SITZUNOSBERICHTE KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSEN MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. SIEBZIGSTER BAND. WIEN. AUS DER K. K. HOP- UND ST A ATSDRU CK EH El. IN COMMISSION BEI CARL GEROLDS SOHN, IIHCJIIIÄNni.F.K PER KAISERLICHEN AKADEMIE DER W I S S E N S C II A F T E N . 1875. SITZUNGSBERICHTE DER MMTffl-NmWimBMlffl CUSSE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. LXX. BAND. I. ABTHEILUNG. Jahrgang 1874. — Heft I bis V. (Mit i7 Tafeln.) WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND ST A AT S DRUO K E RE 1. IN COMMISSION BEI CARL GEROLDS SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1875. INHALT. Seite XT. Sitzung vom LI. Juni 1874: Übersicht 3 Kurt, Dodekas neuer Cladoceren nebst einer kurzen Übersicht der Cladocerenfauna Böhmens. (Mit 3 Tafeln.) |Preis: 1 fl. 25 kr. = 25 Ngr.] 7 XVI. Sitzung vom 18. Juni 1874: Übersicht 89 Fuchs, Das Alter der Tertiärschichten von Malta. [Preis: 10 kr. = 2 Ngr.] 92 — Über das Auftreten von Miocänschichten vom Charakter der sarmatischen Stufe bei Syrakus. [Preis: 5 kr. = 1 Ngr.] 106 Meyer, Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu- Guinea und den Inseln der Geelvinksbai. (V. Mitthei- lung. [Preis : 15 kr. = 3 Ngr.] HO XTIl. Sitzung vom 25. Juni 1874: Übersicht 130 Toula, Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien aus dem Hornsund an der Süd-Westküste von Spitzbergen. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 133 Silin machet-, Arbeiten des pflauzenphysiologischen Institutes der k. k. Wiener Universität. II. Beiträge zur Morpho- logie und Biologie der Hefe. [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.| . 157 X VIII. Sitzung vom 9. Juli 1874: Übersicht 191 Fuchs, Die Tertiärbildungen von Tarent. [Preis: 5 kr. = 1 Ngr.] 193 XIX. Sitzung vom 16. Juli 1874: Übersicht 198 Meyer, Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu- Guinea und den Inseln der Geelvinksbai. (VI. Mitthei- lung.) [Preis: 25 kr. = 5 Ngr. j 200 Fitzinger , Kritische Untersuchungen über die Arten der natür- lichen Familie der Hirsche (Cervi). (II. Abtheilung.) [Preis: 75 kr. = 15 Ngr.] 239 XX. Sitzung vom 23. Juli 1874: Übersicht 331 Btirgcrstein , Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes der Wiener Universität. III. Untersuchungen über das Vorkommen und die Entstehung des Holzstoffes in den Geweben der Pflanzen. [Preis: 15 kr. — 3 Ngr.] . . . 338 VI Seite XXI. Sitzimg vom 8. October 1874: Übereicht 359 Steindachner, Über eine neue Gattung und Art aus der Familie der Pleuronectiden und über eine neue Thymallus-Art. (Mit 2 Tafeln.) [Preis : 50 kr. = 10 Ngr.] 363 XXII. Sitzung- vom 15. October 1874: Übersicht 372 Steindachner, Ichthyologische Beitrüge. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 375 XXIII. Sitzung vom 22. October 18.74: Übersicht 391 Fitzinger, Bericht über die an den oberüsterreichischen Seen und in den dortigen Anstalten für künstliche Fischzucht gewonnenen Erfahrungen bezüglich der Bastardformen der Sahnonen. [Preis: 5 kr. = 1 Ngr.] 394 Peyrüsch, Zur Synonymie einiger Hippocrarea- Arten. (Preis: 20 kr. = 4 Ngr.] 401 XXIV. Sitzung vom 5. November 1874: Übersicht 427 XXV. Sitzung vom 12. November 1874: Übersicht 431 Schrnli , Die Spermatozoon von Mürex brandaris. (Mit 1 Tafel.) [Preis : 20 kr. = 4 Ngr.] 434 XXVI. Sitzung vom 19. November 1874: Übersicht 440 Tsclieniuik , Das Krystallgefüge des Eisens, insbesondere des Meteoreisens. (Mit 1 Tafel und 3 Holzschnitten.) [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 143 — Die Trümmerstructur der Meteoriten von Orvinio und Chantonnay (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 30 kr. =. G Ngr.] . 159 XXVII. Sitzung vom 3. December 1874: Übersicht 175 Meyer, Alphabetischer Index zu den in diesem Jahrgänge .Band LXIX. Seite 74, 202, 386, 493 und Band LXX, Seite 110 u. 200 und fg. abgedruckten sechs Mittheilun- gen : „Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu-Guinea und den Inseln der Gcelvinksbai". [Preis: 15 kr. = 3 Ngr.] 479 X XVI II. Sitzung vom 10. December 1S74: Übersicht 539 Steindachner, Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasiliens. (Mit 6 Tafeln.) [Preis : 1 fl. = 20 Ngr.] 499 XXIX. Sitzung vom 17. December 1874: Übersicht 539 v. Ettiiiffsfmiiscii , Die genetische Gliederung der Flora Austra- liens. [Preis: 10 kr. = 2 Ngr.] 542 SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXX. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 6. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie , Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. XV. SITZUNG VOM 11. JUNI 1874. Der Secretär liest einen Erlass des h. Curatoriums vom 1. Juni 1. J., wodurch die Akademie in Kenntniss gesetzt wird, dass die Centralgesellschaft für Bienenzucht und Entomologie zu Paris in der Zeit vom 15. September bis 11. October 1874 eine Ausstellung von schädlichen und nützlichen Insecten veranstal- ten wird, mit welcher gleichzeitig die Abhaltung eines wissen- schaftlichen Congresses in Aussicht genommen ist. Die k. Aka- demie wird ersucht, einen oder mehrere Fachmänner zu bezeich- nen, welche die k. k. österr. Eegierung bei diesem Congresse zu vertreten hätten. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: „Über die verschiedene Erregbarkeit functionell verschie- dener Nervmuskelapparate." I. Abtheilung, von Herrn Prof. Dr. Alex. Rollett in Graz. „Dodekas neuer Cladoceren nebst einer kurzen Übersicht der Cladocerenfauna Böhmens", von Herrn Willi. Kurz, Gym- nasial-Professor in Deutschbrod. „Über eine neue Kraftmaschine, Seitendruck -Maschine, getrieben von comprimirter Luft, Dampf und Wasser, überhaupt von allen ausdehnsain und tropfbar flüssigen Körpern", von Herrn Jos. Litzer, Ingenieur zu Losenstein in Ober-Österreich. Herr C. Eugen Lehmann in Düsseldorf übersendet eine autographirte Abhandlung: „Die Gesetze der Individualität der Planeten unseres Sonnensystems." 1* Herr Prof. Dr. A. Win ekler überreicht eine Abhandlung': „Über die unbestimmte Integration einer Gattung transcendenter Functionen.'* Herr Prof. Dr. Jul. Wiesner legt eine, im pflanzenphysio- logi sehen Institute der Wiener Universität ausgeführte Arbeit des Herrn Emil Schumacher aus Luzern vor, betitelt: „Bei- träge zur Morphologie und Biologie der Hefe." An Druckschriften wurden vorgelegt : Accademia Pontificia de' Nuovi Lincei: Atti. Anno XXVII, Sess. 4a. Roma, 1874; 4». Akademie der Wissenschaften, kgl.Preuss., zu Berlin: Monats- bericht, März 1874. Berlin; 8°. American Chemist. Vol. IV, Nr. 11. Philadelphia, 1874; 4°. Apotheker -Verein, allgem. österr.: Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 15—17. Wien, 1874; 8°. Astronomische Nachrichten. Nr. 1989—1095. (Bd. 83. 21—24; Bd. 84. 1—8.) Kiel, 1874; 4°. Berliner Astronomisches Jahrbuch für 187(3. Berlin, 1874; 8°. Comitato, R., Geologico d'Italia: Bollettino. Anno 1*74. Nr. 1 & 2. Roma ; 8°. Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVIII, Nrs. 20—21. Paris, 1874; 4°. Gesellschaft der Wissenschaften, Oberlausitzisehe: Neues Lausitzisches Magazin. L. Band, 2. Heft. Görlitz, 1873; 8°. — k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Bd. XVII (neuer Folge VII), Nr. 5. Wien, 1874; So. — österr., für Meteorologie : Zeitschrift. IX. Bd., Nr. 1 1 . Wien, 1874; 4°. — für Salzburger Landeskunde: Mittheilungen. XIII. Vereins- jahr 187:;. Salzburg; 8°. Gewerbe -Verein, n.-ö. : Wochenschrift. XXXV. Jahrgang, Nr. 21—23. Wien, 1874; 4°. Landbote, Der steirische. 7. Jahrgang, Nr. 11. Graz, 1874; 4°. Landwirth schafts-Gesellschaft, k. k. in Wien: Verhand- lungen und Mitteilungen. Jahrg. 1874. Nr. 8 — 0. Wien; 4°. Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. Ergänzungsheft Nr. 37. Gotha, 1874; 4°. Moniteur scientitique du Dteur Quesneville. 390° Livraison. Paris, 1874; 4°. Natur e. Nrs. 238—240, Vol. X. London, 1874; 4°. Panstenographikon. Zeitschrift für Kunde der stenographi- schen Systeme aller Nationen. I. Bd., 2. Lieferung. Leipzig, 18G9; 8°. Revista de la Universidad de Madrid. 2a Epoca. Tomo II, Nr. 5—6; Tome III, Nr. 1. Madrid, 1873 & 1874; 4°. R e Vi s t a de Portuga e Brazil. II0 Vol. Nr. 2—3. Lisboa, 1874 ; 4U. „Revue politique et litteraire" et „Revue scientitique de la France et de l'etranger." IIP Annee, 2me Serie, Nrs. 47 — 49. Paris, 1874; 4°. Societä degli Spettroscopisti Italiani: Memorie. Anno 1874, Disp. 3a— 4a. Palermo; 4°. Societe Linneenne du Nord de la France: Bulletin mensuel. 3e Annee. 1874. Nrs. 23—24. Amiens; 8°. — Botanique de France: Bulletin. Tome XXP. 1874. Comptes rendus des seances 1. Paris; 8°. — Geologique de France: Bulletin. 3e Serie, Tome IP. 1874, Nr. 2. Paris ; 8°. — de Medecine et de Chirurgie de Bordeaux: Memoires et Bulletins. Annee 1873, 3me— 4m Fase. Paris & Bordeaux; 8°. Society, The Asiatic of Bengal: Journal. 1873. Part I, Nrs. 2— 3; Part II, Nr. 3. Calcutta; 8°. — Proceedings. 1873, Nrs. 5—9. Calcutta; 8°. — Bibliotheca Indicd. Old Series. Nr. 232; New Series. Nrs. 260, 277, 279, 280—282, 285, 286, 288. Calcutta, 1872 & 1873; 8° & 4». Verein, Entomologischcr, in Berlin: Berliner Entomologische Zeitschrift. XVII. Jahrgang (1873), 3. & 4. Vierteljahrsheft; XVIII. Jahrgang (1874), 1. & 2. Vierteljahrsheft. Berlin, 1874; 8°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 21—23. Wien, 1874; 4°. Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten-Vereins. XXVI. Jahrgang, 8. & 9. Heft. Wien, 1874; 4°. Dodekas neuer Cladoceren nebst einer kurzen Übersicht der Cladocerenfauna Bölimens. Von Wilhelm Kurz, Gynmasialproj'essor in DeutsrJibrod. (Mit 3 Tafeln Abbildungen.) Nachdem ich mich durch mehrere Jahre mit den Cladoceren beschäftigt und aus zahlreichen (gegen 200) Fundorten des mitt- leren Böhmen eine beträchtliche Anzahl theils bekannter, zum Theil aber auch neuer Arten gefunden und beobachtet habe, glaube ich nicht länger mit der Veröffentlichung meiner Resultate warten zu dürfen, da ich, auf mich selbst und meine geringen Mittel angewiesen, keine Hoffnung habe, in nächster Zeit die bisher gesammelten Kenntnisse über diese Thiergruppe in irgend etwas Bedeutendem erweitern zu können. Durch zahlreiche Ausflüge, wiederholte Untersuchung bereits bekannter Gewässer zu verschiedenen Jahreszeiten und endlich durch künstliche Züchtung x gelang es mir, eine Zahl von Männ- chen (über 40) kennen zu lernen, wie sie bisher von keinem meiner Vorgänger erreicht wurde. Wie es aber die Lebensweise der Cladoceren schon mit sich bringt, sind meine Untersuchungen ungleichmässig ausgefallen, je nachdem manches bereits bekannte Thier mir seltener vorkam, oder aber weniger bekannte Formen mir in grösserer Zahl und unter günstigen Umständen zu Gebote standen. Daher bin ich auch nicht im Stande, eine allgemeine Naturgeschichte der beobachteten Thiere zu liefern, sondern 1 Man vergleiche: Über androgyne Missbildung bei Cladoceren (Sitzungsberichte der kais. Akademie in Wien; 1874. o Kur z. werde mich blos dort weitläufiger aussprechen, wo es sich um neue Arten oder um neues Detail an bekannten Formen handeln wird. Von Synonymie und Charakteristik werde ich bei den bekannteren Arten blos so viel anführen, als nöthigist, um Miss- verständnisse und Verwechslungen zu beseitigen. In der Systematik schliesse ich mich mit geringen Abände- rungen der Sars'schen Anordnung an, da sie mir die natürlichste zu sein scheint. In kurzer Übersicht lässt sich die Eintheilung folgendermassen darstellen : S u b o r d o : Cladocera. I. Farn. Sididae. Alle sechs Fusspaare sind gleichmässig, blatt- artig gebildet: Sida, Daphnella. II. Fam. Daphnidae. Die vorderen Fusspaare sind zu Maxillar- füssen umgebildet, die hinteren sind blattartig. Die Aeste der Ruderarme haben 3 und 4 Glie- der mit 8 — 10 Borsten. 1. Subfam. Daphninae. Der Kopf ist tief, gegen den Bauch herabgebogen. Die Ruderborsten sind gefie- dert. Der Magen hat 2 Blindsäcke, der Darm ist einfach. Moina. Daphnia. Cerudaphnia- Scapholeberis. Simocephalus. 2. Subfam. Bosmininac. Die Tastantennen sind lang, un- beweglich ; die Riechstäbe stehen in der Mitte ihrer Länge. Magen und Darm einfach. Bos- mina. 3. Subfam. Lyncodnphninae. Kopf vorgestreckt, wenig herabgebogen. Die Ruderborsten sind blos zum Theil gefiedert oder gezähnt. Macrothri.v. Ilyocryptus. III. Fam. Lynceidae. Die vorderen Fusspaare sind zu Maxillar- füssen umgewandelt, die hinteren blattartig geformt. Die beiden Aeste der Ruderarme sind dreigliedrig, mit 7 — 8 Borsten. Der Darm vollbringt eine Schlinge und eine Biegung, vor dem Rectum besitzt er ein Coecum. Dodekas neuer Cladocercn etc. 0 1. Subfani. Eurycercinae. Der Kopf ist am Rücken vom Körper durch eine Kerbe getrennt. Sechs Fusspaare. Der Magen hat zwei Coeca; der After liegt am Schwanzende. Der männliche Porus befindet sich an der Schwanzbeuge. EurycetjCus. '2. Subfain. Lyneeinae. Der Rücken ist glatt. Fünf Fuss- paare. Der Magen ohne Blindsäcke, der After liegt am Dorsalrande des Schwanzes , der männliche Porus terminal oder dorsal am Schwänze. Campt ocercus. Acroperus. Alonop- sis. Alona. Leydigiß. Graptoleberis. Alonella. Peracantha. Pleuroams. Chydorus. IV. Farn. Polyphemidae- Alle Füsse sind gleich gebildet, walzig. Die Schale bedeckt den Körper nicht und lässt die Füsse stets frei. 1. Subfam. Polypheminac. Vier Fusspaare. Polyphemus. 2. Subfani. Leptodorinae. Sechs Fusspaare. Leptodora. I. Fam. Sididae. Diese, sowie die letzte Familie der Polyphemiden, scheint im mittleren Europa weniger verbreitet zu sein, als in den wasser- reichen nördlichen Ländern, wo das classisehe Land der Clado- ceren ist. Viele Sididen und die meisten Polyphemiden sind Bewohner grösserer Gewässer, Seen und selbst des Meeres (Podon und Evadne) ; in Böhmen finden sie demnach keinen passenden Aufenthaltsort. Für diese beiden Familien habe ich blos je zwei Repräsen- tanten aufzuweisen, die schon von Leydig1 und den nordi- schen Forschern auf das Eingehendste untersucht wurden. Die Polyphemiden sind besonders ausführlich bei P. E. Müller2, die i Leydig: Naturgeschichte der Daphniden. Mit 10 Tafeln. Tübin- gen. 1860. 2 P. E. Müller: Danmarks Cladocera (Naturhistorisk Tidsskrift), 1868. ' 10 Kurz. Sididen in dem erschöpfenden Werke von G. 0. Sars ' abgehan- delt; so dass ich über die böhmischen Arten blos in philologi- scher Hinsicht zu berichten habe. Sida crystallina. 0. F. M U 11 e r. Da ich blos eine einzige Sida-Art vor Augen hatte, so ist es mir unmöglich, ein Urtheil zu fällen über die Berechtigung der beiden Sars'schen Arten. Die böhmische Sida halte ich für die S. crystallina. Ich fand sie vom Mai bis in den October in den meisten reinen, stehenden oder langsam fliessenden Gewässern. Daphnella braehyara. Lievin. Dieses Thier findet sich in den Sommermonaten überall häufig; an Fluss- und Teichufern, die mit Schilfbewachsen sind, sowie in kleineren und seichten Tümpeln und Pfützen. IL Fam. Daphnidae. Seit den letzten 20 Jahren ist in dieser Familie die Anzahl der Arten und Gattungen dermassen angewachsen, dass sich das Bedürfniss einer Unterabtheilung notlnvendig machte. Sars2 hat zuerst eine durchgreifende Eintheilung vorgeschlagen, in welcher er mit richtigem Gefühl die Gattungen zu Familien gruppirt. "Wenn auch die Unterschiede nicht immer genügend sind, um auf ihrer Grundlage die Gruppen zu Familien zu erheben, so sind sie gewiss zureichend, um Unterfamilien zu begründen. Die Lyn- ceiden hingegen bilden ein so gut in sich abgeschlossenes Ganze, dass ich nicht umhin kann, sie als Familie anzuführen. Als Charakteristik der Daphniden wäre anzuführen: Die Fornices sind schwach, meist nur ober den Ruderantennen ent- wickelt. Diese besitzen einen drei- und einen viergliedrigen Ast mit 8— 10 Ruderborsten. Die Lippe ist meist ohne Kamm. Die 4—6 Fusspaare haben eine angleiche Bildung. Das Nebenauge ist meist vorhanden, aber stets von unbedeutenden Dimensionen 1 G. 0. Sars: Nordes Ferskvaii. 19—21. Dodekas neuer Cladoceren etc. 1 1 im Vergleich zu dem zusammengesetzten Auge. Der Nährungs- canal ist höchstens einmal gewundeiij gewöhnlich aber ohne Schlinge und ohne Darmcoeeum. 1. Subfäm. Daphninae. Der Kopf ist tief herabgedrückt, gegen den Bauch gebogen,. seine Fornices sind blos ober den Ruderantennen ausgebildet; diese haben einen dreigliedrigen Ast mit fünf, und einen vier- gliedrigen mit 4 (3) Ruderborsten, welche der ganzen Länge nach zweizeilig gefiedert sind (mit der einzigen Ausnahme der Simocephalen). Die fünfFusspaare sind von ungleicher Beschaffen- heit, die drei letzten Paare sind blattförmig, das letzte ist von den vorangehenden weit entfernt und unbewegt, während das dritte und vierte Paar durch stete Bewegung einen continuirlichen Wasserstrom unterhält. Das Auge ist gross, mit vielen Krystall- körpern versehen, das Nebenauge ist klein (nur bei Moina feh- lend und bei einigen Daphnien pigmentlos). Der Magen hat vorn zwei Coeca; der Darm ist einfach; der Anus liegt am Schwänze terminal (nur bei Moina dorsal). Der Rückentheil der Schale bildet sich zur Aufnahme der Wintereier zu dem sogenannten Sattel um. Moina. Baird. Bei diesem Genus hat P. E. Müller die natürliche Stellung sicherlich verkannt, wenn er sagt: „Denne Slaegt dänner 0 ver- gangen til folgende Gruppe", nämlich zu den Bosminiden und Lyncodaphniden. Ich glaube der Gattung hiemit den rechten Platz anzuweisen, indem ich sie als Übergangsform zu den Sididen anspreche — es hat diese Ansicht bereits Leydig aus- gesprochen und ich mnss ihm hierin völlig beipflichten. Wir treffen bei Moina dieselbe weiche, durchsichtige Schale ohne Kalkablagerungen an, welche am Abschluss des Brutraumes durch innere Leisten partieipirt, dabei so dehnsam ist, dass sie sich durch das Wachsen der eingeschlossenen Embryonen halb- kugelförmig ausdehnt und nach dem Ausschlüpfen derselben .lunzelig und faltig erscheint; auch bedeckt die Schale, wie bei den Sididen, nicht völlig den hinteren Theil des Körpers. Durch die Form des Kopfes, Form und Stellung der Tastantennen 12 Kurz. nähert sich Moina besonders der Gattung Daphnella. Die Fiisse sind gleichartiger gebildet, als bei irgend einer anderen Daph- nide '. Die »Stärke der Ruderarme und die dadurch bedingte hüpfende Bewegung, die enorme Länge der Steuerborsten am Schwänze, sowie die Lebensweise nahe unter der Wasserober- fläche, verbunden mit dem gänzlichen Ausfall des Nebenauges weisen ebenfalls auf die nahe Verwandtschaft mit Daphnella hin. Endlich muss ich noch die Merkmale des Männchens hervor- heben, durch welche sich die verwandtschaftlichen Beziehungen noch geltender machen. Die langen Tastennen und die von allen Daphniden abweichende Mündung' der Samengänge, welche an Sida erinnert, lassen Moina als Bindeglied der Daphniden zur vorangehenden Familie erscheinen. 1. Moina rectirostris. Jurine. Tab. I. Fig. 11. Monoculus rectirostris. Jurine2. 1820. XIII. 3, 4 s. Moina rectirostris. Baird*. 1850. p. 101. XI. 1, 2. Daphnia rectirostris. Leydig. 1860. p. 174. X. TU, TT. „ „ Fric6. 18T2. p. 220. Fig. 39. Es scheint, dass das ganze Genus Moina bisher unter allen Daphninen am wenigsten eingehend studirt wurde. Es gelang 1 Man vergleiche.:: iL. X..U n d: Bidrag til C'ladocererncs Morphologi og Systematik (Naturhistorisk Tidsskrift) 1870. — Nach Leydig (1. c. p. 171 < mangelt der „beuteiförmige" Anhang am ersten Fusspaare bei M. brachiata . Da kein späterer Autor darüber etwas erwähnt, und ich am ersten Fuss- paar der M. rectirostris diesen Anhang wahrgenommen habe, wäre ich geneigt, es einem leicht möglichen Versehen Leydig's zuzuschreiben. Der- selbe Irrthnm ist ihm übrigens auch bei D. sima p. 161 unterlaufen. 2 Jurine: Histoire des Monocles, qui se trouvent aux environs de (Jeneve. Geneve et Paris. 1820. 3 Die römischen Zahlen bei den angeführten Schriften bedeuten die Nummer der Tafel, die arabischen jene der Figuren. 4 Baird: The natural history of the British Entomostraca. London. Boy. Society. 1850. 5 A. Fric: 0 korysich zemö Ceske (Die Crustaeeen Böhmens) (Archiv pro pfirodovedecke prozkoumäni Gech. II. dil) V Praze 1872. Auch in deutscher Ausgabe. Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die böhmische Ausgabe, die Figurenzahl ist wohl in beiden Ausgaben dieselbe. Dodekas neuer Cladoceren etc. 13 rair nicht, mich von dem Vorhandensein beider bekannten Arten dieser Gattung zu überzeugen. Die Art, die ich an zahlreichen Fundorten in ungeheueren Schwärmen beobachtete, stimmt mit M. reetirostris besser, als mit M. brachiata überein, und das Männchen ist mit dem, von Leydig für M. reetirostris be- schriebenen identisch. Die vielfach wiederholten Messungen ergeben folgendes Resultat: Länge des Weibchens 1 — 1 -5 Mm., des Männchens 1-2 Mm. Beim Männchen gelang es mir, den Genitalporus zu ent- decken. Das vas äeferens mündet nicht, wie Leydig annimmt, in den Darm, sondern öffnet sich an der Beuge zwischen Bauch und Schwanz nach aussen (Fig. 11). Lcydig's Zeichnung (1. c. X. 76) ist dennoch insofern naturgetreu, als bei prall angefülltem Hoden sich in das Postabdomen, also schon hinter dem Ausfüh- rungsgang, eine Aussackung des Hodens bildet, vor welcher dann das vas äeferens nach vorne zum purus tritt. Ich fand die Thiere meist in kleinen, seichten Wasser- ansammlungen, wie sie durch Regen oder durch das Austrocknen von Teichen gebildet zu werden pflegen, in den Sommermonaten stets in grosser Menge beisammen. Besonders Lehmwasser, selbst solches, das auch in dünnen Lagen kaum einen röthlichgelben Lichtschimmer durchfallen lässt, ist ihr liebster Aufenthalt, ja ich habe sie sogar in Wasser gefunden, das sich in Trittspuren des Viehes angesammelt hatte. 2. Moina micrura '. N. sp. Tab. I. Fig. 1. Diese neue Art ist im Habitus den beiden bekannten Arten sehr ähnlich. Der Kopf ist verhältnissmässig sehr gross, während der Schwanz viel kürzer ist, als bei den beiden Arten. Die Länge des Thieres beträgt 1 Mm., der Schwanz (vom Grunde der Steuer- borsten bis zur Klauenspitze) erreicht blos »/, der Kröperlänge, während bei der vorangehenden Art der Schwanz die halbe Kör- perlänge misst. Der Kopfschild bildet blos ober den Armen eine schwache Leiste; vom Rostrum ist keine Spur vorhanden. Der Schalen- 1 iiixoög = klein, otfpa = der Schwanz. 14 Kurz. vorderrand lässt die halbe Mandibel unbedeckt und hat ober der- selben einen .seichten Einschnitt, welcher an die gleiche Bildung bei Sida erinnert. Die sonstige. Schalenbildung ist dieselbe, wie bei den bekannten Arten. Die Tastantennen sind kurz, bedeutend kürzer als bei M. brachiatii und haben eine spindelförmige Ge- stalt; am Aussenrande tragen sie in der Hälfte ihrer Länge ein Tasthaar, nach hinten sind sie fast bis zur Spitze dicht und lang, aber fein behaart; am freien Ende sitzt das Büschel der kurzen Riechstäbchen. Die Ruderantennen sind sehr entwickelt : odek;is neuer Cladoceren etc. 27 3. Ceriodaphnia pulchella» Sars. Ceriodaphnia pulcheltß: Sars. 1862. p. 276. „ „ P. E. M ü 1 1 e r. 18(38. p. 128. 1. 13, 14. Von der vorigen Art, der sie übrigens sehr ähnlich ist, durch den Mangel der seeundären Bezahnung an den Endklauen des Schwanzes und durch die schwächer entwickelten Fornices leicht zu unterscheiden. Die Sehalensculptur ist doppel-linig , aber viel zarter als bei der folgenden Art. Am Männchen habe ich auch eine schwache Krümmung der Flagellumspitze an den Tastantennen wahrgenommen. Ich fand sie in manchen Localitäten gemeinsam mit der vor- hergehenden Art. 4. Ceriodaphnia rotunda. St raus. (Tab. I. Fig. 12.) Daphnia rotunda: 8t raus i) 1820. T. V. XXIX. 27, 28. — T. VI. p. 161. „ „ Baird. 1850. p. 93. IX. 6. X. 4, 4«. Ceriodaphnia rotunda: Schödler. 1858. p. 26. „ „ Sars. 1862. p. 275. „ „ P. E. Müller. 1868. p. 131. I. 20-23. Die Länge des Thieres variirt von 0*7 — OS Mm. beim Weib- chen, während das Männchen unter 0*6 Mm. herabsinkt. Diese Art ist kaum mit einer anderen zu verwechseln ; bei keiner Cerio- daphnie ist der Kopf verhältnissmässig so klein und so tief her- abgedrückt wie hier. Die Stirncontour vor dem Auge ist dornig, der Fornix bildet zwei vorstehende Zacken. Der Körper ist plump, hoch und dick. Die Schale ist sehr scharf reticulirt, wie es Fig. 12 veranschaulicht. Neben diesen Eigenschaften trägt noch die dunkle, rothe Färbung des Thieres zu dessen Undurch- sichtigkeit bei, kaum schimmern die Umrisse des Körpers durch. Das Männchen fing ich im October. Obzwar die Schale im Verhältniss zum Kopfe kleiner ist, hat das Männchen doch ein höchst schwerfälliges Aussehen, weil die grösste Schalenhöhe im letzten Drittel der Schale liegt. Die obere Schalenecke bildet 1 H. St raus: Memoire sur les Daphnia (Memoires du musemu (Vhistoire naturelle. Tom. V. VI) 1819, 20. 28 Kur z. eine kurze zipfelförmige Spina, die seitlich schmalgedrückt ist. Der ganze Schalenhmterrand ist wie beim Weibchen gezähnt. Der Fornix ist eine blosse Wulst ohne spitzige Hervorragungen. Die freibeweglichen Tastantennen sind nur um wenig länger als die des Weibchens und sitzen auf einem eigenen Vörsprurig des Kopfschildes. Das Tasthaar ist so lang wie der Fühler selbst und sitzt in der Mitte des Vorder- und Aussenrandes. Das Fla- gellum und die Riechstäbchen stehen etwa in gleicher Höhe am Ende der Antenne; ersteres ist etwa dreimal so lang als diese. Im Verhältniss zu den übrigen Ceriodaphnienmännchen hat das von C. rotunda eine wenig entwickelte Tastantenne. Der Haken des ersten Fusspaares ist schwach und das Fla- gellum kurz. Der Schwanz hat dieselbe schwerfällige Form wie beim Weibchen, wie denn überhaupt bei den Ceriodophnien das männliche Postabdomen von dem des Weibchens kaum abweicht. Diese seltenere Art fand ich an mehreren Stellen um D e u t s c h b r o d, Prag und M a 1 e s c h a ü, jedoch nirgends häufig. Scapholeben's. Sc hö dl er. Dieses Genus tritt bei uns in den beiden, längst unterschie- denen Formen auf, die meist als Varietäten aufgefasst werden. Ich kann ebenfalls zwischen den gehörnten und ungehörnten Exemplaren keine anderen unterscheidenden Merkmale auffinden, als eben nur das Fehlen oder Vorhandensein des Stirnhornes und eine geringe Schwankung in der Grösse; während die gehörnten Thiere 1 — 1.3 Mm. erreichen, sind die ungehörnten 0-8—1 Mm. lang. Doch vermag ich diese beiden Formen nicht als Local- varietäten aufzufassen, da ich bciRokycan in Tümpeln beide Varietäten beisammen fand und auch die beiderlei Männchen beobachtete. Bei Deuts ehbrod fehlt die ungehörnte Varietät, wesshalb ich über die feineren Unterschiede beider nur einige flüchtige Beobachtungen in Rokycan machen konnte, die mich aber zu keinem definitiven Resultat führten. übrigens ist Sc: mucronata (O.- F. Müller) ein allgemein verbreitetes Thier, welches an sonnigen Stellen stehender oder schwach bewegter Gewässer nahe der Oberfläche sich hurtig herumtummelt. Dodekas neuer Cladoceron He. 29 Simocephalus. Seh ö die r. Die zwei Arten S. e.vspinosus (Koch) und vetulus (0. F. Müller) sind bei uns überall die häufigsten Repräsentanten der Daphnidenfamilie. Hie erscheinen zeitig im Frühjahr und leben bis in den Winter hinein, lassen sieh auch am leichtesten in Aqua- rien überwintern. Im Herbst erscheinen regelmässig die viel klei- neren Männchen, lassen sich aber durch alhnäliges Austrocknen in Aquarien sehr leicht erziehen. Ich habe auf diese Art die Männchen beider Arten kennen gelernt. Dass mir aber S. serru- latus (Koch) nie vorkam, ist mir stets aufgefallen ; und ich habe diese Cladocere mit Fleiss gesucht, ohne sie je gefunden zu haben, während sie im angrenzenden Deutschland vielfach beobachtet wurde. 2. Subfam. Bosminmae. Die hochgewTölbte Schale bildet hinten nie eine Spina, wohl aber an der unteren Ecke oft einen Mucro. Die Antennen sind sehr lang, beim Weibchen unbeweglich mit dem Kopfe und zum Theil auch unter einander verschmolzen. Die Riechstäbchen stehen näher zur Basis als dem Ende derselben. Die sehr schwa- chen Ruderarme haben 3100 311 « glatte Ruderborsten. Von den sechs Fusspaaren ist das letzte rudimentär. Das Nebenauge fehlt stets. Der Darm ist einfach, zwar bogig gekrümmt, aber ohne Schlingen und ohne Anhänge. Bosm ina. B a i r d. Unter den Cladoceren eine der schwierigsten Gattungen. Bis jetzt gelang es mir mit Sicherheit blos zwei Arten zu be- stimmen, die B. lonyirostris (0. F. Müller) und cofnuia (Jurine). Erstere fand ich überall recht häufig, letztere vermisse ich um Deutschbrod, fand sie aber mit jener zugleich bei Kutt en- berg, Prag und Rokycan fast gleich häufig. 1 Der Zähler des Bruches stellt den äusseren viergliederigen Ast vor, die Ziffern bedeuten die Anzahl der Ruderborsten an jedem Gliede, vom Endgliede an gerechnet; der Nenner ist der innere Ast von drei Gliedern. 30 K u r z. Bei den beiden Arten ist mir vor dem Mncro am Unterrande der Schale eine einzelne, starke Borste aufgefallen, die mit der spärlichen Behaarung des vorderen Theiles am Unterrande nichts gemein hat. Beim Männchen der B. cornuta war sie besonders stark und lang. Bei der B. htif/irostris fand ich den Mucro oft recht lang und an der unteren Seite schwach gezähnt, während bei anderen Individuen diese Bezahnung fehlte und dann der Mucro viel kürzer war. Die Verhältnisse des Kopfschildes und der Antennen hat P. E. Müller (I. c. p. 142) zuerst richtig aufgefasst und beschrieben. 3. Subfam. Lyncodaphninae. Der Kopf ist schwächer herabgebogen als bei den voran- gehenden Unterfamilien, daher das Rosfrum schief vor- und ab- wärts gerichtet. Die langen, frei beweglichen Antennen sitzen meist an der Rostrumspitze; die Riechstäbchen sind terminal. Die starken Ruderantennen haben 8—10 Ruderborsten, die aber blos theilweise oder gar nicht gefiedert sind. Das Nebenauge ist (mit einziger Ausnahme von Lathonura lacustris [Leydig] ) stets vorhanden. Vier bis sechs Fusspaare. Die abgerundete Schale ist am Bauchrand mit starken, steifen und meist beweg- lich eingelenkten Stacheln dicht besetzt. Meter othrioc. B a i r d . Die Schale hat keinen deutlichen Hinterrand, weil die con- vexen Bauchränder mit dem gewölbten Rücken hinten zusammen - stossen und hier einen mehr oder weniger spitzigen Winkel bil- den. Die Ruderarme besitzen am 4gliedrigen Ast vier, am 3glie- drigen fünf Borsten, von denen die des Basalgliedes die Schalen- länge erreicht und blos einseitig mit kurzen Dornen besetzt ist: auch die übrigen Rüderborsten sind blos zum Theile gefiedert. Fünf Fusspaare. Der Schwanz ist kurz, aber massiv, zu beiden Seiten des terminalen Afters mit einer Reihe von Dornen oder Haaren, von da aufwärts mit zahlreichen Querreihen von Haaren besetzt. Der Nahrungscanal ist einfach, ohne Anhänge und ohne Schlinge. Dodekas neuer Cladoceren etc. o\ 1 . Macrothrioc laticornis. Juri n e . Monoculus laticornis: Jurine. 1820. p. 151. XV. 6, 7. Daplmia currirostris: Fischer*. 1848. p. 184. VII. 7 — 10. Macrothrix laticornis: Baird. 1850. p. 103. XV. 2, „ i, L i 1 1 j e b o r g. 1853. p. 50. III. 8, 9. „ „ Leydig. 1860. p. 193. „ „ P. E. Müller. 1868. p. 137. III. 5. Fric. 1872. p. 222. Fig. 42. Die Schale ist an der ganzen Oberfläche höckerig, bildet in derRückenfirste einen sägezähnigen Kamm und ist an den Bauch- rändern mit gruppenweise ungleichen Dornen besetzt; in jeder Gruppe ist der vorderste, längste Dorn auswärts gebogen, die übrigen 2 — 3 immer kürzeren hängen meist senkrecht herab. Ober dem äusserst starken Stamm der Ruderarme wölbt sich ein schwacher Fornix, der bis zum Rostrum als hervorsprin- gende Linie herabsteigt. Das Auge ist nicht gross, aber besitzt zahlreiche Krjstallkegel und ist mittelst dreier Paare kurzer Muskelfasern beweglich. Das gangUon opticum ist vom Gehirn sehr stark abgesetzt und sendet ober dem Auge eine grosse Nervenzelle von keulenförmiger Gestalt gegen die Haut; in ihrem Innern ist ein stärker lichtbrechender Kern zu unterscheiden. Die Antennen sind dreikantig, zwei scharfe Kanten sind nach vorn und rückwärts, die dritte, viel schwächere, nach aussen gewendet und auf der letzteren steht noch nahe beim Rostrum ein zartes Tasthaar. Zur Bewegung der Antennen dienen zwei Muskeln, welche das Rostrum beinahe ausfüllen. Zwischen ihnen sitzt das Nebenauge, bestehend aus dem Pigmentfleck von beträchtlicher Grösse und einer grossen, blassen Linse, die dem Pigment in der Richtung der Rostrumspitze aufsitzt. Die Ober- lippe hat einen schwachen Höcker und endet in einem abge- setzten, beweglichen Lappen, der Zunge. Die Mandibeln sind von der Schale grösstenteils unbedeckt. Bei uns ein häufiges Thier, welches sich durch seine grosse Resistenz gegen Witterungseinflüsse besonders auszeichnet und darin unter den Daphniden blos noch von Ilyocryptus über troffen wird. 1 Fischer: Abhandlung über die in der Umgebung von Petersburg vorkommenden Crustaceen aus der Ordnung der Branchiopoden und Ento- mostraceen. (Mein, des savants etrangers. Tom. VI.) Petersburg. 1848. 32 Kurz. 2. Macrothrix tenuicornis. N. sp. Tab. III. Fig. 1. Diese neue Art ist etwas grösser als die vorangehende und schliesst sich in mehreren Hinsichten näher an M. rosea (Jurine) an. Die Länge des Thieres beträgt 0-75 Mm., die Höhe <>-4*: die Tastantenne misst 0-16 und die lange Ruderborste 0-53 Mm. Die Rückenfirste ist glatt, vor dem Herzen senkt sie sich in einen schwachen Eindruck, der zugleich den Kopfschild von der Schale scheidet. Der Nacken ist stark gewölbt, die Stirn unter dem Auge concav und das Rostrum schwach aufgestülpt, wie bei Simocephalus, nur bedeutend geringer. Der Vorderrand der Schale ist in der Mitte concav und bedeckt kaum einen Theil der Mandibel; unten ist er dann stark nach vorn gebogen und über- geht hier in den gleichmässig convexen Unterrand. Dieser ist seiner ganzen Länge nach mit cylindrischen, beweglich einge- lenkten Stacheln bewehrt, welche in gleichen Abständen von einander stehen, aber der ungleichen Länge nach je drei eine Gruppe bilden. Der vorderste, längste Stachel jeder Gruppe ist auswärts gerichtet, während die beiden kürzeren in verticaler Richtung herabhängen. Hinten stösst der Dorsal- und Ventral - rand in einer kurzen Spitze zusammen. Die ganze Schalenober- fläche ist zart hexagonal reticulirt und glatt, ohne Höcker. Der Fornix steigt ober den Ruderarmen schief aufwärts und senkt sich dann parallel mit der Nacken- und Stirnlinie bis zumRostrum. Die langen, schwachen Tastantennen sind rund und verschmälern sich gegen das Ende. In der Mitte sind sie am dicksten und nach vorn convex, während sie nach unten fast in eine umgekehrte Krümmung übergehen. Der Vorderrand derselben scheint gezähnt zu sein, aber bei schärferem Zusehen bemerkt man etwa G Quer- reihen von Zähnchen, welche um die Antenne einen unge- schlossenen Ring auf dieselbe Art bilden, wie ihn P. E. Müll er (1. c. II. 2 a) von Bosmina abbildet. Ein Tasthaar, wie es bei den zwei bekannten Arten dieser Gattung vorhanden ist, habe ich nicht bemerkt, hingegen sitzt vor dem freien Ende der Antenne am Hinterrande eine kurze, lanzettliche Borste. Das Büschel der Riecheylinder besteht aus blos 5 — 6 geknöpften Härchen, von denen eines um die Hälfte länger ist als die Dodekas neuer Cladoceren etc. 66 übrigen. Jede Antenne wird von zwei Muskeln bewegt, deren einer im Rostrum liegt und als Vorwärtsbeweger, der andere in die Antenne eintritt und als Rtickwärtszieher fungirt. Die Ruderarme haben ein ausnehmend starkes Basalglied, welches über die Hälfte geringelt ist. Am freien Ende steht vorn eine kurze lanzettliche Borste und ein Tasthaar, der Hinterrand ist mit kleinen Dornen versehen. Die Ruderborsten weichen etwas ab von der detaillirten Beschreibung, welche P. E. Müller (1. c. p. 135 ff.) von der Beschaffenheit dieser Theile für die ganze Gattung gibt. Die Hauptsache trifft zwar zusammen, aber 1. die Borste des Mittelgliedes am dreigliedrigen Aste ist an derBasal- hälfte einseitig gezähnt, dornlos und am Endgliede glatt, 2. die eine der drei Endborsten desselben Astes ist völlig glatt, eine zweite ganz gefiedert und die dritte am Basalgliede mit zerstreu- ten Dörncheu besetzt, am Endgliede aber gefiedert. Der vier- gliedrige Ast stimmt mit der citirten Beschreibung- völlig überein. Die Oberlippe hat eine hohe und spitzige Crista, die sogar zwischen den Bauchrändern etwas nach unten hervorragt. Die Füsse sind durch die riesig entwickelten beuteiförmigen Anhänge ausgezeichnet, die des letzten Fusspaares hängen zum grossen Theil aus der Schale heraus. Das Postabdomen hat dieselbe Form wie bei M. rosea, nur ist es dicker. Die Analfurche ist von starken Stacheln umgeben, die nach vorn beinahe bis zu den kleinen Endklauen reichen. Der übrige Dorsalrand des Schwanzes ist mit Stacheln bewehrt, die hier in einer Längsreihe zu stehen scheinen und überall gleich lang- sind. Der Brütraumverschluss wird durch eine tiefe Bucht ober den Steuerborsten bewerk- stelligt, in welche der verdickte Rückenrand der Schale passt. Im Brutraum fand ich vier Eier zusammengepresst. Von inneren Organen ist das Auge erwähnenswerth, welches klein und mit wenig Krystallkegeln versehen ist; es wird bewegt durch drei Muskelpaare, die länger sind als bei der vorbeschrie- benen Art. Das Ganglion opticum ist auch hier stark vom Gehirn abgeschnürt und die ober dem Auge befindliche keulenförmige Zelle reicht nicht bis an die Nackenhaut, sondern sendet blos einen dünnen Faden dahin; auch hier sitzt im Inneren dieses Zellgebildes ein scharf gerandeter Nucleus. Das Nebenauge Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I.XX. Bd. I. Abth. 3 34 Kurz. besitzt keine Linse. Der Antennennerv durchzieht die ganze Antenne und bildet erst tief unten ein Ganglion. Der Nahrungscanal ist einfach, die sehr grossen Mandibeln sind fast ganz unbedeckt. Das Herz ist höher als länger, besitzt hinten blos eine quergelegene venöse Spalte. Diese schöne, durchsichtige Art fand ich blos einmal in mehreren Exemplaren verschiedenen Alters, aber nur weiblichen Gechlechtes in einem grossen Teiche mit üppiger Sumpfvegetation bei Sopoty, östlich von Chotebof. Ilyocryptus. Sars. Es findet keine Häutung statt, die kleinen alten Schalen sitzen den neueren und grösseren auf; die Schalenränder sind mit starren, verzweigten Stacheln dicht besetzt. Der Kopf hat eine spitzig vorspringende Stirn, in welche die Fornices enden. Die Ruderarme besitzen neun fast glatte Ruderborsten. Der Schwanz ist ungewöhnlich gross, jederseits mit zwei Reihen von Dornen auf den Rändern der Analfurche, von da aufwärts mit einer einfachen Zalmreihe versehen. Der einfache Nahrungs- canal bildet vor dem Rectum eine stark erweiterte Auftreibung. Der Brutraumverschluss wird durch einen grossen Rückenzipfel bewerkstelligt. DieThiere vermögen nicht zu schwimmen, einestheils wegen der bedeutenden Körperschwere und der steten Schmutzhülle, andererseits wegen dem Mangel der Befiederung an den Ruder- borsten. Ilyocryptus sordidus. Lievin. Acanthocercus sordidus: Lievin *. 1848. p.34. VIII. 7—12. Leydig. 1860. p. 199. Ilyocryptus sordidus: Sars. 1862. p. 154, 282. „ „ P.E.Müller. 1868. p.l54Ü. 14— 18. HE. 6. Die Länge des Thieres fand ich 0-7 Mm. In der Schale beobachtete ich eine grosse Ablagerung von Fett, wie sie Leydig i Lievin: „Die Branchiopoden der Danziger Gegend, ein Beitrag zur Fauna der Provinz Preussen." (Neueste Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. IV.) Danzig. 1848. Dodekas neuer Cladoceren etc. 35 bei Sida nachwies, amunteren Schalenrande, besonders in dein vorderen Winkel, von wo sie sich bis zur Schal endrüse hinaufzog-. Die Tastantennen zeigen sich in der Bauchansicht deutlich zweigliedrig- mit kurzem Basalglied. Auch konnte ich in dieser Lage keine Ausrandung der Stirneontour wahrnehmen, die Stirn erschien im Gegentheil ziemlich scharfwinklig. Das Postabdomen ist bei erwachsenen Individuen länger, als P. E. Müller es zeichnet (1. c. IL IG), so sieht es etwa bei jungen aus, bei alten Thieren ist die einfache Dornenreihe zwischen After und Schwanzborsten länger als die Analfurche bis zu den Endklauen. Die von Müller angezweifelte Existenz des Rückenzipfels kann ich bestätigen; der Zipfel ist ungemein lang, nach vorn gebogen und trägt hinten der ganzen Länge nach zahlreiche Querreihen von Haaren, die sieb bis gegen die Schwanzborsten herab erstrecken. Auch muss ich demselben Autor widersprechen, wenn er diesem Thiere ein Ooecum zu- spricht (1. c. p, 154), und ebenso hat Sars« Unrecht, der den Darm eine Schlinge im Abdomen vollführen lässt. Ich sehe an meinen Exemplaren blos eine blasige Erweiterung des Darmes im Postabdomen vor dem Rectum, wo sich der Koth ansammelt. Dieses seltsame Thier finde ich zu jeder Jahreszeit im Schlamme der Gewässer um Deutschbrod; es lässt sich in Aquarien sehr leicht durch lange Zeit halten und überwintern. III. Fam. Lynceidae. Die Fornices sind stark entwickelt und laufen meist bis zur Spitze des Rostrums herab. Das Nebenauge ist stets vorhanden, immer von beträchtlicher Grösse, zuweilen grösser als das Auge, ja bei gänzlichem Schwinden des Auges (Monospilus) übernimmt es sogar die Function des Sehens allein. Dicht unter dem Neben- auge entspringen die Tastantennen, die beim weiblichen Geschlecht höchst selten das Rostrum an Länge übertreffen. Die Ruder- antennen haben beide Aste stets dreigliedrig, mit 7 — 8 Ruder- borsten ausgestattet. Die Lippe besitzt stets einen Kamm. Von Füssen sind 5 — (3 Paare von ungleicher Bildung vorhanden. Der 1 Sars. Oui de i Omegnen etc. p. 155. 3* 36 Kurz. Schwanz ist stark entwickelt, die Endklanen haben gewöhnlich 1—2 Nebendornen an der Basis. Der Darm bildet im Abdomen eine .Schlinge, dann eine starke Biegung und besitzt vor dem Rectum ein ventrales Coecum. Keine Cladocerenfamilie bildet ein so streng in sich abge- grenztes natürliches Ganze, wie eben die Lynceiden. Desto schwerer wird dann die Trennung der Genera, wie schon die weit auseinander gehenden Ansichten der Autoren zur Geniige beweisen. Für das aberrante Genus Eurycercus glaube ich eine eigene Subfainilie begründen zu können; es gibt der Unterschiede zu viele und sie sind zu gewichtig, als dass sich diese Gattung mit den einzelnen übrigen Lynceidengattungen coordiniren Hesse. 1. Subfam. Enrycerchiae. Der Kopf ist vom Körper durch eine Kerbe in der Riieken- contour geschieden. Sechs Fusspaare. Der Magen hat vorn zwei Coeca; der After liegt am Schwanzende. Der Brutraum beherbergt gleichzeitig zahlreiche Embryonen und wird durch einen warzen- förmigen Rückenzipfel geschlossen. Der porus genitalis liegt beim Männchen ventral an der Schwanzbeuge. Eurycercus. Baird. Bisher ist blos eine einzige Art bekannt geworden, über welche bereits zahlreiche sorgfältige Untersuchungen vorliegen. Auch ich fand den allverbreiteten Eurycercus lamcllatus. 0. F. Müller sehr häutig um Deutschbrod in den Sommermonaten und über- winterte ihn in Aquarien, wo ich auch öfter die Männchen mir erzog. Ueber diese wäre zu bemerken, dass sie auf den Füssen des ersten Paares ebenfalls einen Haken haben, nur ist er schwächerund weniger gekrümmt als beiden übrigen Lynceiden '. Die Seh ö dler'sche Beschreibung und Zeichnung der männlichen « P. E. Müller sagt (1. c. p. lf>9): nNaar umlt:igos lutrycercus, liave alle mig bekjendte Hanner en kraftig- Krog paa forste Benpar". Dodekas neuer Cladoeeren etc. 5 ( Tastantenne ' ist dahin zu berichtigen, däss die Zahl der lateral gestellten Riechstäbchen nicht constant ist, ja dass diese Haare auch auf der Aussen- und Vorderseite zerstreut vorkommen. Endlieh kann ieh der Meinung- mehrerer Autoren nicht bei- stimmen, wenn sie meinen, dass die Thiere sich zum Vergnügen an der Oberfläche des Wassers herumtummeln und dann wieder herabschwimmen. Ich sehe im Gegentheil in diesem schnellen Herumkreisen an der Wasseroberfläche eine für die Thiere sehr unangenehme und bei längerer Dauer lebensgefährliche Zwangs- lage, aus welcher sie sich aus allen Kräften zu befreien streben. Bios bei Camptocercus beobachtete ich das Gelingen dieser Bemühungen, bei den übrigen Daphniden und Lynceiden hat aber alle Anstrengung nur eine schnelle Rotation an der Wasser- oberfläche ohne das angestrebte Untertauchen zur Folge. Ja, es ist sogar nicht leicht, das Thier künstlich zum Untertauchen zu bringen, so schwer benetzt das Wasser den einmal trockenen Thierkörper. 2. Subfam. Lynceiitac. Der Rücken bildet eine einzige Wölbung ohne allen Ein- schnitt. Fünf Fusspaare. Der Magen ohne Coeca; der After stets am Dorsalrande des Schwanzes gelegen. Im Brutraum kommen gleichzeitig höchstens zwei Embryonen zur Entwicklung; der Verschluss desselben wird durch das blosse Anlehnen des hinter- sten Abdominaltheiles an die Rückenwand der Schale bewerk- stelligt. Der porus genitalis des Männchens liegt am Schwänze, meist terminal, seltener dorsal. Als Gattungsmerkmale fallen am meisten in die Wagschale: 1. Der Habitus, abhängig von dem Verhältniss der Schale zum eingeschlossenen Körper und die dadurch bewirkte Schliessung des Brutraumes, wrelche sich übrigens auch kundgibt in dem Verhältniss der Länge des freien Hinterrandes zu der grössten Schalenhöhe. 1 Schöd ler: Die Cladoeeren des frischen Haffs etc. 1866. p. 10.1.6. •ls Kurz. 2. Der Bau des Kopfschildes mit Rücksicht auf die Cristä der Stirn, die Fornices und das Rostrum. 3. Der Schwanz, seine Grösse und Bewehrung, die End- klauen mit den Basaldornen und die Zahnreihen der Analfurche. In der Bildung des Schwanzes spiegelt sich, wie schon P. E. Müller treffend bemerkt, die Lebensweise des Thieres am besten ab — sie zerfallen darnach in Springer, Kriecher und Schwimmer. 4. Die Ruderarme, ihre Bewaffnung mit Ruderborsten, ein- zelnen Dornen oder Dornenkränzen und ihre Grössenentwicklung, von welcher die Art der Schwimmbewegung abhängt; lange Ruderarme haben die flinken Ruckschwimmer, mit kurzen sind die Tummelschwimmer versehen. 5. Endlich dienen auch manche Artenmerkmale als mehr oder weniger durchgreifende Gattungsunterschiede, als da sind: die Tastantennen im weiblichen und männlichen Geschlecht, die Bildung der unteren Schalenhinterecke, die Mündung der Samen- gänge u. dgl. In kurzer Uebersicht Hesse sich das gesammte Lynceen- system etwa folgendermassen darstellen: A. Der Rücken fällt zum Hinterrande kaum merklich ab, der Hinterrand ist wenig kürzer als die grösste Schalen- hohe-, der Brutraum wird durch den stark aufwärts gekrümmten Hintertheil des Körpers geschlossen. a) Der Kopf ist stark gekielt. a) Der Schwanz ist länger als die Hälfte der Körperlänge, sieben Ruderborsten Camptocercus. ,3) Der Schwanz ist kürzer als der halbe Körper, acht Ruderborsten^croperws. b) Der Kopf ist ungekielt. a) Acht Ruderborsten, die Schale ist mehr oder weniger deutlich längs- gestreift. aa ) Die Schwanzklauen haben eine seeundäre Bezahnung Alonopsis. bb ) Die Schwanzklauen sind glatt. Dodekas neuer Cladoceren etc. 39 x)Dqy Schwanz ist normal, die Schale reticulirt, das Rostrnm breit und abge- rundet Graptoleberis. cc) Die Schale ist gestreift, das Rostrum lang, spitzig und unter den Körper ge- krümmt Harporhynckus. B. Der Rücken senkt sich zum Hinterrande sehr steil, daher ist der Hinterrand bedeu- tend kürzer als die grösste Schalenhöhe; der Brutraum wird durch die herabstei- gende Schale geschlossen ; das Abdomen ist kaum aufwärts gekrümmt. a) Der Hinterrand der Schale ist ganz, oder an der Unterecke gezähnt. sc) Sieben Ruderborsten, die Unter- ecke ist gezähnt, das Rostrum ist nie nach vorn gebogen .... Alonellä. ß) Acht Ruderborsten, der ganze Hinterrand ist gezähnt .... Peracantha. 7) Acht oder sieben Ruderborsten, in letzterem Falle das Rostrum nach vorn umgebogen .... Pleurosem. 40 Kurz. b) Der Hinterland der Schale ist un- gemein kurz, die Ecken sind ab- gerundetund dasThier ist kugelig oder elliptisch. a) Auge und Nebenauge vorhanden. aa) Die Bauch ränder der Schale schliessen fast an einander, das erste Fusspaar ist normal gestaltet Chydorus. bb) Die Bauchränder klaffen weit auseinander, am ersten Fuss- paar eine Kammklaue, die aus der Schale hervorragt . Anchistropus. ß) Nur das Nebenauge vorhanden Monospilus. Camptocercus. B a i r d . Der Rücken ist massig gewölbt, die abgerundete hintere Unterecke der Schale ist mit einigen kleinen Zähnchen besetzt. Der Kopf ist mit einer Crista versehen. Die Ruderantenuen besitzen sieben ■-— Ruderborsten. Der Schwanz hat eine yolv) ungewöhnliche Länge und verschmälert sich allmälig gegen das Ende. Die Endklauen haben eine secundäreBezalmung und einen Basaldorn. Die Ränder der verlängerten Analfurche tragen nebst der Reihe von Zähnen meist noch eine höher gelegene Leiste zarter, gestrichelter Schuppen. Der Brutraum wird von dem auf- wärts gekrümmten Thierleib verschlossen. Die rasa deferentia münden vor den Endklauen des Schwanzes. Diese Gattung enthält grössere Thiere, welche ziemlich geschickt schwimmen und mit Hilfe des Schwanzes springen können. 1 . Camptocercus rectirostris. S c h ö d 1 e r. Lynceus macrourus: Fischer. 1848. p. 188. VIII. 8. IX. 1, 2. Camptocercus reclirostrü: Sc ho edler. 1863. p. 37. II. 43. III. 49, 50. „ „ P. E. Müller. 1868. ]>. IC"). 11. 19. III. 13. Ich hatte dieselbe Varietät vor mir, welche Fischer und P. E. Müller beobachtet haben, auch die Schödler'sche Dodekas neuer Cladoceren etc. 41 Beschreibung' passt gut auf sie. An den Ruderarmen vermochte ich keine achte Borste zu entdecken, deren der letztgenannte Autor erwähnt, hingegen ist, wie schon Müller bemerkt, die Schuppenleiste ober den 15—1* Analzähnen vorhanden. Zur Zeit der Wintereier färbt sich der Rückentheil der Schale in der Ausdehnung des Brutraumes intensiv schwarz, es kommt also (wie bei der Mehrzahl der Lynceiden) zur Bildung eines wahren Ephippiums, welches aber hier blos ein Ei enthält. Nach der Abwerfung wird das Ephippium an einen festen Gegenstand, z. B. die Glaswand des Aquariums angeklebt; gewöhnlich hän- gen noch die übrigen abgestreiften Cuticulartheile derFüsse etc. daran. Ich fand dieses Thier in einem Wiesengraben bei Zdirec ander Deutschbrod-Pardubicer Eisenbahn und bei Deutsch- brod in einer kleinen, aber tiefen Grube mit klarem Wasser und Pflanzenwuchs auf einer Wiese. 2. Camptocercus latirostris. N. sp. Tal». II. Fig. 9, 10. Er ist dem C. Lilljeborgii (Seh öd ler) sehr nahe verwandt und vielleicht mit dem C. Lilljeborgii des P. E. Müller (1. c. p. 166. III. 14) identisch; wenigstens glaube ich aus Müller's Fig. 14 so schliessen zu müssen, welche das Schwänzende des Thieres darstellt. Vergleicht man damit Seh öd ler 's Zeich- nung des Schwanzendes von C. Lilljeborgii (1. c. III. 46 und 48), so muss man eine Verschiedenheit beider Thiere zugestehen, ja die zwei Schödler'schen Camptoeereiis-Arten: Lilljeborgii und biserratus, sind in dieser Hinsicht die einzigen Lynceiden, bei denen die Basaldornen der Schwanzklauen auf einem eigenen Träger sitzen. Als Unterschied zwischen unserem C. latirostris und C. Lilljeborgii (Seh öd ler) ist zu beachten, dass jener den Kopf viel tiefer niedergedrückt, fast senkrecht herabsehend hat, wäh- rend er bei diesem schief nach vorn gerichtet ist. Das Rostrum ist bei letzterem durch die weitüberragenden Fornices ziemlich zugespitzt und wie gespalten, während bei C. latirostris die For- nices blos die Länge des Rostrums haben, es nicht überragen, und daher wie quer abgehackt aussehen; auch neigen sich die 42 Kurz. Fornices nicht senkrecht herab, sondern stehen von der Rostrum- spitze flügelartig ab. Schö dl er zeichnet bei seinem C Lillje- borgii keinen scharfen Kamin am Rücken, während bei unserer Art die Crista des Kopfes sich auch über den Rücken erstreckt und hier allmälig immer niedriger wird. Der Unterrand dei Schale ist convex. Die Schwanzklauen sind auch bei C. latirostris mit seeun- dären Zähnchen besetzt, diese sind aber so angeordnet, dass sie von der Klauenbasis bis zur Mitte an Grösse zunehmen, von hier wieder klein anfangend zur Spitze abermals wachsen und vor der Spitze plötzlich aufhören, während sie sich bei C. Lilljeborgii gegen die Spitze allmälig verlieren. Der Basaldorn entspringt bei unserer Art aus der Basis der Klaue, bei C. Lilljeborgii aus einem eigenen Krallenträger. Von inneren Organen ist das Gehirn bemerkenswerth. Das Augenganglion ist vom Gehirn deutlich abgeschnürt; das Auge ist beweglich, aber eigene Augenmuskeln sind nicht zu sehen. Das Nebenauge trägt nach vorn und unten je einen blassen lin- senartigen Körper. Die Ruderarmmuskeln haben im Kacken eine eigenthümliche Insertion; der vorderste ist der längste, die beiden hinteren inseriren tiefer. Der Grund davon liegt in der plötzlichen Verengung des Körpers vor und ober dem Herzen gegen die Crista. Das Herz ist, wie bei allen Camptocercus- und Acroperus- Arten schief nach unten gerichtet und langgezogen. Die Tastantennen sind nur wenig kürzer als das Rostrum und stehen auf einem eigenen Höcker (wie bei C. rectirostis) ; am Aussenrande tragen sie unweit vor dem Ende ein Tasthaar « und am freien Ende das Büschel der Riechhaare, deren eines doppelt so lang als die übrigen und nach hinten gerichtet ist. 1 Dieses Tasthaar ist bei den Lynceiden allgemein vorhanden und ragt stets unter dem Fornix hervor. .Seine Stellung- hängt von der Ent- wicklung- des Fornix ab ; bald steht es fast terminal (Alona etc.), bald mehr der Mitte der Antenne genähert (Pleuroxus) oder sogar ober der Mitte (Chydorus). Die Männchen haben neben diesem Tasthaar meist noch ihr eigentümliches Flagellum, eine zarte, spitzige Horste mit dunkel gerandeter Basalpartie. Dodekas neuer Cladoceren etc. 43 Im Herbst verdunkelt sich durch ein diffuses schwarzes Pigment der Brutraum und bildet ein undurchsichtiges Ephippium ; die Schalenform wird jedoch nicht geändert. Das Männchen ist kleiner als das Weibchen, es misst 0-8 — 0-8(3 Mm., während das Weibchen 0-9 — 1 Mm. erreicht. Der Kopf ist aufrechter, fast horizontal ; die Carina des Kopfes ist schwach und erstreckt sich bloss zur Insertion der Rudermuskeln. Die Fornices erstrecken sich nicht mit ihrer ganzen Breite bis zum Rostrum und dieses bildet, von oben gesehen, eine stumpfe dreieckige Spitze. Die Antenne besitzt vor dem Tasthaar das kurze, männliche Flagellant ; die Riechcylinder sind von gleicher Länge. Der vordere Schalenrand bildet eine weit vorspringende, abgerundete Ecke, von welcher der Unterrand gegen das Ende des ersten Fusspaares schief herabsteigt; von da verläuft er zuerst etwas concav, dann gerade. Die abgerundete Hinterecke besitzt 2 — 4 kleine Zähne. Der Hinterrand ist stark convex. Die Fasse des ersten Paares sind sehr stark, besitzen eine Längsleiste und einen Chitinring; der Haken ist sehr massiv, schief zugespitzt und wirkt gegen ein dicht behaartes Wider- lager. Der Schwanz hat keine Zahnreihe, wohl aber die obere Schuppenleiste. Die Klauen sind schwach iS-förmig gebogen und der ganzen Länge nach mit einer zarten, kaum merklichen Bezahnung versehen. Die Hoden erscheinen durch querlaufende Fäden wie abge- theilt, das vas def'erens mündet ober den Schwanzklauen. Der Schwanz ist vom Körper durch einen Chitinring getrennt, an welchen sich ein ganzes System von Chitinleisten reiht. Jeder- seits articulirt mit dem Chitinring eine Längsleiste, die mit jener der anderen Seite durch zwei dorsale Halbringe zusammenhängt. Proportional mit der Entwicklung dieser Skelettheile sind auch ungewöhnlich starke Muskeln vorhanden; besonders dick sind die langen Rückenmuskeln und die Streckmuskeln des Schwanzes. Diese helle, durchsichtige Art fand ich in dem bereits erwähnten Teiche von Sopoty. 44 Kurz. Acroperus. Baird. Der herabgebogene Kopf ist mit einer hohen Crista ver- sehen. Die längsgestreifte Schale hat eine ausgesprochene Hinter- ecke, die mit 1 — 3 Zähnen bewehrt ist. Die Tastantennen tragen neben dem Tasthaar ein einzelnes, langes Riechstäbchen. Die Ruderarme haben 8 ött Ruderborsten. Der Schwanz ist lang, überall gleich breit, blos mit einer seitlichen Schuppen- reihe versehen. Die Endklauen stehen auf einem eigenen Klauen- träger, besitzen eine secundäre Bezähmung und einen Basaldorn. Der Klauenträger ist unten noch mit einem Büschel äusserst zarter Haare versehen. — Beim Männchen liegt die Mündung des vttx äeferens ober den Schwanzklauen und diese befinden sich dadurch von dem Ventralrande des Schwanzes entfernt. Die Acroperusarten sind die besten Schwimmer unter den Lynceiden. Bei uns finden sich die beiden Arten : Aropercus leucocephalus. Koch. Lyncem leucocephalus : Koch i. 1835 — 41. Heft 36. Tab. X. „ .. Fischer». 1850. p. 11. III. 6— 9. Acroperus leucocephalus : Schödler. 1863. p. 30. I. 11 — 16. „ „ P. E. Müller. 1868. p. 167. III. 15—17. IV. 26. und Acroperus angustatus. Sars. Acroperus angustatus : Sars 3. 1863. p. 25. „ P. E. Müller. 1868. p. 169. III. 18. IV. 27. Beide, besonders ersterer bei uns häutig. Sie sind dem geübten Auge schon nach der Bewegung kenntlich, denn wäh- rend A. leucocephalus pfeilschnell hin- und herschiesst, schwimmt 1 Koch: Deutschlands Crustaceen, Myriapoden und Araehniden. Regensburg. 1835—41. 2 Fischer: Ergänzungen, Berichtigungen und Fortsetzung zu der Abhandlung- über die in der Umgebung von Petersburg vorkommenden Crustaceen aus der Ordnung der Branchiopoden und Entomostraceen. (Memoires des savants etrangers. Toni. VII.) Petersburg. L850. 3 Sars: Om en i Sommeren 1862 foretagen zoologisk Reise i Chri- Btianias og Trondhjems Stifter. Christiania. 1863. Dodekas neuer Cladoceren etc. 45 der A. angustatus langsamer und ruckweise umher. Die Ursache davon liegt in den Ruderantennen, die, zurückgeschlagen, bei ersterem mit ihren Schwimmborsten denSchalenhinterrand über- ragen, bei diesem jedoch sammt den Borsten blos etwa «/8 der Schalenlänge erreichen. Bei A. angustatus ist der Kopfhelm viel höher, der Rücken bedeutend weniger gewölbt und daher der freie Hinterrand der Schale höher als bei A. leucöcephalus. Die Grösse ist bei den Thieren etwa die gleiche; sie erreichen eine Länge von 0-7 Mm., aber ersterer scheint seiner Körperform wegen stets grösser und besonders länger zu sein als der letztere. Auch in den Männchen gibt es Unterschiede, wie sie sich aus den Mülle r'scheii Abbildungen auf den ersten Blick ergeben; ich habe ebenfalls die beiden Männchen kennen gelernt. Ihre Rückencontouren und die freien Hinterränder der Schale bieten dieselben Verschiedenheiten wie bei den Weibchen, die Kopffirsten stehen aber in verkehrtem Verhältniss ; bei dem Männchen von A. leucöcephalus ist eine Crista vorhanden, wäh- rend sie bei dem des A. angustatus fast völlig schwindet. Die Tastantenuen beider Männchen sind länger als das Rostrum, aus dem terminalen Büschel der Riechhaare ragt eines über die übrigen hervor, ein zweites langes Riechhaar steht höher oben; am Aussenrande steht vorn das gewöhnliche Tasthaar, hinten und etwas höher ein längeres, blasses Fagellum ohne dunkel gerundete Basalhälfte. Die Haken des ersten Fusspaares sind bei A. leucöcephalus stärker. Alonopsis. Sars. Der Kopf ist ungekielt. Die Schale hat einemarkirteLängs- streifung. Die Ruderarme haben acht '—7 Ruderborsten. Der lange Schwanz ist eng, jederseits mit 1 — 2 Reihen von Zähnen besetzt. Die Endklauen haben einen Basaldorn und sind mit secundären Zähnchen versehen. Die Samengänge der Männchen münden vor den Endklauen des Schwanzes. 4G Kurz. Älonopsis latissima, N. sp. Tab. II. Fig. 1:3— 15. D-<\* zu beschreibende Thier läset sieb ohne Zwang in keine andere Gattung- einreiben, als zu Älonopsis; freilieb müssen die Charaktere dieser Gattung dann in etwas erweitert werden, wie die Vergleiebung der Mü 11 er'scben Diagnose mit der liier ange- führten zeigt. Diese neue Art hat zahlreiche Eigenthümlichkeiten. Schon dem äusseren Habitus nach dürfte sie kaum mit einem anderen Lynceiden zu verwechseln sein. Der Sckalenumriss erinnert am ehesten an Eurycerus, nur ist die Höhendimension noch weit vorwiegender. Die Länge beträgt 0-5 Mm., die Hübe 0-4 Mm. Obzwar der Kopihelm fehlt, ist doch eine Andeutung einer Carina längs des Rückens vorhanden. Das Eostrum ist scharf, da die Fornices eng zulaufen. Die Schale ist vorn bauchig, am Unterrand schwach concav, vorn mit einigen langen, spärlich stehenden Haaren, hinter diesen mit einem dichten, anfangs kurzen, nach hinten längeren Haarbesatz versehen, welcher vor der Hinterecke aufhört. Diese ist unbe wehrt und abgerundet. Die Schalensculptur besteht im vorderen Drittel aus Linien, die dem Vorderrand parallel laufen; im hinteren Theil der Schalen- klappen verlaufen Längslinien, hinten etwas schief herabstei- gend. Das Auge ist klein, noch kleiner das Nebenauge und jenem näher als der Rostrumspitze. Die Antenne ist fast so lang wie das Rostrum, gerade, schwach und gegen das Ende dünner. Ober der Mitte sitzt das Tasthaar, am Ende 8 — 10 sehr ungleiche Rieehcylinder. Die Ruderarme sind verhältnissmässig kurz, daher die Bewegung des Thiercs langsam und ruckweise wie eine Alona. Das Postabdomen ist von halber Körperlänge, dünn und gegen das Ende verjüngt, hier wie bei Acroperus ausge- schnitten. Vom After bis zum Ausschnitt an der Spitze stehen \2 einfache Stacheln von etwas ungleicher Grösse. Die langen Endklauen haben einen Basaldoru und sind bis zur Hälfte mit wachsenden, seciindären Zähnehen besetzt. Beim Männchen (Fig. 14) fehlt der Kückenkamm, und der Unterrand der Schale ist last gerade. Die Antennen sind länger Dodekas neuer Cladoceren etc. 4< als das Rostrum, im basalen Drittel an der Aussenseite mit einem Tasthaar, tiefer unten mit drei seitlichen, und am Ende mit 8 bis 10 terminalen Riechhaaren besetzt. Das Flagellum scheint zu fehlen. Die Ruderarme haben am Endglied des inneren Armes ausser den drei Ruderborsten ein spitziges Haar, dessen Basal - liälfte wie bei einem Flagellum dunkel gerandet ist (Fig. 15). Die Fasse des ersten Paares haben einen starken Haken. Der Schwanz hat keine Analzähne und auch die Endklaue entbehrt ausser dem Basaldorne jeder secundären Bewehrung. Ober den Endklanen liegt der Porus genitalis, und die Klauen sind dadurch vom Ventralrande etwas herabgerückt. Das Weibchen hat am Rücken blos eine, das Männchen ausser dieser noch tiefer vier Querreihen von Härchen. Die Grösse ist wie gewöhnlich beim männlichen Geschlecht geringer, die Länge = 0-4 Mm., die grösste Höhe = 0-3 Mm. Dieses auffallende Thier fand ich in einem Waldteich bei Z b r a s 1 a v i c , südlich von Kuttenberg. Alona. Baird. Die annähernd viereckige Schale ist mehr oder weniger deutlich längsgestreift, seltener glatt oder höckerig; die untere Hinterecke ist stets unbewehrt und abgerundet. Die Tastantennen sind fast so lang, wie das kurze und stumpfe Rostrum, tragen nahe beim freien Ende ein Tasthaar und auf der Endfläche das Büschel der Riechcylinder, die stets in gleicher Höhe neben ein- ander entspringen. Die Ruderantennen sind schwach, besitzen (mit Ausnahme der A. costata. Sars) stets 8 Ruderborsten U-~- U. v,OJ- I I Der Schwanz hat eine sehr verschiedene Grösse und Form, meist ist er stark und zum Kriechen geeignet. Seine Bewaffnung besteht aus den glatten Endklauen mit einem Basaldorn, der gewöhn- lichen Reihe von Zähnen (ausnahmsweise Haarbüscheln) am Dorsalrande und einer höher gelegenen Reihe von gestrichelten Schuppen, die nur in wenig Fällen vollständig fehlt. 1 DassSars (1862, p. 160) auch für A. lineata blos 7 Borsten angibt, mnss wohl einer Irrung zugeschrieben werden, da alle übrigen Autoren 8 Borsten angeben, wie auch ich diese Zahl beobachtet habe. 48 Kurz. Bei den Männchen ist der Schwanz schwächer, meist mit nur einer Reihe von Zähnen oder Haargruppen, die aber vom Dorsalrande entfernt stehen. Der Genitalporus liegt ober den Schwanzklauen und diese sind vom Ventralrande entfernt. Dieses Genus ist das grösste und schwierigste unter den Lynceidengattungen ; man erkennt zwar sehr leicht, ob ein Thier her gehört, aber mit der Artbestimmung wird man oft nur mit Mühe fertig. Bei uns kommen acht Arten vor, die nach folgender Uebersicht von einander und den übrigen noch bekannten Arten unterschieden werden können: A. Der Schwanz hat blos eine Reihe von Zähnen. a) Die Schale ist in der hin- teren Partie undeutlich reticulirt ....... b) Die Zahnreihe besteht aus Haargruppen und endet mit 2 sehr starken Zähnen c) Die Zähnreihe besteht aus einfachen Zähnen mittlerer Grösse WA. parvula. N. sp. d) Die Schale ist höckerig 2. A. tuberculata. N. sp. B. Der Schwanz hat eine Zahn- reihe am Dorsalrande und eine laterale Schuppen- reihe. aj Die Schale ist sehr dicht gestreift. a) Das Auge ist grösser als das Nebenauge . o. A. elegans. N. sp. ß) Das Auge ist kleiner als das Nebenauge . b) Die Schale hat die gewöhn- liche, deutliche Längs- A. guttata. Sars. A. dentata. P. E. Müller. . I . sanguinea. P. E. M Uli e r. streifung. «) Der Schwanz ist gegen das Ende enger. i Die bezifferten Arten habe ich beobachtet. Dodekas neuer Cladoceren etc. 49 aa.) Die Zähne sind gegen das Ende bedeutend grösser 4. A. tenuicaudis. Sars. ßß) Die Zähne sind fast gleich gross 5. A. lineata. Fischer. ß) Der Schwanz verengert sich gegen das Ende nicht. * aa) Das Darmcoecum kaum angedeutet 6. A. coronata. N. sp. ßß) Das Coecuna nor- mal, 7 Ruder- borsten .... A. costata. Sars. 77) Das Ccecum nor- mal, 8 Ruder- borsten . . , .I.A. quadr angularis. 0. F. Müller. c) Die Schale hat eine un- deutliche, runzelige Strei- fung. a) Das Auge ist gleich gross wie das Neben- auge 8. A. oblonga. P. E. Müller, ß) Das Auge ist bedeutend kleiner als das Neben- auge d) Die Schale ist sculpturlos. «)'Der Kopf ist vorge- streckt, das Thier 1 Mm. lang .... ß) Der Kopf ist nieder- gedrückt, das Thier unter 0-4 Mm. lang . A. spinifera. Schödler. Bei dieser Zusammenstellung blieben unberücksichtigt blos einige zweifelhafte Arten, als: A. socors (O.F. Müller) — vergl. P. E. Müller 1. e. p. 172, und A. ovata (ßaird), von der bisher nur Baird's unvollkommene Beschreibung existirt. A. sulcata (Schödler) ist synonym mit A. quadrangularis Silzb. d. mathem.-naturw. Cl. LiX. Bd. I. Abth. 4 A. intermedia. Sars. A. uffinis. Leydig. 50 Kurz. (0. F. Müller), A. camptocercoides (Seh öd ler) mit A. tenui- caudis (Sars). A. elongata (Sars) zähle ich zu Alonopsis, A.fal- cata (Sars) ist von Alona als eigenes Gemis Harporhynchus zu trennen, A. pygmaea (Sars) ist zu Alonellu zu rechnen, A. reti- culata (Baird) = A. esocirostris (Schödler) zähle ich zu (iraptoleberis, endlich trenne ich A. Leydigii (Schödler) und A. aeanthocereoides (Fischer) von Alona und. bilde die neue Gattung- Leydigia daraus. 1 . Alona parvula. N. sp. Tab. II. Fig. 8. Der Kopf ist bis zur senkrechten Richtung' herabgebogen, der gerundete Rücken bildet mit dem Kopf und dem freien Hinter- rand der Schale eine einzige, ununterbrochene Bogencontour. Der Unterrand ist gerade, die Hinterecke gerundet; blos der Unter- rand ist behaart, Die Schalenklappen haben eine höchst undeut- liche, runzelige Längsstreifung, die nur unter günstigen Um- ständen wahrnehmbar ist '. Die Länge variirt zwischen O ' und 0-4 Mm. Die nächsten Verwandten dieses Thieres sind A. spinifera (Schödler) und A. lineata (Fischer), welch' letzterer die vorliegende Art besonders ähnlich ist. Auch im Schwänze zeigt sich diese Aehn- i Bei der Untersuchung der Sculptur geht man am sichersten, wenn man das Thier von der Seite ohne Deckglas beobachtet und dabei so wenig Wasser anwendet, dass die obere Schalenklappe unbenetzt bleibt. An solchen trockenen Schalen sieht man auch die geringsten Unebenheiten .sehr deutlich; man überzeugt sich auf diese Weise z.B. sehr leicht von dem Vorhandensein einer Sculptur an den scheinbar sculpturlosen Pleur- oxen und Chydoren. Es geschieht aber bei dieser Untersuchung sehr leicht, dass sich der Athem des Beobachters auf der glatten und trockenen Schale in kleinen Wassertropfen niederschlügt, die einige Ähnlichkeit mit den Höckerchen der nachfolgenden Art haben, und leicht zu Irr« thümern Veranlassung geben könnten — doch schwinden sie bei Auf- legung eines Deckglases. Übrigens glaube ich kaum versichern zu müssen, dass bei der folgenden A. tubereülata keine solche Täuschung zu Grunde liegt, da ich zur Zeit ihrer Auffindung mit der erwähnten Erscheinung bereits vertraut war und das Thier unter Wasser und Deckglas unter- suchte. Dodekas neuer Cladoceren etc. 5] lichkeit. da er ebenfalls vom Alter gegen das Ende merklich enger wird. Doch ist er bei A. parviäa kürzer und dadurch 7er- hältnissmässig dicker; die verlängerte Analfurche trägt jeder- seits etwa 8 einfache Zähne, die obere Schuppenreihe fehlt aber. Das Ende des Schwanzes ist scharf abgestutzt und trägt einen Einschnitt. Der Basaldorn an den Klauen ist kurz. Die Tastantennen sind fast von der Länge des Rostrams, tragen ein Büschel gleich langer Riechstäbchen. Das Neben- auge ist beträchtlich gross, aber erreicht die Grösse des Auges nicht. Ober dem Herzen befindet sich eine sehr starke Verdik- kung der Cutieula. Das Ephippium ist schwarz. — Das Männ- chen blieb mir unbekannt. Diese Art fand ich an zahlreichen Fundorten um Deutsch- brod, Rokycan und in Sopoty. 2. Alona tuberculata. N. sp. Tab. II. Fig. 3. Im Umriss der vorangehenden am ähnlichsten, die Ecken sind weniger gerundet. Es ist eine der kleinsten Alonen, da sie 0-3 — 0-4 Min. misst. Durch die Oberfläche der Schalen- klappen unterscheidet sie sich von allen übrigen Arten; die Schale und der hintere Theil des Kopfschildes ist mit reihen- weise ziemlich regelmässig gestellten Höckerchen besetzt. Der Schwanz hat dieselbe Form, wie sie bei der vorhergehenden Art beschrieben wurde. Dieses niedliche Thier fand sich als Seltenheit bei einem Ausflug in das Seitenthal ober Deutschbrod und in einer Bucht des Sazava- Flusses. o. Alona elegans. N. sp. Tab. II. Fig. 1. Auch bei dieser Art zeigt sich der normale Alonentypus im Umriss, aber die Scnlptur ist eine völlig abweichende. Sie besteht aus äusserst dichten, im unteren Theile von der Gelenkstelle der Mandibeln ausstrahlenden und im oberen Theil mit der Rücken- contour parallelen, abwechselnd stärkeren und schwächeren Linien. 52 Kurz. Das Nebenauge liegt etwa in der Mitte zwischen dem ziem- lich grossen Auge und dem, etwas zugespitzten Rostrum. Die Antennen haben die Länge des Rostrum, in der Mitte sind sie stark verdickt. Die Rudcrantenneu haben, ausser der gewöhn- lichen Bewehrung, am Mittelgliede des inneren Astes einen Halbkranz von kleinen Dornen und am Basalglied einen zarten Dorn. Die Ruderborste des letzteren Gliedes ist zwar kurz, aber deutlich zweigliedrig. Der Schwanz ist kurz und sehr breit, ober dem After spitzig und am freien Ende abgerundet, ohne Einschnitt. Die 10 Rand- zähne sind einfach und spitzig, die Schuppenreihe ist vorhanden. Die Endklaue ist stark. Am Rücken befinden sich drei Querreihen von Haaren. Die Länge des Thieres beträgt 0-4 — 0*5 Mm. - Diese zierliche Art fand ich leider nur im weiblichen Geschlecht in einem Waldteich zwischen Male schau und Zbraslavic, sie schien aber auch da nicht häufig zu sein. 4. Alona tenuicandis. Sars. Alona tenuicandis : Sars. 1862. y>. 285. „ camptocereoides: Schödler. 1863. p. 24. 1. 8 — 10. j, tenuicaudis: P. E. Müller. 1868. p. 179. II. 20. III. 24. Die Länge des Weibchens variirt von 0-45 bis 0-55 Mm. Das Männchen blieb mir unbekannt. Dieses leicht kennbare Thier fand ich an mehreren Stellen um Deutsch bv od, aber nirgends in grösserer Menge. 5. Alona lineata. Fischer. Lynceus lineatus: Fischer. 1854 i. p. 429. III. 15, 16. „ „ Leydig. 1860. p. 230. Alona reetangula: Sars. 1862. p. 160. p. 287. ., lineata: Schödler. 1863. p. 20. I. 23. „ „ P. E. Müller. 1868. p. 178. IV. 3, 4. Sie erreicht eine Länge von 0-5 — 0-6 Mm. Im Habitus gleicht sie am meisten der oben beschriebenen A. purvula, nur i Fischer: Abhandlangen über einige neue oder nicht genau gekannte Arten von Daphniden und Lynceiden als Beitrag zur Faun* Dodekas neuer Cladoceren etc. 5o ist die Färbung stets horngelb, die Hinterecke ist etwas stärker markirt und der Kopf verhältnissmässig kleiner. Die Tastantennen besitzen im terminalen Haarbüschel einen doppelt langen Riech- cylinder. Der Schwanz verengt sich deutlich gegen das Ende und besitzt am abgestutzten Ende einen deutlichen, tiefen Einschnitt; im Ganzen ist der Schwanz dem der A. parvula ähnlich, aber länger und scheint deshalb schlanker zu sein. An seinem Dor- salrande sitzen 9—10 einfache Zähne, ober ihnen befindet sich jederseits eine Leiste zarter, gestrichelter Schuppen l. Das Ephippium ist schwarz, im Rückentheil auffallend erhöht und enthält blos ein Ei von sehr dunkler, blaugrüner Farbe. Das Männchen fand ich zuerst in dem Wasserrest eines Aquariums, das über die Ferialmonate beinahe ausgetrocknet war. Später gelang es mir auch, mehrere Exemplare in der- selben Grube zu finden, in welcher auch der Camptocercus recti- rostris vorkam. Die Tastantennen sind länger als das Rostrum; das Flagellum scheint zu 'fehlen, die Zahl der Riechhaare ist sehr gross. Am ersten Fusspaare befindet sich ein schwacher, schief zugespitzter Haken. Der Schwanz ist keilförmig, am Ven- tralrande runzelig (stärker als auf Müller' s Fig. 4), mit einfacher Endklaue, ober der das vas def'erens in einem kurzen, papillen- förmigen Penis mündet. Der Dorsalrand ist gerade und unbe- wehrt; seitlich steht blos eine Schuppenleiste. Am Rücken bemerkt man nur eine Querreihe von Haaren, während die Weib- chen deren drei besitzen. Die Länge des Männchens fand ich eonstant 0-47 Mm., seine Farbe war immer intensiv horngelb. Diese Art scheint eine der verbreitetsten Alonen zu sein, ich fand sie in den meisten von mir untersuchten Gegenden. Russlands. (Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou. Tom. XXVII.) Moskau. 1854. 1 Die Müll er 'sehen Angaben über die Schwanzbildung beim Weib- chen und Männchen der A. lineata sind etwas abweichend ; er nennt den Senwanz „canda brevis, lata", und beim Männchen „utrinque seriebus duabits gquamarum" — Beides stimmt mit meinen Beobachtungen und zum Theil auch mit den Angaben anderer Autoren nicht überein. 54 Kurz. 6. Alona coronata '. N. sp. Tab. II. Fig. 4—6. Eine kleine Art, deren Länge /wischen 0*35 und 0-42 Mm. variirt. Im Umriss gleicht sie der vorangehenden Art: die Strei- fung ist stark, etwas nach hinten absteigend, manchmal leicht wellig- oder etwas unregelmässig. Der Schalenunterrand besitzt eine ungewöhnlich spärliche Behaarung. Das Rostrum ist stumpf; die Riechstäbchen der Antennen sind von gleicher Länge. Die Ruderanne haben die typische Alonenbewaffnuug, nur hat das Mittelglied des inneren Astes einen Halbkranz von Zähnchen am Vorderrande. Das Nebenauge ist blos um wenig kleiner als das zusammengesetzte. Der Schwanz hat eine bedeutende Breite wie bei A. elegans; am Ende ist er nicht verschmälert, aber abge- rundet und ohne Einschnitt. Ober dem After springt dieCuticula zu einer hervorstehenden, stark chitinisirtenEeke vor; unter dem After steht an den Rändern der Analfurche je eine Reihe von Haargruppen und ober diesen eine zarte Schuppenleiste. Durch die abweichende Bildung des Verdauungscaimles stellt sich aber diese Art in einen auffallenden Gegensatz nicht nur zu allen Alonen, sondern auch zu den meisten übrigen Lyn- ceidengattungen. Der Darm vollzieht keine Schlinge, sondern ist nur zweimal stark gebogen; das gewöhnliche Darmcoecum fehlt und ist blos durch eine schwache Auftreibung des Darmes vor dem Rectum ersetzt. Eine ähnliche Auftreibung kenne ich nur von llyocryptus, aber keine Lynceenart hat eine solche Bildung aufzuweisen 2. Das Ephippium (Fig. 6) ist schwarz pigmentirt i Der Artname bezieht sich auf den Dornenkranz des Mittelgliedes vom inneren Aste der Ruderantennen. 3 Schödle.r spricht seinen Gattungen Pleuroxus, Peracantha, //////- pophilus und Lynceus das Darmcoecum ab, bei ersteren beiden eine dreifache« bei den letzteren blos eine einzige Windung zugebend. Wie tiefer ersicht- lich, habe ich die überwiegende Mehrzahl der Schoedl er'schen Arten aus den angeführten Gattungen unter dem Mikroskope gehabt, habe meine Aufmerksamkeit, mit Fl eiss auf diesen Punkt gerichtet und mich wieder- holt überzeugt, dass eine völlige Schlinge, eine Biegung und das Coecum (wie ich es in Tab. II. Fig. 8, 9, 13, 14, Tab. 111. 2, I, 6, 7. 9, 1<> und 11 zeichne) bei folgenden Thieren der erwähnten Gattungen vor- Dodekas neuer Cladoceren etc. 55 und sculpturlos, dafür tritt die Streifung auf der unteren hellen Partie der Schalenklappen desto derber hervor. Der Rücken ist dabei hoch gewölbt. Im Ephippium befindet sich blos ein ein- ziges Ei. Das Männchen (Fig. 5) ist viel kleiner, blos 0*3 Mm. lang. Es hat ein elliptisches Schalenprofil und eine etwas dichtere Streifung. Die Tastantennen ragen unter dem spitzeren Rostrum nur unmerklich hervor und tragen am Ende zahlreiche, ungleiche Riechstäbchen. Ein Tasthaar ist wohl vorhanden, aber das Fla- gellum habe ich nicht entdecken können. Der erste Fuss ist kurz, plump und mit einem mittelmässigen Haken versehen, der gegen einen stark chitinisirten und kurz, aber dicht behaarten Polster wirkt. Der Schwanz ist kürzer und schwächer als beim Weib- chen, gegen das Ende schmäler und hier abgerundet gestutzt. Die Endklauen stehen etwa in der Mitte des Endrandes, haben einen kurzen Basaldorn und der ganzen Länge nach eine Reihe zarter Härchen. Ober den Schwanzklauen mündet das vas def'e- rens; ober dem Dorsalrande des Schwanzes verläuft blos eine Reihe zarter Haare. Diese kleine Alona fand ich recht häufig bei D e u t s c h b r o d undRokycan, besonders aber in den Wäldern von Male- schau. kommt: Alonella rostrata, exigua, transversa, Peraeantha truncata, Pleuro- xus (/laber, irigonellus und hastatus. Unter allen Lynceiden besitzen nur die Gattungen Eurycercus und Leydigia ein rudimentäres Coecum; allen übrigen ist ein langes, knieförmig nach vorn gebogenes Coecum eigen, dessen obere Wandung muskulös, dick und mit zahlreichen Einschnürun- gen versehen, die untere aber dünn und hautartig ist. Die Foecalstott'e sammeln sich vor dem Auswerfen in dem Coecum an und werden durch die Contractiou desselben sowie des Rectums herausgestossen. Doch lassen sich auch Contractionen am leeren Coecum wahrnehmen, die auffallend an die Bewegung der contractilen Wasserbehälter bei Protozoen erinnern. Es schwillt das Coecum ganz allmälig an und entleert sich dann plötzlich, indem das eingedrungene Wasser durch den After hervorgetrieben wird. Leydig (1. c. p. 58) hat eine ähnliche Bewegung am Rectum mancher Daphniden wahrgenommen ; diese Darmathmung findet aber in weit höhe- rem Maasse bei den Lynceiden statt, wo ich sie besonders an Chydorus beobachtete. 5G Kurz. 7. Alona quadrangalaris. 0. F. Müller. Lynceus quadrangalaris: 0. F. Müller. 1785. p. 72. IX. 1 — 3. Alona quadrangularis: Baird. 1850. p. 131. XVI. 4. „ suteata: Schödler. 1863. p. 21. I. 24, 25. „ quadrangularis: P. E. Müller. 18G8. p. 176. III. 20, 21. Diese Art ist mit der folgenden sehr nahe verwandt, so dass es anfangs Mühe verursacht, constante Unterschiede zwischen den beiden Arten zu finden. Den Gegensatz zu A. oblonga sprechen folgende Merkmale aus : Grösse = 0-6 — 0-7 Mm; die grösste Schalenhöhe findet sich im letzten Viertel der Schale; die Streifung der Schale besteht aus starken, geraden Linien. Die Tastantennen sind so lang- wie das Rostrum, das Tasthaar steht etwa um seine halbe Länge ober den Rieehstäben. Der Schwanz ist gegen sein Ende dicker, hier abgerundet und ohne Einschnitt. Die Endklaue und ihr Basaldorn sind glatt; die Zahureihen bestehen aus etwa 15 gerieften Sägezähnen. Für beide Arten ist die vorgestreckte Lage des Kopfes charakteristisch. Eine eigentliche Umbildung der Schale in ein Ephippium habe ich bei keiner der Arten gefunden, es wird blos der Rücken etwas buckliger und die Färbung verdunkelt sich. 8. Alona oblonga. P. E. Müller. Mona oblonga: P. E. Müller. 1868. p. 175. III. 22, 23. IV. 1, 2. Grösse 0-8— 0-9 Mm.1; die grössteHöhe der Schalenklappen liegt in ihrer Mitte; die Farbe ist horngelb bis -braun; die Schalensculptur weniger regelmässig und minder deutlich. Die Tastantennen sind etwas kürzer als das Rostrum, das Tasthaar steht fast in gleicher Höhe mit dem Büschel der Riechstäbchen, deren eines um die Hälfte seiner Länge die übrigen überragt. Der Schwanz wird gegen das Ende etwas Weniges enger und ist mit 13 starken und einfachen Zähnen am Dorsalrande besetzt. i Obzwax Müller für seine A. oblonga eine bedeutendere Länge (1 — 1-2 Min.) angibt, glaube ich doch diese meine Alona mit der citirten identificiren zu können. Doclekas neuer Cladoceren etc. 5 i Im Übrigen ist der »Schwanz von gleicher Beschaffenheit, wie bei der vorangehenden Art; bei beiden ist auch die Scbuppeoleiste vorhanden. Die Endklaue ist in ihrer Distalhälfte, der Basaldora seiner ganzen Länge nach fein gerieft. Leydigia. Novura genus. Alle Forscher haben dem Lynceus quadr angularis (Ley- dig) und acanthocercoides (Fischer) eine Sonderstellung unter denAlonen eingeräumt, da sie in wichtigen morphologischen und anatomischen Merkmalen von dem Genus Alona abweichen. Da es mir nun gelang, das ebenfalls eigenthümliche Männchen der ersteren Art ausfindig zu machen, so fühle ich die Notwendig- keit, die beiden Arten als ein neues Genus abzusondern und nenne diese Gattung nach dem ausgezeichneten Bearbeiter der Cladoceren Leydigia. Der verhällnissmässig kleine Kopf ist wenig niedergedrückt, die Schale erreicht in der hinteren Partie eine bedeutende Höhe. Der Rücken ist wenig gekrümmt, der Hinterrand der Schale ist kaum kürzer als die grösste Schalenhöhe. Der convexe Unterrand ist mit langen, gefiederten Haaren dicht besetzt. Die unbewaffnete Hinterecke ist abgerundet. Die Antennen sind kaum kürzer als das Rostrum, die Ruderarme besitzen acht kirr \o\ 1 1 Borsten. Der Lippenkamm ist behaart. Die blattartigen Anhänge des 4. und besonders 5. Fusspaares sind von ungewöhnlicher Grösse. Der Schwanz ist sehr gross und keulenförmig, sein Dor- salrand ist von den glatten Endklauen an bis zum After jeder- seits der Analfurche mit zahlreichen Querreihen von je 2 — 4 langen, schlanken Dornen dicht besetzt. Das Darmcoecum ist rudimentär. — Das Männchen besitzt auf den Tastantennen ein Flagellum, am Schwanz einen Penis, welcher zwischen den Klauen herabhängt. Die Thiere sind Schlammbewohner und Rückenschwimmer. 58 Kurz. 1. Leydigia quadrangularis. Leydig. Tab. II. Fig. 2. Lynceus quadr angularis: Leydig. 18<50. p. 221. VIII. 59. Alona Leydigii: .Seh öd ler. 1863. p. 27. „ „ P.E. Müller. 1868. p. 174. Lynceus quadrangularis : Fric. 1872. p. 226. Fig. 51. Die Länge beträgt 0-8 — 1 Mm. Die Schalenklappen sind undeutlich und runzelig längsgestreift. Die Behaarung des Unter- randes hört an der abgerundeten Hinterecke plötzlich auf, setzt sich aber in einer Linie äusserst zarter Härchen auf die Innen- fläche der Schale parallel mit dem Hinterrande fort, welcher schief nach vorn zu der Rückenkante aufsteigt. Die Farbe ist besonders bei älteren Thieren intensiv gelbroth. Das Nebenauge ist bedeutend grösser als das zusammengesetzte und erscheint auch bei den Embryonen früher als dieses. Die Antennen haben unter der Mitte des Aussenrandes ein abstehendes Tasthaar, die Riecheylinder sind kurz und ziemlich gleich lang. Die Ruder- arme tragen ausser der gewöhnlichen Bewehrung am 1. und 2. Gliede des inneren (fünfborstigen) x^stes je einen Halbkranz von kurzen Dornen. Der Lippenkamm ist spärlich behaart. Der ungeheuere Schwanz hat eine keulenförmige Gestalt, doch ist der Ventralrand weniger convex als der gegen das Ende stark gerundete Dorsalrand. Der After liegt sehr hoch, den Steuerborsten stark genähert. Vor dem After ist der Dor- salrand ziemlich breit und jederseits mit zahlreichen (gegen 20) Querreihen von ungleichen, fast geraden Dornen besetzt. In jeder Querreihe stehen 2 — 4 Dornen in der Weise angeordnet, dass der innerste Dorn der längste ist, die übrigen nach aussen an Grösse stark abnehmen. Nach vorn und hinten werden die Dornen kürzer, doch nehmen sie gegen den After viel langsamer an Grösse ab, als gegen die Endklauen. Diese sind lang, an der Spitze etwas gebogen und glatt; der Basaldora ist kurz. Ober den ziemlich langen Steuerborsten befindet sich an der höchsten stelle des Abdomens eine Querreihe von langen Haaren. Der Brutraum wird von dem hoch aufgebogenen Thierleib ver- schlossen. Dodekas neuer Cladoceren etc. 59 Das Manuellen (Fig. 2) ist kleiner, misst blos 0-6 — 0-7 Mm. Die Zeichnung der Schale ist etwas deutlicher, die Farbe dunkler und die Bewegung flinker als beim Weibchen. Auch hier ist d;is dreieckige Nebenauge grösser, als das zusammengesetzte, und mit Linsen versehen. Die Tastantennen sind etwas länger als das Rostruin ; unmittelbar ober dem Büschel der Riechhaare steht das gewöhnliche männliche Flagellum. Der Haken des ersten Fusspaares ist sehr stark und lang zugespitzt; auch hier ist ein vorstehendes, chitinisirtes Widerlager vorhanden. Der Schwanz ist etwas schwächer als beim Weibchen, mit längeren und fast ganz geraden Dornen reihenweise besetzt. DieEndklauen haben einen sehr geringen Basaldorn. Das vas deferens tritt an der Schwanzbeuge aus dem Körper hervor, lagert sich aber als selbstständiger Canal an den Ventralrand des Schwanzes und hängt dann als ein langer Penis zwischen den auseinander- gerückten Endklauen herab. An der Spitze trägt der Penis eine Eichel von auffallend verschiedenem optischen Verhalten; viel- leicht ist sie aus zwei Blättern zusammengesetzt. Auch das .Männchen hat eine Querreihe von Haaren am Rücken. Dieses Thier habe ich zu jeder Jahreszeit ziemlich häufig um D e u t s c h b r o d und M a 1 e s c h a u gefunden ; das Männchen fand ich im August und September, habe es aber auch schon zum zweitenmal aus überwinterten Weibchen gezogen, und da waren die Männchen ebenso häufig wie die Weibchen und schon mit blossem Auge ziemlich sicher von diesen zu unterscheiden. 2. Leydigia acanthocercoides. Fischer. Lynceus acanthocercoides : Fischer. 1854. p. 431. III. 22 — 24. ;, „ Leydig. 18'60. p. 231. Eurycercus acanthocercoides: Sich öd ler. 18(33. p. 11. Atona acanthocercoides : P. E. Müller. 1868. p. 174. IV. .">. Diese Art ist von der vorangehenden im weiblichen Ge- schlecht schwierig zu unterscheiden. Die Schalenklappen sind unregelmässig, aber stark gerunzelt-gestreift. Der Lippenkamm ist dicht behaart und die Endklauen haben keinen Basaldorn. Das Männchen blieb mir unbekannt. 60 Kurz. Ich finde sie bei uns viel seltener als die vorangehende Art, aber wo ich sie fand, kam sie mit ihr gesellschaftlich vor. Graptolefoeris. S a r s. Die Schale und der Kopfschild reticulirt. Die grösste Scha- lenhöhe liegt in der Mitte des Thiercs. Der freie Hinterrand ist nicht erheblich kürzer als die grösste Schalenhöhe. Die Hin- terecke ist gezähnt. Der Kopfschild hat breite Fornices, die im Rostrum zu einer fast kreisförmigen Rundung zusammen- treffen. Die Enderarme haben sieben - Borsten. Der Schwanz lolOj besitzt jederseits blos eine dorsale Reihe von Haargruppen. Zu dieser Gattung zähle ich nächst G. reticulata (Baird) den Lynceus testudinarius (Fischer), den ich in der bei uns vorkommenden Art wieder zu erkennen glaube. Graptoleheyis testudinaria. F i s c h e r. Tab. IL Fig. 11, 12. Lynceus testudinarius: Fischer. Isis. p. 191. IX. 12. Leydig. 1860. p. 229. Alona testudinaria : S c li ö d 1 e r. 18G3. p. 28. Lynceus reticulatus : Fric. 1872. p. 228. Fig. 55. Das Weibchen ist 0-55 — 0-7 Mm. lang, dazu aber verhält- nissmässig niedrig, da die grösste Höhe 0-o3 — 0-4 Mm. beträgt, und von dieser Dimension noch 0-05— 0-1 Mm. auf den Rücken- kamm entfällt, welcher sich vom Herzen längs dem ganzen Rücken hinzieht. Die trapezoidale Schale bildet unten an dem Zusammentreffen der Ränder scharfe Ecken; die hintere Ecke ist mit 2 Zähnen bewaffnet, deren Stellung Fischer ganz zutreffend beschreibt, da er sagt, dass der untere wagerecht nach hinten, der obere Zahn schief aufwärts gerichtet ist. Nur der Unterrand ist mit einem dichten Besatz langer Fiederborsten versehen, die in der hinteren Hallte viel kürzer werden und vor den beiden Eckzähnen ganz aufhören. Der Hinterrand steigt nach oben schief vorwärts auf und bildet mit dem Rücken eine abgerundete Ecke. Der Rücken ist wenig gewölbt und hat vorn Dodekas neuer Cladoceren etc. (>i. er habe „in der Bildung der Tast- und Ruderantennen eine wesent- Dodekas neuer Cladoceren etc. 63 Die Oberlippe ist halbmondförmig, in einen spitzen Zipfel aus- laufend. Der Schwanz hat an der Endklane blos einen Basal- dorn, selten ist noch ein zweiter, sehr kleiner Dorn vorhanden. Die Analfurche trägt jederseits blos eine Reihe von Zähnen. Beim Männchen ist die Tastantenne grösser, mit einem Flagellum versehen. Das Postabdomen hat an den Analrändern blos je eine Reihe von Haaren. Das vas deferens mündet ent- weder unmittelbar vor, oder hinter, vielleicht auch zwischen den Endklauen, und daher sind diese dem Ventralrande des Schwan- zes genähert. Zu dieser Gattung zähle ich folgende Arten : A) Die Sculptur der Schale und des Kopfschildes ist über- wiegend zellig. a) Die Zellenflächen sind glatt 1. A. exigua. Lilljeborg. b) Die Zellenflächen sind der Länge nach fein gestrichelt 2. A. excisa. Fischer. B) Die Sculptur besteht überwie- gend aus wellig gebogenen Längsstreifen. a) Die Hinterecke ist gezähnt. a) Das Rostrum ist wage- recht vorgestreckt und stumpf A. grisea. F i s c h e r. ß) Das scharfe und lange Rostrum ist abwärts ge- bogen 3. A. rostrat«. Koch. b) Die Hinterecke ist unbe- wehrt A. striata. Schödler. C) Die Sculptur besteht aus sehr dichten, schief nach hinten aufsteigenden Linien .... 4. A. pygmaea. Sars. liehe Abweichung von den entsprechenden Typen unseres Pleuroxus trigo- nelhis nicht wahrgenommen". Da nun P. trigonellus acht Ruderborsten besitzt, so sollte es auch von dem P. tranaversus gelten. Aber nach Sars besitzt die identische Alonella pygmaea mir sieben Ruderborsten, auch glaube ich dasselbe Thier wie »Sc hödl er vor mir gehabt zu haben und habe mich an demselben vom Vorhandensein von blos sieben Borsten überzeugt. 64 Kurz. Den Lynceus rostrat us (Leydig) muss ich zum Genus Pleuroxus verweisen, doch ist er nach der kurzen Beschreibung Leydigs kaum wieder zu erkennen. I. Alonella exigua. Lil ljeborg. Tab. III. Fig. 6. Lynceus exiguus: Lilljeborg. 1853. p. 79. VII. 9, 10. „ „ Leydig-. 1860. p. 228. Alonella exigua: Sars. 1862. p. 288. Pleuroxus exiguus: S f. h ö d 1 e r. 1863. p. 51. „ „ P. E. Müller. 1868. p. 187. IV. 16, 17. Lynceus exiguus: Fric. 1872. p. 230. Fig. 60. Ob Fi sc her 's Lynceus aculeatus (1. c. 1848. p. 192. X. 1,2) hierher gehört, wie P. E. Müller meint, vermag ich der unvoll- ständigen Beschreibung Fi seh er 's mit Sicherheit nicht zu ent- nehmen — eher möchte ich ihn als selbstständige Art ansehen. Die oft beschriebene A. exigua gehört zu den kleinen Lyn- ceiden, da das Weibchen 0-3—0-33 und das Männchen blos 0-27 — 0-3 Mm. misst. Die Beschreibung des Weibchens über- gehend, bemerke ich nur, dass hier die Ephippialbildung die- selbe ist wie bei Alona coronata; es ist der Rücken stark gewölbt und die Brutraumgegend intensiv schwarz pigmentirt. Beim Männchen (Fig. 6) fallt der grosse Kopf auf, welcher in einen kurzen und stumpfen Schnabel endet. Die Tastanten- nen sind dick und überragen das Rostrum; das terminale Haar- büschel besteht aus langen, gebogenen Riechcylindern, ober denen das lange Tasthaar und am Hinterrande noch in der unteren Antennenhälfte das starke Flagellum steht. Letzteres ist dadurch bemerkenswerth, dass der dunkel contourirte Basal- theil mehr als doppelt so lang ist, als die blasse Spitze. Die Ruderarme sind wie beim Weibchen mit sieben Ruderborsten versehen. Von den drei Borsten der Endglieder ist die vorderste nur halb so lang als die beiden anderen. Der Lippenkamm hat eine höckerige Contour. Die FUsse des ersten Paares besitzen einen zarten Haken. Der Schwanz ist schwach und gegen das Ende bis auf den manchmal hervorgequollenen After stetig verengert. Wie beim Weibchen tragen auch hier die Endklaueo zwei feine Basaldoruen. Von den Endklauen ist der Dorsalrand Dodekas neuer Cladoceren etc. (55 zum After mit kurzen, zerstreut stehenden Haaren besetzt. Der Porus liegt knapp unter den Endklauen. Ich finde diese flinke Lynceide blos an manchen Orten um Deutschbrod, so in einem Waldteich zwischen Deuts chbrod und Frieden au und in den Buchten des Sazau-Flusses. 2. Alonella excisa. Fischer. lynceus excisus: Fischer. 1854. p. 429. III. 11 — 14. Pleuroxus excisus: Schödler. 1863. p. 49. II. 38. Obzwar ich dieses Thier nur eine kurze Zeit in wenig Exemplaren zu beobachten Gelegenheit hatte, überzeugte ich mich doch völlig von der Berechtigung dieser Art. Sie übertrifft an Grösse die A. exigua, da sie eine Länge von 0-35 Mm. erreicht. Die Schalenzeichnung ist fast dieselbe wie bei der vor- angehenden Art, aber in jedem Feld und jedem Streifen der Sculptur zeigt sich eine zarte, äusserst dichte Strichelung, die mit der Längsaxe des Thieres parallel geht ; diese Strichelung erstreckt sich auch auf den Kopfrand. Der Schalenhinterrand hatte ober der Unterecke mehrere (4) undeutliche Zähne, die blos durch eine wellige Contour des Randes angedeutet sind. Die Tastantennen sind unbedeutend kürzer als das spitzige Rostrum, welches etwa ebenso lang, als das Auge vom Neben- auge entfernt ist; bei .4. exigua ist das Nebenauge dem Rostram näher als dem Auge. Der grösste Unterschied liegt aber im Schwänze. Während A. exigua sich in der Schwanzform der Mona elegans und coronata anschliesst, ist der Schwanz von A. excisa so gebildet, wie bei Pleuroxus trigonellus. Die End- klaue hat blos einen Basaldorn ; die Afterfurche jederseits eine Reihe gerader spitzer Dornen, welche sich sogar als Haar- \ büschelchen zu den Seiten des Afters fortsetzt. Dieses Thier fand ich bisher nur bei Rokycan in Wiesen- gräben an der Klabava. Sitzb. (1. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. 66 Kurz. 3. Alonella rostrata. Koch. Tab. II. Fig. 7. Lyneeus rostratus: Koch. 1835— 41. Heft 36. XII. „ Lilljeborg. 1853. p. 78. VI. 9. „ „ Schödler. 1863. p. 58. III. ßO. Alonella rostrata : S a r s. 1862. p. 288. Alona rostrata: P. E. Müller. 1868. p. 182. IV. 12. Die Länge des Tkieres beträgt 0-4 — 0.5 Mm., während die Höbe kaum die Hälfte der Länge übertrifft. Der Dorsalrand ist nach vorn zum herabgebeugten Kopf stark gekrümmt, noch stärker zum Hinterrand, der etwa die Hälfte der grössten Schalen- höhe misst. Die Unterecke ist mit 1 — 3 zarten Zähnen bewehrt, selten ungezähnt. Der Unterrand ist gerade, der Vorderrand im unteren Theile convex und mit langen Haaren besetzt, die, etwas kürzer, dem ganzen Unterrande entlang bis zur Hinterecke ver- laufen. Die Schalensculptur besteht aus Längslinien, die in der unteren Partie gerade, in der oberen stark geschwungen sind. Die Fornices sind breit, verschmälern sich aber nach vorne, so dass das lange Rostrum sich scharf zuspitzt. Die schlanken Tast- antennen sind sammt dem Büschel der ungleichen Riechstäbchen kürzer als das Rostrum; nahe am Antennenende steht das Tast- haar. Die Dornen an den Gliedern der Ruderarme sind unge- wöhnlich lang, die vorderste der terminalen Ruderborsten ist auffallend kurz. Das Auge ist unbedeutend grösser als das Nebenauge. Der Lippenkamm ist stark reducirt, niedrig. Den Schwanz bildet Müller (1. c. IV. 12) äusserst gelungen ab. Die Endklauen haben nur einen Basaldorn. Am Rücken ist eine Querreihe von Haaren vorhanden. Das Ephippium ist schwarz. Das Männchen (Fig. 7) ist kaum 0-4 Mm. lang ; alle Schalen- ecken sind abgerundet, obzwar die hintere Ecke ein Ziihnchen trägt. Der Rücken ist schwach gewölbt. Die Sculptur ist gerad- liniger und im Vordertheil maschiger als beim Weibchen. Das Rostrum ist kürzer und überragt nur unbedeutend die stärkeren Tastantennen, die vor dem Tasthaar ein starkes und langes Flagellum besitzen. Der Haken an denVorderfüssen ist sehr stark. Der Schwanz hat eine Keilform, die Analfurche trägt jederseits eine Reihe zarter Haarbüschel. Die Endklaue hat keinen Basal dorn. Der Genitalporus liegt unmittelbar vor den Klauen. Dodekas neuer Cladoceren ete. G7 Die A. rostrata fand ich um Deutschbrod, Maleschau und Rokycan zwar nirgends häufig-, aber doch allgemein ver- breitet. Das Männchen fischte ich im October aus dem mehr- erwähnten Sopoter Teiche. 4. Alonella pygmaea. Sars. Tab. III. Fig. 7. Alona pygmaea: Sars. 18(32. p. 162. Pleuroxus transversus: Schödler. 1863. p. 50. 111.52,53. Alona transversa: P. E. Müller. 1868. p. 181. IV. 10, 11. Lyncem nanus ; Fric. 1872. p. 229. Fig. 59. Die einzige Differenz zwischen der A. pygmaea (Sars) und dem Pleuroxus transversa,? (Schödler) besteht in einem zu ge- ringen Grössenunterschiede, als dass man diese Arten nicht identificiren sollte. Das mir vorliegende Thier roisst an erwach- senen Exemplaren 0-25 — 0*28 Mm., während Sars für seine Art i/6 Mm. und Schödler y5 Mm. angibt. Es ist wirklich der kleinste aller bisher beobachteten Lynceiden und auch durch Form und Sculptur auf den ersten Blick auffällig. Das Weibchen ist genugsam beschrieben worden, nur dessen mag erwähnt werden, dass an den Ruderarmen 7 Ruderborsten vorhanden sind, dass die Endklauen des Schwanzes blos einen Basaldorn haben und die Bewehrung des Dorsalrandes aus je einer Reihe schwacher, aber spitzer Zähne besteht. Das Ephip- pium ist dunkler gefärbt. Das Männchen (Fig. 7) hat dieselbe Grösse wie das Weib- chen, aber der Dorsalrand fällt nach hinten weniger steil ab und der Ventralrand ist in der Mitte stark hervorgebogen. In dieser letzten Bildung stimmt unser Thier mit Chydoras sphaericas überein, mit dem er überdiess die grössere Körperdicke und das Vorkommen gemein hat. Die starken Antennen, obzwar viel länger als beim Weibchen, erreichen doch die Länge des Rostrums nicht. Das Terminalbüschel enthält Riechhaare von sehr verschiedener Länge und einige von ihnen übertreffen sogar die Antenne an Länge. Nahe dem Ende der Antenne sitzt ein Tasthaar und ober demselben ein Flagellum. Der Haken am vordersten Fusspaare hat eine mittlere Grösse. Der Schwanz ist stark, nimmt zur Spitze langsam an Dicke ab und endet abge- 5* 68 Kurz. rundet. Statt der Zahnreihe besitzt er einen Besatz von Haar- büscheln. Die Endklauen stehen am Ventralrande des Schwan- zes, der Genitalporus liegt wahrscheinlich dicht unter denselben. Es gelang mir nicht, den Porus selbst zur Ansicht zu bringen, weil die Männchen ziemlich verdunkelt sind. Bei uns findet sich das Thier recht allgemein, aber ohne Loupe ist es kaum zu fin- den, wie denn überhaupt das Aufsuchen der kleineren Cladoceren unter dem einfachen Mikroskope am besten vor sich geht. Peracantha. Baird. Der Rücken ist hoch gewölbt, fällt nach hinten scharf ab. Der Hinterrand der Schalenklappen ist kurz und der ganzen Länge nach gezähnt; eine ähnliche Zähnelung findet sich an der abgerundeten Vorderecke der Schale. Die Sculptur besteht aus Linien, welche vom Rücken radial gegen die freien Schalen- ränder ausstrahlen. Die Fornices verschmälern sich in das lange, scharfe Rostrum, das senkrecht herabgebogen ist. Die Ruder- antennen haben acht Ruderborsten ^— - \, blos die Endglieder beider Aeste tragen Dornen. Der Lippenkamm ist halbmond- förmig und endet zugespitzt. Am Schwänze befindet sich nur ein Paar von Zahnreihen, die Endklauen sind mit zwei Basal- dornen versehen. — Bei dem Männchen ist das Rostrum kürzer als die Antennen, diese mit zwei Tasthaaren. Der Vorderrand der Schale ist ungezähnt. Die Mündung der Samengänge liegt neben dem After am Dorsalrande des Schwanzes. Peracantha truncata. 0. F. Müller. Lynceus truncatus: 0. F. Müller. 1785. p. 75. XL 4 — 8. „ Koch. 1835—41. H. 36. II. „ „ Zaddach. 1844 t. p. 29. „ Lievin. 1848. p. 40. X. 2, 3. „ „ Fischer. 1848. p. 190. IX. 7—11. Peracantha truncata: Baird. 1850. p. 137. XVI. 1. Lynceus truncatus: Lilljeborg. 1853. p. 82. VI. 10. Leydig. 1860. p.224. 1 Zaddach: Synopseos C'rustaceoruui Prussiconun prodromua Diss. inaug. Eegiomonti. 184 1. Dodekas neuer Cladoceren etc. f>9 Pcraeantha tmncata: Schödler. 186:3. p. 40. II. 2;t. 30. „ P. E. Müller. ttW*. p. 188. Lynceus truncatus: Fric. 1872. p. 22'ÄFig. 53. Es ist dieses Thier einer der verbreitetsten Lyneeen und wurde auch zu wiederholten Malen gezeichnet und beschrieben. Die Länge des Weibchens erreicht 0-6 Mm., die des Männchens 0-45 — 0-5 Mm. Bei jenem hatte ich Gelegenheit, das Ephippium zu beobachten. Es findet hier eine wirkliche Formveränderung der Schale statt, indem sich der Rücken an der Stelle, von wo er schief zum Hinterrande herabsteigt, zu einem scharfen Höcker erhebt und dadurch einen geräumigeren Brutraum bildet; die Färbung ist dunkler braun als die des Thieres. Eine ähnliche Ephippialbilclung fand ich für manche Pleuroxen und Chydoren. Am Männchen fällt das äusserst reducirte Rostrum auf, unter welchem die Antennen hervorragen. Die Tastantennen tragen zwei Tasthaare, von denen wohl eines als das männliche Flagellum anzusehen ist. Der Vorderrand der Schale ist glatt; dieFusshaken sind ungewöhnlich stark entwickelt '. Der Schwanz hat dieselbe Grösse und Form wie beim Weibchen; seine Be- wehrung besteht aus einer Reihe von zarten Haargruppen längs des ganzen Dorsalrandes bis zum After. Über den Genitalporus konnte ich nicht völlig ins Reine kommen. Wohl habe ich das vas deferens bis knapp zum After verfolgt und seine Richtung war eine direct zum After gekehrte, so dass kein Zweifel übrig blieb, dass die getrennten Samengänge ebenso wie beim Genus Daphnia neben dem After münden, aber den Porus zu sehen gelang mir nicht, und ebenso quoll der Same bei Compressions- versuchen nicht hervor, sondern das Thier wurde zerquetscht. — Diese abweichenden Verhältnisse sind auch der Hauptgrund, wess- halb ich das Genus Peracuntha trotz der evidenten Ähnlichkeit mit Pleuroxus restituire. Dieses allgemein verbreitete Thier fand ich um Deutsch- brod, Maleschau, Rokycan und in den Adersbacher Felsen ; am letzteren Ort waren Anfangs September die Männ- i Irrthümlich nennt Schödler diesen Haken „fleischig". Er ist, wie bei allen Lynceiden stark chitinisirt und gehört mit zu den festesten und härtesten Theilen des ganzen Thierkörpers. 70 Kurz. eben recht zahlreich. An manchen Orten kommt Paracantha in grossen Mengen vor. Pleuroxus. B a i r d. Die Schale bildet einen hohen Rücken, der nach hinten plötzlich schief abfällt, daher ist der Hinterrand der Schalen- klappen kurz, meist kürzer als die Hälfte der grössten Schalen- höhe. Der Vorderrand ist in seiner oberen Partie stark nach vorne convex, steigt dann schief zu dem wagrechten, geraden Unterrand herab und dieser bildet hinten mit dem senkrechten Hinterrand eine rechtwinklige Ecke, welche mit 1 — 4 Zähnen besetzt ist. Die Sculptur besteht aus hexagonalen Feldern, sel- tener ist eine Streifung vorhanden. Der Kopf scheint klein zu sein, weil die Fornices so schmal sind, dass sie die beiden An- tennenpaare und oft selbst das Nebenauge seitlich unbedeckt lassen. Das Eostrum ist lang, spitzig und senkrecht herab- gebogen ; an der Innenseite ist es mit einem Längskamm ver- sehen, der unter dem Nebenauge beginnt und, allmälig schwin- dend, bis zur Spitze verläuft. Er dient zur Stützung des schmalen Schnabels. Die Tastantennen besitzen an der Basis meist einen (-3001 l;" Borsten, nur ausnahmsweise sind sieben vorhanden. Dornen sitzen blos an dem Endgliede des einen oder beider Aste. Der Hautkamm der Oberlippe ist halbmondförmig, ziemlich spitzig. Der Schwanz trägt jeclerseits nur eine dorsale Reihe einfacher und spitziger Zähne; die Endklauen haben zwei Basaldornen. Bei den Männchen ist das Rostrum kürzer und meist auch stumpfer, die mächtigen Tastantennen sind mit einem Flagellum versehen. Die Arten dieser Gattung lassen sich in folgende Übersicht einreihen : A) Das Rostrum ist senkrecht oder nach hinten gegen den Körper gebogen. a) Der Schwanz ist dünn. seine grösste Dicke liegt ober dein After .... \. P. hastatus. Sars. nach hinten gerichteten Zahn. Die Ruderarme tragen acht — - Dodekas neuer Cladoceren etc. 7 1 h) Der Schwanz ist dick, seine grösste Dicke liegt unter dem After. a) Die Schale ist glatt, blos vorne mit dem Vorderrand parallel gestreift 2. P. aduncus. Jurine. ß) Die Schale ist deutlich reticulirt, die Hinter- ecke hat blos einen Zahn p. ornatus. Sc hü dl er. 7) Die Schale ist zart, reticulirt, die Hinter- ecke mit zwei Zähnen 3. P. trigonellus. O.F.Müll. 0) Die Schale ist schief gestreift P. Bairdii. Schödler. B) Die Spitze des Rostrums ist nach vorn gekrümmt (Rhy- pophilus Schödler). n) Die Schale ist kaum sicht- bar, sehr regelmässig re- ticulirt und besitzt einen hellen Hautkamm ... 