^Sllg^^^ätS « Lü*^ tiTl^* ■,XV,3^' „l.fl-.t-ifr, .* • :f:ft'' SITZUNGSBERICHTE DER KAISEKLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. PIIILUSOPIIISCII-IIISTOKLSCIIE (.'LASSE. SECHSUNDNEUNZIGSTER BAND. WIEN, 1880. IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN BÜCUHÄNDLKK »f:K KAIS. AKADKMIK DKK WISSENSCIIAFTKN. SITZUNGSBEllICHTE DEK PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE DEU EAI»EßI.IClIEN AKADKMU-: DER WISSENSCHAFTEN. % SECHSUNDNEUNZIGSTER BAND. JAHRGANG 18öü. — HEFT I— III. WIEN, 1880. IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHA FTKX. As A52) Druck vou Adolf HoUliauseii i;. Wieu, k. k. Huf- und Uiiivcrsitals-Utich>lrucker. I X H A L T. Seite I. Sitzung vom 7. Jänner 1880 3 Werner: Emerico Ainari in seinem Verliältniss zu G. B. Vico ö II. SitzuUi^ vom U. Jänner 188U 65 III. Sitzung vom --'l. Jänner 1880 67 Krem er: Ueber die grossen Sendien des Orients nacli arabisclien Quellen 69 IV. Sitzung' vom 1. Februar 1880 159 V. Sitzung vom 18. Februar 1880 103 Pfizmaier: Der Kesselsprung Isi-kawa's 165 VI. Sitzunu: vom a. März 1880 235 Krall: Manetho und Diodor 237 VII. Sitzung vom 10. März 1880 285 VIII. Sitzuii* vom 17. März isso 287 IX. Sitzuusr vom 7. April 1880 289 Pfizmaier: Seltsamkeiten und Unglück aus den Zeiten der Thang. II 293 Büdinger: Kleon bei Thukydides, eine kritische Untorouchung 367 X. Sitzuu^ vom 14. April 1880 413 Müller, Job.: Emendationen zur Naturalis Historia desPlinius. IV. 415 Dombart: Ueber die älteren Ausgaben der Instructionen Commo- dians 447 XI. Sitzung vom 21. April 1880 474 Büdinger: Der Ausgang des medischen Reiches, eine Quellen- untersuchung 477 Huemer: Ueber ein Glossenwerk zum Dichter .Sedulius . . . 505 XII. Sitzung vom 5. Mai 1880 553 Pfizmaier: Die Reise zu dem Berge Fu-zi 557 Petschenig: Die handschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita 637 XIII. Sitzung vom 12. Mai 188() 733 Tomaschek: Centralasiatische Studien. II. Die Pamir-Dialekte 735 SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DEU WISSENSCHAFTEN. PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE. XCVI. BAND I. HEFT. JAHRGANG 1880. — JANNER. Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCYI. Bd. 1. Hft. Ausgegeben am 23. Juni 1880. I. SITZUNG VOM 7. JANNER 1880. Die Abtheilung für Kriegsgeschichte des k. k. Kriegs- archivs übermittelt im Auftrage des k. k. Generalstabes den VI. Band der ,Feldziige des Prinzen Eugen von Savoyen'. Herr Ferdinand Freiherr von Eberstein in Dresden überschickt die von ihm verfasste »Schrift: , Fehde Mangolds von Eberstein zum Brandenstein gegen die Reichsstadt Nürn- berg, 1516 — 1522', in zweiter Auflage nebst einer zweiten Folge der , Urkundlichen Nachträge'. Von dem w. M. Herrn Professor Dr. Albert Jäger in Innsbruck wird der Dank ausgesprochen für den seinem Werke: ,Entstehung und Ausbildung der socialen Stände und ihrer Rechtsverhältnisse in Tirol von der Völkerwanderung bis zum 15. Jahrhundert*, bewilligten Druckkostenbeitrag. Herr Franz Dworsky, Adjunct an dem böhmischen Landesarchive in Prag, übersendet eine Abhandlung, betitelt: jNeues über Kepler', mit dem Ersuchen um ihre Veröflfent- lichung in den akademischen Schriften. Die Abhandluno: wird der historischen Comraission über- geben. Das w. M. Herr Professor Dr. Werner legt eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung vor unter dem Titel : jEmerico Amari in seinem Verhältniss zu G. B. Vico'. 1 Das c. M. Professor Dr. H. Ritter von Zeissberg legt eine Abhandlung, betitelt: ,Zur Geschichte der Karthause Gaming in Oesterreich unter der Enns/ mit der Bitte um Aufnahme derselben in das , Archiv' vor. Herr Dr. Sigmund Gelbhaus, zur Zeit Rabbiner in Karlstadt, überreicht eine Abhandlung mit dem Ersuchen um ihre Aufnahme in die Sitzungsberichte. Die Abhandlung ist betitelt: , Rabbi Jehuda Hanassi und die Redaction der Mischna, betrachtet unter dem Gesichtspunkte des Verhältnisses der neutestamentlichen Literatur und ihrer Erzählungen zu dem rabbinischen Schriftthume und seinen Sagen'. Die Vorlage wird einer Cummission zur Begutachtung überwiesen. An Druckschriften wurden vorgelegt : Academie des Inscriptions et Belles-Lettres : C'omptes rendus. IV' Serie. Tome VII. Bulletin de Juillet-.^uüt-Septeinbrc. Paris, 1879; 8«. Ateneo di Brescia: Commentari per Tanno 1873. Brescia, 1879; 8". Eber stein, Loiiis Ferdinand Freiherr von: Fehde Mangold'« von Eherstein zum Brandenstein gegen die Reichsstadt Nürnberg 1616—1522. II. Auf- lage. Zugleich enthaltend : Zweite Folge der .Urkundlichen Nachtrage etc.' Dresden, 1879; 8". Freiburg i. B., Universität: Akademische Schriften pro 1878/79. M Stück. 40 und 8P. Gesellschaft für Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte: Zeit- schrift. IX. Band. Kiel, 1879; S". — k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XXII (N. F. XII) Nr. 11. Wien, 1879; 4". — schlesische, für vaterländische Cultur: 56. Jahresbericht für das Jahr 1878. Breslau, 1879; 8». — Statut. Breslau, 1879; 4". — General-Sach- register von 1804 bis 1876 incl. Breslau. 1878; 8". Kriegs- Archiv, k. k. Abtheilung für Kriegsgeschichte: Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen. Band VI mit 8 graphischen Heilagen ; bearbeitet von Gustav Ratzenhofe r. Wien, 1879; 8». ,Revue politique et litteraire' et , Revue scientifique de la France et de l'Etranger'. IX«" Annee, 2'' Serie, Nos. 25, 26 et 27. Paris, 1879; 4f'. Verein für Hamburgische Geschichte: Mittheilungen. 2. Jahrgang, Nr. 10, 11 und 12. Hamburg, 1879; 8«. — Zeitschrift. Neue Folge. IV. Band. 1. Heft. Hamburg, 1879; 8". — militär- wissenschaftlicher, in Wien: Organ. XIX. Band, 5. Heft. 1879. Wien, 8". Werner. Emerico Amari in seiaem Verhältuiss zu G. B. Vico. Emerico Amari in soiiiom Vprhältniss zu G. P). \'icu. Von Prof. Dr. K. Werner, wirkl. Mit^liede der k. Ak.iiiemie der Wissenscliaften. Vico hat in der italienischen Literatur dieses Jahrhunderts seine geistige Wiedererstehung erlebt, und zwar zunächst auf dem Gebiete der anthropologisch und historisch fundirten Rechts- und Gesellschaftslehre, die als Darstellung von Entwickelungen und Entwickelungsstünden der menschlichen Societät mehr oder weniger in eine Art Geschichtsphilosophie ausläuft, soweit nämlich diese die civilisatorische Entwickelung des mensch- lichen Geschlechtes zu ihrem Inhalte hat. Zu den Männern, welche eine Vertiefung der Juridik in Vico's philosophischen Anschauungen anstrebten, gehören die beiden neapolitanischen Rechtslehrer Capitelli und Nicolini, welche die wissenschaft- liche Behandlung des Civil- und Strafrechtes durch Ideen, die aus Vico geschöpft waren, zu befruchten bemüht waren. Der an der Pisaner Universität lehrende F. Carmignani vindicirte Italien den Ruhm, in Vico den Schöpfer der neuzeitlichen Rechtsphilosophie hervorgebracht zu haben. Eingehender als die Genannten beschäftigte sich mit Vico der hochbegabte Sicilianer Emerico Amari, der mit einem umfassenden Betriebe rechts- und staatswissenschaftlicher Studien eine ausgebreitete classische Bildung und Erudition verband, mit deren Mitteln er einen Umguss der Scienza nuova Vico's in eine dem wissen- schaftlichen Bildungsstande des 19. Jahrhunderts entsprechende Gestaltung zu vollführen gedachte. Es war ihm nicht beschieden, ß Werner. das auf Grund einer langjährig^en und vielseitigen Vorbereitung unternommene Werk vollständig auszuführen; in die litera- rische Oeffentlichkeit gelangte eigentlich nur der einleitende historisch -kritische Theil eines wissenschaftlichen Unterneh- mens, ' w^elches als Hauptwerk seines Lebens unter dem Titel : Scienza delle legislazioni comparate, die Gesammtsumme seines philosophischen und wissenschaftlichen Forschens und Strebens in sich fassen sollte. Der reiche handschriftliche Nachlass, über welchen der Anhang zu einer in der Gelehrten-Akademie zu Palermo am 18. December 1870 gelesenen Gedächtnissrede Aufschluss gibt, ^ enthält nebst vielem anderem Ungedruckten auch ausgearbeitete Bruchstücke des ausführenden zweiten Theiles seines Hauptwerkes, deren Veröffentlichung bisher unterblieben ist und vielleicht auch nicht mehr zu erwarten steht. ^ Für den in dieser Abhandlung verfolgten Zweck einer näheren Orientirung über das Verhältniss Amaris zu Vico reicht das in den gedruckten Schriften Amari's Enthaltene vollkommen aus, da er sich nicht nur in denselben, namentlich in der Critica di una scienza delle legislazioni comparate, über ' Unter dem Titel: Critica di una scienza dello legisln-z.ioni comparate. Genua, 1857. — Dazu die noch später veniffcntliclite Schrift: Del con- cetto e dei sommi principj dclla filosofia della storia. (Jcnua 1860. Die diesen beiden Schriften vorausgegangenen literarischen Publicationen Amari's achlagen grösstentheils in die Gebiete der Statistik, National- ökonomie, Verwaltungslehre und Criminali.'^tik ein ; nähere Angaben hierüber bei Fr. Maggiore-Perni : Saggio di Emerico Amari e delle 8ue opere (Palermo, 1871). 2 Diese Gedächtnissrede ist der in voriger Anmerkung erwähnte Saggio, welcher eine vollständige Lebens.skizze Amari's entliält. Emerico Araari, aus gräflichem Geschlechte stammend (geb. zu Palermo, 10. Mai 1810, gest. 20. September 1870), war als patriotischer Sicilianer zuerst Gegner der bourbonisclien Herrscliaft in Sicilien, und spater, nachdem Italien unter dem Scepter des Hauses Savoyen zu einem politischen Ganzen sich geeiniget hatte, als sicilianischcr Autonomist Bekämpfer der centrali- sirenden Unification Italiens, welcher gegenüber er die provinzielle Selb.ststäudigkoit gewahrt sehen wollte, .so wie er nebstdem als gläu- biger Katholik auch für die geschädigten Rechte der Kirche eintrat. 3 Eher dürfte vielleicht der auf die politische Zeitgeschichte bezügliche Theil des handschriftlichen Nachlasses auf Veröffentlichung zu reclinen haben; vgl. über den Inhalt desselben Maggiore-Perni's vorerwähnten Saggio, S. 109 f. Emerico Amari ia seinem Yerliältniss zo G. B. Vico. 7 sein Verhältniss zu Vico urustiindlich ausspricht, sondern über- tliess auch aus Inhalt, Tendenz und Anhigu seines Hauptwerkes liiidängh'ch zu erkennen ist, inwieweit er von Vico abzugehen oder über denselben hinauszuii;;ehen sich gedrung-en fühlte. Vico's geistige Bestrebungen culniinirten in seinen Be- mühungen um Schaffung einer Philosophie der Geschichte, oder, wie Amari sich ausdrückt, einer Philosophie der Mensch- heit (filosofia deir umanita). Die Wissenschaft der verglei- chenden Gesetzeskunde, um welche Amari sich bemühte, hat allerdings die von Vico geschaffene Philosophie der IMenschheit, d. Ii. die philosophische Krkenntniss der gemeinmenschlichen Lebens- und P^ntwickelungszustände zu ihrer Voraussetzung und Unterlage, ist aber doch ihrer Idee nach etwas davon Verschiedenes, indem für sie nicht die Lebenszustände der Völker und der Menschheit, sondern die zur Regelung der- selben geschaffenen Normen, und in ditscn primär und zu- nächst nicht ihre Gleichartigkeit und Einheit, wie bei Vico, sondern vielmehr ihre Mannigfaltigkeit und Unterschiedenheit von einander Object der wissenschaftlichen Erkenntniss sind. Die diese Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit durchherr- schende wesentliche Gleichartigkeit oder Harmonie, an welcher Amari festhält, ist erst ein der vorgenommenen Vergleichung nachfolgendes Ergebniss, welches nicht unmittelbar aus der Vergleichung der ditierenten Gesetze und Gesetzgebungen als solcher resultirt, sondern in Folge der Application der geschichts- philosophischen Anschauungen Vico's auf den durch die ver- gleichende Gesetzeswissenschaft eruirten thatsächlichen Befund. Die vergleichende Gesetzeswissenschaft verdankt nach Amari ' dem Verfasser der Scienza nuova die Aufweisung bestimmter unveränderlicher, in der menschlichen Natur begründeter und providentiell stabilirter Normen des Entwickelungsganges der Gemeinwesen, Gesetze und geschichtlichen Ereignisse; Vico hat, mit anderen Worten, die Metaphysik der vergleichenden Gesetzeswissenschaft geschaffen. Da diese Metaphysik auf das Axiom von der Gleichförmigkeit der Lebensentwickelung aller Völker gegründet ist, so oblag es Vico, die Gleichförmigkeit in den gesetzlichen Einrichtungen derselben als den compen- ' Ciitica ecc, p. 318. 8 Werner. diirten Ausdrücken und Exponenten ihres Lebens nachzuweisen. Da die Gleichförmigkeit theils durch das Dunkel, das über den Anfängen und älteren Zeiten der Völker ruht, theils durch falsche Systeme der Gelehrten, d. i. der Alterthumsforscher und Philosophen verdeckt ist, so war er darauf augewiesen, eine Wissenschaft der kritischen Vergleichung der Gesetze zu schaffen, und der Metaphysik der vergleichenden Gesetzes- wissenschaft eine Logik derselben beizugesellen. Amari wagt nicht, für alle Einzelheiten des geschichtsphilosophischen Systems Vico's einzustehen, er gesteht vielmehr mannigfache Irrthümer Vico's unumwunden zu. Zwei Grundwahrheiten scheinen ihm aber durch Vico's Forschung unwiderleglich festgestellt zu sein, diese nämlich, dass ein providentielles Gesetz den Entwicke- lungsverlauf des Völkerlebens und der gesetzlichen Institutionen der Völker leitet, und dass die Vergleichung das einzig sichere Mittel eines wahrhaften Verständnisses derselben sei, in dessen Lichte sich natürlich auch ihre ideelle Verwandtschaft und Gleich- förmigkeit bestätigen muss. Desshalb bleibe auch die Forschung auf dem Gebiete der vergleichenden Geaetzeskunde perpe- tuirlich auf das Studium Vico's angewiesen. Niemand dürfe sich mehr Geist zutrauen, als Vico besass — sagte einst der Herausgeber der Werke Vico's, G. Ferrari ; ' Niemand verdiene fleissiger als Vico studirt zu werden — fügt Amari hinzu. Als einen Hauptirrthum, der die Functionen der Wissen- schaft einer vergleichenden Gesetzeskunde im Principe aufhebe, sieht Amari Vico's Läugnung der Ueberlieferung der Gesetze von einem Volke an das andere zu bezeichnen sich gedrungen. ^ Bei Vico ist diese Läugnung eines der Gnindaxiome, welche sein geschichtsphilosophisches System tragen, und in der zweiten Bearbeitung der Scienza nuova der Entwickelung desselben vorausgeschickt werden. ^ Er erklärt die Gleichförmigkeit der gesetzlichen Einrichtungen der Völker aus der dem Mensch- heitsleben immanenten Macht der Wahrheit, die mit Gott identisch ist, und in ihren verborgenen Einflüssen auf das Menschheitsleben sich als völkerleitende Providenz bethätiget. 1 Ferrari, la mente di G. B. Vico (Mailand, 1837), p. 277. 2 Critica, p. 275 f. 3 Siehe Seconda Scienza, Lib. I (degli elementi) Degnitä XIII. Emerico Amari in »«inem Yerh<nisa in G. B. Vico. 9 Dass die Lebensentwickelung der Völker durch ein solches verborgenes göttliches Walten bedingt sei und jedes einzelne Volk aus einem besonderen selbsteigenen natürlichen Lebens- grunde heraus sich entwickele, ist richtig; und mit Recht be- kämpft weiter Vico die Meinung, dass irgend einem beson- deren Volke der Ruhm zufallen könne, es wäre von ihm die allgemeine Weltcultur ausgegangen, wie dessen die Aegypter oder die Griechen sich rühmten. Die Weltcultur ist vielmehr ein Gesammterzeugniss der Culturvölker, welches auf ver- schiedenartige Grundwurzeln zurückweist, und in eine Vielheit von Componenten und Factoren sich auflöst, deren jeder auf seine Art an der Gesammtwirkung betheiliget ist. Daraus geht aber zugleich auch hervor, dass kein geschichtliches Volk seine Cultur ausschliesslich aus sich selbst ohne Reception von Elementen aus dem (Julturleben anderer V^ölker erzeuge; und so gelangt man schliesslich allertiings nicht auf ein von Vico als Chimäre verworfenes Urvolk (prima nazione), wol aber auf eine ditiurente Mehrheit von Grundansätzen aller Cultur- entwickelung, in welchen sich vom Anfange her die ihrem allgemeinen Wesen nach Eine und gleichartige Menschennatur individualisirt und diversiticirt darstellt. Auf diese ursprüng- liche Diversitication der ersten Ansätze aller geschichtlichen Cultur refleetirt Amari nicht; er begnügt sich damit, die von Vico geläugnete Transmission von Recht, Gesetz und Bildung von einem Volke auf das andere als geschichtliche Thutsuche zu vertheidigen und als denknothwendige geschichtliche Wahr- heit zu erhärten. Die umständliche Nachweisung derselben hatte er freilich dem zweiten ausführenden Theile vorbehalten ; ' im vorliegenden Theile beschränkt er sich darauf, einzelne Fälle einer solchen Transmission zu constatiren, - darunter namentlich die von Vico bestrittene Entlehnung des Zwölf- tafelgesetzes von aussenher, zwar nicht aus Athen, aber doch wenigstens aus Grossgriechenland. •' 1 In seinem schriftlichen Nachlasse fand sich ein Capitel des zweiten Bandes ausgearbeitet vor unter dem Titel: Della trasmissione e commu- uicazione delle legge tra le nazioni. Vgl. Maggiore-Perni, Saggio, p. 108. 2 Critica, p. 70 ff. 3 Aehnlich C. Cautü. Vgl. meine Schrift: Vico als Philosoph und gelehrter Forscher (Wien, 1879), S. 244. 10 Werner. Amari bemängelt an Vico, dass dieser, durch weg-s auf übergeschichtliche Ideen fussend, die Geschichte nur da, wo sie zu seinen Ideen stimmt, als beglaubigte Geschichte gelten lasse, und die gegen jene Ideen sprechende geschichtliche Ueberlieferung als Fälschung oder Entstellung des wirklichen geschichtlichen Herganges anzusehen liebe. In dem Falle nun, wo Vico die Ableitung der Anfänge aller Cultur von einem ersten Volke verwirft, darf man unbedingt annehmen, dass er trotz des Einspruches Amari's die Geschichte für sich habe, obschon ihm zufolge seines von den concretisirenden Princi- pien des gemeinmenschlichen Seins abstrahirenden Universa- lismus die Kenntniss dessen abgeht, was dem geschichtlich undenkbaren , ersten Volke' als realer Anknüpfungspunkt für die Erklärung der Entstehung der Weltcultur substituirt werden muss. Ehe es Völker gab, waren Stämme vorhanden, und die Stämme sind die ersten grundhaften Differenzirungen eines den Völkerunterschieden vorausgegangenen gemeinmenschlichen familienhaften Zustandes, der als solcher noch nichts von der individuirten Besonderheit einer nationalen und volklichen Existenz an sich hatte. Aus diesem vorhistorischen Zustande sind die primitiven religiösen und ethischen Traditionen der Menschheit abzuleiten, welche unter Ausschluss irgend einer besonderen rechtlichen oder politischen Satzung und Verfassung den Gesammtinhalt des geistigen Denkens der ältesten Mensch- heit ausmachten. Die Scheidung von Sitte und Recht, Ge- wohnheit und positiver menschlicher Satzung, die Schaffung besonderer Formen und Normen des gesellschaftlichen Daseins konnte erst mit dem Heraustreten aus dem ursprünglichen familienhaften Verbände derGesammtmenschheit sich vollziehen. Dieser Heraustritt war durch das Auseinandergehen der allge- meinen Gattung in die Diversitäten differenter Stämme bedingt, von welchen eben nur die edleren, einer geistig activen Existenz fähigen sich zu grundhaften Ansätzen, eines gemeinmenschlichen Geschichtslebens eigneten, während die von der Herrschaft der sinnlich-irdischen Naturmächte überwältigten passiven Stämme einem geschichtslosen Naturdasein anheimfielen, ohne das Ver- mögen einer geistig- ethischen Erhebung über die Zustände desselben in sich zu finden. Besondere Volksexistenzen konnten sich nur aus den geistig-activen Stämmen herausbilden ; die Emerico Amari in Reinem Verbältniss zn G. B. Vico. H riervorbildung selbstständiger Existenzen fallt zusammen mit der Gründung besonderer Gemeinwesen, in welchen Sitten und Gewohnheiten des Stammes sich zu einer besonderen, nach selbstgeschafFenen Normen geregelten Lebensordnung gestalten. Da die primitiven gesetzlichen Normen jeder selbstständigen Volksexistenz aus dem selbsteigenen Leben des Volkes ge- schöpft sind, so bleibt das oben angeführte geschichtsphiloso- phische Axiom Vico's unverrückbar stehen ; nur entging ihm der bedeutungsvolle Unterschied zwischen der l^ildung der Gemeinwesen im Bereiche der indoeuropäischen und semito- hamitischcn Welt, der Unterschied zwischen patriarchalischem Stammesregimente auf der einen Seite und zwischen eigent- licher Staatenbildung andererseits, welche letztere, da die ersten und ältesten Staaten (Jewaltstaaten waren, ein Volksleben im eigentlichen Sinne des Wortes nicht aufkommen Hess, während umgekehrt das ungehemmte Vnlkslebcn Critica, p. 14 S. 24 Werner. Verum und Factum, welche sich in Folge des Aufkommens der experimentalen Forschung und der vergleichenden Beobach- tung an die Stelle des von der Scholastik festgehaltenen antiken Gegensatzes zwischen Stoff und Form setzte; er erkennt mit Vico die Induction als das Vehikel der Erfassung der allge- meinen Wahrheiten, die als göttliche Gedanken den Lauf des zeitlichen Geschehens in Natur und Geschichte regeln und beherrschen; er anerkennt mit Vico ewige Urformen des in der sinnlichen Wirklichkeit Erscheinenden, während sich ihm gleich Vico das Grundwesen der seelischen Innerlichkeit in das Dunkel einer unerforschlichen Verborgenheit zurückzu- ziehen scheint. Nur in Einem Punkte glaubt er Vico wider- sprechen zu müssen, sofern nämlich dieser ' zu behaupten scheine, dass die Wissenschaft bereits mit der Perception eines Factums als solchen beginne; die Wissenschaft ist ihrem Wesen nach auf das Allgemeine gerichtet, und hat nicht die singu- lären Facta als solche, sondern die allgemeinen Wahrheiten, die in denselben sich ausdrücken, zu ihrem Gegenstande und Inhalte. Diese Abweichung Amari's von Vico erklärt sich hinlänglich daraus, dass Vico das Erkennen und AVissen als lebendigen Act des Schöpfens aus der durch göttliches Wirken dem menschlichen Geiste subministrirten zeitlich sinnlichen Erfahrungswirklichkeit fasst, während Amari die Erkenntniss als fertiges Product, als bleibendes Gut und Object der Ueber- lieferung ansieht, also jedenfalls einen minder lebendigen Be- griff von Erkennen und Wissen hat, als Vico. Der Mangel ist bei Vico nur dieser, dass er für den von ihm vertretenen lebendigen Dynanismus der menschlichen Geistanschauung den entsprechenden Stützpunkt im lebendigen Wesen des geschöpf- lichen Geistes nicht zu erspüren vermochte, wovon ihn seine einseitige Polemik gegen den Subjectivismus der Cartesischen Lehre vom Geiste im voraus ablenkte. Der Vico's Philosophie durchherrschende Gedanke der Umsetzung des Factum in das Verum wurde mit specieller Beziehung auf die Philosophie der Geschichte von einem Zeit- genossen Amari's, Silvestro Centofanti, zum Gegenstande einer 1 Seconda Scienza nuova, Lib. I (Elementi), Degnitä CVI. Emerico Amari in seinem Verhältuiüü zu G. B. Vicu. 2ö besonderen Erörterung^ gemacht, ' welcher Amari beii^eistertes Lob zollt. Er erkennt in der von Centofanti versuchten Art der Umsetzung des Factum in ein Verum eine tiet'dringende Geistesthat, durch welche nicht nur die der geschichtsphiluso- phischen Construction Vico's anhaftenden Mängel grundhaft beseitiget, sondern jene Construction selber erst wahrhaft und vollkommen in das Licht einer rein philosophischen Erkenutniss emporgehoben, und die Thatsachen der zeitlichen Menschen- geschichte aus der Idee eines universalen kosmischen Ge- schehens begritien seien. Die Eingliederung der Menschen- geschichte in die Geschichte des Universums ist nun freilich kein völlig neuer Gedanke, und beschränkt sich bei Centofanti im Grunde doch nur auf die Assertion eines inneren Zusammen- hanges zwischen der Menschheitsentwickelung und dem uni- versalkosmischen Geschehen; sie war aber die ideell gefor- derte Erweiterung des Planes der Geschichtsphilosophie Vico's, der von der Idee des universalkosmischen Wirkens Gottes aus- gehend, und seine Philosophie der Menschheit auf dieselbe stellend, den Connex des Menschen mit dem Gesamnituni- versum gänzlich ausser Acht Hess, und den Gesichtskreis seiner philosophischen Weltbetrachtung ausschliesslich auf die mensch- liche Gesellschaft beschränkte. Amari iindet eine specielle Befriedigung darin, dass die von ihm gegen Vico urgirte Cau- salverknüpfung der Völkergeschichte durch Centofanti's An- schauungen auf universalkosmische Gesetze zurückgeführt und damit zum Range einer universalkosmischen Nothwendigkeit erhoben wird. Bereits bei Janelli - gereicht es ihm zur leb- haften Befriedigung, dass dieser auf dem Wege einer unbe- fangenen empirischen Geschichtskunde die von Vico in Abrede gestellte allseitige ursächliche Verknüpfung des Geschichts- lebens der durch Zeit und Raum von einander getrennten Völker principiell urgirt. ■^ Aber zu einer philosophischen Denk- ' Una formola logica della filosofia della atoria (Pisa, 1845). Vgl. Critiea, p. 419 £f. - Sulla natura e necessitä della scienza delle cose e delle storie umane (Neapel, 1817). 3 Janelli (O. e. P. II, c, 8, §. 4) reducirt diesen Zusammenhang auf einen vierfachen Nexus : Nesso di origiue, nesso di coesistenza, nesso di suc- cessione, nesso di communicazione. — Le ultime due specie di nesso i 26 Werner. nothwendigkeit wird dieselbe erst auf Grund der aus den Tiefen des philosophischen Erkennens geschöpften Auffassungsweise Centafanti's. Dieser setzt sich zur Aufgabe, das historische Factum zur Höhe einer philosophischen Möglichkeit zu erheben ; wenn nun die philosophische ^Möglichkeit des singulären Factums sich durch seinen Zusammenhang mit der Gesammtheit alles Geschehens erhärtet, so ist damit seine Verflechtung mit der- | selben als denknothwendig erwiesen. Centofanti unterscheidet vier Stufen der Erkenntniss einer historischen Thatsache. Die erste unterste Stufe wird in der unmittelbaren Anschauung des j Factums eingenommen, welche bei der Vorstellung der äusseren Erklärungsursachen desselben stehen bleibt ; indess schon in dieser aus äusseren zufälligen Erklärungsgrüuden geschöpften Erkenntniss leuchte bereits, wenn auch noch so unvollkommen, die Apperception eines allgemeinen Zusammenhanges alles Ge- schehens durch. Das Verständniss desselben steigert sich durch Erhebung zur Erkenntniss der inneren Gründe des Factums, aus welchen die rationale Möglichkeit desselben begriffen wird. Von dieser zweiten Stufe erhebt sich das Denken zur dritten in der Erkenntniss der ersten grundhaften Ursachen des Factums, aus welchen das scientifische Verständniss desselben resultirt. Auf der vierten Stufe endlich erhebt sich der Gedanke zur Ursache der Ursachen, oder absolut ersten Ursache, welche in ihrer unendlichen Einheit alle Ursachen in sich fasst, damit erschliesst sich die Erkenntniss der philosophischen Möglichkeit alles Geschehens. Diesen vier Erkeuntnissformen entsprechen vier Auffassungs- und Darstcllungsweisen der Geschichte. In jeder derselben ist aber der Gedanke einer wesentlichen Ver- knüpfung der Facta die herrschende Grundidee. Beweist aber diese ideologische Geschichtstheorie Centofanti's den von Amari urgirten äusseren, auf Culturüberlieferung beruhenden Zusam- menhang in der Völkergeschichte? Sie scheint weit eher aus einer philosophischen Meditation über die von Vico selber construirte Anschauung der vielortigen Anfänge aller Völker- geschichte herausgewachsen zu sein, und schliesst jedenfalls — bemerkt Amari hiezu — sono manifestamente la tradizione nostra, e sotto questo aspetto la scienza dell' umanitä o sia la filosofia della storia merita giustamente il nome di scienza dell' ineivilimento, che suoua tra- dizione, Propaganda, progresso. Critica, p. 419. Emerico Amari in seinem VerfaaltnisH zu G. B. Vico. 27 keine Zurückweisung derselben in sich. Für einen solchen Zweck ist sie viel zu sehr überi>;eschichtlich gehalten ; ferner erscheint das Zusainuienfliessen der Individuen und Völker in eine höhere geistige Einheit bei Centot'anti als das Nachfol- gende. Wenn die Einigung in fortschreitender geschichtlicher Entwickelung eine stets allgemeinere, innigere und geistigere wird, so hat man, wie es fast scheinen möchte, von vielortigen solitäreu Anfängen der Entwickelung auszugehen, es wäre denn, dass man diese solitäreu Anfänge als die durch Zer- streuung der ursprünglich local geeinigten Menschheit gesetzten Sonderantänge der v«>lkergeschichtlichcn Entwickelung zu nehmen hätte. L'nd diess wird wol auch die eigentliche Meinung Cento- fanti's sein, dem sich auf diesem Wege der geschichtliche Mensch- heitsprocess als Nachbildung des aus einem ersten weltsetzenden Acte Gottes sich entwickelnden universalkosuiischen Processes ergibt, in dessen ausgewickeltes Ergebniss er seinerseits den geschichtlichen Entwickelungsprocess sich wieder zurückver- mitteln lässt. .ledenfalls ist aber der in diesen Anschauungen sich manilestirende Denkhabitus von jenem Amari's durch- greifend verschieden, und deutet weit eher auf eine Rückver- mittelung der Geschichtspliilosophie Vico's in den Kosmismus eines Giordano Bruno hin, mit welchem auch Vico nicht un- bekannt geblieben zu sein scheint, obwol er durch geliissent- liche Abwendung von der Naturphilosophie dessen Einflüsse von sich abzuhalten ben)üht war, und gewisse charakteristische Aeusserungen Brunos in einer seinen christlich gläubigen Ueber- zeugungen angemessenen Umbildung reproducirte. Wir rechnen dahin Vico's Aeusserung über Christus als den vorbildlichen ethischen Heros der Menschheit, in welcher eine verchristlichte Reproduction der ^Mente eroica Brunos zu erkennen sein dürfte. Nicht minder erinnert Vico's Charakteristik der theokratischen Kindheitsepoche der Menschheit an dasjenige, was Bruno über die Religion als Gesetz der rohen geistesunmündigen Menge sagt. _ Dass Vico, obschon im wiedererneuerten Piatonismus des 15. Jahrhunderts wurzelnd, auch aus anderen später folgen- den Denkern seines italienischen Vaterlandes geistige Aure- gungeu in sich aufnahm, glauben wir an einem anderen Orte ' ' In unserer oben genannten Schritt über Vico, ^. 144 f. 28 Werner. durch Aufzeigung seiner partiellen Berührungen mit Campa- nella und Machiavelli ersichtlich gemacht zu haben. Amari geht über Vico hinaus, sofern er die fortschrei- tende Entvvickelung des menschlichen Geschlechtes vertritt; diese selber ist ihm wieder durch seine Lehre von der Cultur- überlieferung bedingt^ in welcher er das Correctiv der irrigen Anschauungen Vico's über die gleichsam autochthone Selbst- entwickelung der alien Völker sieht. Als Vorläufer seiner eigenen Anschauung über die progressive Entwickelung der Menschheit bezeichnet er Romagnosi, der zwischen Vico und Centofanti stehend zu Denjenigen gehöre, welche über die Wissenschaft der Geschichte die tiefstgehenden Gedanken ent- wickelt haben. ' Er hat an ihm nur diess auszusetzen, dass derselbe, um für die geschichtliche Begründung der Idee der Culturüberlieferung eine feste Basis zu gewinnen, ein civili- sirtes Urvolk annimmt, welches durch ein Zusammenwirken günstigster Umstände seine Civilisation durch sich selbst errang (popolo auto-civilej. Indess abgesehen davon, dass Romagnosi mit einer derartigen Annahme nicht allein stehe, indem auch Gioberti und C Balbo vom Standpunkte der Offenbarungs- gläubigkeit den semitischen Stamm für den Grundträger aller Cultur ansahen, liege seiner Annahme ein Gedanke allgemei- nerer Art zu Grunde, dessen verfehlte Ausbildung sich leicht corrigiren lasse. Romagnosi schreibt einem bestimmten beson- deren Volke zu, was eigentlich nur eine Grundthat aller ersten Völker (proto-popoli) ist; alle ersten Völker sind, was sie als Anfänger in der Civilisation waren, dadurch geworden, dass über- haupt das Bedürfniss geregelter Wechselbeziehungen zwischen Menschen, welche sich an einander gewiesen sehen, von selber die Anfänge einer bestimmten Ordnung schafft, dei-en weitere Entwickelung in der Fortdauer und Erweiterung des Verkehres der Geeinigten unter einander und zu anderen in ähnlicher Weise Geeinigten in Kraft der durch diesen Verkehr ge- weckten und sich weiter entwickelnden Ideen sich von selber ergibt. Niemand zeige besser, als Romagnosi selber, wie diese 1 Critica, p. 401 fif. Amari verweist auf die zu Mailand 1841 erschienene Gesammtausgabe der Schriften Romagnosi's, von welchen er die hieher gehörigen speciell angibt (Critica, p. 402, Anm. 1). Emerico Amari in seinem VerbältDiss zu G. 6. Yico. 29 Entwic'keluDg- continuiilich Schritt für Schritt vor sich gehe ; er wisse sehr Put den Einfluss uHer in den zusammenlebenden und mit einander verkeln-enden Menschen wirksamen geistigen und moralischen Potenzen, die Gemüthsantriebe und intel- lectuollen Motive aufzuzeigen, welche zur stetig fortschreitenden Ausbildung und Vervollkommnung der bereits bestehenden Oidnungen und Gemeinschaften führen. Er fasst alle diese Potenzen und Antriebe als Coustituenten des socialen üppor- tunitätssinnes auf, der ihm nichts anderes als die Application des gesunden unbefangenen Menschensinues auf die socialen \'er- hältnisse ist. ' Er erhebt sich zu universellen gemeinmenschlichen Anschauungen, in deren Lichte ihm die Culturen der einzelnen Völker als Eutwickelungsmomente des Einen Gesammtmenschen erscheinen, wobei er die von Vico aus zufälligen Gründen erklärte successive Beschleunigung der Culturentwickelung als etwas im natürlichen (iange der Diuge Gelegenes nachzuweisen im Stande ist, und die Analogie zwischen der Entwickehing des Einzelmenschen und jener der Gesammtmenschheit erst in ihr volles Licht tritt. Als ]\Iittel des Erweises dient ihm die Idee der Culturüberlieferung, welche zwei Momente in sich schliesst, Uebernahme und Weiterbildung des Erbes dieser Ueberlieferung. Die Uebernahme stellt die Empfangenden so- fort unmittelbar auf die Culturhöhe der Ueberliefernden, wäh- rend die fruchtbringende Verwerthung des Ueberlieferten von selber auch schon die Mehrung desselben nach sich zieht. Dabei weiss er der Idee der Culturtradition noch eine schöne ethische Seite abzugewinnen, indem er sie als eine heilige Pflicht der den Absichten der göttlichen Providenz dienenden Völker und Generationen gegen die ihnen nachfolgenden Zeiten und Geschlechter erweist. 1 Die hieher gehörige psychologische Theorie Romagnosi's ist entwickelt in seiner Schrift: Che cosa e la mente sana? Die von Amari in seinen obigen Angaben vorzugsweise berücksichtigten Abhandlungen Romagnosi's sind : Vedute fondamentali suU' incivilimento (als vierter Band der Ved. fond. deir arte logica, 1832). — Vedute eminenti per amministrare l'economia dell' incivilimento (1834, der Pariser Akademie der sciences morales et politiques zum Danke für seine Aufnahme in dieselbe ge- widmet). Diesen sind noch beizufügen : Osservazioni sulla scienza nuova del Vico (1832). Ueber das Verhältniss zwischen Romagnosi und Vioo vgl. Ferrari: La mente di Romagnosi (Mailand, 183öj. 30 Werner. Die unverkennbare Vorliebe Amari's für Romagnosi ist nicht bloss im gemeinsamen Interesse Beider an Vico und im Zusammentreffen des kritischen Urtheiles über denselben in einem wichtigsten Punkte, sondern in noch allgemeineren Ur- sachen begründet. Romagnosi genoss in den ersten Jahr- zehenden dieses Jahrhunderts grosses Ansehen als einer der bedeutendsten Rechtslehrer Italiens, und hatte besonders auf dem von Amari speciell gepflegten Gebiete des Strafrechtes sich einen Namen gemacht ; seine Schriften gehörten also sicher zu denjenigen, welche Amari in der Zeit seines ersten litera- rischen Aufstrebens am eifrigsten studirte. Nebstbei aber musste Letzterem, der dem Sensualismus eben so sehr, wie einem abstract verstiegenen Idealismus von Hause aus abgeneigt war, die vermittelnde Richtung Romagnosi's zusagen, der, von den Anschauungen eines philosophischen Transscendentalismus grundsätzlich abstrahirend, die äussere und innere, sinnliche und psychische Erfahrung des Menschen als die Quelle der menschlichen Vernunfterkenntniss ansah. Das Grundwesen der menschlichen Geisterkenntniss wird damit freilich nicht auf- J gehellt; indess auch Amari fühlte kein Bedürfniss nach Auf- hellung desselben, glaubt vielmehr ohne Schaden für die von j ihm angebaute Wissenschaft der vergleichenden Gesetzeskunde die Frage über Wesen und Ursprung der menschlichen Ideen bei Seite stellen zu können. Ihm genügt die Thatsache ihres Vorhandenseins als Resultat der geschichtlichen Existenz des Menschen, die als solche selbstverständlich und nothwendig die Macht der geistigen und moralischen Selbstentwickelung der Menschengattung in sich trägt. Die Bedingungen, unter welchen die sociale Existenz des Menschen sich zur geschichtlichen Existenz fortbilde, hat freilich Amari eben so wenig als Ro- magnosi aufgehellt; von dem Vorhandensein uncivilisirter und civilisatorischen Einflüssen widerstrebender Menschengemein- schaften hat er völlig abstrahirt, obschon das Vorhandensein dieser nicht bloss seine Ansicht von der gleichsam naturnoth- wendigen Entstehung der Civilisation als ungenügend erscheinen lässt, sondern sogar die von ihm postulirte und behauptete Gleichartigkeit und Wesensgemeinschaft der Menschengattung in Frage zu stellen droht. Die Ideen sind die Grundmächte der Civilisation; gibt es menschliche Genossenschaften, in deren Emerico Amari in ^•naem Verh<niss zu G. B. Vico. 31 Luf rein sinnliche Lebensinteressen beschränktem Verkehre sie ^ar nicht aufwachen, haben sie ferner selbst im Geistleben ind Geistverkehre der Culturvölker erst nur allmiilijj: sich so veit durchgerungen, dass sie als Mächte der Gestaltun;» nicht )loss appercipirt, sondern auch erkannt werden, ist endlich elbst ihre wirklich durchgebrochene Erkenntniss einer stets lüher gesteigerten Evolution fähig, so muss diese ihre Er- kenntniss etwas im Menschen Tiefstgelegenes sein, zu dessen ;;eistiger Weckung der blosse Menschenverkehr für sich allein licht ausreichen würde, wenn sie nicht vom Anfange her be- •eits als lebendig wirkende Mächte im Menschendasein gegen- värtig wären. Auch hier zeigt sich wieder Vico als der tiefer sehende, sofern er das Vorhandensein religiöser und sittlicher Jeberzeugungen durch die lebendige Präsenz des Göttlichen m menschlichen Zeitdasein bedingt sein lässt und als Macht- irweisung derselben auffasst; er verfehlt es nur darin, dass ;r die Ideen, die ihrer Natur nach selbstige menschliche Appre- lensionen göttlicher Gedanken und Waluheiten sind, ausschliess- ich als gottgewirkte Apperceptionen der geistigen Wahrheit "asst, womit ihm die in der menschlichen Geistanlage be- kundeten Halt- und Stützpunkte der menschlichen Civilisa- ;ionsentwickelung entgleiten. Die in primitiven höchsten Ap- perceptionen des Urmenschen begründeten religiös -sittlichen \nschauungen der ältesten Menschheit waren ihrer Natur nach jremeingut des menschlichen Geschlechtes, und konnten dem- nach nicht in dem Grade, wie Vico annimmt, demselben ver- oren gehen, so dass sie nur innerhalb eines engsten Kreises jffenbarungsgläubiger Geschlechter sich erhalten hätten ; sie ;ind vielmehr die denknothwendigen Unterlagen aller mensch- lichen Civilisations- und Culturentwickelung der alten Völker, ind hatten ihren perennirenden Halt im Idealvermögen der menschlichen Vernunft, kraft dessen sich auch der von der Erkenntniss höchster Ziele abirrende Mensch geistig einiger- massen über den überwältigend an ihn herandringenden Mächten :1er sinnlichen Daseinswirklichkeit zu behaupten vermochte. Der religiöse Mythicismus der alten Völker hat seine Wurzeln nicht, wie Vico annimmt, in einem ersten geistigen Wieder- erwachen der zu thierischer Verroherung herabgesunkenen Menschengeschlechter; er hat sich vielmehr aus der successiv 32 Werner. fortschreitenden Versenkung der in den ältesten Menschen- geschlechtern vorhandenen reineren geistigen Anschauungen in's sinnliche Vorstellungsleben herausgebildet, und diversifi- cirte sich nach Verschiedenheit der individuellen psychischen Artung und der äusseren Lebensbedingungen des in eine Man- nigfaltigkeit verschiedener Stämme und Völker auseinander- gegangenen menschlichen Geschlechtes. So gestaltet sich der Mythus zum Zeugniss für das uranfängliche und continuii-liche actuelle Vorhandensein der geistigen Unterlagen und Bedin- gungen einer civilisatorischen Entwickelung, ja er ist selber ein Product dieser Entwickelung und ein Zeugniss von der Präsenz der Ideen als geistiger Gestaltungsmächte im geschicht- lichen Menschheitsdaseiii, freilich aber zugleich auch ein Zeug- niss von der Diffusion des Denkens im üppig wuchernden sinnlichen Vorstellungsleben, das erst in der Kraft einer con- centrirtesten geistigen Sammlung sich über jene Vorstellungs- gebilde und die auf Grund derselben erwachsenen Denkver- suche zur bewussten Selbsterfassung der geistig seelischen Innerlichkeit als productiven Idealvermögens des Menschen zu erheben vermochte. Amari hat sich zu diesem Denkstandpunkte nicht auf- geschwungen, die selbstige Innerlichkeit des Menschen nicht als den lebendigen Quellpunkt ideeller Productivität erfasst. Er spricht, wie wir oben hörten, von Äloditicationen der denk- haften menschlichen Innerlichkeit des Einzelmenschen, welche sich in der geschichtlichen Entwickelung des coUectiven Ge- sammtmenschen reflectiien und abbilden, und die Entwickelung des Einzelmenschen als Typus der Entwickelung des Gesammt- menschen erscheinen lassen. Diess erfasst und an's Licht ge- stellt zu haben, ist nach Amari eines der leuchtendsten Verdienste Vico's. Da nun aber bei ihm die Entwickelung des Einzel- raenschen vielfach gehemmt und durch zeitlich-örtliche Um- stände und Bedingungen eingeschränkt erscheint, so tritt bei Vico, wie bei Amari, nur das Getragensein des Einzelmenschen durch die Entwickelung der Gesammtheit als bestimmender Grundgedanke hervor, während der mitbestimmende Antheil der Einzelpersönlichkeit als solcher an der Entwickelung der Gesammtheit nicht zu seinem Rechte kommt, und die Idee der Gesammtheit als eines lebendigen, aus wechselseitig sich Emerico Amari in seinem Verhältniss zn G. B. Vico. 33 beding^endenComponenten bestehenden Ganzen nicht erfasst wird. Von einem mitbestimmenden Antheil des Einzelnen an der Entwiekehing des Ganzen kann nur unter der Voraussetzung die Kede sein, dass jeder Einzehie wenigstens potentiell einen im Leben des Ganzen nicht schlechthin aufgehenden geistigen Lebensinhalt in sich trägt. Ein solcher potentieller geistiger Lebensinhalt ist aber in den einzelnen Constituenten der Men- schengattung nur unter der Voraussetzung eines Vermögens der Ideenproduetion vorhanden. Allerdings bleibt dasselbe in der weitaus grössten Mehrzahl der Menschen während ihrer zeitlich irdischen Entwickelung gebunden, und kann sich auch in providentiell bevorzugten Naturen nur relativ und nach be- stimmten besonderen Richtungen je nach Massgabe des indivi- duellen Lebensberufes entwickeln ; der Künstler, der forschende Gelehrte, der Staatsmann, der Gesetzgeber, jeder begabte Mensch, welcher auf seine Umgebung und auf seine Zeit irgendwelchen geistigen Einfluss nimmt, handelt und wirkt unter dem Einflüsse von Ideen, welche in seinem Denken aufleuchten, und ihn zu einer von ihm als Lebensberuf er- kannten Thätigkeit anspornen. Aber auch Diejenigen, welche sich einem solchen Wirken gegenüber vorherrschend als Em- pfangende verhalten, \\ürden die von bevorzugten Naturen auf sie ausgehenden Impulse nicht lebendig in sich aufnehmen, wenn nicht ein angebornes geistiges Verständniss derselben in ihnen vorhanden wäre. Demzufolge bewahrheitet sich auch das von Amari betonte Princip der [Jeberlieferung nur unter Voraussetzung eines in allen Menschen vorhandenen idealen Vernunftsiunes als wirksames und fruchtbares Culturprincip. Soll mit der von Amari an Centofanti belobten Begründung der zeitlich irdischen Menschheitsgeschichte aus universalkosrai- schen Anschauungen Ernst gemacht werden, so ist dieselbe als sublim irte Wiederholung der Entwickelungsgeschichte des sichtbaren Universums und als Entwickelungsgeschichte eines durch die irdisch sinnliche Stofflichkeit verhüllten Geister- reiches zu fassen, dessen Glieder und Constituenten ihr sicht- bares Gegenbild in den sichtbaren Weltkörpern haben, und nach Analogie derselben zu einem grossen Ganzen zusammen- geordnet sind. Der Erdstoff, dessen sublimirte Formationen die organischen Hüllen der Menschengeister constituiren, möchte Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XCVI. Bd. I. Hft. 3 34 Werner. r dem allgemeinen Weltstoffe zu vergleichen sein, aus welchem die einzelneu kosmischen Körpergebilde, und mit ihnen der Erdkörper sich herausgesetzt hat, um in seinen höchstgestei- gerten organischen Formationen das Substrat zur Rückver- mitteluug der sichtbaren Wirklichkeit in das Reich einer höheren geistigen Daseinswirklichkeit darzubieten und den Rückschluss des Geschaffenen in seinen göttlichen Urgrund anzubahnen. Amari kennt keine Ideen als lebendige Wirkungsmächte, die im zeitlichen Weltdasein gestaltend durchgreifen, sondern nur ideale Wahrheiten, Normen und Gesetze, die auf dem Boden einer inquisitiven vergleichenden Erfahrungskunde ge- wonnen werden, und sonach etwas vom denkenden Menschen Gefundenes sind. Dadurch scheidet er sich gründlich von allen Bestrebungen einer speculativen Philosophie ab, deren excentrische Auswüchse er bekämpft, während er von den gesünderen, auf die Gewinnung eines lebendigen Theismus abzielenden Bestrebungen derselben kaum eine nähere Kennt- niss erlangt zu haben scheint. Sein Denkconcept ruht auf einer durchwegs empiristischen Grundlage; er gewinnt einen übersinnlichen Denkinhalt seiner auf das erfahrungsmässig Ge- gebene gerichteten Forschung nur in sprehendirten in exacteii Begriffen zu bedeuten hätte, ist ihm frrnid ; er weiss nichts von Ideen der Dinge, sondern nur von allgemeinen Wahrheiten, welche aus der Erforschung der besonderen Dinge hervortreten, und sich als unbestreitbare oberste Wahrheiten und allgemeinste Ursachen, als unabweislich giltigt; Kegeln und (iesetze des erfahrungs- mässig erkannten Geschehens und Seins erprobcm. Allerdings kann, soweit die Induction nur als Mittel eines logischen Schlussverfahrens in Anwendung gebracht wird, von einer anderen philosophischen Erkenntniss der erfahrungsmässig ge- gebenen Wirklichkeit keine Rede sein; auch Vico kannte keine andere übersinnliche Verbindung der Dinge differenter Art, als die durch Inductionsschlüsse zu ermittelnde, und betonte, da diese Schlüsse nur auf allgemeine Erscheinungsformen und Wirkungsgesetze hinleiten, ohne das innere Wesen der Dinge ' Latini, quum dicunt genns, intellignnt formara; qnnm speciem duo sen- tiunt, et quod scholae dicant indi\ndniim, et sinitilacrmn sive apparenza. Opp. II, p. 59. Emerico Amari in seinem Verhältniss zn G. B. Vieo. 37 ZU erschliessen, vorncliiiilich die praktische Seite der philoso- phischen Erkeiintniss. Ganz in demselben Geleise bewegt sich Amari, dem es zuhöchst um Erkenntniss der Gesetze alles Wirklichen, ' speciell der civilisirten ]\Ienschengemeinschaft zu thun ist. Alles Wissensstreben hat nach ihm eine praktische Tendenz ; wenn auch zuhöchst und letztlich die Waiirheit um ihrer selbst willen zu gelten hat, so ist es doch eben so gewiss, dass der nächste Antrieb zum Suchen derselben in den prak- tischen Interessen des Lebens gelegen ist, so dass es ohne einen solchen Antrieb wol niemals zum Suchen der Wahrheit gekommen sein würde. - Die Betonung der praktischen Tendenz alles Wissens- strebens fällt bei Vico unter gewisse Gesichtspunkte, welche Amari sich entgleiten lässt, daher auch sein Dcukhabitus trotz aller begeisterter Bewunderung Vico's von jenem Vico's wesent- lich verschieden ist. Bei Vico handelt es sich um die leben- dige Einheit des theoretischen und praktischen Interesses, die zum Wesen alles wahren und echten Wissens und Erkenuens gehört, das ja selber lebendige schöpferische That des Menschen und Nachbildung des denkhaften göttlichen Thuns sein soll. Vico fasst alles höhere geistige Streben des Menschen unter dem Gesichtspunkte eines künstlerischen Thuns auf, dessen Stoff und Object eigentlichst der Mensch selber ist, daher auch alles ausser dem Menschen Seiende in seiner lebendigen Be- ziehung zum Menschen verstanden werden soll, und nur kraft eines solchen Verständnisses für die Zwecke der menschlichen Selbstbildung sich dienlich erweist. Die natürliche Consequenz einer derartigen Anschauungsweise wäre die Anthropologisirung alles Wissens, welche sich philosophisch dadurch vollzieht, ' Quando Tintelletto possiede metodi e sistemi, per Tlugeuita sua virtü e col soccorso potente della induzione applica i priucipü a fatti non osservati mai, ne dedotti ancora, e da qiiello ehe e, arditamente tras- cende a pprre quello che deve essere, e quasi soverchiando la propria natura, da semplice spettatore si trasmuta in legislatore dei fatti e pro- feta della natura. Questo e 1' ultimo grado della cognizioue umana, il punto piü sublime cui possa sollevarsi I'intelletto nella ricerca del vero, perche e la testimonianza pereune della sua natura divina. Critica p. 15 f. 2 Critica, p. 47. 38 Werner. dass der Mensch in den Mittelpunkt der Weltbetrachtung tritt, und alles Andere ausser, über und unter dem Menschen mit Beziehung- auf sich selbst erkennt und versteht. Damit soll der Standpunkt einer abstracten Vernunftmetaphysik überwunden, und das stofflich empirische Wissen in ein von genialen Aspi- rationen durchdrungenes lebendiges Erfahrungswissen umgesetzt werden, in steter Avifeinanderbeziehung von Bild und Idee, in deren wechselseitiger Durchdringung sich das selbsteigene Wesen des Menschen als Ineinsbildung von Geist und Stoff abdrücken soll. Es ist kein Zweifel, dass hiemit das Ideal einer philosophischen Weltkenntniss angedeutet sei, die ihre höchsten und kühnsten Ziele dann erreicht hat, wenn sie im Universum einen lebendigen Spiegel des menschlichen Selbst erkannt, und wie den Menschen aus der Idee des Ganzen, welchem er als Weltwesen angehört, so jenes Ganze aus der Idee des Menschen, und Beide zugleich auch ihrem Verhältniss zu ihrem gemeinsamen absoluten (irunde verstanden hat. Das Ideal einer solchen Erkenntniss schwebte in der That auch Vico vor; er verlegte sich aber den Weg zur werkthätigen Anstrebung desselben gleich im voraus dadurch, dass er beim historischen, durch sein Verhältniss zur Gesammtgattung be- dingten und bestimmten Menschen stehen blieb, ohne zur Idee des Menschen als solchen, des Menschen als lebendigen Selbst- wesens vorzuschreiten, um aus dieser Centralidee heraus den Menschen und seine Geschichte und die in diese Geschichte verschlungene Geschichte des Universums als der contraposi- tiven geschöpflichen NachVjildung des absoluten göttlichen Seins zu verstehen. In seiner Auffassung des Menschen geht dieser in der Bezogenheit auf die Gattung auf, und ist derselben nur insoweit entrückt, als er durch die verborgenen Einwirkungen des Göttlichen über sie emporgehoben wird; der dem Menschen immanente Grund seiner lebendigen Selbstigkeit wird vom Menschen nicht erfasst und aufgedeckt. Amari geht bei schein- barer Erweiterung des geistigen Gesichtskreises Vico's hinter diesen zurück, lässt die erfolgreichen Bemühungen Vico's um eine lebendige Concretisirung der allgemeinen Weltauffassung bei Seite, und sucht als Ontologist seinen Rückhalt in einer allgemeinen Lehre vom Seienden, aus welcher durch stets distinctere Gestaltung des allgemeinen Gedankens vom Seienden Emerico Amari in eeinem Verhältnis« zu G. B. Vico. 39 successiv die einzelnen Wissenschaften in abgestufter Folge vom Allgemeinen zu dessen specifischen Besonderheiten herab sich hervorbilden sollen. Er verzichtet auf eine Schematisirung des Gesammtgebietes aller menschlichen Wissenschaften gemäss der angedeuteten Auffassung ihrer hierarchisch geordneten Nebeneinander- und Uebereinanderstellung; es ist indess nicht zu zweifeln, dass die alte aristotelische Gliederung der Wissens- gebiete für ihn die massgebende ist, nur dass er nicht mit Aristoteles in einer bereits fertigen Metaphysik den nach oben vollzogenen Abschluss aller menschlichen Wissenschaft als schon wirklich vorhanden ansieht. ' Ihm steht die Wissenschaft auf dem Grunde einer bisher noch nicht erschöpften und in der Tliat zeitlich unerschöpflichen Erfahrung; da nun die übergeord- neten allgemeineren Wissenschaften auf dem Grunde der ihnen untergeordneten enger begrenzten Wissensfächer stehen, diese aber einer steten Vervollkommnung fähig und bedürftig sind, so kann ein absolut giltiger Abschluss nach oben in der Zeit niemals vollzogen werden. Wol aber gibt es ein stetes Fort- schreiten in allen besonderen Wissenszweigen, welches in der Elimination überlieferter Irrthümer, in der Verbesserung der Forschungsmethoden, Mehrung und Erweiterung der den ein- zelnen Forschungsbereichen angehörigen Erfahrungsthatsachen, und in der hiedurch veranlassten Umbildung der Wissenschaft selber und ihrer allgemeinen Grundanschuuungen besteht. Diese Ansicht über die fortschreitende P^ntwickelung der wissenschaft- lichen Erkenntniss ist der allgemeinen Anschauung Amari's von der fortschreitenden Entwickelung der Menschheit conform, lässt aber das menschliche Denken ganz in der Gegenständ- lichkeit der durch die Mittel erfahrungsmässiger Forschung erkannten Wissensobjecte aufgehen ; von der durch Vico be- tonten inneren Selbstvermittelung des Menschen mit der auf ihn einwirkenden Welt der äusseren Gegenständlichkeiten ist bei Amari keine Rede, an die Stelle der periodisch wieder- kehrenden Selbstfassung des historischen Collectivmenschen Vico's in einem erneuerten Lebensanfange erscheint bei Amari 1 Rigorosa mente di Aristotele non riconosceva scienza si non delle dottrine necessarie, e perö il numero maggiore delle scienze attuali di tal nome spogliava. Critica, p. 35. 40 Werner. die in den Fluss der Geschichte hineingestellte Menschen- existenz einem empirisch ^efassten Evolutionismus anheim- gegeben, als dessen letztes Ergebniss Amari in vertrauensvoller Zuversicht auf die Perfectibilität der Menschengattung und im gläubigen Hoffen auf die durchgreifenden Erfolge der christ- lichen Civilisation einen friedlichen Bund der Nationen als Gottesstaat auf Erden in Aussicht stellt. Der allgemeine erkenntnisstheoretische Anknüpfungspunkt an Vico ist für Amari das Verhältniss zwischen Factum und Verum. Als das Verum erscheint in Beziehung auf die geord- nete Menschengemeinschaft die ewige Idee des Gerechten, welches sich bei Vico in der Idee eines Jus universale der Völker zur Geltung brachte. Das Mittel des Erweises war ihm nach Amari die Vergleichung der gesetzlichen Einrichtungen der Völker, deren Uebereinstimmung bereits von Sokrates ' zum Princip und Fundamente des Rechtes gemacht, von Cicero als Manifestation der gemeinsamen Menschenvernunft erkannt, "^ und von Grotius als Kriterium des Rechtes angenommen worden sei. Bei Vico erscheine jene Uebereinstimmung als Essenz und als Kriterium des Jus universale und werde von ihm als etwas von der Providenz Vorausgeordnetes erkannt. Aus dem Gesagten ergebe sich indess zugleich auch, dass er nicht für den Schöpfer der vergleichenden Gesetzeskunde gelten könne, obschon er die Untersuchungen über dieselben in dem Grade erweiterte, dass daraus eine neue Wissenschaft wurde. Sie war vor ihm nur als Hilfsinstrument anderer Wissenschaften verwendet worden; durch ihn wurde sie zu einer selbststän- ' Vgl. Plutarch. de exil.: o lüJzpäT»); oiz ABr^vaib;, ojOE "EXXrjv, aXXa xojixto; Etvai tprjaa? ... In uua parola — bemerkt Amari hiezu — rivelava tutto un sistema; poiche con qiiella non solo aflfermava l'unitä del genere umano per natura, ma eziandio per diritto, e delT universo faceva una patria sola. Critica, p. 264. 2 Vgl. Cic. Legg. I, c. 12: Quibus ratio a natura data est, iisdem etiam recta ratio data est, ergo et lex, quae est recta ratio in jubeudo et vetando; si lex, jus quoque. At omnibus ratio; jus igitur datum est Omnibus, recteque Socrates exsecrari eum solebat, qui primus utilitateni a natura sejunxisset. Dieser Ausspruch des Socrates wurde, wie aus Clemens Alex. (Sti'om. II, c. 22) zu entnehmen ist, durch den Stoiker Kleanth (in dessen nicht mehr vorhandenen Schrift r.ipl /;oov^;) der Nachwelt überliefert. Emerico Ämari in seinem Verhältniss zn 6. B. Yico. 41 digen Wissenschaft des Rechtes, der Geschichte, des Lebens der Völker, zu einer Pliihisophie der Menschheit gemacht. Sein Hauptverdienst um die vergleichende Gesetzeskunde ist, ans Licht gestellt zu haben, dass es gewisse in der menschlichen Natur begründete unabänderliche Normen gebe, welchen gemjlss Regie- rungen und Gesetze, die Entwickelungsgeschichte der Völker und der Gesammtmenschheit sich gestalten müssen; erschuf mit an- deren Worten eine Metaphysik der vergleichenden Gesetzeskunde. Diesem Verdienste fügte er noch das weitere bei, um eine Logik der vergleichenden Gesetzeskundc sich bemüht zu haben, deren Gesetze zur Auffindung der echten und wirklichen Ver- gleichungspunkte der Gesetze der verschiedenen Völker, und zur Beseitigung falscher und täuschender Analogien dienen sollten. Ob die von ihm aufgestellten Regeln auch stichhältig sind? Amari glaubt, dass diese Frage sich nicht so einfach und schlechthin beantworten lasse; genug, dass Vico durch dieselben einen mächtigsten Anstoss zu einer geistig vertieften Behandlung und grossartigen Erweiterung der vergleichen- den Gesetzeskunde gab, und in den Gesetzen der Völker die Exponenten ihres geschichtlichen Lebens und die unbe- streitbaren Zeugnisse der Lebenseinheit des menschlichen Ge- schlechtes erfassen lehrte. In wahrhaft genialer Weise zeigte er ferner, wie einzelne, sonst kaum beachtete Einzelheiten der geschichtlichen Ueberlieferung, irgend ein Brauch oder Ritus, ein Personsname, ein einsilbiges Wort sich zur Reconstruction einer untergegangenen lebensvollen geschichtlichen Wirklichkeit verwerthen lasse, ' ungefähr so, wie Cuvier aus den verein- ' Seit Amari seine kritische Einleitung zur Wissenschaft der vergleichen- den Gesetzeskunde schrieb, sind die Resultate der neueren vergleichen- den Sprachforschung so sehr Gemeingut der wissenschaftlich Gebildeten gewoi'den, dass an die Stelle der Bewunderung, welche Amari den genialen etymologischen Ahnungen Vico's zollt, nur das Bedauern über die dem Zeitalter Vico's uniibersteiglichen Hindernisse richtiger sprach- wissenschaftlicher Kenntnisse treten kann. Vico sah in der von ihm ent- deckten wiirzelhaften Einheit von Jus und Jovis eine unerschütterliche Grundsäule seiner Erklärung der antiken Mythologie; heute weiss .Jeder- mann, dass das altlateinische Diovis auf eine ganz andere sprachliche Wurzel zurückzuführen ist als Jus. Vgl. über Letzteres Pott, Etymol. Forsch. III, S. 579. 42 W*rner. zelten Resten untergegangener thierischer Welten die Formen derselben reconstruirt hat. Vico war der Erste, welcher die vergleichende Gesetzes- kunde als ein universalgeschichtliches Problem erfasste, dessen Lösbarkeit ihm zufolge der von ihm aufgewieseneu Uniformität der Entwickelung aller einzelnen Völker feststand. Er war insoferne befugt, seinem Unternehmen, welches das Werk seines Lebens war, die Bezeichnung Scienza nuova zu schöpfen, ob- schon er selber das Gefühl hatte, eine nach dem Dafürhalten Mancher anspruchvolle Bezeichnung gewählt zu haben. ' Amari gibt nicht zu, dass es irgend eine ganz neue Wissenschaft geben könne, da neu entstehende besondere Wissenschaften und Wissenschaftszweige immer schon in den bereits beste- henden und überlieferten Wissenschaften enthalten seien. '^ Er ist daher auch mit Komagnosi nicht einverstanden, wenn dieser eine Wissenschaft nicht eher als wiiklich bestehend anerkennt, als bis dieselbe nach ihrem ganzen Umfange und vollständigen Inhalte begriffen sei. Janelli, welchen Romagnosi den beru- fensten Beurtheiler Vicos nenne, habe bereits hervorgehoben, ■'' dass die Keime und Ansätze der iScienza nuova schun bei den Alten nachzuweisen seien, und Amari säumt nicht, aus- führliche Nachweise hierüber beizubringen. ' Alle, welche immer der Gesetzeslehre und Gesetzeskunde ihr Nachdenken widmeten, haben stets auf drei Dinge ihr Augenmerk gerichtet: sie forschten nach der vollkommensten Form der gesetzlichen Ordnung des bürgerlichen Gemeinwesens, nach den geeignetsten Mitteln dazu zu gelangen, und nach den Ursachen des erfahrungsmässig allenthalben eintretenden Zurücksinkens von bereits erreichten wohlgeordneten Zuständen in unvollkommenere und schlimmere. Die Untersuchungen der Alten über den besten Staat betreffen genau dasjenige, was Vico die iv.iir, im Völkerleben nannte ; ' Laonde non potemmo noi — sagt Vico nach übersichtlicher Zusammen- fassung der charakteristischen Momente seines neuen Unternehmens — fare a meno di non dare a quest' opera 1' invidioso titolo di Scienza nuova. Seconda Scienza Nuova, p. 605 (der Mailänder Ausg. 1836). 2 Critica, p. 37. 3 Ceuni suUa natura e necessitä della scienza delle cose e delle storie umane. Sez. I, cap. III, 3. 4 Critica, p. 289 ff. Emerico Amari in seinem Verhältniss zn G. B. Vico, 4C) ihre Forschungen nach den Normen der politischen Opportu- nität, nach den Ursachen der Veränderungen in den Sitten, Gesetzen und Einrichtungen der Völker decken sich mit den Untersuchungen Vico's über die Ursachen des Verfalles und Wiedererstehens der Völker. Der Unterschied ist nur dieser, dass die Forschungen der Alten sich auf die politischen Lebens- zustände der einzelnen Völker beschränkten, während Vico mit seinem Blicke das grosse Ganze der gemeinmenschlichen Ent- wickelung umfasste. Man würde indess den Alten Unrecht thun, wenn man ihnen die Idee einer menschheitlichen Ge- sammtentwickelung und die Ahnung von Gesetzen derselben schlechthin absprechen wollte. Dawider sprechen die kosmo- gonischen Ueberlieferungen der Völker von den grossen Welt- perioden, in deren Lauf auch die Menschheitsgeschichte ver- schlungen ist. Solche Ueberlieferungen Hnden sich bei allen Culturvölkern des Orients und Occidents, bei den Indern, Per- sern, Aegyptern, (J riechen, Etruskern, sie sind in der nordisch germanischen Mythologie der Edda hinterlegt. Den Etruskern, von welchen die sibyllinisclien Bücher stammen, scheint von der Vorsehung der Beruf zugewiesen worden zu sein, die un- bestimmten und formlosen Traditionen des Orients mit den schärfer umgrenzten und ans Sinnliche sich haltenden Lehren der Occidentalen zu vermitteln ; sie grenzten die unbestimmten Weltperioden der zoroastrischen Lehre genau ab, wendeten sie auf die Menschheitsgeschichte an, und bahnten die Lehre von den Weltaltern der Menschheit an, welche so allgemeine Ver- breitung fand, dass sie, durch die Poesie verherrlicht, das Denken der gebildetsten Völker beherrscht, und gegen den Widerspruch der Gelehrten beharrlich Stand hält. Die ältesten Philosophen sammelten die theologischen Traditionen und poeti- schen Fabeln, um aus denselben geordnete Systeme zu schaffen. Pythagoras, in dessen Philosophie Italisches, Griechisches, Orientalisches geeiniget sind, nahm sowol die kosmischen Pe- rioden, als auch die Weltalter der Menschheit in sein System auf, und fasste letztere als successives Herabsinken aus einem ursprünglich vollkommensten Zustande zu stets minder voll- kommenen ; er unterschied als die auf einander folgenden fünf Geschichtsperioden die Herrschaft der Götter, der Untergötter (caisj.ovc;), Halbgötter, Heroen, Menschen. Die Analogie dieser 44 Werner. fünf Perioden mit den drei äg-yptischen Perioden der Götter, Heroen und Mensclien springt in die Augen. Das tadelnde Urtlieil, welches Amari über die pythagoräische Construction als Rückschrittstheoi'io ausspriclit, trifft natürlich auch die von Vico als tiefsinnige Weisheit bewunderte ägyptische Periodi- sirung der Geschichte; es handelt sich liier eben um einen jener Punkte, in welchen nach Amari's Urtheil Vico's Philo- sophie der Menschheit dringendst einer Berichtigung und Um- bildung bedarf. Amari bemängelt die mythisirenden Traditionen über die Weltalter insoweit, als sie gegen die Idee einer fort- schreitenden Entwickeluug der IMenschheit ausgebeutet werden wollen ; abgesehen hievon sieht er in denselben den allerdings entstellten Reflex einer tieferen Wahrheit, die auf Offenbarung beruhen und aus urzeitlicher oder vorzeitlicher Ueberlieferung stammen möchte. Diess zu vermuthen, bestimmt ihn der in der Bibel erzählte gottgesendete Traum des Nebukadnezar von der aus vier ]\Ietallcn zusammengesetzten Statue; ' er wundert sich, dass der mit dei- Bibel vertraute Vico- die Unterschei- dung zwischen einem goldenen, silbernen, ehernen und eisernen Weltalter einfach nur für eine poetische Erfindung später Zeiten nehmen mochte, welche das Heroenaltcr schon weit hinter sich hatten. Die unmittelbare Quelle der Lehre Vico's von der kreis- läufigen Bewegung des Lebens der Völker glaubt Amari in Plato gefunden zu haben, welchen Vico selbst wiederholt als einen seiner Lehrer und Hauptgewährsmänner bezeichne ; hätte er nicht aus Plato geschöpft, so müsste man sagen, er habe die platonischen Ideen nochmals erfunden. Plato vereinige in seinen Anschauungen über die Entwickeluug der Menschheit die etruskische Lehre von den Weltperioden, die Lehre der Griechen von den auf einander folgenden Weltaltern, die pytha- goräische Idee von der ursprünglichen Vollkommenheit und dem nachfolgenden continuirlichen Sinken der Menschheit, die ägyptische Lehre von den drei Zeitaltern, die brahmanische Lehre von dem durch Erinnerung wieder gefundenen Besitze ' Amari macht (Critica, p. 298) auf die Nachbildung dieses Traumgesichtes bei Dante (Infern. XIV, v. 103— 115) aufmerksam, uuter Beifüguug einer Erklärung dieser Stelle. 2 Seconda Scienza nuova, Lib. II, p. 291. Emerico Aniari in seinem VerhiltnisB zn G. B. Vico. 45 der urhaften Walnlieit. Nach Plato ist jede Erkenntniss eine Wiedererinnerung. • Im Eini^anoe des dritten Buches seines Werkes von den Gesetzen kündiget er an, von dem im Laufe einer unermesslicl)en Zeit stattgehabten Bildungen und Er- neuerungen der Staaten, von ihren Iioffriungsvollen Anfängen und jederzeit wieder nachfolgenden Entartungen handeln zu wollen. Er spricht von mörderischen Seuchen und gewaltigen Elementarkatastrophen, welche wiederholt das gesammte Men- schengeschlecht bis auf einen geringen Rest hinwegraÖ'ten ; die Geretteten waren schlichte Hirten, die auf den Bergen hausend mit den Gütern und Lastern der Civilisation unbekannt ein Dasein in glückseliger Unschuld führten. Sie lebten ohne Ge- setze und Herrscher in einem patriarchalischen Familienver- bande, welchen der Dichter - in seiner Beschreibung der Wohn- sitze der Cyclopeu schildert. Aus den Familien erwuchsen allmälig Stämme, deren jeder im festen Zusammenhalten seiner Glieder die ererbten eigenthümlichen Sitten und Gewohnheiten bewahrte; die Sorge um die Erhaltung derselben machte die Erwählung von Leitern und Führern nothwendig. welche Her- kommen und Gewohnheit zur positiven bindenden Satzung machten und die ersten staatlichen Einrichtungen schufen. So entstanden die Aristokratien und KonigthUmer. Diese Erklä- rung des Entstehens der Staaten und Königthümer ist noch immerhin die gesündere unter den mannigfachen Erklärungen, welche Plato hierüber aufstellt. Im IL/.tT'.xd: ' unterbaut er seine Erörterungen über die Ziele und Aufgaben der wahren Staats- kuust durch eine mythisirende naturphilosophische Theorie der periodischen Umwälzungen, welchen das A\'eltganze unterworfen ist. In der ersten Weltperiode stand die Menschheit unter der unmittelbaren Regierung des höchsten Gottes, und erfreute sich ihres goldenen Zeitalters; diess heisst im Mythus das Zeitalter des Kronos. Auf dieses folgte in einer neuen AVeltperiode das Zeitalter der Herrschaft des Zeus, während welcher die Mensch- heit, die ursprünglichen Belehrungen des göttlichen Lenkers in sich bewahrend, selber die Leitung und Ordnung ihrer ' Plato Phaed., p. 203. 2 Odyss. XI, V. 112 ff. 3 Politicus, p. 269 ff. 46 Werner. Angelegenheiten übernahm. Diese erweist sich aber als unzu- reichend ; die Menschheit versinkt in stets schlimmere Zustände, und wäre schliesslich dem vCdligen Untergange preisgegeben, wenn nicht der höchste Gott mit ihr Erbarmen hätte, und schliesslich das unmittelbare Regiment der Welt wieder an sich nähme, um sie in den Stand ihrer urspünglichen Vollkommen- heit zurückzuführen. Alles, was die menschlichen Zustände der gegenwärtigen Weltzeit charakterisirt, Sorge, Arbeit, Mühe, Erfindung der Handwerke und Künste, welche im goldenen Zeitalter völlig überflüssig waren, stammt daher, dass die Menschen von der Providenz sich selber überlassen, auf ihr selbsteigenes Können angewiesen blieben ; und so erscheint — fügt Amari bei — die Selbstherrschaft des menschlichen In- tellectes als die Signatur des Verfalles, eine Anschauungsweise, die dem an einen continuirlichen Fortschritt der Menschheit Glaubenden als eine befremdliche Verkehrtheit erscheinen müsse. Amari's Dafürhalten, dass Vico's Kreislaufstheorie aus- schliesslich oder doch vornehmlich aus Plato geschöpft sein müsse, unterliegt nicht uneriieblichen Bedenken, zu welchen J er selbst den Stoff liefert durch seine Nachweisungen ähn- licher Lehren bei verschiedenen auf Plato folgenden griechi- schen und römischen Schriftstellern, ' deren einige Vico sicher j genauer kannte, um nicht zu reden von Machiavelli und Cam- panella, aus deren Schriften V^ico, wie schon bemerkt, erweis- lich manche Anregung schöpfte, obschon er Campanella nie- mals nennt, gegen Machiavelli aber rein polemisch verfährt. Wenn Vico Campanella's Primalitates als metaphysisch-theo- logische Unterlage seines selbsteigenen Denksystems zu adop- tiren sich veranlasst fand, so dürfte er wohl auch von Campa- nella's astronomisch-kosmologischer Fundirung der Weltgeschichte Kenntniss genommen haben, obschon ihm zufolge seiner juridisch- politischen Betrachtungsweise die Berücksichtigung Machiavelli's noch näher lag. Campanella's Lehre von der Kreislaufbewegung der Menschheitsgeschichte weist auf den an Roger Baco sich anlehnenden mittelalterlichen Astrologismus des Pierre d'Ailly zurück-, indess auch Vico scheint den mittelalterlichen Geo- centrismus, auf welchen jener Astrologismus ruht, geistig nicht » Critica, p, 305 f. Emerico Amari in seinem Verhältniss zu G. B. Vico. 47 überwunden zu haben, ' und so dürfte es nicht allzugewag-t er- scheinen, in Vico's Kreislaufstheorie eine Verschmelzung der Anschauungen Campanella's und Machiavelli's zu erkennen, wozu allerdings das Vorkommen ähnlicher Theorien bei den Alten als verstärkendes Moment hinzugekommen sein dürfte. Wie hoch indess Plato's Einfluss auf Vico veranschlagt werden möge, er würde nicht ausgereicht haben, Vico zu bewegen, die Kreislaufstheorie als festes historisches Gesetz anzunehmen, wenn er sich nicht durch die Auctorität eines geschulten Poli- tikers und pragmatischen Geschichtskenners vom Schlage eines Machiavelli, der ihm als Landsmann nahestand und zeitlich nahegerückt war, hiezu sich ermuthiget gefühlt hätte. '^ Amari ist bemüht, nicht bloss die Kreislaufstheorie Vico's, sondern gemeinhin die Grundideen seines geistigen Unter- nehmens in ihren Keimen und Ansätzen bei den Alten nach- zuweisen. Vico sieht die Aufgabe der Gesetzgebung in der Vermittlung der absoluten Gerechtigkeit mit den factisch ge- gebenen Zuständen der menschlichen Societät, aus welcher Vermittlung das Bonum civile (l'ottimo pratico, wie es Amari im Gegensatze zum ottimo assoluto nennt) resultirt. Den Alten war diese Vermittelung sehr wohl bekannt; * auf die Ö£S|jls( der ältesten strengen Gesetzgeber, welche der absoluten Gerechtig- keit ihr Recht verschaffen wollten, folgten die vö[ji,ot, auf einen Drakon folgte Selon, welcher erklärte, dass er den Atheniensern nicht die absolut besten, sondern die relativ besten, ihren Ver- hältnissen angepassten Gesetze gegeben habe. Die Maass- nahmen der Opportunität wurden, bevor sich auf Grund der vergleichenden Gesetzeskunde eine scientische Doctrin der- selben bildete, auf empirischen Wege erlernt. Solche Empiriker ' Vgl. unsere Schrift über Vico, S. 298. 2 Im Grunde spricht auch Amari mehr von einer auffallenden Denkver- wandtschaft zwischen Plato und Vico, als von einem unmittelbaten Schöpfen des letzteren aus ersterem : Se la tradizione dell' umano im- bestiaraento la trovammo sino nel Crisna, 11 sistema delle tre sette dei tempi negli Egizii, e V una e 1' altro in Piatone, non era senza ragionc lo studio posto nel cercare le vere origini della Scienza nuova, e nel notare 1' affiniti che stringe il greco Piatone al Piatone italiano. Critica, p. 313. 3 Critica, p. 123 flf. 48 Werner. waren Solon und Lykuroj; ersterer machte sich, wie im pla- tonischen Timäus erzählt wird, ' mit der ägyptischen Gesetzes- kunde bekannt, letzterer reiste, wie Plutarch- berichtet, nach Kreta und Jonien, und versuchte eine vermittelnde Ausgleichuni;;' zwischen der herben Strenge der kretensischen, und der weich- lichen Milde der jonischen Gesetze. Xenophon stellt in seiner Cyropädie und in seiner Vergleichung der gesetzlichen Ein- richtungen Spartas und Athens den Uebergang von der rein erfahrungsmässigen Nomothesie in die Wissenschaft derselben dar. Plato als rigoristischer Idealist des Rechtes ist unpraktisch und utopisch. Der eigentliche Schüpter der Wissenschaft der vergleichenden Gesetzeskunde ist Aristoteles, welcher als Fort- bildner der echten sokratischen Tradition den Faden dort auf- nahm, wo Xenophon denselben hatte fallen lassen. Er stellte sich die Aufgabe zu ermitteln, wie der beste Staat eine poli- tische Wirklichkeit werden könne. Zu dem Ende musste er alle Hindernisse und Förderungsmittel der Actuirung derselben einer Prüfung unterziehen. <1. i. alle physischen und morali- schen Factoren, durch welche die Darstellung des politischen Ideals modificirt wird, in Betracht ziehen. Dies führte ihn von selber auf die Vergleichung der verschiedenen geschicht- lich existirenden Staatswesen und ihrer gesetzlichen Einrich- tungen und damit auf die natüiliche Geschichte der Gesetze. Die vergleichende Zusammenhaltung der (iesetze der verschie- denen Staaten führte ihn auf die generellen Möglichkeitsbe- dingungen einer staatlichen Kechtsgemeinschaft hin; da aber die gesetzlichen Normen fast immer auch Ausfluss bestimmter allgemeiner Anschauungen und philosophischer Doctrinen sind, Hess er auch diese nicht ungeprüft, und drückte so seiner ge- schichtlich vergleichenden Untersuchung einen philosophischen Charakter auf, erhob sie zum Range einer Wissenschaft, deren Bau auf zwei Grundsäulen ruhte, auf den Ideen der Gerechtig- keit und der socialen Opportunität, d. i. auf der rationalen Lehre vom Rechte und auf der vergleichenden Gesetzeskunde. Beide zusammen ergeben die Wissenschaft der Nomothesie. Diese Charakteristik des aristotelischen Buches über den Staat lässt dasselbe weit mehr als Vorläufer des berühmten » Plato Tim., p. 24. - Plutarch. Lycurg., c. 3. Emerico Amari in seinem Verhiltniss zu 6. B. Vico. 49 Werkes Montesquieu's, denn als Unterlage der Scienza nuova Vico's erscheinen. In der That unterlässt auch Amari zu zeigen, was Vico aus Aristoteles geschöpft habe, oder über- haupt das Verhältniss Vico's zu Aristoteles näher zu beleuchten. Er liebt wohl hervor, dass auch Vico die von Aristoteles be- tonten Einflüsse der natürlichen äusseren Lebensbedingungen und der moralischen Potenzen: der Religionen, der Regierungs- formen, auf das Leben der Völker beachtet und die principielle Bedeutung derselben für die Völkerbiologie eindringlich ge- würdiget habe. Es besteht jedoch zwischen Vico und Aristo- teles dieser durchgreifende Unterschied, dass letzterer auf Erforschung jener moditicirenden Einflüsse und Potenzen grundsätzlich ausging, während Vico die empirische Kenntniss derselben einfach als etwas Gegebenes und vor ihm schon von Anderen Berücksichtigtes hinnahm, das er im Interesse seiner allgemeinen universalgeschichtlichen Anschauungen ideo- logisch reconstruirte und denselben gemäss modelte. Man würde zu weit gehen, wenn man behaupten wollte, dass Vico die aristotelischen Bücher vom Staate gar nicht näher gekannt habe. Er bezieht sich vielmehr auf dieselben ebenso, wie auf die Ethik und Politik des Aristoteles; man kann jedoch nicht sagen, dass er aus denselben geschöpft hätte. Er führt Gedanken und Aussprüche aus denselben nur insoweit an, als ihm in denselben etwas seinen eigenen Anschauungen Ver- wandtes begegnet, oder wenigstens das von Aristoteles Gesagte für seine Zwecke sich verwenden lässt. So hebt er wiederholt beifällig die aristotelische Definition des Gesetzes ' als eines Willens ohne Leidenschaften hervor;- Aristoteles habe die Gerechtigkeit als Königin erkannt, ^ und als eine Tugend, die in der Seele des Heros wohnend, allen anderen Tugenden ' Vgl. Aristot. Polit. III, p. 1287a, lin. 28 ff.: o [aev ouv tov vouv xsXeüwv ac/£'.v ooxsT y.iXsÜEiv äp/civ tov ösöv /.a\ tou; vouloj;, 6 o' av9pw::ov /.cXsütüv :wpoi;-:iör]Ut xai ÖTjpiov ■ i] yap E->.ÖjtJLia -oioutov, xai 6 6'j[jio; ip/ov-a; oiadTpecpE'. xai xol»; apioTOj; avöpa;. SidrEp avEj opE'^Eio; vouc o vofioi; i Critica, p. 99 ff. - Lerminier domandava se il t'rancese avesse mai letto l'opera deH'italiano ; ma s'cgli non la conobbe fu sventura, e se la conobbe non la comprese, perche altrimenti o non avrebbe preteso all' origiualita, o ci avrebbe lasciato uno Spirito delle leggi tutto diverso. O. c, p. 314. — Während Amari es dahingestellt sein lässt, ob Montesquieu Vico's Schriften ge- kannt habe, glaubt Carmignani (Storia della filosofia del diritto, Vol. II, p. 218 f.) bestimmt erweisen zu können, dass dies nicht der Fall gewesen sei, macht aber Montesquieu zu einem Schüler Machiavelli's (O. c, p. 208 f.) und verübelt ihm, diese Schülerschaft undankbar verschwiegen zu haben. 54 Werner. Spruche gegen die Anschauungen seines Lehrers Aristoteles, ' der, wie vorhin bemerkt wurde, über den Gedanken einer blossen Gattungseinheit der Mensclien nicht hinauskam, und demzufolge an angeborne Unterschiede edlerer und minder edler Menschennaturen, wie unter den Einzelnen so auch unter den Völkein, glaubte. Alexander hat nach Plutarchs Dafür- halten das in lebendige That umgesetzt, was der Stoiker Zeno in seinem Werke über den Staat als philosophische Wahrheit lehrte, indem er, wohl der erste unter den Philosophen, den Menschen als Weltbürger fasste, und alle Völker unter der Herrschaft gemeinsamer Gesetze vereinigt wünschte. - Dies ist nun dasselbe, was wir oben bereits aus Cicero's Munde ver- nahmen, und was mit dem Beginne der christlichen Aera unter den gebildeten Römern und Griechen bereits Gemeingut der Ueberzeugung zu werden begann.' Amari verargt es Carmignani, dass dieser den Stoikern eine kosmisch-naturalistische, ethisch und politisch völlig unfruchtbare Auffassung ihrer kosmopoliti- schen Idee vom Menschen zur Last lege; xVmari führt dagegen Aussprüche des Seneca und Marc Aurel ins Feld, so wie jene berühmte Constitution des römischen Rechtes, * durch welche etwa 35 Jahre nach Marc Aurel allen Völkern des römischen Weltreiches das römische Bürgerrecht zuerkannt wurde. Car- mignani mag in seinem Urtheile über die Stoiker von Vico beeinflusst gewesen sein, welcher den kosmopolitischen Uni- versalismus der Stoiker unei wähnt lässt, dafür aber ihren Fata- ' Vgl. die Stelle bei Plutarth: Oj yao, <'»; \^ii-o-fKr^i TjveßouXcuev ajto), ■zoic, [i£v "EXXt]5'.v T^ys^O'ii/Mi, TO?? 0£ ßapjJipot; oeanoT'.y.'o; ypwixEvov . . . äXXä xoivb; Ti/.ia O^oOiv ap[jLOTrrj; ax'. oiaXXay.TT); twv oXiov vo|JLt^wv, oj; TtTi Äoyo) [17] CTJvrjiys, TOi; o::Xot; ßia^dfiEvo? etj to ajrb ffavEVEyxfüv Ta navTa/o'Öev, (üOKip h xparfjpt ^•-XoTiu.rjjdij, [ii?*; Tou; ßioj; xai Tot rfiti . . . -atp{oa [J.jv ttjv o!zoj[jl£v7)v -poas'-a^cv fiystjöai rravia; .... tö os 'RlAXTjvixbv /a\ ßapßapixbv (XT) yXa|ji'joi jxr) -£)>Tr) . . . aXXat TO (jlev 'EXXtjvizov ap£T^, xb 6'e ß»pßap'./.ov xax(a T£X[ia(p£aOai. Plutarch de Alexandri M. Fortuna, Orat. I. 2 'H noXl» öaj|i.a^o{jL£vr] ;:oX'.T£ia xou ttjv Ltwtxwv aipeaiv xaTaßaXXo(ic'vou Zr)v(ovo5 £15 £v TOUTO ajv:£iv£t xsaäXaiov, Vva arj xara -oXei; tJLr,0£ xaia or^fxoj; otxcöjxEV, i5iO'.? sxaJTOi 8'.wpiap.£'voi 0'.xa'!o'.:, aXXa -ävTa? avOpw-oj; r;Ywtj.£Oa orjjjLo'-a; xai 7:oXiTa;, £15 0£ ßfo? fj xa\ xöajxo; 'ÄjQztp ays'Xji; ajvvd[i0J vd[j.q) xoivo» ouvTpE90[i£'vT]5. Ibid. 3 Die Nachweise hie von bei Amari, Critica, p. 268 ff. * Legg. 17 sq. de stat. hom. Emerico Ämari in seinem Verhältniss zu G. ß. Vieo. 55 lismus, sowie die von ihnen als Tugend des vollkommenen Weisen g^epriesene 'ATraOsia rügt;' Beides zusammen läuft so ziemlich auf dasjenige hinaus, was Carmignani als das Pflanzen- hafte am stoischen Kosmopolitismus bezeichnet. Vico würdiget auch die Öokratische Lehre nicht von jener Seite, nach welcher sie Amari in Bezug auf die geschichtliche Entwickelung der Idee des Gerechten gewürdiget sehen will. Während nämlich Amari den Sokrates bereits ein allen Völkern von der Gottheit verliehenes und auf dieselbe Weise befolgtes Recht erkannt haben lässt, welches in bestimmten, allen Völkern gemeinsamen Gesetzen sich ausspreche, bleibt Vico dabei stehen, dass Sokrates, der Schöpfer der Induction, im Hinblick auf die von den Athenern im Interesse des gemeinsamen Nutzens als gemeinverbindlich anerkannte Normen ihres Gemeinwesens die Genera intclligibilia als Ableitungen aus uniformen Particu- laritäten auffassen gelernt habe. Sokrates erscheint also da nicht als Lehrer irgend eines höheren, über die empirische Auffassungsweise hinausgreifenden Rechtsprincipes , sondern vielmehr als Einer, dem die judiciöse Reflexion über die in- tellectuellen Ursachen der Geneigtheit seiner Mitbürger, sich einer gemeinverbindlichen Norm zu unterwerfen, die im mensch- lichen Geiste sich vollziehende Genesis der von ihm als that- sächliche mentale Wirklichkeiten apprehendirten Genera intelli- gibilia erschlossen habe. Statt also in die Rechts- und Staats- wissenschaft neue Einblicke zu eröff"nen, ist Sokrates, wie Vico ihn auffasst, vielmehr durch seine dem bürgerlichen Gemein- wesen zugewendeten Beobachtungen auf die Handhabung und Ausbildung einer vordem nicht geübten philosophischen Denk- methode hingelenkt worden, hat also nicht so sehr die Rechts- wissenschaft oder philosophische Erkenntniss des Rechtes, als vielmehr die Philosophie im Allgemeinen gefördert, obschon dieser Gewinn auch der philosophischen Rechtsweisheit zu Gute kam, aber erst in Plato, dem Schüler des Sokrates. Amari selber sagt, dass Vico nach seiner allgemeinen philosophischen Anschauung von Recht und Staat Platoniker sei ; wenn er dess- • Vgl. Vico, Opp. III, p. 173: "'A-aOsia sive affectuum vacuitas, nisi ea quoque sit acutissimorum ejus sectae philosophorum conjectura de homine integro, qualem a Deo creari oportuit, ea plane est irritum humanae fragilitatis votum. 56 Werner. ungeachtet ihn nebenbei den Sokrates des 18. Jahrhunderts nennt, ' so charakterisirt er Vico zum mindesten nicht von jener Seite, nach welcher dieser in seinem selbsteigenen Be- wusstsein mit Sokrates sich denkverwandt fühlte. Eine objectiv geschichtliche Wahrheit möchte die Parallelisirung Vico's mit Sokrates insoweit haben, als Vico neuerdings, wie einstmals Sokrates, unter Abwendung von kosmologischen und physikali- schen Speculationen den Menschen und seine Welt zum Gegen- stande der Betrachtung machte, nur dass er ihn, woran Sokrates seiner Zeit noch nicht denken konnte, specifisch als Geschichts- wesen ins Auge fasste. Mit Aristoteles hat er die Betonung des Menschen als i^wov zoAt'txcv gemein; wenn er in der geschicht- lichen Darstellung dieses Wesenscharakters des Menschen allent- halben nur das Gleichartige aufsucht, ja die Gleichartigkeit der Entwickelung zum geschichtlichen Gesetze macht, so findet dies seine allgemeine philosophische Begründung in seiner Entschei- dung für die intelligiblen Genera Piatons im Gegensatze zu den Genera Aristotelaea oder logischen Generalitäten, welchen er für die Erkenntniss der realen Wirklichkeit sehr untergeordneten Werth beimisst. ^ Daraus erklärt sich, wesshalb er trotz der Anerkennung, welche er den Aristotelischen Büchern über die Politik zollt, doch dem Zurückgehen des Aristoteles vom Art- begriff auf den Gattungsbegriff der Menschheit keinen Ge- schmack abzugewinnen weiss, und die auf diesem Wege eruirten und tixirten Unterschiede in der socialen Erscheinung des Men- schen fallen lässt. Aristoteles ist ihm eben hierin zu sehr Empirist. Empirist ist übrigens auch Vico, und nur sein grund- sätzliches Festhalten am Standpunkte der Erfahrung schützt ihn gegen das Durchbrechen pantheisirender Anschauungen, welche durch seine metaphysischen Grundansichten sehr nahe gelegt sind. Die Ausdeutung, welche er den platonischen Ideen gibt, lässt diese nahezu als die alleinzigen Wirkungsmächte erscheinen; nur dadurch, dass er an der durch Sokrates an- gebahnten Induction als der einzig möglichen Forschungs- methode festhält, und solcher Art Erfahrungswissen und Ver- nunftauschauung getrennt auseinanderhält, entgeht er formell » Critica, p. 274. 2 Siehe oben S. 35, Anm. 1. Emerico Amari in seinem Verhältniss zu G. B. Vico. 57 den Consequenzen, welche aus den metaphysischen Grundan- schauungen seiner allgenaeinen Weltlehre sonst sich unvermeid- lich ergeben würden. Die Zurückhaltung, welche Vico sich in dieser Hinsicht auferlegt, ist Ursache des Gewichtes, welches er im Gegen- satze zum eigentlichen speculativen Denken auf den an der Erfahrung entwickelten Sensus communis des menschlichen Geschlechtes legt. Er kannte übrigens das nach tiefster Be- gründung in sich selber strebende philosophische Denken nur in den Gestalten eines abstracten Spiritualismus und Vernunft- determinismus, die ihm mit einer lebensvollen Auffassung des Menschen imd der Welt, in die der Mensch als Erkennender und Handelnder gestellt ist, nicht vereinbar schienen. Vico's Betonung der Bedeutung des die Gesammtheit beseelenden Gemeinbewusstseins, bestimmt Amari, Vico mit Grotius und Sokrates in Eine Linie zu stellen, und ihn als den Sokrates und Grotius des 1 Critica, p. 103. Emerico Amari in seinem Verhältniss zn G. B. Vico. 59 )bschon ein tiefer dringendes geistiges Erkennen in allem [dealen, was sich in der menschlichen Daseinsordnung aus- jrägt, in der gesanimten höheren Daseinswirklichkuit des Menschen die lebendige Präsenz einer göttlichen Wirkuugs- nacht erkennen wird. Der Grund der Oppusitiun Vico's gegen Jrotius liegt darin, das^s in seinem Denken Recht, Sitte, Keligiun ingeschieden ineinander liegen. Grotius bahnte die Abschei- iung der Kechtsidee von der moralischen und religiösen Idee m, die englischen Moralisten des 17. und 18. Jahrhunderts die i^bscheidung der moralischen Idee von der religiösen : die Aus- äinanderscheiduug dieser drei Ideen lag im fortschreitenden Ent- tvicklungsgange des philosophischen Denkens, welches fordert, iass der Rechtsgedanke, das moralische und religiöse Bewusst- äein des Menschen, jedes aus seiner selbsteigeneu Idee sich begründe und erweise, während alle drei Ideen zufolge ihrer innigen wechselseitigen Versehlingung zunächst in einer Idee, welche keine andere als jene des Göttlichen sein kann, ihre absolute Einheit haben. Das Auseinandertreten derselben wird aber dadurch veranlasst, dass das Denken von der abstract metaphysischen und alethiologischen Betrachtungsweise sich auf den Boden der lebendigen Ertahrungswirklichkeit stellt, die mit dem Menschen als solchem in der Dreiheit seiner Beziehungen nach Aussen, Innen und Oben gegeben ist. In der Auseinander- haltung dieser drei Beziehungen scheidon sich die ihnen ent- sprechenden Gebiete des rechtlichen, nioralischen und religiösen Thuns und Lebens als drei selbstständige Sphären auseinander, deren jede trotz ihrer wechselseitigen durchgängigen Beziehung auf einander ihren selbstständigen Mittelpunkt hat, und eine besondere Idee zum expliciten wissenschaftlichen Ausdrucke bringt. Das gemeinsame Subject der drei besonderen Ideen ist der Mensch, der in jeder derselben sich in eine andere Ordnung hineingestellt sieht, die innere Verknüpfung und Ein- heit derselben aber aus der Einheit seines lebendigen Selbst zu verstehen hat. Dieses Verständniss bildet das Correlat der metaphysisch-ätiologisch feststehenden Einheit aller drei Ideen im Elemente des Göttlichen und constituirt die anthropologische Verlebendigung und Vermittelung der in metaphysischer Ab- stractheit erfassten Einheit derselben. 