine verzehrt, dessen Rangstufe ist diejenige eines Vorstehers des Lebensloses. Wer das fliessende Licht des östlichen Palastes, den goldenen ßlüthenschmuck verzehrt, dessen Rangstufe ist diejenige eines Vorstehers des Ge- haltes. Wer das lange Sonnenlicht, die beiden Fliegenden verzehrt, dessen Rangstufe ist diejenige eines Oberherrn der Wahren. Wer den Nachtglanz, die Pflanze der Tiefen verzehrt, dessen Rangstufe ist diejenige eines Vorgesetzten und allgemeinen Leiters. Die Men- schen seiner Umgebung sind betraut mit der Stelle kaiserlicher Ver- merker. Du hast jetzt alles dieses verzehrt. Deine Langjährigkeit erschöpft Himmel und Erde. Deine Rangstufe soll sein diejenige eines Vorgesetzten des Lebensloses, eines höchsten Wahren, eines Reichs- ministers und Gebieters der südlichen Berghöhe. In deiner Haupt- stadt wirst du lenken die göttlichen Unsterblichen von U und Yue. Die Lebensverläiigerungen der Männer des Weg'es. O 4 l Die inneren Überliefernngen von dem wahren Menschen, dem <}ebieter von dem Geschlechte Tscheu sagen: Tscheu-I-schan, der wahre Mensch des purpurnen Yang, führte ^en Jünglingsnamen Ki-thung und stammte aus Jü-yin. Derselbe war ein dem siebenten Geschlechtsalter angehöriger Enkel Tscheu-po's, Reichsgehillen von Han. Sein Vater Tsiün brachte es im Amte bis zu einem inneren Vermerker von Tschin-lieu. Der Gebieter, sechzehn Jahre alt, folgte Tsiün in die Provinz. Er war ein tiefsinniger, ernster Mensch, bei dem Freude und Zorn nicht zum Ausdrucke gelangten. Er sass gerne allein an einem stillen Orte und dachte im Geiste an das Unsichtbare und Verschlossene. Bei Tagesanbruch, wenn die Sonne eben aufging, sog er gewöhnlich, das Angesicht nach Osten gekehrt, die Sonne und gebrauchte als Arznei die Luft. Er that dieses jeden Morgen. Die Verkündungen der Wahren sagen: Tschang-tsching-li von Heng-schan empfing gegen das Ende der Han den Schatten des Regenbogens und das Heilmittel des gött- lichen Mennigs des Gebieters der westlichen Feste. Es verdross ihn, dass der Mennigsand schwer zu erlangen war. Er zog nach Kuang- tscheu und wurde ein Mann des Weges. Er entfernte sich als Unsterb- licher und wurde in dem Sturmwindhause ein höchster Unsterblicher. Tschang-yuen-pin stammte aus Ting-siang. Zu den Zeiten des Kaisers Wu von Wei ragte er durch vielfache Begabung hervor. Er kehrte in seinen Bezirk und seine Gasse zurück und diente dem Fürsten des Geschlechtes Ki von Si-ho als seinem Lehrer. Von diesem empfing er den Gebrauch des Heilmittels der Bergdistel als Lock- speise. Später begegnete er dem wahren Menschen Puan-tse-ming. Dieser übergab ihm in einem kleinen inneren Hause den Weg des Zurückziehens, des Veränderns und der verborgenen Schatten. Yuen- pin befand sich ehemals in dem Gebirge der Himmelpfeiler. Gegen- wärtig verrichtet er im Inneren der Tiefen des Hoa-yang das Amt eines Oberherrn der Ordnungen und Verbote. Es iieisst ferner: In dem Gebirge Tsien in Liü-kiang lebten Tsching-king-schi und Tschang-tschung-boa, Beflissene des Weges. I Beide empfingen im Anfange der Zeiten von Tsin die mündlichen Entscheidungen des unsterblichen Menschen Meng-te-jen und traten o4<^ Pfizmaier. in das Gebirge. Sie übten die Weise des Bewachens der fünf Auf- bewaliningen, des Ziirückbebaltens der Sonne. Zugleich gebrauchten sie als Arznei Hanfsamen. Sie gebrauchten ferner den ursprünglichen Mennig. Ping-tschung-tsie stammte aus Ho-tung. Bei dem Aufruhr Lieu- tsung's i) übersetzte Tschung-tsie im Sommer den Strom und trat in das Gebirge Kö-thsang. Sein Leib besass die Luft des Wahren^ er gebrauchte Lockspeisen und verscliwand als Unsterblicher. Tschao-kuang- sin war ein Eingeborner von Yang-tsching» Gegen das Ende der Wei übersetzte er den Strom und trat in das kleine weisse Gebirge von Jen. Er empfing die Weise des Mannes von dem Geschlechte Li und gebrauchte als Arznei die Luft. Er empfing ferner den dem Gebieter von dem Geschlechte Tso eigenen Weg des Bewachens der ursprünglichen Mitte, Dergestalt verbrachte er die Jahre. Bisweilen verkaufte er Arzneiniittel unter den Menschen. Er kam häufig zu der Hauptstadt und erhandelte Mennigsand. Er verfertigte den Mennig der neun Blumen und verschwand als Un- sterblicher. Yü-ung-seng stammte aus Kuei-ki. Er empfing die dem unsterb- lichen Menschen, dem Gebieter von dem Geschlechte Kiai eigene Weise, das Geistige der Sonne zu verzehren. Zu den Zeiten von U kam er und verbarg sich in dem Gebirge von Lang-U. Zugleich übte er den Weg der Wolkenluft und der sich drehenden Gestalt. Er dachte im Geiste nach, verbrachte lange Zeit und verschwand als Unsterblicher. Tschü-jü-tse trat gegen das Ende der U in das Gebirge des rothen Wassers und gebrauchte als Arznei die Blüthen der Gold- blume und die ßergdistel. Später begegnete er Si-kuei-tse. Er folgte diesem und bat ihn um das Bemessen des Zeitalters. Si-kuei-tse übergab ihm die nothwendigen Worte. Jü-tse verschwand als Un- sterblicher. 1) Lieu-tsung vernichtete im vierten Jahre des Zeitraumes Kien-hing (316 ii. Chr.) das Reich der westlichen Tsin. V Die Lel)ensver]äng-erungen der Männer des Weg-es. 343 Die Tochter der Edelsteine der glänzenden Sterne weilte auf dem blumigen Berge und gebr.iuchte den sauren Trank der Edel- steine. Auf dem Gipfel in der Mitte des Gebirges befindet sich eine steinerne Schildkröte. Dieselbe ist mehrere Morgen breit und gegen drei Klafter hoch. Zu ihrer Seite befinden sich Leitern und steinerne Treppen. Wenn man zu dem Rücken der Schildkröte emporsteigt, sieht man den Tempel der Tochter der Edelsteine. An der Vorder- seite befinden sich fünf steinerne Mörser. Man nennt diese die Becken, in welchen die Tochter der Edelsteine das Haupt wäscht. Das Wasser in denselben ist lasurblau, grüngelb und klar. Bei Regenwetter strömt es nicht über, bei Trockenheit nimmt es nicht ab. In dem Inneren der Schildkröte befindet sich ein Pferd der Tochter der Edelsteine. In dem Gebirge Hoa-yin befanden sich Yün-scheu-tse, Tschang- scln-seng und Li-fang-hoei, Beflissene des Weges. Dieselben waren Zeitgenossen des Kaisers Wu von Tsin. Sie empfingen den dampfen- den Mennig des unsterblichen Menschen Kuan-tsching-tse und dessen Weise, die Bergdistel als Lockspeise zu gebrauchen. Dieser übergab ihnen ferner die Vorschriften Tscheu-scheu-ling's von Su-men für den Gebrauch des Mennigs und des Nebels. Fan-yeu-tschung stammte aus Liao-si. Er gebrauchte bestän- dig die drei Lüfte. Nach der Vorschrift sind die grüne, weisse und rothe Luft gleich dem Speichel. Er gebrauchte sie durch drei Jahre und erlangte hierauf die Unsterblichen. Dieses ist die Weise des Gebieters des hohen Ursprünglichen, der inneren Schatten des grossen Ungeschmückten. Man übt sie jeden Morgen. Blickt man in die Sonne, so ist sie noch vortrefflicher. Diese Weise ist durchforscht, die Sache ist erprobt. Kiang-pe-tschin beland sich in dem grossen schrägen Gebirge. Er gebrauchte als Arznei das Steinhirn. Das Steinhirn ist gleich einem Steine, klein, buntfarbig und weich. Ausserdem findet es sich noch im Osten des Berges Miao. Es ist daselbst wahrhaft klein, gleich »»44 P f i z m a i e r. dem gehäuften Grün. Seine Farbe hat Ähnlichkeit mit derjenigen des Tropfsteines. Fan-yang-tse gehrauchte einst auch dieses. Die inneren Überlieferungen von dem Gebieter des Geschlechtes Pei sagen: Tschi-tse-yuen, dem Menschen des Weges mit dem Angesichte Fo*s, übergab der Gebieter von dem Geschlechte Pei die innere Kunst des langen Lebens. Er sagte ferner : Nach Arzneimitteln trachten und mit den Gedanken verweilen, dieses bringt man zwar in 'dem nämlichen Fahrwasser zu Stande, allein der Durchgang und die Quelle haben verschiedene Fadenenden. Indem man Arzneimittel gebraucht, bewahrt man die Gestalt. Ist die Gestalt ruhig, so ist der Geist zufrieden. Indem man mit den Gedanken verweilt, stellt man den Geist zufrieden. Dringt der Geist durch, so wird die Gestalt bewahrt. Die beiden Ordnungen werden vollendet, sie brauchen sich gegenseitig und sind vorhanden. Die Überlieferungen von dem Lernen des Weges sagen: Hiü-mai diente Scho-yuen. In seiner Jugend führte er den Namen Yang. Später veränderte er den Namen und nannte sich Yuen- yeu (in die Ferne lustwandelnd). Er ging mit Wang-hi-tschi und dessen Sohne eine ausserhalb des Zeitalters bestehende Verbindung ein. Hi-tschi verzichtete ebenfalls auf Ehrenstellen und nährte das Leben. So oft sie sich in die Ferne begaben und die Tage immer mehr verstrichen, vergassen sie heimzukehren. Gedichte und Bücher gingen hin und zurück, und sie erörterten häufig den Gebrauch der Lockspeisen. Hoang-kuan-tse, der linke Reichsminister von dem grossen Klaren, lernte den Weg. Er gebrauchte Gold und Mennig, las das Buch der grossen Tiefen und erlangte den Weg. Pe-yo-seng, der linke Reichsminister des östlichen Versammlungshauses, besass das Heilmittel der gerösteten Steine. Tschang-schö-yin, der Aufseher der Unsterblichen der Rechten von Wen-te, empfing das Heilmittel des grünen Geistigen. Li-pao-tsu, der Fürst der Rechten von dem grossen Klaren, war ein Mensch des Berges Min. Er empfing die Heil- mittel des grünen Geistigen und des Rabenreises. Die Überlieferungen von dem göttlichen Unsterblichen Ku-hung sagen: Die Lel)ensverläng-erungen der Männer des Weges. 343 Lieu-king schloss sich an den aus Han-tan stammenden Gebieter von dem Geschleclite Tscliang und empfing als Lockspeise die Wolkenkugein. Fung-kiün-tä stammte aus Lung-si. Derselbe trat in das Gebirge der Vögel und Mäuse, gebrauchte Lockspeisen und wurde über hundert Jahre alt. Er ritt gewöhnlich auf einem grünen Rinde. Es heisst ferner: Wei-schö-king stammte aus Tschung-schan. Derselbe gebrauchte die Wolkenmutter. Khung-yuen war ein Mensch von Tschung-schan. Er gebrauchte gewöhnlich Fichtenharz und Stechwinde. Tsiao-sien führte den Jünglingsnamen Hiao-jen und stammte aus Ho-tung. Derselbe verzehrte gewöhnlich weisse Steine und betheilte damit die Menschen. Der Gegenstand, wenn gar gekocht, war gleich gerösteten Yamwurzeln. Iliü-scheu-kuang stammte aus Fu-fung. Siebenzig Jahre alt, erlangte er das Heilmittel der Kugeln von Wi-yang. Er gebrauchte es und lebte über zweihundert Jahre, ohne zu altern. Der mittlere Lehensfürst, der höhere Unsterbliche Fan-I führte den Jünglingsnamen Tö-schi (das Zeitalter ermessend). Sein alter Name ist Fing (Eis). Er gebrauchte den Schatten des Regenbogens sammt dem Mennig und erlangte den Weg. Er wählte die Überliefe- rungen der vornehmen Frau von dem Geschlechte Wei. Wang-pao, der wahre Mensch des klaren Leeren, führte den Jünglingsnamen Tse-teng. Er war ein dem siebenten Geschlechts- alter angehörender Enkel des zu den Zeiten der früheren Hau leben- den Wang-liiig, Lehensfürsten von Ngau-kue. Der dem Wege der Unsterblichen vorgesetzte Gebieter bestimmte Wolkenlasur, Yang- wasser, das Fliegende des frühen Morgens und zwei Nössel Mennig- fett zum Geschenk für Pao. Dieser gebrauchte es und sah sehr weit t>46 Pfizmaier. in die Ferne. An seinem Aufenthaltsorte sitzend, verschwand er auf der Stelle und widmete seine Dienste den Götterschaaren. Die Verkündungen der Wahren sagen: In der Nacht des fünfzehnten Tages des siebenten Monates des Jahres sprach der wahre Mensch des klaren Leeren mit Hiü-yo-fu und sagte: Der Stein der fünf Fürsten, das Steinfett ist es, von dem jene Körper Vortheil erlangen. Es hat Eile und ist angemessen, dass man es gebraucht. Man kann dadurch sein Angesicht jugendlich machen. Das Pulver der Bergdistel entfernt die Krankheiten. Dieses ist für dich angemessen. Diesem zunächst gebraucht man den Raben- reis. Zugleich möge die Brodfrucht nicht zuwider sein. Die in den grossen Tiefen des Lichtes das Amt von Reichs- ministern der Unsterblichen verwalten, gebrauchen Gold und Mennig. Die das Amt von Grossen verwalten, gebrauchen sämmtliche Unsterb- lichkeitsptlanzen. Diejenigen, welche das Amt von kaiserlichen Ver- merkern verwalten, wenn sie die verborgene Unsterblichkeitsptlanze der grossen Gipfelung erlangen, so werden sie sogleich Fürsten der Unsterblichen zur Linken. Die angeborne Eigenschaft ist nahe dem Wege. Macht man davon Gebrauch, so kommen die wahren iMenschen. Der wahre Mensch des purpurnen Yang sagt: Man kann Hiü-yo-fu heissen mehrmals das Haupt waschen und sich baden, ihn abspülen heissen die Luft seiner Krankheit des Wassers, tilgen die Flecken seines gehäuften Alters. Dieses sind die Stufen des Zustandekommens des Wahren. — Wer den Weg des Nährens des Lebens lernt, darf nicht Thränen und Feuchtigkeit vergiessen, nicht ausspucken. Was hierdurch Schaden leidet, ist sehr vieles. Dess'wegen gehen die wahren Menschen und die Männer des Weges immer von sich und nehmen auf. Sie verschlucken den Speichel und bringen dadurch zu Übereinstimmung die sechs Säfte. Einst befand sich Kaiser Tsching von Han auf der Jagd in dem südlichen Gebirge. Man sah einen Menschen, der unbekleidet war. Auf seinem Leibe wuchsen Federn, er entlief im Fluge und konnte Die Leliensverläng-prungen der Manner des Weges. O-t I nicht erreicht werden. Man umzingelte ihn und fing ihn. Als man ihn fragte, war es ein Bewohner des Palastes von Thsin. Er erzählte, was sich mit Tse-ying, Könige von Thsin, an dem Wege Tschi-tao zugetragen»). Als der Palast und die Häuser verhrannt wurden 2), floh er voll Schrecken in das Gebirge. Daselbst hungerte ihn und er hatte nichts zu essen. Er sank nieder und wollte Hungers sterben. Da erschien ein Greis, der ihn Fichtenlaub und Fichtenzapfen verzehren hiess. Die Jäger, im Begriffe heimzukehren, speisten ihn mit Brod- frucht. Er erbrach sich und erholte sich erst nach vielen Tagen. In einem Jahre starb er. Vordem war er kein Mensch, man hatte einen Unsterblichen gefangen. Lung-scho führte den Jünglingsnamen Pe-kao und stammte aus dem Kreise der Mutterstadt. Später schloss er sich an den unsterb- lichen Menschen Tao-tao-lin und empfing von diesem die Weise der Luft der Leibesfrucht. Er empfing ferner das Heilmittel des Raben- reises. Er vertraute die Gestalt, verschwand trunken und wohnte in Verborgenheit. Tai-meng, ein Mann des Weges von dem Gebirge Wu-tang, führte ursprünglich den Geschlechtsnamen Yen. Sein Name war Thsi, sein Jünglingsname Tschung-wei. Er war ein Zeitgenosse des Kaisers Ming von Hau. In seiner Jugend ordnete er den Weg und die Tugend. Indem er nicht diente, trat er in das blumige Gebirge und gebrauchte als Lockspeise die Unsterblichkeitspflanze, die Bergdistel, das gelbe Geistige, die Wolkeiimutter und den Mennigsand. Er empfing die Vorschrift von dem wahren Menschen des wahren Leeren, dem Gebieter des Geschlechtes Wang. Er erlangte den Weg des langen Lebens. Ferner übergab ihm der wahre Mensch von dem Geschlechte Fei die Bücher des Gürtelgehänges VdU Edelstein und der goldenen Ohrgehänge. Hierzu gesellte er die Beglaubigungsmarke des steiner- nen Geistigen und des Goldgianzes. *) Tse-ving ergab sich an dem Wege Tschi-fao dem Könige von Han. ~) Später verbrannte Hiang-yii die Hauptstadt Tschang-ngiin. 348 P f i z m n i e r. Verzelirt mau die Arzneistoffe der Pflanzen und Bäume und versteht es nicht, die Luft in Gang zu bringen, bei dem Gebrauche der ArzneistofTe zu führen und zu leiten, so ist es ohne Nutzen. Man erlangt niemals den Weg. Wenn die Vorsätze angeregt werden von dem Reingeistigen und dasjenige, wobei man verweilt, kommen muss, so braucht man auch nicht den Nutzen der ArzneistofTe der Pflanzen. Versteht man es bloss, die Luft in Gang zu bringen, versteht aber nicht die Vorschriften für den göttlichen Mennig, so wird man eben- falls kein Unsterblicher. Erlangt man den Goldsaft und den göttlichen IMennig, so braucht man keine andere Kunst. Hat man das wahre Buch der grossen Tiefen, so braucht man niclit den Weg des Goldes und des Mennigs zu erlangen, um ein Unsterblicher zu werden. Wenn der Mensch geboren wird, besitzt er die Grundrisse der Knochen, er bat gewiss aufrichtige Vorsätze. Der Weg bringt es so mit sich. Desswegen lernt man nicht, und der Weg der Unsterblichen kommt von selbst. Bis hierher und weiter abwärts bedarf man der aufrich- tigen Vorsätze. Die Königin der Blumen der Edelsteine von dem östlichen Meere ist die jüngere Schwester des Gebieters, des grünen Jünglings. Sie stieg herab und übergab Tschang-wei-tse die Weise des Gebrauches des Nebels. Das Buch der dreimal fünf willfährigen Handlungen sagt: Der wahre Mensch von Kuang-ping trägt auf dem Scheitel einen runden Feuerglanz. Er hält in der Hand eine Blumenfabne vor dem höchsten Kaiser. Er fragt nach der Weise "des Ordnens und Läuterns. Auf der Erdstufe der Tiefen des Berges Ta-ho in Lo-kiang findet sich die fünffarbige verborgene Unsterblichkeitspflanze. Auf den Bergen von Hoa-yang finden sich auch fünf Arten der in der Nacht leuchtenden Unsterblichkeitspflaiize. Auf dem Berge Liang-tschang findet sich die Unsterblichkeitspflanze des Feuerfliegenfeuers. Ihre Früchte haben Alinlichkeit mit denjenigen der Pflanzen. Auf der Erde gleichen sie von Gestalt den Feuerfliegen. Sie sind von der Grösse der Bohnen und gleich purpurnen Blumen. Wenn man sie in der Nacht sieht, leuchten sie. Wer sie verzehren kann, dessen Herz ist Die Lebensverlängerungen der Männer des Weges. O-ta erleuchtet. Er ist im Stande, in der Nacht zu schreihen und zu rechnen. Wer sieben und vierzig Stücke verzehren kann, erhält die Langjährigkeit. Auf dem Berge Pao wächst die weisse Unsterblichkeitspflanze. Ferner findet man daselbst die verborgene Quelle. Die Farbe der- selben ist purpurrnth. Auf dem Berge Lui-ping in Hoa-yang befindet sich die Quelle des Fürsten des Feldes. Es ist das fliessende Fahr- wasser des Edelsteinsandes. Man wäscht mit ihm vortreff'lich Kleider. Wer die Blume der Sonne und des Mondes der neun Rein- geistigen als Arznei gebraucht, erlangt das Herabsteigen zu dem Hause der grossen Gipfelung, die Weise der ursprünglichen Wahren. l Lang-tsuiig führte den Jünglingsnamen Tschung-nui und stammte aus Ngan-khieu in Pe-hai. In seiner Jugend trat er aus dem Amte. Er lebte zu den Zeiten der späteren Hau. Er wurde Befehlshaber von U und lernte die Kunst des geistigen Weges. Indem er wahrsfigte, erspähte er Wind und Luft. Später erhob sich an einem Morgen ein heftiger Sturm. Er schritt in der Vorhalle zur Wahrsagung und wusste, dass in Lo-yang ein grosses Feuer ausgebrochen und das Thor des langen Sommers verbrannt sei. Man ging hin, erkundigte sich, und es verhielt sich wirklich so. Als man dieses in der V^orhalle des Hofes erfuhr, berief man Tsung als vielseitigen Gelehrten. Tsung schämte sich, dass er der Kunst der Wahrsagung willen berufen w'orden. Er löste in der Nacht das Siegel sammt dem breiten Bande, nahm den Büclierkorb auf den Rücken und entlief. Er wohnte am Fusse des blumigen Gebirges, gebrauchte Hanfsamen und erlangte den Weg. Gegenwärtig befindet er sich in den Tiefen. Fu-li-ho ist Fu-kien-ngan, von mütterlicher Seite ein Enkel des Kaisers Hoan von Hau. Er gebrauchte gewöhnlich als Arznei die Luft der fünf Sterne und erlangte den Weg, Er ist der Vorgesetzte der die Wahren in sich fassenden Erdstufe. 350 P f i z m a i e r. Das Buch Piio-po-tse sagt: Yü-tsu-liung-liü war in seiner Jugend Befehlsliaher von Lin- yuen. Derselbe sagte: Die in diesem Districte lebenden Menschen des Volkes hatten die Langjährigkeit und das hohe Alter. Später wanderten sie aus. Die Söhne und Enkel, die ihnen folgten, starben liäulig eines frühzeitigen Todes. Andere Menschen, die deren alte Häuser bewohnten, hatten ebenfalls durch mehrere Geschlechtsalter die Langjährigkeit der Augenbrauen. Ich vermuthe, dass das Wasser ihrer Brunnen durchaus roth ist. — Ei- liess versuchsweise einen Brunnen graben. Man fand zur Rechten und Linken desselben etliche zehn Scheffel Mennigsand, den die Menschen des Alterthums ver- graben hatten. Wie ist es erst bei denen, welche Mennigsand als Lockspeise gebrauchen! Tschao-kiü von Schang-thang war an dem Aussatze erkrankt. Keine Behandlungsart bewirkte Heilung, und er war dem Tode nahe. Seine Angehörigen setzten ihn in eine Sänfte und verstiessen ihn. Sie besorgten Mundvorräthe, die sie in einem Gebirgsthale nieder- legten. Kiü nahm sich sein Unglück zu Herzen. Tag und Nacht seufzte er traurig und weinte. Nach einem Monate ging ein Unsterblicher an dem Ausgange der Höhle vorbei. Derselbe erblickte ihn und erbarmte sich seiner. Zugleich fragte er ihn aus. Kiü erkannte, dass es ein unsterblicher Mensch sei. Er schlug das Haupt an den Boden, erklärte sich und bat, dass er sich erbarme. Der unsterbliche Mensch schenkte ihm jetzt einen Sack Arzneistoffe und belehrte ihn über deren Gebrauch. Kiü genas von seiner Krankheit. Sein Angesicht war blühend und freudevoll, seine Haut frischglänzend wie Edelstein. Der unsterbliche Mensch ging nochmals vorbei, um ihn zu sehen. Kiü bedankte sich und bat um das Heilmittel. Der unsterbliche Mensch sagte ihm : Dieses ist bloss Fichtenharz. In diesem Gebirge findet es sich häufig. Wenn du es läuterst, kannst du damit das Leben ver- längern. — Kiü kehrte jetzt in sein Haus zurück. Man war daselbst sehr erschrocken. Man fragte ihn und erfuhr, wie er geheilt worden. Kiü war einhundert und siebzig Jahre alt , aber seine Zähne und sein Haupthaar waren noch fest und kräftig. Er lebte unter den Menschen zweihundert Jahre, dann trat er in das Gebirge des umfassten Kalbes und verschwand. Die Lehensverlängerungen der Männer des Weges. oOl Wo man das lange Leben begehrt, richten sich Fortgehen und Zurückbleiben nur nach der Neigung. Man hat den zurückkehrenden Mennig und den Goldsaft gebraucht. Will man dann noch in dem Zeit- alter verweilen, so gebraucht man bloss die Hälfte. Trachtet man, als Unsterblicher sich zu entfernen, so soll man es ganz gebrauchen. Einst waren es der Frühgeborne von Ngan-khi, der Fürst Ning von Lung-mei, der Fürst Sieu-yang und Yin-tschang-seng, die bei Gold und Mennig halbe Gaben gebrauchten. Sie weilten unter den Menschen, Einige nahezu tausend Jahre, :3ann erst verschwanden sie. Das mittlere Heft des Erfassens des Edelsteinschaftes sagt: Die Verdienste begründen, ist das Höchste. Die Fehler wegbringen, kommt diesem zunächst. Wer den Weg übt, hält die Rettung der Menschen aus Gefahr für das höchste Verdienst. Will man nach den Erforder- nissen der Unsterblichen trachten, so soll man Redlichkeit, Eltern- liebe, Verträglichkeit, Menschlichkeit und Glauben zur Grundlage machen. Wird der Wandel der Tugend nicht geordnet und befasst man sich bloss mit der Kunst der Heilmittel, so wird man niemals das lange Leben erreichen. Verrichtet man böse Dinge, so entreisst dieses, wen« es etwas Grosses ist, die Darlegung. Kleine Fehler ent- reissen die Rechnung. Häuft man das Gute und ist das Mass noch nicht voll, so mag man die Arzneimittel der Unsterblichen gebrauchen, es ist ebenfalls nutzlos. Ich habe die Bücher des Nährens des Lebens überblickt. Unter ihnen ist keines, in welchem nicht der zurückkehrende Mennig und der Goldsaft für das grosse Erforderniss gehalten würden. Dieselben sind nämlich die Gipfeln ng des Weges der Unsterblichen. Einst dachte Tso-thse, dessen Jünglingsname Yuen-fang, in dem Gebirge des Himmelpfeilers geistig nach. Er verbrachte lange Zeit, als ein gött- licher Mensch ibm das Unsterblichkeitsbuch des Goldes und Mennigs übergab. Gegen das Ende der Han entstanden große Unordnungen, ihm blieb nicht Zeit zur Ordnung der Läuterungen, und er mied das Land. Er kam und setzte zu dem Osten des Stromes hinüber. Er wollte sich in die berühmten Berge werfen und dadurch den Weg ordnen. Der Grossoheim, ein Fürst der Unsterblichen, schloss sich ebenfalls an Yuen-fang und empfing den Weg. Er empfing im Ganzen drei Rollen des mennigrothen Buches des grossen Klaren, ferner eine 352 Pf z ni a 1 e r. Rolle des mennigrothen Buches der neun Dreifüsse, eine Rolle des Buches des Goldsafts. Der Gebieter von dem Geschleclite Tsching, den ich zum Leh- rer genommen, ist der Schüler des Fürsten der Unsterblichen. Ich habe es ferner von dem Großoheim empfangen. Mein Haus war jedoch arm, ich hatte nicht die Mittel, um Arzneistoffe kaufen zu können. Ich diente ihm in eigener Person, besprengte und fegte. Nachdem ich lange Zeit verbracht, errichtete ich in dem Gebirge des Anhäufens der Pferde einen Altar, beschwor den Vertrag und empfing den Weg. Zugleich hatte ich in Bereitschaft alles, was er mündlich entschied und niclit niedergeschreiben hatte. Diese Bücher, welche im Osten des Stromes früher nicht vorhanden waren, stammen von Tso- thse. Thse übergab sie dem Großoheim, dem Fürsten der Unsterblichen. Der Fürst der Unsterblichen übergab sie dem Gebieter von dem Ge- schlechte Tsching. Der Gebieter von dem Geschlechte Tsching über- gab sie mir. Desswegen ist unter den anderen Männern des Weges durchaus keiner, der davon weiss. Hier entlehnt und erstrebt man nämlich äussere Dinge, um sich zu befestigen. Es gibt wieder den göttlichen Mennig des großen Klaren. Die Vorschriften für denselben stammen von dem ursprünglichen Gebieter. Der ursprüngliche Gebieter ist der Lehrer Lao-tse's. Das von dem grossen Klaren handelnde Buch der Betrachtung des Himmels hat neun Hefte. Es heisst, nach den oberen drei Heften könne nicht gelehrt werden. Die mittleren drei Hefte haben für das Zeitalter nichts, das der Überlieferung werth wäre. Man solle sie versenken in die drei Quellen. Die unteren drei Hefte sind eben das Buch des Mennigs. Dieses Buch sagt: Die obersten Männer, welche den Weg erlangen, steigen empor und werden Obrigkeiten des Himmels. Die mittleren Männer, welche den Weg erlangen, lassen sich nieder und sammeln sieb an dem Fusse des Kuen-lün. Die unteren Männer, welche den Weg erlangen, leben lange in dem Zeitalter. In jüngster Zeit, gegen das Ende der späteren Han vereinigte der Gebieter des Geschlechtes Yin von Sin-ye diesen Mennig des grossen Klaren. Dieser Mensch hatte die Luft der Begabung. Er ver^ ölTentlichte Gedichte und das Lob des Buches des Mennigs. In der Einleitung zu diesem sagt er: Diejenigen, welche den Weg zu lernen begannen , dem Lehrer folgten, in der Reihe des Stammes und der Spitze standen und meines Wissens den Weg erlangten, sind vierzig Die Lebeusverlüngerungen der Männer des Weges. 3öt> Menschen. Sie waren sehr scharfsinnig und erleuchtet. Es gibt ferner verschiedene Weisen, diejenige des Mennigs der neun Lichter und diejenige der neun Umschwünge. Es gibt ferner eine Weise des Men- nigs des Berges Min. Tschang-ho-tä, der Mann des Weges, dachte geistig nach in einem Felsenhause des Berges Min und erlangte dieses Heilmittel, Was die Vorschriften für den Mennig betritTt, so ist jede einzelne von der anderen verschieden. Der Goldsaft ist dasjenige, das die grosse Gipfelung gebrauchte und wodurch sie unsterblich wurde. Bei der Herstellung des langen Lebens handelt es sieh um die grossen Arzneimittel, sie wird nicht durch die Opfer bestimmt. Die beiden Herrscherhäuser Thsin und Hau beirieben im grossen Mass- stabe Gebet und Anrufung. Dem sie opferten, waren Wesen wie die fünf Kaiser des grossen Einzigen, die acht Götter der dargelegten Kostbarkeiten. In ihrem Unternehmen verausgabten sie hunderttausend Zehntausende. Sie hatten davon durchaus keinen Nutzen. Wie erst der gemeine Mann, der, ohne Tugend, wollte mit drei Opferthieren vergeblich die Götter anrufen und flehen um die verlängerten Jahre ! Dieser Irrthum wäre auch ein sehr grosser. Bei der Vereinigung der grossen Arzneistoffe des Goldes und Mennigs, der Läuterung der Luft der acht Steine wird der Ruhm am meisten vermieden. Wenn etwas im gewöhnlichen Leben gehört oder gesehen wird, so kommt die Unsterblichkeit nicht zu Stande. Einige sagen: Die obersten Männer erlangen den Weg in den Schaaren des Kriegsheeres. Die mittleren Männer erlangen den Weg auf den Märkten der Hauptstädte. Die unteren Männer erlangen den Weg in den Wäldern der Gebirge. Dieses hat die Bedeutung: Die Arznei- stoffe der Unsterblichen sind bereits vollendet, und sie wollen es nicht leichthin unternehmen. Sind es auch drei Kriegsheere, die Schneiden der Angriffswaffen können sie nicht verletzen. Das Unheilvolle und Unglückliche der Märkte der Hauptstädte kann ihnen nichts anhaben. Die unteren Männer haben es noch nicht so weit gebracht, desswegen halten sie in den Wäldern der Gebirge. Die Wegmänner des Alterthums, die im Fluge die göttlichen Arzneistoffe läuterten, mussten in die berühmten Gebirge treten. Sie SiUb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. II. Hft. 25 3b4 Pfiz maier. untersuchten ferner die Bücher des Tretens in die Gehirge, sie konnten dadurch geistig denken und die Lockspeisen ordnen. Diese Arzneistoffe finden sicli auf dem grossen blumigen Berge, dem Heng, dem Sung , auf dem kleinen inneren Hause , dem Tai-pe , dem Tehung-nan, der Mädchenhank, der Erdlunge, dem Königsdache, dem unfassten Kalbe, dem ruhigen Erdhügel, dem Hung, dem Tsien, der grünen Feste, demNgü-mei, der Erdstufe der Wolken, deniLo-feu, dem Yang-kia, dem gelben Golde, dem grossen und kleinen Thien-tai, dem Hö, dem Bambus, dem zusammengeschnürten Grasgrünen. Wenn man von den vier Gegenden nach den Gebirgen blickt, so befinden sich in ihnen die richtigen Götter. Auf ihren Höhen wächst die Un- sterblichkeitspflanze. Man kann dadurch ausweichen der großen Kriegsnoth, den grossen Wasserfluthen. Man vereinigt nicht bloss in ihnen die Arzneistoffe. Wenn die den Weg Besitzenden sie ersteigen, so leisten die Götter dieser Berge ihnen gewiss Beistand und bringen Segen. Die Arzneimittel kommen gewiss zu Stande. Gleichwie auf diesen Bergen kann man auf den in dem Meere befindlichen grossen Inseln die Arzneistoffe vereinigen. Mein Lehrer, der Gebieter von dem Geschlechte Tsching, hatte das achtzigste Jahr überschritten. Früher waren sein Schopf und sein Haupthaar gestreift und weiss. In einigen Jahren a\ urden sie wieder schwarz. Überdies war sein Angesicht voll und frisch- glänzend. Er konnte starke Armbrüste spannen und täglich mehrere Weglängen wandeln. Er trank zwei Nössel Wein, ohne berauscht zu werden. Er bestieg Berge, und m as seine Körperkraft betrifft, so war er leicht und hurtig. Die Jüngeren, die ihm nachfolgten, erreichten ihn nicht. Im Essen und Trinken zeigte er sich von den übrigen Menschen nicht verschieden. Man sah auch nicht, dass er die Brod- frucht verschmähte. Ich fragte einen dem Frühgebornen folgenden Schüler, Namens Hoang-tschang. Dieser sagte: Der Gebieter von dem Geschlechte Tsching kehrt gewöhnlich über Yü-tschang zurück. In dem Fluss- arme erlebt er unausgesetzt Stürme und begegnet Räubern. Der Ge- bieter weist den Mundvorrath von sich und beschenkt damit die Menschen. Er selbst verzehrt auch keine Speise mehr und ist in fünfzig Tagen auch nicht hungrig. Man sieht ferner nicht, was er als I . Die Lebensverlän^erungen der Männer des Wejjes. 3oö Gabe vertheilt und weiss nicht, was sieh dabei zugetragen. Unter der Lampe schreibt er eine kleinere Schrift als junge Leute. Ver- möge seiner angebornen Eigenschaft erklärt er die Töne und Musik- noten. In stiller Nacht schlägt er die Cither. Mehrere Menschen, die aufwartend sitzen, antworten ihm laut auf Fragen. Im Sprechen lässt er die Klänge nicht verstummen, und sein Ohr hört noch feiner. Die Leute seiner Umgebung, welche die Saiten festhalten, werden mehr- mals wegen Länge und Kürze zur Rede gestellt. Sie können nicht im Gerir)gsten entkommen. Ich wurde spät ein Mensch des Thores des Gebieters von dem Geschlechte Tsching. Ich bat, die Bücher der Heilmittel sehen zu dürfen. Er sagte zu mir: Der nothwendige Weg ist nicht länger als einen Schuh. Der ungeschmückte obere Theil genügt, das Zeitalter zu bemessen. — Er sagt ferner: Was du weisst, ist zwar vieles, aber es ist noch nicht geistig. Wenn ferner die Gedanken bei dem Auswär- tigen verweilen, ist man nicht fähig, sich ausschliesslich mit dem Ein- zigen zu befassen. Du kannst noch nicht schreiten zu dem Tiefen, hinübersetzen zu dem Fernen. Ich werde dir die vortrefflichen Schriften zeigen. — Nach langer Zeit war es mir nach und nach vergönnt, die kurzen Schriften, die er in ungeschmückter Weise auf Atlas abgeschrieben hatte, zu sehen. Das im Verlaufe der Jahre Ge- sammelte, das ich gesehen habe, mussten über zweihundert Rollen sein. Die vorschriftmässigen Bücher konnte ich augenblicklich nicht beurtheilen. Er (der Gebieter von dem Geschlechte Tsching) sagte zu mir im Gespräche: Die Rollen der neuen Schriften enthalten vortreffliche Dinge. Man soll bloss vergleichen ihr Geistiges und Grobes, wählen, was man gebraucht und ausübt. Ist das Gold und der Mennig einmal zu Stande gebracht, so sind diese Schriften durchaus unbrauchbar. Man soll auch bisweilen haben, was man lehrt und übergibt. Es ist angemessen, den Stamm und die Spitze zu erlangen. Man beginnt früher von dem Seichten, um zu ermuntern und vorwärts zu führen die Lernenden. Es gibt keine Treppen und Mittel, die verliehen und geebnet würden. — Der Gebieter von dem Geschlechte Tsching mochte auch nicht durchaus die Menschen veranlassen, seine Schriften abzuschreiben. Man sollte überall ihren Sinn beurtheilen. Wenn er 25* 30D Pfizinaier. , auch lange lieh, war doch Niemand, der es gewagt hätte, ein Wort verstohlener Weise abzuschreiheii. Der Gebieter von dem Geschlechte Tsching war ursprünglich ein grosser Gelehrter und liebte erst spät den Weg. Er hielt sich an die Erwähnungen der Gebräuche und das Buch der Schang, die er ohne Unterbrechung lehrte und übergab. Was sein Äusseres betritYt, so war sein Blick edel und vertrauensvoll, sein Benehmen äusserst gerade und regelmässig. Wer mit ihm zusammentraf und ihn sah, war von Ehrfurcht erfüllt. So oft er um etwas fragte, wartete man immer auf seine freundliche Miene und wagte es nicht, sich schlecht- weg zu entziehen. Unter den fünfzig Menschen seines Thores habe bloss ich die vorsehriftmässigen Bücher des Goldes und Mennigs so wie den inneren Schriftschmuck der drei Erhabenen, das Innere des Kopfkissens, die Erwähnungen der fünf Grundstoffe gesehen und in Empfang genommen. Die übrigen Menschen durften nicht ein einziges Mal die Titel dieser Bücher betrachten. Die Verzeichnisse der sich sammelnden Unsterblichen sagen: Die reichlichen Früchte sind die glänzenden Perlen des sich erhebenden Frühlings. Das grosse Überwindende ist das versinkende Reingeistige des ursprünglichen Herbstes. Die mennigrothen Kreuz- dornfrüchte sind die Unsterblichkeitspflanze der Wolken des voll- kommenen Yang. Die Stechwinde ist die versteckte Leibesfrucht des hochrothen Göttlichen. Die fünf Blumen enthalten Rauch. Die zwei Lüfte bringen zurecht das Geistige, ordnen das Ruhige. Die sechs Lüfte nähren die dunkle Seele, beschützen das Göttliche. Die Edelsteintochter des grossen Ursprünglichen lebte zu den Zeiten des als Kaiser herrschenden Schao-hao. Sie wohnte auf dem Berge der langen Fichten in Schö und ordnete den W^eg des langen Lebens. Sie begegnete einem Menschen des Berges, der ihr den ver- borgenen Schriftschmuck der acht Himmel übergab. Er hiess sie damit den Gürtel behängen und sagte zu ihr: Was die Erfordernisse des Weges betrifft, so macht man das Nichtsthun zur Grundlage. Die Schrift der acht Himmel ist das wahre Nichtsthun, aber der Weg kommt von selbst zu Stande. — Gleichwohl hiess er sie den Saft des gekrümmten frühen Morgens des Edelsteines Lang-kan, den Mennig der acht Rubinen und neun Blumen läutern und als Lockspeise ge- Die Lebensverläng'erung'en der Männer des Weges. 357 brauchen. Dieselben werden von der grossen Gipfelung geheim gehalten nnd man kann dadurch eintreten und aufwarten unter dem Dachrande des Kaisers, überblicken die zehntausend Verwandlungen. Er übergab ihr das Heilmittel der neun Blumen. An den Ufern des Stromes läuterte sie den Mennig. Die Quelle des Goldsandes, die sich an den Marken des Stromes befindet, ist davon zurückgeblieben. Zu den Zeiten des Kaisers Kao-sin i) lebte ein unsterblicher Mensch, dessen Name: Fürst von Tschen-khieu (Fürst der gedehnten Erdhöhe). Derselbe erzählte immer, dass er sich einst an dem Fusse des Hoa-yang befunden habe. Daselbst verzehrte er weisse Birnen von ungewöhnlicher Schönheit. Wie er sich erinnerte, war dieses noch nicht lange her. Es Avaren aber plötzlich dreitausend Jahre. Li-tö wohnte auf dem Berge der goldenen Halle in Scho, an dem Fusse des Gipfels der Drachenbrücke. Er ordnete den Weg. Die Menschen von Scho sahen ihn die wechselnden Zeitalter hindurch und berechneten, dass er seit achthundert Jaiiren komme und gehe. Sie nannten ihn daher Li-pä-pe (Achthundert von dem Geschlechte Li). Zu den Zeiten des Königs Mo von Tscbeu war er gekommen und wohnte auf dem Berge Si-yuen in Kuang-ban. Daselbst vereinigte er den Mennig der neun Blumen. Als er diesen zu Stande gebracht hatte, entfernte er sich und lustwandelte in den zwölf Tiefen der fünf Berghöhen zweihundert Jahre. An den Ufern des Meeres begeg- nete er dem Gebieter des purpurnen Yang, der ihm den Weg des Wasseredelsteines übergab. Er kam ferner zu dem Gipfel der Drachen- brücke. Daselbst verfertigte er goldene Dreifüsse und läuterte den neunfachen Mennig. Als der Mennig vollendet war, lernte er dreimal auf diesem Berge den Weg. Desswegen gab man in dem Zeitalter diesem Berge den Namen : Berg des dreimaligen Lernens. Man nannte ihn auch: den sich niederlassenden Weisen. Es heisst ferner: Das Geschlecht Wen von Nan-yang erzählte, dass sein Ahnherr gegen das Ende der Hau grossen Aufruhr erlebt habe. Er floh in das Gebirge Hu und wollte vor Hunger und Er- *) Kao-sin war der Vater des Kaisers Yao. 358 Pf I z m a 1 e r. Schöpfung vergehen. Da erschien ein Mensch, auf dessen Rath er die weisse Distel verzehrte. Hierauf hungerte ihn nicht mehr. Nach zehn Jahren kam er und kehrte in seinen Bezirk und seine Gasse zurück. Sein Angesicht war wieder jung geworden, sein Leib war leicht und wollte fliegen. Er trat auf unwegsame Stellen, ohne zu ermüden. Er wandelte durch Eis und Schnee, ohne im Geringsten Frost zu empfin- den. Die weisse Distel heisst auch die Bergdistel. Sie heisst auch das Geistige des Gebirges. Es wird ferner gesagt: Der Geburtsort der wahren Frau von dem Geschlechte Sie ist unbekannt. Zur Zeit des Aufruhrs in dem Hause der Tsin trennte sie sich von den Menschen. Sie Hess sich häufig nieder und suchte Schutz in den Wäldern und Dickichten. Sie gebrauchte Lockspeisen und mied das Zeitalter. Sie wohnte dabei auf dem Berge Heng, ausserhalb der Bergstufe des Suchens des Wahren. Wenn sie ausging, folgten ihr immer ein gelber Yogel, ein weisser AfTe und ein weisser Leopard. Man weiss nicht, was für einen Weg sie ordnete. Yo-kiang ist das gefiederte Mädchen. Sie wohnte auf dem blumigen Berge und sagte, sie sei eine Eingeborne von Thsin. Als sie zu lernen anfing, verzehrte sie Fichteniaub und empfand keinen Hunger. Bei Kälte weilte sie in einer Felsenwand. Sie wandelte als ob sie flöge. Jetzt nennt man diesen Ort: Berggipfel des gefiederten Mädchens. Kiuen-tse war ein Eingeborner von Tsi. Er gebrauchte als Lockspeise die Bergdistel und veröffentlichte das vorschriftmässige Buch der drei Begabungen. Lieu-ngan, König von Hoai-nan, erlangte dessen Text, konnte aber den Sinn nicht erklären. Jener veröffent- lichte ferner das Buch der Cither in zwei Heften, Dasselbe enthält sehr viele Abzweigungen und Ordnungen. Tschang-wei-tse war die Tochter Tschang-king's, eines als grosser Zimmermann auftretenden Anführers zu den Zeiten des Kaisers Tschao von Hau. Wei-tse liebte den Weg. Sie gebrauchte Die Lebensverlängerun^en der Männer des Weges. o5t7 gewöhnlich die Luft des Nebels und sagte: Der Nebel ist das Geistige des Wassers und Feuers der Bergsümpfe, die volle Luft des Metalls und der Steine. Wenn man ihn lange Zeit gebraucht, ist man im Stande, die Gestalt zu verflüchtigen, in das Leere zu treten und mit der Luft den Leib zu vereinigen. Wei-tse sagte selbst, dass sie diese Weise von der Königin der Edelsteine der östlichen Blumen aus Tuang-hai, der jüngeren Schwester des Gebieters, des grünen Jüng- lings erhalten habe. Wei-tse lehrte diese Weise des Nebels auch die Lernenden. Die Königin der neun wahren Blumen sagt: Die Sonne ist die Frucht des rothen Wolkendunstes. Der rothe Wolkendunst ist das Geistige der Sonne. Der Mensch hört bloss von der Weise der Anwendung der Sonnenfrucht, man hat noch nicht gesehen, dass er das Geistige des rothen Wolkendunstes gekannt hätte. Das vorschriftmässige Buch der Zehrung des rothen Wolkendunstes ist sehr geheimnissvoll. Der Weg des Zustandebringens des rothen Wolkendunstes ist sehr leicht. Dieses bedeutet die Weise der Her- vorbringung des Edelsteinglanzes durch den Leib, des höchsten Klaren des Sonnenlichtes des rothen Wolkendunstes. Die verborgenen Entscheidungen der steigenden Wahren sagen: Der wahre Mensch der grossen Gipfelung überlieferte einst ein Hauptstück der göttlichen Heilmittel dem Frühgebornen Tschang-li. Der Frühgeborne war von dem Geschlechte Sie und nannte sich Tschang-li (die lange Gasse). Er lebte zu den Zeiten des Königs Wu von Tscheu. Der Frühgeborne überlieferte es dem die Wahren leitenden Gebieter des Geschlechtes Wang von der westlichen Feste. Derselbe ist der höchste Vorstehende des höchstweisen Gebieters von der goldenen Thorwarte. Er bestimmte das Heilmittel des Baben- reises und empfing, was der wahre Mensch des westlichen Liang überlieferte. Er befand sich um die Zeit in dem nördlichen Thale des grossen Wan. Dass aber Tschang-li die neun Umwälzungen über- lieferte, geschah im Anfange der Zeiten der Tscheu. Sie sind die An- wendung des Babenreises. Drei bis vierhundert Jahre später vereinigte er diesen Mennig. In der Einleitung zu dem vorschriftmässigen Buche des Schwertes des Vorstehers des Lebensloses überliefert es nämlich der die Wahren leitende Gebieter des Geschlechtes Wang dem wahren Menschen des grossen Ursprünglichen. Dieser ist der Beichs- minister des Ostens und Vorsteher des Lebensloses, der grosse 360 P f i z m a i e r Gebieter von dem Geschlechte Miao. Zu den Zeiten des Kaisers Wu von Han, im dritten Jahre des Zeitraumes Tsien-han (98 v. Chr.) empfing er es. Er war damals achtundvierzig Jahre alt. Später über- mittelte er es auch den zwei jüngeren Brüdern und schenkte zugleich einem Jeden eine Gabe des vollendeten Mennigs. Der V^orsteher des Lebensloses hatte es den zwei jüngeren Brüdern überliefert, aber es ist hier nicht eingetragen. Er muss durch einen Befehl des Gebieters von dem Geschlechte Yang den Auftrag erhalten haben, es zu übermitteln, es ist keine richtige , nach der Reihe erfolgende Überliefei'ung und Übergabe. Seit den zwei Gebietern wurden bloss die bestimmenden Ver- zeichnisse dem Gebieter von dem Geschlechte Yang gegeben. Man ertheilte den Auftrag, sie Hiü-tschang-sse zu zeigen und ihn zum Zugesellten zu machen. So geschah es bis zu der gegenwärtigen Zeit. Desswegen sagten in dem Zeitalter der Han und Tsin die den Weg lernenden Menschen allgemein, dass sie den Goldsaft vereinigen, denselben als Arznei gebrauchen und zu den Unsterblichen empor- steigen. Wenn sie nichts von den neun Umwälzungen sagen, so ist es desswegen, weil dieses ein Heilmittel der wahren Menschen ist. Seit sie es herabgesendet und übergeben haben, war noch Nie- mand, der es verfertigt hätte. Wenn man die vorschriftmässigen Bücher empfängt, besteigt man immer einen Altar, schliesst einen Vertrag und schwört. Man schneidet ein Tuch ab, kniet vor dem Golde. Wer sie nimmt und sie verbreitet, erhält sie, er nimmt sie oder nimmt sie nicht. In früherer Zeit hatte man bei dem Vertrage goldene Drachen und Fische von Edelstein. In den späteren Zeitaltern Hess man es bei Leinwand und Tuch bewenden. Wer dem Vertrage zuwiderhandelt, die Treue bricht, den erfassen die drei Ahnherren und befragen ihn bei den Obrig- keiten des Wassers. Man meint die unbedachte Überlieferung an un- rechte Menschen. Bei Überlieferung und Übergabe muss man beten. Bei dem Ver- trage gebraucht man liegende Ringe von Gold und Edelstein als Ersatz für den Schwur, bei dem man das Haupthaar schert und durch Einstiche Blut hervordringen macht. Will man die neun Um- wälzungen vereinigen, so verfertigt man früher einen göttlichen Kessel. Man soll einen Erdkessel von Yung-yang, Tschang-scha oder Yü-tschang, d. i. einen irdenen Kessel verwenden. Einst heizte der Die Lebensverläng-erungen der Männer des Weges. 3b 1 gelbe Kaiser die neun Dreifüsse auf dem Berge King. In dem mitt- leren Buche des grossen Klaren findet sieh ebenfalls eine Weise des Mennigs der neun Dreifüsse. Diese sind die Kessel des Mennigs, und man nennt sie seit der Zeit allgemein Dreifüsse. Man brennt sie mit Kleien von Brodfrucht. Sie sollen sich in einem berühmten Gebirge, an einem tiefen, seitwärtsliegenden Orte, an dem Rande eines Flusses befinden. In der Höhe erbaut man das Dach eines Herdes. Das Dach ist vier Klafter lang, zwei Klafter breit. Man öffnet im Süden, Osten und Westen drei Thüreu. Früher betet man und hütet sich durch hundert Tage, dann verfertigt man aus Lehm den gött- lichen Kessel. Wenn der Kessel fertig ist, stampft man die Arznei- stoffe und lässt rechnen bis zu dem neunten Tage des neunten Monats. Man zündet dann bei Tagesanbruch Feuer an. Bei der Ver- einigung des Mennigs nimmt man keine Rücksicht auf die gute oder schlechte Eigenschaft des Jahres. Bloss in den Tagen und Monaten ist die bestimmte Zeit so wie glückliche und unglückliche Vorbedeu- tung enthalten. Für den Edelstein Lang-kan zündet man in der mitt- leren Decade des vierten, siebenten und zwölften Monats das Feuer an. Für den gekrümmten frühen Morgen zündet man im fünften Monate das Feuer an. Für das grosse Klare zündet man im neunten Monate das Feuer an. Man hat zwar keinen bestimmten Monat, allein man sagt, dass für die Verfertigung der sechs Einzigen der fünfte, siebente und neunte Monat gut sind. Wenn man zu beten angefangen hat, unterbricht man sogleich die menschlichen Beschäftigungen und heisst auf die Vollendung des Mennigs warten. Wenn man den Meimig vereinigt, kann man vier bis fünf gleichgesinnte und herzhafte Menschen hinzuziehen. Die- selben sollen in Gemeinschaft beten und sich hüten. An dem Tage, wo man zu beten beginnt, wirft man früher fünf Scheffel ursprüng- liches Wasser in das fliessende Wasser, bei welchem man hält. Gibt es in der Gegend kein fliessendes Wasser, so muss man einen guten Brunnen graben und ebenfalls Wein in den Brunnen werfen, um die Luft der Erde niederzudrücken. Man heisst die Betenden dieses Wasser trinken und zu Speise verwenden. Nach den Vorschriften für die Vereinigung des Mennigs heisst man auch in einen Umschlag von grünem Steine zehn Pfund gute Drachenknochen füllen und sie in ein nach Osten fliessendes Wasser versenken. Man nennt dieses den Saft des grünen Drachen, man trinkt es und verwendet es zu 36^ P f i z m a i e r Speise, um mit dem Reingeistigen des Wassers zu verkehren. Man nimmt den nach links zurückbh'ckenden männlichen Schleifstein des östlichen Meeres, das weisse Steinfett der Provinz U, Pulver der Wolkenmutter, Erde des Regenwurms, schlüpferigen Stein und Alaun, im Ganzen sechs Gegenstände, und vertheilt sie gleichmässig. Die wahren Menschen der grossen Gipfelung ritzen das von dem Niederhalten und Beleben der fünf Eingeweide handelnde höchste Buch des Gebieters, des Himmelskaisers des grossen Höchsten in die zu dem purpurnen Unscheinbaren der grossen Gipfelung gehörende Vorhalle des Edelsteines Lin, über die Wand der östlichen Vorhalle. Dieses ist die grosse Schrift der acht Drachen des höchsten Klaren, es ist nicht der Fall, dass die Lernenden des Zeitalters darauf auf- merksam werden und es verstehen können. Tschi-sung-tse von der südlichen Berghöhe empfing es und wendete die Mittel an. Er begehrte die Erklärung von den wahren Menschen der grossen Gipfelung. Der Gebieter, der grüne Jüngling sagt: Durch das den fünf Fürsten gehörende Fett, das die fünf Eingeweide Niederhaltende und Belebende, das geläuterte Weiss, den wechselnden Leib kann man das Angesicht verjüngen. Man muss beten, sich hüten und auf einem Herde von Lehm ordnen und läutern. Der Geschmack des Wolken- fettes ist gewürzhaft, süss und ungewöhnlich angenehm. Es kräftigt das Blut, bessert die Knochen aus, bewacht die Luft, macht die Säfte gerinnen. Das die fünf Eingeweide Niederhaltende und Belebende nährt die lichte und dunkle Seele. Es ist das höchste Arzneimittel der Wahren. Die wahren Menschen sagen, es sei vorzüglicher als die geläuterten acht Steine und die als Lockspeise gebrauchte Wolkenmutter. Dass die wahren Menschen die Gestalt läutern bei dem grossen Yang, das Aussehen wechseln bei den drei Obrigkeiten, wird in eben diesem Sinne gesagt. Es heisst ferner: Hinsichtlich des Heilmittels des Rabenreises des grünen Geistigen der wahren Menschen der grossen Gipfelung wird in den Überlieferungen von Peng-tsu gesagt, dass es in dem grossen AVan einen Frühgebornen des grünen Geistigen gegeben habe. Derselbe war lahig, in einem Tage neunmal zu essen. Er konnte aber auch ein ganzes Jahr verbringen, ohne hungerig zu werden. Es war dieses Heilmittel. Dasselbe ist das wundervolle Heilmittel der Die Lebensverlängerungeii der Männer des Weges. 363 Wahren und höchsten Unsterblichen, das die Kornfrucht entbehrlich machende geheimnissvolle Reingeistige. Der wahre Mensch des klaren Leeren erzählte, dass in dem Gebirge Hü Lernende des Weges, Namens Teng-pe-yuen und Wang- yuen-fu sich befunden haben. Dieselben empfingen die Vorschriften . für den Gebrauch der Speise des Steines des grünen Geistigen, für das Verschlingen des Schattens der Sonne. Sie waren fähig, in der Nacht zu schreiben. Ferner empfing der unsterbliche Mensch Lung-pe-kao den Gebrauch des Heilmittels des grünen Rabenreises. Er zog in Trunkenheit fort und wohnte verborgen auf der Erdstufe der Heilmittel. Ferner verkündete der die Verzeichnisse bestim- mende Gebieter durch einen höchsten Befehl dem Zugesellten Folgendes: Wenn man in der Ordnung den Rabenreis und zugleich die Brodfrucht gebraucht, so ist nichts dagegen einzuwenden. Es vermehrt das Mark, entfernt die Leiden, die äusseren Bedeckungen werden voll und fett. Ferner meldete der Zugesellte durch ein Schreiben dem ältesten Vermerker, dass er den Arzneistoff des Reises suchen und in das Gebirge kommen möge. Er solle ihn ein- weichen und Speise verfertigen, denn es sei zu fürchten, dass die Pflanzen durch die Gluth verdorren. Ferner gab der älteste Ver- merker dem grossen Zugesellten ein Schreiben und hiess ihn dem kleinen Zugesellten weissen Reis als Speise reichen. Er hiess ihn ein- weichen und Speise verfertigen. Dieses sind sechs Vorgänge, bei welchen ein Schreiben vorhanden war. Zehn Steine Rabenreis des grünen Geistigen des wahren Menschen der grossen Gipt'elung, das reingeistige Heilmittel der höchsten Unsterblichen hat der Gebieter von dem Geschlechte Wang erklärt. Die späteren grossen Schriften sind das vorschriftmässige Textbuch des grossen Ungeschniückten und die mündlichen Ent- scheidungen des westlichen Liang. Das mit Tinte Dargelegte Avurde durch den Gebieter des Geschlechtes Wang von dem klaren Leeren erklärt. Die vornehme Frau des Geschlechtes Wei von der südlichen Berghohe wählte es für die Verbreitung und Hess es durch den Vor- steher des Lebensloses, den Gebieter von dem Geschleciite Yang, niederschreiben. Die fünf Wahren vollendeten gemeinschaftlich eine Vorschrift, die man als reingeistig und wundervoll pries. Das Buch der Kostbarkeit des höchsten Unsterblichen sagt: Du verzehrst die Edelsteinluft der Pflanzen und Bäume. Du verzehrst 364 Pf z m a i e r. (las Feuchte der grünen Kerze. Dieses wird in demselben Sinne gesagt. Es wird von dem grossen Ungeschmückten überliefert, von der grossen Gipfelung erwählt, es ist das äusserste Erforderniss der höchsten Wahren, der reingeistigen Unsterblichen, es ist mit den übrigen Künsten nicht gleichbedeutend. Gebraucht man denRabenreis, so können die hundert Schädlichkeiten uns nichts anhaben, Krank- ' heiten und Seuchen können uns nicht entgegentreten. Es entfernt alles Sehnen und Denken, es zerreisst und zerstört drei Leichname. Das Ohr ist scharfhörig, das Auge hell. Der Gang und die Schritte sind leicht und hurtig. Man ist im Stande, sich zu verbergen, sich zu verwandeln, sich zurückzuziehen und sich zu verändern. Wenn man es lange gebraucht, vermehrt es die Langjährigkeit. Der Gebieter des Himmels, der V^orsteher des Lebensloses von dem Geschlechte Miao sagte zu den zwei jüngeren Brüdern: Ihr solltet das Pulver der vier Fächer gebrauchen. Einst übergab der gelbe Kaiser dem Herrscher von Fiing -tlen Weg des Zurück Werfens des Alters und des Zurückkehrens zu der Jugend. Ich übergab ihn einst dem Frühgebornen von Kao-khieu. Jetzt mache ich euch dessen theilhaftig. — Er sagte ferner zu dem kleinen jüngeren Bruder, dem das Lebenslos bewahrenden Gebieter: Du solltest das Pulver der vier Jünglinge der Königsmutter gebrauchen. Dieses ist der geheime Weg des Wiederkehrens zu dem Kindesalter. Wenn das Innere des Leibes ein wenig verletzt ist, soll man dieses Heil- mittel gebrauchen und dadurch das Gehirn ausbessern. — Als der Gebieter von dem kleinen Geschlechte Miao es gebrauchte, war er bereits einhundertzwanzig Jahre alt. Diese zwei Heilmittel sind nach einer wundervollen Vorschrift. Man soll beten, sich hüten, ordnen und ausfertigen. Der Gebieter vim dem Geschlechte Pei empfing die Vor- schriften Tschi-tse-yuen's für den Gebrauch und das Verzehren der Stechwinde. Dieselben wurden von dem Menschen der Berge Tsiao und Tsiang überliefert. Man kann dadurch lange leben, lange Zeit sehen. In dem Zeitpunkt, wo man ordnet und vereinigt, muss man eifrig und still beten und sich hüten. Ferner empfing er die Vor- schriften Tschi-tse-yuen's für den Hanf. Der Frühgeborne von dem Geschlechte Tsiang gebrauchte bloss diese zwei Heilmittel. Seine Rangstufe war diejenige eines Unsterblichen und Wahren. Die Die Lehensverlängerungen der Männer des Weges. oÖO Schriften über diese zwei Heilmittel sind von denjenigen des Zeit- alters wenig verschieden. Was der Gebieter von dem Geschlechte Pei im Geheimen gebrauchte, ist bestätigt, und man hat etwas Wirk- liches. Die Anwendung der Stechwinde und des Hanfes kommt sehr häufig vor. Da diese Weise von den wahren Menschen in den vor- schriftmässigen Büchern angewendet, von den wahren Menschen eigenhändig niedergeschrieben und verzeichnet worden, muss das Geheimniss dessen sehr göttlich sein. Es übertrifft sämmtliche Weisen. Ist man im Stande, es beständig anzuwenden, so lässt sich die Zeit des Weges der Unsterblichen bestimmen. Es ist nur zu fürchten, dass die Menschen bei der Anwendung nicht den grossen Nutzen bemerken und dass sie es sofort nicht anwenden. Desswegen haben Wenige das Verdienst, dass sie es zu Ende führen konnten. Wenn der Leib früher nicht leer und beschädigt ist, eben so in den Jahren der Jugend, soll man die Stechwinde gebrauchen. Der Frühgeborne von dem Geschlechte Tsiang sagt: Diese zwei Heil- mittel sind die nothwendige Weise des grossen Vorhandenseins, die geheime Kostbarkeit des langen Lebens, der göttlichen Unsterblichen. Das grosse Vorhandensein bedeutet die W^eise des Buches der Mitte des Palastes des grossen Vorhandenseins in dem Himmel der Tiefen des Berges der herabgelassenen Flügel. Es sind jene Menschen, die es anwenden sollen. In dem Buche des kostbaren Ursprünglichen heisst es: Die Stechwinde regelt die Jugend. Der Hanf regelt das Alter. Man ver- bindet es mit Gebet und Hütung, gebraucht es am Morgen frühzeitig. Der süsse Wein der Pflanzen, das Fett der Blumen, das Geistige des Feuers 1), die Kostbarkeit des Wassers 2) sind in Übereinstimmung und bilden ein Einziges. Sie bewegen das Geistige zur Rückkehr, die Kostbarkeit zur Heimkehr. Dieses ist hiermit gemeint. Der Gebieter von dem Geschlechte Pei richtete sich in seinen jungen Jahren nach diesen V^orschriften. Er gebrauchte daher die Stechwinde. Der wahre Mensch des klaren Leeren empfing schon in 1) Das Geistige des Feuers ist die Stechwinde. Dieselbe ist von Eigenschaft heiss und verbindet sicli mit dem Feuer, dessen Geistiges somit die Stechwinde ist. 2} Die Kostbarkeit des Wassers ist der Hanf. Derselbe ist von Eigenschaft kalt, von Farbe schwarz und enthält geistige glänzende Feuchtigkeit. Man nennt ihn daher die Kostbarkeit des Wassers. 366 P f i z m a i e r seinem zwölften Jahre diese Vorschriften. Er war um die Zeit gewiss noch nicht erschöpft und beschädigt. Desswegen sagte er: Wer die Stechwinde gebraucht, sieht in der Nacht und hat Licht. — Die zwei Heilmittel sind nur ein und dasselbe. Sie sind wunderbare Heil- mittel der langen Jahre. Wenn man die zwei Gegenstände vereinigt, ist es gut, doppelt so viel Honig zu gebrauchen. Man siedet sie zu- gleich, zerstösst sie und bildet daraus Kugeln. Bei dem Heilmittel des grünen Geistigen und bei der Stechwinde darf man nichts Saueres essen. Gebraucht man aber nichts anderes als Stechwinde, so ist das Sauere eben nicht verboten. Der zu dem klaren Leeren gehörende wahre Mensch von dem Geschlechte Wang übergab der vornehmen Frau des Geschlechtes Wei von der südlichen Berghöhe das Heilmittel der Kugeln der Unsterb- lichkeit der Brodfrucht, der süssen Pflanze. Die vornehme Frau von dem Geschlechte Wei wurde in ihrer Jugend häufig von Krankheiten befallen. Der Gebieter von dem Geschlechte Wang sagte zu ihr in dem Districte Sieu-wu: Wer den Weg erlernt, soll die Krankheiten entfernen. Er bewirkt früher, dass die fünf Eingeweide fest und voll, Ohr und Auge scharf und hell sind. Man kann dann mit den Ge- danken verweilen, sich kleiden und den Wagen lenken. Dass der Gebieter von dem Geschlechte Wang die Wahren herabsteigen liess, geschah im Winter des neunten Jahres des Zeit- raumes Yuen-khang von Tsin (299 n. Chr.), in dem öffentlichen Ge- bäude des Districtes Sieu-wu in der Provinz Ki. Die vornehme Frau war um die Zeit achtundvierzig Jahre alt. Sie gebrauchte demnach das Heilmittel. Als Yin-king sich aus dem Zeitalter entfernte, war sie dreiundachtzig Jahre alt. Dieses war zu den Zeiten des Kaisers Tsching von Tsin, im achten Jahre des Zeitraumes Hien-ho, dem Jahre Kiä-wu »). Es waren damals fünfunddreissig Jahre vergangen, seit die vornehme Frau sich ihm angeschlossen und Arzneimittel gebraucht hatte. In der Zwischenzeit mochte sie es vielleicht nicht lange fortgesetzt haben. Sie hatte durchaus keine anderen Leiden mehr. Ihre früheren Krankheiten waren sämmtlich geheilt, ihr Haupt- haar war nicht weiss, ihre Zähne fielen nicht aus, ihr Ohr war 1) Das Jahr Kiä-wu (31) ist übrigens das neunte Jahr des Zeitraumes Hieu-ho (334 n. Chr.) Die Lebensverlängerung-en der Männer des Weges. ob i scharfhüi'ig, ihr Auge hell. Sie schrieb gewöhnlich in einem Monate die Sätze und Beglaubigungsmarken des Hauses des Weges. Weil die vornehme Frau eine weibliche Obrigkeit gewesen und Wein geopfert hatte, wies sie noch immer durch die Sätze und Beglau- bigungsmarken auf ihre Vergangenheit hin. Sie verweilte mit den Gedanken und trat in das innere Haus. Durch hundert Tage thätig, bemerkte sie nach etlichen zehn Tagen durchaus nicht, dass sie sich anstrengte. Da sie sich im Getriebe des gewöhn- lichen Lebens befand, war sie durch die Geschäfte des Hauses gestört. Wenn sie das Gebet ordnen, etwas erforschen und Bücher laut hersagen wollte, bewerkstelligte sie dieses, indem sie in das innere Haus trat. Isst und trinkt man ganz herzhaft, sind die vier Gliedmassen fest und voll, so haben sich die Kugeln der süssen Pflanze erprobt. Man nennt sie das Heilmittel der Unsterblichkeit der Brodfrucht. Sind Milz und Magen zu Übereinstimmung gelangt, so ist man im Stande, Speise zu sich zu nehmen und wird nicht zu Grunde ge- richtet. Die äusseren Bedeckungen sind voll, und der Geist besitzt Urtheilskraft. Beim Aufbrechen und Weilen ist Ordnung und Masshalten, man hat nicht die Leiden der Rauhigkeit und Schärfe. Weil man die Brodfrucht verzehrt und zu Unsterblichkeit gelangt, nennt man das Heilmittel die Unsterblichkeit der Brodfrucht. Was die hier enthaltene Angabe betrifft, dass Ku-schao-kin, der zur Rechten befindliche wahre Fürst der neun Paläste ursprüng- lich dieses Heilmittel gewählt und gesammelt habe, so haben es sämmtliche Paläste längst besessen. Endlich wählte und sammelte es der Mann von dem Geschlechte Ko nochmals, Anordnung und die Worte der Einleitung wurden durch ihn hergestellt. Es ist gleichsam wie bei der Weise des grünen Geistigen und des grossen Unge- schmückten, die man jetzt nach dem wahren Menschen der grossen Gipfelung benennt. Wer den Weg der Unsterblichen lernt, sollte es früher gebrauchen. Einst übergab Schao-kin dieses Heilmittel an Kiai-siang. Er übergab es ferner Lieu-ken, Tschang-ling und Anderen, im Ganzen etlichen zehn Menschen. Man gibt auch diese Kugeln für die Kugeln Schao-kin's aus. Man soll beten, sich hüten, sie ordnen und vereinigen. Sie sind giftfrei und durch nichts verboten. Wenn man sie durch ein Jahr verzehrt, so hat man grossen Nutzen. Man hat oÖö Pfizmaier sich nichts vorzuwerfen, wenn man sich am Morgen und am Abend Mühe gibt. Die gewöhnlichen Menschen können sie ebenfalls ge- brauchen. Bei der Bliithe der Unsterblichkeitspflanze der Wolken wählt man nicht die Tage, um zu ordnen und zu vereinigen. Sie bringt zurecht drei Leichname , wirft zu Boden die Krankheit. Ge- braucht und verzehrt man eine Gabe, so sterben die Insekten der Brodfrucht. Bei zwei Gaben verdorren drei fjeichname. Die Männer des Weges, die allen Ernstes Brodfrucht verzehren, sollten sie ge- brauchen. Wenn die Insekten der Brodfrucht vernichtet sind, lässt man die Menschen Brodfrucht verzehren, und sie bleiben von Krank- heit verschont. Man ist übersatt und wird nicht beschädigt. Arznei- mittel, welche die Insekten der Leichname entfernen, gibt es sehr viele, aber keines geht über dieses. Einst gebrauchten Sieu-yang- kung, Tsi-khieu-tse , Tung-fang-sö, Thsui-wen-tse und Schang- khieu-tse bloss dieses Arzneimittel. Sie verbanden damit die Brod- frucht und erlangten die Unsterblichkeit. Die Kaiser King und Wu von Han trachteten nach den geheimen Heilmitteln Tung-fang-sö's und Sieu-yang-kung's. Es wurde schliesslich nicht überliefert. Der Geschlechtsname und der Name Kiuen-tse's, des Fürsten des nördlichen Meeres, sind unbekannt. Er war der Schüler des Gebieters, des grünen Jünglings und der Lehrmeister Su-lin's. In seiner Jugend gebrauchte er als Lockspeise die Bergdistel und das gelbe Geistige. Er übergab den Weg des das Einzige bewachenden ursprünglichen Mennigs. Er lebte in dem Zeitalter zweitausend acht- hundert Jahre. King-lin von Schang-su in Yuen-tscheu führte den Jünglings- namen Tse-yuen. Derselbe war der Schüler Kiuen-tse's. Er war dem Lehrmeister des purpurnen Yang, einem Menschen von Khiö-schui in Pö-yang, gleich. Dreissig bis vierzig Jahre alt, verabschiedete er sich von dem Hause und lernte den Weg. Später übergab er das wahre Einzige der drei Ursprünglichen und wanderte rings unter den Menschen umher. Die Lebensverläng'eningen der Männer des Weges. 369 Tschang-tao-ling, der wahre Mensch des richtigen Einzigen des großen Klaren, stammte aus dem Reiche Pei. Er war ursprünglich ein großer Gelehrter. Im vierten Jahre des Zeitraumes Yen-kuang von Han (125 n. Chr.) begann er, den Weg zu lernen. Gegen das Ende der Han kamen auf dem Berge des singenden Schwanes die Obrigkeiten der Unsterblichen herabgestiegen und übergaben ihm die Lehre der Macht des beschworenen Vertrages des richtigen Einzigeil, die Weise des Verleihens der Verwandlung, der Leitung des Volkes. Man nannte ihn den Lehrmeister des Himmels. Dies ist es, wovon es in den Verkündungen des Wahren heisst: Man überreichte Tschang-tao-ling die friedliche Luft des richtigen Einzigen. — In der Einleitung zu den fünf Beglaubigungsmarken der reingeistigen Kostbarkeiten des Lehrmeisters des Himmels, ferner in der Einleitung zu dem Goldsafte und Mennig des grossen Klaren kommt in vortrefflicher Schreibart eine besondere Überlie- ferung vor. Dieselbe ist in dem Zeitalter bereits in Umlauf gesetzt. Wer die fünf Steine als Arznei gebraucht, ist auch im Stande, in einem Tage neunmal Speise zu verzehren. Bei dem fliessenden Stofflichen der hundert Engwege ist man auch im Stande, ein ganzes Jahr keinen Hunger zu leiden. Wenn man bei der Zurückgabe des Alters, der Wiederkehr zu der Kindheit zufällig Speise erhält, so verzehrt man sie. Verzehrt man sie nicht, so ist man ebenfalls unbe- helligt. Das wundervolle Heilmittel der Wahren und höchsten Un- sterblichen ist das geheimnissvolle Reingeistige, das die Brodfrucht entbehrlich macht. Die Erklärungen Tao-yin-kiü's sagen: Obgleich man in einem Tage neunmal Speise verzehrt, fliesst doch das herange- zogene Dargereichte weiter, verändert sich und bildet keinen Boden- satz. Obgleich man ein ganzes Jahr keine Speise verzehrt, ist doch das Aussehen wieder frisch. — Sie sagen ferner: Bei der wechseln- den Anregung des Einathmens und Herbeiziehens ist nichts vor- nehmer als die sieben Sonnenstrahlen. Bei dem frühzeitigen Voll- enden des Ordnens des Wandels geht nichts über die neun Wege. Bei der Festigkeit und Sicherheit des Bewahrens und Erwachens übertrifft nichts das Niederhalten des Lebens. Bei der Hastigkeit und den Hindernissen der Verwendung der Schutzwache erhebt sich nichts über das gleichförmige Göttliche. Wie könnte die Wirkung Sitzb. il. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. H. Hft. 26 370 PfiziT, aier der Arzneistoffe und Steine übertreffen das grüne Geistige, die An- regung des Anrufens uud Verehrens mehr Weisheit hekunden als die Entschuldigung an dem Hofe? Wer die fünf Steine als Arznei gebraucht, hält die fünf Ein- geweide nieder und hat keinen Einsturz. Das Gehirn des Paradiesvogels in neun Hüllen, die verborgene Unsterblichkeitspflanze der grossen Gipfeiung, der Goldsaft des Mennigofens, das Erblühen des Regenbogens der purpurnen Blumen, die neun Umwälzungen des grossen Klaren, der saure Trank der fünf Wolken, der weisse Wohlgeruch des östlichen Meeres, die grüne Kupfermünze des Flusses Thsang-lang, das übrige Geistige des hohen Erdhügels, das fliegende Feld der Steinhaufen, hierdurch kann man bewirken, dass der Mensch das lange Leben hat. Der Frühgeborne von Kin-kao empfing den Weg des Niederhaltens der Luft, der Vermehrung des Lebensloses. Ferner übte er die Weise der Ausbesserung des Gehirns, des zurückkehrenden Mennigs. Das obere Buch des kostbaren Schwertes sagt: Die Kugeln der acht Schatten des gekrümmten frühen Morgens der grossen Gipfeiung, wer sie als Arznei gebraucht, ist im Stande, fliegend zu wandeln in dem grossen Leeren. Die wahren Menschen der grossen Gipfeiung gebrauchen als Arznei den Wolkenzahn der vier Gipfelungen. Das Heilmittel des Wolkenfettes des fliegenden Drachen, das Geschmeidige der Blumen der geläuterten fünf Farben, der Leib erhält durch sie den Glanz des Edelsteines, und man ist im Stande, in der Nacht zu schreiben. Diese Arzneimittel sind vorzüglicher als die Lockspeise der acht Steine. Wer die Blumen der Sonne und des Mondes als Arznei gehraucht, möchte, dass es ihm immer möglich wäre, Bambussprossen zu ver- Die Lebensverlängeruiigen der Männer des Weges. Oll wehren. Die Bambiissprossen sind die Leibesfrucht der Blumen der 5onne. Sie heissen auch das grosse Licht. Ferner möchte er immer Fichtenlaub verzehren. Die Fichte ist die Zierde der Bäume. Wer die Sonne und den Mond als Arznei gebrauchen will, sollte diese Gegenstände verzehren. Die Luft wird durch sie zum Kreislaufe angeregt. Der wahre Mensch des grossen Leeren sagte: Fichten und Cypressen sind die Zierde der Bäume. Die wahren Menschen schenken in die Gefässe das Sonnenliclit des ursprünglichen frühen Morgens der fünf Heilmittel, verzehren das Geistige der neun rothen Wolkendünste. Das Buch des gelben Ungeschmückten des grossen Höchsten sagt : Wenn die Männer des Weges Speise zu sich nehmen wollen, reicht man ihnen gewöhnlich zum Festmahl grosse Eintracht. Das Buch des grossen Friedens sagt: Der Gebieter, der grüne Jüngling zieht fliegende Wurzeln aus, verzehrt den Mondschatten, hi den reingeistigen Sätzen der hohlen Tiefen helsst es : Am Morgen verzehrt er die Luft der fünf Wolken, am Abend athmet er den Glanz der drei frühen Morgen. — Es heisst ferner: Er verzehrt den gesottenen Reis der gelben Rundtafeln, des purpurnen Wahren. Die Verkündungen des Wahren sagen: Auf dem Kuen-lün findet sich das Steinmark des hochrothen Berges, die Frucht des Edelsteinbaumes. Den purpurnen Schriftschmuck des reingeistigen Buches der goldenen Thorwarte des höchsten Klaren, die Weise des Pflückens und des Gebrauches der verborgenen Blumen, des Geistigen des Mondes, man übergab dieses einst dem Gebieter, dem Himmelskaiser des grossen Unscheinbaren. Das Buch heisst auch das vorschrift- mässige Buch des versteckten Mondes des bergenden Himmels des zu dem Yang gehörenden Geistigen der gelben Luft. 26' 3 { Z Pfizniaier Für diejenigen, welche denWeg ausüben, sind Wein und Fleisch Gegenstände sehr grossen Absehens. Der Wein ist eine Sache, die bewirken kann, dass Erkenntniss und Denken des Menschen dunkel und verwirrt sind, seine angeborne Eigenschaft Unordnung und Schiefe in sich trägt. Betrachtet man die Beimengungen zu den Arzneimitteln, so heisst es bloss bei den Kugeln der vier Fächer und vier Jünglinge: Man bedient sich des Weines, man kann aber auch Wasser beimengen. Die Kugeln von Beigdisteln siedet man gieichmässig mit Wein. — Bei den übrigen Gegenständen wird nicht gesagt, dass man Wein als Arznei oder Lockspeise gebrauchen solle. Zu den Zeiten der späteren Han begab sich Tso-thse zu dem Vorsteher des Lebensloses und bat um Mennigsand. Er erhielt zwölf Pfund. Er vereinigte damit den Mennig der neun Blumen. Tschi-ming-khi befand sich mit Tschang-tsching-li, einem Men- schen aus den letzten Zeiten der späteren Han, in dem Gebirge Heng. Er empfing und gebrauchte als Arznei den Mennig des Regenbogen- schattens des Gebieters von dem Geschlechte Wang. Er verbrachte auf diese Weise dreissig Jahre. Tschao-kuang-sin stammte aus Yang-tsching. Gegen das Ende der Wei kam er in das Gebirge von Jen und empfing die Weise des Gebrauches der Luft, den Weg des Bewachens der ursprünglichen Mitte. Später gebrauchte er als Arznei den ^lennig der neun Blumen. Tschü-jü-tse lebte gegen das Ende der Zeiten der U. Er trat in das Gebirge des rothen Wassers und gebrauchte als Arznei die Blüthen der Goldblume, als Lockspeise die Bergdistel. Er empfing ferner die Vorschriften für die beim Eintritte in das innere Haus am Leben erhaltenden Schlammkugeln Si-kue i-tse's in drei und dreissig Sätzen. Die Lebensverlängerung-en der Männer des Weges. O i O Tsching-kiiig-tschi lebte gleichwie Tscliang-tschiiiig-hoa im Anfange der Zeiten der Tsin. Er befand sich auf dem Berge Tsien. Er empfing und übte die Weise des Bewachens der fünf Eingeweide. des Haltens der Sonne in dem Munde. Er gebrauchte als Arznei Hanf und den ursprünglichen Mennig. Ma-ming-seng stammte aus Lin-thse. Er war ein Angestellter des Distriotes und w urde bei der Verfolgung eines Räubers verwun- det. Die vornehme Frau des grossen Wahren kam ihm zu Hill'e mit reingeistigen Kugeln, und er wurde geheilt. Später nahm er Ngan- khi-seng zu seinem Lehrer. Er empfing und gebrauchte als Arznei den Mennig des grossen Klaren. Wang-yuen-fu stammte aus Pei. Er befand sich mit Teng-pe- yuen zugleich in dem Gebirge Hu. Daselbst empfing er den Gebrauch der Speise des Steines des grünen Geistigen, die Weise des Ver- schluckens des mennitjrothen Schattens der Sonne. In den Entscheidungen des gelben Gebieters der Unsterblichen heisst es : Wenn man die angeborne ßeschaftenheit nährt, Arznei^ mittel gebraucht und als Speise verzeiirt, mag man keinen Knoblauch und keine Granatäpfel verzehren. Die Männer des Weges selbst können es nicht essen. Die Überlieferungen von Unsterblichen sagen: Tschi-tsiang-tse-yü lebte zu den Zeiten des gelben Kaisers. Er yerzehrte nicht die fünf Getreidearten, er verzehrte die Blüthen der hundert Pflanzen. Ngo-tsiuen, der Unsterbliche des Himmels, war ein Einsammler Ton Arzneien auf dem Berge Hoai. Er verzehrte gerne Fichtenzapfen. Auf seinem Leibe wuchsen Federn, seine Augen wurden viereckig. Er war im Stande, fliegend zu Mandeln und erreichte laufende Pferde. o/4 Pfizmaier. Wu-kuang lebte zu den Zeiten der Hia. Seine Ohren waren •sieben Zoll lang. Er liebte die Cither und gebrauchte als Arznei Magenwurz und Zwiebehvurzeln. Kiuen-tse war ein Eingeborner von Tsi. Er gebrauchte gern als Lockspeise die Bergdistel. Er verüffentliehte das richtschnur- mässige Buch des Himmels in acht und dreissig Heften. Später angelte er in einem Sumpfe und fand eine Beglaubigungsmarke in dem Bauche eines Karpfen. Er verbarg sich auf dem Berge Tang. Er war im Stande, Wind und Regen herbeizuführen. Er empfing die Weise der neun Unsterblichen von Pe-yang. Ngan, König von Hoai-nan, erlangte in seiner Jugend die Schriften Kiuen-tse's und war nicht im Stande, sie zu erklären. Das von Kiuen-tse verfasste Herz der Cither in drei Heften enthält Abzweigungen und Ordnungen. Lieu-king lebte zu den Zeiten der früheren Han. Er schloss sich an den Gebieter des Geschlechtes Tschang von Han-tan und empfing den Gebrauch der Wolkenmutter als Lockspeise. Er wusste, was dabei glückbringend oder unglückbringend. Das Buch Pao-pö-tse sagt: Diejenigen, welche den W^eg ordnen, Arzneimittel als Lockspeise gebrauchen, so wie diejenigen, welche in Verborgenheit wohnen, in die Gebirge treten und zu den kleinen Vorschriften nicht gelangen können, werden häufig von dem Verderben ereilt. Die Alten unter den zehntausend Dingen sind sämmtlich im Stande, als Ungethüme aufzutreten. Sie führen die Menschen beständig in Versuchung. Sie sind aber nicht im Stande, in einem Spiegel ihre wahre Gestalt zu wechseln. Desswegen hängten die Wegmänner des Alterthums, die in das Gebirge traten, einen hellen Spiegel, der im Durchmesser neun Zoll und darüber hatte, hinter ihren Rücken. Die alten Unholde wagten es dann nicht, sich den Menschen zu nähern. Sollte es geschehen, dass sie kommen und die Menschen in Versuchung führen, so soll man nach rückwärts in den Spiegel blicken. Sind es Unsterb- liche oder Götter des Berges, so sind sie gestaltet wie Menschen. Sind es Vögel, wilde Thiere, böswillige Dämonen, so sieht man sie ebenfalls. Die Lebeiisverlängerungen der Männer des Weges. o i 3 Einst lebte ein Mensch in einem Felsenhause des Berges der Erdstute der Wolken in Seho. Plötzlich erschien ein Mensch, der mit einem einfachen Kleide von gelbem Atlas und mit einem Flachstuche angethan war. Derselbe trat vor ihn. Hierauf blickte jener Mensch zurück in den Spiegel, und es war ein Hirsch. Er schrie ihn dabei an. Der Ankömmling wurde ein Hirsch und entfernte sich auf der Stelle. Ferner befand sich an dem Fusse des Berges Lin-liü ein Block- haus. So oft Leute daselbst übernachteten, starben sie entweder, oder sie wurden krank. Gewöhnlich erschienen in der Nacht etliche zehn Menschen, von denen einige weiss, andere schwarz gekleidet waren. Einige waren Weiber, einige waren Männer. Später kam Tschl-pe-I an dem Orte vorbei und übernachtete daselbst. Er sass bei einer hellen Kerze. Um Mitternacht sah er diese ^lenschen wirk- lich. Er beleuchtete sie ganz nahe mit dem Spiegel, und es war ein Rudei Hunde. Pe-I ergriff jetzt die Kerze, erhob sich und liess verstellter Weise eine Schnuppe der Kerze auf ihre Kleider fallen. Er spürte den Geruch von versengten Haaren. Hierauf erstach er mit dem Schwerte einen Hund. Die übrigen erscbracken und ent- fernten sich. So oft man in das Gebirge tritt, muss man einen glückbringen- den Tag wählen. Die Beschaffenheit der Neigungen des Himmels und der Erde, die glücklichen und unglücklichen Vorbedeutungen des Yin und Yang, wie vielfach sind sie! Es ist auch schwer, sie zu erklären. Ich sage auch nicht mit Gewissheit von ihnen, dass sie sind. Ferner wage ich es auch nicht, zu behaupten, dass sie nicht sind. Gleichwohl sind sie es, an die der gelbe Kaiser und Liü-wang glaubten und denen sie sich unterwarfen. In den nahen Zeitaltern wurden sie durch Yen- kiün-ping und Sse-ma-tsien hastig zum Gebrauche herangezogen, und in den vorschriftmässigen Büchern und Überlieferungen gibt es vorbeigehende Tage, die glücklichen Tage kommen von selbst. Wenn die königlichen Herrscher erhoben die Obrigkeiten der grossen Ver- merker, belehnten, ernannten, einsetzten und begründeten, wenn es Angelegenheiten gab in den Stammhäusern und Ahnentempeln, bei den Landesgüttern, wenn sie in den Vorwerken opferten dem Himmel Oib P f i z in ii i e r, Die Lebeiisverlängerungen der Männer des Weges. und der Erde, so wählten sie dazu immer den Tag. Das vorschrift- mässige Buch des Edelsteinschaftes sagt: Wenn man in das Gebirge treten will, kann man nicht umhin, die geheime Kunst der Kiä des Verbergens i) zu kennen. Man handelt aber nicht als verkommener und verkriimmter Mensch. — Mit diesen Worten bespricht es die Sache. ') Die in dem Buche der späteren Han enthaltenen Überlieferung-eii von der Heil- kunst sagen : Man schläg-t zurück das Yin der sechs Kiä (des Zeitkreises) und ver- birgt sich. Kar:ijiin. Zu Seifried Heliiling- und Oltiicker von Steiei-m;irk. 377 Zu Seifried Helbling und Ottacker von Steiermark. Vom vv. M. Theodor Ritter v. Karajan. Noch im Spätherbste meines Lebens wird mir die Freude zn Theil für die Textkritik zweier österreichischen Dichter des Mittel- alters, die zudem mit Recht für wichtige Quellen der Geschichte ihrer Zeit und Heimath gelten, willkommene Beiträge liefern zu können. Mit den Schriften beider hab ich mich vor langen Jahren eingehend beschäftigt und bei beiden mit Grund über den Mangel gleichzeitiger Überlieferung zu klagen gehabt. Da nämlich beide noch in die zweite Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts hinaufreichen , der eine bisher nur in Handschriften des fünfzehnten, der andere gar nur in einer einzigen des beginnenden siebzehnten Jahrhunderts überliefert war, so konnte meine Klage nur als vollberechtigt erscheinen. Und den- noch hätte man erwarten sollen, dass von den Werken beider, die so treu und frisch das Leben ihrer Zeit und Heimath schildern, sich in unserer wenigstens ältere Überlieferungen vorgefunden hätten, um so eher als die Reimchronik Ottackers zum ersten Mahle voll- ständig schon vor hundertfünfundzwanzig Jahren in einem stark verbreiteten Werke ans Tageslicht trat*), ein Auszug der Satyren Seifrieds durch mich schon vor vierunddreissig Jahren 2), endlich eine vollständige kritische Ausgabe des Textes derselben vor sechs- nndzwanzig Jahren gleichfalls durch mich geliefert wurde »). *) Durch Hier. Pez. in den Script, rer. Austr. Tomus MI. Regensburg 1745. fol. 2) In Haupt und Hoffmana's altdeutsctien Blattern. 2, 2 bis 17. d. d. Wien 20. Dec. 1836. *) In Haupt's Zeitschrift f. deutsch. Alterthum. 4, 1 bis 284. 3/^8 Karajaii All diese Veröffentlichungen aber förderten dennoch ältere Quellen ausser den bis dahin bekannten nicht zu Tage, wenn auch für Ottacker ein günstigeres Geschick waltete, als für Seifried, der ganz leer ausgieng, während für den ersteren aus Handschriften zu Jena*) und Stockholm 5)^ sowie aus der schon vor Pez herausgegebenen VVolffenbüttler «) wenigstens Theile seiner Chronik in anderen Nieder- schriften, aber auch nur des fünfzehnten Jahrhunderts, bekannt wurden; die Bruchstücke aus der Wolffenbüttler und Jenaer aber nicht unter Ottackers Namen. Für beide Dichter nun treten hiemit zum ersten Mahle gleich- zeitige Quellen, wenn auch nur in sehr bescheidenem Maasse, zu Tage. Bevor ich zur näheren Betrachtung derselben, zur Angabe ihrer BeschatYenheit, ihrer Auffindungs- und Aufbewahrungs-Orte über- gehe, will ich ein paar Worte sagen über die Bedeutung dieser Funde im Allgemeinen und über die Bereicherung, die unsere bisherige Kenntniss durch den Hinzutritt dieser neuen Quellen erlangt hat. Als Hauptergebniss stellt sich heraus, dass beide als gleichzei- tige Überlieferungen die bisher bekannten viel jüngeren, an die Zeit der Dichter nicht im entferntesten hinanreichenden Handschriften im Ganzen als viel bessere erkennen lassen, als nach ihrem Alter allein zu vermuthen war, dass somit die bisherige Überlieferung, vergli- chen mit der neuen, um Jahrhunderte älteren, so weit sich diess aus den leider nicht sehr umfangreichen Stücken erkennen lässt, eine nichts weniger als verwerfliche zu nennen ist. Was dadurch schein- bar an Ausbeute den neuen Entdeckungen entgeht, ersetzt sich reichlich durch die Beglaubigung, dadurch Festigung der bisherigen Texte. *) Durch B. C. ß. Wiedeburg in dessen: Ausführliche Nachricht von einif^en alten teutschen poetischen Manuscripten der Jenaischen Bibliothek. Jena 1734. 4*>. S. 76 bis 118. ^) Durch mich in den Sitzungsberichten der philos. bist. Classe der k. Akad. der Wissenschaften zu Wien. Jahrgg. 1832. Bd. 8. 482 bis 483. Von der Stockholmer Handschrift wurde an der k. k. Hofbibliothek eine Abschrift zurückbehalten, jetzt unter der >'r. 14,978 verwahrt. ^) Durch J. G. Eccard in dessen Corpus historicum medii aevi. Lipiae 1723. fol. und zwar im Bd. 2. 1349 bis 1376. Zu Seifried Helbling und Ottaeker von Steiermark. 3/9 BeiSeifried zudem hat die neue Quelle noch zwei kleine, bis jetzt völlig unbekannte Gedichte in den Kauf gegeben, die, wenn sie nicht von ihm selbst herrühren, was mir höchst wahrscheinlich ist, doch seinem Wesen, seiner Sprache und Anschauungsweise aulTallend nahe stehen. Ich gehe nun zu den Bruchstücken selbst über: I. Zu Seifried Helbling. Ich nenne Seilried auch jetzt noch so und als den Dichter der unter seinem Xamen veröffentlichten Satyren, nicht etwa aus Eigen- sinn, sondern weil mir die Bedenken, die man gegen diesen Namen vorgebracht hat, bis jetzt wenigstens, noch nicht völlig stichhältig erscheinen. Ich will, ohne mich in lange Auseinandersetzungen einzu- lassen, die hier nicht an ihrem Platze wären, nur mit wenig Worten sagen, was mir an dem Einwände bedenklich scheint. Als einen Dichter, das lässt sich nun einmal nicht läugnen , bezeichnet der Verfasser des dreizehnten Büchleins den 'hovegum- pelman, der es geschrieben haben soll, ganz entschieden, und nennt ihn einfach Seifried Helbling, also mit einem Namen, hinter dem nicht, wie bei anderen, die er vorbringt, irgend etwas satyrisches zu wittern ist. Dass er ihn schelmisch todt sein lässt und diess beklagt, dazu mag er seine Gründe gehabt haben, und ist am Ende eine Fiction, wie so vieles in seinen kühnen Gedichten, in denen er den am schärfsten Gerügten gerne erfundene oder auf irgend eine Weise verdrehte, kurz entstellte Namen beilegt. Nur die Namen des Herzogs und der Herzogin nennt er nicht, tadelt sie aber nichts desto weniger schonungslos. Nun aber wird als Verfasser eines oder des anderen der Büchlein, ausser an dieser Stelle kein anderer Dichter genannt, der hier genannte aber durchaus nicht getadelt, sondern als Ehren- mann in Schutz genommen, und kehren die diesem Dichter in den Mund gelegten Klagen allenthalben in den einzelnen Gedichten wieder. Liegt es da nicht nahe, dem Dichter des dreizehnten Büchleins auch die übrigen zuzuweisen? um so mehr als sich im Ganzen alle, bezüglich dieser Klagen, wie ein Ei dem anderen ähnlich sehen? Lud das soll man nur desshalb nicht dürfen, weil der Dichter des drei- 380 K a r a j :i T) zehnten sich dort zu den bereits Todten zählt? War ers denn nicht auch in gewissem Sinne? Er der sich als alt und überlebt, mit der Gegenwart zerfallen, ihr kaum mehr angehörig schildert? Wäre übrigens die 'hovegumpelmänner-Fiction, wie der vorge- schütze Tod des einen derselben, wirklich nur eine vereinzelte in Seitrieds Satyren, so wollt ich noch eher Ernst Martin^) Recht geben, da diess aber nicht der Fall ist, da die Namen der Gerügten sowohl, wie alle Verhältnisse, dieScenerie des Ganzen, wie jene durchgeführte des Herrn zum Knechte, die Zusammenkunft der Verschworenen, jene der Tugenden und Laster am Oetscher, kurz alles mögliche erfunden ist, so kann ich die jedenfalls noch strittige Frage um den Namen des Dichters durchaus noch nicht für entschieden halten. Hat nun Martin Recht oder nicht, so wird man mir am Ende doch erlauben müssen, die Sammlung von Satyren, die ich meine, vor der Hand wenigstens noch, mit dem herkömmlichen Namen zu bezeichnen. Schon am Anfange der vierziger Jahre, als ich am Texte Seifrieds arbeitete, fielen mir die der einzigen damals bekannten Handschrift der Wiener Hofbibliothek desselben. Cod. 2887. ol. Phil. oO., ange- hängten Anmerkungen auf, deren Blattzahlen zu jenen der jungen Handschrift durchaus nicht stimmten, also wohl aus der Vorlage her- übergenommen waren. Ich glaubte in ihrem Styl und ihrer Behand- lunsrsart solcher Dins^e unwillkürlich die Art des österreichischen Geschichtsforschers Freiherrn Reicharts Strein von Schwarzenau zu erkennen, der noch zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts lebte. Diese meine Vermuthung wurde nach der Hand als richtig bestätigt durch lange Auszüge aus Seifrieds Satyren mit ganz ähnlichen Bemerkunoen und Überschriften Streins in einer Handschrift des Ar- chives der niederösterreichischen Stände. Sie führt den Titel : 'Nota- bilia Ausz H. Reicharten Streinss H. zu Schwarzenau seeligen manuscriptis abgezeichnet'. Wer war nun dieser Abzeichner, d. i. Benutzer der Aufzeich- nungen Streins, die bis zur Stunde noch in nicht weniger als eilf Folianten im Archive der niederösterreichischen Stände verwahrt werden? Niemand anderer, als sein geistiger Nachfolger in dieser Thätigkeit , der Freiherr Job Hartmann von Ennenkel , Herr zu .\lbrechtsberg an der Bielach, zu Hoheneck. Goldeck. Liechteneck und ■?) In Haupfs Zeitschrift f. d. Alterth. 13. 464. Zu Seiflied HelWiiig und Ottaeker von Steiermark. Oöl Seisseneck in Österreich unter der Enns , aus dessen reichen o-esehichtlichen Sammlungen das ständische Archiv noch zwei starke Foliobände verwahrt zur Geschichte der Adelsgeschlechter des Landes mit der Aufschrift: 'Aufzeichbuch von Job Hartmann Ennenkl Frey- herrn, was er etlich Jahr hin und wider in alten Briefen, Urkunden und Verzeichnissen befunden, kürzlich ausgezogen und hierinnen ver- merkt hat Annis a nato Christo 1602 ad 1608 0-' •Nach dem Tode Ennenkels, welcherDinstags den 9. Februar 1627 zu Wien erfolgt war, kamen dessen reiche handschriftliche Samm- lungen in verschiedenen Besitz. Ein Theil derselben gelangte, wie wir schon oben sahen in jenen der Stände Österreichs unter der Enns; ein zweiter noch beträchtlicherer in die Sammlungen des Gra- fen Johann Joachim von Windhag, der sie nachmals mit seiner ganzen Bibliothek durch sein Testament vom 31. October 1670 den Prediger-Mönchen zu Wien vermachte, mit der Verpflichtung, sie in ihrem Hause der allgemeinen Benützung der Gelehrten offen zu hal- ten. Hier blieb sie bis zum Jahre 1784, in welchem Kaiser Joseph 11. dieselbe sammt ihrem Fonde jener der Hochschule Wiens einverleibte. Späther wurde dieser Theil der EnnenkeFschen Verlassenschaft, da er Handschriften enthielt und bereits vor Jahren alle Handschriften der Universitätsbibliothek wegen Mangel an geeignetem Baume, auch der besseren Verwahrung und bequemeren Benützbarkeit wegen, der Hofbibliothek des Kaisers waren eingereiht worden, gleichfalls dahin aboe»eben. Dort findet sich dieser Theil noch bis zur Stunde und es stammen aus ihm unter anderen auch folgende altdeutsche poetische Handschriften: Cod. 2788. Enenkels Fürstenhuch; Cod. 2779. die Kaiserchronik, Hartmanns Iwein, Otnit, die Rabenschlacht, der Aven- tiure Krone Heinrichs von Türlin enthaltend; Cod. 29o9. Laurin ; Cod. 2881 mit dem Schwabenspiegel und Hartmanns Gregor; end- lich Cod. 27Ö7. mit allerlei Asceticiss). Ein dritter Theil schlüsslich der Ennenkel'schen Handschriften wurde erworben durch Karl Ludwig Fernberger zu Egenberg, Mes- senbach u. s. w. Herrn der Herrschaften Sitzenberg und Fahrafeld in '^) Siehe WissgrilFs Schauplatz d. nied. öst. Adels. 2, 414 und vergl. Chmels Geschichtsforscher I, 2, 369. unter 202 c). '•') Hoffmann's Verzeichniss der altd. Handschriften der Wiener Hofbibliothek unter den Zahlen CXCI. X. XXXIX. CLXI. und CCCXV. 382 K a r a j a II Östei-reich unter der Eiins, Laiidrechts-Beisitzer und I^andmami alten Herrenstandes. Dieser starb gleichfalls zu Wien Freitags den 5. Jän- ner 1635. Nach seinem Tode gelangten auch diese Ennenkel'schen Handschriften an die Hofbihliothek, wo sie unter den Zahlen 10093 bis 10100, zum Theile aus übermässig starken Folianten bestehend, ver- wahrt wurden. Sie waren kenntlich an einem mit weisser Öhlfarbe auf die grünen Alla-Rustica- Pergament-Bände gemahlten Anker, einem vom Herzschilde herabhängenden, eigenthümlichen Theile des Fern- bergerschen Familien-Wappens 0) Vergl. WissgriÜ 1. c. 3, 36. Zu Seifi-ied Helbling- und Ottacker von Steiermark. ööo aus, untl zwar von einer alten, guten, leider aber durch Wurmfrass und die Scheere des Buchbinders arg mitgenommenen Handschrift. Was die Streifen sonst noch enthielten, zwei kleine strophische Gedichte, war mir völlig neu. Ich hatte also mit einem Mahle Bruchstücke einer bei meiner Bearbeitung Seifrieds aus den wiederkehrenden Lücken nach je zwei- unddreissig Zeilen als Vorlage vermutheten kleinen Handschrift wirklich vor mir. Jene des ersten Büchleins, in welchem die Lücken begegnen, enthielt allerdings nur auf der Seite sechzehn Zeilen, während die vor- liegende des fünfzehnten deren zwanzig zeigt, auf deiu letzten Blatte stehen aber auch hier nur sechzehn Zeilen bedingt durch den Schluss der beiden kleineren Gedichte, so dass sich denken lässt, dass auch die vorangegangenen Theile der Handschrift nach Bedarf zwischen sechzehn und zwanzig Zeilen mochten gewechselt haben. Diess wird zudem bestätigt, wenn man die Blattzahlen berück- sichtigt, auf welche die Anmerkungen Streins am Ende meiner Aus- gabe Seifrieds sich beziehen, und \velche durchaus nicht jene der uns bis jetzt erhalten gewesenen einzigen Handschrift sind. Diese Anmerkungeu weisen nämlich auf eine Handschrift hin, welche 231 Blätter enthielt. Würde nun jedes dieser Blätter auf je 40 Zeilen angeschlagen, so ergäbe diess eine Gesammtzahl von Ver- sen für Helbling, die dessen wirkliche Verszahl um beiläufig sechs- Hundert überträfe. Es ist daher mit vieler Wahrscheinlichkeit anzu- nehmen, dass die vorausgegangenen Theile der alten kleinen Handschrift wirklich etwa Büchleinwxise weniger Zeilen auf den einzelnen Seiten enthielten. Dass übrigens die vom Freiherrn von Strein zu seiner Samm- lung der Gedichte Seifrieds benützte Handschrift und die jetzt in Bruchstücken neu aufgefundene ein und dieselbe war, wird nicht nur aus der Herstammung dieser Bruchstücke sehr wahrscheinlich, son- dern lässt sich auch, wenigstens für das fünfzehnte Büchlein, ganz hübsch nachweisen. Man braucht nämlich nur die von mir in meiner Ausgabe theils in die Lesarten verwiesenen, theils schonend beibehaltenen Formen mit jenen des neuen Textes zu vergleichen, um sich bald genügend zu überzeugen. Man beachte z. B. zu XV, 688 die von mir verworfene Lesart unter dem Texte : 'alters so ein' mit jener unseres Bruchstückes und man wird sie gleichlautend finden. Man vergleiche ferner zu 384 Karajao 703 'tratt' mit der Form des neuen Textes' 'trahf ; zu 750 und 774 die Lesart ' Wolddan mit der genau an denselben Stellen wieder- kehrenden der neuen Handschrift; endlich zu Zeile 798 meines Tex- tes die unrichtige, deshalb verworfene Form 'Hainwurch, die genau so in der Handschrift Streins sich wiederfindet u. s. w. Wir lernen aus all diesen Betrachtungen zusammengenommen einmal, dass Strein beim fünfzehnten Büchlein höchst wahrscheinlich keine andere Handschrift vor sich hatte, als die uns jetzt leider nur mehr bruchstückweise vorliegende , damals natürlich ohne die Ennenkelsehe Seitenzählung (siehe weiter unten), und zweitens, dass unseren Bruchstücken ganz gewiss eine lange Reihe von eben so kleinen, weiter und enger beschriebenen Blättern vorausgieng. Wenden wir nun unseren Blick noch eingehender auf die äussere und innere Beschaffenheit unserer Bruchstücke, so muss folgendes hervorgehoben werden. Die einzelnen Seiten der Blätter sind mit arabischen ZitYern einer Hand des beginnenden siebzehnten Jahrhun- derts etwa, in der Mitte des oberen Randes der einzelnen Seiten bezeichnet,undzwar auf folgende Weise: 35. 36. 39. 40. 41.42.45. 46. Man sieht, dass nach dem ersten erhaltenen Blatte, das zweite mit 37. und*38. bezeichnete fehlt, gleichwie nach dem dritten Blatte das vierte mit 43. und 44. überschriebene, was auch ganz genau mit der Verszahl stimmt, welche diese dein Baume nach und im Einklänge mit meiner Ausgabe zu füllen hatten. Diese Seitenzahlen können aber auch noch folgenden Schlüssen als feste Unterlage dienen. Da nämlich von Seite 42. nur die ober- sten 6 Zeilen erhalten sind, somit dieser Seite sowohl wie den beiden gleichfalls verstümmelten 35. und 36. je 14 Zeilen fehlen, so gelangt man zum Schlüsse, dass diese Seite vor der Verstümmlung bis zur Zeile 832 gereicht habe, folglich auf der nächsten, jetzt fehlenden Seite 43. die Zeilen 833 bis 852, endlich auf der letzten Seite 44. nur mehr 2 Zeilen oder das Ende des ganzen Büchleins, die Verse 853 und 854 gestanden haben konnten. Es zeigen sich nirgends Reimpuncte, die Zeilen sind aber durch- wegs richtig abgetheilt und die gleichmässige schöne Schrift, hie und da mit rothen Anfangsbuchstaben verziert, erinnert an die besten Handschriften aus der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts. Die Blätter haben eine Hohe von etwas über 4 Wiener Zollen, eine Zu Seifried Helbling und Ottacker von Steiermark. 3 Od Breite von zwei drei Vierteln und sind mit Columneii von zwei einem halben Zoll Höhe besehrieben. Anders verhält es sich mit den auf den Schluss der Büchlein fol- genden beiden kleinen Gedichten, deren Verse unabgesetzt, grösser und offenbar zu verschiedener Zeit geschrieben sind. Die neue Handschrift rührt übrigens , gleich der Abschrift Richard Streins, ganz entschieden von einem österreichischen Schrei- ber her. Dafür sprechen vor Allem das häufige Vorkommen von o für d und a, so xngrof 686, 771 und 778; in noh 773, noher 711, rot 694, 701, 753, in rotent 704, (jor 673; Formen wie mier 712, 79o, ier 813; hischolf 68o, 699, und das alles schon auf so engem Räume bei einander. Ausserdem begegnen noch eine Menge in österreichischen Handschriften besonders geläufige Abweichungen von der streng mit- telhochdeutschen Schreibweise, So o f. oe in hört 686; nei f. ei in erschaein 756; ev f. in in levt: prevt.^Sd. 690. 796. Bedev. 709, üeo S4o; ve f. uo in gveteu 696, tvet, vnmvetes 700, zve 702, 704, gvet; nwet 815, 816; ov f. ü in ovflöl. 813, tovsent 795. Die i zeigen sich schon häufig aufgelöst, so in mein 681, 814, scheinen 683, sein 707, meiner 708, Sei 793, seinem 797; ja ei tritt sogar an die Stelle von i, so in t^eit 691. Der Consonantismus zeigt sich, wie so häutig in Handschriften österreichischer Schreiher , zur Wahl älterer , härterer Formen geneigt, so in verterbeu 689. prechen 757, pvllen 758, prant 774, während er im Auslaute manchmal nach althochdeutscher Weise die mildere Form verwendet, so h f. ch in sprah: vmjetnah 705, nah 773. Im Ganzen ist zu bedauern, dass die neuentdeckten Bruchstücke nicht den ersteren Büchlein Seifrieds angehören, da in diesen die Streinische Abschrift gar manche kaum je zu heilende Gebrechen zeigt, welche die liegend gedruckten Worte und die Lücken meiner Ausgabe erkennen lassen und die nur zum geringsten Theile durch Conjecturen und Deutungen zu beseitigen glücken wollte, wie tüch- tige Kräfte sich auch daran versucht haben. Die übrigen fünf Bände aus der Fernbergerschen Sammlung Hes- sen trotz der sorgfältigsten Untersuchung weitere Theile unserer Handschrift leider nicht entdecken. Die Bruchstücke sind jetzt, unter der Nummer Supplement 2792 der Hofbibliothek, eingereiht. Sitzb. i\. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. \l. Hft. 27 3(S6 K a r a j a n leb lasse nun zuerst die Bruclisliicke selbst folgen und zwar in getreuer Wiedergabe der Handschrift, das ist mit allen Feblern. Daran reih" ich zunächst das in der Handschrift folgende erste der beiden strophischen Gedichte , voraus in getreuem Abdrucke, dann metrisch abgetheiltin gewöhnlicher mittelhochdeutscher Schreib- weise. Man könnte dieses erste Gedicht Smirz woT überschreiben. Es geisselt ganz und gar in der Weise Seifrieds einen Hofmann, der die Gunst seines nach der Ansicht des Dichters gedankenlosen Herrn, wohl Herzog Aibrechts I., auf alle mögliche hinterlistige Weise zu erschleichen versteht und dadurch Ehre und Würden erlangt. An den Schluss endlich stell" ich das auf der Rückseite dessel- ben letzten Blattes uns erhaltene zweite strophische Gedicht, das man am natürlichsten 'Sonne und Menschenleben überschreiben könnte, und zwar auch hier voraus zuerst einen getreuen Abdruck desselben, darnach eine metrisch abgetheilte Fassung. Es schildert diess Gedicht auf geschickte Weise die Ähnlichkeit des Aufgehens und Niedergehens der Sonne mit den gleichen Phasen des Menschenlebens. Auch dieses Gedicht erinnert sehr an ähnliche der fünfzehn Büchlein Seifrieds. 35. Bl. 1* /er herren ier habt woi vnomen XV. 673. daz mein rat ist w ... r eh. m. n. Go . an allez ende 675 swan ich im ni . . noh . e . . . So hazze mich all . . d. z sei do was doh nih. ... nden bei Wand ich niht en . . . . te an daz sih verwüt. 680. Mein volch an de do lie ich d. /. seheinen Daz ich ein rechte' Christen bin rnd . . nde meine poten hin Zu Seifri'.-d Helbling und Ottacker von Steiermark. 387 Do sprach der piscliolf von srran 685 vnd hört daz grof yban Z>er ahte des vil chia . n moht er alters . o ein Terterben lant vnde 1 . vt im wer sam er mit ein prevt 690. Froeleichen haim reit also stet des niannes sit 692. 36. Bl. i'' .0 sprach der von Vetzprem XV. 693. mein herr an seinen rot nein Den wilden g^rofen miszen 693. nimmer gveten piszen Gizzet der her/og mit im ovsz mein ampt ich daz nim Do sprach der pischolf von rab herr tvct ev vnmvetes ab 700. . ier svllen von den» rot sten haizzet die laven zve ev aen . wa man traht gen veinde iiaz da zve rotent layen paz . er von viimf chirehen sprah 705. mein phafheit wer mir vngenah E mein herr liez sein lant ich sliieg e mit mein" hant 5edev weib vnde chind an mich vil phaffen sind 710 . Rof yban hin noher trat mier ist verporgen ewer rat 712. 39. Bl. 2" DEv rot geviel in all . . XV. 753. si wurden ane schallen ier gevaertes do enein 755 des morgens do d" tach erschaein 27* Oöö Karajan ßegynd ovf prechen daz lier wie hoert man pvllen daz mor Von den sturen winden XV. 759- 40. Bl. 2^ Xah vnserni schaden daz lant XV. 773. der wolddaii d' vor wienne prant Chom . vh vngestriten d'an 775 hin noh do legen sih began Z>az her in der vizze do sprach der grof mizze Her her kvnec sent liin ab XV. 779- 41. ßl. 3' Sei ez ewer wille XV. 793. ligt mit dem her stille Zat mier zehen tovsent man 795. da han ich levt envollen an Der herzog mit seinem rat vuor ze haimwnrch in die st . . XV. 798 42. BI 3** /er herren trabtet ovf vnd nider XV. 813. mein herr hab sein lant wider Dev sehidiing wiert nimm* gvet 815. daz nemt rehtt in evren mvet Do sprach des herzogen rat h rozzen schaden hat. XV. 818. 45. Bl. 4^ E in herre gewaltich ane sin . sein werdes hofgesinde habent einen vnder in . smirz wol ich den nene . er geht dem herren nach an aller stat. Smirz wol der chan liste vil swenn der herr ze rate . mit den Zu Seifried Helbling und Ottacker von Steiemrark. 389 besten sitzen wil. smirzwol g-et tvenshelvnde er mvez ie chomen. an des herren rat. Smirzwol chan sein red wol dar gestiere. Waffen smirzwol veber dich g"e sehriereii . wie du den h'ren vmb die oren viselst . als ein haber gans . der tevfel var dir in den grans . smirzwol in g"otes zorn wirt zeinem vrien. In metrischer Abtheilung und gewöhnlicher mhd. Schreibweise: Ein her was g-ewaltic äne sin ; sin werdez hofgesinde habent einen vnder in, Smirzwol ich den nenne: Er get dem herren nach an aller stat. Smirzwol der kan liste vil. swenn der her ze rate mit den besten sitzen wil, Smirzwol get tüschehinde: Er muoz ie komen an dez herren rät. Smirzwol kan sin red wol dar gestieren. Waffen, Smirzwol, über dich geschriereu I wie du den herren umb diu ören viselst, also ein habergans ! der tiufel var dir in den grans I Smirzwol in gotes zorn wirt z"einem vrien I 46. Bl. 4*^ Z>iv svnn get ovf von Orient, vnz a. den mitten t . . . so seiget si gein occi dent . also ist d . . menschen . dacz mit gots helfen an sin alter chvmt. 390 Karajan. Zu Seifiied Helbliiig und Ottaoker von Steieiraaik, Der steiget ovf vmb vierzich iar . so begint er seigen . gein dem abent daz ist war . chvmt er mit gvetem ende ezv sein . st.... naht . wie im daz Nrumt . hat geworben her von orfe . de . e daz er mit eren chumt gein oeeidende . so im sein leben vnd' seiget . ob er hie geschaffen hat. daz der sei mach werden rat. schon s le vf mit der svnne steiget Diu svnn get üf von Orient, Unz an den mitten tae, so siget si gein occident; Als ist dem menschen, daz mit gotes helfen an sin alter kumt Der stiget ilf umb vierzic jär, So begint er sigen gein dem abent, daz ist war. Kumt er mit guotem end zuo suies todes naht, wie im daz vrumt, Hat geworben her von oriende, daz er mit eren kumt gein oeeidende, So im sm leben vnder siget; ob er hie geschaffen hat, daz der sei mac werden rat. Schön sin sei üf mit der sunne stiget. Schröer. Weitere Mittheilungeri üher die Mundart von Gottschee. 391 Weitere Mittheiliingen über die Mundart von Gottsehee. Abschluß des Wörterbuches mit Nachträgen und Berichtigungen zu: Ein Aus- flug nach Gottsehee (im Octoberhefte 1868 der Sitzungsberichte der philos.-hist. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften} von K. .1. Schröer. Vorwort. Indem mit dem Abschlüsse des vorliegenden kleinen Wörter- buches zugleich auch meine Untersuchungen über die weniger bekannten Mun d arten der deutschen Sporaden in Öster- reich überhaupt, einen Abschliiss iinden<), mindestens vorläufig, $0 entsteht der Gedanke, auf dieselben in ihrer Gesammtheit einen verweilenden Blick zu werfen, ihren Zusammenhang mit dem ') -Mein Wörterbuch der deutschen Mundarten des ungrischen Berglandes 1858 Nachtrag- dazu 1859. Uarstellung dieser Mundarten 1864. Lautlehre derselben 1864. Alles in den Sitzungsberichten der kais. Akad. der Wissensch. s. oben Seite 123. Mein Wörterbuch der Heanzeiimundart, bei Frommann 1839. VI, 21. 179. 330. — Die Mundarten der Siebenbürger Sachsen sind in vielen bedeutenden Pui)li- cationen zur Auschauuns' gebracht; ich hebe nur hervor Haltrich's Plan zu einem Idiotikon Kronstadt 1863. — ■ Über die „Cimbri" haben wir die bekannten treff- lichen Schriften ßergmann's und Schmeller's. Von den großen deutschen Sprach- inseln im Süden Ungarns ist freilich nur Eine kleine Mittheilung- zu nennen: G. Zeynecks Beitrag zur Sammlung des Volksthümlichen im Temescher Banat (neues Lausitz. Magazin Bd. 42. S. 302 — 330 von 1863); diese Mundarten sind aber weniger wichtig, da sie, als neuere Ansiedelungen, wenig Eigenthümliches bieten. — Ein lusernisches Wörterbuch von J. V. Zingerle ist 1869 erschienen. — Vortrefflich sind die Beiträge zur Kenntnis der deutschen Mundarten Nord- böhmeus von Ignaz Petters bei Frommann und in drei Programmen von Leit- meritz. Ot7^ S c h r ö tt r deutschen Elemente der Monarchie und ihre Bedeutung für dieselbe ins Auge zu fassen, ein Gedanke, dem ich bereits in der Einleitung zu meiner ersten MittheiUing über Gottschee Raum gegeben, sowie er mir von Anfang an bei meinen hieher zu beziehenden Unter- suchungen vorgeschwebt und den ich noch dereinst ausführlicher zur Darstellung zu bringen hoffe. Dabei erscheint es mir nun als ein eigenes Geschick, das diese Studien in Österreich trifft, dass dieselben in letzterer Zeit so viele ilirer Pfleger und Stützen verloren haben. Schmeller, der, auch abgesehen von seinem bairi sehen Wörterbuch und seiner Grammatik, die für uns so wichtig sind, schon durch das Muster das er gegeben hat in seinen L'nter- suchungen über die „cimbrischen" Sporaden, hieher gehört, ist nicht mehr. Der durch ihn angeregte brave Tiroler Schöpf ist zu früh gestorben. Weinhold, der einst, vielseitig Leben weckend, in Graz wirkte, ist längst fort und auch sein rüstiger Schüler Lexer hat bei uns kein Bleibens gefunden. Pfeiffer, der gründliche Kenner unserer älteren Mundarten, hat uns jüngst in kräftigem Mannesalter verlassen. Seine letzten Studien bezogen sich auf W e i n h 0 1 d's b a i r i s c h e und alemannische Grammatik. Als er eine Preisfrage zu stellen hatte, kurz vor seinem Ende, dachte er bekanntlich an eine Darstelluno- der österreichischen Mundart. Die Augen des Meisters J. Grimm, dessen Theilnahme, auf die wir immer rechnen durften, uns alle einst ermuntert, haben sich geschlossen. Neben so vielen und großen Verlusten für die Wissen- schaft überhaupt und insbesondere für diesen Zweig derselben, namentlich bei uns in Österreich, ist nun auch das Eingehen der vor- trefflichen Zeitschrift From manns zu beklagen, durch die der belebende Sonnenstrahl sinnvoller Betrachtung bis in das ,, fernste tiefste Thal" zu dringen und Leben hervorzurufen schien. Unter solchen Umständen wird es begreiflich erscheinen , dass man sich bei einer Arbeit , wie die vorliegende, ziemlich vereinsamt fühlen muss. In mehr als Einer Hinsicht schien mir mein Ausflug nacli Gottschee ein Eintreten in einen noch unbetretenen Ur- wald. Nicht nur weil die Mundart dieses Ländchens, auf die es mir dabei ankam, außerhalb desselben noch beinahe unbekannt, d. h. nur in unverbürgten undeutlichen Umrissen bekannt war. sondern auch weil mir nun mein Streben, mehr noch alsje vorher, als abseits von dem Weitere Mittlieiliin|^en über die Mundart von Goltsciiee. Ot/d theilnelimenden Verkehre niil Anderen gelegen scheinen miisste. — Eine unverhoffte Freude hereitete mir die anregende Schrift Chr. Sehn eile r's : die rom & nischen Vo Iksmun dart en in Siidtirol, Gera 18T0, auf die bereits meine erste Mittheilung über Gottschee Rücksicht nehmen konnte, so w ie sie in dem N'oi-iiegenden Avieder von mir vielfach benutzt wird. Die vielen Berührungspunkte mit den Kreisen eines anderen Sprachgebietes, die sich hier zeigen, bestätigten mir reichlich eine eigene Wahrnehmung, worauf ich schon in meinem Ausflug nach Gottschee S. 7 f. 23 f. hingedeutet: dass nämlich gewisse Züge von Familienähnlichkeit der Sprachen, über ein weites Gebiet, das von Deutschen, Romanen und Slaven bewohnt ist, an der Grenze zwischen diesen Sprachstämmen, sich ausbreiten, so dass hier die merkwürdige Erscheinung einer gegenseitigen Sprachannäherung zwischen so verschiedenzüngigen Völkern zu beobachten ist. Von anderer Seite scheint aber nun ducli auch der nationalen Tendenz, die den Mittiieilungen über alle diese deutschen Sporaden zu Grunde liegt, das Interesse sich zuzuwenden. W a 1 1 e n b a c h's ^'ortrag : die S i e b e n b ü r g e r Sachsen (Heidelberg 1870J und R. Bückh's Untersuchung: der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet (Berlin 1870) sind von einem Geiste getragen, wie ihn die auf verlorenen Posten vergessenen deutschen Sprachinseln bisher bei ihren Brüdern „im Reich draußen" nur schmerzlich vermissten. Dieß mahnte mich das lähmende Gefühl der Vereinsamung, das mich bei Ausarbeitung des Vorliegenden überkommen wollte, zu überwinden und denn auch den Rest des gesammelten Stoffes zu verarbeiten. Die Mundart von Gottschee ist wol eine ganz eigenthümliche Erscheinung, indem sie als Mundart keinem größeren, weder dem bairischen noch dem alemannischen, noch dem fränkischen Dialekte ganz angehört, sondern einem jeden derselben nur zum Theü, indem sie aber aucii in ihrer Abgeschiedenheit ihre eigenen Wege der Entwickelung, oder, wenn man will, der Entartung gegangen ist. Ich war bemüht, so treu und sorgfältig als möglich davon darzu- stellen und zu erklären, was ich auf meinem Ausfluge dahin gesam- melt hatte. 394 Scfiröer Die auffalleiidsteii Lautwandlungeii der Mundart habe ich bei jedem Buchstaben besonders besprochen. Den inundartlicben Aus- drücken habe ich auch die gesammelten Orts- und Personennamen •) eingereiht mit Angabe der Zeit und des Ortes ihres Vorkommens. Von allgemeinerem Interesse werden die eingestreuten Proben der Volksdichtung, Sage und Mythe sein. Von den mitgetheilten Volksliedern gebe ich am Schlüsse ein Verzeichniss. Balladen, wie oben S. 71 die Todtenbraut, schon wegen der Beziehung zu Bürger's Lenore, und unter mer: die Schöne am Meer, deren Bezie- hung zur Gudrun ich in der Germania XIV, 327 (in dem Autsatze: das Fortleben der Kudrunsage von K. Bartsch und K. J. Schröer) gezeigt habe, verdienen gewiss Beachtung. Sagen, Mythen und Bräuche finden sich eingetragen unter: alp, pfarm, ij Das VorkoiiiiTien derselben Namen im ungriselieii Berglande, so weit ich dieli bezeugen konnte, habe ich angemerkt, vgl. oben Seite 29. Wie dieser Zusammen- hang zu erklären ist, mögen uns die (ieschichtsclireiber aufklaren. Bemerkens- werth ist, dass die KriekerhSuer im uiigrischen Berglande nach Ipolyi in Wolfs mythol. Zeitsch. I, 260 von sich aussagen sollen: bir sind hindisch. Wenn ich auch selbst in Krickerhäu diese Angabe (mein Nachtr. z. Wtb. d. ungr. liergl. S. 17) nicht mehr bestätigt fand, so kann dieselbe doch eine frühere, jetzt erloschene Erinnerung an die windische Mark beurkunden. Dei' Ausdruck meerauge für Bergsee, der sich im ungrisrhen Bergland wie bei den Siebenbiirger Sachsen findet, ist auch im Draiithale bekannt, s. Lexer 12, vgl. gangerle oben S. 89 und unten: wergel, berget u A. Hierbei werden auch zu erwägen seiii, die madja- rischen Wörter im Slovenischen. Für manchen Begriff wird das slovenische Wort einmal ilurch ein deutsches, das anderemal ilurch ein madjarisches ersetzt: tausend (slovenisch eigentlich tisucj heisst einmal tau'zint, das anderemal jezer (madj. ezer) ; Opfer: bald ofer , bald wieder aldov (vom madj. aldö); Gevatter nach dem deutschen: boter oder nach dem madj. (koma) kam u. v. A. Diese Erscheinungen bezeugen alte Beziehungen, die uns jetzt nicht mehr klar sind. — Eine gemeinsame Abstammung der Siebenbürger und der Sachsen des ungr. Bergl. mit den Gottscheewern wird Niemand behaupten , da wir ja dem verschiedenen .Ursprung dieser Colonien bis auf den Grund sehen; aber eine Verwandtschaft durch Zuwanderungen, vielleicht durch die Familie der Cillier veranlasst, ist anzu- nehmen. Zwischen Gottschee und den Cimbri ist eine Verwandtschaft ganz deutlich vorhanden, obwol auch diese Ansiedelungen, wie wir nun wissen, zu ver- schiedenen Zeiten stattgefunden haben. Bedeutsam sind die aus italienisch- deutschen Vocabiilarien des lä. Jahrh. von mir beigebrachten Belege für das Vor- kommen einzelner seltenerer Wörter, die sowol bei den Cimbri als in Gott- schee noch erhalten sind. Näher bezeichnet sind diese Vooabulare unten unter den Atikürzungen; interess.TUt ist auch, dass das älteste eine Spracherscheinung erklärt, die weiter nirgends nachzuweisen ist, unten S. 429. Weitere .Mittheilungen über die Mundart von Gotlschee. 395 pillch, pisen, powalitze, worniaiss (unter f) gott (wo zu ergänzen ist, daß jenes zu golde gehn tlocli auch schon in der älteren Sprache nachzuweisen ist; s. Schm. unter gott neue Ausgabe) heiraten, hexin, hochzeit, keoe, kleidnng. narang, ostern, ^idelstoin^ slange, saniitten, baiss (unter w), bilt (wihlj. — Diese Beigaben werden Zeugnis geben dafür, dass Gottschee auch in dieser Hinsicht noch eine reiche Fundgrube ist, so wie sich ja aucli in der Sprache so viel alter- thüinliche Wörter und Formen erhalten haben. Erschöpfendes wird man von mir nicht verlangen und bei Beurtheilung der mit dem Vorliegenden abgeschlossenen Ausbeute billig in Anschlag bringen, dass ich in dem mir bis dahin wildfremden Ländchen nicht einmal einen vollen Monat weilen konnte. Nur wer Ähnliches unternommen, vermag die Schwierigkeiten zu ermessen, die man zu überwinden hat, um unbeirrt von möglicherweise schiefen und falschen Belehrungen, die eher herandringen als das verborgene Echte, zu dem letzteren Zugang zu gewinnen. Und so mag die vor- liegende Schrift, die nun auch die letzte der weniger bekannten deutschen Sporaden Österreichs in Bezug auf ihre Mundart in helleres Licht zu stellen bemüht ist, einer freundlichen Aufnahme empfohlen sein. Für das Ländchen Gottschee aber und seine achtungswerthen Bewohner, die ich als Deutsche, nicht imr was ihre Sprache anlangt, sondern auch in ihrer treuen, ehrlichen, wahrhaften Natur und Sittlichkeit lieb gewonnen, möge sie beitragen das deutsche Selbst- gefühl zu heben, vielleicht auch Anregung geben die hiermit begon- nene Sammlung weiter fortzusetzen, zu berichtigen und zu vervoll- ständigen ! Wien, am Karfreitage 1870. 390 S c h 1- a e r I. J. / wird E in bert wird: henkpöre Himbere: hent sind: weinwe iüiif (ursprünglich fimf)«, hieher gehört auch das E für Ü in: stetzle Stutzen; pesclile Büschlein u. dgl. ni. , siehe auch Zink; iür aus /gekürztes / in -le (nihd. -lin) das in der Mehrzahl -lain wird, ein Beweis, dass dem -le ein -lin zu Grunde liegt, s. darüber unter -le: liedle. kirtägle n. a. m. und endlich in -e für -i in der Kleinform von Namen: Tone (=Toni) von Ton (Anton), ären erinnert. Vgl. den Aufsatz Zalmolxis Germania XIH. o9o Schröer Joke, Name in Althacher 1614. Das ist schweizerisch : Joggi. Rochhoiz b. Frommann IV, 459 aus Jacob. Johannistag. An demselhen werden Johanniskraut, Pappehveide und Wucherblume in die Acker gesteckt; Sträuße davon in die Fenster, s. sumitteo poase. Abends lodern Feuer aufs, kresweaer. joken weinen, slovenisch jokati se. Jonke, Name in Hornherg 1614. Oherlosin, Kletsch, Sele, Hoheneck, Hornberg, Mosel, Durnliach, Verdreng, Deutschau, Oberem 17S0 bis 1867. Joppe !'• der lange, um dieHiilten eng auh'egende weiße Tuchrock ohne Erniel, Hauptbestandtheil der Kleidung der Gottscheewerin. Die Weiber von Berchtesgaden sollen durch Stoff und Schnitt ihrer weißwollenen Joppen an ihre einstige Heimath an der Loisach und Ammer erinnern. Schmell. II, 270. Jörgel des Mai son und Jörgel des Morkho son beide iu Schwarzen- hach 1614. JrchirkolliDexSclialkendorf 1780 ; ircher d.i. Weissgerber Schm. 1,97. ir ihr; so wie der „Cimbro" hat auch der Gottscheewer das ess der bairisch-österr. Mundart für ihr nicht. Dieß fess — wenn es auch immer noch aus älterer Zeit nicht nachgewiesen und daher als uralte Dualform nicht über jeden Zweifel klar ist — war in der Zeit als Gottschee bevölkert wurde, um 13S0— 1360 in der österr.-bair. Mundart üblich; s. Weinhold bair. Gr. S. 367; die Einwanderer kannten es nicht; sie waren Alemannen und vielleicht auch Franken. So viel sie auch vom österreichischen angenommen haben s. erfac, sammitten ; das charakteristische 6ss ist nicht eingedrungen. Auch die Endung der II. Person Flur, in -ets nicht. irde ihre; Mario irde zeherlain im Liede s. Maria. ist ist, hat auch die Bedeutung von „wird" als Hilfszeitw ort des Pas- sivums: der Teig wird gemacht: dar toig i§t geniaohet s. oben Seite 58. isterlach n. Esti'ich, ungedielter Boden im Flur oder Zimmer. Cimbr, esterach, mlid. esterih m. daher slov. j^sterljch -Itie in powalitze s. d. läpitze s. d. -itzin in kelbitziu s. d. Vgl. Gr. Gr. III, 339 und lampilze unter lample. juchatzon juchetzen s. Schmell. II, 263, Lex. 152. jüdedorn. jüdeschdorn auch agendorn, hägendorn Hagedorn. I Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottschee. 3P0 jancheirre iti. Junggeselle, mlid. juDch^rre s. das Lied unter pattlar. Juran und Jarlan. Name in Kletscli, Stockendorf 1700 — i750. Jarmaan. Name in Ribnik 1680. Ort. Krapflern, 0. Tapelwerch, Rick 17o0. K steht für 7" in henkpöre s. d. töken s. d. vgl. auch/) und T. S. 63; zockel, zeckelD s. d. für loltel zetteln. Gequetschtzutsch erscheint das R in witsche Wicke, kitschar Kicher, vielleicht auch in tschorbe Korb. Wandlung eines alten TWhxB. kaum zu vergleichen mit dem altlat. B i'üvDV (fns^ dvis) wie Schneller S. 99 meint, siehe unten unter W. Für ch (auf niederdeutschen Eintluss weisend) in si-kin das Sie-chen, Weibchen, sau-ke Sau, laakero s. d. merke f. Möhre. AufTallend ist k aucii in niüken s. d. mähen. Für fi 1) steht & etwa in kreuland, klockhe. kamper. knaus, kofte, kookatzen. Das K wird nicht nur vor der Stammsilbe, sondern auch vor dem Vocal einer Endsilbe aspiriert: hackheo. Rhächerie, Name in Rick 1614. Vgl. liiggel kaafmanschatz m. Waare. ich icil auz faren gen teutxen landen mit kauf'munschatz voc. ital. tod. Münchner cod. it. 362 f. 76. käfmäss n. ,.Kaufmess (Elze)- ein halber Metzen, Getreidemass, auch mirline s. d. kalb, käub n. Kalb. Das vocab. 1423 hat schon die RA. die chelber scherzen ich glanb ez wol regnen i. öl"". — bässar kiiable n. Fisch- otter; Molch, kelbitzinf. stierfiihigesKalb. vgl. — itze und lample n. kämt, kelbatze f. Lexer 1o3. kälch m. Kalk; kälchgrand m. zum Kalkbrennen bestimmter Grund. Die oberdeutsche Form mit ch Schmell. II, 292, die auch cimbrisch, kärntisch u. s. w. erscheint, entspricht der Lautver- schiebung (yä/,!;, yÖLixx-'-jq ahd. ehalch). 1) Unter G S. 89 f. ist nachzutraben: g für ge steht vorgesetzt in käuter s. d.. guiu- iiiarbpfeiis. d.. griessel s. d. (=rrießel) — keiket(?) s. d. (vgl. auch kunkeii [viel- leicht ghuii-Avn]). — gai gelh: galinr Goldamsel. — gatzeD der alteVog-el gatzet die jungen. — geprasl Lärm. — gerhäbar m. Vormund. — Gor Gregor. — guiu Gaumen. — guln prügeln. — guet n. (nicht guot S. 96) V'iehstand . be.oonders Rindvieh; vgl. wiche Schafe. • 400 S 0 h r 5 er kälen . koulen hellen; inhtl. kallen; bair. kärnt. Sohin. li, 288. Lex. 154" etc. kälder, kauder m. Behältniss, Schrank. Die in dem S. 114 mit- getheilten Abschied der Braut enthaltene Form kaaltar ist dasselbe. Lexer und Schöpf kennen es nur in der Bedeutung Fischbehälter. Für Wandschrank erscheint kalter im XVI. Jahrh. auch bei H. Sachs, s. Schmell. II, 189, der es aus Gehalter ableitet. Das vocal. ital. tod. von 1460 hat f. IV: eio kalter, una credenza; das von 1423: behalter, der — Falmaro 11% kaldar, kaudar m. Keller, cimiir. kcldar CWtb. 13o: daher slov. k^vder. Dies mit reinem a gesprochene Wort ist von dem vorigen, in Bezug auf i]en Vocal, geschieden, wie wald, Feld von bald, Wald. Das reine a verlangt mhd. e keller (nicht wie das mhd. Wtb. schreibt keller). Kalteysen, Name in Schwarzenbach 1614. kam gekommen. Hier steht a i'iu' uraltes e (queman), da schon im IX. Jahrh. quoinan auftritt. Käme, Name in Schwarzenbach 1614, Ramme 1684, 1783. Malgern, Hasenfeld, Linfeld ITöO. In Neusol im ungr. Berglande finde ich 1390 den Namen: Camus. kamont n. Kummet mhd. komat, kumat u. dgl. russ. chomonto. Der Nasal, der im sloven. komat nicht zu hören ist, fällt auf. kamesole f. die Weste, franz. camisule f. Leonh. Frisch schreibt auch die Camisole. kampen m. Halsring des Ochsen, vgl. kamp bei Schöpf 300, was eins ist mit Kamm crii^ta ahd. champ. kamper lustig, wacker. Kamprea dierue lustige Dirne; schweizerisch gamperisch lustig, geckisch, Stald. I. 420, bair. gamper bequem, von Kleidern; ongamper steif'); gampern springen. Schmell. li, 148, 8. Schöpf 172. Ahd. gambar strenum Graff IV, 207 f. scheint nicht zu stimmen, indem jedoch cambri sagacilas Graff IV, 208 heisst, ist vielleicht für gambar strennus auch die Bedeutung sagcLV anzunehmen und die wahrsagende Frau, Gambara, bei Paul, Diac. hiess dann die weise, weissagende. V) Kärntisch ist nur die Form ungamper; schlesisch ungampern, mht). ungamper unge- schickt, steif erhalten. Lexer 107. Weinhold 26. Das mhd. Beispiel, das Weinhold anführt: ungamper uiide herte rindes hiute Renner 12. 316, stimmt zur bair. Be- deutung von gamper. Weitere Mittheiltingeii über die Muiiihirt von Uottschee. 401 Der Übergang von weise zu schlau und von schlau /u lustig ist denkbar. Das von Graff angeführte nord. gamra hlaterare wäre so zu vereinigen mit ganibar, wenn dies als: weissagend aut- gefasst würde, da (lambara eine Weissagende hiess; wahrsagen kann zum plaudern im Begriff herabsinken. — Auch die Form gaman n. Freude; gaiiianiih ridicu/us Graff IV, 207 kann zu gämperlich lustig verglichen werden und mhd. gumpeu bedeutet hüpfen, dennoch scheint die Vereinigung mit den obigen Formen schwer (vielleicht, dass ihre Bedeutungen auf die jener Formen eingewirkt haben, mhd. guinpen auf obiges gampera springen) und die Heranziehung dieser ist nicht nöthig, um die Deutschheit der ersteren anzunehmen. Schneller die rom. Mundarten Tirols I. 262, 238 leitet gamper von ladinisch in comper und dies von ital. ingombro ab. Dies ital. Substantiv iogouibro fr. enconibre, Hinderniss, woraus unser Kummer mhd. kumber s. Diez I, 134, hat doch kaum etwas zu thun mit kamper, gäm- perisch lustig, gampero hüpfen. Vgl. das folgende Wort. kampera tanzen. Kärntisch gampern, ummagampern hüpfen, umher- hüpfen. Vgl. kamper. kän, käuest, kiln kann, kannst; selten im Gebrauch, häutiger mügens. d. kängel f. kleine Kanne, mhd. kannel, kämt., bair. kandl ; slovenisch kangla. Der Wechsel nd mit ng ist alemann. Weinh. al. gr. •§. 180; im ungr. Bergl. Wörterb. 22, Laute der deutschen Mundart des ungr. Bergl. S. 198. üapsch, Name in Pockstein, Stockendorf, Mittenwald 17o0. Vgl. den siebenbürg. Namen Happes Marienburg 351. kar n. Gefäss, ahd. char. So noch in Gottschee in pechar Bienenkar, oben S. 49. §loi-kar n. Butterfass s. d. und Darst. S. 171. karsclie f. Kirsche; stimmt zu mhd. kerse; karsehpäm mhd. kersboum. karste m. Kleiderschrank; wol aus ka§te s. d. mit eingeschobenem r. üasar, Name in Katzendorf, Sele 1750. Im kämt, ist kasar = seudar Lex. 155. Kässei, Name in U. Mosel 1750. kappen scharren. Vgl. etwa tirolisch kespn necken. Schöpf 305. ka§te m. Schrank, mhd. käste, ahd. chasto, sloven. kostin. Kästner, Name in Zwislern, Katzendorf, Altlaag, Hasenfekl 1750 bis 1800. Vgl, Kestner. — Victor Kästner hiess der mund- artliche Dichter der Siebenbürger Sachsen. Sit^b. il. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. II. Htt. 28 402 S c h r ö e r katsche f. Schlange, sonst §läiige s. d. : sloven. kaca. kaufrechtlich 1757: die bei der Graffftchnft Gottsciiee hestüud- lichen Dorf^chaften und deren ünterthnnen beützeu ihre Hueben nicht mntioeii^, sondern kaufrecht/ich '). Katzendorf, Ortschaft 1770 mit 18 Häusern. Vgl. auch Oberkatzen- dorf. käwer m. Käfer, kawerle n. plur. kawerlain. Ahd. chevar, mhd. kever. — Daraus slov. k^ber. keckarle n. Mehrzahl, kekarlaia das Sonnemvendrädlein, Feuerrad, s. saiiiinitten radle n. Auffallend stimmt hierzu im ungr. Berg- lande keckerchen, kecknsch Lichteleiii in der Kindersprache: s. mein Wörterh. 69. . keden sagen; gewöhnlich nur in der Rede eingeschaltet: kid ih sage ich, auch nur: ki; kait er sagt er. Von dem Prät. führt Elze 54 die Formen auf: er käat und kaite. Die erstere Form steht viel- leicht für kkt mhd. quat. kat, die zweite für ein schwaches kite statt kidete, kedete. Im cimhr., wo noch alle Formen erhalten sind, ist das Prät. kot, aher auch köt (woraus das gottscheewische käat. d. i. k^at, wie reasle für rösle sich erklärt). Es ist der ('miaut des Coiijunctivs (der hier fälschlich ö für w steht) in den Indicativ vorgedrungen und käat steht daher eigentlich für kat. Auch in Tirol finden sich Spuren dieses Zeitwortes. Schöpf 308. keiket in wekaiket lecker, heikel. Wenn hier der Stamm von heik-el enthalten ist (üher dießWort s. Gr.Wth. HI, 394. IV, 2.101), so ist das vergeheiket. (kemen = ) kam kommen, infin. Schon ohen unter kam; kam gekommen. Hurte kam ühel hekommen; si§t mir hurte kam: hurte s. ohen S. 106. keusche f. Hütte. Keuschlar m. Besitzereiner halhen Huhe. s. Fromm. V. 255. Rote und kaute, auch kauz mhd. käz Gr. Wtb. V, 864. kiez 699 werden ähnlich gebraucht. In Baiern ist häusel, hausier im Gebrauch f. keusche, keuschler. Ahd. gahüso do- mesticus, daher ghanssenhaus. Schmell. II, 248. Slovenisch hisa ist vielleicht doch von nihd. hüs, haus und kaiza von ghiiuse, woraus zurückentlehnt keusche? ') Reeiilicatorium de .mno 1737. Weitere Mittheiluiifreii über liic Miiiidait von Gottschee. 4-03 Renda, Name in Neuwinkel 1750. kenne, kennost kenne, kennst. kerbisch m. Kehrwiscli, Besen, auoh kämt. Lex. 258. Rerndorf i»ei Mitterdorf 1770 mit 28 Häusern. kernulle f. Kornelkirsche, it. corniola, slov. drenulja: in Tscherm. tschernuUe sonst tnrnach, besser tirnaeh S. 76. kerfÄtsche f. Bürste, ital. cardasso: vol. Fromm. IIl, 332, slov. ker- täca. Repze, Name in Nesselthal. Resele, Khesele, Name in Iniaul' 15H0, in Scliwarzenbach 1614. kesse f. Tornister; vgl. torbe; öhd. chezzin, mlid. kezzi (:dabi Lieders. I, 314); alemann. Kessel ohne Fiisse, Stalder II, 96. ke§te t". Kastanie. Allgemein österr. keste, mhd. keste. Restner. Name in Schwarzenbacli. Steinw. 1700; vgl. Rästner. keue f. das iVIaul, alid. chiawa. Die Thiere haben eine keae (§baine- kene t. ein beliebtes Essen der Gottseheewer), der Mensch ein maul n. s. d. Die Körpertheile haben in G. vielfach die Namen gewechselt. Vgl. ne^le n. Finger: schoole t. Nagel; tätze f. Fuss; kreuze n. Rücken; ppu§t f. Herz: hülfe und schinkpoin I. wSchen- kel; koffe f. Hüfte; präte m. Wade: krüge Hals; warschangkeue f. Larve, Faschingsmaul; arsplätte Hinterbacke, vgl. auch krunzen. — leachterkeue f. Lichtspalmkluft: vgl. lenchter. roiw- stulkeoe f. s. d. Das Maul, die Zwinge der Schnitzbank. kickatzen stottern; tirol. gigketzen Schöpf 190. ki oder kid ih s. keden. Rhiggel, Name in Gottschee 1614. Chickhel Kofiern 1680. Rickel Oberlosin, Mosche, Nesselthal. Kofiern, Weissenstein, Alt- und Neulaag 1700—1800. Rillian, Name in Deutschau 1700. kifsen husten vgl. kilstern, kelzen Gr. Wtb. V, 527. 704. kind n. Kind. Nomin. s kind, Gen. kindes, Dat. 'mo kinde. Accus. skind. Ringhof, Name in Langenton. Oberwarmberg 1750. Rinkopf Neu- laag, Unterwarmberg 1750. kipfe f. Stemmleiste, Runge; auch kipf m. wie kämt. Lex. 158. Schöpf neutr. 3 1 6, vgl. Gr. Wtb. V, 780. Rhirin, Name in Nesselthal 1 680. 28* 404 S c h r ö e r kirtäc m. der Kirchtag; die bair. Form f. alem. chilbe (chilchwihe), tränk, kirbe (Kirchweihe). DasVocab. 1423 hat noch di chirlch- bey 40^^; nl. kerniis (Kirchmesse) s. nngr. Bergl. Nachtrag 36. kirtägle n. gewöhnlich in der Bedeutung Jahrmarkt und so schon 1471. im Privilegium der Stadt Gottschee. kitsehar (das Geschlecht ist mir nicht bekannt). Mehrz. kitschure eine Bohnenart. Nebenform von kicher f. ahd. chicherä, lat. cicer s. darüber Gr. Wtb. V, 639, vgl oben K. Clabausters erben in Untertappelwerch lö60. Ein Name, der an das dunkle Wort nd. klabaistero grübeln und klopaostern klopfen, Gr. Wtb. V, 888 erinnert und wo! in md. Gegenden weist. kiampfe f. Klammer, vgl. Schmell. II, 3d6. Gr. Wtb. V, 943. klj'a f. Klee. Gen. kleabes, Dat. kleabe. Das weibl. Geschlecht weist nach dem Norden. In Aachen: die klie Müll. Weitz 112, Gr. Wtb. V, 1060 führt das Fem. aus Rist an; kämt., cimbr. ist es m. n. kleaze f., kliätzen Schrot zum Schiessen, mhd. kloz pila, sphaera Schm. II, 366, vgl. Gr. Wtb. V, 1246 unter klosz 4, Kugel zum Schiessen und klotz 12ö2: Geschützkugel, 1256: klotz- kogel. — Es steht kleaze demnach für kloeze. kleaze f. Name einer Ptlanze, Klöze, s. das vorige W. kleckheo gelingen, gedeihen, in dem Sprichwort: barlain, saabers kleckhet et waintlain! Wahrlich, allein gedeiht nicht gut! mhd, klecken. kleiduDg s. Joppe, kn{>ase, gürtel, hiidcrie, watsche, bäntel(unter w), pfoit. klemmen im Scherz, für schlemmen viel essen; klemmen und tückhen fressen und saufen. Kämt, klemmen geizen Lex. 160; ebenso tirol. Schöpf 323. Hier scheint die Bedeutung tüchtig zugreifen, (Gr. Wtb. V, 1139 6), zu Grunde zu liegen. hlepetz, Name in Weissenbach 1700. Kletsch, Dorf bei Altlaag 1 770 mit 23 Häusern. Kletsch bei Stockendorf 1770 mit 11 Häusern. klickhe f. Stock mit einem Querholz oder Haken oben, der durch ein Heubündel oder eine Garbe gesteckt wird, um sie so zu tragen: Garbenstock, vgl. Gr. Wtb. V, 1138: klick, klicke 4. „ein kleines Holz über dem Schaufelblatt des Spatens, das äusserste Stück des Steuers, Beschlag eines Kolbens etc." nl. klik der Handgriff am Steuer. Doch ist auch zu erwägen Weitere Mittheiluiigeu iibei- die Mundart von Gottschee. 4UO sloveiiiscli kljoka der Haken: näliei- noch der nl. Form und Bedeutung steht slovakiseh klee, klika Kipfe am Schiffe, Kurhel zum Drehen, Palkowitsch 538. o27. klieben spalten. Kliep dih kolsbärzea erde spalte dich kohlschwarze Erde, in dem Liede ohen S. 71 f. vgl. klobe. Rlieben spalten ist cimhr., kämt, und tirol. gleichmäßig im Gebrauche. Vocab. 1479: zerklieben stendere; cloben fetto; di klaft si'endatura. Voc. 1423: der behalter (s. kalder) ist zecloben (fesso) an zweien enten nnd du pist sein nicht inn borden f. ll^ Klindorf hei Gottschee 1770 mit 33 Häusern. klobe f- gespaltener Stock; als Schleuder gebraucht, fand ich einen solchen nur bei Kindern. Elze, S. 13 findet solche kloben als WatTe des Hirten; „doch siehe dort unter dem Gebüsch den Hirten ! Holzschuhe (knospen) bedecken seine Füsse, an welche sie mit Lindenbast befestigt sind, ein weiter Mantel, ebenfalls von Lindenbast verfertigt, hüllt ihn ein; ein breitkrämpiger alter Filzhut, dessen Stoff kaum noch erkennbar ist, bedeckt den Kopf; in der Hand hält er eine Schleuder (klobe) und ein grosses Rinderhorn". kloben moraie vocab. ital. tod. 146(i f. 24^ mein: vocab. von 1420, 2021 pedica Yüzisen vel clobe. klockbe f. Glocke, cimhr. klocka f. CWtb. 137^ nl. klok f. klockhen klopfen; ünklockhen anklopfen, am Thore; ber klockhet ön so gräalain wer klopfet an so fürchterlich? — Tirolisch Schupf 325, kämt. Lex. 161. Alemann. Stald. 11, 109, cimbr. klockhen CWtb. 137\ kloin klein, kloin jense f. Nachmittagsimbiss s. jeuse f. kloinhappeleiu Kleinhäuptlein d. i. Schafe. klonkatze f. Schaukel, klunkatzen herum schlendern. klankatzar m. Mehrz. klnnkatzare der Vagabund. Das Wort ist eins mit dem in Gr. Wtb. V, 1299 von 1588 aufgeführten: der Bauch glnugkitzt d. i. schlottert. Zu klnnk, klonker s. Gr. Wtb. V, 1297. klnpf m. der Schreck, ih bin darklopfet ich bin erschrocken: mhd. klapf*, eben so bei alemannischen Dichtern. -Es ist wesentlich schweizerisch" Gr. Wtb. V, 1302: aber auch kämt., tirol., cimbr., daselbst. knab garzon. vocab. 1423 f. 36; vgl. knacht. 406 S c li r ö e r • knacht m. Jüngling, im Gegensatz zur dierne, wie einibr.CWtb. 137*: knecbt, im Kuhländehen , ungr. Bergl. Siebenbürgen s. mein Wtb. 7r. Nachti-. 36. Gr. Wtb. 1382, wo letztere Angaben lehlen. Löanknecht m. der in einem Bauernhause dienende Lohnknecht; vgl. loandiernle. Das voeab. 1423 hat knab garzon, koecht tante t. 3li% di dlern la fante, dirlein fantina, malt tantenlia, maidleio t'antuza 36'. Khnäpfe, Knöpfle, Name in Reinthal bei iMösei 1614. ühnaus und kaeoss, Name in Gottsehee 1700. Bei den Cimbri findet sich der Name (inaus. — Hnaas „ist ein alemanp.. Wort" s. Gr. Wtb. V, 1371. knea§e f. Mebrz. kneasen Strümpfe in Mosehe. Ein seltenes Wort und wol nichts anderes als ahd. chn^hosa calza, d. i. Strumpf Graff. IV, lOöO. Sonst nennt die Strümpfe kniehosen Golius Gr. Wtb. V, 1428. knewel m. Knöchel. Deminul. kuewale n. Mehrz. kuewalaia. — Diese Form entspricht am nächsten nl. kneTel, siebeub. kniwel (cimbr. knibei Model?) s. mein Wtb. ungr. Bergland 71. — voc. 1479 f. 12' di knaet'len li peruli. — s koewlpoinle Knöchel. fcneweln sih sich aufreiben, schinden : sros knewelt sih das Boss reibt sich auf, ganz wie nl. kneveleD knebeln, martern, aber auch schinden. Es ist dies Wort hier in Gottsehee um so beachtens- werther, als es steirisch, tirolisch, cimbrisch nicht nach- gewiesen ist. Über das Wort ist zu vergleichen Gr. Wtb. V, 1376 unter knebel 10. 11 (wo aber die nl. Bedeutung von knevel: „das Gelenk am Pferde, wo der Sattel drückt" nicht hervorgehoben ist) und knübel 1514, knöbel 1448. knia n. Gen. kniabes Knie; knease f. Kniehose s. d. Gotisch kniu, Gen. kni?ls. ahd. kniu. kniwes. knolle f. Erdscholle. Altlaag. Daher das Deminutiv: knölle n. Mehrz. knöllain eine Mehlspeise von runder Form, sowol Klöße als Strudel; alemann, knölleli von knolle Semmelklöße, Stald. II, Mo; vgl. Gr. Wtb. V. 1468: knöUelein. Kämt, bedeutet knölle nur Knollen, Lex. 102. Die Mehlspeise aber knödeL ein \A'ort das in Gottsehee fehlt; eben so tirol. Schöpf 329. — Vgl. über das Wort Gr. Wtb. V. 1464. Knopf, Name in Kofiern 1700. Knöpfle s. Khnäpfe. Weitere Mittheilungen über ilie Mundart von Gottschee. 4ü7 kno>pe ni. Holzsehuli, ital. cospo. Ducange, cQspus sandaliuiii, xcO^-c^ z-JÄÖno'jg etc. s. Schneller S. 13ö. In den bair. Alpen kaospe Schmell. 11, 37ö, tirol. knasp Schöpf 330. Knöspler, Name in Reiclienau, Schalkendorf, Mrauen, Niedermijsel, Skrill, Fliegendui-f I7ö0. knowel m. Knoblauch, käint. knoufel, cimbr. knoveloch, schwäb., östeiT. kDofel, Schmid 320. Castelii 14ö, Gi-. Wtb. V, 1449. Kobbe, Gottscheewer Familienname bei Elze, S. 40. fobbo ist ein altsächs. Name des IX. Jahrb. s. Stark Kosenamen 117. Robetitsch. Name in Deutschau, Schüflein 1750. kobilitze f. Kuh, die nicht zugeht; vgl. etwa kobel Stute, Gr. Wtb. V, iö40, im ungr. ßergl., Wtb. 72, und -itze. Im Slovenischen ist kobilica die Heuschrecke. kochäde f. n. zum Kochen bestimmter Vorrath an Rüben, Kraut etc. im Keller, kochädle n. Mehrz. kochadlain die Tracht Speisen, was auf einmal aufgetragen wird, aleniaiin. kochete f. Stald. II, 1 18, kämt, kochade in der Bedeutung, wie hier kochadle Lex. 163. Hingegen für die Bedeutung in erster Form erscheint sonst der Umlaut kochet s. Gr. Wtb. V, 1361. Vgl. inaehäde, salbäde, smirbäde. Diese Bildungen treten in Masse in der Schweiz und in Franken auf, s. darüber Gr. Wtb. V, lo61, kochet c). Rhodnikii, Name in Mitterdorf 1700. kowei m. Mehrz. köwle Hügel, Steinhaufe, steinichter Grund; kofel in den bair. Alpen. Tirol, Kärnten, Gr. Wtb. V, 1374, cimbr. ko?el Höhle, Rinne, ital. cova, coTlles Wäischtirol. coel (zwei- silbig) m. im Cod. Wangianus covalum s. Schneller, S. 103. koffe f. die Hüfte. Daher koffen in aaskoffen, aasgekofft verrenken, verrenkt. Ein seltenes Wort: ahd. goffa clunes Graff III, 176, mhd. goöe, gaffe f. Hinterbacke, mhd. Wtb. I, 332. Wie es scheint in md. , zum Theil auch in alemann. Gegenden ver- breitet. Über die Bezeichnung der Körpertheile in Gottschee s. keae. Die Hinterbacken heissen in G. arsplätte s. d. Rofler, Name in Klindorf, V^erdreng 1730. Der Name lautet bei den Cimbern, wo er auch vorkömmt Coveler im Cod. Wang. Caval- larios, Schneller, S. 103 und oben kowel. Koflern. Ort bei Mitterdorf 1770 mit 39 Hänsern, vgl. kowel, Kofler. 408 S c h r ö e r kockatzeu 1. stottern, 2. krähen. Lex. schreibt gaggalzen S. 106: vgl. Gr. Wtb, V^ 16, wo auch die Bedeutung Krächzen der Elstern aufgeführt wird. Sonst findet sich die Bedeutung: stottern hei kicketzen, s. Gr. Wtb. V, 662: vgl. Gerland Inten- siva und Iterativa S. 12. kolatsehe f. kranzförmiger Osterkuchen mit einer Fülle aus Hanf mit Eiern oder Hanf mit Honig. Über das Wort vgl. Coletchen, Collatsche G. Wtb. H, 629. kollar m. Halskragen; in Tirol (Sarnthal) Halskragen von Linnen. Schöpf 199; eben so im ungr. Berglande, mein Wtb. 55 Nachtr. gola n. S. 29. Über das Wort s. Gr. Wtb. V, 1614. Kollitsch, Name in Neuwinkei um 1800. folmaun, Name in Malgern 1680. bollniann Altlaag, Windischdorf. Hoheneck, Krapflern 1750. — InPresburg finde ich anno 1379: Cholmannos und Coloinanuus, in Neusol 1390 Cholmaiiu und Colooiann, in Schemnitz 1858 KoHniann. Ebenso in Marburg 1478 und Holmaiin Pfarrer zu Gämbs 1450. „komeraden Kohlrabi". fiomozen kleines Dorf 1770 mit 10 Häusern, ich finde es 1614 auch (roinülz und &oinotzeD geschrieben. kono f. ( = konä) das Eheweib, mhd. kone, ahd. queoä^ got. qiuo. Main er§teu kona pist da gebän, meine erste Gemahlin bist du ge- wesen, in dem LiedeS.46. Daher: koenmau, koenweib voc. 1479. kone f. Trauung; ze kone g6an heiratben. S. oben S. 112. — kon- leute Eheleute. „Die Kon und Ehewirtbin", „Kon und Haus- wirthin" kömmt wiederholt vor in „Brautsprüche und Lieder auf dem Heideboden in Ungern. Wien 1867. Braumüller". Über das Worts.Gr. Wtb. V, 1689. konschaft matrimonio. voc. 1479. König, Name in Sele 1680. Inlauf, Mrauen, Weissenstein, Winkel, Hohenberg, Bothenstein, Malgern. Schalkendorf, Altbacher, Neubacher, Altlaag, Knutschen 1750. Bei den Cimbri: Hhunicb, Chunich. In Marburg Ronich, Chonig 1321 — 1394. Roprina, Name in Gottschee 1750. korb m. Bückenkorb, wie in Kärnten: vgl. tschorbe. Kosar, Name in Sele, Katzendorf 1750; vgl. Kasar. k«'»a$el f. Harfe zum Getreidetrocknen, kämt, kösn, koisen. Lex. 165, tirolisch köise und köss, Schöpf 335; wird in Gr. Wtb. V, 1842 zu norwegisch kos, schwed. kas, altnord. kös f. aufgeschichteter Woiteie Mittlieilungen iihci- die .Miiinliut von Gotlseliee. 4Ü9 Haufe Holz, Heu u. dgl. kasa aufiiäufen, gestellt (daselbst ist auch gottscheewisch kuosel angegeben). Sloveniscli közelc, kozac und kozlec bezeichnen denselben Gegenstand, der in Gottschee aber auch harpfe genannt wird, was S. 106 nachzu- tragen ist, woraus auch sloveniscli: harfa, harpa. köaseln speien: vgl. alemann, gusela Stahl. 1,501 und kosein sudeln " u. dgl. Stahl, n. 124; vgl. Gr. Wtb. V, 1842, doch auch slo- venisch : koziati speien. kositze f. Reine, Dreifuß. Vgl. raine. Kosler, Cosler, Name in Gottschee, Riek 1614, 1684. Eossler, Name in Hoheneck, Tiefeutlial 17o0. Eossar, Name in Sele 1750, vgl. Kosar. Rössl, Name in Setsch, Morohitz, Mrauen 1750. ko§ten kosten, ahd. costön, nihd. kosten, dah. slov, kostati. Eostel, ein Ort, der schon in der Urkunde von 1363 oben S. 13 genannt wird, hieß ehedem auch Grafenwart, so in der Auf- zählung der Cillischen Güter im Codex 2967 des Gräzer Joanneums (XV. Jahrb.) „Grafenwart oder Gosstel". Daselbst Codex 243 f. 39 (circa 1436) ..in dem Hostel gelegen«, ,.drei hüben in Eostel under der kirichen''. köat n. der Kot: vocab. ital. tod. 1479: kaut fango. — köatl, keatl n. ein Dreckklümpchen. s niorous r6at, s obands koat! Spricliwort. köatiC; köati, kotig; dar koatia der Kotige. Eotschen bei Riek, 1614 auch (ratschen geschrieben, zählte 1770 vier und zwanzig Häuser. kottel m. Raum zwisclien den Häusern, vgl. Gr. Wtb. V, 1899; katter^ so auch bei Schöpf 366. Lexer 165. «kottl spalten, z. B. Lichtspäne". Eotze, Name in Moos 1750. Eowätsch, Name in Weissenbach um 1700: vgl. slov. l^oväc Schmid. krä f. Krähe: mhd. krä, Sanskr. kärava, lat. corvus, ahd. chrawa. wo- bei die Lautverschiebung stockt; s. Hildebr. in Gr. Wtb. V, 1968. Crabath, Name in Morol)itz um 1700. krabs m. Krebs. Im Kuhländchen und im ungr. Bergland kräbeß, Nachtr. 37. mhd. krebez. krage, krügen m. Hals, vgl. kene. krägerle n. kleiner Spund, vgl. pail. Erägger, Name in Gottschee 1614. 410 S e h r o e i kraukea lärmen; „verkleinert^ krieken, kreakea ein wenig lärmen, diircheinantler schreien; hetoin kreakons ist ^eb&n. solch ein Lärmens ist gewesen ! Es ist hier anzunehmen ein kranken für kräken. tias enthalten ist in krankätzen slncken Gr. Wtb. V, 2088. Dieß kraken mahnt an die Form knike neben kracke Krähe Gr. Wtb. V, 1927. Davon abgeleitet wäre die Bildung kranken, wenn ein Fall nachweisbar ist, daß ein ae. wie das e und oe, in Gottschee auch ea. ie gesprochen wird. Deshalb dürfte hier immerhin zunächst das slov. kregati schelten, sowie zu kranken slov. krökati krächzen, krükar Rabe, lett. kranklis, poln. krnk zu erwägen sein; da bei diesem Worte in den urver- wandten Sprachen die Lautverschiebung stockt, s. kra, ist es schwer zu entscheiden, auf welcher Seite Entlehnung stattfand. Ganz zu trennen ist wol von diesen Formen : kreeken s. d. Crakhar, Name in Krapfenfeld, Stockendorf, Craker, Nesselthal, Kraker, Schalkendorf, Altlaag, Komutzen, Nesselthal, Krapflern etc. 1800, vgl. Rrägger 1614, nl. kraker Nussbrecher. krat'khe f. 1. das Kernhaus im Obst, 2. Unreinigkeit im Augenwinkel. Letztere Bedeutung hat auch cimbr. kreko Wtb. 138, tirol. gregken Schöpf 210 vielleicht ahd. kreeko: sie steckt in dem kämt, gregganget Lex. 123. Schmell. führt an die Formen griekn, groikn, grnikn II, 107, wozu von Hildebrand das Schweiz, griegel, griengel, mrh. kranke! verglichen wird (aus Presburg kenne ich für die zweite Bedeutung den Ausdruck rannkerl n. vgl. kämt, rannggn Lex. 205) Gr. Wtb. V, 1929. krackse f. Rückenkorb, Tragretf, cimbr. krakasa, tirol., kämt, kraxn. kraxe, vgl. Hildebr. in Gr. Wtb. V, 1925. Wälschtirol crächesa; Schneller 13o. Im ungr. Bergl. kräckse, s. m. Nachtr. 37^ Krainer. frainer. Hreiner als Name in N. Losin 1360. 0. Losin, N. Losin 1614, 1680. Kofiern, Sele. Gütenitz i7o0. kraniaiseln prickeln. Der erste Theil des Wortes ist wol kram m. j Krampf Schmell. 11, 38ö; der zweite aigeln. kämt, igeln trans- ponirt aus ilgern s. Leonh. Frisch I, 487 ; vgl. eilen Gr. Wtb. III, 108; aus ahd. ilgi fames vel Stridor deiitium Graff I, 24ä zu \ iithauisch: alkster fame uri , das Bopp zu sanskr. alpa stellt glossar. compar. 24. Rramer. Rromer. Name in Gottschee 1669. Malgern, Kletsch, Morobitz, j Altbacher, Ebenthal 1780. Weitere Mittheiluii"'eu iilier die .Mmiilart von Gottsehee. 4l 1 "6 krönen kriiheii : bie schöane kränent di hueiider, bie schöane singeiit seu! Jäckhel, bec deu Mine! (Jacob, weck .Maiiechen) Mine bar schon auw. bec dar andar ä deu saine! — ßie schöane etc. Weckiied aus Mitterdort': vgl. Mosche. Es liegt diesen Weck- liedern wol der liebliche Brauch zu Grunde, daß die jungen Bursche des Morgens durch dt^n Ort ziehen und neckend mit ihrem Gesang die Mädchen wecken. kran Kranich; s. darüber Hildebr. in Gr. Wtb, \', 2018. kran 3. hj id. kraan nd. kran. Dieß Wort ist enthalten in: kranabide f. Wacliholder, ahd. kranawlt. cimbr. kranabita. kämt, krona- wetta. tirol. kranewit. — kränwögle n. Drossel; vgl. nl. kraan- Togel Kranich und das folgende Wort. kranpolle f" Wachholderbeere; polle t. Bolle: vgl. S. S7: pölbele. — Eigenthümlich der Gottsch. Mundart ist, daß in kranvöj^lein. wie im nl. und kranpolle: kran allein, ohne -wit zur Zusammen- setzung dient. Docli kann ersteres, mit Verschiebung des Be- griffs, auf nl. kraanrogel zurückgehen, letzteres dann als kra- aiehkügelchen verstanden werden (an krä Krähe s. d. ist nicht zu denken, weil die Mundart hier ä spricht). kranzlain pinten n. das Kranzbinden vor der Hochzeit ist ausführlich besprochen oben S. 113; vgl. das kranzgeben im ungr. Berg- lande mein Wtb. 73. Rrapf und Kropf. Familienname in Kraplenfeld 1684. In Marburg 1468 Kraph. Kraplenfeld bei Gottschee zählte 1770 o2 Häuser. Der krapfe heißt in Nürnberg ein\A'aldbauni, der nicht in die Höhe wächst. Ob der Name daraus, oder aus krapfe Pfannkuchen, zu erklären ist, so steht doch fest, daß die Ableitung von Grafenfeld, die die Krainer Wortforscher aufgebracht haben, falsch ist. In Fällen wo die Urkunden nicht sprechen, ist die Aussprache des Volkes noch immer ein besserer Anhalt, als alle Klügeleien der Willkür. Der Gottscheewer spricht hier nicht grüwen^'ald, sondern kräpfenwald. Wahrscheinlich hat die Familie Rrapf, die sich jetzt Kropf schreibt, einem Felde den Namen gegeben, danach der Ort genannt ist. 412 S c li r ö er Kraschowitz, Name in Neiiwiiikel 1750. kräscln kriebeln, kitzeln, wimmeln: vgl. mlul. kriseln krauen und Hildel)!*. Gr. Wtb. V, 2068 imter kr.'iscn. Zunächst aleman. kraseln A\immeln, iourmiller Stalder II, 130. krecken knacken, z. B. Nüsse, wie kämt. Lex. 167; tirol. kreckeii verrenken. Schöpf 242: vgl. Hildehr. Gr. Wtb. V. 1931. kreize, kreinze i'. Geflecht, besonders darnkrainzo t". das Gitter, auf welchem in der darre Obst gedörrt wird. Mosche. Der Vocal ist nicht auf mhd., ahd. ei zurückzuführen, sonst müsste er österreichisch d und oa, in Gottschee aber oi lauten: es bleibt nur übrig älteres i oder in (nhd. eit} anzunehmen, wodurch die Form krounze. Hildehr. Gr. Wtb.V, 2144 gereciitfertigt würde. „kreitfeaer. kreutfener oder kreozfeuer n.'- Signalfeuer auf den Bergen, schreibt Elze S. 18 statt kreidfeuer aus ital. grido Kreide d. i. Schlachtruf; s. Hildehr. Gr. Wtb. V, 2137. kreidenfeuer, Schmeller U, 381. Schupf 343, Gr. Wtb.V, 2124. kreswener n. Johannisfeuer; vgl. saniitten von slov. kres Sonnen- wende, Johannisfeuer; kresati Feuer schlagen: vgl. darüber Grimm. Myth. 590. Daher: krassen, kreassen, kriässeu Joiiannisfeuer machen: s. kresweuer. kretschat hinfällig. Etwa zerkrätscht s. kriitschen Gr. Wtb. V, 2069. Kren, Khren, Name in Malgern, Toubenbrunn 1560. In demselben Jahre 1560 ist geboren zu Laibach Thom. Chrän (f 1630) s. oben S. 18. Er konnte wol aus Gottschee stammen. Ich finde den Namen noch in Orth 1614: Rreen in Linfeld 1684. Krön in Mitterdorf, Orth, Oberern 1750. Rrenn Oberern 1780 etc. In Marburg Chren 1399. Kresse, Rrösse, Kresse, Name in G., Klindorf, Schalkendorf 1 684 — 1750. Krenlaud, Name in Windischdorf, Mitterdorf 1750. kreuze n. der Rücken; vgl. keae. — kreuzeligen schägen schielen. krlllen hinken, auf einem Fuße hüpfen. friniaul, Name in Reichenau 1614. hrumani Reiciienau, Nesselthal 1700-1750. krippe f. Krippe. Krisch, Name in Hinterberg, Otterbach, Pröse, Kotschen. Malgern, Morobitz 1750. frise, Krise, Name in Hoheneck 1614. Chrise Katzendorf, Kotschen 1614. In der Schweiz ist Chris (mit dem deminut. / Chrisi. was Weitere .Mittheilungeii iJiier 2. In dem Liede der kuckhe: bi scheane kuckhet dar kuckhe erscheint kuckhen auch als Zeitwort für den Ruf des Kuckuk; schon ahd. guccön. mhd. gucken, tirol., kämt, gagkeu. guggen, Lex. 126. cimbr. kucken. CWtb. 139. Der Kuckuck (kuckhe). «) Bie wrüe i§t au\v der kuckhe ! ar steannot § möaron§ gär wrüe auw; kucku! ar beckot auf deu mueter §ain: kucku! „steat auw, steat auw o mueter main, kucku I geat. kochet mir dan woarmais, kucku ! i han es heute bait ze gean, kucku ! bait ze gean ins Niderland. kucku ! in's Niderland und zar lieben main!" kucku ! auw i§t gesteanen de mueter §ain, §i kochet imon dan woarmais schean, kucku! dan woarmais schean, de jeu§en a, kucku! ar wlichot ahin in's Niderland, ') Da mit diesem Tlieil das Wörferbucli vollständig in den Händen des Lesers ist, so ist die Beigabe der Übersetzung der Sprachproben wol nicht mehr nöthig überall und wird z. B Oliiges auch ohne Beihilfe verstanden werden. Weitere Mittlieiinn^en ülier die MunJart von fiottschee. 4 1 D ins Niderläiid zar lieben srun. l>enn ar äwer hin i<;1 kam. klockhet ar pain \van«iter an : ^ist main den liebe a hoime?" deu liebe dain i<;t et a hoinie, §i i§t in ruasengärten, si prichot ir de röe§ geliecbt! Zabeii hent ir de röe«; geliecbt? §i bert beint de kranzlain pinten. §i geat dir möarn ze kone mit ir dam näcb«;ten dan lieben. „her i§t ir dar nächst da»' liebe?- dar näcliniste gemoinar ! — bie loidic barot dar kuckbe! ar Aviichot bider binter*;ili. pain bäge da i§t a heuscbober, ar -sitzot hin awn heuscbober. bie loidic barot dar kuckbe: „u lieben, lieben, liebeu ni;tiii I- und töat da barot dar kucklie. Gewöhnlicher Zusatz: und sait dar zait kucket koin kucke mei', bie ar an ersten heuscbober sichot. Der Kuckuck, der Frühlingsbote des Volksliedes sonst s. Uhlands Schriften III, 23 ft\, zuweilen auch Symbol des Undankes, s. Vilmar. Handbücblein des Volksliedes S. 187, wol auch noch der Treulose, erscheint hier, als der betrogene Liel)haber, rührend in seinem Schmerze, der ihm das Herz bricht. Die mir bekannten Kuckuckslieder, z. B. Uhland S. 43. 387, 679, weichen ganz ab. Kockher. Name in Gottschee bei Elze 40; vgl. Fleck. kälen bel'/n, kämt. käln. tirol., bair. Lexer 154, Schöpf. Abd. challön. mhd. kallen schwatzen. Vgl. Schmell. II. 288. kailo f. d. i. kuilä die Zauke; knilin f. meretrix, den kailin jasot sih die Hündin jagt sich, d. i. ist läufig; vgl. kollel Hunds- name: tuet de kollal allwaf belln etc.. schottisch collie ein Schäferhund, Schmell. II, 290, tirol. goale Hund. Fromm. IIl. 32o fehlt bei Schöpf. Weder ital. cas;na noch slov. kozlja stimmen. Elze 3ä: „kallo, kallin Hündin", Das daselbst ver- glichene gaila. zabel GrafflV. 183 gehört nicht hieher. 416 S c h r o e 1- kumnieraie 1- 'las Elend, die Küiiinierliehkeit; vgl. slovenisch kuuiern mager, kumeriiost iMagerkeit Aus Roman, combre s. kampai*. „kummerle elender Mensch--, Elze oö; vgl. kümerle, Sehmell. H, oOC. kümcrliog Stalder IF, 140. Vgl. kuiiiiiieraie, kaniper. Kuiiiriierdorf bei Nesseithai, hatte 1770 dreizehn Häuser. Comp, feump. Kompt\ Name in Krapflern 1360. Rumb. Name in Schwai-zenbach, Mosel, Mosclie, etc. 1750, Stocken- dorf 1867. Kampe, Name in Krapflern 1614. kumpf II. und kuiiip Wetzsteinbehiilter, so auch cimbr. CWtb. 140, kämt., tirol. Lex. 169, Schöpf 3o2 bair. Schm. U, 302. !m ungr. Bergl. gebraucht man dafür das md. Wort kötz f., die Kütze, schlötekötz Nachtr. 37''. klinken glotzen, mit Begier dem Essenden zusehen. Das Wort stimmt in der Bedeutung autVallend zu got. honjan begehrlich nacli etwas trachten. Marc. 10, 24, englisch hone schmachten Gr. Gr. IV, 841, alemann. ,,hongen wird von Bäumen gesagt, deren Blutenknospen vor Trockenheit nicht ausgehn können'*. Stald. II, 63. (le- vorzusetzen, das mit h zusammen k wird, ist der G. Mundart zuzutrauen, s. G. und oben S. 132 [297]. Huntseben, Ort bei Altlaag, hatte 1770 drei Häuser. Rapb. Name in Otterbach 1700; vgl. fump. .,kupitze, pupitze Nabelschnur.-' Kürchlern, Ort 1770 mit vier Häusern. kurle n. kleines Messer. Ruschel bei Struschnitza, Ortsname. Rusele, Russei, Name in Eben, Götenitz 1800. Cusolt, Rosolt, Name in Kletseh 1560, in Schalkendorf 1614, in Reichenau, Untersteinwand 1750. Vgl. den frank. Namen Cus- wald, Paul. Diac. I, 21. Raff, Name in Mosche 17o0. L wird R in prinslaich Blindschleiche; rearächle Lerche s. d. Im In- und Auslaut neigt es sich zum t und u: bald, band, häa§ Hals u. A. ; vgl. oben S. 24. Laag, Altlaag, Pfarrort, zählte 1770 sieben und sechzig Häuser; Neulaag 17. Gewöhnlich Liiog, Läag; der Laogar, Mehrz. Luo- gare, di Laogarin — Inter-Lag zählte 1867: 1000 Deutsche, , Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottschee. 4 1 T 640 Sloveuen. Alt-Laagböchel, Ort 1770 mit vier Häusern; Nea-laagbüchel mit drei Häusern. lach leck, gesprungen, vom Holzgesehirr. Die Form lech nd. leck ist auch durch die kämt. Form lech Lex. 174 verbürgt. Daher: lachatzcD lechzen, zerspringen, lach s. d., sein, ebenso kämt, lechat- len Lex. 174. Im ungr. Bergl. noch lecheo, erlecht, deriecht; s. darüber mein Wtb.S. 76 ''(185). So auch alemann. Stald.il,162. „lache f. Schlangenhaut". Dem Vocal nach stimmt nur etwa kämt, lächele penis; lach gruen Lex. 176. Zu mhd. leich stimmt der Vocal nicht. lachkäwar m. Maikäfer. Lachina, Ortschaft 1770 mit zwei Häusern. In Suchen bei Nesselthal erscheint Lachina als Personen-Name I7o0. lafweaer n. Lauffeuer, Nesselausschlag. lägele n. iMehrz. lagelain über 20 Maaß haltendes Faß. Kleinform lagele n. — Ein pütrieh m. hält 20 Maaß; ein potscbale n. etwa 2 Maaß. Vgl. Schm. H, 447. Schöpf 3o9. Weinhold 359; im ungr. Bergl. Wtb. 75. lai nur, gleichsam, eben; auch kämt. Lex. 170, tirol. Schöpf 380. Dazu ist zu vergleichen Jac. Grimm in Pfeiffers Germ. III, 48, wo ahd. le, lio GratT II, 31, 33 verglichen wird (die Stelle bei Notker: waz muost tu mih Ho tageliches mit tinen chlagon? kann ins Gottschee\vische in der That übersetzt werden: waß müe§t tu mih lai mit tainen tagelainen chlagen?); wenn es von mhd. lieh abgeleitet werden soll, ist auch der Wegfall des ch auffallend. — Lai har! nur her! s. oben S. 118; — lai ahd nur so! wenn man auf die Frage warum? keine bestimmte Ant- wort zu geben weiß oder zu geben Lust hat, wie im ungr. ßergland nje a sogern, in Schlesien und in der Lausitz: so gärn; s. meinen Nachtrag zum Wtb. der Mundart d. ungr. Bergl. S. 28\ W^einh. 27, Anton VIII, 12; — lai nisch! nichts! — lai beler, lai b^le, lai b^s der, weicher, e, es; — lai bä dort, wo. — In letzteren beiden Fällen (lai b^ler, lai bü) hat das lai hin- weisende Bedeutung; laibär, laibor gleichwahr, gleichwol, wahr- lich, dennoch; nach dainer zürn ih mih laibor et! über dich erzürne ich mich gleichwol nicht ; schiane diernle i§t laibor et kam schönes Dirnlain ist gleichwol nicht gekommen; schiane dianle i§t laibor ä kam schönes Dirnlein ist wirklich auch ge- kommen; so in dem Liede oben S. IQl — 105. Dazu ist zu Sitzb. d. phil.-hist. CI. LXV. Bd. II. Hft. 29 418 Schröer vergleichen tirol., kämt, leisimar, laisomar Lexer 186. Schöpf 384 ; aus dem oben besprochenen lei und mhd. so maere, bair. gleisomar Schmell. 11, 42o. Fromm. III, 311, neben dem auch ein kürzeres leimar enthalten scheint in dem tirol. leimerst. Schöpf 384, das dieser kaum richtig auflöst, in lei-am-erst. iaibaser, Laybässer, Name in Mitterdorf um 1700 — 1750. laiche f- der Leichnam und das Leichenbegängnis. Bei letzterem waren ehedem Windlichter üblich; jetzt werden bei Seelenmessen in den Kirchen brennende Wachslichter vertheilt. Vgl. sibente, bildeskrant, leiche. laich -lain scheint aus mhd. -liehen hervorgegangen, indem, wie oben bei lai (wenn es aus lieh entstanden ist), das ch ausgefallen ist und die Flexion angehängt wurde ; vgl. waintlain, kämt, feintla, mhd. Tintlichen s mhd. nnser tegelichez bröt heißt im Vaterunser in Gottschee: nnser taglaines pröat, s. oben S. 89. So: gräulein mhd. grinwelichen, bärloin mhd. wiirlichen, bunderlain, mhd. wunderlichen. Das Adjectiv ist nicht z. B. bunderlaichen mhd. wonderlichin, sondern: bnnderlaineu, gleichsam mhd. wunder- licheniu s. das Lied oben S. 101 — 103: bäs ist das wür oine bnnderiaineu laiche! laiderle n. der Schlußriegel am Halsring des Ochsen, auch titsche f. genannt; vgl. altsächs., angels. hlidan schließen. laimät, laimot, lamait f. Leinwand. „Die Vermöglicheren handeln mit Leinwad". Valvasor XI, 197 f. Cimbr. lainiat CWtb. 141^ kämt, leinwet, leiwat Lex. 176. mhd. linwat. laitgab m. Schenkwirt, laitgaben ausschenken, mhd. litgebe. Vgl. Leitgab. Lakner, Familienname in Götenitz 1560. Nesseltlial 1614. Elze findet denselben noch 1860. Im ungr. ßergland kenne ich ihn aus Neusol, von wo er nach Wien und Presburg gekommen ist. Laknern, kleiner Ort, zählte 1770 drei Häuser Lamparter, Name in Hornberg 1560; in Schwarzwald, Skrill 1750; in Mosel 1867. — Mhd. Lamparter der Lombarde, Langobarde; ich wil anz farn gen teotzen landen mit kanfmanschatz : ich pin von Lamparten, cod. ital. tod. mon. 1460. 3''. Der Name bezeugt eine Zuwanderung aus der Lombardei. Lampel, Name in Wretzen, Tappelwerch 1750, 1858; auch im ungr. Bergland (Schemnitz). Weitere MittheiiuDgen über die Mundart vou Gottscliee. 419 lample ii. Lämmlein; auch junges wihe, denn Vieh gilt vornehmlich vom Schaf, lampitze f. weibliches Schaf: eine Bildung wie mhd. lanze die Löwin aus lewinze. lewnize und slov. oslice Eselin, aus osel u. dgl.; s. Gr. Gr. III, 339. — Die Bildung kömmt auch kamt, vor lampizen f. lamperle n. Lex. 171; vgl. powalitze. läpitze. kelbitzin: das -in steht hier gegenüber dem kämt, -n in lampizo wie die kämt. Form kelbatze obigem lampitze. Langenthon (etwa von mhd. tan m.), slov. Smuk genannt, hatte 1770 sechs und zwanzig Häuser. längis m. Lenz, Frühling, mhd. langez. cimbr. langes, kämt. langes Lex. 174; tirol. langas auch järlang. Schöpf 366 f.; vgl. Gr. GDS. S. 73. — Der Ausdruck ist besonders in Mitler- dorf heimisch, indem man sonst in Gottschee den Frühlings- namen ausbart s. d. hört. länt n. 1. Land. Der Gottscheewer nennt seine Heimat sein länt und Krain ist ihm ein anderes Land, Rroinlänt, was schon Valvasor XL, 195 f. anmerkt, indem er ausdrücklich sagt, daß sie ihre Heimat „das Land nennen, gleich, als ob es wegen Unterscheids der Sprache oder des Volkes ein anderes besonderes Land wäre". 