4. P. glaber. Schödler. b) Die Schale ist deutlich, unregelmässig reticulirt. Kein Hautkamm . . . P. personatus. Leydig. c) Die Schale ist. schief ge- streift P. üncinatus. Baird. 1. Pleuroxus hastatus. Sars. Tab. III. Fig. 3, 4. Pleuroxus laevis : Sars. 1862. p. 164. „ liastatus: Sars. 1862. p. 300. „ „ P. E. Müller. 1868. p. 193. III. 25. IV. 18, 19. Eine der durchsichtigsten Arten dieser Gattung, an welcher die Reticulirnng nur sehr schwer zu sehen ist. Im Vordertbeile verlaufen 5 — 6 geschwungene Linien parallel mit dem freien 72 Kurz. Vorderrand der »Schale. Der untere Schalenrand ist schwach convex, und hat nur in der Mitte einen Haarbesatz, der nach vorne und hinten sich allmälig verliert. An der Hinterecke ist blos ein kleiner Zahn ; der Hinterrand ist senkrecht, an der Innenseite mit einer Eeihe feinster Härchen versehen. Die Tast- antennen sind ungewöhnlich kurz und ragen kaum unter dem Fornix hervor, daher ist auch das Tasthaar beinahe terminal gestellt und von einer ungewöhnlichen Länge; der Basalzahn fehlt, Das Kostrum ist besonders bei jungen Thieren riesig lang und fast knieförmig gebogen. Der Schwanz ist schlanker als bei allen übrigen Pleuroxen und Müller (1. c. IV. 18) bildet ihn ganz charakteristisch ab. Er pflegt wie die Ruderarme von einem schwarzen Pigment verdunkelt zu sein. Die Ephippiumbildung besteht aus einer Höckerfalte am Rücken (Fig. 3), bis zu welcher der Rücken ziemlich gerade verläuft; von da aber nach hinten senkt er sich schief abwärts und bildet mit dem Hinterrand eine stumpfe, aber deutliche Ecke. Um diese Zeit ist die Farbe des Thieres viel intensiver gelbroth und besonders ist die Ephippial- gegend stark verdunkelt. Das Männchen (Fig. 4) hat die Grösse des Weibchens = 0-5 — 0-55 Mm. Der Kopf ist auffallend klein, weil die For- nices schmal, der Schnabel kürzer und stark nach innen ge- krümmt ist. Der untere Vorderrand und ganze Unterrand der Schalenklappen ist mit laugen Haaren dicht besetzt. Die Strei- fung der vorderen Schalenpartie ist viel deutlicher als beim Weibchen. Das Nebenauge hat zwei blasse, linsenförmige Kör- per. Die Antennen sind etwas länger und besonders dicker, erreichen jedoch die Schnabelspitze nicht. Nebst den zahlreichen, ungleichen Riechhaaren trägt eine jede in der Mitte am Vorder- rande ein ansehnliches Flagellum und etwas tiefer nach aussen steht das Tasthaar. Die Vorderfüsse besitzen einen schwachen Haken. Der Schwanz ist schlank, gegen das Ende keilförmig zugespitzt. Statt der Zahnreihe sind blos Spuren von Haar- büscheln vorhanden. Die Endklauen tragen je zwei sehr un- gleiche Basaldornen. Hinter diesen, an den Seiten des Schwan- zes, liegt jederseits ein porus genitalis. Der Samengang büsst bei seinem Verlauf durch das Postabdomen seine Eigenwandun- gen ein und nimmt einen lacunären Charakter an. Der Hoden Dodekas neuer Cladoceren etc. < 3 ist ziemlich dickwandig' und enthält recht grosse, kugelförmige Spermatozoen. Schwanz und Ruderarme sind schwarz angeflogen. Diese Art fand ich an mehreren Orten und zuweilen in grosser Anzahl bei Deutschbrod, Maleschau und Kokycan. 2. Pleuroxus aduncus. «Turin e. Monoculus aduncus: Jurine. 1820. p. 152. XV. 8, 9. Pleuroxus aduncus: Schöiller. 1863. p. 46. III. 59. P. E. Müller. 1868. p. 189. Er ist dem P. trigonellus sehr ähnlich, aber höher. Seine Länge beträgt 0-55, die grösste Höhe 0-4 Mm. Der Vordertheil der Schale besitzt eine deutliche Streifung, deren Linien parallel mit dem Vorderrande verlaufen. Der hintere Schalenrand misst nur Vi- Vs der grössten Höhe. Das Nebenauge ist bedeutend kleiner als das zusammengesetzte. Das Rostrum erreicht nicht die Länge wie bei P. trigonellus, hingegen sind die Tastantennen und der Schwanz genau so gebildet wie bei diesem. Die Ephip- pialbildung ist durch keine ungewöhnliche Färbung ausgezeich- net, der Rücken ist blos höher aufgetrieben, aber ohne die Rückenfalte; hingegen ist die Oberfläche in der Brutraumgegend mit feinen, granulären Erhabenheiten dicht besäet. Ich muss dieses Thier unter die selteneren rechnen, da ich es an blos drei Fundorten vom September bis Ende November beobachtete. 3. Pleuroxus trigonellus. 0. F. Müller. Tab. III. Fig. 2, 5. Lynceus trigonellus: 0. F. Müller. 1776 \. Nr. 2395. „ O.F.Müller. 1785. p. 74. X. 5,6. „ „ Litivin. 1848. p. 41. X. 4. „ „ Lilljeborg. 1853. p. 80. IX. 1. Leydig. 1860. p. 223. Pleuroxus trigonellus : S chö die r. 1863. p. 44. 11.33 — 36. „ P. E. Müller. 1868. p. 189. Lynceus trigonellus: Fric. 1872. p. 227 Fig. 52. Die Länge des Thieres variirt zwischen 055— 0-66 Mm. Seine Gestalt ist die typische Pleuroxenform. DieSchalensculptur i 0. F. Müller: Zoologiae danicae Prodromus. 1776. 74 Kurz. lässt sich sehr schwer wahrnehmen ; sie besteht aus hexagonalen Feldern, an deren Grenzen sich zarte, durchsichtige Hautkämme erheben. »Schon lange ist ein feiner Hautkamm längs des Rückens bekannt, bei einer Rollung des Thieres zeigt es sich aber, dass er immer sichtbar bleibt, wie man das Thier auch immer stellen mag. P. E. Mülle r meint, es seien mehrere Hautkämme vor- handen, aber der Fund eines Exemplares, das ich Fig. 5 abbilde, überzeugte mich von der Richtigkeit meiner, schon vorher gefass- ten Meinung. Das Thier hatte nämlich in den Hautkämmen der Hexagone eine dunkle, schwarze Strichelung und erschien da- durch überall sehr zierlich schwarz reticulirt ; der Hautkamm an den Körpercontouren war schwarz. Ich hielt dieses Thier anfangs für den P. ornatus (Schödler), aber es gibt keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem beschriebenen Exem- plare und den gewöhnlichen Repräsentanten von P. trigonellus K Bei der Ephippialbildung unterliegt die Schale keiner Form- änderung, aber ein diffuses, schwarzes Pigment lagert sich in die Brutraumgegend der Schale. Das Männchen (Fig. 2) ist äusserst interessant durch seine auffallende Ähnlichkeit mit dem Männchen von P. glaber. Es ist kleiner als das Weibchen (0-55 Mm.), dunkel gefärbt, mit nied- rigem Rücken und viel kürzerem, stumpfem Rostrum, welches die Tastantennen nur wenig überragt. Die Hautsäume sind schwach entwickelt. Die Antennen haben, wie beim Weibchen, einen Basalzahn und in der Mitte steht neben dem Tasthaar ein sehr starkes Flagellum. Die Riechhaare sind von gleicher Länge und stehen terminal. Der Fusshaken ist schwach. Der Schwanz hat dieselbe eigenthümliche Form, welche P. E. Müller (1. c. IV. 22) bereits am Männchen von P. glaber beschrieben hat. Er ist sehr gross, seine grösste Höhe liegt unter dem After und von da verschmälert er sich bedeutend gegen das Ende und läuft in einen eigenen Klauenträger aus, auf welchem die Klauen sitzen: i Kleinere Unterschiede waren egeh die, dass ich das Nebenaug^ viel kleiner und das Kostrum etwas kürzer fand, als es bei /'. trigonellus zu sein prlegt. Ich fand dieses Thier in einem Teiche ober ChotSbof; später gelang es mir auch dort nicht mehr, eines ähnlichen Thieres habhaft zu werden. Dodekas neuer Cladoceren etc. 7o sie bilden mit ihm einen fast rechten Winkel, so dass man sie leicht bei der Beobachtung- der ersten Exemplare für zufällig- geknickt ansehen könnte. »Sie sind sehr schwach und besitzen nur einen kleinen Basaldorn. Der Ventralrand des Schwanzes ist ziemlich gerade, nur vordem G-enitalporus bildet er einen Höcker. Der Dorsalrand ist vom After bis zu den Klauen mit Gruppen von langen und dichten Haaren besetzt. Der Hoden ist gelappt, das vas deferens hat einen bedeutenden Durchmesser und scheint im Schwänze lacunär zu werden; hier liegen dann eigene, be- sonders entwickelte Quermuskeln, die als ejaculatores seminis dienen. Der Porus liegt knapp ober den Endklauen am Ventral- rande des Krallenträgers. Der ganze Schwanz hat einen inten- siv schwarzen Anflug. Ich fand dieses Thier um R o k y c a n und D e u t s c h b r o d, hier besonders häufig in einem Waldteich am Wallfahrtsorte St. Anna. Die Männchen kamen am letzteren Ort im November vor und zugleich mit ihnen fand ich Weibchen mit demEphippium. 4. Pleurodcus glaber. S c h ö d 1 e r. Rhypophüus glabcr: 8 c kodier. 1863. p. 55. III. 54 — 56. Pleuroxuspersonatus: P. E. Müller. 1868. p. 191. III. 20. IV. 21—23. Ich kann das von mir beobachtete Thier mit dem Lynceus personatus (Leydig) durchaus nicht in Übereinstimmung bringen, hingegen haben die beiden citirten Autoren gewiss dasselbe Thier beobachtet, welches auch mir vorlag. Der Habitus des Thieres ist bei Schödler (1863. III. 54) ganz treffend wiedergegeben. Seine Länge beträgt 0-55 — 0-65, während die Höhe bis 0-4— 0-55 Mm. steigt. Die Fornices sind so schmal, dass sogar das Nebenauge meistenteils unbedeckt bleibt, wodurch dann der innere Längskamm des Rostrums sehr deutlich hervortritt; er stützt dasselbe bis in die umge- bogene Spitze. Die Tastantennen haben den gewöhnlichen Basalzahn,in der Mitte tragen sie das Tasthaar und am Ende die ungleichen, kurzen Riechcylinder. Die Ruderarme besitzen nur sieben Ruderborsten und blos einen Dorn am Endglied des inne- ren Astes. Der Verdauungscanal ist, wie bei allen übrigen Pleur- oxen, mit einer Windung, einer Biegung und dem Coecum ver- 76 Kurz. sehen. An der Hinterecke bemerkte ich höchstens vier Zähne. Das Thier ist sehr dick und sieht von oben fast wie ein Chy- dorus aus. Das Männchen ist 0-5— 0-55 M. lang und 0-34 Mm. hoch. Zu der sorgfältigen Untersuchung- desselben durch Müller wäre blos hinzuzufügen, dass die Fiederhaare des Schalenunterrandes sämmtlich auf deutlichen Zähnchen stehen, wie sie derselbe Autor an einer anderen Stelle (p. 136 und 190) beschreibt. Die Antennen sind wenig kürzer als das Rostrum, sie besitzen an ihrer Basis einen Zahn, in der Mitte ein Tasthaar und das Fla- gellum, beide von bedeutender Länge. Den Schwanz beschreibt P. E. Müller; ich fand den Ventralrand noch runzeliger. Auch bei diesem Thiere läuft der Schwanz in einen Klauenträger aus, an dessen Ende die nach abwärts gerichteten Klauen mit dem kleinen Basaldorn sitzen. Der Genitalporus liegt an derselben Stelle, wie bei P. trigonelfus, ja mitunter war hier ein kleiner, heller Penis yon warziger Form vorhanden. Der convexe Dorsal- rand ist mit dichten Büscheln oder Querreihen von Haaren besetzt. Ich fand diesen Schlammbewohner im Teiche von Sopoty und in den zahlreichen Teichen um Males chau. Chydorus. L e a c h. Die Thiere haben eine runde oder elliptische Körperform und besitzen auch eine dieser Form entsprechende Dicke. Der gleichmässig gewölbte Rücken ist grösstentheils vom Kopfschilde gebildet, welcher sehr weit nach hinten sich erstreckt. Alle Schalenecken sind abgerundet und unbewehrt. Der Bauchrand ist stark einwärts gebogen, der Hinterrand sehr kurz. Das lange Rostrum ist schmal und spitzig und in die Körpereontour gekrümmt. Die Riechstäbchen der Tastantennen stehen nicht in gleicher Höhe, indem 2 — 3 derselben etwas ober dem terminalen Büschel sich befinden. Das Tasthaar sitzt in. oder ober der Hälfte der Antenne. Der mittelgrosse Schwanz hat jederseits blos eine Zahnreihe und an den Endklauen nur je einen Basaldorn. — Die Männchen haben ein kürzeres Hostruin, breite und flache Douekas neuer Cladoceren etc. i 7 Antennen mit Tasthaar und Flagellum. Der Schwanz ist sehr enge, der Genitalporus liegt terminal. Die Thiere schwimmen meist hurtig und gleichmässig wie Cypriden im Wasser umher, klammern sich an den Glaswänden der Aquarien und anderen festen Gegenständen an, wühlen aber auch im Schlamme. 1 . Chydorus sphaericus. 0. F. Mülle r. Tab. III. Fig. 9, 10. Lynceus sphaericus : 0. F. Müller. 1776. Nr. 2392. „ m 0. F. Müller. 1785. p. 71. IX. 7—9. „ „ Koch. 1835— 41. H. 36. XIII. Monoculus sphaericus: Jurine. 1820. p. 157. XVI. 3, a — in. Lynceus sphaericus: Za cid ach. 1844. p. 29. „ „ Li e vi n. 1848. p. 41. X. 5. „ „ Fischer. 1848. p. 192. IX. 13—15, Chydorus sphaericus : Baird. 1850. p. 126. XVI. 8. Lynceus sphaericus: Zenker. 1851 \ p, 117. III. 3, 3,4. „ „ Lilljeborg. 1853. p. 86. VII. 12—17. „ „ Leydig. 1860. p. 225. Chydorus sphaericus : Seh ö dl er. 1863. p. 12, I. 5 — 7. „ „ P. E. Müller. 1868. p. 194. IV. 24. Lynceus sphaericus: Fric. 1872. p. 229. Fig. 58. Dieses gemeinste Geschöpf aller Gewässer schien bereits durch so zahlreiche Untersuchungen erschöpfend behandelt wor- den zu sein, und doch blieb mir noch die Beobachtung der eigen- thümlichen Ephippialbildung vorbehalten. Sie besteht darin, dass sich im Rückentheile der Schale ein scharfer Höcker bildet, von welchem die Rückencontour bis zum Bauchrande fast senkrecht herabsteigt und so eine nach hinten gerichtete Fläche bildet, an der eine feine Längsstreifung sichtbar ist. Das Winterei liegt unter der Höckerfalte und der Körper wird dadurch sogar unter die Horizontale herabgedrückt (Fig. 9). In diesem Stadium sind die Weibchen stets horngelb und ziemlich durchsichtig. Als ich im December 1872 in einer kleinen Lache diese Bildung beob- achtete, sah ich diese Thiere als eine eigene Art an, so verschie- i Zenker: Physiologische Bemerkungen über die Daphnoiden. (Archiv für Anatomie und Physiologie.) 1851. 78 Kurz. den schienen sie in Färbung- und Habitus von den gewöhnlichen Weibchen. Heuer gelang- es mir aber, die Bildung der Männchen und der Ephippien an Weibchen durch langsames Eintrocknen eines kleinen Aquariums hervorzurufen. Über den Bau des Thieres muss ich noch erwähnen, dass an der Tastantenne die zwei äussersten Riechhaare etwas höher ■entspringen als das übrige Büschel. Das Tasthaar steht ober der Mitte der Antenne. Beim Männchen (Fig. 10) ist die Antenne besonders merk- würdig gebildet. Sie ist hier plattgedrückt, am Unterrande und an der Endhälfte des Vorderrandes mit langen, gebogenen Riech- haaren besetzt; etwa in der Mitte steht vorn das grosse Fla- gellum und ober demselben das kleine Tasthaar. Das stumpfe Rostrum ist kürzer als die Antenne. Die Haken der Vorderfüsse sind sehr gross, ihre beiden äussersten Stellungen habe ich in Fig. 10 angedeutet; die Stellung, wie sie Zenker (1. c. III. 3) zeichnet, ist unmöglich. Ober dem Ursprung der Haken befindet sich am Vorderrande des Fusses ein Bündel von kurzen, festen Borsten, die für den Haken ein elastisches Widerlager abgeben. Die Begattung habe ich oft beobachtet. Sie findet statt an Weibchen, die noch kein Ephippium haben, ja es sind manchmal im Brutraum noch Sommereier in verschiedenen Entwiekelungs- stadien vorhanden. Das Männchen klammert sich mit den Haken in dem Schalenwinkel fest, welchen die beiden Hinterränder beim Weibchen bilden. Die beweglichen Haken klemmen den Schalen- rand des Weibchens gegen die Widerlager so fest, dass sich das Männchen vom Weibchen fortschleppen lassen kann. Dabei überlässt sich das Männchen seinen gewöhnlichen vitalen Ver- richtungen. Obzwar ich nun die conjugirten Thiere oft stunden- lang unter dem Mikroskope hatte, so gelang es mir doch nie, den Moment der Befruchtung zu beobachten. Den Ch. sphaericus fand ich in allen Gewässern, oft in grossen Schwärmen; ja selbst am Koppenplan des Riesengebir- ges, in einer Höhe von 1250 Meter; in den Quellen ober den beiden Teichen war er mit einem Cyclops, einem kleinen Rota- l avium und einigen Insectenlarven der zahlreichste Bewohner. Dodekas neuer Cladoceren etc. 79 2. Chydorus caelatus. Schödler. Chydorus caelatus: Schödler. 1863. p. 15. II. 44. Dieses Thier hat bisher blos Schödl er gefunden. Es ist kleiner als das vorangehende, indem es blos 0-4 Mm. Länge erreicht. Der Rücken bildet mit dem freien Hinterrand einen stumpfen, aber ausgesprochenen Winkel. Die Bauchränder sind weniger nach innen umgestülpt als bei CA. sphaericus. Die Ober- fläche der Schale, besonders im unteren Theile, und die des Kopfschildes in der Stirngegend ist mit runden Vertiefungen *, die an ersterer Stelle reihenweise geordnet sind, besetzt. Die Verhältnisse des Kopfes sind denen des Ch. sphaericus ent- sprechend, die Riechstäbchen stehen in ungleicher Höhe und die Form des Schwanzes ist der des vorangehenden Thieres sehr ähnlich. Diese seltene Art fand ich blos in einem Teiche bei Mirö- s c h a u unweit R o k y c a n. 3. Cliydorus ovalis. N. sp. Tab. III. Fig. 11. Dieser 0-4 Mm. lange Chydorus hat eine eiförmige Gestalt, seine grösste Höhe übertrifft nur wenig die halbe Körperlänge. Der kleine Kopf läuft in einen recht langen Schnabel aus ; die Tastantennen sind von 2/3 Länge des Rostrums, ober der Mitte sind sie mit einem Tasthaare versehen; zwei der Riechstäbchen stehen am Aussenrande ober dem Büschel der übrigen. Das Nebenauge ist beinahe so gross wie das zusammengesetzte. Die Ruderarme sind schwach, desshalb auch die Bewegungen des Thieres langsam im Vergleich zu dem lebhaften Herumtreiben des Ch. sphaericus. Die Mandibeln sind nicht an der normalen Stelle eingefügt, wo die Fornices mit der Schale zusammen- stossen, sondern von diesem Winkel läuft eine Chitinleiste im Bogen etwas nach hinten und verdickt sich dann in die Gelenk- 1 Schödler beschreibt die Oberfläche als „mit reihenweise ge- stellten, ovalen Buckelchen bedeckt"; ich muss dem optischen Verhalten nach diese „Buckelchen" für runde Vertiefungen erklären. 80 Kurz. planne der Mandibel. Die Oberlippe hat einen sichelförmigen hohen, aber sehr schmalen Kamm. Die untere Partie des Schalen- vorderrandes und der ganze Unterrand ist mit sehr dichten, deut- lich gefiederten Haaren besetzt, welche an der abgerundeten Hinterecke fast plötzlich aufhören. Da der Bauchrand nicht nach innen so stark umgestülpt ist, wie bei den beiden vorangehenden Arten, so sind die Randhaare in der Seitenlage des Thieres zu sehen, was bei jenen nicht der Fall ist. Der hintere Schalenrand ist sehr kurz und übergeht in die Rückencontour ohne eine mar- kirte Ecke. Von einer Schalensculptur vermochte ich nichts zu entdecken. Der Schwanz ist mittelgross, endet abgestutzt und besitzt blos am Dorsal- und Endrand etwa acht spitzige Zähne. Der After liegt weiter nach oben und der Vorsprung hinter dem- selben ist sehr unbedeutend. Dieses Thier fand ich in den Teichen ober Deut schbr od, aber sehr selten. 4. Chydorus globosus. Baird. Tab. III. Fig. 8. Chydorus globosus: Baird. 1850. p. 127. XVI. 7. Lynceus globosus : Lilljeborg. 18 3. p. 85. VII. 11 Leydig. 1860. p. >30. Chydorus globosus: Seh öd ler. 1863. p. 13. „ „ P. E. Müller. 1868. p. 195. IV. 25. Lynceus globosus : Friß. 1872. p. 229. Fig. 57. Eine ausgezeichnete, leicht kenn bare Art, bei welcher aber die intensiv rothe Färbung, grosse Dicke und schwarze Pig- mentirung das Studium der inneren Organe sehr beschwerlich macht. Ohne Deckglas lässt sich auch von den äusseren Theilen sehr wenig erkennen, da der Schnabel zwischen die vorderen Schalenränder eingeklappt liegt. Bei dem Drucke eines Deck- glases zeigt sich die Beweglichkeit des Kopfschildes, indem das Rostrum ziemlich weit vom Körper sich entfernt. Der Kopfschild erstreckt sich nach hinten über den grössten Theil des Rückens, ist jedoch seitlich nur schwach entwickelt, da sich die Bildung eines Fornix blos über die Basis der Ruderarme erstreckt ; das kleine Nebenauge ist oft gänzlich unbedeckt, d. h. von der Seite gesehen liegt es tiefer als die Ränder des Kopfschildes. Ebenso Dodekas neuer Cladoceren etc. 81 sind auch die dicken Tastantennen ganz frei; das Tasthaar steht etwas unter der Mitte auf einem eigenen Höcker, das terminale Haarbüschel zählt blos 5 — 7 Riechcylinder. Die Ruderantennen sind bei diesem Thiere wirklich zwerghaft und bewegen den grossen Körper nur langsam und gleichmässig fort. Die Ober- lippe ist hingegen ungewöhnlich gross und dick, aber ihr Kamm in hohem Grade (wie bei keinem anderen Lynceiden) reducirt, so dass nur ein vorspringender Zahn seine Existenz anzeigt. Die Mandibeln sind schwer zu beobachten, da sie wegen der grossen Dicke des Thieres einwärts gewendet sind. Die Schale ist über- all abgerundet, am Unterrande wie bei Ch. sphaericus nach innen umgebogen ; besonders stark ist diese Umkrempung hinter der Mitte. Der Hinterrand der Schale ist ganz kurz, gleichmässig abgerundet und ohne Haarbesatz. Die Sculptur besteht aus Linien und Maschen, die aber ebenfalls in die Länge gezogen sind. Beide sind so geordnet, dass sie im unteren Theile parallel mit den freien Rändern, in der Mitte wagerecht und im Rücken mit diesem parallel verlaufen. Jede Masche hat in ihrer Mitte einen schwarzen, völlig undurchsichtigen Fleck, von welchem das schwarze Pigment nach allen Seiten immer schwächer sich verbreitet. Dadurch entsteht in der Mitte jeder Schalenklappe ein schwarz gefärbtes Feld. Eine ähnliche, aber kleinere und unpaare Zeichnung macht sich im hintersten Theile des Rückens bemerklich. Vom Herzen steigt vor dem schwarzen Fleck die Schalendrüse herab, die hier besonders entwickelt und lang- gestreckt ist. Den Schwanz zeichnet P. E. Müller recht genau ab. Die von mir beobachteten Exemplare hatten aber an den Rändern der Analfurche eine Reihe einfacher, schwacher Zähne. Die langen, bis zur Spitze geraden Endklauen hatten einen kleinen Basaldorn, ihre Basalhälfte besass eine Reihe kleiner Dornen, die Distalhälfte hingegen blos sehr zarte Härchen. Der Darm ist normal gebildet, das dickwandige Coecum stark gebogen und mit zahlreichen Einschnürungen versehen. Das Männchen (Fig. 8) ist kleiner als das Weibchen; dieses misst 0-6 — 0-7 Mm. und 0-58 — 0.63 in der Länge und Höhe, während jenes blos 0-55 Mm. und 0-42 in den beiden Dimen- sionen erreicht. Ober dem Auge zeigt die kugelige Contour des Sitzt», d. maihem.-naturw. Gl. LXX. Bd. I. Abtü. 'j 82 K u r z. Männchens eine Unterbrechung- durch einen seichten Eindruck. Das Auge ist grösser als beim Weibchen, ebenso das Rostruin dicker. Die Vorderränder der Schale sind gegen einander und dann nach vorne gerichtet, unbehaart. Die Tastantennen sind dick, unter dein Tasthaar besitzen sie ein starkes Flagellum, von da ab trägt der ganze Endrand zahlreiche und lange Riech- stäbchen. Die Vorderfüsse sind wie gewöhnlich kürzer als beim Weibchen, am Vorderrande mit etwa fünf Querbüscheln von Haaren besetzt und am Ende mit schwachen Haken bewaffnet. Höchst eigenthümlich ist der Schwanz. Der chitinisirte Rand ober dem After, welcher meist in eine scharfe Ecke vorspringt, ist hier ganz eingedrückt, dass sogar eine tiefe Bucht entstellt, unter welcher der After liegt. Der hervorragende untere Theil des Schwanzes ist sehr lang und enge, von der Mitte ab mit sehr zahlreichen Zähnchen am Rande dicht besetzt. Die End- klauen haben einen kleinen Basaldorn und der ganzen Länge nach eine Reihe feiner Zähnchen. Von einer zweiten „Leiste äusserst fein gestrichelter Zähnchen- ober der Zahnreihe der Afterfurche habe ich weder beim Weibchen, noch beim Männchen eine Spur entdecken können. Diese seltene C h y d o r u s - Art fand ich bei D e u t s c h b r o d an einer einzigen Stelle, in tiefen Wiesengruben bei Frieden au und bei Rokycan in ähnlichen Gräben auf den Wiesen des K lab ava -Thaies. IV. Farn. Polyphemidae. Die unbedeckten Füsse sind von gleicher Bildung, haben deutlich geschiedene, walzige Glieder. Die Schale ist klein und lässt einen grossen Theil des Körpers unbedeckt. Der Ver- dauungskanal ist ganz einfach. Die Gattungen und Arten dieser Familie wurden durch P. E. Müller einer sehr sorgfältigen und eingehenden Untersuchung unterworfen. Da ich blos zwei Repräsentanten dieser Familie fand und sie nur eine ganz kurze Zeit beobachten konnte, niuss ich mich auf das blosse Anführen derselben beschränken. Dodekas neuer Cladoceren etc. 83 1. Subfam. Polypheminue. Die Raderanne haben einen drei- und einen viergliedrigen Ast. Es sind blos vier Fusspaare vorhanden. Polypliemus. 0. F. Müller. Die einzige bisher bekannte Art dieser Gattung: P. pediculus (De Geer)1 kommt auch bei uns vor; doch fand ich sie blos im Hochsommer in dem mehrfach erwähnten Teich von Sopot. Sie war hier in beiden Geschlechtern sehr zahlreich vorhanden. 2. Subfam. Leptodorinae. Die beiden Aste der Ruderantennen sind viergliedrig. Sechs Fusspaare. Leptodora. Lilljeborg. Bisher ist nur die einzige L. hyalina (Lilljeborg) bekannt und durch L i 1 1 j e b o r g 2 und Müllers beschrieben und abgebil- det worden. Ich fand sie in einem Teiche bei Male seh au in beiden Geschlechtern sehr zahlreich; doch verschwanden die Thiere plötzlich nach einem Regen. Vergleiche ich nun die Cladoceren-Fauna der fremdländi- schen Beobachter mit dem, was ich aus den beschränkten Gegen- den meines Vaterlandes sammelte, so ergeben sich recht interes- sante Resultate in Hinsieht 1. auf die Zahl der gemeinsam beobachteten Arten und 2. auf das Verhältniss derselben zur geographischen Ent- fernung. Ich verzeichne in nachstehender Tabelle die Artenzahl nach den Angaben der betreffenden Autoren, eingetheilt nach den i De Geer: Memoires pour servir ä l'Histoire des Insectes. 1778. Tom. VII. p. 467. XXVIII. 9-13. 2 Lilljeborg: Beskrifning öfver tvenne mäikiiga Crustaceer of Urningen Cladocera. (Oefvers Vetensk. Akad. Foerhandl. Tom. XVII.) 1861. p. 265—271. VII u. VIII. 1—22. 3 P. E. Müller: 1. c, p. 226. VI. 14—21. 6* «4 K u rz. Subfamilien ; in den beiden letzten Zeilen der Tabelle stehen die Zahlen der gemeinsam mit mir beobachteten Arten und die Ziffern, welche dasPercentverhältniss derselben zu der in jedem Lande beobachteten Artensumme ausdrücken. irf ko '-o 5 s _• ■■£> — < 0 1 x q} ai sS Z C 6 CD Ig x n iO - C3 O r6 X O S73 x 's - O 02 01" 0 0 'S sc 0 0 5 Ol CS • -* ■ rH »4 "3 6 Oh' OJPh hJ ffl ^ ^ &H § I. Farn. Sididae 7 5 2 1 2 2 3 3 2 IL Farn. 1. Subf. Daphninae . . 24 19 18 10 10 7 8 9 17 2. Subf. Bosminina'e . . 7 7 5 3 1 2 2 2 3. Subf. Lyncodaphninae 7 6 3 3 2 4 2 1 3 III. Fam. 1. Subf. Eurycereinae . 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2. Subf. Lynceinae . . 26 31 25 10 11 12 12 15 29 IV. Fam. 1. Subf. Polypheminae . 2i 2i 1 2 1 2i 1 1 1 2. Subf. Leptodorinae . Summe . 1 1 1 1 75 71 55 30 28 29 29 32 56 Anzahl der gemeins. Arten . . 31 39 32 18 18 19 19 23 56 Percentverhältniss der Zahlen . 41 55 58 60 64 65.5 65-5 72 100 1 Die marinen Arten abgerechnet. 3 Fric hat meistens die Elbegegenden, die Umgebung Fra gs und den B.öhmerwald auf Cladoceren untersucht. Dass ich kaum 3/4 seine r Arten um Deutschbrod, Battenberg und Rokycan gefunden habe, erkls rt sich, abgesehen von der Verschiedenheit der Fundorte, hauptsächlich daraus. dass seine Art der Beschreibung derThiere sehr unzuverlässig ist, und ich die von mir beobachteten Arten mit den seinigen sehr oft nicht zi identi- liehen vermag. Seine Abbildungen sind, mit geringen Ausnahmen, Copien nach Baird und Leydig, unc 1 die Besc breil unge n de • Art Ml Ol t wo •t- Dodekas neuer C'ladoceren etc. So Theilt man nun die angeführten Länder in die zwei Gruppen der besser und der weniger vollständig durchforschten, so wird in die erste Gruppe zu rechnen sein: Norwegen, Dänemark, Nord- und Süddeutschland, zur zweiten: England, Schweden und Russland. Bei der Vergleichung der beiden Gruppen unter einander ergibt sich, dass der Procentsatz für gemeinschaft- liche Arten in dem Masse grösser ist, je weniger die Länder untersucht sind, weil man immer zuerst die gemeinsten und weitverbreiteten Arten kennen lernt, ehe man die selteneren und beschränkt vorkommenden Species findet. Nimmt man hingegen Rücksicht auf die einzelnen Länder innerhalb jeder Gruppe, so nimmt die Zahl der gemein- samen Arten mit der grösseren g e o g r a p h i s c h e n Entfernung ab, wobei zwischenliegende Meere ein sicht- liches Hinderniss für die Verbreitung der Süsswasserformen ver- ursachen. liehe Übersetzungen der Diagnosen beider genannter Autoren. Bei einer solchen Zusammenstellung, welcher jede kritische Bemerkung mangelt; darf man aber mit Recht der richtigen Artenbestimmung um so weniger trauen, als sich auch in dieser Hinsicht auftauende Fehler nachweisen lasseu. 86 Kurz. Erklärung- der Tafeln. Tab. 1. Fig. 1. Moina micrura. 9- Vergr. 50 *. Die Ruderborsten sind blos zum Theil gezeichnet. „ 2. Daphnia vitrea. 9 • Vergr. 55. „ 3. Daphnia apicala. 9 • Vergr. 60. Durch die punktirte Linie ist eine Varietät mit höherer Crista angedeutet. „ 4. „ „ tf. Vergr. 85. „ . Ein Junges derselben Art. Contourzeichnung. „ 6. Daphnia galeata. Ein Junges in Umrisszeichnung. Die Crista ist scharf zugespitzt. „ 7. „ » cT- Die Crista bildet blos einen sehr stumpfen Winkel. „ 8. Daphnia obtusa. 9 • Vergr. 45. Das Detail der Füsse ist theilweise eingezeichnet. „ 9. „ „ cf. Vergr. 50. „ 10. Daphnia psittacea. 9 • Der Kopf und der Vordertheil der Schale. „ 11. Moina rectirosiris. tf. Der Rintertheil des Körpers, um die Mün- dung des vas defcrens zu zeigen. „ 12. Ceriodaphnia rotunda. tf. Vergr. 105. Die inneren Theile sind der Sculptur halber weggelassen. Tab. II. Fig. 1. Alona elegant. 9- Vergr. 122fach. Der Darmcanal ist durch die Dottermenge aus der normalen Lage verdrängt. „ 2. Leydigia quadr angularis, (f. Vergr. 105. Die Fiederung der Haare am Ventralrande der Schale is?, wie bei den meisten Lyncciden weggelassen. „ 3. Alona tuberoulata. 9 • Habituszeichnung. 1 Die Zahlen zeigen nicht die Vergrößerung des Mikroskopes an. nach welcher die Zeichnung angefertigt wurde, sondern sie wurden dadurch bestimmt, dass ich die Länge der Abbildung durch die wahre Länge des Thieres dividirte. Das Detail ist meist nach einer viel stärkeren Vergrösse- rung eingezeichnet worden. Dodekas neuer Cladoceren etc. 87 Fig. 4. A/oita coronata. 9 • Vergr. 150. „ 5. „ „ (J>. Vergr. 100. Habituszeichnung, um die Schalen- form und den .Schwanz zu zeigen. „ 6. „ „ Weibchen mit der Ephippialbildung. Die Körper- theile sind nicht ausgeführt. „ 7. Alonella rostrata. tf. Vergr. 92. „ 8. Alona parvula. 9 • Vergr. 150. Die Schalensculptur ist weggelassen um die inneren Theile besser hervortreten zu lassen. „ 9. Camptocercus latirostris. 9- Vergr. 75. Weibchen mit Ephippium. Die Füsse sind zum Theile ausgeführt. „ 10. „ » cT- Vergr. 75. Die Sculptur ist nur in der unte- ren Schalenpartie ausgeführt, damit die inneren Theile, besonders die entwickelten Rücken- muskeln nicht undeutlich werden. „ 11. Graptoleberis testudinaria. Weibchen von oben gesehen, um die Form des Rostrums und die Lage des Darmes zu zeigen. „12. „ „ Das männliche Postabdomen. Im Samengang sind einige Spermatozoon eingezeichnet. „ 13. Alonopsis latissima. 9 • Vergr. 100. , 14. „ tf. Vergr. 100. „ 15. Das Ende des inneren Astes von der Ruderantenne desselben Männchens. Neben den drei Ruderborsten stebt noch ein Tasthaar, das am Grunde dunkel ge- randet ist. Tab. III. Fig. 1. Macrothrix tenuicornis. 9- Vergr. 80. Am ventralen Schalenrande ist in der hinteren Hälfte der Borstenbesatz weg- gelassen, um den Schwanz nicht undeutlich zu machen. „ 2. Pleuroxus trigonellus. $ . Vergr. 115. Die Sculptur der Schale ist nur zum Theil angedeutet. Zum Genitalporus quillt der Same hervor. „ 3. Pleuroxus hastatus. 9 • Ephippialbildung mit einer Höckerfalte. „ 4. „ „ tf. Vergr. 90. „ 5. Pleuroxus trigonellus. 9 • Der Vordertheil des Thieres mit den eigenthümlichen, hier schwarzen, Hautkämmen an den Sculpturmaschen. „ 6. Alonella exigua. rf. Vergr. 140. Der Kopf sollte etwas tiefer nieder- gedrückt sein. „ 7. Alonella pygmaea. derkais.Afci. Cardium hians cf. Turitella cathedralis. „ multicostatum. Teil 'i na planata cf. Lucina incrassata. Lutrariü oblonga cf. „ Haidingeri cf. Tapes vetula cf. Area Fichtelii. Cytherea Pedemontana cf. Ostraea digitalina. Venus umbonaria cf. ,, crassicosta cf. „ multilamella. Pecten cristatus. Jsocardia cor. „ sp. 3. Badner Tegel. (Marl aut.) Unter den vorerwähnten Bildungen folgt in mächtiger Entwickelung bis zu einer Mächtig- keit von mehr als 30° anschwellend eine Masse zarten, plasti- schen, blauen Thones, der allenthalben in grosser Menge Pecten cristatus und Pecten spinulosus enthält und in jeder Beziehung dem Badner Tegel des Wiener Beckens gleicht. Er bildet nördlich von Rabatto alle jene merkwürdigen, kegelförmigen Berge, welche von einer deekenförmigen Platte aus Grünsand und Leythakalk gekrönt werden, und ebenso in mächtiger Entwicke- lung das Ufer des Meeres hinter Ft. Chambray auf Gozzo, sowie auf Malta von der Fom-er-Rick-Bay angefangen bis an das west- liche Ende der Insel, allenthalben von einer Decke Leythakalk überlagert. An einigen Stellen bemerkt man in diesem Tegel einen Wechsel von dunkleren und lichteren Schichten, wodurch eine ähnliche Bänderung der ganzen Masse entsteht, wie sie der Zancleen-Mergel in so ausgezeichneter Weise zeigt, ohne jedoch jemals so autfallend zu werden , wie bei demselben. Der Tegel ist allenthalben sehr reich an Foraminiferen , namentlich an grossen Nodosarien, Cristellarien, Frondicularien und Lingulinen, an einigen Stellen jedoch, wie besonders bei Elasri auf Gozzo, nehmen dieselben in dem Masse überhand, dass das Gestein weisslich grau wird und fast ausschliesslich aus Foraminiferen zu bestehen scheint. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd I. Abth. 7 98 Fuc h s. An sonstigen Versteinerungen ist der Tegel jedoch sehr arm und finden sich allgemeiner verbreitet, nur ein kleiner Nautilus, ähnlich dem N diluvii, die Sehulpe einer kleinen Sepie und einige Nuculaarten. Nur an einer Stelle, in der Fom-er-Bieh-Bay auf Malta, gelang es uns, auch noch andere in Brauneisenstein verwandelte Conchylien zu finden, welche eine Fauna vom Charakter der Badner Fauna darstellten, wie nachfolgende Liste zeigt : Pleurotoma cataphracta Chenopus pes pelccani. „ ramosa. Xenophora sp. „ sp. Nation helicma h. Columbella sp. h. Axinus angulatus. Mitra sp. Nucula sp. h. Fusus sp. Leila sp. h. Murex vaginatus. Nautilus diluvii. „ sp. Sepia sp. Buccinum sp. h. Merkwürdig ist der Umstand, dass mitten im Verbreitungs- gebiete des Tegels Stellen vorkommen, wo derselbe vollkommen zu fehlen scheint. So findet man am Kolla Jafra in der Bav von Marsa Forno, also mitten im Tegelgebiete, den Heterostiginensand unmittelbar auf Schioschichten liegen, und am Torre Nadur auf Malta sieht man den Leithakalk auf das Allmähligste in die Schioschichten übergehen, während doch in der unmittelbar benachbarten Foiu-er-Rieh Bay der Tegel in mächtiger Entwicke- lung getroffen wird. I>) Bor midien. (Aquttanien.jt 4. Pectenschichten von Schio. (Calcareous sandstone aut.) Ein zartes, weiches, homogenes Gestein von feinsandiger oder tuffiger Beschaffenheit, welches äusserlich vollständig den Pectenschichten von Schio gleicht, jedoch nicht sowohl aus mine- ralischem Sande, als vielmehr aus den feineren Schlemmpro- dueten des zerriebenen Schuttes von Seethieren gebildet erscheint. Es erreicht eine bedeutende Mächtigkeit, setzt die grössere, östliche Hälfte von Malta fast ausschliesslich zusammen und Das Alter der Tertiärschichten von Malta. 9'.' bildet auf Grozzo allenthalben den Untergrund des Badner Tegels. Es ist das Hauptbaugestein auf Malta, in ihm befinden sieh die ausgedehnten grossei] Steinbruche von Lucca, aus ihm ist last ganz Valetta und alle die grossen, schönen Kirchen gebaut, die eine so charakteristische Eigentümlichkeit dieser Insel bilden. Es enthält an den meisten Punkten eine grosse Menge kleiner Echiniden sowie Pectenarten, namentlich P. Haueri und deletus, welche bisweilen in ganz ähnlicher Weise zu ganzen Schichten angehäuft sind, wie dies in den Schioschichten der Fall ist. In verschiedenen Horizonten treten auch Lagen von eigen- thtimlichen, aussen dunkelbraunen, innen aber gelblich grünen, harten Kalkknollen, von Haselnuss- bis Faustgrösse auf, welche bisweilen auch nach Art der Feuersteine zu knolligen, unregel- niässigen Platten verschmelzen und die sogenannte rNodule-beds- der englischen Autoren bilden. In diesen „Nodule-beds" finden sich in der Kegel auch in grosser Menge Steinkerne von Einzel- korallen, von Conus, Cassis, Natiea und Cardiumarten, sowie auch solche von Hyalaeen und Vaginellen. Alle diese Steinkerne bestehen aus derselben glänzenden, braunen Substanz, wie die Knollen. Auch das Hauptfossil der Malteser Inseln, die unter dem Namen der „lingue di San Paolo" bekannten Haifischzähne kommen hauptsächlich in diesen „Nodule-bedsu vor. Dort wo Platten dieses Gesteines an der Luft verwittern, treten in der Kegel Netze von sich unregelmässig durchkreuzenden, ziemlich geradlinig verlaufenden Wülsten hervor, welche offenbar die Spuren alter Annelidengänge vorstellen. Eine kleine Abänderung dieses Gesteines wird durch gewisse blendend weisse Gesteine gebildet, welche niemals die vorer- wähnten Knollen oder Versteinerungen « enthalten und aus den allerfeinsten Schleinmproducten hervorgegangen erscheinen. Diese Gesteine erscheinen vollkommen dicht, sind bald weicher, bald härter, zeigen meist einen ausgezeichnet muscheligen Bruch und ähneln mitunter sehr der weissen Kreide oder noch mehr den bekannten Zancleen-Mergeln des Plioeaen. Die steilen, klip- pigen Küsten der Bay von Marsa Scirocco auf Malta werden zum 1 In der Bay von Blaraa Scirocco fanden wir darinnen einige Oper- citlinen. 7* 100 Fuchs. grössten Theile aus diesen weissen, kreideähnlichen Gesteinen gebildet, und man kann hier zugleich deutlieh sehen, wie die- selben von den gelblichen, gewöhnlichen Pcctenschichten mit „Nodule-beds" sowohl unterteuft als auch überlagert werden. Dasselbe Yerhältniss zeigt sich auch an der Fom-er-Rieh-Bay und an mehreren anderen Punkten. In der Fom-er-Rieh-Bay treten in diesem weissen, kreidigen Gesteine auch Hornsteine von der Beschaffenheit von Menilit- knollen auf und zwar finden sich dieselben in den härteren Bänken in der Gestalt von Knollen oder Kuchen, welche ohne deutlich umschriebene Umgrenzung ganz allmählig in die kreidige Mergel- substanz des Gesteines übergehen. Auch ist zu bemerken. dass diese Knollen keineswegs einen concentrisch-schaligen Bau zeigen, sondern, dass die allgemeine horizontale Schichtung des Gesteines auch durch sie hindurch zu setzen scheint. — Ausser den bereits erwähnten Versteinerungen findet sich in diesen Schichten auch noch ein grosser Nautilus vom Ansehen des eoeänen N. regalis. Niemals konnte ich unter den zahlreichen vorkommenden Pectenarten eine mioeäne Art auffinden, wenn manche solchen auch sehr nahe stehen. 5. Unterer Kalkstein. (Inferior limestone aut.) Das tiefste Glied der Tertiärschichten von Malta wird durch einen Kalkstein gebildet, der auf Malta selbst meist nur an den Küsten auf längere oder kürzere Strecken hin sichtbar wird (Ft. Riccasoli) , seine Hauptentwicklung aber auf Gozzo erreicht, wo er die Gegend südlich von Rabatto, zwischen der Bay von Dueira und derjenigen von Migiar Scini fast ausschliesslich zusammensetzt und in der Umgebung der Ortschaften Cenc und Sannat bis zu einer Höhe von über 400' ansteigt. Er besteht so wie der Leithakalk aus Nulliporenkalk, Bryozoenkalk und den aus der Zerreibung und Mischung dieser beiden Elemente hervorgegangenen mannigfalti- gen Mischformen, doch zeichnet er sich in allen seinen Abände- rungen durch eine grössere Härte und Festigkeit aus. "Weiche und tuffige Abänderungen nach Art des Leithakalkes von Breiten- brunn fehlen in ihm vollständig und ebenso vermisst man auch breccien- und rauchwackenartige Gesteine, wie sie in den oberen Kalken vorkommen. Ein charakteristisches Kennzeichen des Das Alter der Tertiärschichten von Malta. 10 1 unteren Kalksteines sind die kleinen Scutellen, welche mit denen der Schioschichten übereinstimmen, und fast überall in grosser Menge auftreten, sowie nicht minder die riesigen Operculinen und Orbitoiden, welche manche Schichten vollständig erfüllen, und von denen die ersteren einen Durchmesser von 2", die letzte- ren alier gar den überraschenden Durchmesser yon 4' erreichen. Bei Cene auf Gozzo findet sieh auch ein, aus einem kleinen Nummuliten gebildeter Nummulitenkalk. Die obersten Lagen des unteren Kalkes werden in der Regel durch Bryozoenschichten gebildet, welche in grosser Menge einen kleinen, neuen Peeten enthalten, welcher dem mioeänen Pecten Mulvinae nahe steht, jedoch bestimmt von demselben verschieden ist. In derselben Region findet sieh auch eine Mergelbank, welche vollständig mit dem kleinen Thecidium Adamsi erfüllt ist. Ausser den bereits erwähnten Versteinerungen und den auch in den Pectensehiehten vorkommenden Pectenarten, namentlich dem P. Haueri und P. deletus, treten in den unteren Kalken an einigen Punkten, wie z. B. namentlich hinter dem Ft. Riceasoli in der Form von Steinkernen eine ansehnliche Anzahl anderer Conehylien auf. Die meisten der vorkommenden Arten sehliessen sieh an solehe der Gomberto- und Sangoninischiehten an oder stimmen auch mit solchen wirklieh überein, andere sind voll- kommen neu, wie z. B. einige riesige Conus- oder cassisartige Conehylien, deren Spira einen Durehmesser von 2*5" besitzt, und nur wenige bilden eine Annäherung an die mioeäne Fauna, unter denen namentlich die Turritella cathedralis hervorgehoben zu werden verdient. Um einen Begriff von dem Charakter dieser Fauna zu geben, mögen hier folgende Arten angeführt werden: Conus rfeperditus. Cassis elegans, sp. Uvula sp. (1" gross). Valuta modesta. Fusus Lugensis. elongatus. Pyrula cf. condita (klein). Mure.r cf. asper. 102 Fuchs. Tritönium sp. Pleurötomaria sp. (Fragment einer grossen Art). TurriteUa cathedralis. „ incisa ef. „ sp. nov. Panopaea sp. Pholadomya sp. Venus Aglaurae. „ Lugensis. Telliha cf. biangulata. Cärdium ten u icosta t u m . „ cf. porulosum. dir. sp. Corbis sp. (Fragment einer grossen Art). Cardita Laurae. Crassätella sp. (grosse Art). „ cf. negleetu. Pectunculus sp. Area div. sp. „ cf. Grum'ensis. Cucullaea sp. Spöndylus cf. cisalpinus. Pecten Hauer i. » deletus. '„ arcuatus. „ div. sp. Ostraea sp. 77; ^r /7//// »w A du m %i. Der untere Kalkstein wird in ganz ähnlicher Weise von den Atmosphärilien angegriffen wie der obere, und bildet so wie dieser Karrenfelder, dessen Höblungen von rother Karsterde ausgefüllt sind. I>as Alter der Tertiärschichten von Malta. 103 ANHANG. Die wichtigsten Nachrichten über die Geologie und Paläon- tologie von Malta sind in folgenden Arbeiten enthalten: 1843. T. Spratt. On the Geology of the Maltese Islands. (Proceed. Gcol. Soc. IV. puff. 22Ö.) — E. Forbes. Note on the fossils found by Lieut. Spratt in the several beds of the Tertiary Formation of Malta and Gozzo. (Proceed. Geol. Soc. IV. pag. 230.) — E. Forbes. Report on the collcctions of Tertiary Fossils from Malta and Gozzo. (Proceed. Geol. Soc. IV. pag. 232.) 1854. Earl of Ducie. Geological Chart of the Island of Malta, Valetta, by Ed. Goodenough. 1854. T. Spratt. On the Geology of Malta and Gozzo. Valetta 8°. 1855. Th. Wright. On Fossil Echinodermata from the Island of Malta with notes on the stratigraphical distribution of the Fossil Organismes in the Maltese beds. (Ann. Mag. Nat. ffist.pag. 101.) 1860. Gavina Gulia. The Geology of Malta. (Geologist pag. 421.) — Hutton. Fossiliferons Localities in Malta. [Geologist pag. 278.) 1862. T. Davidson. Palaeontological Notes. (Geologist pag. 446.) 1863. D. Macdonald. Description of a new Fossil Thecidium (Th. Adamsi) from the Miocene Beds of Malta. (Quart. Journ. Geol. Soc. pag. öl 7.) — L. Adams. Über fossile Elephanten aus Malta. (Journ. Roy. Dublin Soc.) 1864. L. Adams. Maltese Bone-Caves. (Geological Magaz. pag. 140.) Th. Davidson. On the recent and tertiary Species of the Genus Thecidium. (Ann. Mag. Nat. Hist. pag. 12.) — Th. Wright. On the Fossil Echinidae of Malta; with addi- tional notes on the Miocene-Beds of the Island, and the 104 F uchä. stratigraphical Distribution of the species therein by L. A. Adams. {Quart. Journ. Gcol. Soc. pag. 470.) 1864. M. Duncan. On the correlation of the miocene beds of the West Indian Islands, and the Synchronism of the Chert- Formation of Antigua with the towest limestone of Malta. (Geol. Mag. pag. 97.) — R. Jones. On the fossil Foraminifera of Malta and Gozzo. {Geologist pag. 133.) 1864. R. Jones. The relationship of certain West-Indian and Maltese Strata , as shown by some Orbitoides and other Foraminifera. (Geol. Mag. pag. 102.) — Th. Davidson. Description of the Brachiopoda of the Maltese Islands. (Ann. Mag. Nat. Hist. pag. 3.) 1865. M. Duncan. On the Corals of the Maltese Miocene. (Ann. Mag. Nat. Hist. pag. 273.) — L. Adams. History of the Discovery of the fossil Elephant of Malta, with a Description of the Fissure in which it was originally found. (Geol. Mag. II. pag. 488.) — L. Adams. Outline of the Geology of the Maltese Islands. (Ann. Mag. Nat. Hist. pag. 1.) 1866. L. Adams. Maltese Oavcs. Eeport on Mnaidra Cave. (Bep. Brit. Assoc. for 1863, pag. 237.) L. Adams. On bones of fossil Chelonians from the ossi- ferous Caves and Fissures of Malta. (Quart. Journ. Geol. Soc. XXII. pag. 394.) — L. Adams. On the discovery of remaius ofHalitherium in the miocene cleposit of Malta. (Quart. Journ. Geol. Soc. XXII. pag. 393.) — W. Hutton. Sketch of the physical Geology of Island of Malta. (Geol, Mag. pag. 143.) 1867. T. Spratt. On the Bone-Caves near Crendi, Zcbug and Mellihu in the Islands of Malta. {Quart. Journ. Geol. Soc. pag. 283.) L. Adams. Second Report on Maltese fossiliferous Caves. (Bep. Brit. Assoc. for 1860. pag. 438.) 1868. h. Falconer. Palaeontological memoirs and notes. (Lon- don 8". vol. II. Das Alter der Tertiärschichten von M.ua. 105 a. On the fossil Remains of Elephas Melitensis, an extinct pigmy species of Elephant and of other Mammalia etc. from the ossiferous Caves of Malta, (pag. 292.) b. Memorandum on the formet- connection bv Land of Sicily with Malta and Africa. {pag. 332.) L869. 6. Busk. Description of the remains ofthree extinct species of Elephant, collected by Cap Spratt in the ossiferous Caves of Zebbug- in the Island of Malta. {Trans. Zoo/. Soc. London, nag. 227.) — Parker, über Cygnus Falconneri. [Trans. Zoo/. Society. London, vag. H7.) 1870. Caruana. Flirther Discovery of the fossil Elephants of Malta. {Quart. Journ. Geol. Soc. pag. 434.) 1871. L. Adams. Notes of a Naturalist in the Nile Valley and Malta. (Edinburgh Edmonston and Douglas 8°.) 106 Über das Auftreten von Miocänscliichten vom Charakter der sarmatischen Stufe bei Syrakus. Von Th. Fuchs, Cuatoa am k. k. Hof- Mineralien- Kabinet. Die weitausgedehnten, mit steilen Wänden abstürzenden Plateaus, welche, soweit man zu blicken vermag*, das Land west- lich von Syrakus fast ausschliesslich zusammensetzen und an einigen Punkten eine Höhe von 600' erreichen, bestehen in ihrer ganzen Mächtigkeit von oben bis unten ausschliesslich aus mio- cänem Kalkstein, einem echten Leithakalk; wogegen die Plio- cänbildungen räumlich sehr zurücktreten, in der unmittelbaren Nähe von Syrakus nur längst der Küste in der Gestalt einzelner isolirter Felspartien vorkommen und eine etwas grössere Verbrei- tung nur im Thale des Anapo erreichen, wo sie den flach- hügeligen Thalgrund zum grössten Theile zusammensetzen, immer jedoch sich vollkommen discordant an die älteren mio- cänen Kalkplateaus anlagern. Der iniocäne Kalkstein bietet alle jene Abänderungen dar, welche der Leythakalk des Wiener Beckens zeigt, von den reinen Nulliporen-Kalken, wie sie in den grossen Latomien zu sehen sind, bis zu jenem weichen, weissen, tuffigen Gesteine, welches namentlich in den grossen Steinbrüchen von Fönte bianca gebrochen und unter dem Namen des „Syrakusaner Steines" weithin verfrachtet wird. Fossilien kommen in diesem Kalksteine nichtselten vor, und so findet man, namentlich in den Nulliporenkalken, allenthalben grosse, rasenförmige Korallen, Clypeaster, Echinolampas, Perlen latissimus, Spondjilus sp. und zahlreiche andere Conchylien von echtem Leythakalkhabitus. An zwei Punkten in der Nähe von Syrakus am „Plemyriuni" und bei den „Cappuccini" kommen jedoch als jüngstes Glied des Über das Auftreten von Miocänschichten vom Charakter etc. 107 miocänerj Kalksteines und von den pliocäncn Bildungen discor- dant überlagert, eigentümliche Schichten vor, welche sieh sowohl petrographisch als paläontologisch auf das Schärfste von dem gewöhnlichen Leythakalke unterscheiden und in so auffal- lender Weise mit den Ablagerungen der sarmatisclien Stufe übereinstimmen, dass an eine Identität mit denselben kaum gezweifelt werden kann. Die fraglichen Schichten, welche eine Mächtigkeit von über 10° erreichen, bestehen zum grössten Theile aus jenem eigentümlichen, feinen, blasigen Oolith, der in ganz Ungarn, in Russland und am Aralsee ein so charakteristisches Kennzeichen der sarmatisclien Stufe bildet, noch niemals in den Ablagerungen der Mediterranstufe gefunden wurde und auch in den Leythakalken der Umgebung von Syrakus nirgend anders vorkommt; in untergeordneter Weise aber aus einem weichen, weissen, zarttuffigen Kalkstein und aus Muschelbänken, welche vollkommen das Ansehen sarmatischer Muschel bänke zeigen. In einzelnen Lagen kommt auch noch parthienweise ein eigenthüm- licher, dichter Breccienkalk mit ausgezeichnet muschligem Bruche vor, welcher durch einen secnndären Umwandlungs- process aus den lockeren Gesteinsvarietäten hervorzugehen scheint. In paläontologischer Beziehung zeichnen sich diese Schichten dureli das vollständige Fehlen vonNulliporen, Korallen, Echino- dermen und den grossen schweren Leythakalkconchylien aus, von welchen Fossilien ich niemals auch nur eine Spur zu ent- decken vermochte, wogegen in ungeheurer Individuenanzahl und zu vollständigen selbstständigen Schichten angehäuft eine Anzahl Conchylien vorkommen, welche ich von der Mactra podolica . Tapes gregaria, Cardium obsoletum, Ervilia podolica, Doua.v lucida, Modiola Volhynica, M. märginata, Bulla Lajon- kaireana, Cerithium rubiginosum und Trochus pictus der sarma- tisclien Schichten nicht zu unterscheiden vermag. Neben diesen Conchylien finden sich noch, ebenfalls in grosser Menge auftretend, einige Arten von Cardium, Cerithium und Buccinum, welche den sarmatisclien Ablagerungen des Wiener Beckens fremd sind, dagegen mit solchen aus dem russischen Steppenkalke über- einzustimmen scheinen. 108 F u c h s. In der oberen Hälfte des in Kode stehenden Schichtencom- plcxes, der namentlich am Plemyrium mächtig entwickelt ist, treten die vorerwähnten Conchylien ausschliesslich auf, und sind es daher diese Schichten, welche den Charakter der sarmatischen Ablagerungen am reinsten und auffallendsten zeigen. In der unteren Hälfte dagegen, welche vorzugsweise bei den Cappuccini entwickelt ist, treten in Gesellschaft derselben auch einige andere marine Conchylien auf, welche den sarmatischen Schich- ten sonst fremd sind und unter denen namentlich Lucina colum- bella, Vpnus multilamella, Trochus patulus in grosser Menge vor- kommen. Auch diesen Schichten fehlen jedoch Nulliporen, Korallen, Echinodermen noch vollständig. Bei den Cappuccini ist der sarmatische Schichtenconiplex durch den Eisenbahneinschnitt, durch einige Steinbrüche und durch die Abstürze am Meere in seiner ganzen Mächtigkeit auf- geschlossen und Schichte für Schichte zu verfolgen. Er wird auf der einen Seite durch eine Verwerfungskluft gegen den Nulli- porenkalk und auf der anderen durch eine ebensolche gegen den plioeänen Bryozoenkalk abgegrenzt; doch wird er auch von einigen kleinen Partien von Pliocän überlagert, welches ausser- dem in alle Risse und Klüfte des Gesteins eindringt und selbst zahlreiche Gerolle von sarmatischem Kalkstein umschliesst. Die Schichtenfolge der sarmatischen Ablagerung ist hier von oben bis hinab zum Meeresspiegel folgende : 3° Oolitbischer Kalkstein mit Muschelbänken, wechselnd mit Lagen eines grünlichen schiefrigen Mergelkalkes voll zer- drückter Bivalven: Tapes gregaria, Mactra podolica, Ervilia podolica, Dona.v lucida, Cardium obsolet tun, Card! tun sp.} Modiola Völhynica, Trochus piettts, Cerithium rubiginosum. Cerithium sp. rf. nodoso-plicatum, Bulla Lajonkaireana, Rissoa sp. 4° Weisser, grusiger Kalkstein mit eingestreuten oolithischejti Bläschen, mitunter auch feinoolithisches Gestein mit wenig Conchylien, Die obersten Lagen, 5' tief in dichten Breccien] kalk umgewandelt, darunter der Kalk ebenfalls breccien- artig zerklüftet jedoch nicht dicht: Cardium sp., gross! Muschel, ähnlich einer Cytherea Pedemontana. Über das Auftreten von Miocänschichten etc. 10!> 2° Blasiger Ooolith mit zahlreichen Conchylien : Lucin columbetta, hh. Cardium sp.hh., Trochuspatulushh. Venus muUilamellata h., Pecten aduncus, Cardifa cf. Jouanneti Dona.c lucida, Bulla Lajonkaireana, Turritellabicarinata, Cerithium cf. nodoso-plicatum. 2' Muschelkalk, fast nur aus kleinen Muscheln bestellend. 1 ° Weisser, scharfer sandiger Kalkstein voll kleiner Con- chylien. 3' Oolithischer Kalkstein mit wenig Conchylien. ."> ' Dichter Breccienkalk, stellenweise oolithisch, mit wenig Conchylien: Lucina columbetta. 1 ' 6" Harte Mergelplatten voll Modiola Volhynica und mar- ginata. 1° 1' Oolithischer Kalk voll Conchylien: Lucina columbetta hh., Cardium sp. hh., Trochus patulus h., Venus multi- lämellata, Teilina pfanata, Mactra podolica, Pecfunculus, Pecten Bessert und aduncus Ostrea. 3 ' Oolithischer Breccienkalk. 4 ' Oolithischer Kalkstein mit vielen Foraminiferen ohne Conchylien. .') ' Mergeliger, oolithischer Breccienkalk voll kleiner Con- chylien. 2 ' Grusig mergeliger Kalkstein mit Lucina, colnmbella, Cardium, Venus, Ostrea. 1 10 Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu-Guinea und den Inseln der Geelvinksbai. (Fünfte Mittheilung.) Von Dr. Adolf Bernhard Meyer. Melirrhophetes x n. g. Schnabel von Kopfeslänge oder länger, schwach gebogen. Nasenlöcher linear in einer länglichen Furche gelegen. Kopf- seilen nackt. Am Mundwinkel eine lange nackte Hautfalte und an der Kehle zwischen und hinter den U n t e r- i kieferwinkeln zwei grössere, warzige Hautlappen. »Schwanz massig lang, wenig abgerundet. Flügel länglich, erste Schwinge halb so lang wie die zweite, die fünfte am längsten. Tarsen massig. Diese neue zu den Meliphagiden gehörige Gat- tung unterscheidet sich von Melidectes Sei.2 hauptsächlich durch die Kartinkeln an der Kehle; von Atdhochaeru Vig. Hors. — in dem Sinne wie Cabanis diese Gattung begrenzt hat3 — , abgesehen von Anderem, durch die nackten Kopfseiten und den Sitz der Karunkeln , welche sich bei Anthochaera an der Ohr- gegend befinden. Melirrhophetes leucostephes n. sp. Federn der Stirn, der Nase, des Unterkieferschenkels, der Gurgel und diejenigen, welche die nackte Augenhaut nach hin- ten, oben und unten begrenzen, weiss. Kinn, Kehle, Ober- und Hinterkopf, Nacken, Ohrgegend und ein Streif, welcher die ki ?eii l>.Cu, Honig und (Soye'co schlürfen. Proc. Zool. Soc. 1873. S. 6Ü4. Mus. Hein. I. S. 120. Über neue u. angenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 1 1 1 nackte Außenhaut nach vorn begrenzt und sich oben mit den Kopffedern, unten mit den Ohrfedern vereint, schwarz. Nackte Augenhaut nnd verlängerte Hautfalte am Mundwinkel gelblich. Karunkeln der Kehle orange. Kücken bräunlich, die Federn des Oberrückens mit Weiss und Bräünlichweiss gesäumt. Unterseite schwärzlich, auf der Brust einzelne weisse Flecke, auf Bauch und Unterleib die meisten Federn mit weisslichen und hell- bräunlichen Endflecken. Schwingen- Oberseite bräunlich mit lebhaft olivenfarbenen Rändern an den Aussenfahnen; Unter- seite graulich mit hell bräunlichen Säumen an dem Basaltheil der Innenfahnen. Untere Flügeldeckfedern schwärzlich und hellbraun melirt. Schwanz-Oberseite bräunlich, mit etwas helleren Rän- dern an den Aussenfahnen, Unterseite grau. Schnabel blaugrau mit hellerer Spitze. F ü s s e und Krallen schwärzlichgrau mit helleren Fussohlen. Fundort: Hattam, auf dem Arfakgebirge im Nordwesten Neu-Guinea's circa 3500' hoch, Juli 1873. Ich erbeutete nur ein Männchen. Masse: Totallänge 270 Mm. Flügellänge 130 r Schwanzlänge circa 120 „ Schnabel von der Stirn .... 38 „ Tarsen 35 « Melirrhophetes ocJiromelas n. sp. Kopf schwarz, nur ein schmaler Augenbrauenstreif und die Enden der Ohrfedern bräunlich. Nackte Augenhaut und ver- längerte Hautfalte am Mundwinkel gelblich. Karunkeln der Kehle Orangeroth. Oberseite bräunlich; die Federn des Ober- rückens mit Weiss gesäumt; Unterseite schwärzlich, nur auf dem Unterleib einige weisse Säume. Schwingen wie bei Me- lirrhophetes leueostephes, nur dass die Ränder der Aussenfahnen gesättigter, mehr ockerfarbig sind. Schwanz ebenfalls wie bei leueostephes, nur die Ränder der Aussenfahnen lebhaft gelblich gefärbt. Schnabel blaugrau mit hellerer Spitze. Füsse gelblich- fleischfarben. Krallen dunkler. 112 Meyer. Fundort: Hattam, auf dem Arfakgebirge N e u - G u i n e a 's, circa 3500' hoch, Juli 1873. Ich erbeutete nur ein Männchen dieser Art. Masse: Totallänge 255 Mm. Flügellänge 130 „ Schwanzlänge circa 125 „ Schnabel von der Stirn .... 34 „ Tarsen 32 „ M. ochromelas steht M. leucostephes nahe, unterscheidet sich jedoch von ihr durch den Mangel des Weiss am Kopfe und auf der Unterseite (bis auf Spuren), durch den kleineren Schna- bel, die hellgefärbten Füsse, kleinere und tiefer orangegefärbte Karunkeln an der Kehle, lebhaftere Färbung der Aussenfalmen- ränder der Schwingen, u. a. m. Dennoch würde ich dem Gedanken Kaum geben können, dass in diesen zwei Vögeln die beiden Geschlechter einer Art vorliegen, wenn nicht beide an Ort und Stelle von mir als Männ- chen ausgezeichnet Avorden wären, und dieser Umstand der Deutung der in die Augen springenden beträchtlichen Unter- schiede eine weitere Begründung gäbe. Xanthotis poikilosternos n. sp. Oberseite olivengrün, am Kopfe mit Grau melirt, am Nacken mit Weiss, auf dem Rücken mit Schwarz und Gelblichweiss, der- art, dass jede Feder mit Grün gesäumt ist und an ihrer Spitze eine schmale weissliche Binde trägt. Unterseite weiss: an der Kehle ins Graue ziehend, die Federn der Gurgelgegend mit schmalen schwarzen Schaftstrichen und gelben Säumen, die der Brust und des Bauches mit schwarzen Flecken gegen die Spitze zu, welche aber gelblichweiss ist, so dass die Unterseite des Vogels in ihrer Totalität gefleckt aussieht. Körperseiten gelb- lichgrau. Schwingen - Oberseite graubräunlich, Aussenfahnen lebhaft gelb; Unterseite grau, Basaltheil der Tnnenfahnen cha- mois. Untere Flügeldeckfedern gegen den Flügelrand zu gelb, nach innen weiss. Schwanz-Oberseite bräunlich, die Säume der Ausscnfahnen gelblich; Unterseite grau. Ohrbüschel lebhaft gelb. Nackte Augenhaut röthlieh, Tris braun. Schnabel, Füsse und Krallen schwarz. Über neue u. ungenügend bekannte Vogel v. Neu- Guinea etc. 1 13 Fundort: Andei, am Fusse des Arfakgebirges im Nord westen von Neu- Guinea, Juli 1873. Ich erbeutete nur ein Männchen dieser Art. Masse: Totallänge 175 Mm. Flügellänge 81 „ Sehwanzlänge 70 „ Schnabel von der Stirn .... 20 „ Xanthotis poikilosternos erinnert in der allgemeinen Fär- bung etwas an Ptilotis Cockerelli Gould1 von Nord- Australien, und, was den Totalanblick anlangt, auch an Zanthomyza phrygia (Lath.)2 von Süd-Australien; sie hat mit Xanthotis chrysotis (Lesson) von Neu-Guinea '• die nackte Augenhaut gemein. TropidorTvynchus joMensis n. sp. Von Tropidorhynchus Novae Guineae Müller & Schi, des Festlandes unterschieden durch den Mangel der Erhö- hung an der Schnabelbasis — es ist nur eine leichte Andeutung davon vorhanden — und durch die Kahlheit des Oberkopfes. Während bei Tr. Novae Guineae die Federn des Kopfes bis an den Schnabel reichen, bedecken sie bei derauf der Insel Jobi diese Art vertretenden Form lediglich den Hinterkopf, und der Oberkopf ist nur mit schwarzen Borsten versehen. Sonst gleicht Tr. jobiensis der Festlandsform. Es ist bemerkenswerth, dass bei jüngeren Exemplaren die Befiederung des Kopfes weiter nach vorn reicht, und dass (wie bei Tr. Novae Guineae) die Bänder der Aussenfahnen an den Schwingen zweiter und dritter Ordnung und an einem Theile der Flügeldecken olivenfarben sind. Auch ist die Farbe der Fasse nicht schwarz, sondern bräunlich. Masse des Erwachsenen : Totallänge circa 315 Mm. Flügellänge 165 , Schwanzlänge circa 135 „ Schnabel von der Stirn 43 ,, i ßirds of Austr. Suppl. 43. 2 Gould 1. c. IV. 48. s Voy. Coq. t. 21t»'s Sitzt), d. mathem.-miturw. Cl. LXX. Bd. I. Abtb. 114 Meyer. Es variirt die Schnabellänge etwas je nach dem Alter. Fundort: Insel Jobi im Norden der Geelvinksbai (Ansus), April 1873. Tropidorhynchus Novae Guineae Müller & Schi. Tropidorhynchus marginatus G. R. Gray von Weigeü ' gehört unter diese Art. Graj' sagt: „this species differs from Tropidorhynchus Novae Guineae in having olivaceous margins to the quills." Allein von den elf von mir auf Neu-Guinea er- legten Exemplaren weisen fünf diesen Charaeter auf, sechs nicht, und zwar ist derselbe bei ersteren gepaart mit einer mehr oder weniger ausgeprägten gelbbraunen Färbung der Gurgelgegend und mit mehr oder weniger vorhandenen weissen Säumen an den Mantelfedern, die den Rücken zum Theil weiss gestreift erscheinen lassen. Bei einem Exemplare, welches alle drei Merk- male besonders ausgesprochen zeigt, ist auch die Erhöhung an der Schnabelbasis noch nicht voll ausgebildet, so dass ich um so weniger anstehe, alle diese Merkmale dem Jugendkleide zu vin- diciren. Es sind auch diese jüngeren Vögel zusammen mit den älteren erlegt worden. F u n d o r t : K e u - G u i n e a : R u b i, Südspitze der Geelvinks- bai, Mai 1873; Inwiorage, Passim, Waweji an der West- küste derselben, Mai und Juni 1873; Dore, März 1873. Ich glaube, dass Tropidorhynchus mitrat us Müller eben- falls zu dieser Art (Novae GuineaeJ gehört und nicht, wie Sclater2 vermuthet, zu buceroidcs Gould, indem Müller bei der Beschreibung von Tropidorhynchus Novae Guineae3 ein jün- geres Exemplar vorgelegen zu haben scheint, bei dem der Knopf an der Schnabelbasis noch nicht ganz ausgebildet war. Der von G. R. Gray4 bei Tropidorhynchus plumiyenis von den Kei-Inseln neben anderen augeführte Unterscbeidungs- character dieser Art von TV. Novae Guineae: „the ends of the tail feathers are margined with brownish white", ist nicht als 1 Proc. Zool. Soc. 1861. S. 429. « Jouru. of the Proc. Linn. Soc. Zool. II. 1858. S. 158. :; Will, overz. bez. Land en Volkenk. S. 153. * Proc. Zool. Soc. 1858. S. 174. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Giiinea etc. 115 solcher anzuseilen, indem einige meiner Exemplare von ZV. Novae Guineae dieses auch aufweisen. Zosterops alMventer minor n. var. Ich erbeutete auf der Insel Jobi, im Norden der Geelvinks- bai, im April 1873 ein Exemplar (Weibchen) einer Zosterops, welches in der Färbung Zosterops albiventer (Hombr. & J.) 1 von der Warrior - Insel im »Süden Neu-Guinea's vollkommen gleicht, aber in allen Dimensionen kleiner ist; '/.. albiv. nach H. & J. 2 Z. alb. minor Totallänge 124 Mm. 105 Mm. Flügellänge — ,. 55 ,, Schwanzlänge 4.') ,. 38 ,. Schnabel von der Stirn . 12 „ 101 /., ,. Tarsen 3 5,, 12 „ Auf der citirten Abbildung in der Voy. au pole sud geht das Gelb des Halses weiter auf die Brust hinunter, als bei der mir von der Insel Jobi vorliegenden Form, allein der citirten Beschreibung nach soll es sich auch nur bis auf die „partie an- terieure du cou:' erstrecken. Die Zügelgegend ist bei der Jobi- Form schwärzlich. Diese scheint einerseits Z. westernensis (Q. & G.) von West-Australien 3 nicht fern zu stehen, und erinnert anderseits lebhaft an Z. madagascariemis (L.) von Madagascar; doch ausser anderen Unterschieden ist bei Z. albiventer minor das Gelb, besonders der Gurgelgegend, gesättigter und die Unterseite rein weiss (auch fehlt der weisse Augenring; er ist nur ganz leise angedeutet). Hartlaub* betrachtet es als rein zufällig, dass auf Neu- Guinea selbst noch keine Zosterops- Art beobachtet worden ist, und vielleicht mit Recht. Auch ich erbeutete dort keine, wohl aber auf den Inseln im Korden: Jobi und Mysore. ! Voy. pole sud S. 95, Taf. 19. Fig. 3. 2 L. c. S. 96. 8 Voy. Astrol. t. 11. hg. 4. S. 215. 4 Journ. f. Orn. 1805, p. 4. 8* 116 Meyer. Zosterops mysorensis n. sp. Oberseite olivenfarbig, nur auf dem Bürzel etwas inten- siver. Unterseite weiss, nur auf den oberen Theilen der Brust graulich; die unteren Schwanzdeckfedern weisslichgelb. Hals- seiten und Wangen graulich. Zügelgegend schwärzlich. Schwin- gen schwärzlich mit brillant olivgrünen Bändern an den Aussen- fahnen und weissen an den Innenfahnen. Flügelrand gelblich. Untere Flügeldeckfedern weiss mit etwas Hellgelb untermischt. Schwanzoberseite schwärzlich mit olivgrünen Rändern an den Aussenfahnen. Schwanzunterseite grau. Schnabel schwarz, Basis des Unterkiefers heller. Füsse und Krallen schwarz. Geschlechter gleich. Fundort: Insel Mysore im Norden Neu-Guinea's, (Kordo) April 1873. Masse: Totallänge 115 Mm. Schwanzlänge 39 „ Flügellänge 62 „ Schnabellänge von der Stirn . . II1 ., ,. „ vom vorderen Rande des Nasenloches 8 „ Auch dieser Art fehlt wie der vorhergehenden der weisse Augenkreis. Kinn und Kehle sind ganz weiss, wodurch sie sich auf den ersten Blick von der Jobi-Form unterscheidet, ausser- dem ist letztere viel intensiver grüngelb auf der Oberseite. Auch bei der Form von Mysore ist die Stirn nicht anders gefärbt wie der ganze Kopf. Geryyone affinis n. sp. Männchen: Oberseite graubraun, auf dem Unterrücken und Bürzel ins Gelblichbraune ziehend. Unterseite weiss, mehr oder weniger mit Graubraun verwaschen. Auge weiss umsäumt; Nasenfedern etwas heller. Schwingenoberseite bräunlich, die Ränder der Aussenfahnen olivengrünlich; Unterseite mehr ins Graue ziehend; Basaltheil der Innenfahnen an den Rändern Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 11 < weiss. Untere Fitigeldeckfedern weiss. Schwanzoberseite braun, Aussenfahnen der mittleren Federn schwach olivenfarbig ge- säumt; gegen die Spitze zu eine dunklere Binde. An den Aussen- fahnen der Spitze zu ein weisslicher Fleck. Unterseite heller, mehr ins Graue ziehend. Schnabel, Fiisse und Krallen schwarz. Weibchen (juv.?): Wie das Männchen, nur das Weiss der Unterseite mehr oder weniger gelblich verwaschen, die Basis des Unterschnabels und der Oberkieferränder gelblichweiss und die Augen nicht weiss, sondern gelblich umsäumt. Fundort: Neu-Guinea (Passim, Rubi, an der West- küste der Geelvinksbai) Mai, Juni 1873 und Jobi (A-nsus) April 1873. Masse: Totallänge circa 110 Mm. Flügellänge ......... 59 „ Schwanzlänge circa 45 „ Schnabellänge von der Stirn . . 10 ,. Die Exemplare von Jobi stimmen vollkommen mit denen von Neu-Guinea überein, und zwar besitze ich ein Paar (Männ- chen und Weibchen) von Neu-Guinea, und ein Männchen und zwei Weibchen von Jobi. Da die drei Weibchen alle eine hellere Unterschnabelbasis haben, während der Schnabel der zwei Männchen ganz schwarz ist, so handelt es sich vielleicht um noch nicht ausgefärbte Individuen. Auffallend aber bliebe dann die gelbliche Färbung der Unterseite, welche beim ausgefärbten Männchen nicht vorhanden ist. Möglicherweise also liegen hier zwei Arten oder zwei Varietäten einer Art vor, von denen ich von der einen nur die Männchen, von der andern nur die Weib- chen erbeutete, die aber beide sowohl auf Neu-Guinea als auch auf Jobi vertreten sind. Bei dem ungenügenden Material von fünf Exemplaren ist diese Frage nicht zu entscheiden, und ich habe daher diese Vögel vorläufig unter gemeinsamen Namen aufgeführt, mit um so viel mehr Recht, wie ich glaube, da sie überhaupt einer Reihe verwandter Formen sehr nahe stehen von denen sie sich nur unwesentlich unterscheiden, von denen jedoch eine, unter welche sie zu subsumiren wären, aus- zuwählen, nicht geboten schien. 118 Meyer. Am nächsten stehen die Männchen Gerygone magnirostris G o u 1 (1 von Nord- Aus tr alieb (Port Essington)1, unterscheiden sich jedoch von derselben durch den ganz schwarzen Schnabel, durch das Fehlen der hellen Binde am Schwanzende und durch die lebhaftere Farbe des Unterriickens und Bürzels. Die Weib- chen haben dagegen mit magnirostris die helle Unterschnabel- basis gemein, aber das Weibchen dieser Art zeigt Nichts von gelber Färbung auf der Unterseite. Von Gerygone inornata Wal- lace von Timor2 unterscheiden sich die Männchen der neuen Art durch die dunkle Schwanzbasis, durch die nicht schwarze, sondern dunkelbraune Schwanzbinde, durch die olivenfarbenen Schwingenränder und durch den Mangel der breiten weissen Schwanzspitzen ; die Weibchen ausserdem durch das Gelb der Unterseite. Gerygone simplex Gab. von Luzon3 wurde von ihrem Autor G. inornata Wall, sehr nahe gestellt und nur durch den stärkeren und breiteren Schnabel und den anders gezeich- neten Schwanz unterschieden. Letzterer scheint mit demjenigen von G. affinis übereinzustimmen, abgesehen von der weisslichen Basis, welche Cabanis zwar nicht erwähnt, aber welche man voraussetzen muss, da G. inornata Wall, sie besitzt, und Caba- nis seine Art dieser anschliesst, indem er die Unterschiede der zwei aufführt, dieses Umstandes aber nicht erwähnt; aber es bleiben dann immer noch die anderen Unterschiede, welche sim- p/e.r gemeinsam mit inornata von affinis aufweist. Auch Gery- gone chrysogaster Gr. R. G r a y * von Am, M y s o 1 und We i g e ü s steht G. affinis nicht fern, hat jedoch Kehle und Brust weiss, die übrige Unterseite hellgelb, während das Männchen von affinis ganz weiss ist auf der Unterseite und das Weibchen ganz weiss- lichgelb verwaschen0; ausserdem besitzt letzteres nicht die hell- braunen Zügel, Ohrfedern und Halsseiten, wenigstens ist der Unterschied in der Färbung dieser Theile von der ganzen Ober- i Birds of Austr. II. 100. » Proc. Zool. Soc. 1863. S. 490. s Journ. f. Orn. 1872. S. 316. * Proc. Zool. Soc. 1858. S. 174. s Gray Handlist I. S. 219. 6 Nur das eine weibliche Exemplar von Neu-Guinea scheint wenig oder kein Gelb auf der Kehle zu haben. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 119 seitc nicht erheblich genug, um desselben besonders Erwähnung thiin zu müssen, wie es bei chrysogaster nothwendig zu sein schien. Sonst aber ist Gray 's Beschreibung zu kurz, um über andere Ähnlichkeiten und Unterschiede urtheilen zu können. Gerygone neglecta Wallace von Mysol und Weigeü1 endlich ist reich olivengrtin auf der Oberseite, während sie sonst mit G. affinis ziemlich gut übereinstimmt. Ersl wenn von all' den genannten Arten grössere Serien mit allen Geschlechts- und Altersstufen vorliegen werden, ist man im Stande, über die Identität und den Zusammenhang der- selben mit Sicherheit zu entscheiden. Gerygone maforensis n. sp. Kopf und Nacken grau mit wenig Grün untermischt; Rücken, Bürzel- und obere Schwanzdeckfedern olivengrünlich. Ganze Unterseite weisslichgelb. Körperseiten grünlichgrau. Schwingen- oberseite graubräunlich, Ränder der Aussenfahnen lebhaft gelb- lichgrün; obere Flügeldeckfedern ebenso gesäumt. Unterseite der Schwingen grau; Basaltheil der Innenfahnen weiss ; Flügel- ränder und untere Flügeldeckfedern gelblich. Oberseite der Schwanzfedern graubräunlich, die mittleren schwach oliven- farbig gerandet. Schwanzunterseite etwas heller. Oberschnabel hellbräunlich, heller an der Spitze. Unter- schnabel hellgelblich. Füsse schwärzlich, Krallen heller. Fundort: Mafoor, Insel der Geelvinksbai, im Norden Neu-Guinea's, März 1873. Masse: Totallänge circa 100 Mm. Schwanz , 34 „ Flügel 54 „ Schnabel von der Stirn . . . 101 2 „ Es liegt mir nur ein Weibchen dieser Art vor, welche sich von Gerygone neglecta Wallace, von W e i g e ü und M y s o 1 2 durch den grauen Kopf und Nacken und die weniger lebhaft gefärbte Oberseite unterscheidet, sowie dadurch, dass das Gelb ' Proc. Zool. Soc. 1865. S. 17."). 2 L. c. 120 Meyer. der Unterseite überall gleich schwach und nicht auf dem Bauche am tiefsten ist; von Gerygone chloronota Gould ! ebenfalls durch die weniger lebhaft gefärbte Oberseite und durch die überall mit Gelb verwaschene (und nicht in der Mitte weisse) Unterseite. Dicaeum geelrinkiaiuun n. sp. Auf den Inseln der Geelvinksbai: Jobi, Mysore und Mafoor kommen Formen eines Dicaeum vor, welche zwar unter sich ein wenig je nach dem Fundort variiren, welche ich jedoch vorläufig unter dem Namen: D. geelvinkianum zusammen- fasse, da sie sich alle drei von D. pectorale M. & S. vom Fest- lande durch das Roth an Stirn, Oberkopf und Bürzel unterschei- den, während sie sonst und in der Grösse jener Art im Allge- meinen gleichen. Exemplare von Mafoor (es liegen mir drei im März 1873 dort erlegte Männchen vor, die sich untereinander vollkommen gleichen) haben eine olivenfarbene Oberseite, braunrothe Stirn, Oberkopf und Bürzel, und der Brustfleck ist gross und brennend roth. Exemplare von Mysore (drei im März 1873 untereinander vollkommen gleiche Männchen) haben eine mehr graue Ober- seite, den Kopf ebenso gefärbt wie Exemplare von Mafoor, aber den Bürzel etwas lebhafter roth; der Brustfleck ist klein und dunkler roth. Auf Jobi endlich, wo ich im April 1873 ein Männchen und ein Weibchen erbeutete, ist die Oberseite etwas bläulich metal- lisch glänzend, Oberkopf, Stirn und Bürzel schön hochroth und der Brustfleck von mittlerer Grösse und von gleicher Farbe wie Kopf und Bürzel. Das Weibchen einfarbig grünlichgrau oben, hellgrau mit grünlichem Stich unten, der Bauch ins Gelblich- weisse ziehend. Masse: Jobi Mysore Mafoor in Millimeter n Totallänge 87 87 90 Fitigellänge 49 52 50 Schwanzlänge 25 28 29 Schnabel von der Stirn . . i»1 g S1/^ 81 2 -' Bilds of Austr. II. 102. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 1-1 An der Hand meines nur zu einer Jahreszeit erbeuteten Materiales bin ich nicht in der Lage zu entscheiden, ob diese Differenzen je nach dem anderen Fundorte (-(instante sind, jedoeh vennutlie ich es. Sollte sieh dieses im Laute der Zeit herausstellen, so läge ein nicht uninteressantes Beispiel vor von der verschiedenen Abänderung einer und derselben Grundform auf verschiedenen altgeschlossenen Gebieten, wie es Inseln sind. Will man hier einen causalen Zusammenhang zulassen, d. h. will man nicht auf jede Erklärung verzichten, so muss man doch zu- gestehen, dass die Gründe einer solchen Abänderung und der Vorgang bei derselben noch gänzlich unbekannt sind. TMcaeivm pect orale Müller & Schi. Müller & Schlegel sagen1, dass sieh diese Art von Dicaeum erythrothorax Less. ausser durch andere Umstände auch dadurch unterscheide, dass ihr das Roth auf dem Schwänze fehle („door het gemis van rood boven den staart"). Nun besitzt aber D. erythrothorax Less. von Buru 2 gar kein Roth auf dem Schwänze: „la queue est brun noir, tres-courte et en partie re- couverte par les plumes uropygiales jaunes", und vorher heisst es, dass der Bürzel ,.jaune olive" sei. So ist es aber auch bei D. pectorale von Neu-Guinea, und darin unterscheiden sich also diese zwei Arten nicht. Wohl aber durch die Farbe des Kopfes und andere Umstände, wie aus einer Vergleichung der Müller & Schlegel 'sehen Beschreibung (oder meiner Exemplare) mit der Abbildung und Beschreibung- Lesson's hervorgeht. Es sind also D. pectorale und D. erythrothorax speeifisch zu trennen3, in demselben Sinne, wie man überhaupt die einander nahestehen- den, aber doch unterschiedenen Formen dieser Inselwelt von einander trennt, und zwar ist D. pectorale auf Neu-Guinea und D. erythrothorax auf Buru zu Hause. i Verh. Overz. bez. Land- en Volkk. S. 162. a Voy. Coq. t. 30. fig. 1 u. 2. S. 672 u. (373. y Sollte nicht Dicaeum schistaeeieeps G. R. Gray von Batjan und Haiinahera (Proc. Zool. teoc. 1860. S. 34'Jj identisch sein mit Dicaeum erythrothorax Lesson von Buru ? 1 22 M e y e r. G. R Gray1 führt erythrothorax von Neu-Guinea auf und setzt als synonym pectoralis M. & S. mit einem ? darunter. Sclater2 gibt als Synonym von 1). pectorale D. erythrothorax Less. Fig. 1 mit einem ?. Beiden Auffassungen kann ich mich aus obigen Gründen nicht anschliessend Gray4 hat. ausserdem D. vulner at um Wall, von Buru und Ceram aufgeführt, während Wallace5 als Heimath von D. erythrothorax Buru nennt und D. vulneratum von Ceram neu beschreibt. Das Weibchen von D. pectorale, welches Müller & Schlegel nicht beschrieben haben, erbeutete auch ich nicht. Ein junges Männchen hat die Oberseite weniger lebhaft oliven- grün gefärbt, und ist mehr gelblichgrau, und die Unterseite ist ganz grau, auf der Brust etwas ins Gelbliche, auf dem Bauche ins Weissliche ziehend. Fundorte: Neu- Guinea: Passim, an der Westküste der Geelvinksbai, Juni 1873; Dore, Juli 1873. CItalcostetha aspasia (Less.) et stirps geelvwik&ana. Die Exemplare von den Inseln der Geelvinksbai zeigen je nach der Localität leichte Unterschiede von der Festlands-Fonn, deretwegen ich dieselben jedoch nicht als Arten abtrennen möchte, sondern ihnen höchstens den Werth von Varietäten zuerkennen kann. Da diese kleineren Unterschiede jedoch von Interesse sind, wenn wir uns auch hinsichtlich ihrer Entstehung noch im Dunkeln bewegen, so erlaube ich mir besonders auf dieselben aufmerksam zu machen. Fundorte auf Neu-Guinea: llubi, an der Südspitze der Geelvinksbai, Mai 1873; Nappan an der Westküste derselben, Mai 1873; Andei, am Fasse des Arfak- Gebirges, Juli 1873. ' Handlist I. S. 115. 2 J. ofthe Proc. Linn. Soc. Zool. 1868. S. 1">7. a Auch Reichenbach. (Spec. Orn. Tenuirostres S. 241) führt Neu- guinea als Fundort auf; mit welchem Rechte ist nicht ersichtlich. 4 L. c. •• Proc. Zool. Soc. 1863. S. 16. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Nen-Guinea etc. 123 Vur. maforensis. Fundort: Insel Mafoor, März 1873. Die Exemplare dieser kleinen Insel, welche nur circa einen halben Grad von Neu-Guinea entfernt liegt, haben statt des goldgrünen, metallisch schimmernden Oberkopfes einen tief goldenen, von noch gesättigterer Farbe als Chalcostetha aurieeps (G. R. Gray) von Balmahera und Ch. porphyrolaema (Wall.) von Celebes l. Ferner hat der Metallschimmer der Oberseite mehr einen Stich ins Blaue, ist nicht so ausgesprochen grün, wie bei aspasia, endlich reichen die blauen Metallplatten der Gurgelgegend tiefer herab und scheinen nicht so scharf abgeschnitten. 1 Waiden (Ibis 1870, S. 46) sagt von Chalcostheta aurieeps (G. K. Gray): „This species is to be readily distinguished from the four last" — aspasia, aspatiioides, porphyrolaema u. proserpina — „by the top of the head being bright golden green, otherwise it is closely allied." Aber Wallace iProc. Zool. Soc. 1865. S. 479) sagt von porphyrolaema :„ Crown golden green", und in der That gleichen sich die Metallplatten des Kopfes von Ch. aurieeps und porphyrolaema vollkommen, wie meine auf Halmaheia und Celebes erlegten Exemplare zeigen, dagegen unterscheiden sie sich be- kanntlich durch die verschieden gefärbte Kehle. Allein es ist vielleicht mehr angezeigt, diese zwei Formen als Local- Varietäten aspasia anzu- schliessen (von aspasioides sagt Waiden: „a species doubtfully seperable from Ch. aspasiau), oder aber man müsste dann, um consequent zu sein, von den im Text beschriebenen drei Varietäten der Inseln der Geelvinks- bai wenigstens diejenige von Mafoor als besondere „Art" und nicht als „Varietät" von aspasia betrachten, wozu ich mich nicht entschliessen kann. Lägen von jeder der Localitäten: Celebes, Halmahera, Neu-Guinea, Jobi, Mafoor, Mysore nur je ein Exemplar vor, so könnte man die Diffe- renzen als „individuelle" Unterschiede registriren ; da aber die von mir erbeuteten Serien den Einwand ausschliessen, dass diese Unterschiede nicht constant seien, so handelt es sich hier nicht mehr um „individuelle" Unterschiede im engeren Sinne, sondern um constante Unterschiede, welche an derLocalität haften. Wann aber solche bedeutend genug sind, um aus principiellen oder praktischen Gründen der Form den Character einer Art zuzuertheilen oder den einer Varietät, oder nicht einmal diesen, das liegt bis jetzt leider noch zu sehr in dem Ermessen jedes einzelnen Betrachters, als in allgemein anerkannten, und den natürlichen That- bestand wirklich umfassenden Normen. 124 Meyer. Var. mysorensis. Fundort: Insel Mysore (Kordo) März 1873. Hier ist der Oberkopf wiederum noch mehr ins Grüne zie- hend (weniger goldig-) wie bei aspasia, dagegen ist der Metall- schimmer der Körperoberseite, wie bei der Form von Mafoor, etwas ins Blaue ziehend, die Metallplatten der Gurgelgegend aber haben einen ausgesprochen violetten »Schimmer und reichen bei ausgefärbten Exemplaren ebenfalls etwas weiter herab als bei aspasia, auch sind sie weniger scharf abgeschnitten. Der Schnabel scheint etwas grösser zu sein wie bei allen anderen Formen, überhaupt der ganze Vogel ein wenig robuster. Var. jobiensis. Fundort: Insel Jobi (Ansus), April 187.'). Die Exemplare dieser Insel gleichen vollkommen denen von Mysore, nur dass die Metallplatten der Gurgelgegend nicht so weit herabreichen und scharf abgegrenzt sind wie bei aspasia vom Festland Neu-Guinea's. Die Weibchen aller dieser Formen unterscheiden sich in Nichts von einander, ebenso wenig wie die jungen Männchen1. 1 Ich füge hier gelegentlich die Beschreibung einer neuen Chalco- stetha- Art von den S a n g i - Inseln im Norden von Oelebes, sowie eine Notiz über eine verwandte Form von ebendaher an: Chalcostetha sangirensis n. sp. Männclien: Sammetschwarz. Stirn, Vorder-, über- und Hinter- kopf goldgrün. Kinn, Kehle, Gurgelgegend gelblich kupferfarben, ins Vio- lette ziehend-, an den Seiten der Kehle je ein metallblauer Streifen. Schul- tern, obere Flügeldecken, Unterrücken, Bürzel und obere Schwanzdecken, sofwie theilweise die Oberseite der Schwanzfedern metallblau. Weibchen: Grünlichgrau oben, Schwingen schwärzlich mit oliven- grünlichen Säumen an den Aussen-, mit weissen an den Innenfahnen. Schwanz schwarz, die äusseren Federn mit weissen Enden. Unterseite gelblich, intensiver auf der Kehle, Gurgelgegend und Brust, mehr weiss- lich am Bauch und Unterleib. .lunge Männchen zeigen den Übergang vom Gefieder des Weibchens zu dem des Männchens; einzelne Federn des Kopfes bis über die Augen sind goldgrün, die seitlichen Parihien der Kehle bereits metall- Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 125 Campephaga Sloctii Schiegel. Sclater beschrieb als neue Art1 eine Campephaga auru- lenta von Soröng auf Neu-Guinea, welche aber bereits 7 Jahre vorher von Schlegel unter obigen? Manien bekannt gemacht worden ist2, wesshalb sie diesen zu tragen hat. Dieser Vogel wurde von Bernstein bei Sele auf Neu- Guinea entdeckt, ein Ort, welcher Sorong nicht fern liegt, und zwar an der Westküste Neu-Guinea's, der Insel Salawati gegen- über5. An den Ufern der Geelvinksbai und auf dem Arfak- Gebirge gelang es mir nicht, diese auffallende und schöne Art zu er- beuten. Bchimmernd, sowie die Schwanzoberseite und die oberen Schwanzdecken, zum Theil der Unterrücken und die Flügeldecken. Diese Partien verfärben sich also zuerst. Sonst schon ganz ausgefärbte Exemplare zeigen an den Brustseiten manchmal noch einige gelbliche Federn. Fundort: Siao, Sangi-Inseln 1873. Masse: Total länge circa 130 Mm. Flügellänge 60 „ .Schwanzlänge 47 „ Schnabel von der Stirn 15 — 17 „ Diese Art unterscheidet sich von den verwandten durch die Farbe der Metallplatten an der Kehle und Gurgel, welche bei keiner anderen bekannten Art diesen kupfervioletten Glanz hat, der sich in Worten schwer beschreiben lässt: es scheint Kupferroth mit Goldorange gemischt, und je nach der Intensität und der Richtung der darauffallenden Licht- strahlen wiegt die eine oder andere Nuance vor. Xectarinea Duyvenbodei Schlegel. Schlegel beschrieb (Ned. Tijdschr. voor deDierk IV. S. 14; diese Art von den Sangi-Inseln, von welcher jedoch nur das Männchen vorlag. Ich besitze das Weibchen zu demselben von Siao. Es unterscheidet sich von dem soeben beschriebenen Weibchen von Chalcostetha sangirensis Hin- durch die orange Farbe an der Kehle und Gurgelgegend und durch den braungelb überlaufenen Kopf, wodurch es an die zum Theil ähnliche Fär- bung seines Männchens an diesen Stellen erinnert. 1 Proc. Zool. Soc. 1873. S. 6CJ2. Tai". 54. '-' Ned. Tijdschr. voor de Dierk. III, Observ. zool. II. S. 253. 1866. 8 Nach von Rosenberg (Nat. Tijdschr. voor Ned. Ind. L862 XXIV. S 394] liegt das kleine Dorf Sele („Seile") an der Südspitze von Salawati; Seh legi (Ned. T. voor de Dierk. III, 254) sagt von den betref- 1 26 M e y e r. Iiectes Bennett i Sei. Sclater beschrieb1 eine licet es Form, vom Arfak-Gebirge auf Neii-Guinea unter obigem Namen, welche jedoch nichts Anderes als ein Jugendkleid von Beetes nigrescens Schlegel ist, welches von mir vor Kurzem bekannt gemacht wurde 2. R. Bennetti Sei. entspricht dem noch unausgefärbten, aber ausgewachsenen Weibchen von R. iiigreseens, nur dass das Exemplar, welches Sclater vorgelegen hat, ein wenig älter zu zu sein scheint, da es als „supra brunneus cineraceo undatus" bezeichnet wird, während das von mir beschriebene, nur etwas Grau am Kopfe und Nacken aufweist. L. c. erwähnte ich auch noch jüngere Vögel dieser Art und bemerke nachträglich, dass selbst mein sonst ausgefärbtes und der Schlegel'schen Be- schreibung3 entsprechendes Exemplar an den Säumen der Innen- fahnen der Schwingen noch schwache Reste des Eostgelb (cer- vino rufescens Sei.) zeigt, so dass über die Zusammengehörig- keit dieser Formen kein Zweifel obwalten kann. ÄTunia tristlssuna Wallace. * Wallace entdeckte diese Art an der Nordwestspitze von Neu -Guinea4, allein wie aus seiner Beschreibung hervorgeht, hat er nicht den ausgefärbten Vogel erbeutet. Dieser hat einen Theil des Bürzels, der Bürzel seifen und der oberen Schwanzdeckfedern schön hellgelb gefärbt5 und die Unterseite fast schwarz. Beide Geschlechter zeigen diese Charactere. fenden Vögeln: „Ils ont ete tues dans le district de Seleh, jucs du eap Anglais, promontoire de la Nouvelle Guinee le plus saillant vers l'Ouest." Möglicherweise also trägt das Vorgebirge auf Neu-Guinca und das gegen- überliegende Dorf auf Salawati denselben Namen; diese zwei Punkte liegen keinesfalls weit von einander entfernt. i Proc. Zool. JSoc. 1873. S. 692. - Siehe „Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu- guinea etc. 3. Mittheilung. Sitzber. d. Akad. .1. Wias. 1S74. Bd. 69. S. 386. 3 Ned. T. v. d. Dierk. IV. S. 46. * Proc. Zool. Soc. 18Gö. 8. 47!». 5 Die Art erinnert in dieser Hinsicht an M. flaviprynma G ould von Nord-Australien. P. Austr. 111, 96. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 127 Fundort: And ei, am Fusse des Arfak-Gebirges, Juli 1873. Mryth/rwra tirichroa Kiltl. Fundorte: Hattam auf dem Arfak - Gebirge, Neu- Guinea, circa 3500' hoch. Juli 1873, und Halmahera. Das mir vorliegende eine Exemplar vom Arfak-Gebirge scheint etwas mehr saftig blaugrüii zu sein als die Exemplare von Halmahera. Auch fehlt der gelbliche Schimmer an den Nackenseiten. Das betreffende Exemplar ist in der Mauser be- griffen, wie die weissen Federhülsen an den Wangen zeigen, in denen die blaue Feder zum Theil noch versteckt liegt, so dass die Wangen das Aussehen haben, als seien sie blau und weiss gestreift. Sollte bei den Neu-Guinea-Exemplaren die intensivere saf- tigere Färbung des ganzen Körpers und der Mangel der gelb- lichen Tinte am Nacken stets vorhanden sein, so würde sich diese Form als Varietät jedenfalls eng an E. trichroa von Hal- mahera anschliessen. Melanocharis nigra (Less.). Es werden Männchen und Weibchen als verschieden ge- färbt beschrieben und abgebildet *, allein das ausgefärbte Weib- chen ist wie das Männchen gefärbt. Das 1. c. abgebildete Weib- chen entspricht dem Jugendkleide sowohl des Männchens als auch des Weibchens. Es existiren unter meiner Serie von fünf- zehn Exemplaren Übergänge von beiden zu den ausgefärbten Vögeln und Weibchen von der Färbung der ausgefärbten Männchen. Fundorte: Neu-Guinea: R u b i , Südspitze der Geel- vinksbai, Mai 1873; Passim, Westküste derselben, Mai 1873; And ei, am Fusse des Arfak-Gebirges, Juli 1873; Dore, März 1873; Jobi (Ansus) April 1873, ein jüngeres Weibchen, welches sich in Nichts von den Neu-Guinea-Exemplaren unter- scheidet. 1 Voy. Coq. S. 673 und Lesson Cent. Zool. S. 83. pl. 27. 1 28 M e y e r. Ptilopus RivoU (Flor. Prev.). Schlegel1 identificirt diese Art mit prasinorrhous Gray auf Grund einer grösseren Serie von Exemplaren von den ver- schiedensten Localitäten, welche diese geringen Unterschiede dieser zwei Formen als keine durchgreifende erkennen lassen. Schlegel nimmt zwar2 Weigeü aus als Fundort, aber Wal- lace3 führt diese Insel speciell als Fundort von prasinorrhous an. Auch sagt Schlegel4, dass diese Art noch nicht auf Neu- guinea angetroffen worden sei. Seitdem ist sie jedoch von d'Albertis an der Salawati gegenüber liegenden Küste ge- funden worden5. Ich erbeutete sie nur auf der Insel Mafoor im Norden der Geelvinksbai. Es bieten diese und die ihr verwandten Formen in der geo- graphischen Verbreitung insofern ein Interesse dar, als zwei sich so nahe stehende Formen wie Ptilopus bellus6 Sei. und Rivoli auf Neu -Guinea und Pt. speciosus Ros. und RivoU zusammen auf der kleinen Insel Mafoor vorkommen, — ein bemerk enswerther Umstand, — wogegen auf der Insel Mysore nur Pt. speciosus Ros. und auf der Insel Jobi nur Pt. Micqueli i Ned. T. v. d. Dierk. IV. S. 21. und Mus. Pays-bas. Col. S. 24. 1873. 2 N. T. v. d. D. IV. S. 22. s Pig. Mal. Arch. Ibis. 1865. S. 38. * L. c. 5 Selater Proc. Zool. Soc. 1873. S. 698. 8 Ich entdeckte diese Art auf dem Arfak- Gebirge und war gerade im Begriffe, dieselbe zu beschreiben, als mir (Mitte Mai d. J.j Dr. S elat e r's Publication (Proc. Zool. Soc. 1873 Sitzung vom 4. Nov.), die d'Alber- tis'sehe Ausbeute an demselben Orte betreffend, zukam. Ähnlich erging es mir mit Melidectes torquatus Sei., Melipotes gymnops Sei. und Ptilotis cinerea Sei.. Auch ist es möglich, dass die von mir beschriebene Pachy- ce'phala affinis vom A rfak- Gebirge (s. 3. Mitth.) das Weibchen ist zu Pachycephala aoror Sei. von ebendaher, doch macht S c 1 a t e r keine Angabe über das Geschlecht seines Vogels. Ferner wäre es, trotz der aus den be- treffenden Beschreibungen hervorgehenden nicht unbeträchtlichen Diffe- renzen, möglich, dass mein Aegotheles dubius und Sclater's Aegotheles Albertisi zusammenfallen, und dass sich die Unterschiede als dem Alter oder Geschlechte angehörig herausstellen werden. Endlich zeigt meine Amaurodryas albotaeniata von Jobi (s. 4. Mitth.) grosse Übereinstimmung mit Leucopkantes brachyitrvs Sei. vom Arfak- Gebirge, d.h. mit der Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 129 Ros. bis jetzt gefunden worden ist ', ein Resultat, welches meine eigene Ausbeute bestätigt. Während aber auf der kleinen Insel Mafc-or Pt. speciosus und Rivoli thatsächlich durcheinander vor- kommen, hat man auf Neu-Guinea Pt. bellus Sei. bis jetzt nur auf dem Arfak-Gebirge (d'Albertis und ich selbst), Pt. Rivoli an der Westküste gefunden, und es wäre interessant zu eruiren, ob Rivoli durch bellus auf dem Arfak-Gebirge vertreten wird, oder ob sie (analog Pt. speciosus und Rivoli auf Mafoor) zu- sammen vorkommen. Beschreibung, wohingegen es von der Abbildung in einigen Punkten differirt. Sclater bildete anlässlich dieses Vogels die neue Gattung Leuco- phantes, während sich meine Amaurodryas albotaeniata von Jobi, wie auch die verwandte A. hypoleuca (Gray) von Neu-Guinea (s. 4. Mitth.) unge- zwungen in die Gattung Amaurodryas Gould einreihen. Ich werde jedoch später eingehender hierauf, sowie auf die anderen in der citirten Abhand- lung erwähnten und auch von mir erbeuteten Arten, zurückkommen und endgiltig zu entscheiden suchen, was ich für jetzt noch offen lasse, i S. Schlegel 1. c. Sitzb. d. mathem. naturw. C). LXX. Bd. I. Aith. 130 XVII. SITZUNG VOM 25. JUNI 1874. Seine Excellenz der Herr k. k. Handels-Minister übersendet, mit Note vom 17. Juni, eine Serie von fünf Kategorien von Preis- Medaillen der Wiener Weltausstellung 1873. Die Herren Jeröme Coggia in Marseille und Wilhelm Tempel in Mailand danken, mit Schreiben vom 14. und be- ziehungsweise vom 17. Juni, für die ihnen zuerkannten und über- sendeten Kometen-Preise. Herr Eegierungsrath Dr. K. v. Littrow überreicht eine Abhandlung: „Bahnbestimmung des ersten Kometen vom Jahre 1871" (II. Abtheilung), von Herrn Dr. Job. Holetschek. Derselbe legt ferner das von Herrn Dr. Holetschek be- rechnete „Dritte Elementensystem des von Coggia in Marseille am 17. April entdeckten Kometen sammt Ephemeride" vor. Herr Prof. Dr. Fr. Toula überreicht eine Abhandlung, betitelt : Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien aus dem Hornsund an der Süd- Westküste von Spitzbergen". Herr Prof. Dr. A. Schrauf berichtet über seine „Unter- suchung eines neuen Minerals, genannt Veszelyit". Der Secretär legt eine Probe künstlichen Vanilin's vor, welches im Laboratorium des Herrn Prof. A. W. Hof mann in Berlin aus Sägespänen dargestellt und ihm von diesem zugesen- det wurde. An Druckschriften wurden vorgelegt: Academia de Ciencias medicas, fisicas y naturales de la Ha- bana: Anales. Tomo IX, Entrega 106; Tomo X, eutrega 107—109. Habana, 1873; 8°. Academy of Science of St. Louis: Transactions. Vol. III, Nr. 1. St. Louis, 1873; 8°. Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift (nebst Anzei- gen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 18. Wien, 1874; 8°. 131 Buffalo Society of Natural Sciences: Bulletin. Vol. I. Nrs. 2 — 3. BuffaLo, 1873; 8°. Comptcs rendus des söances de l'Acadeinie des Sciences Tome LXXVIII, Nr. 23. Paris, 1874; 4«. Connecticut Academy of Arts and Sciences: Transactioiis. Vol. II, Part 2. New Hasen, 1873; 8°. Fritz, Hermann, Verzeichniss beobachteter Polarlichter. (Aui Kosten der kais. Akademie der Wissenschaften.) Wien, 1873; 4°. «Gesellschaft der Wissenschaften, k. böhm. : Sitzungsberichte. 1874, Nr. 2. Prag; 8°. — österr., für Meteorologie: Zeitschrift. IX. Band, Nr. 12. Wien, 1874; 4°. bewerbe -Verein, n.-ö. Wochenschrift. XXXV. Jahrgang, Nr. 25. Wien, 1874; 4°. Landwirthschafts - Gesellschaft, k. k., in Wien: Ver- handlungen und Mittheilungen. Jahrg. 1874, Nr. 10. Wien; 4°. Mittheilungen des k. k. techn. & administrat. Militär-Comite. Jahrgang 1874, G. Heft, Wien; 8". Nature. Nr. 242, Vol. X. London, 1874; 4U. Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrg. 1874, Nr. 9. Wien ; 4°. „Revue politique et litteraire" et „Revue scientitique de la France et de l'etranger". IIP Annee, 2e Serie, Nr. 51. Paris, 1874; 4°. Report, Annual, of the Chief Signal-Officer to the Secretary of War for the Year 1872. Washington, 1873; 8°. Santiago de Chile, Universität: Anales. Anos 1871 & 1872. 8°. — Sesiones ordinarias i estraordinarias de la Camera de Diputados i ordinarias de la de Senadores de 1872. 4°. Estadistica comercial de la Repüblica de Chile de 1871. 4°. — Memoria de Marina. 1871; Memorias del Interior, Rela- ciones Esteriores , Colonizacion , Instruccion Publica i Marina de 1872. 8". — Apendice a la Memoria del Interior de 1872. 8°. — Apendice a la Memoria de Relaciones Este- riores de 1872. 8°. — Lei de presupuestos para 1873. 4°. — Compilacion de leyes i dicretos vijentes en materia de in- struccion publica, por M. E. Ballesteros. 1872; 8°. — 9* 132 Ordenanza de Aduanas de la Repüblica de Chile. 1873; 8a. — Colonizacion de Llanquihue, Valdivia i Arauco etc., por Jose Antonio Varas. 1872; 8°. — Resefia de los trabajos de la Universidad desde 1855 hasta el anno 1872, por don Ignacio Domeyko. 1872; 8°. — Cuenta jeneral de las entradas i gastos de la Repüblica de Chile en 1871. 4°. — Tratado de ensayes por el senor dor Ignacio Domeyko. 1873; 8°. — Derecho publico ecclesiastico, por don Rafael Fernandez Concha. Tomo I & II. 1872; gr. 8°. — Los orijenes de la iglesia chilena, por don Crescente Errä- zuriz. 1873; 8°. — Los precursores de la Independencia deChile, por don Miguel L.Amunätegui. 1870 — 1872; 8°. — Anuario estadistico. Tomo XII. 1872; 4°. — Viage al desierto de Atacama, por el doctor don R. A. Philippi. Halle en Sajonia, 1860; 4°. Sociedad Mexieana de historia natural: La Naturaleza. En- trega 12 & 19-39. Mexico, 1869—1873; 4°. Verein für Landeskunde von Niederösterreich: Blätter. VII. Jahr- gang. 1873, Nr. 1 — 12. Wien; 8°. — Topographie von Niederösterreich. 5., 6. & 7. Heft. Wien, 1873 & 1874; 4°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 2b. Wien, 1874; 4°. 133 Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien aus dem Hornsund an der Süd -Westküste von Spitzbergen. Von Dr. Franz Toula, Professur an der Communal-liealschule im VI. Bezirke in Wien. (Mit 1 Tafel. ) Herr Professor Hans Höfer, der die vom Grafen Hans Wilczek im Sommer 1872 unternommene Expedition nach Spitzbergen und Nowaja Semlja als Geologe mitmachte, hatte hiebei Gelegenheit, an mehreren neu aufgefundenen Localitäten interessante Versteinerungen zu sammeln. Auf mein Anerbieten hin überliess er mir vorerst das aus dem Hornsund (Süd- Westküste von Spitzbergen) mitgebrachte Material zur wissenschaftlichen Bearbeitung. Die Sammlung besteht aus circa 90 Stücken. Es sind meist kleine, theils mit den Schalen, theils als Steinkerne oder in Abdrücken erhaltene Petre- facte, und zwar mit einer einzigen Ausnahme nur Brachiopoden. Über die geologischen Verhältnisse wird Herr Prof. Höfe r ausführlich berichten, hier sei, nach seinen Mittheilungen, nur Folgendes angeführt, i Im Hintergründe des Hornsundes erhebt sich ein kaum 1000 Fuss hoher Kamm, der sieh von NNW. nach SSO. erstreckt. Diesem Verlaufe entspricht auch das Streichen der ihn auf- bauenden Gesteine. Auf dem Kärtchen, welches Baron von St erneck über den Hornsund entworfen hat, ist diese Terraiu- erhebung mit dem Namen: „Marien-Spitze-' bezeichnet.2 1 Im VI. Heft von Peterraann's geogr. Mitth. 1874 gibt Prof. H. Höfer, pag. 222, ein kurzes Bild vom geologischen Bau d. Umgebung d. Hornsundes. 2 Pet erma nn's geogr. Mitth. 1874, II. Heft. 134 Toula. Der Fuss derselben ist von Schneefeldern überdeckt; die steilen Westgehänge aber zeigen folgende Schichtenfolge (von unten nach aufwärts) : 1. dunkelrothe Schiefer, 2. eine schmale Kalkbank, 3. gelbliche und grüne Schiefer, 4. Kalkbänke, 5. braune und gelbe Schiefer, 6. schwarze Kalke. Alle Kalkstraten sind petrefaktenführend, die Schiefer aber versteinerungsleer. Der Kalk ist dunkel graublau, sehr fest, reich an Kieselerde und wird beim Verwittern an der Oberfläche braun. Hyperit konnte nicht nachgewiesen werden. Prof. Hans Höf er spricht sich in einem Briefe vom 23. Febr. d. J. folgendermassen über den Zusammenhang dieser Schichten mit den von den anderen Fundorten an der Westseite von Spitz- bergen aus: „Ich halte diese Lokalität für zusammenhängend mit dem Bergkalke am Cap Ahlstrand, auf der Axels-Insel und der gegenüber liegenden Küste (alle drei Punkte im Bel-Sund gelegen) mit jenem am Cap Staratschin und im Safe-Hafen (am Eingänge in den Eis-Fjord) u. Alle diese Punkte liegen in der That in einer von SSO. nach NNW. verlaufenden Linie, welche sich nach Norden hin bis zum Qvad Hook (Südküste der Kingbay) und nach Süden über den 4560 Fuss hohen Hornsund Tind zur Südspitze von Spitzbergen und der hier vorgelagerten Insel fortsetzen lässt. Von letzterer Lokalität brachte bekanntlich Payer eine grosse Menge von Fossilresten mit, welche von mir im Novemberhefte 1873 be- schrieben wurden. Prof. Hans Höfer dehnt diesen durch 2 Breitengrade sich erstreckenden Bergkalkzug, „welcher mit Rücksicht auf seine überallnachweisbare steile Schichtenstellung für die tektonischeu Verhältnisse derWestküste geradezu bestimmend weiden niüsstewr noch weiter nach Süden hin aus, indem er auf die interessante Bären-Insel hinweist, wo sich ganz analoge Verhältnisse wie an der Westküste Spitzbergens finden, indem hier im Süd-Westen die Hecla-Hook-Formation (Devon?) die Unterlage bildet für Kohlenkalk, und Zechstein-Fossilien etc. 135 eine Kohlenspuren und Landpflanzen führende Sandstertibildung (Ursa-Stufe nach Heer1) und darüberliegenden Bergkalk mit Cyathopbyllum, Spiriferen und dickschaligen Producten. Classe: Brachiopoda Cuv. Familie: Spiriferidae. 1. Spiriferina Höferlana nov. sp. Fig. 1 a—d. Es liegt mir eine grössere Anzahl von Exemplaren einer kleinen Spiriferenart vor, welche als in die Formenreihe der Spiriferina cristata Schloth (== Spiriferina octoplicata Sow.) gehörig bezeichnet werden muss, sich aber von allen den ver- schiedenen, bisher beschriebenen und abgebildeten Formen unterscheidet. Die Schale ist breiter als lang. Die grösste Breite fällt nicht mit dem Schlossrande zusammen, sondern in der Mitte der Schale. Der Schnabel ist schlank, ragt weit vor und ist an der Spitze leicht eingekrümmt. Die Stirnwand ist fast halbkreisförmig ge- krümmt und in Folge derRippung ausgezackt. Die grosse Klappe hat in der Mitte einen tiefen Sinus und auf jeder Hälfte fünf dachförmige Rippen, wovon die den Sinus begrenzenden die stärksten sind. Die kleine Klappe zeigt in der Mitte eine von zwei sehr dicht beisammenstehenden Rippen gebildete seichte Rinne, welche sich bis an den Schlossrand hin verfolgen lässt und das charakteristische Merkmal dieser Art bildet. Beiderseits folgen hierauf vier Falten. Die Area ist deutlich, aber etwas ver- änderlich in ihrer Ausdehnung. Am ähnlichsten ist die von Davidson (brit. Carb. Brach.) Taf. LH, Fig. 11 abgebildete Spiriferina octoplicata Sow. var bipticnta D a y. in Bezug auf die Gestalt und Beschaffenheit der kleinen Klappe; die grosse Klappe aber zeigt eine deutliche Falte im Sinus, was an der Art aus dem Hornsund nicht zu bemerken ist. Bei der von Davidson 1. c. Taf. VII, Fig. 38 und 39 abgebildeten Varietät der Spiriferina 1 Oswald Heer „On the Carboniferous Flora of Bear Island, Quart. Journ. Geol. soc. 1873, pag. 161—172. 136 Toula. ectöplicata Sow. ist eine Mittelfurche der kleinen Klappe nur in der unmittelbaren Nähe des Stirnrandes leicht angedeutet. Auch Spirifer (Trigonotreta) undulata Sow. (King. Mou. of the perm. Foss. of Brit. Taf. IX, Fig. 13 — 17 gehört in diese Reihe, doch fehlt dieser Art jede Spur einer mittleren Furche auf der kleineren Klappe. Durch das Vorhandensein einer Mittelfurche von ähnlicher Beschaffenheit wie bei unserer Art sind Spirifer rotundutus Sow. (von Davidson mit Sp. pinguis Sow. vereinigt) und Spirifer laminosus Mc. Coy (Geinitz: Carb. u. Dyas in Nebraska p. 45, Taf. III, Fig. 19) ausgezeichnet, welche aber im Übrigen voll- kommen verschieden sind. Ein verwandtes Fossil wurde auch von E. Robert aus dem Beil-Sund mitgebracht und von de Koninck (Nouv. Notice sur les foss. du Spitzberg. Ac. Royale de Belg. Vol. XVI) als Spirifer cristatus Schi, beschrieben. Unsere Art schliesst sich in Bezug auf Grösse, Rippen- beschaffenheit und den Mangel an concentrischen Anwachsstreifen an die Kohlenkalkformen an. Area bei einem Dimensionen 22 Mm. breit/ T f Exemplar 5 Mm. 5\ hoch Schlosslinie " I 14 Mm. breit. Von anderen Spiriferen liegen vor: Ein Bruchstück, welches die Bündelung der Rippen zeigt, wie diese für den 2. Spirifer WilczeJey Toula von der Südspitze von Spitzbergen bezeichnend ist. — Ausser- dem ein nicht näher zu bestimmendes Bruchstück, welches viel- leicht zum 3. Spirifer striatus Mart. sp. gehören dürfte, und zwar zu der von Davidson (Brit. Carl). Brach.) Taf. II, Fig. 18, abgebildeten Varietät. Kohhnkalk- und Zechstein-Fossilien etc. 137 4. Splrifer lineatus Martin sp. ? Synon. : in Davidson: ßrit. Carb. Brachiopoda pag. 62. Zwei Bruchstücke eines concentriseh gestreiften Bräcaio- poden dürften zu dieser Art gestellt werden. Das eine Stück ist eine grosse Klappe, welche durch ihre starke Wölbung auffällt. Auch am Stirnrande herrscht diese noch vor, so dass keine Spur von einem Sinus auftritt, wodurch sich unsere Form von der von Davidson 1. c. auf Taf. XIII abgebildeten unterscheidet. Der Schnabel ist sehr gedrungen und zeigt einen bis in die Mitte der Schale reichenden Schlitz, der einem Septum der grossen Klappe entspricht. Dimensionen: 16 Mm. grösste Breite 16 Mm. Länge der grossen Klappe 6 Mm. Höhe derselben. Ein zweites Stück zeigt die Schnabelspitze. Dieselbe ist wenig gekrümmt, das Deltidium gross, ein Pseudodeltidium vor- handen. 