60 Werner. Bei Vico ist das rechtliche und moralische Bewusstsein in der ungeschiedenen Einheit des Gedankens vom Gerechten zusammengefasst, welches im menschlichen Zeitdasein sich ver- wirklichen soll. Das Gerechte erscheint ausschliesslich unter dem Charakter einer bindenden Norm, deren besondere Gebote sich in rechtliche und moralische Gebote scheiden. Der distinkte Charakter des Rechtes als einer Befugniss^ und die mit dieser Auffassung des specifischen Charakters des Rechtes angebahnte Abscheidung der Rechtsidee von der Sittlichkeitsidee liegt ausser- halb des Gesichtskreises Vico's und seines Bewunderers Amari. Sie hat die Auffassung des Menschen als persönlichen Selbst- wesens zu ihrer Unterlage; Recht und Moral fallen auf Grund einer anthropologischen Ableitung in die beiden Gebiete der Selbstbehauptung und Selbstbewährung des Menschen als per- sönlichen Selbstwesens auseinander. Die Selbstbehauptung in- volvirt die Befugniss einer Exigenz alles Dessen, was zur Sicherung der Existenz des j\Ienschen als persönlichen Selbst- zweckes ideell gefordert ist; diese Befugniss hat ihre Schranke in der gleichen Befugniss aller Anderen, welche geachtet wer- den muss; die vernunftgemäss geforderte wechselseitige Achtung der mit der Idee des Menschen als persönlichen Selbstwesens und sittlichen Selbstzweckes gegebenen Befugnisse involvirt eine Reihe sogenannter Rechtspflichten, welche zugleich auch moralische Pflichten sind, obschon sie als solche unter einen anderen Gesichtspunkt fallen und aus einer anderen Idee, nämlich eben aus der speciflschen Idee des Sittlichen sich begründen. Der Mensch ist als Geschlechts- und Gattungs- wesen wesentlich auch Socialwesen. und die im Wesen des Menschen begründeten Gemeinschaftsformen haben als ideelle Nothwendigkeiten nicht bloss gleich dem menschlichen Selbst- wesen um ihrer selbst willen zu gelten, sondern involviren auch die durch die Integrität und Prosperität ihres Bestandes geforderten Einschränkungen der natürlichen Befugniss des menschlichen Einzelwesens und Leistungen desselben für die ideell geforderten Zwecke der Gemeinschaft, woraus sich ein neuer Kreis von Rechtspflichten ergibt, welcher natürlich, da der Einzelne innerhalb der Gemeinschaft niemals zur Recht- losigkeit herabgedrückt werden kann, vielmehr in seinen natür- lichen Rechten geschützt werden soll, durch die jenen Pflichten Emerico Aman in seinem Terhältniss zu 6. B. Vico. Gl entsprechenden Befug-nisse gestützt und getragen sein uiuss. Von der mit der Idee der Kirche gegebenen weltbürgerlichen Menschengemeinschaft abgesehen, ist die allumfassendste aller Gemeinschaften der Staat als die geschlossene organische Tota- lität aller Bedingungen und Beziehungen, durch welche der Bestand und die Prosperität des Seins, Schaffens und Wirkens der menschlichen Eiuzelpersönlichkeit gewährleistet ist; die in die Form eines bestimmten staatlichen Gemeinwesens hinein- gebildete bürgerliche Gesellschaft nimmt den Charakter und das Gepräge derselben an, während umgekehrt die staatliche Gemeinschaftsform in ihrer Weise selber wieder Ausdruck und Reflex des sie beseelenden Gemeinschaftsgeistes ist. Als der geeinigte Wille Aller hat der Staat auch etwas von der Natur des persönlichen Willens an sich; er ist als Ausdruck des Gesammtwillens und Gesammtgeistes der Nation oder des Volkes gewisser Maassen selber Person und repiäsentirt als solche anderen staatlichen Gemeinschaften gegenüber auf seine Weise eben so sehr eine charakteristische Eigenart, wie jede mensch- liche Einzelpersünlichkeit allen anderen gegenüber. Wie Vico in seinem Streben nach geistiger Selbstvertiefung nahe an das eigentliche Wesen der Idee rührte, und es nur wegen Nicht- erfassung des Persünlichkeitsgedankens nicht zu erreichen ver- mochte, so drängte sich bei ihm auch sehr entschieden der Gedanke der selbstigen Eigenart jedes besonderen Volksthums hervor, ohne dass er jedoch die Idee desselben in ihrem tief- sten Grunde zu erfassen vermocht hätte. In beiden Fällen Hess bei ihm die unvermittelte Ingerenz des Göttlichen die Idee der menschlichen Selbstigkeit nicht aufkommen, und so kam er nur zur Unterscheidung von Menschen- und Völker- iudividualitäten unter Hervorhebung des menschlich Gemein- samen, drang aber nicht so weit vor, die selbstthätige Hervor- bildung der specilischeh Eigenart in Menschen und Völkern aus dem allgemeinen W^esen des Menschenthums zu erfassen. Allerdings forcirte er den Gedanken, dass jedes Volk sein Recht und seine gesellschaftlichen Institutionen aus sich selber her- vorbringe, bis zur ungesunden Uebertreibung; diese hatte aber ihren Grund nur darin, dass er den lebendigen Grund der menschlichen Selbstigkeit nicht kannte, und mit einseitiger Ausschliesslichkeit allüberall die unmittelbare göttliche Causa- 62 Werner. lität einsetzte. Damit fiel freilich der geschiclitlichen Wahr- heit entg'eg-en jeder bestimmende fremdartige Eiufluss hinweg, und musste unter mannigfachen, durch äussere klimatische und geographische Bedingungen herbeigeführten Modilicationen all- überall das gleiche Resultat des göttlichen Wirkens hervortreten. Selbstverständlich aber verkehrte sich unter solchen Voraus- setzungen der an sich tiefwahre Gedanke, dass jedes Volk sein Recht und seine staatlichen Institutionen sich aus sich selber schaffe, in täuschenden Schein; und so konnte es auch nicht zur Erkenntniss der charakteristischen Eigenart dessen, was jedes Volk aus der Tiefe seines geschichtlichen Selbst- lebens heraussetzt, kommen. Dieses Grundgebrechen der Völkerbiologie Vico's ist auch auf Amari übergegangen. Man könnte allerdings sagen, dass bereits das Unternehmen einer vergleichenden Gesetzeskunde die Anerkennung einer in den charakteristischen Eigenarten der Völker begründeten Eigenart ihrer gesetzlichen Institutionen in sich schliesse. Wenn aber die Vergleichung in der Voraus- setzung unternommen wird, dass durch sie die Homonomien der diversen Staats-, und Völkerinstitutionen zu Tage treten sollen, so gelangen augensciieinlich die charakteristischen Unter- schiede innerhalb der gemeinmenschlichen P^inheit nicht zu ihrem Rechte. Der praktische Zweck der Vergleichung kann nur dieser sein, dass aus den Gesetzgebungen anderer Cultur- nationen dasjenige adoi)tirt werde, was der Eigenart eines be- stimmten Volkes und Staates entspricht; damit ist aber zugleich auch ausgesprochen, dass die Conformation der Gesetzgebungen nur bis zu einer durch die unvertauschbaren und incommuni- cablen Eigenarten der Völker gezogenen Grenze vorschreiten könne. Ueber diese Grenze hinaus kann die vergleichende Gesetzeskunde nur mehr einen rein theoretischen Zweck ver- folgen — diesen nämlich, die incommunicablen Eigenthüralich- keiten specifisch geschiedener Cultur- und Völkerkreise sich zum Bewusstsein zu bringen. Von diesem rein theoretischen Zwecke kann die Wissenschaft der vergleichenden Gesetzes- kunde, wenn sie nach Amari's Forderung in der Philosophie der Geschichte, oder wie er sich ausdrückt, in der Philosophie der Menschheit sich vollenden und abschliessen soll, nicht absehen. Die denknothwendigen Ziele und Ergebnisse dieser Emerico Amari in seinem Verhältniss zu G. B. Vico. 63 abschliessenden Forschung liegten aber entschieden und einge- staudenermassen ausserhalb seines Gesichtskreises. Er scheint sie sogar direct auszuschliessen, wenn er unter Anschluss an Quetelet's statistische Forschungen und Vergleichungen von einem sogenannten socialen Durchschnittsmenschen (uomo medio) und von constanten Grössen des gemeinmenschlichen socialen Lebensprocesses spricht, ' und die Wissenschaft der verglei- chenden Gesetzeskunde auf eine Art socialer Physik gestellt sehen will. Die sociale Physik ist auf die nicht zu leugnende Gleichartigkeit und Dieselbigkeit der allgemeinen Menschen- natur in allen einzelnen Menschenindividuen gegründet. Sie lässt sich aber eben nur auf den Durchschnittsmenschen an- wenden ; und unter diesem hat man die, allerdings überwie- gende Mehrheit derjenigen Menschen zu verstehen, in welchen die Hervorbildung und Entwickelung der selbstigen persön- lichen Eigenart durch die factische Incongruenz zwischen der Idee des Menschen und dem wirklichen Menschen, so wie durch die gegebenen gemeinsamen Lebensbedingungen des Zeit- menschen mehr oder weniger gehemmt und beschränkt ist. Gleichwie aber originale Menschen sich der gewöhnlichen Be- rechnung entziehen, so täuscht sich diese auch oft genug selbst an denjenigen Menschen, in welchen der Engel oder der Dämon durch die niederhaltenden, einschränkenden und uniformiren- den Verhältnisse und Einflüsse des allgemeinen Gesellschafts- zustandes niedergehalten und gehemmt ist; die Gesellschafts- lehre lässt sich nicht auf den Standpunkt einer physikalischen Dynamik oder Mechanik herabdrücken^ weil eben der Mensch nicht blosses Naturweseu, sondern ein personhaftes Wesen ist, wie denn auch die gesammte sociale Ordnung als geistig-sitt- liche Ordnung die wahrhafte und vollkommene Personwerdung aller ihrer lebendigen Constituenten zu ihrem letzten und höchsten Zwecke hat. Die Application eines physikalischen Dynanismus auf die Betrachtung der menschlichen Societät, ihrer Gestaltung und Gliederung ist bereits von Schelling abgewiesen worden, wenn er die Menschheitsgeschichte, die allerdings etwas von der Menschengeschichte Verschiedenes ist, als ein Gedicht des göttlichen Verstandes auffassen lehrte ; eine ähnliche Auffassung 1 Critica, p. 242 fif. 64 Werner. Emerico Amari in seinem Verhfiltniss zu G. B. Vico. beseelte Vico's Geist, dessen schöpferische Conceptionen durch die von Amari an denselben vorgenommenen Correcturen um den Reiz ihrer genialen Eigenart gebracht werden, während die in den Fehlgriffen und irrthümlichen Annahmen Vico's durchleuchtenden tiefsinnigen Ahnungen und visionären Anti- cipationen tiefstgreifender Ideen seiner Beachtung sich ent- zogen. Vico's geschichtsphilosophisches System verträgt als Ganzes aus Einem Gusse keine eklektische Versetzung mit fremdartigen Denkelementen, sondern heischt eine schöpfe- rische Umbildung im Geiste des neuzeitlichen Theismus, wie er in der deutschen Philosophie dieses Jahrhunderts sich aus- gestaltet und durchgebildet hat. Die innere Denkvervvandt- schaft der Anschauungen Vico's mit der neudeutschen Speculation ist wol auch in Italien wahrgenommen, bis jetzt aber schwer- lich richtig aufgefasst wurden, am allerwenigsten von Jenen, welche einen äusseren historischen Zusammenhang zwischen Beiden annahmen. ' Das Richtige ist, dass der in Vico durch seine geistige Abhängigkeit von einer überlieferten abstracten Vernunftinetaphysik noch immer niedergehaltene speculative Vernunftsinn in der neudeutschen theistischen Speculation sich unter den anregenden Einflüssen des neuzeitlichen deutschen Bildungslebens zum wahrhaften Verständniss seiner selbst durch- gerungen, und damit auch die Mittel geschaffen hat, die zeit- lich unerschöpfliche natürliche und geschichtliche Erfahrungs- kunde in eine lebendige geistige Intuition, in ein aus Ideen, aus selbsteigenen Anschauungen des menschlichen Geistes be- gründetes Erkennen und Wissen umzusetzen. ' Diese, übrigens von italienischen Gelehrten selber schon ausdrücklich desavouirte Annahme findet sich auch in Carmignani's Geschichte der Rechtsphilosophie, woselbst es (O. c. II, p. 224) von Vico's Scienza nuova heisst, sie sei un monumento durevole della forza dell' ingegno italiano, al quäle la Germania sarebbe debitrice delle ardite moderne sue creazioni in filosofia della storia. 11. SITZUNG VOM 14. JANNER 1880. Herr L. K. Landau in Budapest übersendet das von ihm verfasste ^^'erk: ^Sanunlung kleiner Schriften', ein Bei- trag zur Schilderung literarischer Zustände unserer Zeit nebst einer autobiographischen Skizze. Der enieritirte Rabbiner und Keligiunslehrer an den k. k. Mittelschulen in Brunn, Herr Daniel Eiirniann, über- mittelt sein Werk: .Aus Palästina und Babylon', eine Saniin- lunn' v(»n Sagen u. s. w. aus Talmud und Midrasch. Herr Professor Dr. J. Loserth in Czernowitz übersendet eine Abiiandlung, betitelt: , Die Denkschrift des Breslauer Dom- herrn Nicolaus Tempelfeld von Brieg über die Wahl Georgs von Podiebrad zum König von Böhmen', und ersucht um Auf- nahme derselben in das , Archiv'. Die Abhandlung wird der historischen Commission über- geben. Das w. M. Herr Hofrath Ritter von Miklosicb legt für die Denkschriften vor: ,Uber die Mundarten und die Wande- rungen der Zigeuner Europas', Abhandlung X — XII. Diese drei Abhandlungen enthalten die Stamm- und Wort- bildungslehre und die Syntax der Zigeunermundarten. Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XCVI. Bd. I. Hft. 66 An Druckschriften wurden vorgelegt: Academie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique: Bulletin. 48^ Annee, 2^ Serie, Tome 48. Nr. 11. Bruxelle.s, 1879; 8". Ackerbau-Ministerinm, k. k : Statistisflios Jalirbutli für 1878. III. Heft. Der Bergwerk.sbetricb Oesterreiciis im Jalire 1878. 2. Lieferung. Wien, 1879; 80. Central-Commission, k. k. statistische: Ausweise über den auswärtigen Handel der fisterreicbiscli-unparischen Monarchie im Sonnenjahrp 1878. XXXIX. Jahrgang, II. Abtheilung. Wien, 1879; 4". — Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr. XVII. Band, :}. und 4. Heft. Wien, 1879; 4». — zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale: Mittlipilungen. V. Band, 4. (Schluss) Heft. Wien, 1879; 4". Commissionen for Ledel.sen af de geologiske og geographiske IFnder.sögelser i Grönland: Middelelser om Grönland. hV.rste Hefte. Kjöbenhavn, 1879; 8". Ehrniaini, Daniel: -Aus Palästina und Babylon. Wien, 1880; 8^ Kandier, Pietro, Dr.: Pirano. Monografia storica. Parenzo, 1879; 8". Landau, L. R.: Sammlung kleiner Schriften. Ein l'.eitrag zur Schilderung der literarischen Zustände unserer Zeit nelist einer autobiograpliisclien Skizze. Wien, 1880; S". Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Pe t e r- mann. XXV. Band, 1879. XII. Gotha; 4". Revue politiqne et litteraire' et , Revue scientitique de la France et de l'Etranger'. IX<^ Annee, 2<= Serie, Nr. 28. I'aris, 1880; 4". Verein für Nas.sanische Alterthumskunde und Geschichtsforschung: Annalen. XV. Band. 1870. Wie-sbaden ; 4". Zürich, Universität: Akademische Schriften vom .Tahre 1878 79. 20 Stück. 8" und 4". ITT. STTZUNG VOM 21. JÄNNER 1880. Der Präsident gibt Nachricht von dem am 4. (16.) No- vember V. .1. in St. Petersburg- ertolgten Ableben des c. M., wirkliclien Staatsrathes und Akademikers F. A. Schiefner, Die Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides. Von dem w. M. Herrn Hut- und Ministerialrath Alfred R. V. Krem er in Kairu wird eine mit der Bestimmung für die Sitzungsberichte eingesendete Abhandlung: ,Ucber die grossen Seuchen des Orientes nach arabischen Quellen' vorgelegt. An Druckschriften wurden vorgelegt : Akademie der Wissenscliafteii, königl. preussisclie, zu Berlin: Monats- bericht. September und October 1879. Berlin; 8". — iu Lemberg: Sprawozdanie wydzialu czytelni Akademickiej vve Lwowie z czynnosci w roku 1878 — 79. W Lwowie, 1879; 8^. Amari, Michele: Le Epigrafi arabiehe di Sicilia. Parte 2». Iscrizioni sepol- crali. Vol. I. Fase. I. Palermo, 1879; gr. 8". Geschichtsverein und naturhistorisches Landesmuseum in Kärnten. Carin- tliia. 69. Jahrgang. 1879, Klagenfurt; 8". 5* 68 Handels- und Gewerbekammer in Linz: Summarischer Bericht, betreffend die Verbältnisse der Industrie, des Handels und Verkehres Oberöster- reichs im Jahre 1878. Linz, 1879; gr. 8». Institute, Peabody, of the City of Baltimore: Twelfth annual Report. June, 1. 1879. Baltimore, 1879; 8». jRevue politique et litteraire' et ,Re-vnie scientifique de la France et de l'Etranger'. IX<= Annee, 2« Serie. Nr.' -29. Paris, 1880; 4". Society des Sciences de Finlande: Öfversigt af Förhandlingar. XXI. 187879. Helsingfors, 1879; 8". Krem er. Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 69 lieber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen (Quellen. Von A. V. Kremer, wirkt. Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften. Vorwort. Vor dritthalb Jahren gelang es mir, in Kairo eine Ab- schritt der ziemlich seltenen Abhandlung des ägyptischen Ge- lehrten Sojuty aufzutreiben, welche ausschliesslich die Geschichte der Pest zum Gegenstande hat. Diese Monographie zeichnet sich durch die grosse Be- lesenheit des Verfassers und die sorgfältige Benützung alter, seitdem meistens in Verlust gerathener Fachschriften aus, die er mit ausserordentlicher Aufmerksamkeit für seine Arbeit ausbeutete. Seine Abhandlung führt den Titel : ,Was die Wohlunterrichteten erzählen von den Kunden der Pest' (mä rawäho-lwa'un fy achbari-lta'un). Man findet darin eine Zu- sammenstellung der grossen Seuchen vom Beginne des Islams bis zum Jahre H. 897 (1492 n. Chr.), in welchem der Ver- fasser schrieb. Wie immer bei orientalischen Autoren, muss man die historischen Nachrichten zugleich mit einem Wüste ziemlich ermüdender Zusätze und Abschweifungen hinnehmen, obgleich auch unter diesen bei näherer Prüfung sich manches Wissenswerthe vorfindet. Schon geraume Zeit, bevor ich Sojuty's Monographie kennen lernte, hatte ich auf die Bedeutung aufmerksam ge- macht, welche die grossen Seuchen für die Culturgeschichte des Orients haben. ' Ich fühlte mich daher um so lebhafter 1 Culturgeschichte des Orients unter den Chalifen II, S. 489 ff. 70 Kremei. angeregt, mit Benützung von Sojuty's Vorarbeit, die Geschichte der Seuchen im Oriente zum Gegenstande einer besonderen Abhandlung zu wählen. Es kam der Umstand hinzu, dass gerade damals der russisch-türkische Krieg zum Ausbruche kam und, angesichts der beiderseitigen Art der Kriegt'ühiung, ich mit Recht glaubte besorgen zu müssen, dass dieser blutige und mit starker Vernachlässigung humanitärer und sanitärer Rücksichten geführte Kampf grosse Seuchen, vielleicht sogar die Pest im Gefolge haben könnte. Es schien mir deshalb auch ein sehr dringendes prakti- sches Interesse für die geschichtliciie Untersuchung der Pesten des Orients zu sprechen, ja sogar derselben eine über die ge- wöhnlichen Grenzen einer akademischen Abhandlung hinaus- gehende Wichtigkeit zu verleihen. Hiebei lassen sich aus der Vergangenheit Schlüsse auf die Gegenwart und Zukunft ziehen, die eben, weil positive Thatsachen vorliegen, einen weit höheren Grad der SieherhiMt und Zuverlässigkeit bieten, als die Lehren, welche man sonst aus der Geschichte ableiten kann und denen gewöhnlich das nicht immer verdiente Loos zu Theil wird, unbeachtet zu bleiben. Die arabischen Chronisten "reben zwar in der Regel nur spärliche Nachrichten über Vorgänge, die ausserhalb des Kreises der politischen und religiösen Kämpfe liegen, oder sich nicht an den Namen einer hervorragenden Persönlichkeit knüpfen, aber dennoch machten sie schon fiüh Aufzeichnungen über auffallende Naturereignisse, wie Sonnen- oder Mondesfinster- nisse, Erdbeben, Kometenerscheinungen, Sternschnuppenfälle, Ueberschwemmungen u. dgl. m. So wichtig nun auch derlei Nachrichten sein mögen, so stehen sie doch mit dem Culturverlaufe der Völker in keinem unmittelbaren Zusammenhange, und haben aus diesem Grimde für den Culturhistoriker lange nicht dieselbe Bedeutung wie für den Naturforscher. Hingegen sind die Berichte über die grossen P]pidemien, welche seit dem Beginne des Islams inmier häutiger auftreten und bis in die neueste Zeit herab den Orient heimsuchen, für den Geschichtsforscher von hoher Wichtigkeit. üeber die grossen Seucheu des Orients nach arabiscbeii Quellen. 7 1 Es zeigt sich nämlich, dass zwischen dem Krscheinen der grossen Seuchen und den politisclien oder Aviithschiit'tlichen Zustünden der Staaten und Völker ein unmittelbarer Zusanimen- luing besteht. Die Ursachen hietur liegen so offen da, dass es kaum erforderlich ist, hierüber in längere Erörterungen eiu- zugeheu. Der Krieg, und ganz besonders der Krieg in asiatischer Weise, mit Verheerung ganzer Landstriche, gewalt- samer Austreibung ganzer Volksstämme, unter Missachtung aller erworbenen Rechte, mit Plünderung der Städte und Zu- sammenhäutung grosser, schlecht und unregelmässig verptlegter Menscheuinassen, welche die Keime ansteckender, bösartiger Krankheiten entwickelten, dazu die nachlässige oder ganz unterlassene Beerdigung der im Kampfe Gefallenen oder -den Anstrengungen und Entbehrungen Erlegenen, verbunden mit den Einflüssen einer heissen Temperatur, besonders in wasser- reichen und sumptigen Landstrichen, mussten oftenbar auf den Gesundheitszustand der jMassen den allerungünstigsten Eintiuss ausüben. Es zeigt sich in der That, dass unter der Einwir- kung und dem Zusammentreffen solcher ungünstiger Umstände in einzelnen Gegenden die Seuchen und die Pest besonders oft und heftig auftraten. ' Ziehen wir nun einen Vergleich zwischen dem Mittelalter und der Gegenwart, so müssen wir es als einen grossen Fort- schritt der europäischen Wissenschaft betrachten, dass man es so weit gebracht hat, diesen so gefährlichen Zusammenhang zwischen Politik und Gesundheitszustand zu lösen, der gewiss zum grossen Theile den raschen und völligen Verfall der Cultur des mittelalterlichen Orients befördert hat. 1 Ein arabischer Autor (Ibu Nafys in dem Werke: Almngiz fy-ltibb) sagt über den Ursprung der Pest: Die Pest entsteht aus einer Verderbniss, die, sei es durch tellurische, sei es durch meteorologische Einflüsse, ver- ursacht wird. In die erstere Kategorie gehören das verdorbene Wasser, die grosse Anzahl der Aeser, wie dies auf den Schlachtfeldern der Fall ist, wenn die Gefallenen nicht beerdigt werden, dann feuchter, nasser, faulende Stoffe enthaltender Erdboden, ebenso auch die grosse Menge der Erdthiere (hasharSt) und der Frösche; zur zweiten Kategorie (den meteorologischen Ursachen) gehören die Sternschnuppen und Meteore, wenn sie in grosser Anzahl auftreten, gegen Ende des Sommers, die unge- wöhnliche Ernte an Körnerfrüchten (hobub) ti. s. w. — Nach dem Wei-ke: Badl almä'un fy fadl altä'un, in der öffentlichen Bibliothek zu Kairo. 72 I Kremer. Allerdings mag man klimatischen, socialen und Öconomi- schen Verhältnissen keinen geringen Antheil zuschreiben daran, dass man in den letzten dreissig Jahren in Europa grosse Kriege sich vollziehen sah, ohne dass sie verheerende Seuchen immer unmittelbar im Gefolge hatten, aber dennoch möchte ich mich getrauen zu behaupten, dass den Fortschritten der medizinischen Wissenschaft, den systematisch zur Anwendung kommenden modernen Desinfcctionsmethoden, der rationell ein- gerichteten Verpflegung der Truppen und überhaupt dem modernen Sanitätswesen ein hervorragendes Verdienst hiebei zukommt. Dies verhindert aber keineswegs die Besorgniss, dass, wenn die orientalischen Wirren länger fortdauern sollten, und zwar in solchem Grade, wie während \md kurz nach dem letzten orientalischen Kriege, und wenn es unterlassen bliebe, wirksame internationale Sanitätsmassregeln zu treffen, die orientalische Frage nebst ihrer politischen und militärischen Bedeutung auch eine höchst gefährliche sanitäre Tragweite er- langen könnte. Diese Besorgnisse erhielten durch das seitdem erfolgte Auftreten der Bubonenpest in Wetljanka und an einigen Punkten Persiens eine erhöhte Berechtigung. Für Jene, welche sich gewöhnt haben, in dem grossen Wirrsale der Geschichte den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung zu erforschen, wird die Befürchtung nahe liegen, dass jene Geissei Gottes, wie die mittelalterlichen Schriftsteller die Pest nannten, plötzlich wieder erscheinen könnte. Denn im türkischen Reiche sehen wir ganze Völkerstämme aus ihren Sitzen aufgescheucht, von Haus und Herd verjagt und statt des früheren Wohlstandes dem Elende preisgegeben. Unter dem Einflüsse nationaler und religiöser Vorurtheile haben sich die Gemüther auch allmälig so erhitzt, dass jedes unbefangene Urtheil schwindet und die Grundsätze des Rechtes, der Billig- keit, der Menschlichkeit immer mehr durch blinde Leidenschaft und Verfolgungswuth zurückgedrängt oder gänzlich unterdrückt werden. Hieraus entspringt ein Nothstand, ein Massenelend, welche, wie die folgenden geschichtlichen Nachweise zeigen, die Entstehung der grossen Seuchen besonders befördern. Ueber die grossen Seuchen den Orients nach arabischen Quellen. 73 Diese Vorbemeikiingen genügen, um darzuthim, dass es weder überflüssig, noch unzeitgemäss ist, auf die Geschichte der Seuchen des Orients einen Blick zu werfen, und zwar vom Anfange des Ishinis und der Ausbreitung der mohamme- danischen Herrschaft beginnend, wälirend wir mit dem Jahre 897 H. (1492 n. Chr.) scliliessen. Denn so wünsclienswerth auch die Fortsetzung bis in die neuesten Zeiten wäre, so müsste doch vorerst das Material aus den späteren orientalischen Ge- schichtswerken zusammengestellt werden, wozu mir Zeit und günstige Gelegenheit fehlt. Ich möchte es aber dringend den Fachgenossen anempfehlen, sich mit dieser so wichtigen Arbeit zu befassen. Die orientalischen Chroniken in arabischer, persischer und türkischer Sprache enthalten zahlreiche An- gaben über die Pest, und selbst für den von mir behandelten Zeitabschnitt dürfte aus den arabischen Annalisten, deren Werke in europäischen Bibliotheken sich befinden und die zu benützen ich durch meinen derzeitigen Aufenthalt im Oriente verhindert war, eine ausgiebige Nachlese sich veranstalten lassen, die ich mit Vergnügen begrüssen werde. Auch in der Wissenschaft geht es nicht mehr ohne Theilung der Arbeit, und Einer kann nicht Alles leisten. Die vorliegende Abhandlung theilt sich in zwei Capitel: in dem ersten stelle ich die Ergebnisse der Untersuchung über- sichtlich zusammen, sowie die allgemeinen Betrachtungen, be- sonders in culturgeschichtlicher Beziehung; im zweiten Capitel gebe ich hingegen die chronologische Reihenfolge der Seuchen auf Grund der von Sojuty gesammelten Notizen, jedoch ver- vollständigt aus anderen mir zugänglichen arabischen Schriften. I. Vorerst wollen wir uns mit der Ansicht befassen, die bis in die neuere Zeit in Europa eifrige Vertreter fand, dass Aegypten, ja selbst Syrien die eigentlichen Brutstätten der Pest seien, von wo sie in den meisten Fällen nach Europa einge- schleppt worden sei. 74 Kremer. Wie unbegründet diese Voraussetzung ist, wird sicli zur Genüge im Verlaufe unserer Untersueliung herausstellen. Allerdings ist es kein neuer, sondern ein sehr alter, ver- jährter Irrthum, mit dem wir es zu thuu haben, und es lässt sich nicht leugnen, dass er für Jene, welche die klimati- schen und topographischen Verhältnisse Syriens und Aegyptens nicht kennen, nur schwer zu vermeiden war. In den Frag- menten des Oribasiob ist eine Stelle des Rufus, eines Zeit- genossen des Kaisers Trajan, zu finden, worin es heisst, dass die sos'enannten Bubonen am tödtlichsten und hitzii^-sten in Libyen, Aegypten und Syrien entstehen und dort auch am häutigsten vorkommen. ' Aretaios, der Kappadokier, welcher nach der gewöhnlichen AnnaJime zu Ende des ersten und zu Anfang des zweiten Jahrhuiulerts unserer Zeitrechnung lebte, und nach Hippokrates als der genaueste Nosograph bekannt ist, erwähnte schon ausdrücklich die gefährlichen und höchst bösartigen Pestbeulen in den Weichen, welche die Griechen Bubonen nennen. In Aegypten, meinte man, sei der Ursprung der Krank- heit zu suchen, indem der Schlamm, welcher nach der Ueber- schwemmung des Landes durch den Nil den Boden bedeckt, nicht .blos die Quelle der Fruchtbarkeit sei, sondern auch der Seuchen, denn unter der Einwirkung der Hitze erzeugten sich gefährliche Dünste, welche das Pestgift enthalten sollen. Manches schien diese Auffassung zu stützen. So meldet Pro- copius, dass die grosse Pest vom Jahre 542 n. Chr. von Pelusium in Aegypten sich nach den übrigen Ländern aus- gebreitet habe. Allein auch entgegengesetzte Meinungen erlangten allmälig stärkere Geltung. Prosper Alpinus- scheint gegen obige An- sicht starke Zweifel zu hegen, wenn er sagt, dass die Pest öfters aus Griechenland, Syrien und der Berberei nach Aegypten komme, jedoch hinzufügt, dass sie in diesem Lande, wenn ' Nach der Stelle bei Herodot II, 77, wo er bemerkt, dass die Aegypter nächst den Libyern die gesündesten Menschen seien, scheint es, dass damals die Pest in Aegypten noch ganz unbekannt war. - Prosper Alpinus kam im Jahre 15SU als Arzt des venetianischen Consuls nach Aegypten, und sein Urtheil stützt sich also auf eigene Erfahrung und eine genaue Kenntniss des Landes. TJeber die grossen Senclien des Orients nach arabischen Quellen. 70 auch selten, mit den grosöcn Ueberschwemmiingen ihren Anfang nehme. Eine weit klarere Auflassung findet sich in des gelehrten Erasmus Francisci ' Buch : Der Erdumgebende Lufi"t-Kreiss, p. 1197, sowie in dem: Eröffneten Lusthauss der Ober- und Unterwelt, p. 261. Er äussert sich, wie folgt: Man hat in Acht genommen, dass diese Seuche der Pestilenz in Egypteu gar selten von sich selbsten und gleichsam durch reizende Ursachen ungeladen komme, es sei denn, dass der Nilus zu hoch steigt und die Länder zu viel unter Wasser setzet, denn alsdann bleibe er hernachher eine lange Weile über dem Erdreich stehen und verwandelt gleichsam das Land in eine stille, sumpHchte Meerpfütze, so manchmals durch die südliche Witterung und gewaltige Sommerhitze ein Gestank gewinnet, oder die Luft selbiger Orten, welche sonsten von Natur heiss und trocken ist, wird durch das allzuhohe Nil- wasser gar zu sehr angefeuchtet und hiermit der Pestilenz Anlass gegeben, sonsten hat man niemals erfahren, dass diese Seuche in Egypten aus einer lumiässig hitzigen Luft entsprossen, sondern vielmehr, dass sie dadurch ausgelöscht worden. Sie wird aber mehrentheils aus anderen benachbarten Ländern, bevorab aus Griechenland, Syrien und der Barbarei in Egypten übergebracht, wie wol die Ansteckung aus der Barbarei am schrecklichsten wüthet und weit mehr Menschen wegfrisset, weder die so aus andern Ländern den Egyptiern anklebet. Hier tritt also auch schon die Ansicht auf, dass Aegypten durchaus nicht allein der Pestherd sei, sondern die Krankheit auch von aussen eingeschleppt werden könne. Der durch langjährigen Aufenthalt in der Türkei im vorigen Jahrhunderte bekannte Baron Tott - behauptet fest, dass die Pest in Aegypten nicht zu Hause sei und nur von Constantinopel oder Alexaudrien (sie) eingeschleppt werde. Vermuthlich will er hiemit nur der Ueberzeugung Ausdruck geben, dass die Seuche nicht im Binnenlande von Aegypten ihren Ursprung habe, wohl aber in Alexandrien, das er wegen 1 Er starb 1694. - Baron Fran(;ois de Tott, geboren 1733, gestorben 1793, folgte seinem Vater nach Constantinopel, 1757, blieb dort bis 1763, ging später in die Krim, kehrte nach Constantinopel zurück, 1769; seine Memoires sur les Turcs et les Tartarres erschienen in Amsterdam, 1784. 76 Kreraer. der aus aller Herren Ländern gemischten Bevölkerung kaum als eine ägyptische Stadt betrachtet. Die entscheidendste und gewichtigste Stimme ist aber die des praktischen Arztes Enrico di Wolmar, • der niclit weniger als vierzehn Jahre in Aegypten sich aufhielt und es für Unwissenheit erklärte zu meinen, dass die Pest eine in Aegypten einheimische Krankheit sei. Mit diesen Zeugnissen stimmen in Vielem die Ergebnisse meiner historischen Untersuchung überein, indem daraus zu ersehen ist, dass die Pest keineswegs immer in Aegypten sich entwickelte. Durch längere Zeiträume ist dieses Land ganz pestfrei geblieben, plötzlich tritt die Seuche dann wieder auf, nistet sich ein und richtet furchtbare Verheerungen an, um dann wieder zu verschwinden. Im ersten Jahrhundert der mohammedanischen Zeitrech- nung (622—719 n. Chr.) zeigt sie sich in Aegypten nur zwei- mal, im zweiten Jahrhundert (711>— 816 n. Chr.) kein einziges Mal, ebenso im dritten und vierten Jaiirhundert (816 — 1010 n. Chr.). Erst vom fünften Jahrhundert (1010-1107 n. Chr.) angefangen sucht die Pest Aegypten wieder heim, kehrt im sechsten Jahrhundert (1107—1204 n. Chr.) wieder, nimmt dann im siebenten Jahrhundert (1204—1301 n. Chr.) an Heftigkeit zu, lässt im achten (1301 — 1398 n. Chr.) nicht merklich nach, erscheint aber im neunten Jahrhundert (1398 — 1495 n. Chr.) in immer kürzeren Zwischenräumen. Wie Volney aus einer Vergleichung der Chronologie der Seuchen zu dem Schlüsse kam, dass die Pest in Aegypten alle fünf Jahre, in Constantinopel alle neun Jahre, in Syrien aber alle fünfundzwanzig Jahre erscheine, ist schwer zu begreifen, und Villamont's Behauptung: die Pest trete in Kairo alle drei Jahre auf, ist ebenso willkürlich, denn wenn auch in einem gewissen Zeiträume dies ungefähr zuzutreffen scheint, so ist diese Erscheinung doch keineswegs regelmässig und beständig. Die im zweiten Theile dieser Abhandlung zusammen- gestellten Thatsachen zeigen nämlich, dass die klimatischen Verhältnisse durchaus nicht allein massgebend seien für das 1 Dr. E. di Wolraar: Abhaudlung über die Pest, mit einem Vorwort von C. W. Hufeland; Berlin, 1827. * Feber die ^oseen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 7 l Auftreten der Pest, wie auch wahrscheinlich manclier anderer Epidemien, sondern dass Einflüsse und Ursachen ganz ver- schiedener Art hiebei zur Geltung kommen. Diese Einflüsse sind üconomischer und socialer Natur und hängen auf das engste zusammen mit der Lage der grossen Masse der Bevölkerung, vorzüglich auch des Landvolkes, des Bauernstandes, der arbeitenden Classe und ihren Lebensver- hältnissen. Für Aegypten, das von jeher ein Agriculturland war, hatte, wie leicht begreiflich, das System der Bewässerung und der Besteuerung in dieser Beziehung den grössten Einfluss. Mit dem Ende der Ajjubiden-Dynastie und dem Anfange der Herrschaft der Mameluken-Emyre begann, wie wir aus guten und ganz verlässlichen Quellen wissen, eine Zeit der namenlosesten Bedrückung des ägyptischen Landvolkes, es entstanden feudale Zustände der schlechtesten Art; die Sultane verliehen das Ackerland als Militärlehen an ihre Mameluken gegen Leistung von Kriegsdienst, die Bevölkerung ward maass- los ausgepresst, mit Frohnarbeiten überhäuft und lebte fortan unter dem furchtbarsten Drucke. Der freie Bauernstand, auf welchen ehedem der Reichthum und die Macht des Landes sich gründeten, schwand gänzlich. Es gab nur mehr Domänen des Sultans und Herrschaften der ^Mameluken. Wie aber das Verhältniss zwischen diesen beiden Classen von Gründen sich stellte, ersieht man aus einer Nachricht, dass Sultan Näsir, als er im Jahre 715 H. (i::J15-1316 n. Chr.) ganz Aegypten vermessen Hess, sich etwas weniger als die Hälfte des ganzen Landes (^/|o) als Krongut zusprach und den Rest (V12) den Mamelukeu-Emyren. ' So viel steht fest, dass für die Landbevölkerung, gleich- viel ob auf den Krongütern oder auf den Herrschaften der Emyre, die Bedrückung und Ausbeutung gleich rücksichtslos und unbarmherzig war. Solche Verhältnisse haben eine fortschreitende Verwilderung der unteren Classen zur Folge. Mit der gesteigerten Nothlage werden die Wohnungen schlechter, die körperliche Verpflegung, ' Weil: Geschichte der Clialifen IV, S. 393. Ich setze voraus, dass die Stelle von Weil aus dem arabischen Texte richtig übersetzt ist, was bei den sonstigen, nicht seltenen Missgriffen, die in dieser fleissigen Ai'beit zu finden sind, zu bemerken nicht überflüssig sein dürfte. 78 Kremer. die Kleidung iminer dürftiger. Die ünreinigkeit steigert sich iii demselben Verhältnisse, als der Sinn für feinere Lebens- genüsse und den Luxus schwindet. Bei längerer Andauer solcher Zustände entwickeln sich hieraus in den Massen krank- hafte Anlagen, die, wie ich später an einem überzeugenden Beispiele nachweisen werde, selbst zur Entstehung der Bubonen- pest führen können. Wenn sich unter solchen Vorbedingungen die Pest plötzlicli weit öfter zeigte, hartnäckiger sich einnistete und in immer kürzeren Zeiträumen auftritt, so wird es also nicht mehr unbe- rechtigt erscheinen, wenn ich daraus den v^chluss ziehe, dass sie ihren Urspriing nicht so sehr im Klima, in der schwächeren oder stäi-keren Nilüberschwemmung, rler Hitze, den herrschenden Winden oder gar in den Erdbeben oder sonstigen unbekannten kosmischen Vorgängen hat, sondern einfach in dem Elende der Massen, in deren zunehmender Verthifsrung und der durch die Vernachlässigung der Agricultiir, den Verfall des freien Bauern- standes immer häutiger sich einstellenden Plage der Nothjahre. Von diesem Standpunkte aus betrachtet, erscheint die Pest nicht als eine Culturkrankheit, wie sie ein neuerer Schrift- steller ' bezeichnen zu dürfen vermeint, sie ist vielmehr eine Krankheit der Uncultur. Sie entspringt aus dem Rückgange der Cultur oder aus den abnormen Zuständen der Gesellschaft. Hielier gehören die Uebervölkenmg, der Pauperismus und die Anhäufung grosser Menschenmassen unter besonders ungünstigen allgemeinen Lebensbedingungen. Der Geschichtsphilosoph Ibn Chaldun bezeichnet deshalb Uebervölkerung als ein ]\Ierkmal des Verfalles eines Staates und verbindet hiemit ausdrücklich das Auftreten von Hungers- noth und Epidemien als natürliche Folge. - Nicht Aegvpten ist ein für die Pestentstehung besonders geeignetes Land, sondern die Seuche trat dort häufiger und heftiger als anderswo auf, weil kaum je in einem anderen Lande] 1 Die Culturkranklieiten der Völker. Geschichtliche Untersuchungen über die Pesten und die Heilkunst der Vorzeit. Von Dr. Alexander Rittm.mn ; , Brunn, 18G7. 2 Ibn Chaldun: Prolesromenes II, 138 (124); vgl. diese Sitzungsberichte! vom Jahre 1879, Bd. XCIII, S 582. Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Qnellen. i \) der Ackerbau treibende Theil der Bevölkerung- in so trauriger Lage sich befand. Die elende Lelinihütte der ägyptischen Bauern , eng, schmutzig, schlecht gelüftet, scheint jedem europäischen Reisen- den, der sie zum ersten Male sieht, kaum eine menschliche Wohn- stätte. Aber jetzt befindet sich der Landmann unvergleichlich besser als früher. Man kann sich also eine Vorstellung machen, wie es in den Behausungen der ägyptischen Fellahs ausgesehen haben mag, als sie eigentlich nichts anderes denn die Leib- eiiienen der Mameluken waren. j\Iit der V^erbesserung der moralischen und physischen Lage des Volkes, mit der Einführung eines regelmässigen Sanitätsdienstes und den übrigen Reformen des grossen Mo- hammed Aly hörte allmälig die Pest auch auf; denn seit 1845, wo sie zum letzten Male in Aegypten wüthete. hat sie sich nicht wieder gezeigt. Die von Mohammed Aly begründete neue Ordnung der Dinge trug ihre Früchte zum grossen Theil erst unter seinen Nachfolgern. Unter 'Abbäs Pascha und Sa'yd Pascha begann die ländliche Bevölkerung allmälig sich zu erholen und erst mit der Regierung Isma'yl Paschas brach wieder eine neue Periode von Drangsal und Elend über sie herein, die in solchem Grade auf dem Volke lastete, dass, wenn nicht ein System- wechsel erfolgt wäre, ich nach meinen Grundsätzen den Aus- bruch einer Pestepidemie nicht für unwahrscheinlich gehalten hätte, eine Gefahr, die ich für die übrigen Provinzen der Türkei insolange nicht für beseitigt erachte, als nicht dort dauernde, geordnete Zustände geschaffen sind, und es gelungen ist Mittel zu finden, um die Unterdrückung des einen Stammes durch den andern zu verhindern. Ich komme nun auf eine andere Reihe von Thatsachen zu sprechen. Es ist dies die angebliche Einschleppung der Pest aus Aegypten nach Europa. Ueberblicken wir unsere Verzeichnisse , so finden wir, dass eigentlich die Zahl jener Pestepidemien, welche gleich- zeitig oder doch zusammenhängend in der Levante und im Abendlande herrschten, eine verhältnissmässig sehr beschränkte ist. Anderseits aber zeigt sich, wenn wir die Listen der euro- päischen Epidemien durchsehen, dass sehr häufig solche in 30 K r e m e r. Europa herrschten, während gleichzeitig der Orient frei davon geblieben ist. Allerdings dürfen Avir nicht unbemerkt lassen, dass bei den orientalischen Autoren wahrscheinlich kleinere locale E})i- deniien nicht verzeichnet worden sind, und dass auch die Chronik der europäischen Seuchen manche Lücke, manche irrige Angabe enthält, ist kaum zu bezweifeln. Trotzdem können die arabi- schen, sowie die europäischen Angaben für die grossen Pest- epidemien als zuverlässig gelten, denn es waren dies Ereignisse, die durch den Schrecken, welchen sie hervorriefen, tief dem Gedächtnisse sich einprägten. Mit den aus diesen Bemerkungen sieh ergebenden Ein- schränkungen wird man also immerhin, ohne gegen die Grund- sätze der historischen Kritik zu Verstössen, die Pestchronik des Orients mit jener Europas vergleichen können und liicrnus Schlüsse zu ziehen berechtigt sein. Der Schluss, zu dem wir nun auf dem eben dargelegten Wege gelangen, ist ziemlich überraschend : denn wir müssen auf Grund der Thatsachen anerkennen, dass, ganz abgesehen von klimatischen Verschiedenheiten, die Pest auch in Europa sich selbstständig entwickelte, sobald die Verhältnisse derart waren, dass die Vorbedingungen hiefür bestanden. Wir wollen von den früheren Zeiten ganz absehen, wo doch der Einwurf gestattet ist, dass die Aufzeichnungen zu lückenhaft seien. Wir beginnen daher mit dem eilften Jahr- hunderte christlicher Zeitrechnung, indtMU wir als Ausgangs- punkt die Epoche der Kreuzzüge wählen, wo der Verkehr zwischen Europa und der Levante lebhafter war, als in iigend einem der früheren Jahrhunderte des Mittelalters. Die Pestepidemie von 448 H. (1056 — 1057 n. Chr.), welche in Syrien und Aegypten herrschte, sich auch 449 H. in anderen Gegenden des Orients zeigte, liefert uns den Be- weis, dass jene Länder damals so ziemlich als verseucht an- gesehen werden können. In den entsprechenden Jahren 1056 und 1057 finden wir in Europa keine Pestepidemie, ausser, nach einer vereinzelten Nachricht, eine Pest in Macedonien. * 1 Peinlich: Geschichte der Pest in Steiermark. Graz, 1877—78, II, 394. üeber die grossen Sencben des Orients nach arabiüchen Qnellen. 81 Die Kreuzzüge bpg:aunen iillerdinw-s erst gegen das Ende dieses Jahrhunderts, aber der Verkehi- der italienischen See- städte mit dem Oriente war geraume Zeit früher schon ausser- ordentlich lebhaft. Es hätte also doch nach Italien leicht eine Uebertragung stattfinden können. Für eine Pest in Italien zu jener Zeit fehlen aber die Nachrichten bis auf 1094. Die Pest herrschte 1010 zu Prag,' 1038 war Pestilenz in Deutscli- land und im westlichen Europa, 1054 Pest in Deutschland, 1055 Seuche im westlichen Europa, 1094 aber grosse Seuche oder Pest in Italien, Frankreich, Burgund und Deutschland. Die nächsten grösseren Pestepidemien im Oriente sind die von 537 (1142), 552 (1157), 55S (11(13), 575 (1179), wovon die erste in Syrien und A(!gypten gemeinsam, die zweite nur in Arabien, und zwar ganz ausschliesslich in einem Gebirgs- distrikte herrschte. Das Jahr 1142 ist aber für Europa pest- frei.- Für das Jahr 1157 haben wir keine allgemeine Pest in Europa, besonders nicht in Italien, hingegen eine vereinzelte Notiz, -^ nach welcher Sterben in der Normandie, Pest auch durch den Winter herrschte. Hingegen berichten europäische Quellen von der Pest im Jährt' 1154, dann 115(1 in l'nihnifn, 11(17 in Italien, wo sie fast ganz das siegreiche Heer Friedrich des Rothbartes ver- nichtete; 11G8 erschien die Pest in Bflhnn.'n und kam wieder von 1185—1187.^ Sollten alle diese Epidemien eingeschleppt worden sein? Es ist schwer daran zu glauben. Im nächstfolgenden Jalu'- hunderte ist Aegypten der eigentliche Sitz der Pest, und zwar zweifellos der echten orientalischen Pest. Sie grassirte da- selbst (133 H. (123G n. Chr.), G5(l H. (1258 n. Chr.), 672 H. (1273 n. Chr.), 694 H. (1295 n. Chr.), 695 H. (1296 n. Chr.); ausserdem auch einmal in Syrien, 656 II. (1258 n. Chr.). 1 Schmirrer: Chronik der Scnclien. Vgl. Peinlich II, S. 394, 395. Nach Schnnrrer verheerte eine Pest im Jahre 1031 von Indien aus Ghazna, Choräsän, Gorgäu, Ai-menien, Kleinasien und Syrien und kam bis in die Nähe von Coustantinopel. Es ist dies offenbar dieselbe Epidemie, die nach meinen Quellen im Jahre 423 H. den Orient verheerte. - So nach Schmirrer, doch Peinlich: Geschichte der Pest in Steiermark II, 396, gibt zu diesem Jahre , grosses Sterben in Reate' an. 3 Peinlich: II, 396. * Peinlich: I, 299. Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XCVl. Bd. I. Eft. 6 82 Kroraer. I Von diesen Epidemien trifft nur die von 694 IT. (1294 bis 1295) mit einer grossen Pest in Italien (1294) zusammen. Hin- gegen erscheint während dieser Epoche die Pest in Europa selbststäudig zu wiederholten Malen, so 1271 in Oesterreich und Ungarn,' 1282 in Böhmen, 1283 in Prag und Brunn. Eine Seuchenübertragung vom Oriente nach Europa ist also für diese Periode, wo der Verkehr ausserordentlich leb- haft war, nur in einem einzigen Falle wahrscheinlich. Ebenso verhält es sich mit den Seuchen des vierzehnten Jahrhunderts. Die arabischen Schriften zählen folgende Epi- demien auf: 749 H. (1348 n. Chr.), 764 IL (1362— 13(J3 n. Chr.), 771 H. (1369—1370), 781 II. (1379—1380), 790 und 791 II. (1388—1389 n. Chr.). Die erst genannte Epidemie ist die untei- dem Namen des , schwarzen Todes' bekannte, grauenhafte? Seuche, die in ihrer unermesslichen Furchtbarkeit einzig in der Gescliichte dasteht. Denn sie entvölkerte fast die ganze alte Welt, wüthete von China bis in den äussei'sten Westen und soll in Europa allein fünfundzwanzig Millionen Menschen weggerafft halben. - Die zweite Epidemie, vom .lahre 764 H. (1363 n. Chr.), war Aegypten und Syrien gemeinsam; localisirt blit^ben die Epidemien von 771 II. (1369—1370) und 7S1 H. (1379 — 138(h, erstere in Syrien, l<»tztere in Aegypten, ebenso wie die Pest von 790 und 791 H. (1388—1389 n. Chr.). Eine Thatsache scheint mir besonders werth zu beachten: während in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts in Europa die Pest wiederh(dt mit gnisstfir Heftigkeit auftritt, ist der Orient ziemlieh frei davon und liegen längere Pausen zwischen den einzelnen Epidemien. Man ktinnte dies viel- leicht der Lückenhaftigkeit der orientalischen Berichte zu- schreiben, allein gerade für diese Epoche fehlt es nicht an > Peinlich: I, ;iOS. 2 Ein grosses Eiflbeben snll in Steiermark nnd Kr.iin der Pest vorans- geg^angen sein, kann aber um so weniger für den Ausbruch der Seuche als maassgebend betrachtet werden, da ja unzählige Erdbeben stattfände ii ohne jede darauffolgende Epidemie. Auch wird behauptet, dass d( i Krankheitsstoff durch Kaufleute ans der Levante nach Grieolienland und Italien eingesclileppt worden sei, wo sie besonders in Venedig wüthete. Peinlich: I, 326, 327. Ueber die grossen Seacben des Orients nach arabiscben Quellen. 83 orieiitalisclum Quellenwerken, die sicli durel» grossen Reich- tliiini an Nachrichten und durch besunders sorüt'ültiüe Auf- I Zeichnungen beni«;rklicli machen. Aus diesen Quellen schöpfte Sojuty. Für das fünfzehnte Jahrhundert (IX. der Hegira) sind Sojntys Aufzeichnungen natürlich am vüllständigst(*n. Es er- scheint die Pest in Aegypten siebzehnmal, darunter fünfmal auch zugleich in Syrien. Ein Zusammenhang mit den um dieselbe Zeit in Europa auftretenden Seuchen ist nur schwer nachzuweisen. Denn, wenn es auch feststeht, dass gegen Ende 1410 eine Pest in Steiermark (Oberland) und Nioderösterreich (Wiener-Neustadt) herrschte, ' so fehlt doch jeder Zusammenhang mit der gleich- zeitigen E]>idemie im Oriente, der nur dann denkbar wäre, wenn die Pest gleichzeitig in Tt.ilien und an den Küsten des Mittelnieeres erschienen wäi-r. Dasselbe ist über die nächstfolgenden orientalischen Epi- demien von 1416, 1418, 1419 zu sagen; denn der 1420 in Augsburg und Schwaben wüthenden Pest fehlt jeder Zusammen- hang mit dem Oriente. Eher könnte dies der Fall sein mit der Pest des Jahres 1437, indem 143S und 1439 die Seuche in Böhmen, Deutschland und auch in Italien herrschte, ^ Was die Epidemien von 1448 und 1449 in Italien, Frank- reich, Spanien und Deutschland anbelangt, so ist zu bemerken, dass die Krankheit in den europäischen Quellen nicht als Bubonenpest, sondern als der , englische Schweiss' be- zeichnet wird. Einen Zusammenhang mit dem Oriente kann man annehmen bei der Pest von 8G4 II. (1459 — 1460) im Oriente und der von 1460 in Italien, ^ während für die drei späteren Epidemien unserer Liste ein solcher Zusammenhang nicht nachweisbar ist. ^ > PeinUch: I, 341. 2 Peinlich : II, 405. 3 Schnurrer: Chronik der Senchen. * Das öftere Auftreten der Pest in den österreichischen Ländern in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts findet seine Erklärung darin, dass um jene Zeit die Pest auf dem Landwege aus der Türkei über Ungarn eingeschleppt ward. 6* 34 Krem er. Fassen wir diese Tliatsaehen zusammen, so werden wir zu dem Schlüsse kommen, dass es durchaus niclit bereciitig't wäre zu behaupten, das Pestgift sei immer seinem Ursprünge nach auf Aegypten oder den Orient im Allgemeinen zurück- zuführen. Es zeigt sich ferners, dass trotz des lebhaften Ver- kehres mit Europa der erst im fünfzehnten Jahrhundert durch die Errichtung der Quarantänen etwas eingeschränkt ward, durchaus nicht immer eine Verschleppung der Seuche aus dem Oriente nach Europa, stattgefunden hat, dass vielmehr in vielen Fällen die spontane Entstehung grosser Seuchen und der Bubonenpest auf europäischem Boden kaum zu bezweifeln ist. Auffallend oft entstand die Pest in den grossen ]\Iittel- und süddeutschen Handelsstädten (Augsburg, Nürnberg, Wien, Graz), ebenso wie auch in einzelnen hicfür besonders disponirteu Orten (Venedig, Prag, Pettau, Leoben, Bozen u. s. w.). Allerdings müssen wir bekennen, dass die Bezeichnung Pest oder Pestilenz, die in den europäischen Geschichtswerken des Mittelalters so häufig wiederkehrt, nicht immer so auf- gefasst werden darf, als habe es sich in allen Fällen um dio echte Bubonenpest gehandelt. Es mögen manchmal andere Epidemien gewesen sein, indem man den ( 'harakter der Krank- heit nicht so genau wie jetzt zu beol)achten verstand. Auch bei den orientalischen Schriftstellern herrscht in dieser Beziehung ein schwankender Sprachgebrauch, indem sie mit dem Worte: tä'iin ganz zweifellos die Bubonenpest be- zeichnen, aber häufig und abwechselnd mit diesem Ausdruckt- die Benennung: wabä' gebrauchen, die zwar auch Pest bedeutet, aber zugleich die Bedeutung von Seuche zulässt. Trotzdem bieten die Angaben der orientalischen Autoren in dieser Be- ziehung nicht viel Anlass zu Zweifeln, da sie bei Erwähnung anderer Epidemien sich sehr klar darüber ausziulrücken pflegen, welcher Art sie waren. Ihn Atyr thut dies wiederholt. Kleinere, locale Epidemien werden ohnehin nur ausnahmsweise besprochen, und so wird man denn in den meisten Fällen das Wort wabä ohne Zögern mit Pest übersetzen können. Beschreibungen wie die von Ihn Forät über die grosse Pest des Jahres 552 II. (1157) lassen wohl keinen Zweifel darüber bestehen, dass es sich um die Bubonenpest handelt, und dass Sojuty dieselbe hierunter in seiner Abhandlung versteht, darüber wird jed»' Deber die grossen Senchen des Orientb nach arabischen Quellen. 3ö Unsicherheit beseiti^^t, indem seine Beschreibung der Pest (wabA,') ausdrücklicli der Pestbeulen Erwähnung thiit. Der- selbe 8chriftstcner hat sich übrigens auch schon mit der De- tinition der beiden Ausdrücke (tä'un, waba) beschäftigt und bemerkt hiezu sehr verständig und khir: der erste xVusdruck sei bestimmter und concretcr, während der zweite allgemeiner ist ; wabä' bezeichue jede allgemeine Krankheit, sei sie nun Pest (ta'un) oder nicht; jede Pest (tA'un) ist eine wabjV, aber nicht umgekehrt. Diese Erklärung war recht bequem und angenehm für jene Rechtgläubigen, die da behaupteten, nie sei die Pest nach ]\[edyna, der (ieburtsstadt des Piopheten, gekommen, nur Seuchen seien daselbst aufgetreten. Allerdings ist hiezu die Bemerkung zu machen, dass Nordarabien, namentlich das centrale Hoch- plateau, eines der gesündesten Länder der Welt ist, wo wegen der Keinheit der Luft, der grossen Trockenheit und in Folge der sehr geringen Dichtigkeit der Bevölkerung überhaupt Epi- demien nicht gut entstehen köunpn, namentlich aber die Pest sich nie recht zu verbreiten vermochte. Die nach allem Wunder- baren so begierigen Seelen der Frommen gaben dieser ganz natürlichen Erscheinung sofort eine aussergewöhnliche Bedeu- tung. Das hinderte aber nicht, dass man in Betreff Medynas, das in Folge seiner Lage sehr fieberhaft ist, zugeben nmsste, das Klima dieser Stadt sei alles weniger als gesund. Es liegt auch ein Ausspruch Mnhammeds vor, den uns die Sorgfalt der Traditionisten erhalten hat, nach welchem er die Pest nach Syrien verwiesen, hiefür jedoch das geringere Uebel, nämlich das Fieber, in Äledyna behalten habe. ' Auch von Mekka behauptete man, dass diese Stadt das Privilegium der Pestfreiheit mit Medyna theile, doch wird zu- gegeben, dass die Pest vom Jahre 749 H. (1348 n. Chr.), der schwarze Tod, auch Mekka nicht verschont habe. Bevor wir nun zur Besprechung einer anderen Seite der Pestfrage übergehen, fassen wir noch in Kürze die Ergebnisse zusammen, zu welchen unsere Untersuchung bisher uns ge- führt hat. 1 Diese Tradition, die Sojuty anführt, ist natürlich erst später erfunden worden, nnd zwar im ersten Jahrhundert H., zu welcher Zeit die Pest in Syrien oftmals erschien. 86 Kremier. Aegypten ist nicht die Brutstätte der Pest; klimatische oder allgemeine atmosphärische Ursachen sind durchaus nicht allein entscheidend für die Entstehung der Pest, sundcni öcu- nomische, sociale und politische Verhältnisse üben hierauf einen maassgebenden Einfluss aus. Vor allem ist es der materielle und moralische Zustand der Masse der Bevölkerung, vorzüglich des Bauernstandes, welcher bei der Eutstiihung der Pest in Betracht konnnt; die Pest ist, soweit ich nach meinen Quellen urtheilen kann, eine Ausgeburt des Massenelendes, der Noth, der Unreinlichkeit, der schlechten Ernährung, des Lebens in einer durch schädliche Ausdünstungen verunreinigten Luft, und sonstiger ähnlichci-, ungünstiger, materieller Existenzbe- dingungen. ' Das Zusammentreften solcher schädlichen Umstände kann das spontane Auftreten der Pest sowohl im Oriente, als auch in Europa zufolge haben, und durch das (Jontagium pflanzt sich der Krankheitsstofl' auch in solchen Individuen fort, die nicht unter so ungünstigen Lebensverhältnissen sich betinden. Dass aber veischiedene grosse Pestepideraien aus dem Oriente durch Uebertragung nach Europa kamen, steht nach meiner Ueberzeugung eben so fest, wie auch die Tliatsachc, dass durchaus nicht alle europäischen Pestepidemien diesen Ursprung hatten. Inwieferne auch meteorologische oder gar tcllurische Ur- sachen hiebei mitspielen, bin ich nicht in der Lage zu beur- theilen, und so lange nicht Beweise vorliegen, möchte ich derlei Voraussetzungen entschieden zurückweisen. Eine unbegründete Vorstellung scheint es mir auch zu sein, wenn man die Erd- beben mit dem Auftreten der Pest in Zusammenhang zu bringen sich bemüht. Es lässt sich hiefür kein Beweis beibringen, denn wenn auch einige Erdbeben mit Epidemien zusammentrafen, so ist dies doch bei der weitaus grösseren Zahl nicht der Fall. Auch die Heuschreckenzüge, deren Richtung, wie die der Pest, eine westliche zu sein scheint, bezeichnete man als Vorläufer oder Träger der Pest; die Voraussetzung trifi"t aber durchaus * Die Art der Beerdigung in sehr seicliten, häufig auch nicht gut ver- schlossenen Gi'äbern, wie dies in den meisten uricntalischen Städten der Fall war und zum Theil noch ist, mag auch nicht selten verderbliclic Folgen gehabt haben. üeber die groüseu Seuchen des Orient« nach arabischen Quellen. 8 < nicht tür alle Fälle zu.' Ein Beispiel der Entstehung der Pest iliiich einen Heuschreekenzug haben wir in der Pest von Pettau I Steiermark) im Jahre 1672: ungeheure Heuschreckenschwärme Hessen sich dort nieder, die zum grossen Theil in der Drau zu (Jrunde gingen und durch die Verwesung einen unerträglichen Gestank verbreiteten, woraus eine schwere Pest entstand. - Sehr bezeichnend für die Aetiologie der Pest ist die Be- nennung: Be ttl er k rankheit, womit man sie schon ganz tieflfend im Mittelalter bezeichnete, weil sie vorzüglich unter den Armen wüthete, '■' was übrigens auch von vielen anderen Epidemien gilt. Während der Pest in Constsintinopel vom Jahre 1751 starben am meisten Griechen, Armenier, Juden, aber weniger Türken. Die Erklärung, die hietiir gegeben wird, ist die, dass die Juden sich durch Unreinlichkeit auszeichnen und in engen Strassen wohnen, wo der Schmutz besonders stark ist. * Für die Frage von dem Ursprung und dem Ursitze der Pest ist es jedenfalls sehr charakteristisch, dass die Seuche die grosse Hitze nicht verträgt. In Aegypten endet sie regel- mässig mit Eintritt der heissen Jahreszeit, im Monate Juni, wo auch der Nil im Wachsen ist. Mit Beginn der kühlen Jahres- zeit und des Winters (November, Decemberj, hingegen tritt die Seuche auf und hält sich dann gewöhnlich bis zum Sommer. Ein kühleres Klima ist also offenbar für diese Seuche passender und nur in einem solchen kann die Urheimat derselben gesucht werden. Ein verehrter Freund, der lange Jahre in Indien lebte, schreibt mir, dass es eine Höhenzone des Himalaja gebe, wo die Pest unter dem einheimischen Namen Mahäinära fast jähr- lich auftritt. '' Und dieser Bemerkung kann ich eine ebenso wichtige Mittheilung beifügen, nämlich das Erscheinen der Pest in Arabien, und zwar in dem Gebirgsdistrikte der Assyrstämme. Meine Mittheiluug stützt sich auf die Beobachtungen des türki- schen Sanitätsarztes Dr. Nury Effendy, der im Auftrage diesen 1 Peinlich: I, 98, 181. 2 Peinlich : I, 555. 3 Peinlich: I, 113, V2i. * An Histüiical Aeconnt of the several Plagues etc. that have appeared in the World since the year 1346, bj' Dale Ingram, London 1755, p. 170. ^ Von anderer Seite behauptet man, die Mahämära sei ein typhöses Fieber. 88 Krem er. Pestheerd bereiste und über seine Wahrnehmungen einen um- ständlichen Bericht verfasste, der in den Archiven des türkischen Sanitätsamtes in Constantinopel sich befindet und in den mir durch freundschaftliche Vermittlung Einsicht zu nehmen ge- stattet war. Nury Effendy begab sich von Konfoda, der arabischen Seestadt, sofort ins Innere nach dem Distiikte, wo gerUclits- weise die Pest herrschen sollte, und zwar permanent seit der Pest vom Jahre 1874. Er machte seine Reise in den Monaten August und September des letzten Sommers (1879). Am 5. August reiste er nach dem Distrikte des Stammes Beny Sheir (Shehyr) ab, wo eine epidemische Krankheit geherrscht haben sollte. Am 10. August traf er in Namassc, dem Ilauptort des Distriktes der Beny Sheir ein, der noch fünf andere Dörfer enthält, näm- lich: Karijeh, Beny-Bckir, (^uinän, Maulcd-Aly und Aly-Haya. Namasse liegt auf der Bergkette, die sich von Täif bis San'a erstreckt. Sie steigt zu beträchtlicher Ibihe empor. Dr. Nury ritt mit einem guten Maulthier fünf Stunden hinauf, Bcladene Kameele kommen gar nicht hinauf, und in Folge dieser Ver- kehrsschwierigkeiten findet auch keinerlei Handel und Waaren- transport statt. Das Klima in diesem Gebirge ist kalt und feucht; der Boden ist fruchtbar, es fehlt nicht an Quellen mit süssem, klarem Wasser; stehende Wässer gibt es nicht. Die Eingebornen leben von dem Ertrage ihrer Felder. Die Wohn- häuser sind aus Stein, eng an einander gebaut, sie haben ein Erdgeschoss und ein Stockwerk, das ein bis zwei Zimmer ent- hält mit einer oder zwei Oeflnungen, die dazu dienen, Luft und Licht einzulassen. Das Erdgeschoss wird als Stall benützt, und da der Winter in diesem Gebirge sehr rauh ist, so dass selbst das Wasser gefriert, leben die Bewohner jnit ihrem Vieh in einem entsetzlichen Schmutze. ' Während des Aufenthaltes Nury Effendys^ (im August 1879) zeigte der Thermometer des Morgens 12" Reaumur, Mit- tags lö" und des Abends 13" — 14". Der Distriktsvorstand (Kaimakäm) Scheich Fäik, ungefähr 50 Jahre alt, in Namasse 1 Diese Schilderung der Wohnhäuser stimmt ganz mit jener der Bauern- häuser in der höheren Gebirgszone des Himalaja. Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 89 geboren, ein intelligenter Mann, gab über die Sanitätsverhält- nisse des Distriktes folgende Mittheilungen : Seit fünfunddreissig bis vierzig Jahren tritt alle zwei bis drei Jahre in einigen Dörfern des Districtes eine Krankheit auf, die sich jedoch nicht weiter als auf fünf bis sechs Stunden Entfernung ausdehnt; ein einziges Mal war sie heftiger, ver- breitete sich über mehrere Dörfer des Districtes Beuy Sheir und raffte Viele dahin, die Alle während der Krankheit An- schwellungen in den Leisten, Achselhöhlen und am Halse hatten, während am Körper manchmal, aber nicht immer, schwarze und rotlie Flecken sich zeigten. Tu diesem Jahre war die Krankheit von einem Manne, Namens Ahmed, nach Namasse gebracht worden, welcher von Zeit zu Zeit nach dem vier Stunden entlegenen Dorfe Halabe sich begab, um Kaffee, Zeuge und andere Artikel zu verkaufen. In den ersten Tagen des März kehrte er krank von dort nach Namasse zurück. Er hatte Anschwellungen in den Leisten und starb nach wenigen Tagen, ebenso wie seine beiden kleinen Bruder 'Ysä und 'Omar und deren Mutter, Alle mit denselben Symptomen. Unterdessen trat die Krankheit in dem Hause des Scheichs Falk auf, er, sein Sohn Nasir, siebzehn Jahre alt, und andere Personen erkrankten, acht von ihnen starben, während nur zwei genasen. Einjge der Kranken hatten Bubonen und Pete- chien, Kopfschmerzen, heftiges Fieber, brennenden Durst; Nasir delirirte, ass nichts und zerriss alles, was ihm unter die Hand kam. Sclieich Fäik selbst verspürte im Anbeginn der Krank- heit durch einige Stunden grosse Kälte, verlor dann vollständig das Bewusstsein und erst am sechsten Tage öffnete er wieder die Auo-en mit dem Gefühl der Wärme und des Schmerzes in den Leisten, in den Gelenken und in der Brust (thorax); die Schmerzen kamen von den Beulen, in der Grösse einer Nuss, die sich in den Leisten gebildet hatten; er litt an Durst, Appetitlosigkeit. Acht Tage später öffneten sich die Beulen und die Narben, welche sie zurückgelassen hatten, wm'den von Dr. Nury untersucht. Erst nach vierzig Tagen konnte er seiner gewöhnlichen Beschäftigung nachgehen. Der Soldat Ahmed, dreiundzwanzig Jahre alt, erkrankte mit Kopfschmerzen, heftigem Fieber, Durst, gastrischen Be- 90 Kremer. schwerden, Schmerzen im ganzen Körper und Petechien, einer Geschwulst in der rechten Leisteng-egend und Schlafsucht; in zwanzig Tagen genas er ohne jede Behandlung und ohne dass die Eiterung eingetreten Wcärc. Dr. Nury Effendy inspicirte wiederholt die sechs schon früher genannten Ortschaften und verzeichnete die Zahl der Todesfälle und der Genesenen. Erkrankt waren 68 Männer, 45 Frauen, 50 Knaben und 21 Mädchen, zusammen 184, auf eine Gesammtbevölkerung von 800 Personen, von welchen 155 starben; es genasen also 29, wovon G Männer, 7 Frauen, 11 Knaben und 5 Mädchen. Nach übereinstimmender Aussage klagten anfangs alle Erkrankten über allgemeines Uebelsein, Schüttelfrost, Kopf- schmerzen, manchmal brennenden Durst, Appetitlosigkeit, Diar- rhöen und Ohnmächten, Schmerzen in den Leisten und anderswo mit oder ohne Bubonen, es zeigten sich manchmal schwarze und rothe Petechien, Schlafsucht, Delirium, Bewusstlosigkeit für einige Tage; aber alle waren ohne Karbunkel. Die Eingebornen kennen diese Krankheit, die sie: t^'un, d. i. Pest nennen. Halabe oder Karje ist ein kleines Dorf in der Entfernung von fünf Stunden von Namasse, und zählt 150 Einwohner, die Bauart der Häuser ist wie in Namasse. Die Krankheit trat plötzlich auf im Hause des Sa'yd Ibn Karam, wo zwei Frauen unter den obigen Symptomen starben. Dies ereignete sich gegen Ende Februar 1879. Die Krankheit sprang von einem Hause zum andern über, von 150 Einwohnern er- krankten 35, es starben 8 Männer und »5 Frauen. Die Krank- heit dauerte bis Ende Mai 1879 und verschwand dann voll- ständig. Im Districte Beni Sheir herrschte sie von Februar bis Juni 1879. Man sieht aus diesen Nachrichten, dass also im Assyr- districte sich ein Pestheerd berindet, der nur deshalb für die Nachbarländer nicht gefährlich werden konnte, weil dieser Gebirgscanton, durch den keine Handelsstrasse führt, von der übrigen Welt ganz abgeschieden 'ist. Das, was von dem Schmutze der Behausungen der Bew(diner gesagt ward, mag die Entstehung der Krankheit am besten erklären, wozu noch zu bemerken kommt, dass in Folge des rauhen Klimas und UeVier die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Qnellen. yl der schlechten Lüftung der Wohnhäuser die Luft, in welcher die Leute leben, im hohen Grade verdorben sein muss. Was aber die Begrenzung der Krankheit in diesem Districte be- trifft, so mag Wühl, ausser dem Mangel der Conununicationeu, die Erklärung hiefür darin liegen, dass der Temperatursunter- schied zwischen der Gebirgsgegend und dem benachbarten Tiefland ein sehr starker ist. Die iSeuche, welche, wie schon früher bemerkt, eine hohe Temperatur nicht verträgt, ward hicdurch von selbst unterdrückt. Es ist in der That nicht leicht ein grösserer Temperaturunterschied denkbar, als der zwischen dem Tioflande an der Küste und dem Hochgebirge. Wie ich auch aus einer amtlichen Mittheilung entnehme, haben die Assvrbewohncr mit der Seeküate fast gar keinen Verkehr, sondern die einzige Berührung mit der Fremde rindet für sie durch die Pilgerfahrt nach ]\Iekka statt, wohin sie in Karawanen auf dem Landwege sich begeben. Die lange Weges- strecke durch die Wüste wirkte offenbar, ganz abgesehen von dem Einflüsse der heissen Temperatur, als Quarantäne und verhinderte die Uebertragung der Pest nach Mekka. Wir haben also hier in dem Assyrgebiete einen neuen, bisher gänzlich unbekannten Pestheerd vor uns, wo die spon- tane Entstehung der Seuche sich beobachten lässt. Dass aber dieser Pestheerd nicht etwa neu ist, sondern vermuthlich schon seit Jahrhunderten besteht, scheint nicht unwahrscheinlich, wenn man die Nachricht in Erwägung zieht, welche ich im zweiten Abschnitte dieser Abhamllung, nach einem sehr verlässigen arabischen Schriftsteller, über die grosse Epidemie mittheile, die im Jahre 552 H. (1157) in dem Grenzgebiete zwischen Higäz und Jemen herrschte. Wir haben es hier höchst wahrscheinlich mit einem Ausbruche der Pest im Assyrgebiete zu thun, welcher sieh etwas weiter ausdehnte als gewöhnlich und hiedurch die Aufmerksamkeit erregte. Wie dem immer sei, eine wissenschaftliche Durchforschung des Assyrgebietes vom klimatologischen und sanitären Stand- punkte wäre im hohen Grade wünschenswerth und dürfte ver- muthlich unsere Kenntnisse über die Natur und die Entstehungs- geschichte der Pest wesentlich bereichern. Wir wenden uns jetzt zur Betrachtung einer anderen Seite der Pest, nändich des Zusammenhanges, der zwischen 92 Kremer. dem Auftreten der grossen Seuchen des Orientes und dem Verfalle der orientalischen Cultur zu bestehen scheint. Dass ein solcher Zusammenhang' wirklich bestehe, dünkt mir unzweifelhaft. Denn gerade so wie das achte und neunte Jahrhundert der Hegira uns im Oriente eine erschreckende Zunahme der Seuche zeigen, so ist es auch Thatsache, dass in demselben Zeiträume der Wendepunkt der orientalischen Cultur überschritten ist und ein rascher, unaufhaltbarer Verfall über die Länder des mohammedanischen Ostens allenthalben überwältigend hereinbricht. Die Frage, welche man stellen muss, ist aber die: ob die p]pidemien eine Folg-e des Verfalles der Cultur seien, oder umgekehrt, ob diese vertiel, weil die Epidemien nun mit so zerstörender Heftigkeit und in so rascher Wicderkehi' zum Ausbruche kommen. Nach meiner Ueberzeuguug ist die Antwort hierauf die, ■ dass allerdings das plötzliche UebcrhandneJimen der Epidemica nur durch die gänzlich unhaltbar gewordenen socialen, öco- nomischen und politischen Zustände in solchem Maasse m<)glich gemacht wurde. Ebenso wie ich den Nachweis dafür geliefert zu haben glaube, dass in Acgypten die eigentliche l'estz(;it mit dem Verschwinden des freien Bauernstandes und dem hie- durch hervorgerufenen Verfall der Landwirthschaft beginnt, so scheint mir auch in den übrigen orientalischen Ländern der. Untergang der freien Landbevölkerung, des selbstständigen Bauernstandes, das Ueberhandnehmen der rohen türkischen j\Iilitärherrschaft, die das Mark des Landes verzehrte, die erste Ursache gewesen zu sein, aus welcher ein immer weiter um sich greifender Nothstand der Massen hervorging. Aus diesem aber entspringen unfehlbar auch die Epidemien. So- bald diese sich jedoch festgesetzt hatten, beförderten sie ihrer- seits wieder den Verfall der Cultur, und es bildete sich der- gestalt ein Circulus vitiosus, der die letzten Reste der alten, so eigenthümlichen und hochverfeinerten arabischen Civilisation mehr und mehr verwischte. Von nicht zu unterschätzendem Einflüsse auf den raschen Verfall der Länder des Ostens war auch ein anderer Umstand, der gewiss nicht gering ins Gewicht fällt. Es ist dies das Versiegen jener alten Quellen des Reich- tliums, welche in den verschiedenen Gebieten Vorderasiens TTeber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 93 ijeit dem frühesten Altertimme flössen, und deren hohe Blüthe ausgiebigst gefordert, ja eigentlich geschafFen hatten. Einerseits waren es die ungeordneten politischen Zustände, welche Handel und Wandel erschwerten und die grossen Strassen des Waarenverkehres, die früher alle nach Bagdad hin conver- ^irten und von hier, über Kleinasien nach dem schwarzen Meere, oder nach dem Mittelmeere über Syrien, sich fort- setzten, theilweise ablenkten, oder gänzlich abschnitten. Wenn schon hiedurch wichtige Erwerbszweige zu Grunde fingen, so war dies in noch weit höherem Maasse der Fall, als seit den Entdeckungen der Portugiesen der indische Handel seine alten Bahnen über Bassora und Bagdad oder durch das rothe Meer allmälig verliess und Europa stets mehr sich von der Vermittlung der Levante unabhängig machte, indem es seine indischen Waaren auf dem Seewege um das Cap der »Uten Hoffnung bezog. Hiemit brach unaufhaltsam der ücouomische Verfall überall herein, ohne dass man damals sofort von den Folgen eine klare Vorstellung sich machen konnte. Dieser Verfall äusserte sich nicht nur auf materiellem, sondern auch auf intellectuellem Oebiete. Die furchtbaren Seuchen, verbunden mit den Schrecken grossartiger Naturer- scheinungen, besonders der im sechsten Jahrhundert der Hegira mit grösster Heftigkeit, besonders in Syrien, auftretenden Erd- beben, die von unbeschreiblichen Verwüstungen begleitet waren, mussten bei dem für solche Eindrücke sehr empfänglichen Cha- rakter des Orientalen auf die ganze Geistesrichtung und Denk- art der blassen einen nachhaltigen Einfluss ausüben. Die älteste muselmännische Generation hatte über das Ver- halten in Pestfällen sehr verständige Ansichten : es galt als Vorschrift und man berief sich hiefür auf das Beispiel und Verhalten der ersten Chalifen, dass, wenn die Pest an einem Orte ausbräche, man nicht die Flucht ergreifen solle ; aber ebensowenig betrachtete man es als zulässig und geboten an einen Ort hinzureisen, wo die Pest herrschte. Die Tradition von dem Propheten, auf die man sich berief, lautete wie folgt. Der Gesandte Gottes sagte : , Diese Pest (tä'un) ist ein Schmutz (rigz) und Ueberrest einer Strafe, womit in der Vorzeit ein Volk heimgesucht worden ist ; zeigt sie sich in einem Lande, 94 Kremer. WO ihr seid, so ergreifet nicht aus Furcht voi- ihr 27 — &2S) in Ktesiphon aufgetreten sei. ' Wenn andere die Pest des Jezdegerd III., der im Jahre 632 n. Chr. zur Regierung kam, als die erste anführen, so ist dies eine vereinzelte Nachricht. Wir wissen nur aus einer Stelle bei Ibn Kotaiba, ' dass zwischen den beiden Pesten: der des Shyrujeh und der von 'Amawtis (i\. i. Enunaus in Palästina), f welche beide in die Regieruugszeit des Chalifcn Omar fallen, ein lauger Zeitraum ohne Pest verstrich. Hinsichtlich der eben genannten Pest von Emmaus herrscht weit weniger Un- sicherheit als über die erstere. 8ie brach im Dorfe Emmaus zuerst aus und verbreitete sich über ganz Syrien. Man setzt sie in das Jahr 17 II. (638 n. Chr.) oder 18 H. (639 n. Chr.) und das arabische Heer in Syrien soll damals durch die Pest , 25.(X)0 Mann verloren haben. Sie trat in den Monaten Mo- harram und Safar (Januar, Februar) auf, erlosch und brach dann nochmals aus. Von historischen Personen, die an dieser Pest zu Grund gingen, nennt man unter anderen Abu 'Obaidah Ibn Garräh, den Eroberer Syriens. Gleichzeitig trat die Seuche auch in Bassora auf und war also ofienbar dorthin verschleppt worden, was bei den häutigen Märschen der arabischen Heeresabtheilungen aus dem Euphrat- gebiete nach Syrien und umgekehrt durchaus nicht überraschend ist. Was den Ursprung der Epidemie anbelangt, so genügt es darauf hinzuweisen, dass die Eroberung Syriens, nach blutigen Kämpfen mit den Byzantinern, soeben vollendet war. Das Land musste hiebei sehr stark verwüstet worden sein, die arabischen Eroberer aber durften nach Omars strenger Satzung weder ' Kitäb alma'ärif, p. 292. 108 Krem er. Grund und Boden erwerben, noch Ackerbau treiben. Die alte Landbevölkerung war in den Kämpfen theils gefallen, theils hatte sie, ergriffen von panischem Schrecken, in der Flucht ihr Heil ge- sucht. Es entstand aus diesen Ursachen eine furchtbare Ilungers- noth im Jahre 18 H. (639 n. Chr.) ('am alramj'idah, Ibn Atyr II, 433) und wohl fast gleichzeitig hiemit trat die Pest auf. Dasg es die wirkliche Bubonenpest war, geht aus den erhaltenen An- gaben hervor. Es wird nämlich von mehreren in jener Pest gestorbenen historischen Persönlichkeiten erzählt, dass sie von der Pest ergriffen, oder wie der arabische Ausdruck lautet: gestochen worden seien. Von einem heisst es ausdrücklich, dass er auf der inneren Seite der Hand gestochen worden sei,* was offenbar nur die Bedeutung haben kann, dass an dieser Stelle die Pestbeule ausbrach. Auch unter den arabischen Besatzungstruppen brach die Pest aus^ und man hielt einige Zeit lang an dem Grundsatze fest, dass man vor der Pest nicht die Flucht ergreifen dürfe. Doch als zwei Oberbefehlshaber nach einander das Opfer der Seuche geworden waren, entschloss sich der Dritte, die Truppen in die Gebirge und die Wüste zu verlegen, worauf auch die Pest erlosch. Ueber die gleichzeitige Pest in Bassora fehlen genaue Angaben. Kufa sowohl als auch Bassora hatten eine so un- gesunde Lage, dass beide Städte schon bald nach ihrer Ent- stehung der Schauplatz wiederholter Pestepidemien wurden. Zuerst brach die Seuche in Kufa aus im Jahre 49 H. (669 n. Chr.), dann abermals 53 H. im Monat Ramadan (Au- gust, September 673 n. Chr.).- Nur wenige Jahre später ward Bassora von einer heftigen Pest heimgesucht, welche in den arabischen Chroniken den bedeutsamen Beinamen der , weg- fegenden' (algärif) führt. Ueber die Jahreszahl dieser Pest sind die Nachrichten sehr verschieden: Ibn Kotaiba^ gibt hie- für das Jahr 69 H. (688—689 n. Chr.), und diese Zeitbestim- mung ist die gewöhnliche, der auch Dahaby und die andeien Annalisten folgen. Ibn Gauzy hingegen in seinem grossen jj 1 Ibn Atyr II, 437. 2 Ibn Atyr kennt diese zwei Epidemien nicht. 3 Kitäb alma'ärif, p. 292. Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 109 Geschichtswerke (Montazam") o-ibt das Jahr 64 H. (683 n. Chr.), Ihn Atyr 65 H. (684 n. Chr.),' während andere 70 H. (689 n. Chr.) oder 76 H. (695 n, Chr.) anführen. Der Historiker Wäkidy hat sogar hiefür das Jahr 80 H. (699 n. Chr.), Die Zeit- bestimmung- ist also jedenfalls zweifelhaft. Es erstreckte sich diese Epidemie übrigens auch nach Syrien, denn nach dem Verfasser des Mirfat alzamän starb an dieser Pest der grüsste Theil der Bewohner von Syrien. Ibn Aby-ldonja in seinem, wie es scheint, verlorenen Ge- schichtswerke (kitäb al'i'tibär) berichtet nach den Erzählungen eines Augenzeugen, dass die oben besprochene Pest des Jahres 70 H. in den Tagen des Mos'ab Ibn Zobair aufgetreten sei und so heftig gewüthet habe, dass ßassora nahezu verödete und die Todten nicht mehr beerdigt werden konnten; es kamen die wilden Thiere in die Stadt, um die Leichen zu verzehren. Auch Ibn Taghrybardy in seiner ägyptischen Geschichte führt eine Pest im Jahre 70 H. an. hl Aegypten trat die Pest auf nach Angabe des Ibn Hagar 'im Jahre (iÖ H. (686 n. Chr.), dann 85 H. (704 n. Chr.) oder nach andern 82, 84 oder 86 H. (701, 703, 705 n. Chr.); in Syrien aber nach "Tabary, dem Ibn Atyr folgt, im Jahre 79 H. (698 n. Chr.). \^on diesen Epidemien kennt Ibn Atyr nur die letzte. In Bassora fand die Pest der Mädchen im Jahre 87 H. (706 u. Chr.j statt, so genannt wegen der grossen Anzahl von Mädchen, die sie hinwegrafite. Ibn Atyr kennt sie nicht. Sie trat in Bassora, Wäsit, Kufa und Syrien auf. - An dieser Epi- demie, oder kurz nachher, soll der Chalife Abdalmalik ge- storben sein. In das Jahr 87 H. (70(] n. Chr.) verlegt Ibn Atyr die Pest, welche als die , ausfegende^ schon früher besprochen wor- den ist, und die er an einer andern Stelle in das Jahr 65 H. setzt. Dann folgte die sogenannte Pest der Adeligen (al'ashräf) in Kufa, die Ibn Kotaiba mit der obigen zu verwechseln scheint. 1 Ein zweites Mal führt er sie unter dem Jahre 87 H. an. 2 Ibn Kotaiba verlegt sie in das Jahr 86 H. IIU Kreraer. In Syrien erschien die Seuche abermals im Jahre 98 H. (716 — 717 n. Chr.), von Ihn Atyr nicht genannt, dann trat sie wieder im Jahre 100 H. (718 n. Chr.) auf.' Ueberblicken wir nun diesen Zeitraum, so ergibt sich folgendes Verzeichniss der Pestepidemien nach ihrem localen Auftreten: Erstes Jahrhundert d e i- H e g i r a {&22—119 n. Chr.). Syrien Aegypteu Irak Andere Länder 6 (628) 66 (686) 18 (628) 17 (638) 85 (704) 49 (6(^.9) [ 18 (639) 53 (673) 79 (698) 69 (688) 87 (706) 70 (689) 98 (717) 87 (706) 100 (719) Es ist, wie hieraus erhellt, in tliesem Zeiträume Syrien der Hauptsitz der Pest, indem daselbst im Laufe dieses Jahr- hunderts nicht weniger als sechs grössere Epidemien statt- fanden, von kleineren, localen nicht zu reden, die ja wahr- scheinlich gar nicht besonders verzeichnet wurden. In Aegypten zeigten sich. Avenn die Angaben vollständig sind, nur zwei Pestepidemien, in den drei Städten Bassora, Kufa und Wäsit nicht weniger als sechs und in Syrien sieben. Allerdings möchte ich nicht für die Vollständigkeit dieser Auf- zeichnungen aus dem ersten .lahrhunderte einstehen, denn die regelmässige schriftliche Ueberlieferung geschichtlicher That- sachen erfolgte erst vom zweiten Jahrhundert, wenngleich schon im vorhergehenden Zeiträume schriftliche Aufzeichnungen nicht mehr ungewcihnlich waren. ^ Dennoch kann man die Nachrichten der ersten Zeit des Islams nicht für unverlässlich erklären. Nicht so sehr die Un Zuverlässigkeit, als die Lückenhaftigkeit der Nachrichten hat man vorauszusetzen. Bei der Sorgfalt, die man schon in 1 Von Ibn Atyr nicht, angeführt. ■' Vgl. Sprenger: Das Leben und die Geschichte des Mohammed, III, S. LXXXI ff. üeber die grossen Senchen des Orients nach arabischen Qnelien. 111 der frühesten Epoche des Islams der Sammluni^ weschiclitlichei- ;Ueberlieterun^en widmete, ist es zweifellos, dass man nicht nur die Nachrichten von den Worten und Tiiaten des Pro- pheten eifrigst und sorofältigst sammelte, sondern auch ge- schichtliche und biographische Notizen nicht minder aufmerk- sam verzeichnete. Aus solciien Collectaneen gingen die ersten Chroniken und Geschichtsbücher hervor. Dass nun Ereignisse, wie die grossen Epidemien, nicht leicht aus dem Gedächtnisse schwanden, bedarf wohl keines Beweises. Aber schon im zweiten Jahrhunderte H. begann das planmässige Sammeln und Ver- arbeiten geschichtlicher Nachrichten. Hiebei vergass man nicht der grossen Epidemien zu gedenken. Dass hinsichtlich der Jahreszaiilcn hie und da Schwankungen und Unsicherheiten vorkommen, darf nicht überraschen. So viel ist jedenfalls ersichtlich und erwiesen, dass in jener Zeit Syrien und das Euphratgebiet die eigentlichen Pest- heerde waren. Trotzdem scheint das Ueberspringen der Krank- heit von einer Provinz in die andere nicht häutig vorgekommen zu sein. Es kommt nur zweimal vor (für die Epidemien von 18 H. und 87 H.). Allerdings sind die zwei von 17 H. (Syrien) und 18 H. (Irak) offenbar eine und dieselbe, und vielleicht steht auch die von 98 IT. mit der von KJO H. in unmittel- barem Zusammenhange, j Ueber die localen Ursachen, welche bei der Entstehung ' dieser Epidemien mitwirkten, ist es schwer überzeugende Auf- klärung zu geben. Trotzdem soll dies hier versucht werden, obgleich die Dürftigkeit der Quellen für diese älteste Zeit einem solchen Versuche enge Grenzen setzt. Für die Pest von 6 H. fehlen uns nähere Nachrichten, und das Einzige, was wir wissen, ist, dass sie in der Haupt- stadt des Sasanidenreiches (Ktesiphon) ihren Ursprung hatte; sie mag also aus der Anhäufung grosser Menschenmassen unter Einwirkung nachtheiliger Lebensbedingungen entsprungen sein. Was die Pest von 17 und 18 H. betrifft, so haben wir bereits auf die damaligen politischen Zustände Syriens und Babvloniens hingewiesen. Es waren eben die letzten Ent- Scheidungsschlachten zwischen Byzantinern und Arabern ge- schlagen worden. Damascus, Emessa, Heliopolis ^Ba'lbek) waren von den Arabern eino^enommen worden. Heraclius hatte alle 11^ Kremer. Truppen, die er zusammenbringen konnte, nach Emessa ge- worfen und selbst aus Mesopotamien Hess er Hilfstruppen iii Eilmärschen heranziehen. Allein der arabische Feldherr in Irak zwang, indem er rasch gegen Norden vordrang, diesei Truppen, zum Schutze ihrer bedrohten Heimat zurückzueilen und die Stadt Emessa ihrem Schicksale zu überlassen. Es ist uns eine recht bezeichnende Nachricht erhalten: die byzantini- schen Soldaten sollen baarfuss zu marschiren genöthigt gewesen sein und die Kälte soll ihnen grosse Verluste verursacht haben, während die Araber weit besser dagegen geschützt waren. * ]\Ian kann sich darnach eine Vorstellung machen, welche Ent- behrungen die schlecht bekleideten und schlecht verpflegten griechischen Soldaten bei diesen ermüdenden JMärschen durch ausgesogene und verödete Landstriche zu ertragen hatten, und in welchem Maasse Krankheiten unter ihnen eingerissen haben inüssen, besonders sobald die rauhe Jahreszeit, die in Syrien recht empfindlich i.st, heranrückte. Eine Stadt nach der andern fiel in die Gewalt der Araber. In dem Jahre 1(1 H. zeigte sich schon die Pest, vermuth- lich als Folge des Krieges, der Verwüstung d«'S Landes, der Erschöpfung der Soldaten, der Noth und des Elendes der Be- völkerung. Die Seuche, befördert durch diese Umstände, nistete sich so fest ein und fand so viel Nahrungsstoft", dass sie auch noch durch die nächsten zwei Jahre 17 und 18 H. andauerte. Es tritt nun für Svrien eine längere Pause ein: zwar herrschte nach dem byzantinischen Chronisten Theophanes im Jahre 676 eine grosse Hungersnoth und Pest in Syrien und 679 abermals eine starke Hungersnoth. in Folge welcher viele Ein- wohner nach dem römischen Gebiete auswanderten; aber erst das Jahr 79 H. (698) brachte nach arabischen Berichten wieder die Seuche. Es wäre nicht unmöglich, dass dieselbe mit der Epidemie zusammenhinge, die im Jahre 696 in Constantinopel herrschte, wenn des Baron ins Angabe zuverlässig ist, und die er als Bubonenpest bezeichnet. - 1 Ibn Atyr II, 382. 2 Es ist dies verrnnthlich dieselbe Pest, welche Nicephorus Constantiuo- politanus in das Jahr (J97 n. Chr. setzt, Cedrenus aber in das zweite Jahr des Apsimarus, d. i. 697 n. Chr. üeber die grossen Seacben des Orients nach arabischen Qnellen. 113 In Aefyypten zeigten sich um- zwei locale Ej)ideniien in diesem Jalnhunderte, und zwar 66 und 85 H. ; in Syrien aber herrschte die Pest im Jahre 98 und 100 H. Im Euphratgebiete zeigte sich die Seuche fünfmal, 18, 49 (50), 53, 69 (70), 87 H. Für dieses öftere Auftreten der Pest findet sich die Erklärung in den höclist ungeordneten Verhältnissen der Provinz, welche fast beständig der Schau- platz blutiger Kämpfe zwischen den verschiedenen religiösen und politischen Parteien war. Die erste Epidemie hängt mit dem Eroberungskriege zusammen, die zweite versetzt uns in die letzten Jahre des blutigen I^ürgerkrieges zwischen 'Aly und Mo'äwijah, dessen letzte Kämpfe auf dem Boden des Euphrat- gebietes stattfanden. Die Epidemie von 69 H. (70 H.) fällt unmittelbar in die Zeit der mit grossem Blutvergiessen und Verwüstung des Landes verbundenen Kämpfe der Anhänger des Abdallah Ibn Zobair mit jenen des die Prophetenrolle sich anmaassenden RIochtar, sowie mit den wilden, fanatisirten Azra- kiten und den syrischen Truppen der Omajjaden, die allein ein festes Ziel hatten und schliesslich als Sieger aus den Kämpfen der verschiedenen politischen Parteien herv^orgingen. Es müssen auch unter diesen Zeitläufen wiederholt Nothjahre und Theuerung in der ärgsten Art eingetreten sein, denn Gähiz erzählt uns, dass man in Bassora sogar Menschenfleisch verzehrte. Ob mit dem Erscheinen der Seuche im Jahre 69 H. der Einfall der Griechen zusammenhängt, welche, unterstützt von den Mardaiten, gegen Ende dieses Jahres in Syrien einbrachen, ist bei der Dürftigkeit unserer Quellen nicht mehr zu ent- scheiden. Die Pest von 87 H. (706) scheint aus Mesopotamien zu stammen, wo sie ein Jahr früher besonders in Sarug wüthete.' Die Epidemie von 98 H. in Syrien hängt wohl mit den Feldzügen der Byzantiner und der Belagerung Constantinopels durch die Araber unter Maslama zusammen. Omar II. rief nämlich die unter Maslama Constantinopel belagernden Truppen zurück, um sie gegen die Chärigiten zu verwenden.- Die Pest- epidemie von 100 H. (718) scheint mit der von Constantinopel vom Jahre 717 zusammenzuhängen. ' Ritter: Erdkunde X, 290. || 2 Weil: Geschichte der Chalifen I, 566, 568, 585. Sitzungsber. d. pbil.