2. Die Gegend zwischen Mitterdorf, Gottschee, Mosel; daher läntnar m. Mehrz. liintnare Bewohner dieser Gegend , dieses Thaies, denn länt bedeutet hier Thal. Ganz so wie kämt, lant, lantner Lex. 172; das westliche Seitenthal mit den Orten Götenitz, Riek etc. ist das hinterlänt, daher der hinterläntnar. Die in den hochgelegenen Wäldern (in bänden) wohnenden heißen bändnare (Waldnerj; vgl. auch cimbr. lant, lantener CWtb. 141^. EinNiderlänt begegnet imLiede, das unter knckhe mitgetheilt ist. lantic lebendig, cimbr. lenteg CWtb. 142 in Passeier lempic Schöpf 376; schon mhd. lemtic s. mhd. Wtb. und Schmell. II, 412. Faifar§ Hlchel hat zbean lantige hnsen nnd a dnchs gawuchen (so etwa hätte Elze S. 44 schreiben sollen) Pfeifers Michel hat zween lebendige Hasen und einen Dachs gefahen. läp n. Laub, läpitze f. Grünzeug, große Blätter von Kraut, Meer- rettich; vgl. lample. Lasarus. Familienname in Komuzen 1730. Laas Läse, slov. Loz, Ortsname bei Tschernembel. 420 S c h r ö e r lA§en lesen, in der Bedeutung von aussuchen, sammeln; arbaißen aasläsen Bohnen auslesen; vgl. le§en. Lasen, Name in Rick 1614. Laske. auch Loske, Name in Deutschau. laßen, lußen lassen; Impr. lä! 2. Pers. PI. läts man lüftet man lässt. lankern in aoftar lankern herauslocken; §i hat mon aus anssar gelan- kert, sie hat ihm alles herausgelockt. Vgl. tirol. leaklen Schöpf 394, wo ich aber den Vocal ea. der ein 6 oder langes oe vor- aussetzt, ebenso wenig mit löckeln aus locken, locken, ahd. locchön zu vereinbaren weiß, als hier an«, am ehesten wäre denkbar, daß hier eine Intensivbildung von ahd. lähhan, got. lakan anzunehmen ist. lüchen ist vielleicht erhalten in kämt. blanch schüchtern, übel vor Hunger und belanchen sich erholen. Lex. 173 f. obwol die ursprüngliche Bedeutung schliessen hier nicht mehr klar wird. Doch scheint aus got. aslakan erschließen und ahd. zuo lühhan zuschließen ein nhd. lankern mit der Be- deutung nach und nach zum Vorschein bringen, heraus lankern hervorlocken, vollständig klar. Doch vgl. auch slovenisch lav- katl Nachlese halten und loichen. läuten, ausläoten zu Grabe läuten; es läutet oimon aus es läutet einem aus, d. i. man läutet einem aus. — Di klockheo mih beut ausleuten oben S. 48. laoterkraut ii. sonst gerader Ziest, stachys recta Linne, in Gottschee auch we§per und wescher roa§e was auf eine Form fusperrose zurückführt, da die Pflanze sonst fnsperkraut (beim Volke ge- sprochen fnschperkraut, daher nicht Fussbeerkrant zu schreiben) heißt ; s. über den Namen und Gebrauch im ungr. Bergland und bei den Botanikern meinen Nachtr. z. Wtb. S. 27. Der erste Theil des Wortes ist zu vergleichen mit fispern. Schmell. I, 573, das dort mit dem Adjeet. bnsper, musper und wusper zusammengestellt wird; vgl. Sehm. II, 642; fränk. gilt dafür mustern Fromm. III, 214 (Goethe gebraucht unmustern, „da ich mich, wo nicht krank doch unmustern fühlte", Dichtung und Wahrheit 8 B.). W^enn letzteres an lat. mustns in Form und Bedeutung anklingt, so sind damit die andern Formen, nament- lich Tisperl f. behendes, lebensvolles Wesen, Schm. I, 573, das auch mir in diesem Sinne aus der lebenden Mundart bekannt ist, noch nicht aufgeklärt. ' Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottsehee. 4*1 -le, Mehrz. -lain. mhd. Üb. eimbr. le, Mehrz. -len CWtb. 142. — In Stockendorf lautet es wie kämt. -la. -lan. „Die Verkleine- rung durch -1, -erl ist für den heutigen bair.-österr. Dialekt ebenso charakteristisch, als für den alemannischen die durch -li, für den schwäb., die durch -le" sagt Weinh, bair. Gr. S. 244. Aus der Gottscheewer Sprachprobe. Fromm. VI, 521, wo die Formen negle. pratle vorkommen, war dies unbairische -le bereits ersichtlich; vgl. oben S. 20. Es steht für -11. Avie die Koseform -I in Gottsehee auch -e lautet (Ton, Anton, Tone. = Toni). Das schweizer, -li hat im Plur. leni, wobei Gr. Gr. III, 674: vgl. I-. 631 Einschiebung von -en annimmt. Die Gott- scheewer Pluralform -lain weist auf ein früheres -lin zurück, ob dies nun als Klcinform -lin gefaßt wird oder nicht, es erscheint als eine Nachbildung der schwachen Declination der Stämme auf -ein, -in, die bei Notker einen Plural -inä bilden, so daß, durch den vocalischen Ausgang geschützt, sich noch -lain' gehalten hat, indem es im Singular zu -le gekürzt worden ist. Sowie diese Form altalemannisch ist, so fällt sie doch auf durch alterthümliche Wahrung des -ai (für -i). — Wie die Wahrung des st. Genitivs s. unter hatar *) S. 102, die Bildungen in -ade s. kochade, trägt auch diese Form bei zu dem eigenthümlichen Karakter der Mundart von Gottsehee gegen- über den bairischen Mundarten. Lean« Magdalena; leane Lenchen. lebs, di-labri vocab. 1479 f. W. lea§en lösen, sich loskaufen. Leas tih, lea§ tih etc. in dem Liedchen beim pi§en s. S. 54. Das unerklärte W^ort pisen, pisnen : mit der Osterrute schlagen, könnte aus einem früheren bismen (mhd. besemen mit Ruten züchtigen, bei Heinr. v. Krolewitz mhd. Wtb. I, 108, bei dem wir schon einmal oben S. 23 ein sonst nicht vorkommendes Gottscheewer Wort fanden) abzuleiten sein ; in Tirol heißt pisen mit dem Besen einrühren. Schöpf 42. Lei- s. lai- und loi-. 1) Es ist die seltene Form alid. Iiertäre in Tirol herder, herter, Schöpf 260. Kämt, herder und herler Lex. 139, wie ich nun gewiss bin, da mir Herr Pf. Krise selbst die Form iiartär verbürgt, wonach S. 101 zu berichtigen ist. 422 S c h r ö e r leiche f. Leichenbegängnis. „Wenn man einen Ttulten zu Grabe trägt so tragen alle mit der Leiche gehende Männer eine brennende Kerze"; Valvasor VI. 301. Wachskerzchen werden auch jetzt noch bei einem Todtenamt in den Kirchen vertheilt und bren- nend in Händen gehalten. Das Wort laiche in diesem Sinne steht schon in dem Liede s. oben S. 104. leitgab, Name in Gottschee 1730; s. laitgab. Ie§en im Buche lesen. Daß das Lesen in Gottschee eine neuere Kunst ist, bezeugt diese Wortform; es ist in dieser Bedeutung ein Fremdwort und bewahrt das ursprüngliche e, während das- selbe Wort in der Bedeutung sammein la§en s. d. gesprochen wird. So heißt im ungr. Bergl. die Schritt 16s f. meine Darst. S. 183 [433], lesen im Buche: beten, daselbst und Nachtr. z. Wtb. 17; hingegen beten: sprechen wie in G. sprachen s. d. und sprechen: kaosen, tädeng s, Nachtr. 33''. Leschitscb, Name in Moswald 1730. leocbtar m. der Ständer für Lichtspäne; leoohtarkeue f. die Kluppe in die der Lichtspan eingeklemmt wird; im ungr. Bergl. klnft Wtb. 71^; vgl. auch keue f. liebe f. die Geliebte. Nach dem unbestimmten Gescblechtsworte a lieben, auch mit dem Pronomen dn lieben d. i. mhd. liebin; so im Liede: es hatte oinder a scheannen, a lieben; hingegen den liebe. Immer in der Bedeutung: Geliebte. Es ist anstößig zu einem Mädchen zu sagen: dn lieben, wenn es nicht die Geliebte ist. Und so wird der Geliebte auch der liebe genannt, angesprochen dn lieber, was sehr herzlich klingt ; s. das Lied S. 37 f. Ich stelle hieher die Balladen von der lieben und trene liebe, dazu einige Bruchstücke von Liebesliedern. Von dar liaben (gelöster Fluch). Deu liabe, deu geanot in gurte und pintot dam liabon a peschle. der wür dort raitot dar liabe, der wür dort raitot dar liabe. „bämon pinto§t, du liabeu, das peschle?" 'ich pint das, liabar dire!' „ich hau schon ein andren ein liebeu Weitere Mitlheiluiigen über die Mundart von tiottschee. 4*d bele pain häpitschen .sitzot." 'Hä§t du schon an andren, a liebeu bele pain häpitschen §itzot?' l biinschen der tau§ent gelückhe daß du jor und tog kronkar ligo§t: 'Daß der s wloisch won poinder hecwaulot, de §eale won laib et mecht schoiden!' Der krankhot bärot dar Habe daß mon s'wloisch won poindern i§t gewaulot und di §eale won laib et meebt scheiden und di seale won laib et mecht schoiden. Ar schikhot nar iim deu liebe : §e gea, §e gea, du liebeu, der liebe hat um dich geschickhot, der liebe hat iim dich geschickhot. „Ar bat schon an andreu a liebeu, bela pain häpitschen .^itzot!" Ar schickhot nar deu andre bort: §e gea. §e gea, du liebeu, dar liebe bat um dich geschickhot, dar liebe bat um dich geschickhot. Ar schickhot nar deu dritte hört ar schickhot nar deu dritte hört. Se gea, §e gea, du liebeu, dar liebe hat um dich geschickhot. Gegeannan bärot deu liebe: 'Se hilf, se hilf, du liebeu; i lig in §bärar kronkheit!' „I kan der, i mü der et hatfen, deu liebe deu birt der schon haJfen bela pain häpitschen §itzot!" Gestoaben bärot dar liebe, aus i§t gewlugen a baißeu taube. Gottschee. Bruchstücke von Liebesliedern, die an bekannte in ganz Deutschland verbreitete Lieder erinnern , hört man überall und viele 424 Sehr (> e r mögen von den maadern (Männern) aus der Fremde heimgebracht sein. Eigenthümlich sind die noch reimlosen in monotoner Weise vorgetragenen Balladen, die. wenn auch dem Inhalte nach gleichfalls verwandt mit allgemein deutschen Ralladen (Neues weist das echte Volkslied selten auf), doch nicht wie jene lyrischen Gesänge eine Übereinstimmung bis auf den Versbau und den Wortlaut zeigen. Reime der ersten Art, die zum Theil den Karakter von Schnader- hüpfeln annehmen: A liedle bil ili §ingen, iedreu (jede) diern bert §ih grimen. 'lieber main pue ih hän koin rue!' kaum pin ih aut ächzen jur main pue gait mir koin rue; lieber main pue bas gai§t koin rue? pueben hent hurte ze lieben bail §e lai diernle petrüebent ; pis ins grub i§t koin rue. das er§te bar a ringalain das zbaite bar a hüderlain pue lebebol wer giß mih et! Maine bangelain hent röa§enröa ich lieb dich bis in den tdad! maine zandelain hent baiß hie poin lieb ich dich ganz alloin. meine augelain hent koule^barz; ich lieb dich main tau§entsehatz §luve§t oder bache§t du? i §lüf et ih pin scho krank, i birt et laben lank. Weitere Mittheilungen ül.er hie Mundart von Gottschee. 425 schick es mir oin prie^iter ge§bind lai bert ich besser §aiii. das grab i§ schon ausgeiiaiit hab scho hiiiain geschaut drain ligt oin groaßer stoin drauf mueß geschrieben §ain daß bir zboi liebe ^ain. Lieder a n f ä n er e i. Es bäroten zboi liebeu : ei liebeu, §o laß ini mit dire gean! 2. Es bäroten liabeu, zboi herzigeu 3. Im gurten steanot oin lindlein. 4. Dort ste'anot oin scheaner gurten mit roa§en angetanen (angesäet) atinne spaziert oin juncfra oin jungeu sche'aneu juncfra, ze ire kamot dar liebe, dar liebe, dar oinzige. §i roichot imon a peschle won roin§ten ro§marin ar tets alleu anschägen in deu bände namot ers: ich hau ach a sclieaneu a liebeu in boißer Karlstadt! 'ei lieber, bann kome§t du bider und daß du mih ber§t nam?' „atiden im Etlicher (?) poaden do steanot a lindlein grüen. „und benn deu alle genö§te zenander roichen bernt, „dann da kim i bider und daß ih dih bert nam. „ich han auch a scheaneu a liebeu pai dar boißen Karlstat. 426 S c h r ö e r „deu i§t mir ja wil lieber denn §ilber und das gold!" Treue Liebe, Dortinne steat oin lindle hdach doben an bipfoin blüet §e scliean. unte da §teat oin schaiblain (runder) tisch pai dam §itzont zboi liebeu. das piieble niachot a rechlunge: ') ^ich mueß es ziehn in das groaße hör" a§o da sprichot das diernle: „benn, lieber kom§t du hinter sih?" 'über .jibn jor und 3 tage, dannor kini ih bidar ! 'dennor zieh di äugen in das lindle höach: schau du hin, über Reitnitzer podem. '§0 bir§t du §ächen (sehen) a roaten fan, do birt ich noch im laben §aiii. '§0 birst du sachen a sböarzen fän, do birt ich schon ge§torben §ain/ ummer beut kam §ibn ganzen jär §ibn ganzen jär und drei tage. §i ziehot d'augn in das lindle hdach, §i schägot (schauet) hinüber in Raifnitzer podem §i hat ge§achen (gesehen) oin roaten flin. §i hat geglaubt s i§t oin .jboarzer fän. §i ziehot bider hinter^ih, §i ziehot außen in röa§ein gurte. §i §etzot §i nider auv graben §toin, §i boinot au §o bitterlich. won baiten .sichot §'an raitar ziehen : „borum boino§t du §o bitterlich?" • 'bi §ol i nit bitterlich boinen *) Das Wort ist mir sonst nicht vorgekommen. Soll hier luarhet a rechluoge be- deuten: hält eine Ansprache (an die Geliebte), so ist etwa an ahd. rarhjan sagen HU denken. Vgl. mhd. errarhelifh explicabilis. Weitere Miftheilnngen über die Mundart von Gottschee. 427 benn main dar liebe gestorben i§t/ „lai ge§ter pin i worbai geriten, bii dain dar Habe gehuachzaitot hat! bas wor a gelücke bünsche-jt du imon? oin peases oder oin guetes?" 'i biinschen imon koin pea§es gelücke 'i biinschen imon tan§end guates gelücke, bäs im mere §ändstoinlain i§!' ar namot auße oin hüderle: „nim hin, scheanes mädichlain! „trücken aus daine äugelain „es kän und niüg et anders .sain : :,:„bir boideu müeßent painander ^ain!":,: Dies ist das Lied das Uhland in einem Texte von i592 (S. 263, Nr. 116) mittheilt: es stet ein lind in jenem tal. Schlesisch bei Hoffmann 41. Anton Petter Volkstümliches aus östr. Schles. S. 179, Kuhländchen Meinert S. 243. Wunderhorn I, S. 61. Schwab. Meier S. 287. Fiedler S. 147. Frank. Ditfurt II, S. 22 u. A. — Obwol inhaltlich übereinstimmend, fehlt hier der Reim und ist wörtliche Übereinstimmung, die zwischen den angeführten Fassungen überall nachzuweisen ist, nicht vorhanden. Vgl. oben S.422, ein Seitenstück zu diesem Liede. liedle n. Lied : a het oin liedle bie §i in dem lande taent fingen in dem Liede unter ritter^män. Hecht n. welcherlei Kerzen in Gottschee noch üblich sind, erhellt oben aus der Bedeutung lenchtar; so heißt denn auch Hecht anzünden, den Span anzünden. Lichtenbach spr. liachenpäch bei Nesselthal hatte 1770 17 Häuser. liege f. der Zwickel ; nl. 11s f. die Litze. Vgl. das folgende liesänc, was eine Weiterbildung davon scheint. liesänc m. Mehrz. lie§änge Tasche; vgl. niesänc. ligen liegen; lögen legen; geloit, mhd. geleit, gelegt. line f. Giebelfenster, Erkerfenster. Ein heut zu Tage seltenes Wort, das noch Ulr. v. Liechtenstein häutig gebrauchte; mhd. line f. Mhd. Wtb. I, 964; ahd. hlina Graff IV, 1093. — Daher sloven. lina Dachfenster. In dem Liede unter Wanwerle. Linfeld bei Gottschee zählte 1770 49 Häuser. 428 S c h r ö e r lin§e f. Linse. lippe, Name in Mosel. Kotscheri 1750. Riek : 1800, kämt. Lex. 180 und Schweiz. Rochholz bei Fromm. VI. 459 ist Lippe: Philippus. lippel m. Lümmel; aus Mppe d. i. Philipp. lippisch, iName in Gottschee 1684, 1750. liippitsch, ehenso 1750. Lobbe, Name in Kofiern, Windischdorf, Altlaag, Neulaag, Nesselthal 1750—1800: vgl. den Namen lobbia in den VII. Com. nd. lobbe hängende Lippe, Fromm. VI, 353. Lobe, Name in Malgern, Kletsch 1684, 1700; vgl Lobbe. Lol, Loy, Name in Gottschee 1783, 1867. Loy ist in Baiern die Kose- form von Eligius, Sehmell. II, 463. loichen, loikeo verlocken, teuschen, locken, mhd. leichen, cimbr. tirol., kämt, loachen; -e sun sta in ganato ich pio geleicht wordeo voc. 1479. loidic schmerzvoll, traurig, bie loidic §ing©t der kackhe wie schmerz- voll singt der Kuckuck, in dem Liede wo dem Kuckuck das Herz bricht wegen Untreue der Geliebten. Siehe kockhe. loinen lehnen; unloineii anlehnen; mhd. leinen. loip n. Brotlaib; mhd. leip. loiten, leiten, am Zügel führen; leiten ta sros af den rächte ströfee (leite das Boss auf die rechte Straße) leiten thu d. R. a, d. r. Str.; mhd. leiten. — Ioit§oiI n. Leitseil, Zügel. loiter f. Leiter; ahd. leiträ, daher slov. lojtra? „loiter§panken = wlaterlitze"handschr. Mitth., etwa Schmetterling? s. oben S.84. liandierne f. löandiernle n. Lohndierne. Im Liede: die brave Stiefmutter, s. stiefmneter , heiratet das Lohndiernlein den Hauswirt. Loschitz, Ort bei Ossiunitz 1770, 4 Häuser. Loser, Name in G., Morobitz 1756, auch Luser. Losin, Neu- 1770 mit 9 Häusern. lösen s. I^a§en. läckhen decken, znelückhen; luckar m. Deckel, lackaschirbe f. Topf- deckel, Deckscherbe; bair. Incken decken, Sehmell. II, 433, kämt. Incken decken; luck Deckel, auch cimbr., tirol. Schöpf 400. Vgl. lankern. Inbat lau, d. i. mhd. läwent lauend; vgl. Fromm. III. 104, 452. lubats bässer laues Wasser. Weitere Mittheiluiigen über die Mundart von Uottschee. 429 Lucas Jergel Harte son, Name in Schwarzenbach 1680. lallen saugen; auch tirol. Schö[)f 402. Kämt. Lex. 182, zu n!. lul f. Röhre. lägen horchen; ebenso cimbr. VVtb. 144, tirol. Schöpf 393; kämt. Lex. 182. Lexer findet, daß es zu got. hiausjan stimmt, eine Form, die auch Fromm. Zeitschr. II, 958 angegeben wird. Ein Stamm blas, Grundspr. krns (altnord. hinst f. das Ohr; sanskr. crushti f. Gehör, ahd. hlöt, gr.xlvTÖg; altsl. slntus sanskr. crota etc.) muß wol angenommen werden, zu dem ahd. biosyn losen gehört, aber die got. Form fehlt uns und auch ahd., mhd. ist lösen nicht überliefert. M steht für w in gemaeben gewesen, s. oben S. 91. Umgekehrt steht b=w für m in bantel (Mantel). m steht für n in mädel, s. d. niaeben. — Das Wort machen hat einen sehr ausgedehnten Gebrauch, wie in den „cimbrischen" Mundarten, wo es sogar stark biegend ist. CWtb. 14o\ Ähnlich im ungrischen Berg- land Wtb. 78^ Nachtrag 40. Die Moccheni haben davon ihren Namen, CWtb. 147; vgl. die Bewohner von Gaidel im ungr.Bergl. Nachtr. 28. — katzelmäcber m. der Italiener, weil er Katzen ißt; vgl. ferklemacher m. der Zipser, weil er gerne Spanferkel ißt; ungr. Bergl. Wtb. öO\ — es mäcbt sieb es ge- schieht, wie im ungr. Bergi. Nachtr. 40; in Tirol es macht kalt u. dgl. Schöpf 407; vgl. Staldei- II, 189. — wermächen ;ibschmalzen, wie in Schlesien: gemachtes essen abge- schmalzte Speise. So wie man sonst sagt kalk anmachen, teig anmacben d. i. durch flüssige Zuthat zubereiten. Schlesisch ent- steht daraus das Subst. die mache oder das mäcbsel d. i. Fett, Butter, Weinhold 59'; in Gottschee: macbäde f. macbadja f. Scbweinschmalz, s. oben S. 59 statt smälze (d. i. Butter) macbäde. In Tirol mäcbete n. Fett als Zuthat Schöpf 408; in Kärnten mäcbade n. Hackfleisch in der Wassersuppe u. dgl. Lex. 183; auch anderes durch Zuthaten Angemachte, wie Mastfutter, Fromm. III. 364; in der Schweiz macbete Macherei, Stald. II, 190; im Fränkischen macbetia in der Bedeutung wie oben kocbadle s. d. Fromm. II, 246. Aufl'allend ist hier die Übereinstimmung mit Schlesien und erinnert an den freisin- 4iJ0 S c h r ö e r giselieii neissner von 1316 oben S. 33. Bei Thoniasiii bedeutet onderuiacheD überwältigen, subigere 1196, 2818, 3335, 3337, 3368, 3378, f. 7388. 9691 1 f. 11000, was immer anzumerken ist, da Thomasin diesen Gegenden angehört. — aaseinander machen theilen; s. oben S. 38. mädar m. 1. Mähder 2. Wachtelkönig. mädiglaia n. Mädchen, im Liede. Mäderl, N.'ime, s. Mederl. mag müc ich kann, mogelt, müc> bir magen, ir muget, §i mugent. Magretitzle ') n. Margarete. Bie wrüe i§t auf Magretitzle Wie früh ist auf Rlargretchea §i stengait s morais giir wrüe auf sie stund des Morgens gar frühe auf §i legait §ih gär scheaneu an sie legete sich gar schön an §i zieht ahin an bage proit sie zieht hin am Wege breit 5. an bage proit in stickhehi roin am AVege breit am steilen Rain in stickheln roin ins he^ilach kluin am steilen Rain ins Haselgebüsch klein §i §etzet §ih nider auf grobe stein sie setzet sich nieder auf grobe Steine §i hevait an, §i §inget schean: sie hebet an, singet schön: 1) Nach Schottky's Vorzeit und Gegenwart 1823 s. 272; s. oben S.9 und unten lueier. Indem ich die Schreibung- thunlichst berichtige, lasse ich die Endsilben in steil-, galt, wässeit, Slliurais unberührt, als Zeugnisse für die Unbestimmtheit desVocais dieser Endungen : stengoit gerigalte, legail, hevail, beckait, lieszait neben wäßeit, bäteit, wäleit; neber. sitzet, setzet, zählet^ niasset, reitet, roichet, singet aber auch singäit, ja selbst sillgoit. Studiosus J. Jaglitscli (s. S. llj will beobachtet haben, daß dieser Vocal bei älteren Personen o gesprochen wird (so hörte auch ich dienon, singot u. a.), das bei manchen beinahe wie ö klingt. Jüngere, die in der Schule die Schriftsprache gelernt haben, sprechen dafür al. — Dies o ist zu erklären aus a älterem a. Das vocab. it. tod. von 1423 hat noch oder schon fol- gende In dica t i vformen präteriti: ich scheilkal, du scheiikatzt, der (so) schen- kat, bir schenkaten, ir schenkat (so), die schenkaten. f. 80"^' ; ebenso leerat 77*, iernat 76'', redat 65*, u. v. a. Vgl. die nächste Anmerkung. Weitere Mittheilungea über die Mundart von Gottschee. 4ol „ja maines glaicheu im lanil et i§t wol, meines Gleichen im Land nicht ist 10. al§ oinder junger Eisbargar! als ein junger Eisberger (?) Auf Laibacher bruale da §itzet ar auf Laibacher Brünnlein da sitzet er das §ilber und gold das zählet ar das Silber und Gold das zählet er das edle tuech das masset ar. " das edle Tuch des misset er. — Si §ingait bider deu andre wärt: sie singet wieder die andere Fahrt (das zweitemal) 15. „ja maines glaichen im länd et i§t wol meines Gleichen im Land nicht ist als oinder junger etc." als ein junger etc. Si §ingait bider deu dritte wärt: sie singt wieder das drittemal : „ja maines glaichen etc." wol meines Gleichen etc. Und das derhört dar Eisbargar sobald das erhört der Eisberger 20. ar beckait ouf di knachte ?ain: er wecket auf die Knechte sein „§6 sattelt mir niain hengistle!" so sattelt mir mein Hengstlein Ar §etzet §ih auf §ain henge^tle, er setzet sich auf sein Hengstlein Ar raitet ahin in stickheln roin er reitet hin den steilen Rain in stickheln roin ins he§lach kloin. den steilen Rain ins Haselgebüsch 25. nu da i§t kam dar Eisbargar: nun da ist gekommen der Eisberger „Magretitzle, du liebes main, Margretlein, du liebes, mein §0 reich mir har dain baisze händ!" so reich mir her deine weiße Hand „Ich roich es et main baißeu band, ich reiche nicht meine weiße Hand 4oä Schröer (Ji Herren hent betriegarisch, die Herren sind betrügerisch 30. betriegarisch, verwüerariseh !" betrügerisch, verführerisch. Ar bäteit *) ji deu andre wärt; er bat sie das anderemal „§o roich mir har dain baißeu band!" so reich mir her deine weiße Hand 'ich roich es et etc. ich reiche nicht etc. Ar ließait i) wallen §ain traibrüetle er ließ fallen seine Reitgerte 35. -So roich mir har das traibrüatle!" so reich mir her die Reitgerte Si roichet imon das traibrüetle, sie reichet ihm die Reitgerte ar wäßeit !ji pai baißer händ, er fasste sie bei weißer Hand ar pellet §i äut'§a;n henge§tle, er wirft sie auf sein Hengstlein Ar raitet bider hiiiter-jih, er reitet wieder zurück 40. ja hintersih, in Türkaiiand wol zurück in die Türkei. Seu §etzend sih nider zu schaiblain tisch, sie setzen sich nieder lu dem runden Tisch §eu assent und trinkhent a kurzeu zait, sie essen und trinken kurze Zeit ar schickhet um di spilleute: er schicket um die Spieileute „wrisch auf, wrisch auf ir spilleute!" frisch auf, ihr Spielleute 45. Mägretitzle hat durch ge§ung: Margretlein hat immer gesungen: 'ja maines glaichen etc." wol meines Gleichen etc. *) Ein Rest des Prät., das der österr.-bair. Mundart fehlt, ist in Gottschee immer noch erhalten, doch wird an den Stamm mit dem Ablaut der starken Verha das e der schwachen Biegung angehängt Weitere Mittheiliingeii über die Mundart von Gottschee. 433 Si bäteit in deu er§te wärt: sie bat ihn das erstemal „hör auf, hör auf du Eisbargar, hör auf du Eisberger zerbro§ten hent di spitz par schueh!" zerborsten sind die spitzen paar Schuhe 30. Si päteit in deu andre wärt: sie bat ihn das anderemal „hör auf, hör auf, du Eisbargar! hör auf etc. zerbro§ten ist main proun gürtele !" zerborsten ist mein brauner (iürtel! Si päteit in deu dritte wärt: sie bat ihn das drittemal „hör auf etc. hör auf etc. 55. zerbro§ten i§t main gerigaite pfoit!" zerborsten ist mein gefälteltes Hemd und benn .?i das hat ausgeroit und wie sie das hatte ausgeredet si fäleit nider und blaibet töad. sie tiel nieder und blieb (odt. INay, Name. Jörgel des Kay soa und des Bartlmay halbe huebe Schwarzenbach 1614; vgl. Bartlniä. Ein fränk. Henneberg Name, Spieß 197. maibäome, die den 1. Mai aufgerichtet werden, bleiben den ganzen Monat stehen. Maichen, Name in Durnbaeh 1614. Nesselthal, Skrill etc. 1750. .Veiheninne Altlaag 1614. Maierle, Gesehlechtsname in Durnbaeli, Eben, Fliegendorf, Warm- berg 1750. .Valerie, Ortsname bei Nesselthal. main, wenn es flectirt wird, erhält es ein d, so daß es mit der, die, das zusammengesetzt scheint: maindeD ägen, mhd. minia ODgen, maindaD kauter, meinen Schrank ; maio de hänt, main de negle, main de §aite etc. aber: maio dar liebe mein Lieber; main dan lieben meinen Geliebten, Fromm. VI, 521, wo wirklich der Artikel dem Possessivum in alterthümlicher Weise nachgesetzt Sitzb. .1. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. FI. Hft. . 30 434 S c li I o e I wird, wie ähnliches im ungr. ßergland s. meine Bemerkung in Frommanns Zeitschrift VI, S. 249. Mayr, Name in Stockendorf, Schwarzenbach 1700, 1867, Im ungr. Bergl. erscheint der Name in dieser Schreibung schon in Nen- sol 1390. In Marburg ebenso 16. Jahrb. Reiche!, S. 1 1. ülayßel, Name in Iniauf 1560, Fliegendorf 1614, (Jottschee, Mrauen, Riek, Weißenbach 1750. Im ungr. Bergl. Meisel in der Zips Wtb. 83. mal, maa n. Mehl; Genitiv maobes, mhd. möl, in^lwes. nialcheo melken, Imp. milch, mhd. melchen. Malgern gesprochen maugrarn, slov. mala gora deutscher Ort bei Mitterdorf, zählte 1770 vierzig Häuser. Malhar Name in Gottschee 1684. ülalleritsch, Name in Lachina 1750. Mallinseck, Mallinschegg, Ort, zählte 1770 sieben Häuser. JHallner, Name in Riek, Morobitz, Hinterberg 175 0. man m. Mann; Mehrz. mauder: ebenso tirol., kamt. : mannisch beherzt, mannhaft; vgl. Schöpf 419 der mannisch um Linz findet: kämt. vgl. Frommann III, 467, Cimbr. mennes adject. CWtb. 146. mäne, müoe m. Mond, wraß mäntag m. Freßmontag, der Montag vor Aschermittwoch, s. prankeln, täc. mänot, müiiot m. Monat, proßmänot n. März, „das seint die manet : iener, der hornung, der merz, der aprlll, der mey, der prachmond. der heomoad, der äugest, der herbst, der weinmond, der wintermond, decembre: der lenczmond'' vocab. ital. cod. mon. von 1459. Mank, Name in Schwarzenbach 1614, Unterlosin 1684, Stalzern, Linfeld, Mosel 1750. Mantel, Name Tiefenthal, Mosel, Römergrund, Graflinden etc. 1750. mare f. Erzählung, märle n. Mehrzahl mariain Märchen; mären melden, erzählen; vgl. tirol. mären Schöpf 421, Lex. 186. Margarete; die Form (Jretel faule Gretel, im Liede oben S. 95 unter (rr^ato, in Tschermoschn. Greata, sonst Greato, Deminut, fir^ate. Im Liede: Mägretitzle, s. oben S. 430. martinsle n. Eidechse, auch egedachs s. d. Maria, Mario im Liede: der boizen hat geschossen, Mario! unten S. 436; vgl. auch mino. Ferner in folgenden Marienliedern: Weitere Mittheilungeii über die Mundart von Gottschee. 435 1. In gänzer liHrlt ist koin bülkle et won liimbel wällot a küeldei* tä; s bärot et a küelder tä, s i§t Mai'ia irde zaberlain! 2. Maria steanot smoro§ wriie auf §i legot §i gar scheaneu an §i ziehot außen an proiten bäg von proiten bäg auf dan §miilen staig. 3. In gänzer barlt i§t koin bölkle et etc. wie 1. 4. Dar staig wüerot §i auf dan höachen perg §i ziebot in den r6a§aingurt, si prachot nar di rea§lain geliecht §i wlaebtot nar die kränze geliecbt. 5. Bu bil si hin mit dan kränzen geliecbt? §i hanget §i auf das beilige kreuz, bu bil §i hin mit dam heil, kreuz? ins himbelraicb ins puradai§! as ber alle §älic harten ! Maria § möarä§ wrüe aufsteat, Maria, Maria Maria o königin! §i legait §ih gar scbeaneu un, Maria etc. §i geat hinaus in röa§aingurt. Maria etc. bäs bellot §i tuen in r6a§aingurt? Maria etc. di rea§lain geliacbteu bellot §i prachen. Maria etc. bu bellot §i bin mit dan rea§lain geliecht? Maria etc. a kranzle geliechtes bellot §i wlachten. Maria etc. bu bellot §i hin mit dam kranzle geliecht? Maria etc. aufs hoilige kreuze bellot §is hengan. Maria etc. bu bellot §1 hin mit dam boiligen kreuz? Maria etc. i) ins himelreich, in 's Paradai.5. Maria etc. gott hilf ün§ allen ins himelreich! Maria etc. ins himelreich ins Paradei§. — Maria, Maria, 0 Maria, königin! Vgl. Elze S. 36. Fromm. II, 86 und das Lied unter hir§e. 1) Ein Anklang- an den cimbrischen Osterg-esang- CWtb. 79 ist hier iinverkennbars ba trigar zhalge kreuze? ear trigez auf den perg etc. 30* 436 S chrö er. Der boizen hat geschossen, Mario ! mit seinen röatguldain stangelain, Mario! i roatguldain i-jt das stangele, Mario ! röat^ilbrain i§t die aher, Mario! S. oben S. 112. Jesus und Maria. Maria hat bekommen a zederle darauf i§t geschrieben ir einziger .sun. §i hat werloren ir lieben §un §le ziehet gen Jerusalem. Bol in der stat auf mitten platz da steat oin groaßes kreuze. drauf i§ geslägen ir guetes kind §i boinet au §o pitterlich. §0 spricht der hear: „barum baiiio§t du? barum baino^t du §0 pitterlich?" 'bie sol ich nicht bainen pitterlich? bu ich .^ich wließen Je§us pluet!' benn Je§us hat gezogen über stickein roin ar hat län waln oin pluetstrepfle. •/.daraus ist gebäch§en oin bainrable*/. benn Je^us hat gezogen über ebens wald (ebenes Feld) ar hat län waln oin miichtrepfle. •/.und dranß i§t gebach.sen oin boizstamlain*/. und koin messe kan geie§et §ain dabai mueß .-jaln: das boizene proat und dar küelebain. Jesus und Maria. 1. Der tag i§ wue, de nacht i§t kam main Je§us i§t et kam ! 2. Ümme i§ kam di neuneu und di nacht, wer klockhet an §o gräulain? 3. „Mach auv, mueter, liebeu main! mach auv, mueter, liebeu main!" 4. Mit getankher händ machet §'imon auv mit gerachter band emplöchot s'in. 5. „Liebes main kind, wo pi§t du gebän? ich und dain woter §uechont dich mit §m'earzen. Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottschee. 437 6. Bir hobii gläbet di Juden haben dich schon gewiichen. ich pin jo gebän pai den Jüngern main. 7. Seu hont ausge§etzot di pänkhe und §tüe]e und das hoilige sacrament. 8. Di §onne und der mone werlie§ent den sehain main kind hat koin ra§t un koin rue. 9. Di glockhen stellen das läuten ein — Hier sei nun auch angereihet das folgende Pauluslied Paulus, Der hoilige Paulus hart im griienen bald. bas birt dain de ko§te nar §ain? '§pai§e nar §ain de biirzelain. trinken nar dar ragen birt §ain. haschen nar dar barme ragen. trücken nar §ain birt den barme §unn. ra§te nar §ain birt auf lauter feigen und §toinen sterben nar §ain pai Jesus und Maria do birt main sterben nar §ain.' Maria und Johannes. Bol durt a\v grüener aJm geat dar moargensterii aw: atunten §itzot Maria bol ün§ere liabe wrä. §i ziehot a boiniges würhin und würhin wür das hau§. Johanne? schäget poin wan§ter eraus, 'Johannes, du hoiliger man hä§t du et ge§ächen Je§um main §un?' 'ih hanem bol ge§achen, herrn Je§um dain §un. mit strickhen hänt §eu 'n gepunten mit goi§eln hänt §eu 'n gegoi§elt! §eu hänt en ange§Iugen an's hoilige kreuz zbean näglain in de hende oin in di wüesz!' dar das liedle fingen kän dar §ing es alle tug amöl, 438 S e h r 6 e r dem bil ih gaben das ebig laben. Schon bei Elze S. 38 aber unvollständiger. Aarinzl, Name in Scbwarzenbach 1614, Unterlosin 1684, Stalzern.. Lienfekl, Mosel 17o0. marlstoin m. Marmor in dem Liede S. 71 ff. Marscher, Name in Laag 1614; vgl. Morsche. Martin. Familienname in Eben 1750; vgl. Mert. Martine, Koseform von Martin im Liede: Martine. 1. Bie wn'je ist auw schean Martine ar raitot bin an bage proit — tahoit ! der hoilige schean Martine ! 2. An bage da §itzot an alter man — an bage da sitzot an älter man — dahon! 0 heiliger schean Martine *» 3. So toilot mir bäs in gottes num, so toilot mir bas in gottes num ! — dahum ! 0 heiliger schean Martine ! 4. Bäs bil ich eu toilen in gottes num? bäs bil ich eu toilen in gottes num — dahum! §0 §oget dar schean Martine. 5. Ar §naidet dan bontel an der mitten anzbai ar §naidet dan bontel an der mitten anzboi — dahoi! dar hoilige schean Martine. — 6. „Nim hin du alter man nim hin du alter man — dah?»n!" 0 hoiliger schean Martine ! 7. Ich pin es et a alter man ! ich pin es nar dar liebe gott — dahott ! du hoiliger schean Martine. Maschel s. Mosche. Masehen s. Mosche. Masereben, gespr. ma§er ^ben, bei Masern hatte 1770 neun Häuser. Masern, bei Gottschee hatte 1770 acht und dreißig Häuser. masot varoloxo voc. 1479. Vgl. Schmell. II, 623: masets mhd. Wör- terb. II, 86 : unvermausgot, unvermasget. Weitere Mittheilungen über die Mundart von ßottschee. 439 massen messen; toech inassen Tuch abmessen; rahd. mezzen. maßle n. Seitel, d, i. der vierte Theil einer Maß, vgl.Schmell. II, 625. matat gesclmiacklos, fade, thöricht, wol zu matt, ital. matto. ^athaitschitsch, Name in Kotschen 1750. Mathe, Name in Tiefenthal 1700. matlos desposente vocab. 1479, im ungr. Bergland matteleas; vgl. darüber meinen Nachtr. 40" und Germania XIV, 251 meine Besprechung der neuen Ausgabe von Schmell. bair. Wörterb. mkt n. (maed) Genit. mädes. Dat. mäde Wiese, Wismat, eigentlich Mahd, das ist modd, das ist baagruod das ist Wiese, das ist Baugrund; ih bart der pis afs modd — im muede bert ih der zaeleo ich warte dir bis zur Mahdzeit; in der Mahd werde ich dir zahlen. matze f. I. Metzen, 2. Schachtel, Holzgefäß, ursprünglich diu metze, a wie gewöhnlich für g; im Kuhländchen dos matzle Holzgefäß, in Franken die metz Meinert 407, Schmell. II, 662. In Schlesien meste, im ungr. Bergi. messe Wtb. 81'. — In Tirol ist matzele eine kleine Butte, Schöpf 428. — matzle n. Mehrzahl, matzlein Dose, kleines Gefäß; tabak matzle n. Tabakdose; bilich matzle n. Bilchfalle zum.ßilchfange; püchtmatzle n. Kehrichtfaß, vgl.pücht. maa s. mal. maachen s. matchen. maul n. der Mund; für maul bei Thieren gilt: keue s. d. .Tlaurer, Name in Windischdorf, Suchenreuter 1750. Im ungr. Berg- land: 1362 Schemnitz, 1649 Krickerhäu, 1686 Käsmark, 1734 Trexelhäu, 1858 Kaschau. .Maurin. Name in Pröse, Deiitschau, Neuwinkl, Stalzern 1750. Mäusel, .üeusel, Name in Deutschau 1750. — In Schemnitz 1362: Vavsliaus. maus wögle n. Mehrzahl mau§ wöglaindasMausvögiein, der Zaunkönig. Äausser, Name in Kuntschen, Kletsch 1560, Kuntschen 1614, Schwarzenbach 1669, Altlaag, Komutzen, Rothenstein 1750. Auch bei Elze. .)Iazele, Name in Reichenau 1614. Auch bei Elze. — Im ungr. Berg- land in Käsmark 1605,1840: .Hatz, ebenso 1627 in Dopschau, 1645 in Krickerhäu. Vgl. auch .^latzdorf in der Zips. meakn. miäko vom Meckern des Hasen cf. jLur^xaoixaj blocke sanskr. meka der Bock. 440 S c h r ö e r Mederl, Mderl, Name in Otterbach 1614. — Im uiigr. Berglaud Meder, Metzenseifen 1858, in Siebenbürgen iTIederus. Medez, ledits, Name in Skrill, Nesselthal, Mosel etc. 1750. Krapflern 1700. — Im ungr. Bergland Medeis, Loi-enzen 1785. meier, moirar m. moirarin f. der Oberknecht, die Oberdirne, der Meier, bekanntlich vom lat. major, fr. maire etc. ; in Kärnten mär m. Lexer 184. Tirol moar Schöpf 414. In „Vorzeit und Gegenwart von Jul. M. Schottky, Posen bei J. A. Munk 1823« Seite 276 ist folgende Ballade mitgetheilt, die ich in berich- tigter Schreibung gebe: Di moirarin. Ein Wiegenlied !)■ 1. Bie wrüe i§t auf di moirarin Wie früh ist auf die Meierin §i stiangeit § morai§ gur wrüeje auf, sie stund des Morgens gar frühe auf, ?i §ingoit zu ir jungen §un : sie sang zu ihrem jungen Sohn: di gruwns d giieter bernd alle dain §ain des Grafen Güter werden alle dein sein; 5. prutai ninai, prutai ninai! (S. darüber oben S. 61 unter prute.) Und das da beeret di gräwin junc. Sobald das da höret die Gräfin jung, bie zornic bar §i drauf! wie zornig war sie darauf! un rüefet §i di loandirn: an rufet sie die Lohndirne: „bring umme, bring umme der moirarin §un, bring um der Meierin Sohn, 10. ih bil dir gaben a §aidaiu rockh ich werde dir geben einen seidenen Rock beider mih kostet fünfhundert gülden", welcher mich kostet 500 Gulden. Und bie di diern ehin i§t kam, und wie die Dirne hin ist kommen, 1) „Der folgende Gesang ist ein Wiegenlied und wahrscheinlich von hohem Alter, d» ihn auch die benachbarten Reifnitzerinen als solches in slavischer Sprache aU- geniein und seit undenklichen Zeiten singen." Weitere Mittheilungen liher die Mundart von (iottschee. 441 do sprichet di dierii: „hoi moirariu, da spricht die Dirne: ei Meierin, giet, ^uecliet mir küeles pninnbasser, ^eht. suchet mir kühles Brunnwasser, 15. ih bil eil biegen eur jungen §un!" ich werde euch (indess) wiegen euren jungen Sohn! Und außar bat §i genom ir messerle und heraus hat sie genommen ihr Messerlein und steckoit 's im in kindiscb harzle und steckte es ihm in das kindische Herz und s biegle i§t wurt wolles pluet. und das Wiegeiein wurde sogleich voll Blut. Di diern, deu giangait pehend aus die Dirne, die gieng schnell liinaus 20. und innin i§t kam di moirariu und herein ist gekommen die Meierin ir junger §un bar scbone toad ihr junger Sohn war schon todt der dierne messerle §taekoit in §ainem harzle der Dirne Messer stak in seinem Herzen. Bie hoiße boinet deu moirariu! wie heiß weinet die Meierin! un das derböreit der gruwe junc: Sobald das erhörte der junge Graf 25. „hoi, torbatl, du lieber main! ei Thorwärtel, du lieber mein! gia uhin zer moirarin geh hinab zur Meierin un frug, bäs ir walea tuet und frage, was ihr fehlen thut giat ir üb deu wocbitzin geht ihr ab das Kuchenbrot oder der röate baiii?" oder der rothe Wein? 30. 'Mir giat et üb deu wocbitzin mir geht nicht ab das Kuchenbrot mir giat et üb dar roate bain! mir geht nicht ab der rothe Wein! mein junger §un, dar i§t schon toad mein junger Sohn, der ist schon todt 4- 4 2 Sehr ö e r der dierne messet' im haizle stackoit!' der Dirne Messer im Herzlein stak! Und auhin i§t kam der torbatl lind hinaufist kommen der Thorwartl, 35. a§o do sprichet der torbatl: so da sprichet der Thorwartl: ,hoi, griiwe, du lieber maiii! ei, Graf, du lieber mein! der moirarin §un, dar i§t schon töad, der Meierin Sohn, der ist schon todt, und ummi- hat in pröcht di diern dain!" und umgebracht hat ihn die Dirne dein! Und hin i§t kam der gruwe junc: und hin ist kommen der junge Graf: 40. „hoi diern, hoi dierne lieben main ei Dirne, ei liebe Dirne mein beu hä§t du umme prucht der moirarin sun?" warum hast du umgebracht der Meieiin Sohn? 'biet et, biet et, herr lieber main, hätte nicht, lieber Herr mein, deu wränge bat mir werhoißen a .saidain rockhl' die Frau hat mir verheißen einen seideneu Rock! „hoi wränge, boi wränge, du lieben main! ei Fraue, du liebe Fraue mein 45. beleu ratze derscbießen bir heut?" welche Enten erschiessen wir heute? ho herr, ho herr, deu beleu du bil§t!' 0 Herr, welche du willst. darsehossen bat er §aine baiße wra erschossen hat er seine weisse Frau gebairlitet bat ar di moirarin geheiratet hat er die Meiorin. — mel s. mal. melchen s. manchen. menisch m, Mensch. So auch kämt. Lex. iSJ). Cimbr. mennescb CWtb. 146\ Im Cimbrischen gilt mennesch auch noch adjecti- visch für menschlich a. a. 0.; vgl. oben man; in Gottschee finde ich in der Ballade di präwe stiefmaeter (s. stiefiiiueter) : „bäs j güetlich und bäs menschlich i§t!" — daz menscti la persona; di menss le persone vocab. ital. 1423. Weitere Mittheilungen über die .Mundart von Gottschee. 44 ö mep I". Neuigkeit, clie novelle e adesso in Alleinagna waz merist ietzund in deotzen landen? voeab. 1423, 84'; — jetzt mare s. d.; im ungr. Hergl. mär f. unglaubliche Geschichte Wtb. 79, Nachtr. 40; mhd. maere. mep. möp n. Meer. Die mörarln die am Meere wohnende. War schon das Auftinden des Liedes: Die Braat des todten Reiters in Gott- schee ein überraschender Fund; s. darüber oben Seite 71 , so ist dieß noch mehr die Ballade ton der schönen am Meer (w«n dar scheann mörarin), die in verschiedenen Fassungen gesungen wird, indem sie in zweien mit anderen deutschen und slove- nischen Bailaden vertlochten, in der Einen aber nur als ein Nachklang der 25. aventiure der Kudrun verständlich ist; siehe darüber den Aufsatz in der Germania: XIV, 323 — 337 das Fortleben der Kudrunsage von K. Bartsch und K. J. Schröer. Ich habe, seitdem ich jene Mittheiliing machte, noch eine Ab- schrift der Baliade erhalten und zwar von Herrn Johann Erker in Altlaag ')• Sie enthält nichts wesentlich Neues. Ich beschränke mich daher darauf nur den Eingang mitzutheileii (wobei ich nur die Schreibung etwas gleichmäßiger durch- führe, als die Hs.). Du scheaneu jungeu mörarin. Bi wrüe bar auf den seheane, den junge mörarin si richtet un sneabaiszeu basciie, 5 1 si geat baschen zum proiten mör, zum proiten mör zum tiefen seab. Won baiten dort saliot si a scbitTlain sbim zbean junge iierrn atinne drin. „guet muarn, guet moarn scheaneu mörarin!" 'schean dank ir herrn jung scheaneu dank; wil guete mrjarn hau ih a beanc!' etc. Das Weitere stimmt zu der III. Fassung, a. a. 0., die dem Stoff nach einer slovenischen Ballade verwandt ist. Merkwürdig ist nur, daß hier, was zur slov. Ballade nicht passt, zwen herren in der Barke sitzen, so wie in der II. und I. Fassung (in meiner Mittheilung a. a.O. waren es in der III. Fassung drei). Diese zween Herren, die auch nach der zweiten Fassung: der Bruder und der Geliebte sind, Ortwin 1) Eine früher sciion benutzte hatte ich von Herrn R. Braune in Gottschee. 444 S c h r 6 e r und Herwig, lassen erkennen, daß dieser Eingang ursprünglich nicht der zu dieser, mit der slovenischen verwandten, Ballade war. Daß auch dieser Eingang die Worte guete möarn han ih a beanc (wenig) (vgl. Kudr. 1220 guoten morgen guoten Abeut was den niinneclichen meiden tlure) treu hewahrt, spricht ebenso deutlich dafür. Es kömmt in der slovenischen Ballade nicht vor. mergeln brummen, schmälen; vgl. Schmell. 11,616; „2. mergeln Einen, ihm zusetzen, ihn in Anspruch nehmen, plagen". Ahnlich auch tirolisch, s. Schöpf 434. — Vielleicht ein anderes Wort als mergeln in abmergeln, aasmergeln von Mark, ahd. marag. merke f. eine Rübenart. Vielleicht Nebenform von mörle s. d. mit nd. ke für le. merle s. mörle. Hlerleinsrauth, besser Mörleinsraute s. mörle, ein Ort bei Suche s. d., der 1770 drei und zwanzig Häuser zählte. merninc m. Getreidemaß, „ein merning spelten" 1757. S. motweis; vgl. slovenisch mernik der Halbmetzen. merre, mörre f. die Brombeere; vgl. murre, di röate winkmörre hörte ich nennen, konnte aber nicht erfahren, welche Beere damit gemeint sei. Die Himbeere heißt henk bore s. d. mert m. oder mertenhänle n. der Zaunkönig, auch maus wögle s. d. perzwögle s. d. Mert, Mertle Martin; „Mertlein'^ loben den Murtinsabend mit einem Mahle, Avenn es sein kann, mit einem Gänsebraten feiern S. Elze Seite 25. mertle n. Rothkelchen. Mertouz, Ort bei Ossiunitz, hatte 1770 acht Häuser. merz m. der gewöhnliche Name des Monates März ist prossmänot s. d. — der merz sei gut oder pos er treibt den ochsen an das gras und den bunt an den schaten cod. ital. mon. von 1459. f. 45^ Migutsch, Müchütsch, Tluchitsch, Nichitsch, Name in Götenitz, Moswald u. s. um 1700. Mikhez, Name in Altlaag 1750. Mille, Name in Nesselthal um 1700. Miliin Gottschee 1669. milich f. Milch, milichraiber m. Butterfaß, Rührkübel, s. sloikar. niinne Johannis miime trinken: trinckt saudt Hans min tole vn san Zoane! vocab. 1423, 94\ Weitere Mittlieilungeii über die Mundart von Gottschee. 44 1> Min», Hinä, in Tschermoschiiitz: Mioa Marie; Hine Marieclieii ; über diese Verkleinerung s. oben Seite 3S und 77. In Altlaag lautet der Name Müno, Tlüne. mirkatzen schreien wie ein Bock; slov. merkäc Bock; vgl. meaken. mirsle n. Mehrzahl mir^lain eine weiße Ptlaumenart. Cf. märsell qui- dam eibus Schmell. II, 620. mischäch n. Gemisch. mi§en blinzeln; vgl. Schweiz, inusen, müsen kalmäusern, kopfhängen, ins Stocken gerathen, Stalder II, 223; doch kann hier Entleh- nung angenommen werden, wenn slov. niizäti die Augen ver- schlossen halten, ein slavisches Wort ist. ini§t m. Dünger; mi§thaufe m. Düngerhaufe, mhd. misthüfe. mittoch m. Mitwoch. Cimbr. mittoch oder mittak CWtb. 176 unter Tag. mentochen u. a. Formen im ungr. Bergland, s. Nachtr. 21. flittenwald bei Stockendorf hatte 1770 acht Häuser. flitterdorf oder Alte Rirchen bei Gottschee, hatte 1770 drei und dreißig Häuser. Es ist seit 1788 ein selbständiger Pfarrort, mit den Dörfern Oberlosin, Koflern, Malgern, Kerndorf, Windisch- dorf, mit denen die Pfarre 1867 2250 Seelen zählte. Eine Glocke in der Pfarrkirche daselbst wird als diejenige bezeichnet, die die Gottscheewer aus ihrer Urheimat mitbrachten. Die Um- schrift ist eben so unleserlich, wie so viele Glockenumschriften des 14. und 15. Jahrhunderts, deren Buchstaben, theils wegen Ungeschicklichkeit der Verfertiger, theils vielleicht auch, weil sie wirkliche absichtliche Räthsel enthalten, nicht zu entziffern sind. Mitterdorf bei Tschermoschnitz zählte 1770 ein und dreißig Häuser. Mittergras, gesprochen Mittergräj, bei Suchen, hatte 1770 acht und zwanzig Häuser. Obergras ein und dreißig. modd n. s. mät. nioinen meinen, ih moin, du moinest, ar inolaet. — moinunge f. Mei- nung, bereits angeführt S. 21. Molcz, Name in Zwislern 1614. „monschain vielleicht" R. Dieß scheint ein Schreib- oder Druck- fehler für müg §aln mag sein. Moos, gesprochen Mda§, bei Riek, hatte 1770 zwei und zwanzig Häuser. mör, mörarlD s. mer. möre f. Möhre, ahd. moraha, mhd. morhe. Der Umlaut, den die Schriftsprache hier unorganisch eintreten läßt, fällt in der 446 S e h r ö e r Mundart donpelt auf. — Gebräuchlicliei' ist die Form mörle u. Mehrzahl niörlain Möhre. — mörlainsaiue in. Mohrrüheusame. — Merleinspaath (iür uiörlain^iraute) s. d. heißt ein Ort. Auch die Kämt. Mundart hat iiu'arl n. Möhre: mit dem Umlaut Lex. 191. morgen, smorons auch siiiorais des Morgens. Kämt, tschmorgans Lex. 192, tirol. dschmorgest Schöpf 443: im cimbr. Katechismus von 1842 steht schmorghezen, schlesiscli schmarchsta, Wein- hold 85. — \'s'l. subas Ahends. }Iorkho. Jörgel des liorkho sun , Schwarzenhach 1614. — Im ungr. Bergl. .^larko Kremnitz 1850. Mark, Markus Neusol, Schemnitz 1360—1390. niort, moat m. Mörtel: nd. murt. Ich finde auch aufgezeichnet ^.moal Mörtel", was entweder ein Schreibfehler oder auf got. nialda Molte pulvis zurückzuführen ist; vgl. kämt, malta Lex. 185, u.a. .llorobitz hatte 1770 fünf und zwanzig Häuser. Als Caplanei losgelöst von der Pfarre Riek seit 1792. Es gehören zu dieser Kirche die Orte Eben. Niedertiefenbach und Inlaaf. Man erzählt, daß an der Stelle der jetzigen schönen Kirche, die, sowie die schöne Pfarre und das schöne Schulhaus, durch des ausgezeichneten Pfarrers Joh. Krise Thatkraft erbaut worden ist, eine uralte Kirche gestanden habe. Pfarrer Krise bewahrt die im Grund- stein jener alten Kirche in einem Trinkglase gefundenen Reli- quien, die die Jahrzahl 1580 tragen. Derart sind die Alter- thümer von Gottschee! uiörre s. uierre. mor^ar, mosar m. Mörser. Kämt. lueaser Lex. 192 (d. i. = mörser). tirol. mersel, mearschl Schöpf 435, cimbr. niortear und stanif CVVtb. 148, 173. lat. mortariuui, ahd. mortärl, uiorsäri, mhd. niorsaere; neben ahd. morsali, mhd. morsel. Hie dem ahd. mor- sari nahekommende obige Form ist frei vom Umlaut der anderen Mundarten. — mö^arstrempfel n. Stößel. So auch cimbr. stremp- fel Stößel CWtb. 175. Dieß strenipfel für stänipfel ist schwäbisch Schmell. III, 685. Im ungr. Bergl. bestrempelt abgestumpft. Käsmai'k vgl. ferner Wtb. 100, Darstellung 166, Lautlehre 221. Morscher, Name in Altiaag, Weißenstein, Langenthon 1750; vgl. ISarscher. Mosche f. eigentlich wol Hasche, Haschen, wie ich 1750 geschrieben finde, heißt jetzt amtlich Tschermoschoitz !?lov. Cermosnjice obwo! Weitere Mittlieiluiigeii iiher die Mundart von Gottscliee. 44- i der Gottscheewer nur die Mosche sagt. Es hatte dieser Ort 1770 ein und zwanzig Häuser, wovon eine Gruppe von fünf Häusern naschel. die andere Gruppe von fünfzehn Häusern Tlaschen hielV — Die Tracht der Frauen nähert sich hier der slovenischen. — Moschnar m. Melirzahl .Tlosehaare der Be- wol)ner der .llosche. bolauer, bolauer, geliechter täc! heraus, lichter Tag! alle di klockhelain läutent schean, alle die Glöeklein läuten schön, und Moschnar diernlain sljifent noch alle schean und die 3Ioschner Mädchen schlafen noch alle schön. Moschner Wecklied. Vgl. ein anderes Wecklied aus Mitterdorf oben unter kräneii> Als Pfarre erscheint Tschermoschnitz seit 1509. Mosel, ein bedeutender Pfarroit mit den Dörfern: Durnbach. Reinthal, Terdreog. Otterbach, Hotscharu (= Niedermösel). Die Pfarre wurde errichtet 1509, „die Pfarrkirche St. Leonhardi zu Mi>sel ist 1520 gebaut". Valvasor VHI, 774. Im Jahre 1770 zählte Oberiuösel zwei und fünfzig, IViedermösel sechs und zwanzig Häuser. Moswald bei Gottschee hatte 1770 neun und dreißig Häuser. Vgl. oben S. 12. Mrauen gesprochen Mräge, bei Riek h;itte 1770 ein und dreißig Häuser. müehe f. Fliege; gewöhnlicher wliage. Slov moha. madel f. Nudel. — madel ploch ni. Teigbrett, d. i. in Presburg, Wien, Insbruck nadelbrett; — mndelbelgar m. Walgerholz; österr. Walger; die fränkische Form welger auch im ungr. Bergl. Wlb. 103. madigen coire; vgl. etwa kämt, madeln misten. Lexerl92; im ungr. Bergl. mndel Hode; Wtb. 82'\ müc ich kann, mag. uiüge§t, müc. ir mnget si et regieren ihr könnt sie nicht verwalten. Schon 1423:^mug posso vocab. 85\ Moesche. Name in Krapflern 1700, s. .üüschee. fflüeßen: ihmüß, da mäst, ar möß; bir müeßen, irmüeßet, jea niüßent. uiüken muhen, von Kühen; vgl. oiaezen, magetzen, Schöpf 445 und fc. malen an bachen werden 1770 zwanzig angegeben. lulle, Name in Nesselthal 1750, s. Mille, Male Nesselthal 1700. 448 S c h r ö e r mfil^unc m. der Wassersturz, ursprünglich Verdammung einer Holz- riese, tirolisch molzen, molse, Schöpf 442, 450, bair. molzen, Schmell. IL 574. Volze, flalcz, Name in Hoheneck 1614, Durnbach 1750; vgl. .Holcz. Im ungr. Bergl. Molczer, Neusoll 390, Kuneshäu 1649. Mülczer, Schemnitz 1362, Mnlczner 1365. möne m. Mond. s. mäne. monkatzen leise sprechen, munkeln, ebenso tlrol. mangkeieo Schöpf 451, kämt. Lex. 193, bair. Schmell. II, 600. oiuome f. Muhme auch maeme S. 117 im Reim auf ploeme. inuo§ 11. Mus, Brei, mhd., ahd. Diaos n. niuot m. Absicht, ih hao muot ich beabsichtige. So auch kämt. Lex. 194. Das vocab. 1479 schreibt: muot ital. muodo; nach meine (m) muot: a mio modo. mooter f. Mutter, wird selten gebraucht; gen. dat. der mneter, accus. di mneter; gewöhnlich dafür amo s. d. — müeterle n. die Gicht. mnrke f. Gurke, kämt, mnrggn Lex. 194. Schmell. II, 66: amnrken, österr. nmarken Loriza 136. Castelli 260, madjar. uborka, poln. ogörek, dän. agnrke, nl. agnrkje, spatgr. d^yöpiov aus arab. alchijär. „mnrkel Nabel" Tschermoschnitz. murre f. Maulheere, cimbr. mnrra ital. iiiora CWtb. 148. mnr§e f. eine Pflaumenart; vgl. mirsle. Müsshee, Name in Langeiiton, Steinwand, Oberwarmberg 1750; vgl. Tfuesche, Mische. musel m. Schafbock. müssen, dar toig miss s. müeßen. „mntweis" in „die bei der giafschaft Gottschee bestendlichen Ort- schaften und unterthanen besitzen ire hueben nicht mntweis, sondern kaufrechtlich". Rectificatorium de anno 1775. Ist hier mnt aus mutti der Scheflel, als Abgabe verstanden und hat mntweis abgabenptlichtig zu bedeuten, so daß eine Entstellung aus mietweis nicht angenommen zu werden braucht? mntzein scherzen. mutzen sich zieren, trippeln, zögern; vgl. kämt, mutzen putzen, tirol. zaudern Lex. 194, Schöpf 454, Schmell. II, 664. N fällt im Anlaute ab: a§t Nest, S. 41, iden nieden; et nicht und wird vorgesetzt: näbnstnckhen Abendstücken S. 38, uäkar, Weitere MiUheiiungen liber die .Mundart von Gottschee. 449 Erker. Eingeschaltet wird es in plneDen, sänen blühen, säen u. a. Mit m wechselt n in müdel s. d. nabel m. Nebel, mhd.nebel: näbel m. Nabel, mhd.nabal; vgl. „murkel". nabnstQckhen s. ammestockhen S. 38. nächni§te der nächste, der nächni§te gemoioar der Nachbar, vgl. Dehner näher. Schöpf 4S6. Es wird daher nächni§te auch eine Form sein, in der die Adverbform nachn, mhd. nähen die En- dungen der Steigerung erhält: naehener für näher; vgl. mhd. Wtb. II, 1, 283" und sodann nächni§t für nahenist. nahist. nachnial n. Nachtmal; vgl. ammestucken S. 38. nachten nachten, verflossene Nacht; eri sera: neehten vocab. 1423, 84^; vgl. hiezen nächsten Abend S. 109. nackatzen neigen; s. Fromm. IV, 396. Nadde. als Gottscheewer Familienname bei Elze S. 40 aufgeführt. Nadler. Name in Mitterdorf 17S0. Im ungr. Bergl. Nadler, Nodler, Kaschau 1399. nägar in. Bohrer, pörnagele n. pörnägarle kleiner Bohrer, ahd. naba- g^r. Vgl. cimbr. nänger, näbgor, im ungr. Bergland nekber Wtb. 84. — der negber la verigola vocab. 1423, 12''. nägel m. der Nagel, aber nicht der am Finger; vgl. negle. Naglitsch, Name in Obermösel 1750. Nahrang. Die Leckerbissen der Gottscheewer lernten wir schon unter pilich. powalitze, wochitze und kolatsche kennen. Noch gehören hieher die Artikel pröat, zahle, rnebe. straobe, hir§e, beide, arbaiße. Valvasor nennt II, S. 103 Bohnen als „bestes Tracte- ment" der Krainer. Zweimalige Ernten, sagt er weiter, werden überall angestrebt, nach der Weizen- oder Bohnenernte wird umgeackert und Heiden gesäet, nach dem Hanf oder Flachs, Hirse. „Zu diesem Ende hat man im Lande überall die soge- nannten Harpffen gemacht, da man das Getreide hineinlegt, damit es truckne, weil, es auf dem Feld trucknen zu lassen, die Zeit nicht verstattet." — Dazu eine Abbildung einer HarpfPe. ganz so, wie sie heute noch sind, s. S. 105. näkar m. Erker, Dachfenster; vgl. kämt, aker Erker Lex. 86. Nakoina. Name in Gottschee 1750. Namen. Taufnamen in Gottschee um 1614: Andre, Blase, Elsa, Gregor, Gore, Hansel, Hans. Jacob. Jarne, Jenne. lienhard. Lorenz, Lncas, Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. II. Hft. 31 450 S c h r ö e r mathes, Miel, iVichael, Nlel Springer 1560, 1614. Pangraz, Paul, Primosz, Steifl, Urban, Wöstl (Sebastian). Von 1757: Adam, Andre, Anton, Bart, Bartel, Creorg, (rore, Gregor, Hans, Ignaz, Jackel, Jergel, Johannes, Joseph, Jari, Kasper, Lnkas, IHatai, Mathel, Mert, Mrosch (Ambrosius), Paul, Peter, Philipp, Simon, Stephan, Thomas. — Bei Elze 1860: Ander, Anderle, Daniian, Franz, Gregl, Han§, Jäkel, Jo§ (Josepb), Jnre, Martin, IHattel, michel. Pal, Paalle, Richard, Toin, Tonel; Anne, El§e, Gere, Gerl, Grette, Eate, liäne, Mina, Mino, Minkele, Ilrge, Ursel. — Ich fand häufig (1867): Elsa, El§e, Gera, Gere, Gr^atä, Griate, Gr^atte. Jäkel, Jo§e, Rattä, Hatte, Leanä, L6ane, Luzä, Laze, Minä, Mine, in Tschermoscbnitz: Mina, in Altlaag: Münä, Mäne, Minkä, Minke, Mert'e, Nie§ä, Nie§e (Agnes), Päl, Pälle, l r§ä, IJr§e, Ton, Tone. — In Mosel: Nea§,rr§. Daneben die Formen: Gerate, Jnrate, Han^ate, Leanate, llf§ate. — In Tschermoschn. ist die Endung noch — a, die sonst zu a. o herabsinkt, das Deminutiv ist immer — e(= /). nanai s. ninnai. „nanar m. Raum vor dem Fenster" R. Vgl. anaich. nanne f. Wiege: n« len wiegen s. ninnai. näpfatzen schlummern, ahd. naffezen. neigle; noigle n. die Neige, der Rest im Glase; österreichisch: nägerl, tiiol, noagl Schöpf 458, mhd. neige ist in dieser Bedeutung noch nicbt nachgewiesen; vgl. nörgle. negle n. Plur. neglain der Finger; vgl. S. 83. winger urd keoe. Der Nage' am Finger heißt schü'e s. d. Eine Verschiebung der Be- deuiup'Ten die zu den unerhörten Eigenheiten der Sprache von Gottschee gehört. Ne§a, N6a§ä, Dem'"n. N6ase, in Mosel Nea§ Agnes. Nesselthal, großer Pfarrort, hatte 1770 sieben und fünfzig Häuser. Die Pfarre besteht seit 1400. Es gehören zu derselben Alt- und Neufriesacb, Lichtenbacb, Tanzbüchel, Büchel, Mitterbuch- berg, Altlaagbüchel, Reichenau, Kummerdorf, Taubendorf, Untersteinwand. net nicht s. et. Nenbacher, bei Altlaag, zählte 1770 acht Häuser: vgl. Altpacher. Neubrnch, kleiner Ort bei Neufriesach, der 1770 ohne Häuserzahi angeführt wird. Neufriesacb s. Friesach. . I h Weitere Mittheiliing-en über die Mundart von Gottschee. 4- 51 Nealaag s. Laag. Nealaagbüchel s. Laag'jüchel. Neolosia s. Niederlosin. Neomann, Ober-Mösel 1750, 1867 wird auch Neymann geschrieben. Im iingr. Bergl. Neümann Leutschau 1660. Neatabor hatte 1770 acht Häuser, Alttabor neun. Neuwinkel bei Sachen hatte 1771 neun und zwanzig Häuser. Alt- winkel ebenda zwei und dreißig. Vgl. Winkel. Nick, Nnek Fächer 1614. Schalicendorf, Töplitzl 1750. Niederlosin bei Mitterdorf hatte 1770 zwölf Häuser, Oberlosin, ebenda, zwanzig, Nenlosin, ebenda, neun. Niedermösel s. Mosel. NIedertiefenbach bei Morobitz hatte 1770 dreißig Häuser, Obertiefen- baeh, ebenda, dreizehn. Niel Springer, Schwarzenbach 1614. Hier ist Niel wol Taufname; Nico- laus? — Im ungr. Bergl. finde ich den Namen Nill in Käsmark 1644. nie§atzen, niesen niesen, mhd. niesen s. -atzen. nleschonk, lieschonk, noschar Sacktasche, Rudesh S. 267. „Escarius etiam est bursa in qua ponitur esca pro via: ein neser" Dien- fenb. gl. 111; vgl. eser, mhd. Wtb. I, 448. Schmell. I. 116- im vocab. 1423, 49^: et charnier der eser; mhd. ftser loculus vocab. 1445, entspricht einer gottscheewischen Form näsqr, nüfar, bei der n vorgesetzt wird, wie bei näkar s. d. u. a. — Ich hörte selbst in Gottschee nur die Form nü§ar. Die beiden anderen Formen scheinen entstellt, nleschonc etwa aus nüschänc von mhd. nüschen mit einer nnscbe schließen. Hindert nirgend. So auch schles. Fromm. IV, 173, indert, im ungr. Bergl., Wtb. 66: Indert. Tirol, nindert Schöpf 470. Cimbr. nindart CWtb. 150. ninnai! ninai nanai! im Wiegenlied, s. die moirarin. Die Endung ai in ninnai, nanal, prntal sieht wie eine Imperativform aus. Vgl. Diez I, 290 unter ninno. Hnffmann hat Gesch. d. Kirchl. S. 420 das snsanlune und sansenlnne aus süsä! mlnne erklärt; vgl. Megenberg: wann al sänsend stim machent slftfent, darom sausend dl ammen Irn klndern pei der wiegen, susa! ist Inter- jection geworden und mlnne Liebchen, nlna ist in Aachen die Wiege, nlnanen schlafen in der Kindersprache. Müll.Waitz 164. So in Gottschee, nanna Wiege, nannaen schlafcD. 31" 452 S c h r ö e r nisch nichts, et nicht. Das erstere steht dem cimbr., kämt., tirol. nicht nix CWtb. löl. Lex. 197, Schöpf 465 ferner, nähei- dem nischd nichts, im ungr. Bergl.; s. darüber Wtb, 84 unter nech. Das siJdostsch\vähische et nicht, das auch kämt, ist, s. Lex. 147, erscheint in der Frage auch in Tirol als it, s. Schöpf 467, weiteres über nichts nicht und it et s. Gr. Gr. III, 67, 738. noc m. Berg, Gipfel, nl. nok f. First, Spitze, kämt, nock m. Kuppe, Lex. 198, tirol. Schöpf 471. Weder ital. nocca Knöchel, das Diez II, 48 von mhd. knoche ableitet, noch nocchio nucleus gibt hier einen befriedigenden Anhaltspunkt. Auch gnocco Nocke, Mehlspeise, ist aus dem romanischen nicht zu erklären, Diez IL 33. nopfatzen schlummern. Vgl. napfatzen. „nörgle n. die Neige"; vgl. neigle. Nosche, Noschee, Name in Neulosin, Niederlosin 1700. Nnek s. Nick. „nndoschar später". In der ersten Silbe kann nü = nach enthalten sein. Vgl. nodde, nadisch Stalder 11, 241, das derselbe aus noch, doch erklärt. nne nun. In der lebenden österr. Mundart ist mir das Wort nicht vor- gekommen, cimbr. nun, kämt, na, no. Oben S. 58 lesen wir: nue i§t der toig geniachet — nae koment du toiglain afs nmdelploch. nnosch m. Dachrinne, Rinne; ahd. nuosk etc., ein allbekanntes Wort; beachtenswert ist nur die Bedeutung, die es überall in den Mundarten hat; cimbrisch, kärntisch stimmt näher zu gottschee- wisch, im ungr. Bergl. und der lleanzei waltet die Bedeutung Freßtrog vor; s. Wtb. 102: ursch. Fromm. VI, 339. nüschanc die Tasche, nehme ich an statt „nleschonk" s. d. Dazu ist noch zu bemerken, daß mhd. nüschen zuschnüren, noch in der Schweiz erhalten ist. Stalder II, 247. nüsar m. die Tasche, mit vorgesetztem // aus einem mhd. äser s. » nieschonk". 0. — volle Vocale hört man oft auch in Bildungssilben: sprichot, hörot, dienon, mneßont, was wie ein Nachklang des Ableitungs- Vocals der zweiten schw. Conj. aussieht; aber auch kamor, laibor etc. So schreibt das vocab. von 1479: erlösor. wirdi- gosten u. dgl. Das o in beckot weckte ist aus älterem a ent- standen; s. die Anmerkung unter Margretitzle. |.^ Weitere Mittheilung-en über die Mundart von Gottschee. 4-Of) Das kurze a wird u, o, das lange u. Langes o wird öa: äwernäch Ahorn, owin abhin, hinab, getüo gethaii, öa§tern etc. Merkwürdig ist die Endung weiblicher Hauptwörter und der schwachen Adjectiva fem. in o, was an die gotische weibl. Endung 6 erinnert. Es ist ein zu o gesunkenes ahd. d s. amä, das sich, merkwürdig genug, auch im Adjectiv gehalten hat, indem das kurze o des Masculin in e übergieng. Also gotisch: masc. blinda fem., blindo; ahd.: masc. plinto fem. plintä; gottschee- wisch : masc. plinte fem. plinto. S §leabe. Oberbuechberg hatte 1770 fünf Häuser, Fiiterbuechberg neun. S. Buchberg. Oberdeutschao 1770 mit sechs, laterdeotschaa mit sieben und dreißig Häusern. S. Deutschau. Oberfliegendopf s. Fliegeiidorf. Obergras hatte 1770 ein und dreißig Häuser, s. Mittergras. Oberkatzendorf 1770 mit drei Häusern, s. auch Ratzendorf. Oberlosin hatte 1770 zwanzig Häuser, s. Niederlosin. Obermitterdorf 1770 mit fünf Häusern. Obermösel s. Mosel. Oberskrill s. Skrill. Oberstein 1770 mit zwei Häusern. Obertappelwereh s. Tappelwerch. Obertiefenbacb s. Tiefenbach. Obertschatschitsch s. Tschatschitsch. Oberwarmberg s. Warmberg. Oberwetzenbach s. Wetzenbach. Oberwillbacb hatte 1770 drei Häuser. Oberem, gesprochen Obrarn. bei Mitterdorf hatte 1770 zwanzig Häuser. Oberlaser. Name in Riek 1616; vgl. Oblaser. obere m. nämlich Wind, der Ostwind, jauk m. der Südwind, pär (= Bär) m. der Nordwind. Oberleger m. Wiesbaum in Tschermoschnitz. öberlinc m. Ermel. d öberlinge hent of a ploche ivest niderge§Iagen und gekrispat die Ermel (des Hemdes) werden auf einem Brette fest niedergeschlagen und gefältelt. 454 S c h r ö e r OberiiiaDQ, Name in Nesselthal 1700, Kraptlern, Gottschee , Biichel 1750. Oblaser, Name in Riek 1616. ofen, owenkerach n. Ofenkericht, oweakerer m. Ofenkehrer, owen Spange f. Ofenblech. offe f. der Frosch, cimbrisch aflfa, haffa f. Kröte CWtb. 127'. Vgl. höppin Kröte Schmell. II, 221. — Mhd. ooche, tirol. auke Grimm Wtb. I, 817, Schöpf 23; im ungr. Bergl. erdhaoch, s. Nachtrag 24. Ognitsch, Name in Buchberg 1614, in Nesselthal 1614: Hagnltsch. Die ältere Form, die auch oben S. 36 nachzutragen ist, ist ignitsch 1560, so auch in Mosel, Prörübel, Deutschau, Buchberg. og§ m, der Ochse; schon 1423 : der ogsch, dl ogschen vocab. 36% vgl. oben S. 23. oi steht gewöhnlich für mhd. ei, wird zuweilen zu ö zusammengezo- gen; z. ß. bdß weiß, s. S. 21. Zu ahd. leiträ, slovenisch lojtra konnte noch angeführt werden mhd. meisten, slov. möjster. — oin ein. a het oio liedle s. liedle. — oimon einem; 's läutet oimon aus. — oinder einer etc. ommestuckhen s. ämestuckhen. omol n. „omoileu Spreu''; tirol. nüniäl f. Spreu, Schöpf 476. Schneller leitet es ab von anima S. 271. Vgf. jedoch Schni. U, 564: maileu und ahd. anamali. omplatz s. äuiplatze. Opianitscb, Name in Gottschee 1669. -or als Endung der Wörter: laibop gleichwol, kamor kaum, denuor darnach, bennor wenn, ist beachtenswert. Laibor scheint zu- sammengesetzt aus lai (=lich) und niaßre wie kämt, leisiinar. Lex. 156, bair. gleichsowol, gleichsoinar Schmell. II, 425; deonor erinnert an cimbr. denjar darnach, CWtb. 115. — ben- nor ist vielleicht aus dem altsächs. huan^r quando primum? Gr. Gr. III, 182 nl. wanneer, nd. wann^r, wenner zu erklären und kamor scheint die Comparativform, mhd. kdmer; vgl. Gr. Gr. III, 600, 619. orbaiße s. arbaiße. Orlouitsch, Name in Gottschee 1750. or§liffer m. forticula, Ohrschlüpfer, der zweite Theil des Wortes aber gebildet aus dem Plur. prät. von slife, sleif, sliffen. Weitere .Mittheilungen über die Munrlart von Gottschee. 4-0 5 «rt, dart n. das Ende, er igt am dart. Voe. 1423 : daz eckt oder binchel oder ort el chanton ll^ ö§, ü§ n. Aas, ahd. ils. Ossianitz, hatte 1770 neunzehn Häuser. Die Pfarre soll 1509 ge- gründet sein. Osteroiann in Mitterdorf 1700, Koflern, Ort, Altlaag, Zwislern, Kern- dorf, Rein, Mos, Moswald, Schalkendorf, Graflinden etc. 1750. In Kerndorf 1684: Ostermoo. OstermoD s. Ostermaon. ostern, öa§tern Ostern. Die Osterkuchen werden gefüllt mit zwei Arten Fülle (so wie anderwärts theils mit Mohn, theils mit Nässen) und jede dieser Füllen besteht aus zwei Ingredienzien, aus Honig n>lt Hanf (sie) oder Ei mit Hanf (Ostra stellt chinde honac egir snoziu! ließe sich hier anführen, wenn man an Zap- perts Schlummerlied glauben könnte!). — ^Voni Fasching- dienstag aufbewahrtes Brot wird in die Osterspeisen gethan. Die bei den Gottscheewern übliche Osterpalme, welche zwei Zoll dick ist und am Palmsonntage in der Kirche geweiht wird, besteht aus Zweigen der frühen Weide, .aUoe praecox , welche oben mit Epheu umwunden, unterhalb mit rothen und ander- farbigen Bändern zuspmmengebunden sind. Diese geweihten Zweige werden in Kreuzform geschniicen und an d'e S^^U- und Kellerthüren gehängt, damit die He>:cn nicht in die Stallungen eindringen und dem Vieh Schaden zufügen können. Auch werden bei herannahenden Gewitterwolken einzelne dieser Weidenruthen in die Felder gesteckt, damit der Hagel nicht schaden könne." Elze. Oswald, Oswolt, Name in Schalkendorf, Neuwinkel 1700, Deutschau 1750; im ungr. Bergl. Oswalt, Ozwald, Schemn. 1362, 1858, Pilsen 1785. Oswald Neusol 1390, Untertr •/., Oberturz 1858, Käsmark 1605, Osbald Kaschaa 1645, Oswald 1329, Ostwald Käsm. 1627, Oßwald Kremn. Käsm. 1850. In Presburg 1379 •• Oswaldns hawer. otter hernach s. atter. Otterbach bei Mosel hatte 1770 achtzehn Häuser. -ot häufig im vocab. 1479: glaczot, naliot, spreclot, masot; in dem vocab. von 1423 noch -at, sprecklat fleckig 61% fiereckat 47H ebenso noch in Gottschee vgl. stockat, ränclat etc. 456 S c li r ö e r owerDoch ii. Aliomgehiisch s. aweroäch. owin hinab, aus ab-hiu: man hört aber auch ühia s. ä ab S. 36 und hin S. 109. — di sonne g6at owIn die Sonne geht unter. In Altlaag hörte ich aber: es sei nicht recht zu sagen die Sonne gehe hinab, die Sonne geht Gott folgen, s. darüber S. 93. Für Meinerts Ausdruck die Sonne geht zu Golde, den ich a. a. 0. bezweifelte, finde ich ein Zeugnis aus Cod. germ. mon. 714, f. 65^^: die sonn gong zu gold. P. s. B. Nachzutragen ist daselbst; pänze m. Wanst, Mehrzahl panzen Gedärme. — pänke f. Trommel, S. 47, vocab 1423: her- pauk f. tamurlo; der pancker pauken 24''. — parm spr. purni m. Mehrz. pärme Abtheilung im Getreidekasten (was mehr zu ahd. parani parama sinus, als zu parno stimmt). — patschen vom knisternden Feuer, vom geknickten Floh. — p^ar m., mhd. b^r Eber. — Fern Verona vocab. 1423, 38\ Peren Verona cod. it. 1460. f. 4^ — perner bagatin denaro voc. 1423, 18% 89% 1460 f. 22^ — a p6§e ein wenig. — pignade der Raum unterm Dach für Heu. Es ist vielleicht zu schreiben: bignade (= wignade) und geht auf ein Zeitwort wignan zurück, in der Bedeutung wellern: vgl. Schweiz, wigglete Wellerarbeit Stald. II, 450. — pilich S. S3; vocab. 1423; pilichein chursen fodra di giri 8% — Der Infinitiv von ih pit ich bitte ist paten (patten : beten). — plässen blocken. — s' plädnt es weht der Sturm. — pliede unwol. — plickatzen blitzen. — porze Buche. R für L in rearachle s. d. ahd. lerahha Lerche. Raab, Rab, Name in Schwarzenbach, Lienfeid , Prörübl 1750; vgl. Ranib, Romb. Im ungr. ßergl. Petrus de Rab Neusol 1390. Raab Käsm. 1610. Rab Leutsch 1660. rabhüenle n. Rebhuhn; mhd. rebhuon. räche m. Rechen, mhd. reche m. Rächer, Recher, Röcher, Name in Oberlosin, Niederlosin, Mitterdorf, Gottschee, Schalkendorf, Zwislern 1750, s. auch Recher. rächt recht, rächt wll bainperlain drauf recht viel Korinthen drauf; s. powalitze. Weileie Mittheiliingen iil)er die Mtiiiil;irt vDn «iottscliee. 457 räckel s. rockhel. radle s. samittenrädle. räfganc m. Rauchfang; vocab. 1423: rauchhaus el ohamino 11\ räfhäkhe f. Haken an der Raufe. rähen räuspern. Vgl. Stald. II, 263: raueu. rÄf s. räw. raiben reiben, zerbröekehi, stückweise reibend losbröckeln, „rebeln" s. Pfeiffers Germ. XI, 237. — geribens pröat geriebenes Brot ; milich- raiber s. d. Butterfaß; vgl. relberkäs Schmell. 111,7, daher slov. ribali reiben, ribezin Reibeisen. Mais abraiben sagt man in Gottschee für abkornen. raibende n. das Fieber; die Ruhr. Vgl. schüttel. „ralmef. das Schaff". leb bezweitle die Richtigkeit der Aufzeichnung. Vgl. raine f. Rain s. Rein, raine f. Milchschüssel, auch von Holz, ebenso kämt. Lex. 206. Eigentlich das deutsche, außer Österreich längst verschollene Wort für casserole ahd. rina Graff. H, S22. Vgl. Schmeller III, 101 : rina cacabus (12. Jahrb.), Das Wort ist in Schades Wörterb. übersehen und fehlt im mhd. Wtb. ; im ungr. Bergl. reitopf Milchtopf; rain f. irdene dreifüßige Pfanne; im rainchen werden Speisen aufbewahrt und versendet Wtb. 87. raißen zwicken. ram m. Mehrzahl ramme der Rabe Vgl. Römergrund. Ebenso cimbr. rem remmeWib. 221. Schon alid. hram neben hraban Rabe: im 16. Jahrli. in Marb. schon Ram. ram m. Rahm. siieRer ram«, mhd. roum- Ramb Name in (iottschee, Prelibel 1750 Vgl. Romb. Es ist der Name abd. Hraban, Ram vgl. rtlm. Habe. Ramor, Name in Gottschee. Reichenau, Götenitz 1750 u. f. Vgl. Rumor. Ramutha. Name in Gottschee 1750. Ramstriegel, kleiner Ort, der im Jahre 1770 vier Häuser zählte. Die Mundart spricht Ramsrigel, das wäre ein Riegel d. i. Bergabsatz, der von einem gewissen Ram (s. oben Ramb) den Namen hat. Demnach wäre obige amtliche Schreibung unrichtig und dafür zu schreiben Ramsrigel. 458 S c h !• ö e I- ränkhe, raakhel f. der Bohneiisteckeii. ronkhelarbaifte oder ronklate arb. rankende Bohnen. Vgl. tirol. rlingge Holzstange Schöpf ö33 Schmell. III, 111. Lexer 204. Rankel, Name in Gottschee, Altlaag, Windischdorf, Klindorf, Malgerii, Hoheneck, Hasenfeld. 1750 vgl Ronkhel. Raokeli Name in Schwarzenbach 1614 Rankhele, Klindorf 1614. rä§te f. 1. die Strecke Weges bis zum Ruheplatz, 2. der Ruheplatz, die Lagerstätte, Name für Gegenden in Kärnten Lexer 205, ebenso in Tirol Schöpf 536. In Krain bei Zarz der Berg Rast^ gesprochen Roscht slovenisch: PocWalo (von pocivati ruhen, rasten). S. oben Seite 30. ra§ten ausruhen ; auch vom Teig ge- braucht: di wiar toiglain niüeßent a wiertelstande rasten s. oben S. 58. Ranch, Name in Gottschee, Graflinden, Lienfeld, Hinterberg, Reinthal 1750. Im ungr. Bergland in Leutsch. Rauh 1660 in Schemnitz, Stooß 1858: Ranch- Auch im trank, henneberg. Spieß 201. raate f. eine Reute, Rodung. Die mit Steinen oder Hecken eingefaßten, mit Gemüse oder Flachs bebauten „Grüblein" nennt man auch Rauten. Vocab. 1423 : die raut la ruda 35'. Dieselbe Form mit au für eu (mhd. iu: rlute) mit verschiedenem Geschlecht, auch als Ortsname kämt., tirol., cimbr. Lex. 205. Schüpf540, CWtb. 159 : „raut m. — Gareut — der deutsche Name für Frassilongo. Der Familienname Roncari wird durch Reutenar gegeben." Im Lehen- buch der Grafschaft Cilli Codex 243 fol. 39. circa anno 1436:« Christoff Rewter hat ze lehen enphangen vnd sein erben . . . die hernach geschriben gueter der ersten fünf hüben in dem Gostel gelegen, zu dem ungerischeu gerewt vier, vnd die fumft zu band oberhalb am Padaw. Item drei hüben im Kostel vnder der kyrichen gelegen mit ir zu geliörung, da Peter auf ainer (sie) und Tome auf ainem (sie) karnig (?) gesessen sind, und sullen zu dem ungrischen gerewt ader anders wo in unser herschaft hewslich gesessen sein und auz der herschai'l nicht ziehen." Schriftl. Mittheilg. von Prof. Zahn in Graz. —Vgl. oben S. 92: gereut. Beachtenswerth sind die Orte in deren Namen die Form rode für reute vorkömmt, was auf eine Einwanderung aus Mittel- oder Niederdeutschland hinweist. So Edelschrot, von 1270 bis 1300 noch Creleschrode und Oelenscbrode, Leonrod von 1218 bis 1300: Leonrode, Lewenrodc und Lewenrodin. Zahn. Weitere Mittheiliing-eii über die Miindait von Gottschee. 4-o9 räwe , rdwe m. Balken, der das Dach stützt; mhd. räve ahd. rä?o. Kämt, raf Lex, 202 tirol. räfen Schöpf 52(i. ratze t". Ente. Slovenisch raca. Die Ente muß den Gottscheewern lange Zeit ein unerschwinglichei- Braten gewesen sein, so daß selbst die Erinnerung daran mit der deutschen Benennung aus- gestorben ist. Das Deminutiv ratzle n. l)egegnet in dem Kinder- reim oben Seite 68: das ratzle steat of proitem tatzie. Cimbrisch scheint ähnliches der Fall gewesen zu sein. Dort heißt die Ente: anera f. nach dem italienischen anitra- reaßach n. Haidekraut sl. r^sa. Rebasse, Name in Püchl 1750. Recher, Rächer, Röcher, Name in Gottschee, Oberlosin, Niederlosin, Mitterdorf, Schalkendorf, Zwislern 1750. Diesen Namen führt auch Bergmann auf aus Genta im CWtb. S. 13. „Recher, Lam- ber, Tonezzer. " vgl. Reher, In Marb. schon 1367: Phil. Recher. röh, r^ach n. Reh; mhd. rech. recht n. in harreht, so hieß 1316 eine Flachssteuer in Krain, die nicht nur in Flachs gezahlt wurde: quicunque nutrit apes solvit harreht et steuram — pro jure quod vocatur harreht, quaelibet hubarum solvit duo mez arenae 3 denarios veteres, lini 3 zech- iing. — rächt recht, vestärkend : rächt wil baiuperlein draof recht viel Korintchen drauf s. powalitze. rechlange f. der Vortrag die Aussprache, Erklärung, vgl. mhd. er- rachelich explicabilis zu ahd. rahhon; im Liede treue liebe unter liep. reckel s. roekhen. reden reden; part. pass. geroit geredet, Mhd. sind die Formen gereit für geredet, sowie du reist, er reit häuGg s. mhd. Wtb, II, 601. Reher, Name in Hoheneck 1614. Oberlosin 1684. Im ungr. Bergland Paulisch 1858. Rehor. Vgl. oben Recher, zu bemerken ist, daß Rehor slov. auch für Gregor vorkömmt. Regina im Liede. Regina. 1. Wan dort da stet oin gartle mit röasen ists angesan Darain spaziert oin juncfrau mit oin snebaißen kloid. 460 S f h r ö e r 2. Si tuot di roasen prechen mit grüenen majoraii: „giiot morn du Jüngling du ailerschönster main!" 3. Si roicliot imon oin pesclile mit grüenen majorän. 4. „Schean dank, du juncfrau, du allerschönste main; Bü bist du aingekomen in main röasengurt? 5. Maine türen hent wnrslosssen, meine mauern hent zu höacli!" 'Mir hent koine turn worslossen. mir hent koine mauern zu höach!' 6. „Bi hoißot juncfrau dain name. dain name?" 'Main name der hoißet Regina.' 7. 'Bi hoißet Jüngling dein name, dein name?' „mein name hoißet: herr Jesus hoißet main nam. 8. 'Benn dein namen linißet herr Jesus, so pist du gottis sun!' reichen roichen reichen, roich mer dar den baißea hand im Liede; mhd. reichen. Das Wort scheint sonst in Üsterr. nur in der Zusammensetzung hin- zu- etc. roachen üblich. Reichenaa bei Nesselthal zählte 1770 sechs und vierzig Häuser. reif roiwstnl m. die Schnitzbank, roiwstolkäoe f. gleichsam Schnitz- bankmaul, der obere Theil derselben. rein roin m. der Rain, die Ackergränze, das Gestade; der Bergweg. Im Liede ist eine typische Formel der breite weg und der steile Rain (dar stickle roin); cimhr roan, rönleWtb. 161. mhd. rein. Rein gewöhnlich geschrieben Rain gesprochen Roin, ein kleiner Ort der 1770 sieben Häuser zählte. Reinerle, Name, den Elze aus Gottschee anführt. Im ungr. Bergl. Reiner Kaschau, Käsmark, Pilsen 1600 — 1840. Reintlial bei Mosel zählte 1 770 acht und dreißig Häuser. In der Kirche die Inschrift: „hoc altare erectum est sub parocho Joanne Hess Herbipolensi 1648." Reischel Reyschel, Name in Lienfeld 1780. reiten roiten rechnen, cimbr, roaten, tirol. roaten, Kämt, raten Wtb. 161. Schöpf 529. Lex. 207. mhd. reiten. Daher: roitnnge f. Rechnung. Die Slovenen haben das Wort entlehnt und zwar reiten in der Form: räjtati rechnen; reitunge: rajtinga Rech- nung, ganz wie zajfa, majninga s. oben S. 21. Remschall, Name in Morobitz, Weißenbach um 1700. Renilowitsch, Rennilowitsch, Rainilonitsch. Name um 1 7S0 in Gottschee. rßrachle n. r^arachle n. riäritchle die Lerche. Das /wird im Anlaut ?', wodurcb eine Form entsteht die wie eine Reduplication aussieht Weitere Mittheilungen über die Mundart von Goltschee. 461 ahtl. l^rahhii. cimbi*. lebercha im Spruch: kickoz kackoz, de leberchen gent parvoz. Wtb. 142. Reser. Reoser, Name in Niederlosin 1614. Retel. Röthel, Röttel, Name in Schernbrnnn, NeutViesach, Nesselthal, Pröribel, Knflern, Niederlosin, Wiridischdoif um IToO. Im ungr. Bergl. Rötel Schemm. I;i67 Neusol 1390: Rotel suiit. Rüthel Leutschau 1660. Rewter Christianus anno 1436. s. Raute. Dieser Name stammt vom Rheine her. Im ungr. Bergl. finde ich den Namen Reuter 1660 in Leutschau. Das Wort reoter ist keine Nebenform von reiter sondern ganz andern Ursprungs. Alemannisch rüter, nl. raiter geht auf mlat. ruterus ruptarius zurück s. Weigand II 491, jedoch kann der Name auch mhd. rlDtaere Urbarmacher sein; der dem ital. Roncari entsprechende Name lautet freilich cimbr. Reatenar s. raote und Schneller S. 169. ribaisenle n. Reibeisen. Daher slovenisch: ribati reiben, ribezin Reib- eisen. — Mais abraibeo sagt man in G. für abkornen. ribitzei n. Johannisbeere. Allgemeine östr. ribisel. Schmell. verzeich- net auch die Form ribizel III, 8. Ribnik. Röbnig. so 1770 geschrieben, hatte damals zehn Häuser. Rieke. Rieg f. hatte 1770 ein und sechzig Häuser. Hier war um 1407 Joannes Zeng al. Zink Pfarrer s. Seite 18; vom Jahre 1654 wird Vitus Math. Ramor s. d. als Pfarrer bezeichnet. Der slov. Name des Ortes Reka der Fluß (daher auch Fiume slov. Rek heißt), paßt hier nicht. Vgl. kämt. Riegge, Name einer Wi<'se. Lex. 209. Richerns plebanus in Zirklach (Cerklje) sei als deutscher Name in Krain vom Jahre 1156 angeführt, als Gottschee noch eine VAlldnis war. In Marb. 1144, 1202: Rieher. riehten in anrichten anrichten sagt man auch vom Waschen der Wäsche s. mer. rickel m. Runkelrübe. Vgl. etwa Rigroeben Schmeller III, 66. ridel m. Kopfring um Lasten auf dem Kopf zu tragen, zu mhd. ride reit riden drehe etc. Ebenso Kämt. Lex. 208. Schöpf 353, vgl. rigerle. Cimbr. ridel Reifrock, rideln wickeln. rige n. der Faltenschoß des Kleides unter dem Gürtel; daher rigen in Falten legen; gerigotea pfoit gefälteltes Hemd. Das Wort gehört zu rihe rech rigen und ist alem. S. Stalder rigl f. rigenen II, 275. In Gottschee ist es schon im Erleschen. 462 S c h r ö e r rlgel m. der Bergabsatz, Hügel. S. Weinhold bei Fromm IV, 201. im iingr. Bergl. und Siebenbürg. r^g regel rigikal s. Wtb. 34 unt^r berg und Darstellg. S. 409, 2. rigerle n. hört man zuweilen für ridel s. d. Rigel, Name in Fächer 1614. Im nngr. Bergl. Rigelios Käsmark 1610. Rigel Schemm. 1858. Rigel ein Dörtlein, das 1770 sechs Häuser zählte. riken, di — la fubia vocab. 1479. 12". rinkale n. die Schnalle vgl. Stald. II, 278 = ringgen. Rinser s. Rünser. rise m. der Riese. — Die Riesen waren große, starke Leute, so groß, daß neben ihnen der größte Mann wie ein Zwerg aussah. Die letzten Riesen aber wohnten in Nesselthal, wo noch ein Brunnen ist, den sie erbaut haben. Als nun die Menschen auch bis dahin vordrangen und das Feld bebauten, da sagte ein Riesen- mädchen; „was thun diese Ameisen?" Ein altes Riesenweib aber antwortete; „diese Ameisen werden uns alle noch ver- treiben!" Mündlich aus Mitterdort. ri§e f. pisel f. Holzriese, mhd. rise f. Ebenso kämt. etc. risel m. Hagel, riseln von kleinkörnigem Hagel. Lexer verzeichnet das Wort in dieser Bedeutung nicht. Es ist alemann. Stald. II, 275, tirol. bair. Schöpf Öö8, Schm. Hl, 133. rittarsmän m. Ritter; in der Ballade: (Blaubarts. Bie wrüe i§t auv der ritter§män ar hevot a neues liedle an. a liedle mit dreuderloie §timlain a liedle mit dreuderloie §tinilain. Das derhöret kloins mediglain kloins mediglain in §läfkamerlain: „benn ih dan rittar kennot, laibeller das liedle fingen tuet! das liedle mit dreuderloie §timlain das liedle mit dreuderloie ^timlain! Dar bärot main dar liebe, dar barot main dar liebe!" Weitere Mittheiluugen über dieMiindait von Gottschee. 4'63 Avvor da märoti) §ih der rittar junc: „ih pin es, daiii dar liebe! i kan das liedle guet §iiigen, §0 kirn za mir prav mediglain." un aiiv da machet prav mediglain, ar nimot §eu bai §neab;iißer haut a sbingot §eu af §ain hengistlain §eu raitent ahin an bage. bi §eu a §tiickhle hent geritten raitent §eu wiir wor a he§elstaude Lei bu do eilf turteltauben tuent §itzen. §eii singent a neues liedle: „So laß dih junefra, werwiieren et, der rittar tuet di werwiieren." „Bir §aiben schon ün§er eile deu zwelt'te den ber§t du §ainen!" 'So würcht di et, du junefra schean, de turteltauben §ingent a het oin liedle. De turteltauben §ingent a het oin liedle bie §eu in dam lante tuent §ingen ~). bie §eu a stückle geritien hent §eu raitent wür wor a prunne schean bu da pluet und bässer tuet rinnen bu da pluet und bässer tuet rinnen. A§ö da §prichet deu junefra schean: „0 rittar jupc, du lieber main, bäs rinnet da wor a p^'unne, bu da pluet und bässer tuet rinnen?" 'So wüvcht ti et du junefra schean 's ischt in dam länte a hett ein prunne Laibu da pluet un bässer tuet rinnen, laibü da pluet un bässer tuet rinnen. 1) Hs. luoret, d. h. meldet. *) Vgl. Göthes Faust Kerkerscene: sie singen Lieder auf mich, es ist bös von den Leuten, ein altes Märchen endet so. 464 S c h r ö e r Un bie .se a stücklile geritten lient §eu raitent in a win§tei*n bald. Ar proitet aus koKsbarzen bontel, ar setzot den scheane junci'ra draf. Si scbäget mon freundlich in di ägen, as iren äglain wlielJtent zahern. „So boine§t du (im dain wiiter§ guet? büder boine§t du (im dain §tolzic mueter? Boder boine§t du um dain ere, laibes in baUle tuet plaiben?" 'I boin es et um main wiiter§ guet i boin es et iim main stolzic mueter. I boin es lai um deu ballige tande, bü di elf junefran tuent hangen.' „Es hangent schon elf junefran drauf, deu zwelfte, deu berst du §ainen. Es kan gär et ander§ §ainen es kan gar et ander§ §ainen!" „So vverlab mir ritter drai scbroige ze tuen, §0 werläb mir rittar drei scbroige ze tuen." So scbrai biwil as du bil§t, 's i§t niemand ze hören in balde!' Den er§ten sclu'oi si machen tuet, §i machet en zen wüter ir. „So kim mir ze hilfe main wuter, main laben das plaibet in balde!" Dan sboiten schroi si machen tuet, .^i machet en zer mueter ir: „So kim mir ze hilfe, main mueter, main laben das plaibet in balde!" Dan dritten schroi §i machen tuet, §i machet en zen prueder ir: „So kim mir prueder ze hilfe, main laben das plaibet in balde!" Der prueder dar bärot a jager§man der prueder dar bärot a jager§man. Ar höret das hundlain koulen ar höret §ain §be§terlain schraien. Weitere Mittheiliingeii über die Mundart von Gottschee. 463 'Hält auf, hält auf, du rittar junc, hält auf, hält auf. du rittar junc! 1 . So schenk mainder §be§ter das laben. ?o schenk mainder sbe§ter das laben! — — — — — (Mitterdorf). 1. al. de .sbe§ter den gehöret niain. ritsohat adj. kraus; tirol. ratschelet in derselben Bedeutung, Schöpf 572, ital. riccio kraus; vgl. darüber Diez I, 348. Schneller S. 277, vergleicht zu der tirol. Form rlsclolnto. roekhe m. Rocken, rockel m. zum Heutrocknen eingepfählter Ast mit Nebenästeii. räckhele n. dürrer Ast, Mehrzahl racklain: Sporn an der Heugabel : Rudesh schreibt statt dessen „reckel", kämt. rogge, röggl Lex. 209, mhd. rocke. Lexer trennt davon, ich weiß nicht ob mit Recht, räggel f. Stange, S. 203, was, wenn es von rocke verschiedenen Stammes ist, zu ital. raccolta Ernte, racogliere aufraffen etc. zu halten ist. rockiate m. der Teufel. roif m. der Faßreif, mhd. reif s. reif. Ronib. Name in Nesselthal 1684, Rom in Altlaag, Nesselthal. Ribnik, Stockendorf etc. 1750, Mosel 1867; vgl. Ramb und rüni. Es ist die mundartliche Form für Rabe. Im ungr. Bergland Rab Petrus, Neusol 1391, Käsmark 1610, Leutschau 1660. Röinergrond. wahrscheinlich für Räniegrund d. i. Rabengrund, s. räm, kleiner Ort, 1770 mit acht Häusern. Ronkhel, Name in Lienfeld 1684, Zwislern 1730. Vgl. Rankel. Im ungr. Bergl. Ronikl Schemnitz 1858. Rönner. Name in Skrill 1750. Vgl. Roner in den VII commuiii, auch im ungr. Bergland Wagendrüßel 1858. Näher steht aber viel- leicht Renner Käsmark 1840, Hochwies 1858. ros n. Roß, hengl§tle Hengstlein, s. S. 107. Das Fremdwort Pferd ist noch nicht eingedrungen, wie auch im ungr. Bergl. Wtb. 88. Vocab. 1423: daz pfart ross hengst el chavallo 30*. röschen frizere vocab. 1479. rose. röa§e f. Rose, gewöhnlieh Blume, überhaupt röe§le, ree§Ie n. Röslein. rda^engarte m. Rosengarten, Blumengarten im Liede in Gottschee sehr beliebt, s. Maria. Auch im ungr. Bergl. Wtb. 88. Ob nicht der rösengarte der Heldensage noch nachklingt, ließe sich wol Sitz!., d. phil.-hisf. Cl. LXV. Bd. 11. Hft. . 32 466 S c h r ö e r. erst aus einer vollständigeren Sammlung der Gottscheewer Balladen erkennen. gartröa! Name in Gottschee. Sohnsteritsch Name in Mosel, Moswald, Püchl, Rein, Zwislern 177ö. sehöltel m. Fieber. So auch mhd. schütte! m. Fieberfrost, nihd. \Vtl>. I[. 23 i, s. auch Schmell. 420. Im ungr. Bergland das schüttel- denga (d. i. das schüttelndisfe) des Fieber s. Nachtr. 47. 19. Vgl. dazu den Fluch im ungr. Bergland: di an soldich schütteln, sohniaisen, warfen: breeh hals und gebain! Darstell. 40 (290). Schw s. auch sb = sm. Schwarsohnig, Scbworschnig SehMäfacbing, Name in Neufriesach, Gö- tenitz. Masern etc. 1775. Schwarzonbaoh. Ort bei Gottschee 1770 neunundzwanzig Häuser; Scbwarzenbach bei Ossiunitz 1770 dreizehn Häuser. Schweiger. Name inWetzenbach 1773, in Handlern 1360, Riek 1614. Im ungr. Bergl. in Kaschau 1838. Schwetitsch. Name in Lienl'eld, Krapflern 1773. Schworsching s. Schwarschnig. s^ s^a da hast du: seat da habt ihr: auch sja sjat gesprochen. Elze schreibt dsche. Der uralte Imperativ eines verlorenen Zeit- wortes (?j, der schon gotisch (sal) vorhanden war und sich von dem Imp. von sehen (saihv) unterschied, wie ahd. se von sih, hält sich noch unerschüttert. Vocab. 1423: se to : nim oder se! nenipt oder seet! 31\ s. Kämt. Lex. 230; cimbr. Wtli. 168., tirol. Schöpf 663, Stald. II, 296. Schmell. III, 180. s6 §6a m. s6ab, Dativ seabe See. Meer; mhd. s^: ahd. seu: got. saivs m. „seach schaffle n. Holzgefäß." Vgl. sechtar. sfle seale f. die Seele; mhd. s^le. .s^ap f. Tasche; im ungr. Bergl. schebb und schebbs, siebenb. sächs. schäpp. wozu ich nd. schapp Schrank magyar. zseb verglich. Wtb. 91'. seare f. die Wundheit. Neugeborne bekommen zwischen den Füßen leicht di seare s nnblsiäre f. (Nabelsehre?) fäulnisartigo Entzün- dung der Ochsen. Krise. Mhd. s^re f. der Schmerz etc. seche solclie; so auch im ungr. Bergl. s. darüber Darstellunff S. 93 [343]. Vgl. hettenar oben S. 108 und unten sotleich. Sechsen seksen sechse. Vgl. oben S. 76 unter E. 474 S f h r 0 e r. sechte f. Lauge, voeab. 1479: di secht oder di laugeo. Dazu vgl. Schmell. III, 194: sechteln, eimbr. sechta Lauge. CWtb. 168. Dazu Stalder II, 366. Lexer 230. Schöpf 664. i^echtar in. Melklaß ; alid. sehtari, slovakisch : zochtär zu sextarius. Seitz, Name in Gottschee. Sele Seele bei Gottsebee zählte 1770 seclisundvierzig Häuser. Sella hatte 1770 eilt" Häuser. Seeoiann, Name in Gottschee 1700. Kraptlern, Riek, Kotscheii 1775. hn ungr. Bergl. in Kremnitz 1858. Setseh bei Ebentiial 1770 mit neunzeim Häusern. §eu säi s. §i. Sever, Name in Gottschee 1700, Weißenstein, Kiek 1775. Sgedl, Name in Gottschee 1700. §i si §ea sie; ohne Unterschied des Geschlechtes wird §cu (= mhd. siu), §al zuweilen im Nom. und auch im Accus. Sing. fem. und PI. nicht nur neutr. gebraucht. — §ikm f. das Weibchen z. B. des Bären, der Katze, aber auch Flachslemmel. Die Sie für das Weibchen ist ein uralter allgemein verbreiteter Ausdruck Gr. Wtb. III, 690 f., aber die Form mit -kin hier in Gott- schee, die an nd. seeken erinnert, ist auffallend. Doch bat schon das ital. deutsche Voeab. von Lapi (1479): di sigin la putta 13\ das Yocab. von 1423: si oder di femena, er oder der maschale 31''. siben ganzen jür and drai tnge kömmt formelhaft vor im Liede die schöne am Meer. S. dar. Germania XIV, 332. — sibneu siebene. sibnte f. die Siebente, das Todtenfest; wie mhd. der sibende der siebente Tag nach dem Tode. Feste währen überhaupt sieben Tage. Nib. 41. Gudr. 219. u. s. Sibrer, Name in Schwarzenbach 1560. §icherle n. Sichel, vgl. sagnaise. §idel§toin m. der mythische Siegesstein; „es gibt Schlangen, die eine Krone mit einem Edelstein tragen , das ist der §idelstoin. Eine solche Schlange ist weife und wohnt an einem Brunnen, wo sie durch Wälder streicht, verbrennt .\lles. Wenn man sich ihr naht, thut sie einen Pfiff, worauf von allen Seiten die Schlangen konunen zu ihrer Hilfe. In Unterluog hat einer dennoch gesiegt und den §ideI$toin gewonnen. Er wurde reich dadurch und das Glück wohnte seit der Zeit bei ihm." Weitere Mittlieiliing-en über die Muiidml von Gottschee. 475 Dieß schrieb mir 1867, nach miiti(Jlicher Erzählung, Herr Caplaii Parapat in Mitterdorf nieder. Weiter heißt es in Gott- schee: „der sidelstoin macht unbesieglich. Wenn man an den- selben leckt, so löscht er Hunger und Durst." Es ist also ein sigestein wie der Stricker ihn beschreiht: 'ich hoere von den steinen sagen, die natern unde kroten tragen, daz so groz tu- gentdar an üge, swer si habe der gesige; möchten daz sigesteine Wesen, so solt ein wurm vil wol genesen, der si in sinem libe trüege'; weitere Stellen mhd. Wtb. H, 616. Einen solchen Stein trägt der schlafende Sigurdhr der V^ilkinasaga (cap. 96, 97) in der Tasche und auch König Nidung (cap. 15) besaß einen solchen. „Invictum reddit lapis hie quemcunq le gereutem, ex- tinguitque sitim patientis in ore receptus." Marbod bei Grimm Mythol. 1 1 69 vgl. Haupt III, 42. Durch Anlehnung an sigel sigillum wurde aus sigestein: sigelstein s. mhd. Wtb. H, 616. In sidel§toin steht aber rf für g wie in badraich, Wegerich, walde. Felge s. oben S. 89. Andere Erzählungen davon aus Gottschee, die mir stud. Jaklitsch aus Mitterdorf mittheilt, mögen noch hier folgen : Ein Wanderer verirrte sich im Walde und fiel nach langem Irren in eine tiefe Grube, wie im Steingekliift von Gottschee so viele sind. Er hatte sich nicht verletzt, denn er fiel weich auf; eine gewaltige Menge von Schlangen deckte den Boden. Unter ihnen erhob sich die große weiße Schlange mit dem sidelstoin auf dem Kopfe und befahl den Übrigen des Wanderers zu schonen. Diese leckten viel an dem sidelstoine. Da er huugrig und durstig war wagte er es auch zu lecken und Hunger und Dorst scbMand. Und der Wanderer blieb viele Jahre bei den Schlangen. Da versprach ilim die große weiße Schlange ihn wieder an das Tageslicht zu bringen, wenn er über seinen Auf- enthalt bei den Schlangen schweigen wolle. Dieß versprach er und sie nahm ihn auf Aen Rücken. Sie trug ihn aus der Grube, aus dem Walde, durch die Lüfte bis vor eine Stadt, wo er wieder zu Menschen kam. Man erzählt auch, in der Grube seien auch ßilche gewesen . denen er rote Fäden um den Hals band, und man habe später viele so gezeichnete Thiere gefangen. Ein anderes. Ein Paar Konleute s. d. waren reich an Gütern, aber kinderlos. Da beteten sie um ein Kind, wenn auch 476 S c h r ö e r. nur ein Hündclioii: Vergehens! Sie betelen iiin ein Kind wenn auch nur ein Kätzchen: vergebens! Da beteten sie um eine Schlange und ihre Bitte ward erfüllt. Als der Scliiangensohn 20 Jahre war, wählten sie ihm das schönste Mädchen zum Weibe. Die wollte aber der Schlange sicii nicht vermählen. Da sollte sie zur Strafe einen Balken von schur.sach (Scheermessern) emporklettern. Sie versuchte es, da aber der Schmerz so groß war, gab sie nach und ward das Weib der Schlange. Da sie in der Brautnacht weinte, sagte die Schlange ,.Du wirst micli erlösen." Da wurde sie still und redete mit der Schlange. Am Morgen aber krachte das Haus und der Schlange pra§t (brast: brach) die Lache (Haut), ein schöner Jüngling stund vor ihr und sie küssten sich. Er aber sprach: die Liich« bewahre wol ; es ist zu unserem Glück. Sie aber haßte diesen Schlangenbalg und als er einst aus war verbrannte sie ihn. Als er heimkehrte und dieß vernahm, verließ er sie. Sie war aber schwanger und konnte nun nicht gebären sieben Jahre lang. Da zog sie aus nach ihrem Manne. Auf dem Wege begegnete sie eine weiße Frau. Die sagte ihr: ^Dein Mann lebt mit einer Zauberin in ihrem Schloß: da nimm drei Spielzeuge!" Sie nahm die Spielzeuge und gab zwei der Zauberin, damit sie mit ihrem Manne reden könne. Als sie aber zu ihm kam schlief er von einem Zaubertrank. Da gab sie das letzte Spielzeug hin. Da vermied er den Zauber- trank, sprach zu seinem Weibe; sie gebar einen Sohn. Die Zauberin aber ward vertrieben und sie lebten nun glücklich. Sidor, Name in G. 1700, Hinterberg 1775. jiffeln wetzen; dar okse siffelt sih an dar apfalter: siffeln : wetzen, schleifen. Kämt. Lex. 233; mhd. siffeln süffeln scharpfend gehn, vgl. ahd. söffili snffila sorbitiuncula etc. GrafT. VI, 172. Sigmund, Name in Gottschee 1700 Setsch, Tiefenthal. Ebenthal 1775. Im ungr. ßergl. in Kremnitz 1528, Käsmark 1610. In Marb. 1504. Sigel, Name in Gottschee. In Marb. 1452. §ikin f. das Siechen, ital. deutsch, vocab. von 1479 f. 13\ di sigln la putta s. si. Singeli, Name in Schwarzenbach 1614. §ingof^le n. Glöcklein. Schelle: mhd. singozzel- cimbr. singoi Wtb. 169. singesle Schöpf 675. singese Lex. 233. Wird von Wacker- nagel auf ital. segnuzzo zurückgeführt. Mhd. Wtb. 11, ^, 305- Weitere Mitlheilung-en über die .Mundart von üottschee. 477 ^iplinc m. siebgrofies Bi*ot. Von sip ii. inlid. sip das Siel). SiPge. Name in Goltschee. Skedl., Name in Gottschee. Mitterdort', Wretzen, 0. tapelwecli 1775 Mitterdoi'f 1614. Skibar, Name in Gottschee. Skrill bei Stoekendort 1770 mit sieben Häusern. S. Oberskrill. Skübor. Name in Gottschee. släf slrtf m. Schlaf. .,släf prüderlain Hagebutten." siägen schlagen. Die bächtel §luget: die Wachtel schlägt. slagekar sleikar sloikar m. und n. Rührkübel, kämt, schlackcr m. Lex. 218. Die Gottscheewer Form wirft Licht auf das Wort; oi ist immer mhd. ei, es ist demnach miid. sleikar anzunehmen (vgl. sleibal: slagebal), und kar wieder jenes alte kar in käsekar. peohar s. Seite 49. im iingr. Bergland kärlein. Darst. 171. slänge f. Schlange. Vocab. 1423: die slang serpente SP. Vor alten Zeiten gab es Schlangen im Wald, die thaten viel Schaden. Da sprach ein Mann zu den andern: so ihr mein Weib und meine Kinder versorgen wollt, wenn ich umkomme, so will ich alle Schlangen vertilgen. Die andern versprachen dieß und er gieng in den Wald. Da machte er einen Kreis und ein Feuer in die Mitte und stieg auf einen Baum. Da kamen alle Schlangen zum Feuer und verbrannten. Doch zuletzt kam eine große, weiße Schlange, die schlug mit ihrem Ungeheuern Schwänze so um sich, daß sie alle Bäume niederwarf, auch den worauf der Mann saß. Und er fiel herab und schlug sich todt. — So kann man die Schlangen vertreiben, aber Einer muß sich opfern, — Vor Jahren kam einer in die Stadt (= (iottschee), da begegnet ihm eine Dirne; das war die große, weiße Schlange. Die sagte ihm, er könne sie erlösen , dazu müße er aber ein einjährig Haselrütlein aus dem Walde holen. Auf dem Rück- wege werde sie ihm als weiße Schlange begegnen und werde Schlüßel in der Käoen (im Maule) tragen. Die solle er ihr mit der Haselrute aus der Käuen schlagen, da werde alles vom Himmel fallen, Hagel und Regen, Blitz und Donner; er dürfe sich aber nicht fürchten. Und er that wie sie verlangte. Aber auf seinem Rückwege aus dem Walde überfiel ihn ein schreck- liches Ungewitter und da wo eine kleine Ta§e (Tanne) stund. 4:78 Schröer begegnete ihm die große Meiße Schlange. Er aber t'iirehtete sich und wagte es nicht ihr die Schlüße] aus der Käuen zu schlagen, denn er war noch sehr jung. Da gieug die Schlange an ihm vorüber und sagte: „Du hättest mich erlösen können, und konntest selbst glücklich werden; nun muß ich Schlange bleiben. Wenn aus dieser Tasen einst ein großer Baum ge- worden und aus dessen Holz eine Wiege gemacht ist, so kann mich dasKind erlösen, das darin gewiegt wird'*. So versehwand die große weiße Schlange. Und das ist wahr, das hat mein äne (Großvater) erzählt, der hat lange auf dem Friedrichstein oben gewohnt. — S. Elze S. 31 f. Vgl. sidelstoin. slappe cerveliere, vocab. 21% cimbr. slepa im ungr. Bergl. schlepal, Wtb. 93; vgl. Schmell. IIL 454: Schlappe. siei s. sloi. §leabät, sliäbat ungesalzen; vgl. sl^abe. §leabe der, §leabo die: geschmacklos, fade; mhd. slewe, engl. slow. Über die Endung -o s. unter 0. §lif$toln m. Schleifstein; slifstoinfroc Wasserbehälter für den Schleif- stein; vocab. 1423: slifstain. §loife f. Schleife, gebundene Schlinge, verschieden von pögle s. d. und zarloft. §loikar s. slagekar. Sm s. auch Schoi. §niäl, §niül schmal, §male staic m. formelhaft im Liede neben dem proiten bage und dem stickheln roin. smalz, smaaz n. Butter; röachas §mauz rohe Butter. Daher venezian. smalto; vocab. 1423: daz smalz ionto sotille 19^ Vgl. machäde. smirbeo schmieren. Da besmirbo§t dir di neglain du beschmierst dir die Finger, mhd. smirwea. — soiirbade f. Schmiere. Pomade; vgl. ^aobäde- Smoja, Name in Gottschee. smorons Morgens; auch §morai§: §moroii^ röat §ubaad§ k6at; §ubaads röat §moron§ dar pelitz ndat. „§m6iperle n. Viburnum.'- Weitere Miltlieiltinjren über die Mundart von fiottschee. 479 Sil s. auch Sehn. sn^ m. Schnee. Dativ sneabe: snaiben, ge§nibeii schneien, mhd. sniwen. snodar m. Rotz; cimhr. soodar CWtb. 172, kämt, schnöder, tirol sehnadel, mhd. snader. snupfatzen schluchzen. Ebenso tirol. Schöpf 642, cimhr. CWth. 172. soirhen mingere; mhd. seichen, cimhr., kämt, soachen, voc. 1479 : sai- chen. gesalcht pisa, seichel la puza 1 0\ — soichplätter f. Harnblase Somide s. Saniide. §6argen in wer§F steht, und ein vorausgegangenes T abgeworfen zu haben scheint. Dazu stimmt altlateinisch dvis = bis, ja selbst P für Win roni. Mundarten, s. darüber Schneller S. 99 , worüber freilich noch gerechte Bedenken schweben. — Für M steht ß (= W) in bantel, sumniitten. Vgl. Wein- hold bair. Gramm. §. 136. 139. Für Ansteht W in woißen s. Seite 499 unten. Ein ähnlicher Wechsel von H mit W ist im alemann, bemerkbar in: wüsten husten; wüsteln Stald. 11, 46. heanziseh: wuinaußen für hurnauf^en, Hornisse s. oben untei- urlasse- Waber Wäber Weber, Name in Gottschee, Morobitz, Mosel. 1614 in Schalkendorf; 1560 in Götenitz. Im ungr. Bergl. 1360, Schem- nitz, dann häufig. wäber bäber m. Plur. bäbare Weber. Der bäbar prauchet noch päwl der Weber brauchet noch Baumwolle. Krise. bac m. Weg. Der breite Weg: proite bac steht im Liede oft im Gegen- satz zu dem steilen Bain stickein roin. — en bäge hinweg: §i 492 S c li r ö !• r. raitont an bage sie reiten weg: ebenso auch im vocah. 1423: er ist langst en bege gegangen 48''. bachletzen, 1., fächeln zu bair wächeln Schmell. IV, {). Nach der Form in Gottschee ist ein mhd. wehelen anzu- nehmen zu wihe wach wahen gewehen s. mhd. Wtb. HI, 650. Denn die Gottscheewer Mundart hat a imr für e, nie für«. — 2., watscheln, wie eine Ente gehn. waechel baechel m. Tischtuch s. bechel. wad — badraich m. Wegrich; ahd. wegarih, mhd. wegerih. Vocab. 1423: wegreichwasser laqua de piantazano 21''. wahen bogen, derbagen gewaschen, got. thvahan. mhd. twahe twuoc twuogen getwagen. Nur das Particip, aber statt -twagen : -bugen, ist erhalten, wo wahrscheinlich ii für langgewordenes a anzu- nehmen ist, also derbügen für derwagen. Über den Wegfall des t vgl. bechel und W. Wachtel bachtel f. Wachtel. Im Liede: di bachtel sluget in än^erm walde s. S. 110. bainiichten Weihnachten. Zu diesen Festtagen werden in Gottschee Vögel, besonders Tauben aus Brotteig gebacken. baibon s. baip. baile f. Weile, Zeit, ih hän et der ball ich habe nicht Zeit. bain m. dar baiße, röate und sbarze b. weißer, rother und schwarzer Wein, wie in Italien. — bainrabe f. Weinrebe. bainparc m. Weinberg. Die Weinberge im Süden des Ländchens sind das Paradies des Gottscheewers. baintolle f. auch tolde Weintraube. Vgl. Gr. Wtb. II, 1227. baip n. Weib, baibon ein Weib nehmen. S. darüber oben S. 25. Vocab. 1423: ein beipt (sie) nemen: tore moier 36''. baisei m. Weisel, Bienenkönigin mhd. wisel. bai§e f. bai§el n. Weise, Singweise mhd. wise. — Die ballen der echten Gottscheewer Lieder sind sehr eintönig; s. Ausflug n. Gottschee S. 112. i ¥ £ ^- ± '^ P5- -©- izit: rzt Benn de pau-ktie dih aus bert peu- khen de ^ :t •-^ tut: klocklien mih bent aus l;iu - tpn. Weitere .Mittheituiigen über die .M'imiHrt von Goltsehee. -+93 Diese einfache Weise, nach der das Ausflug nach Gottschce S.47. niitgetlieilte Lied gesungon wird, hat mirllerr R. Braun e in Gottscliee freundlichst aufgeschrieben, so daß ich sie hier nachtragen kann. Vgl. auch die Bemerkungen unter hir§e. baiß weiß. Di baiße wrä. In Pölandl bei Maschen kömmt zu Zeiten nach dem Schnitt die weiße Frau mit ihren zwei Gespielen singend herab ins Tlial und holt sich ein Paar (larben, mit denen sie wieder in's Gebirge verschwindet. Ihr Erscheinen erweckt Freude weit und breit, denn es deutet auf Fruchtbarkeit und Segen; dea baiße wra zeigt sich auch auf dem Friedrichstein, s. d. - — deu baißio jlänge im Märchen s. slänge. ballen kneten; sich ringehi. Frommann VI, ö21. balgen bangen (-welgen) rollen; walken, wälzen; voeab. 14H0: wolgen volzere voltare: hat nichts gemein mit balgen, sondern gehört zu mhd. wilge, walc, wulgen, gewolgen; in: ahar bangen, omebangen: sich umherwälzen, umhertreiben; ih bert noch pai andern lenten nmebaogen ich werde noch zum Bettler. Krise, vgl. beigen. balgatzen wackeln. Vgl. balgen. bald m. der Wald; in bäJden im Waldland; baldnare die W^ald- bewohner. — balt oder barlt f. s. d. Welt, hingegen: wald: Feld. -T»ältschnar wisehtnar m. Maulwurf." R. Die Formen sind wo! nicht genau überliefert und ist hier vielleicht bälznarWälzner, Wälzer anzuaelmien. Vgl. wischtner. bampe f. Wampe, Bauch, vocab. 1479: die wampen panza; wampen- flek calduine. bankat wankend. Ein verborgenes Rad läuft bankat. bante f. das RiickenschalT, Wanne, auch bainke (= Wannchen? vgl. merke). bäntel m. Mantel. S. oben unter W. bap§e f. Wepse: „a bap§e bot mih gestochen." iilze. Wahrscheinlich bäp§e (denn a steht nur für e, was hier nicht zu Grunde liegt, sondern ahd. wafsa aus sanskr. vap weben, litthauisch vapsä: die mhd. Form webse, in der also der Umlaut schon eingetreten ist, würde in Gottschee böp§e lauten). bar wahr, zebärsügen wahrsagen. barbar m. plural barbare Werber. 494 S c h r ö e r. Ein Lied zbean barbare, das in Gottschee viel gesungen wird, scheint auf die Rivalität zweier Gegenden hinzudeuten: un ziehot a mueter a töchterlain ums töchterlain fraien zbean barbare. ,So gebet mih mueter in Schimitscher parg in S. parge gaits gueten bain; gueten bain und slachtes proat.'^ „So lät mih mueter in Rodinar parg in Rodinar parge gaits baißes pröat baißes proat und slachten bain!« So zieh du hin tochter bu du bilst in Schimitzer parg oder Rodinar parg; Bir Sachen uns heut und nimmer mear!" anders: „Ich gib die tochter in Rudiger parg in Rudiger parg ist pitter dar bain. Ist pitter dar bain und sbarzes proat ;" unt inner hent kam zben barbarlain. „So lät mih mueter in Schimmitscher parg in Schimmitscher parg ist gueter bain In Schimmitscher parg ist gueter bain gueter bain und baißes pröat!" „So bünsch ich dir in Schimmitscher parg- ahödre söget di stiefmueter „In acht tugen, so bünsch ich dire du solst bestocken und bestoin!" _________ I bestocket und bestoinet ist den schean tochter. bärlain wahrlich, aber; bärlain, §aDber§t klecket et waintlain wahrlich, allein, gedeiht nicht gut, vgl. lain. barlt f. die Welt. In ganzer barlt i§t koin böikle et im Liede unter Maria, s. oben S. 435; vocab. von 1423: Rom haubtstat aller berlt SO*", mhd. werlt, ahd. weralt. >Varmbergs. Interwarmberg, Warmberg im Nesselthal 1770 eilf Häuser. Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottschee. 495 barot war s. ^ainen. bärre f. werre am Aug, ahd. werra, werna, kämt, warre. bässer n. Wasser; bässerkäJble n. Fischotter; Molch; bässerwegel m. Storch, baten (= weten) binden; ih bit, du bitest, wir baten; gea bit d ok§en! ahd. wütan, kämt, weten. baul§üar n. Maulwurf s. buel§nar unter buele. baulbartic kindisch; schon Schmell. führt die Form als gottscheeisch an IV, 57. kämt, weilwartig unstät. Lex. 2S4. Vgl. got. hveilahvairbs npooaaipog, ahd. hwiliwerbi volubilitas. Das kämt. weilwartig steht also für weilwarbig (vgl. ahd. warblih) und die kämt. Aussprache wälwartig wurde in Gottschee bat = baulbartig. Wäwarle Baubarle Barbara, im Liede : Barbara, Scheanes Bauberle, scheanes töchterle, so tue dih Bauberle werhairoten! werhairoten bil ih mih, mueter, nimmer mer, herr Jesu Krist ist main präutigam, mueter Maria ist main wüerarin.r Seu pätet seu das zboit und dritte wuert. „so tue dih Bauberle werhairoten. Bir bolleu paun ain turn tief wir polen dih in turn hinain. bir bellen paun ain turn proit zwelf klafter proit und zwelf klafter tief!" Seu polen Bauberle in turn tief es hevet un und singet schean: „miiter, Jesu Krist ist main präutigam mueter Maria ist main wüerarin!" so bittet scheanes Bauberle. so pauet mire linen (Giebelfenster) drai. die erste Hne bu di sonn auvget di zboite bu seu ze mittage stet deu dritte, bu seu Gott wolgen geat. deu dritte, bu seu Gott wolgen geat, hinauf ist gewlugen a snehaißeu taube pis in den himmel höach! 496 S c h !• ö e r. b^a weh; beaben biäben wehklagen dar kranke hat deu ganze näcbt gebiäbet. mlul. wewen auch kämt, tirol. cimbr. Krise. becke f. Keii, keilförmiges Gebäck: alul. weggi mhd. wecke; kämt« wecke m., vgl. strütze. bechel beachel f. tischbeachel Tischtuch. Ahd. dTahillja, mhd. twehele. Voc. 1423: zwehell daz hantuch oder — la troaia da man 9"". kämt, wechel Lex. 252. Vgl. wahen. beder welcher, zuweilen für beldar s. d., nicht zu verwechseln mit boder. weu, boiz, boize m. Weizen; boizstainle n. piural: boizstamlain Weizenhalm; törkiseh boiz m. Mais; boizain weizen ; boizain pröat weizenes Brot; boizain mal weizenes Mehl. Weißenbach 1770 sieben Häuser. Weifcenstein bei Altlaag 1770 vierzehn Häuser. bele beldar welche, welcher. Nicht oberdeutsch s. Fromm VI, 527. ebenso cimbr. CWtb. 55. In der Mosche auch beder welcher. beigen, böigen walken, factitiv von balgen s. d., zu dem es sich verhält wie schwemmen zu schwimmen. — beigar m. Walgerholz. bellen wollen, ih bil auch in der Bedeutung: ich werde. Voc. 1423: ich wil; bir wollen 64. 65. benc beanc wenig. Vgl. mhd. w6nc. Auch tirol. weank wenggal. Schöpf 51 1 , kämt, weank, Lex. 255. — boiniger geringer. Vgl. mhd. weiniger gewöhnlich: weniger, bene f. Köder, vgl. kärntisch wöne Lexer 259. beppe f. der Webstuhl, ahd. weppi, mhd. weppe n. Gewebe. Vgl. cimbr. beppaspinna f. beppagaspunst CWtb. HO''. wer ber wer; bef in beseh bist du? wessen bist du? .Antwort: Ruppans des Rupp. Eine solche Anwendung des Genitiv, sowie die II. Pers. Plur. (ir bert ihr werdet) unterscheidet Gottscheevpisch von den österr. bair, Mundarten. Dativ: bamon wem. bergel n. kleines Kind; vgl. mhd. twergelin und oben wahen, bechel. Siebenb. sächs. gottsbärg, gottsbärgel. Schuller 24; gottsböricb Haltr. 12, d. i. vielleicht nichts anders als gezwerg, mhd. getwerc; ist aber gotts (== goz) zu trennen , so haben wir denselben Wegfall des Anlauts wie in Gottschee. werden ih bert ich werde, du ber§t, ar bert; bir babn wir werden; ir berts seu bernt, bent. Vgl. im ungr. Bergland ech barr ich werde: bir ban wir werden. Schröer Nachtr. 49. Weitere Mittheilungen liber die Mundart von Gottsehee. 497 werkeiket lecker, ekel, heikel. Vgl. Schweiz, ääken etwas zum Ekel witlerholen. Stald. I, 93. vgl. keiket. berlt f. Welt s. oben barlt. bern f. klafterlanges, trichterförmiges Netz. Altlaag. ber§tic unwirsch, bea§tic habet ar §ih unwirsch gehabt er sich. Von bir§te Superlat. von birs, ahd. wirs s. CWtb. 112, kämt, warsch aufgebracht. Lex. 250, wirsch Schöpf. 818. — anwirsch gehört kaum hieher, sondern zu mhd. unwirdisch. Vielleicht ist sich börsten im ungr. Bergland Wtb. 38\ hieher zu ziehen. bessen (= wezzen) wissen, ih boß, do bogt, der boß, bir bessen, ir besset, §ea bessent. bei warum? wie zbea s. d. Wesgovitze hatte 1770 sieben Häuser. Wetz, Name in Gottschee 1700. Wetzenbach, Oberwetzenbach 1770 sieben Häuser; Interwetzenbach neun Häuser. bidem Widem, Kirchengut, mhd. wideme. Widerzuc, Ort bei Mosche. Widmer, Name in Gottschee 1700. Vgl. bidem Widem. biäben wehklagen s. bea. bie bietaner wiethaner, welcher, was für einer. bietoinder qualis. Vgl. die Formen im ungr. Bergl. Darst. 18 (268): wietaner, bitter, bittener, better, gockebittener etc. Wieterich, Name in Malgern, Schalkendorf 1684. Ort 1614. wign, bign, anbign bedeutet vielleicht wellern und dann ist S. 53 da- nach zu bessern; bignade heißt nämlich: der Raum unterm Dach und wiggeln wellern Stald. H, 450. wilt bilt, wild ist die Natur im Gegensatz nicht nur zur Cultur, sondern auch zum Christenthum. Überirdische auf heidnischen Vorstel- lungen beruhende Erscheinungen heißen insofern wild: bildes weoer leuchtendes Holz. — kraut Buchsbaum i)- — bilde wrägen wilde Frauen, worunter man gute Geisterwesen versteht. Die bilden wragen leben in Grotten, die man wrägenlöcher nennt. Sie kommen oft zu den Menschen ihnen zu helfen in Noth und Be- drängnis ; auch Feldarbeit verrichten sie ; vgl. baiße wrä unter baiß. Wildpach, Ort bei Unterlack. ij Buchsbaumkränze schmücken die Todten, die unverheiratet gestorben sind. Sitzb. d. phil.-hist. CI. LXV. Bd. II. Hft. • 34 498 S c h r ö e r. Wimpflin, Name in Gottschee 1700. "Windischdorf bei Mitterdorf zählte 1770 siebenundvierzig Häuser, Windischmann, Name in Stockendorf 1800. Im ungr. Bergl. ist der Name Windisch seit 1360 (Schemnitz) 1450 (Neusol) sehr häufig. Winkel bei Altlaag 1770 sieben Häuser, s. Altwinkei. binnic. bindic wütend: mhd. ahd. winnic, tirol. winnig, kämt, windig. Lex. 258. Tinol, Name in Gottschee 1700. binte f. Windung: ahd. wintA. bintsic winzig; das bint§ie wüderle Schraubenmutter. Conf. cimbr. binse, minse wenig CWtb. 110\ 147^ Auffallend ist, daß hier nicht % sondern i^ (s) an den Stamm win angehängt erscheint; vgl. nordböhm. klintschich, siebenbürg, sächs. klinzig. im ungr. Bergl. kitzen, mein Wtb. 69; Seite 70 unter klein aber geradezu kli-bintsehek, wo obiges bint§ic enthalten ist. Beachtenswert sind daselbst auch noch die Formen: niinkel und winkikal: wenig, daselbst 81, sogar inürke müakel. Darst. 124. Weiteres unter kitzen Nachtrag 36. birchen garnweben, wirken: die Form wirchen auch hei Schmell. IV. 143. Schöpf 817. Wirt birt m. der Hausherr, Gemahl Vgl. CWtb. 1 12. Lex. 248. Vocab. von 1423: di hansfrao und birtin la donna de chasa 36\ „wischtnar m. Maulwurf." Wahrscheinlich büestnar von mhd. wüesten wüst machen; vgl. ahd. wnostari extirpator Graff. I, 1084. Vgl. waltschnar und bnolsnar. bi§e bisa f. Liebling, gea, hol mir das, ätter bi§t da a bi§a geh, hol mir das, dann bist du mein liebes Kind. Über die Endung e und — a s. 0 vgl. das folgende. bi§an liebkosen. Vgl. bise. Dar ato biset sain kind der Vater liebkost sein Kind. Die Form bise föllt völlig zusammen mit bi§e pratum, die Wiese. Wiesgarn, Ort bei Ossiunitz. Wieterich, Name in Ort 1614. bispeln pfeifen; in diesem Sinne auch bezeugt durch wispeln mit dem Munde pfeifen. Tirol. Schöpf 818, kämt, wischpln. Lex. 258. Vgl. Schmell. IV, 481 ; ahd. hwispaldn. Wittine 1560 in Suchen, Reuter. Wittine. Name in Mosel 1770. Mosche 1870. Der Ort Feuchting lieißt slov. Bitine. daher der Weitere Mittheilimg-en über die Mundart von Gottschee. 499 Name sein wird; Valvasor nennt den Ort halbteutsch, aber Weißenfels „recht u. lauter teutsch" II, HO. Wlafhino, Name in Setsch 1737. „bliäken unbestimmtes Schreien". Krise, soll wol heißen pleaken blocken (an got. fl^kan wage ich nicht zu denken) alemann. blääggen, Stald. I, 177, tirol. blekern Schöpf 45. T^obner. Xame in Gottschee 1770. 1660. Untertapehverch 1614. boder 1. uter, welcher von beiden, dann 2. zur Bedeutung von oder abgeschwächt: sai lantic boder töater; boder taest da Hebea bäehen? im Liede S. 71, got. hvathar, ahd. mhd. hwedar weder. Mogrln s. Yogrin S. 8S. woißen heißen; man sagt es hoil^et und es woißet mit gleicher Bedeutung. Vgl. Weinh. bair. Gr. 137. boisle n. Plural boislain die Waise. Eine Ballnde: die zwei Waislein, die in Gottschee gesungen wird, konnte ich nicht erhalten. Ich weiß davon nur, daß die Waisen an der Mutter Grab kommen , weil sie nicht Holz und Wasser haben. Da ruft es aus dem Grabe : geat hoim ir boislain main ahoime bert ir winden das houz un bosser schean! Ein ähnliches siebenbürg, sächs. Lied theilt mit Haltrich : Stiefmütter etc. S. 27. Zoster. Name in Gottschee 1700, 1684. Wostian, Name in Gottschee 1700. .41s Taufname für Sebastian auch Wöstl 1770. wra f. plural. wrageo und wraben Frau. Bilde wrägen bewohnen die wrägen löcber (Grotten) ; sie helfen freundlich den Menschen oft bei der Feldarbeit. S. waiß baiß und bild. Wretz. Name in Gottschee 1770. Wrezen spr. Reazen, zählte 1770 fünfzehn Häuser. Wrinskele, Name in Skrill 1614 und Gottschee, vgl. Branskelle. bude, bndel m. 1. Widder, im Lockruf der Hirten; 2. Tölpel. Vgl. wadler m. Schafname, Lexer 2n0. Waechte, Name „bei der alten Saag'' 1614 (Altsaag s. d.). boele f. der Bussel. — boelen wühlen. — baelsnar m. Maulwurf: baosnar m. in Mitterdorf. In Tirol wüelscher, kämt, wüelschger Schöpf 821, Lex. 260. Cimbr. baaler CWtb. Wüeler, Schm. IV, 61. Vgl. wischtnar. 34» 500 S c h r ö e r banen wohnen, weilen „Im ganzen poden lai &ü eipämstäudle — atinne du banet dar grimmige töat." Lied. bunderlain wunderbar, seltsam, s. oben das Lied Han§el janc S 102 und -lain. burp ni. Sensenstiel, kämt, worp m. steirisch woaf. Lexer 260, tirol. worp in Schöpf 820, bair. worb f. Schmell IV, 139, alemann. worb n. Stalder II, 298, mhd., ahd. worp m. Im ungr. Bergl. warf, burf Schröer Wörterb. lOo. bjofn, boofn, wuofn Nach- trag 18, buefen Darst. 242. Mein vocab. 1420 unter worf. warkeln auf dem Eise gleiten. Vgl. wargeln rollen Schm. IV, lö3. — ba§ken gleiten. Altlaag futschen gleiten, Stald. I, 408. Vgl. wutschen, waschen Lex. 26 f , entschlüpfen , alemann, wütsch schnell, Stald. II, 461, tirol. witsch Augenblick Schöpf 818. Wol Neben- form von ahd. wisk, wisken Wisch, wischen; vgl. mein vocab. von 1420, wo S. 25^ zweimal wuschs für wisch (arswuschs) zu lesen ist. Wntz, Name in Gottschee 1700. botzen stechen; Kindersprache. Das wäre Schriftdeutsch wutzen oder {u für aj watzen (ahd. hwazzan wetzen?). Slov. heißt bncika Stecknadel. zäbern zaubern. Ebenso kämt. Lex. 263. — zabrar m. Plur. zäbrare Zauberer. W^ie tirol. s. Schöpf 833. zaben wozu s. zbeu (^ zweu). zache f. Baumbock, eine Art Laus, Zecke; mhd. zeche; vgl. Schm. IV, 222. zäckläch n. Lumpen, Fetzen, s. zockel. Die Form zäckel stimmt in der Bedeutung hier mehr zu mhd. zote, ahd. zatä, so daß ein Wechsel von t mit ck anzunehmen ist; zagel, das in Kärnten, Tirol ähnlich klingt, weicht hier völlig ab. Vgl. zeckeln. zagel m. Kolben, z. B. Maiskolben; mhd. bedeutet zagel m. Schwanz (got, tagl Haar), aber auch schon Baumwipfel, s. mhd. Wtb. III, 839^ 4. zagen jammern; 3. Person er zoit; Partie, gezoit. Die Form stimmi zu mhd. zagen, gezeit; die Bedeutung ist auffallend. Zägkhl s. Zekele. Im ungr. Bergl. Zekel, in Kaschau 1399, in Siebenb. Zekeli. Weitere Mittheilung-en über die Mundart von Gottsehee. oO I zäher f. Thräiie, mhd. zäher, kämt, zahar, tirol. zacher, in Güln. im ungr. ßergl. noch zea, s. Darst. 99. zahle n. kleines Laib, zaatle prAat s. pfanzatle und häse; mhd. zelte etc. In den übrigen Mundarten für gewisse Kuchen; hier auch für Brot. zanlat gezackt, eigentlich gezahnt. Zape, Name in Riek 1614. zarr matto, vocab. 1460. zaun§liewerle n. Zaunkönig, s. mert, mhd. zünslöpfel: §liewerle steht für slieferlin aus sliofaere. Zu demselben Stamme gehört wol : der schldfer (schloufa) Schmetterling in Metzenseifen im ungr. Bergl., Darst. 140, wozu ich daselbst das verschollene ahd. slopharl, slophizari, slozar circumcellio (Schwärmer?) GraflfVI, 807 verglichen habe. ze zu in ze bäar (oder ze wöar zuvor) sägen wahrsagen. Als Präp., wie ahd., mhd. zi, ze auch in ze nachbarn! ruft der Gemeinde- diener mit der Trommel, ze nander zusammen, zenander rollen, zenicht, vgl. znicht. — zcr loandlern nehmen, als Lohn- dirne aufnehmen. zeache, z^ahe f. Zehe; mhd. z6he, kämt, zeahe Lex. 263. Im ungr. Bergl. in Krickerhäu z6ga in Käsm. zeip*, s. darüber Nachtr. S. 50''. zech nea zehne; vgl. die bair. Formen Weinh. bair. Gr. S. 261, 10, mhd. zehen. Auffallend wird hier e, nicht a. Die flectierte Form sehr gewöhnlich wie zbelwen s. d. u. s. f. zeckeln schlendern. So wie zäckel für zote Zottel, steht zeckeln für zetteln schlendern u. dgl., s. Schm. IV, 291, was zu ahd. zatju (vgl. zata Zote) zu stellen ist; vgl. zackläch. — bezeckeln ver- unreinigen, bezetteln. zederle n. Zettel. Maria hat bekam a zederle s. Maria. Zeggol s. Zekele, Zägkl. zein s. zoin. Zeise, Name 1700. Zekele. Zekol, Name 1600 in Gottsehee, Tschermoschitz, Hinterberg 1614. Vgl. Zägkhl. zem§e f. Kleie; ahd. zemisa Graff V, 668. Das Wort scheint selten. Es fehlt im mhd. Wtb., bei Stalder, Schöpf, Lexer: Schade hat es übersehen und Schmeller sagt dazu: „die zenissen (Kitz- bühel, anch bei den Crottscheewern), die Kleien". 302 S c h r ö e r. Zc'prin civis ex civitate 1783. zerbra§ten zerbrechen, intransitiv, partic. zerbro^ten*, zerbresten tran- sitiv; mhd. bresten auch noch in Tirol Schöpf 57. „zeßraoch n. Bärlappe." Ziglfist Paul in Mosvvald 1560, Name in Orth 1614. 1684. Lienhart Ziegifesst auch Leonhard Ziglfest, ital. Leonario di Zigefest ist um 1593 als des Lutherthums verdächtiger Priester in Gott- schee abgesetzt und erscheint in Urkunden von 1613 — 1615 als begüterter Gottscheewer sammt seinem Sohne Hans in A. Dimitz Urkunden zur Reformationsgeschichte Krains. Laibach 1868, S, 74'' fff. cimmen mnme cinamoni voc. von 1460. 29''. zimmerstuel m. Schnitzbank; Stuhl um darauf zu zimmern. Zimperg, Name in Gottschee 1800. Zine, Name 1700; vgl. Stine. Zink, echt schwäbisch , schwankt der Name zwischen i und e. J. Zeng war Pfarrer an der Riegg von 1377 oder I39S bis 1415, Seines Bruders Sohn war B. Zink; s. die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Leipzig 1866, V. Band: Chronik des Burkhard Zink 1368—1468. Er ist ge- boren zu Memmingen 1396, wo sein Vater ein gewerbig man war, der dnrch Handel nach Steiermark 6r und guet erworben. — Burkhard verließ 1407 die Heimat und kam zu seines Vaters Bruder J. Zeng oder Zink, Pfarrer zu Riek in Gottschee. Von da aus besuchte er die Schule zu Reifnitz. Er erzählt: 'als man zalt 1407 jär, dö war ich ain Jüngling, bei ailf jären schied ich auß von Memmingen, von vater und von allen meinen freunden und gieng mit ainem schueler, ich war auch ein schueler und was bei 4 jären in die schnei gangen, und giengen also mit ain- ander in Krainland gen windischen landen in ainen markt haißt Reifnitz — leit in Krainland hinter Lobach 6 meil gegen Kroa- tien, in dem land belib ich 7 jar und gieng da gen schnei. Dann mein vater hett ainen leiplichen brueder, der was pfarrer in ainem dorf, genant an der Riegg, das ist ain groß schon dorf und gehören wol fünf ander dörfer darzu, die haißen: Göttenitz, Pausenprunnen etc. (letzterer Name fehlt der Hs. B.). Da was derselb mein herr bei 30 jären pfarrer gewesen und was mit gräf Fridrichs weib von Ortenburg in das land hinein kommen. Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottschee. 503 die hett in zu priester gemacht, dann er was ir schreiber ge- wesen; sie was eine von Tegg (Margareta, Tochter Herzogs Friedrich von Teck, Schwester Ludwigs, 1410, Patriarchen von Aquileja). — Derselb mein herr, meins vatern brueder, der ließ mich gen schuel gän in die Reifnitz und dinget mich in die kost zu ainem biderben man, genant Hans Schwab, der was grät'. Friedrichs paumaister zu Ortenburg und pauet auf das selb mal das nider haus zu Ortenburg hie niden an dem perg. — Er kehrte nach Memmingen zurück 1414, da war aber sein nieoiant frö und so gieng er 1413 wieder nach Gottschee, wo aber sein Oheim schon gestorben war'. S. 104 heißt es: 'Göttenitz an der Riegg, das ist ain groß dorf und ain guete pfarr.' — Darnach (zog ich) gen Götze (Gottschee?), Feistritz Cilli etc." Er starb als angesehener Mann 1474 zu Augsburg. In Marb. Cinche Zink 1293: 1300—1326. zinke m. Zacken ahd. zinko mhd. zinke. zinkat einäugig. Vgl. alemann, der zinggen Rebschoß mit einem Auge, Stalder II, 475. Zinkel Name in Zwislern 1669, vgl. Tschinkel. Marb. 1295: Fridreich der finche. zi§te f. Wäschkorb, Schwinge, vgl, zoine, köarb. Tirolisch zist f. steirisch kämt, zisti, mhd. zistel Schmell. IV, 290, anno 1475: zeste f. 1392: zistel. ziträcb m. „Pappel." Zitterpappel. Cicel, Name in Gottschee 1700. znicht nichtig, cimbr. zonichte, so auch kämt. Tirol. Schöpf 467. Lex. 197. — znichtächle n. nichtiges Wesen. In dem vocabulario ital. tod. von 1479 (von Lapi gedruckt zu Bologna) wiederholt: tristo zueuicht, zniclitig, zniehtikeyt tristeza, vgl. zonichtekot. . Cimbr. Wörterb. 150. zocke! f. der Fetzen, vgl. cimbr. zockela f. Zapfen CWtb. 181, vocab. von 1423: der zochel el zocholo 9\ Kämt, tirol. zaggl, was jedoch eher zu zagel zu stellen und von diesem zockel zu trennen ist, vgl. zäckläch zeckeln. — zockelmann m. wie Fetzpoppel, eine Vogelscheuche. — zockelat lumpicht. Vgl. zacklach. zoin m. Zeine, Stab, Rute; got. tains, mhd. zein daher. zoino f. Zeine, Handkorb, ital. zeino, got. tainjo ahd. zeinii, vgl. köarb. — zoindle n. Handkörbchen. 504 S c li r ö e r ZoIlnerD Ort bei Fara. zorge f. (d. i. zärge) das Innere des Siebes, ahd. zarga, mhd. zarge Ring, Einfassung; die zarg Schmell. IV, 284. Schöpf 895. zärge, sarge Lexer 263. Zosche, Name in Gottsciiee, Altbacher 1700 — 1800. Zscherne Zsehinkel s. Tsch. Zac s. Widerzug. „zuchtpeukel n. Setznagel"; „znchpenkel Gewicht bei der Wage. Tschermoschnitz." Ein in Form und Bedeutung nicht ganz klares Wort. Die Formen bechel, bergel, derbagen, wo mhd. t abge- fallen ist , lassen die Vermuthung zu, daß der zweite Theil des Wortes als twengei (tbenkel. 'benkel) aufzufassen sei, vgl. ahd. dwengil, dwang frenum, gidwang habena etc. Graff. 5, 276 f. zaemaes n, Käse und Schotten 1316, vgl. Schm. II, 626. zueweib, das — drugn. vocab. von 1479; vgl, zuowip, mhd. W^tb. III, 720. Zugl, Name in Gottschee. züUe f. Kahn, mhd. zülle, zaile, sloven, coln celu, vgl. Schmeller \\\ 253 ff. Die Ableitung von navicella Schneller 281 ist, solange weitere Übergangsformen nicht nacligewiesen sind, gewagt. ZQuander, zenander steht für zusammen; zenaader gerollet: zusammen gerollt s. powalitze. „af der stelle zenander!'" ruft der Gemein- dediener von Nesselthal , der mit der peokhe (Trommel) , die Männer zu einer Gemeindearbeit zusammenruft. S. Elze 17, derselbe ruft a. a. o. auch: „ze nächpern!" d. i. „Nachbarn, kommt zusammen!" was umsomehr auffällt als der Nachbar in Gottschee gemoinar heißt. zore f. Langwid, Langbaum, der das hintere mit dem vordem Wagen- gestell verbindet. Zarkel, Name in Gottschee, Fliegendorf 1700 — 1800. Zarl, Name in Gottschee, in Buchberg 1614. Im ungr. Bergl. in Neusol 1390 : Zarinne eidam. zarlar m. inguen, vgl. passar und schirleo, schallen, tschollolo, tschäleo im ungr. Bergl. Nachtr. 23. Darst. 408. In Wirzburg die Rose an der Gießkanne zurl m. Schmell. IV, 285; vgl, kämt, tirol. tscharen pissen Lexer 227, Schöpf 770, zarloft f. die Schlinge zum Aufziehn der Unterhose u. a. Etwa ein mhd. zarlouft; Zerrlauf, wobei -lauf in dem Sinne: Hülse, Weitere Mittlieüurrs-en über die Mundart von Gottschee. uUO Schmell. II, 445. zu nehmen wäre: eine Hülse durch die ein Band gezerrt wird ; mhd. der zar der Riß s. mhd. Wtb. III, 903. zürnen s. laibor. Ein im Österreichischen eben nicht übliches Verb., wofür gewöhnlich sich giften gebräuchlich ist, erscheint im Volks- liede in Gottsche nach dainer zürn ih mih laibor et*, vgl. mhd. ich zürne mich Gr. IV, 3o. zwelfe zbelwen zwelfe; mhd. zweifln zwelfen Weinh. bair. Gr. S. 162. Die flectierte Form in -in ohne Unterschied des Ge- schlechtes, ist sehr gebräuchlich. zbean zbcane zween zweene, zbo zboe zwo, zboi zwei. In Rick immer zböne zboite zweite. Vgl. Weinhold bair. Gr. S. 258 f. zbeu warum, wozu s. wen ben: mhd. ze wiu (Instrument, von waz) auch cimbr. zbeu wozu Wtb. 181. im ungr. Bergl. zwe Nachtr. 30^ ahd. ziwin GrafF. IV, 1184. zbercwögele n. = perzwögele s. d. und uiert. Zwislern, Zbislarn. Ort bei Gottschee, der 1770 zwei und dreißig Häuser zählte. zbiwail m, Zwiebel. Vocab. 1422: zwifol, die- ziuola 17% U\ Ital. cipolla umgedeutet in ahd. zwibollo, mhd. zwibolle, erscheint auch z.B. im ßrünnerStadtr. in der Form zwival, die der obigen nahekömmt. „zbiebar n. das Fieber"; ahd. fieber, mhd. fieber, biever. Es scheint hier nur der Artikel misverstanden in z verwandelt (ds wiebar) und das w, als ob es ein ursprüngliches, kein für /"stehendes w wäre, zu b geworden. Nachträge. Zu Seite 35: Altes a in §naidar, §naidare, zeigt auch das vocab. 1479: di zanbrar li incandatori; dar der. Im vocab. 1423: der Florenzer aber di Florenzrtrin 39% der chelner. di cheln«rin 1 1% der offner, di offnr/rin 13% aber auch der beschirmar 46''; vgl. o.c Zu Seite 36: Agnitsch, Name, s. Ognitsch. Zu Seite 38: ana§t. Beispiele: sragnt anä§t es regnet jetzt; ih kirn anast ich komme sogleich. 506 S c h 1- ö e r Zu Seite 39: lies äne f. statt ane. Das vocab. 1460, f. 36 di aendei oder aoe, dl uraeodel: der en, urens von den enn und vätern (. 13*. Zu Seite 40 : anheven, das vocab. 1460 schreibt anheben. Zingerle lusern. Wörterb. II, bemeriit „/"für b: hefen heben" ! dazu s. oben S. 40. — apper etwa, wie kärnt. epper; vgl. Gr. Wtb. III, 679. Zu Seite 41 : ar — her: innar inher, d. i. herein. arbaiße vocab. 1460: arbalssen bixi. Zu Seite 42: ätter: ih kini oter har ich komme dann her. Die Nachträge zu ß, P, siehe an der alphabetischen Stelle von P; die zu D, Tan der alphabetischen Stelle von T; die zu F an der alphabetischen Stelle von V; die zu G vor K; die zu E und H lasse ich hier folgen. Die beiden e (ä und e) gehen im Gottscheewischen weit aus- einander; ä (e und ä) wird häufig ö.* mör hör; e wird a, S. 76. eibach n. Eibengebüsch. Zu sprechen aibitch und eine Bildung wie oben S. 43 awernäch s. d. oder ahd. dornahi spinetum, eihahi quercetum etc. Gr. Gr. II. 312. — Die ahd. Form wäre iwahi von iwa Eibe, .auffallend ist das folgende Compositum: eibam m. Eibenbaum , in Tirol eabani Epheu Schöpf; eibamständle n. die Eibenstaude. Nach mhd. iwinbonni, iwenbonm wäre zu erwar- ten: aibainpäni, aibenpäui. Ich entnehme diese Form, so wie das vorhergehende eibach einem Briefe des Herrn Pfarrers Krise in Morobitz, der mir unter anderm folgende interessante Mittheilung macht: „ich erinnere mich von meiner seligen Mutter ein Lied gehört zu haben, in welchem die Stelle vorkam: im ganzen poden lai (nur) an eibamstaidle: atinne du bunet dar grimmige toat." eno. ene m. auch öne m. Großvater; urene m. Urgroßvater. Im vocab. 1460: der enn. urent von den enn (dat. plur.); di an. aendel. uraendei. euer jener; auch im vocab. 1460; wie heiftt enes? erd der maschio; di sigin la putta vocab. 1460, f. 13; vgl. oben sikin. Hagnitsch. Name, s. Ognitsch. Weitere Mittheilungen über die .Mundart von Gottshee. oUl hätar m. Hüter, Hirte. Das Wort ist bestimmt zurückzuführen auf ahd. hertäre äev Hirte. Herr Pfarrer Krise tlieilt mir mit, daß in Morobitz hartar gesprochen wird, wihisch hartar der Schafhirt, Schäfer, denn wiche ist das Schafvieh, was zu wiche S. 83 nachzutragen ist. „heckatzen Choral singen." heik s. keik. Hess Joannes aus Wirzburg, Pfarrer zu Reinthal 1648. hoiken rufen, wie die Eule; bei der Nacht ist es nicht gut beim Namen zu rufen, darum hoiket man, sagt der Gottscheewer. Das heißt wol: man ruft hoi hei! (mhd. hei!). — Wozu die ahd. Bildungen mit -akön. -ak^n, -ikön, igön zu vergleichen sind. Ungewöhnliche, auch über das oberdeutsche Gebiet hin- aus reichende Formen sind hier nicht ausgeschlossen. Vgl. auch das auffallende sikin. horre. Hieher wird doch wol auch cimbr. urren, orren CWtb. 180 gehören in orren- beter garstig Wetter u. dgl. hotsch ! Scheuchruf für Schweine. Abkürzungen. Zu den S. 123 angegebenen Abkürzungen ist hier noch nachzutragen: Marburg. Alle Namen aus Marburg verdanke ich Reicheis verdienstlicher Schrift, s. Reichel. — Reichel Rudolf: Marburger Namen- büchlein. Marb. (Steierm.). Druck von Ed. Janschi tz 1870 (Schulprogramm). — Schneller, s, oben S. 3. — Spieß Balthasar: Volksthümliches aus dem Fränkisch -Hennebergischen. — Wien 1869. — Voeab. 1420, d. i. lat. deut- sches Vocab. vonl420, herausgegeben von K. J. Schröer, Presburg 1839. — Vocab. 142 3, d.i. ital. deutsches Vocab., vollendet den 16. Feb. 1423 (eine um ein Jahr jüngere, ziemlich gleichlautende Münchener Abschrift davon benutzte hin und wieder schon Schmell. zu seinem baier. Wörterb.). Cod. der Wiener Hofbibl. 12, 514. - Vocab. 1439, 1460, d. i. der Münchener Cod. ital. 362. gleichfalls ein ital. deutsches Vocabular, das Schmeller schon theilweise benutzt hat. Es ist abgeschlossen vor 1460. — Vocab. 1479. Ein ital. deutsches Vocabular „volpracht durch maister Dominico von Lapi*'. Am Schlüsse: „in la sapientia de Bologna fui stampada d'aprile 1479 per D. Lapi. in dar wisheit zuo Bolonia ist es gedrucket des aprellen 1479. finis laus deo". S. Panzer Annalen der ältesten deutsehen Lit. Suppl. p. 42. 508 S c h r ö e r Verzeichnis der mitgetheliieii Lieder und Balladen: Der Bettler (Möringer) , unter pattlar. Rekfutenlied, unter paukhe. Ballade (Lenore) , unter töat. Heiratlied, unter hairäteo. Ballade vom Hansel jung, unter Hans. Beim Hirsejäten , unter hir§e. Kranzbinden, unter h6achzeit. Abschied, ebenda. Geigerlied , ebenda. Beim „Stecken", ebenda. Die abgeschiedene Seele, ebenda. Die Verstorbenen, ebenda. Der Kuckuck , unter kackhe. Von der Lieben: unter liebe. Liebeslieder, unter liebe. Treue Liebe , unter liebe. Magretitzle, Ballade , an alphabetischer Stelle. Marienlieder, unter Maria. Paulus, unter lllaria. Martin, an der alphabetischen Stelle. Die Meierin, Ballade, unter meier. Die Schöne am Meer [Gudrun) s. nier. Regina, an der alphabetischen Stelle, Der Ritter (Blaubartball ade) unter ritter§inan. Stephan, an der alphabetischen Stelle. Die brave Stiefmutter, unter stiewiimeter. Sonnwendenlied, unter §ainmitten- Zween Werber, unter warbar, barbar. Barbara , unter Wäwarle. Anmerkung. Schriftdeutsch und unvollständig werden von Elze S. 34 ff. noch folgende bekannte Volkslieder als Lieder aus Gottschee angeführt : 1. Die Rosen die blühen im Garten. Soldaten marschieren ins Heer etc. Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottsched. 0Ü9 Das Lied wird auch (mit anderem Anfang: Nichts schöners kann mich erfreuen oder: Es blühen drei Röslein im Garten) im Kuhländ- chen und im ungr. Bergland, so wie überall in Deutschland, s. darüber weiteres meine Darst. S. 114 [346], 77, gesungen. 2. Das Lied vom Wein und vom Wasser. Dasselbe wird auch im ungr. Berglande und auf dem ungr. Heideboden so wie überall in Deutschland seit dem 16. Jahrb. ge- sungen; s. weiteres darüber mein Wörterb. S. 129. 3. Die faule Grefe. Darüber sieh oben S. 9S. Die bei Frommann U, 86 und 181 mitgetheilten Lieder sind von Klun nicht aus der besten Quelle mitgetheilt und in dem Obigen besser enthalten. Sprachlich genau und richtig ist die Übersetzung des finnischen Volksliedes in Gottscheewer Mundart von Richter bei Frommann VI, 521 : 0 benn main dar liebe kameit! Hervorgehoben zu werden verdienen aber zwei Gottscheewer Lieder bei Frommann IV, 393 ff. : 1. Krist ist erstanda won sain dar märtar allen etc. Dieß alte Lied (über sein Alter s. Hoffmann Gesch. d. d. Kirchenliedes S. 64, 499; jenes ältere aus dem 13. Jahrb. hat wol auf die späteren Abfassungen Einfluß gehabt) ist nämlich bei den Cimbri gleichfalls bekannt und bis zum Jahre 1519 hinauf als da bekannt nachzuweisen; vgl. CWtb. iyQ. 2. päm in dar aum (Alm) ! in dar aum ist a pirpäm ; pirpäm trüget läp etc. Dazu ist zu vergleichen Ditfurt fränk. Volksl. S. 297 : was wuchs in selbiger erd? Fiedler Volksreime und Volkslieder S. 34 : dorten auf grüner beide, steht ein birnbaum etc., wo auch ein ähnliches aus England, Halliwell Nr. 21, nachgewiesen ist. OIO Schröer. Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottsehee. INHALT. I. Theil. Ein Ausflug nach Gottsehee. (Sitzungsber. October 1868. LX. Bd. S. 16S.)*) Seite. Einleitung , . . 1 1. Allgemeines über die deutsehen Sporaden in Oesterreieh . 1 — 8 2. Die Ansiedlung in Gottsehee 9 — 20 3. EigenthünnHehkeit der Gottscheewer Mundart 20 — 29 4. Die deutsehe Sprachinsel Zarz (Soriea) in Krain .... 30— 34 Wörterbueh fA—H) 35 — 122 Abkürzungen 123 Inhalt zum ersten Theil 124 II. Theil. Weitere Mittheiiungen über die Mundart von Gottsehee. (Sitzungsber. Mai 1870. LXV. Bd. S. 391.) Vorwort 391—395 Wörterbuch (I—ZJ . . 396—505 Nachträge 506 Abkürzungen 507 Verzeichnis der mitgetheilten Lieder und Balladen 508 Anmerkung 508 *) Die im zweiten Tliell citierten Seitenzahlen des ersten Theiles geben meistens nur die Seitenzahl des Sonderabdruckes: die Seitenzahl der Sitzungsberichte ent- steht, wenn zu dieser die Zahl 164 hinzugerechnet wird. Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften £) 1 1 VEBZEICH\[SS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (MAI 1S70.J Academia, Real, de la Historia zu Madrid: Memorial histörieo Espanol. Tomo XV— XIX. Madrid, 1862—1865; 80. — Espaiia Sagrada. Tomo XLVIII-L. Madrid, 1862, 1865 & 1866; 80. — Noticia de las actas. 29 de Junio de 1862 & 7 de Junio de 1868; 80. — Coleccion de obras aräbieas. Tomo I, Madrid, 1867; 40. — Cortes de !os antiguos Reinos de Leon y Castilla. TomoII— III. Madrid, 1863 & 1866; Folio. — D. Jose Oliver y Hurtado. Muiula Pomeyana. Madrid, 1866; 80. — D. V. de la Fuente, Elogio del Arzobispo D. Rodrigo Jimenez de Rada. Madrid, 1862; 80. — D. A. Rena vi des, Discurso leido al terminar el trienio de su direccion en 1867. Madrid, 1868; 8<>. — D. Carlos Ramon Fort, Discurso en elogio de D. Jose Cornide de Saavedra. Madrid, 1868; 80. — D. J. Godoy Al- cäntara, Historia critica de los falsos cronieones. Madrid, 1868; 8". — D. Dem. de los Rios, Memoria arqueologico- descriptiva del anfiteatro de Itälica. Madrid, 1862: 4". — D. J. Rizzo y Ramirez, Juicio eri'tico y signifieaeion politica de DonÄlvaro de Luna. Madrid, 1865; 4o. — D. Fr. Fernan- dez y Gonzalez, Estado social y politico de los Mudejares de Castilla etc. Madrid, 1866; 4». Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats- bericht. Januar & Februar 1870. Berlin; 8». Berlin. Universität: Akademische Gelegenheitsschritten aus dem Jahre 1869/70. 4o. 51 •• Verzeichniss der eiiiifegangenen Druckschriften. Farr, William, Report to the International Statistical Congress held at the Hague in 1869. London, 1870; 8o. Fassel, Hirsch ß.. Das mosaisch-rahbinische Strafgesetz und straf- rechtliche Gerichts-Verfahren. Gross-Kanizsa, 1870; 8o. Gesellschaft, Anthropologische, in Wien: Mittheilungen. I. Bd., Nr. 1—2. Wien, 1870; So. — Geographische, in Wien: Mittheilungen. N. F. 3, Nr. 6 — 7. Wien, 1870; 8«. — k. k. m.-schl., zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde: Schriften der histor.-statist. Section. XIX. Bd. Brunn, 1870; gr. 8«. — Fiirstl. Jablonowskische, zu Leipzig: Gekrönte Preisschriften. XIV— XVI. Leipzig, 1869 — 1870; 4o. Hamelitz. X. Jahrgang, Nr. 13—16. Odessa, 1870; 4«. Heidelberg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1869/70. 4« & 8«. Hruschko, Martin, Die Stadt Pilsen zur Zeit der Belagerung durch Ernst Grafen von Mansfeld 1618, und Pilsen im Jahre 1761. (Zwei Lithographien in Folio.) Jahresbericht der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten zu Prag (1869 — 1870). Prag; 8o. Peabody Institute: Discourse on the Life and Character of Georg Peabody. Baltimore, 1870; 8", Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de I'etranger. VIP Annee, Nrs. 22—24. Paris & Bruxelles, 1870; 4o. Scientific Opinion. Part. XVIII, Vol. IIL London, 1870; 4o. Society, The Asiatic, of Bengal: Journal. Part. II, Nr. 4. 1869. Calcutta; 8o. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHILOSOPHISCH -HISTORISCHE GL ASSE. LXV. BAXD. flL HEFT. JAHRGANG 1870. — JUNI. 35 I Commissionshericht. 9 10 I SITZUNG VOM 1. JUNI 1870. Das w. M. Ritter von Karajan setzt die Lesung seiner in der Sitzung vom 18. Mai 1870 begonnenen Abhandlung fort unter der Überschrift: „H. Zu Ottacker von Steiermark." Das w. M. Hr. Regierungsrath Höfler sendet von den Abhand- lungen aus dem Gebiete der alten Geschichte die vierte. Sie be- schäftigt sich mit der Frage über die richtige Abgränzung der alten Geschichte gegen das Mittelalter. 35 öl 6 Cominissionsbericlit. SITZUNG VOM 15. JUNI 1870. Der Vicepräsident giht Kunde von dem am 2. Juni d. J. er- folgten Ableben des w. M. der k. Akademie Herrn Karl Alexander Reichsfreiherrn v. Hügel. Die Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileids von ihren Sitzen, Das Kepler-Denkmals-Comite in Weilderstadt ladet mit Schreiben Yom 1. Juni 1870 die k. Akademie zur Theilnahme an dem am 24. Juni d. J. stattfindenden Feste der Enthüllung des Kepler-Denk- males ein. Das w. M. Ritter von Karajan macht der Classe Mittheilung über die Herkunft der Handschrift, aus welclier die von Herrn Richard Trampler in der Sitzung vom 18. Mai besprochenen Briefe des Cardinais Franz von Dietrichstein genommen sind. Das w. M. Herr Prof. Fried. Müller legt vor eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: „Bemerkungen über zwei armenische Keilinschriften". p Conimissionsbericht. O 1 T Herr Prof. Dr. Friedr. Ritter v. Schulte in Prag sendet eine Abhandlung: „Die Compilationen Gilberts und Alanus", mit dem Gesuche um Aufnahme derselben in die Sitzungsberichte. Herr Prof. Dr. J. Caro in Breslau sendet ein Manuscript : „Liber cancellariae Stanislai Ciolek. Ein Formelbuch der polnischen Königskanzlei aus der Zeit der Hussitischen Bewegung", mit der Bitte um Aufnahme desselben in das Archiv für österreichische Geschichte. Herr Prof. Bernhard Grueber in Prag ersucht um eine Sub- vention zum Zm ecke der Drucklegung seines im Manuscript vorge- legten Werkes: „Die Kunst des Mittelalters in Böhmen nach den bestehenden Denkmalen geschildert". SITZUNG VOM 22. JUNI 1870. Herr Oberlandesgerichtsrath von Jaboruegg-.\l tenfels legt sein mit Unterstützung der k, Akademie herausgegebenes Werk: „Kärntens römische Alterthümer" vor. Der Concipist im k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Herr Con- stantin Edler v. Böhm ersucht um eine Subvention zum Zwecke der Drucklegung seines Kataloges der Handschriften des k. k. Archives. O 1 8 Commissionshericht. Das w. M. Herr Hofrath Ritter v. Miklosich legt vor: „Alba- nische Forschungen". Abhandlung II. und III. Das w. i\l. Herr Hotrath Phillips legt eine Abhandlung „über das lateinische Element in dem Wortschatze der baskischen Sprache" vor. Herr Prot. Ed. S ach au legt vor eine Abhandlung: „Zur ältesten Geschichte des muhammedanischen Rechtes" und ersucht um deren Aufnahme in die Sitzungsberichte. P h i 1 I i |i s. Die Einwanderung der Iberer in die pyrenäische Halbinsel. 519 Die Einwanderung der Iberer in die pyrenäische Halbinsel. Vom w. .M. Hofrath Dr. G. Phillips. I. Allgemeine Bemerkimgen über die Nachrichten der Griechen und Römer von den Wanderungen der Völker. In unserer AbliJuidlung über ilas iberische Alphabet ist auf die Erscheinung nähere Rücksicht genommen worden, dass die Römer und Griechen, die für sie barbarisch klingenden Eigennamen in den von ihnen eroberten Ländern meistens umgeändert und ihren Sprach- werkzeugen oder ihrem Gehöre anpassender gemacht haben. Es steht aber diese Erscheinung nicht isolirt da, sondern es tritt auch die grosse Mangelhaftigkeit ihrer historischen Kenntnisse häufig ge- nug hervor. Durch ihre falsche Auffassung haben sie es der Nach- welt, in so weit sie auf die Kunde der Römer und Griechen aus- schliesslich angewiesen ist, oft fast unmöglich gemacht, in die älteste Geschichte der Völker eine klare Einsicht zu gewinnen. Insbeson- dere gilt dies von den auf die älteren Wohnsitze und Wanderungen der Völker bezüglichen Nachrichten bei den griechischen und römi- schen Autoren '). Es können in der That einander völlig entgegenge- setzte Nachrichten über die Völkergeschichte des Alterthums durch ij Vergl. Diefenbach, Origines Europaeae. S. IS n. ff. .— Sehr richtig bemerkt Friedr. Müller, bei Kulm und Schleicher Beiträge Bd. 3. S. 217 „Be- kanntlich sind die Alten keine genauen Ethnographen und man kann ihren Nach- richten nur einen untergeordneten Werth beilegen, in so fern sie das. was die Forschung an's Tageslicht fördert, bestätigen." 520 Phillips Belegstellen aus jenen Schriftstellern begründet werden. Griechen und Römer waren aber, wie allgemein anerkannt werden muss, eben sehr schlechte Ethnographen : es fehlte ihnen auf diesem Gebiete, wie auf dem der Philologie an jedwedem leitenden Principe) und die Wissenschaft, welche ihnen ein solches hätte bieten können, gab es damals noch nicht. Wir dürfen sie desshalb nicht anklagen, aber eben darum sind auch ihre Nachrichten in dieser Beziehung nur mit grossem Misstrauen aufzunehmen, so lange nicht unläugbare That- sachen für ihre Richtigkeit sprechen. Man muss sich daher nach anderen Leitsternen umsehen und die Bahnen zu erkennen streben, auf welchen die Völker in alter Zeit gewandert sind. Geschieht dies bier nicht mit Glück, so geschieht es doch mit dem aufrichtigen Wunsche, dass Andere hierin glücklicher sein mögen. Man hat sich daran gewöhnt bei der Darstellung der Geschichte von der Völkerwanderung als einem bestimmten grossen histo- rischen Ereignisse zu sprechen, welches in die ersten Jahrhunderte nach Christi Geburt falle und etwa mit dem Untergange des west- römischen Kaiserthums seinen Abschluss gefunden habe. Allein man thäte wohl daran, es hiebei nicht aus dem Auge zu verlieren, dass die damalige Völkerwanderung nur ein einzelner Abschnitt in der Wan- derung der Völker war. welche ununterbrochen bereits seit vielen Jahr- hunderten fortdauerte. Allerdings ist, wenn auch nicht der Anfang, so doch der weitere Verlauf dieser Völkerwanderung in ein fast un- durchdringliches Dunkel gehüllt. Damals aber, in den ersten Jahr- hunderten christlicher Zeitrechnung, rollte sich der Vorhang, welcher bis dahin noch eine Menge von Völkern verdeckt hatte, immer mehr auf. Da wurde man des Schauspieles ansichtig, wie Völker, den Meereswogen vergleichbar, deren eine vor der andern flieht, nach fruchtlosem Kampfe gegen andere, die in ihrem Rücken herandrängen. ihre Wohnsitze verlassen müssen , um sich dann mit den Waffen in der Hand neue zu erringen s). -) Vergl. Ciirtius. Gnindziigre der griechischen Etymologie 2. Aufl. S. 5 ii. 7. -•) Beredter als wir es vermögen, schildert Jakob Grimm, Geschichte der deutschen Sprache S. 162. dieses Drängen der Völker auf ihrer Wanderung aus Asien: „Alle Völker Europa 's und voraus jene urverwandten, denen es beschieden war, durch Wechsel und Gefahr emporzuringen. sind in ferner Zeit aus Asien eingewandert. Die Kiiiwaiideriin« der lliprer in die ;)yieii;iisclie Halbinsel. Ö -w 1 Dit' Veraulassuiigeii zu diesen Wauderiingen der Völker waren verschiedener Art. Schon Seneca hat in dem an seine Mutter Helvia geschriebenen Briefe gerade hierauf aufmerksam gemacht *). Als die erste und wichtigste unter diesen Ursachen ist wohl die gewaltige Vermehrung des Menschengeschlechtes zu bezeichnen; eine Ver- anlassuiig, die ja noch in unseren Zeiten zur Auswanderung nöthigt. Und wenn heute zu Tage Regierungen aus diesem Grunde die Auswanderungen befördern, so ist dies auch nichts Anderes, als Mas man von den Normannen erzählt, dass bei ihnen der ein- zelne Vater wegen der zu grossen Zahl seiner Kinder seine trwach- senen Söhne bis auf Einen, den er als seinen Erben zurückbehielt, von sich getrieben habe ••). Ähnliches iterichtet aucli Paul Warne- von Osten nach Westen setzte sie ein unheinrnUaier Trieli, dessen eig-entliche Ur- sache uns verhorgen lieg-t, in Beweg-ung-. Der Znp sclieint aber stets zu Lande und um die Küsten des Meeres erfran^en. ausser wenn blosse Meerenj^en zu über- fahren. Inseln zu erreichen waren. Je weiter gegen Abend wir ein Volk are- drungen finden, desto früher hat es seinen Auslauf begonnen, desto tiefere Spur kann es unterwegs hinterlassen haben. Klein im Anfange, wälzte sieh der Haufe zu immer grösserer .Masse fort: beinahe alle Völker, wo sie zuerst er- scheinen, sind schon zu solciier Breite und Fülle emporgewachsen, dass Zwisclien- räume der Ruhe tind des Stillstandes ihre Ankunft verdecken, aber hinten nach- rückende Schwäime rühren sie vom Neuen anf. Dieser Drang muss in der Mitte und im Herzen Europa's am stärksten walten; einzelne Völker, die seitwärts nach Süden schmale Halbinseln erreichen, gedeihen auf ihnen sclmell zu mächtiger Entfaltung und erliegen erst spät, nachdem ihre Geschicke erfüllt sind, den unab- wendbaren Einflüssen der Mitte. Unbegünstigte können sinken in Vergessenheit, die aber am langsamsten zur edleren Bildung reiften, jcheinen der grössten Lebensdauer fähig und wenn die Sage den Menschen der Vorzeit höheres Alter beimisst, halten die späteren Völker desto fester aus. Der urverwandten Völker zu weitem Auslaufe entschiedener Beruf und vorragende Tüchtigkeit offenbart sich eben darin, dass ihnen fast allein die europäische Gesrhichte angeiiört." — *) Seneca. Consol. ed Helviam. cap. 6: Nee omnibus eadem causa relinquendi quaerendique patriam fuit. Alios excidia urbium suarum. hostilibus aruiis elapsos, in aliena, spoliatos sui. ex|Mileruiit : alios domestica seditio submovit; alios nimia superfluentis populi frequentia ad e.xonerandas vires emisit; alios pestilentia aut frequens terrarum hiatus, aut aliqua intoleranda infelicis soll vitia ejecerunt; quosdam fertilis orae et in majus laudatae fama corripuit. — Vergl. Mo ver s, Geschichte der Phönizier. Bd. 2. Tb. 2. S. .t u. fl'. 5j Guil. Gemet. Histor. Normanor. C. 4. Quae gens idcirco sie multiplicabatur quoniam niniium dedita luxui mulieribus jungebatur multis. Nam pater adultos filio». cunctos a se pellebat. praeter unum. quem lieredera juris sui relinquebat. — Vei-ffl. noch meine deutsche Geschichte. Bd. 1. S. 142. S. 394. 522 F' h i 1 1 i p 8 i'rieil von den Völkern Skandinaviens «j. Es geschali daher zum grossen Theil aus Zwang, d;)ss solche Auswanderer sicli aul andere Völker stürzten. Schon Julius Capitoiinus gibt davon ein. anschauliches Rild, wennererzählt^), wie die M arkoni a nnen und Quaden zur Zeit des Marcus Aureliiis nicht freiwillig in das Rönierreich einbrachen, son- dern vielmehr von den .luthungen, denen wiederum andere Völker nachdrängten, aus ihren Wohnsitzen vertrieben worden waren. Es gilt daher ein Ausspruch, den ein neuerer Schriftsteller in Betreff der Magyaren thut«), von einer grossen Zahl von Völkern: „sie wurden aus asiatischen Flüchtlingen europäische Eroberer". Diese Wande- rungen haben aber, wie zuvor bemerkt wurde, nicht erst in jenen Zeiten begonnen, von denen wir die ersten Nachrichten über die ein- zelnen Völker liaben, sondern sie dauerten schon seit vielen Jahr- liunderten fort und nabmen nur darin in späterer Zeit einen gewalt- thätigeren Charakter an, als die Nachwandernden auf immer grössere Hindernisse stiessen. Zu dem Zwange zur Auswanderung gesellte sich aber oft auch wirkliche W^anderlust und Freude an Kampf und Krieg, wie sie so manclier Volksstamm, in unbekannt gebliebenen Schlachten geübt, kund gab. Da bot dann kein noch so hohes Gebirge ein unübersteig- liches Hinderniss, kein Strom und kein Meer stellte nicht zu bewäl- tigende Schwierigkeiten entgegen. Über die steilsten Alpen stiegen Kimbern und Teutonen und fuhren auf ihren Schilden in die Thäler hinab; über den Ocean setzten auf leichten Schiffen Nor- mannen hinüber nach Amerika 9). Und wie viele Gebirge und Ströme iiatten die Vorfahren der Einen wie der Andern überschritten, bevor sie, die Söhne, bis zu den Alpen und bis zur westeuropäischen Meeresküste gelangt waren. Aber auch noch manche andere Ursache <"), als die angegebenen, mochte hinzutreten, um das eine oder andere V^olk zum Auszuge aus der seit lange oder kurz erworbenen Heimath zu bewegen. So «) P a II 1 Diac. d. gest. i-iiiigob. I. 2. ') Jul. Ca pi toi in. Marc. Aiirel. cap. 14. Qiiadis et Marcomanis cuncta tiiiban- fibus; aliis enim gentibus, quae puisae a siiperioribus barbaris fu;>eraiit, nisi reciperentui-, bellum infeienlibus. *) Dünimler. Piigriin von Passau. S. 149. Note 14. *) Über die Fahrten der Normannen s. noeh unten. S. S32. ^") S. Note 4. Die Eiuwanderung iler Iberer in die pyrenäische Halhinsel. ht^O erzählt die Sage vuii den nach Indien eingewanderten Ariern, dass sie schon vierzehn Male zuvor aus verschiedener Veranlassung ge- nöthigt gewesen seien, ihre Heimath aufzugehen, und weiter zu ziehen, um eine neue zu suchen " '). Es kommt nun in der That sehr viel darauf an, dass man sich eine möglichst klare Anschauung von den Wanderungen der Völker in der alten Zeit macht und in Beziehung hierauf zu einigen bestimm- ten Grundsätzen gelangt. Die Kenntniss der Schicksale eines einzel- nen Volkes reicht in dieser Hinsiclit nicht aus, sondern es tritt fiberall in der Geschichte, so viel sie aucii von den Kämpfen der verschiede- nen Völker zu berichten weiss, doch eine gewisse Zusammengehörig- keit einzelner mit andern hervor; dass diese Zusammengehörigkeit öfters auf Blutsverwandtschaft beruht, haben auch die Alten schon erkannt '2). So ist es aueli merkwürdig, dass die alte Stammsage der Germanen auf Einen gemeinsamen Stammvater hinweist 's). Diese Erscheinung hätte den ernsten Tacitus, wenn Sagen über- haupt vor seinen Augen einen Werth gehabt hätten, leicht zu einem tieferen Nachdenken veranlassen können. Jene Sage hätte ihn in ihrem Fortgange, wo sie von Mannus und seinen drei Söhnen er- zählt '*), im Vergleiche mit dem griechischen IMythus von den drei Söhnen des Deukalion noch nähere Anhaltspunkte geboten. Aber man darfauch nicht zu viel von ihm verlangen, da ihm die jüdischen Urtraditionen unbekannt geblieben waren; er würde diese bei den verschiedensten Völkern wiederkehrende Tradition von dem Stamm- vater und seinen drei Söhnen 1^) um so weniger verstanden haben, als auch er der bei den Alten sehr verbreiteten Idee von der Autoch- thonie der Völker huldigte •«). So viel nämlich die alten Autoren von den Wanderungen der Völker berichten, so macht sich doch oft genug bei ihnen der Ge- danke geltend, dass das eine oder anilere Volk in dem f^ande, in 'ij Vergl. Leo, Vorlesungen über die deutsche Gesohiehfe. Bd. 1. S. 19. **) Tacit. (Jerm. cap. 4. •*) Ta oi t. 1. c. cap. 2. **) Verg-I. über diesen Mythus noch .1. (J r i in ni u. a. O. S. 824. *^) Vei-gl. meine deutsche Reichs- und Ilechtsgeschichte. 4. Autl. §. 14. Note 14 u. 18. s. :;6 u. f. '•* S. unten Note 19. o24 p h i 1 1 i 1» s welchem sie es sessliat't fiiuien, im eigentlichen Sinne des Wortes anlochthon sei, d. h. ni-spriiiiglich gerade diesem Lande angehöre, mithin nicht eingewandert sei. Bedienen sich griechische Schrift- steller ehen des Wortes A-j76-/^^0T^zg, so drücken die Römer densel- ben BegrilF durch die Bezeichnungen Aborigines und Indigenae aus i^), während die Erstere nach neuesten Forschungen als Volksnamen und zwar Ahorigines lautend, einem einzelnen Italischen Volksstamme zugewiesen wird i»). Ehen jener Anschauung folgend, konnte also selbst ein Tacitus vor anderen Meinungen in Betreff der Germanen derjenigen den Vorzug gehen, nach welcher diese für die eingebor- nen Urbewohner des Landes, in welciiem die Römer sie antrafen, zu halten seien '9). Den Alten fehlte aber jede Ahnung auch nur von der Möglichkeit einer Einheit des menschlichen Geschlechtes: man fragte immer nur nach dem Ursprünge jedes einzelnen Volkes, war aber um die Lösung dieser Frage auch nicht sehr bekümmert. In Folge der Zersplitterung und Spaltung standen sieh die Völker feind- lich, jedes das andere missachtend, einander gegenüber: ja das Leos der Sklaverei, welches überall die Ueberwundenen traf, zeigt, dass die Sieger jenen gar nicht einmal den menschlich persönlichen VVerth beilegten, sondern sie als Sachen behandelten. Die Feindschaft der Völker war aber zugleich auch eine durch die Religionsverschieden- heit begründete, jedes Volk hielt seine Religion für die wahre, seine Götter für die allein zu verehrenden. So erachtete sich jedes Volk für das Volk und in so fern für das eigentliche Menschenge- schlecht und sah mit Verachtung auf alle Andern, die zu ihm nicht gehörten, herab. Auf das religiöse Gebiet übertragen hatte dies die Bedeutung, dass analog mit den hierzu berechtigten Juden, sich 17) Serv. :id Virgil. Aen. Vlll. 3'i8: Indigenae inde geniti. «inos vocant aborigines Latini, Graeci a.-j7Öyß'iVzq. "^) S. Riibino, Beiträge zur Vorgeschichte Italiens (Leipz. 1868.) S. 29. 42. 47. — Vergl. auch Steph Bj zaii t v. 'Aßopt^ivss (ed. Westermann p. 5). '■') Tacit. Genn. cap. 2. Diese Stelle ist überhaupt für die Auffassungsweise des Tacitus merkwürdig: er sagt: Ipsos Germanos indigenas crediderim inini- meque aliaram gentium adventibus et hospitiis mixtos, quia nee terra olim sed classibus advehebantur. qui sedes mutare quaerebant et inmensus ultra ulque sie dixerim adversus Oceanus raris ab orbe nostro navibus aditur. Quis praeter pericuium horridi et ignoti mris, Asia aut Africa aut Italia relicta Germaniam peteret. Die EiiiwaiKleniiig ilci- Iberer in die |>vi'i'näiselie H;ill)ii)sel. d^t> tiir das „Volk Gultes" zu ballen, jedes einzelne der in der Reli- gion getrennten heidnischen Völker sich für das Volk der wahren Gritter hielt. IL Einwanderung der europäischen Bevölkerung aus Asien. Indem wir von den Nachrichten, welche die heilige Schril'l über den Ursprung des Menschengeschlechtes und somit auch über den der einzelnen Völker gibt, einstweilen absehen, soll nur darauf hin- gewiesen werden, wie ganz unabhängig von jenen die heutige Wis- senschaft und ZMar vornehmlich die Linguistik eine jener Idee von der Autochthonie ganz entgegengesetzte Ansicht zur Geltung ge- bracht hat ^). Sie hat es festgestellt, dass ein grosser Theil der Bevöl- kerung Europa's, namentlich die Griechen, Italer, Kelten, Germanen, Slaven und Lithauer mit jener von Armenien, Persien und Vorder- indien Einen grossen Volksstamm bildet. Dieser wird bald als Japhe- t i tischer, bald als Arischer, Ind 0- Germa n i scher oder auch 1 nd o-Europ äi scher bezeichnet 2) nnd demselben als Heimath Asien und zwar specieller die iranische Hochebene überwiesen. Nur darüber hat man sich noch nicht geeinigt, ob das ganze Menschengeschlecht von Einem Paare abstamme und somit dort auch die ursprüngliche ') Vergl. üijer die Bedeutung des Linguistik in dieser Kiclitung unter Andern ;iiif|i Mommsen, Röniisclie Geschichte. Bd. 1. S. 14. ') Gegen jede dieser Bezeichnungen lassen sich Einwendungen erheiien; die letzte dersell)en „Indo - Europäisch" darf man aber doch kaum in der Weise festhalten, dass man, wie Dwight Whitney (ün language and the stiidy iif language i>. 201) die Indo -Europäer in Indien einwandern lässt; auch klänge es befremdlich: „die Indo- Germanen haben Griechenland und Italien in Besitz genoninien", da weder Inder noch Germanen dorthin gekommen sind. Da der Narae Japhetiten sich desshalb nicht als ganz passend erweist, weil wohl manche von ihnen eine Sprache reden, die zu einem anderen Stamme gehört, so scheint der Ausdruck: „arischer Volksstamm" fast der geeignetste zu sein. Es ist daher wohl zu billigen, wenn W. Sc her er fZur Geschichte der deutschen Sprache. S. 2) die „Ost-Arier" \ind die, West-Arier", die Letzteren als die in Europa eingewanderten unterscheidet, ohne auf die Frage einzugehen, ob diese i» Betreff der Sprache eine besondere Einheit gebildet haben. 