5. Sphnfer lineatus Martin var. ellipticus Sow.? Fig. 2. 183G. Spirifer ellipticus Phill: Geol. of Yorksh. pag. 219. Taf. X Fig. 17. 185o. — — Mc. Coy (non Pkill): brit. Pal. Foss. pag. 427. 1862. — lineatus Mart var. ellipticus Sow. Davidson: brit. Carb. Brachiopoda pag. 63. Taf. XIII. Fig. 1 — 3. Es liegt nur eine kleine Klappe vor, deren Gestalt und Strei- fung mit der citirten Varietät stimmt (es ist sowohl eine concen- trische als auch eine noch deutlichere Radialstreifung sichtbar). Dimensionen: 25 Mm. breit 14 Mm. lang. 6. Camarophoria crumena Mart. sp. 1809. Conchyliolithus anomües crumena Mart: Petref. Derb. Taf. XXXVI. Fig. 4 1834. Terebratula Schlot he imi von Buch: Über Terebratula pag. 39. Taf. II. Fiff. 4. 138 Toula. 1850. Camarophot in Schlotheimi King: a Mon. of Perm. Foss. ofEngl. pag. 118. Taf.VII. Fig. 10— 21. (hier auch weitere Syn.) 1857. — — von Buch: Davidson: Brit. penn. Brach, pag. 25. Taf. II. Fig. 16 27. 1862. — crumena M a r t. sp. Dav., brit. Carb. Brach, pag. 113. Taf. XXV. Fig. 3-9. 1873. — crumena Mart. Toula: Kohl. Foss. v. Spitzb. LXV1II. Bd. d. kais. Ak. d.Wiss. in Wien. Einige leider verdrückte Exemplare dieses Fossils brachte Prof. Höfer aus dem Hornsund mit. Es lässt sich ganz gut mit Camarophoria crumena Mart. die volle Übereinstimmung nach- weisen und zwar am besten mit der von Dav. (br. Carb. Foss.) Fig. 9 abgebildeten Form. Die von Payer auf der grossen Insel an der Südspitze von Spitzbergen gesammelten Stücke stimmen auf das Beste damit überein. Die vorliegenden Stücke zeigen den Schlitz in der kleinen Klappe sehr deutlich. Ausser diesem Beweis vom Vorhandensein des Median- Septams dieser Klappe ist vom inneren Bau nichts weiter zu erkennen. Dass die in der permischen Formation vorkommende Cama- rophoria Schlotheimi v. Buch mit der Camarophoria crumena Mart. sp. identisch ist, wurde von Davidson (brit. penn. Brach, pag. 25) meisterhaft nachgewiesen, so dass auf diese Form keine nähere Bestimmung des relativen Alters der betref- fenden Schichte gefusst werden kann. Dimensionen: 10 Mm. lang, 1 2 Mm. breit. 7 . Producta* \\ eyprechti Toula. Fig. 4 a—e. 1873. Toula: Kohlcnkalktbssilien von d.Südsp. v. Spitzbergen ■ LXYI1I. Bd. des Sitz.-Ber. der kais. Ak. d. Wissenschaften in Wien) Nov. Heft, pag. 13, Taf. V. Fig. 2 und 3. 1849. Productus Leplayi? de Konin ck: Nouv. not. sur les foss. du Spitz- berg Bull. l'Ac. Royale de Belg. Bd. XVI. II. Theil. pag. 636. Fig. 3 (nach de Vern.) Von dieser Art liegen mehrere Exemplare vor, welche einige ergänzende Beobachtungen erlauben , indem sie meistens mit der Schale erhalten sind, während die Payer'schen Exem- Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien etc. 130 plare von der Südspitze von Spitzbergen fast ausschliesslich Steinkerne sind. In der Grösse stimmen die Exemplare aus dem Hornsund recht gut mit den kleineren Stücken von der oben erwähnten Localität überein. Die Identität wird durch dieEigen- thiiinliehkeiten der Steinkerne hergestellt. Die constantesten Merkmale sind dieLängsstreifung und der tiefe Sinus der grossen Klappe. An einigen Stücken sind auch die Ohren erhalten. Längs der Schlosslinie sind Spuren der Stachelröhren zu bemer- ken. Auch die kleine Klappe zeigt ausgezeichnete Längsstrei- fung, aber keine Spur einer Querrunzelung. Diese Art stimmt mit der von Robert aus dem Bell -Sund mitgebrachten, von de Koninck (1. c.) als Productus Leplayi? bezeichneten Form iiberein. Er sagt darüber, dass die Rippen weniger tief und zahl- reicher seien als bei der typischen russischen Form von Riela- gorska (Murch, Vern. und Keys. Russia Vol. II. pag 268). De Koninck hielt die Form von Spitzbergen für eine ört- liche Varietät oder selbst für eine neue, mit Productus Leplayi nahe verwandte Art, welche zu dieser in einem ähnlichen Ver- hältnisse zu stehen scheine wie der russische Productus (Stro- phalosia GeinizJ horrescens Vern. zu Productus horridus Sow. Diese Meinung ist durch die von Herrn Prof. Hans Höfer aus dem Hornsund mitgebrachten zahlreichen Stücke ausser allen Zweifel gestellt. Erwähnt sei noch, dass Productus Weyprechti, den ich dem kühnen Führer der österreichischen „Nordpol-Expedition" zu Ehren so genannt habe , auch keine Spur der für Productus Le- playi charakteristischen Querwülste zeigt, durch welche die starken Rippen unterbrochen werden. Ob auf der Schalenober- fläche Stachelröhren vorkommen, lässt sich an ihr jetzt noch nicht mit Sicherheit bestimmen. Dimensionen: 34 Mm. breit, '22 Mm. lang, 14 Mm. hoch in der Mitte der Schale). 8. Productus conf. Prattenianus Nor wo od. Fig. 5. 1852. Productus semireticulatus Hall Stransbury's Salt lake Rep. pag. 411. Taf. III. Fig 4 u. h. nicht Prod. semireticulatus Mar- t in sp. 140 Toula. 1854. - Prattenianus Norwood: Journ. Ac. Nat. 8c. Phil. Vol. III. paff. 17. Taf. 1. Fig. 10. 1855. — cora Marc ou : Geol. N. Am. Taf. VI. Fig. 4 ('nicht Pr. cora d'Orb.) 18G6. — Fleming ii G e i n i t z : Carb. u Duas in Nbr. pag. 52. Taf. IV. Fig. 1 — 4. 1872. — Prattenianus Meck in Ilaydu: Final. Rep. U. St. Geol. Surv. of Nebr. pag. 163, Taf. III, Fig. 5, Taf. II, Fig. 13. Taf. VIII. Fig. 10. (Die beiden letzteren Abbildungen nach Geinitz.) Von diesem Fossil findet sich nur eine gut erhaltene kleine Klappe (es ist die Innenseite convex gewölbt zu sehen) mit Bruchstücken der grossen Klappe, in dem vorliegenden Materiale. Das Stück stimmt am Besten mit der von Prof. Geinitz 1. c. gegebenen Abbildung Taf. IV, Fig. Ib., welche Meek (1. c. Taf. VIII, Fig. 10) copirte und auf Producta* Prattenianus Norwood zurückführte. Die Kippung unseres Exemplars ist eine ganz eigentliümliche: In der Nähe des Wirbels entspringen mehrere Radialrippen, welche sich bis zur ersten, vom Wirbel 11 Mm. weit abstehenden derben Querwurzel verfolgen lassen, hier beginnt eine Zweithei- lung derselben. In Abständen von 2 Mm. folgen die Querwurzeln aufeinander, welche auf den durch eine Falte abgegrenzten Ohren beginnen und sich über die ganze Schale hinüberziehen. In der Nähe des Wirbels sind sie kaum angedeutet. Sehr feine Anwachsstreifen bedecken in grosser Anzahl die Oberfläche der Schale. Von Stachel röhren ist keine Spur vorhanden. Man könnte an Productus cora d'Orb. denken, doch unter- scheidet sich unser Exemplar davon durch die geringe Überwöl- bung der grösseren Klappe; der Raum für das Thier ist auch in der Nähe des Wirbels ein sehr beschränkter. Productus Prattenianus ist in Nebraska, im Kohlenkalke von Bellevue und Plattesmouth , sowie in den, nach Geinitz ausgesprochenen Dyas-Schichten von Nebraska, City, Etage Ccv. gefunden wrorden, kommt aber auch an zahlreichen anderen Lo- calitäten im oberen Carbon von Nebraska, Kansas, Jowa, sowie im Carbon von Illinois vor. Dimensionen: 30 Mm. breit, 28 „ lang, 6 „ tief. Kohlenkalk- und Zechstein-FoBsilien etc. 141 !'. Productus tu i (latus Defr.? 182•>. Taf.IV. Fig. 8-11. 1872. — longispinus Sow? Meek in Hayden : Final Rcp. Un. St. Geol. Surv. of Nebraska pag. 161. Taf. VIII. Fig. 6. Ein kleiner Productus liegt in vielen Exemplaren vor, wel- cher mit der von Meek 1. c. gegebenen Beschreibung bis auf einige Details recht gut übereinstimmt. Viel weniger gut pas- sen die gegebenen Abbildungen. Die Fig. 7 auf Taf. VI zeigt eine beinahe glatte Art, von der es fraglich ist, ob sie hiehergehört; die andere Abbildung, welche dem oben citirten Werke von Prof. Geinitz entnommen ist. wird von letzterem als Productus Orbignyanus bezeichnet, was sie nicht sein kann, denn Productus Orbignyanus de Kon. ist Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien etc. 143 nach der Beschreibung., welche de Koninck davon gibt (Mon. Prod. et Clion. pag. 152) vollkommen rippenlos, es ist aber aucli fraglich, ob wir es liier wirklich mit Producta* longispinus Sow. zu thnn haben. Bei unseren Stücken sind die Schalen klein, weiter als lang, die Schlosslinie nicht länger als die grösste Schalenbreite. Ohren sind vorhanden und stark gekrümmt. Die grosse Klappe ist stark gewölbt und ist gegen den Schnabel und die Seiten steiler (fast senkrecht) abfallend als gegen den Stirnrand. Der Sinns in der Nähe des Schnabels fast fehlend, gegen den Stirnrand aber deutlich, wenn auch wenig vertieft. Der Schnabel ist bei verschiedenen Stücken verschieden, bei den drei best erhaltenen ist er stark gekrümmt und nur wenig über den Schlossrand vorragend. Diese Exemplare stimmen recht gut mit den von Davidson I.e. Fig. 11 abgebildeten Stücken von East Kilbride in Lanarkshire Uberein. Die Oberfläche ist mit vielen feinen , gleichstarken, auf der ganzen Schale scharf ausgeprägten Rippen bedeckt. Am Schalenrand zählt mau circa 54 derselben. Querrunzeln sind an der Schloss- linie deutlich vorhanden, sie ziehen jedoch meist nur an den Seiten hin, nur eine oder die andere geht über die ganze Schale. An einigen Stucken zeigen die Rippen eine förmliche Durch- kreuzung im Sinus (Verdrückung?). Stachelröhren sind nicht erhalten, doch scheinen nach den Stachelansatz-Spuren wie bei dem von Davidson 1. c. Fig. 5 abgebildeten Original -Exem- plare Sowerby's am Schlossrande jederseits zwei und ebenso auf der übrigen Oberfläche je zwei angebracht gewesen zu sein. Diese Art gehört zu den am weitest verbreiteten, sie findet sich in Britannien und Irlaud, an fast allen Carbon-Lokalitäten, desgleichen in Belgien, wo überhaupt Brachiopoden vorkommen, in Russland (Karova), in Südamerika (Yarbichamba, am Titicaca- See etc.), in Nordamerika, in Nebraska, Kansas, Missouri etc., in Indien (Pendschab) und in Tasmanien. Dimensionen: Breite 15 Min. Länge 12 , Höhe 7 „ Das grösste Exemplar ist 20 Mm. breit. 144 Toula. Neben dem echten Productus longispinus Soiv. finden sieh zahlreiche »Stücke eines ebenfalls stark gewölbten längs gestreif- ten Productus, der aber keine Spur von einem mittleren Sinns zeigt, einen besonders spitz zulaufenden, mit zarten concentrischen Runzeln bedeckten Schnabel besitzt und sich gegen den Stirn- rand hin sehr stark verbreitert. Eines der Stücke zeigt folgende Abmessungen: Breite des Schlossrandes ... 9 Mm. Grösste Schalenbreite .... 15 „ Länge 9 „ Höhe 5 „ Wir dürften es hier mit einer Varietät des Pr. longispinus Sow. zu thun haben, die wir als Productus longispinus So w. var. acuti rostratus nov. var. bezeichnen wollen. Sehr viel Ähnlichkeit hat Productus Alto/tensis Norw. und Pratten (N. u. Pr. on Producti Journ. of the Ac. of Nat. sc. of Philad. Vol. III, sec. Ser., pag. 7, Taf. I, Fig. I abc) ; durch die stark überwiegende Breite, den spitz zulaufenden, anstatt ein- gekrümmten Schnabel und die viel geriügere Grösse unter- scheiden sich unsere Stücke von der amerikanischen Form von Alton in Illinois. 12. Productus Spitzbergianus nov. sp. Fig. 8. a—d. Eine in die Formenreihe des Productus horridus (Producti horridi de Koninck: Prod. et Chon. pag. 150) gehörige kleine Art, die mit keiner der beschriebenen Arten übereinstimmt. Der allgemeine Umriss stimmt am besten mit dem des Productus Orbignyanus de Kon. (I.e. pag. 152, Taf. XVIII, Fig. 5 a) überein und unterscheidet sich nur durch den viel weniger schlanken Schnabel von dem Productus horridus de Kon. von Robert 1839 aus dem Beil-Sund nach Europa gebracht und von de Koninck (Nouv. not. sur les foss. du Spitzberg Bnl. Acad. Royale XVI. II. Theil, pag. 632, Fig. 1) beschrieben wurde. Kohlenkalk-und Zechstem-Fossilien etc. 14o Die Schale ist an unseren Stücken breiter als lang-, stark gewölbt, mit tiefem, an der Schnabelspitze beginnenden Sinus. Die Krümmung der Schale ist ähnlich der von grösseren und ausge- wachsenen Exemplaren des Productus horridus Sow. Die Stücke sind alle von ziemlich gleicher Grösse. Die Oberfläche der dünnen Schale ist in der Wirbelgegend vollkommen glatt, ohne Spur einer Rippung oder Runzelung. In der Mitte der grossen Klappen stellen sich aber deutliche Längsstreifen ein, welche bis an den Stirnrand hinziehen. Hierin liegt der Unterschied zwischen unserer Form und dem Productus Orbignyanus de Kon. für den der gänz- liche Mangel von Längsrippen charakteristisch ist. — Die Ohren sind vorhanden. Auf einer Falte derselben stehen Stachelspuren. Der Schlossrand, obwohl an unseren Stücken nirgends ganz erhalten, scheint kürzer als die grösste Schalenbreite zu sein. Die Beschaffenheit des Steinkernes stimmt mit der des Productus horridus recht gut überein. Die kleine Klappe zeigt einen vollkommen geraden Schloss- rand mit einer Reihe undeutlicher Gruben, hierauf beiderseits je eine aufgewölbte Falte und in der Mitte einen deutlichen Wulst, der sich bis gegen die Spitze des von concentrischen Anwachs- streifen umgebenen Wirbels verfolgen lässt. Am Rande ist die Schale plötzlich unter einem rechten Win- kel umgebogen. Dimensionen ... 20 Mm. breit, Mesial-Sinus 2 Mm. tief 1 7 „ lang 20 ., hoch Productus Spitzbergianus nov. sp. steht zwischen dem Pro d. Orbignyanus de Kon. und Prod. horridus Sow. Unsere Form ist trotz mancher Ähnlichkeit mit letzterem davon auch durch seine Zwerghaftigkeit unterschieden. Die Annahme einer Jugendform ist aber darum nicht zulässig, weil diese bei ähnlichen Grössen- verhältnissen niemals die Form unserer Stücke zeigen. 13. Productus (Strophalosia) Cancrhti M. Vern. K. Fig. 9. u—d. 1842. Productus cancrim Mureh. Vern. Keys: On the geol. Struct, oi'Kuss. pag. l.~>. 1S4T „ spinosus .Sow. Kutorga Verliandl. d. miner. Ges. St. Petersb. pag. 18, Tat'. V. Fig. 2. Sitzb. d. mathem.-muurw. Cl. LXX. Ed. I. Abth. 10 146 Toula. - 1845. Producta* cancrini Murch. Veni. Keys: Russ and the Ur. M. Vol. II, pag. 273. 1845. „ punctatus Mart. E. Robert Atl. d. 1. geol. des voyages de la Coinm. scient. du Nord Tat". XIX, Fig. 3. 1847. „ cancrini M. V K. de Koninck. Mem. de la soc. Royale d. scient. de Liege Vol. IV, pag. 208, Taf. II, Fig. 3. 1847. „ cancrini M. V. K. de Koninck Mon. Prod. et C'hon. pag. 105, Taf. XI, Fig. 3. 1847. „ — Geinitz: Die Verst. d. deutsch. Zechst, pag. 16, Taf. VI, Fig. 16-19. 1848. — — de Ko ninck: Nouv. not. surles foss. duSpitzb. (Bull. d. l'Ac. Royale d. Belg. XVI. part.II, pag. 632, Fig. 2. 1850. Strophalosia Cancrini M. V. K. sp. King: Monogr. penn. foss. pag. lue». (?) — „ Morrisiana King: Monogr. perm. foss. pag. 99. Taf. XII, Fig. 18—32. (?) 1857. „ lamellosa Dav. zum Theil, Davidson the brit. perm. Brach, pag. 44. 1857. Producta* cancrini M. V. K. Davidson 1. c. pag. 47. 1861. — — — Geinitz. Dyas pag. 101, Taf. XVI II. Fig. 22—27. 1866. — — — Carb. u. Dyas in Nebr. pag. 54. Taf. IV, Fig. 6. 1871. Strophalosia cancrini de V e r n. \V o o d w a r d : Mon. of the Moll, pag. 385, Fig. 191. 1871. Producta*; cancrini de Vern. Quenstedt: Brachiopoden pag. 620. 1872. purlcnuis Meek und Hayden: Final. Rep. Y. St. geol. Surv. of Nebraska, pag. 164, Taf. I. Fig. 14. Von dieser wichtigen Art liegen mehrere Exemplare vor. deren Bestimmung- trotz des nicht immer guten Erhaltungszu- standes mit Sicherheit vorgenommen werden kann. Die Sculpttnj der Schalen ist eine so bezeichnende, dass, wenn diese allein massgebend wäre, eine Verwechslung nicht leicht vorkommen könnte. Die Schwierigkeiten entstehen durch die Veränderlich keit der Schalenkrümmung und die verschiedene Ausbildung der Schlossränder, an welchen entweder (durch die Einkrihnmung des Schnabels) keine Spur einer Area vorhanden zu sein scheint, oder aber eine solche, welche mehr oder weniger deutlich hervortritti Schon an den von Murch., Vern. und Keys. (Russia II. Theil) abgebildeten Formen tritt diese Variabilität hervor; die auf Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien etc. 14 1 Taf. XVI, Fig. 8, dargestellte gehört Dämlich in die erstere, die auf Taf. XYIIl, Fig. 7, gegebene dagegen ohne Zweifel in die zweite Gruppe. Die grosse Klappe der typischen Form ist .stark gewölbt, in der Mitte etwas abgeplattet, aber ohne Mesial-Sinus und an den Seiten steil abfallend. Der Wirbel ist kurz, spitz zulaufend und ragt wenig über den Schlossrand vor. Dieser ist stets etwas kürzer als die grösste Schalenbreite, bei kleinen Exemplaren nur halb so lang- als diese. Feine Linien ziehen der Länge nach über die Sehale. sie sind tief eingesenkt und vermehren sieh gegen den Stirnrand hin. Stachelansatzstellen sind in grosser Menge vorhanden. An den Seiten und in der Nähe des Schlossrandes stehen sie rei- henweise hintereinander und stehen hier fast senkrecht auf der Streifung während sie an den andern Theilen der Schale nach rückwärts gekehrt sind „wodurch die Oberfläche einem mit Hermelinschwänzchen besetzten Mantel ähnlich wird". Starke Querrunzeln ziehen sich an den Seiten hinauf. An einigen Exemplaren ist keine Spur einer Area zu erken- nen, so dass dieselben ohne Zweifel mit dem Productus cancrini M. V. K. 1. c. Taf. XVI. Fig. 8, identisch sind. An einem stark gewölbten, leider etwas verdrückten Stücke, das man aber seiner sonstigen Eigenschaften wegen ohne weiteres hieher stellen muss, ist an der grossen Klappe eine, wenn auch sehmale, so doch ganz deutliche Area zu bemerken. Ganz dasselbe lässt sich von einem anderen stark gewölbten Exemplare sagen, an dem auch das Deltidium sichtbar ist, ganz in der Weise wie es King (1. c.) Taf. XII, Fig. 1 9, von Strophalosia Morrisiana abbildet. Durch das Angeführte gewinnt die Ansicht, welehe King, 1. c. pag. 100) ausspricht, an Wahrscheinlichkeit, wonach Pro- uuetus, oder wie er zuerst schreibt Strophalosia cancrini M. V. K. sp.y als eine mit Strophalosia Morrisiana King sehr nahe ver- wandte Art aufzufassen sei, davon unterschieden, „dass die grosse Klappe stark convex, länger als breit, an den Seiten steil abfal- lend, quergewurzelt und mit kaum wahrnehmbarer Area, letztere aber weniger convex, so breit oder breiter als lang, an den Seiten allmälig abfallend, längs gefaltet und die Area bestimmt und deutlieh vorhanden ist-', wobei aber wieder zu bemerken ist, lo* L48 T o u 1 a. dass auch bei der typischen Form (Russia Taf. XVI, Fig. 8) die Breite überragt. Diese Unterscheidung ist bei weniger reichhaltigem Mate- riale sehr schwer, so führt Greinitz (Dyas pag. 101) an, dass, besonders an jüngeren Exemplaren von Strophal&sia Morrisiana King, die grossen Klappen fast halbkugelig werden können, wodurch die Form des Productus cancrini vollständig hergestellt werden kann. Nach dem mir vorliegenden Materiale wäre die Annahme des Vorkommens des Productus cancrini M. V. K. ohne Area neben Formen mit schmaler Area und deutlichem Deltidium nahe liegend, welche mit Prof. Greinitz (1. c.) als Strophalosia Morri- siana King zu bezeichnen wären; ja es könnte die Entwicklung letzterer Form aus der ersteren angenommen werden. Jedenfalls stehen beide Formen in einem viel näheren Verwandtschaftsver- hältnisse, als durch den Gegensatz in zwei verschiedenen Gattungen anzunehmen erlaubt ist. Auch von den kleinen Klappen liegen mehrere Exemplare vor, an zwei Stücken sind dieselben in Verbindung mit den gros- sen Klappen erhalten, wodurch die Zugehörigkeit der für sich vorliegenden Stücke bewiesen wird. Dieselben sind leicht nach einwärts gekrümmt, in der Mitte etwas erhöht, gegen den Rand hin stark aufgekrünnnt. Die Oberfläche ist mit einer ähnlichen Sculptur versehen wie die grosse Klappe: zahlreiche feiueLinien mit vielen grubigen Vertiefungen (welche an Abdrücken als Höcker erscheinen). Da- zwischen sind an einem Steinkern zahlreiche feine Löchelchen sichtbar, welche auf feine senkrecht stehende Stacheln schlies- sen lassen. Starke Querrunzeln beginnen am Schlossrand und ziehen über die Schalen oberflächlich hin. In der Mähe des Wirbels sind dieselben viel zarter und ungemein gedrängt. Schliesslich sei noch erwähnt, dass die von de Koninck aus dem Bellsund als Producta* cancrini beschriebene Form (1. c. pag. 632, Fig. 2) mit dem typischen Prot/, cancrini M. \. K. nicht vollkommen übereinstimmt; es ist eine von den breiteren und flacheren Formen der Reihe. Das von Prof. Geinitz (Carb und Dyas in Nebr. pag. 54) Taf. IV, Fig. 6, altgebildete als Pro- ductus cancrini bezeichnete Fossil von Nebraska City, Etage Kohlenkalk- und Zechstein-Fdssilien etc. 149 Cell wurde neuerlichst von Meek (1. c.) als Prqductus Pertenuis beschrieben Es gehört wohl ebenfalls zu Prod. (Strophalosia) cancrini M. V. K., und zwar zu Jen flacheren und breiteren Formen. Dimensionen eines typischen Stückes : 20 Mm. breit, grosse Klappe 1!* Mm. lang und 13 Mm. hoch. Ein zweites Stück ist 27 Mm. breit, 23 Mm. lang- und 14 Mm. hoch. Eine „kleine Klappe- am Schlossrand 14 Mm. breit. Grösste Breite 20 Mm. Länge IG „ bis zur Schleppe. 14. Strophalosia Leplayi Gein. Fig. 13. 1861. Strophalosia Leplayi Gein. Dyas, Taf. XIX, Fig. 5, c. d. Ein kleines Stückchen von dieser hübschen Art konnte durch Präparation erhalten werden. Es ist eine kleine Klappe, welche mit den von Prof. Geinitz gegebenen Abbildungen und Beschreibung auf das Beste stimmt. Die stark ausgeprägten con- centrischen Falten um den Wirbel und die derben, an „Fächer- stäbchen" erinnernden Radialrippen, welche an dem uns vorlie- genden Stücke auf der Innenseite schon in der Wirbelgegend beginnen, aber erst auf der Schalenmitte besonders hervortreten, charakterisiren diese Art. Dimensionen: 7 Mm. breit und 7 Mm. lang. 15. Chonetes Vemeuiliana Norw. und Pratten var. Spitzberg iana nov. var. Fig. in. 1854. Chonetes Verneuiliana Nor wo od und Pratten-. Journ. Acad. Nat. 8c. Phil. Vol. III, pag. 26, Taf. II. Fig. 6, a. b. c. 1855. — — N. u. Pr., Shumard. Missouri geol. Reu. 1872. — — p. 216, N.u.Pr., Meek in Hayden : Final. Rep. im. St. geol. Surv. of Nebraska pag. 170, Taf. I, Fig. 10, a.b. 150 T 0 11 1 a. Von einer kleineren Chonetes-Art liegen mehrere Exemplare vor, welche sich mit keiner bekannten Form vollständig in Über- einstimmung bringen lassen, doch passt die von Meek (1. c.) gegebene Beschreibung in Bezug auf die Eigentümlichkeiten der Form ganz gut. Diese sind so bezeichnend, dass eine Ver- wechslung nicht leicht geschehen kann. Die Schalen unserer Exemplare sind breiter als lang (10 Mm. 6 Mm.) vierseitig halb- kreisförmig, ähnlich wie bei Chonetes glabra Geinitz (Carb. u. Dyas in Nebr. Taf. IV, Fig. 15 — 18), aber auffallend stark ge- wölbt mit einem an der etwas vorgezogenen und eingekrümmten Wirbelspitze beginnenden tiefen Mesial-Sinus. Die Ohren sind erhalten und von den steil ansteigenden Seiten durch eine flach gerundete Depression getrennt. Die Area ist schmal, aber deutlich sichtbar. Die Stachelröhren am Schloss- rande (bei Chon. Verneuiliana 4 auf jeder Seite) sind nicht erhal- ten. Die Oberfläche der Schale ist nach der oben citirten Beschreibung mit vielen (circa 100 feinen , zweigeteilten radialen Streifen bedeckt; au unseren Exemplaren sind nur Spuren der Schalen erhalten. Die Innenseite ist beiderseits mit zahlreichen radiär ange- ordneten spitzen Höckerchen versehen, welche an den Stein- kernen tief eingegrabene Löcher bedingen. Diese sehen aus, als ob sie mit einer Nadelspitze eingedrückt worden wären. Sie stehen besonders an den Seiten dicht gedrängt, ziehen sich aber bis gegen die Schnabelspitze hin. Im Sinus werden sie länglich und weniger scharf ausgeprägt. Von den amerikanischen Stücken sagt Meek (1. c), sie seien „manchmal nahe dem Stirnrande durch wenige Spuren von Grübchen verziert". Nahe steht auch Chonetes glabra Gein. (1. c), doch ist diese Art grösser, weniger gewölbt, mit auffallend breiterem, nicht so stark vertieftem Sinus versehen. Chonetes mucronataG ein. 1. c. Taf. IV, Fig. 12= Chon. granulifera Sow. besitzt einen viel weniger vertieften Sinus- Zwischen dieser Art und dem Chonetes Verneuiliana N. u. Pr. steht Chonetes Flemingi Norw. u. Tratten 1. c. pag. 26, Taf. II, Fig. 5, Geinitz Carb. u. Dyas, pag. 89, welche in der Punc- tirung unserer Form gleich ist. Alle die genannten Arten ge- hören einer Formenreihe an, gekennzeichnet durch den ausge- prägten Mesial-Sinus der grossen Klappe. Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien etc. lol Dimensionen: 10 Mm. breit, 6 Mm. lang- und 3-5 Mm. hoch. Chonetes Verneuiliana ist in den oberen Etagen der Car- bonformation von Nebraska, Kansas, Jowa, Missouri, Illinois etc. allenthalben verbreitet. 16. Chonetes gra/mil/ifera Sow. Fig. 11. 1855. Chonetes granulifera Sow. Geol. Min. Jow;i and Wisconsin, pag. 583, Taf. V, Fig. 12. 1858. — mueronata Meek u. Hay den: Proc. of the Ac. Nat. Sc. of Phil. pag. "262. 1866. — M. u. H. G e i n i t z : Carb. u. Dyas in Nebr. pag. 58, Taf. IV, Fig. 12—14. 1 -72. — granulifera Meek in Hay d e n : Fin. Rep. of the geol. Surv. of Nebr. pag. 170. Taf. IV. Fig. 9, VI. Fig. 16 und VIII, Fig. 7. Vou dieser fein granulirt gestreiften Form liegt mir eine ziemlich gut erhaltene grosse Klappe vor, welche mit der von Geinitz I.e. gegebenen Beschreibimg gut übereinstimmt, Meek (1. c.) hat ganz neuerlich, nach genauerer Untersuchung der Owen'schen Stücke, mit Exemplaren aus Nebraska die Identität seines 67t. macronata mit der Owen'schen Art festgestellt. Unser Exemplar ist etwas kleiner als die amerikanischen ; es zeigt 7 Mm. Länge, 15 Mm. Breite. Diese Art ist in Nebraska im oberen Carbon bei Plattes- montli häufig, in den oberen Schichten von Nebraska City, welche Geinitz (1. c.) als unzweifelhaft zur Dyas gehörig be- zeichnet, nur selten. Meek und Hay den (1. c.) fanden sie bei Fort Riley in Kansas in echten Carbon-Schichten. 17. Clionetes sp. ind. Ein unvollständiges Exemplar einer grossen Klappe liegt vor, welches keine nähere Bestimmung zulässt. Die Oberfläche ist mit ziemlich derben Längsstreifen be- deckt, von denen am Stirnrande zwei auf einem Mm. zu stehen kommen ; sie werden von blättrigen Anwachsstreifen unterbrochen. 152 t o u 1 a. Durch die flach gewölbte Schale und den am Wirbel beginnenden Sinus erinnert diese Form etwas an C/mnetes granulifera Sow. C 1 a s s e : Coneliifera L a m. 18. Pecten (Aviculopecten) Wilczeki nov. sp. Fig. 12. Eine linke Schale liegt in Abdruck und Steinkern vor. Es ist eine mittelgrosse Form, deren Breite gegen den Stirnrand rasch zunimmt. Die Oberfläche zeigt eine gitterartige Ornamentirung, bedungen durch starke, scharfkantige Radial- rippen, deren sieben gezählt werden können, und concentrische weniger scharfe Wülste, deren Entfernung von einander gegen den Stirnrand rasch zunimmt, während sie am Wirbel sehr ge- drängt stehen. Die beiden Ohren sind gut erhalten, das vordere Ohr ist von der Schalenoberfläche durch eine tiefe Furche ge- trennt und ist mit feinen gekrümmten Parallel-Linien bedeckt, über welche einige grössere Radiallinien hinlaufen. Das hintere flache Ohr zeigt diese Streifung noch deutlicher. Die Schale war, wie einige seidenglänzende Rudimente am Abdrucke derselben zeigen, sehr dünn. Eine entfernt verwandte Form beschreibt Meek (inHayden: Final. Rep. Un. S. Geol. Surv. of Nebr. pag. 193) als Aviculo- pecten carboniferus (Stevens 1858) = Pecten Hawni Geinitz (18G6 Carb. u. Dyas in Nebraska pag. 30, Taf. II, Fig. 19), doch unterscheidet sich Pecten (Äviculöpecten) Wilczeki nov. sj>. auf das Bestimmteste durch seine schlankere Form, die viel gerin- gere Anzahl der Radial-Rippen, 7 gegen 15, und die grössere Anzahl der concentrischen Streifen. Dimensionen: Länge circa 25 Mm. Länge des Schlossrandes .16 ,. Breite am Stirnrand circa . 22 ,, in der Schalenmitte ,12 ,. Kohlenkalk- nml Zechstein-Fossilien etc. 153 Schlussbemerkung. Betrachtet man die vorstehend beschriebenen Arten im Allgemeinen, so zeigt sieh, dass dieselben zum Thcil dem Carbon entsprechen (Spirifer. striatus, Productus undatus und Productus longispinus), zum Theil echte Zechsteinformen sind (Producta* (Strophalosia) Cancrini und Strophalosia Leplayi) oder Arten angehören, welche aus dem Kohlenkalk in den Zechstein aut- steigen, wie Camarophoria crumeua (==■ Cum. Schlotheimi) und wohl auch Productus Prattenianus und Chonetes granulifera. Auch die neuen Arten zeigen ein ähnliches Verhalten, in dem sie sieh aus- dauernden Formen ansehliessen. Die Kleinheit der vorliegenden Exemplare gibt ihnen ein dyadiseh.es Aussehen. Da alle diese Fossilien in einem innig zusammengehörigen Schichtenconiplex gefunden wurden, ja selbst Arten, welche für verschiedene Formationen bezeichnend sind (Prod. longispinus und Productus (Strophalosia) Cancrini), sieh in einem und dem- selben GesteinstUcke vorfanden, gewinnt dieses Vorkommen noch an Interesse und wäre nur zu wünschen, dass an dieser Localität recht bald eine reichere Ausbeute gemacht würde, um die Verhältnisse noch sicherer festzustellen. Dies wäre um so Wünschenswerther, als gerade in neuerer Zeit wiederholt die Meinung ausgesprochen wurde, dass Carbon und Dyas in einem viel innigeren Zusammenhange stehen dürften als früher ange- nommen wurde. Prof. Geinitz sprach schon 185(3 in seiner „geognostischeu Darstellung der Steinkohlcnformation in Sachsen" (pag. 32) die Meinung aus, ,,dass sieh das carbonische Meer, d. h. das Meer der Carbonzeit im Laufe der Zeit in ein Zechstein-Meer umge- wandelt habe" und in der Abhandlung: „Carbonformation und Dyas in Nebraska" (1866) sagt er, dass in Nebraska diese allge- meine Umwandlung mit voller Klarheit vor Augen trete. „Man sieht hier die Bürger des alten Meeres allmälig verschwinden und an ihre Stelle treten neue dyadische Arten1' {\. c. pag. 90). 154 Toula. Prof. Greinitz unterscheidet in der citirten Abhandlung bei Nebraska City nach der Fossilien Führung' mehrere Etagen, von welchen die unteren dem Carbon, die oberen aber dem oberen Zechstein entsprechen sollen. Dieser Anschauung- tritt F. B. Meek im paläontologischen Theil des „Final Report of the united States geol.Survey of Nebraska-' von F. V. Hayden (1872) mit der Behauptung entgegen, dass die von Geinitz für dyadisch erklärten Schichten carbonischen Alters seien. Anfänglich waren Meek und Hayden für die Annahme eines Zwischengliedes, für welches sie den Namen Tpermo- carboniferus" vorschlugen. Später als in Kansas die permische Formation nachgewiesen wurde, erklärten die beiden Herren die oberen Schichten von Nebraska City ebenfalls für permisch. Erst nach den genauen Untersuchungen der Fossilien von ver- schiedenen Localitäten stellte Meek (1. c. pag. 133) die Ansicht auf, dass der ganze Schichtencoinplex von Nebraska City zur jüngeren Carbonformation („Coal Measures") gehört und dass in keiner Beziehung ein plötzlicher Abbruch zwischen dem Carbon und der permischen Formation besteht. Demnach wäre vielleicht die Annahme eines permisch-carbonischen Übergangsgliedes, wie dies von Meek und Hayden früher angenommen wurde, ge- rechtfertigt. Zur Klärung dieser Verhältnisse werden die inter- essanten Vorkommnisse permisch-carbonischer Schichten in der südlichen Zone der Alpen wesentlich beitragen, welche Herr Berg- rath Dr. Guido S t a e h e im Jahre 1873 aufgefunden hat. Auch verspricht das reiche Material, welches Prof. Höfe r von den Barent-Inseln an der NW; -Küste von Nowaja Semlja mitgebracht hat, mit dessen Bearbeitung ich gegenwärtig beschäftigt bin, in dieser Beziehung manche Aufklärung zu geben. Zum Schlüsse ergreife ich die Gelegenheit, demDirector des kais. Hof-Mineralien-Kabinets, Herrn Prof. Dr. Tscherina k, für die, mit grösster Liberalität gewährten literarischen Hilfsmittel meinen besten Dank auszusprechen. ') Dr. Guido Stäche: Über eine Vertretung der Permformation von Nebraska in den Südalpen etc. Verhandlungen d. k. k. geol. Reichsanst IST!, Nr. 4 Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien etc. 155 E r k 1 ä r u n ff tl e r A b b i 1 d n n ff e n. Fig. 1. SpirifeHna Höferiana nov. sp. a. Ansicht von der kleinen Klappe. b. „ „ „ grossen „ c. Stirnansicht. (/. Seitenansicht. Fig. 2. Spirifer lineatus Mart. sp. var. ellipticus S o w. Kleine Klappe. Fig 3. Catnarophoria crumena Mart. sp. a, Seiten-Ansicht. b. Ansicht der kleinen Klappe. Fig. 1. Productus WeyprechU Tonla. a. Ansicht der grossen Klappe, Steinkern zum Theil sichtbar. b. Ansicht von der Schlossseite. c. Seitenansicht. Fig. 5. Productus conf. Prattenianus Nor w. Fig. 6. Productus WMczeJoi nov. sp. a. Grosse Klappe. b. Von der Schlossseite. c. Kleine Klappe. d. Seiten- Ansicht. Fig. 7. Productus lonyispinus Sow. a. Grosse Klappe. b. Ansicht von der Schlosseite. Fig. 8. Productus Spitzberg ianus nov. s p. a. Grosse Klappe. b. Ansicht von der Schlosseite. c. Seitenansicht. d. Innenseite der kleinen Klappe. Fig. 9. Productus (Strophalosia) Cancrini M. V K. sp. d. Ansicht von der Schlossseite. b. Seitenansicht. c. Area. d. Innenseite der kleinen Klappe. Fig. 10. Chonetes Verneuüiana Norw. und Pratt. var. Spitz- bergiana n o v. v a r. Grosse Klappe. 156 Toula. Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien etc. Fig. 11. Chonetes granulifera Sow, Grosse Klappe. Fig. 12. JPecten (Aviculopecten) Wüczeki nov. sp. Linke »Schale. Fig. 13. Strophalosia Leplayi G-einitz. Kleine Klappe. Toula.Kbhlenkalku.ZechsteinvomHoiusundauf Spitzbein T;if. I. - Cig.l Spin/erina USferiana tum sn Fi,,.:'. Spirifer li„,;lt„i !/„,., „■ ,■ Nor*,. F,,, 6. nvductw «>v,z,/,, „„„ ,„ Kg 7 n. lhll.,us ,' ■' ■>>>■">">>»* confi fr,,,,,,,,,,,,,,, Sitzun|sb.d.k.Akad.d.Wmath.u,nat:Cl.LXX H.I.IAl.i!. j;;7'. 157 Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes der k. k. Wiener Universität. II. Beiträge zur Morphologie und Biologie der Hefe. V<»n Emil Schumacher aus Luzern. (Vorgelegt in der Sitzung vom 11. Juni 1874 ) I. Über die Vermehrung der Hel'e durch endogen ent- stehende Zellen (Reess' Ascosporen). Bekanntlieh hat Reess1 unsere Kenntnisse über die Morpho- logie der Hefe durch eine wichtige Entdeckung erweitert, indem er eine neue Vermehrungsweise der Hefe auffand. — Er beob- achtete nämlich, dass Hefezellen, wenn sie auf bestimmten Sub- straten im feuchten Räume oder unter anderen, später näher zu bezeichnenden Verhältnissen gezogen werden, in ihrem Innern 2 bis 4 neue Zellen bilden, ausweichen in gährungsfähiger Flüssig- keit durch Sprossung wieder ganz normale Hefezellen hervor- gehen. Reess findet, dass diese endogen entstehenden Zellen Pro- dukte freier Zellbildung sind, deutet dieselben als Ascosporen und stellt, in Consequenz dieser Annahme, den Alkoholgährungspilz als Saccharomyces cerevisiae Meyen zu den Ascomyceten. An der Richtigkeit der Beobachtung, dass unter bestimmten Bedingungen in den Zellen der Alkoholhefe endogen neue Zellen entstehen, sofern diese Wahrnehmung sich auf B i e r h e f e bezieht, ist wohl nicht mehr zu zweifeln, nachdem Brefeld2 und noch i Bot. Zeitung 1869, pag. 104. — Ausführlicher in : Bot. Untersuchung über d. Alkoholgährungspilze. Leipzig 1870. • Flora 1873, Nr. 25. — A. Mayer tlieilt in seiner jüngst erschienenen prährungschemie . 3 Alkoholgährungspilze i»;ig'. 21. * „ pag. .">. Anni Beiträge zur Morphologie und Biologie der Hefe. 159 erzielen; der Branntwein hat bei derPresshefefabrication nur die Bedeutung eines Nebenproductes. Die Hefezellen der Presshefe besitzen den reellen Wassergehalt, den sie in der Gährfltissigkeil hatten, denn bei der Abscheidung der Presshefe wird nur die mechanisch adhärirende Flüssigkeit möglichst beseitigt, undnichts von dem den Hefezellen eigenen Wasser entfernt. Ms schien mir der Vollständigkeit halber nothwendig, neben den Culturversuchen, die ich mit Presshefe anstellte, auch solche mit Bierhefe vorzunehmen, um die etwaigen Unterschiede dieser beiden Hefeformen inBetreff ihrer endogenen Zellbildung kennen zu lernen. Zu den Versuchen nahm ich nicht nur aus zuverlässigen 1 landen bezogene und von allen Fälschungen freie Bier- und Presshefe, sondern benutzte auch für einzelne Versuche Hefe, die ich aus den beiden genannten Materialien in Pasteur'scher Flüssigkeit1 gezogen hatte, und ferner vorsichtig- an der Luft getrocknete B i e r- u n d B r a n n t w e i n h e f e (Presshefe). Lufttrockene Hefe zog ich darum in den Versuch hinein, da dieselbe nach den Untersuchungen von Hoffmann2 und Wiesner3 lange Zeit nach dein Trocknen noch aus lebenden Zellen besteht, und es deshalb wtinschenswerth schien zu er- proben, ob nicht vielleicht die lufttrocken gewordenen Hefezellen leichter in die Ascusform umgewandelt werden können als die wasserhaltigen. Es dienten somit als Untersuchungsmaterialien : 1 . Frische Bierhefe, 2. Lufttrockene Bierhefe, 3. Frische Presshefe, 4. Lufttrockene Presshefe. 1 Auf 1000 Cr. Wasser 100 Gr. Kandiszucker, 1 Gr. rechts weinsaures Ammoniak und die Asche von 10 Gr. Hefe. 2 Bot. Untersuch, aus dem physiol. Laborat. d. landw. Lehranstalt in Berlin, herausgegeben von II. Karsten. Bd. I, p. 359. s Mikroskopische Unters. etc. Herausgegehen v. Prof. Dr. J. Wiesner, Stuttgart 1*7-2, p. 11-4, und Sitzungsberichte der kais. Akad. d.Wissensch. zu Wien. Math. nat. Classe, II. Abth., Siärzhefl L869. 160 Schumacher. Anfänglich hielt ich mich bei den Culturversuchen strenge an die von Reess gegebenen Vorschriften. Nachdem dieselben aber, namentlich bei Presshefe, nicht zu den gewünschten Resul- taten führten, sah ich mich genöthigt, in einzelnen Versuchen liievon abzugehen. 1. Versuche mit frischer Bierhefe. Zur Untersuchung diente frische, direct aus der Brauerei gekommene Unterhefe, welche ich dem Herrn K u f f n e r, Brauhaus- besitzer in Ottakring undDöbling bei Wien, und Herrn Meichel, Brauhausbesitzer in Simmering bei Wien, verdankte. Die mikroskopische l Untersuchung ergab, dass alle verwen- deten Proben frei von fremden Zusätzen waren. Die Hefe wurde vor jedem Versuche, wie es die vonReess gegebene Vorschrift forderte, mit destillirtem Wasser gewaschen und absitzen gelassen. Die so gereinigte Hefe wurde nun auf fol- gende feste Substrate gesäet: auf frische und gekochte Kar- toffel, auffrische und gekochte Möhre (Dauern Carota). Die Aussaaten wurden, unter den von Reess angegebenen Vorsichten, im feuchten Räume stehen gelassen und Tag für Tag die vor sich gegangenen Veränderungen mikroskopisch fest- gestellt. Die sämmtlichen Versuche wurden in einem Räume des pflanzen-physiologischen Institutes der k. k. Universität in Wien innerhalb der Monate November 1873 bis Ende April 1874 ausge- führt, dessen Temperatur innerhalb der Versuchszeit nicht unter 14° C. fiel und nicht über 18° C. sich erhob. „R e es s 2 schildert nun die Entstehung der A s c o s p o r e n in folgender Weise: „Bei diesen Culturen (auf den Substraten nämlich") verhält sich Bierunterhefe während der ersten 2 bis 3 Tage ebenso, wie in einer gährungsfähigen Lösung schwacher Concentration. Die 1 Sämmtliche Beobachtungen wurden gemacht mit einem Mikroskop I c ii b e r t u. k r a 1 t — Oc. - Alcoholgährungspilze p. 9. VOnS e u 1» c r t ii. K r a t't ' „ . [Yer.üTöss. fllOj Beiträge zur Morphologie und Biologie der Hefe. 161 wasserreichen, grosse Vakuolen bergenden Zellen des Saccharo- myces cerevisiae sprossen — wie zu Ende cinerllaupfgährung — langsam, doch ohne Unterbrechung weiter, so dass binnen 24 Stunden der Rand der Hefeschicht ringsum V2bis :1 \ Millimeter mit welligen Ausbuchtungen durch Zuwachs vorrückt. Die ein- zelnen Zellen sind meist von rundlicher, ovaler, selten von ellip- tischer und kurz fadenförmiger Gestalt. Ein Auswachsen derSaccharomyceszellen zu Myceliumfäden irgend welcher Art findet niemals statt, auch wenn alle Bedin- gungen für derartige Pilzvegetationen gegeben sind. Mit dem dritten Tage nimmt die Vegetation desBiergährungs- pilzes allmälig ab; am vierten liegen weitaus die meisten Zellen isolirt neben einander, ohne neue Sprossungen anzusetzen. Viele Zellen — die älteren, protoplasmaarmen — sterben ab und co 11 ab Iren. Andere schwellen sichtlich an, von 8bis9 Mik.1 grössten Durchmessers auf 11 bis 14 Mik. Die grossen Vacuolen in ihnen sind geschwunden, dafür erscheint ihr gesammtes Protoplasma durch viele kleine Vacuolen und Fetttröpfchen (?) gleichförmig feinschaumig. Durchschnittlich mit dem fünften und sechsten Tage differenziren sich im schaumigen Plasma gleichzeitig zwei, drei oder vier dichtere Kerne (als Zellkerne sind sie nicht sicher zu bezeichnen), um welche fast alles übrige Plasma feinkörnig sich sammelt. So entstehen im Protoplasma 2 bis 4 individualisirte Inseln mit je einem dichten Kerne, welche nach wenigen (12 bis 24) Stun- den mit je einer zarten Membran sich umgeben. Die ursprüng- liche Saccharomyceszelle umschliesst dann, ausser ganz spär- lichem, zur Tochterzellenbildung nicht verbrauchtem Mutterzellen- plasma und wässerigem Zellsaft, zwei, drei oder vier rundliche, durch freie Zellbildung entstandene Tochterzellen, von4bis5Mik. Durchmesser." Ich kann nicht allen eben angeführten Angaben zustimmen, denn vielfach wurde von mir ein abweichendes Verhalten beob- achtet. 2 1 Mik. = 1 Mikromillimeter = 0-001 Millimeter. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. 11 162 Schumacher. Dass z. B. am vierten Tage nach der Aussaat die meisten Zellen isolirt nebeneinander liegen sollen, ohne neue Sprossungen zu bilden, habe ich kein einziges Mal gefunden; vielmehr beob- achtete ich auf einigen Substraten nach drei Wochen noch sehr häufige, auf gekochter Rübe (Möhre) einmal sogar nach sieben Wochen, dann freilich seltener, Sprossungen und Zellen mit grossen Vacuolen. Auch einelndividualisirung des Protoplasma um dichte, vor- gebildete Kerne habe ich nie bemerkt und vielmehr gefunden, dass die sich differenzirenden Plasmaportionen gleichmässig fein- körnig waren. Als Substrate für die Hefezellen zur Erzielung endogener Zellen erwiesen sich am günstigsten frische K a r t o f f e 1 und frische Möhre ; die Culturen aufgekochter Kartoffel gingen stets am raschesten durch Penicillium glaacum und Oidium lactis zu Grunde. Auch entwickelte sich auf diesem Substrate oft schon nach drei oder vier Tagen ein starker Geruch (demjenigen des Trimethylamins sehr ähnlich) unter gleichzeitig massenhaftem Auftreten von Bacterien. Kein anderes Substrat zeigte diese Erscheinung. Die A s c o s p o r e n erschienen auf frischen Kartoffeln einige- mal am neunten Tage, auf frischer Rübe am dreizehnten nach der Aussaat. Versuche, die Sporenbildung bei mehrfach ausgewaschener Hefe in destillirtem Wasser oder in täglich abgeschwächten Zucker- lösungen hervorzurufen, i gaben stets ein negatives Resultat. Viele solcher Culturen gingen trotz der Vorsicht, welche gebraucht werden musste, um atmosphärische Verunreinigungen auszu- schliessen, nach 2 bis 3 Wochen zu Grunde, ohne dass auch nur eine Andeutung von Ascosporenbildung beobachtet werden konnte; andere hielten sich unverdorben 5 bis 6 Wochen unter steter Sprossung. Die einzige sichtbare Veränderung, die die Hefezellen durch solche Behandlung erlitten, war, dass das Proto- plasma regelmässig grobkörnig wurde, auch das Protoplasma solcher Zellen, die noch eine grosse Vacuole enthielten. 1 Alkoholgährungspilze p. 13. Beiträge zur Morphologie und Biologie der Hefe. 10.'» Die Möglichkeit der Sporenbildung bei solchen Culturen sei durch diese negativen Resultate meiner Untersuchungen durch- aus nicht bestritten, sondern es soll dadurch nur von Neuem auf das Unzuverlässige derartiger Züchtungsversuche hingedeutet werden. 2. Versuche mit lufttrockener Bierhefe. Zu diesen Versuchen wurde frische Bierhefe sorgfältig aus- gewaschen, dann auf Filterpapier gestrichen und unter einer schützenden Glocke das Wasser der Hefe bei gewöhnlicher Zim- mertemperatur (16°C.) zur Verdunstung gebracht. Nach einigen Tagen wurde sie trocken, knotenförmig und hatte eine dunkel- braune Farbe angenommen. In 10°/0 Zuckerlösung präparht, zeigte sich das Protoplasma körnig, vacuolenlos; erst nach län- gerem Liegen in der Zuckerlösung entstanden im Innern einzelner Zellen wieder normale Vacuolen. Solche Hefe wurde nun auf die Substrate ausgesäet, und zwar: auf frische und gekochte Kartoffel, auf frische und ge- kochte Möhre. Nach zwei Tagen war die aufgestreute Hefe vollständig er- weicht, ja auf den frischen Substraten ganz zerflossen; Vacuolen traten wieder auf, ebenso Sprossungen, das körnige Wesen des Protoplasma aber blieb constant. Obwohl ich mehrere Versuche in dieser Richtung machte, gelangte ich doch stets zu negativen Resultaten. Es ist dem- nach die lufttrockene Bierhefe, obgleich sie aus lebenden Zellen besteht, ' doch zur Überführung in die Ascusform nicht geeignet. 1 Hoffmann spricht sich (Bot. Unters. 1. c. p. 359) in Betreff der Dauer der Gährkraft an der Luft getrockneter Hefe folgendennassen aus : „In diesem Zustande kann man die Hefe (wie es scheint beliebig lange) auf- bewahren, ohne dass sie dabei merklich von ihrer Gährkraft einbiisst." Wiesner gibt in seinen Untersuchungen über den Einfluss, welchen Zuftuss und Entziehung von Wasser auf die Lebensthätigkeit der Hefe- zellen äussern (Mikrosk. Unters. 1. c.) an, dass Hefe, deren Wassergehalt etwa 13% beträgt, durch acht Monate hindurch sich lebend erhält, indem die Zellen einer so lang in diesem Zustand aufbewahrten Hefe in verdünnter Zuckerlösung sprossen und intensive Gährung hervorrufen. 11* 1 64 Schumacher. 3. Versuche mit frischer Presshefe. Über eine etwaige Überführung der Zellen der Presshefe in die Ascusform hat Reess, wie schon oben angeführt wurde, keine eingehenden Versuche angestellt. i Die einzige hierüber bekannt gewordene Beobachtung wurde gelegentlich von Wies n er 2 gemacht. Er gibt an, dass bei Cul- turen der Presshefe, nach den von Reess für Bierhefe gegebenen Auf längere Zeiträume hinaus hatte Herr Prof. Dr. Wiesner seine Versuche nicht ausgedehnt. Wohl aber bewahrte er in Gefässen, welche gegen den Zutritt atmosphärischer Keime völlig abgesperrt waren, luft- trockene'Presshefe seit Jahren auf, welche er mir zu weiteren Versuchenge- fälligst überliess. — Ich erhielt 2 Proben; die eine wurde in frischgetrock- netem Zustand im August 1869, die andere in eben demselben Zustand im November 1870 eingeschlossen. — Die Versuche wurden mit beiden im März 1874 angestellt, selbstverständlich unter Berücksichtigung der nöthigen Vorsichtsmassregeln zum Ausschluss atmosphärischer Keime. Erstere, welche also durch -1 Jahre und 9 Monate aufbewahrt wurde, brachte weder Gährung hervor, noch Hess sich in Zuckerlösung Sprossung constatiren. — In Wasser präparirt, zeigten die Zellen dieser Hefe meist elliptische Form, immer körniges Protoplasma, arretirte Sprossungen und lebende Bäcterien. — Auch die zweite Hefe, welche also ein Alter von 3 Jahren und 4 Monaten aufwies, liess keine Sprossbildung der Hefezellen erkennen und zeigte, in Wasser präparirt, das nämliche Bild wie die Hefe von 1869. Wohl trat bei der zweiten Hefe nach einiger Zeit Gährung ein ; da aber gleichzeitig die Bildung eines Mucormyceliums stattfand, so liess sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ob die Gährung von der gewöhnlichen Hefe oder von Mucorhefe herrührte. Aus diesen Versuchen ergibt sich, dass Hefezellen nach 4jähriger Auf- bewahrung sich als völlig getödtot und überhaupt als unfähig zur Einleitung von Gährung erweisen, dass hingegen Mucorsporen (und Bäcterien) diese mehrjährige Aufbewahrung lebend überdauern. Ob gewöhnliche Hefe nach dreijähriger Aufbewahrung noch als lebend anzusehen ist, bleibt hingegen noch zweifelhaft. Es ist noch zu bemerken, dass auch aus der erstgenannten Hefe bei Abschluss atmosphärischer Keime in Zuckerlösung sich ein Mycelium ent- wickelte, dessen Auftreten jedoch von Gährung nicht begleitet war. 1 Alkoholgährungspilze p. 20. 2 Kohstoffe des Pflanzenreiches. Leipzig 1873. p. 822. — Auch in: Archiv der Pharmacie. 1874, I. B., 5. H. p. 420. Beiträge zur Morphologie and Biologie <17 grössten Querschnittes der Mutterzelle oder aber in der Axe der Mutterzelle; bei den Tetraden war die Anordnung entweder kreuzweise oder tetraedrisch. Die Tochterzellen behielten meistens ihr gleichförmiges Protoplasma, selten bildeten sich in ihnen kleine Vacuolen. Die Muttermembran verschwand nach zwei bis drei Tagen (gezählt vom Auftreten der Ascosporen) ohne dass die Sporen- complexe sich aufgelöst, oder die Sporen in ihrer gegenseitigen Lage sich geändert hätten. In gährungsfähige Medien gebracht, begann schon nach 24 Stunden eine lebhafte Sprossung der Sporen. Die Culturen mit selbstgezogener Hefe führten zu den nämlichen Resultaten ; doch gestehe ich , dass ich bei Anwen- dung der gewöhnlichen käuflichen Presshefe stets sicherer auf Ascosporen rechnen konnte; der Grund hievon ist mir nicht bekannt. In Betreff der Keimung der Ascosporen erlaube ich mir noch folgende Bemerkung : Reess1 sagt hierüber wörtlich Folgendes: „Nie sah ich die Sporen am Ort ihrer Entstehung keimen, auch nicht bei genügender Wasserzufuhr. Sie keimen eben überhaupt nicht gerne, wo sie in Menge, oder mit Massen ande- rer Pilze zusammenliegen. " Ich habe hingegen bei einigen Culturen, bei welchen gewöhnliche Sprossungen sehr selten mehr vorkamen, die Be- obachtung gemacht, dass bei fast allen Sporencomplexen je eine noch mit den Schwesterzellen zusammenhängende Ascospore mit einer Zelle in Verbindung stand. Nach Reess würde also diese letztere primärer und die Ascosporen secun- därer Natur sein. Auf das häufige Vorkommen solcher Com- plexe aber, bei fast vollständiger Abwesenheit gewöhnlicher Sprossungen gestützt, glaube ich eher die Ascosporen als primär und die an der einen Spore haftende Zelle als secun- där ansprechen zu dürfen. 1 Alkoholgährimgspilze p. 15. 1(38 Schumacher. 4. V e r s u c h e tu i t 1 u f tt r o c k e n e r P r e s s h e f e. Von jener Presshefe, welcbe in frischem Zustande zu den früher angeführten Versuchen diente, wurden etwa 12 Gramm in fein zerbröckeltem Zustand auf Löschpapier unter schützender Glocke liegen gelassen. Schon nach wenigen Stunden erwies sich diese Hefe als merklich spröder; nach 24 Stunden war sie ganz hart; nach achttägigem Trocknen an der Luft enthielt sie nur noch 10% Wasser. Solche Hefe ist schmutzigbraun «, sehr hygroskopisch, va- cuolenfrei und mit körnigem Protoplasma erfüllt. Die Culturen wurden angelegt: auf frischer und gekochter Kartoffel, auf frischer und gekochter Möhre. Da zeigte sich vorerst, dass die trockene Presshefe aus den Substraten viel begieriger das Wasser aufnahm, als die trockene Bierhefe, denn schon nach 44 Stunden waren auf allen Substra- ten die ausgestreuten Hefebröckelchen vollständig zerflossen. Die kurz nach der Aussaat licht graugelb gewordene Hefe wurde in den nämlichen 24 Stunden dunkler, es traten an den Zellen Sprossuiigen auf, Vacuolen bildeten sich wieder und nach 48 Stunden zeigten sich auch fünf- und secbsgliedrige „Spross- verbände". Am zehnten Tage nahm diese lebhafte Vegetation bedeutend ab, die mehrgliedrigen, durch Sprossung entstande- nen Zellgruppen zerlegten sich in ihre Elemente, und auch die geringen Sprossungen wurden seltener. Pilze verdarben dann die Culturen. Eine einzige Cultur, auf gekochter Rübe, gestattete während 47 Tagen tägliche Untersuchung und zeigte unter den meist collabirten Zellen doch noch einzelne mit Vacuolen ver- sehene Zellen und selbst Sprossungen. Das Auftreten von Ascosporen konnte ich in keinem der angestellten Versuche beobachten. So zeigen sich denn auch die Zellen der lufttrockenen Press- hefe, wie die der schon erwähnten lufttrockenen Bierhefe, nach meinen Versuchen nicht geeignet, in die Ascusfonn überzugehen. »Am besten trockener Brodkrume vergleichbar. Wiesner, mikrosk. Untersuch. 1. c. p. 99. Beiträge zur Morphologie und Biologie der Höfe. 169 Aus vorstehenden Versuchen ergibt sich also Folgendes : 1. Die Branntweinhefe bildet unter bestimmten äusseren Bedingungen gleich der Bierhefe sogenannte Ascosporen. 2. Die Ascosporenbildung tritt bei der Branntweinhefe viel später ein, als unter ähnlichen Bedingungen bei der Bierhefe. 3. Als geeignetste Substrate erweisen sieh für die Cultur der Branntwein liefe behufs Hervorbringung der Ascosporen: frische Kartoffel und Schwarzbrot. Es ist nach diesem Verhalten wohl berechtigt, die Brannt- weinhefe als eine Culturform von Saccharomyces cerevisiae Meiien aufzufassen, wie dies von Reess bereits vermuthend aus- gesprochen wurde. II. Über den E i n f 1 u s s niederer Temperaturen a u f d i e Lebens fähigkeit der H e f e z e 1 1 e n. Vor längerer Zeit hat Lüders dorf« angegeben, dass es ihm gelungen sei, durch Reiben auf einer Reibplatte Hefe mechanisch zu zertrümmern. Diesem Versuche steht ein anderer der Maria Ma nasse ins entgegen, die lufttrockene Hefe in einem Falle sechs, in einem anderen fünfzehn Stunden lang von einem kräftigen Manne mit gepulvertem Bergkry stall in einem Glasmörser reiben liess. Durch diese Procedur wurden freilich die meisten Zellen gänzlich zerstört. Einzelne behielten aber dennoch die Fähigkeit zur Weiterentwicklung; denn wenn solche Hefe, unter den nöthigen Vorsichtsmassregeln zum Aus- schluss atmosphärischer Keime, in Gährflüssigkeit versenkt wurde, so zeigte sich schon nach einigen Tagen lebhafte Gährung und auch reichliche Sprossung der Hefezellen. 1 Bot. Zeit. 1846, p. 31. Auch Hotfinann erwähnt den Versuch von Lüder sdorf in seiner Arbeit: „Zur Naturgeschichte der Hefe" in den bot. Untersuch, aus dem physiol. Laborat. der landwirthschaftl. Lehranstalt in Berlin. Herausgegeben von Karsten. Bd. I. 1867, p. 353. 2 Mikroskop. Untersuch, ausgeführt im Laborat. für Mikroskopie etc. am k. k. poly tech. Institut in Wien. Herausgegeben von Prof. Dr. J. W i e s n e r. Stuttgart 1872, M. Maiiassein: Beiträge zur Kenntniss der Hefe und zur Lehre von der alkoholischen Gährung, p, 12G. 170 Schumacher, Aus letzterem Versuche ist wohl zu ersehen, dass die Het'e- zellen mechanischen Angriffen ausserordentlich grosse Wider- standskraft entgegenstellen. Nach den Versuchen von Melsens1 sollen die Hefe- zellen lebend einen Druck von 8000 Atmosphären überdauern. Der Einfluss hoher Temperaturen auf Hefe war Gegen- stand eingehender Untersuchungen von H. Hoffmann5» Wiesners und Marie Manassein*. Die Resultate der beiden letzteren stimmen mit denen von Ho ff mann nicht ganz überein und M. M' bis 72° waren alle Hefezellen entschieden todt. Die höchste Temperatur, die M. M a n a s s e i n auf lufttrockene Hefe einwirken Hess, betrug 308° C, wobei die Erwärmung 3 Stunden 5 Minuten dauerte und die Hefe während ■ 4 h. einet Temperatur von 800 bis 308° C. ausgesetzt war. Auch solche Hefe gührte noch. Es dürfte hier nicht überflüssig sein, das Resultat der Manassein' sehen Arbeit anzuführen: Todte Hefezellen haben noch die Fähigkeit, Gährung ein- zuleiten und eine begrenzte Zuckermenge zur Vergährung zu bringen. Lebende Hefezellen können hingegen, wenn nur die Bedingungen für ihre Entwicklung vorhanden sind, eine unbe- grenzte Zuckermenge in Alkohol, Kohlensäure und die übrigen Gährungsproducte überführen. Es ist nach M. Manassein mehr als wahrscheinlich, dass in den Hefezellen ein specifiscb.es Ferment vorkommt, welches die Spaltung des Zuckers in die Gährproducte bedingt, ganz unabhängig davon, ob die Hefezelle lebt oder todt ist '. Ueber den Einfluss niedriger Temperaturen auf Hefe liegen weniger zahlreiche Versuche vor, und genaue Angaben über das morphologische und biologische Verhalten von Hefe, die tiefen Temperaturen ausgesetzt wurde, sind bis heute nicht zur Oeffentlichkeit gelangt. Als Resultat der bis jetzt gemach- ten Beobachtungen ist der Satz zu betrachten: Durch Gefrieren wird das Leben der Hefe nicht vernichtet, a • Der entstandene Alkohol wurde von M. Manassein immer auf doppelte Art nachgewiesen: Zu einem Theil der iiltrirten und destillirten GährflUssigkeit wurde Schwefelsäure und chromsaures Kali gegeben und aus dem entstandenen Aldehyd auf die Gegenwart von Alkohol geschlossen. In einem andern Theile der Flüssigkeit wurde die Lieben 'sehe Jodoform- reaction vorgenommen. (Annal. d. Chem. und Pnarm. VII. Suppl. 1870, p. 219. 8 Hoffmann 1. c, 351. Cagniard-Latou r, Memoire sur la fermentation vineuse, 12,Juin 1837. Ann, Chim. et Phys. II ser, Bd. 68. p, 206, Meisen s, 1. c, 1 < ^ Seh u in uc li e r. Ich habe mir nun zur Aufgabe gestellt, Hefe, die niedrigen Temperaturen ausgesetzt war, einer genauen mikroskopischen Untersuchung zu unterziehen, zu sehen, ob solche Hefe nicht nur Gährung erregt, sondern wirklich auch sprosst, also die der niedrigen Temperatur ausgesetzten Zellen noch lebend geblieben sind (was in den Versuchen von Cagniard-Latour und Melsens noch nicht constatirt wurde), und endlich das G äh r- v ermögen dieser Hefe mit dein solcher, die im normalen Zu- stande in Gährfliissigkeit gelangte, in genauen Vergleich zu stellen. Die angewandte Hefe war frische und lufttrockene Press- hefe. Die erstere enthielt 73° 0, die letztere lO/0 Wasser« und es wurden von ersterer zu jedem Versuche 2 Gramm, von letz- terer die der Trockensubstanz dieser 2 Gr. entsprechende Menge genommen. Die Hefe wurde immer vor und nach dem Versuche einer sorgfältigen mikroskopischen Untersuchung unterworfen und stets für sich, nicht in einer Gährfliissigkeit suspen- dirt, den niedrigen Temperaturen ausgesetzt. Zu diesem Zwecke wurde die feinzertheilte, abgewogene Hefe in dünnwandige Keagenzröhrchen gegeben, die ich vorher ausgeglüht und bis zum Gebrauche mit auf 160° C. erhitzter Watte verschlossen hatte. Das Köhrchen mit der Hefe, mit einem neuen direct aus dem Luftbad kommenden Wattenpfropf ver- sehen, gelangte dann in die Kältemischung. Da aus Vorversuchen sich ergab, dass die in die Hefe einge- senkten Thermometer nach kurzer Zeit genau dieselbe Tem- peratur anzeigten, wie die Thermometer, die direct in die Kälte- mischung versenkt wurden, so durfte ich vollkommen beruhigt sein, dass die Angabe der in der Kältemischung eingebrachten Thermometer auch für die Hefe galt, welche, in Eprouvetten ver- schlossen, in der Kältemischung stand. Ich unterliess daher das Einsenken von Thermometern in die Hefe selbst um so lieber, da nach dem Aufthaiien diese sich stets verflüssigt und am Thermometer haften bleibt. In Folge dessen hätte ich die Eprouvetten öffnen und bei den Gährver- 1 Der Wassergehalt wurde bei 120<> ('. bestimmt. Beiträge zur Morphologie und Biologie der Hefe. 173 suchen die Hefe vom Thermometer mit Gährftüssigkeit herunter- waschen müssen. Bei diesen Manipulationen aber hätten ent- schieden atmosphärische Keime mit in die Gährflüssigkeit gelangen und so die Genauigkeit der Versuche beeinträchtigen können. Wir werden später sehen, wie ich mich vor atmosphärischen Keimen beim Einbringen der Hefe in die Gährllüssigkcit sicherstellte. Da rasches Aufthauen die gefrorene Hefe gefährden soll i, so habe ich, um allen Einwendungen von vornherein zu begegnen, dieses stets in der Kältemischung selbst eintreten lassen. Die Versuche mit der Hefe wurden bei folgenden Tempera- turen gemacht : Bei -+- 16° C. (Zimmertemperatur), „ -4- 1° „ (langsam anchattendes Eis), „ — 5° „ (grobgestossenes Eis und Schwefelsäure), „ -- 18° „ (Eis und Kochsalz), ., — 24° „ (Eis und krystallisirtes Chlorcalcium), „ — 87-5° „ (feste Kohlensäure allein oder feste Kohlen- säure und Äther), „ — 113-75° „ (feste Kohlensäure, Äther und luftleerer Raum). Es soll nur der Manipulationen bei den Versuchen mit fester Kohlensäure hier des Näheren gedacht werden, da die Anwen- 1 Hoffmann 1. c. 351. Ein einziger Versuch, den ich in Bezug auf das Gährvermögen verschieden schnell aufgethauter Hefe ausführte, ergab Folgendes : Frische Presshefe, einer Temperatur von — 20» C. ausgesetzt, und in der Kältemischung selbst aufthauen gelassen, wozu ein Zeitraum von etwas mehr wie sechs Stunden nöthig war, verflüssigte sich nach und nach bei +2<> der aufgethauten Kältemischung. Dieselbe Hefe, in die Zimmertemperatur (16° C.) gebracht, verflüssigte sich nach einigen Minuten. Dieselbe Hefe, in der Eprouvette in Wasser von 25° gebracht, verflüssigte sich fast augenblicklich. Diese drei Hefeproben zur nämlichen Zeit mit gekochter lOprocentiger Zuckerlösung versetzt und gegen Zutritt atmosphärischer Keime geschützt, zeigten nach 24 Stunden verschiedene Gährungsintensität und war letztere am gross ten bei jener Hefe, die in der Kältemischung au ft haute, am geri ngsten bei der Hefe, die von— 20<> C. direct auf 25° gebracht wurde. 174 Schumacher. dvmg des tbauenden Eises und der übrigen Kältemischungen keiner näheren Erläuterung bedarf. Die Versuche mit fester Kohlensäure wurden im chemischen Laboratorium des Herrn Prof. Dr. Ernst Ludwig angestellt. Ich erachte es für meine Pflicht, dem genannten Herrn hier meinen verbindlichsten Dank auszusprechen für die Unterstützung, die er meiner Arbeit angedeihen Hess, indem er mir nicht nur die zur Herstellung der festen Kohlensäure nöthigen Apparate zur Ver- fügung stellte, sondern mich auch bei den umständlichen Opera- tionen auf das thatkräftigste unterstützte. So viel mir bekannt, haben Versuche mit so niedriger Tem- peratur, wie sie durch feste Kohlensäure erzeugt werden kann, nur Cagniard-Latour und M e 1 s e n s ausgeführt. 1 Cagniard -Latour mischte fein gepulverte trockene Hefe direct mit fester Kohlensäure und Hess letztere verdunsten. So, glaubte er, wäre die Hefe einer Temperatur von — G0° und vielleicht noch darunter ausgesetzt gewesen. Für genaue Versuche ist diese Manipulation entschieden un- zulässig; denn abgesehen davon, dass auf diese Weise atmo- sphärische Keime nicht ausgeschlossen sind, fällt noch ein anderer Umstand in Betracht, vorausgesetzt, dass man mit dem Natte- rer'schen Apparate die feste Kohlensäure erzeugte. Es ist diese Kohlensäure nämlich stets durch mechanisch beigemengtes Fett verunreinigt. Der Grund hievon liegt darin, dass von den Schmierölen der Kolbenstange etc. stets etwas beim Pumpen durch das Ventil in den Compressionskolben gelangt. Man kann sich von dieser Verunreinigung auch jederzeit überzeugen, indem man z.B. feste Kohlensäure in einem Becherglas verdunsten lässt. Deutlicher Fettgeruch tritt auf und die Stellen des Glases, mit denen die feste Kohlensäure in Berührung kam, fühlen sich fettig an. Hefe, in solche Kohlensäure eingestreut, kommt mit dem darin fein zertheilten Fett in Berührung, wird selbst fettig und in Gährflüssigkeit versenkt, schützt die fettige Hülle vor directer Berührung mit der erstem. Die Folge davon ist mindestens eine Gährverzögerung. i i.e. Beiträge zur Morphologie u. Biologie der Hefe. 1 7o Melsens hat mit frischer Presshefe experimentirt. Bald mischte er ein Quantum derselben mit fester Kohlensäure — da gelten natürlich auch die bei Ca gniard- Lato ur's Verfahren gemachten Einwendungen — oder aber er umgab die Kugel eines Thermometers mit der Hefe, schmolz dieses in eine Glas- röhre, die er in ein Gemisch von fester Kohlensäure und Äther einsenkte, und dann das Ganze unter den Recipienten der Luft- pumpe brachte. Das Thermometer zeigte — 91° C. So war natürlich, wie in meinen Versuchen, die Unreinheit der Kohlensäure gleichgültig ; aus schon erwähntem Grunde aber vermied ich stets das Einsenken des Thermometers in die Hefe selbst. Die flüssige Kohlensäure wurde auf bekannte Art im Nat- ter er'schen Apparat erzeugt und dann in die Solidifications- büchse ausströmen gelassen. Die feste Kohlensäure gelangte hierauf (bei den Versuchen, zu welchen ausschliesslich feste Kohlensäure verwendet wurde) in ein Becherglas, das innen mit Watte ausgekleidet war und ebenso auch von aussen mit Watte umgeben wurde, um auf diese Weise ein möglichst langsames Verdunsten zu erzielen. Die dünnwandigen, wohlverschlossenen, die Hefe bergenden Eprouvetten wurden nun eingesenkt, so dass die ganze Hefesäule von fester Kohlensäure bedeckt war ; zwischen den Eprouvetten (es waren deren stets drei, wTovon die eine zuGährvcrsuchen, die anderen zu mikroskopischen Beobachtungen dienten) wurde ein Schwefelkohlenstoff-Thermometer von Kap eil er, das bis — 200° R. getheilt war, gegeben. Der Gang der Temperatur war folgender : In etwa 5 Minuten sank das Thermometer von gewöhnlicher Zimmertemperatur auf — 70° R., schwankte während einer halben Stunde zwischen — 68° und — 71°, stieg dann in einer weiteren halben Stunde auf — 5U°, und nach wieder weiteren 40 Minuten hatte es die Zimmertemperatur 10° C. (= 12,8° R.) angenommen. Bei den Versuchen mit fester Kohlensäure und Äther wurde erstere in ein Becherglas gebracht, das diesmal natürlich nur von aussen mit Watte bekleidet war, die Eprouvetten und Thermometer eingesteckt und nun eine kleine Quantität Äther dazugegeben, worauf sogleich heftiges Aufbrausen erfolgte. 170 Schumacher. Der Schwefelkohlenstoff im Thermometer sank etwas weniger rasch als bei fester Kohlensäure allein, blieb 20 Minuten auf — 71° stehen und stieg dann in 40 Minuten auf-h 1 6° C. (Zimmer- temperatur). Bei Benützung des luftleeren Baumes wurde dasBecherglas mit fester Kohlensäure und Äther gefüllt, in das Gemenge der beiden letzteren Thermometer und Eprouvetten eingesenkt, und das Ganze ohne Umhüllung unter den Recipienten der Luft- pumpe gebracht. Das Manometer sank bei raschem Evacuiren nach und nach auf 1 — 1 */2 Zoll. Das Thermometer fiel schnell auf — 91° (= 1 13,75° C.) und zeigte diese Temperatur während 15 Minuten. Als das Aufbrausen nachgelassen, wurde der Reci- pient weggenommen und das Becherglas auf eine poröse Por- zellanplatte gestellt. In etwa 50 Minuten hatte auch hier die An- nahme der Zimmertemperatur stattgefunden. Wie wir sehen, war also die Dauer der Einwirkung der Minima dieser Temperaturen in den einzelnen Versuchen eine verschiedene und muss ich hier bemerken, dass dies auch beiden übrigen Versuchen mit den weniger niederen Temperaturen der Fall war. Über den Einfluss, den die Zeitdauer des Gefrorenseins auf die Hefe ausübt, habe ich keine directen Versuche angestellt; doch glaube ich annehmen zu dürfen, dass ein solcher Einfluss mindestens innerhalb enger Zeitgrenzen nicht existirt. ' Über die morphologischen Veränderungen, welche die Hefe zellen bei dem Gefrieren und Auft hauen erleiden. Bemerken wir gleich, dass lufttrockene Presshefe auch durch die intensivsten Kältegrade nicht die geringste b e- merkbafe Veränderung zeigte. 1 Siehe hierüber landwirthsch. Versuchsstation von Nobbe 18G0, Bd. 2 : Sachs, „Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen". Hier heisst es unter anderem p. 181: „Theoretisch ist es iin allgemeinen unwahrschein- lich, dass die Dauer des Erstarrens (der Pflanzentheile) von Einfluss sein könne, da ja die Änderungen nur im Acte des Erstarrens und Aut'thauens eintreten können, während im erstarrten Zustand aber wesentliche Ände- rungen kaum möglich sind." Beiträge zur Morphologie u. Biologie der Hefe. 177 Frische Presshefe Hess hingegen von 5°C. angefangen zunächst die Veränderung erkennen, dass sie steinhart wurde. Auch beim sorgfältigsten Atifthauen (in der Kältemischung selbst) zerfloss dann diese Hefe stets, und meist begann dies Zer- fliessen bei ■+■ 2°C. Die Hefe, die einer Temperatur von — 5° ausgesetzt war, zerfloss nicht in dem Grade wie die Übrigen. Das Aufthauen be- wirkte mehr ein starkes Erweichen. Die gefrorenen Hefezellen direet (d. b. ohne Präparirfltissig- keit) beobachtet, enthielten äusserst selten noch Vacuolen. Dimen- sionsmessungen konnten an solchen Präparaten nicht leicht ge- macht werden. Ich präparirte deshalb diese Hefe in lOprocen- tiger Zuckerlösung und verglich sie mit normaler Hefe, die ich gleichfalls in lOprocentiger Zuckerlösnng vertheilte. Es ergab sich, dass das Volumen der gefrorenen und dann aufget hauten Hefezellen sich im Ganzen ver- ringert hatte. Von der Hefe, die einer Temperatur von — 18°C ausgesetzt war, zeigten die elliptischen Zellen im Durchschnitt eine Verklei- nerung der beiden Durchmesser von 0-0025 Mm.; von der Hefe, die den Temperaturen von — 87° und — 1 13,75° C. ausgesetzt waren, betrug die Verkleinerung für den Längsdurchmesser 0-00233 Mm. und für den Querdurchmesser 0.00176 Mm. Auch zeigten sich bei diesen Hefeproben immer relativ mehr Zellen mit c o n t r a h i r t e m Protoplasma. in gefrorenen, vaeuolenfreien Hefezellen, auch wenn sie in 10° 0 Zuckerlösung gebracht wurden, traten nicht immer wie- der Vacuolen a u f. Über die Fähigkeit der gefrorenen und wieder aufgethauten Hefe zu sprossen, werde ich im nächsten Abschnitte sprechen, und bemerke hier nur noch, dass auch bei der tiefsten Temperatur, die ich auf Hefe einwirken Hess, nämlich — 11 3.75° C. l, die fast immer in der Hefe befindlichen Bacterien nicht getödtet wurden. 1 Es ist dies meines Wissens die niedrigste Temperatur, die man bis jetzt auf Hefe einwirken Hess. Sitzi. d. mathem.-naturw. C\. LXX. fcd. II. Abth. 12 178 Sehn m a che r. Die Erscheinung des Zusammenfrierens der Hefe zu harten, eisigen Klumpen, und das beim Aufthauen sich einstellende Breiigwerden der Hefe scheint auf folgende Weise stattzufinden: Die Zellen ziehen sich, wie oben zahlenmässig erwiesen wurde, in Folge der niederen Temperaturen zusammen. Gleich- zeitig erfolgt eine Desorganisation des Protoplasma sowohl als der Zellwand; beide verlieren ihre hohelmbibitionsfähigkeit, die Zellwand auch ihren hohen Filtrationswiderstand. Dass die Irnbibitionsfähigkeit des Protoplasma und derZell- wand gefroren gewesener Hefezellen wirklich eine geringere ge- worden, geht wohl daraus hervor, dass die Zellen, welche in Folge der niedern Temperatur sich zusammengezogen hatten, beim Aufthauen in Wasser oder Zuckerlösung selbst nach Tagen oder Wochen nicht mehr ihre normale Grösse annehmen. Beim Auftbanen dehnt sich nun der Zellinhalt mehr als die Zellwand aus, in Folge welchen Umstandes ein Theil der Zell- flüssigkeit durch die Membran hindurchtritt und das Breiigwerden der im normalen Zustand teigigen Hefe bedingt. Es ist aber auch nicht undenkbar, dass die molecularen Ver- änderungen, welche Protoplasma und Zellmembran erleiden, erst während des Aufthauens stattfinden. Dass das Heraustreten derZellflüssigkeit aus den Hefezellen nicht etwa blos durch Volumveränderung, unabhängig vom Ge- frieren, hervorgebracht wird, geht daraus hervor, dass das Breiig- werden der Hefe nur eintritt, wenn die Hefe früher wirklich durch Eisbildung hart geworden war. Versuche über die Fähigkeit gefroren gewesener H e f e z e 1 1 e n zusp rossen und G ä h r u n g e i n z u 1 e i t e n. Wir haben also gesehen, dass die einzige morphologische, makroskopisch bemerkbare Veränderung, die die Presshefe durch Aussetzen von Temperaturen unter — 5°C erleidet, in einer Ver- flüssigung derselben beim Aufthauen besteht, und dass mikro- skopisch eine Verkleinerung der Hefezellen und Verschwinden der Vacuolen nachweisbar ist. Ein Zerreissen der Membran der Hefezellen habe ich niemals beobachtet. Cagniard-Latour und Melsens haben nachgewiesen. dass auch bei sehr niedern Temperaturen gefroren gewesene Beiträge zur Morphologie u. Biologie der Hefe. 1 7i> Hefe Gährung einzuleiten im Stande ist. Da nun die Versuche von M. Man as sein gelehrt haben, dass todte Hefe eine be- grenzte Menge von Zucker in die Gährungsproducte umzuwan- deln vermag, so ist durch die Versuche der beiden erstgenannten Forscher noch nicht bewiesen, dass die Hefe das Gefrieren lebend überdauert. Man wird nur dann berechtigt sein, die Hefe- zellen als lebend anzusehen, wenn sie in Zuckerlösung unter ihren gewöhnlichen Vegetationsbedingungen sprosst. Um die Sprossung einzuleiten, wurde Hefe unter den oben genannten Vorsichten zum Ausschluss atmosphärischer Keime zum Gefrieren gebracht, unter den gleichen Vorsichten in eine lOprocentige Zuckerlösung versenkt und unter Wattcverschluss 24 Stunden stehen gelassen. Nach Ablauf dieser Zeit wurden die Gefässe geöffnet und dieHefezellcn mikroskopisch untersucht. Es zeigte sich, dass die Mehrzahl der gefroren gewesenen Hefezellen sich gar nicht ver- ändert hatte (d.h. seit der mikroskopischen Untersuchung, die mit der Hefe vorgenommen wurde, bevor sie in die Gährflüssigkeit ge- bracht wurde), während der Rest der Zellen sprosste und häufig sogar reich gegliederte Zellcolonien bildete. Die einer Tempe- ratur von — 113-75° ausgesetzte Hefe verhielt sich anscheinend in Bezug auf Sprossbildung so, wie die auf — 87° abgekühlte. Was nun die Bestimmung desGährvermögens der gefrorenen Hefe betrifft, so wurden, wie schon erwähnt, für frische Press- hefe, die 73°/0 Wasser enthielt, stets 2 Gr. genommen. Da nicht alle Versuche zugleich gemacht werden konnten, mithin nicht immer mit der nämlichen Hefe, wenn auch immer mit Hefe aus der nämlichen Fabrik experimentirt wurde, so wurde bei jeder neuen Versuchsreihe erst der Wassergehalt der anzuwendenden Hefe bestimmt, und nach diesem die typischen 2 Gr. corrigirt. Wurde trockene Presshefe auch in Betracht gezogen, so wurde, wie schon erwähnt, eine der Trockensubstanz der ange- wandten frischen Hefemenge entsprechende Quantität genommen. Dadurch sollte mehr Gleichförmigkeit in die Versuche ge- bracht werden. Da aber die Gährkraft der Presshefe nicht allein von ihrem Wassergehalt, sondern von vielen, und meist noch un- bekannten Factoren abhängig ist, so lassen sich aus meinen, 12 * 1 80 ö c h u in a c li e r. weiter unten folgenden Versuchsreihen wohl allgemeine Schlüsse ziehen; hingegen sind genaue Vergleiche Minuten aspirirt und dann wurden die Kaliapparate gewogen. Ich bin mir wohl bewusst, dass ein absolut sicherer Aus- schluss der atmosphärischen Keime bei den mit diesen Appara- ten vorgenommenen (Jähr versuchen nicht Statt hatte. Um aber den etwaigen Einfluss eingedrungener atmosphä- rischer Keime zu der Gährflüssigkeit kennen zu lernen, benützte ich einen ebenso adjustirten Apparat, der wohl mit Zuckerlösung, aber nicht mit Hefe versetzt, allen jenen Manipulationen, wie die eigentlichen Gährapparate, unterworfen wurde. Da sich nach Schluss der Gährversuche zeigte, dass in diesem ControUapparat keine wägbare Menge von Kohlensäure sich gebildet hatte, so war ich berechtigt anzunehmen, dass meine Gährversuche durch Eindringen atmosphärischer Keime nicht gestört wurden. Das theoretische Maximum für die Kohlensäuremengc, welche die zur Vergährung genommene Quantität Zucker (75Cc. !<><> 0 Zuckerlösimg = 6-81 Gr. Zucker) liefert, beträgt 3-5 Gr. Um den Gang der Gährung besser zur Anschauung zu Illingen, will ich hier einige Versuchsreihen folgen lassen. 182 .Schumacher. :cö CO O 5' R F T Cp t^ h >p CO O t-i Th © © -r-t t-h TH GS! - CD CO CM CO CO er. © o o o CS T— 1 © Ol •r; ^ o3 6 c © 6 6 6 i—i tH t— 1 T— 1 T— 1 tH oi CN CXI 2 co co io ^ o 31 CD CO CO CO CM •>- t-i -* CD CO O © t— I tH A A Oq 3 3 t- o »O CO t-i OJ CO CO CO CO CO Ö CD OB 03 o3 CD S CD -2 = c3 O CO "Ct< 00 - 6 6 Öl r* '°t Ü ,CÖ CS t^ ^ Ol Cp CO -- tH GO oo o o C £ 99 00 os CO o t- -« OS OS OS cp rh 33 3 6 6 CM CO CO O 90 ^ CD H 5>C PH ,o CD CQ © e3 ~ r R i. 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P •-«-. — 'S SR * OcO®CiNmtOC5rH(Mt'n5lC005DOOO O £ THrlH^ArHA|T^AArH'rHTHTHTH»HCNlCq 'S -w ö — 'S ö .O Cd Vi « § 'M co ^ icoeo©c:i>-i— iOt— it^-co n* i-i CiOiOOi— im^Ot'OOHiOM 1-1 | COot't'NN^h'Nt'XCOOO cJDR"RP:ccrKKSC5;p:.kc öS Eh ^»OfflNQCICOHMMTjiiOtDNOOClO rHrHTHHrtr-('M'M(M^^l'M'M^M(McO 12** 180 Schumacher. Aus diesen Tabellen geht auf das bestimmteste hervor, dass die Gährkraft der frischen Presshefe durch das Gefrieren nicht vernichtet, sondern nur verringert wird, und dass die lufttrockene Presshefe diese E i n b u s s e an Gährvermögen nicht erleidet. Nach dem Aufhören der Alkoholgährung Hess sich in der Flüssigkeit stets noch Zucker nachweisen (durch das Trommersche Reagens) und bei der Hefe, die auf ihr Gähr- vermögen und auf ihre morphologischen Verhältnisse geprüft wurde, ergab sich, dass sie, in frische Gährflüssigkeit gebracht, die Fähigkeit, Gährung einzuleiten, verloren hatte. Die Mehrzahl der Hefezellen war isolirt, niemals zeigte sich mehr neu angelegte Sprossung; die Hefezellen hatten ihr nor- males Aussehen verloren ; das Protoplasma war fast durchgehends vacuolenfrei, körnig und meist contrahirt. Neben der Alkoholhefe fanden sich fast immer aber Vibrionen und Bacterien. Die Erscheinung der Gährverzögerung von Zuckerlösungen, welche mit gefroren gewesener Hefe versetzt wurden, kann fol- gendermassen ihre Erklärung rinden : Ich habe schon früher bemerkt, dass bei der Hefe, die nied- rigen Temperaturen ausgesetzt war, fast immer viele colla- birte Zellen mit contrahirtem Protoplasma zu finden waren. Durch das Gefrieren wurde also eine grosse Zahl der Hefezellen getödtet, denn alle Zellen, mit von der Zellwand abgelöstem Protoplasma sind zweifellos todt; * nie gelingt es nämlich, diesel- ben zur Sprossuug zu bringen, noch nehmen sie beim Liegen in Gährflüssigkeit das Aussehen normaler Hefezellen an. Die Jüngern, mit kleinen Vacuolen versehenen, oder noch vacuolen- freien Hefezellen bleiben hingegen sichtlich durchgehend lebend und bilden den Ausgangspunkt für neue Generationen von Hefezellen. Im Beginn der Gährung functioniren hauptsächlich die todten Hefezellcn, welche überhaupt nur eine beschränkte und ervviescnermassen relativ geringe Zuckermenge zu vergähren * Wiesner, Mikrosk. Unters. 1. c. p. 106. Beitrüge zur Morphologie und Biologie der Hefe. 187 vermögen; im Verlauf der Grährung steigert sich die Menge lebender Hefezellen und es muss so eine Steigerung der Inten- sität in der Grährung eintreten. «Schliesslich holt die gefroren gewesene Hefe in ihrem Gährvermögen die frische Hefe ganz oder nahezu ein. In einzelnen Fällen vergährte merkwürdigerweise die gefroren gewesene Hefe ein grösseres Zuckerquantum als die normale, was wohl nur so zu erklären sein dürfte, dass die rela- tiv grössere Neubildung von Zellen eine verhältnissmässig stärkere Grährung zur Folge hat. (Vergleiche hierüber nament- lich den Gährverlauf der einer Temperatur von — 113° 75 C. ausgesetzten frischen Presshefe, dritte Versuchsreihe.) Interessant ist, dass auch die Versuche über den Einfluss niederer Temperaturen auf Hefe dasselbe lehren, was auch die Versuche über den Einfluss sehr hoher Temperaturen, und jene über rasche Zufuhr und Entziehung von Wasser uns zeigen: dass nämlich alle diese die Hefe im Ganzen schädigenden Ein- flüsse die herangewachsenen Hefezellen viel rascher und inten- siver angreifen, als die jüngeren und unerwachsenen. Letztere widerstehen der Kältewirkung ganz oder zum Theil und bilden den Ausgangspunkt für neue Hefegenerationen. Aus vorstehenden Versuchen ergiebt sich also folgendes : 1. Die bis jetzt auf Presshefe angewandten niederen Tem- peraturen (bis — 113° 75 C.) haben eine vollständige Tödtung der Hefe zellen nicht zu bewirken vermocht. 2. Das Gefrieren der frischen Presshefe vermindert die Gährkraft derselben. 3. Tiefere Kältegrade als — 5° C. beeinträchtigen nur in geringem Grade das Gährvermögen der Hefe. Ich bedauere, dass es mir nicht mehr vergönnt war, Tem- peraturen unter — 113° 75 C. auf Hefe einwirken zu lassen, wie dieses durch festes Stickstoffoxydul, das man mit Schwefelkohlen- stoff betropft, hätte geschehen können. Nachdem wir aber gesehen, von wie geringem Einfluss selbst eine Temperatur von— 113° 75 C. auf die frische Presshefe war, ja eine bei dieser Temperatur gefrorene Hefe sich kaum anders als eine bei — 5° C. gefrorene Hefe verhielt, so ist von 188 Schumacher. Beiträge z. Morphologie u. Biologie d. Hefe. einer Temperatur von — 140« C. wohl kaum eine Tödtung der Hefe- zellen zu erwarten und es dürfte aller Wahrscheinlichkeit Dach die untere Tödtungstemperatur der Hefe uns noch so lange un- bekannt bleiben, als es der Wissenschaft nicht gelingt, Tempe- raturen zu erzielen, die diejenige von — 140<> C. noch bedeutend übertreffen. Zum Schlüsse habe ich noch die angenehme Pflicht zu er- füllen, meinem hochverehrten Lehrer, dem Vorstande des pflanzen-physiologischen Instituts der k. k. Universität, Herrn Professor Dr. J. Wiesner, der mich bei der vorliegenden Arbeit mit grösster Bereitwilligkeit und fortwährend unterstützte, meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen. Wien, im Juni 1874. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXX. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 7. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie , Botanik. Zoologie, Geologie und Paläontologie. 191 XVIII. SITZUNG VOM 9. JULI 1874. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: „Untersuchungen über die Gallenfarbstoffe." IV. Abhand- lung, vom Herrn Prof. R. Maly in Innsbruck. „Über eine Modifikation der herrschenden Gastheorie," von dem Professor und Capitular zu Seitenstetten , Herrn Karl P u s c h 1. Herr Prof. Dr. Ed. Suess überreicht eine Abhandlung des Herrn Th. Fuchs über „Die Tertiärbildungen von Tarent." Herr Hofrath Dr. E. v. Brücke legt eine Untersuchung „über die Sommer 'sehen Bewegungen" vor, welche vom Herrn Dr. H. Storoscheff aus Moskau im physiologischen Institute der Wiener Universität durchgeführt wurde. Herr Dr. Zöller, Professor an der Hochschule für Boden- cultur, spricht „über Ernährung und Stoffbildung der Pilze." An Druckschriften wurden vorgelegt: Academia Olimpica diVicenza: Atti. 2do Semestre 1873. Vi- cenza; 8°. Akademie der Wissenschaften und Künste, Südslavische: Rad. Knjiga XXVII. U Zagrebu, 1874; 8". Apotheker- Verein, allgem. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 19. Wien, 1874; 8°. Astronomische Nachrichten. Nr. 1096—2000 (Bd. 84. 4—8). Kiel, 1874; 4°. Comptes rendus des seances de PAcademie des Sciences. Tome LXXVIII, Nrs. 24—25. Paris, 1874; 4°. Ellis, Alex. J., Algebra identified with Geometry. London, 1874; 8°. Friedmann, Alexander, Officieller Bericht über das Marine- wesen auf der Weltausstellung 1873 Wien. Wien 1874; 8°. Geological Survey of the Territories, U. St.: Report. (2 Vo- lumes.) Washington, 1873; 4°. — Ist, IIa and IIP & VI1 Annual Reports. For the Years 1867, 1868 and 1869, & 1872. Washington, 1873; 8°. — Miscellaneous Publications. Nrs. 1—2. Washington, 1873; 8°. Gesellschaft, Deutsche Geologische: Zeitschrift. XXV. Band 4. Heft. Berlin, 1873; 8°. Gewerbe - Verein, n. -ö. : Wochenschrift. XXXV. Jahrg. Nr. 26. Wien, 1874; 4°. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. 13 192 Istituto, R., Veneto di Scienze, Lettere edArti: Atti. Tomo IIP. Serie IV, Disp. 4a— 6a; Venezia, 1873-74; 8°. Journal für praktische Chemie, von H. Kolbe. N. F. Band IX, 9. & 10. Heft. Leipzig, 1874; 8°. Koderle's automatische Sieherheits- Vorrichtungen für dielanr- zeuge der Eisenbahnen. Lindau ; 8«. Landbote, Der steirische. 7. Jahrgang, Nr. 13. Graz, 1874; 4». Loomis, Isaacs, The Epoch of the Beautiful in Knowledge. Nantucked, Mss., 1874; 8°. Lotos. XXIV. Jahrg. Mai— Juni 1874. Prag; 8°. Luvini, Giovanni, Di im nuovo strumento meteorologieo-geo- detico-astronomico, il dieteroscopio. Torino, 1874; 8°. Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 20. Band, 1874, Heft VI. Gotha; 4°. Moniteur scientifique du Dteur Quesneville. 39 le Livraison. Paris, 1874; 4°. N ature. Nrs. 243-244, Vol. X. London, 1874; 4°. Puyals de la Bastida, Don Vicente, Ortografia de la lengua Castellana. Madrid, 1874; 12°. — Numeracion perfecta braquiloga e ideografica. Madrid, 1874; 12°. Reichsforst verein, österr.: Österr. Monatsschrift für Forst- wesen. XXIV. Band, Jahrgang 1874. Juli-Heft. Wien; 8°. Revista de la Universidad de Madrid. 2a Epoca. Tomo III. Nr. 2—4. Madrid, 1874; gr. 8°. _ de Portugal e Brazil. 2° Vol., Nr. 5. Lisboa, 1874; 4°. ,Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de l'etranger". IIP Anuee, 2e Serie, Nr. 52. IV Annee, 2e Serie, Nr. 1. Paris, 1874; 4°. Schiaparelli, G. V., II periodo undecennale delle vanazioni dinrne del magnetismo terrestre considerato in relazione colla frequenza delle macchie solari. 4". Siragusa, Fr. P. Camillo, Sülle funzioni delle radici delle piante. Palermo, 1874; 8°. Societä degli Spettroscopisti Italiani: Memone. Anno 1874, disp. 5\ Palermo, 1874; 4°. Societe mathematique de France: Bulletin. Tome II, Nrs. 1— *_. Paris 1874- 8°. Society', The Chemical, of London: Journal. Serie 2, Vol. XI. December 1873; Vol.XII. February— April 1874. London ; 8°. Tommasi, Donato, Researches on the Preparation of Organo- Metallic Bodies of the CnH2n Series. 8°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nrs. 26—27. Wien, 1874; 4°. Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten -Vereins. XXVI. Jahrgang, 10. Heft. Wien, 1874; 4°. 193 Die Tertiärbildungen von Tarent. Von TU. Fuchs. Custos am k. k. Hof- Mineraliencabinete. Die Tertiärablagerungen der Umgebung- von Tarent gehören ausschliesslich der Pliocänzeit an und fehlen miocäne Ablage- rungen hier vollständig. Die Pliocänbildungen setzen die ganze Ebene von Tarent zusammen, sie lehnen sich an das karstähnliche Hippuriten- Kalkplateau an , welches die Hochebene von Apulien bildet und steigen in der Gegend von Castellanetta und Gioja bis auf die Höhe dieses Plateau's selbst empor, wie z. B. Gioja, welches mitten auf diesem Plateau liegt, auf einer isolirten Partie von Pliocänbildungen erbaut ist. Den vollständigsten Aufschluss über den Bau der Pliocän- bildungen bietet die Gegend von Palagianello und Castellanetta dar, wo dieselben durch die Eisenbahnbauten und durch die zahlreichen Gravinen in ihrer ganzen Mächtigkeit aufgeschlossen sind und Schichte für Schichte bis hinab in das aus Hippuriten- kalk bestehende Grundgebirge verfolgt werden können. Die Schichtenfolge ist hier von oben nach unten folgende: 1. Lockerer, brauner Null iporen kalk, Conglo- merate und braune, scharfe Sande mit unregel- mässig zerfressenen, coneretionären Platten. Der Kulliporeukalk und die Conglomerate enthalten Ostraea lamel- losa, Pecten Jacobaeus, pusio und varius, Mytilus edulis, Cytherea Chione, Haliotis, Baianus, vor Allem aber eine grosse Menge von Pectunculus- und CartfiMWi-Scherben, welche meist noch mit der Schale erhalten sind. Die Mächtigkeit dieses Schichten- complexes scheint 3° nicht viel zu übersteigen. Bei Gioja liegt er unmittelbar auf dem Hippuritenkalk, bei Castellanetta hin- gegen findet sich unter ihm : 3* 194 Fuchs. 2. blauer, zarter, homogener Tegel mit Buccinum semistriatum, Fusus longirostris , Nuticti helicina, Isocardia vor, Nucula placentina. Dieser Tegel erreicht mitunter eine Mächtig- keit von 30° und die Bahn von Palagianello bis Castellanetta bewegt sich zum grossen Theil zwischen mächtigen Hügeln, die ganz aus diesem Tegel bestehen. In der grossen Gravina unterhalb Castellanetta rindet man unter diesem Tegel liegend und dem Hippuritenkalk unmittel- bar aufgelagert: 3. Bryozoenkalk. Ein lichtgelbes, lockeres grössten- theils aus zerriebenen Bryozoen bestehendes Gestein, welches eine Mächtigkeit von 15—20° erreicht. Es enthält Pecten Jaco- baeus, varius, opercularis, scptemradiatns. Cardium, Pectunculus, Tkracia, Cassidaria echinophoru, Cassis texta, zahlreiche Echi- niden und die grosse Terebratula ampulla, welche namentlich an der oberen Grenze gegen den Tegel hin in einer »Schichte in ungeheurer Menge auftritt. Die Ebene von Tarent, welche durchschnittlich 6 — 8° über dem Meeresspiegel liegt, wird ausschliesslich aus den zwei oberen der vorerwähnten Glieder zusammengesetzt. Die Schich- ten liegen hier vollkommen horizontal und man findet überall zu oberst eine Decke ans lockerem Nulliporenkalk, Cladocorenkalk, Sanden und Gerollen in einer Mächtigkeit von 1 — 3° und darunter scharf gegen die vorerwähnten Schichten abgegrenzt den blauen Tegel. Merkwürdig ist der Umstand, dass die obersten, aus Nulli- porenkalk, Cladocorenkalk und Sauden bestehenden Schichten bei Tarent an einer Stelle durch Süsswasserschichten mit kleinen Planorben, Lymnaeen, Bithynien und Litorinellen ver- treten sind, welche ebenfalls unmittelbar auf dem Tegel liegen und seitlich ganz allmälig in die normalen marinen Ab- lagerungen übergehen. Die Nulliporenkalke, Cladocorenkalke, Sande und Gerolle sind der Sitz jener ungeheuren Menge prachtvoll erhaltener Conchylien, welchen Tarent seinen Ruf als Petrefactenfundort verdankt und von denen kürzlich Dr. Roheit1 in den Schriften 1 W. Kobelt. Verzeichnis der von mir hei Tarent gesammelten Die Tertiärbildungen von Tarent. 195 der deutschen malakozoologischen Gesellschaft ein sehr voll- ständiges Verzeichniss gegeben hat. Die geringe Erhebung dieser Schichten liber den Meeresspiegel, sowie die vollkommene Erhaltung der Fossilien, von denen ein grosser Theil noch den ursprünglichen Glanz und Spuren der Farbenzeichnung bewahrt hat, geben diesen Ablagerungen ein sehr jugendliches Ansehen, welches mitunter sogar sehr an das einer quaternären Panchina erinnert, womit diese Schiebten jedoch durchaus nicht ver- glichen werden dürfen. Gegen das Hippuritenkalkplateau zu tritt, gegen die Ebene durch einen fortlaufenden Steilrand abgegrenzt und dem Hippu- ritenkalk an- und aufgelagert, der Bryozoenkalk mit den Echi- niden und Tercbrateln hervor, wie man diess z. B. sehr schon bei Sau Georgio sehen kann, wo grosse Steinbrüche in diesem Bryozoenkalk bestehen, sowie nicht minder auch bei Massafra, wo die grosse malerische Gravina, an welcher der Ort gelegen ist, ausschliesslich in diesem Bryozoenkalk verläuft. An dem letztgenannten Orte erreicht der Bryozoenkalk eine Mächtigkeit von circa 15° und enthält, ausser Echiniden, Austern und Tere- brateln, in seinen tieferen, beim Bahnhofe aufgeschlossenen Lagen, auch noch zahlreiche andere Fossilien, von denen ich nur folgende anführe: CöJumbella rustica. Miirex brandaris. Turbo rufjosas. Turritella sp. Trochus sp. Cytherea Ckione. Cardium sp. Luc hui sp. Pectunculus pilosus. Modiola seric&a. Pecten Jacob aeus. „ opercularis. Ostraea lamellosa. fossilen Conchylien. [Jahrbücher der Deutschen Malakozoologischen Ge- sellschaft. I. 1S74. pag. 65.) 196 Fuchs. Der Bryozoenkalk verhält sieh daher bei Tarent zu den oberen Schichten in ganz derselben Weise wie bei Wien der Leythakalk zu den Ablagerungen der sarmatiscben und der Congerienstufe. In beiden Fällen hat man es nicht mit einer discordanten Anlagerung, sondern mit den Folgen einer Ver- werfung zu thun. Bei Rocca Imperiale südlich von Tarent, wo das flache Land an das calabrische Gebirge anstösst, findet man ganz ähnliche Verhältnisse wie bei Tarent. Auch hier fehlt das Miocän vollständig und wird das Tertiär nur durch Pliocänbildungen vertreten, welche in vollkommen horizontaler Lagerung sich an das hier aus Flysch bestehende Grundgebirge anlagern. Am schönsten aufgeschlossen sieht man hier das Pliocän längs des kleinen Baches, der von Rocca Imperiale gegen das Meer zu fliesst. Dasselbe steht hier auf eine lange Strecke in der Form einer beiläufig 6° hohen Wand an und zeigt folgende Schichten : 1. Brauner, grober Sand mit concreti on är en Sand stein platten, mit Gerollen und Conglome raten wechselnd. Pecten Jacobaeus, Ostraea lamellosa, Card in m, Venus, Pectunculus , Mytilus, Anomia, Turritella. 2°. Darunter folgt scharf abgeschnitten: 2. Blauer, zarter, homogener Tegel mit Buccinum semistriatum, B. prismatieum, Murex vaginatus , Chenopus pes- pelecani, Pleurotoma anceps, Cassis saburon, Natica helicina, Eulima, Dentalium elephantinum. 4°. Bei Bari wird das Tertiär ebenfalls nur durch Pliocän- bildungen vertreten, welche hie und da in Form einzelner isolirter Partien dem Hippuritenkalk unmittelbar aufgelagert vorkommen. Eine solche Partie findet sich in unmittelbarer Nähe der Stadt hinter der Station und besteht aus einem grobtuffigen, lockeren Kalkgestein mit Pecten Jacobaeus, opercularis und einer grossen Menge anderer Conchylien in der Gestalt von Steinkernen. Eine zweite ausgedehntere Partie findet sich weiter in der Nähe des Leuchtthurms und ist durch grosse Brüche bis zu einer Tiefe von 5° aufgeschlossen. Das Gestein ist auch hier ein lockerer tuffiger Kalkstein von weisslicher Farbe und bald Die TertiärbilduDgen von Tarent. 1"7 gröberem, bald feinerem Gefüge. Die Versteinerungen finden sich namentlich in zwei Bänken von beiläufig je 2' Mächtig- keit, die ein wahres Muschelconglomerat vorstellen. In dem zwischenliegenden Gestein sind sie seltener. Unter den Fossilien fällt namentlich das Cardium aculeatum sowohl durch seine Häufigkeit als noch mehr durch die wahrhaft riesigen Dimen- sionen auf, die es erreicht. Hie und da findet man auch Tere- brateln von mittlerer Grösse, ähnlich denjenigen von San Giorgio und Massaflra bei Tarent. Die unmittelbare Auflagerung dieser Schichten auf den Hippuritenkalk , das Vorkommen der Conchylien in der Gestalt von Steinkernen, sowie das Auftreten von Terebrateln machen es wahrscheinlich, dass diese Schichten den unteren Schichteu von Tarent, d. i. dem Bryozoenkalke von San Giorgio, Massaflra und Palagianello entsprechen. 198 XIX. SITZUNG VOM 16. JULI 1874. Der Secretär theilt die aus Upsala eingelangte Nachricht von dem am 21. Juni daselbst erfolgten Ableben des Professors Dr. Anders Jonas An g ström mit. Das k. & k. Ministerium des Äussern übermittelt ein Dank- schreiben des Geschäftsträgers von Griechenland am österr. Hofe für die der National-Bibliothek zu Athen übersendeten aka- demischen Druckschriften. Herr Dr. Ad. B. Meyer übersendet eine sechste Mittheilung: „Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu-Guinea und den Inseln der Geelvinksbai." Herr Dr. Fitzinger legt die II. Abtheilung seiner Abhand- lung vor, betitelt : Kritische Untersuchungen über die Arten der natürlichen Familie der Hirsche (Cen-iJ.u Herr Hofrath Dr. E. v. Brücke überreicht eine im physio- logischen Institute der Wiener Universität durchgeführte Arbeit des Herrn Dr. Nicolaus Strawinski aus St. Petersburg: „Über den Bau der Nabelgefässe und über ihren Verschluss nach der Geburt. Herr Prof. Dr. Zoll er spricht „über die Zusammensetzung fossiler Eier und verschiedener im Guano gefundener Con- cretionen." An Druckschriften wurden vorgelegt : Akademie der Wissenschaften zu Krakau: Die zwei ersten öffentlichen Sitzungen. Krakau, 187o; 4". (Polnisch.) American Chemist. Vol. IV, Nr. 12. Philadelphia, 1874; 4°. Apotheker -Verein, allgem. österr.: Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 20. Wien, 1874; 8°. Bibliotheque Universelle et Kerne Suisse: Archives des Sciences physiques et naturelles. N. P. Tome L. Nr. 198. Geneve, Lausanne, Paris, 1874; 8°. 199 Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVIII, Nr. 26. Paris, L874; 1". Ellero, Pietro, La questione sociale. Bologna, 1874; 8°. ■Gesellschaft der Wissenschaften, k. böhm., zu Prag: Sitzungs berichte. 1874. Nr. 3. Prag-; 8». — Astronomische, in Leipzig: Vierteljahrsschrift. [X.Jahrgang. 1. Heft. Leipzig, 1874; 8°. — österr., für Meteorologie: Zeitschrift. IX- Band, Nr. 13, Wien, 1874; 4°. Gewerbe- Verein, n. -ö. : Wochenschrift. XXXV. .Jahrgang. Nr. 28. Wien, 1874; 4". Institut, Königl. Preuss. geodätisches : Astronomisch - geodä- tische Arbeiten in den Jahren 1872, 1869 und 1807. Leipzig, 1874; 4°. — General-Bericht über die Europäische Grad- messung für das Jahr 1873. Berlin, 1874; 4". Landbote, Der steirische. 7. Jahrgang, Nr. 14. Graz, 1874; 4°. Memorial des Ingenieros. Ano de 1873; Tomo XXVIII. Ma- drid 8°. Natur e. Nr. 245, Vol. X. London, 1874; 4°. Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bullettino meteorologico. Vol. VIII, Nr. 11. Torino, 1873; 4°. — E., di Brera in Milano : Pubblicazioni. Nr. II. Milano & Na- poli, 1873; 4°. Protocoll über die Verhandlungen der 50. General- Versamm- lung der Actionäre der a. pr. Kaiser Ferdinands-Nordbahn. Wien, 1874; 4°. Eevista de Portugal e Brazil. 2° Vol. Kr. (3. Lisboa, 1874; 4°. „Revue politique et litteraire1' et ,,Kevue scientifique de la France et de l'etranger". IVe Annee, 2e Serie. Nr. 2. Paris, 1874; 4°. Societe des Sciences tie Nancy. (Ancienne Societe des Sciences naturelles de Strasbourg, i'ondee en 1828): Statuts. 8°. Society, The Zoological, of Philadelphia: The 2d Annual Report of the Board of Managers. Philadelphia, 1874; 8°. Wiener Medizinische Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 28. Wien, 1874; 4". 200 Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu-Guinea und den Inseln der Geelvinksbai. (Sechste Mittheilung.) Von Dr. Adolf Bernhard Meyer. Rhipidura rufidorsa n. sp. Kopf und Nacken grau, mehr oder weniger bräunlich über- laufen, Augenbrauengegend heller, weisslich oder bräunlich. Rücken, Bürzel und obere Schwanzdecken schön rostroth. Ganze Unterseite weiss , an der Gurgelgegend gräulich , an der Brust und den Körperseiten hellbräunlich überlaufen. Schwingenober- seite graubraun; die Ränder der Aussenfahnen schön rostroth; die oberen Flügeldecken ebenfalls graubraun mit rostrothen Säumen. Flügelrand weiss. Untere Flügeldecke bräunlichweiss. Unterseite der Schwingen grau, der Basaltheil der Ränder der Innenfahnen weisslich, der äussersteSaum hell rostroth. Schwanz- oberseite graubraun, nur der Basaltheil der Aussenfalmen der Steuerfedern rostroth oder bräunlich; bis auf die mittelsten, welche nur eine ganz kleine weisse Spitze haben, sind die Enden aller Schwanzfedern sehr breit weiss gesäumt. Füsse und Krallen schwärzlichbraun. Oberschnabel hell hornfarben, Unterschnabcl gelblichweiss. Fundort: Neu- Guinea (Rubi: Mai, Passim: Juni 1873). Joln (Ansus, April 1873). Die Geschlechter sowie die Exemplare von Jobi und Neu- Guinea gleichen sich unter einander vollkommen. Masse: Totallänge. . . . ; . circa 150 Mm. Flügellänge 67 „ Schwanzlänge 77 Schnabellänge von der Stirn . !> Schnabelbreitc an der Basis . 4% .. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. ^01 Rhipidura rufidorsa scheint Rhipidura dryas Gould von Nordwest-Australien1, von welcher Art jedoch keine genügende Beschreibung vorhanden ist, nicht fern zu stehen. Ausser anderen Differenzen besitzt Rh. rufidorsa nicht das deutliche schwarze Band auf der Brust, welches G ould bei Rh. dryas erwähnt. Rhipidura kordensis n. sp. Kopf und Nacken tief schwarz, über dem Auge ein kleiner weisser Streifen. Kücken, Brustseiten, Bürzel und obere Schwanz- decken grauschwarz. Kinn und Kehle weiss. Brust tiefschwarz, einige Federn mit schmalen weissen »Schaftstrichen. Bauch, Unterleib, Bürzelseiten und untere Schwanzdecken weiss. Schwingenoberseite bräunlich, obere Flügeldecken dunkler. Schwingenunterseite bräunlich silbergrau, Ränder der Innen- fahnen an der Basishälfte heller. Untere Flügeldecken weiss und schwarz melirt. Schwanz bräunlichschwarz, die äusserste Feder jederseits mit weisser Aussenfahne und grosser weisser Spitze, die folgende Feder nur mit kleinem weissen Fleck am Ende der Aussenfahne,- alle anderen Steuerfedern ohne Weiss. Schnabel, Füsse und Krallen schwarz. Fundort: Mysore (Kordo, April 1873). Die Geschlechter gleichen sich. Jüngeren Vögeln fehlen die weissen Schaftstriche auf der schwarzen Brust. Masse: Totallänge 165— 170 Mm. Flügellänge 82 „ Schwanzlänge 82 „ Schnabellänge von der Stirn . . 12 „ Rhipidura kordensis ist in allen Dimensionen kleiner als Rh. gularis Bf. & S. von Neu-Guinea und der Insel Jobi, und unterscheidet sich von dieser Art ausserdem durch den weissen Bauch und die tief schwarze Brust (gelblich und grau bei gularis). 1 Handb. to the birds of Austr. I, 242. 18(35. 202 Meyer. Myzomela cruentata n. sp. Ganz roth, besonders intensiv auf dem Kopf, Rücken, Bürzel, den oberen Schwanzdecken , auf dem Hals und der Brust. Schwingen erster und zweiter Ordnung mattschwarz, aber mit breiten rothen Säumen an den Aussenfahnen, ausgenommen an der ersten und zweiten Schwinge, und die Schwingen dritter Ordnung ganz roth überlaufen, wie auch die oberen Flügel- decken. Unterseite der Schwingen grau, Basaltheil der Innen- fahnen weisslich. Untere Flügeldecken bräunlichgrau. Mittlere Schwanzfedern oberseits ganz roth, seitliche bräunlich mit breiten rothen Aussenfahnen. Unterseite des Schwanzes grau mit röthlichem AufInge, Aussenfahnen der Steuerfedern breit roth gerundet. Schnabel, Fasse und Krallen schwarz. F u n d o r t : A r f a k - G e b i r g e, im Nordwesten Neu-Guinea >. März 1873. Ich erbeutete nur ein männliches Exemplar; das Weibchen blieb mir unbekannt. Masse: Totallänge 105 Mm. Flügellänge 58 .. Schwanzlänge 42 „ Schnabellänge von der Stirn . . 14 .. Myzomela cruentata unterscheidet sich von Myzomela suti- gvinolenta Gould von Australien ' durch die überall rothe Fär- bung; ausserdem hat letztere Art auch die Zügelgegend schwarz und der Schwanz und die Flügel besitzen gar kein Roth, während sie bei M. cruentata^ wenn zusammengefaltet, ganz roth aussehen, wenn auch etwas weniger intensiv als Rücken und Unterseite; auch ist die ganze Unterseite schön intensiv roth, bei sangninolenta dagegen braungelb. Die Abbildung von Certhia cardinalis Gm. (le Kuyameta) in Aud. und Vi eil. 0. D. II. t. 58 zeigt zwar auch eine ganz rothe Unterseite, und stimmt in dieser Beziehung gut mit Myzo- mela cruentata überein, aber Flügel, Schwanz und Augengegend sind ausgesprochen schwarz 8. • Gould, ß. A. IV. 63. - „noir fonce". Text, S. 92. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. -( '•'» Myzomela rubrobrunnea q. sp. Braun, die Unterseite auf Brust und Bauch et\v;is heller, aber auf diesen Partinen braunroth Überlaufen. Rücken, Bürzel und obere Schwanzdecken braunroth, die Ränder der Aussen- fahnen der Schwingen und die oberen Flügeldecken, sowie die Ränder der Aussenfahnen der Schwanzfedern intensiv braun- roth, ins Kirschrothe zielsend. Die zwei mittelsten Schwanz- federn in gewissem Lichte ganz ins Dunkelkirschrothe spielend. Schwanzunterseite grau, die Ränder der Aussenfahnen der Schwanzfedern auch Unterseite röthlich. Schwingen unterseits grau, Ränder der Innenfahnen weiss, untere Flügeldecken bräun- lich. Schnabel, Füsse und Krallen schwarz. Fundort: Insel Mysore (Kordo) im Norden der Geel- vinksbai, April 1873. Ich erbeutete zwei Männchen dieser Art, wovon das eine jünger; das Weibchen ist mir unbekannt geblieben. Masse: Totallänge 125 Mm. Flügellänge 65 „ Schwanzlänge 50 „ Schnabellänge von der Stirn . 17 „ Schnabellänge von dem vor- deren Rand des Nasenloches 11% „ Beim jüngeren Vogel ist das Braunroth weniger lebhaft und ausgesprochen, die Unterseite mehr ins Graue ziehend, der Schnabel am Mundwinkel gelblich und der ganze Vogel kleiner: Totallänge 105 Mm. Flügellänge 55 ., Schwanzlänge 40 „ Schnabellänge von der Stirn . . 14 ,, Schnabellänge vom vorderen Rand des Nasenloches 10 „ Myzomela rubrobrunnea steht Myzomela obscura Gould1 von Nord-Australien (Port Essington) nicht fern, welche Art jedoch nur auf dem Kopfe eine röthlichc Färbung2 hat, während J B. A. IV. 67. ~ „vinous tinge", Gould. 204 M e y e r. diese bei 31. rubrobrunnea viel intensiver und fast über den ganzen Körper verbreitet ist. Myzomela erythroeephala Gould. Ich besitze von Neu -Guinea (Rubi, au der Stidsyitze der Geelvinksbai, Mai 1873) zwei Männchen und ein Weibchen einer Myzomela, welche ich vorläufig unter obigem Namen auf- führe, wenn es auch, bis ein grösseres Material vorliegt, zweifel- haft bleiben muss, ob sie hierher oder zu einer besonderen Art gehören. Da diese drei Vögel sich untereinander, was die Färbung anlangt, gleichen — nur das Roth des Kopfes beschränkt sich bei dem Weibchen auf die Stirn, während es beim Männchen etwas über den Oberkopf übergreift — und nur das Weibchen etwas kleiner ist, so halte ich es für möglich, dass die zwei Männchen noch nicht ihr Alterskleid erlangt haben, kann jedoch auch die Annahme nicht ausschliessen, dass es schon aus- gefärbte Vögel sind. Da sie aber ziemlich gut mit der von Gould ! abgebildeten Myzomela erythroeephala übereinkommen, wenn auch nicht ganz stimmen, so ziehe ich sie vorerst zu dieser Art, und um so eher, als Gray2 das Vorkommen der- selben auf den Arn -In sein constatirt hat, welche, da Rubi an der Südspitze der Geelvinksbai liegt, an der Stelle wo die Landenge relativ schmal diesem Punkte Neu-Guinea's nicht fern sind. Ich füge jedoch eine kurze Beschreibung meiner drei Vögel an, damit es Forschern, denen ein grösseres Material vorliegt oder vorliegen wird, nicht schwer fällt zu entscheiden, ob diese Form von Neu-Guinea zu Myzomela erythroeephala von Australien gestellt werden kann oder nicht. Oberseite bräunlich mit olivenfarbenem Anfluge. Stirn- und Vorderkopf, Kinn, Kehle und theilweise das Gesicht roth, jedoch i§t diese Farbe wenig intensiv, etwas ins Bräunliche ziehend, auf Kinn und Kehle heller. Bürzel und obere Schwanzdecken mit einem Anfluge von Braunroth. Unterseite schmutziggrau. mit bräunlichem Anfluge auf der Brust, ausgesprochen gelblich i B. A. IV. 64. * Proc. Zool. Soc, 1858. S. 17.