-bist. Cl. XCVI. Bd. I. Hft. 114 Kromer. Wir g-ehen nun zum zweiten Jahrhunderte der Hegira über. Die Pest vom Jahre 107 H. (725) wird von Ibn Atyri um ein Jahr später angesetzt, dann folgt die Pest des Jalires 115 H. (733) nach Ibn Atyr, der aber für 114 H. (732) eine Pest in Wäsit verzeichnet, während nach dem Mirfat alzamän das Jahr 116 H. (734) hiefür angegeben wird. Für Irak sind folgende Epidemien zu verzeichnen: IIG H. (734), die offenbar mit der in Syrien im Jahre 115 H. herr- schenden Seuche zusammenhängt, dann 127 H. (745) in Bassora, welche Pest nach einem Manne, der daran starb, die Pest des Ghoräb genannt ward, dann wieder in Bassora die Pest des Salm Ibn Kotaibah im Jahre 131 II. (749), die daselbst in» den Monaten Sha'bäu und Ramadan (April, Mai) herrschte und erst im Monate Shawwal (.Juni) nachliess.' Nach einigen Geschichts werken soll während der ganzen Zeit der omajjadischen Dynastie die Pest nicht aufgehört haben in Syrien zu herrschen, so dass die Chalifen, wenn die Jahres- zeit kam, wo die Seuche aufzutreten pflegte, regelmässig sich in die Wüste zurückzogen. Aus diesem Grunde soll deri Chalife Hishäm seinen beständigen Aufenthalt in Rosäfa geh noramen haben. Mit der Dynastie dci- Ab]);'isiden Hess die Pest nach. Zwar zeigt sie sich noch im Jahre 140 H. (703) in Bagdad, aber nun tritt nach den arabischen Aufzeichnungen ein längerer I Zwischenraum ein, denn der nächste Pestausbruch, dessen die Chronisten erwähnen, ist der von 221 II. (836 n. Chr.) in Bassora. Es liegt also zwischen dieser und der vorhergehen- den Epidemie ein Zeitraum von fünfundsiebzig Jahren. Die Thatsache des Verschwindens der Pest mit dem Auftreten der abbäsidischen Dynastie ward übrigens auch vom Parteistandpunkte benützt. Ein abbasidischer Staatsmann sagte in Damascus in einer öffentlichen Rede : es sei als be- sondere Gnade Gottes anzusehen, dass die Pest aufgehört habe, seit die Abbäsiden zur Regierung gelangt seien. Aber Einer der Anwesenden, ein ergebener Anhänger der gestürzten Dy- nastie, antwortete sehr schlagfertig: Gott sei zu gnädig, um ' Dieser Statthalter liatte seinen Posten inne bis in das Jahr 140 H. Ibn Atyr. üeber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 115 zwei solche Geissein, wie die Pest und die Abbusiden, gleich- zeitig zu verhängen. Für die Glaubwürdigkeit dieser Anekdote wird von dem Chronisten Ibn 'Asakir der bekannte Philologe und Vielwisser TAsma'y namhaft gemacht. ; Aus dem Vorhergehenden ergibt sich die nachfolgende 'Zusammenstellung der Epidemien des zweiten Jalirhunderts der Hegira: Zweites Jahrhundert der Hegira (719— 81G n. Chr.). Syrien Acgypten Irak Andere Länder 107 (725) 116 (734) 134 (751) lir. CiS^) 127 (745) 116 (734) 131 (749) 146 (763) 158 (775) ', Svrien ist gerade in den letzten Zeiten des Verfalles der ( )iiuijjaden der Schauplatz der heftigsten Kämpfe, fast un- . unterbrochener Unruhen, während in Irak die Anhänger der Abbäsiden immer kühner das Haupt erheben und alsbald den offenen Kampf gegen die Chalifen von Damascus beginnen. Diese schon unter der Dynastie der Omajjaden stark ver- I wüstete Provinz, wo jede Störung der regelmässigen Agricultur eine Vernachlässigung der Canäle und als Folge davon die Versumpfung oder Verödung grosser Landstrecken herbei- . führte, blieb bis zu Ende der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts der Sitz fast regelmässig von zehn zu zehn Jahren wieder- ' kehrender Epidemien. In Syrien hingegen, dessen ganze Be- schaffenheit vom hygienischen Standpunkte unvergleichlich günstiger ist, zeigte sich die Seuche nur zweimal, denn die Epidemie von 115 H. (733) und 116 H. (734) ist ja offenbar eine und dieselbe. Von diesen syrischen Epidemien ist die Pest von 107 H. (725) vereinzelt, i denn ich wüsste nicht einen Zusammenhang mit einer gleichzeitigen Seuche nach- , zuweisen. Aber es ist gut, hiezu die Bemerkung beizufügen, dass im selben Jahre zwei arabische Heere nach Kleinasien 1 ^ Ibn Atyr verlegt sie ins Jalir 108 H. 8* WQ Kremer. vordrangen. Nach griechischen Berichten belae^erten sie Nicaea ohne Erfolg und kehrten mit reiclier Beute lieim. Sollte die Epidemie mit diesem Kriegszuge im Zusammenhange stehen ? ' Aehnliches gilt von den Epidemien von 115 und IKJH. (733, 734), die sich ebenfalls nach Irak verbreiteten oder viel- leicht auch von dort nach Syrien übersprangen. Bestimmtes hierüber zu sagen, ist bei der Mangeliiaftigkeit der Quellen unmöglich. Ebenso fehlen uns nähere Nachrichten über die Epidemie von 127 H. (745j. Es scheint, dass dieselbe gleich- zeitig auch in Syrien auftrat. - Die Pest von 131 II. (749) hingegen soll zwar nach den vorhandenen Berichten nur im Euphratlande aufgetreten sein, aber es scheint nicht ganz ungerechtfertigt, sie mit jener grossen Pest in Verbindung zu bringen, die im Jahre 74ß bis 748 zuerst in Sicilien und Calabrien sich entwickelte und dann bis Constantinopel sich verbreitete. •"' Es war die eigentliche Bubonenpest und deshalb erhielt sie den Namen Biibonia. Bios localer Natur scheint die Epidemie von 134 II. (751) in Ray (Persien) gewesen zu sein, und dasselbe scheint von der Epidemie des Jahres 140 H. (7G3) zu gelten, die in Bagdad erschien, welche Stadt gerade ein paar Jahn- früher gegründet worden war. ' Wir liaben schon darauf aufmerksam gemacht, dass nunu fast gleichzeitig mit dem Siege der neuen Dynastie der Abbä-d siden eine längere Pause eintritt. Es y;il)t wold keinem! 1 Weil: Geschichte der Chalifen I, S. G37, der nur felilerhaft Nycea statt Nicaea schreibt. 2 Vgl. Weil: Geschichte der Chalifen I, G6S. 3 Nach Nicephonis Byzantinus, der sie ins Jahr 747 verlegt, dauerte sie ein Jalir lang und vernichtete fast die ganze Bevölkerung von Con.stan- tinopel. Vgl. Nicephorus Constantinopolitinus, Bonn, S. 70. Ilieniit stimmt auch das Chronicon Sigeberti Gemblatensis, welches bericlitet, dass im Jahre 748 unter der Regierung des Constantinus Co])ronynius in Sicilien und Calabrien eine heftige Seuche auftrat, die Bubonia genannt ward und sich bis Constantinopel ausbreitete. Vgl. auch Cedrenus' Nach- richt von der Pest im sechsten Jahre der Regierung des Constantinus Caballinus Iconomachus. * Ibn Atyr kennt weder diese Pest, noch die der Jahre 127, 131 und 134 H. Hingegen führt er eine Pest im Jahre 158 H. (775) an, jedoch ohne Ortsangabe. Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 117 n schlagenderen Beweis für den Zusammenhang- der allgemeinen politischen und socialen Lage mit dem Auftreten der Pest, als dieses plötzliche Verschwinden der schrecklichen Landplage des Ostens. Das Euphratland ward nun der Sitz der neuen Dynastie, unter welcher diese Provinz zu ausserordentlicher ßlüthe sich erhob. Man entsumpfte das Land, baute neue Canäle und stellte die alten wieder her. Die neue Reichs- nauptstadt, Bagdad, Avard schnell das grösste Handelscentrum, der Wohlstand entwickelte sich, und durch die Erleichterung les Verkehres entfiel die Gefahr der Theuerung und Hungers- üoth, dieser beiden Geissein orientalischer Völker. i Aber eine noch merkwürdigere Thatsache, als das Auf- lören der Pest mit dem Regierungsantritt der Abbasiden, ist 3S, dass in den ersten zwei Jahrhunderten der ITegira Aegypten V^on der Pest fast ganz verschont blieb. Es ist nicht leicht diese Thatsache zu erklären, und volle Gewissheit über die Ursachen zu gewinnen, welche dieses Resultat herbeiführten, st wegen der Dürftigkeit der Quellen und des Mangels gut i'erbürgter Thatsachen äusserst schwer. Aber auf einen Um- stand möchten wir besonderes Gewicht legen : es ist der, iass Aegypten durch seine geographische Lage su ziemlich solirt war von dem Reste des Reiches; dass die fortwährenden Kämpfe mit den Byzantinern den Schiffsverkehr mit Con- jtantinopel und Kleinasien fast ganz verhinderten; dass, während Syrien und die Euphratländer der Schauplatz heftiger Kämpfe der politischen Parteien waren, Aegypten fast ganz unberührt \'0u diesen Streitigkeiten blieb. Dass diese Verhältnisse von maassgebendstem Einflüsse mf den Gesundheitszustand des Landes waren, ist nicht zu bezweifeln, aber ob sie allein hierauf bestimmend einwirkten, ist mehr, als ich zu behaupten vermöchte. Auch könnten kleinere Epidemien vorübergegangen sein, ohne dass sie in den Chroniken verzeichnet wurden, obgleich hiebei zu be- merken ist, dass auch Ibn Taghrybardy, der gewissenhafteste Chronist seines Landes, keine Pest im zweiten Jahrhundert in Aegypten nennt. ! Aber die Thatsache steht fest, dass sich das Nilthal in diesem Zeiträume eines weit günstigeren Gesundheitszustandes erfreute, als die übrigen Provinzen des Chalifenreiches. Dies 118 Kremer. allein genügt, um die Ansichten jener zu widerlegen, die ge- wöhnlich, mit grossem Mangel an Sachkenntniss, Aegypten als den Herd der Pest, als die eigentliche Brutstätte der Epidemie bezeichnen, indem sie besonders die UeberschwemmuDgen des Landes durch den Nil als erschwerenden Umstand anzuführen pflegen, ohne zu wissen, dass die Ueberschwemmuug, bei gutem Stande des Canalnetzes, der grüsste Segen für das Land ist. Wir gehen nun zum dritten Jahrhundert der Hegira über und lassen die Zusammenstellung der Epidemien hier folgen: « Drittes Jahrhundert der Hegira (816—913 n. Chr.). Syrien Aegypten Irak Andere Länder 221 (836) 258 (872) 240 (863) 288 (901) 258 (872) 299 (912) Es ist wohl zu beachten, dass in dieser Periode nicht blos in Aegypten keine grosse Epidemie erscheint, sondern Syrien gleichfalls von der Pest frei bleibt. Sollte diese That- sache sich dadurch erklären, dass der Sitz der Regierung von dort nach Irak übertragen worden war? Mit der Verlegung der Residenz nach der neuen Reichs- hauptstadt am Euphrat vollzog sich, wie dies im Orient noch weit mehr als im Abendlande der Fall ist, eine förmliche Völkerwanderung; ein gewaltiger Tross von Grossen und Reichen, von Regierungsbediensteten, so wie das Heer nahmen nun den Sitz in Bagdad, und Damascus, die frühere Reichs- hauptstadt sank zu einer Stadt zweiten Ranges herab. Syrien hörte nun auch für einige Zeit auf der Schauplatz der politi- schen Kämpfe zu sein. Diese Umstände mögen zum Schwinden der Epidemie nicht wenig beigetragen haben. Erst als sich in Folge der starken Zunahme der Bevölkerung in den grossen Städten neue Krankheitskeime ausbildeten, traten wieder die Epidemien häufiger auf. Die erste Pestepidemie in L-ak soll die von Bassora im Jahre 221 H. (836 n. Chr.) gewesen sein, ' dann folgte ein i Fehlt bei Ibn Atyr. Fl lieber die grossen Senckeu des Urieuts nach arabischen Quellen. 110 Ausbruch im Jahre 249 H. (863), ferners 258 H. (872) eben- daselbst und im Ahwäz. ' Im Jahre 288 (901) herrschte die Pest in Aderbeigan und zu Barda'a im Kaukasusgebiete.- Die Pest von 299 H. (912) herrschte in der Provinz Färis, dem eigentlichen Persien. ^ Syrien, das in diesem Zeiträume von keiner grösseren Epidemie heimgesucht ward, hatte dagegen von furchtbaren Erdbeben viel zu leiden, die starken Verlust an Menschen- leben verursachten. Im Jahre 232 H. (846 — 847) richtete ein Erdbeben grosse Zerstörungen in Damascus, IJoms, Antiochien und Mosul an, im folgenden Jahre ward Damascus abermals heimgesucht und ein Dorf in der Ebene von Damascus gänz- lich zerstört, in Antiochien kamen bei 20.000 Menschen um. Im Jahre 239 H. (853 — 854) fand ein Erdbeben in Tiberias statt, ein Stück des Berges löste sich ab und zerschmetterte viele Menschen; im folgenden Jahre fand ein Erdbeben im Gebiete von Kairawän statt, wodurch dreizehn Dörfer ver- nichtet wurden; 242 H. (856 — 857 j war ein Erdbeben in Persieu, wobei in Dameghän viele Tausende umkamen und die Hälfte der Gebäude einstürzten; es erstreckte sich bis Kay, Isfaliän, Naisäbur, Komm, Käshän u. s. w. ; 245 H. (859 — 860) erschütterte ein Erdbeben ganz Syrien und erstreckte sich in Mesopotamien bis Edessa. ^ ' Nach Sojuty; für die zweitgenannte nach Ibu Gauzy und Ihn Atyr. - Nach Sojuty und Ihn Gauzy im Montazam. 3 Fehlt bei Ihn Afyr. * Alles nach dem Muntazam des Ihn Gauzy. In der Monographie über die Erdbeben, von Sojuty, welche durch meinen verehrten Freund Dr. A. Sprenger im Joui-nal of the Asiatic Society of Bengal, 1843, vol. II, p. 741, bekannt gemacht worden ist, finden wir folgende Liste der Eidbeben in den ersten drei Jahrhunderten der Hegira: 94 H. (712 bis 713) in Aden und Syrien, besonders Antiochien; 98 H. (716 — 717) in Syrien; 130 H. (747—748) in Damascus; 131 H. (748—749) eben- daselbst; 180 H. (796—797) inAegypten; 187 H. (803) in Masia; 203 H. (818—819) in Chorasän; 220 H. (835) in Antiochien, das fast gänzlich zerstört ward; 224 H. (838—839) in Ferghäna; 225 H. (839—840) in Chuzistän; 232 H. (846 — 847) in Damascus, erstreckte sich bis Antio- chien, Mesopotamien und Mosul, bei 150.000 Menschen sollen dabei um- gekommen sein; 233 H. (847—848) in Damascus; 234 H. (848—849) in Herät; 239 H. (853—854) in Tiberias; 242 H. (856—857) allgemeines Erdbeben, in Tunis sollen bei 45.000 Menschen dabei umgekommen sein, 120 Kremer. Die grossen Epidemien des nächstfolgenden Jahrhunderts sind hier zusammengestellt: Viertes Jahrhundert der Hegira (913—1010 n. Chr.). Syrien Aegypten Irak Andere Länder 301 (913) 324 (936) 346 (957) 344 (955) ^ 347 (958) 347 (958) ' Auch in diesem Zeiträume bleiben Syrien und Aegypten frei von der Pest, hingegen zeigt sie sich nun öfters in Irak. Die Epidemie von oOl (913) erlangte keine besondere Ver- breitung und herrschte nach Sojuty in Bagdad, nach Ihn Taghrybardy auch in der syrischen Wüste. Ihn Atyr be- merkt zu dieser Epidemie, dass in demselben Jahre die Blut- krankheiten (alamräd aldamawijjah) in Irak stark überhand nahmen. Sie rissen am stärksten in Bagdad ein im Stadt- theile Harbijja, wo die Wohnjiäuser geschlossen werden mussten, weil alle Inwohner ausgestorben waren. Die Epidemie von 324 H. (i>36) brach in Isfahän aus und 1 dürfte wohl mit der Hungersnoth in Zusammenhang stehen, die 323 H. in Chorasan herrschte (Ibn Atyr). Die Seuche vom Jahre 343 H. (954), welche nach Ibn Atyr in (^horäsan und i Gibäl herrschte, hängt offenbar mit der Kpidemic zusammen, die im Jahre 344 H. (955) über Isfahän, Ahwäz und Bagdad sich verbreitete (Hamza Isfahäny, Ibn Atyr). Weitere Seuchen kamen mit den Jahren 346 und 347 H. Die Krankheit trat zuerst in Irak, und zwar in der Form einer Halsentzündung auf und hatte einen sehr raschen tödtlichen Verlauf; im Jahre 347 H. aber entstand eine heftige Seuche in der Provinz Gabal. ' Im Jahre 346 H. fanden auch heftige Erdbeben in Irak, Gibal, Komm und Umgebung statt. -^ es erstreckte sich über Jemen, Choräsän, Färis, Syrien; Bistäm, Käshän, Komm, Ray, Dämeghän, Naisäbur, Ispahän und Taberistan litten mehr oder weniger; 2i5 H. (859 — 860) allgemeines Erdbeben, bei Antiochia stürzte ein Berg in den See; 249 H. (863—864) in Ray; 268 H. (881 bis 882) in Bagdad; 280 H. (893—894) in Ardebyl; 289 H. (902) in Bagdad. 1 Ibn Atyr. 2 Ebenfalls Ibn Atyr. Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 121 Ueber die Entstehungsursachen fehlen genügende Nach- richten, aber es ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass fast gleichzeitig mit diesen Epidemien in Bagdad und in Irak in rascher Aufeinanderfolge Hungersnoth und Theuerung auf- traten als Folge der Uebervölkerung der grossen Stadt, der ungeordneten politischen Zustände, der Verwüstung der Länder durch die Aufstände und Kriege (Karmaten), wodurch Irak, früher die reichste Provinz, gänzlich zu Grunde gerichtet worden war, so dass allmälig die Auswanderung mehr und mehr um sich griff, eine Erscheinung, die bei dem an Haus und Hof hängenden Orientalen jedenfalls auf einen nahezu unerträglich gewordenen Grad socialen und politischen Elends hindeutet. ' Mit dem fünften Jahrhundert der Hegiru tritt die all- gemeine ungünstige Wendung viel deutlicher hervor: 406 H. (1015) ward Bassora,'^ 423 H. (1032) wurden Indien und Persien heimgesucht, und diese letzte Epidemie ging von Indien aus und verbreitete sich über Persien bis nach Bagdad. ^ Die Seuche wüthete mit beispielloser Heftigkeit. In jNIosuI starben im selben Jahre 4000 Kinder an den Pocken (Sojuty, Ibn Atyr). In Shyräz war 425 H. (1034) ein Pestjahr und die Seuche verbreitete sich nach Bagdad und Bassora. ' In Aegypten, Syrien und Bagdad herrschte sie wieder im Jahre 448 H. (1056) gleichzeitig mit Hungersnoth, und auch im folgenden Jahre hielt die Pest sowie die Hungersnoth in Irak und Bagdad an, während in Samarkand und Bochärä die Pest so heftig war, dass in jenem Landstriche 1,600.000 Menschen daran gestorben sein sollen. ■'' Dann erschien die Pest 455 H. (1063) in Aegypten, wo sie zehn Monate andauerte. •' In Europa soll die Pest im Jahre 1065 fast allgemein aufgetreten sein, während gleichzeitig durch den Einbruch der Uzen nach Thracien, Macedonien und Griechenland die Pestilenz in diese 1 Ibn Atyi- Ä. 358. 2 Ibn Atyr. 3 Ibidem. '* Nach Ibn Atyr war es die Bräune (Chawänyk\ die in Syrien, Irak, Stosul und Chuzistän epidemisch auftrat. ^ Ibn Atyr. 6 Ibidem. 122 Kremer. Länder gebracht wurde und mehrere Hunderttausende dieser Völkerschaften hiuwegraffte. ' Im Jalire 469 H. (1076 — 1077) aber erschien die Pest in Damascus und wüthete daselbst so heftig, dass die Bevölkerung, welche damals eine halbe Million betrug, auf oO.CKX) sank. - Im Jahre 478 H. (1085 u. Chr.) zeigte sich die Pest in Irak und verbreitete sich, wie es scheint, fast über die ganze alte Welt, besonders wüthete sie in Italien. >* Wir gewinnen somit den folgenden Ueberblick der Seuchen im : Fünften Jahrhundert der Hegira (1010—1107 n. Chr.). Syrien Aeprypten Irak Andere Länder 448 (1056) 448 (1056) 406 (1015) 423 (1032) 469 (1076) 455 (1063) 423 (1032) 425 (1034) 425 (1034) 449 (1057) 448 (1056) 478 (1085) Der fortschreitende ticnnumischc und jtolilische Verfall des Chalifenreiches rindet seinen Ausdruck in der Chronik der Seuchen. Zum ersten Mal nach zweihundert Jahren werden Syrien und Aegypten wieder von der Pest heimgesucht und springt dieselbe sogar auf andere Länder über. Einmal er- scheint sie auch selbstständig in Aegypten. Es hatte sich in diesem Lande ein ungünstiger Wechsel der Verhältnisse vollzogen : ungefähr seit dem Jahre 358 H. (969 n. Chr.) waren die Fatimiden die Beherrscher dieses Landes geworden, und von nun an lagen sie in erbittertem Kampfe mit den Chalifen von Bagdad. Syrien ward der Schauplatz der beständigen Kämpfe zwischen den ägyptischen Heeren und den Truppen der Chalifen, sowie der daselbst allmälig an Zahl und Macht zunehmenden Lehensfürsten, deren jeder, so gut er eben konnte, Land und Leute ausbeutete. Die erste Epidemie in diesem Zeiträume ist die von 406 H. Im Jahre 405 H. herrschten sowohl in Irak als in den an- 1 Baronius: Annales. 2 Nach Ibn Atyr auch in Irak und Mesopotamien. 3 Peinlich: Geschichte der Pest II, 394. Uebw die grosseu Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 123 grenzenden Theilen Mesopotamiens, Aderbeigans und Persiens sehr ungeregelte Verhältnisse. In Mesopotamien war der Kampf entbrannt zwischen den Mazjad und Dobais, zwei mächtigen Häuptliugstamilien, und auch die Kurden mischten sich als gefährliches Element der Zerstörung in diese Kämpfe. Der Bujidenherrscher setzte seine Eroberungen fort, annexirte Ray und Theile des Fürstenthums des Kurdenhäuptlings Badr Ibn Ilasanaweih. Land und Volk litten unsäglich unter diesen Umständen, nicht blos durch Plünderung, Requisitionen der fortwährenden Truppenzüge, sondern auch die Verwaltung der Bujiden, mit einziger Ausnahme der des Sultans 'Adod aldaulah, war höchst räuberisch. Im Jahre 406 H. (1015) setzte der Bujidenfürst (Soltän aldaulah), der über Irak herrschte, seinen Wezyr ab, welcher mit der Verwaltung dieser Provinz betraut war: man fand, dass, obgleich er den Posten nicht länger als vierthalb Jahre inne- gehabt, sein Vermögen eine Million Dynars (über 12 Millionen Francs) betrug, mit Ausschluss der Einrichtuugsgegenstände.^ Dieser Ehrenmann ward nach seinem seligen Ende nach Ker- belä transportirt, um dort in heiliger Erde bestattet zu werden. - Es hatte nämlich um jene Zeit, unter dem Einflüsse der den shy'itischen Ansichten ergebenen Bujidenfürsten, die Sitte ihren Ursprung genommen, in Kerbelä, der shy'itischen Cultusstätte, sich beerdigen zu lassen. Leichname angesehener und hoch- gestellter Personen wurden oft aus grosser Entfernung her zum Grabe 'Aly's nach Kerbelä transportirt. Ibn Atyr führt einen Fall an, wo ein kurdischer Fürst, der einem Meuchelmorde zum Opfer gefallen war, zur Beerdigung nach Kerbelä über- trafen wird. ^ Ich hebe diesen Fall hervor, weil dies das früheste mir bekannte Beispiel jener Unsitte ist, die sich bis auf die Gegenwart erhalten und die Leichenkarawanen von Kerbelä zu einem der gefährlichsten Vehikel der Pest gemacht hat. Zu solchen allgemeinen höchst ungünstigen Verhältnissen kamen noch im Jahre 406 H. anhaltende und ausserordentlich heftige Regengüsse. Das Auftreten der Pest, die zuerst in 1 Ibn Atyr IX, 18-2. 2 Schon Byruny kennt Kerbelä als Wallfahrtsort der Shy'iten. Byruny, ed. Sachau, S. 329. 3 Ibn Atyr IX, 173. 124 Kremer. dem ohnehin höchst ungesunden Bassora sich zeigte, hat somit durchaus nichts Ueberraschendes. ' Die nächste Epidemie erschien im Jahre 423 H. Blutige Aufstände der türkischen Soldtruppen, Kämpfe der einzelnen Prinzen des in vollem Verfalle befindlichen Hauses der Bujiden und endlich eine furchtbare Dürre, mit folgender Theuerung der Lebensmittel, waren die Vorläufer der Pest, die nach Ibn Atyr im Jahre 423 H. (1032), nach anderen Angaben aber erst 425 H. (1034) auftrat, wenn nicht die beiden Jahreszahlen auf eine und dieselbe Seuche sich beziehen; die Epidemie von 423 H. verbreitete sich über den ganzen Orient, stammte aber aus Indien, und drang selbst bis in die Nähe von Constantinopel gegen "Westen vor. - Der Gang derselben war von Osten nach Westen, denn sie trat zuerst in Shyräz auf und sprang dann nach Bassora und Bagdad über. ^ Die Seuche von 448 H. (10ö«>) suchte Syrien, Aegypten und Bagdad heim imd trat im folgenden Jahre in Persien auf. Die Pest von 455 H. (1063)' blieb auf Aegypten beschränkt und hielt zehn IMonate lang an, sie begann im Frühjahre und dauerte bis Ende Herbst; dann erschien sie 469 H. (1076 bis 1077) in Damascus, wo der grösste Theil der Bevölkerung hinweggerafft ward, und nochmals 478 H. (1085 — 1086) in Irak, •• wo dieselben Ursachen der Auflösung, wie früher, in vollster Thätigkeit waren. Es ist zu beachten, dass diese orientalisclien Epidemien von 1056 — 1086 mit jener Seuche zusammentreffen, die Europa in der zweiten Hälfte des eilften Jahrhunderts verheerte, und welche unter den Namen ,des heiligen Feuers, des Antoni- feuers, der Brandpest^ bekannt ist. Es scheint in der That 1 Ibn Atyr IX, 184. 2 De Guignes: Histoire des Huns III, 174. Schnurrer: Chronik der Seuchen. ^ Sojuty, Ibn Atyr, * Ibn Atyr kennt sie nicht; er verzeichnet nur ein grosses Erdbeben. ^ Nach Sojuty; nach Ibn Atyr trat schon im Jahre 468 H., in Folge eines Diu-chbruches der Dämme, wodurch das Land im Sawäd überschwemmt ward, eine Seuche im Gebiete von Bagdad auf. Die Pest von 469 H. herrschte nicht blos in Damascns, sondern auch in Mesopotamien, Irak und Syrien. Die Pest vom Jahre 478 H. kennt Ibn Atyr nicht, hin- gegen fand nach ihm ein heftiges Erdbeben in Chuzistan und Färis statt. Ueber dip grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 125 kaum einem Zweifel zu unterliegen, dass zwischen diesen asiatischen und europäischen Epidemien ein Zusammenhang bestand, wenn auch aus den Jahreszahlen eine Gleiclizeitigkeit sich nicht nachweisen lässt. Dass ein solcher Zusammenhang stattfand, dafür spricht auch noch eine andere Thatsache. Nach einer Angabe, die Schnurrer in seiner Chronik der Seuchen hervorhebt, berichtet Cedrenus, dass im Jahre 1036 in mehreren Gegenden verheerende Halsentzündungen herrschten. Nun be- richtet aber auch Ibn Atyr zur Epidemie von 425 H. (1034), dass dieselbe keine eigentliche Pest gewesen sei, sondern eine Art von epidemischem Croup (Chawanyk). Und diese Krank- heit scheint durch längere Zeit ihren bösartigen Charakter be- wahrt zu haben, denn Ibn Forät berichtet zum Jahre 540 H. (1145 — 114G), dass in Bagdad und Umgegend eine grosse Sterb- liclikeit eingetreten sei in Folge Anschwellung des Schlundes.' Im sechsten Jahrhundert der Hegira, zu dem wir nun- mehr gelangen, trat anscheinend eine günstigere Wendung ein. Die Epidemien werden seltener. Im Jahre 537 H. (1142 bis 1143) herrschte die Seuche (Pest) in Damascus und in Iloms,^ ebenso wie in Kairo und Alexandrien,^ 552 H. (1157) zeigte sie sich im Grenzdistrikte von Jemen und l.Iigäz, während Syrien in demselben Jahre durch furchtbare Erdbeben heimgesucht und verwüstet wurde. Locale Pestepidemien traten im Jahre 558 H. (1163), 575 H. (llTiJ— 1180) und 598 H. (1201 bis 1202)^ auf. Wir erlialten daher folgende Tabelle der Epidemien des sechsten Jahrhunderts : Sechstes Jahrhundert der Hegira (1107—1204 n. Chr.). Syrien Aegypten Irak Andere Länder 537 (1142) 537 (1142) 558 (1163) 552 (1157) 558 (1163) 575 (1179) 598 (1202) ^ Ibn Atyr nennt diese Epidemie nicht. 2 Nach Ibn Atyr in Aegypten und anderen Ländern. 3 Ibn Forät. * Ibn AtjT kennt die Pest von 558 nicht und setzt die von 598 in das Jahr 597. 126 KrcmoT. I Ueber die erstgenannte Epidemie vom Jahre 537 H. haben wir schon oben g-esprochen. Ueber die Seuche von 552 H. hat uns Ibn Forät Nachricht gegeben und gleichzeitig eine aus- führliche Beschreibung der grossen Erdbeben geliefert, die im i selben Jahre Syrien verwüsteten. ' Ich lasse hier die Stelle folgen. , Mehrere Geschichtschreiber/ sagt er, , berichten, dass in diesem Jahre (552 H.) das grosse Erdbeben stattfand, das man unter dem Namen des Erdbebens von Hamah kennt und welches dreizehn Städte zerstörte, und zwar Hamah, Haleb, Ma'arra, Shaizar, Kafrtab, Apamca, Homs, Teil Harran, l.Iii?n elakrad, 'Arkä, Ladikija, Tripolis und die Umgegend.' Ibn Gauzy, der Chronist, sagt: ,Im Monate Ramadan dieses Jahres (October) kam nach Bagdad die Nachricht, dass in Syrien während des Monats Ragab (August) heftige Erdbeben statt- gefunden hätten, welche dreizehn Städte zerstörten, wovon acht im islamischen Gebiete und fünf im Gebiete der Ungläubigen (der Franken). Die im islamischen Gebiete gelegenen Orte sind: Ilaleb, I.lamah, Shaizar, Kafrtäb, Apamea, Homs, Ma'arra, Teil l.Iarrän; die im Gebiete der Ungläubigen gelegenen ( )rte sind: Hisn alakrad, 'Arkä, Läclikija, Tripolis, Antiochien. Was Haleb (Aleppo) anbelangt, so gingen daselbst fünfhundert Per- sonen zu Grunde, in Hamäh fand fast die ganze Bevölkerung, bis auf einen geringen Theil, den Untergang; in Shaizar kam Alles um, ebenso in Kafrtab; Apamea ward ganz zerstört und die Citadelle versank in die Erde: von I.Iom? kam der grösste Theil der Einwohner um; Ma'arra ward zum l^heil zerstört, aber in Teil Harran spaltete sich der Hügel, auf dem es stand, und darinnen kamen Tempel und alte Bauten zum Vorschein. Dies sind die Orte im islamischen Gebiete; was aber die im Gebiete der Franken gelegenen Orte anbelangt, so wurden IJisn alakrad und 'Arka, ganz, Ladikija und Antiochien fast ganz zu Grunde gerichtet Auch Gabala und Gobail, sowie Salamija litten von demselben Erdbeben, dessen Wirkung sich bis nach Raljba und Umgebung erstreckte. Tripolis ward zum grössten Theil zerstört, während in Antiochien sich ein Theil der Einwohner retten konnte Auch Beirut, ' Ibn Atyr berichtet von einer grossen Hungersnoth in Choräsän in diesem Jahre. üeber die gössen Sencbeu des Orients nach arabischen Quellen. 127 Tyrus, Saidfi, 'AkkA und die übrigen festen Plätze der Franken litten stark. Das Meer wich bis Cypern zurück, warf die Schilfe an den Strand und überfluthete dann die Küste gegen Osten zu. Nach Ibn Gauzy kamen in diesem Erdbeben über eine Million Menschen um." In diesem Jahre waren Regengüsse und Gewitter in Bagrdad sehr häufig und herrschten die Pocken unter den Kindern, sowie acute Krankheiten unter den Erwachsenen. Auch eine Theuerung der Lebensmittel kam hinzu. Ausserdem aber trat eine heftige Pest in Mittelarabien an der Grenze zwischen Jemen und i.Iigäz auf. Ich füge hier die diesbezügliche Stelle aus der Chronik des Ibn Forät ein: ,In diesem Jahre brach eine grosse Seuche (wabä') in dem Gebiete zwischen Higaz und Jemen aus. Es wohnte dort ein Volk in zwanzig Dörfern, wovon achtzehn gänzlich ausstarben, so dass ihre Ileerden und Habe ohne iMgenthümer blieben; niemand konnte in einem dieser Dörfer sich niederlassen, oder es nur betreten, ohne sofort zu sterben. In den zwei übrigen Dörfern aber starb niemand, ja sie wussten nicht einmal, was in den Nachbardörfern vorgefallen war.' Das Gebiet, von dem hier die Rede ist, halte ich für identisch mit dem Assyrlande, in welchem also, wenn diese Vermuthung richtig ist, Pestausbrüche nichts Neues sind. Es erübrigt nur noch über die Epidemie von 558 H. . (1163) Ibn Foräts Nachrichten hier folgen zu lassen. Er be- ! richtet, dass heisse Luftströmungen aus der Gegend von Apainea i gegen Aleppo hin sich zeigten, die sogar bis in die Euphrat- gegend vordrangen, wodurch die Saaten und Baumwollfelder versengt wurden; eine äusserst starke Sterblichkeit sei die Folge davon gewesen, und darauf hätte sich eine Pest (wabä') eingestellt, gleichzeitig mit einer grossen Theuerung der Lebens- mittel. Das nächstfolgende Jahr sei fast ebenso unglücklich gewesen, denn es mangelte in Folge der grossen Dürre das Grünfutter in der Umgegend von Bagdad und sehr viel Vieh ging auf diese Art zu Grunde. - ' Gleichzeitig mit di'^sem grossen syrischen Erdbeben fand ein solches in Sicilien statt. Diese Erdbeben dauerten in Europa noch weit über ein Jahrzehent hinaus. Peinlich: Geschichte der Pest in Steiermark I, 298. 2 Ibn Atyr weiss nichts hievon zu berichten. 128 Kremer. Die von Sojuty kurz angeführte Pest von 575 FT. (1179 bis 1180) kennt Ibn Forät nicht, ebenso wenig wie die ganz locale Epidemie von 598 H. (1201—1202), worüber der ge- lehrte Arzt Abdallatyf in seiner Beschreibung von Aegypten Nachricht gibt. ' Von ihm vernehmen wir, dass im Jahre 597 H. (1200—1201) eine furchtbare Hungersnoth in Aegypten herrschte, die noch im nächsten Jahre furtdauerte, wo dann die grosse Pest in den Provinzen Fajjum, Gharbiijeh, sowin in Damiette und Alexandrien wüthete.- Indem wir nun zum siebenten Jahrhunderte kummen, machen wir darauf besonders aufmerksam, dass während in Aegypten die Pest in erschreckendem Maasse zunimmt, sie in den anderen Ländern auffallend nachlässt, wie es aus der nach- stehenden Zusammenstellung der Seuchen ersichtlich wird. Siebentes Jahrhundert der Ilegira (1204—1301 n. Chr.). Syrien Aegypten Irak Andere Länder 656 (1258) 6.^3 (1236) 656 (1258) 672 (1273—1274) 694 (1295) 695 (1296) Von diesen Epidemien nennt Sojuty nur die vom Jahr«- 633 H., jene von (556 II. nennt Makryzy, und die drei letzten beruhen auf dem Berichte des Ibn Forat. Es ist höchst überraschend, in diesem Zeiträume die Pest plötzlich allenthalben im Oriente fast ganz erlöschen zu sehen, während sie in Aegypten mit erneuerter Heftigkeit auftritt. Denn wenn auch vielleicht kleinere Epidemien hie und da vorkamen, die von den Annalisten unbeachtet blieben, und einzelne der ägyptischen Epidemien höchst wahrscheinlich in die Nachbarländer übersprangen, so traten grosse Seuchen wiederholt nur im Nilthale auf. Ausserdeni besitzen wir (üv diese Epoche, für welche Sojuty 's Angaben sehr mangelhaft ' Auch Ibn Atyr erwähnt sie nicht. 2 Abdallatif: Description de l'Egypte ed. Sacy, p. 360, 412. Auch von Ibn Atyr erwähnt. i üeber die grossen Seuclien des Orients nach arabischen Quellen. 129 sind, die ausserordentlich genauen und zuverlässigen Annalen des Ibn Forät. Wenn es gestattet ist, in so schwierigen Fragen, auf all- gemeine Eindrücke sich stützend, eine Meinung auszusprechen, so möchte ich das Erlöschen der Pest in Syrien und Irak der damals schon sehr starken, durch die Kämpfe mit den Kreuz- fahrern und durch die inneren Wirren hervorgerufenen Ab- nahme der Bevölkerung dieser Länder zuschreiben. Die ver- heerenden Kriege, besonders aber die Verwüstungszüge der Mongolen, hatten die grossen Sammelpunkte: Aleppo, Damas- cus, Mosul, Bagdad u. s. w. in solchem Grade geschädigt, so viele Menschen waren bei diesen kriegerischen Vorgängen ums Leben gekommen, dass eben wegen der Spärlichkeit der übrig gebliebenen Bevölkerung sich keine grossen Seuchenherde bilden konnten. Ausserdem mussten Theuerung, Ilungersnoth, Ueberschwemmung und die grossen Erdbeben des sechsten Jahrhunderts der Hegira ungeheure Verwüstungen angerichtet haben. Um hievon eine Vorstellung sich machen zu können, will ich hier in Kürze die Nachrichten des Ibn Forät für diese Zeitperiode zusammenstellen : A. H. 502 (1108 --11U9) grosse Ueberschwemmung durch den Tigris im Monat Nysän (April) und Hungersnoth in Bagdad sowie im ganzen Sawäd. ' A. H. 510- (1121 — 1123) grosse Theuerung in Syrien, da die Wüstenhühner (Katä) die ganze Saat aufgefressen hatten. A. H. 517 (1123 — 1124) grosse Theuerung in den meisten Ländern, am meisten in Irak; der Preis einer Last (Kärah) von Kleienmehl (aldakyk alchoshkär) war sechs Dynär und zehn Kyrät. Darauf folgten grosses Sterben und viele Krank- heiten. 2 A. H. 518 (1124) wegen des Ausbleibens des Regens in Irak, der Gegend von Mosul und in Mesopotamien, Dijärbekr und Syrien, sowie in den anderen Ländern Theuerung und Nothstand bis zum folgenden Jahre. ^ » Vgl. Ibn Atyr. 2 Ibn Atyr ebenso. 3 Gleicbfalls. SiUnngsber. d. plül.-yst. Cl. XCVI. Bd. I Hft. 1 30 K r e m e r. A. H. 519 (1125). lu diesem Jahre stiegen in allen Län- dern die Preise (der Lebensmittel), am ärgsten aber war die Theuerung in Aegypten und Irak, su dass selbst die Gräber aufgerissen und die Leichname verzehrt wurden. Geg-en Ende des Jahres sanken die Preise in Bagdad, über es fand daselbst ein grosses Sterben statt. Im selben Jahre war grosse Theue- rung in Aleppo und Damascus, während im Gebiete der Franken Ueberfluss herrschte. A. H. 531 (1130 — 1137). In diesem Jahre gelangten Nachrichten nach Bagdad, dass ein plötzliches Sterben in Ha- madän und Isfahän herrsche, wovon Tausende hingerafft so dass die Wohnhäuser abgesperrt wurden. Auch in Bagdad verbreitete sich das Sterben unter der Bevölkerung, so dass an einem Tage fünfhundert starben. ' A. H. 533 (1138—1139). Ein grosses Erdbeben zerstört die Stadt Ganza (Kengeh) im Kaukasus, wobei 230.000 Menschen umgekommen sein sollen.^ A. H. 534 (1139—1140). Ein grosses Erdbeben fand in Kengeh statt, die Wasser(^uellen versiegten und der Tigris Hei, während gleichzeitig der Regen ausbli(;b. A. H. 537 (1142—1143). Pest in Damascus und l.loms rafft grosse Menschenmengen hin. Im selben Jahre entstand eine grosse Theuerung in Aegyj)ten, so dass die Weibeh Ge- treide einen Dynär kostete. Auch zeigte sich die Pest in Kairo und im Gebiete von Alexandrien. ' A. II. 540 (1145—1140). In der Gegend von Bagdad herrschten Halsentzündungen, an denen viele Menschen starben. A. II. 542 (1147—1148). Grosse Ilungersnoth in West- afrika, so dass die Bewohner von Afrika (Ifrykijja, d. i. das Gebiet von Tunis und Tripolis) mit Weibern und Kindern nach Sicilien sich begaben. ^ A. H. 543 (1148—1149). Im Monate Ragab (November— December) dieses Jahres entstand Theuerung und Hungersnoth 1 Gleiclifalls Ibn Atyr. 2 Auf unseren Karten Gendja in Grusien. Nach Ibn Atyr Erdbeben in Sj'rien, Mesopotamien und anderen Ländern. Das Erdbeben von Kenjch verlegt er in das folgende Jahr. ' Ibn Atyr nennt nur die Pest in Aegypten. * Ibn Atyr. Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arahiRchen Quellen. 131 im Gebiete von Bagdad, die Landbewuliner flüchtoten in die Stadt, weil die Truppen und Emjre des Sultans Mas'ud sie plünderten. Die meisten dieser Flüchtlinge gingen in Folge des Mangels an Bekleidung und Nahrung zu Grunde. ' A. H. 544 (1149 — 1150). In diesem Jahre trat in Bagdad eine Krankheit sehr heftig auf, die eine Entzündung des Rippen- felles und des Gehirnes ('illah barsrimijjah wa sarsamijjah) schien. Wer erkrankte sprach nichts, und es dauerte nicht lange bis er starb. Am Sonnabend der ersten Woche (ghorrah) des Monats Du-lhiggah (1. April 1150), zwei Stunden vor Mittag, 'fand ein starkes Erdbeben in Bagdad statt; in Holwän spaltete sich der Berg und versank ein T\uü\ in die Erde, die Kapelle (ribät) des Bahrazury stürzte in Trümmer, viele Turkomanen jener Gegend kamen um. - A. H. 54G (llöl). Im Monate Gomadii II (IT). September bis 14. October) fand in Ijaurjin ein Ei-dbeben statt. A. H. 547 (1152—1153). In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag den 9. Sh'aban ' dieses Jahres (9. November 1152) ' begannen die grossen Erdbeben in Syrien und Hessen nicht mehr nach, in Aleppo, Damascus, IJom.s, Ihunah und anderen Orten. Im selben Jahre ward Hamah von einem Erdbeben 1 arg beschädigt, Aleppo aber blieb unversehrt, während es in Apamea und Shaizar Schaden verursachte. Im selben Jahre herrschte in Aei;ypten eine so grosse Theuerung, dass viele Menschen zu Grunde gingen. A. H. 552 (1157 — 1158). In diesem Jahre fand das grosse Erdbeben statt, welches unter dem Namen des Erd- bebens von Hamäh bekannt ist.^ Im selben Jahre litt Bagdad an Regengüssen und Gewittern ; Kinderkrankheiten und Pocken traten auf, bei den Erw^achsenen aber acute Krankheiten (alamräd ' Nach Ihn Atyr war die Hungersnoth eine allgemeine und erstreckte sich über Syrien und Westafrika, wie auch über Mesopotamien und Persien. - Ihn Atyr spricht nur von einem allgemeinen Erdbeben. 3 Der 9. Sha'bän fällt nicht auf Donnerstag, sondern auf einen Sonntag. Der Text ist also vermuthlich verdorben und es ist zu lesen 6. Sha'bän. Fast gleichzeitig hi'emit, nra 28. October 11.52, fand ein starkes Erd- beben in Steiermark statt. Vgl. Peinlich: Geschichte der Pest in Steier- mark I, 298, nach dem Chronicon Adraontense. * l>as Nähere hierüber ist schon früher gegeben worden. 9* 132 Kremer. alhäddali). Auch herrschte Theuerung;. Im selben Jahre trat eine grosse Seuche auf in dem Landstriche zwischen l.ligäz und Jemen. ' A. H. 554 (1159) fand ein Erdbeben in Aleppo statt, das mehrere Bauten daselbst zerstörte. A. H. 557 (11G2) fanden wiederholt Erdbeben in Syrien statt. A. H. 558 (11G3) wehten heisse Winde von der Gegend von Apamea und erstreckten sich bis in das Gebiet von Aleppo und später sogar bis an den Euphrat. Sie versengten die Saatfelder und vernichteten die Baumwollernte; auch starben an diesen Orten aus derselben Ursache viele Menschen. Dann kam die Pest (wabä') und raffte viele hin. In Syrien stiegen , auch die Preise der Lebensmittel. A. H. 559 (11G4). In diesem Jahre gab es in der Gegend von Bagdad kein Grünfutter in Folge des Regenmangels im vorhergehenden Jahre. Der Viehstand eilitt hiedurch starke Verluste. A. H. 563 (1107—1108). Grosses Sterben in Bagdad. ! A. H. 598 (1201—1202). Furchtbares Erdbeben, welches das ganze syrische Küstenland und auch dii- meisten Länder der Franken verwüstete. ^ A. H. 000 (1203—1204). Grosses Erdbeben, das sich fast über ganz Aegypten, Syrien, Mesopotamien, das byzantini- sche Reich, Sicilien, Cypern, Musul, Irak erstreckte, ja wi» behauptet wird, sogar bis nach Genta im jlussersten Westen der Nordküste von Afrika. ^ Wie mau aus dieser Zusammenstellung ersieht, war das sechste Jahrhundert der Hegira besonders unglücklich. Grosse Menschenmassen mögen im Verlaufe desselben durch Erdbeben, Pest und Seuchen oder Hungersnoth vernichtet worden sein. Aber in demselben Verhältniss, als der Menschenverlust stark war, verminderte sich die Ursache, welche die Seuche in erster Linie hervorgerufen oder doch wenigstens deren Ausbreitung * Das Näliere hierüber i.st bereit.s oben gesagt worden. 2 Im Jahre 1201 erschütterte ein Erdbeben fast ganz Europa. Peinlich: Geschichte der Pest I, 95, 301. 3 Es ist zu beachten, dass während dieser grossen Erdbeben keine Pest erschien. Auch Ihn Atyr erwähnt dieses Erdbeben. K üeber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Qaellen. 133 befördert hatten. Hieraus würde sieli die Abnahme der Zahl der Seuchen im näclistfolgendcn Jahrhunderte genüg-end erklären. Das häutigere Erscheinen der Pest in Aegypten im siebenten Jahrhunderte der Hegira hängt nach meiner Ueberzeugung mit der zunehmenden Zerrüttung des Wohlstandes und dem raschen Verfalle der Agricultur unter der Herrschaft der Mameluken zusammen. Ich werde bei Besprechung der Seuchen des neunten Jahrhunderts Anlass ünden, hierauf zurückzukommen. Was die einzelnen Epidemien betrifft, so genügt es hier hervorzuheben, dass sie meistens auf Aegypten beschränkt I blieben und dass nur eine einzige (656 H,) nach Syrien über- sprang. Die Seuche von 672 H. (1273 — 1274) raffte nach einer IMittheilung in der Chronik des Ibn Forät besonders Frauen und Kinder hin. Die beiden letzten Epidemien von 694 und 695 H. (1295-1296), welche wohl ohne Zweifel als eine und dieselbe zu rechnen sind, waren offenbar eine Folge des Nothstandes, indem der Kil iui vorhergehenden Jahre 693 H. (1294) nicht die nöthige Höhe erreicht hatte. Nach Ibn Forat, der uns hierüber ausführliche Nachrichten gibt, hatte der Wasser- stand nur die Höhe von 15'/. Ellen (dirä') erreicht und ent- stand, da ein grosser Theil der Ländereien wegen Mangels an Bewässerung unbebaut blieb, eine grosse Theuerung. Im fol- genden Jahre und zwar im Monate Raby' II (Februar — ^lärz 1295) zeigte sich denn auch in Kairo und ganz Aegypten die Pest, aber nirgends wüthete sie so stark wie in Kairo. In diesem Jahre erreichte der Wasserstand des Nils ebenfalls nicht die Höhe von 16 Ellen und nahm die Theuerung und Hungersnoth noch mehr zu; auch in Barka und Westafrika trat in Folge i von Regenmangel eine Missernte ein, so dass die Hungersnoth bald die meisten Länder des Ostens und Westens, sowie auch Higäz umfasste. Aber in Aegypten war die Noth am giössten. Im Monat Shawwäl (August — September) dieses Jahres stieg der Preis eines Ardeb Getreide von 90 bis 120 Dirham und erhielt sich auf dieser Höhe bis Ende dieses Jahres; nach Anderen blieb der Preis für den Ardeb 100 Dirham bis zum nächsten Jahre 695 H. (1296). Auch die Pest nahm zu, so dass die Registratoren im Amte der Verlassenschaften nur in dem einzigen Monate Du-lhiggah (October 1295) 175,000 Todes- fälle zählten, worin nicht Jene inbegriffen sind, die den Beamten 134: Krem er. unbekannt blieben, deren Namen in die Rei:;;ister niclit ein- i geschrieben waren, sowie die Fremden und die Armen. Diese Angabe bezieht sich aber nur auf die Todesfälle von Kairo (Käliirah), mit Ausschluss von Altkairo. Verschiedene Ge- | schichtschrßiber berichten, sagt Ibn Forat, dass der Durchstich des Canales (Chalyg) in Kairo dieses Jahr bei sehr niederem Wasserstande und ohne die altübliche Ceremonie des Tachlyk ' stattfand, und zwar erst nach dem Nauruztage im jMonate Shawwal (August — September 1295). In dem westlich von Aegypten gelegenen Landstriche bis nach Barka blieb auch diesmal der Regen gänzlich aus. Es begannen die Preise zu steigen, bis das Getreide in Kairo und Altkairo per Ardob 150 Dirham kostete, Gerste und andere Körnerfrüchte aber 100 Dirham per Ardeb. Die Noth nahm zu, so dass das Volk Aeser, Hunde, Katzen und Esel aufzehrte, man behauptete sogar, dass MeuschenÜcisch gegessen worden sei. Die Sterb- [ lichkeit überstieg tausend täglich, mit Ausnahme Jener, deren Tod unbekannt blieb und die nicht in der Kanzlei der Ver- lassenschaften registrirt wurden. Hungersnoth und Pest nahmen immer zu. In Neukairo wüthete die Seuche derart, dass man über 700 Leichen zählte, die an einem Tage bei einem einzigen Thore aus der inneren Stadt hinausgetiagen wurden. Neukairo ist aber, so fügt der t Berichterstatter hinzu, ein kleiner Punkt im Vergleiche zu den Vorstädten und Aussenvierteln, wie die grosse Strasse (alshäri* al'a'zam), Salybah, die Strasse der Tulun-Moschee, die Kanätir alsibä', der Schafmarkt (suk alghanam), die Hosainijja und die Ahkär-Gründe u. s. w. An einem einzigen Tage trug man von verstorbenen Fremden allein 150 und mehr zu dem Platze, wo die Leichen gewaschen wurden. Die Bewohner der Stadt fanden des Morgens, wenn sie die Hausthore öffneten, oft fünf bis sechs oder mehr Leichen in der Strasse. Die Sterblichkeit nahm in solchem Maase zu, dass man die Todten in Massen- gräbern beerdigte. Viele Leichen blieben unbeerdigt liegen und wurden von den Hunden verzehrt. Man berechnete, dass 1 Nach den von Dr. Spitta-Bey freundlichst eingeholten Erkundigungen bestand diese Ceremonie darin, dass vor Durchstich des Canals der Chalife sich auf die Insel Roda zum Nilometer begab, ins Wasser stieg und den Nilometer mit der Salbe chaluk bestrich. Ueber die grossen Seucben des Orients nach arabischen Quellen. loO in einem ]\ronatc in der Stadt 127.000 Menschen gestorben seien. Aber auch ausserhalb derselben wüthete die Pest in den Dörfern, so dass in einzelnen Ortschaften die Bewohner gänzlich ausstarben. In Syrien und ITigaz herrschte zur selben Zeit grosse Theuerung, aber Ibn Forjlt erwähnt nicht, dass die Pest dort- hin sich verbreitet habe. Hingegen scheint es, dass die Seuche nach Italien übertragen ward, denn nach übereinstimmenden Berichten herrschte in Italien, besonders in Apulien im selben , Jahre (1295) ein grosses Sterben oder eine starke Pest.' I Das achte Jahrhundert der Hegira ist gekennzeichnet ' durch die furchtbare Pest von 749 H. (1348), womit Sojuty auch eine Viehseuche verbunden sein lässt. Er behauptet, dass damals täglich 20.000 Menschen in Kairo starben. Diese entsetzliche Epidemie begann in Europa schon 1345 und wüthete bis 1349 unter dem Namen des ,schwarzen Todes'. Man behauptete, dass sie aus dem Oriente ein- geschleppt worden sei. Allein, da sie 1345 schon in Nürnberg auftrat, 1347 und 1348 in Florenz, so dürfte mit mehr Wahr- scheinlichkeit anzunehmen sein, dass sie auf dem Landwege, vermuthlich aus der Wolgagegend, nach Europa vorgedrungen sei. Auffallend ist das lange Anhalten des schwarzen Todes in Europa, während die Seuche im Oriente viel rascher er- losch.'- Auch dort richtete sie keine geringeren Verheerungen an als im Abendlande, aber die Dauer der Seuche war be- deutend kürzer. Nach meinen orientalischen Quellen scheint es nicht, dass im Oriente die Krankheit über ein Jahr anhielt. Es dürfte also der Schluss gestattet sein, dass unter einem heissen Klima der Verlauf der Epidemie ein rascherer sei, wie dies übrigens auch für andere Krankheiten feststeht, die unter einem heissen Himmelsstriche weit acuter auftreten. ' Schnurrer: Chronik der Seuchen; ebenso Peinlich: Geschichte der Pest II, 399. - Die europäischen Quellen verzeichnen schon im Jahre 1342 und 1345 das Auftreten der Pest, welche aber erst vom Jahre 1317 an als schwarzer Tod erscheint und bis 1351 in Europa andauert, dann nach Russlaud überspringt und dort angeblich durch dreissig Jahre anhält. Peinlich : Geschichte der Pest in Steiermark II, 402, 403. 136 Kremer. Trotz des Schreckens, den die beispiellosen Verwüstungen dieser Epidemie hervorriefen, hat der arabische Schriftsteller Ibn Wardy, der auch als Geschichtschreiber durch seine Fort- i Setzung der Annalen des Abulfeda bekannt ist, mit einer Art von Galgenhumor in Form einer Makame diese Seuche zum Gegenstande eines Aufsatzes gewählt. Er spricht hiebei als Augenzeuge, indem er diese Pest in Aleppo durchmachte. Er gibt uns hiebei neue, bisher ganz unbeachtet gebliebene Nach- richten, die ich hier folgen lasse. Nach seiner Aussage trat die Krankheit zuerst in dem Laude der Finster niss (alzo- lomät) ■ auf. Dann drang sie nach China vor, ebenso wie nach Indien, wendete sich von hier nach dem Lande der Uzbeken und nach Transoxanien, gelangte nach Persien, ver- heerte Centralasien (ard alchata), die Krim und das byzan- tinische Reich, dann Cypern und die Inseln. Dann trat die Seuche in Aegypten auf, verheerte Kairo und Alexandrien, gelangte selbst bis Oberägypten , zog hierauf westlich die afrikanische Küste entlang nach Barka. Anderseits drang von Aegypten die Epidemie über die Hafenstädte Gaza und Ascalon nach Syrien vor, erreichte Akkä und Jerusalem, gleichzeitig wanderte sie die Seeküste entlang nach Saida. und Beirut, sprang von hier nach Damascus über, zog über Mezze und Berze nach Ba'lbekk, während sie über Kara, Ghasula und Zebdäny nördlich bis I.Ioms kam. Die weiteren Orte, die sie ' Unter dem Ausdrucke , Gegend der Finsterniss' verstehen die Araber die ihnen ziemlich unbekannt pfebliebenen Länder im hohen Norden Asiens und sie gaben ihnen diese Benennung wegen der Kürze der Tage und Länge der Näclite. So heisst es in dem Buche: Tohfat aralbäb wa nochbat al'a'gab von Gharanäty: Es ergiesst sich in dieses Meer (d. i. das Kaspische Meer) ein grosser Fluss, der Itil lieisst (Wolga) und aus der Gegend über dem Bulgarenlande kommt, und zwar aus der Gegend der Finsternisse. — Ueber die Geschichte dieser Epidemie, sowie über- haupt auch der anderen Seuclien wäre es höchst vvünscheuswertli, dass ein mit der nöthigen Spraclikenntniss ausgerüsteter Gelehrter sich daran mache, die grossen Geschichtswerke und Annalen China's auszubeuten. Was obige Notiz betrifft, dass die Seuche aus der oberen Wolgagegend kam, so würde dies darauf hindeuten, dass dort ein Pestherd sich befand, der vielleicht auch dem neuesten Ausbruche der Pest in Wetljanka zu Grunde liegt. Die sumpfige Wolgagegend mit der in Schmutz lebenden Fischerbevölkerung eignen sich hiezu vortrefiflich. Ueber die groEsen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 137 beiührte, waren: Hamäh, Ma'arrat-alno'män, Sarmyn, Fu'a, Antiochien, Shaizar, Härim, 'Izäz, Kelze, Bäb, Tell-Bashir, Delliik und I.Iäshir, endlich Aleppo. ' I Es sind Bruchstücke aus den Briefen einiger Gelehrten und Literaten jener Zeit erhalten, die manche lehrreiche Nach- richt uns geben. - So entnehmen wir einem Schreiben des Baha'aldyn Sobky an ^5aläh Safady, dass die Pest schon zu Anfang 749 H. erschien, dass sie, sobald ein Mitglied einer Familie davon befallen war, auch alle andern ergriff, dass die Krankheitsdaucr sehr kurz war, und dass sie an Bösartigkeit alle früheren Epidemien weitaus übertraf. In seiner Ant- wort hebt $afady hervor, dass die Pest aus Aegypten über Gaza nach Syrien einbrach, dann über Kotajja nach Beirut kam, während sie anderseits über ^>afed nach Damascus ge- langte. Sie tödtete durch den üblen Geruch allein, den sie verbreitete; gewöhnlich brach ein kleines Geschwür (habbah) hervor, meistens hinter dem Ohre, oder es trat eine Beule in der Achselliöhle hei'aus. Verloren aber war Jeder, der Blut , auszuspeien begann. ^ [ Leider können wir nich^ mehr wie früher auch für diese ' Epidemie den gewissenhaften und alle Einzelnheiten beachten- den Ibn Forat benützen, indem der Theil seiner Chronik, ! welcher diesen Zeitraum umfasst, verloren ist. Nicht lange dauerte es, trotz der grossen Verheerungen dieser Pest, bis in Kairo und Damascus eine weitere Epidemie ausbrach. Schon im Jahre 764 H. (1363) war dies der Fall. Nähere Nachrichten hierüber fehlen, aber das lernen wir aus ' einem in der Monographie des Sojuty erhaltenen Verse, dass es die echte Bubonenpest war. In Uebersetzung lautet der Vers wie folgt: ,Es nahm die Pest zu, als der Monat Sha'bän (Mai — Juni 1363) kam, und sich davor zu schützen war gar schwer, und selbst zur Zeit der Fasten (d. i. im darauffolgen- den Monate Ramadan) verharrte die Pest in ihrem Ueber- 1 Ibn Wardys Pestmakame ist in der Ausgabe seiner Fortsetzung Abul- fedäs abgedruckt. 2 Sojuty fol. 24, 25. 3 Vgl. Peinlich: Geschichte der Pest I, 327, 328, woraus erhellt, dass der Charakter der Epidemie in Europa ganz derselbe -war. lo8 Kremer. muthe , aber die Armen konnten die Fasten brechen mit Kobbah/ ' Im Jahre 771 H. (1369—1370) herrschte die Pest in Damascus und 781 (1379—1380) in Kairo. Ueber die Pestepidemie von 790 H. (1388), die identisch ist mit der von 791 H., hat uns Ibn Forat die Nachricht auf- bewahrt, dass sie in Kairo, AUkairo und Umgebung sehr stark auftrat. Sie wüthete so lieftig, dass man auf Antrag des Ober- richters der Shati'iten durch eine Anzahl von Theologen in der grossen Moschee von Kairo (alazharl die Traditionssamm- lung des Bochäry recitiren Hess, wie man es in grosser Gefahr zur Abwendung derselben zu thun pflegte. ^ Die Seuchen des achten Jahrhunderts der Ilegira geben also folgendes übersichtliche Bild : Achtes Jahrhundert der Ilegira (1301—1398 n. Chr.). f^yrien Aegypten Irak Andere Länder 749 (1348) 749 (1348) 749 (1348) 749 (1348) 764 (1363) 764 (1363) 771 (1369-1370) 781 (1379— 1380j 790 (1388) 791 (1389) Hiemit gehen wir zum neunten Jahrhundert der Hegira über, wo Pestausbrüche in den nachbezeichneten Jahren statt- fanden: 813 H. (1410j, 819 H. (1416), 821 H. (1418), 822 H. • Sojuty fol. -26 v". Zum Verständnisse ist Folgendes zu bemerken : Kobbah, in der syrischen Aussprache Kubbeli, ist der Name eines in Syrien sehr beliebten Fleischgerichtes, einer Art Fleischklösse, aber gleichzeitig hat es die Bedeutung: Geschwulst, Beule und speciell Pestbeule. Die Kubbeh ist gewissermassen das syrische Nationalgericht und in Beirut singt man scherzhaft: ja kubbeh kubbetnä ente rabbotnd wa lau lä ente lamutnä, d. i. : o Kubbeh, unsere Kubbeh, du liast uns gross gezogen und wärst du nicht, so müssten wir sterben. 2 Dieser Gebrauch besteht noch jetzt. Als der Exkhedive Ismail Pascha seinen sogenannten Staatsstreich (7. April 1879) gemacht und den fran- zösischen und englischen Minister weggejagt hatte, Hessen er und seine Mutter zur Abwendung der drohenden Gefahr einer anglo-französischen Intervention in mehreren Moscheen Kairo'» eifrigst den Bochäry recitiren, was seine Absetzung nicht verhinderte. Ueber die grossen Senchen des Orients nach arabischen Quellen. 139 (1419), 833 H. (1430), von denen wir nur über die letzte Pest- epidemie wissen, dass sie eine der am weitest verbreiteten war; in Kairo wüthete sie ebenso stark wie die grosse Pest von 749 H. (1348). Abermals erscheint die Seuche im Oriente im Jahre 841 H. (14o7\ aber nach Sojuty nur leicht, und die höchste Ziffer der Todesfälle in Kairo war 1000 an einem Tag^e. Ein Jahr später, 1438, zeigte sich die Pest in Böhmen, Deutschland und Italien, und zwar begann sie in Deutschland nach der P^rnte und währte bis Weihnachten.' In Wien war sie noch sehr heftig im Jahre 1439. 2 In Aegyptcn war die Pest wieder im Jahre 847 und 848 H., und zwar begann sie im Monate Dulhigga (März— April 1444) des erstgenannten Jahres. ■^ Abermals ward der Orient, und namentlich Aegypten, heimgesucht im Jahre 849 H. (1445) und dauerte die Epidemie vom Monate Dulhiggah bis Kaby' I des folgenden Jahres (Fe- bruar—Juni 144G), während Europa in der gleichen Zeit ver- schont blieb. » In Aegypten kehrte die Pest wieder mit dem Jahre 851, dauerte 852 und 853 H. (1449) fort, und stieg während der letztgenannten Epidemie die Zahl der Todesfälle auf täglich 5000 (in Kairo) ; gleichzeitig herrschte sie auch in Europa. * Die nächste Epidemie in Aegypten erstreckte sich auch auf Syrien im Jahre 864 H. ^1459—1460), und weitere Pesten traten daselbst auf 873 II. (1468—1469) und 881 H. (1476 bis 1477). 5 Die letzte Epidemie, unter welcher Sojuty, dessen Schrift zu dieser Abhandlung den Anlass gab, seine Arbeit vollendete, erschien 896 H. (1491) in der Türkei, gelangte von dort nach Aleppo zu Anfang des Jahres 897 H. (1492) und zeigte sich ' Hahn nach dem Chrou. Cygn. 2 Peinlich: Geschichte der Pest I, 342. 3 Nach der Specialgeschichte: Alta'lyf alzähir fy shijam almalik alzähir (Gakmak). Handschrift in meiner Sammlung. * Die zwei Epidemien von 851 und 852 nennt Sojuty nicht; meine Quelle ist das Werk: Alta'lyf alzähir fy shijam almalik alzähir (Gakmak). ^ Sojuty. 140 Kremer. in Aegypten im Anfang desselben Jahres im Monate Raby' II. (Februar 1492). Es ist überraschend zu sehen, wie die Seuche plötzlich i in Aegypten sich einnistet, von wo sie dann gelegentlich auf Syrien überspringt, während die anderen Länder des Orients mehr oder weniger verschont blieben ; dass locale Epidemien auch dort vorgekommen seien, halte ich für wahrscheinlich, aber sie wurden nicht verzeichnet, weil sie keine grössere Aus- dehnung gewannen. Forschen wir nach den Ursachen dieser Zunahme der Pestepidemien in Aegypten, so dürften in erster Reihe folgende Thatsachen von entscheidender Wichtigkeit sein. Im Jahre 1250 nahm die Dynastie der Ajjubiden in Aegypten ihr Ende, deren ruhmvoller Begründer Saladyn war. Die Mamelukenhäuptlinge, türkische oder tscherkessische Sclaven, zum Theile auch mongolischer Abkunft, die in dem Kriegsdienste der Ajjubidensultane sich von Stufe zu Stufe emporgeschwungen hatten, theilten sich in die Auspressung des Landes, das sie unter dem Titel von Militärlehen bcsassen. Es war fast ganz Aegypten auf diese Art unter den Befehls- habern der Truppen vertheiit worden, und zwar schon unter den Ajjubiden ; eine Art grundbesitzenden militärischen Lehens- adels war allgemach entstanden, ein Vorgang, der in den anderen Provinzen des Chalifates, besonders in Irak, Mesopotamien und Syrien schon beträchtlich früher sich vollzogen hatte. Die Landbevölkerung, welche auf diesen zu Militärlehen gewordenen Ländereien wohnte, sank allmälig zu Frohnarbeitern dieser kleinen Feudalherren herab und wurde von ihnen in der streng- sten und erbarmungslosesten Weise ausgebeutet. Der Bauer verarmte immer mehr und sank immer tiefer. Unter den Ajjubiden schon, mit welchen die Einführung des überall, wo türkische Familien zur Herrschaft gelangten, gleichmässig sich ausbildenden militärischen Lehenssystems be- gann, war das alte arabische Verwaltungssystem, welches unter den Fatimiden noch bestand, allmälig durch die militärischen Einrichtungen der neuen türkischen oder richtiger kurdischen Gebieter beseitigt worden. Mit dem Sturze der Ajjubiden kamen die Mameluken-Emyre zur Herrschaft und machten dem letzten Reste des freien Baviernstandes ein rasches Ende. 1 Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 141 I\Ialj:ryzy, der gründlichste Kenner Aegyptons und seiner Geschiciite, drückt sich hierüber aus, wie folgt: , Wisse, dass weder unter der Regierung der Fatimideu, noch unter den früheren Regierungen in Aegypten die Befehlshaber der Truppen Ländereien als Lehen besassen, und zwar in dem Sinne, wie dies heutigen Tages für die Truppen der (gegenwärtigen) türkischen Regierung der Fall ist. Es wurden nämlich früher die Ländereien für allgemein bekannte Pachtbeträge an jeden, der dazu Lust hatte, Emyre, Militärs, Notabein, arabische Landbewohner, Kopten oder andere verliehen. Diese JSclaven- existenz, die man heutzutage falahah (d. i. Bauernstand) nennt, war damals unbekannt: der in einem Dorfe ansässige Land- mann erhielt den Namen fellah (d. i. Landarbeiter) und ward eigentlicher Leibeigener desjenigen, der mit dem Laude be- lehnt worden war, nur konnte er nicht hoffen, wie der ge- wöhnliche Sciave, dass er verkauft oder freigelassen werde, sondern er blieb Leibeigener lebenslang und seine Nach- kommen gleichfalls, während früher jeder, dem es beliebte, die Ländereien pachtete, wie wir schon dargelegt haben. ' Die Ajjubiden herrschten bis 1250, die baharidischen Mameluken von 1250 — 1382 und die tscherkessischen Mameluken von 1382 — 1517. In diesem Zeiträume nimmt die Pest in so erschreckendem Maasse zu. Können wir bei ruhiger Prüfung dieser Thatsachen einen Augenblick über die Ursache im Zweifel sein, welche diese so plötzliche Zunahme der Epidemien, ihre rasche Aufeinanderfolge und ihre Heftigkeit erklärt? Diese Ursache ist und war keine andere, als die allmälig unter dem Drucke eines türkischen Militärregiments sich voll- ziehende Vernichtung des freien Bauernstandes. Hiedurch ver- fiel die Agricultur mehr und mehr, der Bauer arbeitete nicht mehr für sich, sondern nur für seinen Grundherrn, der ihm nur so viel Hess, als unbedingt nothwendig war, um ein kümmer- liches, entbehrungsreiches Dasein zu fristen. Der Ertrag des Bodens nahm ab, die Instandhaltung der Canäle ward vernach- lässigt, Hungersnoth und Theuerung traten immer häufiger ein und bei einer unzureichenden Nilschwelle nahm der Nothstand sofort in erschreckendem Maassstabe überhand. * Makryzy; Chitat. Ausgabe von Kairo I, 85. 142 • Kremer. Zu dem oben gegebeuen Verzeichnisse der Seuchen des neunten Jahrhunderts ist noch Folgendes zu bemerken. Die Epidemie von 841 H. (1437) war nach der einen Quelle ziem- lich heftig, während nach Sojuty sie nur leicht gewesen sein soll, und sie erstreckte sich auch, obwohl Sojuty nichts hier- über bemerkt, auf Syrien. ' Diese Pest kam, wie von einem gleichzeitigen Berichterstatter erzählt wird, aus China und Transoxanien nach Dasht, ^ dann nach Brusa und Kleinasien, verbreitete sich von hier nach Aleppo und Damascus; sprang nach Aegypten und Kairo über, wo sie bis nach Oberägypten vordrang. ^ Die Epidemien des neunten Jahrhunderts geben daher folgendes Bild: Neuntes Jahrhundert der Hegira (1398—1495 u. Chr.). Syrien Aegypten Irak Andere Länder 813 (1410) I 819 (1416) 821 (1418) 822 (1419) 833 (1430) 841 (1437) 841 (1437) J 847 (1443) 848 (1444) 849 (1445) 850 (1446) 851 (1447) 852 (1448) 853 (1449) 864 (1459) 864 (1459) 873 (1468) 873 (1468) 881 (1476) 881 (1476) 896 (1491) 897 (1492) 897 (1492) ' So ausdrücklich nach dem Werke : Alta'lyf alzahir fy shijam almalik al- zähir in meiner Sammlung. 2 Vermuthlich ist das Städtchen dieses Namens zwischen Irbil und Tebryz gemeint. 3 Gleichfalls nach dem Werke: Alta'lyf alzahir etc. I Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Qnellon. 143 Und hiemit schliesse icli diese Zusaramenstelluiig, wo- mit ich gezeigt zu haben glaube, welch werthvolle Ausbeute sich aus den morgenländischen Geschichtsquellen gewinnen lässt und wie viel in dieser Richtung noch zu thun übrig bleibt, t 1 Im Anhange folgt aus Sojuty's Abhandlung über die Pest das bisher un- bekannt gebliebene Capitel, welches die chronologische Aufzählung der Pestepidemien enthält. \4r4: Kremer. ANHANG. Sojutys Chronik der Pestepidemien. äj..^vll ^ vjI<^ a^-i-^ a^^ *^'' ^5-^ ^5^' «^^^ J^ f.liL**,^>l JU^ o;U' ur^Li=^ ltV^ u.?^^^ ^7^^;' ur^*^ u-^-^t-^ xJLc xlif jc^c aJL'l J^; t>w^^ i ^l (J-* ^ cijLe. 'i^^j^ ^UJ cM^ JiwX^Ä feber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 145 LI. ,.,l^ l't f JU- Ji y^uo^ TT^^' ^ l»t-ciJlj ,«i'^ Xjl >lJL.'3^ itiX^c JLis^ L4~Ai.^ Sw^iaJI JjcI —b:^»!. v_«.A^ Jus siLJjJ ^^♦JL^.^JI «^JU • ""cXr^ ;j*-Ü.Jf v:y.A;ii iv-La«^ • MS. ^^...J(. ' MS. w* Ljc| ein offenbarer Schreibfehler; vielleicht ist zu lesen \_}L.»fl|. 3 So im MS. Vielleicht ist zu lesen A.Äa«. Sitznugsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. I. Hft. 10 146 Kremer. u^-LLjf 'J^l ^ ^ f^l ^' |^!y^ ^^ /i^ «-^'' '^^' ^' ^LgJI JLJÜ kjtj^l Sil |v^^ ^^ (Ui pUJI ^^ i' ^^' ^AJ ÜwAX^ StXxJb ^Ij-i-t ^^ ^ C^^^'' ^'-^ iäil.:^! J^-i'^ 3 ^^1 '^- L^ ^^ u j;i ^^ikji ^i^ Uxyi^ ^j.iL'1 xJU jJL'l ^ xJL'l J^^ ci^l JU ^^^11 ^l^ ^r» o^ iaÄs^t o^ b Jlüi ^L>\ ^x: pLi.. 3, yß^ J^" s^vi J, |V-b«^ ' MS. o^Ä. 2 MS. ,jL.c ohne Jv.S£|. aber das Metrnm fordert es. 3 Conjectur, im Texte ist das Wort ganz undeutlich. * MS. &kj^. üeber die grossen Seuchen des Orients nacli arabischen Quellen. 147 I .y£.[JaJ\y ^iXs^^ oyj ii-s« ÄJ'«-* i5^*T> c>-Lj (^i^^-J-»-« ,*i"^ t-Xüi JU ^jfcÄUiJI «JJ. (VJ IJocl L^ ,1 ölxx Ä.J JLü viy^Ü jc^^ 'J'-' I LöjI sL^I O^Lj (Jsx. &xa>U.wJ jmI *J u^'r*:! y^^ iLcxLi ^jLx^^ viJü j iu,'! lyCij ^ ^ JL'I J^ Jl !^U ^l4i J^f ^ L^i Liy^ Jjo ootiai" Jö f^j^l sJLM o^üi äL^^.i J^^' vi ^j/^r? f*-^ dtXJ. WH«-^J r*--^' ;j-.Ia,M 3 o^^^ Jo:.! viU ^l^ ^1^ aoLüJ ^^ 10=* 148 Kremer. ^^ÄlkJf. LI fbll J^ÄJ S*~^ '^l-J; c;' ^''^^^ ^'""^ Äivvcii dUjo ^\^ß ^f ^^ J.£ ^x sLJI J.£: jv^^aaJ ^-oJL'I^ *-^^y^ wAJuJI (3Ä£ Jw^x! ^ÄxJI Jofci? Jy^l L-AXi oo'r-» *>*:?t-

JjJt »^ oLi^'l bl JLäi c>jl Lo oJLfti Jjcicl v_}»XJcI ^1 JUi ^-.nJiJf ^^ tt;*"^ IxA-lx^ rf^^ (^;^^^ ^) ^ jjwr.UaJI IJI. Jyu«.x! *XiL£ ^b ^^^Lc l^woji *.XJ J,.iij vAX^It >^^=.. aü^l iL'jo (-^^« o>L4I ^^Ui äj.-*a-JL «•• *-i auLöl JJ" ^^ i-ö-Lxi:»!^ l^4.i2.Jl>o j^t^j lK';-'' J^*JI Oj-=^. ^^5^ ^j*.LJI vAJo ^^jl JLjf ^j^aaa*»« «AwJ" iLÄ.**/ Jl«^ 1^ ^o ^>Ai"« I» IiXa.»J1 ij'^T^c^'' I kj^ü J.a-LäJI N| ^y« (:*''7'' r^"'' ^ lt'-^-' ;^^!-^'^ '^'' »j^^-^-^^ iii^^ ».Xs»^ iv-Li o^b L.^ vA>c^(^ *i .1 o3 (c^-=*- (j*-LaJI jL=ii ^^ -, ' Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabisohen Quellen. 149 Laj ä.1.'I cXaa^ Laj J)l^^!^'l |VAXJ «jI iüLi.) JLs. vA-w-^.'! , ^tXJ^ oLLJi.'f ^ ^yLj Ll5"JU ^^Ui-'l ^-«^ d^Jl cXi ^1^^ cVi-^ ycX.'l Ji^JÖ liXi ^ij^'l ^ yü p..' 1.^ Uli ^j-^Ji tX^ *-Lr Ls>U.;iJiü Klj» LÄiis.tXi JU LsjL) tX-vAÄi Ls-Jücl s^^jUa Lo ^^'1 ^wjLaJI üJLw Lä^ü ^^Lj^M ^j^ J>cX-^'I Jlij' p yxAi U3b' ^AiCJ ^Jö ^tj^jl L^^ 3 ^>iji.j ^j^ I Jli Ul;-ciJ^i Jo ^_a^Aj *^^xJI ^£ ^•-^? l:>^^ >-'^ *^' *^ ■,^ tXxAcL>w« cVis»-! UJcXJI ^\ jj.jf JU &A;a^ ^J^ UC-o Jo. SwOa-M tX^I\x ^ *^^iJI ,j.Ä ^jLvLä.1 äX'I cV.a£ i^j ,jA^ ^Ä^cXi» vLa;»>c^'I v^UT ^ ^^Ik.M «i'^ U-' JU xjl ^^Asi *xv JU ^^^1 f»^^ ;;/■? tX*^ ^^J^Ami XÄav dlJj. ^«-Jl ^jjC ^Aj^aJii Cl>«JuJI JsäJlJ pLAA*fc.M (^^ *J>U». cy^iui LftJI ,*.ÄA^ (*?^-' vi ^^'r*:? ij'^* V"**^^ (•Ul v:>JLfti ,,yAjjJI »"'vC- oou*^i U.A4^ Ug.i.Sil v^Le. J.:^ ^-ÄJ L^JU ^1^ ^ txij ^ ^-^*^ ^ ^^ c^^ ^■' ^^-^ ^' 7^ ^S 150 Kremer. (>J CX^^I Lo vÄX=» ^J-^ Jw»dÄjl ^_XJ\X=>- Lo(A.'l ^1 ^i Jli^ I Läj Jvj JU ^^aJI (VA^IvjI ^j-? tU^ ^-'^>^ o^-fS-'' ^^^♦^ Lo (c^^t - 5"'S '^^•'-^^ ^■^:?<^ v::^JtJwS v:i^'L« vi^jlx' ojL-* JLiLxi Jü» i^^Jjc ^äj.L=» c^o^Li ,JCa? iv^^-j »-cL-w u*-*-*^'' (^ o-cix ^ysXlc äLü^.'Lj ijo« o-w iüL»*/ J^'5 ,V)' *-*-*" ^^iV*^ e^'*-*-'' ^^wx SjJvJCJ vJL'cXj «-^-*^« (>^'"^i /V^ ^'^^'"^ ci>Ly-aJI ^«-tlio Sj"*^ &,' LjV*^ *^^ »w'v«-'! ^^jo J.s>-% ''v-=»-^ ci^'li' *LLw ,^^ ^-^.r^ ^«JU2»' 5.-0 cyl>o ^JLsk *ljl !^'l L>ä4,J |«Ai LLc Lojj' JjÄi LoLc *ljiif ftXfli Juixi 'jl Ij^ ^-*^»-=* l^.^=Äic (*4-^ ;' 1*-^ i Ueber die grossen Seni-hen des Orients nach arabischen Quellen. 151 »S^ (VJ' (J-LäJI ^Lxil ^J^ &xi CjLo (^ iyXS^ JJJO (C^-W^ ! tXjyA.' cXjvJ ^^va^I JU kjUy -jI ^£. JxIa^..'! jJ.j \JLM Jca£ , ^J.4aJ-u- JI ^LwI^ (^^ vlLw.X' ^-»-i» v:>-U^ JU ^_A.1^§-JI j^J , L^ Ijl^ L^yüv^ l^li:LAi> *..o.^2_;:^ vtj löU \aJLc oJ^Jo • u«3l^., cLo-o. 13'. j-ö^ L^«JL**-. L^UiA^ ijU ^>^' K'^ ^cXj ^^^ ^^^X^*>^ v:iOl^«.i J>>Xj.JI ^-^»^ >-*ü>. vwjIaj |V.^.;yLc ^ »>xjc ^o ^^^ /*^^^ '»-'y' '«^^ '-^rr! r-"*^ «^•=*' »-J*^ <^d^^ I » MS. iLtlKIf. 2 Es scheinen hier die Worte ,,«J. i^LvdjO Jjo ausgefallen zu sein. Der Siuu ist zweifellos, aber die sichere Herstellung des Textes nur durch Vergleichung der Handschriften möglich. 152 Eremer. ItXÄ Lc cisAü ^"^Ls JjJI löLi Lo«-j w-:Lc XJL^ tV*j ^-^yr} viL.'J>, OA-U iüLo \Xmj slicvl |>j ^tXr ,^lic: *LxJü ^i'j v^ Uli ^^li >^ p-^i JU- JL'J ^,^Ujo Ul^ a^i' .UUl ^1 (,^'' f^-) ~ 3 '»-'^^ Js*-w^ jj*A4^ &Ä.M« ^^ *_:' ÄJ^; /"-V* ^'^^^ f»Li>..L) cVocV~^ ,.i«-cLic 5»^£. o^A« iU-w «i', äl^^JI i vaa5 Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 153 F j , - l.tX*..=k| Jlüi i^Lv^'L ^L^ (V^'vxl ifdxj .1 JLäAi iLy*/LoiJI aJ ,j^ LSix-? (»^ '•^^S ^^ U>^^^'' |vX1lä *is ^tXJI atXJl 1 MS. auJU. 2 Fehlt im MS. ! 154 Kremer. v^ ^1 iäiLi.! y \dS' oJj ^ 8vx2A.'U i^ajLc. ,j.Jv^£.^ ^^x^^^ U^4^ ^AJ^lk.M ^JtXiC ^Aj ^1^ jdAi' .^^yJ^.^J\j kX£: aJLM ^N ^xil^'l pLc!^M M Ä-jl ol^^-Äs:. U-jÄAJ ÖT'^"' f**^^ l45^^,^lkJI ^ j.LcN| jLx ^I ^«.LJI ^ iLL>Ü5 ^2r-^. ^JwM ^^^ ^7^^-'' ^ilyjJU ^>aÄjLc, ^AJtjvl. *A.*j iü^w 3 *J |V^' aJ..M. SwLli L»i ^ ijL^-yöU iüUJ^LS'. ^^jwi:/^« v^' ^'^^*-«' vi (*-' ^'<3^*-^J iijU-"^^^ 5j- wAAJjJ' Ä.>^i>- ^tX^' (J**->-b ^^^4^ yc. ejLc j^x« J^b viC^ ^Lc jjw« jV^AX^ v.^*-*^ y^^ ^b} !^l Jl^!^'! «A^^ 3. |*U:^' ^ ci^b ^v^. ^^L^ yc^ ejLx ^^xj üeber die grossen Seachen des Orients nach arabischen Quellen. 155 iv^.'l^ tX-^'' ^^^ (VV^ UT^'^ ^r'~«J*J;'^ ^-T^^) ci^^V-j iuU*/ iJjixi l.tXs^LxfcJ [V-^ U*'*^-^ 15*^5 ^''^^r' vi' tXJOei. S^^ ^^^3 |VJ ^;<3^^' ^5■^-^ '-j^'' ^5' iU*v..'l sjjc 3 J^^'L L»A»*^iÄ> «^ LgJjcl ^jl^ib äjU*jJ, ^aäa-^^ (jUj iU^ ^ «i^ |VJ üjU^^-*^ aui c,'Lo iÜ^ ^1 ^j| JLs 5>«H§.'»i^>c äLcLäx ^JsJI ,>jI hjJ ^3>*^« 5wJCLft.'Ü JüL+ÄA**.^ l.oß Krerapr. Ueber die grosFen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. ÄÄ-u/ ^ *i'« *.!' (j*kÄj >-ä-'l (•rjy'' «i ('^ ^ va5^i« Läaä^ ^l^. ■ j>aav.».jv iLÄ.w J.^'l ,«aJs ,JI ••Ij« k^l ^j ^ ^^JwUu^l• «jwwJ #Lg-MöLä. XJ..M ^*v.^l LjÄx v^^'' ,v-' -"-^-«-^ 3 o-*«^^ li' SITZUNGSBERICHTE DER KAISEKLRIIKN AKADEMIE DER WISSENSCHAETEN PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE. XCVI. BAND. II. HEFT. JAHRGANG 1880. — FEBRUAR. IV. SITZUNG VOM 4. FEBRUAR 1880. Für die akademische Biblii^thek werden vorgelegt: I 1. ,Die Polizeiverwaltiing Wiens im Jahre 1878', ein- gesendet von dem k. k. Polizei-Präsidenten Herrn Marx Kitter jVon Marxberg; 2. ,Oberstgerichtliche Entscheidungen in Eisenbahusachen', eingesendet von ihrem Herausgeber, Herrn Dr. M. Epstein, mährisch-schlesischen Landesadvocaten in Briinn; 3. Fünfzehn weitere Blätter der , Specialkarte der öster- reichisch-ungarischen Monarchie' übermittelt von der Direction des k. k. militär-geographischen Institutes, Herr Professor Dr. J. Loserth in Czernowitz über- schickt eine Abhandlung unter dem Titel: , Studien zu Cosmas von Prasr. Ein Beitrag zur Kritik der altböhmischen Geschichte' und ersucht um deren Aufnahme in das Archiv für österrei- chische Geschichte. 160 Von Herrn Dr. Jakob Krall aus Triest wird eine Ab- handlung: jManetho und Diodor, eine Quellenuntersuchung' mit der Bitte um ihre Aufnahme in die Sitzung^sberichte vor gelegt. 'ti' Herr Dr. Thomas Garrigue Masaryk, Docent der Phi- losophie an der Universität in Wien, hält einen Vortrag über ,Die Statistik und Sociologie. Ein Beitrag zur Logik und Me- thodik' und ersucht um die Veröffentlichung desselben in den Sitzungsberichten. Die erste Abhandlung geht an die historische Commission; die beiden anderen Vorlagen werden besonderen Commissiouen zur Begutachtung überwiesen. An Druckschriften wurden vorgelegt: Biker, Julio Firmino Judice: Siippleraento a Collecijao dos Tratados, Con- ven9ües, Contratos e Actos publicos celebrados entre a Coröa de Portugal e aa mais poteucias desde 1640. Tom. XXX, Parte I et II. Lisboa, 1879; «'. Epstein, M., Dr.: Oberstgerichtliche Entscheidungen in Eisenbahnsachen. Wien, 1879; 8'\ Gesellscliaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. XXII. Band (N. F. XII.), Nr. 12. Wien, 1879; 8«. — für Salzburger Landeskunde: Mittheilungen. XIX. Vereinsjahr 1879; 8". Militär-geographisches Institut, k. k.: Vorlage von fünfzehn Blättern Fortsetzungen der Specialkarte der österreichisch-ungarischen Monarchie. Numismatische Blätter: Organ für Numismatik und Alterthumskunde. I. Jahrgang, Nr. 10 (Numismatischer Anzeiger), Nr. 11 und 12. Wien, 1879; 4". Poliz ei-Direction, k. k. Präsidium: Die Polizeiverwaltung Wiens im Jahre 1878. Wien, 1880; 8". 161 Programme: V. Jahresbericht rlor Gewerbeschule zu lüstritz in Sieben- bürgen pro 1878/79. Bistritz. 1879; 8". — XXIX. Programm des k. k. Gymnasiums zu Brixen. Brixen, ]><70; 8". — Erstes deutsches k. k. Gym- nasium in Brunn für das Schuljahr 1879; Brunn; 8". — Königl. Ober- gymnasiuni in Fiume pro 1878/79. Fiunie, 1879; 8". — 27. Jahresbericht des steiermärkisch-landachaftlidien Joauneums zu Graz über das Jahr 1878. Graz, 1879; 4". — Programm des katboli.schen Prämonstratenser- Obergymnasiums zu Grosswardein, 1878 79. Grosswardeiu, 1879; 8". — Programm der königl. Rechtsakademie zu Gro.sswardein, 1878/79. Gross- wardein, 1879; 8". — Programm des evangelischen G^'uiuasiums A. B. und der mit demselben verbundenen Realschule, .sowie der evangelischen Bürger- schule A. B. zu Hermannstadt pr« 1S78 79. Hermannstadt, 1879; 4". — Programm des königl. Obergymnasiunis zu Htrniannstadt pro 1878/79. Hennannstadt, 1879; 8". — Röni.-kathol. Obergynniasiuni zu Klausenburg für 1878/79. Klausenburg, 1879; 8^ — Des k, k. Obergymnasium»-. zu Böhm.-Leipa pro 1879; Böhm.-Leipa; 8". — IV. Jahresbericht der Laudes- Oberrealschule und XUI. des Realgymnasiums zu Ijeoben, 1878/79. Leoben, 1879; 8". — Des k. k. Staatsgjmnasinms in Marburg, 1879; Marburg; 8". — Des königl. katholi.schen Obergymnasiunis zu Pressburg, 1878/79. Pressburg, 1879; 8". — Programma dell' I. K. Ginnasio superiore di stiito di Rovereto alla fine dell' anno scolastico 1878/79. Rovereto, 1879; 8". — Des k. k. Staats-Obergymnasiuins zu Saaz, 1879; Saaz; 8". — Programm (30. Ausweis) des Privatgymnasiunis im fürsterzbischöflichen Collegium Borromäum zu Salzburg, 1878/79. Salzburg, 1879; S*^. — Programm des evangelischen Gymnasiums zu Schässburg und der damit verbundenen Lehranstalten, 1878/79. Schässburg, 1879; 4". — K. k. Staatsgymnasiuni in Tmppau für das Schuljahr 1878/79. Troppau, 1879 ; 8". Jahresbericht über das k. k. akademische Gymnasium in Wien für das Schuljahr 1878/79. Wien, 1879; 8". — Jahresbericht des k. k. Ober- gymnasiums zu den Schotten in Wien am Schlüsse des Schuljahres 1879; Wien; 8*^. — Programm der k. k. technischen Hochschule in Wien für das Studienjahr 1879,80. Wien, 1879; 4". — Achter Jahresbericht der k. k. Oberrealschule in der Leopoldstadt in Wien. Wien 1879; 8^. — Vierter Jahresbericht über die k. k. Staats-Unterrealschule im V. Bezirke (Margarethen) in Wien für 1878,79. Wien, 1879; S». — XIV. Jahres- bericht der niederösterreichischen Landes-Oberroalschule und der mit derselben vereinigten Landesschule für Maschinenwesen in Wiener-Neu- stadt, 1879; Wiener-Neustadt; 8". — Jahresbericht der Akademischen Lesehalle in Wien über das IX. Vereinsjahr 1878 79. Wien, 1879; 8". Siebenter Jahresbericht des Vereines der Wiener Handelsakademie, 1879 ; Wien; 8*^. — V. Jahresbericht über das k. k. Franz Joseph-Gymnasium in Wien, 1878/79. Wien, 1879; 8». — IV. Jahresbericht der k. k. Unter- realschule in der Leopoldstadt in Wien. Wien, 1879; 80. — III. Jahres- bericht der k. k. Staats-Geweibeschule in Reichenberg für das Schuljahr 1878/79. Reichenberg, 1879; 8". ,Revne politique et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de TEtranger'. IX« Annee, 2« Serie, Nos. 30 et 31. Paris, 1880; 4«. Sitznagsber. d. phü.-hist. Cl. XCVI. Bd. II. Hft. 11 162 Society, the royal geographica!: Proceedings and Monthly Record of Geo- graphy. Vol. II, Nr. 1. January, 1880; London; 8«. Verein, milltär-wissenschaftlicher, in Wien: Organ. XX. Band, 1. Heft. 1880; Wien; 8". Wissenschaftlicher Club in Wien: Monatsblätter. I. Jahrgang. Nr. 3. Wien, 1879; 4". — Nr, 4. Wien, 1880; 4". — Ausserordentliche Beilage zu Nr. 4: ,Ueber die Abstammung der Organismen', von Dr. Carl Semper. V. SITZUNG VOM 18. FEBRUxVR 1880. Von dem w. M. Herrn Dr. Pfizmaier wird eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: ,Dcr Kesselspruug Isi-kawa's', vorgelegt. An Druckschriften wurden vorgelegt: Akademie der Wissenschaften, königl. unpfarische, zu Budapest: Almanach pro 1879 und 1880. Budapest; 8». — Ertesitö: 12. Jahrgang, Nr. 1—5, 7, 8. — 13. Jahrgang, Nr. 1—6. Budapest, 1878 und 1879; 8". — Evkönyvei. 16. Band, 3., 4. und 5. Theil. Budapest, 1878 und 1879; 4". — Huufalvy, P., Literarische Berichte aus Ungarn. II. Hand, Heft 1 bis 4. — III. Band, Heft 1—4. Budapest, 1878 und 1879: 8**. — Ar- chaeologiai Ertesitö: 12. Band. Budapest, 1878; 8"\ — Archaeologiai Közlemenyek: 12. Band. Neue Folge 9. Band. — 13. Band. Neue Folge 10. Band, 1. Heft. Budapest, 1878 und 1879; 4". — Archivum Räkoczia- num. I. Abtheilung, 6. und 7. Band. Budapest, 1878 und 1879; 8". — Principis Francisci II. Räkoczi confessioues. Budapestini, 1876; 8**. — Codex diplom. Hungaricus Andegavensis. I. Band (1301 — 1321). Buda- pest, 1878; S''. — Ertekezesek a nyelv- es szeptudomänyok köreböl: VII. Band, Nr. 3—9. — VIII. Band, Nr. 1—4. Budapest, 1877, 1878 und 1879; 8"^. — Ertekezesek a tArsadalmi tudomänyok köreböl: V. Band, Nr. 1—8. Budapest, 1878 und 1879; 8'\ — Ertekezesek a törtenelmi tudomänyok köreböl: VII. Band, Nr. 5—10. — VIII. Band, Nr. 1—8. Budapest, 1878 und 1879; 8». — Magyarorszägi regeszeti emlekek: III. Band, 2. Theil. Budapest, 1878; 4«. — Magyar törtenelmi t4r: 25. Band oder 2. Folge 13. Hand, Budapest, 1878; 8". — Nyelvemlektär. 11* 164 6. Band. Budapest, 1879; 8". — Nyelvtudomänyi közlem^nyek: 11. Band. 2. und 3. Heft. — 15. Band, 1. und 2. Heft. Budapest, 1878 und IBT'.t ; 8". — Magyar leveles tAr: H. Band (1Ö1.0-1709). Budapest, 1879; H". — Monumenta comitlalia regni Transylvaniae : 4. , ö. und 6. Band. Budapest, 1878 und 1879; 8". — A magyar helyesirds. elvei es aza- b41yai. Budapest, 1879; 8". — Budenz, J., Magyar-ugor összehasonlitö sz6t4r. 4. Heft. Budapest, 1879; 8". — Pesty, F., A Szörenyi BÄnsdg < es szöreny virmegye törtenete. I., H. und HI. Band, 1. Heft. Budapest. 1878; 8". — Szabo, K., Regi magyar könyvt4r. Budape.st, 1879; 8'\ Szilägyi, S., Bethlen Gabor fejedelem kiadatlan politikai levelei. Bud.i pest, 1879; 8». — königl. preussiscbe, zu Berlin: Monatsbericht. November 1879. Berlin, 1880; 8". — königl. baieriache, zu München : Sitzungsberichte der philosophisch-pliilo- logischen und historischen Classe. 1879. Band II, Heft 1. Mündien, 1879; 8". Akademija znanosti i iimjetnosti-jugoslavenska: Starine. Knjiga XI. U Za- | grebu, 1879; 8". — Rad. Knjiga XLIX. U Zagrebu, 1879; 8". Bibliothfeqne de l'Ecole des Chartes: Revue d' Erudition. XL"^ Ann^e, 1879. ! 5" et 6' livraisons. Pari.f, 1879; 8". | Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittlieilungen. Band XXni (neue Folge Xlll), Nr. 1. Wien, 1880; 8". Mittheilungen aus .lustus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter- j mann. XXVI. Band. 1880. I. Gotha; 4«. RajendralÄla Mitra, L. L. D., C. I. K.: Buddha Gaya, the hermitage of SAkya Muni. Calcntt.i. 187s ; gr V\ Revue jiolitique et littc-raire et Revue scientifique de la France et de l'Etranger. IX «^ Annee, 2' Serie, Nos. 32 et 33. Paris, 1880; 4«. Society, the royal geographical : Proceeding.s and monthly Record of Geo- ' graphy. Vol. II, Nr. 2. February, 1880. London: 8". Pfizmaier. Der Kesselsprung Isi-kawa's. 165 Der Kesselsprung Isi-kawa's. Von Dr. A. Pfizmaier, wirkl. Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften. Die vorliegende Abliaudlung bildet den Sehluss einer Reihe dramatisch ausgearbeiteter Abschnitte, von denen die zwei vorhergehenden unter dem Titel: ,Der Schauplatz von Fudzi-no mori' bereits früher veröffentlicht wurden. Die noch übrigen hier erklärten zwei Abschnitte sind: ,Der Schauplatz des Gefangenen des Gerüstes des Vogelsitzes' und ,der Schauplatz der Flussebene von Sitsi-deo'. Sitsi-deo ^siebentes Viertel' ist eine der bei grösseren Städten üblichen Eintheilungen , welche mit itsi-deo ^erstes Vierteis ni-deo ,zweites Viertel' u. s. f. beginnen. Das genannte Viertel gehört wohl zu der alten Hauptstadt Si-ga in Omi^ Flussebene' (kmcara) ist das gewöhnlich trockene Bett eines Flusses und wird häufig zur Bezeichnung von Oertlich- keiten gebraucht. r-i v i t?,. Die zwei Abschnitte enthalten die sehr ausfuhrliche iLi- zählung der Gefangennehmung und Hinrichtung Isi-kawa Go-e- mon's, welcher sammt seinem unmündigen Sohne zum Kessel- sprung, d. i. zum Sprunge in einen mit siedendem Oele ge- füllten Kessel verurtheilt wird. Das Ereigniss fäl t nocn m das sechzehnte Jahrhundert, in die Zeiten des in dem lexte erwähnten Hauses Asi-kaga. 166 Pfizmaier. h ij # T ^ )t M *5 / « Tovi-i asi-ha tofaicave-inono-no ha. Der Schauplatz des (iefaii2:eneu des Gerüstes des Vogelsitzes. y T ^ A H -f ^ ly 7 y ^/ H y ^ D :/ 7/ ^ -f 7" h * ^ 2> 4^ ■^ r ^ 1^ y y ffi ■^ -JL b- z> ^ -f t •^ 2y 3E ZI y 1 t -fe )^ -^ >' h 7 Y J ^' — ^' )\ ( X ■/ y Go-e-mon-wo mesi-toran-to nra-te-no nin-zu-ivo ire-knje-l'oje sia-nai-v:a faja-gane jose-dai-ko sasimo-m firoki kei-dai-mn si'ü- ra-no isi-mata-ni koto-narazu. Indem man, um Go-e-mon festzunehmen, eine neue Menschenzahl hereinbrachte und immer wechselte, ertönten in dem Inneren des Altares die Lärmglocke und die Angriffs- tromrael. Selbst das Innere einer so weiten Gränze war von der Strasse der Hölle Siii-ra nicht verschieden. A W(^ Nin-zu ,eine Anzahl von Menschen'. jjfi ^ Sia-nai , innerhalb des Altares oder Tempels^ Josii- -fr H# dai-ko ,die Angriffstromrael'. J^ ^ Kei-dai , innerhalb der Gränze'. fl^ ^ -S'^Vra ,die Hölle Siü-ra'. y ^ -j 11 ly 7 'j ^ t ^ 2/ ^ ir ^ )t ^ ^ y- 7" £ ^ y + ^ y 7 y ^^ ^ E. -^ ^ T u y j P ^ i )i^ 17 ^ zy * — b y -^ ^^ ^7 "k h y ^ \L )j t 7s y y h — 7 E. Der Eesselsprnng Isi-kawa's. 167 t^ V y { :j y y ^ y -}- f^ ^U^^P + ^UP^^ ^ V t V ^ ^ Y ly y & y ^ y ^ ^ U ^ ^ ^ r n^ 9 ^ y ^ )V -\ y ZI ^ )) ^ y T y- 9 ( y a )v r ^ ^^t/tyhhJ.^ Si(t-dan-no minami-ni isi-wo mote migofo-ni tate-tnru o-o- tori-i siutsH-rh fakumi-ga asi-ha-no uje su-ßaJcii-no ktimi-ko-ga ottori-maki nahi-ni ßssi-no go-e-mon-ga kidzu-wo nii-ken-ni manako-mo tsibasiri a-sih-ra-tch-no are-tanc gotokn tsukare-si tokoro-ico torajen-to te-gara-tvo arasoi si-fle-ni mei-mei kumi- ko-ga xdsi-kakeru-ico mono-mono-si-Ja-to kiri-fate-taie firameku katana-no den-kt(h kawara seki-kua tnzirogu nin-bti. Ueber dem kunstvoll hergestellten Gerüste des im Süden der Altarstufen aus Steinen schön aufgebauten Vogelsitzes be- werkstelligten mehrere hundert Theilnehmer die Umzingelung. In der Mitte war der zum Tode entschlossene Go-e-mon, mit einer Wunde zwischen den Augenbrauen, indess aus den Augen selbst das Blut spritzte, dem ergrimmten Könige A-siii-ra gleich. Um den Ruhm, den Ermüdeten zu fangen, streitend, drangen mit Stöcken jederseits die Theilnehmer heran. Jener, vielleicht wichtig thuend, hieb immer auf sie ein. Vor dem Steinfeuer des Blitzes des blinkenden Schwertes stoben die Leute zurück. Ütt i§ Sia-dan ,die Stufen des Altares oder Tempels'. Hj X^ Siüfsu-ro ,zum Vorschein kommend Wi W ^u-fiaku ,mehrere hundert^ ij^\ ^ Fissi , sterben müssen, todesmuthig^ Mi-ken ,zwischen den Augenbrauen^ 168 Pfizmaier. ßpr jj^ SS 3E Ä-siü-ra-tvo ,der König- der Hölle A-siü-ra'. :^ \^ Mei-mei Jeder einzeln'. ^ -^ Den-küo ,der Glanz des Blitzest ^ ^ Seki-kua ,das Feuer der Steine'. A ^ Nin-hu jdiensttimende Männer'. 17 — :// 7 4=^^ 7; 2> \y ^ y ^^ )^ + U •^ D y h n )ly )^ 4^^ ^ -s ^^ y p h I? 7 )^ + h -t ^ t> i- z> i-' y ^ X y :? it »j '7 y u •^ 7"^ 2> 7; u i? * y \y •^ 3/ )t > 9 t T )V y- y 1- X )U J> ^ t ( ■tt- \y ^ -x^ 7 + Jj t^ -n J> 4=^^ --; ^N ^* r y -^ U y- y ^ ^ h ■> ^^ ^ ~>t 11 ■^ t^ •^ Ly — T )]^ y p y- 1 T tf ^ — -^ -t p ^ Ja-to-zi-ga fagesi-ki ge-dzi-ni fe-tare-no kumi-ko kakaru-wo makko usiro-ge-sa asi-ha subette massaka-sama-to zu-den-do gi-ri kuruma gi-ri te-nami-ni osorete nige-asi-ivo nagi-faraivarete sakasi- ma-ni sagaru-ioa fudzi-no tswni-dzaru dotto-site nigeru kosij/pone se-bone kaze-ni ko-no fa-to tsiri-use-tari. Nach der strengen Weisung Ja-to-zi's drangen die hand- festen Theilnehmer an. Gerade vor der Stirn an der Rückseite glitten sie auf dem Gerüst aus und stürzten kopfüber zu Boden, waren in der Lage eines Wagens. Bei diesem Kunstgriffe fürchteten sie sich und wurden ihre entweichenden Füsse weg- gemäht. Indem sie verkehrt herabstiegen, waren sie Ranken li Der Kesselsprnng Isi-kawa'e. 169 der Schiiiinkbohne. Im geräuschvollen Fliehen waren Hüftbeine und Rückenbeine wie Blätter der Bäume in dem Winde zer- streut und verschwunden. 'T\ ^ Ge-dzi ,die Bekanntmachung nach unten, die Weisung'. tB* ^ Makkh ^gerade vor der Stirn^ I '^J Dzu-den-do , kopfüber zu Boden fallend Gi-ri , Angemessenheit'. ^s? 3 1T ^ ^ \L )V ^ 7 1^ ^ \L 'J )J \] ^ ^ 7 h i^ T ly )\ y ^ V y h \: m :/ y ^ b- y — • ^ y ^ p^ y V r b- 2> -7 y ^ )j 7/ n ZI j a y V ^ y 's -^ b- ^ V 1] ^ z> -^ V V t — y > r )t h Ide kono ßma-iii-to go-e-mon-ga asi-ha-wo tohi-ori iki-dzukü- wo totta-to kakaru sa-soku-no asirai tada itto-ni kiri-tawosi mata- mo kiri-noke ke-noke toaga ko-ica idzuko-je majoi-si-zo-io. Wohlan! Während dieser Zeit — Mit diesen Worten flog Go-e-mon von dem Gerüst herab. — Ich bin zu Athem gekommen. Eine solche rasche Be- gegnung, ich haue sie mit einem einzigen Schwerthiebe nieder, ich haue sie noch weg, ich trete sie mit dem Fusse weg. Wohin hat mein Sohn sich verirrt? "T* jS 'S^t'-sokii , schnell, hurtig^ — • ji Itto , ein Schwert, ein Schwerthieb'. h^ ' p \f y n' T -j- b- r -f y ^ ^ y ir u V ^ y ^ U y 1- rtr 'J y ^ t> ^ h -^ )V H ^ { \^ ^ )V ^ 170 Pfizmaier. -^ i^ Ä -^ - l^ -=• ' ^V Iku-saki cm-ziru keivasi-ki naka nohi-agari-agari \ go-ra-itsi jarazi-to johi-tatsuru usiro-je \ totta-to kakarv-too ßto-utsi-ni segare doko-ni-to konafa-wo mi-jari \ go-rn-itsi-ja-i-to. Indem er hinging, besorgt und in Eile immer sich empor streckend, rief er: Von Go-ra-itsi lässt man nicht! — Mit dem Rufe: Man hat ihn gefangen! drang man rückwärts gegen ih ein. Er führte einen einzigen Hieb. Um zu wissen, wo seini] Sohn sei, entsandte er die Blicke nach diesseits und rief: Go-ra-itsi ! ^ (An)-ziru , besorgt sein^ p )^ ^ ->, 2> )t 1) V ^ E. 3 b- -fe D p 'J 4^ b )V y Z] r Y 7" Z y 1^ + ^ l: 1^ 7 t y ^ ^ y- ^ ^ ■n- ^ ^ y -^ )\ ( >j 1i P 7 1/ b IV u t y )^ h ~\ h h h P z> ( 77 11 y * %y 1 1) -h ip — » ^ 2> 7 7 t + V ^ t + it- »- t ~j tf 7 -t h y IJ ^ t/oiw ßma-mo kakaru kumi-ko-wo sore-sore-ni ki)'i-tsirasi-\ taru sini-mono-gurui ja-to-zi te-dori-fo nasan-to naica sahaki si- de-iüo ton-Jiawosi go-zib-to i-i-sama litte kakarn-ioo kokoro-je-tari-toX mi-wo kawase teo-teo-to fassi-to uke-tome-farai. Während er so rief, hatte er in die andringenden ein- zelnen Theilnehmer in Verzweiflung eingehauen und sie zer- streut. Ja-to-zi, indem er ihn mit den Händen ergreifen wollte,! entwirrte den Strick, erfasste von Neuem den Stock. In demj Augenblicke, wo er mit den Worten: Das hohe Gesetz! schlagendl andrang, wechselte Jener, indem er es verstanden, die StellungJ Des EesselBprnng I&i-kawa's. 171 empfing ihn geräuschvoll hervorschiessend, hielt ihn auf und trieb ihn weg. f^P -fö Go-dzih ,das kaiserliehe Gesetz'. Fassu , hervorkommen, hervorbrechen'. )^ y IV P u y ^ •^ ^ a. t -f )t ^ •r -^ ^ »j h ^/ ^ b- 4^ u 1f \y )\ Y 17 h ^ ^ y t »j i )t y" )] A n:^ ^ :^ b- ^ 7 — ^ 1/ :/ 4^ X :? > > U ^ P y ^\ y ■tf A -f U U u ^ y tf tf- 0 T 2? /ifsi-ö itsi-ziun ntsi-komu te-moto tobi-susari kiri-komu kissaki odori-koje sara-ni fatesi-no tsukazare-ha sfy-fö tagai-niikaru hakari wori-kara iki-seki fih-hu-wa kake-tsuke. Einmal entsprechend, einmal willfährig, unter der herein- werfenden Hand zurückfliegend, sprang die einhauende Schwert- spitze hinüber. Da durchaus das Ende nicht nahte, gerieth man auf beiden Seiten gegenseitig in Zorn. Um diese Zeit rannte athemlos Fio-bu herbei. — ' i^ Itsi-wo ,eine Entsprechung'. — • j\M Itsi-ziun ,eine Willfahrung'. ^$ ~k Sb-fo ,beide Seiten'. 5 A t D )\ 1] Z/ y V 7 v^ ;ii tJ -^ ^ t- >r 2> y- 1t ]- T n 11 >, y \L T )t ^ p > 1 h^ ^ y J j V 1f y -f 3E 1f h — y ^ ( ^ u y >)> h — p h y b y :? 1/ ^ 2/ £? y 3 > > :? ^ y y € ^■ )\ — y- -> ^ oP T -t h y y 172 2 Pfizmaier. ^ t^ t- 1t 0 . ( )\ \y y ^ V ^ V ty y ^ y & y y- ^ 1 Y ^ ^ — \y r ^ V -^ 1i T 1 Ja-a-ja-a idzure-mo sono to-zoku koso soregasi-ga karame- totte o-ioatasi-mhsan sihasi-sihasi-to ko-e kakete oja-no fih-ha-wa oi-no asi kokoro-mo sora-ni totte kajesi ja-tö-zi-ni mvkai \ toga' nin-wa isi-gawa go-e-rnon-to na si-sai atte kare-me-ni-ioa dziü- dziü-no i-kon ari soregasi-ni o-icatasi-kudasare-to. — Ah ! Ihr Alle. Diesen Räuber werde ich binden und euch übergeben. Eine Weile! eine Weile! — Indem er sie so anrief, brachte sein Vater Fio-bu den Fuss und das Herz des Alters in die Luft zurück. Er wendete sich zu Ja-to-zi. — Der Verbrecher führt den Namen Isi-kawa Go-e-mon. Aus einer Ursache habe ich gegen ihn einen doppelten Ilass. Uebergebet ihn mir. 'j^ SlJ To-zoku ,ein Räuber'. "?* ^ Si-sai ,eine Ursache'. ^ \^ Dziü-dziü jdoppelt, mehrfach'. ^ '^ß I-kon ,ein vererbter Hass'. ■^^ 4=^ y y / ^^ zy y )\ ii> ^ ■Y u y ^ -f )t ly ^- ^' ir •? ^ ^» -t T y y 1f — i -^ 1J -b y ^ 2/ h b- A 7 )t -fe y y ^ y ^ ; ) \ + 4^ -V T 2> 7. 9' t -7 ^ Ly y )V T h Ix ^ ^ u -^ t 3 V Y 2y p Negaje-ha ja-to-zi | sa iü ki-den-tca nani-bito naru-zo soregasi-ica kuan-hakke-no sio-dai-hu-to mhsu mono ki-den-no o-jaku-me snmadake-ica tsvkamatsiiranu i-gi-naku sessia-je o-ma- kase are. i Bei dieser Bitte fragte Ja-to-zi: Was für ein Mensch seid ihr, der ihr so sprechet? Der KesBelsprnng Isi-l U )V "7 y" ^ TT ^ Y D ^ ^ 0 :? '■ )\ ^ H ^ t )^ ^ 7 )^ 7 y ^ IT r 7 :/^ -h >- ^ Ki-sio-no o-tanomi jon-dokoro-ica na-kere-domo go-i'b-fai-no fe-ni ojoJm-mazi. 0-ke.ga atte-ica ki-no doku-to zon-zuru kono gi hakari-ion . — Obgleich euer Wunsch nicht ohne Begründung ist, so wild es doch nicht in der Macht eures alten Leibes stehen. Wenn es euer Schaden ist, so thut es mir leid. Was diese Sache betrifft — ■ö* Wr Ki-sio ,der vornehme Ort', ihr. ^ II Eh-tai ,der alte Körper'. Gi ,eine Angelegenheit, eine Sache'. y y tf :? ^ :/ ^ 2> :y ^N ^ z> \L 2/ ir h X y t^ i^ 2> ^ h )t -1 7 ^ )t fi h b -^ t ^ 7 ^ 7" ^ )^ 0 t- ■fe 1/ -f )^ 7 ^ s^ y Mos?" tori-son-zi-sorawa-ha siwa-hara itasu made-no koto fu-zi-tva tagai-no i-kon-harasi ze-ß-to-mo sessia-je o-watasi-to. 174 Pfizmaier. — Höret! Wenn ich ihn verletze, so kommt es bis zum Aufschneiden des faltigen Bauches. Zur Unzeit ist die Löschung des gegenseitigen Hasses. Es sei recht oder unrecht, ihr über- gebet ihn mir. ;|M Son-zuriL ,beschädigen, verletzend 'Jf, ^ Fu-zi ,uuzeitig, zur Unzeit^ ^ Ze-fi ,Recht oder Unrecht'. ^ ^ y U )^ Y z> ^ 7 3 X Ä 7 ^ =h^ -y y )j 1] IV 3 a -t * — )t ^ 2> ^ t- 'j 2/ T ^ 7y y -^ y b 4^ ^ PI b t 7" ^' ^ y »J y ^ ^ ^ 7 3 t T K ^ t^ y ^ 17 V y- -h ^ y 2y A ^' b )\ Jb 4^ / 7; -tf- )t i -^ + > > 1 7 b^ 7 U t y M Zy -^ ^ 4^ )j y X ir jL :.