5^6 Phillips Heimath aller Völker zu suchen sei s). Auf jeden Fall ist man, wenn gleich Stammes- und Sprachen-Einheit sich nicht völlig decken, mit der offenharen Zusammengehörigkeil und Blutsverwandschaft so vieler Völker hypothetisch jener Idee um einen bedeutenden Schritt näher gekommen. Der Schluss aus dem durch die Wissenschaft Erwiesenen auf jene ursprüngliche Einheit *) ist jetzt wenigstens nicht mehr so kühu, als es etwa vor sechzig Jahren kühn gewesen wäre 5), die Be- hauptung aufzustellen : Slavisch und Römisch seien nur zwei Toch- tersprachen einer und derselben ^Indogermanischen Grundsprache" für welche in neuester Zeit sogar schon ein Wörterbuch verfasst «) und worin schon als Sprachühung eine kleine Fabel gedichtet wor- den ist '). In Betreif der Heimath des Arischen Volksstammes sind aber in neuerer Zeit im Gegensatze zu derjenigen Meinung, welche jene in Asien sucht, andere Ansichten aufgestellt worden. Zu dem eben erwähnten Wörterbuche hat Theodor Benfey auf Bitte des Ver- fassers eine Vorrede geschrieben, in welcher er sich also vernehmen lässts): „Die Bemerkung möge man mir hier verstatten, dass seitdem es durch die geologischen Untersuchungen feststeht, dass Europa seit undenkbaren Zeiten der Wohnsitz von Menschen war, alle Gründe, welche man bisher für die Einwanderung der Indoger- manen von Asien aus geltend gemacht hat und die wesentlich auf den mit unserer frühesten Bildung uns eingeju-ägten Vorurtheilen beruhen, iti ihr Nichts zerfallen." Demnach darf man sich nicht '; Verg^l. Schömann griechische Alterthünier. Btl. 1. S.2 — Mahn. Denkmäler der basiiischen Sprache. Einleitung- S. XLI. — *) Eine solche nimmt wenig-stens als möglich iVlax Müller, Vcriesung-en. Bd 1. S. 294 an. ^) Dwig^hf Whitney a. a. O. p. 1. u. B. — Alex. v. Humboldt sagt in seinem Kosmos Bd. 2. S. 234: „das Christenthum hat hauptsächlich dazu beigetragen, den Begriff der Einheit des Meuscheiigeschlechtes hervorzurufen, es hat dadurch auf die Vermenschlichung der Völker in ihren Sitten und Einrichtungen vortheilhaft gewirkt." ') .\ug. Fick. Wörterbuch der Indogermanischen Grundsprache. Göttingen. 1S68. — A. Schleicher, Indogermanische Chrestomathie. S. 342. sagt davon „ist nur mit Kritik zu benutzen". ^1 S. Kuhn und Schleicher, Beilräge. Bd j. S. 206 u. f. 8) Seite IX. Die EiiiwaiHleriiiis 5fiOüv (jiev rwv Ifn'Sfiiwv dg roüc 19^ Vero^leiche noch Diefenbach a. a. 0. S. 52. 20) Wegen der Verdrängung der Finnen durch die Germanen s. Diefen bach a. a. 0. S. 189. '-') Grimm a. a. 0. S. 163. SiUb. d, phil.-hist. CK LXV. Bd. Hl. Hft. 36 530 ph i 1 1 i p s. III. Asien als die Urheimath der Iberer. Nachdem nunmehr einige allgemeine Prinzipien über die Ein- wanderung der europäischen Völker in ihre Wohnsitze festgestellt worden sind, kann jetzt speciell auf die Iberer eingegangen wer- den, die man bei dem Beginne der historischen Zeit als die Bewoh- ner der Pyrenäischen Halbinsel antrifft. Sie werden schon von den Alten nicht als Autochthonen dieses Landes, sondern als Einwande- rer bezeichnet. Insbesondere hat Plinius eine Stelle aus Varro aufbewahrt, wonach Iberer, Perser, Phönizier, Kelten und Punier nach der Halbinsel gekommen sind i)- Die Angabe des genannten Schriftstellers ist zwar nicht ganz genau, insbesondere möchte es nicht mit der Chronologie zusammenstimmen, wenn die Perser und Phönizier vor den Kelten genannt werden und sehr zweifelhaft dürfte überhaupt die Ansiedelung der Perser ~) in His- panien erscheinen. Da aber die Iberer in dieser Aufzählung ganz an der Spitze stehen, so ist doch wohl anzunehmen, dass Varro sie für die ersten Einwanderer gehalten hat. Von Moher sie aber nach His- panien gekommen seien, sagt er nicht, und überhaupt eigentlich Keiner unter den alten Schriftstellern, obschon ihr Name öfters ge- meinsam mit andern auf der Wanderung begriffenen V^ölkern ge- nannt wird. Nur einmal begegnet man der Vermuthung, sie könnten aus Asien gekommen sein 3) was auch wohl Varro angenommen haben mag, da er sie in Verbindung mit den Persern und den Phö- niziern nennt. Viel häufiger vernimmt man die oben erwähnte Notiz, die Iberer seien aus Hispanien nach dem Kaukasus gewandert ^). Hierüber seien noch einige Bemerkungen gestattet. 1) Plin. Hist. natur. HI. 1. n. 8. In universam Hispaniam M. Varro pervenisse Iberos et Persas et Phoenices Celtasque et Poenos tradit. ') Es liegt auch nicht nahe g'enug, die vermeintliche Einwanderung der Perser auf eine aUe Tradition hinsichtlich der Ost-Iberer zu deuten, deren Wohnsitze unter die Herrschaft der Perser gekommen waren. Vergl. noch die in Note 7 ange- führte Stelle aus Steph. Byz. •) Appian. Mithrid. cap. 101. *) S. oben II. Note 18. S. 11. I Die Einwanderung: der Il)erei' in die pyrenüische Halbinsel. 33 1 Wenn wirklich ein Zusammenhang zwischen den hispanischen Iherern und denen des Kaukasus bestanden hat 5), so wäre doch jedenfalls jene Nachricht, der sich auch neuere Schriftsteller ange- schlossen haben ß), umzukehren und zwar dahin, dass nur ein Theil der Iberer die asiatischen Wohnsitze verlassen und von dort nach dem äussersten Westen Europa's gewandert sei. Soviel ist gewiss, dass die Alten zwischen den „beiden Iberien", wie Stephan von Bvzanz sich ausdrückt ■?), einen Zusammenhang angenommen haben: das eine Land hless die nach Sonnenuntergang bei den Säulen , der Hercules oder nahe den Pyrenäen belegene Iberia (yj duTixT/ 'IjSvjoia) s), das andere wurde als Iberien in der Nachbarschaft der Perser bezeichnet. Es ist wohl möglich, dass die kaukasischen Iberer, die in den ersten Jahrhunderten christlicher Zeitrechnung eine nicht unbedeutende Rolle in der Kirchengeschichte gespielt haben »), dann aber unter den Georgiern verschwunden sind, mit denen in Hispanien in einer näheren Verwandtschaft gestanden sind. Es zu zeigen, dass dem wirklich so war, ist vornehmlich die Aufgabe, welche sich S. F. W. Ho ff mann in seinem Buche: „die Iberer im Westen und Osten" 10) gestellt hat; auch er gelangt dabei zu der Ansicht, dass die Iberer im Westen aus dem Osten eingewandert sind n)- So sehr wir auch in dies'em letzteren Punkte einverstanden sind und so sehr wir auch jene tleissige Zusammenstellung aller vorhandenen Nach- richten über Ost- und West- Iberer anerkennen, so scheinen uns diese, so gerne wir uns auch überzeugen Hessen, doch dazu noch ^) S. Ho ff mann in der weiter unten angeführten Schrift. ß) Nach Weiss, Universalgeschichte Bd. 1. S. 127. wanderten sie zuerst nach Spanien und dann zurück. '') Steph. Byzan t. V. 'IjSvjpiat. p. 142, 'I/3yjf>tat ovo, >; (asv i:pöc rodi 'HpaxXstat? 7r^).Äij .... ö ö'eTcpa 'I^yjoia ~poc Flipaas sVri. Die weiteren Bemerkungen des Steph. Byzantinus beschränken sich jedoch auf das hispanische Iberien, so wie auch bei anderen Angaben von Städten in Iberien immer nur Hispanien gemeint ist. z. B. p. 146 : 'i/.oup'/Jta, -o/.ic ^Xßr.oiac — 'Iv<5tXT^. roAtj ^i^r,pi.ci.i -Xy;7tov n-jpy;v/;c. 8) Steph. Byz. v, Ai^uTrixvj, p. 184. **) S. Schrödl im Freiburger Kirchenlexikon. Bd. 5. S. 508. 10) Leipzig. 1838. ") Zu dieser Ansicht bekennen sich mehrere Schriftsteller, z. B. Fr er et in den Me- nioires de TAcademie des inscriptions et des belies lettres P. 1. Vol. XVIII. p. 78. — P e t i t - R a d e I ebend. P. II. Vol. VI. p. 340. — Walckenaar. Eneyclo- pe'die des gens du monde. Vol. 111. Art. Basques. 36* 532 Phillips nicht zu geniigen, um dieStammes-Identität zu beweisen, l'iir welehe- allerdings aus dem Namen eine starke Präsumtion entspringt Die aus jenen Nachrichten zu entnelimenden Vergleichungspunkte 13) sind doch zu allgemein, als dass sich nicht auch bei vielen andern Stäm- men des Alterthums Ähnliches antreffen liesse. Wohl würde es etwas weiter greifen, wenn ein solcher Zug bei den West-Iberern nach- weisbar wäre, wie ihn Tacitus in Betreff des Friedensbündnisses berichtet isj^ welches der ost-iberische Königssohn Radamistus mit seinem Oheim Mithridates, dem die Römer zu dem Besitze von Armenien verholfen hatten, in einem Götterhaine schloss. Beide Fürsten trieben sich das Blut künstlich in die Fingerspitzen hinauf, ritzten diese auf und leckten dann gegenseitig an ihrem Blute ; aber selbst dieses wäre nicht einmal völlig entscheidend, da auch der skandinavische Bluttrank eine ähnliche Idee ausdrückt <*). Leider sind überhaupt die Nachrichten über den ost-iberischen Stamm sehr dürftig, so wie auch nur wenig Namen aus ihrer frühern Zeit aufbe- halten sind. Der Vater jenes Radamistus hiess Pharasmanes; diese beiden Namen nebst dem oben erwähnten Mithridates weisen sehr in das arische Sprachgebiet hinein, von welchem die Sprache der West-Iberer fernab zu liegen scheint. Die Gattin des Radamistus hiess Zenobia; ein Name, der für semitisch gehalten wird '5). Nicht bessere Anhaltspunkte bieten die ost-iberischen Städtenamen Harmozika (Hermastus), Seusamoi'a iindNeoris i«) , von denen der erstere allenfalls an Ormuzd i'), der zweite an Susa- mithres 1«) erinnern dürfte. Zwischen Neoris und Neotza i»), einer Stadt im Lande der west-iberischen Aoraqitz -^^, welche nachmals den Namen Nova Augusta erhalten hat, ist kein Zusammenhang 12) Hoffmann a. a. 0. S. 102. 13) Ta ci t. Annal. XII. 47. 1*) S. meine deutsehe Geschichte. Bd. 1. S. 176. u. fl. '*) Der Narae Zenobia wird für semitisch (Zainab oder Zeinab) gehalten. S. H a- m a k e r , Orat. de Graecis Latinisque historicis. 16) S t r a b o, 1. c. XI. cap. 3 u. ö. p. 429. — P I i n. I. c. VI. 29. 30. Jener ver- schweigt Neoris, dieser Seusamora. 1») Ritter, Erdkunde. Bd. 2. S. 810. — Vergl. Forbiger, Handbuch der alten Geographie. Bd. 2. S. 448. Note ö3. 18) P 0 1 1 , Etymologische Forschungen 1. Aufl. Bd. 1. S. Llll. '*) S. Boudard, Numlsmatique Iberienne. p. 96. p. 236. 20) S. die Abhandlung: Über das iberische Alphabet. S. 12. Die Einwanderung der Iberer in die pyrenäische HRlbinsel. O 3 O anzunehmen 21J, Am Bedeutendsten dürfte noch immer der Umstand sein, dass nach dem Zeugnisse des Plinius 22) ia dem östlichen Iberien, ein Nebenfluss des Cyrus den Namen Iberus gehabt haben soll. Es lässt sich doch kaum glauben, dass dieser asiatische Ebro bloss eine Schöpfung des Plinius sei as). Hierbei möge noch bemerkt werden, dass Avienus 24^, wenn anders seine Vorstellung über jene Gegenden nicht eine irrige ist, auch noch von einem andern Iberus im südlichen Hispanien wissen will. Wir erwähnen bei dieser Gelegenheit, dass im heutigen Baskischen ibai oder hibai die Bedeu- tung „Fluss« hat 25). V\"enn wir demnach diese hier aufgeführten Umstände noch nicht für ausreichend erklären, um damit die unmittelbare Zusammen- gehörigkeit der Ost- und West-Iberer darzuthun, so sind wir dess- halb doch eben so wenig geneigt, dieselbe völlig in Abrede zu stellen oder gar die Annahme einer solchen Verwandtschaft geradezu für eine „blosse Träumerei" zu erklären -«). Der Umstand, dass die Ibe- rer im Kaukasus offenbar schon im sechsten Jahrhundert vor Christus unter Persischer Herrschaft standen und ihre Hauptflüsse nach den Perserkünigen Kyrus und Kambyses genannt wurden, dass jene Stadt Hermastus hiess, so wie endlich, dass bei Einführung des Christenthums bei ihnen ein Tempel des Ormuzd zerstört wurde, Avürde immer noch nicht beweisen, dass sie für ursprünglich nahe Stammverwandte der Perser zu halten seien. Indessen wir wollen auf die unmittelbare Verwandtschaft der Ost- und der West-Iberer kein besonderes Gewicht legen, da unsere Ansicht von der Einwanderung der hispanischen Iberer von Osten und von Asien her gar nicht auf diesem Fundamente beruht; um so mehr köimen diejenigen Iberer, welche ihre Wohnsitze in Vorder- indien gefunden haben sollen "'), unberücksichtigt bleiben ^s). 21) PI in 1. c. HI. 27. 22) P 1 i n 1. c. VI. 29. 23) M .1 n n e r t , alte Geographie. Bd. 4. S. 403 hält diesen Iberus für den Araxus. — S. noch F 0 r b i g e r a. a. 0. "Sole 49. "2*) A V i e n. Ora marit. v. 254. ^') S. unten V. S. 39. 26) So Forbigerbei Pauli, Real-Encyklopädie. Bd. 4. S. 40. 2*) F o r b i g e r , Handbuch. Bd. 2. S. Ö09. -^) Noch weniger kommen hier die Iberingi in Betracht. F o r b i g e r bei Pauli a. a. 0. S. 41. 534 Phiii P s Waren jene Ost-Iberer wirklich ein Briiderstamm der West-Iberer, so wurden sie doch jedenfalls im Laufe der Zeit nicht bloss räumlich weit von ihnen geschieden, sondern auch in ihrer Sprache und in ihren Staatseinrichtungen. Ob sie einen Stamm mit den Georgiern bildeten ist schwer zu bestimmen ; auch sind sie nicht zu den Osseten, deren Sprache zu dem eränischen Sprachkreise gehört, zu zählen 29); die schroffe Kasteneintheilung, welche sich bei den Iberern lindet 30)^ erinnert freilich an die Zustände der arischen Stämme Indiens. Wir verlassen daher die Ost-Iberer, deren wir unten noch ein- mal zu gedenken haben werden 3i^ und wollen zunächst noch auf den Umstand aufmerksam machen, dass einige Kirchenväter, nament- lich Hier onymus 33^ und Isidorus ssj die hispanischen Iberer für Nachkommen des Tubal erklären. Hierin sind ihnen neuere Forscher gefolgt 34) und haben hiermit zugleich den Namen jener Tibareni 35) in Verbindung gebracht, welche ihre Wohnsitze auf der Südseite des schwarzen Meeres in Pontus hatten. Auf die Frage, ob die Iberer unter Tubal in die Geschlechtstafel der Genesis ein- gereiht werden dürfen, wollen wir uns hier nicht einlassen, sondern nur auf die andere, ob jene Ansicht durch etymologische Gründe un- terstützt werde. Den Uebergang von Tubal in Ti bar könnte man sich zur Noth noch gefallen lassen; wenn aber jene neueren Schritt- steller weiter gehen und das anlautende T in Tibareni für einen Ar- tikel erklären sej, um auf diesem Wege von T-ibar-eni zu Iberi zu gelangen, so scheinen sie nicht bemerkt zu haben, dass sie dann consequenter Weise auch das T in Tubal für einen Artikel halten und dann jenen Stammvater der Iberer „Ubal" nennen müssten. Die Ana- logien, welche in dieser Beziehung für das Hinwegbleiben eines Ar- tikels T angeführt werden, können hier nicht entscheidend sein. -^) S. Friedr. Müller. Über die Stellung des Ossetischen im eränischen Sprach- kreise (Sitz. ßer. Bd. 36. S. 3J. 30) S t r a b 0 I. c. XI. cap. 3. §. ö. p. 429. 3') S. unten S. 38. 32) H i e r o n y m. Quaest. in Genes. X. 2. 33) 1 s i d 0 r. Etymolog. IX 2. 29. ■'*) Knobel, die Völkertafel der Genesis. S. 111 ii. f. — Gfrörer, Urge- schichte des menschlichen Geschlechts. Bd. 1. S. 70. 35) F 0 r b i g e r bei Pauli a. a. 0. Bd. 6. S. 1925. 36) Knobel a. a. 0. S. 114. Die Einwanderung der Iberer in die pyrenüische Halbinsel. i)3o Was nun im Übrigen die Ansichten der neueren Ethnographen anbetrifft, so nehmen Viele unter ihnen die Einwanderung der Iberer, wie überhaupt aller europäischen Völker, aus Asien an, ja Diefen- bach erklärt diess für ein Postulat 3?); in früherer Zeit hat, ohne es zu postuliren. Niemand daran gezweifelt. Insbesondere hebt aber Jakob Grimm in seiner Geschichte der deutschen Sprache ss) die Einwanderung aller europäischen Völker, einschliesslich der Iberer, aus Asien hervor. Ob es auf diese vornehmlich anwendbar sei, wenn er sagt: „je weiter gegen Abend wir ein Volk gedrungen linden, desto früher hat es seinen Auslauf begonnen, desto tiefere Spuren kann es unter- wegs hinterlassen haben", werden wir noch erst näher zu unter- suchen haben. Grimm stellt die Iberer nach den Griechen, Italern, Kelten, Germanen, Litthauern, Slaven und Finnen als den achten Hauptstamm hin 39^, der nach Europa eingewandert sei ; eine chro- nologische Reihenfolge ist jedoch mit jener Anordnung gewiss keineswegs beabsichtigt. Auch W. v. Humboldt weist jene Ansicht nicht völlig von der Hand, indem er, freilich zögernd, es als ein Schlussresultat seiner Untersuchungen in dieser Hinsicht hin- stellt *«): ,wenn ich dasjenige, was mir bis jetzt darüber bekannt ist, mit den hier angestellten Untersuchungen zusammennehme, so würde ich die Muthmassung wagen, dass die Iberer in früherer Zeit auch über Italien und die Inseln des Mittelmeeres als Autochthonen verbreitet gewesen sind, oder, wenn man einmal alle Völker von Osten nach Westen wandern lässt , die Iberer sich von der großen Völkerstrasse Thrakiens südwärts, die Kelten nordwärts geschlagen haben". Wir werden alsbald Gelegenheit finden, auf diese Worte Humboldts zurückzukommen. 3^) Diefenbach, Origines Enropaeae. S. 77; über die asiatische Heimath der Iberer insbesondere. S. 110. 38) Grimm a. a. 0. S. 162 (s. oben F. Note 2). 3 9) Grimm a. a. 0. S. 174. *»j W. V. Humboldt, Untersuchungen. S. 171. 536 Phillips. IV. Untersuchung der Frage, auf welchem Wege die Iberer in die pyrenäische Halbinsel eingewandert sind. A. Einwanderung der Iberer aus Asien auf dem Landwege. Über den Weg, welchen die Iberer auf ihrer Wanderung nach Westen eingeschlagen haben, sind mancherlei verschiedene An- sichten aufgestellt worden. Auch von denen, welchen Asien als der Ausgangspunkt der Wanderungen jenes Stammes gilt, wird die Sache nicht gerade so angesehen, wie Humboldt andeutet, der sie unter seiner hypothetischen Clausel von der grossen Völkerstrasse Thra- kiens sich südlieh wenden lässt. Es wird vielmehr von den Meisten dafür gehalten, dass die Iberer ihren Weg durch Illyrien, Venetien, Lombardei, Piemont und durch das südliche Frankreich, namentlich Aquitanien, über die Pyrenäen nach Hispanien genommen haben i). Es wird dabei vermuthet, dass die Ligurer, von den Kelten ge- drängt, die Iberer vor sich hergetrieben hätten, wodurch die Ver- anlassung gegeben worden sei, dass ein Theil der Iberer sich von dem Hauptstock getrennt und seinen Weg nach der apenninischen Halbinsel eingeschlagen hätte 2). Die zu diesem Zweige gehörenden Siculer seien daiui wiederum, von den naehwandernden Italern getrieben, auf die nach ihnen benannte Insel Sicilien hinüber- gegangen; ausserdem hätten aber die Inseln des Mittelmeeres später- hin von Hispanien aus eine iberische Bevölkerung erhalten, nament- lich seien von dort aus die Sicaner nach Sicilien gekommen s). In dieser Weise fasst Diefenbach die Züge der Iberer auf ; aber auch er, der bescheidene Forscher, wird seine Ansicht nicht für unum- stösslich halten: es muss eben Jeder, so gut es geht, versuchen aus dem Wirrwarr der hierin confusen alten Autoreu herauszukommen und sich ein Bild von der Wanderung des einzelnen Stammes zu machen. Es bleibt hier für die Phantasie ein grosser Spielraum und es hat 1) Diefenbach, Orig-ines Europaeae. S. HO. 2) Diefenbach a. a. 0. S. 99. 3) Diefenbach a. a. 0. S. 94. 99, 112. Die Eiiiwiindeiuiig: der Iberer in die pyrenäische Halbinsel. 5o ^ daher auch daran nicht gefehlt, dass man die Iberer zuerst noch eine ■weite Wanderung nach den Polarländern hat unternehmen lassen. Es ist dies insbesondere die Ansiclit eines neueren französi- schen Schriftstellers, Namens Baudrimont *), der seine Argumen- tation zugleich auf das Princip der Identität der Basken mit den alten Iberern stützt. Insbesondere beruft er sich darauf, dass die Basken den Januar als den „schwarzen Monat" (beltzilla oder ilbaltzaj be- zeichnen und dass sie nur zwei Jahreszeiten in ihrer Sprache unter- scheiden, Sommer (^tidaj nämlich und Winter (aegiia), während sie den Frühling „den neuen Sommer" (^uda berria) und den Herbst „Sommers Ende" (udazkena) nannten. Diess Alles könne, bemerkt jener Autor weiter, überhaupt nur entweder auf die Polargegenden, wo man eine Jahreszeit des Eises und eine des flüssig werdenden Wassers habe, oder auf die tropischen Länder passen, wo man eine Jahreszeit des Regens und eine der gänzlichen Trockenheit unter- scheide. Da nun die Iberer sicherlich nicht aus den Tropenländern gekommen seien, so müssten sie darnach, bevor sie nach dem Süden wanderten, in den arktischen Gegenden ansässig gewesen sein^). *) Baudrimont, Histoire des Basques ou Escualdunais primitifs. (Paris 1834). p. 72 et suiv. p. 164 et suiv. Die zweite Auflage vom Jahre 1868 ist nur ein Abdruck der ersteren. *) Im Einzelnen stützt sich der Verfasser auf folgende Punkte: negua bedeute „mehr Wasser" und uda, wofür sich keine Wurzel finden lasse, scheine zu bedeuten: „das Geschenk des Wassers, die Jahreszeit des Wassers": beides sei aber mehr auf die Polarg-eg'enden als auf die Tropen anwendbar. Eigentlich uuterscheidet der Ver- fasser vier Wanderungsepochen der Iberer. Anfänglich wohnten sie in einer nicht näher zu bestimmenden Gegend (vielleicht Indien), wo sie die Orangutans und den Elephanten kennen lernten. Alsdann zogen sie nach dem Norden und wohnten etwa im fünfzigsten Grade nördlicher Breite bis zu den äussersten Polargegenden und zwischen 65 — 107 Grade östlicher Länge. Hier lernten sie den schwarzen Monat kennen, ausserdem das Rennthier (OlenaJ und das kryptogame Gewächs liehen wovon das Bennthier lebt. Der Name dieser Bezeichnung habe sich in legen, einer Bezeichnung vieler Hautkrankheiten, erhalten (z. ß. legenarra der Aussatz, legen- heltza die Elephantiasis). Auch hatten sie dort Schlitten, narra genannt, wie auch bei den Kamptschadalen narta; nicht minder hatten sie den Hund fpotzoa). der bei den Russen pes, pessin, bei den Polen pies und piesi heisst. Auf dem Baikalsee fischten sie den russischen Solomanha, von welchem sie das Öl {unna. das Wasser des Feuers) bereiteten. In der dritten Periode zogen sie nach dem mittleren Asien und nahmen ihren Weg zwischen dem Aralsee und den Gebirgen an der chine- sischen Grenze: hier kamen sie in Berührung mit den Mongolen u. s. w. u. s. w.. 538 Phillips. Aus den Gründen des Verfassers scheint sich eher das Gegen- theil folgern zu lassen. Jene Art der Eintheilung- des Jahres in zwei Zeiten möchte doch offenbar darauf hinweisen, dass die Ibero-Basken den Sommer für eine lange, den Winter hingegen für eine kurze Zeit gehalten haben, denn sonst würden sie Frühling und Herbst nicht nach dem Sommer, sondern nach dem Winter benannt haben. Und wenn denn auch in der Bezeichnung des Winters ein Hinweis auf Schneefall liegen sollte, so ist zu bemerken, dass die Iberer nicht erst nach den Polarkreis zu wandern nöthig hatten, um den Schnee kennen zu lernen, sondern dass sich ihnen dazu in Hispanien selbst Gelegenheit bot, die ihnen demnach den Winter als Schneezeit erscheinen lassen konnte «) ; dazu kommt, dass im Baski- schen für Schnee und Regen dasselbe Wort gebräuchlich ist. Auch Griechen und Römer haben den Schnee nicht bloss auf den Höhen des Oeta und Apennin gesehen, sondern ihn auch zur Genüge in der Ebene kennen gelernt und doch bezeichneten sie den Winter als Regenzeit (^/^dixoiv, hiems). Es wäre daher auch nicht so auffallend, wenn der baskische Winternamen neyua ''), der einen Anklang an indogermanische Sprachen verräthsj, sich auf Schnee bezöge. Die Bezeichnung des Januar *•) als schwarzer oder dunkler Monat kann aber doch unmöglich eine Beziehung auf frühere Wohnsitze des Voiksstammes in den Polargegenden enthalten; jedenfalls participirt der December mehr an der arktischen Dunkelheit als der Januar, der wegen der zunehmenden Tageslänge eher als der Monat des kom- bis sie dann vor ihrem Auszuge aus Asien noch im Kaukasus wohnten. Man sieht, der Verfasser hat gerade in seinem arktischen Norden die Tramoutane verloren. *) Dafür geben schon viele Stellen der Classiker Zeugniss. S. PI in. H. N. XXXVIII. 77. — Liv. XXXI. 61. — Strabo 1. c. 111.61. — Vergl auch Pauli, Real- encyklopädie. Bd. 3. S. 1394. "') Negua heisst aber eigentlich geradezu „Winter"', während für den Schnee im Bas- kischen das Wort elhurru dient. Das Wasser heisst ura; ein merkwürdiges Wort, über welches gelegentlich noch ausführlicher zu sprechen ist. S. Note 12. *) Vergl. C u r t i u s , Grundzüge. S. 284. nr. 440. (vtf ) ; das kirchenslav. snegu kommt jenem negu-a sehr nahe. — Dasselbe. gilt von uda; S. ebendas. S. 223. u. f. nr. 300. (u^wp). ") Eine andere Bezeichnung für den Januar ist: Urtarilla; diess könnte Wassermonat, Regenmonat heissen oder aber, wohl besser, Jahresmonat, d. h. derjenige Monat (illaj, mit welchem das Jahr (urtea) beginnt. Die Einwanderung der Iljerer in die pyrenäische Halbinsel. o39 mendeii Lichtes hätte bezeichnet werden können. So lange als keine besseren Gründe für die frühere arktische Heimath der Iberer beige- bracht werden, möchte dieselbe doch im höchsten Grade proble- matisch bleiben i^^. Wird hiermit zwar die Herkunft der Uierer aus dem hohen Norden zurückgewiesen, so thut dies doch der Ansicht, sie seien vom Norden her über die Pyrenäen nach Hispanien einge- wandert noch keinen Eintrag. Während man, w ie oben gezeigt, aus der heutigen Sprache der Basken hat folgern wollen, die Iberer seien aus den Gegenden des Eises gekommen, so hat eben diese Sprache auch dazu gedient, um zu beweisen, sie seien aus Ägypten nach Hispanien eingewan- dert ii). Man hat diess geschlossen aus dem Worte „ui-tea" womit im ßaskischen „das Jahr" bezeichnet wird. Ui^tea aber, so argu- mentirt man weiter, kommt her von «ra 12^, d. i. „Wasser" und diess weise auf die jährlich wiederkehrenden Überschwemmungen des Nils hin. Auch in dem im heutigen Baskischen vorkommenden Basoa- Jaon hat man eine Andeutung früherer Wohnsitze der Iberer in Afrika erkennen wollen, indem man diesen „wilden Herrn" für den Orang-Utang erklärte is). Indessen dann könnte man auch die Wohn- sitze der Germanen, bei denen bekanntlich „der wilde Mann" eine grosse Rolle spielt 1*), so wie nach ihren Wappen die Heimath ein- zelner Fürstenhäuser nach Afrika verlegen. Es sei damit nicht be- hauptet, dass die Iberer nicht vielleicht ehedem in Afrika gewohnt hätten, sondern nur so viel, dass diess auf dem betretenen etymo- logischen Wege sich nicht erweisen lasse. 10) Im Vorübergehen mög-e auch einer Ansicht erwähnt werden, welclie R a d I o f im Liter. Verkündiger. 1813. Nr. 24 in Betreff der Basken aufstellte, nämlich, man dürfe vermuthen, die Basken seien in jener Urzeit, als das alte Paradies Sibi- riens mit seinen grossen und reichen Schöpfungen vererdbebnet und vereiswüstet wurde, auswandernd die Einen seewärts nach Amerika, die Anderen landwärts nach Spanien geflohen. 11) Vcrgl. C h a h o , Dictionaire basque etc. Preface. p. .ö4. '-) Auch dieses Wort erinnert stark an das Indogermanische. Vergl. C u r t i u s a. a. 0 S. 213 inf. n. ölO; besonders merkwürdig ist hierbei das in den Digesten (XIV. 2 im Titel de lege Rhodia de jaclu. I. 4.) vorkommende Wort urinator, das einen Taucher bezeichnet. '^) C h a h o , Histoire primitive des Euskariens-Basques. Tom. ,t. pref. p. XL. et suiv. 1*) Grimm, deutsche Mythologie. S. 434. 540 iMi i 1 1 |) s. Eiuw anderung der Iberer aus Asien auf dem Seewege. Mit dem Hinweis auf eine frühere Heimath der Iberer im Süden, wird der Blick auf ganz andere Gegenden hingewendet und so kann wohl der Gedanke sich einstellen, dass die Einwanderung dieses Volksstammes in Hispanien gar nicht vom Norden her über die Pyrenäen, sondern etwa von der Seeseite erfolgt sei. Aus den Alten lässt sich in dieser Beziehung keine irgendwie directe Angabe ent- nehmen, denn die ganz allgemeine Nachricht des V^arro, welcher von Phöniziern und Karthagern, die zur See, und von Kelten redet, die über die Pyrenäen gekommen sind, bietet in Betreff der Iberer in dieser Beziehung keinen Anhaltspunkt. Die Nachricht ferner, dass die Insehi des Mittelmeeres von Hispanien aus eine iberische Bevöl- kerung erhalten haben solten i), wie namentlich Ephorus beiStrabo die Iberer für die zuerst Gekommenen unter den barbarischen Völkern Siciliens bezeichnet a), ist nicht entscheidend, denn eine solche Be- völkerung konnte auch von Italien oder sonst seewärts von Osten her sich daselbst angesiedelt haben. Auch die Äusserung des Hispaniers Seneca in einem Briefe, den er aus seinem Exil auf Corsika an seine Mutter Hei via schrieb, bietet keinen gegründeten Einwand. Er sagt s) , es seien auch Hispanier dort eingewandert, was sieh darin zeige, dass die Corsikaner ganz verwandte Sitten und Kleidung mit denen der Cantabrer hätten, so wie auch in der Sprache einige Worte übereinstimmten, im Ganzen aber sei die Sprache durch Einfluss des Griechischen und Ligurischen sehr von der vaterländischen abgewichen. Diese Stelle könnte vielleicht von Manchem in der Weise erklärt werden, dass die in die pyrenäische Halbinsel eingewanderten Iberer wiederum vor dem Andränge der Kelten hätten weichen müssen. Indessen wir 1) Vergl. I) i e f e n b a c h a. a. 0. S. 100 u. f. 2) S t r a b o , Geograph. Lib. VI. cap. 2. §. 4. p. 224. 3) Seneca Epist. 8. ad Helv. Transierunt et Hispani (nach Corsica). qiiod et simi- litudine ritus apparet. Eadem enim tegumenta capituin idemque genus caiceamenti, quod Cantabris est: nara totus sermo et conversatione Graecorum Liguramque a patrio descivit. Vergl. D i e f e n b a c h a. a. 0. S. 101. Die Einwanderung der Iberer in ilie pyrenaische Halliinsel. 54 t glauben unser in Betreff der Wanderungen der Völker oben auf- gestelltes Grundprincip auch hier zur Anwendung bringen zu dürfen, das Prineip nämlich, dass jene nicht die Richtung von Westen nach Osten sondern von Osten nach Westen genommen haben*). Diess führt hier zu dem Satze, dass — abgesehen von dem früheren Aufent- halte der Iberer — die Ansiedelungen dieses Stammes auf den Inseln des Mittelmeeres nicht von Hispanien aus stattgefunden haben, son- dern der Einwanderung der Iberer in diese Halbinsel vorausgegangen sind. Wir würden daher unter Annahme des von den Iberern einge- schlagenen Seeweges dafür halten, dass, wenn anders die etwas zweifelhaften Spuren einer früheren iberischen Bevölkerung Ita- liens 5) sicher wären, dieser Stamm, nachdem er durch den Andrang anderer Völker, die vom Norden her in die apenninische Halbinsel herabkamen, genöthigt worden sei, Italien zu verlassen und zur See weiter zu ziehen. Damit liesse sich Humboldts freilich nur hin- geworfener Gedanke, die Iberer hatten sich von der grossen Völ- kerstrasse Thrakiens südlich gewendete), vereinigen. Wäre es nicht zu bedenklich, aus der Übereinstimmung von ein paar Namen gleich Schlüsse zu ziehen, so könnte man daraus auch einen Finger- zeig für einen früheren Aufenthalt der Iberer in Italien entnehmen ^); doch das lassen wir bei Seite. Wer also geneigt ist anzunehmen, die Iberer seien über das Mittelmeer nach Hispanien gelangt, hätte dann noch die Wahl, ob er sie über Thrakien und Illyrien nach Italien ziehen oder direct von den Ostküsten jenes Meeres, unbestimmt freilich von welchem Punkte aus ^), dieses befahren und endlich die pyrenaische Halbinsel er- reichen lassen wollte. In dem einen, wie in dem anderen Falle würden die Iberer gleichsam als die Vorläufer der Phönizier und der Griechen anzusehen sein und gleich diesen Völkern Italien und die benach- *) Vergl. oben H. S. 10. ^) Vergl. Humboldt, Prüfung der Untersuchungen. S. lU. — Mahn, Denk- maler ) warder Meinung, sie seien aus Afrika dahin gelangt und auch Niebuhr führt sie den Weg über das Mittelmeer, steht aber mit seiner Ansicht, die Kelten seien bereits vor den Iberern in die pyrenäische Halbinsel eingewandert i'). allein. In neuester Zeit haben auch französische Gelehrte, namentlich Chaho i2j und Boudard 13^ diese Ansicht von der Ankunft der Iberer über's Meer aufgestellt, sie sehen diess eigentlich bereits als eine ausgemachte Sache an i*). Boudard hat sogar den Versuch 9) S. unten S. 44. '"J L e i b n i t z. Opera philosophica (edid. E r d m a n n. ) An diceraus, Hispa- niam ante Celtoruni adventuni ab Afrorum propag'ine habitatam, atque inde Vas- cones superfuisse. *l) N i 6 b u h r. Rom. Geschichte. Bd. 2. S. 503. u. ff. '2) Vergl. C h a h o , Histoire primitive des Euskariens-Basques. p. 163. i^j Boudard, Numismatique Ibeiienue. p. 2. Der Verfasser beabsichtigte (s. ebend. Note 4) diese Frag-e in einem besonderen Werke zu behandeln, welches aber bis jetzt noch nicht erschienen ist. **J Auch Broca bei Vogt, Vorlesungen Bd. 2. S. 328 entscheidet sich aus kraneologischen Gründen dafür, allein diese scheinen denn dpch nipht viel Sicher- heit zu bieten. Die Einwanderiinor der lljerer in ilie pyrenäische Halbinsel. 1543 gemacht, fast in der Weise der alten Autoren hierbei die entschie- densten Gegensätze mit einander zu vereinigen. Auch er hält dafür, dass Afrika eine Zeit lang der Wohnsitz der Iberer gewesen sei, von wo aus sie dann sich in Hispanien niederliessen. Dann aber iässt er sie von da aus zunächst eine Wanderung bis zur Loire und über die Alpen machen und sieb hierauf über Italien und die Inseln des Mittel- meeres ausbreiten. Nur in Hispanien haben sie sich, wie Boudard weiter bemerkt, gegen die Kelten als herrschende Nation behauptet, während sie in allen jenen übrigen Gegenden andern Völkern unter- legen sind. — Der neueste französische Schriftsteller Garat, dessen Buch: Origines des Basques de France et d'Espagne so eben die Presse verlassen hat, sieht die heutigen Basken als die Nach- kommen der Cantabrer für eine pbijniziscbe Colonie an, ohne sich auf die Frage, wober die Iberer stammen, einzulassen. Da wir die Frage nach der Zusammengehörigkeit der Basken mit den Iberern hier gar nicht behandeln, sondern nur die: auf welchem Wege die I])erer nach Hispanien gekommen sind? so bemerken wir über jene Ansicht Garat's nur ein paar Worte. Der genannte Schriftsteller ist auch der Meinung: die Cantabrer, auf welche dann der Name der ihnen be- nachbarten Vascones übergegangen sein soll, seien zur vSee gekommen und zwar habe diese Ansiedlung aus Phöniziern mit ihren semitischen Hilfstruppen aus Baktriana und Sogdiana bestanden 15); diese letz- teren hätten hier den eigentlichen Kern der Bevölkerung gebildet unter denen nach und nach die Phönizier verschwunden seien; eben darum sei auch die baskische Sprache eine semitische. Die Ansied- lung selbst sei aber in so fern nicht von Osten her erfolgt, als die Phönizier vom atlantischen Ocean aus sich in Biscaya niedergelas- sen hätten. Indem wir also die oben berührte Frage gänzlich bei Seite lassen, wird dennoch die andere : von woher und wie die Iberer auf dem Seewege nach der pyrenäischen Halbinsel gekommen? um so mehr nahe gerückt; ihrer Lösung stehen aber in vielen Einzeln- heiten nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten hindernd entgegen, die wohl nur durch tiefgebende linguistische Studien beseitigt werden können. Insbesondere kommt hier die weitere Frage in Betracht, welchen Antheil eine zuvor in Nordafrika sesshafte Bevölkerung an 13) Garat a. a. 0. p. 92 ii. f.. 344- Phillips der Occupation Hispaniens gehabt habe? Die Stammeseinheit mit dieser würde dadurch an sich nicht ausgeschlossen, wenn auch ein Theil der Einwanderer in jenem Lande nicht von AlVika. wenigstens nicht von dem nachmals Zeugitana genannten Lande her gekommen wäre, sondern sieh auf seinen Fahrten gleich Anfangs mehr nördlicher gehalten und sich zuvor auf den Inseln des Mittelmeeres nieder- gelassen hätte. Es unterliegt keinem Zweifel, dass längst vor den Phöniziern grosse Schaaren von V^ilkern von dem Orient aus das mittelländische Meer, an dessen Küste sie von nachwandernden Stämmen, vielleicht zum Theile von den Phöniziern gedrängt worden waren, durchzogen haben und bereits vor den Agyptiern auch die ersten Ansiedler in Nordafrika geworden sind i«). Diese Einwanderung ist eben darum •ö) Verg-l. Quatreniere sur les Nuraides bei 1 u d a s Etüde demonstrative de la langue phenicienne et de la langee libyque. p. 214: II est eertain que Inng'temps avant retablissement des colonies pheniciennes sur les cötes du nord de FAfrique les provinces septeiitrionales de ce continent etaient occupees par uiie population indigene (?) et nomade, pariant iine lang-ue ä part, qui proi)able- mei)t,n"avait aucun rapport avec la pheiiicien. L"arrivee lesTyriens.des Sidonienssur les rivasfes de TAfrique, les rapports qu'ils eurent avec leurs sauvages voisins, durent faire connaitre ä ees derniers des nouveaux besoins et par suite, introduire dans leur idiorae des termes qni leur etaient etrangers. Mais a eoupsür, ces causesne pasassez puissants pour eneager ees iiomades ä qiiitter leur idiome maternel pour adopter celui de ces marchands asiatiques qui venaient leur demander des terres et devaient bientöt s' eriger en conquerants et en despotes. ün peupie pasteur «le change jamais ni son langage ni ses habitudes; c"est ainsi que les conquerants arabes n'ont pu reussir a naturaliser leur langue au niilieu des ces peuplades qui occupent encore aujourd"hui le nord de TAfrique. Or il a existe e( il existe encore. de nos jours, un langage qui est parle avec tres peu de diffe'rence dans une immense etendue des pays depuis TEgypte jusqu' aux rivages de l'Ocean allau- tique. Cet idiome, que noiis designons, a Texemple des Arabes, par le nom de herbere, mais qui chez les naturels des pays, porte le nom de s c h i 1 a h ou t a m a i i g t , ne ressemble a aucun autre ; tout atteste son antiquite: il manque de beaucoup de mots, que des peuples etrangers ä la vie pastorale auraient infailli- blement connus; il n^a ete dans cette contree par aucun des peuples qui en on fait ou tente la conquete. On peut donc croire, avec toute apparenee de verite, que cette langue etait parlee, des les temps les plus anciens par les peuples nomades repandus sur le continent de l'Afrique septentrionale. Probablement les Numides, c'est a dire les Massyliens et les Massesyliens employaient le meme idiome, qui, raalgre tant de revolutions et des conquetes, s'est maintenu jusqu" ä nos jours avec une admirable perseverance. — S. noch M o v e r s , Geschichte der Phönizier. Th. 2. Bd. 363. u. ff. Schröder, die phönizische Sprache. S. .39. Die Einwanderung der Iberer in die pyrenäisclie Halbinsel. ö'xO (licht erst in die Zeit Josua's zu setzen, wenn es auch richtig ist, dass die Besitznahme Kanaan's durch die Israeliten und durch ihren Ver- nichtungskampf gegen die bislierigen Bewohner jener Gegenden Veranlassung zu neuen Auswanderungen geworden ist, wovon sich Traditionen bis in viel spätere Zeiten erhalten haben i"). So mag denn auch Hispanien bald nach jenen ersten Auswanderungen im weiteren Fortschreiten solcher Schaaren von den Inseln oder von Afrika her er- reicht und in Besitz genommen worden sein. Dass nun ein, sei es un- mittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang zwischen Nordat'rika und Hispanien und zwar ein solcher stattgefunden habe, der in eine vor- phönizischeZeit zurückreicht, lässt sich in derThat aus verschiedenen IJmständen entnehmen. Es kommen hierbei vornämlich diejenigen nordafrikanischen Stämme in Betracht, welche, am meisten westlich wohnend, vorzugsweise mit dem Namen der Libyer bezeichnet wer- den, obschon dieser Name im weiteren Sinne die gesammte Bevölke- rung Nordafrikas von Aegypten bis zu den Säulen des Hercules be- zeichnet 1*). Diese waren, wenn man von den südlicher wohnenden ihnen stammverwandten Völkern absieht, nicht bloss Nomaden, sondern grösstentheüs Ackerbauer und befanden sich überhaupt in eiiiem nicht ungünstigen Culturzustande '»). Auch besassen sie eine Schriftsprache welche Verwandtschaft mit der phönizischen hat; sie trägt auch einen älteren Typus an sich, ob sie aber von letzterer unabhängig und nur mit ihr aus einer gemeinsamen Quelle entsprungen ist, 2") müssen wir dahin gestellt sein lassen. Auffallend ist es, dass die Römer diejenigen Culturgegenstände, die ihnen aus Afrika zukamen, mit Ausdrücken bezeichneten, welche der libyschen Sprache entlehnt zu sein scheinen -ij. In wiefern diese Sprache, von der nur sehr wenige Kunde aus dem Alterthum auf unsere Zeit gekommen ist, mit der heutigen Berbersprache, na- mentlich mit dem sogenannten Schilach oder Tamazight oder Tamaehek* zusammenstimme, muss unsererseits freilich dahingestellt 1^) Movers. , a. a. 0. S. 413. u. ft'. S. 429. Schröder a. a. 0. 1») Movers a. a. 0. S. 363 u. ff. 19) Movers a. a. 0. S. 401 u. ff. -*>) .Movers a. a. 0. S. 407. 21) Movers a. a. 0. S. 410. Sitib. d. phil -bist. Gl. LXV. Bd. MF. Hft. • 37 546 Phillips bleiben, doch scheint es vermuthet werden zu dürfen —). Kenner wollen auch in diesen eine Erinnerung an semitische Sprachen fin- den 23^. Eine gewisse Ähnlichkeit einzelner Buchstaben auf der Tuggensis bilinguis 24) mit solchen aus dem Alphabete des Tamazight kann man kaum in Abrede stellen 25^. Wir müssen uns daher darauf beschränken, auf eine große Ähnlichkeit und theilweise wirkliche Übereinstimmung zwischen nordafrikanischen und althispanischen Namen hinzuweisen. Wir legen darauf kein grosses Gewicht, dass Ptolomäus einen Stamm in Tingitana unter dem Namen Nect-iberes erwähnt 2«) und dass ande- rerseits in Hispanien Namen vorkommen, welche an Libyen zu er- innern scheinen. Dahin gehört: Julia Libyca bei Ptolomäus 27) und Libia zwischen Caesaraugusta und Legio VII 2s); diesem Orte, im Lande der Autrigonen belegen, ist auch wohl die Münzlegende Lbiemkn 29) (^Libiemekin) zuzuschreiben: der Vollständigkeit wegen möge auch Libisosia 3») erwähnt werden. Doch wie gesagt, hierauf scheint kein Gewicht zu legen zu sein; auffallender ist die Über- einstimmung libyscher und bispanischer Namen in dem Gleichlaut mehrerer auf einander folgender Sylben. Hispanien hat sein Bil- bilissi), Singilis 32), Illieis ssj und Intibilis 3*); dem steht gegenüber 22) S. Quatremere in Note 16. 23 i Fr. Müller, linguistischer Theil der Reise der österreichischen Fregatte Novara. S. 31. 2*) G e s e n i u s , Scripturae linguaeque phöniciae Monumenta. p. 183. sqq. Tab. 19. 20. 46. 1 u d a s a. a. 0. p. 203. pl. 51. — S c h r ö d e r a. a. 0. S. 257. Taf. 4. 2^) So entspricht z. B. das fl (dj, || (IJ und "J" (tj der Tuggensis ganz diesen Buch- staben in dem Alphabete des Tamazight. Vergl. Hanoteau, Essai de Grammaire de la langue Tamachek (Paris. 1860). p. 3 u. 4. 26) Ptolem. Geograph (ed. Wi I dherg. Essend. 1838). Lib. IV. cap. 1. p. 251. 21. 27) Ptolem. a. a. 0. Lib. 11. cap. 3. p. 13 bis 18. 28j I t i n e r. Anton, p. 394. — Vergl. H ü b n e r , Inscr. Hisp. Lat. n. 439. 29) S. Leg. 176. 177. in dem Verzeichnisse in derAbliandlung über das iber. Alphabet. S.188. 3") p li n. H. N. m. 4. — Ptolem 1. c. p. 128, 3 (LibisocaJ. I t i n e r. Anton, p. 446. — Vergl. H ü b n e r I. c. p. 434 u. n. 3234. n. 4234. — Noch Hessen sich hinzufügen: Libunca (Ptolem. 1. c. p. 121, 21). Libora (p. 126, 26), Libana (p. 127, 23). 31) Leg. 236. 32) p 1 i n. 1. c. Vergl. H ü b n e r 1. c. p. 272. 33) P to 1 e m. I. c. p. 129. 7. 3^) Liv. XXIII. 29. Vergl. auch F orbiger, Handbuch der alten Geographie. Bd. 3. S. 67 und 71. Dil fiiuwauderun^'- der Iberer in die pyrenäische Halbinsel. 04 I Tibilis 55) iii Numidieii, Tiiigis ss) nebst Igilgilis s«) in Mauretanien: dahin ist ferner zu zählen Trisidis ssj in Tingitana, Tigis s') Githis^*'), Thilinis*i). Nigitimi»^), Sitiphi*^) Timici **)und der Berg Thizibi ^'=) in Mauretanien, Mährend dort wieder ein Silbis *6) und Limiei '*'') autgewiesen werden kann. Manche Namen von Orten in Nordafrika kehren aber geradezu in Hispanien wieder; kennen jene Gegenden drei Städte mit Namen Hippo, so hat auch Hispanien eine im Gebiete der Carpetaner belegene Stadt dieses Namens. Dass diese Hippo nova heisst und demnach der Name als Femininum gebraucht wird, während die nachmalige Bischofsstadt in Afrika Hippo regius sich nennt, macht in dieser Hinsicht keinen Unterschied: erscheint ja auch der Name Saguntum bald als Femininum bald als Neutrum *8). An Hippo reiht sich aber eine ganze Menge althispanischer Städte- namen an, welche sämmtlich das Suffix -ipo oder -ippo haben, z. B. Acinipo, Baesippo, Basilippo, CoUippo, Irippo, Lacippo, Olisipo, Ostippo, Serippo, Ventipo, in Betreff deren Humboldt die Bemerkung macht, dass er dafür keine irgend wahrscheinliche Erklärung aus dem Baskischen kenne *»). Auch er weist auf die auffallende Erschei- nung, dass mit Ausschluss von Hippo nova, alle diese Städte in der Nähe des Meeres und zwar vorzugsweise in Bätica belegen sind. — Eine in beiden Ländern ebenfalls wiederkehrende Endung und zwar von Stammesnamen ist — uli: in Hispanien z. B. Barduli, Bartuli, Turduli und Mä^t-jao'. 5o\ in Afrika: Gaetuli, Edulii; dort wäre noch Ja) P t o I e m. I. c. IV. 2. ^6j P t 0 1 e m. 1. c. p. 250. 14. p. 239, 14. 3') P t 0 I e m. 1. c. p. 233. 11. 3Sj p t o 1 e m. I. c. p. 232, 27. «9j P t o 1 e m. 1 e. p. 239. 14. *0) P t o I e m. I. c. p. 263. 3. *l) P t 0 le m. 1. c. p. 2.'59. 6. *2) Pt o 1 em. 1 c. p. 260. 7. *S) P to I e m. l. c. p. 260, 7. **J Pt olem. 1. e. p. 237, 17. *5) P t o 1 e m. I. c. p. 263. 2. *6) S. Leg. 56. *7) Ptolem. I. c. U. 3. p. 123, 24. — P 1 i n. H. N. IV, 20. 34. — Verg H ü b n e r 1. c. p. 330. n. 2316 sq. **) Vergl. H ü b n e r . 1. c. p. 311. *9) Humboldt, Untersuchungen. S. 64. 50) Diese erwähnt S t e p h. B y z. als eio libysches Volk. 37* 548 Phillips Her Name der Stadt ßaetulo und der des Berges Edulius beizufügen. Nicht minder «ind autTallend die hier wie dort häutig wiederkehrenden Ableitungssylben -et und -it, woran sieh gewöhnlich noch das Suffix anschliesst. Beispiele dafür bieten Aoibis-it 51) , Aor-et 5-), Bet-utäs), Bastetani , Carpetani, Edetani, Cnntestani, Cosetani, Lusitani u. s. w. in Hispanien, Tingitani, Mauretani, Zeugitaiii in Afrika. Völlig übereinstimmend tinden sich in beiden Ländern die Namen Leptis^^j, Oleastrum 55j, Rubricatus ^e^ , Subur 5") und Urci 58^ vor; an das libysche Cretes erinnert Chretima, an Collope: Collippo, an Cotes: Cotinissa, anPintuaria: Pintia, anSisara: Sisaraea, an Taladusii: Talamina, an Tingis: Tingentera, an Vacca: Vaccaei, Zilia: Zili ^a). Eine so vielfache Übereinstimmung von Namen kann doch nicht auf blossem Zufalle beruhen, sondern sie nöthigt dazu, dass man entweder annehmen muss, derselbe Stamm habe sich gleichzeitig in Nordafrika und in Hispanien niedergelassen oder er sei von dort nach der pyrenäischen Halbinsel herübergekommen. Excurs über die iberische Bevölkerung des südlichen Galliens. Auf dem Gange unserer Betrachtungen gesellt sich nunmehr auch das südliche Gallien hinzu; dass auch hierdielbererihre Wohnsitze und ^1) Le^. 68. u. ff. »2) Leg-. 77. 53) Le^. 296. 297. **) Das afrikanische Leptis ist bekannt: das hispanische iag am rechten Ufer des Baetis. Vergl. H i r t i u s Bell. Alex. 571. 55) s. Ptolera. I. c. 4. 14. — ein anderes Ol. im Itin. Anton, p. 399. — Vergl. Ptolem. Lib. IV. cap. I. p. 2ö0, 24. »«) S. Ptolem. Lib. IL 6. 18. — Vergl. Gesenius. I. e. p. 426. 57) Stadt und Fluss in Tingitana (S. Ptolem. Lib. IV. cap. 1. p. 249, 12 p. 252, 16) und Stadt in Hispanien im Lande der Laetaner. (Ptolem. Lib. IL cap. 6.) 58) Wegen Hispanien s. Leg. 296; wegen Afrika S. Ptolem. 1. c. IV. 3. p. 261, 24 ; Steph. B y z a n t. führt uoch eine libysche Stadt ^famens Itvxv; (letztere als lyrische Colnnie) an; der Name erinnert an den iberischen Volksstamm der Ituci. Ferner sind zu vergleichen der Ucubis in Baetica (Bell. Hisp. c. 7) mit ücibi in Numidien. S. Ptolem. I. c. IV. 3. p. 267, 13. 59) Leg. 306. 307, I Die EiiiWHndeninj; der Iberer in die pyrenäische Halbinsel. 0 4-t7 zwar vom siiilüstlicheii ^Vi^kel am Oceaa .bii> zur Rhone gehabt haben, unterliegt keinem Zweifel. Schon Herodoti) kennt die Rhone hier als die Grenze und Skylaxs) lässt in Gallien bis zu diesem Flusse Iberer und Ligurer vermischt wohnen, von da an nach Osten nur die letzteren. Dem entsprechend bezeichnet Avienus die Rhone als die Grenzscheide zwischen Iberern und Liguren 3) und daher konnte auch Aeschylus die Rhone (als Eridanus) für einen in Iberien ttiessenden Strom halten*), so wie man auch eben desshalb das Land im Westen der Rhone Ibe- rien nannte 5). Die Erscheinung, dass das südliche Gallien eine iberische Bevölkerung hatte e), lässt sich mit jeder der verschiedenen Annahmen in BetretY des Weges, den dieser Stamm auf seiner Wan- derung eingeschlagen, vereinigen. Zogen die Iberer vor den Kelten einher, so hätten die in Gallien Wohnenden die letzten Schaaren auf der Wanderung gebildet ; waren jene auf dem Seewege gekommen, so lässt sich jene Erscheinung auch noch auf doppelte Weise erklä- ren. Die Besitznahme des südlichen Galliens durch Iberer konnte ent- weder so vor sich gehen, dass sie auch hieher gleichzeitig mit denen welche Hispanien bevölkerten, zu Schifte dorthin kamen oder dass sie von der Halitinsel aus über die Pyrenäen zogen, oder es konnte auch allenfalls Beides geschehen. Mau hat aber in dieser Hinsicht auch eine ganz entgegengesetzte Ansicht aufgestellt, die nämlich, dass erst im sechsten Jahrhunderte christlicher Zeitrechnung das südliche Frankreich einen Theil seiner Bevölkerung von jenseits der Pyrenäen her erhalten habe; es seien damals die Basken in das Frankenreich eingebrochen und hätten sich hier Wohnsitze erkämpft "}. Allein ab- gesehen von jenen Nachrichten der Alten, lässt sich noch ein anderer wichtiger Umstand dafür hervorheben, dass es schon sehr frühzeitig 1) H e r o d. I. 163. 2) S c j- 1 a c. C « r y ii n d. Peripl. 2. u. 3. (edid. Klausen. Berol. 1831) p. 164. '') A V i e n. Ora marit. v. 609. Hujus (Rhodani) alveo Ibera fellus atque Ligures asperi Intersecantur. 'j PI i n. Hist. nat. XXXVII. 2. ^) S t r a b o , Geogr. Lib. III. cap. 4. §. 19. p. 138. 6j Auch Humboldt, Untersuchungen S. 92 bezeichnet Aquitanien als eine Forl- setzung iberischer Wohnsitze. ' ) Histoire generale de Languedoc. Tom I. p. 321. 5 o 0 Phillips im südlichen Gallien eine iberische Bevölkerung gab. Ganz ähnlich, wie es in dem in Hispanien unfern von den Pyrenäen belegenen Emporium ausser der griechischen Colonie auch noch eine einhei- mische Gemeinde gab, welche hier den Namen Tonizocose s) führte, finden sich auch in gallischen Städten solche Doppelgemeinden, was insbesondere von Narbo und Nemausus gilt. Wie wir aus narbo- nensischen Münzen wissen, hiess die iberische Gemeinde Nedhena s), in dem heutigen Nismes hiess sie Nemu i«). Im Übrigen können wir in BetrefF der Unrichtigkeit der Ansicht, die Basken hätten sich erst im sechsten Jahrhundert nach Christus in Gallien und zwar speciell in Aquitanien niedergelassen, auf Fauriel, Histoire de la Gaule meridionale •«) verweisen, wo jene vollständig widerlegt wird. Damit soll jedoch keineswegs in Abrede gestellt werden, dass nicht damals und später viele Basken von jenseits der Pyrenäen mit Waffen- gewalt in Frankreich eingebrochen seien; machten ja doch die vor den Mauren flüchtigen sogenannten Hispani auch noch den Karolin- gern viel zu schaffen. Übrigens findet sich unter den in der betref- fenden Verordnung Karl's des Grossen angegebenen Namen, ausser Wasco kaum einer, etwa Zate ausgenommen, der einen baskischen Anklang hätte und auch bei diesem könnte man, um so mehr da neben ihm auch ein Zoleimam genannt wird, auf arabischen Ursprung schliessen i3), D. Einwanderung der Iberer aus Amerika. Die beiden bisher entwickelten Ansichten über die Einwande- rung der Iberer in Hispanien und Gallien Hessen Asien als die Ur- heimath dieses Stammes erscheinen und somit denselben von dorther S) ßoudard, Muroismatique Iberienne. p. 28ö. ii. ff. ä) B o u d a r d , a. a. 0. p. 237. «>) B 0 u d a r d , a. a. 0. p. 251. 'ij Paris 1836. 4 Vol. 8. L'ber diesen Gegenstand handelt vornehmlich Vol. U. pag. 238 u. ff. 12) Vergl. K a r 0 1 i M. , Praeceptum pro Hispanis. ann. 812. (W alter, Corp. jur. germ. Tora. II. p. 235). — L u d o v. P. Praec. pro Hisp. ann. 815. (ebend. p. 290.) Die Einwanderung der Iberer in die pvrenäische Halbinsel. DOl aus nach Westen hin seinen Zug nach dem Abendlande beginnen. Hierbei konnte es einstweilen aussei- Anschlag bleiben, ob die Iberer vielleicht auch noch in dem Asien und Europa benachbarten Welt- theile Afrika vorübergehend Wohnsitze aufgeschlagen haben. Eine dritte Ansicht schliesst zwar Asien als ursprüngliche Heimath des Stammes nicht aus, lässt aber die Basken und damit voraus- setzlich die Iberer aus einem ganz andern Welttheile, nämlich aus Amerika nach Hispanien und somit von Westen nach Osten ein- wandern. Gegen das Herüberkommen eines Volksstammes aus Amerika nach Europa liesse sich von vornherein ein scheinbar unbedingt zu- trelTender Einwand erheben, der nämlich, dass es in jenen Urzeiten, in welchen sich das Ereigniss zugetragen haben müsste, noch gänz- lich an der erforderlichen Schifffahrtskunde gebrach, um die Aus- wanderung von Amerika nach Europa überhaupt nur möglich zu machen. Dieser Einwand ist von Denjenigen leicht zu beseitigen, welche dafür halten, dass in alten Zeiten zwischen Europa und Amerika noch ein grosses Zwischeniand dagewesen sei; man hat demselben den Namen Atlantis gegeben. Dieses Land, von welchem auch die Alten namentlich So Ion und Plato Kunde gehabt, habe sich, so wird angenommen, von den Azorischen Inseln bis weit hinauf nach dem Norden erstreckt und zum Übergänge vieler Ptlanzen- gattungen von Amerika nach Europa gedient; erst später sei dann der Untergang dieser Atlantis erfolgt. Uns steht über diese Frage kein Urtheil zu ; Alexander von Humboldt ») und in neuester Zeit Friedrich Unger -^ haben sich für die ehemalige Existenz dieses Zwischenlandes ausgesprochen. Allein auch abgesehen von der Existenz oder Nichtexistenz dieser Atlantis scheint die Sache mit der vermeintlichen Unkenntniss der SchitYfahrtskunde allein doch nicht so ohne Weiteres abgethan zu sein. Diefenbach, der die Ansicht von der amerikanischen Einwanderung nach Europa nicht theilt, lenkt indessen doch die Aufmerksamkeit auf diese ihm nicht ') Alex, de Humboldt, Histoire de la Geographie du nouveau continent. Tom. 1. p. 167. Deutsche Übers. Th. 1. S. lö.^. u. t. S. 163. S. 424. -J F. Ungar, die verschwundene Insel Atlantis. Wien 1860. — S. auch noch Pauli. Realencyklopadie. Bd. 1. Abth. 2. S. 2034. 55 2i iM.i P s ganz unbedeutsam scheinende Frage hin sj. Auch Kar) Vogt in seinen Vorlesungen über den Mensehen, erklärt sich gar nicht abge- neigt an eine solche Einwanderung zu glauben *) und traut also sei- nen AflFensprösslingen in ihrem damaligen Entwicklungsstadium doch schon genügenden Verstand zu einem solchen Unternehmen zu. Es mag seine Richtigkeit haben, dass in alten Zeiten bei den uns be- kannten Völkern sich anfänglich nur eine KüstenschiftYahrt ausge- bildet hat, aber daraus tolgt noch nicht, dass sie bloss eine solche geblieben sei. Die Seefahrten der Phönizier beweisen das Gegentheil und der Verkehr, welciien Salamon mit Ophir angeknüpft hatte, konnte keine blosse Küstenschifffahrt sein ^). Als solche können auch nicht die Fahrten von Hispauien nach Irland gelten, wohin der Sage nach auch die Iberer gekommen sein sollten s), und von ihrer grünen Insel gelangten die Iren bis nach Island '). Wer hat ferner den Normannen den Weg nach Amerika gezeigt? und doch fuhren schon im neunten und zehnten Jahrhunderte die kühnen Söhne des Nordens nach dem erst späterhin von Columbus neu entdeckten Welttheile hinüber, wie denn auch weite Strecken der Ostküste Amerikas mit Reihen von Grabhügeln bedeckt waren, welche nur normannische Inschriften trugen s). — Auch aus einem allgemeinen Mangel an Cultur bei den amerikanischen Völkern lässt sich kein ^) D i e f e n b a c h , a. a. 0. S. 110. Hier wird Folg^endes bemerkt: „Die Annahme einer Einwanderung aus Amerika über den Ocean wäre, wenn auch Mehr, als jene dynamische und nicht aüzunahe Ähnlichkeit der Sprache (s. untenj dorthin wiese, wohl auch nur durch eine Uberhrückung des atlantischen Meeres vermittelst der platonischen Atlantis möglich, auch wenn diese nur in einer Anzahl von Inseln Stationen für die Kanoes der seitdem gebleichten Rothhäute abgegeben haben würde. Übrigens bietet die polynesische Bevölkerung in der südlichen Wasserwelt noch viel grössere Wunder." *) Vogt, Vorlesungen Bd. 2. S. 171. ') Vorausgesetzt dass Ophir in Indien zu suchen ist und nicht in Arabien. Es ist dies eine Controverse : für Indien erklärt sich Ritter, Erdkunde Asiens. I. S. 118. 202. für Arabien F o r b i g e r , Handbuch. Bd. 2. S. 763. 6) S. Nennius, Histor. Briton C. 13. (edid. San Marte. p. 34). — Vergl. P i c t e t . Iran und Arier bei Kuhn und Schleicher, Beiträge. Bd. 1. S. 9ä. '') Vergl. D i e f e n b a c h a. a. 0. S. 193. — S. auch K. Maurer, die Bekeh- rung des norwegischen Stammes zum Christenthume Bd. 1. S. 43 u. f. *) Vergl. über diesen Gegenstand: Kunst mann, die Entdeckung .\merika'3 (München 1839.) S. 23 u. f. I Üie Einwanderunjj der Iberer in die pjrimäische Halbiasel. DDr> geiüigeiidei" Eiinvauti hei-nelimeii; der Zustand freilich, in welchem Columhus sie zu Ausgang des fünfzehnten Jahrhunderts antraf, würde Jenes bestätigen: aber dieser Zustand war, wie bei vielen ins Hei- (Jenthuin versunkenen Völkern, der des Verfalles aus besserer Zeit »), von welcher allein schon die grossen mexikanischen Bauten Zeugniss geben '»). Nicht bloss bei den Griechen ging dem ehernen Zeitalter ein silbernes und diesem ein goldenes voran, sondern hierin spiegelt sich die Geschichte des ganzen Menschengeschlechtes ab. Wie muss man staunen über die Kunstfertigkeiten der Chinesen in frühester Zeit und wenn wir diese oder jene Erfindung mit Stolz in die Annalen unserer Geschichte eintragen, siehe da! die Chinesen haben dieselbe schon vor Jahrhunderten gemacht ! Zieht man diese verschiedenen Gesichtspunkte in Erwägung, so wäre an sich eine Überfahrt, selbst eine Übersiedlung eines ganzen Stammes, auch noch anders als durch eine Atlantis oder durch ein blosses Wunder zu erklären. Wir bemerkten schon oben, dass wir uns auf jene Seite der Sache, so weit sie sich auf die grossen auch noch postdiluvianischen Veränderungen bezieht, welche unser Erdball erfahren haben mag n)' aus Mangel an Kenntnissen nicht einlassen können. Uns kam es nur daraufan, den Gedanken an die gänzliche Unmöglichkeit einer Ein- wanderung aus Amerika zurückzuweisen, ohne zu behaupten, sie sei sreschehen. Im Geirentheile scheint uns der Umstand entschieden da- gegen zu sprechen, dass sich bei keinem andern Lande Europas auch nur die leiseste Veranlassung findet, eine solche Behauptung zu unterstützen. Dass man aber in Betreff Hispaniens auf diese Fährte — wenn man sich so ausdrücken darf — gekommen ist n), hat seinen Grund vornehmlich in der Ähnlichkeit, welche man zwischen dem Baskischen und den amerikanischen Sprachen entdeckt haben will 's) ; auch diese sind wie jene agglutinirende Sprachen und beobachten in ihrer Conjngation das Princip der Einverleibung. Wir sind der amerikanischen Sprachen nicht kundig und können daher nicht be- urtheilen wie weit diese Übereinstimmung reicht. Wilhelm von ^) Verg-I. meine: Vermischte Schriften. Bd. 1. S. &3 ii. ff. 10) Vergl. Lenoir. Antiquites Mexicaines. 11) Verg-I. V. Humboldt. Cntersuchung'en. S. 174. 173. --) S. J o h. S e V. Vater, Untersuchungen über Amerika's Bevölkerung. Leipzg, 1810. S. 210. 554 Phillips Humboldt >3) erkennt allerdings auch eine gewisse Ähnlichkeit an, hält sie aber doch nicht für so gross, als dass daraus auf eine wirk- liche gemeinsame Abstammung des Baskischen und der amerikani- schen Sprachen geschlossen werden dürfte. Auch Steinthal i*) hält dafür, dass diese Übereinstimmung eine bloss äusserliche und daher über die Frage nicht entscheidend sei. Eben so erklärt sich Pott gegen eine solche Verwandtschaft, indem er sagt: >5) ^Anders frei- lich läge der Fall, wenn das Baskische und irgend eine der amerika- nischen Sprachen eine solche Übereinkunft nicht bloss in Wortbil- dung und grammatischer Umbildung überhaupt, nach der rein gei- stigen Seite hin, sondern aucli zugleich in deren hörbarem Ausdrucke, in den Lauten, solchergestalt offenbarten, dass man hierdurch der Annahme eines etymologischen, d. h. auch genealogischen Bandes zwischen ihnen auszuweichen in die Unmöglichkeit versetzt würde. Dieses Demonstrandum harrt aber noch des Beweises und so weit ich beim jetzigen Stande der Wissenschaft glaube urtheilen zu müssen, auf immer vergebens". Damit wird freilich viel gefordert, vornehmlich wenn man berücksichtigt, dass es gerade bei den ame- rikanischen Stämmen so häufig vorkommt; dass die sich von einan- der absondernden Zweige von Familien sich nach zwei Generationen nicht mehr recht mit einander verständigen können «e) und da sollte noch Übereinstimmung im hörbaren Ausdruck und im Laute zwischen Basken und Amerikanern, die sich vor Jahrtausenden ge- trennt haben müssten, gefordert werden können? Indessen, es kommt uns nicht darauf an, eine Übereinstimmung zwischen diesen Sprachen zu vertreten und bemerken nur noch, dass, wenn eine solche Über- einstimmung wirklich bestünde, sie nicht nothweudig durch eine Ein- wanderung amerikanischer Stämme nach Hispanien erklärt werden müsste, sondern möglicherweise auch darin ihren Ursprung haben könnte, dass aus der ursprünglichen Heimath Asien von verwandten Stämmen sich die Einen nach Westen gewendet haben und bis zum äussersten Abendlande gewandert , die Andern den Weg nach Osten eingeschlagen haben und nach Amerika gekommen sind. ^3) Humboldt, a. a. 0. S. IT"). 1*) Steinthal, Classification der Sprachen. S. 90. '^) Pott, die Ungleichheit der menschlichen Rassen (Leipx. u. Detmold. 1858) S 261. 16) .M a X .Müller, Vorlesungen. Bd. 1. S. 49 u. f. Die Einwanderung der Iberer in die (»yrenäische Halbinsel. 0»)ö Ausserdem hat man noch aus einem andern Umstände eine Ver- wandtschaft der Iherer mit amerikanischen Stämmen entnehmen wollen, daraus nämlich, dass, wieStrabo '') berichtet, auch bei ihnen wie bei diesen der Gebrauch vorkommt, nach welchem nach einer Entbindung statt der Frau der Mann sich ins Bett legt und die Glück- wünsche der Verwandten empfängt i»). Schliesslich mag bei dieser Gelegenheit erwähnt werden, dass man, auf die nämlichen Gründe gestützt, der Meinung von einer Ein- wanderung der Ibero-Basken aus Amerika die andere gegenüberge- stellt hat, die Bevölkerung Amerikas sei von den europäischen Ibe- rern ausgegangen i^). Der vorhin erwähnte neueste Schriftsteller über die Basken, Garat, scheint dieser Meinung ebenfalls zu huldigen 20). Y. Namen der ältesten Bevölkerung Hispaniens. Die Frage nach dem Namen des V^olksstammes, welcher zuerst vor allen andern in die pyrenäische Halbinsel eingewandert, scheint eine durchaus verspätete zu sein, da derselbe bisher stets ohne alle weitere Bemerkung als der Iberische bezeichnet worden ist. Dessenungeachtet ist diese Frage keineswegs zu einer müssigen ge- worden, als es sich auch um die Erklärung dieses Namens handelt. Mit Rücksicht auf die ursprüngliche Heimath des Stammes wird man zunächst darauf hingewiesen, auch den Ursprung des Namens dort zu suchen und sobald wirklich eine Zusammengehörigkeit der Ost- und West-Iberer anzunehmen ist, so könnte er auch in der That nur dort gefunden werden; alsdann hätte der Stamm den Namen schon aus Asien mitgebracht und in die neuen Wohnsitze verpflanzt 1). In dieser Hinsicht ist schon die Gleichstellung des Namens Iberer '■j S t r .1 b 0 , I. c. ill. c. 4. §. 17. p. 137. I8j Vergl. Eug. Cordier, Sur Torganisation de la famiile chez les ßasques p.l2. ^9) Vergl. darüber : Diefenbach, Celtiea. II. 2. S. 14. -f*) Garat, Origine des ßasques. — B a u d r i in o n t 1. c. p. 175. ') Eine etymologische Gleichstellung der beiden Iberien und zwar durch eine Ver- mifteluiig mit dem alten Volke der Iren versucht P i c t e t , Iren und Arier bei Kuhn u. Schleicher, Beiträge Bd. 1. S. 94 u. s. f. 556 Phillips und Hebräer in Vorschlag gebracht worden 2). Auf Heber s) als den gemeinsamen Stammvater der Iberer und Juden but vornelimlicb Ewald in seiner Geschichte der Juden hingewiesen *). Er geht davon aus, dass der Name Hebräer im Alterthume weit mehr Stämme als bloss das Volk Israel umfasst habe. „Und hier drängt sich", be- merkt er, „der Name der noch etwas nördlicher wohnenden Iberer so unwillkürlich auf, dass wir nicht umhin können, bei ihnen an einen solchen Zusammenhang zu denken. Ewald bringt damit dann noch weiter den Namen Abrahnm's und der Araber (?) in Verbindung und erklärt demgemäss die Iberer und ihre Sprache für semitisch : es möge bei dieser Gelegenheit noch bemerkt werden, dass im Kau- kasus der Name [br auch noch in neuerer Zeit einen Juden bezeieb- net 5). Sollte zwischen den Ost- und West-Iberern kein ethnologi- scher Zusammenhang stattfinden, so würde natürlich diese Ansicht Ewald's um so weniger sich auf die West-Iberer beziehen. So lange nun aber dieser Zusammenhang nicht feststeht, ist man natürlich auch berechtigt, sich nach anderen Erklärungen des Namens Iberer umzusehen. Brachte der Stamm seinenNamen nicht aus der Hei- math mit, so hat er denselben unterwegs oder in Folge seiner Ansied- lung auf der pyrenäischen Halbinsel erhalten, in welcher Hinsicht die weitere Frage entstehen könnte, ob er sich den Namen selbst gege- ben habe oder ob ihm derselbe von andern Völkern beigelegt worden sei ? eben so möchte es fraglich sein, ob „Iberer« ein gemeinsamer Stammname gewesen sei, oder ob vielleicht der besondere Name eines kleineren Stammes sich allmählig zum allgemeinen ausgedehnt habe. Dafür, dass der Name dem Stamme von andern Völkern bei- gelegt worden sei, spräche die Analogie mancher anderer Völker- namen, wie z. B. die Bezeichnung Germani wohl kaum für eine deutsche gelten kann, sondern für eine keltische anzusehen ist s). Wenn dies aber auch bei den Iberern zutreffen sollte 7), so schliesst 2) S. oben [V. ii) Genes.. X. 21. 24. 25: XI. 16. 17 *) Bd. 1. S. 381 u. f. ^) S. Eiehwald, Alte Geographie des caspischen Meeres. Berlin 1838. 6) Grimm, Geschichte der deutschen Sprache. S. 707. — S. auch, wenn gleich in der Erklärung abweichend, Z e u s s , Grammatica celtica. p. 733. Note '". ") Dies nimmt Pott, Etymologische Forschungen. 1. kuü. Th. 2. S. 137. 2. Aufl. II. 2. S. 872 an; ebenso Diefenbach, Celtica. II. S.o. indem beide den .Namen für keltisch halten. «* «J ^. Die EinwÄiiderung^ der Iberer in die pyrenäische H;'). Ist nun mit dem Ausdrucke Tharsis nicht ganz Hispanien, sondern nur ein Theil davon gemeint, so ist dies Turdetania, das nachmalige Baetica. Indem wir hierauf bei anderer Gelegenheit zu sprechen kommen werden, möge hier nur auf den Umstand noch aufmerksam gemacht werden, dass Tharsis aucli einer derjenigen Namen ist, welcher sich auf der Völkertafel der Genesis vorfindet 28j. Man hat diesen Tharsis als den Stammvater der „Tyr- senen, Etrusker oder Tusker" gedeutet und damit den etruskischea Heros eponymus, Tarko oder Tareso, die etruskische Stadt 22) So namentlich Tacitus. S. Annal. VI. 39. sqq. XH. 4. 23) S. M o V e r s , Geschichte der Phönizier. Bd. 2. Th. 2. S. 592 u. ff. 2*j 3. Reg. X. 22. — 2. P a r a 1 i p. IX. 21: XX. 36.37. Judith. 11. 13.— Psalm. XLVII. 8; LXXI. 10. I s a i II. 16. — .1 e r e m. X. 9. - E z e c h. XXXVIII. 13. — Jon. I. 3; IV. 2. 25) Vergl. Weite im Freiburger Kirchenlexikon. Bd. 4. S. 854. (Handel der Hebräer.) 26) S. oben S.552. 27) Movers, a. a. 0. Bd. 3. Th. 1. S. 164. u. ff. 28) G e II e s. , X. 4. — 1 P a r a 1 i p., I. 7. 5<30 Phillips Tarconia und Tarquinii, so wie die hispanische Tarrago in Ver- bindung gebracht -«). Wir tilgen noch hinzu, dass die Namen Tar- cinus, Targellius. vielleicht auch Tarquinius sich auf hispanischen Inschriften finden so^ und lassen im Übrigen die Richtigkeit jener Annahmen, die auf einen Zusammenhang der Iberer mit den Etrus- kern hindeuten würden, mit allen ihren übrigen Consequenzen einst- weilen anf sieb beruhen. Was nun den Namen Hispania anbetritTt, so kommt derselbe nicht vor dem zweiten punischen Kriege vor. Es fragt sich, welcher Sprache dieser Name angehört. Humboldt führt die ihm selbst wenig zusagendeErklärungAstarloa's durch das baskische „ezpanW ansi^, welches so viel als „Lippe", „Saum" bedeute und es wäre dem- nach das Land so genannt worden, weil es gleichsam der Saum Europas sei. Eher könnte noch ein Hinweis auf die im Baskischen häufig vorkommenden Sylben -asp -esp -Isp und -osp- statthaft seinsi), worin man etwas „Dahinter, Fernliegendes" erkennen will; allein man würde sich bei diesen in eine Menge nutzloser Ver- muthungen verlieren; doch möge es bemerkt werden, dass diese Sylben sich auch sonst noeb in Namen aus römischer Zeit in Hispanien vorfinden z. B. Aspalnca ^3), Corentispo s*), Hlspalis, Bospo^'=), Oro^peda. Auch hat man wohl die Erklärung des Namens Hispaniens aus dem phönizischen oder punischen Worte Span ent- nehmen zu können geglaubt; dasselbe bedeutet nämlich „Kanin- chen-*, an welchen Thieren insbesondere Südspanien und die Balearen einen solchen Überfluss hatten, dass derselbe allerdings den Kartha- gern aufTallen konnte se). Vielleicht Hesse sich noch ein anderer -*>) K II o h e 1 , die Völkertafei der Genesis. S. 36 u. f. 30) Hühner, Inscript. Hisp. Lat. n. 3984. n. 338. n. 2227. n. 2430. 31) Humboldt, a. a. 0. S. 60. — F o r b i g e r , Handbuch der alten Geographie Bd. 3. S. 3. Note 13 legt unrichtig diese Ableitung Humboldt selbst bei. 32) Vergl. F a u r i e 1 , Histoire de la Gaule meridionale. Voll. I. App. II. p. 308. 311. 314. 313. 318 u. ff. Unter den hier angeführten Beispielen findet sich keines von — osp. 33) Auf der Strasse von Cäsaraugusta nach Behearnum. S. ! t i n e r An t o n. ed Wessel. p. 4Ö3. ■**) H ü b n e r , I. c. n. 3328. 35) H ü b n e r . I.e. 4970, 89. 36) Vergl. Her od. I. 192. — Strabo, I. c. Lib. III. cap. 2. §. 6. p. 119; cap. 3. §. 2. p. 140. Die Einwanderung der Iberer in die pyrenäische Halbinsel. Dul Umstand zur Worterklärung benützen. Auch Hispanien wird gleich Italien mit dem Namen H-esp-eria bezeichnet 37), ja es wird, freilich von einem spätem Schriftsteller, als die „vera Hesperia" charakteri- sirt38). Darnach wäre es das am meisten nach Abend gelegene Land. Sollte H-isp-ania selbst schon den Begriff des nach Westen hin liegenden Landes enthalten und eben darnach ganz ähnlich Avie in Amerika „the far west-* bezeichnet worden sein? hiermit begegnet sich auch eine Deutung sogar des Namens Iberia als West- land oder Abendland, wie sie insbesondere Pott gegeben hat 39); es würde dann auch der oben gegebene Begriff ib nicht wider- sprechen *o). VI. Muthmassliche Art und Weise der Niederlassung der Iberer auf der pyrenäischen HalbinseL Man wird sich den Hergang der Ansiedelung der Iberer in dem Lande, welches seither ihre Heimath wurde, verschieden zu denken haben, je nachdem man annimmt, sie seien zu Lande und zwar zuerst nach dem südlichen Gallien, dann nach Hispanien gekommen, oder zur See daselbst angelangt. Im ersteren Falle würde man diese Occupation mit den Ansiedelungen der Kelten in Gallien oder der Germanen im heutigen Deutschland in Parallele zu stellen haben. Es ist nämlich wohl mit Bestimmtheit anzunehmen, dass die zu Lande einwandernden Völker stets viel planmässiger zu Werke gegangen sind, auch besser organisirt waren, und mehr ein zusammen- hängendes Ganzes gebildet haben, als dies bei denen der Fall war, welche zur See gekommen und hier und dort in einzelnen Scharen an den Küsten landeten. Wir glauben nun aus den oben angeführten Gründen uns hiefür erklären zu müssen, dass die Iberer zu Schiffenach ihrem neuen Vater- 3') H o r a t. Od. I. 36. 38) Roh. M a u r i , de Universo. Lib. XII. cap. 4 (bei Migne, Patrologia. Tom. CXI. eol. 330) : Hispania prius ab Ibero amne Iberia nuncupata est. Postea ab Hispalo Hispania cognominata est. Ipsa est vera Hesperia ab Hespero Stella occidentaii dicta. 3») Pott, Etymologische Forschungen. Erste Aufl. Th. 2. S. 187. Zweite Aufl. Th. I. S. 313. Th. 2. S. 879 u. ff. *0) S. oben S. 337. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. III. Hft. 38 562 Phillips lande gelangt sind i). Sieht man sich hier nach einer Parallele um, so scheint sich eine solche in der Eroherung Britanniens durch die Angelsachsen zu bieten. In so fern waren die Verhältnisse ver- schieden, als die rasch aufeinanderfolgenden „ Schiffsheere "^ der Angelsachsen 2) dort eine bereits ansässige Bevölkerung vorfanden, während die Iberer, als die ersten Ansiedler der pyrenäischen Halb- insel, diese noch unbewohnt antrafen und daher bei ihrer Besitzes- ergreifung keine anderen Hindernisse zu überwinden fanden, als die- jenigen, welche ihnen die natürliche Beschaffenheit des Landes ent- gegenstellte. So lange es also unter den Eingewanderten selbst nicht zu Streitigkeiten kam, war die „Landnahme" — ein guter germa- nischer Ausdruck für Occupations) — eine ganz friedliche. Jener Vergleich mit den Angelsachsen lässt sich auch wohl hier ganz passend ziehen, als wahrscheinlich verschiedene iberische Scharen auch auf verschiedenen Punkten der Halbinsel landeten. Es ist nicht zu bezweifeln, dass manche derselben auch über die Säulen des Hercules hinausgefahren sind und sich dann auf der Westküste Hispaniens niedergelassen haben. Hiebei versteht es sich gewissermassen von selbst, dass die Mündungen der Flüsse in dieser Hinsicht am einladendsten waren, wie ja auch nachmals die Normannen gewöhnlich mit der Einfahrt in die grösseren Ströme ihre verheerenden Kämpfe gegen das Frankenreich begannen*). Man scheint es nicht in Zweifel ziehen zu dürfen, dass der iberische Volksstamm sich über die ganze pyrenäische Halbinsel verbreitet hat, d. h. dass auf den verschiedensten Punkten derselben Niederlassungen stattgefunden haben und dass von diesen aus bei Zunahme der Bevölkerung, d. h. beim Anwachsen der ein- zelnen ansässig gewordenen Geschlechter (gentilitates) eine wei- tere Verbreitung stattgefunden hat. Ob aber dies so zu verstehen ist, als ob wirklich das alteHispanien ganz und gar von Iberern bevölkert worden ist, möchte doch nicht mit Bestimmtheit anzugeben sein. Es hat in derThatden Anschein, als ob die Iberer verhältnissmässig nicht sehr zahlreich gewesen seien und daher auch noch für andere später 1) S. oben IV. B. S. 540. 2) Chrono 1. Saionica, ann. 477. 495. 501. *) Sie gehört dem Isländischen an und ist zuerst von B I u n t s c h 1 i , Kritische Überschau. Bd. 2. S. 312. in die deutsche Rechtssprache eing^efiihrt. *) Vergl. meine englische Reichs- und Rechtsgeschichte. Bd. 1. S. 14 — 29. Die Einwanderung der Iberer in die pyrenäische Halbinsel. OOo einwandernde Stämme — wir meinen hier ganz eigentlich die Kelten ^- Platz gelassen hätten. Wir finden nachmals die keltische Bevöl- kerung Hispaniens in einem sehr eigentliiimlichen Verhältnisse zu der iherischen, indem heide streckenweise durch- und nebeneinander wohnen. Es kann dies allerdings auch Folge einer kriegerischen Erobe- rung sein, bei welcher die Kelten die Iberer in einzelnen Gegenden Hispaniens als die Besiegten unterwarfen oder sie ausrotteten, allein dennoch bleibt die Art und Weise der Vertheilung der Kelten über die pyrenäische Halbinsel sehr merkwürdig; sie wohnen im Norden und wohnen im Süden und wohnen in der Mitte Hispaniens, die Iberer aber auch. Dass aber diese wirklich in der vorhin bezeich- neten Weise über das ganze Land verbreitet waren, dafür hat Hum- boldt in seinen Untersuchungen den vollständigen Beweis geliefert, denn so sebr auch die Römer die iberischen Namen corrumpirt haben, so haben sie ihnen doch ihren eigenthümlichen Charakter nicht ge- nommen. Man ist daher im Stande von vielen dieser Namen, eben wegen ihrer Eigenthümlichkeit, zu sagen, dass sie sicherlich nicht keltisch sind, eben so wenig als sie demPhönizischen und Griechischen zugeschrieben werden können. Darf man also nach dieser Richtung hin den Beweis Humboldt's als durchaus gelungen ansehen, so findet derselbe noch eine kräftige Bestätigung durch die iberischen Münz- legenden, die in dem Verzeichnisse, welches in der Abhandlung über das iberische Alphabet mitgetheilt worden ist, enthalten sind. Auch unter ihnen befinden sich etliche, die man als keltisch anspre- chen dürfte, wie überhaupt so sicher man auch für viele Namen den iberischen Charakter heraus erkennen kann, für manche Fälle man keine solche Gewissheit haben kann. In dieser Beziehung haben wir schon früher als auf eine besondere Aufgabe der Wissenschaft hingewiesen, die Scheidung zwischen dem keltischen und iberischen Element in den verschiedenen Eigennamen des alten Hispaniens nach bestimmten Grundsätzen zu vollziehen. So wenig wir uns dieser Aufgabe ge- wachsen fühlen, so wollen wir doch das uns zu Gebote stehende Material zu diesem Zwecke gelegentlich zusammenstellen, um wenig- stens in solcher Weise zur Lösung jener Aufgabe vorbereitend mit- zuwirken. 38' 564 Phillips, Die Einwanderung der Iberer in die pyrenKische Halbinsel. NACHTRAG (3. October). Gegenstand weiterer Darstellung wird nunmehr insbesondere die Einwanderuug der Kelten in die pyrenäische Halbinsel sein. In Betreff derselben ist oben (S. 542) bemerkt worden, dass Niebuhr mit seiner Ansicht, die Kelten seien früher in Hispanien eingewan- dert als die Iberer, allein stehe. Hätte er Recht so würde sich die Erscheinung der vielfältigen Vereinzelung der Kelten in Hispanien fast leichter erklären lassen, als diess auf S. 563 versucht ist. — Schliesslich sei es noch erlaubt auf zwei Entgegnungen aufmerksam zu machen, welche das Werk von Biade, Etudes sur l'origine des Basques hervorgerufen hat (s. Iber. Alphabet. S. 165. Note*), nämlich die eine in der Revue critique d'histoire et de la litterature. N. 12. u. 13. (19. 26 Mars 1870), die andere von Boudard, Note sur les etudes de Mr. Blade. Beziers 1870. K a raj a n. Zu Seifried Helhling iinrl Ottaoker von Steiermark. OOO Zu Seifried Helbling und Ottaeker von Steiermark. Vom w. M. Theodor Ritter v. Karajan. IL Zu Ottacker von Steiermark. Das einzige Blatt einer zierlichen Pergamenthandschrift der österreichischen Reimchronik dieses Dichters, welches dem ausge- henden dreizehnten, höchstens beginnenden vierzehnten Jahrhundert angehört, hab ich vor längerer Zeit durch gütige Vermittelung eines damals in Graz weilenden Collegen erworben. Es stammt aus Klagen- furt, wo es einst in dem noch bestehenden Capuciner-Kloster, das im Jahre 1649 gegründet wurde, einem Klein -Octav-Bande als Decke diente. Die Spuren dieser Verwendung sind auf der Rückseite des Blattes leider nur zu deutlich sichtbar. In der Mitte desselben zeigt sich nämlich querüber ein dunkler Streifen, der 1 1/4" breit einst den Rücken des Klein-Octav-Bandes umkleidete, und während er selbst den Band schützte, dafür der Einwirkung von Staub, Rauch und Unbilden aller Art schonungslos während einer langen Reihe von Jahren preisgegeben war. Der übrige Theil des Blattes, welcher die Seitenwände des Bandes nach Aussen zu schützen hatte, wurde durch den häufigen Gebrauch des Buches arg mitgenommen. Trotzdem sind die auf ihm erhaltenen Schriftzüge bis auf wenige kleine Stellen noch lesbar, während jene des Rückens mit Ausnahme einzelner Buchstaben es nicht mehr sind. Die aufgeleimt gewesene Stirnseite des Blattes 566 K a r a j a n dagegen hat sich, bis auf ein paar kleine Lücken, welche die vortre- tenden Rückenbünde veranlassten, ganz gut erhalten. Die auf starkes Pergament geschriebene Handschrift hatte ursprünglich bei lOVs" Höhe und bei 71/2" Breite. Jede der beiden Spalten der Seiten bestand aus 47 Zeilen. Die Anfangsbuchstaben der einzelnen sind wie gewöhnlich roth durchstrichen, nur bei Vers 122 zeigt sich eine grössere Initiale; am unteren Rande der Stirnseite des Blattes aber gegen die rechte Ecke hin von alter Hand in römischen Ziffern geschrieben die Bezeichnung der Lage, welcher unser Blatt einst angehörte. Es bildete darnach das erste Blatt der XXVIU.' Lage der Handschrift. Diese Wahrnehmung ist lehrreich. Nimmt man nämlich für die Handschrift eine Eintheilung nach Quinternionen an, also nach Lagen von fünf Doppelblättern, eine bei Quarthandschriften jener Zeit häufig vorkommende, so ergibt diess, bei vier Spalten von je 47 Zeilen auf dem Blatte, für jedes derselben eine V^erszahl von 188 als Regel, denn zuweilen stehen auch zwei kürzere Verse auf einer Zeile, für die Lage also beiläufig 1880 Verse, eher mehr als weniger. Die 27 Lagen also, die unserem Bruchstücke ursprünglich vorangiengen enthielten also etwa o0,760 V^erse , von denen man aber etwa 3000 Zeilen wird abziehen müssen für die 436 Capitel-Überschriften, welche der Pezische Druck, nach der einen der Wiener Handschriften, wie die Admonter und die Jenaer enthalten. Es bleiben somit rund 47,700 Zeilen übrig, die unserem Bruchstücke einst, wie zu ver- nuithen ist, vorangiengen. Versrleicht man nun diese annähernde Ziffer mit der Zahl der Verse die im Pezischen Drucke der Eintrittsstelle unseres Bruch- stückes wirklich vorangehen und erwägt man, dass grössere leere Zwischenräume vor und nach der Eingangsrede der Chronik die Gesammtziffer leicht um ein paar 1 00 Verse vermindern konnten, so stellt sich ein lehrreiches Ergebniss heraus. Man kommt übrigens beim Pezischen Druck auf die annähernd richtige Ziffer, wenn man nach Abzug der Seiten 1 bis 14, welche Pez's Vorrede und ein zweiter Titel einnehmen, die übrig bleibenden 408 Seiten des Textes bis zu unserem Bruchstücke, mit den 124 Versen jeder Seite multi- pliciert und von der Gesammtsumme die 436 Capitel-Cberschriften von je 7 Zeilen abzieht. Also 408x124 gibt 50,392. Davon ab 436x7 das ist 30ö2, ergibt eine Verszahl von rund 47,340, welche Zu Seifried Helbling- und Ottacker von Steiermark. d6T ZU obigen 47,700 gehalten schliessen lässt, Uass die vollständige Handschrift, was ihre vordere Haltte betrifft, beiläufig dasselbe ent- hielt, was uns in der einen Wiener ganz, in der zweiten wie der Admonter, Jenaer, Wolfenbüttler und Stockholmer zum Theile er- halten ist. Was aber wissenschaftlich ungleich wichtiger erscheint, abge- sehen von der inneren und äusseren Beschaft'enheit der neuen Hand- schritt, ist Folgendes. Diese lehrt nämlich durch ihr Alter und die Beachtung der Lagen-Nummer am unteren Rande des Blattes, dass schon zur Zeit des Dichters jene beliebte Erzählung von der Belage- rung von Aceon, bei 8000 Zeilen tüllend, welche später wiederholt einzeln in Handschritten zu Jena, Wolfenbüttel und S. Gallen i) begegnet, und möglicherweise auch später in das grössere Reimwerk eingeschoben sein könnte, schon damals einen Bestandtheil von Ottackers Chronik bildete. Ich schreite nun zur näheren Betrachtung der sprachlichen Eigenthiimlichkeiten des neu gewonnenen Klagenfurter Bruch- stückes, das ich mit K bezeichnen werde, will dessen Verlrältniss zu W. das ist der Wiener Handschrift Nr. 3047 erörtern, der einen nämlich, welche den Inhalt von K bietet, zugleich aber auch die Abweichungen der Wolfenbüttler, die ich mit G (Guelferbitanus) bezeichne, einreihen. Ich schildere zuerst die Verhältnisse des Vocalismus in der neuen Handschrift in seinem Verhalten zu den anderen, lasse den Consonantismus folgen, verzeichne darnach vom Schreiber mit Vorliebe gebrauchte Formen einiger Wörter, sowie bedeutendere Abweichungen von den übrigen Handschriften, betrachte ferner das Verhalten dieser Niederschrift in metrischer Beziehung, und schliesse endlich mit der Bezeichnung einiger Abgänge und Zusätze von Ä" im Verhältnisse zu IFund G. Die Abweichungen von K in der Stockholmer und Jenaer Hand- schrift konnten aus folgenden Gründen nicht hinzugefügt werden. Die Stockholmer Handschrift nämlich, welche sich jetzt in vollstän- diger Abschrift auch an der Wiener Hofbibliothek unter der Nummer 14,978 vorfindet, umfasst von Ottackers Chronik nach dem Pezischen Druck nur das Stück von Capitel 652, Spalte a. Zeile 26 ') G. Scherer S. GaUesche HSS. S. 36 ff. Die Handschrift ist mir leider im Augen- blicke nicht zugänglich. 568 K a r a j a n an bis Capitel 829 Sp. a. Zeile 16. Das zu vergleichende Stück K fehlt also in ihr. Die Jenaer Handschrift aber ist von Wiedeburgi) nur in Bezug auf jene Stellen von G ausgezogen worden, welche in dieser letzteren nicht enthalten sind. Es fehlt also auch in dieser Quelle der Inhalt von K, da er im Abdrucke von G^^ vorhanden ist. Eine vollständige Abschrift der Jenaer HS. steht mir aber dermal nicht zu Gebote. K verwendet zuweilen a f. o, so in warht: varht 106. 107 gegen W und G ; n f. o und zwar mit vollem Rechte in warheit 164. gegen das mundartliche worhait von G, was auch ebenda als obendes für das richtige abents in K 71 wiederkehrt. K verwendet ganz richtig ae f. e in Venediaer 53, spitlaer 88, Jenvaer 54, Akersaer 55, waern 56, chaetu 84, templaer 89. wo TFund G überall e zeigen, an ein paar Stellen, 56 und 84, sogar völlig unentschuldbar. Gegen das entschieden dialektische o f. e, das G in wosten f. ivesten 91 zeigt und in der wiederkehrenden Verwendung der Anlaut- partikel ver- als vor- in vorlos 178, vormiten 92, voi'zac/t 97 beibe- hält, hat K ganz richtig überall e f. o. In /T zeigen sich ferner ei f. ? in geleich 47, leidn: vermeidn 28 und 29; streit: zeit 30 und 31; reiten: streiten 76 und 77 abwechselnd gegen W und G, obwohl allenthalben es auch nicht an zahlreichen Beispielen der richtigen Beibehaltung von i als i fehlt. Dagegen ganz richtig ei f. ai in ein 60. W. und in der Regel gegen G.; daneben aber auch ai f. ei in maister 68. haidn 90 und zwar gegen W. ; so auch nei f. ei in gaeistlichen 80 und zwar gegen geistlichen der Handschrift W. eu f. nu der Handschrift G. hat Ä" in meid f. maul 131. und zwar auf das im Plural erforderliche miule hinweisend. i f. ie bietet K allenthalben richtig an den Stellen, wo der weit mehr dialektisch schreibende Copist von G. vorwiegend ie verwendet. So in vih 138. vihe 149. wir statt wier. 14. 20. 22. 27. 45. Dane- ' ) In den oben angeführten Nachrichten von einigen alten teutschen poetischen Manuscripten auf S. 95 bis 116. '^) Bei Eccard Corpus bist. med. aevi vergl. oben, und zwar auf den Spalten 1503 bis 1506. Zu Seifried Helbling^ und Ottacker von Steiermark ÖOu ben begegnen aber auch vereinzelte wier il A4:, wiert 34. in K gegen loir, loirt in G. Die Verwendung von y f. ie und ye f. ie, die bei G. in dy 112, dij, sy 113 tyer 138undl51 begegnen, vermeidet ^allenthalben, wie es auch das richtige iv. f. y. verwendet in dlv 81 und 138. 0 f. au oder aw zeigt Ä" in nwivr f. /n«M>r 127 IF. Schoicen f. Schauiveu 72 und getroiven f. getramven 73 gegen G. Ebenso gebraucht Ä' ow f. rm gegen IF. und Gin o?er sich furht so hart. Z>er hab ander dinch ze wart iSwaz wir mugen vol enden. Mit hertzn und mit henden. Des get an vns niht ab. 10. Des leibs vnd der hab. Do bewag wir vns gar. An allerhantle var- Do wir in disen erden fuorn. vnd die gehorsam swnorn. IS. Des selbn ordens regl sait. W^ier schallen die pliaffliait. Mit gehorsam ern. wil vns daz iemen verchern. /)ar vmb laz wir sein niht. 20. waz halt vns da von geschiht. fFir werden nimmer gram. Z>em pabst noch vngehorsam. iSwem daz niht pehag. Der selbe seinen orden trag. 25. S wie so im . elust. Gewin vnd vlust. WeWe wir mit ev leidn. Fnd wellen niht vermeidn. Ol'i Karajan Mit den haiden ainen streit. 30. iSwenn ev des duncht zeit. So sei wir pereit Z^ehain zaghait. Wiert an vns ersehn. E z ist e geschehn. 35. Z>az wir mit chlainer chraft. Groezev her der haidenschaft. J^abn oft gevellt. So sich got hat gesellt. Ze vns mit seiner helf. 40- Swie gar in vraidiger gelf. Die haidn da vor wueten. S\ chunnen sich des niht behveten. Wier gewinnen in an ein spil. Daz wir ir slahen vil. 45. H^il vns got bei gestan. .41s er dikche hat sretan. Sp. b. Si reten dem geleich. Do s . . so maennlich. Si sahen geparn. 50. Di dar chomen warn. Dareh got her vber mer. Fnd der vene . . . aer her. Fnd daz dez Jenvaer. Si manten di Akersaer. 55. Daz si waern berait. Des morgens so ez tait. MH den haidn ze vehten. N\ begundn sich gerehten. Des volchs ein miehl tail. 60. Fnd der lehn nu was vail. Fmb daz ewige lehn. Die begnnden dar nach strebn. -öaz man ze velde rit Fnd mit den haidn strit. 65. Des moergens do ez tagt. j als ich e. sagt. Zu Seifried Helbling und Ottacker von Steiermark. o7o Der maister teutschen herren. (so) Mit den seinen hete gern. Geriten in den toet. 70. Den man des abents gepoet. /)az si sieh liezn sehowen. vves man moht getrowen Du man ouf zellen solt. Der selbn ain michl tail wolt. 75. Fvr die stat nindert reiten. Darch dehain streiten. Ez wurd e ain ainunge. Zwischen der samnunge. Der gaestlichn bruederschaft 80. S\ vorhten wurd div haidnschaft. Der missehelung inne. Die si heten dort inne- DdiZ chaem in ze vnstaten. Etlieh die sich berait baten. 83. Die cherten do wider Doch sagt man vns sider. Heten die Spitlaer. Vnd ouch die templaer. Der haidn ernst gewest. 90. .41s si ez Westen /em lest. Si heten helf niht vermiten. Daz von in wart gepiten. D\reh ein hohvart daz ergie Si woldn warten wie. 95. Sp. c. . an ir helf chlagt. Do daz volch so verzagt D . . . eraw . . siv sere M^and man moht e: . Daz vol . . mit nen dingen. 100. ^b dem gelovben pringen. /r helf wart mit guntervait. az mvost des toedes wesn. 160. H^and man ez in den grabn stiez. iSev donht ein groezer geniez. ob da mit wart der grabe vol. 1^0 man die warheit redn sol. S 165. 170. In vierzehn tagn. Hort ich do sagn. 175. H^art der Grabe siecht. 3/anich heidennischer chneht. Ferloes dar vnder daz lehn. E der Grabe wart ebn. So gemacht mit der erden. 180. O / Ö Kara.jan. Zu Seitried Helbling: uml Ottacker von Steiermark. Ej, moht niht laider werdn. D en Christen in der stat. Do der Gabe so drat. W^art gefüllt von de . . . idn. JUer erst begund laiden. 18S. ^Iten vn iungen. Der bruod' misshellüge Fnd ir hohvertiger sit. />er in het gewont mit. 189. Pez., eap. CCCCXXXVII. sp. 424^ z.. 17 v. u. II (i f 1 e r. Über die richtige Abgrenziiii>j der alten Geschichte etc. Oll Abhandlungen aus dem Gebiete der alten Geschichte. IV. Über die richtige Abgrenzung der alten Geschichte gegen das Mittelalter. Von C. Höfler. Die Frage über den richtigen Schluss der alten Geschichte ist nichts weniger denn müssig. Schliesst eine der massgebendsten Perioden der Entwicklung der Weltgeschichte mit gleichgiltigen Ereignissen ab, die vielleicht nur auf einen geringen Theil der dama- ligen Welt einen selbst auch nur vorübergehenden Einfluss aus- übten oder geht die Sonne nach einem prachtvollen Tage majestä- tisch unter, wie sie am Himmel flammte, unwillkürlich wird sich der Gedanke bilden, der Schluss muss mit der Entwicklung des Ganzen in Harmonie stehen. Ein grosses Urama darf nicht in ein Lustspiel ausgehen, das grosse Kpos nicht damit enden, dass der Dulder Odys- seus schlafend nach Ithaka kommt und, als er erwacht, seine Heimath nicht erkennt. Man hat selbst ein Recht von dem Knde auf die innere Harmonie des Ganzen einen Rückschluss zu ziehen und zu sagen, dass, wenn das Ende nicht der Mitte, der Höhepunkt nicht dem Anfange entspricht, ein Fehler in der Anordnung stattgefunden haben muss. Eine der geläufigsten Annahmen über die Scheidung des Alter- thums vom Mittelalter besteht darin, das Jahr 476, in welchem angeblich der letzte römische Kaiser Romulus Augustulus Momyllus von Odoaker entthront wurde, als den natürlichen Schluss des Alter- Sitzb. d. phiL-hist. Cl. LXV. Bd. III. Hft. 30 578 Holler thums ZU betrachten '). So oft aber auch diese Annahme ausgespro- chen und ich möchte sagen gedankenlos nachgeschrieben wurde, so wenig bewährt sie sich bei näherer Prüfung. Sie setzt voraus , dass das römische Reich von dem Besitze Italiens abhängig war, der Herr Italiens auch der rechtmässige Besitzer des römischen Reiches war, während seit Constantin I. Italien vom Stammlande römischer Herr- schaft zum Nebenlande herabgesunken war. das römische Reich seine natürliche Fortsetzung in Constantinopel gefunden hatte, und das- selbe fortdauerte, nicht als oströmisches, sondern als römisches Reich, auch wenn im Westen, in Gallien und Italien, zeitweise Ent- thronungen stattfanden oder die erst seit 395 bestende Reihenfolge abendländischer Kaiser zeitweilig ganz aufhörte. Seit das Haus des Theodosius erloschen, Italien die Beute germanischer Heerführer ge- worden war, gab es im Abendlande factische Kaiser (Usurpatoren) und rechtmässige. Zu den letzteren gehörten Avitus (45S), den Marcian, Gemahl der Pulcheria, der Enkelin des Theodosius, be- stätigte, Majorian (ermordet 461), Antbemius, welciien K. Leo bestätigte (ermordet 472) , und Julius Nepos, der gleichfalls vom kaiserlichen Hofe die Bestätigung erlangte, nicht aber Libius Severus, die Creatur des Sueven Ricimer (461 — 465): ob Olybrius, den der Vandalen-König Geiserich dem Antbemius entgegenstellte, kann mit Recht bezweifelt werden. Gewiss nicht Glycerius, den nach des Oly- brius Tode 472 Gundobald Ricimers Neffe erhob; gewiss nicht der Gothe Orestes und ebensowenig dessen Söhnlein Romulus, von dem es heisst , Odoacer deposuit Augustulum de regno (Excerpta de Odoacro). Der rechtmässige Kaiser des imperium Italicum Julius Nepos wurde in Dalmatien 480 ermordet, die Insignien des west- römischen Kaisertbums wurden Kaiser Zeno zurückgeschickt, welcher somit das doppelte Kaisertbum wieder einigte. Auf die formelle Eini- gung folgte unter Justinian die factische, als erst durch eine prag- matische Sanction Theodorich dem Ostgothen Italien zugewiesen worden war, dann der Bruch der Erbfolgeordnung, die Ermordung der Königin Amalasuntha, Theodorichs Tochter, dem römischen und nicht oströmisehen Kaiser Veranlassung gegeben hatte, sich in die 1) Sie beruht eig-entlich auf einer missverstandenen Stelle bei Paul Oiaconus XVI. der nach der Abdication des Romulus sag-t : ita Romanorum apud Romam imperium 1393 a. A. 0. 475 a Christo periit. Über die richtige Abgrenzung der alten Geschichte etc. i> / V» Angelegenheiten des ostgothischen Reiches mit Waffengewalt einzu- mischen. Nun hatte aber das Ereigniss des Jahres 476 gar keine univer- sal-historische Bedeutung, selbst für Italien nur eine vorübergehende, da die Herrschaft Odoakers zu kurze Zeit dauerte und von der der Ostgothen ebenso nach 17 Jahren (493) beseitigt wurde, wie die letzter 554 von der römischen, worauf erst die Wiederherstellung des römischen Reiches erfolgte. Ist es doch höchst bezeichnend, daß Zonaras von diesem welthistorischen Factum des Jahres 476 gar nichts berichtet! Man kann sich nicht der HofTnung Raum geben, dass Andere, welche als wScheidepunkt den Tod des Theodosius und die Theilung des römischen Reiches in zwei Hälften, eine östliche und eine west- liche, annahmen, von dem Gedanken erfüllt waren, die Periodisirung nach dem Jahre 476 biete zu wenige Anhaltspunkte dar: denn welche die nach dem Jahre 395 oder gar 408 bieten solle, vermag Niemand einzusehen. Es müsste nur sein, dass man dem Wahne huldigte, erst damals sei eine derartige Scheidung erfolgt, während dieselbe doch bis auf Marc Anton den Triumviren zurückgeht und abgesehen von den Zeiten der Antonine und des Diocletian sich bei den Flaviern und der pannonischen Dynastie vorfindet, ja Regel ist. Es ist auch vollständig begreiflich , dass tiefer Denkende von solchen äusseren Veranlassungen und vorübergehenden Thatsachen abstrahirten und auf wichtigere Momente, welche ein wahrhaft welt- historisches Gepräge an sich trugen, die Scheidung der Welten zu begründen suchten. Dass unter diesen die Völkerwanderung eine hervorragende Bedeutung einnehme, wird Niemand läugnen wollen. Dass dem verderbten Geschlechte, welchem selbst das Christen- thum in seiner Jugendblüthe nicht mehr Rettung brachte, ein wenn auch rohes, doch besseres an die Seite gesetzt, es von diesem ver- drängt werden müsse, wenn es sich nicht bessere, ist nicht blos die Ansicht neuerer Geschichtschreiher und Philosophen, sondern durch- dringt auch jene Zeit selbst, wenngleich sicher ist, dass ein plötz- licher Bruch mit der Vergangenheit, eine Zerstörung jener Cultur- elemente, welche das römische Reich aus den beiden Welten des Alterthums, der hellenisch-polytheistischen und der hebräisch-mono- theistischen mit herübergebracht hat , das sicherste Mittel gewesen 3P' 580 Hofler wäre, den neuen Völkern alle Culturelemente zu entziehen, nicht aber sie mit diesen zu befruchten. Allein die Völkerwanderung war ja selbst nur ein Moment unter vielen, welche eine neue Zeit herbeiführten, wenngleich ein sehr wesentliches. Sie war nicht blos eine germanische, noch eine blos hunnische, sie war eine slavisch-avarische, eine arabische, zuletzt eine mongolische und türkische (seldschukische und osmanische) wie eine berberische. Es ist nicht nur ausserordentlich schwer zu sagen, wann die Völkerwanderung autliörte, da sie sich stossweise durch das ganze Mittelalter hindurchzieht, sondern ebenso schwer zu sagen, wann sie beginnt. Mit welchem Rechte da zum Jahre 375 gegriffen wird, dem Hunnensturme, während nicht die Hunnen, sondern die Germanen den Sturz des römischen Reiches entschieden und die Hunnen, nachdem sie die Gothenreiche zertrümmert, 60 Jahre lang sich ruhig verhalten, ist schwer auszumitteln. Die ger- manische Völkerwanderung, d. h. der Einbruch der Germanen in das römische Reich, beginnt aber nicht nur früher, lange vor 375 und dauert bis 569; er ündet nicht blos an der Donau, sondern auch am Rhein und von der Maas her statt, indem die Franken nach Gallien dringen und ein Reich begründen, mit welchem sich später die Vi-^ieder- herstellung des römischen Reiches verknüpft. Will man die Grenz- scheide zwischen Alterthum und Mittelalter mit einem Jahre be- zeichnen, das den Eintritt der Völkerwanderung als massgebendes Ereigniss darstellen soll, so hat man den wilden Hunnen mit ihren Schildgesichtern und Beinen wie Brückenpfählen zu viel Ehre er- wiesen, als man ihren Einbruch auf die Gothen als Ausgangspunkt von Ereignissen nahm, die vor ihnen schon im vollsten Kommen be- grirten waren, nach ihnen und unabhängig von ihnen noch Jahr- hunderte erfüllten. Was hat denn etwa der Hunnensturm für einen Eintluss auf den Verlust Britanniens, auf die Eroberung Afrika's durch die Vandalen, Spaniens durch die Westgothen, Galliens durch Burgunder, Westgothen und Franken ausgeübt? Handelt es sich um einen universalhistorischen Abschnitt, um die Begründung einer neuen Ära, so darf nicht ein Ereigniss dazu verwendet werden, das selbst dem Wellenschlage zu vergleichen ist, der ruhelos hin und herwogt. Es ist nun kein Grund vorhanden, warum dazu nicht Ereignisse dienen sollten, welche auf das römische Reich einen nachhaltigen über die riclitijip Abgrenziiiig^ der alten rieschiolite etc. 5ol Einfliiss ausgeübt haben, nachdem dieses sich mit dem Bestände der civilisirten Welt identificirt hatte und selbst den Chinesen, welche im äussersten Osten Asiens das Gesicht dem grössten aller O'eane zugewendet, ihre Jahrtausende zählende Cultur wahrten, Ehrerbietung einftösste. Nur muss, wie Stoddart ricbtig bemerkte, als Eintheilungsgrund eine Thatsacbej. genommen werden , die für die orientalische Welt eine ebenso grosse Bedeutung gewann , als für die occidentale. Sie muss, möchte ich hinzusetzen, auf den grossen VVeltenkampf zwischen Orient und Oecident, der sich in der alten Geschichte vollzieht, einen ebenso grossen Einfluss gewinnen, als sie andererseits einen Gegensatz zu der ganzen bisherigen Entwicklung bezeichnen muss, an welchen sich naturgemäss die neue Entwicklung ebenso anschliesst als die ältere davon nichts wissen wollte. Das erste Moment nun, auf den Orient gleichmässig wie auf den Oecident eingewirkt zu liaben und zugleich auch im innersten Zusammenhange mit der römischen Geschichte gestanden zu sein, kommt vor Allem der Verlegung der Residenz römischer Kaiser von Rom und Italien, von der Nähe der Küste von Kar- thago, von dem Südabbange der Alpen nach der Schwelle von Europa und Asien, nach Konstantinopel zu, das im Angesichte des Orientes an den Ausläufern des schwarzen und des mittelländischen Meeres gebaut eine fortwährende Drohung: für den Orient und dessen bedeutendstes Reich der damaligen Zeit, das neupersische war '). Konstantinopel setzte zu seinem Bestände einen Wall asiatischer Provinzen voraus. Es war unschwer einzusehen, dass ein Reich, dessen Hauptstadt auf dem Grunde von Byzantion gebaut war und ringsum griechische Städte zu Nachbarn hatte, nicht im lateinischen, sondern im griechischen Theile des Reiches lag und eine vorzugsweise griechi- sche Bevölkerung erlangte, auch diesem Element des römischen Reiches eine Stärkung verschaffen werde, wenn auch die Gründung von Konstantinopel noch nicht unmittelbar voraussetzte, dass das Reich selbst ein griechisches werden würde. Dazu war damals das lateini- sche Element noch zu sehr überM'iegend und es bedurfte dazu Er- eignisse, welche sich im Jahre 330, dem Gründungsjahre von Kon- 1) Vergl. Lazare üe Phare bist. d'Armenie. V. lyaiiglois collection des historiens anciens et modernes de rArmenie. T. II. p. 261. 582 H ö f I e r stantiiiüpel , noch gar nicht ahnen Hessen, um diese neue Kaiser- stadt, Roma nova, zur Hnuptstadt eines griechischen Reiches zu machen. Wie bedeutend aber diese That für den Orient selbst war, hat das Auftreten desselben in mehr als einhundert Jahren sattsam bewiesen. Welcher Pfahl im Fleische damit gegeben war, haben die Perser, die Araber, die Seldschuken, die Osmanen durch ihre unab- lässigen AngritYe auf Konstantinopel gezeigt, während eine gleiche Feindschaft der Hunnen, der Avaren , der Bulgaren, der Gräco- slaven, der Normanen die ungelieure Bedeutung dieser Stadt für tias Abendland bewies. Sie war ein Wellenbrecher morgen- und abend- ländischer Völkerwanderung. Als der Untergang Alt-Roms „durch Erdbeben und Blitzstrahlen" bestimmt zu sein schien, erhielt sich Neu-Rom und wurde es die prachtvollste Stadt nicht blos Europa's, von wo dem staunenden Auge das Wunder moderner Bau- kunst, die Hagia Sophia, entgegenleuchtete. Es hatte im weiten Westen nicht seines Gleichen; nur die Kalifenstädte, die aber ferne vom Zauber des Meeres sich in unermesslichem Schimmer ausbreite- ten, konnten an Ausdehnung, orientalischer Pracht, wenn auch nicht an Schönheit der landschaftlichen Umgebung, an Festigkeit und Stärke mit Konstantinopel wetteifern. Keine sah Jahrhundert fiir Jahrhundert die Völker vor ihren Mauern sich zum Kampfe rüsten, die See mit ihren Flotten bedecken und eben so oft Land und Meer in ein weites Leichentuch ihrer Dränger und Bedrücker umgewandelt. Alles dieses aber reicht nicht aus, die Gründung von Konstantinope' als ein weltgeschichtliches Ereigniss zu kennzeichnen, stark genug, als Marksäule zwischen Alterthum und neuer Zeit bleibend aufge- richtet zu werden. Die alte Geschichte trägt den Charakter eines zweifache« Dualismus an sich. Der eine, der Kampf zwischen Orient und Oi'cident, ist seit den Tagen von Marathon, Salamis und Platäa, seit dem Auftreten der Römermacht zu Gunsten des Occidentes entschieden, obwohl die Macht des Orientes selbst den macedoni- schen Sieger in ihren geheimnissvollen Zauberkreis zu ziehen ver- mochte und der König, welcher Persepolis den Flammen übergab, doch von Babylon aus die Welt zu regieren gedachte. Gegen das Ende der alten Welt war das neupersische Reich, die Sassaniden- herrschaft mit all den Traditionen von Weltherrschaft, die das frühere Achämenidenreich besass, mit der Feindschaft gegen den über ilie richtig'e Abgrenzuiiii der alten Geschichte etc. 583 hellenischen Polytheismus, mit dem Gefühle entstanden, die hesiegte Welt an dem römischen Sieger zu rächen, gegen welche einst Mithradates Könige und Völker Asiens zu den Waffen gerufen hatte. Hatten die Parther den Triumvir Crassus gefangen und getödtet, so kam jetzt der Kaiser Gallienus in die Gefangenschaft der Perser und diente sein Rücken dem siegreichen Könige als Steigbügel sein Schlachtross zu besteigen. In diesem Kampfe, welcher den alten Dualismus erneute, war die Begründung von Konstantinopel ein Moment, so wichtig wie einer der glänzendsten Feldzüge Tra- jans oder des Eroberers von Palmyra. Sie verlegte den Schwer- punkt des römischen Erdkreises von der Mitte nach dem Osten, erhöhte in dieser Beziehung die Vertheidigungsfähigkeit desselben ganz ausserordentlich, machte das Meer zwischen Europa und Klein- asien zum römischen Kriegshafen und letzteres selbst zum Glacis einer der stärksten Festungen der Welt, zur weiten Ausfallbrücke an den Kaukasus und die Höhen von Iran, nach Ungarn und Italien. Allein das Wichtigste folgte erst nach. Von den mythologischen Religionen , in welche sich die Völker des Alterthums getheilt, waren die wenigsten ihrer Natur nach geeignet, Propaganda zu machen und auf andere Völker einzuwirken. Der Polytheismus Ägyptens war so verschwistert mit dem Nilthale , dem grossen Strome, den Felsengräbern und Bergen zu vergleichenden Grabstätten in der Ebene, dass ausserhalb Ägyptens für seine Götter kein Platz war. Sie fanden nirgends die rechte Lebensluft, die Götter nicht ihre Wohnungen, die Menschen nicht ihre Gräber, die Thiere nicht ihre Pflege und Tempel. In ähnlicher Art war es mit dem Pantheis- mus der Inder, welcher des Ganges, seiner Blumen, Wälder, seiner Sonne, seiner Thierwelt bedurfte, für Menschen ausserhalb der indischen Welt war er nicht geschaffen. Erst der Buddhismus, welcher sich von der ßrahminenlehre losgerissen und einen allge- meinen Charakter angenommen hatte, drang auch ausserhalb Indiens und nahm einen welterobernden, welthistorischen Charakter an. Das Gleiche that der Hellenismus mit seinen mehr humanen, allge- mein menschlichen Satzungen, indem er seit Alexander d. G. wilder orientalischer Sitte ebenso entgegen trat, wie das Römerthum die blutigen Altäre gallischer Celten umwarf. In dem grossen Kampfe, der sich zwischen ^lonotheismus, den die Semiten vertraten, und dem Polytheismus, dem Erbe der Chamiten und Japhetiden hinzog und 584 Höfler die alte Weit umfasste, war aber der erste erlegen. Der Poly- theismus triumphirte, seit die Burg des Monotheismus, Jerusalem, durch Titus niedergeworfen wurde und die heiligen Gefässe des Tempels von dem Sieger nach der Weltstadt Rom gebracht worden waren. Seitdem war aber im Polytheismus selbst eine Veränderung hervorgegangen. Er hatte keinen ^'ebenbuhler, vermochte aber in seiner einsamen Siegesgrösse mit der (iberwundenen Welt nichts anzufangen. Er schuf sich selbst eine künstliche Einheit; er wurde grausam und blutdürstig gegen diejenigen, welche ohne ihn, ja vor ihm und gegen ihn zu einer Einheit gekommen waren; er hatte das Gefühl seines Ungenügenden , empfand den Mangel , die Un- möglichkeit die Geister zu befriedigen und erfüllte die Welt mit sinnlosen und abergläubischen Ceremonien, die er borgte, wo es möglich war, und je mehr er nach dieser Seite hin that , desto mehr entfremdete er sich diejenigen, welche sich von seiner inneren Leere abgestossen fühlten, die Empfindung des Ekels über sein hohles nichtiges Wesen nicht von sich stossen konnten. Er fühlte, dass eine grossartige Veränderung von unberechenbarer Tragweite im Zuge sei , ohne den unsichtbaren Feind bewältigen zu können. Er fand sich bald an allen Orten angegriffen, im Hause, im öffent- lichen Cultus und Flehen, in Kunst und Wissenschaft und konnte sich doch seines Feindes nicht erwehren. Er entfaltete das ganze Gepränge materieller Waffen, qualvoller Hinrichtungen, ausge- suchter Verfolgungen und das Übel wurde nur noch ärger. Es war ein Kampf im römischen Reiche, länger, beharrlicher, gefährlicher als jeder vorhergehende und er war auch zugleich kein römischer, da er an allen Orten auftauchte , von den Wüsteneien Afrika"s bis zu den Wäldern und Sümpfen Germaniens, von Indien bis zu den Säulen des Herkules. Die jüdischen Gemeinden, welche über alle Welt zerstreut waren , hatten dem Feinde den Weg bereitet ; als sie sich gegen die neue Bewegung erklärten, bedurfte sie ihrer nicht mehr und ergriff sie die Heiden. Als diese sie verfolgten, flüchtete sie in die Katakomben und borg Cultus und Dogma in den Eingeweiden der Erde. Da ward bald kein Ausgleich mehr möglich, keine Versöhnung; es hiess siegen oder untergehen. Eine Vital- frage war an das römische Reich, an die ganze Menschlieit heran- getreten; man musste sich für oder wider entscheiden und von der Entscheidung hing die Zukunft ab. Wer es zuerst mit Erfolg that. Ulier rlie richtig-e Alig^reiiziiii7roO fOirig iE ävaroXwv roT? xarä oj'Jtv jxöjai^sv. über Jie i'k'liti A. 1. 9. i:y A. I. 1, Z. I. 8. ^y^ A. III. 5, A. XI. 8. ^y^ A. XIII. 4. ^1^ A VI. 8, A. VIII. 9, A. XII. 9. ^j|^ A. XII. 10. *^ A. VIII. 3. Hr Z. I. 1 2. ^t1 •^- ^'- ^' ^:^|f A. VII. 3. ^gy A. VII. 3. A. XI. 9. (^^ A. VI. 9. *r|fz* Z. II. 8. ir£ A. VII. 1, A. VII. 10, A. VIII. 5, A. IX. 8, A. XII. 3, A. XIII. 10. Z. II. 3. ^^ A. IX. 7. VI. Zeichen, welche aus sechs Keilen bestehen: ;:^yy|f a. ii. 2. ^1 1^ A. XIII. 7. :^f^ A. IX. 9. ^^)^ A. IX. 5. g^ A. V. 2. VII. Zeichen, welche aus sieben Keilen bestehen: ^yyjf^ A. II. 3, A. II. 6, A. VIII. 1, A. VIII. 6, A. IX. 3. A. XII. 2, A. XII. 6, Z. II. 2, Z. II. o. --fiy A. IV. 4. ;£fy|f A. VI. 7. A. X. 7. A. XI. 7, Z. I. 3. fgyif A. XII. 1, A. XIII. 9, Z. II. 6. JT^y-A.iii. 10. <|fi:|f5: A. VI. 4, A. X. 5, A. XI. 5. Sitzh. (i. phil.-hist. Cl. LXV. B.l. III. Hft. 40 ö94 Müller. Bemerkungen über zwei armenische Keil-Inschriften. ^g|f\yA. III. 1. ^^|fjiy A. VIII, 10. ^üy A. V. 4, A. VII. 6. >rby^y A. VI. 2, Z. II. 7. ^£|f^y A. V. 7, A. VI. 10, A. X. 1, A X. 3, A. X. 10, A. XI. 1, " A. XI. 3. A. XII. 11. )gy^|f A. XI. 11. ^ -j: A. III 8. gj:|fy A. II. 8. gfg A. VI. 5, A. X. 6, A XI. 6, VIII. Zeichen, welche aus acht Keilen bestehen: )f j^|f|f|f A. III. 9. £<^^f^ A. I. 6. -^^. c A. IV. 1. IX. Zeichen, welches aus eilf Keilen besteht, oder zwei Zeichen, oder Ligatur (?) : fi:fj:^:5f A. XIII. 5, 6. V. Schulte, Die Compilationen Gilberts und Alanus. 59 . Die Compilationen Gilberts und Alanus. Von Dr. Joh. Friedrich Ritter v. Sciiulte. Erstes Capitel. Die Sammlungeu des Crilbertus und Alanus. I. Stand der Sache. I. Bisher ist Iceine dieser beiden Sammlungen mit Sicherheit bekannt gemacht oder doch so beschrieben worden, daß man daraus einen genügenden EinhUck in deren Beschaffenheit einerseits und deren Verhältniss zu der s. g. Compifatio secunda, tertia und quarta andererseits gewinnen kann. August in Theineri) be- hauptet im Brüsseler Cod. nr. 433 die Sammlung des Gilbertus aufgefunden zu haben 2j. Sein einziger Beweisgrund besteht darin, daß Tancred die Decretale quod quidam [c. 1. de poen. et remiss. V. 17. Comp. IL] aus der Sammlung von Alanus anführe, die Comp. II. aber aus der von Gilbert und Alanus gemacht sei, die Decretale quod quidam aber nicht im Brüsseler Codex stehe. Das würde freilich beweisen, wenn es überhaupt feststände, dass 1. es nur zwei Samm- lungen gäbe, 2. Johannes Galensis nur aus diesen beiden geschöpft hätte. Bevor dieser Beweis erbracht ist, erscheint jener Schluß be- weislos. Thei ner hat nun ihn annehmend eine kurze Schilderung dessen gegeben, wodurch die Comp. II. sich von der des Codex ') Disquisitiones criticae in praeclpuas canonum et decretalium collecfiones CPt. Romas 1836. 4». pag^. 17 sqq. 113 sqq. ^) I. e. pag'. 126. 'Gilbertuni itaque huius, de qua quaerimus, collectionis aiictorera esse, extra omnem controversiam colloeandum est'. 40» 590 V. S c h u I t e Bruxellanus unterscheidet. Unter der Unsicherheit der Annahme leidet auch die Richtigkeit der Schilderung. Ev hat zugleich eine synop- tische Tabelle beigefügt i), welche den Ort der einzelnen Capitel des Cod. Briix. in der Comp. II. u. s. w. darthut, aber leider last werth- losist2) und deshalb auch nicht einmal ein volles Urtheil über den Codex Brux. gestattet. Der innere Grund für Theiner's Annahme war offenbar dieser: der Cod. Brux. bietet so viele Ähnlichkeit mit der Comp. IL, hat die Mehrzahl von deren Capiteln, dali man schließen darf, er enthält die Collection Gilberts. Ob der Cod. Brux. nicht eine der überarbeiteten Form, wie sie der Cod. Fuldensis D. 5. hat, ganz gleiche Sammlung enthält, kann ich aus den leider ungenauen An- gaben nicht feststellen. Daß sie niclit bedeutend von einander ab- weichen, lehrt der Augenschein. Meine Darstellung selbst wird die Gründe für diese Behauptun- gen bieten. Ich habe, um nicht unterbrechen zu müssen, geglaubt, diese Kritik voranschicken zu sollen. Aus dem gleichen Grunde muss ich eine zweite Annahme Theiner's abweisen s). II. Derselbe glaubt nemlich das Inhal tsverzeichniss von d e s A 1 a n u s S a m m 1 u n g in einem Codex der Universitätsbiidiothek zu Halle entdeckt zu haben und theilt es mit*). Hierfür bat er als Anhalt: das Verzeichniss schliesse sich bald mehr an Johannes Galensis, bald mehr an Beruh. Compost. an, bald an Gilbert, sei jünger als letzterer, aber älter als Bernhard, der einige Piub- ') 1. c. pag. 123 sqq. Nota 9. 2) Um dies zu zeigen, gebe ich in der Beilage H. ein Stück derselben, welches ich genau in tabellarischer Form nach ihr zusammengestellt habe. Wie soll nun z. B. das cap. 1. de eo qui mitt. II. 8. Comp. 11. als cap. 7. [in dem Cod. Brux.] de aet. et quäl, praeficiendorum I. 9. kommen ?, da nach der Tabelle Tit. 9. dem Tit. 8. des 1. Buchs der Coiiip. II. entspricht? Was nützt eine Tabelle, die über capp. 4. 3. im Tit. 2, cap. 7. 8 im 111., 3 in IV., 1. 2. in VII., 6 in IX.. 4. 6. in X., den Titel XIII., l in XIV.. 2. 3. 6. in XV. u. s. w. nichts sagt? Dann wimmelt sie von offenbaren Druckfehlern. ^) Was bisher ausser von The in er über diesen Gegenstand geschrieben wurde, stützt sich lediglich auf die wenigen Zeilen, welche Johannes Andreae resp. Guil. Durantis und Tancredus enthalten; deshalb ist es unnöthig, litera- rische Angaben zu machen. *> I. c. pag. 126. Nota 14. Den Codex gibt er nicht an. Ich habe sowohl den Ye 32 als Ye 80 im Hause gehabt, aber unterlassen, zu notiren, in welchem von beiden es steht (in einem sicher). Die Comi»ilativ)i!en Giüierts und Alaiius. Ov i riken daher eilt 1 ehnt habe'}. Es hrauelit wohl nicht weiter gesagt zu werden, dass diese Momente gar zu wag sind. Tlieiner's Annalime ist unzweifelhaft grundlos. Mir scheint, die einfache Erwägung, dass es lür einen Titel de summa trinitnte vor der Comp. IV. nach dem J. 1190 doch kein eigentliches Material gab, hätte ihn von seiner AnsicJit abbringen müssen. III. Ich werde nunmehr zunächst kurz angeben, was man bisher über diese Sammlungen wusste. Tancred sagt in der Einleitung zum Apparate über die Comp. III.. der, wie ich an einem anderen Orte beweisen werde, bald nach 1216, etwa 1217 gemacht ist, über die Abfassung der Compüationes antiquae, wörtlich Folgendes 2J : 'Et post illam compilationem [B. Pap.] quaedam aliae decretales a diversis apostoücis emanaruiit, quas mag. Gilbe rtus ad instar primae compil. sub titulis collocavit. Post illum vero mag. Alanus suam similiter compilationem effecit, tandem mag. Bernardus Compost. archidiaconus in Rom. curia, in qua curia moram faciens aliquantum de regestis domini Innocentii papae unam fecit decretaliuin compil., quam Bononiae studentes Rom. Compil. aliquanto tempore vocave- runt. V'erum quia in ipsa compil. quaedam reperiebantur decretales, quas Rom. curia refutabat, sicut hodie quaedam sunt in secundis, quas curia ipsa non recipit, idcirco fei. record. dom. Inn. III. suas decretales usque ad annum XII. editas per mag. P. Benevent, notar. suum in praesenti opere compilatas Bononiae studentibus des- tinavit. Post illarum receptionem mag. Johannes Galensis decre- tales omnium apostolicorum, qui praecesserant Innocentium, de dictis compilationibusGilberti etAlani extrahens quandam compil. ordinavit, quae hodie mediae sive secundae decretales dicuntur.' Tancred hat die Compilatio II. III. und IV. wohl fast werden sehen, stand den übrigen so nahe, dass seinem Zeugnisse gegenüber daraus, dass Johannes Andreae vom historischen Gesichtspunkte 1) Solche Rubriken sind zum Theil sehr ;dt, den de primatu sedis apost. hat schon Rayner ius Pompös. Tit. 111. — pag. 131 folgert Th einer für die Annahme von Gilberts Sammlung- aus den Citaten bei Bernh. Compost. Nur vermag er auch hier wieder von 7 Citaten bloss drei nachzuweisen. ') Nach Cod. Bamberg. P. II. 6. Die Abweichungen (ich habe zehn Handschriften genau verglichen) sind unbedeutend und ohne Einfluss auf den Sinn. 598 V. Seh u I t e ans die Sache ungenau darstellt, nichts zu folgern ist i)- Halten wir uns an Taiicred, so dürfen wir annehmen : 1. Johannes Galensis hat im Wesentlichen so sehr aus Gilbert und Alauus geschöpft, dass seine Sammlung sich als ein Auszug aus beiden darstellt. 2. Gilbert und Alanus haben nach dem Vorbilde Bernhards ('ad instar primae compilationis', 'similiter') die ihrigen gemacht, so dass die Eintheilung in Bücher, Titel und Capitel dadurch feststeht. 3. Johannes zog die Decretalen aller Päpste vor Innocenz III. aus den Sammlungen von Gilbert und Alanus. 4. Über das Verhältniss der Sammlung Gilberts zu der des Alanus erfahren wir nur, dass letztere später gemacht ist. Dies lässt v e r m u t h e n : Gilbert habe zahlreichere Decretalen der Päpste vor Inno- cenz III. und Alanus mehr eine Nachlese gehalten. o. Ob Johann nur aus den beiden Sammlungen geschöpft hat, wird nicht gesagt. Diese Frage hatte für den Zeitgenossen, welchem beide zu Gebote standen, keine Wichtigkeit. 6. Über die Hülfsmittel beider erfahren wir nichts. Es soll nun im Folgenden ausschliesslich auf Handschriften ge- stützt geliefert werden eine Beschreibung der Sammlungen beider, der allmäligen Erweiterungen, des Verhältnisses beider zu der Comp. II., III., IV., sodann der Entstehung derselben. Daran mag sich noch eine kurze Erörterung über die sonstigen Quellen der Comp. III. und IV. schliessen. Damit darf ich die Geschichte der Compilationes antiquae, soweit sie hier berührt wird, bis zum gewissen Grade als abgeschlossen betrachten, da die Darstellung selbst ergeben dürfte, dass, was man etwa Neues noch auffinden werde, nicht von wesent- licher Bedeutung sein kann. 1) Praktisch aber genügend, da er nur die o Comp, antiquae nach einander be- spricht, wodurch der Schein entsteht, als habe Joh. Galensis vor Petrus von Be- nevent seine Sammlung gemacht. Dadurch hat sich Antonius Augustinus ver- leiten lassen. Diesen Punkt hat schon Theiner p. 23 sqq. hinlänglich beleuchtet. Die Compilationeii Gilberts und Alanus. Ouv U. Gilbert US. tJie Fuldaei" Handschrift der ehemaligen Benedictinerabtei We ingarte n i)> mbr., 8° aus dem Anfange des XIII. Jahrhunderts, signirt D. I4. [ältere H. 7o.] enthält auf den ersten 31 Blättern die sehr zierlich geschriebene und gut corrigirte Sammlung von (Gilbert nebst einem sich unmittelbar an dieselbe anschliessenden Anhange von Extra Vaganten. Soll deren Gestalt klar werden und über- haupt meine Mittheilung jedem die Möglichkeit geben, die Richtigkeit meiner Angaben zu prüfen und das Gebotene selbst zu benutzen, so miiss die Angabe sämnitlicher Capitel erfolgen. Um aber die übrigen Fragen auch äusserlich sofort zu lösen, gebe ich hier und für die an- deren Sammlungen in synoptischen Tabellen die Vergleichung der einzelnen Sammlungen. Mit Rücksicht auf diese, wie der mit solchen Studien Vertraute weiss, äusserst zeitraubende und mühevolle Arbeit darf ich hier um so kürzer sein, weil die blosse Vergleichung mit der Ausgabe der Compilationes nntiqnae -) über jeden Punkt sofort Auf- schluss gibt. Da SS diese Handschrift wirklich des Gil- bei'tus Sammlung enthält, wird bewiesen durch folgende Um- stände. 1. Die ausdrückliche Angabe der Handschrift. Der Name Gili- bertus ist vom Rubrikator geschrieben. Er steht, wie die Tabelle Ä. zeigt, am .anfange von Buch I. und III. An sich muss eine solche An- gabe einer Handschrift, welche gewiss aus dem ersten Drittel des *) Weingarten wurde im §. 12 des Reichsdeputationshauptschl. v. 1803 dem Für- sten von Nas sau- D il I enburg gegeijen. Dieser liess die Bibliothek nach dem ihn) im selben §. gegebenen Fulda bringen. Die Fuldaer Bibliothek hat nun auch noch die meisten Handschr. Wie es kommt, dass einzelne sich in der königl. Hand- bibliothek zu Stuttgart befinden, vermag ich nicht zu sagen. Aber wo sind die Handschriften der alten Fuldaer Bibliothek? Nach dem Catalog von 1361 hatte sie 783 Manuscripte, zum Theile sehr werthvolle. In Fulda (die 3 Codd. Bonifaciani sind Eigenthum der Cathedrale und nur dauernd an die Bibl. abgegeben) sind sie nicht, in Cassel, Göttingen, Hannover, Wolfenbüttel, Leipzig ist nichts davon. 2) Ich benutze meist das mir selbst gehörige und von mir sorgfältig corrigirte Exem- plar der Ausgabe Antiquae Collectiones Decretaliura. Cum Antonii Augustiui Episcopi llerdensis notis. Barcinone 1392. kl. fol. Übrigens habe ich in der Reget auch die von 1621. Paris, fol. verglichen. Ausserdem stehen mir für jede der Comp. ant. meine Notate von mindestens zehn Handschriften zu Gebote; mehrere Handschriften liegen zudem auf meinem Tische. 600 V. S 0 1. II i t e XIII. Jahrli. stammt, allein genügen, wofern nicht innere Gründe vor- liegen, welche die Angabe als irrig erkennen lassen. Hier bestätigt Alles deren Richtigkeit. 2. In dem ßuelie III. werden zwischen den Titeln de decimis und de regularibtis einige Stücke eingeschaltet, vor denen am Randevon der Hand des Correctors geschrieben ist toi. \Z^ : Hn secundo libro in compilatione alani . Dieselbe Hand schrieb an den Schluss dieses Einschiebsels: haec perthienf ad compilationem alani . Der Grund von diesen Bemerkungen liegt darin, dass nach dem letzten Titel des Einschiebsels: de confirmatione iitili vel inutili' die trotz der Rasuren nicht ganz verwischte Rubrik steht : 'alani de confirmatione utili vel inutili. Inno. ///'. Weil man somit die vorausgehende dem Gilbertus beilegen konnte, schrieb er nach derselben an den Rand: ad aiidientiam et c. ex parte hie deesf und nach dieser Notiz die so eben mitgetheilte. Aus demselben Grunde steht auch noch fol. 14* im Anlange als Rubrik: 'alani. in secundo libro, quod i' d' e [d.h. quod ibidem est] hie ponitur'. Es ist also evident, dass die Abschritt gemacht wurde aus einem Codex der nach der Comp. Gilbert! die des Alanus enthielt. Weil er beide bei diesem Passus verwechselt hatte, folgt die sorgfältige Correctur, die zugleich bürgt für die Genauigkeit des Textes. 3. Von den 331 Capiteln der Compilatio secunda des Johannes Galensis stehen 152 in dieser Sammlung, also beinahe die Hälfte. 4. Zu dieser Sammlung verhalten sich, wie die Tabellen auf den ersten Blick lehren, die späteren bis auf Johannes Galensis le- diglich ergänzend. III. Anhang zur Comp. Güberti. Zur Sammlung Gilberts ist ein Anhang gemacht, der in der Tab. B. beschrieben ist. Ich nehme an, derselbe rühre von Gilbert selbst her. Bei dieser .\nnahme leiten mich folgende Umstände. Der Anhang folgt auf die Sammlung ohne jede Unterbrechung mit Angabe der Titel, so dass die Einfügung bez. Benutzung ohne Schwierigkeit war. Er ist geradeso in der vermehrten Sammlung (Tabula C) beibehalten und nur vermehrt worden. Dass diese letztere am Ende unvollständig ist, thut der Beweisführung keilen Eintrag. Alanus hat die darin be- Die Conipilationen Gilberts und AIhüus. 60 1 liiidlicJieii Extravagaaten nicht aurzunelimen für nothweiidig beluiiden, Avodureh dieselben offenbar als Theile einer recipirten Sammlung er- scheinen. Endlich spricht mit voller Beweiskraft dafür der Umstand, dass dieser Anhang gleich der Hauptsammlung in der vermehrten Gestalt glossirt worden ist. In diesem Anhange sind vier weitere Capitel der Comp. II. des Johannes enthalten. IV. Die vermehrte Sammlung des Gilbertus. I. Sie ist enthalten in dem ehemals W-e ingartner, jetzt der Fuldaer Bibliothek gehörigen Codex in fol., membr., saec. XIÜ. incip., signirt D. o. [H. 24. alte Signatur, 137 Catalogsnummer], fol. 84^ — 132^ >). Wie sich aus der synoptischen Tabelle sofort ergibt, hat sie die ganze Sammlung Gilberts aufgenommen, eine Anzahl von neuen Stücken hinzugefügt, so dass sie von den Capiteln der Compilatio II. bereits 198 umfasst, ungerechnet die im Anhange enthaltenen. Diese Sammlung ist, wie ich schon angedeutet habe und sich auch -aus der in Tabula H. enthaltenen Vergleiciiung des ersten Buches ■ergibt, mit der von Theiner im Brüsseler Codex aufgefundenen ziem- lich identisch; letztere hat noch weitere Zusätze, Man könnte nun mögliclierweise versucht sein, diese Sammlung -für die des Gilbertus, die des Cod. Fuldensis D. 14. für einen Aus- zug aus der Sammlung Gilberts zu halten. xMir scheint eine Wider- legung dessen nicht nöthig, weil sich gar keine Methode und Absicht erkennen lässt. Ein Andres wäre es, wenn die Decretalen eines Papstes zusammengefügt würden, wie in der Comp. III. Ausserdem konnte man unmöglich darauf ausgehen, abzuschneiden, sondern man musste vervollständigen. IJ Vorher geht die Compilatio prima mit der unten fortlaufenden Summe ßernhard's von Pavia und alter Glosse. Die Handschrift ist dem Uerausg-eber der Summa (Laspeyresj nebst einer Anzahl anderer in deutsehen Bibliotheken bewahrter Handschriften unbekannt g-eblieben. Im Deckel steht die interessante i\otiz : 'Anno doniini millesimo trecentesimo tricesimo octavo lig-atus est iste liber, quem fecit ligari dominus Johannes de Merspur» ordinis sancti ßenedicti custos in Wingarte'. 602 V. S t- h 11 1 t e Endlich ti'ägt die Sammlung schon deshalb nicht den Charaktei" eines Auszugs, weil in beiden Inseriptionen und Umfang durchweg übereinstimmen. Es liegt somit die Compilation Gilberts in erwei- terter Gestalt vor. II. Die Vermehrung lallt vor Abfassung der Compilation des Aianus, wie sieh daraus unzweifelhaft ergibt, dass die in der ver- mehrten Gestalt sanimt ihrem Anhange enthaltenen später in die Comp. II. übergegangenen Decretalen bez. Stücke derselben bei Aianus nicht vorkommen i). Dieses lässt sich mit Rücksicht aut die zahlreichen sicher zum Theil allgemein bekannten Decretalen nur dadurch erklären, dass Aianus jene vor Augen hatte. Zugleich dürfte aus diesem Umstände sich als höchst wahrscheinlich ergeben, dass Gilbert selbst die Um- arbeitung später vorgenommen bat. Für diese .\nnahme sprechen noch zwei Momente. Erstens fiele es auf, dass Tancred nur des Gilbertus gedenkt, aber keines Fortsetzers ; nimmt man die Überar- beitung als Werk Gilberts, so ist nichts AutTallendes vorhanden. Zweitens ist diese erweiterte Sammlung glossirt, dies beweist einen ständigen Gebrauch, welcher nur auf Gilbert deutet. Was die Vermehrung selbst betrifft, so besteht sie in einer An- zahl von Decretalen der Päpste vor Innocenz IIb, sodann von Decre- talen des letzteren. III. Wie mit der Hauptsammlung verhält es sich hier mit dem fol. 132'' — iSQ"* belindlichen ohne jeden Zwischenraum sich an- schliessenden und am oberen Rande der Handschrift mit Extra Titulos bezeichneten Anhange (Tabula D.). Während alle im An- hange zur ersten Gestalt befindlichen Decretalen aufgenommen worden sind, ist bereits in dem vorhandenen Stücke die Vermehrung bedeutend; 31 kommen auf 23 in dem ersten. Der Anhang ist leider ') Dies erleidet geringe Ausnahmen. Wie die TabeUen ergeben, kommt bei A 1 a nus in der Form E. aus Gilbert C. von den in der Compilafio U. des Job. Gal. ent- haltenen Decretalen vor: I. 11. 2., i. 12. 2 , H. 18. 4., V. 1. 1.. V. 19. 8., in G. aus Aianus; II. 1. 1., II. 9. 2., II. 19. 6. u. 7., u. de causa illa unde (de privil.), aus den in der Comp. III. enthaltenen hat Aianus von bereits hei Gilbert vorfind- lichen in Form E.: 1. 13. 2., I. 18. ö. u. 6., I. 24. 3.. I. 23. 2., II. 12. 6., II. 18. ö.. 111. 2. 1.. aus D. num. 12. F.: I. 23. 1., V. 4. i., G aber: I. 18. 3.. I. 20. 4., 111. 3. 1., V. 16. 1. Die meisten davon sind aber aus den .\nhänf;en. Die Compiliitionen Gilherts und Alanus. 60ä uiivollstäiuiig, weshalb nicht mit Gewissheit behaujttet werden kann, ob er nicht vielleicht auch die wenigen in der Comp. II. enthaltenen Capitei enthalten habe, welche sieh aus Gilbert und Alanus nicht nachweisen lassen. V. Alanus. In demselben Codex Fuldensis D. o. steht fol. I4(> bis lOS*" die in der synaptischen Tabula E. beschriebene Sammlung, welche von demselben Schreiber geschrieben ist, der die vorhergehende Sammlung und das Breviarium des Bernhard von Pavia schrieb. Diese Sammlung darf unbedenklich als die Compilntio Alcmi bezeichnet werden aus folgenden Gründen. 1. Die im Cod. Fuld. D. 14. fol. IS** bis 14" eingeschalteten und dort (siehe dieses Capitels nun. II.) als dem Alanus gehörig ange- gebenen Capitei \^Quiu hos elegit. Ex conqiiestione b. clerici, Ap- pellationis inkibitio, Constitutus in praes. ti., Tua nuper. Ad haec, E.v parte tua fnit propos., Conquerente J. presb.. Ad aud. n.. Ex parte^ stehen sämmtlich in gleicher Reihenfolge hier. Am Schlüsse derselben steht im Cod. I). 14. die Notiz im Texte: '•^. hie sequitur tertius qiiaternus, qui sie incipit: hin. III. t"t' sei laurent. in lucina presbytero card. apostolicae sedis legato. Qiiod trausUitionem . Gerade so fährt in Cod. D. o. der Text fort. Zufällig ist auch in unserem Codex D. ö. dieser Quaternio, auf dessen erster Seite die Rubrik de transl. eprm. und das eben bezeichnete Capital steht, unten mit III. bezeichnet '). Dass dieser äussere Umstand sehr ins ^) Dies ist auch ganz richtig. Fol. 1 — 139 inachen ein Stück aus. dessen Lagen unten mit Z-ihlen nicht bezeichnet sind. Fol. 140 beginnt ein neues ; am Ende von f. U7'' steht richtig I., auf der ersten Seite von 148" unten 11-, so dass Fol. 154^ auch III. beginnen muss. Darnach unterliegt es auch keinem Zweifel, dass D. 14. Abschrift eines Codex ist, aus dem auch D. ö. geflossen ist. Denn D. 14. ist nicht Abschrift von D. ö., 1. weil die Handschrift in D. 14. älter ist. 2. weil der Quaternio III. in D. .i. nicht auf das cap. ex parte tua folgt, sondern schon auf demselben ein Stück von ad aud. steht, dann ex parte und noch de causa unde, hierauf erst de translat. ep. Innoc. III. u. s. w. Es ergibt sich aus der Tabelle E. sofort, dass eine kleine Versetzung des Titels de appellat. bei der Abschrift stattgefunden hat. Vielleicht hatte auch der zur Abschrift gebrauchte Codex bereits eine solche. 604 V. S i- li u I t e Gewicht fällt für die Autorschaft von Alaiius, unterliegt keinem Zweifel. 2. Aus der vorhin als Comp. Gilberti nachgewiesenen und dieser Sammlung lässt sich, zunächst abgesehen von den Anhängen, fast die ganze Compilation des Johannes Galensis construiren. Die hier be- sprochene Sammlung enthält 88 in der Comp. II. enthaltene Capitel. Die Tabula J. zeigt genau, wie die Compilation von Johannes Ga- lensis sich aus Gilbertus und Alanus zusammenstellt; sie weist eben- falls die allmälige Vermehrung der Hauptsammlungen nach. Hat Alanus' Sammlung somit für die Compilation des Johannes ihre grosse Bedeutung, so hat sie gleichfalls eine solche fürdieCom- pilatio tertia des Petrus von Benevent. Ich komme hierauf zurück. VI. Anhang zur Compilatio Alani. Im Cod. Fuld. D. 5. steht i) von Fol. 199=^ an der in Tabula F. genau beschriebene Anhang. Leider ist derselbe nicht vollständig; das hat jedoch für meine Untersuchung keinen Nachtheil, weil sich aus dem Codex Fuld. D. 14. das Fehlende ergänzen lässt. Was die erste mit L. VI. bezeichnete Partie betrifft, so ent- hielt sie noch mindestens die acht von mir aus Cod. Fuld. D. S'» zu- gefügten, durch den Druck unterschiedenen Decretalen, Solches ist auch dadurch wahrscheinlich, dass Codex Fuld. 1), 14. dieselben hat. Der übrige Theil des Anhangs enthält wie der erste eine ofTen- bare Ergänzung aus Innocenz III. Decretalen; er ist besonders inter- essant dadurch, dass er die grolie Decretale Pastoralis zum Ersten- male unter die Titel vertheilt. Wiederholungen von Stücken, die schon in früheren stehen, sind kaum erwähnenswerth. Auch hierin zeigt sich von Neuem, dass die Abfassung der späteren mit steter Be- rücksichtigung der früheren geschah. ') Des Alanus Sammlung- scliliesst ohne Explicit auf dem 7. Blatte des 8. Quaternio des neuen mit f. 140 beginnenden Theiles; das achte Blatt ist ausgeschnitten, nies muss beim Einbinden geschehen sein, da am Schlüsse des Codex steht Folia 245 mit arabischen Ziffern. Aber Fol. 199 ff. haben früher dazu gehört, weil auf Fol. 199' unten richtig Villi, steht. Die Schrift von Fol. 199 bis zu Ende ist eine von der früheren verschiedene, ganz stehend und scharf, während die frühere mehr abgerundet ist. Die Compilationen Gilberts um) Alamis. 605 YII. Die vermehrte Sammlung des Alanus. Codex Fuldensis D. 14. bietet die Sammlung des Alanus in einer verjiielirteii Gestalt dar: die Zusätze sind sämmtlicli in Tabula G. nachgewiesen. Eine selbst nur obertlächliche Betraciitung dieser synoptischen Tabelle ergibt, dass die Sammlung in I). 14. eine Überarbeitung der von D. ö. ist, weil sie zwischen dieselbe die neuen Stücke dergestalt einschiebt, daß sie die erste Form ganz hat und auch genau ihre Reihenfolge einhält. Für den Anhang gilt ganz dasselbe. Er ist ganz aufgenommen und liefert genau den Faden der Sammlung. Dass die Capitel 44 bis o3 in die in D. o. offenbar im Vergleiche zu den Titeln der Compilatio prima unvollständige Sammlung eingefügt worden und die Capitel 54. 55. nicht in der Reihenfolge der ersten Form stehen, thut nichts zur Sache, weil solche geringe Abweichun- gen auf mannigfachen Gründen beruhen können. Mir scheint, es verhalte sich mit dieser Überarbeitung wie mit der Gilberts, sie könne mit Fug Alanus selbst zugeschrieben werden. Die erstere Form für einen Auszug zu halten geht nicht an, weil dann geradezu unbegreiflich wäre, weshalb einzelne Materien ganz ausge- lassen worden sind, wie es thatsächlich der Fall ist. Auch lag für eine solche Umarbeitung bei der Fruchtbarkeit der Gesetzgebung Innocenz* III. schon nach wenigen Jahren ein dringendes Bedürfniss vor. Dass der Anhang hingegen allmälig vermehrt wurde, lehrt die Wiederholung derselben Titel. Dies zeigt zugleich, wie man damals sofort jede neu bekannt gewordene Decretale unter den stehenden Titel einfügte. Man braucht, um diese Art der Ergänzung zu be- greifen, sich nur daran zu erinnern, dass noch später Bonifaz VIII. in der Bulle Sacrosanctae Rom. Eccl. als Zweck der Abfassung einer eignen Sammlung angibt : er wolle nicht, dass die zahllose Menge von Exemplaren der Gregorianischen zerstört oder der Ankauf allzusehr vertheuert werde. Deshalb fand ja auch die Zufügung der spätem Decretalen in die Gregorianische Sammlung nur so selten statt 1). ') Meine Abhandlung: D i e D e er et a I en zwischen den Deeret. Greg. IX. u. I.ib. VI. Wien 1867 (die.se Berichte LV. Bd.) S. 739 ff. Ich kenne jetzt gegen oQ Hand- schriften, welche die Decretalen Innocenz IV. enthalten, darunter etwa 10, die sie in die Sammlung Gregor's IX. einfügen. 606 V. S c i. u I t e Ich brauche wohl dein Einwände kaum zu begegnen, als könne man die vermehrte Form als eine Compilation aus der Comp. II. und III. ansehen. Die Comp. IH. erscliien früher als die II. und war offiziell. Ihr ganzer Zweck bestand darin, die ächten Decretalen Innocenz' III. bis zum 12. Regierungsjahre authentisch zu publiziren. Die Comp. II. schied danach die der früheren zu einer eigenen Samm.- lung aus. Wie nun Jemand dazu hätte kommen sollen trotzdem die apocryphen Decretalen aufzunehmen »), dann die sofort von der Schule recipirte Sammlung des Johannes Galensis wieder zu ignoriren, ist geradezu unbegreiflich. A lanus hat die Comp. II. und III. glossirt: er hätte sicherlich keine Ergänzung seiner Compilation aus denselben vorgenommen. Als ein rein äusseres Moment für die Autorschaft von Alanus mag noch bemerkt werden, dass, wie Theiner angibt, Tancred die Decretale qnod qtiidam aus Alanus citirfs), diese aber in der That in unserer Sammlung V. 14. 4. stellt. Zweites Capitel. Verhältniss zur Coinpilatio secanda des Johannes Galensis nad tertia des Petras Beneventanas. I. Es ist meine Absicht nicht, an diesem Orte die Beschaffenheit dieser Sammlungen an sich, ihr Verhältniss zu der Gregorianiscben und noch ausführiicber das zu Gilbert und Alanus darzustellen. Da meine Tabellen aufs genaueste letzteres ersicbtlich machen, darf ich diesen Punkt als erschöpft ansehen. Was die beiden anderen Punkte betrifft, so hat Theiner darüber bereits ausführlich gesprochen; auch braucht man nur die [Uibriken zu vergleichen, um einen ge- nauen Einblick zu erhalten. Hier soll nur ein Beitrag geliefert ') Die am Ende der Comp. III. als wahrscheinlit h von Tancred heiriihrrnde Notiz über dieselben bei Antonius Aug-iistinus weist 7 auf. von denen ich die m'X Sicherheit als gemeint festzustellenden bezeichnet hübe. =^) Woher diese Xotiz stammt, weiss ich nicht. Die vor mir liegenden glossirten Handschr. der Comp. 11. haben die Notiz nicht, ebensowenig die der Comp. 1. und ■III. zu diesem Titel. Natürlich kann ich nicht bestreiten, dass sie nicht doth anderwärts in der Glossa oder in Handschriften vorkomme. Misslich ist es aber, die Quelle nicht anzugeben bei Notizen, die man als Beweise benutzt. Die Coinpüationeii Gillierts und Alaiius. t>0 T werden zu derBeurtheilung des Verdienstes, welches die beiden Com- pilatoren halten. II. Gilbert und Alanus enthalten, \s ie die Tabelle J. zeigt, das Material der Compilatio II. so vollständig, dass hinsichtlich dessen Johannes keine Arbeit übrig blieb. Denn die Zufügung der 12. Ca- pitel könnte kaum eine solche genannt werden, wenn wirklich diese Decretalen Gilbert und Alanus fremd wären. Nun sind aber verschie- dene [c. 3. I. 2., c. 2. II. I., c. 5. II 12., c. 3. II. 1ö., c. 2. II. 19.. c. un. y. 20.] davon Stücke anderer, welche jene haben. Wie es nun in den von mir benutzien Handschriften sehr häufig der Fall ist, dass die Deeretale ganz unter einem Titel steht, wohin nur ein Theil gehört, oder dass einzelne Theile mehrmalen vorkommen, oder dass auch nur das bereits zugestutzte Stück sich findet, wo Johannes in der Ausgabe mehr hati): ebensogut kann er diese De- cretalen aus den ihm vorliegenden Handschriften haben. Die wenigen, welche nicht auf solche Art nachgewiesen sind, können sehr gut in einigen Handschriften sieben. Es bliebe mithin für Johannes nocli ij In den Notae der Tabellen sind verschiedene Fälle nachgewiesen worden, in denen das eine oder andere zutrifft. Interessante Fälle abgekürzter Decretalen sind z. B. in der vermehrten Form Gilberts (CJ: ex tenore de testam; veniens. Ute ibid.; cum olim, cum dil. de fide instruin., pro illor. prov. de praeb., litleras vestras ibid. u. s. w., andere sind länger, z. B. auditis de praescript.. proposuif de praeb.. ut nostram de accusat. Die letzte ist vollständiger als in allen anderen Sammlungen. — - Bemerkt sei noch : 1. dass die Inscriptionen der F"uldaer Hand- schriften wiederholt abweichen, auch Varianten haben, die nirgends notirt sind, z. B. in C: c. discret. de eo qui cognovit, wo Ant. Augustinus liest Magde- burgensi. Ich habe deshalb die volle Inscription oft mitgetheill; 2. dass die Anfänge häufig abweichen, z. B. (in C.) licet pro tuae . . . postulasti de spons. Da ich selbstverständlich genau verglichen habe, darf dieser Umstand nicht stören. Passt ein Citat nicht, so liegt ein Druckfehler vor; ich hoffe jedoch solciie zu ver- meiden. Freilich kann bei solchen Massen auch ein Schreibfehler vorkommen. Übrigens gibt die Mittheilung der Anfänge schliesslich das Mittel der Prüfung 3. Die Namen weichen mehrfach ab. So haben die Fuldaer Codices in dem c. Ve- niens ad s. a. de spons. W i t m a n n u s. Im Hinblicke auf alle diese Umstände und darauf, dass die Ausgabe der Com- pilationes antiquae von Agostino sich nur auf wenige Handschriften stützt, dass ich in alten Handschriften der Comp. ant. .«ehr bedeutende Abweichungen in jeder Be- ziehung gefunden habe, darf ich wohl wünschen, dass bei einer allfällige i neuen Ausgabe der Compilationes antiquae oder der Decreta- len Gregors IX die Codices Fuldenses benutzt werden mögen. 608 V. Schulte eine dreifaelie Arbeit. Erstens das Zusammenstellen der Deeretalen der Päpste vor Innocenz III. Dieses ist eine ziemlich meciianische Arbeit, deren Verdienst nicht hoch anzuschlagen wäre. Zweitens die Untersuchung: ob die bestimmte Decretale dem Papste wirklich angehört, welchem sie beigelegt wurde. Ich habe die Fälle, wo die Comp. II. einen anderen Papst hat i), ziemlich genau bemerkt; ebenso ergeben die Tabellen lie wenigen Fälle, in denen angeblich vor In- nocenz lallende Deeretalen ausgeschieden sind, weil sie Innocenz an- gehören 2), wie umgekehrt angeblich Innocenz angehörende aufge- nommen wurden, weil sie altern zustehen s). Diese Thätigkeit ist an sich verdienstlich, übrigens bei der im Ganzen herrschenden Über- einstimmung nicht sehr ausgedehnt. Drittens nach dem Vorgange der älteren Sammlungen und Bernhards von Pavia das Zerlegen der Deeretalen in die unter die Rubriken passenden Stücke. Hierfür war im Ganzen, wie der Augenschein lehrt, wenig zu thun. Übrigens findet sich überhaupt seit dem Ausgange des XII. Jahrhunderts die Sitte, neue ausführliche Deeretalen sofort unter die Rubriken zu ver- theilen. Die Fuldaer Handschriften enthalten einzelne Deeretalen in einer Weise präparirt, dass es scheint, Raymund von Penna- forte habe auch die Compilation von Gilbert und .41anus zu Rathe gezogen *). ') Selbstredend habe icli iiiicli an die Ausgabe gehalten. Da die Handschriften der Comp. ant. in diesem Punktfe auch bisweilen abweichen, da die Angaben bei Jaffe Reg. Pont, bisweilen auch nur auf denen gedruckter Werke ruhen, da die Origi- nalregesten nicht säraratlich mehr vorhanden sind, so wird für einzelne Fülle der Zweifel stets bleiben. -) Siehe in Gilbert Tab. C. : c. 4. I. ö , c. 6. 111. 17.. p. .3. 4. 111. 20, c. 2. IV. I ., c. lö. 16. V. 14. = ) Siehe in Tab. C: c. 3. 1. 2., c. 3. 1. 7., c. 1. I. 8.. c. 4. 111. 18., c. 3. 4. V. 2. *) Ich weise nur hin auf cum oliin de rerum permut. [e. un 111. 11. in E.], consütutus de spons. [c. ö. IV. 1. ibid.], per tuas litt, de condit. appos. [c. un. IV. 3. ibid.], die fast genau so in den Gregorianischen Deeretalen stehen. Um jedoch diese Vermuthung zur Gewissheit zu erheben, müsste festgestellt werden, dass die alten Handschriften der Comp. 11. durchgehends die vollere Form haben. Da ich diese aber in vielen fand, so darf ich mindestens eine Vermuthung aussprechen, welche die Wahrscheinlichkeit für sich hat. Vielleicht bietet auch das in G, Anhang 42. Ute autein qui [c 7. X. 1. 21. vide notam Richteri], ferner das in E. 11. tit. 14. c. 4. [c. 29. X. 11. 24.] Enthaltene ein Argument. Vergl. die Note dazu. Die Compilationen Gilberts und Ala&us. 609 IL Zu dieser Thätigkeit geseilt sich noch die hinsichtlich der Rubriken nach einer zweifachen Richtung. Wie die Tabellen er- geben, haben die Compilationen Gilberts und Alaiius" einzelne Rubriken, welche von der Comp. IL und den späteren aufgegeben worden sind. Dahin gebort bei Gilbert die Rubrik de supplenda negligentia clerico rtim i), de sententia interdicti, de eo qui gerit vicem alterius [lib. L tit. 18.], bei Alanus die Rubrik: de pe- titionibus Papae offerendis [lib. I. tit. 2. in E.]. de jure dotium, de spirituuli redemtioiie [L. V. tit. 2. in E.], de violentia clericis illata [in F.]. Andere Rubriken hat Johannes Galensis aufgenommen, während sie später verlassen wurden : de officio advocatorum, de conversione infidelium, de baptismo puerorum. Noch andere Ru- briken lauten anders. So — abgesehen von kleineren Abweichungen — de falsariis [in Comp. IL et IIL A\xi^Q\\ovamtii\,de consecrationc euchnristiae cet., de trnnslatione episcoporum [in C(»mp. III. u. Greg. IX. aufgenommen], de peregrinationibns [bei Alanus], de con- iugio infidelium ad fidem convertentium. Im Zusammenhange mit diesen Änderungen steht, obwohl die meisten Capitel, wie die Tabellen ausweisen, denselben Platz in der Comp. II. behalten haben, die Ver- setzung mancher Capitel unter andere Titel. Was diesen Punkt be- trifft, so lässt sich nicht bestreiten, dass eine Anzahl derselben zweck- mässiger gestellt worden sind. Da die Ordnung der Comp. IL mit sehr wenigen Ausnahmen von Raymund von Pennaforte in den Gregorianischen Decretalen beibehalten wurde, ist Johannes Galensis auch hierdurch für letztere von Bedeutung geworden, zumal einzeln mit der veränderten Stellung auch der Sinn vielleicht gegen den ursprünglichen alterirt wurde. Endlich möge noch hervorgehoben werden, dass Johannes Galensis sich an die Methode seiner Vorgänger haltend regelmässig Ort und Datum des Schreibens auslässt. Da dieses die Sammlungen einzelner Decretalen vor Gilbert so consequent nicht thun, scheint mir hierin ein neuer Beweis dafür zu liegen, dass Johannes sich lediglich an Gilbert und Alanus gehalten hat. ') Wir haben es nicht mit einem Schreibfehler zu thuu für piaelatoruni, weil Capitel, die unter letzteren gehören würden, vielfach unter anderen Titeln stehen. Sitzb. d. piiil.-hist. Gl. LXV. Bd. 111. Hft. 41 610 • V. S c h II 1 t e Ob Johannes unmittelbar aus Alanus uud Gilbert geschöpft, oder eine vermittelnde Sammlung zwischen liegt, ist Gegenstand der Erörterung des vierten Capitels. III. In der Bulle Devotioiii vestrae, womit P. Innocenz III. die s. g. Compilatio III. der Universität zu Bologna übersandte, wird gesagt: 'Die von Petrus getreu compilirten und unter die gehörigen Rubriken gestellten Decretalen seien enthalten in den Regesten bis zum XII. Regierungsjahre', d. h. da Innocenz am 8. oder 9. Jan. U 98 gewählt worden ist, bis zum Anfange des Jahres 1210. Ob Petrus sie aus den Regesten selbst oder anders woher genommen habe, wird nicht gesagt. Fest steht, dass Sammlungen päpstlicher Decretalen je nach dem Bedürfnisse fortwährend gemacht wurden, dass dadurch gewisse als in der Schule recipirt erschienen, hierdurch ihren particulären Charakter verlierend allgemeine Geltung erlangten. Zugleich war durch diese Sammlungen ihnen der* Ort im Systeme angewiesen. Die grössten derartigen Sammlungen liefern für Innocenz Decretalen Gilbert, besonders Alanus. Die Sammlung des Petrus enthält 482 Capitel. Die Tabellen er- geben davon fast 300 als in den verschiedenen Formen der bisher besprochenen Sammlungen befindlich. Wenn Petrus die im 4. Ca- pitel zu besprechende Fuldaer Sammlung kannte, waren von dort wiederum verschiedene zu holen. Indessen ist es viel wahrschein- licher, dass er nicht aus Gilbert und Alanus, sondern aus Bernardus Compostellanus bis zum 10. Regierungsjahre, für die vom 10. bis zum 12. aus den Regesten gesammelt hat, wofern nicht auch letztere schon in den Sammlungen meist beigefügt waren. Indireet aber ist denn doch wieder Gilbert und Alanus Quelle, weil ausser Frage steht, dass Bernardus Compostellanus beide Sammlungen kennt und benutzt. The ine r 1)5 welcher Bernhards Sammlung genau beschrieben hat, gibt als darin befindlich folgende Citate an: 1. L. I. t. 6. c. 9. 'Idem archiepiscopo cantuariensi. Innotuit nobis olim et inf. In secunda compilatione tit. De filiis preshyterorum libro primo quaere decretalem istam'. 1) Disquisitiones pag. 129 — 136, die Citate stehen 131 Nota 3. eiue synoptische Tabelle der Comp. Bernardi und Petri Benev., aber leider wieder nicht in tabella- rischer Form, p. 133 Note 13. endlich eiue Nachweisung aus den Regesten bis zum 10. Jahr p. 136. Die Compilationen Gilberts und Aianus. Oll Wie die Tab. C. ergibt, passt dies Citat genau auf die ver- mehrte Comp. Gilberti, aber auch auf die im nii chsten Cap. zu besprechende des Cod. Fuld. D. 3*. In der Comp. III. des Petrus Benev. steht das Capitel im tit. De electione. 2. L. I. t. 7. c. 2. 'Idem midrosiensi archiep. Quod in dubiis et inf. supra in secunda compilatione titulo De renmitiutione quaere de- cretalem istam'. Steht genau so in C. und Cod. Fuld. D. 3% nicht bei Joh. Gal., wohl in der Comp, tertia. 3. L. I. t. 7. c. 11. 'IdemMutinensi episcopo, litteras vestraeetinf. Quaere decretalem istam in sec. comp. tit. De filiis presbyterorum . Steht genau so i) in C. und D. 3*. Die Compilatio tertia des Petrus Benev. hat diesen Titel gar nicht. 4. L. I. t. 7. c. 3. 'Idem turonensi archpiscopo. Duo simul et inf. Hanc decr. quaere in tit. De off. et pot. jiid. ord.\ So in C. und D. 3^. 5. L. I. t. 7. c. 4. 'Idem, idem. Quod s. apostolica et inf. Quaere hanc dec. tit. de eo qui aglt vices alterius . Genau so in C. I. tit. 18. und D. 3\ Dieser Titel ist nicht in die Comp. IL, III., IV. aufgenommen. Er hat nur dies eine Capitel in beiden Sammlungen s). 6. L. I. t. 17. c. 10. 'Idem arch. et archid. tiberiensi. Expec- tans expectavi. Istam decret. quaere in sec. comp. tit. de depositione episcoporinn . Diese Decretale nebst der Titelrubrik steht nicht in den beiden Fuldaer Handschriften s). 7. L. Lt. 14. c. un. *). 'Idem cancellario et mag. L. parisiensi. Di- lecti filii et inL Quaere istam decretalem in sec. comp. tit. de arbitris\ Fehlt in den beiden Codices. Erwägt man nun, dass von diesen 7 Citaten 5 genau passen, dass sie nur auf diese Compilationen passen. ') Nach Theiner"s Angabe steht es nicht in der von ihm als die Sammlung- Gilberts ang-enommenen Brüsseler Handschr., wo die zwei vorhergehenden stehen, ebenso das folgende. 2) Steht nach Th einer im Cod. Bruxell. nicht. ä) Nach Th ein er in einem späteren Zusätze am Ende des Brüsseler Codex. Er schliesst daraus, ßernard habe diese Sammlung vor Augen gehabt. *) Fehlt im Brüsseler Codex. Es ist von The in er nicht gesagt, ob die 7 Cifcate die einzigen sind. 41 612 V. Schulte (Jass Bernhard vor Petrus ßeneventanus und noch mehr vor Johannes Galensis die seinige machte, dass die Erweiterung der Compilationen durch Anhänge und Ergänzungen feststeht, dass die Unvollständigkeit des Anhanges gerade der Fuldaer Handschriften ersichtlich ist i), so glaube ich berechtigt zu sein, folgende Schlüsse zu ziehen : a) Bernhard hat die Sammlung Gilberts in der erweiterten Ge- stalt C, oder die des Cod. Fuld. D. 3% was auf Eins hinausläuft, vor Augen gehabt, jedoch enthielt die von ihm benutzte Handschrift noch Erweiterungen, sei es im Haupttheile oder in Anhängen. bj Diese Sammlung nannte man vor dem Erscheinen der des Johannes Galensis Compilatio secunda. Nach dem Erschei- nen der Sammlung desJoh.Gal. übertrug man auf sie jenen Ausdruck. Da nun unzweifelhaft Petrus Beneventanus aus Bernhard schöpft, die Sammlung des letztern mir selbst nicht vorliegt, so darf ich mit den obigen Andeutungen mich begnügen. Schliesslich möge noch hervorgehoben werden, dass eine An- zahl von Decretalen Innocenz HL, welche besonders Alanus hat, nicht in die Comp. III. und IV'. übergegangen sind. Da mir nicht alle Hülfs- mitteh) zu Gebote stehen, konnte ich den vollständigen Nachweis über die Quelle derselben nicht liefern. Drittes Capitel. fiDtstehungszeit and Quellen der Compilationes Criiberti and Alani. Glosse der Comp. Gilberti. I: Aus den Nachweisen der Tab. A. bis D. ergibt sich, dass Gilbert auch in der erweiterten Form keine jüngere Decretalen auf- genommen hat, als jene, die in der Sammlung des Rainer von Pomp OS i stehen -). Auf die vier nicht genauer nachgewiesenen kann kaum etwas ankommen. Mit Ausschluss einer einzigen des Anhanges •) Dieser Punkt wird aus dem in Cap. HI. sub nun). II. Angeführten bewiesen werden. ~) So ist z. B. Brequigny et La Porte du 7'Af 27 Uiplomata, chartae, epist. cet. Par. 1791. fol., wo die bei Bai uze fehlenden Regesten stehen, weder auf der Prager noch der Wiener Universitätsbibliothek vorhanden. So weit nicht Citate hei anderen (z. ß. Richter Corp. jur. can.) stehen, war ich also verlassen. 2) Abgedruckt in Steph. Baluze Epistolarum innocentii 111. R. P. Libri undecim. Paris. 1682 fol. 2 voll. T. I. pag. 343 — 606. Citirt in den Notae der Tabellen R a V n. Die Compilationen Gilberts und Almius. 613 D. cum tibi de benigyütate, welche in das 5. Jahr (Anfang 1204 bis 1205) fällt, gehören alle dem 1. 2. 3. Jahre an. Rainer sagt in der Vorrede ausdrücklich, dass er Decretalen aus den drei ersten Jahren zusammenstelle. Es kann daher wohl keinem Zweifel unterliegen, dass Gilbert seine Sammlung im Jahre 1201 oder 1202 zuerst gemacht, imJ. 1204 oder 1205 erweitert hat. Damit stimmt vortrefflich, dass Bernardus Compostellanus antiquus, der in seine Comp. Romana Decretalen bis ins 11. Regierungsjahr (aus dem eilften eine) aufnahm i), sie benutzt und als Compilatio secnnda bezeichnet. Es setzt dieses offenbar eine gewisse Reception voraus 2). IL Dass eine solche erfolgt ist, beweist die im Cod. Fuld. D. 5. zur vermehrten Sammlung des Gilbert vorfindliche Glosses). Die Gl 0 SS e erstreckt sich auf die Hauptsammlung (Tab. C.) und deren Anhang (Tab. D.), ist im ganzen nicht sehr reichlich, besteht meistens in Citaten aus dem römischen Rechte, Verweisungen auf das Decret und die Compilatio prima. Letztere sind dadurch für uns von Bedeutung, dass sie den Beweis liefern, dass der Glossator die Comp. Bern. Pap. als prima ansieht, woraus von selbst folgt, dass er die glossirte als secunda betrachtet. So lautet gleich die zweite Glosse, die erste zu c. 1. de rescr. : ij T hei ner Disquisitioiies p. 132. 2) Ich erlaube mir hier auf einen Punkt die Aufmerksamiieit Jener zu lenken, denen etwa Handschriften der Comp. I. in die Hand kommen, welche mit Sicherheit vor dem Jahre 1210 geschrieben sind. Denn aus den Glossen solcher liesse sich Gewissheit herstellen. Freilich dürften solche Handschriften äusserst selten sein, möglicherweise nicht mehr existiren. ') Von einer solchen hat man bisher nichts gewusst. Tancred spricht nicht aus- drücklich davon, aber aus den Worten: "^super quarum [dies bezieht sich allgemein auf alle vorgenannten Sammlungen des Gilbertus, Alanus, Bernardus, Petrus. Johannes] expositionibus plures doctores ßononiae studentes glosas plurimas, va- rias et diversas posuerunt et apparatus super eis scripserunt' kann man seine Bekanntschaft damit folgern. Er hatte, nachdem die Coli. Gilb. u. Alani antiquirt waren, keinen Grund, näher darauf einzugehen. Johannes Andrea deutet nichts davon an. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er es nicht wusste, keine solche Hand- schriften kannte. Ich schliesse dies daraus, dass er sonst sehr genau interessante Notizen mittheilt. Dass er mehrere Werke nicht kennt, ist bekannt. Geschrieben ist die Glosse sehr klein aber unendlich zierlich und sicher früher als der von einer gänzlich verschiedenen und späteren Hand geschriebene Text. Die Glosse der Comp. I. zeigt dieselbe Hand, der Text dieselbe mit den folgenden Sammlungen. — Ausser den Nachweisen, welche folgen, bieten die mitgetheilten Stellen für jeden Punkt hinlängliche Belege. 614 V. S c h .1 1 t e Adverte Privilegium Cistrensium in decimis laborum siiorum non praestandis, ut suprn l. I. t. de decimis ex parte . d. h. c. 10. de decimis III. 26. Comp. I. Die zweite Glosse zu demselben Capitel v. ordinis ist: 'nam nominis suppressio suspitionem inducit, ut supra de res- criptis, ad aures 1. I., supra de dolo ei coiitiimacia c. II., 1. I'. Ebenso citirt die 4. 7. 8. Glosse zu demselben Titel und un- zählige andere. Consequent wird dann auch häufig diese Sammlung mit Über idem, abgekürzt 1. e., bezeichnet, z. B. Gloss. ad c. 2. de off. et pot. sud. del. 'ut s. [supra] de filiis presb. c. ult /. e.', zu c.un, de eo qui vices gerit alterius: c s. de elect. Si archiep. 1. I. [d. h. c. 9. de eleet. I. 4. Compil. I.], s. de elect. Su/fraganeis l. e.' d. h. c. 1. de elect. I. 4. bei Gilbert. Dass der Glossator diese Sammlung als eine zur Comp. I. hinzu- tretende, mithin gewissermassen als verbunden betrachtet, ergibt schon die Citirart supra und infra: wo kein Zweifei entsteht, findet sich daher auch wohl blos supra. So z. B. Gl. zu c. 2. de off. et pot. iud. del. ut supra de test. quamvis simus' [c. 13. II. 29. Comp. I.] und 'ut s. de off. iud. del. praeterea 1. I.' Letzteres Citat war nöthig, weil man ja dasselbe möglicherweise auf Gilbert beziehen konnte, Avas beim ersten unmöglich war, da der Titel de testihus ein späterer ist , folglich s?/p-« nur auf eine andere Sammlung gehen kann. Er ist darin so genau, dass, wo er mit Zahlen oder unbestimmt citirt, er sogar für diese Sammlung die genaue Bezeichnung wählt, z. B. zu c. 2. de off. et pot. jud. del. 