°>. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea ete. 205 auf dem Bauch, dem Unterleib und den unteren Schwanzdecken. (Das Weibchen ist im Ganzen ein wenig heller auf der Unter- seite, jedoch nicht beträchtlich.) Schwingen, obere Fltigeldeck- federn und Schwanz auf der Oberseite bräunlich mattschwarz, die Aussenfahnen gelblich olivenfarben gesäumt, intensiver auf den Schwingen und den Flügeldecken. Untere Flügeldeckfedern, sowie Basaltheil der Innenfahnen der Schwingen schön rein weiss. Unterseite des Schwanzes und der Schwingen schwärz- lichgrau. Schnabel, Füsse und Krallen schwarz. Männchen Weibchen Masse: Totallänge. .. .120— 125 Mm. circa 115 Mm. Flügellänge Hü .. 52 Schwanzlänge 46 „ 31 Sehnabellänge von d. Stirn 15-10 „ 14' 2 „ Es unterscheiden sich also diese drei Vögel etwas von dem Weibchen von M. erythroeephala , von denen Gould in der Beschreibung nur sagt: „uniform brown above, lighter beneath". Die Abbildung zeigt auch etwas Roth an Stirn, Kinn und Kehle. Von den Neu- Guinea- Vögeln könnte man allerdings nicht sagen: „einfarbig braun oberhalb-, da das Olivenfarbene sehr aus gesprochen ist, doch kann dieser Umstand nicht genügen, um eine Artabtrennung zu rechtfertigen, es sei denn, dass in diesem Kleide schon das des ausgefärbten Vogels vorliegt. In der Grösse ist ziemliche Übereinstimmung mit erythroeephala. Gould giebt « die Totallänge auf 41 2", Schnabel3 4", Flügel i'1 , . Schwanz l3/4" an 2. Auch mit dem Weibchen von Myzomela Boiei Müller & Schi.3 von Banda haben die Neu-Guinea -Vögel Ähnlichkeit, allein auch hier wird die Oberseite „donker bruin- genannt, auch scheint die Unterseite heller. In der Grösse stimmt .1/. Boiei ziemlich mit meinen Vögeln. i Proc. Zool. Soc. 1839. S 144. s Reich enbach (Spec. Orn. Meropinae S. 113, Nr. 260) sagt: rich messe 3y3", Schnabelfirste by2'", -Spalte 7 -. s Verh. Overz. bez. Zool. Tat". 10, Fig. 1 u. 2. S. 66 206 M e y e r. Dass in denselben Junge der oben beschriebenen Myzomela cruentata vom Arfak-Gebirge vorliegen könnten, ist auszuschlies- sen, da erstere beträchtlich grösser sind als letztere. Es sind also in Beziehung auf die drei von mir auf Neu- Guinea erbeuteten Exemplare folgende Möglichkeiten in Betracht zu ziehen: 1. können es Junge von M. erythrocephala Gould sein, die jedoch leichte, den Altersstufen oder Localitäten zuzu- schreibende Unterschiede aufweisen,* 2. können es Junge einer noch unbekannten Art sein, und 3. können es ausgefärbte Vögel sein, welche dann eine neue Art für sich bilden würden. Ptilotis pyrrhotis n. sp. Graubraun auf der Oberseite, die Federn des Kopfes mit schwach dunkleren Flecken, Kopfseiten etwas dunkler. Hinter dem Ohr ein schön goldbrauner Büschel. Unterseite heller grau- bräunlich, etwas ins Gelbe ziehend. Kinn, Kehle und Körper- seiten grau. Schwingenoberseite graubraun, Schäfte braun, Ränder der Aussenfahnen hell bräunlichgrau. Ränder der Innen- fahnen breit hell - isabellfarben. Unterseite der Schwingen schwärzlich silbergrau, Schäfte weiss. Obere Flügeldecken mit Rostroth gesäumt; untere weisslich, hellbraun und gräulich melirt. Schwanzoberseite graubraun mit helleren Säumen; Schäfte braun. Schwanzunterseite grau mit weissen Schäften. Schnabel und Füsse schwarz, Krallen etwas heller. Fundort: Jobi (Ansus), Insel der Geelvinksbai, April lo7o. Ich erbeutete zwei Männchen, von denen das eine noch nicht ganz ausgefärbt ist; das Weibchen ist mir unbekannt ge- blieben. Masse: Totallänge 205 Mm. Flügellänge ......... 110 Schwanzlänge 90 Schnabellänge von der Stirn . 27% .. Schnabellänge vom vorderen Rand des Nasenloches . . 17y2 .. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 207 Bei dem jüngeren Vogel ist das Rostbraun an den oberen Fitigeldecken stärker und erstreckt sich auch über die Säume der Schwingen und der Steuerfedern; auch zieht der Bürzel, ein Theil des Rückens und die ganze Unterseite ins Rostbraune ; der Schnabel ist um 6 Mm. kürzer und der Federbüschel hinter dem Ohre kaum angedeutet, auch das Gesicht weniger befiedert. Ptilotis pyrrhotis hat in der allgemeinen Färbung etwas Ähnlichkeit mit Ptilotis unicolor Gould1 von Nord-Australien, doch ausser anderen Unterschieden fehlt ihr der fleischige weisse Mundwinkel und besitzt Ptilotis unicolor kein Ohrfeder- büschel. Auch an Xanthotis chrysotis (Less.) 2 von Neu-Guinea er- innert Ptilotis pyrrhotis in mancher Hinsicht, jedoch ist der Neu- Guinea- Vogel viel lebhafter gefärbt und der Ohrbüschcl nicht tiefgoldbraun ; vor Allem aber fehlt Ptilotis pyrrhotis von Jobi das nackte Augenfeld in der Ausdehnung, wie es für die Gat- tung Xanthotis Ileichenb. charakteristisch ist. In der Einfachheit der Färbung endlich erinnert Ptilotis pyrrhotis auch an Ptilotis cinerea Sei. 3 vom Arfäk- Gebirge auf Neu-Guinea, von welcher Art ich zwei Exemplare, ein Männchen und ein Weibchen4, erbeutete, doch fehlt letzterer Art der Ohr- büschel, auch ist sie in allen Körpermassen zwar grösser, aber mit einem viel kleineren Schnabel ausgestattet als erstere. » B. A. IV, 46. 3 Voy. Coq. t. 21fis, S. 645 und s. unten. a Proc. Zool. Soc. 1873. S. 693. Sclater hielt (Journ. of the Proc. Linn. Soc. Zool. IL 1858, S. 157j Ptilotis fumata Müller von Neu-Guinea (zusammen mit Ptilotis striata und auriculata) für unbeschrieben, allein es existirt seit 1850 eine kurze (angenügende; Beschreibung von Ptilotis fumata im Consp. Av. von Bonaparte I 393 u. zwar: „Cinereo -i'iuni- gata, alis caudaque obscurioribus" und als Synonym wird Meliphaga con- color Temm. angegeben. Diese kurze Charakteristik würde auch auf Pt. cinerea Sei. passen, allein sie ist eben zu ungenügend, um ein ge- gründetes Urtheil zu erlauben. '■* Sclater (1. c.) erwähnt Nichts über die Geschlechter; es sind Männchen und Weibchen vollkommen gleich gefärbt. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. 11 208 Meyer. Ptilotis megarhyncha1 Gray. G. R. Gray beschrieb 1858 2 das Männchen dieser Art von den Aru-Inseln; 1859 3 führt er sie auch von Neu-Guinea (Dore) auf, und 1861 4 beschreibt er zwei Varietäten derselben von den Inseln Mysol und Weigeü, welche Wallace aber 1865 5 unter dem Namen Ptilotis rostrata specifisch von Ptilotis megarhyncha abtrennte, als deren Heimath aber ausser Mysol und Weigeü auch Neu-Guinea angiebt. 1869 6 trennte auch Gray Pt. megarhyncha specifisch von rostrata, führt jedoch erstere von Neu-Guinea und Arn, letztere nur von Mysol und Weigeü auf. Die Masse des Aru-Exemplares sind nach Gray: Länge 8", Flügel 3" 6'", Schnabel 1" V". DieMasse des Neu-Guinea- Vogels giebt Gray nicht an. Von dem Vogel von Mysol sagt er, er komme am besten in den Massen mit denen von Arn überein, der Schnabel aber sei 1" 67,"' lang, der Weigeü Vogel stimme in der Grösse am besten mit den Dore-Exemplaren: Schnabel- länge 1" 8'". Wallace aber giebt die Masse von Pt. rostrata von Neu-Guinea, Weigeü und Mysol in folgenden Zahlen: Länge 9W, Flügel 33/4", Schnabel vom Mundwinkel 1*/.". I» den Angaben dieser zwei Autoren herrscht also keine vollkom- mene Übereinstimmung. Die Unterschiede zwischen Pt.rostrata und Pt. megarhyncha nennt Wallace in folgenden drei Punkten: Es fehlt rostrata 1. der gelbe Ring um das Auge und 2. die Zeichnung der Unter- seite; 3. hat sie einen stark gesägten Schnabel. Ich erbeutete auf Neu-Guinea zehn Exemplare der hierher gehörigen Art (und zwar sechs Männchen und vier Weibchen, bei Rubi an der Südspitze der Geelvinksbai, Mai 1873, Nap- pan und Fassim an der Westküste dieses Bai, Juni 1873, und i Gray sagt „megarhynchus" . 2 Proc. Zool. Soc. S. 174. a Ibid. S. 155. * Ibid. S. 428. 5 Ibid. S. 478. « Handlist I. S. 156. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 209 And ei am Fusse des Arfak- Gebirges, März 1873) und .sie be- weisen evident, dass der gelbe Augenring, .sowie die Zeichnung der Unterseite ' zusammen mit einem kleineren und kaum oder sehr schwach gesägten Schnabel (also megarhyncha Gray) einem Vogel zukommen, welcher zusammen mit Ptilotis rostrata Wallace entsprechenden Exemplaren erlegt wurde, kurz, dass Pt. megarhyncha Gray nur die Jugendfora! von Ptilotis rostrata W all. ist, welche Bezeichnung als Art daher eingezogen werden muss. Diese Masse meiner ausgefärbten Exemplare stimmen gut mit den von Wallace für Pt. rostrata angegebenen und meine jungen Vögel sind zwar ein wenig grösser als die von Pt. mega- rhyncha, wie Gray sie von dem Exemplare von den Aru-Inseln angiebt, allein ich kann auf letzteren Umstand kein grosses Ge- wicht legen, da der Vogel je nach dem Alter in der Grösse ziem- lich bedeutend variirt *. Xanthotis chrysotis (Less.). Fundort: Neu-Guinea: Dore (März 1873), Rubi an der Südspitze der Geelvinksbai (Mai 1873), Passim und In- wiorage an der Westküste derselben (Juni 1873). Ein Exemplar von Dore hat den Ohrbüschel statt goldgelb orangefarbig. Sollte Ptilotis filigera Gould von Nord-Australien von die- ser Art verschieden sein? Schon 1859 sagte G. R. Gray3 bei Ptilotis chrysotis von Dore: „This bird is the same as Tropi- 1 „Throat yellowish white, with miimte dashes of fuscous; breast and upper part of abdomen fuscous, margined with yellowish olive". Gray. 3 Und sollte selbst bei der Aru-Form der gelbe Augenring und die Zeichnung der Unterseite sowie die Kleinheit etc. dem Alterskleide des Vogels entsprechen, während auf Neu-Guinea die Entwicklung weiter führt und diese Charaktere als nur der Jugend angehörig erscheinen, so würde gerade dieser Umstand die Zusammengehörigkeit der zwei Formen darthun, und sie als Arten nicht zu trennen sein. Allein ich vermuthe. dass bei der Aru-Form dasselbe zu beobachten sein wird, wie bei der Neu-Guinea-Form, dass also auch auf Aru der Vogel mit dem Alter jene Charaktere verliert. 8 Proc. Zool. Soc. S. 155. 4* V 210 Meyer. dorhynchus chrysotis (Less.) and PHlotis filigera Gould, hat dann aber 1869 ' beide wieder von einander getrennt als Xan- thotis chrysotis und filigera. Die von demselben Autor im Jahre 1861 2 als Ptilotis flavitentris beschriebene Varietät vonWeigett und Mysol scheint nur durch Altersunterschiede bedingten Diffe- renzen zu entsprechen, da in der Färbung von Xauthotis chry- sotis, wie meine elf Neu - Guinea - Exemplare zeigen, manche Nuancen vorkommen. Ti'opklorhyncJiHS gilölensis T e m m. Diese Art wurde im Jahre 1850 von Bon aparte" mit fol- genden wenigen Worten zuerst beschrieben: „similis Tr. argen- tieipiti sed minor." Hab. Gilolo. 1860 beschrieb Gray* eine Anthochaera sene.v von „Bat- chian und Gilolo", deren Identität mit Tr. gilölensis Temm. er durch ein ? in Frage stellte. 1869 •"' trennte er beide Formen durchaus, indem er sie als Tropidorhynchus gilölensis Temm. von Gilolo und Philemon senex Gray von Batchian und Gilolo unter verschiedene Gattun- gen vertheilte. 1872 beschrieb C. Sundevall6 die neue Gattung und Art Melitograis striata von Neu- Guinea und sagt u. A. von der- selben: „similis videtur Anthoch. seni Gray sed pennae alarum non apice albae." Ich halte alle drei aus folgenden Gründen für identisch: Die mir vorliegenden auf Halmahera (Gane, SO. -Ende der Insel) im März 1873 an einem Tage zusammen erbeuteten vier Exemplare zeigen unter sich diejenigen Verschiedenheiten, auf welche hin obige Forscher sie in verschiedene Arten, ja Gattun- gen vertheilten. Diese Unterschiede liegen in der Färbung, in dem Bau des Schnabels und in der Grösse fast aller Körperthcile. i Handlist I. S. 159. a Proc. Zool. Soc. S. 428. s Consp. I. 390. 4 Proc. Zool. Soc. 8. 349. s Handlist I. S. 160. •• Mctli. nat. av. disp. tent. I. S. 50. (Stockholm.) Über neue a. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. -1 1 Gray Bagt in seiner Diagnose: „wings grey n\ itli the tips und slial'ts of the feathers pure white"; keines meiner Exemplare zeigt aher diese Eigenschaften in ausgesprochener Weise, son- dern einige halten nur Anklänge daran. Das grösste derselben mit dem längsten und am deutlichsten gezähnten Oberschnabel, welches zweifellos das älteste ist, besitzt Andeutungen jener weissen Spitzen an den Schwingen, aber die oberen Deckfedern der Schwingen erster Ordnung und die Federn des Schultcr- randes sind sehr deutlich mit weissen Spitzen versehen, auch haben sie weisse Schäfte, während diejenigen der Schwingen selbst an der Oberseite braun sind; unterscits sind die Schäfte der Schwingen bei allen Exemplaren weiss. Es ergiebt sich hieraus mit Wahrscheinlichkeit, dass die von Gray angebenen, oben citir- ten Charaktere nur dem alten Vogel zukommen. Je nach dem Alter ferner ist der Oberkopf weisser oder dunkler; in ersterem Falle ist der Vogel älter und erinnert mehr an die Kopffärbung von Tropidorhynckus argentieeps Gould1, an welchen Bonaparte daher die Art anschloss. Bei dem älteren Vogel sind auch die weissen Schäfte der Federn weiter über den Kücken herab noch deutlich, wo sie den jüngeren fehlen; bei letzteren sind die oberen Flügeldeckfedern fahl rostbraun gesäumt. Die Flügel selbst sind allerdings auch bei meinen älteren Exemplaren nicht grau, sondern braun, allein es scheint die allgemeine Fär- bung bei dieser Art überhaupt zu variiren zwischen schwärzlich, braun und gräulich, ohne dass aber mein Material ausreichte, um zu bestimmen, was und wie viel Alter2 oder Geschlecht oder individueller Abänderung oder der Localität zuzuschreiben wäre. Ich bemerke noch, dass bei älteren Individuen die Ränder der Aussenfahnen der Schwingen erster Ordnung viel heller sind als bei jüngeren. Bei allen ist die Schwingenunterseite grau und sind die Innenfahnen der Schwingen chamoisfarben ; endlich trägt der Oberschnabel der jüngeren Vögel fast gar keine Zähnelung, derjenige der alten eine sehr starke. i B. A. IV. 59. 2 Bei anderen Tropidorkynchna-Avteu Bind je nach dem Alter nicht unbedeutende Farbendifferenzen bekannt. 212 Mey e r. Die Masse meiner Vögel zeigen folgende Schwankungen: Totallänge 205-245 Mm. Fliigellänge 100—115 „ Schwanzlänge 87 — 100 „ Schnabellänge von der Stirn . . 36 — 40 „ Es fällt also, wie aus diesen Notizen hervorgeht, der Unter- schied, auf welchen Sundevall seine neue Art bildete, fort, und da sich dieselbe vollkommen zwanglos in die Gattung Tro- pidorhynchus oder Philemon einreiht, so kann ich mich dem Vor- gang, die neue Gattung Melitograis daraus zu machen, welche zwischen Anthochaera und Philedon stehen soll, nicht anschliessen. Sundevall führt seinen Vogel von Neu- Guinea auf, allein ich vermag es nicht zu bestätigen, ob diese Art auch auf Neu-Guinea vorkommt oder nicht, da ich sie nur auf Haiinahera erbeutete und sie von Gray und Bon aparte auch nur als von Halmahera und Batjan stammend genannt wird. Ehe daher Neu-Guinea als Fundort acceptirt werden kann, käme es darauf an, zu eruiren, ob die Quelle, aus welcher der Sundevall' sehe Vogel stammt, authentisch ist. Tropi dorliynclius inornatus Gray u. Mit eh. G. R. Gray und Mitchell l gaben im Jahre 184(3 die Ab- bildung eines l'ropidorhynchus inornatus ohne Beschreibung und ohne Vaterlandsangabe. 1850 publicirte Bonaparte2 die kurze Diagnose eines Tropidorhynchus cinereus von Timor: „fusco-cinereus, subtus sordide canus: protuberantia ad basin rostri nulla", ohne Masse beizufügen 3. ' Gen. of B. I. t. 39, S. 125, sp. Nr. 11. Consp. I. S. 390. - Dieser Diagnose folgt eine Bemerkung über einen in der Voy, pole sucl pl. 18, fig. 1 abgebildeten Tropidorhynchus vulturinus, so dass man scliliessen muss, Bonaparte habe die betreffenden Vögel als ver- schieden angesehen, sowie auch als verschieden von Tropidorhynchus in- ornatus (1 ray u. M. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 213 1853 wurde in der Voyage au pole sud ' ein Tropidorhyn- chus vulturinus von Australien ohne Beschreibung bekannt gemacht, welchen Sclater 8 in einem Philemon vulturinus von den Salomons-Inseln wiederzuerkennen glaubte; er bemerkt: „that the bird is generally darker above than is represented in the figure (Voy. P. s. t. 18. 1), and lias the apical portion of the bill light yellow." Endlich fasste Gray im Jahre 18693 unter Philemon in- ornatus auch Tropidorkynchus cineraceus Müll, und vulturinus H. & J. zusammen und gibt als Vaterland Timor, Celebes und die Salomons-Inseln. Celebes ist eine Angabe, welche sehr der Richtigstellung oder Bestätigung bedarf. Wie es sich nun thatsächlich mit der Ideutität dieser For- men verhält, ist nicht zu entscheiden, wenn man nicht die ent- sprechenden Exemplare zum Vergleiche zusammenhalten kann, und ich bin daher auch unsicher, ob meine unter dem Namen Tropidorkynchus inornatus aufgeführten Vögel von Neu- Guinea identisch mit jenen Formen von Australien, den Salomons-Inseln und Timor sind; ich ziehe dieselben jedoch wegen ihrer jeden- falls grossen Ähnlichkeit fürs Erste dazu, indem ich aber gleich- zeitig die Unterschiede von den citirten Abbildungen angebe und meine Vögel beschreibe, damit dieselben in Zukunft zweifel- los wiedererkannt werden können. Ganze Oberseite graubraun, jede Feder mit dunklerem Schaftstriche und dunklerer Umgebung desselben. Ganze Unter- seite grau mit leicht bräunlichem Anfluge vom Kinn bis zum Bauch, etwas heller auf diesem, dem Unterleib und den unteren Schwanzdecken; bei einigen Exemplaren ziehen diese letzteren Parthien ins Weissliche. Zügelgegend nur schwach befiedert, zum Theil nackt. Augenhaut nackt, schwarz. Kopfseiten von der dunkleren Fär- bung der Oberseite, nicht hell wie die Unterseite. Die Ränder der Aussenfahnen der Schwingen und oberen Flügeldecken ins Graue ziehend. Unterseite der Schwingen i PI. 18. fig. 1. Text S. 88. a Proc. Zool. Soc. 1869. S. 120. s Handlist, S. 159. 214 Meyer. schwärzlichgrau, Schäfte weiss. Basaltheil der Ränder der Innen- fahnen der Schwingen bis über die Mitte silbergrau. Untere Flügeldecken bräunlichgrau. Unterseite des Schwanzes grau. Schäfte weiss; Oberseite desselben von der Färbung der ganzen Oberseite des Vogels, Schäfte braun. Füsse, Krallen , Schnabel schwarz. Schnabel ohne Protu- beranz oder Anschwellung an der Basis. Bei manchen Exemplaren zieht die Färbung der ganzen Unterseite ein wenig ins Gelblichbraune. Die Geschlechter gleichen sich vollkommen. Jüngere Vögel haben die Endsäume der Federn an der Gurgelgegend gelb gesäumt, wenigstens deute ich nach der Analogie mit Tropidorhynchus citreogularis Gould1 und anderen Arten die gelbe Färbung als einen Rest des Jugendkleides, wenn auch sonst die zwei Vögel, welche es zeigen (ein Männchen und ein Weibchen), an Färbung und Grösse vollkommen den andern gleichen. Fundort: Rubi, an der Südspitze der Geelvinksbai auf Neu- Guinea, wo die Art neben Tropidorhynchus Novue- Guineäe vorkommt, welche Art ich noch an mehren anderen Localitäten erlegte2, während ich Tropidorhynchus inornatus nur bei Rubi fand. Ich erbeutete 8 Männchen und 4 Weibchen. Masse: Totallänge 215— 245 Mm. Flügellänge 105—115 ,. Schwanzlänge 95 — 105 .. Schnabellänge von d. Stirn 28 — 32 „ Von der Abbildung bei Gray und Mit eh. 3 unterscheidet sich mein Neu-Guinea- Vogel nur durch ein dunkleres Braun sowohl auf der Ober- als auch auf der Unserseite und durch den Mangel des Grün an den Rändern der Aussenfahnen der Schwin- gen zweiter Ordnung, welches aber vielleicht ein Rest eines i B. A. IV. GG. » S. V. Mittheilung über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu-Guinea etc. Stzber. der k. Akad. d. Wiss. zu Wien. Natunv.-niath. Cl. Bd. I.XX, S. f>. s Gen. of B. t. 39. über neue u. ungenügend bekannte Vögel \. Neu-Guinea etc. 215 Jugendkleides ist. wie es bei anderen Tropidorhynchus- Arten ebenfalls vorkommt. Von der Abbildung in der Voy. pole sud ' unterscheidet er sieh ebenfalls durch die dunklere Oberseite und durch die viel dunklere Unterseite, ferner durch den Mangel der hellereu Striche auf dem Kopfe und der helleren Zeichnung im Gesichte. In der Grösse aber stimmt er auch mit diesem2. GliciphUa mode&ta G. II. Gray. Diese Art wurde von den Aru-Inseln nach dem Weibchen beschrieben3 und ich führe sechs auf Neu-Guinea (Passini, an der "Westküste der Geelvinksbai, Juni 1873) erbeutete Vögel vorläufig unter diesem Namen auf, da sie ziemlich gut auf die Beschreibung von Gray passen, welche aber leider zu kurz ist, um die Art mit Sicherheit wiederzuerkennen, wenn die betref- fenden Individuen von einer anderen Localität stammen. Die Geschlechter gleichen sich, doch scheinen die Weib- chen etwas mehr Braun auf der Brust zu haben, aber es könnte dieses auch Zeichen des jüngeren Vogels sein*. Schnabel, Fasse und Krallen sind hell bräunlich. Schnabellänge von der Stirn 13 Mm. Gray führt (1. c.) diese Art auch von Goolds-Insel auf. Ist damit Goods-Insel in der Torresstrasse gemeint? Cosmoteira eques (Less.). Ich erbeutete fünf Exemplare dieser Art, und zwar drei Männchen (darunter zwei junge) und zwei Weibchen (Rubi, Passim, Dore), also alle auf Ken- Guinea selbst, und keines auf den Inseln der Geelvinksbai. i T. 18, fig. 1. 2 In der allgemeinen Färbung kommt er ziemlich überein mit der Abbildung von Philedon buuroensis Q. u. G. (Voy. Astr. pl. 8, f. 1. S. 192; von Buru, doch ist er, abgesehen von anderen Unterschieden, kleiner und der Schnabel mehr gebogen. 3 Proc. Zool. Soc. 1858. S. 174. 4 Sollte „Entomophila? spilodera* G. R. Gray (Proc. Zool. Soc. 1859. S. 155) von Dore auf Neu-Guinea auch zu dieser Art gehören und vielleicht ein Jugendkleid derselben repräsentirenV 216 M e y e r. Ausgewachsene und ausgefärbte Männchen und Weibchen gleichen sich vollkommen. Jüngere Vögel aber sind bedeutend kleiner; so variiren z. B. zwei in Rubi zusammen erlegte Männ- chen (ein altes und ein junges) folgendermassen: Totallänge 125 Mm. 150 Mm. Flügellänge 57 „ 72 .. Schwanzlänge 50 „ 62 „ Schnabellänge von der Stirn 16 „ 18 „ und zwischen diesen beiden steht ein Männchen von Passim, welches also den Übergang in der Grösse repräsentirt, mit fol- genden Massen : Totallänge 140 Mm. Flügellänge 65 „ Schwanzlänge 59 „ Schnabellänge von der Stirn 16 „ Das kleinste dieser drei Exemplare hat den Oberkopf und das Gesicht röthlich angehaucht. Bei dem an Grösse mittleren ist der Schnabel am wenigsten ausgebildet, die Basis des Unter- schnabels hell, die Zähnelung der Kieferränder noch nicht vor- handen. Das schöne, charakteristisch gezeichnete Roth der Kehle und des Halses, welches diese Art überhaupt aufzuweisen hat, ist bei den zwei jüngeren Exemplaren noch nicht so ausgedehnt, wie bei den alten, besitzt jedoch ganz dieselbe Farbenniianee. Auffallend ist der erwähnte röthliche Anflug des Kopfes bei dem kleinsten Exemplare, da es ungewöhnlich ist, einen jüngeren Vogel mit einem Schmucke versehen zu linden, welcher beim älteren schwindet; auch ist seine ganze Unterseite etwas heller und ins Bräunliche ziehend, sowie die ganze Oberseite auch etwas bräunlicher als bei anderen Exemplaren. Allein ich glaube hierin nur Reste des Jugendkleides sehen zu müssen und die Auffassung, dass dieses Exemplar wegen dieser Kleinheit und wegen des röthlichen Anfluges am Kopfe einer anderen Art an- gehören könnte, ausschliessen zu können — was allerdings end- gültig erst durch ein grösseres Material zu entscheiden ist — da die Vögel sonst übereinstimmen, da ferner der Grössenübergang durch jenes Exemplar mittlerer Grösse gegeben ist, welches auch noch Spuren einer etwas bräunlichen Färbung trägt, und da auch die sonstigen in der Literatur zu findenden Angaben über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 217 darauf deuten, dass die bis jetzt erlegten Vögel dieser Art in ihrer Grösse variiren. So schlug Waiden' noch kürzlich vor, die Form von Mysol. da sie beträchtlich kleiner sei als von WeigeU als Species fttr sich unter dem Namen Cosmoteira minima von C. eques zu scheiden, einen Vorschlag, dessen Annahme ich nicht befür- worten kann, da meine auf Neu-Guinea an demselben Orte, zu derselben Zeit erlegten Exemplare, und welche auch dasselbe Geschlecht haben, dieselben Alt ers grossen- Differenz en aufweisen, wie die von Waiden einander gegenübergestell- ten Vögel von Mysol und Weigeü, und da, selbst wenn die Forin von Mysol constant kleiner sein sollte, was erst durch ein grös- seres Material zu erhärten wäre, hierin bei sonstiger Gleichheit unter diesen Umständen kein Unterschied gesucht werden kann, welcher die Abtrennung als Art rechtfertigt. Die erste Abbildung, welche von Cosmoteira eques gegeben wurde2, betraf einen kleinen Vogel von Weigeü; die Länge wird3 auf 4" 5'", Schnabel 9"', Schwanz 18'" angegeben. Müller & Schlegel endlich* beschreiben ein Weibchen von Gilolo5, von welchem die folgenden Masse angeführt werden : Flügel 63 Mm. Schwanz 47 „ Schnabel vom Mundwinkel . . 10 „ Tarsen 15 „ i Ibis 1870. 8. 50. a Voy. Coq. t. 31, 1. - L. c. Text S. 679. 4 Verh. Overz. bez. Zool. S. 62. » Es wird an dieser Stelle ferner gesagt : „de Heer Lesson verkreeg haar van de noordoostkust van Nieuw Guinea en op het nahegelegen Wai- giou", aber Voy. Coq. S. 679 sagt Lesson : „Notis l'observämes d'abord sur nie de Waigiou mais nous le revimes plus communement en- suite ä la Nouvelle Guinee sur les extremites des branches des grands arbres du pourtour du havre de Dorery." Auf Taf. 31 ist nur „Waigiou" genannt und aus dem Text scheint mir auch klar hervorzugehen, dass das Exemplar, welches der Abbildung diente, von Weigeü war; auf Neu- Guinea wurde der Vogel nur auf den Bäumen gesehen und nicht erlegt, also ist bei der Kleinheit desselben eine Identificirung mit Sicherheit nicht 218 Meyer. Mimeta striata (Q. & Gr.) Ich erbeutete sechzehn Exemplare dieser Art, und zwar acht Männchen und acht Weibchen auf Neu- Guinea bei Üore (März 1873), Rnbi an der Stidspitze der Geelvinksbai (Mai 1873), Waweji (Mai 1873) und Passim (Juni 1873) an der Westküste der Geelvinksbai. Von diesen sechzehn Exemplaren haben acht einen rothen Schnabel, vier einen schwarzen und vier einen braunen, der den Übergang bildet von Schwarz zu Roth. Dieser Vogel wurde in der Voy. de l'Astrolabe PI. 9, Fig. 2 mit rothein Schnabel abgebildet und im Text S. 196 heisst es: „le bec d'un rougeätre fonce" ; das betreffende Exemplar stammte von Dore auf Neu-Guinea. Meine vier Exemplare dieser Art, welche einen schwarzen Schnabel haben, zeigen an ihrem Gefieder verschiedene Spuren des Jugendkleides, wie z. B. rostfarbene Säume an den oberen Flügeldecken und den Schwingen, so dass kein Zweifel darüber sein kann, dass der jüngere Vogel einen schwarzen Schnabel hat, der sich erst ziemlich spät roth färbt, da jene vier Exem- plare, welche in der Schnabelfärbung den Übergang von Schwarz in Roth zeigen, keine Spuren mehr eines Jugendkleides auf- weisen. Dendrochelido n tuystacea (L e s s. ) Ich erbeutete von dieser Art sechs Exemplare, drei Männ- chen und drei Weibchen, und zwar auf Neu-Guinea selbst (Mum, auf den Südabhängen des Arfak-Gebirges, Juni 1873) und auf der Insel Jobi (Ansus, April 1873); die Individuen von Jobi und Neu-Guinea zeigen keine Unterschiede unter einander. Im Allgemeinen nimmt man an, dass bei den Arten der Gattung Dendroche/idon die Männchen einen braunen Ohrfleck haben, welcher den Weibchen fehlt. Nun haben zwar die drei von mir erbeuteten Männchen denselben, von den drei Weibchen jedoch besitzt ihn eines ebenfalls, wenn auch die zwei anderen nicht. gutzumachen. Der Fundort „Neu-Guinea" wurde eist durch Wallaee (I'roc. Zool. Soc. 1*50, S. 255) sichergestellt. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 219 Die Geschlechtsbestimmung ist durch die Section gemacht worden, allein selbstredend kann ein [rrthum nicht absolut ausgeschlossen werden, wenn jeden Tag durch Monate hindurch eine grosse Anzahl solcher Bestimmungen vorzunehmen und auf- zuzeichnen sind; dennoch habe ich nicht genügenden Grund, in die Richtigkeit meiner Angabe Zweifel zu setzen, und den Tliat- bestand, dass eines meiner Weibchen ebenfalls den braunen, bisher nur den Männchen zugeschriebenen Ohrfleck besitzt, ein- fach als irrthtimlich zu negiren, und um so weniger kann ich mich dazu bewogen fühlen, als bei den verschiedenen Arten der Gattung Dendrochelidon dieser Charakter als Geschlechts- charakter noch durchaus nicht absolut sichergestellt ist. Ich halte es daher für möglich, dass derselbe kein Geschlechts-, sondern vielmehr ein Altersunterschied ist; es kann jedoch diese Alternative erst durch ein grösseres Material entschieden weiden, an welchem dieGeschlechtsbestimmung mit absoluter Verlässlich- keit gemacht worden ist. Die folgenden Belege thun dar, wie sehr diese Frage einer erneuten Untersuchung bedarf. Das Geschlecht des typischen Exemplares von Dendro- chelidon mystacea (Less.), welches Voy. Coq. t. 22 abgebil- det ist, scheint Lesson unbekannt gewesen zusein, denn im Texte l ist Nichts über dasselbe gesagt. Die Abbildung zeigt keinen braunen Ohrfleck, und er findet in der Beschreibung auch keine Erwähnung. Dagegen sagt Gould 2 von dieser Art: „the female aecording to the labeis on Mr. Wallace's speci- niens, resembles her mate, but is destitute of the chestnut throal ; and earmark". Es käme darauf an, zu wissen, ob die Anzahl der von Wallace erbeuteten Exemplare gross genug ist, um einen Zufall auszuschliessen. Von Dendrochelhlon Klecho (Horsf.) heist es bei Tem- minck*: „on reconnait le male ä une grande fache d'un beau marron, qui couvre le meat auditif; eile n'existe point dans la i S. 617. 2 B. A. XI. 1859. 3 Dass auch die Kehle diese Farbe habe, ist wohl nur ein irrthüm- liches Einschiebsel an dieser Stelle, da es kurz vorher in der Beschreibung von der Kehle heist, sie sei „greenish grey", wie sie es in der That ist. * PI. Col. 83, f. 1. 220 M eyer. femelle"; und Gouid1 sagt: „the female has the ear coverts green instead of the chestnut.- In beiden Fällen ist also nicht angegeben, ob sich die Constatirung dieses Geschlechtsunter- schiedes wirklich auf die anatomische Untersuchung stützt, und es kann daher auf die einfache Behauptung kein grosser Werth gelegt werden. Von Dendrochelidon Wallacei Gould sagt dieser Autor 2: „The usual chestnut-coloured mark immediately bclow the ear. indicative of the male, occurs in this as in the other members of the genus", und3 „the female is destitute of the chestnut ear- spot." Auch in diesem Falle fehlt jede Angabe, auf welche posi- tiven Gründe sich diese Behauptungen berufen können. Von Dendrochelidon coronata (Tick.) sagt Gould4 da- gegen nur: „the female is said to be destitute of the chestnut throat and ear-mark". Und von Dendrochelidon comata (Temm.)'' heisst es aus- drücklich im Text: „une petite tache marron marque la region des oreilles" und später: „on ne voit point de differences dans les sexes." Es muss also, wie gesagt, diese Frage als eine noch offene angesehen werden. »&' JPionias Pucherani (Bp.) et stirpes. Schlegel0 sagt: „c'est im fait digne de remarque que cet oiseau n'ait jamais ete observe par nos 7 voyageurs ä la Xou- velle Guinee meine.'- Ich kann hierin nichts anderes als einen Zufall sehen, denn ich erhielt denselben an drei verschiedenen Orten auf Nen-Guinea selbst, und zwar bei Rubi, Andei und Dore, also am Südende der Geelvinksbai, am Fusse des Arfak- i B. As. XI. 1859. 2 Proc. Zool. Soc. 1859, S. 100. s B. As. XI. 1859. * L. c. '•> PI. Col. 268. 6 Neil. Tijdschr. v. d. Dierk. IV. S. 5. 7 Womit die im Auftrage der holländischen Regierung reisenden •Gelehrten und Beamten gemeint sind. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 221 Gebirges und nahe der Nordwestspitze der Insel, und auch Wallaee führt1 die Art von Neu-Guinea als von ihm selbst gesammelt, auf. Ebenso stammte das weibliehe Exemplar, wel- ches (unter dem Kamen Pionus fuscicapillusW agl.) in derVoy. pole sud, Tal'. 25b'8, fig. 3 in ausgezeichneter Weise abgebildet ist, von der Westküste Neu-Guinea's 2. Bemerkenswerther scheint mir der Umstand, dass diese auf Neu-Guinea, wie es scheint, weitverbreitete Art auf dem Arfak-Gcbirge, an dessen Fusse ich sie noch erlegte, durch eine andere Form, meinen Pionius simplex s, vertreten wird, wie sich ja die Fauna des Arfak- Gebirges durch ihren, ich möchte sagen, insularen Charakter auszeichnet. Finsch4 bemerkt, dass sich diese Art durch den braun- rothen Bürzel und durch den Mangel des rostbraunen Fleckes am Unterarm genügend von den verwandten unterscheide. Wenn ich, was den ersten Umstand anlangt, beipflichte, so muss ich in Bezug auf den letzten besonders hervorheben, dass zwar die Exemplare von Neu-Guinea und der Insel Jobi 5 diesen rost- braunen Fleck am Unterarm nicht zeigen, aber dass die von Mysore und Mafoor ihn in sehr ausgesprochener Weise besitzen, und zwar ist dies der Fall bei beiden Geschlechtern, nicht etwa nur beim Männchen. Während andere Schriftsteller die sexuellen Färbungs- differenzen bei dieser und den ihr verwandten Arten ohne Wei- teres als soche anerkennen, hat F ins eh dieselben in Zweifel i Parrots oftheMal. Region, Proc. Zool. Soc. 1864. S. 283. 2 S. Text S. 106. Finsch (Pap. II, 386j beschreibt diesen Vogel als mit olivenbraunen Parthien am Kopfe (Stirn, Zügel, Backen und Kinn, und sagt dann, die Abbildung der Voy. pole sud zeige aber den ganzen Kopf rötlilichbraun, kaum etwas heller als der Bürzel. Souance (Rev. et Mag. de Zool. 1856, 2. Ser. VIII, 218) nennt den Kopf wie auch den Bürzel „brun", und in der That nähert sich bei einigen meiner Exemplare die Färbung dieser zwei Parthien einander sehr, wenn auch stets ein merk- barer Unterschied bleibt, aber sie stimmen aufs Genaueste mit der citirten Abbildung. s Mitth. der zool. bot. Ges. Wien 1874. Bd. 24. Stzg. v. 4. Febr. « Pap. II, 386. 5 Nur bei einem Exemplare von Jobi (unter neun) zeigt sich eine Spur dieses Fleckes in einer schwachen, röthlichgelben Tinte. 222 M o y e r. gezogen und sie für dem Jugendkleide zukommend gehalteD, wenn er die Frage auch nicht endgültig entscheidet. 80 sagt er im Allgemeinen von den Piot/ias-Arten f: „Von einigen Arten, besonders den indischen, wird eine stetige Ver- schiedenheit der Färbung nach den Geschlechtern angegeben, ein Factum, welches mir aber lange nicht bewiesen erscheint und noch sehr der gründlichsten Untersuchung bedarf. Dagegen ist es ausgemacht, dass die jungen Vögel meist auffallend ab- weichend gefärbt sind". Und in Bezug auf die hier besonders in Betracht zu ziehenden Arten 2: „Die Färbung zeigt grosse Verschiedenheit nach den Altersstufen, obwohl man die- selbe gewöhnlich auf das Geschlecht bezogen hat. Denn wäh- rend alte Vögel am Vorderkopfe und Backen ein schönes Roth, auf Hinterkopf und Nacken Blau zeigen, sind die jüngeren (an- geblich Weibchen) an diesen Theilen noch grün oder einfarbig braun." Speciell von P. personatus (Shaw)3: „Ohne Zweifel dürften im vollkommenen Gefieder keine erheblichen sexualen Verschiedenheiten stattfinden und die bisher für Weibchen ge- haltenen Vögel sind gewiss noch jüngere und junge"; und von P. rhodops (Gray)*: „Dass bei dieser Species, eben wie bei personatus, die braunköpfigen Individuen nicht immer Weibchen sein dürften, sondern vielmehr jüngere Vögel, beweisen die vielen Übergänge, theilweise schon mit Blau auf dem Oberkopf und Roth an den Kopfseiten, welche ich zu sehen Gelegenheit hatte." Ich stimme dieser von Finsch vertretenen Ansicht nur in- sofern bei, als ich den braunen Kopf nur beim Männchen für ein Jugendkleid halte, beim Weibchen aber es als das Kleid des ausgefärbten Vogels ansehen muss, dass also alle Vögel, welche jene Übergänge zeigen, junge Männchen sind; wie schon Schlegel'1 sagt: „tete brun rougeätre dans les femelies adul- tes et les jeunes mäles", und ich stütze diese meine Ansicht, wie ich glaube, unwiderleglich auf meine Ausbeute von Pionias Pucherani auf Neu-Guinea und den Inseln Jobi, Mafoor und ' Pap. II, 372. - L. c. 8. 375. » L. c. S. 379. * L. c. S. 383. 5 Mus. Pays bas Psitt. 1864, 8. i2. Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 223 Mysore, indem ich nicht anstehen kann, das was für diese Art gilt, auch auf die zwei anderen so nahe verwandten zu über- tragen. Ich erlegte dreiundzwanzig Exemplare, von denen vierzehn als Männchen, neun als Weibehen von mir bezeichnet wurden, eine Bezeichnung, welche nur nach dem anatomischen Befunde gemacht ist, und es haben nun alle vierzehn Männchen den roth und blauen, alle neun Weibchen den braunen Kopf. Dieser Um- stand schliesst, wie mir scheint, den Einwand aus, dass zufällig- alle von mir erlegten neun Weibchen junge Weibchen sein sollten, und dass ich unter dreiundzwanzig Exemplaren kein aus- gefärbtes Weibchen erlegt hätte; es wurden diese Exemplare zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Localitäten erbeutet, und zwar: Neu-Guinea: Dore (März und Juli 1873), Andei (Juli 1873), Rubi(Mai 1873); Mafoor (März 1873); Mysore (März und April 1873); Jobi (April 1873). Schlegel vereinigt die von Fi n seh getrennt gehaltenen Arten P. personatus, rhodops und Pucherani unter dem einen Namen Eclectus persomitus ', indem er die Grössen- und Fär- bungsdifferenzen nicht als Artcharaktere anerkennt und Über- gänge zwischen diesen verschiedenen Formen je naeh der Loca- lität anführt. Indem ich hier nicht beabsichtige, die für die eine oder die andere Betrachtungsweise beigebrachten Gründe einer Besprechung zu unterziehen oder die Frage nach dem specifi- schen Werthe der verschiedenen Formen entscheiden zu wollen, möchte ich nur das Folgende an der Hand meiner Ausbeute hervorheben. i Ned. T. v. d. D. III. S. 332 fg. u. IV. S. 4 fg. Finsch (1. c. S. 375) fuhrt P.personatus unter anderem auch als von Mysol auf, P. rhodops u. a. auch als von Weigeii und Gebe, P. Pucherani u. a. auch als von Mysol Weigeü u. Gebe. Es käme also Pucherani zusammen mit personatus auf Mysol vor, zusammen mit rhodops auf Weigeii und Gebe. Es scheint mir dieses nicht wahrscheinlich, da man annehmen kann, dass sich diese nahestehenden Formen auf den verschiedenen Inseln vertreten. Wäre dem nicht so, kämen sie zusammen an demselben Orte vor, so scheint es mir sehr fraglich, ob man sie speeifisch trennen kann. Es muss jedenfalls auf die Zuverlässigkeit bei der Bestimmung des Fundortes künftighin genauer geachtet werden, als es zum Theil bisher geschehen ist. Sitzb. d. m.ithem.-naturw. Cl. T.XX. Bd. I. Abth. 15 224 M e y e r. Schlegel 1 sagt: „Ces variations se bornent en general ä unc difference de taille, ä la teinte des sousalaires, qui sont tantot vertes, tantot bleues, enfin ä la teinte du croupion. dont le vert passe dans les individus des iles Papou, par suite d'un changement graduel des teintes, au rouge de cuivre". Durch den Ausdruck: „par suite d'uu changement gra- duel" in Bezug auf die Färbung des Bürzels von Grün zu Roth kann man veranlasst werden zu glauben, dass sich der Über- gang von der einen Farbe zur anderen in der Art vollziehe, dass es eine Form giebt, bei welcher der Bürzel ganz grün, eine andere, bei der etwas Roth beigemischt ist, eine dritte, bei der Roth vorwiegt u. s. f. Das ist aber bei Exemplaren von Neu- Guinea, Jobi, Mysore und Mafoor nicht der Fall. Sie zeigen alle einen ganz rothen, nur mehr oder minder intensiv ge- färbten Bürzel und weisen keinen allmäligen Übergang von Grün zu Roth auf. Was die schon von Schlegel2 zum Theil angeführten Unterschiede zwischen den Formen der verschiedenen Inseln der Geelvinksbai anlangt, so füge ich Folgendes zur Ergänzung die- ser Angaben hinzu: Das intensivere Bürzelroth bei den Exemplaren von Jobi tragen nicht alle Individuen gleich gut ausgesprochen — viel- leicht Altersdifferenzen — , sondern unter meinen neun Exempla- ren sind einige, welche in dieser Beziehung durchaus mit einigen unter acht auf Neu-Guinea selbst erbeuteten Exemplaren über- einstimmen. Diejenigen der Insel Mafoor, von woher Schle- gel keine vorlagen, gleichen in dieser Beziehung nicht denen von Jobi, sondern haben den Bürzel, wie die der anderen Loca- litäten, braunroth gefärbt. Was die Axillar- und Subalar-Federn anlangt, so ist das Blau derselben bei Exemplaren von Mafoor von eben der Nuance wie bei Exemplaren von Mysore, bei denen von Neu-Guinea selbst steht es aber in der Mitte zwischen dem hellen Blau der Jobi-Exemplare und dem dunkleren bei denen von Mysore und Mafoor. i N. T. v. d. D. IV. S. 5. * N. T. v. d. D. IV. S 4. über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 225 Ich iiebe noch hervor, dass die Bürzelfarbung der Weibchen mit derjenigen der Männchen selbst gleichen »Schritt hält und nicht etwa schwächer ist. Dass der rothbraune Fleck am Unterarm nur bei Ncu- Guinea- und Jobi -Exemplaren fehlt, dagegen bei Mafoor- und Mysore-Exemplaren vorhanden ist, wurde bereits oben erwähnt. In Betreff der Kopffärbuni;- der Männchen sind die folgen- den Unterschiede hervorzuheben: Am meisten beschränkt und am wenigsten intensiv ist das Roth der Stirn bei Mysore- und Mafoor-Exemplaren, bei denen von Neu-Guinea ist es intensiver und reicht ein wenig weiter auf den Kopf; bei denen von Jobi aber zieht es sich mit Blau unter- mischt bis weit über den Oberkopf herauf, und das Blau des Hinterkopfes und Nackens ist weniger gesättigt als bei den Exemplaren der drei anderen Localitäten. Nicht ohne Interesse scheint mir auch das Verhalten des Roth am Halse. Dieses verbreitet sich nämlich bei Mysore- und Mafoor-Exemplaren über den Kropf bis fast an die Brust, und ist besonders intensiv bei denen ersterer Insel; bei Exemplaren von Jobi dagegen ist es auf das Kinn, bei denen von Neu-Guinea auf Kinn und Kehle begrenzt. Bei den "Weibchen scheint das Braun des Kopfes bei Exem- plaren von Mysore intensiver als bei denen von Neu-Guinea und Jobi. Mantelfedern und Rücken aber sind bei Jobi-Exemplaren orange überlaufen, was Neu-Guinea- und Mysore-Exemplare nicht zeigen. (Auf Mafoor erlegte ich kein Weibchen.) Betrachtet man der Übersichtlichkeit wegen dieNeu-Guinea- Form als die Stammform, so kann man zur Orientirung über diese mannigfaltigen kleinen Unterschiede die constanten Varie- täten der Inseln der Geelvinksbai als var. mysorensis, mafo- rensis und jobiensis bezeichnen. Trichoglossus cyanogratwinus Wagler. Exemplare von Jobi (Ansus, April 1873): sechs Männ- chen und sechs Weibchen. Die ausgefärbten Männchen und Weibchen gleichen sich vollkommen. Ein Weibchen, welches sich sonst in Nichts von den anderen unterscheidet, hat auf dem Hinterkopfe mitten zwischen den 15* 226 M e y e r. dunklen Federn desselben eine einzige rothe Feder, welche gegen die Spitze zu mit einem länglichen, schön gelben Streifen gezeichnet ist; es ist dieses kein jüngeres Exemplar, sondern es zeigt die rothen Mantelflecken in ausgezeichneter Weise. Ein anderes Weibchen hat eine kleinere und weniger auf- fallende, ebenso gezeichnete Feder an dem spitzen hinteren Ende der schwarzen Augenhaut, und trägt sonst alle Zeichen des ausgefärbten Vogels. Ein drittes Weibchen besitzt mehre solche kleine und sehr wenig auffallende Federchen, eines über dem Auge, ein zweites vor demselben und ein drittes hellroth gefärbtes, mit weiss- lichen Enden an der Stirn. Dieses Exemplar zeigt zu gleicher Zeit die Federn an einem Theile der Wangen und die der Hals- seiten schön lebhaft grün gerandet. Auch dieser Vogel trägt sonst alle Zeichen des ausgefärbten an sich. Liegen in diesen kleinen Unterschieden individuelle Ab- weichungen oder sind es Reste eines unbekannten Jugend- kleides? Exemplare von Neu -Guinea (Kubi, Mai 1873; Pas s im, Juni 1873; Dore, März 1873): dreizehn Männchen und sechs Weibchen. Die ausgefärbten Männchen und Weibchen gleichen sich vollkommen und unterscheiden sich auch in Nichts von den Exemplaren der Insel Jobi. Vier der Neu-Guinea-Exemplare, aber alle vier Männchen, zeigen ähnliche kleine Abweichungen wie die drei Weibchen von Jobi; diese Abweichungen sind allerdings wenig in die Augen fallend, allein ich halte deren Mittheilung doch nicht für werthlos. Ein Exemplar hat eine kleine rothe Feder mit gelber Spitze an der Wange; ein zweites zwei solcher mehr ganz rötulich gelber Federn an der Wange und einer Halsseite; ein drittes eine der blauen Wangenfedern schwach gelblich gesäumt und einige Federn der Halsseiten grünlich auf der Schaftniitte wie die Federn des Oberkopfes; endlich ein viertes zeigt eine grosse autfallend rothe Feder mit gelber Spitze am Hinterkopfe und eine eben solche kleinere an der Stirn. In Bezug auf die einzelnen rothen Federn des Kopfes er- innern diese Individuen an das typische Exemplar von Trichu- Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-G-uinea etc. 227 glossus cocdneifrons G. R. Gray von den Aru-inseln, welche Art Schlegel1 nicht anerkennt und von welchem Exemplare Fi n seh2 sagt: „Jedenfalls dürfte das Exemplar ihm.1i nicht völlig- ausgefärbt sein, denn die hie und da auf der Scheitelmitte erscheinenden rothen Federn lassen vermuthen, dass mit zunehmendem Alter möglicherweise der ganze Kopf roth werden dürfte.'' Die zerstreuten rothen Federn auf dem Kopfe meiner Exemplare von 7V. cyanogrammus lassen mich für diese Art eher zu der schon ausgesprochenen Ver- ninthung kommen, dass es individuelle Abweichungen oder Reste eines unbekannten Jugendkleides sind, welche letztere Annahme allerdings weniger wahrscheinlich ist; die Vermuthung eines mit dem Alter erscheinenden rothen Kopfes kann für diese Art ausgeschlossen werden. Domicella lori (L.) et stirpes. 1. Domicella lori (L.) Fi n seh Pap. II, S. 769. Ich brachte dreiundzwanzig Bälge von dieser Art von Neu-G-uinea. heim , welche an folgenden Localitäten erlegt wurden: Dore (März 1873) Rubi (Südspitze der Geelvinks- bai, Mai 1873), Passim (Westküste der Bai, Juni 1873), And ei (Fuss des Arfak-Gebirges Juli 1873). Ausserdem nahm ich mehre Exemplare in »Spiritus zur anatomischen Untersuchung mit, auf welche ich später zurückzukommen gedenke. Die Art gehört an den Stellen, an welchen man sie trifft, zu denen, welche durch die zahlreichsten Individuen vertreten sind, und würden meine Jäger in der That, wenn ich nicht die Ordre gegeben hätte, sie überhaupt nicht zu schiessen, ohne Mühe Hunderte haben erlegen können. F i n s c h 3 sagt : „Nach B e c h s t e i n würden die Exemplare mit rother Brust Weibchen sein. Diese Angabe beruht aber keineswegs auf Untersuchung der inneren Theile." i Nat. Tijdschr. v. d. Dierk. IV. S. 10. 2 Pap. II. 846. 3 L. c. 8. 772. 228 Meye r. Ich bin in der Lage, durch die stets nach anatomischer Untersuchung sicher gestellte Geschlechtsbestimmung meiner dreiundzwanzig Exemplare constatiren zu können, dass die rothe Brust nicht einem Geschlechtsuutersekiede entspricht. Unter den erwähnten dreiundzwanzig Exemplaren sind nur drei mit ausgesprochen schwarzblauer Brust, eines mit einem Kleide, welches eine Zwischenstufe zwischen dem mit ganz rother und dem mit ganz schwarzblauer Brust repräsentirt, indem die Brust auf rothem C4runde blau gewellt ist (ein Exemplar, welches durch die Färbung der unteren Flügeldeckfedern zeigt, dass es noch nicht ausgefärbt ist) und ein eben solches, welches aber noch mehr Spuren des Jugendkleides an sich trägt. Ich kann jedoch nicht mit Sicherheit entscheiden, ob die dunkle Brust ein Rest des Jugendkleides, oder ob sie individuel- ler Variation zuzuschreiben ist, denn die drei ersterwähnten zeigen sonst durch Nichts an, dass sie in Etwas noch unausgefärbt wären, sie haben die unteren Flügeldecken tadellos roth gefärbt. Denkbar wäre, dass beim Übergang vom Jugendkleide sich die Brustparthien manchmal später roth färben als die unteren Flügeldecken, manchmal umgekehrt, doch ebenso möglich ist es, dass die dunkle Brust individueller Variation, die der Art als solcher eigen sein könnte, zugeschrieben werden muss. Erst grösseres Material von vielen sicheren Fundorten wird das ent- scheiden können. Von den mir vorliegenden dreiundzwanzig sind siebzehn von einer Localität: Rubi, und keines der- selben zeigt eine dunkle Brust, dagegen ein notorisch jüngeres weibliches Exemplar ebenfalls eine rothe, nur dass das blaue Band des Hinterhalses sich vorn am Halse von beiden Seiten vereinigt. Möglich also, dass auch hier die blaue Färbung der Brust schon bis auf diesen Rest geschwunden ist, trotzdem andere Theile des Vogels noch viele Reste des Jugendkleides aufweisen. Unter diesen siebzehn sind sechs Männchen und elf Weibchen. Von den rcstirenden sechs sind drei von Passini, davon zwei (Männchen) mit schwarzer Brust und eines (Weib- chen) mit rother; zwei von Dore, ein Männchen mit schwarzer und ein Männchen mit halb schwarzer, halb rother Brust; end- lich ein ganz junges Männchen von An de i: diesem fehlt noch das rothe Nackenhalsband und der rothe Mittelrücken, die ganze Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 229 Unterseite ist grünblau und rolh melirt und das Blau des Hinter- halses vereinigt sich zu einem Ring vorne. Aus diesen Notizen geht also hervor, dass die schwarz- blaue Brust auch nicht an die Localität geknüpft zu sein scheint, indem ich in Passim sowohl welche mit dunkler, als auch eines mit heller Brust erlegte. Dennoch möchte ich über die Bedeu- tung der schwarzen Brust noch kein endgültiges Urtheil fällen. Bei den unten näher abzuhandelnden Formen von Jobi (D. lori rar. jobiensis) und Mysore (D. cyanauchen) kommt unter elf Exemplaren von erster Insel und unter vier von letzterer keines mit dunkler Brust vor. Fi nsch ' schreibt das Fehlen des Blau auf der Brust dem Jugendkleide zu, allein dieser Ansicht kann ich mich nicht an- schliessen, da die weitaus grössere Anzahl meiner Individuen bei einer exquisit rothen Brust nicht die mindesten Zeichen eines Jugendkleides aufweisen. Doch sagt auch Fin seh: „Über- haupt scheinen bei dieser Species bezüglich der Ausdehnung des Blau etc. und der Grösse viele Variationen vorzukommen, von denen wir allerdings nach jetzigen Vorlagen noch nicht be- stimmen können, ob sie allein dem Alter oder Geschlecht zuzu- schreiben sind ". Wie gesagt, kann auch ich nur entscheiden, dass das Blau der Brust kein Geschlechtsunterschied ist, muss es aber offen lassen, ob es einer individuellen Variation, die der Art eigen ist, zukommt, aber nur von einem geringen Procentsatz der Individuen acquirirt wird, oder ob es ein Rest des Jugend- kleides ist, eine Ansicht, zu der ich mich allerdings etwas mehr hinneige. Keinesfalls aber kann ich mit Finsch das Fehlen des Blau auf der Brust als ein Zeichen des jüngeren Vogels ansehen. Eine weitere, höchst interessante, aber bis dahin unbekannte oder nicht beachtete Variation bei dieser Art kommt in der Fär- bung der unteren Flügeldecken vor. Sie sind der grossen Mehr- zahl nach rein roth, im Gegensatz zu denen von Domiceila cyanauchen (Müller), bei welcher sie blau sind, worüber unten Näheres. i L. c. S. 772. 230 Meyer. Allein bei sechs Exemplaren meiner dreiundzwanzig von Neu-Gmnea finden sich zum Theil Spuren, zum Theil grössere Parthien, die das Roth an Ausdehnung überwiegen, blau, ebenso wie bei D. cyanauchen. Unter diesen sechs sind zwei noch junge Vögel, allein die anderen vier sind gut ausgefärbt, so dass ich ein Zeichen des Jugendkleides in diesem Umstände nicht er- blicken kann, besonders nicht, da sonst bei jungen Exemplaren die unteren Flügeldecken zum Theil schwarz sind, wie auch Fi n seh anführt; doch hebe ich besonders hervor, dass bei den meisten meiner Exemplare mit rother Brust die unteren Flügel- decken auch rein roth sind und Nichts von Schwarz zeigen. Es gewinnt diese zum Theil blaue Färbung der unteren Flügeldecken im Zusammenhange mit derjenigen bei den auf Jobi und Mysore vorkommenden Formen, worüber unten Näheres, eine besondere Bedeutung für die Auffassung der Zusammen- gehörigkeit der auf Neu-Guinea selbst und der auf den Inseln der Geelvinksbai hausenden Formen. Ich führe noch einige individuelle Varietäten bei meinen Neu- Guinea- Exemplaren hier an, soweit sie nicht sonst schon, so viel ich sehe, in der Literatur eine Berücksichtigung gefunden haben: Ein Weibchen, bei dem das Blau der unteren Flügeldecken besonders gut ausgesprochen ist, hat das sonst rein rothe oder röthliche Nackenhalsband mit Gelb gesäumt. Ein Männchen, bei welchem auch Spuren von Blau an den unteren Flügeldecken sichtbar sind, hat die Aussenfalmen der Schwingen erster Ordnung in der Mitte zum Theil mit schmalen gelben Säumen, die zweiter Ordnung in der Mitte mit gelben, nach aussen orange umsäumten Flecken, durch welche eine Art Binde formirt wird. Ein sonst typisches Männchen zeigt an einer Seite unter den oberen Flügeldeckfedern eine einzige grosse hochgelbe Feder. Die Exemplare von Neu-Guinea variiren bekanntlich unter- einander au Grösse, was jedoch nicht dem Alter oder Geschlechte zugeschrieben werden kann. Die Formen auf Jobi und Mysore sind constant gross, allein unter den Neu-Guinea Exemplaren sind einige, welche ihnen an Grösse gleichen oder doch sein mihe kommen, so dass in dieser Grössenditferenz kein constanter Unterschied oder gar ein Art-Charakter gesucht werden kann. Über lu'ue u. ungenügend bekannte Vögel v. freu- Guinea etc. 23 1 F in seit sagt1 von den Domic eilen, dass sie minder entwickelte Geistesgaben besitzen, indess doch einzelne Worte nachsprechen lernen, obwohl nie mit der Geläufigkeit als andere Papageien, und von Domicella lori insbesondere * : „höchst son- derbar klingt die Mittheilung von Seba, dass sein Lori trefflich sprechen konnte." Ich habe eine Eeihe von Exemplaren dieser Art, wie auch der nahe stehenden Formen, getroffen, welche vortrefflich zu sprechen wussten, ja welche man den schwatzhaftesten Papa- geien zuzählen nmss. Allein sie verlangen, um sie dahin zu bringen, eine mühsame, lang andauernde Lehrzeit und ein bestän- diges Beschäftigen mit ihnen, wie sie überhaupt in der Gefangen- schaft das stete Bedürfniss zeigen, zu spielen ; haben sie keinen Genossen ihrer Art, so laden sie den Menschen auf ihre Weise dazu ein. Jedoch ich beabsichtige über das Leben und Treiben der Papageien a. a. 0. eingehender zu sprechen. 2. Domicella lori jobiensis n. rar. Auf Jobi kommt eine Form vor, welche sonst dem Neu- Guinea -Vogel gleicht, aber sich von ihm durch die blauen unteren Flügeldeckfedern, welche ganz so sind wie bei D. cy amtlichen von Mysore, durch die Con stanz der Grösse und durch ein etwas heller nüancirtes Roth am Unterhalse und der Brust, Charaktere, welche sie ebenfalls mit D. eyanauchen gemein hat, unterscheidet. Ich erlegte elf Exemplare auf Jobi im April 1873 und zwar sechs Männchen und fünf Weibchen. Keines der Exemplare hat eine blaue Brust, sondern alle eine rothe, doch vereinigen sich bei mehren die Ausläufer der blauen oder schwärzlichen Hörner der Halsseiten vorne am Halse. Die Bauchfarbe ist bei einigen Exemplaren schön blau, bei anderen schwärzlich, bei einem noch nicht ganz ausgefärbten mit grünen Federn untermischt; dieses Exemplar zeigt auch i L. c. 8. 737 u. 38. ~ L. c. S. 773. 232 Meye r. grüne Federn am Hinterkopfe und einige unter den blauen der unteren Flügeldecken. Mit der Neu- Guinea-Form hat diese Jobi- Varietät auch das rothe Nackenband gemeinsam, was sie von D. cyanauchen unter- scheidet, welcher Art es fehlt, während sie sich sonst letzterer sehr nähert. Der Neu-Guinea-Form aber nähert sie sich auf der anderen Seite wiederum auch durch folgenden interessanten Umstand : Vier Exemplare unter den elf zeigen die unteren Flügel- decken nicht rein blau, sondern weisen mehr oder weniger »Spuren von Roth auf, gerade so wie einige Neu- Guinea- Exemplare etwas Blau haben an den sonst rothen unteren Flügeldecken. 3. Domiceila cyanauchen (Müller). Das genaue Vaterland dieser Art ist bis jetzt unsicher ge- wesen, man konnte nur im Allgemeinen die Inseln derGeelvinks- bai im Norden Neu-Guinea's als solches bezeichnen. Müller, welcher sie zuerst beschrieb1, giebt gar keinen Fundort an. Schlegel2 sagt: „He de Jobie- Jobie" (nach v. Rosenberg), Wallace3: „Myfor and Jobie islands", Rosenberg4: „Neu -Guinea und Waigiu", wobei jedoch eine Verwechslung stattgefunden hat, wie die darauffolgende Beschreibung von Lori speciosus, womit die von L. cyanauchen gegeben wird 5, zeigt. Von dieser sagt er nur, dass sie auf den Inseln der Geelvinsbai lebe. Fi nsch6 sagt: „Als ziemlich bestimmt darf angenommen werden, dass D. cyanauchen zur Ornis Neu-Guinea's gehört und i Verh. Overz. bez. Land- en Volkenk. S. 107 u. Ins. is:;9— 44. ä Mus. Pays-bas 1864. S. 119. s Proc. Zool. Soc. 1864. S. 289. * J. f. Orn. 1864. S. 114. 5 Wie schon Fi nsch, Pap. II, S.775 hervorhebt. Was Rosenberg 1. c. unter L. cyanauchen verstand, sind vielleicht Exemplare von Domiceila lori von Neu-Guinea („Lorius tricolor*), welche einen blauen, nicht rothen Unterhals und Brust haben, oder solche von I). lori var. jobiensis (s. oben). Doch ist es mühsam und meist nicht lohnend, den Irrgängen dieses Autors nachzuspüren. « L. c. S. 77.-» (1868). Über neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 233 wahrscheinlich eine der Inseln im Norden der Geclvinksbai be- wohnt. Bis jetzt wurde die Art indess noch von keinem Natur- forscher erlegt, und alle bekannten Exemplare meist in Doreh von den Eingebornen durch Kauf erworben. Die wahre Heimath ist daher noch unbekannt." Ich bin in der glücklichen Lage, dieselbe genau bestimmen zu können, indem ich die Art auf der Insel Mysore (Kordo) im März und April 1873 erbeutete. Ich brachte vier Exemplare in Bälgen und zwei in Spiritus mit nach Europa. Von crsteren sind drei Männchen und ein Weibchen. Die Geschlechter gleichen sich vollkommen. Alle vier Exem- plare haben eine rothe Brust. Die Mysore-Form unterscheidet sich von der Neu-Guinea- Form im Wesentlichen nur durch den Mangel des rothen Nackenbandes und durch die blauen unteren Flügeldecken, von der Jobi-Form nur durch den Mangel des rothen Nackenhals- bandes. An Grösse gleicht sie der Jobi-Form. Im Allgemeinen ist das Roth des Halses und der Brust etwas milder als bei der Neu-Guinea-Form, was besonders im Leben sofort auffällt; aber die anderen Färbungen: das Blau, das Grün, der orangene Schimmer der oberen Flügeldecken sind alle intensiver als bei der Neu-Guinea-Form und zum Theil auch als bei der Jobi-Form. Da also diese drei Formen von Neu-Guinea, Jobi und Mysore sich sehr nahe stehen, da die beiden Endglieder (Neu- Guinea und Mysore) durch die Zwischenform auf Jobi, welche mit Neu-Guinea das Nackenband, mit Mysore die Farbe der unteren Flügeldecken gemeint hat, verbunden werden, da zudem weder bei derNeu-Guinea-Form die rothen, noch bei der Jobi-Form die blauen unteren Flügeldecken constant zu sein scheinen, diese Formen also vielseitig ineinander greifen, so dürfte es angemes- sener sein, alle drei: Domicella fori, Domiceila Jori jobiensis und Domicella cyanauchen unter einem Namen zusammenzufassen oder wenigstens auch D. cyanauchen nur als Varietät von D. lori als D. lori mysorensis aufzuführen. Ich habe die drei Formen in dieser Darstellung nur aus dem Grunde getrennt, um weiteren Verwechslungen vorzubeugen, da es galt , die Heimath dreier einander sehr nahestehender Vögel zu fixiren. Wollte man diese 2.J4 Meyer. drei Varietäten, von denen zwei nicht einmal ('«instant sind, nicht als Varietäten eiuer Art auffassen, so wäre man z.B. auch genöthigt — will man nicht alle Consequenz aufgeben — bei Pionias Pucherani (s. oben) eine jede der je nach dem Fundorte verschiedenen Varietäten als Art für sich zu bezeichnen, da sich die Exemplare von Neu-Guinea, Mysore, Jobi und Mafoor durch constante kleine Merkmale von einander unterscheiden — was aber zweifellos verkehrt wäre. Auf Mafoor erbeutete ich keine Doniicelt«, welche D. fori nahe stünde; sollte dort eine ähnliche Form vorkommen, so wäre es interessant zu eruiren, ob dieselbe der Jobi-, der Mysore- oder der Neu-Guinea -Form näher steht. Aus der Bezeichnung- von Wallace: „Myfor" (was Finsch mit ,,Myfore" erläutert), ist nicht zu ersehen, ob Mysore oder Mafoor gemeint ist. Mysore wäre richtig, während ich Mafoor offen halten muss. Jobi ist jedenfalls verkehrt, da hier die oben beschriebene Zwischenform zu Hause ist. DomiceUa cyanogenys (Bp.) Das Exemplar dieser Art, nach welchem Bon aparte ' die erste Beschreibung- gab, war ein noch nicht ausgefärbtes. wie die ausführliche Betrachtung von Finsch2 deutlich ergiebt. Dagegen ist es das Exemplar des British Museum, welches Finsch3 aufführt, mit dem meine ausgefärbten Individuen genau übereinstimmen, und zwar gleichen sich Männchen und Weibchen durchaus. Jüngere von mir erlegte Vögel zeigen Spu- ren von Grün auf der Brust, am Kopf, Nacken und an vielen anderen Stellen des Körpers. Der Schnabel dieser Art ist orangeroth (auf der Abbildung von Bonaparte ist er gelb, Finsch sagt hornweiss, ein Fleck jederseits braunschwarz: das Zeichen eines jungen Vogels). Iris roth. Füsse und Krallen schwarz. i Proc. Zool. Soc. 1850. S. 27. IM. XIV. - Pap. II, 796. 3 L. e. 7% u. 97. Über neue u. angenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 235 Der Vogel besitzt jenen schönen Hyacinthen- und Ananas geruch, welchen viele Arten dieser Gattung halten, so stark, dass der Kaum, in welchem über Nacht einige (\cv geschossenen Vögel aufgehängt waren, davon duftete. Über das Vaterland sind noch ungenaue und nicht ver- trauenswürdige Angaben verbreitet. Bonaparte kannte die exactc Herkunft nicht. Rosen- berg1 sagt: „Inseln im Geelvinksbusen" und „Mefoor, Biak, Jobi-Jobi"; Wallace2: „Myfor and Jobie-Islands"; Schlegel3: Mefoor: Finsch4 bemerkt in Bezug auf die von Rosenberg'- schen Angaben, dass sie sieh nur auf Aussagen der Eingebornen stützen und ihnen daher nicht unbedingt Glauben beizumessen wäre; nach brieflicher Mittheilung von v. R. erhielt er die Art aus dem Innern der Geelvinksbai von Neu-Guinea, womit unklar geblieben ist, von wo. Gray endlich'' führt „Myfor, Jobie, New- Guinea" auf; — kurzum eine sichere Vaterlandsangabe existirt bis jetzt nicht und von keinem Reisenden liegt eine Angabe vor, dass er den in der Freiheit lebenden Vogel erlegt habe. Ich erbeutete Domiceila cyanogenys in zahlreichen Exem- plaren auf einigen Inseln der Geelvinksbai im Norden Neu- guinea's, und zwar auf Mafoor (März 1873), Manem, eine kleine Insel in der Nähe Mafoor's (März 1873) und Mysore (Kordo, März und April 1873)". Also nicht auf der Insel Jobi ' J. f. Orn. 1862. S. 65. (Nat. Tijdschr. v. Ned. Ind. 1863). J. f. Orn. 1864. S. 114. 2 Proc. Zool. Soc. 1864. S. 290. s Mus. Pays-bas, Psitt. S. 128. * Pap. II, S. 797. 5 Handlist 1870. S. 154. « In Bezug auf die Schreibweise der Namen Mafoor und Mysore herrscht grosse Verschiedenheit, wie aus obigen Citaten hervorgeht, ßo- senberg schreibt Mefoor; Schlegel Mefoor; Wallace und Gray Myfor, Finsch Myfore. Ich schreibe Mafoor aus dem Grunde, weil ich diese Aussprache an Ort und Stelle am meisten hörte (der Ableitung des Namens nach müsste es vielleicht Nufoor geschrieben werden; s. meine Abh. über die Mafoor'sche Sprache in den Sitzgsber. der phil. hist. Cl. der k. Akad. d. W. Stzg. vom 29. April 1874). Mefoor zu schreiben, ist jedenfalls nicht richtig, da der Ton auf der letzten Silbe liegt und die erste kurz ist; Myfor hörte ich nie und wird, so viel ich weiss, nirgends 23(3 M e y e r. und nicht auf dem Festlande Neu-Gkiinea's. Ich möchte damit nicht gesagt haben, dass sie dort nicht vorkommen, allein alle bis dahin Jobi und Neu-Guinea anlangenden Daten sind keine authentischen und verlangen weitere Nachweise, ehe sie accep- tirt werden können. Dom/tcella fuscata (ßlyth). Diese Art ist bisher nur von Dore auf Neu-Guinea bekannt geworden. Finsch1 sagt: „Das eigentliche Wohngebiet ist wahrscheinlich mehr im Innern der Insel." Ich erbeutete zehn Exemplare, und zwar sechs davon bei Dore (März 1 8 73), eines auf dem A r f a k - G e b i r g e (Hattam . 3500' hoch Juli 1873), eines bei Pas s im (an der Westküste der Geelvinksbai, Juni 1873) und zwei auf Jobi (Ansus, April 1873). Aus diesen Fundorten geht hervor, dass Domiceila fuscata einen ziemlich ausgedehnten Verbreitungsbezirk hat, und eben sowohl an der Küste als auch im Innern zu Hause ist. Von d'Albertis wurde er auch in Sorong, der Insel Sälawatti gegenüber, gefunden *. Die Jobi- Exemplare scheinen in allen Dimensionen ein wenig grösser zu sein und ein wenig intensivere Farben zu gesagt, es ist also ebenso zu verwerfen, wie Myfore, weiches überdies noch Anlass zu Verwechslungen mit Mysore gäbe. Die grosse Insel im Norden Jobi's, welche die Geelvinksbai gegen den stillen Oce;in hin ab- schliesst, nenne ich Mysore, da sich dieser Name auf vielen, besonders englischen (auch Mysory geschrieben) Karten eingebürgert hat; es ist damit die von den Holländern Willem Schouten's Insel genannte gemeint. Mysore ist zwar nur eine Landschaft auf derselben, aber partem pro toto zu gebrauchen, ist bei den handeltreibenden Malayen hier gang und gäbe-, so nennt man die ganze Insel auch „Kordo" nach dem Hauptplatze, oder Biak, auch eine Landschaft, oder Soek, eine kleine Inselgruppe in der Nähe Kordo 's, allein aus dem erwähnten Grunde, und auch weil die hollän- dische langathmige Bezeichnung noch einer anderen Insel oder Inselgruppe mehr nach Osten im Norden Neu-Guiuea's zukommt, und weil endlich ein inländischer Name vorzuziehen ist, wähle ich „Mysore". Jobi mit ,.ie- zu schreiben, liegt im Deutschen wenigstens kein Grund vor. « Pap. II, 809. a Proc. Zool. Soc. LS73. S. CHT. (her neue u. ungenügend bekannte Vögel v. Neu-Guinea etc. 23 < besitzen, doch ist meine Serie von Individuen nicht gross genug, um darüber ein entschiedenes Urtheil auszusprechen. Unter den zehn Exemplaren sind zwei (roth gefärbte), deren Geschlecht ich nicht mit Bestimmtheit angeben kann. Unter den restirenden acht sind drei Weibchen und fünf Männchen. Die letzteren sind alle roth, von den drei Weibchen zwei gelb und eines roth, woraus hervorgeht, dass das gelbe Kleid nicht etwa dem weiblichen Geschlechte zukommt. Ob es ein Jugendkleid ist oder ob diese Art keine Constanz in der Färbung zeigt — womit keineswegs das gelbe Kleid als „constante Varietät" auf- zufassen wäre — vermag ich nicht mit Bestimmtheit zu sagen. da die zwei exquisit gelben Vögel keine Zeichen einer beson- deren Jugend an sich tragen und Übergangskleider auch noch nicht stringent beweisend sind. Doch halte ich es für möglich, dass die Deutung als Jugenkleid richtig sei, kann es jedoch erst als erwiesen ansehen, wenn entweder der Farbenwechsel direct in der Gefangenschaft beobachtet oder wenn man unter einem grösseren Material e nie jüngere Vögel mit rother Färbung an- treffen wird. Wallace scheint das gelbe Kleid nicht als Jugend- kleid zu deuten, wenn er sagt !: „the two sexes of both red and yellow varieties were obtained from one flock". Der Schnabel ist nicht „horngelb" oder „hellroth", sondern roth wie die rothen Federn des Halses, und es ist besonders zu bemerken, dass die Haut an der Basis des Unterschnabels und des Kinnes in grosser Ausdehnung nacki und von derselben rothen Farbe ist wie der Schnabel, so dass dieser auf den ersten Blick viel grösser erscheint, als er thatsächlich ist, ein Umstand, welcher in der Abbildung von Fi n seh2 und im betreffenden Texte nicht berücksichtigt worden ist. Es ist das Verhalten der Haut an der Unterschnabelbasis und dem Kinn verschieden bei verschiedenen Arten, doch scheint dieselbe meist die Farbe des Schnabels zu tragen; so z.B. bei Domiceila atra (Scop.) mit schwarzem Schnabel schwarz und in derselben Ausdehnung nackt wie bei D. fuscata; bei Domiceila scintillata (Temm.) bei ebenfalls schwarzem Schnabel schwarz, aber in etwas gerin - i Proc. ZooJ. Soc. 1864. S. 291. 2 L. c. t. 6. 238 Meyer. Über neue und ungenügend bekannte Vögel etc. gerer Ausdehnung nackt; bei Domicefla lori (L.), D. eyanogenys (15p.), D. garrula (L.), wie der Schnabel roth, aber meist ganz befiedert, u. a. m. Bei D. fuscata sind (wie bekannt) Füsse und Krallen schwarz , die Fussohlen dagegen graugelb. Iris gelbroth. Die Wachshaut des Oberschnabels schwarz. Domiceila seintillata (Temm.). Finsch ' sagt: „Bis jetzt nur von der Südwestküste Neu- Guinea's (S.Müller) und den Aru-Inseln (Wallace) bekannt," Es ist daher interessant, dass ich diese schöne Art in fünf Exem- plaren (drei Männchen und zwei Weibchen) bei Rubi, an der Südspitze der Geelvinksbai, auf Neu-Guinea erlegte, derjenige Punkt der Nordküste der Insel, welcher von der Südwestküste nur durch eine relativ schmale Landenge getrennt ist, und wel- cher den Aru-Inseln nicht so fern liegt, dass ich dieselbe sonst aber nirgends vorfand. Die ausgefärbten Weibchen unterscheiden sich in Nichts von den ausgefärbten Männchen; beide haben die rothe Stirn und den rothen Vorderkopf. Die Iris ist orangegelb. Eines meiner männlichen Exemplare hat unter den oberen Flügeldecken rechter Seite eine grosse tiefgelbe, mit Orange und Roth gezeichnete Feder. i Pap. II, 755. 239 Kritische Untersuchungen über die Arten der natürlichen Familie der Hirsche (Cervi). II. Abtheilung. Von dem \v. M. Dr. Leop. Jos. Fitzinger. 8. Gattung: Reh (Capreotus). Die Schnauze ist schmal, die Oberlippe weder überhängend, noch gefurcht. Die Afterklauen sind länglich und stumpf zuge- spitzt. Die Nasenkuppe ist kahl, gross und gegen die Lippe zu verschmälert. Haarbüschel befinden sich nur an der Aussenseite des Mittelfusses über seiner Mitte, nicht aber auch an der Innseite derFusswurzel. Der Nasenrücken ist gerade und ebenso auch der Rücken, der »Schwanz überaus kurz und nur ein kleiner Stummel. Die Ohren sind mittellang und ziendich schmal, die Thränengruben sehr klein und von Haaren überdeckt, die Hufe schmal und gerade. Nur das Männchen trägt Geweihe und äusserst selten, doch nur im hohen Alter, auch das Weibchen. Die Geweihe sind ziemlich stark, auf einem kurzen Rosenstocke auf- sitzend, aufrechtstehend, gerundet und rauh, und meist nur in drei Sprossen verästet, von denen zwei nach vorwärts gerichtet sind. Die Mittel sprosse ist vorhanden, die Augen- und Eissprosse fehlen. Klauendrüsen sind vorhanden. Eckzähne fehlen fast immer und nur äusserst selten sind Rudimente desselben im Oberkiefer der alten Männchen vorhanden, welche aber nicht über die Lippe hervorragen. 1. Das gemeine Reh (Capreolus vulgaris). Ifyö?. Aristot. Hist. anim. Lib. II. c. 7.v. 37. — c. 18. v. 130.— Lib. VI. c. 29. v. 366. Caprea. Plinius. Hist. nat. Lib. VIII. c. 53, 58. — Lib. X. c. 72. - XI. c. 37. Sitzb. d. mathem.-iiaturw. Ol. LXX. Bd. I. Abih. 1*3 240 F i t z i n g e r. lopxog. Oppian. De Venat. Lib. IL c. 296. Capreolus. Albert. Magn. Caprea sive Capreolus et Dorcas. Gesn. Hist. anim. Lib. I. de Quadrup. p. 324. c. fig. p. 1098. c. fig. Capreolus. Sehwenckf. Theriotr. p. 78. Caprea Plinii sive Capreolus. Aldrov. Quadrup. bisule. hist. p. 738. Caprea Plinii. Jon st. Quadrup. p. 77. t. 31. (Foem.) C n n ;■> •• 242 F i t z i n g e r. Cervus Capreolus. Desmar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V. V. p.549. Nr. 11. Desmar. Mammal. p. 439. Nr. 674. Fr. Cuv. Dict. des 8c. nat. V. VII. p. 473. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. des Mammif. V. II. Fase. 29. c. fig. (Jung.) Fase. 35. c. figg. (Männch. und Weibch.) ., „ Cuv. Recherch. sur les. Ossem. foss. V. IV. p. 47. t. 1. f. 37—40. (Geweihe.) „ „ Desraoul. Dict, class. V. III. p. 382. Nr. 14. „ „ Les son. Man. de Mammal. p. 365. Nr. 961. Cervus (Capreolus) Capreolus H. Smith. Griffith. Anim. Kingd. V. IV. p. 124. eng. 6. p. 95. (Kopf.) — V. V. p. 790. Nr. 20. ., „ Pygargus. H. Smith. Griffith. Anim. Kingd. V. IV. p. 122. - V. V. p. 789. Nr. 19. Cervus Capreolus Cuv. Regne, anim. Edit. II. V. I. p. 264. „ „ Fisch. Synops. Mammal. p. 450, 619. Nr. 17. „ pygargus Fisch. Synops. Mammal. p. 450, 619. Nr. 18. „ Capreolus Wagler. Syst. d. Amphib. S. 31. „ „ Bon aparte. Iconograf. della Fauna ital. „ „ Nil ss. Skandin. Fauna. Edit. I. p. 302. Capreolus vufgarisY it z. Fauna, Beitr. z. Landesk. Osterr. B. I. S. 317. Cervus Capreolus. Wagner. Abhandl. d. München. Akad. B. IV. S. 81. Reh. Von der Mühle. Beitr. z. Ornith. Griechen!. S. 1. Cervus Capreolus Bell. Brit. Quadrup. c. fig. „ „ K e y s. B 1 a s. Wirbelth. Europ. S. III, 26. Nr. 5. Capreolus Capraea. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 176. Co vus capreolus. Schinz. Synops. Mammal. B. IL S. 384. Nr. 17. ., „ Brandt. Bullet, de l'Acad. de St. Petersb. V. III. (1844) p. 280. „ „ Blas. Reise im europ. Russl. B. I. S. 262. Cervus (Capreolus) Capreolus W a g n e r. Schieber Säugtli. Suppl. B. IV. S. 385. Nr. 25. Capreolus europaeus. Sundev. Vetensk. Akad. Handling. 1844. p. 184. Nr. 1. — Arch. skand. Beitr. B.IL Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche. (Cervi). 24.') Abth. I. s. L37. Nr. 1. Abth. IL S. 294, 311. — Wiederk. Abth. I. S. 61. Nr. 1. - Abth. II. S. 114, 131. CermiB (Capreolus) Capreohis. Reichenb. Natur»'. Wiederk. S. 31. Nr. 20. t. 9. f. 49. (Männch.) f. 50-52. (Weib.) t. 53. (Jung.) Capreolus Capraea. Gray. Osteol. Speeim. in thc Brit.Mus.p. <>4. „ „ Gray. Ann. of Nat. Bist. See. {-'er. V. IX. p. 426. Nr. 1. Cerous capreolus Pu che ran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 450, 489. Nr. 1. „ „ Middeudorff. Sibir. Heise. B. II. Th. II. S. 118. t. 12. f. 4. (Geweih). Cervus (Capreolus) Capreolus. Wagner. SchreberSäugth.Suppl. B. V. 8. 378. Nr. 2(3. „ „ capreohis. Giebel. Säugeth. S. 356. Capreolus vulgaris. Fitz. Naturg. d. Säugeth. B. IV. S. 192. f. 190. (Männch.) f. 191. (Weibch.) „ Capraea Gray. Catal. of. Ungulata Furcipeda. p. 222. Nr. 1. Diese allgemein bekannte Form, welche den Typus einer beson- deren Gattung bildet, ist die kleinste unter den in Europa vor- kommenden Arten der Familie der Hirsche und beträchtlich kleiner als der gemeine Damhirsch ( Dama Platyceros). Der Kopf ist kurz, die Schnauze schmal und stumpf zuge- spitzt. Die Ohren sind mittellang, kaum etwas länger als der halbe Kopf, ziemlich schmal , lanzettförmig zugespitzt und auf der Aussen - und Innenseite behaart. Die Thränengruben sind sehr klein und undeutlich, da sie von den Haaren überdeckt wer- den. Die Beine sind ziemlich hoch und schmächtig. Die Körperbehaarung ist glatt anliegend, das Haar ziemlich dick und rauh, im Sommer kurz, straft' und hart, im Winter aber länger und dichter, insbesondere an der Unterseite, wobei das Haar gewellt und brüchig ist. Die Geweihe sitzen auf einem kurzen, von Haaren um- gebenen und mit vielen Perlen besetzten Rosenstocke auf, sind kurz, etwas länger als die Ohren, ziemlich stark, gerundet und rauh, aufrechtstehend und nahe nebeneinander gestellt, Anfangs 244 Fitzinge r. fast parallel und heinahe gerade aufsteigend, dann aber etwas auseinanderweichend und schwach nach auswärts gebogen. Un- gefähr in der Hälfte ihrer Länge tritt die kurze nach vor- und aufwärts gerichtete Mittelsprosse hervor und über derselben beugt sich die Stange etwas nach rückwärts, und bildet mit einer da- selbst hervortretenden Sprosse an der Spitze eine Gabel. Die obere hintere Sprosse, welche am Hinterrande der Stange ent- springt, ist etwas länger als das Stangeneude, beinahe wagrecht gestellt oder auch etwas nach abwärts gebogen und nach rück- wärts gewendet, während das Stangenende, das derselben gerade gegenüber steht, nach vor- und aufwärts gerichtet ist. Bisweilen theilt sich die nach oben oder nach hinten gerichtete Spitze aber- mals in eine Gabel, wodurch ein Achtender entsteht, doch nur äusserst selten findet eine solche Theilung zugleich an beiden Spitzen statt, wodurch zehn Sprossen entstehen. Überhaupt ist das Geweih aber sehr vielen Missbildungen unterworfen, daher auch seine Gestalt oft sehr verschieden ist. Nicht selten fehlen einzelne Nebensprossen, oder es treten zuweilen mehrere oder auch sämmtliche Enden schon am Grunde der Stange hervor, so dass das ganze Geweih gleichsam gefingert erscheint, oder es kommt durch abnorme Entwicklung der Perlen zu kürzeren oder längeren spitzigen Zacken, eine ungewöhnliche Anzahl von Sprossen zum Vorscheine. Sehr häufig trifft es sich aber, dass sich an der inneren Seite der Stange unterhalb der nach vor- wärts gerichteten Mittelsprosse, eine Perle von besonderer Grösse entwickelt, die symmetrisch an beiden Stangen auftritt, oft die Länge eines Zolles erreicht und für eine Sprosse angesehen wer- den kann. Auch die Stangen sind oft verschieden und sogar bis- weilen nach rückwärts gebogen. Zuweilen trifft man sogar einzelne Individuen mit drei Stangen und drei Rosenstöcken an, weit seltener aber solche, bei denen nur eine einzige Stange vor- handen ist und sogar der Rosenstock der zweiten Stange fehlt. Im hohen Alter entwickelt sich auch bei den Weibchen bis- weilen ein kurzer Stirnzapfen und es sprosst ein schwaches. spiessartiges Geweih von ungefähr 2 Zoll Länge hervor, doch gehört diess zu den allergrössten Seltenheiten. Die Färbung ist nach den Jahreszeiten und auch nach dem Alter verschieden. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). - !•> Im Sommer sind bei älteren T liieren die Oberseite des Körpers und die Aussenseite der Gliedmassen dunkel roströthlich- braun, während die Unterseite des Körpers und die Innenseite der Gliedmassen heller gefärbt erscheinen. DieStirne und der Nasen- rücken sind mit Schwarzbraun gemischt und daher dunkler als die übrigen Theile des Körpers. Die Seiten des Kopfes und ein kleiner Flecken oberhalb der Augen sind rothgelblich, ein undeut- licher Kreis um die Augen ist schwärzlich. Das Kinn und ein kleiner Flecken zu beiden Seiten der Oberlippe nahe an derSpitze sind weiss, und ein kleiner schwarzer Fleken steht jederseits unterhalb der Mundwinkel. Die Oberlippe ist an den Seiten schwarz gerandet. Eine unregelmässige schwarzbraune Binde zieht sieh vom vorderen Theile des Nasenrückens bis nahe an den Mundwinkel. Die Ohren sind an der Aussenseite fast von der Farbe der Oberseite des Körpers, aber mit schwarzbraunen Haaren gemengt und schwarzbraun gerandet, auf der Innenseite dagegen mit gelblichweissen Haaren besetzt, die gegen den hinteren Rand zu in rein Weiss übergehen. Die Steissgegend und der hintere Rand der Hinterschenkel sind scharf abgegrenzt gelblichweiss. Der kahle Rand der Augenlider ist bräunlichschwarz, die Augen- wimpern, die Borstenhaare über und unter den Augen, und die kahle Nasenkuppe sind schwarz. Die Lippenborsten sind bräun- lich, die Haarbüschel unterhalb des Fersengelenkes an der Aussen- seite der Hinterbeine schwärzlichbraun mit eingemengten gelb- lichen Haaren. Die Hufe sind glänzend schwarz und an derSpitze bisweilen weisslichgrau. Die Geweihe sind gelbbraun, die Iris ist blaulichschwarz. Im Winter, wo die Behaarung länger ist, sind die Ober- seite des Körpers und die Aussenseite der Gliedmassen dunkel graulichbraun, am Rücken am dunkelsten und beinahe schwärzlich, die Unterseite des Körpers und die Innenseite der Gliedmassen weisslich. Die Steissgegend und der hintere Rand der Hinter- schenkel sind mehr rein weiss gefärbt. Die Geweihe sind dunkel- braun. Junge Thiere sind an allen Theilen des Körpers graulich- braungelb, bald mehr, bald weniger in'sRöthliehe ziehend, an den Seiten heller, auf dem Rücken dunkler und beinahe kastanien- braun. Vom Kopfe an verläuft eine Reihe kleiner, ziemlich rund- 240 F i t z i n g e r. lieber, weisslieher und bisweilen schwach in's Gelbliche ziehender Flecken, die ungefähr in der Entfernung eines Zolles von ein- ander gestellt sind, zu beiden Seiten des Halses und längs des Rückgrates bis zum Kreuze, und eine zweite Reihe solcher Flecken steht in paralleler Richtung mit derselben etwas tiefer. Zahl- reiche ähnliche weisse Flecken befinden sich unregelmässig ver- theilt unterhalb derselben an den Schultern, den Leibesseiten und den Hinterschenkeln. Körperlänge von der Schnauzen- spitze bis zur Schwanzwurzel . 3' 6" 6" — 4'. Länge des Schwanzes 8'". Höhe am Widerriste 2' 2" — 2' 6". „ ,, Kreuze 2' 3". Länge der Geweihe 8". Körperlänge des Männchens . . 3' 10" 3'". Nach Brandt. Länge des Kopfes 11" 3'". Höhe am Widerriste 2' 10" 11'". Länge der Geweihe 10" 3"'. Abstand der Geweihe an der Spitze 3" 6"'. Vaterland. Nord-, Mittel- und Süd-Europa, wo diese Art heut zu Tage in Schottland , Nord -England, Süd -Schweden, Mittel- und Süd-Russland, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Polen, Österreich-Ungarn, Italien, Spanien, Portugal, Griechen- land und der Türkei angetroffen wird, und einstmals auch in Süd-England, Norwegen undNord-Russland vorkam; — und der mittlere Theil von West-Asien, wo sie bis in den Kaukasus und Altai reicht und auch in Armenien, so wie in dem angrenzenden Theile von Persien angetroffen wird. Ausgestopfte Exemplare dieser Alt sowohl als auch Geweihe, befinden sich fast in allen europäischen Museen. Lebend wurde sie theils früher in der kais. Menagerie zu Schönbrunn, so wie in den zoologischen Gärten zu Wien, Hamburg, Cöln, Breslau, Pest und noch mehreren anderen gehalten, theils trifft man sie jetzt noch hie und da, und ebenso auch in den meisten grösseren Thier- gärten an. Ohne Zweifel war diese Art schon den alten Griechen und Römern bekannt, da das von Aristoteles unter dem Namen Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche ( < ?ervi). 247 IIpö£ mehrmals erwähnte Thier nicht wohl aufirgend eine andere Art bezogen werden kann und ebensowenig der [opxo^Oppian's, obgleich Erxleben in diesem nur den gemeinen Damhirsch (Dat)ut PlatycerosJ erblicken wollte, und Hamilton Smith, so wie nach ihm auch Fischer, in demselben eine andere, dem ge- meinen liehe {Capreolus vulgaris} sehr nahe verwandte Art, nämlich das sibirische Reh {Capreolus pygargus) erkennen zu dürfen glaubten. Ebenso kann es auch keinem Zweifel unterliegen, dass das gemeine Reh {Capreolus vulgaris) es war, welches Plinius unter dem Namen Caprea, Albertus Magnus unter dein Namen Ca- preolus in ihren Schriften anführen. Charl et own legte dem- selben den Namen üorcas bei und ebenso auchKzaez, während alle übrigen Zoologen die Benennung Capreolus beibehielten. Genauere Kunde erhielten wir von demselben erst zu Anfang der zweiten Hälfte des IG. Jahrb. durch Gesner. 1. a. Das schwarze semeine Reh (Capreolus vulgaris, niger). Capreolus vulgaris- Schwarze Abänderung. Fitz., Naturg. d. Säogeth. B. IV. S. 197. Fast in allen ihren körperlichen Merkmalen mit der Stamm- art vollkommen übereinstimmend, unterscheidet sich diese ziem- lich selten vorkommende Abänderung von derselben blos durch die einförmig schwärzlichbraune Färbung ihres Körpers. 1. b. Das gefleckte gemeine Reh (Capreolus vulgaris, varius). Capreolus vulgaris. Geflechte Abänderung. Fitz. Naturgesch. d. Säugeth. B. IV, S. 197. Eine nur äusserst selten vorkommende Farbenabänderüng, welche auf roströthlichbraunem oder dunkel graulichbraunem Grunde an manchen Stellen des Körpers mit bald grösseren, bald kleineren unregelmässigen Flecken von schwärzlicher oder auch rein weisser Farbe gezeichnet ist. 1. c. Das weisse gemeine Reh (Capreolus vulgaris, albus). Capreolus vulgaris. Weisse Abänderung. Fitz., Naturgesch. d. Säugeth. B. IV. S. 197. 248 Kitzinger. Diese von der Stammart lediglich durch die Färbung ver- schiedene, ziemlich selten vorkommende Abart, welche als ein vollkommener Albino zu betrachten ist, zeichnet sich durch ihre am ganzen Körper einförmig rein weisse Farbe und die röthliche oder auch blaugraue Färbung ihrer Iris aus. Die Nasenkuppe ist röthlichbraun, die Hufe sind licht hornfarben. 2. Das sibirische Reh (Capreolus pygargus). Rehe. Pallas. Reise d. Russl. B. I. S. 97. Cervus pygargus. Pallas. Reise d. Russl. B. I. S. 198, 453. B. II. S. 159. Cervus Ahn. S. G.Gmelin. Reise d. Russl. B.III. S.496. t. 56. Wilder Hirsch. Müller. Natursyst. Suppl. S. 51. Cervus Pygargus. Erxleb. Syst. regn. anim. P.I. p. 317. Nr. 8. „ „ Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Menschen u. d. Thiere. B. IL S. 132. Nr. 49. „ „ Seyerin. Zool. Hung. pag. 4G. Nr. 5. „ „ Pallas. Spicil. zool. Fase. XII. p. 7. Tailless Beer. Pennant. Hist. of Quadrup. V. I. p. 109. Nr. 51. A. Cervus Pygargus. Boddaert. Elench. anim. V.l. p. 137. Nr. 12. „ „ ' Schreb er. Säugth. B. V. S. 1118. Nr. 13. t. 253. „ „ G m e 1 i n. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 1 75. Nr. 1 . Pygargus. Gros sing er. Hist. phys. regn. Hung. T. I. p.572. LXX. Tailless roe. Shaw. Gen. Zool. V. II. P. IL p. 287. Cervus Capreolus. Var.fi. pygargus. Pallas. Zoograph, rosso-asiat. V. I. p. 219. Chevreuil de Tatarie. Cuv. Regne anim. Edit. I. V.l. p. 257. Cervus pygargus. Des mar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V. V. p.554. Nr. 12. „ „ Desniar. Mammal. p. 440. Nr. 675. Fr. Cuv. Dict, des Sc. nat. V. VII. p. 475. Desmoul. Dict. class. V. III. p. 382. Nr. 14. Lesson. Man. de Mammal. p. 366. u. 962. r> n r> n J? 5? Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 249 Cervuß (Capreolus) Pygargus. H.Smith. Griffith.Anim. Kingd. V. [V. p. 122. c. fig.l. i». 95 (Geweih). - V. V. p. 789. Nr. 19. Cervus pygargus. ( ' n v. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 265. „ „ Fisch. Synops. Mammal. p. 450. 619. Nr. 18. Capreolus pygargus. < i r n y. Ann. of Nat. Hist. V. V. (1837). 1>. 224. ( 'erous Capreolus. Var. ß. Pygargus. K e y s. B 1 a s< Wirbelth. Europ. S. IV. Nr. 5. ß. Capreolus pygargus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 176. Cerous pygargus. Schinz. Synops. Mammal. B. II. S. 385. n. 18. „ » Schinz. Monograph. d. Säugeth. Hirsche. S. 21. t. 25. Cerous (Capreolus) Capreolus Vi\r. ß. Wagner. Schreber Säugtb. Suj.pl. B. IV. S. 386. n. 25. ß. Capreolus pygargus. Sunde v. Vetensk. Akad. Handling. 1844. p. 184. Nr. 2. — Arch. skand. Beitr. B. II. Abth. I. S.137. Nr. 2. — Wiederk. Abth. I. S. 61. Nr. 2. Cervus pygargus. Brandt. Bullet de l'Acad. de St. Petersb. V. III. (1844). p. 280. „ „ Tchichatsche ff. Voy. Anim. vertebr. p . 37. Cervus (Capreolus) pygargus. Reichen!). Naturg. d. Wiederk. S. 33. Nr. 28. t. 9. fig. 57 (Männch.). Capreolus pygargus. Bonaparte. Catal. dei Mammif. europ. „ „ Gray. Ann. of Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 426. Nr. 2. Cervus Capreolus? Pucheran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 451, 489. Nr. 1. „ Capreolus. Middendorff. Sibir. Reise. B. III. Th. II. S. 118. Cervus (Capreolus) Capreolus. Var.ß. major. Wagner. Sehreber Säugth. Suppl. B. V. t. 378. Nr. 26. ß. „ „ capreolus. Giebel. Säugeth. S. 356. Note 2. Capreolus pygargus. Fitz. Naturg. d. Säugeth. B. IV. S. 198. „ - Gray. Catal. of UngulataFureipeda.p.223. Nr. 2. 2ö< > F i t z i n g e r. Aller Wahrscheinlichkeit nach eine selbstständige Art, welche mit dem gemeinen Rehe (Capreolnx vulgaris) allerdings in sehr naher Verwandtschaft steht und von mehreren Zoologen auch nur für eine Abänderung- desselben gehalten wurde, sich aber wohl speeifiseh von demselben zu unterscheiden scheint. In der Körperform im Allgemeinen kommt dieselbe zwar grösstenteils mit der genannten Art überein, doch ist sie höher als diese und mehr dem Edel-Hirsche (Cervus Elaph us) ähnlich gebaut. Vom gemeinen Rehe (Capreolus vulgaris) unterscheidet sie sich nicht nur durch bedeutendere Körpergrösse, längere und etwas verschieden gebildete Geweihe und Abweichungen in der Färbung, sondern auch durch deutlichere Thränengruben, kürzere und breitere Hufe und einen verhältnissmässig etwas längeren ►Schwanz. Sie ist ungefähr von der Grösse des gemeinen Damhirsches (Dama Platyceros) und bisweilen auch etwas grösser als derselbe. Die Ohren sind kaum etwas länger als der halbe Kopf, zu- gespitzt und auf der Innenseite mit sehr langen Haaren besetzt. Der überaus kurze stummelartige Schwanz ist verhältnissmässig etwas länger und dicker als beim gemeinen Rehe (Capreolus vulgaris), beinahe häutig und sehr weich. Die Behaarung des Körpers ist im Sommer kurz und glatt anliegend, das Haar ziemlich dick, grob und straff, im Winter dagegen ist dieselbe lang, besonders aber an der Unterseite, wo sie fast 3 Zoll lang ist, dicht, und das Haar gewellt und brüchig. Das Wollhaar fehlt. Die Geweihe sitzen auf einem kurzen, von Haaren umgebe- nen Rosenstocke auf, sind ziemlich kurz und dreizackig, und von der Wurzel bis zur Mittelsprosse sehr stark gerunzelt, gekörnt und mit spitzen Knoten, und beinahe zahnartigen Vorsprüngen besetzt. Sie stehen an der Wurzel 3 4 Zoll weit von einander ab. wenden sich dann nach auswärts und in einem ziemlich spitzen Winkel nach rückwärts, krümmen sich von ihrer Mitte an stark nach auswärts und stehen an ihrer nach aufwärts gerichteten ge- gabelten Spitze weiter als in ihrer Mitte von einander ab. Die Mittelsprosse, welche an der Vorderseite der Stange hervortritt, ist beinahe senkrecht nach aufwärts gerichtet und an der Wurzel mit zackigen Knoten besetzt. Die Gabelspitze steht nach vorne ö Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervt). 25] und rückwärts in gleicher Richtung mit der Stange und ist mit der Innenseite etwas nach vorwärts gekehrt. Die hintere Sprosse derselben ist beinahe wagrecht gestellt. Die Färbung" ist nach den Jahreszeiten etwas verschieden. Im Sommer ist die Oberseite des Körpers hell rostgelbüch- braun und lichter als beim gemeinen Rehe (Capreolus vulgaris), die Unterseite desselben und die Innenseite der Beine gelblich- weiss, und von derselben Farbe ist auch die Steissgegend. Der Kopf ist auf der Oberseite grau, mit Schwarzbraun gemischt, an den Seiten aber, so wie auch ein Flecken oberhalb der Augen gelblich. Vor dem Mundwinkel befindet sich ein schwarzer Fleken, der sich über die Seiten der Unterlippe verbreitet und fast das ganze Kinn einschliesst, das nur an der Spitze weiss ist. Die Seiten der Oberlippe sind längs ihres ganzen Randes weiss. Die Ohren sind auf der Innenseite weiss und an der Spitze schwarzbraun, die Augenbrauen und die Wimpern schwarz. Im Winter ist die Oberseite des Körpers aus Gelblichbraun und Graulichbraun gemischt und auf dem Nacken und dem Rücken schwarzbraun überflogen, da die einzelnen Haare in schwarz- braune Spitzen endigen. Die Leibesseiten und der obere Theil der Gliedmassen sind mehr gelblich und der untere Theil derselben istroströthlichgelb. Der Bauch und die ganze Steissgegend, letztere in sehr breiter Ausdehnung bis auf das Kreuz hinauf sind weiss. Junge Thieresind gelblichbraun und weiss gefleckt. Körperlänge von der Schnauzen- spitze bis zur Schwanz wurzel .3' 11" 6'" Nach Pallas. Länge des Kopfes 9" V" des Schwanzes ohne Haar 9" Höhe am Widerriste 2' 4" „ am Kreuze 2' 8" 6'" Länge der Ohren 5" 7'" Gewicht 70 Pfund. Körperlänge des Männchens . . 4' 7" 3'" NachBrandt. Länge des Kopfes 1' 1" 3'" Höhe am Widerriste 2' 10" 11'" Länge der Geweihe 1' 1" Abstand der Geweihe an d. Spitze 1' — 3'" Länge der Geweihe ungefähr. . 1' 2" NachH. Smith. 252 Fitz inger. Vaterland. Nord-Asien, Sibirien, vom Ural bis zur Lena, und Mittel-Asien, Persien, die Tatarei, Mongolei, Mandschurei und das nördliche China. Ahn ist der Name, welchen diese Art in Persien führt. Die zoologischen Museen zu St. Petersburg- und Stockholm und das Britische Museum zu London sind im Besitze von Exem- plaren derselben. Lebend wurde sie einst in der kais. Menagerie zu Schönbrunn gehalten. Die erste Kunde von der Existenz dieser Form erhielten wir durch Pallas, der sie später auch genau beschrieb, Anfangs für eine selbstständige Art, in der Folge aber nur für eine Abänderung des gemeinen Rehes (Capreolus vulgaris) hielt. Fast alle Zoologentraten der früheren Ansicht von Pallas bei und nur Keyserling und B 1 a s i u s , Wagner, Middendorff und Anfangs auch Pu eher an schlössen sich der späteren Anschauung von Pallas an. Hardwicke glaubte in einer anderen, durchaus verschie- denen und sogar einer ganz anderen Gattung ungehörigen Form, nämlich dem Barasingha Hirsche (Cervus Wallichii) die von Pallas beschriebene Art erkennen zu dürfen und legte diesem irrigerweise auch denselben Namen bei. i&' 9. Gattung Schweinhirsch (Hyelaphus). Die Schnauze ist schmal, die Oberlippe weder überhängend noch gefurcht. Die Afterklauen sind länglich und stumpf zuge- spitzt. Die Nasenkuppe ist kahl, gross und nicht gegen die Lippe zu verschmälert. Haarbüschel befinden sich nur an der Aussenseite des Mittelfusses über seiner Mitte, nicht aber auch an der Innenseite der Fusswurzel. Der Nasenrücken ist gewölbt. der Rücken nach vorne zu gesenkt, der Schwanz kurz. Die Ohren sind mittellang und breit, die Thränengruben sehr klein undfrei liegend, die Hufe schmal und gerade. Nur das Männchen trügt Geweihe. Die Geweihe sind schmächtig, auf einem kurzen Rosen- stocke aufsitzend, aufrechtstehend, gerundet und rauh, und nur in drei Sprossen verästet, von denen zwei nach vorwärts gerichtet sind. Die Augensprosse ist vorhanden, die Eis- und Mittclsprosse fehlen. Klauendrüsen und Eckzähne mangeln. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 2o3 1. Der indische Schweinhirsch (Hyelaphus porcinus). Porcina Beer. Pennant. Synops. Quadrup. p. 52. Nr. 42. t. 8. f. 2. (Männch.). ,. „ Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 318. Cervus porcinus. Zi in m er in. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d. Thiere. B. II. S. 131. Nr. 46. Porcine Beer. Pennant. Hist. of Quadrup. V. I. p. 107 Nr. 49. t. 10. f. 2. (Männch.). Cerf cochon. Buffon. Hist. nat. des Quadrup. Suppl. III. p. 122. Cervus Porcinus. Boddaert. Eleneh. anim. V. 1. p. 13G. Nr. 8. „ „ Schreber. Säugth. B. V. S. 1097. Nr. 10. „ „ G m e 1 i n. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 1 79. Nr. 10. Porcine Deer. Shaw. Gen. Zool. V. IL P. II. p. 290. Cervus porcinus. Desmar. Nouv. Diet. d'hist. nat. V. Y. p. 554. Nr. 13. Desmar. Mammal. p. 437 u. 670. Fr. Cuv. Dict. des Sc. nat. V. YIII. p. 479. C u v. Rechereh. sur les Ossein, foss. V. IV. p. 503. Blainv. Journ. de Phys. Y. XCIY. p. 264. Desmoul. Dict. class. V. III. p. 385. Nr. 26. Cerf-cochon. Cervus porcinus. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. des Mamniif. Y. III.Fasc. 42. c. fig. (Mannen.). Cervus porcinus. Lesson. Man. de Mammal. p. 362. Nr. 952. Cervus (Avis) porcinus. H. Smith. Griffith Anim. Kingd. V. IY. p. HO. — v. y. p. 787 Nr. 9. Cervus porcinus. Fisch. Synops. Mammal. p. 454, 621. Nr. 28. Axis porcinus. Jardine. Nat. Libr. Y. III. p. 196. t. 14. Cervus porcinus. Ogilby. Royle Illustr. of the Himalaya mount. V. XI. p. 72. „ „ Mc. Clella n d. Proceed. of the Zool. Soc. Y. VII. (1837). p. 150. Axis Porcinus. Hodgs. Calcutta Journ. of Nat. Hist. 1841. p. 219. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. X. P. II. (1841). p. 914. Cervus porcinus. Schinz. Synops. Mammal. B. II. S. 394. Nr. 35. 57 n 57 57 n 57 57 55 57 57 254 Fitzinger. Cervus (Elaphu8 Axis) porcinus. Wagner. Sehreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 365. Nr. 14. — 8. 364. Note 9. Nr. 3. Cervus (Hyelaphus) ■porcinus. Sundev. Vetensk. Akad. Handling. 1844. p. 181. Nr. 18. — Arch.skand. Beitr. B. II. Abth. I. S. 134. Nr. 18. Abth. IL S. 310. — Wiederk. Abth. 1.8. 58. Nr. 18. — Abth. II. 8. 1 30. Cervus (Axis) porcinus. Reichen!}. Naturg. Wiederk. 8. 30. Nr. 24. t. 8. f. 47. (Weibch.) f. 48. (Männch.). Hyelaphus porcinus. Gray. Osteol. Specim.in the Brit. Mus. p. 67. Avis porcinus. Gray. Catal. of Hodgs. Coli, in the Brit. Mus. p. 33. Hyelaphus porcinus. Gray. Knowsley Menag. V. II. p. 64. „ „ Horsf. Catal. of the Mainmal. of the East.- Ind. Comp. p. 189. „ „ Gray. Ann. of Nat. Hist. See. 8er. V. IX. p. 424. Nr. 1. Cervus porcinus. Pu che ran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 426. Nr. 2. t. 28. (Männch.). Cervus (Elaphus Axis) porcinus. Wagner. Sehreber. Säugth. Suppl. B. V. S. 366. Nr. 17. Cervus (Elaphus) porcinus. Giebel. Säugeth. 8. 344. Hyelaphus porcinus. Gray. Catal. ofUngulata Furcipeda.p. 215. Nr. 1. Eine sehr ausgezeichnete Art, welche den Typus einer besonderen, von Sund evall aufgestellten und mit dem Namen Hyelaphus bezeichneten Gattung bildet. Sie ist von kleiner Statur, nicht ganz von der Grösse des gefleckten Axishirsches (Axis maculata) und zeichnet sich durch einen dicken untersetzten, ziemlich vollen Leib und kürzere Vorderbeine, so wie auch durch ihren ungefleckten Körper aus. Der Kopf ist ziemlieh kurz, der Nasenrücken gewölbt und die Thränengruben sind sehr klein. Die Ohren sind breit und Ycrliältnissmässig kurz, etwas kürzer als der halbe Kopf, von elliptischer Gestalt und stumpfspitzig abgerundet. Die Afterklauen Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche {Ceroi). 255 sind sehr klein und hoch gestellt. Der Schwanz ist kurz, aber länger als das Ohr, mit ziemlieh kurzen Haaren besetzt und beinahe buschig, doch in keine Quaste endigend. Der Hals ist ringsum kurz behaart und auch beim Männchen nicht gemahnt. Die Behaarung des Körpers ist ziemlich dicht, kurz und glatt anliegend, das Haar fest, hart, nicht besonders dick, flachgedrückt und schwach glänzend. Unterhalb der Augen befindet sich eine kahle Stelle. Die Geweihe sind ähnlich wie beim gefleckten Axishirsche (Aaris maculata) gebildet, auf einem ziemlich kurzen Rosenstocke aufsitzend, und bisweilen auch von derselben Grösse wie bei dieser Art, lang, dünn, schlank und glatt, mit kurzen Enden, meistens aber kleiner. Die Augensprosse ist kurz und stark, ziemlich nahe am Rosenstocke hervortretend, und nach vor- und aufwärts gerichtet. Die obere Sprosse entspringt am inneren Rande der Stange, unterhalb der Spitze, ist sehr kurz, und nach auf- und einwärts gerichtet. Die Färbung ist bei beiden Geschlechtern gleich und auch nach den Jahreszeiten nur wenig verschieden. Im Sommer ist die Oberseite des Körpers einfarbig roth- gelblichbraun, am Kreuze mehr in's Gelbliche, an den Seitendes Halses und des Rumpfes mehr in's Grauliche ziehend. Die Unter- seite des Unterkiefers und des Halses, so wie die Brust und die Seiten des Bauches bis gegen die Weichen hin, sind weisslichgrau, die Mitte desselben und die Weichengegend weiss. Die After- gegend ist nur in geringer Ausdehnung weisslich, der Schwanz auf der Oberseite rothgelblichbraun, auf der Unterseite und an der Spitze weisslich. Die Gliedmassen sind an der Aussenseitebis zu den Beuggelenken dunkel rothgelblichbraun, in's Grauliche ziehend, in ihrem unteren Theile aber an der Vorderseite dunkel- braun und an der Hinterseite röthlichgelbbraun. Die Innenseite der Vorderschenkel ist heller rothgelblich-graubraun und an der Basis weisslichgrau, jene der Hinterschenkel aber durchaus weisslichgrau. Die Stirne ist dunkelbraun, der Nasenrücken schwarzbraun und eine rothgelblichbraune Querbiude zieht sich von einem Auge zum anderen gegen die Rosenstöcke hinauf. Die Gegend um dieselben und eine kleine Stelle zwischen diesen und den Ohren sind röthlichgelb, und ebenso auch die Seiten der .Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. IV 256 Fit sing er. Schnauze längs des schwarzbraunen Nasenrückens und ein kleiner Flecken oberhalb der schwarzen Nasenkuppe. Die Seiten des Kopfes sind lieht rothgelblich, in's Weisslichgraue ziehend, die kahle Stelle unterhalb der Augen und die Augenbrauen schwarz, während ein graulichweisser Ring sich um die Augen zieht. Die Ohren sind auf der Aussenseite rothgelblichbraun, auf der Innen- seite weiss behaart, der Lippenrand ist weiss. Im Winter ist die Oberseite des Körpers schwärzlichbraun, und die Stirne, das Gesicht und die Beine sind dunkler gefärbt. Die einzelnen Haare der Oberseite sind an der Wurzel grau, dann schwarz und röthlichgelb geringelt, und an der äussersten Spitze schwarz; jene der Unterseite an der Wurzel grau und ihrer grösseren Länge nach weisslich. Junge Thi er e sind etwas länger behaart, auf der Ober- seite lieht grauröthlich-gelbbraun und in der Kreuzgegend kaum merklich reiner röthlieh-gelbbraun gefärbt. Am Rumpfe sind die- selben mit kleinen undeutlich begrenzten weisslichen Flecken besetzt, die längs der Mitte des Rückens eine doppelte Reihe bilden und zu beiden Seiten eines dunkelbraun gefärbten Längs- streifens, welcher von der Basis des Nackens bis zur Schwanz- wurzel verläuft, in einer regelmässigen Reihe ziemlich weit aus- einander gestellt sind, während sie an den Leibesseiten weit gedrängter nebeneinander stehen und mit Ausnahme der untersten nicht reihenweise gestellt sind. Bei zunehmendem Alter ver- schwinden die weissen Flecken und nur jene zu beiden Seiten der Mittellinie des Rückens erhalten sieh bisweilen mehr oder weniger deutlich durch einige Jahre. Am gedrängtesten stehen dieselben aber an der Aussenseite der Hinterschenkel, wo sie auch am deutlichsten abgegrenzt erscheinen. Die ganze Unter- seite des Körpers ist beinahe vollständig weiss. Sehr selten kommen auch vollkommene Albinos vor. Körperlänge von der Schnauzenspitze bis zur Sehwanzwurzel . 3' 6" Nach Pennant. Länge des Kopfes . . 10" 6"' „ des Schwanzes . 8" Höhe am Widerriste . '2' 2" „ „ Kreuze ... 2' 4" Kiit. Untersuchungen über die Arten " 63 x Länge der < Ihren .... 4" 1 ' ., Höhe am Widerriste . . 2' 4f/4'" „ » Kreuze . ... 2' 2" % Körperlänge eines Weib- chens . von der Schhau- zenspitze bis zurSchwanz- wurzel 3' 1" 1 ' ..' Länge des Schwanzes . . 7" l1 .," „ der Ohren .... 3" 9'" Höhe am Widerriste . . . V 9" 4Va'" .. Kreuze .... 2' Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, woselbst diese Art sowohl in Vorder-Indien, und insbesondere in Bengalen und am Fusse des Himalaya- Gebirges vorkommt, als auch in Hinter- Indien in Assam angetroffen wird. Im Britischen Museum zu London und in den zoologischen Museen zu Wien, Paris, Leyden, Berlin, Frankfurt a/M. und noch mehreren anderen sind theils ausgestopfte Exemplare, tlieils ireweihe von dieser Art aufgestellt. Lebend wurde dieselbe in der Menagerie zu Paris und in den zoologischen Gärten zu Boulogne, London, Amsterdam, Brüssel, Berlin, Hamburg, Coln, Frankfurt aM., Dresden, Breslau. München, Pest und noch anderer Städte gehalten und in manchen derselben hat sie sich auch mehrmals fortgepflanzt und ihre Nachzucht lange erhalten, so namentlich in der Menagerie im Jardin des Plantes zu Paris, wo sie sich zwischen den Jahren 1830 — 1847 alljährlich fortpflanzte. Pennant hat uns zuerst mit dieser Art bekannt gemacht, welche späterhin von Buffon und fast allen seinen Nachfolgern 17* 258 Kitzinger. mit dem von ihm beschriebenen gefleckten Schweinhirsehe (Hyela- pkus maculatus) für eine und dieselbe Art betrachtet werde. 1. a. Der kimhörnigc indische Schweinhirsch (Hyclaphus porcinus, pumilio). Cervus (Axis) pumilio. H. Smith. Griffith Anim. Kingd. V. IV. p. 120. cum fig. 2. p. 95. (Geweih). — V. V. p. 788. Nr. 18. (Cervus minimus). Cervus pumilio. Fischer. Synops. Mammal. p. 621 Nr. 28 a. * „ „ Mc. Clelland. Proceed. of the Zool. Soc. V. VII. (1837). p. 150. „ „ Sc hin z. Synops. Mammal. B. II. S. 393. Note**. Cervus (Elaphus Axis) j)umilio. Wagner. Schveber Säugth. Suppl. B. IV. S. 3G5. Note 11. Cervus pumilio. Sundev. Vetensk. Akad. Handling. 