\ h ^ ^ 7 ^ A 7 ') tf 2x 1 Wbn-i<^e-»o kotoba-ico kiki \ sikara-ba ka-sei kudasare-jo- to sasi-dzu-ni uresi-ku mukb-ni \ kori-ja go-e-mon i-zen-no i-siü-wo farasan tarne iwa-ki ßh-hu-ga mukh-tari kiri-nukeru nara nukete mi-jo oi-no te-nami-ni mono-wo dzi-zuru nara omote-wa ikari otsi-jo-kasi nige-jo-to. Die drängenden Worte hörend , erwiederte man : Also leistet Beistand ! Bei dieser Weisung erfreut, stand Jener gegenüber. — Höret Go-e-mou ! Um den früheren Hass zu löschen, hat sich Iwa-ki Fiö-bu gegenüber gestellt. Trifft es sich, dass du im Einhauen entkommst, so entkomm und siehe zu. Trifft Der Kesselsprniig Isi-kawa's. 1 75 es sieb , dass ich mit der Geschicklichkeit des Alters eine Sache zurecht bringe, so möge auf deinem Angesichte der Zorn sich legen, und fliehe ! Jfin ^; Ka-sfi ,hinzugegebene Stärke, Beistand'. W ^ I-zen ,vorhergehend, trüber'. ^ Ä -'-*'"* ,böser Wille, Hass'. Vjp^ Dzi-zuru , zurecht bringen'. ^ ly )^ X »J X 7; z> a 2y U ^ y" ?^ t^ y 1j h n T -^ )\ y 7s ^ y 5 y T Ä 4^ y :?)- y y )^ T i :^ ZI ^' ij a V ^ ^ Sirasit me-tsiiki kaiüo-tsuki yo-e-vion-iva mite tori-te sate-wa tasukete sono kawari fara-mesaren-to-no o-kokoro-ka-to. Den verständigenden Ausdruck der Augen, den Ausdruck des Gesiebtes sah Go-e-mon. — Aus den Händen der Häscher also werdet ihr mich retten, und ist es eure Absiebt, dass mir dafür befohlen wird, mir den Bauch aufzuschneiden? 2> • 3 2> 4^ ir y y a\ ^ ^ ^ n 7" ^d^ ^ + w- -1 ZI — m^ zy ^ )^ )v ) 1 T 2/ ^ y y 1/ y ^ Kr >• > •J ^ V ^fi ■^ y -fe H % h 7. 3 7 p )V zy V V- Kore-kore ßo-bu-dono naru-fodo urami-farasen-ga kokoro-ire aru ki-den-no jo-si to-ma-no zeo-ico johi-ni jare-jo itsi-gon rnbsu si-sai ari-to. — Höret, Herr Fiö-bu! So ist es! Mir fällt etwas ein, wie man den Hass löschen wird. Schicket um euren Pflege- 170 Pfiz maier. söhn, den Zugesellten Tö-ma! Ich habe Grund, ihm ein Wort zu sagen. ^ -^ Jo-si ,ein Pfleg-esohn^ — • "^ If.fi-gon ,eiu Wort^ •f- m «■ ■sai , eine 1 Jrsach e, ein Beweggrund', y V )\ ir -1 9 -f y > > -1 y y t y- )\ ^ A \^ -A ^ 7 ? L/ y z/ )j Jj U >• ^ )^ y i ^ t> A ^ "^ t y y Ä 7 fe T* ^ ^v n ^ h b 1/ n 4^ !> - p ^7 -^ 'S 2> it t ^^ > )!7 ^s IV -V 7* y- 1.' ■n- )) 7" lü-no-wo Jciki-te fih-hu-wa mi-kajeri-te \ wo-wo sore-ino sai- zen so7'egasi-wo mukai-to siie innri mnje made mnwari-si juje jagate ko-ko-je knru-tca ßfsu-zih madzu sore-made-ni karamefe miseo. Diese Worte hörend, blickte Fio-bu zurück. — O dieser kam mir vorhin entgegen und ist bis vor den Altar Inari's herumgegangen. Dass er desswegen sogleich hierher kommt, ist gewiss. Bis dahin werde ich diesen fiüher binden und es ihn fühlen lassen. ^ ^ Sai-zen , vordem, vorhin'. 7^ '(m Jfiai'i ,der Name einer ^Sintoogottheit^ Jj^\ ^ Fitsu-zih , entschieden, gewiss'. y ^ — Ä V 1^ 3 ■Y 'j <' -^ p V' t y y )t t ^ \ ^' t )V u y- 1T U -Ä ^ y y" -^ h b- 1] V 3 h y P Ä ^ J > -\ + y\ t> ^ t> 3 lly •=^ \ V )V ^ V •^ T 2/ V + IT 7 V -^ * 7 — y I Der Kesselsprnng Isi-kawa's. 177 Ija rh-zin-no konafa ai-te-ni-ja semi fo-ma-wo johare-jo \ ija mi dojio-ga-to si-de-ni täte kakaru-to viise-kakefe \ ju-a nigurn tote nigash-ka nigem nara nigefe mi-jo-fo. — O ein alter Mann handelt hier wohl nicht als Wider- sacher. Rufet T6-ma. — O ich selbst werde des Herrn — Er zeigte, dass er im Begriffe sei, mit dem Stocke zu schlagen. — Ei, damit man entfliehe, werde ich entfliehen lassen? Wenn es der Fall ist, dass du entfliehst, so entfliehe und fühle! yp^ J^ Rh-zin ,ein alter Mensch'. J. * )ly 1} 'S ^ )j 1] 7 J u ^ 3 ^ y )V )^ ly U "^ b- PI u 1- tf Y t ZI ;y 2y ~2 5. Ä !> V ^ 3 y Xy ! Nonosiru icori-kara kasiko-jori fase-kitaru to-ma-no zeö : kaku-to miru-jori go-e-mon ko-e-kake. Während er so schmähte, kam von der anderen Seite der , Zugesellte T6-ma dahergelaufen. Go-e-mon, sobald er sah, dass es sich so verhalte, erhob die Stimme. ^ 3 -V u 7 ly y \y 3. — P V^ n y -^ y y -^ 7 ^ 7 4^ V 7 T \y u 7. ^ ^B> y \y )^ n y ^s ^\ ir A V y" t y Y y -X 7/ ^ y ly y 1f Y y- ■tf t if )ly P 11 y h 7" t^ t — \y h zy ^ zy r X n 2/ )t ^ zy 'j Y ^ y ly t ^ y )^ y 3 y T i" -r -i 3 y n Y ^ Y zy A IT ^ V P U A t T -fe t> H i ^ ^ ly V ^ ly zy V t )\ ly 7 h Öi tzangsbe it. d. phj il.-hist. Cl. XCV] :. ßd. II . Hft. 12 178 Pf izmaier. Ja-n mafsi-kane-si naa-ki to-mn waga un-mei-mo ked-ni kiica- maru oja-dzi-ga i-siü-tvo farasan tote miikatcare-tare-domo tori- son-zi seppvku mesnren koto seo-si-ni oiiioi te-ui tatsu kiden-tvo ai-te-to se-hn fadznkasi-knrnnu tcagn fon-guai oja-ni kawatte fatarakare-jo soregnsi tote-mo jö-sia-wa ne-je-zo-to. O Iwa-ki To-ma, den ich nicht erwarten konnte! Mein Schicksal ist heute entschieden. Obgleich ihr, um den Ha>> des Vaters zu lösclien, euch entgegen gewendet habt, steht vor mir in Leid der Gedanke, dass man mich verletzen und mir den Selbstmord befehlen wird. Wenn ich euch zum Gegner mache, schäme ich mich nicht, es ist mein ursprüngliches Be- gehren. Tretet an die Stelle des Vaters und handelt! Ich er- halte keineswegs Verzeihung. ^M ^ Un-viei ,da8 Schicksal'. ^ ih '^'^^"** }^^^ Leid'. ^4^ 1^ Fon-guai ,ursprünglich in dem Busen tragen'. ^ ^ Jo-sia , Verzeihung'. ^ ^ y r — y / y 7/ 17 1 -f + r\ z> -}- + 17 f -^ ly t •J 3 T y V > Y 2> y y b y -Y ^ Y C7 V 1- -1 t t 's b- )V t V 'S )\ -tf ^ H y. V y T 2> y ^ zy i- y ^ )t \y t> / t^ ^ y A y- ij 7" 1f A 4^ V tf t X t -f a ir ^ f^ 7. y -^ 3 ^ 7/ ir )\ n y 1/ A Ja-a sonn teo-nin-ni-toa tare ga-si-ta katana-wo otta sono urami ima farasai-de itsii fnrnsu tofe-mo nugarenu go-e-mon-ga notsi ta-mon-je wntasi-te kokoro-ga jo-karh urotajeta koto-too-to. — Ah wer hat diesen Bürger beglückwünscht? Dass man das Schwert zerbrach, diesen Hass wenn man jetzt nicht löscht, wann löscht man ihn? Es ist durchaus nicht zu ent- kommen. Indem man ferner diesen Go-e-mon einem anderen Thore übergibt, wird das Herz erfreut sein. Die Sache, worin ich irre wurde — ^ Ga-suru , Glück wünschen'. ^^ P^ Ta-mon ,ein anderes Thor'. V:ypi''ly)^1]'y^iy y'^^IT^-^-t^'tT^ 12* 180 y 2/ Y -^ ^ ^ •n y «j y y 7. y y b- h n )V y V ^ 2/ y- 3 1t y Pfiz maier. >r y n ^ 2> X 7 ^ y- h ^ y 7^ ^' X 2/ T ^ •Y ^ ■V 7 1^ -f ^ •^ ty ^ ■tf ^ t ^^ ^ -V Z/ ( -h 7 2/ t 7 ^ y -t ^^ 7 ^ tf X » t »j h ^ ^v X h 'S )\ :h )^ ^s ;; 7/ P :? n 7/ ^ ■t ^\ )^ y Kivie-f.mkeru kt-i-te tö-ma-ino ze-fi-naku-mo \ ika-sama mo- faja nogarenu nmtdzi-ga mi-no uje ta-mon-je watasi-te fon-i narazu to-zoku sure-domo snsugn-toa ttudzi-me sen-tsi-je kajesi-te jb-fu-no ije sb-zokv sasen-to-ica fii-gn t.fiakv-tsidku sari-nagdra toku-sin- no na-iva kakete eki-naki koto nuikofo ki7'i-7)ukeru sio-zon nara appare te-gara-ni karame-torau. T6-nia, diese Vorwürfe hürentl, sprach, oline über Recht oder Unrecht zu streiten: Hinsichtlich deiner, der du bereits auf keine Weise entkuninist, die Suche einem anderen Thore übergeben, ist niclit mein Wille. Obf^leich du einen Räuber machst, heisst dich noch immer das Gesetz auf das frühere Gebiet zurückkehren und wenn man dich das Haus meines Pflegevaters fortsetzen Hesse, wären bemakelte Erstgeborne. Jedoch den bewilligten Namen anhängen, ist eine unnütze Sache. Wenn es wirklich dein Gedanke ist, dich durchzuhauen, so wird man dich auf meine Bitte durcli Thatkraft binden und festnehm(;n. ^ ^ i^ou-t ,der ursprüngliche Vorsatz'. 11 ;5t. ^ Sen-tsi ,das frühere Gebiet*. ^ 3c «^^"Z" >der Pflegevater'. ^ /^ *^^'"~ö^" , etwas fortsetzen'. 5t IS ^*-^« >ein Flecken, ein Makel'. ?! J^ ^ Tsiaku-tsiaku ,erstgeborne Söhne'. f^ ii^ Toku-sin , einverstanden sein'. « Der KeseeUprung Isi-kawa's. 181 ^ Ekt-naki ,ohne Nutzend 6)|- ^ Sio-zon ,der Gedanke, die Meinung^ 3 y / )^ * r 1 H ^\ ^ y 7A *? ^' t X T ( f ^ 7" )^ ^ T X -^ b t- n ( 7 ^ h ^\ ^ -f •^ ^ 7} \ 1- — ^ )J + y )t r t y y ^ -^^ T 2/ ^ 7 •j 7" ■— * r y ^ 3 y y 2^ )^ T T ^ :? 3 ^ ^ ^ )^ ir 7 ^ )^ )^ r h ^ » ;^ ? 5 X y "i^ \\ y ^ >> r 7 h )Y )t ^ r 7" )L/ -^ > ^1 )J ^ y =ff ^\ ^ "^ -3- ZI Ja-a ittan-wa otoko-dzntsii kono uje nan-no jo-sia nai-wa tori- te amata miru maje-de isagijoku totte mijo | iü-ni-ja ojobu \ sa-a sa-a-sa-a-sa-a-to tsume-Joru ittsi go-e-mon katana-no netaba-ioo-ha awasu-to misete teö-zu-Jtatsi-no moto-ni ari-o isi tori-age jaiba-no fa-gcme-wo fiki-kohosu. — Ei, eines Morgens Mann gegen Mann! Dass es dabei gar keine Verzeihung gibt, die Häscher sehen es in Menge. Ergreife mich vor ihnen ehrlich und siehe! — Es kommt wohl zu dem, was man sagt. — Wohlan! — Wohlan ! wohlan ! wohlan ! Während er nahe rückte, hob Go-e-mon, indem er zeigte, dass er die Wurzel des Schwertes vereinige, einen auf dem Grunde eines Waschbeckens befindlichen Stein empor und knickte ziehend den Stahl der Schneide ein. — • J9^ Ittaii , eines Morgens^ :j^ ^ Jo-sia jVerzeihung^ ^ ;3(fC ^ Teo-zu-hasi ,ein Becken mit Handwasser'. 182 Pf i zmaier. 4= 7 ■^s tr ^ )^ r + ^ h 'J )^ ^/ 3 ^ H ^s ^ h ^ y y h ^ )^ h 1^ •^ 1) ? i- 2/ y V 2> y t y + )^ IV T 1^ y 3. ZI ^\r> £. V 17 To-ma-tca nke-tori naica si-de nirami-ajc-domo kokoro-wa ßto-tsu konata-ica siü-hi-Joku tornjen-to me-do-tco fadziisi-te kiri- tsukeru. To-iiia nahm es auf. Obgleich mau bei Strick und Stock mit ihm zugleich finster blickte, war die Absicht dieselbe. Um ihn durchaus angemessen zu fangen, löste er die Fuge und hieb zu. i m Siü-hi •,Koi jf unc l Sch weif, die ganze Sach + n h 11 ^ 3/ P y :^ -fef Ä ') u 7 iJ< -r 2> -fe ♦t- t ^ y 7" /S\ X 1 IT ^ > + y if )^ t ^ V T ^ :? y 'C- V ly )\ iX if ir y y 1] ■r IT ^ -fe ■^ 3 y -^ b- y ^ P 3/ — ir € M •^ y- ly -y — -^^ IT :? :/ n t- •^ ^ + V zy 2> U y y y . ^' Ze-ß-naku kakete nige-na-ha nif/e-jo sa-iu kono ma-ni-to me-kawo-de sirase oja-no fio-hu-wa ahu-abu-io Jo-si-ga te-gara-vio konome-domo gen-zai icaga ko-ga ko-ko-no inotsi tasuketa-Ja ntgasi- I i Der EesselspruDg Isi-kawa's. 183 tti-ja-to ol-no omoi-ica sen-hen-han-kua ton-te-wa si-fö-ni manako- ico kiibari noyare-gata nakl wani-no kutaifio-hu-no kokoro-zassi-jari. Mit Recht oder mit Unrecht herbeilaufend, gab der Vater Fio-bu ängstlich mit den Augen und dem Ang'csicht kund : Wenn du fliehst, so fliehe! So! Unterdessen — Obgleich er die Thatkraft seines Pflegesohnes liebte, in j seinen greisenhaften Gedanken, indem er fragte, ob man das gefährdete Leben seines gegenwärtigen Sohnes gerettet, ob man ihn fliehen Hess, waren tausend Veränderungen, zehntausend Verwandlungen. Die Häscher richteten ihre Augen nach allen vier Seiten, und der Krokodilracheu, dem zu entrinnen keine Möglichkeit war, bannte den Vorsatz Fiö-bu's. ^ -^ Jh-si ,ein Pflegesohn'. i^ ^ Gen-zai , gegenwärtig'. 1^ P Ko-ko ,der Rachen des Tigers', die Gefahr. ~~f' ^^ -^ ru '^'<^'i"^^'i"^«'*"^"" , tausend Veränderungen, zehntausend Verwandlungen'. IJy "fe Si-fö ,die vier Gegenden'. ]y t A 7 Ä a P h 0 T h y- 3 u >j )^ h i- A P PI P ■^ u -fe 11 iy ZI ^ 7 i- 7 '^ *-* n )V y y- A h •j 3 y )\ ^ y h U 17 a -tf -^ A ^ t )V * u 2> T h z/ T + ^ ^ )^ y" ZI 1} U h 77 ^ )V 3 t- y y b- y- ZI 7 P 3 n )\ ^ ^ liy )^ > )t b- •> * To-ma-wa otsi-jo go-e-vion-ioo tsuki-jaru kokoro utsi-komu si-de uke-toniu fwi-nife katana-ioo-ha utsi-otosan-to kokoro-to kokoro tori- te-wa nü-fatte ko-e-kakeru loori-kara kasiko-no tamuro-seru tori- te-no naka-jori go-ra-itsi-wa owarete nige-kuini. T6-ma, indem er rief: Entlaufe! stiess Go-e-mon weg. Seine Absicht war, die hereinschlagenden Stöcke aufzuhalten. 184 Pfizmaier. In seinem Sinne hatte er auf diese Weise die Absicht, ihm das Schwert herabzuschlagen. Die Häscher, die Blicke aus- sendend, erhoben ein Geschrei. In diesem Augenblicke kam aus der Mitte der jenseits autgestellten Häscher Go-ra-itsi, von ihnen verfolgt, fliehend herbei. y- 2> 7 V T 3 7 3^ 3 7* p 4=^ u ^ n 1t h — 0 ^^ ■^ 2/ ■^ T y 2/ }^ u =t 1^^ if :y y- 1- TfT y U ^ v' P + J + n ir ■^ > ^ > n y ^ * h ■A -y IV ■tf * t -y -^ T y i- 7" n "N T b- b t> 3E \y V 17 -r y n ^ i7 i- ir ly 7 -h <^ y it >j ^ ^ ^ ■^^ 'A ^ ^y 1- t t h 'J ^ ^ 7 -<- — ^ Kokoro-no (en-dö ^ ^^ 0 t -tf u A h ^ z/ h^ :/ ^ + T y :/ S ^ ^ ly Z> y ^ y jll y ^ ^ A p it 5^ \L •\ Vä :/ U 7 + b ^ t T — h ^y Oja-ko-wo tonw-ni ff^tnjai-dori-naku uto-wu oi-no miine-no utsi tomo-ni kanasimu to-ma-no zeo siwore-si ko-e-mo go-fo-no johaivari \ to-zoku-no kon-hon isi-kaica go-e-mon oja-ko-no mono- ivo mesi-totfiiri-to. Ueber Vater und Sohn, nachdem sie in Gemeinschaft als Vogelpaar verloren gegangen, war in der Brust des Alters in Gemeinschaft Trauer. Der Zugetheilte Tö-ma mit geschwächter Stimme und die fünf Gegenden riefen : Die Wurzel und den , Stamm der Räuber, Isi-kawa Go-e-mon und seinen Sohn hat man gefangen. ^ -^ Go-fö ,die fünf Gegenden^ ^ 1^ Tö-zoku ,ein Räuber'. i^ ^ Kon-hon , Wurzel und Stamm'. u il iz^ h u y- ^ h h 17 ^x 2y P p -tf .V ^ p t j! )V i- V^ V ly y 3 i^ •^ t 1J ^\ y y ly T y )\ ^ u 186 Pf i zmaier. '^ h T V h 7; ^ t -j -^ :/' ^ PI P ^ ^^^ ^\ A V IV ^ Z2 :r h ^ -s 0 4^ ZI ^ y -V 5. 2> :/^ T a y -'/ -^ ^ ZJ * y ^^ ^ ^ ^ y Ko-e moro-tomo-m ja-fo-zi-ica tafsi-Jofte \ fofo-ico dekasnre-si to-ma-no zed-dono sen-tsi-je kajerii kajeru ifsti-no ko kouo omomiiki tatsi-kajeri asi-kaga-je gon-zio itasi mesi-udo go-e-mon oja-ko-to- mo kono manui gokn-ja-je. So riefen Alle zugleich. Ja-to-zi kam auf der Stelle herbei. — O der Herr Zugesellte To-ina, der es zu Stande ge- bracht hat! Ich kehre nach dem früheren Gebiete zurück. Um die wiederkehrende erste Nachtwache komme ich sofort zurück. Ich melde es mündlich dem Hause Asi-kaga. Die Gefangenen, Go-e-mon und seinen Sohn bringet untcrdess in das Gefängniss. 3fe Jlb Sen-tsi ,das frühere Gebiet'. W Kö ,eine Nachtwache^ ^ Jh Gonzib , einem Höheren mündlich melden'. ^ Goku-ja ,das Gefängniss'. )) y •) y Z> ^ 7" ^ T 7?y h m V ^^ ff ZI y y y y Ä A ^ X 'x ■i / y + * -f ZL ^\ t y* -f y ^ ^ 1 1- i^h Jly ^ -3- V + ir ^^ 3E ? A 1- 3» 4= -W» ly y 7|~ ^ h U Hatto kotajeru tori-te-no nin-ziü | no-nin-to-vio tatsi-mase- i-to ßki-tatevarete go-e-mon oja-ko juku-nw namida-no sigarami-ja Der KesseUprang Isi-kawa's. 187 tsunagare tsunagu jen-no tsuna-giri-to on-ai iwa-ki-no futari ima-zo na-gori-to mi-awasu katvo. Die Anzahl Häscher antwortete mit Ja. — Die beiden Menschen mögen sich erheben. Emporgezogen, gingen Go-e-mon und sein Sohn. Wohl zur Eindämmung der Thränen gebunden, waren bei der Zer- schneidung des Seiles des Verhältnisses der Freundschaft, welches sie knüpften, Güte und Liebe. Zwei Menschen des Geschlechtes Iwa-ki blickten jetzt wchmüthig einander in das Angesicht. A ^j^ Nin-ziu ,eine Anzahl Menschen^ j^ Jen ,das Vcrhältniss der Freundschaft'. JS ^ On-at ,Güte und Liebe'. ^ ^ ^ ^' \L y ^ ly U )^ -i- zr y y ^ ^ 1f 9 ^ ^ ^y=^ + p^pyy^ VYV^)V9-x:iy ( zL y =. y ^ ^ 7. -v T \^ 2^ ^^ b- Y 7^ Y M ZL )\ J Faja tasogare-no kane-no ko-e aicare-wo sojitru siiiku-gh-ico musuhi-tsiike-taru juki-ai keö-dai tsi-sudzi-no nawa-mo ato-ni tsuki tomo-ni kei-go-no usi-dzuna-ja naku-naku ajumu. Schon brachte der Ton der Glocke der Abenddämmerung das Leid hinzu. In der Begegnung, welche die verjährten Thaten anknüpfte, legte sich das Seil der Blutsverwandtschaft von Brüdern auch an die Fussspuren. In Gemeinschaft^ als wäre es das Rinderseil der Wachen, schritten sie weinend einher. ^ '^ä Siü-gb ,die veraltete Beschäftigung', die Thaten einer früheren Welt. y^ ß^ Ktö-dai jälterer und jüngerer Bruder'. — 1^ Äit-f/o ,die Vertheidigung, die Wache'. > 188 Pfizm aier. ^ 2? )Y PI 7 )t y 9 37 4^ :^ TT -f 3 T :// U if )t ^ U ^s 7 3 ^ T — h U •N TT + ( »j llT t ^ ^ IV P y * ^ T y 1f s 7 ^ 7 7. :/ T ^1 IV 's t y r y ^ h ^s PI >)- ^ r ^ h )L/ ^ * + ^ — :/ 1- y 7 * / u T ^ h y X T y Ä I Go-ra-itsi-ga oja-ico mikajen tsumadzukn-wo kin-kiri aruke- to arake-naku fiki-okosu-ico-ha go-e-mon-ni sono mama so-ko-je k&- tobasare unu-to si-de fitri-agern-tco go-e-nmn-ga niraml-tsnkere-ba te-asi-ico huru-huru zi-kokn-mo tori-no toki dai-ko. Go-ia-itsi, auf den Vater blickend, strauchelte. Derjenige, der ihn mit den Worten: Gehe schnell! auf ruhe Weise enipor- zog, wurde von üo-c-nion unterdessen nach der anderen Seite mit dem Fusse geschleudert. Er schwang den Stock. Go-e-mon blickte ihn finster an. Jener zitterte an Händen und Füssen. Es war die Zeit, wo die Trommel der Stunde Tori ' ertönte. ^ ^J ^-^-^okit ,die Stunde und Viertelstunde', die Zeit. ^ ^ Tai-ko ,die Trommelt ^ y \y y Jt U r Y n 1/ ^ X ~\ )\ V ir P y * \L 3. E + i" )j A TtT ( 11 P V z. a Ä )^ •^ y 1/ { IV ^^ * IV y > > JL 3. :T \f 7 T V ^ a A tiiwo-siwo ajumxi go-ra-itsi-ni fio-hu fo-ma-iva nohi-agari mijaru icakare-dzi go-e-mon-ica naniida-ico tsutsumi wariibirezn jü-jü goku-ja ßkare-jiikti. ^ Die Stunde von 5 bis 7 Uhr Nachmittags. her Kesselsprung Isi-kawa's. 189 Zu dem gebeugt einherschreitenden Go-ra-itsi entsandten Fio-bu und Tö-nui, sieh empoistreekend, die Blieke. Auf dem Scheidewege verbarg Go-e-mon die Thränen. Ohne nieder- geschlagen zu sein, ging er riiliig, indem man ihn führte, in das Gefängniss. /^ V J^'i'-j^'^ y^'^^^^^^} gelassen'. ^ Goku-ja ,das Gefängniss'. -t m M m y m Hitsi-(Jeö-ijmvara-no ha. Der Schauplatz der Flussebene von Sltsi-deö. -^ ^ a Y )j ^^ 2/ y :?' V 3- y U -^ t -tt- ^ S ty i: z/ ^ \L 7 :/ 1 ^ y jll h ■^ ^ r V b- ^y y i t ^ y z/ )\ -f u i ^^ 1] ^s 7 * ^ ^^ ^ 7 h T ^ + z> ]^ T )V i7 Z. )t A :? )^ 3. t 3E V ^ ZJ 7 ^ y ^ ( T 77 p A 7 :^ -^ h ^ 7/ ^ 1^ y 77 P 7; 11 u •^ ^ ^ -=^ ^ H ^ -t 7 n ^ t ■/ ^ y t^ y 1^ 3 •=^ ^ z/ )V a & 2/ 1/ IV V y" ^ -f h ir ■^ ^ 3^^ Ü -f H -t ^ y 7 !> y ^ + h '>> -t h T *' T y Jll Kei-zai-no ba-wo tsukasa-doru igarasi gun-zi kunu-ko-ivo utsi-tsure goku-sotsu ß-nin-ni utsi-mukai \ sen-datte mesi-tottaru 190 Pfizmaier. to-zoku-no tsio-hon isi-kmca go-e-mon kare-ni sitaf/h te-sita-no mono-domo aviata aru-to-no tori-sa-ta juje siti-ziü gh-mon ifase- domo itsu-ka-na faku-zih itasanu juje kon-nitsi ko)W tokoro-nite kama-iri-no kei-zai nani-ka-no jo-i totonoi-si-ka-io. Der dem Platze der Bestrafung der Verbrechen vorgesetzte Igarasi Gun-zi wendete sich, von den Theilnelnnern begleitet, zu den Gefangeuwärtern und den niedrigsten Menschen. — Der Räuberanführer Isi-kawa Go-e-nion, der unlängst gefangen wurde, weil das Gerücht geht, dass die ihm folgenden, unter ihm stehenden Menschen viele sind, verhtirte ich ihn auf allerlei Weise, doch er machte niemals ein Geständniss. Daher ist heute an diesem Orte durch den Kesselsprung die Bestrafung des Verbrechens. Was für Vorbereitungen hat man getroffen? ^J ^i Kei-zai ,das Verbrechen bestrafen'. J|^ Ba ,der Platz, der Schauplatz*. ^ >^ Goku-sotsu ,die gemeinen Krieger des Gefäng- nisses, die Gefangenwärter'. ife A Fi-nin ,kein Mensch, einer der niedrigsten Menschen'. •4^ Seu-datte , vorhin, unlängst'. ß^ 2fe Tsih-hou ,ein Rädelsführer'. 2b/'/- v|^ yj^ satfi ,ein Gerücht'. ^ y^ 'J'siä-dzii) ,mehrerlei^ j^ RS Gh-mon ^peinlich verhören'. Ö tUc Kaku-zio ,das Geständniss eines Verbrechens'. >^ Q K'in-nitsi , dieser Tag, heute'. ffl ^ Ju-i ,die Vorkehrung, Vorbereitung'. 7 y ZI ly -h 7 y ip :r ^ 5/ -^ ^ tf - )j Jr T ^ y\' ^ V — ^ u 1j y "t y Y. Der Kesselsprnng Isi-kawa's, 191 I/" 2> h ^ .y 7" ^ )t r y- V y h )^ y :y Ije-ha fikoje-si (/oku-sotsif-domo \ kanete otoose-tsnkerare-no tori kama-no vtHi-ni-wn kumi-ire sadamarn dzi-goku-ni tvaki-tatsu jh taki-f/i-wo fsumi-age han-zi-no te-fadzn lotonoi-masi-te gozan-viasn. Auf diese Worte erwiederten die Gefangen Wärter, welche sich zurückgelialten hatten: Gemäss dem vorUiulig zugekommenen Befehle ist ein Packen und Einbringen in den Kessel bestimmt. Auf eine Weise, dass es wie in der Hölle aufsiedet, haben wir Brennholz aufgehäuft, wir haben die Handgrifle für alle Dinge ivorbereitet. :Nb M ^-hf'^^^t »f^ie Il.ille^ Ban-zi , zehntausend Sachen'. :? V y -r ^' ^ — -tr ;tc y r y A ^ 1} ^ -t 2/ z> h )^ 7/ ^ y b 2> •^ z> )\ 7" P -^ z> u it 2/ 1 2/ h y T 'S y a •^ -\L € y 51 ■^ y y H ^ { *- )t y ^ y ^ ^ 17 y h ^ )V V V u \y r y t j:^ p if ^ ^ -^^ ^ 1/ )t )^ ]^ ^ y Wowo de-kasi-fa-de-kasi-ta jagate ken-si-no faja-no ja-to- zi-dono iwn-ki to-ma- dono-ni dö-do me-sasi-de arh mo-faja zai- nin-ion goku-ja-ivo-ha ßki-idase-si-to saki-hure are-ba zai-nin fiki- tsure-ma-irii made kasiko-no kuri-ja-ni kiü-soku-sen mono-domo ma-ire-to isogase-ha läsi-fsurete koso iri-ni-kerii. — O es ist vollendet! es ist vollendet! Sogleich wird den untersuchenden Abgesandten, dem Herrn Faja-no Ja-to-zi und 192 Pf i? maier. dem Herrn Iwa-ki T6-ma gemeinschaftlich vur Augen g-estelU werden. Es heisst, dass man den Verbrecher bereits aus dem Gefängnisse heransgeführt hat. Da eine frUliere Verküuduu-; statttindet, so wird man, bis man den Verbrecher mitbringt, in der dortigen Küche ausruhen. Leute, kommt! Hiermit hiess er sie eilen, und Jene traten mit einander ein. H i"M "ßß Ken-si ,eiu untersucliender Abgesandter'. 1^ iM] l^o-do ,auf demselben Wege, gemeinschaftlich'.! \ A Zai-nin ,ein Verbrecher'. ^ Goku-ja ,das Gefäugniss'. ^ J^^ Kiü-soku ,ruhen'. ^ / Y y ^^^ ^ ^ P 7^^ i^ 7 + y 7 y ^ -^ V ^ 2/ 7/ 's :? A ^ -^ 77 1T '^ y ;!/ 0 y ^ •j ^ 4^ V y t ? ^ I? ^^ -yy 7" ZL y )t 7 y- ^ 7; :/^ -h ^ H — * 2> iS: / z/ 7 y -^ ;b — >» J 3 -f ■f t> <^ y ■^ X )\ n U 3 -J 1 — t z 4^ )\ -b iSi-oki-uo lin-s'io-wa sitsi-deu-gawara ni-ieö si-fh-ui knki jui-\ vimcasi vfsi-ni tate-iarn miki-mi-nn jnri kaunje-ni suje-si fai-kna dzi-goku-no seme-tco kono jo-kara mi-iii atsumari-si kun-ziu-no naka kanete-no dzi-gnku-wo sirase-vo tni-ko. Der Ort der Bestrafung war Nummer zwei der Fluss- ebene Sitsi-deO. Man zog auf allen vier Seiten rings eine Um- zäunung , und inwendig waren Lanzen mit emporgerichteten Schneiden aufgestellt. Unter einem Kessel war ein grosses Feuer angelegt. Inmitten der Scharen, welche sich gesammelt hatten, die Qualen der Hölle in dieser Welt zu sehen, ertönte die Trommel der vorläufigen Kundgebung der Hölle. j^ Wr Ba-sio ,der Schauplatz und Ort'. ptj H^ Si-fb ,die vier Gegenden'. Der Kesselsprung Isi-kawa's. 193 ¥^ ^ fum-ziil ,die Ansammlung in Schaaren^ -4r n^ Tai-ko ,die Trommel', ^ ^ ^ \^' y ^ p p n 7 Snki-wo farofe fnjn-no ja-to-zi iica-ki fo-ma-mo ni-jahu-ni tsuf'-tsukerarete ze-jl-naku-mo ken-si-no seki-je iri-kitaru. Die Leute vor sich wegscliaffend, kamen Faja-no Ja-to-zi und hva-ki T»Vma, zu oremeini?chai't]iclier Dienstleistung; herbei- gestellt, ohne Widerrede zu dem Teppiche der untersuchenden Abgesandten herein. ^ Jtiku ,die Dienstleistung'. i'w ^ß Kon-fti ,ein untersuchender Abgesandter^ |ä iSeki ,ein Teppicii, ein Platz, ein Sitz'. ^ — t 3/ -v ■ — - LT^ ^ -f iz u zy )t ^ )\ 0 ^ y y" 7 ZI 2/ y ZI -^ T* if u 3 7 y :/ 2/ P ■^ •fe ^ V — ^ ^ 1/ ^ -=^ 2> D^ r )V -f -f ^ ^ ^ ^ \y 3/ V ^ U ♦ P 7 ij- )\ ^ ^ -^ t t <}- -T { )^ Isogase gun-zi-wa fatsi-dete \ koi^e-tva-kore-ica go-riö-sio-sama- ni-wa kon-nifsi-no o-jaku-vie go-ku-rb sen-han xcare-ra koto-mo sen-koku ma-iri nani-ka-no jo-i itasasefe gozaru-to. Sie zur Eile bewegend, trat Gun-zi hervor. — Bei air diesem sage ich euch Beiden für die Mühe bei eurem Dienste tausend und zehntausendmal Dank. Wir Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. II. Hft. 13 194 Pf i z m aicr. sind zu der Sache kurz vorher g-ekommen. Was für Vor- 1« bereituno-en habet ihr treffen hissen? f^n 3^ ^Jr Go-rib-sio ,die geehrten beiden Orte, ihr Beide' ^ ^ Ku-rh ,Ungeniac]i, Mühe'. ■^ ^^ Sen-hnn .tausend zehntausend'. "^t ^j '^'^""^'^''^■" A^^ frühere Viertelstunde, kurz vorher'. K ^ Jo-i ,die Vorbereitung'. y / b- ^ 2> V PI )U 1/ -f P i? ^ y ^ 7 4 -t )\ 7 ■^ ^ >j h — )^ H 4^ t -^ y y -^ 7 1/ 7 7 ^^ 2/ b :y ^ ^ > 7 l)^ ^ y )t P 2? h / >r ^ ■V -f 7^ :v T -^ i? y > L/ ^ ■r 7 :/ )^ X ^ > -V H -f -f ^ 7 jl )V >^ y 3- 7 'A )» h ^ 2> y ^ 7 )t -tl- ^ 1) ^ -V — i^ 7 7 -h i- 2> — 7 )^ b- U y^ :/ z. i y ■h 3^^ 2/ ^ n ■^ h * i/ z> ^ 2> -J 2/ & A T X y^ 7t2-ni to-ma-wa e-siakn nasi \ sore-wa sen-han go-ku-ro-ni zon-zuru saki-dalte vieai-tori-si go-e-mon kono fi-no kei-zai-tva itsi-mi to-fo-too faku-zth ifasase go-nifsi sio-nin-no urei-wo-ha nozokan tarne tono-no o-o-jake-no fukaki go-kei-riaku atte-no josi ken-si-nn jakn-me ja-to-zi-dono-ni-ioa go-ku-rh-ni zon-zi-viamrii. Bei diesen Worten entschuldigte sich To-ma. — Ich bin dabei tausend und zehntausendmal für eure Mühe dankbar. Was die heutige Bestrafung des unlängst ge- Per Kesselsprnng Isi-kawa's. 195 fang^enen Go-e-mon betrifft, so denke ich. dass, indem man liinsichtlich der vertrauten Genossen zum Geständnisse bewog, indem, um in späteren Tagen den Kummer aller Älenschen zu entfernen, der Gebieter einen öffentliclien tiefen Plan entworfen, die Dienstleistung- des untersuchenden Abgesandten für den Herrn Ja-to-zi eine Bemühung. 1^ ^ E-sinhi ,eine Entschuldigung'. ■"F" -^ Sen-han ,tausend zehntausend'. ^ ^ Ku-rh , Ungemach, 13emühung*. ■4t- Snki-dafte ,vorhin, uidängst'. ^ij 5i Kei-zfti ,die Bestrafung des Verbrechens'. -^ ^ö Toto ,die Genossen'. Ö ^ F(il:n-zih ,das Geständniss eines Verbrechens'. ^ 0 Oö-nitsl ,die späteren Tage'. ^ A Sin-nin .alle Menschen'. =4- p5^ Kei-riakv. ,ein Entwurf, ein Plan'. i"^ 'ßB Ken-si ,ein untersuchender Abgesandter'. 2> -f ■Y z/ ^ ^ -t 7 ^' B y-^ ^ 4^^ P y 3r^ € 7 y :v U 1/ l?' ^ y V y y" 7; y y # •r V y y 7 4^ ^ h -f ly ■^ :?; ^ :^ 7" A )\^ — ij D t ^ ^ 1^ t 3/ )ly T y- V h > y y :f i/ y -^ V Ü T^ n )1^ ly )i> X )t 2V y { * ^/ n ( 1- -f ^y ^ y ^ T ir T 1^ u 2> -^ y ^ PI y "t Soregnsi koio-wa hanete-jori osi-kaga den-ga-no gen-mei-nife go-e-mon-xco mesi-iovn. deo-deö o-ose-ico IcoTmcru jaku-me-no oinote h'-den-no sio-jaku go-kii-rb sen-han sin-fsü-no fodo go-sui-iio-no tsukamafsnru-to rei-gi fadasi-ku sore-sore-ni sih-za-je kakaru. 13* 196 Pfizmaier. — Ich habe bei der Sache im Voraus in einem strengen Befehle des obersten Hauses Asi-kaga mehrere Andeutuug-en erhalten, Go-e-mon zu fangen. Das Vorzüglichste der Dienst- leistung war eure Leistung, für eure j\Iühe tausend zehntausend- mal Dank. Bei solchen Anstrengungen — eure Vermuthungen — ich thue es. Genau in ihren Ehrenbezeigungen, liieltcn sie sich einzeln an den obersten Sitz. ^ "T* Den-ga ,unter dem Palaste', das ITaus des Kuan-baku. j^ -^ Gen-mei ,ein strenger Befehl'. j^ y^ De.d-deo , mehrere Abzweigungen oder Andeu- tungen'. p^ |t^ Ki-den ,vornehmer Herr', ihr, n\ '^ Sio-jaku ,die Dienstleistung, welche man ver- richtet'. ^ ^ Ku-ro ,das Ungemach, die jMühe'. ^^ !1S Sen-han ,tausendmal zehntausend', ein Ausdruck der Danksagung. i^ ^ 'Sin-tsil ,der Schmerz des Herzens, Bemühung, Ungemach'. ^ -S" 8m-ri<) ,die Vermuthung'. Äia ^x ^^^'9^ A^^ Sache der Gebräuche'. _t J^ Sib-za ,der obere Sitz'. :/^U ^i-p^^^a^r ■fe 2> if ^ y^ )j y n ^ a ly t^ y y ir y ^ :] n JL ly ^ Der Kesselsprang Isi-kawa"s. 197 Wori-mo are oja-no fib-hu-wa kokoro-mo sora kono tokoro-je ijumi-kite \ uke-tamcnvare-ba go-e-mon-wo kono tokoro-nite kama- ,'ii-to-ja sore-made tö-zoku-no si-oki-wa utsi-kubi-ga sadamaru kei-zai sore-to-wa kaivari-si ko-rai tnare-narti, go-sei-fo-to. Es mochte um die Zeit sein, als der Vater Fio-bu, im Herzen ausser sich, eiuherschreitend zu diesem Orte kam. — Wie ich gehört habe, lässt man Go-e-mon an diesem Orte vielleicht in den Kessel springen. Bisher war als Strafe für Räuber die Enthauptung bestimmt. Ihr habet bei der Be- strafung des Verbrechens ein dafür abg;eilndertes, von Alters her seltenes Verfahren. ^J ^ Kei-zai ,die Bestrafung der Verbrechend ~^ ^ Ko-rai ,von Alters her'. ^Ij ^ Sei-fo ,dic Weise der Einrichtung^ — ^ y >> T > 2> ^=^ t ~J Y 7 X )\ -;/ V ^ y'^ ^ b n y 7 }^ y y ■tf 0 2/ 4^ ^ ~% L/ ^ y iP -f ^ S ffl b »j sy )^ ^ ir -V )^ 2> h ^ y -t a 77 ^ V P y ^ p z/ y -f i- 1/ z> t if — • h y 7 ^s ^y U IT ^ 3/ -fe -f y 7y ^^ ^ :/ -^ h h ^^ <^ T X )t ^< a )l/ ^^ ^ h y -^ 2> 11 i V y y ^ U ^ 7; v h 7 h -h # 1/ n ^ X Jj ZI )t ^^^ X r\ /?t-?<;o utsi-kesi \ ja-to-zi-ga \ ai-ja sore-iva kare-ga toga-no nasic tokoro madzu tatsi-kajeru-no toga-tva moto-jori sai-tsu koro sima-hara-ni oki ßra-no fei-hei-ico korosi gun-jo-kin-wo uhai-tori osi-iri jo-td-no kazu sirezu amassaje si-uto-ivo te-ni kake-si toga 198 Pf) z m aier. mei-faku itsi-mi-no Jakara-wo fakn-zib sasen-to kore-jnade sudo- no go-mon. Man unterbrach diese Worte. — Ja-to-zi — — Ja! Dasjenige, worin hier seine Verbrechen bestehen, sind vorerst die wiedcrkelirenden Verbrechen. Ursprüni;lich igt er vor Kurzem in 8iina-bara aufgestanden, hat Fira-no Fei-bei getödtet, hat Kriegsgelder geraubt. Er drang ein, verübte nächtliche Räubereien, ihre Zahl ist unbekannt. Ueberdiess hat er an seinen Schwiegervater Hand angelegt, dieses Ver- brechen ist klar und offen. Um ihn hinsichtlich der vertrauten Leute zum Geständnisse zu bewegen, fanden bis jetzt mehr- malige Verhöre statt. ^ ^ ^ Oun-jokin ,das Geld für die Bedürfniese des Kriegsheeres'. ^ v^ Jo-to ,ein nächtlicher Raub*. ll|] [JJ Mei-faku ,klar und olfenliar'. 0 l|/C ^'<^'kti-zih ,das Gcständniss eines Verbrechens'. Üx^ ^, '^"■^<^ jUifluLTC 3Ialc'. •^ Py Gb-mon .das peinliche Verhör*. ^ 11 ^ -V 2/ )V — ■X ^ y i n ^ 1 ^ i t- 'j' ZJ ly »- 2y ^ — y' ■\1 y" ~j ^ y jL n y 2y Zy 3 V -h ^ h ^x zt X y -V V a > i z/ 17 -r 3 V p ^ 7 h ir a 2/ )V ^ ^ i y: -fe p ^ — ^ Sore-juje kon-nitsi kono tokovu-ni imujoki kei-zai-ni okonai do-rui te-sita-ico sen-gi-se-jo-to kibisi-i go-zio-i jaku-nbi-no icata- kiisi narazu jo-mo fi-fan-wa gozaru-mai-to. f| — Desswegen geht man heute an diesem Orte mit einer harten Bestrafung des Verbrechens vor. Der strenge hohe Wille, dass man wegen der gleichgearteten unter ihm stehenden Leute, Der Kesselsprung Isi-kawa's. 199 achforsche, geht die Menschen der Dienstleistung nichts an. Es wird niemals eine Beurtheilung sein. löf ^ D6-rul .von derselben Art'. ^ ^ Sen-fji ,eine Untersuchung, Nachforschung^ h ^ Zio-i .der hohe Wille^ :^ A Jaku-nin ,Menschen der Dienstleistung^ ij^ ^ij Fi-fan ,eine Beurtheilung'. -f ^s 2> X y 1/ + u ■t h y -)- i« 1- -^1- y n. 77 -^ 1/ )t )t ?L/ + t X )\ y ■^ X T 7 77 y — * 1^ -^ * -^^ 17 ,A y y V JL ^^ )Y ir h 77 h •y -\ V -\ ly ^ r ^ ^ )t 1- -f z/ 1^^ X ^ )V y )t t )t t ^ 5? :/ ZJ V )^ t -h 77 ^ 7f •n- )^ a * i^ ir ^ u 77 :/ Soba-kara giin-zl-ga kofoba-wo soje i-i-kikasarete \ hatto bakari kajesu kofoba-mo naki naka-ni \ sikani-ba segare go-ra- itsi-to jara-wa zitsii-no faiva-ga arii-to vibsu sa-sure-ba oja-korosi- to-mo iiibsarezii ko-ica mala nani-jtije dö-zai naim-zo-to. Als nebenbei diese hinzugefügten Worte Gun-zi's ihm zu Ohren gebracht wurden, sagte er nur Ah ! und hatte unter- dessen kein Wort der Erwiederung. — Sein Sohn Go-ra-itsi sagt jedoch, dass er eine leibliche Mutter habe. Wenn es sich so verhält, kann er auch kein Muttermörder genannt werden. Warum ist er da desselben Verbrechens schuldig ? ^1 Zitsu , wirkliche j^ 5B Dö-zai ,das nämliche Verbrechen'. 2> ^ ^ - 1f P ^ 7 1f P Y. 200 0 Pf izmaiei. + J z/ 1T 7s ^ 7 f ^ r 'A y- t- 1T > )V h -^ ^ J / V Fib-bu-ga iü-wo ja-tö-zi-ga \ ko-wa aratamari-si o-tadzun notsi-no oja-ioo oja-to suru-ga ten-ga-no oki-te. Aul diese Worte Fio-bu's eutgegnete Ja-to-zi : O! eine neu erstandene Frage von euch! Die späteren Aeltern für dir Aeltern zu halten, ist in der Welt Gesetz. ^ "Tv Ten-ga , unter dem HimmeP. Auch ten-ka und ten-ge ausgesprochen. ^ y t U -— -\i -h u ^ -<^ X T ^ )\ )^ z/ >A ^' )^ ') )t + )t ^ i )t ■* y 7 \- t ^ 7 £ ^\ z/ r t ^ 17 >j T U >r 1- 1- 7 ^ l^ ly + 7 z. 11 :? 3 ^ ^ K t >J U y > y 2/ 77 :/ :^ Suri-ja kore-mo fsiimi-ica nogarenu ko-ka \ itsu-ka-na ika- na I ha-ha-a fn-hin sen-ban-to jo-so-nl-wa ije-do kokoro-wa jami oi-no oku-ha-ico kami-simete nakii ne-tvo kaknsu hakari nari. — Also der 8ohn kann der Schuld nicht eiitkomnicn '? — Niemals, auf keine Weise — — Ha! für das Mitleid tausend und zehntauseudmal Dank. Obgleich er äusserlich so sprach, war sein Herz krank. Die Mahlzähue des Alters zusammenbeissend, unterdrückte er den Ton des AVeinens. Jf. ^ Fu-bin ,Mitleid^ ^ J^ Jo-60 ,äusserlich^ ^ ^ h ir ^ ^ y ^ ^ ;y y 7 p 7 y y -f 7 3 ^ t- y y b- Y 4^ ^ U b t •V 1T b 11 7 'j )^ ^ Der Eesselspruug Isi-kawa's. 201 y -h J u r y 11 P u V V U b- y u 7 7; ^y ^ ^ / — z/ )^ u Ä ly ^ y ^ y: y X -h ;l/ 7. ^ y u * *' V JV y ;Ly ^ h V )V V y 1/ ^ € ^ . — p h Kaku-to ki'ka-jori fawa-no o-rifsu i-ki-ioo kitto kake-tsuke- si-gd icotto tö-via-ga keö-no jaku-me omowakn ika-ga-to kaki-no soto uro-tsiikti utsi-ni ßkare-kuru jo-so-no miru me-mo aware-naru o-ritsu-iva su-man-no ken-hiitsit-no naka-ni magirete sinohi-iru. Die Mutter O-ritsu^ naclidem sie gehört, dass es sich so verhalte, wendete sori^fältig ilire Aufmerksamkeit zu. Bei der heutii^en Dienstleistung- ihres Mannes TiVma dachte sie, wie dieses sei. Während sie an der Aussenseite der Umzäunung sich in Aufreizung befand, kamen auch Andere, die es sahen, herbei. Die bedauernswerthe ü-ritsu, in der Mitte mehrerer zehntausend Zuschauer verwirrt, blieb unbemerkt. W^ ^ I-ki ,das Gemüth, die Gedanken^ Hjt .^ /!Su-inan ,mehi*ere Zehntausend'. ^ ^ Ken-hutsu ,eine Sache sehen, zusehen'. :? y I y 2^ ^ ■fe — • ^ D -^ z^ )V 7 ^ ^ t "^ ^ y -h ^ y y^ ^ -^ 2> b- y y ^ ^ y t t V Y T )t 1^ it u :!7 ^ Oja-ni-mo ko-ni-mo kuhi-kase-ja \ tsiikuri-okii tsumi-ga siu- mi fodo aru nara-ba jen-ma-no tera-ni tsuke-dokoro nasi-to. Der Vater sowohl wie der Sohn hatten wohl Halseisen. — Wenn die Verbrechen, die er verübt, so gross wie der Siü-mi sind, so ist in dem Tempel Jen-ma's ein Ort der Anbringung nicht vorhanden. 202 Pfizmaier. Siü-mi ,der fabelliat'te Berg Siü-rai'. ^ f^ J(?n-w« , der Vorgesetzte der Hölle und allgemeine Vorsteher der Obrigkeiten der Dämonen'. y -f 2> -1 4^ ^ ^ ^ ^/ i y -b t :y ^JC ^ A { 4^ ^ * '^ T* ^ 4=^^ € P ^ h -Y T V P y -^ zy { y P -t P^ 7 1t :? i7 i^ + tf 3 y >> 7/ 7 )^ j: 1/ 1 A -h > \i T * d y y 2/ y T Ä :v z. 7 :^ A — ^ -J V i. y 7 y y »J ^ y •j 2/ 11 ^ ^ :^ yy £ -f 7 ^ -t 'r ^ r ^j^ ^^ ^ -f ^' ')' -^ -^ z/ )\ V ^ ^ X y -h if ^ 1 . y 2/ -)- 1/ A u )L/ 4^ U y — z/ :v { -;y y -t S r ^ A' ^ ^' y y <* y: jll Go-db-ico fumi-majo asa-fji isi-kaica r — ~j T X ?l 1] -^. -^ b- A X 7 )\ 7" X b- h )^ )t T )t ^ 7 '^ y' ?/ ^ -f ^ 2^ y -fe y^^ 1- 1/ 2/ y y y y -fe ^ 7 1- -^t. ^ )L/ -^ )t 3*" y- ^ -t i )^ :? z/ , ,. y b- . 4^ 204 Pfizmaier. Mi-iva sute-fuda-ioo saki-ni täte fada-se-unia-ni oja-ko-ico-ha nosete kei-go-ni su-man-no gokii-soku kei-zai-no ha-uL tnikadzuke- ba issan-hasiri-ni fojameru koma isojase gun-zi-ica ko-e-too kake sore zai-nin-ico ßki-suje-i-fo. Vor ihn eine Tafel der Wegwerfunt*; hiiistelleiul, setzte man auf ungesattelte Pferde Vater und Sohn. Als man mit mehreren zehntausend ' Gefängnissknechteu als Wache dem Platze der Bestrafung der Verbrecher nahe kam, erhob, die in schnellem Laufe eilenden Füllen zur Eile antreibend, üun-zi die Stimme. — Man ziehe die Verbrecher nieder ! M. [g Kei-go ,die Wachet ^jy ßß. Sn-man , mehrere Zehntausende'. ^ ^ Goku-soku ,Füsse, Knechte des Gefängnisses'. ^J M%. Kei-zai ,dic Verbrechen bestrafen'. ^ ^ Issan ,der schnelle Lauf des Pferdes'. pp ^ Zai-n'üi ,ein Verbrecher'. 7 y — • U y h — ■ it- r -f ^' P ^ -t -tr V u r U y 1f +' -N. h >> -}- L/ 11 ib lly b- i.' — t € ^ »j -V V b n ■Y ^ TTA r ( y ly J »j 4^ * ^ •^ •y ~H T 11 tr P ^ y _L h ^ \- r y \y V ^ y X 3E 4^ y t ^ Zf 7 t ^ ly ir t t- P t^ t H 2/ t:^ z> ^ 3 n h -fe Ge-dzi-ni \ fatto owo-zei-ga \ sita-ni oro-to arake-naku fiki- orosareru go-e-mon-mo jo-ni aru toki-no sugata-to-iva kawari jatsure-si ro-sia-no utsi tabi kazanari-si gb-inon-ni sasi-vio tsukarete go-ra-itsi tomo-domo arn-gomo-no iije fiza-ma-dzuku. ' Dieser Ausdruck ist hier hyperbolisch gesetzt. Der Kesselsprnng Isi-kawa's. 205 Dieser Weisung^ stimmte man zu. Von der grossen Menge mit den Worten: Man wird unten bleiben! roh herniedergezogen, war Go-e-mon in Bezug auf das Aussehen, das er hatte, als er in der Welt sich befand, verändert und abgezehrt. Von den in dem Gefangnisse öfters wiederholten Verhören so erschöpft, knieten er und Go-ra-itsi gemeinschaftlich auf der neuen Strohmatte. ~K ^ Ge-chi jcine Weisung an Niedere'. -4^ ^1 Owo-zei ,eine grosse Menge von Kriegsleutcn'. ^ ^ Rb-sia ,ein Gefängniss'. j^ 55 ^^"^^^^^ , Untersuchung und Verhör'. t> X y 3 -^ y PS u\ -;y ^ p 7" y y >^ 7 A V V' 1- + ly -y r ^ 1- y t ^s> P u )t V — ^ ^ y l: 'X n ^ Y )t ^ ^ 1^ b- )\ 1- -1 ^ ^ -3 t ^y -f Ja-to-zi-ica ika-ga omoi-ken \ kori-ja mono-domo rih-nin-no imasime-wo-to knmi-ko-je ge-dzi-ni tatsi-jotte sihasi ara-naiva toki- siitere-ba kei-fö nare-ba-to. 1 Ja-tö-zi — wie wird er gedacht haben? rief zu den Theil- nehmern: Leute, die Strafe der beiden Menschen! — Bei dieser Weisung erhob man sich, und nach einer Weile hatte man die rauhen Stricke gelöst und weggeworfen. — Da es die Vorschrift für die Strafe ist — ^j j±. Kei-fo ,die Vorschrift für die Strafe'. ^ t 11 )V )^ 2> y 2/ ^ ^ )V -h" V ^ ^' P y y ^ y * y ^ )t n ^ y 17 — •^ y ■n- y ^ h if y 2y 2V ^ b u m n 4^^ X IT 206 Pfizmaier. Jaku-mn-fia ojn-ko-no jen-iw asn-cji-zornc. vwtoi-s! vwn-gi fiki-fage-ba nokoru smnusa-fo kmmra-fuku kazc vn-vi simiru. Als die Dienstleute das als Yerhültniss des Vaters und Sohnes lichtg-elb g-efärbte umgewickelte Uebcrkleid ihnen aus- zogen, drani^ bei der noch übrigen Kälte der von dem l-'luss- ufer wehende Wind in den Leib. -^ A Jakn-uin , Menschen der Dienstleistung'. 5^ Jen ,das \'eihältniss. die Verwandtschaft*. X ^ :7 ^ 2/ 2^ T 2> 7 ■^ 11 * 2/ ^ ZI 11 PI )t tr ^ y T h 2> -\ iy 7/ z/ h y PT Z ^ a )^ V + ^ 7 'H ir )1^ t 7 0 11 h y y- ^ > 3. r y 1- 7. ■tj- ty i )\ -f ^ y -;y ^ 1t Ä -f ^ -i- — — -r ^ y -t ^ 0 )\ t r 1- ly 7 V y 7 IV )^^ )^ y )f ^ it ly ■tt- y- i ly h -h 7 ^ ly iü ^ y h Ä 7 ^. -^ 4^ i^ ^ TfT ^ -V b -h 1- ;< b h ir t u 4^ -tj- ^ 7 TT P :? 11 L/ h ^ -t )^ * Sibn.si-na-to samttki vie sasezi-to go-e-mon-ga waga tmgnsernre- si kimi-no fnsi ßppari do-zo waga ko-ni-to kisen kokoro-wo vier kmco-no tanomi nasnke jo-sia-mo araznre-ha nawo ßki-toran-to s^iru jnje-ni dotto mi-jan-si go-e-mon-ga tei-ni aware-to omoi-si-ga sono mama fanase-ha go-ra-itsi-ga kosi-ni viatöte ttaicarn tal ja- tö-zi fn-hin sassi-in. Ü Eine Weile! — Um nicht die Kälte einwirken zu lassen, zupfte Go-e-mon den Rand seines ICJeides, welches ihm aus- Der Kcsaelsprung Isi-kawa's. • 207 gezogen worden. Bitte, für meinen Sohn. — Dass er willens sei, ihn damit zu bekleiden, zeio-te er bittend mit den Augen und dem Angesicht. Da in den Gemüthern ein Zulassen nicht stattfand, wollte er es noch immer wegziehen. Man fühlte daher bei der Lage Go-e-mon's, der angestrengt die Blicke aussandte, P]rbarmen. Als man es unterdessen losliess, wickelte er es um die Lenden Go-ra-itsi's und bedauerte ihn. Ja-tö-zi hatte dabei Älitleid. ffl i^ Ju-sia , etwas zulassen'. SS Tei ,das Wesen, das Ausselicn, der Zustand^ ^ ^ Fi,-bin ,Mitleid^ y 7 7 y 2/ y 2/ ^ y i^ h t 4^^ X y 17 — u -fe -y; t y 7 )V ^ y ^ y y — 7 y- 3 ir )V X t r — ^ )V h ^ ^ ly )\ r\ 1 ^ * ^ 11 V u A y V -fe ^ T ly 1} ^ «L )V i^ if r 3E X ^ '^ ^\ y ^ ^ u ly :? )i/ ^s y ^ p ^ 5. )Y ly i 3 t^ h t! y y 4 •^ * V p y 3 h TtT 0 r T ^ ZI u )Y p 7 )^ t)- n V V u 2/ y 7 ^ ^ I =f y ~j h ,1^ ^ ^ ^ ^ Ika-ni go-e-mon kore-made sama-zama-no seme-ni otsizare-ha koiio fi-wa kama-iri-no zai segare go-ra-itsi-ioo fu-hin-ni omoica- ha itsi-mi-no to-zoku nokorazu faku-zw-se-jo han-niii-no knrnsimnru zoku-to-wo kari-torasuru-ga o-kami-je-no fö-ko kono gi-wo jokii wakimaje-jo-to jnwnra-wo motte, toi-knhuni go-e-mon tsitto-mo toarnhirezn. 208 • Pfizmaier. — O Go-e-mon ! Da du bisher unter allerlei Qualen nicht gebeugt worden bist, wenn du heute mit deinem eines Ver- brechens, auf welches der Kesselsprung steht, schuldigen Sohne Go-ra-itsi Mitleid hast, so gib die verbündeten Räuber, ohne einen wegzulassen, in einem Geständnisse bekannt. Bewirken, dass man zehntausend belästigende Raubgenossen einstweilen festnimmt, ist ein dem Statthalter geleisteter Dienst. Beurtheile diese Sache gut! So hob er mit Milde zu fragen an. Go-e-mon war nicht im Geringsten niedergedrückt. Zai ,ein Verbrechen'. J\^ Bannin ,zehntausend Menschen'. Wi "^ ZoTiu-to , Genossen der Räuber'. ^^ y^ Fo-ko ,eiu höherer Dienst'. ^& Gi ,eine Sache'. ,' ^ z/ z/ + ») * :t ^ ^ — • -,V )\ y 1t -b V -tf -t -yy ^ -1 t -h ^ / + ^ )t ^' y T)t^ y :^ 2> y a 77 ^ b X :^ 1^ t^ h h ^ X •j ly p ^ ^ y ^ ^ y y b- h V y t 7 ^ ^ y )V n* -^ y ^ y T -i)- — r >^ -^ ^ t t V )^ )ly -t t ^ ^ ZL v -h ^ r y ^^ )l^ ^ -^ -fe ^^ 3 )V b u •^ -^ 7/ )^ ^ :? 2/ P "s 7" T y IT /Q» 7 h h y ^ ^ -t 2> -T ^ )^ M V — 1/ 2/ )t y ^ yi' h X z/ )^ )t •^ 2/ ^ y ^ -^ 7; T H T -j V ^ > i h ? i- + y 1/ Der Kesselsprung Isi-kawa'». 209 )t )^ -f -f p^ 5£ t t ^ h u u y y y ^ p y* y )v Go-motto-mo-no oivose-koto-ni-ioa are-ni go-rh-tai ai-jaku to- ma-dono-no ohosl-mesi-ni-mo ko-wa fu-hin-de nai-ka ku-tsü-ico saseru-ga omoivcom-ka-to o-sage-suvii-mo aru-heki-ga iatojete mbsa- ba fu-zoku-tva kuni-no nedzitmi tori-tsukusareo-ja loadzuka te-sifa- no yo-ziü sitsi-ziü kan-foraseta tote sa-nomi ten-ga-no tasuke-ni-mo naru-mai han-min-no tarne nara-ha tada jö-zin-ni siku-wa nas^i toraruru ju-dan are-hakoso tone io-zoku-mo de-ki-mom go-e-mon-no sai-go-no ikku-iva kaku bfikan. — ,Was eure Worte betrifft, in welchen ihr Recht habet, so müsste mir auch nach der JMeinuug; des mit euch den Dienst versehenden Herrn Tu-ma, dafür, dass ich mit dem Sohne vielleicht kein Mitleid habe, vielleicht unbedacht ihn bittere Qual erdulden lasse, eure Verachtung zu Theil werden. Gesetzt, ich sagte es, würden da die Räuber, die Ratten des Reiches, sämmtlich gefangen werden? Wären die kaum fünf- zig oder siebzig unter mir Stehenden einstweilen festgenom- men, so würde dieses für die Welt keine Rettung sein. Handelt es sich um die Zehntausende des Volkes, so ist nichts so gut als blosse Vorsicht. Da man , wenn sie gefangen wer- den, sorglos ist, so kommen die Räuber, die man fängt, auch zum Vorschein. Die letzten Versabschnitte Go-e-mon's sind so': ^ %s. ^^^"^'^^^ A^^ '^^te Körper', ein ehrwürdiger Mann. ;|i^ :^ Ai-jaku ,die gemeinschaftliche Dienstleistung'. "^ )|S Kn-tsil , Mühsal und Schmerz'. ^ ~J\ Ten-ga ,unter dem Himmel'. .ER ^^ Ban-min ,die Zehntausende der Menschen des Volkes'. ^ Jla^ Jo-zin ,Sorgfalt, Vorsicht'. VÖ ^ Ju-dan jNachlässigkeit'. ^ ^^ aSVu'-^o ,das Letzte'. — ■ ^ Ikku ,ein Abschnitt, der Abschnitt eines Verses'. Sitzungsber. d. phil.-liist. Cl. XCVI. Bd. II. Hft. 14 210 Plizmiiier. y - :^ ^ ^- )\ 7. h -~r )^ ^ ■tf U y t ^ y A "t n ^ i^ p h }^ r ^ ^ y B y y u P ^ ri- ^ ^ ^ '^ -^ y\ -^ r )v y ly 'r y. )v ^ -^ Isi-kaica-jd fama-nn masago-jca tsnkiru-fo-mo jo-ni nnfiji- hito-no tane-iva fsuki-mazi-to nibe-naku i-i-ngurii ki-no doku amari to-ma-no zeo. ,In Isi-kawa | des Mecrut'ers Sand | mag zu Ende |2;eh'n. In der Welt, der Käuber | Saat geht zu Ende nicht/ Dieses brachte er unverhüllt vor. Ueberaus betrübt er- wiederte der Zugesellte To-ma : -fe y A 1t 4^ y — y :^ )\ -j ^ i^ U #• -r y- ^ V 5^ u V 7s 7 z> h^ ^ y\ y -f ■^ y +h X/ )t 1] y y y V y ^ -^ H )t ^@> 1 ^' V i^ ^ ^ T}i y * t Y 7 -V y 7/ 7; t T -^ ^ y p y EQ 7; ( ir PI li "C 2> b- V 11 -h -^ V y •7 -f 2/ )V -jj )\ 2> 1^ if 7 ■^ 'S ^ y )V t ^ P y # Kore-sn go-e-mon sono vii-ua kakn-hetsu segare-ga ku-tsü mata fokn-foka-je da tsndzid-te faga kanasimt-ni naro jara omoi- fakatte fakn-zio-si karvki zai-kua-tvo vkeru-no-ga sn dovo gi toku- sin ma-iri-si-ka-to ßh-hi-jn ima-no kokoro-tvo-ba omoi-jari-tsufsu sei-sure-ba. — Höre, Go-e-mon ! Für ihn gesondert, setzt sieh die | Qual deines Sohnes noch weiter nach aussen fort. Zu wessen Betrübniss es sein wird, in Gedanken erwägend, machst du Der KeHSolBprun^' Isi-kawa's. 21 1 Aussagen und bist dabei mit einer leichten Schuld belastet. Hast du verstanden, welche Sache es ist? Fio-bu, die »•egenwärtige Bedeutung aus den Gedanken bannend, machte Zurechtweisungen. ^ ^l] Kaku-hetsv , besonders, gesondert'. ^ )/^ Ku-fsü jbitterer Schmerz'. PI ijj^ Faku-zih ,das Geständniss eines Verbrechens'. ^ ^i|- Zai-kua ,ein Verbrechen'. ^g Gi ,eine Sache'. -^ ii^ Toku-sin , einsehen, verstehen'. $1 Sei-suni ,5 zurechtweisen'. + ^ 7 t h ^- V y ^ t- 1^^ y ^ T 7" y )\y 7 :^ a ^ V 7" y -tl V -f ■fe ^ t 1t ^ 7: ^/ 11 ^ ^ — -y b ^ ^ T 1/ 3 Y ♦ ^ ^ t V 7; ^ 7/ -L/ \y 7 :/; t^ 3 z/ 's 1^ ^ W 7 )^ ^ -b y :h — 7 7 ^ y 7; 7 :? 7< 1^^ -f ^ ^ 3 V »j ;< ly ^ y ■t ^ ^ V 2> ZI )V P )Y X P ^ ^ h 7* -f ir r U ly •r =f 7 5^ tf !K ^ )V a ly ^ -f ^ Z — ^ — )V IT 1^ H ^ Oroka-na owose kore-made tsuma-ko ikke-ni-mo kataranu koto-wo i-i-awnse dai-zi-wo fnknn-si ifsi-vii. dö-mi idznre-wo sore- to na-zasi-ga nnro-ka jnsi fftku-zib-si-tnru tote spgare-ga inotsi tasukaru-ni-mo arazn akti-zi-wo nasa-ba aku-zi-ico tate-nuki kama- niiro-ga fi-ni iro-ga mi-ren-na dö-rui sasu-na doku omoi-mo jorazu. 14* '212 Pfizmaier. — jEin thörichtes Wort! Soll es geschehen, diiss ich dasjenige, was ich bisher der Gattin nnd dem Kinde, dem ganzen Hause nicht gesagt, niittheilo, dass ich die vertrauten Genossen, welche Wichtiges entworfen haben, sämmtlich als solche mit Namen nenne? Gut! Dadurch, dass ich Aussagen gemacht hätte, wäre das Leben des Sohnes nicht gerettet. Wenn man Böses verübt, macht man Böses zum Einschlag in die Webe. Ich werde in den Kessel springen, ich werde in das Feuer springen. Die unerfahrenen Genossen bezeichnen, dieses allein kommt mir nicht in die Gedanken.' — • ^ Ikke ,das ganze Haus'. 1^ ^ Dö-rui ,vou derselben Art oder Classe'. 1^ ^ Aku-zi ,eine böse Sachet ItIc ^^ Mi-ren , unerfahren, ungeübt'. Doku .alhtin, einziir^ ^ y y y V t y h )^ y Y t -f V ^ n b -h '^ z/ V Y 7 JL y V ^ ^ ^ 2> Y h Ü y" y r -f -^ it t 7. ^ ^ y # i^ ^ 7 )\y T y )V U y t^ 3 ^ ^^ t ■h >)> h )^ y- 3 1- \- Z] i- y \ 12 -y t y Jai ijo-ra-itsi-jo ku-tsil-to itta-nio fan-toki-ka t'ftoki simtrn- wa setsu-nai mono-to ornoi toto-ga ko-zia urotajei'v-na nffivi-fo hi-mo tsitfo-no aidn koicai Jume-zia-to ornote i-jo-to. jllöre, Go-ra-itsi ! Ileisst es auch ein herber Schmerz, in einer halben Stunde, vielleicht in einer Stunde sterben, halte nicht für eine peinliche Sache, als Sühn deines Vaters sei nicht bestürzt. Ist es auch heiss, denke, es ist für eine kleine Weile ein furchtbarer Ti'aum.' ^ )|ä Ku-tsü ,ein bitterer Schmerz'. ^f- H^ Fan-toki ,eine halbe Stunde'. — ' ^ Itioki ,eine Stunde'. •^ Setsu-nai jdurchschneideud, peinlich'. Der Kesselsprnng Isi-kawa's. 213 ^ y A — • h ^ y y X — X ly -h h z> t ^ 3 ^ 2> ^ ^ + y r -^ y ^ )V ^ 2 t 1t -^ ^ + »j ~J y- ( ^ )t * t z> 2. )^ ^ i + ^ ^ 11 7 7/ 'A' y- U JIZ. -f n 2/ Sukase-ba nan-ni-mo e-e iwazu siku-siJat nai-te im tei-ni tsiijoki kokoro-mo joivari-fate tomo-ni nannda-nt sidzumi-si-ga ■ßto-Tiie omote naki-gaivo kakusi. So tröstete er ihn. Jener, nichts Zustimmendes sagend, weinte still. 15ei diesem Anblicke war auch das starke Herz des Vaters endlich schwach und versank mit ihm zug-lcich. An die Anwesenden denkend, verbarg er das thränenvolle Angesicht. •^ä 7 ei ,der Körper, die Weise, der Anblick'. y y ^ -^ t^ ^ ir y ~^ ^ iP y i- y { -]- ^ ^• ^ i- ^ y h^i^i + ^ y \L y i 7s y -1 ^ i- ^ y ij )v -^ Kori-ja fjo-ra-ifsi sotsl-ja simiru-ya kanasi-i-ka me-ro-ine-ro-to sono foje-dzura fi-kio-najatsu naku nara tsian-no ko-zia nai-zo-jo-to. -^ Höre, Go-ra-itsi! Bist du traurig, indem du stirbst? Weibisch das Gesicht des Plärrens! Wenn du als feigherziger Mensch weinst, bist du kein Sohn deines Vaters ! 1^. *|*^ Fi-kih ,niedrig und feig^ h )^ -^ 11 Z ^^ rfr )t ^ h -t ^ •t ^ T ^ )V :2 z, y U 9' 2/ :T 214 i p rizmaier. -i- IT r ^' ^ ^ ^ "> )^ 7 "N ^ U y\ y V 'j: -i -tf v h 2. •? ^ V =E 7s -tf r ^ -f 7 + X 2> ^ ^ )V ly n -^ ^ ij ( )l/ P y 3 2> 7 ly r 1^ 7 t h y- V V 3/ ^ y- 11 7; 2> -f Kaku-fjo sasen-to fadzi-simnre-ba go-ra-itsi namida-no ko-e furui I ß-kio-de-wa nai toto-sama mitsi-mitsi-mo iü tovi wasi-wa ma-itsi-do kaka-sama-ni ai-tai axoasi-te kndasare wognmi-masnru sindara mo j6 awarenu sore-^ — ■ j^ Ma-itsi-do ,noch einnuil'. )t ^ h ■ X n h t 2y -^ u 7 + y -h 2^ 4^ t V •j *• -^ -^ -V }V ^ -B ^7 h y ä' 7 -h y ) \ '^ 4^ \y £ 7 ^'' X -■£ ^ 7^ 7 3 -Y ~j 7 t 7 7 r 7 r Siaknri-üije-taru aware-sa-ico kiku oja-no mi-wa mi-mo jo-mo ararezii watto naki-dasii ko-e-ni tsure-Jaku-nin simohe-mo toino- naki-ni tamoto-ivo sihoru hakari iiaH. Für den Vater, der dieses schluchzend dargelegte Leid hörte, war der Leib und die Welt nicht vorhanden. Bei dem plötzlich hervorbrechenden Tone des Weinens pressten die i I I i V Uer Kesselsprung Isi-kawa's. 2l.D begleitenden Menschen der Dienstleistung und die unteren Diener, gemeinschaftlich weinend, die Aermel aus. ^ A Jaku-nin ,die Menschen der Dienstleistung'. V^ t- y )^ ■ — • h ^^ T tf 7" ^ y y 7 •) -^ P^ X T T h ^ -f + 2> t ir )^ -f ir ^^ 7 7 r y -^ ly ^ ZL 7" ^ 2y e. yy :^ T ^ ^s -^ 7 y^ ly y ^ ^ )^ :/ •/; Tfi ij ir y 4^ y y y ^- )^ ■Y '^ -i- n P -f ly T ■^ + 7 ^ * Jasu- n ti ^ + ^ y — z/ )^ / y X X \- ^ ^ y t £> 11 u 216 ö Pfizmaitfr. Ä IT r — • B 4^ 7. y ( ■\ A lly )V )V ^^ 3l y" \L t r t -fe i- t t 3 y ^ 11 r )^ y i^^ ^ + y ir * ~> -1 )\ h ^ ^JC ^ 1] 1 h V y -♦)- M t u ^' r ir > b- ^ ly ^ ^^ y Ija-ija sore-wa notsi-no kaka-sama fazime-no fon-kaka-saina-^ ni awasi-te kudasare ai-tai fai-na-to naku-ico kasi-kane goe-mon omotvazu mnsehi-iri ico-ico niotto-vio-dn-vwtto-mo-da mvasi-thte-mo atoasarenu se-kai-no oki-te kiki-wake-jo go-ra-itsi toto-ni dzio-sai' ga am mono-ka (ignru-mo iiamida mini naviida. — Nein, neiu ! Dieses ist die spätere Mutter. Lasset raich mit meiner ersten Mutter zusaiuinentreffen, ich will ihr begegnen. Nielit im Staude, das Weinen zu unterdrücken, begann Go-e-mon unbewusst zu schluchzen. — () du liast Recht, du luist Recht! Wollte ich auch dich zu ihr bringen, du wirst nicht zu ihr i^cbracht. Hr»re und unter- scheide das Gesetz dieser Wt^lt ! War Go-ra-itsi gegen den Vater gleichgültig? Es waren hervorquellende Thriinen, sichtbare Thränen. jih Ä tSe-kai ,die Grunze des Zeitalters, die gegen- wärtige Welt i *P ?E Dzv >sai , etwas lassen wie es ist, Vernachlässigui P -^ -■£ y ^ ^ y '^ -^ b- ^\ y r 'A "f y y y 'A ^ i^ A ^ IV y -\ S'\ ir 7 ^ y T 1) -/J n ^ 7. r -fe ^ ^ ^ r ^ + ( - y ^ -fe h 3 h y + -^ •■ ^ j ^ u V >j j^^ t ^ - 1T * ^IZm ^ )t 11 y V ^ U Der Eesselsprang Isi-kawa's. 217 Faja kanaje-ni-wa kemuri tatsi tataje-si abiira-mo waki- tatsu oto goku-soku tatsi-jori kavia-no futa tore-ba isogase seri- tatte I ja-a jaku-ni-vw tutann sono jojC'dzura zi-koku-ga utsuru- wa-utsuru-wa-to. Bereits stieg aus dem Kessel Rauch auf, man hörte den Ton des Aufsiedens des bis zum Rande eingefüllten Oeles. Die Leute des Gefängnissos traten hinzu und nahmen den Deckel des Kessels weg. Man trieb zur Eile und drängte. — Ei, dieses unnütze weinerliche Gesicht! Die Zeit ver- geht, die Zeit vergeht ! ^ Goku-soku , Knechte des Gefängnisses^ ■^ Jaku ,Vortheil, Nutzen'. Hj glj Zi-koku ,die^ Viertelstund c, die Zeit' • 'r h -\ i- ^ ^ z/ '^ U * :/ ^A ^ ff > > + y l: r )t y T j: )V ^ )V 2/ X y -tf 7/ f\ ( ^ 1- ]^ \ 7" ^ ^ i^ y % ^. P t 11 u 7 ^' 7 •V -f ZI V ^ -h ^N ^ r h ^ )^ ^ )^ p -^ -^ tp u y ^ 1/ -\ )\ y / b 7 ^ y- T 7" U y p y ^ h 2 V 7/ ^ Ko-e-go-e-ni iivarete go-e-mon tsuttatsi-agari waga ko-wo 'otte tvaki-hasami \ idzure-mo nen-hutsu tanomi-mbsii-to i-i-sute cama-je iohi-iran-to kanaje-no futsi navu do-ßb-no ujefib-bu to-ma- ca fatto ki-mo otsi kotaje-kane-taru. Nachdem ihm so mehrfach zugerufen wurde, erhob sich jQ-e-mon plötzlich, ergriflf seinen Sohn und nahm ihn unter len Arm. — Ich bitte euch Alle um ein Gebet zu Buddha. Kaum dass er dieses gesagt, wollte er in den Kessel pringen. Ueber den am Rande des Kessels befindlichen Erd- 218 Pliz maier. Säcken waren Fiö-bu und Ko-nia ganz bestürzt und konnten! nicht antworten. :ii # ^e7i-butsu ,zii Buddha beten'. + § 1 Do-fio ,i jin ErdsHck l y -^ 2/ n :^ )^ TU ^ b- z/ )\ )V 3 y ^s y- ^ )^ n y- r ■> *" ^■ P b- \- ly "> Y. 1] V y p y \f -f ^ y 2? ^ ^ y t- X / ^ j*^ U )U A' 7"^ ^ -Y 'j ^ -' -k y ^y U y .A t :^ y " y -^ y ZI 1 V -^ t- L/ •^ 11 y > V / 3L r ly 3 ^' 11 — :/ t y •j V b- Fawa-no o-ritsu sio-ken-hatsn-no naka osi-walcete knki osi- jabtiri viarohi-ide \ köre tjo-ra-itsi fnica-zia icai-uo mo-faja sinuru- ka köre mattc-to tnikadzukii tokoro-je kei-go-tiu Jaku-niii rh-zeld iconna-me ßknje-jo-fo sono nuima ftdnfsnru bd-ziikmidi. Die Mutter O-ritsu drängte die Zuschauei- mitten auS' einander, durchbracli die Umzäunung und drelitc sich heraus. — Höre, Go-ra-itsil Es ist die Mutter. Ist er bereits todtV He, wartet! Als sie nahe kam, rieten die dienstieistenden Menschen der Wache : Gewalttliätiges Weib ! Ziehe dich zurück ! Unterdessen trennte die Einzwängung der Stöcke. ^ ^j 4^ z/ ■Y 7" ^ V -^ V ^ j: -t}- h P >1> — -tf )t it t 7 ^ t- t '^ 7. ^ -^ T V h y- ■V u -^ X Y )\ ¥ y ^x ^ 1^ •^ ?u A 1 r /\ y :/ V 7s 7" -f y -^ t <^ \y t -f t ^ y )t 2> :h y- ■t b U b- 3 ~>> i ^ tf :? 220 Pfizmaier. Sasi-tomerarete ko-e-wo age | no nasake-na-ja fadzukasi-ja waga ko-fo ije-ba ije-ha nusu-hito-no tsuma-to sadamaru tsi-zioku- ni-mo kajete kake-deru oja-gokoro sui-rib-site tada ßto-koto itoma- goi sasi-te tahe. So zurückgehalten, erhob sie die Stimme. * — ,0 gefühllos ! Ich bin beschämt ! Ich sagte, es ist mein Sohn. Indem ich es sage, werde ich zur Gattin eines Räubers bestimmt. Bei dieser Schande wechselt und schiesst hervor das älterliche Herz. Errathet es und lasset mich nur ein einziges Wort zum Abschied sagen.* ^»ii» Wk Tsi-zioku , Beschämung, Schande'. •ffe "ffl Sid-rih ,muthniassen, errathen'. ^ h h' 1) ^ u i^ t 7 V^ P -f 1- P b ^ z> 7 1^ y J y t iy 3 )\ t > Ä ^' ~j y y y ^ T t- )\ + ^ )t ^ 2> ^ ^ + 2/ ^ ^ y — u ^ ^ ^ -)- u ^s ^ •^ n 1- u J )^ i> y p »j — 'J ii t 3L ZI j£ ^ t i- A U h ^ — 7 -\ * V 1^ )V 'J ^ y ■V T TlT D T X 3 -f -f ly ZI ^ 9 ^ PI Uramesi-i-ica go-e-mon-dono konafa-no kokoro nawo sd hakari go-ra-itsi-ico modosi-ta-ni tomo-nl aku-zi-ivo vn-narawase oja-korosi-to-wa nani-goto-zo si-okl-mo owoi-ni kama-iri-to-wa anmari mugoi dö-joku-na kh-naru koto-to sitfa nnra modosu-mai mono kujasi-ja-to. jAVas mir Leid verursacht, ist Herr Go-e-mon. Sein Sinn war noch immer so beschaffen. Als ich Go-ra-itsi zurück- gegeben hatte, Hess er ihn in Gemeinschaft sich an den An- blick schlechter Dinge gewöhnen. Woher kommt es, dass er ein Aelternmörder ist? Während die Bestrafungen viele sind, ist der Kesselsprung zu grausam. Wenn ich gewusst hätte, Der Kessplspning Isi-kawa's. 221 dass es eine Sache der Habgier, eine solche Sache ist, so würde ich ihn nicht zurückg;egeben haben. Es reut mich!* ^a ^. Aku-zi ,eine böse Sache'. ffl^-Ipl) ^ Do-joku ,ITabgier^ ^ :? ^^ ^ h ^ ^' 1) 7 )V * 7 u r ZI > T -t)- ( ^ A 7 -^. ly h -\ t^ )^^ 3^ n' -y; iz -i- ^ 1 7" T :^ ^ > 1^ ^. ^^ ^ ^ t 1/ h 7; y -t ^ 7^ y -fe^ )^ A -^ ^ )j 11 'S Tli r 2> h \y ~j 'S :i^ 7 ^ ^ )\ y T ^^ y- u z 2> ij 7 p y y -i- ^ t 2^ IV I? ^ 7" ^ \i b- 4^ -f ^ f ly — z> ( 7" T r ^ ^ ^ 2/ T a t ^ :// u ^ Mi-wo ncKje fusi-te naki-i-taru musehn ahura-no kehuri-no naka go-ra-ltsi-iva nohi-agan-nobi-a(jari | kaka- sama j6 kite- kudasatta ai-ihte-ai-tote nai-te hakkari wori-masi-ta toto-sama-to issio-ni mo koko-de sini-masuru sinda aio-de-mo ßto-gorosi oja- korosi-to koarete-mo nasi-ta toaza nara ze-fi-ga nai. Sich niederwerfend lag sie weinend da. Mitten in dem erstickenden Rauche des Oeles streckte sich Go-ra-itsi immer empor. — , Mutter, ihr seid eben recht gekommen. Ich wollte euch sehen, euch sehen und verbrachte die Zeit nur mit Weinen. Ich sterbe hier zugleich mit dem Vater. Wenn ich gestorben bin, mag ich Mörder, Aelternmörder genannt werden. Wenn es eine Sache ist, die ich gethan habe, so ist darüber nicht zu streiten.' — ' J&h" Issio ,der nämliche Ort, zugleich, in Gemein- schaft'. ;& ^ Ze-fi , Widerrede, Streit'. 222 2 i'i fi/mai c r. *- y / U ^ > i^ \L -t )1^ X 'S zr y z> r 1/ i)^ V 's > 7> Z X a t u I/^ -V b- A 1t t IV t h H ^ ^ h 2>' 7/ 11 h \- P V h -t ^^ ^ 7 ^ -3- 7 ^ V ^ •-» T 7 ^ 7 2> i^- y b- 7/ t- y 7^ — ^ ^ ^ h ^ 2/ -^ -V ^ ^ ^s ^ u ^ y z> 7" :/ 's ^^ 7 ^ > )^ Nusu-hito-no ko-to iwaivirn-go kanasti-ja kaka-samn fiio-ga iii-tarn i-i-wake-sife o-mnjc-no ko-zln-fo iüte kndasare f/o-ken- hutsu-snma idznre-mo-samo oja-komsi-mo ßfo-tagnje-de affn-to reo-kfin-üHe go-e-kb tanomi-ai}e-mnsuvu-to. l\ ,Ich werde der Sohn eines Räubers j^enannt, es ist wohl traurig. Mutter, wenn Andere es gesai^t haben, erkläret es und saget, dass ich euer Sohn bin. Zuschauer und ihr Alle, ich erwäge, dass der Aelternmord durch Verwechslung mit einem Anderen gescliah und bitte um eure Gebete.' @ ^ Z]- z y \L zy ^ PI 2> Y A ±: 3 5^ 3 P ^' 11 -Y h ( H ^ h 1 3. + a 7 t t ■^ D + )\ •^ 1f zy H ^^ y U 2 + >r* A y 7 * )^ )^ -v 7 ^ H^a/fo naki-dasn kokoro-np.-too ovioi-jan'-tsntsu ßto-bito-mof mcare-to tomo-ni fntesi-nakn go-e-mon fi-tan-no namida-nagara.^ kun-ziit-ni mukai ko-e fagemasi. Der Kessolüprung Isi-kawa's. 223 Dabei bracli er in Weinen aus. Die Gemüthsstininiung aus den Gedanken sclilag-end, während auch bei den Menschen das gemeinscliaftliche Mitleid endlos war, rief Go-e-mon unter schmerzlosen Thränen, zu der versammelten Älenge gewendet, mit erregter Stimme : 4p-^ ^ -f^i-/«?? ,traurig seufzend ^ Kun-zin ,in Schaaren sich versammeln'. ^ ^ lf ij V 'J' "t X v ^ zT" y t :t ^ t: ^ - ( - "Vy y ^ y y 1T t -^ ^ )\ )^ ^ -k ^ 7" T' 7 -^' A ^ ^ t ^ t X 3: A^ y -n- )^ h -f V 11 -f y h )7 ^ zy Y hz>yy Kono owo-zei-no .soiio naka-ni fakara-ico tcare-nl hai-torare-si fito-hito-wa joi ki-mi-to-mo niknsi-to-mo mnta ada-naki fito-wa fu-hin-to-mo ohosaren sari-nagara men-men waga mi-no te-fon- da-to omotte nen-hiitsn fnnovii-masii. — , Unter dieser grossen Menge werden die Menschen, denen von mir Güter geraubt wurden, mögen sie eine gute Meinung haben, mögen sie gehässig sein, ferner die unauf- richtigen Menschen Mitleid fühlen. Indessen denke ich, dass für einen Jeden mein Beispiel ist und bitte um ein Gebet zu Buddha.' A ^ 0-wo-zei ,eine grosse Macht, eine grosse Menge Menschen'. ^ ri^ Ki-mi ,die Gemüthsstimmung, das Gefühl'. ^ -j^ Fu-Un ,Mitleid'. ^ ^ Men-men , Gesicht um Gesicht, jeder Einzelne'. ■^ ^ Te-fon ,ein Muster, ein Beispiel'. ^ ^ Nen-butsu ,zu Buddha beten'. 224 Pfizmaier. i 3v^ A ^ ^ ^ 7^ )t > >"> ^) ^ yt y \) ^ z^ j y y- 11 ^ i. y-^jjy^^n^y »j y t: ^ u h ^ y" 9 V u y h "^ ^ ^) -^ -n- r IV ^ y )\ p ~ y y ^ n \L ^\- n -1 h A u t -;/ X - A ^ 3^ -i "E h y n 7 j )\ y y A-a nnsumi-no moto-ica itsmoari-jori okori uso-no fazhne-wa mi-motsi-kara wakai o-fito-toa tori-ioakete iro-gui-ui-m ko-hakutsi-no tsnhdsa-ico awasu fude-no saki notsi-tca te-saki-ga fatarai-te si-jü oja-no mono tn-nln-no mono ßtori-no katodo futari-no mi-kata sa7i-nin go-nin jeda fa-tsttki Jame-jo-to itte-mo jamernrezu. ,Ach die Grundlage des Rauhens erhebt sich aus der Lüge. Der Anfang der Lüge kommt vun dem Benehmen. Man legt vornehmlich ausschweifenden Wandel und das kleine Spiel als Flügel zusammen. Nach der Pinselspitze arbeiten die Fingerspitzen und der Streit sind die Sachen des Vaters, die Sachen anderer ]\Ienschen. Ein Verbündeter, zwei Freunde, drei Menschen, fünf Menschen, sagt man auch, es sei eine Auflassung der Art der Zweige und Blätter, es wird nicht aufgelassen.^ ' iJte ;^ Si-jü ,der weibliche und männliche Vogel, Streit um Unterliegen und Ueberwinden'. t 4h A Ta-nin , andere Menschen'. )^ ^ y h X a 7 -^ )^ )V y ZT' )t :? IV ^ -^ ^ y u f Der Kessplsprnng Isi-Vawa's. 225 r :t y ^ y 1T 1T 7. ^ ^2 -^ 7; — X -t ^ )t -^ ^ ü 7^ P ^^^ ^ ^V T U y y" )^ IV ^ ^ ly U ^ ^) -r 1J T ' y ^ p + y ij ^ ^ h Saka-ni knrwna-wo korohnsu gofoku kurumn-iva fajakic kokoro-wa ato-je kujande kajeranu kama-no zai waga mi bakari-ka segare made ku-tsü-ico snseru knnasi-sa-ico sni-red atfe ippen-no go-e-kb tanomi-age-masurn-to. ,Es ist als ob man einen Wagen verkehrt umstürzte. Der Wag-en bat scbnell den Sinn nacb rückwärts, es reut ibn und er dreht sich nicht zurück. Das Verbrechen, auf welches der Kessel steht, beging wohl nur ich. Dass man selbst dem Sohne Qual und Schmerz bereitet, das Traurige dessen erwäge ich und bitte um das Hersagen eines Heftes der Gebete.' §1 Zaf ,ein Verbrechen'. ^ )|ä Ku-tsü jQual und Schmerz'. J^ -M" Sui-reo ,erwägen'. — * ^ ^ppen ,ein Heft eines Buches'. [gj |h] E-kh , Gebete hersagen'. t 1) ^ ^ -h ^ :/ )t ^ ^ ^tb-^y . ZI \y y y T-fe-V h ^ yi 3^ 2/ Zt A tpppy^^ + y-^ Sitznngsber. d. phU.-hist. Cl. XCVI. Bd. II. Hft. 15 226 P f i z m a i e r. )} 1/ ^ y -^t- u y T "^ ^ ^ y h :i )\ U y h ^ Tsi-ni sonnt namida-vio mafsugo-no kofoba \ mi-ren-na sai- go-mo ko-juje-no jami o-a men-bokn-uai icai men-boku-na-ja-to ntsumouke-ba fih-bu o-ritsu-ino seö-tai-mo juii-fe kajernuu oja-to ko-no wakare-wa sa-koso-to sirare-fart. Seine Thräneii waren mit Blut gefärbt und seine letzten Worte waren : Die un<;eläuterte Todesstunde ist aus dieser Ursache Finsterniss. Ach, i-s ist keine Ehre. Ist es wohl ehrenvoll? — Hiermit neigte er sich zu Boden. Fiö-bu, O-ritsu und der Junge weinten und erkannten .nur, es sei die Trett nung des Sohnes von dem Vater, der nicht wiederkehrt. ^ SB Mafsn-go ,die letzte bestimmte Zeit'. ■^ ^^ Mi-reii ,ungeläutert'. ^ -i^ Kifii-gn ,das f^etzte, die Todesstunde*. ßj H Men-bnkii ,(jlesicht und Auge, Ehre. ^^ f i ^^^ )-tai , der junge Leib'. ^ i 1t * i 1) ^ ^ r ^ )^ y r V T zr t h 4=^^ y ^ ■^ z. V 7. PI )\ ^ )^ >j -1 ^ y- ^ t V 1t ZJ y -h T ^ 1) 1/ X r 1t V A u )V 1t U U V h z/ -i T y ix 11 )V ^ >» P y y t h y z. y i- ■^ y V ^ y n ■tf 3 y ^ r h Faja ten-to-no foki kifari kama-ni abnra ikiri-tatsi tama- giri-agaru sono oto-iva narii-kami-joi'i-mo osorosi-ku sni-go-wa ko-\ ko-zo-to go-e-mon-ga tote-mo nogarenu toaga i)wtsi idzure-mo nen- butsu tanomi-masu-fo. Bereits war die Zeit des Himmelsweges gekommen. Das! Oel in dem Kessel dampfte und stieg seelendurchschneidendj I)er Kesselsprnng Ißi-Vawa's. 227 auf. Hein Ton war fürchterlicher als der Donner. In dem Gedanken, dass hier die Todesstunde, konnte selbst Go-e-mon nicht mit dem Leben davonkommen. — Ich bitte Alle um ein Gebet zu Buddha ! ^ M Ten-tö ,der Weg • des Himmelst ^ )t y ^ )^ 7 )^ )l/ :^ X n y h t + y 1/ A 'S b- ^ IV p 11 ^ y )^ zt 4^ zy iP ly 'X ^ 4^ r ^ V )V 1 ^ ^ i y -V u * — r U P » <(-V A !> -tf T # 7'^ -^ -1 y 7 ^ y :]E y y i- ^ ^ Ü ^ 2/ ^ 7/ ^ ^\ ^ y *f y ^ ^ 7 ^^ h )t p T y 7> 2> 7/ y ^ ^ t- P^ 7" ^^ 4^ ^ -i- u 5^ t y -t y y 7 7; y P h ir y h ^ -y; — )t 7 + "f )i^ $^ u )t T ^ Tama-giru abura-je tohi-kome-ha miru ßto-goto-ni mi-no ke-dafsu naka-ni aware-wa go-e-mon-ga waga ko-wo kahh sono ari-sama sitasi-ki futari-iva ki-mo kih-ran sasu-ga-no fo-ma-mo kaico somuke jaku-me-de semeru ja-to-zi-mo \ sa-a go-e-mon %oaga ko-no kurusimi mi~no ku-tsü omoi-na-ha faku-zio itasa-ha ku- tsü-wo tasuken ika-ni-to. Hiermit sprang er in das seeleridurchschneidende Oel. Während jedem Menschen, der es sah, die Haare zu Berge Stauden^ waren bei dem Umstände, dass Go-e-mon seinen Sohn beschützte, die beiden ihm Befreundeten von Geist wahnsinnig. Selbst ein Mann wie T6-ma wendete das Gesicht ab, und auch der in dem Dienste peinigende Ja-to-zi sagte : Wohlan, Go-e-mon ! 15* 228 Pfizinaier J Wenn du die Qual deines Sohnes und den eigenen Schmerz bedenkst, wenn du Aussagen machst, so werde ich dich von der Qual retten. Wie ist es? ^ Ki ,der Geist'. 4i Wi ^'*^"*'«'' ,wahnsinnig und verstört'. ^ ^ Ku-tsit ,Qual und Schmerz'. Ö tUc Faku-zih ,Geständniss, Aussage'. 7 -t 1j ^' y 5^ )l^ ^ :^' -V 7 ir Y^ ^ ^ 0 ^ + >^ ^ X )t :? )L/ z> ^ i 7; 7 ;& ^ 0 y ly n t y ^ :^ X. p ^ lüta hakari-ni nie-mo jarazii sio-ne midaruru go-e-mon-ga ko-ivo omo Jci-no jaru-se-naku kata-te-ni tsukande go-ra-itsi-wo me-jori takaku sasi-agete sibasi nari-to-7)io kurusimi-wo sasezi-to koso-ioa mi-wo mogakii. Eben als Jener dieses sagte, ergriff, den Blick nicht aus- sendend und im Gemüthe verstört, Go-e-mon, ohne der Leiden- schaft, mit der er an den Sohn dachte, sich zu entschlagen, mit der einen Hand Go-ra-itsi und hob ihn höher als die Augen empor. Um ihn, wäre es auch eine Weile^ die Qual nicht empfinden zu lassen, verdrehte er den Leib. i ^ u u -i ^) X -i n r pryi^y^m.r^iy7" Der Kesselsprnng Isi-kawa's. Hv y' p t zy U ^ )V '^] )V 3 Äbura-wa si-dai-ni nije-agari go-tai-mo akaramu ka-siaku-no seme a-bi seo-netsu kono jo-kara mim oja-jori-mo miseru ko-ni majö kokoro-no fu-hin-sa-wo mi-knnete to-ma ko-e-wo koke. Das Gel kochte allmälig- auf, die fünf Gliedmassen rötheten sich. Die Qualen der Züchtigung-, die Hölle A-bi, die Hölle der sengenden Hitze sah man in dieser Welt, man zeigte es auch von Seite des Vaters. Das Mitleid des durch den Sohn verwirrten Herzens nicht im Stande zu sehen, rief Tö-ma ihm zu: ^ -^ /Si-dai-m , allmälig'. ^ SS Go-tai ,die fünf Gliedmassen', Kopf, Füsse und Arme. np|" W Ka-siaku ,die Züchtigung'. |J^ M. -A-'U ,die Hölle A-bi'. Sonst mu-ken-dzi-goku ,die Hölle ohne Zwischenraum' genannt. Seo-netsu ,die Hölle der sengenden Hitze'. 7 i- t P T Ä t ■fe h v\ i V •^ 3 ^ ^' )t it y T y 3 if U y )V b u t y y 4^ p 'V '^ it y m t ^' V 7 ■^ y -f it * V y- t- tf y X y 1/ X ^ 2/ t y h )V ^ X n Ja-a-ja-a go-e-mon tote-mo nogarenu segare-ga inotsi kahai- date-suru mi-gurusi-sa ato-de ku-tsü-ico saso-jori fito-omoi-ni saki- daten tsi-majo-ka-to ki-ico iratsu. — Ei, ei, Go-e-mon! Eine Widerlichkeit, dass du das jedenfalls nicht zu rettende Leben des Sohnes beschützest! 230 Pfizmaier. Statt ihn nachher Qualen erdulden zu lassen, würdest du bei einer Ueberlegung ihn im Tode vorangehen lassen. Ist dein Blut verirrt? Er war darüber ärgerlich. ly ^ -n- ^ ^ y l^ht^ )) :^ r U ~ ^ ^ "t h ^' Wof>iJe geni motto-mo-to omoje-domo oja-no te-ni kake nani-to sen-ka-to sasi-age-tari orosi-taH. Jener dachte, dass man bei dieser Belehiung in der That Recht habe, doch der Vater legte an den Sohn die Hand und sich fragend, was er thun künne, hob er ihn bald empor, bald liess er ihn nieder. ( JJ u ir — • — • 1- r i 1- y \y b- ^> -Y 4^ ^ >u "t t' ir t y ^ y ^ y ^ y \- 3 * \L ^ ^ 11/ ^ -f -)- y ]- -\' ^ t: ly ^ y ^ b > y u 11 £ )V ^ y -V 1t A y + )\ 2> y X y tj- :/^ ^ )\ f A y <^ V ^ j: )\ y. 2/ Mini kurusimi-wa on-ai imo-se kanawanu toki-no bna-wa-no kiwa-ni naki-ßbiku oico-go-e-ni \ go-ra-itui toto-ga saki-gake-se-jo sore-ja nö kore-ga-to naki-ftisu o-ritsu | atsui wai-nö-wai-nö-to sakebi'kurusimu. Bei der Qual, die man sah, an der Gränze der Todes- stunde, wo Güte und Liebe bei Schwester und Bruder nicht Der Kesselsprung Isi-kawa's. 231 möglich, rief er mit wiedertönender lauter Stimme: Go-ra-itsi, gehe dem Vater im Tode voran ! So ! Dieses. Weinend lag 0-ritsu da. Heiss! heiss! — So schrie er und fühlte Pein. j^ ^ On-ai ,Güte und Liebe'. h U -6 IV i- t ^ b H -h y ;ii t U t y y y 0 T if i^ ^ b y 4^ * h u -^ + t ::^ :/ y 7 •fe ') - y A ^^ i- ^ ly ^ p y u y Go-ra-itsi-ivo yntto tsiiki-konm kavia-no soko sono mi-mo tomo-ni utsi-kasanari kurui-zini-se-si isi-kaiva-ga kania-iri-no ato futsi-to nari. Er stiess Go-ra-itsi gänzlich hinein. Der Boden des Kessels wurde der nach dem Kesselsprunge des mit dem Sohne zu- gleich übereinandei' gehäuft in Wahnsinn gestorbenen Isi-kawa übrig gebliebene Abgrund. { { { T )V ly ^ )\ ^ 4^ ;i^ ^ ^ n ^ 11 2> y 4^^ 4^ 7 b- v^ ■tf ^ ^ 2/ ^ -^^ h ly :? -tf y 1/ -tf t i7 V y y 11 -r h 3/ ZI ^^ y T y 7 ^ 3. y 1/ ^/ ^ Nawo todume-tani kib-gen-ki-gio-mo köre kuan-zen-no fasi- hure-to jutaka-na me-zamasi-gusa sakoru mi-jo koso me-de-ta-kere me-de-tasi-me-de-tasi-me-de-tasi. Das wieder zurückgehaltene schräge Wort des Schau- spiels, als Leiter der Ermahnung zum Guten, eine reichliche 232 Pfizmaier. Der Ktßsehprnng Isi-kawa's. das Aug^e auffiischende Pflanze, möge dem blühenden erha- benen Zeitalter erfreulich sein. Erfreulich! Erfreulich! :^J "^ j^ ^ Kib-gen-ki-gio ,das schräge Wort des Schauspiels^ ^l ^ Kuan-zen ,zum Guten ermahnen'. Mit dem wiederholten me-de-t'asi , erfreulich* pflegen Werke ähnlicher Art auch dann zu schliessen , wenn der Ausgang tragisch ist. Man leitet das Wort von medzwu ,an etwas Freude haben' ab und betrachtet es als me-de-tasi ,an etwas Freude haben wollen'. Nach Einigen ist me-de die Abkürzung von fome-ide , lobpreisend hervorkommen' und tasi so viel als itasi jheftig, überaus'. SITZUNGSBERICHTE DKK KAISERLICHEN AKADEMIE DEK WISSENSCHAFTEN. PHlLüSUrHlSCK-HlSTOKliSCHE CLA88E. XCVI. BAND III. HEFT. JAHRGANG 1880. — MÄRZ. 1 ■ 4 VI. SITZUNG VOM 3. MÄRZ 1880. Für die akademische Bibliothek wurden nachfolgende Werke eingesendet: 1. , Weltindustrien', Studien etc. von Herrn Dr. Karl von Scherzer, k. k. Generalconsul in Leipzig; 2. jüesterreich und l^reussen 1780 — 17*.>0' von Herrn Pro- fessor Gerson Wolf in Wien; 3. jCatalog des Franzens-Museunis in Brunn', verfasst vom Herrn Gustos M. Trapp und übermittelt durch die Direction des Centi'alausschusses der k. k. mährisch-schlesischen Gesell- schaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde. Herr Dr. Heinrich Käbdebo in Wien übersendet ein Manuscript, das betitelt ist: ,Geburts- und Sterbedaten von bekannten österreichischen Künstlern des 17., 18. und 19. Jahr- hunderts', mit dem Ersuchen um seine Veröffentlichung in den akademischen Schriften. Die Vorlage wird einer Commission zur Begutachtung überwiesen. Von Herrn Dr. Michael Petschenig, Gymnasialprofessor in Graz, wird eine Abhandlung unter dem Titel : ,Die hand- schriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita', mit dem Er- suchen um ihre Aufnahme in die Sitzungsberichte vorgelegt. Die Abhandlung wird einer Commission zur Bericht- erstattung übergeben. 236 Das w, M. Herr Professor Dr. Gindely in Prag über- mittelt die von Herrn Ferdinand Tadra, Scriptor der k. k. Universitätsbibliothek zu Prag, zur Veröffentlichung vorbereitete jCancellaria Arnesti. Formelbuch des ersten Prager Erzbischofs Arnest von Pardubic'. Es wird um Aufnahme in die akade- mischen Publicationen ersucht. Die ]\littlieilung geht an die historische Commission. An Druckscbriftou wurden vorgelegt : Äcademie royale des Sciences, des Lettrea et des Beaux-Arts de Belgiquöi Bulletin, 48'^ Aunee, 2«= Serie. Tome 48. Nr. IJ. Bruxelles, 1879; 8". — 49« Annee, 2« Serie. Tome 49, Nr. 1. Brii.\ellps, 1880; 8". Gesellschaft, k. k. mäliriscIi-scIiIeMiscIic, zur Bcrinlenuig des Ackerbaues, der Natur- und Ijandeskundc in Briinn : Mittiieilunjjen. 69. Jahrgang. 1879. Briinn; 1". — Cat.ilofr der Bililiotlick des Franzens-Museunis. Aliilialjctischer und sacliliclier Tiieil, von Moriz Tr;!])]). Brüuu. 1868 uud 1879; 8". Gregorovius, Ferdinand: Url»an \lll. im Widcrsi)rucli zu Spanien und dem Kaiser. Stuttgart, 1879; 8". Institute, the Antlirujtological, of Greal Britain and Irclaud: The Journal. Vol. IX. Nr. 2. November 1879. London; 8". Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter- mann. 20. Band, isso. II. Gotlia; 4". - Ergänzungslieft Nr. 59. Gotha; 4«. jRcvue politiipR! et littcraire' et ,Kevue scieutilique de la France et de l'Etrauger'. IX« Annce, 2« Serie, Nos. 34 et 35. Paris, 1880; 4^'. Scherzer, Carl, Dr., Kitter von: Weltindustrien. Studien während einer, Fürsteureise durch die britischen Fabrikshezirke. Sttittgart, 1880; 8^ Society, the Asiatic of Bengal: Journal. Vol. XLVII, Part I, Nr. IV, 1878. Calcutta, 1878; 8". Vol. XLVII, Part II, Nr. IV, 1878. Calcutta, 1879; 8». Vol. XL VIII, Part II, Nr. I, 1879. Calcutta, 1879; 8». — Proceedings. Nos. II— IV. February tili April 1»79. Calcutta; 8«. — Bibliotheca in-, dica. Old Series, Nos. 239, 241 et 388. CalcuUa, 1877/79; 8". New Series. Nos. 409—422. Calcutta, 1878/79; 8". — Index of names of Persons and geographica! names occurring in the Akbar Namali. Vol. I. Calcutta, 1878; 4". — Catalogue of Sanskrit MSS. existing in Oudli; edited by RäjendralÄla Mitra, LL. D., C. I. E. Fa.sciculus XI. Calcutta, 1878; 8". Wissenschaftlicher Club: Jahresbericht 1879/80. IV. Vereiusjahr. Wien, 1880; 8«. — Monatsblätter. I. Jahrgang, Nr. 5. Wien, 1880; 4»'. Wolf, G.: Oesterreich uud Preussen. (1780-1790.) Wien, 1880; 8'^. j Krall. Manetho und Diodor. 237 M a ü e t li 0 und Diodor. Eine Quellenuntei'suchung von Dr. Jakob Krall. T. Capitol. H e r 0 d o t u im1 Di o d o r. (jTrundverschieden sind die Wege, welche die Forschung nach den Quellen Herodot's in seinen ganz abgeschlossenen l Ai^J^Tiot Xö^ot ' von der nach den Vorlagen Diodors in dem ersten Buche seiner Bibliothek zu wandeln hat. Die Quellen Herodots waren mit einer einzigen Ausnahme durchwegs mündlich; was er berichtet, hat er entweder selbst gesehen oder gehört. Unter den Nachrichten, die auf Ilüiensagen zurückgehen, müssen wir scheiden zwischen solchen, die er direct von den ägyptischen Priestern erhalten hat und solchen, die auf griechische Lands- leute oder auf lügenhafte Fremdenführer zurückgehen, da in der Regel nur die ersteren ernstliche Berücksichtigung verdienen. I Von schriftlichen Quellen findet sich dagegen, abgesehen von der Benützung des Hecataios, - keine Spur vor. Und wie hätte es anders sein können. Waren ja Hecataios und Herodot die Ersten, die den Griechen das Wunderland am Nil, auf welches I sie dunkle Erinnerungen in ihren poetischen Ueberlieferungen hinwiesen, ^ wissenschaftlich näher brachten. Was Hecataios und Herodot begonnen hatten, die wissenschaftliche Einfügung des Hellenenvolkes in die Ueberlieferungen der alten Cultur- * Bauer, Entstehung des herodotischen Gesohichtswerkes, p. 27 f. 2 II, 143. cf. übrigens Porpliyrius bei Eus. Praep. evang. X, 3, p. 166. B. (Miüler, Fr. H. Gr., p. 21). ^ S. unten p. 268. 238 Krall. Völker, fand seinen Abschluss in den aus der Theiliing- der] Monarchie Alexander des Grossen erwachsenen Reichen und besonders am Hofe der Ptolemäer, Schon unter dem ersten Ptolemäer sehen wir zahlreiche Griechen zum Zwecke des Studiums der Geschichte und der Alterthümer Aeg-yptens bis nach Theben hin bereisen, unter denen, als den bedeu- tendsten, Diodor ' den Zeitgenossen des Königs Alexanders und Freund Ptolemäus I. - Hecataeus von Abdera namhaft macht. Den Alexandrinern verdanken wii- überhaupt eine grosse Menge von Monographien über Aegjpten, von denen uns ent- weder nur die Titel oder auch mehr oder minder ausführliche Fragmente erhalten sind. * Ganz anders als bei Herodot lagen also die Dinge, als Diodor etwa vier Jahrhunderte nach der Abfassung der A'-;ütt;:' Acvot ^ daran ging, das erste Buch seiner Bibliothek zu ver- fassen. Die Frage nach seinen schriftlichen Quellen, nach seinem Verhalten zu seinen Vurgängern ist daher bei Diodor, wie schon diese einfache Betrachtung zeigt, vollkommen be- rechtigt. Zugleich hat man sich jedoch stets gegenwärtig zu halten, dass Diodor das Land aus eigener Anschauung kannte, dass er daher in der Lage war Dinge, die er selbst beobachtet oder in Erfahrung gebracht hatte, mitzutheilen. Das Mass dieser auf Diodor selbst zurückgehenden Wahrnehmungen müssen wir daher zuerst festzustellen suchen. Nach den vorhergehenden Bemerkungen wird man es natürlich Hnden, dass Diodor an keiner Stelle seines Werkes Unterredungen mit ägyptischen Priestern erwähnt, die doch als Herodots vorzüglichste Quelle zu betrachten sind. Von dem Momente an, wo die ägypti- schen Priester den Inhalt ihrer heiligen Bücher, in denen das gesammte Wissen des ägyptischen Alterthums enthalten war, selbst erschlossen, hatten Unterredungen mit ihnen jeglichen ' I, 46, 8. Icli citire nach der Dindorfsclieii Ausgabe. - Josephus, Contra Apiouein I, 22. 3 Eine erschöpfende Zusaninienstelliing derselben gibt v. Gutsclimid, Philo- loo;'US X. * Die Reise nach Aegypteu tlillt n;ich den Darlegungen von Bauer I. c. p. 171 zwischen 445/4 und i?r2, jedenfalls aber dem ersteren Jahre näher. Die Abfassung der Aivjnrto'. Xöyoi fällt, wie wir unten p. 273 sehen werden, geraume Zeit nach der ägyptischen Reise. I Uanettao und Diodor. 239 Wertli verloren. Da«^eojen waren eben diese Aufzeichnungen für jeden Forscher von der höchsten Bedeutung und wir werden später zu erörtern haben, dass Diodor in der That auf sie zurückgegangen ist. Nur wenn diese nicht ausreichten, wie dies etwa bei der Frage nach den Gründen der Thierverehrung der Fall war, ' sah Diodor sich genöthigt, eigene Erkundi- gungen bei den Fingebornen einzuziehen. Zur Bestätigung der Mittheilungen der Priester beruft sich Diodor an drei Stellen ^ direct auf seine Augenzeugenschaft. Nehmen wir zu diesen Stellen die verschiedenen 'i~'. /.x: vjv (und ähnliche formelhafte Wendungen), ■' die wieder als Bestätigung oder Ergänzung von Berichten, die anderen Quellen entnommen sind, dienen, so haben wir den gesammten Umfang der persönlichen Beobach- tungen und Erfaiirungen Diodors umschrieben. Umgekehrt als bei Herodot, haben die mündlichen Quellen bei Diudor nur eine sehr secundäre Bedeutung. Wir kommen zu den schrift- lichen. Hier tritt uns in überraschendem Masse die Reichhaltig- keit der in die Darstellungen Diodors verwebten Nachrichten entgegen. So wird von den Nachrichten, die über die Grün- dung von Theben überliefert waren, bemerkt : iy-s'.sßr^Tsaa'. 5' r, •/.TtGC? r^c xcAsw; Tajrr,; cj ij.6vcv zxpx toT; cw'^^pariz'jG'y, d/vAa 7.3}. ^ap' xjToTc -zX; v.xz' Alvu^trov '.=p£'jc'.. ' In der That werden von Diodor zwei Versionen über die Gründung mitgetheilt, die ihm wohl als die bemerkenswerthesten erscheinen. Ueber den Bau des Labyrinths verzeichnet Diodor ebenfalls eine Reihe von stark abweichenden Angaben. Nach der einen hätte König Menas das vielbewunderte Bauwerk errichtet, ■' nach einer anderen dagegen ein K«>nig Mendes, den Einige auch Marros 1 I, 86, 2. 2 I, 84, 8; I, 83, 8, 9; I, 46, 7. cf. auch I, 44, 1. 3 iJ.c'/.oi Tou vÜv I, 43, 2; 43, 4; 52, 3; 63, 5; 24, 6; 22, 2; 21, 9. a/p- Twv vijv ypo'vcov I, 90, 2. [J-s'/pi Twv vswTspwv /povwv I, 46, 4; 18, 3. -/.a6'' igaä; I, 84, 8; 31,. 6; 31, 8. [J-h'/P' ~°^ '''•^^' W^i ß'^'"^ ^' ^1» ^- ^^'- (y.xX) vuv I, 97, 7; 14, 2; 96, 8; 4Ö, 7. (/.ai) vüv I, 10, 2; 10, 3; 19, 4; 21, 4. zw; -(ov xaö'' ^jxa; /po'viov I, ö2, 3; 31, 7. Iv toT"; zaÖ' ^[a*; hi ■/povo'.; I, 10, 6. Einige dieser Formeln mügen übrigens von Diodor aus seinen Vorlagen einfach lierübergenommen worden sein. * I, 15, 2. '■> I, 89, 3. 240 Krall. nannten. ' Nehmen wir dazu, diiss die Erbauung des Laby- rinths (freilich ohne Nennung des Namens) in Uebereinstim- mung mit Ilerodot auch in die Zeit der Dodekarchie verlegt wird, 2 so hätten wir eine Reihe von drei, beziehungsweise vier von einander ganz unabhängigen Berichten bei Diodor vor uns. Aehnliche Aeusserungen wie die über die Gründung von Theben finden sieh bei Diodor auch sonst vor. Ueber Sesostris bemerkt er : r.apl toutou tou ßactXsto; oj -xivov o». cjYYpaos'i; y. -ixpx toT; "KAXr,(Tt 3'.3t7:c^ '^•^'- '^f'^^^i^ ''.z'op'.xc v^j-v.pzz. Dies veranlasste Diodor, in der Darstellung der ägyptisclien Geschichte, wie wir gesehen haben, die Älittheilungen Ilerodots eingehender zu berücksichtigen, die er freilich nicht immer mit den für seine Vorlage schmeichelhaftesten Ausdrücken einleitet;'- für die Darstellung der Einrichtungen Aegyptens dagegen hat er [andere Quellen benützt und nur wenn dieselben nicht aus- [reichten, '• wie dies bei der Darstellung der Leichenbestattung und Thierverehrung der Fall war, ^ auf Herodot und seine eigenen Beobachtungen zurückgegriffen. Die Hauptquellen Diodors waren, nach seiner eigenen ausdrücklichen Aussage, die ava7pac.x; der ägyptischen Priester selbst; in der oben angeführten Stelle, '' in der er eine Be- nützung Herodots für die Darstellung der Einrichtungen Aegyp- tens abweist, fährt er nämlich also fort: xj-x It -x r.xp'x -oiz •epcüs'. -dlz v.x-^ A"yj~cv h zxlz itva-;pa5aT; ';v(px[j.[j.vjx s;ac-'!;j.wc izr,-xv.z-zz iyJir^zi\j.iHx. In den Tfx-(pxcx': war das gesammte religiöse, geschichtliche, geographische, mathematische, medici- aische und astronomische Wissen der alten Aegypter enthalten. Grossentheils ffinffen sie auf die Zeit der Thutmosiden und > Rosette, 1. 6—8; Tanis, 1. 8—7. 2 I. 59, 2 f'öc T'.vs; uijOoXoyou'J'.. I, 66, 10 k'v.ot os twv äp/aiwv TjyYpa'JEwv uLuOoXoyoua'. Bauer zeigt 1. 1. p. 286, dass eben Herodot dieser ujÖo- Xoywv ist. 3 I, 86, 2. * Die Uebereinstimmung zwischen Herodot und Diodor tritt hier so deut- lich hervor, dass St^in zu II, 65 den Text des Diodor zur Ausfüllung des herodotisehen verwerthen konnte. Vgl. Her. II, 85, 86 und Diodor I, 91, sowie Her. 11, 65 und Diodor I, 83. s I, 69, 7. 16* 244 Krall. Ramessiden zurück, in der sich in Aegypten allseitig ein wissen- schaftliches Streben geltend macht, welches vielfach an (Jas Wirken der Alexandriner erinnert. Um den heiligen Rollen grosseres Ansehen in den Augen der Menge zu verschaffen, wurde ihre Entstehung von den Priestern in die Zeit der ältesten Könige verlegt. ' Eine Reihe dieser avaYpxsa- ist uns durch die Gunst des Zufalls erhalten ; ich nenne nur den Tu- riner Königspapyrus, den mathematischen Papyrus und den medicinischen Papyrus Ebers; von anderen nennen uns erhal- tene Bibliothekskataloge- wenigstens die Titel. Bemerkens- werth sind unter denselben die , Vorschriften vom Beschreiben der Wand und der Beobachtung der Körperformen', ,die Wissen- schaft der (periodischen) Wiederkehr der beiden Gestirne Sonne und Mond', ,das Gesetz der (periodischen) Wiederkehr der Sterne', ^ ,Aufzählung aller Orte und die Kenntniss dessen, was daselbst ist'. Nun erhebt sich die Frage, wie war es Diodor möglich, diese in ägyptischer Sprache verfassten r/avpacai, die er auch als itvavpaial iv -rxT; '.spÄT; p.''fKZ\z oder kürzer als '.spxi äva^pasat bezeichnet, zu benützen und als IlauptqucUe für seine Dar- stellung zu verwerthen? Weder bei ihm noch auch bei ITerodot ist an eine Kenntniss ägyptischer Schrift und Sprache zu denken, obwohl bei dem l>ctzteren uns eine Stelle' dies vermuthen Hesse. Bei Besprechung der Darstellungen, die sich auf dem Wege von Ephesos nach Phokäa und von Sardes nach Smyrna befanden und von Herodot im Gegensatze zur localen Tradition, welche sie als Bilder des Memnon bezeichnete, als Werke des Sesostris aufgefasst werden, erwähnt er zugleich eine von der einen Schulter der Figur zur anderen laufende Hieroglyphen- ' M. G. (= Die Compositiüu und die Schicksale des manethonischen Geschichtswerkes) p. 10 f. 2 V. Bergmann, Hieroglyphische Inschriften, p. 4G f., T. LXIV — LXVIII, Brugsch, Aeg. Z. 1871, p. il. ^ Diodor I, 81, 4 al -wv aarpwv Ta^et; t£ za'i x.tvrjac'.c zocl ra; r.if: sxaatwv avaYpoc'-ii? z'i £Twv aria-wv tw nXrjOei 9uXaTT0-ja'.v. •* II, 106. Diese Stelle ist schon Heyne 1. 1. LXIX aufgefallen: An enim Aegyptii sermonis peritus (sc. Herodotus) fuerit dubitari potest; etsi eum verba Aegyptia interpretantem video in signo Aegj'ptio, qnod in Jonia deprehendisse sibi visus erat. Manetho und Diodor. 245 inschrift und gibt auch eine Deutung derselben, i Erinnern wir uns nun, in weicher Gegend die Darstellung sich fand, so werden wir ägyptische Dolliuetscher nicht weit zu suchen haben, denen Ilerodot sonst alles verdankte, was er an Uebersetzungen hieroglypliischer Inschriften gibt. Südöstlich von Phokäa lag ja das ägyptische Larisa, w^elches seinen Ursprung auf die ägyp- tischen Bundesgenossen im Heere des Krösus zurückführte ; '^ einem Enkel oder Urenkel Eines derselben verdankte wohl Hero- dot seine Uebersetzung. ^ Es ist überhaupt merkwürdig, wie wenig Herodot und Diodor von ägyptischer Schrift und Sprache zu berichten wissen. Mangel an Interesse kann nicht allein mass- gebend gewesen sein ; vielmehr ist daran zu erinnern, dass die ägyptischen Priester besonders seit der Herrschaft der Griechen über Aegypten bemüht waren, die Hieroglyphen ganz zu einer Rebusschrift zu gestalten, um ja das Verständniss dieser an sich nicht leichten Schrift für Denjenigen, der nicht zu den Ihrigen zählte, gänzlich unmöglich zu machen. Als Tacitus freilich an die Ausarbeitung seiner Geschichtswerke ging, Avar das Dunkel, das auf den Principien der Hierogly- phenschrift ruhte, schon geschwunden. ^ ' Wie die iil)iigeii von Herodot wiedergegebenen Hieroglypheu-Ueber- setzungen luat auch diese keinen Werth. Die Insclirift ging von einer Schulter zur anderen, die Uebersetzung: iyw xr^v o\ zr^^/ ydipr^w öji^oiai Torat £;j.oTai ix.T7]aa[j.Tjv, lag einem findigen Kopfe daher nahe genug. Herodot hielt jedoch, und dies ist für uns die Hauptsache, seine Quelle für ganz verlässlich. 2 Büdiuger, Krösus' Sturz, p. 25. 3 Eine Berührung zwischen Herodot und diesen kleinasiatischen Aegyptern lässt sich auch aus einer anderen Stelle darthun, nämlich aus II, 104. Mit Recht sagt Stein zu dieser Stelle : ,Der Autor ist niclit etwa zweimal in Kolchis oder in Aegypten gewesen. Was er hier von der Hautfarbe, dem Haarwuchs und den Sitten der Aegypter erwähnt, konnte er schon in Halikarnass an den dort verkehrenden Aegyptiern beobachtet und aus sonstigen Berichten erfahren haben'. Nach unseren bisherigen Ergeb- nissen werden wir annelimen dürfen, dass Herodot seine Beobachtungen den in Kleinasien angesiedelten Aegyptern verdankte. Vielleicht ging auch eine der Herodot vorliegenden vier Relationen (I, 95) über die Er- hebung der persischen Macht auf dieselben Quellen zurück. Xenophon wenigstens entnahm derselben, wie Büdinger 1. 1. bemerkt, werthvolle Nachricliten für seine Kyropaedie. * Ab exe. XI, 14. 24G Krall. Wir glauben unsere bisherig-en Ergebnisse nicht besser als mit den Worten zusammenfassen zu können, die C. G. Heyne j vor beinahe hundert Jahren ausgesprochen hat: ' ,Nam ut ipsum ' (sc. Diodorum) a sacerdotibus, quibuscum congressus sit, ea accepisse, quae narravit, statuamus, vetant plura ; primo quidem, , quod ipse scriptor, quantum invenire potui, nusquam hoc pro- 1 iitetur 5 contra vero se ab Aegyptiis narrata repetere, sexcenties monet; repetit autem sie ut satis appareat eum ex maiore rerum copia utiliora delibasse. Ex ipsis libris sacris repetere j sua non potuit, quos nee legere nee interpretari potuisset . . . und weiter . . . sequutus est Diodorus scriptorem, gente Aegyp- tium, qui idem hoc professus erat, se sua e sacris libris hau- sisse; quis ille fuerit, ipso tacente quis pronuntiare ausit?' Wenn Heyne dennoch sich die Vermuthung aufdrängt 2 ,de Manethone sane obvia est suspicio', so hoflfen wir durch die folgenden Untersuchungen dieselbe zur Gewissheit erheben und zugleich einige neue sichere Anhaltpunkte über die Composition des Manethonischen Geschichtswerkes gewinnen zu können. II. Capitel. M a n e t h o und 1) 1 0 d 0 r. An diesen Punkt unserer Untersuchung angelangt, er- scheint es uns nothwendig die Worte anzuführen, mit denen Josephus, der älteste Zeuge, über Manetho sich äussert. Contra Apionem, I, 14 sagt er von ihm: ^(iypoiiz yäp 'EX/väc'. owvfj ty;v' TTaTptov bTop'lav, r/. t£ twv ispiüiv, wq o-yjalv auTOC, [^.exaapajac •/.al ttoaXoc -bv 'HpsocTov i'Ktr/v. Töjv AiY'jTTCix'/.wv j-' avvGiac e'}£i»c[;,£vsv und I 26 : 5 Y^p MavcOwv oütoc, 0 tt,'/ A'YU7:iia"/.r;v 'CJTOpiav £■/. twv tepwv Ypap.lJ.a"wv ;j.cO£p|i.r(V£j£iv •j7:£r/r,!J.£vcc .... [J.£Xp'. H.£v tojtwv t^yS/.oj- f}r,cz täTc ava^pasaTc. Wir sehen, wenn Diodor Manetho be- nutzte, so konnte er mit gutem Gewissen sagen, er habe die 1 1. 1. LT. 2 1. 1. LXVI. Manetho und Diodor. 247 oi'/oi-^po'.