'nis. de filiis presb. l. e!, nicht zu c. 2. de bigamis: 'ut infra deconversione infidelium, Gaudemus', da infra nur auf sie gehen kann. Dieses letzte Citat passt a u s s c h 1 i e s s 1 i c h auf diese Compilation, da die Comp. III. das Capitel im tit. de divortiis hat. Sie liefert also zugleich den Beweis, dass die Glosse zu dieser Sammlung gemacht, nicht etwa von anderwärtsher zugesetzt ist. Ganz das- selbefolgt aus der letzten Glossa zum 1. Cap. des Anhangs: 'ut infra de eo qui vices gerit alter ius\ denn dieser Titel existirt über- haupt nur in ihr i). ') Nebenbei sei hemerkf, dass Citate blosser Titel, wenn diese nur ein Capitel in unserer Saramiunghaben, mehrfach vorkommen, z. B. auch zu c. 14. des Die Compilationen ('iilberts uad Aianus. 615 Mit diesem Citate ist nun auch der Beweis geliefert, dass Hauptsammlung und Anhang als ein Ganzes erscheinen. Denn wenn beide mit iyifra und supra bezeichnet werden, wie es hier geschehen konnte, weil der Titel de elect. früher steht als der de eo qui vices gerit cdt.xmA der letztere Titel in der Hauptsammlung, die Glosse aber zum erstem im Anhange vorkommt: so müssen sie als Einheit gelten. Solcher Belege lassen sich sehr viele beibringen, einige mögen noch Platz finden. Gl. ad c. 7. Anhang, 'ut in extra. de testibus jsoJTO et infru de except. denique' . Erstere Stelle kommt nicht vor. letztere steht in der Hauptsammlung als c. 2 de except. II. 12., zu c. 10. 'sed contra supr^u e. t. [eodem titulo] qnod ad cotisnlfationeni d. h. c. 3. de sent. et re jud. II. 17. Ebenso wird für den Anhang selbst das frühere mit supra, das spätere mit {71- fra citirt. Um vollends jeden Zweifel auszuschliessen , sei noch hervorgehoben, dass auch die Comp. I. im Anhange einfach mit supra citirt wird, mithin als das einfache Prius ihm gegenüber erscheint, z. B. zu c. 6. 'ut supra de homic. sicut dignnm §. casus vero\ [c. 7. V. 10. Comp. I.]. Dem Verfasser lag zur Zeit der Abfassung der Glosse schon eine reiche und in Titel eingethoilte Extravagantensammlung vor, da er über oO citirt. Sie ist aber nicht die Sammlung des Aianus, weil sehr viele derselben sich dort nicht finden. Ich halte es aber nicht für meine Aufgabe, hier diesen Punkt weiter zu verfolgen. Folgende Schriftsteller werden in der Glosse citirt : a) zu c. 3. Cum non ab hom. de jurej. II. i 6. Clem. III. verbo absol- i'erunt: 'et tamen mortaliter peccant, si juramentum non servent, sed ideo non ita graviter puniuntur, ne pena iliorum incentivum delin- quendi pariat malefactoribus, cum propter hoc essent ad inferendum violentias promtiores. Bazianus tamen dicebat, extortum juramen- tum non esse Obligatorium, nee aliquem peccare, si veniat in contra- rium. Quod in juramentis promissionis locum habet, secus in asser- toriis, ad quae facienda nulla conditione debet quis duci' <). Anhanges: 'ut X. de suecessionibus ab intestato , was auf die Unvollstindig^keit des Anhangs deutet. Das zeigen auch andere z. B. die zweite Gl. zum 1. Cap. des An- hangs: ' ntinfra de capellis monachor. vobis, infra de elect. Cum ex utriusque . Letztere Stelle hat unser Codex, erstere nicht. ^) Zu demselben Worte steht vorher folg. interessante Glosse: 'i. e.absolutos i. e.non ligatos ostenderunt: et lioc verum est de his. qui inviti juraverunt, se daturos res ecclesiasticas. Simile .nipra de appell. ad praesentiam [Comp. I.]. Sed quid, si res 616 V. S c !. u 1 t e h) Zu c. 9. quid requisivisti de appell. 11. 18. Coel. III. v. dies 'suprade off. jud. del. ad haec 1. I., s. de appell. ad haec. Magister Wil.' i) intelligit illud c. de pluribus electis tali modo: 'elegimus p. et si ille aliquo casu interveniente non potest esse, eligimus M. et ita de ceteris'. Quod bene fieri potest et istis acqm'ntur jus ex tali no- minatione: Argumentum infra LXXXV. Archidiaconiim et LXI. Siudii vestrV . Zu c. 15. a nobis est de sent. exe. V. 14. Coel. III. v. abso- lutio a sede ap. requiratiir: 'sed hoc habet locum in mortuis tan- tum, illud autem in mortis articulo eonstitutis. qui, ex quo penitent. reconciliandi sunt, ut viatico non priventur, ut d. L. Penitentes. Ma- gister Gwil. dicit, quod urgente mortis articulo ille, qui incidit in canonem late sententie, etiam a laico instante ultima necessitate. reconciliari et absoivi possit ita quod, etiamsi supervixerit postmodum et convaluerit, non egeat absolutione summi pontificis, debet tamen modum penitentie et satisfactionis a papa suscipere et hoc argumen- tum illius c. de con. di. III. Sanctum est baptisma\ c) Zu c. 1. Yestra de cohab. der. et mul. III. 1. Luc. III. verbo coiidempnatur : 'Insufficiens est ista descriptio , cum non omne notorium sit tale; nam ante sententiam potest esse notorium, ut s. de divortiis Porro, s. de filiis presb. c. ult. 1. Die ergo, ut notavit R. s. de sortilegio Ex tuariim 2). d) c. fraternitatis nn. Qui der. vel voventes IV. 4. v. longi- tudo: 'Similiter I. I. t. e. [libro I. titulo eodem] cousuluit contra. proprias se daturos juraverunt? Videtur, quod tenentur ut XV. q. I. Merito. supra de jurej. sivero; XXU. q.in.*(" aliquid; et peecat raortaliter, qui contra juramentum venit, licet penam non sustineat debitam pro mortali. Simiie XXVIt. di. si vir. Haec est communis opinio theologorum. Tancred hat in dem Apparate zur Comp. H. die Glosse vor Augen gehabt bei beiden Stellen, da er Einzelnes wörtlich daraus entnimmt. 1) Welcher Wilhelm dies ist, lässt sich schwer sägen. Sarti nennt mehrere dieses Namens (vgl. mein Lehrbuch S. 35 Note 40). Meines Wissens sind bisher nirgends Glossen von einem solchen mitgetheilt worden. ') Apparat Taneredi ad Comp. II. '. . . Patet autem quod non omne tale compre- henditur sub hac diffinitione, nam multa sunt ante sententiam notoria : 11. q. I. de manife., s. de filiis presb. c. ult. 1. I.. s. de divor. porro., s. de sorti. c. ult. 1. 1 Nach Cod. Bamb. P. II. 6. Dies zeigt die Benutzung deutlich. R. ist wohl unzweifelhaft Richard us Anglicus. dessen Glosse also in den Anfang des XIII. oder das Ende des XII. Jahrb. fällt. Über R o d o i c u s mein Lehrb. S. 49. Die Corapilationen Gilberts und Aianus. Ö l T eadem est solutio, vel, ut dicit Ro. ratioiie temporis et filiorum ibi voluit dispensare, vel ibi sine questione manserunt, hie secus. Et nota, qiiod quandoque t'avor filiorum et temporis dispensationem iacit, ut s. XXXV. q. VIII. c. 1., C. de ritii nuptiar. qid in provincin, s. de eo, qui duxit in matrinionium e. i., infui de cognatione spirituali. Lmidabilem, s. de symonia Non satis, s. qui matr. aecusare non possunt Ex litteris contra. Sed ibi repellitur accusator tanquam suspectus, quia tanto tempore tacuit, nee fuit illud matrimonii appro- batio, sed accusatoris suspitio'. Zu c. 4. De regulär, de sym. V. 2. Clem. III. verbo ndeant: 'numquid propria auctoritate transire poterit? Videtur, quod non, nisi crimen publicum fuit ut XVIIII. q. III. Mandamus ; Statuimns. Abbas ergo episcopi auctoritate hoc faciat. Ro. dicit, propria auctoritate hoc posse fieri: arg. s. de regularibus et transeuntibus ad religionem Sane I. I., s. XVIIII. q. u. Due: An zwei Stellen citirt er Seneca (fol. 13T* und 138*). Als in- teressant und zur Feststellung für die Glosse der Comp, antiquae mögen noch einige Glossen Platz finden. Zu c. ad aures un. de bis. quae vi. I. 19. Coelest. 111. v. jura- mento: 'S. de rest. exspol. c. I. 1. 1. Contra ibi h. non recipitur jura- mentum ab exspoliato prestitum, sed ibi in prestatione juramenti illata j fuit violentia, hie post illatam violentiam spontanee juravit, et ideo secus, ut C. de bis que vi metusve causa fiunt 1. II. Vel ibi agitur de jure jam acquisito, hie autem de acquirendo. Et facilius repellitur promovendus quam deitiatur promotus ut XV. q. I. §■. ult »). Hie non fuit exspoliatus, cum nunquam fuisset institutus. §. s, de jurejurando Si oero, XV. q. VI. c. 1. contra infra de jurejur. verum contra. Sed hie metus non fuit tantus, qui excusationem induceret, ut ibi, et hie non in ipso metu fuit juratum, sed postea. Tamen opinio est theo- logorum, ut quantumcunque invitus aliquis juravit, obligetur ut XV. q. I. merito . Zu c. directae 10. de appell. iL 18. Clem. III. v. secwida hirisd. S. e. t. proximo contra., s. de appell. personas contra, s. de 1) Soweit steht die Glosse fast wortlich bez. so das« man sieht, sie war die Quelle, in einer mit n. gezeichneten des Cod. B am b. P. M. 6. zur Comp. II. 618 V. S c h u 1 t e off. ju. or. ad haec contra 1. I. Solutio: Hoc locum habet, quando non prosequens appellationem siiam nihiloniinus admittitur ad causam suam peragendam, Nam elapso termino appellationis de jure suo judex, appellatione remota, posset procedere, ut patet ex contrariis et j. e. sepe contingit. V'el dicas, quod, si elapso termino appellationis iterum appelletur, ne judex procedat, non valet hujusmodi appellatio, ut ex contrariis patet. Si vero post primam appellationem elapsam in processu negotii vel in sententia gravamen aliquod parti immineat, audietur appellans, uthic, nisi contra absentem per contumaciam fuerit sententiatum ut V [nt'ra] e. [ödem] t. [itulo]'. Zu c. Tertio 6. de spons. IV. 1. Clemens III. v. credere: 'SeA videtur, quod sufficiens non erit hoc testimonium, cum secundum conscientiam, non secundum credulitatem debeant confiteri et testi- licari ut III. q. IX. Testes, nisi ubi de consanguinitate prohanda agi- tur, ut s. de prole suscepta ex secundis nuptiis c. II. Sed dico ubi agitur ad separationem matrimonii sufficit per verisimiles probationes et praesumptiones fornicationem probari ut s. XXXII. q. I. Divit dominus' . C. un. cum sis de cland. desp. IV. 10. Clem. HI. v. temierit: 'Si quaeras, quamdiu daret interdictum, respondeo, quamdiu durat causa, propter quam specialiter datum est interdictum ut d. XXXI. Si laicus, alioquin ubi causa non ad haec et vitium non imputatur, ut s. d. LXI. Neophitus. Non tenuerit ipso iure et hoc impediente inter- dicto ecclesiastico tarn publice et tam soUempniter facto ut s. de sponsa duor. c. ult. 1. I. Refert ergo, an fuerit sollempne interdictum vel privatum. In primo casu non erit matrimonium, nisi ex consensu novo contrahatur, in secundo secus. Et sie solve contraria signata, ut s. de sponsal. 1. I. de midiere, de matr. contr. contra interd. eccl. c. 1. et ult. 1. I. Alii dicunt. quod non tenuerit quantum ad ecclesie presumptionem et si teneat ipso iure nisi alia causa perpetue prohi- bitionis subsit, et sie solvunt contraria'. Zu c. 1. de const. I. 1. praeterea Clem. III. v. respondere: 'Sed nonne precise potuit respondere, quod, qui tamdiu, non solum a possessione cadat cum sufficiat in rebus ecclesiasticis si quis non solverit per biennium ut X. q. II. hoc ins. por. Qui res iam. In rebus privatorum per biennium ut C. de jure emph. 1. II. Resp. hoc forte ideo dicit, quia possessor ignoravit possessionem fuisse censualem. Die Compilatioiien Gilberts und Alanus. Öl 9 et ideo non soliim excusatur. Justam autem ignorantie causam habere potuit, si in locum alterius successit, ut d. de regulis juris, vel quia ignorabat preseriptionem juris ut C. de prescr. XXX. vel XL. anno- rum; .») e. 1. de vita et hon. III. 1. Comp. III. — '") c. un. de purilicat. 111. 36. Comp. III. — 11) e. 2. de praeb. III. 3. ihid. — ^^) Coel. III. Raven. arch. Ex lit. d. f. n. capituli ecel.Cremon. — 13) c. 4. de resr. II. 1. Comp. \l. — **) Inn. 111. Officii nostri deb. et soU. — 1^) c. 3 de excess. prael. V. 13. Comp. II. — 1*) e. 4. de regulär. III. 18. Comp. II. — 1') In eolieetione Raynerii tit. 24. Licet is eiii. — i**) Citirt in den Tabellen mit Mise eil. 6 2 ^i V. S e h u I l e Viertes Capitel. Die Coinpüation de$ Cod. Fald. D. 3 . Diese Haiidselirift, mbr. fol. saec. XIII. sehr schön mit der ge- wissen dünnen und stehenden Schritt, gehörte ebenfalls dem Kloster Weingarten, ist mit dessen Bibliothek in die von Fulda gekom- men. Sie hat 86 Blätter mit breiten Rändern, je 2 Col. mit 71 Zeilen, ist sowohl im Texte als in den Rubriken sehr gut ausgeführt. Sie enthält eine Sammlung, die zusammengesetzt ist aus der Conipilation des Gilbertus und Alanus, jedoch vermehrt mit einigen nicht darin (wenigstens nicht im Cod. Fuld. D. 5, bez. D. 14.) be- findlichen Stücken. Die Zusammenstellung hat regelmässig folgende Gestalt. Unter der Titelrubrik, welche häufig vor jeder Decretale wieder steht, namentlich aber dann, wenn die Stücke aus der zweiten Sammlung beginnen, folgen zuerst die Capitel aus A., daiui B., C. u. s. w. Sie nimmt mit einer Ausnahme alle Rubriken der beiden auf; z. B. nach verschiedenen Capiteln unter der Rubrik de sent. excomm. hat sie die Rubrik de violentia clericis illatu, w orauf sie mit der de sent. exe. fortfährt; auch de sent. hiterdicti schiebt sie ein. Sie hat die Titel : de falsatoribus, de falsariis, de crimine falsi, auch schon de novi operis mint. Das Stück Missurus steht im tit. de haereticis. Es kann mithin gar keinem Zweifel unterligen, dass sie aus den ge- nannten Sammlungen gemacht wurde. Die nicht darin stehenden Stücke hat sie vielleicht aus demselben Anhange, den die Glosse zu C. und D. vor sich hatte. Manche sind dort citirt. Um einen vollen Einblick zu gestatten, theile ich die Zusammen- setzung von Buch I. und 4 mit, die Sammlungen der Kürze halber mit den den Tabellen vorgesetzten Buchstaben bezeichnend, als erste Zahl die des Buches, als zweite Zahl die des Titels, darauf die der Capitel setzend. Für den Anhang zu G. setze ich die blossen Ziffern, im 4. Buche lasse ich die Buchzahl fort, weil alle demselben ange- hören. 'Incipit Liber I. De Constitutionibus. E. I. 1. cap. 2. 3 De rescr. C. I. 2. 1—3, E. I. 3. 1—10, F. 38^ porrecta [Comp. III. I. 2. I.], cum dilecta [ibid. 10.], G. \. De petit. Papae off. E. I. 2. un. De consuet. E. 1. 4. 1—4. De postuL et translat. E. I. 5. 1—5. Die Compilationen Gilberts und Alaiius. 623 Tit. 11. c. 1— o. De translat. prael. C. I. 6. c. 1. 2., Comp. III. L. I. 5. 3. 4. De elect. C. I. 2. e. 1—8, [). 1. 2., E. I. 6. 1 — 10, G. I. 6. IJ— 13, Comp. III. I. 6. c. 1., 10. 11. 14. 18. De renun- tiat. C. I. 5. 1 — 5: nisi cum pridem; post translat. t. Raven. De usu palü C. I. 6. c. 1. 2. D. 27.; nisi specialis: ad honor. dei; ex t. tenore lit. accep. q. cum f. in c. p. De suppl. negl. prael. C. I. 7. 1—3, G. hoc titulo 1—3 und Anh. 54. 55. De temp. ordin. C. I. 8. 1 — 3, G. I. 8. 1.2.; dil. f. W. Ymol. can.; ex p. t. f. cor.noh. prop. q. q. p. ; E. I. 14. 1.; a multis multoties. De aetate et quäl. C. I. 9. 1 — 7, D. 28. 41. De sacra unct. cum ven. ad a. p. v. f. n. brand. epc. De filiis presb. C. l. 10. l — 4 G. ibid. c. 1. 2. De servis non ord. E. I. 8. un. ; eo libentius. adjecisti. De clericis ab abbatibuH tonsiirandis. Comp. IV. L. I. 12. 3. De corp. vitiatis. C. I. 1 1. 1., E. 9. 1 — 3, F. 24. De bigamis C. I. 13. 1. 2.; quia circa min. et max. De clericis peregr. F. 30., Inter quatuor animalia et j. Consuluit nos nup. t. f.; Tuae f. discr. post. De off. arch. Ad hoc nos dominus etc. Sane consuluit; Significasti et j. lutertiicas. De off. et pot. jud. deJ. C. I. 13. und I. 14. D. 1. 2. E. 1. 10. 1. 2. F. 31—33, 38% c, I.: Cum sup. abb. mon.; Cum in jure; Cum olim d. f. abbas et conv., Nisi spec. lila dilectio quae; Cum olim quaestio quae int. dil. f. Arch., Cum R. can. Launensis causam pecuniariam; Cum contingat int. quod laici etc. Insuper requis. sumus; Const. in n. p. d. f. V. der.; Quanto de votis religiosor. ; Licet in corrig. excessibus. De maj et obed. C. I. 15. 1 — 4. E. I. 15. 1 — 5. Solitae benignit. afFectus recepimus litt. De procurat. C. I. 17. 1 — 4. In n. p. const v. f. n. Tüllen, epc. lacrimabiliter. De eo qui gerit vicem alterius C. I. 18. un. De his quae vi C. I. 19. un. D. 3. 4. F. 34. De arbiiris D. 5.; cum dil. etc. unde utr. coram arbitr. reconv. Der tit. de transactioni bus fehlt. Liber IV. De sjwns. C. 1. c. 1—8 D. 21. E. 1. 1—6; dil. fil. miles Alex.; Tuae f. post. ins. edoc. ; T. n. exhib. litt. cont. ; Sicut ex litt. t. f. accepimus; T. n. duxit trat. Consequenter; cum in.t. dioec. et j. Sane quia. De desp. imp. C. un., E. un. De claudestina des- ponsat. C. tit. 3. c. un. tit. 10. un. E. 9. 1. 2. De cond. appos. E. tit. 'S. un. Qui der. vel vov. C. un. E. un. De eo qui duxit C. tit. 5. 1 — 3. De cons. serv. E. un. De cogn. spir. C. tit. 6. 1 — 3. E. tit. 7. 1 — 2. Ven. ad p. n. E. Angl. nat. De eo qui cogiiov. C. tit. 7. 1. 4. E. t. 10. 1—4. F. 22. Frat. t. sup. trib. cap.; Ex litt. t. f. accep. 624 V. Schulte et G. lator earund. De cons. et äff. C. tit. 8. un. E. c. 1 — 3; Ex ten. lit. t. accep. q. cum Petrus et M. ; Tua n. d. f. consulendos utrum ill. suff. lest. De frig. et malef. C. 1 — 3. h. t.. De impotentia coeundi. f. t. litt. rec. contin. [Comp. III. c, un. h. t. IV. 11.]. Qui fit sint legit. C. h. t. 1.2. E. h. t. 1—6. Qui matr. accus. C. h. t. 1—4. E. h. t. 1 — 4.; Cum in tua dioec. et j. Si vero p. contr. De divort. C. h. t. 1_4. D. 22. 23. Desecund. nnpt. C. h. t. un. E. h. t. un. Mir scheint, dass eine genaue Betrachtung der Sammlung zu folgenden Resultaten führt: 1. Die Sammlung ruhet auf den von Gilbert und Alanus. Hiefür glaube ich weitere Gründe nicht anführen zu sollen, da der Augenschein zu deutlich spricht. 2. Die Abfassung fällt vor die der Compilation des Petrus von ßenevent und Johannes Galensis. Dass Jemand nach diesen Samm- lungen wieder in solcher Art sollte eine Zusammenstellung gemacht haben, ist ganz undenkbar. Noch genauer die Zeit zu bestimmen, wann sie gemacht ist, ist unmöglich. Bedenkt man aber, dass die nicht bei Gilbert und Alanus vorkommenden Stücke sehr wenig zahlreich sind, dass sich derCom- pilator so sehr an jene beiden hielt, dass er die Verbindung der verschiedenen Rubriken für dieselbe Sache nicht scheute, so dürfte die Abfassung wohl bald nach Alanus zu setzen sein. Ich glaube der Sammler hat den Cod. Fuld. D. ö. selbst vor Augen gehabt, wobei ich gerade nicht an das mir vorliegende Exem- plar, sondern an ein solches denke, von welchem jenes sich als ge- naue Abschrift darstellt. Das gar nicht daher gehörende Stück Mis- sdrus, welches eine Einleitung zum Decret Gratians enthält, steht in D. 5. nach den Decretalen de haereticis in der Abtheiluiig e.vtra titulos (nach der Decretale Vergentis) und schliesst dies Stück ab, das offenbar unvollständig ist. Der Sammler von D.^ hat nun das- selbe mit in den Titel de haereticis aufgenommen, darauf die übri- gen folgen lassen. Ein zweites Moment ist, dass er die in D. 5. unter L. VI. stehenden Decretalen auch mit L. VI. an den Schluss hängt i); er hat noch einige mehr i), weil er unz>yeifelhaft die fehlenden Blätter noch vor sich hatte, die in dem vor mir liegenden Exemplare 1) Dass in D. ö. rler BiichLinder im J. 1338 verkehrt gebunden hat, ergibt sich von selbst. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 625 scheinbar schon zur Zeit des Einbandes von 1338 fehlten. Fasse ich diese Momente ins Auge, so dürfte es vielleicht auch nicht ge- wagt sein, anzunehmen, die Anhänge seien ursprünglich grösser gewesen. Ob nun Petrus Beneventanus und Johannes Galensis diese Sammlung vor Augen hatten, das möge dahingestellt bleiben. Der Vollständigkeit halber sei mitgetheilt, dass im Codex D. 5. auf die Colectio Alani und nach dem Stücke Missurus auf dem folgenden Blatte eineS am mlung beginnt, welche einen Aus- zug aus der Compilatio tertia des Petrus von Benevent ent- hält. Voran geht die Bulle Innocenz III. Devotioni. In dem Aus- zuge fehlen: L i b e r I. Die Titel bez. Capitel : I. ; II. c. 3 — 9, 1 1 , 1 2 ; III. IV. ; V. c. 1. 2; VI. c. 2.-9, 12, 13, 15—17; VIII. 1. 2.; IX. 2. 4. o. 7; X. XII. XIII. XIV. 1. XVII. XVIII. 1. 3—9; XIX. 2— Ö;XX. 2-5; XXI. 1. 3—5. XXII. 2. XXIII. XXIV. XXV. 1. 2. 4. XXVI. Liber II. I. 3, II. 1. 3. 5., III.-XIV., XV. 1. 2. 4—10. XVI XVII., XVIII. 1—7. 9 — 11. 13, XIX. 1. 2. 5—7. 10. 11. XX. 2. Liber III. I. 1. 2., II. bis XVIII. XIX. 1. 2. XX. XXI. 1. 3. XXII. XXIII. XXIV. 1—3. 5. 7. XXV. 2. XXVI. 1. 4. 5. XXVII. XXVIII. 2. XXIX. XXX., XXXI. 2., XXXII., XXXIII. 1—5. XXXIV. 1. 3., XXXV— XXXVII. XXXVIII. 3. Liber IV. L 1—3, IL 1, III-VIL, VIII. 2., IX. 1. 4., X. XII. bis XVL Liber V. I. 1. 3. [In diesem Capitel bricht die Seite ab und fehlen zwei Blätter (die Art des Einbandes lässt aber auch die An- nahme zu, dass nur eins fehlt); auf dem folgenden setzt der Codex fort mit 'utroque consistat' in c. 1. de adult. V. 8.], IX. bis XI. XIII. XIV. 1. 2. 4. XVI. 1—4. 6. 8. 9. XVIL 2. XVIII. XIX. XX. 2., XXL 2—10. 14. 15. XXIII. 1—4. 6. Hieraufsteht ohne jeden Zwischenraum, oben wieder mit Extra ^«Y. bezeichnet, eine Extravagantensammlung, enthaltend die folgenden ij Ich Jiabe sie in E. aus D. 3^ aufgenommen. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. Hl. Hft. " 42 6*46 V. Schulte in der Comp. III. befindlichen und in dieser Reihenfolge im Codex vorkommenden Deeretalen: I. 2. 12; I. 4. 1.; I. 6. 17. [aber ganz abgekürzt]. II. 8. 1., III. 8. 4 und 5; III. 28. 2.; III. 30. 3.,- IV. I. 1., in welcher die letzte Seite des Codex abbricht. Welche Absicht diesem Excerpte zu Grunde liegt, kann ich nicht eruiren. Es Hesse sich nur die eine annehmen, er habe die nicht in der Coli. Gilberti und Alani enthaltenen Deeretalen aus der Comp. III. excerpiren wollen, um seinen Codex zu vervollständigen. Aber dies trili't nicht zu, weil, wie die einfachste Vergleichung mit der Tabelle J. lehrt, viele nicht aufgenommen sind, die auch nicht in jenen stehen, umgekehrt einige aufgenommen sind, welche auch in jenen stehen. Oder sollte eine Sammlung vorliegen, welcher der Abschreiber, der nach dem Erscheinen der Comp. IIL schrieb, die Bulle Innocenz III. vorgesetzt hat? Im Cod. Fuld. D. 14. endlich stehen in einem zugebundenen Stücke von gänzlich verschiedener Hand die Schlüsse des 4. Latera- nensischen Concils von 1215. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 627 Tabula A. Collectio Codicis Fuldensis D. 14. Codex Fuldensis D. 5. Coli. A. Gilib'' ti. l. I. I. De rescriptis. Lucius III. Ad haec etc. Sumus II. De elect. et eleoti pot. 1. Alex. III. SuflFraganeis 2. Cleni. III. Cum te 3. Idein. Transiiiissam '. . . . 4. Inn. III. Cum ad nostram 5. Inn. III. Quoniam electus 6. Inn. III. Cum ex utriusque . . III. [De usu palli i]. Item Celest. Ad haec quaes IV. [De renun t ia t i one]. 1. Clem. III. Ex ins. t. nob. innot 2. Clem. III. Super eo quod 3. Idem Quod in dubiis V. De translat. praelat. Innoc. Inter corporalia VI. De suppl. negl. clericorum. 1. Inn. III. Quoniam diversit . . . 2. Inn. III. Sieut nobis tua ......... VII. De temporibus ordinationum. 1. Idem. Tua quidem 2. Inn. III. Litteras v. recep VIII. De aetate et quäl, praef. 1. Clem. III. Ad aures 2. Idem. Ex t. f. pereep 3. Idem. Cum saeros. Ro. eccl 4. Coel. III. Cum. bon. mem. Cl 5. Inn. III. Petrus diaconus 6. Coel. III. Insinuatum 7. Inn. III. Ex litt. dil. filior I. 2. 2. I. 3. 1. I. 3. 2. I. 3. S. I. 3. 6. I. 3. 7. I. 3. 8. I. 4. 2. I. 5. 2. I. 5. 3. I. b 4. I. 6. 1. I. 7. i I. 7. 3 1. 8. 1 1. 8. 3 I. 9. 1 I. 9. 2 \. 9. 3 I. 9. 4 I. 9. 5 I. 9. 6 I. 9. 7 42 628 V. Schulte Collectio Codicis Fuldensis D. 14. Codex Fuldensis D. 5. Coli. A. IX. De filiis presb. ordinandis vel non. 1. Clemens III. Ad haee ex t. p 1. 10. 1. I. 10. 2. 2. Idem. Litt. v. dil. acc X. De bigamis. Irin. III. Tertius I. 12. 2. XI. De .off. et. pot. iud. del. I.Alex. III. Cum te cons I. 13. 1. I. 13. 2. 2. Coel. III. Prudentiam t. . XII. De tra nsactionibus. 1. Alex. III. Super hoc quod I. 14. 2. 2. Coel. III. p. c. b. m. Praeterea I. 14. 4. XUI. De procuratoribus. Clem. III. Si matrim. causa I. 16. 2. XIV. De hisquae vi metusve c. f. Coel. III. Ad aures nostras I. 18. un. Secundus liber. I. D e i u d i c i s. 1. Clem. III. Cum non ab h II. 1. 1. 2. Inn. III. Cum ab omni II. 1. 2. n. De mutuis petitionib. Coel. III. Prud. t. debita II. 3. un. III. De dilationibus. Coel. in. p. c. pler. Praet II. 4. un. IV. De causa propriet. Clem. m. p. c. b. m. Ad ult II. 6. un. V. De restit. expol. Coel. ni. Gravis n. 7. un. VI. De eo qui mitt. in poss. Clem. III. Cum sicut II. 9. un. YD. üt lite pend. nih. inn. Coel. III. Laudab. Quaeris II. 10: 2. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 629 VIII. De pro bationibus. 1. Clem. III. Juravit quidam 2. Inn. III. De testibus qui 3. Coel. III. p. c. Laud. Denique 4. Inn. III. Finem litib 5. Coel. III. p. c. Laud. Praet. e. q 6. Id. p. c. sign. Praet. si t 7. Clem. III. Pervenit IX. De testibus cogendis. Id. p. c. sign. Ceteruin X. De praeseript. 1. Alex. III. Pervenit a. a. n 2. Id. Litteris t. f. XI. De iureiurando. 1. Greg. V. Ex administrat 2. Id. p. e. Cum non ab h. Verum 3. Coel. III. p. c. signif. Item Si quis .... 4. Urb. III. Sicut ex litteris 5. Inn. III. Brevi sed. ap XII. De sententiis et re iud. 1. Clem. III. Tenor litt 2. Id. Consanguinei E. latr 3. Inn. III. Quid ad cons. etc. Adid XIII. De appellationibus. 1. Alex. III. De priore qui non 2. Id. Super co quod a nobis 3. Id. Cum in eeclesia 4. Id. Licet appellat 5. Coel. III. p. c. a nob. fuit. Praet. req. . . 6. Coel. III. p. c. Quia requis 7. Clem. III. Directae nobis 8. Coel. III. p. c. Secundo req 9. Coel. An sit deferendum ap 10. Inn III. Saepe contingit XIV. De confirm. utili vel inutili. Coel. III. Bon. mem. Alanus IL 11. 2. IL 12. 1. n. 12. 2. IL 12. 3. IL 13 2. IL 13. 3. n. 13. 4. IL 14. un. IL 15. 2. IL 15. 3. U. 16. 2. IL 16. 3. IL 16. 4. IL 16. 5. n. 16. 6. IL 17. 1. IL 17. 2. n. 17. 3. IL 18. 2. IL 18. 3. IL 18. 6. IL 18. 7. n. 18. 8. IL 18. 9. IL 18. 10. IL 18. 11. IL 18. 12. n. 18. 13. IL 19. un 630 V. Schulte I. Gilib'ti de institutionibus über III. Non amplius II. De concess. praeb. non. vac. 1. Luc. III. Ad aures nostras 2. Coel. III. Ea noseitur. Ex tua III. De bis q. f. a prael. s. cons. der. Coel. III. Ea noseitur. Ext. s. n. e. p IV. De bis q. t. a m a i o r i parte e a p. Coel. III. Fraternitatis t. prud V. De rerum permutatione. Clem. III. Ad quaest. soiv VI. De sepulturi s. Alex. III. Certißcari VII. C e d e c i m i s. 1. Non est in potestate 2. Idem. Ex transmissa *) VIII. De regulär, et trans. ad rel. 1. Cum virum te prud 2. Coel. III. Cum simus . . . Sane 3. Inn. III. Ad ap. sed . , . Ex p. s 4. Inn. III. Referente 5. Inn. III. Ex p. t. nostro IX. De conversioneconiugatorum. 1. Consuluit nos G. saeerdos 2. Coel. III. Placet nobis X. De eonverssone infidelium. i. Coel. III. Intcrrogatum est 2. Id. Laudabilem etc. Quid enim 3. Id. Quanto te magis . . Sane 4. Id. De infidelibus 0. Inn. III. Gaudemus III. D. 1. ni. 6. 1. III. 6. 2. III. 7. un. III. 8. 1. III. 12. 2. III. iö. un. III. 17. 1. III. 17. 5. III. 18. 1. III. 18. 2. ni. 18. 3. III. 18. 6. III. 18. 7. HI. 19. 2. III. 19. 3. in. 20. 1. III. 20. 2. III. 20. 3. III. 20. 4. III. 20. 3. *) Hie inseruntur deeretales quaedam de quibus supra pag. 6. dictum est. Die CompilationeD Gilberts und Älanus. 631 CoUectio Codicis Fuldensis D. 14. Codex Fuldensis D. 5. Coli. A. XI. De voto et voti redemt. 1, Clem. III. Perpendiinus 2. Alex. III. Si cum aliquo XII. De statu regularium. Clem. III. Super quod. canon , . XIII. De cappellis monachor. Coel. in. De minori possemus XIV. De iure patronatus. i, Alex. ni. Dil. f. n. Transmissa 2. Clem. III. Nobis fuit. Praet 3. Inn. Per nostras lit 4. Id. Cum propter discord XV. De censibus. Clem. III. Gravis admodum XVI. De ecciesiis aedificandis. Alex. III. Si hospitale I. De sponsalibus et matr. Hb'. IlIJ. 1. Alex. III. Veniens ad nos 2. Clem. III. Inter opera 3. Id. Nobis ex 4. Id. Ad id quod ö. Clem. III. p. c. Martinus B. . Tertio . . . . 6. Inn. III. Alioq. . . A nobis inq II. Deco q. d. in matr. quam p. p. ad. 1. Clem. III. Ex litterarum 2. Inn. in. Significastis III. De cognatione spir. 1. Clem. III. Martinus Bertam 2. Id. Contracto matr 3. Id. Coel. III. LaudabiJem IV. De eo qui cogn. cons. ux. suae. 1. Coel. III. Transmissae nobis 2. Id. p. c. M. B. Super alio vero m. 21. un. III. 22. 1. III. 22. 2. III. 23. un. III. 24. 1. III. 24. 2. III. 24. 3. III. 24. 4. III. 25. un. m. 26. un. IV. 1. 1. IV. 1. 3. IV. 1. 4. IV. 1. 5. IV. 1. 3. IV. 3. i. IV. t). 1. IV. 6. 2. IV. 6. 3. rv. 7. 1. IV. 7. 2. 632 V. Schulte 3. Alex. Super eo quod 4. Id. De illo autem qui se V. De frig. et malef. e t i mp. coeundi. Coel. III. Laudabilem . . Sollicite VI. Quimatr. accus, poss. 1. Clem. III. Ex litt. t. f 2. Id. Dil. f. n. aichip 3. „ Praeterea quia (p. c. A nobis) 4. „ Sicut ex litteris VII. De d i V 0 r t ii s. 1. Alex. III. Ad aures 2. Clem. III. Comes W 3. Coel. III. Fierumque über V. Desymonia. 1. Alex. III. Vcniens ad n. T. simpl 2. Coel. III. Super eo vero quod 3. Inn. III. Quamvis ad abol 4. Alex. III. Ex tuae f. 5. Coel. III. Nobis fuit ex p II. De haereticis. Inn. III. Vergentis III. De homicidio. Id. Cum monasterium IV. De clericis pugnant. in duello. 1. Coel. III. ülricus presb 2. Id. Cura 3. Inn. III. Quod in dubiis . . Quia V. De falsariis. Inn. III. Ad falsariorum VI. De clericis pugnantibus. Coel. in. Continentia litt VII. De clerico maledico. Id. Innotuit nobis . . Ad ult IV. 7. 3. IV. 7. 4. IV. 9. 1. IV. 11. 2. IV. 12. 1. IV. 12. 3. IV. 12. 4. IV. 13. 1. IV. 13. 2. IV. 13. 3. V. 2. 1. V. 2. 2. V. 2. 3. V. 2. 5. V. 2. 6. V. 4. un. V. b. 2. V. 6. 1. V. 6. 2. V. 6. 3. V. 7. 5. V. 8. un. V. 9. un. Die Compilationen Gillierts und Alanus. 633 Collectio Codicis Fuldensis D. 14. Codex Fuldensis I>. 3. Coli. A. VIII. De eo qui furtive ord. suscepit. 1. Id. Cum H. lator praes 2. Id. Innotuit nobis IX. De excess. prael. in siibditos. Inn. III. Cum ad quorundam X. De privilegiis. Inn. III. De causa illa unde XI. De poenit. et r emissionibus. 1. Alex. III. De muliere quae 2. Clem. III. Quaesitum est 3. Coel. III. Perpendinius XII. De sent. exeom. et absol. 1. Clem. III. Ea noscitur . . Quod itaque . . . 2. Clem. Inspectis litteris 3. Clem. III. Cum non ab homine 4. Id. Cum desideres 5. „ Veniens ad ap. sed 6. „ Pervenit 7. „ Significavit 8. „ Tua 9. „ Siout autem (p. c. Ad em.) 10. Coel. I!I. Universitatis 11. Coel. III. In audientia 12. Coel. III. Quod de bis 13. Clem. in. A nobis fuit 14. Inn. III. Cum illorum 15. Inn. III. A nobis est saepe De sent. excommunicationis. 16. Idem. Nuper a nobis 17. Id. [Quod in dubis] Nee exe. licet quod stet XIII. De sententia interdicti. Inn. Cum in partibus V. 10. 1. V. 10. 2. V. 11. un. V. 12. un. V. 13. 1. V. 13. 2. V. 13. 3. v. 14. 1. V. 14. 2. V. 14. 3. V. 14. 4. V. 14. V. 14. 6. V. 14. 7. V. 14. 8. V. 14. 9. V. 14. 10. V. 14. 11. V. 14. 12. V. 14. 13. V. 14. 14. V. 14. 13. V. 14. 16. V. 14. 17. V. 15. 1. 634 V. Schalte Collectio Codicis Fuldensis D. 14. Codex Fuldensis D. 3. Coli. A. XIV. De baptismo pueroruni. 1. Inn. III. De quibus dubiiim 2, Iflem Si quis sane ^) V. 16. 1. V. 16. 2. Tabula B. Collectio Codicis Fuldensis D. 14. De off. et pot. iud d el. 1. Inn, III. Coram dilecto De bis q. vi metusve c. f. 2. Inn. Ad audientiam De res titut. exspol. 3. Id. Olim nobis 4. Id. Dil. f. n. abbas de F De sent. et re iud. 5. Inn. III. Sicut nobis 6. Id. In nostra praes De appellat. 7. Id. Dil. fil. J. et H 8. Id. Cum tibi de benign De di vortii s. 9. Id. Discretionemtuam 10. Id Aecedens ad p. n De usuris. 11. Id. Dudum ex parte 12. Id. Post niiserab . . Judeos Fuldensis D. ö. Appendix. 6 7 iO 12 13 14 23 24 27 28 1) Hoc Caput ut in Codice Fuldensi D. ö. ante cap. ^de qiiibics' positum est, sed in utroque codice asteriscus monstrat, post illud esse ponendum. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 635 Collectio Codicis Fiildensis D. 14. Fuldensis D. ö. Appendix. 13, 14. 15. i6. 17. 18. 19. 20, 21. 22 23. De senf. excomm. Id. Inter ea quae De servis non ordinandis. Inn. in registro. Miramur n. m De corpore vitiatis. Inn. Exposuisti nobis Inn. Tarn litt, vestris q. depos. Quia vero . . , Coel. III. p. e. Quod de bis. De bigamis presbyt. De off. et pot. iud. del. Inn. in. Quaerenti quid Lucius in. Quaes. est a nobis De appeliationibus. Inn. III. Super quaestionum , Luc. III. Super eo autem qnod sententiam . . Inn. III. Quia tarnen iudicis animus , Inn. Cum dil. et j. Quia nobis constitit evidenter. Ende fol. 3P 31 Tabula C. 1. De constitutio nibu s liber primus. Clem. III. Praeterea .... II. De r escript is. 1. AI. III. Cum ordinem . . 2. Lue. 111. Ad haec . . . 3. Innoc. IV. Ad aud. n. . . III. De eiect. et eleeti potestate. 1. Alex. III. Suffraganeis . . L J.un. I. 2. 1. I. 2. 4. o. L 3. 1. In Comp. II. Luc. III. 636 V. Schulte 2. Clem. III. Cum te . . . I. 3. 4. 3. Coelest. III. Cum monast. I. 3. 5. 4. „ (^um terra . . | I. 3. 6. 5. Idem. Transmissam ... I. 3. 7. 6. Innoc. III. Cum ad no- stram 7. Innoc. III. Quon. electus a vobis 8. Innoc. III. Cum ex utrius- que IV. De US u pa I li i. 1. Clem. III. Cum super . . I. 4. 1. 2. Coelest. Ad haec .... I. 4. 2. V. De renuntiatione. 1. Alex. III. De multa ... I. 5. 1. 2. Clem. III. Ex insinuat. . I. 5. 2. 3. „ III. Super eo quod I. 5. 3. 4. Idem. Quod in dubiis . . 5. Innoc. III. Cum ex illo VI. De translatione praelatorum. i. Innoc. Inter corporalia . 2. Id. pars c. in dub. Hi praet VII. De suppj. neglig. c 1 e r i c 0 r. i. Innoc. III. Quon. divers, corp 2. Idem. Audivimus. I. 6. 4. I. 8. 1. I. 5. 1. I. 5. 2. I. 8. i. III. 8. 2. I. 3. 3. Apud Ant Aug. Clem. Bai. I. S23. Anni incerti. Raynerii Coli. IV. Bai. II. 277. Anni primi Innoc. III. est. Anni primi. 'Quia' in edi- tione. Anni II. Bai. II. 60. Bai. Miscell. pag. 389. Die Compilationen Gilberts und Alanus'. Ö37 Codex Fuldensis Ü. 3. Corapil. II. Compil. Compil. III. 1 IV. N o t a e 3. Innoc. III. Sieut nobis t. f. VIII. De temporibus or- dinati onum. 1. Idem. Tua quid, signif. . 2. Clem. Cum sec. eccies. . 3. Innoc. III. Lit. v. recepi- mus IX. De aetate et quäl. praefic. 1. Clem. III. Ad aures n. t. s. 2. „ III. Ex tuae f. perc. 3. Clem. III. Cum saeros. eccl 4. Coelest. III. Cum bonae mem a. Innoc. III. Petrus diac. . 6. Coel. III. Intimatum est . 7. Innoc. III. Ex 1. d. f. cap. eccl. Evon X. De fil ils presb. ordi- nandis vel non. i. Clem. III. Ad haec . . . 2. Coel. III. Michael presb. . 3. Id. Lit. V. d. accep. . . . 4. Innoc. III. Innot. nobis olim XI. De corpore vitiatis. 1. Coel. III. Ex parte Bar. . XII. De bigamis. 1. Idem. Ex lit. t. f. accep. . 2. Innoc. III. p. nuper a nob. Tertius I. 6. 2. I. 7. 2. I. 7. I. 8. 2. 8. 3. 8. 4. 8. ö. 8. 6. I. 9. 3. I. 9. 4. I. 9. 5. I. 10. un. I. 11. 1. ! — I. 9. I. 6. I I. 14. 1. V. 6. 1. Clem. III. Clem. III. Coelest. III. Anni incerti. Bai. I. 323. Apocrypha ex notd in fine Comp. III. edit. Ant. Aug. Clem. III. „ III. Coli. Rayn. t. 4, Clem. III. Bai. II. r6. 638 V. Schulte Codex Fuldensis D. 5. Compil. IL Compil. III. Compil. IV. N 0 t a e XIH. De off. et pot. iud. d e 1 e g. 1. Alex. in. Cum te consul. I. 12. 1. 2. Coel. in. Prudentiam . , I. 12. 3. 3. Innoc. in. Licet is cui cau- sa c XIV. De 0 f f. i u d. 0 r d. 1. Coel. III. Signif. nobis t.f. I. 14. 2. 2. Innoc. III. Duo simul. . . — XV. De majoritiite et 0 bedient! a. I. Coel. m. Sane d. f. n. Jord. . . , I. 15. un De transactionihus. 2. Alex. III. Super hoc quod I. 16. 1. 3. Id. Veniens ad p. n. . . 1. 16. 2. 4. Coel. III. ps c. bon. mem. Praeterea I. 16. S. XVI. De off. advocato- r u m. 1. Coel. III. Ut in civitale . I. 17. un XVII. De procurationi- bu s. 1. Alex. III. Querelain . . . I. 18. 1. 2. Clem. III. Si matrim. causa I. 18. 2. 3. Clem. III. Ex insinuat. . I. 18. 3. 4. Innoc. III. Cum pro causa XVIII. De eo qui gerit vicem alterius. 1. Innoc. III. Quod. sed. ap. cons 20. 3. I. 16. 1. Raynerii Col T. XXI. Bai. I. 515. Eius pars in Rayn. t. 31. I. 20. 4. Bai. II. 77. Die Compilationen Gilherts und Alanus. 639 Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil. III. Compil. IV. N o t a e XIX. De bis quae vi me- tusve causa fiun t. i. Coel. III. Ad aures n. te s. De iudieiis lib'. II. 1. Clein. III. Cum ab homine 2. Innoe. III. Cum ab omni II. De foro competenti. Alex. III. Licet, univ. , , . III. De mutuis petitioni- bus. Coel. III. Prud. t. debita . . IV. De dilationibus. Coel. III. Praet. in tuo proc. V. D e f eriis. Clem. III. Capell. tuus . . . VI. De causa poss. et prop riet. Clem. III. Ad ultimum . . . VII. De restitutione exsp ol. Coel. 111. Gravis nos querela VIII. De dolo et contu- maci a. 1. Inn. III. Ad baec. deus . 2. Id. Veritatis est verb. . . IX. De 60 qui mitt. in poss. er. s. Clem. III. Cum. sicut accep. X. Ut lite pend. nihil. i nno V. 1. Alex. 111. A mem. n. exe. 2. Coel. III. Laudabilem . . I. 19. un. II. 1. 3. II. 2. 1. II. 3. 1 II. 4. un. II. 5. 4 II. 6. un II. 7. 5 III. 1. 1 II. 8. 2 II. II. 9. 1 9. 2 II. 3. 1. Clem. III. Bai. 1. 376. II. 6. 1. Coel. III. Bai. I. 362. Differt a capite in edita. Anni incerti. Plura continet. 640 V. Schulte Codex Fuldensis D. ö. Compil. II. Compil. 111. Compil. IV. N 0 t a e XI. De probation i bus. 1. Clem. III. Tertio quip- pe a n 2. Clem. III. luravit qui- tlam XII. De exeepfionibiis i. Inn. m. De testibus qui 'i. Clem. III. Denique . . 3. Inn. III. Finem litibus . XIII. Detest. et attestii 1. Clem. III. Series tui Script 2. Coel. III. Praet. enm . 3. „ III. Praet. si testes i. Clem. III. Pervenit ad nos XIV. De testibus CO gen- dis. Id. Ceterum quod siip. cons. XV. De fide instrumen- 1 0 rum. i. Alex. III. Ex lit. quas no- bis 2. Alex. III. Pervenit ad n. a. quod 3. Alex. III. Litteris t. f. re- eeptis XVI. De iureiurando. i. Clem. III. Veritatis amica 2. Greg. V. Ex adminislra- tionis 3. Id. pars c. Cum non ab h. — Verum 4. Coel. III. Item si quis . . 5. Urban. III. Sicut ex litte- llo • • • • • • ■ • « 6. Inn. III. Brevi sed. ap. II. 10. 3. II 10. 4. II. 11. un. II. 12. 3. II. 12. 4. n. 13. 3. n. 13. 1. II. 13. 2 II. 12, 2. II. 7. 1, U. 14. 1. II. Id. 1. II. 15. 2. II. 16. 5. II. 16. 4. II. 16. 6. II. 16. 7. 11. 16. 3. II. 13. 2, Bai. I. 313. Plura continet. Coel. III. Ray. t. 28. Clem. III. Bai. I. 389 Die Compilationen Gilberts und Alanus. 641 Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil. Compil. IV. N o t a e 7. Inn. lU. Ad n. n. aud. perv. XVII. De sententiis et re iudicata. i. Clem. III. Tenor litter. tuar . ■ 2. Clem. III. Consanguinei E. latricis 3. Innoc. III. Quod ad con- sultat XVIII. De appellationi- bus. 1. Alex. III. Consuluif nos t. f 2. Alex. III. De Priore qui non def. 3. Alex. III. Super eo quod 4. Clem. III. Significavit . o. „ III. Tenor lit. t. apost 6. Clem. III. Cum in eccie- Sla ••■•••••• 7. Clem. III. Licet appell. renied 8. Coei.IIl.Praet.requisssti 9. Quia requisssti .... 10. Clem. 111. Directae tuae nobis 11. Coel. III. Secundo in- quiris 12. Coel.III. Ansitdeferen- dum 13. Inn. III. Saepe contingit XIX. De confirmatione utili vel inu t. Coel. III. Bonae memoriae . IL 15. 8, II. 18. S. IL 18. 6. IL 18. 5. II. 19. 1. IL 19. 3, II. 19. 4. IL 19. 9. IL 19. 10. IL 19. 11. 11.19.12, 11.19.14 IL 19.13, IL 19.13, n.19.16, IL 19. 17, IL 19. 2. II.21.un Bai. I. 415. Dat. Lat. XVIIl. Kai. Dec. Ray. t. 24 Coel. III. Clem. III. Anni incerti. Sitzb. d. phil.-hist. Gl. LXV. Bd. 111. Hft. 43 642 V. Schulte Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil. III. Compil. IV. N o t a e Liber III. De cohabit. cleric. et mul. 1. Lucius III. Vestra duxit devotio 2. Inn. III. Tua nos duxit frat II. De clericis coniu- gatis. Coel. III. Ea est sedis ap. . II. De praebendis. Coel. III. Ad aud. n. perv. cogn IV. De clerieo aegro- tante. 1. Clem. III. Signif. nobis rev. archip 2. Coel. ni. Tua n. d. f. con- sul V. De institutionibus. 1. Non amplius suscipian- 2. In eongregandis clericis 3. In ecciesia vestra . . . 4. Idem. Ea noscitur . . . VI. De concess. praeb. non vac. 1. Luc. III. Ad aures n. C. clerieo 2. Coel. m. Ea noscitur. Ex tua VII. De bis q. f. a prael. sine cons. cleric. Coel. III. Ea nosc. Ex tua sig. nob Vni. Dehisq. f. amajore parte cap. 1. Coel. III. F. t. pruden- tiam III. 1. un III. 2. 2, III. 4. 3 in. 5. 1. III. 5. 2. IIL 6. 1 III. 6. 2. IIL 6. 3. ni. 6. 4. IIL 7. 2. III. 7. 3. IIL 8.un. III. 9. 1, III. 2. 1. Baluz. IL 65. Clem. IIL Conc. Arel. Aug. Aug. Clem. IIL Clem. IIL Die Compilationen Gilherts und Alanus. 643 Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil. HI. 2. Coel. III. Quaes. a nob. t. dilig IX. De rebus ecel. alien. vel. non. Idem. Ut super aliqua . . . X. De emtione et ven- ditione. Coel. III. Perv. ad nos ex in- siii KI. De locationeetcon- du ct. Coel. III. Ex rescr. litterar. XII. De reruin permuta- ti on e. 1. Urb. III. Quaes. est ex par- te t 2. Clem. III. Ad questiones solv 3. Inn. III. Cum universor. fidel XIII. De pignoribus. Inn. III. Significante dil. f. P. XIV. De testamentis. Alex. III. Ad. aud. apostolatus XV. De se pulturis. Clem. III. Certificari voluisti XVI. De paroeh. et alie- nis parochian. Coel. ni. Signifieavit nobis . XVII. De decimis. 1. Non est in potestate . . 2. Coel. III. Ex parte dil. filior 3. Alex. III. Quamvis sit grave III. 9. 2, III. 10. i. III. 11. 2. III.12.un. III. 13. 1. III. 13. 2. III. 5. 1. Compil. IV. N 0 t a e Clem. III. m. 7. un III. 14. 1 III. 15. 3. III.16. un. III. 17. 4. III. 17. 5. III. 17. 2. Baluz. I. 84. Bai. I. 35. Clem. III. Coel. III. 43* 644 V. Schulte Codex Fuldensis D. 3. ' Compil. II. Compil. 111. Corapil. IV. Notar 4. Coel. III. Perv. ad aud. n. 5. Coel. in. Ex transmissa querela 6. Alex. III. Cum apostolici . . . Sane sicut XVIII. De regulär, et trans. ad relig. 1. Clem. III. ,Cuni virum te prud 2. Coel. III. Cum simus . . . Sane 3. Inn. ni. Ad ap. sed . . . Ex parte siq 4. Idem. Porreetum nobis 5. Idem. Sicut nobis est 6. Inn. III. Referente d. f. fratre Bern 7. Idem. Ex parte t. nostro fuit ap 8. Id. Sicut tenor lit. tuar. XIX. De conversione coniugator. i. III. Kariss. in Ch. f. n. . 2. Consuluit nos G. sacer- dos 3. Coel. III. Placet nobis t. p. XX. De conversione in- fidelium. 1. Coel. III. Interrogatum est 2. Id. Laudabilem .... 3. Id. Quanto te magis . . Sane 4. Id. De infidel.ad fid. conv. 5. Inn. III. Gaudemus in dorn. III. 17. 6. III. i7. 7. III. 18. 3. in. 18. o. ni. 18. 4. III. 19. 3 III. 19. 2 III. 19. 4 III. 20. 1 III. 20. 2 III. 24. 2 III. 24. 3 III. 24. 1 - IV. 14. 1 - |lV. 10. 1 - llV. 14. 2. Inn. III. In coli. RaynerüT. XI, Bai. I. 455. Clem. m. Bai. I. 517. Raynerii Coli. T. XXXVIII. Bai. I. 36. Coel. m. Clem. III. Bai. II. 50. Innoc. III. Bai. I. 514. Rajn. t. 40. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 645 Codex Fuldensis D. 5. Compil. j Compil. II. ! III. Compil. IV. N 0 t a e XXI. De voto et voti re- de mt. Clem. III. Perpendimus . . . Ceterum III. 2i. 4. XXII. De statu regula- rium. 1. Alex. III. Si cum aliquo vestrum III. 22. 1. 2. Clem. III. Super quodam can III. 22. 6 XXIII. De capellis mo- nachorum. Coel. III. De minori posse- mus III. 23. 2 XXIV. De iure patrona- t US. 1. Alex. III. Dil. f. n. S. transm 2. Clem. 111. Nobis fuit . . . Praeterea 3. Innoc. Per nostras lit. post 4. Idem. Cum propter dis- cord XXV. De censibus. Clem. III. Gravis admodum. III. 2o. 4. XXVI. De ecclesiis aedi- ficand is. Alex. m. Si Hospitale in . . IH. 26. i Lib. Uli. De sponsali- bus. 1. Alex. III. Veniens ad nos W. lator IV. 1. 2 2. Clem. HI. Sicut ex lit. t. f. 3. Id. Inter Opera caritat. . IV. 1. S, III. 24. 1. III. 24. 2. III. 30. 1. III. 30. 2. IV. 1. 1. Clem. III. Alex. III. Bai. I. 264. Bai. I. 521. Bai. I. 29. Inn. III. 646 V. Schulte Codex Fuldensis D. S. Compi 11. Compil. 111. Compil. IV. I*J 0 t a e 4, Id. Nob. ex tuar. innot. . 0. „ Ad id quod nobis per lit 6. Id Tertio loco quaes. . . 7. Innoc. III. Cum apud sed. ap 8. Innoc. III. Alioquin etc. A nob. inquir II. De desponsatione im pub. Clem. III. Duo pueri W, et . III. De clandestina desp. Id. Ex lit. tiiis accep. . . . IV. Qui der. vel vov. matr. cont. n. p. Coe!, III. F. t. ree. littcris . V. De eoq. dux. in matr. q. p. p. a. i. Clem. III. Ex lit. t. insi- nuat 2. Coel. III. Cum haberet . 3. Inn. III. Significastis no- bis VI. De cognatione spi- rit. 1. Clem. III. Martinus Ber- tam 2. Id. Contracto matrim. 3. Coel. III. Laudabilempont. 011* • • ■*• • • • • • VII. Deeoqui cogn. cons. ux. s. 1. Coel. III. Transmissae nob. t. I 2. Id. Super alio vero . . . IV. i. 6. IV. 1. 8, IV. 1. 8. IV. 2. 1 IV. 3. 3. IV. 4. 1. IV. 5. 1 IV. S. 2 IV. 6. f IV. 6. 2, IV. 6. 3. rv. 7. 3. IV. 7. 4. IV. 1. 3, IV. 6. i Bai. I. 333. Rayner. T. XXXIX. Bai. I. 102. Die Coinpilationen Gilberts und Alanus. 647 Codex Fuldensis D. 3. Compil. 11. 1 Compil. III. Compil. IV. N 0 t a e 3. Alex. III. Super eo quod soll, t IV. 7. 1. 4. Id. De illo autem qui se . IV. 7. 2. — , — VIII. De consang. et affin. Coel. III. Quod dil.. t. Quae- sisti IV. 8. 2. — IX. De frig. et malefic. et impot. 1. Coel, III. Laudabilem . . Sollicite IV. 9. 3. — — 2. Alex. III. Ex lit. t. accep. IV. 9. i. — — 3. Luc. III. Consult. t. qua nos IV. 9. 2. — — X. De elandestina desp. 1) . . . . De matr. contra interd. eccl cont. Clem. III. Cum sis praedifus rV. lO.un. — XI. Qui filii sint legi- timi. 1. Inn. III. Per tuas nob. lit. — IV. 12. 1. — Bai. I. 322. 2. Clem. III. Ex lit. t. f. ace. IV. 12. 1. — — Rubrica. XII. Qui matr. accus. poss. i. Clem. III. Dil. f. n. archip. IV. 12. 2. — — 2. Coel. III. Insuper adie- cisti IV. 12. 3. — — 3. Idem. A nobis est exp. . IV. 12. 4. — — Clem. III. 4. Idem Sicut ex lit. tuis IV. 12. 5. — — „ ni. XIII. De divortiis. i. Alex. III. Ad aures . . F. ♦• P. « IV. 13. 1. — — 2. Clem. III. Comes W. de Rumere IV. 13. 2. — — ') rectius: de matrim. contracto contra interdictum ecelesiae. 648 V. Schulte Codex Kuldensis D. 5. Compil. H. Corapil. HI. Corapil. IV. N o t a e 3. Coel. III. Plerumqueacci- dit 4. Inn. in. De prud. v. valde IV. U. 2. IV. 14. I XIV. De seeundis nup- tiis. Alex. III. Capell. nihilom. . Liber V. De accusatio- nibus. Alex. III. Meminimus. . . . II. De symonia. 1. Alex. III. Veniens ad nos F 2. Coel. III. Super eo vero quod 3. Inn. III. Quamvis ad abol. 4. Id. De regulär, canon. . 5. Alex. UI. Ex t. f. litteris . 6. Coel. III. Nob. fuit ex parte 7. Clem. III. Ven. ad dem. sed. ap 8. Inn. III. pars e. quamvis ad abolendam. Signifi- easti — conc. faeult. . . III. De iudeis et sarra- cen is. 1. Alex. III. Consuluit . . ludeos 2. Clem. III. Quam sitlaud. . Tuls 3. Uli quoque IV. De h a e r e t i e i s. Innoc. III. Vergentis . . . IV. IS.un V. 1. 2. V. 2. 1 V. 2. 3 V. 2. 6. V. 2. 7. V. 2. 2. V. 2. 9. V. 2. 8. V. 4. 1, V. 4. 4, V. 4. 5, 4. 1, De dote post divort. Ruhr, vide notam in fine Comp. III. editae ab Ant. Augustino. Clem. III. Clem. III. Id. Clem. III. Bai. II. 1. Die Corapilationen Gilberts und Alarms. 649 Codex Fuldensis D. S. Compil. II. Compil. ; Corapil, III. IV. N 0 t a e V. Dehomic. casualivel rol. 1. Clem.III. Ad aud.apost. n. V. 6. 1. — — 2. Id. Cum monast. . . Super V. 6. 2. — — 3. „ Scripsisfi nobis . . . V. 6. 3. — — 4. „ Suggestum est aur. V. 6. 4. — — 5. „ Inspectis V. 6. 5. — — VI. De clericis pugn. in duello- 1. Coel. III. ülricus presb. . V. 8. 1. — — Henricus presb. 2. Id. Cura suscepti reg. . V. 8. 2. — — Quia susc. reg. 3. Inn. III. Quod in dub . . Quia vero — V. 19. un. — Bai. I. 381. VII. De falsariis. 1. Luc. III. Improba pestis . V. 9. 1. — 2. Urb. III. Ad aud. n. te sign V. 9. 2. — 3. Coel. III. Per falsarios . V. 9. 3. — 4. Inn. III. Dura saepe man- data . . . Accidit .... — — — Bai. I. 233. ö. Inn. III. Ad falsariorum malit — V. 11. 4. — Rayn. t. 14. VIII. De clericis pug- nantibus. . . . De elerico per- Coel. III. Continentia litter . V. 10. un. — — cussore. IX. De elerico male- dico. Id. Innot. nobis .... Ad uit. f . t V. 11. un. — — Clem. III. X. De 60 qui furtive ord. suscepit. 1. Id. Cum H. lator praes. . V. 12. 1. — — Clem. III. 2. Id. Innot. nob. ex tenore V. 12. 2. — — Idem. XI. De exeess. prael. in s üb dito s. Inn. ni. Cum ad quorundam mal ^__ ___ Raynerii Coli. T. IX. 650 V. Schulte Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil. III. Compil. IV. N o t a e XII. De privilegiis. Inn. III. Do caiisn illa unde XIII. De poenitentiis et remissionibus. 1. Alex. III. De muliere quae 2. Cleiii. III. Quaes. est a nobis 3. Coel. III. Perpendimus ex Vit XIV. De senf. excom absolutionis. 1. Clem. III. Ea noseitur . Quod utique .... 2. Clem. in. Inspectis . 3. „ III. Cum non ab homine 4. Clem. III. Cum desideres 5. Clem. III. Veniens ad ap sed 6— Q.Pervenit. Signif. Tua Ad em 10—12. Coel. III. Univ. In- aud. Quod de bis . . 13. Clem. III. A nobis fuit 14. Inn. III. Cum illor. si absol 13. Coel. III. A nobis est saepe quaes 16. Id. Nuper a nobis . . 17. Id Nee exe. licet quod stet 18. Inn. abb. et conv. S Germ. Gravis . . . XV. De sententia inter- dicti. 1. Inn. III. Cum in part. ves- tris V. 17. 3. V. 17. 2 V.18.12 V. 18. 1 V. 18. 2 V. 18. 3 V. 18. 4 V. 18. 3 V. 18.6—9 V.18. 13-15 V. 18. 10 V. 21. S. V. 21. 2. V. 21. 3. V. 21. 9. V. 23. 1 Alex. III. Rayn. t. 32. Innoc. III. Bai. II 61. Idem. Bai. H. 66 Ex e. Quod in dub. Bai. I. 381. Rayn er. Coli. T. XXXI. Bai. I. 554. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 651 Codex Fuldensis D. S. Compil. 11. Compil. III. Compil. IV. N 0 t a e 2. Inn. in. Officii nostri de- bitum Non est e. IS. de sent. exe. in comp. III. neque Bai. XI. 262. XVI. De baptismo pue- ror. 1. Alex. III. De quibus du- bium V. 19. 1. — — 2. Alex. III. Si quis sane . V. 19. 2. — Tabula D. EXTRA TITULOS. Codex Fuldensis D. o. Compil. III. Compil. IV. N 0 t a e Deelectione etelecti po- testate. 1. Inn, III. epo et can. Sufri- nis. Dil. fii. der — — Äa!/«er«CoIl.T.XXVI. De off. et pof. iudicis de- ■ legati. 2. Inn. in. Coram dil. etc. Item Ferrar III. 22. un. Anni incerti. De bis quae vi metusvc causa f i u n t. 3. Inn. III. Ad aud. n. dil. fil. magistro 1. 23. 1. — Bai. II. 282. 4. Inn. III. Cum dil. fil. abbas de Flor I. 23. 2. Bai. II. 91. De arbitris. 5. Inn.lII. Cum. t. b. Quia 1.25. 2. — Bai. I. 317. De rest. exspol. 6. Inn, III. Olim vobis dedisse — II. 3. 1. Bai. I. 239. 652 V. Schulte Codex Fuldensis D. 5. Compii. Compii. N 0 t a e HI. IV. 7. Inn. III. Dil. fil. n. abbas de Flor. conq. — n.habentur. — — Äay«er. Coli. T. XVIII. Üe iurei. 8. Inn. III. Ex ten. lit. t. n. innot — — Äaj/HmV Coli. T. XIX. De sent. et rc iudicata. 9. Inn. III. Siciit nobis v. lit. intimastis II. 18. 6. — Bai. II. 48. 10. Inn. in. Cuminter. . .Quan- tum — celebrata .... II. 18. 3. — Rayn. t. 30. 11. Inn. p. etc. Licet igitur iud. imnon — — Comp. II. 1.5. 4. ■ • 1 * ^ß Xr ■■* ■ • • • • • ■ De appellationibus. 12. Inn. III. Dil. fil. I. et H. nuntii ecci II. 19. 10. — Bai. I. 351. 13. Inn. III. Cum dil. fil. . . Si vobis constit — III. 13. 2. Anni incerti. 14. Inn. III. Cum tibi de benign. sed. ap V. 23. 2. — Bai. V. 39. De decimis. 15. Inn. III. Expo- suisti tu nobis — — Raynerius T. XI. 16. Inn. III. Tua nob. f. inti- mavit quod III. 23. 2. — Bai. 11.242. Differt in fine. 17. Inn. III. A nobis tua frat. requisivit 111.23. 1. — Bai. II. 229. De reg. et trans. ad rel. 18. Inn. III. Quod dei III. 27. 1. — Rayn. t. 37. De censib. 19. Inn. III. Quanto. — Cum inst III. 37.1.2. — Bai. I. 135. De emun. eccI. 20. III. Interalia III. 32. un. — Ray. t. 35. De spons. 21. Inn. III. Exp. t. recepimus IV. 3. 1. — Rayn. t. 40. In prin- cipio diflfert. Dedivort. 22. Inn. III. Discret. t. in domino IV. 9. 1. — Rayn. t. 40. 23. Inn. III. Jan. archiepo. Ac- cedens ad p. n. D. mul. . — — Rayner. Coli. T. XL. Quifil s. leg 24. Inn. III. Ad n. nov. a. perv — — Rayner. Coli. T. XLI. i Die Compilationen Gilberts und Alfinus. 633 Codex Fuldensis D. S. Compil. Hl. Compil. IV. N o t a e De hom. cas. 25. Inn. III. Dil fil. et. capell De usnra. 26. Inn. III. IdDudum. — 27. PosJ miserab. . . De falsar. 28. Inn. III. Licet ad regimen De privil. 29. Inn. III. Tiiar. nos literar De sent. exe. 30. Inn. III. Inter ea. — 31. Cum pro causa V. 7. \. V. 10.3.2. V. 11. 2. V. 16. 1. V. 21.4.1 Rayn. t. 34. Rayn. t. 26. Bai. I. 349. Cod. am- pliorem habet. Bat. I. 450. Rayn. t. 31. Tabula E. Codex Fuldensis D. o. LIBER PRIMUS. Incipit Liber I. De constitu- ti onibus. 1. Inn. III. in rejjistro W. Re- mensi arch. Olim nobis re- galis magnificentia . . . 2. Innoc. III. in reg. Cenethen. ep. Quae in 3. Innoc. III. in reg. Cum omnes II. De petitionibus papae offerendis. Id in reg. Nullus notarius. Ili. De rescriptis. 1. Ciem. III. Ex parte S. presb. 2, Inn. III. Apost. sed. con- suev .... Compil. II. Compil. N o t a e I. 2. 8. I. 2. 2. 1. 2. 1. I. 2. 4 Rubrica capituli ex cod. Fuld. D. 14. Bai. II. 7. Bai. I. 192. Breq. VI. 190. 654 V. S c li u I t e Codex Fuldensis D. S. Compil. II. Compil. N o t a e 3. Inn. HI. in reg. Cum adeo scripta 4. Inn. III. in reg. Causam quae inter 5. Greg. VIII. Quoniam ad episc 6. Coel. III. Sciscitatus es . . 7. Alex. III. Accepta conquest. 8. Luc. III. R. de Colump- nellis 9. Inn. III. in reg. Ex tenore litter 10. Inn. III. in reg. Cant. arch. Ex multa ....... IV. De consuetudine. 1. Inn. III. in reg. Ad n. no- veris aud 2. Inn. III. in reg. pars c. litte- ras. Proposuisti praet . . consuetudo inolevit,utlec- tisternia 3. Inn. III. in reg. Asforic. decano. Dil. f. cap. Ast. . 4. Inn. III. in reg. Ex litteris quas V. De postulatione et transl a t. 1. Inn. III. in reg. Graf um gerimus 2. Inn. III. in reg. Bonae mem. I 2. 7. I. 2. 9. I. 2. 2. I. 2. 6. C. arch. 3. Inn. III. in reg. In causis quae ad ap 4. Inn. III. Bonae mem. W. archiep I. 2. 7. I. 2. 8. I. 2. 3. III. 26. 5, I. 3. 2. I. 3. 1. I. 4. 2. I. 6. 8. I. 6. 15. I. 4. 3. Bai. I. 279. Bai. 1. 62. Bre'q. VI. 120. Anni incerti. usque ad Secundo. Bai. I. 571. Bol. I. 422. A. 1200. cf. Richter ad c. 2. X. I. 5. Breq. XI. 14. usque ''app. obst. conf '. Anni incerti. ad'rfec pe7i. irrit' . A. 1202. Breq. V. 6. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 655 Codex Fuldensis D. S. Compil. II. Compil. III. N 0 t a e 5. Inn. III. in reg. Ad hoc in beato Petro — 1. 4. 1. A. 1200. Richter ad c. 1. X. 1. 5. VI. De electione et eleeti potest. I. Inn. III. Cum int. dii. . . Postquam ~ 1. 6. 6. Anni incerti. Jam in Comp. I. 2. Inn. III. in reg. Vic. ap. Const. In causis .... — II. 18. 9. Solum initium. 3. Inn. III. in reg. de ceila sei Petri et moren. Abbatibus — — et praeb. Udin. Cum inter- dietum etc. Quia vero constitit — — 4. Innoe. III. in reg. Ex ore sedentis — III. 12. un. Bai. 1. 290. In codice brevior. 3. Clem. III. Super eo vero quod I. 3. 3. — 6. Alex. III. Quia requisistis . I. 3. 2. — 7. Inn. in. in reg. Aquilej. patr. Inn. p. const. . . . — — 8. Inn. ni. in reg. Quod sieut ex litt — I. 6. 13. Breq. V. 83. ad non mod. ine. detr. 9. Inn. III. in reg. Cum cau- sam q. i — I. 6. 12. Breq. VI. 112. 10. Inn. III. in reg. Qualiter arch. III. 4. 1. Breq. V. 17. fol. finit V. ultra q. adest in cod lacuna. VII. [De fiiiis presbyte- rorum]. Luc. III. Quon. ex plenit. potest. I. 9. 2. ■"■ Init. utriim s. de sacerd. VIII. De servisnonordi- nan d is. Inn. III. in reg. Miramur nonmod. Apocrypha ex nota apud. Ant. August.'\n fine Comp. III. 656 V. Schulte Codex Fuldensis D. S. Compil. II. Compil. III. N o t a e IX. De corpore vitiatis. i. Inn. III. Exposiiisti nobis , 2. Inn. III. in reg. Tarn litt. . , Qiiia 3. Coel. III. pars c. quod de bis. De big X. De off. et pot. iiid. del eg. 1. Inn. III. Quaerenti quid per cens 2. Luc. III. Quaesitum est a nob I. 11. 2. I. 12. 2. XI. De a p p e I] a t i 0 n i b u s. 1. Inn. III. in reg. Super quaest. art. . . 2. Id. Cum iudici de communi cons 3. Id. Quoniam quidem H. can. 4. Inn. III. Coventr. ep. et priori de Ch. Causa . . . 5. Luc. III. Super eo autem . 6. Inn. III. abbafi et conv. s. Zen. Cum inter 7. Inn. III. in reg. Causam quae inter 8 Inn. III. Accedens et j. Cum igitur nobis pleb 9. Inn. III. Ad probandum q. proc. d. etc. Vos aut. . . 10. Inn. III. Inter monast. etc. His igitur i) 11. Inn. m. Ex lit. dil. f. abb. de Cai II. 18. 2. II. 18. IL 18. 3. 4. L 13. 2. IL 12. 6. Bai. I. 307. Breq. VI. S8. - In cod. usque ad perhib. veritati. L 18. S. L 18. 6. IL 18. 3. IL 18. 4. IL 18. 10. I. 24. 3. .4nni ineerti. Breq. VII. 29. Alex. III. Alex. III. Rayn. tit. 30. Bai. 1. 451. Bai. IL 81. Anni ineerti. *) Patet unum folium excidisse propter titulorum diversitatem. Die Compilationen Gilberts und Alaniis. 657 Codex Fuldensis D. 3. Compil. II. Compil. III. N o t a e De appellationibus. 12. Alex. in. Quia nos elegit . II. 19. 5. 13. Luc. in. Ex conquest. B. der II. 19. 8. 14. Coei. III. Appeliationis in- hib IL 19. 18. 15. Inn. III. Lucensi ep. et abb, Emelon. Cum dil. et. j. Nos igitur sup. praed 16. Inn. III. Elyensi ep. pars c. pastoralis off. Fostulasti praeterea 17. Inn. III. in reg. Constit. Nos ig 18. Inn. III. Metensi arehid. Tua nuper et j. Ad haec ex parte tua fuit nostris aur. quaest.diffic. reservan- tur 19. Inn. III. Ex parte tua fuit prop 20. Inn. III. in reg. Cabil. et Silv. Ep. et abbati triuin fontiuin. Ven. ad ap. s. dil. f. XII. De peregrinationibus. 1. Coel. III. Abiensi ep.Conq. J. presb IL 20. un. 2. Inn. III. Cum olim D. der . . Ceter. eod. d 3. Inn. III. DiL fil. prior et mon. ecci. Cant XIII. De confirmatione ut. V e 1 i n u t. 1. Inn. IIL Cum M. Ferar. Quia Sitzb. d. phil.-hist. OL LXV. Bd. III. Hft. I. 18. 7. IL 18. 4. IL 18. 3. IL 7. 3. IL 19. 10. IL 1. 3. In codice pars : Fo- stulasti. — discussa. Anni ineerti. Huius capitis alia pars est Comp. III. L. m. 10. 2. Est anni ineerti. Bai. V. 22. Bai. I. 364. Bai. L 351. Bai. I. 98. 44 658 V. Schulte Codex Fuldensis D. S. Compil. FF. Compil. (Fl. N 0 t a e 2. Inn. Ad aud. n. dil. f. N. 3. Inn. Ep. Auson. Exp. t. f. q. a. n. utrum 4. Eugen. Mediol.ep. De causa unde XIV. De translatione epi- scopor. 1. Inn. III. Quod translat. pont 2. Inn. in reg. Colloc. ep. Me- diator dei 3. Inn. Pars c. quod sup. his. Simil. et. abb 4. Lue. III. Cum te consuiente 5. Inn. in. Ad reprim. malit. . XV. De maiorit. et obedi- e n tia. 1. Inn. III. Novit qui nil ignorat 2. Inn. III. Cum in eccl. St. Viet 3. Inn. III. in reg. praepositino magn. scoi. Credebamus hactenus quod sapientia - 4. Inn. in reg. Dil fil. n. syn- dicus eccl. v 5. Inn. III. in reg. Si terrar. princ. et j. Hinc est. . . . XVI. De transactionibus. 1. Alex. III. Veniens ad ap. sed. dem 2. Luc. III. Praeterea quando 3. Innoc. IIL i. r. Pars c. Past. Veniens ad a s. dil. f. n. G. archid. Claromontanus . . 4. Inn. in. Insinuante V. nobile XVIL De arbitris. 1. Alex. in. Non sine multa . L 14. 1. II. 20. 2. I. 19. 2. I. 20. 2. H. 1. 3. Anni incerti. L 16. 3. l 16. 4. L20. 1. A. 1200. Richterad c. 11. X. I 11. Ex Bai. II. 261. IV Comp. L 14 1. Bai. I. 228. Breq. VII. 42. Anni incerti. Comp. IV. I. 14. 2. ni. 29. un. IV, 5. un. Anni incerti. Bai. II. 232. Die Compilationen Gilberts und AlanHS. 659 Codex Fuldensis D. S. Pompil. n. Compil. ili. N 0 t a e 2. Alex. HI. Pervenit ad nos 3. Coel. III. Quia V. qui viol. 4. Inn. III. Cum illius etc. Nos igitur II. Liber de fo ro eompetent 1. Alex. III. Ex transmissa 2. Inn. III. p. c. Quod sup his. Capell. praet. . . . 3. Alex. III. Verum quoniam 4. Luc. III. Cum sit generale ö. Coel. III. Quod clerici Nullus episc 6. Inn. III. in reg. . Licet q legalis I. 20. 2. IL 1. 4. II. 2. 2. IL 2. 3. IL 2. 4. IL 2. 5. n. Ut certum petatur. Inn. III. Significantibus T. et R. IIL De feriis. i. Alex. III. Signif. nobis v. r. 2. Alex. III. Quoniam i. p. . . Vestram 3. Alex III. Licet tam veteris IV. Decausaposs. etpropr. in eodem iud. mota. L Inn. III in reg. Cumqu.sup. elect 2. Inn. III. Significaverunt . . 3. Inn. i. r. Ferrar. epo. Refe- rentibus dil. in Chfiliabus. Sane moniales — faciens abbatissam etc V. Derestitutioneexpoli- atorum. L Alex. IIL Conq. nobis R. clerico U. IL 1. 5. 2. 5. 3. II. 7. 1 IL 18. 1. IL 19. 7. Bai. I. 109. Bai. II. 26t. Anni incerti. Comp. IV. IL 2. 4. differt in fine. .Anni incerti. IL 5. 2. IL 12. 9. Rayn. t. 27. Differt in prine. Breq. VI. 77. a 1203. 44' 660 V. Schulte Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil. III. >' o t a e 2. Alex. III. Conquestus . . 3. Alex. III. Ex transmissa 4. Inn. III. i. r. Litteras . . . yi. De acquirenda. vel a III in i 1 1 e nd a p o s s e s s. 1. Alex. III, Exonensi epo et abbat! de Ferd. (cum ven- issent ad nos) Destinatus . a cap. s. trin. G. can. . . 2. [Inn. III.] Olin inter te pro abbatia tua 3. Inn. 111. Machomon. epo. Accedens 4. Inn. III. Olim causam . . . Cum autem — exeess. . . II. 7. 2. II. 7. 3. IL 7. 4. VII. [De eo qui mitt. in poss. c. r. serv.] 1. Alex. III. Prior et monachi silvae 2. Inn. III. Cum venissent . . Nos igitur VIII. De dolo et eont. alte- rius partis punienda. 1. Inn. III. p. c. ex parte (uae. Super eo aut 2. Inn. 111. Brixien. ep. P. c. licet. Consuluisti p. . . . IX. De probationibus. 1. Alex. in. Sicut consuetudo 2. Greg. Vlll. Proposuisti nobis 3. Inn. III. i. r. arch. Cefald. Cum causa 4. Inn. III. p. c. pustoralis i) Cum eccl. et j. Ceteris . . II. 8. 1. II. 6. 3. V. 9. un. II. 6. 2. II. 8. 2. II. 10. 1. — II. 10. 2. — — I. 18. 1. II. 16. 2 Anni incerti. Anni incerti Comp. IV. II. 3. 2. sed. differt ab edita. Anni incerti. Anni incerti. Anni incerti. Bai. I. 231. Apud Baluze 1. 39. minime pars alius est. 1) Hie excidit caput guoniam autem et rubrica sequentis : Inn. III. cet. Die Coropilationen Gill)erts und Alanus. 061 Codex Fuldensis D. 5. Compil. FF. Compil. FFF. N o t a e 5. Inn. III. in reg. Praenestino epo ap. sed. legato. Acce- ilentes ad p. n. dil. f. n. R. et mag. H. scol X. De testibus et attesta- tion i bus 1. Ex conc. Matieen. Placuit 2. Alex. III. Super eo . . . 3. Inn. III. Ex tenore lit. Verum 4. Inn. III. 31agdeb. et Salisb. arcli. et praep. s. Crucis. Constitutus in p. n. dil. f. n. proeurator 5. Inn. III. ep. Bon. Ad aud. n. Graidano eive 6. Inn. III. Bracar. areh. Per t. n. lit. int. te plur. . . . 7. Inn. III. in reg. deeano J. et N. etc. Cum boni iud. . . 8. Inn. III. in reg. p.c.veniens Lite igitur XI. [De fide instrumen- torum]. 1. Inn. III. Eborac. arch.Acce- pimus 2. Inn. III. Cum olim .... 3. Inn. III. Cum dil. fil. abbas 4. Inn. III. Cum a nobis pe- titur 5. Inn. III. Cum temp. bonae mem XII. De iureiurando. i. Alex. III. p. c. communis. Illud 2. Lue. III. Tua nos . . . . 3. Coel. III. Constitutis . . . IL 12. 1. II. 12. 2. IL 14. 2. IL 16. 1. IL 16. 2. n. 16. 8. II. 12. 8. V. 2. 4. IL 12. 11. V. 16. 2. IIL 18. 3. IL 12. 1. 1. 25. 2. A. 1203. Differt mul- tum. Breq. VI. 244. a. 1204. Est Alex. IIL a. 1199. Brevier, a. 1204. Brevior. a. 1198. a. 1198. Multum differt. fi62 V. Schulte Codex Fuldensis D. 3. Compil. II. Compil. III. ?J o t a e 4. Inn. III. Sicut oblatus dil. fil 5. Inn. 111. Herbipol. ep. Offi- cium creditae 6. Inn. 111. in reg. Arelat cpo. Quintavall 7. Inn. 111. Super consulatione quam 8. Inn. III. Veniens ad p. n. . 9. Inn. III. iudici Turrit. Ad n. noveris aud perv, iurasse te oiim ad instantiam Pisa- norum — aequanimiter to- lerare 10. Inn. 111. in reg. Dilig. pii patris . . Ad praestimdum vero iuramentum Xlll. Depraescriptionibus. i. Alex. 111. p. c. Cumsinthom. — lllud 2. Id. Quia indicante .... 3. Luc. III. Significavit . . . 4. Inn.IlI. i.r. Cum non licent. 5. Inn. III. Auditis etintellectis 6. Alex. III. Dil. fil. n. abbas et fr Liber III. I. De honestate clericorum. 1. Inn. 111. Deus qui . . . . 2. Inn. III. Significasti . . . II. 15. 9. 11.15. 1. II. 17. 1. II. 17. 2. II. 17. 3. II. 18. 1. II. 17. II. 17. 111. 1. 2. Alibi, ut sciam, non existit 1). 1204. Apnorypha ex nota apud. Ant. August, in fine Comp. 111. 1198. a. 1199. a. 1203. Longior. Rayn. t. 40. a. 1199. Pars ultima cap. est in Comp. IV. 1. 11. 2. 1) Richterus in edit. eorp. jur. ean. ad c. 29. X. de iureiur. II. 24. ex cod. Ful- densi, communicante Bikelio, restifuit. Die Corapilationen Gilberts und AIhhus. 663 Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil. III. N o t a e II. De clericis eoniugatis 1. Alex. III. Sane saeerdotes . 2. Innoc. III.Norvic ep.Diver- sis fallaeiis III. De clericis non resid. in ecci. praeb. 1. Alex. III. Fraternitati . . 2. Coet. III. Ex parte . . . 3. Alex. III. Conquerente . . IV. De praebendis. 1. Alex. III. p. c. Veniens. Ceterum 2. Inn. III. Proposuit. . Licet 3. Alex. lil. Cum non ignores 4. Innoc. III. Inter cetera . . 5. Innoc. III. Cum sec. doc- trinam 6. Innoc. III. Pro illorum pro- visione 7. Innoc. arch. Senon. etP. s. Mariae in vialafadiac. card. a. s. I. — Constitutus in p. dil. f. nri G. s. Angeli diac. 8. Inn. III. Lit. v. accepimus . 9. Inn. III. Eugeniocan. Vastin. Cum super praeb V. De elerico aegrotante. Inn. III. abbat! de N. Acced. ad p. n. G VI. De institutionibus. 1. Inn. III. abbatiss. et mon. Rabarien. Occurrere debet ap. s. — devolvatur. . . . 2. Luc. III. Veniens. . Interim 3. Inn. III. Cum venissent . . III. 3. 1. III. 3. 3. III. 3. 2. III. in. III. i. IIl. 2. 1. 4. 2. 4. 1. in. 8. 1. ni. 5. 3. ni. 5. 4. HI. S. 9. a. 1203. in. 6. 5. III. 8. 6. ni. 7. 3. a. 1198. a. 1198. cf. notam B aluz. L p. 57. — a. 1198. Anni incerti. Brevior. in cod. 1203. 6 64 V. Schulte Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil X o t a e 4. Inn. III. Brixien. ep. pars c. Licet. Praeterea quae- sivisti.Cum saepe contingat. VII. De concess. ecci. non vacan tis. 1. Alex. III. Ex transniissa . . 2. Inn. III. Accedens ad p. n. d. f. n. G 3. Inn. in. Cum. nostris . . . 4. Inn. III. Cum. pro quae- stione 5. Inn. III. Constitutus . . . 6. Coel. III. Insinuavit . . . 7. Inn. III. Dil. fil. G. clericus 8. Inn. III. i. r. Ap. sed. beni- gnitas illos 9. Inn. ni. Ex p. dil. f. H. dia- coni nostris 10. Inn. III. i. r. Tua nuper et j. Adiecisti H. Inn. III. Ep. Veron. Cum olim quaestio VIII. Dehis quaefiunta maiore parte cap. Inn. in. Ex p. t. frater arch. . IX. De rebus eccl. non alien andis. 1. Coel. III. Ad aud. n.noveris 2. Inn.IlI.abbatib. et abbatiss. et aliis eceles. praelatis eeel. Neapel. Cum saeris canonibus caveatur. . . . X. De emtione et vendi- tione. Alex. ni. Constitutus. . . . ni. 7. 1. III. 8. 3. III. III. III. 7. 4. 8. 8. in. 11. 2. Comp. IV. III. 3. 3. Lonorior in cod. a. 1202. — Longior. a. 1204. Comp. IV. in. 3. 4. ni. 10. 2. III. 11. 1 1204. — C. IV. ni. I. 12. 1. 1198. - C. IV. m. 4. un. I>ie Compilalionen Gili>erts und Alanus. 663 Codex Fuldensis D. 5. Compil. 11. XI. De rerum permuta- tione. Fnn. III. Cum olim ad n. a. . . XII. De test amen t is. 1. Inn. m. Cum. dil. fil. abbas de buxia 2. Inn. in. pars c. Officii. Se- cundo quaesiv 3. Inn. III. in r. abb. et frat. s. Mar. foris portam favent. Proposuisli nobis fili abbas 4. Inn. III. i. r. illustri Anglo- rum regi. Super negotio cariss. in Cli. fil. nepotis tui regis Ottonis in Ro. imp. electi antic XIII. De sepu 1 Iuris. 1. Alex. 111. Ex parte. — Cum liberum 2. Inn. III. i. r. epo civitatis castellanae. Honestatem ci- strensis ord. et j. Litis ma- teria intellecta XIV. De decimis. 1. Alex. III. Cum. sint homines 2. Inn. III. Ex. p. d. f. eapell. Albun 3. Clem. III. Ad aud. n. te sign 4. Hier. Deeimam partem . . 5. Inn. III. Non sine multa ad- mirat. auditur et creditur — quod fecerunt 6. Inn. III. in r. univ. habitator. terrae Jerosol. Licet quis- que teneatur votum domino 7. Inn. praep. et conv. Montis sereni. Exposuisti nobis fili p. i. n. p. e. quod . . III. 15.1.2 III. 17. 3. III. 17. 8. m. 17. 1. Compil IH. III. IS. un. III. 20. un. III. 19. 2. N o t a e 1202. 1198. Baluze V. 10. 666 Schulte .1 Codex Fuldensis D. 5. 8. Alex. III. Recolentes . . . 9. Alex. 111. Dil fil. n iO. Inn. 111. i. r. Cum nobis li- cet immeritis 11. Inn. III. Cum ad mon. Sub- lacense XV. De capellis mona- chorum. Luc. III. Ex transmissa . . . XVI. De iure patronatus. Inn.lll. s. N. et s. Leonis abba- tibus. Dilectus fil. R. Me- tensis can. nobis hum. . . XVII. De cens. et exaet. et proeurat. 1. Luc. 111. Significavit . . . 2. ürb. III. Querelam . . . 3. Inn. III. Cum ex offieii sui debito 4. Lue. III. Sopitae iudicio . XVin. De aedifieandis e c al e s i i s. Alex. III. Litteras tuae f. . . XIX. De emunitate eccle- siarum. 1. Coel. III. Tua nos duxit f. 2. Luc. III. Cum ecclesiaadei 3. Turon. eonc. Quoniam su- perven XX. N e c 1 e r i e i i m m i s c e a n t se saecular. negotii s. Inn. III. Ex p. t. fuit propositum Liber IV. 1. De sponsal. et m atrimonio. 1. Inn. III. Ad dissolvendum . 2. Inn. III. Quam sit grave . . Compil. II. III. 22. III. 22. in. 23. i. in. 23. 1. in. 2S 3. UL25. 2. III. 26. 2. in. 26. 5 HI. 27. 2. III. 27. 1 Compil. I 111. N 0 t a e m. 27. 2. n. 17. 6. ni. 38. 3. IV. 2. 1. V. 14. 2. a 1202. Longior est in Cod. Brevier in cod. 1198. :l 1 Die CompilatioDen Gilberts und Alanus. 667 Codex Fuldensis D. 5. Compil. 11. Compil. III. N o t a e 3. Exconc. Tribur. DeFrancia 4. Inn. III. Liber. — Postu- lasti insuper 5. Constitutus in n. p. B.mon- slravit 6. Inn. III. i. r. Biturie. arch. Veniens ad s. a. dil. f. n. Witniiinnus — sit agendum. II. De desponsationeim- p u b e r u m. Inn. III. Postulavit a nobis dil. f. n. V. princepsNorwag. ut III. De condit. apposit. vel appon. Inn. ni. Per tuas litteras . . IV. Q u i c 1 e r. V e 1 v o v. ni a t r. cont. p. Coel. III. p. c. laudabile. Kur- sus IV. 1. 1. rv'. 1. III. 2S. o. 2. IV. 13. 1. V. De coniugio s er vor um. Inn. III. Ad nostram nov. . . VI. De conj. infid el. ad fidem venient. Inn. III. p.e. Deus qui . . Quia VII. De cognatione spiri- tuali. 1. Inn. HI. Papiensi civi. Per tuasnob.lit. indicastiquod ei 2. Inn. III. Tua nos duxit frat. VIII. De frigidis et niale- fi Cialis. Inn. HI. Sicut ex litteris tuis nobis praesent. accep. cum IV. 4. un. IV. 4. 2. 1206 1). Differt. Bai. V. 51.— A. 1202, A. 1203. IV. 7. un. IV. 14. 3. Brevier est in cod. IV. 8. 2. 1202. Differt in in- script. ') In Comp. III. et in Reg. incipit Tuae fraternitati. 668 V Schulte Codex Kuldensis D. ö. IX. De c I a n d e s t i n i s d c s- p nns. 1. Alex III. Consuiuit . . . . 2. Alex. II!. Nuilus X. De eoqui cogn. consang. uxor. s. 1. Inn. III. in rejj. priori de Osin. Per luas nob. lit. in- timasti q. W. lator . . . 2. Inn. III. ittdici Salernitano. Veniens XI. Deconsang. et affi- nit ate. 1. ürb. III. Super eo quod . . 2. Inn. in. Qiiod super . . . 3. Inn. III. Sup. eonsult. — Quod vero in fine eonsult. annectere stud XII. Qui filii sint legitimi. 1. Coel. III. Referente . . . 2. Inn. III. Per vener. fr. arch. 3. Inn. 111. Ex tenore .... 4. Coel. III. Pervenit .... .T. Inn. III. Sane quia contingit 6. Inn. III. illustri regi Fran- corum. Ap. s. quae dispon. domino XIII. Quimatr. aceusare poss. vel t estif. i. Innoc. III. SigniHcante . . 2. Innoc. III. p. c. Licet. Con- suiuit insuper 3. Innoe. III. Per t. nobis 1. intimasti 4. Innoc. II!. Tua nos duxit frat IV. 3. rv. 3. 1. 2. IV. 8. \ IV. 11. 1. IV. 11. 2. IV. 9. 4. IV. 10. 2. 1203. IV. 12. IV. 12. IV. 13. 3. I. 22. 2. IV. 13. 2. II. 15. 10. Brevior in cod. — Esta. 1199. (II. Kai. Jan. a. II.) A. 1205. Baluze T. I. p. 684. Est anni 1201. A. 1204. A. 1206. A. 1203. Die Compilationen Gilberts und Alaniis. 669 De iure dotiu ni. 5. Innoc. ÜI. archid. s. Andr. de Scotia. Super hoc quod a nobis tua devotio requis. XIV. De secundis nuptiis. 6. Innoc. III. Cum secundum apostolum Incipit 1. V. de accusatio- nibus denunciat. etinqui- sit i oni bus. 1. Inn. III. Si constiterit . . 2. Inn. m. Licet in beatoPetro 3. Inn. III. Dil. f. n. mag. A. 4. Inn. in. Super Nis . . . 5. Inn. in. Veniens ad s. a, d f. A. Prag 6. Inn. III. Asinali ep. et abb s. Petri Perusini. Cum civit Perusin. inter alias . . 7. Inn. III. Cum dil. fil. etc Inquiratis lY. i; V. 1. 1. IV. 16. un. V. I. 1. V. 2. 2. V. 1. 3. V. 1. 2. 8. Inn. m. Mediol. arch. üt nostrum procedat .... 9. Inn. HI. In tantum peccatis — 10. Inn. 111. Sicut nobis . . . — II. De spiritualiredem- tion e. 1. Alex. III. Ad nostram no- veris V. 2. 3. 2. Luc. III. Ad aures .... V. 2. 4. 3 Coel. III. Dil. fil. n. R. . . V. 2. 10. 111. 10. un. V. 14. 1. V. 2. S. Princ. et tituius in Comp. III. dirtert. Imme Coel. III. al. Alex. ni. 1198. A. 1202. Plenior in cod. A. 1202. Comp. IV. V. I. 1. A. 1198 '). 1199. A. 1199. 1) In nostro Cod. decrefalis continet quae habentur in Comp. III. et in IV. L. 1. T. XI. c. 3. et finem. 670 V Schulte Codex /uldensis [). S. N o t a e [II. De magist ris et ne aliq. pxig. p. 1. d. Alex. III. Pervenit IV. De i u d e i s et s a r r a- c e n i s. i. Alex. III. Ad haec .... 2. Clem. III. Quod olini . . . 3. Inn. III. Sicut iudei . . . V. De sehismaticis. 1. Inn. III. Priorem. (p. e. Fratern.) 2. Inn. III. Iiidorsien. areh. Nee tu nobis absque . . . VI. De homicidio casuali. i. Inn. III. Signifieasti nobis . 2. Inn. III. Ex parte tua nostris VII. De (orneamentis. Alex. III. Ad a. n. noveris. VIII. De usurarii?. 1. Inn. III. Quam pernieiosum 2. Inn. III. Ad n. a. n. p. p. c. R 3. Inn. UI Ilio vos credimus . 4. Inn. ni. Ad n. n. a. p. q. 0. J 5 Inn. III. p. e. Licet. Ceterum quaesiv. p. s. ap. edoceri si debitor proprio. . . . IX. De fa Isariis. 1. Ir.n. III. Accedens ad p. n. P. 2. Inn. III. Ex conscientia . . V. 3. 1. 4. 2. 4. 6. 4. 3. /. un. o. un. V. 7. 4. V. 7. V. 10. 1. III. 14. 1. III. 17. 1. II. 13. 6. Decretalis codicis est Clem. III.i). A. 1203. A. 1198. A. 1203. A. 1203. A. 1205. Comp. IV. V. 8. 1. ibid. e. 2. <) Inn. III. eam denuo confirmavit. Vide Bai uz e Ep. 11. 302. Die Compilationen Gilheits und Alanus. 671 Codex Fuldensis 0. S. Compil. II. Compil in. N 0 t a e X. De clerico excom. mi- ni s t r. 1. Inn. in. Veniens ad ap. s. d. f . P 2. Inn. in. p. c. frat. Presb. autem XI. De excess. prael. in subdi tos. 1. Luc. III. Retulit 2. Alex. III. Sane si ep. . . . 3. Inn. HI. p. c. In noraine Nullus reeip. ecc). . . . XII. De p r i V i I e g i i s. 1 Si gratis tibi faetam . . . 2. Inn. in. i. r. Colubrino epo. Fratrum 3. Inn. III. ep. Florent. Per t. I. intimasti XIII. De purgatione cano- niea. Clem- III. Veniens ad nos R. ean V. 12. 2. V. 13. 2. V. 13. 1. V. 13. un. I. 21. 3. Tabula F. A. 1203. A. 1206. Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. L. VI. De sacramento baptismi. Inno. III. in registro libri VI. . 1. Maiores ecelesiae . . . . De conseer. eid'e eucha- ristie. 2. Inn. III. Lugd. arch. Cum Marthe III. 34. 1. In comp. III. deest in r. 1. VI'. A. 1204. - im. 33. 5. A. 1202. 672 V. Schulte Codex Fuldensis L). ö. Compil. II. Compil. N o t a e 3. Inn. 111. p. c. Ex parte. In- super postul 4. Inn. 111. Non iit apponeres . 5. Inn. 111. Quanto de benign. Pervcnit 6. Inn. 111. p. c. Ex parte. Post. ,pr. edoc ') 7. Inn. III. p. c. Sicul ex litt. Super eo aut. '-) .... 8. Inn. \\\.p. c. Exp. t. Quaes. praet 9. Inn. 111. Cum ven. ud p. n. f. f. n. B. a. s. leg. . . . 10. Inn. III. Ex p. v. f. quae- sittim An in omnibus apostol.sit ieium. 11. Inn. III. CoHsiliiini nostrum sub. quib 12. Alex. III. Ätidiviinus . . 13. Inn. III. De homine . . Qnaesiv 14. Inn. III. In quadam no- stra ep io. Iiiu. III. DehUum past. off'. Extra titalos. 16. [Inn. III. Offivü vestri laiid de] fensari et consilio quorund«in — nia- lignorum 17. Inn. III. Cum oiim ad n. p. a. q. can 18. De cons. Inn. III. Dil. abbas 19. Inn. III. Per tuas litt. Lat. XII. Kai. Mart.Ponf. n.a.V. III. 33. 4. III. 34. 3. 1. 3. 3. UI. 33. 3. V. 21. un. III. 35. 1 III. 3Ö. 2. III. 33. 6. III. 33. 7. III. 34. 2. III. 3. 2. I. 25. 1. V. 21. 14. A. 1204. A. 1206. A. 1199. Finit 'orare ac'. A. 1204. A. 1206. A. 1208. Comp. IV. 1. 3. 4. A. 1203. A. 1202. A. 1203. *) Duo folia sequentia exciderunt. 2) Haec epistola et Septem sequentes desumtae sunt ex alio Codice Fuldensi D. 3^ , prius 158. Cf. supra pag. 10. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 673 Codex Fuidensis D. ö. Compil. Compil. N 0 t a e II. III. 20. Inn. III. Pastoralis off. de- bitum — II. 3. 3. 21. De spons. Inn. III, Signifi- casti . . — IV. 1. 2. 22. De eo qni cogn. Clem. III. Ex lit. tuae discr. acc. quod cum G. a te — — Miscell. p. 378. Liber secundus de a c c u s a t. 23. Inn. III. Licet Hely . . . — V. 2. 3. A. 1199. 24. De hom. Id. Exposuit nob. d. f . M 2n. De hom. Ex lit. t. t. acce- pimus — V. 7. 2. 26. De falsariis. Id. Quam ofravi — V. 11. 3. In hoc cap. Cod. habet Ö* " • • ' • • • • defectum. 27. De nsu pallii. CoJest. III. Cum sis — — Comp. IV. I. 4. un. 28. De quäl. ord. Iiin. Hl. Quae- ris a nobis I. 8. 1. Alex. III. in Comp. II. Sed non est Innoc. III. ex nota apud Anton. .4ugust. in fine Comp. III. 29. De corp. vitiatis. Alex. III. r Ex parte — I. 13. un. Inn. 1198. 30. De der. peregr. Coel. III. Petitorio nob. por. , . . — ^\. De off. jud. del. Coel. III. Studuisti I. 13. un. 32. De off. jud. del. Coel. III. Sicut V. 13. 4. — 33. De off. jud. del. Miramur non modicum — — Miscell. p. 391. 34. De his q. vi metusve c. f. Coel. Cum oiim. . Fuleo . — — 33. De causa poss. et propr. Coel. Cum V. f. n. a. Medic. — — 36. De decimis. Adrian. Ex p. d. f. n. 1. lator — — Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. III. Hft. 674 V. Schulte Codex Fuldensis D. 5. Compil. II. Compil. III. N o t a e 37. De voto et voti red. Inn. III. P. t. sei Marcelli presb. C. Quaes. sane de h 38. Inn. III. Eliensi episcopo. Pastoralis officii diligentia. a) De of. iud. del. Past. Dis- cussa h) De rescr. Past. Praeterea req cj De of. iud. del. Past. Quia vero saepe dj De appell. Past. Quaes. — denegaverit e) De iure patr. Past. Cum autem fj De priv. et exe p. Past. Interrog. praet gj De hisq.f.abep. P&s\.Sol\i- eite praet hj De decimis. Past. Explicari ij De constitut. Past. Quaes. etiam kj De except. Past. Quoniam autem l) De off. iud. del. Past. Sta- tuimus — prorogari. . . . mj Denon ord. ministr. Past. Propterea nos 39. Z>e?/SMm Inn.III.Quia frustra 40. De excom. Id. Quantae praesumt 41. De aet. et quäl. ord. Id. Tollet, arch. et abbati s. Leocadiae. Accedens ad p. n. d. f. N. d. Panp. sae. sua nobis 42. De conf. ut. vel inut. Id . Ad hoc unxit 1. 18. 7. 5. I. 20. 5. I. 2. 3. I. 18. 7. II. 19. 11. III. 30. 4, V. 16. 9 ni. 11. 3. II. 18. 4. ni. 23. 5. II. 13. 3. II. 16. 3. V. 10. 4. n. 9. un. A. 1204. Comp. IV. V. 15. 3. 1198. In codice tota ep. adest. Die Coiopilationen Gilherts und Alanus. 6T5 Codex Fuldensis ü. S. Compil. II. Compil III. N 0 t a e 43. De viol. clericis ilL Id. Ut faniae 44. De purg. can. Inn. III. Cum dil. fil 45. De purg. can. Inn. III. Si benc (vere) 46. üe purg. can.\nu.\{\.SsiQT'\s est ean 47. De purg. can. Ex parte dil. in Christo 48. Inn. III. Arch. Toll. Insinu- arunt n. fr 49. Inn. III. i. r. B. ma^. seolar. et N. can. Dar. Super eo quod nos v. discr. requi- sivit öO. Clem. III. Conquesti . . . 51. Inn. 111. De monialibus . ■ 52. Inn. III. Saepe eontingit . 53. Inn. III. Tuae discretionis 54. De haeret. Inn. III. Ex in- iuncto nobis 55. Id. ep. et cap. Metensi. Siqitesol. prael 56. Id. Vergentis — mercena- rio comparemur V. 18. 11. V. 21. 8. V. 17. 2. V. 21. 7. III. 21. 3. I. 23. 1. V. 23. 7. V. 21. 6. V. 21. 10. III. 1. 3. IV. 10. 4 V. 4. 3. V. 4. 1, A. 1203. In codice tota. Longior in cod. In cod. brevior. A. 1207. Insuper in cod. longior. A. 1199. Unmittelbar daran eine Missurus in m und um beginnende Vorrede zum Dekret Gratians. 45* 676 V. Schulte Tabula G. Nachweis über die Entstehung der vermehrten Com- pilation des Manu s. Codex Fuldensis D. 14. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. S. Cod. Fuld. D. ö. Compil. Joh. G.-1I. II. Compil. Petri Ben. in. Compil. IV. N 0 t a e Haupt- sammlung- Anhang L. I. Tit. I.-VI. 10. I. I VI. Cap. 11. — — — I. 19. 3. — 12. — — — I. 6. 3. — 13. — — — I. 8. 3. — De suppl. neg. prael. c. 1. — — I. 6. 1. — — 2. — — — III. 8 7. — Inn. III. i. r. 3. — — — I. 6. 2. 1. [Detemp.or- din.JPertuas nob. lit. int. quod V. can. — — — — — 2. Inn. Bracar. arch. Acce- pimus . . . — — — — I. 8. 3. De filiis presby- terorum . . . — — — — — 1. Alex. III. Ad extirpandas . — — I. 9. 1. — — 2. I. VII. un. — — — — De translati- oneepisco- pi bis 11. Tit. VI I. XIV. — — — — De dolo et cont. bis II. VI. — — — — alterius part. pun I. Inn. i. r. Dulm. ~ — — ■^^ ~~'~ epo. Cum. d. f. G. arch. . . — — — — — 2. 3. — — III. 8. 1.2. — — Die Compilationen Gilberts und Alanus. 677 Codex Fuldensis D. 14. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. 5. Cod. Fuld. D. 3. Compil. Joh. Gal. II. Compil. Petri Ben. III. Compil. IV. N 0 t a e Haupt- sammlun^ Anhang IX. 1—3. . . II.9.1— 3. ( ___ ■ 4. — 38. k. — — — 5. — — — II. 16. 2. — 6. 11. 9. 5. — — — — X. 1—7. X. 10. 1-7. — — — — 8. X.10.8. — — — — XI. XII. 1—5. XI. XII. 1—5. 6. Inn. III. ep. et. can. s. V. Ex tenore litterar. fratris n. epi et ex p.v. . . . In margine Cod. 'va- eat'. 7—11. XII. 6 bis 10. III. Tit. I— VII. 1-9. . . . II. I— VII. 1—9. ___ In margine Codicis ad Tit. VII: •! I. lit. de praebendis maiori- bus'. 10. — — — III. 11. 3. — V a G a t. VII.ll— XIV.1.2. VII. 10 bis XIV.1.2. — — — — 3. — — — III. 23. 1. — 'vacat'. 4. - III. 23. 2. In marg. Cod. 'v a e a t*. 5. — — — III. 23. 5. — 'vacat'. 6-8. XIV. 3. 5. — — — — XV. De regul. et trans.adrel.l. — — III. 18. 2. — — 2. — — III. 18. 6. — — 678 V. Schulte Codex Fuldensis D. 14. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. Ö. Cod. Fuld. I). ä. Haupt- sammlung Anhang Coel.III.[Inn.]4 ä. Inn. III. i. r. abb. et eonv. case mar. • . In praes. d. f. n. G. s. Adriani diac 6. 7. XVI. De voto et voti redemt. t-3. 4. 3. 6. 7. 8.9. XVII. De statu monac. i. 2. . 3. Inn. III. Licet multitudini . 4. 3. XVIII. un. XIX. 1. . . . 2. XX. 1-4. . . . 3. ß. 7. XXI. 1. 8. 2. 3. I/Ucius III. (Inn.) 4. XXII. De emu- nitate eccl. . III. 14. 6. 7. III. 14. 8. 9. 10. 11. XV. XVI. III. 17. III. 18. 1 III. 19. 1. Compil. Joh. Gal. II. Compil. PetiiBen. III. Compil. IV. N 0 t a 6 III. 24. 7. III. 27. 1. III. 19. 1 III. 21. 1 bis 3. vacat. III. 11. 1. III. 26. 1. 5. 4. II. 13. 2 III. 30. 4. III. 37. 5. 1. 2. III. 28. 2. III. 26. 4. III. 26. 3, 'vacat'. 'vacat'. '■vacat'. 'va cat\ Die Compilationen Gilberts und Alaniis. 679 Codex Fuldensis D. 14. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. S. Cod. Fuld. D. 5. Compil. Joh. Gal. II. Compil. PetriBen. III. Compil. IV. N 0 t a e Haupt- sammlung- Anhang I.Alex. III. (Inn.) Intel- alia . . — — — III.32.un. — 2. 3. III. 19. 23. — — — XXIII. un. III.20.un. — — — — L. IV. Tit.l.cap. 1. 2 IV. 1.1.2. — — — — 3. Inn. epo. Cum omnia orta. . — — — — — 'vacat'. 4—6. bis Tit. XIII. un. . . 3— 6bis XIII. ö. XIV.Dedotepost divort. . . — — — . — — Inn.III. Compost. arch. Cum si necesse . . . — — — — — 'vacat'. XV. un. IV.13.un. — — — — L. V. Tit. I. I. 2. V. 1. 1. 2. — — — — 3. Inn.III. Neapel. arch. . . Nihil pene est quod magis debeai — — — — — 'vacat'. 4—6. V.l. 3-5. 7. — — — V. 2. 5. — 'vac at'. 8-12. IT. 1—3. 6-10. II. 1—3. — — — — Inn. III. Exposu- isti nob. d. f. abbas. 4. . . — — — — vacat. III. IV. 1—3. III. IV. 1 bis 3. — — — — V. De haereticis. un — 56 — — — VI IX V.— VIII. — — — — IX. De falsariis. 1. Inn. III. . . — — — — — Dil.filüB. cantor H. et. R. . . — — — — — vacat. 2. — — — V. 11.2. — vacat. 680 V. Schulte Codex Fuldeiisis D. 14. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. S. Cod. Fuld. D. 5. Compil. Joh. Gal. II. Compil. Petri Ben. III. Compil. IV. N 0 t a e '^ Anhang Sammlung 3. 4. IX. 1. 2. — o.Inn. III. iliustri regi Ung. . . — — — — vacat. Inauditam hac- tenus speciem — — — — — X. 1. 2. XI. 1. 2. X. 1. 2. XI. 1. 2. — — — — 3. — — — V. 15. un. — vaca t. XI. 4. XII. 1. XI. 3. XII. 1. — — — — 2. — — — V. 16. 1. — vacat. 3. 4. 2. 3. — — — — 5. — — — III. 37. 6. — XIII. De purgat. can. 1. V. 13. un. — — — — 2. — 44 — V. 17. 2. — 3. Inn. III. Sise- des ap . . Cum aut. sup. bis . — — — — — 4. — — — V. 18. un. — 9. — — — — V. 13. 1. XIV. De poenit. et remissioni- bus 1. — — — — V. 14. 3. 2. — — — V. 20. 2. — 3.Inn.III.Archad. epo. Ex litt. t. f. aceepimus quod I. laicus lator .... — — — — — 4. Alex. III. Bel- vac.epo. Quod quidam . . . — — V. 17. 1. — — 5. Inn. in. Ad ap. sed. clemen- tiam — — — — — XV. De sententia excoram. 1. V. 15. 2. vaca t. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 681 Codex Fuldensis D. 14. Vermehrte Sammlung' des Cod. Fuld. D. 5. 2. 3. 4. 5. Inn. III i. r. de lucellar. et de caritate abbat. Acce- dens ad a. s.d. f. n. nob. vir. W. de monte bellegarde 6. 7. Inn. III. i. r. Lexov.ep.Sicut ea quae paeem . . Ceterum ut tu ipse . . . 8. 15. Incipit Hb. VI. de sacram. bapt is m t. 1. II. De consecra- tione euehar. 1—4. S. Quidam etiam 6—10. III. An in Omni- bus apost.vigil. sit iei. 1.2. . 3. Inn. III. Cum dil.f. concano- nicus .... De reseriptis et Interpret, eo- rum 1. 2.Id.Conquerente dil.fil.P.Comp. Cod. Fuld. D. 5. Haupt- sainmlung- ! Anhanj Compil. Joh. Gal. H. Compil. Petri Ben. III. Compil. IV. N 0 t a e V. 21.13. 15. V. 15. 4. 45 46-53 2-5 11.12 V. 22. 2. V. 23. 3, vacat. vacat. vacat. 682 V. Schulte Codex Fuldensis D. 14. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. 5. Cod. Fuld. D. 5. Haupt- sammlung Anhang Compil. Joh. Gal. II. Compil. PetriBen. DI. Compil. IV. N o t a e 3. 4. S. 6. 7. 8. Id. epo etc. Laud. Consfi- futus i. p. n. d. f. n. H.subd. v. eccl 9. Alex. III. Re- cepimus 10. Inn. III. Super eo q. discr. t. req. videl. quid fac. sit. de bis qui captioni b. IT) H. 12. Id. Päd. epo. Intell. ex I. t. quod cum N. monachus s. Stepbani . . 13. ! De consuetudine 14—17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. De eo qui cogn. eons. uxor. 26. III. 9. 2, 1&— 19 20 I. 1. 1. V. 2. 5. II. 16. 2, exni.o.3. III. D. 9 V. 14. 1. V. 21. lo IV. 2. un. IV. I. 1. IV. XI, 2. 21 22 V. 1. 3 II. 17. 6. in. 2d. 2. V a c a t. V a c a t. V a c a t. vacat. vacat. vacai. vacat. vacat. vacat. vac at. vacat. vacat. vacat. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 683 Codex Fuldensis Cod. Fuld. D. o. Gompii. Compil. b. 14. Vermehrte Joh. Gal. PetriBen. Compil. >■ 0 t a e Sammiuiifj des Cod. Fuld. D. 3. Haupt- samralung' Anhang II. III. IV. De matr. contra int. ecci.contr. Coel.III. Insin. nobis q. quid. paroch. 27. — — — — — — Miscell. p. 373. Liber secundus de aceusatt. 28. — 23 — — — 29. V. 1. 4. — — — — vacat. 30.1d.Sen.Quon. ex dictis tes- tium .... — — — — — vacat. 31. — — — V. i. i. — vacat. De symonia. 32. Id. Neapol. . — — — — — — arch. et c. S. Laur. in Lu- cina — — — — — — p. c. Ap. s. le. Dil.f. m. Andr. prop. t. . . . — — — — vaca t. De iudeis. 33. Alex. III. p. c. adhoeuniver- sor. Aust. ap. inhib. ne quis — — — — — vacat. De haereticis. 34. 33. — 54. 35. — V. 4. 3. — vacat. De homicidio. • 36. De infant. — — V. 5. un. — — vacat. 37. 38. — 24. 23. — — — 39. Id. Cum in- punitas scele- rum — — — — — vacat. De adulteriis40. — — — V. 14. 2. — va eat. De falsariis. 41. — 26 — — — De der. non ord. niinistr. 42. — — — — — 684 V. Schulte Codex F"uldensis D. 14. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. 5. Cod. Fuld . Ü. 5. Compil. Joh, Gal. II. Conipil. Petri Ben. 111. Compil. IV. N 0 t a e Haupt- sanimlung Anhang Id. ep. Leinovic. A n 0 b. f. ex t. p. q uaes. quid tibi faci- endum erit de quod. u. darin llle autem qui [c. 7. X. 1.21.] . . . — — — — — De eo qui fürt. ord. suscepit. 43. 1(1. epo s. Andr. Significante V. f. n. Andeg. . — - — — — De privilegiis. 44. Contingit. Coel — — II. 14. 3. — — Alex. III. Patent. litt. 45. — — V. 14. 2. — — 46. — — — I. 2. 5. — V a c a t. De sent. excom. et interdicto. 47. Coel. ni. abba- tissae de Apia. Cum pro causa quae int. dil. fil. et infra. Recte agis . . Quaeris autem per quem. 48. Inn. III. Ex in- sin. v.f.n.Co- limbrie. . . . — — — — — 49. — — — V. 21. 9. — 50. — — — 111.36. an. — 51. — — — III. 16. 1. — 52. — — — — V. 15. 2. V a e a t. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 685 Codex Fuldensis D. U. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. o. Cod. Fiild. D. o. Compil. Joh. Gal. II. Compil. Petri Ben. III. Compil. IV. No t a e Haupt- sammlung Anhang 53. _^ L 18. 3. De siipplenda negl. prael. . — — — — — Inn. in. Elicen. Det. Lint. arch. norh. Licet d. f.mag. H. arch. Richem. et R. .54. — — — — — OD. — — — III. 3. 1. — Derescriptis. 36. Ne promoti- onis .... _ _ vacat. Deconsuetudine. 36. — — — I. 3. 3. — vacat. Deelectione. 37. — — — in.l2.un. — vacat. 38. — — — I. 20. 4. — vacat. De usu pailii 39. — 27 — — — De qualit. ordi- nandor. 60. — 28 — — — De corpore vi- tiatis 61. _ 29 _^ De clericis pe- regrin. 62. — 30 — — — De officio iudi- cis dele^ati. . — — — — — 63 66. I. 3. c. 3 6. — — — — vacat. Lac. in. Noven. ep. Qiiaes. est •exp.t.jsiiudex Ordinarius vel cuiiud. del.67. vacat misc. p. 373. 68. 69. — 31. 32. — — — Coel.Antiq. Ebo- rac. eccl.dign. 70.71. 1 —— — 686 V. Schulte Codex Fiilden«is D. 14. Vermehrte Cod. Fuld. D. S. Compil. Joh. Gal. Compil. Petri Ben. Compil. N 0 t a e Sammlung' des Cod. Fuld. D. 5. Haupt- Anhang Sammlung II. 111. IV. De his quae v. m. c. f. 72. — 33. 34. — — — Deiudiciis. Alex. III. Auct. apost 73. — — II. 1. 1. — — vacat. De causa posse?. , etpropriet74. — 3S — — — 75. II. 4. 1. — — — — De testamentis. Id. Cantuar. arch. etep. Ci- strensi. Retulit n. A.presb. 76. — — — — De restit. spoli- ator. J. III. ep. Mutin. et mag. Amaneo. Ex 1. d. f. archid. Bon. 77. — — — — De iureiurando 78. IL 12. 7. — — — — vacat. 79. — — — L 1. 3. — De sent. et re iud. Coel. III. In his 80. — — V. 23. un. — — Deappellat. Coel. III. Licet Sit ap — — IL 19. 19. — — Honor.Rav. arch. Querim.P. du- cis. 81. — — — — — Alex. III. Ad au- res 82. — — 11.19. 6. .„— Alex. III. Ad aud. 83. — — IL 19. 7. __ De conf. utili vel inut. 84. L 13. 4. — — — — Vide A. de privil. 1 I Die Compilationen Gilberts und Alanus. 687 Codex Fuldensis D. 14. Veiraeiirte Cod. Fuld. D. 5. Compil. Joh. Gal. Compil. PetriBen. Compil. >' 0 t a e Sainnilung des Cod. Fuld. D. 5. . Haupt- sammlung' Anhang 11. III. IV. De bis q. f. nb epo sine cons. cap. 83. 11. 9. 2. In cod. Inn. m. Aquil. p. Id. Ex parte canonicor. Eugiibinae. 86. — — III. 15. i. — — De decimis. 87. — 36 — — — Inn. III. Ex p. dil. filior. cap. alb"i 88. — — — — — V a c a t. De conversione coniugat. Urb. III. priori s. crucis.Exp.d. f. n. abb. s. Petri 89. ■ ■ ■■ Mise. p. 376. De voto et voti redeint .... — — — — — 90—93. — 37 40 — — — De praebendis. 94. — — III. 3. 4. V a e a t. De aet. et quäl. praef. 95. — 41 — — — De conf. ut. vel inut. 96. 97. — 42. 43. — — — De- rescriptis. 98. — — — I. 2. 4. — vacat. De iureiurando 99. — — — — III. 7. un. V a c a t. Id. Nihil est pene quod magis deb. form. 1) 100. vacat. *) Jam supra in G. V. 1. ade 'St. - 688 Schulte Codex Fnliiensis D. 14. Vermehrte Sammlung des Cod. Fuld. D. S. Cod. Fuld. D. ö. Compil. Joh. Gal. II. Compil. Petri Ben. III. !^ompiI. IV. N 0 ta e Haupt- sammlung Anhang De lest, et at- test 101. — — — II. 12. 4. — vacat. De regujaribus. 102. — — — III. 24. 7. — V a c a t. Inn. Cum licet et j. Ex p. t. qiiaes. estquod cum N. ante- cessor tuus mon. 103. — — — — — vacat. De rescr. Alex. III. Cum cau- sam. .Si vero. 104. — — — — — vacat. Alex. III. Sup, consult. et j. • Quod enim 103. — — — — vacat. 106. — — — pars. c. — vacat. Inn. III. Quam I. 2. 5. periculosum . Inde 107. — — — pars c. V. — vacat. Missurus in 10. 1. m und um. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 689 Tabula H. Cod. Bruxellanus bei Theiner Entspricht nach Theiner den Capiteln der Die Capp. aus Compil. 11., 111., IV. stehen im Cod. Fuld. D. 5. Compil. 11. Compil. III. Compil. IV. Buch I. Tit. I. c. un. . I. 1. un. — — I. 1. un. „ II. 1 . . I. 2. 1 — — I. 2. 1 II. 2 . . 2. 4 — — 2. 2 II. 3 . . 2. 3 — — 4. . — . — — o . . — 6. . 2. 9 — — Tit. Ili. 1 . . 3. 1 — — I. 3. 1 2 . . 3. 4 — — 3. 2 3 . . 0 — — 3. 3 4. . 6 — — 3. 4 0 . . 7 — — 3. 5 6. . 7 . . 8 . . — — 1. 3. 5 «) ^_^_ 9. . — I. 6. 8 — 10 . . — I. 6. 13 — 11 . . — I. 5. 4 Tit. IV. 1 . . 1. 4.1 — — I. 4. 1 2 . . 4. 2 — — 4. 2 „ V. 1 . . I. ö. J — — I. 5. 1 V. 2. . 5.2 — — I. 5. 2 3 . . 3 — — I. 3. 3 4. . 3 . . 6 . . — 1.7. 1 — . I. 3. 1 __ I. 3. 3 VI. un. . — I. 3. 2 6. 1 Vli. 1 . . 2 . . — — — >) Vielleicht Druckfehler ansta tt 3., das Cod. F uld. als 1. 3. 6. 1 lat. Sitzb. d. phil.-hist. CI. LXV. Bd. 111. Hft. 46 690 V. Schulte Cod. Bruxellauus bei Theiner Entspricht nach Theiner den Capiteln der Compil. II. Compil. III. Compil. IV. Die Capp. aus Compil. II., III., IV. stehen im Cod. Fuld. D. 3. Buch I. Tit. VII. 3 . VIII. 1 . 2 . 3 . IX. i . 2 . 3 . 4 . 5 . 6 . 7 . X. 1 . 2 . 3 . 4 . 5 . 6 . 7 . XI. un. XU. un. XIII. un. XIV. 1 . 2 . XV. 1 . 2 . 3. 4 . 5 . 6. 7 . XVI. 1 . 2 . XVII. un. I. 6. 2 I. 7. 2 7. 1 I. 8. 2 8. 3 8.4 8. 5 I. 9. 3 9.4 9. 5 III. 4. 3 1. 9. 1 I. 10. un. I. 11. 1 IL 18. 1 II. 2.7 I. 12. 3 V. 18. 9 I. 14. 2 I. IS. un. I. 9. 5 V. 6. 1 II. 8. 1 1) I. 23. 8 I. 20. 3 7. 3 8.1 8.2 8. 3 9. 1 9.2 9.3 9.4 I. 10. 1 10. 2 10. 3 III. 2. un. I. 12. un. I. 13. 2 I. 14. 1 14.2 I. 15. 1 1) Vielleicht Druckfehler für 1.8. 1., das Cod. Fuld. als I. 6. 2. hat. Auf gleiche Weise mag wegen Druckfehlern Einzelnes nicht stimmen. Die Compilationen Gilberts und Alanus. 691 Cod. Bruxellanus bei Theiner Entspricht nach Theiner den Capiteln der Die Cap. aus Compil. II., III., IV. stehen im Cod. Fuld. D. 5. Compil. II. Compil. HI. Compil. IV. Buch I. Tit. XVIII. 1 . . I. 16. 4 — — 2 . . 16.2 — — 13.3 3 . . 16. 5 — — 15.4 XIX. un. . I. 17. un. — — 16. un. XX. 1 . . I. 18. 1 — — 17. 1 2 . . 18. 3 — — 17.3 3 . — V. 21. 1 — Anh. 31. 4 . . — I. 20. 4 — I. 18. un. XXI. 1 . . I. 19. un. — — 19. un. 2 . . — I. 23. 1 — 3. . — I. 23. 3 — XXII. 1 . . — I. 25. 2 — 2 , . I. 20. 2 — — Tabula I. Zusammensetzung der Comp. II. aus Gilbert und Alanus. Der Comp. II. Capitel stehen zuerst in der Compilatio Gilbertus Gilbertus Alanus Alanus C. Tab. A. ß. 4 — 1. 4. 7 — 2 — 2. 3. 4 2 — 2 — 2 6 — 3.5 — Tab. C. Tab. E. . Haupt- saminlung- Anhang Nicht nach- gewiesen sind cap. un. cap. 1. 5 5. 6 1 1 1 4 2. 6—9 2. 3 46* 69 '4 V. Schulte Der Comp. II. Capitel stehen zuerst in der Compilatio Gllbertus Gilhertus Alanus Alanus C. Tab. A. B. Tab. C. Tab. E. Haupt- sammlung Anhan»- Nicht nach- g^ewiesen sind li. III. 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 1 2 3 4 ö 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 1 2 3 4 o 1.3 1.5 2 un. 1.3 un. un. un. 5. 2. 2. 4. un. 4. 1—3 1.2 3.4.6.7. 3.4.11-17 un. un. 1 un. un. 2 un. 1.3 1 3.4 1.2 4 2—5 1—3 1 3 1—4 1 1.2 1.2 1. 2. 8 1—3 6 1.9. 10 un. 2 3 1.2 1. 2. 3 5. 8. 18 un. 1—3 1.2 6. 7. 19 2. 20 Die Compila'ionen Gilberts und Alanus. 693 «i Der Capitel s tehen zuers t in der Compilatio Comp. II. Gilbertus Alanus Nicht nach- gewiesen sind S '4^ Tab. A. Tab. C. Tab. E. _, G. Haupt- r . { Sammlung- Anhang III. 6 1 2—4 5 7 8 2.3 un. — 1.4 — — — 9 10 1 2 1 2 — — — 11 — 2 1 — — — 12 — un. — — — — 13 2 1 — — — — 14 — 1 — — — — 2 IS 3 — 1.2 — — — 16 — un. — — — — 17 4.7 2. 5. 6 1.3.8 — — — 18 3. S 4 2.6 — 1 19 2.4 3 — 1 — 20 1.2 — — — 21 4 — 1—3 — 22 1.6 — 2.3 - — — — 4.5 23 2 — 1 — 24 i.2 — _ 2d 4 — 1—3 — — 26 1 — 2.5 — — 3.4 27 — — 1.2 — — IV. 1 2.3—8 — 1 — — — 3.4 2 — un. — — — — 3 — 3 1.2 — — 4 — 1 2 — — 5 I 2 — 6 1—3 — ^__ — 7 1—4 — — — — 8 2 1 — 9 3 1.2 — — — 10 — un. — — — — 11 — — 1.2 — — 12 1.2.4.5 3 — — — 13 1.2 — — — — 14 2 1 — — — — IS un. ~~^~ — ' ' """ 694 V. Schulte Der Comp. II. ',3 Capitel stehen luerst in der Compilatio Gilhertus Alanus Tab. A. Tab. C. Tab. E. F. G. Haupt- sammlun^ Anhang Nicht nach- gewiesen sind V. 1 2 3 4 o 6 7 8 9 10 li 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 1.2. 5. 6. 9 1.2 un. un. 1.2 31) [un.3] 3.2 1—10. 12—13 1.2 1.2 7.8 1.4.3 1.3—3 1—3 3. 4. 10 un. 2.3.6 un. un. 1.2 un. 1.2 11 un. un. un. ') Hoc cap. in Comp. II. ascribitur Clem. III., in Cod. Inn. III. Quod apud Rayne- rium exstat, ad verbum consonat. Inn. III. fortasse Clem. decretalem innovavit. *) Hoc Caput idem est quod in V. 8. 2. habetur, quare repeti non oportebat; in com- pilatione II. bis habetur. Die Corapilationen Gilberts und Alanus. 695 Tabula K. Zusammensetzung der Compil. III. aus Gilbert und Alanus. Der Capitel kommen bereits (zuerst) vor in Collectione Comp. Hl. Gilbert! Alani Hat in d. Com- pil. IM. Capitel S 's Tab. A. B. Tab. C. D. Tab. E. Tab. F. Tab. G. s < I. 1 _ _ _^ , 1 3 o 2 — — — — 1.2.4.5.7.8 — — — 13 3 — — — — 1.2 3 — — 7 4 — ■ — — — 1.2.3 — — — 0 — — 1.2 — 12.13 — — — 4 6 4 . — 3 — 6.8.15 — 3 — 19 7 — — — • — — — — — 3 8 1.2 — — ■ — — — 3 — 3 9 3 — — — — — — — 6 10 — — — — — — — un. 11 — — — — — — — un. 12 — — — — — — — — Uli. 13 — 2 — — — 1 — 2 14 1 . — — — — — — 2 lö — — — — — — — un. 16 — — — — — — 2 — 2 17 — ■ — — - — ■ — — — — un. 18 — 5.6 — — 1.7 7 — 3 11 19 — — — — 2 — 3 — 0 20 — — 3.4 — 2.5 — — — 6 21 — — — — 3 — — — o 22 2 — — — 2 23 — 1 — 2 — — — — 3 24 — — — 3 — — — 4 25 — — — 2 — 1 — — 4 26 — — — — — — — un. II. 1 2 — — — — 3 — — — 3 o 3 — — 1 — — — — — D 4 — — — — ■ — *~"~ ^^~ im. 696 V. Schulte Der Comp. 111. Capitel kommen bereits (zuerst) vor in Collectione Gilbert! Alan! Hat in d. Com- pil. III. aj 'S Tab. A. B. Tab. C. D. Tab. E. ^ Tab. F. Tab. G. < k^ ^ d Capitel II. t» 2 3 _ _ 4 5 6 — — — — 2.3 — — — 5 7 8 9 1 — — — 2 — — — 3 2 un. — — — un. — 10 — — — — — — — — un. 11 — — — — — — 3 — 4 12 2 6 — - — 1.8.11 — 4 — 14 13 — — — — — 3 2 . — 4 14 — — — — — — — — 2 15 2 — 8 — 1.6.9.10 — — — 13 16 — — — — 2 3 6 — 3 17 — — — — 2. S.6 — — — 8 18 5 6 — — 1.3,4.9.10 — — — 13 19 2 1.10 — — 7.11 — — 13 20 — — — — 2 — — — 3 III. 1 1 — — — 2 3 — — 4 3 — — 1 — — — — — 2 3 — — — — 2 — — 2 4 — — — — 1 — — . — . 4 5 — — 1 — 3.4.9 — — — 11 6 — — — — — — — — un. 7 — — — • 3 — — — 4 8 2 — — — 1.3.5.6.8 — 7 — 10 9 — — — — — — — — un. 10 — — — un. — — un. 11 — — — 2 3 — 3 12 — — unieuni — — — un. 13 — — — — — — — — 2 14 — — — — 1 — — — 2 15 — — un. — — — un. 16 17 18 19 20 — — — — 1 2 un. — — 1 2 3 6 3 uu. — — — 3.6 4 — — — — ^ — — — — 21 " ~ ■ " ~ 3 " " 3 Die Compilationen Gillierts und Alanus. 697 Der Comp. 111. Capitel kommen bereiU (zuerst) vor in Co lectione Gilberti Alani Hat in d. Cora- § 'S Tab. A. B. Tab. C. D. Tab. E. Tab. F. Tab. G. < pil HI. Capitel in. 22 un. . . _ un. 23 — — ; — 1.2 — 3 — — 3 24 2 — 1.3 — — — 7 — 7 23 — _ , — — 2 — — — 3 26 — — 1 — — 5 1.4 — — 5 27 — — — 1 2 — — — 2 28 29 30 — — — — — ~ 2 — 2 1.2 ~ — — — 4 — — un. 0 31 — — — — — — — — 3 32 — — — un. — — — — un. 33 — — — — — 34367 — — 7 34 — — — — — 1—3 — — 3 35 — — — — — 1.2 — — 2 36 — — — — — — — un. un. 37 — — — 1.2 — — 3.6 — 7 38 — — — 3 — — — 3 TV. 1 — — 1.3 — 3 2 — — o 2 — — — — 1 — — — 2 3 — — — 1 — — — — un. 4 — — — — un. — — — un. 0 — — — — un. — — — un. 6 1 — — — — — — — 2 7 — — — — un. — — — un. 8 — — — — 2 — — — 2 9 — 1 — — 4 — — - 4 10 1 — — — 2 4 — — 4 li — — — — — — — un. 12 — — 1 2.3 — — 3 13 — — — — 1-3 — — — 3 14 1.2 — — — 3 — — — 3 13 — — — — 2 — — — 3 16 — — — — un. — — un. V. 1 — — — — 1—3 — — — 7 2 — — — 2.4.3 3 — — 7 3 — — — — — — — un. 4 1 ~"~" '■ — " 3 "~ ■ " 3 698 V. Schulte, Die Compilationen Gilberts und Alanus. Der Comp. III. Capitel kommen bereits (zuerst) vor in Collectione Gilbert! Alani Hat in d. Com- pil. III. Capitel u 's Tab. A. B. Tab. C. D. Tab. E. Tab. F. Tab. G. 6 V. 5 6 — — — — un. — — — un. un. 7 — — — 1 4.5 2 — — 5 8 — — — — — — — — 2 9 — — — — un. — — — un. 10 — 2.3 — — 1 4 — — 5 11 4 — — 2 — 3 — — 4 12 — — — — 2 — — — 3 13 — — — — — — — — un. 14 — — — — 1.2 — — — 4 15 — — — — — — un. — un. 16 — — — 1 2 9 — — 9 17 — — — — — 2 — — 6 18 — — — — — — un. — un. 19 unicum — — — — — — — un. 20 — — — — — — 2 — 2 21 2. 3. 5. 9 4 — 1 — 6 7810 14 13.15 — 17 22 — — — — — — — — un. 23 1 2 — — — 7 — 3 10 Sacliau. Zur ältesten Geschichte des muhammedanischen Rechts. 699 Zur ältesten Geschichte des muhammedanischen Rechts. Von Ed. Sachau. Alles muhammedanische Recht ist in letzter Instanz auf zwei Grundlagen zurückzuführen: auf geschriebenes Gesetz und Prä- cedenz. Das erstere ist der Koran, d. h. nach muhaminedanischer Auffassung „die durch Muhammad geoffenbarte göttliche Welt- ordnung", das zweite ist das Leben des Propheten , die Richtschnur, der Weg (SunnaJ für alle seine Anhänger, oder genauer definirt: seine sämmtlichen mündlichen wie schriftlichen Aussprüche und Verordnungen (J^^^), alle Acte seines öffentlichen wie privaten Le- bens (J.äÄ1i); alle diejenigen Ffllle, in denen er weder durch einen Ausspruch noch durch ein actives Eingreifen ein Präcedenz schuf, sondern durch „Stillschweigen" seine Übereinstimmung und Sanc- tion ertheilte (^^lll). Durch die Reihenfolge dieser drei Bestand- theile der Sunna — kmil, fi'l, takrir — ist zugleich die graduelle Verschiedenheit in der Beweiskraft derselben für die Reehtsdeduc- tion {^ij^\) angezeigt i). ') Dictionary of Technical Terms, S. V.T , erklärt Sunna J-«» fj^' C}^ J'^"^ ^ j'jA, j\ J-^ijl J-jjJ-1 ^-Jj Jy ^ o\^\ ^ i->_3 juk » i ^Jl^LI^ _fj>^\^ J^A^^J J^ y^^ Jo-Xsll j^ -s\ (sc. ÄLJI) JaAJI i 1 iJaLaj. Über t^* r*^' in dieser Bedeutung vergl. Salesbury, On the science of Muslim tradition in Journal of the American Oriental Society VII. 86: 700 Sacli;iu Mit dem Koran, der kurz nach Muhammad's Tode gesammelt, dann aber A. H. 30 (60 1) in einer kanonischen Redaction für alle Zeiten festgestellt wurde, und mit einer grösseren oder geringeren Anzahl von Traditionen im Gedächtniss , zogen die ältesten Anhänger der neuen Lehre, die ^velche Muhammad persönlich gekannt „die Genossen"!) noch zu seinen Lebzeiten und unter seinen Nachfolgern über die Grenzen Arabiens hinaus, um innerhalb eines Jahrhunderts Asien und Afrika vom Oxus und Indus bis Marokko zu überfluthen und überall den Islam als allein herrschendes Gesetz zur Aner- kennung zu bringen. Die kleine Theokratie in Medina, die man sich etwa wie das Wahhabiten-Reich um die Mitte des vorigen Jahrhun- derts zu denken hat , war zu einem Weltreich geworden. Wer nicht zum neuen Glauben vom einigen Gott und seinem letzten Propheten übertrat, konnte sich durch freiwillige Unterwerfung eine Art Metö- kenthum erkaufen, das ihm Sicherheit der Person und des Eigen- thums garanlirte; that er keins von beiden, so musste das Schwert zwischen Tod oder Leben, Freiheit oder Sklaverei entscheiden. Nach dem Koran und der Sunna wurde über jeden streitigen Fall zwischen den Gläubigen, wie zwischen Gläubigen und Ungläubigen abgeurtheilt. Slane, Ibn Khaldün's Prolegomenen, Übersetzung lU, S. 7 und 477; Dic- tionary of Technical Terms S. TfA u. d. W. C-U&^il wird Sunna umschrieben durch .>JillljOj"CJl_jl Jl«5^1_jl Jly>^^- Über die verschiedene Beweis- kraft der drei Theile s. Dictionary S. V.l: ^ AJ)(^)| ^ ^^i\ J^*''^ „Das „Wort" hat stärkere Beweiskraft für die Rechtsdeduction als die „That". weil die „That" sich immerhin als ein ausschliesslich dem Propheten eigenthümliches darstellen kann; die „That" ist stärker in dieser Beziehung als die „Sanction durch Stillschweigen" , weil bei dieser Möglichkeiten (der Deutung) sich ergeben, die bei der „That" nicht vorkommen können." Deshalb sei auch von einigen die Beweiskraft des Takrir im allgemeinen bestritten. 1) Die technische Erklärung von „Genosse" ist ^S- Ol«^ ^ l*-»^ ,^_^' ^ ^^•» «..^LjJi n^er mit dem Propheten zusammengetroffen und zwar glaubend an ihn (d. h. seine göttliche Mission), und im Islam gestorben ist". Dictionary of Technical Terms S. A.V. Zur ältesten Geschichte des muhainniedanischeii Rechts. 70 1 Die Generation der „Genossen", der einzigen Anetoritäten der z\\ eiten Quelle des muslimischen Rechtes, starhen aus mit dem Jahre 100 d. Fl. ') Die nächste Generation derer, die die Genossen kannten — „die Nachfolger" — nahmen in den zahllosen Rechts- fällen, für die in Koran und Sunna nicht vorgesehen war und naturgemäss nicht vorgesehen sein konnte, ihre Zuflucht zu solchen Ansichten und Verordnungen der Genossen, die von diesen einhellig getheilt und bei ähnlichen Anlässen verordnet waren (AjUi^^'l S^Ls»! 3^. Die Verehrung gegen den Propheten wurde auf die, die ihm nahe gestanden, ausgedehnt und dasjenige, was sie gesprochen und gethan, als von seinem Geiste getragen aiifgefasst und zum Gesetz erhoben. Diese „Übereinstimmung der Genossen" ist ein ergänzender und commentirender Nachtrag zu Koran und Sunna, der von den Muhammedanern als dritte Rechtsquelle bezeichnet zu werden pflegt. Shahristani s) und Ihn Khaldün suchen die Gesetzes- kraft derselben durch die „Infallibilität der Gemeinde der Gläu- bigen" (acI<^I a^s^p , > Ic- ^^j-s-a-C 3 X4^ (Ui ^< ^j^jji^'si-l ^I^AjI „Übereinstimmung der Mugtahids unter der Gemeinde Muhammad"s in einem Zeitalter über eine rechtliche Bestimmung" Dictionary of Technical Terms, S. TTA Von besonderer Bedeutung sind hier die Entscheidungen der ersten vier Chalifen, die bei allen wichtigen Angelegenheiten die Genossen zuRathe zogen, z. B. 'Abu Bakr über die Bekämpfung der Äj;ll ^_j>>) (Damiri , ijU«-l ÄLsw , I, 8,4.), 'Omar bei der Vertheilung der Dotation aus dem Staatsschatz und der zu diesem Behuf anzulegenden Register aller derer, die darauf Anspruch hatten (Baladuri •^yf^\ «— 'l*J, ed. de Goeje S. i.i.\\. 3) Shahristani (^j^'j ^)-Ul i^^lo ed. Cureton S. I Of) stützt seinen Beweis auf eine Tradition AJJ'Uall i^ ^^S"^ ?'^*~ '^'"^ Tradition ähnlichen Inhalts citirt Muhammad b. Alhasan (Sprenger, Zeitschrift der Deutschen Morgenlän- r. , , -i ^ , ^ dischen Gesellschaft X, 6) ^j..;»- ,)Jill X^ ^ l— >- Ü^i— 11 aIj U. 702 Sacliau ist, dass die Genossen nicht ^die Gemeinde", sondern nur ein kleiner Bruchtlieil derselben waren. hl diesem .lahrhundert der Genossen, dem ersten der Flucht, sehen a\ ir die frühesten Keime sprossen , aus denen sich später die Wissenschaften der Muhammedaner entwickelt haben. Im allge- meinen -war dies Zeitalter des unausgesetzten Kampfes gegen die Ungläubigen, des Umsturzes alter und der Begründung neuer Reiche, sowie der heftigsten Parteikämpfe dem Aufkommen von Bestrebungen geistiger Art durchaus feindselig. Auch waren die meisten der Genossen nach dem Muster des Propheten selbst des Lesens und Schreibens unkundig; und dazu kommt noch, dass bei vielen die Religion nur Aushängeschild, dagegen Selbstbereicherung um jeden Preis der wahre Zweck aller Bemühungen gewesen zu sein scheint. „Ihr Hauptgeschäft war ausschliesslich die Bekämpfung der Griechen und Perser. Und Gott Hess die Gläubigen viele Ero- berungen machen, und gross wurde die Zahl der Gefangenen und die Masse der Beute". Shahristäni S. W Dieselben Ursachen aber, die dem Aufblühen von Wissen- schaften im allgemeinen ungünstig waren, Hessen frühzeitig ein Ein- gehen auf Rechtsfragen , die Entwickelung der in Koran und Sunna vorhandenen rechtlichen Elemente, kurz die Begründung einer Reciitswissenscliaft als praktisches Bedürfniss empfinden. Unermess- liche Reichthümer strömten aus den eroberten Provinzen nach Medina i) und später nach Damaskus. Wenn ein Muslim im Kampfe fiel, in welchen Quoten war die Erbmasse unter die oft sehr zahlreichen Mitglieder seiner Familie, die Ascendenten und Descen- denten der verschiedenen Frauen zu vertheilen? Konnte eine sch\j'an- gere Frau für ihr noch ungebornes Kind einen Erbtheil bean- spruchen? und welchen? u. s. w. In der That ist das Erbrecht, das späterhin wegen der dazu erforderlichen Fertigkeit und Kenntniss der Rechnenkunst (._>L«i.l Ic) als eine besondere Wissenschaft betrachtet wurde 2), früher als irgend ein anderes von den Muham- medanern ausgebildet. Von Zaid b. Täbit, dem Secretär Muhammad's 1) Einen annähernden Begrifl" davon gibt das Capitel über den Afä" bei ßaläduri, r>._^il ,^ll3 S. ÜA ff. '■^) Vgl. Ibn Khaldün, Piolegoraenen , Übersetzung III, S. 21. 138. Zur ältesten Geschichte des niuhammedanischen Rechts. 703 und der ersten drei Chalifen, heisst es, dass er unter den Genossen der beste Kenner des Erbrechts (-^-^sl) gewesen sei; auch dem Vetter des Propheten Ihn 'Abbäs wird ein gleiches nachgesagt O- „Und wir sehen, mit welchem Bemühen die Genossen durch Analo- gien Rechtsnormen zu eruiren suchten, speciell in erbrechtlichen Fragen, z. B. über das Erbrecht der Brüder mit dem Grossvater und über das Erbrecht der ferneren V^erwandten". So Shahristäni W und derselbe S. \ T ^Zur Zeit Omar's kamen viele Differenzen auf über Fragen der Erbschaft des Grossvaters, der Brüder und der ferneren Verwandten; über die für Verwundung der Finger, für ausgeschlagene Zähne zu leistende Sühne und über einige andere Punkte des Strafrechts , über die kein Text (in Koran und Sunna) vorkam". — Ausser dem Erbrecht waren es die Verhältnisse zu den Unterworfenen, die sich auf Grund eines Vertrages (Wr^) ergeben hatten oder mit Gewalt («J^) bezwungen waren, Verträge zwischen Muslims und solche zwischen Muslims und Fremden, überhaupt die tausendfachen Beziehungen einer Familie nebst Sklaven und Clienten ( i^), eines sich constituirenden Staates bestehend aus den Herren des Landes und Metöken ('^•^) — sämmtlich Dinge, über die in Koran undTradition sich mehr oder weniger ausführliche Vorschriften finden, die mächtigsten Triebfedern für den Ausbau der gesammten Juris- prudenz. Die Unzulänglichkeit der beiden Rechtsquellen Koran und Sunna nebst der Übereinstimmung der Genossen wurde allgemein empfunden, und man bemühte sich nach bestem Wissen und Gewissen aus den vorhandenen Textstellen (^^^^ij für diejenigen Fälle, über die kein Text vorhanden war, rechtliche Bestimmungen abzu- leiten. Und hiermit sind wir an dem Punkte angelangt , wo sich die Rechtskunde als ein selbstständiges Moment von der blossen Kenntniss des Korans und der Tradition ausscheidet. Bevor wir nun bis zur Ausbildung der ersten Systeme des ge- sammten Rechts in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts diesen Faden weiter verfolgen, wird es förderlich sein, den Zustand der ') Nawawi pl^^^l^ woJy v^'Jj S. ^0\ und öl. . Z. 10; S. Voi 704 Sachau (»faktischen Rechtspflege während- dieses Zeitraums in die Unter- suchung hineinzuziehen. Justiz und Administration scheinen ursprünglich bis zu einem gewissen Grade getrennt gewesen zu sein ; schon in der ältesten Zeit wurden Richter neben den Gouverneuren in die Provinzen ge- schickt. So erzählt Shahristani S. \oo, dass Muhammad seinen Schwiegersohn Ali als Richter — Kadi — nach Jemen gesandt habe i). Lehrreich ist die durch die beiden Sahih verbürgte Nach- rieht (Na wawi o^W Z. 1 , Shahristani a. a. 0. a), dass der Prophet r den Mu'ad b, Gabal nach Jemen sandte und ihm die richterliche Instruction ertheilte: in allen streitigen Fällen in erster Instanz nach dem Koran, in zweiter nach der Sunna, in dritter nach eigenem besten Wissen und Gewissen zu entscheiden. Mit Recht bemerkt Ibn Khaldun (Slane's Übersetzung S. 2), dass nicht alle Genossen eine solche Kenntniss der Offenbarung und der Sunna besassen , die sie zur Lösung von Rechtsfragen bel'ähigte, sondern dass dies le- diglich denen zufiel, die den Koran wussten, den sogenannten „Lesern". Einige von ihnen werden als besonders geschickt in der Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht bezeichnet; unter diesen der eben erwähnte Mu'äd b- Gabal , von dem Nawawi o"\. Z. 9 sagt: J-^ ^> jU ^J^ ^ J31^L (sc. ~i^i\) -^Ul j , und oH . Z. I : aHI J_j — -y -^-^ ^ O^ lylT jjjj] j>>.\ i:s- JJl ^^ J\_a*j „Und Mu'ad war einer von denen , die zur Zeit des Propheten Rechts- bescheide ertheilten." M, kämpfte für den Islam schon bei Radr und wurde im Jordanlande hinweggeralTt von der grossen Pest A. H. 18, die sich von Amawäs zwischen Jerusalem und Ramla über ganz Syrien ausbreitete, und der so viele der Genossen zum Opfer fielen (Ibn Kutaiba \r. und \\\ ; Jäküt V\^). Mu'ad starb in einem Alter von 33, nach andrer Angabe (Wäkidi) von 38 Jahren. Als rechtskundige Männer werden ferner angeführt von den Muhägirs: Omar, Otmän , 'Ali, von den 'Ansär: Ubai b. Ka'b und 1) Mäwardi S. Hl . -) Vgl. BaladuriS. l^Z. ö. 4. v.u.; MawardlS. I I. Über die Instruction , die 'Omar dem 'Abu MusA Arash'ari über denselben Gegenstand ertheilte, s. J. v. Hammer, Über die Länderverwaltung unter dem Chalifate , S. 206. Zur ältesten Geschichte des muhammedanisehen Rechts. 705 Zaid b. Täbit (Nawawi o"\\). Der Cberlieferer Masruk (gest. 64) lässt 'Otmäii aus und fügt hinzu: „'Abdallah (b. Mas'ud) und 'Abu Müsä Arash'ari (Nawawi U I Z. 3 v. u._). 'Abdallah (gest. 32) verwaltete das Richteramt und den Staatssehatz von Kufa für 'Omar und zu Anfang der Regierung 'Otman's (Ihn Kutaiba \ TA). Ali b. Almadini (gest. 258) hebt besonders die drei: Abdallah b. Mäs'üd, Zaid b. Täbit und Ibn 'Abbäs hervor ')•" Von dem letzteren heisst es (Nawawi fol) , dass er „gut bewandert war in den Entschei- dungen des 'Abu Rakr, 'Omar und Otmän", und dass er mehr als irgend ein anderer der Genossen Rechtsbescheide ertheilte (Nawawi ToV). Dass Ibn Abbäs, besonders aber Zaid b. Täbit die Auctori- täten für erbrechtliche Fragen waren, ist bereits oben erwähnt. Die Verdienste 'Omar's um die Entwickelung des muhammeda- nisehen Staates harren noch einer eingehenden Darstellung und Würdigung. Sowie er die Finanzen des stets anAvachsenden Staats- kolosses ordnete und das Steuerwesen aller Provinzen organisirte, wandte er auch seine Sorgfalt der Rechtspflege zu. In alle Städte von einiger Redeutung sandte er nebst den Statthaltern Richter; auch den einzelnen Heerhaufen wurden Richter beigegeben. Die 'Awä'il - Literatur hat uns eine Notiz über die ersten Richter des Islams erhalten (Ibn Kutaiba VVI). Danach war der erste in Medina Abdallah b. Naufal, in Irak und zwar in Madä'in Salman b. Rabi'a (Ibn Kutaiba TV I); unter den Stämmen, die Küfa gründeten (Ende 16 d. FI.) 'Abu Karra Alkindi, nach ihm Shuraih b. Alhärit Alkindi (gest. 79 — Ibn Kutaiba a. a. 0. ; Jj\A\ ^^lÜ ed. de Jong S. AI) ; in Basra Ka'b b. Suwär Al'azdi (Ibn Kut. r I ^). Ka'b fiel in der 1) Damirl, j|^.J-l Als», (ed. Bulak. 1284) I, S. 1\ : J^ A^ S'^ »->^v>*^"^ Sitzb. d. phiL-hist. Cl. LXV. Bd. III. Hft. 47 706 Sachau „Kameelsschlacht" A. H. 36; das Recht der vierten Nacht (s. Tor- nauw, das moslemische Recht S. 72) dürfte auf ihn zurückzuführen sein. 'Abu Müsä AKashari fungirte für 'Omar als Richter, später als Statthalter; sein Sohn 'Abu Burda (gest. 103) war Richter von Küfa und dessen Sohn Biläi b. Abi Burda Richter von Basra (Ibn Kutaiba TAY und i Tl ; Latä'if-alma arif 1). Als ein instructives Beispiel eines Richters dieser Zeit, der an der Spitze eines Heeres die Ungläubigen bekämpfte, zur Zeit der Ruhe für streitende Par- teien zu Gericht sass und daneben noch Zeit fand, über juridische Distinctionen nachzudenken, führen wir den obengenannten Salmän b. Rabi'a Albähili oder Sahiian Alhail an. Als gegen Ende der Re- gierung 'Abu Bakr's die Armee in Mesopotamien unter dem Oberbefehl .des'Abü'Ubaid vernichtet war, sandte 'Omar den Sa'd b. 'Abi Wakkäs dahin (A. H. la) und befahl, dass von der syrischen Armee ihm ein Hülfscorps zugesendet werde. Unter diesem Corps befand sich Salmän , der sich vordem an der Eroberung Syrien's betheiligt hatte. Er kämpfte in der siegreichen Schlacht bei Kädesia (A. H. 16), wo er eine persische Standarte nahm , zog dann mit in Madä"in ein und verwaltete hier das Richteramt. Madä'in wurde nach kurzem Aufenthalt wieder geräumt und Salmän als Richter nach Kufa ge- sandt (vermuthlich Anfang 17 d. Fl.). Hier blieb er aber nur 40 Tage und kein einziger Streit kam vor sein Forum. Nun verlieren wir Salmän für einige Jahre aus den Augen. Als dann späterhin Habib b. Maslama Alfihri gegen die Armenier und ihre Verbündeten von 'Otmän Hülfe verlangte, bekam Salmän in Küfa den Befehl, an der Spitze von 6000 Kufensern nach Armenien zu marschiren. In der Zwischenzeit änderte sich aber Habib's Lage der Art, dass er Salmän's Hülfe nicht mehr bedurfte. Dieser zog nun allein nordwärts und drang vor gegen den südlichen Kaukasus über den Kur in Shir- wän hinein. Zuerst ergaben sich ihm einige Städte und Fürsten; dann aber (A.H. 29, 30 oder 31 — Nawawi TM) von dem Ha- kan der Hazaren auf allen Seiten eingeschlossen, wurde er mit- sammt seinen 4000 Mann erschlagen. „Und da hörte man auf ihrem Schlachtfelde rufen: 'Allah 'akbar (Gott ist gross)" fügt der Chronist hinzu (Baläduri X .t. U^, Xq\; Ibn Kutaiba rr\; Jäküt Vr\). Von seiner juristischen Bedeutung bemerkt Ihn Kutaiba a. a. 0., Zur ältesten Geschichte des niuhammedanischen Rechts. i\j i dass er zuerst den Unterschied zwischen jllp (Verhältniss eines Freigelassenen) und ^-s^ (Verhältniss eines von einem freien Vater mit einer Sklavin erzeugten Individuums) festgestellt habe. Grossen Rufes ferner erfreuten sich die sieben IMedinensischen Juristen: Sa'id b. Almusajjab (gest. 93 oder 94), 'Urwa b. Alzubair (gest. 94 oder 99) , 'Ubaidalläh b. 'Abdallah (gest. 98 oder 99), 'Utba b. Masud (gest. unter Omar), Häriga b. Zaid (gest. 100) Sulaimäii b. Jasär (gest. 109 oder 103) und der letzte derselben Käsim b. Muhammad, der A. H. 112 starb i). Unter den berühmtesten Vertretern der Rechtspflege dieser Epoche sind schliesslich zu nennen: 'AbiVldardä" (gest. 32), Richter von Damaskus unter 'Otmän (NawawiY\r2) und 'AbüTaswad Aldu all in Basra (gest. 69 _ Nawawi lol). Es war nicht unsere Absicht über die praktische Rechtspflege und ihre Vertreter während des ersten Jahrhunderts der Flucht erschüpfendes zu geben a) ; nur das war zu zeigen, dass in dieser Zeit , wo das Recht noch nicht selbstständig entwickelt und zu einem System ausgebildet, wo die Jurisprudenz lediglich angewandte Koran -und Sunna-Kenntniss war, für die praktische Rechtspflege immerhin eine grosse Sorgfalt entwickelt wurde und dass viele Män- ner speciell in diesem Fach zu grosser Berühmtheit gelangten. — Kehren wir zurück zur Entwickelung der Rechtskunde als Wissen- schaft. Wir haben bereits oben gesehen, dass durch die systema- ^) An Stelle des Stilairaän h. Jasär werden auch drei andere genannt — Sälim b. 'Abdallah b. 'Oraar oder "Abu Salima b. 'Abd-alrahman (gest. 94) oder 'Abu Bakr b. 'Abd-alralimän b. Alharit b. Hishäm (gest. 94 Nawawi S. XXV). Damiri {\S\ysA &ys^ I, S. W) in einer Kotiz ^ lSj^^ (^' ^V^ i ^J-^ J>-^ d^jWj ^>*«jljl lässt 'Utba b. Mas'iid aus. und nennt an seiner Stelle 'Abu Bakr b. 'Abd-alrahman. Nach demFihrist (Handschrift der Hofbibliothek N.F.412 81. öS b schrieb Abd-alrahman b. 'Abi-'lzinad (gest. 174) ein Werk (Xf^\ ^J\J \^lJ) 2) Ibn Khaldön (Übersetzung B. 19, 1. 448) lässt ihn den ersten Richter von Me- dina unter 'Omar sein , während Ibn Kutaiba TVI 'Abdallah b. Naufal als solchen bezeichnet Grössere Städte haben vermuthlich sehr früh mehrere Richter gehabt. 3) Vgl. besonders Ibn Hagar ,ÄiLi)^l u->l ^.a:J1 ^Ulci J\)\. „J\)\ bedeutet, dass der Verstand einen von zwei Gegensätzen als richtig annimmt, je nachdem sich das individuelle Dafürhalten für das eine oder andere entscheidet" (Ansicht). Für diese allgemeine Bedeutung, die durchaus nicht selten vorkommt, vergleiche man Koran 1 1 , 29 ; Ihn Kutaiba f.. 1. Z.; Baläduri r . 1 Z. 12; TTo 1. Z.; ll^ Z. 2, IIA Z. 5; rr Z. 2; Damirfs ül^l Ä^^ ed. Bulak. I S. "W Z. 1 2, Muhammad b. 'Ishak Alnadim nennt im Fihrist (Handschrift der Hofbibliothek N. F. 412 Bl, 41 b.) unter den Werken "Abu .lüsuf's jTj uD ^^jjl Ji; öy^_ ^^"^ Cj> ,j^ ^^ ?^^^ «^^ Ai Jj^Ul J\J\^ ^Ul ^%>^ iJ „Kitäb-algawämi'. Er verfasste es für Jahjä b. Hälid (den ßarmekiden) in 40 Büchern, in denen er die Meinungsverschiedenheit der Leute (über juridische Fragen) und die Ansicht, an der man festhält, auseinandersetzt". Ihn Khaldün's Prolegomenen, ed. Quatremere III, 12. Z. 12. 13: py^^ ß -xJÄ:il Oj^y i Lö'o- ölTöij .ilv^s-l Jjbl „Und die Leute waren In- haber eines, obschon begränzten 'Igtihäd, die den Taklid nicht für angemessen erachteten" i). Für die technische Bedeutung die folgenden Beweisstellen: Ihn Kutaiba (gest. 276) führt in seinem JjUl ^ll^ S. tlA ff. die namhaftesten der ältesten Juristen unter dem Titel ^\}\ .w/l-si^l auf: x.ar' i^ox^^ heisst 'Abil Hanifa j\J\ w^lo „der Jurist" a. a. 0. 1) Vgl. S 1 a n e" s Übersetzung HI, S. 19: sie waren ^I^ä».] Jibl, nicht ^l^Ts^^l J^l 710 S a 0 li a .1 Z. 19 uiulS. r. \ Z. 13; Alhatib (gest. 463) nennt ihn bei Nawawt S. '\^A ^\J\ s^^.s^\ »LI. Ferner j_$yi j^ „Jurist" in einem Verse aus der Zeit Ma'mun"s, Ihn Kutaiba ^l^ Z. 7 '); derselbe Gebrauch von j\J\ w-^W^^l bei Alnadim, der seinen Fihrist vom J. 377datirt, Bl. 40 a Kutlübuga p=..Lr^l *.l: ed. Flügel xNr. 80. Von Ihn 'Abi Lailä (gest. 148) sagt Ibn Kutaiba TIA : ^\Jl l~i-» — jlT^ und Fihrist Bl. 41a <ä^5- jl J-3 jJ^Ij ^Äi Jl^ „er pflegte auf Grund des rai Bechtsbeseheide zu ertheilen schon vor 'Abu Hanifa." fr . j,\J\ im Gegensatz zu y^>jJ~\: Ibn Kutaiba Vol Z. 5. 10 „'Abu Yüsuf beschäftigte sich mit der Traditionskunde, dann aber zog ihn grössere Neigung zu Ji\j\ und er wurde Bichter von Bagdad". Dasselbe war der Fall mit Zufar b. Alhudail (a. a. 0. Xi\ Z. 16 und Fihrist Bl. 41a 3) und Muhammad b. Alhasan Alshaibäni (Ibn Kut. To \ j; von diesem heisst es: „er ging nach Bagdad und man hörte bei ihm Tradition und Ji\J\" d. h. Tradition und die An- wendung derselben (und des Korans) auf Bechtsfragen, also Juris- prudenz, soweit die Methode, nicht der Inhalt betroffen ist. Ibn Mu'in (gest. 233) bei Ibn Kutlübuga S. 41 Z. 1. 2: Jj^l ölfj fr . _ X \ ■ ' i A'V ^ „Wenn die Cberlieferer in der Tradition so redlich wären wie Muhammad b. Simä'a im Jus, so würden sie darin das Höchste leisten" und ebendas. Z. 6: 'Ahmad b. Hanbai unterscheidet bei Nawawi oft Z. 2. 3 den hadit und den ra'i des Mälik b. 'Anas. ^\J\ im Gegensatz zu jl^^l: Muhammad b. Alhasan (gest. 189) Fihrist Bl. 42 b und Isä b. 'Abän (gest. 200) schrieben jeder ein ^) Diese Vei^e Musäwir's finden sich auch im Fihrist Bl. 40 a <)u~5>>l 3 ^UÜl jls ) ^~*~^*~ ^'' ^^r^i^^JljjL.^).^;^^ Z. o verstösst gegen das Metrum: in der Handschrift der Hofbibliothek (W ii s t en f e 1 d , Vorwort S. IV) Mixt. 188 kann das Wort auch ^r^ (j^^) gelesen werden; der Fihrist hat j^s:^ (j^^)- 2) Hier hat die sehr unzurerlässige Handschrift ^J^l aJic wJiff« aIÄ^, — ver- muthlich verschrieben für ^\^\\ iJlc- w-^ic-- Ojis:^« Zur ältesten Geschichte des muhammedanischen Rechts. 711 j\J] J>\^■>^ v-'U Im Dictionary of Technical Terms S. Wh wird jl^l erklärt als ^^W f-]^^^ „die Erschüptung der ganzen Kraft" (A3i.yi f,\x Jja ilÄo^) bis zu dem Grade, dass man das Gefühl hat, hierüber, d. h. über den erreichten Grad der Anstrengung und das dadurch erzielte Resultat nicht hinauszukönnen '); die Erklärung "Amidfs specialisirt das Object dieser Bemühung als die rechtlichen Satzungen der Religion a. a. 0. Z. 12. 13: .^il» s ä-j^I (P]^*--*'^ -^j^^ J^j^^ cT^^^ ü- J^- ^J> J^ ~^J-^^ f^^l O^ Is-^. 'J^^ <)uJiff. Während ^\j\ die Thätigkeit des betrachtenden und unter- scheidenden Verstandes bezeichnet, drückt ^^1 jl^^i den höchsten Grad ihrer Intensivität aus. — Aus dem gesagten dürfte sich die allgemeine wie technische Bedeutung von ^1^1 in seinem engeren und weiteren Gebrauch zur Genüge darthun; es ist inhaltlich nicht identisch mit Rechtswissenschaft , wurde aber in freierem Sprach- gebrauch als Hauptkriterium oder als pars pro toto auch allgemein für „Jurisprudenz" gebraucht; daher ^\J\ ^^\^^\ w. s. w. „Juristen". Der classische Ausdruck für die gesammte Jurisprudenz mit Ausschluss des Erbrechts — ist aäaH. Es heisst ursprünglich „das Erkennen"; ob dies auf analytischem oder synthetischem Wege geschieht, ist nicht indicirt 2), während sich in ^J\ dieselbe Thä- tigkeit durch Analyse vollzieht; passivisch gewandt „das was er- kannt wo rden ist — wird — vv^erden wird". Zamahshari führt in 'Asäs-albaläga (Handschrift der Hofhibliothek) Bl. 379 b folgende Tradition an: j^-w^ ^ä ä^^^ 1/^ Aj aÜI jijl ^.0 J^^jisLI 3^ „Wem Gott wohl will, dem gibt er Einsicht in Sachen der Religion." Bevor aber der Ausdruck sich in dieser seiner Domäne festgesetzt hat, scheint er wesentlichen Schwankungen unterworfen gewesen zu sein; es ist sogar wahrscheinlich, dass er in der ältesten Periode etwa bis 200 d. Fl. nicht „Jurisprudenz", sondern „Glaubenslehre" bezeichnete , also mit Kaläm identisch war. Es findet sich nämlich 1) über den weiteren Gebrauch von jl(,i>-i in den ''Vsül-alfikh w%\. Kazem-Beg, Notice sur la marche et les progres de la jurisprudenee parmi les sectes ortho- doxes Musulmanes im Journal Asiatique IV. ser. tom XV S. 158 ff. ') Trotz der Grundbedeutung des „Spaltens", die der Wurzel /"fr in allen semitischen Dialekten inhärirt. t \ C Sacliau folgende Notiz Gazzäli's (gest. 50;j) bei Kaffawi Bl. 350 b; Hägi Halifa IV, 4o7 und Dictionary of Technical Terms S. f l : s:"] ^ ^-_^J1 Oläl jtläj Ä3^«^_j l^^'i] ^ J.C Uü^* öl5" JJ^I^-oäII j iiill -^A^^ r<^l J» ^-"USl i-^-.aJ~ i L.-JJ.11 ijlÄC5i>_3 Ä^)/l *J;-i ic CiJ^^l^j i.1 ^jUÄll i» i^^.«! „Der Name mäII bedeutete in der ältesten Zeit allgemein die Kenntniss vom Jenseits und das minutiöse Wissen von den Gebresten der Seele, die Erkenntniss von der Erhabenheit des Jenseits und von der Niedrigkeit dieser Welt. Dann aber beschränk- te man den Namen äaÄII willkürlich auf die Wissenschaft der Rechtsbescheide'' u. s. w. Nicht unwahrscheinlich beruht diese Notiz Gazzäli's auf einer Definition , die allgemein auf 'Abu Hanifa selbst zurückgeführt wird: er soll nämlich den Kaläm^^^^l dM^\ genannt und AÄÄil ^ auf folgende Weise erklärt haben : ^ls^\ is^ aäÜI Ip L^ic Loj Lj) U „Die Erkenntniss der Seele mit Bezug auf das, was ihr zukommt und was ihr obliegt«; Dictionary of Technical Terms S. \ loV; rr und r. (hier mit ausführlichem Commentar). Diese Definition passt genau zu dem Inhalt der 'Abu Hanifa beigelegten Schrift ^oil AÄÄll , die wir als eine regula fidei Muslimicae bezeichnen können. Mag sie nun acht d. h. von 'Abii Hanifa selbst verfasst sein oder nicht , jedenfalls gehört sie der ältesten Periode der arabischen Litteratur an, da sie schon im Fihrist unter seinen Schriften auf- geführt wird (N. F. 412 Bl. 40 bi). <) Vgl. A. V. Kremer, Geschichte der herrschenden Ideen des Islams S. 39 Anm. 2. Die Ächtheit der Schrift wird zwar von Hagi Halifa nicht bezweifelt , wohl aber die der gleichnamigen Schrift von Alshafi'i (IV, 459). Die vorhin angeführte Tra- dition ^ r^ findet sich nicht in derselben, wohl aber die vonShahristäni (< .0 Z.ll ) angeführte Erklärung des Glaubens Tj JloIIi ^ib (jlr^i 1^(34.0 Xj Jjjj i ^^ wJ-ÄjU (Handschrift der Hofbibliothek N. F. 315 Bl. 104 Z. 3 v. u.) Der Protest gegen die Murgiten, auf den Herr v. Kremer seine Ansicht von der Unächtheit stützt, findet sich Bl. 103 b. Li La- o\ {^^ ^Jl> ^g 4-1 A*5»yll JjaS ijytR-o UjC^^ ÄJj.JU . Als Räwi der Schrift wird 'Abu Muti' Alhakam b. 'Abdallah, Richter von Balh (gest. 197) angeführt von Ibn Kutlij- Zur ältesten Geschichte des muhammedanischen Rechts. 7 I 3 Bei Ibu Kutaiba ITA, Z. 2 v. ii. ; VIT 1. Z. kann unter aäÄjI möglicherweise „Glaubenslehre« verstanden werden; jedoch scheint zu dieser Zeit, d. h. im dritten Jahrhundert, die jetzige Bedeutung schon allgemein üblich gewesen zu sein; davon aIäJ „Becht stu- dieren" Ibn Kutaiba ToV, Z. 14. Gauhari (gest. 393) erwähnt unter aääH nur die Bedeutung „Jurisprudenz". Ob demnach die Bemerkung Gazzäli's dem Sachverhalt entspricht oder nicht, muss einstweilen dahingestellt bleiben; jedenfalls ist das Schweigen der späteren Lexikographen and Literaturhistoriker kein sehr starker Gegenbeweis , da diese in vielen Fällen die zu ihrer Zeit üblichen Termini ohne Unterschied auf die ältesten Zeiten übertrugen. Einen Fall dieser Art bietet Ibn Khaldün (Slane's Übersetzung, III, S. 24, 139): In der von 'Abu Huraira überlieferten Tradition w>]J ^^]^Äll 1«11 hatten einige nach dem späteren Sprachgebrauch ^l,i^\ als „Erbrecht" erklärt, während Ibn Khaldiin ihm gewiss mit Becht seine ursprüngliche allgemeine Bedeutung „prescriptions legales" vindicirt. Indem wir in al-rai den Faden der Entwickelung wieder auf- nehmen, haben wir zunächst eine Unterscheidung Shahristänfs zu betrachten, nach der es scheinen könnte, als ob j,\J\ nicht die Jurisprudenz im allgemeinen, sondern eine besondere Bichtung derselben j und zwar die hanefitische bezeichnete. Shahristäni (gest. 548) theilt in dem Capitel über die Origines der Jurisprudenz die ältesten Juristen in zwei Classen ein, die Higäzener oder 'Ahl- alhadU und die 'Iräkaner oder 'Ahl-alraji. Er rechnet zu den erste- ren Mälik b. 'Anas, Shäfri, Sufjan Altauri, 'Ahmad b. Hanbai und bugä Nr. 269. Bei Beurtheilung der literarischen Thätigkeit 'Abu Hanifa's ist jedenfalls näher auf seinen Enkel 'ismä il b. Hammäd, Richter von ßasra und Rakka (gest. 212) einzugehen , da er die meisten Schriften seines Grossvaters redigirt haben soll (Ihn Kuflubugä Nr. 46). Ein schwer wiegender Umstand gegen die Achtheit der Schrift scheint mir übrigens der zu sein, dass die ältesten Commentare, die H. H. anzuführen weiss, erst aus den Jahren 918, 939. 933. 1016 stammen. Wäre das Werk wirklich von dem Gründer der hanefitischen Lehre ver- fasst, so hätten viele seiner Schüler e^ von ihm überliefert, und die folgenden Jahrhunderte hätten Commentare zu Dutzenden und Hunderten producirt; von dem allen ist aber keine Spur vorhanden. 714 Sachau Dä'üd b. 'All Arisfahaiii samnit ihren Anhängern, und den Namen w^jjsi-l J-ibl erklärt er daraus, dass sie vorzüglich Traditionen zu erlangen suchten, um hierauf die Entscheidung eines streitigen Falles zu basiren, dass sie aber zum Kijäs nur dann ihre Zuflucht nahmen, wenn Koran und Sunna nicht den gewünschten Anhalts- punkt gewährten. Als Vertreter der zweiten Classe nennt er 'Abu Hanita, Muhammad b. Alhasan, 'Abu Jüsut', Zufar b. Alhudail, Hasan b. Zijäd Allu'lu'i', Ihn Simä'a, 'Afija Alkädi , 'Abu MuH' Albalhi und Bishr Almarisi sammt Anhängern. Zur Rechtfertigung des Namens ^J\J\ J^\ behauptet er, dass sie bemüht gewesen seien, durch den Kijäs und aus dem allgemeinen Princip, das sich in den einzelnen Satzungen zu erkennen gibt, einen Entscheidungsgrund zu gewinnen, um hierauf die Traditionen (d. h. die Interpretation derselben) zu basiren — und dass sie oft den Kijäs solchen Tradi- tionen, die nur durch einen Genossen verbürgt waren, also mit einigem Recht kritisch beanstandet werden konnten, vorgezogen hätten. Diese die Geschichte der Rechtswissenschaft mehr verwirrende denn entwirrende Distinction hat merkwürdigerweise einen Verbrei- ter gefunden in keinem geringern als Ihn Khaldün (Slane's Über- setzung ni, S. 2) '). Zunächst ist zu bemerken, dass von der erste- ren Classe nur ein einziger, nämlich Mälik b. 'Anas passend als Higäzener bezeichnet werden kann; bei allen andern macht Geburts- wie Wohnort eine solche Bezeichnung geradezu widersinnig. Ein principieller Unterschied — ferner — ergibt sich nicht aus Shah- ristäni's Erklärung; beide gebrauchen Hadit wie Kijäs (oder Ra'i), wo der Koran nicht ausreicht, die letzteren — wie es scheint — mit mehr Geist und Kritik. Dass aber diese Distinction nicht eine schon in alter Zeit allgemein recipirte war, dass nicht etwa j-ai nur auf die Hanefiten Anwendung findet (vgl. S. 12, Z. 23), lässt sich daraus beweisen, dass Ihn Kutaiba unter den j;\Ji\ u^W^'^l neben 'Abu Hanifa auch gerade Mälik b. 'Anas und Sutjän Altauri nennt, und dass Vorgänger von 'Abu Hanifa schon als j;\J\ u^ls^-^l bezeich- net werden, so Rabrat-alra'ji (gest. 136) und Ihn 'Abi Lailä 1) Vgl. ferner Slane, Ibn Khallikän , Übersetzung , Einleitung, S. XXV, XXVi. Zur ältesten Geschichte des muhammedanischen Rechts / I 5 gest. 148) i). Wollte Shahristäiii uns lehren, dass die grössere Be- deutung der ersteren auf dem Gebiet der Traditionswissenschaft zu suchen sei — man denke an die Sammlungen von Malik, Shäfi'i und Ahmad b. Hanbai — so gehörte dies nicht in die Geschichte der Jurisprudenz. Wollte er dagegen auf den fi*eieren Gebrauch der vierten Rechtsquelle von Seiten der Hanefiten im Gegensatz zu den anderen Schulen aufmerksam machen, so war der Ausdruck *_^W^'*\ ^\J\ schlecht gewählt, weil in diesem Namen beide Classen in glei- cher Weise inbegriffen sind. — Correct dagegen ist das Verfahren des Muhammad b. "Ishäk im Fihrist, der die Juristen (oljÄäSl) im ff- allgemeinen bespricht und dann ein besonderes Kapitel gibt^Ls«-! s wv. J-sÜ k^ls^'^i ^l^ (Bl. 08 a) „über diejenigen von den Juristen, die zugleich Traditionatoren waren". Sufjän und Mälik waren gross auf beiden Gebieten , m ährend 'Abu Hanifa und seine nächsten Anhänger für die Tradition nichts wesentliches geleistet haben. Dieser Sprachgebrauch der ältesten Zeit hat dann aber in spä- teren Jahrhunderten eine Änderung erfahren; ^\J\ Jjb\ (und J.ä.1 jKrSI) bezeichnet besonders bei nicht hanefitischen Schriftstellern, soweit der Ausdruck überhaupt noch gebraucht wurde, die Anhänger 'Abu Hanifa's. Wie es geschah, dass ^\J\ ausser Gebrauch kam, erklärt sich unschwer; das Wort war eben — weil ein gewisses Mass von Selbstständigkeit oder individueller Willkür gegenüber dem Gebote Gottes und seines Propheten einschliessend — sehr leicht orthodoxer Missdeutung und Verdrehung ausgesetzt. Nach dem Täg-aTarüs bei Lane werden unter ^\J\ J.ibl sogar die Häretiker des Islams , die Hawärig bezeichnet. J,\J\ ist völlig ersetzt und antiquirt durch Alkijus, das inhaltlich genau dasselbe bezeichnet; der tür- kische Kämus erklärt J\J\ ^Is^^l durch ^U ^l<^^l Mit einer einzigen Ausnahme 3) stimmen die juristischen Schulen aller Zeiten 1) Vgl. S. 710, z. 6. 2) Da'ud b. 'Ali Arisfahani (gest. 270 in Bagdad); der Fihrist Bl. 51b sagt von ihm : ^UäII^j ^\Ji\ ^x, jD.i ^-j U >i^j ^Jl_3 ^llSJli J»~\^ über die Zweitheilung der .ajLaJi ilflj vgl. .MAwardl S. 111 Z. 5. Folgender, gegen den Kijas gerichteter Ausspruch wird von einigen dem Sufjan b. X'yaina (gest. 198) 716 S it c h a II und Länder in diesem Princip d. h. in der Annahme des Kijäs als vierte Rechtsquelle iiberein, die Schulen von "Abu Hanita, Mälik, Sufjan Altauri, Shäfri, Ahmad b. Hanbai, Tabari, Sunniten wie Schiiten i); nur in der häufigeren oder selteneren Anwendung des- selben weichen sie von einander ab. Von den vier Doctrinen, die den orthodoxen Islam beherrschen, ist die hanefitische die freisinnigste in der Handhabung des Kijäs, die sklavischeste Anhängerin von Ko- ran und Sunna die hanbalitische; jenen nähern sich die Schafiiten, diesen die Mälikiten. Wie nun aus diesen vier Rechtsquellen — Koran, Sunna, Über- einstimmung der Genossen und Kijäs — von den „Nachfolgern" (ÖjäjIiH) und den „Nachfolgern der Nachfolger" (ä'^«jl;ll^U) bis zur Zeit 'Abu Hanifa's ein ganzes Rechtssystem aufgebaut wurde, lässt sich aus den vorhandenen Nachrichten noch theilweise er- kennen. Der künftige Historiker des muhammedanischen Rechts wird, um zu einer exacten Würdigung desselben zu gelangen , zunächst retrospectiv eine vollgültige Antwort auf die Frage „Was hat Mu- hammad aus dem Heidenthum entnommen?" zu geben haben; und hierüber gibt es mancherlei Anhaltspuncte und positive Nachrichten, die nur gesammelt und gesichtet sein wollen 2). Wie Muhammad beigelegt (s. 0;IäU c^TllaJ ed. de Jong S. t*): /,< (jH j>ls .a J.»-^ bl i. ' '' ' > .- __? Derselbe WaKd soll zuerst die Strafe des Hand-Abhauens für Diebstahl ein- geführt haben — Ibn Kutaiba a. a. 0. Ibn Kutaiba S. fVt* : 'Arair b. Alzarib Al'adwäni bestimmte zuerst, dass die Frage, ob ein Hermaphrodit als Mann oder als Weib zu betrachten sei (also z. B. ob er den Erbtheil eines Sohnes oder einer Tochter zu bekommen habe) danach entschieden werden solle, aus welchem Gliede er urinire (^_^'S--I ^ -X>- JU^ll cL*lj). N. V. Tornauw, das Moslemische Recht S. 211. Diese Bestim- mungen oder Rechtsgebräuche sind alle von Muhammad in den Islam herüber- genommen. /to Siichau die ZU einer grösseren Verbreitung, vielleicht zu allgemeiner Aner- kennung gelangten. Drei Männer sind es vor/.üglicli, welche das seit der Gründung des Islams bis in die Mitte der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts angesammelte Material zuerst zu vollständigen Reehtssystemen ver- arbeiteten und vereinigten, wie sie noch zu unserer Zeit mil ver- hältnissmässig geringfügigen Modificationen die Rechtsbasis in dem Leben aller muhammedanischen Nationen bilden; ihre Lehren haben sich zuerst — getragen durch eine zahlreiche Schülerzahl über ganze Provinzen des Chalifenreichs ausgehreitet und sind zuerst mit kano- nischem Ansehen ausgestattet. Diese drei Männer sind: "Abu Hanifa in 'Irak (gest. ISO) Alauzä'i in Syrien (gest. Iö7)') und Mäiik b. 'Anas im Higaz (gest. 179). Das ganze Rechtsgebäude ruht auf ihren Schultern, Die Restimmungen über die practischen Giaubenswerke, die für alle Muslims gleich verbindlich den einzelnen in seinen Re- ziehuno'en zu Gott und zur Gemeinde der Gläubigen darstellen; das gesammte bürgerliche Recht, Erbrecht, Process, Strafreclit, das jus inter cives Muslimos et peregrinos, das Kriegsrecht, das Staats- recht, sowie die rechtlichen Grundlagen der Adm.inistration — alle diese Gegenstände sind von ihnen in extenso behandelt, und nach einem feststehenden Priiicip für alle zweifelhaften Fälle rechtliche Restimmungen eruirt und begründet. Während die Lehren 'Abu Hanifa's Mesopotamien und den Osten eroberten, verbreitete sich das System 'Auzä'i's, des Imäm's von Syrien, über sein Heimatland und über den ganzen Westen bis Marokko und Andalusien. Es scheint sich aber keines langen Restehens erfreut zu haben; zunächst wurde es bedrängt von dem hanefitischen, das besonders unter den 1) Von diesen ist 'Auza'i am wenigsten bekannt. Sein voller Name ist 'Abii ' Amr "Abdalrahman b. 'Amr b. Tulimid Al'auzä'i Alsha"mi Aldimishki : er ist g-eboren in Ba'albak A. H. 8ö od. 88, lebte in Damaskus und darauf in Bairul, wo er l.i7 starb. Nawawi S. TAT sagt von ihm: J-i AJbJk., ^ic ^ill^ i»Ul J.Ä»i öü AÜI J..o jl ^^y~S^\ und •Abulmahäsin S. t^ff: oUl bJiä IrJJ k£-\jo,'V\ <)JI wv-^ »_5j3l ^_^v-*^^ w-JbJdl w-=.-loj Neben 'Abu Hanifa. 'Auza'i und Malik ist von grösster Bedeutung Sufjän Altauri (gest. 161); ich finde aber nicht, dass sein System zu irgend einer Zeit von einem ganzen Lande oder einer Provinz angenommen worden ist. Zur ältesten Geschichte des inuhaminedanischen Rechts. / 1 " Regierungen von Mahdi, Hädi und Ma'mün durch den persönlichen Einfluss 'Ahii Jüsufs sich weit aushreitete; dann aher wurde dieses wie jenes von dem malikitisehen iiherwuchert ») , und diesem wieder von dem späteren schafiitischen der Boden streitig gemacht. Wie die Schichten der Erde haben sich die Hauptrechtssysteme der Muhani- medaner zu verschiedenen Zeiten verschieden zu einander gelagert: in der Gegenwart herrscht die Lehre Shäfi'i's in Ägypten und im holländischen Indien, die Mälik's dagegen in Tunis. Algier und Jlarokko, Von rein juridischen Werken dieser drei Männer, denen sich später Shäfi'i und 'Ahmad b. Hanbai zugesellten — soweit sie über- haupt solche schrieben — ist unseres Wissens nichts erhalten; da- o-eo-en bildet die mündliche wie schriftliche Überlieterung, die Ci- täte ihrer Ansichten die Grundlage der gesammten muhammeda- nischen Rechtsliteratur von der ältesten Zeit bis auf die Gegenwart. Die Frage nach der Art der Fortpflanzung juridischer Kennt- nisse ist auf das engste mit der über die älteste Aufzeichnung ver- bunden. Es ist bereits oben erwähnt, dass die kanonische Koranre- daction im Jahre d. Fl. 3' niedergeschrieben wurde; bei mehreren der Genossen wird ausdrücklich bemerkt , dass sie auch schon vor der Zeit des Islams geschrieben haben, so dass Muhammad b. Al- hasan die Schreibekunst mit Recht als eine unter den Arabern übliche, von den Vorvätern ererbte bezeichnen konnte 3). Baläduri (p-^^ y^\'fi.y\) hat uns eine Nachricht von Ibn Sa'd und Wä- kidi aufbewahrt , nach welcher zur Zeit der Gründung des Islam unter den Kuraishiten 17 Männer 3 j des Schreibens kundig gewesen sein sollen. Wäkidi berichtet ferner a. a. 0. S. IVf, dass unter den 1) Dies geschah unter dem dritten omajjadischen Beherrscher Spaniens, Alhakam b. Hlshäm; erster Apostel der malikitisehen Lehre war ein Schüler Mälik's, Zijäd b. 'Abd-alrahraan Allahrai (gest. A. H. 204 oder 193. 192, 199). Vgl. Makkari 1, \'\, und II, S. tot* 3) Z d. D. M. G. X. S. 6 ä) Diese sind 'Omar, 'Ali, 'Otmän, Abu 'Ubaida b. Algarräh, Talha, Jazid b. Abi Sufjän, 'Abu Hudaifa b. -Utba , Häfib b. 'Amr, 'Abu Salima b. 'Abdafasad Almah- zümi, 'Abän b. Sa'id , Halid b. Sa'id, 'Abd-allah b. Sa'd b. 'Abi Sarh Al'ämirt, Huwaitib b. 'Abd-al'uzza Al'arairi . Abu Sufjän b. Harb , Mu^äwija b. 'Abi Sugän, Guhaim b. Aisalt. Al'alä' b. Alhadrami. 720 Sac hau Stämmen 'Aus und Hazrag das Schreiben des Arabischen von den Juden erlernt wurde, und dass sich unter diesen, also in Medina, als Muhammad dorthin flüchtete, eine Anzahl des Schreibens kundiger Männer vorfand i). Ihn Kutaiba erwähnt unter den Genossen beson- ders Sa'd b. Ubäda (gest. 16 S. Iff), 'Ubai b. Ka'b (gest. 22 od. 30 S. \ rV) und 'Abu 'Abs b. Gabr (gest. 34 S. \ 11) als solche, die schon vor dem Islam schrieben. Über Hanzala Alkätib (gest. unter Mu äwiya) und 'Abdallah b. Sa'd b. 'Abi Sarh den Eroberer Afrika's (gest. 36) vgl. a. a. 0. \or Damiri (ö|^s^l ij^ I S. 'W) gibt ein Verzeichniss von den Schreibern Muhammad's 2)/ Was nun das Aufschreiben von Traditionen in der ältesten Zeit des Islams betriff'ts), so herrschte bei sehr vielen ein Zweifel dar- über, ob eine geschrieben e Tradition auf kanonische Gültigkeit Anspruch machen liönne, was noch z. B. Mälik b. 'Anas in Abrede gestellt zu haben scheint (Sprenger, a. a. 0. X S. 2). Dieselbe Sache wiederholte sich unter anderen Verhältnissen in den zwan- ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Constantinopel, als Sa'id Efendi, der Sohn des Gesandten in Paris, und 'Ibrahim Efendi die Buchdruckerei von Paris aus einführten*); die Ulemas erklärten sie für eine religionswidrige Neuerung im Vergleich zu der üblichen Fortpflanzung der Wissenschaften durch Abschreiben. Wenn sie es auch nicht verhindern konnten, dass Bücher weltlichen Inhalts ge- druckt wurden, so ist es doch ihrem Einfluss zuzuschreiben, dass der Koran in Constantinopel nicht gedruckt werden durfte. Schliess- lich ist mit Bezug auf den Fortschritt der Wissenschaften in dieser ältesten Periode noch in Betracht zu ziehen . dass sie sich von Seiten 1) Er nennt Sa'd b. Ubada, Almundir b. 'Amr , 'Ubai b. Ka'b, Zaid b. Tabit, Räfi' b. Mälik, "Usaid b. Hudair, Ma'n b. 'Adi Albalawi , ßashir b. Sa'd, Sa'd b. Al- rabi', 'Aus b. Hawaii}, 'Abdallah b.Jübai Almunafik. ^llo-j ^Jl_w^1 «_*j^!l ^ l^ls^^ 0\.A^ j1 ^ AjjIäo^j ^^Uai^l 3) Vgl. den Aufsatz von A. Sprenger, Über das Traditionswesen bei den Arabern, in der Z. d. D. M. G. X. S. Iff. *) Vgl. Meninsky (ed. seeunda 1780), Einleitung S. 84 — 87. Z\xv ältesten Geschichte des muhainmednnischen Rechts 7/^1 der Omajjadisclieii Chalifen keinerlei Protection zu erfreuen hatten. Hiervon macht allerdings Omar b. 'Abd-alaziz (A. H. 98— lOi od. 717 — 720) eine Ausnahme; aber seine Regierung war zu kurz, als dass sie von nachhaltigem Einfluss in dieser Richtung hätte sein können. Trotzdem scheint schon im dritten Decennium des 2. .Tahr- luinderts die Aulzeichnung grösserer Quantitäten von Traditionen begonnen und dies sich zwischen den Jahren 120 — 150 als allge- meine, weniger als gesetzlich denn nothwendig anerkannte Art der Fortpflanzung durchgekämpl't zu haben, obgleich wohl zu bemerken ist, dass noch für lange Zeit bis zum Ende des zweiten Jahrhunderfs und später die mündliche Überlieferung als die klassische, dem Geist des Islam mehr conforme angesehen wurde, und dass man selbst in der schriftlichen Überlieferung die Formen der mündlichen nachahmte. Als denjenigen, der zuerst Traditionen niederschrieb, be- zeichnen die Araber den Muhammad b. Muslim Alzuhrt in Medina, gewöhnlich Ihn Shihäb AlzuhrJ genannt «), der zu den Chalifen 'Abd- almalik b, Marwän und Hishäm b. Abd-almalik in Beziehung stand und unter Jazid b. 'Abd-almalik als Richter fungirte; er starb 124 (742). Damals scheint die verbreitetste Methode des Unterrichts die gewesen zu sein, dass der Muhaddit aus dem Gedächtniss recitirte oder aus seinen Heften dictirte, und seine Zuhörer niederschrieben, um dann das Geschriebene ihm vorzulesen , damit er etwaige Fehler corrigire. Durch einen Schritt weiter kam man dahin, dass auch solche Traditionen als gültig betrachtet wurden, die nicht dem Lehrer vorgelesen resp. von ihm corrigirt waren, z. B. brieflich mitge- theilte. Folgendes ist ein instructiver Nachtrag zu Sprenger (a. a. 0. S. 8. 9): Ihn Kulaiba erzählt (S. Vl"\), dass Ihn Guraig in Mekka (gest. 154 = 771), der erste der wirkliche Bücher ge- schrieben haben soll, zu Hisham b. 'Urwa gesagt habe: „0 'Abil Mundir, ist das Blatt, das du dem N. N. gegeben hast, deine Tradi- tion?" Er erwiedert „Ja*'. Wakidi. der dies überliefert, fügt hinzu: Seit der Zeit hörte ich den Ihn Guraig sagen: „Hisham b. Urwa hat mir überliefert" in unzähligen Fällen". Ich fragte ihn über das Vorlesen einer Tradition vor dem Muhaddil: er erwiderte: <) Ihn Kiitiiiha S. rrl-, Sprengev a. a. <». S. 7. Sitzh. tl. phil -hist. Cl. LXV. Bd. Ul. Hft. 48 722 Sa Chan „Ein Mann wie du fragt noch danach? Man streitet sich nur üher ein Blatt (eine schriftlich niitgelheilte Tradition), das mau bekommt und spricht: „ich überliefere was darin steht" ohne es (demMuhaddit) vorgelesen zu haben. Wenn er es aber vorliest, so ist dies (die schriftliche) und die mündliche Mittheilung ganz gleich," — Nach r Ahmad li. Ilanbal (Nawawi S. YAY) waren Ihn (iuraig und der bas- rensische, 15(» gestorbene Überlieferer Saul b. 'Abi Aruba die ersten, die Bücher verfassten. Eine auf Aldahahi (gest. 748) zu- rückgehende, aus "Abulmahasin S. TAA entnommene Notiz über die- jenigen, die zuerst in den verschiedenen Städten des Islams Bücher verfassten, ist von Slane (Ibn Khallikan, Einleitung S. XXIV) mit- getheilt. Einen Bericht aus älterer Quelle (Alhatib Albagdadi gest. 463) über denselben Gegenstand gibt Hagi Halifa I S. SO. 81. Nach diesem schrieben zuerst Ibn Guraig (so ist zu lesen für Ibn Garili) und Said b. 'Abi \Aruba: dagegen Rabi'a b. Sabih (!) (gest. 160) nach "Abu Muhammad b. Rämahurmuzi. Diesen schliessen sich an: Sufjän b. 'Ujaina (gest. 198) | . ^, ,, ,,A,., , ,, r .mr.^ \ "i Medina Mähk b. Anas (gest. 179) \ 'Abdallah b. Wahl» (gest. 197) in Aegypten Ma'mar (gest. 1S3) ) . Abd-alrazzak (gest. 211) ) Sufjän Altaur (gest. 161) ) . Muhammad b. Fudail b. Gazwän (gest. 195) 'l Hammäd b. Salima (gest. 167) Ruh b. übada (gest. 205) ' '" ^^"'"^ Hushaim (gest. 183) in Wäsit 'Abdallah b. Mubarak (gest. 181) in Huräsan. Hiermit ist der Bericht des Fihrist über eine in Hadita gefun- dene Bibliothek zu vergleichen, in der sich auch Autographen von Sufjän b. 'Uyaina, Sutjän Altauri und Wuzä i befunden habensollen (Flügel, Grammatische Schulen der Araber S. 26). Nach dem Fihrist sollen ferner schon Mugira b. Miksam (gest. 136) und Mu- hammad b. "Abi Lailä (gest. 148) üher Erbrecht (ein ^^\^^\ ^ll^) geschrieben haben (N. F. 412 ßl. 41a). Obgleich der Inhalt dieser Aufzeichnungen wohl zum grössten Theil aus Traditionen bestand, so ist doch zu berücksichtigen, dass sich in diesem Verzeichnisse Zur ältesten Geschichte des muhammedaitischen Rechts. VSo mehrere Männer befinden, deren grösste Verdienste auf dem Gebiet der Jurisprudenz zu suchen sind, z. B. Rabi'at-alra'ji, Auzä'f, "Abu Hanifa und 'Abu Jusuf. — Was die Art dieser Aufzeichnungen der äl- testen Zeit anbetrifft, so darf man schwerlieh an vollständige, ge- ordnete Bücher denken (Sprenger a. a. 0. S. 8); von einer sy- stematischen Eintheilung des Stolfes war sicherlich noch nicht die Rede. Vor 143 trug man vor aus dem Gedächtniss „und man über- lieferte die Wissenschaft aus correcten, aber ungeordneten Blät- tern'"'). Nach einer Bemerkung Slane's (Ihn Khaldün, Über- setzung 111. S. 5 Note 3) war es auf muhanimedanischen Schulen Sitte, die Schriften erst dann einzubinden, wenn sie nicht mehr ge- braucht wurden. Zwischen den Jahren 140 — 130 begann eine ge- ordnete Aufzeichnung und eine Eintheilung der einzelnen Wissen- schaften. Der characteristische Name dieser Literatur ist i>3Ul „Dictat"; der Lehrer dictirte ein Heft, und von diesem schrieben wieder andere ab — oder der Schüler machte sich eine Abschrift von dem Heft des Lehrers und las sie ihm vor; dieser corrigirte dann selbst oder liess sie durch einen andern nach seinem Heft corrigiren. (Sprenger a. a. 0. S. 12). Diese letztere war die Lehrmelliode 'Abu Hanifa's. Weder dieser noch sein geistiger Erbe 'Abu Jüsui' haben ihr juristisches System in einem eigentlichen Buche deponirt ; nur in Collegien- Heften und im Gedächtniss ihrer Schüler kam es auf die Nachwelt. 'Abu Jüsuf scheint sogar ein Gegner schi-iftlicher Abfassung gewesen zu sein, wenn wir der von "Abü-'llait Alsaiuai'- kandi im Bustan erzählten Nachricht, dass er Muhammad b. Alhasan desshalb getadelt habe, Glauben schenken dürfen (Sprenger S. 6). Der eigentliche Begründer der hanefitischen und mittelbar der sesammten muhanimedanischen Rechtsliteratur ist Muhammad b. Alhasan Alshaibäni, an dessen Grösse sich die Juristen aller fol- genden Generationen wie am Eichbaum der Epheu emporgearbeitet haben. 1) 'Abulmahasin S. TAA: Den Gegensatz zu diesen ^J> J*^ t-^.«^ bilden i— O ^jL/^Oa d. h. in y..sL'o)! Ein Sjögren brachte als Lohn für seine Studien der Sprache der Osse- ten im Kaukasus ein erblindetes Auge und erfrorene Glieder mit n)« und wer die ßauernwirthschaften Litthauens kennt, wird „Unge- mach und Entbehrung" zu würdigen wissen, welche der leider zu früh verstorbene Schleicher auf seiner wissenschaftlichen Reise zur Erforschung der Sprache jenes Landes hat erdulden müssen 12J. Keiner unserer Landsleute ist aber dem Beispiele Humboldts darin gefolgt, dass er dem biederen Volke der Basken in den schönen Ge- birgen von Guipuzcoa und Biseaya einen längeren Besuch abgestat- tet i3j oder auch nur an dem herrlichen Meeresstrand von St. Jean de Luz oder in Cambo 1*) zu dem Zweck sich aufgehalten hätte, um tiefer in den Geist der Euskuara, wie die Basken ihre Sprache nennen, einzudringen! Wie lässt sich das erklären? Ist man etwa zu der Überzeugung gelangt, dass die baskische Sprache für die Linguistik nicht die hohe Bedeutung habe, wie man sie ihr früher beilegen zu müssen glaubte ? Keineswegs, es wird die Wichtigkeit dieser Sprache nach wie vor allgemein anerkannt, einer Sprache, von welcher Humboldt es rühmt, dass sie in ihrem Wortbau und in ihrer Redefügung eine ganz be- sondere Kühnheit des Ausdruckes besitze 15). Nur eine auf dem Ge- biete der Linguistik sehr geschätzte Auctorität scheint etwas weniger günstig über den Werth dieses merkwürdigen Idioms zu urtheilen. In einer Anzeige des oben an erster Stelle erwähnten Buches von '"j Vergl. Max Müller. Last Results of the Turanian Researches. p. 274 (bei 6u nsen, Christianity and Mankind. Vol. III.). — S. auch S ch ief n e r in der Vor- rede zu Castren's Samqjedischer Grammatik. '') S. Sjögren, Ossetische Sprachlehre. Vorrede S. IX. 1-) Schleicher, Briefe über die Erfolge einer wissenschaftlichen Reise nach Litauen. S. 8. (Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften, .lahrg. 1832. Bd. 9. S. Ö29J. 1") Eine Ausnalime macht W. v. Ludern ann (Züge durch die Hochgebirge und Thäler der Pyrenäen im Jahre 1822. Berlin 1823), allein seine Untersuchungen in Betreff der Sprache und die darüber gemachten Mittheilungen (S. 313 — 327) sind doch nur etwas oberflächlich ausgefallen '*) S. C. Duvoisin, Canibo et ses alentours. Bayoane 1838; eine in vieler Beziehung interessante Seh rift. 1») W. V. Humboldt. I'ber die Kawi-Sprache auf der Insel Java. Bd. 1. Einleitung S. CCVI. Eine baskisclie SpraciiproV.e nebst Einleitung und Coiiii:itntar. 7o5 Mahn sagt St ei iit h a 1 le) von den Kelten und Ibei-ern, welch letz- tere auch er für die Vorfahren der Basken ansieht, dass sie „Völker von schwachem Geiste, ohne historisches Bewusstsein, mehr Wilde als Barbaren gewesen, und erst durch Mischung mit germanischem Blut und Geist fähig geworden seien, thätigen Antheil an der Ge- schichte zu nehmen''. In wie weit dieses Urtheil in Betrefl" der Iberer sich rechtfertigen liisst oder nicht, kommt hier nicht in -Betracht, was aber die Basken angeht, denen wohl ausserordentlich wenig germanisches Blut beigemischt worden sein möchte, so scheint man um so weniger auf eine dem entsprechende Ansicht jenes Gelehrten in Beziehung auf die Sprache derselben schliessen zu sollen, als Steinthal hinsichtlieh ihrer von Mahn's Buch den freilich sehr allge- mein lautenden Ausdruck gebraucht: „es gebe dem Sprachforscher viel zu denken". Indessen berechtigt vielleicht ein anderer Umstand zu dem Schlüsse, dass Steinthal doch nur einen verhältnissmässig geringen Werth auf die baskische Sprache legt oder wenigstens früher ihr eine grössere Bedeutung zugesprochen hat. In seiner im Jahre I8o0 erschienenen Schrift: „Die Classification der Sprachen, dargestellt als die Entwicklung der Spraciiidee" hat Steinthal die baskische Sprache in die höhere Kategorie der „StolT und Form scheidenden Sprachen" und unter diesen wiederum in die Classe derjenigen gestellt, welche „Nomen und Verbum scheiden", so dass dieselbe in seiner von unten aufsteigenden Classification unter drei- zehn Sprachfamilien die zehnte Stelle einnimmt i'). Dagegen hat derselbe Gelehrte in seiner „Charakteristik der hauptsächlichsten Typen des Sprachbaues", welche die zweite Auflage jener andern Schrift bildet 18), die baskische Sprache gänzlich mit Stillschweigen übergangen. Da nun, wenn anders die obige Auffassung von Stein- thal's Ansicht die richtige ist, dieser mit seiner Beurtheilung der baskischen Sprache in einen Gegensatz zu andern, und zwar gerade auch sehr angesehenen Sprachforschern treten würde, so liegt hierin eine um so stärkere Aufforderung dazu, die Geschicke und den Geist des baskischen Volkes, insbesondere aber dessen Sprache mehr als 16) Kuhn und Schleicher, Beiträge zur vergleichenden Sprachkunde. Bd. 1. S. 390. •■J) S. SteinthaK Classification, S. 90. IS) Berlin 1860. 736 Phillips bisher Geschehen, zn erforschen. Denn, man mnss sich allerdings verwundern, dass die baskische Sprache so oft als äusserst merk- würdirr erwähnt und dennoch von unsern deutschen Gelehrten nur so ganz nebenher berücksichtigt wird. Hält doch Max Miiller, den wir mit Fug und Recht zu diesen zählen, die baskische Sprache für so ausserordentlich wichtig, dass er sie in Beziehung auf die be- stimmte Bedeutung der Wurzeln in ihr, als „the very type nnd per- f'ectio7i of a Turmiiati language" bezeichnet'»), was hier um so mehr sagen will, als Müller die Dreitheilung der Sprachen in Arische, Semitische und Turanisehe vorzugsweise vertritt. Und dennoch ist >) und ihr Tanz '2); daher charakterisirte Voltaire die Basken durch den Ausspruch: „ce petit peuple. (jiii saule et danse au haut des Pyre- nees". Leider ist die baskische Bevölkerung in progressiver Abnahme begriffen und noch mehr verliert, wie schon angedeutet wurde, ihre Sprache von Jahr zu Jahr an ihrem Gebiete; eine Erscheinung, über welche eine interessante Abhandlung von Elisee Keclus in der Revue des deux mondes nachgelesen zu werden verdient, welche die nur zu wahre Überschrift führt: „Les Basques, un peuple qui s'en va" '3). Es sind jetzt im Ganzen kaum mehr 600,000 Menschen, welche die baskische Sprache reden i*), von denen etwa 120,000 auf das französische Baskenland kommen '»}. Einen grossen Antheil an '") Vergl. Mahn bei Blutschli (s. oben l. Note 4'). ''') Vorzüglich geschickt sind die Basken im Ballspiel (Pilota), auch ist die bei ihnen übliche Jagd auf Ringeltauben sehr luerkwiirdig, S. darüber C. Duvoisin Cambo et ses alentours. (Bayonne 1838). p. Iö3 u. s. w. — S. auch v. Lüde mann, Züge durch die Hochgebirge und die Thiiler der Pyreuäen im Jahre 1822. (Berlin 1823) S. 307. u. f. ''-) Au dem Tanze nelunen aber die Frauenzimmer in der Kegel nicht, wohl aber bis- weilen die Priestei' Theil. So berichtet Garat, Origines des Basques de France et d"Espagne. p. 32 — Üie Musikbegleitung besteht in dem Tambourin und in der Chirola, einer Flöte mit drei Löchern. '^) Revue des deux mondes. Tome. LXVlll. p. 313 — 340. (Hieraus schöpfen auch mehrere kleinere Aufsätze in deutschen Zeitschriften z. B. lilobus. Bd. 11. (1867) S. 367. '*) Einen recht hübschen Artikel über die Basken enthält auch der Jahrgang 1857 der Augsb. Allg. Zeitung. Beilage >'r. 280. Nr. 283; ebenso Norddeutsche allg. Zeitung v. 23. Februar 1868. Zur Kenntuiss der Basken dient auch die kleine Schrift: Dasconaguerre, Les Echos du Pas de Roland. Paris 1868. — Vergl. noch Lüdemann a. a. O. S. 279. u. ff. so wie den mehrfach erwähnten Artikel von M a h n. ^^) Mit Rücksicht auf die Abhandlung von Recl us scheinen die Zahlen bei Mahn zu hoch gegriffen zu sein. Dieser gibt S. 661 die Bevölkerung des französischen Baskenlandes auf (90 Q].