1844. p. 183. Note. — Arch. skand.Beitr. B. II.Abth.I. S. 136. Note. — Wiederk. Abth. I. S.60. Note. Cervus (Hippel fiplius) Pumilio. Reich enb. Naturg. Wiederk. S. 29. Nr. 22. Cervus pumilio. Pu ehe ran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 449. Note 7. Cervus (Elaphus) porcinus. Giebel. Säugeth. S. 344. Note 2. Hyelaphus porcinus. Vor.? Gray. Catal. of Ungulata Furcipeda. p. 217. Nr. 1. Var? Diese nur höchst unvollständig gekannte Form, welche H. Smith als eine besondere, zu seiner Gruppe der Axishirsche (Cervus Axis) gezählte zwerghafte Art aufgestellt und mit dem Namen „Cervus (Axis) pumilio" bezeichnet hatte, beruht bis jetzt einzig und allein nur auf dem Fragmente eines Schädels sammt Geweihen, das er in der Naturalien- Sammlung des College of Surgeons zu London vorgefunden hatte. Seiner Beschreibung zufolge sind die Rosenstöcke kurz, und die an der Basis 3 Zoll weit von einander stehenden weiss- lichen Geweihe nur 2 Zoll hoch, mit einer kleinen, wenig über 1 Zoll langen, gerade aufsteigenden Augensprosse versehen , die über der etwas geperlten Basis sich erhebt, an der rechten Stande nahe an der Basis, an der linken aber ;! ,( Zoll über derselben Kiit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 259 beginnt, und bieten eine etwas nach rückwärts geneigte, öberder Augensprosse zusammengedrückte und gleichsam ausgehöhlte abgeflachte, einfach zugespitzte Stange ohne Gabel dar. Vaterland. Ohne Zweifel Asien und angeblich Ost- Indien. Mc. (■ lelland will ein kleines Schädelfragment der- selben Form aus Assain in Hinter-Indien erhalten haben. Fast alle Zoologen, welche dieser Form erwähnen, reihen sie in die Nähe des indischen Schweinhirsches (Hyelaphus porcinus) ein, ohne sich jedoch darüber auszusprechen, ob sie dieselbe für eine wohlbegründete Art zu betrachten geneigt wären (»der nicht. Giebel hält sie mit derselben für identisch und Gray vielleicht für eine Varietät. Nur Reichenbach spricht die Vermuthung aus, dass sie auf einer abnormen Bildung des Geweihes zu beruhen scheine und mit einer zur Gruppe der Mähnenhirsche (RusaJ gehörigen Art zusammenfallen dürfte. Wenn ich mich auch mit der Ansicht Reichenbach's un- vollständig einverstanden erkläre, dass das fragliche Geweih nur auf einer bei den hirschartigen Thieren überhaupt so häufig vorkommenden Missbildung beruhe, so kann ich mich mit dessen Anschauung, dass eseiuer Art aus der Gruppe der Mähnenhirsche (Rusa) angehören dürfte, durchaus nicht für einverstanden erklären, indem es mir weit richtiger erscheint, in diesem Geweihe nur eine abnorme Bildung des Geweihes des indischen Schwein- hirsches (Hyelaphus porcinus) zu erblicken, einer Art, welche gerade in Assam die am häufigsten vorkommende ist. 2. Der gefleckte Schweinhirsch (Hyelaphus maculatus). Cerf cochon. Button. Hist. nat. des Quadrup. Suppl. III. p. 122- t. 18. (Männch. im Sommerkl.) Cervus Porcinus. Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 136. Nr. 8. Schreber. Säugth. B. V. S. 1097. Nr. 10. t. 251. (Männch. im Sommerkl.) „ Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 170. Nr. 10. Spotted Porcine Deer. Shaw. Geu. Zool. V. II. P. II. p. 290. t. 180. Cervus porcinus. Geoffr. Catal. des Mammif. du Mus. p. 254. 260 Fi t z i n g e r. Cervus porcinus. Des mar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V. V. p. 554. Nr. 13. „ „ Desmar. Mammal. p. 437. Nr. (370. „ „ Fr. 0 uv. Dict. des Sc. nat. V. VII. p. 479. Cervus porcinus? Cuv.Recherch.surlesOssem. foss. V. IV. p. 503. Cervus Axis? Cuv. Rechcrch. sur les Ossem. ibss. V. IV. p. 39. Cervus porcinus. Blainv. Journ. de Phys. V. XCIV. p. 264. „ „ Des mo ul. Dict. class. V. III. p. 385. Nr. 26. Cerf-cochon. Cervus porcinus. Fr. Cuv. Geoi'i'r. Hist. nat. des Mammif. V. III. Fase. 42, 43. Cervus porcinus. Lesson. Man. de Mammal. p. 362. Nr. 952. Cervus (A.vis) Avis Var. •/. Indiens. H. Smith. Griffith Anim. Kingd. V. IV. p. 122. y. - V. V. p. 786. Nr. 16. 7. Cervus porcinus. Fisch. Synops. Mammal. p. 4547 621. Nr. 28. Cervus Avis. Var. 7. Indiens. Fisch. Synops. Mammal. p. 619- Nr. 19. 7. Aach minor. Lesser spotted deer. Hodgs. Calcutta Journ. of NaL Hist. 1841. p. 219. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. X. P. II. (1841.) p. 914. — Zool. Nepal, c. fig. Axis macuJutu. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 178. Cervus jioreinus. Schinz. Synops. Mammal. B. II. S. 391. Nr. 35. Cervus (Elaphus Axis) porcinus. Wagner. Schreber Säug-th. Suppl. B. IV. S. 365. Nr. 14. Cervus (Elaphus Axis) Axis. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 364. Nr. 12. Note 9. Nr. 2. Cervus (Hy elaphus) porcinus. Sundev. Vetensk. Akad. Hand- ling. 1844. p. 181. Nr. 18. — Arch. skand. Beitr. B. II. Abth. I. S. 134. Nr. 18. — Abth. II. S. 310. — Wiederk. Abth. I. S. 58. Nr. 18. — Abth. II. S. 130. Cervus (Axis) Axis. Reiche 11b. Naturg. Wiederk. S. 29. Nr. 2o» „ „ „ Var? Reich enb. Naturg. Wiederk. S. 30. Nr. 24. Hyelaphus porcinus. Gray. Knowsley Menag. V. II. p. ii4. t. 42. (Mann eh.) Krit. Untersuchungen über . Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Ccrvi). 265 Cervus Axis. Severin. Zool. Ilung. p. 46. Nr. 5. Axis. Pennant. Hist. of Quadrup. V. I. p. 105. Nr. 47. Cervus Axis. Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 13(3. Nr. 5. „ Schieber. Säugth. I!. V. S. 1092. Nr. 7. t. 250. (Männch.). „ „ Gmeliii. Linne Syst. Nat. T. T. 1'. I. p. 17«». Nr. 9. Spotted axis. Shaw. Gen. Zool. V. II. P. II. p. 285. Cervus Axis. Cuv. Menag. du Mus. c. tig. (Weibch.). ., ., Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 256. Desmar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V. V. p. 546. Nr. 8. f. A. 2. f. 3. „ Desmar. Mammal. p. 435. Nr. 668. .. Fr. Cuv. Dict. des Sc. nat. V. VII. p. 475. .. ., Fr. Cuv. Greoffr. Hist. nat. des Mamniif. V. I. Fase. 7. c. fig. (Männch.) Fase. 8. c. fig. (Weibch.). Cuv. Recherch. sur les Ossein, foss. V. IV. p. 38. t. 5. f. 24—29. (Geweihe). „ „ De sm oul. Dict. class. V. III. p. 383. Nr. 16. „ Lesson. Man. de Maminal. p. 362. Nr. 951. Cervus (Axis) Axis. H. Smith. Griffith Anim. Kingd. V. IV. p. 117. — V. V. p. 786. Nr. 16. Cervus Axis. Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 264. „ ., Fisch. Synops. Mamma!, p. 451, 619. Nr. 19. ,. ,, Wagler. Syst. d. Amphib. S. 31. „ „ Ben nett. Gardens and Menag. of the Zool. Soc. V. I. p. 253. „ ., Wiegm. Abbild, u. Beschr. merkwürd. Säugeth. S. 91 m. Abbild. ., ., ügilby. Royle Illustr. of the Himalaja mount. V. XI. p. 72. Axis Axis or major. Hodgs. Calcutta Journ. of Nat. Hist. 1841. p. 219. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. X. P. II. (1841.) p. 914. — Zool. Nepal, c. fig. Axis nie dius. Hodgs. Mscpt. Axis maeulata. Gray. Manmial. of the Brit. Mus. p. 178. Cervus Axis. Schinz. Synops. Mammal. B. II. S. 386. Nr. 20. 266 Fi tzing e r. Cervus (Elaphus Axis) Axis. Wagner. Sehreber Säugt h. Suppl. B. IV. S. 364. Nr. 13. t. 241. A. f. 10. (Geweih.) — S. 304. Note 0. Nr. 1 . Cervus (Jffipp elaphus) axis. Sünder. Vetensk. Akad. Handling. 1844. p. ISO. Nr. 15. — Arch. skand. Beitr. 15. II. Abth. I. S. 133. Nr. 15. — Abth. II. S. 310. — Wiederk. Abth. I S. 57. Nr. 15. - Abth. II. S. 130. Cervus (Axis) Axis. Reiehenb. Naturg. Wiederk. S. 20. Nr. 23. t. 8. f. 44. (Wetbch.) f. 45. (Männch.). Axis macnlata. Can tor. Journ. of the Asiat. Soe. of Bengal. V. XV. (1846.) p. 270. „ „ Gray. Osteol. Specini. in the Brit. Mus. p. 66. „ „ Horsf. Catal. of the Maramal. of the East-Ind. Comp. p. 188. „ „ Gray. Knowsley Menag. V. IL p. 64. „ „ Gray. Ann. of. Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 424. Nr. 1. Cervus axis. Pu eher an. Archiv, du Mus. T. VI. p. 421. Nr. 1. Cervus (Eluphus Axis) Axis. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 366. Nr. 16. Cervus (Elaphus) axis. Giebel. Säugeth. S. 344. Axis macnlata. Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit. Sitzungsber. d. inath. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. B. XLII. S. 396. „ ,, Gray. Catal. of Ungulata Furcipeda. p. 212. Nr. 1. Von der Grösse des gemeinen Damhirsches (Duma Platy- ceros), an welchen er auch bezüglich seiner Färbung und Zeich- nung erinnert. Die Ohren sind etwas kürzer als der halbe Kopf, breit und von elliptischer Form. Der Schwanz ist kurz, länger als das Ohr und endiget in keine Quaste. Der Hals des Männchens ist ungemähnt. Die Körperbehaarung ist kurz und glatt anliegend, das Haar fest, hart, doch nicht besonders dick und etwas glänzend. Die Geweihe sind lang, schlank und ziemlich glatt, nach auf- und schwach nach vorwärts gebogen und an der Spitze Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 267 gegeneinander geneigt. Die obere Sprosse entspringt am inneren Kunde der Stange, ist sehr klein und nach auf- und einwärts gewendet. Die Augensprosse ist stark, ziemlich nahe am Kosen- stocke entspringend und nach vor- und aufwärts gerichtet. Die Färbung bleibt sich zu allen Jahreszeiten gleich. Die Oberseite des Körpers ist glänzend röthlich-gelbbraun und bis an den Kopf hin mit ziemlich grossen rundlichen, doch nicht sehr gedrängt stehenden, blendend weissen Flecken besetzt, die sich auch über die Oberarme und Oberschenkel erstrecken, an den Leibesseiten meist in ziemlich regelmässigen Längs- reihen stehen, bisweilen aber auch völlig regellos gestellt sind und von denen jene der untersten Reihe häufig zu einer weissen Längsbinde zusammenfliessen. Längs der Mitte des Kückens verläuft eine tief braunschwarze breite Binde bis zur Schwanz- wurzel und zu beiden Seiten derselben eine Längsreihe meist eiförmiger schneeweisser Flecken. Die Seiten des Halses und des Kopfes und der untere Theil des Vorderhalses sind einfarbig bräunlichgrau mit Rostgelb gemischt. Das Kinn, die Unterseite des Unterkiefers, die Kehle und der obere Theil des Vorderhal- ses sind blendend weiss, die Brust, der Bauch und die Innenseite der Schenkel weisslich. Die Steissgegend ist einfarbig röthlich- gelbbraun, der Schwanz auf der Oberseite ebenso gefärbt und an den Seiten und der Spitze dunkler gerandet, auf der Unter- seite aber weiss. Der Kopf ist oben gelblichgrau, der Vorder- kopf mit dunkel schwärzlichbraunen Flecken besetzt. Die Augen sind von einem blasseren graulichweissen Ringe umge- ben und auf dem Nasenrücken befindet sich ein schwärzlich- brauner, über der Nase in eine Spitze auslaufender Längsstrei- fen, der sich auf der Stirne gabelt, jederseits über das Auge zieht und die hellere rostgelblichgraue und in der Mitte dunklere Stirne begrenzt, und beim Männchen schärfer her- vortritt, da der Nasenrücken bei demselben von weisslichgrauer und die Seiten desselben von weisslicher Farbe sind. Die Schnauze ist an der Spitze dunkelbraun mit eingemengten weis- sen Haaren, und an den Seiten der Nase befindet sich ein weis- ser Flecken. Über die Oberschenkel der Hinterbeine zieht sich ein schräg nach abwärts verlaufender weisser Streifen herab. Die Vorder- und Hinterbeine sind an ihrem oberen Theile auf 268 Kitzinger. der Aussenseite blasser rtfthlichgelbbraun, an ihrem unteren Theile weisslich und nur ander Vorderseite von einem röthlich- gelbbraunen Längsstreifen durchzogen. Der Haarwulst an der Aussenseite des Mittelfusses ist weiss und zwischen den Zehen befindet sich au den Vorder- wie den Hinterfüssen ein dunkel- brauner Flecken. Das Weibchen unterscheidet sich vom Männchen durch den rostgelblich-braungrauen Vorderkopf, die vorne aus hoch- Kostgelb und Braun gemischte, hinten aber einfach dunkelbraune Stirne, die heller als dieselbe gefärbten Seitentheile des Schei- tels und einen schmalen dunkelbraunen Streifen, der bis auf die Mitte des Nackens verläuft. In der Eegcl ist das Weibchen auch kleiner als das Männchen und sein Kopf ist kürzer, doch länger und spitzer als beim Weibchen des gemeinen Damhirsches (Dänin Plalyceros). Junge Thiere sind rothgelb, die Aftergegend ist nur in geringer Ausdehnung weiss und braun gesäumt. Die weissen Flecken längs der Kückenfirste stehen in einer schwarzen Längs- binde und erstrecken sich bis an das Hinterhaupt. Jene der Leibesseiten sind gerundet und dicht gestellt, und die unterste Reihe derselben fliesst fast zu einer Binde zusammen. Gesammtlänge des Männchens b' 7". Nach Wiegmann. Länge des Kopfes 11" :>'". „ des Rumpfes .... o' 10". „ des Schwanzes . . . 9" 0'". „ der Ohren 6". Höhe am Widerriste .... 2 7" 3'". Länge des Geweihes nach der Krümmung 2'. „ der Augensprosse . . ls 8 . „ der oberen Sprosse . S\/\". Gesammtlänge des Weibchens 5' 9'". Länge des Kopfes .... 9" &". „ des Rumpfes .... 3' (5" 9'". „ des Schwanzes . . . 8" 6 '". ,, der Ohren 5". Eckzähne fehlen. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Elirache (Cervi). -''■I Va terland. Süd-Asien, Vorder- Indien, wo diese Art vorzüg- lich in Bengalen und Gplkonda angetroffen wird und bis in die tieferen Wälder der llimalaya- Kette reicht. Sie soll auch auf Java und Sumatra angetroffen werden, doch scheint sie wie schon Raffles bemerkt, dahin eingeführt worden zu sein. Von den Eingebornen in Ost-Indien wird sie Purrah genannt. In den zoologischen Museen zn London, Paris, Leyden, "Wien. Berlin und noch vielen anderen trifft man Exemplare dieser Art und ebenso auch Geweihe, so wie sie auch in den Menagerien und zoologischen Gärten zu Paris, London, Schönbrunn, Berlin, Brüssel, Hamburg, Cöln, Frankfurt a. M., Breslau, München und noch mehreren anderen zu wiederholten Malen gehalten wurde und in einigen derselben sich auch fortgepflanzt hat. »Schon Plinius hat diese Art gekannt und mit dem Namen A.vis bezeichnet, der von allen Zoologen auf dieselbe angewendet wurde. Gray wählte den Namen Axis maculata, als man diese Art zu einer besonderen Gattung erhob. Hodgson führt sie unter dem Namen Axis A.vis oder major an und unterscheidet eine etwas kleinere Form als besondere Art unter dem Namen Axis medius, die jedoch bis jetzt noch nicht näher benannt geworden ist. 1. a. Der ceylonische gefleckte Axishirsch (A.vis maculata, ceylo- nensisj. Cervus A.vis Boddaert. Elench. anim. V. I p, 136. Nr. 5. (er ras (A.vis) A.vis Var. ß. Ceylonensis H. Smith. Griffith Anim. Kingd. V. IV. p. 122. ß. - V.V.p.786. Nr. 10. ß. Cervus A.vis Var. ß. Cey/oneusis. Fisch. Synops. Mammal. p. 619. Nr. 19. ß. Cervus (Elaphus A.vis) A.vis. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 364. Nr. 10. ('er ras (Hippelaphus) pseudaxis? Sunde v. Vetensk. Akad. Handlung. 1*44. p. 180. Nr. 10. — Arch. skand. Beitr. Abth. I. S. 133. Nr. 10. - Wiederk. Abth. I. S. 57. 270 Kitzinger. Cervus (A.vis) A.vis Reiclienb. Naturg. Wiederk. S. 29. Nr. 23. t. 8. f. 46. (Männch.) Cervus a.vis. Puc heran. Arch. du Mus. T. VI. p. 421. Nr. 1. A.vis macuiatu. Gray. Ann. of Nat. Bast. See. Ser. V. IX. p. 424. Nr. 1. Schon Boddaert führt den gefleckten Axishirsch (A.vis ma- culata) als auch auf Ceylon vorkommend an, doch ist H. Smith bis jetzt der einzige unter den Zoologen, von welchem wir eine genauere Nachricht über diese Form erhalten haben und die — wie er sich selbst ausspricht — nur eine besondere Abänderung der oben genannten Art zu sein scheint. Fast in allen ihren Merkmalen soll sie mit derselben über- einstimmen und sich von ihr nur dadurch unterscheiden, dass der Kopf mehr gestreckt, der Körper dunkler röthlich-gelbbraun gefärbt und nur mit kleinen unregelmässig gestellten weissen Flecken besetzt ist, und die Stirne vollständig ungefleckt er- scheint. Vaterland. Süd-Asien, Ceylon. Sundevall hält es für möglich, dass diese Form mit dem gemahnten Axishirsche (A.vis Pseuda.vis) zu einer und derselben Art gehöre. 2. Der schwärzliche Axishirsch (A.vis nudipälpebra). Cervus nudipälpebra. Ogilby. Proceed. of the Zool. Soc. V. I. (1830—1831.) p. 136. A.vis maculata. Black Var. Gray. Mammal of the Brit. Mus. p. 178. Cervus nudipälpebra. Schinz. Synops. Mammal. B. II. S. 383. Nr. 10. Cervus (Elaphus A.vis) nudipälpebra. Wagner. Sehreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 366. Nr. 15. Cervus (Hippeluplius) nudipälpebra. Sundev. Vetensk. Akad. Handling. 1844.. p. 180. Nr. 17. — Arch. skand. Beitr. B. II. Abtli. I. S. L33. Nr. 17. - Abtli. II. S. 311. Wiederk. Abtli. I. S. 57. Nr. 17. Abtli. II. S. 131. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi.) 27] Cervus (Hippelaphus) axis. Var. oiscura. Sundev. Arch. skand. Beitr. Ahtli. II. S. 3] 1.- Wiederk. Abth. II. S. 131. „ nudipalpebra R eichen b. Naturg, Wiederk. 8. 29. Nr. 21. Cervus (Axis) Axis. Schwarze Varietät. Reich enb. Natura-. Wiederk. S. 30. Nr. 23. Axis maculata. Var. Gray. Knowsley Menag. V. II. p. 64. ,, „ „ Gray. Ann. of Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 424. Nr. 1. Var. Cervus axis. Var.? Pnc heran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 425. Nr. 1. Cervus (Elaphus Axis) Axis. Var. ß. nigricans. Wagner. Schie- ber Säugth. Supp. B. V. S. 366. Nr. 16. ß. Cervus (Elaphus) axis, Giebel. Säugeth. S. 344. Axis maculata. Var. Blaekish. Gray. Catal. of Ungulata Furci- peda. p. 213. Nr. 1. Var. Diese Form ist uns bis jetzt nur aus einer Beschreibung- von Ogilby bekannt, welche derselbe einem in der Tower Menagerie zu London gehaltenen Exemplare abgenommen hatte, das er für den Repräsentanten einer selbstständigen Art betrachten zu sollen glaubte, die er mit dem Namen Cercus nudipalpebra bezeichnete. Dieselbe ist ungefähr von der Grösse des gemeinen Dam- hirsches (Dama Ptatj/ceros), doch stärker als dieser gebaut. Die Schnauze und. die Ohren sind breit , und letztere etwas kürzer als der halbe Kopf und von elliptischer Form, die Augen gross und vorstehend, von einem breiten kahlen Rande umgeben, und die Thränengruben sehr deutlich. Die Körperbehaarnng ist grob und steif, am Rumpfe länger als am Kopfe, dem Halse und an den Beinen. Die Geweihe sind sehr lang, mit einer nahe am Rosenstocke entspringenden Augeusprosse und an der Spitze blos mit zwei Asten versehen, von denen der obere vom inneren Rande der Stange abgeht. Die Färbung des Körpers ist einförmig dunkelbraun und bei- nahe schwarz, insbesondere am Kopfe, dem Halse und längs der Mitte des Rückens, doch sind am Rumpfe beim Einfallen des Lichtes in einer gewissen Richtung undeutliche weissliche Sitzb. d. mathem.naturv. Cl. LXX. Bd. I. Abth. 18 272 Fitzinger. Flecken zu bemerken. Der Bauch, die Innenseite der Schenkel und der Schwanz sind ohne Beimischung eines weissen Haares. Die Beine und die Nasenkuppe sind schwarz und ebenso auch die Augenwimpern und der kahle Rand, welcher die Augen rings umgibt. Vaterland. Süd -Asien, Vorder -Indien, wo diese Art an den Ufern des Ganges angetroffen werden soll. Über die Artberechtigung dieser Form sind die Ansichten der Zoologen sehr getheilt. S c h i n z , Reichenbach und früher auch W a g n e r und S u n d e v a 1 1 stimmten der Anschauung Ogilby's bei, welcher eine selbständige Art in ihr erkennen wollte, obgleich Reichenbach dieselbe Form auch als Varietät des gefleckten Axishirsches (Axis maculata) anführt. Gray erklärte sie jedoch geradezu für eine Abänderung der genannten Art und sah die dunkle Färbung blos für Melanismus an, eine Ansicht, welcher später auch Sunde v all und Wagner unbe- dingt beitraten, während Pucheran sich derselben nur mit einigem Zweifel ansehloss. Bei der grossen Ähnlichkeit, welche die allermeisten zunächst mit einander verwandten Formen der hirschartigen Thiere über- hauptunter sich darbieten, ist es schwierig, sichere Anhaltspunkte aufzufinden, die geeignet wären zu entscheiden , ob diese Form als eine selbstständige Art, oder nur als eine Abänderung des gefleckten Axishirsches (Axis maculata) zu betrachten sei, und diess zwar um so mehr, als unsere ganze Kenntniss von derselben blos auf einem einzigen Exemplare beruht. Doch will es mir scheinen, dass — ganz abgesehen von der völlig verschiedenen Färbung, — der breite kahle schwarze Rand, welcher das Auge rings umgibt, und die auffallend deutlich hervortretenden Thränengruben Merkmale seien, die für die Richtigkeit der Ansicht Ogilby's sprechen, der auch ich mich anschliesse, insolange ich nicht durch gewichtige Gegengründe von der Irrigkeit derselben überzeugt werden kann] o. Der nepalische Axishirsch {Axis dimorph»). Jium Nepalensis. Hodgs. Journ. of the Asiat. Soc of Bengal. V. X. F. II. (18-41.) p. 914. CervuB Dimorphe. Hodgs. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. XII. P. II. ^1844.) p. 807. c. hg. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi) 273 Cervus Dimorphe. HodgS. Ann. of Nat. Ilist. V. XIV. p. 74. Cervus (Hippelaphus) dimorphe. Sundev. Arch. skand. Beitr. B. IL Abth. II. S. 312. - Wiederk. Abth. II. S. 132. Rusa Dimorpha. Gray. Catal. of Hodgs. Coli, in thc Brit. Mus. p. 33. „ .. Gray. Knowsley. Menag. V. II. p. G2. „ „ Gray. Ann. of. Nat. Eist. See. Ser. V. IX. p. 422. Nr. 2. Cervus dimorphe. Pucheran. Arch. du Mus. T. VI. p. 44'.». Note 7. Nr. 2. Cervus (Elaphus Rusa) dimorphe. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 359. Nr. 10. Note 1. Cervus (Elaphus) «.vis. Giebel. Säugetb. S. 344. Note 3. Rusa Dimorpha. Gray. Catal. of Ungulata Furcipeda. p. 209. Nr. 2. Cervus eldi. Jim. Jerdon. Maminal. oflndia. p. 25G. „ „ „ S w i n h o e. Proceed of the Zool. Soc. V. XXXVII. (1869.) p. 658. „ „ Jim.? Sclater. Transact. of the Zool. Soc. V. VII. p. 348. Nr. 8. Diese sehr wenig- gekannte und fast in allen europäischen Museen bis jetzt noch fehlende Form, welche blos das Britische Museuni zu London unter seinen Schätzen aufzuweisen hat, wurde zuerst von Hod gson im Jahre 1841, blos unter dem Namen Cervus Nepalensis angeführt, 1844 aber unter der Benennung Cervus Dimorphe auch beschrieben und abgebildet, und später von Gray im Jahre 1852 durch einige Zusätze zu dieser Be- schreibung erläutert. Den angegebenen Merkmalen zufolge , welche einem jüngeren im dritten Jahre stehenden Männchen abgenommen wurden, ist dieselbe von hoher Statur. Die Ohren sind sehr breit, die Thränengruben klein und massig vertical gestellt , der Schwanz kurz, und Klauendrüsen sind vorhanden. Die Geweihe sind ziemlich kurz oder nur von massiger Länge, glatt, blass und ähnlich wie beim gerleckten Axishirsche (Axis maculata) gestaltet. Über der Basis sind dieselben nach seitwärts gewendet und in der Mitte der Stange stark nach aus- 18* 274 F i t z i n g e r. wärts gebogen, daher weiter von einander abstellend als bei diesem und hierauf beinahe senkrecht aufsteigend. Die Augen- sprosse ist kurz und stark nach vorwärts gebogen. Die Oberseite des Körpers ist dunkel schwärzlich braunroth, der Rücken mit deutlichen Reihen kleiner weisser Flecken besetzt und die Leibesseiten sind undeutlich weiss gefleckt. Der Nacken und der Bauch sind schwärzlich, die Gliedmassen blasser braun- roth. Die Schnauze ist von einem schwarzen Saume umgeben und das Kinn ist weiss. Junge Thi ere sind hell bräunlich rothgelb oder röthlich- fahl und weiss gefleckt, und erinnern daher in der Färbung einigermassen an jene des gefleckten Axishirsches (Axis maculataj. Vaterland. Süd-Asien, Nepal, wo diese Form in deu Saul-Wäldern von Morung angetroffen wird. Über die Artberechtigung dieser Form sowohl, als auch über deren Stellung gehen die Ansichten der neueren Zoologen ausein- ander. Hodgson selbst war ungewiss, ob er dieselbe zur Gruppe der Axishirsche (Axis), oder der Mähnenhirsche (Rusa) zählen solle. Gray betrachtet sie für eine selbstständige Art und theilt sie der letzteren Gattung zu; erklärt aber das Geweih für eine abnorme Bildung in Folge der Gefangenschaft. Eine gewisse Ähnlichkeit, welche diese Forin in der Rich- tung des Geweihes mit dem indischen Kronhirsche (Panotia fron- talis) hat und das Vorkommen derselben in den Saul-Wäldern von Morung in Nepal, bestimmten Jerdon und Swinhoe, in ihr nur ein jüngeres Thier der genannten Art zu erblicken; eine Ansicht, welcher auch Sclater — obgleich nicht ohne allen Zweifel, — beitrat. Abgesehen von der Verschiedenheit in der Geweihform, welche zwischen diesen beiden Thieren besteht, scheint schon die völlig verschiedene Färbung ein hinreichender Grund zu sein, dieser Annahme nicht beizupflichten. 4. Der gemalmte Alishirsch (Axis Pseudaxis). Cervus Pseudaxis. Eydoux, Souleyet, Gervais. Voy. de la Bonite. Zool. V. I. p. 64. t. 12. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 275 Cerous Axis Var. ? Eydoux, Souleyet, Gervais. Voy. de la Bonite. Zool. V. I. p. 64. Pseudaxis. Gervais. Institute. 1811. p. 41'.». „ „ Sehinz. Synops. Mammal. I>. II. S. ",s,;. Nr. 21. Cervus (Elaphus Axis) Pseudaxis. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 304. Nr. 13. Note 10. „ ,. „ Axis Var.? Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. -304. Nr. 13. Note 10. Cerons (Hippelapkus) pseudaxis. S uudc v. Vetensk. Akad. Band- img. 1844. p. 180. Nr. 16. — Arch. skand. Beitr. B. IL Abth. I. S. 133. Nr. 16. - Abth. IL S. 310. - Wiederk. Abth. I. S. 57. Nr. 1(5. — Abth. IL S. 130. Cervus (Axis) Pseudaxis. R eichen b. Naturg. Wiederk. 8. 31. Nr. 25. A.vis macülata Var. .?. Gray. Ann. of Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 424. Nr. 1. 3. Cervus pseudaxis. Pueheran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 416, 489. t. 24. f. 2-8. (Geweihe). Cervus (Elaphus A.vis) Pseudaxis. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 364. Nr. 15. Cervus (Elaphus) axis. Giebel. Säugern. S. 344. Note 3. Axis pseudaxis. Gray. Catal. of Ungulata Furcipeda. p. 215. Nr. 2. Cervus taevanus? Sclater. Transaet. of the Zool. Soc. V. VII. (1872.) p. 345. Nr. 5. Diese dem gefleckten Axishirsche (Axis macülata) sehr nahe stehen de Form , wurde von Eydoux, Souleyet und Gervais — die sie Anfangs nur für eine Varietät desselben gehalten hatten, — als eine selbstständige Art aufgestellt, welche jedoch nur auf ein einziges Exemplar und zwar männlichen Ge- schlechtes gegründet war, das Eydoux und Souleyet wäh- rend der Expedition der Bonite lebend auf Java eingehandelt und im Juni 1838 in die Menagerie nach Paris gebracht hatten, wo es bis August 1844 am Leben erhalten worden war. An Grösse, Gestalt und Färbung ist sie der oben genannten Art sehr ähnlich, doch unterscheidet sie sich von derselben, 276 F i t z i n g e r. abgesehen von dem minder schmächtigen Baue und der weniger abgeflachten Stirne, nicht nur durch mancherlei Abweichungen in der Färbung, sondern auch durch eine wesentliche Verschie- denheit in der Art der Behaarung ihres Körpers und in der Bil- dung ihres Geweihes. Die Ohren sind etwas kürzer als der halbe Kopf, elliptisch und breit. Der Schwanz ist kurz, länger als das Ohr und endiget in keine Quaste. Der Hals des Männchens ist ringsum mit langen Haaren besetzt, welche eine Mähne bilden. Das Haar ist fest, hart, nicht sehr dick und schwach glänzend. Die Geweihe sind ziemlich lang uud schlank, und unter- scheiden sich von denen des gefleckten Axishirsches (A.vis ma- culata) nur dadurch, dass die obere Sprosse desselben nicht wie bei diesem am inneren1, sondern am äusseren Rande der Stange entspringt. Sie ist übrigens so wie bei der genannten Art sehr klein und nach auf- und einwärts gerichtet. Die Augen- sprosse ist stark, ziemlich nahe am Rosenstocke hervortretend, mittellang und nach vor-, auf- und einwärts gerichtet. Die Oberseite des Körpers ist gelbbraun, auf dem Rücken und an den Leibesseiten mit kleinen rundlichen, in ziemlich regelmässigen Längsreihen vertheilten, doch nicht so dicht stehenden schmutzigweissen Flecken besetzt , auf dem Halse aber, so wie auch auf dem Kopfe vollkommen ungefleckt. Die Kehle, der Unterhals , die Brust, der Bauch und die Innenseite der Vorder- und Hinterschenkel sind licht graubräunlich und ebenso auch ein Ring um die Augen. Die Gliedmassen sind in ihrem oberen Theile auf der Aussenseite gelbbraun, an ihrem unteren Theile licht gelbbräunlich und von derselben Färbung sind auch die Seiten des Kopfes. Die Aftergegend und der hintere Rand der Hinterschenkcl sind weiss und schwarz gesäumt. Der Schwanz ist auf der Oberseite schwarz und von einem weissen Saume umgeben, auf der Unterseite weiss. Im Winter ist das Haar am Halse und insbesondere am Vorderhalse des Männchens beträchtlich länger und die weissen Flecken werden dunkler und undeutlicher, oder verschwinden scheinbar auch fast ganz. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Ceroi). -< i Körperlänge von derSchnauzen- spitze bis zur Schwanzwurzel 4' 4" 6'" Nach Pucherän. Länge des Schwanzes ohne Haar 4" V/t'" Eföhe ain Widerriste .... 2' 8" 3"' „ Kreuze 2' 10" 8 '" Eckzähne im Oberkiefer scheinen beim Männchen nur in der Jugend vorhanden zu sein, doch nicht über das Zahnfleisch hervorzu- treten, da man blos die Alveolen derselben am Schädel ange- troffen hat. Vaterland. Südost-Asien, woselbst diese Art auf der zur Suluh- Inselgruppe gehörigen Insel Snlnh , welche zwischen Borneo und Magindanao liegt, vorzukommen scheint, von welcher ein zweites Exemplar durch die von der französischen Regie- rung ausgegangene Expedition des Astrolabe und der Zelee nach Paris gebracht wurde. Sclater bezweifelt jedoch die Richtigkeit des angegebenen Vaterlandes und spricht die Ver- nmthung aus , dass die Heimath dieser Form, welche er mit dem FormosaSikahirsche (Elaphoceros taäoanus) für identisch halten zu dürfen glaubt, weder Java, noch Suluh, sondern die Insel Tai- wan oder Formosa sei, von welcher die beiden Exemplare die nach Paris gebracht wurden, im Wege der Schifffahrt nach den genannten Inseln gelangten. Schon Eydoux, Souleyet und Gervais, welche diese Form zuerst beschrieben und von denen die zwei erstgenannten das erste der beiden Exemplare, die nach Paris kamen, auf Java erhalten hatten, suchten dieHeimath derselben anf einer anderen und zwar den Philippinen näher, doch mehr gegen Westen gelegenen Insel, während Schinz geradezu die Philippinen für deren Heimath ansprach. Würde nicht schon die durchaus verschiedene Bildung des Geweihes gegen die von Sclater für wahrscheinlich gehaltene Zusammen- gehörigkeit dieser Form mit dem FormosaSikahirsche ((Elapho- ceros taßvanus) sprechen, so könnte mau immerhin die Insel Formosa für deren Heimath gelten lassen; da sich diese beiden Formen aber als verschieden von einander ergeben, so nuiss man in so lange als nicht Gewissheit über das Vaterland des gemahnten Axishirsches (Axis Pseudaxis) erlangt werden kann, die Insel Suluh für die Heimath desselben betrachten. 278 Kitzinger. Diese Annahme gewinnt auch noch dadurch an Wahrschein- lichkeit, dass eine mir durch die Güte des rühmlichst bekannten Ornithologen und Reisenden in Neu-Guinea Herrn Dr. Adolph Bernhard Meyer mitgetheilte, in Farben ausgeführte »Skizze eines weiblichen Hirsches, der ihm während seines Aufenthaltes auf Celebes zum Kaufe angeboten worden war, und welcher der Angabe des Verkäufers zufolge von der Insel Suluh stammen sollte, nach dieser Zeichnung sowohl, als den mir gleichfalls mitge- theilten schriftlichen Notizen über die wesentlichsten Merkmale dieses Thieres, mit dem gemahnten Axishirsche (Axis Pseudaxis) vollkommen übereinzustimmen scheint. Das naturhistorische Museum zu Paris ist bis jetzt wohl das einzige in Europa, das diese Art nebst mehreren Geweihen derselben in seinen reichen Sammlungen bewahrt. Die meisten Naturforscher sprechen sich für die Artberech- tigung dieser Form aus, welche — wie schon von deren Ent- deckern, — so auch von Wagner Anfangs, doch nur mit einigem Zweifel, für eine Varietät des gefleckten Axishirsches (Axis maculata) betrachtet wurde, während Gray dieselbe geradezu für eine besondere Abänderung desselben erklärte. Späterhin änderten aber Wagner sowohl als Gray ihre Ansicht und traten — dem Beispiele der Entdecker und ersten Beschreiber dieser Form folgend, — für die Artselbstständigkeit derselben ein. Bemerkenswerth ist indess, dass sich das durch Eydoux und Soul ey et im Jahre 1838 von Java in die Menagerie im Jardin des Plantes nach Paris gebrachte männliche Exemplar mit einem Weibchen des gefleckten Axishirsches (Ascis maculata) zweimal fruchtbar vermischte und auch die aus dieser Vermischung hervorgegangenen weiblichen Bastarde vom Vater wieder befruchtet werden, obgleich diese Beispiele durchaus nicht als massgebend betrachtet werden können, hiernach auf eine speci- tische Identität beider Formen zu schliessen. 11. Gattung. Mähnenhirsch (Rusa). Die Schnauze ist schmal, die Oberlippe weder überhängend noch gefurcht. Die Afterklauen sind länglich und stumpf zuge- spitzt. Die Nasenkuppe ist kahl, gross und nicht gegen die Lippe zu verschmälert. Haarbüschel befinden sich nur an der Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 279 Aussenseite des Mittelfusses über seiner Mitte,, nicht alter auch an der Innenseite der Fusswurzel. Der Nasenrücken ist gerade und ebenso auch der Rücken, der Schwanz kurz. Die Ohren sind mittellang und breit, dieThränengruben sehr gross und freiliegend. die Hute schmal und gerade. Nur das Männchen trägt Geweihe und äusserst selten, doch nur im hohen Alter, auch das Weibchen. Die Geweihe sind stark, auf einem kurzen Rosenstocke aufsitzend, aufrechtstehend, gerundet und rauh, und meist nur in drei Sprossen verästet, von denen zwei nach vorwärts gerichtet sind. Die Augensprosse ist vorhanden und äusserst selten auch ein Rudiment der Eissprosse, die Mittelsprosse fehlt. Klauendrüsen sind vorhanden, oder mangeln. Eckzähne sind nur im Oberkiefer der alten Männchen, seltener auch der alten Weibchen vorhanden und ragen nicht über die Lippe hervor, oder fehlen auch gänzlich. I. Der Samber Mähnenhirseh (Rusu Äristotelis). lmze\a flyelaphusporcinu8.GrT ay. Catal. ofUngulataFurcipeda. p. 215. Nr. 1. Unsere Kenntniss von dieser Form, welche als eine beson- dere Art in den Schriften der Zoologen aufgeführt erscheint, beruht lediglich auf einer von Blainville uns mitgetheilten Beschreibung, die derselbe nach einer colorirten Abbildung entworfen hatte, welche von dem indischen Maler Hai u dar angefertigt und ihm aus Ost- In dien zu gekommen war. Hiernach ist diese Form, welche Blainville für eine selbstständige Art betrachtete und mit dem Namen Cervns niger bezeichnet hatte, im Allgemeinen von der Gestalt des Edel- Hirsches (Cervus Elaphus) und auch mindestens von dessen Grösse. Die Geweihe sind von mittlerer Länge und sehr einfach gebildet. Die Augensprosse, welche nahe am Kosenstocke entspringt, ist kegelförmig und schwach nach rückwärts gebogen, die Stange vorne sehr stark ausgehöhlt. Die Färbung des Körpers ist schwarzbraun, auf der Ober- seite dunkler, und insbesondere um die Augen und die Schnauze, auf der Unterseite heller. Nur die Innenseite der Gliedmassen ist nach oben zu weiss. Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien. Ueber die Deutung dieser Form haben sich nur wenige der neueren Zoologen ausgesprochen. Die früheren Naturforscher pflichteten der Anschauung Blainville's bei und räumten derselben eine Artberechtigung- ein. Nur Fischer erschien diess zweifelhaft, indem eres für möglich hielt, dass sie vielleicht mit dem timorischen Mähnenhirsche (Rusa Peronii) zusammen- gehören könnte. Gray wollte gar den indischen Schweinhirsch (Hyelaphus porcinus) in ihr erkennen und verleitetes und eva 11 zu eben dieser durchaus irrigen Ansicht. Erst Tuche ran war es vorbehalten, diese Form, welche das Festland von Ost- Indien bewohnt, richtig zudeuten, indem erdieselbe für identisch mit dem Samber Mähnenhirsche (Iiumi Aristotelis) erklärte. 2*6 Fitzin ff er. 1. b. Der coromandelische Samber tfähncnhirsch (Itusa Aristotelis. Leschenaultii). Cervus Leschenaultii. Cuv. Rechereh. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 505. t. 39. f. 9. (Geweih). „ „ Desmoul. Dict. class. V. III. p. 384. Nr. 22. ., „ Lesson. Man. deMammal. p. 364. Nr. 958. „ „ Fisch. Synops. Mammal. p. 452. Nr. 24. Rusa Equina. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 170. c. f. Ceruus Leschenaultii. Schinz. Synops. Mammal. B. II. S. 391. Nr. 30. Cervus (Elaph us Rus. 112. c, fig. — V. V. p. 782. Nr. 12. Cervus equinus. Fisch. Synops. Mammal. p. 453, 621. Nr. 26. Cervus hippelaphus Var.? Elliot. Madras Journ. Nr. 25. p. 220. Cervus equinus. S. Müll. Schlegel. Verhandel. Zool. V.l. p. 44, 213. t.42. (Männch.). t.45. f. 7-11. (Ge- weihe und Schädel). Rusa Equina. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 179. Cervus equinus. Schinz. Synops. Mainmal. B. II. S. 392. Nr. 31. Cervus (Elaphus Rusa) equinus. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 355. n. 9. t. 241. A. f. 6. (Geweih). Cervus (Hippelaphus) equinus. Sundev. Vetensk. Akad. Hand- ling. 1844. p. 178. Nr. 7. — Arch. skand. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 291 Beitr. P>. II. Abth. I. S. 131. Nr. 7. — Wiederk. Abth. I. S. 55. Nr. 7. Cervus (Hippelaph us) equinus. K eichen b. Naturg. Wiederk. S. 25. n.12. t.6. f. 37. (Männctu) t. 6. b. f.37.b. Cervus equinus. Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. XV. (1846). p. 271. Bush Equinus. Gray. Knowsley Menag. V. II. p. 62. 1. 4.'). „ „ G r a y . Ann. of Nat. Hist. See. 8er. V. IX. p. 422. Nr. 3. Cervus equinus. Pucheraii. Arch. du Mus. T. VI. p. 436. Cervus Aristotelis? Pucheraii. Arch. du Mus. T. VI. p. 449. Cervus (Elaphm Rusa) equinus. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 359. Nr. 11. Cervus (Elaphus) equinus. Giebel. Säugeth. S. 346. Rusa equina. Fitz. Naturg. d. Säugeth. B. IV. S. 170. „ „ Fitz. Säugeth. d. Novara-Exped. Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. B. XLII. S. 396. Rusa Equinus. Gray. Catal. of Ungulata Furcipeda. p. 210. Nr. 4. Cervus equinus. Jerdon. Mammal. of India. p. 260. „ „ Jerdon. Proceed. of the Zool. Soc. V. XXXVII. (1869). p. 658. „ „ Swinhoe. Proceed. of the Zool. Soc. V. XXXVII. (1869). p. 659. Es ist diess die grössteArt der ganzen Gattung und eine dem Samber Mähnenhirsche (Rusa Aristotelis) überaus nahestehende Form, welche sich von demselben fast nur durch einige Abwei- chungen in der Färbung und der Geweihbildung unterscheidet. Sie ist von grosser, hoher Statur und ungefähr von der Grösse eines mittel grossen Pferdes. Die Schnauze ist etwas gestreckt, die Stirne sehr stark ab- geflacht, der Nasenrücken gerade, die Nasenkuppe nur wenig breit. Die Ohren sind etwas kürzer als der halbe Kopf, von ellip- tischer Form, breit, auf der Innenseite grösstentheils kahl und blos in ihrer unteren Hälfte am Innenrande mit langen Haaren besetzt. Die Augen sind verhältnissmässig ziemlich gross, dunkel schwarzbraun und sehr sanft, die Thränengruben sehr gross mit beweglichen Rändern. Der Hals und die Kehle des Männchens sind reichlich mit langen, rauhen borstigen Haaren besetzt, welche 2i '2 Fitainger. eine starke Mähne bilden. Der »Schwanz ist an seinem Ende ver- dickt und geht in eine rundliche und gleichsam wie geschorene Quaste aus. Das Körperhaar ist fest, hart, sehr dick und schwach glänzend- Die Geweihe sind jenen des Samber Mähuenhirsches (Busu Aristofelis) ähnlich, ziemlich gross und stark, von mittlerer Länge, höchstens um !/3 länger als der Kopf, bei alten Thieren oft über 2 Fuss lang und gekörnt. Die Augensprosse ist stark, dicht am Rosenstocke entspringend und nach vor- und aufwärts gekehrt. Die Spitze des Geweihes bildet eine Gabel mit stumpfen Enden. Die obere Sprosse entspringt nur in geringer Entfernung von der Spitze der Stange am hinteren inneren Rande derselben, ist sehr kurz, gewöhnlich um l/3 kürzer als die Stange, selten von gleicher Länge wie dieselbe, und nach rück- und einwärts gekehrt. Das Gesicht, die Schultern, der Rücken, die Hüften und die Schenkel sind gesättigt graulichschwarzbraun, der Hals und die Leibesseiten etwas dunkler, die Brust und der Vorderbauch tief grauschwarz und beinahe schwarz. Der Hinterbauch und die Weichengegend sind weiss. Die Aftergegend und der hintere Rand der Hinterschenkel sind licht rothgelb, welche Färbung an den Seiten von einem schwarzen Streifen begrenzt wird und von einer grösseren Ausbreitung als beim Samber Mähnenhirsche (Rusa Aristotelis) ist. Der Schwanz ist auf der Oberseite und an der Endquaste dunkel röthlichschwarzbraun, beinahe schwarz, auf der Unterseite licht rothgelb. Die Schenkel sind auf derlnnen- und Vorderseite bräunlichgelb, der untere Theil der Gliedmassen, die Haarbüschel an denselben und ein Fleken auf den Augen- deckcln röthlich gelbbraun. Die Wangen und ein Ring um die Augen sind gelblich graubraun, die Ohren auf der Aussenseite weisslichgrau, auf dem behaarten Theile der Innenseite weiss. Die Oberlippe, die vordere Hälfte der Unterlippe und das Kinn sind weiss, die Spitze desselben und die Nasenkuppe schwarz. Über derselben befindet sich ein schwarzer streifenartiger Quer- flecken und ein rundlicher Flecken von derselben Färbung steht jederseits am Mundwinkel auf der Unterlippe. Die Geweihe sind dunkel röthlichbraun und an den Spitzen der Enden gelblich. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 293 Junge Thiere sind heller gefärbt und sehr undeutlich weiss- lich in der Kreuzgegend gefleckt. Körperlänge eines alten Männchens Nach S. Müller von der Schnauzenspitze bis u. Schlegel. zur Schwanzwurzel 5' 11" 3'" Länge des Schwanzes ungefähr . 1' Nach H.Smith. Höhe am Widerriste über ... 4' „ am Kreuze etwas mehr. Eckzähne sind im Oberkiefer bei beiden Geschlechtern vor- handen. Vaterland. Süd-Asien, wo diese Art sowohl auf Sumatra und Borneo, als auch auf dem Festlande auf der malayischen Halbinsel angetroffen wird. Auf Sumatra wird sie von den Eingeborenen Russa-itam und Russa-kambang genannt. Das zoologische Museum zu Leyden ist im Besitze dieser Art und im kais. zoologischen Museum zu Wien wird ein Geweih von ihr aufbewahrt. In der Menagerie im Jardin des Plante s zu Paris, in der kais. Menagerie zu Schönbrunn und in der Knowsley Mena- gerie war dieselbe durch lebende Exemplare vertreten, so wie nicht minder auch in den zoologischen Gärten zu Rotterdam und Dresden. In letzterem hatte sich dieselbe auch fortgepflanzt. Cuvier hat diese Art auf ein Geweih gegründet, das er durch Diard aus Sumatra zugesandt erhalten hatte und aller Wahrscheinlichkeit nach gehört zu derselben auch die von Desmarest und Blainville unter der Benennung Axis de Sumatra erwähnte Form, obgleich Pucheran geneigt ist, diese für identisch mit dem Samber Mähnenhirsche (Rusa Aristotelis) gehalten. Elliot spricht die Ansicht aus, dass diese Form sowohl als auch der Samber Mähnenhirsch (Rasa Aristotelis) mit dem hell- bauchigen Mähnenhirsche (Rasa Hippelaphus) zu einer und der- selben Art gehören und nur als Varietäten anzusehen seien. Cantor schliesst sich eben dieser Ansicht an, während S. Müller und Schlegel die letztgenannte Form für eine selbst- ständige Art betrachten, die beiden ersteren aber für nicht spe- eifisch verschieden von einander halten. 294 F i t z i n g e r. Auch von Bennett, Sykes und Jerdon wird diese Art mit dem Samber Mähnenhirsche (Rusa AristoteUs) verwechselt und zum Theile auch von Reichenbach und Gray, der noch den hellbauchigen Mähnenhirsch (Rusa Hippelaphw) mit ihr vermengt. 2. a. Der malakkische Wasser Mähnenhirseh (Rusa equina, malaccensis). Biche dein presquile de Malacca. Cervus malaccensis. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. des Mammif. V. I. Fase. 10. c. hg. (Weibch.) Biche de Malacca. Desmar. Mammal. p. 438. Note. Cervas hippelaphus. Foem.? Cuv. Recherch. sur les Ossein. foss. V. IV. p. 41. Cerous malaccensis. Desmoul. Dict. class. V. III. p. 383. Nr. 17. Cerf noir du Bengale. Cervus hippelaphus. Femelle. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. des Mammif. V. III. Fase. 45. Rusa of Malacca. Cervus (Rusa) malaccensis. H. Smith. Griffith Anim. Kingd. V. IV. p. 115. — V. V. p. 784. Nr. 14. Cervus Malaccensis. Fisch. Synops. Mammal. p. 451 ; 620. Nr. 19*. Cervus Hippelaphus. Foem.? Fisch. Synops. Mammal. p. 451, 620. Nr. 19 * Rusa hippelaphus. J ardine. Nat. Libr. Mammal. V. III. p. 163. Cervus malaccensis. Schi n z. Synops. Mammal. B. II. S. 387. Nr. 22. Cervus (Elaphus Rusa) equinus. Foem.1 Wagner. Sehreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 356. n. 9. Note 18. Cervus (Hippelaphus) hippelaphus? Sundev. Vetensk. Akad. Handling. 1844. p. 178. Nr. 8. Obs. - Arch. skand. Beitr. B. IL Abth. I. S. 132. Nr. 8. Obs. — Wiederk. Abth. I. S. 56. Nr. 8. Obs. „ „ malaccensis. R e i c h e n b. Naturg. Wiederk. S. 24. Nr. 11. t. 5. f. 35. Rusa AristoteUs. Var.? Gray. Ann. of Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 422. Nr. 1. Var.? Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 295 Cervua Aristotelis. Foem.? Pu che ran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 437. Nr. 1. Cervus (Elaphus Ilusa) Aristotelis. Wagner. Sehreber Säugth. Suppl. B. V. S. 357. Nr. 10. Cervus (Elaphus) Aristotelis. Giebel. Säugeth. S. 346. liiisti Aristot e/iÄ.Gray.Catal. ofüngulataFurcipeda.p. 205. Nr. 1. Diese Form, über deren Deutung die Ansichten der Zoologen sehr verschieden sind, ist bis zur Stunde nur nach einem ein- zigen Exemplare und zwar weiblichen Geschlechtes bekannt. das von Capitän Kergarion von Malakka in die Pariser Me- nagerie gebracht, daselbst längere Zeit am Leben erhalten und von Fr. Cuvier als eine selbstständige Art beschrieben und abgebildet wurde. Sie ist ungefähr von der Grösse des weiblichen Edel-Hirsches (Cervus Elaphus). Die Ohren sind breit, elliptisch und kürzer als der halbe Kopf. Der Schwanz ist kurz, von derselben Länge wie das Ohr, an der Spitze breiter als an der Wurzel und etwas abgeplattet. Die Thränengruben sind gross und über den Augen befindet sich jederseits eine Grube in der Haut, ähnlich den Hautgruben hinter den Hörnern der gemeinen Gemse (Bupicapra Capeila). Das Körperhaar ist fest, trocken, hart und brüchig, an der Brust und am Bauche aber weich und biegsam. Das Wollhaar ist sehr spärlich und hellgrau. Die Färbung des Körpers ist fast einförmig schwarzbraun, und nur gegen die Unterseite gehen viele der schwarzbraunen Haare in gelbliche Spitzen aus, wodurch ein gelblicher Anflug auf derselben bewirkt wird und insbesondere auf dem Hinter- bauche und der Innenseite der Schenkel. Hals und Rücken sind fast ganz schwarz, der Schwanz ist schwarzbraun und dieSteiss- gegend, so wie der Rand der Hüften sind rothgelb. Die Beine sind heller braun. Die Ohren sind auf derAussenseite schwarz und an der Wurzel weiss, auf der Innenseite weiss und gegen den Rand zu schwarz. Die Augen sind von einem unregelmäs- sigen gelblichen Ringe umgeben. Die Augengruben und die Ge- gend um die drüsige Nasenkuppe sind rein weiss. Körperlänge von der Schnauzen - spitze bis zur Schwanzwurzel 3' 9" 41 2'" Nach P u c h e r a n. 2% Kitzinger. Länge des Schwanzes . . . 11" 7%'" „ der Ohren 4" 6 — '" Die meisten Zoologen stimmten mit Fr. Cuvier für die Artselbstständigkeit dieser Form, während Gr. Cuvier dieselbe möglicherweise für das Weibchen des hellbauchigen Mähnen- hirsches (Rusa Hippelaphus) hielt und Fischer und Sunde- vall dieser Ansicht beitraten. Späterhin änderte Fr. Cuvier aber seine ursprüngliche Ansicht, indem er in dieser Form keine selbstständige Art , sondern nur das Weibchen des Samber Mähnenhirsches (Rusa Aristotelis) erkennen zu sollen glaubte, worin ihm auch Jardine folgte. Wagner hingegen war An- fangs geneigt, sie für das Weibchen des Wasser Mähnenhirsches (Rusa equina) zu betrachten, gab aber in der Folge diese Mei- nung auf und stimmte der neueren Anschauung Fr. Cuvier's bei, welcher vor ihm schon Gray, obgleich Anfangs mit einigem Zweifel, und Pucheran unbedingt beigetreten waren. Mir scheint die frühere Ansicht Wagner's die richtige zu sein, wornach diese Form mit dem Wasser Mähnenhirsche (Rusa equina) zu einer und derselben Art gehören würde. 2. b. Der boroeotische Wasser Hähnenhirsch (Rusa equina, Pennantii). Great Axis. Pennant. Synops. Quadrup. p. 52. Nr. 41. Cervus Axis? Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 313. Nr. 6. Great Avis. Pennant. Hist. of Quadrup. V. I. p. 106. Nr. 48. Grosser A.vishirsch. Schreber. Säugth. B. V. S. 1096. Nr. 9. Cervus Axis. Var. 7. Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 179. n. 9. 7. Cervus hippelaphus. Cuv. Rechereh. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 40. Cervus maximus. Blainv. Journ. de Phys. V. XCIV. p. 264. Cervus Hippelaphus. Fisch. Synops. Mammal. p. 451, 620. Nr. 20. Rusa Hippelaphus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 179. Axis Pennantii. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 180. Cervus (Elaphus Rusa) Hussa? W a gn er. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 357. Nr. 11. S. 360. Note 2. Cervus (Hippelaphus) Aristotelis. Reich enb. Naturg. Wiederk. S. 23. Nr. 9. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 2(.*< Cervus (Hippelaphus) Hippelaphus? Reichenb. Naturg. d. Wiederk. S. 25. Nr. 1.'!. Rusa Aristotelis. Gray. Osteol. Specini. in the Brit. Mus. p. 67. A.vis maculata. Var. i. Gray. Ann. of Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 424. Nr. 1.1. Cervus hippelaphus? Pucheran. Arch. du Mus. T. VI. p. 408. Cervus (Elaphus) hippelaphus. Giebel. Säugeth. S. 344. Note 4. Pennant hatte auf ein Geweih , das er im Britischen Museum zu London traf und das aus Borneo stammen sollte, eine selbstständige Art gegründet, die er mit dem Namen Great Avis bezeichnete und die von den späteren Naturforschern in sehr verschiedener Weise gedeutet wurde. Allerdings zeigte dieses Geweih bezüglich seiner Bildung' so bedeutende Abweichungen von der Geweihform der zu jener Zeit bekannt gewesenen Hirscharten , dass die Anschauung Pennant's vollkommen gerechtfertigt erschien. Da jedoch alle übrigen körperlichen Merkmale nicht bekannt waren, so konnte man auch über die Zugehörigkeit dieses Ge- weihes zu irgend einer der späterhin aufgestellten Hirscharten keine volle Sicherheit erlangen und war sonach gezwungen, sich nur mit Muthmassungen zu begnügen. Erxleben war im Zweifel, ob diese Form mit dem ge- fleckten Axishirsche (Actis maculata) zu vereinigen sei und G m e 1 i n betrachtete sie für eine Varietät dieser Art. S c h r e b e r, Blainville und Anfangs auch Gray dagegen, sprachen sich für die Artselbstständigkeit derselben aus, obgleich Gray auch den hellbauchigen Mähnenhirsch (Rusa Hippelaphus) in ihr er- kennen wollte. S c h r e b e r behielt den von Pennant gewählten Namen bei, indess Blainville die Benennung Cervus maxi- mus , und Gray den Namen A.vis Pennantii in Anwendung brachten. Cuvier, Fischer, Wagner und Pucheran glaubten sie mit dem hellbauchigen Mähnenhirsche (Rusa Hippelaphus) vereinigen zu können und Reichenbach schwankte zwischen diesem und dem Samber Mähnenhirsche (Rusa Aristotelis), wäh- rend Gray — der doch das Original-Geweih zu untersuchen und zu vergleichen Gelegenheit hatte, — seine ursprünglich aus- gesprochene Ansicht in der Folge zweimal veränderte und später 298 Fitzinge r. diese Form mit dem Samber Mähnenhirsche (Rusa Aristotelis) vereinigte, zuletzt aber dieselbe nur für eine Abänderung des gefleckten Axishirsches (Axh maculata) erklärte. Dass diese zuletzt von Gray ausgesprochene Ansicht sicher nicht begründet sei, kann wohl kaum einem Zweifel unterliegen; doch bleibt es immer ungewiss, ob die Pennant'sche Form mit grösserem Rechte zum hellbauchigen (Rusa Hippelaphus) oder zum Wasser Mähnenhirsche (Rusa equina) gezogen werden könne, welche die beiden einzigen Arten in der Gattung Mähnen- hirsch (Rusa) sind, die auch auf Rorneo vorkommen, von wo die Pennant'sche Form stammen soll. 3. Der chinesische Hähnenhirscii (Rusa Swinhoei). Cermis Siri/thoii. Sclater. Proceed. of the Zool. Soe. V. XXX. (1862.) p. 152. t. 17. — V. XXXV. (18(37.) p. 818. Append. p. 1046. „ „ Sclater. Zool. Sketches. V. II. t. 17. „ „ Swinhoe. Proceed. of the Zool. Soc. V. XXX. (1862.) p. 364. „ „ Sclater.Transact. of the Zool. Soc.V. VII. (1872.) p. 349. Nr. 9. f. 6. (Kopt). t. 39. (Mäunch. im Winter- und Sommerkl. u. Jung). Eine erst in allerneuester Zeit bekannt gewordene Form, welche sowohl mit dem Samber (Rusa Atistotelis), als auch mit dem Wasser Mähnenhirsche (Rusa equina) in naher Verwandt- schaft steht, ohne Zweifel aber von beiden specitisch verschie- den ist, In der Körpergestalt im Allgemeinen schliesst sie sich zwar den beiden genannten Arten an und auch in der Grösse kommt sie denselben beinahe gleich, doch ist sie schon durch den kürzeren Kopf und die durchaus verschiedene Färbung als eine besondere Form ausgezeichnet und daher auch mit keiner dieser beiden Arten zu verwechseln. Der Kopf ist ziemlich kurz, die Schnauze zugespitzt. Die Ohren sind etwas kürzerals der halbe Kopf, breit, von elliptischer Form und auf der Innenseite grösstentheils kahl. Die Thränen- gruben sind gross. Der Hals ist dick und länger als die übrigen Körpertheile behaart. Der Schwanz ist kurz, etwas länger als das Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 299 Ohr, reichlich mit ziemlich langen Haaren besetzt und am Ende fast wie abgestutzt, doeli nicht quastenartig gebildet. Das Körperhaar ist dicht, glatt anliegend, dick und etwas glänzend. Die auf einem kurzen Rosenstocke aufsitzenden Geweihe sind verhältnissmässig etwas kurz, doch stark und rauh, von der Wurzel an nach auf-, rück- und auswärts gebogen und gegen die Spitze zu wieder nach vorwärts gewendet. Die dicht am Kosenstocke hervortretende Augensprosse ist lang und stark, nach vor- und etwas nach aufwärts gerichtet und bisweilen auch gegen die Spitze mit einem kurzen Zacken versehen, wodurch sie ge- gabelt erscheint. Die obere Sprosse tritt am hinteren inneren Rande der Stange hervor, ist sehr kurz und nach rück-, ein- und etwas nach aufwärts gewendet. Die Färbung ändert nach den Jahreszeiten. Im Winter ist der Kopf röthlich braungelb und von der- selben Färbung sind auch die Ohren. Der Nasenrücken ist mit einem schmalen schwärzlichbraunen Flecken besetzt, der sich nach oben V-förmig in zwei Äste theilt, die sich bis über die Augen ziehen. Der Hals, die ganze Ober- und Unterseite des Leibes und die Aussenseite der Vorder- und Hinterschenkel sind einförmig dunkel schwärzlichrothbraun. Die Innenseite und der Hinterrand der Schenkel, so wie auch der ganze untere Theil der Läufe sind röthlichbraungelb. Der Schwanz ist auf der Ober- und Unterseite schwarz. Im Sommer ist die Färbung des Körpers licht röthlichbraun- gelb, am Vordertheile dunkler, am Hintertheile heller, und am hellsten auf der Innenseite der Beine. Höhe am Widerriste 3' 11". Nach Sclater. Vaterland. Südost-Asien, wo diese Art auf der zu China gehörigen Insel Tai-wan oder Formosa angetroffen wird und da- selbst von Swinhoe entdeckt wurde. Cheeang ist der Name, welchen dieselbe bei den Eingeborenen ihrer Heimat führt. Swinhoe hatte im Frühjahre 1862 die erste Kunde von der Existenz dieser Form erhalten und bald darauf kam er auch in den Besitz zweier lebender Männchen, die er für den Garten der zoologischen Gesellschaft zu London bestimmt hatte und von 300 Fitzinge r. denen eines Ende April desselben Jahres auch wohlerhalten daselbst anlangte. Sclater erkannte in demselben eine selbstständige Art der Gattung Mähnenhirsch (Rusa), die er zu Ehren des Entdeckers unter dem Namen Cervus Swi/thoii beschrieb und von welcher er uns auch eine Abbildung mittheilte. Ausser dem zoologischen Garten zu London befindet sich auch die Menagerie im Jardin des Plantes zu Paris im Besitze dieser Art. 4. Der Bavianen Mäknenhirsch (Rasa Kuhlii). Cervus Kuhlii. S. Müll. Schlegel. Verhandel. Zool. V. I. p.45. 212, 223. t.44.(Männch.) t. 45. f. 12— 14. (Geweihe u. Schädel). „ „ Schinz. Synops. Mamma]. B. IL S. 393. Nr. 32. Cervus (Elaphus Rusu) Kuhlii. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 357. Nr. 10. t. 241. A. f. 7. (Geweih). Cervus (Hippelaphus) Kuhlii. Sunde v. Vetensk. Akad. llandling. 1844. p. 179. Nr. 11. — Arch. skand. Beirr. B. IL Abth. I. S. 132. Nr. 11. — Wiederk. Abth. I. S. 5G. Nr. 11. „ „ Kuhlii. Reichenb. Naturg. Wiederk. S.27.Nr. 16. t. 6. b. f. 37. b. Rusa Kuhlii. Gray. Osteol. Specim. in the Brit. Mus. p. 68. Rusa Peronii. Gray. Ann. of Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 423. Nr. 5. Cervus Kuhlii. Pu eher an. Archiv, du Mus. T. VI. p. 43G. Cervus (Elaphus Rusa) Kuhlii. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 3G1. Nr. 12. Cervus (Elaphus) equinus. Giebel. Säugeth. S. 34G. Note G. Rusa Kuhlii. Fitz. Säugeth. d. Novara Expedit. Sitzungsber. d. math. naturw. Ol. d. kais. Akad. d. Wiss. B. XLIL S. 396. Rasa Peronii Gray. Catal. of Ungulata Fureipeda. p. 21 1. Nr. 5. Sehr nahe mit dem Wasser Mähnenhirsche (Rasa equina) verwandt, doch weit kleiner als derselbe und kaum von der Grösse des gemeinen Rehes (Capreolus vulgaris). Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 301 Vom timorischen Mähnenhirsche (Rasa Peronii), mit welchem diese Art verwechselt werden könnte, unterscheidet sie sich ausser der verschiedenen Richtung der oberen Sprossen des Geweihes, durch wesentliche Abweichungen bezüglich ihrer Farbenzeichnung. Der Kopf ist kürzer, das Hinterhaupt breiter und die Schnauze schmäler als beim Wasser Mähnenhirsche (Rasa equina), die Thränengrube kleiner, mehr gerundet und auch weniger tief. Die Ohren sind etwas kürzer als der halbe Kopf und von elliptischer Gestalt. Der Schwanz ist etwas länger und auch dünner als bei der genannten Art und endiget in einen fast quastenartigen Haar- büschel. Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und schwach glänzend, der Hals des Männchens nicht gemahnt. Das Haar ist fest, hart und sehr dick. Die Geweihe kommen in ihrer Form im Allgemeinen mit jenen des Wasser Mähnenhirsches (Rusa equina) überein, doch sind sie schlanker, glatter, dunkler und auch mehr nach abwärts gekrümmt. Bezüglich ihrer Bildung bieten dieselben aber mancherlei Verschiedenheiten dar. In der Regel sind sie um ein Drittel, bisweilen aber auch um die Hälfte länger als der Kopf. Die obere Sprosse des Geweihes entspringt am hinteren Rande der Stange und ist nach rück- und einwärts gerichtet. Die vordere obere Sprosse ist länger als die hintere und diese verhältnissmässig kürzer als beim Wasser Mähnenhirsche (Rusa equina) und auch mehr wagrecht gestellt, daher die beiden Gabelenden, welche fast einen rechten Winkel bilden, auch weiter von einander abstehen. Die Augensprosse ist stark und nahe am Rosenstocke entspringend. Die Oberseite des Körpers ist glänzend dunkelbraun ^und bräunlichgelb gesprenkelt, da die einzelnen Haare derselben dunkelbraun und bräunlichgelb geringelt sind. Der Scheitel die Mittellinie des Rückens, die Brust und die Beine sind fast einfarbig braun und meist dunkler als die übrigen Theile des Körpers. Der grösste Thcil des Kopfes, die Unterseite des Halses und die Leibesseiten sind viel hellerund mehr braunerelb. 302 Fitzinger. Die Ilinterschenkel sind einfarbig braun, die Steissgegend ist von der Farbe des Rückens, die Aftergegend weiss. Der Bauch und die Vorderseite der Hinterbeine in ihrer oberen Hälfte sind gleichfalls weiss, die Innenseite der Ohren, die Unterlippe und ein schmaler Rand der Oberlippe weisslich. Vom Mundwinkel verläuft meist ein schwärzlicher Flecken schief gegen die Nase. Der Schwanz ist auf der Oberseite so wie der Rücken dunkel- braun, auf der Unterseite und an der Spitze weiss. Körpermaasse sind nicht angegeben. Eckzähne fehlen gänzlich. Vaterland. Süd - Asien, indischer Archipel, wo diese Art bis jetzt nur auf der — zu den zwischen Java und Borneo liegenden Bavianen gehörigen — kleinen Insel Lubek angetroffen und von Kühl daselbst entdeckt wurde. Das Leydener Museum dürfte zur Zeit wohl das einzige in Europa sein, das Exemplare derselben besitzt. Ein Geweih befindet sich jedoch auch im Britischen Museum zu London und im kais. zoologischen Museum zu Wien. Lebend wurde diese Art bis jetzt nur im zoologischen Garten zu Amsterdam gehalten. K u h 1 hat dieselbe entdeckt und S. M ü 1 1 e r und Schlegel haben sie zuerst beschrieben und ihm zu Ehren benannt. Gray glaubt sie mit dem timorischen Mähnenhirsche (Rusa Perotni) vereinigen zu dürfen, Giebel mit dem Wasser Mähnenhirsche (Rusa equina). 5. Der rothbrauiie Mühnenhirscli (Rusa lepida). Cervus (Hippelaphus) lepidus. S unde v. Vetensk. Akad. Handling. 1844. p. 180. Nr. 14. — Arch. skand. Beitr. B. IL Abth. I. S. 133. Nr. 14. — Wiederk. Abth. I. S. 57. Nr. 14. Rusa lepida. Gray. Knowsley Menag. V. IL p. 63. „ „ Gray. Ann. of Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 423. N. 7. Cervus lepidus. Puc heran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 449. Note 7. Nr. 1. Cervus (E/aphus Rusa) lepidus. Wagner. Sehreber Säugth. Suppl. B. V. S. 3(54. Nr. 14. Note 1. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 303 l'crnis (Elaphus) equinus. Giebel. Säugeth. S. .'>4(i. Note 6. Iiusa lepida. Gray. Catal. of Ungulata Furcipeda. p. 212. Nr. 7. Ohne Zweifel eine selbstständige Art, aber bis jetzt blos nach einer von Sundeva 11 ans mitgetheilten Beschreibung bekannt. Kleiner und zierlicher als alle übrigen Arten der Gattung Mähnenhirsch (Rusn) und kaum von der Grösse des gemeinen Rehes (Capreolus vulgaris}. Die Ohren sind etwas kürzer als der halbe Kopf, breit und elliptisch. Der Hals des Männchens ist nicht gemahnt und der Schwanz langbehaart. "Die Thränengruben sind kleiner als bei den übrigen zur selben Gattung gehörigen kleineren Arten und das Körperhaar ist fest, hart, doch etwas dünner als bei diesen und schwach glänzend. Die Geweihe sind ziemlich lang, dünn, beinahe gerade und glatt, und die nahe am Eosenstocke entspringende' Augensprosse ist nach vorwärts gerichtet und ähnlich wie beim Barasingha Hirsche (Cervus W/>ettJit(sj betrachtet wissen wollte, wenn auch nicht ohne allen Zweifel, vereinigen zu dürfen. In ähnlicher Weise sprach sich auch Puc heran über diese Form aus, indem er dieselbe zwar gleichfalls mit dem molukki- schen Mähnenhirsche (Rusa moluccensis) für identisch hält, diesen aber nicht mit dem hellbauchigen Mähnenhirsche (Rusa Hippelaphus), sondern mit dem timorischen (Rusa Peronii) vereinigen zu dürfen glaubt, den er als eine von dem letzt- genannten speeifisch verschiedene Form betrachtet. Giebel endlich greift auf die von Cuvier ausgesprochene Ansicht zurück und zieht diese Form mit dem Marianen Mähnen- hirsche (Rusa mariana) in eine Art zusammen. Aus dieser Darstellung geht hervor, wie verschieden sich die Ansichten der Zoologen über diese Form gestalten und wie bis in die jüngste Zeit keine neuen Anhaltspunkte gewonnen werden konnten, sich über die Artberechtigung derselben oder deren Zusammengehörigkeit mit einer anderen Art auch nur mit einiger Sicherheit aussprechen zu können. Ich glaube indess einen solchen Anhaltspunkt aufgefunden zu haben, der mir zu einer vielleicht vollständigen Klärung dieser Frage geeignet zu sein scheint. Es ist diess die von Alfred Edmund Brehm zuerst in dem 1864 erschienenen Führer durch den zoologischen Garten in Hamburg erwähnte und im folgenden Jahre in den von ihm herausgegebenen Bildern und Skizzen aus dem zoologischen Garten zu Hamburg beschriebene und abgebildete Rusa paradoxa, in welcher ich nur den philippinischen Mähnenhirsch (Rusa philippina) erkennen kann. Denn wenn auch Brehm — der diese Form übrigens für eine selbstständige, bis jetzt noch nicht beschriebene Art hält, — der Angabe des Thierhändlers zufolge, von welchem das fragliche Exemplar für den Hamburger zoologischen Garten angekauft wurde, Afrika und zwar die Maskarenen für deren Heimath anspricht, so halte ich diess geradezu für eine — wTenn 310 Fitzinge r. auch nicht absichtliche — Täuschung und durchaus für unbe- gründet; und zwar um so mehr, als mir weder irgend ein Natur- forscher, noch Reisebeschreiber bekannt ist, der überhaupt einer auf den Maskarenen vorkommenden Hirschart Erwähnung gethan hätte, daher ich denn auch der Angabe des Herrn Baron von der Decken und jenes englischen Jägers, welche Brehm gegenüber behaupteten, dass völlig ähnliche Hirsche und zwar in Menge auf der Insel Mauritius angetroffen werden und denselben in dieser Ansicht bestärkten, durchaus keinen Glauben zu schenken vermag. Die Zukunft mag entscheiden, welche von unseren beiden Ansichten die richtige ist. Sonach wende ich mich nun der Angabe der Merkmale dieser ausgezeichneten Form zu, deren Artselbstständigkeit wohl allgemein anerkannt werden dürfte. Im Körperbau erinnert dieselbe an den indischen Schwein- hirsch (Hyelaphus porcinus), da sie zwar kräftig gebaut, doch ziemlich dickleibig und nieder gestellt ist. Sie ist etwas grösser und dicker als der gemeine Muntjak (Pro.vMuntjac), kleiner als das gemeine Reh (Capreolus vulgaris) und fast so gross als der gefleckte Axishirsch (Axis maculata), aber kurzleibiger und gedrängter gebaut. Der Kopf ist klein und hinten fast doppelt so breit als an der abgestutzten Schnauze. Die Stirne ist gewölbt, das Gesicht flach, der Nasenrücken nur schwach erhaben. Die Ohren sind verhältnissmässig ziemlich kurz, etwas kürzer als der halbe Kopf, breit, von elliptischer Gestalt und an der Spitze abge- stumpft, an der Aussenseite kahl, an der Innenseite nur wenig, aber lang behaart. Die Thränengruben sind gross. Der Hals ist verhältnissmässig dick und auch beim Männchen nicht gemahnt. Die Beine sind ziemlich dick und stark, die Zehen an der Hinterseite kahl und schwielig. Der Schwanz ist kurz, ziemlich breit und flach, und endiget in einen schwachen, aus längeren Haaren gebildeten Büschel. Die Behaarung des Körpers ist dicht, ziemlich glattanliegend und kurz, das Haar sehr dick und rauh, hart, fest, flach- gedrückt, etwas gewellt und schwach glänzend. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). oll Die Geweibe .sind kurz und .stark, auf einem kurzen Rosen- .stooke aufsitzend, von der Wurzel an rasch verdünnt, fast gerade aufsteigend und sanft nach aus- und rückwärts gebogen, daher sie weniger gekrümmt erscheinen, als beim timorischen (Rusa Peronii) und Baviauen Mähnenhirsche (Rusa Kuhlii). Die nahe am Rosenstocke entspringende Augensprosse ist stark, fast senkrecht aufsteigend, und nur wenig nach vor- und einwärts gewendet. Die obere Sprosse tritt am hinteren Rande der Stange hervor, ist sehr kurz, nach Hinten und Innen gewendet und bildet mit dem gleichfalls kurzen Stangenende einen spitzen Winkel von 45 Graden. Die Färbung ist nach dem Alter verschieden. Bei älteren T liieren ist die Oberseite des Körpers einfarbig dunkelbraun und längs des Rückens schwarzbraun, das an den Leibesseiten und am Vordertheile des Körpers in dunkel Graubraun übergeht, wobei der Unterhals und die Brust gesättigt graubraun, der Bauch und die Aftergegend aber gelbliehweiss erscheinen. Der Schwanz ist auf der Oberseite schwarzbraun, auf der Unterseite und an der Spitze weiss. Die Läufe sind auf der Innenseite dunkel bräunlichgelb oder fahlgelb und ebenso auch in ihrem unteren Theile auf der Aussenseite. Der Kopf ist an den Seiten gelblichbraun oder fahlbraun und auf dem Scheitel rothbraun. DieStirne ist mit einem dreieckigen und mit der Spitze nach Vorne gerichteten schwärzlichbraunen Flecken besetzt, dessen graubraune Umsäumung von zwei dunkelbraunen, von der Vorderseite der Stirnzapfen ausgehenden und nach Vorne hin spitz zusammenlaufenden Streifen begrenzt wird. Ein ähnlicher dreieckiger schwarzbrauner Flecken befindet sich auf dem Nasenrücken und theilt sich nach oben zu V-förmig in zweidivergirende Streifen, die sich parallel mit den Rändern des Stirnfleckens in einem sanften Bogen über die Augen ziehen. Die Thränengruben sind schwarzbraun. Der Mund ist von einer dunkelbraunen Binde umgeben, die ziemlich scharf von der sich an dieselbe schliessenden blassgrauen Färbung des Vordertheiles der Schnauze abgegrenzt erscheint und nur durch einen schmalen blassbraunen Saum unterbrochen wird, der längs der Oberlippe verläuft. 312 Fitzinger. Das Körperhaar ist an der Wurzel lieht aschgrau und nimmt nur allmälig gegen die Spitze zu die dunkelbraune Färbung an. Junge Thi er e sind einfarbig' gelbbraun und vollkommen ungefleckt. Länge des Schwanzes ungefähr 3". Nach H. Smith. Vaterland. Südost - Asien, Philippinen, wo diese Art insbesondere auf der Insel Luzon oder Manila häufig vorkommt und von Dussumier daselbst entdeckt wurde. Bis jetzt sind die zoologischen Museen zu Paris und Leyden die einzigen unter den europäischen Museen, welche sich im Besitze von Exemplaren derselben befinden. Ein Geweih dieser Art wird auch im Britischen Museum zu London aufbe- wahrt, und der zoologische Garten zu Hamburg beherbergt ein lebendes Männchen. 8. Der hellbnuchigc Mähoenhirseh (Rusa Hippelaphus). Cervus hippelaphus. Cuv. Rechereh. sur les Ossein, foss. V. IV. p. 40. t. 5. f. 31—34. (Geweihe), f. 42. (Schädel). „ „ Des mar. Mammal. p. 435. Nr. 667. ,, „ Blainv. Journ. de Phys. V. XCIV. p. 265. Cerf du Bengale. Cervus hippelaphus. Fr. Cuv. Geoffr. Rist. nat. des Mammif. V. II. Fase 37. c. fig. (Männchen). Cervus hippelaphus. Desmoul. Dict. class. V. III. p. 383. Nr. 18. Rusa tibi, Rusa saput, Rusa Tunjnc. Raff les. Linnean Trans- act. V. XIII. p. 26(). Cervus hippelaphus. Lesson. Man. de Mammal. p. B63. Nr. 953. Cervus (Rusa) Hippelaphus. H. Smith. Griffith Anini. Kingd. Y. IV. p. 105. — V. V. p. 771». Nr. 9. Cervus Hippelaphus. Fisch. Synops. Mammal. p. 451, 620. Nr. 20. Great Muntjac. Waterh. Catal. of the Mus. of the Zool. Soc. 1839. p. 39. Cervus hippelaphus. Ellior. Madras Journ. Nr. 25. p. 220. t. 4. f. 1. (Geweih). Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (CcrviJ. 313 Cervus Russa. S. Müll. Schlegel. Verhandel. Zool. V. I. p. 45, 57, 212, 217. t. 4;;. (Männch.) Tunjuc. Vig. Horst'. Catal. ofthe Zool. Soc. p. 17. Rusa Hippelaphu8. Gray. Mammal. ofthe Brit. Mus. p. 179. .. Equina. Gray. Mammal ofthe liiit. Mus. p. I7(.t. Cervus Hippelaphus. Sc li i n /. Synops. Mamma]. B. II. S. '!s7. Ni\23> „ Bengalensis. Schinz. Synops. Mammal. B. IL S. 390. Nr.28. Cervus (Elaphus Rasa) Hussa. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 357. Nr. IL t. 25(X A. (Männch.) t. 241. A. f. 8. (Geweih). (er vhs (Hippelaphus) hippelaphus. Sunde v. Vetensk. Akad. Bandling. 1844. p. 178. Nr. 8. — . Arch. skand. Beitr. B. IL Abth. I. S. 132. Nr. 8. - Wiederk. Abth. I. 8. 56. Nr. 8. „ Hippelaphus. R eichen b. Naturg. Wiederk. S. 25. Nr. 13. t. 6. f. 38, 39. (Männch.) „ Russa. Reichen!). Naturg. Wiederk. S. 26. Nr. 15. t. 6. b. f. 37. c. (Männch.) < 'ervus equinus. Var. ? C a n t o r. Journ. of tlie Asiat. Soc. of Bengai. V. XV. (1846). p. 271. Rusa Aristotelis. Gray. Osteol. Specim. in the Brit. Mus. p. 67. .. Hippelaphus. Gray. Knowsley Menag. V. IL p. 62. „ „ Gray. Ann. ot" Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 422. Nr. 4. Nervus hippelaphus. Pucheran. Archiv, du Mus. T. VI. p. 402. Nr. 1. t. 24. f. 1. (Geweih). Cervus ( Elaphus Rusa) Hippelaphus. W a gn e r. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 362. Nr. 14. Cervus (Elaphus) hippelaphus. Giebel. Säugeth. S. 344. Rusa Hippelaphus. Fitz. Naturg. d. Säugeth. B. IV. S. 169. f. 1*7. (Männch.) „ Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit, Sitzungsb. d. math. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. 15. XLII. S. 396. Gray. Catal. of Üngulata Furcipeda. p. 209. Nr. 3. .. Aristotelis. Var. 2. Gray. Catal. of Üngulata Furcipeda. p. 2oc des Aristoteles erkennen zu sollen glaubte, zuerst nach einem von Diard aus Sumatra gesandten Exemplare als eine selbstständige Art aufgestellt und dieselbe desshalb auch mit dem Namen Cervus Hippelaphus bezeichnet. Sie ist sowohl mit dem Snmber (Rum Aristoteüs), als auch mit dem Wasser Mähnenhirsche (Rusa equinn) sehr nahe ver- wandt, aber merklich kleiner als dieselben, fast von derselben Grösse wie der Edel-Hirsch ( Cervus Elaphus) und unterscheidet sich von den beiden erstgenannten Arten theils durch die ver- schiedene Bildung des Geweihes, theils durch Abweichungen in der Färbung. Die Schnauze ist kürzer, spitzer und minder gewölbt, ja beinahe etwas ausgehöhlt. Die Ohren sind von elliptischer Ge- stalt, etwas kürzer als der halbe Kopf und breit, die Thränen- gruben sehr gross mit beweglichen Rändern. Der obere Theil des Halses und die Seiten desselben, die Wangen und der Unter- kiefer längs seiner Mitte sind beim Männchen mit langen Haaren besetzt, welche eine starke, aufrichtbare Mähne bilden, die sich bis auf den Vorderrücken und an die Schultern erstreckt, und am Unterkiefer bartähnlich herabhängen. Der Schwanz ist kurz, wenig länger als das Ohr, länger und dünner als beim Wasser Mähnenhirsche (Rusa equina) und endiget in einen Büschel ziem- lich langer Haare, der eiue dicke, abgestutzte Quaste bildet. Die Körperbehaarung ist ziemlich lang, sehr grob, rauh und borstig abstehend, vorzüglich aber am Halse, das Haar fest, hart, sehr dick, flachgedrückt und schwach glänzend. Die Geweihe sind lang und stark, in einem leichten Bogen nach rückwärts und von der Wurzel an auch stark nach auswärts, doch nur wenig nach aufwärts gerichtet, denn erst von der Gabel an wenden sie sich stark nach aufwärts und auch etwas nach ein- wärts. Sie sind ihrer ganzen Länge nach gefurcht und reichlich geperlt, undblosan den äussersten Spitzen der Enden glatt. Jede Stange trägt in der Kegel nur drei Enden und blos äusserst selten trifft mau statt des Gabelendes drei Enden an, so wie sich auch an der Wurzel der Augensprosse bisweilen noch ein Rudiment einer zweiten Sprosse zeigt. Die Augensprosse ist stark und lang, nahe am Rosenstocke entspringend und nach auf- und an Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi.) 315 der Spitze nach einwärts gekrümmt. Die obere Sprosse des Geweihes, welche ungefähr in der Mitte der Stange hervortritt, entspringt am äusseren, nicht aber wie beim Samber (Rusa Arhtotelis) und Wasser Mähnenhirsche (Hu*« equina) am hin- teren inneren Rande derselben und ist nach vor- und aufwärts gekehrt und weit kürzer als das Stangende, welches das längste ist. Die Färbung ist zum Theile nach den Jahreszeiten und auch nach dem Geschlechte verschieden. Im So mm er ist dieselbe beim Man neben auf der Oberseite des Körpers schmutzig röthlichgelbbraun, auf dem Hinterrücken und den Hinterschenkeln am dunkelsten. Der Vorderhals, die Brust und der Bauch sind hell geblichweiss in's Braungraue ziehend, und über die Brust verläuft ein dunkel rostbrauner Längsstreifen. Die Seiten des Bauches sind rostbraun überflogen und in der Mitte desselben befindet sich bisweilen ein verwischter rostbräunlicher Flecken. Die Vorderarme und die Unterschenkel sind an der Ausseuseite heller gelblichbraun und ein noch blasserer Längs- streifen von derselben Farbe zieht sich an der Vorderseite der Vorderbeine herab. Die Innenseite und der untere Theil der- selben sind schmutzig weisslich und ebenso sind auch die After- gegend und der hintere Rand der Hinterschenkel gefärbt. Die Innenseite derselben ist gelblichbraungrau. Das Kinn, die Unter- seite des Unterkiefers und die Vorderseiten der Oberlippe sind weisslich und auf der Unterlippe befindet sich ein kleiner ver- wischter brauner Flecken am Mundwinkel. Die Wangen sind gelblichbraungrau, die Ohren auf der Aussenseite schmutzig röthlichgelbbraun, auf der Innenseite weisslich. Der Schwanz ist auf der Oberseite in der Wurzelhälfte gelblichbraun, auf der Unterseite schmutzig weisslich, in seiner Endhälfte aber dunkel schwarzbraun. Die Geweihe sind braun. Im Winter ist die Oberseite des Körpers graubraun, auf dem Halse, dem Rücken, den Schultern und den Schenkeln dunkler, die Unterseite ist braungelblich weiss, auf der Hiuter- brust und an den Seiten des Bauches schwärzlich überflogen. Die Aftergegend, die Innenseite der Schenkel und der untere Theil der Beine sind braun gelbliclnveiss und von eben dieser 3 IG Fit zio g e r. Färbung ist auch ein Ring um die Augen. Die Spitze des Unter- kiefers, die Ränder der Oberlippe und die Gegend um die Käse sind weiss. Unter dem Mundwinkel befindet sieh ein schwärz- licher Flecken und um die »Schnauze zieht sich eine verloschene braune Binde herum. Das Weibchen ist bezüglich der Färbung nur dadurch von dem Männchen verschieden, dass der Bruststreifen und der Schwanz bei demselben heller gefärbt sind. Körperlänge eines Männchens von der Schnauzenspitze bis zur Schwanz wurzel . . 5' 7" 6" Nach Pucheran. Länge des Schwanzes mit dem Haare 11" 101 ±" Höhe am Widerriste ... 3' 2" 3' „ am Kreuze 3' 4 " 6" Länge der Ohren .... 4" l*/8" Körperlänge 5' Länge des Schwanzes . . . 11" 6" Höhe am Widerriste ... 2' 11" 0 „ am Kreuze .... 3' Länge der Geweihe .... 2' 3" 9" Vaterland. Süd-Asien, indischer Archipel, wo diese Art auf Java, Sumatra und Borneo angetroffen wird; doch war sie auf Borneo nicht ursprünglich heimisch, sondern wurde erst von Java aus dahin verpflanzt. Auf Java wird sie von den Eingeborenen Oentjal, M. t. 45. f. 5 (Geweih). Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 321 Cervus moluccensis. Schinz. Synops. Mamm. B.II. S. 388. Nr. 24. Cervus (Elaphus Rasa) Russa moluccensis. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B; l\'. s. 361. Nr. 11. a. Cervus (Hippelaphus) moluccensis. Sundev. Vetensk. Akad. Bändling. 1844. p. 170. Nr. 9. — Ärch. skand. Beitr.B. II. Abth. I. S. 132. Nr. 9. — Wiederk. Abth. I. S. 56. Nr. 9. „ ,. moluccensis. B e i c h e n 1>. Naturgj Wiederk. S. 28. Nr. 20. t. 7. f. 42, 43, 43. b. Rusa moluccensis. Gray. Knowsley Menag. V. II. p. 62. t. 43. Rusa Hippelaphus. Var. Gray. Ann. ofNat.Hist. »See. Ser. V. IX. p. 423. Nr. 4. Var. Cervus Peronii P lieber an. Arch. du Mus. T. VI. p. 409. Nr. 2. Cervus (Elaphus Rusa) Hippelaphus. Var. ß. minor. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 363. Nr. 14. ,5. Cervus (Elaphus) Peroni. Giebel. Säugeth. S. 345. Rusa moluccensis. Fitz. Naturg. d. Säugeth. B. IV. S. 175. „ „ Fitz. Säugeth. derNovara Exped. Sitzungsb, d. math. naturw. Gl. d. kais. Akad. d. Wiss. B. XLII. S. 390. Rusa hippelaphus. Var. Smaller. Gray. Catal. of Ungulata Furci- peda. p. 210. Nr. 3. Var. Eine dem hellbauchigen Mähnenhirsche (Rusa Hippelaphus) sowohl, als auch dem timorischen (Rasa Peronii) sehr nahe stehende, von beiden aber aller Wahrscheinlichkeit nach speeifisch verschiedene Form, welche wir durch Quoy und Gaimard zuerst kennen gelernt haben, deren Artbereehtigung jedoch von den späteren Zoologen mehrfach in Zweifel gezogen wurde. Von dem erstgenannten, mit welchem sie bezüglich der Ge- stalt, der Beschaffenheit der Haare und der Färbung sehr grosse Ähnlichkeit hat, unterscheidet sie sich ausser der viel geringeren Grösse, hauptsächlich durch den Mangel einer Mähne am Halse des Männchens ; von dem letzteren, durch die verschiedene Fär- bung, vorzüglich des Gesichtes und der Aftergegend, die kurze Behaarung des Halses , die gleichförmige Behaarung de-; Schwanzes und die schmäleren Geweihe. 21* ol £ r 1 1 z 1 n g e r. Die ihr zukommenden Merkmale sind folgende : Ihr Körperbau ist kurz und untersetzt, der Kopf gross und dick. Die Ohren sind etwas kürzer als der halbe Kopf, von ellip- tischer Form und breit. Das Haar am Halse ist kurz, der Hals des Männchens nicht gemahnt und der Schwanz endiget in keine Quaste. Das Körperhaar ist fest, hart, sehr dick und grob, flach ge- drückt, seitlich gewellt und schwach glänzend. Die Geweihe sind ziemlich gross, von mittlerer Länge, bei alten Thieren gegen 3 Fuss lang, von einander divergirend und grob gerunzelt. Die obere Sprosse entspringt am äusseren Rande der Stange und ist nach vor- und aufwärts gerichtet, bisweilen aber auch nach einwärts gewendet und kürzer als das Stangen- ende. Die Augensprosse ist stark, nahe am Rosenstocke entsprin- gend, und nach vor- und aufwärts gebogen. Bei jungen Thieren sitzen die Spiesse auf einem behaarten Rosenstocke auf, der ver- hältnissmässig höher als bei alten ist. Die Färbung der Oberseite des Körpers, der Aftergegend und des oberen Theiles der Brust und der Gliedmassen ist schwärzlichbraun, die der Unterseite des Körpers, der Innenseite der Schenkel und des unteren Theiles der Beine rothgelb oder fahlgelb. Das Gesicht und dieStirne sind graulich. Die Hufe sind schwarzbraun und an der Spitze hornfarben. Junge T liiere sind dunkel röthlichgelbgrau oderfahlgrau, unter dem Halse, auf dem Bauche und an der Innenseite der Hüften heller. Der Kopf ist bei denselben stark verschm ächtigt, die Schnauze daher mehr zugespitzt und das Körperhaar sehr hart und rauh, lang und minder flach. Eckzähne sind schon bei jüngeren Thieren im Oberkiefer vorhanden. Vaterland. Südost-Asien, Molukken, wo diese Art auf den Inseln Buru, Amboina und Ternate angetroffen wird, und kleine Suuda-Inseln, wo sie der Angabe Samuel Müllers und Schlegel'« zu Folge auf Timor, Rottie, Pulo-Samao und PuIq- Kanibing vorkommen soll. Auch über Celebes ist dieselbe ver- breitet. Kiit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). >>'-■> Roesa ist der Name, den sie bei den Eingeborenen auf den Molukken führt. Im westlichen Theile von Timor wird sie Loesa genannt. Das zoologische Museum zu Leyden, das Britische Museum zu London und das kaiserlich zoologische Museum zu Wien sind im Besitze dieser Art und in letzterem befindet sieh auch ein Ge- weih derselben. Lebemi wurde sie in der Knowsley Menagerie und im Garten der zoologischen Gesellschaft zu London gehalten, woselbst sie sich fortgepflanzt hat, so wie in den zoologischen Gärten au Hamburg-, Cöln und Rotterdam, in welchem letzteren sie unter dem Namen Cervus celebensis ausgestellt war. S. Müller und Schlegel wollten in dieser von Quoy und Gaimard als eine selbstständige Art aufgestellten Form nur eine kleinere Varietät des hellbauehigen Mähnenhirsches (Rusa Hippelaphus) erblicken, für welche sie den Namen Cervus Hussa moluccensis wählten. Dieser Ansicht trat auch Wagner bei, der für diese. Form, welcher er auch noch den timorischen Mähnenliirsch (Rusa Peronii) hinzufügte, früher den Namen Cervus Hussa moluccensis, später aber die Benennung Cervus Hippelaphus minor in Anwendung brachte. Pu che ran und Giebel sprechen sich zwar für die Zu- sammengehörigkeit des molukkischen Mähnenhirsclies (Rusamo- luccensis) mit dem timorischen Mähnenhirsche (Rusa Peronii ) aus, erklären sich aber entschieden gegen eine Vereinigung der- selben mit dem hellbauehigen Mähnenhirsche (Rusa Hippelaph us). Gray endlich, der den molukkischen Mähnenliirsch (Rusa moluccensis) Anfangs für eine selbstständige Art gehalten hatte, wollte in demselben später nur eine kleine Abänderung des hell- bauchigen Mälmenhirsches (Rusa Hippelaphus) erkennen, die er jedoch von dem timorischen Mähnenhirsche (Rusa Peronii) für specifiseh verschieden hält. Mir scheint die Anschauung Sundevall's die richtigste zu sein, welche für jede der drei genannten Formen die Artberech- tigung in Anspruch nimmt. 3 24 F i t z i n g e r. 12. Gatt.: Bahrajahirsch (Rucei-vus). Die .Schnauze ist schmal, die Oberlippe weder überhängend, noch gefurcht. Die Afterklauen sind länglich und stumpf zuge- spitzt. Die Nasenkuppe ist kahl, gross und nicht gegen die Lippe zu verschmälert. Haarbüschel befinden sich nur an der Aussen- seite des Mittelfusses über seiner Mitte, nicht aber auch an der Innenseite der Fusswurzel. Der Nasenrücken ist gerade und ebenso auch der Rücken, der Schwanz kurz. Die Ohren sind mittellang und breit, die Thränengruben ziemlich gross und frei- liegend, die Hufe schmal und gerade. Nur das Männchen trägt Geweihe. Die Geweihe sind stark, auf einem kurzen Rosenstocke aufsitzend, aufrechtstehend, gerundet und rauh, und in vier bis sieben Sprossen verästet, von denen zwei nach vorwärts gerichtet sind. Die Augensprosse ist vorhanden, die Eis- und Mittelsprosse fehlen. Klauendrüsen mangeln. Eckzähne sind nur im Oberkiefer der alten Männchen, seltener auch der alten Weibchen vorhanden und ragen nicht über die Lippe hervor. 1. Der indische Bahrajahirsch (Rucermis Duvaucelii). Cervus Duvaucelii. Cuv. Recherch. sur les Ossein, foss. V. IV. p. 505. t. 39. f. G— 8. (Geweihe). „ „ Des m o u 1. Dict. class. V. III. p. 384. Nr. 21 . „ „ Lesson. Man. de Mammal. p. 364. Nr. 957. „ „ Fisch. Synops. Mammal. p. 452. Nr. 23. „ Enclodocerus. Hodgs. Mscpt. ,, /faAraew/'a.Hodgs.Proceed. of the Zool. Soc. V. II. (1834). p. 99. „ Elaphoides, Hodgs. Journ. of the Asiat. Soc. of BengaL V. IV. (1835) p. 648. t. 53. f. 4. (Geweih). „ „ Hodgs. Proceed. of the Zool. Soc. V. IV. (4 836). p. 46. ., Duvaucelii. Cuv. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. V. (1836). p. 240. t. m, 68. „ Elaphoides. Hodgs. Zool. Nepal, c, fig. „ „ Ogilby. Royle Illustr. oftheHimalaya mount. V. XI. p. 72. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 325 Rucervus Elaphoides. Hodgs. Journ. ofthe Asiat. Soc. of Bengal. V. X. P. II. (1841). p. 914. Cerf de Duvaucel. Pucheran. D'Orbigny Diet. d'hist. nat. V. III. i). 319. ., e'laphoide. Pucheran. D'Orbigny. Dict. d'hist. nat. V. III. p. 321. Cervus elaphoides. Frith. Calcutta Journ. of Nat Hist. 1842. 1>. 411. Axis? Duvaucellii. Gray. Mamma!, of tlie Brit. Mus. p. 178. Rucervus Elaphoides. Hodgs. Ann. of Nat. Hist. V. I. p. 154. ( 'ervus Duvaucelii. Sc hin z. Synops. Mammal. B. II. S. 891. Nr. 20. ., Bahrainja vel elaphoides. Schinz. Synops. Mammal. B. IL S. 393. Note**. Cervus (Elaphus Rusa) Duvaucelii. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. IV. S. 353. Nr. 7. t. 24. A. f. 3. (Geweih). Cervus (Hippelaphus) Ducauvelli. Sunde v. Vetensk. Akad. Handling. 1844. S. 178. Nr. 5. — Arch. skand. Beitr. B. IL Abth. I. S. 131. Nr. 5. - Wiederk. Abth. I. S. 55. Nr. 5. Cervus (Mazama) Duvaucelii. R e i c h e n b. Naturg. Wiederk. S. 37. Nr. 31. Rucervus Duvaucellii. Gray. Osteol. Specim. in the Brit. Mus. p. G5. „ Elaphoides vel Duvaucelii. Hodgs. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. XVI. (1847). p. 689. „ Duvaucellii. Gray. Catal. of Hodgs. Coli, in the Brit. Mus. p. 33. „ „ Gray. Knowsley Menag. V. IL p. 61. t. 40, 41. Cervus Euryceros. Gray. Knowsley Menag. V. IL t. 40, 41. Rucervus Duvaucelii. Horsf. Catal. ofthe Mammal. ofthe East- Ind. Comp. p. 186. „ Duvaucelii. Gray. Ann. of Nat. Hist. See. Ser. V. IX. p. 421. Nr. 1. Cervus Duvaucelii. Pucheran. Archiv, du Mus. T. VI. 375. Nr. 6. Cervus (Elaphus Rusa) Duvaucelii. Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 356. Nr. 9. 326 Fitzinge r. Cervus (Elaphus) Ducauceli. Giebel. Säugeth. 8. 347. Rucervu8 Duvancellii. Gray. Gatal. ofUrigulata Furcipeda. p. 203. Nr. 1. „ „ Jerdon. Mammal. of India. (1867). p. 254. Cerviis Duvaucelli. Sc'Iater. Transnet. of the Zool. Soc. VII. (1872). p. 346. Nr. 7. t. 36. (Männch. n. Weibcli. im Sommerkl.) Diese höchst ausgezeichnete Art, welche den Typus einer besonderen, von Hodgson aufgestellten Gattung bildet, welche derselbe mit dem Kamen RucervUs bezeichnete, wurde zuerst von Cu vi er nach drei Geweihen aufgestellt, die ihm von Du- vaucel aus Ost-Indien zugesandt worden waren. Aber erst durch Hodgson erhielten wir nähere Angaben über das Aussehen dieses Thieres, das er ursprünglich Cervus Eiiclodocerus, später Cervus Bahrainja, dann Cervus Elaphoiäes und zuletzt Rucervus Elaphoides genannt hatte. Ogilby wies die Identität der von Hodgson beschriebenen Form mit Cuvier's Cervus Duvaucelii nach, die sich in der Folge auch als vollkommen richtig be- währte. Der indische Bahrajahirseh ist von hoher, schlanker, zier- licher Gestalt, kaum kleiner als der Edelhirsch (Cervus Elaphus) und erinnert in seinen körperlichen Formen sowohl an diesen, als auch an den hellbauchigen Mähnenhirsch (Rustt Hippe- laphus). Die Schnauze ist verhältnissmässig auffallend zugespitzt, die Nasenkuppe gross, buch und von zahlreichen abstehenden Borsten umgeben. Die Ohren sind breit, elliptisch, etwas kürzer als der halbe Kopf und auf der Innenseite gegen den Vorderrand reichlich mit langen Haaren besetzt. Die Thränengruben sind ziemlich gross. Der Schwanz ist kurz, etwas länger als das Ohr, durch die reichliche Behaarung dick und am Ende gleichsam wie abgestutzt, ohne jedoch eine Quaste zu bilden. Der Hals ist mit ziemlich langen Haaren besetzt, und auch die Kehle, die Brust und der Bauch sind länger als die übrigen Körpertheile behaart. Die Behaarung ist glatt anliegend. Das Haar ist fest, doch ziemlich weich, sehr dick und etwas glänzend. Die auf einem kurzen Kosenstocke aufsitzenden Geweihe sind von massiger Grösse, ziemlich lang, stark, rauh und an den Enden Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi) 327 glatt, vomier Wurzel an nach auf-, rück- und auswärts gebogen und in ihrem oberen Theile nach vorwärts gewendet. Die Augensprosse ist Lang und stark, dicht am Rosenstocke entspringend, und nach vor- und etwas nach aufwärts gerichtet. Bisweilen befindet sich auch noch ein kleiner Höcker an der Basis derselben. Die oberen sprossen entspringen am hinteren Theile der Stange und wenden sieh nach auf- und auch etwas nach rück- und einwärts. In di-v Regel sind zwei bis drei derselben vorhanden, von denen die unterste gewöhnlich am grössten ist und sich entweder gabelt oder auch dreizackig wird, daher jede Stange 5 — 7 Enden erhält. Die Färbung ist nach dem Geschlechte und auch nach der Jahreszeit verschieden. Das M ä n n c h e n ist im S o m m e r lebhaft röthlichgelbbraun und auf dem Yordcrtheile glänzend purpurschwarz überflogen . wobei die einzelnen Haare an der Wurzel schwarz sind und in röth- lichgelbbraune Spitzen endigen. Ueber die Firste des Nackensund des Kückens verläuft ein undeutlicher dünklerer Längsstreifen, zU dessen beiden Seiten sich eine Reihe ziemlich grosser, rundlicher weisslicher Flecken befindet, die jedoch mir sehr schwach her- vortreten. Die Leibesseiten und die Hinterschenkel sind durchaus ungefleckt. Die Steissgegend ist etwas heller als der Rumpf. Die Kehle, die Brust und der Bauch sind weisslichgraugelb , das Kinn ist Weiss. Der Schwanz ist auf der Oberseite röthlichgelb- braun und gegen das Ende dunkler, auf der Unterseite heller. Die Beine sind licht röthlichgelbbraun und auf der Vorderseite dunkler. Die Wangen, ein undeutlicher Längsstreifen zu beiden Seiten des Nasenrückens, der sich bis über die Augen hinzieht, ein bindenartiger Querflecken über der Nase und an den Seiten derselben sind dunkelbraun in's Schwärzliche ziehend. Die Ohren sind auf der Aussenseite röthlichgelbbraun, auf dem behaarten Theile iher Innenseite gelblichweiss. Das Weibchen ist blasser und mehr weisslich gelbbraun, und die weisslichen Flecken zu beiden Seiten des dunklen Rückenstreifens treten bei demselben deutlicher hervor und erstrecken sich auch über den hinteren Theil des Nackens. Zwei Reihen ähnlicher Flecken befinden sich auch auf den Hinter- schenkeln. 328 Fitzinger. Im Winter ist die Färbung- des Männchens schmutzig dunkelbraun. Höhe am Widerriste 3' 11". Nach Sclater. Eckzähne befinden sich meistens nur im Oberkiefer des Männchens. Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, wo diese Art in Yor- der-Indien über Bengalen und Central-Indien bis nach Nepal reicht, und in Hinter-Indien am Bramaputra und am Fusse der Garrowberge, in Assam und auch noch in Siam angetroffen wird. Baraiya ist der Name, den sie in Nepal führt und Mdha wird sie im westlichen Tarai genannt. Das Britische Museum zu London befindet sich im Besitze eines Felles und mehrerer Schädel und Geweihe. Auch das naturhistorische Museum zu Paris bewahrt mehrere Geweihe in seiner reichen Sammlung. Lebende Exemplare befanden sich in der Knowsley Menagerie und dem zoologischen Garten zu London, wo sich ein Paar zwischen den Jahren 1858 — 1864 zu wiederholten Malen fortgepflanzt hat, so wie auch im zoologischen Garten zu Hamburg. 13. Gatung: Milouhirsch ( rElaphurus.) Die Schnauze ist schmal, die Oberlippe weder überhängend, noch gefurcht. Die Afterklauen sind länglich und stumpf zuge- spitzt. Die Nasenkuppe ist kahl, gross und nicht gegen die Lippe zu verschmälert. Haarbüschel befinden sich nur an der Aussenseite des Mittelfusses über seiner Mitte, nicht aber auch an der Innenseite der Fusswurzel. Der Nasenrücken ist gerade und ebenso auch der Rücken, der Schwanz mittellang. Die Ohren sind mittellang und breit, die Thränengruben gross und freiliegend, die Hufe schmal und gerade. Nur das Männchen trägt Geweihe. DieGeweihe sind stark, auf einem kurzen Rosen- stocke aufsitzend, und in drei Sprossen verästet, welche meist in mehrere Zacken getheilt und durchaus nach rückwärts gerichtet sind. Die Augen- und die Eissprosse fehlen, die Mittelsprosse ist vorhanden. Klauendrüsen mangeln. Eckzähne sind nur im Oberkiefer der alten Männchen vorhanden und ragen nicht über die Lippe hervor. Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hirsche (Cervi). 329 1. Der tbfbetanische flilouhirsch (Elaphurns davidianns). Elaphurua Davidianus. Alph. Milne Edwards. Compt. rcndus. 1866. (Mai). „ .. Alph. Milne Edwards. Ann. des Scieno. nat. ">. Serie. Zool. V. V. p. 380. ., Alph. Milne Edwards. NouT. Archiv. du Mus. V. II. (180(5.) Bullet, p. 27. t. 4. f. 1. (Männch.)f. 2. (Weibch.) f. 3. (Jung-.) t.5. f. 1-3. (Schädel), f. 4-9. (Fuss- knoch.) t. 6. f. 1. (Geweihe) f. 2-7. (Zähne), f. 8, 9. (Hufe). „ .. Alcock. Proceed. of the Zool. Soc. V. XXXVI. (18G8.) p. 210, 530. „ ,, David. Proceed. of the Zool. Soc. V. XXXVI. (18(38.) p. 210. „ „ Swinhoe. Proceed. of the Zool. Soc. V. XXXVI. (18G8.) p. 530. „ „ Sclater. Proceed. of the Zool. Soc. V. XXXVI. (1868.) p. 531. - V. XXXVII. (1869.) p. 468. Cervus Davidianus. Sclater. Transact. of the Zool. Soc. V. VII. (1872.) p. 333. Nr. 1. t. 28. (Männch. u. Weibch.) p. 385. f. 1. (Schädel u. Ge- weih), f. 2. (Kopf d. jung. Männch.) Eine erst in allerneuester Zeit bekannt gewordene höchst sonderbare und auffallende, überaus ausgezeichnete Forin, welche mit vollem Rechte von Alphons Milne Edwards — der uns zuerst näher mit derselben bekannt machte, — als der Repräsentant einer besonderen, von allen seither aufgestellten durchaus ver- schiedenen Gattung betrachtet wird, die er mit dem Kamen Elaph urus bezeichnete. Sie ist von der Grösse eines sehr starken Edel-Hirsches (Cervus Efaphus) und von gestrecktem, schwerem kräftigem Baue. Der Kopf ist gross und ziemlich stark verlängert, die Schnauze verhältnissmässig stärker zugespitzt. Die Xasenkuppe ist gross, kahl und von vielen abstehenden Borsten umgeben. :;.'!< I Fit zi ii g e r. J)k- Ohren sind nicht sehr gross, ziemlich breit, etwas kürzer als der halbe Kopf, von elliptischer Gestalt, an der Aussenseite dicht behaart, an der Innenseite aber nur gegen den Vorderrand zu dicht mit längeren Haaren besetzt. Die Augen sind verhältniss- mässig klein, die Thränengruben gross. Die Beine sind sehr stark, stärker und höher als beim Edel-Hirsche (Cerou» E(aphus), die Zehen länger und Aveiter von einander abstehend. Klanen- drüsen fehlen. Der Schwanz ist mittellang, etwas länger als beim gemeinen Damhirsche (Borna Platyceros) und dem virginischen Mazamahirsche (Reditncina virginiana}, in der Wurzelhälfte kurz behaart, in der Endhälfte aber eine lange Biichelquaste bildend, die bis unter das Fersengelenk herabreicht. Die Körperbehaarung ist am Leibe kurz, dicht und glatt anliegend, längs der Mittellinie der Brust und des Bauches merk- lich länger, und am Halse des alten Männchens, insbesondere aber an der Kehle, dem Vorderhalse und dem Nacken am längsten und beinahe mähnenartig. Vom Widerriste zieht sich an der Vorderseite der Schultern eine Haarnaht herab, die unge- fähr in der Mitte einen starken Wirbel bildet. Das Haar ist dick, grob, matt und brüchig. Die Geweihe sind lang, stark, gerundet und rauh, und nur gegen die obere Spitze zu sind dieselben etwas abgeflacht. Sie sitzen auf einem kurzen Rosenstocke auf, sind schon von der Wurzel an nach auf-, rück- und auswärts gebogen und in drei Sprossen verästet, welche meist in mehrere Zacken getheilt und durchaus nach rückwärts gerichtet sind. Die Augensprosse fehlt und ebenso auch die Eissprosse. Die Mittelsprosse ist überaus lang, noch länger als die Stange, an der Aussenseite derselben entspringend, nach rückwärts gerichtet und an der Spitze bis- weilen gegabelt oder auch in mehrere Zacken getheilt. Die obere Sprosse geht vom vorderen Bande der Stange ab, gabelt sich zuweilen, oder theilt sich in drei oder mehrere Zacken. Auch die Stangenspitze ist häufig gegabelt oder auch in mehrere Zacken getheilt. Die Färbung der Oberseite des Körpers ist röthlich graugell) und gegen den Bauch zu durch eine undeutliche dunklere bräun- liche Binde von der helleren und mehr weisslich graugelben Fär- bung desselben geschieden. Der Nacken, die Brust und der Krit. Untersuchungen über die Arten d. Hische (Cervi). 33j Vorderhals sind dankelbraun. Längs der Firste des Nackens und des Vorderrückens verläuft ein schwarzbrauner Streiten und ein ähnlicher zieht sich der Länge nach auch über die Brust. Die Aftergegend und der Hinterrand der Hinterschenke] sind gelblich- weiss, doch nicht scharf von der Körperfarbe abgegrenzt. Die Aussenseite des oberen Theiles der Beine ist von der Farbe dv^ Körpers, die Innenseite und der untere Theil derselben sind licht weisslichgraugelb. Der Schwanz ist röthlichgraugelb , die Büschelquaste desselben dunkel schwärzlichbraun. Das Gesicht i^t bräunlich und die Augen sind von einem schwärzlichbraunen Ringe umgeben, der oberhalb derselben am deutlichsten her- vortritt. Die einzelnen Körperhaare sind grösstenteils an der Wurzel und an der Spitze heller. Das Weibchen ist vom Männchen durch die hellere Färbung verschieden. Junge Thi er e sind dunkel rothgelblichbraun und in der eisten Jugend ähnlich wie der Edel-Hirsch (Cerms Elaphus) weiss gefleckt. Körperlänge eines alten Männchens von der Schnauzenspitze bis . zur Schwanzwurzel ungefähr G' 10" 6" Nach Alp h. Mi Ine Edward s~ Länge der Ohren ungefähr .... 2'' 3"' Höhe am Widerriste 3' 9" Länge des Schwanzes eines jüngeren Männchens sammt der Haarquaste . . . 1'10"6'" „ ,. Höhe am Widerriste 3' 4" 1 «/,'" Länge des Schwanzes eines alten Weibchens sammt der Haarquaste beinahe ... 2' Nach P.A. Da vi d. „ „ „ „ bis zur Haar- quaste fast 1' H <"die am Widerriste 3' 10" — 4' Nach Sei ät er. Eckzähne befinden sich nur im Oberkiefer und zwar der alten Männchen sowohl, als Weibchen. 332 Kitzinger. Vaterland. Mittel-Asien, Thibet, wo diese Art im nörd- lichen Theile des Landes gegen den 36. Grad Nord- Breite ange- troffen wird und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in dem angrenzenden Theile von China und der Mongolei vorkommt. Von den Chinesen wird dieselbe Mi-lou und häufiger noch Sseu-pou-siang genannt. Die Ehre der Entdeckung- dieser höchst eigenthiimlichen Form gebührt dem der Lazaristen-Congegration angehörigen und auch als Naturforscher bekannten und verdienten Missionäre in China Pater Armand David, der dieselbe im September L865 zufällig von einem Walle aus durch eine Oeffnung in jener weit ausgedehnten Umzäunungsmauer bemerkte, welche den grossen, jedem Europäer unzugänglichen Jagdpark des Kaisers von China umgibt, der, eine Meile südlich von Peking ge- legen, einen Flächenraum von ungefähr 12 Meilen umfasst und in welchem seit undenklichen Zeiten verschiedene Hirsch- und Antilopen-Arten im halbwilden Zustande gehalten werden. P. David, welcher damals eine Truppe von mehr als 100 Stücken dieser Art aus ziemlich weiter Entfernung auf einer Tritte weiden sah, hielt dieselben Anfangs ihrer Grösse und Gestalt nach für eine Art von Elennthier^J/e-,)-> bestimmt war, starb das alte Männchen, bevor es noch abgesendet werden konnte und das Fell desselben kam in das Bri- tische Museum, das Skelet in das College of Surgeons zu London. Ein junges Paar dieser Art gelangte 18*50 lebend in den Garten der zoologischen Gesellschaft zu London. 334 XX. SITZUNG VOM 23. JULI 1874. Herr Hoirath Dr. Theodor Billroth dankt, mit Schreiben vom 23. Juli, für seine Wahl zum wirklichen Mitgliede der Akademie. Herr Prof. Dr. Alex. Rollett in Graz übersendet eine Ab- handlung des Herrn Prof. V. v. Ebner: „Untersuchungen über das Verhalten des Knochengewebes im polarisirten Lichte." Herr Hofrath Dr. K. Langer übermittelt eine Abhandlung: „Studien über die Entwicklung der Extremitäten des Menschen, insbesondere der Gelenkflächen, " von den Herren Prof. W. Henke in Prag und Privatdocenten Karl Weyher in Dorpat. Herr Prof. Dr. Ad. Lieben in Prag übersendet eine für den Anzeiger bestimmte Notiz „über Synthese von Alkoholen mittelst ßichloräthers." Herr Hoirath Dr. E. v. Brücke legt eine Abhandlung: „Über das Verhalten der entnervten Muskeln gegen den con- stanten Strom" vor. Herr Prof. Dr. V. v. Lang übergibt eine Abhandlung des Herrn Dr. J. Puluj: „Über die Reibungsconstante der Luft als Function der Temperatur." II. Derselbe übergibt ferner eine weitere Folge seiner „kry- stallographisch-optischen Bestimmungen." Herr Regierungsrath Dr. Fried. Röchle der überreicht eine Abhandlung des Herrn Zd. Hans Skraup: „Zur Kenntniss der Iihabarberstoffe Chrysophansäure und Emodin." Herr Prof. Dr. A. Win ekler legt eine Abhandlung: „Inte- gration verschiedener Differentialgleichungen zweiter Ordnung" vor. Herr Hofrath Dr. II. Hlasiwetz legt seine erste, gemein- schaftlich mit Herrn J. Habermann durchgeführte Abhandlung: „Über das Gentisin" vor. 335 Derselbe übergibt ferner die Nummern 2(> und 21 der ,.M\\- tb eilungen aus dem chemischen Laboratorium der Universität Innsbruck, n. zw.: a) „Über die Constitution der DioxybenzoS- säure," von den Herren L. Barth und C. Senhofer, und l>) „Über Benzoltrisulfosäure," von Herrn Senhofer. Herr Hofrath Hlasiwetz übergibt endlieh eine für den An- zeiger bestimmte Notiz, als Nachtrag zu der Untersuchung des Herrn Dr. Weide! „über das Cinchonin." Der Secretär v. Schrott er macht eine Mittheilung über eine Arbeit, betreffend die Verbindung des Goldes mit dem Schwefel, welche er gemeinschaftlich mit dem Haupt-Münzamts- Chemiker, Herrn Dr. Pfiwoznik, ausgeführt hat. Derselbe hinterlegt ferner ein versiegeltes Schreiben zur Wahrung seiner Priorität. Herr Privatdocent Dr. Sigm. Exner überreicht „Kleine Mit- theilungen physiologischen Inhalts." Herr Altred Burgerstein, Assistent am pflanzenphysio- logischen Institute der Wiener Universität, legt eine Abhandlung vor, betitelt: „Untersuchungen über das Vorkommen und die Entstehung des Holzstoffes in den Geweben der Pflanzen." An Druckschriften wurden vorgelegt: Academie Royale de Belgique: Bulletin. 42e Annee, 2e Serie, Tome 36, Nrs. 1—12. (1873); 43e Annee, 2e Serie, Tome 37, Nrs. 1-5. (1874.) Bruxelles; 8°. Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monatsbericht. April 1874. Berlin; 8°. Annalen (Justus Liebig 's) der Chemie und Pharmacie. N. R. Band 00, Heft 2. Leipzig & Heidelberg, 1*74; 8°. Apotheker- Verein, allgem. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 21. Wien, 1874; 8°. Astronomische Nachrichten. Nr. 2001—2002 (Bd. 84. 9—10.) Kiel, 1874; 4P. Bergwerks- Betrieb, Der Österreichs im Jahre 1873. I. Theil. Tabellen.) Herausgegeben vom k. k. Ackerbau- Ministerium. Wien, 1874; kl. 4°. Berlin, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1873 74. 4". Sitzb. (I. mathem.-naturw. Cl. LXX. I d. I. Abth. 22 336 Comptes re nd us des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXIX, Nr. 1. Paris, 1874; 4<>. de la Rive, und Ed. Sa ras in, Einige Versuche über die Wir- kungen des Magnetismus auf die elektrischen in der Ver- längerung der Axe des Magneten stattfindenden Entladun- gen in einem verdünnten Gas. (Aus Poggendorff's Annalen.) 8°. Favero, Valentine-, La costituzione fisica delle Comete. Bassano, 1S74; 8°. Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XVII (neuer Folge VII). Nr. 6. Wien, 1874; 8°. — Deutsche, für Natur- und Völkerkunde Ostasiens: Mit- theilungen. 4. Heft. Yokohama; 4°. — Osten*. , für Meteorologie: Zeitschrift. IX. Band, Nr. 14. Wien, 1874; 4°. — Deutsche geologische: Zeitschrift. XXVI. Band, 1. Heft. Berlin, 1874; 8°. Gewerbe- Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXXV. Jahrgang, Nr. 29; Wien, 1874; 4P. Isis: Sitzungsberichte. Jahrgang 1874, Januar bis März. Dres- den; 8°. Ludwig. C, Arbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leip- zig. VIII. Jahrgang: 1873. Leipzig, 1874; 8°. Montigny, Ch., La frequence des variations de couleurs des etoiles dans la scintillation est generalement en rapport avec la Constitution de lern* lumiere d'apres l'analyse spectrale. Bruxelles, 1874; 8°. Natur e. Nr. 24G, Vol. X. London, 1874; 4°. Naturforscher- Verein zu Riga: Correspondenzblatt. XX. Jahrgang. Riga, 1874; 8°. Nuovo Cimento. Serie 2a, Tomo XI. Maggio e Giugno 1874. Pisa; 8°. Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrgang 1874, Nr. 10. Wien; 4». „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de l'etranger". IVAnnee, 2e Serie, Nr. 3. Paris. 1874; 4°. 