^x'. h TO'.q UpaT; ßißAoi; benützt, da Manetho's Werke i nichts anderes als eine Verdollmetschung sein wollten. Hiemit stimmt es vortreflflich, dass, wie wir aus zahl- reichen Angaben, die ihnen entnommen sind, ersehen, die äva- Ypasa;, denen Diodor mittelbar folgte, bis auf Ptolemäus Phi- ladelphus gingen und mit besonderer Vorliebe bei ihm und seinem Vorgänger Soter verweilten; während dagegen von den folgenden Ptolemäern — die Notizen über Ptolemäus Auletes gehen ja auf Diodor selbst zurück — gar keine Erwähnung geschieht. Unter Ptolemäus Soter und dessen 8ohne Philadel- plius lebte und schrieb ja Manetho, - als einer der bedeutend- sten Förderer des Verschnielzungsprocesses, welcher zwischen Griechen und Aegyptern unter den ersten Ptolemäern ange- bahnt wurde.'' I, 31, 7 ' wird uns mitgetheilt, dass während in den alten Zeiten mehr als IS.OOO Städte und Dörfer gezählt wurden, unter Ptolemäus I. nur 3U00 nachzuweisen waren. Aehulich ist die Angabe I, 46, 7 : •' Die Priester behaupten, in ihren äva^pasal 47 Königsgräber bei Theben verzeichnet zu tindeu; bis auf Ptolemäus, des Lagus Sohn, waren jedoch nach ihrer Angabe nur 17 übrig geblieben, die zu der Zeit, da Diodor diese Gegenden bereiste, grossentheils zerstört waren. Zwischen den alten Zeiten (-aXaicl xpivo'.) und der Zeit, da Diodor nach Aegypten kam, steht, wie diese Stellen uns zeigen, als Mittelglied ein Priester, der der Zeit der zwei ersten Ptolemäer angehört. Ihm verdanken wir auch die Angabe I, 84, 8 Ptolemäus Soter habe zu dem Begräbnisse des Apis 50 Silbertalente vorgestreckt. Diodor hat diese Notiz in seine Darstellung einfach herübergenommen, ohne zu bedenken, dass für seine Zeit, wo, wie er uns selbst erzählt, die Ernährer des » M. G. p. 29 und T. (). (= Tacitus und der Orient) T, p. 4. 2 T. O. 29 f. - 1. 1. 2 u. Gl f. •* w; hl xaT; hpat; ävaypaoat; opav san y.aTa/.£ywpi(jij.£vov, ij:! Oc HioX^^a.l.o'j tou AaYOj -Xs'Ioj: twv Tfiaij-upiiüv fip'3[xrfirjrj6o; oia[XE^.£V7)y.£v i'w? Twv y.x%^ riiLv.:; ypo'vwv. ^ Ol [J.cv O'Jv Upct^ ix Twv avavpa'^wv s-^aaav supiaxaiv £~Ta "po; xoT; Tctiapa- zovTa xaffiou? ßxu'.Aixou; • st; 0£ nToXsixarov tov Aayoj 0'.aij.£tva'! yaatv snTa/.ai- OcX« [JLo'vov, wv xöc TzoXXa xaiiSÖapio zaO' oü; ypovou; 7:ap£päXo[j.£v fi^isXc sh £/.£i/o'j; TO'Jc -ör.O'JC, i~\ ~?j; IzaroaTfi; zai oyooTiv.oax^c, oXM^iTziioot. od ij.ovov o'. ■/.OL-'' .\Tyj;i:tov '.Epct"; l/. twv avaypa-^iov iiropoua'.v .... 248 Krall. Apis 100 Talente für die Bestattung des heiligten Stiers ver- wendeten, die Gabe des Königs Ptolemäus nicht mehr so be- deutend erscheinen konnte. ' Für einen ägyptischen Priester dagegen, der unter den ersten Ptolemäern schrieb, war die Anerkennung und Förderung der einheimischen Culte von Seiten der fremden Herrscher ein Act grösster Wichtigkeit. 2 Bei einem Autor der ersten. Ptolemäerzeit werden wir die stete Bezugnahme auf seine eigene Zeit nicht auffallend finden und wir werden es zugleich begreiflich finden, dass die aus den ävavpacal geschöpften Nachrichten Diodors mit Ptole- mäus Philadelphus abbrachen -^ — sein Dolmetsch Manetho ging eben bis zu diesem Punkte. Vortrefflich fügt sich in diesen Zusammenhang die Stelle bei Diodor I, 43, G, in welcher, * vollkommen mit der Wirkliclikcit übereinstimmend, '• ausgeführt wird, dass die Königswürde in der ältesten Periode ägyptischer Geschichte nicht erblicli gewesen sei. Wir sehen aus der ganzen Fassung dieser Stelle, dass der Priester, dem Diodor diese Ausführung entnahm, einige Zeit vor ihm gelebt haben 1 y.oL'. y.aO' rjjj.ä; oe xive; twv zi ^wa Tauia Tpsoio'vTwv £?? la; -a^^a; «Otöjv oux k'XaxTov Twv szatov xaXavrwv OEOariotv/jxaat. 2 Lumbroso, Recherches siir Teconomie politique de l'Egypte soiis les La- gides, p. 2G9. 3 Hieher geliört uocli I, 83, 11 'Jatspov o's 6 oeÜTspoi; nToXc[j.aTo? auv£Tc).£a£v ajTr,v (sc. O'.fopj^) und I. 37, 5 ot-ö yäp X'Tiv ap/alwv ypovtov a/pt IlioXs- [/.a{ou Toü '.)vao:)/.po'j rpoaayopsuOs'vTo; o'jy o-oj; tivji; T'ov 'KXXy^vcov mtoi- ßaXov ci; .VtOioTii'av, otAX' ouoj f^-'/pt tfov opwv t^; A?yu~TO'j j^poaavsßrjaav. * Ol o'' Icpst; sOpcrfjv T'üv [j.sv Tzaiosucv zat twv te^vcÖv ijL'jOoXoyoÜCTi tbv 'Kpurjv YEyovsvai, Tfov o' st; tov ßiov «vay/.a!füv tou; ßaaiAst; • oiö /.al xb TzaXaibv -apaoiooaOat xa; ßaaiXit'a: [iTJ xoT"; s/.yovot; xwv ap^avxojv, aXXä xot? TzAstaxa y.at [j.^y.Txa xö -XrjOo; juEpysxoüaiv, e'ixe -poxaXou[j.£'vfov xwv avOpw7:tov xou; iip' iauxwv ßadiXst; Itz\ xrjv zotvf,-/ suspyjaiav, eVxe xa; xax' aXvjOstav ev xai; '.spate avaypa-^aT'; o'jxfo -apE'XyjOoxwv. ^ Deu Nncliweis verdanken wir de Rouge in seinem Reeherches sur les Monuments qu'on peut attribuer aux six premieres dynasties. Die Aus- führungen der Quelle Diodor über die Vortrefflichkeit der alten Könige gehen hauptsäclilicli auf die Bedeutung der Namen derselben zurück. So war es für die späteren Geschlechter ausgemacht, dass König Snefru, dessen Name aus dem Worte I nofer, gut, mit der vorgesetzten Causativpartikel I s, gebildet war, ein gütiger Herrscher gewesen sein müsse, cf, hierüber M. G. p. 17. Manetho und Diodor. 249 nuss ; 1 wir sehen ferner, dass Diodor nicht direct die iva- fpix'^a'. eingesehen haben kann, da ihn sonst ein flüchtiger Einblick in dieselben von der Kichtigkeit oder Unrichtigkeit ier Behauptung hätte überzeugen können, die ihm seine Vor- lage aus den ävavpas/al raittheilte. Ohne seine Zweifel dagegen interdrücken zu können, muss er sich daher wegen seiner Unkenntniss der ägyptischen Sprache - beschränken, die An- sicht seiner Quelle ohne nähere Prüfung wiederzugeben. Nicht bloss äusserlich schliesst die Hauptquelle Diodors iiit Ptolemäus Philadelphus ab, sie wurzelt auch innerlich in Icn Kreisen des Hofes des zweiten Ptolemäers. In ihr spiegeln sich ab die Bestrebungen der Ptolemäer auf dem Gebiete der Politik und des Handels ; ja selbst kleinere -Züge, Erlebnisse ies Hofes, die nur für Zeitgenossen wesentlich waren, spielen n ihr eine Rolle. Unter den Begleitern des Osiris werden uns neben Anubis md Makedon, von denen der Erstere den Einrichtungen der Ptolemäerzeit ganz entsprechend t;a)[Aa-oo6Aa^ des Osiris genannt ivird, 3 auch Maro, der auf den Weinbau, und Triptolemus, * Zu beachten ist besonders das to-j; i^' iauiwv ßaCTiXst?. 2 Seine Vorlage Avar dagegen der ägyptischen Schrift und Sprache mächtig, I, 11, 1 Tov -£ fjXiov xai TTjv aeXrjvrjV, wi tov [j.3v "Oa'.piv ttjv os 'laiv övoixäaat, a-ö Tivo; Etuji.ou TcOeioTi? i/.atspa; "% -poaTjyopia; rauirj;. Das betreffende Etymon ist die ägyptische Wnrzcl f I, as, die sowohl im Naraeii des Osiris (-^ T ^~i Asar, sondern vielmehr auf einen Beinamen des Osiris zurück und entspricht etwa einem "^^^^^V ^111 Asu-aru. Vgl. Lefebure, Le Mythe Osirien. I, 1;10. Man muss bei der Beurtheilung der Etymologien und Beweisführungen der Vorlage Diodors den Standpunkt der Wissenschaft jener Zeit sich vergegenwärtigen und sich überhaupt erinnern, auf welche Irrwege gewissenhafte Forscher unserer Tage, durch den Gleichklang einzelner Worte verführt, gerathen sind. Weitere Belege für die Kenntniss des Aegyptischen bietet die Vor- lage Diodors I, 17, 4 (cf. Plutarch 1. 1. c. .37), I, 80, 4 und I, 92, 2. 3 I, 87, 2. 250 Krall. der auf den Anbau des Getreides sieb verstand, erwäbut. ' Makedon blieb in dem Lande zurück, welches nach ihm Make- donien heisst, Triptolemus siedelte sich in Attika an; Maron aber, der schon in hohem Alter stand, blieb als Autseher der Weinpflanzung'cn des Osiris in Thrakien zurück und baute die nach ihm benannte Stadt Maroneia. Man wird bei Ueber- leg-ung dieser Stelle zugeben müssen, dass die Zusammen- stellung Makedonien, Attika und — Maroneia sehr auffallend ist, und dass die Quelle Diodors ein grosses Interesse für den letzteren Ort haben musste, um ihn neben Attika und dem Lande, dem das Herrschergeschlecht Aegyptens entstammte, zu nennen. Die Sache gewinnt ein anderes Aussehen, wenn wir uns an die politischen Verhältnisse in Thrakien unter Ptolemäus Philadeli)hus erinnern. Da zeigt sich, so weit wir aus den spärlichen Nachrichten lun Bild dieser für die alte Geschichte so wichtigen Zeit zu gewinnen im Stande sind, dass um den I^csitz der thrakischen Küsten die Reiche der Lagiden und Seleukidcn mit einander rangen, dass die Ge- winnung von Maroneia für beide Reiche von der höchsten Bedeutung sein musste. - Die Behauptung, dass Maroneia von einem Aegypter, von dem Genossen des Osiris Maron, dem die Stadt ihren bedeutenden Weinbau •' verdankte, gebaut worden war, war daher nichts anderes als ein Versuch, die Ansprüche der Ptolemäer auf diese Stadt auf gelehrtem Wege darzutluin. Dem Ptolemäus Philadelphus musste der Nachweis eines uralten Zusammenhanges des thrakischen Zanka[)fels mit Aegypten, den ihm sein Historiker erbrachte, nicht unerwünscht sein. I Auf einer Reise durch Aegypten, erzählt uns Cicero, war Ptolemäus — dass darunter Philadelphus gemeint sei, hat v. Gutschmid ' überzeugend dargethan — hungrig in eine Bauernhütte gekommen und hatte das schwarze Brot, das man ihm reichte, mit grossem Behagen verzehrt: nie habe ihm etwas besser geschmeckt als dieses grobe Brot, denn nie zu- vor hatte er wirklichen Hunger gehabt. Aber es gibt nichts J I, 18, -2 und 1, 20, "J. 2 Droysen, Epigonen I, 317, 318, 3'jy. 3 Hehn, Cnlturpflanzeu und Hausthiere, p. 23. * Bei Sharpe, Gesch. Ae^r. II, p. 33 A, 2. Manetho und Oiodor. 251 Neues unter der Sonne. Der geschichtskundige Gewährsmann des Diodor war in der Lage, seinem Herrn, Philadelphus, aus den CL'iOL'^py.oy). nachzuweisen, dass schon Pharao Tnephachthus dasselbe erlebt habe ' — diesem Umstände verdanken wir das Geschichtcheu, das Diodor bei der Darstellung der Regierung des Menes uns aus seiner Vorlage mittheilt. Die Versorgung seiner Armeen mit atVikauischeu Ele- phanten, statt der viel kostspieligeren asiatischen, war für Ptolemäus Philadelphus ein Gegenstand vielfacher Bemühungen; er hatte zu diesem Behufe die »Stadt Ptolemais-Epitheras, fünf Tagefahrten von Adulis entfernt, gegründet. - Auch hierin zeigte er sich nicht unwürdig seiner Vorfahren; die Haupt- quelle Diodors wusste zu bci-ichten, dass selbst (Jsiris sich mit der Elephantenjagd beschäftigt hatte. •' Ja sogar der Trank der Unsterblichkeit, dessen Zubereitung Ptolemäus H. und seinen Hof so lebliaft beschäftigte, ' war schon der Gemahlin imd Schwester des Osiris, der Isis, bekannt gewesen. ■> Nicht mit Unrecht konnten daher Hieroglypheninschriften von Ptole- mäus H. melden: ,Dein Bruder ist Osiris, deine Schwester ist Isis'. Bei aller Anerkennung der geistigen Bedeutung des frem- den griechisch-makedonischen Volkes und bei aller Ergebenheit für das Herrscherhaus war der Verfasser der Vorlage Diodors ganz erfüllt von der Grösse seines Volkes — er war ein Aegypter durch und durch. Wenn nuin am Hofe der Ptole- mäer die grossen Eroberungen Alexander des Grossen rühmte, so wusste unser Autor durch Deutuno- der zahlreichen fremden Völkernamen, die auf den Tempelwäuden oder in den heiligen Rollen zu lesen waren — ohne Zweifel Avird er dabei ähnliche Fehler begangen haben wie die Begründer der Aegyptologie, welche die in den Inschriften so häutig erwähnten Cheta, in späterer Zeit Scheta gelesen, für Skythen hielten — nach- zuweisen, ß dass die Eroberungen Sesostris die des grossen 5 I, 45. 2 Lumbroso, Kecherches, p. 161. 3 1, -20, 1. « T. O. p. 63. ^ I, 25, 6. ^ I, 55, 3. 252 Krall. Alexander übertrofFen hätten. Es war derselbe Sesostris, der schon als jimgei- Mann das g-rosse Problem dei- Umschiflfung Arabiens, welches unter Alexander aiifgenonnneu, aber zu keinem glücklichen Abschluss gebracht wurden war ' und Ptolemäus Philadelphus fortwährend beschäftigte, ^ gelöst hatte. Von Osiris abgesehen, der gar durch Arabien, am rothen Meere entlang bis an das Ende der Welt gewandert war, ^ hatte Sesostris nach der Eroberung Aethiopiens eine Flotte von 400 Schiffen^ ins rothe Meer auslaufen lassen und die Inseln in jenen Gegenden und die Küstenstriche bis nach Indien hin unterworfen. ' Nach der Meinung unseres Autors — denn aus- drücklich führt Diudor als Gewährsmann für diese Ausfüh- rungen die \iziiz und ihre ävavpxsai an '■ — hatten Orpheus, Musäus, Mehimpiis, Dädalus, Homer, Lyciirg, Solon, Piaton, Pythagoras, p]udoxus, Democrit, Ocnopides, Telekles und Theodorus Aegypten besucht und von dort ihren Landsleuten religiöse Einrichtungen, Gesetze, Wissenschaften und Künste gebracht.' 80 bat Ilumer auf seiner Reise durch Aegypten Belehrung über das Wesen der Götter,^ über die kummer- stillenden Mittel,-' von denen er Odyssee IV, 2V.) f. spricht, ' Arrian, Ind. 20. - Diodor, III, 42, 1 'AoIttcovo; tou -i\xz>')vj-rj; üno riTo),£;Aaioj r.ph; y.a.-T.Qy.oT.r^i TT]; £'co; iJy.£avoj T.xpr^v.ojTr^', 'Apaß-a;. Cf. Lumbroso, 1. 1. p. 141 f. 3 I, 19, 6 ?n£i-a -otr^daaOx- Tr,v -opeiav o-/ 'A,oa[3;a; napi Tr,v 'l-ipuOpäv OaXartav £(ü; "IvotüV /.Ol'. Toü -fpar%; tt^; o'/.ojafvr,:. * Nach den An<^aben der Vorlage Diodors wurde unter riiilopator ein Riesenschiff von den o^lciclion Dimensionen {'iHi) Ellen lang nach Kalli- xenos Fr. 1 bei Müller, Fr. II. (ir. III, ;jö) wie das dem Amon geweihte Fahrzeug des Sesostris, gebaut (Diodor I, .07, 5). Massgebend waren für die Angaben unseres Autors Vorschriften der heiligen Scliriften. Auf den Zusammenhang zwischen der Notiz Diodors und der Tessarakontere des Philopatur liat Sharpe, 1. 1. II, p. 10 aufmerksam gemacht. Cf. die An- merkung V. Gutschmids auf j). 20. I, bö, 2 £-£1-'' £[(; [j.£v TTjV 'l'^fiuOpäv OaXanav xziazz'.'/.t gTOAov vi'ov T£Toa/.o- a-.tov, -ptTjToc Twv sy/wpttov aoe/.pat a/.i-fr, '^XJ7:r,yr^1i^v/oc, v.x\ -%; t£ VTjaou; xa; £v ToT; Tonoi; za-ix.Trjaato y.x: tt,: 7,-v.poj Ta napa OaXaiiav [j.-'pr; /.aTc- (i-p£<]/aTO |Ji-£'/p'. ttJ; MvoiZT);. ^ I, 96, 2 o'. yap UpeTii Twv Atyunriwv laropoüatv £/. t'ov ävxYpa^ojv töjv £v -aT; hpat; ßijiXo'.c. " I, 96—98. 8 I, 12, 10. 9 I, 97, 7. Manetho und Diodor. 253 und über die Fabel von der Umarmung' des Zeus und der Wanderung der Götter nach Aethiopien ' erhalten; aus Aegypten haben die Griechen durch Orpheus die Orgien und die Bacchus- feste, sowie ihre Fabeln von der Unterwelt erhalten. '^ Es ist unrichtig, wenn die Griechen beliaupten, Athene habe den Oel- baum erfunden , vielmehr geht derselbe auf Thot zurück ; ^ ebenso steht es mit der Behauptung der Griechen, ' Dionysos sei als Sohn der Scmele und des Zeus im böotischen Theben geboren ; die Deutung des Beinamens der Athene YAXjy.wT'.;, welchen k'v.ct twv 'E"AAr//(ov gegeben haben, "' wird als zür/Je; be- zeichnet. Die ip;xr(Vc(a haben die Griechen von den Aegyptern gelernt;'' das Labyrinth des Dädalos ist nach äg-yptischem Muster erbaut.' Prometheus, Hercules, Makedou, Triptolemus,** Kadmus, ■' Perseus, '" Bclus, " Danaus,'- Petes der Vater des Menestheus, Erechtheus waren Aegypter. '•' Was die Aegypter berichten sind Thatsachen und nicht Fabelgeschichten wie bei den Griechen, " bei den Letzteren beruht ja der Glaube an das Zukünftige an die Belohnung der Guten uiul die Bestra- fung der Bösen auf willkürlichen Dichtungen und entstellten Sagen. '"■ Aber nicht bloss die Griechen sind den Aegyptern Dank schuldig als ihren Lehrern in der Gesittung, auch die persischen Prachtbauten von Persepolis und Susa sind von ägyptischen 1 I, 07, y. 2 I, 22, 7; 23, 2; 93, 2: 'J6, ö. 3 I, IG, 2. ^ I, 23, 2 geht liauptsächlich gegen Herodot, II, 145. 5 I, 12, 8. « I,.16, 2. 7 I, 97, 5, 8 I, 18—20, 24. ä I, 23, 4. Auch Hecataeiis von Abdera machte den Kadmos im Gegensatze zu der allgemein üblichen Tradition zu einem Aegypter. S. Diodor XL, 3 *> '0 I, 24, 8. " I, 28, 1. 12 T i)o, 9 '3 I, 28, 6. " I, 25, 4. 15 I, 93, 3. 254 Krall. Künstlern erbaut. ' Falsch ist die Ansicht der Inder, Dionysos stamme aus ihrem Lande und nicht aus Aegypten. ^ Die Kolcher, Juden, Chaldäer und Athener sind Colonien der Aegypter. '' Osiris hat überhaupt der Verwilderung der Menschen ein Ende gemacht und sie die Weinpflanzung und den Bau des Walzens und der Gerste gelehrt. ^ Um die Vertilgung der wilden Thiere hat sich auch der ägyptische lleraclcs mannigfache Verdienste erworben. '' Mit diesen Ausführungen lässt sich das, was Herodot, *"' der doch schon an die äusserstcu Grenzen des Erlaubton ge- gangen war, behauptet hatte, gar nicht vergleichen. Vollends konnte ein Grieche der ersten Ptolemäerzeit — als neue Be- stätio-une: für das letztere können wir den Umstand ansehen, dass die Lebenszeit keines einzigen der oben angeführten Griechen, ' welche nach den xv^vpacal Aegypten besucht haben, diese untere Zeitgrenze überschreiti-t — einer Zeit sonach, in der die Verachtung der Barbaren, der selbst Aristoteles einen so lebhaften Ausdruck gegeben hatte, "* anderen Anschauungen noch nicht Platz gemacht hatte, unmöglich derartige Behaup- tungen aufstellen. Wie wenig die Ausführungen der Haupt- quelle Diodors mit seinen eigenen Anschauungen harmonirten, zeigt uns seine Aeusserung über die Bemühungen seiner Vor- lage, Athen zu einer ägyptisclien Colonic zu uiachen: rSü.x ck -/.i'. i/./.x TOJTO'.; 7:5:parAr,7'.a 'hi';z'nzi 5'.>.OTt;x:Tcpov r,T.zp aAr/J'.vo)- Tcpsv, w; 'f i[j.o'. sa-vs-z;. rr,: xzs'.y.'ia; Tajrr^; Tj.o'.Giir-.o-j'z: l'.'y. tyjv oc;av -r^; ziXswc. y.aOsAOJ ck r't.v.z-y.z xr.z:/:.OLZ AipTrr'.ot ©ac.v r/.- r.i'^:}j7i'L Toli; sautwv TrpcYsvoj; ir\ rS/J.x ;jipr, r^c s?-/.oj;/£v^;. . . . 'j-kp wv \j:r-.t a-so£{;£0); 5£po|j.£vr,; •^:r,oi[J.:iz ay.p'.ßoj: iJ.r,T£ !7JYvpas£a); aq'.orJ.rr.z-j ;j.apTjpouvTo;, chv. £7.piva;x£v •jzapy_£!v -y. lv(i\j.viy. Ypaifv;; ä;'.a. ^ Sein Gewährsmann dagegen hatte sich dahin ausge- 1 I, 46, 4. i 2 I, 19, 8. 3 I, 28. < I, 20, 3 f. 5 I, 24, 1 f. 6 Bauer. Composition des liemd. Geschichtswerkes, p. 27 f. " p. 252. ^ Droysen, Epigonen, 1-, 17; T. O. p. 1, 62. 9 I, 29, 5. Mani'tlio iiiul Iiiodur. 255 sprochen "hz "l\KKr,')y.z i^'.o'.a'CscOx'. tsu; irj.oy.'fZ'Tzi'Z'Jz r,phiiz -t y.y). \ Oso'JC, 'i~'. 2' 3.r,o<:/l7.c. -y.z ~y.f eäu-öW. ' An der Hand des gewonnenen Ergebnisses, dass nur ein ägyptischer Priester, der unter der Regierung der beiden ersten Ptolemäer lebte, der Verfasser der Vorlage Diodors sein kann, können wir an die Erörterung der Zahlenangaben Diodors I schreiten. An zwei Stellen seines ersten Buches zählt er, den Angaben der ägyptischen Priester folgend, - bis auf den Zug I Alexander des Grossen nach Asien. Dass Diodor nicht bis auf seine Zeit oder anders gefasst, dass seine Gewährsmänner bis auf ein Ereigniss rechnen, welches den ägyptischen Chrono- 1 logen nicht einmal als Ausgangspunkt einer Aera galt, •' wird i uns gar nicht auffallend erscheinen, wenn wir uns erinnern, , dass Manethos Werk mit dem Zuge Alexanders nach Asien ! abbrach. Mit Recht hat Unger ' hervorgehoben, dass die ab- weichenden Berichte über den Schluss des Manethonischen Geschichtswerkes dahin zu cirklären sind, dass die A'Y'JTCTtay.a auch die letzten Perserkönige Ochus, Arses und Darius IIL ! umfassten, während die 'Vz\j.z'. bei Nectanebus abbrachen — j ein weiterer Beleg dafür, "' dass die 'Vz\j.z<. und BißXc; sich gar j nicht deckten. Hieher gehört die Summe in I, 69, 9, welche nicht die Nachlässigkeit, Avie gewöhnlich angenommen wird, sondern viel- mehr die Genauigkeit Diodors in der Wiedergabe seiner Quellen ; documentirt. Ueber 4700 Jahre, wird uns hier mitgetheilt, re- gierten grösstentheils einheimische Könige über Aegypten; hie- I mit scheint es in der That schlecht zu stimmen, wenn I, 44 ' I 2;} s - I, 26, 1 o'. o' Upcf^ Twv Aiyj-Tiwv t'ov ypdvov ir.o tt); '[IXi'ou ßadiXsta; 7jXXoy'.^ou.£Voi |Ji£/pi TT); ''AXc^avopou oiaßädöw; sl; Tr;v "A^-lav -^aaiv j-ap/E'.v iz'x>-> uaX'.ora -to; otajAjpicov x.a^ Tp'. sich belaufen konnten und Diodor auch in der Abrundung der Summe nicht leichtfertig vorgegangen ist. Diese zwei so vortrefflich mit einander stimmenden Zahlen angaben zeigen uns zugleich, dass bei den upv.z, die als Quelle erwähnt werdeü an Zeitgenossen Diodors, bei denen er etwai seine Mittheilungen mündlich eingezogen hätte, nicht zu denken ist; sie zeigen uns ferner, wenn wir die anderen Ergebnisse damit zusammenhalten, dass nur ein Priester, der zu der Zeit der ersten Ptolemäer lebte, die heiligen Bücher in seinen Schriften den Griechen verdolmetschte, den Herodot berichtigte und seine Geschichtsdarstcllung bis zum Zuge Alexander des Grossen nach Asien führte, mit einem \\'orte, dass nur Manetho die Hauptquelle Diodors gewesen sein kann. Das ganze erste Buch Diodors im Einzelnen zu prüfen und bei einer jeden Stelle angeben zu wollen, ob dieselbe auf eigene Beobachtungen, Herodot, Hecataeus, Manetho oder andere Quellen, ja ob sie überhaupt auf einen gut unterrichteten Ge währsmann zurückgeht, erscheint uns einerseits unthunlich, anderseits Aufgabe eines Commentars zu sein. Dagegen sollen t I, 44, 4. 2 V. Gutachmid bei Sbarpe, Gesch. Aeg. II, l'J A, 1, Manetho nnd Dioder. 2ö7 hier einzelne Ausfülinin^en, die sicli als der nacho^ewiesenen Hauptquelle Diodors ano-ehörio^ documentiren, erörtert werden, um an der Hand derselben entweder neue Bestätigungen oder Ergänzungen unserer Darlegungen zu gewinnen. III. Capitel. M y t li 0 1 0 2: i s r h e s. Der Kindruck des Starren, welchen die ägyptischen reli- giösen Anschauungen bei oberHächlicher Betrachtung in uns hervorzurufen geeignet sind, weicht bei aufmerksamerem Zu- sehen einer ganz anderen Auffassung. In ihrem viele Jahr- , tausende umfassenden Bestand hat die ägyptische Religion die 1 mannigfaltigsten \\'andlungen durchgemacht, die sich Dank der zahllosen erhaltenen Inschriften mythologischen Inhalts genau verfolgen lassen. Unter den grössten politischen Erschütte- ! rungen hat es ein König aus dem Geschlechte des grossen Eroberers Thutmes III., Amenophis IV., in den Tip-S'. Acherres genannt, ^ versucht, eine grosse religifise Reform in Aegypten durchzusetzen; an dem Widerstände der mächtigen Priester- sehaft des Gottes Amon ist sein Werk gescheitert. Nicht so gewaltsam, aber dafür von längerem Bestände und von reich- haltiger Wirkung waren die Bewegungen, die aus den ägyptischen Priesterschulen selbst hervorgingen! Die ursprünglichen naiven Vorstellungen über die Natur der Gottheit, über die Gestalt des Weltganzen und seine Entstehung genügten bei fortschrei- tender Erkenntniss den ägj'ptischen Denkern nicht mehr, neue Anschauungen traten an die Stelle der früheren. Die philo- sophische Speculation begann sich zu regen und bemächtigte sich dieser Probleme und rang, wie seitdem ununterbrochen, nach ihrer Lösung. ]\Iächtig waren auch die Einwirkungen von Aussen. Während des langen Verlaufs ägyptischer Ge- schichte, haben verschiedene Völker, theils friedlich, theils feindselig Aegypten betreten und Culturanregungen empfangen, » M. G. p. 38. Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. III. Hft. 17 258 Krall. aber auch gegeben. Diese Berührungen Aegyptens mit fremden ] Völkerschaften luiben vielfach auf die Ausbildung der ägypti- schen religiösen Anschauungen eingewirkt. Zahlreiche fremdel Gottheiten und Anschauungen ' haben Eingang gefunden inj das ägyptische Pantheon — unter ihnen das letzte — aber! auch bedeutendste Glied der ganzen Entwickelung, die helle- nischen, mythologischen und kosmogonischen Vorstellungen. Unter dem Einflüsse der griechischen Philosophie- wur- den in den hermetischen Büchern die Hauptgottheiten Aegyptensl Osiris, Ptah und Amon als Vertreter der drei grossen Principien] des Guten, des Schönen und des Wahren aufgefasst. Aus einer Mischung griechischer und ägyptischer Götterculte ist die Verehrung des Sarapis seit der Zeit der ersten Ptolemäer hervorgegangen.-' Hieher gehören auch die durch Jamblichus* und Seneca-^ belegten Gottheiten der vier Elemente, welche! bei den Aegyptern zu Duppelelementen ausgebildet wurden,] so dass jedem männlichen Elemente ein weibliches zugegeben] wurde. In zahlreichen Beispielen kommen diese vier Doppel- elemente in den ägyptischen Denkmälern wieder. '• Diese acht ' Gottheiten sind bald sitzend, bald schreitend dargestellt und tragen entweder ]\Ienschenköpfe ohne weitere Abzeichen oder, Fröschköpfe die Männer, Schlaugenköpfe die Frauen." Aus dem Umstände, dass keine der fünfzehn von ihm gesammeltenj Darstellungen dieser Art über die Zeit der Ptolemäer zurück- geht — die älteste gehört der Zeit Ptolemäus IV. au — hat Altmeister Lepsius mit Recht geschlossen, ,dass die Acht- oder Vierzahl der Elemente, ja, wie es scheint, die Idee der griechi- schen y.y.yv.y. überhaupt, der ägyptischen Mythologie und Natur- anschauung ursprünglich fremd war und erst in später Zeit von den Griechen entlehnt und altägyptischen ]\Iythen nach- träglich angepasst wurde*. ** 1 T. O. p. 55 f. 2 Lepsius in den Abh. der Berliner Akademie, 1856, p. 182. 3 T. O. p. 31 f. '' De myst. 8, 3. 5 Qn. uat. III, 14. Cf. die Citate bei Lepsius, 1. 1. p. 182, 183. 6 Lepsius führt in seiner Abliaiidhing: ,Ueber die Götter der vier Elemente bei den Aegyptern', 1. 1. p. 182 f. über fünfzehn Beispiele vor. ■^ Lepsius, 1. 1. p. 183. 8 Lepsius, 1. 1. p. 197. I Manetho und Diodor. 259 Fremde Anschauungen dringen bei einem Volke nur dann .ein und sind im Stande in dessen Ideenwelt einen dauernden Platz sich zu erobern, wenn sie an schon bestehende, ihnen ' analoge und verwandte Vorstellungen anknüpfen, dieselben er- weitern oder neugestalten können. So haben wir anderswo ^ an einer Reihe von Beispielen beobachtet, wie das Christen- thum in den Gemüthern des ägyptischen Volkes durch Ver- schmelzung mit ihm ähnlichen Anschauungen tiefe Wurzel gefasst hat. So knüpft auch die Lehre von den vier Doppel- , elementen, die unter Einfluss der griechischen Philosophie auf ■ den Wänden ägyptischer Tempel eine symbolische Darstellung gefunden hat, au schon bestehende Vorstellungen an. Der Sarkophag des Unnofer in Bulaq- zeigt uns, dass die Vier- ' theilung , Feuer, Luft, Erde und Wasser' als Grundbedingung I menschlicher Existenz auch den alten Aegyptern, gegenwärtig t gew(jrden war. Auf dem Sargdeckel werden uns nämlich die I grossen Götter Rä (Sonne, Feuer), Su (Luft), Seb (Erde), Osiris (Nil, Wasser) aufgezählt als Spender derjenigen Dinge, die : dem Menschen zum Leben unumgänglich nothwendig sind, ^ Licht, Luft, Speise und Trank. Von dieser naiven Auffassung^ bis zu den Speculationen griechischer Denker ist noch ein weiter Weg, den die ägyptische Philosophie auf organischem Wege zurückzulegen nicht im Stande war. ,Den Elementen pflegen in einigen Listen gleichsam als Anführer bestimmte Gottheiten voranzugehen. So erscheint der Sonnengott Rä mit dem Discus und dem Uräus auf dem Kopfe als Kind dargestellt, den Finger an den Mund führend, sitzend auf einer Lotusblume, Avelche auf dem Zeichen des Wassers t — r ruht.'' Aehnlich wird in anderen Listen Amon ' T. o. p. 64. - Brugsch in der Aeg. Z. 186S, p. 122 f. •* Lepsius in der Aeg. Z. 1868, p. 127. ^ Brugscli macht 1. 1. p. 124 auf die Varianten, die uns der Papyrus Rhind bietet, aufmerksam; als Bezeichnung der Erde finden wir den Ausdruck Ci ,1111111. MjGefäss der Dinge', der sich vollkommen deckt mit dem diodorischen xr^y oz y^v iöizzo ayYSiöv ~i täiv -j-jo[j.svcov (I, 12, 4). Die Quelle, der Diodor folgte, zeigt sich auch hier in ägyptischen Dingen vollkommen unterrichtet. 5 Lepsius 1. 1. p. 192. 17» 260 Krall. Rä, in seiner Auffassung' als Sonnengott zu verstehen, an die Spitze der Elemente gestellt. Eine von Dümichen ' in i den Kalenderinschriften publicirte Inschrift zeigt uns, dass die Aegypter die vier Elemente aus Rä hervorgehend sicli dachten, wie denn auch in den hermetischen Büchern die Sonne als -^YcIxwv Töjv c:to'./£'!(ov bezeichnet wird. Wir sehen wie die ägyptische Symbolik in die nüchterner philosophischer Ueberlcgung ent- stammende Ivchre von den vier Elementen eindringt und sie, je nach dem Glauben der verschiedenen Priesterschaften, ver- schieden ciusbildet. Mitten hinein in die Bewegung, welche sich an die Einfügung der Lehre von den vier Elementen in die ägyptischen Anschauungen knüpft, versetzen uns die Auseinandersetzungen Diodors über ägyptische Mythologie: Auch hier tritt uns die Verschmelzung griechischer und ein- heimischer Anschauungen deutlich entg-egen. Während den Aegyptern der ältesten Periode ihrer Ge- schichte Rä, der Sonnengott, als die oberste Gottheit galt, hatte im Verlaufe der Ausbildung des mythologischen Systems Osiris und sein Götterkreis allmälig die Oberhand gewonnen. So galten auch dem Gewährsmanne des Diodor als die ersten, ja einzigen wahren Gottheiten - Osiris und Isis, von denen die eine als Vertreter des Feurigen und Geistigen, die andere des Trockenen und Feuchten erschien. Aus der Vereinigung der- selben ging das Luftige hervor. Auch hier erschienen Sonne und Mond unter der Benennung Osiris und Isis als die Ur Sprünge, als die Herren der Elemente. In dieselbe Verbindung wird Sonne und Mond mit flen Elementen gebi'acht in einei Stelle der Rhiud-Papyre, deren Deutung wir bekanntlich Rrugsch' verdanken: ,Du betest an die Morgensonne und den Mond, heisst es in derselben, die Luft, das Wasser, das Feuert Das Geistige, das Feurige, das Trockene, das Feuchte und das Luftige wurden, so belehrt uns die Quelle Diodors weiter, als selbstständige Gottheiten gedacht — hier haben wir die grie- chischen Elemente mit dem 7r;£j|i.a an der Spitze. Die Aus- führung über diese einzigen wahren Gütter wird abgeschlossen ■I 1 Aeg. Z. 18G9, p. tJ und Kai. J. pl. L. - I, 11, 1 ojo ÖcO'j; aioi'o'j; te za\ rptoTouc. 3 1. 1. p. 124. Mauetbo und Diodor. 261 durch den Satz: oolgI Be t^'j; r.v/zz fitohz toI»; T.poeipri\j.vn'jc -xäaav TTjv o'.y.oj\).iYr,'f iTt-ops'JicOac, . 9. I Manetho und Diodor. 263 I fällt. ' In erster Linie waren die Krmig-e Aegyptens g-eeignet in den Kreis der ewigen Götter aufgenumnien zu werden, sie, die sclion auf Erden göttlichcj- Ehren als Abbilder der Gott- lirlt theihaftig wurden. Für den mit dem Wesen seiner Religion innig vertrauten Aegypter lag sonach keine Schwierigkeit vor, mit der Lehre sich zu befreunden, dass Meuscheu zu Göttern erhoben wurden — glaubte er ja selbst für seinen tugendhaften Wandel auf Erden sich nach dem Tode mit Osiris vereinigen zu können. Wie den Griechen die homerischen Götter, so konnten den Aegyptern, als sich im Laufe der Jahrtausende ihr Gesichtskreis erweitert hatte und ihre Hpeculationeu an Tiefe gewonnen hatten, ihre urältesten, anthropomorphisch - ge- dachten Gottheiten nicht mehr genügen. Aus dem Nun, aus dem Urgewässer war ja nach den ältesten Texten Kä hervor- gegangen, der Nil, das feuchte Element, wird gleichmässig als Vater der Götter und Menschen bezeichnet: der Nil, das Ur- i^o Wässer müsste daher das Ursprüngliche, das ewige Un- wandelbare sein und nicht Kä, Osiris, Isis, Sutech, llorus, von denen uralte Legenden Kämpfe, Züge durch die ganze Welt, Heldcnthaten und tückische Anschläge erzählten, die einem ge- läuterten religiösen Gefühl nicht mehr behagen konnten. Dass |die ägyptische Priesterschaft in der Ptolemäerzeit derartigen Anschauungen huldigte, erklärt uns überhaupt die Möglichkeit der Einführung der Doppelgottheiten der griechischen vier Elemente, als Ursprünge alles Seienden, in das ägyptische Pantheon. Dazu gesellte sich gerade in der Zeit, in welcher Manetho schrieb, ein weiteres, zersetzendes Moment — die Ptolemäer. Wie war es für den denkenden Aegypter mög- lich, die fremden makedonischen Könige, die gar nicht, an die ägyptischen Gottheiten glaubten als Söhne des Rä, als Brüder des Osiris und der Isis zu betrachten? Hier setzen die Lehren des Euliemeros ein, die, falls sie überhaupt nicht von den ägyptischen Priestern zuerst aufgestellt worden sind, von denselben als willkommene Lösung aus dem Dilemma zwischen der Ueberlieferung einerseits und der philosophischen » T. O. p. 41 f. 2 Naville hat zuerst auf diese wichtige Thatsache aufmerksam gemacht in den Transactions of the Society of Biblical Archaeology IV, p. 1 f. 264 Krall. Ueberlegung- und der Wirklichkeit anderseits begrüsst wer- den mussten. Es ist die Zeit, iu der die mythologischen Vorstellungen der Völker des Alterthunis zusammenstürzen und neuen Anschauungen den Weg bahnen. Die Grund- sätze des Euhemeros sind als ein echtes Pruduct ihrer Zeit anzusehen und wir w^erden es daher nicht autYalleud linden, dass sie so zahlreiche Vertreter gefunden haben. Zu diesen gehörte der Verfasser der Schrift ,über die Hyperboreer', der Freund des Königs Ptolemäus I., Hecataeus von Abdera, dann Amometus ' und wie wir sehen, auch der Gewährsmann der mythologischen Ausführungen bei Diodor. Finden wir nun, dass der vielleicht ältere Zeitgenosse des Euhemeros, Hecataeus in Aegypten zu den Vertretern des Euhemerismus zählte, so ist nicht ausser Acht zu lassen, dass den Euhemeros selbst, als er im Auftrage des Kassandros nach dem 8üden — wahrschein- lich zu König Sandrakottes - — reiste, sein Weg nach Aegypten an den Hof der Ptolemäer geführt haben kann •' und die Mög- lichkeit einer persönlichen Berührung des Euhemeros mit Heca- taeus, und selbst mitManetho nicht gei'adezu auszuschliessen. Wie dem auch sei, die mythologische Richtung, die wir unter dem Namen Euhemerismus zusammenzufassen pflegen, war weder ägyptischer Anschauung fremd, noch Manetho unbekannt. Wir haben nun festzustellen, ob er auch derselben gehuldigt, oder sich ihr gegenüber ablehnend verhalten hat. König Amenophis, so berichtet uns Manetho in den echten Fragmenten bei Josephus,^ habe die Götter schauen wollen wie Horus i'.c TO)v •rpc aÜTOu ßißaaAe'j/.ÖTtov. Es ist schon von Unger^ schlagend dargethan worden, dass der König Amenophis, von dem hier die Rede ist, kein anderer sein könne als der Refor- mator Amenophis IV. und wir hoffen im zweiten Theile unseres Tacitus und der Orient die Beweisführung von Unger durch einige neue Argumente stützen zu können. Der König Horus, 1 Droyseii, Epigonen P, p. 22. 2 Droysen, 1. 1. ^ Seine Reise nach Indien wird er wolil übcM- Arsinoe am rotlien Meere angetreten haben. _j ^ Contra Apionem I, l'ü. '/I ll ^ Chronologie des Manetho, p. 192. -' Manetho und Diodor. 26ö der als Vorgänger und Muster des Königs Anienophis IV. hin- gestellt wird, kann daher kein anderer sein als llorus der Sohn des Osiris und der Isis, mit dem die Götterdynastien abzusehliessen pflegen, da weder bei Manetho noeh auf den Monumenten ein anderer König dieses Namens als Vorgänger Amenopliis IV. (der llorus der Listen, welcher die XVIII. Dy- nastie absehloss, kommt natürlich nicht in Betracht) nachzu- weisen ist. Es ist hier nicht der Ort auf die Bedeutung der Formel ,dic Götter schauen zu wollen' einzugehen, es genügt darauf hinzuweisen, dass der llorus, welcher die Götter schauen will, nicht als Gott gedacht sein kann. Vollkommen fügt sich dieser auf Manetho zurückgehende Zug in die von Diodor gegebene Darstellung, wonach die Götter, welche über Aegypten nach der alten Priesterlehre geherrscht hatten, nichts anderes als sterbliche Menschen gewesen wären. Aber noch einen weiteren Beweis können wir dafür bei- bringen, dass Manetho auch zu dem Kuhemerismus sich be- kannt hat. Primus homo Aegyptiis llephaestus est, so berichtet uns, der armenischen Uebersetzung zufolge, der Kirchenvater Eusebius ' aus den Monumenta des Manetho und fügt hinzu qui etiam ignis repertor apud cos celebratur. Diese Stelle ist nach zweierlei Kichtuugen ungemein belehrend. Einerseits zeigt sie uns, dass in den auf Manetho zurückgehenden Auszügen, die Eusebius vorlagen, — falls er bei diesem Stücke nicht die ihm, wie wir gesehen haben, vorliegende -.epi ß'i.jAcr ausschrieb, was noch wahrscheinlicher ist — Ptah als erster Mensch be- zeichnet war. Selbst der Beisatz des Eusebius findet sich als weiterer Beleg für die Richtigkeit unserer Ausführung bei Diodor wieder : ev.c: zk twv '.spiwv oy.z\ zpwTcv "Hc-a'.crTcv lias'.Xsjaa;, Tijpb; £jpaTY;v Y£vd[j.£vcv. - Anderseits zeigt uns diese Stelle, wie es möglich war aus dem manethonisehen Geschichts werke ganz verschiedene Angaben zu schöpfen und aus denselben die von einander so abweichenden Grundlagen der t:;;.;'. des Africanus, Eusebius und des Barbarus zu gestalten. '•'■ , Zuerst', so hatte Manetho, wie wir nun sagen können, bei Diodor berichtet, ' ed. Schöue. 2 I, 13, 3. 3 M. G. p. 50 f. 266 Krall. ^herrschte über Aegjpten Helios (Kä), nach einer anderen Priesterlehre (es ist dies die nieniphitische, während die andere die heliopolitische repräsentirt) dagegen Hephaestos-Ptah/ Es stand den Verfertigern der -:;|ao'. frei, entweder an die eine oder die andere Angabe sich zu halten — beide waren von Älanetho überliefert, der natürlich weit entfernt war, die eine derselben als die richtigere hinstellen zu wollen. Als Ergebniss unserer Betrachtung der Ausführungen über ägyptische Mythologie, die uns Diodor, nach der durch unsere Untersuchung erhärteten Angabe des Eusebius aus Ma- netho entnommen hat, geben wir folgende Tabelle der Vor- gänger des Menes : Luft Ewige Götter: Osiris (Sonne, Dionysius, Syrius), Geist, Feuer ^ Isis (Mond), Trockenes, Feuchtes j Zeus, Geist (::vijaa^ Hephaestos, Feuer {r.\j^) Gcineter, Trockenes (5»;pöv) OkoH.me, Feuchtes (Oyjsov) Atlieue, Luftin^cs (izpCjozc). Zu Göttern erhobene l\I e n s c h e n : ' Nach Heliopolitischer Lehre. Helios (Kä) Kronos (Seb) Rhea (Nut) Zeus (Ammon) Hera Hephaestos (Ptah) Hestia Hermes (Thot) Nacli nieiuphitischer Lehre. 1 lejjhaestos (l^tah) Kronos (Seb) Rlica (Nut) • nach Anderen Osiris Zeus (Ammon) Isis Hera f Osiris I Isis fünf Epa- gomenen ' Typliou (Sutech) I Apollon (Horus) [ Ajibrodite (fafnut). Es ist uns aus Josephus bekannt, dass Manetho, gestützt auf seine bessere Kenntniss der Geschichte und der Einrich- tungen Aegyptens an einer Reihe von Stellen die Angaben Herodots richtig stellt ; es setzt dies eine eingehende Be- ' Erst, mit ihnen beginnen die sogenannten Götterdynastien. • Manetho und Diodor. 267 schäftigung mit seinem Vorgänger voraus und wir werden wohl den grössten Thoil der JStellen der Tlieile des ersten Buches Diodors, die sich niclit speciell mit der Geschichte Aegyptens beschäftigen, Avelche neben grossen Uebereinstim- mungen mit den Berichten Ilerodots dennoch im Einzelnen Abweichungen und Correcturen zeigen, ' auf Manetho zurück- zuführen haben. Die Quellen für die Ausführung über den Ursprung des Nils und die Gründe seiner Ueberschwemmung werden von Diodor ausdrücklich genannt; die Reichhaltigkeit derselben be- zeugt seine eingehende Beschäftigung mit diesen Problemen. Für unseren Zweck genügt es auf einen Punkt liinzuweisen : j die Ansicht des Ephoros wird als -/.y-vioz-hr^ aufgeführt. - Be- 1 deutet der Ausdruck ,die neueste' oder ,die sonderbarste'? Gleich auf die Ansicht des Ephoros folgt die von , Philosophen aus Memphis', deren Namen jedoch nicht genannt sind. Dies macht es wahrscheinlich, dass darunter ägyptische Philosophen, d. h. Priester zu verstehen sind, da es Diodor bei griechischen Gelehrten nicht unterlassen hätte sie namentlich aufzuführen. An die Philosophen von Memphis schliessen sich Oenopides und Agatharchides an. Wie, wenn Diodor die Aufzählung der Ansichten über den Nil, welche den Ausführungen der memphitischen Philosophen vorangingen, der Quelle entnommen hätte, der er sonst mit Vorliebe folgte, also, wie wir nun sagen können, Manetho, und er daran die folgenden des Oenopides und Agatharchides angeschlossen hätte! Für Manetho war die An- sicht des Ephoros in der That die ,neueste' /.aivoTa-r/;, für Diodor, der diesen Ausdruck ^us seiner Quelle herübernahm dagegen die , sonderbarste'. Bemerkenswerth ist es, wenn Diodor bei den Ausführungen, die er mit der Bemerkung einleitet, die Nachrichten über die ägyptischen Gottheiten lauteten sehr verschieden, von Sarapis die echt manethonische Ansicht'^ (wie wir aus Plutarch ' wissen) und nur diese aufzählt, während wir doch z. B. aus Tacitus 1 S. oben p. 242. 2 I, 39, 7. 3 I, 25, 2. * De Is. ae. Osir. c. 28. 268 Krall. wissen, wie ungemein abweichende Angaben über den Öarapis in Umlauf waren. In diesen Zusammenhang- gehört es, wenn Manethoö Genossen ' Timotheus ,e gente Eumulpidaruui' zu Liebe, dieEumuIpiden von den ägyptiselicn Priestern abgeleitet werden, ^ oder wenn in Uebereinstimmung mit Manetho •' berichtet wird, der Nil habe nach einem Könige des Landes den Namen Aegyptus erhalten , oder dass Menschen lebendig geopfert worden seien. ' Unter den übrigen Ausführungen Diodors sei besonders auf eine hingewiesen, da sie uns als neuer Beleg für die Richtigkeit der Angaben der Diodor vorliegenden Hauptquelie bemerkenswcrth zn sein scheint. Wir haben hier die Beobachtung im Auge, dass die Stadt Theben, die zu den Zeiten der Thutmosiden und Kamessiden eine so grosse Kiille in der ägyptischen Geschichte gespielt hatte, mit der Ver- legung des 8chweipunktes ägyptischer Geschichte nach dem Norden und dem damit verbundeneu neuen Aufschwünge von Memphis allmälig zu sinken begann. •'' Vollständig stimmen die Monumente damit überein. *' Die Beobachtung ist aber darum so wichtig, weil sie uns zeigt, dass die bekannte Stelle Homers: ' . . . oder was Thebe Hcf^jt, Aepyptos Stadt, wo reicli siud die Häuser an iScbät/.en : Hundert hat sie der Tlior', und es zieh'u zwciliundert aus jedem Rüstige Männer zum Streit mit Kosseu daher und Geschirren: die, wie uns Diodor zeigt, "- schon die alten mit ägyptischen Eini-ichtungen bekannten Erklärer beschäftigte, als eine dunkle, im Liedc fortlebende Erinnerung an die Zeit der Kamessiden « > Tacitus, Hist. IV, 83. 2 I, 29, 4. 3 Contra Apiunem, I, 10 wird gesagt, dass Sethusis den lieinamen Aegyptus erhielt. I, l'J, 4 berichtet iJiodor, der Nil liabc nach einem Könige des Landes den Heinamen Aegypten erhalten, unter welchem ihn Homer noch kennt. * Manetho bei Plutarcli, de Is. ac Osir. c. 7;^ (cf. die Anm. von Parthey a. 1.) und Diodor I, 88. von Bergmann, Hieroglyphische Inschriften, erörtert in erwünschtester Weise diese Stelle. 5 I, 50, 6. 6 Maspero, Hist. ancienne, p. 335 f. ' Ilias IX, 381 f. 8 I, 45, 6. Manetho und Diodor. 2G9 aufgefasst werden kann , da die griechischen Stämme mit Aegypten und seiner damals glänzenden Hauptstadt Theben in Confllct kamen. Auf den Wänden des Tempels von Karnak lesen wir noch heute die ältesten verlässlichen Nachrichten griechischer Geschichte. ' Dass nur so die angeführte Stelle Homers sich richtig würdigen lässt, zeigen die sonstigen Er- wähnungen Aegyptens in den homerischen Liedern, in der Odyssee: Hier ist keine liede von Theben, welches nichts mehr war als eine i'iesige Ruine; es entrollt sich uns vielmehr in farbenprächtigen Bildern das Leben im Nildelta, welches zu der Zeit, als diese Lieder entstanden, in der That Aegypten bedeutete. Oder sollte der Dichter von llias IX, 381 f. anti- quarische Forschungen in Aegypten angestellt und Dank der- selben in Erfahrung gebracht haben, in alten Zeiten hätte Theben in der Geschichte Aegyptens, ja der ganzen Welt eine grosse Rolle gespielt! Auch für ALanethos Lebensstellung, der, wie wir an einer anderen Stelle ausgeführt haben, - nur durch die Gunst der Ptolemäer sich behaupten konnte, ergeben sich aus Diodor einige neue Belege. W^ährend Herodot noch das Wenige, was er über das Wesen ägyptischer Religion erfahren konnte, ^ ge- heim zu halten bemüht wai", ersehen wir aus Diodor, ' dass ägyptische Priester selbst die y.-6p^r,-:y. unter das Volk gebracht hatten. Wir kennen auch den ältesten Vertreter dieser Rich- tung — es_ ist Manetho selbst. Nur bei jenen Punkten, über welche etwas auszusagen die heiligsten Eide den Priestern ver- boten, wie über das Grab des Osiris '■ oder bei denen die ' Ich liiibe die bekannte Inschrift Meueptah II. im Auge. Trotz der An- fechtungen, die Rouge's und Lautli'.s Erklärung der auf derselben vor- kommenden Völkernamen durch Brngsch (Aeg. Gesch., p. IX u. .377 f., sowie Aeg. Z. 1876) erfjihrt, glauben wir an den Ergebnissen der beiden erstgenannten Forseher festhalten zu können. An einer anderen Stelle gedenke ich ausführlicher auf diese Fragen zurückzukommen. 2 T. O. p. 29. 3 1. 1. p. ;]0. ■* I, 21, 1 Tfov o' hpiiii'i -£pl X)aipioo; tsXsuT^; i^ ip/alw/ iv ir.oppr^zoii T.ixpEi- Ar/joTwv, tw /po'vti) -OTc -j'jvs'ßr, o'.ä t('>cüv ilc to'j; tzoXXoI»; sSsvc/Oi^vai to 5 I, 27, 6. 270 Krall. richtig-e Deutunj2j Diodor unverständlich war, wie bei der Thier- vereliriniis^, ' greift er auf andere Quellen zurück. IV. Cai^itel. Historisches. Indem wir nun darangehen, die Gliederung der Künigs- listen des Diodor einer näheren Prüfung zu unterziehen, erscheint es uns nothwendig, vorher einen Blick zu werfen auf die Reihe ägyptischer Herrscher, die uns Herodot gibt, da dieselbe, wie wir gleich sehen werden, für Diodor bestim- mend jrewesen ist. Es kann hier natürlich unsere Aufgabe nicht sein, dieselbe im Einzelnen zu prüfen; es wird vielmehr genügen, auf einige Punkte, die für die richtige Auffassung der Diodorischen Liste uns massgebend zu sein scheinen, auf- merksam zu machen. Menes, so berichtet uns der Vater der Geschichtschreibung, 2 war der erste Herrscher Aegyptens; auf ihn folgten 330 Kö- nige, unter ihnen achtzehn Aethiopen und eine Frau Nitokris. Nur der letzte derselben, Moeris, erschien Herodot ausführlicher Erwähnung werth; anders steht es dagegen mit den Nachfolgern des Moeris, von denen zehn bis auf die Zeit der Dodekarchie, mit der für Herodot die beglaubigte Geschichte Aegyptens überhaupt begann, namhaft gemacht werden : Sesostris, Pheron, Proteus, Rhampsinit, Cheops, Chephren, Mykerinos, Asychis, Anysis, Sethon. Von einem jeden derselben wusste Herodot mehr oder weniger ausführlich zu berichten. Sonderbar genug — von 328 Königen Nichts; von den Zehn, die auf dieselben folgten, dagegen so Vieles. Wir werden weiter unten beobachten können, dass schon Diodor dieses Missverhältniss aufgefallen und dass er demselben nach seiner Weise abzuhelfen bemüht war. Noch sonderbarer wird die Sache, wenn wir die Liste bei Herodot näher ansehen. Wir rinden hier nach Königen, die in eine » I, 86, 2; c.f. das oöyfj-a in I, 12, lt. 2 II, 100. Manetho und Diodor. 271 spätere Periode ägyptischer Geschichte fallen müssen^ die Er- bauer der Pyramiden, welche der ältesten Geschichte Aegyp- tens angehören. Anderseits finden wir, dass unter den 330 Kö- nigen auch achtzehn Aethiopen erscheinen. Schon Büdiuger ' hat dargethan, dass diese auf einen Irrthum Herodots zurückgehen und statt dessen nur Drei zu lesen sind, die dem Aufkommen der Saiten vorangingen. Wir sehen, die Liste reicht bis auf die Dodekarchie herab und hat daher keinen Raum für den Anschluss weiterer zehn Könige, von denen einige überhaupt nicht an das Ende, sondern direct an den Anfang der Liste gehörten. - Un- möglich konnten ägyptische Priester — und doch führt er die- selben als Quelle seiner Keihe au — Herodot ein solches Mach- werk überliefern; es bleibt sonach nur die Möglichkeit übrig, dass Herodot, als er daran ging, die in Aegypten aufgezeichneten Beobachtungen zu seinen \l';'j7r::z: Ac^ot zu verarbeiten, irrthüm- licherweise die zweite Liste an die erste angeschlossen hat, während jene in der That ganz unabhängig von dieser ent- standen war. « Fassen wir die zweite kleinere Liste ägyptischer Könige ins Auge, so zeigt sich, dass sie historisch unmöglich ist, weil sie die Pyramidenerbauer erst nach dem trojanischen Kriege aufführt, sie also um über zweitausend Jahre zu spät ansetzt. Diese Verschiebung der Pyramidenerbauer, welche bis in den ! Anfang unseres Jahrhunderts massgebend geblieben ist, geht auf einen eigenthümlichen L-rthum Herodot's zurück. Wenn i wir die Notizen, welche den einzelnen Königen beigefügt sind, durchgehen, so finden wir, dass sie mit Vorliebe an den Tempel , des Ptah zu Memphis anknüpfen. So erfahren wir, dass Möris die nördlichen, Proteus die südlichen, Rhampsinit die west- i liehen, Asychis die östlichen Vorhöfe (7:pc7:jAaia) des Tempels erbaut habe. -^ So sind in der That die riesigen ägyptischen , Tempel entstanden ; Jahrhunderte, ja Jahrtausende haben an denselben gebaut. Auch Sesostris hat zu dem Ausbau des Ptahtempels beigetragen; die unterworfenen Volkstheile, die er nach Aegypten verpflanzte, mussten grosse Steine in den ' Zur ägyptischen Forschung Herodots, p. 18. - Lepsius, C'hronolog-ie, 255 f. 3 II, 101, 112, 121, 136. 272 Krall. Tempel schaffen, mehrere nionolitlie Kolosse vor dem Tempel bezeuj^ten die Dankbarkeit des Kiinij^s für den Ilaupto'utt von Memphis. Von Sethos, dem letzten Könioje der Ueihe, sah ITerodot selbst ein Bild mit einer Maus in der Hand in dem Tempel des Ptah. So liegt die Vermiithung nahe, dass Herodot die einzelnen Namen, welche er in den Aufzeichnungen vor- fand, die er sich, nach den Mittheilungen seiner Führer, beim Besuche der verschiedenen Vorhöfe des Tempels zu Memphis gemacht hatte, für eine historische Aufeinanderfolge hielt, ein Irrthum, der ihm um so leichter unterlaufen konnte, da er gar keine Hilfsmittel, die Schriften des Ilecataeus ausgenommen, die er fleissig benutzt hat, ' besass, um seine Notizen zu berichtigen und vor Missverständnissen derselben geschützt zu sein, wenn* sein Gedächtniss, welches sie zu ergänzen bestimmt war, ihn im Stiche Hess. In einer derartigen, topographischen und nicht historischen Reihenfolge ägyptischer Pharaonen lässt sich auch die Stelle, welche die Pyramidenerbauer einnehmen, recht wohl erklären. Von den westlichen Theilen des Ptahtempels — auf Rhampsinit, den Erbauer der westlichen llpcTrJAata, folgen C'heops, Chephren und I\Iykerinos — schweifte der Blick Ilerodots und seiner Führer über die Todtenstadt von Mem- phis bis zu den gewaltigsten Bauten ägyptischer Vorzeit — so kommt es, dass die Pyramidenerbauer, über die Herodot bei seinem späteren Besuche der Pyramiden selbst neue Nach- richten einzuzielien in der Lage war, nach Rhampsinit ein- gefügt sind. Die Königsreihe bei Herodot legt sich nach den -f bisherigen Untersuchungen also auseinander: Norden (c. 101) Süden (c. 112) Moeris Proteus Sesostris Pheron Westen (c. 121) Osten (c. 136) Rhampsinit Asychis Cheops Anysis Chephren Sebakon Mykerioos Sethon 1 S. oben p. 287 A, 2. Manetho und Diodor. 273 Die vielfachen Versehen unseres Autors, die auf Miss- verständnisse seiner eigenen Aufzeichnungen zurückgehen, zeigen UDP, dass die Ausarbeitung seiner A?y'j-t'.oi Ai^o'. geraume Zeit nach der ägyptischen Reise' fallen müssen; inzwischen waren Herodot selbst die während der Wechselfälle der Reise gemacliten Notizen fremd geworden. Wir können nun an die Vergleichuug der Reihe Hero- dots mit der von Diodor wiedei-gegebenen schreiten. H erodot: Menes • Moeria Sesostris Pherou Proteus Rampsinit i Cheops Cliepliren Mykerinos Asychis Anysis Sebakon Sethon Dodekarchie Diodor: Menes .')2 Nachkommen, über 14U0 Jahre Knsiris 7 Nachkommen Busiris Osymandyas - 6 Nachkommen IJchoreus üclioreus 1"J Könige Moeris 7 Geschlechter Sesosis Sesosis viele Nachkommen Amasis u. Aktisanes Mendes (Marros) Anarchie durch 5 Geschlechter Ketes-Proteus Remphis 7 Geschlechter (darunter Nileus) Kemmis Keplireu Mykerinos (Mencherinos) Bokchoi-is Sebako Anarchie 2 Jahre Dodekarchie 1 S. oben p. 238 A, 4. - Der Name Osymandyas ist aus dem ägyptischen User mä rä (Ramses II) entstanden. Die Darstellung Diodors stimmt vorzüglich mit den er- Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. III. Hft 18 274 Krall. Wir seheu, die Liste des Diodor weicht von der ITero- doteischen ihrer Grundanlag^c nach entschieden ab. Während Herodot bis auf die Zeit der Dodekarchie weit über 300 ^ Ge- schlechter zählt, sind bei Diodor ihrer nur etwa hundert - wegen der Unterbrechungen der Reihenfolge lassen sie sich nicht näher bestimmen — nachzuweisen. Anderseits ist es unbestreitbar, dass gerade für die Darstellung der Geschichte Aegyptens Diodor auf Herodot, den er als Historiker hoch- stellte, zurückgegriffen hat, ja dass der grösste Theil seiner P^rzählungen bei den einzelnen Kiinigen aus Herodot, wie wir oben bemerkt haben, - entnommen ist. Von den drei letzten Königen Asychis, Anysis und Sethon abgesehen, mit denen auch wir nichts anzufangen wissen, kommen alle Könige Hero- dots bei Diodor vor, aber merkwürdig genug, sind sie bei dem Letzteren nahezu durehg(duaids zwischen andere gewiihn- lich ungenannte Könige eingeschoben. So finden wir bei Dio- dor zwischen Moeris und Sesostris, die bei Herodot aufeinander folgen, sechs Geschlechter eingefügt, so zwischen Rhampsinit und Cheops sieben Generationen u. s. w. Aber auch hier zeigt sich der P^influs Ilcrodots sehr deutlich : Sesostris und Pheron, die er als Vater und Sohn b(3zeichnot, werden bei Diodor nicht getrennt, ebenso wenig als Cheops von seinem Bruder Chephren und seinem Sohne ]\Iykerinos. Dagegen werden Moeris und Sesostris, Pheron und Proteus, Rampsinit und Cheops, die bei Herodot durch keine Verwandtschaftsverhält- nisse mit einander in V^erbindung gebracht werden, bei Diodor aus einander gerissen. jl ) haltenen Resten. Als Quelle für dieses Einsdiiebsel diente Diodor Hpcatueus von Abder;v; wiclitiger ,ils der Hinweis auf ihn (I, 46, 8) ist der Umstand, dass die Darstellung einen Nichtägypter erkennen lässt. Hieher gehören die verschiedenen w/.iX"» (I, 49, 4; I, 48, 2 und wohl auch I, 50, 2). Es sei übrigens daran erinnert, dass Hecataeus, der Zeitgenosse Alexander des Grossen und Ptolemäus I., von dem später lebenden Manetho rielfach berichtigt wurde (T. O. H. Theil), und dass dalier Manches bei Diodor, was man als aus Hecataeus entnommen an- zunehmen geneigt wäre, vielmehr erst mittelbar durch Manetho auf ilm zurückgeht. • Lepsius, Chronologie, 1. 1., hat auf die Incongruenzen der faerodotischen Angaben aufmerksam gemacht. 2 S. oben p. 243. Manetho und Diodor. 275 Für die beobachteten Thatsachen gibt es, unserer Ansicht nach, nur eine einzige Erklärung. Den Grundfehler der Liste 1 Herodots hatte Diodor, dem, wie wir gesehen haben, eine j vortreffliche Quelle zur Verfügung stand , richtig erkannt : ! Einerseits, dass von den ersten 330 Königen nichts überliefert war, während von den folgenden zehn mehr oder minder aus- führliche Berichte vorlagen; anderseits, dass Ktinige an einander ! geschlossen wurden, die durch lange Zwischenräume von ein- I ander getrennt waren. Trotzdem galt dem Diodor, wie be- I merkt, für die ägyptische Geschichte der Vater der Historio- graphie als verlässliche Quelle. Wir werden dies begreiflich finden, wenn wir bedenken, dass Herodot, trotz aller Betonung ägyptischer Einflüsse auf die griechische Culturentwickelung, dennoch als Grieche für Griechen schrieb, während der Ver- fasser der Hauptquelle Diodors, wiewohl sie für Griechen ge- schrieben war, als Aegypter einen fremdartigen Standpunkt einnahm. Für einen Aegypter, der am Hofe der Ptolemäer ; schrieb, hatte eine Reihe von Fragen eine hohe Bedeutung, welche für Diodor von gar keinem Belange waren. Was Manetho von dem Auszuge der Juden, von dem Einfalle der Herusä und der Hyksos, von den inneren Bewegungen des ägyptischen staatlichen Lebens, von den Kämpfen der Königs- macht gegen unabhängige Vasallen, von der Einführung neuer Culte, von Umwälzungen auf religiösem Gebiete in knapper^ quellenmässiger Form, wie dies uns die erhaltenen Fragmente bei Josephus darthun, erzählt hatte, war für Diodor und seinen Leserkreis ganz unbrauchbar. So entschloss er sich, den gol- denen Mittelweg einzuschlagen, was bei Geistern seiner Art ■ein beliebtes Auskunftsmittel jederzeit gewesen ist. Die ihm ivorliegenden Manethonischen Königsreihen hat er, unter Bei- fügung einzelner Zuthaten aus anderen Autoren, mit den Hero- doteischen zu einer buntscheckigen Geschichtsdarstellung ver- schmolzen. Diodor gibt uns selbst die Mittel an die Hand, die Art seines Vorganges näher zu bestimmen. Als den Nachfolger des Mendes, den auch einige Marros nennen, bezeichnet er (c. 62, 1) König Ketes. Es ist von Lauth ' sehr wahrscheinlich gemacht ■ * Siphthas und Amenmeses, p. 63, '^ 18* 276 Krall. worden, dass in einer Stelle des «grossen Papyrus Harris, die man bisher missverstanden hat, eine Erwähnung dieses Könige zu finden sei. Die Stelle kommt in dem Berichte Ranises III. über die trüben Zeiten, die seiner Regierung- vorangingen, vor und lautet folgendermassen : ,Es war aber danaeh in den .lahren der Anarchie, da machte sich Ket(es\ ' ein Syrer, zum Herrn*. Derselbe Forscher hat ferner darauf aufmerksam gemacht, 2 dass die Bezeichnung twv aoi;(.)v -iz analog ist der von Ma- netho für die Hyksos gebrauchten : ä'v6p(o7:o'. -l y^vo; oi(7r,[j.z'.. AVir haben daher allen Grund, in König Ketes bei Diodor einen Häuptling semitischer Volksstämme im Nildelta zu erkennen, dem es in den anarchischen Zeitläufeu, die der Regierung Ramses III. vorausgingen, gelang, eine selbstständige Herrschaft vorübergehend zu begründen. Und diesen gut ägyptischen König Ketes hat Diodor mit dem aus der griechischen Sagen- welt herübergeuommenen Proteus, der erst bei Ilerodot als König erscheint, zu einer einzigen Persönlichkeit verschmolzen. Fragen wir nach dem Grunde dieser Verquickung, so erhalten wir zur Antwort: IjXZ'.av'jz . ';v A'Y'J'tt'.o; ;j.ev 5vc,u.ä':Io'j7'. K£Tr,va, r.y.p-x 5s Toi; "EXXr,c'.v sTvat ccv. iT HptoTiJ;. Ein ähnliches Beispiel bietet uns der Nachfolger des Königs Sesostris. Während er bei Herodot, dem auch die folgenden Geschichten nahezu wörtlich entnommen sind, den ■ Namen Pheron trägt, heisst es bei Diodor von ihm Tr,v tou r.a- m. Tpbc TrposYJYop'lry exjtm -tp'Mij.z'/:,z. Fassen wir dies zusammen, erinnern wir uns ferner, dass die Könige Herodots bei Diodor wohl nahezu vollständig vorkommen, aber in ein fremdes System eingeschoben sind, so werden wir nicht umhin können anzu- nehmen, Diodor habe zwei verschieden angelegte Königsreihen vor sich gehabt, die er wohl oder übel in einander gearbeitet hat. Die eine derselben, der er, was das Gerippe anbelangt, durchaus folgte, enthielt in ihrer historischen Darstellung grossentheils Dinge, die für Diodors Leserkreis nicht nütz- lich 3 genug sich herausstellten und daher übergangen wurden; aus der anderen nahm er die Ausschmückungen der historischen 1 Der Uebei'gang von s in s ist bekannt genug. 2 1. 1. 42. 3 S. oben p. ■_>40. Manetho und Diodor. 277 Aufeinanderfolge. Wohl oder übel wurden die namentlich an- geführten herodoteischcn Könige und die an dieselben sich knüpfenden Geschichtchen vertheilt auf die lange Folge von Y-vsai, welche in der anderen Reihe vorkamen. In dieser fand er als Nachfolger des Königs Öesostris seinen gleichnamigen Sohn verzeichnet, in der herodoteischen führte der letztere den Namen Pheron, über die Identität beider Herrscher konnte für Diodor kein Zweifel sein. Als es Diodor wieder für ge- rathen hielt, in die lange Reihe von Königen der ersteren Reihe einen herodoteischen König einzufügen, fand er dort den König Ketes, hier den König Proteus — so erwuchs ihm Ketes-Proteus. Wahrheit und Dichtung ist, wie wir sehen, bunt durch- einander bei Diodor gemischt. Die herodoteische Liste vor Augen, gericth er in den Fehler, die Pyramidenerbauer gegen den Schluss seiner Reihe zu verlegen, ein Irrthum, der ihm um so näher lag, als die Aufthürmung so gewaltiger Stein- niassen bei einer vorgeschritteneren Entwickelung viel natür- licher sich zu erklären schien, als beim Anfange derselben. Dennoch verzeichnet er getreulich ' neben der herodoteischen Angabe, nach der nur 1000 Jahre seit dem Pyramidenbau bis auf seine Zeit verflossen waren, auch die seiner Hauptquelle, die sogar über 34(X) Jahre bis dahin rechnete. Wir stehen am Schlüsse unserer Untersuchungen. Es hat sich aus denselben in völliger Uebereinstimmung mit den Ergebnissen der bisherigen Quellenkritik Diodors- ergeben, dass Diodor als Ilauptquelle Mauethos Al-fJTzx'.x/ä und 'Ispx ßtßXo; vor sich gehabt hat. Auch in den histDrischen Ausführungen finden wir die Angaben Diodors in vollständiger Uebereinstimmung mit dem, was wir auf einem ganz anderen Wege vorgehend als manethonisch erkannt haben. Wir werden es jetzt nicht mehr auffallend linden, dass Diodor aus Manetho schöpfend, keine Dynastien , kein fix ausgebautes System wiedergiebt ; es wird uns vielmehr sehr natürlich vorkommen, dass Manetho, wie die ägyptischen Priester überhaupt, des Hilfsmittels der 1 I, 63, ö. 2 S. oben p. 241. > I, 65, 2. 2 I, 65, 8; cf. M. G. p. 49. s S. oben p. 266, * Cf. M. G. p. 86. * Lepsius, Chronologie, 473. 278 Krall. yevsai , auf welchem das ganze System Diodors ruht, sich in ausgiebigem Maasse bediente, dass aber trotz alledem noch Lücken vorhanden waren , die mit einem -cXaoT; S' uffTspov Xpsvotq ' oder r.ipo^z '^ übersprungen wurden. Weiter zu gehen und an der Hand der Angaben Diodors die uns erhaltenen, auf Manetho direct oder indirect zurückgehenden Listen zu sichten, fällt ausserhalb der Aufgabe, die wir uns hier gestellt haben , und bleibt vielmehr einer ,ägyptischen Chronologie' 1 vorbehalten. Dagegen erscheint es uns schon hier nothwendig, das System, welches uns von Diodor gegeben wird, zu würdigen. Nach unseren bisherigen Ausführungen müssen wir die Ueber- sichtstafel in I, 44 als das werthvollste Fragment des manetho- nischen Geschichtswerkes ansehen, welches zugleich den Vorzug hat, bei einem Autor erhalten zu sein, welcher um etwa andert- halb Jahrhunderte Manetho näher steht , als der älteste bisher bekannte Zeuge, Josephus. Die Uebersicht in I, 44 gibt uns die Gesammtregicrungen der Götter, Heroen und Menschen an. Die Angabe, dass die Herrschaft der Götter über Aegypten 18000 Jahre gedauert hat, bietet uns einen wichtigen Anhaltspunkt für die Feststellung des Umfangs des mythologischen Theils der ägyptischen Tempel- überlieferungen. Wie wir schon beobachtet haben, ■' gab es verschiedene Angaben über die Reihenfolge der Götter; je nachdem man der Einen oder der Andern der auf verschiedene Priesterschulen zurückgehenden Reihen den Vorzug gab, än- derten sich die Ansätze über die Dauer der Götterregierungen. Die werthvollste Angabe über den Umfang der Götter und Heroenzeit bei Manetho findet sich von P^usebius überliefert. ' Nach ihm regierte eine Götterreihe 13900 Jahre, daran schliesst er die Heroen , die Manen , die , Körperlosen' , die entweder 5813 (was wahrscheinlicher ist) oder 0012 Jahre Aegypten be- herrschten. Es ist mit Recht beobachtet worden,'' dass nach der ursprünglichen Anlage der Tc(j.c'. der Posten , Secuta est Manetho und Diodor. 279 manium heroiiraque dominatio annis 5813' nichts anderes als die Summe der vorangehenden darstellte. Der Anonymus C hat neben anderen Verstössen auch den begangen, die Summe nochmals mitzuzählen, und dadurch das hübsche, nach Siriusperioden gegliederte, chronologische Gebäude aufgeführt, welches Unger'^ in den Ti[j.oi des Eusebius, die ihre definitive Gestalt eben durch uuseren Anonymus C erhalten haben, nachgewiesen hat. Wiewohl die Zahl 24900 (abgerundet aus 24925), welche Eusebius giebt, an die Zahl 23300 -[- x (also wohl 23376), welche im Turiner Papyrus,^ allem Anscheine nach, als Summe der Menes vorangehenden Regierungen an- geführt wird, erinnert, so glauben wir dennoch aus diesem Umstände gar nichts schliessen zu dürfen,' sondern vielmehr die Worte Brugsch's-' beherzigen zu müssen: ,Da die heiligen Genossenschaften der Priester in Memphis und Theben und in anderen Städten Aegyptens nicht einer Meinung waren und ihre Sonderlehreu über das Wesen der Götter im Zusammen- hange mit den irdischen Dingen von einander abwichen, so darf CS nicht Wunder nehmen, wenn der Kahmen der drei vorgeschichtlichen Zeitalter je nach dem besonderen Ursprünge verschiedene Namen und Zahlenreihen umfasste.' Dazu kommt noch, dass wir die Hinfälligkeit der Grundlagen der Zahl 24900 nachzuweisen in der Lage sind. Die Posten, aus deren Zusammenzählung die Zahl 24900 hervorgegangen ist, lassen uns, wie überhaupt so viele Angaben der T;;;,;i, das ursprüngliche Gerippe der nuinethonischen An- sätze noch erkennen. Es ist von Lepsius'^ mit Recht hervor- gehoben worden, dass die 350 Jahre, welche bei Eusebius als Regierungszahl thinitischer Könige angeführt werden, zu den 3555 Jahren gezählt, die nach Synkellos den zeitlichen Umfang des manethonischen Geschichtswerkes darstellen sollten, uns zu 1 M. G. p. 94 f. 2 Chronologie Manethos, p. 1-. 3 M. G. p. 23. 4 M. G. p. 87. ^ Geschichte Aegyptens, p. 28. ' ^ Ueber den Umfang der ägyptischen Geschichte in den Abh. d. Berliner Akad. 1857, p. 183 f. 280 Krall. dem Sothisjahie 4245 führen. ' Ferner unterliegt es keinem Zweife], dass die 13900 Jahre neben den namentlich angeführten Gottheiten Vulcanus, Sol, Saturnus, Osiris, Typhon, Horus auch noch andere umfasste, als deren letzte der Halbgott Bytes bezeichnet wird. Ich glaube der Annahme Lauth's- beipflichten zu können, dass wir in dem Namen Batau (so heisst Einer der beiden Brüder, von denen der Papyrus d' Orbiney uns berichtet) das ägyptische Aequivalent des eusebischen Bytes zu erkennen haben. Der Posten ,post deos regnavere heroes annis 1255' (1. 1855) ist sonach in der Summe 13900 enthalten. Danach stellt sich die Regierungszeit der Götterreihe von Vulcanus bis Horus auf etwa 12(J4ö Jahre (139(X) — 1855) 5 zählen wir dazu die 5813 Jahre der Manen und Heroen, so erhalten wir als manethonischen Ansatz für die dem Menes vorangehenden Regierungen 17858 Jahre, wofür uns Diodor, den wir also hier wieder auf den Wegen Manethos finden, 18000 giebt. Wir kommen zu den menschlichen Regierungen. In den 5000, beziehungsweise 4700 •' Jahren, welche die Regierung menschlicher Könige umfassten, waren auch die Mit- und Nebenregierungeu, analog dem Vorgange des Turiner Papyrus, eingezählt; die Zahl 3400 gibt uns dagegen die directe zeitliche Entfernung der Pyramidenerbauer von Diodor an. Schon Lepsius^ ist auf den hohen Werth der Zahl 3400 für die Feststellung der ägyptischen Königsreihen aufmerksam geworden, wie er denn auch die Genauigkeit und die über- raschende Uebereinstimmuug einer Reihe von Angaben Diodors mit den entsprechenden manethonischen hervorgehoben hat. Wir haben an einer anderen vStelle dargethan, "' dass den ägyptischen Priestern ,der Beginn der Herischaft der Amenemhä etwa in das 28. Jahrhundert vor Chr. tiel ; von hier aus kommen wir 1 Eroberuug durch Uchos 34U v. Chr. 3555 „ „ 350 . - 4245 V. Chr. 2 Aegyptische Chronologie. 3 ö. üben p. 256. * Chronologie p. 258 f. s .M. G. p. 09. Manetho und Diodor. 281 über die Lücke in unserer monumentalen Kenntniss, die durch den Einfall der Herusä in Aegypten bezeichnet ist, in das 35. Jahrhundert als x/.[j.t, der Pyraniidenbauten. Gehen wir nun von diesem weiteren festen Punkte aus, so fällt die Reichs- ■ gründung unter Menes etwa in das Jahr 4200 vor Chr., also in unmittelbare Nähe des Sothisjahres 4245. ' Dazu kommt noch, dass Briigsch'^ auf einem ganz anderen Wege, durch Heran- ziehung der Berechnung nach Geschlechtern für den angeblichen Regierungsantritt des Menes das Jahr 4224 gefunden hat. Halten wir dies alles zusammen, so scheint uns die Annahme unab- weislich zu sein, auf die uns andere Erwägungen schon ge- führt haben,"^ dass die Aegypter ihre Chronologie cyclisch sich zurechtgelegt haben, mit einem Worte, dass die Ansätze bis zu den Zeiten der Thutmosiden und Kumessiden^ nur einen relativen Werth beanspruchen können. Wir haben keine histo- rischen Daten vor uns, sondern nur Ansätze, die auf den j mythologischen Anschauungen der Aegypter sich gründen. Denn so sonderbar es uns heutzutage erscheint , auf ähnlichen Wegen das Alter eines Volkes und seiner Cultur feststellen zu wollen, so müssen wir anderseits berücksichtigen, dass die Aegypter, durchdrungen vun dem Glauben an einen Zusammen- hang der menschlichen und kosmischen Erscheinungen, bei dem Beginne einer neuen grossen Periode in der Sternenwelt auch den Beginn einer neuen Zeit für ihr Land erwarteten. Aehnliche Vorstellungen haben zu allen Zeiten bestanden. Ich erinnere nur an die Angst, mit der man im Mittelalter das Jahr 1000 herankommen sah, an den Glauben der älteren Kirche, dass der jetzigen Welt tJOOO Jahre zugemessen 'seien, nach deren Ablauf das l(XX)jährige Reich eintreten werde."' Als die ägyp- tischen Priester im 18. Jahrhunderte daran giengen das Alter 1 S. obeu p. 280. 2 Geschichte Aegypteus p. 39. 3 M. G. p. 21. * Mit Reclit beginnt Unger die historische Zeit der Aegypter mit der sogenannten XVIII. Dynastie. Chronologie Manethos p. 5. Insofern sind wir, Dank der Forschungen der Aegyptologeu, nun über ein Jahr- tausend dem Vater der Geschichtschreibung, Herodot, voraus. ^ V. Gutschmid, Agathangelo« p. 11. 282 Krall. ihrer Cultur festzustellen, ' boten ihnen diese Vorstellungen die Handhabe, um die Marksteine ihrer ältesten Geschichte zu gewinnen, zwischen denen sie das durch emsige Erforschung der Aufzeiciinungen der Vorzeit gewonnene Material 2 gut oder übel verthcilten. AVir dürfen uns darüber nicht täuschen; selbst wenn ein glücklicher Fund uns das manethouische Geschichts- werk oder gar ein zweites Exemplar des Turiner Papyrus liefern sollte, so würden wir besonders durch das erstere in unserer Keuntniss des ägyptischen Alterthums ungemein ge- fördert werden, wir hätten jedoch dadurch bei weitem keine verlässlichen Daten für die älteste Geschichte und besonders für den Regierungsantritt des Königs Menes gewonnen, der wohl ebensowenig als Romulus eine historische Persönlichkeit ist'* — das Goldblech im Louvre beweist ebenso viel oder so wenig als die Casa Komuli und ähnliche Sachen mehr. Noch eine Angabe von der höchsten Wichtigkeit für unsere Darlegungen bleibt zu erwägen — es ist die Bemerkung Diodors, dass die Nachfolger des Menes, 52 an der Zahl, über 1400 Jahre regiert haben. ^ Von unserem Ausgangspunkte, 4200 V. Chr., ausgehend, kommen wir zu dem letzten der Nach- folger des Menes etwa 2800 v. Chr. Daran schliesst sich das Geschlecht des Busiris an, welches Theben erbaut hat -- wir stehen bei den Mentuhotep und Antef, unter denen Theben zuerst in die ägyptische Geschichte eintritt. ' Die Zusammen- fassung bei Diodor giebt uns sonach die Könige des soge- nannten alten Reichs, oder, um mit den Verfassern der Tö;;,ot zu reden, des ersten T:|j.cr. Zählen wir zu den 1400 -\- x Jahren noch die 31 Jahre des Menes hinzu — seine Regierung wurde von der Epoche der Periode von 1461 Wandeljahren durch- schnitten" — so erhalten wir 1431 -\- x Jahre und stehen dadurch bei dem Umfange des ersten Tz[j.oz. Wenn von den aethiopischen Königen berichtet wird, dass sie nicht unmittelbar, sondern in Zwischenräumen nach einander regierten, so wird 1 M. G. p. 5 f. 2 M. G. p. 19 f. 3 M. G. p. 16 f. * 1, 45. 5 Die Vorläufer der Hyksos, Aeg. Zeitschrift, 1879, p. 66. 5 M. G. p. 87. , Manetho und Diodor. 283 dies von den Denkmälern bestätigt. Auf die Bemerkung, die Perser hätten 135 Jahre über Aegypten regiert, welche den Ansätzen der Tc|jlo'. des Africanus am nächsten kommt, werden wir an einer anderen Stelle zurückkommen. ^ Nach diesen Bemerkungen gestaltet sich das Gerippe der manethonischen Chronologie, welches, wie oben bemerkt,- von Diodor durch Nachrichten, die er nahezu durchgehends anderen Quellen entnahm, darunter vorwiegend Herodot, ausgefüllt wurde, etwa folgendermaassen: Götter c. 13000 Jahre Heroen c. 5000 Jahre c. 18000 Jahre^ Gesammtregierung der Menschen c. 4700 Jahre bis auf Alexanders Zug nach Asien c. 4200 Menes. 52 Nachkommen regieren über 1400 Jahre, c. 3400 Pyramidenerbauer, c. 4200—2800 52 Nachfolger des Menes (I. Tcixo;). Das Geschlecht des Biisiris. um 2700 Regierung Amcnemhä I. Älizraim. — c. 2300 8 Geschlechter ^^daruuter die Uchoreus'). Herrschaft der Sebekhotep's. — c. 1900 12 Geschlechter. Herrschaft der Hyksos über Aegypten. — c. 1600 8 Geschlechter (darunter Moeris). um 1550 2 Geschlechter (Sesosis u. sein ISohn) Thutmes III. 2 Geschlechter (Amasis, Mendes). Anarchie durch 5 Geschlechter. Ketes-Proteus. Remphis und 7 Geschlechter (Ramses III. und seine Nachfolger). Hat sich uns die berühmte Tafel I, 44 als einfach aus dem manethonischen Geschichtswerke herübergenommen gezeigt, so sehen wir, dass sich auch in den folgenden Darlegungen * Wiener Studien für classiache Philologie, 1880. 2 p. 275. 284r Krall. Manetho und Diodor. trotz der beigemischten fremden Elemente das ursprüngliche manethonische Gerippe noch deutlich verfolgen lässt; und wir müssen daher Diodor besonders dankbar dafür sein, dass er die werthvollste Acquisition seiner ägyptischen Reise, die Werke Manethos, in so reichlichem Maasse benutzt und uns dadurch die Mittel an die Hand gegeben hat, feste Grundlagen für die Lösung der Frage nach der Chronologie Manethos zu gewinnen. VII. SITZUNG VOM 10. MÄRZ 1880. Der Präsident gibt Nachricht von der geschehenen Ver- lobung Sr. kaiserliclien und königlichen ITolieit des Durch- lauchtigsten Kronprinzen, Herrn Erzherzogs Rudolph, Ehren- mitgliedes der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, und fordert die Anwesenden auf, zum Zeichen freudiger Theil- nahme sich von den Sitzen zu erheben, was geschieht. Der Präsident wird das Curatorium ersuchen, die Glückwünsche der Akademie an die Stufen des Allerhöchsten Thrones ge- langen zu lassen. Das c. M. Herr Sectionsrath Dr. Hermenegild Jirecek übersendet mit Zuschrift seine neueste Publication: ,Svo zakonuv slovanskych'. An Druckschriften wurden vorgelegt: Academy, the American of Arts and Sciences: Proceedings. New Series. Vol. VII. Whole Series. Vol. XV, Part. I, from May 1879, to December 1879. Boston, 1880; S». Annuario niarittimo per 1' anno 1880. XXX. Annata. Trieste, 1880; 8». Central-Commission, k. k. statistische: Statistisches Jahrbuch für das Jahr 1878. IX. Heft. Wien, 1879; 8". — Ausweise über den auswärtigen Handel der österreichisch-ungarischen Monarchie im Sonnenjahre 1878. Bericht über die Erhebung der Handelswerthe und Hauptergebnisse der Waaren-Ein- und Ausfuhr für 1878 in Vergleichung mit den Vorjahren. XXXIX. Jahrgang, I. Abtheilung. Wien, 1879; 4^. — k. k., zur Erforschung und Erhaltung von Baudenkmalen: Mittheilungen. VI. Band. I. Heft. Wien, 1880; 4^. 286 Conze, Alexander: Pergamon. Vortrag, gehalten in der sophie. Paris, Bruxelles, 1880; S^'. Institut royal grand - ducal de Luxembourg: Publications de la section historique. Ann.'e 1879. XXXIII (XI). Luxembourg, 1.S79; 8". Jirecek, Ilermenegild: Svod zakonäv slovanskych. V Praze, 1880; 8". Maatschappij der Nederlandsch Letterkunde te Leiden: Handelingen en Mededeelingen over hetJaarl879. Leiden, 1879; 8«. — Levensberir-hten der afgestorvene Medeleden. Leiden, 1879; 8". ,Kevue politique et littc'raire' et ,Ilevue scientifique de la France et de l'Etranger'. IX«^ Anm'e, 2« Serie. Nr. 36. Paris, 1880; 4". Teylers godgeleerd Genootschap : Verliandclingen rakende den Natuurlijken eu geopcnbaarden Godsdienst. Nieuve Serie, 7. en 8. Deel. Haarlem. 1879,80; 8". United States: Bulletin of geological and geographica! Survey of the Terri- tories. Vol. V, Nos. 2 and 3. Washington, 1879; S«. Verein, militär-wissenschaftlicher, in Wien: Organ. XX. Band. 2. und 3. Heft. 1880, Wien; 8". — historischer für Niedersachsen: XLI. Nachricht. Hannover, 1879; 8". - Zeitschrift. Jahrgang 1879. Hannover, 1879; 8". Zeller, Eduard: Ueber das Kantische Moralprincip und den Gegensatz for- maler und niaterialer Moralprincipien. Berlin, 1880; 4^*. • VIII. SITZUNG VOM 17. MÄRZ 1880. Der Präsident theilt einen Krlass Sr. Excellenz des Curator-Stellvertreters, Herrn Dr. A. Kittor von Schmerling, mit, demzufolge Se. Majestät der Kaiser ihn in besonderer Audienz zu empfangen, die im Namen der kaiserlichen Aka- demie der Wissenschaften dargebraciiten Glückwünsche zur Verlobung Sr. kaiserlichen und königlichen Hoheit des Kron- prinzen, Erzherzogs Rudolph, huldvollst entgegenzunehmen und ihn zu beauftragen geruht haben, der Akademie den besten Dank für die bei diesem freudigen Ereignisse kundgegebene Theiluahme auszusprechen. Die Mittheilung wird von den Anwesenden stehend ent- gegengenommen. Der Präsident gedenkt des am 12. d. M. erfolgten Ab- lebens des w. M. Sectionschefs Dr. Adolph Ficker. Die Mitglieder drücken ihr Beileid durch Erheben von den Sitzen aus. Herr Professor Dr. Otto Keller in Graz übersendet mit Zuschrift für die akademische Bibliothek sein eben erschienenes Werk: ,EpiIegomena zu Horaz', 2 Theile. 288 An Druckschriften wurden vorgelegt: Academie des Sciences et Lettres de Montpellier. Meraoires de l;i Section des Lettres. Tome VI. IIP fascicnle, Ainu'ic 1877. Montpellier, 1878; 4". — Memoires de la Section des Sciences. Tome IX. II' fasciiule, Ann^es 1877/78. Montpellier, l.s79; 4"'. Amari, Michele: Biblioteca arabo-sicula. Vol. I. Torino e Koma, 1880; 8". Delisle, Leopold: Inventaire general et methodiqne des Manuscrits fran<;ais de la Hibliotlieque nationale. Tome II. Paris, 1878; 8". Gesellschaft, k. k. geograpliische, in Wien: Mittlieilun},'en. I'.and XXIII (N. F. XIII), Nr. -2. Wien, 1880; 8". Institute, the Essex: Bulletin. Vol. X, Nos 1 — li'. January tili December 1878. Salem; 8". ■ Keller, Otto: Epilefromena zu Iloraz. I. Tlieil. Leipzig, 1879; 8", M i tthei hingen aus .lustus Pcrtlies' geograpliisdier Anstalt von Dr. A. Peter- mann. XXVI. Band, 1880. III. Gotha; 4". li ,Revue ])olitique et litteraire' et , Revue scientifiquc de la France et de l'Ktranger'. IX- Annee. i^" S.'rie. Nr. .37. Paris, 1880; 4". Society, the royal historic.al : Transactions. Vol. VIII. London, l.S«0; 8". — the American ijhilosoijhic-il : Proceedings. Vol. XVIII. Jannary to .lune 1879. Nr. 10;i. Philadeljjhia, 1879; 8". — the royal Asiatic of Great Britain and Ireland: The Journal, New Series. Vol. XI, P;irt in. London, 1S79; 8". Vcd. XII, Part I. Loiuhm, 1880; 8". — the royal geographica!: Proceedings and Montiily Kecord of Geography. Vol. II, Nr. 3. March, 1880. London; 8". — the American geographica! : Annual Report for the year 1877. Vol. IX. Albany, 1879; 8". United States: Geological and geographica! Survey of the Ti-rritoriea. Bulletin. Vol. V, Nr. 1. Wasliington, 1879; 8". — Catalogue uf the Pu- blicatious. Third Edition. Wa.shiugton, 1879; S'*. IX. SITZUNG VOM 7. APRIL 1880. Das britische Museum übersendet durch Vermittlung des k. und k. Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten den 4. Band des ,Catalogue of Oriental coins^ Von Herrn Professor G. Wolf in Wien wird mit Zu- schrift das Werk : ,Die alten Statuten der jüdischen Gemeinden in Mähren sammt den nachfolgenden Synodalbeschlüssen^ für die akademische Bibliothek eingesendet. Die Redacteure der , Statistischen Monatsschrift', Herr Regierungsrath Dr. F. X. von Neumann-Spallart und Herr Regierungsrath G. A. Schimmer übermitteln den von ihnen verfassten und in der genannten Zeitschrift erschienenen Nekrolog: des weiland Dr. Adolf F ick er in einer Anzahl von Separatabdrücken. Sitzungsber. d. phil.-hist. Gl. XCVI. Bd. II. Hft. 19 290 Herr Regierung'sratli Dr. C. Ritter von WurzbacK legt den 40. Theil des , Biographischen Lexikons des Kaiserthums Oesterreich' mit dem Ersuchen um die übliche Subvention vor. Von dem w. M. Herrn Dr. Pfizraaier wird eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung : ^Seltsamkeiten und Unglück aus den Zeiten der Thang. II.', vorgelegt. Das w. M. Herr Professor Dr. Büdiuger legt eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung vor, welche den Titel führt: ,Kleon bei Thukydides, eine kritische Unter- suchung', j Von dem w. M. Herrn Professor Dr. Hartel wird eine Abhandlung des Herrn Professor Juh. Müller in Innsbruck überreicht, welche eine vierte Serie von ,Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius' enthält. Die Abhandlung wird einer Commission zur Begutachtung j überwiesen. An Druckschriften wurden vorgelegt: Academie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique; Bulletin. 49« annee, 2« serie, tome 49, Nr. 2. Bruxelles, 1880; 8". — | Annuaire. 1880. 46« ann^e. Bruxelles, 1880; 12". I 291 Akademie der Wissenschaften, königl. preuss., zu Berlin: Monatsbericht. December 1879. Berlin, 1880; 8". British Museum: Catalogue of oriental coins. Vol. IV. London, 1879; 8". Görres-Gesellschaft: Historisches Jahrbuch. I. Band, 1. Heft. Münster, 1880; 8". Ministere de l'Instruction publique: Collection de Documents inedits sur rhistoire de France. HI* serie. Archeologie: Inscriptions de la France du V" siecle au XVHI*, par M. F. de Guilheriny. Tome IV. Ancien Diocese de Paris. Paris, 1879; 4**. — luventaire du Mobilier de Charles V, roi de France, par Jules Lab arte. Paris, 1879; 4". — I*''* s^rie: Histoire politique. Lettres du Cardinal Mazarin pendant son ministere, par M. A. Cheruel. Tome IL Juillet 1044 — Decembre 1647. Paris, 1879; 40. — Lettres, Instructions diplomatiques et Papiers d'Etat du Cardinal de Kichelieu, par M. Avenel. Tome VIII. Paris, 1877; 4". — Melanges historiques. Choix de Documents. Tome U. Paris, 1877; 4". ,Revue politique et litteraire' et , Revue scientifique de la France et de l'Etranger'. IX« Annee, 2« Serie. Nr. 38—40. Paris, 1880; 4". Santiago de Chile: 2» Seccion. Boletin de Instrviction publica. Entrega correspondiente a los meses de enero — diciembre de 1877. Santiago de Chile, 1877 ; 8". — Memoria de Relaciones esteriores i de Colonizacion presentada al Congreso nacional de 1878. Santiago, 1878; 8". — Memoria del Interior presentada al Congreso nacional por el ministro del Ramo en 1878. Santiago de Chile, 1878; S". — Memoria de Justicia, Culto e Instruccion publica en 1878. Santiago, 1878; 8'\ — Memoria de Ministro de Hacienda de 1878. Santiago, 1878; 8". — Memoria de Guerra i Ma- rina de 1878. Santiago, 1878; 8*^'. — Estadistica comercial de la Repu- blica de Chile correspondiente al ano de 1877. Valparaiso, 1878; 8". — Cuenta jeneral de las Entradas i Gastos fiscales en 1877. Santiago de Chile, 1878; 4". — Documentos correspondientes al Periodo de las Sesiones ordinarias de la Camara de Senadores en 1877. 4^. — Sesioues de la Camara de Senadores en 1877. Nr. 1. 4"^. — Sesiones estraordi- narias de la Camara de Senadores en 1877. Nr. 2. 4'\ — Documentos correspondientes al periodo de las sesiones ordinarias de la Camara de Diputados en 1877. Nr. 1. 4^. — Sesiones de la Camara de Diputados en 1877. 4''. — Sesiones estraordinarias de la Camara de Diputados en 1877. Nr. 2. 4". — Composiciones premiadas el 29 de setiembre de 1878 en el certamen abierto por la sociedad de Biblioteeas publicas escolares. Santiago, 1878; 8". — Certamenes cientificos, literarios i artisticos del 19* 292 I nies de setiembre de 1878. Santiago, 1878; 8". — Estudios sobre las j agiias de Skyring i la parte aiistral de Patagonia. Santiago, 1878; 8^. j Wolf, G.: Die alten Statuten der jüdischen Gemeinden in Mähren samint i den naohfolgouden Synodalbesclih'isseii. Wien, 1880; 8'^. j Wurzbach, Const. v.: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. I 40. Theil. Wien, 1880; S«. Pfizmaier. Seltsamkeiten und Unglück ans den Zeiten der Thang. II. 293 Seltsamkeiten und Unglück aus den Zeiten der Thang. II. Von Ur. A. Pfizmaier, wiikl. Mitgliede der kais. Akademie der WisNenBcbaften. Uie voilieii;;ende Abhaiulliing bildet die Fortsetzung der früher veröffentlicliten Ablumdlung: ,. Seltsamkeiten aus den Zeiten der Thang', wobei zu bemerken, dass der durch Hinzu- fügung des Wortes , Unglück^ etwas veränderte Titel den In- halt genauer und vollständiger bezeichnet. Nach dem Schlüsse des in der vorhergehenden Arbeit enthaltenen Abschnittes: , Beständige Austrocknung' folgt unter einer Reihe verschiedener Ueberschrit'tcn die Aufzählung der in die Jahre 618 bis OOG n. Chr. fallenden, auf die sogenannten fünf Grundstoffe sich' beziehenden Ereignisse. Die von dem Buche der Thang gelieferten Angaben des betreffenden Jahre»-, des Monates, bisweilen selbst des Tages , des sechzigtheiligen Cyclus, wurden, obgleich dieses dem Ganzen ' eine gewisse Einförmigkeit verlieh, in die Abhandlung eben- I falls aufgenommen. Indessen ist hier die Angabe der Zeit ge- wöhnlich von Wichtigkeit, wie beispielsweise bei Berichten von Kälte und Frost im Sommer, durchgehends auch für die den Erscheinungen untergelegte Deutung, indem dieselben mit äusse- ren, in den Chroniken verzeichneten Ereignissen in Verbindung gebracht werden. Die vorkommenden Personennamen wurden sämratlich, die Ortsnamen insbesondere dort, wo es die Deutlichkeit er- forderte, mit chinebischen Zeichen angeführt und diese sonst nur bei allzu grosser Häufung theilweise weggelassen. Im letz- teren Falle können sie in Biot's geographischem Wörterbuche 294 Pfizmaier. ■ i aufgesucht werden. Für diejenigen Namen von Kreisen und '^ anderen Ortschaften, welche in dem genannten Wörterbuche ' i fehlen, wurden sie überall beibehalten. Beständij^e Austrockiiung. (Schluss.) Im zweiten Jahre des Zeitraumes Schin-lung (706 n. Chr.), im Winter, regnete es nicht bis zu dem fünften Monate des i nächsten Jahres. In der Mutterstadt, in Schan-tung, Ho-pe i und Ho-nan war Dürre und Hungersnoth. ' Im ersten Jahre des Zeitraumes Thai-ki (712 n. Chr.), j im Frühlinge, war Dürre. Im siebenten Monate des Jahres war wieder Dürre. 1 Im zweiten Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (714 n. Chr.) ] war im Frühlinge grosse Dürre. ' Im siebenten Monate des zwölften Jahres desselben Zeit- ■/ raumes (724 n. Chr.) war in Ho-tung und Ho-pe Dürre. Der ! Kaiser bat in eigener Person um Regen. Er legte in dem I Palaste Teppiche auf den Erdaltar und setzte sie durch drei < Tage der Öonne aus. Im neunten Monate desselben Jahres war in ^m P'u, j^ Thung und anderen Landstrichen Dürre. Im vierzehnten Jahre desselben Zeitraumes (726 n. Chr.), | im Herbste, war auf allen Wegen und in fünfzehn Landstrichen , i Dürre. i ' Im fünfzehnten Jahre desselben Zeitraumes (727 n. Chr.) |l war auf allen Wegen und in siebzehn Landstrichen Dürre. j ' Im sechzehnten Jahre desselben Zeitraumes (728 n. Chr.) ! war in der östlichen Hauptstadt, in Ho-nan, ferner in ^ ^""gj Pö und anderen Landstrichen Dürre. : Im vier und zwanzigsten Jahre desselben Zeitraumes i (736 n. Chr.), im Sommer, war Dürre. Im ersten Jahre des Zeitraumes Yung-thai (765 n. Chr.) ] war im Frühlinge und im Sommer Dürre. j Im zweiten Jahre desselben Zeitraumes (766 n. Chr.) war i in dem Lande innerhalb des Gränzpasses grosse Dürre. Von , Seltsamkeiten und Unglück ans den Zeiten der Thang. II. 295 dem dritten Monate des Jahres regnete es nicht bis zum sechsten Monate des Jahres. Im sechsten Jahre des Zeitraumes Ta-li (771 n. Chr.), im Frühlinge, war Dürre bis zum achten Monate des Jahres. Im dritten Jahre des Zeitraumes Kien-tschung (782 n. Chr.) regnete es nicht von dem fünften Monate des Jahres bis zu dem siebenten Monate des Jahres. Im ersten Jahre des Zeitraumes Hing-yuen (784 n. Chr.) war im Winter grosse Dürre. Im ersten Jahre des Zeitraumes Tsching-yuen (785 n. Chr.), im Frühlinge, war Dürre, und es gab keine Weizenhalme. Im achten Monate des Jahres war die Dürre am ärgsten. Die Flüsse (y -\- ^) Pa und (y -\- ^^ Tschan wollten ver- siegen, in den Brunnen war kein Wasser. Im sechsten Jahre desselben Zeitraumes (790 n. Chr.), im Frühlinge, war in dem stützenden Lande des Gränzpasses grosse Dürre, und es gab keine Weizenhalme. Im Sommer war in Hoai-nan, Tsche-si, Fö-kien und auf anderen Wegen grosse Dürre, die Brunnen und Quellen versiegten. Die Menschen litten am Sonnenstich und waren auch in Gefahr. Es starben sehr Viele. Im siebenten Jahre desselben Zeitraumes (791 n. Chr.) war in :^ Yang, Thsu, Tschü, Scheu, Fung und anderen Landstrichen Dürre. Im vierzehnten Jahre desselben Zeitraumes (798 n. Chr.) war im Frühlingc Dürre und es gab keine Weizenhalme. Im fünfzehnten Jahre desselben Zeitraumes (799 n. Chr.) war im Sommer Dürre. Im achtzehnten Jahre desselben Zeitraumes (802 n. Chr.), im Sommer, war in den Landstrichen ^ Schin, ^ Kuang und ^ Thsai Dürre. Im ersten Monate des neunzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (803 n. Chr.) regnete es nicht. Erst im siebenten Monate des Jahres, Tag Kiä-sö, (5) regnete es. Im ersten Jahre des Zeitraumes Yung-tsching (805 n. Chr.) war in Kiang-tsche, Hoai-nan, Kingnan und Hu-nan, in sechs und zwanzig Landstrichen Dürre, !