\leilen) 130.000 Seelen an ; das spanische Königreich Kille bdskisclie Spracliproiie nelist Einleitung und Coiiinientar. ^41 dieser Minderung haben die Auswaiideruiigen nach Südamerika i"*;, Avo sich die Basken eben sehr bald unter der dortigen Bevölkerung verlieren. In der Heiniath tragen zur \ erminderung des Gebrauches der baskischen Sprache verschiedene Umstände bei; in Frankreicli findet beinahe kein Schulunterricht in der eigentlichen Landessprache statt, müssen alleProcesse bei den Gerichten in französischer Sprache geführt werden i'), sodass der Bevölkerung ausserdem Verkehre inner- halb seiner selbst, nur noch der Katechismus und die Fredigt in der Landessprache übrig bleibt >sj. Nicht viel besser ist es in Spanien ; hier soll — wenn anders die Sache Glauben verdient — vor nicht gar langer Zeit in den Schulen ein wunderliches Mittel angewendet worden sein, um den baskischen Kindern ihre Muttersprache auszutreiben i»). Derjenige Knabe nämlich, welcher der Erste in einer Woche sich darin verfehlte, dass er baskisch sprach, bekam eine Marke; diese musste er baldmöglichst wieder anzubringen versuchen, indem er sie sofort demjenigen seiner Mitschüler gab, weicher sich unvorsichtiger Weise m baskischer Sprache hatte vernehmen lassen. Dieser musste nun zu- sehen, in gleicher Weise die Marke loszuwerden; bei wem sie aber am Samstag gefunden wurde, der bekam die Strafe für Alle. Die baskische Sprache wird von den Eingebornen Euskuara genannt; diejenigen, welche sie sprechen, heissen Euskaldunak, im Gegensatze zu den Erdaldunak, welche die allgemeine Landessprache (Romance), nämlich dasCastilianische oder Französische reden -"). Die Sprache selbsi ist wegen ihres eigenthümlichen Baues ganz beson- Navarra würde danach auf 143 j^Meiieu 281.000. Biscaya auf 69 □•Meilen IjO.üOO, Guipuzcoa auf 29 □-Meilen 14.200. Alava endlich auf öl □Meilen 80.000 Einwohner zählen; diess gäbe die Gesammtsuuime von 763.000 Basken, allein diese sprechen nicht mehr alle baskiseh. '*) Näheres bei Keclus a. a. O.p. 333. Es sollen sich schon mindestens 30.000 Basken aoi Rio de la Plata angesiedelt haben; allein aus Baronue und Bordeaus gingen im Jahre 1863 nicht weniger als 39 Schilfe mit 2.609 baskischen Auswanderern nach Buenos Ayres. *^) Sogeschah es schon seit längerer Zeit bei den Gerichten zu ßayoune und Ais; indessen es musste doch dafür Sorge getragen werden, dass bei den einzelnen Ge- richten Notare angestellt wurden, welche der baskischen Sprache mächtig waren, S. Francisque .Michel, Le pays basque. p. 9. ^^) Auch der grössle Theil der Literatur besteht in Erhauungsbüchern. 1*) So berichtet V;iii Eyss a. a. 0. p. 1. — 20) Vergl. Humboldt a. a. 0. S. 34. S. 38. < 4 2 Phillips ders merkwürdig; man hat in Retreff ihrer auf manche Analogien mit dem Magyarischen und dem Finnischen, andererseits auch mit den amerikanischen Sprachen hingewiesen und sie mit diesen in die Reihe der agglutinirenden Sprachen gestellt. Alle diese Fragen hei Seite lassend, wollen wir hier nur mit wenigen Worten der Begeiste- rung gedenken, zu welcher sich manche Basken für ihre Sprache haben hinreissen lassen Mehrere haben sich nicht damit begnügt, die vielen und in der That anzuerkennenden Vorzüge des Baskischen vor andern Sprachen hervorzuheben, sondern haben sich zu einer wahrhaft schwindelnden Höhe in dieser Hinsicht emporgeschwungen; alle andern übertritTt hierin Chaho, obschon auch vor ihm Larramendi viel in dieser Beziehung geleistet hatte. In der Vor- rede zu seinem Dictionnaire 21) führt letzterer aus, dass schon die Griechen und Römer, um so mehr die Franzosen, Italiener und Spanier ihren Wortschatz aus dem Baskischen bereichert hätten, ins- besondere will Larramendi im Castilianischen nicht minder als 1951 baskische Wörter neben 5385 lateinischen zählen. Astarloa rechnete zu den grossen Vorzügen des Baskischen auch seinen Reichthum an Wörtern ^^j, die er — die mehr als drei Sylben zählenden ausgeschlossen — auf nicht minder als auf 4 Billionen nebst 126 und einer halben Million berechnete. Am Begeistersten ist aber Chaho, der unter Anderm von der Vollkommenheit der haskischen Conjuga- tionen so durchdrungen ist, dass er von ihr sagt: „sie könne nicht noch weiter gehen und Gott selbst würde, wenn er mit den Men- schen sprechen wollte, kein feenhafteres Verbum anwenden kön- nen" 23^. Dagegen ist die Meinung der Spanier in dieser Hinsicht 21) p. ex. 22) Astarloa, Apologll. p. ö7. — Vergl. darüber L ecl u s e a. a. 0. p. 174. m'o auch ein hierauf bezügliches baskisches Epigramm in französischer Übersetzung mit- getheit wird ; das Original folgt p. 216. 23j Wir theilen die betreffende Stelle im Originale mit: Abbadie et Chaho, Etudes gramraaticales sur la laugne Euskarienne: p. 84: „Si la conjugaison de la forme verbale Nix etale une profusion de richesses inconnues a toutes les autres langufs humaines, celle de la forme I) u t est plus merveilleuse encore ; eile marque les diverses relations des personnes avec la meme exactitude et la meme regularite. que la premiere,et eombine en autre dans sa contexture syllabique jusqu'ä la expres- sion de deux regimes ; la perfection ideale, speculative ne peut aller au-delä: Dieu lui-meme, parlant aux hommes. ne saurait employer un verbe plus feerique." — Ahnliche Äusserungen finden sich auch in anderen Werken Chaho's namentlich in Eine baskische Spracliprobe nebst Einleiluiig- und Commentar. 743 längst eine andere geworden: ganz im Gegensatz zu Seal ige r**), welcher den „Cantabrismus", wie er das Baskisehe nannte, als eine „lingua lenissima et suavissima" bezeichnete, will Mariana nicht viel von ihr wissen, indem er sie als „rudis et barbara" und „cultum abhorrens" auf eine sehr niedere Stufe stellt 25J. Aus diesem Wider- willen der Spanier gegen die baskische Sprache rührt auch die Volkssage von der Verzweiflung des Teufels in der Erlernung des Baskischen her 26). Es ist daher begreiflich, wie die spanische Aka- demie in ihrem Dictionnaire dem Worte „Vascuence" die metaphorische Bedeutung beilegt: „lo que estä tan confuso y oscuro que no ne puede entender" 3^). Ganz anders wiederum als die Spanier urtheilen unsere Sprach- forscher Humboldt, Mahn und Max Müller über das Baskische, ohne sich zu den Phantasien einzelner Eingebornen zu versteigen, welche sogar ihre Sprache zur etymologischen Grundlage des Latein machen wollen -8). Es sei uns vergönnt in mehreren später nachfolgenden Abhandlungen das baskische Alphabet und einzelne andere Bestand- theile der baskischen Grammatik zu besprechen, hier aber nur ein- dem ersten Bande der von B eis u nee fortg-esetzten Histoire desBasques. Damit ist zu vergleichen, was Chaho a. a. 0. p. 3. von der baskischen Sprache überhaupt sagt: „La langue euskarienne date des preraiers siecles de notre temps historique : eile naquit, durant le premier, äge, dans ie midi; sa vocalisation vierge est divine, sa nomenclature est oriffinale et sans melange; l'architecture merveilleusenient re- guliere et simple de son Systeme gramniatical acheve d'en faire le dialecte le plus philosophique, le plus complete du verbe humain. Conserve'e jusqu"au milieu del'äge ancien, par les Aphothomites. les Anherrites, les Churites, les .Muthurgores et autres peuplades de la Mauritanie primitive, cette langue fleurit en Espagne pendant trois mille ans avec les Iberes-Euskariens. jusqu"a l'invasion des Celtes ou Tartares (!j, dont les dialectes grossiers et tenebreux enfanterent dans nos contrees meridionales la confusion de Babel. 11 est donc vrai de dire en allegorie,que la langue Euskuara bien anterieure ä 1' etablissement des Barbares dans le midi,tire son origine d' Adam puisque cette mythe ge'nesique represente l'humanite des Premiers äges " 2*) Seal ig er, Tract. de Europaeorum Unguis. — Vergl. Oih enart, Notitia utri- usque Vasconiae. Tora. 1. cap. 11. p. 36. -^> .Mariana, Hist. Hisp. Lib. 1. cap. 3. -6) >I ahn, Denkmäler der baskischen Sprache. S. VI. '') Diceionario de la Academia Espanola; adicion abbreviada por D. Vincento Gonzalez Arnao (Paris 1826) P. II. p. 1479. 28) S, oben Seite 742. Silzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. IV. Hit. -lO 744 Phillips zelne besonders charakteristische Eigeiitliümlichkeiteii 29) dieser Sprache hervorzuheben. Es findet sieh in dem heutigen Baskischen ein harmonisches Verhältniss zwischen Vokalen und Consonanten. Die Sprache, deren Pronunciation Deutschen freilich einige Schwierigkeit bietet, hört sich im Vortrage und Gespräch ganz gut an; nur der häufig vorkom- mende Laut itz ist für unsere Ohren nicht angenehm, und wer das spanische cJi nicht liebt, wird dessen Übertragung ins Baskische auch nicht erfreuen. Mit vielen andern Sprachen hat das Baskische es gemein, statt der Präpositionen nur Postpositionen zu gebrauchen und ist überhaupt sehr reich an Suffixen. Mehrere dieser Suffixe sind noch jetzt als Substantive zu erkennen ao^; so heisst gäbe so viel als „Mangel"*, „Entbehrung", und hat daher, wenn es als Suffix zu einem andern Substantiv gesetzt wird, die Bedeutung: „ohne". Z. B. ogigabe heisst wörtlich „Brod-Mangel", dann: „ohne Brod". „brodlos". Es mögen daher ihrem ersten nicht mehr erkennbarem Ursprünge nach manche andere Suffixe auch in diese Kategorie zu stellen sein. Überhaupt aber gehört das Suffigirungsprinzip so sehr zum Wesen der baskischen Sprache, dass man oft einen zweizeiligen Satz, wenn man ihn in eine unserer Sprachen übersetzen will, ganz getrost bei der letzten Sylbe des letzten Wortes der zweiten Zeile anfangen, dann von rechts nach links Sylbe für Sylbe oder Wort für Wort in gleicher Weise anreihen und bei dem ersten Worte der ersten Zeile schliessen kann. Als Beispiel mögen die Worte dienen: „mir scheint einer der besten Wege, um die Thüren gegen die Bosheit der Menschen zu schliessen" u. s. w. Diese würden in baskisclier Aufeinanderfolge also lauten: „Menschen der Bosheit die gegen Thüren die schliessen um Wege besten der einer, scheint mir" Der baskische Text dazu ist: gizonaren gaiztoqiieriari ateah üteko, bide onotietatik bat. diritzat^^}. -■') Mahn, a. a. 0. zählt drei und zwanzig solcher Eig-enthümlichkeiten auf. 30, Vergl. Vinson in der Revue de linguistique Tom. 111. p. 13. "') Die Fortsetzung des Satzes lautet: Das ist das Wissen, was Gott für den Mensehen gethan hat", in haskischer Wortfolge : „Gott, Mensch der für gethan hat das was Wissen das ist," baskisch: „Jaungaikoak gizonagatik eguin duena, jaquitea dala". Vergl. van E yss a. a. 0. p. 129. Eine l)askisclie Spracliprohe nehst Einleitung- und Commentar. 745 Die baskische Sprache hat zwar einen bestimmten und einen unbestimmten Artikel, a und bat, aber sie unterscheidet kein Ge- schlecht; nur für die weiblielien Thiere bedient sie sich des Surro- gates, dass sie zu dem Namen des Thieres das Wort, welches ,,Weib" bedeutet, nämlich ema, hinzufügt. So heisst z. B. harza s«): der Bär, harza ema: die Bärin 33j. Dem entsprechend wird auch in der Bibelübersetzung von Duvoisin rirago durch giz-ema wieder- gegeben 34). Der Artikel dient aber wesentlich aucli zur Formation neuer Substantiva, wozu eben jedes Wort im Baskischen fähig ist. So heisst aita Vater, aita-a contr. aita: der Vater, aitaren, des Vaters, aitaren-a, das des Vaters. Ganz dem ähnlich ist es , dass man durch Hinzufügung der Sylbe -tu, jedes Wort zu einem Verbum machen kann. z. B. aus dem oben erwähnten aitarena wird dadurch aitarenatu: „zu dem des Vaters machen", d. h. Etwas zu des Vaters Eigenthum machen 35); eine Bildsamkeit der Sprache, die man aber nicht missbraiichen und durch längere Fortsetzung dieses Verfahrens lächerlich und abgeschmackt machen darf se). Für die Zahlen dient als Grundlage ein combinirtes Decimal- und Vigesimalsystem 37) und zwar in der Weise, dass jede der Zah- 32) Die hier n:ewählten Beispiele g-ehören. wenn nicht etwas anderes dabei bemerkt wird, dem laburdinischen Dialekte an, der zwar nicht von den meisten Basken gesprochen wird, aber die meiste Literattir aufzuweisen hat; es werden demgemäss mehrere Wörter mit einem anlautenden h angeführt, welches in dem spanischen Baskenlande nicht gebräuchlich ist (s. S. 7.19), so auch harza, guipuz. arza. 33) Dem entsprechend wird im Ossetischen das den „Mann" bezeichnende Wort eben- falls bei dem Namen der männlichen Thiere hinzugefügt; hier heisst arss Bär, n a I - a r s s : der (männliche) Bär, s ü I - a r s : die Bärin. Vergl. Sj ö g r e n . Ossetische Sprachlehre. S. 431. — Es möge noch hinzugefügt werden, dass wir hier von der etwaigen Verwandtschaft der baskischen mit anderen Sprachen nicht handeln wollen, auch wenn hier, wie in anderen Fällen, eine gewisse äussere Ähnlichkeit heranträte. 3*) Genes. II. 23: hau deithuko da gizema: Diese ist genannt zu werden Männin. 35) Vergl. Mahn, Denkmäler S. XXIV. 38) Aristophanes konnte es als einem Komiker freilich s.'-estattet sein, ein Wort von 77 Sylben zu fabriciren. Vergl. Le'cluse a. a. 0. p. 42. — S. auch van Eyss a. a. 0. p. 16. 37) Vergl. Pott, die Sprachverschiedenheit in Europa an den Zahlwörtern nachge- wiesen Halle 1868. 50' 746 Phillips len von 1 bis 10 ihren eigenen Namen hatssj und dass die Zahlen von 11 bis 19 durcli Hinzurechnung von 1, 2 u. s. w. zu 10 bezeich- net werden 3^^; 20 hat wieder seinen eigenen Namen, der aber zu 10 in keiner Beziehung steht; 10 nämlicb heisst hanmr, 20: hogoi. Alsdann werden die Zahlen von 21 bis 39 durch Hinzuzählen von 1 bis 19 zu 20 bestimmt, worauf dann 40 als 2mal 20, nämlich berrogei folgt; 41 ist 2mal 20 -|- I u. s. w. ; 60 ist 3mal 20, liiruro- gei, 80 wie im französischen, 4nial 20: laurogei; 100 hat seine eigene Benennung, niimlich eun^^^ Eine der wichtigsten Fragen in Betreff des ßaskisehen ist aher die, ob diese Sprache eine Flexion habe, und ob nicht vielleicht gerade der Mangel einer solchen ein besonderes unterscheidendes Merkmal derselben sei. In dieser Beziehung bestellt nicht eine Grundversehiedenheit zwischen dem Baskischen und den arischen Sprachen; ursprünglich entbehrten auch diese jeder Declination und auch in ihnen dienten die Suffixe zum Ausdrucke der verschiedenen Verhältnisse, in welchen ein Gegenstand zu denken war*'). Diese Suffixe haben sich in Endungen verwandelt, die an sich nicht mehr eine selbstständige Bedeutung behielten, und auch diese haben sich in mancher dieser Sprachen gänzlich abgeschliffen, was doch wohl nur mit Unrecht für eine sprachliche Scliönlieit zu halten sein möchte. 3«) Nämlich : bat eins bi zwei hirii drei laur vier bortz fünf sei sechs zazpi sieben zorzi acht bederatzi neun hamar zehn. Unter diesen Zahlen hat bi eine Ähnlichkeit mit lat. bis. sei mit lat. sex, zazpi mit lat. Septem ; hiru (3) mit mag-yar. härom, hamar mit meraoii (10) in der Sprache der Tamaschek, auch mit griech. fAÜoiaj. ^^) .Mit Ausnahme von 11, welches hauiaika statt kamabat heisst. **•) Im Ossetischen, wo sich dieses System ebenfalls vorfindet, wird auch 100 als 3mal 20 bezeichnet; fonz = S, saez = 20, fonzii saeziij = 100. Vergl. Sjögren a. a. 0. S. 102. * ') Vergl. Vinson a. a. 0. p. 6. Eine liaskisclie Sprachprobe nelist Einleitune iiel)s[ Kinleitiintf und Commeniar. / Do Lfu'ramendi (v. Don): „titulo honorifico i r,gaiiz und gar". Im Baskischen verstärkt es aber nicht den Superlativ, sondern bildet denselben, wie sonst auch das Wort chit. chahua | steht hier wohl an unrechter Stelle und gehört wie im Texte B. castoa in die Z. 18. iS.A.B. (jarbia heisst rein, sauber und ist auch vermuthlich das eigent- lich baskisclie Wort für „keusch ''. i9. A. hoguen gabea scheint nicht ganz den Begriff „inviolata" wieder- zugeben, denn hoguen bezeichnet „Schuld" im Allgemeinen und mit gabe-a (s. I. S. J4j zusammengesetzt: die „Schuldlose". Der Text B. hat aucb nicht das dort gebräuchliche Wort oguen gebraucht, son- dern sagt: ^ Yirg'ina cerularic Ama eine eigenthümliche Umsehreibung, durch welche das Wort Virgo auch schon in die Beihe der Invoca- tionen, die sich auf die Mutterschaft Mariens beziehen, hineintritt. Cerularic hat eine participiale Bedeutung ^s): cera fzera, ziraj heisst „Du bist", ceralaric: „Du seiende", also: „Jungfrau Du seiende Mutter" oder wenn man es umkehren will: „Mutter Du seiende Jungfrau", womit dann allerdings Mater inviolata vollkommen wieder- gegeben wird. 20.A.B. tatcharic gabea I tatcha ist das franz. taehe, hier mit dem Suffix -ic und dem euphonischen r. Das Suffix hat die Bedeutung 2 1) Veigl. van Eyss a. a. 0. p. 46. -') Abbadie et Chaho a. a. O. p. •;2. -'') Abbadie e t Cli ah o a. a. 0. p. .i4. -'*) S. Chaho, Dict. p. 399. Eine baskische Sprachprobe nebst Einleitung und Commentar. Tbl „von"', näher: „etwas davon'', daher tntcharic : „Etwas von eimm a.B.20. Flecken"; dazu (jabea, heisst dann: „Die ohne (irgend) Etwas von einem Flecken". soi-tzetic garbia \ sortzea heisst: „Empfängniss", dann auch j5. 2/. „Geburt" ; garbia (s. Z. 18) : „rein", also : von Empfängniss her rein. Diese Invocation findet sich in dem Labonrdinischen Texte Z. o7. maithagarria I; maithatcea heisst „lieben", das Wort — gorriaA.B.22. drückt ganz das aus, was das lat. — (i)bilis, maithagarria ist daher ganz das Nämliche mit amabilis. Lecluse erklärt garria als „zu Etwas verhelfend" und führt ederganna (qui aide ä embellir) handigarria (qui aide a agrandir) und unefsgarria (qui aide ä aimer) als Bei- spiele an. Dadurch scheint denn doch der eigentliche Begriff nicht ausgedrückt zu werden, bei welchem die deutsche Sprache sich bis zum „(liebens)würdig" emporhebt und damit also sagt, dass der Gegenstand verdiene geliebt oder geehrt zu werden. Das lat. Suffix scheint eine gerundiale Bedeutung zu haben und amabilis ist so viel als amandus, was zu lieben ist. Es scheint demgemäss in dem garria mehr der Gedanke des Veranlassens, des Erregens zu liegen, denn sonst würde das Wort edergarria oder ederesgarria, welches im Baskischen zur Bezeichnung des lat. admirabilis dient, zuletzt noch ein Beiwort der Schminke werden. — An einem weiteren An- haltspunkte für die etymologische Erklärung des Wortes garria fehlt es. nnil wir entschlagen uns aller Hypothesen. miragarria | wieder eine hybride Zusammensetzung wie auch ^.5. 25. Creatgailearen und Salbatzallearen Ama. i S. oben Z. 9. A.B.24.2S. guciz . Z. 17. guhurra i bedeutet : weise; daher Zuhurtzia: Weisheit, wie ^.2^. auch das Buch Salamons jene Überschrift führt. beguiratiia j ein interessantes Wort; es stammt her von begia B.26. das Auge, beguiratiia heisst daher wörtlich: „die mit Augen > er- sehene"; unser „vorsichtig" entspricht zwar dem franz. prudent, aber nicht dem lat. prudens. ohoragarria und veneragarria \ Wegen garria s, Z. 21; diesem. /?. 27. ebenfalls hybride Composita sind leicht zu erkennen; das lat. honor ist in verschiedenen Formen in das Baskische aufgenommen: hotira, ohore, uhura u. s. w. Sitzb. d. phil.-liist. Cl. LXV. Bd. IV. Hft. 5t 762 Phillips 28.A.B laiidagarria und alabagarria \ Das Letztere ist aus dem Spani- schen alabar entnommen, was Diez^s^ aus dem nur bei Plautus vorkommenden allaudare, Chahoae) aus elevare ableitet. 29. A. puchanta. \ Wenn man sich an das französische piiissant erin- nert, wird man leichter geneigt sein, jenes Wort als ein baskisirtes potens anzuerkennen. Immerhin ist es auffallend, dass man hier nicht eine andere Form, die ebenfalls mit potens zusammenhängt, antrifft, da dieselbe sonst im Baskischen gebräuchlich ist, nämlich botheretsiia, von botharea s. u. a. Macht. Übrigens hat das Baskische auch ein einheimisches Wort für denselben Begriff bewahrt; das Können und Vermögen wird auch durch ahala ausgedrückt. In der Bibelüber- setzung werden beide Bezeichnungen neben einander gebraucht; z. B. Sapient. VIII. 11: et in conspecta potentium admirabilis ero: ederesgarri {&. S. 31) izanen naiz botheretsuen aitzinean; Psalm, XXII. 8: Dominus fortis et potens, Dominus potens in proelio : Jauna hazkar eta ahaldima, Jatm giidiietan^''} ahalduna; so auch für omnipotens: Genes. XVII. 1 : ego Dens omnipotens: Ni naiz Jaiiiko guziz botheretsiia und XXXV. 11 : Ni naiz Jainko guziz ahalduna. Merkwürdig ist aber insbesondere, wie der guipuzkoanische Text den Begriff Virgo potens wiedergibt, nämlich durch : 29. B. Escu andico Virgina \ wörtlich: „Hand grosser Jungfrau", also: „Jungfrau (von) grosser Hand". Wegen der Declination von andi s. Z. 8. 30. A. amnltsua j Dies Wort bedeutet: „zart, sanft". Das Suffix -tsita drückt regelmässig eine Fülle aus. 30. B biotz beraa |; biotz (labourd. bihotz) heisst das Herz; bera oder vielmehr berati ist dasjenige Wort, welches auch in der Bibel- übersetzung für „Clemens" gebraucht wird, z. B. Ex od. XXXIII, 19: Clemens ero: berati izanen naiz. XXXIV. 6: misericors et Clemens: urrikalmendetsua eta beratia. 31. A.B. leyala j franz, loyale. 32 A miraila \ prov. miralhe, franz. miroira«). Der guipuzkoanische Text hat dafür: 25) Diez, a. a. 0. S. 400. 26) Chaho a. a. 0. p. 102. 2'') Gudua: Kampf erinnert an goth. gund. Vgl. Grimm, Deutsche Grammatik. Bd. l. S. 457, 28) Vergl. Diez a. a. 0. S. 689. Eine baskische Spracliprolte nehst Eirileitiing und Cominentar. i Oo ispilkia j Span, espejo 2»j. B. S2. virtute guztien \ Tugenden aller; wieder eine Umschreibung. ß. 32. giihartciaren alkliia \ Wegen des ersteren Wortes s. oben A. 33. Z. 26, Wegen alkhia, welches Wort „Sitz" bedeutet, vergl. Matth. XIX. 28. in sede majestatis suae: bere ospezko alkhimi. Ganz ver- schieden davon der andere Text : Jaqulnduriaren eserleciia \ . Das Wort jaquitea heisst „Avissen'-. Ä. 33. davon jaquintasuna: Wissenschaft. In eserlecua, welches auch Larramendi als Übersetzung von asiento bringt, ist eser wohl durch das soulet. ezar: mettre, placer zu erklären; lecna bedeutet s. a. a Ort. S. unten Z. 4t>. Giire bozcarioaren |. Bozkaria heisst die Freude, boztea: sich A. 34. ertreuen 30*. Vergl. Deut. XV. 16: erisque in laetitia: eta bozkario- tiDi izftnen zare ; gure ist „unsrer". itliurburua I ein bildlicher Ausdruck für causa; ithurri heisst- „Quelle", biiru: Haupt, mithin das Ganze: ^Hauptquelle unserer Freude". Übrigens hängt das Wort ithiirria mit ettorrcea zusam- men, welches „entspringen, herkommen, kommen" bedeutet; daher 3. Reg. XI. 27 haec est causa rebellionis: eta huntarrik ethori zen hareii blhurritza d. h. und von daher (im) Kommen war seiner Auf- lehnung die (die Auflehnung seiner). poz I guipuzc. für boz, wo poztu „erfreuen" heisst. B.3i. emallea \ muss wohl die Bedeutung causa haben ; indessen war das Wort in keinem Dictionnaire aufzufinden. Dasselbe scheint eigentlich die Bedeutung von „Geherin" zu haben; Larramendi übersetzt abrazador durch laztan (amplecti) emallea; ist dies von eman (geben) herzuleiten? in diesem Falle wäre poz emallea: die Freude- Verleiherin. untci und ontzi \ Gefäss. Vergl. Genes. XXIV. 53: prolatisque ^-ßö..? vasis argenteis et aureis; gero (nachdem) atheratiiria zillarrezko eta nrhezko^^) untziak. Auch „Schiff, vaisseau" wird durch «wiz/ übersetzt. S. Genes. XLIX. 13. ohoragarria \ s. Z. 27. A.36. ay) Vergl. Diez a. a. 0. S. 327. 3**) Vergl. Larramendi, Dicc. s. v. alegria, " ') S. unten Z. 41. Das in der citirten Stelle vorkoramendeZillaria erinnert unwilikührlich an das deutsche „Silber". 51- 764 Phillips 34. B. errespetagarrin \ d. h. respectabilis; vergl. oben. S. 31. 37. A. debocionearen nntci miresgarria \ bedarf keiner weiteren Er- klärung. 37. n. fmdia |: gross. 38. A.B. AiTOsa |, wie oben errespetagarria. Im Baskisehen fängt kein Wort mit r an; das r wird verdoppelt und erhält einen vocalischen Vorschlag. 39. A. Dabiten \ ist der Genitiv. 4:0. A. dutiajita \ . Das Zeitwort dUtidatcea heisst „glänzen'^ (briller) oder wie Salaberri es wiedergibt: „eelater de lumiere", was freilich auf Elfenbein nur uneigentlich angewendet werden kann. Die bas- kische Sprache hat kein einheimisches Wort für ,,Elephant und Elfenbein". Das Thier selbst wird regelmässig „elefan^ genannt, z. ß. 3 Reg. X. 22; 1. Marc. 1. 18. Für das Elfenbein wird bolia gebraucht, welches aus dem Lat. ebur gebildet ist, wie fulia aus furia. Vergl. 3 Reg. X. 18. Paraiip. IX. 21. c. auch 3 Reg. XXII. 18: Domus eburnea: boUazko etchea. Der zweite Text s;igt: 40. B. Marfillazco torrea\; marfil oder vielmehr ?/ft6/?^ ist ein arabi- sches ins Spanische übergegangenes Wort; nab heisst Zahn, /?/: Elephantsa). 4t A.B. ürhezco etchea I Haus von Gold; icrrea heisst das Gold, urraida : Kupfer {iirre-ahaidea, dem Golde verwandt), welches Larra- mendi auch als urregorria, rothes Gold, bezeichnet. Kommt nrrea von auriim her oder besteht hier eine collaterale Verwandtschaft? 4%. A. Alientciaco arkha \ erklärt sieh von selbst. 42. B. Battasimaren cncha \. i?r). Sching-ke wurde zum Beruhiger des Vorhofes ernannt. In seiner Gemüthsart war viel Menschlichkeit und Güte. Sein Streben bestand in Grossmuth und Erbarmen, In dem Monate des ankom- menden Winters sollte immer über die wegen eines Verbrechens eingekerkerten Menschen das Urtbeil gefällt werden. Seine Gattin erfasste eine Kerze, Ke hielt in der Hand den mennigrothen Pinsel. Mann und Weib standen einander gegenüber und vergossen Thränen 2). Tschin-sieu führte den Jüngiingsnamen Fung-tsien und war ein Eingeborner von U-schang. Er wurde Statthalter von Yü-tschang. Die Gemüthsart Sieu's war rein und lauter. Er betrat die Wege der Umschränkung, Ehrfurcht und Sparsamkeit. Jn zehn Tagen kochte er ein einziges Mal. Er zündete keine obrigkeitlichen Kerzen ans). Kaiser Tscbang von Hau wandte sich an Lieu-ping mit der Frage: An dem Fusse der Vorhalle befindet sich ein wundervolles Wesen. Es war mit einem hellrothen Kleide angethan, von seinem Haupthaar bedeckt und hielt in der Hand eine Kerze. Es folgte mir nach und entliei". Kann man es bezwingen oder nicht? — Ping sprach: Man kann es. — Der Kaiser hiess jetzt Leute fälschlich als wundervolles Wesen auftreten. Ping schleuderte gegen sie eine Beglaubigungsmarke, und mehrere Menschen stürzten zu Boden. Der Kaiser rief erschrocken: Ich habe dich blos auf die Probe ge- stellt! — Hierauf erklärte er es*). Der König von Min-yue machte dem Kaiser Kao fünf Scheffel Steinhonig und zweihundert Stück Honigkerzen zum Geschenk 5). Khuang-heng lernte mit Eifer, aber er besass keine Kerzen. Im benachbarten Hause besass man Kerzen. Er durchbohrte die Mauer, ') Das Buch der Thang. 2) Die Verzeichnisse der Vorbilder von Kuei-ki. 3) Die Verzeichnisse dei- Vorbilder vom Kuei-ki. *) Die Uberlieferung-en von göttlichen Uiisterhiiehen. ^) Die verniisoliten Erzählungen der westlichen Muttersladt. I Die Anwendung' und die Zufälligkeiten des Feuers in dem alten China. TJtO leitete das Licht herüber und schrieb. Bei dem verborgenen Lichte las er i). Im Westen von Yung-kao findet man die das Licht schmelzende Pflanze. Dieselbe Mächst in Rüschen und besitzt tausend Blätter. Sie beschattet ein Gebiet von mehreren Morgen. In der Nacht ge- währt sie einen Anblick Avie Beiheu von Kerzen. Am Tage ist alles erloschen 2). Der Kuen-lüii ist der Berg Pe-mi der westlichen Gegenden. Derselbe liegt gegenüber der Stelle, wo die sieben Sterne herab- steisren und in dem lasurblauen Meere zum Vorschein kommen. Wenn man in der Nacht auf das Wasser bückt, so leuchtet es auf der Oberfläche hell wie Kerzen s). Pao-po-tse sagt: Wer das Böse bewundert, ist gleichsam ein Niichtinsekt, das sich in die glänzende Kerze stürzt. Wenn die glänzende Kerze in der Nacht angezündet wird, so erheben sich die fliegenden Insekten in Scharen. Das Sein entsteht aus dem Nichtsein. Die Gestalt wartet auf den Geist und wird begründet. Das Sein ist der Palast des Nicht- seins. Die Gestalt ist das Wohnhaus des Geistes. Desshalb ver- gleicht man dieses mit einem Graben. Wird der Graben zerstört, so fliesst kein Wasser. Man veroleicht es mit einer Kerze. W'enn die Kerze zu Ende ist, so hat das Feuer keinen Wohnplatz*). Wen-tse sagt: Die tönende grosse Glocke zerstört sich selbst durch Tönen. Die Fettkerze verzehrt sich selbst durch Leuchten 5). Unter den Menschen von Ying war einer, der an den Beichs- gehilfeii von Yen ein Schreiben schickte. Er schrieb es in der Nacht, und das Feuer brannte nicht hell. Er sagte desshalb zu demjenigen, der die Kerze hielt: Man zündet eine Kerze an und schreibt fehler- haft. Eine Kerze anzünden, hat nicht den Sinn des Schreibens. — Der Beichsgehilfe von Yen empfing das Schreiben und fand daran Gefallen. Er sprach: Diejenigen, die eine Kerze anzünden, sind ') Die vermischten Erzählungen der westlichen Mutterstadt. -) Die Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen von Wang--tse-nien. 3) Die Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen. ■*) Das Buch Pao-pö-tse. ^) Das Buch Wen-tse. 53' 796 PH 1 z m a 1 e r erleuchtet. Die Hohen und Erleuchteten erheben die Weisen und be- trauen sie. Das Reich wird dadurch verwaltet i). Hoai-nan-tse sagt: In der Welt hat man um die Zeit die Sorge, dass man blind und unüberlegt sich selbst ausser Acht lässt. Dieses ist etwas von der Art der Fettkerze. Je mehr das Feuer sich ent- zündet, um so schneller wird sie verzehrt 2). Fing, Fürst von Tsin, befragte den Lehrmeister Khuang und sprach: Ich bin siebzig Jahre alt und möchte gerne lernen. Ich fürchte, es ist bereits Abend. — Der Lehrmeister Khuang sprach: In der Jugend lernen, ist gleich dem Glänze des Sonnenaufgangs. In reifen Jahren lernen, ist gleich dem Glänze des Mittags. Im Alter lernen, ist gleich dem Lichte der Handkerze. Im Alter nicht lernen, ist Finsterniss und gleich dem Wandeln in Nacht. Was ist wohl besser: das Licht der Handkerze, oder das Wandeln in Nacht? — Der Fürst sprach : Vortretflich s) » Waiig-I, dessen Jünglingsname Kiün-fu, erhitzte die Kessel mit Grütze. Schi-ki-lün briet und kochte mit Kerzenfeuer*). Der Frühling und Herbst von Yuen-ngan sagt: Ich las die Überlieferungen von den Hiung-nu"s in dem Buche der Hau. Ich verstand nicht die Worte Tscheng-Ii-ku-tu. Ich hatte einen Sclaven von Hu, der die Kerze hielt. Ich kehrte mich nach ihm um und fragte ihn. Der Sclave sprach: Tscheng-li ist der Himmelssohn. Es besagt, dass die Hiung-nu's den Schen-yü so benennen, gleichsam wie die Menschen von Hau einen Himmelssohn haben, — Hierdurch ging mir ein helles Licht auf. Die Erörterungen von Tsien-fu sagen: Die Kerzen des Winkels spenden Licht in dem dunklen inneren Hause. Die vorderen Kerzen beleuchten es gänzlich. Die rückwärts brennenden Kerzen vermehren das Licht. Beide benützen einander und bringen ein grosses Feuer zu Wege. Die klaren Erörterungen der Verwandlungen von Tsai-schi sagen: Der Drache Fö-hi's ist nicht mein Pferd. Die weisse Sonne ') Das Buch Han-tse. -) Das Buch Hoai-nan-tse. •>) Der Garten der Gespräche. *> Die Gespräche des Zeitalters. Das hier Angegebene wird als denkwürdige Ver- schwendungssucht betrachtet. Die Anwendung und die Zufälligkeiten des Feuers iu dem alten Chin^. ioi ist nicht meine Kerze. Wenn ich es verberge, wenn ich es verheim- liche, so bewahre ich diesen Rohstoff. Ein altes Gedicht sagt: Der Mensch lebt nicht volle hundert Jahre. Er trägt beständig in dem Busen den Kummer von tausend Jahren. Der Tag ist kurz und mühselig, die Nacht lang. Warum wandelt er nicht mit einer Handkerze umher? Ein Gedicht Lieu-tsching"s sagt: Himmel und Erde haben kein Ende, das im voraus bestimmt wäre. Das Leben des Volkes ist sehr gekrümmt und beengt. Nennt man als Lebensdauer hundert Jahre, wer ist im Stande, dieser Verzeichnung zu entsprechen? Sich sen- kend und sich erhebend, flackert es, entfernt sich plötzlich. Das Licht ist gleich der Kerze in dem Winde. Die Inschrift der Kerzen von Fu-yuen lautet: Hellglänzend die mennigrothe Kerze! Flammend ein fliegendes Lieht! Nimmt man sie, so ist sie der Drachenschatten. Vergleicht man sie, so ist sie ge- bildet gleich dem Fu-sang. Sie erleuchtet jene ursprüngliche Nacht, glühend wie der Lichtstoff des Morgens. Verbrennt man ihre Gestalt, so beaufsichtisjt sie das Zeitalter. Ohne Dunkelheit hat sie keinen Schimmer. Denkwürdiges über Fackeln. Kuang-wu beruhigte Ho-pe. Jin-kuang und Pe-king drangen am Abend in Thang-yang. Die dahinschwebenden Reiter trugen brennende Fackeln, Himmel und Erde erglühten überall in rothem Lichte. Thang-yang erschrack und ward von Furcht ergriffen. Es ergab sich in der Nacht •). Muan-tschung führte den Jünglingsnamen Pe-ning. Derselbe diente mit den von dem früheren Heerführer und dem Beruhiger der Hauptstadt befehligten Kriegsheeren von Yang-tscheu. Sün-kiuen befehligte eine Menge von angeblich zehnmal zehntausend Kriegern und gelangte zu Hu-fei und Sin-tsching2). Tschung eilte sogleich herbei. Er Hess an etliche zehn starke Kriegsmänner die Aufforde- 1) Die Geschichte der Han von der östlichen Warte. 2j Im zweiten Jahre des Zeitraumes Kia-ho von U (233 n. Chr.) überfiel Sün-kiuen, Kaiser von U, in eigener Person die Feste Sin-tsching: in Wei, richtete aber nichts aus. In gleicher Weise misslang ein im nächsten Jahre unternommener Angriff auf Hö-fei in Wei. ^ VO Pfizinaier ruilg ergehen, Fichten abzubrechen und daraus Fackeln zu ver- fertigen. Man begoss diese mit Hanföl, legte in der Richtung des Windes Feuer und verbrannte die zum AngritTe dienenden Geräth- schaften der Räuber. Man erschoss Tai, den jüngeren Bruder Iviuen's. Die Räuber traten hierauf den Rückzug an O. VVang-I führte den Jünglingsnamen Tschung-te und stammte aus Tai-yuen. Zur Zeit der Niederlage des Geschlechtes Fu war Tschung-te siebzehn Jahre alt. Er griff zugleich mit seinem älteren Bruder Jui zu den gerechten Waffen, kämpfte mit Mu-yung-tschui und wurde geschlagen. Tschung-te wurde verwundet, entfloh aufs Gerathewohl und gelangte zu der glatten Erdstufe. Daselbst wurde er wieder durch Ti-liao aufgehalten. Dieser wollte ihn bewegen, als Anführer aufzutreten. Allein Tschung-te war gesonnen, nach Süden zurückzukehren. Er verliess Liao und floh zu dem Tai-schan. Die ihn verfolgenden Reiter Liao's kamen in grosser Eile, und er gerieth bei seinem nächtlichen Wandern in Bedrängniss. Da erblickte er vor sich hellbrennende Fackeln, die ihm den Weg zeigten. Es ward ihm dadurch möglich, dem Unheil zu entkommen-). Hiü-kia führte den Jünglingsnamen Te-tschin. Er diente dem verdienstvollen Richter der Provinz als kleiner Angestellter. Er hielt beständig ein Schwert, indess er aufwartete. Bei dem Hofe, den der verdienstvolle Richter an dem ersten Tage des Monats um sich ver- sammelte, hielt er zugleich eine Fackel. Kia ward jetzt zornig und rief: Ich, der männliche Diener, bin ein Angestellter. Ich entkomme nicht den niedrigen Dienstleistungen. — Er warf das Feuer in den Teich, gürtete das Schwert um einen Sophorabaum und begab sich schnellen Schrittes zu dem Thore des Versammlungshauses. Der V^orgesetzte fragte ihn um die Ursache. Er antwortete : Ich entfernte mich ursprünglich von den Futterschneidern und Hirten, kam hierher und trat an den grossen Hof, um zu sehen die Verwandlungen der Schule. Jetzt halte ich in der rechten Hand ein Schwert, mit der linken Hand erfasse ich eine Fackel. Unter solchen Umständen bitte ich, dass es mir vergönnt sei, Strafe zu empfangen und nach Hause zurückzukehren 3). 1) Die Denkwürdigkeiten von Wei. ^) Das Buch der Sung. ^) Die Überlieferungen von früheren Weisen aus Jü-nan. Die Ainvemluni; und die Zufälligkeiten des Feuers in dem alten China. /99 Wang-yao führte den Jiingiiiigsnamen Pe-liao. Wenn in der Nacht starker Regen fiel und Finsterniss herrschte, trat er aus dem Hause und wandelte umher, ohne benetzt zu werden. Es waren zwei Fackellichter, die sich immer vor ihm befanden «). Die sechs Köcher sagen: Wenn drei Kriegsheere ausziehen, leitet man die Kriegsmänner und die Menge. Am Morgen hat man die Fernsicht der Wolkenleitern. In der Nacht stellt man zehn- tausend Fackeln des Wolkenfeuers. Hoai-nan-tse sagt: Der Flüchtling wagt es nicht, in der Nacht eine Fackel zu erheben. Denkwürdiges über die Leuchtfeuer des Vorhofes. Das Sehud-wen sagt: Das Leuchtfeuer des Vorhofes, ist eine grosse Kerze. Die Gebräuche sagen: Hundert Leuchtfeuer des Vorhofes sind durch den Fürsten Hoan von Tsi in Gebrauch gekommen 3J. Zu den Zeiten des Kaisers Ngai, im ersten Jahre des Zeitraumes Hing-ning (363 n. Chr.), erging eine höchste Verkündung, der zu Folge das Leuchtfeuer des Vorhofes innerhalb des äussersten Thores gestellt werden sollte 3j. Zu den Zeiten des Kaisers Tsching, im zwölften Monate des achten Jahres des Zeitraumes Hien-ho (333 n. Chr.), meldeten die Inhaber der Vorsteherämter an dem Hofe: Das Leuchtfeuer des Vor- hofes befindet sich ausserhalb des Thores der öflFentlichen Wagen. Nach den Berathuiigen, die jetzt wieder gesammelt sind, befindet es sich innerhalb des äussersten Thores. Man halte sich daran, dass es innerhalb des alten Thores sei. — Eine erlassene höchste Ver- kündung sagte: Der oberste Buchführer brachte an dem Hofe eine Meldung, der zu Folge im neunten Jahre das Leuchtfeuer des Vor- ') Die Überlieferungen von göttlichen Unsterblichen. 2) Fürst Hoan %on Tsi mnsste sich die Rechte des Himmelssohnes an. Was den Unter- schied der Leuchtfeuer des Vorhofes betrifft, so hat ein Lehensfiirst erster Classe deren fünfzig, die Lehensfiirsten zweiter, dritter, vierter und fünfter Classe dreissig. ") Das Buch der Erhebung von Tsin. 800 P f i z m a i e r hofes sich imierhalb des äussersteii Thores befinden solle. Zu den Zeiten des Kaisers Ming befand es sich innerhalb des Thores der üifentlichen Wagen. Man kann sich an die alte Bequemlichkeit halten ij. Schi-li Hess Leuchtfeuer verfertigen, die zehn Klafter hoch waren. Auf die obere Schüssel stellte man das Leuchtfeuer. Die untere Schüssel fasste bequem einen Menschen. Man umwickelte den oberen und den unteren Theil mit dem Zugseile des Leucht- feuers 2). SchT-hu stellte in den Vorhof der Vorhalle der Zusammenkunft der Richtigen, ausserhalb des äussersten Thores und vor das Him- meisthor Leuchtfeuer des Vorhofes, je zu zweien an sechs Orte. Dieselben waren sechs Klafter hoch s). Hoan, Fürst von Tsi, errichtete ein Leuchtfeuer des Vorhofes. Es war um der vorzüglichen Männer willen, denen er entgegengehen und die er empfangen wollte. Nach einem Jahre waren die vorzüg- lichen Männer nicht angekommen. Es war der Mensch einer Land- stadt des östlichen freien Feldes, der sich wegen der Rechenkunst vorstellte. Fürst Hoan sprach: Ist die Rechenkunst werth, dass man ihretwegen sich vorstellt? — Jener antwortete: Ich stelle mich nicht vor, weil die Rechenkunst es werth ist. Ich habe gehört, dass der Vorgesetzte und Gebieter ein Leuchtfeuer des Vorhofes errichtet hat und auf die vorzüglichen Männer wartet. Nach einem Jahre sind sie noch nicht angekommen. Dass die vorzüglichen Männer nicht an- kommen, ist desswegen, weil der Gebieter der weiseste Gebieter der Welt ist. Die vorzüglichen Männer der vier Gegenden meinen, dass sie den Gebieter nicht erreichen. Aus diesem Grunde kommen sie nicht. Der Rechner besitzt nur unbedeutende Fähigkeit, und der Gebieter ehrt ihn noch immer. Um wie viel mehr wird er dieses bei denjenigen thun, die weiser sind als der Rechner? — Fürst Hoan fand dieses gut und ehrte ihn. Nach einem Monate kamen die vor- züglichen Männer*). ') Die weiteren Erklärung-ea der Unternehmungen von Tsin. -) Das Buch der Tschao. "J Die Geschichte Schi-hu"s ia Ye. *) Der Garten der Gespräche. I Die Anwendung- und die Zufälligkeiten des Feuers in dem alten China. 80 1 Denkwürdiges über den Rauch. Zu den Zeiten des Kaisers Yueii sangen die Jünglinge das fol- gende Lied •- Das Wasser des Brunnens überströmt und löscht den Rauch des Herdes. Es ergiesst sich in die Edelsteinhalle und fliesst zu dem goldenen Thor i). Siü-siang aus der Provinz U war Statthalter von Tschang-scha. Er ass immer trockenen Reis und Hess keinen Rauch und kein Kessel- feuer zum Vorschein kommen 2). Hoan-yuen hiess Hoan-kien an den Ausgängen von Tung-ling die Streitmacht sammeln. Pien-fan-tschi sammelte die Streitmacht im Westen des Berges des umgestürzten Schiffes. Kao-tsu ging in eigener Person voran, die Anführer und Kriegsmänner liefen ihm zu. Der Nordwestwind wehte heftig. Kao-tsu gab den Befehl, Feuer an- zulegen. Der Rauch umspannte jetzt den Himmel 3). Mai führte in seiner Jugend den Namen Yiiig. Yen-king von Kao-ping und Andere begaben sich zu ihm und empfingen ihre Voll- endung. Ying sprach: Der Gebieter von dem Geschlechte Y'en kann die Luft gebrauchen und die Brodfrucht abtrennen. Der Gebieter von dem Geschlechte Peng soll Arzneien als Lockspeise gebrauchen und die Luft vermehren. — Als King und die Anderen sich entfernen wollten, verbrannte Ying Wohlgerüche und trat in einem fünffärhi- gen Rauche hinaus. Ying entfernte sich ebenfalls, und Niemand wusste, wo er sich befand*). Ning-fung-tse lebte zu den Zeiten des gelben Kaisers und war bei dem Kaiser der Richtige der Töpfergeschirre. Er begegnete einem göttlichen Menschen. Er handhabte jetzt das Feuer und war im Stande, fünffäi'bigen Rauch hervorzubringen ^). Der Kaiser des Anfangs aus dem Hause Thsin ward auf dem Berge Li begraben. Ein junger Schatliirt Hess Feuer auskommen und 1) Das Buch der Han. -) Das von Sie-sehing- verfasste Buch der späteren Han. 2) Das von Tschin-yö verfasste Buch der Sung. *) Die besonderen Überlieferungen von Hiü-mai. ^) Die Überlieferungen von Unsterblichen. 802 P f i z 1)1 a i e r steckte die Stelle in Brand. Durch drei >Ionate qualmte der Rauch ohne Unterbrechung '). Aus der Wand des Gemaches Sung-hiü's, kaiserlichen Ver- merkers zu den Zeiten des früheren Liang, drang Rauch hervor. Als man die Stelle aufgrub und nachsah, war ein besonderer Pfeiler in Brand gerathen. Hiü sagte zu seinem jüngeren Bruder Tsching: Bei dem Pfeiler als Schriftzeicheii befindet sich zur Rechten des Holzes der Vorgesetzte 2). Das Wort Sung enthält Holz s). Das Holz ist in Brand gerathen. Das Geschlecht Sung wird zerstört, jedoch der Vorgesetzte bleibt am Leben. Diess ist das grösste der unheil- vollen Ereignisse. Man sollte daran denken, wie es abzuwehren ist. — Später liess Tschang-hu die Genossen Sung-hoen"s hinrichten +). Vierhundert Weglängen von dem Berge der gezählten Berg- spitzen befindet sich ein Teich, der eintausend Weglängen im Um- fange hat. Die Farbe desselben verändert sich nach den vier Jahres- zeiten. In ihm findet man eine göttliche Schildkröte mit acht Füssen und sechs Augen. Auf dem Rücken trägt sie die Abbildungen der sieben Sterne, der Sonne, des Mondes und der acht Gegenden. Fer- ner sind daselbst vier Kerzen, die zu Zeiten über glühenden Steinen hervorkommen. Erblickt man sie in der Höhe, so glänzen sie wie Reihen von Sternen. In der Dunkelheit und wenn es regnet, ist ihr Glanz noch heller. Diese Steine schwimmen immer an dem Rande des Wassers in einer Ausdehnung von mehreren hundert Weglän- gen. Sie sind von Farbe stark rothweiss. Wenn man sie brennt, so entsteht Rauch auf einer Strecke von mehreren hundert Weglängen und steigt zu dem Himmel. Er bildet dann wohlriechende Wolken. Wenn die wohlriechenden Wolken ringsumher befeuchten, so bilden sie wohlriechenden Regen s). Wen, Fürst von Tsin, verbrannte den Wald, um Kiai-tui aufzu- suchen. Es erschienen weisse Krähen, die den Rauch umkreisten und 1) Die Geschichte der drei Thsin. -) Das Wort TT! Tsehii „Pfeiler" ist aus "^^ Mo „Holz" uml it Tschü -Vor- gesetzter" zusammengesetzt. '') ~Jk~ Suiig. hier ein Geschlechtsname, zeigt unter einem Dache das Wort TJC Mo „Holz«. ■*! Die erweiterte Geschichte der fünf Grundstoffe in der alten und gegenwärtigen Zeit. ^) Das Auflesen des Hinteriassenen von Wang-tse-nien. Die Anwendung und die Zufälligkeiten des Feuers in dem alten China. öOo schrien. Einige sammelten sieh neben Kiai-tse, und das Feuer konnte ihn nicht verbrennen. Die Menschen von Tsin hielten dieses für ein gutes Zeichen. Sie errichteten für ihn eine Erdstufe und nannten sie : den unterdrückten Rauch '). fm Westen von Thsin liegt ein Reich, Namens I-kbiü. Wenn daselbst nahe Verwandte sterben, so sammelt man Rrennholz, häuft es und verbrennt sie. Wenn der Rauch sich erhebt, so nennt man dieses: in die Ferne steigen. Dann erst ist man ein elternliebender Sohn geworden 2^. Hoai-nan-tse sagt: Rei der Ankunft des Winters, an dem Tage Kiä-tse (1), wenn man die Einrichtungen erhält und das Holz zu den Geschtäften gebraucht wird, ist der Rauch des Feuers grün. Nach zwei und siebzig Tagen, an dem Tage Ping-tse (l-i}» wenn man die Einrichtungen erhält und das Feuer zu den Geschäften ge- braucht wird, ist der Rauch des Feuers rotli. Nach zwei und siebzig Tagen, an dem Tage Meu-tse (2o), wenn man die Einrichtungen erhält und die Erde zu den Geschäften gebraucht wird, ist der Rauch des Feuers gelb. Nach zwei und siebzig Tagen, an dem Tage Keng- tse (37), wenn man die Einrichtungen erhält und das Metall zu den Geschäften gebraucht wird, ist der Rauch des Feuers weiss. Nach zwei und siebzig Tagen, an dem Tage Jin-tse (49), wenn man die Einrichtungen erhält und das W^asser zu den Geschäften gebraucht wird, ist der Rauch des Feuers schwarz s). In dem Reiche Khio-thse liegt ein Berg. In der Nacht zeigt sich auf ihm ein glänzendes Feuer. Am Tage steigt fortwährend Rauch auf*). Die richtigen Verkündungen von Yen-yen sagen: Das Feuer enthält Rauch, aber der Rauch steht dem Feuer im Wege. Der Zimmtbaum birgt in sich Holzwürmer, aber die Holzwürmer zerstören den Zimmtbaum. Wenn die Holzwürmer gross sind, ist der Zimmt- baum gebrochen. ') Das Auflesen des Hinterlassenen. 2) Das Buch Lie-tse. ■') Das Buch Hoai-nan-tse. *) Die Denkwürdigkeiten von den Reichen der westlichen Grenzen. ö04 P f i z ni a i e r. Denkwürdiges über Kohlen. Die Gebräuche sagen: In dem letzten Monate des Herbstes werden Pflanzen und Bäume gelb, und die Blätter fallen. Man fällt jetzt Brennholz und erzeugt Kohlen. Der Fürst von Tschü befand sich auf der Erdstufe des Thores und blickte auf den Vorhof herab. Der Pförtner begoss mit dem Wasser eines Kruges den Vorhof. Der Fürst von Tschü sah dieses und gerieth in Zorn. Der Pförtner sprach: I-yi-ku hat Wasser ge- lassen. — Der Fürst gab Befehl, Yi-ku zu ergreifen. Man fand ihn nicht, und der Fürst zürnte immer mehr. Er warf sieh auf das Bett, fiel in die Kohlen des Ofens und verbrannte sich. Hierauf starb er i). Bei dem Tode des Fürsten Wen von Sung machte man den Anfang mit der prunkvollen Bestattung. Man verwendete verkohlte Austern ~^. Yuen, Fürst von Sung, fasste den kleinen Diener Lieu und wollte ihn tödten. Als der Fürst die Trauer hatte, erhitzte Lieu Koh- len unter dem fürstlichen Sitze s). Wenn der Fürst kommen sollte, entfernte er sie *j. Zur Zeit der Bestattung ward er überdiess der Gunst theilhal'tig &). Schao-kiün, die jüngere Schwester der Kaiserin von dem Ge- schlechte Tu, ward durch Menschen abgemachter Weise verrathen. Sie trat für die Gebieterin des Hauses in das Gebirge und bereitete Kohlen. Die Uferbank, auf der sie sich am Abend niederlegte, stürzte. Über hundert Menschen wurden erdrückt. Schao-kiün allein entkam dem Tode"). Das Buch der Hau sagt: Früher als um die Zeit der Ankunft des Winters und des Sommers hängt man Eisen und Kohlen je an ein Ende des Wagebalkens und bewirkt, dass sie ins Gleichgewicht kommen. Wenn im Winter die Luft des Yang ankommt, so steigen ') Die Überlieferungen Tso's. 2) Die Überlieferungen Tso's. Man verbrannte Austern zu Kohlen und opferte damit an der Öffnung- des Grabes. 3) Er wollte dadurch den Boden erwärmen. *) Er bewerkstelligte, dass der Fürst sieh an dem Orte niedersetzen konnte. ^) Fürst Yuen liebte und hasste auf ungewöhnliche Weise. 6) Das Sse-ki. Die Anwemliing und die Zufälligkeiten des Feuers in dem ;ilten China. öOo die Kohlen nach aufwärts, jedoch das Eisen sinkt ahwärts. Wenn im Sommer die Luft des Yin ankommt, so sinken die Kolden nach abwärts, jedoch das Eisen steigt aufwärts. Man beobachtet hierdurch die zwei Ankiinfte. Wang-tschin war stechender Vermerker von Yü-tschang. Er Hess eine Aufforderung herab gelangen, ihn darüber zu belehren, wie er geraderedende Männer suchen könne. Tschü-Iio-yin, der Vor- gesetzte der Register, erwog dieses und sprach: Dass Yao, Schün und der Fürst von Tscheu veranlassen konnten redliche Vorstellun- gen, ist desswegen, weil ihr wahrhaftiges Herz offenkundig war. Eis und Kohle sprechen nicht, dass aber ihre kalte und heisse Wesen- heit sich ins Licht stellt, ist desswegen, weil sie die Wirklichkeit haben. Liebt man Redlichkeit und Geradheit gleichwie Eis und Kohle von selbst sind, was sie sind, so werden die geraderedenden Diener in grossen Mengen die Vorballe erfüllen. Die dem Ohre zu- wideren Worte werden, ohne dass man sie sucht, von selbst her- beikommen i). Sün-teng weilte auf den Bergen von f-yang. Ein Köhler sah ihn und erkannte, dass Jener ein ungewöhnlicher Mensch sei. Er redete ihn an. Teng antwortete ihm nicht 2}. Als Kao-thsung starb, hatte er zehn Buhlerinnen. Einige von ihnen hatten Kinder, andere waren kinderlos. Er biess sie die Finger verbrennen, Kohlen verschlucken, aus dem Hause treten und Nonnen werden 3). Schao-tsching führte den Jünglingsnamen Te-fang und stammte aus Schan-yin. Er war von Gemüthsart bedächtig. Als man zu der Bestattung des Mannes von dem Geschlechte Tschang eilte, liess Jemand glühende Kohlen in den Schuh des Gebieters fallen. Die sitzenden Menschen glaubten, dass der Gebieter es nicht gesehen habe. Sie riefen ihm schnell zu. Der Gebieter kehrte sich nicht ein- mal um*). Yen-tsing war ein Eingeborner von Kuei-ki. Er brannte in dem Gebirge Kohlen. Plötzlich erschien ein Mensch, der ihm ein 1) Das Buch der Tsin. ') Das Buch der Tsin. 2) Das Buch der späteren Wei. *) Die Überlieferungen von dem Hause des Geschlechtes Schao. 806 IM" i z lii a i e 1 aus einer Rolle bestehendes ungeschnuickles Buch gab und dabei sprach : Deine Knochen sind derart, dass du den Weg erlangst und lange lebst. Desswegen übergebe ich dir ein göttliches Buch i). An dem im Südosten von Tsi befindlichen Flusse Lu trifft mau zur Seite des Wassers den das Feuer überwindenden Baum. Die Menschen der Gegend bezeichnen ihn gemeiniglich diu'ch die Ijaute Ting-mo (der ausgezogene Baum). Wenn man über das freie Feld geht und ihn verbrennt, so stirbt er nicht ab. Die Kohle erlischt auch nicht. In den östlichen Gegenden gibt es einen aschenlosen Baum 2). In dem Districte Fung-tschiug, Bezirk Ko, findet man Stein- kohlen auf einer Strecke von zweihundert Hundertmorgen Ijandes. Man kann sie anzünden, mit ihnen kochen und die Kessel heizen 3). Auf dem Berge Tsao-teu (dem Berge des Herdhauptes), an der Stelle, wo die Menschen von Yue kochen und die Kessel heizen, gräbt man die Erde auf und findet Kohlen *). Hoai-nan-tse sas^t: Es lässt sich vergleichen mit F]is und Kohle, mit dem Hakigen und Scbiiurgleichen. \\'ann können sich diese ver- einigen 5)? Man hängt Fiügelfedern mit Kohlen auf und kennt die trockene und die feuchte Lüfte). Wenn die Feuchtigkeit ankommt, sieht Niemand deren Gestalt, aber die Kohlen sind bereits schwer. Wenn der Wind ankommt, sieht Niemand dessen Bild, aber die Bäume bewegen sich durch ilin '). In der Welt ist nichts, das sich gegenseitig mehr basst, als Leim und Pech 8), und nichts, das sich gegenseitig mehr liebt, als 1) Die Überlieferungen von göttlichen Unsterblichen. 2) Die Geschichte des Landes von Tsi. 3) Die Geschichte von Yii-tschang. *) Die Geschichte von Kiao-tscheu. 5) Das Buch Hoai-nan-tse. Das Eis ist kalt, die Kohle heiss. Sie können sich gleich- wie das Krumme und Gerade niemals vereinigen. *) Das Buch Hoai-nan-tse. Durch Trockenheit werden die Kohlen leicht, durch Feuchtigkeit werden sie schwer. ') Das Buch Hoai-nan-tse *) Leim und Pech halten einander fest und lösen sich nicht Desswegen heisst es: Siehassen sich. Einige sagen: Wenn Leim in das Pech dringt, so verdirbt er. Wenn Pech in den Leim dringt, so verdirbt er ebenfalls. Leim und Pech, seien es grosse oder kleine Mengen, hält man von einander fern. Desswegen sagt man : Sie hassen einander. Die Anwendung: um! die Zufälligkeiten des Fi'uers in dem alten Chinii. öO i Eis und Kohlen i). Leim und Peeli morden einander. Eis und Kohlen beleben einander ä). Pao-po-tse sagt: Das Weidenholz ist ein Gegenstand, der schnell verfault. Brennt man aber daraus Kohlen, so sind diese in hundert tausend Jahren nicht verdorben s). Yü~jang M ollte sich an Siang-tse rächen. Er zerstörte seinen Haarschopf, entfernte die Augenbrauen und veränderte seine Gestalt. Er trat als Bettler auf, ging hin und bettelte bei seiner Gattin. Diese sprach: Diess ist Jemand, dessen Äusseres keine Ähnlichkeit mit demjenigen meines Mannes hat. Warum hat seine Stimme mit der- jenigen meines Mannes so grosse Ähnlichkeit? — Siang verschluckte jetzt Kohlen und veränderte seine Stimme*). Als Tsching-hoei von Sin-ngan jung war, stieg er zu der vor- deren Brücke und ging auf und ab. Er sah einen Greis, der ihm einen kleinen Beutel gab und sagte: Dieses ist dein Lebensloos. Hüte dich, dass du es nicht fallen lassest. Wenn es zersprengt oder zerbröckelt wird, so ist dieses ein Zeichen sofortigen Unheils. — Als der Greis ausgeredet hatte, war dessen Spur verloren. Hoei öffnete heimlich den Heutel und sah hinein. Es war darin ein Stück Kohle. Er beschloss jetzt, es zu verheimlichen, und selbst seine Hausgenossen wussten davon nichts. Im dritten Jahre des Zeitraumes Yuiig-thsu (109 n. Chr.). als er sechzig Jahre alt war, erkrankte er ernstlich. Er saute zu seinen Schülern : Meine Jahre sind zu Ende. Ihr könnet versuchsweise diesen Beute! öffnen. — Man sah, dass die Kohle zerbröckelt war. Bald hierauf starb er^). Die Erörterungen über Salz und Eisen sagen: Eis und Kohlen können nicht in einem gemeinschaftlichen Gefässe sich befinden. Die Kohlen der Bäume des kleinen Waldes unter dem Flusse Lö sind nur gleich Hirsekörnern. Yang-sieu war stolz und gewaltig. Er zerstiess die kleinen Kohlen zu Pulver, versetzte dieses mit eini- gen Gegenständen und verfertigte daraus Thiergestalten. Später waren die Genossen, die er unter einem Vorwunde zu sich berief. V) Wenn das Eis Kohlen erhält, so löst es sich. Wenn es sieh löst, so wird es zu Wasser und erlangt seine ursprüngliche Eigenschaft wieder. Wenn die Kohlen Eis erhalten, so bewahren sie sich als Kohlen. Desswegen sagt man: Sie lieben einander. 2) Das Buch Hoai-nan-tse. ^) Das Buch Pao-piii-tse. *} Der Frühling und Herbst des Gesclilechtes Liii. *} Der Garten der Merkwürdigkeiten. 808 P f i z in a i e r versammelt. Ei- zündete diese Gestalten bei dem Feuer des warmen Weines an. Sobald dieses gescheben war, öffneten die wilden Thiere den Mund, wendeten sieb gegen die Menseben und erglühten. Die gewaltigen Männer sebätztcn ibn hocb. Sie unterwarten sieb und richteten sieb nacb ihm •). Das von Ku-I verfasste bilderlose Gedicht auf den Nachtvogel sagt: Himmel und Erde sind ein Ofen, die schaffenden Verwandlun- gen sind der Künstler. Das Yin und Yang sind die Kohlen, die zehn- tausend Wesen sind das Kupfer. Denkwürdiges über Asche. Schang-yang von Tbsin gab quäleriscbe Gesetze. Wer Asche auf den Weg warf, wurde gestraft s). Han-ngan-kuö ward in Anklagestand versetzt, und man ging seinem Verbrechen gemäss vor. Tien-kia, ein Angestellter des Ge- fängnisses, beschimpfte ihn. Ngan-kuo sprach : Wird die todte Asche allein nicht wieder entzündet? — Kiä sprach: Wenn sie sich ent- zündet, lässt man auf sie sogleich Wassers). Kaiser Wu grub den Teich von Kuen-ming und fand schwarze Asche, Ein Mensch des auswärtigen Reiches Hu sagte : Dieses ist das Überbleibsel der bedrohenden Asche des Himmels und der Erde. — Man fragte Tung-fang-so. Dieser hielt es für glaubwürdig*). Yang-yi) war Statthalter von Ling-ling. Um die Zeit machten die Räuber von Thsang-wu Überfälle nnd bedrohten. Yo verfertigte etliche zehn Wagen und belud sie mit Asche. Er streute die Asche in der Richtung des Windes aus. Die Räuber konnten nicht sehen, und durch dieses Mittel schlug er sie 5). Wen-kin war Statthalter von Liü-kiang. Er wurde von Wang- ling, dem Beruhiger der Hauptstadt, zum Gegenstande einer Meldung an dem Hofe gemacht. Kin beklagte sich bei Tschao-schuang. Scbuang sprach : Ling nimmt es dir übel, dass du zwei Schiffe mit Asche beladen hast. Doch was bat dieses zu bedeuten? Ich habe ge- '1 Der Wald der Gespräche. 2) Das Sse-ki. 3) Das Buch der Han. *) Das Buch der Han. ^) Das Buch der späteren Han. Die Anwendung und die Zufälligkeiten des Feuers in dem alten China. 809 hört, dass du ein Färbehaus errichtet hast, und aus diesem Grunde brennst du Asche i). Tschang-khiü führte den Jünglingsnamen Tse-tslng und war Statthalter von Keu-tschang. Daselbst war ein Weib, welches ihren Mann tödtete. Sie zündete dabei das Haus an und sagte, dass er ver- brannt sei. Sein jüngerer Bruder schöpfte Verdacht und klagte sie an. Khiü untersuchte den Leichnam, öffnete dessen Mund und be- trachtete ihn. Es fand sich in ihm keine Asche. Er hiess Leute zwei Schweine nehmen, das eine tödten und das andere lebendig zugleich mit diesem verbrennen. Er öffnete und betrachtete deren Mund. Bei demjenigen, das man getödtet hatte, fand man keine Asche. Bei dem- jenigen, das lebendig gewesen, fand man Asche. Es war jetzt offen- bar, dass das Weib den Mann früher getödtet und dann verbrannt hatte. Hierauf gestand erst das Weib 2). Kieu-mo-Io-schi war ein Mensch von Thien-tschö. Tschanff- thse, der Aufseher der Bücher der Mitte, erkrankte. Liü-kuang, der Heerführer der kühnen Beiter, bemühte sich auf alle Weise um des- sen Herstellung. Lo-tscha, ein Mensch des Weges aus den auswär- tigen Beichen , sagte , dass er die Krankheit Thse's heilen könne. Kuang freute sich und beschenkte ihn sehr reichlich. Lo-schi mel- dete Thse, dass Jener gelogen habe und sprach : Tscha kann keinen Nutzen bringen. Er verursacht bloss Ungelegenheit und Auslagen. Die dunklen Kreisläufe sind zwar verborgen, allein man kann es durch etwas versuchen. — Er verfertigte jetzt aus fünffärbiger Seide eine Schnur, knüpfte sie und verbrannte sie zu Asche. Das Pulver warf er in das Wasser. Wenn die Asche aus dem Wasser herauskommen und wieder zur Schnur werden sollte, so würde die Krankheit unheilbar sein. In wenigen Augenblicken sammelte sich die Asche, schwamm heraus und ward wieder zur Schnur. Die Hei- lung durch Tscha fand sich wirklich nicht bestätigt. Nach wenigen Tagen starb Thse 3). Sin-tu-fang aus Schin-wu, zu den Zeiten der Tsi Bichter von Pa-fu-tien und dritter Zugetheilter des Kriegsheeres, hatte sinnreiche Gedanken. Er war im Stande, mit einem Bohre die Luft zu erspähen und emporblickend die Farbe der Wolken zu beobachten. Er befand *3 Die abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei. 2) Die Verzeichnisse von U. 'j Das Buch der Tsin. Sitzb. d. phil -bist. Cl. LXV. Bd. IV. Hft. 54 ö 1 0 P f i z in y i e r sich eiiist Menschen gegenüber im Gespräche. Er blickte empor, zeigte zu dem Himmel und sprach: Die Luft des ersten Monates des Frühlings ist angekommen. - Die Menschen gingen hin, überzeug- ten sich durch das Rohr, und die fliegende Asche hatte bereits ent- sprochen. Indem er sagte, was er allmonatlich erspähte, befand er sich niemals im Irrthum. Er verfertigte ferner vier und zwanzig Radfächer, vergrub sie in die Erde und ergründete dadurch die vier- und zwanzig Lüfte. So oft eine Luft angeregt ward, bewegte sich ein Fächer, jedoch die anderen Fächer lagen still. Dieses entsprach der Asche des Rohres gleich einer ßeglaubigungsmarke i). Im neunten Jaiire des Zeitraumes Khai-hoang (589 n. Chr.), nachdem man Tschin beruhigt hatte, entsandte Kao-tsu die Männer Mao-schuang, Tsai-tse-yuen, Yü-pu-ming und Andere, damit sie die Abschnitte der Luft erspähen. Dieselben hielten sich an das Alter- thum. In dem dreifachen versteckten inneren Hause verfertigten sie aus Holz zwölf Bänke. Sie nahmen regelmässig die Röhre der Musik- töne, legten sie nach den Rangstufen der zwölf Sternbilder auf die Bänke und bargen sie mit Erde. Nach oben machte man sie mit der Erde gleich. In der Mitte füllte man sie mit Asche von Binsenhaut. Mit leichter rothgelber Leinwand überdeckte man einfach die Mün- dung des Stimmrohres. So oft die Luft des Monates ankam und sich mit dem Stimmrohr dunkel in Verbindung setzte, flog die Asche ungestüm auf, zerstob einfach nach aussen, und die Luft entsprach. Man hatte die Unterschiede der frühen und späten Zeit. Die Asche flog in grossen und kleinen Mengen auf. Bisweilen geschah dieses, sobald man in den Monat trat, und die Luft entsprach sogleich. Bis- weilen erreignete es sich, dass in der mittleren und unteren Decade die Luft erst entsprach. Bisweilen flog die Asche drei bis fünf Nächte und war dann zu Ende. Bisweilen flog sie einen ganzen Monat in kleinen Mengen. Kao-tsu wunderte sich darüber, und er fragte dess- halb Nieu-hung. Hung antwortete: Wenn die Asche zur Hälfte her- ausfliegt, so ist dieses die eiimiüthige Luft. Wenn es die ganze Asche herausbläst, so ist dieses die rasende Luft. Wenn es die Asche nicht herausblasen kann, so ist dieses die schwindende Luft Wenn die ein- müthige Luft entspricht, so ist die Lenkung friedlich. W enn die rasende Luft entspricht, so sind die Diener fahrlässig. Wenn die *) Das Buch der Sui. Die Anwendung- und die Zufälligkeiten des Feuers in dem alten China. ö 1 l schwindende Luft entspricht, so ist der Gehieter ein Bedrücker. — Kao-tsu bestritt dieses und sprach: Wenn die Diener fahrlässig sind, der Gehieter ein Bedrücker und die Lenkung nicht friedlich, so ist dieses nicht nach Monaten getrennt und verschieden. Jetzt sind die Entsprechungen der Stimmröhre der zwölf Monate binnen einem Jahre nicht die nämlichen. Wie wäre es möglich, dass es mit dem bedrückenden Gebieter, den fahrlässigen Dienern so arg ist? — Hung konnte nicht antworten i). In Tsching lebte ein Zauberer, Namens Ki-hien. Derselbe kannte Leben und Tod, Fortbestand und Untergang, Glück und Un- glück, das lange und das kurze Leben der Menschen. Er bestimmte die Zeit nach Jahren, Monaten, Decaden und Tagen gleich einem Gotte. Die Menschen von Tsching, die ihn sahen, verliessen ihn und entliefen. Lie-tse sah ihn, und sein Herz war trunken. Er kehrte heim und erzählte es Hu-tse, Dieser sprach: Ich werde es ver- suchen und mit dir hinkonmien. Mögest du mich ihm zeigen. — Den nächsten Tag erschien Lie-tse mit ihm zum Besuche. Hu-tse trat hinaus, undHien sagte zu Lie-tse: DeinFrühgeborner ist leider todt, er ist nicht lebendig. Man kann es nicht nach Decaden zählen. Ich habe etwas Wunderbares gesehen. Ich habe feuchte Asche gesehen a). Naii-kö-tse sass auf einer mit Seide gestickten verborgenen Bank. Er blickte zu dem Himmel und blies die Luft von sich. Er war ganz aufgelöst, als ob er seine Gefährten verloren hätte, Yen- tse brachte seine Wanderung zu Stande. Er stand aulwartend vor ihm und sprach: Warum ist dieses? ist die Gestalt in Sicherheit, so kann man bewirken, dass man gleich dem dürren Baume ist. Ist aber das Herz in Sicherheit, so kann man bewirken, dass man gleich der todten Asche ist ^). In dem Zeilalter von U besass Yao-kuang die Kunst des Feuers. Der Vorgesetzte von U stellte ihn auf die Probe. Er häufte mehrere tausend Bündel Binsen, wickelte ihn in sie und verbrannte sie bei einem heftigen Feuer. Als die Binsen gänzlich verbrannt waren, glaubte man, dass Kuang bereits in Bauch und Brandreste verwan- delt sein müsse. Allein Kuang sass mitten in der Asche, schüttelte ') Das Buch der Sui. 2) Das Buch Tschuang-tse. Feuchte Asche bewerkstelligt die Verwandlung der stillen dunklen Seele. Es ist um die Zeit, wo der Mensch ohne Anregung ist. ^) Das Buch Tschuang-tse. „Dürrer Baum" und „todte Asche" bezeichnet die Ruhe und das Freisein vun Leidenschaft. 54 * 812 Pfiz maier, Die Anwend. u. d. Zufälligk. d. Feuers in d. alt. China. die Kleider und stand auf. Er hielt in der Hand eine Rolle Schriften. Der Vorgesetzte von L' nahm die Schriften und blickte in sie. Er war nicht im Stande, sie zu entziffern i). König Wu richtete den Angriff gegen Yin. Er fand zwei Grosse und fragte sie: Wird das Reich der Yin zu Grunde gehen, und hat es auch Ungeheuerlichkeiten? — Der Eine dieser Männer antwor- tete : In dem Reiche der Yin regnet es beständig Blut. Es regnet Asche und blutige Steine. — König Wu sprach : Grosse Unwetter sind eine Ungeheuerlichkeit. — Der andere Mann sprach: Dieses ist keine grosse Ungeheuerlichkeit. Die grossen Ungeheuerlichkeiten des Reiches der Yin füllen sieben und dreissig Abschnitte, aber das Regnen von Asche, das Regnen von Blut und Steinen möchte ich nicht für Ungeheuerlichkeiten und Unwetter halten. — König Wu war in die Enge gebracht und fragte nach den Ungeheuerlichkeiten in sieben und dreissig Abschnitten. Jener antwortete: Der Gebieter der Yin liebt es, nach den Menschen zu schiessen. Er hat Freude daran, mit Menschen die Tiger zu speisen. Er hat Freude daran, die Herzen der Menschen zu zerschneiden. Er hat Freude daran, Weiber zu tödten. Er hat Freude daran, die Väter der Menschen zu tödten und die Söhne der Menschen zu Waisen zu machen 2^. Tschang-pe von Tsching-tu in der Provinz Schö trat in einem Alter von zehn Jahren als Mann des Weges auf. Er verkelirte mit dem Reingeistigen und hatte ferne Spiegelung. Er trank um die Zeit zehn Gantang dicker Lauge. Er sagte, dass er damit die Eingeweide wasche und Krankheiten heile s). Die Geschichte des Anschlusses an den Eroberungszug sagt: Die natürliche Asche hat das Aussehen von gelber Asche. Sie ent- steht an dem Ufer des Meeres. Man wirft sie in das Wasser und wäscht Kleider. Man braucht diese nicht mit W^asser zu be- giessen. Die Erörterungen der Ordnung der Dinge sagen : Aus dem Bambus des Berges des goldenen Thores in dem Districte I-yang verfertigt man Stimmröhre. Aus der Binsenhaut von Ho-nei brennt man Asche. Man kann durch diese die Luft erspähen. 1) Das Buch Pao-pö-tse. *) Die sechs Köcher. 3) Die Geschichte der erzählten Merkwürdigkeiten. Höf ler. Anna von Luxemliurg etc. ö I «> Anna von Luxemburg, Kaiser Karl's IV. Tochter, König Richard's II. Gemahlin, Königin von England. 1382—1394. {Abhandlung für die Denkschriften der k. k. Akademie der Wissenschaften.J Von C. Höfler. Dem aufmerksamen Forscher der Geschichte des Mittelalters kann es nicht entgehen, dass mit dem Ende der Siehenziger Jahre des XIV. Jahrhundertes eine Veränderung sich bemerkbar macht, wie man sie bis dahin nicht beobachtete. Alle früheren Krisen lassen auf eine Besserung der Zustände hoffen; die mit dem Jahre 1377/8 ein- getretene trägt die Worte jeuer Grabsehrift an sich: spes et fortuna valete. Es ist nicht blos das rasche Absterben massgebender Persön- lichkeiten, welche wie auf gemeinsame Verabredung beinahe gleich- zeitig den Schauplatz ihrer Thaten verlassen. Erst Papst Gregor's XI. des Besten unter den avignonesischen Päpsten, welcher, überzeugt, dass ein lang geübtes Unrecht gut gemacht werden müsse, und deshalb entschlossen, nach Rom zurückzukehren, über die eigene Mutter hin- wegschritt, als diese in übertriebener Zärtlichkeit ihren Sohn von dem entscheidenden Schritte zurückhalten wollte, der aber nach Rom zurückgekehrt unter den trübsten Vorahnungen einer schlimmen Zu- kunft 27. März 1378 stirbt. Nicht blos der um neun Monate früher fallende Tod König Eduards III. von England, der den eigenen Sohn, den Sieger von Poitiers, wie die eigene Grösse überlebend am 21. Juni 1377 starb. Nicht blos der verhältnissmässig frühe Tod Kaiser 814 H i) f 1 e r Karl's IV. (1378), welcher mit grosser Vorsicht Alles aiifgehoten hatte, den Ühergang seiner Regierung zu der des Knahen WenzeKs IV. -so unmerklich als möglich zu machen. Auch nicht der Umstand, dass in Frankreich 1382 König Karl V., in Ungarn 1382 König Ludwig der Grosse starben, das deutsche Reich, England, Frankreich fast gleichzeitig in die Hände dreier Unmündigen, — Wenzel, Richard u^d Karl VI. — Ungarn, Polen, Neapel in den Besitz dreier Frauen aus dem Hause Anjou kamen — Maria, Hedwig und Johatma — reicht hin zu erklären, warum nur Ein Geluhl den Beohachter beschleicht, das, dass unaufhaltsam Alles in Trümmer gehe, keine Rettung mehr möglich sei. Selbst darin liegt nicht das volle Übel , dass für lange lange Zeit sich keine überwältigende Persönlichkeit, j;i über- haupt keine wahrhaft bedeutende auf den Thronen vorfand, oder wenn diess der Fall war, sich zu kurze Zeit erhielt, als dass sie einen nachhaltigen Einfluss gewinnen konnte. Als es nach längerer Pause wieder zu eigentlichen Königscharakteren kommt, tragen sie wie Georg von Podiebrad, Ludwig XI. von Frankreich, ein anderes Gepräge an sich. Das Mittelalter ist unterdessen zu Ende gekommen. Was aber die Katastrophe herbeiführte, war die unwiederbring- liche Einbusse an aller und jeder inneren Einheit, seit im Jahre 1378 die letzte, welche sich eigentlich zum Stützpunkte des Mittelalters gemacht hatte, das Papstthum gespalten, das grosse Schisma der Päpste entstanden war. So weit sie konnten, hatten letztere alle Macht und alle Herrlichkeit an sich gezogen und in sich vereinigt. Sie hatten nicht blos ein eigenes Staatensystem begründet, zu welchem noch Papst Clemens VI. 1344 das Fürstenthum der glücklichen Inseln ausserhalb der Grenzen der alten Continente hinzufügte '). Sie liatten sich feierlich alle Macht der Erde beigelegt und die Vereinigung der höchsten geistlichen und irdischen Gewalt in ihrer Person als Glau- benssatz bezeichnet , ja die Nichtanerkennung desselben mit dem Anathem belegt. Das Kaisertbum war nur mehr in der Art wieder hergestellt worden, wie die Päpste es in ihrem Interesse für gut fanden. Da sie es so schwach wie möglich gemacht, war es auch 1) Siehe die lano-e Rede des Papstes im Codex sermonum P. Clementis. Bihl. Palat. Vindob. n. 4193. f. 130. Anna von Luxemburg etc. ö 1 O kein Wuruler, wenn sie daran keine Stütze fanden, als sie sich nm diese umzusehen gezwungen sahen. Als sie aber nun selbst unter einander haderten, sich gegenseitig bekriegten und nicht blos die Kirche, sondern auch die gesammte christliche Weit spalteten , sie statt zu einigen nur trennten, wurden sie selbst die Urheber der Auf- lösung Jenes grossen mittelalterlichen Gebäudes, zu dessen Auffüh- rung sie Jahrhunderte voll unermesslicher Anstrengung benöthigt, zu dessen Wahrung sie (1245) das alte Kaiserthum in den Staub ge- stürzt hatten und über dessen Fortführung sie nun in Betreff der Frage haderten, ob sie in Rom oder in Avignon, durch einen Italiener oder einen Franzosen stattzufinden habe. Als sich nun zum Kriege der Päpste ein Krieg des Clerus gegen sie, zum Schisma der Häupter die „hussitische" Bewegung unter den Geistliclien gesellte, und es langer Zeit, schwerer Erfahrungen bedurfte, bis endlich sich unter den gewaltigen Schlägen der Zeit so viele Gemeinsamkeit bildete, dass in den C\ urde. Die drei Persönlichkeiten, König. Königin und Johann von WyclilTe in das richtige Licht zu stellen und die Schatten zu ver- theilen, wie das strenge Gesetz historischer Forschung es gebietet, w;ir an und für sich Aufgabe genug und ich bin froh, venu icii sie würdig löse. Dazu kamen nun die schweren Verwicklungen der Zeit, der Bauernaufstand und die nahe bevorstehende Umwandlung des Fundamentes der englischen Verfassung, endlich der grosse innere Kampf, welchen die böhmische Helena veranlasste und der zur Ge- fangennahme des Königs und der Königin, zur Hinrichtung ihrer Getreuen, zur Sjirengung des königlichen Hufstaates füin-te — ein tragisch-ergreifender Vorgang, welcher zwischen der glücklichen Jugend und einer kummervollen Zukunft einen breiten Blutgraben zog. Dann der Ernst der nächsten Jahre, die weitreichenden staats- rechtlichen Erklärungen, welche dem päpstlichen Staatensysteme, in wie ferne es auf England ausgedehnt war, ein Ende bereiteten, der neue Aufschwung friedlichen Glücks und sein plötzliches Erlöschen durch den unvermutheten Tod der Königin , welcher den Eintritt der unheilvollen Periode Richard "s II. bezeichnet, ein reicher Wechsel fröhlicher und kummervoller Tage, wilder, grausamer Scenen und glänzender Feste, kirchlicher und socialer Zerwürfnisse, parlamenta- rischer Kämpfe, roher Ausbrüche des Faustrechts, grossartiger Pläne und schwer getragener Ernüchterung, in wenigen Jahrzelinten ein M O quaiiti mali fuit radix horuni duorum rusticorum praesuaitiu — viles plebeji infimi ortusque ignoti. Letzteres galt natürlich vor Allem Huss. während der Vorwurf homicidia procurasse vor Allem dem Hieronymus, aber auch ausdrücklicli dem Huss galt. Jacobi episcopi Laudensis publica oratio in supplicium Hieronymi. Ap. Van der Hardt rerum concilii Oecumenici Const. 11, p. 59. ö-i4 Höfler, Anna von Luxemburg. Stück Weltgeschichte voll Spannung, Leben und Interesse. So drän- gen sich mit einem Male die Fäden merkwürdiger Begebenheiten an dem Hofe des kinderlosen Königs zusammen. So bricht, weniger unter der Schwere eigener Schuld als der von Aussen hereingetra- genen die Primogeniturlinie Eduards IH. in sich selbst zusammen. So bildet sich unter Richard II. der Anfang jener blutigen Zerwürf- nisse , die das XV. Jahrhundert hindurch England zu keiner Ruhe mehr kommen lassen und das Haus Plantagenet seinem Untergange zuführten. H o f m a n n . Über den Verlobungs- und den Trauring. 82 O über den Verlobungs- und den Trauring. Von Dr. F. H ofmann, Privatdocenten in Wien. Das Problem. Seit Jahrhunderten ist bei allen germanischen Völkern Ring- wechsel das feierliche Zeichen des geschlossenen Eheverlöbnisses, i) Heute gehört der Ringwechsel zum feststehenden Ceremoniell einer jeden Trauung, während bezüglich der Verlobung eine so all- gemeine Sitte nicht herrscht. Mit diesem feierlichen Akte verbinden wir die Vorstellung, dass der ernstliche Wille der Betheiligten, ein- ander anzugehören, mit einander verbunden zu sein, symbolisch mani- festirt werden soll. In diesem Sinne tauschen sie Ringe aus; und zwar in der Regel goldene Ringe, — nicht des Schmuckes wegen, sondern weil der Ring das Zeichen eines feierlichen Gelöbnisses, der verpfändeten Treue ist, und auch das Gold Treue und Wahr- haftigkeit bedeutet. Auf goldene Ringe legte der alte Skandinavier den feierlichsten Eid ab 2); auf goldene Tafeln schreibt die Asynie Var die Eide der Menschen, namentlich die Versprechungen der Treue, welche Mann und Weib einander machen 3^; „rein und echt ') Grimm, R. A., S. 177. 3) Grimm, R. A., 11. Hälfte, S. 893 t'g. Der Schwörende fasste „in Skandinavien .... einen im Tempel bewahrten, vom godl dargebotenen, mit Opferblut geröthe- ten Ring, der dem Gotte Ullr geweiht war; daher schwören „at hringi üllar" . . . ." (Folgen Belegstellen.) ') Darum ruft Frithiof, als er von Ingebor? sich beti-ogen glaubt: „Du höga Var, som med din griffel kring jorden far och skrifver eder pa gyllne skifva, lüt bli det narrspel, lat bli at skrifva. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. IV. Hit. 55 0/<2d H o f ni a n u wie Gold" nennt der Volksmund einen zuverlässigen Charakter. So vereinigen sich heim Goldring Stoff und Form zu einer symboli- schen Bedeutung, die sich ebenso mit der Wahrhaftigkeit des feier- lichen Versprechens, als mit der Treue der Neigung in Verbindung bringen lässt. So allgemein nun jene Sitte, so naheliegend diese Deutung ist, so ist doch jene keine einheimische, und diese nicht die ur- sprüngliche. Vielmehr ist die Beringung mit dem Christenthume nach Mittel-Europa gedrungen, und die Erklärung für die ursprüng- liche Bedeutung des Ringes ist nicht in dem ethischen Gehalte der Ehe, sondern in der Form des Frauenkaufes zu suchen. Beides zu erweisen, ist die Aufgabe dieser Untersuchung. Der Frauen kau f. „Die eheliche Gewalt ist auf niederen Rechtsstufen nur die auf eine Rechtsregel gebrachte Übermacht des stärkeren Theiles" i)- ^^^ Weib ist „die Magd, das Lastthier des Mannes und sein Eigenthum" 2). Entweder wird es einem fremden Stamme durch Eroberung oder Raub entrissen s), oder es wird innerhalb des eigenen Stammes gegen Entgelt*) erworben. Die Erinnerung an diese Urzustände erhielt sich lange in Sagen 5) und in dem Ceremo- niell der Eheschliessung e). Med lögner ristar du skifvaii füll, det skada är pä det trogna gull!" (Tegner's Fiithiof Saga, XIl, v. 127—132.) *) Trendelenburg-, Naturrecht auf dem Grunde der Ethik, S. 238. 2) G. Klemm. Allgem. Culturgesehichte der Menschheit. I, S. 233. ^J So heute noch bei manchen Stämmen Neuhollands: Klemm HI, S. 288. *) Dem Vater werden für die Tochter Werthgegenstände , Dienstleistungen, später Geldsummen gewährt. 5) Z. B. Raub der Sabinerinnen. Herodot's Geschichtswerk beginnt mit Sagen über Weiberraub (I. c. 1 — 6). — Auf wirklichem Raub beruht die Raxasa-Ehe der In- der (Rossbach Unters, üb. d. röm. Ehe, S. 207 fg.) (Kalthoff Jus matr. vet. Indor. p. 29). *) Scheinraub findet sich unter den Hochzeitgebräuchen der Römer (Rossbach, Unters, üb. d. röm. Ehe, S. 328 fg.), der Spa rt aner (S ch öm a nn, griech. Altert. 2. Aufl. I, S. 274), der alten Slaven (Maciejowski, slavische Rechts- gesch. II, §. 189) und der Beduinen (Klemm IV. S. 148). Noch viel häufiger ist der S cheinka uf als Form der Eheschliessung (s. Text). 'Jber den Veiiobung-s- und den Tiiiuring ö Zt Während der Fraueiiraub dem erwachenden sittlichen Be- A\us?tsein weichen msiss, erhält sich der Brautkauf t) sehr lange, weil seine Bedeutung sich der steigenden Gesittung anzupassen ver- mag. Anfangs vom Sclavenkauf wenig verschieden, ergreift er das Weib als willenloses Object, das dem Vater vom Manne abgekauft wird , der es seinerseits wieder verkaufen kann s). Hier geht die Verehelichung im Kaufe auf. Sobald aber eine würdigere Auffassung der Ehe sich geltend macht, erscheint der Kauf als etwas Neben- sächliches, Ausserliches. das auf die Wahl der Verbindung keinen Einfluss haben kann. Anfangs eine Art Entschädigung, welche dem Vater für den Verlust geleistet wird, den er in wirthschaftlicher ») und gemüthlicher Beziehung erleidet, wird der Kaufpreis später zum blossen Zeichen, dass die Gewalt über die Braut vom Vater auf den Mann übergehe: aus dem wirkliclien Kaufe wird ein Schein- kauf, eine Solennität von juristischer Bedeutung. Das Weib wird vom Manne ihrem Vater abgekauft. Mit grosser Wahrscheinlichkeit kann man behaupten, dass dies die ursprüngliche Art der Eheschliessung war bei allen Völkern aller Rassen. Noch heute finden wir diesen Kauf in ganz sächlicher Auffas- sung bei den verschiedensten Stämmen Nord- i«) und Süd-Ameri- kasii)' Afrikas 12) und Polynesiens 's). Nach der vorange- schickten Bemerkung kann es nicht befremden, dass auch in der alten Heimat der Cultur der Brautkauf ganz allgemein ist oder doch war. Noch heute kennt ihn das ganze m o ha me danische Mor- ^) So nenne ich der Kürze wegen den Erwerb der Braut g-egen Entgelt (s. Nr. 4J. ^) Dieses Verliaufsrecht bestand bei den Ciiinesen (Lnger, die Ehe in ihrer welthistorischen Entwicklung, S. 16), bei den Russen, welche noch 1024 bei einer Hungersnoth in Susdal davon Gebrauch gemacht haben (Ewers Studien über die Vorzeit Russlands, S. 11), bei den Germanen (Weinhold, die deutschen Frauen, S. "209, ». 3). Eine Spur davon ist „jener bei dem gewöhnlichen Volke (in England) noch immer nicht ausgetriebene Glaube, dass der Mann seine Frau verkaufen könne". (Friedberg, das Recht der Eheschliessung, S. 43, Nr. 4.) Vgl. Globus, Xlll. Jahrg. S. 32. 9) So lange jeder Hausgenosse eine Arbeitskraft darstellt. 10) Klemm, 11., S. 79. Vgl. Globus (Ztschft. f. Länder- und Völkerkunde) XIV, S. 168. H) Klemm, I. S. 233, II. S. 73. I2j Klemm, 111. S. 280 13) Klemm. IV. S. 300. o2ö H 0 f in a n D genlandi*) und die hinterasiatische Welt, namentlich China »^^ und Japan 16). Auch bei den Juden wurde die Ehe duri;h einen Kauf begründet, der später zu einem symbolischen Akte ward i'). Im Heb rfii scheu und Syrischen bedeutet dassellte Wort (machar) verkaufen und verheiraten, weil dem Brautvater ein Preis, eine Gabe (hebr. , syrisch und arab. mohar = i'ovov) gegeben wurde. Bei den Indern war dieser Kauf einst ganz allgemein; später kam er, zuerst bei den Brahmanen, ab. Von den acht Formen indischer Ehe- schliessung ist die Asura-Ehe ein wirklicher, die Arscha-Ehe ein symbolischer Kaufis). Von den Babylon iern berichtet Herodot (I, i96) und von den Assyriern Alian (var. bist. IV, J), die Mäd- chen seien in öffentlicher Versteigerung zu Hausfrauen verkauft wor- den. Bei den Griechen wurde „in der Urzeit die Frau gekauft, später wird dieser Kauf zum Symbole, endlich erlischt er völlig" i^). „Dass die Braut vom Vater oder vdipiog erkauft wurde, war gewiss im alten Italien ebenso Sitte, wie in Griechenland und fast über- all" 20). Dieselbe Erscheinung kehrt bei den alten Germanen wieder. „Die Skandinavier, die Angelsachsen, die Friesen, die Nieder- sachsen stimmen hierin mit den Alemannen, Franken und Lango- barden überein. Sie unterscheiden sich nur dadurch, dass, während der Kauf bei dem einen Volke noch ein wirkliches Geldgeschäft ist. '*) Perser, Türken u. s. w. (Klemm, VII. 109 fg.) '^) Ed. Reich, Gesch. des ehel. Lehens. S. 190; Klemm, VI, S. Iü6, 107. Ein eigentlicher Kaufpreis wird heute nur unter Personen niederen Ranges ge- zahlt; in den höheren Schichten der Gesellschaft ist der Kauf nur eine Formalität. '«) Klemm. VI, S. olo. 1^) Genesis 34, v. 11, 12; Exodus 21, v. 7; 22, v, 16, 17; das Entgelt konnte auch in Dienstleistungen bestehen: Genesis 29, v. 1d — 29; I, Samuel. 18, V. 25 — 27. — L'her das heutige Recht s. Mendelssohn, Ritualgesetze der Juden (Ausg. V. 1778) S. 93 f^.; Friedberg S. 20, Nr. !. i8) Rosshach, S. 199 fg., S. 206, 210. Vgl. Kalthoff, Jus matrimonii veterum Indorum (1829) p. 29 (die .,Rishia formula" und die „Asuria formula"). Sein Widerspruch auf p. 34 erklärt sich daraus , dass er dabei an einen schimpflichen Handel mit den eigenen Töchtern denkt. ■'S) Rossbach, S. 212. — Aristot. Polit. II, 5, 11: röre ot "EXXvjvsj xal raf '/•jvaixas SMVoOvTO ;rap' äAXyjAwv. In der homerischen Zeit waren die eova oft sehr bedeutend, der Preis also noch nicht symbolisch: Rossbach, S. 220; Schö m an n, griech. Allerth. (2. Aufl.) I, S. ö2 ; Hermann, griech. P.A. §.30. 20) 0. Müller, Etrusker 1, S. 386. über den Verlobuiiys- um! den Trauring. oia er bei dem anderen zum Symbole geworden" 2ij. Dasselbe wieder- holt sich bei den Galliern 32) und den alten Slaven 23). Diese Daten genügen zur Begründung der obigen Behauptung. Sie zeigen, wie bei den minderbegahten Stämmen heutiger Zustand ist, was bei den langlebigen Culturvölkern längst der Vorzeit an- srehört. So wird uns hier das Nacheinander der Geschichte durch das Nebeneinander der Ethnographie veranschaulicht. f 3. Der römische F r a u e n k a u f. In patriarclialischen Zuständen erscheint jedes Hauswesen als ein kleines Reich, in welchem der Hausherr unbeschränkter Herr- scher ist. So gab es gewiss auch in Rom eine Zeit, in der familia und bona, potestas und dominium noch nicht unterschiedene Begriffe waren, vielmehr alle zu' einer Wirthschaft gehörigen Personen und Sachen gleichmässig der manus des pater familias unterlagen i)- Wenn eine Person oder Sache aus der Herrschaft des Einen in die des Anderen gelangen soll, so giebt der Letztere dem Ersteren, dessen Machtgebiet dadurch geschmälert wird, einen Ersatz. Von diesem Standpunkt aus erscheint der Brautkauf als etwas Selbstver- ständliches, und unbedenklich dürfen wir annehmen, dass er auch bei den ältesten Römern bestanden habe 2). „Was in den Privatkreis eines Römers eintrat, wusste der einfache und ungelenke Rechtssinn der alten Zeit nicht anders rechtlich zu stellen, als dass er es als Rechtsobject verstand: auch die Gattin, so würdig ihr Walten im Haus und am Heerd nach ehrwürdiger Vätersitte war, erschien rechtlich als Object der Gewalt eines Anderen. . . " s). Eine schiefe Anschauung ist es, welche obige Annahme, als der Römer unwürdig, mit einer gewissen Entrüstung zurückweist. Selbst für eine gemüth- 21) Uossbach, S. 192. 22) Klemm VIII, S. 28. 23) Ewers, das älteste Recht der Russen. S. 226 fg: Ewers, Studien zur Kennt- niss der Vorzeit Russlands, S. 9 ; Maciejowski II. S. 223 und § 193, N. 235. Spuren des Brautkaufes in kleinrussischen Hochzeitsscherzen: Friedberg, S. 20, N. 1. 1) Vgl. Kuntze, Cursus§§. 36, 37. 83. 89 und Excurse, S. 91. 2) S. auch Rossbach, S. 87 fg.. S. 231 fg. 3 ) Kuntze. Cursus S. 609. o30 fl 0 f m a n 11 liehe Betrachtung kann es nichts Verletzendes haben, dass der Mann ein Geldoptei" bringt; dass er, der sich als den Gewinnenden fühlt, dem verlierenden Vater eine Art Entschädigung *) leistet. Sollen wir V^ergleichungeii anstellen mit dem umgekehrten Verhältnisse, das bei so mancher modernen Ehe stattfindet s)? Während also dieser Einwand sehr leicht zu widerlegen ist, sprechen für jene Annahme die gewichtigsten Gründe. Es ist an sich unglaublich, dass die Römer allein eine Ausnahme gemacht hätten, während die anderen Völker, insbesondere alle indogermani- schen Völker, bezüglich des Brautkaufes eine so grosse Übereinstim- mung zeigen ß). Um so weniger kann man dies annehmen, als die coemtio auf eine Zeit hindeutet, wo dieser Akt noch kein blosser Schein kauf war. Ist doch auch bei den Griechen, Germanen und Slaven, bei den Juden, und theilweise auch bei den Chi- nesen und Indern aus dem wirklichen ßrautk;aife im Verlaufe der Zeit ein symbolischer Akt geworden. Endlieh stimmen aucii die Nachrichten über die Sponsalien zu jener Annahme. §. 4. Die Sponsalien. Die Mancipation war das Kaufgeschäft in der ursprünglichen Einfachheit. An den Tausch sich anlehnend, wird es sofort Zug um *) Vgl. Rossbach, S. 143. 5) Rossbach widmet jener Ansieht eine ausführliche Widerlegung (S. 89 — 91). in der er auch auf die Germanen hinweist, bei denen die Frauen gewiss nicht weniger geachtet waren, als bei den Römern. Man kann hinzufügen : Noch heute besteht ernstlicher ßrautkauf bei den Tscher kessen, obwohl sie das weibliehe Geschlecht nicht unwürdig behandeln (Klemm IV, S. 21 fg.) ; ebenso bei den Beduinen, trotz ihren bekannten romantischen Liebesverhältnissen (Klemm IV, S. 146). — Was das moderne Gefühl wirklich verletzt, ist die völlige Gleichgültigkeit gegen die Wünsche und Neigungen der Tochter; und gerade diese willenlose Passivität der Braut tritt noch im Justinianischen Gesetzbuch (in der 1. 12 D. XXIII, 1) in so frappanter Weise hervor. — Dass aber die Eltern ihre Kinder, ohne diese zu fragen, verheirateten, schien den alten Völkern so natürlich, dass Diodor. Sicul. (XIX, 33) es als etwas ganz besonderes erzählt: bei den Indern heirateten die Leute nach eigener Wahl anstatt „Öiä xr^i r'ov '^ovidii) TL^iastiiz noitXaäixi. röv «^äfxov". — Über die Voraussetzungen, unter denen die indischen Mädchen das Recht freier Gattenwahl (svayamvara) hatten s. Kalthoff, p. 60 sq. «) Rossbach, S. 192. über den Verlobungs- und den Trauring. öol Zug vollzogen i). Das dingliche und obligatorische Element liegen hier noch ununterschieden beisammen 2). Als das obligatorische Element in andere Formen sich zurückzog, wurde die Mancipadon zu einem sachenrechtlichen Formalact. Sie konnte nunmehr als so- lenne Übereignungst'orm auch zur Erfüllung der Verbindlichkeit des Verkäufers verwendet werden. Wo auf diese Weise obligatio und solutio zeitlich auseinander fallen sollten, konnte die obligatio des V'erkäufers und die des Käufers auch in der Form der alten feierlichen sponsio, sowie später durch Stipulationen, begründet werden 3j. Vergleichen wir nun damit die Nachricht des Gellius (N.A. IV, 4) über die Sponsalien der alten Latiner*): Sponsalia in ea parte Italiae, quae Latium appellatur, hoc more atque iure solita fieri, scripsit Servius Sulpi'cius in libro, quem (in)- scripsit de dotibus: „Qui uxorem", inquit, „ducturus erat, ab eo, unde ducenda erat, stibulabatur, eam in matrimonium daturum; (ductum) iri, qui ducturus erat, itidem spondebat 5). Is contractus stipulationum sponsionumque dicebatur 'sponsalia'. Tum, quae pro- raissa erat, 'sponsa' appellabatur, qui spoponderat ducturum 'spon- sus'. Sed si post eas stipulationes uxor non dabatur aut non duce- batur. qui stipulabatur, ex sponsu agebat. ludices cognoscebant. Iudex, quamobrem data aeceptave non esset uxor, quaerebat. Si nihil iustae causae videbatur, litem pecunia aestimabat, quantique inter- fuerat eam uxorem aecipi aut dari, eum qui spoponderat [ei, qui stipulatus erat] condemnabat'^ — Hoc ins sponsaliorum observatum dicit Servius ad id tempus, quo civitas universo Latio lege Julia V) Kuntze, Excurse. S. 127. -) .Müller Institut. 349, N. 10; Kariowa, die Formen der römischen Elie und Manus, S. 46 fg. ••) Übrigens iiesse sich auch für eine Zeit, wo bei der mancipatio noch wirklich Erz zugewogen wurde, eine solche Obligation als vorangehend denken. Dann wäre die -Mancipation die gleichzeitige Erfüllung der beiderseitigen Verliindlichkeiten (des Kaufers und des Verkäufers) gewesen. *) Diese Notiz ist um so werthvoller, als Gellius seinen Gewährsmann Servius Sulpicius, den berühmten Zeitgenossen Cicero's, wörtlich anführt. *) Ausgabe von ."VI. Hertz (v. 1 p. 142) Hnschke restituirt: „ipsi (ipse ei), qui daturus erat, spondebat ducturum"' (Ztschft. f. geseh. R. W. X, S. 318) ; wieder anders Lachmann (s. ebd. S. 317J. 832 Hof m a n ii data est. Haec eadem Nerutius scripsit ia eo libro, quem de nuptiis composuit 6). • Die Spousalien bestanden hienach in dem V'erspreclien des Brautvaters , die Tochter dem Promissar zur Gattin zu geben, und in dem V^erspreehen des Letzteren, sie zur Gattin zu nehmen. Wenn man annehmen darf, dass es eine Zeit gab, wo der Vater die Hingabe der Tochter für einen (in Rindern, Erz. u. dg!, bestehenden) Preis, der Freier die Zahlung dieses Preises für sie spondirte, so wäre die actio ex sponsu und die Geldcondemnation eine Reminiscenz an jenen Zustand. Den Römern muss, nach obiger Stelle, ein solches Sponsalien- recht zur Zeit der lex Julia (a. u. 664) fremd gewesen sein. Doch darf man daraus keinen voreiligen Schluss für die Vorzeit ziehen. Dass auch in Rom in alter Zeit die Spousalien klagbar waren (a. ex sponsu), beweist eine Stelle aus Plutarch (Cato minor cap. 7) "'), zusammengehalten mit Varro de L. L. VI, -§. 70 sq. 8) („non enim si noiebat non dahat s), quod sponsu erat aUigntus; quod tum et praetorium ius ad legem et censorium iudicium ad aequom existima- batur"). Offenbar spricht Varro von einer uralten Sitte; denn schon zu seiner Zeit (116 — 27 vor Chr.) war sie lang ausser Gebrauch, da er von ihr als einer Antiquität seinen Zeitgenossen erzählt: „Spondebatur pecunia aut tilia nuptiarum causa, nam etcomoediis vides dici : ") über die ganze Stelle: Huschke a. a. 0. S. 313 — 326. — „Stipulatio" und „sponsio" bezeichnen in unserer Stelle nicht verschiedene Formen, sondern die beiden Selten eines und desselben Aktes. Promittent ist „is, qui spoponderat", Promissar „is, qui stipulatus erat" (Husclike S. 318). — Höchst wahrscheinlich wird dieser latinische Akt Anfangs auch eine sacrale Bedeutung gehabt haben. gleich der alten römischen sponsio. Gerade bei Eheverlöbnissen liegt dies nahe. Dass die Römer jeden, der nicht römischer Bürger war, für unfähig zu ihrer sponsio erklärten, hindert nicht die Annahme, dass die Latiner im Verkehre unter einander eine ganz gleiche Vertragsform gekannt hätten. (A. M. Huschke. S. 324 — 326J. Bei der nationalen Verwandtschaft der Latiner und Römer ist dies nicht unwahrscheinlich. Vgl. auch Puchta, Gewohnheitsrecht I, S. 27. ') C. R. Sontag de sponsalibus apud Romanos (diss. inaug. Halae 1860) p. 21 sq. Rudorff in Puehta^s Institut. III §. 238 N. n. ä) Ausgabe von Müller, p. 100 sq. Dazu Huschke ind. Ztschft. s. gesch. R. W. X, 327—339 und Sontag p. 19 sq. ^) Andere lesen: „non enim, si volebat"; der Sinn bleibt derselbe. über den Verlobungs- und den Trnuring'. ööO Spoiulen* tuaiu giiatam filio uxorem nieo? Appellabatur et pecuiiia et qiiae desponsa erat, spoasa; quae pecunia iiiter se contra sponsuni rogata erat, dicta sponsio .... i«)" Selbst wenn es wahr ist, dass das „nuptiarum causa" sich nur auf filia, nicht auf pecunia bezieht n): wenn wirklich Varro von ganz heterogenen Dingen in einem Athemzug spricht und nicht von einem Geschäft, wo von einer Seite die filia, von der anderen Seite die pecunia versprochen wurde; — selbst dann noch liegt in dieser Stelle Mcnigstens eine deutliche Hinweisung auf die a. ex sponsu („sponsu alligatus") und die Geldcondemnation („ad legem" sc. sponsionis; „quae pecunia . . . contra spunsum rogata erat") la). Und auch diese Spur deutet wieder auf eine Zeit hin, wo es auch in Rom wirklichen Brautkauf gegeben hat. Sehr frühzeitig verschwand der wirkliche Entgelt, während die alten Rechtsformen beibehalten wurden. Diese Sitte, die Töchter zu spondiren, ist auch sonst vielfach bezeugt: Plautus, Aul. II. 2; III, o, 2: Curcul. V, 2, 74; Poen. V, 4, fin; Trin. II. 4,98; V, 2, 33 fg. is); insbesondere I. 2, 3 D. de spons. XXIII, 1 (dp. und Florent.) Dabei waren Anfangs die beiderseitigen Väter dieContrahenten i*) (wie schon die obige Stelle zeigt, vergl. Terent. Afer, Andria I. 1, 72 — 7o) 's). Später war der Bräutigam selbst der Promissar. Allerdings hätte die Mancipation hingereicht, den Übergang der Braut aus der Hand des Vaters in die des Mannes zu bewirken. Doch mochte einso unvorbereitetes Hingeben der Tochter den Römern ebenso unwürdig erscheinen, wie den Griechen, welche eine Ehe ohne vorausgegangene Verlobung lür eine Barbarenebe, unwürdig if*) „Contra sponsurn rogata videtur ea pecunia, quam alter ab altero stipulatiis tst. si sponsam iUe sibi non traderet . . . ." (Anmerk. von Müller p. 100). '•) Huschke a. a. 0. S. 331; beistimmend Sontag p. 20. 12) A. M. H u s c h k e. Das Resultat zu welchem er gelangt (S. 335 fg.) scheint mir an sich unwahrscheinlich und mit der Stelle unvereinbar. — Vgl. auch S o n t a g p. 14. sq. 1^) Diese Stellen sind zusammengestellt bei Becker Gallus (2. Ausg.) 11, S. 33. 1*1 S. Sontag p. 9 sq.. auch Bachofen, das .Mutterrecht S. 93. insbes. N. *) (anders H u s c li k e S. 334 fg.) 15) Daraus erklärt sich auch der Sprachgebrauch, dass nicht nur vom künftigen Schwiegervater, sondern auch vom Vater des Bräutigams gesagt wird: „despondit ei virginem" (Terent. Hecyra I. 2. 49, cf. Adelphi [V. 6. 16 — 17: Micio ist Ziehvater des Bräutigams.) 004 Hof man II eines Hellenen, erklärten, ja die iyyj-notg für die Voraussetzung einer rechtmässigen Eheschliessung ansahen le). ^. O. Parallele z \\' i s c h e n Kauf und E h e s c li 1 i e s s u u g. Nicht der materiellen Bedeutung und Behandlung i), wohl aber der Form nach gehen Kauf einer res mancipi und Eheschliessung ganz parallel. Eheschliessung war eben (Anfangs wirklicher, später symbolischer) B r a u t k a u f. I. Nimmt man eine ältere Gestalt der Mancipation an (mit wirklichem pretium, s. Kuntze, Excurse S. 127), so enthielt diese die gleichzeitige Erfüllung der beiderseitigen Verbindlichkeiten. Beim Brautkauf wurde sie vorbereitet durch eine feierliche sponsio-), und auch beim Sachenkauf konnte dies geschehen. Sponsion und Mancipation, Verlobung und Hingabe der Tochter zum Weibe verhielten sich wie obligatio und solutio 3). II. An die Stelle der sacralen sponsio tritt die profane stipulatio (Kuntze Exe. S. 474); durch die Mancipation in ihrer späteren Gestalt (mit blossem raudusculum) erfüllt der Verkäufer, bez. der "6) Klemm Vlll, 84; Bekker a. a. 0.; Sontag p. 26; R o s s b a c li S. 21S, 223; S c h ö ra a n n , Griech. Alterthiim. II. S. 49S. — Bei den Römern gebot nicht das Recht, wohl aher die Sitte die Sponsalien (P ii c h t a Instit. IIl. S ■> S 290.) 1) Denn in historischer Zeit wird Ijei der Eheschliessung kein Preis gezahlt, doch das raudusculum vei'tritt formell die StelFe des pretium. Ein fernerer Unterschied liegt in dem frühzeitig aufgekommenen Reehtssatz, dass aus Sponsalien nicht ge- klagt werden kann (Rossbach, S. 394; über die Wandlungen, die das römische Recht in dieser Beziehung durchgemacht hat, s. S o n t a g p. 74 — 76.) — Wenn es wahr ist, dass die Braut sell'st das raudusculum entgegennahm, so lüge darin auch ein formaler Unterschied. Doch könnte dies jedenfalls erst in später Zeit aufgekommen sein (a. M. K a r I o w a . S. 33 — 37, wo die verschiedenen Ansichten zusammengestellt sind; dagegen s. über die allerdings auffallende Stelle aus Konius Marcellus auch Rossbach, S. 73 und S. 376.) -) Ein sacraler Ritus: s. Kuntze, Cursus §. 649. ^) Dass sponsaiia und coeintio irgendwie zusammenhängen, hat auch schon G ö t t- 1 i n g (Gesch. d. röm. Staatsverf. S. 91) angedeutet, indem er die Sponsalien „ein kleines Vorbild der Coemptio" nennt. Der Ausdruck ist doppelsinnig und Göttling hat keine klare Vorstellung über das Verhältniss gehabt (wie denn seine übrigen Bemerkungen über die coemtio. S. 90 — 92, unhaltbar sind) : es kann über den Verlobiing-s- und den Trauring. OOO Brautvater, seine Verbindlichkeit *). Der Käufer erwirbt das dominium, der Bräutia^am die manus. Ilf. Die Maiicipation bleibt das Mittel, um das Eigentbum an der Sache (Gaius, 11, §, 22) bez. die Gewalt über die Braut (Gaius, I. •^. 113) zu übertragen. Die Verpflichtung aber zur Mancipation (venditio — sponsab'a) wird durch formloses Verspre- clien begründet (vergl. einerseits pr., ■§. 1 Inst. III, 22 und 1. 1 ^. 2 D. XVin, 1, andererseits 1. 4 D. XXIII, 1). Doch nicht nur in diesem geschichtlichen Entwicklungsgange, auch in manchen Einzelheiten tritt dieser Parallelismus hervor. Der praeses provinciae darf während seines Amtes, der miles, so lange er in der Provinz stationirt ist, keine Provincialin heiraten: beide sind in dieser Zeit auch im Rechte Käufe in der Provinz abzu- schliessen, beschränkt. (Vergl. I. 38 pr. D, XXIII, 2, 1. un. Cod. V, 2 mit I. 6 f 3 D. I., 16; 1. 46 f 2 D. XLIX, 14; dann 1. 63 D. XXIII, 2 mit 1. 62 pr. D. XVIII, .1). Doch dies sei nur nebenbei erwähnt, da es nicht die formelle Seite betrifft, und auch das legis- lative Motiv in beiden Fällen leiclit einzuselien ist. Wichtiger ist die folgende Übereinstimmung. Bekanntlich wird die arrha fast nur beim Kaufe '") und bei den Sponsalien «) erwähnt. Die Römer, Avelche diesen Gebrauch im griechischen Lnteritalien mochten kennen gelernt haben *), machten zwar die Perfection des Kaufes nicht von der Übergabe der arrha daher nicht auffitllen, dass Rossbach (S. 181 fg.) das Richtige in jener Be- merkung übersehen hat. — Einen Zusammenhang gibt in unbestimmtem Ausdruck als möglich zu K a r 1 o w a die Form der röm. Ehe S. .3. *) Beim wirklichen (Sachen-)Kauf muss nun der Käufer daneben ein Pretium zahlen ; beim symbolischen Brautkauf genügt das raudusculum. 5) In einer grieciiischen oft wiederholten Definition des ipfixß'Jyj ist nur vom Kauf die Rede s. Suidae Lexicon (Ausg. v. Gaisford und Bernhardy) 1,683; vgl. den Thesaurus von Stephanus (in der Bearbeitung von Dindorf u. A.) 1, 2, col. 2037. ••) Cod. V, tit. 1: de sponsalibus et arrhis sponsalitiis ... — Die Sponsaiieu selbst werden von den Spätgriechen zuweilen iooxß'jyjec genannt: „(Av^ff-pov 6 ToO 'l^l^-O-j äppaßo'jv" (Hesych.) und viele Andere bei Stephanus I. c. zusammen- getragene Stellen. '') Darauf deutet auch der Umstand hin, dass die älteren Schriftsteller (z. ß. Plautus) durchweg den griechischen Ausdruck „arrabo" gebrauchen: die Späteren zogen das kürzere „»rra" vor (G e Ili u s N. A. XVil, 2, 21). Über die Rolle des a&&a/So)v im griechischen Rechtsverkehrs. H o f m a n n . Beiträge S. 104 fg. ö3(i H o f m a n n abhängig- (dann wäre der Kaufcontract kein formloser V^ertrag mehr gewesen), aber sie bedienten sich ihrergerne („saepe" I. »Jo D. XVIII, 1) als eines „argumentum emtionis et venditionis eontraetae" (Gaius in, §. 139, pr. Inst. III, 23), damit der ernstliche Vertrags- wilie „evidentius probari possit" (1. 35 D. cit): und zwar thaten sie dies um so lieber, als eben bei formlosen Verträgen das Bedürfniss nach einer sinnenfälligen Markirung des entscheidenden Zeitpunktes sich oft iühlbar macht. Diesem genügt offenbar jede noch so kleine Münze, jeder noch so geringe Gegenstand. Soll freilich die arrha zugleich eine factische Garantie der V'ertragstreue sein, dann muss sie einen Werth haben, dessen V^erlust in Betracht kommen kann^). Dass ein ungenauer Sprachgebrauch arrha und pignus «) ver- wechselt 10), erklärt sich daraus, dass auch die arrha ihren Zweck nicht in sich trägt, sondern zur Garantie für eine Verbindlichkeit gegeben wird, bei deren Aufhören sie zurückzugeben ist 1 1). Dass die in Geld bestehende arrha, wenn es zur Erfüllung des Vertrages kommt, nicht zurückgegeben, sondern eingerechnet (als Anzahlung behandelt) wird, ist nur ein abgekürztes Verfahren. Der Contract- brüchige dagegen kann die arrha so wenig zurückverlangen, wie ein pignus. Auch bei den Spons allen begegnen wir der arrha (a. spon- salitia). Nicht von beiden Seiten, nur vom Bräutigam wird sie in der Begel gegeben 12), gleichwie beim Kaufe nur von Seite des Käufers. S) Veigl. II o f 111 a n n a. a. 0. S. 83 u. S. 103. — Man könnte diesen Unterschied vielleicht mit den Ausdrücken „formelle und materielle Function der Arrha" bezeichnen. ") Auch beim pignus war der ursprüng^liche Gedanke nicht: dem Gläubiger ein Befriedigungsmittel zu gewähren, sondern: einen Druck auf den Willen des Schuldners auszuüben (K u n t z e , Cursiis §. 330). Auch heutzutage tritt dieser Gedanke noch hervor, wenn Sachen ohne Verkaufswerth (z. B. Doctordiplome) r^er- setzt" werden, wo von einem Pfandrecht im techn. Sinne keine Rede sein kann. Vergl. damit H e r o d o t II. 136. wo erzäiilt wird, der ägyptische König Asychis habe zur Zeit einer Geldkrisis gestattet, dass der Schuldner den Leichnam seines Vaters verpfände. '••) Über den Unterschied von arrha und pignus s. D e r n b u r g , Pfandrecht 1, S. 99 fg. ^1) Am reinsten tritt die Natur der arrha gerade in den seltenen Fällen hervor, wo sie in einer Sache besteht. '-) S o n t a g p. 30 sq. — Eben so war es im Mittelalter: zahlreiche Belegstellen bei W o I f f a. (§. 11, N. 3) a. 0., p. S sq. Ülier den Verlobtings- und den Tranring OOI Auch dort konnte sie denselben Zwecken dienen d. li. bald nur ein äusseres Zeichen des gereiften EntscliUisses, sich zu binden, sein (s. ■§. 6), bald zugleich eine Pression auf den Promittenten bezwecken. In letzterem Falle galten für sie die nämlichen Vorschriften, wie für die arrha emtionis. Vergl. 1. 3 Cod. de sponsalibus V. 1 : „Arrhis sponsalioruni nomine datis, si interea sponsus vel sponsa decesserit, quae data sunt iubemus restitui" mit 1. 1 1 §. 6 D. de act. emti et vend. XIX, 1 und 1. 2 Cod. quando lic. ab emt. disced. IV, 45; dann 1. o Cod. V, 1: „Mulier iuris sui constituta arrharum sponsalium nomine usque ad duplum teneatur, id est in id, quod accepit et aliud tantumdem . . ." mit 1, 17. Cod de fide instrum. IV, 2! „. . . si quae arrhae super facienda emtione . . . data sunt , venditionem recusans in duplum eas reddere cogatur . . ." : ebenso pr. Inst. III, 23. 13). Dass die arrha sponsalitia, wenn die Ehe zu Stande kam, nicht zurückgefordert, sondern der Frau als Geschenk belassen wurde, ist eine in der Natur des Verhältnisses begründete Modification, welche den Begriff der arrha keineswegs aufhebt i*). Dass sie später der Braut selbst gegeben wurde und deshalb gewöhnlich in Schmuck- sachen bestand, darf uns so wenig beirren, als die Bemerkung des Gloss. Cavense i5j, die „meta" werde der „uxor" gegeben, über den germanischen ßrautkauf Jemanden irre führen wird. Gewiss wurde ursprünglich jene arrha und diese meta dem Brautvater gegeben i«). Dass die ai-rha sponsalitia später bei jeder Ehe Anwendung finden konnte, nicht bloss bei einer durch sponsio vorbereiteten coemtio, kann nicht eingewendet werden gegen eine Untersuchung, die sich mit dem Ursprünge der arrha sponsalitia beschäftigt. Zur Stützung der hier vorgetragenen Ansicht kann auch der Sprachgebrauch angeführt werden. Füi- spousa kommt nämlich zuweilen der Ausdruck destinatu vor; destinare sibi aliquid aber wird von demjenigen gesagt, der etwas kaufweise zu erwerben beab- ■3) Vergl. noch 1. 1 fiii. Cod. V, 8; I. 16 Cod. I. 4; I. ö Cod. V, 1. — Üiier die Wand- lungen des röm. Reclits hinsichtlich der arrha sponsalitia s. S o n t a g , p. 49 sq. (vgl. hier §. D, N. 1). '*J Dies gegen S o n t a g , p. 49. '5) Bei Z o pf 1 Deutsche Rechtsgesch. (3. Aufl.) §. 81a, N. ö. ^^) Die Meta war Anfangs Muntschatz (Schröder 1. S. 26 sg.), und wurde später zu einer Zuwendung an die Braut (I, S. 40 fg). ÖOO ' H ü f m a 11 n sichtigt (s. z. B. Cicero ad Div. VII, 23, 3; Plautus Mostel. III, 1,113), sohiii auch von demjenigen, der in solcher Al)siclit eine arrha gibt (Plaut. Rudens, prol. v. 4o , Persa IV, 4, 115). Die Gaben eines Bräutigams können sehr verschiedener recht- licher Natur sei. Man nuiss unterscheiden: 1. die arrha sp. als blosses Zeichen des Willens, sich zu binden: 2. die arrha sp., die durch ihren Vermögenswerth dem Bräutigam den Rücktritt er- schweren soll 1^); diese erscheint vom Standpunkt einer verfeinerten Gesittung anstössig; 3. die donatio sponsalitia oder dun. ante nup- tias, eine Schenkung unter Verlobten, mit Rücksicht auf die beab- sichtigte Ehe gemacht (1. 7 Cod. V, 3). Bei der arrha (2) erscheint es als eine Moditication (s. vorne), dass sie oft nicht zurückgegeben wird; bei dieser donatio erklärt sich die Bestimmung, dass sie bei Auflösung des Verlöbnisses zurückzugeben ist, aus der Lehre von der Voraussetzung: 4. eine einfache gewöhnliche Schenkung, ohne jene Rücksichtnahme (1, 11 Cod. V, 3); 5. die nur des Namens wegen hier zu erwähnende donatio propfer nuptias (Arndts ^. 413). f 6. Der anulus arrha e und der anulus pronubus. Bei der Verlobung gab der Bräutigam der Braut einen Finger- ring. Schmucksachen der Braut zu schenken, ist wohl in aller V^'elt Sitte; aber so darf diese Gabe nicht aufgefasst werden. Denn der anulus pronubus war ein schmuckloser Eisenreif, und zwar nicht bloss in der guten alten Zeit (denn damals trugen die Römer, gleich den Spartanern, überhaupt keine anderen als eiserne Ringe i), son- dern selbst noch zur Zeit eines unmässigen Luxus. Noch PI in ins 2) sagt: „etiamnunc sponsae muneris xice ferreus anulus mittitur, isque sine gemma" s). Also nicht um einen Schmuckgegenstand handelt es sich hier, sondern um ein Symbol. Dieses aber kann nicht die Bedeutung gehabt haben, die wir heute mit den V'erlobungs- und den *'') Zugleich kann sie aber auch den unter 1. ang-egebenen Zweck erfüllen. ') Plinius bist. nat. XXXlIf, 1,4; M aerob. Saturnal. VII. c. 13. -) Plinius 1, c. (in der Ausg. v. Sil I ig vol. V p. 64). ^) Auch unser Trauring ist ohne Edelstein und Zierrat. über den Verlobungs- iiml den Triiuring. oöy Trauringen verbinden. Denn sonst wären Ringe gewechselt worden, während in Wirklichkeit nur der Bräutigam einen Ring gab. Vielmehr war der Ring eine arrha sponsalitia in der ersten Bedeutung (s. oben) d. h. die Markirung des Augenblickes, in wel- chem man sich gegenseitig durch ernstes Versprechen bindet. ,lu ve- nalis (sat. VI. V. 25 sq.): Conventum tamen et pactum et sponsalia nostra Tempestate paras, iamque a tonsore magistro Pecteris et äigito jjigfi^is fortasse dedisti: Gerte sanus eras? uxorem Posthume ducis?. . . Tertullianus (Apolog. cap. 6) hält seinen entarteten Zeit- genossen die Sittenreinheit und Einfachheit ihrer Ahnen vor, von deren Frauen er sagt: „aurum *) nuUa norat, praeter unico digito, qy\em sponsus 0 PI) ig n 01' a SS et annulo pronub o". Vgl. noch 1. 36 § 1 D. de donat. int. vir. et nxor. XXIV, 1 (Paulus) und Isidor. Orig. XIX, 32, 5. Also eine Arrha war ursprünglich der Ring und zwar eine Arrha des symbolischen Brautkaufes s). Es ist die Krönung des oben nachgewiesenen Parallelismus, dass sogar dieses formelle Detail, das auf den ersten Blick dem Verlobungsritus eigenthümlich zu sein scheint, auch beim gewöhnlichen Kauf e sich nachweisen lässt 6). Bemerkenswerth ist es, dass wir auch diese Art von Arrha zuerst bei einem griechischen 7) Schriftsteller erwähnt finden. Aus einer Stelle des Theo ph rast«) ersieht man nämlich, dass einen *) Richtiger wäre: „anuluin nulla norat" (vgl. N. 1 und 2). 5) Vgl. Göttling S. 91: .... „Die römischen Spons.ilien, durch welche vorläufig ein Mann vor der Ehe dadurch sich einer Frau versprach, dass er ihr oder ihrem V'ater oder Tutor eine Arrha gab, bestehend in einem Geldstück oder einem anderen Geschenke, z. B. einem Ringe, welcher auch bei anderen Versprechungen in Gebrauch war" . . . ®) Auch schon So n tag (1. c. p. 43, 75) hat auf diesen Zusammenhang kurz hinge- wiesen. Mir war seine fleissig gearbeitete Dissertations-Schrift, deren Resultaten ich übrigens nicht überall beizustimmen vermag, unbekannt, als ich an die Aus- arbeitung dieser Abhandlung gieng. ^) Vgl. hier § ö, >'. 6. *) Bei Stobäus Florileg. XLIV, 22 (in der Ausgabe von Meineke vol. 11, p. 167, Z. 31). 840 Hof mann Fingerring als Arrha beim Kaufe zu verwenden nichts Seltenes gewesen sein kann 9). Dazu kommen zwei Stellen aus Ulpian: die I. ö § 15 D. de instit. act XIV, 3 (aus üb. 28 ad Edictum): „Item si institor, quam oleum vendidisset, nnulnm arrhae nomine acceperit, neque eum reddat, dominum institoria teneri, . . . .quare si pigjius institor ob pretium acceperit, institoriae locus erit" '"); — dann I. 11 §. (3. D. de act. emt et vend. XIX, 1 (aus 1. 32 ad Edict.): „Is, qui vina emit, arrhae nomine certam summam dedit, si anulus datus sit arrhae nomine, . . . . " Wahrscheinlich gehört hierher auch die Notiz bei Plinius'i), dass „inter Scipionem (Caepionem?) quoqne et Drusum ex anulo in auctione venali ini- micitiae coepere, unde origo socialis belli...": denn dass der Fingerring Obj ect der Versteigerung gewesen sei, hat für jene Zeit (um das J. 90 vor Chr.) sehr wenig Wahrscheinlichkeit. — Vielleicht lässt sich hieraus auch die räthselhafte Stelle cap. 11 X. de praesum. II. 23 erklären, in welcher verschiedene „adminicula" erörtert werden, „quibus probatur matrimonium''. A behauptet mit der B verheirathet zu sein; sie läugnet es. Nachdem verschiedenes für und gegen die Behauptung des A vorgebracht wurde „vir. . . . qiiibusdam testibus, qui viderant eam annuloa deferentem, ipsam probavit uxo- rem" 12); wogegen die Frau der nicht wegzuläugnenden Thatsache eine andere Deutung zu geben sucht: „sed mulier de more illarnm, quae panes vendunt, se anuios detulisse dicebat". Von entschiedener Wichtigkeit aber ist folgende, m. W. bisher noch nicht benutzte Stelle aus Pliniusis): „Celebratior quidem usus cum foenore coepisse debet; argumento est eonsuetudo volgi, 9) Hof mann, Beiträge S. 106. ^'') Diese ZiisammensteUung von arrha und pigniis bestätigt das oben (§ 5) Gesagte. 11) H. N. XXXIH, cap. I, s. 6. 1-) Nach kanonischem R. „le don de I'anneau etablissait une pre'somption de mariage" und zwar: „livre dans la maison par 1 epoux, c"e'tait une preuve de fiangailles. et dans Ceglise par le pretre, uu indice de mariage''. (Abbe Texier, dictionnaire d'orfevrerie, de gravure et de ciseiure chretiennes, col. 138; 27. Bd. der 3. Serie von des Abbe Migne Encyclopedie Theologique). '^) L. c. fin. (in der Ausg. v. Sillig v. V, p. 72). Plinius giebt dort nämlich eine Geschichte der Sitte des Ringtragens bei den Römern und schliesst sie mit dem obigen Satze. über den Verlobung-s- und den Trauring. ö^tl ad sponsiones etiam nunc cmiilo exsilieiite i*), tiacta ab eo tempore, quo nondum erat arra velocior, ut plane adfirmare possi- mus nummos ante apud nos, mox atmlos coepisse". Mit „sponsiones" sind hier nur Wetten, nicht andere Geschäfte in Stipulationsform, gemeint (sonst wäre der Ausdruck „volgi" unmotivirt), wie die V"er- gleichung mit 1. 17 §. 5 D. de praesc. verb. XIX, 5 (abermals aus Ulpian's I. 28 ad Edictum) zeigt: „Si quis spo?isionis causa anulos acceperit, nee reddit victori". . Die Stelle aus Plinius liesse sich so erklären, dass die anuli nicht der Wetteinsatz waren, sondern ihre Übergabe dasselbe sagen wollte, Avas h. z. T. in gleichem Falle der Handschlag sagt — : „Top! es gilt". Hiefür spricht nicht nur die symbolische Bedeutung des Ringes (fides anuli, s. unten), son- dern der ganze Zusammenhang, da ja Plinius von einer allgemeinen Verwendung des Ringes als einer Arrha spricht und die Volkssitte bei Wetten nur als einen schwachen Rest zur Illustration anführt. Dagegen scheint die 1. IT § 5 cit. am leichtesten so erklärt werden zu können, dass von beiden Seiten einem Dritten (iudex sponsionis) je ein Ring gegeben wurde ; der Sieger konnte dann beide (d. h. seinen und den fremden Ring) dem Dritten abfordern; lag aber der Wette eine inhonesta causa zu Grunde, nur den seinen („si^e anuli duntaxat repetitio erit") i^). Dann hätte Plinius sein Beispiel nicht glücklich gewählt; es würde ihm dabei folgende Verwechslung unterlaufen sein: „pignus" bedeutet „Pfand", aber auch „Wett- einsatz" 16); die „arrha" wird bildlich auch ein „pignus" genannt (s. oben); möglicher Weise kam eine solche Verwechslung auch in umgekehrter Weise vor, so dass auch der Wetteinsatz „arrha" genannt worden wäre. Dass wir hier in der That an einen Wettein- satz zu denken haben, dafür spricht auch eine Stelle aus Plautus (Curcul. II, 3, 76 i^.), wo Jemand, von einem Würfelspiel erzählend, sagt : ..Pono palliuns; nie suom anulum opposivit" .... **) Soll es nicht vielleicht heissen: „consuetudo volgi ad sponsiones etiamnunc anuloa exigentis ? . . . 15) Vg^l. Vangerow, 111, § 673, Anm. 2. 1*) D er n bürg, Pfandrecht I. S. 49. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXV. Bd. IV. Hft. S6 o4ä H o f m a n n Pliiiius würde hienach erst von der Arrha im technischen Sinne reden, dann aber ein Beispiel anführen, wo der Ring auch als „arrha", aber in einem nicht-technischen Sinne vorkäme. Doch dies ist nebensächlich. Wie immer man darüber denken mag, aus jener an Belehrung reichen Stelle geht ganz klar folgendes hervor: 1. Der Gebrauch des „anulus arrhae nomine datus" ist ein sehr alter, er ist nicht etwa erst zu Ulpian's Zeiten in Aufnahme gekommen. Jene Volkssitte wird als eine Spur bezeichnet, die sich noch (etiamnunc) erhalten hat („tracta ab eo tempore ...."). Dies kann nicht auffallen, da in Griechenland derselbe Gebrauch für die Zeit des Aristoteles bezeugt ist (s. oben). Plinius sagt, die Sitte sei in Rom nicht viel jüngeren Datums, als der Gebrauch aus- gemünzten Metalls. 2. Diese Art, den Ring zu verwenden, muss früher in Rom sehr gewöhnlich gewesen sein, sonst hätte PI i- nius die grössere Verbreitung des Ringtragens nicht mit der Auf- nahme der Geldgeschäfte in ursächlichen Zusammenhang bringen können (^„celebratior .... usus cum foenore '-) coepisse debet"). 3. Daraus folgt von selbst, dass die Arrha überhaupt bei den Römern in häufigem Gebrauche war. Für die Geld -Arrha folgt es überdies arg. a contr. aus den Worten: „eo tempore, quo nondum erat arm i») velocior". Damit stimmt überein die häufige Erwäh- nung des arrabo in den Comödien des PI au tu s; und für eine viel spätere Zeit wird es bestätigt durch das ausdrückliche Zeugniss des Gajus in 1. 3S pr. D. XVIII, 1: „Quod saepe arrhae nomine pro emtione datur" .... Dies wurde hier desshalb ausdrücklich hervor- gehoben, weil noch neuerdings das Gegentheil in einem vorzüglichem Werke behauptet wird i^). 1'^) „Cum foenore" ist hier in der weitesten Bedeutung gebraucht, zur Bezeichnung einer Periode, in welcher das Geld anfieng ein gestaltender Factor in der Volks- wirthschaft zu werden, in welcher also namentlich der Tausch durch den Kauf in den Hintergrund gedrängt wurde. *8) Darunter ist hier speciell die Geld -Arrha, im Gegensatze zur Ring-Arrha, zu verstehen. ^i*) Kuntze, Excurse, S. 491 : „Es scheint nicht, dass diese Sitte den Römern sehr geläufig gewesen sei; denn nur von Gajus. . . ., dem Provinzialjuristen, wird bemerkt, dass das Handgeld häufig sei." — Wozu dann die wiederholte Versiche- rung, die Arrha sei nicht unerlässlich zur Perfection des Kaufgeschäftes? Bei 1. 33 cit. könnte man noch allenfalls sagen, sie sei ja dem Commentar zum Pro vinzial-Edict entnommen. Dass aber im Lehrbuche des Gaius (HI, §. 139) über den Verlobuiig-s- und den Trauring. Ö4o Hiemit ist der Beweis erbracht, dass die ursprüngliche Bedeutung des römischen anulus pronuhus nicht in dem ethischen Gehalte der Ehe, sondern in der uralten Form des Frauenkaufes zu suchen ist. Dass in der Zeit des sinkenden Römerthums aus dem schmucklosen Eisenreife ein Goldring wurde, der zuweilen einen grossen VYerth repräsentirte, kann nicht auffallen. Der Ring wurde ein Theil jener Geschenke, in welchen sich die „sponsalitia largitas" seit jeher gefällt 20). Schon viel früher dürfte die nüchterne juris- tische Bedeutung des Ringes meistens dem Bewusstsein der Bethei- ligten durch eine mehr zum Gemüthe sprechende Deutung verhüllt gewesen sein. Bei einem Liebeshandel nennt Plautus (Miles glor. IV, 1, 11) den von einer Frau gesendeten Ring „arrhabo primus amoris"; eine ähnliche Vorstellung mochte sich allmählig auch bezüglich des Verlobungsringes geltend gemacht haben. Der Ring als Symbol. Hiemit ist aber die Frage nach der ursprünglichen Bedeutung des Ringes nicht gelöst, sondern nur weiter zurückgelegt. Es ent- steht eben die andere Frage: was soll der Ring beim Kaufe? Thatsaehe ist : die Arrha mit formeller Function (§ 5, Nr. 7) konntß in einer oder einigen Münzen bestehen oder auch in einem Ringe. Dies gilt sowohl vom griechischen und römischen Kaufe, als von den römischen Sponsalien (^6, N. S); und derselben Erscheinung begegnen wir beim symbolischen Brautkauf der Israeliten und der germanischen Völker 1). und ebenso in den Justinianischen Institutionen (pr. Inst. HI, 23J diese Bemerkung an die Spitze der Lehre vom Kaufe gestellt ist, bliebe bei der gegentlieiligen Annahme geradezu unbegreiflich. 2*') Die kostbaren Schmucksachen, die Maximinus Junior seiner Braut schenkte, nennt Capitolinus (c. 1) „arrhae regiae" und hebt es besonders hervor, dass sie, obgleich sich das Verhältniss zerschlug, der Beschenkten gelassen wurden. 1) Mendelssohn, Ritualgesetze der Juden (Ausg. v. 1778) S. 93 fg. Der Scheinpreis besteht in einem Gelde (einer Münze) oder Geldeswerth ; „man pflegt dazu einen Ring von Gold oder Silber ohne Stein zu nehmen, den der Bräutigam der Braut an den Finger steckt". — In den Niederlanden und in Friesland gab der Bräutigam der Braut entweder einen Trau-Pfennig oder o6* 844 H o f nj a n u. Dabei ist zunächst auf die Thatsaehe aufmerksam zu machen, dass Münzen und Ringe nicht bloss die Kreisgestalt mit ein- ander gemein haben. Zu verschiedenen Zeiten wurden bei verschie- denen Völkern neben den Münzen Ringbarren als Tauschmittel verwendet, „Bei den Ägyptern vertraten goldene und sil- berne Ringe die Stelle des Geldes; sie wurden abgewogen" 2). Im Arabischen wird gemünztes Gold metonynisch „Ring Gottes" genannt 3). Schröder*) spricht von der „im früheren Mittel- alter so allgemein gebräuchlichen Bezeichnung des Geldes mit „Ringe", sei es nun, dass ursprünglich wirklich Ringe die Stelle von Münzen vertraten 5), oder dass dies ein blosser Sprachgebrauch war". Dürfte es sich nun schon hieraus erklären, warum zur Arrha alternativ Münze oder Ring gefordert wurde, so sprach noch für letzteren seine symbolische Beziehung zur Treue und Wahrhaftigkeit, vermöge welcher er als feierliche Bekräftigung eines Versprechens erscheint. Und daraus wieder erklärt sich, warum der Verlobungs- (und später der Trau-) Ring die Verwen- dung des Ringes bei Kaufgeschäften überlebte, bis eine naheliegende L'mdeutung den geschichtlichen Zusammenhang vergessen Hess. einen Trau-R i n g („trowen op den penning-". „trowen op den ring"): Fried- berg, S. 66, N. 2. — Aus dieser Übereinstimmung erklärt sieh wohl Rieh. Sehröder's Vermuthung-, dass die Deutschen den Trauring aus dem jüdischen Rechte überkommen hätten (Gesch. d. ehe!. Güterrechts I, S. 58). Er übersah die ganz analoge römische Erscheinung. Vgl. übrigens hier §. 10. 2) Dr. Friedrich Kenner, die Anfänge des Geldes imAlterthum (Wien 1864), S. 97. — ^Ferner werden Ohrringe £vw7ia geradezu 0''''yXat genannt, was also darauf leitet, dass man in Ägypten Ringbarren im Gewichte des Shekels hatte" u. s. w. (S. 98). 3) Ztschft. d. Deutsch, morgenl. Gesellsch. V, S. 180 (Auszug Hammer-Purg- stalTs aus einem Buche Saalebi's.) *) A. a. 0. I. S. 37 fg. Damit will er den Namen „reipus" erklären. Die vorher all- gemeine Bezeichnung sei „vieUeicht in Folge des aus dem j ü di sehen Rechte überkommenen Trauringes bei dem Veiiöbnissgelde festgehalten" worden. „Man sprach von „Ringen", als nur noch bestimmte Geldstücke gegeben wurden": — eine m. E. unrichtige Verknüpfung an sich richtiger Thatsachen. *) Hiefür werden freilich als Belege missverständlich Stellen angeführt, wo Ton wirk- lichen Verlobungs- und Trauringen die Rede ist. über (Jen Verlohungs- und den Trauring. ö4i) Wie die Kreislinie seit jeiier die Phantasie der Völker beschäf- tigt hat, so ist auch der Ring ein Symbol mythischen Ursprungs s); und damit hängt es wohl zusammen, wenn Fingerringen zuweilen mystische Kräfte zugeschrieben wurden "). Es ist natürlich hier nicht der Ort, eine Zusammenstellung der hier einschlägigen religiösen Ahnungen, abergläubischen Gebräuche und sinnbildlichen Deutungen ») zu geben. Nur zwei der letzteren verdienen hier hervorgehoben zu werden, weil sie sich in den Schriften des classischen Alterthums oft erwähnt finden und noch heut zu Tage allbekannten Sitten und Ceremonien zu Grunde liegen. Der Ring bedeutet nämlich einmal Herrschermacht und dann Wahrhaftigkeit. Die erste Bedeutung, die schon dem orientalischen Alterthum angehört »), ist für das classische vielfach bezeugt. Der sterbende Alexander gibt seinen Fingerring dem Perdikkas, „ex quo omnes coniecerant, eum regnum ei commisisse" (Cornel. Nep. Eumenes cap. 2); der sterbende Tiberius zog den Ring vom Finger, als ob er ihn Jemandem übergeben wollte, dann aber, sich anders besinnend, steckte er ihn wieder an und schloss fest die linke Hand (Sueton, Tiber. 73). Wie Regenten ihrem designirten Nachfolger, so über- gaben auch Private dem disignirten Erben ihren Siegelring i«) (Flav. Vopisc.', Aurelianus c. 50; Val. Max. VH, cap. 8 % ö und § 9.). Dabei konnte dieser Akt zugleich denselben factischen Zweck <^) S. Globus, XIll, S. 333. ") Die Zauberringe in alten und neuen Sagen (z. B. Gyges, Salomon). — Über Ring- weissagungen bei den Griechen , Schömann Griech. Alterth. (2. Aufl.) 11, S. 286. — Der Siegelring in dem von Pausanias (I. c. 17) erzählten Gottes- urtheil ist wohl auch nicht ganz zirfällig. — Unter den gottesdienstlichen Geräth- schaften der Parsen wird auch ein Ring genannt; doch über seine Verwendung weiss Spiegel (Avesta II, S. LXIX) keinen Aufschiuss zu geben. «) S. z. B. Bachofen, Mutterrecht S. 394 fg. ^) Der Ring der Weltherrschaft (s. N. 6). Der Ring Salomon"s wird von Saalebi (s. N. 3) als das Symbol der Herrsehermacht bezeichnet, weil demselben alle Menschen und Dschinnen gehorchten : von demselben stammen die Ringe der Könige als Symbole der Herrschaft. — Als Pharao den Joseph über ganz Ägypten setzt, steckt er ihm seinen eigenen Ring an den Finger fl Moses. 41. v. 41, 42). Als Ahasver dem Haman die Vollmacht gibt, alle Juden vertilgen zu lassen, thut er dasselbe (Esther 3, v. 10), was freilich auch noch den Sinn hatte, dass mit dem Ring des Königs die Befehlschreiben gesiegelt wurden (v. 12). l**) .Männer trugen in der guten Zeit keinen anderen Ring, da Schmuck (zu welchem der Siegelring nicht gerechnet wird. 1. 74 D. L, 16) nur Frauen ziemt. o4b Hof mann haben, wie bei uns die Eiiihäiidigiino: der Schlüssel, da bei Grie- chen 11) und Römern '2) das Versiegeln häufig die Stelle des Verschliessens vertrat; ja die Übergabe konnte auch lediglich diesen Zweck haben ohne jene symbolische Bedeutung. Hieraus erklärt sich nun vollständig I. 77 ^21 D. XXXI (Papinian.): Pater pluribus filiis heredibus institutis moriens claves et annlnm custo- diae causa, maiori natu filiae tradidit, et libertum eidem filiae, qui praesens erat, res, quas sub cura sua habuit, assignare iussit; commune filiorum negotium gestum iutelligebatur, tiec ob eam rem apud arbitriim divisionis praecipuam causam filiae fore"". Unter den zahlreichen Spuren dieser Bedeutung im Mittelalter soll nur an die Verwendung des Fingerringes bei Übergabe grosser Domänen is) und an die damit zusammenhängende Belehnung „mit Ring und Stab" erinnert werden". „Anulus est sigiium investiturae et investitura est signum traditae potestatis" 1*). Was die andere Bedeutung, d. h. die symbolische Beziehung des Ringes zu Treue und Glauben betrifft, so kann auch hier zuerst auf den Orient, auf die Schwurringe der arischen V^ölker undauf dieThatsache verwiesen werden, dass Ringe von der jenen eigenthümlichen auffallenden Gestalt in dem weiten Räume vom iranischen Hochland bis zum skandinavischen Norden an sehr vielen Stellen ausgegraben wurden i^). Für den römischen Verkehr ist diese Bedeutung vielfach bezeugt; und da ist vor allem als classischer Zeuge Ateius Capito anzuführen, der „pontificii iuris inter primns peritus" war (Macroh. 11) Hermann. G riech. Alterthümer, § 22, N. 33 (g. 12) Plin. hist. nat. 33, cap- I, s. 6. Val. Max. 1. c. Tac i t. anu.Tl II, 2 („ac vilissima utensilium anulo clausa"). 13) S. die Belegstellen bei Du Gange s. v. investitura. 1*) Texier, dict. d'orfevrerie, col. 144; vgl. cap. 12 X de sent. et re iiid. II, 27; cap. 3 X de his. quae fiunt a mai. III, 11 ; cap. 4. X de conc. praeb. II, 8. 15) Globus, Bd. XIII. S. 329 fg.; Bd. XIV, S. 176—180. — Klemm spricht an zwei Stellen (Culturgeschichte, IX, S. 32 und „die Frauen" II, S. 152) die Über- zeugung aus, dass ein grosser Theil der der vaterländischen Erde enthobenen Bronzeringe als Trauringe gedient haben mag. Das ist ein Irrthura, der nur dadurch begreiflich wird, dass Klemm der Ursprung und die Geschichte des Trauringes unbekannt war. V'ielmehr dürften viele dieser Ringe — nämlich die grossen, nicht geschlossenen, mit Wülsten und scharf hervortretenden Reifen ver- zierten — eben Schwurringe gewesen sein. über den Verloliungs- und den Trauring-. 84 < Saturn. VII. c. 13). „Veteres" sagt er (1. c.) „noii ornatus, sed sig- naiitli causa (cf. 1. 74 D. L. 16) anulum secum circumferebant. Unde nee plus habere quam unum licebat, nee cuiquam nisi libero : quos solos fides deceret , qiiae signaculo coiithietur ; ideo ius anulorum famuli non babebant" le). Aucb noch im Mittelalter finden sich Spuren dieser Bedeutung i'). Darum dient 1. der Ring zur Bekräftigung eines Versprechens, und 2. das beigedrückte Siegel zu gleichem Zwecke und auch zur Solennisirung eines Zeugnisses. Darum sollen Testamentszeugen nicht mit einem beliebigen Petschaft, sondern mit einem Ringe siegeln: 1. 22, •§ o D. qui testam. XXVIII, 1 (Ulpian.) „Signum autem utrum annulo tantum Impressum adhibemus, an vero et si non annulo, verum alio quodam impresso? — varie enim homines signant. Et magis est, ut tantiim anulo quis possit sigtiare, dum tamen habeat •/a^oLy.rfipv. [signum]''. Vgl. Seneea, epist. 1,8: „tabulis testa- menti anulum imprimere". Auch bei anderen Urkunden (namentlich den zur Beglaubigung dienenden) war diese Art zu siegeln gebräuch- lich, s. z. B. Plaut US, Curcul. II, 3, 67: ^ . . . ei mandavi, qui anulo Meo tabellas obsignatas attulisset" vgl. Tacit. annal XVI, 19; wie denn die römischen principes nicht anders siegelten, als mit einem Ringe 's). Die Beziehung zur fides erhielt also nicht etwa der Siegelring durch das Siegeln, sondern umgekehrt dieses durch den Ring. — Die -.signata iura" bei Lucanus (III, 301) werden bei Faccio- lati-Forcellini (totius latinitatis lex. IV, p. 110) mit „foedera sancita et quasi sigillo impresso utrinque firmata" erklärt i»). '^) Bedeutsam ist, dass Macrobius die fides signaeidi und das pontifichim hts dadurch in Zusammenhang bringt. dass er unmittelbar vordem Citat aus A t. Capito ausdrücklich hervorhebt, sein Gewährsmann sei im pontificischen Recht vorzüg-lich unterrichtet gewesen. Dass alle derartigen symbolischen Deutungen im letzten Grunde mit religiösen Ahnungen zusammenhängen, ist nicht zu bezweifeln. *^) Dem neuen Bischof wird nach dem römischen Pontificale bei der Übergabe des Ringes gesagt: „Accipe anulum fidei signaculum " (Taxier dict. d'orfevr. coi. 143j. ^*) Daher vom Siegelbewahrer gesagt wird: „amili curam habere" {Justinus, bist, phil. 43. c. ö in f.). *'') Puchta (Gew. R. 11, 72) irrt also, wenn er — auf den Unterschied zwischen der modernen und der römischen Testamentsieffelung- hinweisend ö48 H o f m a n n Beide Bedeutungen (Ringübergabe zur Bezeichnung des Erben und zugleich als Bekräftigung eines Versprechens) erscheinen verschmolzen bei Val. Max. VII, c. 8 §. 5, wo er mit Entrüstung von einem Römer erzählt, der Jemandem wiederholt versprochen hätte, ihn 7,um Erben einzusetzen und „moriens etiam anulos ei suos tradidisset", und doch sein Vermögen einem Andern zuwendete; das erbitterte V^olk habe „fallacis et insidiosi cadaver" durch die Gassen geschleift, — Zu diesen beiden tritt auch noch die dritte oben er- wähnte Bedeutung (Ringübergabe = Schlüsselübergabe) hinzu in §. 9 cit. : ein Senator habe noch sterbend sich den frivolen Scherz erlaubt. Jemanden mit der Versicherung, er habe ihn zum Erben eingesetzt, zum Besten zu haben; „insuperque anulos quoque suos ei tradidit, videlicet ne quid ex ea hereditate, quam non erat aditurus, amitteret". Dass aber Val. Max. bei der Ringübergabe zugleich an eine feierliche Bekräftigung des Versprechens denkt, zeigt die Er- zählung von der ungewöhnlichen Erbitterung des Volkes und seine eigene Entrüstung. In dieser Bedeutung nun, in dieser symbolischen Beziehung des Ringes zu Treue und Glauben liegt der tiefere Grund, warum man in alter Zeit zur Arrha bei Kaufgeschäften gerne einen Ring wählte. Die Münze war nur ein „argumentum" des Willens, nicht mehr zurückzutreten; der Ring enthielt zugleich eine solenne Be- kräftigung des darauf abzielenden Versprechens. Um so mehr musste sich der Ring als Arrha bei den Sponsa- lie n empfehlen; und da konnte es nicht ausbleiben, dass in dem Masse, als die Erinnerung an die Form des symbolischen Brautkaufes zurücktrat, die Beziehung auf die Treue der Neigung geläufiger wurde. In der römischen Zeit vorbereitet, geht die Entwicklung im Mittelalter dahin, dass allmählig der Gedanke an die Vertragstreue, an die Unverbrüchlichkeit des gegebenen Wortes durch den Gedanken an die Treue und Unverbrüchlichkeit der vorbereiteten oder geschlos- senen , alle Lebensbeziehungen umfassenden Einigung verdrängt wird. Nicht mehr „anuli fides", sondern „fidei anulus" 20) ist der Ausdruck für diese veränderte Anschauung. — allgemein behRuptet : das „Beglaubigungssiegel " sei den Römern unbekannt gewesen. 20j Nieolaus PP., epist. ad. Bulgaros: „Postquam arrhis sponsam sibi sponsus per digitum fidei aiiulo insignitum desponderit" .... {Du Cange, glossarium über den Verlobuiies- und den Trauring. 849 f 8. Ursprung der germanischen Sitte. Auch bei den Germanen kaufte ursprünglich der Mann dem Vater die Tochter ab. Dieser Kauf, durch den die Munt i) vom Vater auf den Mann überging, findet sich bei allen germanischen Völker- schaften: bei den Gothen, Skandinaviern, Sachsen, Angelsachsen und den hochdeutschen Stämmen, Franken, Burgundern, Lango- barden. Dass er einst ein wirklicher Kauf gewesen, leidet keinen Zweifel 2). Bei den Ditmarsen erhielt er sich bis ins lo. Jahrhun- dert 3), während er bei den meisten Stämmen frühzeitig zu einem blossen Scheinkauf wurde *). Lango bardische Quellen geden- ken nicht blos der Preiszahlung, sondern auch einer förmlichen Tra- dition der Braut an den Manns). Allmälig erlosch aber nicht nur der wirkliche, sondern auch der symbolische Brautkauf, doch nicht ohne Spuren in der Sprache und in den die Eheschliessungen betreifenden Gebräuchen zurückzulassen. In der Sprache: bis ins späte Mittelalter erhielt sich die Redensart „ein Weib kaufende); in gewissen Ge- bräuchen: dahin gehören namentlich, wie unten dargethan werden wird, der V e r 1 o b u n g s - und der Trauring. mediae et infimae latin., Ausg. v. 1840, I, p. 266). Der Nonne wird bei der Ein- weihung nach dem römischen Pontificaie gesagt: „Accipe ergo anulum fidei. . ., ut sponsa Dei voceris". (Texier. dict. d'orfevrerie, col. 144). '■) Kraut, Vormundschaft I, §. 1. — Über dasselbe Verhältniss im indischen Recht s. Kalthoff p. 33 : „Pater . . . postquara nuptui consensit, filiam collo- cabat atque in potestatem tradebat ei, cuius sponsa erat" (unter Berufung auf Manu IX, 99). -J Rossbach, S. 230; Schröder I, 82: Friedberg, das Recht der Eheschlies- sung (1865), S. 18 u. ebd. N. 2, 4, 5 ; S. 33 fg. ; S. 71 ; S. 73. 3) Friedberg S. 19, N. 6. *) Friedberg, S. 19 fg.; Grimm,!). R. A. I, S. 420 fg. ; Zöpfl, §. Sic. — Diese Umwandlung wurde von der Kirche gewünscht und befördert : Sehröder I, 79. ^) „Nam aliter sine traditione nullam rerum dicimus subsistere firraitatem" s. bei Zöpfl §. 81«, N. 16; vgl. Schröder, I, 179. Gleichwohl trat gerade b«i den Langobarden frühzeitig die auffallende Modification ein, dass' das Kaufgeld an die freigeborene Frau selbst gegeben wurde. Zöpfl, a. a. 0., N. 3. 6) Grimm R. A. S. 421; Unger, die Ehe, S. 112. N. 3: „In Niedersachsen nennt man noch jetzt die Verlobung „Brudkop", d. i. Brautkauf": vgl. Schröder. I, S. 79 insb. N. 10. OöO H o f 111 a n n Diesen Zusarnmeiihang der Beringung mit dem Brautkauf vor- ausgesetzt, könnte man um so mehr geneigt sein, jene Sitte für eine ursprüngliche zu halten; denn in der That lässt sich gerade hier aus der blossen Übereinstimmung nicht auf eine Entlehnung schliessen. Der Brautkauf ist sicherlich nicht entlehnt und ebenso wenig brauchte es der Brautring zu sein. Dennoch darf man als erwiesen ansehen, dass dieser letztere „undeutsch und erst seit dem Christenthume eingeführt ist" ^). Dafür sprechen folgende Gründe: 1. „Die alten Gesetze schweigen ihrer" (nämlich der Sitte, der Braut einen Ring zu geben) „mit Ausnahme der langobardischen und westgothischen, in welchen fremder Einfluss leicht erklärlich wäre" 8). Ihre Verbreitung geht der des Christenthums parallel. 2. Die Form des Brautkaufs hatten die Germanen allerdings mit den Römern gemein; in Betreff des Ringtragens aber stimmten ihre Sitten nicht überein. Dem alten Römer galt der anulus ferreus als ein Ehrenzeichen, das er nicht Jedem gönnte (Macrob. Saturn. Vli. c. 13); dem alten Germanen war er schimpflich; wenn ein Tapferer ihn ansteckte, so war dies eine Art Gelübde: die freiwillig übernommene Demüthigung sollte ihn anspornen, sich bald durch eine Kriegsthat ihrer zu eritledigen (Tacitus Germ. c. 31). 3. Spricht für diese Annahme auch der Umstand, dass der Brautring bei den christlich-germanischen Völkern von Anfang an auf dem noch heut zu Tage sog. Ringfinger, und zwar regel- mässig an der dem Herzen näheren linken Hand»), getragen wurde. Auf dem nämlichen Finger derselben Hand trugen aber auch die Alten (Ägypter. Griechen, Römer) den Ring; und, was das wichtigste ist, — die mittelalterliche Sitte wird gerade so motivirt. Avie es bei den alten Schriftstellern bezüglich der ihren geschieht: c. T ^. 3 C. XXX, qu. S: „Item, quod in primis negotiis anulus a sponso sponsae datur, fit hoc nimirum vel propter mutuae fidei Signum, vel propter id magis, ut eodem pignore eorum corda iungan- tur. Unde et in quarto digito anulus idem inseritur. quod in eo Vena quaedam, nt fertur, sanguinis ad cor usque jyerveniat". 7) Grimm, S. 178. ®) Grimm, a. a. 0. ") S. die kölnische Verlobungsformei aus dem 14. Jahrh. bei Friedberg-, S. 29. über den Verliilmngs- und de?i Trauring-. ÖO l Damit Vgl. M aerob. Saturn. VII, c. 13: In einer Gesellschaft wird die Frage aufgeworfen, warum man allgemein den Ring auf der linken Hand „in digito, qui minimo ricinus est" trage; worauf Einer die Ansicht der Ägypter anführt: ^nervum quendam de corde natnm prior siini pergere us^que ad digitinn manus sinistrae minimo pro.vimum et ideo visum veteribus, ut ille digitus anulo, tanquam Corona, circumdaretur" i"). — Gellius N. A. X, 10 berichtet: „Veteres Graecos anulum habuisse in digito accepimus sinistrae manus, qui minimo est proximus. Romanos quoque homines aiunt sie plerumque anulis usitatos. Causam esse huius rei Ap ion in 1 i bris Aegy ptiacis hanc dicit. . . .: nervmn quendam tenuissimum ab eo uno digito. . . ad cor hominis pergere et pervenire". Vgl. auch Isidor. Orig. XIX, 32, 3 und PI in ins, H. N. 33, cap. I. 4. Diese Erwägungen nun schliessen den Gedanken an ein zufälliges Zusammentreffen aus und begründen die Behauptung, dass der Brautring <'), gleich dem Kranz 12) und dem Schleier i3) der "•) Darauf bemerkt ein Zweiter, er habe eine andere Erklärung gelesen „de hac eadem causa apud Ateium Ca pi ton ein, pontificii iuris inter priraos peritum". Als die Römer statt der ursprünglichen Eisenringe kostbare Goldringe zu tragen begannen, hätten sie die weniger beschäftigte linke Hand dazu gewählt, um die Ringe nicht so schnell abzunutzen. Aus demselben Grunde habe man den Daumen, den kleinen und den Zeigefinger vermieden, von den beiden übrigen Fingern aber dem kleineren (vierten) den Vorzug gegeben. „Hae sunt, quae lectio pontificalis habet; unus- quisque, ut volet, vel Etruscam vel Aegyptiacam opinionem sequatur". — Da jene anatomische Fabel von den Ärzten schon vor Jahrhunderten als solche erkannt wurde, billigt Cyprä US (tract. de spons.) die nüchterne Erklärung des Römers (s. Wolff a, §. 11. N. 3 a. 0., p. 17). Als ob eine Sitte nicht ebensogut auf einer irrigen, wie auf einer richtigen Meinung beruhen könnte! 11) Mit Absicht ist dieser Ausdruck gewählt, der ebenso auf den Verlobungs-, wie auf den Trauring passt. — Für die obige Ansicht auch Fri ed b e r g , S. 26, N. 3 : „Der Trauring ist kein ursprünglich deutsches Symbol, vielmehr der anulus pro- nubus, den die Kirche adoptirt und auch in Deutschland eingeführt hat". Dabei ist nur zu bemerken, dass der anulus pronubus zunächst nur Verlobungs- und nicht Trauring war. Über die Entwickhing des letzteren aus dem ersteren s. unten. •*) Vgl. Fried berg, S. 97, N. 2 mit Rossbach, S. 292 fg. 13) Klemm (die Frauen 11. Bd.) sagt, dass der Ring bei den Kömern wie bei den Ger- manen Symbol ehelicher Verlobung war (S. 130); dass er am Finger nächst dem kleinen Finger getragen wurde (S. 131); dass auch die griechischen und römi- oD2 Hofmann Braut, von Italien aus sich mit dem Christentluime nordwärts ver- breitete. Bei dieser Verpflanzung erhielt sich nicht nur die alte Be- deutung des anulus pronubus, sondern sie wurde aufgefrischt bei Völkern, bei denen der symliolische Brautkauf die einzige Form der Eheschliessung war; bei Stämmen, die selbst erst kürzlich das Stadium des wirklichen Brautkaufes überwunden hatten, und die bei ihren Nachbarn ihn noch immer in lebendiger Übung sahen. Gewiss nimmt ein Volk eine derartige Sitte nicht oft und leicht von einem anderen an. Wo auch sollte das Volksthum seine Trieb- kraft und Eigenthümlichkeit erweisen, wenn nicht in den Gebräuchen, mit welchen der Mensch die drei ernsten Marksteine des irdischen Daseins: Geburt, Heirat, Tod — zu umgeben liebt? Hier heischen Forderungen des Gemüthes Genüge — und das Gemüth ist ja doch vor- zugsweise das Individualisirende bei Völkern wie bei Einzelnen — ; hier findet die symbolisirende Phantasie ein weites Feld und einen dank- baren Stoff. Und in der That sind Hoch Zeitsgebräuche meistens ursprünglich. Anders bei Trauungsfeierlichkeiten. Hier kann die Verpflanzung einer Sitte nicht auffallen, die gleichsam im Gefolge des sich verbreitenden Christenthums ins Land drang. Denn die Kirche suchte begreiflicherweise dort, wo sie nicht mehr räumlich vorwärts zu dringen brauchte, mit ihrem Einfluss tiefer und tiefer in die Lebensverhältnisse ihrer Bekenner zu dringen; ebenso natür- lich ist es, dass ihr Absehn hierbei vor allem auf jene drei Momente gerichtet war. Und da religiöse Überzeugungen und Bedürfnisse mit den Vorgängen im Familienleben viel näher zusammenhängen, als mit den Geschäften des profanen Verkehrs, so kann es uns nicht wundern, dass die Kirche an der Eheschliessung frühzeitig Anthei! nahm, wenn gleich diesem an sich keine juristische Bedeutung bei- zulegen ist 1*). §•9. Der V e r 1 0 b u n g s r i n g. Um so weniger kann das Eindringen des anulus pronubus in die germanischen Länder auffallen, als er dort auf Verhältnisse traf, die sehen Bräute am Ti-iiuungstag'e Kran^ und Schleier trugen (S. 162) ; von dem geschichtlichen Zusammenhange war ihm nichts bekannt. 1*) Denn dieNothw en d i gke it kirchlicher Einsegnung, die kirchliche Eheschliessung, ist viel späteren Datums. Vgl. Kraut Vormundschaft I, S. 176. Ein reiches Material über den Verlobungs- und den Trauring. O0t> in allem Wesentlichen mit denjenigen übereinstimmten, denen er seine Entstehung verdankt. Hier wie dort der ßraiitkauf (ob wirk- licher oder symbolischer, ist zunächst gleichgiltig) ; hier wie dort ein obliga torischer Act, der die von beiden Seiten beabsichtigten Wir- kungen vorbereitet!). „Der Vormund willigt bei der Verlobung-) in die Übertragung der Braut und seiner vormundschat'tlichen Rechte an den Bräutigam. . . . Der letztere verspricht bei der Ver- lobung die Zahl ung des Mu n tschat zes und die Aufnahme der ist zusammengestellt bei Fried berg im I. Buch, 3. Abschn.: „die Reception der kirchlichen Trauung in den einzelnen Ländern". !) Vgl. z. B. Die lan g 0 bar d i sc he Formel bei S c h röd er I, 179 mit G eil iu s, N. A. IV, 4. 2) Wenn dieses Wort in der allgemein gebräuchlichen Bedeutung zu nehmen ist, dann ist der vorhergehende Satz : „Darum ist für jede rechte Ehe die Verlobung ein unumgängliches Erforderniss ; denn sie enthält eben die Anerkennung des vormundschaftlichen Rechtes" — , wenigstens was die Schlüssigkeit seiner Begrün- dung betrifft, nicht recht einleuchtend. Wird denn etwa bei einem sofort Zug um Zug vollzogenen Kauf das Verfügungsrecht des Verkäufers weniger anerkannt, als sonst? Die obige .Äusserung Schröder's (S. 8) hat nur dann einen Sinn, wenn man annimmt, dass bei der Eheschliessung andere Personen die eigentlichen Contrahenten sind, als bei der Verlobung; nämlich dort: Bräutigam und ßriiut; hier: Bräutigam und Vormund der Braut (im weitesten Sinne). Aus Schröder's eigener Darstellung aber geht hervor, dass die Eheschliessung ursprünglich nichts anderes war. als die Erfüllung jenes, „Verlobung" genannten, Kaufcontractes. Die Braut war also, juristisch betrachtet, hier wie dort Object. Das Wort „Trauung" selbst bedeutet ursprünglich wohl nichts anderes, als „die Übergabe der Braut an den Bräutigam durch ihren Vormund . . . , indem die Braut hierbei von diesem jenem anvertraut wird". (Kraut, Vormundschaft I, S. 176.) — Es widerspricht daher nicht dem Wesen des Muntkaufes, wenn Zöpfl (S. 387) in Bezug auf die F ra n k en behauptet, „Verlobung und Ehe wurden . . . in juristi- scher Beziehung nicht unterschieden". Nur darum ist der Satz zu beanstanden, weil zur Vollziehung der Ehe das ßeilager nothwendig war. Setzt man aber anstatt „Ehe", „Vermählung", und denkt bei den Worten: „in juristischer Beziehung" an die materiellen Wirkungen, so ist gegen den Satz kaum etwas einzuwenden. Denkt man freilieh an die Form (an den Kauf), dann verhalten sich Verlobung und Vermählung wie obligatio und solutio; sie konnten aber (wie beim wirk- lichen Kaufe) der Zeit nach zusammenfallen, d. h. äusserlich als ei n Act erscheinen. Insofern ist diese und die allgemein lautende Behauptung Friedberg's (S. 21) ungenau; doch geht wieder auch Hinschius' Kritik gegen Letzteren (Krit. V. J. Schft. IX, S. 6 fg.) zu weit, da bei „Vermählung" nicht an das ßeilager, sondern nur an die Willenserklärungen am Hochzeitstage zu denken ist, welche zur Perfection der Ehe so wenig genügen, als die Verlobung. 854 H o f III a n n Braut, und umgekehrt verpflichtet der Vormund sich, ihm die Braut mit sammt ihrem Vermögen zu übertragen. So wird ein beiderseits durch Bürgen befestigtes ohligatorisclies Verhältniss begründet*- 3j. Dieser Conlract wird erfüllt von Seiten des Bräutigams durch Zahlung des (wirklichen oder symbolischen) Muntschatzes, von Seiten des Vormundes durch Übergabe der Braut (Trauung)*) und die damit vollzogene Übertragung der Munt. Die Verlobung entspricht also den altrömischen Sponsalien, die Trauung der mancipatio bei der coemtio. Wie in der primitivsten Form des Kaufes obligatorische und snehenrechtüche Momente ununterschieden beisammenliegeii, wie auch heut zu Tage im Kleinverkehr Schliessung und Erfüllung des Kauf- vertrages äusserlich zu einem Acte verschmelzen, — so erforderte auch die Form des Brautkaufes nicht nothwendig die Vorbereitung der Trauung durch eine Verlobung (s. Note 1). Da war es eben die Kirche, welche auf die vorherige Abschliessung von Verlöbnissen drang 5). Nicht als ob die Kirche damit eine Neuerung eingeführt hätte; aber unter kirchlichem Einfluss verbreitete und befestigte sich die Überzeugung, dass eine solche Vorbei-eitung zu einer würdigen Eheschliessung unerlässlich sei. Nach all dem Gesagten hat es nun gar nichts Auffallendes an sich, dass unter solchen Umständen der anulus pronubus auch in Deutschland eingebürgert wurde. Nun findet sich in germani- schen Quellen wirklich die oben vorgetragene Auffassung dieses Binges wieder, und da kann man denn bei dem eben erwähnten Ent- lehnungsverhältnisse sagen, dass die oben beigebrachten Quellen- belege und die nun hier anzuführenden einander gegenseitig unter- stützen. Hier abei* tritt die ursprüngliche Bedeutung um so schärfer hervor, da die Germanen es mit der Verlobung viel ernster nahmen, als die Römer ß). Wie beim Kaufe war auch bei der Verlobung die 3; Schi öder Bd. I. S. 9. *) S. d. Note 2. 5) Sehröder S. 9, >'. 42. ^J Mit deren Auffassung' auch die moderne übereinstimmt. Vgl. Hinschius in d. krit. J. Schft. IX. Bd., S. 6. — Bei den Parsen besteht die Verlobung einfach darin, dass die Hände der zu Verlobenden zusammengelegt werden, wodurch ein Mithra (Vertrag) entsteht, der nicht mehr gebrochen werden kann, selbst wenn die Verlobten noch Kinder sind (Spiegel, Avesta II, S. XXX). über den Verlobungs- und den Trauring-. ÖOO arrha das Zeichen der Perfection des Vertrags. Dies. ist mit klaren Worten gesagt in der lex Wisignthorum III, tit. 1,3: „ . . . cum inter eos, qui dispondandi sunt, sive eorum parentes . . . pro filioriim nuptiis coram testibus praecesserit definitio , et aimliis arrarum nomine datus fuerit vel acceptus, quamvis scripturae non inter- currant, nullatenus promissio violetur, cum qua datus est anulus et definitio facta coram testibus. Non lieeat uni parti suam immutare... voluntatem, si pars altera praebere consensum noluerit" ..."'). Damit ist zu vergleichen Liutprand 30 (= V, 1): Eine Frauens- person zu heirathen, die Nonne werden wollte, ist verboten, sobald sie Nonnentracht angelegt hat, wenngleich sie noch nicht zur Nonne geweiht ist. Dabei wird die Einweihung der Trauung, das Gelübde und die Anlegung der Nonnentracht der Verlobung verglichen. Wenn ein Mann ein Mädchen „sponsut,cum solo anido eam snbarrhat et suam facit, et si postea aliam uxorem duxerit, culpabilis invenitur solid. D. Quanto magis debet causa Dei. . .amplior esse, ut quae ipsum velamen vel habitum in se suscipiunt, in eodem debeant per- manere"»). Bei der Verlobung einer salischen Witwe 9) heisst es : „Quo facto tunc Fabius eam subarret amdo ..." Viel später noch bedeutet das Wort Treuschatz oder Trau schätz sowohl die Verkaufs- arrha, als die Verlobungsarrha lo). Hierher gehört wohl auch das langobardische Launechildn); Urkunde von 770: „suscipi in persona vostra launechild. . .amdo aureo uno . . . " »^j. Von Kaiser Otto IV. Verlobung (1209) heisst es in des Arnold von Lübeck Chron. Slav. VII, 19: „Proferens anulum eam coram omnibus subarrhavit et in osculo recepit" ^sj. Vg]. auch cap. 10 X de sent. et re iud. II, 27 („desponsationis anulo subarrhare"). "> ) In Walter's Corpus iuris germ. antiqui I, p. 466, 467. 8) A. a. 0. I, p. 770 sq. äj Die Urkunde steht bei Canciani v. U , p. 477 col. 1 und bei Schröder I. S. 181. 1") Haltaus, Gloss. German.: „Treuschatz, Trauschatz arrha, sponsalitia in specie, . . . i. e., quod datur pro certitudine alicuius contractus, cum scilicet aliquid venditur vel emitur . . " 11) S c hrö der I, S. 39: „■ ■ • auch bei der V erlo b un jj- . . . (erhielt) der Vormund . . . von dem Bräutigam ein Launechild". 12) Bei Schröder I. S. 58, N. 13. *3) Grimm R. A., S. 432 und Fri edberg. S. 28, N. 1. öoO H o f in a n II Hieraus erklärt es sich, warum damals nicht wie heute, Ringe gewechselt wurden, sondern (wie in Rom) nur der Bräutigam der Braut einen Ring gah, — ein Umstand, der schon Grimm auf- gefallen ist »*). f 10. Der T r a u r i n g. Als der Brautkauf ein symbolischer Act, der Muntschatz also ein Schein preis geworden war, konnte die arrha um so leichter mit diesem verwechselt werden, als der Eheschliessung nicht nothwendig ein Verlöbiiiss voranzugehen brauchte. In Rom, avo eine Vorbereitung der Ehe durch Sponsalien von der Sitte immer gefordert war, konnte eine solche Verwechslung nicht Platz greifen; um so weniger, als bei der strengen Einhaltung juristischer Formen keinem Römer je einfallen konnte, bei der mancipatio an die Stelle des raudusculum etwas anderes zu setzen. Bei den germanischen Völkern hingegen (namentlich von den Franken gilt dies) wurden nach dem Verschwinden des wirklichen Kaufpreises Verlobung und Ver- mälung nicht immer auseinandergehalten i). ^^'f^s sich in dem Sprach- gebrauche abspiegelt. Mit denselben Ausdrücken und Wendungen wird von der Trauung, wie von der Verlobung gesprochen ; beispiels- weise wird mit „despondere (dispondare)- sowohl die Übergabe der Arrha, als die des Scheinpreises bezeichnet 2). Und so wird in ger- manischen (namentlich in fränkischen) Quellen der Schein- preis beim Brautkauf geradezu „arrha" oder „arrhabo" genannt s). Da man aber als Arrha Ringe oder Münzen verwenden konnte, so ist es nicht auffallend, dass man später auch beim Scheinpreis Ringe an die Stelle der Münzen treten Hess oder neben diesen in Verwen- dung brachte. Daneben kamen zuweilen noch andere kleine Werth- gegenstände sowohl als Arrha, wie als Scheinpreis vor. >*) R. A., S. 177. 1) Vgl. §. 9, N. 1. *) Daraus erklärt sieh folgende Incongruenz in den romanischen Sprachen : das franz. epoux und das span. und portug. esposo bedeuten nicht (wie die Ab- stammung vom latein. sponsus erwarten Hesse) den Bräutigam, sondern den Gatten; während das italieu. »poso und das engl, «pouse beide Bedeutungen haben. 3) Schröder I, S. oö; Zöpfl §. 81o, N. 7. über den Verlobung's- und den Trauring-, 8ö7 So wurde allmälig aus dem Verl ob ungs ring ein Trauring und auch dem letzteren blieben die Namen, die eigentlich nur auf den ersteren passten. Als im Laufe der Jahrhunderte auch die Form des symbolischen Brautkaufes in Vergessenheit gerieth, erhielt sich der Trauring als wesentlicher Bestandtheil des stehenden Ceremoniels; während der Verlobungsring, in das Gebiet des individuellen Beliebens gestellt, zum blossen Geschenke wurde, bei dem jede Spur einer juristischen Bedeutung verschwunden ist*). Dass auch diese Verwandlung unter dem Einflüsse der Kirche erfolgte, versteht sich von selbst, und da mag wohl der Umstand mit- gewirkt haben, dass auch bei der jüdischen Trauung der Bing vorkommt &). Der Bing wird in den Quellen wiederholt „maehelscaz" „gemahelschatz" genannte) und der Mahlschatz selbst wieder „arrha sponsionis" ■?). Später findet sich wohl auch geradezu der Ausdruck „anulus pretii" «). Bei den Franken musste der Bräutigam einer Witwe an die nächsten Erben des verstorbenen Mannes derselben einen „reipus" entrichten. J. Grimm erklärt das Wort (identisch mit unserem „Beif") mit Fingerrings) und vermuthet, dass Anfangs drei Binge gegeben wurden, an deren Stelle später die drei solidi (und 1 Denar) getreten wären. Sonach hätten wir auch da einen Scheinpreis in Bingen bestehend i"). *) „Seit dem 16. Jahth. gestalteten sich die V er I o h u n g s r Ing e oft zu niedliclien Kunstwerken" (Klemm, die Frauen II, S. 132); der Trauring dagegen blieb bis auf den heutigen Tag ein sehlichter Goldreif. Wolff (1670) hebt ausdrücklich diesen Unterschied hervor: der Verlobungsriug „pluriraum sület esse pretiosus rariisque expolitus gemmis", der Trauring dagegen „saepius gamma caret" (a. §. 11, N. 3, a. 0. p. 16). — Nach einem alten Pariser Rituale musste der Trauring von Silber sein „sans gravure et sans pierreries" (A. Texier, Dictionnaire d'orfe- vrerie . . . col. 138). 5) 8. hier §. 7, N. 1. 6J Grimm R. A., S. 432. ') Zöpfl, §. 81a, N. 13. 8) J. Merkel, Fragm. iuris Sieuli (Hai. 18.")G) c. XXVII. ^) Vorrede zu Merkel's Lex Salica, p. LIII fg. Diese Erklärung dürfte richtiger sein, als die mit „Gürtelband" (Zöpfl, §. 81a, N. 33, 36). 1») Vgl. Schröder I, S. 36—38. Sit/.!., d. phil.-hist. Cl. LXV. Rd. IV. Hft. 37 OOO II o f m II n 11 So viel aber steht fest: dass durch das ganze Mittelalter hin- durch bei den christlich germanischen Stämmen als Trauungssymbole vorkommen: 1. Gold- oder Silbermünzen n) , 2. goldene Ringe, 3. andere kleine Werthgegenstände 12}. Dieser Umstand selbst und die Art, wie in den Quellen hierüber geredet wird, passen völlig zu der hier versuchten Erklärung der ursprünglichen Bedeutung des Trauringes. Beispiele 1. „Cum bis pctiis argenti te nrrho . . . in com- municationem bonorum spiritualium et temporalium". Formel bei de Vert, Tract. de cerimon. p. 231 (citirt bei Du Gange, neueste Aufl. I, 414). 2. In französischen Ritualien spricht der Bräutigam zur Braut:, „de isto anulo te sponso, et de isto auro te honoro, et de ista dote te doto'' oder: „de cet anneau t'espouse" („de cest annel je response) etc. (Fr iedberg S. 61, 62, 95.) 3. Rituale Sarisbur. „Interrogat sacerdos dotem mulieris, vide- licet arras sponsales; et dicuntur «rr«e: anuli vel pecunia vel al iae res dandae sponsae". (Schröder, I, S. 58, Nr. 13.) Alle diese drei Arten von Symbolen finden wir cunuilirt im Parochiale des Ezb. Ernst v. Köln für die Diöcese Löwen (v. J. 1592): „deinde anulum sibi dari a sponso petet (sc. sacerdos), simul . . . chiro- thecasis), quibus insint tres nummuli argentei, loco arrhae sponsae dandae". . . (bei Friedberg, S. 94). Es liessen sich diese Belegstellen leicht sehr vermehren. Doch dürften schon die mitgetheilten für unseren Zweck genügen; wer reicheres Material verlangt, der findet es in Fried berg's mit grossem Fleiss geschriebenem Werke: „Das Recht der Eheschliessung", und zwar an folgenden Stellen : 1. Für die skandinavischen Länder, S. 31 fg. („anuli impositio"); 2. für England: S. 36, 38, insbes. N. 3, N. 4; S. 41 fg; 46 fg. („a ring and other tokens of spousage, as gold er silver"); '*) lu Frankreich gab es zu diesem Zweck eigene, in den Kirchen aufbewahrte Münzen (abgebildet bei F r i e d b e r g , S. 96). 