337 Societe Entomologique de France : Annales. V' Serie. Tome III'. Paris, 1873; 8°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 29. Wien, 1874; 4°. Soriete Linneenne du Nord de la France: Memoires. Tome IIP. Annees 1872 & 1873. Amiens, 1873; 8°. — Bulletin mensuel. 2eAnnee. (1873.) Nrs. 17—18; 3eAnnee. (1874.) Nrs. 19 — 22. Amiens; 8°. 22 338 Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes der k. k. Wiener Universität, III. Untersuchungen über das Vorkommen und die Ent- stehung des Holzstolfes in den Geweben der Pflanzen. Von Alired Burgerstein, Assistant am pflanzenphysiologischen Institute der lt. !:. Wiener Universität ■ Bekanntlich hat zuerst Hugo v. Mo hl nachgewiesen, dass die organische Grundsubstanz der Zellwände aller vegetabili- schen Gewehe Cellulose ist, und dass die Verschiedenheit im chemischen Verhalten pflanzlicher Zellmembranen darin ihre Erklärung findet, dass neben der Cellulose verschiedene andere Stoffe in der Zellhaut vorkommen, welche die Cellulose-Reaction behindern '. Unter diesen Stoffen, welche theils als Infiltrationsproducte, thcils als Producte chemischer Metamorphose der Zellwand in den vegetabilischen Geweben auftreten, hat wohl der Holz- i Die Existenz solcher »Stoffe war schon Gay-Lussac, Thenard und P ront bekannt. Ausführlichere Untersuchungen über diese Körper wurden von Payen angestellt. (Ann. d. sc. nat. 1839 u. 1840.) Derselbe kam zu dem Resultate, dass im Holze neben der Cellulose noch eine incrustirende Substanz (substance incrustante, matiere incrustante, matiere ligneuse) vorkommt, welcher reicher an Wasserstoff und Kohlen- stoff als die Cellulose ist und selbst wieder aus einem Gemenge verschie- dener chemischer Individuen bestehen soll. Payen hat auch (ohne die Met Imde hiefür anzugeben) die incrustirende Substanz (Holzsubstanz) iso- lirt, und tili- dieselbe die Formel: C35II24O10 (0 = 8) bestimmt. Nach F. Schulze ist ihre Zusammensetzulli!: C.,8H.,40.,0. Mulder (Physiol. Chemie I. pag. 209) berechnete für die incrustirende Substanz die Formel 1 io'Uc^is- deren Richtigkeit übrigens von Schacht (Lehrb. d Anat. 1. i'. L6 mit Recht bestritten wird. Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes etc. 339 stoff oder die sogenannte Holzsubstanz die grösste Ver- breitung'. Aus diesem G runde, und weil sie in jenen Gewebs- elementen, welche die Leitung des Wasserstromes in der Pflanze zu besorgen haben, nicht nur niemals fehlt, sondern in relativ grosser Menge vorkömmt, verdient sie von Seite der Physiolo- gen mehr Beachtung, als ihr bis jetzt geschenkt wurde. Man findet allerdings viele Angaben über verholzte und unverholzte Gewebe in der Literatur vor. Allein diese Angaben sind leider sehr unvollständig und zum Theile auch von geringer Brauch- barkeit, da mit Ausnahme einer Anzahl später anzuführender Fälle fast alle bisher über Verholzung erzielten Resultate aus negativen Ergebnissen gewonnen wurden. Wie man nämlich einerseits in dem Falle, in welchem ein mit Jod und Schwefelsäure oder mit Chlorzinkjodlösung behan- deltes Gewebe eine blaue oder violette Farbe annimmt, zu sagen berechtigt ist, dass man es hier mit reiner Cellulose zu thun habe, so zog- man anderseits aus einer durch Anwendung der- selben Reagentien sich ergebenden gelben Färbung einer Zell- membran in der Regel den Schluss, dass dieselbe verholzt sei. Ich habe mir die Überzeugung verschafft, dass allerdings die meisten Zellwände vegetabilischer Gewebe, welche bei Anwen- dung jener Reagentien, durch welche Cellulose blau gefärbt wird, gelb werden, in der That verholzt sind; allein ich habe mit Hilfe eines sogleich anzuführenden positiven Reagens auch Fälle beobachtet, in denen wohl das Erstere, nicht aber das Letztere der Fall ist. So färben sich, um nur ein Beispiel zu nennen, die spröden, für verholzt gehaltenen GewTebe mancher Pilze durch Jod und Schwefelsäure gelb und doch sind sie nicht verholzt. Dieses Reagens, welches schon seit mehreren Jahren bekannt ist, bisher aber verhältnissmässig selten angewendet wurde, und dessen ich mich zur directen Nachweisung des Holz- stoffes in den Membranen vegetabilischer Gewebe bediente, ist das schwefelsaure Anilin1. Vor längerer Zeit hatte bereits Runge die Beobachtung- gemacht, dass Fichtenholz von Anilinsalzen intensiv gelb ge- färbt wird, und später hat Hofmann dieselbe Reaction auch i 2G6H7N, S04Ha. .'540 Burgerstein. mit den Salzen des Toluidin, Leukol, Sinnamin, Naphthalidin ix. s. w. erzielt. Schapringer ' fand, wie zu erwarten war, dass nicht nur Fichtenholz, sondern auch andere Hölzer diese Reaction hervor- rufen. Wiesner hat den Gegenstand dadurch wesentlich geför- dert, dass er im schwefelsauren Anilin einen Körper erkannte, mittelst dessen man in jedem vegetabilischen Gewebe den Holz- stoffnachzuweisen im Stande ist, und somit dasselbe als Reagens auf Holzsubstanz in die Pflanzenanatomie eingeführt. Er sagt2: .,Ich wende diesen Körper (Anilin) mit Schwefelsäure stark an- gesäuert als höchst charakteristisches Reagens auf Holzsubstanz an. Diese wird hiedurch intensiv gelb gefärbt.-' — An einer anderen Stelle3: „Wie ich schon früher zeigte, ist schwefel- saures Anilin ein ausgezeichnetes Erkennungsmittel für Holz- substanz, welches selbst die Anwesenheit von sehr kleinen Quantitäten dieses Körpers erweist. Spuren dieses Körpers geben sich durch eine schwach gelbliche, grössere Mengen durch eine intensiv gelbe Farbe zu erkennen." In seinem Werke über die Rohstoffe des Pflanzenreiches* hat der genannte Forscher dieses Reagens bereits mit Consequenz zur Nachweisung des Holzstoffes in Anwendung gebracht. Mit Benützung dieses Reagens habe ich die vegetabilischen Gewebe systematisch bezüglich des Vorkommens des Holzstoffes (Holzsubstanz) durchuntersucht, und vorliegende Arbeit bringt die Resultate meiner Beobachtungen. Dass das schwefelsaure Anilin als Reagens auf Holzsubstanz zu betrachten ist, ergibt sich daraus, dass die Gelbfärbung in allen jenen Geweben hervorgerufen wird, welche diesen Körper nach Ausweis chemischer Untersuchungen enthalten. Lässt man auf diese Gewebe Reagentien einwirken, welche die Holzsab- stanz weder lösen noch zerstören, so tritt die Reaction auf; wenn hingegen diese Gewebe mit kräftig oxydirenden Mitteln 1 Wochenschrift des niederüsterr. Gewerbe- Vereines XX VI. pag.326. - Karsten, liotan. Unters. I. p. 120. •; Sitzungsber. der kais. Akad. Wien. LXII. Bd. Sep. Abdr. p. 32. * Leipzig, L873. Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes etc. 341 (z. B. Chromsäure, Schulz e'sche Mischung etc.) oder anderen Körpern behandelt werden, welche die Holzsubstanz zerstören oder in Lösung bringen, so werden dieselben, nachdem man durch sorgfältiges Auswaschen die Chromsäure etc. beseitigt hat, durch schwefelsaures Anilin nicht mein- gelb gefärbt. In Bezug auf Anwendung und Wirkungsweise des Reagens erlaube ich mir folgende Bemerkungen: In der Regel legte ich das zu prüfende Gewebe in einen Tropfen destillirten Wassers, und Hess dann einen Tropfen des concentrirten Reagens vom Rande des Deckglases aus zum Object fliessen. Nur bei sehr saftreichen Geweben empfahl es sich, selbe direct in die concentrirte Lösung des Reagens ein- zulegen. Bringt man einen durch schwefelsaures Anilin gelb gefärb- ten Schnitt in Kali- oder Natronlösung oder in Ammoniak, so wird derselbe bei stark verholzten Geweben nur theilweise, in der Regel aber sogleich gänzlich entfärbt. Behandelt man nun einen solchen durch schwefelsaures Anilin gelb gewordenen und durch ein Alkali entfärbten Schnitt, nachdem man ihn zuvor in einigen Tropfen destillirten Wassers gewaschen hat, mit einer Säure, z. B. mit Salzsäure, so tritt die gelbe Färbung sogleich wieder ein. Durch abermaliges Einlegen in Kali — Natronlösung oder Ammoniak verschwindet sie, um hierauf durch eine Säure wieder hervorgerufen zu werden. Offenbar wird hier durch das Alkali die durch Einwirkung des schwefelsauren Anilin entstandene Verbindung gelöst, durch Zusatz einer Säure wird das Alkali neutralisirt, und die früher gelb erscheinende Verbindung kommt wieder zum Vorschein. Die Färbung, welche durch das schwefelsaure Anilin in ver- holzten Zellmembranen hervorgerufen wird, ist, wie schon be- merkt, stets eine gelbe; und zwar in der Regel eine goldgelbe. Die Quantität der Holzsubstanz, sowie die neben derselben in der Zellwand auftretenden Körper vermögen selbstverständlich die Farbe zu nu andren. Gewebe der Pilze und Flechten. Über die Verholzung der Gewebe bei diesen Pflanzen fin- den sich mehrere Stellen in der Literatur vor. 342 Bui g e r s t e i n. Seh acht sagt1: „Die Zellen der Pilze sowohl als der Flechten verholzen unter Uniständen". Ferner2: rDie Zellwand der meisten Pilze (Peziza , Helvelld, Tuber eibarium, Agaricus, Polyporus, der Gährungspilz und viele Schimmelarten) bestehen wieder aus einem Zellstoff, den Jod und Schwefelsäure nicht blau färben, und welcher dennoch bei einigen Arten verholzt. (Polyporus) a . An einer dritten Stelle3: „Die Corticalschichte der Pilze und Flechten besteht aus demselben Filzgewebe, wel- ches den Thallus bildet, die Zellen desselben sind in der Regel nur kürzer und inniger verschlungen, auch häutig, z. B. bei der Trüffel und dem Bovist, verholzt. De Bary sagt in seiner Morphologie der Pilze, Flechten und Myxomyceten4: „Die Membran älterer Zellen ist besonders bei den Pilzen von längerer Lebensdauer sehr oft gefärbt. . . . Die Färbung deutet ohne Zweifel eine Veränderung, eine Verhol- zung der ursprünglichen Cellulose an". Dippel bemerkt bezüglich der Pilzmembran5: .Ihre che- mische Zusammensetzung bleibt noch zu erforschen. Kur in ein- zelnen Fällen hat man Zellstoff nachgewiesen. Ob da, wo diese Nachweisung nicht gelingt, eine besondere Modifikation des Zell- stoffes oder eine ganz eigenthümliche chemische Verbindung als Zellhülle vorhanden ist, bleibt erst noch nachzuweisen, ebenso ob der bei anderen Pflanzenzellen nachgewiesene Verholzungs- process eintritt . . . . " Sachs " bemerkt über die Asci der Pyrenomyceten : ..Die Haut ist häufig dunkel gefärbt, aber selten, vielleicht niemals wirklich verholzt tt. Ich untersuchte die Gewebe zahlreicher Pilze, darunter Saccharomyces cerevisiae, Mucor Mucedo, Aspergillus glaueus, Penicillium glaueum, Peziza acetabulum, Hypoxylon polymorphttm, Trametes j>ini, Daedalea quereina, Agaricus corticalis, Polyporus lutescens, officinalis, versicolor, sulfureus, stereoides u. s. f. 1 Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse. I. p. 156. 3 L. c. I. p. 35, ■' L. c. I. p. 267. * p. 9. 5 Dippel, das .Mikroskop und seine Anwendung. II. p. o.'M. 8 Lehrbuch der Botanik. 3. Aufl. p. 247. Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes etc. 343 Die Proben mit schwefelsaurem Anilin bestätigten in keinem einzigen Falle das Vorhandensein von Holzstoff. Nach den von mir angestellten einschlägigen Untersuchungen hat es den An- schein, als wenn jene Modification der Cellulose, welche von DeBary1 als „Pilzcellulose" unterschieden wird, nicht die Fähigkeit hätte, zu verholzen. Was den Nachweis der Verholzung im Gewebe der Flech- ten betrifft, so wurden behufs dessen ebenfalls zahlreiche For- men der Einwirkung des schwefelsauren Anilin ausgesetzt, llie- bei blieben die meisten Arten (Cladonia deformis und rangiferina, Cetraria islandica, Endocarpon complicata»!, Evernia prunastri, Peltigera canina, Pertusaria communis, Hagenia ciliaris und viele Andere) vollkommen intact. Die Faserschichten, namentlich die Markschichten mancher Flechten wurden dagegen durch das Reagens in einem geringen Grade gelb gefärbt8 und erwiesen sich sonach schwach verholzt; z. B. Bryopogon ochroleucus, Cla- donia furcata, gracilis und pyscidnta, lmbricaria physodes. Gewebe der Algen. Sachs bemerkt bezüglich der Zellhaut der Algen, dass in derselben Verholzung sehr selten, vielleicht niemals vorhanden ist3. Schacht sagt4: „Jod und Schwefelsäure färben den Zell- stoff der Algen blau". Ich untersuchte Algen aus den Gattungen: Gloeocapsa, Scenedesmus, Spirogyra. Conferva, Cladophora, Enteromorpha, Viva, Fucus und Porphyra, und konnte niemals eine Verholzung constatiren. 1 L. c. p. 7. 2 Worauf auch schon Wiesner (Rohstoffe, p. 30) aufmerksam machte. s L. c. p. 214. * L. c. I. p. 179. 344 B u r g erst e i n. Gewebe der Gefässpflanzen. A, Hautgewebe. In dieser Gewebegruppe tritt der Holzstoff selten auf. Das Epithel, das Epiblem und die Epidermis ver- holzen nach der Angabe von Schacht1 sehr selten, nach der von Dippel 2 niemals. Mir ist es, mit einer einzigen Ausnahme, bis jetzt nicht gelungen, mittelst des schwefelsauren Anilins die Reaetion auf Holzstotf in diesen Geweben zu erhalten. Nur jenes Hautgewebe, welches die Samenflügel der Coniferen bildet, fand ich in den von mir untersuchten Fällen (Pinus sMvestris, rubra, uncinata, Abies excelsa) mehr oder weniger verholzt. Auf die so häutig auftretende Cuticula zeigte das schwefelsaure Anilin keine Wirkung. Die Membran der Spalt- ö f f n ungs zellen fand ich (in Übereinstimmung mit S c h a c h t 3) stets unverholzt. Für die Verholzung von Haaren lässt sich kein allgemei- nes Gesetz aufstellen, indem dieselben bei vielen Pflanzen nicht verholzt, bei anderen dagegen mehr oder weniger verholzt sind. So bestehen bekanntlich die Zellmembranen der Samen- haare der Gossypium- Arten aus reiner Cellulose; die Haare der Bombaxwolle (Bombaceen) sind, wie schon Wiesner4 fand, sehr schwach, vegetabilische Seide (Samenhaare von Asclepiux curassqvica L. und A. volubilis L.) stark verholzt. Manchmal Hnden sich bei nahestehenden Pflanzen Verschiedenheiten in der Verholzung der Haare; so sah ich beispielsweise die Zellwände der Stengelhaare bei Lamium purpureum sich durch schwefel- saures Anilin gelb färben, die von Salvia pratensis blieben un- gefärbt. Bei zusammengesetzten, aus vielen Zellen bestehenden Haaren trat in der Regel der Fall ein, dass nur die unteren Zellen verholzt waren. Auch Drüsen können verholzt sein. So /.. B. färbte sich die Membran der an den Staubfäden von Lathraea squammaria vorkommenden, meist drei/.elligen Drüsen durch schwefelsaures Anilin intensiv gelb. ' L. c. I. p. 267, 268. 2 L. c. II. p. 168, 169. •; L. c. I. p. 278. * Die Rohstoffe des Pflanzenreiches p. 302. Arbeiten des pflanzenphysiologischen [iistitutes etc. 345 Bezüglich der bekannten Brennnesselhaare möchte ich noch folgende Bemerkung machen: Schacht gibt nämlich an1, dass sich der untere und mitt- lere Theil der Brennhaare von Urtica dioica nach Behandlung mit Jod und Schwefelsäure blau färbt, während das obere Drittel gelb wird, und bemerkt hiebei: „Ein in Ätzkali löslicher Stoff bedingt somit die Starrheit und die Zerbrechlichkeit der Spitze; ob diese Verbindung dem Holzstoff verwandt ist, lässt sich nicht entscheiden.- Dass dieser fragliche Stoff nicht Holzstoff ist, hat das schwefelsaure Anilin gezeigt. Ob aber diese Substanz dem Holzstoffe nicht wenigstens verwandt sei, lässt sieb allerdings schwer entscheiden. Von S tu che In, welche nach Schacht2 verholzte Auswüchse der Oberhaut sind, untersuchte ich blos jene meh- rerer Rosen, und fand das sie zusammensetzende Gewebe in der That verholzt. Was schliesslich das die Oberhaut verstärkende Collen- chymgewebe betrifft, so hatte ich bei meinen microchemi- schen Untersuchungen selbstverständlich sehr oft Gelegenheit, sein Verhalten gegenüber dem schwefelsauren Anilin zu beob- achten. So weit meine Untersuchungen reichen, habe ich dieses Gewebe stets unverholzt gefunden. Wenn Dippel s angibt, dass Collenchymzellen nur in ein- zelnen Fällen, wie bei manchen Umbelliferen (Angelica sylvestris u. i\.) verholzen, aber auch dann nie so vollständig, dass nicht nach längerer Einwirkung von Chlorzinkjodlösung oder von Jod und Schwefelsäure die Reaction auf Zellstoff deutlich hervor- trete, so halte ich das Vorkommen selbst einer schwachen Ver- holzung- für das Collenchym für sehr unwahrscheinlich. Denn bei sämmtlichen, ein Collenchym enthaltenden Pflanzen, die ich untersuchte, Tilia, Corylus, Syringa, Cytisus, Carpinus, Acer, Sambucus, Viburnum, Urtica, Ohenopodium, Cirsiiit/i. Solanum, Cucurbita. Mercurialis, Bryonia, Astragalus, Archangelica, Levi- sticum. Sium, Cotiium, Foeniculum, Coriandrum etc., konnte ich i L. e. L. p. 281. 2 L. c. I. p. 266. 3 L. c. II. p. 155. .'!4ii B u r g e rs t e i q. durch schwefelsaures Anilin auch nicht eine Spur einer Gelb- färbung der Zellwände des in Hede stehenden Gewebes erzielen. B. Gefässbündelgewebe. Diese Gewebegruppe ist, sowohl was Häufigkeit des Vor- kommens, als auch Menge des Auftretens der Holzsubstanz be- trifft, der Hauptsitz derselben. Was zunächst die im Xylemtheil des Gefässbündels auftretenden Ge fasse anbelangt, so zeigten sich dieselben mit sehr wenigen Ausnahmen mehr oder minder, in der Regel aber stark verholzt1. Unverholzte Gefässe fand ich in dem Stengel und in der Wurzel von verschiedenen Keimlingen in den ersten Tagen ihrer Entwicklung, ferner im Gefässbündel der Wurzel verschiedener Lemna-Arten. Eine schwache Verholzung der Gefässe ergab das schwefel- saure Anilin bei den nicht unter Wasser stehenden Theilen aller von mir untersuchten Sumpf- und Wasserpflanzen2, z. B. bei Caltha palustris, Alisma Plantago, Sagittaria sagittaefolia, Myrio- phyllum vulgare, Iris Pseadacorus, Sparganium ramosum3. Ebenso war dies der Fall bei manchen krautigen, insbeson- dere aber bei fleischigen, saftreichen Pflanzen, wie Aloe, Esche- veria, Rochen, Sedum, Sem per vi mim, Mesembryanthemum, Cereus speciosus, Opuntia, Bei weitem in den meisten Fällen wurden jedoch die Ge- fässe nach Zusatz des schwefelsauren Anilin in wenigen Augen- blicken intensiv gelb gefärbt, und erwiesen sich somit als stark verholzt. Sämmtliche Holzpflanzen und zahlreiche krautige Ge- wächse (Solanum, Dracaena, Hoja, Isatis, Urtica, Care.v, Begonia, Plectrantus, Vinco. , Phaxeolus, Pisum, Chenopodium } Datura, Aspidium etc.) zeigten diese Erscheinung. 1 Sachs (1. c. ]i. 81) rterniirt die Gefässe als lange Reihen ve rhol z- fcer Zellen, deren Querwände durchbrochen sind. - AiH'h Sachs gibt in seinem Lehrt), d. Botanik an, dass die Verholzung bei vielen Wasser- und Sumpfpflanzen im Xylemtheile sehr gering ist. •: In allen Theilen unverholzt fand ich das Gewebe bei koetes lacu- .-ins L , Vallisneria spiralisLi. und Oaviranda fenestralis Poir. Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes etc. 347 Holzzellen fand ich immer mehr oder weniger verholzt '. Was die Holzzellen der Coniferen betrifft, über welche in jüng- ster Zeit von Sanio* umfassende Untersuchungen angestellt hat, so stimmen alle Forscher darin liberein, dass die primäre Membran, sowie die seeundären Verdickungsschichten derselben verholzt sind. Über das chemische Verhalten der tertiären Mem- bran gehen jedoch die Ansichten auseinander. Nach Sachs, Schacht und Dippel soll dieselbe nicht verholzt sein, nach den Untersuchungen von Sanio (Bot. Ztg. 1SI')Q, p. 2()2\ und Pringsheim Jahrbuch für wissensch. Bot. IX. p. 67 — 68) ist sie meist mehr oder weniger verholzt. Nach den Beobachtungen, welche ich mit schwefelsaurem Anilin (Sanio operirte mit Chlor- zinkjodlösung) an den Holzzellen von Pinus silvestris und Plitus Strobus gemacht habe, glaube ich mich der Ansicht Sanio's an- schliessen zu müssen. Denn bei den meisten Holzzellen wurden durch genanntes Reagens sämmtliche Schichten gelb gefärbt, und konnte ich bei mehreren, in Chlorziukjodlösung eingelegten Schnitten nur an verhältnissmässig sehr wenigen Zellen eine violette Färbung der tertiären Membran wahrnehmen. Betreffs des Holz parenchy ins bemerkt Sanio,3 dass die Membran desselben stets verholzt sei. Nach Dippel4 ist die primäre ZellstoÖbülle, sowie die seeundären Verdickungs- schichten immer verholzt, die tertiäre Verdickungsschichte da- gegen gar nicht, oder doch minder vollständig als jene. — Bei jenen Holzgewächsen, welche ich in dieser Beziehung untersuchte (Quercus, Fagus, Aesculus u. A.), sah ich stets eine deutliche Gelbfärbung der Zellwände nach kurzer Einwirkung des schwefel- sauren Anilins eintreten. Die Zellen des Cambiums fand ich in allen Fällen unver- holzt5. 1 Wiesner hat das Auftreten von Holzstoff in den Holzzelleu der fleischigen Wurzeln der Runkelrübe constatirt. (Siehe dessen „Einleitung in die technische Mikroskopie" p. 105.) ä In Pringsheim Jahrb. f. wissensch. Bot. IX. p. 50—126. s Vergl. Unters, etc. Bot. Ztg. 1863. p. 98. * L. c. IL p. 239. 5 Vgl. .Schacht 1. c. p. 308 u. 3.").;. 348 Uhr g er s t e i n. Im Phloemtheil des Gefässbundels .sind als die wichtigsten Depositorien des Holzstoffes die Bastzellen anzuführen. Über diese Zeitformen spricht Sachs ': „Zuweilen sind die Bastzellen kurz und bei starker Verdickung verholzt". Schacht sagt2: „Die Bastzellen der Monocotyledouen sind mehr oder weniger verholzt. Ferner«: „Die Bastzellen der Di- cotyledonen sind mehr oder weniger verdickte, langgestreckte, biegsame Zellen, welche in der Regel erst spät oder gar nicht verholzen". Nachdem ich mit schwefelsaurem Anilin eine grosse Anzahl von Bastzellen untersucht hatte, kam ich zu folgendem Resultate. Es gibt 1. Bastzellen, deren Membranen in allen Schichten gleich stark verholzt sind, mit Ausnahme der sogenannten Mittel- lamelle, die stets am stärksten verholzt erscheint (ganz verholzte Bastzellen) , 2. Bastzellen, bei welchen eine Verholzung in den primären und den älteren secundären Verdickungsschichten ein- getreten ist, während die jüngeren secundären, sowie die tertiären Schichten unverholzt bleiben (partiell verholzte Bastzellen) und o. Bastzellen, deren sämmtliche Schichten unverholzt sind, (unverholzte Bastzellen). Unverholzte Bastzellen kommen nach Dippel* bei den Asclepiadeen und Apocyneen vor. Nach den bei Vinca major und minor, Cynanchum Vincetoxicum und Aselepias spc. gemach- ten Untersuchungen nrass ich diese Angabe bestätigen. Ebenfalls unverholzt fand Wiesner '' die Bastzellen bei Boemehria nivea Gaud. und B. tenacissima Gaud. (Chinagras und Ramiefaser) beim Lein und bei Hibiscus cannabinus L. Die Zahl verholzter Bastzellen ist aber gegenüber der unverholzter weitaus grösser 1 L. c. p. 104. - I.. c. 1. p. 251. • L. c. 1. i». 245. * L. c.II. p. 119 u. 247. 5 Die Rohstoffe dos Pflanzenreiches, p. 302. Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes etc. 349 Eine grössere Anzahl derselben wurde von Wiesner ] mittelst schwefelsauren Anilins constatirt. Ich selbst habe mich bei zahlreichen Pflanzen von dem ausserordentlich häufigen Auftreten verholzter Bastzellen überzeugt {Tilia, Acer, Corylus, Aesculus, Fagus, Platanus, Syringa, Cytisus, Carpinus, Viscum, Ligustrum, Vibur- num, Vilis, Solanum, Salix, Staphylea, Adonis, Cirsium, Mer- curiali8} Plectrantus u. s. f.). Die meisten dieser Bastzellen ge- hörten jener Gruppe an, die ich als „partiell verholzte Bast- zellen" charakterisirte. Dippel2 führt als Beispiele hiefür Cy- tisus, Fiats, Urostigma, Acer an. Ich habe solche theilweise verholzte Bastzellen insbesondere schön bei Aesculus Hippo- castanum, Cytisus Laburnum, Carpinus JBetulus, Ligustrum vulgare und Acer campe stre gesehen. Von S i e b r ö h reu, deren Wände nach Schacht3 und Dippel4 entweder gar nicht oder sehr schwach verholzen, prüfte ich jene von Cucurbita, Bryonia, Mercurialis und Tilia, wobei icli in den Membranen dieser Gewebselemente keine Ver- holzung nachweisen konnte. Ich hatte auch häutig (beiFarren, Lycopodiaceen und vielen Phanerogamen) Gelegenheit, die Einwirkung des schwefelsauren Anilin auf die G efäss bündelscheide zu verfolgen und er- schien dieselbe immer mehr oder weniger verholzt5. Bei dieser Gelegenheit muss ich noch folgende Bemerkung einschalten. Bekanntlich kommt in vielen krautigen Pflanzen, besonders bei jenen aus der Classe der Monocotyledonen, im Stengelparenchym ein Kreis prosenchymatischer Zellen vor, der von Dippel6 als Verdickungsring bezeichnet wird, und der bald verholzt (Aloe, Aspargus, Ruscus, Alpinia), bald nicht verholzt sein soll. (Dracaena, Yucca.) Die Proben mit schwefelsaurem Anilin er- 1 Beiträge zur Kenntniss der indischen Faserpflanzen nebst Beob- achtungen über den feineren Bau der Bastzellen. Sitzungsber. d. kais. Acad. Wien. p. 171 ff. 2 L. c. p. 120 u. 247. 3 L. c. II. p. 53. * L. c. IL p. 187. 5 Wiesner fand die Gefässbündelscheide des Zuckerrohres ver- holzt. (Karsten, bot. Unters. I. p. 120.) e L. c. p. 360. .'!öo j; ü i ge r stein. gaben für diesen sogenannten Verdickungsring meist die charak- teristische Gelbfärbung (bei Iris, Erheveria, Begonia, Ruscus, Aspargus)] der beiDracaena auftretende Verdickungsring erwies sieli dagegen frei von Holzstoff. C) Grundgewebe. Eigentliche P a r e n c h y in z e 1 i e n. Nach Dippel ' sind die schwach verdickten Markzellen nicht, die massig' verdickten (Fraxinus, Fagus, Cytisus) theil- weise im älteren Zustande (mit Ausnahme der Porenschliesshauf) ganz verholzt. — Schacht2 sagt: „Die Parenchymzellen des Markes sind in der Begel dünnwandig und porös, nicht selten aber auch in älteren Prlanzentheilen dickwandig und verholzt. Ich fand, dass die Zellwände des Markparenchyms bei den meisten Holzgewächsen Verholzung eingehen (Acer, Carpinus, Fagus, Tilia, Sambucus, Cytisus, Platanus, Corylus, Aesculus). Von einer Anzahl exotischer Hölzer, die ich untersuchen konnte enthielten verholztes Mark: Anona reticulata L., Humelia chry- santha Sw.Amorphafructicosa, Coffeu arabica L., Drimys ckilensis, Jacksonia lucida, Parhinsonia spinosa, Tournefortia glabrata und Trichanthera gigantea. Von krautigen Pflanzen zeigten ebenfalls viele eine Verhol- zung im Marke (Linum, Isatis, Cannabis und viele Andere.) — Nicht verholztes Mark enthielten junge Triebe von Cornus mas, Syringa, Sambucus, Ligustrum, Viscum, ferner Cirsium cunum. Vinca major, Örchis latifolia, Mercurialis perennis n. A. Häufig kommt der Fall vor, dass die peripherischen, also am Xylemtheil des Gefässbündels liegenden Markzellen verholzt sind, die central gelegeneu dagegen unverholzt bleiben (Canna- bis, Linum)] seltener (z.B. Urtica dioica) sind verholzte Mark - /.eilen ganz unregeluiässig zwischen unverholzten zerstreu!. W;is bezüglich der Verholzung der Zellmembranen vom Marke gesagt wurde, gilt im Wesentlichen auch für die Mark- strahlzellen, deren Wände bei den meisten Holzpflanzen ver- holzt sind. (Pinus, Abies, Quercus, Fagus, Coffeu und viele andere i L. c. i». 1 l:;. - 1.. c. II. p. 51. Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes etc. 351 Pflanzen zeigten nach Einwirkung des schwefelsauren Anilin die Gelbfärbung- der Markstrahlzellwände.) Nicht verholzte Markstrahlen finden sich nach Dippel1 bei Cycas und Dion, nach Schacht2 bei Cycas, Opuntia Fiat* hulica und Astrag alus verus vor. Für Opuntia Ficus indica, welche ich von den genannten Pflanzen untersuchen konnte, muss ich dies bestätigen. Das im Stengel krautiger Pflanzen bekanntlich in grosser Menge auftretende parenchymatische Grundgewebe blieb im schwefelsauren Anilin meistens ungefärbt (z. B. bei Cucurbita, Echeveria, Lathraea, Saocifraga, Begonia, Carex, Ccreus etc). Da- gegen trat insbesondere bei Farnen, Equisten und Gramineen in den peripherischen Partien meist eine Gelbfärbung desselben ein. Auf die Zellwände des Blattparench y ms zeigte das schwefelsaure Anilin keine Wirkung. S k 1 e r e n c k y in z e 1 1 e n 3. Ganz allgemein habe ich Sklerencbymzellen in sämmtlichen Verdickungsschichten ausserordentlich stark verholzt vorgefun- den. Aus einer grossen Reihe dieser Zellformen, die ich mit schwefelsaurem Anilin untersuchte, will ich hervorheben: die Sklerenchymzellen aus der Rinde von Larix, Fagus, Cytisus,Car- pinus, Quercus, Viburntfm, Cinchona] die in der Rinde und im Marke von Salisburia und Hoja, ferner im Stengel von Langs- dorffia hypogaea vorkommenden sklerenchymatischeii Elemente; die die Samenschalen der Amygdaleen und Juglandeen aufbauen- den Zellen ; die bekannten, in den Birnen vorkommenden skle- renchymatischen Concretionen, die Sklerenchymzellen, welche vereinzelt im Kork auftreten etc. 1 L. c. p. 274. « L. c. IL p. 52. 3 Die von Schacht und Dippel für diese Zellform gebrauchte Bezeichnung „verholztes Parenchyin" halte ich nicht für glücklich gewählt und schliesse ich mich dem von J. Sachs adoptirten Namen (Skleren- chym) an. Sitzb. d. mathem.-naturw. Ci. LXX. Bd. I. Abth. 23 352 Bur gerstein. Erstes Auftreten des Holzstoffes. Um zu erfahren, in welchem Entwicklungsstadium der Ge- webe der Holzstoff in der Zellmembran auftritt, Hess ich ver- schiedene Samen keimen, und untersuchte von Tag zu Tag die sich entwickelnden Pflänzchen '. Ich kam hiebei zu dem Resul- tate, dass der Holzstoff stets zuerst in den Gefäss wänden 2 und zwar überraschend früh auftritt, wie die folgende Versuchs- reihe zeigt: Name der Versuchspflanze Untersuchtes Organ Beginn der Verholzung der Geiässe 3 Länge des Organes Trüicum vulgare . Hordeum vulgare . Avena sativa Nebenwurzeln Cannabis sativa Li 'tum usitatissimum Ervum Lens Pisiim sativum . Vicia faba Pinus silvestris Wurzel hypocotyles glied Wurzel hypocotyles glied Wurzel Nebenwurzel hypocotyles glied Wurzel \ Nebenwurzel hypocotyles glied Wurzel hypocotyles glied Stengel- Stengel- Stengel- Stengel- Stengel am 3. Tage n O. j, » O* „ 2. 3. 3. 3. 2. 3. 3. 3. 2. 4. 10. 5 Mm. 7 „ 22 „ 13 „ 18 „ 15 „ 15 „ 20 „ 10 „ 10 „ 7 „ 6 » 8 . 12 „ 10 „ 1 Die Samen wurden vor der Aussaat durch 24 Stunden in Wasser geweicht. Die Keimlinge entwickelten sich im Dunklen auf nassem Lösch- papier. 2 Übereinstimmend mit den Untersuchungen von H. v. Mo hl (Bot. Ztg. 1862, p. 314) lind K. Sanio (Bot. Ztg. 1863; p. 126), nach deren Unter- suchungen die Gefässe von allen Elementarorganen des Holzes zuerst ver- holzen. — Siehe auch Dippel, 1. c. II. p. 244. 3 Vom Tage des Sichtbarwerdens des betreffenden Organes an gerechnet. Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes etc. :;->:; Name der Versuchspflänze Untersuchtes Organ Eintritt einer deutlichen Verholzung der Gelasse Länge des Organ es Triticum vulgare . . . Nebenwurzel am 5. Tage 12 Mm. Hordeum vulgare . . . n „ <;. !1 12 „ n „ <3- » 23 „ r Wurzel „ 4. » 35 ., ) hypocotyles Stengel- ( glied „ 3. „ 40 „ t Wurzel n 5- n 30 „ Lin um usitatiss im um ) hypocotyles Stengel- ( glied „ 3. )i 25 „ 1 Wurzel ) Neben wurzel 1 hypocotyles ^ glied „ 4. » 24 „ Stengel- „ 3. n 20 „ , 4. n 12 „ / Wurzel „ 4. n 12 „ Pis/nn sativum \ Nebenwurzel ) hypocotyles Stengel- „ 5. n 15 „ ^ glied „ 4. » 17 „ Wurzel „ 5. n 12 „ I'i/u/s süvestris ... . hypocotyles Stengel- glied „ 16. n 15 „ Abies excelsa hypocotyles Stengel- glied » 14. » 16 „ Aus den vorliegenden Zahlen ergibt sich nun auch, dass der Verholzungsprocess nicht nur sehr frühe be- ginnt, sondern auch sehr rasch vor schreitet. In welchem Grade die Verholzung mit dem Alter des Ge- fässes zunimmt, hievon konnte ich mich leicht überzeugen. Indem ich z.B. die Wurzel eines etwa 8 Tage alten Hafer- oder Gersten- keimlinges zerquetschte, die Gefässbündel hierauf isolirte und in schwefelsaures Anilin eingelegt unter das Mikroskop brachte, sah ich, dass der oberste, respective älteste Theil des Gefäss- bündels sich am stärksten gelb färbte, und dass diese Färbung gegen die Mitte allmälig abnahm, um im untersten Theile zu verschwinden. Um zu erfahren, in welcher Weise sich in Bezug auf den Beginn derVerholzung die Membranen der andern Gewebselemente 23* 354 B u rg e r stei n. verhalten, untersuchte ich junge Triebe mehrerer Holz- und einiger krautiger Pflanzen (Cytisus, Salix, Jiibes, Acer) und kann nach Beobachtung' zahlreicher, durch die betreffenden Triebe von der Vegetationsspitze bis zu ihrem Ursprung gemachter und mit schwefelsaurem Anilin behandelter Schnitte im Allgemeinen Fol- gendes resumiren: Zuerst und zwar ausserordentlich früh verholzen die Gefässe. Hierauf die Holz z eilen und das Holzparenchym, sehr bald darauf die Bast- zellen, und relativ spät beginnt die Verholzung im Marke. Eine Ausnahme von dieser Reihenfolge zeigen Pflanzen aus den Familien derUrticaceenCannabineen, Lineen undApocy- neen. Sie besteht darin, dass bei diesen Gewächsen die Bast- zellen trotz starker Verdickung ausserordentlich spät zu verhol- zen beginnen, wobei nur verhältnissmässig wenige Zellmem- branen die Umwandlung in Holzstoff erfahren. Während die Gefässe eines etwa fünf Tage alten Lein- oder Hanfpflänz- ehens schon stark verholzt sind, blieben die Bastzellen eines 40 Ctm. langen, eben blühenden Leines, sowie die eines über 70 Ctm. messenden Hanfstengels durch schwefelsauves Anilin ungefärbt. (Mit Chorzinkjodlösung färbten sich die sehr verdichte- ten Membranen derselben schön blau.) — Erst bei einem im Juli d. J. untersuchten, bereits reife Früchte tragenden Exemplare von Linum xsitafissimum, sowie im untersten Theile einer über einen Meter langen Hanfpflanze sah ich neben zahlreichen un- verholzt gebliebenen Bastzellen einzelne auftreten, in deren Mem- branen das schwefelsaure Anilin eine Gelbfärbung hervorrief. Es wird heute, nachdem man die Ansicht Payen's, der sich die incrustirenden Substanzen an die Zellstoffschichten an- gelagert dachte, längst verlassen hat, wohl allgemein ange- nommen !, dass man es in der Holzsubstanz mit einem Pro- ducte der chemischen Metamorphose der Zell- wand, und nicht mit einem Intiltrationsproducte zu thun habe. I);i es mir mit Anwendung des schwefelsauren Anilins niemals 1 Sachs, 1. c. p. 21. Schacht, 1. c. 1. p. 13 u. p. 29, Sanio „Über den Holzstoff" Bot. Ztg. 1860, i». 202. Dippel, 1. c II. ]>. 96. Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes etc. 355 gelungen ist, im Inhalte einer Zelle Holzstoff nachzuweisen, so mu88 ich dieser Anschauung' beipflichten. Freilich bleibt es noch fraglich, ob die Holzsubstanz ein ein- laches Spaltungsproduct der Cellulose ist, oder ob nicht zur Ent- stehung- des Holzstoffes aus der Cellulose auf letztere chemische Individuen einwirken müssen, welche im Zcllinhalte auftreten. Dieses bleibt um so mehr fraglich, als ich eine Verholzung nie- mals an Geweben constatireu konnte, welche keinen Zellsaft mehr führten. Schliesslich erlaube ick mir zu bemerken, dass ich über die physiologische Bedeutung des Holzstoffes noch keine eingehen- deren Versuche angestellt habe. Allein es lässt sich schon im Vorhinein vermuthen, und einige diesbezügliche Versuche, wel- che ich hierüber anstellte, scheinen dieses auch zu bestätigen, dass die Holzsubstanz zur rascheren Leitung des Wassers durch die Wände der Zellgewebe wesentlich beiträgt. Mit eingehenderen Untersuchungen über die physiologische Bedeutung des Holzstoffes gedenke ich nächstens zu beginnen. 23 SITZUNGSBERICHTE DER MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXX. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 8. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. 359 XXL SITZUNG VOM 8. OCTOBER 1874. Der Präsident gibt Nachricht von dem am 21. September zu Paris erfolgten Ableben des ausländischen correspondirenden Mitgliedes, Herrn Leonce Elie de Beaumont. Sämmtliche Anwesenden geben ihr Beileid durch Erheben von den Sitzen kund. Der Secretär legt Dankschreiben vor von dem General Sir Edward Sabine in London für seine Wahl zum ausländischen Ehrenmitgliede der Classe ; dann von den Herren Professoren Dr. A. Toepler in Graz, J. V. Carus in Leipzig, Max v. Pettenkofer in München und dem Sternwarte-Director G. V. Schiaparelli in Mailand für ihre Wahl zu correspondirenden Mitgliedern. Herr Dr. L. J. Fitzinger dankt, mit Schreiben vom 1. August, für die ihm zur Vornahme von Untersuchungen über die Bastardirung der Fische in den oberösterreichischen Seen bewilligte Subvention von 250 fl. Das k. k. Ministerium des Innern übermittelt, mit Noten vom 22. Juli und 29. August, die graphischen Darstellungen der Eisverhältnisse der Donau und March in Niederösterreich und der Donau in Oberösterreich während des Winters 1873/4. Das Curatorium der Franz Josephs-Universität in Agram ladet, mit Zuschrift vom 1. September, die Akademie zur Theil- nahme an der am 19. October stattfindenden feierlichen Eröffnung dieser Hochschule ein. Herr Regierungsrath Dr. E. Mach in Prag übersendet eine für den „Anzeiger- bestimmte Notiz „über den Gleichgewichts- sinn" IV. Reihe. Herr Dr. J. Dienger, vorm. Professor am Polytechnikum zu Carlsruhe, übermittelt eine Abhandlung, betitelt: „Die La- 24 * 360 place'sche Methode der Ausgleichung von Beobachtungsfehlem bei zahlreichen Beobachtungen. - Herr Regierungsrath Dr. K. v. Littrow berichtet über zwei neue Entdeckungen teleskopischer Kometen, wovon die eine durch Herrn A.Borelly in Marseille am 25. Juli, und die andere durch Herrn J. Coggia ebendaselbst am 19. August gemacht worden ist. Herr Dr. Fr. Steindachner überreicht eine Abhandlung: „Über eine neue Gattung und Art aus der Familie der Pleuro- nectiden und über eine neue Thymallus-Art." Herr Professor Dr. L. Boltzmann legt folgende fünf Abhandlungen vor: 1. „Zur Theorie der elastischen Kachwir- kung. I. Aufsuchung des mathematischen Ausdruckes für die elastische Nachwirkung." — 2. „Über einige an meinen Ver- suchen über die elektrostatische Fernwirkung dielektrischer Körper anzubringende Correctionen." — 3. „Über die Ver- schiedenheit der Dielektricitätsconstante des krystallisirten Schwe- fels nach verschiedenen Eichtungen." — 4. „Experimental- untersuchung über die Fernwirkung dielektrischer Körper", von den Herren Romich und Fajdiga. — 5. „Experimentalunter- suchung dielektrischer Körper in Bezug auf ihre dielektrische Nachwirkung" von den Herren Romich und Nowak. Die letzt- genannten beiden Arbeiten wurden im physikalischen Institute der Grazer Universität unter der Leitung Boltzmann's aus- geführt. An Druckschriften wurden vorgelegt: Akademie der Wissenschaften, Kgl. Preuss., zu Berlin: Ab- handlungen. Aus dem Jahre 1873. Berlin, 1874; 4°. — Monatsbericht. Mai, Juni, Juli 1874. Berlin; 8«. — Ver- zeichniss der Bibliothek. Berlin 1874; 8°. Apotheker- Verein, allgem. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 22—28. Wien, 1874; 8°. Astronomische Nachrichten. Nr. 2003 — 2009 (Bd. 84. 1 1— 17.) Kiel, 1874; 4Ü. Bericht des k. k. Krankenhauses Wieden vom Solarjahre 1872 und 1873. Wien, 1874; 8°. 361 Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXIX, Nrs. 2—12. Paris, 1874; 4°. Gesellschaft, Deutsche geologische: Zeitschrift. XXVI. Band, 2. Heft. Berlin, 1874; 8°. — naturforschende, zu Freiburg i. Br. : Berichte Über die Ver- handlungen. Band VI., Heft 2 und 3. Freiburg i. Br., 1873; 8°. — k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XVII. (neuer Folge VII.), Nr. 7—8. Wien, 1874; 8°. — österr., für Meteorologie : Zeitschrift. IX. Band, Nr. 15 — 19. Wien, 1874; 8°. G e w e r b e - V e r e i n , n.-ö. : Wochenschrift. XXXV. Jahrgang Nr. 30—40. Wien, 1874; 4°. Göttingen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1873. 4° und 8°. Kasan, Universität: Bulletin et Memoires. Tome XLI. 1874, Nrs. 1 — 2. Kasan; 8°. Landbote, Der steirische. 7. Jahrgang, Nr. 15 — 20. Graz, 1874; 4°. Landwirthschafts-Gesellschaft, k. k., in Wien: Ver- handlungen und Mittheilungen. Jahrgang 1874. Nr. 11 — 12. Wien ; 4<>. Mittheilungen des k. k. techn. & administrat. Militär-Comite. Jahrgang 1874, 7.-9. Heft. Wien; 8°. — Mineralogische, vonG.Tschermak. Jahrgangl874. Heft 2. Wien ; 4°. Moniteur scientifique du Dteur Quesneville. 392e & 394e Livraisons. Paris, 1874; 4°. Nature. Nrs. 247, 249, 251—257, Vol. X. London, 1874; 4°. Keichsanstalt, k. k. geologische: Abhandlungen. Band VII, Heft Nr. 1 — 2. Wien, 1874; Folio. — Jahrbuch. Jahrgang 1874. XXIV. Band, Nr. 2. Wien; 4°. - Verhandlungen. Jahrgang 1874, Nr. 11 — 12. Wien; 4°. Reichs forst verein, österr: Österr. Monatsschrift für Forst- wesen. XXIV. Band, 1874. August- und Septemberheft. Wien; 8°. 362 , Revue politique et litterairea, et „Revue scientifique de la Frauce et de l'etranger". IV e annee, 2<= Serie, Nrs. 4 — 14. Paris, 1874; 4°. Rostock, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1873/4. Fol., 4° und 8°. Studenten-Kalender, Fromme's Österreichischer, für das Studienjahr 1874. XI. Jahrgang. Wien; 12°. Vaughan, D., Physics of the Internal Earth. Cincinnati, 0., 1874; (1 Blatt) 4°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 30 — 39. Wien, 1874; 4°. Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten- Vereins. XXVI. Jahrgang, IL— 13. Heft. Wien, 1874; 4°. 363 Über eine neue Gattung und Art aus der Familie der Pleuro- nectiden und über eine neue Thymallus-Art. Von dem c. M. Dr. Franz Steindachner. (Mit 2 Tafeln.) I. Oncopterus n. g. Augen auf der rechten Kopfseite; Mundspalte auf der augenlosen Seite länger und etwas stärker bezahnt als auf der rechten. Beide Kiefer mit einer schmalen Binde kleiner Hechel- zähne, ohne Hundszähne. Vomer und Gaumen zahnlos. Eine haldmondförmige, tiefe Spalte auf der augenlosen Kopfseite in der Höhe des oberen Auges. In dieser Spalte liegt der steife, sichelförmig gebogene erste Dorsalstrahl verborgen. Alle übrigen Dorsal- so wie sämmtliche Analstrahlen gegliedert und zunächst der Spitze getheilt. Schuppen ziemlich klein, cycloid. Seitenlinie mit einer starken Bogenkrümmung über der Pectorale und mit mehreren Querästen. I a. Oncopterus Danvinii n. sp. Char. : Kopfprofil stark gebogen; Augen gleichweit vom vor- deren Schnauzenende entfernt oder aber das untere Auge etwas näher zum vorderen Kopfende gerückt. Körperhöhe nicht ganz l5, 6mal in der Körper- oder circa 22/7mal in der Totallänge, Kopflänge 33/5 bis nahezu 32/3mal in der Kör- perlänge oder fast 4y2mal in der Totallänge enthalten. Ventrale und Pectorale auf der Augenseite stärker ent- wickelt als auf der augenlosen Seite ; rechte Ventrale am Bauchrande gelegen, linke Ventrale hinter und über der 364 Steindachner. rechten eingelenkt. Außenseite grau mit zahlreichen klei- nen blauen Flecken; einige grössere Flecken zunächst der Rücken- und Bauchlinie. D. 30—66; A. 42-44; V- 6—6; P. rechts 12—13, links 9 — 11. Beschreibung. Die Rückenlinie ist in ihrer vorderen, etwas kleineren Längenhälfte stärker gebogen als in der hinteren und erreicht an der Basis des 31. und 32. Dorsalstrahles ihren höchsten Stand. Die Bauchlinie dagegen ist gleichförmig gebogen und senkt sich bis zur Basis des 12. Analstrahles. Die Augen sind von gleichem Umfange, oval; ihr Durch- messer ist circa 4*/5 — 5mal in der Kopflänge enthalten. Der der Stirne zugekehrte Augenrand ist schwach erhöht, die Stirne querüber massig concav. Die Stirnbreite übertrifft ein wenig die Hälfte einer Augenlänge. Die Mundspalte ist schief gestellt, gebogen ; auf der Augenseite fällt der Mundwinkel noch vor den vorderen Rand des unteren Auges. Die Oberkieferhälfte an der Augenseite ist circa 32/5 — 33/5mal; die der linken Kopfseite 23/5 bis nahezu 3mal in der Kopflänge enthalten. Die Lippen sind fein gefranst. Die Zahnbinde der rechten Zwischenkieferhälfte ist kaum 2/3mal so lang wie die der linken Seite und zugleich ein wenig schmäler. Noch viel kürzer ist die Zahnbinde auf der Augenseite des Unterkiefers. Die Narinen liegen zu beiden Seiten des Kopfes in gleicher Höhe und zwar auf der Augenseite vor und zwischen den Augen. Die hintere Narine ist weiter als die vordere, länglich und mit einem massig erhöhten häutigen Rande umgeben, der nach voine ein wenig an Höhe zunimmt. Die vordere, kreisrunde Narine mündet nach aussen in eine insbesondere nach hinten stark vorgezogene häutige Röhre. Der grösste Theil der Stirne und die Schnauze sind schuppenlos. Die Zahl der Kiemenstrahlen beträgt 6, sie liegen in 2 Gruppen über einander, da der dritte Kiemenstrahl von dem vierten durch einen grösseren Zwischenraum getrennt ist. Über eine neue Gatt. u. Art a. d. Farn. d. Pleuronectiden etc. 36o Die halbmondförmige Spalte auf der augenlosen Kopfseite geht durch die ganze Tiefe des Kopfes und ist nach innen nur durch die Kopfhaut der Augenseite begränzt. Sie liegt in der Höhe des oberen Auges, grösstenteils vor demselben, und ist ebenso lang wie letzteres. In dieser Spalte liegt der erste Dorsalstrahl fast ganz ver- borgen, nur das an seiner Spitze wie ein Hähnchen angebrachte Hautläppchen ragt über die Spalte hinaus. Dieser Dorsalstrahl ist säbelförmig gebogen, ungetheilt und ungegliedert, ziemlich steif, deprimirt und am ganzen oberen und unteren Rande mit einer Hautfalte umgeben, die mit zahl- reichen Fransen geziert ist. Er wird durch eine muskulöse Haut- falte an den Grund der Spalte festgehalten und zeigt daher nur einen massigen Grad von Beweglichkeit. Gegen die Basis breitet sich dieser Strahl in zwei Plättchen aus, welche das vordere stielförmig verlängerte Ende des ersten stark entwickelten Flossenträgers umfassen. Die übrigen Dorsalstrahlen sind gegliedert und zunächst der Spitze gabelig getheilt. Nur bei den ersteren Dorsalstrahlen (mit Ausnahme des ersten) reicht die Spaltung etwas tiefer herab, und die beiden Hälften sind nicht durch die Flossenhaut verbunden. Der zweite und dritte Dorsalstrahl liegen mit ihrer Wurzel noch auf der augenlosen Kopfseite, etwas unter der oberen Profillinie des Kopfes. Der höchste Dorsalstrahl nimmt fast die Mitte der Basis- länge der Rückenflosse ein und erreicht nicht ganz die Hälfte, der längste Strahl der Anale circa 2/3 der Kopflänge. Die Anale reicht etwas weiter zurück als die Dorsale, steht jedoch wie diese mit der Cauclale in keinem Zusammenhange. Die letzten 3 — 4 Strahlen der Kücken- und Afterflosse nehmen ziemlich rasch an Höhe ab. Die Caudale ist am hinterem Rande stark gerundet und kommt an Länge dem Kopfe nahezu gleich. Ihre Strahlen sind zweimal gäbelig getheilt. Die linke Ventrale sitzt unmittelbar am Bauchrande und beginnt au der Kehle. Ihre Basis ist circa halb so lang wie der Kopf, da die Strahlen weit auseinandergerückt liegen. 366 Steindachner. Die Ventrale der augenlosen Körperseite beginnt etwas hinter der Basis des letzten Ventralstrahles der rechten Seite und ist zugleich weiter nach oben eingelenkt. Die ganze Basis- länge derselben gleicht nur der Entfernung der zwei ersten Ven- tralstrahlen der Augenseite von einander, da ihre Strahlen dicht neben einander liegen. Die Analmündung liegt hinter der linken Ventrale, in gleicher Höhe mit derselben, und ist von einer stark gefalteten Haut ringförmig umgeben. Die Pectorale der rechten Körperseite ist ihrer Länge nach etwas mehr als iy3mal, die der augenlosen Seite fast 2mal in der Kopflänge enthalten. Die Seitenlinie ist über der Pectorale unregelmässig und stark gebogen. Sie sendet während ihres Verlaufes am Rumpfe auf beiden Körperseiten nach oben bis zur Basis der Dorsale Queräste aus, deren Zahl sehr variabel ist und 2 — 7 beträgt. Von dem über dem Auge zur Schnauze ziehenden Theile der Seitenlinie laufen viele Nebenäste radienförinig zur Basis der über dem Kopfe gelegenen Dorsalstrahlen. Die Augenseite des Körpers ist grau mit einem schwachen Stich ins Bräunliche, und sowohl am Rumpfe wie am Kopfe und auf den Flossen dicht mit hellblauen kleinen kreisrunden Flecken besetzt. Zunächst der Rücken- und Bauchlinie liegen bei den meisten Exemplaren einige viel grössere runde Flecken. Diese interessante Art kommt in grosser Individuenzahl an der Ostküste Patagoniens im Hafen San Antonio, in der San Mathias Bay vor. Die Laichzeit fällt in die Monate März und April. Wie alle Pleuronectiden, hält sie sich hauptsächlich auf sandigem Boden in geringer Tiefe auf und erreicht eine Länge von 10—11 Zoll. Zweifellos gehört die von Jenyns nur nach Darwin's Noten unzulänglich beschriebene Rhombus-Art (Zoology of the Voyage of H. M. S. Beagle, Part. IV. Fish, pag. 139) von Bahia Bianca an der Ostküste Patagoniens in der Nähe der San Ma- thias-Bay zur Gattung Oncopterus] ob sie auch der Species nach zu Oncopterus Darwinii zu beziehen sein dürfte, lässt sich nicht mit Sicherheit eruiren. Der Färbung des Körpers und der Flecken nach weicht Jenyns „Rhombus — ?u, falls D ar win's Notizen genau sind, von Oncopterus Darwinii m. Über eine neue Gatt. u. Art a. d. Farn. d. Pleuronectiden etc- ^iu wohl ab (Above pale purplish brown, with rounded darker mar- kings) ; doch glaube ich hierauf kein zu grosses Gewicht legen zu dürfen, da das von Darwin beschriebene Exemplar beschä- digt war, und vielleicht ein Irrtimm in der Farben- Angabe unter- gelaufen sein mag. Denn im Übrigen stimmen beide (?) Arten in allen wesent- lichen Punkten, soweit Darwin's Beschreibung reicht, mit ein- ander überein, so z. B. in der Körperform, in der Bezahnung, in der Länge der Pectorale, in der Krümmungsweise der Seiten- linie, in der Lage der Augen sowie in der Zeichnung. Unklar ist mir, was Jenyns (Darwin) unter dem Ausdrucke „between theni (eyes) a double osseous ridge" versteht. Soll vielleicht darunter der erhöhte, der Stirne zugekehrte Rand der Augen verstanden sein? Entschieden irrig deutet Darwin den in der Kopfspalte gelegenen ersten Dorsalstrahl als einen tentakelför- migen Appendix. II. Thymallus lllcrolepis n. sp. Char. Rand des Oberkiefers über den des Unterkiefers vorsprin- gend; Basis der Rückenflosse lV2mal so lang als die Basis der Anale; Dorsalstrahlen nicht verlängert. Körperhöhe etwas mehr als 41/5inal in der Körperlänge. Schuppen circa 110 bis zur Basis der beschuppten Caudale, 19 — 22 Schuppenreihen über der Seitenlinie, 17 — 19 unter der- selben bis zur Ventrale. Hakenzähne auf der Zunge, am Sei- tenrande der dünnen Knoehenplatte. D. 13—14; A. 12. L. lat. 110; 1. transv 19—22 17—19 (bis zur Ventrale). Beschreibung. Der Körper ist langgestreckt, insbesondere am Schwanz- stiele stark comprimirt; der Vorderrücken bildet nur zuweilen gegen die Caudale zu eine Art von Kante. Die Höhe des Körpers übertrifft stets ein wenig die Kopf- länge. 3<>>< Steindaehner. Die Kopfhöhe gleicht 2/3 der Kopflänge. Die Schnauze ist vorne massig abgestumpft und springt über die Mundspalte na- senförmig vor. Die Mundspalte ist von geringer Länge, das hintere Ende des Oberkiefers fällt unter die Augenmitte. Zwischen-, Ober- und Unterkiefer sind mit einer Reihe schwacher, spitzer Zähne besetzt. Bedeutend länger sind die nahe am Seitenrande der Zungen-Knochenplatte gelegenen Zähne. Die Vomerzähne stehen in zwei langen Reihen, die Gaumen- zähne in einer einzigen. Der Augendiameter ist 4— 42/.mal, die Schnauzenlänge 34/5 bis fast 32/3mal, die Stirnbreite 32/3 — 33/5inal in der Kopf- länge enthalten. Die Stirn e ist querüber nahezu flach oder schwach convex. Die Zahl der Kiemenstrahlen beträgt beiderseits 11; die Kiemenspalte ist sehr weit. Der untere Rand des Kiemendeckels ist nicht ganz 2mal so lang wie der obere; der hintere Rand ist sehr wenig gebogen, convex; der untere Rand des Vordeckels ist stärker gerundet als der aufsteigende. Der Unterdeckel verschmälert sich nach hinten und oben; der vordere und hintere Rand desselben divergiren nach oben zu und ersterer ist bedeutend länger (nahezu l2/5 m.) als letz- terer, welcher zugleich schwach gebogen ist. Das Profil des Rückens erhebt sich bis zur Rückenflosse in einem massig gekrümmten Bogen, die Bauchlinie ist schwächer gekrümmt. Die Dorsale liegt näher zum vorderen Kopfende als zur Basis der Caudale, die Basismitte derselben fällt über die Ein-. lenkungsstelle der Ventrale. Der Vorderrand der Dorsale ist etwas länger als die Basis derselben. Die Höhe der Rückenflosse ist l2/. bis nahezu 1 ' graal, die Basislänge derselben l3/5mal in der Kopflänge ent- halten. Die Basis der Rückenflosse ist übrigens nur l'/2mal so lang wie die der Afterflosse. Der obere Rand der Dorsale und der untere der Anale sind schwach eoncav. Über eine neue Gatt. u. Art a. d. Fain. d. Pleuronectiden etc. 369 Die Dorsale erreicht die grüsste Höhe am ersten geglieder- ten und getheilten, das ist am fünften »Strahle, ebenso die Anale. Die vorangehenden Strahlen sind einfach. Die Basislänge der Anale steht jener der Dorsale bedeutend nach und ist etwas mehr als '/3mal in der Höhe des fünften Analstrahles enthalten. Die Candale ist gabelig getheilt; ihre Lappen sind zuge- spitzt und stehen an Länge der des Kopfes nur wenig nach. Die Pectorale ist länger als die Ventrale und circa l*/5mal, letztere circa l3/5mal in der Kopflänge enthalten. Die Pectorale wird von vierzehn Strahlen gebildet, die Ventrale von zehn. Über der Basis der Ventralen liegt eine ziemlich lange Flü- gelschuppe, die gegen das vordere Ende zu von kleineren Schuppen überdeckt ist. Der Innenrand des letzten Bauchflossen- strahles trägt eine ziemlich stark entwickelte steife Hautfalte. Die Fettflosse liegt über der hinteren Hälfte der Anale. Die Schuppen dieser dalmatinischen Asche sind kleiner als die der gemeinen Asche, aber ebenso derb und festsitzend wie bei letzterer. Während bei Thymallus vulgaris die Kehle und die Seiten der Brust in grösserer oder geringerer Ausdehnung und eine kleine Stelle vor den beiden Bauchflossen-Gelenken immer ganz nackt bleiben, ist bei der dalmatinischen, klein- schuppigen Art der Rumpf vollständig beschuppt, und die Schuppen auf der Unterseite des Schwanzes von den Bauch- flossen bis zur Caudale sind nicht grösser als die benachbarten Rumpfschuppen, zum mindesten nicht bei den mir zur Beschrei- bung vorliegenden sechs Exemplaren von 7ys — lO1/^ Zoll Länge. Der Seitencanal verläuft in nahezu horizontaler Richtung, fast genau in der Mitte der Rumpfhöhe, und durchbohrt bis zur Basis der Caudale 110 Schuppen, auf der Caudale selbst noch 4—8 Schuppen. Die kleinsten Leibesschuppen liegen an der Kehle und nehmen von da an gegen die Basis der Bauchflosse allmälig an Grösse zu ; ebenso verhält es sich mit den Schuppen am Vorder- rücken bis zur Dorsale hin. Von den Schuppen an den Seiten des Rumpfes sind die zunächst über und unter der Seitenlinie gelegenen am grössten. liTo S t ein d ;t c li n er. Die Schwanzflosse ist im vordersten Längenviertel der Strahlen mit kleinen, länglichen Schlippen besetzt. Die Schwimmblase ist sehr lang, dünnwandig; sie spitzt sich nach hinten zu und reicht bis zur Gegend der Aftermiindung. Die Zahl der Blinddärme beträgt mehr als 30. Ich fand deren 37 bei einem Exemplare von 10 Zoll Länge; die zunächst der Pfortnergegend gelegenen Blinddärme sind am längsten und nehmen von da an rasch an Länge, nicht aber an Weite ab. Der musculöse Magensack reicht bis in die Nähe der Ein- lenkungstelle der Ventralen zurück. Kücken grünlichbraun, die Leibesseiten und die Bauch- seite glänzen silberweiss. Der grössere, mittlere Theil der Lei- besseiten ist mit grauen oder schwärzlichen Pigmentflecken ge- ziert, zwischen denen in grösserer oder geringerer Anzahl orangerothe Flecken eingestreut sind. Die Kückenflosse ist gelblich weiss und im mittleren Theile mit röthlichen Streifen geziert, welche der Richtung der Strah- len folgen. Der obere und theilweise auch der vordere Rand ist schwärzlich gesäumt. Pectorale, Ventrale und Anale röthlichgelb; Caudale zu- nächst dem hinterem Rande schwarzgrau punktirt. Zuweilen ist auch die Dorsale im oberen Theile und die Anale im mittleren sehr fein schwarz punktirt. Die von mir untersuchten Exemplare stammen aus den Ge- birgsbächen bei Vcrgoraz in Dalmatien und wurden mir von Herrn Erb er gegen eine geringe Entschädigung für das k. k. zool. Museum in Wien überlassen. Thymallus microlepis unterscheidet sich wesentlich von 77/. vulgaris durch die geringere Zahl der Dorsalstrahlen und die viel grössere Zahl der Sehuppenreihen, so wie durch die Bezah- nung der Zunge. Die Zahnlosigkeit der Zunge wurde zuweilen als ein Cha- rakter der Gattung Thymallus betrachtet, ist jedoch nur als Art Charakter von einiger, untergeordneter Bedentang. Die Höhe der Dorsale mag übrigens auch bei der dalma- tinischen Art mit dem Alter bedeutend zunehmen. Steiiidni'linpr, ■>''■■■: >-u«- neue Pleuroiu-oluleii l.-if I m1 *y > : Steindachner, über eine neue Pleuroneetiden- Gattung etc. Taf.U. Ed Konojiicky i iHit |ez nW Sitzungsb.d.k.Akad.d.W.math.u.naU'l.LXX. Bd.IAbth. 187-'t . kVHo£-u.Sta; Über eine neue -Gatt. u. Art a. d. Fam. d. Pleuronectiden etc. 371 Tafel-Erklärung. Tafel I. Fig. 1. Oncop'erus Darwinii, in natürlicher Grösse, von der Augenseite. „ 2. Unter- oder augenlose Kopfseite mit der halbmondförmigen Spalte. „ 3. Erster Dorsalstrahl, aus der Kopfspalte vorgezogen. „ 4. Derselbe, nach abgelöster Haut mit seinen Gelenkenden. „ 5. Kopfskelett von der augenlosen Seite aufgenommen , mit den ersten Flossenträgern der Dorsale. Tafel II. Fig. 1. Thymallus microlepis. „ 2. Oberseite des Kopfes. „ 3. Zunge. „ 4. Unterseite des Kopfes und Brust. 372 XXII. SITZUNG VOM 15. OCTOBER 1874. Der Secretär theilt eine Zuschrift Sr. Excellenz des Herrn Ackerbau-Ministers vom 11. October mit, womit eröffnet wird, dass dem von der Akademie befürworteten Ansuchen der Herren Hofrath von Sehr Ott er und Bergrath Adolf Patera entspre- chend, die Berg- und Hüttenverwaltung zu Joachimsthal an- gewiesen wurde, eine Quantität vanadinsauren Natrons ein- zusenden und den genannten Herren zur Verfügung zu stellen. Herr Dr. Fr. Steindachner übersendet eine Abhandlung, betitelt: „Ichthyologische Beiträge." An Druckschriften wurden vorgelegt: Apotheker- Verein, allgem. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 29. Wien, 1874; 4«. Central-Observatorium, Physikalisches, zu St. Petersburg: Jahresbericht für 1871 und 1872. St. Petersburg, 1873; 4°. — Annalen: Jahrgang 1872. St. Petersburg, 1873; 4°. Comp t es rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXIX, Nr. 13. Paris, 1874; 4°. Genootschap, Bataviaasch, van Künsten en Wetenschappen: Tijdschrift voor indische taal-, land- en volkcnkunde. Deel XXI, Aflev. 2. Batavia, & 's Hage, 1874; 8°. — Notulen. Deel XI. 1873, Nr. 3 & 4. Batavia, 1874; 8°. Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Bd. XVII (neuer Folge VII), Nr. 9. Wien, 1874; 8°. — naturforschende, in Danzig: Schriften. N. F. III. Bandes, 2. Heft. Danzig, 1873; 4°. 373 Gewerbe- Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXXV. Jahrgang, Nr. 41. Wien, 1874; 4°. Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik, von C. Ohrt- mann, F. Müller, A. Wangerin. IV. Band. Jahrgang 1872. Heft 1. Berlin, 1874; 8°. Leiden, Universität: Annales academici. 1868 — 1869, 1869— 1870. Lugduni-Batavorum, 1873 & 1874; 4°. Löwen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften für das Jahr 1873/4. 8° & 12°. Musee Teyler: Archives. Vol. III. fasc. S-. Haarlem, Paris & Leipzig, 1873; 4". Naturc Nrs. 248, 250, 258, Vol. X. London, 1874; 4». „Revue politique et litte'raire« et „Revue scientifique de la France et de l'etranger.« IVe Annee, 2- Serie, Nr. 15 Paris 1874; 4°. ' Societe Hollandaise des Sciences naturelles: Archives Neer- landaises des Sciences exactes et naturelles. Tome VIII 3e & 4* Livraisons. La Haye, Bruxelles, Paris, Leipzig' Londres & New- York, 1873; 8°. Bibliotheca ichthyo- logica et piscatoria. Haarlem, 1873; 8°. — Linneenne du Nord de la France: Bulletin mensuel. 3e An- nee. 1874; Nrs. 25—28. Amiens; 8<>. Society, The Royal, of London: Philosophical Transactions For the Year 1873. Vol. 163, Parts 1 & 2. London, 1874; 4°. — Proceedings. Vol. XXI, Nrs. 146—147. Vol. XXII. Nrs. 148-150. London, 1873 & 1874; 8°. — The Ana- tomy of the Lymphatic System. By E. Klein. London, 1873; 8°. — The Royal Society. 30th November 1873. 4°. — The Zoological, of London : Transactions. Vol. VIII. Parts G— 8. London, 1873 & 1874; 4°. - Proceedings. For the Year 1873. Parts I— III; for the Year 1874. Part I. Lon- don; 8°. Sitzb. d. mathem.-naturw. Ol. LXX. Bd. I. Abth. 25 374 Vereeniging, Koninkl. natuurkundige in Nederlandsch Indie: Natuurkundige Tijdschrift. Deel XXXII. (VII. Serie. Deel IL Aflv. 4—6). Batavia, 's Gravenhage, 1873; 8°. Verein, Entomologischer, in Berlin: Berliner Entomologische Zeitschrift. XVIII. Jahrgang. (1874.) 3. & 4. Vierteljahrs- heft. Berlin; 8°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang Nr. 40 — 41. Wien, 1874; 4°. 175 Ichthyologisclie Beiträge. Von dem c. M. Dr. Franz Steiudachner. (Mit 1 Tafel.) Pikea n. g. (Pevcidae). Char. : Kiemenstrahlen 7; zahlreiche Hechelzähne auf den Kiefern, am Vomer und auf den Gaumenbeinen; keine Hundszähne. Vordeckel am hinteren Rande nur mit äusserst zarten Cilien besetzt. Deckel mit drei platten Spitzen. Eine einzige Dorsale mit einer tiefen, bogenförmigen Ein- buchtung am stacheligen Theile; Anale mit drei Stacheln. Dorsale und Anale mit Ausnahme der ersteren Stacheln stark beschuppt. Kopf vollständig beschuppt, auch auf der Unterseite, nur die Lippen schuppenlos. Rumpfschuppen von mittlerer Grösse. Pikea lunulata. Syn. Grystes lunulatus Guicli. ? (Notes snr Tile de la Reunion, Faune ichthyologique, C. — 4.) Char.: Körpergestalt gestreckt, Kopf zugespitzt; Kopflänge circa 3y3 — 3mal, Leibeshöhe circa 4mal in der Totallänge enthalten. Caudale hinten ausgeschnitten, concav. Gelb mit zahlreichen braunen Fleckchen von halbmondförmiger Gestalt am Rumpfe, und von meist rundlicher Form auf der Dorsale, Caudale und am Kopfe. D. s/12; A. s/8; L. lat. 47 (-+-3—4 auf der Caudale); Lin. 5 transv. 1 18—19 25* 376 S t e i n d a c h n e r. B e s c h r e i b u n g. Die Mundspalte ist aufwärts gebogen, ziemlich lang; das hintere Ende des Oberkiefers fällt etwas hinter die Mitte des Auges zurück. Der Unterkiefer überragt nach vorne den Zwischenkiefer nur unbedeutend. Die Zwischen und Unterkieferzähne stehen in zahlreichen Reihen ; ganz nach vorne zu nimmt die Zahnbinde des Zwischen- kiefers rasch an Breite zu. Bedeutend schmäler sind die Zahn- binden am Vomer und Gaumen. Am Vomer stehen die Zähne in einer winkelförmig ge- brochenen Binde, deren Spitze nach vorne gekehrt ist. Die Zunge ist ziemlich lang, schmal, vorne frei. Der Augendiameter ist circa 4*/s — 5mal, die Stirnbreite circa b*/\ — 6mal, die Schnauzenlänge circa 4,/3 — 4*/8mal in der Kopflänge enthalten. Der obere und untere Vordeckelrand ist gleichförmig ge- bogen. Der untere Rand ist häutig, der hintere mit äusserst zarten Cilien besetzt, die sehr leicht gänzlich verloren gehen. Der Vordeckel ist dicht und vollständig mit Schuppen be- deckt; entfernt man diese, so zeigt sich nahe dem äusseren Rande und parallel mit demselben eine zarte, ganzrandige Vorleiste. Der Kiemendeckel endigt in drei plattgedrückte Spitzen, von denen der obere am breitesten ist, die beiden unteren sind gleichlang, stachelförmig und etwas schief nach unten gerichtet. Das obere Ende des Unterdeckels zieht sich nach hinten und oben in einen häutigen Lappen aus , der weiter zurückreicht, als der Kiemendeckel. Die Dorsale enthält 8 Stacheln. Diese erheben sich von dem ersten bis dritten, welcher der längste Stachel der Dorsale ist und circa »/t1 der Kopflänge erreicht. Vom dritten Stachel an nehmen, die Dorsalstacheln bis zum 6. allmälig an Höhe ab. Der 6. ist circa 63/4mal in der Kopflänge enthalten; der 7. ist unmerklich länger als der vorangehende, der 8. etwas höher als der 7. und circa 5*/5 — 5*/2mal in der Kopflänge enthalten. Die darauffolgenden Gliederstrahlen nehmen bis zum 8. rasch an Höhe zu, welche fast einer halben Kopflänge gleich- kommt. Der 9. und 10. Gliederstrahl nimmt an Höhe etwas ab, Ichthyologische Beiträge. 377 bedeutender endlich der J 1. und 12. Die 3 ersten Dorsalstacheln sind nur zunächst der Basis beschuppt, hinter diesen nehmen aber die Schuppenreihen sehr rasch an Zahl und Grösse zu, so dass der 6., 7. und 8. Stachel, sowie die ersten Gliederstrahlen der Dorsale nur mit der Spitze über die Schuppenhüllc hinaus- ragen. Auf den höchsten Gliederstrahlen der Dorsale ist an den von uns untersuchten Exemplaren die obere Hälfte schuppenlos; es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Schuppen sich während des Transportes abgelöst haben. Von den 3 Analstacheln ist der letzte am längsten. Die beiden ersten sind am basalen Theile überschuppt. Am übrigen Theile der zugespitzten Anale erstrecken sich die Schuppen, wie auch auf der Caudale, bis in die Nähe der Strahlenspitzen. Die Basislänge der Anale ist 2mal in der Länge des 3. höchsten Gliederstrahles derselben Flosse enthalten. Die Caudale erreicht nicht ganz % der Körperlänge (d. i. Totallänge mit Ausschluss der Caudale) , und ist am hinteren Rande eingebuchtet. Die Seitenlinie durchbohrt am Rumpfe circa 47 Schuppen, und 3 — 4 auf der Caudale. Sie ist in der vorderen Rumpfhälfte stark gebogen und nähert sich in der Gegend des 5. und ß. Dor- salstachels am meisten der Rückenlinie, von welcher sie hier nur durch 3 Schuppenreihen getrennt ist. Von dieser Stelle an krümmt sie sich stark abwärts und verläuft erst am Schwanzstiele in horizontaler Richtung auf halber Leibeshöhe. Die geringste Körperhöhe am Schwanzstiele, welcher ziem- lich stark comprimirt ist, übertrifft ein wenig die Hälfte der grössten. Die Schuppen des Rumpfes sind etwas länger als hoch, hinten eckig oder auch gerundet. Sie sind der Länge nach mit zahlreichen, schwach erhabenen Streifen geziert und am freien Rande fein, aber sehr dicht gezähnt. Die Grundfarbe des Körpers ist schwefelgelb. Zahlreiche braune, halbmondförmige Flecken sind über den ganzen Rumpf zerstreut. Die grössten Flecken liegen in der oberen Rumpfhälfte zunächst über der Seitenlinie. Hier stehen sie auch dichter an einander gedrängt als auf den übrigen Theilen des Körpers. 378 S t e i n d a c h n e r. Die kleinsten Fleckchen liegen auf der Caudale, Dorsale und zunächst dem Bauchiande, und sind grösstenteils von mehr rundlicher Form. Auf der Pectorale, Ventrale und Anale fehlen die Flecken gänzlich oder sind nur in sehr geringer Zahl zu- nächst der Basis dieser Flossen vorhanden. Einige wenige Flecken von punktförmiger Gestalt liegen auf den Deckel- stücken und auf den Wangen. Das Museum zu Cambridge (Mass.) besitzt ein Exemplar dieser Art von Mauritius, es wurde von Herrn Pike, Consul der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Mauritius, eingesendet. Das Exemplar des Wiener Museums stammt von der Küste der Insel Bourbon und wurde von Herrn Salmin in Hamburg gekauft. In der Zahl der Dorsalstacheln weichen diese beiden Exemplare von dem von Professor Guichenot in Paris beschrie- benen Exemplare ab (s. Notes sur l'Ile de la Reimion par L. Maillard. Faune Ichthyologique, par M. Guichenot, Annexe C. pag. 4). Guichenot zählt nämlich 10 Stacheln in der Dorsale und 11 Gliederstrahlen; in allen übrigen Punkten, insbesondere in der eigenthümlichen Zeichnung ist aber die Uebereinstimmung so auffallend, dass ich an der Art-Identität nicht zweifeln möchte und es liegt die Vermuthung nahe, dass Guichenot vielleicht die Zahl der Dorsalstacheln irrig angegeben haben dürfte. Aulacocephalus SeJilegelii Gthr. Die von Guichenot in dem früher citirten Werke auf pag. 24 angeführte Art Aulacocephalus saponaceus Guich. = Centro- pristes saponaceus Val. ist wohl mit Aulacocephalus Schlegelii Gthr. identisch. Von letzterer besitzt das Wiener Museum ein Pracht-Exemplar von der Insel Bourbon. Die Zunge ist unbezahnt. Die Gaumenzähne bilden eine schmale Längsbinde, die Vomer-Zähue einen stark, gekrümmten Bogen. Aiithias (Subg. Henianthias) peruanus n. sp. Char. : Kiemenstrahlen 8. Dritter Dorsalstachel, Ventrale und Caudale stark verlängert. Körpergestalt gestreckt, com- Ichthyologische Beiträge. 379 primirt; Auge gross, Mundspalte schief ansteigend. Rosen- roth mit gelbbraunen Flecken am Rumpfe über und zu- nächst unter der Seitenlinie, auf der Caudale und auf den Gliederstrahlen der Dorsale. Stirne und Schnauze schuppenlos. D. io/15; A. 3/s; L. lat. 54. Beschreibung. Durch das Vorkommen von 8 Kiemenstrahlen und die Schuppenlosigkeit der Stirne unterscheidet sich diese Art, welche an den Küsten Perus nicht häufig gefischt wird, so be- deutend von den übrigen typischen Anthias-Arten, wohin ich Anthias sacer, borbonius zähle, dass die Aufstellung einer be- sonderen Untergattung, vielleicht selbst einer eigenen Gattung, gerechtfertigt sein dürfte. Die grösste Leibeshöhe steht der Kopflänge ein wenig nach und ist etwas mehr als oi „mal, die Kopflänge bis zur vorsprin- genden hinteren Spitze des Suboperkels 25, „mal in der Körper- länge enthalten. Die geringste Leibeshöhe am Schwanzstiele er- reicht kaum 5 l2 der grössten. Der Augendiameter übertrifft ein Fünftel der Kopflänge, die Stirnbreite kommt der Schnauzen- länge gleich und steht der Augenlänge ein wenig nach. Die Mundspalte erhebt sich rasch nach vorne ; der Unter- kiefer springt mit seinem breiten, vorderen Ende über den Zwischenkiefer vor. Der mit Zähnen besetzte Seiteurand des Unterkiefers ist schwach wellenförmig gebogen ; ganz vorne trägt er 2 an der Symphyse getrennte Gruppen kleiner Spitz- zähne mit einem grösseren kegelförmigen Zahne am äusseren und einem kleineren am inneren Rande jeder Gruppe. An den Seiten des Unterkiefers liegt nur eine Reihe kleiner Spitzzähne, die bis zur ersten Wellenspitze etwas an Stärke und Länge zu- und hierauf wieder abnehmen. Aehnlich verhält es sich mit der Bezahnung des Zwischen- kiefers, doch liegen hier an den Seiten o Zahnreihen, von denen die äussere Reihe etwas grössere Zähne enthält, als die beiden inneren. Die Zahnbinde am Vomer ist der Form nach einem Winkel mit gebogenen Schenkeln ähnlich, deren Convexität nach 380 Stein dachner. Innen gekehrt ist; an der Winkelspitze und an den seitlichen Enden steht ein ziemlich grosser, kegelförmiger Zahn. Am Gaumen liegt eine schmale, ziemlich kurze Binde sehr kleiner Spitzzähne in circa 3—4 Reihen. Die Stirne ist ein wenig eingedrückt, schuppenlos, der mediane Occipitalknochen erhebt sich kammfönnig auf der Mitte des Hinterhauptes. Der aufsteigende Vordeckelrand ist ein wenig schief gestellt und mit zahlreichen, kleinen Zähnen besetzt. Der Winkel des Vordeckels ist nach hinten vorgezogen und geht nach unten und vorne unmerklich in den unteren Rand über. An der Winkelspitze liegen 2 breitere, stumpfe Zähne. Der Deckel trägt an der unteren Hälfte des hinteren Randes 2 etwas schief abwärts gestellte, plattgedrückte Stacheln, von denen der obere unbedeutend länger ist. Das Suboperkel zieht sich nach oben in einen häutigen Lappen aus, dessen oberes hinteres Ende die Dornen des Kiemendeckels beträchtlich überragt. Der Rand des Zwischen- deckels ist zahnlos. Der grosse vordere Augenrandknochen ist etwas mehr als 2mal so hoch wie breit oder lang. Mit Ausschluss des stark verlängerten dritten Dorsal- stachels, dessen Höhe fast einer Kopflänge gleichkommt, oder letztere noch übertrifft, nehmen die Dorsalstachel bis zum 6. an Höhe nur allmälig zu; der 7. und 8. sind ebenso lang wie der 6., die beiden letzten ein wenig kürzer. Der 6. Dorsalstachel ist nicht ganz 2mal so lang wie der erste, dieser kaum s/5mal so lang wie der letzte Stachel der Dorsale und circa 3 5mal so lang wie das Auge. Der erste Gliederstrahl der Dorsale ist circa 1 »/smal so lang wie der letzte Dorsalstachel ; die darauffolgenden Glieder- strahlen nehmen massig und gleichförmig an Höhe zu bis zum dritt- oder vorletzten Strahle, welcher circa 1 V2mal so lang wie der erste ist, und der Entfernung des hinteren Augenrandes vom hinteren Kopfende an Länge gleichkommt. Der Ventralstachel kommt I2/3 Augendiametern an Länge gleich; der längste, 3. Gliederstrahl der Ventrale reicht bis zur Basis des vorletzten Analstrahles zurück und ist um einen Augcndiameter länger als der Kopf. Ichthyologische Beiträge. 381 Die 3 Analstacheln nehmen rasch an Höhe zu, der 3. ist etwas mehr als 2mal so lang wie der 1. und circa la 5mal so lang wie das Auge. Der vorletzte, längste Gliederstrahl der Anale gleicht an Höhe der Entfernung des vorderen Augen- randes von dem hinteren Kopfende. Die Caudale ist am hinteren Rande tief eingebuchtet, die mittleren Strahlen der beiden Lappen verlängern sich faden- förmig und übertreffen die Länge des Kopfes um mehr als eine Augenlänge. Die Pectorale gleicht an Länge den höchsten Gliederstrahlen der Anale. Die Ventrale ist senkrecht unter der Pectorale ein- gelenkt. Die Seitenlinie erreicht ihren höchsten Stand unter der Basis des achten Dorsalstachels, von der sie nur durch 31 2 Schuppen- reihen getrennt ist, während zwischen der ersten Schuppe der Seitenlinie und der Basis des ersten Dorsalstachels 9 Schuppen in verticaler Richtung liegen. Zwischen dem Beginne der Seiten- linie und der Basis der Pectorale zähle ich 17 Schuppen. Unter der am höchsten gelegenen Schuppe der Seitenlinie bis zur Bauch- linie hinab finden sich 21 Schuppen vor. Die grösste Leibes - höhe fällt unter die Basis des o. und 4. Dorsalstachels, somit ziemlich weit vor den Höhepunkt der Seitenlinie. Am Schwanz- stücke läuft die Seitenlinie in horizoutalerRichtung etwas über der Höhenmitte der Körperseiten hin. Die obere Protillinie des Kopfes erhebt sich rasch von der Kinnspitze bis zum Hinterhauptsende, und ist nur in der Stirngegend ein wenig eingedrückt. Die Profillinie des Rückens steigt vom Hinterhaupte bis zur Basis des 3. oder 4. Dorsalstachels nicht so rasch an als die Kopflinie und senkt sich weniger längs der Basis der folgenden Dorsalstacheln herab, als längs der des gliederstrahligen Theiles derselben Flosse. Die Caudale ist zum grössten Theile dicht beschuppt, die Pectorale nur zunächst der Basis; am gliederstrahligen Theile der Dorsale und Anale bemerkt man nur einen sehr kurzen, schmalen Schuppenstreif zwischen je 2 Strahlen. Am Kopfe sind die Knochen des Augenringes , die Stirne und die Schnauze, Zwischen- und Unterkiefer schuppenlos, wahrscheinlich auch der Überkiefer. Auf den Wangen liegen die Schuppen in 7 Reihen. 382 S t e i n d a c h n e r. Fundort: Payta, Trujillo. Das Museum zu Cambridge (Mass.) besitzt ein Exemplar von erstgenannter Localität; das "Wiener Museum von letzterer (durch Herrn Salmin). Chelmo pulcher n. sp. Die grösste Körperhöhe ist c. 2 mal in der Totallänge ent- halten, die Kopflänge c. 41/4mal. Die Länge der Schnauze ver- hält sich zur Kopflänge wie 1 : 23/4, das Auge zu letzterer wie 1 : 43/4. Die Stirnbreite beträgt c. l*/4 Augenlängen. Die Profillinie des Kopfes fällt von der Basis des ersten Dorsalstachcls sehr steil , fast vertical zum Auge ab, und biegt hier rasch zur Schnauze um. Der Bücken ist bogenförmig gekrümmt, die grösste Höhe des Rumpfes fällt unter die Basis des letzten Dorsalstachels. Die Länge der vordersten Zähne in der Mitte des Unter- kiefers beträgt fast einen halben Angendiameter, und die läng- sten Zähne im Zwischenkiefer sind beiläufig halb so lang, wie die gegenüberliegenden im Unterkiefer. Der hintere Vordeckelrand ist ein wenig nach hinten geneigt und bildet mit dem unteren Rande nahezu einen rechten Winkel. Beide Ränder sind fein gezähnt. Das Praeorbitale ist länger als das Auge und fast 2mal so lang wie hoch. Der Knochenrand über dem Auge tritt stark her- vor, und bildet eine Art Kante. Die Dorsalstacheln sind kräftig; der letzte ist circa l3 4mal in der Kopflänge, der erste nahezu 3'4mal in der Höhe des letzten enthalten. Der längste Gliederstrahl der Dorsale erreicht 2/3 der Kopflänge. Der obere Rand der Gliederstrahlen ist gerundet, ebenso der untere Rand der getheilten Strahlen in der Anale. Die Randstrahlen der Caudale, welche eine Koptlänge er- reicht, sind über den quer abgestutzten hinteren Flossenrand ein wenig vorgezogen. DiePectorale ist unbedeutend länger als die Ventrale, deren erster Gliederstrahl in einen kurzen Faden ausgezogen ist, welcher bis in die nächste Nähe der Analgrube reicht. Ichthyologischc Beiträge. 383 Der Ventralstachel übertrifft an Länge nur wenig die Hälfte des Kopfes und ist um circa 1 Augendiameter kürzer, als der darauffolgende Gliederstrahl. Die grössten Leihesschuppen liegen zunächst hinter der Pectoräle in der ganzen Pectoralgegend; von hier an nehmen sie rasch gegen die Dorsale und Anale an Grösse ah. Die Seitenlinie durchbohrt 35 Schuppen. Vom hinteren seit- lichen Kopfende an bis zur Caudale liegen 39 Schuppen in einer geraden Linie, 11 Schuppen zwischen der Basis des ersten Dor- salstachels und der Seitenlinie, 19z\vischen der höchsten Schuppe der Seitenlinie und der Bauchlinie und c. 24 in der grössten Leiheshöhe vom Dorsalrande herab bis zur Bauchlinie. 14 Schup- pen endlich fallen zwischen die Basis der Pectoräle und die Seiten- linie in verticaler Richtung. Die Dorsale und Anale sind in dem von Gliederstrahlen gebildeten Theile nur mit Ausnahme des hell gesäumten Rand- stückes mit kleinen Schuppen dicht besetzt, während der stache- lige Theil der Anale nur bis zur halben Höhe beschuppt ist. Die Caudale ist am unteren und oberen Randtheile und auf den mittleren Strahlen nur in der kleineren basalen Längenhälfte beschuppt. Auf der Pectoräle reichen die Schuppen nicht weit über das vorderste Längenfünftel der Flosse zurück. Die vorderen Dorsalstacheln sind nur im untersten Längen- viertel mit einer Schuppenscheide überdeckt. Vom vierten Stachel an nimmt die Schuppenscheide rasch an Höhe zu, und lässt zu- letzt nur die Stachelspitzen frei. Die Grundfarbe des Körpers ist gelblich; 3 — 4 schmale, schwach ausgeprägte Binden ziehen von der Basis des stacheligen Theiles der Dorsale, den Querschuppenreihen folgend, bis zurPec- toralhöhe herab. Die Breite einer Binde gleicht der Breite einer Schuppenreihe. Ein schwärzlicher Strich oder Fleck liegt am unteren und oberen Theile des Auges. Eine schwärzlichblaue Binde beginnt nahe über der Basis der ersten Dorsalstacheln wie ein schmaler Streif, steigt im weiteren Verlaufe höher die Stacheln hinan, und nimmt zugleich rasch an Breite zu. Die grösste Breite erreicht diese Binde in der Mitte des gliederstrahligen Theiles der Dorsale und über- 384 S t e i n d a c h n e r. deckt ihn hier von der Basis an bis zu dem schmalen hellen Bandsaum, der die ganze Bückenflosse ziert. Aehnlich verhält es sich mit der Anale, doch erreicht die dunkelblaue Binde auf dieser Flosse nicht ganz die beträcht- liche Breite wie auf der Dorsale, indem das ganze basale Län- genviertel der Anale die Grundfarbe des Rumpfes zeigt. Auch ist der helle Randsaum am Ende der Glicderstrahlen der Anale ein wenig breiter als auf dem entsprechenden Theile der Dorsale. Ein goldbrauner Streif begränzt ferner die dunkelblaue Anal- binde am oberen Rande und ein heller Saum am hinteren Rande. Die Caudale ist am oberen und unteren Rande hellgelb. Der mittlere Theil derselben trägt einen indigoblauen schmalen Streif längs dem oberen Rande jedes über der Mittellinie der Flosse gelegenen Strahles und längs dem unteren Rande der übrigen uuteren Strahlen. Eine graue Längsbinde beginnt am unteren kleinen schwar- zen Augenfleck, und zieht längs dem Praeorbitale zur Seite der Mundspalte herab Fundort : Mauritius. Das typische Exemplar dieser Art befindet sich im Museum zu Cambridge (Mass.) und wurde von Herrn Pike eingesendet. Centrolophus peruan/us n. sp. Körperform dem Centrolophus ovalis C. V. sehr ähnlich. Die Kopflänge ist nahezu 3mal, die Leibeshölie Spinal in der Körperlänge, der Durchmesser des Auges c. 5mal, die Länge der Schnauze etwas mehr als 34/, — nahezu 4mal, die Stirnbreite nicht ganz 3 — 32 .mal in der Kopflänge enthalten. Nur eine einzige Reihe zahlreicher, kleiner Zähnchen liegt an den Rändern der Zwischen- und Unterkiefers. Vomer und Gaumen sind zahnlos. Die Mundwinkel fallen unter den Vorderrand des Auges. Die Stirne ist sehr stark gewölbt. Der hintere Vordeckelrand steht nahezu vertical, und wird von dem stark abgerundeten breiten Winkelstücke des Vordeckels weit nach hinten überragt. Der untere Rand des Praeopcrkels ist massig convex. Der Kiemendeckel endigt in 2 platte, fast Ichthyologische Beiträge. 385 häutige Spitzen, von denen die untere weiter zurückreicht, als die obere und von dieser durch einen halbmondförmigen Ein- schnitt getrennt wird. Das obere hintere Ende des Unterdeckels überragt die untere Operkelspitze nach hinten. Die Wangen und sämmtliche Deckelstücke sind mit dünnen •Schuppen besetzt, die unter der dünnen Haut halb oder ganz verborgen liegen. Die Oberseite des Kopfes ist in der Hinter- hauptsgegend mit netzförmigen Kanälen durchzogen, ebenso das grosse, schuppenlose Randstück am Vordeckel-Winkel. Die kurzen, verhältnissmässig zarten Stacheln nehmen bis zum letzten, 8. oder 9. allmälig an Höhe zu. Sie sind nur sehr wenig beweglich und die 2 letzten liegen von der Haut fast voll- ständig umhüllt am Vorderrande des gliederstrahligen Theiles der Dorsale, dessen 2. und 3. höchster Strahl c. 21/, — 3mal in der Kopflänge enthalten ist. Die Pectorale ist sehr lang, sichelförmig gebogen, die mittleren längsten Strahlen im oberen Theile derselben über- treffen an Länge den Kopf, oder sind nur unbedeutend kürzer als letzterer. Die Anale enthält 3 Stacheln, welche zum grossen Theile den Vorderrand des ersten, viel längeren Gliederstrahles der Anale decken, und unter der allgemeinen Flossenhaut verborgen liegen. Der erste Analstachel ist äusserst kurz, der 3. übertrifft an Höhe kaum die Hälfte der Schnauzenlänge. Der 2. und 3. längste Gliederstrahl der Anale erreicht beiläufig !/3 der Kopflänge. Die Ventralen sind hinter der Pectorale eingelenkt und verhältnissmässig von geringer Entwicklung. Der Ventralstachel ist dünn, etwas mehr als l3/4mal in der Länge des darauffolgen- den Gliederstrahles enthaltend. Der letzte Gliederstrahl ist am Innenrande der ganzen Länge nach durch eine Haut mit dem Bauchrande verbunden. Die Schwanzflosse ist von bedeutender Länge, sehr tief halbmondförmig eingeschnitten; die Lappen spitzen sich gegen das hintere Ende rasch zu. Die Länge eines Lappens erreicht nahezu eine Kopflänge. Die Seitenlinie durchbohrt 80 — 90 Schuppen am Rumpfe, und c. 4 — 5 auf der überschuppten Basis der Schwanzflosse. 386 Stein d a c li n e r. Zwischen der Linea lateralis und den ersten Gliederstrahlen der Dorsale liegen c. 12 — 14 Schuppen in einer verticalen Reihe. Ueber die Wurzel der Gliederstrahlen der Dorsale und Anale legen sieh 3 — 5 Reihen schmaler, länglicher Schuppen. Die schuppenlosen Theile des Kopfes sind: die ganze Oberseite, der Unterkiefer, das Praeorbitale, das Randstück, des Vordeckels und der Kiemendeckel, welcher nur im obersten Theile be- schuppt ist. Die Oberseite des Kopfes, der Rumpf bis zur Seitenlinie herab, die Dorsale, Caudale und der daranstossende Theil des Schwanzstieles, die Hinterseite der langen Pectorale und der freiliegende Theil des Schultergürtels sind rauchgrau oder auch dunkelviolett; der übrige Theil des Körpers ist goldgelb und wie die Ventrale und Anale in der Regel mit sehr kleinen violetten Pünktchen übersäet. Zuweilen ziehen einige graue oder violette Streifen von der dunkleren Grundfarbe des Rückens schief gegen den Bauchrand hinab. D. 8—9/26—28 ; A. 3/18 ; P. 22. L. lat. c. 80—90 12—14 L. transv. 1 c. 24—30 bis zur Ventr. Ich fand diese Art im Mai 1872 in grosser Menge am Fisch- markte zu Callao. Sie hält sich nach Aussage der Fischer in bedeutender Tiefe auf, und wird daher nur einzeln mit Angel- haken gefangen. Bisher war keine Centrolophus-Art aus dem stillen Ocean bekannt. Naseus punctulatus C. V. Auge oval, 3*/3mal, Schnauze l1 3mal, Stirnbreite 31 3mal in der Kopflänge enthalten, welche letztere 4* .mal in der Total- länge begriffen ist. Zähne etwas gebogen, schmal, an den Seitenrändern äus- serst fein gekerbt, jederseits 14 im Oberkiefer und 15 — 13 im Unterkiefer. Stirne breit, wulstig am vorderen Seitenrande des Auges. Die Schnauze fällt vom Auge steil im Bogen zur Mund- spalte ab. Die Rückenlinie ist zunächst den Dorsalstacheln stark gebogen. Ichthyologische Beiträge. 387 Vom vorderen Augenrande zieht eine kurze schmale Leiste schief nach vorne; über ihr liegen die beiden Karinen, von denen die obere hintere spaltenförmig, die vordere rundlich ist. Unter der Leiste liegt eine längliche, halbmondförmige Grube. Der hintere Rand des Vordeckels ist schief gestellt und bildet einen stumpfen Winkel mit dem unteren Rande. Die Zahl der Dorsalstacheln beträgt 5, sie sind ausge- zeichnetheteracanth. Der erste übertrifft jeden der folgenden nur wenig an Höhe, die c. l%mal in der Kopflänge enthalten ist. Die 28 Gliederstrahlen der Dorsale nehmen bis zum letzten all- mälig au Höhe ab, der erste ist c. 21/9mal, der letzte fast 4mal in der Kopflänge enthalten. Die Anale besitzt 2 Stacheln; der erste ist breiter und stärker, aber etwas kürzer als der 2. und c. Spinal in der Kopf- länge enthalten. Die ersten Gliederstrahlen der Afterflosse neh- men bis zum 5. nur sehr wenig an Höhe zu und erreichen an diesem e. 5/12 der Kopflänge; der erste Gliederstrahl ist c. 22/3 mal in der Kopflänge enthalten. Die folgenden Analstrahlen nehmen an Höhe ab, so dass der letzte c. 3* 4mal in der Kopflänge begriffen ist. Die Ventrale enthält 1 Stachel und 3 Gliederstrahleu; ersterer ist nur wenig kürzer als der erste Gliederstrahl, dessen Länge c. I3 4mal in der Kopflänge enthalten ist. Die Pectorale übertrifft % der Kopflänge, und enthält 18 Strahlen. Die Schwanzflosse ist halbmondförmig ausgebuchtet, eben so lang wie der Kopf und wie der gliederstrahlige Theil derRücken- und Afterflosse hell gesäumt. Am dünnen Schwanzstiele liegen 2 runde Platten mit cen- traler Längenleiste. Die Körperschuppen fühlen sich sehr rauh an, da die ganze breite Aussenfläche mit Zähnchen besetzt ist. Rücken grau, gegen den Bauch schmutzig gelblich. Ein schwarzer Fleck über dem Augapfel. Zahlreiche, runde, dunkle Flecken am Körper, auf der Dorsale, Caudale und Anale. Die Brust- und Bauchflossen, sowie der untere Theil des Rumpfes über der Bauchlinie sind ohne Flecken. Die Rumpfflecken neh- men übrigens gegen die Körperseiten herab an Grösse allmälig ab. 388 Steindachner. Die Flecken auf der Dorsale sind im vorderen Theile der Flosse am grössten und liegen daselbst in 4 horizontalen Reihen, weiter zurück nehmen sie ein wenig an Umfang ab, und bilden 3 Reihen. Auf der Anale sind die Flecken zahlreicher, aber kleiner, und es liegen deren 3 — 6 zwischen je 2 Strahlen. Die Pseudobranchien sind sehr stark entwickelt, die oberen Blättchen derselben sind fast grösser als die am ersten Kiemen- bogen. Totallänge des beschriebenen Exemplares (im Museum zu Cambridge, Mass.) 10yz Zoll, Fundort: Mauritius. Diese Art wurde von Cuvier und Valenciennes nur nach einer Abbildung Vlamings kurz beschrieben, und es scheint das im Museum zu Cambridge befindliche Exemplar, welches von Herrn Pike eingesendet wurde, ein Unicum zu sein. Die auf Tafel I gegebenen Abbildungen wurden nach meinen Original-Skizzen von Konopicky's Meisterhand ausgeführt. i Pellona Fürthii n. sp. Leibeshöhe 22/3 — 26/7mal, Kopflänge 33/4 — nahezu 4m al in der Körperlänge, Augendiameter 26/7 — 32/5mal in der Kopflänge enthalten. Bauchlinie bis zur Analmündung sehr stark bogenförmig gekrümmt, obere Profillinie des Kopfes schwach concav und wie die schwach gebogene Nackenlinie rasch zur Dorsale ansteigend. Die Basislänge der Anale verhält sich zur Körperlänge wie 1 : 2%-2%. Die ersten 5 — 7 Analstiahlen fallen noch unter die Dorsale in verticaler Richtung; die Dorsale liegt um nahezu eine Augen- länge näher zur Schnauze als zur Basis der Caudale. Mundspalte stark aufwärts gebogen, Unterkiefer weit vor- springend. Schnauzenlänge c. 2/3 des Augendiameters gleich. Stirne schmal mit nach hinten divergirenden Leisten, und 3mal in der Augenlänge enthalten. Feine Zähnchen am Rande des Zwischenkiefers und am vor- deren freien Seitenrande des Maxillar-Knochens, ferner vorne im Unterkiefer, am CJauinen auf der Zunge und auf den Flügel- knochen. Voiner zahnlos. Ichthyologische Beiträge. 389 Bis zur Ventrale liegen am Bauchrande 22—24, hinter der Ventrale 12—13 Dornen. Die Schuppen sind ziemlieh gross, e. 54 — 56 liegen zwischen dem Sehultergürtel und der Basis der Caudale in einer horizon- talen Linie. Pectofale hellgelb, im hinteren Theile schwarz puriktirt. ebenso die Caudale an den Rändern Die Anale ist schwärzlich gesäumt. D. IG— 17 ; A. 49-50. Diese Art kommt sehr häufig in der Bay von Panama vor, und erreicht eine Länge von kaum mehr als 11 iL Zoll. Ich erlaube mir diese, wie ich glaube, noch unbeschriebene Art Herrn Ign. Fürth , österr. Consul in Panama, zu widmen, welchem das Wiener Museum für die Einsendung so vieler, seltener Säug ethiere und Fische zu grossem Danke verpflichtet ist. Pellona pcmcvmensis n. sp. Leibeshöhe 3l/6 — 3*/5mal, Kopflänge 33/5 — 3*/5mal in der Körperlänge, Augendiameter 32/. — 35/6mal in der Kopflänge, Stirnbreite mehr als 3 — fast 4mal in der Augenlänge enthalten. Bauchlinie bis zur Analmündung sehr schwach gebogen, obere Profillinie des Kopfes concav, Nackenlinie massig gebogen, Mundspalte schief gestellt, mit stark vorspringendem Unterkiefer. Bezähmung wie bei P. Fürthii. Auge gross, Schnauzenlänge c. l'/ginal im Augendiameter enthalten. Stirne schmal mit nach hinten divergirenden Leisten. Die Dorsale beginnt in der Rumpfmitte oder liegt um c. 3/5 — 2/3 des Augendiameters näher zur Schnauze, als zur Basis der Caudale. Der Beginn der Anale fällt unmittelbar hinter das Ende der Dorsale in vertikaler Richtung. Vorder Ventrale liegen 22 — 23, hinter derEinlenkungsstelle derselben bis zur Aftermündung 12—13 Stacheln am Bauchrande. Die Basislänge der Anale ist 22/3 — 2*/5mal in der Körper- länge enthalten. Zwischen dem seitlichen hinteren Kopfende und der Basis der Caudale liegen c. 59 — 56 Schuppen in einer hori- zontalen Linie und c. 21—22 zwischen der Dorsale und dem Bauchrande hinter der Ventrale in einer verticalen Linie. Körper- färbung wie bei P. Fürthii. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. -'' 390 Steindachner. Ichthyologische Beiträge. D. 16—17 A. 49-51. Fun d ort: Panama. Diese Art unterscheidet sich von P. Fürthii durch die gestrecktere Körpergestalt und die bedeutend schwächere Krümmung der Bauchlinie. Auch ist die Schnauze etwas länger, und die vorderen Analstrahlen fallen mit ihrer Basis hinter die Dorsale. Die grössten Exemplare, die ich im Juni und Juli 1872 in Panama am Fischmarkte erhielt, sind 161 k Zoll lang. T a f e 1 - E r k 1 ä r u n g- . Fig. 1. Naseus punctulatus C. V. im 2 ., nat. Grösse. „ 2. Kieferzähne, vergrössert. „ 3. Schuppen, „ < : CQ CO na :/: 2 cd 1 C s e' ei 391 XXIII. SITZUNG VOM 22. OCTOBER 1874. Herr Prof. Dr. Ludwig Boltzmann erstattet seinen Dank für seine Wahl zum correspondirenden Mitgliede der Akademie. Derselbe übermittelt ferner einen Nachtrag zu seiner in der Sitzung am 8. October vorgelegten Abhandlung: „Zur Theorie der elastischen Nachwirkung." I. Herr Dr. L. J. Fitzinger erstattet Bericht über die von ihm, mit Unterstützung der Akademie, an den oberösterreichi- schen Seen und in den dortigen Anstalten für künstliche Fisch- zucht gewonnenen Erfahrungen, bezüglich der Bastardformen der Salmonen. Herr Dr. J. Peyritsch legt eine Abhandlung vor, betitelt: „Zur Synonymie einiger Hippocratea- Arten." An Druckschriften wurden vorgelegt: Academie Royale de Copenhague: Memoires. Classe des Lettres. Vol. IV, Nr. 10. Copenhague, 1873; 4°. — Bulletin pour 1873. Nrs. 2—3. Copenhague; 8°. — Imperiale des Sciences de St.-Petersbourg: Memoires. VIP Serie, Tome XIX, Nrs. 8—10; Tome XX, Nrs. 1—5; Tome XXI, Nrs. 1—5. St.-Petersbourg, 1873 & 1874; 4°. - Bulletin. Tome XVIII, Nrs. 3—5; Tome XIX, Nrs. 1 — 3. St.-Petersbourg, 1873 & 1874; 4Ü. — Repertorium für Me- teorologie. Band III. St. Petersburg, 1874; 4°. Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss. , zu Berlin: Monatsbericht. August 1874. Berlin; 8U. — der Wissenschaften und Künste zu Agram : Rad. Knjiga XXVIII. U Zagrebu, 1874; 8°. — Monumenta spectantia historiam Slavorum meridionalium. Vol. IV. U Zagrebu, 1874; 8°. — Stari pisci hrvatski. Knjiga VI. U Zagrebu, 1874; 8°. 26* 392 American Chemist. Vol. V, Nr. 1. New- York, 1874; 4°. — Journal of Science and Arts. Third Seres. Vol. VI,Nrs. 35 — 3G; Vol. VII, Nrs. 37—42. New Haven, 1873 & 1874; 8°. Annalen (Justus Liebig's) der Chemie. Band 173, Heft 2&3; Band 174, Heft 1. Leipzig & Heidelberg, 1874; 8°. Annales des mines. VIP Serie. Tome V, lre Livraison de 1874. Paris; 8°. Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXIX, Nr. 14. Paris, 1874; 4°. Gesellschaft, Estnische, zuDorpat: Verhandlungen. VIII. Bd., 1. Heft. Dorpat, 1874; 8°. — Sitzungsberichte. 1873. Dor- pat, 1874; 8°. — Nat urforschende, in Emden: LIX. Jahresbericht. 1873. Em- den, 1874; 8°. — Astronomische, in Leipzig: Vierteljahrsschrift. IX. Jahrgang. 2. Heft. Leipzig, 1874; 8°. — XIII. Publication: Beobach- tungen der Sonnenflecken zu Anclam von G. Spörer. Leipzig, 1874; 4°. — Senckenbergische naturforschende: Abhandlungen. IX. Ban- des 1. & 2. Heft. Frankfurt a. M., 1873; 4°. — österr., für Meteorologie : Zeitschrift. IX. Band, Nr. 20. Wien, 1874; 4«. Gewerbe -Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXXV. Jahrgang. Nr. 42. Wien, 1874; #. Jena, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1873/4. 4° & 8°. Landbote, Der steirische. 7. Jahrgang, Nr. 21. Graz, 1874; 4°. Lot os. XXIV. Jahrgang. August & September 1874. Prag; 8°. Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 20. Band, 1874, VII.— IX. Heft. Gotha; 4". Natur e. Nr. 2ö9, Vol. X. London, 1874; 4°. Nu ovo Cimento. Serie 2\ Tomo XII. Luglio e Agosto 1S74. Pisa; 8°. 0 s s e r v a t o r i o, Reale, di Brera in M ilano : Pubblicazioni Nr. VII, parte 3l. Milano & Napoli, 1*74; 4°. Philoniathie in Neisse: XVIII. Bericht. Neisse, 1874; 8°. Repertorium für Experimental-Physik etc. von Ph. Carl. X. Band, 2., 3. ,t 4. lieft. München, 1S74; 8«. 393 Revista de Portugal e Brazil. 2" Vol. Nr. 7 — 11. Lisboa, 1874; 4°. — de la Universidad de Madrid. 2a Epoca. Tomo III, Nr. 5 — 6 ; Tomo IV, Nr. \—2. Madrid, 1874; gr. 8°. „Revue politique et litteraire" et „Revue des cours scientifiques de la France et de l'etranger/' IVe Annee, 2me Serie, Nr. 16. Paris, 1874; 4Ü. Sociedad Mexicana de historia natural: La Naturaleza. Tomo II. Entrega Nr. 40—42. Mexico, 1873/4; 4°. Societe Botauique de France: Bulletin. Tome XXIe, 1874. Comptes rendus des seances. 2; Revue bibliographique A. Paris; 8°. — Geologique de France: Bulletin. 3e Serie. Tome II. 1874. Nrs. 3—4. Paris ; 8°. — Mathematique de France: Bulletin. Tome II. Nrs. 3 — 4. Paris, 1873; 8°. — des Ingenieurs civils : Memoires et comptes rendus des tra- vaux. 3e Serie, 27e Annee, 2e Cahier. Paris, 1874; 8°. — Imperiale de Medecine de Constantinople : Gazette medicale d'Orient. XXVIP Annee, Nr. 12; XVIIP Annee, Nrs. 1-4. Constantinople, 1874; 4°. Society, The Asiatic, ot'Bengal: Journal. Part I, Nr. 4. 1873; Part I, Nr. 1. 1874; Part II, Nr. 4. 1873; Part II, Nr. 1. 1874. Calcutta; 8°. — Proceedings. 1874. Nrs. I — V. January-May. Calcutta; 8°. — The Royal Astronomical, of London : Monthly Notices. Vol. XXXIV, Nr. 8. June 1874. London, 8°. — The Royal Geographica!, of London: Journal. Vol. XLIII. London. 1873; 8°. — Proceedings. Vol. XVIII, Nr. 4. London, 1874; 8°. — The Royal, of Edinburgh: Transactions. Vol. XXVII, Part I. For the Session 1872 — 73. 4°. — Proceedings. Session 1872—73. Vol. VIII. Nrs. 85- 8(3. 8°. Verein für Erdkunde zu Dresden: X. Jahresbericht. Dresden, 1874; 8°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 42. Wien, 1874; 4". 394 Bericht über die an den oberösterreichischen Seen und in den dortigen Anstalten für künstliche Fischzucht gewonnenen Erfahrungen bezüglich der Bastard formen der Salraonen. Von dem w. M. Dr. Leop. Jos. Fitzinger. Ich habe die Obliegenheit der geehrten Classe Bericht über meinen Ausflug nach Salzburg und den oberösterreichischen Seen zu erstatten, den ich mit Hilfe einer mir gütigst bewilligten Subvention im Laufe des Monats September d. J. unternommen habe, und dessen Hauptzweck darin bestand, über die Fort- pflanzungsfähigkeit der Fischbastarde Erfahrungen zu sammeln und nach Möglichkeit diese seither noch ungelöste Frage auf- zuhellen. Sichere Aufschlüsse hierüber konnte ich nur in den beiden oberösterreichischen Fischzucht-Anstalten zu erlangen hoffen, von denen sich eine zu Morzg, nächst Hellbrunn bei Salzburg, die andere in der Radau am Aber-See befindet. Die erste derselben, welche den Namen „Erste öster- reichische Central-Anstalt für künstliche Fischzucht in Salz- burg" führt, ist ein Eigenthum der landwirtschaftlichen Gesell- schaft zu Salzburg und unter die Oberaufsicht eines besonderen Verwaltungs-Ausschusses und die Leitung eines Directors ge- stellt, mit welchem Posten dermalen Herr Gott ein in Salz- burg betraut ist, während die praktische Durchführung dieses Geschäftes, nämlich die Zucht und Haltung der Fische, dem Fischmeister Herrn Andreas Schreyer übertragen ist. Die letztere der genannten Anstalten für künstliche Fisch- zucht isteinPrivateigenthumdes Fischmeisters Franz Höplin- ger zu St. Wolfgang am Aber-See. Bericht über die Fischzucht in den oberösterr. Seen. 395 Derselbe hatte schon früher eine solche in der Bärau am Aber-See angelegt, sah sich aber später , und zwar schon vor mehreren Jahren, genöthigt, dieselbe gänzlich aufzugeben, da durch die Abflüsse aus der in der Nähe gelegenen Papierfabrik das Wasser im Zuchtteiche verdorben wurde und dieser daher zum Grossziehen der Fische nicht mehr verwendet werden konnte. Er entschloss sich sonach seine künstliche Fischzucht in die Radau am Aber-See zu verlegen und beabsichtigte Anfangs fünf Zuchtteiche daselbst anzulegen; doch gab er diese Absicht später auf und beschränkte sich auf die Anlage nur eines einzi- gen grösseren Teiches, welcher dazu bestimmt ist, die bereits grösser gewordenen jungen Fische aufzunehmen. Beide dieser Anstalten für künstliche Fischzucht beschäf- tigen sich aber nur mit den edleren , einen höheren Ertrag ab- werfenden Fischen, und zwar aus der Familie der Salmonen, keineswegs aber mit jenen aus der Familie der Cyprinen, deren Arten in den oberösterreichischen Seen überhaupt nur wenig vertreten und grösstentheils beinahe völlig werthlos sind. Die Arten, welche in der Zucht-Anstalt zuMorzg bei Hellbrunn nächst Salzburg gezogen werden, sind der Huche (Salmo Hucho) , der Saibling (Salmo Salvelinus), die Lachs-Forelle (Trutta lacustris), die See-Forelle (Trutta Fario, lacustris) , die Bach - Forelle (Trutta Fario rivularis) , die Reinanke (Coref/onus Wartmannt) und die Asche (Thymallus vexillifer.) Ausserdem werden daselbst aber auch noch Bastarde von Saibling- Weibchen (Salmo Sahelinus) und See - Forellen- Männchen (Trutta Fario, lacustris) grossgezogen und diese so- wohl, als auch der von See-Forellen befruchtete Saibling-Laich, aus welchem diese Bastarde in Folge künstlicher Befruchtung hervorgehen, wieder weiter verkauft. Endlich beschäftigt sich diese Anstalt auch noch mit dem Verkaufe der Eier des Rhein-Lachses (Salar communis), welche jedoch nur vom Auslande her bezogen und hier nicht weiter ent- wickelt werden. Fischmeister Höplinger zieht hauptsächlich den Saibling (Salmo Salvelinus), die Lachs-Forelle (Trutta lacustris) und 396 Fitzinger. die See-Forelle (Trutta Fario, lacustris), so wie auch Bastarde von Lachs-Forellen-Weibchen (Trutta lacustris) und Saibling- Männchen (Salmo Salvelinus) , weniger dagegen Bach-Forellen (Trutta Fario, rivularis) und Reinanken (Coregonus Wartmanni), und beschäftigt sich fast ausschliesslich mit dem Verkaufe gross- gezogener Fische und nur selten auch mit jenem der Eier. Ueber die von Saibling-Weibchen (Salmo Salvelinus) und See-Forellen - Männchen (Trutta Fario , lacustris) zu Morzg gezogenen Bastarde kann ich Folgendes berichten : Ich habe Gelegenheit gehabt, wohl mehrere Tausende solcher Bastarde in dem dortigen Teiche in den verschiedensten Altersstufen und bis zu einer Länge von 2 — 2x/t Fuss und einem Gewichte von 4 — 7 Pfund zu sehen, und zwar je nach ihrer ver- schiedenen Grösse in besonderen, durch Bretterwände von ein- ander geschiedenen Abtheilungen des Teiches abgesondert. Ihre stumpfere, breitere Schnauze und der dickere Leib Hessen sie auf den ersten Blick vom Saiblinge (Salmo Salve- Haus) unterscheiden, so wie auch die dunklere und mehr grau- liche Färbung des mit grossen breiten und beinahe halbmond- förmig gestalteten schwärzlichgrünen Flecken besetzten Leibes, welche fast querbindenartig vertheilt sind, während an den Bauchflossen der dem Saiblinge eigene weisse Randstreifen — wenn auch weit minder deutlich — bei denselben zu erken- nen war. Wie behauptet wird, sollen derlei Bastarde nur selten in den Seen Oberösterreichs im freien Naturzustände vorkommen, und blos in dem hochgelegenen Hinter-See bei Berchtesgaden häufiger angetroffen werden. Was die von Herrn Höplinger in der Radau am Ab er- See gezogenen Bastarde von Lachs-Forellen-Weibchen (Trutta lacustris) und Saibling-Männchen (Salmo Salvelinus) be- trifft, so sind dieselben auf dem Rücken bräunlichgriin und auf demBauche röthlichweiss, während die Seiten mit schwärzlichen Flecken besetzt sind. Ihr Wachstimm geht nur langsam vor sich, denn unter einer Anzahl von 300-400 Stücken, haben bei einem Alter von 2% Jahre, nur 10 Stücke ein Gewicht von l1 4— l1,., Pfund, während die übrigen weit hinter diesen zurückbleiben. Bericht über die Fischzucht in den oberösterr. Seen. 397 Bemerkenswert!] ist, dass bei diesen durch künstliche Be- fruchtung erzeugten Bastarden häufig Missbildungen sich erge- ben und sehr oft aus einem scheinbar einfachen Eie sich zwei Embryonen oder auch doppelköpfige entwickeln. Der Aussage Höplinger's zufolge, kommen in den meisten oberösterreichischen Seen, in denen die beiden Stamm- ältern angetroffen werden, bisweilen auch Bastarde derselben im freien Naturzustände und ohne dahin erst eingesetzt worden zu sein, vor; doch werden sie nie in grösserer Menge daselbst und meistens nur vereinzelt eingefangen. Da eine der Hauptaufgaben, die ich mir gestellt hatte, darin bestand, mir die Ueberzeugung zu verschaffen, ob die in diesen beiden Anstalten gezogenen Bastarde fruchtbar seien, so war mir vor Allem daran gelegen, die von den beiden Züchtern Schreyer und Höplinger wrährend einer Reihe von Jahren in dieser Beziehung gewonnenen Erfahrungen von denselben zu vernehmen. Beide erklärten mir aber treuherzig und offen, dass es ihnen niemals gelungen sei, eine Fortpflanzung dieser Bastarde zu erzielen und den weiblichen Laich derselben durch künst- liche Befruchtung zu einer weiter vorgeschrittenen Entwickelung zu bringen, indem dieser schon sehr bald zu Grunde ging und vollständig zerfloss. Die aus dem Leibe der Weibchen aus- gedrückten Eier gelangten zwar, nachdem sie im November und December, das ist zur Laichzeit der beiden Stammältern, künst- lich befruchtet worden waren, in ihrer Entwickelung bis zum Beginne der Bildung der Augen, wozu 24 Tage erforderlich waren; niemals war es aber möglich eine weitere Entwickelung derselben, und selbst bei grösster Sorgfalt in der Behandlung, zu erzielen, denn schon nach 30 Tagen starben sie stets rasch nacheinander ab. Nach dieser einstimmigen Aussage glaubwürdiger, in die- sem Fache seit Jahren her erfahrener Personen, dürfte man — wie es scheint — wohl mit vollem Grunde zu der Annahme be- rechtigt sein, dass die Bastarde der genannten Fischarten durchaus unvermögend seien, sich unter sich wreiter fortzupflan- zen und daher auch keinen Anstand nehmen , die Unfruchtbar- keit derselben als eine erwiesene Thatsache zu betrachten. 