« 296 Pfizmaier. j I Im dritten Jahre des Zeitraumes Yuen-ho (808 n. Chr.) ; war in Hoai-nan, Kiang-nan, Kiang-si, Hu-nan, Kuang--nan, i Schan-nan und Tung-si Dürre. Im vierten Jahre desselben Zeitraumes (809 n. Chr.) war | im Frühling und Sommer grosse Dürre. Im Herbste war in j Hoai-nan, Tsche-si, Kiang-si und Kiang-tung Dürre. Im siebenten Jahre desselben Zeitraumes (812 n. Chr.), | im Sommer, war in ^ ^ ang, ^P| Jün und anderen Land- | strichen Dürre. j Im achten Jahre desselben Zeitraumes (813 n. Chr.), im \ Sommer, Avar in den zwei Landstrichen (^ Thung und ^ ' Hoa Dürre. Im fünfzehnten Jahre desselben Zeitraumes (820 n. Chr.) . war im Sommer Dürre. : Im ersten Jalire des Zeitraumes Pao-ll (825 n. Chr.), im ' Herbste, war in King-nan, Hoai-nan, Tsche-si, Kiang-si und < Hu-nan, ferner in ^ Siuen, ^ Siang, ^ Ngö und anderen ; Landstrichen Dürre. Im ersten Jahre des Zeitraumes Ta-ho (827 n. Chr.), im i Sommer, war in dem Kreise der Mutterstadt, in Ho-tschung j und 1^ Thung-tscheu Dürre. Im sechsten Jahre desselben Zeitraumes (882 n. Chr.) \ war in llo-tung. Ho nan und in dem stützenden Lande des | Gränzpasses Dürre. | Im siebenten Jahre desselben Zeitraumes (833 n. Chr.) war im Herbste grosse Dürre. Im achten Jahre desselben Zeitraumes (834 n. Chr.), im i Sommer, war an dem Strome und dem Hoai, ferner in [j^ • Sehen, ^ Hoa und anderen Landstrichen Dürre. | Im neunten Jahre desselben Zeitraumes (835 n. Chr.), im n Herbste, war in dem Kreise der Mutterstadt, in Ho-nan, in i jfq]* Ho, [^ Sehen, ^ Hoa, |^ Thung und anderen Land- ] strichen Dürre. I Im zweiten Jahre des Zeitraumes Khai-tsch'ing (837 n. Chr.) ' war im Frühling und im Sommer Dürre. J Im vierten Jahre desselben Zeitraumes (839 n. Chr.) war \ im Sommer Dürre. In ^ ^ Tsche-tung war es am ärgsten. ( Im fünften Jahre des Zeitraumes Hoei-tsch'ang (845 n. Chr.) ] war im Frühling Dürre. ' t SeltsamkeiteD nnd Unglück aas den Zeiten der Thang. II. 297 Im sechsten Jahre desselben Zeitraumes (846 n. Chr.) regnete es nicht im Frühlinge. Im Winter regnete es eben- falls nicht bis zum zweiten Monate des nächsten Jahres. Im vierten Jahre des Zeitraumes Ta-tschung (850 n. Chr.) war grosse Dürre. Im zweiten Jahre des Zeitraumes Hien-thung (861 n. Chr.), im Herbste, regnete es in Hoai-uan und Ho-nan nicht bis zum sechsten Monate des nächsten Jahres. Im neunten Jahre desselben Zeitraumes (868 n. Chr.) war in dem Strome und dem Hoai Dürre. Im zehnten Jahre desselben Zeitraumes (869 n. Chr.) war , im Sommer Dürre. ■ Im eilften Jahre desselben Zeitraumes (870 n. Chr.) war im Sommer Dürre. Im ersten Jahre des Zeitraumes Kuang-ming (880 n. Chr.) war im Frühlinge und Sommer grosse Dürre. Im vierten Jahre des Zeitraumes Tschung-ho (884 n. Chr.) war in Kiang-nan grosse Dürre und Huugersnoth. Die Menschen verzehrten einander. Im zweiten Jahre des Zeitraumes King-fö (893 n. Chr.) war im Herbste grosse Dürre. I Im dritten Jahre des Zeitraumes Kuang-hoa (900 n. Chr.), im Winter, war in der Mutterstadt Dürre bis zum Frühlinge des vierten Jahres dieses Zeitraimies. üngehenerlichkeiten der Gedichte. Zur Zeit als ^| ^g ^a Teu-kien-te noch nicht geschlagen war, gab es ein Lied, welches lautete: Die Erbsen kommen in der Rinder Mund, Die Macht kann nicht lange währen. Im vierzehnten Jahre des Zeitraumes Tsching-kuan (640 n. Chr.) sammelten sich die grossen allgemeinen licitenden, Lehensfürsten und Gebieter des auf den Wegen von ^ fpj Kiao-ho einherziehenden Kriegsheeres und griffen "^^ tm 298 Pfizmaier. i ;) Kao-tsch'ang an. Ehe dieses geschah, gab es in diesem Reiche ] ein Lied der Knaben, welches lautete : . Waffen und Pferde von Kao-tsch'ang Sind gleich Reif und Schnee. Waffen und Pferde des Hauses Han Sind gleich Sonne und Mond. Sonne und Mond leuchten, Reif und Schnee werden das Haupt, Schmelzen und vergeh'n. Nach dem Zeiträume Yung-hoei (650 — 655) sang das Volk \ die Ton weise -^ ' ijjB ^^ ]\'u-viei-lang ,das schmeichelnde I Mädchen^ i Im Anfange des Zeitraumes Thiao-lu (679 n. Chr.) sang j das Volk der Feste der Mutterstadt die Worte: Seitwärts ge- i neigt in Fülle, krumm in Fülle. ' "^ "^ S Li-sse-tschin, Gehilfe des grossen Bestän- i digen, sprach: ^l] Tsl , seitwärts geneigt' ist nicht gerade, j ^Ä Nao ,krumm' ist nicht sicher. Seit den Zeiten der Sui j gibt es in dem Sammelhause der Musik die Touweise ^ ^ i thang-thang ,in Fülle'. Dass man zweimal fhang sagt, ist das j Bild, dass Thang zweimal den Befehl des Himmels erhält. ' Im siebenten Monate des neunten Jahres des Zeitraumes : Yung-tschün {6\K) n. Chr.) fiel in der östlichen Hauptstadt i starker Regen. Viele Menschen starben Hungers und stürzten i zu Boden. Vor dieser Zeit sanjfcn die Knaben das Lied: ■{ Die neuen Achren kuniincn niclit in die Kisten, r| Der neue Weizen kommt nicht in den Garten. H :t ^ Als man den achten und neunten Monat erreichte, bellten Hunde in den leeren Hürden. j Kaiser Kao-tsung wollte seit dem Zeiträume Thiao-lu I (679 n. Chr.) dem Berge "^ Sung das Opfer bringen. Die i abhängigen Türken fielen ab, und es unterblieb. Später wollte I er wieder das Opfer bringen. Die Menschen von Thu-fan i • Für -^^ roll wird bei dem Nameu dieser Tonweise sonst (~tr + ^^) j nni, geschrieben, welches ebenfalls , schmeicheln' bedeutet. Seltsamkeiten und Unglück ans den Zeiten der Thang. II. 299 fielen plündernd ein, worauf er es unterliess. Um diese Zeit sangen die Knaben das Lied: Der Berg Sung ist mehrfach, Man scheut nicht das Ersteigen, man kann es nicht; Man fürchtet nur, man könne ihn nicht ersteigen. Dreimal fordert man Waffen und Pferde, Auf den Wegen zur Seite tönt Trommelschlag. Gegen das Ende des Zeitraumes Yung-hoei (655 n. Chr.) sang man in den Strassen nach der Musik: Leder der Maul- beerzweige. Leder der Mädchenzeit. In dem Zeiträume Lung-sö (661 — 663 n. Chr.) gaben die Zeitgenossen, wenn sie Wein tranken, den Befehl: Sohn und Mutter seien von einander getrennt. Die zusammenhängenden Erdstufen werden zerbrochen und fallen um. Im gemeinen Leben bezeichnete man , Becher und Schüssel' mit ,Sohn und Mutter'. Für , Schüssel' allein sagte man ,Erdstufe^ Ferner fand sich unter den Liedern der Strasse das Wort ^ Ü^ ^a »^^"j ^^^'^^ "^^^ ^"'^ Lung Wassersnoth. Im Herbste des vierten Jahres desselben Zeitraumes (630 n. Chr.) war in den drei Landstrichen Hiü, Tai und Tsl Wassersnoth. Im achten Monate des siebenten Jahres desselben Zeit- raumes (633 n. Chr.) war in vierzig Landstrichen von Schan- tung und Ho-nan grosses Wasser. Im siebenten Monate des achten Jahres desselben Zeit- raumes (634 n. Chr.) war in 8chan-tung und zwischen dem JStrome und dem Hoai grosses Wasser. Im zehnten Jahre desselben Zeitraumes (636 n. Chr.) war in dem Lande des Ostens des Gränzpasses und in acht und zwanzig Landstrichen zur Seite des Hoai und des Meeres grosses Wasser. Im siebenten Monate des eilften Jahres desselben Zeit- raumes (637 n. Chr.), Tag Kuei-wi (20), begränzte gelbe Luft den Himmel. Es erfolgte starker Regen, das Wasser des ^ Kö trat aus und drang in den Palast von Lö-yang. Es war 312 Pfizmaier. vier Schuh tief, brachte das Thor des linken Seitenflügels zum Einsturz und zerstörte neunzehn Gebäude der Obrigkeiten. Das AVasser des Lö schwemmte sechshundert Häuser fort. Im neunten Monate desselben Jahres, Tag Ting-kiai (24), trat der Fluss aus. Er brachte die Scheunen des Kreises Ho-pe in Schen-tscheu, sowie diejenigen von Tliai-yuen zum Einsturz und zerstörte pb ^^ Tschung-tan ' in Ilo-yang. Im Herbste des sechzehnten Jahres desselben Zeitraumes (642 n. Chr.) war in den zwei Landstrichen Siii unil Tai grosses Wasser. Im Herbste des achtzehnten Jahres desselben Zeitraumes (644 n. Chr.) war in den zehn Landsti'ichcn Kö, Siang, Yü, King, Siü, Thse, Tschung, Mien, Sung und Hao grosses Wasser. Im Herbste des neunzehnten Jahresdesselben Zeitraumes (645 n. Chr.) vertilgte in den zwei Landstrichen f^^ Tsin und ■ Mt Yi das Wasser die Saaten. Im achten Monate des ein und zwanzigsten Jahres dessclbeu Zeitraumes (647 u. Chr.) war in Ho-pe grosses Wasser. In ^ Jj Thsiuen-tscheu überströmte das Meer. In ^^ Iloan-tschcu war ^i Wassersnoth. | Im Sommer des zwei und zwanzigsten Jahres desselben f Zeitraumes (648 n. Chr.) war in (y -}- jjti ) Lu, Yue, Siü, Kiao, y^ Yü und anderen Landstrichen \Vassersnoth. Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Yuug-hoei (650 n. Chr.) liel in Sin-fung imd Wei-nan starker Regen. Das AVasser des Berges ^ P Ling-keu brach plötzlich hervor und schwemmte Hütten und Behausungen weg. In Siucn, w^ Hi, Jao, *to* Tschang und anderen Land- strichen tiel starker Regen und entstand Wassersnoth. Mehrere hundert Menschen ertranken. Im Herbste war in ^K Thsi, ^ TJu^ und anderen Landstrichen, sechzehn an der Zahl, Wassersnoth. Im Herbste des zweiten Jahres desselben Zeitraumes (651 n. Chr.) war in Pien, Ting, Pö, Hao und anderen Landstrichen Wassersnoth. I 1 Tschung-tan ist eine der drei Festen des Kreises Ho-yang. { Seltsamkeiten und Unglück aus den Zeiten der Tbang. II. 313 Im vierten Jahre desselben Zeitraumes (653 n. Chr.) war in Hang, jJgB Kuei, ^ Ko, j^ Tsehung und anderen Land- strichen Wassersnoth. Im fünften Monate des fünften Jahres desselben Zeit- raumes (654 n. Chr.), Tag Ting-tsch'eu (14), fiel in der Nacht starker Regen. Das Wasser des Berges des Kreises Lin-yeu stiess gegen das himmelfarbene Kriegsthor des Palastes der zehntausend Jahre und drang in die innere Halle. Einige Kriegsmänner der Leibwache ertranken. Im sechsten Monate desselben Jahres war in Ho-pe grosses Wasser. Der Fluss Hu-tho trat aus und beschädigte über fünftausend Häuser. Im sechsten Monate des sechsten Jahres desselben Zeit- raumes (655 n. Chr.) war in Schang-tscheu grosses Wasser. Im Herbste vertilgte in Ki, I, Mi, -^ Yen, Hoä, Pien, Tsching, ^ä Mu und anderen Landstrichen das Wasser die Saaten. In Lö-tscheu war grosses Wasser. Ks zerstörte die Brücke von Thien-tsin. Im zehnten Monate desselben Jahres trat in ^ Thsi- tscheu der Fluss aus. Im siebenten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Hien-khing (656 n. Chr.) brach das Wasser des Berges des Kreises ylg King in Siuen-tscheu plötzlich hervor. Es war auf ebenem Boden vier Klafter tief, lieber zweitausend Menschen ertranken. Im neunten Monate desselben Jahres erhob sich in jj^ Kö-tscheu Sturmwind mit Regen. Das Wasser des Meeres trat aus und verwüstete die zwei Kreise Ngan-ku und Yung-kia. Im siebenten Monate des vierten Jahres desselben Zeit- raumes {6bd n. Chr.) brach das Wasser des Berges von 5^ Lien-tscheu plötzlich hervor und schwemmte über siebenhundert Häuser weg. Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Lin-te (665 n. Chr.) war in ( J^ + [5 ) Feu- tscheu grosses Wasser. Es zerstörte Hütten und Behausungen der ansässigen Menschen. Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tsung-tschang (669 n. Chr.) erhob sich in ;J^^ Kö-tscheu Sturmwind mit Regen. Das Meer trat aus und verwüstete die i 314 Pfizmaier. zwei Kreise Yung-kia und Ngan-ku. ' Neuntausend siebzig a Menschen ertranken. In ^^ Ivi- tscheu liel starker Regen, i Das Wasser war auf ebenem Boden eine Klafter tief. Es zer- :( störte zehntausend von Menschen bewohnte Häuser. Im fünften Älonate des ersten Jahres des Zeitraumes Hien-hiang- (670 n. Chr.), Tag Ping-sö (23), fiel starker Regen, iji Die Gebiig-swässer traten aus, über fünftausend Menschen er tranken. Im achten Monate des zweiten Jahres desselben Zeit- i raumes (671 n. Chr.) schwemmten die Gebirgswässer von Siü- 1 tscheu über hundert Häuser weg. j Im siebenten Monate des vierten Jahres desselben Zeit- 1 raumes (^673 n. Chr.) liel in ^ Mu-tscheii starker Regen, n Die Gebirgswässer traten plötzlich aus, über fünftausend Men- i sehen ertranken. \ Im achten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes ] Schang-yueu (676 n. Chr.) erhob sich in ^ Thsing-tscheu | ein iSturmwind. Das Meer trat aus und schwemmte über fünf- i tausend von Menschen bewohnte Häuser weg. In Thsi, ( y -f-^) s Tsch'i und anderen Landstrichen, sieben an der Zahl, war l grosses Wasser. j Im neunten Älonate des ersten Jahres des Zeitraumes ! Yung-lung (680 n. Chr.) war in Ilo-nau und Ho-pe grosses \ Wasser. Sehr viele Menschen ertranken. j Im achten Monate des zweiten .lalires desselben Zeit- f raumes (681 n. Chr.) war in Ho-nan und Ho-pe grosses Wasser. ,i Es zerstörte über zehnmal zehntausend von Menschen des Volkes '^ bewohnte Häuser. u Im fünften Monate des ersten Jahres des Zeitraumes J\ Yung-tschün (682 u. Chr.), Tag Ping-wu (43), fiel in der i östlichen Hauptstadt durch fortgesetzte Tage langwieriger \ Regen. An dem Tage Yi-mao (52) trat das Wasser des Lö j aus und zerstörte die Brücke von Thien-tsin und die mittlere -' Brücke. Es schwemmte über tausend von Menschen bewohnte ' Häuser fort. 1 Das Nämliche hatte sich im neunten Monate des ersten Jahres des Zeit- i raumes Hien-khing ereignet. I Seltsamlfeiten und TTiiglück ;ms den Zeiten der Tliiing. II. 315 Im sechsten Monate desselben Jahres, Tag Yi-kiai (12), fiel in der Mutterstadt starker Regen. Das Wasser war auf ebenem Boden mehrere Schuhe tief. Im Herbste desselben Jahres fiel in Schan-tuug starker Regen. Es entstand Wassersnoth und grosser Hunger. Im siebenten Monate des zweiten Jahres desselben Zeit- raumes (683 n. Chr.), Tag Ki-sse (G), trat der Fluss aus und zerstörte die Brücke von Ho-yang. Im achten Monate desselben Jahres traten in ^fö Heng- ! tscheu der Fluss Ilu-tho und die Gcbirgswässer plötzlich aus und vertilgten die Saaten. Im siebenten JMonate des ersten Jahres des Zeitraumes Wcn-ming (684 n. Chr.) war in y^ Wen-tscheu grosses Wasser. Es schwemmte über tausend Häuser fort. In jji^ Ko-tscheu trat das Wasser der Bäche plötzlich aus. Ueber hundert Menschen ertranken. Im vierten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Jü-I (692 n. Chr.) trat das Wasser des Lö aus und zerstörte die Brücke von Yung-tsch'ang. Es schwemmte über vier- hundert von Menschen des Volkes bewohnte Häuser fort. Im siebenten Monate desselben Jahres trat das Wasser des Lö aus und schwemmte über fünftausend von Menschen des Volkes bewohnte Häuser weg. Im achten Monate desselben Jahres trat der Fluss aus und verwüstete den Kreis Ho-yang. Im fünften Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tsch'ang-scheu (693 n. Chr.) trat in Ti-tsch'eu der Fluss aus und zerstörte über zweitausend von Menschen des Volkes be- wohnte Häuser. In diesem Jahre war in eilf Kreisen von Ho-yang Wassersnoth. Im achten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Wan-sui-thung-thien (696 u. Chr.) war in Siü-tscheu grosses Wasser. Es vertilgte die Saaten. Im dritten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Schin-kung (697 n. Chr.) zerstörte in jjr^ Kö-tscheu das Wasser über siebenhundert von Menschen des Volkes bewohnte Häuser. In diesem Jahre war in neunzehn Landstrichen von Ho-nan Wassersnoth. 316 Pfizmaier. Im siebenten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes \ Sching-li (699 n. Chr.), Tag Pinj^-tschin (53), fiel in jji| ^ j Schin-tu starker Reg'en. Das Wasser des Lö zerstörte die |i Brücke von Thien-tsin. Im Herbste trat das Wasser in *j^ j Hoai-tscheu aus und schwemmte über tausend Häuser fort. ji Im dritten Monate des dritten Jahres desselben Zeit- J raumes (699 n. Chr.), Tai? Sin-kiai (48), schwemmte in 'JJ^ | Hung-tscheu das Wasser über tausend Häuser fort. Ueber i vierhundert Menschen ertranken. | Im zelinten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Khicu-schi (700 n. Chr.) war in Lö-tscheu Wassersnoth. Im sechsten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes Tsch'ang-ngan (703 n. Chr.) fiel in Ning-tscheu starker Regen. | Das Wasser schwemmte über zweitausend Häuser weg. Ueber | tausend Menschen ertranken. t' Im achten ]\Iouate des vierten Jahres desselben Zeit- raumes (704 n. Chr.) zerstörte in '^ Ying-tscheu das Wasser mehrere tausend von Menschen des Volkes bewohnte Häuser. Im vierten Monate des ersten Jalires des Zeitraumes Schin-lung (705 n. Chr.) fiel in dem Kreise Thung-kuan in ) Yung-tscheu starker Regen. Das Wasser schwemmte über fünfhundert von Menschen des Volkes bewohnte Häuser fort. } Im sechsten Monate desselben Jahres war in siebzehn Landstrichen von Ho-pe grosses Wasser. Im siebenten Monate desselben Jahres, Tag Kiä-tschin (41), trat das Wasser des Lö aus und zerstörte über zwei- tausend von Menschen des Volkes bewohnte Häuser. Im vierten Monate des zweiten Jahres desselben Zeit raumes (705 n. Chr.), Tag Sin-tsch'eu (38), zerstörte das Wasser des Lö die Brücke von Thieu-tsin. Mehrere hundert Menschen ertranken. Im achten Monate desselben Jahres war in ^ Wei-tscheu Wassersnoth. !■ Im siebenten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes '^ King-lung (709 n. Chr.) trat das Wasser des ( y + §j Fung ji aus und vertilgte die Saaten. Im neunten Monate desselben Jahres zerstörte in Ml-tscheu das Wasser mehrere Iiundert von Menschen des iü Volkes bewohnte Häuser. [ M ii I I Seltsamkeiten nnd Unglück aus den Zeiten der Thang. Tl. 317 Im dritten Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (715 n. Chr.) war in Ho-nan und Ho-pe Wassersnoth. Im siebenten Monate des vierten Jahres desselben Zeit- raumes (716 n. Chr.), Tag Ting-yeu (34), überströmte das Wasser des Lo und machte mehrere hundert Schiffe versinken. Im sechsten Monate des fünften Jahres desselben Zeit- raumes (717 n. Chr.), Tag- Kiä-schin (21), trat das Wasser des ( y ~h ^1 Tsch'en aus. lieber tausend Menschen ertranken. In dem Kreise ^ Kung war grosses Wasser. Es zerstörte die Stadt der Feste und beschädigte mehrere hundert von Menschen des Volkes bewohnte Häuser. In Ho-nan vertilgte das Wasser die Saaten. Ln Sommer des achten Jahres desselben Zeitraumes (720 n. Chr.) plünderten die Khi-tan den Landstrich ^ Ying. Man entsandte die Kriegsleute der Mitte des Gränzpasses und kam dem Landstriche zu Hilfe. JMau übernachtete an dem eingebrochenen Thore von Min-tschi, an den Ufern des Flusses ^ Kö. Um Mitternacht kamen plötzlich die Gebirgswässer heran und über zehntausend IMenschen ertranken. Im sechsten Monate desselben Jahres, Tag Keng-yin (27), traten in der Nacht der Kö und Lö aus und drangen in den westlichen Palast h ^ Schang-yang. Von zehn Menschen des Palastes fanden sieben bis acht den Tod. In den Kreisen innerhalb der Königsgränze gingen die Saaten der Felder, die Hütten und Behausungen vollständig zu Grunde. Ueber tausend mit Vertheidigung sich befassende Krieger der Leibwache ertranken. In der Mutterstadt baute man eine Strasse. Eines Abends stürzte sie ein und wurde ein Teich. Ueber fünfhundert von Menschen des Volkes bewohnte Häuser versanken und waren nicht zu sehen. In diesem Jahre war an dem Ausgange von ^£ J^ San-ya in' Teng-tscheu grosses Wasser. Es versperrte das Thal. Einige sahen zwei kleine Kinder, welche sich gegenseitig mit dem Wasser begossen. Nach einer Weile erschien eine Schlange von der Grösse von zehn Umspannungen. Dieselbe sperrte den Mund auf und blickte zu dem Himmel empor. Einige Menschen hieben mit Schwertern und schössen auf sie. Plötzlich dlö Pfiztnaipr. I h V fiel ein Platzregen mit Donner und schwemmte mehrere hundert " Häuser fort. \\ '1 Im fünften Monate des zehnten Jahres desselben Zeit- •:! raumes (722 n. Chr.), Tag Sin-yeu (58), trat der Fluss ^ 1 I aus und zerstörte die südöstliche Seite der Feste der östlichen -i Hauptstadt. Das Wasser war auf ebenem Boden fünf vSchuh tief. \\ In Hiü, ^(]| Sien, ^^ Yü, Tschin, Jü, Thang, Teng und Jj anderen Landstriclien von Ho-nan war grosses Wasser. Es n vertilgte die Saaten und schwemmte fort oder versenkte die '■ Wohnsitze der Menschen. Eine grosse Menge ertrank. Im sechsten Monate desselben Jahres war in \m. Pö-tscheu t und Ti-tscheu ein Durchbruch des Flusses. ] Im sechsten ]\Ionate des zw()lften Jahres desselben Zeit- raumes (724 n. Chr.) war in ]^ Yü-tscheu grosses Wasser. ,: Im achten Monate desselben Jahres war in ^^ Yen- > tscheu grosses Wasser. i I Im Herbste des vierzehnten Jahres desselben Zeitraumes li (72G n. Chr.) luitten in der Welt fünfzig Landstriche grosses i Wasser. In Ho-nan und Ho-pe war es am ärgsten. Der Fluss :j und seine Nel)enfiüsse traten aus. Die Menschen der Land- ', striche *|^ Hoai, ^^ Wei, Tsching, Hoa, Pien und Pö wohnten (i entweder auf Bäumen oder in Schiflen. I\ran zählte tausend ji Todte. In Jün-tscheu tobte ein Sturm aus Nordost. Die Wellen i des Meeres machten Jß^ -^ Kua-pu versinken. jj Im fünften Monate des fünfzehnten Jahres desselben Zeit- ij raumes (727 n. Chr.) war in ^ Tsin-tscheu grosses Wasser. ,' Im siebenten Monate desselben Jahres war in Teng-tscheu grosses Wasser. Mehrere tausend j\Ienschen ertranken. Das Wasser des Lö trat aus und drang in die Feste von ( J^ "l~ |5 ) Feu. Es | war auf ebenem Boden über eine Klafter tief. Die Todten waren zahllos. Es verwüstete den Markt der Feste von [^ i! Thung-tscheu und den Kreis Fung-yi, schwemmte zweitausend j; von Menschen des Volkes bewohnte Häuser fort. I; Im achten Monate desselben .Jahres traten die Flüsse ;) i^ Jün und ^ Kö aus und verwüsteten den Kreis Min- i tschi. In diesem Herbste war in drei und sechzig Landstrichen i der Welt grosses Wasser. Es vernichtete die Saaten und die t von Menschen bewohnten Hütten. In Ilo-pe war es am ärgsten. I Seltsamkoitcn und Ungliiclc aus den Zeiten der Tli.inp. II. 319 Im achtcii Monate des siebzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (729 n. Chr.), Tag Ping-yin (3), war in Yue-tscheu grosses Wasser. Es verwüstete die Festen der Landstriche und Kreise. Im sechsten Monate des achtzehnten Jahres desselben Zeitraumes (730 n. Chr.), Tag Jin-wu (19), machte in der östlichen Hauptstadt der Fluss ( y -j- ^) Tsch'en die Schiffe mit den Abgaben von ^^ Yang, Thsu und anderen Land- strichen versinken. Das Wasser des Lo zerstörte die Brücke von ^ ^^ Thien-tsin, diejenige von ^ ^ Yung-thsi und über tausend von Menschen des Volkes bewohnte Häuser. Im Herbste des neunzehnten Jahres desselben Zeitraumes (731 n. Chr.) vertilgte in Ho-nan das Wasser die Saaten. Im Herbste des zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (732 n. Chr.) war in Sung,* Hoä, ^ Yen, ( W + |5 ) Yün und anderen Landstrichen grosses Wasser. Im Herbste des zwei und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (734 n. Chr.) vertilgte in mehr als zehn Land- strichen des Gränzpasses, der stützenden Landschaften und von Ho-nan das Wasser die Saaten. Im dritten Monate des sieben und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (739 n. Chr.) war in (^ y + ^ ) Fung, ^^ Yuen, J^ Kiang und anderen Landstrichen Wassersnoth. Im zehnten Monate des acht und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes [140 n. Chr.) war in dreizehn Land- schaften von Ho-nan Wassersnoth. Im siebenten Monate des neun und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (741 n. Chr.) traten die Flüsse '^ I, '^ Lö und die Nebenflüsse aus und vertilgten die Saaten. Sie zerstörten die Brücke von Thien-tsin und die Behausungen der bewaffneten Leibwache des östlichen und westlichen Pa- lastes Schang-yang. Ueber tausend Menschen ertranken. In diesem Herbste vertilgte in vier und zwanzig Landschaften '■'on Ho-nan und Ho-pe das Wasser die Saaten. Im neunten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Thien-pao (745 n. Chr.) war in den vier Landschaften Ho-nan, Hoai-yang, Sui-yang und Tsiao Wassersnoth. Im zehnten Jahre desselben Zeitraumes (751 n. Chr.) jagte in Kuang-ling ein Sturmwind die Fluth des Meeres und 320 Pfizmaier. 'j machte mehrere tausend Schiffe an der Mündung des Stromes i versinken. Im neunten Monate des dreizehnten Jahres desselben 'i Zeitraumes (754 n. Chr.) traten in der östlichen Landschaft i der Tsch'en und Lö aus und zerstörten neunzehn Strassen j von Städten. j Im neunten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes j Kuang-te (753 n. Chr.) fiel starker Regen. Das Wasser war i auf ebenem Boden mehrere Schuhe tief. Um die Zeit plün- i derten die Menschen von Thu-fan den Kreis der Mutterstadt. ■ Des Wassers wegen wurden sie kampfanfällig und zogen ab. J Im fünften Monate des zweiten Jahres desselben Zeit- 1 raumes (7G4 n. Chr.) fiel in der östlichen Hauptstadt starker | Regen. Das Wasser des Lo trat^ aus und schwemmte über \ zwanzig Strassen fort. In allen Landstrichen von Ho-nan war , Wassersnoth. Im siebenten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Ta-lT (766 n. Chr.) trat der Fluss Lö aus. Im Herbste des zweiten Jahres desselben Zeitraumes i (767 n. Chr.) war in fünf und fünfzig Landstrichen von Hu- I nan und Ho-tung, Ho-nan, Hoai-nan, Tsche-kiang, Fö-kien j und anderen Wegen Wassersnoth. | Im zweiten Monate des siebenten Jahres desselben Zeit- ■! » i raumes (772 n. Chr.) trat in yjQ Kiang-tscheu der Strom aus. j Im siebenten Monate des zehnten Jahres desselben Zeit- j raumes (775 n. Chr.) trat in M[^ Hang-tscheu das Meer aus. ; Im siebenten Monate des eilften Jahres desselben Zeit- i raumes (776 n. Chr.), Tag Meu-tse (25), war in der Nacht ; herabschiessender Regen. In der Mutterstadt, auf ebenem i Boden, war das Wasser einen Schuh tief. In den Kanälen ' überströmte es und zerstörte über tausend von Menschen des ; Volkes bewohnte Häuser. i Im Herbste des zwölften Jahres desselben Zeitraumes i (777 n. Chr.) fiel in dem Kreise der Mutterstadt und in den drei Landstrichen Sung, Hao und Hoä starker Regen, j Das Wasser vertilgte die Saaten und hauste am ärgsten in i Ho-nan. Es war auf ebenem Boden fünf Schuh tief. Der Fluss ! trat aus. « I Seltsam Iceiten unJ Unglück ans den Zeiten der Thang. II. 321 Im ersten Jahre des Zeitraumes Kien-tschimg (780 n. Chr.) fiel in den Landstrichen |^ Yen, ^i Tsch'in, ^^ Wei und |fif Po starker Reg-en. Der Fluss M» Yi und der Hu-tho flössen schräg- und stürzten von den Bergen herab. Sie wälzten Steine und zerbrachen Bäume, Das Wasser stand über eine Klafter hoch. Die Halme und Saaten gingen vollständig zu Grunde. Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tsching-yuen (78G n. Chr.), Tag Ting-yeu (34), war Sturm und Regen. In den Durchwegen der Feste der Mutterstadt war das Wasser mehrere Schuhe tief. Es geschah, dass Menschen ertranken. In der östlichen Hauptstadt, in Ho-nan und Hoai- nau traten der Strom und der Fluss aus. Im dritten Monate des dritten Jahres desselben Zeitraumes (787 n. Chr.) war in der östlichen Hauptstadt, in Ho-nan, Kiang-ling, Pien, jj^ Yang und anderen Landstrichen grosses Wasser. Im achten Monate des vierten Jahres desselben Zeit- raumes (788 n. Chr.) trat der Fluss ( y -j- ^ ) Pa plötzlich aus und ertränkte über hundert Menschen. Im Herbste des achten Jahres desselben Zeitraumes (792 n. Chr.) war in mehr als vierzig Landstrichen, von ^ Kiang, ^^ Hoai, ferner von ffijj King, Siang, Tschin und Sung an- gefangen, bis zu den Landstrichen ^ Ho und |Ö^ So, grosses Wasser, welches die Saaten vertilgte. Ueber zweimal zehn- tausend Menschen ertranken. Das Wasser schwemmte fort oder brachte zum Versinken Festen, Vorwerke, Hütten und Behausungen. In j^ Yeu-tscheu war es auf ebenem Boden über zwei Klafter tief. In Siü, Tsching, Tschö, Ki, Tan, Ping und anderen Landstrichen war es über eine Klafter tief. Im sechsten Monate des achten Jahres desselben Zeit- raumes (788 n. Chr.) trat das Wasser des Hoai aus. Es war auf ebenem Boden sieben Schuh tief und machte die Feste von ^ Sse-tscheu. versinken. Im zehnten Monate des eilften Jahres desselben Zeit- raumes (791 n. Chr.) trat in den zwei Landstrichen Hfl Lang und ^^ Schö der Strom aus. Im vierten Monate des zwölften Jahres desselben Zeit- raumes (792 n. Chr.) war in zwei Landstrichen von Fö-kien Sitznngsber. d. phil.-hist. Gl. XCVI. Bd. II. Hft. 21 322 Pfizmaier. grosses Wasser. In j^ Lan-tscheu fiel ein Platzregen. Das j" Wasser war zwei Klafter tief. j Im siebenten Monate des dreizehnten Jahres desselben i Zeitraumes (793 u. Chr.) überschwemmte das Wasser des Hoai ( den Landstrich Pö. Im Frühlinge des achtzehnten Jahres desselben Zeit- i raumes (798 n. Chr.) war in ^ Schin, -^ Kuang, Thsai j und anderen Landstrichen grosses Wasser. Im Sommer des ersten Jahres des Zeitraumes Yung-tsching ( (805 n. Chr.) traten die fünf Bäche von ^^ -^ Hiung-wu \ in BH Lang-tscheu aus. Im Herbste trat in den zwei Kreisen '. Wu-ling und Lung-yang das Wasser des Stromes aus und •• schwemmte über zehntausend Häuser fort. In dem Kreise der Mutterstadt, in Tschang-ngan und anderen Kreisen, neun an der Zahl, vertilgte das Gebirgswasser die Saaten. Im Sommer des ersten Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (806 n. Chr.) war in King-nan, ferner in ^ Scheu, |^ Yeu, Siü und anderen Landstrichen grosses Wasser. Im sechsten Monate des zweiten .lahres desselben Zeit- 1 raumes (807 n. Clu'.) fiel in Thsai-tscheu starker Regen. Das Wasser war auf ebenem Boden mehrere Schuhe tief. Im zehnten Monate des vierten Jahres desselben Zeit- raumes (809 n. Chr.), Tag Ting-wi (44), schwemmte in Wei- 1 nan plötzlich hereinbrechendes Wasser über zweihundert von j Menschen des Volkes bewohnte Häuser fort. Im siebenten Monate des sechsten Jahres desselben Zeit- i raumes (811 n. Chr.) war in Feu, j^ Fang und Khien-tschung i Wassersnoth. ! Im ersten Monate des siebenten Jahres desselben Zeit- raumes (812 n. Chr.) trat in ;^ -^ Tschin- wu der Fluss aus und zerstörte die östliche Feste ^ |^ Scheu-hiang. Im fünften Monate desselben Jahres brach in den fünf Landstrichen Jao, :fe|BE Fu, J^ Kien, "^ Ke und ^ Sin ; plötzlich das Wasser herein. In Kien-tscheu war es am ärgsten. Auf ebenem Boden kam es vor, dass es bis vier Klafter tief war. Im fünften Monate des achten Jahres desselben Zeit- j raumes (813 n. Chr.) fiel in j^ Tschin-tscheu und Hiü-tscheu \ starker Regen. Auf dem Berge -^ ^ Ta-kuei strömte das j gedrückte Wasser hervor. Ueber tausend Menschen ertranken. SeltsamVoitfn und Fnijlfiok ans dpii Zeitpn der Thang. II. 323 Im seclisten Monate desselben Jahres, Tag Keng-yin (27), zerstörte ein Sturm die Dächer und entführte die Ziegel. Viele Menschen wurden zerschmettert. In der Mutterstadt war grosses Wasser. Dasselbe war im Süden der Feste über eine Klafter tief. Es drang in das Thor 0^ ^. Ming-te und benetzte noch immer die Speichen der Wagen. An dem Tage Sin-mao (28) überströmte das Wasser des V^ Wei und unterbrach die Ueberfahrt. Die um die Zeit vorhandenen hundert Gewässer traten aus. Viele ergossen sich nicht auf den alten Wegen. Das Wasser von ^^ Thsang-tscheu sammelte sich an und drang in ^| Yen-tscheu und andere Kreise, im Ganzen vier. Im Herbste des neunten Jahres desselben Zeitraumes (814 n. Chr.) war in Siuen, Kiang, Fu, Yuen und anderen Land- sti-ichen von Hoai-nan und -^ ^^ Yö-ngan grosses Wasser. Im fünften Monate des eilften Jahres desselben Zeit- raumes (81G n. Chr.) fiel in dem Kreise der Mutterstadt starker Regen und w^ar Wassersnoth. In ft^ Tschao und Iffi Ying war es am ärgsten. In ^^ Khiü-tscheu vertilgte das Gebirgswasser die Saaten. Es war drei Klafter tief und zerstörte die Vorwerke des Land- strichs, lieber hundert Menschen ertranken. Im sechsten Monate desselben Jahres erhob sich in ^^ Mi-tscheu Sturm mit Regen. Das Meer trat aus und zerstörte die Feste und die Vorwerke. In den zwei Kreisen j^ ^ Feu-liang und ^ 2ßl Lö-ping von Jao-tscheu fiel Platzregen. Das Wasser schwemmte fort oder brachte zum Versinken über viertausend Thüren des Volkes. In den fünf I^andstrichen Jün, *^ Tschung, J^ Tsch'ao, Tsehin und Hiü, ferner in dem Kreise der Muttei'stadt ver- tilgte das Wasser die Saaten. Im achten Monate desselben Jahres, Tag Kiä-wu (31), trat das Wasser des "yS Wei aus und zerstörte die mittlere Brücke. Im sechsten Monate des zwölften Jahres desselben Zeit- raumes (817 n. Chr.), Tag Yi-yeu (22), fiel in der Mutterstadt starker Regen. Das Wasser umspülte die ursprüngliche Vor- halle. Ein Pfeiler neigte sich seitwärts. Auf dem Markte war 21* 324 Pfizmaier. '^ \ das Wasser über drei Schuh tief. Es zerstörte über zwei- i tausend von Menschen des Volkes bewohnte Häuser, j In Ho-nan und Ho-pe war grosses Wasser. In ( y -{- r:g) , Ming und ^ Hing hauste es am ärgsten. Es war daselbst j auf ebenem Boden zwei Klafter tief. In Ho-tschung und j Kiang-liug, in den Landstrichen ^ Yeu, '^ Tsch'i, ( y -f- {^) | Lu, -g- Tsin, pg^ Sl, ^ Su, ^ 'Hiai und Yue vertilgte j das Wasser die Saaten. r Im sechsten Monate des dreizehnten Jahres desselben 1 Zeitraumes (818 n. Chr.), Tag Sin-wi (8), trat das Wasser des Hoai aus. Im Herbste des fünfzehnten Jahres desselben Zeitraumes (820 n. Chr.) war in ^^ Hung, ^ Ke, >g Sin, Thsang und anderen Landstrichen Wassersnoth. Im siebenten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tschang-khing (822 n. Chr.) war in Ho-nan, in Tschin, Hiü, Thsai und anderen Landstrichen grosses Wasser. Das Wasser des Berges ^ H^ Hao-tschi schwemmte über zweihundert von Menschen des Volkes bewohnte Häuser fort. In ^ Tsch'u tscheu fiel starker Regen. Das Wasser war auf ebenem Boden aciit Schuh tief. Es zerstörte die Feste, die Stadt und die grosse Hälfte der Maulbeerfelder. Im Sommer des vierten Jahres desselben Zeitraumes (824 n. Chr.) fiel in den zwei Landstrichen Su und Hu starker Regen und war Wassersnoth. Der grosse See riss und über- schwemmte g^ Mö-tscheu und Hö-schan in ^ Scheu-tsclieu. Die Gebirgswasser brachen plötzlich hervor. In den drei Landstrichen Yün, Thsao und ( / + "^j Po fiel Regen. Das Wasser zerstörte die Festen dieser Land- striche. Die Wohnsitze der Menschen des Volkes und die Saaten der Felder wurden sämmtlich weggerissen. In den vier Landstrichen ^ Siang, jr^ Kiün, ^ Fö und ^ß Ying trat das Wasser des ?Ian aus und es entstand ein Riss. Im Herbste vertilgte in Ho-nan und in den zwei Land- strichen Tschin und Hiü das Wasser die Saaten. Im Herbste des ersten Jahres des Zeitraumes Pao-li (825 n. Chr.) war in den zwei Landstrichen Feu und j^ Fang plötzlich Wassersnoth. In den drei Landstrichen -^ Y'en, Seltsamkeiten und Unglück aus den Zeiten der Thang. II. 325 Hai und ^ Hoa, dann in ^ ^ Fung-thien und anderen Kreisen des Umkreises der Mutterstadt, sechs an der Zahl, vertilgte das Wasser die Saaten. Im Sommer des zweiten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (828 n. Chr.) vertilgte in dem Kreise der Mutterstadt und in den zwei Landstrichen Tschiii und Hoä das Wasser die Saaten. In Ho-yang war das Wasser auf ebenem Boden vier Schuh tief. Der Fluss bekam einen Riss und zerstörte die Feste von Ti-tscheu, In Yue-tscheu trat bei einem Sturme das Meer aus. In Ho-nan, Yün, Thsao, Pö, Thse, Thsing-, Thsi, Te, Yen, Hai und anderen Landstrichen war grosses Wasser. Im vierten Monate des dritten Jahres desselben Zeitraumes (820 n. Chr.) schwemmte in dem Kreise Thung-kuan plötzlich eintretendes Wasser über zweihundert Häuser fort oder machte sie versinken. In Sung, Pö, Siü und anderen Landstrichen vertilgte das Wasser die Saaten. Im Sommer des vierten Jahres desselben Zeitraumes (830 n. Chr.) trat das Wasser des Stromes aus und vernichtete in den drei Kreisen ^ yj^ Thai -hu, ^ :^ So- sung und ^ yX Wang-kiang von ^ Schü-tscheu mehrere hundert Felder der Menschen des Volkes. In ( J^ + |S ) Feu und Jb^ Fang schwemmte das Wasser über dreihundert Häuser weg. I" ?^ ® Tsche-si und '^ ^ Tsche-tung, in Siuen, ^ Hi, in Kiang-si, in Feu, Fang, auf dem östlichen Wege von Schan-uan, in Hoai-nan, in dem Kreise der Mutterstadt, in Ho-nan, Kiang-nan, in King, Siang, Ngö und in Hu-nan war grosses Wasser. Es vertilgte überall die Saaten. Im sechsten Monate des fünften Jahres desselben Zeit- raumes (831 n. Chr.) stieg in ^ -^ Hiuen-wu der Strom um zwei Klafter. Er trat aus und drang in ;j^ Thse-tscheu, Lo-tsch'ing, Hoai-si, Tsche-tung, Tsche-si, King, Siang, Yö und Ngao. In W jlj Tung-tschuen vertilgte grosses Wasser die Saaten. Im zweiten Monate des sechsten Jahres desselben Zeit- raumes (832 n. Chr.) war in den zwei Landstrichen wk Su und yÄJB Hu grosses Wasser. 326 Pfizmaier. Im sechsten Monate desselben Jahres fiel in Siü-tscheu starker Regen und zerstörte über neunhundert von Menschen des Volkes bewohnte Häuser. Im Herbste des siebenten Jahres desselben Zeitraumes (833 n. Chr.) war in Tsche-si, ingleichen in Yang-, Thsu, Schü, Liü, Scheu, Tschü, Ho, Siuen und anderen Landstrichen grosses Wasser. Es vertilgte die Saaten. Im Herbste des achten Jahres desselben Zeitraumes (834 n. Chr.) vertilgte in Kiang-si, ingleichen in Siang-tscheu das T Wasser die Saaten. In (^ + /f ) ' Khi- tscheu trat das \ Wasser des Sees aus. In Tschü-tscheu war grosses Wasser. Es überfluthete mehr als zehntausend Thüren des Volkes. Im Sommer des ersten Jahres des Zeitraumes Khai- tsch'ing (836 n. Chr.) fiel in dem Kreise Lin-yeu in Fung- ^i thsiang ein Platzregen. Das Wasser zerstörte den Palast t. -h x^ Kieu-tsch'ing und brachte mehrere hundert von i Menschen des Volkes bewohnte Häuser zum Einsturz. Ueber hundert Menschen kamen um's Leben. Im siebenten Monate desselben Jahres trat in ^ Tsch'in- tscheu der Fluss Hu-tho aus und vertilgte die Saaten. Im Sommer des dritten Jahres desselben Zeitraumes (838 fl n. Chr.) erhielt der Fluss einen Riss und drang in die äusseren ii Festen von Tsching und Hoä. In Tschin, Hiü, Feu, Fang, Ngö, Thsao, ( y + H ) Pö, Siang, ^ Wei, |g Pö und anderen Landstrichen war grosses Wasser. Der Strom und der Han stiegen und traten aus. Sie zerstörten Fang, Kiün, j King, Siang und andere Landstriche. Die Wohnsitze der Men- S sehen des Volkes und die Erzeugnisse der Felder waren nahezu ^ vernichtet. In Su, Hu, ^ Tsch'u und anderen Landstrichen ti trat das Wasser aus und drang in die Festen. In Tsch'u-tscheu ^ war es auf ebenem Boden acht Schuh tief. ^ Im Herbste des vierten Jahres desselben Zeitraumes (839 ü n. Chr.) fiel in ^ ]\\ Si-tschuen, ^ Thsang, ^ King ;| und (y -|- m ) 'l'hse starker Regen. Das Wasser vernichtete 1 die Saaten sammt den Hütten und Behausungen der Menschen ü I 1 Ueber dieses hier angeleg-te Zeichen ist noch das Classenzeichen -j^- ; zu setzen. 1 Seltsamkeiten und Uuglück aus dfn Zeiten der Thaiig. II. 327 des Volkes. In Te-tscheu war es am ärgsten. Das Wasser war daselbst auf ebenem Boden acht Schuh tief. Im siebenten Monate des fünften Jahres desselben Zeit- raumes (840 n. Chr.) war in ^a Tsch'in-tscheu und Kiang- nan Wassersnoth. Im siebenten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Hoei-tsch'ang (841 n.Chr.) war in Kiang-nan grosses Wasser. Das Wasser des Han zerstörte in Siaug, Kiün und anderen Landstrichen sehr viele Wohnsitze der Menschen des Volkes. Im achten Monate des zwölften Jahres des Zeitraumes Ta-tschung (858 n. Chr.) vertilgte in ^ Wei, jj Pö, Yen, Tsch'in, "^ Yen, Yün, Hoä, Pien, Sung, 8chü, Scheu, Ho, Jim und anderen Landstrichen das Wasser die Saaten. In Siü, 1^ Sse und anderen Landstrichen war das Wasser fünf Klafter tief. Es schwemmte fort und vernichtete mehrere zehntausend Häuser. Im Sommer des dreizehnten Jahres desselben Zeitraumes (859 n. Chr.) war grosses Wasser. Im ersten Jahre des Zeitraumes Hien-thung (860 n. Chr.) war in ^M Ying-tscheu grosses Wasser. Im sechsten Monate (einem Schaltmonate) des vierten Jahres desselben Zeitraumes (863 n. Chr.) zerstörte in der östlichen Hauptstadt plötzlich hereinbrechendes Wasser, von dem Drachenthore augefangen, das Thor der festgesetzten Drei- füsse, dasjenige des langen Sommei's und andere Thore. Es schwemmte fort und ertränkte die Einwohner. Im siebenten Monate desselben Jahres war in der öst- lichen Hauptstadt, in Hiü, Jü, Siü, Sse und anderen Land- sti'ichen grosses Wasser. Es schädigte die Saaten. Im neunten Monate desselben Jahres war das Wasser des Berges von ^i ^ Hiao-I drei Klafter tief. Es zer- trümmerte den Pass ^r :^ Wu-lao, das Thor von Kin-tsch'ing und die Brücke des Flusses *yß Sse. Im sechsten Monate des sechsten Jahres desselben Zeit- raumes (862 n. Chr.) war in der östlichen Hauptstadt grosses Wasser. Es schwemmte fort oder zerstörte zwölf Strassen. Sehr viele Menschen ertranken. Im Sommer des siebenten Jahres desselben Zeitraumes (863 n. Chr.) war in yJ2 Kiang und '^^ Hoai grosses Wasser, 328 Pfiziuaier. l Im Herbste war in Ho-nan grosses Wasser, Es vertilgte die i Saaten. ' Im achten Monate des vierzehnten Jahres desselben Zeit- | raumes (870 n. Chr.) war in Kuan-tunij und Ho-nan grosses Wasser. Im dritten Jahre des Zeitraumes Khien-fu (876 n. Chr.) war in Kuan-tung g)0sses Wasser. } Im neunten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes ■« Kuang-hoa (900 n. Chr.) trat der Strom '^ Tsche aus und ':) zerstörte sehr viele Wohnsitze der Menschen des Volkes. j Im vierten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes i! Khien-ning (896 n. Chr.) verwüstete der Fluss den Landstrich i ^*S* Hoä. 3^ ^ J^ Tschü-thsiuen-tschung durchstach den ( Damm, und es wurden zwei Flüsse. Sic verbreiteten sich über I eine Strecke von mehr als tausend Li. Bestäudige Kälte. Im zweiten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes i Hien-khing (657 n. Chr.), Tag Jin-tse (49), tiel starker Schnee, i Um den Frühling verwendet man das kleine Yang zu den i Geschäften, aber kalte Luft bedroht es. Die alte Deutung i hielt es für ein Bild dessen, dass der Gebieter der Menschen < im Strafen hart und ausschreitend ist. Es war nahezu be- \ ständige Kälte. [• Im zehnten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes l Hien-hiang (670 n. Chr.), Tag Kuei-yeu (10), fiel starker Schnee. >i Derselbe war auf ebenem Boden drei Schuh tief. Viele Men- I sehen erfroren. ! Im fünften Monate des dritten Jahres des Zeitraumes i I-fung (678 n. Chr.), Tag Ping-yin (S), als Kaiser Kao-tsung I sich in dem Palaste ^ RJ^ Kieu-tsch'ing befand, trat lang- '; wieriger Regen und grosse Kälte ein. Unter der Leibwache j der Krieger waren Einige, welche erfroren. ! Im Winter des ersten Jahres des Zeitraumes Khai-yao i (681 n. Chr.) war grosse Kälte. I Seltsamkeiten und Unglück ans den Zeiten der Thang. 11. 329 Im dritten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Kieu-schi (700 n. Chr.) fiel starker Schnee. Im dritten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Schin-Iung (707 n. Chr.), Tag Yl-yeu (22), trat in ^ Mö- tscheu plötzliche Kälte ein und war auch Eis. Im neunten Monate des neun und zwanzigsten Jahres des Zeitraumes Khai-yuen (741 n. Chr.), Tag Ting-mao (4), fiel starker Schnee. Grosse Bäume wurden niedergeworfen und gebrochen. Im sechsten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Ta-li (769 n. Chr.) hatte sich die Sonne versteckt und war Kälte. Im ersten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Tschiug-yuen (785 n. Chr.), Tag Mcu-sö (35), war grosser Schneesturm und Kälte. An dem Tage Ping-wu (43) war wieder grosser Schneesturm und Kälte. Die Menschen des Volkes hungerten und viele erfroren. Im zwölften Monate des zwölften Jahres desselben Zeit- raumes (796 n. Chr.) fiel starker Schnee und war sehr grosse Kälte. Viele Fichten, Pistazien- und Feigenbäume starben ab. Die Deutung sagte : Wenn die Tugend in Gefahr geräth, so ist das Himmelsunglück plötzliche Kälte. Im dritten Monate des neunzehnten Jahres desselben Zeitraumes (803 n. Chr.) fiel starker Schnee. Im zweiten Monate des zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (^804 n. Chr.), Tag Keng-sö (47), donnerte es zuerst, hagelte und blitzte, dann fiel starker Schnee. Wenn es bereits gedonnert hat, so soll es nicht schneien. Das Yin bedrohte das Yang. Es war wie in dem neunten Jahre des Fürsten Yin von Lu. Im zwölften Monate des sechsten Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (811 n. Chr.) war grosse Kälte. Im zehnten Monate des achten Jahres desselben Zeit- raumes (813 n. Chr.) war in der östlichen Hauptstadt grosse Kälte. Der Rauhfrost war mehrere Zoll dick. Viele Sperlinge und Mäuse kamen um's Leben. Im neunten Monate des zwölften Jahres desselben Zeit- raumes (817 n. Chr.), Tag Ki-tsch'eu (26), schneite es. Es geschah, dass Menschen erfroren. 330 Pfiz maier. Im achten Monate des fünfzehnten Jahres desselben Zeit- |l raumes (820 n. Chr.), Tag Ki-mao (16), fiel in |^ Thung- g tscheu Schnee und vertilgte die Saaten. j; Im zweiten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes i\ Tschang-khing (821 n. Chr.) war in jf^ Hai-tscheu das Wasser |j des Meeres beeist. Es erstreckte sich von Süden nach Norden (1 zweihundert Li weit. Im Osten war es vor dem Blicke 9 gränzenlos. 1 Im ersten Monate des sechsten Jahres des Zeitraumes I Ta-ho (832 n. Chr.) schneite es über einen Monat hinaus und fc war sehr kalt. Im zwölften Monate des neunten Jahres desselben Zeit- raumes (836 n. Chr.) war es in der Mutterstadt bitter kalt. Im Frühlinge des dritten Jahres des Zeitraumes Hoei- tsch'ang (843 n. Chr.) war es kalt und fiel grosser Schnee. In J^ ^ Kiang-tso war es am ärgsten. Es geschah, dass Menschen des Volkes erfroren. Im Winter des fünften Jahres des Zeitraumes Hien-thung | (864 n. Chr.) fiel in ^^ Si, ;g Sein, j^ Fen und anderen j Landstrichen grosser Schnee. Er war auf ebenem Boden fünf 1 Schuh tief. | Im zweiten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes ? King-fü (893 n. Chr.), Tag Sin-sse (18), fiel in 1^ Thsao-tscheu grosser Schnee. Er war auf ebenem Boden zwei Schuh tief. Im dritten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes Thien-fö (903 n. Chr.) fiel in ^ ]g Tsche-si grosser Schnee. Er war auf ebenem Boden über vier Schuh tief. Seine Aus- ^ dünstung war gleich Rauch, sein Geschmack bitter. | Im zwölften Monate desselben Jahres war wieder grosser 1 Schnee. Der Strom und das Meer waren beeist. \ Im neunten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes { Thien-yeu (9U4 n. Chr.), Tag Jin-sö (59), an einem Tage des i Neumonds, erhob sich ein Sturm und war die Kälte wie in i der Mitte des Winters. In diesem Winter war in ^ ^ Tsche-tung und ^ ^ j Tsche-si grosser Schnee. Der Erdstrich von U und Yue ist i beständig warm. Dass er aber aufgehäuften Schnee hat, ist | nahezu beständige Kälte. | Seltsamkeiten und Unglüclc aub den Zeiten der Thang. II. 331 I Ungeheuerlichkeiten des Trommeltoues. Im zweiten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes I Wu-te (620 n. Chr.), Tag- Ting-tseh'eu (14), erscholl im Süd- westen der Mutterstadt ein Ton wie von einem einstürzenden Berge. Es war nahezu Ungeheuerlichkeit des Trommeltones. Die Erklärer meinten : Wenn der Gebieter der Menschen nicht scharfhörig ist und von der Menge irregeführt wird, so gibt es Töne ohne Gestalt, man weiss nicht, woher sie ent- stehen. Im neunten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Thien-scheu (690 n. Chr.), an dem Tage, an welchem der ver- gleichende und untersuchende innere Vermerker -^ ^ ^ Tsung-thsin-khe ernannt wurde, waren keine Wolken, aber es donnerte. Es war nahezu Ungeheuerlichkeit des Trommeltones. Im sechsten Monate des dreizehnten Jahres des Zeit- j raumes Tsching-yuen (797 n. Chr.), Tag Ping-yin (3), war der Himmel finster und die Trommeln der Strassen gaben keinen Ton von sich. Im zehnten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tschung-ho (882 n. Chr.) donnerte es in der Gegend des Nord- westens, ohne dass Wolken gewesen wären. Im zehnten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes i Thien-to (903 n. Chr.), Tag Kiä-wu (31), erscholl ein starker Ton, der aus dem Gerichtshause des umschränkenden und i bemessenden Abgesandten von ^ ^ Siuen-wu kam. Es war nahezu Ungeheuerlichkeit des Trommeltones. Ausartung der Fische. In dem Zeiträume Jü-I (692 n. Chr.) wälzte in Thsi-yuen, in dem Hause ^ ^ f^ Lu-king-tschün's das Wasser einen Pfeiler und wollte ihn zerstören. Man machte ihn zu Brenn- holz. Es befand sich darin eine Blicke, welche über einen Schuh lang war. Sie war noch lebendig. Es war nahezu Aus- artung der Fische, 332 Pfizraaicr. Im vierten Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (716 n. Chr.) befand sich bei dem Sammelhause des allgemeinen Beschützers von Ngan-nan in dem Strome eine grosse Schlange. Das Haupt und der Schweif derselben kamen schräg an beiden Ufer- bänken zum Vorschein. Nach Verlauf von Tagen verfaulte sie und zerfiel zollweise in Stücke. In einigen Tagen waren die Fische des Stromes sämmtlich todt. Den Strom bedeckend, schwammen sie abwärts und waren zu Zehnen und Fünfen an einander geklebt. Das Wasser des Stromes stank. In dem Zeiträume Schin-lung (705 — 706 n. Chr.) befand sich in dem Wasser des "^ Wei ein Frosch von der Grösse eines dreifüssigen Kessels. Die Menschen der Strassen sam- melten sich und betrachteten ihn. Nach einigen Tagen war er verschwunden. In diesem Jahre war grosses Wasser. Im zweiten Monate des vierzehnten Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (819 n. Chr.) fiel am Tage ein Fisch, welcher über einen Schuh lang war, auf den Markt von (W -|- jj ) Yün- tscheu herab. Nach längerer Zeit verendete er. Dass der Fisch das Wasser verfehlt und auf den Markt herabfällt, ist ein Bild des Verderbens und der Vernichtung. Im dritten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Khai-tsch'ing (837 n. Chr.), Tag Jin-schin (9), drang ein grosser Fisch, welcher sechs Klafter lang war, von dem Meere in den Hoai bis ;f^ ^ Tschao-I in ^ Hao-tscheu. Die Menschen i des Volkes tödteten ihn. Es war nahezu Ausartung der Fische. ! Im sechsten Jahre des Zeitraumes Khien-fu (879 n. Chr.) ( schwammen in ')\^ ^ Khi-schu'i die Fische des Flusses i stromaufwärts bis zu der Gränze von ^^ ^ Yuen-khiö ( und 2p 1^ Piug-lö. Der Fisch ist ein Bild des Volkes, i Wenn er stromaufwärts schwimmt, gehorcht das Volk nicht 1 den Geboten des Gebieters. i i Im zweiten Jahre des Zeitraumes Kuang-khi (886 n. Chr.) | regnete es in ^^ Yang-tscheu Fische. Die Deutung war wie i in dem vierzehnten Jahre des Zeitraumes Yuen-ho. Seltsamkeiten and Unglück aus den Zeiten der Thang. II. 333 Heuschreckenplage. Im sechsten Jahre des Zeitraumes Wu-te (623 n. Chr.) war in W Hia-tseheu Heuschrecken plag'e. Die Heusclirecken verderben das Volk. Wenn man keine Verdienste hat, aber Gehalt bezieht, so geschieht dieses. Hieraus entstehen Hab- sucht und Zerrüttung. Die früheren Gelehrten meinten : Wenn der Vorgesetzte der Menschen die Gebräuche ausser Acht lässt, zornmüthig und quälerisch ist, so entsteht Dürre. Die Fische und Sehalthiere verwandeln sich in Insecten und Heuschrecken. Desswegen setzte man dieses zu der Ausartung der Fische. Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tsching-kuan (628 n. Chr.) war in dem Kreise der Mutter- stadt Dürre und Heuschreckenplage. Kaiser Thai-tsung befand sich in dem Thiergarten. Er las Heuschrecken auf und be- schwor sie mit den Worten : Die Menschen halten die Korn- frucht für ihr Lebensloos. Wenn die hundert Geschlechter sündigen, so liegt die Schuld an mir, dem einzigen Menschen. Sie sollen jedoch mich verletzen, nicht die hundert Geschlechter verderben. — Er wollte sie verschlucken. Die aufwartenden Diener fürchteten, dass der Kaiser sich eine Krankheit zu- ziehen werde, und machten ihm Vorstellungen. Der Kaiser sprach: j\[ein Wunsch ist, das Himmelsunglück auf mich selbst zu übertragen. Warum sollte der Krankheit aus dem Wege gegangen werden? — Hiermit verschluckte er sie. In diesem Jahre waren die Heuschrecken kein Himmelsunglück. Im fünften Monate des dritten Jahres desselben Zeit- raumes (629 n. Chr.) war in ^^ Siü-tscheu Heuschrecken- plage. Im Herbste war in ^ Te, ^ Tai, ßß Khö und anderen Landstrichen Heuschreckenplage. Im Herbste des vierten Jahres desselben Zeitraumes (630 n. Chr.) war in ^ Kuan, ^ Yen, ^ Liao und anderen Landstrichen Heuschreckenplage. Im Herbste des ein und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (647 n. Chr.) war in den zwei Landstrichen |^ Khiü und ^^ Thsiuen Heuschreckenplage. Im ersten Jahre des Zeitraumes Yung-hoei (650 n. Chr.) war in MB Kuei, ^ Klang, ^ Yung, [^ Thung und anderen Landstrichen Heuschreckenplage. 334- Pfi?, maier. Im dritten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Yung-tseliün (682 n. Chr.) war in dem Kreise der Mutterstadt Heuschreckenplage. Es ^ab keine Weizensprosseii. Im sechsten Monate desselben Jahres war in ||| ^'""g, jN^ Khi, ^ Lung und anderen Landstrichen Heuschrecken- plage. Im zweiten Jahre des Zeitraumes Tschang-scheu ' (693 n. Chr.) war in ^ Thai, ^ Kien und anderen Landstrichen Heuschreckenplage. Im siebenten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes Khai-yuen (715 n. Chr.) war in Ho-nan und Ho-pe Heu- schreckenplage. Im Sommer des vierten Jahres desselben Zeitraumes (695 n. Chr.) war in Schan-tung Heuschreckenplage. Der Ton | beim Annagen der Saaten war wie Wind und Regen. | Im fünf und zwanzigsten Jahre desselben Zeitraumes (737 n. Chr.) war iu ^ Pei-tscheu Heuschreckenplage. Weisse « Vögel in Scharen von mehreren Tausenden und Zehntau- i senden flogen herbei und verzehrten die Heuschrecken. Eines Abends waren diese sämmtlich vertilgt. Die Getreidesaaten j wurden nicht beschädigt. i Im Herbste des zweiten Jahres des Zeitraumes Kuang-te i (764 n. Chr.) war Heuschreckenplage. In dem Gränzpasse und ,! in den stützenden Landschaften war es am ärgsten. Das Nössel j Reis kostete tausend Kupferstücke. ' Im Herbste des ersten Jahres des Zeitraumes Hing-yuen ( (784 n. Chr.) reichten Heuschreckenschwärme östlich von den ji Bergen bis an das Meer. Sie vei-finsterten den Himmel, be- ! deckten das freie Feld. Die Blätter der Pflanzen und Bäume \^ wurden gänzlich vernichtet. \\ Im Sommer des ersten Jahres des Zeitraumes Tsching- ! yuen (785 n. Chr.) erschienen Heuschrecken. Im Osten von j dem Meere kommend, hatten sie im Westen in j^pj Ho und '] ^ Lung ein Ende. Sie flogen in Scharen und verdeckten 'i die Sonne. Durch zehn Tage hielten sie an den Orten, wo- hin sie gelangten, nicht inne. Von den Blättern der Pflanzen i 1 In dem Texte Tschang-khino^, was nicht mit der Reihenfolge stimmt, da i dieser Zeitraum die Jahre 821 — 824 umfasst. Seltsamkeiten und Unglück ans den Zeiten der Thanf^. II. 335 und Bäumo und von den TTaaren der Hausthiere blieb nichts [ mehr übrig. Die Verhungernden betteten sich auf den Wegen. Das Volk dünstete die Heuschrecken, legte sie in die Sonne, häutete sie ab und verzehrte sie nach Entfernung der Flügel und Füsse. Im Herbste des ersten Jahres des Zeitraumes Yung-tsching (805 n. Chr.) war in j^ Tschin-tscheu Heuschreckenplage. Im Sommer des ersten Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (SOG n. Chr.) war in ^i Tsch'in, ^ Ki und anderen Land- strichen Heuschreckenplage. Im Herbste des dritten Jahres des Zeitraumes Tschang- khing (S23 n. Chr.) erschienen in *^ 1 hing -tscheu Heu- schrecken und vertilgten die Saaten in einem Ausmasse von achtmal zehntausend hundertfiichen Morgen. Im Sommer des ersten Jahres des Zeitraumes Khai- tsch'ing (836 n. Chr.) vertilgten in ^. Tsch'in-tscheu und jfpj pb ITo-tsch'ung Heuschrecken die Saaten. Im sechsten jNlonate des zweiten Jahres desselben Zeit- raumes (837 n. Chr.) war in den Landstrichen ^ Wei, 4^ Po, flg Tschao, ^ L (f+ <^) Thse, ^ Thsing, ^ Thsang, ferner in ^ Ylii, y^ Hai und Ho-nan Heuschrecken- plage. Im Herbste des dritten Jahres desselben Zeitraumes (838 n. Chr.) war in Ho-nan, Ho-pe, in ^a Tsch'in, ^ Ting und anderen Landstrichen Heuschreckenplage. Die Blätter der Pflanzen und Bäume wurden gänzlich vernichtet. Im Sommer des fünften Jahres desselben Zeitraumes (840 u. Chr.) vertilgten in |^ Yeu, ^ Wei, -[g Po, (^ -f |5) Yün, ■§ Thsao, ( ; + ^) Po, ^ Thsang, ^ Thsi, ^ Te, ( •/ 4- gl) Thse, ^ Thsing, ^ Yen, y$ Hai, in Ho-yang, Hoai-nan, in ^ Kue, Tschin, Hiü und anderen Landstrichen Heuschrecken die Saaten. Die Deutung sagte : In dem Reiche sind viele unrechte Menschen, an dem Hofe sind keine redlichen Diener. Sie weilen auf ihrer Rangstufe und verzehren den Gehalt gleich Insecten. Sie streiten mit dem Volke um die Nahrung. Desswegen gibt es Jahre hindurch Insecten und Heuschrecken. 336 Pfizmaier. Im siebenten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Hoei-tsch'ang (841 n. Chr.) war in Kuan-tung und Sehan-nan, , in W^ Tcng, ^ Thang und anderen Landstrichen Heu- i schreckenplage. i Im siebenten Monate des achten Jahres des Zeitraumes i Ta-tschung (854 n. Chr.) war in Kieu-nan und Tung-tschuen Heuschreckenphige. Im sechsten Monate des dritten Jalires des Zeitraumes Hien-thung (8G2 n. Chr.) war in Iloai-nan und Ho-nan Heu- schreckenplage. Im achten Monate des sechsten Jahres desselben Zeit- raumes (865 n. Chr.) war in der östlichen Hauptstadt, in ^ | Thung, ^ Hua, [^ Sehen, ^ Kue und anderen Landstrichen i Heuschreckenplage. ■ Im Sommer des siebenten Jahres desselben Zeitraumes i (866 n. Chr.) war in der östlichen Hauptstadt, in Thung, Hoa, i Hiä, Kue und in dem Kreise der Mutterstadt Heuschrecken- -. plage. ^ j Im neunten Jahre desselben Zeitraumes (868 n. Chr.) '\ war in Kiang, Hoai, Kuan-nei und in der östlichen Haupt- ,i Stadt Heuschreckenplage. Im Sommer des zehnten .lahres desselben Zeitraumes 'i (869 n. Chr.) war in Sehen, Km"' und anderen Landstrichen i Heuschreckenplage. Es war die Strafe dafür, dass man un- i nachgiebig, ohne Tugend, quälerisch dem Volke wegnahm. ;i Im zweiten Jahre des Zeitraumes Khien-fu (875 n. Chr.) , zogen Heuschrecken von Osten nach Westen. Sie verdeckten 'i den Himmel. 11 Im Herbste des ersten Jahres des Zeitraumes Kuang-khi [i (885 n. Chr.) kamen Heuschrecken aus den östlichen Gegenden. ( Sie flogen in Scharen und verdeckten den Himmel. Im zweiten Jahre desselben Zeitraumes (886 n. Chr.) war in Äj King und ^ Siang Heuschreckenplage. Das Nössel Reis kostete dreitausend Kupferstücke. Die Menschen ver- |^ zehrten einander. j In Hoai-nan kamen die Heuschrecken von Westen. Sie • gingen, aber flogen nicht. Sie schwammen auf dem Wasser, ] umringten die Feste und drangen in die verschlossene Ab- ( theilung des Sammelhauses von :^ Yang-tscheu. Der Bambus, i i I Selteamkeitvn uud Unglück aus den Zeiten der Thang. IL 337 die Bäume, die Wimpel und Abschnittsröhre waren eines Abends wie gestutzt. Den auf Leinwand gemalten Bildnissen bissen sie die Häupter ab. Durch Schlagen konnte man sie nicht zurückhalten. In zehn Tagen frassen sie einander auf und es hatte ein Ende. Schweiueuiiglück. Im sechsten Monate des siebzehnten Jahres des Zeit- raumes Tsching-kuan (G43 n. Chr.) brachte in dem Gebäude des Vorstehers des Ackerbaues ein Schwein ein Junges zur Welt, welches einen Kopf und acht Füsse hatte. Diese waren von dem Halse angefangen in zwei Reihen getheilt. Im zweiten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Tsching-yuen (788 n. Chr.) brachte in der Mutterstadt, in dem Hause eines Menschen des Volkes ein Schwein ein Junges zur Welt, welches zwei Köpfe uud vier Füsse hatte. Wo der Köpfe viele sind, ist das Höchste keine Einheit. In diesem Jahre fiel in *^ Siuen-tscheu starker Regen mit Donner und Blitz. Ein Thier, welches einem Schweine glich, fiel zur Erde herab. Die Vorder- und Hinterfüsse desselben hatten je zwei Zehen. Es hatte eine rothgestreifte Schlange erfasst und verzehrte sie. Plötzlich schlössen sich die Wolken und es war nicht mehr zu sehen. Es war nahezu Schweineunglück. Im vierten Monate des achten Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (813 n. Chr.) brachte auf dem westlichen Markte von Tschang-ngan ein Schwein ein Junges zur Welt, welches drei Ohren uud acht Füsse hatte. Diese waren von dem Schweife angefangen in zwei Theile getheilt. Wo der Füsse viele sind, ist das Untere keine Einheit. Im siebenten Jahre des Zeitraumes Hien-thung (866 n. Chr.) kam in dem Kreise S* Siao von Siü-tscheu, in dem Hause eines Menschen des Volkes ein Schwein aus der Umzäunung hervor und tanzte. Ferner wandelte ein Eber häufig an der Sitzungsber. d. pliil.-hist. Cl. XCIV. Bd. II. Htt. 22 :i 338 Pf izniaier. i Spitze der Schweinheerden der benachbarten Strassen einher. Dann biss er sich wieder mit ihnen. Im sechsten Jahre des Zeitraumes Khien-fu (879 n. Chr.) drang zu |_|j j^ Schan-yin in Yue-tscheu, in dem Hause eines Menschen des Volkes ein Schwein in das innere Haus zerstörte die Geräthschaften, nahm Schalen und Krüge in den Mund und stellte sie an dem Wasser in Reihen nieder. Im ersten Jahre des Zeitraumes Kuang-ming (880 n. Chr.) brachte in dem Kreise ^& M| Tsi-schan von ^^ Kiang- tscheu, in dem Hause eines Menschen des Volkes ein Schwein ein Junges zur Welt, welches wie ein Mensch gestaltet war. Es fehlten ihm Augenbrauen, Augen, Ohren und Haupthaar. ; Die Deutung meinte, in der Stadt werde Aufruhr entstehen. ' Donnor uiid Blitz. Im vierten Monate des eilften Jahres des Zeitraumes Tschiug-kuan (G37 n. Chr.), Tag Kia-tse (1), schlug der Donner j in einen Sophorabaum vor der Vorhalle ^£ jr Khien-yuen. Donnerschlag und Aufleuchten sind die furchtbare Macht, der! Zorn des Himmels. Sie stellen Tödten und Metzeln vor. Diel Sophora wurde ehemals von den drei Fürsten gepflanzt. Im ersten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes! Tsching-sching (695 n. Chr.), Tag Ting-yeu (34), donnerte es. Der Donner ist der Ton des Yang. Wenn er zur Unzeit her- vorkommt, so ist es ein Bild, dass der Diener sich die Hand-j habe des Gebieters anmasst. Im fünften Monate des vierten Jahres des ZeitraumesI Tschang-ngan (704 n. Chr.), Tag Ting-hai (24), war ein Ge-| witter. Der Sturmwind riss Bäume aus. Es geschah, dassj Menschen von dem Donner erschlagen wurden. Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumesi Yen-ho (712 n. Chr.) war in ^ ij^ Li-thsai, einem Dor des Kreises 'j© ^[0 Yen-sse in Ho-nan, ein Gewitter. Dtjrl Blitz fuhr in das Haus eines Menschen des Volkes. Die Erc Seltsamkeiten und Unglück aus den Zeiten der Tbang. II. 339 wurde von dem Donner in einer Breite von mehr als einer Klafter und in einer hänge von fünfzehn Li zerrissen. Die 1 Tiefe konnte nicht ergründet werden. An der Stelle, welche zerrissen wurde, geriethen Brunnen und Kothgrube mit ein- ander in Verbindung. Hin und wieder kamen in den Durch- wegen die Särge in den Gräbern zum Vorschein. Auf ebenem Boden richtete er keinen Schaden an. ^ß Li ist der Geschlechtsname des Reiches. Donner und Blitz sind das Bild der furchtbaren Macht und der Strafe. Die Erde ist von dem Geschlechte des Yin. Im zweiten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Yung-thai (765 n. Chr.), Tag Kiä-tse (L), hörte man in der Nacht Donnerschläge. Seitdem war kein Donner. Erst im sechsten Monate des Jahres, Tag Kiä-schin (21), donnerte es. Im vierten Monate des zehnten Jahres des Zeitraumes Ta-li (769 n. Chr.), Tag Kiä-schin (1), war ein Gewitter. Der Sturm riss Bäume aus und warf Dachziegel herab. Es geschah, dass Menschen von dem Donner erschlagen wurden. In dem Umkreise der Mutterstadt wurden in sieben Kreisen die Saaten vertilgt. Im vierten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Kien-tschung (783 n. Chr.), Tag Ping-tse (13) machte in yfr Jü, einem Landstriche des Kreises der östlichen Mutterstadt, ^T der untersuchende und bemessende Abgesandte Ko-schü-yao einen raschen Angriff gegen ^5 ^^ i^{J Li-hi-lie und führte das Kriegsheer vorwärts. Als er zu der Brücke von ^^ Ying gelangte, fiel starker Regen mit Donner und Blitz. Von zehn Menschen waren drei bis vier nicht im Stande zu sprechen. Viele Pferde und Esel kamen um's Leben. Im fünften Monate des vierzehnten Jahres des Zeitraumes Tsching-yuen (798 n. Chr.), Tag Ki-yeu (46), donnerte es zum 'ersten Male in der Zeit der Ankunft des Sommers. Im eilften Jahre des Zeitraumes Yuen-ho (816 n. Chr.) donnerte es im Winter. Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes 'schang-khing (822 n. Chr.), Tag Yi-tsch'eu (2), erhob sich in Sturm mit Donner und Blitz. Er warf den Habichtschweif es grossen Ahnentempels herab und zersplitterte die Bäume er Erdstufe des kaiserlichen Vermerkers. 22* 340 l'fizmaier. Im siebenten Mouate des ucliten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (834 n. Chr.), Tag Sin-yeu (58), fiel an der Erdstufe ^ f^ Tinii;-linij;- starker liefen mit Gewitter. Unter dem Fluijo^anj^ ward die Erde in einer Ausdehnung von sechs und zwanzig Schritten zerrissen. Die Deutung sagte: Die vorzüglichen Männer und die gemeinen Menschen zertheilen sich und trennen sich. Die grossen Diener sind ausschliesslich und eigenwillig, sie kommen bei der grossen Zerstörung nicht zu Hilfe. Im vierten Jahre des Zeitraumes Khien-ning (897 n. Chr.) entsandte ^ ^ ^ Li-meutsching den Anführer ^tJ jM^ i|3 Fu-tao-tschao mit dem Auftrage, Tsch"ing-tu anzugreifen. Als Fu-tao-tschao nach Kuang-han gelangte, schlug der Donner ein und ein Stein tiel vor seinem Zelte nieder. • UauhiVost. Im Herbste des ersten Jahres des Zeitraumes Tsching- : kuan (627 n. Chr.) tödtete Rauhfrost die Saaten. In den von ; "bT JÖ King-fang verfassten Ueberlieferungen der Verwand- lungen heisst es: Wenn von Seite des Gebieters der Menschen .; Strafe eitler Weise verhängt wird, so entspricht diesem der i Himmel und macht Rauhfrost hernieder fallen. ' Im dritten Jahre desselben Zeitiaumes (^629 n. Chr.) i tödtete in den nördlichen Gränzgegenden Rauhfrost die Saaten, i Im zweiten Jahre des Zeitraumes Yung-hoei (651 n. Chr.) , : tödtete in ^ Sui, ^ Yen und anderen Landstrichen Rauh- d frost die Saaten. ' P Im achten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes ' Tiao-lu (679 n. Chr.) fiel in den fünf Landstrichen (^ + |5) < Fen, y^ King, ^. Ning, ^ Khing und ]^ Yuen Rauhfrost, .i Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes t: Tsching-sching (695 n. Chr.) tiel in g^ Mö-tscheu Rauhfrost ' und tödtete die Pflanzen. Das Gebiet von U und Yue ist i warm. Dass aber im vollkommenen Sommer Rauhfrost fällt, ist etwaS; das ehemals noch nicht vorgekommen. Seltsamlceiten und Unglück ans den Zeiten der Thang. IT. 341 Im vierten Monate des vierten Jahres desselben Zeit- 'aumes (698 n. Chr.) tödtete in ^ Yen-tscheu KauhtVost die Pflanzen. Im vierten Monate des Jahres ist das ächte Yano' md die Verwendung zu den Geschäften. Es ist das Bild dessen, lass der Gebieter der Menschen über die Welt die Güte ver- bleiten soll. Doch es ist im Gegentheil herabfallender Rauh- frost. Hierdurch gibt es kein Y^ang. Im achten Monate des zwölften Jahres des Zeitraumes Khai-yuen (724 n. Chr.) tödtete in ( */ -f i^ ) L", ^ Sui und anderen Landstrichen Rauhfrost die Saaten. Im fünfzehnten Jahre desselben Zeitraumes (727 n. Chr.) tödtete in siebzehn Landstiichen der Welt Rauhfrost die Saaten. Im siebenten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (807 n. Chr.) tödtete in (^ + P) Fen, ^ Ning und anderen Landstrichen Rauhfrost die Saaten. Im dritten Monate des neunten Jahres desselben Zeit- raumes i^814 n. Chr.), Tag Ting-mao (4), tödtete herabfallender Rauhfrost die I^Iaulbeerbäume. Im vierten Monate des vierzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (819 n. Chr.) tödtete in ( y 4- '^ ) Tse und ^ Thsing herabfallender Rauhfrost die bösen Pflanzen und das Dorngesträuch, vertilgte aber nicht die treffliche Kornfrucht. p Im achten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Pao-ll (825 n. Chr.) tödtete in ( Q^ -f j^J Fen-tscheu Rauh- ifrost die Saaten. Im Herbste des dritten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (829 n. Chr.) tödtete in ^ -^ Fung-sien und anderen Kreisen des Umkreises der Mutterstadt, im Ganzen acht an der Zahl, frühzeitiger Rauhfrost die Saaten. '.; Im Frühlinge des dritten Jahres des Zeitraumes Ta-tschung (849 n. Chr.) tödtete herabfallender Rauhfrost die Maulbeer- bäume. Im Frühlinge des ersten Jahres des Zeitraumes Tschung-ho (881 n. Chr.) war Rauhfrost. Im Herbste tödtete in Ho-tung frühzeitiger Rauhfrost die Saaten. 34:2 Pfizmaifr. Hafijel. Im Herbste des vierten Jahres des Zeitraumes Tsching- kuan (630 n. Chr.) fiel in ^ Tan, ^ Yen, in dem nörd- lichen f^ Yang und anderen Landstrichen Hagel. Im fünften Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Hien-khing (857 n. Chr.) fiel in ^ Tlisang-tscheu grosser I Hagel. Es geschah, dass Menschen von ihm erschlagen wurden. (Ü Im vierten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes i Hien-hiang (670 n. Chr.), Tag Keng-wu (7), fiel in Z^ Yung- i tscheu grosser Hagel. ' Im vierten IMonate des zweiten Jahres desselben Zeit- ti raumes (671 n. Chr.), Tag Meu-tse (25), fiel grosser Hagel ^\ mit Donner und Blitz. Der Sturm zerbrach Bäume und warf I drei Habichtschweife des Thores ^|j ^ Tsi-thien herab. Die früheren Gelehrten hielten dafür, der Hagel sei die | Bedrohung des Yang durch das Yin. Sie sagten ferner: Wenn ' der Gebieter der Menschen ungern seine Fehler hört, wenn i er die weisen Männer niederhält, von dem Unrecht Gebrauch \\ macht, so ist Hagel zugleich mit Regen vorhanden. Wenn er 1 der Verleumdung glaubt, die Schuldlosen tödtet, so fällt Hagel •: herab, zerstört Ziegeldächer, zertrümmert Wagen, tödtet Rinder J und Pferde. Im fünften Monate des ersten Jahres des Zeitraumes -i Yung-tschün (682 n. Chr.), Tag Jin-yin (39), fiel in ^ Ting- ; tscheu grosser Hagel. Er vertilgte die Weizenähren und die :» Maulbeerbäume. |^ Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes i Thien-scheu (691 n. Chr.), Tag Keng-sö (47), fiel in |^ Hiü- k tscheu grosser Hagel. }i Im zweiten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes • Tsching-sching (695 n. Chr.), Tag Kuei-mao (40), fiel in |^ i Hoä-tscheu grosser Hagel. Er tödtete Schwalben und Sperlinge. \ Im ersten Jahre des Zeitraumes Schin-kung (697 n. Chr.) \ hatten die zwei Landstriche ^ Kuei und «^ Sui Hagel- ;• schaden. Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes i Sching-li (698 n. Chr.), Tag Kiä-wu (31), fiel in "^ Thsao- ; tscheu grosser Hagel. i 'i Seltsamkeiten und Unglüclc ans den Zeiten der Thang. II. o4o Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Kieu-schi (700 n. Clir.), Tag Ting-hai (24), fiel in ^ Thsao- tscheu grosser Hagel. Im achten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes Tschang-ngan (703 n. Chr.) fiel in der ]\Iutterstadt grosser : Hagel. Es geschah, dass Menschen und Hausthiere erfroren. Im vierten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Schin-lung (705 n. Chr.), Tag Jin-tse (39), fiel in dem Kreise [^ ^ Thung-kuan in Yung-tscheu grosser Hagel. Er tödtete Vögel und vierfüssige Thiere. Im vierten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes King-lung (707 n. Chr.), Tag Ki-sse (6), fiel in Thsao-tscheu I grosser Hagel. Im ersten Monate des zweiten Jahres desselben Zeit- raumes (708 n. Chr.), Tag Ki-mao (16), fielen in ^ Thsang- tscheu Hagelkörner von der Grösse der Hühnereier. Im zwölften Monate des achten Jahres des Zeitraumes Khai-yuen (720 n. Chr.), Tag Ting-wi (44), fiel in }§ Hoa- tscheu grosser Hagel. Im fünften Monate des zwei und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (734 n. Chr.), Tag Meu-tschin (5), erhob sich in "ya ^ Wei-nan und anderen Kreisen des Umkreises der Mutterstadt, sechs an der Zahl, ein Sturmwind mit Blitz und schädigte den Weizen. ' Im fünften Monate des siebenten Jahres des Zeitraumes Ta-li (772 n. Chr.), Tag Yi-yeu (22), war Hagelschaden. Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tsching-yuen (786 n. Chr.), Tag Ping-tse (13), fiel starker Regen mit Blitz. Im zweiten Monate des siebzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (801 n. Chr.), Tag Ting-yeu (34), fiel Hagel. An dem Tage Ki-hai (36) fiel Rauhfrost. An dem Tage Meu-schin (45) erfolgten in der Nacht Donnerschläge und fiel Hagel. An dem Tage Keng-sö (47) fiel grosser Schnee und es blitzte. Im fünften Monate desselben Jahres, Tag Meu-yin (15), vertilgten in dem Kreise -^ 0^ Hao-tschi Sturm und Hagel den Weizen. * Der Hagel wird hier, wie unten noch einmal, nicht erwähnt. 344 Pf 1 z ni a I e r. Im siebenten Monate des achtzehnten Jahres desselben Zeitraumes (802 n. Chr.), Tag Kuei-yeu (10), fiel grossei Hagel. Im ersten Jahre des Zeitraumes Yuen-ho (806 n. Chr.) hatten ( J^ 4" jJ) Feu, j^ Fang und andere Landstriche Hagelschaden. Im Herbste des zehnten .lahres desselben Zeitraumes (815 n. Chr.) vertilgten in Feu, Fang und anderen Landstrichen Sturm und Hagel die Saaten. Im Sommer des zwölften Jahres desselben Zeitraumes (817 n. Chr.) fiel in Ho-nan Hagel. Es geschah, dass INIenschen von ihm erschUxgen wurden. Im dritten Monate des fünfzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (820 n. Chr.) schädigte in dem Umkreise der Mutter- stadt, in fe 2pl Hing-ping, ^ Thsiuen und anderen Kreisen Hagel den Weizen. Im sechsten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Tschang-khing (824 n. Chr.), Tag Keng-yin (27), fielen in der Mutterstadt Hagelkörner von der Grösse der Armbrustkugeln. Im Herbste des vierten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (830 n. Chr.) hatten Feu, Fang und andere Landstriche Hagel- schaden. Im Sommer des fünften Jahres desselben Zeitraumes (831 n. Chr.) fiel in dem Umkreise der Mutterstadt, in ^ -^ j HU — *— . '^■^ y\j ' Fung-sien, yS '&a Woi-nan und anderen Kreisen Hagel. Im Herbste des zweiten Jahres des Zeitraumes Khai- tsch'ing (837 n. Chr.) vertilgte in Ho-nan Hagel die Saaten. Im siebenten Monate des vierten Jahres desselben Zeit- raumes (839 n. Chr.) war in ^ Tsching, ^ Hoä und fl anderen Landstrichen Sturm und Hagelschlag. Im sechsten Monate des fünften Jahres desselben Zeit- i raumes (840 n. Chr.) fielen in ( ') + -^ ) Pö-tscheu faust- i grosse Hagelkörner. Sie tödteten sechs und dreissig Menschen ,3 und eine grosse Menge Rinder und Pferde. > Im Herbste des ersten Jahres des Zeitraumes Hoei-tsch'ang E (841 n. Chr.) fiel in g Teng-tscheu Hagel. In ^ ^ ^ Wen-teng war es am ärgsten. Der Hagel zertrümmerte Dach- j ^iegel und vertilgte die Saaten, i Seltsamkeiten und T'nglöok aus den Zuiten der Thang. M. 34o Im Sommer des vierten Jahres desselben Zeitraumes (844 n. Chr.) fielen Hagelkörner von der Grösse der Armbrust- kugeln. Im fünften Monate des sechsten Jahres ' des Zeitraumes Khien-fu (879 n. Chr.), Tag Ting-yeu (34), übergab man den vorgesetzten Dienern ]S JA ( ^ + ^) Teu-lu-tsehuen und -£ ( y + /(j) Thsui-hang durchgängig ihre Aemter. Der Hof der eingerichteten Vorhalle war von Dunst und Nebel an allen vier Seiten versperrt. Als die hundert Obrigkeiten reihen- weise in der Halle der Sachen der Lenkung Glück wünschten, lielen Hagelkörner von der Grösse der Aenteneier. Ein Sturm mit Donner und Regen riss die Bäume aus. Im vierten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Kuang-ming (880 n. Chr.), Tag Kiä-schiu (21), an dem Tage des Neumonds, tiel in ^ Jü-tscheu starker liegen. Der Sturm riss von zehn Bäumen der Strassen und Durchwege zwei bis drei aus. In der östlichen Hauptstadt erhoben sich Wolken im Nordwesten. Ein Sturmwind folgte ihnen und von zehn alten Sophorabäumen des Weges innerhalb und ausserhalb des Thores des langen Sommers wurden fünf bis sechs ausgerissen. Die Habichtschweife der Paläste und Vorhallen fielen herab. Es fielen Hagelkörner von der Grösse der Weinbecher. Die Vögel und vierfüssigen Thiere gingen an den Flüssen und Sümpfen zu Grunde. Unheil des Schwarzen, Vorbedeutung des Schwarzen. Im zwölften Älonate des zweiten Jahres des Zeitraumes Ta-li (767 n. Chr.), Tag Meu-so (35), überwallte schwarze Luft wie Staub in der nördlichen Gegend. Schwarze Luft ist Schädigung durch das Yin. Im siebenten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Tsching-yuen (788 n. Chr.) war von |^ Sehen bis Ho-yin 1 In der Kaisergeschiclite des Buches der Thang wird das fünfte Jahr genannt. 346 Pfizmaier. das Wasser des Flusses schwarz. Es floss in den ^ Pien bis an den Fuss der Feste von ^f\ Pien-tscheu, Nach einer- Nacht floss es wieder zurück. Die Deutung sagt: Wenn die Gesetze streng, die Strafen grausam sind, so verletzt man die Eigenschaft des Wassers,' Die fünf Grundstoffe verändern ihr Mass, das Yin und Yang stellen sich einander entgegen, die Farbe der Luft ist verwirrt und unordentlich. Dieses alles sind Bilder der Vernichtung und des Aufruhrs. Im vierzehnten Jahre desselben Zeitraumes (798 n. Chr.) zeigte sich in j^ Jün-tscheu schwarze Luft gleich einer Ufer- bank. Sie breitete sich von dem Berge von y^ P^ llai-men schräg in dem Strome und ragte zugleich mit dem Berge :j(^ [^ Pe-ku empor. Ferner zeigte sich weisse Luft gleich einem Regenbogen. Sie kam von ^ M| Kin-schan hervor und vermengte sich mit der schwarzen Luft. Als der Morgen an- brechen wollte, war es vergangen. Im ersten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (830 n, Chr.), Tag Jin-yin (39), zeigte sich schwarze Luft gleich einem Gürtel. Sie begränztc im Osten und Westen den Himmel. Im siebenten Monate des vierzehnten Jahres des Zeit- raumes Hien-thung (873 n. Chr.) gelangte Kaiser Hi-tsung zu seiner Rangstufe. An diesem Tage legte sich schwarze Luft gleich einer Schüssel von dem Himmel an den Hof der Vor- halle -^ jr Han-yuen. Feuer schädigt das Wasser. Im zweiten Monate des neunten Jahres des Zeitraumes Wu-te (626 n. Chr.) war in ^ P'u-tscheu der Fluss klar. ^. iv^ Siang-kiai hielt dafür, der Fluss sei das Bild der Lehensfürsten. Die Klarheit sei Nachahmung des Lichtes des Yang. SeltsamVeiten und Unglück aus den Zeiten der Thang. II. 347 Im zweiten Monate des vierzehnten Jahres des Zeitraumes Tsching-kuan (640 n. Chr.) war in [öj^ Schen-tscheu und ^ Thai-tscheu der Fluss klar. Im ersten Monate des sechzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (642 n. Chr.) war in "^ Hoai-tscheu der Fluss klar. Im zwölften ]Monate des siebzehnten Jahres desselben Zeitraumes (643 n. Chr.) war in Mj Tsching-tscheu und j^S* Hoä-tscheu der Fluss klar. Im vierten Monate des drei und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (649 n. Chr.) war in ^« Ling-tscheu der Fluss klar. Im ersten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Yung- hoei (650 n. Chr.) war in |^ Thsi-tscheu der Fluss klar. Im zwölften Monate des zweiten Jahres desselben Zeit- raumes (651 n. Chr.) war in ^^ Wei-tscheu der Fluss klar. Im sechsten Monate des fünften Jahres desselben Zeit- raumes (654 n. Chr.) war in ^^ Thsi-tscheu der Fluss auf einer Strecke von sechzehn Li klar. Im Sommer des zweiten Jahres des Zeitraumes Tiao-lu (680 n. Chr.) war in ^ Fung-tscheu der Fluss klar. Im Anfange des Zeitraumes Tschang-ngan (701 n. Chr.) Üoss in ^ Li, ^ Thsiuen und j;^ Fang das Wasser in den Brunnen der Wohngebäude der Kaisertochter von Thai- ping über. Ferner versiegte in Ar: Ping-tscheu, in dem Kreise ^C ^1^ Wen-schui das Wasser des ^j^ Yeu. Die Brunnen des Geschlechtes Wu flössen über. Im dritten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Schin-lung (706 n. Chr.), Tag- Jin-tse (49), war sieben Li östlich von der Feste von Lö-yang die Farbe der Erde gleich dem Wasser. Bäume, Wagen und Pferde spiegelten sich reihen- weise ab. AUmälig rückte es weiter bis zu der Hauptstadt. Nach einem Monate Avar es verschwunden. In den Strassen von Tschang-ngan sah man hier und dort Abspiegelung im Wasser. Einst, als ^ ^ Fu-kien sterben sollte, war dieses in Tschang-ngan gewesen. Im dritten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes King-lung (710 n. Chr.), Tag Keng-schin (57), floss in der Mutterstadt das Wasser der Brunnen über. Die Deutung sagte: 348 Pfizmaier. Der Gebieter ist unglücklich. — Sie sagte ferner: Die Krieger werden sich erheben. Im achten Älonate des zwei und zwanzigsten Jahres des Zeitraumes Khai-yuen [ISA n. Chr.) • sprudelte und wogte es in einem alten Brunnen des Tempels des gelben Kaisers. Im fünften Monate des fünf und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (737 n. Chr.) war in ( */ + ^) Tse- tsclieu und Ti-tscheu der Fluss klar. Im neun und zwanzigsten Jahre desselben Zeitraumes (741 n. Chr.) waren in Pö-tscheu bei dem Tempel Lao-tse's neun Brunnen vertrocknet gewesen und sprudelten wieder. Im siebenten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Khien-yuen (759 n. Chr.) war in ^ Lan-tscheu und an dem Engpasse des Flusses der Fluss klar wie Brunnenwasser. In vier Tagen war es verändert. Im neunten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Pao-ying (762 n. Chr.), Tag KiA-wu (31), war in ^ Thai- tscheu bis [^ Sehen-tscheu »luf einer Strecke von mehr als zweihundeit Li das Wasser des Flusses klar. Es war durch- sichtig und man sah den Boden. Am Ende des Zeitraumes Ta-li (779 n. Chr.) war in »^ Schin-tscheu, in dem Kreise ^ J^ Tschö-lö eine Ab- spiegelung im Wasser in einer Liinge von sieben bis acht Schuhen. Wenn man aus der Ferne liinblickte, sah man Pferde und Menschen gehen und kommen, als ob sie sich in dem Wasser befänden. Wenn man davor gelangte, sah man kein Wasser. Im fünften Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Kien-tschung (783 u. Chr.), Tag Yl-sse (42), war in }§ Hoä- tscheu und ( y - ^ ) Pö-tscheu der Fluss klar. Im fünften I\Ionate des vierzehnten Jahres desselben Zeitraumes i793 n. Chr.), ' in einem Schaltmonate, Tag Yl- tsch'eu (2), war in |?*a* Hoä-tscheu der Fluss klar. 1 Dieses Jahr würde, wenn der Name des Zeitraumes richtig gesetzt ist, dasselbe Jahr sein, welches allgemein als das neunte des Zeitraumes Tsching-yuen bezeichnet wird. Sonst vertheilt sich der Zeitraum Kien- tschung nur auf vier Jahre, Seltsamkeiten und Unglück ans den Zeiten der Thang. 11. 349 Im Sommer des ein und zwanzigsten Jahres des Zeitraumes Tsching-yuen (805 n. Chr.) ' ging in Yiu'-tsclieu das Wasser des Spiegelsees zu Ende. In diesem Jahre kämpfte in ^H Lang- tseheu das Wasser der fünf Bäche von ^tl "^ Hiung-wu. Die Deutung sagte: Wenn Beige stürzen, Flüsse aus- bleiben, geht das Reich gewiss zu Grunde. Sie sagt ferner: Die Oberherren der Gegenden lenken mit Gewalt. Die Selt- samkeit dessen ist Kämpfen des Wassers. Im Sommer des zweiten Jahres des Zeitraumes Khai- tsch'ing (837 n. Chr.) war Dürre. Der umkreisende Fluss in ^ Yang-tscheu blieb aus. Im ersten Monate des achten Jahres des Zeilraumes Ta- tschung (H54 n. Chr.) war in [J^ Schen-tscheu der Fluss klar. Im siebenten Monate des achten Jalncs des Zeitraumes Hien-thung (867 n. Chr.) regnete es zu ~K 5|5 Pei in |^ Sse-tscheu heisses Wasser. Es tödtete Vögel und Sperlinge. Wenn das Wasser an dem Feuer siedet, kann es Wesen ver- letzen. Es war nahezu Schädigung des Wassers durch das Feuer. Der Regen kommt von oben herab. Vögel und Sper- linge sind das Bild des Volkes. Im Herbste des dritten Jahres des Zeitraumes Tschung-ho (883 n. Chr.) drang das Wasser des f^ Pien in das Wasser des Hoai und kämpfte. Es zerstörte mehrere Schiffe. Im Sommer des ersten Jalires des Zeitraumes Kuang- ming (880 n. Chr.) trocknete in ;Hr Jü-tscheu der Drachen- teieh des Berggipfels (\\\ + ^) ^ Hien-yang aus. Es war nahezu Erschöpfung des Berges. Das beständige Yiu. Im vierten Jahre des Zeitraumes Tschang-ngan (704 » n. Chr.) war von dem neunten Monate des Jahres langwieriger Regen und Dunkelheit bis zu dem ersten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Schin-lung (705 n. Chr.). * Dieses Jahr wird sonst als das erste uud einzige des Zeitraumes Yung- tschin^ bezeichnet. 350 Pfizmaier. Im Herbste des ein und zwanzio^sten Jahres des Zeit- raumes Tscliing-yuen (SOi') n. Ohr.) war Monate hindurch Dunkelheit und langwieriger Regen. Im ersten Monate des fünfzehnten Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (820 n. Chi-.) war von dem Tage Keng-tschin (17) bis zu dem Tage Ping-schin (33) am Tage beständige Dunkel- heit und es fiel schwacher Schnee. In den Nächten heiterte es sich auf. Die Deutung sagte : Am Tage Nebel, in der Nacht heiter. Der Vorsatz des Dieners erlangt Ausbreitung. Im siebenten Monate des vierzehnten Jahres des Zeit- raumes Hien-thung (873 n. Chr.) war in ^^ Ling-tscheu Dunkelheit. Im Herbste des sechsten Jahres des Zeitraumes Khien-fu (879 n. Chr.) waren viele Wolken und Nebel. Es war dunkel nach Tagesanbruch. Als die Zeit M^ pb Yü-tschung ' kam, löste es sich. Im Herbste des ersten Jahres des Zeitraumes Kuang-khi (885 n. Chr.) war in Ho-tung starke Umwölkung und Nebel. Im Sommer des nächsten Jahres häufte sich am Tage Dunkel- heit durch sechzig Tage. Im eilften Monate des zweiten Jahres desselben Zeit- raumes (886 n. Chr.) war in Hoai-nan Dunkelheit und fiel Schnee. Bis zum zweiten Monate des nächsten .Jahres Hess es nicht nach. Im Sommer des zweiten Jahres des Zeitraumes King-fö (893 n. Chr.) war fortgesetzte Dunkelheit durch mehr als vierzig Tage. Nebel. Im neunten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Tschang-scheu (692 n. Chr.j, Tag Meu-sö (35), waren die vier Gegenden von gelbem Nebel verschlossen. Der Nebel ist die Luft der hundert unrechten Dinge. Es ist die Verdeckung des • Der Stand der Sonne in der Stunde pj ^se (von 9 bis 11 Uhr Morgens). Seltsamkpiten und Unglüok ans den Zeiten der Thang. Tl. 3ol Yano; durch das Yin. Er luit seinen Grund in der Erde und entspricht dem Himmel. Gelb ist die Erde. Die Erde ist der Palast der Mitte. Im achten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Schin-lung (706 n. Chr.), Tag Kiä-sö (11), war gelber Nebel. Bei Dunkelheit und Trübung regnete es nicht. Im ersten Monate des dritten Jahres desselben Zeitraumes (707 n. Chr.), Tag Ting-mao (4), waren die vier Gegenden von gelbem Nebel verschlossen. Im eilften Monate desselben Jahres, Tag Kiä-yin (41), waren nach Sonnenuntergang die vier Gegenden von dunklem Nebel verschlossen. Nach zwei Tagen hörte es auf. Die Deu- tung sagte : Der Nebel wird Tage hindurch nicht zertheilt. Das Reich ist zerrüttet. Im ersten Monate des fünften Jahres des Zeitraumes Khai-yuen (717 n. Chr.), Tag Meu-tschin (5), waren die vier Gegenden von gelbem Nebel verschlossen. Im vierzehnten Jahre des Zeitraumes Thien-pao (7.5.5 n. Chr.), im dritten Monate des Winters, entstand anhaltender Nebel. Es war so dunkel, dass man weiter als zehn Schritte die Menschen nicht sah. Dieses nennt man : Dunkelheit am hellen Tage. Die Deutung sagte : Man zerstört das Reich. Im vierten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tschi-te (757 n. Chr.) belagerte ^ ^ ( J x -g j Wu- ling-siün, Anführer der Räuber, die Stadt Nan-yang. Die vier Gegenden waren von weissem Nebel verschlossen. Im vierten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Schang-yuen (760 n. Chr.), in einem Schaltmonate, war starker Nebel. Die Deutung sagte : Die Kriegsleute erheben sich. Im dritten Monate des zehnten Jahres des Zeitraumes ,Tsching-yuen (794 n. Chr.), Tag Yi-hai (12), waren die vier Gegenden von gelbem Nebel verschlossen. Die Sonne war glanzlos. Im eilften Monate des neunten Jahres des Zeitraumes Hien-thung (868 n. Chr.) belagerte jSä Mjl Pang-hiün den Landstrich i^ Siü. An dem Tage Kiä-tschin (41) war Ver- schliessung durch starken Nebel bis zu dem Tage Ping-wu (44). Im Winter des vierten Jahres des Zeitraumes Kuang-hoa (901 n. Chr.) befand sich Kaiser Tschao-tsung in dem Inneren 352 Pfizmaier. des Ostens. Innerhalb des Thores ^ f^^ Wu-te waren die vier Gegenden von Rauch und Nebel verschlossen. Ausser- halb des Thores war die Farbe der Sonne glänzend weiss. Regenbosjeii. Im Anfange des Zeitraumes Wu-te (Gl 8 n. Chr.) ver- theidiijte ^ ^' ^ Yao-kiün-su, Anlührer von Sui, deni Landstrich ^ P'u. Ein weisser Regenbogen Hess sich in der Mitte der Feste nieder. Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Thang-lung (71U n. Chr.), Tag Meu-tse (2ö\ breitete sich ein Regenbogen über den Himmel. Der Regenbogen ist das Ge- spenst des Nössels. ' üie Deutung sagte: Kaiserin uml Königin bedrohen im Geheimen den Königsherrscher. — Sie sagte ferner: Fünf Farben kommen wechselnd heian, sie beleuchten Palast und Vorhalle. Es gibt Krieg. Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Yen-ho (712 n. Chr.) stellte sich J^ (j+^j Sün-thsiuen, allgemeiner Beaufsichtiger von [^ Ycu-tscheu, an die Spitze der Krieger und machte einen Einfall in ^S Ili. Er wollte über die Gränze der Räuber diingen. Ein weisser Regenbogen senkte das Haupt zu dem Thore des Kriegsheeres herab. Die Deutung sagte : Darunter ist fliessendes Blut. Im ersten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Tschi-te (757 n. Chr.), Tag Ping-tse (13), zeigten sich in Nan- yang in der Nacht vier weisse Regenbogen. Sie breiteten sich in der Höhe mehr als hundert Klafter weit. Im zwölften Monate des dreizehnten Jahres des Zeit- raumes Yuen-ho (818 n. Chr.), Tag Ping-tschin (53), zeigte sich ein weisser Regenbogen von fünf Schuh Breite. Er brei- tete sich im Osten und Westen über den Himmel. ' Das Sternbild des grossen Bären, welches sonst das nördliche Nössel genannt wird. Seltsamtciten und Unpliick aas den Zeiten der Thang. II. 353 Im ersten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Hoei-tsch'ang (844 n. Chr.), Tag Ki-yeu (46), zeigte sich in der Gegend des Westens ein weisser Regenbogen. Im siebenten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Hien-thung (860 n. Chr.), Tag Ki-yeu (46), an einem Tage des Neumonds, breitete sich ein weisser Regenbogen quer über die westliehe Gegend. Im siebenten Monate des neunten Jalires desselben Zeit- raumes (868 n. Chr.), Tag Meu-s»') (23), breitete sich ein weisser Regenbogen quer über die Gegend des Westens. Im neunten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Kuang-khi (886 n. Chr.) zeigte sich ein weisser Regenbogen in der Gegend des Westens. Im zehnten Monate desselben Jahres, Tag Jin-tschin (29), war in der Nacht wieder dasselbe. Im dritten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes Thien-fö (903 n. Chr.), Tag Keng-schin (57), befand sich ein gekrümmter Regenbogen im Nordosten der Sonne. Ausartung der Drachen und Schlaugen. Im siebenten Monate des achten Jahres des Zeitraumes Tsching-kuan (634 n. Chr.) zeigte sich in |^ ;^ Lung-yeu häufig eine grosse Schlange. Die Schlange ist ein glückliches Vorzeichen des Mädchens. Gross ist etwas haben^ wodurch es ein Bild ist. Ferner zeigte sich in ]^ Fen-tscheu ein grüner Drache. Derselbe spie etwas in die Luft. Es war hellglänzend wie Feuer und fiel auf die Erde herab. Die Erde brach ein. Als man nachgrub, fand man himmelfarbenes Metall, welches einen Schuh breit und sieben Zoll lang war. Im fünften Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Hien-khing (657 n. Chr.), Tag Keng-yin (27), zeigten sich fünf Drachen an der Quelle der Kaiserin in ifcj^ Khi-tscheu. Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Sien-thien (713 n. Chr.) kam in der Mutterstadt unter der Umschliessung der Halle des Hofes eine grosse Schlange hervor, Sitiungsber. d. phil.-hist. Ol. XCVI. Bd. IL Hft. 23 354 Pfizmaier. welche über eine Klafter lang war. Ein grosser Frosch gleich einer Schüssel und mit Augen roth wie Feuer kämpfte mit ihr. Plötzlich kroch die Schlange in einen grossen Baum, der Frosch sprang in das Gras. Schlange und Frosch sind von dem Geschlechte des Yin. Sie kommen in der Halle des Hofes hervor. Dieses ist nicht ihr Ort. Im sechsten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Khai-yuen (716 n. Chr.) kämpfte in ( ^ + P ) Tschin-tscheu an dem Fusse des Berges des Pferdegipfels eine weisse Schlange mit einer schwarzen Schlange. Die weisse Schlange war sechs bis sieben Schuh lang. Sie verschlang die schwarze Schlange. Indem diese in den Bauch gelangte, floss aus ihrem Rachen und ihren Augen Blut. Die schwarze Schlange war über eine Klafter lang. Ihr Kopf durchbohrte den Bauch der weissen Schlange und trat heraus. Beide waren zugleich todt. In dem Zeiträume Thien-pao (742 — 755 n. Chr.) war in Lö-yang eine grosse Schlange, welche über eine Klafter hoch und hundert Schuh lans: war. Sie kam an dem Fusse des Berges ^ Mang hervor. Ein Bonze von Hu sah sie ohne Furcht und sagte: Diese will das Wasser ableiten und die Feste des Lo zu einem Pfuhle machen. — Sofort beschwor er sie nach der Vorschrift von Thien-tschö. In einigen Tagen war die Schlange todt. Im siebenten Monate des vierzehnten Jahres desselben Zeitraumes (755 n. Chr.) kämpften zwei Drachen im Westen der Feste von Nan-yang. i In den Verwandlungen heisst es bei ^ Khuen : Obeö sechs. Der Drache kämpft in der Wildniss. — Die W^orte der Schrift sagen: Das Yin ist gleich dem Yang, es kämpft gewiss. Im achten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Tschi-te (756 n. Chr.), am Tage des Neumonds, war in Tsch'ing-tu in dem Ahnentempel a{^ k Tsch'ang-jin eine Schlange mit fleischigen Hörnern zu sehen. Im dritten Monate des zweiten Jahres desselben Zeit- raumes (757 n. Chr.) kämpften Schlangen vor dem Thore von Nan-yang. Eine Schlange blieb todt, eine Schlange erklomm die Stadtmauern. Im Sommer des zweiten Jahres des Zeitraumes Kien- tschung (781 n. Chr.) war im Norden von vj^ ^ Scha-ho Seltsamkeiten unr Thaiis,'. II. 355 in dem Kreise ^^ ^- Ning-tsin, Landstrich Tsehao-tscheu, ein Holzbirnbaum sehr blätterreich. Das Volk opferte ihm und hielt ihn für einen Gott. Da geschah es, dass mehrere Hunderte und Tausende von Schlangen aus Osten und Westen kamen. Diejenigen, welche zu der nördlichen Bergtreppe eilten, sammelten sich um den Holzbirnbaum und bildeten zwei Haufen. Diejenigen, welche an der südlichen Bergtreppe verblieben, bil- deten einen einzigen Haufen. Plötzlich erschienen drei Schild- kröten von einem Zoll im Durchmesser und umwandelten die Haufen. Die Schlangen starben sämmtlich, und die Schild- kröten bestiegen dann je einen Haufen. Die Landleute be- richteten, in den Bäuchen der Schlangen seien Geschwüre gewesen, als ob sie von Pfeilen getroffen worden wären. Der stechende Vermerker j^ Q ^ Khang-je-tschi bildete die Sache ab. Er kam mit den drei Schildkröten und bot sie zum Geschenke. Im neunten Monate des vierten Jahres desselben Zeit- raumes (783 n. Chr.), Tag Meu-yin (15), zeigte sich ein Drache in dem Graben der Feste von ^Hr Jü-tscheu. Der Drache ist das Bild des grossen Menschen. Dasjenige, wo er sich verbirgt, ist der Abgrund der Wasser. Dasjenige, wohin er fliegt, ist der Himmel. In dem Graben der Feste verfehlt er seinen Ort. " Am Ende des Zeitraumes Tsching-yuen (804 n. Chr.) fand man in -^ Tse-tscheu einen Drachen von mehr als einer Klafter Länge. ;a^ ^^ Wei-kao. untersuchender und be- messender Abgesandter von ^ l(j Si-tschuen, schloss ihn in eine Kiste und machte ihn zum Geschenke. Den hundert Geschlechtern wurde der Anblick gestattet. Nach drei Tagen wurde der Drache angeräuchert und starb. Im sechsten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (828 n. Chr.), Tag Ting-tsch'eu (14), kämpften im Nord- westen Drachen. Im dritten Jahre desselben Zeitraumes (829 n. Chr.) kämpfte vor dem Thore von Tsch'ing-tu ein Drache mit einem Rinde. Im ersten Jahre des Zeitraumes Khai-tsch'ing (836 n. Chr.) »eriethen in dem Palaste eine Menge Schlangen mit einander n Kampf. 23* ¥ ¥ 356 Pfizmai^T. Im neunten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes Kuang-hoa (900 n, Chr.) kämpften in ^ Hang-tscheu Drachen in dem Strome ^ Tsche. Das Wasser trat aus und zer- störte Hütten und Behausungen der Menschen des Volkes. Die Deutuno- war dieselbe wie in dem vierzehnten Jahre des Zeitraumes Thien-pao (755 n. Chr.). Im Winter des zweiten Jahres des Zeitraumes Kuanjo-khi (886 n. Chr.) zeigten sich zu jig- :^ Lö-kiao in ( Jg J |J) Feu-tscheu Schlangen in der verschlossenen Abtheilung des s Kreises. Sie zeigten sich nochmals in der verschlossenen Ab- i, theilung des Landstrichs. Die Schlange, wenn es Winter ist, > verkriecht sich. Die Verwandlungen sagen : Drachen und . Schlangen verkriechen sich, um sich zu erhalten. Pferdeunglück. Im fünften Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes I-ning (618 n. Chr.), Tag Meu-schin (45), wuchsen einem Pferde Hörner von zwei Zoll Länge. Sie hatten noch kein Fleisch, i Hörner sind das Bild der Waffen. Im zehnten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes ' W^u-te (620 n. Chr.) wuchsen einem Pferde ^ ^ Wei-tsi's, i bei ^ -fy- "#■ W^ang-schi-tschung fälschlich V^orstehers des i Pfeilschiessens zur Linken, an dem Nacken Hörner. ' Im zweiten Jahre des Zeitraumes Yung-lung (681 n. Chr.) j war unter den Pferden der beaufsichtigenden Hirten grosse j Sterblichkeit. Es verendeten im Ganzen achtzehnmal zehn- i tausend Stück. Die Pferde sind die kriegerische Vorkehrung j des Reiches. Der Himmel entfernt dessen Vorkehrung. Das I Reich wird in Gefahr schweben und zu Grunde gehen. I Im Anfange des Zeitraumes Wen-ming (684 n. Chr.) I brachte in Sin-fung ein Pferd ein Junges mit zwei Köpfen l zur Welt. Diese befanden sich auf einem gemeinschaftlichen i Seltsamkeiten und Uuglück ans den Zeiten der Than^'. II. 357 Halse und hatten je Mund und Nase. Es verendete nach der Geburt. Ferner brachte in Hien-yang ein Pferd einen Stein von der Grösse eines Nössels zur Welt. Derselbe war oben dünn und hatte hellgrüne Haare. Beides war Pferdeunglück. Im fünften Monate des zwölften Jahres des Zeitraumes Khai-yuen (724 n. Chr.) machte Thai-yueu ein merkwürdiges Füllen zum Geschenke, Dasselbe hatte zu beiden Seiten je sechzehn Rippen. Der Schweif war haarlos. Im fünf und zwanzigsten Jahre desselben Zeitraumes (737 n. Chr.) brachte in (•/-f^) Pö-tscheu ein Pferd ein Junges mit fleischernen Hörnern zur Welt. Im dritten Monate des neun und zwanzigsten Jahres desselben Zeitraumes (741 n. Chr.) machte ^ g Li-yung, stechender Vermerker von "^ Hoä-tscheu, ein Pferd zum Geschenke. Dasselbe hatte wirres fleischiges Kopfhaar und schuppiges Brustfleisch. Sein Gewieher war nicht pferdeartig. Es ging in einem Tage dreihundert Li weit. Im fünften Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Kien-tschung (783 n. Chr.) wuchsen in ^*a* Hoä-tscheu einem Pferde Hörner. Im achten Monate des neunten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (835 n. Chr.) trank in ^ ^ Yi-ting ein Pferd Wasser und gab dabei durch Erbrechen eine Perle von sich. Man machte sie zum Geschenke. Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Khai-tsch'ing (836 n. Chr.) wuchsen in jj^ Yang-tscheu einem Pferde Hörner, welche einen Zoll und vier Linien lang waren. Im vierten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Hoei- tsch'ang (841 n. Chr.) bi-achte in j^ Kuei-tscheu ein Pferd ein Füllen mit drei Füssen zur Welt. Dasselbe war im Stande, der Heerde auf die Weide zu folgen. Im dritten Jahre des Zeitraumes Hien-thung (862 n. Chr.) wuchsen in (Jyk -|- K ) Tschin-tscheu einem Pferde Hörner. Im eilften Jahre desselben Zeitraumes (870 n. Chr.) brachte zu ^^ Ji^ Khin-schang in f^ Tsin-tscheu und in 5^ j\\ Ho-tschueu ein Hengst ein Junges zur Welt. Ein jedes verendete. OOo Pfizmaier. In den von King-f'aug verfassten Ueberlieterungen voü den Verwandlungen heisst es: Die Oberhenen der Gegenden theilen sich in die Macht. Als Ungeheuerlichkeit dessen bringt der Hengst Junge zur Welt. Im zweiten Jahre des Zeitraumes Khien-fu (875 n. Chr.) brachte in Ilo-pe ein Pferd einen Menschen zur Welt. Im neunten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Tschung-ho (S81 n. Chr.) bi-achtc in Tschang-ngan ein Pferd einen Menschen zur Welt. Die von King-fang vei-fassteu Ueberlieferuugen von den Verwandlungen sagen : Die Lehensfürsten bekämpfen einander, m Als Ungeheuerlichkeit dessen bringt das Pferd einen Menschen i zur Welt. — Man sagte auch : Die Menschen gehen in die Ver- bannung. Im zweiten Monate des zweiten Jahres dessell)en Zeit- raumes (882 n. Chr.) wuchsen zu Kia-liing in ^^ 8u-tscheu einem Pferde Hörner. Im Sommer des zweiten .Jahres des Zeitraumes Kuang-khi (88H n. Chr.), vierter Monat, befand sich Kaiser Hi-tsung in Fung-thsiang. Die Schweife der Pferde schnallten und waren l struppig wie Besen. Schnallen ist das Bild des Zornes. \ Im ersten Jahre des Zeitraumes Wen-tc (888 u. Chr.) li machte ^ß "^ W Li-khe-yung zwei Pferde zum Geschenke. | Die Fussgelenkc und Kniee derselben hatten Mähnen von fünf ä Zoll Länge. Die Hufe waren gleich siebenzölligen Schüsselchen. iC I Uuiichtheiten der Meuscheu. Im vierten Jahre des Zeiträume» Wu-te (621 n. Chr.) starb in Thai-vuen die Nonne ^ ® Tschi-kio. In zehn l Tagen wurde sie Avieder lebendig. Im neunzehnten Jahre des Zeitraumes Tsching-kuan (645 n. Chr.) wuchsen auf dem Haupte ^J ^ ^ Lieu-tao-ngan's, eines Menschen von ^^ Wei, fleischerne Hörner. Man sah r Seltsamkeitpii und Unglück aus den Zeiten der Tbang. II. 359 in der Verborg-enheit das Ungewöhnliche. Dadurch berückte er die Menge. Er bekannte und wurde hingerichtet. Hörner sind das Bihl der Wafien. Fleisch ist etwas, womit man nicht anfallen kann. Im sechsten Jahre des Zeitraumes Yung-hoei (655 n. Chr.) hatten die Gattin ^ ^ U-wei's, eines Menschen des Volkes aus "^ ^^ Khau-yuen in ('J* + m ) Tse-tscheu, und die Gattin ^ ^^ ^ Sin-tao-hu's, eines Menschen des Volkes aus ^^ Kia-tscheu, beide in einer einzigen Geburt vier Knaben. Wenn Dinge dem Gewöhnlichen widersprechen, so sind sie Ungeheuerlichkeit. Wenn zudem die l^ut't des Yin vollkommen ist, so ist der Weg der Mutter kraftvoll. Im dritten Jahre des Zeitraumes Hien-khing (658 n. Chr.) verwandelte sich in ^- Tsin- tscheu ein Mensch in einen Tiger. Der Tiger ist wild, beisst und ist nicht menschlich. Im vierten Monate des dritten , Jahres des Zeitraumes I-fung (678 u. Chr.) machte der Landstrich y^ King zwei kleine Kinder zum Geschenke. Dieselben hingen mit der Herz- gegend zusammen und hatten einen verschiedenen Körper. Früher hatte die zu dem Geschlechte ^^ U gehörende Gattin '^B ^^ ^ Hu-wan-nien's, eines Kriegsmaunes der Leibwache aus dem Kreise ^^ w^ Tschün-hu, einen Knaben und ein Mädchen geboren. Dieselben hingen mit der Brust ' zusammen. Im Uebrigen hatte ein jedes einen verschiedenen Körper. Man spaltete sie auseinander und beide starben hierauf. Bei einer ferneren Geburt war es wieder so. Beide waren ! Knaben und mau zog sie auf. Bis zu dieser Zeit waren sie vier Jahre alt. Man machte dem Hofe mit ihnen ein Geschenk. Im ersten Jahre des Zeitraumes Yung-lung (680 n. Chr.) ling mau in Tschang-ngau einen weiblichen Dürrdämon von einem Schuh und zwei Zoll Länge. Seine Gestalt war wunder- I bar und seltsam. Das Gedicht sagt: Dei Diirrdämon übt Grausamkeit, Wie Flammen, wie Brand. Im Herbste dieses Jahres regnete es nicht bis zu dem ersten Monate des nächsten Jahres. 360 Pfiimaier. Im neunten Monate des zweiten Jalires des Zeitraumes Yung-lung^ (681 n. Chr.j stieg :^J ^ ^ Lieu-I-tsing, ein Mädchen des Kreises Wan-nien, mit einem weissen Kleide be» kleidet und mit einem Gefolge von mehreren Älenschen zu dem Gerichtshause des grossen Vermerkers und Befehlshabers und fragte, welches Himmelsunglück und Seltsamkeiten um die Zeit es gebe. Der Befehlshaber nahm sie fest und brachte es nach oben zu Ohren. In dieser Nacht erschien ein Komet. Der grosse Vermerker ist der Himmelskunde vorgesetzt. Die Beobach- b tungen des Kalenders sind etwas, das von Königsherrschern -k dargeboten wird. Dem Wege des Himmels gehorchen, ehrerbietig j% dem Volke die Zeit übergeben, dieses sind keine Sachen, nach \ii Vielehen ein INIädchen fragen soll. J In dem Zeiträume Thsai-thsu (68l> n. Chr.) verwandelte sich >yg^ jjii Fan-tuan, ein Mensch des Volkes von Feu-tscheu, i -i in einen Tii>-er. Im zweiten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes )i Sching-kung (697 n. Chr.), Tag Keng-tse (37), lief ein Mensch p in das Thor ]J^ p^ Tuan-mcn. Er lief auch in das Thor 4 ^ij ^ Tsi-thieu bis zu dem Palaste ^ ^ Tliung-thien. i^ Der Pförtner und die bewaffnete Leibwache bemerkten es nicht, lij Um die Zeit gebar eine ]\Iagd ^ ^ ^ Lai-tsiün- \ tschin's einen Fleischklumpen gleich einem zwei Gantang i fassenden Gefüsse. Als man ihn spaltete, enthielt er rothe '■ Insecten, welche sich nach einer Weile in Bienen verwan- { delten. Sie stachen die Menschen und entschwanden. • Tm ersten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes I. Kieu-schi (701 n. Chr.) waren in ^ Tsch'ing-tscheu die ;i Fussstapfen eines grossen Menschen zu sehen. In dem Zeiträume Tschang-ngan (701 — 704 n. Chr.) ver wandelte sich in ( >|vfC + [5 ) Tschin -tscheu der zur Seite * stehende Vermerker in Folge von Krankheit in einen Tiger. '1 Er wollte seine Schwägerin verzehren. Als man ihn fing, war '^ es ein Mensch. Obgleich er sich noch nicht vollständig ver- ! wandelt hatte, war ihm schon Tigerhaar gewachsen. Im ersten Jahre des Zeitraumes Ta-ki (712 n. Chr.) trat i der wahnsinnige Mensch J^ JS ^ Tuan-wan-kien in das < Thor ^ ^ Sching-thien. Er stieg zu der Vorhalle der \ i Seltsamkeiten uud üiij^Iück aus den Zeiten der Thang. II. 361 grossen Gipfelung empor, schwang- sich auf den kaiserlichen Ruhesitz und nannte sich den Himmelssuhn. Zugleich sagte er: Ich bin ^ ^ ^ Li-ngan-kue. Ein Mensch beobachtete mich. Mit zwei und dreissig Jahren soll ich der Himnielssohn sein. Iin vierten Monate des drei und zwanzigsten Jahres des Zeitraumes Khai-yuen (735 n. Chr.) machte ^ Ki- tscheu den langen Menschen ^ ^ ^ Li kia-tsch'ung zum Ge- schenke. Derselbe mass acht Schuh fünf Zoll. Im zweiten Monate des zehnten Jahres des Zeitraumes Ta-li (775 n. Chr.) gebar in jj^ j^ Tschao-ying ein Weib von dem Geschlechte ß^ Tschang einen Knaben und zwei Mädchen. Im ersten Monate des achten Jahres des Zeitraumes Tsching-yuen (792 n. Chr.), Tag Ting-hai [2i), ergriff ^ ^^ ^ Li-keu-ni, ein Mensch von Iliü-tscheu, einen Stock, erstieg die Vorhalle -^ jr llan-yuen und schlug an das Geländer. Er bekannte und wurde hingerichtet. Im vierten Älonate des zehnten Jahres desselben Zeit- I raumes [194: u. Chr.) wurden in ^^ Ileng-tscheu die Fuss- spuren eines grossen Menschen gesehen. Im ersten Monate des fünfzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (799 n. Chr.), Tag Meu-schin (45), begab sich der wahnsinnige Mensch ^J J^ Lieu-tschung zu der silbernen Erdstufe und nannte sich Befehlshaber von ^ ^^ Pe-khi. Er reichte eine Denkschrift empor, in welcher er sagte, dass die Welt Himmelsuuglück des Feuers habe. Im eilften Monate des siebzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (801 n. Chr.) starb der zu dem Pinselwalde gehörende, auf die höchste Yerkündung wartende ^^ -jp* 2pl Tai-schao- ping. Nach sechzehn Tagen wurde er wieder lebendig. In diesem Jahre starb ^ ^^ Li-I, Gehilfe des Kreises Nan-ling in Siuen tscheu. Er war bereits dreissig Tage auf- gebahrt, als er wieder lebendig wurde. Im zweiten Jahre des Zeitraumes Yuen-ho (807 n. Chr.) wollte zu *^ j^ Hung-yai in |^ Schang-tscheu ein Mann der Dienstleistung des Giessens sich in einen Tiger verwandeln. Die Menge beschüttete ihn mit Wasser. Er verwandelte sich nicht wirklich. 362 Pfizmaicr. Im dritten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Tschang-khien (824 n. Chr.) drang ^ j^ -^ Hiü-tschung- sin, ein Mensch des Volkes, heimlich in das Thor der Badehalle. Im zwölften Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Pao-li (826 n. Chr.) gebar die Gattin '^ ^ Ho-wen's, eines Menschen von ^ Yen-tscheu, in einer einzigen Geburt vier Knaben. Im zehnten Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (828 n. Chr.) drang der wahnsinnige Mensch ^J ^^ ^ Lieu-te-kuang in die Vorhalle ^ tt* Han-yuen. Im siebenten Jahre des Zeitraumes Hien-thung (866 n. Chr.) wuchsen in "yS Wei-tscheu einem Menschen Hörner von einem Zoll Länge. Die Deutung sagte : In der Welt entsteht Krieg. * Im vierten Monate des dreizehnten Jahres desselben Zeit- i raumes (872 n. Chr.) war zu Tsin-yang in Thai-yuen in dem ' Hause eines Menschen d(;s Volkes ein Kind mit zwei Köpfen, a verschiedenen Hälsen, vier Händen und mit zusammenhän- t\ genden Füssen. Es war die Ungeheuerlichkeit dessen, dass f die Welt keine Einheit ist. • In diesem Jahre hatte unter dem Volke ein Mensch von i dem Geschlechte Ö^ "^ Hoang-t'u, als er das vierzehnte J Lebensjahr erreichte, plötzlich eine Länge; von mehr als sieben i Schuhen. Er ass tortwährend und zerbiss stark, dreimal so viel als anfänglich. Nach einem Jahre starb er. Im Herbste des sechsten Jahres des Zeitraumes Khien-fu {ßl9 n. Chr.) gebar in der Landschaft Schö ein Weib von dem Geschlechte "^ Yün einen Sohn, dessen Kopf gleich demjenigen eines Schweines waj-. Die Augen befanden sich unter dem Gesässe. Die Deutung sagte : Der Gebieter ist des Weges verlustig. Im ersten Jahre des Zeitraumes Kuang-khi (885 n. Chr.) war zu Wen-thsiuen in ßM Si-tscheu in einem Hause des Volkes ein Todter. Es wurde ein halber Monat, dass er be- graben war, als die Vorübergehenden eine Stimme hörten, welche unter der Erde rief. Die Menschen seines Hauses nahmen ihn heraus, und er war wieder lebendig. Nach einem Jahre starb er. Seltsamkeiten und Ungläck ans de«i Zeiten der Thang. II. 363 Im Fiiihling'e des zweiten Jaliics desselben Zeitraumes (886 n, Chr.) verwandelte sich in Fung-thsiang, in dem Kreise ( ^ -\- IJ ) Mei ein Mädchen, welches noch nicht g-ezahnt hatte, in einen Mann. In zehn Tagen starb es. In den von King-fang verfassteu Ueberlieferungen von den Verwandlungen heisst es: Dieses nennt man die Fülle des Yin. Verderbliche Menschen werden Könige. Im sechsten Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Ta-schün (890 n. Chr.) war in ^ Tse-tscheu Krieg. Die Gattin ^ -^ ^& Wang-thsiuen-Ts schien schwanger zu sein. Sic fühlte, dass ein Gegenstand allmälig sich in ihr Bein bis zu der grossen Zehe herabsenkte. Es schmerzte sie sehr. Beim Zerbersten brachte sie eine Perle von der Grösse einer Armbrustkugel zur Welt. Die Perle wuchs allmälig und war so gross wie ein Weinbecher. Im fünften Monate des zweiten Jahres des Zeitraumes Thien-yeu (905 u. Chr.) gebar zu Jü-yin in ^ Ying-tscheu die Gattin ^ a^ P'eng-wen's, eines Menschen des Volkes, in einer einzigen Geburt drei Knaben. Seucheu. Im zehnten Jahre des Zeitraumes Tsching-kuan (636 n. Chr.) war in Kuau-nei und Ho-tung grosse Seuche. Im dritten Monate des fünfzehnten Jahres desselben Zeit- raumes (641 n. Chr.) war in y^ Tsch'i-tscheu Seuche. Im Sommer des sechzehnten Jahres desselben Zeitraumes (642 n. Chr.) war in den fünf Landstrichen ^ Kö, '^^ King, ^ Siü, ^ Tai und ^ Kue Seuche Im Sommer des siebzehnten Jahres desselben Zeitraumes (643 n. Chr.) war in den drei Landstrichen "^ Than, ^ Hao und ^ Liü Seuche. Im achtzehnten Jahre desselben Zeitraumes (644 n. Chr.) war in den fünf Landstrichen Liü, Hao, ßj P^; ^ ^"^^^^ und (/jyfC H" P j Tschin Seuche. 364 Pfizm liier. Im zwei und zwanzii^steu Jahre desselben Zeitraumes (648 n. Chr.) war in Ük\ Khing-tscheu grosse Seuche. Im dritten Monate des sechsten Jahres des Zeitraumes Yung-hoei (655 n. Chr.) war in ^ Thsu-tscheu grosse Seuche. Im Winter des ersten Jahres des Zeitraumes Yung-tschün (682 n. Chr.) war grosse Seuche. In den beiden Mutterstädten waren die Todten auf den Wegen über einander gebettet. Die Deutung sagte : Wenn das Reich Bedauernswerthes haben soll, bedeckt unrechte; imd verwirrte Luft früher das Volk. Desswegen ist Seuche. Im Sommer des ersten Jahres des Zeitraumes King-lung (707 n. Chr.) war von der Älutterstadt bis Schan-tuug und Ho-pe Seuche. Die Todten wurden nach Tausenden gezählt. Im ersten Jahre des Zeitraumes Pao-ying (762 n. Chr.) war in Kiang-tung grosse Seuche. Von den Menschen starben mehr als die Hälfte. Im Sommer des sechsten Jahres des Zeitraumes Tsching- yuen (790 n. Chr.) war auf den Wegen von Hoai-nau, Tsche-si und Fo-kien Seuche. Im Sommer des ersten Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (806 n. Chr.) war in Tschi'-tung grosse Seuche. Von den Menschen starb die grosse Hälfte. Im FrUhlinge des sechsten Jahres des Zeitraumes Ta-ho (832 n. Chr.) war von Kien-nan bis Tsclie-si grosse Seuche. Im Sommer des fünften Jahres des Zeitraumes Khai- tsch'ing (840 n. Chr.) war in den vier Landstrichen ||jg Fö, ^^ Kien, "Ä Thai und RH Ming Seuche. Im zehnten Jahre des Zeitraumes Hien-thung (869 n. Chr.) war in ^ Siuen, ^P Hi und in den beiden ^ Tsche Seuche. Im Frühlinge des zweiten Jahres des Zeitraumes Ta- schün (891 n. Chr.) war in Hoai-nan Seuche, Von zehn ]\Ien- schen starben drei bis vier. Seltsaitilteiten und Unglück ans den Zeiten der Tbang. II. 365 TöiuMi des Kiiiiinels. Im fünften Monate des vierzehnten Jahres des Zeitraumes Thien-pao (755 n. Chr.) tönte der Himmel. Der Ton war gleich dem Donner. Die Deutuno- sagte: Der Gebieter der Menschen hat 'Kummer. Im achten Monate des ein und zwanzigsten Jahres des Zeitraumes Tsching-yuen (80") n. (^hr.) war das Tönen des Himmels im Nordwesten. Im dritten Monate des dritten Jahres des Zeitraumes Tschuug-ho (883 n. Chr.) tönte in Tsche-si der Himmel. Der Ton war gleich rollenden Mühlsteinen. Regen ohne >yolken. Im ersten Monate des zwölften Jahres des Zeitraumes Yuen-ho (817 n. Chr.), Tag Yi-jeu (22), waren die Sterne zu ' sehen, und es regnete. Die Deutung sagte : Es regnet ohne Wolken. Dieses bedeutet, dass der Himmel weint. Herabfallende Steine. Im achten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes Yung-hoei (653 n. Chr.), Tag Ki-hai (36), waren zu }J^ y|| Fung-yi in |^ Thung-tscheu achtzehn herabfallende Steine. Sie waren hellglänzend und hatten einen Ton gleich dem Donner. 366 Pfiz maier. SeUsamki^iten und Unglück ans den Zeiten der Thang. II. Es war nahezu Herabfallen der Sterne und Verwandeln. Die gemeinen Mensehen des Volkes sind nur Sterne. Sie fallen von oben herab. Es war das Bild dessen, dass das Volk sich von seinem Oberen entfernt. Einige sagten : Der Gebieter der Menschen begeht Falschheit. Was vergeblich verdeckt wird, ist dann so beschaflfen. Büdinger. Eleon bei Tliakydide?. 36 i t»; Kl e 011 bei Th uk ydides. eine kritische Untersuchung, TOD Max Büdinger, wirklicfaem Mitglieds der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Oeit vor ein und dreissig Jahren ein so edler Geschicht- schreiber wie Georg Grote seine Stimme zu Gunsten Kleon's erhoben hat, ist demselben allmählich bei den meisten Kennern griechischer Geschichte eine freundlichere Beurtheilung zu Theil geworden. Es hat freilich auch an lebhaftem Wider- spruche nicht gefehlt, welcher in den durchaus wegwerfenden Urtheilen der auf uns gekommenen zeitgenössischen ' Schrift- steller sein stets bereites Material fand. Wenn aber noch Grote den Vorwurf der Bestechlichkeit lieber unerörtert Hess ^ und den der Feigheit Kleon's vor seinem Tode in der Schlacht von Amphipolis für begründet hielt, ^ so haben die neuesten Beobachtungen ' auch diese Flecken mit vielem Anscheine von Erfolg zu beseitigen gesucht. Die Stellen bei Aristophanes, welche die Bestechlichkeit des Mannes zu erweisen schienen, haben sich wirklich zum Theile als Miss- verständnisse der Erklärer, zum Theile als rechtlich unerweis- 1 Unter den Neueren hat wohl der verewigte Fr. Haase in der durch treffende Beobachtungen sonst so anziehenden lucubrationum Thucydi- diarum mantissa (Breslauer Herbstprogramm 1857), p. 9 — 10, 12 — 15, 17 — 19 die grösste Summe von Scheltworten gegen Kleon aufgehäuft. 2 History of Greece (ed. 1870) VI, 27, 261. ^ His want of courage — — divests his end of that personal sympathy which would otherwise have accompanied it. Grote VI, 254. * Gilbert, Beiträge zur innern Geschichte Athens im Zeitalter des pelo- ponnesischen Krieges , besonders 141 flgde, 203 flgde, mit vielfacher Fortführung der Untersuchungen in MüUer-Strübing's Aristophanes (1873), der besonders S. 119 flgde, 360 — 373 die Frage der Bestechlichkeit mit treffendem Witze erörtert. 368 Biulinger. '■ bares und saclilich unwahrscheinliches Parteigerede erwiesen, • | Dem Berichte über sein unrühmliches Ende, den Thukydides is doch höchst wahrscheinlich aus der Mitte der dem Gefallenen ^ abgeneigten und über ihre eigene Flucht beschämten Truppen d empfangen habe, hat man dann neuerlich sogar die ehrenvolle Schilderung entgegen gehalten, welche Diodor gebe, eine Schil- derung, die zu dem Missverständnisse Anlass geben konnte, dass Kleon und Brasidas in einem Zweikampfe gefallen seien. 2 In der That ist, von dem noch zu besprechenden Ende abgesehen, an der perstinlichen Ehrenhaftigkeit des Mannes, wie er sich uns nun darstellt, wohl kaum zu zweifeln. Es kann ihn aber in unseren Augen nur heben, wenn man von seinem erbarmungslosen Feinde Aristophanes noch erfährt, dass er der Unzucht scharf entgegentrat. Das wird ihm als eine erbärm- liche Kleinlichkeit vorgehalten, durch die er der höhern Bildung zu Rhetoren, mit der wüste Sinnenlust einigermassen verbunden gedacht ward, ^ aus Neid entgegenwirken wolle. * Es ist der > Nur hat die Besclinklicrunp in den Rittern, Vers 832 flgde (ed. Bergk): •/.a{ a' i-ioa^to, Nf, rr,/ lr,^r,-p\ 7j fir, i^wijv, Aotpooo/.r^aavT'' £x iMuTtXrjvrj; rXetv ?^ [xvä? -£rrapa/.ovTa, noch keine in Bezug auf Sache und Summe befrie- digende Deutung gefunden. Doch mag erinnert sein, dass auf die schon drittehall) Jahre vor Aufführung der Rittor beendete Erhebung Mytilene's, an die man gowiihnlioh denkt, nicht wohl mehr angespielt werden kann. Am ehesten scheint mir, schon des feierlichen Schwures halber, eine Warnung für die Zukunft, etwa eine Denunciation denkbar, die auf irgend wie begründete Nachrichten von Gefahren basirt ist, die von My- tilenäorn drohen, wie denn etwa zwei Monate später (Thukyd. IV, ö2, 2, ed. Stahl) wirklich von Soldien Antaudros durch Verrath besetzt ward; die ,mehr .ils 40 Minen' dürfteh irgendwie mit den je zwei Minen (Thukyd. III, öO, 2) zusammenhängen, die einige Jahre von den lesbi- schen Bodenbesitzern (Grote III, .38) an athenische Kleruchen bezahlt wurden. - Diodor XII, 74: -''Vi TTparrjyfov aOrol»; zaTaTTrjaavTfov v.t T/jv jiä/rjv .... 6 a^v Bpacfioac .... -Xeittoj? avs).«.)'/ . . . oiAot'w; ot Tou KXs'tüVo; Iv tJ) {JLa"/»i; der Scholiast zu Aristophane.s' Frieden (ed. Didot), Vers 284.: [jLOvo[Aa- VT^'javts? o TS kXstov xat o F5paa(oa; äXXr^AOJC ävsTXov. 3 Gilbert 75 bringt andere bezeichnende Stellen. * Kleon .«agt in den Rittern, Vers 877 : "K-ajTa toIi; ßtvoj[is'vo'j?, tÖv FpÜTTOV — gleichgiltig, welche Deutung des Scholiasten richtig sei — E^aXei-J/a?, Darauf wirft ihm der Wursthändler vor: O'j/.ojv ae OTJra taura oswo'v sori rptoy-TOiripsTv, ITauaai t£ tou: ßtvo'ju.£'voJC ; zoOz Ea6' 6-a>; sx^tvou; Oj/t ^Öovwv j'-ajca;, tva pr, pr^TOpE? y^voiv-o. Kleon bei ThukydideB. 369 Vorwurf seltsam genug im Munde gerade dieses Dichters. Denn Aristophanes ist in seinem Gedankengange freilieh nie- mals spröde; die jungen Ritter haben ihn durch Auftreten als Chor ,wie Keinen jemals geehrt', ' erklären auch selbst dem kühnen Dichter ganz ausnahmsweise im Theater zu dienen:- ge- rade sie hat er aber unvergleichlich anstössige Beschreibungen vortragen lassen.'' Im , Frieden' berühmt er sich jedoch selbst, * dass er nicht nach gewonnener Anerkennung einer Arbeit durch das Publikum ,in den Ringschulen nach Lieblingen' spähe, sondern sofort ,nach kurzer Rast, frohen Sinnes' wieder ans Werk gehe ; ,desshalb', fährt er fort, , müssen für mich sein so Männer als Knaben'. In dem Schandregister, das er in seinem gründlichen Hasse noch dem gefallenen Kleon in der- selben Komödie nachwirft, wird denn auch, wie es scheint, durch Schweigen die Sittenreinheit des Mannes anerkannt. Es stimmt zu der so von uns gewonnenen Vorstellung auch der Ton der Trinkgesellschaft Kleon's, welchen der pro- cessfeindliche Sohn ^ dem von Processwuth geheilten Vater im Lustspiele als Muster regelrechten Benehmens einzustudiren sucht; nach der Musik einer Flötenbläserin werden dabei historisch-moralische Gesänge *• vorgetragen. Kleon's Aufmerksamkeit ontgeht nichts, auch nach seiner Feinde Zugeständniss. Eupolis erklärte Athen nur für die schönste aller der Städte, welche Kleon unter seiner Aufsicht habe. Aristophanes lässt ihn sich berühmen : ,Ich Einzelner habe den Clubbisten ein Ende gemacht, habe Acht gehabt auf jeglich Complottiren durch sofortiges Geschrei.' " Entsprechend hält er bei seiner Partei als ,pfleger'^ — wie man solche Vor- mundschaft einst auch bei uns bezeichnete — auf Pünktlich- ' tt[iT)6£i; d); ojO£\; -wtzot' iv u[iTv. Wespen 1023. 2 Xc'^ov-a; £77») 7:p(3; TÖ Ocatpov rapaßf^vx-. — ot-. touc auTo-j; tJuTv [iiGSi, ToAiki T£ Xsysiv za. oi/.ata. Ritter 507 — 510. 3 Ritter, Vers 1279 flgde. * Frieden, Vers 762 flgde, dann 652 flgde. 5 Wespen 1220 flgde. * Scholiast zu den Acüarneru 980; Ritter 1239. " Eupolis ypuCToüv yiwc, bei Meineke, Fragmenta comoedorum Graecorum I, 145; II, 535. Aristophanes' Ritter 862. * KXs'wv o xr,0£[j.wv 7,atv i^Ett' iv wpa "H/.£tv. Wespen 242. Aehnlich wird er noch lange als xpoaTaTT;; bezeichnet. Vgl. unten S. 371, Anm. 1. Sitzungsber. d. phil.-hist. Gl. XCVI. Bd. II. Hit. 24 370 Büdinger. keit. Selbst die Gegner gestehen ihm zu, dass er erfindungsreich sei, immer Auskünfte wisse, dass er, rücksichtslos gegen den ii Einzelnen, nur dem Demos, dem Staate, dienlich sein wolle. * | Wie ein Allhelfer wird er angerufen, wo dem Staate oder den selbst i ,als Gewaltherrn' — wie einst den Egypter- und Assyrerkönig — ,alle Menschen fürchten', wie Aristophanes sagt. ^ Wenn auf Kleon's gellende Stimme so oft gescholten wird, so will das wenig sagen: es ist der gewöhnliche Vorwurf gegen " den niedrig geborenen Demagogen. Aber es scheint, dass seine i physische Erscheinung sonst Auffallendes bot, auf das doch k der Spötter nur gelegentlich kommt. " j Seine amtliche, politische Stellung und organisatorische \ Thätigkeit ist neuerlich sehr wohl dargetlian worden. '■' Als an- j 1 jcoixfXo? yap avT;p Iväx tcSv ajxrj/ävtuv -opoj; sjarjyxvo; -opt^tuv. — Ou j4 cppov-(^a)v Tüjv iota>T(iJv o'joevd;, £t aoi (Ar]a ^evot — äpstaiv. Acharner 503. 3 Gilbert 193 flgde. * ot' Er gibt mit diesen Worten freilich nur eine Mei- nung der höheren Stände wieder, die Aristophanes in dem Jahre der Verurtheilung des Geschichtschreibers schon von der Bühne herab, wie längst bemerkt wurde, verkündet hat. ^ 1 Niebuhr, Vorlesungen über alte Geschichte II, 97; . Thirlwall, Hlst. of Greece III, 287 (ed. 1837); Curtius, Griech. Geschichte II*, 487, 826. - VI, 191 flgde. 3 Onckeu, Athen und Hellas II, 323, trotz seiner erklärten Neutralität wohl auch Gilbert 196. * Tj^füjaa ypassiv ouS' w; E[AOt ioozei. I, 22, 2. ^ ^EvojAEvrii; f,ay/'!a; x.aTacpavsaTEpoj vofif^tov «v stvai /.axoupyöjv y.al a;:iaTÖT£po? otaßiUwv. V, 16. ^ ö OS, öfjiio^ 'Yizo Tou 7;oAc'[j.O'j 7.3.\ TT]'; 6a(-/Arj; ä -avoupyEr; [xrj zaOopa aou. Kitter V. 802. riavojpyo; — doch erheblich milder als x.a/.oupyo; (vgl. Thukyd. III, 45, 3) — ist, wie die Ritter V. 249 mit Emphase betonen, und Wespen V. 1227 wie Frieden V. 652 noch besonders eingeschärft wird, das regelmässige Epitheton Kleon's bei Aristophanes. 374 Bfidinger. Hier dieselbe Meinnnc^ mitzutheilen, wurde er wohl aus Gründen der künstlerischen Composition veranlasst.' Dann hatte er einerseits Kleon's, wie er meinte/^ schmähliches Ende g'eschil- dert; anderseits hatte er den ruhmvollen Ausg^ang; des uns mit seiner verachtungsvollen Behandlung der erbärmlichen , Bundes- genossen'"' und seinem genauen militärischen Kennerblicke ' noch besonders werth gewordenen Brasidas vorgeführt. Zusammen- fassend hatte er nun zu erklären, wesshalb Beider Tod dem Friedenschlusse förderlich war; denn die Thatsache, dass ihr Ableben diese Wirkung hatte, war ja, wie man auch aus Aristo- phanes sieht, "■ nicht zu bezweifeln. Dass sich für Kleon's thra- kische Politik und Kriegführung sowie für seine Friedensbe- kämpfung überhaupt mit keinem andern als thukydideischem Materiale ganz andere Schlüsse gewinnen lassen, hat zuerst Grote ^ dargethan, wenn er auch die nach fast zehn jäiirigem Kriege sehr begreifliche Friedenssehnsucht des bei Weitem grössten Theiles der besitzenden Klassen Athen's unterschätzt. Ob aber das leidenschaftliche Urtheil über den gefallenen Gegner bei Thukydides nii-ht auch unbewusst " von persön- lichen Empfindungen beeintlusst und etwa unmittelbar nach * Die Chronistenkritik, für welche Sallust und Tucitus einige Zeit den Ankergrund boten, hat sich seit Miiller-Strübing's Aristophanes (363, 432, 466, 724 flgde, 732) auch an Thukydides gewagt und einige inschrift- liche Aufschlüsse (Gilbert 163; über tlirakische Verhältnisse, die der Ge- schichtschreiber als Nachbar gekannt haben muss, aber — wer will sagen, aus welchem Grunde? — nicht mitgetheilt hat, geben gutes An- klagematerial. - Vgl. oben S. 368 mit Anm. 3, und unten S. 411, Anm. 3. 3 vo[/.iaaT£ • ■zpia. siv»'- tou zaAdi; ::oX£[j.:tv, to iöcXsiv y.a'. atayüviuOai xat tot; apyouai -stOsaO«'. x.al TrjSs u[jl?v tt) ^[ASpa 7j ayaöoTc yE'io[i.ivoi!, £A£u6£ptav x£ uj:«py£'.v 7.a\ Aax.£Oa'.[xovta>v Eu[i[j.a/oi; /.£x.).7)(j6at q 'Aörjvafwv -£ ooüXoi;. V, 9, 9. * V, 10, .5, schon Grote VI, 249, n. 1, aufgefallen. ^ Frieden 628 flgde : aber was hier ä/.sToißavo; in Beider Händen bedeutet, ist trotz des Scholiasteu Erklärungsversuchen nicht klar; auch als Mörserkeule, ooioi^, gefasst, bringt es nur einen matten Sinn. ^ Neuerlich besonders Gilbert 199 — 204, obwohl er S. 100 flgde sich der Friedenssehnsucht nicht verschliesst, die nur ein Bruchtheil der Bevölke- rung nicht theilte. ^ Doch meint schon Grote VI, 258 Gründe angeführt x.u haben : for belie- ving, that Thucydides has forgotten his usual impartiality in criticising this personal enemy. Kleon bei Thukydides. 375 dessen Tode zuerst aufg-ezeichnet ist, wird sich wohl nicht ent- scheiden lassen. Ueberaus instructiv und zui^leicli von typischem Werthe für echte Geschichtschreibung schien mir nun eine Untersuchung werden zu müssen, welche die Darstellung der Handlungen, vor- nehmlich aber die Wiedergabe der Meinungen seines Gegners bei Thukydides zum Gegenstande habe, so dass die persön- lichen Emptinduiigen des Schriftstellers und die von ihm so laut verkündete Pflicht der unbefangenen Darstellung ' sich gleichsam neben einander controliren Hessen. Zu diesem Zwecke schien mir die einzige grössere Rede besonders wichtig, in der er uns Kleon's Geistesart und politi- sche Methode schildert, die gegen die aufständischen IMytilenäer.- Um dieselbe gerecht zu würdigen, habe ich es aber nöthig gefunden, zuvor den Standpunkt, welchen der Geschichtschreiber in der Angelegenheit einnimmt, nach allen Seiten zu prüfen. Was den formellen Inhalt von Kleon's Rede angeht, so erfährt derselbe vielfache Kritik in der folgenden Ausführung eines gewissen, von dem Geschichtschreiber sonst nicht er- wähnten und auch hier nicht weiter geschilderten Diodotos. Man sieht sofort, dass die Persönlichkeit desselben an sich viel zu unbedeutend wäre, um eine ausführliche Kunstrede ^ zu verdienen; sie wird aber verwendet, um dem Leser vor- zuführen, was, von den Gesichtspunkten liberaler Denkungsart aus, sich antithetisch gegen Kleon's Anträge geltend machen lässt und wirklich geltend gemacht wurde. Nur dass man nicht annehme, hier des Geschichtschreibers eigene Meinung vor sich zu haben. Ausdrücklich sagt der- 1 Noch heute verdient doch gelesen zu werden, was Dionysios von Hali- karnassos ,von Thukydides' Charakter' Capitel 8 hierüber sagt: MapTupelrai TW ctvopt xäya [J.3V 'jv.o zävxiov ^'.Xoao-jojv x£ y.oC: f.rjr()pwv, et Ö£ [j.:^ xwv yE TrXeiCTXtov, oxt zal x:^; äXrjÖEi'ac, f^i; tspocv sivai lüxopiav ßo'j).o[j.£6a. TzXEirjxri') £;;oir,aaxo 7:pdvoiav otVcyxXrjxov os xai yaOapav xrjv -poatpsa'.v ar.o j^avxb; cÖovo'j y.aC'. Tiaarj; y.oKtx/.zlixc, O'jAaxxojv. 2 W. Herbst, Der Abfall Mytilene's von Athen (Programm des Friedrich Wilhelm-Gymnasiums zu Köln, 1861), S. 3, bemerkt, der Aufstand habe den Feincjen Athens ,zum ersten Mal praktisch die Wege, die sicher zum Ziele, zum Unterliegen Athens, führen mussten', gezeigt: ,dass von der Peripherie, von den Symmachen aus der Schlag geführt werden musste'. 3 Vgl. unten S. 386, Anm. 5. 376 Büdinger. selbe vielmehr, nachdem er beide Reden mitgetheilt hat: , Diese Ansichten wurden mit nahezu g'leicher Kraft und Wirkung ' gegen einander ;];eäussert^ Er ist sonach weit entfernt, Kleon's Rede zu unterschätzen. - Von dem atheniensischen Volke aber sagt er nur: Ohne zu einer klaren Ueberzeugung gelangt zu sein, schritt es dennoch (qxioc) zu dem ÄIcinungswettkampfe (ei; ä^üiva tt;;; cccXic)^ wie er eben in jeder Abstimmung liegt, und in dieser waren nun die Stimmen nahezu gleich; ,es siegte aber Diodotos' Meinung'. Dass hicmit die Athener das Richtige getroffen hätten, sagt Thukydides nirgends. Er erzählt nur mit sachlichem Interesse das halbe JNIirakel von guter Ruder- arbeit, durch welches die Execution aller Männer von Mytilene verhindert ward, um sodann ganz kühl zu melden,^ dass immer- hin ,um ein Weniges über Tausend', besonders Schuldige hin- gerichtet wurden. Als solche betrachtete sie auch Antiphon,^ ^ ^rjOEiatöv ok Twv yvwiifov toÜthjv [läXtata avrinäXwv -po^ aXXi^Xa? (III, 49, 1) Kriiger's Bemerkung, dass otvriräXojv prädic^tivisch zu fassea sei, führt Classen aus: ,daas sie sich in hohem Grade die Wage hielten, mit fast völlig gleicher Wirkung sicii gegenüberstanden', liiemit gibt er aber doch nur neben einander zwei ältere Erklärungen, nach welchen ent- weder Werth oder Erfolg der beiden Redeleistungen gemeint seien. Er- wägt man nun, dass ,die sonst ungewöhnliche Bedeutung' des Wortes: gleich mächtig ,hei Thukydides die gewöhnliche ist' (Krüger zu I, 1'2'2, '2), so wird man, wie im Texte geschehen ist, die Wahl des Wortes von Seiten des Autors durcliaus auf Beides, den inneren Gehalt und den Eindruck der Reden, beziehen müssen. 2 Haase, mantissa p. 18 sq.: Pluribus liaec enarravi, ut intellegeretur habere nos in hac Cleonis oratione quasi exemidum (jiioddani illustre et perfeetissimum eloquentiae ma^^nae et speciosae, sed ab aninio pravissimo et scelestissimo perfectae. Thukydides habe denn auch nicht tanta arte exprimere aut voluisse aut potuiSse, nisi ipsam Cleonis orationem satis se accurate repetere posse speravisset. Quid enim aliud consilii fuisse Thucydidi putabinius nisi hoc ipsum, ut vere et fideliter tamquam in speculo Cleonis ingenium ipsius oratione descriptum proponeretV Dass die Echtheit der Rede sich nun aber durch ihre Benutzung bei Aristo- phanes auch wirklich erweisen lässt (vgl. unten S. 398, Anm. 1), ge- reicht Haase's Intuition zur Ehre. 3 III, 50, 1. * lieber Herodes' Mord, §. 77 (S. 82 Blass): u[AHr? xo'u? atitoj; tojtojv (des Abfalles) s/.oAäaai£ .... xoT; o' äXXoi; MiTuXrjvatoi; äösiav iotlj/.oni oixEiv T/jv a^ETcpav auTüiv. Von dem grässlichen Strafgerichte wird, wie man sieht, selbst in der Uebungsschrift des Processredners (Blass, Beredsam- keit I, 137) als etwas Selbstverständlichem gesprochen, wobei freilich Kleon bei Thnkydides. ' 377 der seinei'seits auch gegen die Vollstreckung der Strafe in Kleon's Sinne sichtlich nichts einzuwenden gehabt hätte. In den wirklich Hingerichteten hat man wahrscheinlich ,die Tausend' der regierenden Classe und ihnen besonders Nahestehende • zu erkennen. Die Hinrichtung geschah wohl nach Kleon's Meinungs- äusserung (YVü)(j.r,) •, wir werden aber noch sehen, dass diese nur dem bestehenden Gesetze entsprach, nachdem einmal Diodotos' Antrag angenommen war. - Ich denke, Thukydides gibt nirgends den geringsten An- lass zu der Annahme, dass ihm an der tunt- oder sechsfachen Zahl von My tilenäern, ^' die nach Kleon's Antrage das Leben verwirkt hatten, irgendwie mehr gelegen gewesen wäre, als an den wirklich GetÖdteten. Die Hinrichtung der ganzen erwachsenen männlichen Be- völkerung von Skione — ganz abgesehen von dem Verkaufe der Weiber und Kinder — erwähnt er genau mit drei Worten. * Sie erfolgte aber erst nach Kleon's Tode, wenn auch gemäss einem von diesem beantragten und auch nur eben erwähnten Beschlüsse.'' Die Schuld der Skiouäer war aber insofern eine geringere, als sie nicht, wie die Mytilenäer, freie Bundesge- nossen, sondern tributzahlende Unterthanen waren, und Thu- kydides selbst lässt doch sogar Kleon sagen : ,Ich habe Verzeihung für die,'' welchen eure Herrschaft unerträglich ge- worden ist^ eben in Betracht kommt, dass Antiphon eigentlicli die ganze Bewohner- schaft, wohlbemerkt: wie Kleon, für schuldig hält: fj 7:0X1; oXr^ /.a/.öi; jßojXi'jaaTO xal T^p.apT; ttJ; üiisTipac yvo')[j.7j;, [j.cia t% r.oKiuic, oXrj; v^vayxäaör) !3uv£ca[j.apr£rv (mein Vater). 1 Treffend dargelegt von Herbst, Abfall, S. 13 flgde. 2 Insoweit hat ja Fr. Haase in seinen schönen Lucubratioues Thucydidiae (Berlin, 1841), p. 27, Recht: aegreque Diodoti studio perfectuni erat, ut mutato populiscito in nobiles tautum saeviretur. Die erste Satzhälfte mit den Worten: Cleo . . . ut erat in summa ignavia saevissimus et atrocis- simus cuiusque sententiae auctor, entspricht freilich dem Tone der mau- tissa (vgl. oben S. 367, Anm. 1). 3 So viel mindestens nach der Berechnung Grote's VI, 'J9. * a7:c/.T£iva7 xou; f^ßtüv-a;. V, 32, 1; wegen des Weiberverkaufes vgl. Classen, Thukydides V, 182. 5 '|/T]cpta[xä TJ £uÖu; (auf die Nachricht des Abfalles) SKOirjaavTo KXs'wvo; yvröfjLT) TtsiaOi'vTe; Sx.'.fjjvaiou; s^eXeTv T£ zai otTto/.Terva'.. IV, 126. ^ oiT'.v£; [j.rj ouvatoi 'yiipv.v T/jv uji-STEpav äp'/rjv. 111, 39, 2. diO Bü ding er. Für die heimathlosen Aegineten, die aus dem eroberten Tliyi-ea gefangen nach Athen gebracht und dort hingerichtet werden, hat er so wenig Mitgefühl, dass er die Sache in einem Satze ' zusammen mit der Internirung einiger und der Besteuerung der übrigen Kytheräer erwähnt. Sehr belehrend über unseres Geschichtschreibers Auf- fassung ist sein Bericht über die auf Melos verübte Massen- hinrichtung, namentlich wenn man die Motivierung mit der- jenigen vergleiclit, welche die Tüdtung der Besatzung von Platää schildert. Er erzählt ohne Weiteres: Die Athcnienser ,tödteten- tlie männlichen erwachsenen Melier, so Viele sie*- nach der bedin- gungslosen Uebergabe in ihre Hand , bekamen; Weiber und Kinder machten sie zu Scluven^ Mit keinem Worte wird er- wähnt, wie der schreckliche Beschluss gegen eine Bevölkerung gefasst wurde, deren ganzes Verbrechen darin bestand, nicht in die attische Symmachie treten zu wollen. Eine erst spät auftretende, aber wahrscheinlich ganz begründete Nachricht schreibt Alkibiades den Ilauptantheil au der betreffenden Be- schlussfassung in Athen zu.'' Sachlich ist der Beschluss ganz ' IV, 57, 4. Auch Grote VI, 145 bemerkt nur, nie seien eben Opfer alter Antipathie gewesen >iiid die jrrausanie Handlung sei: nothing inore than a strict applicatiuii ot' adinilted customs uf war in those days; man könne auch kaum bezweifeln, dass die Lakedämonier in gleiclieni Falle mit derselben Strenge verfahren wären. Er iil)ersieht dabei nur den Unter- schied, dass die Gefangenen erst in Athen hingerichtet wurden. In dieser Beziehung ist duch Dionysios' Klage (über Thukydides' Eigenart c. 14 u. 15) nicht unbegründet, Thukydides schildere mancherlei derart oÜTto Ta:r£iva y.ai [j.t/.pä töaiE [j.r,o' Et? aidOifjatv r,[j.(öv xi rsaetv y^mpiiiioi toT; avayivcoaxouCTi -öv ävopa. 2 a7i:£/.T£ivav lAIrj),'!oj; oaoj; ;^[itovTa; D.afiov. V, HG, 4. Das Diodor XII, 80 zugekommene E.xcerpt sagt waiirlich besser: riß»]oöv a-c'a'^a;av, doch wohl nach Ephoros. Vgl. Volquardsen, Untersuciiungen, 42, ()6, und be- stimmter: Holzapfel, Untersuchungen von 489 bis 413 vor Christo (1879), S. 8. ' — Tou i\l7j)aou; rjßrjoöv a7;o a'j ay^^'va t Tr)v -/.^{■jitjv aiTi'av et/ev CAX/.i- ßiaörj;) tw 'hrif'.iiJ.xii auvci-wv. PliUarch, Alkibiades, 16, was sonach auf Ephoros wiese. W. Fricke, Untersuchungen üb^er die Quellen Plutarch's im Nikias und Alkibiades (1869) nennt zu c. 16 freilich S. V. Theophrast, S. 56, ,ver8cliiedene Anecdntenacliriftsteller', mit Verrauthung eines Theiles indirect aus Theophrast. Aehnliches hat freilich auch schon Kleon bei Thukydides. 379 gleich dem in Kleon's Kode gegen die Mytilenäer ' vertheidigten; aber er war nur mit Argumenten zu rechtfertigen, welche die von Kleon vorgebrachten au Härte weit übertreffen mussten. Es ist doch kaum denkbar, dass Thukydides sie uns vorent- halten haben sollte. ^ Er bringt denn auch die für Vernichtung der Melier sprechenden Argumente vor, nur wie so oft in überraschend originaler Weise : in einem grossen Gespräche der atheniensi- schen und melischen Abgesandten. Schon einmal -^ hatte er einen kurzen Versuch gemacht, das Verfahren des von spar- tanischer Kriegsmacht rettungslos umschlossenen Platää in Form eines Dialogs zwischen einem Gesandten und dem Spartaner- könig zu rechtem Verständnisse zu bringen. ' INIan empfängt den Eindruck, dass dem Untergange Geweihte hier Entschlüssen Ausdruck geben, die ihnen durch alte Eide und verständige Rücksichten"' auferlegt sind; sie setzen daneben trügerische Hoffnungen auf llilfsversprechen von Athen.'' Die Katastrophe mit den unehrlichen Bedingungen der von Sparta gewährten Pseudoandokides gegen Alkibiades, 4, -J^, ed. Blass : 'oars r.ipl twv Mrfkito^i yvtjjpiV ä::o-^r,varj.£voc l;avopa;:oo'!r£aOai ; dor Verfasser sclieint von dem Hinrichtiuigsbeschlusse demnach kaum zu wissen, ganz abgesehen von seiner Unkunde über die Zeit des Ereignisses und über den Hergang bei dem Ostrakismos (Grote IV, 78, V. t'70), sowie speciell über die Zeit der Verbannung des HyperboK)s, die in das Jahr 418 gehört (Gilbert -31); aber ist nicht das ganze Redestück überhaupt erst in der Kaiserzeit ent- standen ? 1 — the slanghter of the Melians equally barbarous and worse in respeet to grounds of excuse — — we find Thucydides mentioning the deed without naming the proposer. Grote VI, -JöS. Einige Entschuldigung findet Thirhvall III, 362 wieder in den ancient usages of war. 2 In seine jetzige Gestalt kann der Dialog doch erst im Jahre 404 oder bald nach demselben gebracht worden sein, wie aus der Prophezeiung (V, 91, 1) zu entnehmen — ^'JcF? oi Tri; 7j[j.£T3pa; ap/^);, tjv y.a.\ -ajÖ^, oux a6-j[J.oij[J.Ev TTjV t£X£'v»-r,v • ou yäp ol ap/ovi£(; a>>Xa)v, 'öir.ip xal Aa/.£oai.[j.ov'.o'., ou-o'. Ö£tvo\ TO?; v'./.y)0£l'atv — welche den Sieg der Spartaner als ein er- trägliches Geschick bezeichnet. 3 II, 71 flgde. * Dionysios findet gerade dies Gespräch entzückend: tt^v äpij.ov'!av o'jtw; evajXov 7:apaOc5cüZcV olijo. toT; ^oiaroii; -ap£;£Tä?£a9a!., c. 36. 5 — -pb; Twv bpzwv . . . [J.T]0£V v£wT£pt(^£'.v r.tpl Tr)V ^(j(j.[xa-/ '!av. II, 73, 3. ot'. . . . jjafoEi; a^tjjv y.ixl YUvatzH; nap' süEivot; ('A6j]vaioi?) s'trjoav. 72, 3. 6 — ßoT)6r)a£tv /.aTa oüva[j.'.v. 73, 3. 380 Büdinger. Capitulation wird dann in voller Ausführlichkeit geschildert.^ Es wird hier Niemand die zum Herzen sprechenden Ausfüh- rungen der platäischen Redner und die strengen, wesentlich historisch gehaltenen ^ Argumente ihrer thebanischen Feinde gelesen haben, ohne den Schluss mit Abscheu zu erfahren: ,Sie führten sie fort und tödteten sie, ohne irgend einen aus- zunehmen; sie brachten um: von den Platäern selbst nicht weniger als zweihundert, von den Athenern fünfundzwanzig, die mit belagert waren; die Frauen verkauften sie als Scla- vinnen^ Nach der dem Leser beigebrachten ]\Ieinung ist das Geschick ein durchaus unverdientes, und es lässt die unmittelbar vorher erzählte Hinrichtung der tausend Rebellen von Mytilcne um so eher dem Gange einer ordentlichen Justiz entsprechend :. erscheinen. ^ Ist das Schicksal der ]\Ielier weniger beklagenswerth als ^a das der Platäer? "Wie gesagt, Tliukydides begiündet es in 1 jenem grossen Dialoge. Als Kunstwerk steht derselbe in der { historischen Literatur gewiss einzig da. •' An Vollständigkeit j der Motive beider kriegführender Theile ist er überhaupt un- '| übertrefflich. ^ Das Ergebniss aber ist in den Augen des Lesers •? für die Melier durchaus vernichtend. Auch sie vertrauen, wie > ^i > III, 52—68. 2 Blass, Die attische Beredsamkeit I, L'3ö, K 3 Die sorgsame Uebersicht bei Classen V, 186 flgde lässt doch, wie mir t scheint, die Feinheit der Anlage nicht ganz erkennen, wie ich denn auch \i statt seiner Disposition (85 — 89, 80 — 100, 100 — 113) eine andere vorzöge, \i etwa 85 — 89, 89 — 104 ,die Wirklichkeit' — denn das ,Erreiclib;iro' wird i in dem ganzen Dialoge behandelt — 104—115 ,die Möglichkeiten'. — M Blass I, '231 führt die ,sehr kunstvolle Disposition' des Dialoges dahin '-i aus, dass er in 85 — 88 eine Art Prooemiuui, 89 eine Art Prothesis biete; ^^ ertheiltdann90— 93, 94— 99, 100— 101, lO-' — 110, und 111, 1—5 als Epilog. * So urtheilte man schon im Altcrthume, wie Dionysios a. a. O. c. 37 i sagt: 8v (oiäXoyov) [laXtaTa i-aivouaiv o'i toü /apay.i^po; toÜtoj OxjiichikxL '. Was er selbst c. 39 und 40 dagegen einwendet, macht den Eindruck, ( als ob der römische Unterthan griechische Vcrgangenlieit nicht aus der 1 Idealität herabgezogen liaben wolle. Er klagt über die Unschicklichkeit, \ die Athener eine so uuverhüllte Gewaltpulitik — ßaaiAcüa'. (Japfiapot; tauTa J T,po<^ "EXXjjva; ^p[jLOTT£ Xi^ivi — und dazu solche Irreligiosität bekennen l zu lassen, Letzteres wegen c. 103, §. 2 (obwohl 105, 1 noch stärker ist), i wie Dionysios schilt: ote Xjjjcx'!vcrai tou; avf)pa);:ou; f^ r.xfik ~'L'/ Otwv jÄntc. Kleon bei Thukydides. 381 die PlatäeV;, vergeblich auf die Hilfe alter Bundesgenossen;' aber nicht wie die Platäer sind sie durch Eide und verstän- dige Rücksichten gebunden, sondern durch die Erinnerung an eine siebenhundertjährige Freiheit (112, 1), durch das Bewusst- sein ihrer Tugend gegenüber den frevelhaften Angreifern, doch mit einem naiven Zugeständnisse der Unvernünftigkeit ihres Widerstandes,- von dem ihnen deutlich gesagt ist, dass er zum schrecklichsten Ende führen müsse. ^^ Die Athener bemerken mit einer Schlusswendung, die sie als Vorwurf Kleon's von ihrer eigenen Rednerbühne hatten hinnehmen müssen, ' dass die Melier in gänzlichen Illusionen leben, auf Sparta, Glück und Hoffnung trauend zu grösstem Unheil kommen werden. -^ Das wird denn auch dem. Leser in allen Tonarten vorgetragen: ,Ihr habt in den langen Reden nichts gesagt, worauf Menschen zu ihrer Rettung trauen zu können vermeinen*; ,eure grösste Stärke liegt in Hoffnungen und ewigen Absichten'; ,mit eurer Ablehnung zeigt Ihr Unvernunft^ *' Hält man dazu die Klein- lichkeit, wie den atheniensischen Gesandten aus Furcht vor ihrer Verführungskunst der Zutritt zur melischen Volks- versammlung verwehrt und wie die Verhandlung von den melischen Beamten nur satzweise " zugelassen wird , so hat man wolil das Bild ziemlich vollkommen, das der Geschicht- schreiber, selbstverständlich seiner eigenen Ueberzeugung gemäss, hervorbringen wollte. Der Leser muss sich eben sagen, dass diese brave, aber vollkommen einfältige und in ihrer Albernheit 1 Aa/.£oai[xovi'tov tifxwpi'a jrtaxcüovTE; III, 112, 2. 2 oTi oaioi ~po? o'j oi/.atou; laTaasOa — ou 7:av-a7:aaiv oÜTo)!; aXoyw; 9paauvo[j.£8a. V, 104, womit sich denn die Voraussage der Athener rechtfertigt, dass sie aiayuvr^v aidyiw [itxk avoia:; y^, TÜyrji; TipoaXaßstv. V, 111. 3 oxi üarv [jL£v r.fi'o toü tu osivoTara TzaOstv u;:a/.oijaat äv ys'voiTo, 7;[i.£f; Se [AT] oiacpO^ipavTH; u[jLa? /.spoafvoijicv av. V, 93. * Ta p.£v [jL£'XAov-a i'pya otj:b twv £i7:ovt(uv cxo-oüvte; w; ouvaTa vtyvsaOai — öoÜAoi övx£? tüjv äel aT07:tjjv, sagt ihnen Kleon III, 38, 4 (ed. .Stahl), ta [jLs'XXovTa TüJv opojjxEvwv aacp£aT£pa •/.ptv£T£, Ta 0£ äcpavfj to) ßoüXeaÖat w; yiyvd- u.£va rfii] 6£aa9£, sagen sie den Meliern, V, 113. ^ 7:X£raTov a^aXrjaEaOt Ib. 6 {([xwv ta |j.£v [a/upöxaTa iXTCi^ofiSva [x^XXETai . . . -oXXyjv aXoyt'av ttj? oiavoia; ;:ap£'-/£-£. 111. [jLa/.aptaavT£; to äj:£tpo/.a/.ov ou ^tjXoüjjlev to acppov 105, 3. ■^ zaO' IV.aaTov yap y.aX ^irfi^ u^xet? £vt Xdyw, äXXa — £uÖu; i)j:oXa[j.ßavovT£; xptv£T£. V, 85; cf. 84, 3. 382 Büdinger. hartnäckif^e Bevölkerung dem von den Atheniensern angekün- digten Untergange unvermeidlich entgegengeht. Die Katastrophe bedarf daher nur einer kurzen Erwähnung und ihre Einzel- heiten sind ohne Belang. Die Zahl der dabei umgekommenen Sterblichen hat der Geschichtschreiber anzugeben nicht nöthig gefunden — ob mit Recht, werden wir nicht zu entscheiden wagen. Es wird nun wohl Niemand bestreiten wollen, dass dem grössten Künstler der Geschichtschreibung die auf Geheiss der atheuiensischen Vulksversammlung stattgehabte Niedermetze- lung der Aegineten, Skionäer, Melier und auch die Hinrichtung der mehr als tausend gefangenen Mytileuäer völlig gleichgiltig gewesen ist. Nichts berechtigt also anzunehmen, dass derselbe insgeheim ein besonders zartes Interesse für die übrigen Myti- |j lenäer empfunden und daher den von Kleon beharrlich verthei- tci digten Volksbeschluss ihrer Vernichtung ' irgendwie principiell » missbilligt hätte. Man hat doch irrig einige Redewendungen, die I er referirend über diesen Beschluss bringt, im Sinne moderner |ii Humanität für Beweise des Gegentheiles gehalten. Er be- f( merkt,'- dass die mit Ueberbringung des ersten Volksbeschlusses li nach Lesbos betraute Schiffsmannschaft sich nicht beeilt habe, ,da sie zu einem widerwärtigen * Geschäfte fuhren'; das ist die ' Dionysios c. 17 zürnt — woLl mit manchem Neuern — , dass es Tliuky- dides nicht gefallen hat, diese erste Verhandlung ausführlich zu scliildem. 2 III, 49, 4. ^ £7:1 -px'f^ai. äXXo/.OTOv: , widernatürlich' Krüger; ,der Natur widerstrebend und darum traurig', Classen; aber dass Thukydides nichts Widernatür- liches in den Massenhinrichtungen fand, ist doch klar. Und gerade die von Classen citirten Stellen passen gar nicht zu beiden Erklärungen. Sophokles Philoct. 1171 äXXoxÖToj Yva>[ia erklärt der Scholiast Evavifa Yviöar), obwohl das , Entgegengesetzte' freilich noch einen unangenehmen Beisatz hat. Aristophanes, Wespen 47 und 71, illustrirt das näher. Vers 47 hat der Scholiast, p. 137 (Didot): Tspaiwos;, ^svov, x-o-oi und in einigen li Handschriften äX/.o.pu£c, was an die Verlegenheiten der neueren Inter- preten erinnert; aber zu Vers 71, wo von Philokleon's dessen Sohne so unausstehlicher Processwuth gesprochen wird — vo; civat TT); a::ouraa£tii; IV, 130, 7. • [jLETptcj; zoXä^ovTc; 46, 4. 2 S. nnten S. 388, Anm. 3. , 3 /a/.jy.).oßoo£'. Acharner 381; Kj/.Xoßopou ^fovrjv r/wv Ritter 137; das Frag- ment (i')[ATi]v o' iyw tÖv Kj/.Xoßopov /.aTu'/ai, das der Scholiaat p. 38 zu der letzteren Stelle citirt, wird wfdil auch auf Kleon gehen. — Die Ver- gleichung seiner Stimme mit der ,llnheilamutter Giessbach' — /apaopa? öXsOpov -£ioxj'!a; Frieden 7r>7 mit dem dritten Scholiasten p. 194 1) — wird doch dassellie meinen. ■» Dr. Fellner, Forschung und Darstellungsweise des Thukydides (Wien ' •; 1880) rügt bereits S. 44 in Diodot's Rede die .phrasenhaften Ausdrücke' i und gibt S. 63 eine auch für Kleon zutreffende Zusammenstellung von \ Rückbeziehungen und wclrtliclien Wiederholungen in den Reden. ^ Mit den kunstuiiissigcn Widerlegungsreden (Archidamos' I, 82 flgde gegen i die Korinther I, 08 tlgde; Perikles' I, 140 flgde gegen dieselben I, 120 i: flgde; Nikias' VI, 9 flgde und 20 flgde gegen Alkibiades VI, 16—20; 'I der erwähnten der Thebaner IIT, 61 flgde gegen die Platäer) gehört ^ Diodot's Ausführung überhaupt nicht auf eine Linie, wenn sie auch durch- 1 aus ,in einem antithetischen Verhältnisse' zu der Kleon's steht vgl. Uerbst, '; Abfall Mytilene's 7. I 6 Des eu striEtv: 38, 4; 40, 3. • 38, 2; 40, 3. p Klpon bpi Tbukydides. 38 i Vertrauen in den Redner, den der bescheidene Diodotos übrigens auch für guten Erfoljj^ nicht belohnt wissen will. ' Bei der Erörterung des allgemeinen Verhältnisses zu den Bundesge- nossen gebraucht er dieselben Redewendungen, wenn auch zu der Kleon entgegengesetzten, von diesem doch nur nebenher betonten finanziellen Schlussfolgerung, dass man durch Terro- rismus sich unentbehrlicher Einnahmequellen beraube.'- Er verwahrt sich gegen einen andern, in unseren Augen, vollends nach dem grossen Theorem, wahrlich erträglichen Vorwurf Kleon's (37, 2): er erklärt auch seinerseits, dass man durchaus nicht , Mitleid^ und , Nachsicht^ walten lassen dürfe. Aber die Ungeradheit und Halbheit des Mannes zeigt sich auch in einzelnen Motiven seines Vorschlages. Nun hatte Kleon, worauf wir zurückkommen, dem Volke gegenüber einen recht gröblichen Meisterton angeschlagen. Aus Diodotos' Munde klingt aber ein Ton überlegenen Weisheits- anspruches heraus, der den Leser in eine heitere Stimmung versetzen muss. Es mag noch hingehen, wenn er sogleich in der Einleitung Kleon mangelnde Erziehung (oLizciioz'jziy) und Bornirtheit (ßpayürrjC yvo^say;;) vorwirft, ihm auch wegen seiner Redenfeindschaft nur die Wahl lässt, für albern (a;uvc-:o;) oder auf Privatvortheil sinnend (-loia t', B-a^Epwv) zu gelten, obwohl solche Insulten ihren Zweck stets verfehlen. Aber Diodotos sagt auch dem Volke: ,man muss verlangen, dass in den grossen politischen Fragen ,und besonders in der gegenwärtigen unsereins mit etwas weiterer Voraussicht rede als Ihr, die Ihr kurzweg überlegt'. ^ Dabei unterlässt er nicht in ergötzlicher Weise die Un- billigkeit hervorzuheben, wie viel er selbst riskire, wenn sein Antrag keinen Beifall finde (43, 5), als ob dem nicht jeder 1 42, 3-5. -' 39, 7 : Tiva oVsaös ovT'.va ^= 46, 2 : zlva. otsoöc fjviiva. — 39, 8 : t^? OTStra 7:poaooo'j, ot'' r;V tayuojASv, to Xoi;:bv aTEprjasaSE ^= 47, 6: — t^; 7:poaooou To Aot7:öv ä::"' auTfJc GTspsaßai • tayuojjisv os ::pbc tou? noXs^lou^ twoe; Beides eminent an Perikles' Worte erinnernd: Xsywv ttjv ta/uv aurot; otTcb toÜtwv sT'/ai TöJv /prifxaxwv ttJ; 7:pov otJulov aOixT], OcO£[Xc'vov ä~oS'.Xcrv ev tw orjjjLti), xai iav xaTay/waOr; äotx eTv, ä-GÖavsTv et; "<> ß^tpaOpov i[Aß).T,0£v-a, Ta i| ok ypr^jjLata aürou OTjasjöfJva'. xa't ttJ; öeoü to s-ioszaTov ctvai. (Vgl. Her- «1 mann, griech. Staatsalterth. P, §. 130, 12, S. 501 und 503). Nur so er- (i klärt sich doch auch, wie in Ausführung des von Diodot beantragten Be- r| Schlusses, oj; FTayr,; a-£n£[AJ/cV tö; äoixojvTa; /.p;vai zaO' r,aj"/tav, to'j: o' J aXXoj; =äv ot/.crv, die Hinrichtung der Tausend — formell nach einem dem <' bestehenden Gesetze bei einer Ypa97j aoixfa; Tzpoc, tov otJulov genau ent- ♦ sprechenden Votum Kleon's: KXj'wvo; ywuti] — stattfinden konnte. Des- ,*' halb hat der Geschichtsclireiber auch nicht weiter auf die Sache einzu- *j gehen. Die Mytilenäer müssen wohl im Barathron umgekommen sein. J ■* Diesem Gedankengange würde die, wie es scheint, handschriftlich ge- •< sicherte ältere Lesart der zweiten Satzhälfte von 44, 2 mit aTev ent- | sprechen, wonach Diodotos auch die unschuldig Befundenen opfern will, |l wenn die Schonung keinen politischen Vortheil bringe; aber die neuer- f lieh mehr beliebte Lesart sav (vgl. Classen HI, 203) besagt vielmehr, dass | Kleon bei Tbnkydidee. 389 Dazu ist das praktische Hauptargument für die Schonung der Mytilenäer nachweislich unrichtig. Diodotos behauptet zwar mit Grund, durch die Hinrichtung aller Mytilenäer werde man die Sympathien der unteren Classen verscherzen, die bis- her Rebellionen der Oligarchen verhindert oder bald bekämpft und dazu für die athcniensische Armee eine Rekrntirungs- quelle gebildet hätten. Wenn er aber fortfährt, es sei unklug und dazu die reine Undankbarkeit, wenn man den Demos von Mytilene verderbe, da derselbe am Abfalle unschuldig sei und, sobald er Waffen erhalten, die Stadt übergeben habe, so ver- hält sich die Sache doch wesentlich anders. Die Masse der Bevölkerung hatte während des ganzen etwa einjähiigen Krieges gegen Athen als l^eichtbewaffnete (•I/'.Xc!) gedient; der spartanische Befehlshaber gab ihnen aber, da Älanffcl an Lebensmitteln eintrat und er Ersatz nicht mehr erwartete, die volle Rüstung (b-'/S^^i) zu einem Angriffe auf die Athener. Als die Leute die Waffen hatten, verweigerten sie den Gehorsam, hielten geheime Zusammenkünfte und be- schlossen in denselben folgende Alternative: entweder sollen die Oligarchen die Getreidevorräthe unter das Volk vertheilen, oder sie werden ihrerseits mit den Athenern wegen Uebergabe der Stadt in Verhandlung treten. Nun erkannten die Gewalt- haber, dass sie die Leute nicht zurückhalten konnten und durch Vereinsamung bei der Verhandlung in Gefahr gerathen würden. Sie schlössen daher gemeinsam ("/-otv^) mit dem Demos die Capitulation ab. ' Es setzt denn doch ein Gedächtniss von unwahrschein- licher Kürze voraus, wenn das athcniensische Volk diese That- sachen, die sich in allerletzter Zeit vollzogen hatten, nicht mehr in Erinnerung gehabt haben sollte. Und welche politische und persönliche Kläglichkeit liegt auch darin, dass Diodotos räth (47, 4), man müsse, selbst wenn offenbarer Hochverrath vorliege (ci r,y.'Ar,coL'/), nicht dergleichen man die irgend Entschuldbaren ganz freilassen solle — wenn sich eben sonst kein Vortheil ergebe. Haase, mantissa p. 4 hält übrigens beide Lesarten für unhaltbar und nimmt den Ausfall einer wiederum mit x^ toXei schliessenden Zeile an, die er yermuthungsweise ergänzt. 1 III, 27, 2, 3; 28, 1. 390 Bfidinger. tliun ([AT) zpocTcotsTsOa«), ^ damit nicht das einzig- treue bundes- genössische Element zu einem feindlichen werde. Nunmehr dürfen wir uns wohl, ehe wir zu der Analyse von Kleon's Rede übergehen^ die von Thukydides selbst mit- getheilten Thatsachen vergegenwärtigen, welche sein Urtheil über die Mytilenäer und ihre Schuld bestimmen mussten. Beides sowohl gemäss den von ihm wiedergegebenen Berichten, als der wohl wesentlich authentischen Rede, die er die Mytilenäer vor der spartanischen Symmachie in Olympia halten lässt. Der Abfall erfolgte: nach Thukydides' Berichte, als die Athener durch Pest und Kriegführung erschöpft waren ; nach der Rede in dem für den Angriff besonders günstigen Momente, ,da die Athener durch die Pest und Geldverbrauch zu Grunde ge- richtet sind*.' Nach dem Berichte halten die Athener es für eine bedenkliche Sache,' auch noch Lesbos mit seiner Marine und unversehrten Macht zu bekriegen; nach der Rede sind die Lesbier die Mächtigsten, deren Bewältigung die Athener, wie die lesbischen Gesandten behaupten, auf zuletzt verspart haben, da sie sonst ihre Besieguug nicht erreicht hätten, be- sonders mit Rücksicht auf ihre Seemacht,^ deren Grösse sie auch den Spartanern anpreisen.' In der Rede gestehen sie ganz unverholen : ,zum Theile haben wir uns durch Dienst- bellisseuheit gegen die Gesammtheit und die jedesmaligen Machthaber erhalten;" dazu stiiiunt die Unbeständigkeit und Verlogenheit des echten Verschwörel volkes, von dem der Be- richt meldet: die Absicht des Aufstandes wird in Athen denun- cirt; von attischen Schiffen überrascht, senden die Mytilenäer einen der Denuncianten, den es schon gereute, und Andere, um die Rückberufuug der attischen Schiffe zu bewirken, da sie gar nicht an Unruhen dächten. " Nach der Rede erwarten die * Gilbert, Beiträge 143 hält diese Schonunfj^stheorie immerhin vielleicht mit Recht für den Ausdruck einer Parteiausicht. 2 III, 13, 3. 3 [Aeya epyov III, 3, 1; über [liyx siehe ö. 383, Anm. 2. 4 III, 11, 2 und 3. 5 III, 13, 7. ^ ta 03 zai 0.710 Ocpa-Hta; toü xt /.oivou auTwv x.ai tiov iv. TrpoiaTwTüJV rep'.iyi- Yvd[Ac9a III, 11, 5. ■? fi>; oüÖEv vcüJTtpioüvTwv III, 4, 4. i Kl.on bei Thukydides. 391 Mytilenäer, dass bei einem enei'gischen Auftreten der sparta- nischen Syniraacliie die attisclie Bimdesfi^enossensehait und mit ihr Athens Macht zerfallen werde ; ' in der That sagt der Bericht, dass die Athener bei dem ersten Kampfe gegen die Mytilenäer nur von wenigen Bundesgenossen unterstützt wurden und im Nachtheil blieben;- das Zogern der Mytilenäer gibt ihnen wieder Selbstvertrauen (zoXl» sTrippwaÖevTsg) ; nunmehr kamen die Bundesgenossen viel rascher, ,da sie sahen, dass von den Lesbiern nichts Kräftiges geschah'.'* Sie behaupten freilich, sich auf eine Ladung der Boioter sofort (süOj;;) zum Abfalle entschlossen zu haben, allerdings zu rasch (Oajcov) und unvor- bereitet, womit sie curios genug ein gebieterisches Hilfsver- langen motiviren;^ , unvorbereitet' waren sie nämlich nach dem Berichte^ von den Athenern überfallen worden, also keineswegs freiwillig, wie sie glauben machen wollen, zur Empörung ge- schritten. Sie sind sich bewusst, dass ihr Verfahren, der Abfall aus der Symmachie während des Krieges, selbst bei den Feinden der Athener, zu denen sie sprechen — und um wieviel mehr bei einer unbefangenen Betrachtung — unehrenhaft befunden werde, ,da sie Verräther an ihren bisherigen Freunden schienen'.*' Sie bitten denn auch: ,möge uns Niemand gering-er achten, dass wir, die von den Athenern im Frieden geehrt wurden', was allein auch Kleou^ betont, ,in der Gefahr von ihnen abfallen'.^ Der formale Grund ihres Abfalles ist die Nicht- einhaltung des ursprünglichen, zum Kampfe gegen die Perser errichteten Bundes Vertrages; bisher seien sie eben nur immer • 'AÖTjvatou: paov y.aOa'.priaeTS ucpaipoovrsc auttov xou; Ij^^i/ouc, ■ Opaaiitepov yap :i:a; ti; jtpoaywprjasTai III, 13, 7. 2 III, 3, 5. 3 III, 3, 6. -i III, 13, -2. ^ III, 4, -2. 6 III, D, 1. 7 III, 39, -2. * 111, y, -2. ob dabei mit der Erklärung, dass sie uieht wot x^ YVojjatj ovte? xa\ Euvot'ot ... (10, 2:) zai xaXXa 6p.oioTpo7:oi seien, wirklich auf die Diflferenz ihrer oligarcliischen Staatseinrichtung statt ihrer unjonischen, vollends unattischen Lebensanschauung, hingewiesen werden soll, ist mir doch nicht mit Herbst, der Abfall Ö. 9 ausser Zweifel. 392 Büdinper. überstimmt worden und daher bei den Kriegen der Athener als nominell Selbständige und Freie mitgezogen. ' Ihr nie- ■• driger, dazu für die spartanische, aus so ganz ungleichen Staaten m^ zusammengesetzte Symmachie beleidigender Grundsatz ist: ,eine B* auf einem Gleichgewichte der beiderseitigen Macht beruhende 1^ Furcht ist die einzig sichere Bürgschaft für einen Staaten- mt bund'.- Sie behaupten, für die Athener selbst mit Unrecht, ihr Verhältniss zu den Athenern sei stets ein unehrliches ge- wesen: wer sich zuerst im Yortheile gefühlt habe, von dem sei auch anzunehmen gewesen, dass er den Vertrag brechen werde. ^ Man kann sich dem Eindrucke nicht entziehen, dass ein tadelnswerthes Unternehmen hier mit Wojten beschönigt wird, die auf eine durchaus unedle Gesinnung schliessen lassen.^ In der That haben denn auch die Spartaner, als die ersten, von den mytilenäischen Gesandten angerathenen Bewegungen durch unerwartete Gegenmassregeln Athens vereitelt wurden, jdas von den Lesbiern Gesagte für nicht wahr gehalten'.'' Nur über einen Punkt geben die lesbischen Gesandten in Olympia sich und ihre Zuhörer keiner Täuschung hin, über die Wirkung ihrer Niederlage: ,dann wird kein Anderer mehr abfallen, unsere Macht den Athenern zuwachsen, und wir dürften Aergeres erleiden, als die früher in Knechtschaft Ge- fallenen'. ^ 1 III, 10. Sehr hübsch entwickelt Haase, mnntisaa p. 8, dass III, 13, 1 von den Mytilenäern ausgeführt werde, wie sie Verbündete der Hellenen waren, ehe sie in Athens Bund traten, und dies alte Verhältniss nur zu erneuern wünschen. 2 To ivti-aXov oioz [iövov n-.atov i; '^j^^x/1%/ III, 11, 1, mit Krüger's Er- klärungen; vgl. auch oben S. 876, Aum. 1. ^ oroTifotc Oäaaov -apaayoi aa;päX£ta Oäpao;, oOto'. r.pöxipoi ri y.a.\ T:apaßr)a£o6ai ?[j.£).).ov III, 12, 2. Es muss hier daran erinnert werden, dass die Athener zwei Jahre später (IV, .51) bei einem auftauchenden Verdachte gegen die Chier sich mit Beseitigung einer von denselben aufgeführten neuen Mauer begnügten. Sicher ist aber wohl, dass das Aufsichtssystem der attischen -pö;£vo'. den Mytilenäern lästig war. Herbst, Abfall S. 17 flgde. * Herbst, der Abfall S. 20 bis 24 glaubt niytilenäische Absichten eines weit reichenden Ehrgeizes nachweisen zu können, die nicht völlig ge- kannt oder verschwiegen zu haben doch bei Thukydides höchst befremd- lich wäre. 5 Ta u-b Twv Asaßitov ^rj6^v-a jjyouvro ou/, «Xrjöf) III, 16, 2. fi JII, 13, 6. Kleon bei TlmVydides. 393 Man darf nach dem bisher Erörterten sa^en, dass Thuky- dides einerseits den Aufstand der Mytilenäer für eine an sich niedrige, und Athen in einem Momente der Bedrängniss wahr- haft gefährdende I landhing hielt, dass er anderseits die schärfste Bestiafung sowohl von Aufständischen, als mit unzureichenden Kräften das Kriegsglück AVagenden gleichgiltig betrachtete, wenn er auch principiell die Abschreckungstheorie, ja die Todesstrafe verwarf. ]\Iau kann hienach vielleicht annehn)en, dass zwar ein grossherziger Amnestievorschlag, etwa mit Ausnahme weniger Häupter des Aufstandes, nicht aber der Veiinittlungsantrag Diodot's, der ja für zahlreiche Executionen noch Ramn ge- nug Hess, seinen Anschauungen ganz entsprach; aber man wird auch nicht behaupten können, dass er besondern Ab- scheu empfunden haben würde, wenn die Mytilenäer das Schick- sal erlitten hätten, das die Aegineten von Thyrea, die Skionäer und die Melier ti'af. Solche Metzeleien waren ja nur conse- quente Folgen der herrschenden Abschreckungstheorie. Und so leitet der Geschichtschreiber ' Kleon's Rede mit der trockenen Bemerkung ein, dass derselbe auch den frühern Beschluss, die Mytilenäer zu tödten, durchgesetzt habe, über- haupt der gewaltthätigste unter den Bürgern, in der damaligen Lage aber auf das Volk von grösstem Einflüsse gewesen sei. Girard- vergleicht treflend die Rede mit der des Ephoren Sthenelaidas,3 welche den Krieg einleitet, und bemerkt mit Recht, dass hier die eigenthümliche Geschicklichkeit und Ver- führungskunst dieser populären Beredsamkeit vorgeführt, Kleon selbst aber als eine des Studiums werthe Persönlichkeit ge- schildert werde. Die Begründung seiner Schreckenspolitik gegenüber den Bundesgenossen ist für den gegebenen Fall leicht genug, nach- dem der Massenmord in der vorigen Volksversammlung be- schlossen war. Kleon macht auf die Gefahr der Unbeständigkeit bei jeder Regierung in Bezug auf einmal gefasste Beschlüsse aufmerksam ; ^ er scheint wiederholt zu betonen, dass hier ein ' III, 36, 6. 2 Essai sur Thucydide (Paris 1860) 86, 90, 93. 3 I, 86. * III, 37, 8. 394 BndiDKer. nach dem kannonischen Gesetze zu bestrafendes Vergehen ' vorliege. Er zeigt nicht einmal alle die Schwächen der myti- lenäischen Sache, die wir aus dem Berichte und der Rede von Olympia kennen : er erinnert nur, wie sie in völlig geschützter Lage hinter ihren Mauern und mit ihren Schiften, dazu poli- tisch selbständig und von Athen ,aut*s höchste geehrt', - ,durch Nachstellung und ofi'ensive Erhebung' (£7:£ßouA£jjav xe y.xl e::av£- cTifjaav) ,an der Seite unserer grössten Feinde uns zu verderben suchten' ; ,sie begannen den Krieg, entschlossen Gewalt vor 1 Recht gehen zu lassen*;-^ ,denn als sie eben zu siegen erwar- teten, griffen sie ungekränkt uns an'; ,jetzt sollen sie, wie ihr Verrath verdient gestraft, nicht den Oligarchen soll die Schuld beigelegt, der Demos freigesprochen werden ; denn Alle gleich- massig haben uns angegriff"en' ' — was, wie wir sahen, "' der Wahrheit vollkommen entspricht. Die von Kleoii gewünschte Strafe der Mytilenäer wird auch von Diodotos nicht für ungerecht erklärt: er warnt eben nur das Volk, sich nicht zu schädigen, indem es sein Richter- amt zu genau nehme," und bestreitet die politische Nützlich- keit der Strafe. ' ' /pövo'j otaxpififj — npb; töjv r,oixr,zÖTojv [xaXidTa 38, 1, wozu auser der aus i Xenophon oben S. 388, Anm. ;» citirten Stelle speciell zu vergleichen \ die Erklärung von Kannonos' Gesetz in Scliol. Arist. ecclesiaz. V. 1089 i (321 Didot) 6r]o;aij.a ysypisei /.aTB/ 6\i.v/0'i i/.aTs'püjOsv ir.oXoyziolIxi töv /.ar' ' Siaa^y^Xtav zpivd[Ji£vov. — .MuTiÄrivattuv äo-.zia; »,[j.rv fjj^j).t|jLOu;, sagt Kleon l ferner, werde Niemand behaupten 38, 1, dazu: .MjT-.Xjjvatou; [xi'Kiaxx ffi<./.r^- ! xdra? 39, 1; /.oXaaOc'vTwv vOv ajiwc ttj? aoixia; 39, 6; rpoüTiatp^avTa; do'./.(a; J 40, .-.. ^ I 2 Vgl. 111, G, 2; oben S. 3'Jl. * I 3 !a/üv a^iüjoavTc; toj ouat'ou ;:poO£tvai 39, 3. * III, 39, 3 und 6. \ 5 Vgl. oben Ö. 389. ^ ou ot/.aaTa? ovia; Oil r^u.ii [j.dcXXov twv s^ajjLapTavovTojv äxpißsi"? ßXaTrreaOat 46, 4. ^ Der Satz freilich, der Diudot's Argumente zusammenfassen und krönen j soll, ist unverständlich: to IvXfojvo; to aOrb ouaiov /.a« ^iix^Epov t^c Tt(Aw- pfa? ou)^ EuptffXExai vi aOiio ouvatbv ov ä[ia ytyvEaOa'. (47, 5). Das bekommt mit allen Versuchen aOno durch Tauto), xto aCxö) zu deuten oder zu emen- direu, oder gar, wie auch Clas.scn, durch tm oiasöcTpai zu erklären, keinen Sinn: denn es lässt sicli weder behaupten, es sei nicht möglich, dass Gerechtigkeit und Nützlichkeit einer Strafe sich decken, noch auch kann man für ein Unmögliches erklären, dass ein Massenmord auf Lesbos sich als gerecht und nützlich erweise. Klpon hei Thnkydides. 395 Ich denke, dass über den sachlichen Inhalt von Kleon's blutigem oder, nach Thukydides' Ausdrucke, ,gewaltthätigem' Antrage nicht viel Zweifel möglich ist: in der Verächtlichkeit der Mytilenäer findet er nach antiker Moral seine volle Recht- fertigung. Zunächst hat uns die Auffassung zu beschäftigen, welche ihn der Geschichtschreiber über den Charakter des atheniensi- schen Reiches und die allgemeinen Grundsätze seiner Regie- rung äussern lässt. Es ist nun längst bemerkt worden, dass mehrere seiner Aeusserungen solchen in Perikleischen Reden gleich oder ähnlich sind; man hat das für eine bewusste Nach- ahmung sei es Kleon's, sei es des Autors erklärt. • Die be- treffenden Stellen dürften eine weniger künstliche Deutung zulassen und sich als unabsichtliche Anklänge an schon einmal gebrauchte Aeusserungen am einfachsten erklären, indem Thu- kydides sei es beide Male authentische Worte, sei es auch nur den Intentionen der Redner am nächsten entsprechende seinem Grundsatze gemäss - wählte. Als leitender Staatsmann konnte Kleon wie sein grosser Gegner sich keiner Täuschung darüber hingeben, dass die Herrschaft der Athener über ihre Bundes- genossen eine Tyrannei sei, wie ja auch Aristophanes das Volk der Athener als König und Tyrannen begrüsst. •* Perikles ver- gleicht ihre Herrschaft wohl nur einer Tyrannei, indem er weiter bemerkt, dass ihre , Erwerbung als Unrecht erscheinen* könne, die , aufzugeben aber gefährlich*, ja geradezu , unmöglich* sei, ,wenn Jemand aus momentaner Furcht und Trägheit auch in solcher Weise den Biedermann spielen' wolle. Kleon fasst das nur härter: ,Ihr seht nicht, dass Eure Herrschaft eine Tyrannei ist*, die durch Schrecken erhalten werden müsse; .sonst muss man die Herrschaft aufgeben und fern von der Gefahr den Biedermann spielen*.^ Wenn ' ,So fern er ihm au Geist und Gesinnung steht, so hat er doch von ihm gelernt, was in der Rede Wirkung thut'; . , . ,die ganze Stelle in Ge- danken und Ausdruck jeuer Perikleischen nachgebildet', Classeu III, 54, 67. 2 ^(^aXcKÖv -rjv ay.p'!ßciav autYjv twv Xcy9c'vT otp^aiw ayri^azi XajjiTipd? Ritter 1331 (vgl. Wolken 984: ap/ata tETTtYOJV ävajjLEara) mit Thuk. I, 6, 3. So auch die Bezeichnung des Hyperbolos als aoyörjpd; Ritter 1304 wie Thuk. VIII, 73, 3. Aber die Beziehungen Beider sollten doch voll- ständig zusammengestellt werden. 3 SouXot övTc; Tüiv «El aTo'rwv 38, 5. * etüjOaTS Ösarai jjlev twv Xdywv YtyvEaöat — ixsTa y.(xa6z7]zoi Xdyou änataaÖa'. äpioToi . . . ^rjTOuvTS; aXXo -i r) vi o!^ vöjjisv . . . axoi]; rjoov^ ;^aato[X£vo'. 38, 5 und 7. Diesen Theil der Rede erkannte schon Haase, mantissa p. 16 als ein Zeugniss der treuen Wiedergabe von Kleon's Worten durch Thukydides (vgl. oben S. 376, Anm. 2): facile apparet, in ea re accu- rate Thucydidem non seutentias solum Cleonis repetivisse, sed etiam quoad eius fieri potuit orationis formam: id quod fortasse ideo facilius factu fuit, quia Thucydides ipse orationem audivit, quam certe multis testibus cognocere potuit. 398 ßüdingpr. dem, der spricht; Dein Geist ist hier und doch nicht zu Hause'. ' Es foliEjt nun die, wie wir oben (S. 390) sahen, nicht ein- mal voUständijuje Darlefjfung^ der mytilenäischen Verschuklung, der Gefahr ihres etwaigen Sieo^es, der moralischen Gründe ihrer Niederlage: sie hätten nicht durch Bevorzugung v'erwöhnt werden dürfen (39,5): jetzt muss das Gesetz in voller Strenge gegen sie angewendet werden (39, 6); nur so sind weitere Empörungen zu verhüten (39, 7), welche des Reiches Kräfte, auch die finanziellen,"- bei jeglichem Atisgange schwächen (^39, 8). Die scharfe Strafe muss für den freiwilligen Abfall unabänder- lich feststehen (40, 1) ohne Mitleid, Phrasenliebhaberei und Rücksichtnahmen^ (40, 2). Wie um den Hörer — und etwa auch der Geschichtschreiber den Leser? — vor der Einwirkuns: von Diodotos' Rede zu schützen, warnt er vor den ungetreuen Schönrednern, die zu Rücksiclitnahm»' auf Leute rathen, deren Feindseligkeit doch gleich bleiben würde (40, 3). Nach dem Gesetze und im Interesse der, ob auch ungerecht erworbenen Herrschaft müsse die Rebellen die Vernichtung treften (40, 4), die Athen schützen (40, 5) und vor der Rache eines gelinde bestraften Feindes bewahren solle (40, 6), Noch ruft Kleon die Erinnerung des Volkes an die dringenden, durch den Aufstand bereiteten Gefahren auf, um es zu scharfer Vergeltung zu mahnen (40, 7), damit die verdiente Todesstrafe der Aufständi- schen weitere Hemmung der Kriegführung gegen den Feind durch rebellische Bundesgenossen verhindere^ (40, 8). Wenn die Gewaltthätigkeit in der Rede offenbar ist, so ist es auch der politische Ernst des Redners, der seine Zu- hörer fesselt und mit vollkommen schonungsloser Consequenz ^ 0fi)7:S'JO[i£VOC Tc '^olI- pci; x.a;ac~aTv Ta okXsx c. 13 — könnten neuere Kritiker wiederum zur War- nung erwägen. ^ IV, 29, 2; 30, 3. Grote VI, 119 erwähnt wohl die accidental conflagration of the wood. Aber indem er VI, 128 — 130 Thukydides' wegwerfendes Urtheil tadelt und als Symplom der verstockten Stimmung der Kleon feindlichen Kreise in Athen ansieht, findet er, dass Kleon nicht einmal a cantious and mistrustful estimate of probability überschritten habe, ja er lässt ihn das Versprechen lösen (VI, 203) without any unlooked- for aid from fortune. Kleon bei Thnkydides. 409 Kampfbeendig^ung binnen zwanzig Tagen vor wie nach thöricht findet: ,Kleon's Versprechen, obwohl wahnsinnig, ging in Er- füllung.' ' Mit dem Ende des Unternehmens gegen Sphakteria ver- schwindet Kleon aus des Geschichtschreibers Darstellung für nahezu drei Jahre. Die durchaus unfreiwillige Feldherren- ßchaft, zu der man ihn genöthigt hatte, war trotz des glänzen- den Ausganges nicht vermögend, ihn, der, wie wir wissen, ^ sich ganz andere Aufgaben gestellt hatte, zu weiteren Ver- suchen militärischer Begabung zu reizen. Denn es ist schon von Grote^ mit vollem Rechte bemerkt worden, dass es un- begreiflich sei, wie er nicht, wenn er den Ehrgeiz gehabt hätte, als General zu gelten, sich ein weiteres Commando ver- schafft haben sollte. Vollends in dem nächsten Jahre, das verschiedene und zum TIkmIo, wie die P]innahmc von Kythera, leichte und doch rühmjiclu! militärische Expeditionen brachte, hätte ihm das ohne Mühe gelingen müssen, nachdem er durch Proedrie im Theater und Speisung im Prytaneion die höchsten Auszeichnungen des Volkes erhalten hatte. Aber unter den folgenden Missgeschicken der Kriegführung, so wenig er sie verschuldete, hat doch auch sein Ansehen gelitten. Vergeblich widersetzte er sich wahrscheinlich dem Abschlüsse des ein- jährigen Waffenstillstandes, dessen Antragsteller Laches er vor Gericht verfolgte. Dass er, der in den Zeiten der ungebroche- nen Reichsmacht so scharfe Strafe auf die Rebellion gesetzt wünschte, vollends jetzt keine Nachsicht walten lassen mochte, ist begreiflich: eben er beantragte die früher (S. 377) erwähnte Vernichtung der Skionäer, deren Abfall zwei Tage nach dem Waffenstillstände erfolgt war.' Da er aber, imbekümmert um die Friedenssehnsucht und wohl auch das Friedensbedürfniss der gebildeten und wohl- habenden Classen, nach dem Ablaufe des Stillstandes den Krieg erneuert wünschte, so konnte er sich wohl kaum der Bürde entziehen, auch selbst ein Commando in demselben zu über- ( ^ Toü KXe'ojvo; /.atTTEp [xav'.wörj? oOaa fj U7:öay£rjt; a;i£ßr] IV, 39, 3. 2 Vgl. oben S. 369 flgde. 3 VI, 238 sq. * Thnkydides IV, 122, 6. 410 Bndinger. nehmen und sich um die Strategie für 422/1 zu bewerben. Ob er sich nun gerade selbst das Commando in Thrakien gewünscht und ausgesucht hat, * ist doch sehr zweifelhaft, und was neuer- lich mit Rücksicht auf seine thrakische Politik dafür geltend gemacht worden ist, ^ wenig überzeugend. Immerhin hat er nach Thukydides' Relation, die auch hier für Kleon's Vertheidiger ganz unabhängig von des Autors eigenem Urthcil gestaltet ist, bis fast zur Katastrophe mili- tärisch und diplomatisch seine Pflicht gcthan. Er hat die ent- behrlichen Mannschaften des Belagerungscorps von Skione an sich gezogen, in rühmlicher Weise Torone erobert und dort zwei Siegeszeichen aufgestellt.^ Dann hat er die entsprechen- den Vorbereitungen' zum Wiedergewinne von Amphipolis ge- troffen, zunächst militärisch durch Berennungen zweier an den Eingängen des strymonischen Golfes gelegenen, von den Feinden besetzten Plätze, von denen ihm die von Stageira im Westen fehlschlug, von Galepsos im Osten gelang. Dann forderte er den Makedonerkönig auf, sein vcrtragsmässiges Hilfscontingent zu senden und Hess, wohl auch in Erinnerung an die nütz- liche Verwendung leichter Truppen auf Sphakteria, Söldner bei den Thrakern werben. So gedachte er nach einiger Zeit mit überlegenen Kräften Brasidas anzugreifen. Aber er war seiner eigenen, ihm persönlich abgeneigten und nur , widerwillig mit ihm ausgezogenen', dazu in Körper- und Waffeuhaltuug schlecht gedrillten' Truppen nicht Herr. Es ist denn doch der stärkste Vorwurf, der sich gegen seine Feldherrenschaft erheben lässt, dass er sich von seinen Soldaten , zwingen' Hess," gegen seine bessere Ueberzeugung aus seiner Ü sichern Garnison in Eion ins Feld zu rücken. Die Truppen .a stellten für ihn wenig schmeichelhafte Vergleiche zwischen '9 ihrem und dem feindlichen Feldherrn an und rotteten sich i » Grote VI, 239. ■- Gilbert 202. — 'AOr]va(ojc -s-aa; bei Thuk. V, 2 beweist natürlich nichts : für das Commando. 3 V 2 4 » V, 6, 1 und 2. 5 V, 7, 2; 10, 5. ^ fjVayy.agOr) V, 7, 1. lleon bfii Thnkydides. 411 mit dem Verlangen, hinausgeführt zu werden, zusammen; da ^ab Kleon nach. Thukydides sieht in den militärischen Anordnungen, die er traf, nur eine Copie ' der Umschliessungs- und Umgehungs- inanöver, die ihm mit Demothenes' Hilfe auf Sphakteria ge- lungen waren, so dass er .etwas zu denken vermeinte'.'- Vor- läufig erklärte er ,mehr zu einer Recognoscirung' (xaxa 6£av ;j.aA>.cv) ausziehen zu wollen , was denn freilich mit seiner ganzen Armee wenig Sinn hatte, indem er zum Angriffe erst nach Ankunft der Makedonier und Thraker zu schreiten gedachte. So hat ihn denn Rrasidas bei seiner Beschauung in dem Momente überfallen und geschlagen, da sich Kleon dem Angriffe durch einen langsamen Rückzug nach Eion zu entziehen gedachte. Seine Befehle sind nach Thukydides zu spät und mit einem groben taktischen Versehen gegeben wor- den, so dass ein Flügel dem Feinde die wehrlose rechte Seite zum Flankenangriffe bot. Ueber Kleon's Ende nach Brasidas' plötzlichem und er- folgreichem Angriffe ist schon im Eingange dieser Abhandlung- gesprochen worden. Als meine eigene Meinung muss ich denn aber doch hinzufügen, dass mir Thukydides' Bericht zu be- stimmt und detailliert scheint, um gegen die vage Nachricht eines Spätem, und wenn es auch Ephoros ist, bezweifelt wer- den zu können.'' Es meldet aber unser Bericht, dass Kleon, von Anfang entschlossen nicht Stand zu halten,' sofort geflohen 1 Die Beziehung wird ohne die Beschwerung mit einem ausdrücklichen Rückweise ganz wie VII, 71, 1 gegeben, aus welcher letztern Stelle Cwikliiiski (Hermes XII, 54) ,ein ziemlich gewichtiges Argument' für seine Hypothese zu finden meinte. 2 Denn das ist V, 7, 3 und nicht ,ein unüberlegtes Darauf losgehen' mit den Worten gemeint: iypr^uxio tw xpd;io) Mizzp xal i; x^v HüXov z\>vjyqaxi irÄG-zvjQt -'. ^povEiv — wie der Satzschluss w; züzXoj Ticp'.izaz ß''a atprjaojv xr^v ::oX'.v. 3 Holzapfel S. 14= meint gar gegen Gilbert, Ephoros' betreffender Bericht sei ,eine von Athen ausgegangene Fälschung'! Mit Gilbert's Argument, Thuky- dides schreibe nach der Relation atheuiensiacher Soldaten, ist er auch nicht einverstanden. * «ö; -0 zpwiov oj o'.