1") Vgl. Grimm a. zuletzt a. 0. ; zu p. LIV („next, nexti" = fibula) vgl. Bachofen, Mutterrecht, S. 75 fg. iSj Dieses Symbols bediente man sich bekanntlich auch bei der Auflassung: Schulte Reichs- und Rechtsgesch. §. 148, N. 6, 8, 24. über den Verlobiings- und den Traurinfj. OOt7 3. für Frankreich: S. 61, 62, 94 — 96; 4. für die Niederlande und Friesland: S. 66, N. 2; 5. für das übrige Deutsehland; S. 81, 97 i*). §.11. Die Meinungen über den Ring. Gewöhnlich betrachtet man den Ring als ein der Eheschliessung eigenthümliches Symbol, dessen Bedeutung man aus dem Wesen der Ehe zu erklären sucht. Die gewechselten Ringe sollen bald ein Zeichen des geschlossenen Bundes, bald ein Sinnbild der ehelichen Treue sein i); und insoferne diese Erklärungen nur die Meinung bezeichnen wollen, in welcher heut zu Tage die Ringe gewechselt werden , sind sie auch richtig. Die Phantasie findet hier einen weiten Spielraum. So heisst es in einem Gedicht Fri schiin 's: „Darnach vom Bräutigam begert Den Fingerring und das erklärt Wie der Ring sei von guttem Gold, So solle sein der Mann gar hold, Die Liebe soll auch sein rotund Gleichwie der Ring "2). Die letzte wunderliche Wendung will nichts anderes sagen, als: der kreisrunde Ring diene „ad ostendendum, quod amor ille debet habere perpetuitatem, quod nunquam finiatur nisi per mortem"^ (Herolt)3). •*) Vgl. dazu Schröder II, 1. ALth., S. I, N. 3. *J AuchTexier (dict. d'orfevr. col. 137 suiv.) weiss über den „aiineau nuptial' nur zu sagen, dass er ein „synibole de la fidelite conjugale" sei, von der Kirche geweiht wurde und in das frühe Mittelalter zurückreiche. Das beigebrachte Material ist auffallend spärlich, die Behandlung oberflächlich. Die riclitigere Bemerkung über den römischen an. pronubus (col. 137) wird nicht verwerthet. 2) Bei Friedberg S. 97. »J Bei Friedberg S. 97, N. 4. 57» 860 Hofmann Ahnlich erklärt B o n fi n i ii s die Beringung, „quod duo animi hoc vinculo constringantur perpetiio et indissolubilitei*; forma quippe rotunda perpetuam coniunctionem et fine carentem significat" *). In c. 7 §.3 C. XXX. qii. 8 werden zwei J)eutungen zur Aus- wahl neben einander gestellt: der Ring werde gegeben als mutuae fulei Signum, oder als pignus, quo „eorum corda iungantur". Auch wird gewöhnlich geglaubt, die Beringung sei eine ursprüng- lich einheimische Volkssitte. J. Grimm (R. A., S. 178) schien dies zweifelhaft; Schröder (1,58) glaubt, der Trauring sei aus dem jüdischen Recht eingedrungen; Friedberg erkannte in dem ver- meintlichen deutschen Symbol richtig den römischen anulus pronubus (S. 26, N. 3), spricht auch von einer „Verwandtschaft mit dem Scheinpreise" (S. 27, Nr. 3), und hebt mit Recht den Umstand her- vor, dass im Mittelalter nur ei n Ring gegeben wurde und zwar vom Bräutigam an die Braut (S. 38). Wäre ihm die ursprüngliche Be- deutung des römischen anulus pronubus bekannt gewesen, so wäre ihm der ganze geschichtliche Zusammenhang klar geworden. — Die meisten Schriftsteller gehen aber stillschweigend über diese Frage hinweg. Und doch hat schon ein Schriftsteller des 16. Jahrb. im Wesent- lichen dieselbe Ansicht aufgestellt, die hier dargelegt wurde. Der gelehrte Baron ins bemerkt in seinen Annales Ecclesiastici zum J. 57 unter n. 52 5): „testatur Clemens Alexandrinus, consuevisse Christianas mulieres anulus aureos gestare: dari vero eos solitos a sponsis arrhae nomine usus docet. Quod autem non tantum in nuptiis contrahendis, sed in qualibet pactione loco arrhae anulus traderetur, testatur Plinius ... Porro ... non tantum olim apud Romanos, sed antiquissimos Hebraeorum dari solitum anu- *) Bei Justinus Wolff, de arrhis sponsalitiis, 1670 (wieder abg:ednickt 1738) p. 16. Diese Differtation ist zwar tteissiff geseliriebeu, enthält aber über unsere Frage fast niciits brauoliliares. Folgende Probe wird genügen: Mahlsehatz wird (p. ö, 6) erklärt als „ein Zeichen oder Mahl, iianc vel illain huius vel illius fore Sponsani oder Schatz!" („amicissima vocabula, qua sponsi . . . suas solent blande vocitare sponsas . . ."). — Gar nichts zur Sache enthält, trotz dem Titel, Fdch. Wolf, disp. de ritu et solemnibus nuptiaruni (1727). — J. A. Meyer, die hoch- zeitlichen Symbole (181») konnte ich mir leider! nirgends verschatfen. 5) In der Ausg. v. 1612 (Antwerpen), p. 459 sq. über den Verlobungs- und den Trauring. ö61 lum loco arrhae e) . . . Ex eiusmodi igitur usu fluxisse videtur, ut cum spondentur nuptiae, sponsus loco arrhae sponsae det anululn'^ Darauf fährt er fort (an sich ganz richtiges in ungehöriger Weise verquickend): der Ring sei ursprünglich von Eisen gewesen und habe nicht als Schmuck, sondern zum Verschliessen gedient; es sei also dasselbe gewesen, als wenn der Mann der Frau die Schlüssel über- geben hätte. Diese praktische Bedeutung habe zugleich der Ring gehabt'), der juristisch als „loco arrhae datus anulus" anzu- sehen sei. In n. 53 1. c. handelt er von den verschiedenen auf Ringen ein- gegrabenen Zeichen, und sagt u. a.: „. . . apud Christianos anti- quus obtinuit usus, ut sponsalis anulus signo fidei, quod est hieroglyphicum mutui foederis atque concordiae, sculperetur, id enim prae se ferunt coniunctae simul dexterae»), nee apud Christianos tantum, sed Judaeos, Romanos, aliasque complures barbaras etiam nationes" 9). ") Folg-t eine unpassemle Berufung- luif Genesis 38. Dort ist niclit von einer Arrha, sondern von einem Pfände die Rede; unter anderen Gegenständen wird aucli ein Ring versetzt ; Thaniar begehrt aber (v. 18) solche Sachen, die ihr am geeignetsten scheinen, dereinst als Beweismittel und Erkennungszeichen zu dienen (v. 1H). ') Abgesehen davon, dass eine so schillernde Deutung keine ursprüngliche sein knnnte, braucht nur daran erinnert zu werden: 1. dass der anulus pronubus bei der Ver- lobung, und nicht bei der Vermählung der Braut gegeben wurde , und 2. dass dieser Ring älteren Ursprungs ist, als die Sitte, die Schränke zu vei'siegeln, welche Plinius fli. n. 33, c. I, s. 6) als ein Zeichen von Sittenverderbniss anführt. *) Ohne die Richtigkeit dieser Deutung in Abrede zu stellen, darf man doch darauf hinweisen, dass auch dieses Symbol einer doppelten Deulung fähig ist : es kann ebenso auf die Vertragstreue, wie auf die T r e u e der ehelichen Ver- einigung, ebenso auf den Abschluss des Vertrages, wie auf die Eingehung der innigsten Verbindung (Ehe = Bundij bezogen werden. Denn mit dem Handschlag liekräftigt man sein Versprechen; verschlungene Hände versinnlichen die ernstliche Willenseinignng. S. Haltaus, Gloss. Germ. v. „Treue"; vgl. hier §. 9, N. 6. 3) Bei den Pars en werden nicht nur bei der Trauung (S p i e ge I , Avesta II, S. XXVI fg.), sondern auch bei der V er 1 o b ung (S. XXX) die Hände der Ver- lobten vereinigt (s. hier §.9. N. 6). Bei den Indern wurden die ineinander gelegten Hände mit heiligem Grase umwunden (Rossbach, S. '203). Unwillkür- lich wird man daran erinnert durch den „anulus de iunco" in der const. Ricardi Ep. Sarisbur, bei Du Cange I, 267. 862 H o f m a n n f 12. S c h 1 u s s. Aus dem Verl ob u ngs ring war ein Trauring geworden, aus dem „anulus arrhae" ein „anulus pretii". Aber dabei blieb die Um- wandlung nicbt stebn. Die urspriinglicbe Bedeutung des Ringes er- fuhr eine vollständige Umdeutung in der Art, die schon oben (§. 11) angegeben wurde. Die ursprüngliche Symbolik bezog sieb auf die formelle Seite der Verebelichuug (den Brautkauf), sie war juristisch, nüchtern; die moderne Deutung bringt den Ring in Zu- sammenbang mit dem materiellen, sittlichen Gehalte der ehelichen Verbindung; sie ist poetisch, gemüthlicb. Auch hier mag die Ver- änderung keine plötzliche gewesen sein. An die juristische Deutung schloss sieb die etbisch-symbolisirende, bis nach und nacb der pro- saiscbe Kern von der poetischen Umhüllung für das Bewusstsein des Volkes völlig verdeckt wurde. Dabei dürfte aucb die kirchliche Lebre von der sakramentalen Natur der Ehe mitgewirkt haben. Ermöglicht wurde diese Umdeutung durch das Verschwinden des symbolischen Brautkaufs. Wie der Übergang vom wirklichen zum Scbeinkaufe, so vollzog sich auch diese Änderung in verschiede- nen Ländern zu verschiedenen Zeiten. In England wird noch 1608 in einer Kircbbucb-Eintragung auf die Dabingabe von Geldstücken ein besonderes Gewicht gelegt »); während in vielen Gegenden Deutschi and's schon viel früher jene Erinnerung erloschen war; sonst hätte es nicht vorkommen können, dass der Verlobungsring von Seiten des Verlobers, also von Seiten der Braut, gegeben wurde ä). Ein sicheres Zeichen der im modernen Sinne vollzogenen Umdeu- tung 3) ist es überall, wenn an die Stelle des einen vom Bräutigam zu gebenden Ringes der Ring Wechsel getreten ist*). Doch länger als des Volkes Erinnerung an den Brautkauf, erhielten sich dessen Spuren s). Es „mag . . . daran erinnert wer- 1) Kriedberg S. 4ö. 2) Weinhold, die deutschen Frauen im Mittelalter, S. 222, N. 4 und S. 223. 3) Klar spricht diese sich aus in der Formel bei Weinhold, S. 226. *) In Frankreich sind zwei Ringe bezeugt für das J. 1396 (Frie db erg S. 61, N. 2) ; — über Deutschland s. W e i n h o I d , S. 226. ö) Wegen Frankreich s. Fr ie dberg S. 96, N. 3. • über den Verlobungs- und den Trauring. OOO den, dass auch in Deutschland selbst am Ende des 16. Jahrhunderts zuweilen bei der Trauung nur ein Ring vom Bräutigam an die Braut gegeben wurde. Freilich war man sich der wahren Bedeutung dieses Actes nicht mehr bewusst, ja suchte ihn im Gegentheil durch eine künstliche Symbolik zu erklären, aber man bewahrte doch so unwillkürlich die Continuität des alten Rechts" «). Die Sprache l)ewalirt noch manches Wort und manche Wendung, die aus der Zeit des Brautkaufes stammen. Und heute noch kennt jeder Rechts- kundige das Sprüchwort, in das wir schliesslich wie in ein Motto diese Ansicht von der ursprünglichen rechtlichen Bedeutung des Brautringes zusammenfassen können: „Ist der Finger beringt, so ist die Jungfer bedingt". So bildet sich in der Sprache, im Rechtsleben, in den Volks- gebräuchen eine Ablagerung von Formen , welche einer früheren Cultur-Epoche angehören und aus denen das Leben entwichen ist. Aus dem Zusammenhange der ursprünglichen Umgebung gerissen, werden sie unverständlich dem Volke, das den anfänglichen Sinn derselben vergessen hat, und nun keinen oder einen ganz anderen mit ihnen verbindet. Aber vor' den Augen des Forschenden beleben sich diese todten Rückstände wieder, um Zeugniss zu geben von ver- gangenen Zuständen. Im Sprachschatze, in Sprüchwörtern, Liedern und Gebräuchen geht die Wissenschaft der Geschichte — hierin der Geologie vergleichbar — unscheinbaren Spuren nach, aus denen sie das Bild einer vergangenen Zeit wiederherzustellen sich bemüht *') Fried lierg, S. 97. Wegen England s. ebd. S. 38. Verzeiclmiss der eingegangrenen Druckschriften. OOO DER EINGEGANGENEN DRÜCKSCHRIFTEN. (JULI 1870.) Academie Royale de Belgique: Bulletin. 38*" Annee, 2* Serie, Tomes XXVII & XXVIII (1869). Bi-uxelles; 8«. — Memoires couronnes in 4o. Tome XXXIV. 18GT— 1870. Br.ixelles, 1870. — Memoires couronnes in 8o. Tome XXI. Bruxelles, 1870. — Annuaire. 1870. kl. 8». — Compte rendu des seances de la Commission Royale d'histoire. 3"= Serie, Tome XI^ 1"— 4^ et 6"^ Bulletins. Bruxelles, 1869; 8«. — Table generale des No- tices concernant Tliistoire de Belgique dans les revues beiges, de 1830 a 1865. Par M. Ernest van Bruyssel. Bruxelles. 1869; 8o. — Snellaert, F. A., Nederlandsche Gedichten van Jan Boendale, Hein van Aken en anderen. Brüssel, 1869; gr. 8o. — Imperiale des Sciences de St. Petersbourg: Memoires. VII^ Serie, Tome Xm, Nr. 8 (1869); Tome XIV, Nrs. 1 — 14 (1869); Tome XV, Nrs. 1—4 (1869—1870). St. Petersbourg; 4o. — Memoires in 8o. Tome XIV, 2; Tome XVI, 1 (1869). — Bulle- tin. Tome XIV, Nrs. 1-6. St. Petersbourg, 1870; 4». Accademia delle Scienze di Torino: Atti. Vol. IV, Disp. 1^ — V. Torino, 1869; 8». — Sunti dei lavori scientißci letti e dis- cussi nella classe di Scienze morali, storiche e filologiche dal 1839 al 1865, da Gasp. Garresio. Torino, 1868; 8". Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats- bericht. Mai 1870. Berlin; 8». Association, The Britisb, for the Advancement of Science: Report of the 39*'' Meeting held at Exeter in August 1869. London, 1870; 8». siui». (\. i.iiii.-iiist. t:i. Lxv. ß(i. IV. iift. 38 366 Verzeichniss der eing'egang'enen Driicksclirifteu. d'Avezac, Relation authentique du voyage du Capitaine de Gonne- ville es nouvelles terres des Indes. Paris, 1869; 8". Basel, Universität: Akademische Gelegenlieitsschriften aus dem Jahre 1869. 4». Erlangen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1869. 4« & 8o. Gagliardi, Ferdinande, Saggio storico-critico sulla dottrina di Malthus. Firenze, 1870; 8«. Gesellschaft der Wissenschaften, Königl. Böhm., in Prag: Ab- handlungen. Sechste Folge. III. Band. Prag, 1870; 4o. — Sitzungsberichte. Jahrgang 1869. Prag; 8o. — Repertorium sämmtlicher Schriften der k. b. Ges. d. Wiss. 1869; 8". — Code.v juris Bo/iemi<^L Tomi II. pars 2. Edidit HermencijU- dusJirecek. Prague, 1870. 8o. — — Königl., zu Göttingen: Abhandlungen. XIV. Band. Göt- tingen, 1869; 40. — Gelehrte Anzeigen. 1869. I. & 11. Bd. 8». — Nachrichten aus d. J. 1869. Göttiugen; 80. — Astro- nomische Mittheiluiigen von der k. Sternwarte zu Göttingen. I. Theil. Göttingen, 1869; 4«. _ _ Königl. Dänische: Skrifter. 5 Raekke, naturvidensk. og mathem. Afd. VIII. Bd., Nr. 3—5. Kjabenhavn, 1869; 4«. — Oversigt. Aaret 1868, Nr. 5; Aaret 1869, Nr. 2. Kj«ben- havn; 80. — Geographische, in Wien: Mittheilungen. N. F. 3. Nr. 9. Wien, 1870; 80. — Provinzial Utrecht'sche, für Kunst und Wissenschaft: Verslag. 1869. Utrecht; 80. — Aanteckeningen. 1869. Utrecht; S". — Haeckel, Ernst, Zur Entwickelungsgeschichte der Sipho- nophoren. Gekrönte Preisschril't. Utrecht, 1869; 4". Gott in gen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1868/9. 4o & 8«. Greifswald, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1869. 4" & 80. 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GEItOI.D'S SOHN, KUCHHÄNDLKR DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1871. SITZUNGSBERICHTE DER PHILOSOPHISCH-HISTOEISCHEN CLASSE DER KAISERMCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. SECHSUNDSECHZICSTER BAND. Jahrgang 1870. — Heft '1 bis III. WIEN, AUS DER K. K. HOP- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI KARL GF.ROI.D'S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADKMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1871. INHALT. Seite Sitzung vom n. October 1870 3 «Sitzung' vom 12. October 1870 5 Sitzung vom 19. October 1870 5 Phillips, Über das baskische Alphabet 7 Schulte, Literaturgeschichte der Compilationes antiquae, besonders der drei ersten 51 Goldbacher, Zur Kritik und Erklärung- von L. Apuleius de dogmate Pia- tonis 1. I. und II • , . 159 Müller, Zur Suffixlehre des indogermanischen Verbums. II. .... . 193 — Die Vocalsteigerung der indogermanischen Sprachen .... 213 — Über das lateinische Perfectum 223 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 229 Sitzung vom 2. November 1870 235 Sitzung vom 9. November 1870 235 Sitzung vom 16. November 1870 236 Sitzung vom 30. November 1870 237 Phillips, Über das lateinische und romanische Element in der baskischen Sprache 239 Müller, Armeniaca. 111 261 Zingerle, Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. H. Hans Vintler . 279 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 353 II Seite SitKung; vom 7. Doeembcr 1870 339 ^itKuii^ vom 14. Deeember 1870 360 Müller, Eränica 36t Verze.ichniss der eingeg-angenen Druckschriften 373 SITZUNGSBERICHTE DER KAISEHLKHEN AKADEMIE DER WISSENSrHAFTEN PHILOSOPHISCH -HISTORISCHE CLASSE. LXVI. BA\I). I. HEFT. JAHRGANG 1), 1) In seinem Dicoionario triling'ue. 2) Gramniatica Vasuongada. 3) Essai d'une Grammaire liasqiie 2. edition. *) Der Titel lautet: Guipuzcoaco Provinciaren Condaira edo Historia- Donostia. 1847. *) Escu-Liburua cenean dauden critaharen eguneroco ejercicioac. Tolosan. 1864. *) Guia-Manual del Ungiiaje para iiso de los viajeros en el pCbis vasco. Vitoria 1868. 'J Der vollständige Titel lautet: Tresora hirour lenyuuietaqua. franccsa, espaynola eta hasquara. Obra ona eta necessaria nore desiracen bayton eranden Lenyuil liorengat. Bayonan. Frances Buurdot , Libourou Eyuillarca echian. 164'i. Die kiiiserliche Bibliothek besitzt dies Buch (73. M. 117) iiiul es ist darin mit Bleistift Uoris als der Verfasser bezeichnet. Vgl. v. Hiimholdt. Berichtigungen und Znsätze, S. 63. S. noch Francisque Michel in der Inti'oduction im seinei' Ausgabe von Oihenart, Proverbes basques p. XXVI. *) Oihenart, Proverbes basques. Preface. *) Let'luse, Grammaire basque, p. 13. '") (narrig;ol), Dissertation critique et apolog:etiqup sur la langiie liasque. p. 8. über das baskisclie Alphabet. 1 1 Cliaho"). Duvoisinis), lachauspe 's) , Fraiicisqu e - Micheli*), Salaberri'ä) undPruner-Beyie), deren Arbeiten das Material zu diesem Zwecke liefern, womit dann die Alphabete einiger Druckschriften zu vergleichen sind, namentlich Axular , Gueroco guero (oder de non procrastinanda poemtentia, wörtlich des Nach- herigen Nachher oder des Zukünftigen Zukünftiges), welches Buch zuerst 1642 und dann in zweiter Auflage 1864 zu Bayonne er- schien 1^). Die interessante Zusammenstellung des Gesanges der drei Männer im feurigen Ofen, welche der Prinz Bonaparte gemacht hat 18), kann leider für diesen Zweck nicht benützt werden, da bei der steten Wiederholung des benedicite und lundate unter Hinzu- fügung einzelner Substantiva keine Sicherheit geboten wird, ob sämmtliche Buchstaben des Alphabets darin vorkommen, wie denn namentlich das f vermisst wird i»). Wir lassen nunmehr eine tabellarische Übersieht dieser ver- schiedenen Alphabete folgen: '•) Chaho, Dietionnaire (s. F. S. 3); [ntroduction philolofiique p. 3. '2) Messager de Bayonne, 1856. Vgl. Boudard, Nuinismatique Iberienne, p. 63. '3) Inchauspe, Le verbe basque (Paris. 18ä0), p. XI. XII. '*) Francisque-Michel, Le pays ba.sque. p. 19. '^) Salaberri (d'I ba r r o I I e), Vocabulaire de Mols basques-navarrais traduits en langue fran$aise. Bayonne. 1836. '®) Pruner-Bey. Leeture sur la langue eiiscuara im Bulletin de la societe d'antbro- pologie de Paris. Nouv. Se'r. VoJ. II (1867). p. 39. 46. '') S. über den Verfasser Francisque-Miehel a. a. O. p. 477. 1^) Canticum trium puerorum in XI Vasconiae linguae dialectos ae varietates versuin. Collegit et novae orthographiae accommodavit Ludovieus Lucianns Bonaparte. Editio altera. Londini. 1838 4. '9) Die Arbeiten des Abbe Jaurretche, welcher nach einer mir zugegangenen Notiz ausführlicher über das baskische Alphabet geschrieben und sehr geeignete Prin- cipien für dasselbe aufgezeichnet haben soll, waren mir nicht zugänglich ; ins- besondere soll derselbe in einem Anhange zu einem nicht mehr im Buchhandel vor- handenen Andachtsbuche diesen Gegenstand dargestellt haben. 12 P h i I I i p 5 Spunisches Baskeninnd. Französisches •3 a t~ h ■- CS ez -C .2 g -9 00 ^-( CB 0) s S! s Druckschr. v. Tolosa u. Vi- foria. es i> CS ■4^ o Lecluse 1826, o . 6c 00 - P» t 2 a a a a rt a a a a a h 6 b b b b b b b c c c c c c c 9 ch ch ch ch .V ch ch d ^ d d d d d d d ■ d- e e e e e e e e e f f r CO f f f f f 9 9 9 9 9 9 9 9 9 h h h h h h h h h • i • t i i • i i i i J J • J j J i J 3 j k k k k k l 1 c l kh kh l l l l l l über d«8 baskische AlpliRhet. 13 Baskenland. CO an 00 o et St in 00 ^^ "S > 9 Cl. s S 00 «3 GO o Q «D < u 0, a a a a « a « b b b b b b 6 c c f P ch ch ch ch ch d d d d d d d e e e e e e e f r f f f f CO fh 9 9 h 9 9 9 9 9 h h h i h h h i • t • t i i • i • J 3 • 3 3 3 3 k k k k k k kh kh kh kh kh kh l l l l l l l 14 Phillips Spanisches Baskealand. {französisches 'S c V in a t- t - a 1-3 ^ . 00 « s CO Cd C Druckschr. v. Tolosa u. Vi- toria. c cj 1- im o . bcoo •r ei U 00 CS .r« a r r /; Z^ 11 11 m »J WI m m m m m m n n n n n n n n n n h n n n n n n n n n' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 V P P P P P P P P P ph ph q 9 Q 9 1 r r r r r r r r r r r s s s s s s s s s ß t t t t t t t * t Üi>er diis baskische AlphHbet. 15 Baskeuland. 00 -IH o ja « JS ü 00 a 'S > s Q = t* e a 00 00 ja i je u . 00 feg 9 a. u 11 11 // m m m m m ni m n n n n n n 11 n n n n n n H 0 0 0 0 0 0 0 V V P V P P V ph ph ph ph ph ph q 9 r r r r r r r rr s s s s s s s sh SS t t t t t t t 16 F h i I I i p s Spanisches Baskenlund Französisches '■3 H ei — 30 -*• 30 CS "S 3 ^^ N >- CO CO >-. > Di'iicksclir. V. Tolosa u. Vi- toria. ii 1 2 Lecluse 1826. o U 30 a .p- tch r th /Ä ts J" f tt tz tz tz tz u u M u u u u u j/ V V V V y y y y y z % Z z z z z z z -i«) 26 23 27 28 22 32 33 27 über das baskische Alphabet. 17 Buskenland. so 3 s 's "^ 30 3 es < 1 tch tch tch th th th th th th ts X X X ts ts tt tt tt tt tz tz tz n u u u u u u V X y y y y y z % z z ^ z z 26 32 30 29 26 29 33 Sit/.i.. d. i-l.il.-bist Cl LXVl. I'.d I. Hfl 1 (S Phillips Wenn man nun diese Alphabete ziinäehst nur in Betreff der Zahl der Buchstaben, die zu jedem einzelnen gehören, mit einander vergleicht, so wird man gewahr, wie dieselben im allgemeinen bei denen des spanischen Baskenlandes eine geringere ist, als bei denen, welche auf französischem Boden Geltung gewonnen haben. Während dort keines bis zu dreissig Buchstaben emporsteigt , unter denen sich auch das in diesen Gegenden kaum hörbare h befindet, so überschreiten hier mehrere die genannte Zahl. Eine andere sogleich in die Augen fallende Verschiedenheit zwischen den französischen und den spanischen Alphabeten ist die, dass dort weit mehr die Aspiraten beliebt sind als hier, wo ohne- dies das h mehr geschrieben als gesprochen wird. Ein weiterer Vergleich zeigt, dass neunzehn Buchstaben in allen sechzehn Alphabeten sich finden, nämlich a, b, d, e, f, g, h, i, l, m, n, H, 0, p, r, s, t, u und z. Dagegen andere : d\fli, !'. V, r, rr, sh und SS, jedes nur einmal vorkommt; v fehlt in den französischen Alpha- beten fast ganz und ist auch in den spanischen nicht häufig; sein Laut wird durch b vertreten. Dagegen haben jene ausschliesslich die Buchstaben: f, kh, ph, tch und tt, obschon sich tch der Aussprache nach auch in Spanien findet, wo ch diese Bedeutung hat. Die beiden Buchstaben c und q haben so ziemlich das gleiche Schicksal gehabt; im französischen Baskenlande herrscht das Bestreben, sie zu ver- bannen; nur vier der aus dieser Gegend mitgetheilten Alphabete haben noch das c, nur zwei das q beibehalten; van Eyss verwirft aus- nahmsweise auch für Guipuzcoa beide. Dagegen gewährt eben dieser Schriftsteller in dem von ihm aufgestellten Alphabete dem k eine Stelle, welches sonst jenseits der Pyrenäen nicht beliebt ist, während es diesseits allgemein anerkannt wird. Sieht man von diesem der französischen Sprache völlig fremden Buchstaben ab, so macht ein erster flüchtiger Blick auf diese Alphabete mit ihrem g, II und n den Eindruck, als habe man es hier nur mit Dialekten des Französischen oder Spanischen zu thun. Dieser Eindruck wird freilich bei näherer Ein- sicht völlig verwischt; es kann daher keinen grösseren Irrthum geben, als den, in welchen Pier quin verfallen ist, der in einem Artikel der France litteruire vom Jahre 1835 die Behauptung auf- stellt ao), dass die baskische Sprache, die nur eine Species des j 20) Vgl. Fran c is q u e-M iche 1 in der Eiiüeitung zu seiner Ausgabe von OVhenart, Proverbes Basques. p. XXI. XXU. i Ül)er das baskisclie Alphahet. 1 y romanischen Patois sei, ihren Ursprung nicht weiter als höchstens bis zum zehnten Jahrhundert ziirückdatiren könne; weh'h ein Gegen- satz zu der excentrischen Ansicht, Gott habe schon im Paradiese zu Adam und Eva in der baskischen Sprache geredet 21^! III. Das bei Feststellung des baskischen Alphabets zu beobachtende Verfahren*). Bei der Feststellung des baskischen Alphabets muss man von der Thatsache ausgehen, dass die Euskuara durch den Hinzutritt fremder Elemente grossen Eintrag erlitten und dass demgemäss auch das Alphabet seine Gestaltung gewonnen hat. Das lateinische Alphabet passte auf die baskische Sprache nicht und passt auch heut zu Tage nicht, wovon das Leben selbst Zeugniss gibt, indem die gesprochene Sprache vielfältig von der geschriebenen sich unter- scheidet und zwar nicht etwa in der Weise, wie ein Dialekt sich zur Schriftsprache verhält, sondern weil jene so manche Laute hat, welche die Schrift nicht zur Genüge wiederzugeben vermag. Es be- greift sich aber, dass man bei dieser Unzulänglichkeit des lateinischen Alphabets darnach strebte , die Lücken in dem aufgedrungenen Ge- schenk möglichst zu ergänzen. Da es hiebei aber an leitenden Principien fehlte und in Folge dessen manche Willkür waltete , so hat dies eine ziemliche Verwilderung des baskischen Alphabeies zur Folge gehabt. Waren mit den fremden Worten auch fremde Laute in das Baskische hineingekommen und hatten sich diese hier einge- bürgert, so waren sie dadurch auch berechtigt worden , in dem Alphabete repräsentirt zu werden. Aber um so mehr verstand es sieh von selbst, dass die einheimischen Laute, denen das lateinische Alphabet keinen Ausdruck zu geben vermochte, doch in einem für die baskische Sprache bestimmten Alphabete ihre Stelle haben -') Vgl. Elis. Recluse in der Revue des deux mondes. Tom. LXVUI. p. 322. ') Wir haben bei den nachstehenden Bemerkung:en vorzugsweise die cispyrenäischen Dialekte im Auge; die des spanischen Baskenlandes werden stets ausdrücklieh erwähnt. 2* 20 P li i 1 I i |) s miissteii ,• aber gerade dieser Proeess konnte kaum anders als in vieler Beziehung unglücklich ausfallen, da durch die Verschiedenheit der Dialekte die Aussprache sehr schwankend geworden war. Es fragt sich demnach, worin nach dem gegenwärtigen Stande der Dinge die Aufgabe des Sprachforschers zu bestehen habe , um ein wirklich entsprechendes Alphabet für die baskische Sprache festzustellen. An eine historische Construction eines solchen Alpha- betes ist wohl kaum mehr zu denken; einestheils ist dazu die bas- kische Literatur zu jung, anderntheils sind auch fast alle Fäden des Zusammenhanges mit einer früheren Vergangenheit abgerissen. Ja sogar, wenn es gelänge daizuthun, dass das baskische Alphabet seinem Ursprünge nach mit dem iberischen und dadurch mittelbar dem phönizischen zusammengehöre, so würde damit doch für die einzelnen Lautnüancirungen wenig gewonnen sein, da diese in dem Baskischen in einer solchen Fülle dastehen, wie sie aus jenen Alphabeten wenig- stens nicht erkennbar ist. Für die Zeit des siebzehnten Jahrhunderts gibt Oihenart einige Anhaltspunkte'), allein diese wollen doch um so weniger genügen, als des genannten Schriftstellers leitendes Prin- cip das ist: ne pas trop choquer Vusage des langues voislnes^). Zudem gehört Oihenart, wie auch diese Äusserung hiidänglich be- zeugt, einer Zeit an, wo das baskische Alphabet bereits eine starke Corruption erfahren hatte. Dessenungeachtet muss anerkannt werden, dass dieser Schriftsteller eine sehr klare Anschauung von dem Be- dürfnisse seiner Muttersprache, mit einem wohlgeordneten Alphabete versehen zu werden hat, und man darf sagen, dass die meisten seiner Vorschläge, die er zu diesem Zwecke macht, auch für die Gegenwart keineswegs von der Hand zu weisen sind. Während nun die Geschichte keine Aushülfe bietet, so kann nuin eben nur auf den unmittelbar vorliegenden staiiis (juo Rücksicht nehmen und muss hauptsächlich darnach streben, den wirklich prak- tischen Bedürfnissen gerecht zu werden. Hält man diesen Gesichts- punkt lest, so zerfällt jene Aufgabe in zwei Bestandtheile: erstens Entfernung aller überflüssigen Buchstaben aus dem Alphabete und zweitens sichere Feststellung der wirklich noch im sprachlichen ') Üi'henart, Hroverbes basqiip». l'reface. 2) Ol' henart, a. a. 0. p. 6 Üher das haski.sche Alplialiet. 2 1 Leben existirendeii Laute durch geeignete Zeichen. Dieser letztere Bestandtheil der Aufgabe ist natürlicher Weise der bei Weitem schwierigere. 1. Entfernung der überflüssigen Buchstaben aus dem baskischen Alphabete. Schon Oihenart hat darauf aufmerksam gemacht, dass mehrere Buchstaben in dem baskischen Alphabete entbehrt werden könnten Er geht von dem Gesichtspunkte aus, dass die Basken ihre eigene gchrift vor alten Zeiten gehabt, sie aber unter römischem Einflüsse mit der lateinischen umgetauscht hätten , demnach stimme das latei- nische Alphabet mit der baskischen Sprache nicht übereins). Die Zahl der Buchstaben jedoch, die er für entbehrlich erklärt, wäre grösser, wenn er es nicht für angemessen hielte, die an sich ihm überflüssig erscheinenden anderweitig zu verwenden. Er erklärt demnach k und q, V, X und y für entbehrlich, verwirft jedoch von diesen nur v und y, weil ihm zweckdienlich erscheint, k und q vor e und i statt des c, und X statt des ch zu gebrauchen. In neuerer Zeit haben insbesondere Darrigol und Duvoisin, so wie Inchauspe eine Purificatlon des Alphabets vorgenommen. Der zuerst Genannte hat die Buchstaben c, q, v und y gänzlich ver- worfen und zugleich die französische Aussprache des g, j und z ganz oder theilweise für unzulässig erklärt. Aufl'allend ist es, dass Darrigol das p beibehalten hat, denn auf diesen ganz französischen Buch- staben dürfte gewiss der von ihm angezogene Satz des Ficinus passen: „quod jrrlmum non est, non est simplex'"*). Der genannte Schriftsteller hat in seiner apologetischen Dissertation nicht eigent- lich das baskische Alphabet festgestellt, sondern hat sich nur mit einigen sehr treffenden Bemerkungen darüber begnügt. Erst aus den sprachlichen Beispielen und Schematen, die er in seine Abhandlung einflicht, muss man sich das von ihm angenommene Alphabet zusam- menstellen, ohne dadurch zu der wünschenswerthen Sicherheit darüber zu gelangen, welche Laute Darrigoi als nothwendig in das Alphabet gehörend erscheinen. 3) Oihenart, a. a 0. p. 3. *) Darrigol, Disserhitioii apolof^elique de la laiif;Mf b.isquf. p. 14- 22 p ii i 1 1 i p » Mit Fug utul Recht hat denn auch Duvoisin*), nicht minder Inchauspefi), das paus dem baskisehen Alphabete hinausgevviesen; ausserdem hält Jener das c, q, v und .r für überflüssig ^j. Auch Chaho ist der Meinung, dass das c gut entbehrt werden könnte und nur aus Respect vor dem etymologischen Ursprünge, insbesondere von Namen, wie Caesar, möchte er es beibehalten»); das c ist aber eben deshalb überflüssig, weil es ja nach der Verschiedenheit seiner Aussprache, die vor e und i sicherlich nicht genuin baskisch ist, durch einen andern Buchstaben ersetzt wird, durch k nämlich und durchs;; statt ca, CO und cu hat man ka, ko, ku, statt ce und ci, ze wid zi zu schreiben. Sehr epuristisch ist in Betreff des Alphabetes die Verfahrungsweise in dem angeführten Werke von Yztueta und die des Herausgebers des Axulars), Beide schliessen, mit Ausnahme des^, diejenigen Buchstaben aus, die Oihenart zum Theil für andere Zwecke beibehält, nämlich k, V und X und ausserdem nochj und II; allerdings wird auf dem Titel- blatt des Gueroco Guero der Name des Verfassers Axular geschrieben, aber es kommtsonst im ganzen Buche kein.rvor. Auffallend ist es, dass das g auch hier beibehalten ist, so wie jenes «, welches blos als Sicherungsmittel der richtigen baskischen, gegen die französische Aussprache des g vor e und i dient, wofür Chaho italianisirend das h in Vorsehlag gebracht hatte lo). Es hat nämlich im Baskischen das g ganz gleichmässig vor allen Vokalen zu lauten; daher dort das g in gero (nachmals) und gizon (Mensch), gerade so wie in garbi und es ist durchaus nicht nöthig guero und gidzon zu schreiben. Duvoisin hat dieses «aus dem baskischen Alphabete ausgewiesen n). Pruner- Bey ist der Meinung, dass auch das /"zu beseitigen sei '3), da es nur in Fremdwörtern vorkomme; allein dieserGrund, der allerdings seine 5) Messager de Bayonne. 23 Mars. 1836. n. 730. ^) Inchauspe, Le verbe basque. p. XI. ^) Inchaus pe (p. XII) nimmt von diesen Buchstaben nur das x, jedoch nicht als ks soudern mIs ts an. ^) Chaho, Dictioniiiiire. C. p. 167. ") S. oben II. S. 11. 10) Chaho, H a. 0. p. 11. 1 ') So auch D a r r i g o I I. c. p. l.i. •2) Bulletin de la Societe' d'anthropologie. Nouv.-Seiie. Tom. If. p. 37. über das baskische Alphiiliet. /Co historische Berechtigimg hat, kann für die Gegenwart wohl nicht mehr geltend gemacht werden is). Demgemäss erscheinen von dem lateinischen Alphabet neunzehn Buchstaben, wenn auch nicht durchwegs in unveränderter Aus- sprache, anwendbar, nämlich : a, b, d, e, f, g, h, i, k, l, m, n, o, p, r, s, f, n und z. Schliesslich entsteht noch die Frage, ob die mit der Aspiration h versehenen Buchstaben, wie kh, ph, th, als besondere Zeichen nicht vielleicht entbehrlich wären, da im Baskischen die Aussprache des h auch bei ihnen eine ganz selbständige bleibt i*) und daher z. B. apheza (der Priester) nicht afeza, sondern ap-heza lautet. Wenn dies eine absolute Wahrheit ist, wie Darrigol sie hinstellt's), so könnte man in der That alle diese mit h componirten, oder wie jener sich ausdrückt, mit h vermählten Buchstaben als selbständig aufzulührende Lautzeichen entbehren, da die blosse Zusammen- stellung in der Schritt schon dasselbe Resultat liefert. 2. Vervollständigung des latin o-b askischen Alphabets. Das sehr natürliche Streben nach Vereinfachung und Abkür- zung des Alphabetes hat aber auch seine Bedenklicbkeiten , denn es bringt die Gefahr mit sich, dass im Laufe der Zeit die Lauteigen- thümlichkeiten der baskischen Sprache unterdrückt und beseitigt werden dürften. Eben darin würde nun der zweite Theil der vorhin bezeichneten Aufgabe des Sprachforschers bestehen, den echt natio- nalen Lauten auch in dem Alphabete zu einer Repräsentanz zu verhel- fen. Es treten aber auch hier Schwierigkeiten eigener Art entgegen, denn eigentlich müsste diese Arbeit für jeden Dialekt besonders ge- macht werden, da ein für sie alle passendes Alphabet sich nicht her- stellen lässt ; es würde für den einen Dialekt zu viel, für den andern zu wenig bieten. Es bleibt daher nichts anders übrig, als die vor- handenen Laute, so weit müglich zusammenzustellen und bei jedem '3) S. oben S. 19. '*) So sagt auch Schleicher. Conpendiura der vergleichenden GraininaUk. 2. Aufl. S. 11. §. 1. Anm.2.a.E. „Die Aspiranten sind Ooppellaute: beide L;iiite. ans denen sie bestehen, der vorausgehende momentane Cousunant und der nachfuigeude Hauch müssen bei der Aussprache gehört werden". 'SJ Üarrigol, a. a. O. p. 9. 24 Phillip s ZU bemerken, was daran gemeinsam ist und was einem einzelnen Dialekte angehört; zunächst hat man also seine Aufmerksamkeit dahin zu wenden, dass man jedem Laute seine Stellung in dem Alphabete anweist. Man kann sich daher nur wundern, dass Chaho, welcher ein baskisches Alphabet von 26 Buchstaben aufstellte , sich dieser Aufgabe zwar nicht entzog, aber doch solche Laute, von denen er bemerkt, sie würden, wenn man ein eigentlich nationales Alphabet besässe, durch besondere Zeichen ausgedrückt werden müssen i«), nur ausnahmsweise behandelt i'') und nicht in das Alphabet selbst aufge- nommen hat. Derartige Laute sind in nicht geringer Zahl voi'handen, wie denn auch Duvoisin sagt: * „Das lateinische Alphabet ist für uns in holiem Grade ungenügend; um allein das Baskische im Labourd nach einer wissenschaftlichen Theorie zu schreiben, bedürfte man nicht weniger als fünfzig Buchstaben und dann müssten diese noch mit Zeichen versehen werden, durch welche Verschiedenheiten kenntlich gemacht würden"*. Es wäre also wissenschaftlich voll- kommen gerechtfertigt, wenn man für solche Laute neue Buchstaben erfände. In derThat, schon allein vom theoretischen Standpunkte aus betrachtet, müsste ein solcher Versuch gemacht werden; er würde freilich ins Leben nicht übergehen, denn es möchte fast unmöglich sein, für solche neu erfundene Zeichen conventionell eine Anerken- nung zu finden. Bereits Oihenart hatte einige Versuche der Art gemacht. Indem er darauf hinwies, dass dem lateinischen Alphabete mehrere Buch- staben fehlten, die im Baskischen gebräuchlich seien, führt er zu- nächst die nachstehenden, von ihm zur Unterscheidung mit einem Punkte versehenen ani»), nämlich: d', V, n' und f. Damit soll ange- deutet werden, dass ihre Aussprache von der lateinischen abweiche, und zwar hat diese Differenz noch dnrin ihre besondere Bedeutung, dass dadurch eine Deminutivirung im Begriffe ausgedrückt werden soll. Er gibt in dieser Beziehung an, dass sein l' mit dem italieni- schen gl in doglia oder dem französischen ill in faillir. beziehungs- weise dem spanischen // in hullar übereinstimme, eben so das n' mit dem italienischen und französischen gn in bisogno und gagner 16) Chaho, a. a. O. p. 3. *7) Chaho, a. a. 0. p. 7. 1**) Ol hena rt, a. a. 0. p. 3. 2M «3 und dem spanischen ti in tarier. Darnach ist Oihenart (ilTenbai- der Meinung, dass die Laute, welche gegenwärtig durch // und n aus- gedrückt werden, schon ihrem Ursprünge nacli baskisch und nicht erst aus fremden Sprachen recipirt worden seien; es wäre dies aller- dings nicht unmöglich. Besondere Aufmerksamkeit wendet der ge- dachte ScJiriftsteller dem d' und dem t' zu. Es sind dies nach ihm die beiden Dentalen d und t, deren Eigenthümlichkeit in der Deminutiv- form darin bestehe, dass sie einen weichen und gebrochenen Klang hätten; in BetretT des d' bemerkt er insbesondere, dass dieser Laut dadurch gebildet werde, dass man die Zunge gegen die Zähne stosse, ohne sie auch nur im Geringsten zu erheben ; als Beispiel dafür gibt er (imand'i, welches einen kleinen „Zaunkönig", und t'ipi, welches überhaupt „klein« bedeutet. Wie bei den genannten Buchstaben hebt Oihenart auch eine Deminutivform des S hervor und befolgt in der Schreibart die Verschiedenheit, dass f für die Primitivform, s für die Deminutive angewendet wird. Wir erlauben uns hinsichtlieh dieser Demiiiutivirung Duvoisin sprechen zu lassen: * „Dies Ver- fahren erstreckt sich auch aufs und auf z. welche zu ch werden. In der Conversation. besonders mit Kindern'«), werden diese Ver- änderungen sehr häufig angewendet, sie kommen jedoch in den Büchern nicht vor. Wie aber das Baskische aus dem s und z eine Deminutive in ch bilden kann, so aber auch aus dem ch eine Aug- mentative in s und z. Daher wird aus chichtn (Nadelstich); sista, welches mehr besagt; eben so wird aus churia (weiss): zuria, aus chakhurra (Hund): zakhurra; es hängt die Anwendung der Deminutive und der Augmentative von einer Regel des Geschmackes und der Situation ab, weshalb ich den Hund des Tobias 8") chak- hurra und die Hunde, welche die nichtswürdige Jezabel auffras- sen^i) zakhurrak genannt habe" *. Wir fügen dem noch einige andere Beispiele hinzu: chabal hat die Bedeutung von „tlach" für einen Gegenstand von nicht grosser Ausdehnung, zabal, wenn derselbe grösseren Umfang hat; chahar heisst „alt", wenn die Sache klein, znhar, wenn sie gross ist; denselben Gegensatz bilden chikhin '■') Ausfiihilich und aninuthi}? handelt hiervon Chaho a. a. 0. la g:uerre des alphabets |). 13. col. 1. 20) Tob. VI. 1 , XI. 9. 2') Retf. XXI. 23 26 Phillips (schmutzig) und zikldn, chirchil (nachlässig, uiiortieiitlich) und zirzil, gaicho (bemitleidenswerth) und gaizo, gichon (ein kleiner Mensch) und gizon, gocho (von gutem Geschmack) und gozo, goichko (ein wenig zu früh) und goiz (früh), gatichko (sehr wenig) und giitiz (wenig), kiclikil ein Ausdruck der Verachtung gegen eine kleine und kizkil gegen eine grosse Person, mulclio eine kleine und mulzo eine grosse Gruppe. Zu den Buchstaben, welche dem lateinischen Alphabete fehlen, rechnet dann Oi'henart weiter die Aspiraten, die er lieber geradezu durch den beigefügten griechischen Spiritus asper, als durch It be- zeichnet wissen will^a). Er zählt dahin c, V, n, p, r und t\ wo- für er als Beispiele icara (zitternd), el'e (Gespräch), uti e (müde), ep'e (Aufschub), er'o (dumm) und at' e (Thüre) anführt. Gegen die Schreibweise /c/mr« erklärt sich Oihenart deshalb, weil die Beifüguno; des h zum c, diesem Buchstaben eine andere Bedeutung verleihe; dies wird freilich vermieden, wenn man das c ganz aus dem Alpha- bete verbannt. Da der Laut, welchen das deutsche seh ausdrückt, dem lateini- nischen Alphabete, aber nicht der baskischen Sprache fremd ist, so bedarf auch er eines besonderen Zeichens. Oihenart bringt dafür das ihm sonst unbrauchbar erscheinende x in Vorschlag as) und will diesen Buchstaben dann mit einem Punkt versehen und x- schreiben, wenn der Laut noch mit einem voraufgehenden t ausgesprochen werden soll. Oihenart ist hier von dem ganz richtigen Gefühle durchdrungen, wie ungeeignet hier das französische ch, so wie auch für den zweiten Fall das spanische ch sei; ein Gegenstand, der noch weiter unten zu berücksichtigen sein wird. Aus allen diesen bisher gemachten Bemerkungen geht zur Genüge hervor, welche grossen Schwierigkeiten der sicheren Fest- stellung eines baskischen Alphabetes im Wege stehen. Und dennoch ist es die Aufgabe der Vi^issenschaft, hier abzuhelfen. Dies scheint wenigstens minder schwierig für die Dialekte des französischen Bas- kenlandes zu sein, als für die des spanischen, in Frankreich gibt es gründlich gebildete Kenner der baskischen Sprache, die dem Volke nicht erst die Laute abzulauschen brauchen, um sie dann in ein ^-) Oihenart, a. a. 0. p. ö. 2'j Oihenart, a. a. 0. p. '.i. über das baskische Alphabet- 2T wissenschaftliches System zu bringen, während es in Spanien doch an eigentlicher Sprachkunde fehlt. Man muss es daher dem Holländer van Eyss Dank wissen, dass er sein eifrigstes Bestreben auf die Constatirung der Laute selbst, vornehmlich im Guipuzcoanischen. ge- richtet hat; oh es ihm gelungen ist, das Ziel in dieser Hinsicht voll- ständig zu erreichen, vermögen wir nicht zu beurtheilen. So lange wir nicht selbst unser Ohr in Beziehung auf die baskischen Laute ge- hörig geübt und gebildet haben, wäre es unsererseits sehr vermessen, wenn wir den einheimischen Sprachforschern in der Organisation ihrer Lautlehre vorgreifen wollten. Wir können daher nicht dringend genug an die Sprachforscher des cispyrenäischen Baskenlandes die Aufforderung aussprechen, doch recht bald die Wissenschaft mit einer umfassenden baskischen Lautlehre zu bereichern. Solche, Avenn auch kurze Verzeichnisse, wie z. B. Inchauspe in seinem Werke über das baskische Zeitwort deren eines gibt, sind zwar dankbar anzunehmen, aber sie genügen nicht, \^ as aber insbesondere die Bezeichnung der Laute anbetrifft, wodurch eben die feineren Nüan- cirungen derselben anzugeben wären, so ist hier freilich schwer der richtige Weg zu finden. Neu erfundene Zeichen würden, als völlig ungewöhnlich, gar zu sehr gegen den allgemeinen Gebrauch Ver- stössen. Fast möchte es noch scheinen, als ob der von Oihenart ein- geschlagene Weg weitaus der geignetste sei. Er fand es gerathen, einzelne Buchstaben des lateinischen Alphabetes, sobald sie einen andern aber verwandten Laut ausdrücken sollten, mit einem Punkte zu versehen. Ein solcher Punkt oberhalb oder unterhalb eines Buch- stabens, ein Strich über, unter oder durch denselben ersetzt, wenn man sich einmal über die beabsichtigte Wirkung geeinigt hat, hin- länglich die völlig neuen Zeichen und bewahrt auch vor mancherlei Inconsequenz; von einer solchen bietet der weiter unten noch aus- führlicher zu berücksichtigende fatale Eindringling cli ein sehr auf- fallendes Beispiel. In neuester Zeit hat Prinz Louis Lucian Bonaparte einen ähidichen Weg wie Oihenart eingeschlagen 2*), inde:n er theils durch einen Punkt über dem Buchstaben, theils durch ein an dem- selben angebrachtes Ringelcben die Nüancirung des Lautes ange- deutet hat, z. B. s und ß, z und 2?. '*) CHnticuiii triuin puerorum (s. I. Note 18). AdiiotatiunruJH. 28 I' li I I I i |> s IV. Die einzelnen Buchstaben und ihre Aussprache. Das Wort Buchstabe wird im Baskischen durch beclii wieder- gegeben i): der Vokal heisst bechaoa , wörtlich „Miindbuchstabe". der Consonant otzkidea, von otsa „der Laut, das Geräusch" und kide „\on gleicher Beschaffenheit" 2). A. Die Vokale. 1. Einfache Vokale. Die baskische Sprache hat fünf einfache Vokale : A, E, /, 0, ü. Was die Aussprache derselben anbetrifft, so stimmt sie mit der deutschen, so weit diese nicht in einzelnen Dialekten eine ab- weichende wird, fast mehr überein, als mit der der Nachbar- sprachen. Demnach hat das Baskische weder das französische e in der Aussprache eines dumpfen ö, noch das französische u; nur in Soules) und in einem Theile von Nieder-Navarra (pnys de Mixe *) , Amihize &) im Baskischen) wird ü gesprochen ej, weshalb der Prinz Bonaparte auch die Schreibweise ü für diese 0 Vg-l. hierüber B Uli dar d, Niimismatique Iberienne. p. 65. ä) S. Salaberri, Vocabulaire, h. v. : pareil, semblable, de condition egale. ^) Vg-l. Inchauspe, le Verhe basqiie. p. XII. *J Dieses nennt L. L. Bon aparte als die Gegend des neunten Dialektes. *) Salaberri, Vocabuhiire b. v. *) Salaberri nennt in dieser Beziehung Soule und den Canton S. Palais. — Man stellt in Betreff des Lautes ü häufig die Franzosen mit den Türken zusammen (z. B. Lecluse, Grainmaire pag. 6. Chaho, Dictionnaire pag. 5); ihre Vorläufer waren hierin die Griechen, unter deren Einfluss indessen schon Cäsar und Cicero den kurzen ?<-Laut sehr nahe dem griechischen y aussprachen. Vgl. Corssen, Über Aussprache. Vokalismus und Betonung der lateinischen Sprache, 2. Aufl. Bd. 1. S. 339. über das haskisc-lie Alphabet. Cil Gegenden anwendet. Eine Zeit lang iiat man, gerade um den Gegen- satz zum Französischen hervorzuheben, diesen Vokal auch ou ge- schrieben, doch ist dies neuerdings und mit Recht wieder aufgegeben '''). Es darf aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass auch o öfters wie u ausgesprochen wird und zwar nicht blos, wenn ein Vokal, sondern auch, wenn ein Consonant darauf folgt 8); z. ß. Jainkoa (der Herr), gaistoen (gen. plur. von gei.sioa schlecht), wo/z (wann), wo« (wo), wor (wer?) lauten: Jainkua gaistuen, niiiz, nun, nur. Ausserdem ist aber noch eine Besonderheit in Betreff des / zu bemerken, die sich im guipuzcoanischen Dialekt fitidet. Wenn näm- lich auf dasselbe ein Vokal folgt"), so verändert sich dessen Aus- sprache in die eines deutschen j , ähnlich wie es im französischen Dieu oder wie das y im Magyarischen (z. B. nagy) ausgesprochen wird. So heisst andi, gross, mit dem bestimmten Artikel a: andia. Dies lautet aber nicht an-di-a, sondern andd-ja. Kommt i zwischen zwei Vocale zu stehen, so wird statt seiner ein y geschrieben; z. B, zai, welches einen „Aufseiier, Hüter" bedeutet, wird, weim der be- stimmte Artikel a hinzutritt, nicht zaia, sondern zaya geschrieben. Auf die Entbehrlichkeit des y hatten schon Etcheberri (1630) und Oihenart hingewiesen i») und in der That erscheint es im allge- meinen eben so überflüssig, wie in der deutschen Schreibvveise „seyen"" für „seien''. Das Guipuzcoanische n) behandelt das y auch in der Beziehung gleich dem i, dass es, wo es (an Stelle des /) zwi- schen zweien Vokalen steht, in ein (deutsches) joder wenn man will in ein erweichtes d übergeht; z. B. turmoi „Donner", turmoia (ge- schrieben tiirmoya) „der Donner" lautet turmodja. Nur im labour- dinischen Dialekt lautet das y im Anlaute gleich einem doppelten i ; Prinz Bonaparte will 12) daher zwei verwandte Buchstaben y und y unterscheiden, von denen der erstere dem y im französischen payer gleichkommen, der letztere ein härterer Gaumenlaut sein soll. ^) !) a r ri g;o I , Uissertation. p. iä. *) I n o h a II .s p e , a. a. O. p. XU. ^) S. V. Evss, Essai d'iine Graiiimaire de de la langiie hasqiie. p. 6. 10) S. ul.eii 111. S. 21. 1') van Eyss, a. a. () p. !.3 '~) Caiiliciiiii (III. .Note !.)) Adiiotatiiiiit lila. 30 Phillips Im Allgemeinen haben die Vokale eine, wenn man so sagen darf, mittlere Ausspraclie, Meder sehr lang, noch sehr kurz; das / vor einem V;»kale ist zu dehnen; z. B. argia = argi-ia ^^). 2. Uiphthonge. Nimmt man den Ausdruck „Diphthonge" in dem beschränkten Sinne, dass zwei neben einander stehende Vokale so mit einander verschmelzen, dass sie zusammen nur Einen Laut gehen, so sind deren imBaskischeii nicht viele anzutreffen; es walten aber auch hier Dialektsverschiedenheiten ob, wie wir sie ja auch im Deutschen haben, z. B. in Schwaben der Diphthong ei als e-i gehört wird. Nach den Beispielen, wie sie Inchauspe angibt i*), dürfte es doch fast als die Begel anzusehen sein, dass die beiden neben ein- ander stehenden Vokale nicht als Diphthonge anzusehen sind. Dem- gemäss wird ai als n-i ausgesprochen, wie in dem französischen Adelaide, an: a-n, wie im italienischen ba-ida, eu: e-v, wie im italienischen ^-?/ro/>rt, oe: o-e, nicht ö, etwa so wie das westphälische Soest nicht Söst, sondern So^st auszusprechen ist; endlich lautet oi gleich o-i, wie im französischen ovo'ide, sphero'ide ; ein Beispiel hie- fiir ist auch der oft erwähnte Name Oihenart. Es mag sein, dass Inchauspe liier vorzugsweise den souletinischen Dialekt vor Augen gehabt hati^); van Eyss gibt über diesen Punkt keine Auskunft, eben so wenig Lecluse. Je weniger Diphthonge, desto mehr hat das Baskische Vokalgruppen aufzuweisen. 3. Vokalgruppeii i^). Über diese gibt nachstehende, wohl noch zu vervollständigende Übersicht Auskunft : '3) S. Chaho, a. a. O. p. 7. '*) 1 ri c h a US pe , a. a. 0. p. XU. '^) In wie weit die Abweichungen bei Pruner-Bey (S. 5J, der sich im Übrigen an das Alphabet von Inchauspe anschliesst, richtig- seien, muss dahin g-estellt bleiben. ^^) Eine solche Zu.saiiinienstellung gibt auch Boudard, Numismatique Ibe'rienne p. 65. über (las hnskisplie Alpliabet. dl a) Gruppen von zwei Vokalen. na: Lanhmi (bibl. Name)»^). (te: galbaetu '») (sieben, als Zeitwort). ai: (lita (Vater). (10 : aotzi (Sclinabel). au: nntzo (Nacbbar). ea: emea (die Frau). ee: nbereen (Vieb, gen. plur.). ei: neitu (aufboren), sei (sechs), zein (welcher). eo: eo (mahlen auf der Mühle), beorra (die Stute). eu: deus (etwas), 7ienrria (das Mass). in: erdian (in der Mitte), ia (die Binse), idia (der Ochs). ie: darabilazie (Sie machen ihn gehen, vous le faites allei'), bcthiere (immer). ü: ihinfz^^) (Thau). II) : biutza (das Herz). iu: biucundia (die Bekehrung). on: (istoa (der Esel). oe: loegitea (schlaffen). ol: oilhitr (Hahn), osoa (gesund, heil). 00 : prootchn-^) (Vortheil. Gewinn). oxi : s. oua. na: aboztna (Augustmonat). ue: egnerdi (Mittag). vi: ahnina (Zickel), muina (Gehirn). ^'') Boiidard, a.a.O. p. 65 führt eyaa, Fliig-el, als Beispiel auf, was guizpiizcoanisrh richtig sein ma»-; v. Humboldt, Berichtigung'en S. 21, hat die drei Formen eyaa, egala und egoa; unter diesen ist eyala oder hegala^ wenigstens diesseits der Pyre- näen, die übliche. <8) S. Larramendi, Diecionario trilingue. v. cribar. Boudard, a. a. 0. p. 63 liat bähe (crible), was im Labourdinischen hahia lautet. 1**) In Ermangelung eines anderen Wortes muss hier dies gewählt werden, obschou die beiileu i iliuch ein h getrennt sind, was freilich für den transpyrenäisch-baskisclien Dialekt keine Bedeutung- hat. Verbannt man das y aus dem Alphabete, so böte sich linkoa (Gott), jin (kommen ). 20) Diese Korni gibt Boudard, a. a. O. p. 6.'» an; die regelmässige ist progolschu. 3'i P h i I I i j) s Ho: diruosfea (Geldsumme). uu : t'ÄM//»- -') (sparsam). hj Gruppen von drei Vokalen. Auch diese Gruppen sind, besonders in den Zeitwörtern, sehr häutig; wir begnügen uns mit einigen Beispielen, bei denen wir uns für die Conjugationsformen der grösseren Deutlichkeit wegen der französischen Übersetzung bedienen. nea: galbaea (das Sieb). üHi : ibaia (der Fluss), batsaia (die Jungfrau). nie: zeikadnie/i (ils me Vavaient eu). aio: bizaio (ayez luij. uoa : aoa (der Mund), azaoa (die Garbe). aua: guna (die Nacht). aue: diraueno (während), gauerdi (Mitternacht). eia: zizeia (il le leiir avaitj, bcia (die Kuh). eie: zeneien (voiis le leur aviezj. eio: leiorrn (Obdach, Schutz). loa: amodiou (die Liebe). ioe: zioen (^ille lui avaltJ. ioi: indioiloa (Indian, Puterhahn). oea : oea (das Bett). oia: doidoia (sogleich), goia (hoch), lezoia (die Grube). oua : dizoua (^que tu le lui aiesj. uea: guea (der Rauch). uia: snia (der Eidam), echuia (das Niesen). c) Gruppen von vier und fünf Vokalen. ieia: zieia (il le leur avaitj. ioia: zioia {il le lui avaitj. inai: Inaitea (entwischen). eioue: zeikeiouen (ih le lui auraient euj. 21) Avii'ti hier (vgl. Note iQ) gewöhnlich mit dem trennenden // : chulitir ?,. B. 2. (" o i IX. (). über das bnsliische Alphabet. 33 B. Halbvokale. Als Halbvokale pflegen verzeichnet zu werden Jund V. Wir erlauben uns, diese Erörterung mit einigen Worten Schlei cher's zu beginnen. Derselbe sagt ') in BetrelT der indo- germanischen Sprachen: „Der häufigste Vokal, a, bildet eine Classe für sich; i und u sind sich in ihrem Wesen sehr ähnlich und steilen dem a als grundverschieden gegenüber. Beide haben die ihnen nahe stehenden Consonanten j, v zur Seite, während das a in keinen consoiiantischen Laut übergehen kann und demnach die vokalische Natur in höherem Grade an sich trägt, als i und ti, welche den Con- sonanten näher stehen." Diese Bemerkung findet in gewissem Masse auch auf das Baskische ihre Anwendung; a ist der bei weitem häufigste Vokal, während die selteneren i und u ebenfalls eine ge- wisse Neigung zum Consonantismus zeigen. Diese Neigung ist jedoch eigentlich in Betreff des i nur im labourdinischen Dialekt vorherr- schend, aber selbst in Büchern, die in Bayonne gedruckt sind, namentlich in der zweiten Au-gabe des Axillar ^^, bat man es für zweckmässig gefunden, das j gänzlich zu beseitigen und den eigentlichen Vokal i wieder eintreten zu lassen 3). Auch Chaho würde, sobald es sich um die Aufstellung eines mustergiltigen Alphabetes für die gesammte baskische Sprache handelte, das j gern vermieden wissen*). Prinz Bonaparte aber, welcher der von dem / abweichenden Aussprache des^ gerecht werden will, hat zu diesem Zwecke folgende drei Zeichen gewählt 5) :j ohne Punkt für die fran- zösische und j mit dem Punkte für die spanische und / mit dem Punkte und mit einer kleiner Ringelung für die mehr nationale Aus- ') In seinem Compendium der vergleichenden Grammatik der indog'ermanischen Sprachen. 2. Aufl. S. 12. 2) S. oben I. S. 11. *) Nur in fremden Namen hat man es beibehalten; z. ß. Jacob, Joseph: dag-eg-en lain- coac und londone. *) Chaho, Diotionnaire p. 7. ») Canticiim (1. Note IS) Adimt. Sitzb. d. phil.-hist. Cl, LXVI. Bd. I. H ft 3 34 P li i I l i |i s spräche; allein sowohl die spanische, als auch die französische Aus- sprache sind dem Genius der baskischen Sprache fremd und die labourdinische neigt sich am meisten zu einem erweichten r/hinß). Was sodann das anbetrifft, so ist dies ein dem Baskischen fremder Buchstabe und kann daher in jeder Hinsicht entbehrt werden. Als Consonant nimmt das weich auszusprechende b selbst da die Stelle des v ein, wo aus etymologischen Gründen bei fremden Namen und Wörtern in der Schreibweise das v beibehalten worden ist'); als Vokal ist y nur eine andere Form für u. Im transpyrenäischen Baskenlande hat sich das V, wohl unter dem Einflüsse des Spanischen, als ein Halbvokal erhalten. In denjenigen Fällen nämlich, wo das u zwischen zwei anderen Vokalen zu stehen kommt, tritt v an seine Stelle; z. B in dem Grusse gmi on „gute Nacht" schreibt man gav on^); hier verwandelt sich n vermuthlicli auf Grund des Hiatus, obschon das Baskische nicht sehr empfindlich gegen diesen ist, in einen halb- vokalischen Laut, der in. der Aussprache wohl auch dem weichen b nahekommt. f. Der Spiritus a s p e r H. Der Buchstabe h hat im Baskischen durchaus die Bedeutung des Spiritus asper. Er findet sich vorzüglich nur in den französisch- baskischen Dialekten; in den spanischen fehlt er zwar nicht ganz, wird aber doch meistens nicht ausgesprochen 'j : dieser Umstand verleiht hier der Sprache, besonders im Munde der Frauen, eine besondere Sanftheit 2). Diesseits der Pyrenäen kommt dieser Spiritus asper nicht blos im Anlaute, sondern auch im Inlaute vor; es wird daher nicht blos hntsa gleich araa gesprochen, sondern auch phnzco (Ostern) lautet n-äCy.o, sinhestea (Glaube) 7tv-£>;r£a. Das h auch «) Vgl. oben S. 29. ') Chaho, a. a. O. 1). 4. 8. 8) van Eyss, Essai p. 11. — C h a Ii o . a. a. 0. p. 11. 12. <) V a n E y s s , Essai p. .*>. 2) Chaho. a. a. 0. p. 11. über das baskische Aipliabet. 3o noch anderweitig zu verwenden, namentlich um dem g die Aus spräche vor dem c und / zu sichern 3) oder durch Verbindung mit c ein Zeichen für einen Zischlaut zu machen, muss man demnach doch als sehr inconsequent bezeichnen, letzteres um so mehr, wenn man das c aus dem baskischen Alphabete verbannt*). — Über den Ursprung des baskischen h, insbesondere ob dieser Buchstabe aus einem Guttural hervorgegangen sei, lässt sich schwer Etwas ermit- teln. Für einen solchen gutturalen Ursprung Hessen sich etwa die Composita mit dem Worte hume (Kind, Junges) anfuhren, indem sich hier das h in k verwandelt s); z. B. ari (Schafj, arkume (Lamm), zar (alt, gebrechlich), zarkume (ein schwächliches Kind); van Eyss bringt damit emaknme (Frau) in Verbindung und leitet es von emctJi (geben) und hume (Kind) ab, so dass es „die Kinder Gebende" bedeuten würde. D. Die Com so na Uten. 1. Die eiozelnen ConsonaDteu. a. Die Giifturaien. Die Buchstaben, welche je nach verschiedenen Gebrauche in diese Classe gestellt werden oder den Anschein haben, hieher ge- zählt werden zu sollen, sind: C, Ch, G, (Gh, GuJ, K, Kh, Q und X Es ist hier jedoch ein Purificationsprocess vorzunehmen, der insbesondere gleich die beiden ersten der genannten Lautzeichen betrifft. 3) S. oben S. 22. *) S. unten S. 36. ^) S. va n E y SS, a. a. 0. p. 7. 3Ü Phillips Schon oben wurde darauf aufmerksam gemacht i), dass dieser Buchstabe, wenigstens nach der gegenwärtigen Beschaffenheit der baskischen Sprache, gänzlich überflüssig sei, indem dieselbe zwei andere Lautzeichen besitze , welche seine Stelle vertreten : vor a, o und II : k, vor e und i: z. Offenbar ist die Aussprache des c gleich % , vor e und i im Baskischen nicht ursprünglich , sondern hängt vielmehr mit den Schicksalen der lateinischen Sprache zusammen. Bekanntlich kam die ältere Aussprache des c, als der Media, der Tennis k im Lateinischen sehr nahe, und bat jene diese fast ganz verdrängt s). Die Vorfahren der Basken haben aber ge- wiss eben so wenig, wie die Germanen, von den Römern Zaesar, cnrzer, zella, zerasus und glozio aussprechen gehört, sondern knesar, karker, kella, kerasus und glokio. Wie die Germanen daraus Kaiser, Kerker, Keller und Kirsche gemacht haben und wie bei allen Völkern die Hühner nicht gloz, gloz geschrieen haben, sondern in dem dies Geschrei bezeichnenden Worte der Naturlaut durch gluk, gluk wiedergegeben wird, so werden auch wohl die Vas- konen an jener Entartung der lateinischen Sprache keine Schuld tragen. Erst seit dem siebenten Jahrhunderte nach Christus ist diese bei den romanischen Völkern eingetreten s^ und hat demgemäss von daher auch ihren verderblichen Einfluss auf das Baskische geübt; darum ist auch hier aus dem lateinisciien coelum (spr. koelum): zeru geworden. Es ist dies jedoch nicht allgemeiu durchgefülirf, denn pax, pacis ist pake oder bakhea, Vinceiitius: Vikenti ge- blieben*). Ch ist in der heutigen baskischen Sprache gar kein Guttural, sondern ein Sibilant; dieses, freilich eingebürgerte, Zeichen müsste eigent- lich völlig vertilgt werden, wenn üherhaupt eine Consequenz in das ij S. oben S. 22. 2) Vgl. Corssen. über Aussprache, Vokalismus und Betonung der lateinischen Sprache. I. Bd. 2. Äutl. S. 4;} u. ff. 3) Vgl. Corssen, a. a. 0. S. 277. *) Vgl. Oihenait, Froverbes basqiies. Pief. p. 6. ilhfr da« baskisclie Älphahet. 37 bitskisc'lu* Alplmbet kommen soll. Es wird von (leiiuselben weiter unten bei den Sibilanten die Kede sein s). Schon im Lateinischen hatte das neu entstandene g allniäblig die Stelle der Media übernommen ß). Es möchte wohl kaum einem Zweifel zu unterziehen sein, dass r^ ohne Rücksicht auf den nach- folgenden Vokal stets die gleiche Aussprache mit dem deutschen g, so weit dies nicht in einzelnen Dialekten zu einem j oder ch (z. B. Jott in Berlin, Chott in Göttingen) gemacht wird, gehabt habe. Es ist daher, wie schon oben bemerkt wurde, nichts weiter, als eine sehr zu missbilligende Convenienz gegen die spanische und franzö- sische Aussprache des g gewesen, dass man demselben vor e und i ein h oder u beigefügt bat^j. Üarrigol , iJuvoisin und Inchauspe haben diese beiden letzteren Buchstaben gänzlich eliminirt. Hiermit sind jedoch diejenigen Fälle nicht zu verwechseln, wo das u nach dem g keinen solchen fremdartigen Ursprung hat, sondern echt bas- kisch ist; alsdann ist es durchaus selbstständig auszusprechen. So lautet z. B. eguerdi (Mittag) nicht egercU, sondern egu-erdi; das Wort kommt her von egun (Tag) und erdi (halb). Es ist dies jedoch eine Ausnahme; im allgemeinen mag man in den Worten, in welchen auf ein g ein u folgt, sie seien fremden Ursprunges oder nicht, das u getrost ausstreichen. So in dem seinem Ursprünge nach romanischen alequitzea = alleguer und in dem baskischen aguerzea (erscheinen), agiiinza (Versprechen), at^gui (Licht), liarguiu (Maurer), iguel (Frosch), teguia (Aufenthaltsort). Hierauf hat schon Darrigol aufmerksam gemacht und Duvoisin hat dies prak- tisch durchgeführt. K und Q. Wenn vielleicht in älterer Zeit ein Unterschied in der Aus- sprache des k und des q stattgefunden haben mag, so ist dieser in der jetzigen Sprache gänzlich verwischt. Eine wirkliche Verschieden- heit hat sich bisher auch niclit entdecken lassen und so möchte das *) S. oben S. 22. ^) S. Corssen , a. a. 0. S 77. '') Das h hatte vornehmlich (' h a h o . a. a. 0. p. 1 1 eiiijjel'iihrt , war damit aber nicht durchgedrungen. a8 Phillips q, so vielfach es auch gebrauclit wird, überflüssig geworden sein«). Die Aussprache des k ist ganz mit der deutschen übereinstimmend. Van Eyss, der sich entschieden für die Aufnahme des k in das bas- kische Alphabet mit Beseitigung des c und q ausgesprochen hat, Irägt nur ein Bedenken dagegen 9). Das Baskische nämlich kennt ausser dem rr keine Consonantenverdoppelung; diese würde aber auch bei dem k entstehen, wenn die Postposition kin mit einem Worte verbunden wird, welches auf -/r endet; indessen dies Bedenken dürfte doch irrelevant sein und es möchte keine Schwierigkeit haben, das erstere k zu eliminiren. Kh. Von der Aussprache des kh, welches sowohl von Lecluse, als auch von Darrigol, Duvoisin und Inchauspe als auch von andern Neuern (jedoch nicht von Chaho) für die franzosisch-baskischen Dialekte anerkannt wird, gilt dasselbe, was bereits oben in BetretY der Aspiration überhaupt bemerkt worden ist >o). Darrigol macht mit Recht darauf aufmerksam, dass die Aspiration eines Buchstabens nicht den Zweck habe, aus ihm einen andern zu machen, sondern der aspirirte Buchstabe soll trotz der Aspiration in seiner ursprüng- lichen Natur erkannt werden n); daher sei das aspirirte k nicht aus- zusprechen, wie das deutsche ch, sondern als ein k, an welches sich ein Hauch anschliesst, wie denn auch Oihenart für diesen Zweck ge- radezu den griechischen Spiritus asper zur Anwendung gebracht hat <3j. indem wir dieser Ansicht, die auch Duvoisin vertritt, beistimmen, glauben wir bemerken zu dürfen, dass man vielleicht in so fern in dem baskischen Alphabet ein Ersparniss machen könnte, als man diese componirten Buchstaben, wie kh, in ihre beiden Bestandtheile auflöste. Soll aber jeder von beiden ausgesprochen werden, so be- darf es in der alphabetischen Aufzählung gar nicht eines besonderen Buchstabens kh, beziehungsweise fh, ph und th und wie Oihenart 8) Chalio, a. a. O. p. 11. '••) van Eyss, a. a. 0. p. 3. 1") S. oben S. 23. •'j S. Sehleicher, Compeiidium der vergleitliL-iKlen Graniniatik. S.U. (s. ohen lil. Note 14. '-) Ol heil alt. a. .i. U. p. 6. über das liiiskische Alpliiiliet. 3P will (h uiui nh. Sobald einmal feststeht, dass h auch im Inlaut die Aspiration ausdrückt, so braucht man eben auch in der Schreibweise nur den mit li bezeichneten Hauch auf k folgen lassen, wenn man es nicht vorzieht, für solche aspirirte Buchstaben nach Analogie des griechischen o-. &> und y besondere Zeichen zu wählen. Chaho wünscht dies in Betreff des th i«), warum nicht auch für kh und pht X. Das ü' als ks ist dem Baskischen ganz und gar fremd; bei ver- schiedenen Namen des classischen Altherthums wie Xenophon,Xeno- crates. Xantippe möchte Chaho es beibehalten wissen i*). Dies mag man thun, wie man ja auch allenfalls Washington und Wellington im Baskischen mit TF schreiben dürfte, obgleich dies kein baskischer Buchstabe ist: behält man aber überhaupt dastund zwar als ts oder statt des ch bei, so wäre jene Schreibart durchaus zu missbilligen. OThenart nämlich will das x zur Bezeichnung des Zischlautes ge- brauchen, welcher sonst durch ch wiedergegeben wird und ihm, mit einem Punkte versehen, also x, die Bedeutung des Zischlautes tch beilegen 15^; allerdings wäre jener Laut eines besonderen Zeichens bedürftig und es ist zu bedauern , dass Oihenart's Beispiel keine Nachahmung gefunden hat, wie wir überhaupt nicht genug hervor- heben können, dass gerade er vor allen andern Gelehrten bis auf die Neuzeit die richtigsten Anschauungen über das baskische Alphabet gehabt hat. Regelmässig wird x im Baskischen ts ausgesprochen ^ß). Fasst man nun in Kürze die hier über die einzelnen Guttural- zeichen gemachten Bemerkungen zusammen, so ergibt sich, dass jene sich auf eine viel geringere Zahl zurückführen lassen. Es scheiden aus: c, ch (gh, gn), q und x und es bleiben übi-ig: g, k xxwAkh; selbst letzteres könnte, wenn die oben gezogene Consequenz nicht irrthümlich ist, als besonderes Zeichen entbehrt oder sollte durch ein besonderes Zeichen ersetzt werden. '2) C li aho. a. a. (>. p. 3. 13. '*) Chaho a. a. O. p. 4 um) ebd. La j^uerrc des .\l|)liahets. p. 3. 15) Ol haiiart . a. a. U. p. 5. 1*) I) ar r i g:o 1 , Disserlalion. p. 15. — I ii c h a ii s p e . a. a. 0 p. XII. 40 Phillips Die Labialen. Als in diese Kategorie gehörig erscheinen die Buchstaben: P, Ph, B, F, Fh. Über die Aussprache des P ist nichts Besonderes zu bemerken; auch über Ph ist bereits oben das Erforderliche mitgetheilt worden i'), nur ist noch hinzuzul'ügen, dass Oihenart allein, aber hierin wohl irrthümlich im Gegensatze zu allen übrigen Schriftstellern, dem ph die Aus- sprache des f geben will »s^. B hat die Aussprache eines sanften v, und es dürfte kein entscheidender Grund vorhanden sein, durch v das b zu ersetzen ; es ist aber daher auch inconsequent, wenn man in einzelnen aus dem Latein recipirten Wörtern das v beibehalten und z. B. virgina statt birgina schreiben will 19). Wollte man sich in der Schreibweise durchaus an die oben angegebene Aussprache des b accomodiren, so hätte man nach dem Beispiele Humboldt's, dem auch Pott folgt, „Vasken" und „vaskisch" zu schreiben. F ist eigentlich kein baskischer Buchstabe, sondern wird meistens und eigentlich nur in Fremdwörtern gebraucht, wesshalb Pruner-Bey ihn ganz beseitigen will-oj; man thäte wenigstens wohl daran, das /'aus den Wörtern baskischen Ursprunges, wenn noch möglich, zu ver- bainieu. Vermuthlich ist /'hier an die Stelle eines, vielleicht aspirirten, y getreten. Aber selbst bei den Fremdwörtern wird f öfters fort- geworfen; man schreibt daher z. B. irhia inv farinu, lama für flamma, loria für flos. Bisweilen tritt / auch an die Stelle des lateinischen v, so ist z. B. ferde das lateinische viridus. Öfters wechselt /"auch mit 6 ab; z. B lautet das baskische Wort für „lachen": farra und l'j S. oben S. 23. '8) Oihenait, ii. ;i. O. p. 3. '") S. Chaho, a. a. 0. [>. S. 20) S. oben S. 22. über das bdskische Al|>habet. 41 barra^*^, aber auch pharra^^). Bisweilen, wenn auch selten, wird /■ aspirirt und dann Fh geschrieben. So erscheint bei Duvoisin in seiner Bibelübersetzung als das baskische Wort für raptim, mit sich fortreissend (von einem Strom): fharrasta^^^, welches auch von dem Auskehren mit dem Besen, in der heiligen Schrift bildlich von der Zerstörung Babylons, gebraucht wird 2*), In einzelnen Dialekten wird an Stelle des /' gleich die Aspiration h, bisweilen auch p gesetzt, wofür Chaho als Beispiele angibt: auher, alper, (tlf'er (träge) und auhari, ailiari, afari (Nachtessen) angibt 25). Unter den Labialen würden also b, f und p in das Alphabet aufzunehmen sein. Die Dentalen. In diese Classe sind folgende Buchstaben zu stellen: D, D, T, t, und Th. In Betreff der Aussprache des d ist nur die Verschiedenheit des d' von dem gewöhnliehen d hervorzuheben. Hiervon, als von einer Deminutivform, war schon oben die Bede 2«) und es ist nur noch zu bemerken, dass dieses d' in der Aussprache fast ganz dem J gleich- kommt. So ist deus: „Etwas*', deminutiviseh rfews, in der Aussprache ungefähr jeus^''^. Eben so hat das Baskische ein erweichtes t, welches man consequenter Weise nach dem Vorgänge Oihenartszs) lieber t' als tt schreiben sollte. Das Th hat man sich nicht gleich dem englischen th zu denken a^), vielmehr sind auch hier i und h zu trennen; man sagt daher z. B. at-hea „die Thür-. 2*) S. van Eyss, a. a. 0. p. 7. 22) S. Fahre, Dictioun. franyais-basque. v. rire. 23J Job. vi. 13. 24) Is. XIV. 23. — Salaberri, Vocabulaire. schreibt das Wort farraste. 25) Chaho, a. a. 0. p. 11. 26) S. oben S. 24. 27) Chaho, a. a. ü. p. 11. 28) Oiheuart, a. a. 0. p. 4- 29) Darrigol, a. a. 0. p. 9. 42 p h i 1 1 i> s Wenn man in diesem th, als einem Compositum, l und h von einander trennt, so stellen sich zu dem haskisehen Alphabet die vier Dentalen: d, d, t und i. d. Die Liquiden: L, L-, LI, M, N, N, R, Rr, denen nach Oihenartso) noch Lh, Nh, und Rh oder vielmehr L , N', und R beizufügen wären. In Betreff dieser Aspiration ist bereits oben das Erl'orderliche bemerkt worden. LI und Ti kommen hin und wieder auch als Deminutivl'ormen vor; in der Aussprache tritt aber aucli ein dem deutschen j ähnlicli tönender Laut iiinzu, wie in den französi- schen Worten boidllon (wenn es nicht zu sehr und fälschlichst) nach dem J hin gesprochen wird) und migiiard. Es wäre am zweck- mässigsten, wenn man auch hier /' und n statt II und n schriebe, die zu sehr an die Nachbarsprachen erinnern. Während in BetretTdes m keine Besonderheit hervorzuheben ist, hat hinsichtlich des R die baskische Sprache die Eigenthümlichkeit, dass sie kein Wort mit diesem Buchstaben anfangen lässt^s). Es haben sich daher alle Fremdwörter, die ein r im Anlaute haben, bei ihrer Beception aus- nahmslos einer Umwandlung unterwerfen müssen und wenn Larra- mendi in seinem Dictionnaire das Wort Rabinoa anführt, so ist dies sicherlich ein blosses Versehen. Das V^erfabren, welches mit jenen Fremdwörtern eingeschlagen worden ist, war ein verschiedenes; bald tauschte man einfach den auf das r folgenden Vokal mit diesem um und machte z. B. aus dem lateinischen rector: ertora'^^), bald veränderte man den Vokal, wenn er nicht schon a war, in diesen, z. B. rehiette wurde arnet (aber auch ernet), renegatus: arneynt. Am häutigsten aber verdoppelte man das anlautende r und schlug 30) (»i heiiiirt , a. a. 0. p. 5. Si) Lil tro , Oiftioiuiaire. Pref. 32) C li a h o , a. a. O. p. il. — van Eyss, a. a. O. )>. b. »3) \^\. l'haho, a. a. 0. p. 13. IJher das liaskisoiie Alph;'liet. 43 diesem diuiii noch einen Vokal und zwar a oder e vor. Dass sieh ein Unterscliied daliin bestimmen lasse, dass diesseits der Pyrenäen das rt, jenseits das e als Vorschlag üblich sei, darf nicht angenommen werden, vielmehr wird der Vorschlag regelmässig durch den auf das r folgenden Vokal bestimmt; ist dies ein e oder i, so ist auch der vorzuschlagende Vokal ein e; z. B. errege (rex), erremedio (reme- dium), erriza (Reiss). auch erretora. sonst meistens ein a; daher arrazn (fr, race), arroda (rota), arrosa (rosa); doch finden sich auch Ausnahmen von Beidem vor; z. B. errabia (rabies) xxnAErroma (Roma). Zweifelhaft möchte es sein, ob auch i als vorschlagender Vokal in dergleichen Fällen verwendet Averde; allerdings scheint irria das lat. ridere zu sein, möchte aber doch wohl eher dem lat. irridere entsprechen ; dagegen darf man in hirriscua (Gefahr) doch wohl das französische risque, das ital. risico erkennen. Es ist schwer zu bestimmen, woher sich diese ganze Erschei- nung schreibt. Sie geht durchaus nicht Hand in Hand mit jener andern, dass im Baskischen auch kein Wort mit einem s impurum im Anlaute geduldet wird, sondern auch ein solches einen vokalischen Vorschlag, der bald ein e bald ein i ist, fordert. Diese Eigenschaft hat das Baskische mit mehreren anderen Sprachen, namentlich mit dem Spanischen und Französischen gemein. Dagegen den oben beschriebenen Gebrauch in Betreff des r, theilt das Baskische nur mit den Idiomen seiner unmittelbaren französischen Nachbarn, namentlich mit den Bewohnern der Gascogne 34). Haben nun diese die erwähnte Eigenthümlichkeit von den Basken angenommen, oder haben sie sie ihnen mitgetheilt? Da aber auch die spanischen Basken das Princip des vokalischen Vorschlages vor dem r durchaus fest- halten, so ist wohl eher anzunehmen, dass dieser Gebrauch bas- kischen Ursprunges sei. Nimmt man hierzu den Umstand, dass heut zu Tage die baskische Sprache immer mehr an Terrain verliert ss) und wie es jetzt schon viele dem Blute und der Abstammung nach echte Basken gibt, welche nicht mehr baskisch reden, so tritt wohl die Möglichkeit nahe, dass ehedem diese Sprache auch über jene Gegenden verbreitet war und dass sich in jener Sitte des voka- lischen Vorschlages vor dem r sich auch dort ein Rest der alten 2*) Vgl. Rlade, Etudes sur Tnrigine des Basques. p. 271. 270. 3^) S. die Abliandluiig^: Eine baskische S|)r;icli|iiiilu'. S. !•• 44 p ii i 1 1 i p s S|)i'ache erhalten luibe; trilVt Letzteres nicht zu, so ist doch jetleii- falls die Entlehnung dieser Sitte in der noch den Namen der Basken tragenden Gascogne aus dem ßaskischen anzunehmen. Was im Übrigen die Aussprache des r anbetrifft, so ist es stets weich zwischen zweien Vokalen sej z. B. in bataren (Gen. von bat, ein), dagegen hart in allen andern Fällen. Tritt zu einem auslautenden r der bestimmte Artikel hinzu, so wird jenes verdoppelt, z. Vi. Inr, Erde, lurra, die Erde, gar. Flamme, ^^«rr«, die Flamme. Dieses Doppel 7J ist hart auszusprechen. Ist es als ein von dem ein- fachen harten r verschiedener Laut zu betrachten? Inchauspe und Duvoisin nehmen dies an: je nachdem man dieser Ansicht ist oder nicht, wird man sieben oder sechs liquide Consonanten zu unter- scheiden haben, nämlich /, /*, m, n, n' und r, beziehungsweise rr. Die Sibilanteil. In den verschiedenen baskischen Alphabeten sind viele Sibi- lanten verzeichnet, namentlich: S, Sh, Ss, CK TcJu (), Z, Ts, X, Tz, X, Wenn man zuerst S, Sh und Ss ins Auge fa.-^st, so kommt hier eine Äusserung Oihenart's in Betracht, welcher von der Definitivtbrm des S bemerkt, dass sie in der Aus- sprache dem französischen z, beziehungsweise dem g gleiehkommes'j, er bedient sich des kleinen runden s, um eben diese Deminutivform und des langen/, um den gewöhnlichen Laut des lateinischen S aus- zudrücken. Es hat aber überhaupt dieser Buchstabe im Baskischen einen volleren Laut als im Französischen und wird, wie Inchauspe hervorhebt, ohne Mitwii-ken der Zähne ausgesprochen ss); nur im Souletinischen hat das S in einigen Worten, z. B. in Jestis einen weicheren Ton. Für das Guipuzcoanische gibt van Eyss die Regeis»); 36) Chaho, a. a. 0. p. Vi. — van Eyss, a. a. 0. p. ö 3^J Oiheiiart, a. a. O. p. 4. S^) Inchauspe, a. a. 0. p. XI. S3j van Eyss, a. a. O. p. 3. Über das haskische Alphal'et. 4«) dass das s dem ss im Französischen nahe komme, jedenfalls näher als dem französischen ch, so dass man sicherer gehe s als ch aus- zusprechen, man werde leichter verstanden, wenn man sagarra, als wenn man chagarra sage. Es ist demnach ikusi (sehen), so aus- zusprechen, als wenn es ikussi geschriehen wäre. Nach der Schreib- weise des freilich nicht sehr zuverlässigen Tresora'*^^ findet sich der Gegensatz zwischen dem OVhenartschen s und f durch ß und s ausgedrückt, z. B. ic-hußidie (ih o?it vnj und bisaya (jnsage^. Auch Chaho kommt auf die Aussprache des s zu reden und be- merkt*!), dass die Franzosen diesen Laut fast immer schlecht aus- sprächen; für es sagten sie eche und für sa: cha. Er gibt zugleich eine Methode, um es richtig auszusprechen, an, die darin besteht, dass man die Zungenspitze vom oberen Zahnkiefer her gegen den Gaumen bewegt und dann einen Zischlaut ausstösst 42). Duvoisin weicht darin von Inchauspe und Anderen ab, dass er nach dem Beispiele älterer Schriftsteller ss als besondereji Buchstaben in das Alphabet auf- genommen hat, während Pruner-Bey und vor ihm Francisque-Michel dem s noch ein h beiordnet und davon bemerkt, dass gerade dies ein dem Baskischen ganz eigenthünilichei" Laut sei *3), der sich zwischen dem französischen s und ch bewege. Dies kommt aber wieder auf die oben angegebene Angabe von van Eyss heraus und es möchte sein, dass dem s in derThat sich ein leiser Hauch anschlösse, der dann das h rechtfertigen würde. Oihenart hat für diesen eigen- thümlichen Laut das Zeichen .s schlechthin und für den gewöhnlichen Laut f empfohlen. Ch, Tch, X, T. Die Bezeichnung eines Zischlautes mit ch ist eine doppelte Inconsequenz, sobald man das c aus dem baskischen Alphabete ver- bannt und das ä für das eigentliche Aspirationszeichen erklärt hat. Es ist dies eine, freilich schon invelerirte, Concession an das Französische, mit der man aber für die spanisch -baskischen Dialekte deshalb nicht ausreicht, weil in diesen das ch nicht auf französische , son- dern auf spanische Weise ausgesprochen wird. Gerade in solchen *0) Tresor» (s. II. Note 7). *») Chaho, a. a. O. p. 13. ■*') Chaho, a. a. 0. p. 13 handelt hierüber aiisfiihrlicli. *3) Pruner-Bey (s. U. Note 16J. 46 Phillip Verhältnissen zeigt sich die Verworrenheit in der baskischen Ortho- graphie, daher auch van Eyss bemerkt 44), dass dies dem Umstand, dass das französische ch in Spanien unbekannt ist, zu verdanken sei, daher schreibe der Eine sh, der Andere s, ein dritter .r oder gar ch, z. B. orise oder orLve, orishe, oriche. Für dies ch sollte man in der That ein anderes Zeichen haben und es war daher gar kein übler Vorschlag OVhenarts 45), wenn er dafür das Zeichen x und Kw teh das Zeichen oe- empfahl, was dann freilich keine Nachahmung fand. Auch c ist ein des Exils würdiger blos französischer Buchstabe, dessen Stelle durch Z vollständig ersetzt wird. Dieses z hat aber einen etwas sanfteren Laut als das französische und entspricht mehr dem c in ciel'*^). Will man aus Ts und Tz besondere Buchstaben machen, so wird man doch anerkennen müssen, dass in jeder dieser Vereinigungen der einzelne Buchstabe selbständig ausgesprochen wird*^). Heut zu Tage wird nun all- gemein angenommen, dass X als ts auszusprechen sei 48). Dies ist in der That eine reine Willkür, für die man freilich in der Pronunciation, die die Italiener dem latei- nischen .rangedeihen lassen, eine Analogie finden könnte. Für das ch, durch welches unter dem Schutze des h für das verbannte c ein unffe- rechtes Postliminium erwirkt wird, wäre das £c nach dem erwähnten Vorschlage Oihenart's viel mehr an seinem Platze. Demgemäss würde es uns am meisten zusagen, die Sibilanten auf folgende zurückzuführen: f, s, x, x und z, oder wenn man durchaus das ch nicht mehr hinausweisen kann: /", s, ch, ich, und z. 44) van Eyss, a. a. 0. p. 2. *5j Oihenart, a. a. O. p. S. 4*) Inchauspe, a. a. 0. p. XII. 47) Inchauspe, a. a. O. p. XII. — ran Eyss, a. a. O. p. 6. 48) S. ohen S. 16. über (las baskische Alphnbet. 47 — Es erübrigt in Betreff der Consonaiiten noch einige Regeln hinzuzutüffen. Gleichwie das Baskische kein Wort mit einem r anfangen lässt, so gibt es mehrere Consonanten . welche niemals ihre Stelle im Auslaut haben können. Es sind dies die Buchstaben b, d, f, g und m. So wenig empfindlich im Ganzen die baskische Sprache gegen einen Hiatus ist *9), ab und zu aber einen euphonischen Consonanten einschaltet ^o), so vermeidet sie doch gern eine Anhäufung von Consonanten durch Einschiebung eines Vokales; z. B. Ia7i (Arbeit) mit dem Suffix -tan (in) wird lanetcm; diesem Verfahren haben sich auch öfters die Fremdwörter fügen müssen ; z. B. Aprilis, bask. Apirill, porogatcea (prohare) ^i). Im Allgemeinen darf es als eine Regel angesehen werden, dass in einer Sylbe nicht zwei Consonanten auf einander folgen. Aus- nahmen finden sich meistens in Fremdwörtern: a^rrirfarn« (ange- nehm), 6r?fwrt (Nebel), c?e6n/a (diabolus) , /ro^a (Probe), globa (Gedicht), progatchua (profit). Dagegen entstehen durch Zusammen- stossen zweier Sylben hin und wieder aber auch durch Hinwegfallen eines Vokals (z. B. abrea für abereci) Consonantengruppen. Als Bei- spiele dafür mögen ausser den vorhin angeführten Fremdwörtern noch folgende dienen: Id: bildotsn (Lamm), ildon (Furche), zaldia (Pferd), lg: odolgia (Blutwurst). Ik: alkhia (Sitz), ibilkiuiza (Spaziergang). ip: alporchdk (Quersack). It: ichiltasuna (Stillschweigen). Iz: afalzea (zu Nacht essen), gilza (Schlüssel). mp: sutunipa ^^} (Kanone). )tch: urchaincha (Eichhörnchen). *9) Vgl. oben IV. A. 3. S. S. 23. ^'') Z. B. der Genitiv des Artikels lautete eigentlich aen, doch tritt hier ein euphoni- sches r dazwischen. *') Vgl. van Eyss, a. a. 0. p. 7. *-) Dies Wort hat vermuthlieh Larramendi gemacht fvgl. Chaho, a. a. 0. La giieire des alphabets p. 11); es ist zusammengesetzt aus au „Feuer" und tumpa. welches Wort S a \ aberri, Vocabulairp, in folgender Weise wiedergibt: „<^oup peti violent mois faisant uii crrfain bnift". 48 P' h i I 1 i p s Hfl: ahendoa (Deceinber, Advent), ondoan (darauf). ndr: andren für andcrea (Junglrau). ng: gangnila (Zäpfchen), maingua (lahm). tik: soinkiden (Genosse), tmkhazea (knebeln). jil: gonlekhia (Heimat). ns: adinsttn (alt). nt: mintastma (Verdruss), toiitoa (dumm). nz: hainzurra (Spaten), ihenzen (autlegen), unzia (SciiifT). rh: berbcrn (allein), garbia (keusch). rch: chircliila (Quai ksalber), vrchainchn (Eichhörnchen). rd: berdnnza (Förster), gauerdi (Mitternacht). rg: bizargilea (Barbier), gargnra (schon). rk: abarka (Sandale), hirurkakoa (Dreizack). ?'/: erlea (Biene), gurloa (Kranich). rm: bermea (Versprechen), laurnn (der je Vierte). rp: harpin (Grotte). rs: ursoa (Taube). rt: agortnsuna (Unfruchtbarkeit), urthe (Jahr). rlz: bortz (fünf). rz: znliartzea (alt werden). sk: adiskidea (Freund), peskiza (HotTnung). sk/ : esklaboa (Sklave). sl: eroslea (Käufer). sn: ganna (Käse). sp : erospena (Kauf). st: nbostoa (August), usfnila (Jahreszeit). tch: baratchuria (Knoblauch), etchea (Haus). tr: trebatua (gewöhnt), trebesia (V\ iderwäitigkeit). ts: itsufäa (hässlich), harrdbotsa (Glockenspiel). tz: gosetzea (hungern), gatza (Salz). zd: iknzdiira (Waschnng). zg : tazgarria (erschrecklich). zk: chitezkoa (vertraut), hizkunza (Sprache), izkila (Glocke) zm : zizmina (Beleidigung). zp: ezpelu (Buchsbaum), zazpi (sieben). zt : hoztea (sich erfreuen), ireztea (kämmen). über das baskische Aiphabet. 4«7 Schluss. Fasst man das Resultat dieser Untersuchungen zusammen , so Hesse sich ein haskisches Alphabet, ohne dass man nöthig hätte ganz neue Zeichen zu erfinden, in folgender Weise zusammen- stellen : u. e, i, 0, u j h 9' ^% (kh). /a p. (ph), /; (ß) d, d \t,V (th) 1,1-, m, n, n', r, (ri 0 l\s. X (ch), z oder nach gew ühn ichei Reihenfolge: a, b, d, d', e, /', g, h. i, j, k, l, /', m, n, n, o, p, r, f, s, .v, t. Demnach hätte das baskische Aiphabet 26 Ruchstaben zu zählen; rechnet man noch die aspirirten und zusammengesetzten Ruch- staben : kh, fh, ph, th, rr, x- (tch), ts und tz hinzu, so steigt die Zahl auf 34. Über den im Raskisciien nicht gerade sehr häufigen Consonanten- wechsel und den Consonantenschwund behält man sich vor, bei anderer Gelegenheit zu handeln und erlaubt sich nur noch einen flüchtigen Rlick in eine ferne Vergangenheit zu werfen, nämlich auf das iberische Alphabet. Es lässt sich freilich nicht der Werth der einzelnen iberischen Ruchstaben mit völliger Genauigkeit be- stimmen. Eine Parallele zwischen jenem und dem baskischen Alpha- bet findet in dem Mangel des f statt, denn dieser Ruchstabe ist auch letzterem fremd, was in gewisser Weise auch von dem v gilt. Es hat ferner das Iberische ebenfalls vier Sibilanten; dem Zade dürfte z dem Zahl: s, dem Samech: f und dem Schin: x (d. h. ch) ent- sprechen 53j. Dagegen fehlt dem Iberischen das g; auch ist ihm ^') S. die Abhandlung: Über das ibeiisrlie Alphabet. S. 61. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXVI. Hd. I. Hfl. 50 l' h i 1 1 i p s , Üln'i- das haskische Alphiihet. der vokalisclie V^)rscl)lag vor dem r unbekannt, wie mehrere Namen, z. B. RoekJio, zu erkennen geben &*); sollte also das Baskische in irgend einem Zusammenhange stehen , so miisste sich dieser Vor- schlag wie der andere vor dem s impurum erst in späterer Zeit ge- bildet haben. 54) S. ebend. S. 23. Leg. 267. u. ff. I I V. Seliulte, Literittiirg-esL'liictife iler Coiüpilüfiorips antiqune etc. O 1 Literaturgeschichte der Compilationes antiquae, besonders der drei ersten. Von Dr. Joh. Friedrich Ritter v. Schulte. Erstes Capitfl. Die m 0 11 0 g r a p h i s eil e Literatur zu den Compilationes a n t i q u a e. Die Schriften der Glossatorenzeit zu den Compilationes an- tiquae tragen denselben Charakter, wenn man die äussere Form in Betracht zieht, als die über das Decret, welche wiederum die Methode der Legisten befolgten i). Wir besitzen Schriften dieser verschiedenen Arten, zu denen sich wie beim Decret die Excerpta oder Notnbilin gesellen, von denen zuerst geliandelt werden soll. I. Notabilia. 1. Unter diesem Titel besitzen wir handschriftlieh eine Menge von Schriften, deren Zweck ähnlich als bei den Excerpta Decretorum u. s. w. darin besteht: den hauptsächlichsten Inhalt der einzelnen Decretalen auf den kürzesten Ausdruck gebracht allgemein zugäng- lich zu machen. Sie bilden mithin einerseits quellenmässige, ganz kurze Lehrbücher über den Inhalt der Decretalensammlung, ') Den specifischen Chnrakter des Appaiatus hei v. Savigny Gesch. d. röm. Rechts lU. S. Ö6.'i f., Lectura das S. 539, Summa S. 552, Casus, Q u a e- stioiies. Brocarda das. — Allen Handschriften, die ich nicht s e I l) s t !i e n u t /. t lialie. ist ein S t e r n c h p ii vorgesetzt worden. 4- J)2 T, S c h u i t e andererseits Repertorien Über diese selbst. Jedoch ist mir ein derartiges Werk in alphabetischer Form bisher nicht vorgekommen; es erklärt sich dies leicht aus dem ungleich geringeren Umfange der einzelnen Sammlung sowie daraus, dass, nachdem die Gesammtmasse gross geworden war, die neu erschienene Compilation Gregors IX. die altern Sammlungen der Geschichte überwies. Den praktischen Grund solcher Schriften sehe ich wie bei denen über das Decret in dem Bestreben, das so wichtige neue Material auf die billigste Art allgemein zugänglich zu machen. Die Methode ist bei allen diesen Schriften dieselbe, so dass die Kenntniss einer einzigen vollkommen genügt, um sie zu verstehen. Es finden sich Schriften dieser Art in doppelter Gestalt: über eine einzelne Compilation und über mehrere zusammen in einem Werke. Aus unmittelbarer Kenntniss von Handschriften sind mir folgende Werke bekannt geworden. 1. Notabilia ad Comp. I. sive Apostillae. 2. Am häufigsten kommt ein Werk vor, das beginnt: 'Juste mdicate (Vorrede des Breviarium Extravagantium Bern- hardi Papiensis). Nota, quod istud proemium compositum est ex diversis auctoritatibus. Prima est prophetae dicentis juste . . . Canones (cap. 1. Tit. I. L. I.). Nota, canones ab omnibus custo- diri debent et in suo sensu duci debent? Ha n d schritte n ♦): Angers Stadtb. num. 361. s. XIII. *Königsberg Univ. num. 37 2). •) Die Königs berge r Handschriften citire ich nach: Steffenhagen Cntalogiis codieiim manuscriptor. bibl. reg. et iiniv. Regiomont. fasc. I. codd. ad jurisprud. peit. cct. Regim. 1861. 4., — die von mir eingesehenen französischen nach: Schulte Iter gallicum Wien 1868 (Sitz.-Ber. d. kais. Akad. d. Wiss. bist. phil. Cl. LIX. S. 335 ff.); dazu meine Al.h. Die Rechtshandschr. der Stiftsbibl etc. Wien 1868 (das. LVII. S. 3S9 ff.); für Italien: Bluhme Bibl. libror. ms italica. Ciött. 1834. 2) Steffenhagen gibt unter XXXVII. num. 2. dies, num. 3. ders. Han^schr. ein zweites Werk als ver seh i e d e n an. Nach der Mittheilung scheint aber im 2. blos der Anfang zu fehlen, da die nota zu cap. 1. wesentlich gleich ist, nämlich: 'Canones debent «!> omnibus observarl et eorum auctoritate in iudiciis deiiet procedi.' Literatnrg^eschichle der Compilationes anlitpiae etc. 5^ *Gratz *«/3i i). *Paris lat. 3922, Compiegiie 95. Leipzig Univ. ßibl. 975 toi. 154—159 s. XIV. ex. Anfang wie die Königsberger. 3. Ganz verschieden ist, obv\ ohi gleichen Charakters, ein Werk mit dem Anfange: 'Jnste. Nota mulieribus non esse concessum officium iudicandi III. q. VII. §. trin [dict. Grat. post. c. 1.]. Motus judicis in veritate tantiim, non in superficie postulantis subsistit, ut I. q. I. Mareion. Item qui exercet justitiam, deum se ostendit diligere, et sie per exteriora intelliguntur interiora: infra de sent. excom. n nobis .' 111., XLI. Di. §. ult. Item qui alterum iudicat, deum iudicem suum prae oculis habeat: C. de jiid. rem non novam. Item qua men- sura mensi fueritis, remetietur vobis. Item de officio et potestate nostra deo sumus rationem reddituri.' Handschrift: Wien, Hofhibl. num. 2080. fol. mbr. s. XIV. fol. 134" — 138' (hört auf in c. 27. de jurepatr. III. 33.). 2. Notabilia Pauli Ungari ad II. et III. Comp. 4. Der Cod. ms. 975 miscell. ») der Leipziger Universitäts- bibliothek enthält fol. 209"— 216' mit der Überschrift der gleichzeiti- gen Hand des XIV. Jahrh. 'Incipiunl notabilia secundarum' und dem 1) Dieser und die beiden folg. (ron Laspeyres p. LH. nota 106 nach einer Mit- theiiung von Maassen angefüiirt) haben den Anfang des Königsberger in der vorherg. Anmerkung. 2) Derselbe, aus dem A. L. Richter (de inedita «lecretalium colleetione Lipsiensi. Lips. 1836) die ^collectiü Läpsiensis^ beschrieben hat. Dieser Codex enthält auch, wie Richter schon p. 2. nota 6 angab, fol. TQ*" — 96' von einer Hand des XIV. Jahrh. die dist. Lamhertini de Ramponibns zum Dig. vetus, deren Existenz v. Savigny auch in der 2. Aufl. nicht kennt. Der Codex beginnt: Mncipiunt distinctiones ff. veteris per lamhertum. U e vivi in ti. ff. de iusti. et iur. numquid sit licitum judici desistere, dist.' an iudex infert sibi violen- tiam iuste, an iniuste,' 'expliciunt distinctiones ff. veteris.' — fol. 96' — 113 s. XIV. die dist. Codieis desselben. '^Incipiunt distinctiones codicis de Summ^ t. et fi. c — a. Si quaeratur si fiat aliquod statutum in civitate ista, an advenae ligen- tiir hoc statuto.' 'expliciunt distinctionis codicis domini lamherti.' Dasselbe Werk habe ich (Iter Gallicum p. 475) im Cod. 329 der Stadtb. von Chartres mit des L am her tu s Namen gefunden, so dass wohl kein Zweifel mehr obwalten kann. h 5 4 V. S c li II ! t. e Schlüsse 'Exjiliciunt iioUibiiia jL»«^^/^ ein Werk dieser Art über die 2. und 3. roiiipilatio aiitiqua. Da aus .lohaiiues Andreaei) die Zusainmeustelluiig von Notahiiia durch Paulus Ungarus zur Comp. II. und LH. bekundet wird, diese selben Notabilia uns auch in anderen älteren Handschriften begegnen, so darf wohl die Autor- schaft des Paulus mit Sicherheit angenommen werden. Die zur Comp. II. fangen an: De rescriptis. Praeterea. Nota, quod non possumus iudicare de facto nisi plene intelligamus. Et est contra iudices, qui repente procedunt. Item nee respondere quaestioni, nisi totam audiamus: Et est contra scolares, qui prius respondent, quam eis opponatur. Item nee respondere legi vel canoni, nisi prius inspiciamus. Et est contra magistros, qui respondent, ante- quam inspiciant vel sciant. Cum ord. Nota, quod non valet rescriptum, si non fiat ibi mentio ordinis vel dignitatis. Accepta. Nota, quod non debet causa remitti ad eum, a quo est appellatum, nisi utraque pars consentiat.' 5. Anfang der Notabilia III. ' Devotioni etc. Nota, quod tituli decretalium sunt autentici. Item bulla vel sigilluni praestat auctoritatem. Cum omnes etc. Nota, contra malos campsores, qui malus pondus habent ad accipiendum, et minus ad dandum. Item constitutio in praeiudicium absentium et futurorum non potest fieri. Item iu praebendis percipiendis aequaliter vel inaequaliter, totaliter vel particiilariter consuetudo ecclesiae de- bet observari. Item duae regulae: quod quisque etc. et patere le. etc. Item si fuerit consuetudo, quod omnes pariter et aequaliter habe- ant praebendas, et si est immutatum, debet reformari.' Diese Notab. zur Comp. II. stehen noch in der Handschrift von : Angers, Stadtbihl. 361. Die Notab. zur Comp. HI. hat auch die Handschrift: Angers, Stadtbihl. 361. Ob eine der anderen Formen zur Comp. I. und IL, und welche, Bernardus Comp. ant. angehört, vermag ich nicht zu sagen, da ich bisher in keiner Handschrift seinen Namen bei ihnen gefunden habe. ') Adiiitio ad Guil. Diirantis S[ie(iiluiii. Prooemium: quia Pallium Un {ja null, qiii notahiiia secundae et tertiae eumpilatioiiis ordinale collegerat. iioii expressi. . . . B er n a r (i II s C o ni p o s t e I I a !i US, qiiia ikhi diu vij^iiit siia compilatio, non haliemus, ijuod iliani glossavit, sed ley^erat iluas prinia.s coiiipilatioaes et apostillas dederal super illis.' Literatargeschichte der Compilationes antiquae etc. OÖ 6. Andere Xotabilia zur Comp. II. Praeterea. QuaesiTi't Aiiconitanus episcopus, quid esset facieii- diim de lege, quam cives sibi statuerunt, seil, iif siqiiis etc. Cum lex illa jui'i communi eontradicat, dicit papa, quod respondere non potest, donec illam legem videat, vel aliter probetur, eos ita statuisse.' Leipzig, Univ. 975 fol. lo9 — 164' s. XIV. Fulda, D. 10. fol. mbr. s. XIII. auf XIV. ehemals Wein- garten, neuntes Stück. Pmeterea. Cives iücointam [inci.insuetarn?] L'on>titutiniiem edi- deniiit. 'Königsberg num. 37. 3. Zur Comp. TII. 7. Dei'otioni. Scribit magistris papa et scolaribas. ut utsintur istis decretalibus tarn in scolis, quam in iudiciis. Cu/n otnnes. Trecenses canonici duas constitutiones fecerunt.' Leipzig, Univ. 973. fol. 164* — 170' s. XIV. (Incipiunt casus tertiarum'). 8. Eine andere Form beginnt: Cum ortmes. In prima pjirte istius capitiili reprohatur invidia et commendatur aequalitas. Fulda cit. Cod. D. 10. zehntes Stück. 4. Zur Cu mp. IV. 9. ' Firtniter. In prima parte liieitur. quod credere debemus et confiteri umim deuni incommutabilem.' 'Königsberg num. 37. 10. ' Firmiter. Primo dicitur, quod debemus credere, quod unus est deus et tres personae et unus Creator omnium etc. Leipzig, Univ. 973. fn! ITO — 172' U^'^cipiunt casus quartae compilationis'). 11. Ähnlich eine etwas anders beginnende Form: ' Firmifer. Dividitur c. in tres partes.' Fulda, cit. Cod. D. 10. eilftes Stück. 3. Zu mehreren. 12. Solche gibt es zu den drei ersten in der Handschrift: Berlin Staatsbibl. cod. ms. lat. fol, 231 s. XIII. ine. fol. 122' — 19o'" (nach dem Breviarium Extravagantium). B;ild fiithält sie 56 V. S c h u I t e unter dem betreffenden Titel Excerpte nur einer, bald von zwei, bald der drei. Sie ist defect und beginnt im Tit. de electionibus. Am Rande stehen Glossen bis foi. 133% welche meist mit Jud' bezeich- net eine kurze Darstellung des Falles (Casus) enthalten. Von fol. \ZT ab stehen nur einzelne Glossen zu Kapiteln der (^omp. III. mit den Sigeln Jo. (Johannes Galensis). F. 196 fg. enthalten zwei Titel als Nachträge. Lyon Stadtbibl. num. 271 (411) s. XIII. Diese fängt an: 'In nomine s. trinitatis incipiunt exceptiones decretalium trium compilationum, quarum prima incipit juste, secunda praeterea, tertia devotioni. anno pontificatus domini Inno- centii III. XIII. Ex concilio Meldensi. Ex const. Canones ab omnihus letzte: de privil. simili modo. 13. über die Verfasser dieser Notabilia oder Apostillae ist es schwer ein liestimmtes Urtheil zu fällen. Da Johannes Andreae den Anfang bei keinem mittheilt, dies auch nicht von andern geschieht, so viel mir bekannt geworden, so war es lediglich dem Zufalle zu danken, dass bei Paulus eine Handschrift dessen Namen hat, diesen als Verfasser zu bestimmen. Die Namen der übrigen zu eruiren ist mir auch aus Glossen nicht gelungen, da diese nach der Natur der Sache nicht diese Apostillae, sondern die Glossen zum reinen Texte benutzen. Soviel aber geht aus jener Mittheilung hervor, dass diese Art von Schriften zu der ältesteten Decretalenliteratur gehören. Das beweist auch der Berliner Codex, welcher unzweifelhaft den ersten Decennien des XIII. Jahrhunderts angehört. II. Casus. Diese Sammlungen treffen zum Theile mit den vorhin beschrie- benen zusammen und gehen zurück auf den Verfasser des Breviarium Extravagantium Bernhard von Pavia. 1. Casus Bernhardi Papiensis >). 14. Diese Casus bestehen nicht blos in der Aufstellung von Rechtsfällen bez. Angabe des Casus der Decretale, sondern auch in •) Laspeyres Bernaudi Papiensis . . Summa Decretalium. Ratisb. 1860 pag. XLIX. sqq. beweist die Autorschaft Bernhard'» und theilt p. 327 sqq. eine Anzahl mit unter synoptischer Mittheilung der entsprechenden des Riohardiis Änglicus. Literaturgeschichte der Compilationes natiquiie etc. O i Aufstellung von Rechtsfragen, Hervorhebung einzelner praktischer Anwendungen der ausgesprochenen Sätze u. dgl, m. Für die prakti- sche Gestaltung des Rechts sind sie von grossem Werthe gewesen. Handschriften: 'Frankfurt a. M. vol. 43. (Laspeyres pag. XLIX.). Berlin cod. ms. lat. fol. 350 s. XHI <). Leipzig, Universitätsbibl. Cod. 984., mbr. fol. s. XHI. drittes Stück fol. 67 — 89\ Zum Schlüsse genau wie im Berliner Haec vobis etc., dann dieselben Verse. Fulda ÖfFentl. Bibl. D. 5. (unten §. 40,) 2. Casus Ricardi Anglici. 15. Sie haben zum Theil mit der ersteren eine grosse Ähnlich- keit, sind jedoch kürzer und selbstständig, ja auch älter, als die Bernhards, der sie vor Augen hatte a). Handschriften : *Mü neben num. 16083 (S. Nicol. Pat. num. 83. Laspeyres I. c. pag. XLIX.). 1) Dieser Laspeyres unbekannte Codex enthält die Summe Bernhards von Pavia verbunden mit den Casus. Regelmässig- (nur als tit. 3. 1. 1. stehen hlos die casus, ebenso als 4. de elect., darauf nach dem tit. de elect. kommt die summa de cons. und de elect., so dass wohl ein Versehen des Abschreibers vorliegt) steht erst die Summe, dann folgt ohne jeden Übergang der casus. Der Codex ist sehr werthvoll und hat oft entschieden bessere Lesarten als die Ausgabe. Nach der Vorrede steht die Einleitung der Casus: flores apparuerunt-postulala. Tit. I. heisst es: 'Aux. deo de const. ecelesiasticis tractaturi.^ Der Schluss lautet: Haec vobis, dilectissimi, a nostra insufficientia in mensa vestrae propositionis post pri- miim decretalium et secundum summae, tertium ferculum hilari vultu de proterva nostrae paupertatis oblatum solita benignitate sumatis ut et vos nobiscum divinae bouitati de universis beneficiis suis gratias iudesinenter agamus. Flavia cepit opus consummavitque Papia, Contulit auxilium de coelo summa sophia, Corrigat haec dicta nee sit dilectio ficta. Ob tres res gestas tibi gloria trina potestas.' Die tres res sind : Breviarium, summa, casus. Sicher ist die Handschrift eine der interessantesten aller bekannten. ^) Dies beweist die von Laspeyres p. LI. nota 99. mitgetheilte Stelle Bern- hards, worin dieser (Glossa ad c. 2 Legchatur de maj. et ob. 1. 25.) sagt: Ma- gister R. sie ponit casum.' Im herrlichen Codex Fuld. I). J>. steh* dazu eine nicht signirte (ilosse, die das inhaltlich, nicht wörtlich, enthält, was als Richards Fall angegeben wird. 58 V. S c h II I t. e ^Venedig St. Markus niim. 25. (Bliihme pag. 14.). 16. Die Zeit der Entsteh »ing lässt sich für diese Casus bis zu einem gewissen Grade feststellen. Ich habe in der Abhand- lung über 'die Compilationen Gilberts und Alanus' [Sitz. -Berichte LXV. Bd., Seite 22] gezeigt, dass Bichardus bereits citirt wird in einer Glosse zur Comp. Gilberti, welche gewiss dem Anfange des XIII. Jahrhunderts angehört. Da nun diese Glosse die der Comp. I. kennt, letzere aber wohl bald von Bernhard selbst glossirt wurde, Bernhard 1213 starb, so dürften die Casus des Richardus zu dessen früheren Werken zählen und noch dem XII. Jahrhundert angehören. III. Quaestiones. 17. Von solchen finden sich mehrfache. Eine Sammlung ent- halten folgende Handschriften : Ba mb erger kön. Bibl. mbr. fol. P. II. 4. saec. XIII von fol. 23—39 in 2 Col. zu je 7Ü Zeilen. Leipzig Universitätsbibl. 984. von fol. 90 an, s. XIII. mit dem Anlange 'Incipiunt Quaestiones.' ^Königsberg Univ. Bibl. num. XXXVI. Da ich vom letzteren Codex nur den genau mit den anderen timmenden Anfang kenne. Cod. Bamb. sehr vollständig ist, lege ich diesen der Beschreibung zu Grunde. Anfang: 'Sancti spiritus assit nobis gratia.' 'De quaestionibus decretalibnstri\ctütüv\ ad cursum loquentis expeditiorem etaudientium intelligentiam faciliorem eas utile duximus sub tripartita coUigere distiuetiune: prima continet quaestiones ad ordinem judiciariuni pertinentes, ir decretales meras ad ministros altaris et ministeria spectantes, IIP matrimoniales. In prima igitur distinctione, (|uae ordinem judiciarium tangit. eo ordine quaestiones quaestionibus continuemus, quo in quotidianis judiciis successive de facto solent proponi. Sed quia in omni negotio instituendo qui adversarium vult convenire ad maiorem cautelam lescripto summi pontificis partem suam consuevit munire, ideo de rescripto praemittimus, fingentes aliquem spoliatum , qui ad postulandam restitutionem rescriptum summi pont. ad judicem delegatum deportavit. Sciendum ergo esl, quod multa sunt, quae rescriptum summi pontificis impediunt: quia Literatui'yeschicht«' der Corapilatioiies antiquae etc. Ö J* falsitatis obiectio, veritatis suppressio, si iuri commuiii sit conirarium, si in eo sit erratum, si circa personam sive officium sive circa rem, sive circa causam, vel si posterius t'uerit impetratum non habita men- tione prioris, si non fuerit bullatum. De singulis ergo capitulis videa- mus. §. De primo quaeritur, si adjectum sit sen. an eo probato exspiret judicis iurisdictio, et videtur, quia sub hac conditione: si preces veritate nitantur, committitur jurisdictio, ut XXV. q. II. universa , immo semper subintelligitur , etiam si non apponatur, ut extra de rescriptis ex parte. Sed hie non subest conditio, ergo exspirat jurisdictio. . . .' Die Sammlung enthält äusserlich keine Abtheilung nach den drei Theilen; die einzelnen Erörterungen werden mit dem vorher- gehenden verbunden durch Übergänge als: Traemisimus de rescripto; si ergo in r. nullum praedictorum impedimentorum invenitur, eins auctoritate restitutio efficaciter potest peti. Sed quoniam multa sunt, quae restitutionem pnssunt impedire, videamus, quae sint illa, ut sie perpendatur, an iure restitui debeat'; 'Restituta possessione potest is, qui spoliator fuit, a quovis accusari. Sed quoniam criminum qnaedam sunt occulta, quaedam manifesta, item q. manif. q notoria, q. non adeo nota vel certa, de notoriis primo videamus; 'praemisimus de not., videamus de occultis'. Ich gebe im Folgenden die behandelten Materien nach den Abtheilungen der Einleitung an nach selbst gemachten der Sache und dem Werke entlehnten Rubriken. I. Quaestiones judiciales. I. de rescriptis. 2. de restitutione spoliatorum. 3. de crimini- bus notoriis. 4. de occultis. 5. de maniiestis non notoriis. 6. de excomiiiunicatione. 7. de transactione. 8. de sacramento calumniae. 9. de iuramentis. 10. de accusationis forma. 11. de infamia et infa- mibus. 12. de purgatione. 13. de testibus. 14. II. Quaest. ad ministros et ministeria spect. 1. de symoniace ordinatis. 2. de haereticis. 3. de sacramento eucharistiae ab haereticis ministr. 4. utrum haeretici habeant potes- tatem ligandi et solvendi. 5. de clavium potestate. 5. de episco- pali electione et ordinatione. 6. de continentia. 7. de regulis aposto- licis oportet episcopnm esse sine criniine. de criminosis non ord. 8. de bigamis non ordinandis. 9, n. 10. 11. de vita et honest, cleri- corum. als Theil des tract. de irregularitate: |2. de servis non ordi- 60 V. Schulte nandis. 13. de electione. 14. de iure patronatus. 15. de consecra- tione episcoporum et ordinatione clericorum. in. Quaestiones matrimoniales. 1. Dejurenaturali. 2. deprohibitionibus. 3. desponsalibiis. 4. De matrimonio: quid sit, quae de substantia sint m., quae impediant m. 5. de matr. rato. 6. quaestiones speciales. 7. de divortio. 8. de im- pedimentis matrimonii. 9. de cognatione spirituali. 10. de cogna- tione legali. 11. de consanguinitate et affinitate. 12. de dispari eultu. 13. de eiTore. 14. de errore conditionis. Darin hört das Werk auf ohne Schlussvermerk mit den Worten : 'Nobis autem videtur, com- munes esse debere.' Als Beleg der Methode gebe ich eine der kürzeren, die de jure patronatus, 'Praemisimus de electione episcopi, cuius electionis libera cleri est, ctim in episcopali ecclesia necessario haheat ius patronatus. Ceterum cum in monasterium jus patronus habeatur, poterit patro- nus vacante abbatia cum fratribus eligere, ut XVIII. q. II. nbbates. In ecclesia vero parochiali patronus solus eligit ut XVI. q. VII. decrevimus. De hoc jure patronatus quaeritur, utrum sit spirituale vel corporale vel mixtum. Spirituale non videtur, quia per succes- sionem transfertur ad heredes sanguinis, ut XVI. q. ult. quicunque filiis, at spiritualia non sunt successiva ut VIII. q. I. Moyses, aposto- lici licet sig°. Item corporale non videtur, quia patronatus ius ad quoslibet potest transferri, quod non contingit de jure patr. Mixtum non vide- tur, quia si, patronatus jus posset vendi sicut cetera jura ecclesiastica utpote praedia et huiusmodi, quae sunt corporalia et ecclesiastica. Item si esset mixtum i. e. seculare et ecclesiasticum, possent prin- cipes statnere, ne laici de cetero in ecclesiis haberent jus patrona- tus, sicut potest statuere, ne praescriberet contra ecciesiam, et jus praescriptionis similiter jus mixtum dicitur. Quid ergo? Solutio. Dicatur, quod est mixtum ecclesiasticutn, seil, quod de ecclesia habetur et pendet, unde non transit ad extraneas personas sicut et privatum , quia privilegiatae personae competit. Unde transit ad successores sanguinis, ergo cerporale. Sed nee aliquando ad omnes patronatus jus transfertur. Est et spirituale, sed non de [offenbar eine Lücke], alioquin ad nullos omnino transiret nee est simile de praediis, cum il!a licet sint ecclesiastica proprie tarnen corporalia et passim subjacent venditioni, quod de jure patronatus non contingit. Non Literaturgeschichte der compilationes antiqnai.- etc. O I est siniile de praescriptione, qiuie licet circa spiritualia nonnumquam versetur, luinquam jus spirituale licet ecclesiasticiim potest censeri, et cum jus praescriptionis originem traxerit a jure forensi jus patro- natus a mero sacro, unde, licet princeps circa praescriptionem aliquid possit immutare, nou tarnen circa jus p. aliquid potest statuere vel secundum seil, jus patro. Et verum est spirituale nee de mero pate. sed duntaxat ex dispeusatione canonum est, quod defertur per suc- cessionem. Quicquid ergo de jure p. quoad laicos in canonibus reperitur dispensatione indultum ex gratia canomim dicatur. ut XVI. q. V. c. 1. Casus ergo in canonibus reperti teneantur; novi non introducantur cum ex dispensatione regula fieri non debeat, nee dis- pensatio ad consequentiam trahenda ut XXIII. q. II. in adolescentin. Ar. di. XXXIIII. lector. Item quaeritur, utrum j. p. vendatur? Quod si universitas venda- tur et j. p. transit, ut in extra, de jure patro. cum saeculum. Ergo ex vendito potest possideri, ergo potest vendi. Econtra res est spiri- tualis vel spirituali annexa. ergo non subjacet venditioni ut I. q. III. si quis obiecerit, in extra, de j. p. ad aures. Soliitio: licet transeat occasione rei venditae, non tarnen vendi potest per se instar fund» dotalis. Item filio patroni instituto ad praesentationem patroni, quod lieitum sit ar. III. q. II. quisquis, di LXXXVI. nou satis; quaer, si ad ipsum devolvaturj.p.patre mortuo cumbonisbereditariis? utrum possit retinere et videtur, quia ecclesia juste adepta non potest privari utXVI. q. VI. imminentem. Item bereditate privari non potest. Item non est novum quod semel utiliter etc. ut C. de reg. jur. non est novum; ar. di LV. praecepta. E contra boc solum religiosis conceditur, ut uti possint temporalibus et habere j. p. ut in extra, de j. p. pat. [muss heissen de cetero. nämlich c. 23.]. Item isti sufficiant bona hereditaria, unde si percipiat ecclesiastiea, sacrilegium incurrit, ut XVI. q. I. c.° ultimo in fiiie, I. q. III. clericus pastor. Sed posito ipsum dum esset in minoribus ordinibus de legitimo patrimonio vivente patrem suscepisse filium et maxime vel uxore mortua ut dictum est ad praesentationem patris fuisse institutum et mortuo patre ipsum habere bona hereditaria cum jure p. et ecciesiam, quaer. utrum assignata ecclesia possit episcopus fieri, immo dignum et inhibitum ad eius praesentationem instituere, et utrum cum sit de legitimo niatr. nalus, et digiius quare repellitur. Contra videtur quod repelli debeat. 62 V. S e li u I t e tarnen ne iterum fiat cont'nsio patroni et et ecciesiae tarnen quia edictinn de filiis sacerdotiini post patres institiiendis videtur esse generale tarn de filiis natis ex legititna conjunctione quam de siis- ceptis ex fornicatione. Solntio. Ad primum dici potest. eam ecciesiam de consilio resignare debere, licet de stricto jure ad hoc cogi non \ possit. Ad secunduni dici potest. esse repellendum, ne videantur ec- clesiastica esse snccessoria, ut VIII. q. I. apostolica nani generale videtur illud edictum, ut in extra, de ordinat. si sa. Item quaer. si duo ditaverint, utrum alter plus juris quam alter in j. p. habere possit. Et videtur posito quod alter in majori abun- daiitia contulit qoam reliquus, uterque tamen ad sufficientiam. Ecce uh-ique est acquisitum j. p. ditatione, alter magis ditavitquam reliquus ergo plus juris habet. E contra res est spiritualis ergo sectionem non admittit ut XX. q. I. quia si alter, ergo plus juris habere potest quam reliquus. Solutio. dici potest neutrum plus altero juris habere et ita j. p. ab istis habetur quod a neutro licet non obstet dici ab utroque haberi in solidum neutrum tamen per se posse praesentare. Similiter dicatur de eo quod quaer. si civitas ecciesiam fundet, quod ibi iiullus civis est patronus, sed tota universitas, ar. XII. q. II. quae mannmit- tmitur. Item quaer. utrum j. p. inter heredes possit dividi, puta si plures sint ecciesiae ut singuli singularum sint ecclesiarum patroni. Et videtur, quia fiat distributio praediorum, simul cum praediis tran- sibit j. p., persimile eius quod dicitur de universitate vendita ita et hoc satis potest concedi. Sed numquid jus simplex potest dividi non facta divisione praediorum ? Non videtur nam jus privatae personae conferri non potest ut XVL q. VII. nemini. In moiiasterio jus simplex conferri potest ut in extra de j. p. illud. Sed nonne patronus praedi- um retento sibi patronatu potest alienare ! Resp. j. p. simplex ab aliquo privato haberi potest, fieri autem non potest sicut mancipium christianum in dominio gentili esse potest. Item quaer. utrum clericus de manu laici beneficium adipisci possit ecclesiasticum? Non videtur^ ut XVI. q. VII. qnoniam, ubi excommuniciitur talis, c. si quidem episcopiis, ibi deponitur talis. E contra videtur quod talis se tueri possit si longa l'uerit praescriptione munitus ut in extra de j. p. cum pastorali, sed directo videtur nulla praescriptione se posse tueri. Constat enim in hoc casu iniuste fuisse praescriptionis exor- diuni. Nulla ergo praescriptio in hoc casu locum habet ut XIII. di. xc. III. di. ilhid et di c. contra morem XXXII. q. V. quidam. Solutio. Liternturg-eschichte der conipilationes anfiquae etc. 63 t er an: Joh. Gal., Hugo Ferrar. Episc. Bern. Comp., sagt dann aber ausdrücklich: gezeichnete Scholien habe er nur gesehen von Vinc, Tan.. Alan., Laur. und manche ohne Siglen, die er Joh. Gal. zuschreilie. Zur Comp. 111. halie er nur die- selben Namen gesehen, Joh. Andr. nenne aber auch als interpres den Paulus Hungarus (dies isi ungenau). Zur Comp. IV. habe er nur Joh., Jacob., Rob. oder Rog. gelesen, es werde aber auch Vinc. angegeben. Die Comp, V. habe Jaeobus Albanus giossirt. Somit stimmen des Ant. Aug. auf eigene Keuntniss gestützte Angaben mit meinen Forschungen, die auf J o h. Andr. und Üurantis gestütz- ten sind Folge einer ungenauen Leetüre. 74 V. S c h u 1 t e bracht wurde, ja dass gerade die Bibliotheken zu Bologna sehr wenige ') alte Handschriften besitzen. Ein Umstand ist bei dieser Untersuchung von Bedeutung. In den meisten Handschriften kehren dieselben Glossen mit denselben Siglen wieder. Das deutet offenbar darauf hin, dass sich allmälig vor Entstehung der Compilation Gregors IX. ein stehender Apparat zu den einzelnen Comp. ant. bildete. Denn dass nach Entstehung der Gregoriana eine Comp. ant. noch bearbeitet worden wäre, ist gegen positive Nachrichten 2) und widerspricht der Natur der Sache. Alle Handschriften sind also otTenbar Abschriften von solchen aus der Zeit vor 1234, oder sind, was bei verschiedenen zutrifft, älter. Auf Aufgaben dritter nach Handschriften nehme ich nur insoweit Bücksicht, als die Art und der Zweck der Mittheilung eine Gewähr bietet für eine wirkliche Untersuchung der Handschrift. Selbstverständlich beweist eine nicht signirte Glosse, sobald ihr Inhalt als solcher genau durch sichere Glossen anderer Verfasser einer bestimmten Person zugeschrieben wird. Damit habe ich die Grundsätze für meine Untersuchung dargelegt. II. Die Handschriften 3). 27. Ha n d s c h r i f t e n der C 0 m p i 1 a t i 0 p r i m a m i t Glossen: ') Dies ergibt z. B. der Katalog von Bluhme. Es erhellet dasseliie aus dem bei Sarti App. pag. 214 sqq. und v. Savi gny III. S. 649 ff. abgedruckten Verzeich- niss der Stationarien, worin nicht viele alte Werke vorkommen. 2) Joh. An dreae. 3) Bei den von Bluhme Bihl., — im Cataiogue gen. des manuscrits des de'p. (mit der später hervorgehobenen Ausnahme), Hänel Catalogus, — Bandini Catal. Codd. Laur. u. a. aufgeführten Handschriften ist jede Bezugnahme auf Glossen unterblieben, oder doch so ungenau, dass es überflüssig ist, darauf Rück- sicht zu nehmen. Eine grosse Zahl von Handschriften der Comp. I. und auch der anderen haben keine Glossen. Sarti gibt mehrmals (z.B. bei Vi n c en t i u s 1. p. 3443 an, er habe Handschriften mit der Glosse dieses oder jenes im Vatican u. dgl. gesehen, ohne die Handschrift zu bezeichnen. Ich beabsichtige hier nicht, die mir bekannten Handschriften mit Glossen aufzuzählen, sondern nur jene, welche ich zum Theile einem sehr eingehenden Studium unterzogen habe; genau habe ich alle eingesehen. Es möge hier noch die Bemerkung Platz finden, dass gegen- über der Ausgabe mapehe Handschriften z. B. die Trier. Fuldaer u. s. w. Ver- schiedenheiten in der Zahl, Stellung der Capitel, Inscriptionen u. s. w. darbieten. Literaturseschichte der CompihUioiies ;intiquae etc. Tu 1. Berlin i), Staatsbibl. num. 23i. (unzweifelhaft aus dem ersten Anfange des XIII. Jahrh.) fol. 1-119 b. 2. Melk, Stiftsbihl. F. 33. mbr. fol. s. XIII. 3. Toulouse, Stadtbibl. B. 36. mbr. fol. s. XIII. 4. Angers, Stadtbibl. num. 362. mbr. fol. s. XIII. o. Chart res, Stadtbibl. num. 33 o. mbr. fol. s. XIII. 6. Chartres num. 462. mbr. fol. s. XIII. ex. 7. Bamberg P. II. 7. fol. mbr. s. XIV. 8. Bamberg P. II. 10. fol. mbr. s. XIII. 9. Bamberg P. II. 6. fol. mbr. s. XIIl. 10. Bonn (Bibl. Böcking's). fol. mbr. saec. XUI. 11. Trier, Stadtbibl. Nr. 864. mbr. fol. saec. XIII. 12. Halle, üniversitätsbibl. Ye 80., fol. mbr. saec. XIII. 13. Halle, Univ. Bibl. Cod. mbr. fol. Ye o2. saec. XIV. Dem Bre- viarium gehen vor und folgen nach allerhand andere Stücke. 14. Leipzig, Universitätsbibliothek Nr. 983., fol., mbr. saec. Xni auf XIV. 15. Dieselbe Bibl. Num. 968. fol. mbr. s. XIV. 16. Fulda, Öffentl. Bibl., D. 5., mbr. fol., saec. XIII. auf XIV. (ehemals Weingarten gehörig), 17. Fulda, D. 6., in 4», mbr. s. XIII. (ehemals Weingarten gehörig). 28. Um nun zunächst den allgemeinen Überblick zu verschaf- fen, stelle ich die vorkommenden Siglen zusammen mit Angabe der Handschriften, in denen sie vorkommen, nach den obigen Nummern. A. a. al. ula. alunus: 1. 3. 4. 3. 6. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 17. B.: b. h\ he (8): 2. 3. 4. 7. 8. 11. 12. 13. 17. Jo.: 1. 10. L. L: 1. 2. 3. 4. 8. 9. 10. 11. La. la. ra.: 6. 9. 10. 11. 13. Lau. laur.: 2. 4. 3. 6. 8. 10. 11. 17. R: 1. 3. 11. 17. R.: 1. 2. 4. 3. 6. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 17. ') Vergl. (ins oben Cap. I. S. öo Gesagte. Ich füge hinzu, dass die Folge der Capital gegenüber dem Abdrucke von Aiit. Augustinus mehrfach abweicht. Z. B. im Tit. 36. L. V. fehlen e. 13, 14: im Tit. 37 folgen sie also: c. 8, 4, 3, 6, 7, 9— 12; 13. 14 fehlen. 76 V. Schulte V. vi. vhw. vn.: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 17. T. tan. tancr.: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 8. 9. 10. 11. 15. 17. or. 8. Den Apparat des Taiicred enthalten mit Sicherheit: 1. 3. 4. 5. 6. 8. 9. 10. 15. 17. Den Apparat des Vincentius enthält 14. Über jene, die des Alanus Apparat bieten, spreche ich dem- nächst besonders. 29. Handschriften der Compilatio secunda mit Glossen. 1. Toulouse (sub 27. uum. 3). 2. Chartres 355 (num. 5). 3. Chartres 462 (num. 6). 4. Bamberg (num. 7). 5. Bamberg (num. 8). 6. Bamberg (num. 9). 7. Bo nn (num. 10). 8. Leipzig 968 (num. 15). 9. Fulda D. 6. (num. 17). 10. Chartres 354, mbr. iol. saec. XIII. 11. Marburg, Universitätsbibl. C. 2., fol. mbr. s. XIII. fol. 1—71. 30. Die vorher angegebenen Siglen führen folgende Hand- schriften. A. 1. 2. 3. 4. 5. 7. 10. 11. ß. 2. 5. Jo. 7. 11. L. 1. 2. 3.4. 5. 7. 9. 11. La. 3. 5. 6. 9. Lau. 5. 6. 11. G. 3. 5. 9. 10. R. 3. V. 3. T. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. ac. 9. Den Apparat Tancreds enthalten die Nummern: 2. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 11. 31. Handschriften der Compilatio tertia mit Glossen. Literaturgeschichte der Compilationes »ntiqnae etc. 7T 1. Melk (sub 27. num. 2). 2. Toulouse (num. 3). 3. Chart res 3ö3 (num. 3). 4. Chartres 462 (num. 6). 3. Bamberg P. II. 7 (num. 7). 6. Bamberg P. II. 6. (num. 9). 7. Leipzig 983 (num. 14). 8. Leipzig 968 (num. 13). 9. Fulda D. 6. (num. 17). 10. Chartres 334. Siglen stehen in folgenden Glossen und zwar von: Jo. 2. 4. 6. 8. 9. L l. 4. La. 2. 4. 6. 8. 9. I««. 1. 2. 9. F. I. 2. 3. 4. 3. 6. 8. 9. T. 1. 2. 3. 4. 6. 9. .s«7. 4. 6. Den Apparat Tancreds enthalten 3. 6. 8. 9., den des Lau- rentius 2, des Vincentius 3. 7. 32. Handschriften der Compilatio quarta mit der Glosse des Johannes Teutonieus. 1. Chartres 333 (sub 27. num. 5). 2. Bamberg (num. 9). 3. Bonn (num. 10). 4. Leipzig (num. 13). 3. Fulda (num. 17). 6. Marburg C. 2. Dahin ist auch zu rechnen der Abdruck nach einem Codex von Palermo und Collationen solcher von Tarragona und Barcelona in der Ausgabe von Antonius A u g u s t i n u s i). 33. Handschriften d er Compilatio quinta mit der Glosse -): Chartres 462. Sie hat die Siglen Ja. Jac. la. ac. 1) Ausg. ßarcinone 1592 am Ende, ohne Foliirung; edit. Paris. 1621 pag. 797 sqq. Vg]. daselbst p. 733. 2) Chiron ins in seiner Ausgabe Praef. sagt, er habe keine Handschrift mit der Glosse des '^Joh. Albanus' gesehen, dem Job. Andreae sie zuschreibe. Dass die- ser .Job. Albanus nur ein Schreib- oder Druckfehler für Jacobus de Albenga oder Albing. sein kann, seheint ihm entgangen zu sein. 78 V. Schulte III. Die Apparate und Glossen der Compilatio prima. Wir besitzen die Glosse der Compilatio prima in einer Weise in alten Handschriften aufbewahrt, dass wir kaum einen Punkt der Literaturgeschichte deutlicher verfolgen können. Da nun die Be- trachtung der ältesten nothwendig bedingt ist durch eine genaue Kenntniss der sie enthaltenden Handschriften, und da es sich hier um ein gänzlich unkultivirtes Feld handelt, so muss ich mir erlauben, auf einige Codices und damit zugleich auf die verschiedenen Formen der Apparate genau einzugehen i). A, Codex Hallensis Ye. 80. 34. Der Codex der kön. Universitätsbibliothek zu Halle Ye 80.. mbr. fol. saec. XIII., enthält die Compilatio prima in einer eigen- thümlichen Gestalt. Auf dem unteren Rande läuft nämlich in Gestalt eines Commentars die Summa des Bernhard von Pavia, an dem oberen und den Seitenrändern sind Glossen zugeschrieben 2). Letz- tere haben nur die Sigien: b. b\, welche offenbar Bernardus bedeuten, oder gar keine; dieses ist bei den meisten der Fall. Es ist gewiss kein Grund, die signirten Glossen nicht Bernhard von Pavia zuzuschreiben, zumal der Codex gerade dessen Summe zu- gleich enthält. Dafür spricht auch, was Laspeyres bereits hervor- hebt, dass in den Glossen keine Decretalen von Innocenz III., sondern nur von Clemens III. und Co lest in III., aber fast nur mit dem Namen des Papstes, nicht als Citate einer Sammlung ange- liihrt werden. Denn daraus darf wohl mit Sicherheit geschlossen werden, dass das Original dieser Handschrift vor 1198 bez. vor Abfassung der Comp. III. und IL, d. h. vor das Ende von 1210 fällt. Ersteres, dass es vor 1198 oder doch in die ersten Regierungsjahre 1) Mit Rücksicht auf die im Laufe der Darstellung nöthigen Verweisungen früiier vorkommender Stellen numerire ich dieselhen für jeden Codex fortlaufend. ~) Laspeyres in seiner Ausgabe pag. XXXU. sqq. hat diesen Codex genau be- schrieben und pag. 323 — 326 die mit b signirten Glossen abdrucken lassen. Er führt auch die Citate der Glossen an, spricht über den Anhang und gibt den Cha- rakter der Glossen an. Mit Unrecht sagt er aber p. XXXV., die Siegle b. passe nur auf Beruh. Pap., da sie auch auf Bern. Compostell. sen. passen könnte. — Ich habe den Codex einem eingehenden Studium unterzogen. Literaturg-eschichte der coiiipilationes antiquae etc. 4 V Innocenz III. fällt, ist aus dem Grunde wahrscheinlich, weil bei der Wichtigkeit manclier Decretalen desselben deren Nichtbeachten kaum erklärlich wäre. Übrigens ist immerhin möglich, dass bei Ab- fassung bez. Zusammenstellung der Glossen schon eine Sammlung von Extravaganten, ähnlich dem Appendix dieses Codex, vorhanden war. Denn ein Citat ohne den Namen des späteren Papstes steht z. B. c. 1. qui clerici vel voventes mit den Worten: 'ut extra y er- venif, d. h. c. 6. de sent. excom. Compil. IL zu c. 3. de eo qui cognov. : e.vtra super eo quo d soll icitudo" . d. h. c. 1. I. IV. 7. Comp. IL, zu c. 2. de cons. v. quaestionem: 'in novella, u nobis ex parte ^A. contra', d.h. c.4. qui matr. accus. IV. 12. Comp. IL Gewiss aber existirte die bei Tancred, Laurentius u. j;. w. vorkom- mende technische Bezeichnung Liber II., III, noch nicht. Ja ich glaube auch daraus, dass nur extra nicht aber zugleich eine Rubrik citirt wird, im Hinblicke auf die sonst regelmässig befolgte Methode schliesseu zu dürfen, dass die Glosse mindestens vor eine irgendwie angenommene Sammlung, d. h. vor Gilbert fällt. Man darf sie also immerhin dem XII. Jahrhundert zuschreiben. Mit dieser Annahme stimmen die Citate, von Canonisten: Huguccio, Job. F a V e n t i n u s i), B a z i a n u s , Legisten : Bulgarus, Job. Bassia- nus, Albericus, Aldricus, Marti nus, da diese sämmtlich vor das Ende des 12. Jahrhunderts fallen. 35. Dass von den nichtsignirten Glossen manche Beruh. Pap. nicht angehören, hat Laspeyres bereits daraus bewiesen, dass sie denselben tadeln, ergänzen, geradezu anführen. Wem sie aber ange- hören, lässt er unentschieden. Gewiss ist nun, dass verschiedene Glossen angehören R. (Ricardus Anglicus). Dies beweist: 1. dass eine Anzahl derselben in anderen Handschriften die Sigle R. haben. So die aus dem Trierer Cod. 864. niitge- theilten zu c. 3. de rescr. v. in expensis ar. victum etc., die wörtlich bis auf einige Varianten steht, zu c. in cunctis de elect. v. 1) Laspeyres lässt unentschieden, ob Joh. Fav. oderTeut. gemeint sei, verrautliet aber das Erstere. Dies ist gewiss, weil die Stellen in der That in des Faventinus Summe stehen. Laspeyres begeht unzähligemalen den Fehler. Vermuthungen aufzustellen, z. B. selbst aus den Angaben in Haenel's Catalogus, der ja nur eine erste Örientirung bezweckt. Treffen auch solche zufällig zu. so sind sie doch absolut werthlos, wenn keine inneren Gründe dafür sprechen. 80 V. Schulte utputa factus est etc. Dies stimmt bei einer ganzen Menge. Niciit blos die Autorität des Trier'schen Codex bürgt dafür, sondern auch der Codex Ye 52. der Hallenser Universitätsbibl. bat einige, welcbe sowohl in ihm als in dem von Trier die Sigln R. haben, im Cod. Ye 80. aber ohne Sigle sind, z. B. zu c. ex multipHci 17. de decimis III. 26. V. quietnsl' Ar. quod rebus nondumhabitis possit quis renuntiare: ff. de acquir. he., is qid. Contra ff. de regulis juris, qui pot. Solutio, non potest quis renuntiare juri suo. antequam sibi competat. ut ibi. pacisci tarnen potest, ut hie et ff. de pactis, et heredi §. fdia [1. 21. §. 3. Dig. II. 14. Das Citat ist nur in Ye 80. richtig geschrieben]. R." Auch im Cod. Bamb. P. II. 6. hat diese Glosse die Sigle R. Im Cod. Fuld. D. o. ist die Glosse nicht signirt. das Digesten- citat fehlt. 2. Dass der Glossator in verschiedenen Stellen ein Werk von sich citirt, dies aber auf Richard us passt, wie die neben einander gestellten Citate beweisen : Glossa zu c. de peregrin. 1. de voto et voti red. v accepta: a) Nota hie compensationem voti ad melius admittendam, quod in di- plene notavi. quundo admittatur compensatio, di. LV. si evangelica . b) Zu c. 2. de accus, v. exiliuni; exilium distingue, utin summa distinctionum scripsi II. q. I. inprimis. Di LV. c. ult. com- pensatio habetur Richardi »J Distinctiones super decretis {Q,Oi\. Musei boheinici Pragae I. B. 4j. minoris mali ad malus malum. haec in di- ; versis personis pro- hibetur . . , in eadem permittitur u. s. w. ■ retrusionis , quando eertus locus ascribitur XVI. q. I. probrum etomnisalius negatur latae fugae quando eertus locus interdici- turetomnis alius con- cediturevagationis.. . circumscript. II. q. in primis di- citur exi- 1 lium <) Es genügt hier der Beweis der Autorschaft, weshalh ich die Distinctionen seihst mir andeute. Literaturgeschichte der Conipilationes antiquae etc. 81 c) Zu c. 3. de usui'is v. prohib. : 'Solutio nuiiquam praetextu boni est malum faciendum, et sie intelligo primum generale. Non potest autem dici malum quod fit canonis auctoritate tunc autem locus est coiiipen- sationi, sieut patet per haee contraria. Cum locus est dis- pensationi dispensandum est aut cum suadet pietas, cum publica necessitas, cum blan- ditur utilitas, quod verum est, nisi , dissuaserit enormitas commissorum, vel cautela fu- turorum, ut plenius distinxi I. q. VII. §. multorim [in dicto post c. S]. I. q. vn. multorum no. di- spensa- tionem facta m contra apostolum, qui dicit, decet omnem episcopum monoga- mum esse in archie- piscopo panormitano. contra jus naturale, ubi dicitur: vovete et reddite etc., XXXIII. q. V. manifestum, extra de voto et vo. red. magnae. contra statutum uni- versalis eccK, ut in spiritualibus prohibe- tur successoris de- signatio VIII. q. I. apostolica, sed con- tra VII.' q. I. petisti. contra canones apo- stolorum, quibus de- ponitur presbyter for- nicatus, sed contra prbr si for. contra evangelium et ius natur., quae prae- cip. decimas dare etc. contra IUI. principaiia ^ concilia . . . 36. Bei einer ganzen Zahl von Stellen lässt sich zeigen, dass der Autor der Glossen und Distinctionen derselbe Richardus ist. Das angeführte Citat in der Distinction zu C. I. q. VII. ist c. magnae 3. de voto et voti red. III. 26. der Compilatio tei'tia. Hieraus folgt, dass Richardus bei Abfassung der Distinctionen schon eine Sammlung vor sich hatte, in welcher dieses Kapitel unter den Titel de voto eingefügt war. Er citirt übrigens auch in seinem Ordo judiciarius Stellen der Comp. II. nach Titeln (z. B. c. 1. de fide instrum. ex literis quas 7iobis (Witte Programm v. 1851 Halle p. 33). Aber nirgends hat er den Ausdruck Liber II. oder III. Sitzb. d. phil -hist. Cl. LXVI. Bd. I. Hfl. 6 82 V. S c h u I t e Andere Glossei» ausser den mit seiner Siegle versehenen und von Laspeyres abgedruckten gehören an Alanus, wie folgende Daten beweisen: a) Im Cod. Ye o2 Halle steht 7a\ c. 3. de jud. : Hie expresse habetur, quod judex Ordinarius potest recusari. Quod verum est secundum canones, ut HI. q. V. quod snspecti, II. q. VI. placuit, et etiam secundum leges videtur, ut C. de jurisd. c. 1. Ar. contra. HI. q. IUI. §. offeratur, C. Imper. inter 1, 1. [C. quando imp. int. pup. III. 14.] A.' [In Bamb. P. II. 6. ist sie ge- ändert und t. signirt]. b) Im Cod. Ye 80. heisst es dazu: 'Ar, judicem ordinarium recusari posse: III. q. V. qvod snspecti, J. de appell.c. si in una (?), C. de jud., apertissimi [1. 16. CHI. I.], J. de foro c. V^, J. 11. q. VI. placuit, C. de jurisd. c. 1. iiento. §. Ar. contra, ff. ad munic. I. 1., tf. de legat. HI. si quando, C. si quac. praed. pot. 1. 1., C. quando imp. int. pup. I. 1., ff. de liberali causa si pariter. Solutio: dico cnrw Mar tino, ordinarium recusari posse, et mecum dicimt canones^ i). c) zu c. 15. de apellat. v. injectionem: Cod. Ye 52. 'supra XVH. q. IUI. si qnis snadente. Ar. contra. u hoc quod dicit g (gratianus) XI. q. HI. §. evidenter et contra Jo. et bar., qui dicunt, quod vapulator clericorum tantum communione sacramentorum privatur ipso jure, sed non communione fideliuni. et similiter contra eos est ar. infra c, proximum et c. proposuit. A.' Gerade so ist es in Ye 80 aufgenommen. d) zu c. 19. ibid. v. deferendum: Cod. Ye 52. Cod. Ye 80. 'Quam sie non admisit, secun- 'Quam si non adniiserit depo- diim canones deponitur, ut II. nitur, ut H. q. V. decreto, aut in q. VI. decreto, secundum leges bannis efficitur, ut C. de appell. XXX. pon. auri mulctatur, ut C. 1. a proconsulibus [I. 19 ibid.], AG^^^e\\.,quoniamjudices\\.%\. aut L. libris punitur, ut C. de C. VII. 62.], nisi sit casus, ubi episcop. aud. 1. IL, nisisit casus. 1) Ich halte nach der Art des Citirens für unzweifelhaft, dass hier nicht, wie Laspeyres p. XXXVUl. meint, ein Canonist M., sondern der bekannte Legist gemeint ist. Literalurpeschiehte der Compilationes antiquae etc. 83 appellatio vel i\ principe vel a lege vel canone appellare pro- liibeatnr; qui notari so- lent 11. q. VI, in principio; in quilnis casibu.s judex appellationi non defereiis non punitur, appel- latio tarnen quandoque tenet quantiim ad appellantem, ut infra invenies e. t. in eminenti. A. In Bamb. P. II. 6. verändert mit t. e) Zu c. 21. ibid. v. sua malitin: ubi lege vel canone appellare prohibeatur, ut ^w distmctione, quam posui II. q. VI.; inbibetur appellatio et quae etc.' Dies passt wieder genau auf Ricbard's Distinctionen [Cod. Prag. fol. 280"]. Cod. Ye 52. 'Nota quod non tenet appel- latio interposita ad fovendam ma- litiam manifestam. A. S. e cum Sit Romana, consuluit A.' Cod. Ye 80. [Bamb. P. II. 6.] 'Nota quod appellatio non tenet ad fovendam malitiam mani- festam interposita s. e. cum sit, consuluit et c. pervenit, c. prae- terea, qui ex quaerimoniis'. Im Trierer Codex 864 ist diese Glosse gez. R. Dass viele Glossen der beiden Codices sieb zu einander so ver- halten, dass der eine aus dem anderen geschöpft hat, ist unzweifel- haft, wie die folgenden Beispiele ergeben: f) Zu c. literas 2. de renunt. I. 5. v. absque nostra permiss. Cod. Ye 52. 'Hinc videtur, quod episcopus non possit transire ad religionem sine licentia papae : ar. VII. q. I. mtitationes. Quod quidam conce- dunt. Similiter nee canonicus regularis ad districtiorem religio- nem sine licentia praelati sui: ar. XIX. q. III. c. I. et II. Alii dicunt, quod licet: ar. XIX. q. II. duae, infra de trans. ad rel. c. I. et c. sane, et secundum eos hoc Cod. Ye 80. '§. Ar. quod non possit in- gredi monasterium sine licentia papae: VII. q. I. mutationes. Quod multi simpliciter fatentur. At ego credo, quod possit: ar. XIX. q. II. diiae, q VII. petrus poiestatem, infra de regulär, hinc c. quia consilium est, quod probo per verba hie posita rogandum et monendum etc. per verbum quietis et nq relaxari, infra de 84 V. Schulte regulär, trans. ad rel. sane in fine, \\\. q. I. sane.' Ye 52. 'Nota novum genus servitutis a canonibus introductum infra ti- tulo proximo de imbiüonibns [Brabanzonibus], siipra XX. q. ult. cum multum.' c. loquitur de consilio; vel noluit iste transire ad religionem, sicut nee ille, de quo loquitur praece- dens c. Similiter secundum eos illa c. XIX. q. III. c. I. et II. in- telliguntur de transeuntibus causa levitatis.' g) Zu c. 6. de judaeis V. 5. v. servos. Ye 80. 'Nota Servituten! de jure natu- rali introductam: di. XXXV. sexto §. item de jure gentium, ut infra di. I. ins gent. ■§. item de jure civili ff. a qiilb. ad libert. procl. non pos. I. 1. §. item de jure canonico XV. q. VI. cum multum. §. item jure decretali ut hie, in- fra t. I. de hraiban [c. 7. de Brabanzonibus^ ' Im Trierer Codex u. a. steht diese Stelle wie in Ye 80, aber noch vermehrt und am Schlüsse mit der Siegle Tancreds. In ßamb. P. II. 6. hat sie die Siegle vi. Wörtlich steht in beiden Handschriften gleichlautend unter anderen Stellen: hj Zu c. 43. de appellat. v. suspectum. (nach Ye 52). '§. Ar. iudicem ordinarium posse reeusari, ut supra de iud. c. III., III. q. V. quod suspecti. Quod verum est, et debet fieri in scriptis haec recusatio, ut II. q. VI. si quis in quaciinque Ute, et si absens fuerit iudex, qui recusatur, coram majori judice civitatis re- cusetur, ut C. de jud., cum spec, et potest fieri post acceptum libellum conventionaliter infra XX. dies, ut IUI. q. III. offeratur, sed infra triduura post recusationem compeliitur, arbitros eligere, ut C. de jud cum spec, apertissimi. Ä. Im Trierer Codex trägt diese Stelle die Siegle R, ebenso Bamb. P. 11. 6. ij Zu c. 2. de der. pugn. in duello V. 12. v. de presb.: 'Hoc Caput positum est et expositum supra de corpore vitiatis'. Diese Bemerkung iiat ebenso der Trierer. Literaturgeschichte der Compilationes antiquae etc. 85 Dass auch ausser den mit h. sigtiirten manche andere Ber n- hardus Papiensis angehören, halte ich nach der gleichen Methode für unzweifelhaft. Übrigens deuten darauf noch genauere Anzeichen. So heisst es zu c. 3. de institut. : ky 's. de officio archid. in summa was doch nur auf Bernhards Summe gehen kann. Gehören einzelne Glossen Bernhard nicht direct an, so sind sie doch nach solchen gemacht. So steht im Cod. Ye o2. zu c. 4. de clericis conjug. v. eccles. benef. folgende : ly s. di. XXXII. si qiiis vero. Sed illud locum habet, ubi eadem est consuetudo, ut in miiioribus ordinibus conjugati ecclesiae deser- viant, hoc autem locum habet, ubi non est illa consuetudo. 6'.' mj Im Cod. Ye 80. heisst es zur selben Stelle: 'Solutio (nach den Citaten), hoc distinguendum est secundum diversarum ecclesiarum consuetudinem'. 7iJ Zu c. 3. de cond. appos. ist eine Glosse am Ende gezeichnet 'R. J\ was auf Bichardus und Job. Galensis gehen kann. 37. Einige wenige Glossen mögen noch als interessant Platz finden. a) Zu c. 1. de sponsa duorum: 'Nisi mala consuetudo bononiae istud inducat, quae permittit, eum cum secunda manere, si primam non cognovit, sed secundam'. Hieraus ersehen wir also, dass die schlechte Gewohnheit, über welche Huguccio ad. c. 45. C. XXVII. q. 2. diet. Grat, klagt [diese Stelle ist abgedruckt in Maassen Paucapalea S. 22] sich auch noch am Ende des XII. Jahrhunderts erhalten hatte. b) Zu c. veniens (ult.) qui clerici vel voventes matr. contr. n. p.: 'Nota, quod votum siraplex multoties reperitur ut hie et supra c. prox. et di. XXV II. §. ult. Sed haec verba votnm solenne nusquam in auctoritatibus reperiuntur, unde pro Gratiani verbo ab Alexandro YOcatum est. simplex votum quod si per verba de futuro. Verba autem nostra referuntur ad usum: ut XXVII. q. II. genuit. c) Zu c. tanta est vis, qui fil. sint legit. : ' . . .Solutio. Magister Hugo dicit et bene, quod a solo deo habet potestatem in temporalibu.«: et papa in spiritiialibus, et sie divisa est 86 V. Schulte jurisdictio. Prius enim est imperator, quam coronam accipiat a papa, vel gladium ab altari, ut di. XXIII. legimiis; nam ante fuit Imperium quam apostulatus et ante imperator quam apostolicus'. Im Trierer, Bamb. P. II, 6. Codex trägt diese Glosse am Schlüsse die Sieglen Lan., worauf: Ego vero dico cum Ala, sicut ipse notavit supra de appellat. si duobus [die unten abzudruckende Stelle], quod imperator habet gladium a papa. Est enim unum corpus (iolgen die Gründe aus Alanus bis incl. Moyses, dann) . . . .praeterea index eins est dominus papa, quia electionem cotifirmat vel cassat ut extra III. de elect., per venernbilem, et etiam confirmatum deponit, ut XV. q. VI. alius. Et hoc totum invenitur expresse in quadam extrava. Innoc. III. in genesi [c. 24. Conc. Later. a. 1215 in c. 9. de elect. Comp. IV.] Est ar. contra in auten. quomudo oporteat epos, iniperium. Sed canon praeiudicat legi, f . B. Codex Hallensis Ye 52. 38. Der Codex der Universitätsbibliothek zu Halle Ye 52. enthält ausser auf wenigen Seiten durchgehends nur am obern Rande und zu beiden Seiten Glossen, der untere sehr breite ist leer ge- blieben, so dass mir scheint, man habe, wie im Cod. Ye. 80., beab- sichtigt, die Summa Bernhard's herzuschreiben. Die Glossen enthalten den vollständigen Apparat des Alanus. Es ergibt sich das daraus, dass so sehr fast alle Glossen, welche nicht blosse Citate sind, mit den Sigeln A. al. ala. gezeichnet sind, dass die nichtgezeichneten dagegen verschwinden. Die Vollständigkeit des Apparates wird durch die Schlussworte bewiesen: 'Benedicamus dno. Alleluja. A. A. deo dicamus gi-atias' viermal. Der Apparat be- rücksichtigt im grossen Ganzen alle Capitel gleichmässig. Inhaltlich umfasst er zunächst eine Masse von Glossen, die lediglich Citate aus dem römischen Rechte, dem Dekrete und den Dekretalen enthalten, von denen wohl sehr viele, wenn nicht die meisten auf Bernhard zurückgehen, viele gewiss Richard zufallen. Eine andere Classe besteht, wie auch bei Bernhard und Richard in der Zusammenstellung der Quellencitate pro und contra und der Solutio. Die dritte endlich bietet wirkliche Erörterungen zur Erklärung des Inhalts nach allen Riehtungen : kritisch, hist) einer niil /. signirten Glosse zu c. bonae mem. de conl. ut. citirt: extra [III. oblatae' [c. 1. II. 12. Comp. IV.], zu c. ad mid. Hostram de praeb. in einer nicht gezeichneten: extra IUI. e. t. c. I.' 51. Diese Mittheilungen, welche natürlich noch bedeutend vermehrt werden können, stellen Folgendes ausser Zweifel. Wir besitzen zur Comp. II. Glossen von Alanus 2), Johan nes Galen- s i s 3), L a u r e n t i u s, T a n c r e d u s, V i n c e n t i u s *), einem Glossa- tor G. 5) Zunächst fragt sich, wer dieser G. ist. Aus Johannes An- dreae's Notizen könnte man nur auf Guilelmus Naso schliessen. Möglich ist dies allerdings, ich bezweifle es jedoch, weil uns in einem später zu beschreibenden Codex die Glossen desselben zur Gregorianischen Conipilation erhalten sind und ich darunter keine der mitgetheilten finde. Meiner Meinung nach gehören die mit G. gezeichneten zum Theil Gilbert an, in welchem Falle sie der Glosse zu seiner Sammlung entnommen sind, in der die meisten Capitel der Comp. II. enthalten waren, zum Theil — und dies gilt unzweifelhaft von den mit ^. signirten — Gratia Arethms^). Dafür spricht die Sigie, indem Naso entweder mit Naso oder Guil. Naso angeführt wird, mit Guil. oder G. allein nur dort, wo kein Zweifel obwalten kann; da Aretinus blos das Vaterland bezeichnet, ist auch die Sigle G. ohnehin die natürliche, zumal wohl zu seiner Zeit bei seiner Berühmtheit, in Folge deren er 1219 Archidiacon in Bologna wurde, kein Zweifel aufkommen konnte. — Über die Glossen mit 'j über diese und gleiclie Citate von Dekretalen Innocenz iiacli 1213 und der Schlüsse des lateran. Coneils v. 1213 s. unten. -) Dessen Sigle ist a. ala. ; in anderen lieisst er reg'elmässig' alanvs. Da es einen zweiten nicht g-iht. auf den diese Sigle a. bezogen werden könnte, so ist jede weitere Untersuehung überflüssig. Von Alanus enthalten alle Handschriften Glossen. '') Da es gar keinem Bedenken unterliegt, dass die in num. 5. 11. 18. und 19. mitge- theilte ihm gehört. Die Angaben der Glossa ord.. an welche sich Phillips und meist Sarti hält, ziehe ich nur heran, wenn sie zur Beleuchtung handschrift- licher dienen. ^) Ist durch Cod. Carnot. 462, und die sonstigen Angaben ausser Zweifel gestellt. •'•) Vgl. die Angaben der num. 11., 20. Handschriften mit der Sigle g. Chartres 354: G. Chartres 462., Bamberg P. II. 10. Die Sigle g. kann nie auf Guilelmus, muss aber auf einen anfangend Gra. gehen. ■'') Vgl. über Ihn Sarti II. p. 22 sqq. Literatui'geschichte der CompilKlioises ;int!quiie ftc. 141 den Siglen I. la. lau. laur. gilt das im ■^. 44. Gesagte i). Denn La ri- fraiicus starb erst 1229. Die Glossa ordinnria scheint aber alle Siglen dieser Art Lauren tiiis beizulegen, da sie diesen mit vollem Namen wiederholt in Fällen citirt, wo die Handschriften blos I. haben. Man vergleiche /.. B. zu c. 40. X. 11. 28. gl. satisfeceris, impedire, c. 41. ibid. gl. debens cogl, die im Cod. Marb. sämmtlich mil !. ge- zeichnet sind. Mit Rücksicht auf die frühere Auseinandersetzung lege ich dem kein Gewicht bei. — Die Citate mit R. im Cod. Carnot. 462 beruhen wohl auf einem Versehen beziehungsweise auf Bemerkun- gen zur Comp. I., da Richard kaum die Comp. II. glossirt hat. Es werden noch genannt, wie die abgedruckten Stellen be- weisen, Albertus, Petrus, Melendus^). Was Albertus be- trifft, so sind die Citate der Art, dass man sie auch auf den Legisten dieses Namens 3) beziehen könnte, vielleicht üw\ Albertus Beneven- tanus (Gregor VIII.), worauf die Verbindung mit Huguccio führen könnte. Da ich aber auch später bei Joh. Hispanus einen Cano- nisten Alb ertus erwähnt finde, der in diese Zeit gehört*), muß ich diesen Punkt als noch nicht liquid iiinstellen. Melendusist unzweifelhaft, wie sich aus dem Citate selbst schon ergibt, nur als Glossator des Dekrets citirt. Dagegen lässt das Citat P. (in num. 13.) mit Sicherheit auf einen Glossator der Extravaganten schliessen. Da ich nach der trüberen Erörterung nicht an Petrus Hispanus denken kann, so dürfte entweder der ältere Petrus gemeint sein, oder Petrus Collivacinus. wofern nicht beide identisch sind ■^). 1) Im Cod. Maili. sind die selltstständigen Glossen bald mit I. oder dem g-estricheneu 1., bald mit lau. und iaur., in den Citaten Tancreds reprelmässig mit lau. oder laur. bezeiebnet. vgl. nocb c. secundo quaeris. tua nos de der. aegrot., ctnn sint de decim. Cod. Tolos., Carnot. 335 haben 1., Carnot. 462 1. la., Bamb. P. 11. 6. la. lau., P. II. 10. 1. la. lau. Gewiss kommt viel auf die Abschreiber. 2) Dass in num. 10. Martinus gemeint ist, liegt auf der Hand : übrigens steht diese Meinung auch in den Dissensiones dorainorum bei Haenel pag. 388 oben. Ebensowenig ist nöthig, weiter nachzuweisen, dass in num. 2. 10. 25. der Legist Joh. Bass. mit Jo. b. und Job. gemeint ist (Vgl. v. Savigny IV. S. 289), dass bezäglich Hugucoios, der die Comp. II. kaum gesehen hat. nur an seine Summe gedacht werden darf. ^) Albertus Papiensis bei v. Savigny V. S. 78 fg. *) Von den bei Sarti mit diesem Namen angeführten passt keiner. ^) Dies lässt sich aus den Daten bei Sarti 1. p. 314 oben schliessen. d:i Petrus da- nach zu Bologna lehrte, bevor er bei der Curie beschäftigt war. { 22 V. Schulte In einigen Handschriften ») koninien Glossen mit der Sigie b. vor. Da Joliannes Andrea sagt, der altere Bernard us Compostel- lanushabe über die beiden ersten Compilationen gelesen, dürfte derselbe gemeint sein. Endlich finden sich auch in Handschriften s) Glossen von Vincent ins, dessen Autorschaft nach den Nach- richten von Johannes Andrea nicht zu bezAveifeln ist. Das seltene Vorkommen dürfte aber vermuthen lassen, daß er keinen förmlichen Apparat gemacht habe wie zur ersten. Tancreds Apparat fusst, wenn man die in den mit t. signirten Stellen aufgenommenen Glossen anderer ins Auge faßt, auf den Arbeiten von Johannes Galensis, Alanus, Petrus, Laurentius und Gratias). Von Albertus gilt dasselbe, wenn er überhaupt hIs Glossa- tor dieser Sammlung anzusehen ist. Von einer Benutzung der Glossen des Bernardus durch Tancred habe ich bisher keinen directen formalen Beleg. Da aber alle genannten Zeitgenossen waren, ja die sämmtlichen Arbeiten über diese Compilalion in den verhältnissmässig kurzen Zeitraum von 1210 bis 1230 fallen, ist eine rege Bearbeitung ersichtlich. Vincentius gehört zweifels- ohne zu den spätesten Glossatoren derselben. c. Wir haben in den meisten alten Handschriften, insbesondere in denen mit Tancreds Apparat ein abgeschlossenes Ganzes. Dies beweisen auch die sich regelmässig findenden Sclilussvermerke. So endigt der Cod. IMarburg zum c. In hü quue nmbiguita- tem de verb. sign. v. archiep. also: non eodem die, quo sententiam tulit, potuit interpretari et supplere, ut ff. de re iudic. paulus si minus non interpres deus est, qui gratiam interpretandi cui vult in spiritu sancto apostolo testante concedit, cui gloriam et honorem reddimus per intinita saecula saeculorum. Amen/*). Über die Zeit, wann der Apparat von Tancred abgefasst ist, werde ich beim Schlüsse der Erörterung über die Comp. lü. reden. "J Chartres 3öö, Bamberg- P. II. 10. '-) Chartres 462. *) Denn Laurentius kennt Alanus (num. 6.) und Petrus (13.), Tancred aber ausser Laurentius (1, 4, 8, 11.) Joh. Gal. (5, 11), Alanus (6), Gratia (II), ebenso Albertus. '■*) Derselbe Schluss findet sich in Bamb. F. II. (J., Leipzig num. 968. f.iter.ilur>r«'Schlclito der Compilatioiies :u:tiquae etc. 1^3 V. Compilatio tertia. ö2. Die Glosse zur Compilatio tertia lasst sich aus gleichen Gründen wie bei der Compilatio secunda am Besten darstellen an der Hand des Apparates von Tancred, den die meisten Handschriften enthalten. Er leitet denselben ein mit folgendem Vorworte»): 'Post cumpilationem decretorum factam a Gratiano multae a Roniana curia decretales epistolae emanaverant, quas magister ß., tunc praepositws, postmodum episcopus Papiensis, ad studentium uti- litatem sub competentibus titulis collocavit. quaedam imtiquiora in- terserendo, et vocatur compilatio prima. Et post illam compilationem quaedam aliae decretales a diversis apostolicis emanaverunt. quas magister G Hb er tu s ad instar primae eompilationis sub titulis col- locavit. Post illum vero magister Alanus suam similiter compila- tionem effecit, tandem magister BernarduH Comp ostellanus, archidiaconus in Romana curia, in qua curia moram faciens ali- quantum, de regestis domini Innocentii papae unam fecit decretalium Cumpilationem, quam Bononiae studentes Romanam compilationem ali({uanto tempore vocaverunt. Verum quia in ipsa compilatione ({uaedam reperiebantur decretales, quas Romana curia refutabat, sicut hodie quaedam sunt in secundis, quas curia ipsa non recipit, idcirco felicis recordationis diininus Innocentius papa HI. suas de- cretales usque ad annum XII. editas per magistrum P. Beneven- tanum notarium suum in praesenti opere compilatas Bononiae stu- ilentibus destinavit. Post illaruui receptionem magister Johannes Galensis decretales omnium apostolicorum, qui pi'aecesserant In- nocentium, de dictis compilationibus Gilberti et Alani ea^trakens quandam compilationem ordinavit, quae hodie mediae sive secundae decretales dicuntur. Super quarum expositionibus plures doctores Bononiae studentes f/loi^as plurimas, varias et diversas posuerunt et apparatus super eis scripserunt. Et quia de dictis apparatibus opi- niones studentium eiant diversae, sententiaeque confusae: idcirco ego Tancredus Bononiensis canonieus qualiscunque decretorinn ') nie Abilriicke überhaupt, nach Cod. U a m b. P. II. tj.. mit dem ;;eiiau stimmt Cod. von C h a r t r e s 462. Im (Janzen sind die Varianten nicht bedeutend. — Dies Vorwort ist zuerst abgedniclit worden in ß o u q u e t Adnot. ad epist. Innoe. Ul. Lib. 1. ep. Tl.. diiraus bei Sar t i 1. p. 237 nota a. und nochmals II. p. 32. 124 V. S c h II 1 I e magister ad niullam instantiam socioriim meorum meüora et utiliora de dictis apparatibus colligens, et ex ingenio meo quaedain inter- serendo, sicut ex signis glosidarum singularum denionstratur. primas et seciindas decretales, prout melius potiii glosnlavi. Sed super praesenti tertia compilatione apparatum non feci, sed audi- endo atque legendo qnnedam in libro meo notavi. quae scolares qui- dani absqiie conscientia mea de libro meo extraxeruiit et pro apparatu tertiarum iilud mihi intitulaveruut. Tunc aulem docendi officio ad multorum instautiam rerissiimto praesentem tertiam eompilationem cum diligentia domino favente glosabo et constitutiones concilii pro- .vime celebrcdi et jura a domino Innocentio papa IH. post. XII. annum edita tarn in apparatibus a me factis quam in hoc, quem ordinäre dispono, diligentissime collocabo. /.' Der Schluss lautet gleichmässig- in verschiedenen Hand- schriften : 'Si alienis i) honoribus invidus exstitissem vel ex 2) alieno labore glosatoris laudem mihi acquirere voluissem, alienas gjosas mihi prae- surnpsissem ascribere, aut de loco ad locum, sicut quidam fecerunt, inutiliter transmutare. Sed nolens facere aliis, quod mihi fieri detes- tarer, sie primas et secundas et tertias de scriptis meis et alienis s) glosavi, ut quod alienum wo«*) [dele] erat, mihi non appropriavi, et quod unius fuerat. alii non ascripsi, glosas vero quaslibet propriis auctoribus assignavi. Unde contingit, quod, si duas vel tres glosu- ias coniunxi, tot magistrorum signa et tot divisiones in glosula feci. Et si de duarum sententias) unam glosam composui, duorum magi- strorum Signa in fine giosae designavi. Ita quod, nisi e) vitio scrip- toris contingal. dictum unius a dicto altenus discernitur manifeste, t,^ S3. Es soll im Folgenden eine Anzahl von Glossen Tancreds und anderer mitgetheilt werden, welche einen Einblick in dieselben gestatten und zur Beantwortung der für diesen Gegenstand und die 1) Aliorum: Carnot. 462. ') In : Carnot. *) Et alienis omittit: Carnot.. mit Unrecht, da schon die Vorrede dasselbe sa;?l und es implicite schon im Eingange dieses Selilusswortes stellt. *J Recte omittit: Carnot. *) materia in Carnot. *J Non . . conting/«: Caruot. I.ilerattirgescliichte lier Coiiipil»tioiie$ iuitiquae etc. 1 proxime kann sich nur auf die Zeit nach dem lateran. beziehen, weil vor 1227 kein neues römisciies Concil abgehalten worden ist. Das 4. Lateranische ist gehalten worden vom 11. bis 30. November 1215. Wenn nun Tancred bald nach Innocenz III. Tode seinen Apparat begann, so durfte er noch proxime sagen. Bei dieser Auffassung dürfte man etwa die Abfassung in das Ende des Jahres 1216 und in das Jahr 1217 verlegen. Wollte man aber interpretiren : zuletzt abgehaltenes Concil, so könnte man allerdings die Abfassung hinausschieben. Dies geht aber nicht. Denn 4. er gibt an, daß er auch in den bereits von ihm ge- machten Apparaten (tarn in apparatibus a me factis quam in hoc, quem ordinäre disi»ono'j und in dem zur Comp. III. die Erlasse von Innocenz III. und die Schlüsse des Concils hinstellen werde {'collocabo). Da dies sich aufgemachte mit bezieht, kann es für sie nur ein Nachtragen sein, weil er keine Änderung beabsichtigt. Hieraus folgt nun evident: 1. Daß der Apparat zur Comp. I, und II. vor dem 4. Concil vom Lateran, also vor 11. November 1215 vollendet war. 2. Daß er nach 1210, nach dem Erscheinen der Comp. III., die secunfla glossirt haben muß. weil diese nach der tertia erschien. •) Sarti II. p. 29. der das Schreiben Honorius HI. vom 31. Jan. 1226 das. pag. 181 abdruckt. Am Schlüsse der Urk. steht '^ seeundo K»l. Febr.", was kaum denkbar ist. Sarti gibt im Texte p. 29 pridie an. 2) Maassen in Jahrb. III. S. 244 Note 42. hat nuperrime. Im Bamb. Cod. P. II. 6.. den er citirt, steht dies nicht; ob in dem zweiten (Gratzer), den er auch citirt, weiss ich nicht. Sarti (ßouquet) hat auch proxime. Literaturgesoliiclite der CompiIntioiies iuiliqiuie etf. 1 O O 3. Dass in dem Apparate zur Comp. 1. und II. die Citate von Dekretalen Innocenz III., die in der Comp. IV. stehen, später nach- getragen worden sind. Nimmt man zu diesen Daten hinzu, daß Tancred im Apparate zu I. II. III. die Compilatio IV. nicht kennt«), die er auch mit keinem Worte erwähnt, ohwohl die Comp. IV. nicht sehr lange nach Innocenz III. Tode gemacht sein kann, so dürfte nicht zu be- zweifeln sein, daß das Jahr 1217 als das richtige erscheint Aus den eigenen Angaben Tancreds folgt weiter: 1. Dass er den Apparat zur Comp. I. zuerst gemacht hat. Wäre dem nicht also, so würde er dies sicher hervorgehoben haben, weil Jeder das Gegentheil aus seinen Worten folgern wird. 2. Dass die Citate in dem Apparate zur Comp. I. aus der Comp. II. und III. 2) nicht später von ihm hinzugefügt worden sind, sondern gleich anfänglich darin standen. Dies sagt er freilich nicht direct. Aber wenn er so sorgsam die Ergänzung der Citate aus den Dekretalen nach dem 8. oder 9. Jänner 1210 [womit das XII. Jahr Innocenz III. endigt] hervorhebt, hätte er gewiss bei dieser Gelegenheit auch eine solche Hervorhebung gemacht für die Comp, prima rüeksichtlich der Citate aus der secunda und tertia. Endlich kommt noch ein Umstand in Betracht. Er sagt aus- drücklich in dem Vorworte zur Comp. III., nachdem er die Comp. I. und II. glossirt, liabe er in seinem Exemplare der Comp. III. Notate gemacht beim Hören und Lesen, welche seine Schüler ohne sein Wissen abgeschrieben und als seinen Apparat der Comp. III. in Um- lauf gesetzt hätten. Nach Wiederaufnahme des Lehramts wolle er nun die tertia wirklich mit einem Apparate versehen. Folg- lich fällt diese Wiederaufnahme des Lehramts später, als die Glossi- rung der Compilatio I. und II. Sarti bat Tancred zuerst in einer Urkunde vom J. 1214. Spt. 14. als magister decretorum gefunden s), 1) Dass jetzt in Handschriften /. IV. sich vorfindet, thut niclits zur Sache, weil man später die Citate mundgerecht machte. Hütte ihm die Comp. IV. heim Anfange oder Schlüsse seines Unternehmens vorg^elegen, so Hesse sich absolut nicht be- greifen, wie er in der Vorrede, die am Genauesten auf die Geschichte der Com- pilationen eingeht, oder in dem Epilog darüber hinweggehen konnte. 2) Dass solche in dem zur prima Torkommen, ergeben die abgedruckten Glossen, ä) Siehe Sarti II. p. 29 und den Abdruck das. p. 181. f 34 V. S c h u I t e von wo ab er bis 1234 zu Bologna erscheint. In diesem Documente wird er nicht cnnonicus genannt. In der Summula de matrimoiiio, die vor dem Concil von 1215 gemacht ist i)> nennt sich Tancred auch noch nicht magister, sun- dern blos T. ßononiensis. Dieselbe ist gewidmet dem Propste Otto von Gurk, der 1214 starb als gewählter Bischof, hat eine Formel von 1210 und ist unzweifelhaft 1210 oder 1211 gemacht worden. Der Ordo judiciarius fällt aber nach 30. Nov. 1213, da wiederholt (gleich im Eingange §. Jadiciorum siquidem ordo) das 4. Concil vom Lateran genannt ist. Hiernach scheint Folgendes angenommen werden zu müssen-): 1. Tancred hat die Comp. I. nicht vor dem Erscheinen der III., also nicht vor 1210 glossirt, aber jedenfalls vor 121S. Die Apparate von Alanus, Laurentius, Vincentius, welche von Tancred benutzt worden sind, fallen also vor den von Tancred. Da in diesen vor Tancred fallenden Apparaten die Comp. II. und III. citirt werden, so folgt, dass deren Vollendung nach 1210 fällt. Wir dürften also etwa mit Annahme der Zeit von 1212 — 1215 der Abfassung des von Tancred das Richtige treffen. 