398 F i t z i n g e r. Eine Bekräftigung und nicht unwesentliche Stütze scheint diese Annahme auch in dem Umstände zu finden, dass man weder in den oberösterreichischen Seen, noch in den in diesel- ben einmündenden Flüssen, solche Rastardformen zu irgend einer Jahreszeit in grösserer Menge, sondern fast immer nur vereinzelt trifft, obgleich auch ein solches häufigeres Vorkom- men derselben keineswegs befremden würde , da man aus Er- fahrung weiss, dass die Männchen des Saibling (Salmo Sahelinus) den Lachs-Forellen-Weibchen (Trutta lacustris) und die See- Forellen-Männchen (Trutta Fario, lacustris) den Saibling-Weib- chen (Salmo Salvalinus) zur Laichzeit bisweilen in die Bäche nachziehen. Wenn aber schon einfache Bastarde daselbst nur selten angetroffen werden, um wie viel weniger lässt sich dann an eine Fortpflanzung derselben denken. Jedenfalls scheint die Unfruchtbarkeit dieser Bastarde als eine erwiesene Thatsache betrachtet werden zu können, und zwar als ein Resultat, das der in neuester Zeit so sehr zur Gel- tung gelangten Descendenz - Theorie keineswegs besonders günstig ist. Eine zweite nicht minder wichtige Frage, deren Lösung ich mir zur Aufgabe gestellt habe, bestand in der Ermittlung, ob der im Traun-, Atter-, Mond- und Fuschl-See zu einer gewissen Zeit, doch immer nur vereinzelt vorkommende Silberlachs oder die sogenannte Maifohre (Salmo Sc/t iffermülleri. Bloch) eine selbstständige Art, odernur eine Varietät der Lachs-Forelle (Trutta lacustris) bilde, oder ob derselbe blos als eine Bastardform, oder wohl gar als eine constant sterile Form der Lachs-Forelle (Trutta lacustris) anzusehen sei, welch' letztere Ansicht zuerst von Siebold ausgesprochen wurde, während Kner, der früher in jener Form eine besondere Art erkennen wollte, zuletzt geneigt war, dieselbe eher noch für eine Bastardform zu halten. Nicht so glücklich war ich mit der Lösung dieser Frage. Das ziemlich seltene Vorkommen dieses Fisches in den genannten Seen und sein fast nur periodisches Erscheinen in denselben, insbesondere im Monate Mai, gestatteten mir nicht auch nur eines einzigen Exemplares dieser Form habhaft wer- den zu können. Bericht über die Fischzucht in den oberößterr. Seen. 399 Ich musste mich daher einstweilen darauf beschränken, vorerst die Erfahrungen jener Personen zu sammeln , welche ihrer langjährigen und unausgesetzten Beschäftigung zufolge, möglichst sichere Aufschlüsse über diese Fischform geben zu können in der Lage sein konnten. Höplinger's Vater, ein alter viel erfahrener Fischer, hatte schon im Jahre 1864, als sich die Anstalt für künstliche Fischzucht am Aber-See noch in der Bärau befand, Bastarde von Saibling-Weibchen (Salmo Salvelinus) mit Lachs-Forellen- Männchen (Trutta lacustris) durch künstliche Befruchtung erzielt und glaubte in denselben junge Silber-Lachse (Salmo Schiffermülleri) erkennen zu dürfen. Dieselben waren von weisslichgrüner Farbe und wuchsen ziemlich rasch heran, da nach Verlauf eines Jahres 6 — 8 Stücke zusammen das Gewicht von einem Pfund erreichten. Franz Höplinger, dessen Sohn, welcher seit jener Zeit eine gleiche Bastardirung nicht versucht hatte , hält diese von seinem Vater ausgesprochene Vermuthung allerdings für wahr- scheinlich, wagt es aber nicht, sich hierüber mit Gewissheit aus- zusprechen. Jedenfalls könne er aber bezeugen, dass er bei keiner von allen Maiföhren (Salmo Schiffermülleri), die ihm seither in die Hände kamen, eine angetroffen habe, bei welcher er Eier oder Milch hätte unterscheiden können, indem nur eine Fettmasse in denselben an deren Stelle vorhanden war. Diese Angabe stimmt vollständig mit den von Siebold gewonnenen Erfahrungen überein, und steht auch mit der von Hecke 1 und Kner gemachten Angabe in einem autfallenderen Widerspruche, zufolge welcher die im Mai gefangenen Weibchen dieses Fisches Eier haben sollen, die noch kaum die Grösse eines Hirsekornes übertretfen. Die Sterilität dieser Form dürfte sonach beinahe als völlig gewiss betrachtet werden können ; doch bleibt immer noch die Erklärung der Ursache derselben eine ungelöste Frage, und wäre insbesondere zu ermitteln, ob diese Form nicht etwa doch nur eine Bastardbildung verwandter Salmonen-Arten sei. Die Herren Schreyer sowohl, als Höplinger haben mir das Versprechen gegeben, bei der nunmehr herannahenden Laichzeit die von Höplinger's Vater im Jahre 1864 ange- 400 Fitzinger. Bericht über die Fischzucht etc. stellten Versuche zu wiederholen und die Eier des Saibling (Salmo Salvelinus) mit der Milch der Lachs-Forelle (Trutta lacustrh) künstlich zu befruchten, um zu ersehen, ob es wirk- lich die Maiföhre (Salmo Schiffermülleri) sei, die sich aus den- selben entwickelt. Ich hoffe künftiges Jahr der geehrten Classe hierüber ge- nauen Bericht erstatten zu können. 401 Zur Synonymie einiger Hippocratea-Arten. Von Dr. J. Peyritsch. Als ich an die Bearbeitung der Hippocrateaceen für die Flora brasiliensis ging, erschien eine von Miers veröffentlichte um- fangreiche Monographie der südamerikanischen Hippocrateaceen. t Ist bereits ein reichliches Pflanzen-Materiale eines grösseren geographischen Gebietes als das zu schildernde wohl bearbeitet worden, so sind die Vorarbeiten wohl um Vieles erleichtert, aber es ist auch das Unternehmen für die später Kommenden weniger dankbar, da in vielen Fällen dem Bearbeiter nichts anderes übrig bleibt, als zu bestätigen, was der andere früher gesehen, wenn auch in allen Fällen eine vollständige Übereinstimmung in den Ansichten wohl nie zu erwarten steht. In seiner Monographie zählt Miers 17 Gattungen südameri- kanischer Hippocrateaceen auf; im ersten Bande des Prodromus von De Candolle, welcher 1824 erschien, sind, mit Ausschluss der indischen Gattung Johnia, vier Gattungen; in Endlicher's Genera plantarum (1840) drei aufgezählt; Hook er und Ben- tham, bei welchen die Hippocrateaceen nur eine Tribus der Celastrineen bilden, behalten in ihrem im Jahre 1862 veröffent- lichten ersten Bande der Genera plantarum nur zwei bei. Die grössere Zahl der Gattungen bei Miers rührt nicht daher, dass er über ein reicheres, anderen nicht zu Gebote stehendes Materiale aus vorher nicht besuchten Gegenden verfügen konnte ; es werden die Gattungen nur enger als von seinen Vorgängern begrenzt. Die Gattung Hippocratea in dem Umfange, wie ihn Ben- tham u. Hook er auffassen, wird bei Miers in fünf Gattungen i Tiansact. of the Linn. Soc. vol. XXVIII. Part IL (1872) p. 319- 432. Tab. XVI -XXXII. 402 Peyritsch. gespalten, nämlich in Hippocratea, Prionostemma, Pristimera, Hylenaea und Cuervea. Wenn wir nun Hippocratea, wie sie Miers umgrenzt, herausheben, so finden wir bei derselben als durchgreifende wesentliche Dift'erentialcharactere das Vorhanden- sein von oblongen, an der Innenfläche bebarteten Petalen und eines konischen, schwachfilzigen Discus. Was nun die Begrenzung der Species betrifft, so finden sich erhebliche Differenzen zwischen Miers und den übrigen bota- nischen Autoren. Beispielsweise mögen die Angaben über die Specieszahl von Hippocratea auf den westindischen Inseln, über die wir eine neuere Arbeit von Grisebach besitzen, verglichen werden.1 Von den fünf bei Grisebach aufgezählten Spe- cies haben nur Hippocratea scandens Jacq. und Hippocratea ovata Lam. bebartete Petalen und einen konischen filzigen Discus, die Hippocratea scuteüata Griseb., Hippocratea comosa Sw. und Hippocratea malpighifolia Rudge schliesse ich der Vergleichung wegen aus, da sie nach Miers nicht zur Gattung Hippocratea gehören. Es werden also bei Grisebach nur zwei Species der Gattung Hippocratea im Miers'schen Sinne an- geführt. Bei Miers finde ich auf den westindischen Inseln neun Species angegeben und diese sind nicht etwa neue, sondern nur von Grisebach und Anderen verkannte Formen. 2 i Flora of the British Westindian Islands. London, 1864. 2 Hippocratea volubilis Linn. sp. ed. I mit dem Synonym H. ovata Griseb. in parte; Hippocratea scandens Jacq. mit dem Citat Griseb. in parte (die westindischen Inseln werden als Vaterland nicht erwähnt); H. Plumieri; H. Vahliana Miers mit dem Syn. H. scandens Griseb. (non Jacq.); H. Swartziana Miers; H. pallidida Miers mit dem Syn. H. ovata Griseb. (non Lam.); //. ovata Lam. mit dem Citat Griseb. (non Lam.); H. ovalifolia Miers mit dem Syn. H. ovata Griseb. in parte (non Lam.); H. integrifolia A. Rieh., bei Grisebach synonym mit H. malpighifolia Rudge. Grisebach (Fl. of Westindian Islands p. 148) citirt bei H. malpighifolia Rudge Gen. t. 8. folgende Synonyme: //. integri- folia Ri eh., //. grandiflora Tay er, //. Kuppler iana Miq. Bei Miers rinden wir l'rionostemma malpighiucfolia Miers mit dem Syn. //. malpighifolia Rudge Gen. t. 8. non Griseb.; l'rionostemma scabridvla Miers mit dorn Syn. H. scutellata Griseb. und //. grandiflora Bayer; Pristimera granu- losa Miers mit dem Syn. //. integrifolia S e e m ;i n n non R i c h. in parte und 11. integrifolia Griseb. (non Rudge) in parte; Pristimera Wrigktiana Miers mit dem Citat //. malpighifolia Grisebach (non Rudge) in parte. Zur Synonymie einiger Hippocratea-AxteVi. 403 Dies sind nur zufällig herausgerissene Beispiele verschie- dener Auffassung in der Begrenzung der Arten; bei genauer Durchsieht der Mi er s 'sehen Arbeit begegnet man ähnlichen allenthalben. Man muss sich billigerweise fragen, wie ist es mög- lich, dass ein Grisebach unter der Hippocratea malpighiae- folia Rudge, wie ich in der Note gezeigt habe, Formen begreift, die ein anderer Forscher als verschiedene Species nicht einer sondern dreier Gattungen erklärt. Wenn Gruppen verwandter Arten Differenzen in der Blüthen- oder Fruchtbildung zeigen, so wird häufig eine Streitfrage erhoben werden können, ob in einein gegebenen Falle die Differenz genügt, um darauf eine neue Gattung zu gründen. Wenn aber gezeigt werden kann, dass die aufgestellten Gattungen weit von einander stehende Arten, die ihre nächsten Verwandten unter anderen Gattungen finden, ent- halten, dann können solche wohl nicht aufrecht erhalten werden, ebenso wenig wie man die vor Tournefort aufgestellten in der Wissenschaft gelten lässt, da die meisten nicht gut gebildet worden sind. Bei der Art sind zwei wesentlich verschiedene Momente zu berücksichtigen. Wenn eine Form mit einer anderen, sie mag noch so verschieden sein, nachweisbar, das heisst erfah- rungsmässig genetisch zusammenhängt, so gehören beide For- men einer und derselben Art an; dies wird von jedermann an- erkannt. Bei exotischen, im getrockneten Zustande vorliegenden Pflanzen fehlt aber in der Regel jeder Anhaltspunkt, diesen Grundsatz anwenden zu können, weil dessen Anwendung eine längere Beobachtungszeit der einzelnen Individuen voraussetzt. Es bleibt bei solchen Pflanzen nichts anderes übrig, als die For- men zu vergleichen, die Formenkreise so weit sie unter einander abgeschlossen sind, abzugrenzen und bei denselben die Varia- tionen hervorzuheben. Finden sich zwischen noch so abweichen- den Formen verbindende Mittelglieder, die eine lückenlos ver- bundene Formenreihe herstellen lassen, so muss dieser Thatsache im Systeme Ausdruck gegeben werden. Bei Bearbeitung eineu kleinen Materiales wird der in der Natur vorhandene und zu- sammenhängende Formencomplex durch Fixirung einzelner, be- sonders auffallender Formen zersplittert; steht ein grösseres zu Gebote, so können die Lücken ausgefüllt und die wenigsten in 404 P e y r i t s c h. der Jetztzeit von einander getrennten Arten sicherer erkannt werden. Die Art und Weise, wie Miers die Arten characterisirt, ist völlig abweichend von der seiner Vorgänger. Die Arten werden durch länger gehaltene Diagnosen, in der ausser sonst üblichen Merkmalen, die als Artenunterschiede oft gebraucht werden, eine bis in das kleinere Detail gehende Beschreibung zumal der Blatt- formen zur Characterisirung der Arten verwerthet wird. Von den angegebenen Merkmalen fiel mir besonders eines auf, nämlich das Längenverhältniss des Blattstieles zur Blattfläche, welches fast in jeder Diagnose wiederkehrt. Dimensionsverhältnisse sind oft ausgezeichnete Differentialmerkmale, aber wie ich glaube, nicht dann, wenn der eine zu vergleichende Theil einige Linien, der andere mehrere Zoll beträgt. Man wird wenig Gewicht dar- auf legen können, ob dieBlattfläche in dem einen Falle etwa 14-, in einem zweiten 12-, in einem dritten 10- oder 8mal länger ist als der Blattstiel, wenn die Länge des Blattstiels innerhalb 3 — 4 Linien, die der Blattfläche zwischen 3 und 6 Zoll schwankt. Ein und dasselbe Verhältniss bleibt ausserdem nur selten bei allen Blättern eines Individuums constant. Bei genauer Durchsicht der Miers'schen Arbeit und auf- merksamer Vergleichung und Untersuchung eines grossen Mate- riales von Hippocrateaceen, die mir aus den Herbarien von Wien, Berlin, Petersburg, München, Brüssel (Herb. Martins), des Grafen Franquville (Herb. Eichard antill. guianense) zur Verfügung stehen, bin ich zu ganz anderen Resultaten gelangt als Herr Miers. Die Gattung Hippocratea enthält bei Miers 33 Species, die wie ich bereits erwähnt habe, mit oblongen, innen bebarteten Fetalen und einem konischen, schwach tilzigen Discus versehen sein sollten. Von diesen schliesse ich Hippocratea acapulcehsis H. B. Kth. und Hippocratea celastroides H. B. Kth., ferner Hippocratea integriföHa Rieh, aus, w7eil sie, wenn man die Miers'sche Differentialdiagnose zu Grunde legt, gar nicht zu seiner Gattung Hippocratea gehören können. Hippocratea acapulcensis H. B. Kth. Nov. Gen. et Sp. pl. V, p. 137 ist von der Art gleichen Namens, die Miers 1. c. p 331» anführt, toto coelo verschieden. So viel geht aus der Zur Synonymie einiger Hippocratea-Arten. 405 Kunth 'sehen Beschreibung, wenn sie auch vielleicht nicht durchaus correct ist, hervor, dass die echte Hippocratea acapul- censis in allen Theilen kahl ist. Es wird ausdrücklich erwähnt, dass die Aste, Blätter, Blüthenstiel, Aste der Inflorescenz, Bracteen, Kelche und die Petalen kahl seien, während bei Hippocratea aeapuleensis des Miers die Inflorescenz filzig, die Petalen beiderseits röthlich filzig und auf der Innenfläche mit einem Barte versehen sind. Man kann freilich einwenden, dass Kunth die Petalen unrichtig' beschrieben habe, wie ihm dies bei Hippocratea excelsa wirklich passirt ist. Das Vorhandensein oder der Mangel der Behaarung, zumal bei der Inflorescenz, ist ein wichtiges Merkmal und viel constanter als Blatt- und selbst die Fruchtformen bei jener Artengruppe, die mit Hippocratea ovata Lara, zunächst verwandt sind. Hippocratea aeapuleensis H. B. Kth. , von der ich ein Originalexemplar untersuchen konnte, ist nun wirklich in allen Theilen kahl. Die Blätter sind hellgrün, die Petalen kahl ohne Bart auf der Innenfläche, kurz es stimmt die Beschreibung1. Hippocratea aeapuleensis H. B. Kth. gehört zu einer Gruppe von Arten, die sich durch Kahlheit, kleine, grünliche Blüthen, unbebartete Petalen auszeichnen. Ganz dieselben Bemerkungen, die ich bei der eben erwähn- ten Art gemacht habe, gelten auch für Hippocratea celastroi- des. Hippocratea celastroides H. B. Kth. Nov. Gen. et. Sp. pl. V. p. 136 ist eine andere Art als die gleichen Namens bei Miers (I.e. p. 343). Bei der Untersuchung eines Typenexemplars überzeugte ich mich von der Correctheit der Kunth'schcn Beschreibung2. Ich kann die speeifische Verschiedenheit der Hippocratea aeapuleensis H. B. Kth. von Hippocratea celastroides H. B. Kth. nicht zugeben. Habituell gleichen sich die Originaltypen beider Arten vollständig; bei Hippocratea celastroides fand 1 Das Exemplar gehörte einst den Kunth 'sehen Sammlungen an. Auf (lerEtiquette steht als Bestimmung: Hippocratea aeapuleensis ; als Stand- ort: Aeapulco und weiter die Bemerkung: Ex herb. Humboldt. 2 Das Exemplar gehörte ebenfalls früher zur Kunth 'sehen Samm- lung. Es ist als H. celastroides bestimmt. Auf der Etiquette fehlt die Stand- ortsangabe. Von Bonpland wurde es mit der Nummer 394-i versehen. Unten steht „ex herb. Humboldt." Sitzb. d. mathem.-naturw. Ol. LXX. Bd. I Abth. 27 406 Pey ritsch. ich allerdings die Mehrzahl der Blätter lanzettförmig- mit dem grössten Breitendurchmesser über der Mitte; bei der H. acapul- censis geht die Blattform mehr in das Verkehrt-eiförmige über. Allein dieses Merkmal ist nicht einmal an dem Typenexemplar ganz constant. Bei einem Exemplar, das gleich dem als H. cela- stroiffes bestimmten die Nummer 3944 führt, sind einige Blätter vollständig verkehrt-eiförmig, an der Spitze abgerundet und mit einem Spitzchen versehen, andere sind verkehrt-eiförmig ausge- randet, ausserdem trägt das Exemplar noch ein lanzettliches Blatt. Weitere Unterschiede werden noch angeführt; bei H. acapulcensis seien die Aste warzig, bei H. celastroides glatt ; bei ersterer die Stipulae an der Spitze zerschlitzt, dann die In- florescenz fast so lang als das stützende Blatt. Bei H. cela- stroides wird das Zerschlitztsein der Stipulae nicht erwähnt, die Inflorescenz soll nur halb so lang als das stützende Blatt sein. Ich finde bei den Typenexemplaren bezüglich der angegebenen Unterscheidungskennzeichen keinen erheblichen Unterschied, auch bei //. celastroides sind die Stipulae genau so wie bei //. acapulcensis seitlich zerschlitzt. Für diese Art schlage ich den Namen Hippocratea celastroi- des vor, weil er mir passender erscheint als der Name Hippo- cratea acapulcensis. Hippocratea celastroides wurde bis jetzt nur in Mexico aufgefunden. Wir werden später weitere Synonyme dieser Art kennen lernen. Nahe verwandt mit Hippocratea celastroides ist Hippo- cratea verrucosa H. B. Kth. (1. c. p. 138). Ein Typen-Exem- plar vom Berliner Museum liegt mir vor (Bonpland Nr. 1374). Die Blattform variirt selbst bei dem Typenexemplare, bei der Mehrzahl der Blätter befindet sich der grösste Breitendurchmesser in der Mitte, einige Blätter sind breit elliptisch, fast oval, nur an der Basis und Spitze spitz, andere sind mehr länglich elliptisch; ein Blatt sah ich, das war eiförmig, an der Basis keilförmig ver- schmälert, der grösste Breitendurchmesser im unteren Drittel; die Internodien der Inflorescenz verlängert, die Blüthen ver- kümmert. Bei Miers (1. c. p. 364) wird Hippocratea veiiruco&a der Gattung Pristimera einverleibt. Letztere unterscheidet sich von den nächst verwandten Gattungen durch ihre Früchtchen, es hängen nämlich die Kapseln an der Basis eine Strecke weit zu- Zur Syconymie einiger Hippocratea-Arten. 407 sannnen. Wie nun Hippocratea verrucosa zu Pristimera gekom- men ist, kann ich mir nicht erklären. Bei Kunth linde ich bezüglich des angegebenen Charakters der Prixtunern nicht die leiseste Andeutung, dass bei dieser Art die Kapseln an der Basis mehr mit einander zusammenhängen als bei Hippocratea celastroides oder Hippocratea aeapuleensis. Tm Gegentheile gerade Hippocratea celastroides und Hippocratea aeapuleensis verdienten eher zu Pristimera gezogen zu werden als //. verru- cosa, von welch letzterer Miers ausdrücklich erwähnt, dass er sie nicht gesehen habe '. Einige Pristimera- Species stehen zu Hippocratea verrucosa in verwandtschaftlicher Beziehung, andere scheinen dem Atithodon decussatum Ruiz et Pavon mehr ver- wandt zu sein; so ist Pristimera ienella Miers (1. c. p. 365) nahe mit Hippocratea verrucosa verwandt; Pristimera tenella, als deren Vaterland Mexico angegeben wird, ist aber identisch mit Hippocratea celastroi. _ Bibliografia polska XIX. stö- lecia. Tom I — II. (A-L.) Krakow, 1872 & 1874; 8°. — Scriptores verum polonicarum. Tomas IJ. Krakow, 1874; 8°. — Sprawozdanie komisyi fizyograficznej. Tom VII. W Kra- kowie. 1873; 8°- — Rozprawy i sprawozdanie z posiedzen wydzialu historyczno-filozoticznego. Tom. I. W Krakowie, 1874; 8°. — Pamietnik. Wydzialy : Filologiczny i historyczno- filozoficzny. Tom I. W Krakowie, 1874; 4°. -^ Wydaw- nictwa komisyi historycznej. Nr. 3. W Krakowie, 1874; 4°. Annalen (Justus Lieb ig 's) der Chemie. Band 172, Heft 3; Band 173, Heft 1. Leipzig & Heidelberg, 1874; 8°. Annale s des mines. VIP Serie. Tome V. 2me & 3me Livraisons de 1874. Paris; 8°. Archiv der Mathematik und Physik, gegründet von J. A. Grunert, fortgesetzt von R. Hoppe. LVI. Theil, 3. & 4. Heft. Leipzig, 1874; 8°. Bibliotheque Universelle & Revue Suisse: Archives des scien- ces physiques et naturelles. N. P. Tome Le, Nrs. 199—200; Tome LP, Nr. 201. Geneve, Lausanne, Paris, 1874; 8°. Bureau de la recherche geologique de la Suede: Carte geolo- gique de la Suede. Feuilles Nrs. 46 — 49. Gross Folio. (Avec renseignements in 8°.) — Descriptiou de la formation car- bonifere de laScanie, par Ed. Erdmaun. Stockholm, 1873; 4°. — Beskrifning öfver Besier-Ecksteins kromolitograii och litotypografi. Af Algernon ßörtzell. Stockholm, 1872; 4°. — Jakttagelser öfver moränbildningar etc. Af Ed. Erd- mann. Stockholm, 1872; 8°. — Über die Geognosie der schwedischen Hochgebirge, von A. E. Törnebohm. Stock- holm, 1873; 8°. — Om nägra försteningar Iran Sveriges 429 och Norges „Primordialzonu, af J. G. 0. Linnarsson. Stockholm, 1873; 8". — Ofversigt af de geologiska förhäl- landeua vid Hallands äs, af David Hummel. Stockholm, 1872; 8°. — Bidrag tili kännedom om Sveriges erratiska bildningar etc., af Otto Gumaelius. Stockholm, 1872; 8°. — Die Ausstellung der geologischen Landes-Untersuchung Schwedens auf der Weltausstellung in Wien 1873. Stock- holm; 8°. Cos mos di Guido Cora, II — III. Torino, 1874; 4°. Comp t es rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXIX, Nrs. 15— 17. Paris, 1874; 4°. Gesellschaft der Wissenschaften, königl. böhmische: Abhand- lungen vom Jahre 1873. VI. Folge. VI. Band. Prag, 1874; 4°- — Sitzungsberichte. Jahrgang 1872. Juli — December. Prag. 1873; 8°. — Sehlesische, für vaterländische Cultur: Abhandlungen. Philos.-histor. Abtheilung. 1873 4. Breslau, 1874; 8°. — LI. Jahres-Bericht. Breslau, 1874; 8». — physikal. - mediein., zu Würzburg: Verhandlungen. N. F. Band VII., u. Band VIII. 1. & 2. Heft. Würzburg, 1874; 8°. Jahrbücher der k. k. Central- Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. N. F. IX. Band. Jahrgang 1872. Wien, 1874; 4°. Journal für praktische Chemie, von H. Kolbe. N. F. Band X. 1.— 6. Heft. Leipzig, 1874; 8°. Meunier, Stanislas, Cours de Geologie comparee. Paris 1874; 8°. Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 20. Band, 1874. Heft X, nebst Ergänzungsheft Nr. 38. Gotha; 4°. — Mineralogische, von G. Tsc hermak. Jahrgang 1874, Heft 3 Wien; 4°. Natur e. Nr. 260, Vol. X. London, 1874; 4°. „Revue politique et litteraire" et „Revue scientitique de la France et de i'etranger-\ IVe Annee, 2me Serie, Nrs. 17—18. Paris, 1874; 4°. 430 Societä Italiana di Antropologia e di Etnologia: Archivio. IV. Vol., fasc. 2° Firenze, 1874; 8°. — degli Spettroscopisti Italiani: Meraorie. Anno 1874. Disp. 6U— 8a. Palermo, 1874; 4°. Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Tome XL VIII. Annee 1874, Nrs. 1—2. Moscou; 8<>. Society, The Asiatic, of Bengal: Journal. Parti, Nr. 2. 1874. Calcutta; 8°. — Proceedings. 1874, Nrs. VI & VII. Cal- cutta; 8°. — Bibliotheca Indien. N. S. Nrs. 268, 294, 306. Calcutta, 1873 & 1874; 8«. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 43 — 44. Wien, 1874; 4°. Würz bürg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1873/4. 4° & 8°. Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten -Vereins. XXVI. Jahrgang, 14. Heft. Wien, 1874; 4°. 431 XXV. SITZUNG VOM 12. NOVEMBER 1874. Herr Custos Th. Fuchs erstattet einen kurzen Bericht über seine mit Subvention der Akademie vorgenommene Unter- suchung der jüngeren Tertiärbildungen an der Ostküste Italiens, und erbietet sich, der Akademie auch für die weitere Ausführung des begonnenen Unternehmens seine Kräfte zu widmen. Herr Ludwig Birkenmajer in Lemberg übersendet eine Abhandlung: „Zur Theorie der Gase". Herr SchifYslieutenant K. Weyprecht übermittelt die im Laufe der österr.-ungar. Polarexpedition mit dem Schleppnetze gesammelten Grundproben und Thiere mit dem Ersuchen, die- selben zur weiteren Bearbeitung an die speciellen Fachmänner zu vertheilen. Herr Prof. V. v. Lang überreicht eine Abhandlung: „Über die Ausdehnung der festen Körper mit steigenden Tempera- turen", vom Herrn Dr. AI. Handl, Professor an der Militär- Akademie zu Wiener-Neustadt. Herr Prof. Dr. S. L. Schenk legt eine Abhandlung vor, betitelt: „Die Spermatozoon von Murex brandarisu. An Druckschriften wurden vorgelegt: Academia de Ciencias medicas, fisicas y naturales de la Habana: Anales. Tomo X. Entrega 118; Tomo XI, Entrega 119. Habana, 1874; 8°. Anstalt, Kgl. ungar. geologische: Evkönyve. III. kötet, 1 füzet. Pest, 1874; 4°. — Mittheilungen. III. Band, 1. Heft. Pest, 1874; 4°. Apotheker -Verein, Allgem. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 30-32. Wien, 1874; 8°. Beobachtungen, Schweizer Meteorologische. April — Sep- tember 1873. Zürich; 4°. 432 Beobachtungen, magnetische und meteorologische, an der k. k. Sternwarte zu Prag, im Jahre 1873. Prag, 1874; 4°. Breslau, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1873/4. 4° & 8°. Comitato, R., Geologico d'Italia: Bollettino. Anno 1874, Nr. 3 bis 6. Roma, 1874; gr. 8°. Essex Institute: Bulletin. Vol. V. 1873. Salem, Mass., 1874; 8°. Geological andGeographical Survey of theTerritories, U. St. Miscellaneous Publications. Nr. 4. Washington, 1874; 8°. Gesellschaft, österr., für Meteorologie : Zeitschrift. IX. Band, Nr. 21. Wien, 1874; 4°. — k. ungar., naturwissenschaftliche: Közlöny. V. kötet, 41. — 52. fitzet. Buda-Pest, 1873; 4°. — A fajok eredete a ter- meszeti kivaläs utjan etc. irta Charles Darwin. I. — II. kötet. Budapest, 1874; 8°. — Elöadäsok az elemi elettanKö- reböl. Irta Tu. H. Huxley, Budapest, 1873; 8°. — A hö mint a mozgäs egyik neme. Irta John Tyndall. Budapest, 1874; 8°. — A jelen geologiäja. Irta Bernhard von Cotta. Budapest, 1873; 8°. — Die Eishöhle von Dobschau. Von Jos. Alex. Krenner. Budapest, 1874; 4°. — Die Ebbe und Fluth in der Rhede von Fiuine. Von E. Stahl berger. Budapest, 1874; 4°. Instituut, koninkl. Nederlandsch meteorologisch: Jaarboek vor 1873. I. Deel. Utrecht, 1873; 4°. Karp athen- Verein, Ungar.: Jahrbuch. I. Jahrgang. 1874. Kassa; 8°. Landwirthschafts - Gesellschaft, k. k., in Wien: Ver- handlungen und Mittheilungen. Jahrgang 1874, Nr. 13 — 15. Wien; 4°. Lot os. XXIV. Jahrgang. Juli 1874. Prag; 8°. Lund, Universität: Acta, Philosophi, Spräkvetenskap och Hi- storia. 1871; Tom. IX. 1872; Theologi. 1871; Mathematik och Naturvetenskap. 1871; Tome IX. 1872. Lund 1871 — 1872; 4». Mittheilungen des k. k. techn. & administrat. Militär-Comite. Jahrgang 1874, 10. Heft. Wien; 8°. Moniteur scientifique du D,eur Quesneville. 395e Livraison. Paris, 1874; 4". 433 Museum Francisco-Carolinum : XXXII. Bericht. Linz, 1874; 8°. — d'histoire naturelle de Paris : Nouvelles Arehives. Tome VHP, 1er— 4e fasc; Tome IXe, 1er— 4e fasc. Paris, 1872 & 1873; 4°. Natur e. Nr. 262, Vol. XI. London, 1874; 4". Naval Observatory, United States: Astronomical and Me- teorological Observations made during the Year 1871. Washington, 1873; 4°. Observatorium zu Tiflis: J. B. Bio t 's Tafeln zur Berech- nung barometrischer Höhenmessungen. Neu berechnet und erweitert von H. Kiefer. Tiflis, 1874; 8°. — Inhaltsver- zeichniss zum Bibliotheks-Katalog des Tiflis'schen Physika- lischen Observatoriums nach dem Stande vom 1. Mai 1874. VonH. Kiefer. Tiflis, 1874; 8°. Peabody Academy of Science: Vth Annual Report. Salem, 1873; 8°. — The American Naturalist. Vol. VI, Nr. 12 (1872); Vol. VII, Nrs. 1-12 (1873); Vol. VIII, Nr. 1 (1874.) Salem, Mass., 8°. Reichsanstalt, k. k. geologische: Jahrbuch. Jahrgang 1874. XXIV. Band, Nr. 3. Wien; 4°. — Verhandlungen. Jahrgang- 1874, Nr. 13. Wien; 4°. Reichsforstverein, österr. : Österr. Monatsschrift für Forst- wesen. XXIV. Band. Jahrgang 1874, October-Heft. Wien; 8°. „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de l'etranger." IVe Annee, 2e Serie, Nr. 19. Paris, 1874; 4°. Societe Nationale des Sciences naturelles de Cherbourg: Me- moires. Tome XVIII (2e Serie, Tome VIII). Paris & Cher- bourg, 1874; 8«. Verein, geognostisch-montanistischer, für Steiermark: Schluss- Bericht. Graz, 1874; 8°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 45. Wien,, 1874; 4°. 434 Die Spermatozoon von Murex brandaris. Von Prof. S. L. Schenk in Wien. (Mit 1 Tafel.) Die Beschreibung der Spermatozoon von den Vorderkiemern lässt wol nach einem so bedeutend angehäuften Materiale, wie es uns in der Literatur vorliegt, nicht leicht zu, dass man wesentlich Neues in dieser Richtung bringen könnte. Es ist allgemein be- kannt, dass die Zoospermien haarförmig, theils an beiden Seiten zugespitzt, theis mit einem deutlichen Kopfe an einem Ende ver- sehen sind. Man begegnet nicht selten Spermatozoon, bei den Prosobranchien, in büschelförmigen Gruppen angeordnet, in welchem Zustande sie mit denKopftheilen an einander haften und mit dem Schwänze in radiärer Richtung sich frei bewegen. Die ausgebildeten Spermatozoon sind in Bronn1 beschrie- ben von Purpura, Buccinum, Turbo, ferner bei Patella, Chiton, Haliotis, Vermetus, von denen die vier Letzten einen zagespitz ten stäbchenförmigen Kopf haben. S iebold* beschreibt an Paludina vivipara zweierlei Sper- matozoon und Leydig3 liefert den Nachweis, dass beide Arten von Spermatozoon im umgebenden Eiweisse des befruchteten Ei- chens zu finden sind. Bei Murex brandaris konnte ich im Sperma Anfangs des Monats August nahezu an jedem Thiere, das ich zur Unter- 1 K efe rstei n. Bronns Klassen n. Ordnungen III. Bd. 1863. 2 Siebold v. ('. Tli. Beobachtungen über die Spermatozoon der wirbellosen Thiere. Die Spermatozoon v. Paludina vivipara. Archiv f. Anat. und Physiol. 1836, pag 240 — 255. s F. L eydig.'Über Paludina vivipara. Ein Beitrag zur näheren Kennt- niss dieses Thieres in embryologischer, anatomischer u. histologischer Be- ziehung. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie 1850. Die Spermatozoon von Murex hrandaris. 435 snchung- wählte , zweierlei Spermatozoon unterscheiden. Die beiden Arten der Zoospermien waren in Form uud Gestalt auf- fällig- verschieden, nur in der Lebhaftigkeit ihrer Bewegung glichen sie einander vollständig. — Es ist hiebei hervorzuheben, dass ich die beiden Arten der sich bewegenden Spermatozoon im Anfange August1 viel häufiger zu Gesichte bekam, als mit dem Ende der zweiten Hälfte desselben Monats, wo ich unter 15 Exemplaren, welche ich untersuchte, nur an Einem die beiden verschiedenen Formen beobachtete. Bei den von Siebold beobachteten zweierlei Arten von Spermatozoon waren die einen haarförmig mit einem feinen ge- drehten Kopfe versehen, die anderen waren länglich wurmförmig, grösser als die ersteren. Sie waren ferner mit einem deutlichen Kerne versehen. Zuweilen stellen selbe lange stäbchenförmige Kerne dar, welche an einem Ende einen Haarschopf tragen. Ganz verschieden von diesen geschilderten Spermatozoon sind die Gebilde, welche ich als besondere Spermatozoon im Sperma von Murex hrandaris in Vorliegendem beschreibe. Man beobachtet nebst den gewöhnlichen Spermatozoon, welche von den Spermatozoon anderer Vorderkiemer nicht auf- fällig verschieden sind, solche, welche die Form der in bei- gegebener Zeichnung abgebildeten Gestalten besitzen. Man sieht zunächst spindelförmige Körper, die in ihrer Mitte bedeutend dicker sind, als an beiden Enden, wo sie entsprechend der Spindelform sehr zart und dünnfädig auslaufen. Der mittlere bauchige Theil wird in seinem Querdurchmesser bei den Bewe- gungen dicker. Indem mit den Bewegungen auch der Quer- durchmesser des Zoospermiums dicker wird, macht das Gebilde noch die oscillirende Bewegung der Spermatozoon mit, so dass man zweierlei Bewegungen an denselben beobachten kann. Die eine ist die der gewöhnlichen im Thierreiche verbreiteten Sper- matozoon, die andere eine Bewegung, die ich der protoplas- matischen Bewegung der Elementarorganismen gleichstelle (b). Die Grundsubstanz dieser Gebilde ist homogen, sie stellt uns ein gleichmässiges Stück Protoplasma dar. Innerhalb dessen beob- achtet man kleine, rundliche Körnchen, die in der Mitte hohl i In Triest und Umgebung. 436 Schenk. erscheinen. Zuweilen kann man an der einen oder anderen Hälfte dieser Gebilde eine schwach angedeutete Querstreifung beobachten (f, h), wobei die dunkleren Streifen in unregelmässigen Intervallen von einander abstehen. Bald sieht man bei lebhafter Bewegung dieser »Spermatozoon, dass sie sich stellenweise verengern und ein Bild bieten, als wären zwei spindelförmige Gebilde mit einander vereinigt, wie diess in e abgebildet ist. An der Verbindungsstelle fehlen die feinen Körnchen, die im übrigen Zellenleibe zu finden sind. Sehr häufig sieht man bei dieser Art von Gebilden, an dem einen oder anderen Ende fadenförmige Ausläufer. Der Faden hat hiebei ein dunkles Aussehen, ohne dass man an demselben eine genauere Structur beobachten könnte (a, d, g). Derartige End- stücke der Spermatozoon können sich zuweilen während der Bewegungen der Spermatozoon abschnüren. Die abgeschnürten Stücke (e) kann man während ihrer selbstständigen Bewegun- gen verfolgen. Das Stück, welches in e abgebildet ist, sah ich von einem spindelförmigen Gebilde sich lostrennen und unter den übrigen Spermatozoon sich bewegen. Nicht selten sieht man während der Bewegungen an einem oder dem andern Ende dieser Gebilde durch die Contraction (<>, 264, 477. 3 Beschreibe, und Eintheilg. der Meteoriten. 448 Tschermak. Flächen, doch bemerkt man bei der Betrachtung' der Spaltflächen durch das Mikroskop, zuweilen auch mit freiein Auge, treppen- artige Absätze und zwar in anderen Richtungen als jenen, welche den Hexaederkanten entsprechen. Diese Treppen werden von den Spaltflächen und anderen schief dagegen aufsteigenden Flächen gebildet. Ebenso erkennt man leine Vertiefungen, Rin- nen, welche schief gegen die Kanten des Würfels liegen und auf der einen Seite von glatten, reflectirenden Flächen gebildet wer- den. Die Spaltflächen erscheinen öfters mit Erhabenheiten be- setzt, welche sich als abgerissene Blättchen erweisen, die gleich- falls schief aus der Spaltfläche emporsteigen. Wird eine Spaltfläche durch eine Säure geätzt und nachher geprüft, so bemerkt man vertiefte Linien, Rinnen, welche nach genau denselben Richtungen verlaufen wie die früher genannten Treppen, Rinnen und Blättchen. Diese Atzungslinien liegen be- züglich der Seiten der Wtirfelfläche in sechs verschiedenen Rich- tungen. Zwei Richtungen werden erhalten, wenn man in dem Quadrat, welches die Würfelfläche darstellt, die Diagonalen zieht, die vier anderen aber, wenn man die Eckpunkte mit den Hal- birungspunkten der gegenüberliegenden Seiten verbindet (Fig. 1, Tafel I). Atzungslinien parallel den Seiten des Quadrates, d. i. parallel den Kanten des Würfels, werden nicht beobachtet. Die vergleichende Beobachtung stellt es ausser Zweifel, dass die Erscheinungen von leinen Blättchen herrühren, welche in dem Spaltungswürfel und krystallographisch bestimmten Lagen vor- kommen, ähnlich wie die Zwillingsblätter in den Spaltungs- stücken von Calcit. Die Richtungen, welche von diesen Blättchen auf den hexa- edrischen Spaltflächen eingenommen werden, können ebensogut dem Ikositetraeder 211 als dem Triakisoctaeder 221 angehören, wie dies schon G. Rose bemerkte. Die Entscheidung- der Frage erfolgt, wenn einige solche Spaltungswürfel längere Zeit der Ein- wirkung der Säure ausgesetzt werden. Dadurch werden manche der Blättchen so stark herausgeätzt, dass man ihre Lage in dem Würfel sicher beurtheilen kann. Ich überzeugte mich, dass die Blättchen parallel dem Triakisoctaeder 221 eingelagert sind. Von dem bei der Atzung entstehenden orientirten Schimmer wird noch später die Rede sein. Das Krystallgcfüge d. Eisens, insbesondere des Meteoreisens. 449 Das Braunauer Eisen. Die Bruchflächen. Das grosse Exemplar dieses Meteor- eisens, welches das Museum besitzt, zeigt eine Trennungsfläche von 10 Cm. Länge, welche ungefähr so aussieht wie die Tren- nungsfläche eines Bleiglanz-Individuums. Man bemerkt jedoch ausser den Spaltflächen, welche dem Würfel parallel sind, an den Kanten und Ecken der Würfel noch andere kleinere Flächen. (Taf. 1, Fig. 2.) Durch Abformen lassen sich die Winkel be- stimmen, welche diese Flächen mit den Würfelflächen einschlies- sen; die Werthe sind 70 und 48°. Letztere entsprechen den Winkeln, welche die Flächen des Triakisoctaeders (221) mit den Würfelflächen einschliessen, nämlich 70° 31' und 48° 11'. Die Lage der kleinen Flächen gegen den Spaltwürfel stimmt damit vollkommen überein. Von der einmal gewählten Aufstellung des letzteren ausgehend, fand ich die Flächen in den folgenden Lagen: 221, 212, 122, 221, 212. 22T. Die übrigen sechs Richtungen, welche dem Triakisoktaeder entsprechen, sind gewiss auch vertreten, doch lassen sie sich nicht beobachten, weil die Spaltung nur auf einer Seite des Stückes vorhanden ist. Die genannten Flächen erstrecken sich immer nur auf kurze Distanzen; wo sie auftreten, hört die ge- wöhnliche Spaltbarkeit nach dem Würfel auf, sie gehören daher Partikeln an, deren krystallographische Orientirung eine andere ist als die der Umgebung. Beobachtet man die grossen Spaltflächen der sämmtlichen mit einander parallelen WTürfel etwas genauer, so erkennt man daran viele Hervorragungen und Vertiefungen. Öfters springt ein Blättchen hervor (Taf. 1, Fig. 2), dessen Lichtreflex erkennen lässt, dass es dieselbe Lage gegen den Würfel hat wie eine der zuvor genannten Flächen 221. Zuweilen erhebt sich auf den Spaltflächen ein Eck (Taf. 1, Fig. 3), dessen Flächen mit ein- ander einen rechten Winkel einschliessen und in ihrer Lage gegen den Würfel wiederum den Richtungen (221) entsprechen. Die Vertiefungen verhalten sich wie Abdrücke solcher Blättchen und Ecken. Von diesen gröberen Unebenheiten abgesehen, bemerkt man auf den Spaltflächen auch sehr feine treppenartige Absätze, wie 450 Tscher mak. dies bei den künstlichen Eisen bemerkt wurde. Sie werden von den Würfelflächen und von äusserst schmalen, schief dagegen aufsteigenden Flächen gebildet. Die Spiegelung des letzteren führt wiederum auf eine oder die andere der mit 221 bezeichne- ten Richtungen. Auch feine Linien werden bemerkt, die sich nicht als Trep- pen darstellen, aber doch wieder von zarten Blättchen herrühren, deren Orientirung die letztgenannte ist. Taf. 1, Fig. 4. Alle die Kanten der Treppen, alle diese Linien befolgen den Flächen des Spaltwürfels gegenüber die in Taf. 1, Fig. 1 angegebenen 6 Richtungen. Parallel zu den "Würfelkanten sind keine jener Linien zu bemerken. Demnach erhält man bei der Beobachtung aller genannten Nebenerscheinungen immer Lichtreflexe, welche auf eine oder die andere Fläche des Triakisoktaeders 221 zurück- zuführen sind. Die angeführten Beobachtungen lassen sich dadurch erklären, dass sowohl grössere Partikel als auch feine Lamellen dem Haupt- individuum gegenüber in einer Zwillingsstellung sich befinden. Das Zwillingsgefüge, welches hier vorliegt, kann einem Berüh- rungszwilling oder einem Durchdringungszwilling entsprechen. Im ersten Falle wäre 221 entweder die Zwillingsfläche selbst oder doch die Berührungsfläche. Wäre 221 die Zwillingsfläche, auf der also dieZwillingsaxe senkrecht stünde, dann würden die Würfelflächen des Neben individuums hinsichtlich des Hauptindividuums die Lagen (184) und (447) einnehmen !. Die Spaltflächen des Nebenindividuums würden mit jenen des Hauptindividuums die Winkel 83° 37', 63° 37' 38° 56' und 27° 1(3' einschliessen. Dies ist aber bei dem Braunauer Eisen nicht der Fall. Wenn man die Partikel und Lamellen, welche sich in Zwillingsstellung befinden, genauer i Sind die Indices einer Fläche des Nebenindividuums auf dieses bezogen h k /, die Indices derselben Flüche auf das Hauptindividuum be- zogen // K />, ferner die Indices der Zwillingsfläche an dem Ilauptiiulivi- duuni p q r, so gelten im tesseialen Ki ystallsysteme die Beziehungen: //= 2p (hp-\-kq-\-lr) —h(p"-hq--hr-) K= 2q (7,p-hkq-hlr) —k(p"->rq-->rv~) L = 2r (/tp+kq->r/r) — l(pi-Jrq--i-ri ). Fiff. l. Das Krystallgefüge d. Eisens, insbesondere des Meteoreisens. 451 beobachtet, so erkennt man an allen denselben im Bruche immer nur solche Reflexe, welche mit einer Fläche von (221) ein- spielen. Wäre 221 die Berührungsfläche, die Zwillingsfläche also auf ihr senkrecht, so würde, wie sich durch Rechnung zeigen lässt, das Nebenindividuum mit dem Hauptindividuum keines- falls in solcher Lage verbunden sein, dass die Spaltflächen des Nebenindividuums mit irgend einer Fläche 221 des Hauptindivi- duums zusammenfallen. Es bleibt somit nur die Annahme eines Durchdringungs- zwillings übrig. Der Überblick des Beobachteten ergibt, was auch aus der vorhin angeführten Formel folgt, dass die Nor- male auf 111 die Zwillingsaxe ist. Dieses Gesetz ist bekanntlich an den gewöhnlichen Zwillingen des Fluorits ausgesprochen, deren einer in beistehender Figur abgebildet erscheint. Beim »Statthaben dieses Ge- setzes werden die Würfelflächen des Nebenindividuums solche Lagen einnehmen, welche den Flächen der Gestalt (221) am Hauptindividuuni entsprechen, z. B. 122, 212, und 221. Diese Zwillingsbildung kann aber an allen vier Eckenaxen des Hauptwürfels stattfinden, wonach immer vier Nebenindivi- duen mit dem Hauptindividuum in gleicher Weise verbunden sind. Die 24 Flächen dieser vier Individuen sind auf das Haupt- individuum bezogen den 24 Flächen der Gestalt (221) parallel. In dieser Weise hat, wie früher erwähnt wurde, schon Neumann das Zwillingsgesetz aufgefasst. Dieser Auffassung zufolge sind die kleinen Flächen, welche im Bruche des Braun- auer Eisens neben den grossen kexaedrischen Spaltflächen auf- treten, nichts anderes als die Spaltflächen der vier Nebenindivi- duen, welche mit dem Hauptindividuuni zwillingsartig verbunden sind; ebenso sind die Reflexe an den Lamellen, an den treppen- fÖrmigen Unebenheiten, an den vorspringenden Blättchen und den Vertiefungen auf jene Spaltflächen zurückzuführen. 452 Tschermak. Obwohl nun das Zwillingsgesetz des Eisens im Vorstehen- den genügend entwickelt ist, so bedarf doch das feine Gefüge, welches durch unzählige Lamellen hervorgebracht wird, die den Eisenblock bald einzeln, bald schaarenweise durchziehen, einer besonderen Erklärung. Diese kann, sofern sie das Wesen der Sache treffen soll, nur eine genetische sein. Da imless Beobach- tungen über das Krystallwachsthum des Eisens nicht gut ange- stellt werden können, wird manches in der Erklärung hypothe- tisch bleiben müssen. Die gestrickten Formen, welche am Gusseisen beobachtet wurden, zeigen, dass die Individuen nach drei aufeinander senk- rechten Richtungen und zwar parallel den Würfclkanten fort- zuwachsen pflegen. Bei freier Krystallisation entwickeln sich in solchen Fällen, in welchen dabei gestrickte Formen entstehen, nach den genannten Richtungen feine Stäbchen, die aus Aggre- gaten kleiner mit einander paralleler Oktaeder bestehen. Ent- wickeln sich viele solcher Stäbchen hart aneinander, so bilden sie zusammenhängende Wände parallel den Flächen des Würfels. Bei der Krystallisation im widerstehenden Medium dürfte diese Wandbildung sehr häufig sein. Die gestrickten Formen von Blei- glanz und Speiskobalt, Avelche im Gestein eingeschlossen waren und zerspalten wurden, bestehen in der That aus solchen auf- einander senkrechten Wänden, oder sie lassen erkennen, dass solche Wände früher bestanden und erst später mit Oktaedern sich bekleideten. Ich nehme nun an, dass bei der Erstarrung einer Eisen- masse die Individuen in solcher Weise sich bilden, dass jedes derselben anfänglich aus drei winzigen auf einander senkrechten Lamellen besteht und bei seiner Vergrösserung neue, den ersteren parallele Wände ansetzt. Binnen kurzem würde ein solcher Krystallembryo eine Gestalt haben, welche in Taf. 1. Fig. 5 schematisch dargestellt ist. Ginge das Waehstliuin unver- änderlich in derselben Weise weiter, so würde später ein feines Gewebe gebildet sein, welches noch flüssige Würfelchen enthielte. schliesslich aber würde durch fortwährenden Ansatz feiner Wände das ganze Gewebe zu einem soliden Individuum von tesseralem Baue erstarrt sein. Wenn aber bei dem Fortwachsen sieh an die Wände auch Theilchen in Zwillingsstellung anfügen, Das Krystallgefüge d. Eisens, insbesondere des Meteoreisens. 453 und diese Theilehen ebenfalls Wände ansetzen, wie dies Taf. 1, Fig. 6 in einem einfachen Falle schematisch darstellt, so werden die letzteren Wände in gegen die ersteren geneigten Ebenen fortwachsen, indem sie zu sich selbst parallele Ansätze bilden. Die zuerst angelegten Wände werden in ihrer Entwickelung beständig vor den anderen, welche die jüngeren sind, voraus sein und werden das ganze Gebäude beherrschen; doch die Zwillingswände werden bald einzeln, bald in Schaaren, theils gegen jene Wände anwachsen und dort ihr Ende finden, theils durch das Gitterwerk jener Wände hindurchwachsen. Sie werden an manchen Puncten spärlicher auftreten, an einzelnen Stellen aber auch vielleicht allein herrschen. Da die Zwillinge sich in den vier möglichen Stellungen anlagern, so wird durch die Zwillingswände ein buntes Gewirre von Lamellen entstehen, welches jedoch dem Gesetze gehorcht, dass ihre Richtungen bezüglich der ursprünglich angelegten Wände immer irgend einer Fläche von (221) parallel sind. Aus dem Gesagten erklärt sich das Auftreten der feinen Lamellen, welche jede Spaltungsebene in 6 verschiedenen Rich- tungen, welche Taf. 1, Fig. 1 angibt, durchziehen, ebenso das Vorkommen ganzer Blättchen in der 221- Stellung, ferner das Auftreten ganzer Partikelchen in der Zwillingsstellung, endlich der Mangel an solchen Blättchen, die parallel den Würfelflächen eingeschaltet wären und eine vom Hauptwürfel abweichende Spaltung besässen. Die gegebene Erklärung bezieht sich natürlich ebenso auch auf das künstliche Eisen. Die Atzfiguren. Spaltflächen des Eisens zeigen nach der Behandlung mit Säuren zwei verschiedene Erscheinungen. Die eine besteht darin, dass sie nach massiger Atzung einen orientirten Schimmer wahrnehmen lassen. Die feine Textur der geätzten Fläche, welche die Veranlassung ist, wurde von Hai- dinger Krystalldamast genannt1. Ich habe schon bei einer anderen Gelegenheit gezeigt2, dass diese orientirten Reflexe i Sitzungsberichte der Wiener Akad. Bd. 15. pag. 354. - Meteoreisen aus der Wüste Atakama. Denkschriften der Wiener Akad. Bd. 31, pag. 187. Sitzt, d. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. 30 454 Tschermak. von kleinen beim Atzen entstandenen Grübchen herrühren, welche cubische Vertiefungen darstellen, deren Wände den Spaltflächen parallel sind. Die Kanten dieser negativen Würfel sind aber nicht scharf, sondern gerundet, und die Form erinnert an ein Tetrakiskexaeder. Wenn eine polirte Schnittfläche, die nicht einer Spaltfläche parallel ist, geätzt wird, so zeigen die Ätzgrübchen natürlich wiederum die im Vorigen ausgesprochene Orientirung gegen die Spaltungsform. Das hier Gesagte bezieht sich alles auch auf das künstliche Eisen, an welchem die Ätz- grübchen meist deutlicher sind, weil die Zwillingsblättchen minder zahlreich. Die zweite Erscheinung besteht in dem Auftreten jener Ätzlinien, die schon früher bei Gelegenheit der Besprechung des künstlichen Eisens erwähnt und welche von Neu mann und Gr. Rose eingehend beschrieben wurden1. Es sind feine Rinnen, welche auf der Spaltfläche an genau denselben Stellen entstehen, wo früher die feinen Linien beobachtet wurden, die von Blättchen parallel (-21) herrühren. Die Zwillingslamellen sind demnach von der verdünnten Säure stärker angegriffen worden. Dieses Verhalten, welches sich hier aus der Discontinuität der Cohäsion an den Berührungsflächen der Lamellen mit dem Hauptindividuum erklärt, ist schon vor längerer Zeit von Daniell 2 und nachher wohl von vielen Anderen am Calcit beobachtet worden, der bekanntlich, wofern er nicht freie Krystalle bildet, von sehr vielen Lamellen durchzogen ist und der, sobald auf der natürlichen Lagerstätte kohlensäurehaltige Wässer auf ihn wirken, oder sobald man ihn künstlich ätzt, vertiefte Linien zeigt. Beim künstlichen Eisen wurde erwähnt, dass es zuweilen gelingt, eine Lamelle so weit herauszuätzen, dass man ihre Lage bestimmen kann. Bei dem Braunauer Eisen gelang es nicht, weil die Lamellen feiner und viel zahlreicher sind. Wenn man aber im Stande wäre auf einem geätzten Spaltwürfel die zusam- mengehörigen Linien zu finden, so würde die Lage der Lamellen auch zu erkennen sein. Nach meiner Wahrnehmung gelingt dieses desshalb nicht, weil die unzähligen Ätzlinien so hart auf- » G. Rose Beschreibung u. Eintheilung d. Meteoriten 18(34. pag. 43. 2 Schweigger*s Jouru. Bd. 19. pag. 38 (1817). Das Krystallgefüge d. Eisens, insbesondere des Meteoreisens. 455 einanderfolgen, dass man die Zusammengehörigkeit niemals un- zweifelhaft feststellen kann. Desshalb gelangte auch G. Rose auf diesem Wege zu keinem Resultate. Bestimmt man die Winkel, welche die Ätzlinien mit ein- ander und mit den Spaltungskanten einschliessen, so gelangt man immer zu Ergebnissen, welche mit der Theorie so genau übereinstimmen, als es die Fehler der Beobachtung erlauben. Berechnet man die Winkel \ unter denen sich die Ätzlinien auf einer Hexaederfläche schneiden, so erhält man, von der Voraus- setzung ausgehend, dass diese Linien den Durchschnitten der Flächen (221) mit der Hexaederfläche entsprechen, die folgenden Zahlen: erste Trace zweite „ dritte „ zweite Würfelkante = 26 Die Orientirung ist in der beistehenden Fig. 2 angegeben. Fig. 2. Würfelkante Erste Trace Zweite „ Dritte 26 < 18 18 34' 26 26 34 1 Wird die Fläche h k l von den Flächen p q r und * t u geschnitten, so hat man im tesseralen Krystallsystem für den Winkel <5, welchen die beiden Schnittlinien mit einander einschliessen: worin und PS-hQT-hRU P = p(Jt*+kz+l*) —k(hp-hkq-hlr) Q = q(h2+k2+l*) —k(hp-t-kq-hlr) R = r(Ä2-+-Ä-2_t_/2) _/(^-+-Ä-?-t-/r) S == Ä(A3+Ä-3+/2) • T= t(k--hk2-hl*) -h(hs-\-kt-{-lu) -k(fis-hkt-i-lH) -l(hs + kt-\-li() 30* 456 Tscherniak. Sie entspricht der auf Taf. 1, Fig. 1 in anderer Form dar- gestellten. Berechnet man die Lage der Ätzlinien auf einer künstlich angelegten Oktaederfläche so erhält man drei den Oktaeder- kanten parallele Lagen und für die Winkel zwischen diesen und den übrigen Linien die Zahlen : Oktaederkante : erste Trace = 13° 54' Erste Trace : zweite „ = 32 12 Zweite „ : zweite Oktaederkante = 13 54 Fig. 3. Die Orientirung ist in der nebenstehenden Fig. 3 ange- geben. Berechnungen für andere Flächen habe ich in der Ab- handlung über das Meteor- eisen aus der Wüste Ata- kama (Tlimae) angegeben. Einschlüsse. In dem Gefüge des Braunauer Meteor- eisens spielen die Einschlüsse eine hervorragende Rolle. Ich will hier nicht von den unregelmässigen Einschlüssen von Troilit sprechen, der sich hier sowie in vielen anderen Meteoreisen findet, sondern von den aus Nadeln und Blättchen bestehenden orientir- ten Einschlüssen. Wenn man eine Probe des Braunauer Eisens in verdünnter Salpetersäure auflöst, so bleibt ein Rückstand, welcher aus feinen metallisch glänzenden gelblichen Nadeln und aus höchst dünnen ebenso gefärbten Blättchen besteht. Sowohl die Nadeln, welche mit freiem Auge schwer zu erkennen sind, als die deutlich sicht- baren Blättchen sind stets von drei aufeinander senkrechten Flächen begränzt. Schiefe Flächen, die zuweilen, aber selten auftreten, halte ich für blosse Abfornmngcn. In den Umrissen zeigt sich ein vollständiger Übergang zwischen den Nadeln und Blättchen (Taf. 1, Fig. 7). Die Blättchen erscheinen oft unter- brochen, wie man dies am vulkanischen Eisenglanz, an dein in Das Krystallgefiige d. Eisens, insbesondere des Meteoreisens. 457 Gesteinen eingeschlossenen Titaneisenerz etc. zu sehen gewohnt ist (Fig. 8). Öfter kommen auch gestrickte Formen vor (Fig. 8). Die Figuren gelten für eine circa 40malige Vergrösserung, die letzte für eine lOOmalige. Die Nadeln liegen , wie schon G. Rose gezeigt hat, den Kanten des Spaltungswürfels parallel. Die Blättchen hat dieser Forscher nicht genauer verfolgt; sie liegen zum kleineren Theil den Spaltflächen, zum grösseren Theil aber den Zwillings- lamellen parallel. An dem Braunauer Eisen des Grazer Joanne- ums, welches ich durch die Freundlichkeit der Herren Prof. Aichhorn und Prof. Rumpf zur Vergleichung erhielt, sieht man auch Schreibersit in der gewöhnlichen Form und findet alle Formübergänge von dem Schreibersit zu den genannten Blättchen. Da nun die Blättchen und die Nadeln in krystallographi- scher Beziehung keinen Unterschied wahrnehmen lassen, da sie einen vollständigen Übergang bezüglich der Ausbildung zeigen, ebenso in Hinsicht der Flächenstreifung, der Farbe des Glanzes, der Sprödigkeit sich gleich und ebenso wie Schreibersit ver- halten, so halte ich sie für identisch mit dieser Verbindung. G. Rose hatte die feinen Nadeln als Rhabdit bezeichnet, jedoch auch schon die Identität mit Schreibersit vermuthet. Die Kry- stallform des Schreibersits lässt sich an diesen Nadeln und Blättchen begreiflicher Weise nicht genauer bestimmen. Man kann nur vermuthen, dass sie entweder tetragonal oder rhom- bisch sei. Das Auftreten des Schreibersits entspräche wieder dem vorhin angenommenen Wachsthum der Eisenindividuen. Der Schreibersit krystallisirte zu gleicher Zeit mit dem Eisen. Bei dem rascheren Wachsen der dem Hauptindividuum parallelen Wände konnten sich in den von ihnen gebildeten hohlen Kanten meist nur wenig vorgeschrittene Schreibersitindividuen, also Nadeln hereinlegen, während die langsamer wachsenden Zwillingslamellen dem sich anlegenden Schreibersit mehr Ge- legenheit bieten mochten, in die Breite auszuwachsen, Blätt- chen zu bilden. 458 Tscherraak. Das Krystallgefüge des Eisens etc. Ausser diesen Einschlüssen habe ich im Rückstande nur noch wenige kleine weisse Flocken wahrgenommen, welche viel- leicht einem in sehr geringer Menge auftretenden Silicat zuzu- schreiben sind. Beobachtungen an den schaligen Meteoreisen, welche Widmannstädten'sche Figuren zeigen, gedenke ich später mit- zutheilen. Tsdiermai . Krysfallgefüge des Mefeoreisens Fiej Fia 2 /: / > y . ; \ / fi ' /'/// 5 Fuj.6. Fia. 4. % //// V 4 . Sitzungsb derkais Äkad d.Wniath natimr.Cl I.X.X IM [Abfhl874. 459 Die Trümmerstructur der Meteoriten von Orvinio und Chantonnay. Von dem c. M. Q. Tschermak. (Mit 2 Tafeln.) Orvinio. Am 31. August 1872 ereignete sich um 5y4 Uhr Morgens bei Orvinio in der römischen Provinz ein Meteoritenfall, welcher mehrere Steine lieferte. Über die näheren Umstände und die be- obachteten Erscheinungen berichtete Ph. Keller1. Über die Bahn der Feuerkugel existirt eine Mittheilung von G.S.Ferrari2, sowie von M. S. Rossi3, welcher auch seine an den Steinen ge- machten Wahrnehmungen beschrieb und darauf bezügliche Ab- bildungen veröffentlichte. Aus der Abhandlung Keller's wiederhole ich hier blos, dass im Ganzen sechs Steine gefunden wurden, welche zu- sammen über 3 Kilogramm wogen und deren schwerster ein Gewicht von 1.242 Kil. besass. Alle zeigten eine schwarze Kruste und im Inneren eine ungleichförmige von Sprüngen durchzogene Masse. Während meiner Anwesenheit in Rom im Frühling des 1. J. erhielt ich durch die Güte des Herrn Ph. Keller einen voll- ständigen Stein von Orvinio, der nunmehr in der Sammlung des 1 Poggendorff's Ann. Bd. 250, pag. 171 und ein nachträglicher Bericht in den Mineralog. Mittheilungen. 1874, pag. 258. 3 Ricerche fisico-astronoiniche intorno all' uranolito caduto nell agro Romano il 31. di Agosto 1872. Roma 1873. 8 Studj sull uranolito, caduto nell' agro Romano ecc. Roma 1873. Abdruck aus den Atti dell' Accademia pontif. de'nuovi Lincei 1873. 4G0 Tschermak. k. k. Hof-Museums aufbewahrt wird und der mir die folgenden Beobachtungen ermöglichte. Es gereicht mir zum grössten Ver- gnügen, hier die Gelegenheit zu finden, Herrn Keller für dieses werthvolle Geschenk meinen innigen Dank aussprechen zu können. Der genannte Stein besitzt eine schwarze, dünne, runzelige Rinde, welche an manchen Stellen fehlt, theils ursprünglich, theils desshalb, weil sich beim Niederfallen Partikelchen von der spröden Masse ablösten. Die Gestalt des Steines ist knollen- förmig. Auf Taf. I Fig. 1 ist dieselbe in der halben Grösse wiedergegeben und so gestellt, dass die allerdings etwas schwierig erkennbare Brustseite links und die Rückenseite rechts zu liegen kömmt. An der Begrenzung dieser beiden Theile des Steines bemerkt man eine schwache Randbildung derselben Art, wie sie bei jenen Steinen, welche aus schwerschmelzbaren Silicaten zusammengesetzt sind, öfters beobachtet wird. Die Oberfläche trägt stellenweise tiefe Gruben und nirgends scharfe Kanten. Durch den Stein wurde in der, in der Figur durch eine punktirte Linie angedeuteten Richtung ein Schnitt geführt. Die Structur, welche dadurch enthüllt wurde, ist eine ungewöhnliche und merkwürdige. Man erkennt nämlich, dass der Stein aus hell- gefärbten Bruchstücken besteht, welche von einer dichten dunklen Bindemasse umgeben sind. Die Fig. 2 auf Taf. I ist ein Bild des Schnittes in natürlicher Grösse. Die Bruchstücke sind gelblichgrau, enthalten Kügelchen und Partikelchen von Eisen und Magnetkies, sie sind also nor- maler Chondrit und besitzen in ihrem Gefüge Ähnlichkeit mit der Masse des Steines von Seres in Macedonien. Die Bindemasse ist schwärzlich, dicht und splittrig. Sie enthält kleine Partikelchen vor Eisen und Magnetkies, welche meist gleichförmig eingestreut sind, an der Grenze gegen die Bruchstücke aber so angeordnet erscheinen, dass im Durch- schnitte eine sehr deutliche Fluidaltextur ' sichtbar wird. (Fig. 2.) Die Wahrnehmung macht es wohl im hohen Grade wahrschein- lich, dass die Bindemasse sich im einst plastischen Zu- stande und in Beweg u n g befand. 1 Darauf machten auch schon Keller u. Rossi aufmerksam. 1. c. Die Trümmerstructur d. Meteoriten v. Orvinio u. Chantonnay. 461 Die spröde Bindeinasse hat hie und da feine Sprünge, welche sich zuweilen durch die eingeschlossenen Bruchstücke fortsetzen. An den Grenzen der Bruchstücke und der Bindemasse erscheinen zuweilen schmale, offene »Sprünge, in denen dasNickel- eisen in zarten gestrickt-bleckförmigen Gestalten frei auskrystal- lisirt erscheint. Die Bruchstücke sind an der Rinde, also an der Berührungsstelle mit der Bindemasse dunkler, härter und spröder als in der Mitte. Die letzteren Beobachtungen sprechen dafür, dass der plastische Zustand der Bindemasse von einer sehr hohen Tempera t u r begleitet war. Die beiden Bestandtheile, die Bindemasse und die Bruch- stücke haben, wie später gezeigt wird, fast dieselbe chemische Zusammensetzung, fast das gleiche Volumgewicht, und so viel sich ermitteln lässt, auch denselben mineralogischen Bestand. Demnach lässt sich der Meteorit von Orvinio mit einer bestimmten Art tellurischer Gesteine vergleichen und zwar mit einer Breccie vulkanischen Gesteins, welche aus einer dichten Grundmasse und aus körnigen Trümmern desselben Gesteins zusammengesetzt ist. Bekanntlich sieht man derlei Breccien an Vulkanen und über- haupt im Bereiche der eruptiven Felsarten häufig. Sie bilden sich dadurch, dass ältere krystallinische Laven von einer jüngeren dichteren durchbrochen werden. Ich gehe nun zu einer genaueren Beschreibung der Be- standtheile über. Die hellen Bruchstücke in dem Meteoriten von Orvinio bestehen aus Chondrit. Die Chondrite sind mehr oder weniger tufähnliche Massen , bestehend aus Gesteinskügelchen und einer pulverigen oder dichten gleich zusammengesetzten Grund- masse. So ist es auch hier. Ein Dünnschliff, welcher aus einem solchen Bruchstücke gewonnen wurde, zeigt Kügelchen, welche meist aus einem, seltener aus mehreren Mineralen be- stehen, und welche in einer aus Splittern derselben Minerale bestehenden Masse liegen, die auch dunkle Partikelchen von Nickeleisen und Magnetkies enthält. Fig. 3 auf Taf. I. Unter den durchsichtigen Mineralen unterscheidet man eines, das nur unvollkommene Spaltbarkeit zeigt und in Körn- chen vorkömmt, ziemlich leicht von den anderen. Nach den ge- nannten Kennzeichen und den Daten der Analvse ist es für 462 Tschermak. Olivin zu halten. Das andere Mineral, welches in »Säulchen von deutlich erkennbarer Spaltbarkeit nach einem Prisma von fast quadratischem Querschnitte, ferner nach der Quer- und der Längsfläche vorkömmt, ist als Bronzit zu erklären. Ein drittes, welches in feinblätterigen oder feinfaserigen Partikeln auftritt, könnte mit dem vorigen identisch sein, dürfte aber, da die Ana- lyse auf einen feldspathartigen Gemengtheil hinweist , für diesen zu halten sein. Eine Erscheinung, die an manchen Chon- driten, z. B. Pultusk, Alessandria, Chateau Renard, auftritt, findet sich auch hier : an manchen Bruchstücken sind schwarze ►Spiegelflächen mit parallelen Streifen zu beobachten. Manches, was hier bezüglich der chondritischen Masse ferner zu sagen wäre, habe ich schon bei einer früheren Gelegenheit, als ich den Meteorit von Gopalpur beschrieb l, ausgesprochen. Ich wiederhole hier nur das Eine, dass ich die Chondrite fUr Zerreibungs-Tuffe, und die Kügelchen derselben für solche Gesteinspartikelchen halte, welche wegen ihrer Zähigkeit bei dem Zerreiben des Gesteines nicht in Splitter aufgelöst, sondern abgerundet wurden. Die Bruchstücke in dem hier behandelten Meteoriten haben eine dunklere, härtere Binde. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass das Gestein hier von einer schwarzen Masse impräg- nirt ist, welche mit der sogleich zu besprechenden Bindemasse zusammenhängt. Diese schwarze Masse dringt in alle feinen Fugen zwischen den Mineralpartikelchen und auch in die Spaltungsfugen ein, sodass die Kinde der Bruchstücke an Durch- sichtigkeit sehr einbüsst, (Fig. 4 auf Tafel I.) Da die schwarze Masse halbglasig und hart ist, wird die Veränderung der Rinde erklärlich. Eine solche Imprägnation, wie sie hier beobachtet wurde, zeigt auch der Chondrit von Tadjera, welcher äusserlich schwärzlich und halbglasig erscheint, und ähnliches Aussehen zeigen im Dünnschliffe solche Meteoriten, welche stark erhitzt i Diese Berichte Band LXV. Abtli. I. pag. 122. Die beigegebene Tafel enthält Abbildungen eines Dünnschliffes und verschiedener Kügel- chen. Ein Auszug der Abhandlung in den Mineralog. Mittheil. 1872, pag. 95. Die Trümmerstructur d. Meteoriten v. Orvinio u. Chantonnay. 4Gi> wurden, wobei der Magnetkies flüssig- gemacht, in die feinen Fugen eingedrungen ist2. Die schwärzliche Bindeinasse besteht aus zwei Theilen, nämlich aus einem auch im Dünnschliffe undurchsichtigen halb- glasigen Theile und aus Partikeln, welche geuau so aussehen wie Theilchen der dunklen Kinde der Bruchstücke. Da in der Nähe der grossen Bruchstücke öfter derlei Partikel wahrnehmbar sind, welche genau an die Contour der Bruchstücke passen, so kann man alle diese Partikel kaum für etwas anderes als für Splitter halten, die von den grossen Bruchstucken sich abgelöst und mit der Bindemasse vermischt haben. Viele der Splitter sind noch als Olivin und Bronzit zu erkennen. Die Menge der eigentlichen Bindemasse ist sonach bedeutend geringer, als es für den ersten Anblick scheint. Da sie beinahe opak ist, war mir eine mikroskopische Unterscheidung der enthaltenen Silikate nicht möglich, dagegen lassen sich die metallischen Beimengun- gen im auffallenden Lichte erkennen. Die Partikel des Nickel- eisens und des Magnetkieses sind hier durchschnittlich viel kleiner als in den Bruchstücken. In der homogenen schwarzen Masse erscheinen diese Partikel rundlich, gegen die Bruchstücke zu aber faserig angeordnet, daher die Fluidaltextur. Bei der Imprägnation der grossen Bruchstücke und der kleinen Splitter treten diese beiden Gemengtheile häufig als feine Adern hinein. Das Nickeleisen, welches in der Bindemasse vorkommt, zeigt nach dem Aetzen unter dem Mikroskop ebensowenig Widmann- städten'sche Figuren wie die Eisenpartikelchen der chondri- tischen Bruchstücke, beide Eisentheilchen sind aber individua- lisirte Körperchen und zeigen nach dem Atzen Linien wie das Braun auer Meteoreisen. Die chemische Zusammensetzung der beiden Steinarten wurde von dem Herrn L. Sipöcz im Laboratorium des Herrn Prof. E. Ludwig bestimmt '. Derselbe erhielt für die chondriti sehen Bruchstücke die Zahlen unter 1 und für die schwarze Bindemasse jene unter II. 1 Vergl. auch Meunier in Cpt. rend. Bd. 72, pag. 339. - 8. a. Mineralog. Mittheilungen, ges. von Tscherniak 1S74, pag. 244. 464 Tschermak. I. II. Kieselsäure 38-01 36-82 Thonerde 2-22 2-31 Eisenoxydul 6*55 9-41 Magnesia 24-11 21-69 Kalkerde 2-33 2-31 Natron 1-46 0.96 Kali 0-31 0-26 Schwefel 1-94 2-04 Eisen 22-34 22-11 Nickel 2-15 3 04 101-42 100-95 Die beiden Massen haben demnach fast gleiche Zusammen- setzung. In Betracht des Umstandes, dass beide Gemenge sind, erscheinen die Differenzen ganz unerheblich ausser bei Magnesia und Eisenoxydul. Wenn aber das atomistische Verhältniss des Silicium zu der Summe von Magnesium und Eisenoxydul berech- net wird, ergibt sich für die erstere Analyse 1 : 1 -096 und für die zweite 1 : 1-098. Es zeigt sich also, dass in der schwarzen Bindemasse zwar etwas weniger Magnesia vorhanden sei, dass aber dafür eine äquivalente Menge Eisenoxydul eintrete !. Aus den Daten der Analyse lässt sich entsprechend den, an dem Meteoriten von Gopalpur gemachten Erfahrungen schliessen, dass in den Silikaten ausser dem Bronzit und Olivin, für welche sich wenig verschiedene percentische Mengen berech- nen, auch noch ein Gemengtheil vorhanden sein möge, dem die Thonerde und die Alkalien zukommen, also ein Feldspath ähn- licher Gemengtheil, der bisher noch nicht mechanisch gesondert werden konnte. Das Volumgewicht eines chondritischen Bruchstückes fand ich 3-675, das der schwarzen Bindemasse 3-600. 1 Es existirt auch eine Analyse von G, Bellucci mit 16-84 PrOC. Thonerde und 8-97 Proc. Magnesia. Die Zahlen sind ganz unrichtig und erinnern an die Analysen Holger's an dem Stein von Wessely, für welchen dieser 39 Pct. Thonsilicat, '22-6(3 Pct. Schwefel etc. angab. Es wäre zu wünschen, dass derlei Zahlen nicht durch coinpilatorischen Eifer ver- ewigt würden. Die Trümmerstructur d. Meteoriten v. Orvinio u. Chantonnay. 465 Die geringere Zahl für die halbglasige Bindemasse, welche gleichwohl einen etwas grösseren Eisengehalt besitzt, harmonirt mit dem Umstände, dass diese Masse das Ansehen eines halbge- schmolzenen Körpers hat, indem die Silicate im glasigem Zu- stande immer ein geringeres Volumgewicht /.eigen. Das mikroskopische Bild der schwarzen Bindemasse wird nun leichter verständlich. Sie erscheint als ein umgeschmolze- ner Chondrit derselben Art wie die Bruchstücke. Die sehr schwer schmelzbaren Silikate Olivin und ßronzit sind, wofern sie grössere Körnchen bildeten, erhalten geblieben, die feineren Theilchen aber und sämmtliches Eisen und aller Magnetkies sind vollständig umgeschmolzen. Die Schmelze besteht vorwiegend aus Eisen und Magnetkies. Ersteres hat sich beim Erstarren in grösseren Partikelchen ausgeschieden, der Magnetkies hingegen blieb feiner vertheilt und wurde die Hauptursache der auch im Dünnschliffe beobachteten Undurchsichtigkeit der halbglasigen Schmelze. Die letztere muss dünnflüssig gewesen sein, da sie in die feinsten Klüfte eindringt. Darnach wäre zu schliessen, dass die schwarze flüssige Masse mindestens die Temperatur des schmelzenden Eisens besass, aber keine höhere Temperatur hatte als die des schmelzenden Bronzits oder Olivins. Chantonnay. Über diesen Meteoritenfall besitzen wir ältere Nachrichten ', feiner eine Analyse von Berzelius2, die sich blos auf den Sili- catbestandtheil bezieht, und eine Totalanalyse von Bammels- berg3. Die merkwürdige breccienartige Structur des Steines wird von mehren Autoren wie Daubree, Reich enbach,. Meunier erwähnt. Sie gewinnt aber neuerdings Interesse, wenn sie mit jener des zuvor genannten Meteoriten verglichen wird. Der Stein von Chantonnay, von welchem das Wiener Museum ein grosses und mehre kleinere Exemplare besitzt, zeigt so wie jener eine spärliche schwarze runzelige matte Rinde. Die Schnittfläche, welche durch denselben gelegt ist, zeigt chondri- 1 Chladni. Gilbert's Annalen. Bd. 60, pag. 247. Cavoleau, Journal de Physique. Bd. 88, pag. 311. a Poggend. Ann. Bd. 33, p. 28. Zeitschrift d. deutsch, geol. Ges. Bd. 22, pag. 889. 466 T scher m a k. tische Bruchstücke, welche eine dunkle Rinde besitzen und durch eine reichliche schwarze, zum Theil halbglasige Binde- masse zusammengefügt sind. Fig. 5 auf Taf. II. Durch die Masse des ganzen Steines ziehen auch hier Sprünge, welche darauf schliessen lassen, dass dieselbe erhitzt worden und beim Erkalten in Folge der ungleichartigen Beschaffenheit sich un- gleichförmig zusammengezogen habe. Die Bruchstücke sind ein Chondrit, welcher nicht sehr reich an Kügelchen ist, jedoch deren hie und da grössere enthält. Er zeigt Ähnlichkeit mit dem Chondrit des zuvor beschriebenen Steines von Orvinio, enthält aber weniger Eisen. Die Figur 6 gibt das Bild einer Partie aus einem Dünnschliff. Man kann wiederum Olivin, Bronzit, ein feinfaseriges durchscheinendes Mineral, sowie Nickeleisen und Magnetkies erkennen. Ob Chromit vorhanden sei, konnte ich nicht entscheiden. Die Unterschei- dung von Bronzit und Olivin gelang mir nicht an allen hierher- gehörigen Theilchen, obgleich die Studien an dem Stein von Lo- dran 1 vorzügliche Kennzeichen liefern. Man sieht jedoch auch hier die deutliche Spaltbarkeit der Bronzitkörnchen häufig. Die Rinde der Bruchstücke ist sehr ungleich dick. Sie ist wiederum härter als das Innere und zeigt bei der mikrosko- pischen Prüfung eine Imprägnation durch eine schwarze, in die feinsten Klüfte eingedrungene Masse. Zuweilen zeigen sich in den Bruchstücken feine schwarze Adern oder Gänge, welche mit der schwarzen Bindemasse commu- niciren; sie sind Apophysen der Bindemasse, welche eben so gut im Stande war, gröbere Klüfte auszufüllen, als sie die feinen im- prägnirte. Ganz gleich aussehende schwarze Adern sieht man bekanntlich an ziemlich vielen Meteoriten, wie Lissa, Kakowa, Chateau Renard, Alessandria, Pultusk. Bei manchen derselben überzeugt man sich, dass die schwarzen Linien nichts anderes sind, als die Querschnitte von Rutschflächen, wie an den Steinen von Chateau Renard, Pultusk, Alessandria. Bei anderen Meteo- i Diese Berichte Bd. LXI. Abth. II, pag. 4bT>. Dieser Meteorit ge- stattete die mechanische Trennung, die Messung der Winkel, die mikro- skopische Untersuchung und chemische Analyse der Krystalle von Olivin, Bronzit und Chromit. Die Trümmerstructur d. Meteoriten v. Orvinio u. Chantonnay 4b i riten wie an denen von Lissa, Kakowa hingegen haben die Adern ganz den Charakter der zuvor genannten Apophysen. Ich glaube daher, dass die letzteren Meteoriten auf ihrer ur- sprünglichen Lagerstätte mit einer h eissflüssigen Masse in Berührung gekommen und in solcher Weise in- jicirt worden sind. Reichen!) ach war der Ansicht, dass die schwarzen Adern mit der Schmelzrinde in Verbindung stehen, also während des Fluges durch die Atmosphäre gebildet wurden '. Dem widerspricht aber der Umstand, dass nach Beob- achtung und Rechnung das Innere der Meteoriten bei ihrer An- kunft auf der Erde eine sehr niedere Temperatur besitzt, welche das Eindringen einer Schmelzmasse in capillare Räume verhin- dern muss. Einen Beleg dafür liefert das Folgende. Zwischen den Bruchstücken und der schwarzen Biudeinasse des Steines von Chantonnay zeigen sich zuweilen capillare offene Klüfte. Eine solche Kluft mündet an einer Stelle an der Oberfläche des Meteoriten. Hier sieht man die Schmelzrindenmasse in der That eingedrungen, aber nur auf eine Tiefe von 6 Mm., obgleich die Kluft theilweise offen war. Die Schmelze endet in der Kluft mit einigen in die Länge gezogenen Tropfen. Die schwarze Bindemasse besteht aus chondritischen schwarz imprägnirten Partikeln und aus einem undurchsichtigen spröden halbglasigen Magma. Die Fig. 5, welche die Ansicht eines Schnittes gibt, zeigt, dass die Partikel in der Bindemasse beinahe verschwinden, doch erkennt man sie noch an den ent- haltenen grösseren Eisentheilchen. Die Menge des halbglasigen Magma ist also geringer, als man beim ersten Anblick zu glauben geneigt ist. Eine Fluidaltextur zeigt sich dem freien Auge nicht, doch erkennt man eine solche Textur, welche auch hier von der An- ordnung der Eisenpünktchen in dem Magma herrührt, mit der Lupe an mehren Stellen, wo sich die Bruchstücke und das Magma berühren. Dass diese Textur hier weniger auffallend ausgesprochen ist, möchte wohl dem geringeren Gehalt von Nickeleisen zuzuschreiben sein, da er blos 7-9 Pct. beträgt, während er sich in dem Stein von Orvinio auf 25 Pct. beläuft. 1 Po gg. Ann. Bd. 125, pag. 308. 468 T s c h e r m a k. Das schwarze halbglasige Magma besteht aus einer voll- ständig undurchsichtigen Masse, worin Splitter der auch in den Bruchstücken enthaltenen Silicate, zuweilen auch einzelne Kügel- chen liegen. Im auffallenden Lichte sieht man feine Pünktchen von Nickeleisen und Magnetkies. Wo die Fluidaltextur erkannt wurde, sind diese Pünktchen perlschnurartig angeordnet. Man sieht auch sehr feine Adern der letztgenannten Minerale, welche zugleich mit der imprägnirenden Masse in die chondritischen Partikel und Bruchstücke eindringen. Die Menge des eigentlichen schwarzen Magma ist gering, denn die Hauptmasse alles dessen, was schwarz erscheint, ist nur imprägnirter Chondrit. Eine gesonderte chemische Untersuchung der Bruchstücke und der Bindemasse ist bisher noch nicht ausgeführt worden. Berzelius gab blos die Analyse der Silicate der schwarzen Bindemasse, ohne die Menge des Eisens und des Magnetkieses zu bestimmen. Rammeisberg führt nicht an, welcher Art sein Material gewesen, wahrscheinlich waren beide Theile des Steines darin vertreten. Nach den Erfahrungen an dem Stein von Orvinio dürfte auch hier die Zusammensetzung der Bindemasse von der der Bruchstücke nur unbedeutend differiren. Ich vergleiche nun hier die von Rammeisberg erhaltenen Zahlen mit den früher angeführten in der Weise, dass in der ersteren Analyse die Daten für den in Säure auflöslichen und den unauflöslichen Theil vereinigt werden. Kieselsäure 37-38' 38-01 36-82 Thonerde 2-53 2-22 2-31 Eisenoxydul 14-67 6-55 9-41 Manganoxydul.. 0-27 — — Magnesia 25-37 24-11 21-69 Kalkerde 1-41 2-33 2-31 Natron » 1-46 0-96 Kali \ 0-31 0-26 Chromoxyd .... 0-60 — Eisenoxydul .... 0-37 — Schwefel 2-24 1-94 2.04 Eisen 10-65 22-34 22-11 Nickel 1-16 2-15 3-04 97-79 101-42 100 • 95 Die Trümraerstructur d. Meteoriten v. Orvinio u. Chantonnay. 469 Der Unterschied ist grösstenteils gering, nur im Eisen- gehalte differiren die beiden Meteoriten erheblicher. Rechnet man alles Eisen als metallisches Eisen, so geben die drei Analysen die Zahlen 22-63, 27-43 und 29-43. Die Erscheinungen an den Meteoriten von Orvinio und von Chantonnay führen zn dem Schlüsse, dass diese Massen ur- sprünglich nicht die gegenwärtige Beschaffenheit hatten, sondern dass sie durch Zertrümmerung fester Gesteine und nachherige Zusammenfügung derselben mittelst eines halbglasigen Magma, in ihren gegenwärtigen Zustand gelangt sei. Ich habe dafür gleich eingangs eine Parallele mit den eruptiven Breccien un- serer Erde gezogen, doch könnte es nunmehr scheinen als ob dieser Vergleich nicht vollkommen zutreffe. Die schwarze Binde- masse ist nämlich nicht so homogen wie eine verkittende Lava, sondern enthält viele Gesteinsplitter in der halbglasigen Grund- masse. Dieser Umstand hängt aber mit der äusserst schwierigen Schmelzbarkeit der Silicate zusammen, welche die Hauptmasse jener Meteoriten bilden. Wir besitzen auf unserer Erde keine Olivinfels- oder Bronzitfelslaven, daher werden wir auch etwas der schwarzen Rindemasse völlig Gleiches unter unseren vulca- nischen Producten nicht auffinden. Wollte man aber trotzdem jene meteorischen Trümmer- gesteine mit auderen, nicht vulkanischen Bildungen unserer Erde vergleichen, so könnte man sie vielleicht mit den Dislocations- Breccien in eine Linie stellen, d. h. mit jenen Breccien, welche durch eine Zertrümmerung und eine an derselben Stelle erfolgte Verkittung der Gesteintrümmer durch den Absatz einer wässe- rigen Lösung gebildet wurden. Man könnte sie vielleicht auch mit den im Durchschnitte marmorirt aussehenden Kalksteinen etc. vergleichen, deren Aderung durch wässerige Einflüsse ent- standen ist. In der That besitzt der Stein von Chantonnay eine feine Textur, die einigermassen einer solchen metamorphischen Breccie entspricht. Es könnte also scheinen, dass man sich die schwarze ver- kittende Masse der Meteoriten - Breccie auch durch allmälig und bei massiger Temperatur wirkende Ursachen gebildet vorstellen könnte. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Sprünge und Klüfte in dein ganzen Steine, der halbglasige Zustand der Binde- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. Ol 470 Tschermak. masse, der Eisen- und Magnetkies-Theilchen, die Fluidaltextur durchwegs auf die Mitwirkung einer hohen Temperatur hin- weisen, ferner dass eine allmälige Entstehung durch die vorlie- genden Beobachtungen wohl nicht gänzlich ausgeschlossen, aber doch nicht wahrscheinlich gemacht sei, weil in diesem Falle eine krystallinische Ausbildung des schwarzen Magma zu erwarten wäre. Man mag übrigens den Thatsachen diese oder jene Aus- legung geben, in jedem Falle ist durch dieselben bewiesen, dass die beiden Steine früher Zeugen von Vorgängen waren, die nur auf einem solchen Himmelskörper möglich sind, welcher an der Oberfläche und im Inneren verschiedene Zustände aufweist. Die beiden Steine geben uns also Nachricht von Veränderungen auf der starren Oberfläche eines oder mehrerer Planeten, welche später in Trümmer aufgelöst wurden. Die Trümnierstructur d. Meteoriten v. Orviuio u. Chantonnay. 47 1 Erklärung der Tafeln. Tafel I. Fig. 1. Ansicht eines Meteorsteines von Orvinio in '/2 der natiirl. Grösse (linear). Links Brnstseite, rechts Riickenseite. Die pnnktirte Linie gibt die Richtung des durch den Meteoriten geführten Schnittes an. Fig. 2. Ansicht des Schnittes in natürlicher Grösse im auffallenden Lichte. Die Trümnierstructur, die Sprünge sind deutlich. Ein Bruchstüek links zeigt den Unterschied der helleren Färbung im Inneren und der dunklen Färbung gegen die Rinde zu, die kleineren Bruch- stücke sind durchaus dunkel. Die dunkle Bindemasse zeigt eine Fluidaltextur, welche von höchst feinen Eisenflasern herrührt und eine unnachahmliche Zartheit der Zeichnung besitzt. Fig. 3. Partie eines Dünnschliffes aus einem Bruchstück in dem Meteoriten von Orvinio. Durchfallendes Licht. Vergrösserung 20fach. Die dunklen Partikel sind Eisen und Magnetkies, letzterer ist feiner vertheilt. Die Unterscheidung beider erfolgt natürlich nur im auf- fallenden Lichte. Fig. 4. Theil eines Dünnschliffes durch ein Bruchstück und die angren- zende Bindemasse. Vergrösserung 20. Das chondritische Bruch- stück erscheint hier im Contacte mit der Bindemasse von einem schwarzen Magma durchdrungen. An der Grenze beider endigt ein Sprung. Die Bindemasse ist von feinen Eisenadern durch- zogen. Diese sind durch ein helleres Grau bezeichnet. Fig. 5. Theile eines Dünnschliffes durch die Bindemasse. Vergrösserung 20. Ein Theil der Bindemasse ist reich an chondritischen Split- tern und rundlichen Eisenpartikeln, die andere ist dicht, rfieEisen- theilchen sind sehr klein. Tafel II. Fig. 6. Ansicht eines polirten Durchschnittes durch den Meteorstein von Chantonnay in natürlicher Grösse. Auffallendes Licht. Die Trüm- merstruetur wird hervorgebracht durch viele Bruchstücke, die von einem schwarzen Magma umhüllt sind. Die Bruchstücke sind durch grössere Eisenpartikel kenntlich. Das Magma zeigt keine 31* 472 Tschermak. Die Trümmerstructur der Meteoriten etc. erkennbaren Eisentheilchen. Die drei grösseren Bruckstücke sind im Inneren lichter gefärbt. Sie zeigen eine an verschiedenen Stellen ungleich dicke dunkle Rinde. Die vielen kleinen Bruchstücke sind ganz und gar schwarz imprägnirt und heben sich nur durch die geringere Politur und die Eisenpartikel von dem umgebenden Magma ab. In der Masse des Steines sind unregelmässige offene Sprünge bemerkbar. Fig. 7. Eine Partie eines Dünnschliffes durch das helle Innere eines gros- sen Bruckstückes. Durchfallendes Licht. Vergrösserung 15. Die dunklen Partikel sind Eisen und Magnetkies. Fig. 8. Theil eines Dünnschliffes durch zwei imprägnirte kleine Bruch- stücke und die zwischenliegende schwarze Masse. Die letztere enthält chondritische Splitter. Vergrösserung 15. Tschpi-nink. Di* Ti-ifanmerstraktar der Meteoriten v.Onrhtio u .Chmtoiraay Taf. 1. 1. z. litl Sitzun&b.d.kAkad d.W math.nat.Cl.LXXI .Rd.LAl.tL I875 Tsdiermak. Die Trümmerslmklm' der Meteoriten v.Orvinio u,Chantoimay Inf. II. i Sitzungsb.d k.AknddW . nuith. nat.Cl. LXXI Bd.LAbth.1875 SITZUNGSBERICHTE DER DER WISSENSCHAFT Ulli MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXX. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 10. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie , Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie 475 XXVII. SITZUNG VOM 3. DECEMBER 1874. In Verhinderung: des Präsidenten führt Herr Hofrath Frei- herr von Burg den Vorsitz. Der Secretär liest eine Zuschrift des k. & k. Ministeriums des Äussern vom 26. November, womit das von der Akademie am 25. November an dasselbe gestellte Ansuchen, den zur Be- obachtung des Venus-Durchganges nach Jassy reisenden Pro- fessoren Dr. Edm. Weiss und Dr. Th. v. Oppolzer die mög- lichste UnterstützuDg seitens der rumänischen Behörden, und namentlich den anstandlosen und zollfreien Aus- und Eingang der von denselben mitgeführten Instrumente erwirken zu wollen» dahin beantwortet wird , dass das genannte Ministerium sofort das General- Consulat in Bukarest, sowie das Consulat in Jassy von der Reise der beiden Gelehrten verständigt und das erst- genannte Amt zugleich angewiesen habe, sich in der gewünsch- ten Richtung bei der rumänischen Regierung mit aller Beschleu- nigung zu verwenden. Die physikalisch-medicinische Gesellschaft zu Würzburg ladet die Akademie mit Circular-Schreiben vom November 1874 zu ihrem am 8. December zu begehenden 25jährigen Stiftungs- feste ein. Die Classe beschliesst, der Gesellschaft aus diesem An- lasse ein Beglückwünschungs-Telegramm zugehen zu lassen. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: „Jährliche Periode der Insecten - Fauna von Österreich- Ungarn. I. Die Fliegen (Diptera)", vom Herrn Vice-Director K. Fritsch in Salzburg. Diese Abhandlung ist für die Denk- schriften bestimmt. 476 „Das Wasser des k. k. Artillerie- Arsenals in Wien. Als Beitrag zur Kennlniss der Beschaffenheit des Wassers von Wien'-, von dem k. k. Artillerie-Hauptmann Ottomar Volk m er. „Über Strömungen eigener Art und die merkwürdigen Eigenschaften des Pendels in menschlicher Hand", von Herrn Dr. Ferd. Daubrawa in Mährisch-Neustadt. Der Assistent der k. k. Gradmessung, Herr Ludwig Gru- ber, überreicht eine Abhandlung: ,,Über einen Apparat zu CoTncidenzbeobachtungen bei Schwerebestimmungen mit Hilfe des Reversionspendels". An Druckschriften wurden vorgelegt: Accademia Pontificia de' nuovi Lincei: Atti. Anno XXVII, Sess. 6a. Roma, 1874; 4». Astronomische Nachrichten. Nr. 2010—2016 (Bd. 84. 18— 24). Kiel, 1874; 4°. Basel, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1873/4. 4° & 8°. Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXIX. Nrs. 19—20. Paris, 1874; 4°. Czyrnianski, Emil, Chemija nieorganiczna. Widanie trzecie. Krakow, 1874; 8°. Gesellschaft, k. k., der Ärzte: Medizinische Jahrbücher. Redigirt von S. Stricker. Jahrgang 1874. IL, III. & IV. Heft. Wien; 8». — österr., für Meteorologie: Zeitschrift. IX. Band, Nr. 22. Wien, 1874; 4°. Gewerbe -Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXXV. Jahrgang, Nr. 43 — 48. Wien, 1874; 4°. Journal für praktische Chemie, von H. Kolbe. N. F. Band VIII, 10. Heft.; Band X, 7. & 8. Heft. Leipzig, 1874; 8*. Landbote, Der steirische. 7. Jahrgang, Nr. 24. Graz, 1874; 4°. Landwirthschafts-Gesellschaft , k. k., in Wien: Ver- handlungen und Mittheilungen. Jahrgang 1874, Nr. 16—17- Wien ; 4°. 477 Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 20. Band, 1874. XI. Heft. Gotha; 4<>. Nature. Nr. 2C1, Vol. X. Nrs. 264 & 265, Vol. XI. London, 1874; 4°. Observatorio de Marina de la ciudad de San Fernando: Almanaque nautico para 1875. Barcelona, 1874; 4°. Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bollettino meteorologico. Vol. VII, Nr. 6 (1872); Vol. VIII, Nr. 12 (1873); Vol. IX, Nr. 1 (1874). Torino; 4°. Packard, A. S., Third Annual Report on the Injurious and Beneticial Insects of Massachusetts. Salem, 1873; 8°. — Catalogue of the Phalaenidae of California. Nr. II. Boston, 1874; 8°. — Catalogue of the Pyralidae of California, with descriptions of new Californian Pterophoridae. Salem, 1873; 8°. „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de l'etranger". IVe Annee, 2e Serie, Nrs. 21 — 22. Paris, 1874; 4°. Smithsonian Institution: Annual Report. For the Year 1872. Washington, 1873; 8°. Societät, physikal. - medicin., zu Erlangen: Sitzungsberichte. 6. Heft. Nov. 1873 bis Aug. 1874. Erlangen, 1874; 8°. Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou: Nouveaux Me- moires. Tome XIII, Livraison IV. Moscou, 1874; 4°. — Botanique de France: Bulletin. Tome XXe. 1873. Session extraordinaire, Juillet 1873; TomeXXP 1874. Revue biblio- graphique B — C. Paris; 8°. — Geologique de France: Bulletin. 3e Serie. Tome IP. 1874. Nr. 5. Paris; 8°. Strassburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1873/4. 8°. Verein, naturwissenschaftl., von Neu-Pommern und Rügen: Mittheilungen. V. & VI. Jahrgang. Berlin, 1873 u. 74; 8°. — siebenbürgischer, für Naturwissenschaften : Verhandlungen und Mittheilungen. XXIII. & XXIV. Jahrgang. Hermann- stadt, 1873 & 1874; 8°. 478 Ve r e i n für vaterländische Naturkunde in Württemberg : Württem- bergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. XXX. Jahr- gang. 1., 2. & 3. Heft. Stuttgart, 1874; 8°. — für Erdkunde zu Dresden: XI. Jahresbericht. Dresden, 1874; 8°. Vierte ljahresschrift, österr., für wissenschaftliche Veterinär- kunde. XLII. Band, 1.-2. Heft. Wien, 1874; 8°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang, Nr. 47—48. Wien, 1874; 4°. 479 ALPHABETISCHER INDEX zu den in diesem Jahrgange (Band LXIX, Seite 74, 202, 386, 493 und Band LXX, S. 110 u. 200 u. fg. abgedruckten sechs Mittheilungen: „Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu-Guinea und den Inseln der Geelvinksbai. Von Dr. Adolf Beruhard Meyer. (Vorgelegt in der Sitzung am 7. Jänner 1875, i Dain den oben citirten sechs Abhandlungen nahe an 800 Arten genannt sind, von denen etwa 50 als neue Formen beschrieben wurden, und da die Anordnung des Materiales keine systemati- sche sein konnte, so ist die Auffindung der einzelnen Namen wesentlich erschwert, welchem Übelstande der nachfolgende alphabetische Iudex abhilft. In der ersten Colonne findet man den Band der Sitzungsberichte, da die sechs Abhandlungen zwar in einem Jahrgange abgedruckt sind, aber in den zwei Bänden desselben vertheilt stehen; in der zweiten Colonne die Seiten- zahlen des betreffenden Bandes ; in der dritten die Nummer der „Mittheilung-' (von I bis VI) ; und in der vierten die Seitenzahl des Separatabdruckes aus dem Grunde, weil die Seitenzahlen der Separatabdrücke der Abhandlungen aus den Sitzungsberichten der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe nicht denen der Originalabhandlungen entsprechen, sondern in jedem Separatab- drucke von 1 beginnen, durch welchen Umstand denjenigen Ge- lehrten, denen nur die Separatabdrücke zu Gebote stehen, sowohl Auffindung als auch Citirung erschwert wird. Ich hebe besonders hervor, dass durch die PublL cirung dieses Index zu den sechs „Mi tth eilungen" nicht etwa ein Abschluss meiner vorläufigen Ab- handlungen „über die ornithologische Ausbeute auf Neu- Guinea und den Inseln der Geelvinksbai im Jahre 1873u an- gedeutet werden soll. Noch nicht */a des mir vorliegenden Materiales konnte bis jetzt eingehender betrachtet werden. Allein der Wechsel meines Aufenthaltes und die Übernahme grösserer 480 Meyer. Berufspflichten veranlassen in der Fortsetzung dieser Studien eine Verzögerung, deren Ende ich noch nicht bestimmen kann, und desshalb scheint es mir geboten, jenen sechs „Mitthei- lungen" in den Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien wenigstens einen äusserlichen Abschluss zu geben. Dresden, k. naturhistorisches Museum, December 1874. Aegotheles Albertisi „ dubius n. sp.. . „ Wallacii affinis (Gerygone) „ (Megapodius) „ (MyiolestesJ „ (Paehycephala) . . . Ailuroediis arfakiaitus n. sp. . . „ melanotis Albertisi (Acgotheles) „ (Drepanornis) (dbicapilla (Macropygin) albilora (Campephaga) albiventer minor fZosteropsJ . . ulboscnpulatiis ( MalurusJ . . . . albotaeniata (Atnaurodryas) . . Alcippr . Alecthelia Urvilli alecto (Monurcha) Amaurodi yas albotaenitda n.sp. „ cerinniveiUris „ hypoleuoa „ niiperciliosa „ vittata (tmboinensis (Macropygia) . . . . „ (Platycercus) Anthochaera „ setwx Ar fahl (Trichoglosws) Band Seite S 'S S "5 Seitenzahl der Separat- abdrücke LXX 128 V 19 LXIX 74 fg. i, v 1 fg. 19 LXX 75 fg. 116, 118 fg. I V 2 fg. 7, 9 fg. LXIX 215 II 14 n 209 II 8 n n LXX 392 74,82 82 fg. 128 III, x,v I I V 7, 19 1, 9 9 fg. 19 LXIX 75 I 2 n 402 III 17 n 389 III 4 LXX 115 V 6 LXIX 496 IV 4 n 498, 500 IV 6, 8 n 497 IV 5 n 89 I 16 n 504 fg. 498, 500 IV IV, V 12 fg. 6, 8, 19 fg. n 500 IV 8 n n 499 fg. 500 IV, V IV 7 fg., 20 8 n 500 IV 8 n 402 III 17 n 397 III 12 LXX 212 VI 13 n 210 VI 11 LXIX 74 I 1 Alphabetischer Index. 481 arfakianus (Ailuroedus) argenticeps (Tropidorhynchus) Arnouxi (Artamus) Artamus Arnouxi „ Derardi „ leucogaster „ leueorhynehus „ major „ maxitnua n. sp „ melaleucus „ melanoleucus „ minor „ monac/tus „ nigricans „ papuensis aruensis (Myiolestes) aspasia (Chalcostetha) aspasioides (Chalcostetha) . . atra (Domiceila) » (Myagra) auranticollis (Plilopus) aurantiifrons (Ptilopus) .... „ var. 2V. Guineae (Pti- lopus) auriceps (Chalcostetha) auriculata (Ptilotis) , auruleitta (Campephaga) batchianensis (Macropygia) . , betlus (Ptilopus) , Bennettii (Casuarius) Bennctti (Rectes) Berardi (Artamus) Boiei (Myzomela) Bonapa) tei (Todopsis) bouroensis (Philedon) Boi/eri (Campephaga) Brachypteryx brunneiventris n. sp Brachypteryx leucophrys .... Band Seite LXIX LXX LXIX LXX LXIX LXX LXIX LXX LXIX LXX LXIX LXX LXIX LXX LXIX 74,82 211 204 204 204 204 204 fg. 204 203 fg. 204 204 204 205 204 204 fg. 209 122 fg. 123 237 498 508 508 509 123 207 125 402 128 fg. 216 126 204 205 78, 80 fg. 215 388 497 497 u — tu /beoeep/ LXX ~ 5 Seite 3 'S 205 fg. 391 ii, in 206 fg. ii 390 m, v 390 in 205 fg. ii 208 ii 208 u 87, 214 fg. i, ii 501 fg. IV 201 VI 503 IV, VI 503 IV 201 VI 502 IV 502 IV 200 fg. VI 502 fg. IV 503 IV 212 II 222 fg. VI 74, 77 I 128 ig. V 211 II 208 fg. VI 494 IV 203 VI 400 III 200 ig. VI 502 fg. IV 504 ig. IV 82 I 124 V 202 VI 501 IV 121 V 210 fg. II 74, 78 I 237 fg. VI Seitenzahl der Separat- abdrücke 4 fg. 6 5 fg. 5, 17 5 4 fg. 14, 13 fg. 9 fg. 2 11, 2 11 2 10 10 1 %. 10 fg. 11 11 23 fg. 1, 4 19 fg. 10 9 fg. 2 4 15 fg. 1 fg. 10 fg. 12 fg. 9 15 3 9 12 0 fg. 1, 5 38 fg. Alphabetischer Index. 493 senex (Anthochaera) „ (Gymnocorvus) . . . . „ (Paehyeephala) . . . „ (Philemon) sepiaria (Brachypteryx) .... sericyanea (Todopsis) setosa (Bhipidura) gimplex (Gerygone) „ (Pionias) Sloetii (Campephaga) soror (Pachycephala) speciosa (Diphyllodes) ..... speciosus (Lori) „ (Pliiopus) spüodera (Entomophila) . . . spinicauda (Orthonyx) spinicaudus (Pteruthius) . . . splendidvs (Chrysococcyx) . strenua (Campephaga) strepitans (Beetes) striata (Melitograis) „ (Mimeta) „ (Ptilotis) Strix tenebricosa superciliaris (Podargus) . . . sapereiliosa (A tu a u rodryas) „ (Petroica) Swainsonii (Graucalus) .... Talegallus Cuvieri „ jobiensis n. sp Tanysiptera Riedelii „ Schlegelii Tchitrea rubiensis n. sp. . . . telescopth alm a (Mo aar eh a) tenebricosa (Strix) threnothorax (Bhipidura) Todopsis Bonapartei „ cyanoeephala ,, Grayi Band Seite ^ blj , 7 fg. 1, 5 8, 11 494 M e y e r. Todopsis mysorensis n. sp. . . . „ sericyanea „ Wallacii torqualits (Melidectes) Trichoglossus Arfaki n. sp.. . . „ eoecineifruns „ cyanogrammus „ Josefinae „ kordoanus n. sp „ placens „ pulchellus „ rubronotattis „ Wilhelminae n. sp. . . . trichrou (Erythrura) tricolur (LoriJ tristissima (Muniu) Tropidorhynchus „ argetiticeps „ chrysotis „ cineruceus „ cinereus „ citreogitlaris „ yilulensis „ inovnatus „ jnbiensis n. sp „ marginatus „ mitratus „ Novae Giiineae „ plumigenis „ vulturinus turtur (Macropygia) uniappendicv latus (Casuarius) unicolor (Plilotis) uropygialis (Rectes) „ ceramensis (Rectes) . , Urvilli (Alecthelia) vittata (Amaurodryas) vulneratum (Dicaeum) vulturinus (Philpmon) Band LXIX LXX LXIX LXX LXIX LtXX LXIX LXX LXIX LXX Seite i- £>C © 03 s j^ £ -*J £ s Seitenzahl der Separat- abdrücke 74, 79 fg. 81 81 128 74 226 fg. 225, 227 74, 77, 401 74 400 Ig. 74, 76 fg. 401 400 fg. 74, 400 127 232 126 212 211 209 fg. 213 212 fg. 214 210 212 fg. 113 114 114 113 fg. 214 114 212 fg. 401 216 fg. 207 208 208 89 500 122 213 I I I V I VI VI I, III I III I, III III I, III V VI V VI VI VI VI VI VI VI VI V V V V, VI V VI III II VI II II I IV V VI 1, 6 fg. 19 1 27 fg. 26, 28 1, 4, 16 1 15 fg. 16 1, 3f 15 fg. 1, 15 18 33 17 13 12 10 fg. 14 13 fg, 15 11 13 fg. 4 5 5 4 ig. 15 5 13 fg. 16 15 fg. 8 7 7 16 8 13 14 Alphabetischer Index. 495 vulturinu8 ( TropidorhynchusJ . Waüacii (Aegothelee) „ (Dendrochelidon) . . . . „ (TodopsisJ teesternensis (Zosterops} . . . . Willtelminne (Epimaelius) . . . . „ (Trichoglossus) Xanihotis ckrysotis „ fillgera „ poiküosternos n. sp. . . Zanihomyxa phrygia Zosterops albiventer minor n. var Zosterops madagascariensis . . . „ mysortnsis D. sp „ teesternensis S3 £ T3 3 Seitenzahl Band Seid' 03 Qi der Separat- sH abdrücke - s LXX 212 fg. VI 13 fg. LX1X 75 fg. I 2 fg. LXX 220 VI 21 LXIX 81 I 8 LXX 115 V 6 LXIX 75 I 2 » 74, 400 I, III 1, 15 LXX 113; 207, 209 fg. V;VI 4; 8, 10 fg. n 210 VI 11 n 112 fg. V 3 fg. n 113 V 4 rt 115 V 6 n 115 V 6 r> 116 V 7 n 115 V 6 496 XXVIII. SITZUNG VOM 10. DECEMBER 1874 Der Secretär tlieilt drei .Schreiben, von den Herren Dr. F. St ein da einer, Prof. Dr. Camil Heller und Dr. E. v. Maren- zeil er, mit, worin diese ihre Bereitwilligkeit aussprechen, die von der österr.-ungar. Polarexpedition mitgebrachten Thiere zu bearbeiten, und zwar wird Steind achner die Fische, Heller die Crustaceen und Ascidien und v. Maren z eil er die übrigen niederen Thiere übernehmen. Der akademische Verein der Mathematiker und Physiker in Wien dankt, mit Zuschrift vom 3. November, für die Bethei- lung mit dem „Anzeiger" der Classe. Se. Excellenz Herr Vice- Admiral B. Freiherr von Wüllers- torf-Urbair übersendet eine für die Denkschriften bestimmte Abhandlung, betitelt: „Die meteorologischen Beobachtungen und die Analyse des Schiffeurses während der Polarexpedition unter Weyprecht und Payer 1872—1874." Herr Dr. F. Steindachner übermittelt eine Abhandlung: „Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasiliens." Herr Regierungsrath Dr. K. v. Littrow berichtet über den Erfolg der österr. Expedition zur Beobachtung des Venus-Durch- ganges in Jassy. An Druckschriften wurden vorgelegt: Accademia fisio-medico-statistica di Milano: Atti. Anno acca- demico 1874. Milano; 8°. Annalen (Justus Liebig's) der Chemie. Band 174, Heft 3. Leipzig & Heidelberg, 1874; 8°. — der k. k. Sternwarte in Wien. Dritte Folge. XXII. Band. Jahrgang 1872. Wien, 1874; 8°. Antoine, Charles. Du roulis par calme. Brest, 1874; 4°. 497 Apotheker -Verein, allgem. östcrr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 33 — 34. Wien, 1874; 8°. Bertelli, P. D. Timoteo, Troniosismometro. Roma, 1874; 4°. — Appunti storici intorno alle ricerehe sui piccoli e spon- tanei moti dei peudoli fatte dal secolo XVII in poi. Roma, 1873; 4°. — Süll' aurora boreale del 4 febbrajo 1872. Roma, 1873; 4°. Bert in, L. E., Donnees theoriques et experimentales snr les vagues et le roulis. Paris, 1874; 8°. — Etüde sur la Ven- tilation d'un transport-ecurie, (et Rapport sur ce Memoire). 4°. — Note sur la resistance des carenes dans le roulis des navires et sur les qualites nautiques, (et Rapport sur ce Memoire). 4°. Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Scien- ces physiques et naturelles. N.P. Tome LP. Nr. 203. Geneve, Lausanne, Paris, 1874; 8°. Brusina, Spiridion, Fossile Binuen-Mollusken aus Dalmatien, Kroatien und Slavonien. Agram, 1874; 8°. Comitato, R., geologico d'Italia: Bollettino. Anno 1874, Nr. 7 e 8. Roma ; gr. 8°. Commission de meteorologie de Lyon: Observations meteo- rologiques faites ä l'Observatoire de Lyon du 1er Dec. 1871 au 1er Dec. 1872. gr. 8U. Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXIX, Nr. 21. Paris, 1874; 4°. Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XVII (neuer Folge VII) Nr. 11. Wien, 1874; 8°. — österr., für Meteorologie : Zeitschrift. IX. Band, Nr. 23. Wien, 1874; 4°. — Wetterauische, für die gesammte Naturkunde : Bericht über den Zeitraum vom 1. Jänner 1868 bis 31. December 1873. Hanau, 1874; 8°. — Deutsche, für Natur- und Völkerkunde Ostasiens : Mitthei- lungen. 5. Heft. Juli 1874. Yokohama; 4°. Gewerbe- Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXXV. Jahrgang, Nr. 49. Wien, 1874; 4°. Hamburg, Stadtbibliothek: Gelegenheitsschriften für d. J. 1873,4. 4°. 408 Jahresberichte: Siehe Pr o gr a m m e. Kiel, Universität: Academische Gelegenheitsschriften vom Jahre 1873. Band XX. Kiel, 1874; 4°. Lanzillo, Vincent, L'eleetro - vigile ou moyen d'aviser les tentatives de vol et le commencement d'incendie. Turin, 1874; 8°. Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr aus dem statistischen Departement im k. k. Handels-Ministerium. IV. Band, 3. Heft. Wien, 1874; 4". Nature. Nr. 266, Vol. XI. London, 1874; 4°. Programme und Jahresberichte der Gymnasien zu Arnau, Brixen, Brunn, Eger, Feldkirch, Hennannstadt, Kaschau, Kremsmünster, Kronstadt, B. -Leipa, Leoben, Marburg, Pisek, Pressburg, Radautz, Roveredo, Saaz, Schässburg, Trient, des akademischen Gymnasiums, des Gymnasiums der k. k. Theresianischen Akademie und zu den Schotten in Wien, des Gymnasiums zu Zara, der k. k. technischen Hoch- schule in Wien und der Landes-Unterreal- u. Gewerbe- Schule zu Waidhofen an der Ybbs. 4° & 8°. „Revue politique et litteraire" et „Revue seientitique de la France et de l'etranger." IVC Annee, 2me Serie, Nr. 23. Paris, 1874; 4». Schmidt, C, Hydrologische Untersuchungen. III— VI. 8°&4°. — Essbare Erden aus Lappland und Süd-Persien. 8°. Societä degli Spettroscopisti Italiani: Memorie. Anno 1874, Disp. 10\ Palermo; 4°. Societe Linneenne du Nord de la France: Bulletin mensuel. 3e Annee. 1874. Nrs. 29—30. Amiens; 8°. — de Medecine et de Chirurgie de Bordeaux: Memoires et Bulletins. 1er et 2e fascicules 1874. Paris & Bordeaux; 8°. Toner, J. M., Contributions to the Study of Ycllow Fever. Washington; 8°. — Dictionary of Elevations and Glimatic Register of the United States. New- York, 1874; 8°. Wiener Medizin. AVochenschrift. XXHr. Jahrgang, Nr. 49. Wien, 1874; 4°. 4W Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. Von dem c. M. Dr. Franz Steindachner. (Mit G Tafeln.) Im Jahre 1869 erhielt ich durch Prof. Agassi z eine Ein- ladung, an das Museum zu Cambridge bei Boston (in Nord- amerika) zu kommen, um mit ihm das riesige Material brasilia- nischer Fische zu sichten und zu bearbeiten, welches während der sogenannten Thayer-Expedition von Professor Agassiz und seinen Assistenten gesammelt wurde. Das k. k. Obersthofmeisteramt, welches dem k. zoolog. Mu- seum zu Wien als oberste Behörde vorsteht, bewilligte mir einen 2 '/Jährigen Urlaub, unter der ausdrücklichen Bedingung, dass dem Wiener Museum als Entschädigung eine reiche Auswahl von Doubletten brasilianischer Fische zur Verfügung gestellt werde. Im April 1870 reiste ich nach Cambridge ab, und begann am dortigen Museum meine Thätigkeit mit der Bearbeitung der Fischfauna jener brasilianischen Flüsse, welche östlich vom Laufe des Rio Sau Francisco zwischen San Pedro do Rio graude do Sul und Bahia in den atlantischen Ocean münden. Zu Ende des Jahres 1871 unterbrach jedoch die Hassler-Expedition, an welcher ich auf Agassiz' Wunsch theilnahm, diese Arbeit und bald nach meiner Rückkehr nach Boston war die Zeit meines Urlaubes abgelaufen. Während der Hassler-Expedition hatte ich Gelegenheit, die Süsswasserfische in der Umgebung von Rio Janeiro und des Parahyba- Flusses in loco zu studiren und weitere Sammlungen für das Wiener Museum (auf meine eigenen Kosten) zu veran- lassen, welche in den Jahren 1873 und 1874 in Wien eintrafen. öOO Steindach ner. Letztere Sendungen sowie die mir von Prof. Agassi z contract- lich zugesicherten Doubletten des Cambridger Museums, welche durch die Liberalität meines nunmehr verstorbenen Freundes und Gönners an Reichhaltigkeit alle meine Erwartungen weit übertrafen, veranlassten mich nach meiner Rückkehr nach Wien die in Cambridge begonnenen Vorarbeiten Über die Fischfauna der Kiistenflüsse des südöstlichen Brasiliens fortzusetzen, und ich erlaube mir nun, den ersten Theil dieser Monographie der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien vorzulegen und dem Andenken des um die Ichthyologie so hoch verdienten Prof. Louis Agassi z zu widmen. In ichthyologischer Beziehung bildet der ganze südöstliche Küstenstrich Brasiliens von der Mündung des Rio de la Plata bis zu jener des Rio San Francisco ein eigenes Faunengebiet, welches sich erst südlich von Rio Janeiro mit dem des La Plata, und höchst wahrscheinlich in der Nähe von Bahia mit jenem des Rio San Francisco sich vermischt. Sowohl der Rio San Francisco als der La Plata weisen viele besondere Fischarten auf, welche dem Amazonenstrome fehlen ; doch haben beide Ströme auch so viele Arten mit dem letzt- genannten und dem Orinoco gemeinsam, dass die Stromgebiete dieser vier Flüsse in ichthyologischer Beziehung höchst wahrschein- lich nur als Theile eines einzigen grossen Faunengebietes auf- zufassen sein dürften, welches sich den Hauptströmen entspre- chend in mehrere Unterabtheilungen gliedern lässt. Doch will ich hiemit nur eine Vermuthung ausgesprochen haben, da die Fischfauna des La Plata so wie des Rio San Fran- cisco noch nicht hinlänglich genau bekannt ist, und wahrschein- lich noch viele neue Formen von Fischen entdeckt werden mögen, welche vielleicht eine Trennung in mehrere Faunenbezirke ver- anlassen könnten. Südlich vom La Plata beginnt eine ganz eigenthümliche Süsswasser-Fischfauna von nordischem Gepräge. Perca-ähnliche Formen, zahlreiche Atherinichthys-Arten und Petromizonten be- völkern die Flüsse Patagoniens und Chile's sowohl dies- als jen- seits der Anden, und die wenigen Siluroiden und Characinen, welche die Kiistenflüsse Chile's bewohnen, gehören mit geringen Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 501 Ausnahmen Gattungen an, welche in den »Strömen Brasiliens und der argentinischen Republik durch keine Art vertreten sind. Diese patagonische Provinz reicht nordwestlich bis zur Wüste Atacama. I. Abtheilung, Farn. CHROMIDAE J.Mull. Die Familie der Chromiden ist in den grossen Küstenflüssen des südöstlichen Brasilien, d. i. im Rio Parahyba, Itabapuana, Rio doce, Rio de S. Matheos, Mucury, Jequitinhonha, Rio pardo etc. nur durch einige wenige Arten vertreten und keine einzige derselben findet sich, mit etwaiger Ausnahme von Heros spurius auch im Amazonenstrome oder im Rio de la Plata, so weit unsere gegenwärtigen Kenntnisse reichen, mit Sicherheit vor. Erst südlich von Rio Janeiro kommen nach Hen sei, und falls meine Deutung der von demselben Autor als Heros ucaroides beschriebenen Art richtig ist, zwei Arten in den Flüssen der Provinz Rio grande do Sul vor, welche auch aus dem Strom- gebiete des La Plata bekannt sind, nämlich CrenicichJa lepi- dotu Heck und Acara (Heros) f'aceta Ten. (=Heros ucaroides Hens.)1. Gatt. Acara Heck. (Acara, Uaru, Heros Heck., Acara, Heros, Mesonauta, Petenia, Uaru, Neotroplus & Theraps Gthr.) Die Gattungen Acara und Heros (Heck. Günth.) sind auf Charaktere gegründet, welche in einem natürlichen Systeme der Chromiden nicht einmal zur Artunterscheidung ausreichen, nämlich auf die Zahl der Analstacheln. Arten mit 3 — 4 Anal- stacheln wurden von He ekel und Günther in die Gattung Acara, Arten mit mehr als 4 Analstacheln in die Gattung Heros gebracht. Acara bimaculata besitzt aber ebenso häufig 4 wie 5 Analstacheln, vereinigt somit in sich die Eigenthümlich- * Hen sei, Beiträge zurKenntniss der Wirbelthiere Süd-Brasiliens in d. Archiv für Naturgeschichte, herausgegeben von Dr. F. H. Troschel 36. Jahrg. 1870, pag. 54 und 55. Sitzb. d. mathem.-naturw. C). LXX. Bd. I. Abth. 33 502 Steindachner. keiten von Heros und Acara, was He ekel unbekannt geblieben war, da die von ihm untersuchten Exemplare nur 4 Analstacheln enthielten. Auch bei Heros irregularis Grthr. kommen 4—5 Anal- stacheln vor, doch häufiger 5 als 41. C o p e reiht Acara bimaculata in die Gattung Heros ein und hält das Vorkommen von 4 oder 5 Analstacheln für eine charak- teristische Eigentümlichkeit der Gattung Heros, scheint somit die Heros-Arten mit mehr als 5 Stacheln in der Anale wieder generisch von Heros bimaculatus trennen zu wollen2, womit der Systematik der Ichthyologie nichts weniger als gedient sein kann, da z.B. Heros cyanoguttatus Gthr. 5 — 6, Heros spilurus Gthr. und Heros affinis Gthr. 8 — 9, Heros spurius Heck. 7 — 8, Heros microphthahnus Gthr. 5 — 6 Stacheln in der Analebesitzen. Auch nach der Körpergestalt lassen sich die Arten der Gattungen Heros und Acara nicht generisch trennen, da zahl- reiche Uebergänge vorkommen, denn Heros autockthon Gthr. z. B. ist der Form nach nicht wesentlich von Acara bimaculata oder Acara tetramerus Heck, verschieden, wohl aber von Heros spurius, somit von einer Art derselben Gattung. Ebenso wenig unterscheiden sich die Acara- und Heros-Arten in der Form der vorderen Fortsätze am ersten Branchialbogen. Aus dem Gesagten ergibt sich somit die Notwendigkeit der Vereinigung der Gattungen Heros und Acara Gthr. Den Gattungen Hydrogonus, Petenia, Neotroplus , Mesonauta Gthr. möchte ich nur die Bedeutung von Untergattungen einräumen. 1. Art. Acava (Heros) mitochthon. Syn. Heros mitochthon Gthr., Cat. of the Fish, in the Brit. Mus. Vol. IV, pag. 299. „ „ Kner, Fische der Novara-Exped., p. 265. Char. Körper massig comprimirt, elliptisch. Rücken bei älteren Individuen stärker gekrümmt als bei jüngeren. Stirne 1 Günther, An Account of the Fishes of the States of Central America, Trans. Zool. Soc. Vol. 6. pag. 467. 2 Cope, on the Fishes of the Anibyiacu River, Proc. Acad. Nat. Sc. of Philadelphia, Jan. 1872, p. 254. Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 503 breit, im Profil schwach concav. Schuppen auf den Wangen in der Regel in 3 — 4 (sehr selten in 2 oder 5) Reihen. Rumpf mit 1, seltener mit 8 — 9 dunkeln Quer- binden. Sehr häutig ein dunklerer runder Fleck auf der Mitte der Rumpf binde, welche von der Basis des 1 1. bis 13. Dorsalstachels herabläuft. Mehrere, mehr oder minder deutlich entwickelte dunkle Querbinden auf der Oberseite des Kopfes und ein schmaler quergestellter Fleck auf der Basis der Schwanzflosse. Leibeshöhe l4/.mal (bei kleinen Indiv.) — etwas mehr als 2mal, Kopflänge 22/3 — nahezu 3mal (bei älteren Ex.) in der Kopflänge enthalten. Augen- diameter 3 — 4mal in der Kopflänge. Schwanzflosse ge- rundet. Die mittleren Gliederstrahlen der Dorsale und der Anale so wie die zwei ersten Strahlen der Ventrale mehr oder minder bedeutend verlängert. Gliederstrahlen der Rücken- und Afterflosse an der Basis, Schwanzflosse fast in der ganzen vorderen Hälfte mit Schuppen bedeckt. Unterlippe an der Symphyse nicht unterbrochen. D. 15—17/10—9; A. 7—8/8 — 7; L. lat. 25—26; 3y2-4 L. trausv. i 8-9 Die obere Profillinie des Körpers erhebt sich bei älteren Individuen rascher bis zum Beginne der Rückenflosse als bei jüngeren und der Vorderrücken ist bei ersteren bedeutend breiter und gerundeter als bei letzteren. Das Auge fällt vor die Mitte der Kopflänge, und zwar etwas bedeutender bei jüngeren Individuen als bei älteren, da die Schnauze mit dem Alter ein wenig an Länge zunimmt. Der Kopf ist ferner bei jungen Individuen stärker zugespitzt als bei alten. Der Durchmesser des Auges ist bei kleinen Individuen 3mal, bei alten 4mal, die Schnauzenlänge bei jenen circa 33/5mal, bei diesen 3y4mal in der Kopflänge enthalten. Die Stirnbreite gleicht bei jungen Individuen einer Augen- länge, bei alten Exemplaren übertrifft die Breite der Stirne den Augendiameter aber sehr bedeutend und erreicht 1 ' 2 Augen- längen. 33* 504 Steindachner. Die Mundspalte erhebt sich schief Dach vorne ; die Mund- winkel fallen stets vor den vorderen Augenrand, doch ist bei älteren Exemplaren die Entfernung zwischen beiden etwas be- trächtlicher als bei jüngeren. Die beiden Kiefer tragen eine Binde kleiner Spitzzähne, vor welcher eine Reihe längerer Zähne liegt, welche an der Spitze goldbraun gefärbt sind. Die Zwischen- kieferzähne der Aussenreihe sind etwas länger und stärker als die gegenüber liegenden Zähne im Unterkiefer. Die Zahl der Schuppenreihen auf den Wangen beträgt bei Exemplaren mittlerer Grösse durchschnittlich 3; Dr. Günther fand bei einem Exemplare des britischen Museums nur zwei Schuppenreihen. Bei älteren Individuen bildet sich sehr häufig noch eine 4. Schuppenreihe auf den Wangen, doch enthält sie nur wenige (2—4) Schuppen. Diese Wangenschuppen füllen den Raum zwischen dem Suborbitalringe und den Vorleisten des Präoperkels vollkommen aus und liegen in der Regel in nahezu horizontalen Reihen oder laufen parallel mit dem Augenrande. Nur bei einem Exemplare des Wiener Museums bilden sie 5 sehr schräge laufende Reihen. Der Raum zwischen den Leisten und den Rändern des Vor- deckels ist in der Regel nackthäutig; bei sehr alten Exemplaren dagegen entwickeln sich auf dem unteren ziemlich breiten Rand- stücke 1 — 2 isolirte Schuppen. Der Umschlag der Unterlippe ist an den Seiten nur massig stark entwickelt. Zunächst der Symphyse ist die Unterlippe dünner als an den Seiten, und nicht unterbrochen. Das Präorbitale nimmt mit dem Alter an Höhe zu; bei jungen Individuen von li/i — 2 Zoll Länge kommt dessen Höhe nur der Hälfte einer Augenlänge gleich, bei alten dagegen über- trifft sie einen Augendiameter noch ein wenig. Die Zahl der Dorsalstacheln beträgt in der Regel 16, doch kommen ausnahmsweise auch 15 und 17 Stacheln vor und in letzterem Falle entwickeln sich nur 9 Gliederstrahlen in der Dorsale. Die Anale enthält in der Regel 7 Stacheln, selten 8, und die Zahl der Gliedcrstrahlen beträgt dann nur 7. Die Stacheln der Rücken- und Afterflosse nehmen gegen den letzten Stachel allmälig an Höhe zu. Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 505 Die Gliederstrahlen der Dorsale nehmen bis zum 4. und 5. Strahle rasch an Höhe zu, und von diesem bis zum letzten noch rascher an Höhe ab; ebenso verhält es sich mit den Glieder- strahlen der Anale. Die äussersten Spitzen dieser beiden Flossen reichen zurückgelegt nicht selten noch weit über die Mitte der Caudalflosse hinaus, fast bis zum hinteren Ende der letzteren, und die Untersuchung einer grossen Zahl von Individuen zeigte, dass bei den Männchen der 4. und 5. Gliederstrahl der Dorsale und Anale stets bedeutend länger sei als bei den Weibchen. Auch die beiden ersten Gliederstrahlen der Ventrale sind fadenförmig verlängert und reichen bei Männchen nicht selten bis zur Basis des dritten Gliederstrahles der Anale zurück. Der basale Theil der Gliederstrahlen in der Rücken- und Afterflosse ist mit kleinen Schuppen bedeckt. Auf der Schwanzflosse reichen die Schuppen fast bis zur Längenmitte der Flosse. Die Pectorale enthält 13 — 14 Strahlen, von denen der längste nur wenig kürzer als der Kopf ist. Der obere oder vordere Ast der Seitenlinie durchbohrt in der Regel 17 — 18, der untere kürzere Ast 7—8 Schuppen am Rumpfe und 1 — 2 auf der Schwanzflosse. Der obere Ast läuft parallel mit der gebogenen Rückenlinie, der untere in horizontaler Richtung. Die Rumpfschuppen nehmen gegen die Mitte der Körper- höhe an Grösse allmälig zu. Junge Individuen zeigen eine hellere Grundfarbe als die alten, auch die Querbinden am Rumpfe sind minder intensiv ge- färbt, wesshalb der Humeral- und Caudalfleck, so wie der Fleck in der Läugenmitte des Rumpfes bei jungen Exemplaren stets viel deutlicher hervortritt als bei alten, bei welchen sie übrigens zuweilen ganz verschwinden. Bei manchen Exemplaren verbindet eine dunkle Längsbinde die drei Seitenflecken. Nur selten zeigen sich (zur Fortpflanzungszeit?) einige himmelblaue Flecken im vorderen Theile des Rumpfes. Acara autochthon kommt nur in den Küstenstrichen des südöstlichen Brasiliens , hauptsächlich im Stromgebiete des Parahyba, in sehr grosser Individuenzahl, sowohl in den Flüssen selbst als in deren Ausständen vor, und erreicht eine Länge von 506 Steindachner. mehr als 7/., Zoll lang. Die Museen zu Wien und Cambridge besitzen zahlreiche Exemplare aus dem Rio Parahyba und dessen Nebenflusse, dem Eio Piabanha, der in der Sierra da Estrella in der Nähe von Petropolis entspringt; ferner aus dem Rio Macacu, Rio Quenda bei Santa Cruz, so wie aus den stagnirenden Gewässern in der Umgebung von Rio Janeiro, San Matheos und Mendez. Ich habe schon früher erwähnt, dass Acara (Heros) autoch- thon in der Körperform mit Acara bimaculata und Acara tetra- mera sehr nahe übereinstimmt ; dasselbe gilt von Acara faceta. 2. Art. Acara faceta. Syn. Chromis facetus Jenyns, Zoology of the Voyage oftheBeagle, Part IV, Fish, pag.104. Heros Jenynsii Steind. var., Ichthyol. Notizen IX, pag. 3, Taf. II, Bd. LX d. Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. Abth. Juli-Heft. Jahrg. 1869. Wien (pag. 3 im Separat-Abdr.). Heros facetus Steind. 1. c. Taf. I. pag. 1 (im Separat-Abdr.), var. Heros acaroides Hensel (var.), Beiträge zur Kenntn. d. Wirbelth- Südbras., Forts., im Archiv f. Naturg. Jahrg. 36, Bd. I, p. 54. Die von Hensel 1. c. als Heros acaroides beschriebene Art entspricht genau dem H. Jenynsii m., welchen ich nunmehr nur für eine Farbenvarietät der Acara (Heros) faceta sp. Jen. halte. Das Wiener Museum besitzt von dieser Art nur Exemplare aus der Umgebung von Montevideo. Darwin fand sie in einein Süsswassersee bei Maldonado, der zuweilen ein wenig brakisch wird, und nach Hensel kommt sie in den stehenden Gewässern bei Porto alegre in der Provinz Rio grande do Sul vor, gehört somit auch zur Küsten-Fauna des südöstlichen Brasiliens. Falls meine Deutung des Heros acaroides Hensel und Heros Jenynsii m. als eine Farbenvarietät des Acara faceta sp. Jen. richtig ist, schwankt bei letzterer die Zahl der Schuppen- reihen auf den Wangen zwischen 2—5 (ich selbst fand deren 2 — 4). Die normale Zahl der Reihen dürfte wohl 3 sein, oder 3 — 4 wie bei Acara autockthon. Meines Erachtens ist Heros Jenynsii m., mit welchem //. acaroides H. zusammenfällt, nur eine Farbenvarietät des Chromis facetus Jen.., denn in der Zahl der Flossenstrahlen und der Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 507 .Schuppenreihen auf den Wangen stimmen beide miteinander überein und die Unterschiede in der Körperform, welche mich früher hauptsächlich zur Artentrennung veranlassten, sind nicht bedeutender als ich sie später zwischen den einzelnen Exem- plaren von Acara (Heros) autochthon, Geophagus brasiliensis und vielen anderen brasilianischen Chromiden-Arten vorfand, welche ich in Hunderten von Exemplaren in allen Übergangs- stufen studiren konnte. Die Flossenstrahlen- und Schuppenformel für Acara fa- ceta ist : b_ D. 15-17/11 — 9; A. 6—7/8-9; L. lat. 25—20; L. transv. T 9 Ob Acara f'aceta Jen. ap. auch im eigentlichen Strom- gebiete des Rio de la Plata, d. i. in den Flüssen Paranä, Uru- guay und deren Zuflüssen vorkomme, ist bis jetzt noch nicht constatirt. 3. Art. Acara (Heros) spuria Heck. var. Char. Körper stark comprimirt, ziemlich hoch. Leibeshöhe etwas weniger oder mehr als l3/4mal, Kopflänge etwas mehr als 22/3- nahezu 3mal in der Kopflänge enthalten. Dorsale mit 15—16, Anale mit 8 Stacheln. Schuppen auf den Wangen in 5 — 7 Reihen. 28 — 29 Schuppen längs der Seitenlinie bis zur Caudale und 2 auf letz- terer. Ein schwarzer Fleck an der Basis der vorderen Gliederstrahlen der Dorsale und ein zweiter an der Basis der letzten Strahlen der Anale. Gliederstrahlen der Dorsale, Anale (in der Regel) und die Caudale dunkel gefleckt, und am basalen Theile beschuppt. Körper- seiten der Länge nach mehr oder minder deutlich hell und dunkel gestreift oder gebändert. D. 15—16/14—12; A. 8/12; L. lat. 28-29 (bis z. C). Die obere Profillinie des Kopfes erhebt sich rasch bis zum Hinterhauptsende und ist in der Stirngegend concav. Die Schnauze ist bald mehr bald minder schwach vor- gezogen, je nachdem die Stirne mehr oder minder bedeutend eingedrückt ist. 508 Steindachner. Die Rückenlinie beschreibt einen flachen Bogen und fällt bei einigen Individuen unserer Sammlung längs der Basis der Gliederstrahlen der Dorsale rascher zum Schwanzstiele ab als bei anderen; ebenso verhält es sich mit dem gegenüberliegenden Theile der Bauchlinie in entgegengesetzter Weise. Der Augendiameter ist 3 — 3V3mal, die Stirnbreite 21/, bis 23/5mal in der Kopflänge enthalten. Die Schnauze gleicht an Länge dem Auge bei jüngeren Individuen und übertrifft die Augenlänge bei älteren. Die Kopflänge übertrifft ein Drittel der Körperlänge. Die Leibeshöhe ist nahezu l3/4mal in der Körper- oder circa 2t/2mal in der Totallänge enthalten. Die Unterlippe ist in der Mitte des Kiefers nicht unter- brochen. Die Mundspalte ist klein; die Mundwinkel fallen in verti- caler Richtung vor den vorderen Augenrand, welcher stumpf- kantig sich erhebt. Die grösseren Zähne der Aussenreihe im Zwischen- und Unterkiefer sind zunächst der Spitze goldbraun. Die Schuppen auf den Wangen sind klein und zahlreich und bilden mehr oder minder schräge gestellte Reihen, deren Zahl 5 — 7 beträgt. Der aufsteigende Rand des Vordeckels bildet über dem ab- gerundeten, vorspringenden Winkel eine kleine Einbuchtung. Die Randtheile des Präoperkels sind schuppenlos. Deckel, Unter- und Zwischendeckel sind vollständig beschuppt. Die Stacheln der Dorsale nehmen von dem ersten bis zum vierten ziemlich rasch, von diesem bis zum letzten nur wenig an Höhe zu; sie bewegen sich innerhalb einer Schuppenscheide, auf welcher die Schuppen in 2—3 Reihen liegen. Eine Reihe von Schuppen liegt vom 8. oder 9. Stachel angefangen zwischen je 2 Stacheln. Die Gliederstrahlen der Dorsale nehmen bis zum 4. sehr, rasch an Höhe zu und hinter diesem noch rascher ab. Die Spitze des 4. Strahles reicht bei manchen Individuen zurückgelegt bis zum hinteren Ende der Caudale. Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 509 Die Stacheln der Anale sind etwas stärker als die der Rückenflosse und in der Regel länger als letztere. Der 5. längste, mehr oder minder bedeutend verlängerte Gliederstrahl der Anale überragt häutig selbst den hinteren Rand der Schwanzflosse. Vom 5. Analstachel angefangen zieht sich eine Schuppen- reihe zwischen je zwei Strahlen gegen deren Spitze zu und reicht am tiefsten zwischen den höchsten Gliederstrahlen der Anale hinab, ohne bis zu deren Höhenmitte zu gelangen. Die Schwanzflosse ist hinten gerundet und in der vorderen, kleineren Hälfte mit Schuppen bedeckt. Die Pectorale übertrifft oder gleicht dem Kopf an Länge, und steht in dieser Beziehung der Caudale nicht bedeutend nach. Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist stark fadenförmig verlängert und reicht nicht selten bis zur Basis des vierten oder fünften Gliederstrahles der Anale. Der obere Ast der Seitenlinie durchbohrt 18 — 10. der untere 11 — 12 Schuppen, von denen die 2 letzten auf der Basis des mittleren Caudalstrahles liegen. 2 Strahlen über und eben so viele unter diesem Mittel- strahle liegt eine kurze Reihe gleichfalls von einem Seitenkanale durchbohrter Schuppen auf der Schwanzflosse. Zwischen der Basis des ersten Dorsalstachels und der Seitenlinie liegen in verticaler Richtung 8 Schuppen, und 14 bis 15 zwischen der Insertion der Ventralen und der Seitenlinie. Die Schuppen über dem oberen oder vorderen Aste der Seitenlinie bis zur Rückenlinie sind viel kleiner als die übrigen Schuppen an den Seiten des Rumpfes mit Ausnahme jener, welche zunächst der Basis der Analstrahlen liegen und gleich- falls nur von geringer Grösse sind. Der Rücken ist dunkler gefärbt als die Körperseiten. Bei manchen Individuen bemerkt man abwechselnd etwas hellere und dunklere Streifen, von welchen erstere die Mitte jeder horizontalen Schuppenreihe einnehmen, letztere über die Randtheile der Schuppen ziehen. Bei einem Exemplare unserer Sammlung zieht über die Mitte jeder der 5 obersten horizontalen Schuppenreihen eine schwarze Linie. Ein schwärzlicher ziemlich grosser Fleck liegt an der 510 Steindachner. Basis der vorderen Gliederstrahlen der Dorsale und ein etwas kleinerer an jener der letzten Analstrahlen. Zuweilen sind diese Flecke nur ganz schwach angedeutet. Die Gliederstrahlen der Dorsale und der Anale und die ganze Caudale sind mit dunkeln Fleckchen geziert, welche iu regelmässigen Reihen liegen. Zuweilen fehlen sie auf den beiden erstgenannten Flossen oder sind nur schwach angedeutet. Diese Art wurde in mehreren Exemplaren, welche ich soeben ausführlich beschrieben habe, da sie einer eigenen Varietät anzu- gehören scheinen, angeblich imParahyba bei Iuiz de Fora gefun- den, und von Dr. Whiteacker nebst einigen Exemplaren anderer Arten an Prof. Agassiz während seines Aufenthaltes in Rio Janeiro eingesendet. Ich vermuthe, dass diese ganze Sammlung Dr. Whiteacker's nicht aus dem Parahyba, sondern vielleicht aus dem Rio San Francisco stamme, da sie nicht eine einzige Art enthält, welche auch von den Herren Hartt und Copeland sowie von mir selbst oder Herrn Bourget in dem erstgenannten Flusse gefunden worden wäre. Leider konnte ich von Professor Agassiz selbst keine nähere Aufklärung über meine ZwTeifel erhalten. Hensel beschreibt in seinen „Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens" noch zwei Acarä- Arten mit 3 Anal- stacheln aus den stagnirenden Gewässern bei Porto alegre, näm- lich Acara portalegrensis und Acara miniita Heus., welche ich nicht aus eigener Anschauung kenne, und daher nur dem Namen nach anführen will. Aus den Flüssen und Tümpeln aus Bahia führen Günther und C astein au gleichfalls zwei Acara-Arten mit 3 Analstacheln an, und zwar Acara brasiliensis G t h r. (nee Q u o y & G a i m a r d) und Acara obscura Cast. Ckromys unipunetata C astein. ist zweifellos keine Acara- Art, wie Günther annimmt, sondern ein junger Geophayus, und identisch mit der von Prof. Kner als Geophagus brasiliensis im Reisewerk der Novara-Expedition beschriebenen Art. Ebenso fällt auch Ckromys unimaeülata Cast., von Gün- ther fraglich zu Acara brasiliensis bezogen, mit Geophagus bra- Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 511 siliensis Kner zusammen und die von Castelnau gegebene Abbildung stellt ein älteres Männchen dieser Art vor. Chromys proxirha Gast, ist nichts anderes als ein altes Männchen von Geophagus mrinamensis, wie die eigenthümliche Form und Beschuppung der Caudale, so wie die starke Ent- wicklung der Ventrale und Pectorale andeutet [s. Cast. Abbil- dung PI. 7, Fig. I]. Gatt. Geophagus Heck. {Geophagus, Satonoperca, Mesops G-thr.) 1. Art. Geophagus brasiliensis. Syn. Chromis brasiliensis Quoy & Gaimard, Voy. Uran Zool. Poiss. pag. 286. Chromis unipunctata Castelnau, Aniniaux nouv. ou rares Amer. du »Sud, Poiss. pag. 13, pl. VIII. fig. 2 (juv.). Chromys unimaculata Gast. 1. c. pag. 13, pl. VII, fig. 2 (adult. mas). Acara unipunctata Gthr. Catal. Fish. Brit. Mus. Vol. IV, pag. 283. Geophagus brasiliensis Heck, in Manusc. „ „ Kner, Fische der Novara Exped., pag. 266r Taf. X, fig. 3. „ „ Hensell. c. pag. 59. Geophagus rhabdotus Hcns. 1. c. pag. 60. „ gymnogenys Rens. 1. c. pag. 61 (nionstr.). „ bucephalus Heus. 1. c. pag. 63 (adult. mas.). „ labiatus Hens. 1. c. pag. 64 (var.). scymnophylus Hens. I. c. pag. 65. „ pygmaeus Hens. 1. c. pag. 68 (juv.). Der Kopf ist bei jungen Individuen nach vorne ziemlich stark zugespitzt und der Rumpf gestreckt; bei alten Individuen erhebt sich aber die obere Profillinie des Kopfes mehr oder minder steil und der Nacken und das Hinterhaupt springt bei älteren Männchen zur Laichzeit höckerförmig über die Stirne vor. Die Schuppen liegen auf den Wangen in der Regel in 4 — 5 schrägen Reihen, bei jüngeren Individuen nicht selten nur in 3r bei sehr alten Exemplaren zuweilen in 6 Reihen. Ein kleiner Raum über der unteren Leiste des Vordeckels bleibt schuppenlos und ist bei älteren Individuen etwas breiter (fast dreieckig) als bei jüngeren. 512 Steindachner. Die Unterlippe ist in der Mitte unterbrochen, an den Seiten überhängend und mehr oder minder wulstig. Die Stirnbreite steht der Schnauzenlänge stets bedeutend nach und nimmt mit dem Alter ein wenig zu. Auch die Höhe des Präorbitale ist nach dem Alter ver- schieden, bei jüngeren Individuen circa 3y3mal, bei alten 21/2mal in der Kopflänge enthalten. Der Augendiameter gleicht bei jungen Individuen der Stirn- breite , ist aber bei alten Exemplaren l2/„mal in letzterer enthalten. Die Mitte des Auges fällt in der Regel ein wenig näher zum hinteren seitlichen Kopfende als zur Schnauzenspitze. Die Leibeshöhe variirt nach dem Alter und ist bei jüngeren Individuen 2ys— 2*/5mal, bei alten 2mal in der Körperlänge oder etwas mehr als 3 bis nahezu 2y.2mal in der Totallänge ent- halten. Deckel und Unterdeckel sind in der Regel vollständig beschuppt, der Zwischendeckel trägt nur 2 — 3 Schuppen in der hinteren Längenhälfte. Die Kopflänge verhält sich zur Körper- länge wie 1 : 23/4— 3. Nur jüngere Exemplare zeigen mehr oder minder ver- schwommene Querbinden am Rumpfe , bei alten fehlen sie spurlos. Ein runder dunkler Fleck liegt über der Mitte der Rumpf- höhe fast in halber Rumpflänge ; er nimmt mit dem Alter in der Regel an Umfang zu, aber häufig an Intensivität der Färbung ab. Eine nach vorne convexe schmale, schwärzliche Binde zieht vom Hinterhaupte zum Vordeckelwinkel herab und ist vom Auge unterbrochen. Sie fehlt bei keinem der von mir untersuch- ten Exemplaren gänzlich, doch verschwindet häufig das mittlere Höhendrittel der Binde im vorgerückteren Alter. Sehr häufig zieht sich ein himmelblauer Streif oder eine Reihe von Flecken derselben Färbung längs dem unteren Rande des Suborbital-Ringes hin. Die Deckelstücke und der Rumpf sind bei vielen Exem- plaren unserer Sammlung mit silbergrauen oder himmelblauen Flecken in grösserer oder geringerer Menge von runder oder länglicher Form geziert. Zuweilen liegt ein silbergrauer oder himmelblauer Fleck auf jeder Schuppe des Rumpfes, entweder nur in der Mitte oder an den Rändern, oder es nimmt dieser Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 513 Fleck das ganze mittlere Drittel der »Schuppe bis zum hinteren freien Rande derselben ein. Leider hat man auf dergleichen Farbenvarietäten Arten zu basiren versucht. Zuweilen ist der Rumpf dunkelbraun und nur die Mitte jeder Schuppe heller goldbraun. Dorsale, Anale und Caudale sind entweder vollständig mit abwechselnd hellen und dunkeln Flecken oder Binden besetzt, oder es sind die beiden erstgenannten Flossen nur auf dem ganzen gliederstrahligen Theile oder nur auf den letzten Strah- len gefleckt. Selten sind Dorsale und Anale ganz ungefleckt. Die hellen Flecken oder Binden zeigen bald eine graue, bald eine silberweisse oder himmelblaue Färbung. Die Zahl und Grösse der Flecken oder Binden auf den Flossen ist sehr variabeL Zuweilen ist die Grundfarbe der Flossenhaut blaugrau und in dieser liegen dann einige wenige helle Flecken zerstreut. Auf dem oberen oder vorderen Aste der Seitenlinie liegen 3 8—21, auf dem unteren 9 — 12 Schuppen; die Zahl der verti- calen Schuppenreihen (zwischen der ersten Schuppe der Seiten- linie am oberen Aste und der letzten am unteren Aste mit Aus- schluss der Schuppenreihen auf der Basis der Caudale) beträgt 25—27. Auf der Caudale liegen noch 2 — 3 vom unteren Aste der Seitenlinie durchbohrte Schuppen. Über der Seitenlinie bis zur Basis des ersten Dorsalstachels finden sich 4 — 4!/2, unter derselben bis zur Basis der oft (bei älteren Männchen) bedeu- tend verlängerten Ventralen 8 — 9 Schuppen in einer verticalen Reihe. Die Caudale ist in der vorderen kleineren Hälfte mit Schup- pen bedeckt, welche sieh ziemlich häutig auch auf der Basis der Gliederstrahlen der Rücken- und Afterflosse in bedeutender Zahl vorfinden. D. (13) 14—16/13—11; A. 3/8—9; L. lat. 25-27 (h-2— 3 4-4y2 auf der Caud.); L. transv. 1 8—9 Prof. Kner gab zuerst eine genügende Beschreibung dieser Art nach mehreren Exemplaren, welche Natter er in der Um- gebung von Rio Janeiro gesammelt und He ekel als Geophaf/ii.-t (trasiliensis bezeichnet hatte, und sprach bereits die Vermuthung 514 Steindachner. aus, dass sie nicht von Chromys unipunctata Ca st. verschieden sein dürfte. Meines Erachtens kann kein Zweifel darüber herrschen, dass Geoph agus brasiliensis Heck. K n e r mit Castelna u's Chrotnys unipunctata identisch sei, denn ich besitze viele junge Individuen des G. brasiliensis, welche vollständig der gelun- genen Abbildung des Ch. unipunctata entsprechen und zum Theile wie das typische Exemplar Ca 8t ein au' s in dem Flusse Paraguassu bei Bahia gefangen wurden. Auch Chrotnys uni- maculata Gaste In. ist nicht verschieden von Ch. unipunctata, sondern wie sich aus Castelnau's Abbildung erkennen lässt, nur auf ein altes Männchen letztgenannter Art basirt. Dr. Günther hält Chromis brasiliensis Q. Gaim. für eine Acara-Art und gibt eine Beschreibung derselben nach Exem- plaren, welche ihm von Dr. "Wucherer aus Bahia eingesendet wurden. Meiner Ansicht nach ist Chrom, brasiliensis Q. Gaim. identisch mit dem von Kner beschriebenen Geophagus brasi- liensis, denn Quoy undGaimard's oberflächliche Beschreibung passt auf letztgenannte Art, und die Original-Exemplare des Chr. brasiliensis der genannten Autoren stammen, was gewiss von grosser Bedeutung ist, aus der Umgebung der Bai von Rio Janeiro, in welcher von verwandten Arten nur Acara (Heros) autochthon und Geophagus brasiliensis Kn. vorkommen. Und von diesen beiden Arten entspricht gewiss die letztere am besten und natür- lichsten dem Chr. brasiliensis Q. Gaim. Aus diesem Grunde mag auch Heckel den von Natterer gesammelten Exemplaren denselben Species-Namen (G. brasiliensis) gegeben haben. Da sieh durchaus nicht voraussetzen lässt, dass Dr. Günther unter dem Namen Acara brasiliensis eine Geophagus-Avt beschrieben habe, und da abgesehen von dem Gattungs-Unterschiede auch Artverschiedenheiten nachweisbar sind, so müssen Chromis bra- siliensis Q. Gaim. und Chromys unimaculata Ca st. aus der Synonymie der Acara brasiliensis Gthr. entfernt werden. Gestützt auf die Untersuchung von mehr als 500 Exem- plaren verschiedener Grösse und beider Geschlechter sehe ich mich genöthigt, sämmtliche von Heus el I.e. als neu beschriebene Geophagus-Artcn einzuziehen und mit Geophagus brasiliensis sp. •Q. Gaim. zu vereinigen, da sie nur auf verschiedene Alters- Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 515 stufen , Farbenvariationen und Geschlechtsverschiedenheiten basirt sind. Ganz junge Exemplare mit zugespitzter Schnauze, verhält- nissmässig grossen Augen und dunkeln Querbinden am Rumple unterscheidet He n sei als Geoph. pymaeus', etwas grössere Indi- viduen bis zu 66 Mm. Länge mit bereits undeutlichen und un- regelmässigen Querbändern am Rumpfe und ungefleckten Flos- sen bezeichnet Hen sei als Geophagus scymnophüu». Alte Männ- chen im Hochzeitskleide mit mehr oder minder stark angeschwol- lener Hinterhauptsgegend und stärker enwickelten Lippen führt derselbe Autor als Geophagus bucephalus und Geoph. labiatus an. Geophagus gymnogenys Hens. möchte ich nur für eine ab- norme Form des G. brasiliensis halten, bei welcher die Schuppen auf den Wangen gänzlich fehlen oder in geringer Anzahl und vereinzelt liegen. Diese Eigentümlichkeit kommt auch bei vielen anderen Chromiden-Arten vor, wahrscheinlich zur Laich- zeit am häufigsten. Geophagus rhubdonotus Hens. endlich ist eine nichts weni- ger als seltene Farbenvarietät des Geoph. brasiliensis, bei wel- cher die silberweissen, metallisch glänzenden Flecken sich bis auf den Rand der einzelnen Rumpfschuppen ausdehnen. Diese Varietät kommt sehr häufig im Rio novo vor. Geophagus brasiliensis vertritt in den südöstlichen Küsten- strichen Brasiliens die Stelle des Geophagus surinamensis, wel- cher dem Amazonenstromgebiet und dem Orinoco angehört, und kommt in enormer Individuenzahl in sämmtlichen Küstenflüssen und in den stagnirenden Gewässern von San Pedro do Rio grande do Sul bis Bahia vor. Die Museen zu Wien und Cambridge (Mass.) besitzen Exemplare bis zu liy2 Zoll Länge. Bisher bekannte Fundorte dieser Art: Rio Cadea und Rio Santa Maria im Urwalde von Rio grande do Sul (Hensel), Wasserbecken im Stadtgarten zu Rio Janeiro; Rio Parahyba bei Campos und Mendez, und dessen Nebenflüsse wie Rio novo und Rio Muriahe; Flüsse und Tümpel bei S. Antonio de Sä, Rio Macahe und Rio de S. Joao, Rio Quenda bei Santa Cruz, Rio S. Matheos, Rio Arrasuahy; Fluss und Ausstände bei Itaba- puana, Rio Mucuri oberhalb Porto Alegre und bei Santa Clara, 516 Steindachner. Cannavierias an den vereinigten Mündungen der Flüsse Rio Pardo, Rio Salsa, Rio Jundiahy und Rio Jequitinhonha; Rio Paraguassu bei Bahia (mehr als 26 Exemplare in den Museen zu Wien und Cambridge). Geophagus brasiliensis hält sich sowohl im Süss- wie Brack- wasser mit geringem Salzgehalt auf (in ähnlicher Weise wie Geophagus surinamensis) . Die Gattungsmerkmale von Mesops, Satanoperea und Geo- phagus Gthr. (s. Cat. Fish. Brit. Mus. Vol. IV, pag. 265, 312, 315) sind ganz bedeutunglos, denn das Wiener Museum besitzt einige grosse Exemplare von Geophagus suri/iamensis, welche nicht die geringste Spur von Schuppen auf der Rückenflosse zeigen l, während bei anderen nicht nur die Basis der Glieder- strahlen weit hinauf beschuppt ist, sondern auch eine lange Schuppenreihe zwischen je zwei Dorsalstacheln sich hinaufzieht, und bei vielen Exemplaren derselben Art, welche nach der Form des Kopfes dem Geophagus altifrons Heck, (adult. mas.) ent- sprechen, fällt die Augenmitte vor die Mitte der Kopflänge. Gatt, Crenicichla Heck. (Crenicichla & Batrachops Heck.) 1. Art, Crenicichla laciistris, Syn. Cycla laciistris C astein., 1. c. pag. 19, pl. VIII. fig. 3. Crenicichla punctata Heus. 1. c. pag. 57. „ polysticta Hens. 1. c. pag. 58. Char. Körper stark gestreckt; 20 — 22 Stacheln in der Dorsale, 3 in der Anale. 65 — 72 Schuppen in einer horizontalen Reihe am Rumpfe unter dem oberen Aste der Seitenlinie bis zur Caudale. Rumpf mit zahlreichen dunkeln Flecken. Ein grosser rundlicher Fleck auf der Basis der Caudale, häufig mit einem hellen Ringe umgeben; zuweilen ein grosser runder Fleck zwischen dem 13. — 18. Dorsal- stachel. i Bei jungen Individuen (bis zu 3 Zoll Länge) scheinen die Schup- pen auf der Dorsale stets zu fehlen, wie ich nach Untersuchung von 45 Exemplaren von 2—3 Zoll Länge annehmen zu dürfen glaube, und sich somit erst im weiter vorgerückten Alter zu entwickeln. Die Süsswassei fische des südöstlichen Brasilien. 517 Eine kurze dunkle Binde zieht vom hinteren Augenrande schief nach hinten und unten, und eine zweite vom hin- teren Augenrande zur Spitze des Kiemendeckels. Leibeshöhe 5— 5y2mal in der Körperlänge, Kopflänge nicht ganz 3mal in letzterer enthalten. c. 12 D. 20—22/12—13. A. 3 9—10. L. transv. ~^~ 20—21. Castelnau's Beschreibung ist sehr oberflächlich gehalten und steht nicht im Einklänge mit der beigegebenen Abbildung, welche ich für gelungen halte, da sie mit der Mehrzahl der mir zur Untersuchung vorliegenden Exemplare übereinstimmt. Wäh- rend nämlich Ca st ein au im Texte nur 18 Dorsal- und 2 Anal- stacheln anführt, zeigen sich auf der Abbildung 21 Stacheln in der Dorsale und 3 in der Anale und ebenso viele finde ich bei den meisten Exemplaren der Wiener Sammlung. Übrigens schwankt die Zahl der Dorsalstacheln zwischen 20 — 22, die der Gliederstrahlen beträgt 12—13. Die Anale ent- hält ferner wie bei allen übrigen Crenicichla-Arten 3 Stacheln. Der Körper ist sehr gestreckt, mehr oder minder im Quer- schnitte gerundet. Die Leibeshöhe ist 5 — 572mal in der Körper- länge und etwas mehr als 6 — 62/3mal in der Totallänge enthalten. Die Kopflänge erreicht durchschnittlich circa !/3 der Körper- länge und ist circa 33/5 bis nahezu 3V0mal in der Totallänge be- griffen. Die Oberseite des Kopfes ist breit, querüber nur schwach gewölbt. Der Unterkiefer springt über den Zwischenkiefer vor, das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde unter den vorderen Augenrand, und die Mundspalte ist etwas nach vorne ansteigend. Die Zähne der Aussenreihe sind sowohl im Zwischen- als Unterkiefer nur ganz unbedeutend stärker als die übrigen und wie diese hecheiförmig. Die Zahl der Zahnreihen nimmt gegen die Kiefermitte zu. Die Länge der Schnauze ist etwas mehr als 31, 2 bis nahezu 3mal (bei älteren Indiv.), der Augendiameter 5 — 5'/2mal, die Stirnbreite 573 bis nahezu 6mal in der Kopflänge enthalten. Sitzb. cl. mathem.-naturw. Cl. LXX. Bd. I. Abth. 34 518 Steinet achner. Die Mitte des Auges fällt vor die Mitte der Kopflänge. Der aufsteigende Rand und der Winkel des Vordeckels sind fein gezähnt. Die Stirne, Schnauze, das Praeorbitale, die Lippen und der Unterkiefer sind schuppenlos, ebenso das ziemlich breite Rand- stück des Vordeckels und die vordere längere Hälfte des Zwischendeckels. Sehr zahlreiche kleine Schuppen überdecken die Wangen. Sehr klein sind ferner die Schuppen am Hinterhaupt und am Nacken; bedeutend grösser die in der unteren Hälfte des Kiemendeckels gelegenen Schuppen. Der Unterdeckel verschmälert sich nach hinten und oben, und überragt bedeutend die hintere Spitze des Kiemendeckels. Die zahlreichen Dorsalstacheln nehmen mit Ausnahme der vorderen 4—5 nur wenig bis zum 9. oder 10. Stachel an Höhe zu, und die folgenden gleichen sich nahezu an Höhe, welche circa !/3 der Kopflänge gleichkommt. Rascher erheben sich die ersten 8 Gliederstrahlen der Rückenflosse ; der 8. gleicht an Höhe 3 5 bis 3/4 der Kopflänge, bei Männchen zuweilen der Hälfte der letzteren. Die Brustflossen und die Caudale sind gerundet, erstere circa 2mal, letztere etwas mehr als l3/ -mal in der Kopflänge ent- halten. Die Ventralen sind ein wenig hinter der Basis der Brust- flossen eingelenkt, zugespitzt, unbedeutend kürzer als die Pecto- ralen, und überragen letztere ein wenig nach hinten. Die Strahlen der Anale nehmen vom 1. Stachel bis zum 5. Gliederstrahle ziemlich rasch und gleichförmig an Höhe zu. Die Dorsale reicht weiter zurück als die Anale; beide Flossen spitzen sich nach hinten mehr oder minder bedeutend zu, Ja die letzten Gliederstrahlen sich rasch verkürzen. Die Analmünduug liegt um eine Schnauzenlänge hinter der horizontal zurückgelegten Spitze der Ventralen ; zuweilen ist der Abstand beider noch beträchtlicher. Die Schuppen des Rumpfes nehmen von der Rückenlinie bis zur Mitte der Seiten so wie gegen den Schwanzstiel allmälig an Grösse zu. Die grössten Schuppen des Rumpfes liegen in den von der Seitenlinie durchbohrten Reihen. Der obere oder vordere Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 519 Ast der Seitenlinie durchbohrt nur 25 — 28, der untere 13 — 11 Schuppen am Rumpfe und noch 2 auf der beschuppten Basis der Schwanzflosse, während in der mittleren horizontalen Schuppen- reihe des Rumpfes zwischen den beiden Asten oder Hälften der Seitenlinie circa 65 — 72 Schuppen von der Spitze des Kiemen- deckels bis zur Basis der mittleren Caudalstrahlen liegen. Der Rücken ist an Spiritusexemplaren braun oder grau- violett, die untere Kürperhälfte heller mit einem Stiche ins gelb- liche oder weissliche, die Bauchseite schmutzig gelblichweiss. Sämmtliche Flossen zeigen eine bläulichgraue Grundfarbe. Cha- rakteristisch für die Art ist das Vorkommen zahlreicher, an Grösse etwas variabler schwärzlichbrauner Fleckchen von läng- licher Gestalt, welche die obere Hälfte des Rumpfes zieren; selten reichen sie über die Mitte der Körperseite herab, die un- teren Flecken sind stets verschwommen und heller braun als die übrigen. Eine kurze dunkle Binde oder ein Strich zieht vom unteren Augenrande schief nach hinten bis zur Höhenmitte der Wangen- flache, eine zweite breitere Binde läuft vom vorderen Augenrande schief nach vorne und unten zur Längenmitte des Oberkiefers. Diese Binde kommt häufig nicht zur Entwicklung. Eine dritte Binde zieht in horizontaler Richtung von dem hinteren Augenrande zur hinteren Spitze des Kiemendeckels und löst sich zuweilen in eine Reihe grösserer Flecken auf, von denen der erste unmittelbar am hinteren Augenrande liegt. Nur selten setzt sich diese Binde bis zur Schwanzflosse fort. Nicht selten bemerkt man ziemlich grosse braune Flecken von runder Gestalt an den Seiten des Kopfes mit Ausnahme der Schnauze. Auf der beschuppten Basis der Schwanzflosse liegt stets über dem äussersten Ende der Seitenlinie ein grosser rundlicher schwarzbrauner oder schwarzer Fleck, der in der Regel von einem hellen, weissen oder gelben Ringe umgeben ist. Nur bei jungen Individuen zeigen sich am Rücken schwach ausgeprägte kurze dunkle Querbinden, welche von der Basis der Dorsale zum oberen Aste der Seitenlinie laufen. Die Dorsale ist ihrer ganzen Ausdehnung nach dunkel ge- fleckt, doch variirt sowohl die Zahl als Grösse der Flecken be- deutend; sie liegen in 3—4 mehr oder minder regelmässigen 34* 520 Stein dachner. Längsreihen. Nur bei einem Exemplare der Wiener Sammlung liegt ein sehr grosser runder Fleck von dunkelgrauer Farbe zwischen dem dreizehnten bis achtzehnten Dorsalstrahl und ist von einem hellen Ringe umgeben, dessen Vorderrand wieder breit, dunkel gesäumt ist. Die Anale ist bald ganz ungefleckt, bald auf den letzteren Gliederstrahlen mit einigen wenigen, nicht sehr scharf aus- geprägten dunkeln Flecken besetzt. Die Caudale ist zunächst den Rändern ganz ohne Flecken oder daselbst nur sehr undeutlich gefleckt. Die Flecken auf den 3—4 mittleren Caudalstrahlen sind stets scharf abgegrenzt und viel dunkler als die übrigen. Crenicichla Uicustris hat dieselbe grosse Verbreitung wie Geophagus brasiliensis, kommt jedoch in viel geringerer Indivi- duenzahl vor als letztere Art. Dr. Hensel fand sie in den Wald- bächen zunächst der deutschen Colonie Santa Cruz in der Pro- vinz Rio grande do Sul und im Rio Cadea ; das Museum zu Wien besitzt Exemplare aus dem oberen Laufe des Rio Parahyba und dessen Nebenflüssen Rio Pirahy bei Santa Anna und Rio Pia- banha, aus der Umgebung von Theresopolis im Orgelgebirge, und Castelnau erhielt sie aus einem Tümpel bei Bahia. Das grösste Exemplar der Wiener Sammlung ist 6 Wiener Zoll lang. 2. Art. Crenicichla lepidota. Syn. Crenicichla lepidota Heck., Joh. Natter er 's neue Flussf. Brasil. Annalen des Wiener Museums der Naturgesch. Bd. II, pag. 429. „ „ Hensel, 1. c. pag. 55. Dr. Günther hält diese von Heckel in den Annalen des Wiener Museums beschriebene Art für identisch mit Crenicichla saxatilis, welcher sie jedenfalls sowohl in der Form des Körpers als auch in der Zeichnung sehr nahe steht. Dagegen ist die Zahl der Schuppen bei Cr. lepidota bedeu- tend geringer als bei Cr. sa.catilis und aus diesem Grunde von letzterer Art getrennt zu halten. Oberhalb der Seitenlinie liegen bei Crenicichla lepidota nur 5, unter derselben 10 — 11, und längs der Mitte des Rumpfes Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 521 unter dem oberen Aste der Seitenlinie bis zur Basis der Schwanz- flosse in horizontaler Richtung nur 41 — 45 (nach Mensel 45 bis •47) Schuppen, während ich bei Crenicichla saxatilis 61 ., — 7 Schlippen über, 13 — 14 Schuppen unter der Seitenlinie und 54 bis 60 Schuppen Längs der Rumpfmitte bis zur Caudale zähle. Der obere Ast der Seitenlinie durchbohrt bei Cr. lepidota 21 — 24, der untere 10 — 7 Schuppen am Rumpfe und 1—3 Schuppen auf dem beschuppten vorderen Theile der Schwanzflosse. Obwohl das Wiener Museum eine Reihe von Individuen yerschiedener Grösse aus dem Rio Guapore und Paraguay be- sitzt, welche He ekel eigenhändig als Cr. lepidota bezeichnete, ist doch die Beschreibung der Art 1. c. nur auf ein einziges Exemplar basirt und daher nicht ganz vollständig gegeben. Die Leibeshöhe ist bei zwei älteren Individuen von 7'/.2 Zoll Länge 4l/5 — 4mal, bei sehr jungen Exemplaren etwas mehr als 32/3 — 4mal in der Körperlänge oder circa 5 — 4\ .mal in der Totallänge, die Kopflänge bei ersteren mehr als 22/3mal, bei letzteren fast 24/5mal in der Körperlänge oder circa 3y2mal in der Totallänge enthalten. Die Mimdspalte ist sehwach aufwärts gebogen, das hintere Ende des langen Oberkiefers fällt vor die Mitte des Auges, der Unterkiefer überragt den Zwischenkiefer nach vorne. Die Ober- seite des Kopfes ist breit, in der Stirngegend querüber flach, hinter derselben schwach gebogen. Die Stirnbreite übertrifft bei alten Individuen */4 der Kopf- länge, der Augendiameter ist circa 51 3mal in letzterer enthalten. Die Schnauzenlänge gleicht der Stirn breite. Bei jungen Individuen sind diese Verhältnisse ganz ver- schieden. Die Länge des Auges gleicht nämlich der Stirnbreite und ist 4m al, die Schnauzenlänge aber fast 5mal in der Kopf- länge enthalten und das hintere Ende des Oberkiefers fällt nicht weit hinter den vorderen Augenrand zurück. Die Unterlippe ist stets in der Mitte unterbrochen. Die Zahnbinde im Zwischen- und Unterkiefer nimmt gegen die Kiefermitte an Breite zu, und die Zahnbinde im Zwischen- kiefer übertrifft die des Unterkiefers an Breite. Die Zähne in den einzelnen Reihen gleichen einander nahezu an Grösse. 522 St ei n da ch n er. Zahlreiche Reihen ziemlich kleiner Schuppen bedecken die Wangen vollständig. Stirne, Schnauze und die Kiefer sind schup- penlos, ebenso das grosse untere Randstück des Vordeckels (zwischen der unteren Leiste und dem unteren Rande des Prä- operkels) und die vordere Längenhälfte des Zwischendeckels. Die Schuppen am Kiemendeckel sind grösser als die Schuppen auf den Wangen und am Hinterhaupte. Die Dorsale enthält bei den zwei grossen Exemplaren der Wiener Sammlung IG — 17 Stacheln, bei den sieben kleinen aber 17 — 18. Die Zahl der Gliederstrahlen in der Dorsale beträgt 14 — 16, die mittleren derselben sind bei den Männchen sehr bedeutend fadenförmig verlängert, ebenso die entsprechenden Gliederstrahlen der Anale und reichen nahezu bis zum hinteren Ende der stark abgerundeten Schwanzflosse, deren Länge circa l2/0rnal in der Kopflänge enthalten ist. Die Stacheln der Dorsale nehmen mit Ausnahme der vier ersten etwas rascher sich erhebenden Stacheln bis zum letzten nur sehr wenig an Höhe zu. Der letzte erreicht circa V3 °^er Kopflänge. Die Ventrale ist hinter der Basis der Pectorale eingelenkt, etwas kürzer als letztere und gleicht an Länge der Hälfte des Kopfes, oder übertrifft sie noch ein wenig. Die Rumpfschuppen nehmen von der Basis der Dorsale, mit Ausnahme des vordersten Theiles der Dorsale bis zur Mitte der Körperseiten nur wenig an Grösse zu. Zwischen der Basis des ersten Dorsalstachels und dem oberen Aste der Seitenlinie liegen 5, zwischen der Basis des sechsten Stachels und letzterer nur mehr 3% zwischen der Basis des letzten Dorsalstachels und der Seitenlinie 2% Schuppen in einer verticalen Reihe. Am Schwanzstiele des Körpers liegen der Höhe nach nur 0 Schuppen, bei Cr. saxatilis 1 1 in einer Reihe. Eine schwärzliche Binde zieht von der Spitze des Unter- kiefers über die Schnauze bis zum hinteren Ende des Kiemen- deckels in horizontaler Richtung, ist von dem Auge unterbrochen und setzt sich häufig bis zur Basis der Schwanzflosse, bei sehr jun- gen Individuen bis zum hinteren Ende der mittleren Caudal- strahlen fort. Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. o23 Ein grosser schwarzer Fleck liegt an der Schultergegend und streift mit seinem oberen Rande die 4 — 5 ersten Schuppen der oberen oder vorderen Seitenlinie. Ein viel kleinerer Fleck, von einem hellen Ringe umgeben, liegt auf der beschuppten Basis der Caudale über den letzten Schuppen des hinteren Hauptastes der Seitenlinie. Ein schwarzer kurzer Strich zieht vom unteren Augenrande seli rage nach unten und hinten gegen die Mitte der unteren Randleiste des Vordeckels. Die obere Hälfte des Rumpfes ist bei Weingeistexemplaren dunkelbraun, die untere schmutzig hellbraun oder gelblich. Die Mitte der einzelnen Schuppen ist in der Regel heller gefärbt als der Randtheil derselben. Die Glied efktrahlen der Dorsale, Anale und die Schwanz- flosse sind abwechselnd hell und dunkel gefleckt oder gebändert. Bei jungen Individuen zeigen sich schwache Spuren von Querbinden an der Oberseite des Kopfes und am Rücken, und über der dunkeln Längsbinde am Kopfe endlich liegt vom hin- teren Augenrande bis zum Ende des Kiemendeckels eine breite helle Längsbinde, welche oben dunkel gesäumt ist. Crenicichla lepidota gehört (falls Hensel's Bestimmung der als Cr. lepidota bezeichneten Exemplare richtig ist) zu den wenigen Arten, welche sowohl im Stromgebiete des Rio das Amazonas und des Rio de la Plata als in dem südöstlichen Küstenstriche Brasiliens vorkommen, denn nach Hensel kommt sie bei Porto alegre vor. D. 16—18/16-14; A. 3/9-10; L. lat. 41— 45 (—47 fide Hensel). Dass bei den von He ekel untersuchten Exemplaren von Crenicichla saxatilis aus Surinam längs der Rumpfseiten nur 44 Schuppen zu zählen seien, wie He ekel in dem II. Bande der Annalen des Wiener Museums auf Seite 432 angibt, beruht auf einem Irrthume oder Druckfehler; ich fand bei sämmtlichen von HeckeTs Hand bezeichneten Exemplaren deren stets min- destens 54. 524 Steindachner. II. Abtheilung. Farn. CHARACINIDAE J. Müll. Gruppe: Erythrinina. Gatt. Macrodon Müll. & Frosch. 1. Art. Macrodon trahira (tareira) sp. Bl. Sehn. Syn. adde: Macrodon auritus C. V. Hist. nat. Poiss. Vol. XIX. pag. 519 „ patanu C. V. 1. c. pag. 522. „ aimara C. V. I. c. pag. 523. „ intermedius G-thr. Catal. V. pag. 282. D. 13—15; A. 10—11; L. lat. 37—39 (-*-2— 4 auf der Caud.) Die Zahl der Schuppen am Rücken vor der Dorsale, von einer Seitenlinie bis zur gegenüberliegenden gezählt, schwankt zwischen 11 — 13; constant dagegen scheint die Zahl der Schuppen am Schwanzstiele zu sein, von einer Seitenlinie zur andern liegen deren nämlich 9. Längs der Seitenlinie zähle ich bis zum Beginne der Schwanzflosse 37—39 Schuppen, doch durchbohrt die Seiten- linie auf der Schwanzflosse noch 3 — 4 Schuppen, somit im Gan- zen 39 — 43 Schuppen. Aus diesem Grunde möchte ich Macro- don intermedius Gthr. nur für eine Varietät des M. trahira hal- ten, da 13 Schuppen um den Rücken auch bei Exemplaren mit 38 — 39 Schuppen längs der Seitenlinie vorkommen. Die Form des Mastoidknochens variirt sehr bedeutend. Bei Exemplaren aus derselben Localität ist dieser Knochen bald breiter, bald schmäler, doch stets kürzer als der oberste Kno- chen des Augenringes am hinteren Augenrande; nichts desto weniger benützte ihn Valenciennes nach seiner Form als unterscheidenden Artcharacter und trennt Macrodon putanü von Macrodon aimara. Die Männchen zeigen in der Regel eine gestrecktere Kür- perform als die Weibchen. Mit dem höhereu Alter verschwinden nicht selten die Flecken auf der Dorsale und Anale mehr oder minder, ebenso die dunkle Seitenbinde mit ihren Ausbuchtungen. Die öüsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 525 Zur Laichzeit zeigen sich häufig- hellblaue Flecken auf der Basis der einzelnen Rumpfschuppen, welche in der Regel dunkler gefärbt ist als der übrige Theil der Schuppe. Ob Macrodon teres eine eigene Art oder nur die Jugend - form des gemeinen Macrodon sei, lüsst sich aus der oberfläch- lichen Beschreibung Yalenciennes nicht entnehmen; dass erstgenannte Art schlanker sei als Macrodon trahira, kann nicht characteristisch sein, denn auch bei letzterem ist die Körperhöhe häufig nur C — 62 .mal und die Kopflänge 4mal in der Totallänge (oder 3 — 3y3mal in der Körperlänge) enthalten. Eigentbümlich ist die lappenförmige Ausbuchtung der Lippen- ränder vor den grösseren Hundszähnen des Zwischen- und Unterkiefers. Diese Lappen reichen fast bis zur Spitze der er- wähnten Zähne und decken sie nach aussen. Macrodon trahira (tarcira) ist eine der gemeinsten und zugleich geschätztesten Fischarten Südamerikas vom Orinoco bis zur Mündung des La Plata, zwischen dem Westabhange der Anden und dem atlantischen Ocean. Sie kommt in Unzahl so- wohl in den Strömen und Flüssen als in den stehenden Gewäs- sern von den kleinsten Dimensionen vor. Die Museen zu Wien und Cambridge besitzen Hunderte von Exemplaren in allen Altersstufen aus dem Orinoco, Essequibo, dem Amazonenstrome, dem Rio de la Plata, Rio San Francisco, Rio de Una (südl. v. Pernambuco) und deren Nebenflüssen und Ausständen, so wie aus den Küstenflüssen des südöstlichen Bra- siliens, dem Rio Parahyba, Pirahy, Mucuri, Rio doce etc. In Central- Amerika ist Macrodon trahira durch Macrodon microlepis Gthr. vertreten, eine Art (oder Localvarietät?), die in der Körperform, Färbung und Zahl der Schuppen längs der Seitenlinie genau mit Macrodon trahira übereinstimmt und sich von letzterem nur durch das Vorkommen von 11 Schuppen querüber am Scluvanzstiele von einer Seitenlinie zur andern unterscheidet. 526 Steindachner. Gatt. Erythrinus Grron., J.Müll. & Tr. 1. Art. Erythrinus unitaeniatus Spix, Agass. 3% D. 11; A. 11 — 12; L. lat. 32—34; L. transv. ~T~. 3-3% Die Körperhöhe variirt auffallend nach dem Alter und Geschlechte. Bei jungen Individuen ist die Körperhöhe etwas mehr als 4mal, bei alten Weibchen kaum 32/3mal in der Leibeshöhe ent- halten, die Kopflänge bei ersteren fast nur 3y5rnal, bei letzteren 3yg bis nahezu 33/5mal. Die Kopfbreite ist bei jungen Exempla- ren 2mal, bei älteren j3/5 — iy2mal, die Stirnbreite bei ersteren nahezu 3mal, bei letzteren 23/4 — 2z/3mal in der Kopflänge ent- halten. Die Zahnbinde am Pterygoideum ist nur bei jüngeren Indi- viduen stets ebenso breit wie die am Gaumenknochen, bei alten Exemplaren nimmt letztere insbesondere nach vorne stark an Breite zu und ist mehr als zweimal so breit wie die Zahnbinde auf den Flügelbeinen. Der Schwanzstiel ist stark comprimirt und insbesondere bei alten Individuen sehr hoch. Der Vorderrücken ist mehr oder minder stark gewölbt und stets breit. Eine dicke Hautfalte legt sich jederseits an den Rand des letzten Analstrahles, und bildet, sieht man diesen Strahl von hinten an, eine dreieckige Rinne. Die Seitenlinie durchbohrt 32 — 34 Schuppen, von denen die 2 oder 3 letzten bereits auf der Schwanzflosse liegen. Alten Exemplaren fehlt zuweilen die dunkle Längsbinde längs der Seitenlinie und jede Schuppe in der hinteren Rumpf- hälfte ist mit einem grossen, dunkel blaugrünen Fleck geziert; weiter nach vorne fehlen diese Flecken gänzlich oder sind be- deutend kleiner und dunkelbraun. Der Fleck am Kiemendeckel schimmert smaragdgrün. Fundorte: Rio Parahyba bei Campos, Victoria an der Mün- dung der Flüsse Rio de S. Maria und Rio Mangarahy, Rio Paraguassu bei Bahia. Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 527 Aus dem Stromgebiete des Rio das Amazonas besitzen die Museen zu Wien und Cambridge viele Exemplare von Santarem, Villa bella, Porto do Moz, Obidos, Cudajas, Curupira, Tabatinga, Aravy, Maues am Rio Madeira und aus dem See Jose Assu. G r u p p e : Curimatina. Gatt. Curimatus *p. C. V., Gthr. 1. Art. Curimatus Gilbert f. Syn. Curimatus Gilberti Quoy & Gaim., Voy. Uran. Zool. pag. 219. pl. 48, fig. 1. „ Cuv. Val. 1. c. Vol. XXII, pag. 1(3. „ i'oga Hensel, 1. c. pag, 78. 6 D. 11 — 12; A. 9; L. lat. 37—41; L. transv. ~~T~ ' ">y3— 6 (bis zur Ventr.) Die Leibeshöhe ist 2*/5mal (bei jungen Individuen) bis 3mal, die Kopflänge bei jungen Individuen bis zu 41/2 Zoll Länge 3V8mal, bei älteren Exemplaren 35/6mal in der Körperlänge ent- halten. Die Bauehlinie bildet von der Unterkieferspitze bis zum hinteren Basisende der Anale einen gleichförmig, massig ge- krümmten Bogen. Rascher, doch unter schwächerer Bogen- krümmung erhebt sich die obere Profillinie des Körpers bis zur Dorsale und senkt sich hinter dem Beginn der letzteren bis zum Schwanzstiel fast gleichmässig und minder bedeutend, als der YorderrUcken sich erhob. Bei jungen Individuen ist der Rumpf stärker comprimirt als bei alten. Der Augendiameter ist 31/2mal (bei jungen Individuen) bis 4mal in der Kopflänge enthalten. Die Schnauzenlänge gleicht dem Augendiameter bei jungen Individuen und übertrifft letzte- ren bei alten. Die Stirnbreite beträgt bei jungen Individuen durchschnitt- lich */. der Kopflänge, bei alten ist sie beträchtlicher und circa 2,/5mal in der Kopflänge enthalten. Die hinteren Knochenplatten des Augenringes decken die niedrigen Wangen bis zur Leiste des Vordeckels vollständig. 528 St ein dach n er. Die Schnauze ist vorne breit abgestumpft und überragt nur wenig den Kieferrand. Der Oberkiefer wird von dem Präorbitale bedeckt , der Unterkiefer erhebt sich knopftormig an der Symphyse. Die breite Stirne ist querüber nahezu flach, und bei alten Individuen zwei Augendiametem an Breite gleich. Die Stirnfontanelle nimmt nach hinten etwas an Breite zu und reicht bis zum Hinterhaupt- kamme. Der Zwischendeckel bildet einen nach hinten vorgezo- genen Winkel, dessen Spitze abgestumpft ist. Die Dorsale beginnt um mehr als eine Augenlänge vor der Mitte der Kopflänge. Die Basislänge der Rückenflosse ist mehr als 1 y2mal in der Flossenhöhe enthalten. Die Ventrale ist etwas hinter dem Beginne der Dorsale ein- gelenkt und erreicht mit ihrer zurückgelegten Spitze bei jungen Individuen nahezu die Analgrube, bei alten bleibt sie um die Hälfte ihrer Länge von letzterer entfernt. Über der Basis der Bauchflossen liegt eine lange Flügel- schuppe. Die Länge der Ventralen gleicht der der Brustflossen bei jüngeren Individuen und übertrifft sie in der Regel bei älteren. Die Spitze der zurückgelegten Brustflossen liegt bei jungen Individuen viel näher zur Basis der Ventralen als bei alten. Unmittelbar vor den Ventralen ist die Bauchseite ziemlich breit und flach, weiter nach vorne schwach convex. Die Schwanzflosse ist länger als der Kopf und ihre Lappen sind zugespitzt. Die Seitenlinie verläuft vollkommen horizontal in der Mitte der Rumpfhöhe und durchbohrt bei jüngeren Individuen in der Regel nur 37 — 39, bei alten 38—41 Schuppen, von denen die 2 — 3 letzten bereits auf der beschuppten Basis der Schwanz- flosse liegen. Eine graue Binde folgt der Schuppenreihe der Seitenlinie und breitet sich auf den letzten Schuppen derselben am Schwanz- stiele nach Art eines Fleckes aus. Bei alten Individuen ist diese Längsbinde in der Regel nur sehr schwach angedeutet, nicht selten ist sie spurlos verschwunden sammt dem Caudalfleck. Der Rücken ist bläulich, der übrige Tlieil des Rumpfes silberglänzend. Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 529 Bei jungen Individuen liegt ein heller, perlähnlicher Fleck in der Mitte jeder Rumpfschuppe ; unter der Seitenlinie ist zu- weilen in der vorderen Rumpfhälfte der freie Schuppenrand bräunlich gesäumt, oder es laufen über die Mitte der Schuppen- reihen der Länge nach braune Streifen. Das freie Schuppenfeld zeigt bei jungen Individuen nur wenige grobe Radien, und sehr feine concentrische Ringe be- decken die ganze Schuppe. Bei alten Individuen fehlen die Radien, und der hintere Schuppenrand ist mit zahlreichen Cilien besetzt, eingekerbt. Der vordere Schuppenrand ist stets quer abgestutzt und vom Schup- pencentrum laufen mehreren Radien strahlenförmig nach vorne. Curimatus Gilberti kommt in sehr grosser Menge in den Küstenflüssen des südöstlichen Brasiliens vor. Wir untersuchten viele Exemplare von 4'/2 bis mehr als 8!/2 Zoll Länge aus dem Rio Parahyba bei Campos, Mendez und Juiz de Fora, aus dem Rio Mucuri oberhalb Porto Alegre, aus dem Muriahe. einem Nebenflusse des Parahyba, der bei Campos in letzteren mündet, und aus dem Rio Itabapuana. Quoy und Gaimard beschrieben dieselbe Art aus dem Rio Macacu, und Hensel fand sie im Rio dos Sinos bei San Leopoldo (etwas nördlich von Porto Alegre) in der Provinz S. Pedro do Sul. 2. Art. Curimatus elegans n. sp. Char. Körpergestalt stark verlängert, Körperhöhe circa 3%mal, Kopflänge 3%— 33/5mal in der Körperlänge enthalten. Schnauze ringsum schräge nach innen zum Mundrande ab- fallend. 37 — 38 Schuppen längs der Seitenlinie, bx/t über und 5 unter derselben bis zur Ventrale. Ein schwarzer Fleck auf der basalen Hälfte der mittleren Dorsalstrahlen. Eine gelbliche Binde auf der Schuppenreihe der Seiten linie und auf der angrenzenden Höhenhälfte der Schuppen- reihe über und unter der Seitenlinie. Ein schwärzlicher Strich auf dem Kanäle der Seitenlinie, an der Basis der Schwanzflosse zu einem länglichen Flecke sich ausbreitend und hierauf wieder zu einem Striche verschmälert bis zum 530 Stein du chn er. hinteren Rande der mittleren Caudalstrahlen sich fortsetzend. Unteres Randstück der Schwanzflosse bräunlichschwarz. D. 12; A. 9 (ohne den ersten rudimentären Strahl); V. 9. L. lat. 37—38; L. transv. HT 5 bis z.Ventr. Die Rückenlinie erhebt sich bis zum Beginne der Dorsale bedeutend rascher als die Bauchlinie bis zur Insertion der Ven- tralen sich senkt, und ist nur sehr schwach gebogen. Die Kopflänge gleicht der Leibeshöhe oder steht ihr nur unbedeutend nach. Die Schnauze springt nasenförmig über die Mundspalte vor und fällt ringsum schräge nach innen zum schneidigen oberen Rand der Mundspalte ab. Der Unterkiefer erhebt sich an der Symphyse zu einem kleinen, knopfförmigen Vorsprunge und steigt ein wenig nach vorne an. Die Mitte des Auges fällt vor die Mitte der Kopflänge. Der Augendiameter ist 3%- bis etwas mehr als 38/4mal, die Schnau- zenlänge 373 — 3V4mal, die Stirnbreite 21/2mal in der Kopflänge enthalten. Die Knochen des Augenringes bedecken die Wangen bis zur Vordeckelleiste vollständig. Die schmale Stirnfontanelle reicht nach vorne bis zu den Narinen und nimmt nach hinten ein wenig an Breite zu. Die Dorsale beginnt vor der Mitte der Körperlänge und steht um circa eine Augenlänge näher zur Schnauzenspitze als zur Basis der mittleren Caudalstrahlen. Der höchste dritte und vierte Dorsalstrahl steht der Kopflänge um circa einen halben Augendiameter nach; der obere, schief gestellte Rand der Rückenflosse ist nahezu geradlinig abgestutzt oder schwach convex. Die Ventrale ist senkrecht unter der Basis des dritten oder vierten Dorsalstrahles eingelenkt; ihre Länge gleicht */. des Kopfes, und ihre Spitze reicht bis in die Nähe der Analgrube zurück. Die Pectoralen stehen den Ventralen an Länge nur un- bedeutend nach, und erreichen mit der Spitze der Strahlen die Insertionsstelle der letzteren nicht; der Abstand zwischen bei- den beträgt circa 3 — 4 Schuppenlängen. Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 531 Die Höhe der Anale gleicht der Entfernung' des hinteren Augenrandes von der Schnauzenspitze. Der untere Rand der Anale ist concav. Die Schwanzflosse übertrifft den Kopf nur wenig an Länge, die beiden Lappen derselben sind zugespitzt. Die Schuppen sind nahezu von gleicher Länge ; die Zahl der Radien ist variabel und gering. Der freie oder hintere Schuppenrand zeigt unter der Loupe zahlreiche Einkerbungen. Curimatus elegans ist der Körperform nach zunächst mit Curimatus spilurus Gthr. verwandt, unterscheidet sich aber von demselben durch die grössere Zahl der Schuppen längs der Seitenlinie und die geringere Anzahl der horizontalen Schuppen- reihen am Rumpfe. Fundort: Rio Arassuahy, ein Nebenfluss des Jequitinhonha in der Provinz Minas Geraes. Gatt. Prochilodus Agass. 1. Art. Prochilodus vimboides. Syn. Prochilodus vimboides Kner, Zur Familie der Characinen, Denk- schriften Wien. Acad. 1859, pag. 148 (p. 12 im Separatabdr.). Taf. II, fig. 4. D. 11; A. 10—11: V. 9 ; L. lat. 35—37; L. transv. -~r~ 5 Auch bei dieser Art ist, wie bei Cur. Gilberti, der Rumpf bei jüngeren Individuen stärker comprimirt als bei alten. Die Leibeshöhe ist bei ersteren nur 23/5 — 24/5mal, bei letz- teren nahezu 3mal (27/8niai)7 die Kopflänge nicht ganz 4mal in der Körperlänge enthalten. Die Rückenlinie erhebt sich rasch bis zur Dorsale und ist am Vorderrücken bogenförmig gekrümmt. Die Bauchlinie be- schreibt einen flachen Bogen. Der Augendiameter ist bei jungen Individuen etwas mehr als 3Ytmal, bei alten 4mal; die Schnauzenlänge bei ersteren circa 3mal, bei letzteren 23/-mal, die Stirnbreite stets etwas mehr als 2mal, die Kopfbreite zwischen den Deckeln nicht ganz 2mal in der Kopflänge enthalten. 532 Steindachner. Die fleischige Schnauze springt nasenförmig über die breite gebogene Mundspalte vor. Auf dem Rande der dicken, wulstigen Lippen liegt eine Reihe sehr zahlreicher Zähnchen von fast löffeiförmiger Gestalt. In der Mitte der Lippen liegt hinter dieser bogenförmigen Zahnreihe noch eine zweite kürzere Zahn- reihe von winkelförmiger Gestalt; die Spitze des Winkels ist nach innen gekehrt wie bei Prochilodus nigricans (s. Joh. Mül- ler &Tro seh el, Horae Ichth. III, Taf. I, Fig. 4). Der Augenring bedeckt die Wangen nur zur Hälfte. Der grosse Kiemendeckel ist bei alten Individuen stark, bei jungen schwach gestreift, die breite Stirne querüber stets gebogen. Die Stirnfontanelle ist lang und sehr schmal. Das Suboperculum ist durch seine geringe Breite aus- gezeichnet und zieht sich längs dem ganzen unteren schief ge- stellten Rande des Kiemendeckels als schmaler Saum hin. Der Rücken bildet bis zum Beginne der Dorsale eine Art Schneide. Der Beginn der Rückenflosse fällt vor die Mitte der Körperlänge; ihre Basis ist bei jungen Individuen fast 2mal, bei alten circa l2/3mal in der Höhe des längsten dritten Strahles enthalten. Die Ventrale ist fast unter der Basismitte der Dorsale ein- gelenkt und zugespitzt. Ihre Länge gleicht 5/7 der Kopflänge. Die Spitze der zurückgelegten Bauchflossen erreicht die Anal- mündung nicht. Unmittelbar vor den Ventralen ist die Bauch- seite breit und flach, und geht unter einem rechten Winkel in die Rumpfseiten über; weiter nach vorne ist sie gewölbt und zeigt eine mittlere schwach entwickelte Kante. Hinter den Ventralen bis zur Analmündung bildet der Bauch eine Schneide. Die Pectoralen sind zugespitzt und reichen mit der Spitze des längsten Strahles bis in die Nähe der Ventralen. Sie sind stets ein wenig länger als letztere. Die Anale enthält 10—11 Strahlen, von denen der letzte bis auf den Grund gespalten ist. Die 2 oder 3 ersten Analstrahlen sind einfach, der letzte derselben ist nur unbedeutend kürzer als der darauffolgende erste gespaltene Strahl, an welchem die Flosse die grösste Höhe erreicht. Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasilien. 533 Die Schwanzflosse ist etwas länger als der Kopf, die beiden Candallappen sind zugespitzt. Die Seitenlinie durchbohrt 35 — 37, sehr selten 38 Schuppen, von denen die 2—3 letzten auf der beschuppten Basis der Caudale liegen. Zwischen der Dorsale und Ventrale nimmt die Seiten- linie die Mitte der Rumpfhöhe ein, am Schwanzstiele läuft sie ein wenig unter der Höhenmitte des Rumpfes hin. Die Schuppen sind gross, am hinteren Rande ausgezackt. Zur Laichzeit entwickeln sich bei den Männchen auf dem ganzen freien Sehuppenfelde sowie auch am hinteren Rande zahllose, sehr kleine Zähnchen. Die Zahl der Radien am unbedeckten Theile der Schuppen ist sehr gering, desto bedeutender ist die der concentrischen Ringe. Bei jungen Individuen laufen zahlreiche dunkle Qnerbinden über die Körperseiten herab; bei alten fehlen die Binden voll- ständig. Die Dorsale ist stets mit braunen oder dunkelgrauen Flecken besetzt, welche gegen das hintere Ende der Flosse an Grösse und Intensivität der Färbung zunehmen. Der äussere Rand der Ventralen und der Vorderrand der Anale ist weisslich. Die 1. c. von Prof. Kner beschriebenen Exemplare waren trocken und ausnahmsweise von Natter er nicht gut präparirt, wesshalb die von mir angegebenen Maasse nicht mit jenen Kner's übereinstimmen. Prochilodiis vlmboides erreicht eine bedeutende Grösse. Die grössten Weingeist - Exemplare des Wiener Museums sind 12 Zoll lang. Fundorte: Rio Parahyba und dessen Nebenflüsse bei Mendez, Campos, Palmeira, Juiz de Fora; Rio Mucuri bei Santa Clara und Porto alegre, Rio Muriahe (Nebenfluss des Para- hyba) ; Rio doce. 2. Art. ProeJülodus Marti i n. sp. Character: Leibeshöhe nahezu 3V4 bis unbedeutend mehr als 3mal, Kopflänge nahezu 4mal in der Körperlänge enthalten, Schnauze stark nasenförmig vorspringend. 41—42 Schuppen längs der Seitenlinie. Nur die Dorsale gefleckt. ö-i , D. 11. A. 11. P. 15—17. V. 0. L. lat. 41—42. L. transv. l 5v2— 6 Sitzb. d. miuhem.-naturv. Cl. I.XX. Bd. I. Abth. 35 534 Steiudachner. Prochilodus Hurtii ist nahe verwandt mit der früher beschrie- benen Art und unterscheidet sich hauptsächlich von letzterer durch die grössere Zahl der Schuppen längs der Seitenlinie und durch die geringere Leibeshöhe. Der Körper ist gestreckt und stark comprimirt, die Körper- höhe bei kleineren Individuen von etwas mehr als 7 Zoll Länge circa 3*/4 — 3y.mal, bei grösseren Exemplaren von 121 „Zoll Länge circa 3mal in der Körperlänge enthalten. Das Rückenprofil erhebt sich in einem massig gekrümmten Bogen bis zum Beginne der Dorsale, senkt sich längs der Basis der letzteren im Bogen, weiter zurück aber in gerader Linie bis zum Schwanzstiele. Die Bauchlinie ist bis zur Analmündung äusserst schwach gebogen, erhebt sich dann unter viel stärkerer Bogenkrümmung längs der Basis der Anale und verläuft zuletzt in nahezu horizon- taler Richtung bis zur Caudale. Die Schnauze springt nasenförmig über die Mundspalte vor und nimmt mit dem Alter an Länge zu, denn bei jüngeren Indi- viduen ist sie nahezu 3mal, bei alten kaum 2' .. 2mal in der Kopf- länge enthalten. Der Augendiameter verhält sich zur Kopflänge bei jüngeren Individuen wie 1 : 33/.., bei älteren wie 1 : 5. Die Stirnbreite gleicht der halben Kopflänge bei jüngeren Exemplaren, bei älteren ist sie viel bedeutender. Der Suborbital- ring überdeckt die Wangen nur zum Theile. Der Kiemendeckel ist dicht gestreift, das Suboperculum schmal und glatt wie bei Pr. vimboides. Der Zwischendeckel ist minder bedeutend entwickelt als bei Pr. vimboides und der hintere Winkel dieses Knochens stärker gerundet und minder vorgezogen als bei letztgenannter Art. In der Bezahnung der Lippen stimmt Pr. Hariii mit Pr. vim- boides genau überein. Der freie Rand der Zähne ist wie bei diesem in der Regel gerundet, doch kommen auch Zähne mit schief abgestutzten oder eingebogenem Rande vor. Der Beginn der Dorsale fällt um circa ' 2 Kopflänge näher zur Schnauzenspitze als zur Basis der Schwanzflosse. Der liegende Stachel vor der Rückenflosse ist wie bei allen Prochilodus - Arten nach vorne in zwei scharfe Spitzen gabelig getheilt. Die Siisswasserfische des südöstlichen Brasilien. 5;j*> Die Basislänge der Rückenflosse ist l2.. — l2 amal in der Höhe des längsten Strahles enthalten. Die Höhe der Dorsale steht der Kopflänge ein wenig nach. Zwischen dem Ilinterhauptc und der Dorsale bildet der Rücken eine Schneide. Die Bauchflossen sind unter der Mitte der Dorsale eingelenkt, zugespitzt und kürzer als die Brustflossen. Die Spitze der horizontal angelegten Ventralen reicht bei jungen Individuen näher zur Analgrube zurück als bei alten; bei letzteren gleicht die Entfernung derselben von der Analmündung der Hälfte, bei jungen einem Drittel der Ventrallänge. Die Länge der Bauchflossen beträgt circa 5/_ der Kopflänge, die der Bauch- flossen steht der Kopflänge nur um einen Augendiameter nach. Die Anale ist circa 1 V3mal höher als lang, der untere Rand derselben ist schwach coneav. Die Schwanzflosse ist am hinteren Rande tief eingeschnitten und übertrifft die Kopflänge um circa einen Augendiameter. Die Caudallappen sind zugespitzt. Die Seitenlinie durchbohrt 41 — 42 Schuppen, von denen die 3 — 4 letzten auf der Basis der mittleren Oaudalstrahlen liegen. Zwischen der Dorsale und Ventrale liegt die Schuppenreihe der Seitenlinie über, am Schwanzstiele aber ein wenig unter der Höhenmitte der Körperseiten«, Die Schuppen fühlen sich rauh an. Unter der Loupe bemerkt man zahlreiche feine Zähnchen am freien Felde und am hinteren Rande der Schuppen. Die Zahl der Radien am unbedeckten Schuppenfelde ist sehr gering, vielen Schuppen fehlen sie gänzlich. Hinter der Ventrale bildet die mittlere Schuppenreihe des Bauches, welcher hier stark comprimirt ist, eine Schneide; vor der Ventrale ist die Brustseite nur sehr schwach, weiter nach vorne aber stark gewölbt. Die Kaute der mittleren Schuppenreihe des Bauches vor der Ventrale ist schwach entwickelt, stumpf. Ein heller Goldstreif zieht über die Mitte jeder horizontalen Schuppenreihe des Rumpfes. Bei jungen Individuen laufen zahlreiche bläuliche Querbinden über den Rumpf, doch reichen sie nur bis zur Seiteulinie. Bei älteren Individuen verschwinden sie spurlos wie bei Pr. vimboides. Zahlreiche braune Flecken liegen auf der Dorsale, die übrigen Flossen sind ungefleckt. 35* 536 St ein dachner. Pr. Hartii erreicht eine bedeutende Grösse und ist bisher nur aus dem Rio Jequitinhonha, Rio pardo und Rio Paraliyba bekannt. Ich erlaube mir, diese Art Herrn Prof. Hartt in Ithaca zu widmen, welcher Prof. Agassi z auf der Reise nach Brasilien begleitete und mit Herrn Copeland hauptsächlich die Flüsse des südöstlichen Brasiliens untersuchte. 3. Art. Prochllodtis brevis n. sp. Charakter: Körperhöhe circa 2 i/3 — 2,/4mal, Kopflänge nahezu 3i/2 — 3z/5 mal in der Körperlänge enthalten. 41 — 43 Schuppen längs der Seitenlinie, 8 über, 6— 6 % unter der- selben in einer verticalen Linie bis zur Insertion der Ven- tralen. Dorsale dunkel gefleckt. Abwechselnd helle und dunkle schmale Binden an den Seiten des Rumpfes in horizontaler Richtung laufend. D. 11. A. 11. V. 9. L. lat. 41—43. L. transv. 1 G-6y2 In der Höhe des Körpers schliesst sich diese Art an Pr. in- signis zunächst an. Die grösste Leibeshöhe bei Beginn der Dorsale ist 21/3 — 21 4 mal, die Kopflänge nicht ganz Si/Z— 32/.mal in der Körperlänge enthalten. Die geringste Leibeshöhe am Schwanzstiele gleicht Y3 — 5/17 der grössten. Das Rückenprofil erhebt sich rasch bis zur Dorsale und bildet einen ziemlich stark gekrümmten Bogen. Etwas schwächer ist die Bauchlinie zwischen der Kehle und dem Basisenile der Anale gebogen. Hinter der Dorsale senkt sich die Rückenlinie allmälig unter bedeutend schwächerer Bogenkrümmung bis zum Beginne des Schwanzstieles. Der Augendiameter ist 3*/s — Sy^mal, die Schnauzenlänge nahezu 22/3 — 2' 2mal, die Stirnbreite 2 — IV. mal in der Kopf- länge enthalten. Die Schnauzenlänge und die Stirnbreite nehmen mit dem Alter zu, und mögen bei sehr alten Individuen im Verhältnisse zur Koptlänge noch viel beträchtlicher Bein, da die von mir Die Süsswasserftsche des südöstlichen Brasilien. 537 angeführten Grössenverhältnisse sieh nur auf Individuen von 4— 5% Zoll Länge beziehen. Die Schnauze überragt nasenfönnig die breite Mundspalte, deren Lippen mit zahlreichen Zähnchen besetzt sind. Die Mund- winkel fallen unter den hinteren Rand der hinteren Narine, welche mit ihrem Bogen die vordere halb umschliesst. Der Kiemendeckel ist massig stark gestreift, der Unter- deckel etwas breiter als bei den früher beschriebenen beiden Arten. Der Bauch ist vor den Ventralen gerundet und zeigt längs der Mittellinie und am Seitenrande einen schwach erhöhten stumpfen Kiel. Hinter den Ventralen ist der Bauch stark com- primirt und gekielt. Die Dorsale liegt um einen Augendiameter näher zur Schnauzenspitze als zur Basis der Schwanzflosse und ist fast Vn mal so hoch wie lang. Der höchste Dorsalstrahl, das ist der erste gespaltene, erreicht nicht ganz eine Kopflänge, und ist mehr als 2mal so hoch wie der letzte. Die Brust- und Bauchflossen sind von geringer Länge, zu- gespitzt und circa li/3— l2/5nial in der Kopflänge enthalten. Die Bauchflossen beginnen in verticaler Richtung unter der Basis- mitte der Dorsale und die Spitze der zurückgelegten Ventralen fällt bald um l/3— l/4 der Flossenlänge, bald nur um 2 Schuppen- längen vor die Analmündung. Auch die Brustflossen erreichen nicht die Einlenkuugsstellen der Ventralen. Die Basislänge der Anale ist circa 1 '/2 mal in der Höhe des ersten getheilten Analstrahles enthalten. Die auf diesen folgen- den Strahlen nehmen rasch an Länge ab. Der fast vertical gestellte hintere Rand der Anale ist schwach concav, der obere der Dorsale convex und schief gestellt. Die Länge der Schwanzflosse übertrifft die des Kopfes nicht sehr bedeutend. Die Schuppen fühlen sich rauh an, da sie zunächst und an dem freien Rande sehr fein gezähnt sind. Die Schuppen der drei ersten horizontalen Reihen unter der Seitenlinie sind etwas grösser als die der übrigen Reihen. In der Regel kommt auf jeder Schuppe am freien Felde nur ein einziger, aber scharf ausgeprägter Längsstreif vor. 538 Steindachner. Die Siisswasserfischc d. siidüstl. Brasilien. Nur die Dorsale ist dunkel gefleckt; die Flecken nehmen gegen den hinteren Rand der Flosse an Grösse und Intensivität der Färbung rasch zu. Auf den vorderen Strahlen fehlen sie zuweilen. Der ganze mittlere Höhentheil der horizontalen Schuppen- reihen ist bedeutend heller als die Randstücke. Der äussere Rand der Ventralen ist weisslich. Fundort: Flüsse in der Umgebung von Bahia. Erklärung der Tafeln. Taf. 1. Acara aiäochthon, in natürlicher Grösse. „ 2. Geophayus brasiliensis, jüngeres Weibchen in natürlicher Grösse. „ 3. „ „ altes Männchen in */7 natürlicher Grösse. „ 4. Acara (Heros) spuria var., Männchen in natürlicher Grösse. „ 5. Prochilodus Harttii, in */7 natürlicher Grösse. - 6. Prochilodus brems, in natürlicher Grösse. Stemdachnei', Stifswasserf. des südöstl. Brasil Taf.I. ■ Sitzun^b.d.k.Akad.d.Wmath.u.nat.Cl.LXVffi.ßd.IAbt}i I Stemdachner, Süfswasserf. des südösd. Brasil TafB Sitzungsb.d.k.Akad.d.WttaUi.u.nat.a.LXX.Bd.IAbth.l8T4. Stemdachner, Siifswasserf. des südöstf. Brasi Tal! III ■ pi<%a.ifla.! -- lIiOj Sitzun§.sb.d.k.i\kad.d.\\Tin;itJLa.nat.('l.LXX.jTll.LAbtl,.j;!T'1. Stein daduier, Siüswasserf. des siidöstl. Brasil Taf. IV -^: V& mm , i Sitzungsb d.kAkad.d.W math.ir.nat.Cl.LXVffl.Bd.IAbth.18T4. Stemdachuer , Siifswasserf dps südöstl. Brasil T.-jf.V '€ Sitzungsb.d.k.Akud d.W niath. nat.Ci. LXX.ßd.IAbth L874. Stemdachner, Siifswasserf. des südöstl. Brasil, T.-.f.VI Sank* W m niI, . Sitzun^sb.d.k.Akad.d.Winath.nat.a.LXX.Bd.IAbth.l8T4. 539 XXIX. SITZUNG VOM 17. DECEMBER 1874. Die Direction der k. k. geologischen Reichsanstalt ladet, mit Circular-Schreiben vom December 1. J., zu dem am 5. Jänner 1875 zu begehenden Feste ihres 25jährigen Bestandes ein. Die k. k. Gymnasial-Direction zu Saaz dankt, mit Zuschrift vom 19. November, für die Betheilung mit Separatabdrücken und dem Anzeiger. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: ..Die genetische Gliederung der Flora Australiens", von Herrn Prof. Dr. Const, Freih. v. Ettingshausen in Graz. Diese Abhandlung ist für die Denkschriften bestimmt. „Über eine neue Art von Variationstönen", von Herrn Dr. V. Dvorak, eingesendet von Herrn Regrth. E. Mach in Prag. „Analyse des Poschitzer Sauerbrunnens" und Notiz für den Anzeiger: „Zur Kenntniss der Oxydationsproducte des Cam- phers", von Herrn J. Kachler in Prag, eingesendet durch Herrn Prof. Dr. A. Lieben. „Über das Verhalten gesättigter Dämpfe", von Herrn Prof. K. Puschl in Seitenstetten. Herr Director Dr. J. Stefan überreicht eine Abhandlung: „Über die Gesetze der magnetischen und elektrischen Kräfte in magnetischen und dielektrischen Medien und ihre Beziehung zur Theorie des Lichtes.1' Herr Oberlieutenant Jul. Payer hält einen Vortrag über die während seiner Schlittenreise auf Franz-Josephs-Land ge- sammelten Erfahrungen. An Druckschriften wurden vorgelegt: American Chemist. Vol. V, Nrs. 2 & 3. New York. 1874; 4°. Apotheker-Verein, allgem. österr. Zeitschrift (nebst Anzei- gen-Blatt). 12. Jahrgang, Nr. 35. Wien, 1874; 8«. 540 Bericht über die Weltausstellung zu Wien im Jahre 1873. Herausgegeben durch die küstenländische Ausstellungs- ( 'ommission in Triest. Redigirt von Friedr. Börne lies. Triest, 1874; 8°. Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXIX, Nr. 22. Paris, 1874; 4°. Freiburg i. Br., Universität: Akademische Gelegenheitsschrif- ten aus d. J. 1873/4. 4° & 8°. Friesach, Karl, Theorie der Planetenvorübergänge vor der Sonnenscheibe. Leipzig, 1874; 4°. Gewerbe -Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXXV. Jahrgang, Nr. 50. Wien, 1874; 4°. Gi essen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1874. 4o. Halle, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1874. 4». Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. IV. Band. Jahrgang 1872, Heft 2. Berlin, 1874; 8°. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie, von A. Nau- mann und A. Laubenheimer. Für 1872. I. & II. Heft. Giessen, 1874; 8°. Landbote, Der steierische. 7. Jahrgang, Nr. 25. Graz, 1874; 4°. Landwirthschafts-Gesellschaft, k. k., in Wien: Verhand- lungen und Mittheilungen. Jahrgang 1874, Nr. 18. Wien; 4°. Lese-Verein, akademischer, an der k. k. Universität und k. k. technischen Hochschule in Graz: VII. Jahresbericht. 1874. Graz; 8°. Lotos. XXIV. Jahrgang. October— November 1874. Prag; 8°. Mittheilungen des k. k. techn. & administr. Militär-Comite. Jahrgang 1874, 11. Heft. Wien ; 8°. Museo, civico, Ferdinando Massimiliano in Trieste. Trieste, 1874; 4". Natur e. Nr. 267, Vol. XI. London, 1874; 4«. Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrgang 1874, Nr. 14. Wien; 4°. Reichsforstverein, österr. : Österr. Monatsschrift für Forst- wesen. XXIV. Band, Jahrg. 1874, November-Heft. Wien ; 8°. 541 „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de l'etranger." IVe Annee, 2mc Serie, Nr. 24. Paris, 1874; 4o. Riccardi, P., Riblioteca matematica Italiana. Fase. 2U (Vol. II). Modena, 1874; 4°. Societas Entomologien Rossica: Honte. T. X. Nr. 1 — 3. Petro- poli, 1873 et 1874; 8°. — Iroudg, T. VII, Nr. 4. St. Peters- burg, 1874; 8°. — Beiträge zur näheren Kenntniss der in dem Baikal -See vorkommenden niederen Krebse aus der Gruppe der Gammariden. Von B. N. D y b o w s k y. St. Peters- burg-, 1874; 4°. Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg-: Jahres- hefte. XXVIII. Jahrgang-, 1.-3. Heft. Stuttgart, 1872; 8°. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIV. Jahrgang-, Nr. 50. Wien, 1874; 4°. Woldfich, J., Verschlackte Steinwälle und andere urgeschicht- liche Bauten in der Gegend von Strakonic. — Durchfor- schung- des Tumulus von Zegersdorf. Schreiben des Grafen H. v. Mannsfeld an J. Woldfich. — Urgeschichtliche Studien in der Wiener Weltausstellung 1873. Wien, 1874; 8°. (Aus Bd. IV der Mittheil, der anthropologischen Gesellschaft in Wien.) Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten -Vereins. XXVI. Jahrgang. IG. Heft. Wien, 1874; 4°. 542 Die genetische Gliederung der Flora Australiens. Von dem c. M. Prof. Dr. Const. Freih. v. Ettingshausen. (Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.) Durch die Erforschung vorweltlicher Floren, insbesondere der Tertiärflora in Steiermark, sowie durch sorgfältige Studien und Vergleichungen der jetztlebenden Floren, konnte der Ver- fasser die wichtigsten Thatsachen der gegenwärtigen Pflanzen- vertheilung mit früheren Entwicklungszuständen der Pflanzenwelt in Verbindung bringen, er konnte die Begriffe von „Floren- element" und „Vegetationselement u aufstellen. (S. „Zur Ent- wicklungsgeschichte der Vegetation der Erde". Sitzungsber. 69. Band, I. Abth. und ,,Die Florenelemente in der Kreideflora" ebendaselbst.) Die nunmehr zeitgemässe Aufgabe, das Material, welches die Systematik und Geographie der Pflanzen bisher aufgehäuft, nach entwicklungsgeschichtlichen Principien zu sichten und ord- nen, dürfte demnach an der Hand der Erfahrungen der Pflanzen- geschichte keinen allzugrossen Schwierigkeiten unterliegen. Mit vorgelegter Arbeit übergibt der Verfasser dem wissen- schaftlichen Publicum den ersten Versuch der genetischen Gliede- rung einer natürlichen Flora, und glaubt den Weg betreten zu haben, der zur Lösung erwähnter Aufgabe führt. Er wählte zu diesem seinem Versuche die Flora Australiens, welche, seitdem er die erste Wahrnehmung neuholländischer Pflanzenformen unter den Resten der Tertiärflora gemacht, sein Lieblingsstudium geworden. Die allgemeinen Resultate, zu welchen der Verfasser durch diese Arbeit gelangte, lassen sich in folgende Punkte zusammen- fassen. Die genetische Gliederung der Flora Australiens. 543 1. Jede natürliche Flora besteht aus Floren- gliedern, die durch Differenzirung der entspre- chenden Flore nelemente hervorgegangen sind. In der Flora von Australien lassen sich das Haupt- oder australische, das ostindische, oceanische, amerikanische, afrikanische und das europäische Florenglied unterscheiden. 2. Diese Florenglieder haben sich aus den gleichnamigen Florenelementen derart entwickelt, dass jedes für sich allein schon eine sämmtliche Hauptabteilungen des Pflanzensystems umfassende Flora hervorbrachte. Jedes Florenglied enthält Gat- tungen der verschiedensten Ordnungen; durch die gegen- seitige Ergänzung und Vervollständigung der Flo- renglieder konnte die Mannigfaltigkeit der Ge- sammtflora erzeugt werden. 3. Der Grad der Entwicklung, zu welchem die F 1 o r e n e 1 e m e n t e in den verschiedenen Gebieten Australiens gelangt sind, also ihre Ausbildung zu Florengliedern daselbst, ist verschieden. Das Haupt- Florenglied wiegt zwar in allen Theilen des Continents vor, ist aber am reichlichsten in West-Australien, am schwächsten im tropischen Australien ausgebildet. Hingegen sind die Neben- Florenglieder verhältnissmässig am meisten im tropischen, und in Ost-, am wenigsten in West-Australien entfaltet. Die ursprüngliche Mischung der Florenelemente ist daher im letzteren Gebiete am wenigsten, im tro- pischen Australien jedoch am deutlichsten ausge- sprochen. 4. Das australische Florenelement musste zur Ter- tiärzeit in Australien einen weit grösseren Reichthum an Pflanzen- formen umfasst haben als in Europa, wo es nur Nebenelement war. Der Formeninhalt des aus der Entwicklung dieses Elementes in Australien hervorgegangenen Haupt-Florengliedes zeigt die Abtheilungen des Systems ungleich reichhaltiger repräsentirt, als in jedem der übrigen genannten Florenglieder. Viele Ordnungen, darunter die für die Flora Australiens überhaupt am meisten bezeichnenden, fehlen den letzteren, so die Pittosporeeu, Tre- mandreen, Stackhousiaceen, Goodeniaceen, Epacrideen, Jasmi- neen, Myoporineen, Proteaceen, Casuarineen, Centrolepideen, 544 v. E 1 1 i n g s h a u s e n. Restiaceen, Phylidreen u. A. Die meisten jener Ordnungen, welche auch den Neben -Florengliederu zukommen, sind weit formenreicher als in diesen vertreten, so besonders die Legu- minosen, Myrtaceen, Rutaceen, Compositen und Sterculiaceen. Eine Ausnahme hievon machen einige hauptsächlich im tropischen Australien reichlich repräsentirten, vorzugsweise dem ostindi- schen Florengliede zufallenden Ordnungen, wie die Rubiaceen, Apocynaceen und Laurineen. Das Haupt-Florenglied verhält sich bezüglich der Gattungs- zahl der Phanerogamen zu den Neben-Florengliedern (der Ge- sanimtflora), und zwar zu dem ostindischen wie 2*8 : 1, zum oceanischen wie 10 : 1, zum amerikanischen wie 9 : 1, zum euro- päischen wie 14 : 1 und zum afrikanischen Florengliede wie 17:1. 5. Von den Neben-Florengliedern nimmt das ostindische einen hervorragenden Platz ein. Im tropischen Australien, wo es am reichhaltigsten entwickelt ist, übertrifft es bezüglich der Zahl an Polypetalen- und Monopetalen -Gattungen sogar das Haupt- Florenglied. Es verhalten sich die ostindischen Gattungen dieses Gebietes zu denen der aussertropischen Gebiete zusam- mengenommen, und zwar die der Thalamifloren wie 2-3:1, der Discifloren und der Calycifloren wie 2-9:1. der Monopetalen wie 5-5 : 1 , der Monochlamydeen wie 3:1, der Gymnospermen wie 1 : 0, der Monocotyledonen wie 2:1. Das Maximum der For- menentfaltung fällt hier auf die Monopetalen, hingegen in den übrigen Gebieten auf die Polypetalen. Als besonders bezeichnende Gattungen dieses Florengliedes sind hervorzuheben : Tinospora, Menisperm. Mezoneurum, Legumin. Elaeoearpus, Tiliac. Pterolobium, ,, Dysoccylon, Meliac. Polyosma, Saxifrag. Amoöra, „ Homalium, Samvd. Sipkonodon, Celastr. Hedyotis, Rubiae. Nephelium, Sapindao. Gardenia, „ Euphoria, „ Ixora, ,, Atyloria, Leguminos. Quettardeüa, „ Fleming ia, „ Coelospermum, „ Die genetische Gliederung der Flora Australiens. 545 Chilocarpus, Apocyn. Melodinus, „ Alyana, „ Alstonia, „ Wrightia, „ Par8onsia, „ Fagraena, Loganiac. Adenosma, Scrophular. Artanema, „ Bonnaya, „ Baea, Gesneriac. Joseph inia, Pedalin. Callicarpä, Verbenac. Omelind, Moschosma, Labiat. Plectranthus, „ Anisomeles, „ Deeringia, A maranth . ( Vyptocarya, Laurin. Endiandra, Tetrarithera, Litsaeä, „ Nepenthes, Nepenthac. Aetephila, Euphorbiac. Breynia, ,, Hemicyclia, „ Briedelia, Cleistanthu8, „ Carumbhim, „ Cur cum«, Scitamin. Elettaria, „ Taeniophyllum, Orchid. Sarcochilus, „ Cleisostoma, „ Saccolabium, „ Geödorüm, Spathoglottis, „ Pilatus, „ Galeola, „ Apostasia, „ Anilema, Commelyn. Dianella, Asparag. Isachne, Gramm. Zum ostindischen Florengliede zähle ich ferner eine grosse Eeihe von endemischen Arten, welche ostindischen oder im Allge- meinen Arten des Monsumgebietes zumachst verwandt oder wenigstens sehr analog sind; endlich die folgenden endemischen Gattungen, welche ich als transmutierte Bestandtheile des ostindi- schen Florenelements betrachte : die monotypen Menispermaceen, Sarcopetalum, Pleogyne und Adeliopsis, die Simarubaceen Eyp- tiandra (monotyp) und Cadellia, die Meliaceen Synoum (nionotyp), Omenta und Flindersia, die Celastrinee Denhamia, die Combre- tacee Maeropteranthes, die monotype Sapotacee Hormogyne und die der ostindischen Beilschmiedia nächst verwandte Laurinee Nesodaphne. G. Das oceanische Florenglied hat in Ost-Australien seine grösste Entfaltung erreicht, u n d e r klär t sich hieraus die eigenthümliche Beziehung der Flora dieses Ge- 540 v. Ettingshnusen. biet es zur jetzt weltlichen a n tarc tischen Flora in- sofern©, als an der Entwicklung der Letzteren das oceanische Florenelement wesentlich betheiligt war. Als bezeichnende Gattungen dieses Florengliedes hebe ich hervor: Drymis, Magnoliac. Hymenanthera, Violac. Plagianthus, Malvac. Aristotelia, Tiliac. Acronychia, Rutac. Pennantia, Olacin. Villaresia, „ Argophyllum, Saxifrag. Quintinia, „ Ackama, „ Xanth ostemon, Myrtac. Azorella, Umbellif. Aciphylla, „ Coprosma, Rubiac. Nertera, „ Vittadinia, Compos. Podocoma, „ Abrotanella, „ Craspedia, „ Raoulia, „ Förster«, Stylid. Pernettya, Ericac. Ochrosia, Apocyn. Geniostoma, Loganiac. Ourisia, Scrophular. Faradaya, Verbenac. Atherosperma, Monimiac. Müh lenbeckia, Polygon . Laportea, Urtic. Dammara, Conifer. Dacrydium, „ Phyllocladus, „ Microtis, Orchid. Corysanthes, ,, Cyrtostylis, „ Chiloglottis, „ Libertia, Irid. Astelia, Juncac. Lampocarya, Cyperac. OreoboluSi „ Erecht ites, „ Hieran schliessen sich die endemischen Arten von Gunnera, Antirrhaea, Drapetes, Elatostemma, Pisonia, Araucaria, Fogus und Samolus, welche oceanischen Arten nahe oder zunächst ver- wandt sind. 7. Formenreicher als das Vorhergehende ist das amerika- nische Flore nglied in der neuholländischen Flora vertreten, und hat vorzugsweise im tropischen , am wenigsten in West- Australien Entwicklung gefunden. Aus der Reihe solcher endemi- schen Gattungen, welche als transmutierte Bestandteile des amerikanischen Nebenelenicnts in der Flora Australiens zu betrachten sind, hebe ich hervor: die monotype Stereuliacee Die genetische Gliederung der Flora Australiens. 547 Dicarpidium, umgewandelt ;uis der vorzugsweise amerikanischen Gattung Waltheria oder einer Stammform, aus welcher diese selbst hervorgegangen; die monotype Malvacee Howittia, nächst- verwandt mit Skia; die Rosacee Styloba&ium mit der amerikani- schen Gattung Leiostemon enge verwandt; Euroschinus, umge- wandelt aus der zunächststehenden amerikanischen Gattung Schmus; die Sapotacee Sersalia mit Achras genetisch verbunden; die Solanacee Anthotroche; die monotype Phytolaccacee Mono- coecus, stammverwandt mit der tropisch-amerikanischen Petiveria ; endlich dieMonimiacee Kibara mit der amerikanischen Mollinedia genetisch verbunden. Die vorzugsweise amerikanischen Melastomaceen sind in der Flora Neuhollands durch eine endemische Osbeckia-Ärt reprä- sentirt, was um so bemerkenswerther ist, als dieselbe Gattung auch in der Flora des Monsumgebietes die Melastomaceen vertritt. Folgende zum Theil sehr bezeichnende Gattungen sind als Vertreter des amerikanischen Elements in der Flora Australiens hervorzuhebeil : Jonidium, Violac. Drymaria, Caryophyll. Portulacca, Portulac. Calandrinia, „ Sida, Malvac. Ab u t Hon, „ Fugosia, „ Discaria, Rhamneae. Lespedeza, Legumin. Clitoria, „ Galactia, „ Rhynchosia, „ Acaena, Rosac. Oenothera, 0 nagrar. Casearia, Samyd. Eryngium, Umbellif. Vemonia, Compos. Erigeron, „ Wedelia, „ Eclipta. „ Flaveria, Compos. Chrysophyllum, Sapotac. Solanum, Solanac. Datura, „ Nicotiana, „ Mm ulus, Scrophular. Stern odia, „ Capraria, „ Gomphrena, Amaranth. Mollinedia, Monimiac. Pogonia, Orchid. Xyris, Xyrid. Commelyna, Commelyn. Eriocaulon, Eriocaul. Uncinia, Cyperac. Deyeuxia, Gramin. Erianthus, ,. ('in na, „ Muehlenbergia, „ Aristida, „ 548 v. Ettings hausen. 8. Das europäische Florenglied ist in Ost- Australien zur grössten Entfaltung gelangt und zeigt ein auffallendes Vor- wiegen der Monopetalen. Die endemischen Repräsentanten des Waldgebietes zählen zu den Gattungen : Stellaria, Caryophyll. Linum, Lineae. Rhaninus, Rhamneae. Lotus, Legumin. Geum, Rosac. Seseli, Umbellif. Hedern, Araliac. Sambucns, Caprifoliac. Gulium, Rubiac. Lysimnehiu, Primul. Myosotis, Boragin. Erithrichium, „ Cynoglossum, Boragin. Veronicn, Scrophular. Enphrasia, „ Mentha, Labiat. Lycopus, „ Scutellaria, „ Teucrium, „ Ajugu, „ Plantago, Plantagin. Bromus, Gramin. Festucu, „ Afopecurus, „ Echitwspermum, ., Die Mediterranflora ist in Neuholland vertreten durch die Gattungen : Fmnkenia (von deren mehreren in Australien ende- mischen Arten Eine nahe verwandt ist einer Art der Mediterran- fiora), Lnvatern, Trigonelln , Glycyrrhiza, Lenzen, Erythmen, Rocheün, insbesondere durch die vorzugsweise das mediterrane Gebiet bezeichnende Gattung Asperuin (6 endemische Arten). 9. Das der Mehrzahl der Gattungen nach der Capflora entsprechende afrikanische Florenglied ist im tropischen und in Ost-Australien am deutlichsten ausgesprochen. Dem süd- afrikanischen Nebenelemente entstammen die endemischen For- men der Gattungen Bergia, Elatin. Pelargonium, Geraniac. Rh us, Anacardiac. Tephrnsin, Legum. Macarthuria, Ficoid. i 'ymbonotus, Compos. Sehnen, Gentian. Lycium, ^olanac. Mesemhrynnthemum, Ficoid. Thesium, Santalac. Tetragonia, Aizoon, Triunthemn, Mol Ingo, (in ii »in, Mncroznmlu, Cycad. Mordea, Irideae. Hypoxis, Ainarvllid. Bulbine, Asphodel. Chlorophytum, „ Die genetische Gliederung der Flora Australiens. 549 Durch eine geringere Anzahl endemischer Arten erseheint das tropische Afrika repräsentirt, und zwar aus den bezeichnen- den Gattungen Pepowia, Adansonia, Indigofera, Lonchocarpus, Erythrophoeum und Rhamphicarpa. Von der Passifloree Modeecu und der Cucurbitacee MeJothrin ist je Eine Art mit einer tropisch- afrikanischen nächstverwandt. 10. Sowie in Europa sind aller Wahrscheinlich- keit nach auch in Neuholland die Florenelemente nicht von gleichem Alter; ihr Entstehen sowohl als die Phasen ihrer fortschreitenden Entwicklung und ihrer Rückbildung- fallen nicht in die entsprechend gleichen Zeitabschnitte. In Europa traten Nebenelemente, «las neuholländische und das chinesisch-japanesische Florenele- ment, zuerst in der Kreideflora auf. Während aber das Erstere von derEocen-Epoche an bis zum unteren Miocen seine grösste Entfal- tung erreichte, blieb das Letztere im Eocen noch zurück und be- gann seine weitere Entwicklung im unteren Miocen, um erst in der Lausanne-Stufe (fossile Floren von Bilin, Leobeu, Schönegg, Radoboj u. s. w.) das Maximum der Ausbildung zu erreichen. Während ferner das Haupt -Florenelement in Europa, aus der Differenzirung des Vegetationselements der gemässigten Zone erst nach Abschluss der Kreideperiode entsprungen, im Tongrien nur sehr spärlich erschien und in allmälig steter Entwicklung gegen die Jetztzeit zu fortgeschritten war, hat das amerikanische Element bereits vor Abschluss der Kreidezeit seinen Ursprung genommen und in dem Zeitabschnitte vom mittleren bis ein- schliessig oberen Miocen seine grösste Entfaltung- erhalten, ver- möge welcher es das europäische zu dieser Zeit überragte. Hieraus erklärt es sich wohl am einfachsten, warum die euro- päische Tertiärflora der Flora des heutigen Nordamerika und Mexiko näher verwandt ist als der gegenwärtigen europäischen. In der Pliocen-Epoche aber vollzog sich rascher theils die Rück- bildung, theils die Transmutation aller Nebeneleineutc. In Neuholland hingegen dürfte die Entwick- lung der Flora mit dem Haupt-Element begonnen haben, welches sich, gegen die Jetztzeit zu allmälig fortschrei- tend mehr und mehr derart entfaltet hat, dass die Nebenelemeute Sitzb. rl. mathem. -natura. Cl. I.XX. Bd. T. Al>th. 36 5»0 v. Ettingshausen. Die genetische Gliederung- etc. vielleicht schon in einem verhältnissmässig weit früheren Zeitab- schnitte in den Hintergrund gedrängt worden sind. In welcher Reihenfolge aber diese auftraten, lässt sich bei dem Mangel an paläontologischen Thatsachen heute noch nicht mit Sicherheit angeben, doch scheint das chinesisch-japanesische Element auch in Australien einen Vorsprang vor den übrigen Nebenelementen gehabt zu haben, weil dasselbe in der jetztwelt- lichen Flora dieses Welttheils bereits im Stadium des fast völligen Erlöschens sich zeigt, jraad nur einige wenige Gattungen, wie /,. B. die Groodeniacee Calogyne und die mit der chinesischen Cimninghamin verwandte Arthrotaxis, auf dasselbe hinweisen. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE Dil WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXX. BAND. I. HEFT. Jahrgang 1874. — Juni. (Mit 4 Tafeln.) ERSTE ABTHEILUNG. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN 00MMISSI0N BEI KARL GEROLDS SOHN, BUCHHÄNDLER DER KA ISERLICHEN AKADEMIE PER WISSENSCHAFTEN. 1874. INHALT des 1. Heftes (Juni 1874) des 70. Bandes, I. Abth. der Sitzungsberichte der mathera. naturw. Classe. Seite XT. Sitzung vom 11. Juni 1874: Übersicht 3 Kurz, Dodekas neuer Cladoceren nebst einer kurzen Übersicht der Cladocerenfauna Böhmens. (Mit 3 Tafeln.) [Preis: 1 fl. 25 kr. = 25 Ngr.] 7 XYI. Sitzung vom 18. Juni 1874: Übersicht 89 Fuchs, Das Alter der Tertiärschichten von Malta. [Preis : 10 kr# = 2 Ngr.] 92 — Über das Auftreten von Miocänschichten vom Charakter der sarmatischen Stufe bei Syrakus. [Preis : 5 kr. = 1 Ngr.] 106 Meyer, Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu- Guinea und den Inseln der Geelvinksbai. (V. Mitthei- lung. [Preis : 15 kr. = 3 Ngr.] 110 XYII. Sitzung vom 25. Juni 1874: Übersicht 130 Toula, Kohlenkalk- und Zechstein-Fossilien aus dem Hornsund an der Süd-Westküste von Spitzbergen. (Mit 1 Tafel.) [Preis : 25 kr. = 5 Ngr.] 133 Schumacher, Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes der k. k. Wiener Universität. IL Beiträge zur Morpho- logie und Biologie der Hefe. [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] . 157 Preis des ganzen Heftes: 1 fl. 50 kr. = 1 Thlr. Um den raschen Fortschritten der medicinischen Wissen- schaften und dem grossen ärztlichen Lese-Publicum Rechnung zu tragen, hat die mathem. -naturwissenschaftliche Ciasse der kais. Akademie der Wissenschaften beschlossen, vom Jahrgange 1872 an die in ihren Sitzungsberichten veröffentlichten Abhandlungen aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen Medicin in eine besondere Abtheilung zu vereinigen und von die- ser eine erhöhte Auflage in den Buchhandel zu bringen. Die Sitzungsberichte der math.-naturw. Classe werden daher vom Jahre 1862 (Band LXV) an in folgenden drei gesonderten Abtheihmgen erscheinen, welche auch einzeln bezogen werden können : I. Abtheilung: Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläon- tologie. II. Abtheilung: Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Physik, Chemie, Mechanik, Meteorologie und Astronomie. III. Abtheilung: Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen Medicin. Von der I. und II. Abtheilung werden jährlich 5 — 7 und von der III. 3 — 4 Hefte erscheinen. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller in derselben vorgelegten Abhandlungen und das Verzeiclmiss der eingelangten Druckschriften voran. Der Preis des ganzen Jahrganges sämmtlicher drei Abthei- lungen beträgt 24 fl. Von allen in den Sitzungsberichten erscheinenden Abhand- lungen kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können du rch die akademische Buchhandlung Karl G e r o 1 d's Sohn (Wien, Postgasse 6) bezogen werden. Der akademische Anzeiger, welcher nur Original-Auszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlung enthält, wird wie bisher, 8 Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr. SITZUNGSBERICHTE HER KAISERLICHEN AKADEMIE DER IISSSISCHAFTES. MATHEMATISCII-NATOWISSENSCHAFTLICIIE CLASSE. LXX. BAND. IL HEFT. Jahrgang 1874. — Juli. ERSTE ABTHEILUNG. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND ST A A T SD KU C K E REI. IN COMMISSION BEI KARL GEROLDS SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DE K WISSENSCHAFTEN. 1874. INHALT des 2. Heftes (Juli 1874) des 70. Bandes, I. Abth. der Sitzungsberichte der mathem.- naturw. Classe. Seite XVIII. Sitzung vom 9. Juli 1874: Übersicht 191 Fuchs, Die Tertiärbildungen von Tarent. [Preis: 5 kr. = 1 Ngr.] 193 XIX. Sitzung vom 16. Juli 1874: Übersicht 198 Meyer, Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu- Guinea und den Inseln der Geelvinksbai. (VI. Mitthei- lung.) [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 200 Fitzinger , Kritische Untersuchungen über die Arten der natür- lichen Familie der Hirsche (Cervi). (II. Abtheilung.) [Preis: 75 kr. = 15 Ngr.] 239' XX. Sitzung vom 23. Juli 1874: Übersicht 334 Burgerstein, Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes der Wiener Universität. III. Untersuchungen über das Vorkommen und die Entstehung des Holzstoffes in den Geweben der Pflanzen. [Preis: 15 kr. = 3 Ngr.] . . . 338 Preis des ganzen Heftes: 90 kr. = 18 Ngr. Um den raschen Fortschritten der mcdieinischen Wissen- schaften und dem grossen ärztlichen Lese-Publicum Rechnung zu tragen, hat die mathem.-naturwissenschaftliche Classe der kais. Akademie der Wissenschaften beschlossen, vom Jahrgange 1872 an die in ihren Sitzungsberichten veröffentlichten Abhandlungen aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen Medicin in eine besondere Abtheilung zu vereinigen und von die- ser eine erhöhte Auflage in den Buchhandel zu bringen. Die Sitzungsberichte der math.-naturw. Classe werden daher vom Jahre 1862 (Band LXV) an in folgenden drei gesonderten Abtheilungen erscheinen, welche auch einzeln bezogen werden können : I. Abtheilung: Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläon- tologie. II. Ab th eilung: Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Physik, Chemie, Mechanik, Meteorologie und Astronomie. III. Abtheilung: Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen Medicin. Von der I. und II. Abtheilung werden jährlich 5 — 7 und von der III. o — 4 Hefte erscheinen. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller in derselben vorgelegten Abhandlungen und das Verzeichniss der eingelangten Druckschriften voran. Der Preis des ganzen Jahrganges sämmtlicher drei Abthei- lungen beträgt 24 fl. Von allen in den Sitzungsberichten erscheinenden Abhand- lungen kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Karl Ger old's Sohn (Wien, Postgasse 6) bezogen werden. Der akademische Anzeiger, welcher nur Original-Auszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlung enthält, wird wie bisher, 8 Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DIR WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXX. BAND. III., IV. und V. HEFT. Jahrgang 1874. — October, November u. December. (Mit 13 Tafeln und o Holzschnitten.) ERSTE ABTHEILUNG. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie , Botanik , Zoologie, Geologie und Paläontologie. WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSI ON BEI CARL GEROLDS SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1875. INHALT des 3., 4. und 5. Heftes (October, November und December 1874) des 70. Bandes, (. Abth. der Sitzungsberichte der matheni.-naturw. Classe. Seite XXI. Sitzung vom 8. October 1874: Übersicht 359 Steindachner, Über eine neue Gattung und Art aus der Familie der Pleuronectiden und über eine neue Thymallus-Art. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 50 kr. = 10 Ngr.] 363 XXII. Sitzung vom 15. October 1874: Übersicht 372 Steindachner , Ichthyologische Beiträge. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 375 XXIII. Sitzung vom 22. October 1874: Übersicht ....:... 391 Fitzingcr, Bericht über die an den oberösterreichischen Seen und in den dortigen Anstalten für künstliche Fischzucht gewonnenen Erfahrungen bezüglich der Bastardformen der Salmonen. [Preis : 5 kr. = 1 Ngr.] 394 Peyritsch, Zur Synonymie einiger Hippocratea Arten. [Preis: 20 kr. = 4 Ngr.] 401 XXIV. Sitzung vom 5. November 1874 : Übersicht 427 XXV. Sitzung vom 12. November 1874: Übersicht 431 Schenk , Die Spermatozoon von Murex brandaris. (Mit 1 Tafel.) [Preis : 20 kr. = 4 Ngr.] 434 XXVI. Sitzung vom 19. November 1874: Übersicht 440 Tschermak , Das Krystallgefüge des Eisens, insbesondere des Meteoreisens. (Mit 1 Tafel und 3 Holzschnitten.) [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 443 — Die Trümmerstructur der Meteoriten von Orvinio und Chantonnays (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 30 kr. = 6 Ngr.] . 459 XXVII. Sitzung vom 3. December 1874: Übersicht 475 Meyer, Alphabetischer Index zu den in diesem Jahrgange ^Band LXIX. Seite 74, 202, 386, 493 und Band LXX, Seite 110 u. 200 und fg. abgedruckten sechs Mittheilun- gen: „Über neue und ungenügend bekannte Vögel von Neu-Guinea und den Inseln der Geelvinksbai". [Preis: 15 kr. = 3 Ngr.] 479 XXVIII. Sitzung vom 10. December 1874: Übersicht 539 Steindachner , Die Süsswasserfische des südöstlichen Brasiliens. (Mit 6 Tafeln.) [Preis : 1 fl. = 20 Ngr.] 499 XXIX. Sitzung vom 17. December 1874: Übersicht 539 v. Ettingshausen , Die genetische Gliederung der Flora Austra- liens. [Preis: 10 kr. = 2 Ngr.] 542 Preis des ganzen Heftes : 2 fl. 20 kr. = 1 Thlr. 14 Ngr. Um den raschen Fortschritten der medicinischen Wissen- schaften und dem grossen ärztlichen Lese-Publicum Rechnung zu tragen, hat die mathem.-naturwissenschaftliche Classe der kais. Akademie der Wissenschaften beschlossen, vom Jahrgange 1872 an die in ihren Sitzungsberichten veröffentlichten Abhandlungen aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen Medicin in eine besondere Abtheilung zu vereinigen und von die- ser eine erhöhte Auflage in den Buchhandel zu bringen. Die Sitzungsberichte der math.-naturw. Classe werden daher vom Jahre 1862 (Band LXV) an in folgenden drei gesonderten Abtheil ungen erscheinen, welche auch einzeln bezogen werden können : I. Abtheilung: Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläon- tologie. II. Abtheilung: Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Physik, Chemie, Mechanik, Meteorologie und Astronomie. III. Abtheilung: Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen Medicin. Von der I. und IL Abtheilung werden jährlich 5 — 7 und von der III. 3 — 4 Hefte erscheinen. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller in derselben vorgelegten Abhandlungen und das Verzeichniss der eingelangten Druckschriften voran. Der Preis des ganzen Jahrganges sämmtlicher drei Abthei- lungen beträgt 24 fl. Von allen in den Sitzungsberichten erscheinenden Abhand- lungen kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Karl Ger old's Sohn (Wien, Postgasse 6) bezogen werden. Der akademische Anzeiger, welcher nur Original-Auszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlung enthält, wird wie bisher, 8 Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr. MBL WHOI Library - Serials INI I II 5 WHSE 00645