2. Die Glossirung der Comp. II. durch Tancred fällt eben- falls zwischen 1212 und 1215. Benutzt hat Tancred die vor ihn fallenden, mithin entweder 1210 oder 1211 oder 1212 gemachten Apparate bez. Glossen von Lanfrancus, Alanus, Johannes Ga- len s i s , Laurentius, Vincentius, G r a t i a. 3. Die Comp. IIL ist von Tancred nach 1216 aber wohl bald, etwa 1217 glossirt worden, abervordemErscheineiiderCompilatio IV. ') Denn von dessen Satzungen über die Ehe kennt sie nichts. Es ist ein Fetiler, dass Wunderlich Tanersdi summa de matrimonio, Gott. 1841 in seiner sonst trefT- lichen Edition die in Handschriften am Rande und sonst eingeschaltete Consl. über die Affinität hat abdrucken lassen (p. 5ö). *) Zugleich sind wir durch die eigenen Mittheilungen Tancreds über seine Thütigkeit besser beiehrt, als aus den sonstigen Angaben. Er hat also zwischen 1210 und Nov. 1213 schon gelehrt, aber auch noch gehört, war 1210 oder 1211 noch nicht iMagister, wohl im Sept. 1214. Es lässt sich daraus wohl also schliessen : Die Suimnula de matrimonio ist eine Schiilerarbeit, er promovirte etwa 1212 oder 1213, dozirte ein bis zwei Jahre, machte theils als Schüler, theils in dieser ersten Lehrzeit und während der .Müsse, die vielleicht durch das neue Amt eines Cano- nicus bewirkt war, die Apparate zu Comp. I. und 11. den Ordo judiciarius, nahm nach 1216 das Lehramt wieder auf. VII. Die Glosse zur Compilatio quarta. 55. In den Handschriften der Compilatio IV. finden sich, wie die mir bekannten Handschriften zeigen und auch die Mittheilungen anderer ergeben, nur Glossen mit der Sigle Jo. oder solche ohne Sigle. Dass dieser Apparat Johannes Teutonicus zum Verfasser hat, ist bekannt und bedarf keines weitern Nachweises; übrigens liegt er in der folgenden Darstellung. Da dieser Apparat gedruckt vorliegt, halte ich an diesem Orte ein näheres Eingehen für über- flüssig und beschränke mich darauf, die Zeit seiner Abfassung ge- nauer festzustellen, weil diese zugleich entscheidend ist für die Zeit, wann der Apparat des Johannes zum Dekret Gratians abgefasst wurde. Johannes citirt öfter seine Glosse zum Dekrete Gratians i). Alle Ausführungen, auf welche er sich beruft, stehen in jenen Hand- schriften des Dekrets, welche seine Glosse rein haben 2) bez. vor die Glossa ord. des Bartholomäus von Brescia fallen und allein oder mit anderen die des Johannes bieten, ebenso in der Gl. ord., jedoch hier vielfach mit Zusätzen des Bartholomaeus Brixiensis. Obwohl somit die Identität beider gar nicht zu bezweifeln ist, möge doch ein Citat ausgeführt werden. Job. ad Comp. IV. in c. 2. de elect. v. arcere. 'Generale enim est quod ad citationem, quae a iure repro- batur non tenet venire eitatus etiam ut alleget Privilegium: ut notavi III. q. II. si episcopus. Jo.' Im Cod. Tr evi r. 906 steht nun zu III. q. 2. si epc. v. co7ivoccü'i Mgende Glosse: 'Sed numquid veniet allegare Pri- vilegium ut extra de appell., comparavil Resp. non cum constat eum esse spoliatum, sie ff. de peculio, eo tempore. Scias ergo quod, ubi evidens est citationem non valere, reus non tenetur venire etiam ad allegandum Privilegium; scias ergo, quod quandoque citatio non ') Z. B. c. bonae mem. 2. de elect. v. arcere, c. 6. scriptum ibid. v. duplo major : 'de hac materia notavi plene 63. dist. c. ult. ' ; c. 9. quia propter ibid. v. in loco : 'prout notavi 7. q. 1. factus'; e. constitutus 4. de off. jud. deleg-. 'de hoc plenius notavi .5. q. ö. c. non.\ c. suscitata un. de in iiitegr. resti*;. 'et in aliis casibus, ijuo.s notavi II. q. 3. cum aput etc. Alle diese und andere Citate stehen in sämmt- lichen genannten Handschriften und der Ausgabe, sind auch regelmässig mit der Sigle Jo. versehen. 2) Z. ß. im Cod. bibl. civil Trevir. 906, bibl. Bamb. P. I. 16. 136 V. S c h II I t e valet, quia iniVa augusta tempora fit. . . . quia non exprimatur causa, quare ilat . . . quia nimis maturatur peremtorium . . . ratione temporis, si fiat die feriato . . ratione loci, ut si citatur ex provin- cia ultra duas dioutas nt extra de res er. nonmilli vei si citatur ad locuni periculosuni vel inhonestum ut extra III. de appell. ex pari e^) etc. etc. Da nun feststeht (§. 54. j, dass bei Abfassung des Apparats zur Comp. iV. der Apparat zum Dekret fertig war, da in diesem Apparate Canones des vierten lateranensischen Concils citirt werden, da Tancred in seinem Apparate zur Comp. III. den Apparat zum Dekrete kennt (§. 53. num. 6.), aber nicht die Comp. IV., da sicher ist, dass Tancreds Apparat nicht nach 1226 gemacht ist, so folgt daraus mit Gewissheit: 1. Der Apparat zum Dekret ist vollendet nach 30. Nov. 1215, sicher vor 1226. 2. Die Comp. IV. ist nicht sofort nach dem Concil gemacht worden. Wahrscheinlich ist, dass die Compilatio quarta etwa ins Jahr 1217 oder 1218, der Apparat zu ihr in dieselbe Zeit falle. Zugleich ist damit der Beweis geliefert, dass die Glosse des Accursius, welche nicht vor 1234 vollendet sein kann (v. Savigny V. S. 282) jünger ist als die Glosse des Johannes Teutoniciis, das Dekret mithin früher einen einheitlichen Apparat hatte als die römischen Rechtsbücher, das Verdienst der ersten einheitlichen Arbeit dieser Art — wenn man absieht von den im Vergleiche zum Dekrete kleinen Arbeiten zu den Compilationes antiquae — einem Deutschen zukommt 2). Zur noch grössern Unterstützung sei zugefügt, dass die Comp. V. im J. 1226 an Tancred vom P. Hono- rius III. übersandt wurde, vorher die quarta ihre Glosse und ihren Namen hatte, dass aber Accursius erst 1221 mit Sicherheit als Lehrer erscheint. Wenn er nun auch wirklich 1220 an der Glosse 1) Das erste Citat ist c. nonmilli 5. derescr. der Comp. IV. und passt nur auf dieses. Das zweite Citat beweist durch die Angabe des extra III., dass es aus der recipirten dritten Collection genommen wurde, cap. nonnulli konnte mit de rescr. citirt werden, weil die Canones des 4. lateran. Concils in den Sammlungen nach den älteren Vorgängen regelmässig unter die betrefTende Rubrik gestellt sind. 2j Ich habe diese Ansicht als wahrscheinlich gegen v. Savigny schon in der ersten Auflage meines Lehrbuchs des Kirchenrechts aufgestellt (S. 50, zweite S. ö4 fg.). Liteiaturg^esehichte der Compilationes antiquae etc. \ O i ZU den Autheiitikeii schrieb (v. Savigny V. S. 200), auch an der zu den Institutionen sehr jung arbeitete : so ist geradezu undenkbar, dass Johannes Teutonicus , dessen Glosse zum Dekrete eine Arbeit ist, die gewiss einige Jahre erforderte, welche aber 1217 als voll- endet angenommen werden dart'i). seine Idee dem Schüler ent- lehnt habe. VIII. Die Glosse zur Compilatio quinta-). 56. Jacobus de Albenga hat nach Johannes Andreä"s aus- drücklichem Zeugnisse die Comp. V. glossirt s). Handschriften mit der Glosse sind äusserst selten, wie denn oben bereits bemerkt wurde, dass Cironius keine zu Gesieht bekommen hat. Ebenso- wenig hat der neue Herausgeber Riegger solche gesehen. Mir ist bisher nur die oben genannte Handschrift von Chartres bekannt geworden*). Auf diese Glosse gehe ich hier nicht näher ein, da sie lediglich für die Glosse zu den Dekretalen Gregors IX. eine Bedeu- tung hat, bei deren Darstellung ich auf sie zurückkommen werde. ^) Ich habe die historische Gewissheit nicht vor 1226 gesetzt, dass aber der Apparat vor 1226 längst fertig sein musste, folgt aus dem Zusammenhalt der §. 54 und 33 angefülirten Daten wohl unzweifelhaft. ^) Über dieselbe handelt Cironius in der Vorrede zu seiner Ausgabe, noch aus- führlicher Riegger in der zu dem neuen (mit Noten u. s. w.) vermehrten Ab- drucke von M. Jos. Ant. de Riegger Wien 1761. 4. Dass dieser vollständig, die Angabe von Laspeyres (Summa Bernardi pag. XVI. n. 8.) irrig ist, habe ich in meinem Lehrbuche des Kirchenrechts S. 28. Anra. 10. bereits gesagt. 3) Die Stelle ist §. 22 am Ende mitgetheilt. Vgl. Sarti I. p. 330. *) Vgl. mein Iter Gallicum S. 489. 138 V. S c li u 1 t e Anhang!) Damasus 3) und seine Schriften. Über Vaterland, Geburtsort und nähere Lebensumstände dieses Canonisten schwebt ein Dunkel. Denn hinsichtlich des erstem wird er bald Boemus (von Du ra u ti s), bald Ungarus (von Diplova- taccius) genannt. Aus seinen Werken lässt sich keine der beiden Angaben begründen. Dagegen ergibt sich aus ihnen für die Zeit seiner Thätigkeit, wie sich unten zeigen wird. Genaueres, Als seine Werke werden von Johannes Andrea angeführt: Summa super primam compilationem, Broearda, liher quaestionum supermultis decretalibus, Ordo judiciarius, \o\\ Diplovataccius noch Historiae Decretorum. Die historische Folge dürfte folgende sein: Historiae, Summa, Quaestiones. Dass letztere jünger sind, sagt er in dem unten angeführten Citate selbst; dass die historiae die älteste sind, möchte ich daraus schliessen , dass mir scheint. Jemand, der sich einmal mit dem Glossiren und Behandeln schwerer Rechtsfragen befasste, habe keine Lust mehr gehabt zu einer Arbeit, die jeder Schüler machen konnte. Die ßrocardica lassen sich kaum genauer bestimmen. Während die zweite und vierte Schrift allgemein zugänglich ist, bedürfen die anderen, namentlich die erste einer genaueren Er- örterung. 1. Summa decretalium. Hand Schriften: Berlin num. 249 (ich lege sie zu Grunde und lasse ihre Be- schreibung folgen); eine zweite das. cod. ms. lat. theol. 440. Chart, s. XV. *) Ich füge diese Erörterung- bei, weil a. bisher nirgends eine genügende Erörterung über Damasus Werke gegeben ist, b. derselbe vorzugsweise ein Schriftsteller ist, welcher die Compilationes antiquae in selbstständigen Schriften bearbeitet hat, c. die später zu publieirenden Arbeiten mir keine Gelegenheit geben, auf ihn so genau, als dies nöth'g ist, einzugehen. *) Joh. Andreae in Addit. ad Specul. Guil. Durantis Proem, Diplovataccius f. 152. Sarti I. p. 306. v. Savigny V. S. 162 ff. Laspeyres Bern. Pap. Summa decretai. Praef. p. XL. sq. Literaturgeschichte der Compilationes aiitiqiiae etc. 1 3 «7 Wien Hofbibl. num. 2080 t'ol. inbr. s. XIV. fol. 97—107. (Am Ende richtig summa damasi. Im Anfange von einer Hand des XV. Jahrli. Summa Tancredi). Kloster neuburg num. 1048 s. Xlil. ^Basel C. I. 13 (Wunderlich p. 35.). Leipzig 975. s. XIV. fol. 172^— 184^ i). "Oxford Bodlej. n. 1141 (Wund. I. c.) *Venedig S. iMarei num. 25. Angers Stadtbibl. n. 381 s. XIV. Die Mittheilungen gebe ich nach dem Codex der Ber Jiner Staatsbibliothek Cod. ms. lat. fol. Nr. 249, membran., saec. XIV. ineunt. Am untern Rande des 2. Bl. von einer Hand des 15. Jahrb. 'liber monachorum sanctae iMariae de Hymerod ordinis Cisterciensis Treverensis dioecesis". Fol. I — 16''. ' Incipit summa titulorum a magistro Bamuso compilatu. ' Anfang des Werkes: 'Juri operam daturus prius nosse oportet, quid sit ius.' Da zum Theile schon aus der Einleitung ein- zelne Punkte ihre Begründung finden, soll diese zuerst mitgetheilt werden. 'Juri operam daturus prius nosse oportet, quid sit ius. Est autein ius ärs boni et aequi, h. e. scientia, per quam bonum discer- nitur a malo et aequum ab iniquo, ut ff. de iustitia et iure 1. 1. Juris autem species sunt duae. Est enim ius naturale, quod natura omnia animalia docuit, ut iustit. de iure nutur. gent- et civ. in princ. Est autem ius positivum s. expositum ab homine, ut sunt leges saecula- res et constitutiones eccfesiasticae. Jus autem naturale coepit a principio rationabilis animae, et est plenum et perfectum, cum sit factum a deo, qui opus imperfectionis non novit, ut el'- de sacram. baptismi maiores 1. HI. [e. I. de bapt. III. 33. der 3. compilatio antiqua. V IH. ist abgekürzt für libri III. Die Bezeichnung über war die technische. Meine Quellen des Kirchenr. S. 334]. Et est immutabile, ut di. V. §. I. et instit. de iure nat. g. ei civ. §. sed naturalia. Jus autem positivum cum inventum sit ab homine, est imperfectum, quia in rebus humanis nihil est perfectum: C. de veteri iure enucleando I. II. §. Sed quia divinae, et immutatur per aliud ^) Sie hört auf mit dem Titel de sequestratione. 'Explicit summa damasi^ 140 V. S c h 11 1 t e ius postea |H"(>latiiiii, ut extra de cons. spivituaü e. 1. libri 1. Post compositionein autem decretorum [d. h. des Dekrets Gratian's] variis temporibus a summis poiitificibiis emanaveruiit iura vel corri- gentia iura antiqua vel novos casus decideiitia. Et quia utile erat studentibus in iure luiiusmodi iura sub titulis colloeare , ex eis compilationes faetae sunt, de qiiibus est haec §. Videamus ergo, quae sit materia huius libri, quae utilitas, et ([uis ordo agendi. et cui parti philosophiae supponatur. Materia sunt decretales, et quaedam utiliaeapitula, quae in corpore cano- num, registro Gregorii et Brocardo [d. h. Burcliard's De- kret] reliquerat Gratianus. Intentio sunimorum pontificum, qui pro- mulgaveruut bas eonstitutiones contentis sub isto volumine, est haec: ut metu poenarum in eis expressarum luimana coereeatur audacia et iusti vivere possint in quiete, ut IUI. di. faetae sunt [e. 1. D. IV.]. Utilitas patet, quia per huiusmodi scientias prom- tiores erimiis ad consulendum, allegandum et definienduin. ^. Ordo agendi talis est: dividit opus compilator in V. libros. In primo tractatur de constitutinnibus ecclesiasticis, et de ordinationi- bus, et de otficiis clerieoruni, et de praeparatoriis iudiciorum. In secundo de iudiciis, et de processu iudiciorum. In tertio de vita et honestate clerieoruni, et de rebus eorum. In quarto de matrimoniis. et de eius impedimentis. In quinto de criminibus et poenitentiis. Supponitur etliicae, ut aiii libri iuris. De constitntiouihus. Auxiliante ileo de constitutionibus ecclesiasticis tractaturi vide- amus, quid sit constitutio . . Aus dieser Einleitung und dem Inhalte des Werkes folgt: 1. Der Verfasser kennt bereits mehrere Compilationen, und zwar die drei technisch genannten libri I., IL, III. i) den ersten und dritten über citirt er schon liier als 1. I., 1. III. und so oft. Die Citirart: extra de [Inhalt des Titels und Anfangswort des Capitels, oder die Zahl des Capitels] libri I. (11. III.) ist stehend. Ebenso citirt er die Comp. II., z. B. gleich in der summa zum Titel de re- scriptis et eorum interpretationibus am Ende: ^extra de confirma- *) Dies haben schon S a v i g n y und Laspeyres bemerkt. Diplovataccius spricht von Sitraque coinpi!atio\ Sarti vermag dies nicht zu erklären, meint aber auch, er habe die von H onori us gesehen. Laspeyres freilich beifügend, er habe nicht genauer untersucht, meint (p. XLl nota 23.) diese Summe beziehe sieh vorzüglich ad tres priores (vor Bernhard) compilationes , was falsch ist. LiteiMturgeschichte der Compilationes antiqnae etc. 141 Hone uti/i, bonae memoriae 1". II.' [d. h. c. un. de conf. ut. II. 21. Compil. 2'*'"=] und öfter. 2. Die Summe behandelt als solclie nur die Compilatio prima, berücksichtigt jedoch die secunda und tertia. Worin diese Berück- sichtigung besteht, ist bisher niemals genauer dargelegt worden. Um dies zu zeigen, muss der Charakter des Werkes geschildert werden. Damasus gibt keinen Apparatus, wie die meisten vor und nach ihm, zu den einzelnen Capiteln, sondern, wie die Überschrift unserer Handschrift richtig sagt: eine summa tittilorum^^. Er er- örtert die in den einzelnen Titeln enthaltene Materie und liefert somit ein kurzes Lehrbuch des canonischen Rechts nach dem Systeme der Libri. Hierin hat er sich also Beruh ard zum Vorbilde genommen. Damasus beschränkt seine Darstellung nicht auf den Liber primus; die Rücksicht auf die beiden anderen besteht nicht blos in einem Citiren aus denselben. Einmal hat er nämlich in d e n T e x t der Summa Titel aufgenommen aus der 2. und 3., welche inderCompi- lation Bernhards fehlen. Es sind dies die Titel : de postula- tione als 4. des ersten Buches aus Comp. III. L. I. tit. 4. ; de usu pallii als 6. des 1. B. aus Comp. II. L. I. tit. 4.; de scrutinio in ord. facienda als 11. des 1. B. aus Comp. III. I. 10. Zweitens sind der Summe angehängt nach dem Tit. de reg. juris Erörterungen über die folgenden in der C 0 m p. I. fehlenden Titel, welche nach Buch und Titel jener Compilation bezeichnet werden sollen, in welcher sie zuerst vor- kommen. de translat. praelat aus Comp. III. Buch I. Tit. ö. ut Ute non cont. ad def. n. p. . „ „ HI. „ H. „ 3. de co)ifessis „ „ HI. „ H. „ 10. de exceptioiiibus „ „ H. „ H. „ 11. ut sede van. aliquid n, inn. . . „ „ III. ^ III. „ 9. ut eccl. benef. sine dem. conf. . „ „ Hl. „ III. „ 10. de feudis . .16. de celebrat. miss 33. ') Üher den Charakter der eigentlichen Sumniae s. v. Savig-ny lU. S li52, V. S. 241. 142 V. S c h u 1 t e de bapt. et eiufi effectu 34. de novi operis ntmtiatione 15. de seqiiestrutione posse.isionis . II. 9. In unserer Handschrift steht auch erst am Schlüsse dieser Erörterungen: Damasus hie summam finit q carmine vivit.' Drittens fehlen h e s o n d e r e Erörterungen zu folgen- den Titein der Compilation Bernhards: de off. archip., primicerii, sacristae custodis, dieselben werden nur hei-ührt in der summa zu dem Titel de ojf. arcliidiaconi. Viertens f e h 1 e n E r ö r t e r u n g e n zu f o 1 g o n d e n T i t e 1 n der Compilatio II., welche diese neu (Bernhard nicht) hat: Buch I. Titel 6. 17. Buch II. Tit. 4, 9.; Buch III. Tit. 12, 20, 22. Buch IV. Tit. 7. Buch V. Tit. 9, 11, 19, 20, 21,23. —dann zu folgenden der Comp. III.: Buch I. Tit. 11, 12; Buch III. Tit. 51, 35, 36. Buch V. Tit. 13. 3. Die Summe ist vollendet vor dem vierten lateranensischen Concil von 1215 [11. bis 30. November]. Es ergibt sich dieses daraus, dass im Titel de consang. et affin, genau das alte Recht behandelt wird, aber von dem Schreil)er der Handschrift als Ein- schiebsel in den Text ») (so dass die Hälfte von 3 Zeilen der €olumne damit angefüllt sind, nebenher der Text des Damasus geht) zunächst rücksichtlich der Verwandtschaft steht: 'hodie usque ad IUI. gradum tantum extenditur prohibitio consanguinitatis et offinitatis, et non ultra, ut in eoncilio lateran. non debet-' Im selben Titel heisst es dann : 'Habet autem primum genus affinitatis prohibitionem usque ad VII. gradum, sicuti consanguinitas: XXXV. q. HI. de propinquis , nulluni aequaliter. Secunditm autem prohibetur usque ad tertium, in quarto si inventi fuerint coniuncti, non separantur, ut XXXV. q. III. de propinquis et c. et hoc quoque. Tertium autem pro- hibetur usque ad secundum gradum, ut XXXV. q. III. porro. Sed Alanus dicit, tertium genus affinitatis nunquam ^) Diese Einsclüi>bsel fehlen in den meisten anderen, z. B. Wien 20S0. Literaturgeschichte der Compilationes antiquae etc. 1 43 proliiberi et illud c. porro legit de primo genere affini- tatis. Itern secundum geiius affin, ex una parte appositum dicit ./. iiusqiiam prohibitum et illud c. de proplnquis et c. et hoc qnoque legit de seeundo genere affin, ex utraqiie parte apposito . . ." dazu ist dann als Einschiebsel in den Text gesetzt: 'hodie secundum et tertium genus affi. est sublatum, pri- mum tantum habet prohibitionem usque ad quartum gradum inclusive, ut in const. later. conc. höh debet.'' und am Schlüsse des Titels steht: hodie iste titulus est sublatus per constitutioneni non debet.' Es bedarf keines Wortes, dass diese Zusätze nicht von Damasus herrühren. Die Art des Citirens beweist aber offenbar, dass Jemand in der Handschrift vor Abfassung der Compilatio quarta bez. Gregor IX. jenes zuschrieb und diese Handschrift Copie einer solchen ist. Die Comp. HI. enthält die Dekretalen Innocenz HI. 'usque ad annum XH.", d. h. die bis zum 8. oder 9. Jan. 1210 erlassenen. Folglich kann die Summe des Damasus nicht vor dem Jahre 1210 gemacht sein. Nun kommt. aber im tit. de elect. folgendes Citat vor: hodie autem non eligit c. (capitulum), sed vacante ecclesia debent compromittere canonici in duos vel tres, qui eligant praelatum et eorum electio rata erit, ita quod electio maioris partis capituli non teneat, nisi totum c. consentiat communiter, ut habetur in co7istitutione novella, quae incipit: qiiia propter diversas.' Dieses Capitel ist c. 42. X. de elect., in der Comp. IV. das 9. des Titels de elect. und wird, so viel mir bekannt ist, allenthalben [cf. Mansi Conc. VIII. col. 1011] als can. 24. Conc. Lat. IV. auf- geführt. Entweder ist dies Capitel einer früheren Constitution Inno- cenz III. entnommen und unter die lateranensischen Canones auf- genommen, wie das ja wiederholt vorher und nachher geschehen ist*), — und in diesem Falle kann der Satz von Damasus herrühren; oder das Capitel ist erst auf dem Concil gemacht, — und dann liegt ein späterer Zusatz vor. Ich möchte das Erstere annehmen, weil *J z. B. von I n n ocen z IV. und Gre gor X. Vgl. ni ein e Abh. über die Dekretalen zwischen Grejj. IX u. Bonif. VIII. S. 70.i u. 7)7. 144 V. Schulte a) am Ende desselben Titels dasselbe eaput also eitirt wird : '§. l^ota autem, quod contrarietates illarum decretalium, quae sunt infra videntur hodie sublatae, ut in const. lat. conc. quin propter diversas. Sed non est ita, ut ibi notavi.' bj wiederholt Canones des 4. Lateran. Concils am Schlüsse der Titel eitirt werden, aber nie anders als mit dieser Angabe, z. ß. am Ende des tit. de uppellat. hodie autem indistincte et delegatus et Ordinarius non aliter potest reeusari, nisi causa assignetur coram illis, qui recusantiir, et probetur apud arbitros, ut in constit. Leiter, conc. cum speciali [c. o. Comp, IV; c. 61. X. h. t. ; can. 48. Lat.J nee appellatio admittitur, nisi causa assignata apud euni, a quo appellatur ut in const. Lat. conc. ut debitus honor [c. 3. Comp. IV; c. 39 X. b. t. ; can. 3Ö. Lat.J . . .' cj geradezu unbegreitlich wäre, dass Damasus, wenn er das 4. Concil vom Lateran erlebt oder nach demselben seine Summe geschrieben hätte, nicht dessen Beschlüsse über die Imped. cons. et affin., über die Verleihung nicht vacanter Präbenden, über Accu- sationen u. s. w. benutzt hätte. Man darf daher wohl die Zeit der Abfassung zwischen 1210 und 1215 setzen. Möglich ist aber doch, dass Damasus selbst nach dem 4- lateran. Concil einzelne Zusätze gemacht habe. Was den Werth des Werkes betrit^'t, so ist derselbe nicht hoch anzuschlagen. Denn erstens hat Damasus in Betreff der Com- mentirung der Titel sich lediglich an Beruh ard's Summe gehalten. Zweitens ist, wie schon Laspeyres [Bernardi Pap. . . Summa decretalium . . . Batisb. 1860. Praef. p. XL.] mit Recht vermuthet, die Summe grösstentheils fast wörtlich aus der Bernhards abgeschrie- ben, wie nur einige beliebig gewählte Stellen zeigen. S u m m a D a m a s i. S u m m a B e r n a r d i. De constitutionibus. Auxiliante Auxiliante — socialis wört- deo de const. eccies. tractaturi lieh gleich lautend, videamus, quid sit. const., quis possit constituere , quae causa faciendi Constitutionen!, quod eius officium, quae cui valeat prae- Literaturgeschichte der Compilationes antiqiiae etc. 145 iudicare. Et quoniam dit'ficile est, proniere definitiones, si quid in eis offendero parcat dilectio socialis. Const. est ius huma- iiiim. Ius eteniin aliud divinum, aliud hum., a. in scriptis redac- tum, a. solo usu utentium appro- batum. Quod est in scriptis redae- tum, est const, quod usu uten- tium, eonsuetudo vocatur. Con- stituere potest in saeeularibus imperator, civitas etiam potest legem nuinicipalem facere. In ecclesiasticis autem potest con- stituere apostolicus generalem const. et synodus generalis. Item P syn. metropolitana et syn. episco- palis constituit, non tarnen gene- ralem facit const. Primum proba- tur extra de sent. excom., inter alia libri III., secundum VI. di. quod dicitis; tertium XVIII. di. c. ult. Et universitas videtur. quod constitiiere possit, ut extra de const. cum accessisset 1." III. et ex. de praeb. significavit 1." L, dummodo nou sit const. talis, per quam inferatur onus aliis et ad coustituentes non extendatur, tunc enim non valeret, ut ex. de const., cum omnes I." III. Causa constituendi est, malitiae coercitio, uti IUI. di. factae sunt, I. q. II Const. est j. h. in scriptis re- d actum. Das Folgende, abgesehen von blosser Wortstellung wörtlich gleichlautend. In eccl. const. pot. Apost., syn. univ., syn. patriarchalis et syn. metrop. Von Item bis cum omnes nil. fehlt. Causa faciendi constitutionem est malitiae coertio , et novae quaestionis jud. def., ut Di. IUI. quam pio, et novae quaestionis factae et C. I. q. 2. quam pio et iudicialis definitio, ut in autent. in Auth. tit. 2. in pr. Officium bis ut factae novae consti. in princ. Officium const. duo versiculi com- prehendunt: Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXVl. Bd. 1. Hft. anteriori wörtlich gleichlau- tend. 10 146 V. Schulte Quatuor ex verbis virtutem col- lige legis : Permittit, punit. imperat atque vetat. ut di. IIL omnis lex. Praeiudicat autem const. posterior anteriori, ut ex. de cogn. spir. c. 1. 1.' F. et ff. de leg. et const., non est novum, ut priores leges ad posteriores trahantur. Posteriores tarnen se- cundum priores intelliguntur, si eis contrariae non inveniantur, ut. ff. e. sed et. Posteriores leges ad priores pertinent nisi contra- riae sint, et hoc multis argumen- tis probatur. Hoc ita, si manant const. ab eadem auctoritate, puta a sedeapost.,si vero a diversis,illa praeiudicat, quae facta est ab eo, qui est maioris auctoritatis: arg. IX. Q. III. conquestus." De ordinatis ab esto qui re- signavit. I. 9. In hoc titulo id praecipue no- tabile invenitur, quod, qui accipit minores ordines ab episcopo, qui episcopatui et ordini episcopali renuntiaverat, potest officiis suis uti : qui vero sacros, non potest, cum tarnen ex officio aut utrosque aut neutros conferre possit. Sed quod de minoribus ordinibus dici- tur, dispensative intelligi potest, ubi etiam notandum est , quod resignatio non abstulit episcopo potestatem, sed executionem.' De appellationibiis et recusa- tionibus. ut Dig. eod. non est novum et infra de cogn. spir. c. 1.; po- steriores tarnen bis sed et gleich- lautend. Posteriores — probatur fehlt. Hoc ita bis conquestus wört- lich gleichlautend. Idem titulus I. 7. ab eo, qui episcop. et ord. pon- tificali . . tarnen de officio . . Sed hoc quod de . . Sonst wörtlich gleichlau- tend. Literaturgeschichte der Compilationes antiquae etc. 1 47 Audivimus de sententlis. Sed quoniam sententiae saepe iniustae per appell. relevantur, aceedimus relevantiir, de app. audiamus. ad tractatum de appell. Videamus igitur, quid sit ap., quis possit appellare , a quibus . ad quos, quando, quoties, intVa qiiod tem- pus tiei-i debeat, et infra q. t. fieri potest prosequenda, a qua sententia pos- sit appellari , et a qua non , quis sit effectus app., quod officium eius, qui appellat et quod eius, a quo appellatui', et quod eius, ad visuri postea. quem appeliatur, visuri praeterea, Sonst wörtlich gleichlau- quis iudex et ex qua causa valeat tend. recusari. §. Ap. est . . . Damasus hat das, was Bernhard gibt, im Wesentlichen nur mit Citaten aus der Comp. IL und III. ergänzt. Die Erörterungen zu den bei Bernhard nicht vorfindlichen Titeln sind ganz im selben Geiste gehalten. Die Bedeutung seiner Summe liegt mithin lediglich darin, dass sie nicht blos eine der alten Compilationen berücksichtigt. II. Quaestiones. Handschriften : Berlin. Num. 249 fol. 39* — 4o\ 'Incipiunt quaestiones damasi. de constitutionibus'. 'Expliciunt quaestiones damasi. finis quaestionum damasi'. Bamberg kön. Bibl. P. 11. 15. mbr. fol. s. XIV. fol. 9 — 28.- Dieselbe Bibliothek P. II. 4. mbr. saec. XIV. fol. 73 bis zu Ende. Wien. 2080. fol. 107^— 118^ — * Königsberg Steff. num. 37. — Kl o sterneu bürg n. 656. s. XIV. * Venedig S. Marci num. 25. Leipzig. Univ. 975 f. 197"— 208" ('Expliciunt quaestiones veneriales a magistro damaso compilatae"). Angers, Stadtbibl. num. 381. Fulda D. 10. mbr. fol. s. XIII. auf XIV. drittes Stück. 10« 1 48 V. Schulte Diese sieh an die Reihenfolge dei- Titel der Comp. I. anschlies- senden Quästionen beginnen regehnässig mit ^tiaeritur, worin die Rechtsfrage aufgeworfen wird, geben die Gründe der bejahenden Meinung an (et videtur qiiod), der verneinenden (contra, sed contra), zulegt die solutio. Bisweilen ersetzt ein Rechtsfall (pone) die Frage. Anfang: 'Quaeritur, an episcopus canonem latae sententiae condere possit inter subditos suos.' Ende: 'Quid, si episcopus sie ex- communicet: excommunico te, si archipresbyter non excommunicet te et ideo omitto, quia notavi in primis e.vtrava- gantibus, et illam similiter: communico Titium et Scium, quis oorum sit excommunicatus'. Von Ca no nisten finde ich citirt: Alanus, Albertus, Hug. (Huguccio), Joannes Galensis, Vincentius, von Legisten: Azo, Jo. (Joannes Bassianus) Placentinus. Auch citirt er einmal magister meus\ Übrigens sind solche Citate selten, öfter sagt er: ' dicunt quidam , 'alii dicunf . Meist begnügt er sich mit Anführung der Gesetze pro und contra und der Angabe, welche Meinung richtig sei. Bisweilen fehlt auch die Lösung und schliesst die Exposition mit Bemerkungen folgender Art: 'istae quaestiones, licet sint utiles valde, tamen eas omitto, quia sunt legales, et si quis eas voluerit scire, inspiciat nottdas meas in e. t. [eodem titulo] r. /.' Diese Bemerkung im tit. de foro comp, bezieht sich auf die Summa, wo in der That diese Fragen gelöst sind'). — Tit. de test et attest. 'Item quaeritur, quomodo intelligatur, quod dicit prae- dicta decretalis praesentimn [c. 4. 11. 12. Comp. III.] : „quod non de facili credatur, si quid dixerat pro illo, qui protestatur, se obiec- turum". Quod studiosis relinquo' ■ — Tit. de reb. eccl. alten, erste Qu.: 'et huic ultimae allegationi stant legistae'. Tit. Qui der. vel man. matr. contr. poss. 2. Qu. 'Sol. satis posset diei, quod non teneretur. Dubito tamen in hoc articulo'. — Tit. de f'rig. 'Sol. quidam dicunt, esse perpetuum, alii, quod non sit perpetuum et dicunt, illud c. si per sortiarias [c. 4. C. XXXIII. q. L] non teuere'. — Tit. de sym. 4. Qu. 'Solutionen! huius dubitantibus relinquo'. ') Durch dieses, das Citat am Schlüsse u. andere ist die Autorschaft, die ohnehin nicht zu bezweifeln ist, noch stärker bewiesen. Literalurg-escliichte der Compiliitiones antiquae etc. lTr«7 Dass Damasus in Bologna dozirt habe, nahm man bisher an, ohne dafür einen anderen Beleg anzuführen, als [vgl. v. Savigny V. S. 162. Note «] die Notiz des Ms. Paris. 3925. a. 'Ineipit Summa Magistri Damasii Bononiae composita de ordine iudiciario'. In diesen Quästionen kommen nun einige Äusserungen vor, welche einen besseren Beleg geben. Tit. de iudiciis. 'Sohitio. Si in extraneum iudicem consentiat, potest resilire, si in iudicem suum, non. Puta, quia in uno loeo habet plures iudices, sicnti Bononiae habent scolares episcopum, magistrum smim. etiam potestatem habent, eligendi ex Ulis, quem voluerint. Et si consentiant in unum iliorum ante litem contestatam, non poterunt resilire, ut in illa si quis in (^y . Tit. de 7isiiris. 'Item pone, quod alicui Scolari, qui sub usuris debet pecuniam, aportenhir de domo multi denarii, et alius Scolaris accipiat illos denarios, antequam solvatur pecunia sub usuris debita, sub hac conditione, quod ipse solvat creditori illius Scolaris, cui pecunia fuit allata, sortem et usuras. Quaeritur, an sit haec usura quantum ad scolarem, cui pecunia fuit allata? Et videtur, quod non, quia Scolaris ille non recipit aliquod emolumentum de accomodata pecunia ultra sortem. Ergo non est usurarius, quia usurarius est ille, qui ultra sortem aliquid exigit, ut XIIII. Q. IUI. et c. plerique. Item si Scolaris iste pro utilitate alterius solvisset sortem, et sortem et usuras agendo posset consequi. ut eoctra de fideiussoribns , pervenit /." ///. et c. constitntns. I.' I. Ergo multo fortius poterit ex- cipiendo usuras retinere, cum pecunia processerit in utilitatem illius, qui recepit: infra extra de iureiur. quemadmodum I.' III. •§. Sed contra mirabile quid est, quod proponis. Non consideras, quae cito sequatur conclusio. Aut Scolaris iste stipulatur slbi usuras, aut creditori. Si sibi, non dubitat aliquis, eum esse usurarium; si creditori, hoc est impossibile, quia alteri stipulari nemo potest, ut Jnst. de hmtili stip. §. alteri, et usurae circa vinculum inscriptionis non debentur, ut C. de usuris, quamvis. §. Solvat qui poterif . Dieses und andere Beispiele von Scholaren zusammengehalten mit dem Tone der Darstellung, die offenbar Hörer voraussetzt, und Bemerkungen, wie im Tit. de elect. zur 1. Qu. 'haec consuevit pro- poni pro dominicair , beweisen offenbar sein Lehramt in Bologna. Um seine Methode noch besser zu kennzeichnen, mögen einige interessante Quästionen Platz finden. 1 50 V. Schulte 'De liis quue ßunt a maiore parte capitiili. Quaeritur de illa decretali cum in ctmctis [c. un. h. t. Comp. I.], uti'um, si sit consuetudo talis in ecclesia, quod non valeat factum maioris partis c. (capituli), nisi totum coiisentiat c, an alio tempore valere possit consuetudo talis? Et videtur, quod non, per illam decret., quae dicit, quod etiam iurata consuetudo talis non est observanda, ut ibi dicitur, et ita delinquunt utentes consuetudine tali, nee poterit contirmari: extra de sym., non satis 1.' I. [c. 7. de sym. V. 2. Comp. I.]. Item ^ui induxerunt consuetudinem talem contra ius et ea usi sunt, non potiierunt bonam fidem habere, et ideo non potnit illa con- suetudo praescribi, ut C. de agricolis et censitis, qnemadmodum [1. 7. C. XI. 48], quae dicit: „non est dubium, eum esse malae tidei possessorem, qui contra leges mercatur". Et est hoc erpressum extra i. e. t. fraternitatis [c. 1. de bis q. f. a. m. p. c. III. 9. Comp. II.]. §. Sed contra. Consuetudo inducta contra canones, si praescripta sit, praeiudicat canoni in eo loco, ubi obtinet: extra III. de causa poss. et propr. c. I. et de iudic, novit. Item dicit decretalis, quod concessio beneficiorum non debet fieri a praelato sine consensu capi- tuli, ut extra de his q. f. ab episc sine cons. C.cap. penult. 1.' I. Si tarnen consuetudo habeat se in contrarium, solus confert, ut inira extra de elect., cum ecclesia Vulterana [c. 16. I. 6. Comp. III.] et de his q. f. a prael. sine cons. c, ea noscitur 1.' II. [c. un. III. 8. Comp. II.]. Et quamvis consuetudine contraria tollatur indubitatum est: f. de legib. et const., de quibus [fr. 32. Dig. I. 6.]. §. Solutio. Si consuetudo inducatur contra ius naturale, seil, praecepta legis et evangelii, illa consuetudo nulla longinquitate temporis confirmatur, ut in illa non sane [lege: non satis\ Et hoc est, quod dicit aut.: 'male adinventae consuetudinis nullo tempore confirmantur' in aut. ut nulli iudicum [Auth. Coli. IX. Tit. X.] §. uulli vero. Si vero inducatur contra ius canonum consuetudo, tunc, si inducatur contra ius tale, quod sit inductum in favorem utentium, consuetudine prae- iudicabit iuri, quia possunt renuntiare iuri, quod pro ipsis est induc- tum. Si vero inducatur contra ius inductum in favorem ecclesiae, non praeiudicabit iuri consuetudo talis, nisi confirmetur a papa, ut in illa fraternitatis' . Diese Stelle bietet zugleich einen interessanten Beleg für die Auffassung der Glossatoren, die die consuetudo theils als Statut fassen, theils an Fälle der s. g. praescriptio acquisitiva denken. Vgl. meine Quellen S. 224 if. Literaturgesctiichte der Compiiatioiies antiquae etc. 151 De sponsalibus. Quei'itur de illa extrav. I. de despons. impub. de Ulis [c. 9. [V. 2. Comp. I.], ubi dicitur, quod, si minor contrahat cum maiore, maior non poterit resilire, minor aiitem, quum venerit ad legitimam aetatem, resilire poterit, utrum sint inter eos sponsalia vel non? Si sie, qui sie contrahunt, nullo modo poterunt resilire, ex quo semel sponsalia tenuerunt, immo per excommunicationem cogendi sunt servare illa, ut extra I. de spo?is., ex litteris, et extra II. de iure iiir., item cum quis. Si non sint sponsalia, poterit ergo maior cum alia contrahere, quia sponsalia de facto cum minore contracta etiam cum consanguinea eiusdem sponsae matrimonium vel sponsalia con- trahenda impedire non possunt, ut extra I. de desp. imp., litteras et c. accessit. Et ita videtur decretalis illa in neutro casu posse intelligi, et ita nihil dicere, licet iuvetur per alias sequentes decretales eiusdem tituli. §. Solutio. Dicit Hug., quod tenuerunt sponsalia habet tarnen minor hanc praerogativam, quod, cum venerit ad aetatem legitimam, potest rescindere. Verlor autem intellectus est Laiir-, qui intelligit in eo casu, ubi nulla fuerunt sponsalia et tenetur maior expectare ratione promissionis. Nee valet haec argumentatio. Non tenuit contractus, ergo resilire poterit. Recipit enim instantiam hoc argumentum, puta: si ego et tu habeamus fundum communem et tu sine meo consensu concedas in illo alicui servitutem non valet con- cessio; tarnen non poteris resilire, usque dum ego conlirmem illud, quod actum: yf. de servit. rust. praed., per fundum [fr. 11. Dig. VIH. 3.].' Qui der. vel mon. matr. contr. poss. Qu. I. Solutio. Dicunt fere omnes doctores, papam posse dispen- sare cum subdiacono et aliis existentibus in sacris ordinibus. Hu. dicit, quod non potest, posset tamen constituere, quod illi, qui promo- ventur, postea non tenerentur continere. Et verum est, quod dicit.' 'De sent. excomm. (5. Qu.) Quaeritur circa illam decr. si vero uliquis 1.' L, ubi dicitur, quod, si quis percusserit clericum, credens eum laicum, non tenetur, utrum, si quis percutiat laicum credens eum clericum, incidat in canonem? Puta: voluit percutere Titium clericum et per- cussit Martinum laicum, quem credidit esse clericum, utrum incidat in canonem latae sententiae. Et videtur, quod nulla sit ista quaestio. 1 52 V. S c h u I t e Si enim attendas diligenter, probabo per litteram illus decr. seil., ipsum esse excommunicatum, quia, si percutiat quis clericum et credit, illum, quem percutit, esse laicum, non incidit in canonem. Et ita iudicatur seeundum iiitentionem, et non secundum opus, quia, licet percusserit clericum, intendebat tamen percutere laicum. Ergo et ita hie iudicau- dus est secundum intentionem, quia, licet percusserit laicum, inten- debat tamen percutere clericum. Item non est ambigendum hie, quia voluntas cum opere locum facit constitutioni poenali, ut extra de bigamis, nuper l.'III. Cum ergo sit hie voluntas percutiendi et sequatur opus, percussio seil., licet non sequatur percussio in elerico, tamen percutiens censendus est excommunieatus propter voluntatem et opus subsecutum. §. Sed contra, mirabile quid est, quod proponis. Iste non inieeit manus violentas in clericum, ergo ex manuum iniectione non est excommunieatus, quia dicit canon: 'sit excommunieatus, qui iniecerit manus violentas in clericum', XVII. Q. IUI. si quis sundente. Item non nocet hoc, quod eogitavit iniieere manum in clericum, quia sola cogitatio non facit eum excommunicatum apud ecclesiam, quia cogitationis poenam nemo mereinT : de poen. di\. ^. cogitationis. Item quod allegasti pro regula, quod in malefieiis voluntas spectetur et non factum, probo tibi, hoc esse falsum. Pone: volui percutere Seium et percussi Titium, quem non intendebam percutere, in quem intelligor deliquisse et cui competet iniuriarum actio? Resp. Titio, quem percussi, non Seio, quem volui percutere, ut ff. de initiriis, eum qui §. si iniuriarum. Et ista pars tenenda est pro solutione'. Im Titel de off. et pot. jud. ord. wird die Frage erörtert, ob ein Bischof, welcher die Absolution eines Excommunieirten um einen Tag verzögert habe, sie noch ertheilen dürfe, oder vielmehr in Folge der mora der Metropolit competent werde, und geschlossen: 'et erat bonum argumentum in 6er wari[atioi>es antiquae etc. J 0,> Von den 2T8 selbstständigen Quästionen schliesseii sit-li die meisten an Dekretalen der Comp. I. an, verschiedene jedoch anch an solche der II. und III. Aus dem Vorhergehenden folgt, dass dieses Werk jünger ist als die Summa. Vergleicht man beide mit einander, so muss man die Quästionen viel höher stellen, weil sie selbstständige Arbeiten sind, auf die I Literatur eine umfassende Rücksicht nehmen , eine frische und praktische Auffassung bekunden. Sie haben in den späteren prakti- schen Arbeiten des XlII. Jahrb. reiche Berücksichtigung gefunden. III. Brocarda s. regulae canonicae '). I ~ H a n d s c h r i 1 1 e n : rt_^ r e ! n e. Citirte Berliner 249. fol. 32^—39' (^ ExpUciiint brocardica dnmnsi'. Darunter von späterer Hand: 'haec brocardica continent C. et XXV." Wien 2080. fol. 127—134" (Txpliciunt brocarda M. daiü.'). Prag Museum I. B. 3. fol. s. XIV. Bl. 146 ff. *Bologna (Albornot. n. 217.)? Fulda D. 10. mbr. fol. s. XIII. auf XIV. (Weingarten), fünftes Stück. b) in der Überarbeitung des Barthol. Brixiensis. Bamberg P. II. 23. fol. mbr. s. XIV. f. 95 — 102\ Wien Hofbibl. 2216 in 4«. mbr. s. XIV. fol. 79—89: num. 1463, 2107, 2157. Prag Univ. Bibl. III. B. 21. fol. chart. s. XV. fol. 149—160. ''Königsberg num. 75 und 81. s. XIV. Melk J. 37. s. XIII. Halle Univ. Ye fol. num. 57. — Ye 52. Erlangen Univ. 143 s. XIII. Gotha B. 330 chart. s. XV. ■'Troyes Sfadtbibl. n. 456 u. 1751. •) Ausgraben nennt, v. Savigny S. 164. (Antwerp. 1566, Lugd. I066. Bas. 1367, Frankf. 1370. Col. 1668) und gilit die Differenzen mit der Berliner Handschrift num. 249 an. Ich finde wiederholt eine Ausg. Angers 1366 angeführt, habe sie aber nicht selbst gesehen. 134 ■ V. S c h u I t e Berlin 209 mbi-. s. XIV. ex. fol. 113—126- Leipzig Universitätsbibl. num. 963, fol. mbr. s. XIV. sechstes Stück; — num. 966. fol. mbr, s. XIV. Drittes Stück; num. 969. fol. mbr. s. XIV. zweites Stück. Es gibt noch zahlreiche andere Handschriften, die ich übergehe. IV. Historiae Decretorum. Die einzige Nachricht über dieses Werk gibt Diplovataccius. Handschriften, welche dasselbe enthalten und mit Sicherheit Damasus zugeschrieben werden können, sind mir nicht bekannt noch von Anderen angeführt. Wohl aber kommt ein Werk dieses Namens viel- fach unter dem Namen des Bartholomaeus Brixiensis vor. Von diesem vermuthet bereits Sarti, dass es lediglich eine mit Aus- lassung des Namens seines Verfassers gemachte Überarbeitung des von Damasus sei. Diese Ansicht hat eine ziemliche Wahrschein- lichkeit für sich aus folgenden von Sarti schon angedeuteten Argu- menten: 1. wegen der Vorrede, worin eine solche Überarbeitung angedeutet ist; 2. weil die hauptsächliche Thätigkeit des Bartholo- mäus in solchen Überarbeitungen besteht, wie die Überarbeitung der Glossades Johannes Teutonicus, der Brocarda des Damasus, des Ordo judiciarius von Tancred, der Casus des Benencasa zur Genüge beweist. Was also Bartholomäus betrifft, so läge kein Grund vor, zu zweifeln. Damit ist aber noch nicht bewiesen, dass Damasus eine solche Schrift überhaupt geschrieben hat. Ja ein Beweis ist durch diese Argumente um so weniger gegeben, als die ganze Thätigkeit desDamasus sich nicht dem Dekrete, sondern den Dekretalen zuwendet. Dazu kommt, dass die Abfassung der Historiae decretorum eine durchaus unjuristische Arbeit ist. Denn dieselben enthalten nichts als eine reine Zusammenstellung der in den Canones und Dicta Gratiani bezogenen Erzählungen, welche zum allergrüssten Theile der Bibel angehören. Sie bestehen in einer nakten Zusammenstellung der Erzählungen nach der Reihenfolge der Citate. Um jedoch für jeden Fall den Charakter genauer zu kenn- zeichnen, gehe ich näher ein. Von des Bartholomäus Werke sind folgende Handschriften mir bekannt geworden : Literaturgeschichte der Compilationes antiquae etc. löO Wien Hofbibl. num. 2129 fol. mbr. s. XIV. ine. f. lOP— 109^ und num. 2070 (die erstem lege ich der Beschreibung zu Grunde). Erlangen Univ. 372. Die für dieses höchst unbedeutende Werk pomphafte ») Vorrede lautet: 'Licet merita scientiae non respondeant nee opus aliquod suf- ticiant adimplere, ego tarnen Bartholomaeus Brixiensis divina gratia ministrante secundum meae scientiae parvitatem cupio utilitatihus scolarium providere; idcirco historius decretorum frequentes et usitatas duxi pro meis viribus aliorum et interveniente auxilio cor- rigendas, eas certis locis in caiisis et distinctioulbus assignando, prout communiter eonsueverunt.' Anfang: 'D. VI. Testamentiim hnnc pollutum. Legitur in Levi- tico; si sit, intjuit dominus, inter vos homo pollutus' . . . Es sind im Ganzen 166 Historiae. Davon sind alle bis auf 9 der Bibel entnommen. Diese 9 sind aus : gesta Rom. zu D. XXI. nunc autem, Gesta Rom. Pont. C. 8. q. 1., dialogus Gregorii D. 4o.; C. lö. q. 1., C. 18. q. 2.; historia Francorum C. lo. q. 6.; über dialogorum C. 16. q. 1.; pussio s. Domitiani C. 28. q. 1.; ohne Quelle C. 18. q. 2. 'quod de b, Greg, legitur.' Worin die That des Bartholomäus bestehe, ist nicht abzusehen, da bei Paucapalea, Ste- phanus w. a. die historiae selbst stehen, häufig viel genauer. Wo die Alten ohne Citat, z. B. blos 'illud veteris testamenti' u. dgl. anführen, geschieht es auch hier. Ob wirklich einige neue historiae zugesetzt sind, lohnt kaum der Prüfung. Vielleicht besteht sein einziges Ver- dienst in der Beisetzung der Zahl der Dist. und Causa. Ob die Handschriften, welche die Vorrede und das erste Bei- spiel nicht haben 2), dem Bartholomäus auch angehören, vermag ich nicht zu sagen. Die Schrift ist für die Jurisprudenz absolut werthlos, da die zutalligen Citate biblischer Beispiele in den Quellen unbedingt ohne jeglichen Eintluss auf die Rechtsentwicklung geblieben sind. 1) Sehr gut bemerkt V. Savigny V. S. 123, dass Barth, den Namen eines frucht- baren Schriftstellers mit sehr geringer Mühe und einigen Vorreden zu erkaufen strebte. ~) Eine solche führt Maassen Paucapalea S. 46. Note 98 an (Cod. lat. Monac. 8013 — Kaisersh. 11.3 — ). 156 V. S c h u I t e V. Summa de ordine judiciario. Ausgabe: Aiiecdota, quae processum civilem spectant ed. Agathon Wunderlich. Bulgarus, Damasus, Bonaguida. Gotting. 1841 pag. 33—44 Prolegomena, p 45 — 120 Summa. Andere als die von Wunderlich genannten Handschriften sind mir nicht bekannt. Das Werk ruhet für das römische Recht zumeist auf Pillius, gibt für das canonische ausser dem Dekret die Sätze der drei ersten Comp, antiquae. Es bietet eine neue Methode, insoferne es eine dem Gange des Verfahrens sich anschliessende, alle Theile des Verfahrens umfassende, klare Darstellung enthält. Literatlirgeschichte der Coinpilatioiies aiitiqu.ie eti-. lOi INHALT. Erstes Capitel. Die monogr a phische Li ter a tur zu den Compi 1 a ti o nes a ntiqua e. I. Notabilia. Charakter 1 1. Not. ad Comp, 1 2. 3. 2. Not. Pauli Ungari ad IL et III 4. 5. Andere zur Comp. II 6. 3. Not. zur Comp. III. . 7. 8. 4. Zur Comp. IV 9. lü. 11. o. Zu mehreren 12. 13. IL Casus Bernhardi, Richardi 14 — 16. III. Quaestiones: anonyme, Damasi 17 — 19. IV. Summae: Bernhardi, Damasi 20. V. Tractatus: Bernhardi. T;incredi 21. VI. ßroearda — Zweites Capitel. Die eigentliche Glossatorenliteratur: Apparatus, lecturae, glossae. f. Einleitung 22—26. IL Die Handschriften mit Glossen 27—33. III. Die Apparate und Glossen der Comp. 1. A. Richardus u. Bernh. Pap. (Cod. Hai. Ye. 80) 34-37. ß. Alanus (Cod. Hai. Ye 32) ....... 38. a Cod. Hai. Ye 32. alia pars 39. ü. Cod. Fuld. D. 3 40. E. Die späteren Glossen und Apparate 41 — 46. F. Resultate. Entstehungszeit 47 — 48. 1 38 V. Schulte. Literaturgeschichte der Compilationes antiquae etc. §§• IV. Compilatio secunda 49 — 51. V. Compilatio tertia 52 — 53. VI. Abfassungszeit der Apperate zur Comp. II. u. 111 54. VII. Apparat zur Comp, quarta 55. VIII. Die Glosse zur Comp, quinta 56. Anhang. Damasus und seine Schriften. Goldhacher, Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. 159 Zur Kritik und Erklärung" von L. Apuleius de dogmate Piatonis 1. I. und II. Von Dr. A. Goldbacher. Zu den vielen schwierigen Fragen in Betreff der Auffassung und Beurtheilung der philosophischen Schriften des Apuleius, zu deren Beantwortung noch kaum ein Versuch gemacht ist, kommt noch ein Übelstand, der jedesfalls zuerst gehoben werden muss, d. i. die höchst verderbte Gestalt des Textes. Denn Avährend derselbe in den Metamorphosen durch die eben erschienene Ausgabe von Fr. Eyssen- hardt (Berlin 1869) und in der Apologie und den Floridis durch Gust. Krüger (Berlin 1864 und I860) auf Grundlage einer sorg- fältigen Collation der allein massgebenden Codices Laur. 68, 2 und 29, 2 eine correctere Gestalt gewonnen hat, liegen die philosophi- schen Schriften in der letzten Hildebrand' sehen Ausgabe noch in einem Zustande, der, abgesehen von der Unerquicklichkeit des Stoffes, schon an und für sich dem Leser nicht selten die Leetüre ver- leiden mag. Freilich finden wir hier auch keinen so sicheren Boden wie in den drei oben genannten Schriften; denn die beiden Florentiner Handschriften enthalten eben nur die Metamorphosen, die Apologie und die Florida. Die Texteskritik der philosophischen Schriften steht daher noch auf derselben Stufe, auf der vor wenigen Jahren sämmt- liche Schriften des Apuleius standen, nur dass denselben auch von jeher nicht die Aufmerksamkeit und Sorgfalt geschenkt wurde wie den Metamorphosen oder der Apologie. In der Benützung des hand- schriftlichen Materiales herrscht ziemlich willkürlicher Eklekticismus; denn wenn auch einzelne Herausgeber von der Vorzüglichkeit des einen oder anderen Codex überzeugt waren, so war doch diese 160 G 0 1 d b H c h e r Überzeugung meist zu schwach, um in der Constituirung des Textes einen sicheren Haltpunkt zu bilden. Wurde also schon dadurch viel- fach die richtige Leseart verdrängt, so schadete unserem Autor un- gleich mehr ein anderer Umstand. Dass Apuleius manches veraltete Wort und manche seltene Wendung hervorgezogen, dass die Kühn- heit der Diction ihn nicht selten bis zur Verschrobenheit verleitet, dass er selbst sich manche Neuerung in Fügung und Wortbildung erlaubt habe, können wir so wenig leugnen, als wir andererseits ge- stehen müssen, dass eben dies die Kritik des Apuleius in eine ganz falsche Richtung gebracht habe. So klagt schon Hildebrand in der Vorrede seiner Ausgabe: Denique Beroaldus a perversitate quadam non über fuit, quam omnes fere Apulei interpretes uccupasse cogno- scitur, quaeque accuratius hie eo explicanda erit, quod inde perspici licet, qua ratione scriptoris toties tractati libri hodieque tam mutilati et depravati sint. est enim ista tamquam prurigo, qua obsoleta quaeque et pervetusta Apuleio vindicata sunt, quaeque in nullo praeter eum, quantum video, scriptore tam magna ac tam pestifera unquam fuit, quamvis Beroaldus certis vinculis adstringi se passus sit, quae tamen secure eius imitatores rumpere soliti sunt, ut ad eam progressi sint iudicii ac mentis perversitatem, quam non doctrinae afFectationem sed insaniam rectius nominaveris, a Wowerio denique et Brantio ad summum fastigium evectam est autem abominanda rudis illa et incondita doctrina, quae omnium longe est facillima, quum sit nihil tam cassum, nihil tam obsoletum, nihil tam absurdum, quod tali scriptori qualis Apuleius est, intrudere illi non conentur: si latina nön sufficiunt, graeca petunt, si Plautus efFugit, Naevium sectantur. Und derselbe Hiidebrand, was traut er nicht selbst alles dem Apuleius zul Wie oft gefällt ihm nicht eine Überlieferung gerade deshalb, weil der Ausdruck selten und sonderbar ist, \*^ie oft findet er nicht selbst Un- erhörtes bei Apuleius für möglich! Zu dem kommt bei ihm noch ein ganz verkehrter Grundsatz in der Verwerthung des kritischen Mate- riales. Man braucht nämlich nicht viele Blätter seiner Ausgabe zu lesen um einige Male zu hören, diese oder jene Schreibweise sei die richtige, weil sie schwieriger, seltsamer, ungewöhnlicher sei als eine andere, und die Abschreiber gewiss nicht diese in jene verändert haben würden. So verschmäht er z. B. de dogm. PI. II. c. 17, p. 244 iccircoque (nocere) prius est quam noceri, wo prius gewiss nur ein Versehen für peius ist, was noch überdies zwei Zeilen unterhalb: Zur Kritik unil Erklärung- von L. Apuleius etc. 161 sed nocere longe peius esse bestätigt wird, diese leichte Änderung „propter dictionis frequentiam; forsitan 'pravius', cuius comparativi forma est rarissima, legendum est". Ebenso lässt er an derselben Stelle cum nocere alteri malorum omnium noxium (wofür wohl mit einem Cod. maximum zu schreiben ist) sit das noxium stehen ^quamquam singu- laris est haec dictio". c. 21, p. 250 wo es in den besseren Hand- schriften heisst: egestatem namque non abstinentia pecuniae sed prae- sentia immoderatarum cupidinum gignit nimmt Hildebrand wirklich an, Apuleius habe auch abstinentia für absentia gebraucht, weil der- selbe Fehler durch dasselbe Versehen auch Metam. 1. X. c. 23 p.722 sich findet, und bedauert sogar, dass er dort abstinentia in dieser Bedeutung verworfen habe. Doch genug davon; in der Folge werden wir dergleichen noch mehr finden. Diese den Abschreibern überall zugemuthete Absichtlichkeit ist einer der Hauptschäden der Hilde- brand'schen Ausgabe. Denn die Fehler in den älteren und besseren Handschriften beruhen gewöhnlich nur auf Versehen; absichtliche Änderungen sind verhältnissmässig selten und traten meist erst dann ein, wenn der grammatische Zusam.menhang eines Satzes schon früher irgendwie zerrüttet war. Wie es unter solchen Verhältnissen mit dem Texte der Bücher de dogm. PI. stehen mag, lässt sich leicht denken. Hildebrand selbst hat sich damit weniger Mühe gegeben, wie er in seiner kritischen Anmerkung zu liquido arbitratur 1. II. c. 17 p. 244 offen gesteht, und wir ihm ohne Bedenken bestätigen können. Man darf sich daher nicht wundern, wenn man so oft auf Stellen stösst, die theils dem Gedankengange geradezu widersprechen, theils aller Anstrengung, ihnen in der vorliegenden, von den Kritikern nicht selten unbeanstan- deten Gestalt einen gesunden Sinn oder auch nur grammatischen Zusammenhang zu entlocken, trotzen. Victor Betolaud, der neueste Übersetzer der Werke des Apuleius (Oeuvres completes d'Apulee traduites en francais. Paris, Garnier Freres 1862), hätte also kein kleines Stück Arbeit vor sich gehabt, wenn er sich nicht nach Fran- zosen Art über die Schwierigkeiten hinausgesetzt und ziemlich unbe- kümmert um den unter der Übersetzung stehenden Bosscha'schen Text seiner Phantasie freies Spiel gelassen hätte. Was nun die Handschriften der Bücher de dogmate Piatonis betrifft, so kann ich nur dasselbe wiederholen, was ich in meiner Abhandlung über de den Socratis (Österr. Gymn. Zeitschrift 1868 Sitzb. d. phii.-hist. Cl. LXVI. Bd. 1. Hft. 11 162 Gold l)a eher S. 808 f.) gesagt und dargethan habe. Sämmtliche Codices führen nämlich auf eine und dieselbe Quelle zurück. Dieser zunächst stehen die beiden in der Hildebrand'schen Ausgabe mit F^ und F^ (Fg findet sich jedoch nur in den drei ersten Capiteln des ersten Buches) bezeichneten Florentiner Handschriften. Aus diesen sind dann die übrigen Codices geflossen. Jede Kritik muss daher auf die Floren- tiner Handschriften zurückgehen, und es wäre nur zu wünschen, dass die Angaben des Lindenbrogius über dieselben genauer, bestimmter und klarer wären. Der Nachweis hiefür wird sich aus dem Folgenden jedermann leicht von selbst ergeben: ich verweise nur auf Stellen wie z. B. 1. n. c. 24, p. 256. Die Florentiner Handschriften selbst sind nicht ohne Fehler, sondern Dittographie, Buchstabenverwechs- lung, Vertauschung gleichklingender Worte und ähnliche Versehen finden sich oft, selten sind Spuren von Correctionsversuchen; insbe- sondere aber leiden sie an häufigen Auslassungen einzelner Worte. Wo spätere Handschriften einen Fehler der Florentiner vermieden haben, sind es nur leichte, auf der Hand liegende Correcturen. Bei ärgeren Verderbnissen und Lücken stimmen sie entweder mit ihrer Quelle überein oder suchen durch Änderung meist unbekümmert um den Sinn eine wenigstens formale Concinnität. Für die ersten vier Capitel des ersten Buches, worin uns Apu- leius einiges über die Geburt und geistige Entwickelung Plato's mit- theilt, bringe ich ferner eine neue noch unbenutzte Quelle zur Geltung, nämlich den Scholiasten des Lucanus (M. Annaei Lucani Commenta Bernensia ed. Herm. Usener Lipsiae 1869), der in seinem Scholion zum ISlsten Verse des 10. Buches die Angaben des Apuleius excer- pirt hat. L i b e r L Nachdem Ap. im ersten Capitel von der Abkunft Plato's und dem wunderbaren Traume des Sokrates gesprochen hat, geht er im zweiten auf seine Anlagen und seine erste Ausbildung über, nam Speusippus. heisst es hier im Anfange p. 183, domesticis instructus documentis et pueri eins acre in percipiendo ingenium et admirandae verecun- diae indolem laudat. Neben dem acre in percipiendo ingenium ist hier die Erwähnung der verecundia gewiss verdächtig; man erwartet doch eher, dass daneben die Anlage der Wiedergabe des aufgenommenen Stoffes erwähnt werde d. i. die facundia. So wird auch am Schlüsse Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. 1 D O dieses Capitels die elegantia, venustas und maiestas der platonischen Diction rühmend hervorgehoben. AutTallend ist, dass sowohl der Grossvater Plato's von mütter- licher Seite p. 180, als auch sein Bruder p. 184 in den Handschr. des Ap. durchaus nicht Glauco sondern Glaucus genannt wird. Diese Leseart wird auch noch bestätigt durch die Comm. Bern., wo Usener das überlieferte cum Glauco in cum Glaucone verändert hat. Eine Entscheidung hierüber ist sehr schwer, da Analogien wie Lampen und Lampus, Jasion und Jasius weder ganz abzuweisen sind, noch hinreichende Gewähr bieten. Drei Zeilen unterhalb überliefert die Florent. Handschr. ut Pythia €t Isthmia deluctata certaverit. Hildebrand schreibt de luctatu. Allein deluctata ist durch eine ganz gewöhnliche Dittographie (s. unten p. 186 Eurytatum für Eurytum) aus de lucta entstanden, wie auch in späteren Codd. schon richtig gebessert ist. DerScholiast des Lucanus hat ebenfalls de lucta gelesen. Picturae non aspernatus artem tragoediis et dithyrambis se utilem finxit lieisst es weiter. Für et dithyrambis se utilem finxit lesen wir in den Comm. Bern, et tibiistitulü finxit, das Usener, indem er die Leseart bei Ap. für verderbt hält, in dithyrambis stilum finxit ändert mit der Bemerkung, dass für tibiis vielleicht lyricis zu schreiben sei. Dithyrambis gegen die Überlieferung beiAp. und gegen die ausdrück- liche Erwähnung der Dithyramben bei Diog. Laert. vitae phil. III, 5 v.y.'. -O'.riixccra i'^oa'-pe v.cd -Goöra ]xvj o'..3vca,ußo*JS^, 'iKzixfx oi y.cd \xt/:r, y.cci roci'/üidiug in lyricis zu ändern möchte wohl sehr gewagt erscheinen. Aber auch die zweite Änderung stilum finxit, so an- sprechend sie auch ist, kann uns doch nicht bestechen, die au sich un- anfechtbare Überlieferung bei Ap. zu verlassen, um eine auf dem Grunde einer stark verderbten Leseart gebaute Coniectur an die Stelle zu setzen. c. 3. p. 186 lässt Ap. den Plato von Italien aus nach Cyrene und Ägypten reisen, um dort die Quellen der Pythagoreischen Wissen- schaft aufzusuchen, und dann wieder nach Italien zurückkehren: et ad Italiam iterum venit et Pythagoreos Eurytatum Tarentinum et se- niorem Arehytam sectatus. So F^, die Lesearten der übrigen Hdschr. Euricacum, Euricanum, Euritanum, Euritarum sind otTenbar nur Va- 11' 164 G o I .1 b a c h e r riationeii der Stariimhaiulschrift ')• I» ''en Comm. Bern, fiiulen wir pitagoreos rit 'tareiitü. Eine Stelle bei Diog. Laert. vitae phil. III, 6 x.äxei^£v c£? 'I-a/.j'av t:o6(; liu^ayopuoijg OtXö/.aov -/.ai Euovrov macht es wahrscheinlich, dass wir in Eurytatum nur denselben Fehler zu suchen haben wie oben in luctata, und dass daher, wie auch last in allen Ausgaben schon geschehen ist, Eurytum zu schreiben sei. Atque ad hidos et Magos, fährt Ap. fort, intendisset animum. nisi tunc eum bella vetuissent Caletica. quapropter inventa Parme- nidis ae Zenonis studiosius exsecutus ita omnibus, quae admirationi sunt, suos lihros explevit, ut primus tripartitam philosophiani copu- laret etc. Für Caletica, wie es in allen Handschr. heisst, lesen wir in den Ausgaben Asiatica, was durch Diog. Laert. vitae phil. III, 7 oihjvoi or, i IIÄarojv x.at roT? Ma70!^ rjvp.p.it(xi oici ds zo\jg Tf,g W-olaq ~OAiixo-jg y.r.i'jrrt Bestätigung zu finden scheint. Um jedoch der handschriftlichen Überlieferung näher zu kommen, ver- muthet Oudendorp Chaldaica, Hildebrand sogar Halylica, was so viel sein soll als Lydia, weil von Lydien aus der jüngere Cyrus seinen Zug gegen Artaxerxes unternommen habe. Es unterliegt aber wol keinem Zweifel, dass für „Caletica" .\p. „Dialectica" geschrieben habe, das in der Verbindung dialectica quapropter inventa etc. einen entsprechenden Sinn gibt. Wir finden dabei zugleich auch die Ver- anlassung des Irrthums in quapropter, dessen gewöhnliche Stellung am Anfange des Satzes das dialectica verdrängt hat. Ap. hingegen gibt ihm gerade in unserer Schrift, wie es scheint, mit Vorliebe die zweite Stelle, so der handschriftlichen Überlieferung nach II c. 1 p. 220 divina quapropter esse; c. 16 p. 242 pessimo quapropter deterri- moque; zu c. 4 p. 223 tres quapropter partes animae ist die Wort- stellung der Florent, Codd. nicht angegeben, und c. 13 p. 240 soll Fj quapropter vitium illud primum meuiil)us evenit haben. Vergl. noch ausserdem de mundo c. 3 p. 297 superna quapropter dii superi sedes habent, wo in den .4usgaben vor Vulcanius superna ebenfalls durch quapropter an den vorausgehenden Satz gedrängt worden ist. V) Wenn Usener in denCoinm. Bern, bemerkt, die nichtinterpolirten Handschr. des Ap. haben Pythag-oreos etiam ritus Tarentinum, so kann diese Anoabe nur auf einem Versehen beruhen, indem er in der kritischen Anm. der Hildebrand'schen Ausgabe das zur vorausgehenden Zeile gehörige etiam ritus hieher bezog. Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. i 6o Für unsere Vermiithiing sprechen auch die Comm. Bern, quin ad Indos et Magos aiiimum intenderat, nisi tunc eum bella vetuissent, in so ferne nämlich mit vetuissent der Satz endet, denn das Folgende fehlt in diesen Excerpten. Durch die Herstellung dieser Stelle haben wir nun auch einen Anhaltspunkt zur Ausfüllung einer Lücke im nächsten Satze. Ap. hat uns nämlich im Vorausgehenden erzählt, wie Platn, n^ichdem er mit Sokrates näher bekannt geworden, die Poesie aufgegeben und sich ganz jenem angesclilossen habe, wie er dann nach dessen Tode sich mit der Lehre der Pythagoreer vertraut machte, deren Quellen er bis nach Cyrene und Ägypten verfolgt habe, und wie er endlich die dialektischen Speculationen eines Parmenides und Zeno sich an- eignete : er habe daher, indem er alles das selbstständig verarbeitete und vervollkommnete, zuerst die dreifache Gliederung der Philosophie gelehrt, nain quamvis de diversis officinis haec ei essentphilosophiae membra suscepta. naturalis a Pythagoreis, dialectica rationalis atque moralis ex ipso Socratis fönte, unum tarnen ex omnibus et quasi pro- prii partus corpus effecit. Es lässt sich mit Bestimmtheit erwarten, dass hier Ap. die drei Hauptquellen der platonischen Philosophie, von denen er oben gesprochen hat, zusammenfasst. Nun fehlen aber einer- seits neben Sokrates und den Pythagoreern die Eleaten, andererseits ist von den in F^ überlieferten Worten: dialectica rationalis, womit auch sämmtliche andere Handschr. bis auf einige ganz unbedeutende Ab- weichungen übereinstimmen, gewiss das eine nur Glosse des andern. Nach unserer obigen Coniectur werden wir nun kein Bedenken tragen Oudendorp und Hildebrand beizustimmen, welche in richtigem Takte das letztere für eine Glosse des ersteren halten: nur fügen \\ir noch hinzu, dass nicht bloss rationalis zu beseitigen, sondern auch das dadurch verdrängte ab Eleaticis an die Stelle zu setzen sei. Schliess- lich müssen wir uns noch gegen diejenigen Ausleger erklären, welche die Auffassung des Ap. nach einer Stelle bei Diog. Laert. vitae phil. HI, 8 ixic'.v Tc iTvoirtOdTO rwv rs 'HoaxÄsiTücüv loycjjv v.al nu^ayocix.cZiv x.aj S'jüx.oar'.x.wv rä ^alv yäo ai'j^xtzcjL y.c/.^^ 'H^oäxÄstrov, rä 0£ voriTV. y.cf.zy. H-j^ayopoi'j^ Tx oi -ol'.rr/.d -/.ciTv. Sojxoärv^v ifilo^6(ü£i zu corrigiren versuchen, so wie gegen diejenigen, welche an dieser Stelle durch- aus den Heraclit erwähnt haben wollen. Ap. würdigt eben den Ein- fluss der Heracliteischen Lehre auf Plato zu wenig, was man schon daraus ersehen kann, dass er oben p. 185, wo er vom Verkehre 166 Goldbacher Plato's mit Sokrates spricht, nur nebenbei erwähnt et antea quidem Herach'ti secta fuerat imbutus. Für die Darstellung des Ap. wird eine treffende Parallelstelle aus Photius excerpt. e vit, Pyth. 713 ange- führt TYjv julv ^su)priTuri\i xai fvauriM Il/arwva 'f:<7'.?) wie bei den Ideen, sondern wir gelangen zu ihr durch eine adulterata opinione (/c7((j|jLcI) T'.vj vö^w). In actu müsste daher die Bezeichnung der Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleiiis etc. 1 Ol sinnlichen Walirnehnuing liegen, wozu das Wort actus unbrauchbar ist. Dagegen wird die sinnliche Wahrnehmung ganz gewöhnlich durch die beiden Hauptvertreter das Gesicht und Getast bezeichnet : rä doarä xcc'. ä-rä und bei Ap. c. 8, p. 198 hinc et tangitur et videtur sensibusque corporeis est obvius und c. 9, p. 200 quae Aideri oculis et attingi manu possit. Für actu muss daher tactu gesehrieben werden, hinter dem vielleicht ac visu oder etwas ähnliches ausge- fallen ist. Nachdem im 6. Capitel von den Ideen die Rede war, heisst es dort p. 193 oü^taj, quas essentias dicimus, duas esse ait, per quas euncta gignantur mundusque ipse, quarum una cogitatione sola con- cipitur, altera sensibus subiici potest. sed illa, quae mentis oculis comprehenditur, semper et eodem modo et sui par ac similis inveni- tur, et quae vere sit. atenim altera opinione sensibili et irrationabili aestimanda est, quam nasci et interire ait. et sicut superior vere esse memoratur, hanc non esse vere possumus dicere. et primae quidem substantiae vel essentiae primum deiim esse et mentem for- masque rerum et animam, secundae substantiae omnia, quae infor- mantur, quaeque gignuntur, et quae ab substantiae superioris exemplo originem ducunt. Für mentem hat Floridus nach der Leseart des Cod. Thuan. (matiem) materiem in den Text gesetzt, und Oiidendorp und Hildebrand haben diese Änderung gebilligt. Da es jedoch oben von der ersten essentia heisst: cogitatione sola concipitur, von der Materie hingegen im vorhergehenden Capitel: neque tamen sola opi- nione cogitationis intelligi, so erhellt schon daraus, dass die Materie unmöglich zur ersten o-J^ia oder essentia gezählt werden kann. Die- selbe hat überhaupt hier keinen Platz, sondern liegt ihrer Qualität nach in der Mitte zwischen diesen beiden essentiis. Der Einwurf den man gegen mentem erhebt, als sei dasselbe mit deum oder animam identisch, wird verschwinden, wenn man c. 9, p. 199 und 200 in Betracht zieht: unter mens (auch aninia coelestis genannt) haben wir nämlich die allgemeine Weltseele zu verstehen, deren Ausfluss nach der Darstellung unseres Schriftstellers die Einzelseele (anima) sei. Die Richtigkeit dieser Erklärung bestätigt auch eine Stelle im Anfange des zweiten Buches p. 220 prima bona esse deum summum mentem- que illam, quam voOv idem vocat. c. 7, p. 194 multimoda multi potestatum coitione ist in niulti nichts anderes zu suchen als ein Versehen durch Wiederholung des 168 Goldbaoher multi in miiltimoda. Ähnliche Fehler haben wir schon oben c. 2, p. 184 und c. 3, p. 186 bemerkt. Über die Entstehung der Elemente aus der Materie lesen wir C.7, p. 19o et ignem quidem et aera et aquam habere originem atque principium ex trigone, qui fit trianguli {F^ und andere Codd. un- richtig sit anguli) recti non paribus angulis; terrani vero directis quidem angulis trigonis et vestigiis paribus esse, et prioris quidem formae tres species existere: pyramidem, octangulam et vigintiangu- lam; sphaeram et pyramidem figuram ignis in se habere, octangulam vero aeris, angulatam vicies sphaeram aquae dicatam esse, aequi- pedum vero trigonum efVicere ex sese quadratum cubum, quae (seil, figura) terrae sit propria. Das erste Bedenken erregt die handschrift- lich überlieferte und durch das folgende Relativum qui gestützte Form trigone für trigono. Gleich darauf haben wir dieselbe Form trigonis für trigoni. Da jedoch im zweiten Falle wegen des schon durch quidem angedeuteten Gegensatzes nothwendig das s mit et zu sed verbunden werden muss und weiter unten aequipedum trigonum überliefert ist, so wird wohl auch an erster Stelle die leichte Ände- rung trigono quod nicht zu umgehen sein. Denn trigon kennen wir nur als Bezeichnung eines Ballspieles und in übertragener Bedeutung des dabei gebrauchten Balles, und wenn es auch zu dieser Bedeutung eben durch die triangelförmige Aufstellung der drei Spieler gekom- men ist, so ist es doch unerweislich und unwahrscheinlich, dass trigon auch für trigonum gebraucht worden sei. — Ferner aber ve- stigiis? Was sind hier vestigia? Es muss doch die Gleichheit der beiden spitzen Winkel oder der beiden Katheten des rechtwinkligen Dreieckes bezeichnet werden. Wie sich da die Ausleger bisher mit vestigiis zurecht finden konnten, weiss ich nicht und glaube daher, Ap. habe fastigiis geschrieben. Dieselbe Verwechslung von fastigium und vestigium wird auch bei Curtius Rufus III, 12, 25 im Cod. Flor. C bemerkt; vergl. noch in unserer Schrift oben c. 2, p. 183 vere- cundia für facundia. — Endlich ist noch hinzuzufügen, dass sphaeram, welches unbegreiflicher Weise überall zu et pyramidem gezogen ist, mit octangulam et vigintiangulam zu verbinden, und daher die Inter- punction nach sphaeram zu setzen sei. c. 8, p. 196 sed ne (ne fehlt im F,) vim quidem eins et extrin- secus inveniri ist et unhaltbar und nur eine Wiederholung der Silbe ex, so wie drei Zeilen oberhalb im F^ et illa mit ex illa verwechselt Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. J OtT ist. Man vergleiche nur die entsprechende Stelle Plato Tim. p. 32 C Die aus den Elementen zu vollendeter Schönheit zusammenge- .«setzte Welt sei ewig jung und von unverwüstlicher Kraft. Dieser Vollkommenheit entsprechend sei ihre GestaU die Kugelgestalt und ihre Bewegung die Kreisbewegung. Letzteres liegt in den Worten 0. 8, p. 198 hinc et illud etiam septem motus locorum liabeantur, Processus (oder progressus: F^ prorsus) et retrocessus, dexterioris ac sinistri, sursum deorsumque nitentium, et quae in gyrum circui- tunique torquentur: sex superioribus remotis liaec una nuindo re- licta est sapientiae et prudentiae proprio, ut rationabiliter volveretur. Der Anfang dieses Satzes, der in den späteren Handsclir. wegen des folgenden motus in hinc illi etiam verändert ist, hat verschiedene Conjecturen hervorgerufen, die ich hier übergehen will. Bei den vielen Ijücken, an denen unsere Handschr. leidet, wird die auch sonst vorkommende therspringung des cum hinter etiam fs. Hand Turs. II p. 171) niemanden befremden. Es ist also zu lesen: hinc illud etiam: cum septem etc. — Und wird für dexterioris nicht dex- teriores (d. i. motus) zu schreiben sein? c. 9, p. 200 naturasque rerum binas esse: et earum alteram esse, quae veniat in mentem, quam qiiidem ooca7ry;v appellat ille. et quae videri oculis et attingi manu possit, alteram cogitabilem et in- telligibilem. Hier ist nur, wie schon Floridus richtig bemerkt hat, der Satz quae veniat in mentem von der ihm gebührenden Stelle hinter dem zweiten alteram durch ein Versehen hinter alteram esse hinaufgekommen; im Übrigen ist nichts zu ändern, und auch die von Fulvius der Symmetrie wegen vorgeschlagene und allgemein ange- nommene Einschiebung von o'.avov;rtxv;v vor cogitabilem überflüssig, abgesehen davon, da.^s es doch dem Sinne und dem doca-rry^v ent- sprechend nicht oi.y.yor,Ti.v.r,v sondern voy;ry;v heissen müsste. c. 10, p. 201 heisst es in den älteren Ausgaben bis auf Ouden- dorp: nostrae enim super earum (d. i. stellarum errantium) cursibus opiniones disputationesque possunt in errorem intellectum inducere, und da Lindenbrogius nichts dazu bemerkt, so mag es wohl auch im Fl stehen und das incidere (für inducere) einiger anderer Handschr. auf einem Irrthum beruhen. Dasselbe scheint der Fall zu sein bei den im folgenden Paragraphe von Hildebrand verdächtigten Worten 170 G o 1 »i 1) a c li e r horum eiiumerationem in se revertentium et a se proficiscentium in- tellectu cogitationis inveiiit. Im Folgenden miiss in dem Satze esse autem stellarnni nihilo minus eertos ambitus legitimis eurriculis perpetuo servatos, quos vix hominum solertia comprehendit hinter stellarum unzweifelhaft cete- rai'um ausgefallen sein, da Ap. eben von den Kreisbewegungen der Sonne und des Mondes gesprochen hat und jetzt auf die Regelmässig- keit in der Bewegung der übrigen Sterne kommt; vergleiche oben p. 201 solis quippe et lunae globum hoc agere ceterasque Stellas und unten c. 11, p. 204 qualem soleni et lunam videmus ceterasque si- derum Stellas. Auch hei Plato heisst es an der entsprechenden Stelle Tim. p. 39 C toüv o äÄÄwv zeig -ipiöoovg o-jy. ivv^jo-mörsg äv^f^oj- cu,a|m.£TOO'jvTai etc. c. 11, p. 203 iam ipsa animantium genera in quatuor species dividuntur, quarum una est ex natura ignis eiusmodi, qualem solem et lunam videmus ceterasque siderum Stellas; alterum ex aeris qualitate, hanc etiam daemonum (F, unrichtig daemonem) dicit: tertium ex aqua terraque coalescere et mortale genus corporum ex eo dividi terrenum atque terrestre — sie enim ponenerteron (so F^ und alle Handschr. mit unbedeutenden Abweichungen) censuit nunciipanda — , terrenumque esse arborum ceterarumque frugum, quae humi fixae vitam trahunt, terrestria vero, quae alit ac sustinet tellus. Die Stelle Plato's die hier Ap. im Sinne hatte ist Tim. p. 39 E f/zTsp o-jv v&O? ivo-jnoLg ioiag rw o iari tcöov, oloii ts. 'ivzi.ai y.ui o'aat, y.cc3op'y.,TOia-j~cig ■/.Cii zoiu-iirag oievorj^Tj oelv y.cci töos u/^stv. shi ori ziTTapsg, p.ia. ixh ovpdvKJv 3-£wv yivog-, ä/Xv^ oi -z-n^jov xcä dtpor.öpov^ zpizrj dt hvopoy Sioog^ 7:£^6m ok y.ai yjpfjalo-i/ zizctpzov. zoO p-h oCv^eio'j t"/:v ;T/i£t7Tr;V !o-:av iy. r.-jp6g ÜKtipyd^szo etc. Es ist auf den ersten Blick klar, dass Ap. hier wie auch sonst öfters von Plato abweicht. Bei Plato er- wartet man, da er im Vorausgehenden die sichtbare Welt aus den vier Elementen hatte entstehen lassen und in der angeführten Stelle als die erste Art lebender Wesen die Gestirne (oüpavtov 3tcöv yinog) bezeichnet, von denen er gleich darauf sagt, dass sie grösstentheils aus Feuer bestehen, auch im Folgenden eine andere Eintheilung als die nach den Wohnorten in Luft-, Wasser- und Landthiere, näm- lich in Thiere die vorwiegend aus Luft oder Wasser oder Erde bestehen. In Rücksicht darauf und da unserem Schriftsteller die Ge- Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. 171 legenheitsehr willkommen war, seinen Dämonen einen Platz in der Natur anzuweisen, theilteranders als Plato die lebenden Wesen in drei Arten, die wiederum in vier Speeies zerfallen. Die erste Art ist von der Natur des Feuers und enthält eine Speeies, die der Gestirne; die zweite Art ist die von der Natur der Luft und hat wieder nur eine Speeies, die der Dämonen; die dritte Art bestehe aus einer Verbin- dung von Wasser und Erde und zerfalle in zwei Speeies, die aber — denn hier kann auch er den Eintheihingsgrund nicht mehr festhalten — sich nur durch die Art ihrer Existenz unterscheiden in terrena und terrestria d. i. in solche die an den Boden gebunden sind (vergl. Plat. Tim. c. 34, p. 77), und solche die eine freie Bewegung haben. Das ist nun alles klar und verständlich bis auf den räthselhaften Zusatz sie enim ponenerteron censuit nuncupanda. Für ponenerternn wird geschrieben ^otxä oder nach Plato yzo'jal'-y^ v.oO. r.z'Qi'j und -z'Ci'j et zyvopoy. Davon ist ersteres ganz aus der Luft gegrifTen, beim zweiten soll Tz-Ciy dem terrestre und yzpny.Vj'j dem terrenum ent- sprechen, was nicht wahr ist; gegen Hildebrands ivvopo^ovTai t'.vojv bat Colvius für mitescen- tibus, w^eil es dem ar,T:oii.tj(jiv am besten entspräche, mucescentibus geschrieben und mit seiner Conjectur auch fast allgemein Beifall ge- funden. Allein wenn man in Betracht zieht, dass das griechische ßpsj^o/JLsvoüv, 7v;-ojm.£v&üv und 3-j,a'.w/jt£vwv mit madefactis. corruptis Zur Kritik uml Erklärung von L. Apuleius etc. 1 ( o uiul adustis wiedergegeben ist, und nur mehr das Tr,y.o\).vjniv des ent- spreciienden Ausdruckes harrt, wofür mueescentibus unbrauchbai- ist, so mag das überlieferte mitescentibus nicht so ganz verwerflich erscheinen; nur muss man es nicht bloss mit Floridus von den zui- Reife selangenden Früchten verstehen, sondern allgemeiner fassen, denn auch vom Sieden und Kochen wird es gebraucht Ovid Met. lo, 78 sunt, quae mitescere tlamma mollirique queant. — Das Folgende ist arg verderbt; die verschiedenen Versuche der Wiederherstellung, von denen gewiss keiner, am wenigsten aber der Hildebrands ge- nügen kann, zu beleuchten würde zu weit führen; wir gehen daher gleich an die Sache selbst. Für ea quaeruntur hat unstreitig Lennep mit ea, quae vertuntur das Richtige getroffen, doch verbinde ich damit sogleich das vapore vel fumo, wodurch der Ausdruck mit den Worten bei Plato an der oben genannten Stelle [itra^cOlovroq yäp ■joazog dg dipa dipog r- sig vooip h rw fj.tTa£'j roörwv ysy^yccatv^ liai Ol O'Jii.cx.i £-j/jL/-5c7a'. x.a-vög r, (i\y.<:fj:n -o'jzctiy os zo ixiM iE (xipog E'.g xjoojp iov öixlyWn, tö oI iz 'joccrog sig dipcc y.cc-ycg grosse Ähnlich- keit gewinnt. Der Ablativ hei verti ist wie überhaupt bei den Worten des Wechseins, Umtauschens mutare, com- per- mutare nicht selten. Nun liegt es nahe, auch die beiden folgenden Worte zu verbinden zu exhalant odores, so dass also der Satz lautet cum quidem ea, quae vertuntur vapore vel fumo, exhalant odores, in his (d. i. odoribus) iudicium sensusque succedunt. — Die nächsten Worte schreibt Hildebrand: nam si res istae Stent integrae et aer purus, nunquam eiusmodi auras inficiunt. eos sensus quidem ipsi communes nobis sunt cum ceteris animantibus. Da res istae, wie Oudendorp conicirt hat, in Reziehung auf ea gewiss unmöglich ist, so vermuthe ich nam si resistunt integra et aer purus. Sinnlos ist aber auch das eiusmodi auras, obwohl sonderbarer Weise noch niemand dagegen ein Bedenken erhoben hat, und da auch F^ nicht auras, sondern aures bietet, so zweifle ich nicht, dass dafür odores zu setzen und für inficiunt als Object eos herbeizuziehen sei, das Hildebrand, ich weiss nicht wie, an den Anfang des folgenden Satzes gestellt hat. Restituirt hiesse es daher: nam si resistunt integra et aer purus, nunquam eiusmodi odores inficiunt eos. sensus quidem ipsi etc. So glauben wir der Stelle den passenden Sinn gegeben zu haben: indem nämlich das, was sich umsetzt in Dunst und Rauch, Gerüche ausströmt, fällt es 174 Goldbacher unter das Urtheil der sinnlichen Wahrnehmung; denn bleiht es un- versehrt, und die Luft rein, so reizen niemals dergleichen Gerüche die Sinne. Von der Lunge lesen wir in allen Büchern c. 15, p. 212 pui- mones loco ac sui genere cordi plurimum consuhint. cum exardescit ira, trepidansque celerioribus niotibiis Vertex cordis ipsius madens sanguine pulmonum excipitur moliitia, siti, frigore. Nur Lipsius hat gefühlt, dass der zweite Satz hinke, und daher trepidatque conicirt. Doch ist eine Änderung nicht nothwendig, nur muss man Vdr cum blos ein Comma setzen, so dass wir einen Hauptsatz mit zwei tem- poralen Nebensätzen erhalten; ira ist dann Ablativ, und cor Subject zu exardescit. Jene Theile des Körpers, die durch ein reiches Nervensystem für die sinnliche Wahrnehmung geschaffen sind, deckt eine geringere Schichte von Fleisch, desgleichen die Gelenke: illa etiam, quae iunc- turis et copulis nexa sunt, ad celeritatem facilius se movenda haud multis impedita sunt visceribus (c. 16, p. 214). Oudendorp's Ver- suche ad celeriter atque facilius se movenda oder ad celeritate faci- lius se movenda weist Hildebrand mit Recht als unlateiniscli zurück: doch zweifle ich, ob er mit seinem Vorschlage quae .... nexa sunt ad celeritatem, facilius se movendo haud etc., den er übrigens mit Tac. ann. III, 31 Tiberius quasi firmandae valetudini in Campaniam concessit viel besser hätte stützen können, das Richtige getroffen habe. In movenda steckt wohl ein auf celeritatem bezüglicher Accu- sativ, während se sein s von facilius haben mag. Wir lesen daher mit Änderung eines einzigen Buchstabens ad celeritatem facilius emoliendam. Vergleiche den Ausdruck amorem. odium, iracundiam. invidiam, misericordiam etc. moliri bei Cic. de or. H, ol, 206. Nachdem Ap. von den Venen und Arterien gesprochen hat, geht er c. 16, p. 215 zu einer dritten Gattung von Adern über, den Sa- menadern, die er abweichend von Plato, der den Samen, wie es scheint, im Rückenmarke enthalten sein lässt (Tim. p. 77 I): p. 86 C; p. 91 A), von der Nackengegend durch die Nieren zu den Scham- theilen führt. So viel wenigstens lässt sich entnehmen aus den ver- derbten Worten: venarum diversae sunt qualitates, quas adprocrean- dum e regione cervicum per medullas renum commeare et suscipi inguinum loco certum est; et rursum venarum genitale seminiiim humanitatis exire. Vor Allem ist bisher übersehen worden, dass es Zur Kritik iiiul Erklärung; von L. Ajuileius etc. 1/5 für qualitates doch qualitatis heissen müsse. Im Übrigen hat HiltJe- brand Recht, wenn er in seiner Verzweiflung über die Stelle den A'erdacht auf rtirsiun wirft, denn et rursum kann leicht dem einige Zeilen vorhergehenden et rursus seine Entstellung verdanken. Ich setze an die Stelle pruritu. Die Änderung venarum in earum wird wohl unnöthig sein. Dass im Anfange des folgenden Capitels: at cum totius corporis dicat esse substantias, primam vidt videri etc. nothwendig tres ein- gesetzt werden müsse, hat schon ßrant richtig bemerkt; doch lässt sich die Stelle, wo dies zu geschehen habe, schwer errathen, da es entweder hinter cum (cü iii) od. nach corporis ftrisj od. endlich zwischen dicat und esse leicht ausgefallen sein kann. Lib. II. Gleich im Anfange des zweiten Buches, das über die platonische Ethik handelt, werden wir bei den Worten: verum ad beatitudinem ante alia bonorum finem contingere ut ostendam, quae de hoc Plato senserit um so weniger Bedenken tragen mit Oudendorp anzunehmen, dass vor ostendam ein possis, queas oder scias ausgefallen sei, als wir ähnlichen Fehlern in diesem Buche noch öfters begegnen werden. Wie contingere aufzulassen sei, zeigt ein Vergleich mit Stellen wie praeteriti futurique aevi ultimas partes attingere (c. 20, p. 248) und obtutus velocius illustriora contingit (de mundo c. 15, p. 321). Der erste Satz des zweiten Capitels ist richtig so zu interpun- giren: bonum primum est verum et divinum illud, Optimum et ama- bile et concupiscendum, cuius pulcritudinem rationabiles appetunt mentes natura duce, instinetae eadem in eius ardorem. — Am Schlüsse desselben muss zuerst, wie es auch Betolaud gethan hat, vor et illum eine starke Interpunction stehen, da ein ganz neuer Gedanke folgt. Der Satz selbst aber: et illum quidem, qui natura imbutus est ad sequendum bonum, non modo sibimet intimatum putat sed omnibus etiam hominibus,nec pari aut simili modo verum etiam unumquemque acceptum esse, dehinc proximis et mox ceteris, qui familiari usu vel notitia iunguntur zeigt wieder durch die genaue Übereinstimmung in der Überlieferung, wie alle Handschriften auf eine bereits verderbte Quelle zurückführen. Gewiss ist, dass Avir darin einen ähnlichen Ge- danken zu suchen haben, wie wir ihn bei Plato ep. ad Archyt. p. 3o8 A 176 G o 1 li b a c- h e r lesen ä/,/a x-äx-cTvo o;r 7i sM^-jy-ila^w., ort i/.ccarog r,ixOJy oCy^ ä-J/tö) ixi'vo-j yiyoysy, a/SAa. zr.g ysvi^Tsw? r^juiäiv tö jjis'v t'. -/i -arp'.g jUL£pi(^£r5{£, TÖ oi ri et 7ivv/;7Ävr£s, ~ö 0£ ot /oj-cl ü^jÄc, -cXÄä os xat rot? zatpot? dioorat rotg röv ßicv v^^ucöv xa7a/a,a^ävo-j7'.. So richtig daher Casaubonus intimatum in ipsi natum gebessert hat, so wenig können wir den Versuchen, die bisher mit den Worten verum etiam unumquemque acceptum esse gemacht wurden, beistimmen. Etiam hat das vorhergehende verum verschuldet; man erwartet dafür patriae, civitati od. dgl.,wenn nicht etwa mehrere Worte ausgefallen sind, denn auch ein primum scheint man in dieser V'erbindung kaum entbehren zu können. Acceptum aber ist wohl nur eine durch die Dative patriae etc. herbeigeführte, vielleicht absichtliche Änderung eines Abschreibers für susceptum (ä'^aipsifj^a'. rsxvov); so z. B. Cic. Disp. Tusc. III, J, 2 simul atque editi in kicem et suscepti sumus. Der Mensch, heisst es im dritten Capitel, ist von Natur weder absolut gut noch absolut schlecht, sondern die Erziehung leite ihn entweder nach der einen oder anderen Seite hin : quare praeter cetera induci ad hoc eos oportere, ut sciant, quae sequenda fugiendaque sint, honesta esse ac turpia: illa voluptatis haec laudis hactenus vero dedecoris ac turpitudinis. Für haec laudis ist schon längst ac laudis hergestellt; hactenus vero aber, wofür die Ausgaben haec vero oder haec tamen haben, ist in haec enimvero zu ändern. So gebraucht Ap. enimvero in Entgegenstellungen zur Hervorhebung des zweiten Theiles besonders oft in den Floridis, so z. ß. I. II. Nr. lö, p. 60 gravioribus viris brevi spatio satis videbatur taciturnitas modificata, loquaciores enimvero ferme in quinquennium velut exilio vocis punie- bantur; vergl. noch I. I. Nr. 2, p. 7. Sehr schwierig ist eine Stelle im folgenden Paragraphe desselben Capitels. Sie heisst in der Überlieferung : eiusmodi quippe medietates inter virtutes et vitia intercedere dicebat tertium quiddam, ex quo aiia laudanda, alia culpanda essent. inter scientiam validam alteram falsam pervicaciae vanitate iactatam, inter pudentiam (so Oud.; Fj prudentiam) libidinosamque vitam abstinentiam et intemperantiam posuit; fortitudini ac timori medios pudorem et ignaviam fecit. Nach dieser Überlieferung sollte man glauben, dass Ap. zwischen die scientia valida und falsa die scientia pervicaciae vanitate iactata ge- setzt habe. Allein die Sache hat mancherlei Bedenken. Erstens Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. ITT nämlich hat Hildebrand wohl mit Recht bemerkt, dass scientia valida hier sinnlos sei; zweitens erwartete man doch der scientia falsa gegen- über eine scientia vera (nicht valida); drittens ist es unbegreiflich, wie Ap. die scientia pervicaciae vanitate iactata als medietas zwischen die scientia valida und falsa hätte setzen können; viertens machen die beiden folgenden Glieder, in denen immer je zwei medietates zwischen die virtus und das vitium gestellt sind, es sehr wahrschein- lich, dass dasselbe auch im ersten Gliede der Fall gewesen sei. Als solche medietates würden nun die scientia falsa und die scientia per- vicaciae vanitate iactata nicht ganz unpassend sein, da letztere doch nicht eine blosse Bestimmung der ersteren, sondern ein tieferer Grad ist, als jene; beide wären daher durch eine Coniunction zu verbin- den. An die Stelle von validam müsste dann in diesem Falle nach der ganzen Anlage des Satzes zwei Adjectiva treten, die die beiden Extreme bezeichnen, wie z. B. solidam et vanam (Vopiscus Tac.^c. 6 solidior sapientia). So stünde denn dem gediegenen Wissen und Scheinwissen als Gegenpaar (altera) das unrichtige Wissen und die Rechthaberei entgegen. Freilich gehen diese Vermuthungen zu weit, und wird eine Heilung dieser Stelle immer zu gewaltsam sein müssen um auf Wahrscheinlichkeit besonderen Anspruch machen zu können; doch wir sind zufrieden, wenn wir mit diesen wenigen Worten zum Verständniss derselben etwas beigetragen und vielleicht einem glück- licheren Gedanken den Weg gebahnt haben 2). c. 4, p. 220, wo von der malitia die Rede ist, wird es wohl heissen müssen: nee solum eam inaequalitatis vitio claudicare arbi- tratur sed incumbere etiam ad dissimilitudinem anstatt der handschr. Leseart . . . arbitratur incumbere sed etiam dissimilitudinem, wo incumbere und sed verstellt, und ad ausgelassen ist, so wie weiter unten in demselben Capitel: iracundiam audacia (d. i. impugnat; F, durch ein Versehen audaciam); eins comitatum sequuntur indignatio et incommobilitas (äsp'/y^cjiav voO sie Interim dixerim). Aus der ersteren dieser beiden Stellen folgt auch, dass im nächsten Capitel p. 227, wo es von der virtus im Gegensatze zur ^) Nach einer gütigen Mittheilung des Herrn Prof. Vah len, welche mir während des Druckes zukam, ergänzt derselbe die lückenhafte Stelle folgender Massen : inter scientiam et inscientiiim validam alteram opinionem, alteram falsam pervicaciae vanitate iaetatam. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXVI. Bd. I. Hft. 12 178 Goldbacher malitia heisst: nee solum qualitas verum etiam similitudo cum virtutis ingenio coniungitur für qualitas mit Reiz aequalitas zu schreiben ist (vergl. noch c. 13, p. 238). Was nun die einzelnen Tugenden betrifft, so entsprechen nach Plato den 3 Theilen der Seele die drei Tugenden: Weisheit, Tapfer- keit und Enthaltsamkeit (c. 6). Die Gerechtigkeit hingegen erstrecke sich über alle drei Theile zugleich. Von der letzteren nun lesen wir c. 7, p. 229 hanc ille heros iustitiam modo nominat, nunc universae virtutis nuncupatione complectitur, et item fidelitatis vocabulo nuncupat : sed cum ei, a quo possidetur est utilis, benivolentia est, at cum foras spectat et est fida speculatrix utilitatis alienae, iustitia nominatur. So steht es ki sämmtlichen Ausgaben, nur dass Hildebrand für a quo bloss quo setzt ohne jedoch an dem Gedanken etwas ändern zu wollen. Mais en tout cas, übersetzt Betolaud, consideree sous le point de vue de V utilite qu' eile procure a son possesseur, eile est la bien- veillance; consideree dans lesrapports exterieursetcomme s'occupant avec zele de ce qui est utile aux autres, c" est proprement la justice. Ist es aber nicht ein höchst sonderbarer Gedanke, die Gerechtigkeit heisse rücksichtlich des Nutzens, den sie ihrem Besitzer verschafft, benivolentia? Da nun die Leseart des Cod. F^ nicht ausdrücklich be- merkt ist, und der Cod. Voss., der sonst vielfach mit jenem überein- stimmt, ei quod bietet, so ist bei der Unzuverlässigkeit der Collatio- nen des Lindenbrogius der Gedanke nicht ausgeschlossen, dass auch dort dasselbe stehe. Wenigstens gäbe dies den erträglichen Sinn, Gerechtigkeit gegen das, worauf ich ein Besitzrecht habe, z. B. eines Königs gegen seine Unterthaiien oder des Mannes gegen Weib, Kinder und Sciaven sei benivolentia, wenn sie sich dagegen auf etwas bezieht, was ausserhalb desselben liegt (si foras spectat et est tida speculatrix utilitatis alienae) Gerechtigkeit im engeren Sinne. So heissen ja die Gnadenakte der Kaiser benevolentiae. Nicht sicherer ist die Überlieferung des Flor. Cod. im nächsten Paragraphe, wo von der Gerechtigkeit in der Vertheilung des Acker- landes gesprochen wird. Sollte da nicht Ap. ut singulis in agros dominatus congruens deferatur ac servetur bonis opimior, minor non bonis geschrieben haben? Für opimior finden wir nämlich in den Handschr. optimis optior, was leicht durch eine Art Dittographie aus jenem entstanden sein kann. Zur Ki'itik und Erklärung von L. Apuleius etc. 1 TU Gerecht ist es, heisst es c. 8, p. 230, dass im Staate das Gute stets gefördert, das Schlechte aber mit seinen Trägem unterdrückt werde: quod facilius obtinebitur, si duobus exemplis instruamur : unius divini et tranquilli et beati, alterius irreligiosi et inhumani ac merito intestabilis, ut pessimo quidem alienus et aversus a recta vivendi ratione t'acultates suas divino illi (Handschr. illo) et coelesti bonus si melior esse velit. Dass si melior aus similior entstanden und in Beziehung auf facultates suas mit Oudendorp similiores esse zu schreiben sei, dürfte wohl kaum bezweifelt werden. Allein der Ge- danke, den dann Oudendorp, Hildebrand u. A. darin finden, die Bei- spiele des Guten und Schlechten würden aufgestellt, damit der Gute dem Guten, der Schlechte dem Schlechten nachzukommen strebe, ist jedesfalls etwas sonderbar, da doch die Beispiele des Schlechten nur aufgestellt werden um abzuschrecken, nicht aber um den Schlechten ein Muster vorzuhalten, dem sie nachzueifern baben. Ich glaube daher, dass das a vor recta nur von einem Abschreiber wegen des vorhergehenden aversus hinzugesetzt sei, dass also dasselbe zu streichen und pessimo mit alienus et aversus verbunden werden müsse; denn jene Beispiele werden aufgestellt, damit der Gute dem Schlechten abhold und dadurch abgeschreckt durch eine richtige Lebensweise sein geistiges Vermögen jenem göttlichen und himm- lischen V^orbilde ähnlicher zu machen bestrebt sei. Vergl. noch den Anfang des c. 11, p. 236. Der Schluss dieses Capitels über die Staatswissenschaft ist in den Ausgaben durch mangelhafte Interpunction ganz unverständlich. Ich ordne mir den Satz also: civilitatem vero,quam;roÄtTtxr/v vocat, itavult a nobis intelligi, ut eam esse ex virtutum numero sentiamus, nee solum agentematquein ipsisadministrationibusrerum: spectari ab eauniversa atque discerni; nee solum providentiam prodesse civilibus rebus, sed omnem sensum eius atque propositum fortunatum et beatum statum facere civitati, wenn nicht etwa, was mir noch wahrscheinlicher vorkommt, spectari zum vorhergehenden Satz gehört , und vor ab ea ein oder zwei Worte z. B. verum provideri ausgefallen sind. Im 9. Capitel ist ein Irrthum des Ap. zu verzeichnen, den ich nirgends bemerkt finde. Er lässt nämlich Plato der Kochkunst die Sophistik und der Putzkunst die Bhetorik gegenüberstellen, während derselbe Gorg. p. 464 B tf. umgekehrt der Kochkunst die Rhetorik und der Putzkunst die Sophistik entgegenhält. 12* 180 Goiabaoher Sehr verdorben ist die erste Hälfte des 12. Capitels p. 237 cor- porum Sanitätern, vires, iudolentiam ceteratjue eius bona extraria, item divitias et cetera, quae t'ortunae commoda ducimus, ea non sim- pliciter bona nuncupanda sunt, nam si quis ea possidens usu se abdicet, ea illi inutilia erunt; si quis autem eius usum converterit ad malas artes, ea illi etiam noxia videbuntur; si quis autem iis abutitur vitiisque subiectus erit, qui ea possidet, haberi haee etiam obit. unde colligitur simpliciter bona baec dici non oportere, ut etiam ea, quae sunt morbosa quae pauperiem ceteraque existimari oportet. Dass in eius bona das eius sich auf corporum bezieht und unten bei eius usum zu eius ebenfalls ziemlich gewaltsam fortunae herabbezogen werden muss, kann noch erträglich erscheinen; auch die Äccusative : sanitatem etc. neben nuncupanda sunt lassen sich dadurch erklären, dass sie sich an ducimus angeschlossen haben (urbem quam statuo, vestra est Verg. Aen. I, 573); werden sie ja doch auch durch ea nochmals aufgenommen. Vor allem aber verlangt der Satz si quis autem iis abutitur vitiisque subiectus erit, qui ea possidet, haberi haec etiam obit unsere Aufmerksamkeit. Für abutitur und obit schreibt Hildebrand abutetur und oberit. Dadurch ist zwar die Concinnität des Satzes leicht hergestellt und ein leidlicher Sinn gewonnen, allein erregt schon die Wiederholung des si quis autem unsern Verdacht, so können wir es uns auch nicht verbergen, dass dieser ganze Satz gar nichts Neues bringt, sondern nur die platteste Wiederholung des Vorausgehenden ist. Bedenkt man nun noch, dass man dem ganzen Zusammenhange nach einen dritten Fall hier durchaus nicht erwartet, und diese Worte nicht nur ohne Nachtheil ganz wegfallen können, sondern die Darstellung dadurch nur gewinnt, so liegt die Vermu- thung einiger Erklärer sehr nahe, dass wir es mit nichts anderem als einem verstümmelten Glossem zu thun haben. — Das Folgende ist lückenhaft; für morbosa quae muss ohne Zweifel morbos atque ge- schrieben werden; im Übrigen mag folgende Ergänzung wenigstens dem Sinne der Stelle angemessen sein: unde colligitur simpliciter bona haec dici non oportere, ut etiam ea, quae sunt contraria, morbos atque pauperiem ceteraque haud simpliciter mala existimari oportet. nam qui tenuis est, fährt Ap. fort, si modificetur in sumtibus, nullam noxam ex eo sentiet, et qui recte pauperie sua utitur, non solum nihil capiet incommodi, verum ad tollenda cetera melioratum Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. löJ praestantior fiel. Für melioratum schreibe melior ac tum (d. i, si sustulerit cetera) „tüchtiger für die Beseitigung der übrigen Fehler und sodann vollkommener". Vergl. unten c. 14, p. 240 meliores praestantioresque. Dieser ganze Abschnitt über das an und für sich Gute und das an und für sich Schlechte und das, was weder absolut gut noch ab- solut schlecht ist, sondern bedingungsweise sowohl gut als auch schlecht sein kann, schliesst mit den Worten non solum vitia volun- tate accidere animis et venire corporibus, sed esse medium quemdam statum, qualis est, cum abest tristitia nee tamen laetitiam adesse sentimus. Dies ist durchaus nicht so klar, dass alle Erklärer darüber mit Stillschweigen hätten hinweggehen sollen. So wie die Gemüths- stimmung nicht gerade immer im Aflfecte der Freude oder derTrauer sein muss, so gebe es, sagt Ap., auch für die moralische Stimmung einen medius status, der die Mitte hält zwischen Tugend und Laster (vergl. unten c. 19, p. 246 und 247). Neben vitia ist daher dem laetitiam entsprechend unbedingt auch virtutes erfordert und da voluntate hier nicht nur überflüssig, sondern auch störend ist, so zweifle ich nicht, dass dafür vel virtutes zu setzen sei. Am Schlüsse des 14. Capitels p. 240 ist weder eine Änderung noch die gezwungene Erklärung Hildebrands nöthig, sondern man interpungire nur: est amoris tertia species, quam diximus mediam, divini atque terreni proximitate collectus nexuque et consortio parili copulatus; et ut rationis propinquus est divinus ille, ita terrenus ille cupidini iunctus est voluptatis; denn amoris species . . . collectus . . . . copulatus ist nicht auffallender als andere Constructionen nach dem Sinne. Mit dem iö. Capitel kommt Ap. auf Plato's Kritik der vier schlechten Staatsverfassungen, der Timokratie, Oligarchie, Demokratie und Tyrannis, die eben so vielen verkehrten Richtungen der mensch- lichen Seele entsprechen (Plato de rep. I. VIII.): quapropter Vitium illud primum mentibus evenit, cum vigor rationis elanguerit supe- riorque etrobustior fuerit animae portio, in qua ira dominatur. et quae öhyapyioc dicitur, ea sie nascitur, cum propter pessimum pastum eins partis animae, quae ex cupiditatibus constat, non solum rationabiiis et irascentiae loca possidentur sed etiam eius, quae non necessaria cupidine sunt. Die Richtigkeit von et quae öhyaoyia. dicitur lässt sieh nicht verbürgen; ich habe es daher nur in Ermangelung jeder 182 Goldbacher anderen handschriftlichen Angabe aus dem Cod. Bd. mit Hildebrand aufgenommen, in dessen Ausgabe aber dieser Satz unbegreiflicher Weise an das Vorhergehende angeschlossen ist. — Die Worte sed etiam eins, quae non necessaria cupidine sunt sind verderbt, und die Vulgata: non necessarias cupidines acuunt nur eine Conjectur. Vor allem handelt es sich um den Sinn der Stelle, den Hildebrand, indem er die non necessaria cupido als effrenata pecuniae cupido auffasste, nicht verstanden hat. Das Wesen der oligarchischen Staatsverfassung vergleicht Plato de rep. Vill. p. 5o0 C ff. mit dem Zustande des dv-np (piloy^pYilxdTog. Dieser entsteht, wenn durch ein Überwuchern des dritten Theiles der Seele, des i;rt.3-u|ji.vyTtxöv, nicht nur die beiden ersten Theile, das lo'^iaTixoy und ^ujuioetos?, unterliegen, sondern selbst in diesem dritten Theile von der Habsucht alle andern nicht unumgänglich nothwendigen Begierden unterjocht werden. Ovxoöv npüiTOV ixiy reo j^pr^^ara nepi nAdarou jrotaa^at Ofxoiog av stvj (d. i. ö öliyapy^iMg^; llöjg q' ou; Kat /xrjv to) 7s ^sidt/iAog sivoii xoci spyÜTTjg^ rag oc.vccy/.aiovg kni^vixiccg ,a6vov tcöv nap aorw dnomiJ.n'Xdg, rd di äXXa dvcx.l(i}{xaTa fxri noLpf^ö[}.tvog, dXkd douloitixtvog rag dXk(xg ini^vixiug (hg /xaratou? (de rep. VHI. p. ö54 Aj. Es unterliegt keinem Zweifel, dass wir denselben Gedanken an obiger Stelle des Ap. zu suchen haben, und können ihn wohl am einfachsten erreichen, wenn wir schreiben : sed etiam eins, quae non necessariae cupidines sunt d. i. sed etiam eins cupidines illae, quae non necessariae sunt. — In den Schlussworten hunc palam Plato lucricupidinem atque accipitrem pecuniae nominavit ist palam schon von den jüngeren Handschr. richtig in talem geändert, da hie taiis eine bei Ap. sehr beliebte Verbindung ist; vergl. in unserer Schrift im folgenden Capitel p. 242; c. 20, p. 248; c. 27, p. 261 u. a. V^on der Demokratie und Tyrannis heisst es ferner: qualitas popularis exsistit, cum indulgentia cupidines laboratae non solum iustis desideriis exardescunt, sed bis etiam quasi (nach Oudendorp; Fj ?) obviae atque occursantes et illam consiliariam et illam alteram iratiorem animam condicionibus suis presserunt (Fi presserint); tyrannidis tenus ex luxuriosa et plena libidinis vita, quae ex infinitis et diversis et illicitis voluptatibus conflata mente tota dominatur. Die Erklärungsversuche von cupidines laboratae bedürfen keiner Wider- legung; laboratae ist in roboratae zu ändern, so wie es unten c. 28, p. 262 in ganz ähnlicher Weise popularis factio roboratur heisst ; Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. 1 OD auch Plato sagt, wo er von der Entstehung der Demokratie aus der 'Oligarchie spricht, de rep. VIII. p. 560 A aO-St? oi, ol\kai^ röiv CTrtlxoaxjyr^M Tpoffjg nocTpog noTAoü re xoä lay^vpai iyivovTO. — An tyrannidis tenus ex luxuriosa et plena libidinis vita ist viel herum- conjicirt worden, während man die unzweifelhaft richtige Vermuthung des Vulcanius: geuus für tenus übergangen hat; als Verbum ist exsistit herabzubeziehen; vergl. c. 28, p. 262 ultimum (genus est) dominationis tyrannicae. Was man alles erklären zu können glaubt, insbesondere bei einem Schriftsteller wie Ap., das zeigen die Bemerkungen des Oudendorp und Hildebrand zu c. 16, p. 242 quae secundum naturam sunt, wo secundum nichts weniger als in der Bedeutung von contra stehen soll, das an dieser Stelle durchaus nothwendig ist. Dass contra in den Handschriften mit secundum verwechselt wird, habe ich schon zu de deo Socratis p. 145 (Zeitschr. f. d. österr. Gymn. 1868. XI. Heft S. 816) bemerkt. Am homo pessimus, von dem Ap. im 16. 17. und 18. Capitel spricht, ist Alles schlecht; so ist auch seine Liebe durch und durch verdorben nicht nur wegen ihrer unersättlichen Leidenschaftlichkeit sed quod etiam formae iudicio irrationabili errore distrahitur igno- rans veram pulcritudinem et corporis effoetam et enervem et fluxam cutem deamans, nee saltem coloratos sole aut exercitatione solidatos et opacos umbra vel desidia molles, sed cura nimia medullatos artus magni facit. Das artus opacos umbra erklärt Oudendorp falsch mit pingues et obesos und Hildebrand mit molles ac delicatos, während doch der Gegensatz coloratos sole deutlich genug erkennen lässt, Ap. habe damit die fahle Hautfarbe derjenigen bezeichnen wollen, welche besonders in Städten im Schatten häuslicher Be- schäftigung oder ruhiger Müsse ihr Leben zubringen, denn qui in solem venit, licet non in hoc venerit, colorabitur. Sen. ep. mor. I. XVIII, 5 (108), 4; vergl. Cic. de or. H, 14, 60 und Quint. inst. or. V, 10, 81. — Dass ferner für medullatos mit Oudendorp emedullatos zu schreiben sei, ist gewiss. Ob es aber für et opacos, wie Bosscha und Hildebrand wollen, sed opacos heissen müsse, lasse ich dahin gestellt sein; nicht die Frische gut gefärbter, durch körper- liche Arbeit gekräftigter Glieder, noch der Reiz bleicher und zarter 184 Goldbacher Gestalten sei nach dem Geschmaeke solcher Leute, sondern nur die WeichHchkeit entnervter Körper. Unrecht thun ist schlimmer als Unrecht leiden, das Schlimmste aber ist, wenn man Unrecht gethan hat, nicht bestraft zu werden: graviusque et acerbius est omni supplicio, si noxio impunitas de- feratur nee hominum interim animadversione plectatur, sicut gra- vius est acerbissimorum morborum carere medicina, medentes fallere, nee uri aut secari eas partes, quarum dolore incolumitati residuarum partium consulatur (c. 17, p. 244). Ganz verkehrt hat diese Stelle, deren Quelle Plato Gorg. p. 474 ff. ist, Hilde- brand aufgefasst, indem er carere in carentes ändert und dann den Sinn mit folgenden Worten wiedergibt : gravius est, a me- dentibus, qui acerbissimorum morborum medicina careant, falli sc. aegrotos. Nicht das wird hier als das Schlimmere bezeichnet, dass Ärzte bei unheilbaren Krankheiten, wogegen sie kein Mittel wissen, die Kranken täuschen und sich hüten dem Übel entgegenzutreten, weil sie es dadurch nur verlängern — davon handelt der Anfang des folgenden Capitels — , sondern Ap. sagt, schlimmer als jede Strafe sei Straflosigkeit, so wie es auch schlimmer sei, wenn kör- perlich Kranke nicht geheilt werden, dem Arzte zu entgehen suchen, die krankhaften Theile weder brennen noch schneiden lassen. Eine Änderung dieser Stelle ist daher ganz unnöthig, auch die, welche Oudendorp vorschlägt sie vi gravius est; denn die Angabe des Gegenstandes der Vergleichung, der dem obigen omni suppli- cio entspräche, ist hier überflüssig, da sich derselbe aus dem Zusammenhange leicht ergänzen lässt (quam non carere medicina, medentes non fallere etc.). c. 18, p. 246 virum pessimum non solum deteriorem etiam esse dicebat, quod distrahatur semper editione vitiorum et, si de- siderium aestibus differtur, qui quanto plurium cupidior sit, tanto egentior sibimet et propterea aliis videri potest. Das non solum . . . etiam und die folgenden Sätze, welche beweisen, dass der Schlechte auch zugleich unglücklich sein müsse (s. Plat. de rep. p. 576 C ap' ouv, rjv o' iyoj, ög av faiv-nroci KOvr^pÖTaTog^ xai d^lid)- TcuTog focvr/Gtraij'), zwingen uns anzunehmen, dass hinter deteriorem etwa sed miseriorem ausgefallen sei. Qui hingegen scheint bloss durch Dittographie aus quanto entstanden zu sein und ist daher zu entfernen. Zur Kritik und Eriilitrung von L. Ajiuleius etc. loO c. 19, p. 247, wo Ap. auf die liomines medie moralos zu sprechen kommt, d. h. auf die grosse Zahl derjenigen, die weder plane optimi, nocli oppido deterrimi sind, wird durch eine richtigere Interpunction geliolfen werden kiMinen. Ich setze die Stelle her, wie ich mir dieselbe zurecht gelegt habe: horum (d. i. medie moratorum) vitia nee gravata nee intempestiva sunt aut nimium criminosa, quorum (d. i. vitiorum) substantia est ex redundantia vel defectu. quibus et approbationis integritas et modus est et, qui (= cum ii) inter laudem vituperationemque mediam viam vadant, usque rerum cappessendarum eiusmodi studio excitantur, ut nunc boni atque honesti eos ratione invitent, nunc inhonesta lucra et turpes illiciant voluptates. c. 20 bis 23 handeln vom vollendeten Weisen. Das erste dieser Capitel beginnt: perfecte sapientem esse non posse dicit Plato, nisi ceteris ingenio praestet, artibus et prudentiae partibus absolutus atque iis iam tum a puero imbutus, factis congruentibus et dictis assuetus, purgata et eft'aecata animi voluptate, eiectis ex animo hinc abstinentia atque patientia obque doctrinas ex rerum scientia eloquen- tiaque venientibus. SoF,: für obque doctrinas haben bis auf den Cod. Voss, (obque doctrinis) alle anderen Handschr. in dem vielfach wahrzunehmenden Bestreben wenigstens äusserlich einen Zusammen- bang herzustellen atque doctrinis. Dazu hat noch Floridus eiectis in eiectis verändert, und so lesen wir die Stelle seitdem in allen Aus- gaben. Betrachten wir aber die Überlieferung des Fj genauer, so werden wir uns bald überzeugen, dass wir nicht irre gehen, wenn wir aüch hier, wie wir es so oft in dieser Schrift zu thun gezwungen sind, eine Lücke annehmen. Denn da es im Folgenden heisst: tum post hoc vitiis exclusis insertisqueet immissis omnibus, quae ad beatam vitam fuerint, non ex aliis pendere nee ab aliis deferri sibi posse sed in sua manu esse sapiens recte putat, so möchte eine Änderung von eiectis gegenüber dem venientibus sehr gewagt erscheinen. Auch hinc deutet auf eine Lücke hinter ex animo, da das entsprechende Glied, welches w^ohl zugleich Objeet zu eiectis sein muss, fehlt. Ferner ist an obque doctrinas festzuhalten und daher auch nach patientia etwas zu ergänzen. Ich denke mir den Satz etwa so: eiectis ex animo hinc libidi ne et imp atie ntia, i 1 1 in c (od. hinc) abstinentia atque patientia ob prudentiam obque doctrinas ex rerum scientia eloquentiaque venientibus. 186 Goidbacher c. 21, p. 2o0 divitem hunc solum quidem recte putat (d. i. sapientem), quippe cum thesauris omnibus pretiosiores solus videatur possidere virtutiim opes. etiam quas quod solus sapiens potest in usibus necessariis regere, videri ditissimus debet. Durch eine ein- fache Umstellung von etiam quas in quas etiam lässt sich die Stelle herstellen; nur ist quas auf opes überhaupt, nicht blos auf virtutum opes zu beziehen. Solus vor sapiens haben alle übrigen Handschr. ; ich habe es daher in den Text gesetzt, weil ich vermuthe, dass es dem Excerptor des F^ nur durch ein Versehen entfallen ist. c. 22, p. 251 iure igitur putandum est, eum, qui sit gnarus bonorum, cupidum quoque eiusmodi rerum esse; is enim solus bonis desideriis accenditur, qui bonum illud oculis animi videt, hoc esse sapientem. istud vero quoniam est ignarus, osor quoque nee amicus virtutum sit necesse est. Alle Guten oder Weisen, hörten wir im An- fange dieses Capitels, sind untereinander bekannt und befreundet; die Triebfeder dieser Freundschaft ist die Weisheit; körperliche Schönheit oder Hässlichkeit hat da keinen Einfluss. Wer nun in diesen Kreis gehört (gnarus bonorum), der werde auch nach Dingen streben, die demselben angemessen sind (eiusmodi rerum) d. i. nach guten, denn nur wer jenes Gute d. i. den Weisen vor Augen hat, werde auch entflammt von edlen Begierden; wer hingegen den Guten nicht kennt, der muss auch ein Feind der Tugenden sein. Dies scheint der Gedanke der verderbten Stelle zu sein. Statt hoc esse sapientem wird es daher wohl hoc est sapientem heissen müssen. Schlimmer steht es mit dem Folgenden. Sollte in quoniam nicht qui boni stecken? Für istud müsste dann natürlich iste geschrieben werden. An Klarheit würde die Darstellung gewiss auch gewinnen durch die unbedeutende Änderung von bonura illud in bonum illum. Der Anfang des folgenden Capitels über die Gottähnlichkeit des Weisen lautet seit der zweiten Ausgabe des Vulcanius, mit der Lin- denbrog seine Collation des Flor. Cod. gemacht hat: sapientiae finis est, ut ad dei meritum sapiens provehatur; so stehe es im Cod. Voss. und Bd.; für ad dei meritum wird als Variante des F, dei merito an- geführt ohne bestimmte Angabe, ob ad sich dort finde oder fehle. Das Verhältniss der Handschr. berechtigt uns aber zur Annahme, dass jene Leseart nur ein Correctionsversuch der Florentiner Hand- schrift sei, wie wir es so oft schon gefunden haben, und dass daher auch in dieser ad dei merito stehe, in welchem Falle wohl der Ausfall Zur Kritik und Erklärung von L. Apuleius etc. 187 von similitudinem oder imaginem zwischen dei und merito das Wahr- scheinlichste ist. — Ich füge noch gleich hinzu, dass einige Zeilen unterhalb in quippe perpetuum nach quippe im Flor. Cod. cum ausgefallen ist, wofür dann die späteren Handschr. perpetuum in cum geändert haben. In demselben Capitel p. 253 betrachtet Ap. das Glück des Weisen von zwei Seiten: una quidem beatitudo est, cum ingenii nostri praesentia tutamur, quae perticimus; alia, cum ad perfectionem vitae nihil deest, atque ipsa sumus contemplatione contenti. utrarum- que autem felicitatum origo ex virtute manat, et ad ornamentum qui- dem genialis loci vel virtutis nullis extrinsecus eorum, quae bona ducimus, adminiculis indigemus. Von den Erklärungen des Ausdruckes genialis loci, das Floridus mit patria, Bosscha mit locus, in quo genius s. ingenium s. animus residet, wiedergibt, verdient erstere gar nicht in Betracht gezogen zu werden, gegen letztere aber genügt die Be- merkung, dass sich genialis in einer solchen oder auch nur ähnlichen Bedeutung nicht nachweisen lässt. Da läge nun die Conjectur des Lipsius: ingenialis loci nahe, da ja der Ausfall des in durch das vor- hergehende m sich leicht erklären Hesse; allein ingenialis ist ohne allen Beleg, und abgesehen davon ist loci hier überhaupt gar nicht zu brauchen. Gewiss sind also beide Worte verderbt. Da nun nach sokratisch-stoischen Grundsätzen, denen Ap. hier huldigt, das Glück des Menschen einzig und allein auf seiner Tugend beruht, ohne dass er dazu der Stütze der äusseren Güter bedarf, so ist vor vel virtutis ein mit diesem identischer Begriff zu erwarten. Mit der Tugend identisch ist aber den Sokratikern das Wissen, denn sie ist die praktische Bethätigung desselben, die bei der vorausge- setzten Einheit von Wissen und Wollen nie ausbleiben kann. Ich vermuthe daher ingenii actuosi (s. oben : ingenii nostri praesentia und Cic. de nat. deor. I, 40, 110 virtus enim actuosa). Gleich darauflesen wir: non solum autem oportet, dum vitam colit, digna discere nee ea agere, quae eorum maiestati displiceant, verum et tunc, cum corpus relinquit. Das eorum fordert ein voraus- gehendes diis. weshalb Stewechius: digna dis dicere, Hildebrand: digna dis discere schrieb. Zu agere stimmt jedesfalls dicere besser, abgesehen davon, dass discere auch zu tunc, cum corpus relinquit weniger passt. Wäre aber nicht digna dis scire sowohl paläogra- phisch, als auch des Sinnes wegen vorzuziehen, indem dadurch das loö Gold h ach er theoretische Wissen der praktischen Thätigkeit entgegengestellt würde? Vergl. oben: unde non solum in perspectandi cognitione verum etiam agendi opera sequi eum convenit, quae diis atque homi- nibus sint probata aj. nam etsi in eins manu est, heisst es p. 254 weiter, mortis facultas, quamvis sciat se terrenis relictis consecuturum esse meliora, nisi necessario perpetiendum esse istud lex divina decreverit, accersire sibi tarnen eum mortem eius et si anteactae vitae ornamenta cohone- stant, honestiorem (^F^ unrichtig honestior)tamen et rumoris secundi oportet esse, cum securus de posteritatis suae vita ad immortalitatem animam ire permittit. eam, quod pie vixerit, praecipit fortunatorum habituram (Fj fehlerhaft habiturum) loca, deorum choreis semideum- que permixtam. Für mortem eius haben jüngere Handschriften mortem non debere, was offenbar nur ein gewaltsamer Versuch ist, in die verderbte Stelle einen Zusammenhang zu bringen. Die Unzu- lässigkeit des Selbstmordes für den Weisen ist hier zuerst negativ, dann positiv ausgesprochen. Das s des vorhergehenden eius wird daher wohl dem et zurückgegeben und sed geschrieben werden müssen. In eiu aber vermuthe ich mit Hildebrand ein Verbum; jener räth auf vitat, ich fände renuit angemessener (vergl. Metam. HI, 9. 189). Dabei kann natürlich accersire sibi tamen eum, das auch durch seine Wortstellung aufFällig ist, nicht stehen bleiben. Sollte es nicht accersire spontaneam mortem oder accersire sibi spontaneam mortem heissen? Von c. 24 an spricht Ap. von Plato's Staat, wie er in dessen Republik und den Gesetzen uns entgegentritt. iam principio, heisst es p. 255, civitatis formam definit ad hunc modum: civitatem esse coniunctam inter se hominum plurimorum, in quibus sint regentes alii, alii citeriores (so Stewechius; Fj regentes alii ceteriores), ccmiuncti inter se concordia et invicem sibi opem atque auxilium deferentes, iisdem legibus, rectis tamen officia sua temperantes, unamque civitatem iisdem moenibus illam futuram et eadem velle atque eadem nolle incolarum mentes assueverint. Statt coniunctam, wofür die schlechteren Handschriften coniunctionem haben, schreibt Hildebrand coniunctum und verweist auf Varro de ling. lat. 10, 24 sie bigae sie quadrigae a coniunctu dictae; das vor- ä) Vahlen: digna dis gerere (ger'e). Zur Kritik und Erklärung von L. Apuieius etc. 1 Oa hergehende civitatem habe den Irrthum veranlasst. Allein su einfacii auch diese Änderung ist, so wagen wir es doch nicht derselben bei- zustimmen, weil das Wort selbst an und für sich schon nicht ganz unbedenklich ist, und auch das folgende coniuncti inter se dasselbe hier unwahrscheinlich macht. Zudem lautet die Stelle Plato's, worauf sich Ap. beruft, de rep. II. p. 369 C oütoj on äpoc n:ocpa.Aciixßä.v(tJi^ aAAog aAAo'J in ölXaov^tov d' in^ aAAou '^pü) Vgl. Benfey. Über einig^e Pluralbildungen de? indogermanischen Verbum. S. 11. (Abhandlungen der k. Gesellschaft der Wissenschaften in Gött'ngen, Bd. XIII.) Zur Suftixiehre des indogerniaiiischeii Verbum}'. 11. 4Ü1 erhalten hat, nachdem gerade diese Formen in allen indogermani- schen Sprachen sich nachweisen lassen? Offenbar sträubt mau sich gegen die Erklärung der Formen te = ta-i, ye =^ yu-i (wo ? Plural- zeichen) nur deswegen, um neben -as noch ein zweites Pluralzeichen nicht annehmen zu müssen und um alle Formen wo möglich unter einen Hut zu bringen. Was soll man aber mit vnyam, yuyam an- fangen, in denen wohl an keinen Abfall des -as gedacht werden kann? Nachdem man doch annimmt, in den alterthümlichen Formen mahyam , tubhyam seien durch das folgende am die Urformen mabhi, tubhi geschützt worden, warum sträubt man sich, dies auch rnyam, yüyam zuzugestehen? Um jedoch zu zeigen, dass die Ansicht von einer Zusammen- setzung der Pluralbildungen der persönlichen Pronomina aus zwei Singularstämmen in der Geschichte der Sprachen nicht die geringste Bestätigung findet, wollen wir die Pronominalformen der semitischen Sprachen und des Türkischen einer kurzen Betrachtung unterziehen. Die semitischen Sprachen gehören mit den indogermanischen zu den fl e et ir enden und sind daher für die Erkenntniss dieser unter allen vorhandenen Sprachen am lehrreichsten; das Türkische geliört zwar nicht zu den flectirenden Sprachen, steht ihnen aber als an- fügende (agglutinirende) Sprache sehr nahe. Daher müssen wir diesen beiden Sprachen gerade in Fragen wie die uns nun beschäf- tigende ein viel grösseres Gewicht einräumen, als einigen mit einer gewissen Vorliebe herbeigezogenen Idiomen der niederen Formation, welche überdies noch von jenen, welche sie anzuführen pflegen, höchst mansrelhaft verstanden zu werden scheinen. Wenn wir das semitische Personalpronomen (in der Form der Ursprache) uns vergegenwärtigen: 1. Person Sing, row-klu PKir. una-y-nu 2. Person Sing, nn-tu Plur. un-tu-mü 3. Person Sing, huwa Plur. hn-nm so zweifelt wohl Niemand daran, dass die Pluralformen von den Singularformen mittelst eines Suffixes -mu oder -nü abgeleitet sind, und dass an keine Znsammensetzung zweier Pronominalstämme gedacht werden kann. Das Suffix -mü (-nu) wird man zwar unter den Zahl- zeichen beim Nomen vergeblich suchen, es ist aber, wenn man der 202 Mülle Sache ein wenig tiefer nachspürt, inehr als wahrscheinlich, dass die Zahlzeichen -üna, -hm, -dni, -nn, -im, -in, welchen wir in den ein- zelnen semitischen Dialekten begegnen, nichts anderes als die Ver- bindung des beim Projiomen in seiner ältesten Gestalt erhaltenen Zahlzeichens ~mü (-nii) mit dem jedesmaligen Casus-Expunenten (Nom. i'i. Gen. /, Acc. «} repräsentiren. Damit wäre aber auch der innige Zusammenhang zwischen Pronominal- und Nominalflexion innerhalb des selbständigen Pronomens aufgezeigt (vgl. meine Ab- handlung „Der Verbalausdruck im semitischen Sprachkreise" 519 ff). Dasselbe lässt sich aber auch an den Pronominalsuffixen des Verbums darthun. Auch hier steht dem ~ta der zweiten Person inner- halb der Suffixe im Plural ein -tiimü gegenüber, innerhalb der Präfixe ein ta-nna (vgl. qatul-ta „du hast getödtet", qtital-tumü „ihr habt getödtet^, ta-qtulu „du tödtest", ta-qttd-üna „ihr tödtet«). Gleiches findet sich auch oder lässt sich füglich auch nachweisen bei der ersten und dritten Person, wo nirgends, wie jeder Kenner der semitischen Sprachen weiss, zur Bezeichnung der Mehrzahl eine Zu- sammensetzung zweier persönlicher Pronominalstämme sich nach- weisen lässt. Zu demselben Resulate gelangen wir auch durch eine Betrach- tung des türkischen Pronomens. Die Formen des selbständigen Pronomens lauten : 1. Person Sing. j> (hänj Plur. j> (hiz) 2. Person Sing, j-» (sän) Plur. ^-j (^^^ 3. Person Sing. J^l (ol) Plur. ^1 (anlar) Wie das Tschuwaschische zeigt, sind die Pluralformen biz, siz aus bir, sir entstanden, welche in b-ir, s-ir aufgelöst werden müssen. Auch bän (aus min entstanden), sän müssen in b-ä?i, s-än zerlegt werden, so dass b-, s- als die eigentlichen Charakterlaute der beiden Pronomina übrig bleiben. Nun sind aber b-ir, s-ir von den Stämmen b-, s- nicht durch Zusammensetzung, sondern mittelst des Suffixes -ir abgeleitet, welches gewiss nichts anderes ist, als das Suffix -lar, welches auch beim Nomen zur Bildung des Plurals verwendet wird. Zur Suffixlehve des iudogerinanisi.'heu Verbums. II. 'COo Dasselbe Princip der Pluralbildung herrscht auch innerhalb des Verbuins, dessen Aoristform Ic^Ua-oj gewiss einen reinen Verbal- ausdruck ebenso gut repräsentirt, als es das indogermanische oder das semitische Verbum im Stande sind (vgl. meine Anzeige von Schleicher's „Die Unterscheidung von Nomen und Verbum in der lautlichen Form" in: Beiträge zur vergleichenden Sprachforschung von Kuhn und Schleicher, Bd. V, S. 241 ff.). Man vergleiche: Singular. Plural. 1. Person »^^-^ (sävür-im) jjj-^ (sävür-izj 2. Person ,jy)j^^ (sävär-sin) Jx^j,^^ (sävär-siniz) 3. Person j^^ (sävär) J^^"^ (sävür-lär) Hier wird gewiss Niemand -Iz (statt -miz) und -sifiiz für Zu- sammensetzungen zweier Pronominalstämme halten, sondern wird ebenso wie beim selbständigen Pronomen -iz für ein rein formales Pluralsuffix erklären müssen. Nach diesen kurzen Betrachtungen müssen wir behaupten, dass die Ansicht, nach welcher in den Pluralformen des indogermanischen Pronomens eine a d d i t i o n a 1 e Z u s a m m e n s e t z u n g z w e i e r P r o- n ominalstämm e vorliegen soll, in der Sprachgeschichte keine Bestätigung findet, sondern dass man von ihnen aus imGegentheil auf die Ansicht, dass zwischen Pronomen und Nomen in der Behandlung gar kein Unterschied existirt, hingeführt wird. Doch auch zugegeben, ein solcher Vorgang, nämlich additionale Zusammensetzung von zwei Pronominalstäinmen sei in den Plural- bildungen des indogermanischen Pronomens wirklich gelegen, so müsste derselbe aus dem Bau der indogermanischen Sprachen gerechtfertigt werden, d. h. es müsste gezeigt werden, dass diese ganz eigenthümliche Art der Zusammensetzung innerhalb der indo- germanischen Sprachen wenigstens beim Nomen besonders beliebt gewesen war, Nun lässt sich aber zeigen, dass diese Art der Zusammensetzung (im Indischen Dvandva genannt) nur dem Indischen und dem mit 204 M li I 1 e r ihm ganz nahe verwandten Eränischen geläufig ist, in den übrigen indogermanischen Sprachen dagegen bis auf einzelne zweifelhafte Spuren sich nicht findet, daher erst nach der Zeit der Lostrennung des Indo-Erariischen vom gemeinsamen Stamme sich entwickelt iiaben muss. Wäre diese Form der Zusammensetzung der indogermanischen Ursprache eigenthiimlicb gewesen, so hätte sie sich gewiss gleich den übrigen Arten der Zusammensetzung in allen indogermanischen Sprachen erhalten i). Es lässt sich also die weit verbreitete Lehre, dass in den Plural- bildungen des indogermanischen Pronomens additionale Zusammen- setzungen zweier verschiedener Pronominalstämme vorliegen (vgl. Schleicher: Die Unterscheidung von Nomen und Verbum in der laut- lichen Form 15/51 1, wo sogar ein wesentliches Charakterislikou des Indogermanischen anderen Sprachen gegenüber daraus gemacht wird) nicht rechtfertigen, sondern im Gegentheil lässt sich sowohl aus einer näheren Betrachtung der indogermanischen Conipositions- formen, als auch einer Untersuchung der Pronomina der höher organisirten Sprachen der Nachweis ihrer Grundlosigkeit leicht führen. Nachdem wir oben -m, -s, -t als die ursprünglichen Formen der Pronominalsuffixe des Verbums angenommen haben, aus denen -mi, -si, -ti durch Zusatz eines i entstanden und deren Plurale -masi, -tasi, -anti analog den Bildungen der Nomina zu erklären sind, haben wir damit auch der allgemein angenommenen Erklärung der Medial- suffixe -mal, -sai, -fai, -w«, -sa, -ta aus einer Verdoppelung der Activsuffixe -mi, -si, -ti widersprochen. Wir müssen nun auf diesen Punkt etwas näher eingehen. Was nämlich das Verhältniss der schweren Medialsuffixe zu den leichten Activsuffixen betrifft, so werden nach Bopps Vorgange die ersteren als Ver d oppelungen der letzteren erklärt, also mai = mami, sai = säsi, tai = tati. Von den beiden in der Verdoppelung liegen- den Theilen soll der eine das Subject des Verbalausdruckes wie im Aetiv bezeichnen, während der andere auf das Object, welches in dem hier zu bildenden Reflexiv-Ausdrucke mit dem Subject selbst zusam- menfällt, zu beziehen ist. *) Vgl. Benfey. Ühcr einige Pluralbildungen des indogermanischen Verhiim. S. 10. (Abhandlungen d. k Gesellschaft d. Wissenschaften in Göttingen. Bd. Xllf.) Zur SufHxlenre des fiidogiiiiiHnischen Verbums. II. 203 Ohne die höchst autTalleride Erscheinung des regelmässigen Ausfalles von tu, s(tvj und t zwischen zwei VocaJeii in der indo- germani.^chen Ursprache zu betonen, eine Erscheinung, welche im Pi'akrit vollkommen begreiflich wäre, aber in jeder anderen indo- germanischen Sprache stark bezweifelt werden miisste, können wir uns auf diese Weise wohl eine Erkläruns^ der drei Sinarularsuftixe -mai, -sai, -tat zurechtlegen, sind aber ausser Stande, uns das Ver- hältniss der Plural- und Dual-Suftixe des Mediums zu jenen des Activums irgendwie vorzustellen. Sind -madhai, -antai aus ursprüng- lichen matva- matvi, anta- a?iti entstanden zu erklären, wie einige Sprachforscher dem einmal angenommenen Grundsatze consequent, behaupten, oder ist bei ihnen eine andere Erklärung zu versuchen? Kann Jemand, der von den Lautgesetzen der Sprache überhaupt eine richtige Vorstellung hat, solche Verstümmelungen wie matva- matvi, anta- anti zu madhai, antai innerhalb der indogermanischen Lr- sprache für möglich halten? i). Doch lassen wir diese Fragen laut- licher Natur vor der Hand bei Seite und sehen wir uns die Singular- Formen -mai, -sai, -tai im Verhältniss zu -mi, -si, -ti etwas näher an. Über das Verhältniss dieser beiden Formen zu einander kann eine doppelte, Ansicht vorgebracht werden, je nachdem man in ma- mi = ma-ma, tva-tvi = tva-tva, ta-ti = ta-ta entweder das erste Element als Subjects- und das zweite als Objects-Ausdruck oder umgekehrt betrachtet. Darnach lautet tudatai „er schlägt sich" = tuda-ta-ta entweder „schlägt er sich" oder „schlägt sich er", d. h. entweder ist das an erster Stelle stehende -ta Subject zu dem Prä- dicate tuda- und das an zweiter Stelle stehende -ta das an die Activ- form tudata (NB. zu jener Zeit, wo a zu Ende noch nicht in i geschwächt worden war!) gehängte Objectsuftix, oder ist das an zweiter Stelle stehende -ta Ausdruck des Subjectes und das vor dem- selben stehende -ta der das von der Handlung, welche in tuda-...-ta liegt, abhängige Objeet bezeichnende Ausdruck. Beinahe alle Sprachforscher, wenigstens alle, welche zur Bopp'schen Schule sich zählen, wie Schleicher u. a., stimmen nun mit 'j So lange als solche monströse Bildungen und Zerstörungen bei der Erklärung der Plural- und Dual-Suffixe und der Suffixe des Mediums angenommen werden, so lange ist mau mit Fug berechtigt, die Erklärungen der Singular-Suffixe, und mögen sie vom lautlichen Standpunkte uoch so gut begründet sein, für verfehlt anzusehen. 206 Müller mir darin «herein, dass tuda-, bodha-\n den Verbaltormen des indo- germanischen Präsens tuda-ti. bodhn-ti eine mittelst des Suffixes -n aus der Wurzel (tud, hudh) abgeleitete primäre Bildung repräsen- tiren, welche als solche ihrer Natur nach indifferent ist, d. h. weder ein Verbum noch ein Nomen bezeichnet, welches sie erst dann wird, je nachdem sie entweder mit den persönlichen Pronominalsuffixen oder mit Casusendungen in Verbindung tritt. Der Unterschied zwi- schen Verbum und Nomen beruht nach dieser Ansicht nicht auf dem verschiedenen Baue des beiden zu Grunde liegenden, auf eine bestimmte StotT-Wurzel zurückgehenden Themas, sondern auf der Behandlung des letzteren, je nachdem es mit einem zu ihm im Ver- hältnisse des Subjects zum Prädicate stehenden persönlichen Pro- nominalelemente, oder mit einem es näher determinirenden, von ihm abhängigen deiktischen oder Raumelemente verbunden wird. Wir haben dann im ersteren Falle ein Verbum, im letzteren Falle dagegen ein Nomen vor uns (vgl. Schleicher, Die Unterscheidung von Nomen imd Verbum in der lautlichen Form und meine Anzeige desselben in : Beiträge zur vergleichenden Sprachforschung von Kuhn und Schleicher, Bd. V, ebenso Schleicher, Conipendium. II. Aufl. S. 512 und 660 ff.). Gehen wir nun an der Hand dieser gewiss richtigen Ansicht von der ersten der beiden oben gegebenen Auffassungen des Medium aus als eines Verbalausdruckes, an den sich wie in den semitischen Sprachen der Ausdruck des Objectes, sowohl des näheren als des entfernteren, derart geheftet hat, dass er mit ihm endlich zu einer Einheit verschmolz, so müssen wir die Formen tndamai = tuda- ma-mi, tudasai = tuda-tva-tvi etc. parallel den semitischen Formen qatal-ta-ni, qatal-ta-h u etc. als a c t i v e , mit P r o n o m i n a 1 s u f - fixen«) versehene Verbalformen erklären. Es fragt sich dann, ob sich solche Formen innerhalb der indogermanischen Sprachen auch rechtfertigen lassen. Solche Formen sind aber, wie wir ohne Weiteres bemerken können, auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen ganz und gar unmöglich, da Possessiv- und Objectssuffixe (ausser in einigen ') Suffixe müssen es sein, da sich nur also die Schwächung von a zu i, wenn auch scheinbar, rechtfertigen ISsst. Zur Suffixlehie des indogermanischen Verbums. II. Z\)l neueren eränischen und indischen Sprachen, wo sie auf semitische Einflüsse zurückgeführt werden müssen) hier nirgends nachgewiesen werden können. Wahrscheinlich wnv es auch diese Wahrnehmung, welche in Verbindung mit Erwägungen lautlicher Natur die meisten Forscher in neuestei- Zeit bewogen hat, die Ausdrücke tiidamai . tudasai, tudatai. in tuda-ma-mi. tuda-sa-si, tuda-ta-ti oder in tuda-mn-mi, tuda-sn-si, tuda-ta-ti derart zu zerlegen, dass in den schliessenden Suffixen -mi, -si, -ti die das Subject des Verbalausdruckes bezeich- nenden persönlichen Pronominaleleinente in den vorangehenden ma, m, tä, dagegen die vom V'erbalausdrucke abhängigen Objectformen stecken sollen. Es fragt sich nun, ob diese zweite Auflassung der Medialformen sich rechtfertigen lässt, ob sie mit den sonst wahr- nehmbaren Gesetzen der indogermanischen Sprachen in Übereln- slimmung sich befindet? Um diese Frage gehörig zu entscheiden, müssen wir uns ver- gegenwärtigen, dass, wie wir oben gezeigt haben, der im Wurzel- theile des Verbums steckende Ausdruck ein inditTerentes Nominai- Verbal-Thema repräsentirt, wornach tudami = schlagend -}- ich, tudasi = schlagend -j- du, tudaii = schlagend -f- er, gegenüber von tuda-s schlagend -|- dieser, tnda-sya (auf) schlagenden + Bezug habend u. s. w. bedeuten. Darnach sind tuda-ma-mi , tuda-sa-si tuda-ta-ti Verbindungen der subjectiven Pronominalausdrüeke -mi, -si, -ti mit den Prädicatausdrücken tuda-ma, tuda-sa, tuda-ta, welche nichts anderes als Zusammensetzungen des Themas tuda- mit den Pronominalstämmen ma-, sa-, ta- sein können. Nun sind den indogermanischen Sprachen, im Gegensatze zu anderen, Wortzusammensetzungen überaus geläufig, namentlich die indogermanische Ursprache zeichnete sich durch eine Fülle dieser überaus plastischen Bildungen aus. Diese Wortzusammensetzungen sind aber in Betreff" der Stellung der einzelnen Glieder zu einander bestimmten Gesetzen unterworfen, nach welchen das abhängige stets demjenigen, von welchem es abhängt, vorangehen muss. Nur die Participialbildungen auf -aw^, insoferne sie als regierendes Glied auftreten, machen eine Ausnahme ; sie gehen nämlich demjenigen Ausdrucke, welcher von ihnen abhängig gedacht werden muss. stets voran. 208 Müller Die Participialbililungen auf -atit gehören aber, im Vergleich mit anderen Bildungen, einer späteren Periode der indogermanischen Ursprache an, was schon daraus hervorgeht, dass sie nicht, wie die Bildungen in -«, -ya, -na, -nu u, s. w. als indifferente Nominal- und Verbalthemen auftreten können. Sie erscheinen also zwar als eine Ausnahme vom alten indogermanischen Compositionsgesetze, sie ver- rathen sich aber sofort eben dadurch als ein Product einer verhält- nissmässig späteren Periode. Betrachten wir nach diesen Erwägungen die supponirten Wort- zusammensetzungen tuda-ma, tuda-su, tnda-ta, so müssen wir gestehen, dass sie als solche vollkommen unmöglich sind, indem sie den Gesetzen der indogermanischen Sprachen geradezu wider- sprechen. Ebenso wenig als etwa innerhalb der semitischen Sprachen eine im Geiste der indogermanischen Sprachen ganz correcte Wort- zusammensetzung möglich erscheint (wie z. B. ma^ü Jjob III. 5 als „Schatten des Todes", während es von n^ir mittelst des Suffixes -iith abgeleitet werden muss), ebenso wenig kann eine Composition, in welcher das regierende Glied, sofern es kein Participium auf -unt ist, die erste und das regierte Glied die zweite Stelle einnimmt, innerhalb der indogermanischen Sprachen überhaupt als richtig angesehen werden. Soll eine indogermanische Wortzusammensetzung richtig sein, so muss unbedingt das regierte Glied an erster, das regierende Glied an zweiter Stelle stehen. Daher müsste der in den eben citirten Formen tudama-, tudasa-, tudutd- supponirte Aus- druck, soll er den Gesetzen der indogermanischen Sprachen ent- sprechen, ganz anders, nämlich umgekehrt ma-hida, sa-tuda, ta-tuda (nach späterer indischer Darstellung mat-tudu, tvat-tuda, tat-tudci) lauten. Indessen bleibt noch ein Ausweg übrig, nämlich die Formen tudamai, tiidasai, tudatai als Verbindungen des activen Verbalaus- druckes mit dem pronominalen Objectsausdruck zu deuten, indem man dieselben aus tudamai, tudasdi, tudatai ftudamdmi, tudasdsi, tudatdti) abgekürzt erklärt und die Elemente md, sd, td als infigirte Accusativ-Ausdrücke der Stämme ma-, tva-, tu- betrachtet. Damit müsste man zugleich einen durch lange Zeit bestandenen losen Zusammenhang zwischen dem aus der Stoffwurzel (^^«f/^ gebil- | deten Thema (tud-aj und den persönlichen Suffixen (-mi, -si, -ti) annehmen, der es diesen Accusativ-Elementen zur Zeit der Bildung Zur Suffixiehi'e des indogermanischen Verbums. 11. 20«) des Mediums gestattete, zwischen die beiden Bestandtheile des , activen Verbalausdruckes sich einzudränt^en. W Eine solche Annahme ist aber aus doppeltem Grunde nicht statt- haft. Einerseits widerspricht ein solcher loser Zusammenhang zwi- schen den beiden Theilen des Verbalausdruckes dem Principe der Flexion, deren Wirkungen ja überall an den Suffixen ganz offen zu Tage treten, andererseits lässt sich das Princip der Infigirung, auf welchem diese Formen beruhen müssten, innerhalb der indogermani- schen Sprachen nicht nachweisen. Aber noch ein Hauptgrund spricht entschieden dagegen. Sind nämlich md, sd (tvd), fd Accusative (und ihre Form gegenüber den Stämmen ma-, tva-, ta- schliesst diese Annahme nothwendiger Weise in sich ein), so ist damit auch die Ansicht ausgesprochen, dass zu jener Zeit, in welcher sie in den Verbalkörper eindrangen, die Sprache fertige Casusformen bereits kannte. Ob aber mit der Annahme von Casusformen ein so flüssiger Zustand des Verbums sich vereinigen lässt, wie er hier postulirt wird, ist eine Frage, welche wohl kaum irgend ein besonnener Sprachforscher bejahen dürfte. Nach diesen Betrachtungen bleibt uns noch übrig, unsere Ansicht über dieses Thema zu präcisiren und namentlich die Entwicklungs- geschichte der Suffixe in kurzem darzulegen. Wir unterscheiden in dieser Beziehung fünf Perioden, welche sämmtlich in die indogermanische Ursprache fallen. Es sind dies folgende: 1. Periode. Identität der Verbalsuffixe mit den persönlichen Pronominalstämmen, Mangel einer näheren Zahl- und Zeitbestimmung. Die Verbalformen lauten: tiida-ma, tuda-tva, tuda-ta. 2. Periode. Inniges Zusammenschliessen der beiden, den Ver- balausdruck bildenden Theile zu einer Form, womit die Verkürzung der accentlosen Suffixe verbunden ist. Die Verbalformen lauten: tiida-m, tuda~tv (tuda-sj, tuda-t. 3. Periode. Entwicklung der Zahlbezeichnung und zwar zuerst Gegensatz zwischen der ersten Person einerseits und der zweiten und dritten Person andererseits. Die Verbaiformen lauten : I.Person Einz. tiida-m 2. Person Einz. hida-tv (tnda-s) Mehrz. tuda-mas Mehrz. tuda-tvana Sitzh. d. phil.-hist. Cl. LXVl. Bd. I. Hft. i4 ü 11 e r Einz. tuda-t Mehrz. iuda-tana 210 3. Person Später bilden sieh nach Analogie von tudamas auch die Formen der zweiten und dritten Person : tudatvas und tudatus. Zuletzt entwickelten sich durch DitYerenzirung der Mehrheits- formen der Dual und der Plural, bei welcher Gelegenheit auch in der ersten Person neben -mas eine Form -vas (eine lautliehe Differenzirung der ersteren) auftritt i). 4. Periode. Bildung des Reflexivausdruckes mittelst eines hinter den Verbalausdruck gestellten a (Pronominalstamm der dritten Person). Dieses Element steht ursprünglich mit dem Verbalausdruck in keiner näheren Verbindung, schmilzt aber in der Folge mit ihm, gleichwie das se im Latein (vgl. das Slavische und Litauische) zu- sammen. 5. Periode. Determinirung des Präsens mittelst eines ange- fügten -i (Pronominalstamm, der auf das Nächstgelegene hinweist) gleichzeitig mit der Determinirung des Imperfectums, des Aorists etc. mittelst eines vorgesetzten -a (Pronomiualstamm, der auf Entferntes hinweist). Dabei ist zu bemerken, dass nach Vollendung der verschiedenen Suffixformen mehrere derselben, namentlich die consonantisch schliessenden, den sich geltend machenden, zersetzenden Laut- gesetzen anheimfielen. So wurde aus der Form -mas frühzeitig ma, während in mas-i das s durch das folgende / geschützt worden zu sein scheint. Gegen manche dieser Annahmen lassen sich wohl Einwendungen erheben, welche durchgehends lautlicher Natur sind. Wir wollen die zwei wichtigsten derselben etwas näher ins Auge fassen. L Da der Activform -masi die Medialform -madhni (altind. -mähe, altbaktr. -maidhe oder -maide, griech. -|UL£^a) gegenüber steht, so kann, da dh aus s sich nicht erklären lässt, in -as-, -adh- unmöglich ein Pluralzeichen stecken, sondern die Form muss, da dh 1) Vgl. Benfey. Über einige Pluralbildungeu des indogermanischen Verbums. S. S ff. (Abhandlungen d. k. Gesellschaft d. Wissenschaften in üöttingen. Bd. XIII.) Zur Suftixlehre des indogermanischen Verbums. 11. ZW oft aus tv entsteht (vgl. das Suffix -dhi des Imperativs, ferner die Suffixe -dhvum, -dhve, welche mit fva- zusammenhängen müssen) als Composition der beiden Stämme ma und tva, wornach „wir" = ich -|- du, aufgefasst werden. Gegen diesen Einwand bemerken wir, dass das dh nicht noth wendig auf eine Form ma-tva hinführt, sondern dass möglicher Weise im Pronomen der ersten Person eine uralte Zahlbildung mittelst dva „zwei" vorliegt (vgl. die Bil- dungen der polynesischen Sprachen) und dass aus der Form mu-dva „ich — zwei" frühzeitig mit Anlehnung an das Pluralsuffix -as eine Form -mas sich bildete, welche später in die Pluralform -mas und in die Dualform -vas gespalten wurde i). II. Da 0 im Griechischen, falls es auslautet, nie altem auslauten- den a entspricht, sondern entweder auf den Abfall der Consonanten s, f, d oder eines / schliessen lässt, so kann in den Suffixen -ro = altind. -ta, -ovzo = altind. -anta, das schliessende o auch nicht ur- sprünglich im Auslaute gestanden haben, sondern es muss hinter demselben einmal ein Laut vorhanden gewesen sein 2). Was ist nun einfacher, als anzunehmen -rc, -ta, -ovro, -anta seien aus -tai, -aiitai abgekürzt? Dies zugegeben, muss an der Ursprünglichkeit der Präsenssuffixe -mi, -si, -ti, -mai, -sai, -tai etc. festgehalten werden, woraus natürlich auch die Verkürzung der Imperfect-Aorist-Suffixe aus den Präsenssuffixen von selbst sich ergibt. Dagegen bemerken wir, dass das griechische 0 (das altind. «) zu Ende dieser Medialformen nicht als ein ursprünglich inte- grirender Bestandtheil der Suffixe, sondern als eine erst nach und nach mit denselben verwachsene Partikel zu betrachten ist. Es ist also lautlich nicht mit demselben Masse wie ein im Auslaute stehender Vocal zu messen. Wenn wir annehmen, a bilde für sich einen Bestandtheil des Suffixes, so begreifen wir auch griechisch (XI = altind. e (ai), indem auch hier die beiden Bestandtheile des 1) Wenn -inasi wirklich auf -ma — tvi hinführt, wofür der Beweis in der Medialform -madhai stecken soll, warum lautet die Medialforni von -thasi nicht -thadhai? Ich glaube, wenn die obig-e Annahme richtig wäre, so hätte sich die Sprache diesen schönen Parallelismus, der auch in -mi. -si. -ti. -masi. -anti unverkennbar vor- liegt, nicht so leicht entgehen lassen. *J Vgl. Kuhn in der Zeitschrift für vergleichende Spriichforschung. Bd. XV. S. 410. 14° 212 .Müller, Zur Suftixiehie des indogermanischen Verbums. II. Diphthongs a und i erst nach und nach mit einander zu einer Einheit verschmolzen worden sind. Das griechische at in -/ji.«t, -aai, -rat ist etwa ebenso wie in Tzaio- oder wie das oi im Optativ der schwachen Verba entstanden i). 1) Das a in ai der griechischen Suffixe -fxau -7a'., -rai, -vrat ist bekanntlich kurz; wäre ai = «/, wie manche Gelehrte annehmen zu müssen glauben, so müsste a lang sein und diese Suffixe müssten dann -fxa, -ua, -~a, -vra oder -fAv;, -(Tip, -">;, -vrr-, lauten (vgl. oixoi = altind. vege gegenüber von oixoi = vepdi altind. vegdy-d). Müller. Die Voealsteigerung- der indogermanischen Sprachen. ,^13 Die Voealsteigerung der indogermanischen Sprachen. Von Dr. Friedrich Müller, Professor an der Wiener Universität. Eine den indogermanischen Sprachen ganz eigenthümliche Er- scheinung, durch welche sie vor allen andern Sprachen sich aus- zeichnen, ist die Voealsteigerung. Auf ihr basirt hauptsächlich die indogermanische Flexion, jenes Princip, auf welchem die indogermani- schen Sprachen als solche beruhen. Durch die Voealsteigerung stehen die indogermanischen Sprachen zu den beiden anderen flectirenden, nämlich den semitischen und den hamitischen Sprachen, in einem förmlichen Gegensatze. Wir fassen die Flexion als eine innige Verbindung von Stoft- und Form-Elementen zu einer die Sprachform begründenden Einheit. Sie existirt also nur dort, wo die Scheidung zwischen Stoff und Form vorhanden ist und Stoff- und Formwurzeln von der Sprache strenge auseinander gehalten und ihrer Natur nach angewendet werden. Sprachen, welche zwar Stoff und Form in der Rede scheiden, aber die Form lautlich nicht bezeichnen, können also eine Flexion nicht besitzen. Eine Scheidung von Stoff und Form finden wir in den drei entwickeltsten Sprachen der mittelländischen Rasse, den indo- , germanischen, semitischen und hamitischen nämlich, durchgeführt. Von einander aber sind diese drei Sprachstämme wieder durch die Behandlung der Stoffelemente während des Processes der Formbil- dung streng geschieden. Die hamitischen Sprachen verwenden dabei die Stoffelemente theils in ihrer ursprünglichen Einfachheit, theils zu concreten Stämmen entwickelt, die semitischen Sprachen nur in der letzteren, in ihrer vollsten Entwicklung auftretenden Form. Dabei bleiben wieder die Stoffelemente in ihren lautlichen ßestandtbeilen 214 Müller entweder vollkommen unverändert, oder werden durch völlige Wand- lung ihrer Vocale modificirt. In den indogermanischen Sprachen dagegen werden die StoflP- elemente, sobald sie mit den Formelementen verbunden werden, in ihren vocalischen Bestandtheilen gewissen Gesetzen unterworfen. Wenn wir auch den Grund dieser Gesetze in den wenigsten Fällen errathen können, so scheint es dennoch im allgemeinen gewiss zu sein, dass jenes Element, welches von denselben betroffen ward, als das innerhalb der Wortform wichtigste angesehen wurde. Unter diesen Gesetzen ist das Gesetz der Vocalsteigerung das bedeutendste. Dasselbe besteht in der regelmässigen Verstärkung des Vocals der Stoffwurzel und zwar zunächst, da a den beiden andern Vocalen i und u gegenüber ohnedies als stärker gilt, in der Verstärkung eines i und u der Stoffwurzel durch ein vortretendes a. Dieses a stellt nichts anderes dar, als das kräftigere, längere Aus- holen der im Vocalansatz befindlichen Sprachorgane. Die auf diese Weise gewonnenen Laute ai, an sind nicht etwa Doppellaute, also a -|- i, a -\- II, sondern einfache Laute, nämlich i, u mit einem die Kraft der dabei betheiligten Organe bezeichnenden, sie einleitenden a i)- Nach unserer Ansicht war innerhalb der indogermanischen Ur- sprache die Vocalsteigerung 1. ursprünglich nur den beiden Vocalen / und u eigen gewesen und hat erst später nach Analogie dieser auch bei a durchgegriffen, 2. hat .sie sich stets nur auf den Wurzel- vocal beschränkt und 3. war sie nur eine einfache (die erste). Diese Ansicht steht mit der gangbaren im Widerspruche, nach welcher 1. die Steigerung sowohl dem i und u als auch dem a ur- sprünglich zukommt, 2. dieselbe nicht nur innerhalb der Wurzel, ') Man wird nach unseren Bemerkungen einsehen, dass die von Steinthal in seinem treffliehen Werke: Charakteristik der hauptsächlichen Typen des Sprachbaues, S. 327 gegebene Bestimmung der drei Sprachstämme, des indogermanischen, semitischen und haroitischen nicht ganz genau ist. Ich würde dieselbe etwa also fassen: B. Formsprachen 1. Nebensetzend (Chinesich), 2. Abwandelnd: o) durch Verbindung des grammatischen Elementes (Prä- oder Suffixe) mit der Wurzel (Hamitisch); b) durch Umbildung der Wurzel zum dreisilbigen Stamme, regel- mässige Umwandlung des Vocales desselben und Verbindung mit den grammatischen Elementen, Prä- oder Suffixen (Semitisch) ; c) durch Verbindung der Suffixe mit der in ihrem vocalischen Bestandtheile afficirten (gesteigerten oder geschwächten) Wurzel (Indogermanisch). Die Vocalsteigerun» der indogermanischen Sprachen. 21«) sondern auch innerhalb der Suffixvocale stattfindet, und 3. diese ursprünglich eine zweifache war, nämlich eine erste (im Altindi- schen Guna) und eine zweite (im Altindischen Vrddhi genannt). Vgl. Schleicher, Compendium 2. Auflage. S. 11. Wir werden nun im Nachfolgenden diese drei Streitfragen der Reihe nach einer Betrachtung unterziehen. [. Die Steigerung kommt ursprünglich nur den beiden Vocalen i und ii zu, erst später hat sich nach und nach eine Steigerung des a entwickelt. Dieses Factum geht namentlich aus dem Umstände hervor, dass wir in allen indogermanischen Sprachen nur die Steigerungen von i und u gegenseitig einander entsprechen sehen. Dies ist bei a dagegen nicht der Fall, sondern hier offenbart sich selbst innerhalb einer ein- zelnen Sprache ein bedeutendes Schwanken. Im Altindischen gilt a als erste Steigerung von a, so dass a sowohl den Grundvocal a als auch den Guna desselben darstellt. Diese Regel ist jedoch nicht ganz zutreffend, da sich zeigen lässt, dass neben a auch d als Guna von a auftritt Das primäre Suffix -as hat im Altindischen erste Steigerung des Wurzelvocals in seiner Begleitung. Man bildet daher von der Wurzel gm- die Form grav-as, von der Wurzel tig- die Form teg-as (fatg-asj, von der Wurzel gan- die Form gati-as, von der Wurzel vas- dagegen die Form vds-as '). Die Causal-Verba im Altindischen legen der Ableitung mittelst des secundären Suffixes -ya ein primäres Nomen in -a zu Grunde, dessen Vocal regelmässig durch erste Steigerung aus dem einfachen Wurzelvocal hervorgegangen ist. So bildet man von der Wurzel budh- den Causalstamm hödha-ya-, von der Wurzel ksip- den Causal- stamm ksepn-ya-, von der Wurzel tarp- (altindisch unter der ver- 1) Man vergleiche Altindisch: cet-as, tegas, tav-as, pav-as, grav-as, rah-as. vac-as, rddh-as, vds-as ; Altbaktrisch : dvaes-ahh, haec-ahh, aog-ahh, baodh-ahh, raoc-anh, frath-ahh, man-ahh, tem-ahh, nem-anh; Griechisch: £to-oc, Vctx-oj, ai3-oj, (xiff- of, ^sO'z-oj, TsO^-o?, xOö-o?, ox~og (vgl. oxsu-ipO' xdpoi (vgl. xara-xopi^c, TTjäOff-xopi^S und xrjps'wjfxr, = xop£(7-vy[xt) az6prj(; (vgl. arops'vvvfjit = dzopic- vjfxi), \vjä-og, (x^rj-05, p,^x-oj, ÖL'i-rtg, aX^-of, jSä^-oc, j3ap-os ßläß-oc, -a3--of. -Xä7-o?, ßiX-oc, ßpif-oc, '/sv-oj, dsp-ci, ^i--rjC, sX-oj, f er-o?, k'px- o>, (jii'v-oc, v£o-o?. 77SV-0C, ril-oc; Latein: foed-us (foid-os), corp-us, op-us^ gen-us; Altslavisch : slov-es, neb-es, oe-es (für ok-es). 216 M ü I I e 1- kürzten Form trp- auitretend) den Causalstamm tarpa-ya-, von der Wurzel vas- dagegen den Causalstamm vdsa-yu, von der Wurzel Süd- den Causalstamm sdda-ya (im Gotischen satjan steckt dagegen der Stamm mda-ya) i). Nach Analogie der letzteren bildete man später auch von cm- den Causalstamm grdva-yn, von ci den Causal- stamm cdyn-ya (neben dem auch der ältere Stamm caya-ya vor- kommt). Im Griechischen, wo wir den Vocal n bald als reines a erhalten, (a), bald zu e geschwächt (s), bald zu o verdumpft sehen (o), erscheint an der Stelle des altindisehen gunirteii n in der Regel o, an der Stelle des altindischen d dagegen ä, r, oder w. Daher kommt es, dass o im Griechischen einen zweifachen Werth hat, nämlich jenen des Grundvocals a und jenen seiner Steigerung, welche ebenso . — Zieglauer, Ferd. v. , Harteneck, Graf der sächsischen Nation und die siebenbürgischenParteikämpi'e seiner Zeit. 1691-1703. Hermannstadt, 1869; 8o. — Trausch, Jos., Schriftsteller- Lexicon oder biographisch - literarische Denklilätter der Siebenbürger Deutscheii, I. Band. Kronstadt, 1868; 8». — siebenbürgischer , für romanisclie Literatur und Cultur des romanischen Volkes: Transilvauia. Anulii Hl. Nr. 12 — 19. Kronstadt, 1870: 4<'. Vintimille de Geraci, Le droit des conlribuables et hi delte pu- blique. Florence & Paris, 1870; gr. 8«. — A Pielro Sbarbaro. Firenze, 1870; gr. 8**. — Le leggi senza la civilla sono impo- tent! a formare il benessere sociale. Milano, 1869; gr. 8". — SITZUNGSBERICHTE DER KAISEIILICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE. LXYI. BA^D. II. HEFT. JAHRGANG 1870. — NOVEMBER. 16 Commi&sionsbericht. 23u SITZUNG VOM 2. NO\'EMBER 1870. Der Secretär legt vor : 1) Dankschreiben von den neugewählten und bestätigten Mit- gliedern G. B. de Rossi in Rom, Professor Dr. Homeyer in Berlin, Professor Dr. Büdinger in Zürich. 2) Zwei von dem Herrn Prof. Dr. Friedrich von Schulte ein- gesendete Abhandlungen, um deren Aufnahme in die Sitzungsbe- richte derselbe ansucht. a) „Beiträge zur Literatur über die Decretalen Gregors IX., Innocenz IV,, Gregors X." h^ Die Summa Decreti Lipsiensis des Codex 986 der Leipziger Universitätsbibliothek". SITZUNG VOM 9. NOVEMBER 1870. Der Secretär legt vor: 1) das mit Unterstützung der kais. Akademie herausgegebene Werk von Dr. Franz Kürschner „Eger und Böhmen": 16* iiot) CoinmissionsLericht. 2) eine von Herrn N. Urban v. Urbanstadt, k. k. Finanz- Bezirks-Commissär in Komotau eingesendete Abhandlung unter dem Titel „Egergau, Egerland und Stadt Eger bis zur Verpfändung an die Krone Böhmens". Das w, M. Herr Prof. Friedrieh Müller legt vor für die Sitzungsberichte „Armeniaca HI". SITZUNG VOM 16. NOVEMBER 1870. Der Secretär legt vor: 1) ein Exemplar des I. Bandes der von der kais. Akademie herausgegebenen Sammlung österreichischer Weisthümer; 2) eine Note der n. ö. Handels- und Gewerbekammer, womit dieselbe die kais. Akademie zur Betheiligung an der 1871 in London stattfindenden internationalen Kunst- und Industrie-Ausstellung ein- ladet; 3) ein von dem k. k. Oberfeldstabsarzt Herrn Dr. Joh. Hönisch in Graz eingesendetes Manuscript: „Monumenta historica ordinis sanctae Mariae Theutonicorum Begni Austriaco-Hungarici". Commissionsbericht. Cot SITZUNG VOM 30. NOVEMBER 1870. Der Vicepräsident gibt Kunde von dem Ableben des corr. Mit- gliedes der kais. Akademie, des Herrn Archivars Carl Jaromir Erben in Prag. Die Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides von ihren Sitzen. Der Secretär legt ein Schreiben des Herrn Professors Dr. Las- sen vor, womit derselbe seinen Dank für die Wahl zum Ehrenmit- gliede der kais. Akademie ausspricht. Das corr. Mitglied Herr kaiserl. Rath ßeda Dudik in Briinn sendet zwei Manuscripte ein: 1. „Reformations- Artikeln des Erzbischofes von Prag, Anton Brus, aus dem Jahre 1564". 2. „Regesten über den österreichischen Erbfolgekrieg in Schle- sien, Mähren und Böhmen aus den Jahren 1741 und 1742. Nach den Acten des k. k. Kriegsarchivs in Wien". Das corr. Mitglied Herr Professor Dr. J. V. Zingerle in Inns- bruck legt eine Abhandlung über Hans Vintler und dessen Werk: ..Die pluemen der tugent" zur Aufnahme in die Sitzungsberichte vor. 238 Commissioiisbericht. Der Secretär legt vor ein Schreiben des Hofbibliothekars Herrn Dr. Baraek in Donaueschingen, womit derselbe unter Zusendung des 'Aufrufs zur Neubegründung einer Bibliothek in Strassburg' an die philos.-historische Classe das Ansuchen stellt, dieselbe wolle ihre Druckschriften zu dem gedachten Zwecke widmen. Phillips. Über das lateinische und romanische Element (tc. 2o9 Über das lateinische und romanische Element in der baskischen Sprache. Vom w. M. Hofrath Dr. G. Phillips. I. Einleitung. Wir würden dieser Abhandlung, welche sieh zunächst auf die Lautlehre der baskischen Sprache, in so weit diese fremde Elemente in sich aufgenommen, bezieht, gern eine weitere Ausdehnung und ihr demgemäss die Überschrift: „das indogermanische (arische) Element in der baskischen Sprache" gegeben haben, wenn zu den vielen Lücken in unserm Wissen nicht auch der Mangel einer näheren Bekanntschaft mit dem Keltischen gehörte. Die Untersuchung über die Einwirkung des Keltischen auf das ßaskische müssen wir daher den Fachmännern überlassen, und uns auf das lateinische, beziehungs- weise romanische Element in dieser Sprache beschränken. Die in einer besonderen Abhandlung mitgetheilte Lauretanische Litanei liefert schon einen Beweis davon, wie weit die Latinisirung in dem Wortschatze der baskischen Sprache vorgesehritten ist*); einen andern bietet das Fragment eines Dictionnaire's von Chahos), wel- ches auf vierhundert und vierzig Folioseiten, deren jede in drei Columnen getheilt ist, nichts anderes als nur lateinische und roma- nische Wörter zeigt, welche in die baskische Sprache Aufnahme ge- funden haben. ') S. die Abhandlung: Eine baskische Sprachprobe (S. 19 u. t). '■^) Vergl. die angeführte Abhandlung. S. 23 Note 2. 240 Phillips Man scheint je nach der Zeit ihrer Reeeption hinsichtlich dieser Fremdwörter drei Verhältnisse unterscheiden zu dürfen: 1. Eine grosse Menge lateinischer Wörter sind dem Baskischen erst durch die Kirche zugeführt worden; diese haben ihre Gestalt so ziemlich unverändert bewahrt. Ausser vielen, die in der gedachten Litanei vorkommen, gehören beispielsweise hieher: adorazionezko aktn, kuiitrizioiiea u. s. w. Alle diese tragen den Stempel der Lati- nität unverkennbar an der Stirne, und es ist daher auch für die Folge nicht nöthig, sie in den Kreis dieser Untersuchungen zu ziehen. 2. Nicht so deutlich tritt aber der nämliche Ursprung in andern Wörtern hervor; in makhila wird man nicht gleich das lat. baculus erkennen, landnhi auch nicht auf den ersten Blick für plantare hal- ten; eben so wenig frogotchea für probare, ainguru für ancora, barkhatu für parcere u. s. w. Diese Wörter dürften schon viel früher als jene, und zwar zur Zeit der Herrschaft der Römer über Hispanien in die Sprache der Vorfahren der Basken aufgenommen worden sein, wäh- rend späterhin, als die Kirche mit ihrem Latein hinzutrat und dieses die gottesdienstliche Sprache wurde, eben dadurch eine solche Laut- veränderung, wie sie sich dort zeigt, ferngehalten wurde. Dass bas- kische Schriftsteller, namentlich Larramendi, die Sache geradezu umkehren, wurde schon bei anderer Gelegenheit erwähnt s). 3. Eine dritte und äusserst zahlreiche Classe bilden diejenigen Wörter, welche aus den benachbarten Nachbarsprachen, aus dem Spanischen, aus dem Französischen, so wie besonders reichlich aus dem Proven^alischen*) in das Baskische hinübergewandert sind. Als Beispiele führen wir an: abantaldea (fr. avantage), hisaia (fr. visage), ispiiina (fr. espion), lekhasia (fr. laquais), minagrea (vinaigre) u. s. w. Die Menge dieser ins Baskische aufgenommenen Wörter macht es begreiflich, wie man auf den freilieh sehr verkehr- ten Gedanken kommen konnte, dass das Baskische nichts weiter als französischer, beziehungsweise spanischer Dialekt sei s). Da nun auch diese Wörter im Baskischen durch Lautveränderung eine andere Gestalt annehmen, so ist es nicht immer leicht, genau zu bestimmen. ^) S. die angeführte Abhandlung. S. 12. *) Über das umfangreiche Gebiet des Proveu^alischen, welches auch in Spanien sich weit verbreitet hatte, s. Diez, Grammatik der romanischen Sprachen. Bd. 1. S. 77. 5) S. die Abhandlung: Über das baskische Alphabet. S. 12. über das lateinische u. rumänische Eiement ia der baskiseheii Sprache. ^41 ob ein Wort unmittelbar aus dem Lateinischen oder auf dem Umwege durch eine der genannten romanischen Sprachen in das Baskische hineingekommen ist. Man wird an dem unmittelbar lateinischen Ur- sprünge von zern = coelum, dembora = tempus, -oris, bolbora = pulvis, -eris, gorphutz, auch gorphitz = corpus, khinna = coma, hria = gloria, fulia = furia und anderer Wörter nicht zweifeln können, wogegen aire = aer, c/ioil = solus, chorte = sors, eben sowohl aus dem ursprünglich lateinischen Wort, als auch aus dem französischen air, seul und sort gebildet sein können. Bei andern baskischen Wörtern waltet hinsichtlich ihres Durchganges aus dem Lateinischen durch eine der romanischen Sprachen gar kein Zweifel ob, z. B. ausenzia ist spanisch, ausart provenzalisch, duda (doute) französisch. Im Allgemeinen darf man aber wolil annehmen, dass unter den Nachbarsprachen ehedem wenigstens das Provenzalische den meisten Einthiss auf das Baskische geübt hat, das Spanische, weniger als dieses und als das Französische, in Betreff dessen es den Anschein hat , als ob es erst in neuerer Zeit in viel grösserem Masse in das cispyrenäisclie Baskisch eingedrungen ist; ein Umstand, welcher für den Fremden die zu diesem gehörigen Dialekte leichter verständlich macht. Im Übrigen müsste man, selbst wenn man jener vorhin bezeichneten irrigen Ansicht über die Gleichsteilung der bas- kischen Sprache mit romanischen Dialekten huldigt, doch noch zuge- stehen, dass das Latein in ihr verhältnissmässig weniger Lautver- änderung erlitten hat, als in jenen, und sie insofern dem Lateinischen näher steht. Es ist aber auch so manches baskische Wort in diese romani- schen Sprachen übergegangen, -und es bedarf daher einiger V^or- sicht, dass man nicht jedem französisch oder spanisch lautenden Worte seine Originalität abspreche. Freilich darf man es nicht wie Larramendi machen, der keinen Anstand nimmt, das Wort „Artillerie" aus dem Baskischen herzuleiten, nämlich von arte „gerade Richtung" und Hierin „Todesstreich" e). Diez ist der Meinung, dass keine hundert Wörter aus dem Baskischen ins Spanische aufgenommen seien'). Mahn ist bierin wohl mit Recht anderer Ansicht. In seinen „Etymologischen Untersuchungen" , die sich auf die romanischen *'i Er sagt: viene del baseuense arte , rectitud, y de illeria enfermedad y golpe de muerte. "; Diez, Wörterbuch. Vorr. XiU. 242 Phillips Sprachen beziehen, weist er auf den baskischen Ursprung vieler Wörter in diesen Sprachen hin, z. B. prov. aib oder aip , bask. aipua ^} (Ruf, Gericht); franz. aise, von bask. «fs« 9) (Vergnügen, Wohlbehagen); span. askiia (glühende Kohle), von bask. askua i'^) (Kohlengluth); span. bazo, schwärzlich braun, von bask. belza^') (schwarz); franz. bizarre (in neuerer Bedeutung: .,seltsam") von öwrt/v« 12), ursprünglich: Bart, als Adjectiv: bizarra, bärtig, näm- lich: Haar auf den Zähnen habend; span. pizarra (Schiefer), von bask. pizarra*^), gorra (Mütze), von bask. gorra «*) (roth). Dem Versuche, welchen wir hier wagen, die Lautveränderun- gen, welche die Fremdwörter im ßaskischen erfahren, etwas näher zu erörtern, stehen aber noch manche andere, als die schon ange- deuteten Schwierigkeiten entgegen. Nicht die geringste ist diejenige, welche in der corrumpirten Orthographie liegt, wie man sie in den meisten baskischen Büchern antritTti^). Überhaupt hat sich unter dem Zusammenwirken verschiedener Umstände kein festes und gleich- massiges System für die Lautveränderung des Latein im Baskischen bilden können, und zwar ist dies vornehmlich durch die Verschieden- heit der Dialekte verhindert worden. Es fehlt daher hier an solchen festen Gesetzen, wie sie für das Verhältniss anderer Sprachen zum Latein aufgestellt werden können. Während man z. B. mit Gewiss- heit sagen kann, dass ein in die deutsche Sprache aufgenommenes lateinisches Wort, welches p im Anlaute hat, im Deutschen pf er- hält ( — wovon nur der pfälzische Dialekt eine Ausnahme macht — j, daher also aus porta Pforte, aus pondus Pfund wird, fehlt es dagegen bei dem Baskischen ganz an solchen Principien. So geht z. B. lat. v zwar gewöhnlich in bask. b über, daneben bleibt aber lat. b im Bas- kischeii ebenfalls b; zugleich wandeln sich aber auch ^; und /■ zu b, während ausserdem noch lat, b, p und v zu bask. m werden, ohne S) Mahn, Etymologische Untersuchungen. S. 41. n. 3ö. 9) Mahn a. a. 0. S. 145. n. llö. — Vergl. die Abhandlung: Eine baskische Sprachprobe. S. 33. »0) Mahn a. a. 0. S. 128. n. 103. '1) Mahn a. a. 0. S. 87. n. 72. '2) Mahn a. a. 0. S. 137. n. 107. 13) Mahn a. a. 0. S. S7. n. 71. 1*) Mahn a. a. 0. S. lö. n. 12. '*) S. die Abhandlung: Über das baskische Alphabet. S. 2. über das lateinische u. romanische Element in der haskischen Sprache. /c4o dass sich darüber eine bestimmte Regel autstellen Hesse, wann das Eine oder Andere einzutreten hat. Man muss sich daher in diesen und in anderen Fällen mit einer Zusammenstellung begnügen, welche auf dasjenige in der Mannigfaltigkeit hinweist, was das Gewöhn- lichere ist. In der Gramn^atik der romanischen Sprachen von Diez besitzen wir ein Fundanientalwerk zur Beurtheilung des Verhältnisses des Latein zu jenen Sprachen. Das erste Buch dieses Werkes behandelt die Lautlehre und bietet für das Verhältniss des Latein zum Baski- schen eine lehrreiche Parallele, während das zweite, welches die Flexion zum Gegenstande hat, hier wegen des ganz eigenthiimlichen Organismus, welchen die baskische Sprache sich bewahrt hat, keine derartige Anwendung erfahren kann. In der nachfolgenden Zusam- menstellung haben wir uns, eben um jener Parallele willen, an die Ordnung in gedachtem Werke angeschlossen. IL Die Vokale der in die baskische Sprache aufgenom- menen lateinischen und romanischen Wörter. A.0 1. Das lat. a bleibt im Baskischen, sowohl im Anlaut als auch im Inlaut, in der Regel unverändert; als Beispiele können dafür dienen; anima, bask. alima und urima, arca. bask. arkha, cathedra, bask. kadira, charitas, bask. knritate, clarus, bask. klar, pala bask. p/iala. Was den Auslaut anbetrifft, so findet sich allerdings auch hier das — fi wieder, aber dieses bask. a ist der dem Worte beigesetzte Artikel. 2. Jene Regel erleidet indessen einige Ausnahmen: steht näm- lich das a vor einem 71 •^, so verwandelt sich dasselbe in ai, z. B. ancora wird ainguru, angelus: aingeru, anguilla: aingira, sanctus: saiiidua; doch steht sangra statt des franz. saignee. Dieselbe Er- scheinung der Verwandlung des a in ai findet sich auch in den roma- ') Vergl. Diez, Grammatik der romanischen Sprachen. Bd. 1. S 123, u. ff. 2) Vergl. Diez a. a. 0. S. 123. 244 Phillips nischen Spiaehens), wo sich a auch vor m erweitert, was im Bas- kischen nicht der Fall ist, wo z. B. anioi- sich als amodio wieder findet. Der Ühergang des a in ai wird auch vor q und t angetroffen. Dahin gehört aqua ardens = aif/firdetit, im lahourdinischen Dialekt agordieiit, im souletinischen augardient; ehen so fraide für Irater (Iviosterhruder). Hiermit kann nicht in Parallele gestellt werden adamas, welches Wort in seiner Bedeutung für „Magnet" im Bas- kischen wie im Französischen aimant lautet, woneben sich freilich auch bask., span. und port. iman findet. Das ai in aimant ist nicht aus a vor einem d hervorgegangen, sondern in dem ai ist zugleich das d von adamas enthalten. 3. Hin und wieder kennt das Baskische den Übergang des lat. a'xwe', z. B. lat. arrha, bask. erres, so wie auch das franz. laquais sich in lehheisa und attaeher sich in estekatu verwandelt. 4. Häufiger verändert sich lat. a in i, z. B. lat. sarmentum. bask. chirmendu. 1. Dieser Vokal bleibt öfters im Anlaut wie im Inlaut unver- ändert, z. B. in eliza, worin sieh ecclesia verwandelt hat, wobei es zweifelhaft ist, ob franz. eglise oder span. iglesia als Vermittlung ge- dient haben; ferner gehört hierher abendo : lat. adventus; der Name des Decembermonates, nicht minder (er)rege lat. rex, (er)regle lat. regula. 2. Bisweilen findet sich aber auch Übergang des e in a, wie denn aus lat. emenda: amanda, aus franz. enchere: anchera, span. empecer, franz. empecher: emphatchu wird^). Ob alabar, welches zugleich spanisch ist, sich aus elevare ableiten lässt, erscheint zwei- felhaft, aber fast noch mehr, ob es zu dem nur plautinischen allau- dare zu stellen seie). 3. Wenn lat. e sich im Baskischen als ai wieder findet, z. B. renes als (er)rainak , so rührt dies hier doch wohl von dem Durch- gang durch franz. reins her, obschon amurraina = murena. ^) Vergl. Diez, Wörterbuch der romanischen Sprachen. S. 123. ''*) Vergl. Diez, (uammatik. S. 127. u. ff. '') Diez. Wörterbuch. S. 486 lasst es zweifelhaft, ob empecer zum lat. impedire gehört. «) Diez, Wörterbuch. S. 452. üLer das lateinische u. romanische Element in der baskischen Sprache. CnrO 4. Bisweilen geht lat. e auch in bask. i über, z. B. tipula als deminutiv von cepa. 0. Daneben wandelt sich lat. e auch in o; z. B. resina ist bask. {ai')rochi)ia, pulvis, -eris: bask. bolbora. 6. Während aus regula im Baskischen erregle wird, verwandelt sieh teguia in teila. 7. Nach dem bask. Worte briu i'ür ebrius zu schliessen, wurde e im Anlaute bisweilen weggeworfen; indessen mag Chaho ^) wohl Kecht haben, dass dies ein baskischer Neologismus sei, um so mehr, da die Sprache für diesen Begriff das einheimische Wort 07'dia oder hordia hat. I.s) 1. Im .4nlaute Mie im Inlaut bleibt i unverändert, z. B. imago: imachina, scribere: iskribatu, und viele andere Wörter. 2. Häufig geht es in e über, z, B. diabolus wird deabru (auch debru), diminuere: demenifu, invidia: embidia (was freilich auch spanisch ist), impostor: embustari (span. embustore), invalidus: embaldi. 3. Zuweilen tritt an die Stelle des / der Diphthong ei, z. B. für linea: leinud , für signum, sign«le: seinhale, für vitrum: beira. 4. Übereinstimmend mit dem Spanischen tritt auch bask. a 'hu die Stelle des i bei der Negation in, z. B. intrepidus: bask. atrebit (span. atrevido). 0.«) i. Das lat. 0 findet sich auch im Baskischen wieder, wofür honor in seiner Umgestaltung zu oliore, dolor: dolo, als Beispiel dienen. 2. Übergang in a zeigt arloia für horologiun, doch kann dies Wort auch anders erklärt werden i"). Dem analog ist das mittellat. octrqjare (span. otorgar) zu atroia geworden. ") Chaho, Dictionnaire. v. briu. ^J Diez, Grammatik a. a. 0. S. 131 u. f. 9J Diez a. a. 0. S. 136. i'*) S. unten bei dem ßuchstalien R. 246 Phillips 3. Wenn das bask, lekhiia wirklicli aus dem lat. locus herzu- leiten ist, so wäre dies ein Beispiel einer Wandlung des lat. o in bask. e. 4. Häufiger ist die Erweiterung des o in oi, welche in dieser Weise in den romanischen Sprachen nicht vorkommt. So ist lat. leo, bask. leoin oder lehoin, solus: choil. Die französischen Wörter aumone, raton, rigole lauten baskisch: amoin, (arjratoin, (ar)roil. 5. Auch in u wandelt sich o, wie sich dies in khu7na = ^ovaa zeigt. Insbesondere gestaltete sich das lat. con- im Baskischen zu kum-, z. B. conversatio zu kwnbersa, convertere zu kumbertitu. 6. Für den Übergang des franz. o in bask. an gibt das franz. W^ort Huguenot als bask. Higanant ein Beispiel. 1. Die baskischen Wörter munda, miiru und mutu entsprechen den lateinischen mundus, murus und mutus, und zeigen somit den Fortbestand des u. 2. Verwandlung in / findet sich in makhiJa für baculus, in bilos für vellus. 3. Daneben findet sich Übergang des m in o ; z. B. humor: omo- rea, pilula : piroln^ Augustus: Abozton. 4. Franz. n geht ebenfalls in uiber ; so in Huguenot, h&sk. IJi'ganaut. Ae. >2) 1. Der Diphthong ae findet sich im Baskischen nicht wieder, sondern geht in ai über; so ist aire das lat. aeris^. Auch hat das Bask. das lat. Wort aequalis in der span. Form higual recipirt. 2. Ein Übergang des ae in n stellt sich in dem Worte burfiditi entgegen, welches einen Menschen von übermässigem Selbstvertrauen bedeutet und wohl von dem lat. praefidens herzuleiten sein dürfte '*). 11) Diez a. a. 0. S. 141 ii. ff. '-) Diez a. a. 0. S. 147. •3) S. oben S. 244. 1*) S. Chaho, Dictionn;(ii-t' v. ßtirtiditi. Üiier das lateinische u. romanische Element in der haskischen Sprache. 247 All. 15) 1. Der Üiplitoiig an ist dem Baskisehen nicht fremd, z. B. auzon heisst „der Nachbar". Er dauert daher auch in mehreren recipirten Wörtern fort z. B. laudatu, landaf/arria, so auch in solchen, welche den Umweg durch die romanischen Sprachen gemaclit haben, z. B. ansart (kühn, waghalsig). 2. In mehreren Wörtern ist das u des Diphtongs fortgeworfen, z. B. audire ist zu adifn geworden; daher aditzrilleu = aiiditor. (iflitziina = auditorium, adiundea = audientia, Aboztiia = Augustus. Eben so wird das u auch in den durch das Französische verwickelten Worten beseitigt; aus aumöne z. B. wird amohi; daneben kommt, was beiläufig erwähnt werden mag, aucii ein direct von eleemosyna abgeleitetes Wort in der Form en'emiisina vor. 3. Das lat. alauda findet sieh bask. als aloeta vor. was wohl aus dem fr. alouette entnommen ist. III. Die Oonsonanten der in die baskische Sprache auf- genommenen lateinischen und romanischen Wörter. 1. Die Lippenlaute. P. 16) 1. In einigen Wörtern, z. B. piirga, prozes, bleibt p unver- ändert. 2. Sehr häufig geht lat. p in bask. b über z. B. parcere: bark- hatu, pascha; bazko, peccatuni: bekhatu, pix: bike, porta: borthe, pulvis: bolbora, capitulum: kabildu, saj>o: chaboi, sepia: chibi, cupa: kuba. o. Bisweilen wird lat. p im Baskischen aspirirt; z. B. pala: phala, pausa: phansa. 1») Diez a. a. 0. S. 148. 16) Diez a. a. 0. S. 177 u. ff. 248 Phillips 4. Hin und wiedei* tritt /" an die Stelle des p, z. B. frogatzea: probare. 3. Übergang des p in m findet sich in mendecoste für pentecoste. B. '-) 1. Lat. b dauert sowohl im Anlaute, als auch im Inlaute fort, z. B. blasfemio, haha (faba); so auch in französischen Wörtern, z. B. bleu: bask. blu. 2. Übergang des b in /; findet sich in ((ir)ropa für franz. roba. 3. Öfters wandelt sich b in m, z. ß. makhila für baculus, bre- menda für praebenda; eben so ist aus dem franz. bain das bask. mainhu hervorgegangen. 4. Auch bbsk. g tritt an die Stelle des lat. b, z. B. frogatzea: probare. 0. Die Consonantengruppe bs verwandelt sich in z, z. B. absynthus : azenzioa. F. 18) 1. Der Buchstabe f ist ein im Baskischen verhältnissmässig seltener: ursprünglich fremd hat er sich jedoch in manchen Wörtern erhalten z. B. facil. fedea, feria, fidauzia^ fulia. Im Inlaute ist schon im Lateinischen /"sehr selten, um so weniger ist es an dieser Stelle im Baskischen anzutreffen, doch bietet azufaife ein Beispiel dafür. 2. Öfters geht /* in b über, z. B. festum wird besta. 3. Aus spanischem Einflüsse lässt sich wohl lat. /' = bask. h erklären, z. B. hago für fagus, hami für fames, hoUu fTu* folium. 4. Häufig wird /"im Anlaute gänzlich fortgeworfen; daher wird aus fervere bask. erber, aus ferrementum, erremetite. Wenn dies in den angeführten Beispielen vor einem Vocal geschieht, so kommt es um so häufiger bei nachfolgendem Consonanten vor. Demnach ist flainma bask. lamn, flos: lorea; übrigens steht/* hierin nicht allein, sondern auch gloria wird zu loria, pluma zu luma. *■?) Diez a. a. 0. S. 180 u. ff. 18) Diez a. n. 0. S. 184. über (las lateinische u. romanische Element in der baskischen Sprache. ^^^ (vidvä) = vidvä (altind. vidms), H'^^^ (vtgem) = vigem (altind. vignni), •"'^dy^XZ (ynkhta)=ynkhtn (ja\\^\\\A. yukta), --«f^^-» (gr{itn)=Qrut(i (altind. gruta, griech. xAuto-). Dieser Accent, welcher an eine bestimmte Stelle nicht ge- bunden war, scheint während, oder bald nach jener Zeit, in welcher das Armenische vom gemeinsamen Stamme sich loslöste, vielleicht durch den Eintluss eines nicht-arischen Volkes auf der vorletzten Silbe, und in jenen Fällen, wo er auf ein Flexions- Element zu stehen gekommen wäre, auf der d rittletzten Silbe sich festgesetzt zu haben i). *) In der Veränderung- des Accentes durch den Eiiifluss eines staninifreinden Volkes scheint der nicht geringste Anlass zur Umwandlung einer Sprache zu liegen, ein Punkt, welcher bisher von den wenigsten Sprachforschern nach Gebühr gewürdigt worden ist. So sind die romanischen Sprachen wohl jum grösseren Theile auf die durch germanischen und keltischen Mund veränderte Aussprache der römischen Volksdialekte zurückzuführen: die Prakrit-Dialekte und die neu-indischen Idiome zeigen in Betreff der lautlichen Seiten starke Einflüsse der hinterindischen und Dravida- Sprachen. Armeniaca ill. 263 iMit dieser neuen Stellung desAccentes trat innerhalb derWort- tormen eine Reihe von Veränderungen ein, welche sich vor allem auf den Auslaut derselben beziehen. Es schwanden nämlich in Folge der schwachen Articu- lation der letzten Sylbe die schiiessenden Consonanten, namentlich m, t, s, sowohl einzeln als auch als Bestandtheil der Lautgruppen, nur g hielt sich nach vorhergehendem Nasal, welcher dabei verloren ging, so dass von der Gruppe Nasal -|- g nur g allein übrig blieb. In Folge derselben schwachen Articulation sanken sämmtliche Vokale, ob nun ursprünglich schliessend, oder in Folge des Schwundes ursprünglich schliessender Consonanten in den Aus- laut gekommen, zum tonlosen e herunter, vselches in der Schrift gar nicht ausgedrückt wurde. Nur die Diphthonge e (ai) und 6 (duj verkürzten sich zu / und n. Bei betonter drfttletzter Silbe wurde auch der Vokal der vorletzten Silbe häufig in e geschwächt und folg- lich in der Schrift ganz fallen gelassen. Auf diese Weise wurden die meisten Formen der Sprache zu- letzt in consonantisch schliessende und auf der letzten Silbe betonte umgewandelt. Formen, wie sie die gegenwärtige armenische Sprache darbietet. Indem wir nun die Wirkungen dieses Gesetzes an den einzelnen Formen betrachten, werden wir die letzteren nach den beiden Kate- gorien Nomen und Verbum einer kurzen Musterung unterziehen. I. Nomen. In Betreff des Substantivums kennt das Armenische innerhalb der Declinatlon den Unterschied zwischen consonantischen und voka- lischen Themen, welcher auf die Gestaltung der auslautenden Sulfixe von bedeutendem Einfluss ist. Die vokalischen Themen zerfallen wieder nach den drei Vokalen /, w und n in zwei Reihen, worunter wiederum der Vokal a, je nachdem er als u oder als o zu Tage tritt, zwei ünterreihen in sich befasst. Wir haben also eine consonantische, eine i- und M-Declination, eine doppelte a-Declination und endlich eine, aus der consonantischen und der i- und «-Declination zusammengesetzte, sogenannte ge- mischte Declination zu unterscheiden. 264 Müller A. Consona Iltis che Declination. Die Themen serman-, astep- lauteten im Nominativ singul. ur- sprünglich serman-s, astep-s , welche Formen auf der ersten Sylbe betont sind. Nach dem oben entwickelten Gesetze mussten sie in sermen, astep sich verwandeln, als welche sie in der Schrift durch ubftJ^'b (sermn), uiumq^ (astp) wiedergegeben werden. Der Genitiv singul. lautete ursprünglich serman-as, astep-as, in osteranischer Form serman-ö, astep-ö, in westeränischer Form dagegen serman-a, astep-n, mit dem Accent auf der vorletzten Sylbe. Daraus muss dem obigen Gesetze zufolge ulTpJu/b (sermcui), luumbq^ (dstep) werden. Der Instrumental singular. hatte ursprünglich die Form sermuii- bhi, asteo-bhi, eräniseh serman-bi, astep-bi im Anschluss an die slavisch-litauische Form in mi für denselben Casus. In Folge der Betonungauf dervorletzten Silbe wurde daraus u&p,/luJp (sermam-b), aiumlrij^fi (dStep-b). Der Ablativ scheint von der Form serman-ddha, astep-ddhco welche im Altbaktrischen für diesen Casus sich nachweisen lässt (vgl. Beiträge zur vergleichenden Sprachforschung von Kuhn und Schleicher II, 28), ausgegangen zu sein. In Folge des Accentes auf der vorletzten Sylbe und des Überganges von dh in h entstanden daraus die Formen serman-ah (woraus ulrpt/h/bk Oermcm-ejhev\or- ging), astep-ah (woraus uiumbqh fastep-ej sich entwickelte i). Der Dativ wird bekanntlich beim Substantivum durch den Geni- tiv ersetzt und auch für den Accusativ singular. tritt der mit dem Präfix a verbundene Nominativ ein 3). Der Nominativ plural. zeigt uns das Übergreifen der ursprüng- lich nur den a-Themen zukommenden Endung o, entstanden aus 1) Die Ablativ-Form in ^ aus -af zu erklären, wie es Bopp thut (vgl. Gramin. II. Auf! Bd. I, 357) und wie ich auch früher gethan habe (Beiträge zur Declination des armenischen Nomens, S. 6) ist vollkommen unzulässig, da einerseits t zu Ende der Formen stets abfällt, andererseits ^ nie aus blossem a (als Ersatzdehnung, wie Bopp annimmt) entstanden sein kann. 3) Dass hier der alte Nominativ, nicht der alte Accusativ vorliegt, dies beweisen die consonantischen Themen, welche im Accusativ aiuiimn (%-astp), auk-niP'h (z-seryyin) lauten. Steckte in ihnen der alte Accusativ, so könnten sie nicht also lauten, sondern müssten als nuiumlrn(z-astep).aulrnJuAt(i-serman):^astep-am, serman-am auftreten. Armeniaca III. 2bo altbakt. Wj^ (änhöj, altind. usus über die ganze Declinatioii»). Der Nominativ plura!. von den Themen sernum-, astep- lautet demnach ubiitruj'bo(serman-q'), uiuuibrj^^ (astep-q'J , wie wenn die Stämme sermuna-, astepa- lauteten. Dieses ^ hängt sieh auch an die Form des Instrumental plural. als Zeichen des Plurals überhaupt an, da diese Formen sermuu-bi (Singul.) und serman-bis (Plural.) beide nach dem Auslautsgesetze zu sermam-b , welches, wie wir oben gesehen haben, für den Instrumental singul. gilt, werden müssen und hier also der Unterschied zwischen Singular- und Pluralform ganz verwischt worden wäre ~^. Auch der Accusativ plural. geht von einem «-Thema aus, wor- nach aulrpiraj'bu (z-sermaii-sj , quiutnbqu ^2-«.9^ß^-.s^ auf die Formen sermandc, fi^tepäg (= serm(nia-\- ns, astepa-\-ns) auf der vor- letzten Silbe betont, zurückgeführt werden müssen. Im Genitiv plural. tritt uns eine Form entgegen, welche der Pronominal-Declination entlehnt ist und sich an die griechisch-lateini- schen Formen in -awv, -arum, -o>v/y// = altind. -dsilm anschliesst. Die Genitive uLftiTui^g (serman-^), utumbng {astep-^) setzen die eränischen Urformen sermanne.sdm. astepac^dm, also Genitive der nach der Pronominal-Declination tlectirten Themen sermuna-, astepa-, voraus, aus denen sie in Folge der Betonung auf der vorletzten Sylbe hervorgegangen sind, B. i- und M-Declinatio n. Die alte Form des Nominativ singular. der Themen akhti-, yiinCu- (wahrscheinlich auf eränischem Gebiete aus ganC-ava her- vorgegangen) lautete akhti-s, gan^ji-s, woraus nach dem oben ent- wickelten Auslautsgesetze tulum (aklit) , if^u/uSi (^«^^Q werden müssen. Die Form des Genitivs lautete ursprünglich akhtuis, gan^aus (nach westeränischem Vorbilde) = altind. -es, -ös, woraus nach der Regel ußfuui/, {akhti J, ^u/blnu (gaii^u) wurden. 1) o = hh wie a.=^hh in uiua. alterän. zanha ^ altind. hansa, wie ju=nh in uiiuinauu fuiuii/>^ sMhAkiv. paiti-sähhana+ya; o aus -as zu erklären (Bopp, vgl. Gramm. 2. Aufl. Bd. I. S. 430 und 444) ist unstatthaft. 2) Anders Bopp (vgl. Gramm. 2. Aufl. Bd. I. S. 430), welcher -pp mit -bhia direct identiticirt. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXVI. Bd. II. Hft. 18 266 Müller Die Instrumentalform lautete ursprünglich akhti-hi , gatt^v-bi, woraus uj/umfiu (akhtiv), n.u.'hlnu (ganCov) hervorgingen. Im Ablativ zeigen die «-Themen eine regelrechte, mittelst des Suffixes -udha gebildete Form: tj.u/hinuk (gan^ovej = ganZavddhn. In den meisten Fällen jedoch geht die Bildung dieses Casus von einem aus den i- und w-Themen verkürzten a-Thema aus, daher: uilumk (akhte) = akhtadha, tf.u.'ukk (g^nCe) = gan^ddha. Der Plural zeigt Übertragung der Suffixe der «-Themen auf die i- und M-Themen, wobei letztere, so gut es eben geht, ihren Charak- ter zu bewahren suchen. — Wir haben im Nominativ oj/um^ (akhtq'J, ^u/bi^ {ff^'^^^'J' ^™ Accusativ i^[uinu (z ~ akhts), aa-u/blu z-ganCsJ, wie wenn die zu Grunde liegenden Stämme akhta-, gan^a- lauteten. Die Formen des Genitivs dagegen u,[uinl,g (akhti^), ^a/binu^ (ganCii^) bewahren wenigstens ihren Thema-Charakter, wenn sie auch nach Analogie der a- Themen gebildet erscheinen. C. ö-Declination. Die Themen trdata-. marda-, tepya- lauteten ursprünglich im Nominat. singul. trdatas, mardas, tepyas, alteränisch trdatnh, mar- dah, tepyah, woraus nach dem Auslautgesetze aipnunn (trdat), iTuipif. (mard), mbqji (tepi) wurden. Der Genitiv derselben drei Themen lautete der Reihe nach ursprünglich trdatasya, mardasya, tepyasya, alterän. trdatahya, mardahya, tepyahya. Formen, welche im Armenischen zu mpnaimutj (trdatah), truipq.nj (mardoh), uilrqunj (tepvoh), durch Übergang des y von -ya in v sich entwickelten. Die ursprünglichen Formen des Instrumentals trdata-bi, marda- bi, tepya-bi wurden nach den Auslautgesetzen in uipn.u,u7iui. (^trdatav), tPaipi^ntl^ (^mardow) und mbahuiu (tepeav) verwandelt. Der Ablativ fällt gegenwärtig mit dem Genitiv zusammen, wenn- gleich seine Form (trdatddha. mardddhn, tepyddha) von jener des Genitivs ursprünglich verschieden war. Der Plural bietet uns folgende Formen: Nominativ: mitnuimo (trdatq), iPuipq.^ (mardq ) mbqj,^ O^PH ) entstanden aus alt- eränisehen trdatünhas (trdatänhöj , mardänhas (hiardänhöj, tepyänhas (tepyänhöj: Genitiv: mp^^utmiug (trdata^), Jiup,j.ng Armeniaca III. Zvi (^mardo^), mhrj^lrujg (tepyett^) entstanden aus alteränisehen trda- taesdm, marduesnm, tepyaesäm ; Accusativ: atnpn.iumu (z-trdats), nJitiprj.u (z-mards) , i^lrq[,u (z-tepis) , entstanden aus trdatag, mardag, tepyag ;\w?,\vwmQi\\vt\: u,p,f^u,u,u,u^ fh'didavq' ), Jhji,q^n,l^^ (^mardowq'J, mbqJiuiuD (tepeavq ) entstanden aus trdntabis-\-q' , mardahis-\-q' , fepyabis-\-q'. D. Gemischte Declinatio 11. Diese Declination ist eine aus den Formen der drei vorher- gehenden zusammengesetzte. Da sie denselhen gegenüher nichts besonderes darbietet, so kann sie hier, wo es um ein allgemeines Gesetz sich handelt, füglich ganz übergangen werden. Pronomeo. Beim Pronomen, das im Ganzen gleich dem Nomen flectirt wird, sind in Betreff des Auslautes vor allem die beiden Nominative Sin- gular, der ersten und zweiten Person zu betrachten, nämlich tu (es) und nnu (du), welche offenbar aus alteränisehen azam (osteran. nzem) und tuam (osterän. ttim =tvem} = a\iind. aham und tvam (vedisch tuam^ hervorgegangen sind. Den Dativen [,'bSi (inQ , ^lrtj_ (qez) scheinen alteräuische Formen minza, tvaza = altindogerm. manyha, tvagha zu Grunde zu liegen, welche vielleicht von den Genitiven mmia, tiiva ausgegangen sein dürften. In den Dativen der übrigen Pronomina auf ??*, z. B. liiTnuF (imum) von fiifu,- (ima-), ujjbiT (ajnmj von ujf^ai (aina-), /iiT/,^ (imiq") von^^ Oq)^ dürfte wohl ein alter Lokal stecken = alterän. -/tm/ = altind. -smin. Wären nämlich die Formen reine Dative, so müsste man hinter dem m ein i als Verkürzung des alren di erwarten. II. Terbum. Wie beim Nomen in Betreff der Auslautgesetze nur die Casus- suffixe zu betrachten kamen, ebenso können beim Verbum haupt- sächlich nur die Personalsuffixe berücksichtigt werden. Da das Armenische ursprüngliche starke Verbalstämme, welche auf Consonanten auslauten, nicht kennt, bei denen durch das Zusammen- 18* 268 .Müller treffen des schliessenden Wurzelconsonanten mit dem Anfangs- consoiiaiilen des Sutfixes irgend welche lautliche Veränderungen ent- stünden, sondern regelmässig dem Personalsuffixe ein Vokal voran- geht, dessen Natur aher auf die Gestaltung des Suffixes von gar keinem Einfluss ist, so können wir von dem wurzelhaften Theile des Verbums füglich ganz absehen und brauchen für unseren Zweck nur die Personalsuffixe einer kurzen Betrachtung zu unterziehen. Die Personalsuffixe des Verbums zerfallen in zwei Reihen, nämlich : I. Suffixe zur Bildung des Präsens und der damit zusammen- hängenden Formen (Conjunctiv, Futurum). IL Suffixe zur Bildung des Aorists, Imperfectums. Die Suffixe der ersten Reihe lauten nach den von mir darüber angestellten Untersuchungen : -"^ -J^ '^ Da nun hinter -/w, -s, -n ursprünglich Laute vorhanden gewesen sein müssen , so kann diese Reihe nur auf die alten Personalsuffixe -mi -si -ti -masi -tasi -anti zurückgeführt werden. -tfpy -j^ sind aus -mahi, -fahi, entstanden; /i wurde, da man es als integrirenden Bestandtheil des Suffixes fühlte, wahr- scheinlich mit .\nlehnung an das Pluralzeichen des Nomens zu o erhärtet i). Das Zeichen der zweiten Person singul. ~u steht gleich dem ossetischen -s insofern anomal da, als man, entsprechend alterä- nischem -hi = altind. si, ein A erwarten möchte. ') Die Erkläruug- von ^iTp aus -rnas, wie es ßopp thut (vgl. Gramm. U. Aufl. Band II. S. 273), beruht auf einem gegen die Lautlehre des Armenischen begangenen argen Verstösse. Gleichwie aus ursprünglichem trdata-s , erän. trdata-h, im Armenischen mnituttn (trdatj entstand, müsste aus ursprünglichem -mas, eräa. -mah im Arme- nischen -m entstanden sein. Das o von '.J^ lässt sich nur erklären, wenn man hinter dem s von -mas einen Vokal als ursprünglich annimmt, daher man armen ^i/p nicht an die sanskritische Suffixl'orm -mas, welche gar nicht ursprünglich ist (vedisch -masi), sondern an die eränischen Suffixe, altbaktr. -mahi, allpers. -mahy anknüpfen muss. Arraeniaca Hl. 269 Die Suffixe der zweiten Reihe lauten : Von diesen Suffixen können jene der ersten und zweiten Person plural. dem alten -ma, -ta unmöglich entsprechen, da sie sonst ^iT, ^j lauten miissten, sondern sie sind offenbare Neubildungen aus den Präsenssuffixen Ciu^ = amq'^, da sich nur auf diese Weise ihr schliessendes « erklären lässt. Dagegen stecken in den Suffixen des Singular alte Formen, welche, wie es seheint, ursprünglich der Reihe der Medialsuffixe angehören. Das i der ersten Person ist aus e entstanden (vgl. altbaktrisch jüujljö« (^aperege) „ich habe mit Jemanden mich in Fragen einge- lassen") und das r der zweiten und dritten Person kann nur aus einem Dental befriedigend erklärt werden, so dass ^f,p und ~p als Entwicklungen der Suffixe -thds und -ta betrachtet werden müssen. — In derselben Weise ist auch das Suffix der zweiten Person singul. des Imperativs ^p als aus dem alten -dhi hervorgegangen zu er- klären. II. Zur Etymologie der armenischen Sprache. tun.uj& (ar'ag). luiLiutt (ar'ag) „Regel, Ordnung", dann „Maxime, Ausspruch, Sprichwort" ist dem Sinne nach ganz das altbaktrische j^-«^ (rdzare), der Form nach, da es ein /-Thema ist (Genitiv: uitLiuh^/>, Instrumental: tu,Liuit/iu), das altindiscbe rdgl „Linie, Reihe" = altb. ^^'^ (läzu) „Anordnung". Zur Wurzel rnz „anordnen", einem Causale von arez, (davon erezii = altind. rgii) gehört bekanntlich auch n.u,tjir(r azm), i^ujmtfpaiqiT (paterazm) „Schhcht'', wörtlich: Schlacht-Ordnung = altbaktr. j-e«-^ (ragman), dem eine Form ^^i*" (areza), von der Wurzel arez direct abgeleitet , zur Seite steht. 270 Müller UtUll (asr). uiup (asr) Genitiv: uiunu (astij „Vliess, Wolle", ist gleich den meisten w-Tliemen im Armenischen aus einem Thema in -ava zusam- mengezogen, setzt also eine Form asava voraus. Das -r im Nomi- nativ ist ebenso zu erklären, wie in tP&np, Genitiv: tPhnnt. und ähn- lichen Fällen. Was nun die Form ij (QüVd), o»}*»»"» (Qdvanh) „Nutzen" an, dem ich die Bedeutung „Schaf" = nützliches Thier vindicire. Dass namentlich in ey}**»**" (^'avanhj eine viel concretere Bedeutung stecken muss, als sie in jenen Stellen hervortritt, in welchen das Wort vorkommt, geht aus dem Nomen proprium *ey«»-«-*s (gdvahij , dem Namen eines die Herden beschützenden Genius ganz deutlich hervor. Gleichwie '*(hya „Ei" das Product des Vogels (^aci) bezeichnet, ebenso be- zeichnet *gdva oder ^gavanha „Vliess, Wolle" das Product des Schafes (gava). Zu dem armenischen Worte scheint auch das griechische AGiag (Plural xcos«) gezogen werden zu müssen, welches also statt ySifag (xcofssc) stehen würde. Curtius (Grundsätze der griechischen Etymologie) zieht es bekanntlich zur Wurzel ki (griech. y.zl-p.01.1) , wornach also das Wort xöjas (statt xw^ag) ursprünglich „Schlafdecke" bedeutet. pujifplil_ (bambis). Dieses Wort, welches „Prinzessin, edle Dame überhaupt" be- deutet, finden wir imPehlewi als p^nJJN*:3^6«wi6«sc/ia«w^ wieder. Vgl. darüber Haug-Hoshangji, PahlaAvi-Pazand glossary pag. 96, wo das Wort durch hänboshne umschrieben wird. Da aber das Pehlewi- Wort mit dem armenischen p^iuJfil,^ offenbar identisch ist und arme- nisches i gleich altem u oder 0 sich nicht nachweisen lässt, so muss das 1 im Pehlewi einen dem ii ähnlichen Laut darstellen, wie er auch in xnfN (aziira) „Schwein" := arain. N"inn hervortritt, dessen Aus- sprache azörd bei Haug-Hoshangji pag. 86 daher gewiss nicht richtig sein kann. Armeniaca ill. '«71 hpifunui^ (erdmd). Das Verbum y^^nf^ (erdmd) „schwören" sowie das ihm parallele Nomen yp^nuiTu (erdumn) „Eid" erklären sich aus dem ossetischen apA, apT „Eid", womit merkwürdigerweise altslavisch: rotü, rota „Eid" und rotiti se „schwören" übereinstimmen. Dieser Ausdruck für den Esel steht in der Reihe der indoger- manischen Ausdrücke für dasselbe Thier ziemlich isolirt da. Wäre ^^ a (Ersatzdehnung), wie es Bopp in der dritten Person singul. des Präsens {fiyp^ = baruiti) und im Ablativ singul. (u^^-t/i/i^- = serman-at) annimmt, so Hesse sich ^^ an griech. ovc? = ö'7vo?, lat. asinus, lit. asilas, slav. osilu, got. «sjYms anknüpfen. Da aber einer- seits Assimilation der Lautgruppe sn zu s im Armenischen unerhört ist, andererseits, wie aus dem Genitiv [ipnß (iJohJ hervorgeht, i als Vokal der zu Grunde liegenden Wurzel feststeht, so ist eine solche Vermittlung entschieden abzuweisen. Darnach kann armen. ^^ C^O nur einem alteränischen aesa oder aesiti entsprechen. Die Wurzel ist // in der Bedeutung „begehren" und der Esel wäre somit „der Begehrliche, Geile", wie semitisch ^L>., nan von ^y,» (khardzj ent- sprechen muss. liyu ist vollkommen synonym mit l^nniTh (kopmn) Seite. Es setzt ein altbaktrisches, nicht nachweisbares *kaoga voraus, von der 272 Müller Wurzel kuc-, von welcher huQrn „Seite" (vi-kugra. ham-kucrn) sich nachweisen lässt, welches im Altbaktrischen genau denselben Sinn wie l^nju im Armenischen repräsentirt. ^^u/uf, (hani). Während ^^^ Ci'^^0 ^-^'t" gegenüber dem altbaktrischen -"j^o' (hatut), dem griechischen 'ivr,, dem latein. senex, das a gleich dem gotischen nneigs zu i geschwächt liat, ist dieses a in der Form '^iu'b[, (hani) -Grossmutter" rein erhalten. <^/«^^ entspricht einem vorauszusetzenden altbaktrischen hanya (statt lianyd). einem Femi- ninum der Bildung hnn-yn. Dieses Wort erscheint deswegen merkwürdig, weil in dem- selben mehrere ursprünglich verschiedene Formen vereinigt sind, daher es auch mehrere mit einander in gar keinem Zusammenhange stehende Bedeutungen umfasst. Es ist offenbar von einem nicht mehr exi- stirenden har- mittelst des Suffixes -nst abgeleitet. Dieses har- entspricht erstens einem altbaktrischen >^>l?e) (pouru) „viel"= altind. : J3M7V<= griech. : -o/u-, Urform: pani, mit dem ich nun auch nach Ascoli's Bemerkungen darüber (vgl. Beiträge zur vergleichenden Sprachforschung von Kuhn und Schleicher V, 212), die bisher räthsel- hafte Form ^mp[,up (hariur) „hundert" vermittle. Aus diesem ergibt sich die eine Bedeutung von <^ujpnLuut „viel, reich, im Über- flusse vorhanden". In der zweiten Bedeutung von '^ujnnuuui „ent- fernt, entlegen" dürfte har- an das gothische fairra anzuschliessen sein, und in der dritten Bedeutung desselben: „alt", könnte man das im gothischen fairnitha „Alter", im altindischen jmrdna und im griechischen Küly.i steckende Wurzelelement vermuthen. äni_ (Ol)- Das Wort ^nu (Zxi) = Zov „Ei" erscheint im Vergleiche mit den Ausdrücken der verwandten Sprachen für denselben Gegenstand Arraen^aca III. 2/3 auf den ersten Anblick ziemlich dunkel und räthselhaft. Indessen dürfte bei genauerer Betrachtung ihm doch nichts anderes zu Grunde liegen, als der den indogermanischen Sprachen von Haus aus eigen- thümliche Ausdruck, nach welchem das Ei als das Erzeugniss des Vogels betrachtet wird. Die Urform dieses Ausdruckes lautete dvya-, eine Secundär- bildung von avi-, woraus ebenso das griechische wov, das lateinische (wum wie das altslavische uice, jaice, das deutsche ei, agi sich ent- wickelt haben. Auf die Form dvya- geht auch neupersisches ^lc>. (khäyah) , Kurmandschi h'ek, Zaza häk zurück, welche, wie das ossetische ajK beweist, für dyak = dvya-ka stehen. Das aus unor- ganischem h im Anlaut entstandene kli ist ebenso zu erklären, wie in ^»sis>- (khisam) = altb. -»e^w^ (aesnui), wie in Lo^ (khttrmd) Dattel = armen. ujpJlut. (arniav). Über den Ausfall von v vergleiche man die Fälle ^ , j)o , j)-o etc. in meinen Beiträgen zur neuper- sischen Lautlehre. Aus dvya- entstand durch Aphärese des anlautenden Vokals auf armenischem Gebiete vya-, wie im altindischen aus avi- die Form vi-. Durch Metathese der Halbvokale vy zu yv entwickelte sich endlich aus'ri/a- die Form yva-. Obschou nun ^ meistens altem gli entspricht, so finden sich doch auch Fälle, in denen es unzweifelhaft (wie neupersich p^) altem y gleichzusetzen ist, Avie Simuuip (^avar) Spelt = altbaktr. -»»«^Cl (yava) altind. yava, neup. f>- (yu^')- Hieher scheint auch das 1 von Xnu zu gehören, welches nach dem so eben Bemerkten sich aus yva entwickelt hat. Einen von dem aller verwandten Sprachen abweichenden Aus- druck für das Ei besitzt das Altindische, nämlich anda. Nachdem die beiden Laute nd nicht primitiv sein können, sondern wahrschein- lich einem nun verschwundenen r ihr Dasein verdanken , so dürfte für ayda eine ältere Form andra vorauszusehen sein. Dieselbe wird in der That durch das Altslavische jedro „nucleiis" bestätigt . von welchem bei Miklosich, Lexicon palaeoshvenico-graeco-latinuni pag. 1166 im Com^osiium jeditio-jedrinü ixovooy.g, vnum testi- culum habens citirt wird, welches einem altindischen ekdnda, ekdndin vollkommen entsprechen würde. 274- Müller Xoü (Coti), Dieses Wort, welches „Opfer, Opferga'be" bedeutet, deckt sich nach Laut und Bedeutung vollkommen mit dem altindischen havana, oder, da io'b ein /-Thema ist, genauer mit einer Form havani. Auch das Altbaktrische kennt das Wort zavana (als Glied eines Compo- situms). Von 3io'b bildet das Armenische das Denominativ- Verbum ^«^Ä^ (Zonel) „opfern" und das Nomen iot,/^*_ (Conich) „Opferer". tfUunuli (manuh). Das Wort Ju/bm.li (manuk) „Kind" steht für manukn, d. h. mnnukcnu wie sein Genitiv jiu'uliiul, (mankan) beweist. Der Nomi- nativ des Plural JU.'blinin,^ (maukiuiq) steht für manukmiq oder vielleicht manukiniq mit Assimilation des an an die vorhergehende Silbe. Zu Jlu'bnulf gehört Jiu'bp (ma/ir) „klein", Genitiv JhAmL. (mimu). Dieses, ein ?<-Thema, ist aus inanava entstanden, einer Ableitung von mana- , derselben Form, welche dem lateinischen minor = mhiior, dem gotischen w/y;s „weniger", mhmiza „jünger", dem altindischen mandk „wenig" zu Grunde liegt. Darnach enthält manukn drei Ableitungssuffixe, nämlich 1. -ava, 2. -ka und 3. ana. iPl/uuj (mena). So nahe es liegt, das armenische J^b'bui (mena), welches als erstes Glied in Zusammensetzungen dem griechischen li-ovo- ent- spricht, mit diesem auch zu identificiren, wogegen weder von laut- licher, noch von begrifflicher Seite irgend ein Hinderniss vorhanden ist, so ist dennoch eine solche Identificirung, welche ich früher selbst für richtig gehalten habe, mit der Entwicklung dieser Form im Widerspruche. Das in mena- steckende Thema lautet nämlich unabhängig iTk'i' (nien) , zeigt uns also, dass das e in mena- aus e verkürzt ist, mithin, wenn wir mena- in die alten Lautverhältnisse umzusetzen, dasselbe nicht m«««- = griech. /lovo-, sondern maina Armeniaca III. ' 27o lautet. iTk'h selbst ist abei* keine ursprüngliche Bildung, sondern geht auf jf, (^mi) „eins, allein'' zurück, von dem es mittelst des Suffixes altbaktr. -aena abgeleitet ist. 'bu^ujutn (npast) . Die ursprüngliche Bedeutung die.'-es Wortes ist „Hilfe", woraus die übrigen Bedeutungen „Hilfsquelle, Gunst, Gnade u. s. w.« sich entwickelt haben. Das Wort stimmt in dieser Hinsicht vollkommen mit dem altpersischen iipagtil, welches in den Keilinschriften mehrere Male vorkommt (vgl. Spiegel's Ausgabe derselben) und mit dem alt- baktrischen upagta. Ich glaube, dass in der That das armenische Wort mit den beiden alteranischen Formen identisch ist, denen gegenüber es um die Präposition ni (vgl. armen. ^ubtP = altind. cydma, neup. iL-- (siydh) , altbaktr. Qydva) vermehrt erscheint, überdies ist 'utuuium ein /-Thema und setzt also als solches eine Form ^upagti voraus. 'üumfii^ (nstil). Das Verbum ^o«,^^ (nstil) „sich niedersetzen, wohnen" ist, so nahe es liegt, dasselbe mit dem altindischen ni-\-sad unmittelbar zu vergleichen, dennoch nicht mit ihm identisch. Abgesehen davon, dass altind. wi-j-s!. Gr. §. 201. 19 /Cö4 Zing-erle Geistlichen her, der fromme Sentenzen für seine Predigten sammelte. Darauf weisen die Stellen aus Freidank und die lateinischen Sen- tenzen im ersten und zweiten Hefte ')• Aus V^inller's Werke sind nur 3) Das erste Heft entliäit Bl. 36"''' lateinische Sprüche, das zweite bietet Bl. 2 und BI. 12" lateinische Sprüche und verschiedene Reeepte, aucli Deutsches. Ich theiis einige Proben mit : Qui tiniet denm, quot non dampnabitur, Vix vel niinquam salvabitiir. — Ve, quare amamus talia, que non sunt permanencia, sed florent quasi lilia, quarum odor et folia velocitate niniia deficiunt sie talia. Item in evangelio dominica extra festum pasce : ego sum pastor bonus, cog- nosco oves meas et ipsi nie cognoscunt. Nv. exempliim, daz sanctus Petrus mit grozzer rew, als oft er an sein verleiigen gedacht, sein sunde beweynet, das sein autliitz vol rnnczl und die äugen rot und ungeschaffen waren, wann er die stütz, rait ain tüchlein, das er albeg pei im, tnikhen müst, wie wol in die vor all ver- geben waren. Item dez geleich sein wir all schuldig unser vergangen sünde ze betrachten und mit rewe ze bewainen, damit wir tailhaftig werden der unbe- greifflichen frewde und vertragen der hellischen peiiie etc. Von lateinischen Koch- recepten gebe ich folgende: Recipe duas vesicas bovinas vel vaccinas, ex hoc facias unum Ovum in calida aqua et , . inpones ova ad vesicam, tuuc liga valde bene, et sie fient bona ova. Recipe dura ova et caseum tritura et panem, et postea sex mollia ova, et hoc invieem miscuas, et erit unum rectum. Ova de Mandl : recipe farinam de reys, de mandl, recipe medium et tempe- rabis cum farina de reys, aliani partem fac cum croco et cum petriciino et pistabis in olio in patella; hec sunt ova et postea bibe bonum vinum et eris sanus. II. Bl. H' enthält: Zu leib und zu sei ist nicht als gut Als ain wolbesinter mut, Wer hintz got lies all sein saclie, Si war wirdig oder swache etc. Bl. 11" Schluss: vnd im pilleich zu dankchen war. also hat geret der Teichnär. II, Bl. 15' .lohannes: Wer die weit also chewst, Damit er got verlewst, Wann es get dann an ain schaiden, so ist er ledig von in paiden etc. fVergl. Germania 11, 142. J Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. II. 2öO Sprüche ausgehoben und die Erzählungen, Einleitungen etc. ganz übergangen. Es fehlen ausser einzehien oder wenigen Versen: V. 1 — 192, 772—788, 809—816, 823-843, 849— 9S8, 983-1002, 1043—1054, 1083 — 1114, 1143—1163, 1226 bis 1238, 1250—1274, 1280-1291, 1316 — 1363, 1386—1403, 1520—1601, 1620—1633, 1688—1751, 1768-1781, 1800 bis 1879, 1916—1926, 2042—2119, 2136-2141, 2176—2223, 2244—2253, 2298-2369, 2384—2401, 2416—2434, 2478 bis 2505, 2530-2543, 2662—2705, 2709—2759, 2794—2815, 2843—2931, 2946-2979, 3058—3209, 3240—3333, 3374 bis 3396, 3418—3423, 4442—3509, 3520—3545, 3570—3623, 3694—3709,3784-3891, 3856—3865, 3886 — 3969, 4010 bis 4023, 4032-4130, 4146-4159, 4194—4263. 4284—4367, II. ßi. n\ Maister ilu lernst mich fröinde kunst, lern mich, das ich Uigentsam werde. Do antwurt der maister und sprach: etc. 11 Bl. 18': Vil schier hat verloren ain man. Das er in lang-er zeit gewan. Du müst uns auch zeit geben, Wildu mit wirdichait leben. Ze vil gütz nütz nicht. Pis fro mit klainem gut in aller geschieht. Hilf deinen gesellen. So si dir her wider helfen wellen etc. Schluss davon 20*': Du solt der freund schoenen, Die dir dienen und loenen. Gedenkch. das ir ainer ist Ain mensch, als du selber bist. Schelkch solt du meiden, Wilt du nicht scheden leiden. In diesem Hefte steht zwischen Stellen von Vintler Bl. 10' folgende Tituiel- strophe: Chain gedank sol aine nicht ze werten chomen. Gedenk ee, was er maine, ob er dir bring schaden oder fromen. .4in gedanc sol Ursprung sein (des) Wortes. der ander in belaite und hutten wol der zungen klaffen ortes. 286 - Z i n g: e r 1 e 4386 — 4396. 4416—4483, 4488-4493, 4Ö06-45Ö3, 4578 bis 4o87, 4624—4652, 4656—4681, 4696—4725, 4862—5039, 5058—5069, 5102-5170. 5178—5231, 5256—5275, 5288 bis 5381, 5422—5430, 5438—5454, 5548—5594, 5742—5780. 5786—5803, 5814-5845, 5850 — 5858, 5878—5920, 5934 bis 5947, 6004—6145, 6210—6224, 6297—6329, 6344—6431, 6456—6467, 6478—6500, 6606—6858,6878—6911, 6932 bis 7027, 7036—7049, 7076—7122, 7126—7171, 7181—7285, 7288—7302, 7383 — 7402, 7430—8509, 9568—9781, 10065 bis 10172. Diese Lese beruht auf einer sehr guten Vorlage und es ist zu bedauern, dass dieselbe nicht vollständiger ist. 6. An dieses handschriftliche Material schliesst sich der Augs- burger Druck des Johann Plaubirer vom Jahre 1486 an. Diese Aus- gabe stimmt mit G grösstentheiis aufs genaueste überein, ich ver- weise nur auf V. 176. 807. 3294. 3384. 4206. 4227. 6644. 6700. 6743. 6745. 6750. 6753. 6841. 6845. 7502. 7508. 7510. 7511. 9665. 9671. 9694. Die Beispiele Hessen sich zu mehreren Hunderten häufen, in denen der Druck und G übereinstimmen und von den andern Texten abweichen. Auch die Schreibweisen straufFe 191, strauff 204. straufft 206. strautTen 194. 198. mausz 1096. Janssen 9686 begegnen uns im Drucke, doch seltener als in G. Man würde sich aber irren, wenn man G als die Vorlage des Druckes annehmen würde. Denn die V. 92. 9164. 9165. 9185 u. a. fehlen in G, während sie Dr. bietet. Dass G nicht nach dem Drucke gefertigt sei, ergibt sich daraus, dass in Dr. Verse mangeln, die G bietet z. B. 8479. 8480. 9632—9637. 9644—9649. 9659—9661. Der Schreiber von G und der Herausgeber haben aus der näm- lichen Vorlage geschöpft. Während aber ersterer sich an dieselbe genau gehalten zu haben scheint, änderte letzterer einzelne Wörter und Stellen, um sie seinen Lesern verständlich zu machen. So setzt er statt pargamast 4216. 4218 meszer, st. üren 4219 eimer. Da gamn ihm unverständlich schien, druckt er: „Darjn do waren manigerlai bom zwar. Der teuflPel sprach: «nun nim war". 3296. statt: Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. 4o7 „Da waren inn gar manigerlai paiim. Der teufel sprach: „nu nim g-aum". Die V^ „Da von so wil ich pitten eu, das ir es peszert an alle den, das ir wänet, das giiet sei". 10123 ändert er in: „Davon so will ich euch pitten, dz ir dz pesseren an allem dem, das ir wenent das gut sey**. Die Verse: „und welcher vil g-esmätz chan machen als hül mit tiltaffen" 9062 gibt er: „Und welcher vil geschmetz kan machen Als hüllen un närrisch lachen". und lässt die zwei folgenden ganz weg. Statt: „und soltz ain andern also treiben umb. so hueb sich erst ain numerdum". 9078 setzt er: „Und solts einand' also treiben umb, so wolten sy zürnen darumb". Statt: liest Dr.: „wie das si menen mit dem gart" 6713 „wie das si niemen mit der gert". Manche Verse in Dr. sind bis zum Unsinn entstellt, z. B. und erschrack und was fr o 3318 I. unfro. doch sy do die katze (1. cherze) hielt 6768 288 Zingerle Menn der mensch (1. teufel) mit seinem triegen 6856 lierre got dz ist dann nit on spot 6927 1. das ist nicht anders wan ain spot, und ähnliche Fälle finden sich sehr oft. Unter den Handschriften nehmen F und W'den ersten Platz ein, die unvollständige B schliesst sich meist an TFan. Allein selbst in den zwei besten und ältesten Handscbriften hat bald die Eine, bald die Andere entschieden Un- richtiges. Es mögen einige Belege genügen: und doch an (ain W auf G.') flaischleich lustichait 659 senza alcuno carnale diletto. Oi). und machen ain war (wider W B S G) erlosung 7'il e darö verace sohizione. 0. und sprach do : g-eleich als ain mues. F. 1591. wo W S G das Richtige : und sprach: geleich also mues. bieten. das man Rom oder [und W G] Karthago sieht 1595. darnach ward er sein ritter [richter F'] nach der sag 1727 e fecelo de' suoi eavalieri. 0. von seinem freunt [seinen freunten BFSG] auf diser erden 2271 dallo amico suo 0. wer waisz, du macht leicht helfig [salig F] sein 3279 und darumh sein alt frawen und man alsampt [alzeit B F] geren in arkwan 3655. Tutti gli vecchi sono natiiralmente sospettosi 0. durch lust [list W B S G\ als man sagt 3984 le bugie ehe si dicono per diletto 0. Socrates spricht: „das ist ain =) pesser (pöse W B S, pössew C) fraidichait 4172 maggiore prodezza e 0. 1) Mit 0 bezeichne ich das italienische Orig-inal. -) ain fehlt F. Beiträge zur älteren tiro isrhen Literatur. II. /Cö«7 mug- nicht weren lang-e stunt 46 13. Fliest zeit, obwohl stunt durch den Reim gefordert wird wan all dein dro (drew W, trew S G) noch dein g-iiet maof nicht erwaichen meinen miiet. 4831 Iiig-ularl me, inquit, jube: quia nee salutis beneficio, neqiie mortis supplieio adduci possum. Val. III, 8, 8- hat g-epeicht sein siind all 49 IS. W G S lesen alda, was dem Reime widerspricht. 3077 lesen IF 5 richtig-: wan es liebt dester mer. als man gicht, F unrichtig: beleibt, G lebt. V. 6000 liest F allein richtig: es wachset gern das grüene gras pei dem wasser, als er sait. WS lesen: wasen, B wasem. L'erba verde nasce appresso alKacque 0. Allein acht gibt auch F den V. 6313: alle untugent zanmpt die mas. W B. alle tugent die zäumt. 5". alle t'igent die zament, G. alle tugent zament- cosi si rifrenano tutti i vizj per la moderanza 0. F. liest richti£r: als der da saichet an ain want 6629. W G S Dr. haben stiebet. Vergl. damit V. 6639 > oder man gicht, er hab gesaicht heuer gen der sunnen dar. F liest richtig: wan maniger maister das bedeut 7291 \V S. wan Plato der maister d. b. G. wenn maister uns das b. E pero dicono i Savi 0- 290 Z i n g e r I e V. 9350 lesen nur F G richtig: zum vierden mal mach [mag W B S^ ain geleiehnuß. Dagegen haben V. 93ä3 W B G nur das Ächte: dein red beslieszen gar wol. F liest bedachtnuß, S gedenknuß. V. 9388 lesen W B S G richtig: so tritel nicht umb als ain huen, F falsch „als ain han". V. 9414 lesen i^^^;: des selben niiiest ich also schallen : gevallen, unrichtig liest W. lachen. Dagegen liest im V. wan frumme frawen sein so wert 9o03 F unrichtig t'römde st. frumme. V. 997o bieten F S G das Ächte: ^ als ain sumerleicher schein, wo W. falsch „ain sunnenliechter" liest. V. 10019 liest nur Z?' richtig: die ewig ist an alles lait, wo VV B S „an alles ende", G. „an ende lesen." Den besten Text, abgesehen von der Schreibweise, bietet im Ganzen F, zunächst steht W, das oft das Richtige bietet, wo F irrt i). W am meisten verwandt ist B. S neigt hald zu W, bald zu F. — G schliesst sich am meisten /San, stimmt aber öfters mit F oder W überein. Nach meiner Ansicht ist einer Ausgabe im Ganzen und Grossen F zu Grunde zu legen; da aber W fBJ in vielen Fällen das Richtige bietet, muss dieser Handschrift oft gefolgt werden. Ja in manchen Fällen muss selbst F und TF gegenüber S berücksichtigt werden, da diese das Ächte und Ursprüngliche erhalten hat, z. B. 1) Z. B. 76S. 1208. 1Ö91. 1604. 1727. 3228. 3279. 3077. 9333. 9388. 9303. 8923. Beiträge zur Siteren tirolischen Literatur. II. 291 1624. 34Ö3. All einigen Stellen, wo die Wahl der richtigen Leseart schwer fallen dürfte, kommt das italienische Original zu Hilfe und löst jeden Zweifel. II. Der Verfasser. Der Dichter seihst nennt seinen Namen mehrmals: also han ich Hans Vintler ') 122. mein Hans Yintler la dervon 2) ö370. sweiga, mein Hans Vintliir 3761. ei mein lieber Hans s) Vintlär 10091. das man mich haiszet Vintlär*) 10103. W schreiht Vinclär, G Dr. hahen Vindler. Ersteres weist auf Vintlär. AutTalleiid ist, dass i^ V. 10091 Chunrat setzt und dieselbe Handschrift am Schlüsse hat: E.xplicit liher Conradi Vintler, während sie an den drei frühern Stellen durchaus Hans gebraucht. Auch im „Vintlerischen Stambuch" s) wird Conrad als Dichter genannt: „Ich finde einen Cunraden Vintler, welcher de anno 1411 ein schönes buch von der eitelkheit der weldt gedieht vndt versweiß beschrieben, so noch in unseren händten; muß ein anderer Cunrad gewesen sein''. Adam Vintler, der Verfasser desselben, stützte sich auf den Schluss der Handschrift F, wie der Verfasser des Aufsatzes über unser Gedicht im Tiroler Boten 1824 Nr. 28. 29. Diesem folgte Canonicus Mayrhofen in seinem Stammbaume der Vintler e), der „Conrad der Poet" 1403. 1412. 1414 aufführt. Auch B. Weber nennt Conrad als Dichter ^). Auch ich folgte dieser Annahme und nahm Conrad als Verfasser an. (Haupts IJ Hans «ler V. S. 2) Vincklär W. 3) F. liest Chunrat. *) haiszet den V. W S G. ^) Vintlerisches Stamhenbuch. Stemmatographica Vintlerianae prosapiae descriptio authore Adamo Vintler de Platsch, aus dem 17. Jh. Eine Abschrift davon im Ferdinau- deum Sign. MS. i087. Diese Stelle findet sich p. 183. ^) Genealogien des tirolischen Adels II. Band. ') Unter welchem sein Vetter Konrad zu Rungelstein .Miunelieder (!J dichtete. Tirol II, 262. In dieser Einsamkeit dichtete Konrad Vintler, des Nikolaus Vetter, seine didactisch-historischen Lieder (!), welche noch vorhanden (in Bruneck ! !) sind. Meran 83. u. ähnl. im Werke: Die Stadt Botzen 238. /iio-i Zingerle Zeitschritt 10,2öT). Seitdem ich aber in sämmtliclieii Handschriften mit Ausnahme einer Stelle in F consequent Hans fand, musste ich in meiner Ansicht schwankend werden und hei näherer Nachforschung kam ich zur festen Überzeugung, dass Conrad nicht der Dichter sei. Die Handschrift F liest V. 122. Ö37U. ö701 selbst Hans und nur V. i009i Conrad. Aus dem Schlüsse dieser Handschrift, die im Vintlerischen Familienbesitze bis in die zwanziger Jahre war und dann in das Ferdinandeum kam, entnahm Adam Vintler seine Anoabe sowie der Verfasser des Aufsatzes im Tiroler Boten 1824. Der An- gabe des letztern folgten dann Mayrhofen und Beda Weber und a. Der Annahme eines Conrad sind aber die geschichtlichen Überliefe- rungen auch höchst ungünstig. Conrad Vintler I. starb schon 1332 und kann nicht in Betracht kommen; Conrad II., Sohn Leopold's, begegnet uns urktindlich 1426. 1427. 1439. 1440. 1452. 1454. 14Ö6. 1457. 1458. 1460. 1464 ij. Von diesem, der sonach noch 1464 lebte, können wir doch nicht annehmen, dass er schon 1411 ein Werk verfasst habe, in dem er so gereute Lebensansichten und so bedeutende Bildung zeigt. Ich glaube, dass der Abschreiber von F der diesen berühmten Conrad, dessen Macht und Ansehen kannte, anstatt Hans am Schlüsse Conrad unterschob. Dagegen finden wir einen Hans Vintler, gegen den als Verfasser unsers Gedichtes keine haltbaren Gründe auftauchen. Es ist dies Hans Vintler IL, der Sohn Hans des ersten (gest. 1391), welcher im Jahre 1407 als Plleger des Gerichtes Stein auf dem Ritten vorkommt. Im Gegensatze zu den andern Herren Tirols, die meist feindlich dem Herzog Friedrich entgegenstunden, hielt er zu diesem und erfreute sich seiner Gunst. Er war dessen Amtmann an der Etsch und Schatzmeister zu Tirol. Gerade zu seinem Verhält- nisse zu Friedrich stimmen die Ausfalle in unserm Werke gesren den stolzen, übermüthigen, treulosen Adel, dem er Undank und Lntreue gegen seinen Herren vorwirft. Im Jahre 1417 ward Hans mit Hein- rich Seldenhorn von seinem Herzog als Gesandter an den Dogen von Venedig, Thomas Mocenigo. geschickt, um ein Bündniss ahzuschlies- sen. Gerade aus diesem ehrenvollen Auftrage ergibt sich, dass dieser Vintler der italienischen Sprache kundig war, wie der Verfasser unsers Werkes. Ihm verlieh Kaiser Sigismund 1415 über dem vint- 0 (leschichtstVeumi (Brixeii 1866) I. 311—313. ßeitiäse zur älteren tirolischen Literatur. 11. /i93 lei'ischen Wappen einen mit einer Königi«krone gezierten Turnier- helm zu führen ')• Er starb kinderlos 1419, wie Adam's Stammbaum meklet. Zu gleicher Zeit mit dem genannten lebte Hans IH., ein Sohn des Franz Vintler, 1422 vereheliclit mit Agnes Gerlacher, der nach J. Ladurner's Forschungen sclion l42o starb, nach C. Stampt'er's Aufsatz vermählte er sich zum zweiten Male mit Apollonia Schraten- berger aus Trient und starb vor 1447. Ich glaube, dass unser Werk, das in den selbständigen Thoilen einen sehr gereiften Geist, reich an Welterfahrung zeigt, Hans dem zweiten zuzuschreiben sei. Da die Handschrift F Hans und Conrad als N'erfasser nennt, so könnte man glauben, dass das Werk von Zweien gemeinschaftlich abgefasst sei, dass der eine sich mehr mit der l'bersetzung des Originals befasste, der andere, die selbständigen Anrufungen, Einleitungen und die originellen satyrischen Theile schrieb. Es würde dies der Annahme Zarncke's entsprechen, der das Gedicht als Arbeit zweier bezeichnen möchte -). .\llein selbst in der Handschrift F wird in Einleitungen und selbständigen Theilen der Verfasser mil Ausiialime d. V. 10091 auch Hans genannt und alle die dem italienischen Originale zuge- setzten Stellen zeigen einen selbständigen, freiem, schwunghaftem und „gänzlich \eränderten Ton". Es darf uns dies nicht wundern, denn bei der Übersetzung schliesst sich Vintler meist knapp und ängstlich an das italienische Original an, wo er aber selbst dichtet, gibt er seinen Ansichten, Ge- danken und Gefühlen freiem, bewegtem, lebendigem Ausdruck. In P Betreff der Sprache, des Verses und der Reime findet man aber im Ganzen keine massgebenden Abweichungen und Eigenheiten , die auf zwei verschiedene Verfasser schliessen liessen. Die Einleitunsr. in der sich der Verfasser V. 122 selbst Hans Vintler nennt, sieht den folgenden Einleitungen und dem Schlüsse ähnlich, wie ein Ei dem andern, und doch ist sie mit dem folgenden Theile, wo die einfachste Übersetzung beginnt, auf das innigste durch einen glücklichen Über- gang verbunden. Das italienische Original sagt am Schlüsse seiner kurzen Ein- leitung: e se alcuno difetto ci fosse, che sono certo che egli ne ha. ') Ladurner, Beiträg-e zur fieschiclite der Pfarrkirche von Botzeu iO. Geschichtsfreund I, 309. ■-) Hiiupfs Zeitschrift 9. 68 ff. bes. 88. Iii94 Zingerle la discrezioiie di culoro che leggeraniio si remeiuli: clie iiifliio a ora io mi teiigo alla loro correzioiie, e lasso lo mio lallo.'- Dann lolgt: capitoln prinio. Che cosa e amore e benevolen/.a. Ainoie e beiievolenza e dilezioiie e quasi iiiia cosa. secondo che prova Fra Tommasu nella sua somnia generalmeute. Vintler hiethet dafür: und ob an dem püchlein icht gepresten ist, so pit ich den, der es da list, (las er das vvend, wan ich im s gan. 190 wan ich der chunst nicht enhan. das mein geticht sei straffe frei. und biet ich aller chünste krei, das ich die ehunde laiten wol. dannoch man mich straffen sol. 19Ö wan wer die straffung nicht wil iian. der ist den schänden undertan. als das lier Salomon auch spricht : „wer sich wil straffen laßen nicht. dem ist nicht vast nach tugenden \ve. 200 van straffiing macht nur tugent nie". auch ist straffung manigerlai sach. etleich ist guet und etleich swach. aber welche straffung von liebe chumpt. die selbe straifung vaste frumpt 20ö und pringt darzue vil nutzperkait; aber wer da straft mit kunterfait, da selbs ist chaine liebe nit, wan rechte liebe ist da quit. 187 geprechen G. — 189 wenn G Dr. im es S G. im des Dr. — 190 oit G Dr. — 192 und fehlt/" 5 G Dr . hiet ich] ich haet G Dr. aller] aber FB. — 193 ehunde] chünste F. kiind B. kunt S. — 19ö nit G. — 198 w. sy nicht wil laljen straffen n. F. — 199 nit B G nach fehlt F. tugent 6'. tagende G. — 200 fehlt 6'. nur] nu G. — 202 g. etleich ist sw. BSG. — 203 welchy str. von ganzer liehy G. — 204 selbig F. straff B S Dr. vast F B S G. — 20.i nutzperichait ß. — 206 kun- terckait F. — 207 nicht F S. — 208 recht lieb 5. rephte\\- G. Beitiiijre zur älteren tirolischen Literatur. II. /C9o wan alle ding- an der liebe leit, 210 als uns sand Thomas urchund geit, das lieb, wolgevallenehait und der lust sind pei einander in ainer prust. Über das Verhältiiiss uiisers Werkes zum ital. Originale, über die Art und Weise der Bearbeitung desselben durch Vintler und über dessen Zuthaten gebe ich später austuhrlicben Bericht. Unser Dichter bezeichnet sich als Laien 10130 ich pin ain eitel lai, der teutseh ain ehlain lesen ehan. und betont in seinem Werke wiederholt, dass er kein eigentlicher Dichter sei, dass ihm wahre Kunst und Erfindung mangeln, und ersucht die Leser deshalb um Nachsicht. Ich gebe nur einige Belege dafür: 46 mein sin der ist verirret, das ich nicht wol geticliten ehan das, das ich in dem muete han. und das ich geren prächt herfür. 50 so ist Verstössen mir die tür, da der geist des getichtes leit- also hat chunst mit unchunst streit g-en mir und prieht doch unchunst für. als ich es in meinen sinnen spür herre got, ich pin ain chint. wan mir meine sinne sint 6ö ze chrank, das ich dein lere an dir volpring. so tue dein ere an mir chunstlosen man, als du auch hast getan Moyses, dem lieben ehnechte dein. 2il lieb ^evallikait S. wollevälligkait G. — 212 sei S. Seien ß G. — 46 ist füSt V. G. verwirret 6'. — 32 chunst] unchunst S. uuehunst] kunste 6'. — 63 ehr. so das S. -- 66 volpring iillzitt so G. — 69 .Moysen G. lieben fehlt S. 296 Zingerle das man mich haisset Vintlär, des pin ich hübscher fände iär, lOIOö das ich nicht wol vinden chan hübsche fünde, mit den man die weile miig vertreiben. ich mueß es lan peleiben, von der schuld, das ich pin Iär 10110 der hübschen fünde, die mir ze swär sein ze tichten und aus ze legen. ei werde diet, ob ich nu han 10120 dem püchlein nicht sein recht getan, das ist des schuld, das mein mund nicht pessers ehiint ze diser stund; davon so wil ich pitten eu, das ir es pessert an alle deu, 10123 das ir wänet, das guet sei. wan mir ist die chunst nicht pei, die man haist g-ramatica. so chan ich nicht rethorica, die hübsche rede pricht enzwai. Er nennt bescheiden sein Werk das Büchlein, das kleine Büch- lein, dies kleine Werk: püchlein 18Ö. 188. 10084. 10112. 10120. 10138 ditz chlain werk 7600. mein werk das chlain 7. Selten gebraucht er dafür den Ausdruck Buch , wie am Schlüsse, wo er uns auch das Jahr der Vollendung seines Werkes angibt : hiemit das puech gemachet ist in dem namen der heiligen drivalt, do man tausent iar zalt 10119 eya G. w erder dyt G. — 10120 sein] so G Dr. — 10121 des fehlt F. — 10122 pesser WS. chan F. zu 5 Dr. — 10123 euch G. ich euch pitteu Dr. — 10124 ir daz pesseren an allem dem Dr. allem G. alleu S. — 10126 nit F G Dr. 10128 han F. auch nit G. — 10129 red die p. e. F. enpricht 5. — 10164 do] das G. I Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. 11. Ca i 1016S von gotes gepurde sicher zwar und vierhundert und aindlif iar. zehen tag- in dem lunius, quarta die Idus, in dem zaiehen aquario, 10170 do ward das puech volpracht also. des lob wir got und seinen namen und sprechen alle amen. Aus dieser Bescheidenheit und Geringschätzung seines poe- tischen Talentes erklären sich die so häufigen Anrufungen Gottes und Maria um Hilfe und Beistand. Als Zweck seines Buches be- zeichnet er nützliche Unterhaltung und bildenden Zeitvertreib für ihn und die Belehrung und Besserung Anderer. 90 was schadet mir was iener tuet, von dem ich pesserung nim? tuet er nicht wol, des wirt er inn und ist sein 1er doch nutze mir. davon so wend ich meine gir 9ö auf hübscheu edleu märe, ungern ich sein enpäre durch tugentreiches herzen site, auch mach ich mir selbs damite freude und churzweile guet. 100 wan es geit mir hohen muet und nimpt mir manig fantasmata und unnutz melancolia, die ich all damit vertreib gar schon, also nim ich mir selb den Ion. — 10163 gepurt Dr.. — 10166 das erste und fehlt F. ailften G. und im ailften Dr. — 10170 püchlln G Dr. volpracht] gelichtet W. vollendet G Dr. aide F S. Ao G Dn 10171 loben F G Dr. — 10172 und] nun F. sp. wir F. sprechend G Dr. — 90 iener] ainer S. — 91 nenie S G. — 92 fehlt G. des wirt] das wir 5. das wir im Dr. inn] niue S. — 93 hrobsche edle 5. hübsche edle Dr. — 96 und auch ung. G. enpere S Dr. — 97 tugendliches G Dr. — 98 mir] newer 6\ selbs fehlt Dr. — 99 eh. vil g. G. — 102 und auch vil un. G. melancolica S. melencolia Dr. — 103 alle vertreib damit g. S. — 104 fehlt 5. don G Dr. Silzb. d. phil.-iiist. Cl. LXVI. Bd. II. Hft. 20 298 Z i n g e r 1 e Des chüm, lieber Ihesus, in und g-eus in mich dein weishait, damit das püchlein werd berait 10085 und das man sich pesser davon und das ich auch verdien den Ion, da chain freud nicht ende hat. Maria möge für ihn bitten, wenn er etwa auch Ruhm bei seinem Werke gesucht habe. Ei Maria, mueter, raine mait 10155 hilf mir gen deinem lieben sun, ob ich icht gesuechet ruem hab in disem geliebte, das er mir das verslichte mit seiner parmherzichait 10160 gen seiner hohen gerechtichait. Was die Bildung des Verfassers belangt, ist dieselbe nicht so gering, als man aus Y. 10131 : der teutsch ain chlain lesen chan schliessen möchte. Er war des Italienischen kundig, denn er über- setzte sein Werk grossentheils aus dem Italienischen, was er selbst ausdrücklich sagt: ich han durchsuecht flores virtutuni, das do ain wälsches puech ist. das han ich gemacht ze diser frist, das es teutsche zunge moI vernimpt, 130 wan es der rechten tugent zimpt. davon han ich es ze teutsche pracht, 10082 in] chym W. chumb S. kura G. — 10084 daz das puech G Ur. — 10085 besre G. pessere Dr. — 10086 verdien auch F. verdienen d. G. — 10087 da chain] der die G. nicht] kain G Dr. — llö4 Eya G Dr. rainew G. — llö6 sueche G. — 1157 disem] deinem (r. — 1158 mir] nim F. das fehlt G Dr. — 1150 s. hailiger p. G. — s. heyligen Dr. — 1160 fehlt S. hohen fehlt F. — 126 hab S. — 128 das] da 5. zue G Dr. — 129 wol fehlt 5 Dr. — 130 gezimpt S. — 131 davon] darumb Dr. zu S. Beiträg-e zur älteren tirolischen Literatur. II. 299 und was die Verglelchuug mit dem ital. Original schlagend bestätigt. Er verstand aber auch etwas Latein, was auch folgende lateinische Wörter, die er gebraucht, beweisen: sapiencia 14. 4276. in iubilo 25. 3035. fantasmata 101. duplex 163. karitas 314. disputatio 324 . 325. vanitas 354. presencia 467. 5505. absencia468, verilas 3881. precepta 3827. philosophus 2690. 5147. iniusticia 3214. penitencia 3893. timorosus 4438. temperancia 5143. reverencia 5418. differencia 5639. in monte Syon 5374. gula 5844. nomina 5672. fornicatio 6169. raptus6173. adulterium 6175. incestus 6179. stuprum 6183. luxuria 6257. 6299. 6378. altissimus 1476. 6900. 6942. 6996. occiput 7170. cerebrum und sinciput 7171. polum articum 7260. centrum 7261. usuram 7320. sentenciis 7478. Spiritus sancte 7624. clementissime 7625. principatus 7673. virtutes 7682. invisibilis 7794. characteres 7915. virsrineum 7916. dialogus 7797. milleartifex 1064. 8236. rex 8237. in mundo 9018. incantacio 9019, exemplum 9283. in dem concilio Lugdunensi 9670. k et cetera 9700. epitafium 9775. in proverbio 9864. quarta die Idus 10168. aquario 10169. Lateinisch und italienisch sind: memoria 13. 240. 3265. vana I gloria 5638. obediencia 5673. i) avaricia 9701. Freilich gibt es auch viele Stellen, die wie Zarncke schreibt, es höchst unwahrscheinlich machen, dass Vintler überhaupt Latein ver- stand 2). Zu dem von ihm beigebrachten Beispielen füge ich folgende hinzu: in Valerio Maximum 171. des clumigs tochter Armoniam genant 906. da gewan Armoniam iunckfrau so grosse swär 910. das sl leget an Armoniam chlait 912. und do sach Armoniam die trewe gros 920. die philosophus 149. ain weih Scipio Africanus 942. in dem puech Machabeo 1689. 1) Italienische Spuren sind: perfette 4262. humilta 3419. dono 5ö39. condicion 7113 Hier mö^en noch angefülirt werden ze fort 8i47. Der lerer fort 8966 (fortis it forte), conscienzen 9830. consciencie 10041. dencie (dentium) 10042. 2) Haupt's Zeitschrift IX. 116. 20» 300 Z i u g e r 1 e chaiser Anastasia 403S. Marco Regulo seinem rat 36i7. in dem lant Ceciliam 6037. chain ander animalia 5062. Gewöhnlich stehen, ausser Armoniam für alle Casus, die fehler- haften Wörter im Reime, für den sich Vintler die Endung heliehig machte. Was dio Nominative auf o st. us betrifft, z. B. Yppolito, Theo- dosio, so sind diese Formen theils dem italienischen Original ent- nommen, theils der ital. Form nachgebildet. So steht auch das Bedenkliche mit usuram im Reime: sein guet meren mit usuram, wan wuecher pringet schad und sehani 7320, dagegen das male, chain male im Innern des Verses : ^o'-o wan das male ist so prait 7363. wan chain male doch niemant frumpt. 736ö. Nach meiner Ansicht verstand Vintler leichtere lateinische Schriftsteller, ohne der Sprache soweit mächtig zu sein, dieselbe selbst correct zu schreiben. Von den in der Einleitung genannten lateinischen Schriftstellern scheint er mir den Valerius Maximus, dem er viele Erzählungen ent- lehnt, genau gekannt zu haben*). Ich gebe eine Probe seiner Bear- beitung 2). 1730 Von der parmherzichait han ich gelesen, das Symonides der poet ist gewesen als gar parniherzig, hör ich sagen, das er die toten tet begraben s). 1) Es ist wohl unwahrscheinlich, dass er die Übersetzung^ des H. v. Muglin benutzt habe. ') Aeque diis immortalibus acceptus Simonides, cujus salus ab imrainenti exitio defensa, ruinae quoque subtracta est. Coenanti enim apud Scopam in Cranone, quod est in Thessalia oppidum, nuntiatum est, duos iuvenes ad januam venisse, magnopere rogantes, ut ad eos coutinuo prodiret: ad quos egressus, neminem reperit ibi. Ce- terum, eo raomento temporis, triciinium, in quo Scopas epulabatur, collapsum, et ipsum et omnes convivas oppressit. Val. Max. 1. I. c. 8, 7. Sj Vergl. Val. .Vlax. 1. I, c. 7, 3. Beiträo^e zur älteren tirolischen Literatur. II 301 der selb Symonides ains tag-es sas 1735 mit seinem freunt Scopia und as in der stat Tramonia, die da leit in dem lant Tesalia. do chomen zwen iüngling- für die tür und rueften iSymonides her für, 1740 das er snell ehäm und nicht anders tat. wan das er zue der porten trat. also gieng- Symonides nach dem wort pald und reschlich zue der port, und do er zue der porten cham, 174S do vand er vor dem tor niemand stan. do wolt er zue dem haus hin wider, do viel es hinter sein dernider und slueg- alle, die darinn, ze tot. also cham Symonides von der not, 17S0 als das Valerius Maximus sait, das in nicht schirmt, denn die parmherzichait. Was seine Bekanntschaft mit der deutscheu Literatur betrifft, so lässt er uns darüber völlig im Unklaren. Wenn er sagt: ich han gesuecht in Alexander, was der hie auf erd getan hat 136, so könnte der Alexander ülrich's von Escbenbach gemeint sein, welchen H. Sentlinger in die Christherrechronik aufnahm, welche er zweimal (1394. 1399) für die Vintler abschrieb '). 1) Vintler beginnt die Erzählung' von Alexander und dem Seeräuber: Von der parmherzichait list man also in dem puech Machabeo 1688. Sentlinger schreibt: und als uns sagt an ein drum liber Machabeorum. das buech. das also ist genant. das tuet uns von erst erkant von Alesander Macedo Bl. 167 B 3 und flicht Ülrich's Alexander ein, wo Bl. 194 A 2 die Geschichte von dem Seeräuber erzählt wird. 302 Zi n -erl e Die Verse: darumb sol manz für guet han, wan ich es han getan in guet und das es pringe hohen nuiet 10133. könnten an Tristan 0—8 und Rudolfs Einleitung zum guten Gerhart und Schluss desselben 6879 ff. erinnern. Auch bei den Versen: und war ich halt auf den süßen perg getreten, der Elicon mit namen haist, und do die götter allermaist ir allerhöchstes geticht vinden 290S. könnte Vintler an Tristan 4863 ff. gedacht haben. Einige Male erinnert Vintler an Meier Helmbrecht, z. B. ach und such ich si die raben strälen an der sunne, allererst so biet ich wunne 3473. do staelte dir din houbet zeswenhalp der rabe da. Helmbrecht 626. Die Verse: 6630 wan er denkt in seinem sinn tag und nacht, wie er in pring umb das sein, mit soleichem mort macht er pald auf in ain wort, das im wirt ain alefanz, 6635 und spricht, er woU nicht an den tanz heuer zu der vasnacht gan. mit soleichem aufsatz hat man dan den gueten armen man gelaicht, oder man gicht, er hab gesaicht 6640 heuer gen der sunnen dar, oder man gicht, er hab das iar gepadet mer denn drei stunt, damit das er umb das sein chumpt. 6630 im in seinem G Dr. 6633. auf in] auch im F. ain fehlt W S. 6634. alfanz F S. 6642 dann F. wenn G. 6643. damit] e 5. ee G. Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. II. «»Od gemahnen an die nichtigen Vorwände, aus denen Helmbrecht raubt und schädigt. V. 1129—1175. Die folgende Stelle erinnert an die goldene Schmiede und ähnl. Loblieder an Jesu.s und Maria. 5315 herr gib mir ain soHche maß, das ich dich lob mit sand Michel, wan du pist in der gelaubigen sei als ain präutigam an seinem prautpet und als ain chünig an seiner stet, o320 und als ain turn von ehüniges stuele und als ain maister in der schneie, und als ain liecht in aiuer vinster. dein gnade geit ain solich glinster, (las manig sele wirt gar wacker. 5325 du pist der sehatz in dem acker, du pist der wein in dem cheller, du pist der sterkist in dir selber, du pist der chlar karfunkelstain, der da leit in golde rain ; 5330 also chanst du dich ein verbarken. du pist das prot in der archen, und als das insigel den brief chan zieren, also chanst du dich ein formieren, das du so pist an manigen steten. 5335 du pist die erznei in der apoteken, du pist die härphe in der Wirtschaft. gedon vach, merke deine chraft, das du so nicht pist ain triegel. du pist ain pilde in dem spiegel, fiSiS herr aber g. G. 3316. Michahel G. — S318 preutiger G Dr. sein S. — 5321 der] seiner G. — ."JSSS geit fehlt S G. — S327 stärkest W. die sterk G. — 5328 funkelstain G. — 5330 ein fehlt 5. verwarken W. verwerken G. — 5331 prat in a. S. — 5333—3339 fehlen S. — 5334 so fehlt G. — Nach 3535 hat G: Adonay, ich merke dein kraft, daz die geit den friichtperlichen saft und tuest daz an alles triegen. 53 38 das] da W. 304 Z i n g e r 1 e S340 du pist der süsse honig-saini, du pist der Adam macht aus laim, du pist die fnicht auf dem paum, des nemen alle geste g-aum. du pist das öle, das da print S345 in der lampen ane underwint. du pist die lilie in dem tale, du pist der uns nam unser quäle. du pist in den creatiiren Munderleich und in dem menschen minnicleich, S3S0 und in den eng-eln beg^irleich zwar und in den heilig-en lustig* g-ar, und in dir selben unbegreifleich und in den pösen unleidleich, und in den verdampten ain erschreckung. 5355 dannoch so lobent si dich darumb. seit du denn unleidleich pist pei den pösen ze aller frist. wie sul wir sunder denne tuen. das wir gewinnen deinen suen? 5360 so mues uns helfen die mait, die da an trait das chlait, in der drivaltiehait das quater. ich main mit abba dem vater und mit dem sun und Ruha-gaist- 5365 0 Maria, ich getrau dir allerniaist, das du mir helfest für dein chint, das da lag vor esel und vor rint und den der engel hiez Ihesus und dem die heiligen sprechen: sanctus, sanctus. Reicher als an solchen Stellen, die auf Bekanntschaft mit andern Dichtungen deuten könnten, ist Vintler an Sprichwörtern, die er dem Volksmunde entlehnt, z. B. : 5341 der da G. mach W G. — 5342 auß G. — 5343 des] dem W. den G gaist G. — 5344 lampe G. — 5346 gilge G. — 5347 uns außiiam auü dem q. G. — 5348 in] auß G. — 5351 dem W. lustlich G. — 5352 selber G. — 5353. loben sew F. dich] sich G. — 3356 dann F. unledig W. — 5338 suUen FG. — 5364 mit wen dem W. Ruha] fehlt S. balligen F G Dr. — 3369 sprachen S. Beiträj^e zur älteren tirolischen Literatur. II. uüo "6 als der da wasser trüg' in den Rein. 1889. als das wasser erlescht das prinnent feur, also chumpt das almiisen der sund ze steur. 1930 *) welcher herr seinen rat an zwen schälke lat, ist der herr danne selb dapei, so seind der schälke pilleich drei. 26S0. man spricht, das chain valsches wort wer nicht lange hie noch dort. 3662. wer ain lug' besehönen wil, der bedarf darzne grosser müe vil. 3874. unmaß wüstet alle spil. 3785. Übermaß wüstet alle spil. 6441. . . ze wenig und ze vil das selbe wüstet alle spil. 6522. den deiib macht den stat. 5974. wan doch ain olTens wort ist: wer do ze palde lauft, das er auch dester öfter straucht. 6509. alte Sunden machen newe schant^). 6529. wan man hat das oft gehört: das alter sol haben weis und wort, das es der schäm mug entrinnen. 6572. so haben die rät den Neithart, der selb der wüstet an aller stat alle rät, hör ich sagen. 6650. unart choppet in sein art. 6754. adel fleucht der schänden spor, als ir oft habt gehört, so tuet unart nach seiner art. 6789. wer vil waiß, der zweivelt vil. 7153. wann der pogen stat gespannen ze allen zeiten, so wirt er lamen. 7174. und war der winter noch als ehalt, •) Vergl. Freidank 39, 6. ^) Wolkenstein 18. 2, 9. — 103, 1, 1. 306 Z i n g e r I e SO singt der pfaff an iinderwint, die weil man im das opfer pringt 7269 *)• pöse werch machen pöses end. 7407. pös g-ewonhait geit pösen Ion. 7421. lueg", wem du trauest und in wen. 7440. wer sieh geren zue dem fewer menget, der selb wirt geren besenget, und wer sieh geren mischet under die chlein, den essent die säu mit dem prein 2) 74S6. si tuet geleich als die chatz, die voren leckt und binden chratzt. 8796. man spricht : zwo gellen wurden oft guet gesellen, aber zwaier prueder weib beleiben selten ane streit. 8934. süsse antwurt pringt süsse wort und pricht den zorn an allem ort. 8974. der ander leut tadel offen wil, der wirt der sein auch hören vil. 8994. wer mit gespötte umbe gat, der ivirt ze spot an aller stat. 9050. das selb sein esel mit churzen oren. 9074. doch haben die alten war gesait: wenn der abt die würfel trait, so spiln die münieh alle geren. 9099'). unsaubre wort wüsten guete sit. 9129. die närrin die erchent sich nicht. 9öö3. das selb sein sinn mit langem har. 9564. wenn die muck wil legen ain ai, als die henne, so pricht si entzwai. 9566. das man geren halt den man nach dem und er sich halten chan. 9624 *). aller adel am ersten cham 1) Diutisca I, 324. 2) Diutisca I, 323. Morolf II, 307 3) Wolkenstein XXVI, 32. *) Vergl. Freidank i08, 27. Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. II. oUT von Eva und von Adam. 9650. toten hochfart ist ain spot, wan si ist alzeit wider g-ot. 9780 0- ze vil wüstet alle spil. 10064. mazze fueg^t ze allen ding-en. i0094. alle ding- die sein unfruet, wenn das ende nicht ist guet. 10099. Hieher gehören auch die den Proverbia nachgedichteten Stellen: es sein vier ding, als man gicht, 626o die selben erfüllt man nimmer nicht. das ist die hell und das uneheusch weib, die erfüllt man nicht ze chainer zeit. das dritt das ist das ertreich, das ist genueg wunderleich, 6270 das es sich nicht genuegen lat des Wassers an chainer stat. so ist das fear auch ungenuegsam. das selb spricht nimmer mer: las stan das holz, ich han ietzund genueg 2). 6275 noch sein vier ding so cUieg und die ich nicht erchennen chan dapei: wa der weg des adlers sei, wann er in den lüften fleuget. der natern weg mich auch vast treuget, 6280 wenn si sich über die staine slinget, und wenn das scheff im mere swimmet, der selbe weg ist mir ze her, und des chindes weg hin und her, so es in seiner iugent ist 2). An Vergleiche, die beinahe sprichwörtliche Verbreitung haben, mahnt folgende Stelle*): 1) Vergl. Freidank 29, 6. 2) Prov. 30, 15. 16. Freidank 69, 3. 3) Prov. 30, 18. 19. Freidank 128. 6. T. Sion. CDiutisca 3, 7.) MSH. II, 230\ *J Vergl. Herbort 11223. Erec 2813. Lichtenstein 610, 19. Colmarer Meisterlieder S. 288. 396. MSH II, 382. 308 Z i n g e r 1 e het ainer alle weishait g-ar, die David het und Salomon, 724S und war als starch als Sampson, all sein chunst war im enwieht. da wurd g-esehen die weisliait Salomonis für ain torhait, und da Murd die snellichait Azahels gesellen ffir ain traghait, 10000 und da war her Sampson gesehatzt ain kranker man, und da war Matusalems leben ain behender tot g-eg-eben, und da war das grosse guet 10005 des ehaisers Augusti ain armuet. Hieher zu rechnen ist auch die Priamel : wenn der pischolf den topfe treibt und wenn der ritter pfieher sehreibt, und das der münieh harnasch trait, 9475 und wenn ain hübsche stolze mait ze rosse sol ain schütze sein, und wenn die nunn und die pagein wellent zue den höfen waren, und wenn der man sol spinnen garen, 9480 und wenn ain achtzigiärig man sol gen schuel umb lernung gan, und wenn ain chint mit ainem geren sol stechen ainen alten peren: das selb ist alles widerwärtig 7485 und wirt nimmer recht artig. Eine Reminiscenz aus Freidank 62, 10 bieten die Verse: das maniger petet mit dem mnnt, das doch dem herzen ist unchunt 6914. Die schöne Stelle an den Pfennig, (1213 ff.) die ich später mit- teile, begegnet uns beinahe wörtlich in einem Spruche der Wiltener Handschrift Bl. 116^i). Auf Vintler's Stelle: ') Sieh meinen Bericht darüber S. öO. Sitzunffsberichte der k. Ak. XXXVII. 378. Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. II. O 0 n SO wissen dlse das vogel geschrai 774S ff. beruht der Spruch : Welcher mensch do gelaubt an vogel geschrei ff. der uns in zwei W olt'enbüttler Handschriften erhalten ist^). III. Verhältniss zum italienischen Werke. Vintler nennt uns selbst seine Quelle: ich han durchsuecht flores virtutum, das do ain wälsches puech ist, das han ich gemacht ze diser frist, das es teutsche zunge wo! vernimpt, wan es der rechten tugent zimpt. davon han ich es ze teutsche pracht. 126 ff. Er nennt hier seine Vorlage ausdrücklich ein wälsches d. h. italienisches Buch, nachdem er auch sein Werk benannt wissen will: davon wil ich, das mein werk das chlain haiß die pluemen der tugent rain 7. Lappenberg gebührt das Verdienst, dies italienische Original, ein um das Jahr 1820 geschriebenes Werk, welches dem Tomaso Leoni zugeschrieben wird, nachgewiesen zu haben. (Haupt, Zeit- schrift X, 258 ff) 2). Wie Vintler seine Vorlage benützte, sich bald ängstlich an dieselbe anschloss, ja dieselbe beinahe wörtlich über- setzte, bald aber sich freier bewegte, ja stellenweise ganz seine eigenen Wege gieng, bis er wieder auf das Original einlenkte, mögen die folgenden Stellen zeigen, denen ich den italienischen Text nach Gelli beigebe. 1) Fastnachtspiele 111, 1382. 1438. 2) Zu den vielen dort aufgeführten Ausgaben trage ich nach: 1. Die venexianer Ausgabe 1493. Ein Exemplar befindet sich auf der Bibliothek zu Gotha. 2. Fiore di virtu ridotto alla sua vera lezione secondo l'edizione dl Roma d«l 1740. Udine 1853. 3. Fiore di virtü, testo di lingua ridotto a corretta lezione per Agenore Gelli. Firenze ISöö. Diese Ausgabe steht unserm Gedichte am nächsten. 310 Z ingerle Flo fatto come colui, ch' e in uno grandissimo prato di Gori, che elegge e coglie tutta la cinia de" fiori per tare uiia bella ghirlanda; perö voglio che questo mio piccolo lavoretto abhia nome: „Flore di virtudi e di costumi; e se alcuno difetto ci fosse, che sono certo che egii ne ha, la discrezione di coloro, che leggeranno, si Temendi; ehe infino a ora io mi tengo alla loro corre^ione, e lasso lo mio t'allo. Amore e benevolenza e dilezione e quasi ima cosa, secondo che pi-ova Fra Tommaso nella sua Somma geiierahnente. Lo primo movi- mento di ciascuno amore si e la conoscenza; e cosi, come diee Sant' Agostino, nessuno uomo puote amare aicuna cosa, se primamente non ha qualche conoscenza della cosa che vuole amare; e discende questo conoscimento da cinque principali sentimenti de! corpo: da vedere, che e negli occhi; da udire, che e nelle orecchie; da odorare, che e nel naso; da gustare, che e nella bocca; dal toccare. che e nelle mani, e in altre parti del corpo; ovvero dal senno intellettivo, ch' e nello immaginare dello intelletto. Beiträge zur älteren tirolisehen Literatur. II. ö 1 1 Ich hau g-etan recht als ain man, der do eham auf ainen plan, do er vant pluemen manigerlai, als si pring-en mag der mai, S und der die pluemen aller pluemen nimpt, ain kränzlein macht, das im g-ezimpt. davon wil ich, das mein werk das chlain haißt die pluemen der tugent rain. 1 — 8. und ob an dem püchlein icht g'epresten ist, so pit ich den, der es da list, das er das wend, wan ich im es g'an; 190 wan ich der chunst nicht enhan, das mein geticht sei straffe frei. 187 — 191 wan alle ding an der liebe leit, 210 als uns sand Thomas urchund geit, das lieb, wolgevallenchait und der lust sind pei einander in ainer prust. wan er das offenleichen spricht und in seiner summ ausricht, 215 das die erst bewcgung ainer iegleichen liebschaft, das das sei die verstantnus mit ir chraft. als da spricht sand Augustein: „chainem menschen mag ain ding lieb sein, er hab es dann vor etwas erchant". 220 das selb das chumpt von der fünf sinne pant, also das sehen mit den äugen, den oren das gehörd, das ist an laugen, und als das smecken mit der nasen, und als das ehesten mit dem prasem, 223 und als das rüren mit den henden, wie es die sinne mein wenden, 3 do] und S. — 6 iemen zirapt F. im wol g. G. — 7 ieii mein w. S. — 8 haissen 5. plum G. — 187 geprechen G. — 189 wenn G. im des G. — 211 lieb gevallikait S. wollevälligkait G. — 212 sei 5. seien B G. — 213 offenleich F B G. — 213 begirung BSG. — 216 irer B. — 218 gesein BS. — 220 selb eh. S G. selbig B. sinnen BSG.— 222 gehör G. — 223 fehlt F. 224 den FS.— 226 wie sy dy sinne mainet w. 5. maine B. mainen G. 312 Zin^eile e questa conoscenza si e il primiero assalto d'amore, e la mag- gior parte discende dagli occhi, secondo lo Filosofo, che imprinia- mente la volontä delle persone si muove per questa conoscenza; poi si niuta nella memoria, e converte se in piacere e immaginamento. Questo cotale piacere si muove da uno disiderio del cuore a disiderare la cosa che gli e piaciuta, e questo disiderio nasce da una speranza che viene da potere avere queilo che gli e in piacimento; e di questo nasce la sommaria virtü d'amore, la quäle si e radice, o fondamento, guida e cbiave, e colonna di tutte le virtudi, siccome scrisse il Filosofo. E'l detto Frate Tommaso prova, che nessuna virtü d'amore puote essere senza amore, e tutte si t'ormano ed hanno co- minciamento per lei. Sieche ciascuno che vuole conoscere le virtudi da' vizj, guardi pure se queilo ch'egli vuol fare si muove dalla virtü d'amore 0 si 0 no; e di ciö potra conoscere la verita. E questo puo vedere manifestamente ciascheduno che abbia intendimento, guardando bene la proprietä de' vizj e delle virtudi. Sieche amore si puote propria- mente assomigliare a un uccello il quäle ha nome calandra, che ha tale proprietä , che egli e portato alPintermo , e se Tinfermo, dee morire, si gli volge la testa, e non lo guarda mai; e se egli dee scampare, si il guarda, e ogni sua malizia gli toglie da dosso; cosi fa la virtü d'amore, ch'ella non guarda mai alcun vizio, e schita Beiträge zur üJtereii tirolischeii Literatur. !1. O 1 O wan sie es doch alles regieren, und in dem andern tail des liieren. da da leit der vernuftig" g-aist 230 in der hetraehtung- allermaist. wan die verstantnus ist also frei, das ir wont g-iiet und pös pei, und macht ir oft selb ain lieb urspring, als ich es in meinen sinnen vind. 235 das chumpt alles von der aug-en gesiebt, als der philosopbus auch spricht : wenn der mensch seinen willen naigt, das er dann der erchantnus zaigt. das selb verwechselt sich alda 240 in die inner memoria und verchert sich dann, als man sait, in ain wol2revallenchait, und das gevallen erwegt die pegir, das im die sach gevallet schier. 24S da pirt sich dann die höchste tugent. die rechte liebe ist so mugent, das si ist würz, anevank und leben, wan si niißet alle ding gar eben. sie ist auch ain säul aller tugenthait, 2S0 als der philosophus uns sait. und sand Thomas auch bericht und bewärt, das chain tugent nicht an rechte lieb nit mug gesein, wan si formet sich so ein 25o und macht ir ainen anevank durch sei. und wer erchennen wil da pei, ob er tugent oder laster tue, so wart nur das ansehen zue. 227 wen es si d. 5. — 229 unvernüftig F. vermifft G. — 231—330 fehlen F. - 232 giietz und auch p. G. — 233 selb fehlt S G. — 238 der kantnus 5. ers erkant- nuss denn z. G. — 240 inner] in der G. — 242 wollg-evellikait G. — 243 das fehl' B. — 244 gevallen BS. — 249 sal 5. — 2.50 uns auch s. G. — 231 sanc- tus G, — 234 ornet 5. sei formiert G. — 208 nur fehlt 5. nu G. Sitzb. d. phil.-hisf. CI. LXVI. Bd. 11. Hft. 21 314 Z i n ge r I e sempre ogni vil cosa, e dimora colla virtü. E i! bene, che e eosi con- tinovo, ripara in ciascheduno cuore gentile, comefanno gli uccelli alla verdura della selva: e dimostra la siia virtude, come fa il lume, che e posto in una scuritä che allumina piü. E, seeondo lo detto Frate Tommaso, e* dee essere ordine nello amore, che imprimamente l'uomo dee amare Iddio sopra tutte le cose; e dietro si dee amare se stesso, pol il padre e la niadre; poi la patria seeondo il grado; poi cias- cuno seeondo lo suo essere; e innarizi 11 biioni che li rei dee amare. ma non i suoi vizj, siccome dice Santo Agostino: onde primamente io ragionero dello amore d'Iddio, perche e sovrano a tutti gli altri; poi dirö dello amore de" parenti: e poi contero dello amore degli amici: e alla fine parlero dello amore delle donne. Beiträge zur älterea tirolisclicn Literatur. II. ö 1 O ob es von der tugent her gee, , 260 oder ob es mit dem laster bestee. Die lieb mag ich geleiehen wol dem kaiander, «an der sol ain siechen menschen selten an . sol im die sucht nit engan, 26Ö so chert er seine äugen von im. sol er aber des siechtunis chomen hin. so chert er seine äugen dar und nimpt des siechen fleißichleichen war, das er den siechtum in sich zeucht. 270 also auch die tugent fleucht. das si die lasterperleich getat alzeit scheuhet an aller stat, und also tuet ain edel gemüt. das zeucht an sich mit seiner gut, 275 das si es begreifen wirt gar pald. recht als die vogcl in dem wald, den ir begir nach laube stat. also sat die tugent ir sat. und als ain liecht in ainer vinster, 280 das da leucht mit seinem glinster noch vester, denn ob es der tag an schin, also ist dem tugenthaften sein sin. sand Thomas spricht noch me, das die recht Ordnung bestee. 28Ö und das auch die ganze liebe ist, das ist, das man minne Christ vor allen ding^en hie auf erden und das du bedenkst, wer du muest werden. das selb macht, das man sich selber mint, 290 und wer das selbig recht versint, 263 fehlt G. — 264 so im die s. nit sol G. — 266 siechtum B. — 268 fleisehleichen S. flissigklicli G. — 2T1 sei die sehantlichew lasterparliehew t. G. — 274 zeucht fehlt G. - 277 ir fehlt G. — 278 also stat die 5. — 281 denn fehlt S. — 2S6 Ihesum Ch. G. — 288 wer] waz G. — 28t> mach 5. mint] müt S- — 29U wer fehlt G. selb S G. versunt iS. 21* 3 1 H Z i n ^ e r I e (las war wol ain hoher hört geniieg-. war) wer im selben hie ist elueg, der mag- sich wol vor sünden hueten. auch sol man vatter und niueter gueten, 29 S das man die in eren hab. den nächsten freunten auch g-iietes trag, ieffleichem darnach, als er dir sei mit seiner sippe nahen pei. darnach solt du ain iegleichen man 300 nach seinem wesen also han, und auch ee die gueten wan die pösen. auch soltii niemant nicht verösen sein leuniunt noch ander leute laster. wan wer das tuet, der scheut sich vaster, 30Ö als Saud Aug-ustin do spricht. am ersten han ich ew bericht von der g'ottes lieb iirspring, darumb das er ist über alle ding-. darnach wil ich eu sag-en me, 310 wie die tailung- der liebe ste. darnach so offenbar ich eu von der lieb und von der frawen treu. Es mag dieser Vergleich des Anfanges uns zeigen, wie Vintler bei seiner Bearbeitung im allgemeinen vorgieng. Er folgte, wenn er übertrug, dem Gegebenen in freier Weise, schloss sieh aber genau dem Inhalte des italienischen Originals an. Wir finden sogar Stellen, in denen er sich auch wörtlich an die italienische Vorlage hält und sogar Reime daraus entlehnt, z. B. disse l'altro: Messer lo Re S. 81. herr der chünig ol79. Seaeca dice: Non lodare altrui in sua pre- senza S. 8o. so spricht der maister Seneca : „nicht lob die leut in presencia" oo04. 291 ainer S. — 292 selber 5. selb G. — 294 gutten S. — 295 in allen e. G. — 297 als er dir] und er G. — 299 nahent 5. — 301 wan] denn G. — 303 seinen leunden n. G. — 304 wer] der G. schent sich selber vaste G. — 306 am] diu Ä. euch G. — 307 Ursprung S G. — 308 allew G. — 309 d. so w. i. euch G. me fehlt noch han ich gesuecht der maister niere, oder was die decret g-ebent lere oder was Aug"ustiniis und Ambrosius, Gregorius und Jeroiiimus 16S haben geschriben in iren sermonen, Beda, Chrisostonius und Orienem, die all geschriben haben manigerlai figur, oder was das puech der natnr inne hat von allen wesen, 170 das han ich alles sampt durchlesen. auch han ich gesuecht in Valerio Maximum und ain puech, haist gesta Romanorum, was Wunders darin geschriben ist, oder was da hat gesprochen Ihesus Christ 17o und sand Paul, der da wart bechart. auch hat gesagt sand Perenhart vil von der gotes gerechtikait. Isiderus und Boecius sait, das man tue von der weite eher. 180 noch sind der maister vil und vil nier, die ich nicht alle genennen chan, wan es wurd verdriessen etwan. doch han ich sei all durch e h I a u b t und i e g 1 e i c h e n ain wenig beraubt, 18S damit das doch ain puchlein ist volpracht nach dem willen mein. iMochte der Dichter aus andern hier genannten Schriftstellern einige Sentenzen entlehnen, so benutzte er doch vorzüglich den Va- ierius Maximus, aus dem er viele Exempel nahm, die im italienischen Original fehlen. Es sind folgende: 163 u. 164 sind in S- zusammengezogen: oder was Augustinus und Jeroniuius. — sant Aug. G. — 164 und s;int F. G. — 168 der] von S- — 171 ich han auch G. Dr. Valerius 5. Maxi:iii S G. — 172 Romani GS. — 174 gesprochen haut G. Jesu FS. — 175 oder s. Peter und s. P. S. und sand Peter und sand Paul F. bekert G. Dr. — 176 und waz sand Benihardus gesagt liat der werd G Dr. — 177 vil fehlt G Dr. — 180 und vil fehlt S. — 181 nit all nemen G. — 182 etschwan 5. — 183 d. so han si alle durich 5. — 184 iedleichen F. 326 Zin-erle 1. Emilia. V. 941 —Ho9. Val. I. Vi. c. 7. 1. 2. Semii-amis. V. l5o2— 1569. Val. 1. !X, c. 3, 4. 3. Hannibal. V. 1570—1602. Val. 1. IX, c. 3. 2 und 3. 4. Symonides. V. 1730-1730. Val. I. I, c. 8. 7. 5. Sylla. V. 1800-1821. Val. 1. IX, c. 2, 1. 6. Hannibars Grausamkeit. V. 1822—1841. Val. 1. IX. c. 2, 2. 7. Titus Quintus. V. 2042—2069. Val. 1. IV, c. 8, 5. 8. Marcus Cassius. V. 2176 — 2197. Val. 1. IX, c. 4. 2. 9. Camillus. V. 3168—3209. Val. 1. VI, c. 5, 1. 10. Octavianus und der Lügner V. 4106—4131. Val. 1. IX, c. 15, 2. 11. Horatius Codes. V. 4330—4367. Val. 1. III, c. 2, 2. 12. Plato. V. 4506—4529. Val. I. IV. c. 2, 1. 13. Pyrrhus. V. 4530—4553. Val. 1. VI, c. 5, 1. 14. Pausanias. V. 4662-4681. Val. 1. VIII, c. 14, 4. 15. Alexanderund der Knabe V. 4742 — 4771. Val.l. III, c. 3, 1. 16. Menius. V. 4818—4843. Val. I. III. e. 8, 8. 17. Marcus Regulns. V. 6054—6073. 18. Catilina. V. 6358-6378. Val. I. IX, c. 1,9. Der Dichter nennt meist gewissenhaft diese seine Quelle: von der Heb sprielif aticli Valerius 941. ' von dem zorn schreibt uns Valerins 13ü2. von dem zoren list man in Valerio 1570. als das Valerins Maximiis sait 1750. als uns sagt Valerius Maxinms 1815. von der miit schreibt Valerius 2042. als uns sclireibt Valerius Maxinms 3171. von der starkmütikait schreibt Valerius 4506 als Valerius sait. 4531. von der stätichait schreibt Valerius 4742. 4818- von der cheuschait schreibt Valerius 6053. Valerins der m;iister spricht 7181. Bei Nr. 6 beruft er sich aber auf Scipio (als das beschreibet Seibio. 1823) und bei Nr. 11 auf Livius. (als da spricht Titus Livius. 4339.) Andere Beispiele, die Vinller hinzufügte, sind : Beitrüge ziu- alteren tirolischen Literatur. 11. ö ii 1. Armonia. V. 899 — 947. Er gibt als Quelle eine Chro- nik an i). 2. Von der Grausamkeit der Bewohner von Otoria V. 1842 bis 1851. Er beginnt: „von der greuleichait schreibt man das". 3. Sokrales und der Jüngling V. 2662—2685 mit dem An- fange: „von der weishait liset man**. 4. Die neugierige Römerin V. 4934 — 5035. Die Erzählung beginnt: „von der unstät schreibt man das 2)." 5. Lucius Emptinatus V. 5102 — 5119: ^von der mässichait sagt die historie". 6. Unbestechlichkeit der Rümer V. 5120—5142: „von der mässichait list man in der Historie von Rom." 7. Latine und Ameno V. 5290—5313. Der Dichter gibt der Altväter Leben als Quelle an. 8. Alexanders Enthaltsamkeit Y. 5814 — 5843. Der Dichter beginnt: „man list von der mässichait also in dem puech Machabeo. 9. Von einem keuschen Einsiedler V. 6074 — 6145 3). 10. Salomon und die Katze V. 6755-6782. Drei Erzählungen, die im Originale fehlen, scheint Vintier von Hörensagen geschöpft zu haben. So die Sage vom Modeneser, der dem Teufel eine Kerze opferte V. 3246 — 33344). ;,also hör ich von im sagen etc , die Geschichte von dem mörderischen Hauern, der seinem Sohn das Schwert vermachte V. 4194 — 4250 mit dem An- fange : „von der selben fraidiehait niucss ich sagen, das da geschehen ist in churzen tagen an ainem päurischen man" 1) ich Imn gelesen in ainer coronica 899. -) Vergl. Pauli, Schimpf und Ernst ed. Usterlfv S. 24*Z. 2) S. Selen troist Nr. 71, Zeitschrift für deutsche Mundarten II. 3. *, Dieselbe Erzählung enthält die Berliner Hamlsclirift !1, Nr. 33. s. M S U IV, ö07. 328 Z i n g e r 1 e Tolomeo dice: Innaiizi che tu tavelli, fa che tu Cüuosea le con- (lizioni e gli costumi della persona a cui intendi di favellare; impe- rocche con baroni e cavalieri si dee parlare cose altissime di signorie, di battaglie, di cortesie, di prodezze, d'arme, di cavalli, di seile, di cani 6 d'ogni altra gioja e diletto; con donne si dee contare di cose di cortesia e di allegrezza e d'amore, e di belle gioje e di vestimenta, e di case e di masserizie; con donzello si dee ragionare cose d'amore, di cortesia, d'allegrezza, di belle cacce, di bagordare, d'armeggiare ; con religiosi e con persone vecchie si dee dire d'onestade e di cas- tita, di temperanza, di scienza, di santita; con persone di popolo si dee ragionare di cose ch'appartengono al suo mestiero; co' villani si dee dire cose d'ai'are e di seminare e di fare fossati, di tagliare boschi, di vigne e di bestiame; con matti si dee dire cose di pazzia, imperocche a lui non place mai se non cosa che si atVä alla sua pazzia e con persone tribolate si dee dire cose di pacienza e di temperanza e di misericordia; e cosi secondo le condizioni delle persone si dee ragionare cose che sieno loro a piacimento. (Gelli p. 108). Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. II. 329 und von Albertus Magnus, der sah, wie der Teufel vor dem Sakra- mente seine Kappe zog V. 6890 — 6911, wo er sagt: „ich han gehört von meinem gesellen". In der bekannten Legende: Der Engel und der Einsiedler i) V. 3058 ft". weicht er von der Fassung derselben im Originale ab. Zwei Erzählungen, die das Original im Abschnitte über den Neid gibt (Gelli S. 21 und 22), übergeht Vintler, während er sich in Betreff der übrigen Beispiele und Gleichnisse strenge an die italienische Vorlage hält. In Betreft' der letztern weicht er nur einmal ab, da er bei der Unmässigkeit anstatt des Einhornes (V. 52o6 bis o27o) den Otter als Sinnbild gebraucht. Weniger freie Zuthaten als bei den Erzählungen finden wir im andern Theile des Gedichtes, solange er den Fiore di virtü folgt, doch auch hier gehören folgende Stellen dem Dichter an: V. 9—183. lOöo— 1068. 2090—2119. 2386-2415. 2843 bis 2914. 3784-3799. 5315—5381. 5690—5763. 6626—6931 und andere kleinere Partien. Mit Vers 7028 beginnt der Dichter den „Ammaestramenti de Fllosofi'^, wie die ital. Schrift in Gelli's Ausgabe genannt wird, zu folgen und nicht AI her tan o's von B r esc ia Abhandlungen: Bella consolazione e del consilio" und „Delle sei mcmiere diparlare'' oder „Ammaestramento di dire e di tacere"^ wie Lappenberg 3) annimmt. Beispielshalber gebe ich auch eine übersetzte Stelle dieses Theiles: 8S40 Tolomeus spricht in seinem traetat: „du seit nicht sein ze drat ze reden mit nieman, du erchennest denn gar wo! den man und sein weise und sein gestalt, 8543 das du wissest, was du reden solt. darumb sol man mit grossen herren reden von grossen eren und von hohen dingen und von weistum und von sinnen, 1) Vita patium ö, 93. Gesta Roraanorum lat. 80. Pauli, Schimpf und Ernst S. 377. Eine Übersicht der Literatur dieser Legende gibt Österley S. 530. 2) Zeitschrift für deutsches Alterthum B. 10, 263 und 264. 8.i40 gicht W. — 8341 chrat W. — 8ö-i2 iemau G. — 8346 so sol W S G. — 8347 r. mit sinn von F. — 8348 und auch F. — 8349 von hoffiichen s. G, Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXVI. Bd. II. Htt. 22 330 Zingerle 8S50 und von harnasch und von stechen und von schilt und sper zerprechen. und von federspil ze machen und von andern liistleichen saelien. und mit frawen minnicleich 8535 sol man reden von chlaidern reich und von pluemen verg-ißmeinnicht und von hübscher minne sitt und auch von hübscher masarei und von waidenleicher chrei. 8560 und mit iunkfrawen sol man reden von hübscher liebe schon und eben, und von pfeifen und von tanzen, von stechen und von swanzen. und mit gaistleichen leuten sol man 8565 reden von erbereliait und schäm und von eheuschait und mässieliait und von weishait und heilichait. und mit ainem hantwerkmaii sol man reden von dem tind er chan. 8570 und mit pauern red man von säen und von vidi und von mäen, und von pelzen und von reuten, so sol man mit betruebten leuten reden von mässlchait und von guet. S575 das selb das trost den mnet. so sol man mit narren eben alzeit von narrenwerch reden, wan chainem narren g-evellet nicht, wann man von weishait mit im spricht. 8580 und also sol man reden ze aller frist nach dem und dann der mensch ist, damit das du im chumst ze gevallen. 8S54 und auch G. — 83S6 plümlein G. — SÖ3T und auch G. — 8563 swanzen] guttan sehantzen G. — 8o68 und] darnauch G. — 8369 dem] den WS. und fehlt WS. als er G. — 8573 selb tr. F G. das gemuet BSG. — 8378 gevelt W B G- — 8582 Valien G. Beiträg^e zur älteren tirolischen Literatur. II. ool In diesem Tlieile tritt unser Dichter viel selbständiger auf, geht oft seine eigenen Wege und dichtet so umfangreiche Stellen hinzu, so dass man diese Parthie grossentlieils als sein eigenes Werk an- sehen muss. SofehlenimOriginal7172— 7194, 7206-7271,7478 — 8510. 8774—8787, 8810—8819, 8890—8957, 8960-8970, 9002 bis 9025, 9050—9123, 9134 — 9167, 9282 — 9320, 9397 bis zum Schlüsse V. 10172. Die hier eingestreuten Erzählungen: Socrates V. 7181—7194 (Valerius M. !. VIII. c. 8, 1), Abt Makarius V. 7487-75011), Abt Agatho 7536 — 7547, der Ritter, der ein Mönch war und sich stumm stellte V. 75 8 — 7593, Bischof Germa- nus 2j V. 7996—8167, Thomas Aquinus V. 8246 — 8361, Abt Makarius und die zwei Scliwägerinnen V. 8926 — 8953, die römi- schen Gesandten zu Tarent V. 9280-9315 3), die Frau mit dem langen Rocke und der Teufel V. 9401 — 9415. fehlen durchaus im Originale. In den eigenen Zuthaten, namentlich des zweiten Theiles* liegt die Hauptbedeutung des Werkes. Es scheint, als ob dem Dichter während der Abfassung erst allmählig das Selbstvertrauen, Kraft und Schwung, Freimuth und Energie gewachsen seien. Je weiter er in seinem Gedichte vorwärts schreitet, desto selbständiger und kühner wird er. Schon Gervinus betonte diese Erscheinung: „Allmählig legt der Verfasser seine Rückbaltung ab; fast furchtsam spricht er hier und da von Schmeichlern und Bauern mit einem Blick auf die Zeitgenossen, und von der Unfreigebigkeit der Fürsten, zieht sich aber sogleich zurück, und will seinen Athem sparen, wo er nichts beßern kann. Weiterhin aber geht er in einen ganz andern Ton über, wendet sich ganz auf seine lebendige Umgebung und Zeit und geißelt ihre Fehler mit völliger Verleugnung der früheren Scheu. Hier erinnert er eben so sehr, wie vorher an den Geschmack der Mystiker, an den der Satiriker, an Brant und an Murner"*). Vintler rügt und straft mit männlichem Freimuthe, mit Kraft und Würde die Gebrechen seiner Zeit, vorzüglich wendet er sich aber gegen den Adel und die Hochfahrt der Frauen. Es ist für unsern Dichter, der 1) auch lift man in der alt\ älter leben. 2j Vergl. der Selen troist Nr. 3. Zeitschrift für deutsche Mundarten 1. 183. S) ain exemplum list man in der Röiiiär tat. 9282. ^) Geschichte der deutschen Oichtiing: (1853) 11. 349. 21" 332 Z i n ^ e r 1 e selbst einer der angesehensten und reichsten Adelsfamilien des Landes angehörte, bezeichnend, dass er verhältnissmässig schonend die Bauern beurtheilt und die Waffe der Satire schonungslos gegen seine Standesgenossen schwingt. Gegen die Bauern sind folgende zwei Stellen gerichtet. An die Verse: die dritte tochter was falschait. die selbe wart verheirat allen pawern in dem lant, 346S wan den ist alle falschait bechant, die dem ital. Original entnommen sind, fügt der Dichter: iedoch main ich die fruinen nicht, ich main neur die vaischen wicht. da von fliegt in die tochter allerpest. ach ich wais ir vil in ainem nest, 3480 der ich nit wol getar genennen, aber doch so sein si leicht ze erchennen pei ir falschait, die si haben. ach und säch ich si die raben strälen an der sunne, 3475 allererst so biet ich wunne, und wenn das also war beschehen, und das dann iederman wurd ieben: zwar ich sich es von herzen geren, si haben es verdient an iren lierren. 3480 die in alle trewe teten, die selben si verraten beten. davon ist pilleich, das iederman den selben pauren sei gar gram, wan ir muet und sinn ist valschait vol, 3485 so sein si treu und eren hol. 3469 ach] als S. — 3470 tar nennen G Dr. — 3471 aber si sein so leicht S. so fehlt Q£tr. — 3473 die fehlt S G Dr. — 3474 sunnen S G Dr. — 3475 aber erst hett G Dr. wunnen G Dr. — 3476 also] nu G. geschehen S G. — 3477 das im dann S. 3483 dem S. gar] so »T. gar fehlt G Dr. — 3484 und ir sinn G. — 348S und aller e. G. Beiträge zur älteren tirolisehen Literatur. Fl. 333 davon so ist notdurft dapei. das man in g-eb ain valsche chrei, wo si wären in des landes ehrais, das man si die valsclien pauren hais. Hier meint der Dichter bestimmte Bauern, die ihre Herren verrathen hatten, und die Stelle ist wohl auf jene Bauern zu be- ziehen, die zu Herzog Friedrich gegen den Ade! hielten. An sie reihen sich folgende Verse: Ach möeht man die valschait 3785 erweren aller christenhait! wan valschait hat alle poshait inn. wer valsch ist, der hat valschen sinn. valschait ist der poshait fundament, valschait ist des teufeis present. 3790 der hat si geben in aller weite ehrais ainem volk, das man pauren haist; wan die selben habent si frue und spat, als sich das wol erzaiget hat. aber das mich niemant verdenket! 3795 der sei zwirhalb ertrenket! ich main neur die valschen wicht, aber den frumen wünsch ich nicht anders zwar, denn eitel guet. also stet mir gen in mein muet. Es zeigt von der Gewissenhaftigkeit und Milde des Dichters, daß er beide Male nicht den ganzen Stand verwirft, sondern die Guten ausnimmt, und später einmal sagt, daß drei entartete Edel- leute nur einen Bauer werth sind : und gelten doch neur drei ein pauer. 6707. 3486 so fehlt G. nottiirftig G. — 3488 waren W. sei varen G. dem lande krais S. landkraiß G. — 3784 auch WS. man erweren die v. F. — 3783 erweren] ge- mainiclich F. — 3786 alle poshait hat inn W. hat fehlt 5. helt G. alle die p. S. — 3787 wer] der 5. — 3789 present?. F. — 3790 sei F. aller der weit WS. chraise F. — 3791 haisse F. — 3793 als das sich W. — 3794 iemant W S G Dr. — 3793 sei] seu F. si W S O. zwirunthalb G Dr. — 3796 nuer F. nur G. — 3797 den] ainem W. — 3798 anders nicht zwar dann F. 334 Z in jrerle Viel öfter und energischer greift er den Adel an und spricht da- bei so vorurtheilslose Ansichten üher diesen Stand aus, daß wir dieselben für jene Zeit bewundern müßen. Schon V. 2090 wendet er sich gegen den Geiz der Herren: 2090 ich gelaub, man vind der herren ietz vil under der sunn, die da haben den selben siechtumb. wann ainer von im sol geben pfenning oder ros, . so vint er für sich da auf ain glos, damit das er im doch nicht geit. 2093 nun secht, wie sei der pöse geit so gar greuleich überzogen hat. und sieht doch nindert an chainer stat, das ir chainer desto reicher werd, wan er verleust davon wird und er. 2100 gab er aber schon und eben und wenn er ze recht solt geben, das chäm im wol zwifach wider ein. aber die herren geben ietz nur den ribaldein und den pösen falschen chlaffern ir guet. 2105 das macht auch, das nianig piderman tuet anders, wan er pilleich sol. wan er waiß das vor hin wol, das sein dienst ist zwirhalben verloren. aber pei den alten zeiten hie voren, 2110 do die herren gaben ir guet miltikleich, do namen si auf und wurden reich. so ist aber ietz vil maniger herr, der da nicht wil haben Avlrd noch er. das pleib also pei seinem alten sit ! 2ilS wan ich mag es doch erwenten nit. 2090 itzund F. vind ieU der h. vill sunnen G. — 2091 die selben G. — 209ö sei] sich W F G. — 2096 sieh so G Dr. sei so S. greuleich fehlt G. Dr. — 2097 doch fehlt F. nindert fehlt G Dr. an] in W. — 2101 und fehlt WS G Dr. — 2103 ietzund F. — 2103 manger G Dr. — 2106 denn G Dr. — 2107 vorchen S. 2108 zwier halber F. halb S G Dr. — 2109 hin W. — 2110 do die] die da G. willikleich F. — 2112 ietzund F. manig F. — 2113 haben weder w. G. — 2114 seinen sit S. — 2113 gewenden G Dr. Beiträge luv älteren tirolischen Literatur. 11. 33^ und ob ich mich denn vast darumb swend und verleus die weil all meine zend. wer legt mir denn ab den schaden mein? davon so wil ich mit g-emache sein. Gegen die Undankbarkeit, Unbarmherzigkeit und Habsucht der Herren ist auch folgende Stelle gerichtet: aber etlieh herren sein so trat, wenn man in lang gedienet hat, das ist gen in als wol erehant, als der da saichet an ain want. 6630 wan er denkt in seinem sinn tag und nacht, wie er in pring umb das sein, mit soleichem mort macht er pald auf in ain wort, das im wirt ain alefanz, 6635 und spricht, er wolt nicht an den tanz heuer zne der vasnacht gan. mit soleichem aufsatz hat man dann den gueten armen man gelaicht, oder man fficht, er hab g-esaicht 6640 heuer gen der sunnen dar, oder man gicht, er hab das iar gepadet mer denn drei stunt, damit das er umb das sein chnmpt. so haben die herren etleich rät. 664ö die selben die sein eren grät, wan si raten auf allefanz. man vindt die rate selten ganz. wie sol der guetes raten icht, der da selber ist ze nicht? 2116 mich fehlt F. dan F. — 2117 und auch v. G. verlur F. die weil] damit S. — 2118 wer] der G. ab dan den F. ab denn d. S. — 2119 so fehlt FS. — 6626 sind F. send 6. — 6627 wann F S. — 6629 stichet W G S Dr. an] in 5. — 6630 im in s. G Dr. — 6633 auf in] auch im F. ain fehlt WS. — 6634 alfanz FS — 6642 dann F. wenn G. — 6643 damit] e. 5. ee. G. kum G. — 6644 etslich W S. so habent denn ettlich herren raut G. — 6643 selben sein 5. graut G. — 6646 wenn G. sew F. alafanz W G. Oub Z i n g e r 1 e » 6630 so haben die rät den Neithart. der selb der wüstet an aller stat alle rate, hör ich sagen; wan es wil iegleicher haben. und ob man ainem geit dann nier, 663S das selb das müet den andern ser und wirt dann daraus ain neit, wan das ist zu aller zeit, das die niinnorn neiden ze aller stunt die merorn, das ist allen chunt. Er zählt nun die Tugenden und Vorzüge auf, die der Adelige besitzen soll, um diesen Namen zu verdienen, und fährt dann fort: 6680 auch gehört ain edelraan das von got alzeit an, das er beschirme arm und reich, als verr er mag. das ist pilleich. aber es tuet sich vast vercheren, 6685 man sieht vil wol die armen scheren. das selb ist nu der herren ampt. pfui hin, pfui hin, der grossen schant! das macht den adel an eren wunt. man solt si haben als die hunt, 6690 das si sich selber -wurden erchennen. ich wais ir vil, solt man sie nennen, die da nement guet für er. die selben solt man nimmer mer pei dem adel lan beleiben, 6693 man solt si miiglich fuder schreiben zue den valschen pösen wichten etc. 6650 hab F. neyhart F. — 6631 selb w. F. wüst WS. wachset G. — 6653 wenn G. — 6654 ainem fehlt F. dann] den F S G. mer er G. — 6658 mindern G S Dr. nident G. — 6659 merren ^y S. merern G Dr. uns allen F. — 6680 an ain e. F. .linem S G. — 6682 schirm G Dr. — 6684 verchenen F. — 6683 vil] si G S. scherren F. — 6686 selb und nu fehlen S G Dr. nu] itzund F. — 6687 phew ] phew G. — 6689 halten S G Dr. — 6690 das sew selber F. — 6691 man] ich Dr. — 6692 ere F. — 6693 sol 5. mere F. — 6693 raüglich fehlt If S F. pillich Dr. furder W. Scheiben Dr. — 6696 pösen valschen w. F S Dr. Beiträge zur älteren tirolisohen Literntur. II. 337 Ich übergehe das Fernere, da Zarncke diesen Abschnitt nach dem alten Drucke in der Zeitschrift für deutsche Alterthumskunde IX, 80 — 87 mitgetheilt hat. Ein andermal rügt er das tolle Treiben der Herren, die Anstand und Würde ganz vergeben, sich zu den Thoren gesellen und vielerlei Unfug treiben. V. 90öo — 9123. Am bittersten spricht er sich aber gegen den Stolz der Adeligen aus, die mit ihren Wappen Kirchen und heilige Geräthe zieren und sich er- frechen, Grüfte bei den Altären zu bauen. so sein etleieh also gestalt. 9645 die selben Meilen mit gewalt die leute noten darzu, das man in nicht spreche: „du", und wissen doch wol all geleich, das si auch sein ertreich 96o0 und das aller adel am ersten cham von Eva und von Adam. da vvil sich niemant an cheren. so haben ietzund etleieh herren die allersnödisten hoclifart, 965S als si ie bechennet wart, als umb die schilt und panier und ander wunderleich grojier, die da in der chirchen stecket und mit dem selben so wecket 9660 man neur die abgötterei und vergißt man got dapei. wan es sieht maniger man die Wappen also mit vleis an, das er vergißt der heilicliait da, 966S als da gicht Jeremia: 9647 nit zu spruch tue G. — 9649 si] wir /'. sein fehlt F. — 9630 und fehlt 5- und das] wann Dr. — 96ö4 a. snodist F. hoffart S G. — 96o3 ie fehlt F. — 9636 die fehlt G. — 9637 groyr WS- gewier F. wunderlichew groyer G. — 9638 den G. stecke F. steckent WS G, — 9639 wecke F. weckent WS G. — 9660 man fehlt G. nur FG. — 9661 u man v. F. — 9663 als 5 — 9664 der h. vergisst da F. haimlichait TT'. — 9663 gicht] staat in G. 338 Zing-erle „das volk hat verg-essen mein und hat mir g-echert den rucken sein". so schreibt uns davon alsus der vierde pabst Greg-orius 9670 in dem concilio Lug-dunensi. so list man es auch da pei in dem capitel und in der summ, das da sagt von der chircheii freiung-: „deinem haus zimpt die heilichait.'' 967S in dem capitel besleusset er und sait, das alle weltleiche ding-, die da sint der sunden urspring-, die sullen alle sein hin vor und nicht bechümmern den g^otleichen chor, 6680 wan an der stat sol man ain vergebnus der sunde han, und nicht raitzen da die sund. Wilhelmiis tuet uns auch chunt in seinem puech Raeional, 9683 das etleich edling- sein so ehal, die sich lassen genuegen nicht an den schönen panier licht, die da in der chirchen hangen, es müssen auch ir wappen prangen 9690 auf den kaseln uud umeral, da man got inne wandeln sol. so sein die kelch mit wappen geziert, da man got inne celebriert. das verhengen die pfaffen als gerait 969Ö unib aine pöse geitichait. 9666 Volk daz h. G. — 9667 keit G. lukch F. — 9668 so] da G. davon] von G. — 9670 begdunensi W. — 9671 so] und F. es sei auch F. da man auch da lizt G. dapei fehlt G. — 9673 besleusset fehlt F. er fehlt W. — 9676 besleusset er das F. rechtleiche F. fechtlichew G. rechtleiche S. — 9677 sund Ursprung F. — 9678 sullen sein a. W. allen G. hievor F G S. — 9681 sunden S. — 9683 bekant G. — 9683 edelleut F. sint F. senri G. — 9687 panern G. — 9690 g-aseln F. gasel 5. kasulen G. humeral G. — 9691 in W G S. — 9692 send auch d. G. — 9693 in 5 G. — 9694 als geraif] prait G. Beiträge z.ir älteren tirolischen Literatur. II. 339 als das auch gesehriben stat in dem eapitel und in dem rat, das da sag-t von der hegrebnus und das sich anhebt alsus: 9700 der selbe schad et cetera. ach wie ein pöse avaricia ist ain solieh simonei ! sullen nn pfafTen ain solieh chrei tragen mit den spilleuten, 970Ö die da pfeifen sullen den preuteo, und sullen wappen als herolt tragen I sullen si des ain ere haben, das si haben der pfeifer ampt? pfui hin, pfui hin der grossen schant! 9710 wissen si nicht, das das racional hat geordent kasel und umeral das iegleichs so! haben ain chreuz, das da sei für alle scheuz. es möcht sich leicht also fuegen, 9715 das etleieh den teufel truegen, ob er in wurd auf genät für ain wappen, also stät sein si an dem lieben got, also machen si in ze spot. 9720 So sein etleieh in disen tagen, die ir begrebnus pei den alteren haben. und haben doch gelebt in uncheusch ^ und in wunderleichem geteusch. warleich so war pesser das, 9723 das das selbe unrain as 9697 und raut G. — 9698 das da] da daz G. — 9699 das fehlt G. sieh] si W. — 9702 fehlt G. — Zwischen 9703 und 9794 hat G. und tribent also die Symony. 9704 damit G. — 9703 da tribent und pliffent G. da fehlt S. — 9706 sullen] soleieh F. a. ain h. G. — 9707 ain {jrosse e. G. — 9709 pfiß | pfiff G. — 9710 si fehlt F. — 9711 g-eornet WS. gaset S. und fehlt S huraeral G. — 9712 das] und S. iedleichs F. — 971ä lebendigen G. — 9719 si in machen ain söllichen sp. G. — 9721 grebnus vor dem altar wend h. G, — 9724 werleich WS. 340 Z i n g e r I e lag pei g-emainen leiiten, als Augustinus chan bedeuten. Zurückhaltender als gegen die Herren ist unser Dichter gegen den Clerus. Außer der angeführten Stelle 9694 streift er einmal im Vorbeigehen diesen Stand in den Versen : der pfenning ist also gestalt und war der winter noch als ehalt, so singt der pfaff an underwint. die weil man im das opfer pringt. 7268 ff. und spricht sich im Abschnitte von der Zauberei gegen jene Priester aus, die solche lehren 7701 — 7721. Von den Frauen spricht der Dichter anfangs Gutes 720 und ver- theidigt sie gegen Salomons ungerechten Spruch, dass er nie eine gute gefunden habe. Es sind vor und nach ihm viele zarte, reine Frauen gewesen und Salomon habe dies nur im Zorne geschrieben. Besitzen die Frauen üble Seiten, so haben sie auch viel Gutes. Es gibt ja auch nur gar wenige Männer, die tadellos sind. Wer ein schijnes, hehres Weib, die ihm Freude und hohen Muth gewährt, schilt, der würde besser schweigen. Ein solcher ist ein Narr und ein Thor. 804 — 849. Später geisselt er aber die Putzsucht und Hochfahrt vieler Frauen in kräftigster Weise und schildert uns das Treiben derselben. Manige frau wil haben ain chappen, die sechs eilen hab ze läppen, so wil die dritt ir zotten formieren mit vehem aus, das sol nu zieren, 9420 wenn si vast im chote sweben. * so wil die vierde niemant geben enpfor als chlain als umb ain har. die selb die wil denn haben gar ir zotten gar durchhawen. 942Ö so ehan die fünfte prawen ain newen funt wunderleich. das selb ist ietzund hofleich, 9727 sant Augustin G. chan fehlt G. — 9416 so will dann m. G. — 9419 ausnan G, — 9420 si im chot vast sw. W B S G. — 9421 emphor B. chlain nur als B. — 9427 selb das i. WS. ietz nu W. nu ietz G. Beiträge zur alteren tirolischen Literatur. II. 34 1 und welche die allergrösten läppen in dem chot lat nach slappen 9430 und die vil plunder verwüsten chan. so sein dann etleich frawen man worden ietzt in ehurzen tagen, wan was die man an tragen, das wellen si alles tragen nach 943o und dennoch das selb wol zwivach. wil der man ain chappen tragen, so wil si zwiei' ain grösser haben, oder wil der man tragen an ain langen rock, so wil si han 9440 ainen, der do sei vil lenger, wil sich dan der man enger ziehen in sein underiop, so Avil si ie haben selb das lob, das si wil die chlainist sein. 9443 wil er sich dann ziehen ein mit abgenäten preisen, so lat si sich nicht weisen, si well zvven preise also han, die mit nesteln sein gechnüpfet an. 9430 wil dann der man tragen ain chranz, so wil si haben ainen schober ganz von pluemen und von grünem gras. wil er dann sagen etwas abentewerlicher spile, 9433 so chan si sein zwier als vile, 9428 grossisten F. — 9430 plunders G. — 9431 seind F. dann] doch S. fr. selb« m. G. — 9432 iefzund FS. ietz felilt G. — 9433 fehlt G. — 9433 dannoch F. dan- nocht B G. zwiflach G. — 9437 ain zwir grosserew F. — 9440 da vil sei 1. B. do fehlt S. — 9441 danne F. denn W GS. — 9442 underiope W. underioppen FS. seiner underiuppen G. — 9443 seih fehlt F B S G. den 1. W. lobe G. — 9444 klalnost G. — 9443 danne F. denn W G. — 9447 nit abweisen G. — 9448 wil S. — 9449 seien knepfet an G. — 9450 denn G. — 9432 grünem fehlt BGS. andern W. — 9433 danne F. denn W G. — 9434 spüle W. spil F. — 9433 zwirot G. Til W B F. 342 Z i n {,' e r I e v>\\ dann der man über iant varn, so wil das weib zehant auch die fremden leute sehen. wil er dann ain wort iehen. 9460 so wil si iehen dren. davon wais ich nicht, an wen die man haben vortail, wan das si haben ain chlain hail, das wir pruech tragen an. 9465 doch vindt man manige also getan. die da prnech und hosen trait. und sei dennoch sein ain mait. aber es ist unweipleich. wan iederman sol mit seim geleich 9470 trag-en, als das im puret, an. Auch hier nimmt der Dichter die braven Frauen aus, fährt aber dann im Tadel der hochmüthigen schonungslos fort: 9496 doch main ich nicht die artigen, ich main neur die widerwärtigen. darumb so sol man mir es nicht verfahen in gram. 9o00 das ich die frawen straffen well. ich tnen recht als ain gnet gesell, dem laid ist, was frawen nnert, M'an frnmme frawen sein so wert, das man sei pilleich waren sol 9S05 von dem, das in nicht ehnmpt wol. docli vindt man manige also getan, die sich nicht wil straffen lan. «4Ö8 Iant W B S G. — 9439 denn G. — 9461 ich fehlt /'. nicht fehlt G — 9462 das daz die m. G. — 9463 wenn G. — 9464 wir] si W. — 9463 manigen /". mengew so wolg:. G. — 9466 hoss G. antrait S G. — 9469 solt B G. seinen» B S. 9470 als in dns BGS. in W. im gepüret F. — 9496 fehlt 5. ich inain nicht recht ä. G. — 9497 ich] doch S. nur FG. — 9499 es fehlt F. es nit für vbel han G. — 9303 fiömde fr. F. frawen die s. G. — 9304 si W B. hilleiehen B. — 9505 vor G. — 9306 man fehlt 5. — 9307 n. straffen wil F. Beiträge zur älteren tiioiisclien Liternfiir. II. 343 ob man ir ratet nutz und ere, so spricht si für sich: ^ich pin sere 9S10 edel von meinem gesleehle. wie chund ich oder mochte icii das geben immer enpfor. das aiu soleich hndel vor solle vor mein also gan? 9S1S so han ich als ain edlen man. als der ir immer wirt. DU seeht mir zue, wie rain uns schirt die arme edel in disem lant. so M'il si haben ain gewant 9o20 von perlein und von spangen. darinn so wil si prangen neben der hohen Fürstin, und hat die weil ir chuchen in nicht als vil. das man 952o geziehen möcht davon ain lian, und wil dannoch als edel sein und mues doch oft wasser für wein an irem tische trinken und manigen dürren Schinken 9530 mues si essen von dem kastraun. das ist ir wiltprät und kappaun. aber wollen si volgen mir. so Moll ich in raten schier, das ir lob wurd weil erchant. 9535 wenn si anlruegen gewant. das da Jiet maß und fueg, si bieten dannoch adels genueg, 9Ö12 ich fehlt G. immer geben FG. empfore W B S G- — 9313 solcher B S. sollieher G. hulde B. vore IP G. — 9514 «olt vor mir G. seid also vor mein g. F. — 9ölo ainen edeln B. edel F G S. — 9317 sirt W B S. — 9318 der arm adel G. armen B. seinen landen 5. — 9321 so fehlt G. si fehlt F. wil fehlt W. — 9322 höchsten G. — 9323 hat fehlt W. chöchin FG. in fehlt G. — 9324 als das man G. — 9323 davon fehlt G. — 9326 dennoch WS. — 9327 doch fehlt B. — 9329 türen schenkten G. — 9330 gastraun F. — 9331 fehlt F. — 9333 in] ir F. — 9333 wanne F. sy nur an G. — 9336 da] das G. hat 5 G. das ma« hiet u. F. — 9337 dennoch WS. 344 Z i n g e r I e wan der plunder macht nleman edel, als ich gehört han. 9540 aber schöne zucht die macht adel, tugent maniger seaeht. davon sprich ich auf meinen ait. das chain pliinder pas chlaid als ain wäre diemuet. 9345 die selb ist edel und guet. si gee binden oder vor, so hat si doch enpfor, das man sei bechennet wol, da man leut prüefen sol. 9550 und ob sich aine zwinget und sich herfiir dringet, die da her binder pas gebort, so ist doch das der weisen wort: „die närrin die erchent sich nicht". 9555 nu hab si dank, die es übersieht! zwar si ist von rainer art, aber ene mit irer hochfart, die wirt zue gespöt damit. so haben etleich ainen newen sitt, 9560 ob si halt aine lat vor gan, so lat sis doch nicht oben stan gen der tenken hant umb nichteu nicht, wan si deucht sich sein enwicht. das selb sein sin mit langem bar. Neben den Rügen der Eitelkeit und Hochfahrt der Frauen, des Geizes und des Stolzes der Adeligen geisselt der Dichter vorzüglich den Aberglauben seiner Zeit. Dieser für die deutsche Culturge- 9338 der fehlt ß. plündert der F. — 9340 z. macht W B G S. — 9341 mangerlai (i. — 9342 darumb G. — 9344 als] das F. — 9343 adel GS. — 9346 gang hindan G. voren W B. vore S G. — 9547 enphore W B S G. — 9549 da] daz W. — 9331 sich fehlt G. — 9332 her] hin G. — 9333 doch fehlt G. — 9534 narren B. der- kent SG. — 9335 die es] das sy F. — 9357 ene] ainew G. ir G. der F. — 9338 ze Spot FG. — 9560 aine fehlt S. — 9361 sis] si sei B. si sie G. sichs F. ob ir G. ob stan W B S. — 9362 nichte W B G. Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. II. ö4d schichte und Mythologie so hochwichtige Abschnitt, V. 7S95 — 8497 den Zarncke als besonderes Gedicht bezeichnen möchte ij, ist von J. Grimminseinerdeiitschen Mythologie ([.Auflage, Anhang LI — LVIII) nach Codex G und von mir nach F veröffentlicht worden^). Gervinus sagt, diese Steile könne als eine klassische für diese Gegenstände gelten und der Dichter, eine gar gute Seele, verrathe an dieser Stelle so viel frommen Ärgers , als sonst frommen Glaube an Legenden und Heiligengeschichten 3). Vintler zeigt hier, wie in seinen Stellen über den Adel, dass er einen scharfen Blick für die Gebrechen seiner Zeit habe, dass er unbeirrt durch Vorurtheile auf der Höhe seiner Zeit stehe. Sehr bezeichnend für ihn und seine vorgeschrittene Bildung ist die Stelle über die von vielen Tirolern noch heutzutage geglaubten Hexenfahrten. : Sand Augustinus also gicht : „es vert ehain menscli nicht 8170 und wänt doch maniger, das er var", das mag man wol nemen war . an den pösen leuten unrain, die varen und sein doch da haim, als man des guet beweisung hat, 81 7S das der leib nicht chumpt von stat. aber si werden verzucket im sinn, das si wänen, si varen dahin, und mit dem bestrickt si Sathanas, das si im gelauben dester pas. 8180 wan wer sich also dem teufel ergeit, der wänt, er vare alle zeit, wanne doch der teufel hat nicht gewalt an chainer stat hie über des menschen leben, 818Ö im wellen denn die menschen selben geben. ') Zeitschrift für deutsches AUerthum. IX. 69. 2) Sitten, Bräuche und Meinungen des Tiroler Volkes. (I8ö7.) S. 187—198. 3) Geschichte der deutschen Dichtung-. II, 3öO. 8168 auch s. S. Augustin auch F. Augustein der auch G. — 8173 hie baim WS. — 8174 guet fehlt F. — 817ö entzucket S G. — 8178 dem so stricket G. — 8180 dem t. also e. G. — 8182 wan W S G. teufel der h. W S G. — 8184 daz G. — 818Ö den WS. wel danne der nien.«ch selb g. F. denn sich die ni. G. selber W S G. Sitzb. d. phil.-hist. CI. LXVl. Bd. II. Hft. 23 346 Z i n g ü r I e und über die vermeinten Künste alter Weiber spricht er: und ob das also sein solt, das ain altes weib g-ot zwing^en wolt, 8460 so war er ehneeht and si war Herr, nain zwar, si sein der Avarhait verr, die soleich ding- also g-elauben. Wären Vintler's gesunde Ansichten durchgedrungen, hätten nicht so viele Opfer auf den Scheiterhaufen ihr Leben lassen müssen «). An Ausfällen gegen die entarteten und wirren Verhältnisse seiner Zeit, über die Corruption seiner Zeitgenossen im Allgemeinen fehlt es nicht. StofY hiezu war ja genug vorhanden und musste unsern Dichter, mochte er in seinem Urtheile noch so milde sein, zu Entrü- stung und ernstlicher Rüge stimmen. Diese entfaltet sich in allen Scalen, vom leisen Tadel bis zur heftigsten Verdammung. V. 2386 ff. klagt er, dass die Schmeichelei und Falschheit an die Stelle der wahren Freundschaft und der Aufrichtigkeit getreten sei. 2386 wan wer die sind, die geren smaichen, die wellent die leut nur alzeit laichen und machen in mit valseher red freuntschaft. die selbe freuntschaft hat doch nicht chraft 2390 und ist ietzund ain pöser sit, das sieh iederman liebet damit, paide alt und auch iunge. etc. V. 3374 fF. klagt der Dichter, dass die Treue abgenommen habe und Ungerechtigkeit und Falschheit allenthalben herrschen. Ach, was man sein doch ietzund pfligt, 3375 das nieniant trew gen trewen wigt! wan wer ietz den herren recht tuet, den pringt man für sich umb sein guet; 8459 ain pöLS altes G. 1) Über Tirol vergl. in dieser Beziehung: Barbara Pachlerin nnd Mathias Perger. Zwei Hexenprozesse. lnnsl)ruek, Wagner 1858, S. VI. VII. 2386 sein W. — 2390 ietzund] doch ietz W S G. grosser W S G. — 2391 sich fehlt G. lebt G. — 2392 auch fehlt F. — 3J74 doch sein S G. — 3376 ietzund F. Beiträge zur älteren tiroliseheii T/iterahir. !I. «J4-7 aber wer da ist ain wiietreich, und der verderbet arm und reieh 3380 wider got und wider reclit, der ist den herren ain lieber chneclit, und der da vil smaicherred chan, der ist den herren ain lieber man; und der auch nicht achtet treu noch er, 338S den» geit der herr sicher mer, denne er ainem trumen tat, der da piderb ist und stät. und der nicht näm alles guei, nur das er soll haben den muet, 3390 das er iemant betrüben wolt, dem selben wirt man nimmer holt und ist nii altfränkisch g-enant. aber nu so ist ain newe hant, die hat ietz g-ar vast iren lauf, 3395 unz das die vier iehen: „heb aiifl" da ist es danne alles ab. wann man in trait zue dem g'rab, so volg"ent im seine werk nach, si sein guet oder swach. Besoiuiei's eifert Vintler gegen den Geiz und die Habsucht seiner Zeitgenossen. Eine der schönsten und kräftigsten Stellen ist in dieser Beziehung die folgende: was doch der pfenning wunders tuet I 72 lö mein her pfenning ir seit ze fruet. mir ist laid, das man ewer gert so geitecleich, ir seit so wert, 3378 wer] wa G. — 3379 der da v. W S G- — 3380 und auch w. G. — 3381 ist ietz; d. G. — 3382 sniuichred 5. — 3384 achtet fehlt G. noch] und G. — 3383 sicher] schir 5. — 3387 pider FS. und auch st. G. — 3389 haben soll 5. — 3390 das iemant kain h. G. — 3391 selben dem w. 11'. — 3392 und] der selb F. — 3393 nun ist so F so fehlt 5. — 3394 hat] ist F. ielzund F. — 3395 hintz W S G. sprechen G. — 33915 da] daz W. G. denn W S G. — 3397 in fehlt F. ainen tragt B. — 7216 begert G. — 7217 geitticleichen F. so] sein F. 23' Ii4ö Zirigerle das ir seit in hoher füisten rat. eu müßen die weisen gehen stat. 7220 ir chaiifet chirchen und caplan, ir habet maniger frawen laid getan an ir ere, hör ich sagen. ir machet manigen grossen zagen, ir nempt den diep von galgen und von panne 7223 und seit doch nicht als groß, als ain spanne. wer stet und purg gewinnen wil, der mueß ie haben pfenning vil. der Pfenning machet valsches getichte, der pfenning wendet guet gerichte, 7230 der pfenning chaufet allen rat, er chaufet got, der uns geschalFen hat. nu merket alle, ob ir wellet, was der pfenning Wunders stellet, das er den frumen oft scheuhet 723o und hin zue dem pösen fleuhet! der nie gewan preis noch lob, den selben setzet er nu ob über manigen piderman. ei zwar, das ist nicht wol getan, 7240 das so hoch ist dein ampt. du wirst am lesten doch verprant. ich sprich das wol und ist auch war: biet ainer alle weishait gar, die David het und Salomon 7243 und war als starch als Sampson, all sein chunst war im enwiclit, und biet er nu der pfenning nicht. hat er aber gelt, so ist er lieb, er sei rauber oder dieb. 7220 kapellan WS. — 7224 von dem | von dem G. paiimen F. — 7227 ie fehlt G. — 7231 uns all W S G. — heschnffen W S. — 7234 er fehlt G. swechet G. — 7235 flueehet G. — 7237 sitzt W. — 7238 iegleichen W S G. — 7239 das] es G. nie G. — 7242 auch] doch F. — 7244 und auch 6, — 7247 nu] nuer F. — 7248 h. aber er WS. solt W. Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. II. 349 72S0 und wie lieb der pfenning- immer ist, so ist er doch nuer ain mist. so wais ich wol, das manig-er ist, und ehäm ietziind der endechrist, das er pfenning- g-eben wolt, 72S5 er fund ir vil an seinem solt, die im dienten frue und spat, netir das si pfenning- wurden sat. ich glaub auch, biet man so vil g^elt, das man erfüllen möcht die weit 7260 unz auf an poliim articum und under sich unz an den centrum, dannoch fund man manig^en man, der sich nicht lies genuegen daran, und wissen doch all für war, 726S das wir nicht leben tausent iar und stellen doch darnach alle g-eleich, als ob wir leben wellen ewicleich. der pfenning ist also gestalt und war der winter noch als ehalt, 7270 so singt der pfaff an underwint die weil man im das opfer pringt *). Dass unser Dichter namentlich gegen die Hochfahrt einzelner Stände eifert, ist schon bemerkt worden. Am schärfsten spricht er sich aber gegen diese Sünde in dem nach ihr benannten Abschnitte aus, wo er empört über diese allgemein verbreitete Untugend das baldige Einbrechen des göttlichen Strafgerichtes in schwunghafter Weise wünscht. 7250 doeh immer F. — 7253 ietz W S G anterchr F. — 7256 und auch G. — 7260 hintz WS. piß G. — 72l!l und auch G. untz S. piß G. — 7263 benuegen F. — 7264 doch wol G. — 7267 wellen leben G. — 7269 also G. — 7270 sung 5. *) Diese Stelle erinnert an ähnliche Klagen über die Macht des Pfennigs , z. B. Freidank 147, 17. MSH. IF, 188". 111, 166\ Keller, alte gute Schwanke S. 71. Keller, Fastnachtspiele 111, 1183. 1437. In unverkennbarem Zusammenhange mit unserer Stelle steht ein Spruch in der Kolmarer und Wiltener Handschrift (s. meinen Bericht über letztere. Sitzungsberichte XXXVII, S. 378), der manchmal wörtlich stimmt. 350 Z i n g e rl e Starker g-ot, ich pitt dich nit nier, das dein gericht verziehe sich. S74ö chiim, strenger richter, rieht und rieh, laß halt die toten all auf sten, das diser weite untren niueß /.ergen, geruech ir valschait stören. laß, almechtiger g-ot, dein zoren, S7o0 laß dnrch die grab erhellen die Johannes hören und erschellen ! wirf auf Johannes angen, seit si an dich nicht wellent g^lanben! slach mit Johannes swert, S75S wan si setzent dich unwert! tritt mit Johannes füssen g-ar! Johannes stim laß werden offenbar, das es hören, was menschen, engel, teufel sintI richter, rieht über der weite ehint, S760 seit si der trewen sint so lär. sweiga, mein Hans Vintlärl du macht es doch nicht erwenten. warumb wildu denn dein atem swenten? Wenn ihn hier seine Entrüstung zum äußersten treibt, so zeigt er sonst in der Regel ein ruhiges, mildes Gemüth, ein billig abwä- gendes Urtheil und kennt nur einen Zweck, durch seine Schrift zu be- lehren und zu bessern. Ferne liegt es seinem Charakter, als strenger, stolzer Sittenrichter über andere den Stall zu brechen, er betont zu wiederholten Malen seine eigene Schwäche und zeigt sich durchwegs als einen ernsten und gerechten, aber bescheidenen und liebevollen Mann. Nur die Fehler und Wirrnisse seiner Zeit entrüsten ihn und zwingen Ihn zu feuriger Rede und härteren \A'orten. An poetischer 5743 dich fehlt G, — ö74o rieh] rieht G. — 3746 all fehlt G. ;ille totten auf F. — 3747 iiuig S. ergen G. — 3749 fehlt F. — 37Ö0 laß] das W S F G. gräber erhelle G. — 3731 hören] hören S. tot erhören G. — 3733 nicht fehlt WS G. — 3733 sew sitzet dich doch u. F. schätzend G. — 3736 trit] tat S. — 3737 stim fehlt S. wern S. — 3738 höret W. — 3739 rieht, rieht W. die S. — 3760 sein also F. send der trewen 1er G. — 3761 sweig W SG. Vinciär W. — 6762 doch es nit G. — 3763 warumh] wes G. wildu dein atem dann sw F. sehenden G. Beiträge zur älteren tirolischen Literatur. II. ö51 Begabung und Bildung steht Vintler weit seinem Zeitgenossen Oswald von Wolkenstein nach, überragt ihn aber durch den Adel seines Charakters, durch seine sittliche Lebensanschauung. Bei beiden Dichtern zeigt sich der Einfluss italienischer Literatur. Vintler be- arbeitet ein wälsches Buch, Oswald kennt Dante und Petrarca. Lehnt sich aber Vintler an seine Quelle meist gewissenhaft, ja ängstlich an, so wandelt der Wolkensteiner selbständig seine eigenen Wege. Besitzt Vintlers Werk im Ganzen nicht hohen poetischen Werth, so ist es dagegen für die Cultur- und Sittengeschichte jener Zeit von grosser Bedeutung und biethetfür dieKenntniss der damaligen Sprache reiches Material. I Verzeichniss der eiiijfejjang-enen Druckschriften. OOo VERZEICH!\[ISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (NOVEMBER 1870.) Adams, W. , American Interoceanic Ship Canals. New York, 1870; 80. Akademie der Wissenschaften, König]. Preuss., zu Berlin: Monats- bericht. Juli 1870. Berlin; 8". Association, The New York, lor Improving the Condition of the Poor: The XXV"' and XXVr" Annual Reports, for the Years 1868 & 1869. New York; 8»>. Blake, William P., Geographical Notes upon Russian America and the Stickeen River etc. Washington, 1868; 8'\ Charter of the City of Albany, as amended by the Legislature of 1870. Albany; 8o. Cowdin, Elliot C, Report to the Department of State on Silk and Silk Manufactures. Washington, 1868; 8o. Gel ehrten- Gesell Schaft, k. k. , zu Krakau: Rocznik. Tom XVI & XVII. W Krakowie, 1869 & 1870; 8*>. — Sprawoz- danie komysyi fizyograficznej. Tom IV. Krakow. 1870; 8". — Majer, J., Pamietnik pierwszego zjazdu lekarzy i przyrod- niköw polskich odbytego w r. 1869. Krakow, 1870; 8". Gesellschaft, Archäologische, zu .Athen: Archäologische Zeit- schrift. II. Jahrg. Jahr 1, Heft 1 — 14. (1862, Januar-August; 1863, September-December; 1869 & 1870.) Athen; 4o. — Geographische, in Wien: Mittheilungen. N. F. 3. Nr. 13. Wien, 1870; 8o. Hamelitz. X. Jahrgang, Nr. 36-37. Odessa, 1870; 4o. Helsingfors, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1869/70. 4» & 8«. o04 Verzeiohniss der eingegangenen Druckschriften. Honors, Legislative, to the Memory of President Lincoln. Albany, 1865; 8«. [nstituut, Koninkl., voor de Taal-, Land- en Volkenkunde van NederJandsch ludie : Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volken- kunde van Nederlandsch Indie. IIL Volgreeks, IV. Deel, 1. Stuk. "S Gravenhage, 1870; 8o. Johnson, Edwin F.. Railroad to the Pacific. Northern Route. Its General Character, Relative Merits etc. New York, 1854; 8». Lewis, Tayler, State Rights: A Photograph tVom the Ruins of ancient Greece, with appended Dissertations of the Ideas of Nationality, of Sove-Reignty, and the Right of Revolution. Al- bany, 1865; 8o. Message, Annual, of the Governor of the State of New York. Albany, 1870; S«. Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 16. Bd., 1870, Heft X. Gotha; 4«. Proceedings of the second Annual Meeting of the National Board of Trade, held at Richmond, December, 1869. Boston, 1870; 8". Report, Annual, of the Adjutant General of the State of New York. 1863—1865. Albany; 8«. — Vir\ VIR* & X'" Annual, of the Superintendent of the Insurance Department. State of New York. Albany, 1866, 1867 & 1869; 8^ — Annual, of the Comptroller of the State -^j (rocik). Formen, Avelchen wir im Pehlewi noch begegnen. jL (pd'i) ist zunächst aus pdy entstanden, dessen ^ aus dem dh von -^qj^q (pddha) nach einem eigenthüm- lichen Lautgesetze sich entwickelt hat. Die Form Xj's>- (khdnayij steht zunächst für khdnakiy , eine Ableitung von khdnuk (ältere Form für ^Ic^) mittelst des Suffixes -iya. Indem wir nun die Wirkungen des Auslautgesetzes an den ein- zelnen Formen der Sprache betrachten wollen, werden wir dieselben nach den beiden Kategorien Nomen und Verbum einer kurzen Musterung unterziehen. 24' 364 Müller A. Nomen. Nach dem Zustande der Sprache, seit mehr als 1000 Jahren, zu urtheilen, sind dem Nomen heinahe sämmtliche Casusformen früh- zeitig abhanden gekommen. Gegenwärtig tritt, mit alleiniger .4us- name der alten Themen in -ar, überall das seines Auslautes beraubte Thema für alle Casusformen des Singulars ein, wodurch Umschrei- hung der Casus durch äussere Mittel nothwendig wird <). Im Plural tritt der Genitiv als Repräsentant aller Casus auf, wodurch wiederum dasselbe Bedürfniss wie im Singular hervortritt 2), Diese Thatsache findet einerseits in dem soeben entwickelten Auslautgesetze ihre Erklärung, andererseits in dem Verlust einzelner Casusformen, dem wir ja schon in den Keilinschriften (wo bekanntlich der Dativ ganz fehlt) begegnen. So scheint der Genitiv Singularis, nachdem das mit ihm regelmässig in Verbindung stehende Relativum ya- denselben hinreichend charakterisirte, frühzeitig verloren gegan- gen zu sein. V'on den Themen haben auch im Persischen jene auf a-, als die zahlreichsten, sich die übrigen, namentlich die consonantischen assi- milirt. So entstanden aus altbaktr. j«ü-^(i>» (khs(tpan-) , m"^"*^ (raocaüh-) , die Themen khsapa-, raoca-, welche gerade so wie mavtya-, vehrka- tlectirt und dann, gleich diesen, nach dem Auslaut- gesetze verändert wurden. Die Themen in -ar gingen nicht, wie im Ossetischen in Themen auf -a über (vgl. ossetisch <^iA^pita-, ^i^A, = mdtn-) , sondern wurden in Themen auf -ara verwandelt. So entstand aus intar- ein Thema pitava-, aus mdtar- ein Thema mätara-, aus q'afihar- ein Thema qanhuru. Dem Plural sind sämmtliche Casusformen bis auf den Genitiv abhanden gekommen und ist derselbe als Grundlage für die durch 1) über dieselben vgl. meinen Aufsatz : „Die Declination des Neupersischen und Osse- tischen"' in den „Beitrügen zur vergleichenden Sprachforschung von Kuhn und Schleicher, Bd. V. 2) Neup. -dn kann nur -dndm entsprechen (nach Abfall des schliessenden dm), nicht aber -um, wie VuUers (Grammatica linguae persicae II. ed. pag. 162) lehrt, oder dn (Accus, plur.), wie ßopp (vgl. Gramm. II. Aufl. I. §. 240) behauptet. Letztere Ansicht ist schon deswegen abzuweisen, weil der .Accus, plur., welcher im Alt- baktrischen wohl auf -dn ausgeht im Altpersischen auf -ö auslautet. Eranica. 365 äussere Mittel gebildeten Casus eingetreten. Nachdem aber, wie wir gesehen haben, beinahe sämmtliehe Themen in solche auf -a yer- wandelt werden, so ist auch überall die bei den Themen in -a gel- tende Form des Genitivs auf -diidm eingetreten i). Nach diesen Auseinandersetzungen lässt sich das Verhältniss der alten Cosusformen zu den nach dem Auslautgesetze entstandenen neuen ohne grosse Schwierigkeit begreifen. Thema agpa. Singular. Alfbaktrisch. Altpersisch. Nom. agpag (vor ca), ncpö acpa Acc. acpem acpam Abi. acpdt acpd Inst. agpd agpd Loc. agpe f'cpaiy Gen. aQpaq'yd, agpahe acpahya Neupersisch. (asp) Plural. Nom. agpänhö Acc. agpän Instr. ugpais Local. agpa ein Genit. agpanam agpdha agpd agpaibis agpaisuv agpdndm verloren gegangen. (JLjI (aspdii) ') Oder ist der Accusativ singular. als Grundlage für diese Formen anzunehmen, Darnacii wären neupersisch jSt Cpidat'J . j^^ fmddar) , ^/^l^^*" (khfähar) altbaktrischem gJVinpjgj (pitarem), gJ/M^ojoif (matarem), jj/jj^vJiJ>" fq ahharem) entsprossen. Ebenso neupers. ^OIJ (däddr) =A\iha\iiv. iV^'^'"'\ (dätiirem). — Bei dieser Annahme erklären sich dann Formen, wie OUv**! (dsmdn), ö'O (rawdn), LZj (sahän), aus den Accusativen. altb. (^jügj^ii (acmanhn) , g^|.ui>)1> (urvdnem), 5{ji)gja)kuj^ (kksapanemj gegenüber von xCs»- ^cagm), p »>- (carm). *s- (tukhm) = jigwjiiju (caima), j»{{1i)(« (carema), jig^isji^ (taokhma) auf eine einfache Weise. — Es ist möglich, ja sogar sehr wahrscheinlich, dass der Accusativ im Singular dieselbe Rolle spielt, wie der Genitiv im Plural. 3(>6 Müller Die an die Nominalform , sowohl im Singular als im Plural, angehängten Suffixe (die sogenannte Idätath, das C^J-^-j^ ^\> , das Suffix \j) sind tonlos. Nur das Suffix U (-hd)^^, welches \\.e\\ Plural unbelehter Wesen bildet, gegenüber dem organischen Suffixe -an, welches in der Regel den Pltiral belebter Wesen bezeichnet, zieht den Ton auf sich, daher U Ai'o- (khdneh-hä) von AJlc^ (khdneh). Adjedivuiii. Das Adjectivum wird im Neupersischen bekanntlich nicht flec- tirt, d. h. es werden ihm die lach Verlust der auslautenden alten Flexionsendungen dem Nomen angefügten Casus-Partikeln nicht an- gehängt, welche als solche nur dem Nomen zukommen. Seine Ver- bindung mit dem Nomen, falls es im attributiven Verhältnisse zu demselben steht, wird mittelst derselben Zeichen wie jene des Geni- tivs mit dem ihn regierenden Casus bewerkstelligt. Als Steigerungssuffix gilt für den Comparativ -tara = neup. J' (tar) und für den Superlativ entweder das Suffix -itena oder das mittelst des Suffixes -uena von dem Suffixe -tara abgeleitete -taraena = neup. ^>y (tarin~). [)aher lautet von neup. _li;J» {buzurgj = altpers. vazraka, der Comparativ ySjj> (huzurg-tar), der Super- lativ \J!^j>j> (huznrgin) oder ^yj'^j^ (buziirg-tariii). Pronoiiieii. Dem persönlichen Pronomen sind in der neupersischen Schrift- sprache sämmtliche Casus-Formen, bis auf den Genitiv, abhanden gekommen, daher auch, wie beim Nomen im Plural, der Genitiv als Thema überhaupt eintritt. Das Verhältniss der neuen Formen zu den älteren stellt sich folgendermassen dar: 1) Dass dieses Suffix unmöj^lich aus der Nom.- Acc.-Form der >'eutral-Theinen in -ahh sich entwickelt haben kann, wie von vielen Seiten behauptet wird (Bopp, vg^l. Gramm. II. Aus». Band I. §. 241), sondern unorganisch ist, beweist schon der Umstand, dass es auch Adverbia bilden hilft und in der alteren Sprache auch den Formen in -an im determinativen Sinne angehängt wird. — Übrigens ist das h des Suffixes lÄ> aus einem Dental entstanden, wie das gleichbedeutende ossetische Suffix -tha, -tk(i darthut. Eranica. 3G7 Altbaktrisch. Altpersisch. Neupersisch. 1. Pei's. singul. mana mand '^ (manj 1. Pers. plur. ahmukem nmilkham U (md) 2. Pers. singul, tnva — y (tö) 2. Pers. plur. yüsmdkem — Uj (sumd) Diese Themen werden, sowie die übrigen Pronominal-Themen, in derselben Weise wie jedes andere Nominal-Thema behandelt. Merkwürdig erscheinen im Neupersischen die persönlichen Pronominalsuffixe, welche nicht nur dem Nomen, wo sie im Genitiv stehend gedacht werden müssen, sondern auch dem Verbum, wo sie sowohl das nähere (Accusativ), als auch das entferntere Object (Dativ) bezeichnen, angehängt werden; z. B. Oj-X^ (pidar-at) „dein Vater", s2^^j.>:> (didam-at) „ich habe Dich gesehen", J^jb (dddam-at) „ich habe Dir gegeben". Die Singularformen derselben: 1. Pers. >> (-am) 2. Pers. O (-at) 3. Pers. ^i f-^jJ.i (piddr-sdn oder piddr-i-sdnj , --i^' (bhidm-at), dagegen JU-oJ^js (dtdam-at). B. Yerbum. Das neupersische Verhum zeigt dieselbe Einfachheit wie das Nomen; wie dort sind auch hier die alten Formen bis auf einige wenige verloren gegangen und müssen nun durch neue Bildungen ersetzt werden. Nebst dem Infinitiv, der auf eine alte, nur in den Keilinschriften erlialtene Form zurückgeht, hat sich blos das Präsens, sowohl in Bezug auf den wurzelhaften als auch auf den pronominalen Suffix- theil unversehrt erhalten. Alles andere muss theils durch Nominal- bildungen, theils durch sogenannte Hilfszeitwörter umschrieben werden. Was nun den Infinitiv anlangt, so wurde aus der alten, in den Keilinschriften nachweisbaren Infinitiv-Endung -tanaiy nach dem obigen Auslautgesetze im Neupersischen -tan, z. B. ij*^j (raftan) = *hrap-tanaiy. Von den alten Verbalsuffixen findet sich im Neupersischen nur eine einzige Beihe, nämlich jene, welche die activen Präsenssuffixe umfasst. Um nun das Verhältniss der neuen zu den alten Suffixformen in kurzem darzulegen, wollen wir das Präsens activi von altb. pereg, altpers. jyarg folgen lassen. Altbaktr. Altpers. Neupers. Singul. 1. Pers. peregdmi pargdmiy x^j» {pursani) 2. Pers. peregahi pargahy ^«y (purse) 3. Pers. peregaiti pargatiy x^j> (pursad) Plur. 1. Pers. peregdmahi pargdmahiy ^j^ (pnrsim) 2. Pers. peregatha .>-- y (pnrsed) 3. Pers. peregainti pargantiy X-j^j (pursand) Eränica. 369 Ausser der Präseiisform kann noch der Aorist für eine ein- fache Bildung vom Standpunkte des Neupersischen gelten. — Er ist aber keineswegs eine ursprünglich einfache Form, sondern beruht auf einer, erst in späterer Zeit erfolgten Zusammensetzung des Par- ticipium perf. pass. auf ta mit dem Verbum substantivum i). Nach- dem das Participum perf. pass. auf der letzten Sylbe betont und das angehängte Verbum substantivum tonlos ist, so erscheint die Aorist- form, welche (bis auf die dritte Person singul.) auf der vorletzten Sylbe betont wird, als eine scheinbare Ausnahme von dem oben ent- Avickelten Betonungsgesetze, Um das Verhältniss dieser Form zum Präsens in Betreff des Aceentes zu übersehen, lassen wir beide neben einander gestellt, nachfolgen : Singul. Plur. Präsens. Aorist. 1. Pers. pj> (raicüm) i-äj (rüftam) 2. Pers. öj)J (raicO Jsj (rufte) 3. Pers. ^^j (raivddj ^j (ruft) 1. Pers. ^jj (raivim) jslsj (rdftim) 2. Pers. ^>^j) (rawed} -^J (rdfted) 3. Pers. ^'jj (raiüändj X^j (räftand) II. über das Lautgesetz ; altbaktr. s = alterän. rt. Ich habe in den „Beiträgen für vergleichende Sprachforschung von Kuhn und Schleicher" Band V, S. 382, ein dem Altbaktrischen eigenthümliches Lautgesetz besprochen, nämlicb die Vertretung eines ursprünglischen rf durch qs (s). Die von mir für dieses Gesetz dort angeführten Beispiele sind: -»>>\^i (masya) „Mensch" =alt- pers. martiya, altind. martya, -"i^i {mesa) „todt" = altind. mrta (statt mart(i), -»i^i*> (amesa) „unsterblich" = altinn. amrta (statt amart(i), ■^};^{asa) „wahr, rein" =ore^rt, altind. rta (statt arta), -"j^^Jü (pe.iana) „ Schlacht" = altind. j;/fa«« (statt partandj, >i^ö (pesu) „Yüvih" =2)eretn (statt jt?rtr^?<). ^) Dies beweist theils die ältere Sprache, tlieils die verwandten Dialekte (Kurdisch Ossetisch etc.). 370 Müller Obgleich die von mir für dieses Lautgesetz angeführten Beispiele manchen Sprachforseher (vgl. Schleicher, Indogerm. Chrestomathie p. 352) überzeugt haben, glaubt einer der gründlichsten Kenner der eränischen Sprachen, Spiegel, das Vorhandensein eines solchen Lautgesetzes bezweifeln zu müssen (vgl. Heidelberger Jahrbücher für Literatur 1869. 276). Diesem Zweifel gegenüber bin ich in der Lage, zwei schlagende Beispiele anführen zu können, deren Richtigkeit um so weniger bezweifelt werden kann, als sie ganz concrete Ausdrücke betretfen. Es sind dies der Name des Amschaspantrs Asa vahista und der Ausdruck fravasi. Ersterer Name, welcher uns in der oben citirten Gestalt im Altbaktrischen entgegentritt, lautet im Pehlewi ^-Hyi^r (antvahistj , im Neupersischen »JU^ ^jjl (ardi-bahist). Diese beiden Formen können aber dem altbaktrischen Ausdrucke ._i.(v>j(ji£yi.t .-»^ unmöglich entsprossen sein, sondern setzen eine westeränische Form arta vahista voraus >). Was nun den Ausdruck /rau«.s7 (^{22"**"^^) betrifft, so lautet er im Neupersischen ^j,y (farioar), im Pehlewi iNTiD (fravdr), woraus die unsinnige Parsi-Form ''««yVe^ (fröhar) entstanden ist, lauter Formen, welche nothwendiger Weise ein westeränisches fra- varti voraussetzen, welches sich auch wirklich als Eigenname in den Keilinschriften nachweisen lässt. III. üIä>j (dahibi). Von diesem W^orte, welches bald ü^^, bald ^-i, bald auch 0^3 geschrieben wird, finde ich nirgends eine Etymologie ange- geben, daher ich es für angemessen halte, meine Ansicht über seine Ableitung in Kurzem auszusprechen. Wie ich vermuthe, ist öU.^ nichts anderes als das altbaktrische f-<^ (zafan) „Mund"; vgl. j^-^«^ (zafarej „Rachen" und altind. (jamhha „Rachen", dann „Zahn" = slav. zqhü und griech. yap,fcif.^ ') Auch die Pehlewi-Aiisdrücke lllilN (ahraw) = altb. jM)>j)kwju (asavan) und ■JIOinN (ahrmök) = jiatiijjiujii (asemaogha) können lierheiijezogen werden, insoferne sie westeränische Formen artavan, artemaoijha voraussetzen. Es ist hier früh Transposition von rt zu tr eingetreten und das tr wurde wie altind. piitra, altbaktr. -u'/6)gj {puthra) = PeMe\yi TillS (puhi) in hr verwandeU. Eränica. ö / 1 yaiKf-nlcci. Nach dem Auslaiitgesetze ward aus zafcüi (Nom. Acc. zaf'a} in der neueren Sprache zunächst zaf, welches im dah von öUj steckt. Das d im Neupersischen gegenüber dem z des Altbaktrischen erklärt sich ebenso wie in J.w (dast) =^ ahh. -"^""C (zngta) , ^j^ (daryd) = altbaktr. «Vj^'^^^^C (zariiyauh) und andern Formen ; ebenso ist h'=f, wie im neupersischen itß CA-d/i^=altpers. kaufa, altb. -»^3^5 (kaofa) zu erklären. Das Suffix -an von (J^*>^ ist dasselbe, wie in O^j (^znbdn) = altb. -»>>Cje>' (hizva) , altind. gihvd, iS^^ (yihdn) == altb. -»'(^^«(o (gaetha), altpers. gaitha, ö^y^ f eivdu) = t?Ltar. y\ (eto), öU— * (muslimdn) = arab. ,i>«-« (muslim) und anderen Formen , welche ich bereits in den Beiträgen für vergleichende Sprachforschung von Kuhn und Schleicher, Bd. III, 483 besprochen habe. Verzeiclmiss der eingegang-enen Druckschriften. 3 T 3 VERZEICHXISS DER EINGEGANGENEN DRÜCKSCHRIFTEN. (DECEMBER 1870.) Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Abhand- lungen aus dem Jahre 1869. Bd. I. & II. Berlin 1870; 4o. — Monatsbericht. Juni 1870. Berlin; 8«. 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Berlin, 1870; 4». O / 4 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Hamelitz. X. Jahrgang, Nr. 40—41. Odessa, 1870: 4«. Institut Liixembourgeois: Publications de la Section historique. Armee 1869—1870. XXV. (III.) Luxemboiirg, 1870: 4o. Lese verein, akademischer, an der k. k. Universität und st. I. tech- nischen Hochschule in Graz: III. Jahresbericht. 1870. Graz; 8". Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale. XV. Jahrg. November — December 1870. Wien; 4o. — aus J. Perthes" geographischer Anstalt. 16. Band, 1870. XI. Heft. Gotha; 4«. Museum Francisco -Carolinum in Linz: XXIX. Bericht. Linz, 1870; 80. Sachau, Ed.. Inedita Syriaca. Eine Sammlung syrischer Über- setzungen von Schriften griechischer Profanliteratur, Mit einem Anhange. (Mit Unterstützung der kais. Akademie der Wissen- schaften.) Wien, 1870; gr. 8^. Verein, siebenbürgischer, für romanische Literatur und Cultur des romanischen Volkes: Transilvania. Anulu III. Nr. 21 — 23. 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