£V0£?To fisveiv V, 10, 9. Das geht zwar auf den Plan, erst die Verstärkungen zum Angriffe zu erwarten, ist aber in diesem Zusammenhange nur spöttisch gemeint. 412 Bndin ger. Kleon bei ThukydideB. und von einem Peltasten aus Myikinos eingeholt und erschlagen worden sei. Alles in Allem wird man doch sagen müssen, dass Thu- kydides auch seinem Feinde Kleon gegenüber den edlen Grund- sätzen möglichster Genauigkeit und Unparteiliciikeit treu ge- blieben ist, die er im Anfange seines Werkes als seine Schilderung allein bestimmend darlegt. \ :J pl N X. SITZUNG VOM 14. APÜIL 1880. Von dem c. M. Herrn Professor Dr. Benndorf in Wien wird das soeben erschienene Werk: ,Neue archäolog-ische Unter- suchungen auf Saniothrake, ausg-efülirt im Auftrage des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht von A. Conze, A. Hauser und O. Benndorf, überreicht. Herr E. Hermann, Gymnasial-Professor am Theresianum, übersendet mit Zuschrift die siebente Auflage seines , Lehr- buches der deutschen Sprache^ Von der Kirchenväter-Commission wird eine auf die Text- kritik der im , Corpus scriptorum ecclesiasticorum' erscheinen- den Werke Commodians bezügliche Untersuchung des Herrn Professor B. Dombart in Erlangen: ,Ueber die ältesten Aus- gaben der Instructionen Commodians' zur Veröffentlichung in den Sitzungsberichten vorgelegt. Herr Professor Dr. Joh. Huemer in Wien legt eine Abhand- lung, welche betitelt ist : ,Ueber ein Glossenwerk zum Dichter bedulius, zugleich ein Beitrag zu den grammatischen Schriften des Remigius von Auxerre' vor, mit dem Ersuchen um ihre Aufnahme in die Sitzungsberichte. Die Abhandlung wird einer Commission zur Bericht- erstattung übergeben. 414 Herr Wilhelm Tomaschek, a. o. Professor an der Uni- versität in Graz, übersendet eine Abhandlung unter dem Titel: ,Centralasiatische Studien. II. Die Pamir-Dialecte', und ersucht, dieselbe in die Sitzungsberichte aufzunehmen. Die Abhandlung wird einer Commission zur Begutach- tung überwiesen. An Druckschriften wurden vorgelegt: Academie des Inscriptions et lielles-Lettres: Coiuptes-rendus des Seances de l'Annee 1879. 4«= Serie. Tome VII. HulUtin d'Octobre k Decembre. Paris, 1880; 8". Accademia, real de la Historia: Boletiii. Tonio I. Guaderuo ö". Diciembre 1879. Madrid, 1879; 8". real Virgiliaua di Manti)va: Atti e Memorie. Maiitova, 1878; 8". Akademija Jugoslaveuska znanosti i unijetuosti: Rad. Kiijiga LI. U Zagrebu, 188U; 8". Bureau, königl. .statisti.sch-topographisches: Württenibergische Jabrbücher für Statistik und Landeskunde. Jahrgang 1879. I. Band, 2. Hälfte und II. Band, 2. Hälfte. Stuttgart, 1879; 4». - Württeinbergi.sche Viertel- jalir.«.hefte für L.indesge.sebithte. Jahrgang II. 1879. Heft 1—4. Stuttgart, lö79; 4'1 - Beschreibung des Oberanits Mergeutheini. Stuttgart, 1880; 8". Gesellschaft, deutsche morgenländische : Zeitschrift. XXXIII. Band. 4. Heft. Leipzig, 1879; 8". Hermann, E.: Lehrbuch der deutschen Siirachf. Wien, 1880; 8"^. Institute, the anthropological of Great Britain and Ireland: The Journal. Vol. IX, Nr. 3. February ISSO. London; 8». Königsberg, Universität: Akademische Schriften pro 1879/80. 24 Stücke 8<», tj Nationalmuseum, germani.sclies: XXV. Jahresbericht. Januar 1879. — Anzeiger für Kunde der deutscheu Vorzeit. Neue Folge XXVI. Jahrgang. Nr. 1 — 12. Nürnberg; 4". Numismatische Blätter: Organ für Numismatik und Alterthumskuude. II. Jahrgang, Nr. 3. Wien, 1880; 4». jRevue politique et litteraire' et ,Kevue scientitique de la France et de l'Etrauger'. IX« Annce, 2« Serie. Nr. 41. Paris, 1880; 4». Societä italiana di Antropologia, Etnologia e Psicologia comparata: Archivio per r Antropologia e la Etnologia. Volume IX, Fascicolo III. Fireuze, 1879; 8». Verein für Hamburgische Ge.schichte : Mittheilungen. HI. Jahrgang. Nr. 1 bis 3. Hamburg, 1880; 8". Wissenschaftlicher Club: Monatsblätter. I. Jahrgang, Nr. 6. Wien, 1880; 4". — Ausserordentliche Beilage: Die französische Satire im 12. und 13. Jahrhundert, von Dr. Ludwig Weis sei. 4". J. Müller. Emendationen zur Natoralia Historia des Plinius. IV. -±10 Emendationeii zur Natiiialis Historia des Plinius. Von Joh. Müller, Professor au der Universität zu Innsbruck. IV. 20, 70. Beta nigra mechfur dysintericis iniecta et morho regio, do- lores quoque dentium sedat inlitus sucus et contra serpentinm ictus valet, sed hiiic radici dumtaxat expressus. Statt des überlieferten huic las die Vulgata huiufi, Sillig und Jan schrieben Jiic^ Strack hielt huic im Sinne von huius als erneute Wiederaufnahme des behandelten Gegenstandes für zu- liissig- und Detlefsen setzte es in den Text. Allein abgesehen von der Schwerfälligkeit des doppelten Dativ, die ich mit keinem ähnlichen Beispiel zu belegen wüsste, ist eben huic nicht ein- facher Hinweis auf die beta nigra, sondern involvirt zugleich einen Gegensatz zur alba, der sachlich durchaus unbegründet und nicht blos durch die Bemerkung in §. 69 in totum efßcacior esse iraditur nigra, sondern auch durch die Angabe sive can- didae sive nigrae radix recens et madefacta suspenso, funicido contra serpentium morsns efficax esse dicitur ausgeschlossen ist. ' Während also dieser Gegensatz unzulässig ist, wird ein anderer entschieden verlangt. Es wird berichtet, Avofür der Saft der beta. nigra ohne Unterscheidung zwischen Pflanze und Wurzel gut sei, darunter zuletzt dolores dentium und serpentiwm, 1 Uebrigens wäre jeder Hinweis, auch durcli is, auf die heta mgra wenig- stens überflüssig', da nicht wie bei Dioskorides 2, 149 beide Arten zugleich, sondern getrennt behandelt wei'den, die nigra von sucus eius an bis jper- nimiibus occu7i%l, die alba von da an bis zu Ende. 416 J- Müller. ictus. Wenn also eine Beschränkung angefügt wird, muss sie , sich hierauf beziehen und zwar nach Anleitung von §, 69 sive \ candidae sive nigrae radix .... contra serpentium morsus efficax i esse dicitur speciell auf serpentiiun ichis. Da nun knie für ad i hoc nicht genommen werden kann, weil dies mit dem zu er- j gänzenden Verbum valef unvereinbar ist, so wird allerdings i Sillig Recht haben iind Imic zu ändern sein, und zwar, wie mir i scheint, am einfachsten und passendsten in hoc. Vgl. §.12 cortex quoqiie vomitionem movet, faciem purgat. J hoc et folia ctntiscuuqtie sativi inllta. 22, 64. i 1 ( Esf et heia sUvestris quam, linionium vocant, alii nenroidem, midtuin vihiorilms foUis tenuioriljusque ac densiorihus , undecim * saepe caidium. So sehr die einzelnen Codices von einander abweichen und so durchgreifend das Verderbniss der Stelle ist, zwei Punkte i sind vtillig unzweifelhaft, 1. dass dem Plinius eine Angabe vor- ^ lag, wie sie die Aldina des Dioskorides 4, 16 bietet: csxa y) \ tzkeIu), ' und 2. dass sich diese Angabe auf die Blätter, nicht J auf die Stengel bezog. •^ j Es fragt sich, da fere undecim cauUtnn oder undecim saepe is caulium von den Blättern nicht verstanden werden kann , ob ';; anzunehmen sei, dass Plinius seine Quelle misverstanden und ' falsch wiedergegeben habe, oder ob aus den überlieferten : Schriftzügen sich eine richtige Angabe eruiren lasse. Und da 1'' ist vor Allem zu beachten, dass (Judex Q darin mit den übrigen i Codices mit Ausnahme des Parisinus d übereinstimmt, dass 'i er vor undecim noch ein Wort bietet, und zwar, wenn auch I in undeutlichen Schriftzügen, wie es scheint, fere, während i die anderen /o^m- haben. Diese Uebereinstimmung deutet darauf ; 1 Codex Vindobonensis bietet u.a/.pd-£pa xai -Asfw, also auch bezüglich der Grösse der Blätter von Plinius abweichend. Ob in dieser Hinsicht Ueber- einstimmung zwischen beiden herzustellen und nach Anleitung von Q lonciiorihns zu schreiben sei, wie TIrlichs wollte (Viud. Nr. 429), bleibt zweifelhaft, da auch ai/.poTSca nicht aller Gowälir entbehrt. 2 Dies letztere ist längst von Cornarius und Harduin constatirt unter Hin- weis auf den Sachverhalt. Rroendationen zur Naturalis Historia des Plinius. IV. 417 hin, dass foUis nicht Dittographie oder Glosse sei, sondern ebenso wie fere aus anderen Schriftzügen verdorben ist. Da der Schreiber der Excerpte (Q) diese Schriftziige für ftre nahu), gab ilim dies zugleich Anlas», saepe falleu zu lassen. So führen uns die überlieferten Scliriftzüge zu folgender Richtig- stelluDi*' des Textes : fernnt decem saepe canli tmi. ^ Noch birgt auch der Schluss des Paragraphen aqua aittem betör radice decoctaa maculas vesthim eltil dicanf , item memhra- narum, wie er nach Q bei Sillig und Detlefsen lautet, einen Fehler. In der Verbindung aqua hetae radice decocfae findet nämlich der Ablativ radice keine Erklärung,"- and es wird decocfa statt decoctae zu schreiben sein. Statt des absoluten Ablativs hetae radice decocta wäre wohl der Genetiv hetae ' Die fünf zweisilbi>^eu Wörter ueben r>iii;iiiiler bieten keinen Anstoss. Auf solche Feinheiten aclitet um wenigsten Plinius. Vgl. übrigens §. 213 sucus eiiis potus rencs iuvat. §. 218. - Die Ablative wie 1(J, 127 (lesculnx qunnlmu cntpnre eminet tmüum radice dtscendÜ; 23, lö2 laurwi Kccalfactnr'umi luduraia Italtet et foliis et cortice et liacls finden sieh ln.i Plinius in grosser Zahl und Mannigfaltigkeit. 20, .'iy radice veJ foUii prode.st. 21, 172 (uirihus suco inedetii.r. 25, löö suco rnliffinew disaitit. 20, 101 discutit et foliis strmnas. 24, 12G reliquo suco faciem piirgat. 22, 46 ex his candidus hydropicos sanat suco radicis decoctae. 22, 80 s&nine singuUius confestim ex aceto sedat. 24, 63 et semine et folio additur in malarjmata. 26, 130 nervorum duritiae aegilops suco inlinitur. 20, 149 voci suco utilis, 26, 83 praecipui usus ad slrarujurius folio vel caule vel radice ex vino. 22, 36 suco quoque in usu est. 22, 24 hac (radice) tan- tum in usu. 24, 143 ecligmate urinam et menses eiere (aron ferunt). 21, 15.5 ecliipaate faciles excreationes facere. Ich finde in keinem dieser Beispiele eine Analogie für unseren Fall. Sie sind alle instrumental zu fassen, uiodificiren sich auch zur Bezeichnung der Art und Weise und des Masses: 28, 138 etiavi phthi Vgl. u. A. §. 10-'; 135; 224; 2-47; 249. 2 Vgl. u. A. §. 183; 186; 187; 197; 229; 248; 253. l Emendationeii zur Naturalis Historia des Plinins. IV. 421 20, 239. Utuntur eo (sinapi) ad alopecias cum rubrica, psoras, lepros, tikthinasisj, tetanicos, opisthotonicos. inungunt quoque scabras genas ut caliganfes ociilos cum melle, sucusque tribus modis exprimütur i ßctili, calescitque in eo sole modice. exif et e cauliculo sucus (cteus, qui ifa, cum induruit, detifinm. dolovi medetur. Zu inungunt lässt sich wohl eo ergänzen, ^ aber der Ueber- -ang zum sucus durch que und Dioskorides 2, 183 6 si y;jXb<; ouxoij machen es wahrscheinlich, dass suco zwischen ocnlos und cum, ausgefallen. - Im Folgenden dann ist längst, anerkannt, dass die Worte exit et e caidiculo sucus lacteuHj wie sie die Vulgata bietet, eine Unrichtigkeit enthalten, da der Satt keineswegs niilchartig ist. '■'• Allein die Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit wird geschützt durch Plinius Valerianus, der 4, 28 ebenfalls sagt : lacteam facit guttam. In diesem Punkte also wird die Vulgata schwerlich angetastet werden dürfen. Aber sie gibt die Ueberlieferung der Codices nur unvollständig wieder , da letztere lacteus eiuce vi bieten. Diesen Schriftzügen kam nun zwar die Vermuthung Jans lacteus ei-ucae vi bedeutend näher, allein eine Vergleichung der Angaben über die Heilkraft der eruca in §. 125 zeigt, dass sie nicht zutreffend ist. Auf richtigerer Fährte war Sillig, wenn er aus ita cum induruit schloss, dass in den verdorbenen Wor- ten die Art, wie ^ener Saft sich verdichte, bezeichnet gewesen sei. Moditiciren wir dies dahin, dass in denselben eine Angabe über die Art, wie jener Saft gewonnen werde, enthalten sei, I ' Vgl. §. 141 sine quo epinididas ptunita-i airant sc. rutä. 28, 83 Sotira ob- stetrLr, terÜanv^ quartanisqve efficachfimum dixii p/aiitas aegri subterlini. 3.S, 11 neque alii-t nti (anulis) mof) fv,U quam qui etc. 24, 60; 25, 154. - Die Wiederholung des Substantiv.s statt des Pronomens wie 16, 127 at robori caimosae (radices). robora -suas in profundiim agunt. 12, 58 iam quaeslux alteravi vindemiam adferl. prior alque naturalis vindemia circa canis ortuvi. 18, 245 quaedam vero et suas habenl notas, sicuti ficus. cum folia pauca in cacuviine acetabuli modo germinent, tunc maxime serendas ficus. 21, 173; 23, 109; 15, 64; 31, 32. ^ Dalechamp bemerkt: ,falsum hoc; non enim planta haec lacteum succum fnndit'. Von §, 31 an wird vom Safran gehandelt und §. 82 über die Fälschung desselben bemerkt : • 422 J. Müller. so iühren die Schriftzüge eiuce vi zu der Ergänzung lactucae W* vice, womit der Satz abzuschliessen wäre : I' exit et e canlicido sucus lacteus lactucae vice, ita cum in- ■' dtiruit, dentium dolori medetur. War dies die ursprüngliche Fassung der Stelle, so erklärt sich auch leicht die sachliche Unrichtigkeit. Eben der Ver- ll gleich mit der lactuca, der sich allerdings nicht auf die Be- ft schaffenheit des Saftes, sondern auf die Art, wie er gewonnen p werde, bezog, wird sie veranlasst haben. Wie hier verweist J*linius auch s<. 199 bei Gewinnung des Saftes aus dem Pfeffer auf das Verfahren bei der lactuca. Ueber die lactuca selber wird §. 58 und 61 gehandelt. Et setzt e,nt e caxdicalo sactis lactucae vice den tribus mo- dis exprimendi gegenüber. Zu lactucae vice vgl. 21, 60 sed ubi convaluere, rutae vice fruticanf. 9, 147 (Urtica) iactari se passa ßuctu ahjae vice. 18, 110 pumicis vice fistulosa. 17, 53; 9, 14; 6, 136. Mit ifa wird zuweilen scheinbar überflüssiger Weise eine unmittelbar vorhergehende Bestimmung noch einmal aufge- nommen; es ersetzt also hier ein Participium wie carptas (§. 61). Vgl. 21, 159 patant usu eiun quandavi ita gratiam hin venerem- que concilinri. 24, "2>^. Hand Tursell. 3 p. 482, 2. f Adulteratur nihil aeque. probatio sinceH, si inposita mann i' crepitet veluti fragile; umidum enim quod evenit adulteratioyie. \ cedit altera probatio, si manu relata ad ora leniter fadem oculos- ► que mordeat. (Detlefsen.) ;{ Salmasius Verbesserung des überlieferten crepit kann als M sicher angesehen werden. Desgleichen wird die \''ulgata cedit ) allen anderen Verbesseruugsversuchen vorzuziehen sein. Aber 'i noch ist die Stelle, wie sie in den Ausgaben gestaltet ist, nicht I ganz heil. Wirklich feucht ist der gefälschte Safran sicher \\ nicht gewesen, oder er musste es wenigstens nicht sein; ihn j trocken auf den Markt zu bringen werden die Fälscher sich um so mehr haben angelegen sein lassen, als auch der ächte für Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius. IV. 423 schlecht gilt, wenn er feucht ist. ' Aber die dem ächten eig-en- thüniliche Sprödig-keit konnten sie nicht imitiren. Im Vergleich zum ächten schien der gefälschte feucht, gab dem Drucke der Hand nach, als wäre er feucht. Es wird alsu ceu vor umidum zwischen den beiden Buchstaben e und u von einem Abschreiber übersehen worden, also zu schreiben sein : ceu umidum eiiim quod evenit adulteratione cedit, altera probatio etc. lieber diesen Gebrauch von ceu Hand Tursell. 2 p. 47, 3. 21, 06. Hyacinthum comitatur fahula duplex luctum praefereus, eius quem Apollo dilexerat aut ex Aiacis cruore editi, ita discurren- tibus venis ut Graecaruvi litterarum ßgura A I legatur inscriptum. Nach den Auseinandersetzungen des Salmasius, Exerc. p. 733 b. B und Silligs z. 8t, darf als ausgemacht gelten, dass luctum pvaeferens nur von der Hyacinthe selbst, nicht von der Fabel über ihre Entstehung gesagt werden könne, dass ferner diese Fabel das AI nur in dem einen Falle als Klage, in dem anderen aber einfach als die Anfangsbuchstaben des Namens Aias deutete. Das zeigen klar und bündig die Verse Ovids Met. 13, 397 f. Littera communis mediis pueroque viroque Inscripfa est foliis, haec Hominis, illa querellae. Vgl. 10, 206 ff. Schliesslich ist vollkommen richtig, dass editi, so lange es nicht von fabula abhängig erscheint — und das ist in dem überlieferten Texte nicht möglich — keine Erklärung finde. Allen diesen Anfor- derungen, die Inhalt und Form des Satzes stellen, glaube ich, wird genügt, wenn praeferentis statt praeferens geschrieben wird : Hyacinthum comitatur fahula duplex: luctum praeferentis eius quem Apollo dilexerat aut ex Aiacis cruore editi. ,Ueber die Hyacinthe geht eine zwiefache Fabel: 1. die Fabel, dass sie die Klage um Hyacinthos, - den Apollo geliebt ' Bei Diuskorides 1, ib beissl es, uaehdem die Eigeuscliafteu aufgezählt aind, die der gute, zu Heilmittelu taugliche haben müsse : o yap P-^i toioö- lo; Tj aupo; rj 7:aXa'.d; iaitv r, äTJoßsßpeypisvo;. Vgl. Fetermaun, das Pflanzen- reich S. 161, 181. 2 Im Texte heisst es eiiis, indem die Blume und die Person als gleichartig behandelt werden. Noch auffälliger bei einem Schriftsteller, der kein© 424 J. Muller. ^ hatte, an sich trage; 2. die Fabel, dass sie aus dem Blute des Aias entsprossen sei.' Zu den von fabula abhängenden Genetiven luctum p'ae- ferentis und editi vgl. 10, 124 nee non et recens fama (erat in urbe Roma) Crateri Monocerotis cognomine in Erizena regione Asiae corvorum opera venantis. 27, 99 tarn exquisita difßcultas lapidis ex herha nascentis. 12, 10 aliud exeniplum Gai principis in Veliterno rure tnirati iinius tahidata laxeque ramormn trabibus scajnna patula , et in ea epidati, cum ipse pars esset umbrae. 30, 15 indnbitaium exemplum est falsae artis. 13, 57 cum in- natare coeperit, tempestivae habet signum. 12, 118 ipsa surculus- que veniere intra quintum devictae (sc. arboris) annum. Genera eius (antheinidis) tria fronde tantnm distant, pal- mum non excedentia, parvis foliis rutae candidis auf malinis ant purpureis. \ So bietet Detletscn die Stelle genau nach den besseren Codices, sachlich in mehreren Punkten abweichend von der Beschreibung des Dioskorides 3, 144 : laJ-rrjC el'cr^ xpia övOcut [jlovov ctasdpcvia .... «JAAxpta [;.'./.pä, Xs-tä, zoa'Ax, /.EipäX'.a ■TTipt^ipr;, evBoOsv [JLEV y^pjji'^ovta avfir;, i';«oÖiv ck •rrspi/.s'.vTa'. •/.•j/,).GT£pd)C Xejy.a r^ [xr/Atva, ' yJ zopsjpa, /.ata \}.i^(t^:>q -ttt^-^tio-j «jAawv. Sillig und Jan hatten noch gesucht, beide in möglichste Uebereinstimmung zu bringen, in- dem sie aus dem Parisinus d ßore statt fronde und ßoribus statt foliis autnahmen. Da aber auch so doch kein vollstän- diger Einklang erzielt worden , misbiüigte Urlichs Vindic. Nr. 478 den Versuch und empfahl, die Abweichung des Plinius auf Rechnung nachlässiger Benutzung seiner Quelle setzend, t, der Autorität der besseren Manuscripte zu folgen. Detlefsen j hat dies gethan und zwar mit strengerer Consequenz als Ur- |l lichs gewollt hatte, der an Codex d wenigstens die Concession ji Fabelu erzählt, ist die Ideatificirung der Persuu mit dem Gegenstaude, Jl in den sie nach der Fabel verwandelt worden, 5, 106 Marsyas ihi redditnr '^ ortus ac paiilo nwx conditits. uhi certavil lihiarum cantu cum Apolline, « Äulocrene. ' So in Uebereinstimmung mit der richtigen Ueberlieferung des Plinius, , und niclit |/-'Xiva, womit die Ausgaben des Plinius vor Sillig stimmten. 'i Emeudationen zur Naturaliä Uistoria des Plinins. IV. 425 machte, dass er ebenso einen Theil des Ursprünglichen gewahrt habe, wie die übrigen Codices, und dass neben foliis auch^o- rihus einen Platz im Texte beanspruche. ' Aus diesem kurzen Berichte über die Bemühungen der Gelehrten um die Stelle geht hervor, dass ihre Beurtheilung nichts weniger als leicht und einfach ist. Unverkennbar ist, wie an hundert anderen Stellen, die nahe Verwandtschaft dieses Ab- schnittes mit dem entsprechenden bei Dioskorides. Die Diffe- renzen sind, von Auslassungen abgesehen, der Art, dass das Richtige Dioskorides, das Falsche die bessere Ueberlieferung des Plinius hat. Es müsste also, sollte dieser Text als acht anerkannt werden, dem Plinius eine grosse Nachlässigkeit in der Benützung seiner Quelle imputirt werden. Das wäre nun nichts neues, obwohl in so starkem Grade auch gewiss nichts häutiges. Aber nicht das allein; auch mit der weiteren Dar- legung des Plinius selbst steht jene Ueberliefeiung im schärf- sten Widerstreit. Denn §. 54 heisst es : ex omnihns his (/eneribtis ad cal.culos efficacissima est quae florem 'pnr2)ureum habet. Das würde die Nachlässigkeit als eine ganz und gar gedanken- lose qualiticircn. Sollte sie dem Plinius imputiit werden , so müsste Avenigstens die Ueberlieferung so gesichert sein , dass sie gar keinem Zweifel Raum liesse. So steht es aber keines- wegs. Auch die besseren Codices sind nicht gut und auch der schlechtere hat an vielen Stellen anerkanntermassen allein oder mit einem Theile der besseren das Aechte gewahrt. Es wird daher auch hier was d bietet mit in den Calcul gezogen wer- den dürfen, wenn es gelingt, mit seiner Hilfe einen paläogra- phisch wahrscheinlichen Text herzustellen, der wenigstens den Widerspruch mit der eigenen Darstellung im Folgenden be- seitigt, wenn er auch nicht genaue Uebereinstimmung mit Dioskorides herstellt. Und das scheint erreicht zu werden auf dem Wege , den Urlichs eingeschlagen , wenn beide Wörter, sowohl ßoribas als foliis, gewahrt werden. Denn für die Bei- behaltung von foliis spricht nicht blos der Umstand, dass bei Dioskorides zwar von kleineu Blättern, aber nicht von kleinen Blüthen die Rede ist, sondern es darf die Angabe über die ' Urlichs schlug folgende Fassung der Stelle vor: r/enera eins tria fronde tantnni d. p. n. e., parvU foliis rutae similihvx , florihux candidv* etc. 426 J. Müller. Blätter im Texte des Pliniuss auch deshalb nicht fehlen , weil §. 54 eine Abweichung in dieser Hinsicht aufgeführt wird, welche jene Angabe voraussetzt: cuius et foüorum et fruticis amplüudo maiuscula est. Es wäre also einfach zu schreiben : parvis foliis, ßorihus rntae candidis etc. } Dass Plinius von einer Aehnlichkeit mit der Blüthe der Raute statt mit den Blättern der Raute spricht, kann als eine bei ihm nicht ungewöhnliche Ungenauigkcit hingenommen werden. ' Plinius hat den Gebrauch des beschreibenden Ablativ (seltener des beschreibenden Genetiv) mit Vertretung des Ad- jectivs durch einen Genetiv stark erweitert, indem er als regie- rende 8ubstantiva nicht blos solche setzt, die eine Eigenschaft bezeichnen, sondern jedes beliebige Concretum. - Er sagt nicht blos ciceris magnitudine 22, 101, sondern auch ganz gewöhnlich folio origani 12, 89, seltener veneni aevjjentiiun 11, 8G. Vgl. 8, 72 leucrocotam peniicissimam feraui asini feri magnitudine, chmihus cervinis, collo, cauda, yectore leonis, cnpitt nielium. 8, 75 facie et aicricidis Jioininis, ocidis glaucis, colore sanguineo, corpore leo- nis. 8, 95; 8, 184 candicans macnla cornihus lunae crescere in- cipientis. 12, 109 arbor ziziphi foliis, semine coriandri candido, odorato. 12, 128 (folia) jdatani dii-isura. 15, 24 foliis oleastri bacisque. 19, 48; 19, 124; 19, KiG; 15, 25 semine uvarum gra- ciliuni pallidarnrnque. 26, 90 radice fascini. Vgl. 22, 60 seinen ei est ef'ßgie scorpionis caudae und 27, 125 (semen) est incipien- tis olivae. -^ Dieselbe Ausdrucksweise findet auch ausser dem beschreibenden Ablativ und Genetiv Anwendung 26, 162 arseno- gonon ab ea semine oleae nee alio distat. 13, 60 pomum inclusum ami/gdalae putamine. 27, 94 capitula sunt plena seminis melanthi. Vgl. Sillig zu 35, o. Wenn nun in dem einen Punkte mit Hilfe des Codex d Plinius mit sich selbst in Einklang gebracht und die sacliliche ' Vollständige Ueberuiiistiiumim'; mit Diuskurides Hesse sich, weuu es ge- boteu achiöue, uach deu im Texte sog^leicli anzutührendeu Beispieleu, be- sonders 15, 25 und -6, 96 unschwer so herstellen: parvis foliis, floribus folii rutae, candidis etc. Vgl. jedoch Urlichs Urtheil a. a. O. ,neque hoc uos morabitur quod folia floris cum ramorum foliis a Plinio permutautur'. ^ Vgl. meine Beitr. z. Kritik und Erklärung d. Tacilus i. S. 39 ff. ^ 25, 122 semine vituli narium kann heissen . ,mit eiuei Kalbsnase'. Vgl. Theophi. Hist. plant. 9, 19, 2 üar.ep (JLoayou ptva^ eyeu Emendationen zur Naturalis Historia des Pünins. IV. 427 Verkehrtheit, die in foliis rutae candidü aid malinis aut pur- pureis liegt, beseitigt ist, so wird auch die zweite Differenz zu beseitigen und mit d flore statt fronde zu lesen sein. Auch dieses Versehen wäre an sich allerdings , wie Urlichs richtig urtheilt, dem Plinius wohl zuzutrauen , aber der Widerspruch, in dem fronde taiitum distant mit der folgenden Darstellung in §. 54 und nun auch in dem unmittelbar folgenden steht, würde das Versehen doch zu einem erheblichen und ungewöhnlichen stempeln. (Aeanthi) radices ufitis luxatisque mire prosunt, item ruptis, convolsis, et phthisin metuentibns, ideo coctae ciho, maxicme tisana. podagris quoqiie inUnuntur tritae et calefactae calidiif. Urlichs hat erkannt, Vind. Nr. 482, dass das nackte ca- lidis nicht richtig sein könne; es bezeichnet selber keine Krank- heit, und gegen die Verbindung mit podagris (vgl. 20, 213; 26, 101) ist nicht blos die Stellung, sondei-n auch, worauf Ur- lichs mit Recht aufmerksam macht, die Beschaffenheit des Heil- mittels. Aber calidis einfach zu beseitigen wird deshalb Bil- ligung nicht finden können, weil nicht ersichtlich ist, wie es in den Text sollte gekommen sein, wenn es fehlte. Wahr- scheinlicher ist, dass etwas ausgefallen, und vergleicht man 20, 81 podagrae autem . . . inlini cum rutae, coriandri et salis mica. 20, 213 podagris calidis cum sale inlita. 26, 101 utrilihet (sc. podagrae frigidae et calidae) convenit erigeron .... addito sale modico. 31, 102 podagras (^levat) cum farina ex melle et oleo intus, ihi maxinie usurpanda ohservatione qiiae totis corpo- lihus nihil esse utilius sale et sale dixit: so liegt e sale ziem- lich nahe, das vor calidis einzusetzen wäre : podagris quoque inUnuntur tritae et calefactae, e sale calidis (sc. podagris). 32, 94. (Boletorum) origo prima causaque e limo et acescente suco madentis ten^ae aut radicis fere grandÄs^ initioque spuma lentior, dein corpus memhranae simile, mox partus, ut diximus. illa per- 428 J. Müller. nicialia quae probandi alea! si caligaris clavos ferrive aliqua robigo aut panni marcor adfuit nascenti , omnem ilico sucum alienum saporemque in venenum concoquit. deprehendisse qui 7iisi agrestes possunt? atque quae coUigunt ipsi alia vitiaf equidem, si serpentis caierna iuxta fuerit, si patescentem primo adhalaverit, capaci venenorum cognatione ad virus accipiendnvi. An diesem Texte, uie ihn Detletsen bietet, halte ich die Verbesserung Gronovs quae probandi alea! statt des handschrift- lichen quod probandi alia für durchaus befriedigend. Die Emen- dation der weiter folgenden Corruptel der Handschriften de- prehendisse qui nisi agrestes posaunt atque qui collignnt ipsi alia vitia ne quideni hat unter den neueren Kritikern zuerst Urlichs, Vind. Nr. 487, insofern mit Erfolg in Angrift' genommen, als er völlig unzweifelhaft den Gedankengang des Plinius bezeichnet hat. Aber in seinem eigenen Verbesserungsversuch : dej)rehendisse qui nisi agrestes possunt ti.tqne qui colliguutf Ipsi alia vitia nequeuut : si serpentis etc. weicht doch nequeunt von den überliefciten Hchiiftzügcn stark ab; ausserdem aber war die zweite Stufe in der iSteigerung schon von Pintianus durch die Heranziehung von ij)si lichtiger heiausgehoben worden: deprehendisse qui nisi agrestes possunt fitque qui colligunt ipsi? Wird dies als sachgcmäss anerkannt, so ergibt sich der Schluss- stein von selbst: alia vitia ne hi qiiidem: si serpentis etc. ja, 40. Vinum sit vinum ßitno inveteratuni insaluberrimum. man- gones istut ' in apothecis excogitavere , cum et patres familias aetatem addi bis quae "^ per se cariem traxere. quo certe vocabulo satis consilii dedere prisci, quoniam et in niater'iis cariem fumus erodit, at nos e diverso funii antaritudiue vetustate indui persva- snni habemus. Die Eingangsworte habe ich genau nach den Handschriften hergesetzt. Was daraus die Vulgata gemacht hat: vinum si sit fumo inveteratuni insaluberrimum , empfiehlt sich weder paläo- I ' So nach Detlefsen. ' So nach dem Cod. Toi. Emendationen znr Naturalis Historia des Plinins. IV. 429 graphisch, noch ist es, wie Sillig richtig bemerkt hat, denkbar, dass eine so alte und allgemein verbreitete und von Plinius selbst anderwärts ( 14, 16) als zuträglich anerkannte Behand- lungsweise des Weines von ihm hier in so scharfem Tone völlig verworfen und als Neuerung der gewinnsüchtigen Wein- händler bezeichnet werde. Aeusserlich wahrscheinlicher ist es gewiss, wie Detlefsen gethan hat , sit vinum als Dittographie zu betrachten und zu beseitigen. Aber wenn dabei, wie aller- dings nothweudig, auch die erste Silbe von insaluberrtmnm als Dittographie des vorausgehenden m gestrichen und gelesen wird: vinum fumo inveteratmn salnhurvimum, so tritt dieser Satz in unlösbaren Widerspruch mit dem Folgenden. Plinius kann nicht in einem Athem dieselbe Sache als ganz vortrefflich be- zeichnen und zugleich nicht blos als Neuerung der Weinhändler tadeln, sondern auch als verkehrt verwerfen. Mir scheint folgendes theils tliatsächiich festzustehen, theils durch den ganzen Zusammenhang der Stelle gesichert. Das Räuchern des Weines im Allgemeinen kann Plinius nicht ver- worfen haben, weil es allgemein üblich wai- und als zuträglich von anderen Schriftstellern und iiim selbst anerkannt wurde. ^ Es kann aber auch an der vorliegenden Stelle speciell nicht als saluberrirtiuin bezeichnet sein, weil sonst der folgende Tadel widersinnig wäre. Es rauss also in dem Mass des Käucherns und in der dadurch beabsichtigten und erzielten Wirkung eine Differenz bestanden haben, über die Columella 1, 6, 20 Auf- Bchluss gibt: Apothecae rede superponentur liis locis, unde ple- immque fiiimis exoritur, quoniam vina celerius vetustescunt , quae fumi quodam tenore praecoqiiem maturitatem trahunt. proj^ter quod. et aliud tabidatum esse debehit, quo ainoveantuVj ne rurstis niniia sufßtione medicata smt. Hiernach würde die Stelle des Plinius ^ Auch 11, Ü.S wird die Fälschung der Farbe durch Rauch wenlg.steus minder getadelt als die Fälschung durch Zusätze. Vgl. "23, -iö. Denkbar wäre daneben, dass speciell zu inedicinischem Gebrauche geräucherter Wein als schädlich bezeichnet werde, wie umgekehrt 23, 4.5 filtrirter Wein als sehr zuträglich für Kranke bezeichnet wird, während das Filtriren an sich 19, 53 als Künstelei verworfen wird. Allein hier in §. 40 ist noch im Allge- meinen von den Vorzügen des Weines die Rede, erst in §. 45 wird zu seinem Gebrauche in Krankheiten übergegangen: nunc circa aegritudines sermo de vinis erit. 430 J. MfillPr. einen in jeder Hinsicht untadeligen und harmouischen Inhalt haben, wenn das Räuchern nicht im Allöjemeinen und schlechthin verworfen, aber forcirtes und andauerndes Künchern zum Zwecke dei- Fälschung, dass nämlich der Wein, ohne alt zu sein, den j eigenthünilich bitteren fieschmack alten Weines (blandam in- veterati cariem lö, 7) annehme, ojetadelt, sowie die Verkehrt- heit j2^erüg;t wäre, dass wirklich alter Wein noch geräuchert werde, um ihn noch älter erseheinen zu lassen, da doch der Rauch die caries eher benehme. Und dieser Gedankengang wird erzielt, wenn in ziemlich engem Anschluss an die über- lieferten Schriftzüge geschrieben wird: vinum situ non ftaiio inveterainm salnherrivmvi. Situs rauss als passende Bezeichnung erscheinen für das Lagern des Weines, wenn man Stellen vergleicht wie Vergil, Georg. 1, 72 AHe.ruia Idem tonsas cpssnre novnles, Et segnem ■patiere situ durescere cavipum. Colum. de re rust. 2, 2, 6 de\ agifafione terrae nunc hquimur, non de situ. 1, 1, 4 longo aevi situ qualitatem caeli statunique mutari. 23, 79. Omphacium prodest gingivis. .si coidineafiir in orfi, colorem' dentitini custodif niagls tjiuim alihi sndores cohibet. Damit wusste man früher nichts anzufangen und schrieb dafür theils mngis quam aliud; sudores cohibet (die Vulgata), oder magis qvani cdhat; sudores cohibet (Pintianus). Jan kehrte zur Uebeilieferung zurück und zog mngis quam alibi zu sudores cohibet. Detlefsen folgte ihm. Mir ergeht es wie den älteren Editoren und Kritikern : die Ueberlieferung scheint mir auch so nicht gerechtfertigt. Bei Dioskorides heisst es 1, 29 einfach : "Saxt $s y.at suJTofJia/ov o'.a tb cTÜostv, /.ai oüXiov aTa)vTt/,cv y.al sScvxwv •/.prtu^/T'.y.bv, /.paTCj[j.£vov h tw 7Ti,aaTi, y.at lopioTwv ecsy.-ty.ov. Hier be- zieht sich ■/paxoyiji.Evov b> -i<\ z':z\j.y.-'. blos auf das Vorhergehende, y,at iopu)T(i)v i'if/.v.y.i'i wird nackt hinzugefügt unter der selbst- verständlichen Voraussetzung äusserlicher Anwendung, wie 1, 31 sTCdyov y.ai '.opwTac y.at Tpi'/ot? psoüuac. Und zu äusserlicher An- wendung, zum salben, auflegen, bestreichen, bestreuen, be- sprengen, baden, waschen wird gegen Schweiss auch bei Pli- nius sonst überall, sei's Oel. sei's ein anderes Mittel, empfohlen : Emendationen zur NatnraliB Historia des Plinins. IV. 431 23, 82; 23, 89; 20, 142; 28, 260; 3;"), 190; 21, 125; 15, 123: 23, IGl; 35, 185. Nun könnte immerhin daneben aus dem reichen Vorrath griechischer oder römischer P^abeleien auch dies entnommen sein, dass omphacium blos im Munde g^ehalten jE^Cj^en Schweiss s^ut sei, ' aber die Ver^leichun^ mit der ratio- nellen Anwendunjj' und dass der ersteren die stärkere Wirkung zugeschrieben wird, macht die Sache verdächtig-, und zwar um so mehr, als der ganze Abschnitt von der Heilkraft des Oeles sonst von derartigen Fabeln frei gehalten ist. Es wird daher sndores cohihef wie bei Dioskorides von si contineatur unab- hängig und als selbstilndige Bemerkung aufzufassen sein. Dann aber muss nlihi verdorben sein. Für die Fmendation ist wiederum zu beachten, dass es bei Dioskorides 1, 29 heisst xal ooovtwv -/.paTjvT'./.Gv. Das bietet Anhalt für eine Angabe über die Festigung der Zähne und aliM könnte leicht aus stahüit verdorben sein. Wird dies ein- gesetzt, so braucht das Ganze nicht als geschlossener Satz ge- geben zu werden — die Ergänzung von dentes aus colorem dentium wäre etwas hart — , sondern es kann magis quam sta- hilit als lose angeschobene Bemerkung genommen ^ und ge- schrieben werden : si contineatur in ore, colorem dentium cnstodit. magis quam stahilit. sudores cohibef. 23, 109. Cortice punici ex vino cocti et inpositi perniones sanantur. So die Handschriften und die Ausgaben. Es mag zuge- geben werden, dass cortice imnici cocti noch denkbar sei, aber verkehrt ist cortice punici inpositi. Denn wenn schon der ganze Apfel aufgelegt werden muss, so wird auch ihm :Und nicht blos der Schale die Wirkung zuzuschreiben sein. Es ist zu lesen : cortices punici ex vino cocti et inpositi perniones sanant. Der Plural kann mit Rücksicht auf §. 107 uvam in Ms ac ne mustum quidem, sed protinus vinum aperuit natura, utrumque asperiore cortice gewählt sein, d. i. weil die Schale des Apfels ' Dass hiermit nicht auf eine Linie zu stellen sei, was 31, 30 vom kalten Wasser und 31, 102 vom Salz angegeben wird, braucht kaum bemerkt zu werden. - Vgl. meine Beitr. z. Kritik u. Erkl. des Tacitus 2. S, 36 f. 432 .1. Müii-T. und die membranae im Inneren ij;euieint sind (vgl. 13, 112), unterliegt aber jedenfalls keinem Anstand. Vgl. 28, 182. 24, 72. Aiuut, si. bovis castratl nrinne immisceatur (ciuis bryae ar- boris) vtl in jjofn vel in cibo, rmierem ßiiiri. carho nx eo genere, nrina ea reatiiictus in umbra coudiiur, idein cum Ube.at accende.re rcsolvitur. magi id et spadonis urinafieri fradideriint. Vgl. 32, 24. Da bei dem sympathetischen Mittel die Fortdauer der vernichtenden Wirkung an die gelöschte Kohle geknüpft ist _ und die Wiederbelebung nicht einfach durch Beseitigung der ji Kuhle erfolgt, sondern durch deren Auflösung, so entspricht U\ sich der beiderseitige Vorgang nur dann, wenn die Kohle wieder entzündet und su, nicht luü' andere Weise, aufgelöst wird. Es muss daher igni neben viagi ausgefallen sein. Vgl. 32, 24. 2(i, 88. Calcidos pallit mnlmn en^aficnvi radicis libra in vini congio decocta ad dirnidias — inde heniinae sninnntur pnr tridnum, reli- cnni t>x vino < 'uvicio — et urfica tnarina et daucuni ff pUnitn- ginis seinen ex vino. Et herba Fidviana trita ex vino — et haec nomen inven- toris habet, nota tractantibus — urinas ciet. So wird in den Ausgaben Jans und Detlefsens interpun- girt, also trita ex vino und urinas ciet zusammen genommen, ||i obwohl daüfeo'en die Stellung der Parenthese streitet. Denn die ifi Trennung gramnuitisch zusammen gehörender Kedetheile durch eine Parenthese hat doch nur dann Berechtigung, wenn sich die Parenthese auf einen Theil des getrennten bezieht, wie \f z. B. 14, 144 famam apud Graecos Alcibiades inernlt, apud nos ' cognomen etiam Novellinn 7oi'quatns Mediolanensis . . . tribus con- giis — unde et cognomen Uli J'uit — - epotia nno ivipetu. Hier aber bezieht sich et haec nomen inventoris habet lediglich auf i den Namen Fu/viana, hat mit trita ex vino winas ciet gar nichts i zu thun. Es ist daher nicht nrinas ciet, sondern aus dem vor- 1 ausgehenden calcidos peilit zu tvita ex vino zu ziehen, und dies, i wie in den älteren Ausgaben geschah, durch die Interpunction "^ anzudeuten. i I Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius. IV. 433 Weiter aber, welche platte, nichtssagende Wahrheit wird mit dem Beisatz nota tractantihus zum Besten gegeben. So etwas möchte man sich als schlechten Witz in einer Atellana des Novius zur Noth gefallen lassen , dem Leser des Plinius kann es nicht vorgelegt worden sein. ' Oder soll nota tractantihus heissen ,am Betasten erkennbar?' Das wäre nur passend bei Unterscheidung zweier sehr ähnlicher Species, oder wenn eine Eigenschaft genannt wäre, von der man sich so überzeugt (vgl. 21, 175 suhsaUa gustanti). Aber in dieser Richtung zu ändern ist sehr unsicher, da die Pflanze sonst nirgends erwähnt wird. Vielmehr muss nota mit dem folgenden urlnas riet in Verbin- dung gestanden und Plinius wird uiinns ciens geschrieben haben. Das Ganze wird also so anzuordnen und zu ändern sein : Et herha Fulviana trita ex vino. et hoec nomen inventons habet, nota tractantihus nrinas ciens. 07 \ Ea est natura (aconiti) ut hominem occidat nisi invenerit quod in homine peiimat. cum eo solo conlucfatur, vebiti praesen- tius invento. sola haec pugna est, cum venenvm in visceribus re- perit, mirumque, exitialia per se ambo cum sint, duo venena in homine conmoriuntur %it homo supersit. Der Satz sola haec pugna est, cum. venenum in visceribus reperit enthält nichts, was nicht in dem unmittelbar Vorher- gehenden schon gesagt wäre. Es ist ganz klar und bestimmt das Aconit nur als Gegengift gegen das Gift des Scorpions bezeichnet ; auch in demselben Satze ist ambo und duo venena nur vom Aconit und dem Gifte des Scorpions zu verstehen und nirgends sonst wird von Plinius Aconit als Gegengift gegen ein anderes Gift angeführt. Es darf also cum venenum in visce- ribus repent nicht etwa allgemein als von jedem Gifte geltend aufgefasst werden, und bietet der Satz sola haec p. — repent in keiner Weise etwas neues. Selbstverständlich kann das nicht unter jene Amplification subsumirt werden, von der ich in der dritten Folge meiner Emendationen zu 17, 124 (Separatabdruck S. 20) Beispiele beigebracht habe. Kein Schriftsteller wird ' Wie anders z. B. .Sl, 45. Sitzungsber. d piiil.-hist. Cl. XCVI. Bd. H. Hft. 28 434 J- Müller. einen Gediinken, der ojenügend ausgedrückt ist, mit fast den gleiclien Worten noch einmal aussprechen. Es niüsste doppelte Stilisirung angenommen werden, von der nur die eine Varia- tion bestimmt gewesen wäre zu bleiben, wenn beide Sätze als Plinianisch anerkannt werden sollten. Doch ist auch das an sich wenig wahrscheinlich, um so weniger aber, weil zwar sola haec j)U(^na est mit cum eo solo conluctaUir sich deckt, aber nicht ebenso cum veneuum in vlscerihus reperit mit vduti prneseiitms invenfo, der zweite Theil des zweiten Satzes vielmehr eine Wiederholung von nisi invenerit qiiod in homine perimat ist. Es wird daher der zweite Satz sola haec pwjnn est, cum venemim in viscenhuJi reperit als Glosse auszuscheiden sein. 07 'O"') * A/i/poti cauliculus est molli cftpite^ non dissimile hetae, acre gustdtu nc lentum mordejisque vehementer et accendens. alvnm solvif in aqua mulsa addito sale modico , minuma potio dvnrum drachmarnm, media quatuor, tnauruma sex, ea pnrgalione, quihus datur e gallinaceo iure. Den nackten Ablativ purgalione weiss ich unter keiner Categorie dieses Casus unterzubringen ; denn wie das Alypon verordnet und genommen wird, ist damit nicht bezeichnet. Und ea punjatione e gallinaceo iure als angeschobenen abso- luten Ablativ zu nehmen, hätte zwar grammatisch bei Plinius keinen Anstand, aber erheblichen Anstoss bietet dann der ^ müssige Zusatz quihus datur, als ob für einen andern als für >. §. 137 Telephion porciUicae similis est. §. 13 Ageraton ferulacea est. Vgl. Sillig zu 25, 119 und zu 37, 5. Oder es wird vom Neutrum oder Masculinum zum Femininum übergegangen und umgekehrt: §. 2(J Androsaemon sive, ut alii appellavere , ascyron non ahsimile est hyperico .... §.27 usus ad purgandam alvom tusae cum semine p)ofaeque viatutino etc. §. 139 f. T/daspi duorum generum est: angustis foliis .... Alte- rum thlaspi aliqui Persicon napy vocant, latis foliis, radicibus magnis, et ipsiittl utile iscliiadicorum. infusioni. prodest et in- guinihus utrnque. 25, 92 (Dictamnum) non est alihi quam in . Ci^eta, ramis praeteniie, puleio simile, fervens et acre gustu, dann §. 93 vereint quidem dictamnum non nisi in asperis (nasci). ^ 24, 82 milax, qui antliophoros cognominatur, similitudinem hederae habet .... Quidam duo genera milacis dixere: alteriini inmor- talitati proximiim in convallihus opacis scandentem . . . ., dann §. 84 illam esse milacem priorem cuius lignum ad aures sonare diximus. vgl. IG, 153. 21, 116 quod ad cypiron attinet, Apollo- '• doj-um quidem sequar qui negabat bibenditm, qnamquam professus I efßcadssimiim esse adversus calculos . . . ., dann §. 117 sed ' Strack zweifelte ohne Grund an der Aechtheit der Ueberlieferung nnd wollte verum gelesen wissen, Vorwort zum 3. Bde. S. VII. 28* 43G J.Müller. cypiros durissima vixque spirans etc. 21, 75 Empetros, quam nostri calcifragam vocanf, nascitur in montihus maritimis, fere in saxo. quae propius mnri fnif salsn est potaque trahif hilem .... recens urinas cief decocttini in aqua vel trifimi caJcnlosque f rang it. ' Allein das sind alles Fälle, in denen es nicht unnatürlich und bei keinem Schriftsteller unsrewöhnlich ist, dass die gram- matische Form des Beziehungswortes vernachlässigt und Form und Bedeutung verwechselt werden, während in so unmittel- barer Folge und Verbindung, wie an unserer Stelle, nur völlige Gedankenlosigkeit von einem Geschlecht zum andern übergehen könnte. Mir ist nicht bekannt, dass ein Fall dieser Art bei irgend einem lateinischen Schriftsteller nachgewiesen wäre. Liv. 44, 42, 7 caesa enitn ad XX milia honiinum sunt; ad VI milia, qui Pydnam ex acie perfugerunt, vivi in potestatem per- venerunf, et vngi ex fuga V mih'a homtn7im capta ist der Wechsel im Genus nur gehäuft, aber beide Male im gewtihnlichen Sprach- gebrauch begründet. Und dass es nicht die gleiche Sache wie an der Stelle des Plinius ist, wenn nach Collectiven auch in unmittelbarer Fulj^'e vom Singular zum Plural übergegangen wird, braucht kaum bemerkt zu werden. ^ Hiernach muss ich die Ueberlieferung für verdorben halten, und zwar wird zuerst exUius statt exilihns verschrieben worden sein und dies wird dann nigriusque statt nigrisque nach sich gezogen haben, so dass herzustellen sein wird: Trichomanes adianto similis est, exilihus modo nigrisque \ foliis lenticulae, densis, amaris etc. } Dass die Beschreibung, die hier von Trichomanes gegeben wird, nicht in allen Punkten genau stimmt mit 22, 63 duo eius (adianti) genera: candidius et nigrum breviusque. id quod viaius est, polytrichon, aliqui trichomanes vocant. utrique ramidi nigro colore nitent, foliis felicis etc., gilt nicht mehr bei der verän- 1 Vgl. Dioskoride.s 4, 178 "Sa-s-pov iv -asa/.ioi; y.a\ ops'.vo?; oücTai, aXu/.bv T^ yeyasi to o\ -poiyaoTepov -izpoTspov. 2 Ich meine Stellen wie Liv. 6, 17, G iani ne nocte quidem tnrba ex eo loco dUubebatur, refracturosque cai-cerem viinahaiitur. Yerg. Aen. 3, 675 At genus e siJvis Cyclopnm et monülms altii Exritimi riiif ad portas et Jilora c(mplent. "2, 63 Undiqiie visendi studio Troiana iuventus Circumfusa mit, certailtque inludere capto. Emendationeu znr Naturalis Historia des Plicius. IV. 437 (lerten Fassung der Stelle als bei der überlieferten. Auch mit Dioskorides 4, 134 und 135 besteht kein voller Einklang. Bei dem Schwanken der Namen mochte es nicht leicht sein, die einzelnen Varietäten scharf auseinander zu halten. In demselben §. 138 heisst es dann weiter: decoctum eins strangurias sanat in vino alho potum addito tiimino nistico. lesum cohibet capiUos- ßuentes, aut si efßuxerint, repavdt, alopeciasque densat tvitum et in oleo inlitum. Hier scheint mir für das überlieferte lesum noch nicht das richtige gefunden zu sein. Collisum , was Sillig einsetzte, kommt sonst bei Pflanzen nicht vor und ist wenig passend, (iegen esum, was Jan und mit ihm Detlefsen schrieb, lässt sich einwenden, dass für den Haarwuchs überhaupt wohl nur iiusserliche Mittel geeignet sind, ' und dass speciell das verwandte Adiantum zu dem gleichen Zweck so verwendet wurde nach 22, 62, wo augegeben ist, dass die Haare zu färben und deren Ausfall zu verhüten zugleich durch Adiantum erzielt werde. '^ Es mag lesum aus ipsii7n verdorben sein. Die Gegenüber- stellung der Pflanze selber zu einem Decoct von ihr oder zu einem aus ihr bereiteten Trank u. dgl. ist häuflg. Vgl. §. 116; 25, 40; 20, 260 u. a. 28, 52. Excedit fidem inpudens cura qua sordes virilitatis contra scorpionum ictus singnlaris remedii celeherrimi auctores clamant, rursns in feminis quas infantium alvo editas in utero ipso contra sterilifatem subdi censent, meconium vocant. Ich sehe nur zwei Möglichkeiten, den Accusativ quas in grammatisch richtiger Construction unterzubringen. Entweder muss mit Ergänzung aus dem Vorausgehenden construirt wer- den: nirsus in feminis singularis remedii esse clamant eas sordes quas . . . contra sterilitatem snhdi censent , oder mit Heranziehung von meconium vocant als demonstratives Glied : qaas .... contra sterilitatem sabdi censent, eas meconium vocant. Die erste 1 Vgl. 28, 163-166. 2 Vgl. Dioskorides i, 134, wo der ganze Zusammeahaag auch bei tpf'/.«« fcojaa; jzapay.paxEi äusserliche Anwendung ausser Zweifel setzt. 438 J. Müllor. Construction ist unzulässig, weil siu(julariti remedii im ersten Satze nicht allgemein gesagt ist, sondern ebenso wie nuhdi seine eigene Ergänzung hat. Die zweite Construction wider- streitet der Logik, indem sie vieconium vocant zur Spitze des Gedankens macht. ' Es muss qua statt quas geschrieben wer- den : qua (sc. cura) suhdi censent steht auf gleicher Linie mit qiia singularis remedii clamant. Meconiiim vocant ist selbst- ständiger Satz mit Ergänzung des Pronomen dcmonstrativum als Object. 28, 82. Lais et Salpe (tradiderunt Icniri) camnti rahiosorum morsiis et tertinnas qiuirtnnasqiie febris inenstruo in lana arietis niqri argenteo hrachiali inclnso, Diofimiis Thehaims vel omnino vestis ita infectae portiuncnla ac vel pellicio hracchiali insertae. Sotira obstefrix fertianis quartanisqne efßcacissimum dixit plantas aegri suhterlini. So hat Detlcfscn, zur Ueburlicterung zurückkehrend, den Text gestaltet. Doch sehe ich nicht, wie insertae sollte ge- rechtfertigt werden können, da nicht das Gewand, sondern nur ein kleines Abschnitzel desselben im Armband angebracht und getragen werden soll und kann. Am nächsten liegt, mit Bar- bari inserta zu schreiben, das e aber zu ei zu vervollständigen : . . . . ac vel pellicio bracchiali inserta, et Sotira obstetrix etc. Et bezieht sich auf die Gleichheit der Krankheit, zu deren Heilung Sotira ebenso wie Lais und Salpe und Diotimus das Mittel für heilsam erklärten. Achnliche kleine Ungenauigkeiten in der Beziehung von et finden sich häufig, nicht selten auch stärkere: 17, 118 Emplastratio et ipsa ex inocidatione nata videri potest : et ipsa geht auf §. 100 : die inoculatio ist durch Nachahmung natürlicher und zufälliger Vorgänge entstanden. ' Es ist einleucliteiid, dass dies wesentlich verschiedeu wäre von jener lateinisclien Ausdrucksweise, die es liebt, die Verba dicendi und sentiendi zu den^ regierenden zu matlien, wenn auch dadurch die Pciinte des Ge- dankens verrückt zu werden scheint, wie z. B. 9, 116 in Britannia pai-vos atqae decolores (unionea) nasci certwn est, quoniam divus Julius tlioracem /quem Veneri Genelrifi in lemplo eius dicavit ex BriLannicis inargaritif factum volueril intellei/i. Emendationen zur Naturalis Historia des Pliiiius. IV. 439 die Natur hat den Menschen sie gelehrt. Auch die empla- stratio ihrerseits ist so entstanden, nämlich aus der inoculatio. 15, 86 ^16 his (sorbis) locum amiditudine vindicaverint, quae ces- sere auctoritate, nucen iiiylandes, quamquavi et ipsae nuptialium Fescenninoribm coniites: sie stellen zwar an Ansehen zurück, haben aber doch auch Bedeutung und zwar als coniites nupt. Fcscenn. 8illig wollte et getilgt wissen, da ihm die richtige Beziehung entgangen war, auf die ihn schon das hinwieder hieraut zurückweisende nee non et honor äs natunie pecuHaris hätte führen müssen. ' 32, 65. Vgl. 16, 116 silvestriora omnia tardiora. quaedam ex hin omnino nee maturescunt : die Beziehung von nee (tragen nicht blos spät) ist wenig angedeutet. 16, 244 oleastro qnoque deputato quod gignatur vocant phannos = oleastro quoque deputato gignitur, quod vocant phaunos. Häufig auch ist die Beziehung von et, quoque, die der iSchriftsteller im Sinne hatte, gar nicht zum Ausdruck gelangt, eben durch et, quoque nur angedeutet, doch liegt uns hier fern, dafür Belege beizubringen. 28, 114. Reliqua ad veneßcia yertinentia quae dicit (Democritus), quamquam falsa exi.stimaufes , omittemus praeterquam uM inrisu coarguentluni : dextro oculo, si viventi eruatur, albuginea oculorum cum lade capnno tolli etc. So hat Detlefsen die Stelle gegeben, wiederum genau nach der Ueberlieferung. Die Vulgata hatte coarguendum für coarguentium eingesetzt, Sillig coarguetur. iam vorgeschlagen und Jan darnach blos coarguentur aufgenommen. Die Ueberlieferung schien also allen unhaltbar und ich muss mich diesem Urtheile auschliesseu. Denn nimmt man uhi als Conjunction, so würde zwar die Ergänzung von ea dicemus aus omittemus noch angehen, ^ 1 Sillig bemerkt z. St. ,cum sorbis in rebus uuptialibus locum aliquem fuisse uon sciamut, vox et delenda videtur'. - '20, ol habeiUe-'i eam feriri a serpentihiis neijantur, aut qui ante gustaveri7it nun laedi. 16, 144. L'9, 20 Non deseram Catonem tarn ambitiosae artis in- cidiae a me obiectum aut senatum illum qui ita censebat, idque non crimi- nibus artis arreptis: zu idque lai faciam zu deukeu, odiQV idque ist gesetzt, als wäre defendam statt non deseram gesagt. 440 J- Muller. aber da die Aufzählung sofort und im Zusammenhange folgt, ist diese Auffassung verkehrt und unzulässig. Nimmt man aber ubi relativ = , wobei, in den Fällen wo', so müsste ein neu- trales Verbum ergänzt werden , ausser wo wir sprechen werden', was wiederum unzulässig ist. Ich meine, durch die sehr geringe Aenderung von tibi in snh wird die Hand des Plinius her- gestellt. Sab inrisu coarguentium heisst: ,iu dem spöttischen Tone der Widerlegung'. Natürlicher, aber nicht verschieden in der Bedeutung wäre coargnentis, ' doch ist der Plural üblicher. Zu dem Gebrauche von sub vgl. Liv. 36, ü, 5 decretiim tavien sab leni verbonim fraetexta -pro rege adversus Romanos factum eaf. 44, 24, 4 (Asiam) tarn ex pai'te sab specie Uberandi civitates siiam fecerint. Plin. 33, l(j sub eo titulo. 10, 185 sub auciore Aristotcle und sonst sub nomine^ sub exemplo etc. Zu der Kürze bei praeterquam vgl. 2(3, 74 Tormina discutit quodciimque panaces, Vettonica praeterquam a cruditate. 7, 31 quovuni ar- menta pascit (gens Menisminorum) maribus interemptis praeter- quam subolis causa. 19, 27 animalibits noxium praeterquam ca- cuminum teneritate. 18, 299. 28, 133. E lade fit et butyrum, barbararum gentium lautissimus cibus et qui divites a plebe discernat, plurivium e bubulo, et inde no- men, ■pinguissimum ex ovlbus. fit et ex capi'ino , sed hieme cale- facto lacte, aestate expresso tantum crebro tactatu in longis vasis, angusto foramine spiritum accipientibus sub ipso ore alias prae- ligato. additur pauhdum aquae ut acescat. quod est maxime coactum in summo fiuitat, id exemptum addito sale oxygala appellant. relicum decocnnt in ollis. ibi quod supernatat butyrum est oleosum natura. Diese Beschreibung, wie die Butter und das Oxygala be- reitet werden, ist von Dalechamp an fast von jedem Erklärer als verwirrt und sachwidrig bezeichnet worden. Vgl. besonders Schneider zu Colum. II, 2, p. 616 und Hehn, Culturpflanzen i 1 Vgl. Tac. Hist. 2, 76 Nee speciem adulantis expaverin. Ann. "J, 1 cuncta veneraiüium officia ad Augustum verterat (Phraates). Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius. IV. 441 und Haiisthiere u. s. w, S. 139. (2. Aufl.) Allein die Versuclie, tlie Verwirrung' zu beseitigen , nahmen bisher so gewaltsame Umstellungen und Aenderungen vor, dass keiner der neueren Kditoren von ihnen Gebrauch machen konnte und dass sich die Meinung festgesetzt zu haben scheint, die Stelle müsse trotz der greifbarsten Verkehrtheiten, die sie enthält, so hingenommen werden, wie sie die Handschriften bieten. Ich kann mich zu dieser Meinung nicht bekennen. Mag Plinius seine Beschrei- l)ung entlehnt haben, ' oder mag er die Sache in Germanien kennen gelernt und über sie aus der Erinnerung geschrieben haben , es hätten ihm die inneren Widersprüche seiner Dar- stellung auffallen müssen. Er weiss, dass durch Schütteln und Stossen die Sonderung der Milchbestandtheile und die Ver- dichtung zu Butter bewerkstelligt wird und beschreibt das voll- kommen sachgemäss. Aber das von ihm beschriebene Ver- fahren setzt das Schütteln nicht so lange fort, bis die Butter wirklich fertig ist, sondern bleibt auf halbem Wege stehen, lässt vom Schütteln ab, sobald das Fett zu einem zähen Schaume sich verdichtet hat. Nachdem dieser herausgenommen ist, wird dann nicht das eingeschlagene Verfahren fortgesetzt bis die weiter noch vorhandenen Fettbestandtheile sich zu Butter ver- dichtet und vereinigt haben, sondern das Verfahren, das, wie sich eben gezeigt hat, sicher zum Ziele führen würde, wird mit einem ganz und gar verschiedenen, nichts weniger als zweck- mässigen vertauscht : die halbzersetzte Masse wird abgesotten, um das Fett zu zwingen, obenauf, zu schwimmen, den Käse- stofl, sich zu setzen. Wir sehen ab davon, dass dies Verfahren niemals kann angewendet worden sein, dass es auch schwerlich zum Ziele führen würde, behaupten aber, dass dem Plinius nicht entgehen konnte, dass nach seiner Beschreibung der weitere Verlauf der ' Uns ist keine Beschreibung erhalten, die Verwandtschaft mit der des Plinius zeigte. Ausser ihr findet sich überhaupt nur noch eine genauere Beschreibung bei dorn Auetor Hippocrat. de morbis 4, 20, und zwar, wie die Skythen aus Pferderailch Butter und Quark bereiteten. Sie lautet: icp(vcTa'. ■/.OL'. TO u.h -Tbv, ö jBoüfjpav y.aXs'oyai, 37:'.;;oXfj; o'.'.ara'Lat iXa'^pov £0V • TO 0£ ßap'j y.x\ r.x/'j /.xtco VjTaTai, ö xal ir.o/.pvix'j-ti ^rjfai'vouoi • £7:f,v 02 ;:ayr] y.al ^TjpaaÖfj' l7:::a/.r,v [xiv y.x)do-ji: ' 6 ök oppb^ tou yäXa/.TO? iv [Acaw saTi. 442 J- Miiller. Butterbeieitung ein entschiedener Abfall von den ersten An- stalten dazu ist; constatiren ferner, dass die Ausdrücke maxime coactum und fluitat völlig- unpassend sind von der zähen, aber keineswegs dichten Fettraasse halbgcschlagener Butter. Und diese halbgeschlageue Butter wäre Oxygala genannt worden? Und hätte Plinius so genannt, nachdem er 11, 239 gezeigt, dass er Oxygala und Butter wohl zu unterscheiden wusste V ' Und alles das hätte ihm, indem er es niederschrieb, nicht zu Sinne kommen sollen, da doch andererseits seine Beschreibung auch in der vorliegenden Fassung zeigt, dass er im Allgemeinen über den vor sich gehenden Process der Souderung der verschie- denen Milchbcstandtheile nicht im Unklaren war. Ich halte dafür, es darf der Versuch nicht gescheut werden, den Plinius ft in Schutz zu nehmen gegen die späteren Abschreiber seines Werkes, indem wir aus diesen Folgendes als Pliuianisch eruiren : quod est maxivie coactum in sitmmo ßuitat. id exemptinn — addito sale oa-i/fjaln appellant reticnm — decocimt in ollis. ihi quod supernafat tollimt.'- hiii>iruin eai oleosum natura, quo viagisetc. Hiernach beschreibt Plinius nicht blos die Butterbcrcitung, j; sondern zugleich das Aussieden der Butter zu Schmalz, und ^ zwar mit grosser Genauigkeit. Denn jede Butter , auch die y durch Kneten in Wasser sorgfältig gewaschene, mehr aber natürlich die nicht so behandelte, enthält noch KäsestofF, Mol- ken und Milchsalze, die erst durch Sieden und Verdampfen ausgeschieden, und, wie sie sich auf der flüssigen Fettmasse sammeln, abgeschöpft werden. Das Schmalz ist um so besser und dauerhafter, je sorgfältiger dies geschieht. Dass aber Pli- nius nur als eine Durchgangsstufe ansieht, was wir jetzt eigent- lich Butter nennen, kann um so weniger auffallen, als man noch heute in einem grossen Theile Süddeutschlands die Sache kaum anders ansieht. In Tirol z. B. kennt der Bauer den Ge- -i nuss von Butter kaum, alle Butter wird zu Schmalz ausgelassen, |0 so aufbewahrt und zur Bereitung der Speisen verwendet. ^ h 1 Dort heisst es : dewsaiitejs id (lac) alioqui in acorem iucunduin et pingtie butyrun. 2 Dies lollüt, das ich eingesetzt habe, konnte zwischen den Silben tat und hut leiclit übersehen werden. Zum Ausdruck vgl. 15, 25 coquitur id in aqua, innataiisque vleum toUitur. 3 Vgl. Hehn a. a. O. S. 139. ii Emendationen zur Naturalis Historia des Plinins. IV. 44i> Dass das Oxyt^ala in einer Parenthese kurz abgethan wird, ist in Ordnunii;-, da in erster Linie die Butterbereitung beschrieben werden soll. 28, 150. Testes quoque eius (cervi) invlteratl vel ijenitale eius mans salutarifer dantur in vino. 80 die Handschritten und Ausgaben bis auf" Detlefsen, der das zweite eins fallen Hess. Dass er es neben maris nicht dul- dete, wird man billigen müssen. Aber Wiederholung des voraus- gehenden ehisi wird es doch nicht sein, näher liegt, scheint mir, ein Verderbniss aus vetnSj also: vel (genitale vetus maris. 28, 174. Aitnwn dolori et vitiis medentur urina apri in vitreo ser- vata, fei apri vel sids vel hnhidnm cutii oleo citreo et rosaceo aeqitis portionihiis, jjraecipue vero faurinum cum yorri suco tepi- duni vel cum melle, si suppurei, contraque odorem gravevi per se tepefactnm in malicorio. rupta in ea parte cum lade mulierum ii efficaciter sanat. quidam. etiam in gravitate aures sie perluendas putant, alii cum senecta serpentium et aceto includunt lana collu- tas ante calida aqua. L( Unzw^eifelhaft ist zu includunt ein Casus von fei zu den- ■ ken, ' das in den zunächst vorausgehenden Recepten den Haupt- bestandtheil bildet.'- Am einfachsten und natürlichsten wäre die Ergänzung des Accusativs, allein fei lana includunt aures ist nicht lateinisch. Gegen die Ergänzung des Ablativs Hesse sich zwar an sich nichts einwenden; denn so selten das bei anderen Schriftstellern geschieht,-^ ist an vielen Stellen der 1 Der Zusammenhang mit dem Vorausgehenden scheint speciell die Er- gänzung von fei taurinum zu erheischen. - Dass nicht lana cum senecta serpentiuin includunt aures construirt werde, verbietet schon die Stellung. Vgl. 29, -12. 3 In Fällen wie Cic. de imp. Cn. Pomp. 1, 2 sj quid auctoi-itatis in me est, apud eos utar ist die Auslassung des Pronomen demonstrativum allen Schriftstellern geläufig. 444 J. Mnller. , Naturalis Historia auch in diesem Casus das Pronomen demon- strativum ausgelassen. Vgl. zu 20, 239. Aber an allen jenen Stellen macht sich die Ergänzung ziemlich leicht; an der unseren würde auch durch das gesetzte eo (alii eo cum senecta etc.) der Satz recht schwerfällig, wiewohl auch hier wieder an dem doppelten Ablativus instruraenti an sich kein Anstoss zu nehmen wäre. Sillig hat zu 35, 168 eine Anzahl von Stellen beige- bracht, die über den Gebrauch keinen Zweifel aufkommen lassen, und sie könnten leicht noch vermehrt werden. Allein einfacher als die unsere sind sie alle. Doch das würde am Ende bei Plinius nicht gar viel bedeuten. Aber von erheb- lichem Gewichte ist, dass eben eo nicht im Texte steht, son- dern ergänzt werden muss, und nichts auf die Ergänzung als eine leichte und natürliche hinführt. Ich halte es daher für nothwendig, dass collutis statt coUutas gescliriebcn werde. 28, \b\. Eqtiarum virus a coitu in eäychnis accensum Anaxibius pro- didit equinoniin capitum usus repraesentare monstrißce , similiter ex asinis. Es ist wohl nicht zu bezweifeln dass mit equinorum capi- tum das Hippomanes gemeint sein müsse, von dem Plinius 8, 165 sagt: et sane equis amoris innasci veneficium hippomanes appellatum in fronte, caricae magnitndine, colore nigro, quod statim \ edito partu devorat feta aut partum ad uhera non admittit, und j dem auch anderwärts eine ähnliche Wirkung beigelegt wird, i Vgl. die Interpreten zu Verg. Aen. 4, 515. Dafür aber ist der i Ausdruck equinorum capitum zu unbestimmt und unverständlich. I Es muss lichenis vor equinorum ausgefallen sein , wozu das J fast gleichlautende elhjchnis (in den Codices lycJmis , elychnis i geschrieben) in der vorhergehenden Zeile mag Anlass gegeben i haben. Vgl. §. 180 item licliene equi cum oleo infuso per aurem, :< est autevi hoc non hippomanes , quod alioqui noxium omitto, sed in equorum genibus ac super ungnlas. Emendationen zur Natnralis Historia des Plinins. Vf. 445 28, 183. Cutem in facin prugari. et tenerescere cnndore ^ locte asinino putantj notumque est quasdam cottidie sepfingenties custodito nu- mero fovere. Täo^licb siebenhundertinal haben sich einige Damen das Gesiclit mit Eselsmilch gewaschen? Also jede Minute einmal! denn des Schlafens und Essens weiden sie sich doch nicht entwöhnt haben. Aber es sei, also alle zwei Minuten einmal! Wohl selten hat sich eine solche Verkehrtheit so lange in den Texten der Alten erhalten. Und nicht alle Codices bieten septingenties , sondern V und E sepfingentes. Hiervon löst sich zunächst tingentes los, zugleich aber zeigt custodito mimero, dass eine Zahl genannt war, und zwar eine bedeutsame, sonst würde die Einhaltung derselben nicht so stark betont sein. Dies führt im Vereine mit dem Reste des Ueberlieferten mit ziemlicher Sicherheit auf: septies tingentes. - Zu fovere ist cutem (in facie) als Object zu denken, und es werden in den zwei Sätzen dieses Paragraphen zwei ver- schiedene Dinge erwähnt: 1. dass die Damen Roms sich nach einer Erfindung Poppaeas das Gesicht mit Eselsmilch wuschen, und 2. dass Poppaea ihre Erfindung sogar bis zum Baden in Eselsmilch ausdehnte, wozu die Mittel nicht jeder Dame aus- reichten. 28, 217. (Calculus onagri) adalligatus feviini omnes impetus discutit omniqne suppuratione lihernt. est auteni rarus inventu nee ex omni onagro, sed celehri remedio. ' Custodito, was die Handschriften noch hinter catulore bieten, liat Urlichs Vind. Nr. 624 mit Recht als AViederliolung des folgenden beseitigt, da- gegen bedarf es, wie sich zeigen wird, der Aenderung des überlieferten fovere in foveri nicht. ^ lieber die Bedeutung, die den ungeraden Zahlen und insbesondere der Siebenzahl im Allgemeinen und speciell in der Heilkunde beigelegt wurde, vgl. Harduin zu Plin. 28, ö, §. 23. Macrobius Comment. 6, 6. Celsus 3, 4. Die Interpreten zu Verg. Ecl. 8, 75. Plin. 24, 12; 28, 93; 228; 262;, 29, 63; 32, 84 u. ö. 446 J. Müller. Emendationpii zur Naturalis llistoria des Plinins. IV. So gab man bisher die Stelle. Die (Jodices E und R^ aber bieten nach sed noch ne oder nie und alle haben celehrnri: Anzeichen genüge, dass der Text nicht unerheblich alterirt und dass die Vulgata nichts weniger als gesichert ist. Da r und n, i und f einzeln und in Verbindung sehr oft von den Ab- schreibern verwechselt worden sind und da vie fne) nicht wohl etwas anderes als der Rest eines verstümmelten Wortes sein kann, so wird man dem Ursprünglichen näher kommen als die Vulgata, wenn me zu mire ergänzt und celehraH in cdehrant geändert, also geschrieben wird : sed mire adehrant remedio. Vgl. 19, 79 Aegypto vrire celehratur (raphanus) olei propter fertilitatem. 29, 54 mire hmdatur. 29, 58. 34, GÖ luiris laiulihus celehrant. 25, 40. Und zu dem Dativ remedio : 13, 130 frutex est et cytisiis, ab Ainphiloifo Atheniensi miris laudihus praedi- catus pabido onmium. 25, 109 praecordis eiiam ciho ex nceto eurti praedicnntes. 17,29 Verfjilius et (terram) quae felicem. /erat non iuprohat vitihvs. 24, 13 j 1.S7; 20, 256; 15, 85; 30, 53. I a I Dom bar t. Ueber die ältesten Aasgaben der Instructionen Comniodians. 44 < Üeber die ältesten Aiisgaljeji der Tiistruetioneii Commodians. Von Prof. B. Dombart aus Erlangen. Uie Gedichte Commodians hatten ein eigenthümliches Schicksal. Noch immer liegt ein Dunkel über dem Ort ihres Entstehens und der Person des Dichters.' Aber auch die Dichtungen selber wai'en viele .lahihunderte hindurch ver- schollen. Das Carmen apologeticum wurde erst im Jahre 1852 durch seinen Entdecker Pitra im Spicileg-ium Soles- mense dem Druck überg^eben ; auch die Acrosticha oder Instructiones, obwohl iVüher aufgefunden, erschienen erst zu einer Zeit im Druck, als von den anderen Kirchenvätern bereits längst stattliche Ausgaben existirten. Das Verdienst ihrer Entdeckung gebührt Jacob Sirmond. Er theilte schon in seiner Ausgabe des Ennodius vom Jahre 1(311 einige Stellen aus den Instructionen mit (Ennod. epist. II, 1). Noch aber sollten mehi'ere Jahrzehnte vergehen, ehe das Ganze an das Licht gezogen wurde. Die erste Ausgabe besorgte Nicolaus R ig alt ins im Jahre 1649. Schon im darauffolgenden Jahre erschien eine neue Ausgabe, ebenfalls von Rigaltius veran- staltet, die sich jedoch wesentlich von der ersten unterschied. Da aber beide auf dem Titelblatt sich als erste Ausgabe vor- führen (Instructiones . . nunc primum typis mandatae) und schon in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts ausser- ordentlich selten waren (vgl. Cuper zu Lact, mortt. persecutt. ' Bezüglich der Zeit vgl. meinen Artikel ,Commodianus und Cyprians Testinionia' iu Hilgeufelds Zeitschr. f. w. Th. 22, 374 ff. Schon Dodwell hat hierin, wie ich später sah, im Allgemeinen das Eichtige erkannt. 448 Dombart. c. 2), SO entstand bald eine Confusion, die sich bis in die jüngste Zeit heraberstreckt. Nur ein ganz äusserliches Merk- mal derselben ist es, dass noch in der dritten Auflage von TenfFels römischer Literaturgescliichte und in Ludwigs Ausgabe der Instructionen (S. X) das Erscheinen der editio princeps in das Jahr 1G50 verlegt wird. Durch die gütige Mitwirkung des Herrn Archidiaconus Rönsch, des Herrn Director von Halm und des Herrn Pro- fessor Alfred Schöne gelang es mir endlich, den wirklichen Sachverhalt zu ermitteln, und da ich mich, je näher ich die Sache untersuchte, um so mehr von der Wichtigkeit der eigent- lichen editio princeps vom Jahre l(>4t) überzeugte, so halte ich es für nöthig, dem ungemein seltenen Buch und seiner Be- deutung für die Kritik der Instructionen, sowie den zunächst folgenden Ausgaben eine eingehende Erörterung zu widmen, s I. lieber die erste inul zweite Ausgabe des Kigaltins. Die editio princeps trilgt folgenden Titel: Commodiani Instructiones per litteras versuum piimas Tempore Silvestri P. R. Sub Constantino Caes. compositae. Nunc primum typis mandatae. Tulli Leucorum. Apud Sim. Beigrand & Jo. Lau- rentium Typographos Regios. M. ÜC. XLIX. Cum privilegio Regis. Seite 3 beginnt mit folgenden Worten: Gennadius Massi- liensis episcopus Lib. de viris illustribus. Darnacii kommt die [ bekannte Bemerkung des Gennadius: Commodianus de sin- ^ i gulis . . inculcavit. f Seite 4 folgt die praefatio mit der Ueberschrift : Nicolai fi Rigaltii (so!) de Commodiano eiusque opusculis. — Die prae- fatio beginnt mit den Worten: Bene a Gennadio. Sie handelt i'| von den persönlichen Verhältnissen Commodians, seiner Zeit, ;.| seiner Heimat, so weit sich diese aus den Dichtungen selbst U schienen ermitteln zu lassen ; sodann von der Art und Weise \ seiner Poesie, von dem handschriftlichen Material, das dem i Herausgeber vor dem Druck zugänglich war, und von Sirmonds vf Verdienst um den Dichter. Diese Aufschlüsse werden aber'ii mit so wenig Klarheit, Ordnung und Vollständigkeit gegeben, ji< üeber die älteiten Ausgaben der Instructionen Commodians. 449 ilass für uns Vieles dunkel bleibt. Wir werden später auf einige hier behandelte Punkte zurückkommen. — Den Schluss der praefatio bilden auf Seite 7 die Worte: liberali schemate tersus ac nitidus. Auf derselben Seite beginnt ein Verzeichniss der Inhalts- augaben der Acrosticha unter dem Titel : Justructionum acro- sticha, welches auf Seite 8 beendigt wird. Von der nächsten Seite an (S. 9 — 68) folgt nun der Text der Instructionen, und zwar ohne alle Noten. Dem Texte ist ein aus verschiedenen Theilen bestehender Anhang beigefügt. Den Anfang davon bildet eine Anzahl von Verbesserungen in folgender Form : Emendationes. ' Instructione 2 versu 1 In Lege praeceplt Dominus coeli terrae marisque. lustr. 15 versu 4 Cum gratias agere vellent absenti Tonanti. (S. 69.) In Str. 18 versu 9 Tot viros et magnos seducit false prophetans. Instr. 21 versu 7 Justitium Legis quaere magis : illa salutis \ Auxilium. portat. Instr. 24 versu ultimo Suscitat in fratrem tentatoris ordo clamare. Instr. 29 versu 11 Et modo si credis vivitnr in Dei secreto. Instr. 30 versu 9 Vixit et extinxi. Pauper EVPHKA clamat. Instr. 32 versu 2 Iudex esto novus. Instr. 44 versu penult. Malus in angore septies propter iitstos alendos. ^ Von diesen ,Emendationes' sind in der zweiten Ausgabe die meisten in den Text aufgenommen. SitEungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. II. Hfl. 29 l 450 Dombart. lustr. 50 versu 11 Auf, si intrare pofe.st; si necne, ne ce.ssa. lustr. 53 versu penult. Tu tibi pi'oeterea in Belian parcere noli. Instr. 57 versu 4 Cum caterva Moli. ' Darnach kommt ein Index (rerum et verborum), be- ginnend mit ,Abintus 57". Derselbe umfasst in doppelten Spalten H Seiten und endet mit .Zonae circulus 13^^ Dem Index schliesst sich Fols:ende8 an : Variae lectiones ex apog:raph(» Jac. Sirmondi. Instrn- Wcfu ctione 6 5 Lusus puerilis actus cessat. 17 Omnipotens vobis factus* erme amator. *raedi8 7 19 Lasciva vult esse, sine frario vivere quaerit. 9 1 Meicurius vester fiat cum aboUa depictus. 2 Et galea et palam pcnnatus 10 6 non Marhus et ipse. 11 2 Primum de Marhia natus 17 nara bizo tristi fuerunt. Aprimutia quoque pecora pavisse refertur. 14 7 qui post mortem vivere docet. 17 0 Vidistis saepe didemarios 19 ß Incopiat cives 21 1 Monteses deos dicitis uominentur in auro. 42 (so) 14 Lex docet in medio eret consulite pro vobis. 27 10 Reserveris autem nostros videbiinus illa. 33 5 Intrate stabiles silvestri ad praesepia tauri 34 2 crassis satiari caliglis. 39 1 Inspice iam typum Synagogae fuisse. 42 19 Convenient iterum propter mysteria castus. 44 4 jam tunc sine more viventes. i Der grösste Theil dieser Emendationen steht auf der letzten (mit 69) numerirten Seite, während die Rückseite des g-leichen Blattes und die I folgenden Blätter nicht mehr numerirt sind * 2 Die Zahlen bezeichnen die Seiten, auf denen die Ausdrücke vorkommen. >l Ueber die ältesten Ausgaben der Instrnctionen Commodians. 451 Instr. Versn 15 Ex Creatore suo lucet, nee non ibi parat 48 3 Decipiunt que aurea ut esca sequentes. 49 4 Non fiet in vacuura confusio culpae. 6 Tu si vulnus habes altum inedicumq. require. 50 8 Tu si praedicando moreris pro terra vic. 51 6 Attanien adultos hortor in aula recurrant. 54 9 Sidere nolunt ab idolis respui debent. 56 2 In tuba praesentem coelesti voce clamante. 57 21 Et choros historicos 58 20 Expecta requiem futurnr. transitu mortis. 59 20 In dando promeruit non comitibus inde leuari. 61 15 Prandia ab eo prospice lurna qui semper 63 7 Compescere furiam pacificum redde te cunctis. 64 12 Postea noma ruit 75 2 Laetentur et illi qui postulant sabata diuina. 4 Respues de forte quo meraorentur ista pro vobis. In modico sumptu def. Deo don. 76 4 Aut pulsare domum stomachi pro delicto diuino. 12 Et de domo Dei facitis ceu nundinas artent. Ex iis autem lectionibus hae tantummodo probabiles ac praecedentibus Emendationibus adjiciendae. * liistr. Versu 6 17 Omnipotens factus Ganymedis amator 21 1 Dominentur in aruo. f 22 14 Lex docet, in medio ciet: Consulite vobis. 44 15 Ex Creatore suo lucet, 48 3 Decipiuntque aurea 49 4 Non fiet in vacuum confusio culpae 58 20 Expecta requiem futurorum transitu mortis 63 7 Compesce refuriam 75 4 Respicite fönte quo memorentur ista pro vobis 76 12 Et de domo Dei facitis ceu nundinas artent. ^ • Es ist bezeichnend für die ungeordnete Art der ganzen Arbeit, dass im Folgenden nicht, wie man nach dieser Ueberschrift erwarten sollte, nur einzelne der obigen handschriftlichen Lesarten wiederholt, sondern mei- stens daraus abgeleitete Emendationen vorgeführt werden. 29* 452 Dom hart. Auf der letzten Seite: Praeter eniendationes supra raemoratas etiam istas in primis notari velim, ' Instr. 2 Et spß fortunatnm rnrHum in aevo vivendi. Instr. 51 Et priusgvavi fnxjerent parvulos occupavit inertes. Jnstr.ead. Nt'c qnidem excuso : oh delicto forte parentum. Fitere proviei'iti. Instr. ead. Terribi/em legem fti ginnt Instr. 52 Est alius nerjnnm, alins in partes recedit. Instr. end. Refufjiinn Regis j^^'te, si delictor fuisti. Instr. 75 Lnett'ntur et Uli qni postidnnt sub acta diuina. Instr. ead. Respicite fönte quo memorentnr ista pro vobis. In mndico snmptii def. Chr. don. Am Schlüsse des Ganzen findet sich die Bemerkung: Emendationnm rationes libellus observationuni propediem declarabit. Es liegt also hierin eine Ankündigung der in Bälde zu erwartenden zwoifon Ausgabe mit Com- iiieiitar. Es leuchtet Jedem, der sich einigermassen mit der Text-, kritik Commodians befasst hat, von selbst ein, dass unter den" Stücken des Anhangs von der grössten Bedeutung das Ver- zeichniss der variae lectiones des Apographum Sirmondi ist, unter welch' letzterem wir uns die Abschrift eines älteren Manuscripts zu denken haben, die von Sirmoud selbst oder auf dessen Veranlassung angefertigt wurde. Von ihm demj Herausgeber Rigaltius überlassen, bildete sie das einzige Docu- ment für die aus alter Zeit handschriftlich überlieferte Text- gestalt, welches dem Letzteren zur Verfügung stand. Der neueste Herausgeber E. Ludwig glaubte nun in der einen seiner beiden Papierhandschriften, dem Parisinus (Bj, die Züge des Apographum Sirmondi wieder zu erkennen und erklärte beide für identisch (Praef. XV, 59). Es scheint, dass er nun alle Abweichungen des Rigaltischen Textes vom Parisinus für * Auch diese Emeudationen sind in der zweiten Ausgabe in den Text recipirt. 1 Ueber die ältesten Auegaben der Instructionen Comraodians. 453 Conjecturen und als solche für wenig wertlivoll hielt; und das mochte der Grund sein, dass er sich um die editio princeps nicht weiter bemühte. Dass er ohne diese zu kennen in einer derartigen Anschauung verharrte, ist um so erklärlicher, da allerdings der Text des Rigaltius auch in der zweiten und dritten Ausgabe und die im Commentar derselben aufgeführten l^es- arten jenes Apugraphum sehr grosse Verwandtschaft mit B zeigen. Doch hätte er die (freilich äusserst seltene) editio princeps zur Hand gehabt, so hätten ihm Zweifel an der Richtigkeit seiner Ansicht kommen müssen, die übrigens, wenn man genauer zusah, schon durch manche Bemerkungen der späteren Ausgaben erschüttei't werden musste. Wenn lupans, ovanter, memorentur, Belian, ebrea, reticeo in der zweiten Ausgabe des Rigaltius als Lesarten des Apographum bezeichnet werden, während die Handschrift B dafür bietet: lupana, ouantes, memorente, delian, ebr^ca (sie!), retnlo, so möchte man diese Differenzen allerdings zurückführen können auf un- i;onaue Angaben des Rigaltius. Aber I, 15, 3 bezeugt Ludwig in den Abschriften A und B die Lesart mons, während nach dem Commentar dei- zweiten Ausgabe des Rigaltius, der des Davisius und der Dehlers das Apogr. gens bot. Dass diese wichtige Differenz Ludwig entging, wurde dadurch ermöglicht, idass er in seiner Ausgabe gens irrig als Conjectur Oehlers bezeichnete. Bedenken hätte ihm ferner der Umstand erregen sollen, dass Öchurzfleisch in seinen Supplementen, von denen ' wir später ausführlicher zu sprechen haben, mehrmals Lesarten des Apogr. anführt, die mit denen des Parisinus (B) nicht harmoniren. Statt dessen zieht er aber die Angaben Schurz- lleischs in Zweifel. Ein einziger Blick in die editio princeps konnte ihn belehren. So bemerkt Ludwig zu I, 6, 5: ,aetas AB; ' codicem Parisinum iterum atque iterum inspexi, sed nihil de scriptura actus legi, quam Schurzfl. in supplem. ad h. 1. ex ■ apographo Sirmondi adfert. — cessit A ; cessM (sie) B (non ' cessat, quod Schurzfl. testatur).^ — Nun wird aber als erste der ,Variae lectiones ex apographo Jac. Sirmondi' im Anhang der editio princeps, wie oben zu ersehen, angegeben: 6, 5 Lusus puerilis actus cessat. Das war die Quelle Schurz- fleischs, der also hier ganz unschuldig ist. Liegt hier 454 Dorabart. I wirklich eine fehlerhafte Augabe vor, so hat man den Voi-wurf an Ki^altius oder Öirmond zu adressiren. Aehnlich ist es II, 3, 15. Dort haben die Absehrit'tea AB: augui-e mit darüber geschriebenem aratore. Ludwig fügt hinzu : ,creatore (apogr. Sirm. [?j teste Schurzfl.) Oehl.* Das Fragezeichen war hier am unrechten Ort ; denn im obigen Ver- zeichniss der ,Variae lectiones' der editio prineeps heisst es zu 44, 15 Creatore. Zu II, 34, 5 lesen wir in Ludwigs praefatio : Christo AB; Deo Oeh]. (,ex auctoritate apogr. Sirm.' [!|). Hier sollen durch das Ausrufszeichen offenbar Oehlers Angaben als irrig be- zeichnet werden. Aber auch er hat die ,Variae lectiones' der ersten Ausgabe zu Zeugen, wo 75, 5 als Lesart des Apogr. angegeben wird : In modico sumptu def. Deo don. ' Wenn uns diese Thatsachen widerrathen oder verbieten, das Apographum Sirmondiauum für identisch mit der Abschrift B zu halten, und wir demgemäss nicht alle Abweichungen der editio prineeps von B auf AVillkür oder Nachlässigkeit des Kigaltius zurückzuführen haben, so haben wir ilnen Lesarten, so lange uns eine zuverlässige handschriftliche Grundlage fehlt, grössere Beachtung zu schenken, als dies Ludwig thut. Dazu rathen übrigens noch weitere gewichtige Gründe. Denn einmal erweisen sich ihre Lesaiten, auch wo sie von B abweichen, bisweilen als trefflich, ohne dass wir gegründete 'l Vermuthung haben, sie für Conjecturen des Kigaltius zu halten; • i sodann stimmt die editio prineeps bei Differenzen von B bis- weilen mit derLeydener Handschrift (A) oder der von C holten- ' ham,'-^ der wir das Zeichen C geben wollen. Die Kenntniss ( ' Ludwig selbst gibt hie und da deu überlieferten Lesarteu des gedruckten I Textes, welche auf die editio prineeps zurückgehen, den Vorzug vor denen ( seiner Handschriften. Vgl. Jenaer Lit.-Z. 1879, S. 194 Änm. 2 Wir wollen für diese Fälle einige Belege vorführen: I, 1, -i ego ed. pr. i A° (= A am Rande) C; ergo A'B; I, 7, 11 sub fata ed. pr. A'; sub < facta A'"B; I, 7, 12 impiae uitae ed. pr.\ impii uitae A; impii uita B. ü (Es ist hier, wenn man den ganzen Vers überliest: Obsceni, curiosi, Instr. i mors est (AB?), longe vitate (Em. deij J Rig-) ßunt deberat ' l pulicem unum, und: Egressus est rex Israel, ut quaerat pulicem unum. i Es war also au der Lesart der Handschriften und der beiden ersten Aus- i .1 gaben nichts zu ändern. ' Offenbarer Druckfehler, der in der ed. III und bei Schurzfleisch i wiederkehrt und von Oehler durch deberet ersetzt wird. 1 üeber die ältesten Ausgaben der Instructionen Commodians. 459 Ed. princeps. II, 9, 9 Aut 20 fall (AB) 10, 2 sugeret parvulua (fn- fjevet parmdoü Apogr. AB) 4 excusso (AB) 8 fufjiens (Apogr. A B) 10 allum (AB) 11, 2 recedat (AB) 3 utroque (AB) 5 düector 12, 8 proposito (Apogr. AB) in dc.Uan 15 in delictis {in dictis in Belian A B ; in delictis Apogr. [?] nach dem Comment.) 13, 3 Cananaea (Apogr. AB) 14, 3 Domnus 16, 2 laxantes (B-; lux ante AB') 17, 9 perseqiiimur (AB) 20, 7 fretus 15 ab ea prospice, lohe, quae semper 23 tabidis (AB) 21, 11 iniquus 12 ad actus 13 Ejula, tuque 23, 13 condenda {conanda AB) Ed. altera. At (B; Ac A) tales fugerent parvulos (E. V. 3) excitso (E. V. 'S) fugiant (E. V. 3) aliud recedit (E. V. 3) utjnque delictor (AB[V]5 E. V. 3) praeposito (Em. d. Rig.) in Belian cainaea (Em. d. Rig.) Dominus (AB) laxant prosequimur fartus (fartus B; f actus A) ab eo prospice Tobia, qui semper lobba lobhe [ab eo prospice lurna \lii,rna B] qui semper Apogr. AB) tabulis] ed. III: talihus ^ Iniquus adactas Eiulatuque condendo • Erst die C(l. III briugt also den Druckfehler talibus, der mit Unrecht dem Rigaltius angerechnet (vgl. Ludwig in der praefatio %. d. St.), sich bis zu Oehler forterbt. 460 Dombart. Ed. princeps. II, 23, 16 «^'« (B) 24, 3 descredis 26, 8 feretis 28, 10 nach perdita ein Stei 30, 3 y>>er nmnuni [per pri- mum A ; primum B) 8 numos (AB) 32, 3 non (ü AB) 8 diducis (AB) 34, 1 confp'uet (AB) 2 siiinpfd (Apoe:r.(V> A'B'; sabaUi [nah- hata B darübert^e- schrieben in Apogr. AB) 4 quoniam 5 Immodlco snmpto (In viodico snmpto AB) | 35, 12 seil (AB) 15 facienda 36, 2 Interim 4 sum ni 5 corde Ed. altera. ages (A) discredis ferifis (AH; im Lemma des Commentars noch feretis) n, der in der ed. II wegfällt. per nummum nummos nee deducis congruit (im Comment. noch contjrnei ) suh acta (E. V. 3) fönte qno (forte quo Apogr. ; forte quo AB; vgl. K. V. 3) In niodico sumptu ceu fienda (AB?) interior (AB) dum (AB?) non (AB?) corda (AB?) 51 Wir sehen aus dieser Gegenüberstellung, wie sehr sich die editio princeps von der editio altera durch ihre grössere An- näherung an die handschriftliche Ucbcrliefcrung unterscheidet. Nur in den letzten beiden Acrostichen findet sich, wie es scheint, mehr Verwandtschaft der Handschriften mit der zweiten Ausgabe. Die Art und Weise der letzteren wollen wir nun darlegen. Ihr Titel ist : Commodiani Instructiones adversus Gentium Deos. Pro christiana disciplina. Tempore 8ilvestri P. R. sub Constantino Caes. compositae. Nunc primum tjpis mandatae. üeber die ältesten Aasgaben iIit Instructionen Coramodians. 461 TulH Leucorum. Apud S. Belgrand et J. Laurentiura, Typo- graphos Regios. M. DC. L. Cum privilegio regis. Auf Seite 3 finden sich als Ueberschrift die Worte : Nicolai Rigaltii de Comraodiano eiusque opusculis (vgl. ed. 1. S. 4), worauf die praefatio folgt, deren erster Theil mit der der ersten Ausgabe gleichlautend ist bis zu den Worten (in beiden Aus- gaben S. 7 Mitte) : liberali schemate tersus ac nitidus. Wäh- rend damit die praefatio in der ed. I abschliesst, folgt nun in der ed. II ein Zusatz, beginnend mit den Worten : Interea vero dum id properatur. Im vorhergehenden, auch in der ed. I befindlichen Satz hatte Rigaltius die Hoffnung ausgesprochen, dass Sirmond die vollendende Hand an das ihm nun zurück- gestellte (iterum oblatus) Buch legen werde. Gerade als handle es sich auch jetzt um dieselbe Ausgabe, fährt Rigaltius in der ed. II nun weiter : einstweilen bitte er seinen Gönner, die Frucht seiner Bemühungen freundlich aufzunehmen. Darnach folgt eine kurze Charakteristik der Instructionen nach Inhalt und Form, eine Darlegung des Hauptzwecks, den der Heraus- geber in seinem neu beigegebenen Commentar verfolgt (de scriptoribus aevo Commodiani proximis apponere, quod obscuris daret lucem), eine Entschuldigung wegen seiner Conjecturen durch den Mangel an älteren Handschriften, und endlich der Wunsch, dass das Buch kräftigend und veredelnd auch auf die christlichen Leser der Gegenwart wirken möge. Die letzten Worte sind: paucissimos vero Christianos. Die Vorrede schliesst auf Seite 8. Auf Seite 9 beginnt nun (wie in der ed. I) der Text mit der Ueberschrift: Com- modiani Instructiones per litteras versuuin primas. Das erste Acrostichon ist überschrieben: I. Praefatio und beginnt: Prae- fatio nostra viam erranti demonstrat. ' ' lu den niss. steht als Uebprsehrift: Praefatio; der Text selbst aber be- ginnt: Prinoa praefatio nostra. Da prima hier keinen rechten Sinn hat, so seheint es, das Zahlwort ist durch ein Versehen aus der Ueberschrift in den Text gewandert. Es ist wohl mit den ältesten Ausgaben zu lesen: I. {^= prima instnictio) Praefatio. Praefatio nostra etc. Wahrscheinlich macht dies der Umstand, dass die Praefatio unter den Instructionen wirklich mitnumerirt wird. 462 Dombart. Nach jeder Instruction folg:t ein Comraentar, der meistens durch Parallelstellen der sachlichen und sprachlichen Inter- pretation dient, bisweilen aber auch kritische Benierkuno^en enthält. Unter den letzteren sind die wichtigsten diejenigen, welche neue Nachweise über die Lesarten des Apographum liefern. Bisweilen sind aber solche Lesarten auch still schwel gend recipirt (vgl. I, 7, 17; 21, lU: II, 1, 33; 9, 9; 35, 15; , 36, 2; 4; 5) ein Beleg dafür, wie wenig Rigaltius auch hier nach strengen Grundsätzen verfährt. Text und Conniientar gehen bis Seite 119. Darnach kommen noch drei nicht numerirte Blätter. Auf der ersten Seite derselben liest mau: Uennadius Massiliensis episcopus Lib. de viris illustribus. Commodianus dum inter saeculares — inculcavit (vgl. ed. I. S. 3). Sodann folgt unter dem Titel : Instructionum Acrosticha das Verzeichniss der Ueberschriften (ed. I. S. 7 f.). Das zweite nicht numerirte Blatt trägt die Ueberschrift: Omissa quaedani sie reponenda suis locis. Nun folgen Nach- träge, ' beginnend mit lustr. I per lit. vers. pr.] Eugenius Ep. Toletanus und auf der letzten Druckseite endend mit den Worten: cousummabuntur omnia. Den Schluss bilden Verbesserungen von einzelnen Ver- stössen unter dem Titel Errata. In dem Berliner Exemplar folgen nun auf einigen ein- gebundenen Blättern nachträgliche Noten von der Hand des Kigaltius, welche von Schurzfleisch in den Supple- menta benützt wurden. , I 11. Ueber die (Iritte Ausgabe (des Rigaltius). Ein neuer Abdruck der zweiten Ausgabe des Rigaltius wurde nach dessen im Jahre 1654 erfolgten Tode veranstaltet durch Ph. Prior ius als letzte Beigabe zu den Werken Cyprians, welche 1666 bei Jean du Puis in Paris erschienen. Der Titel ist hier : 1 Diese Nachträge und die darauffolgenden Errata sind in der ed. III von 1666 an den betreffenden Stellen benützt. Heber die ältesten Aa<)gabon der Instructionen Commodians. 463 Commodiani instructiones adversus g^entium deos. Pro christiana disciplina. Tempore Silvestri P. K. sub Constantino Caes. compositae. Nunc priraura typis mandatae. Cura et studio Nicolai Kipiltii cum eiusdem notis. Wir sehen, dass auch diese Ausgabe seltsamer Weise sich als editio princeps des Kigaltius einführt; und noch seltsamer ist es, dass dies wiederholt von Gelehrten ernst ge- nommen worden zu sein scheint. Wenigstens hielt man sie für einen genauen Abdruck der ersten Ausgabe. Dass in- dessen diese VeröflFentlichung mit der eigentlichen editio princeps nichts zu thun hat, ist sicher; aber auch mit der zweiten Aus- gabe stimmt sie nicht ganz genau überein. Es finden sich einzelne Abweichungen im Text (so ist z. B. I, 11, 18 pe- cora ausgefallen; II, 20 [61], 23 talibus für tahuUs gedruckt) und noch mehr in den Anmerkungen, die fast durchweg in der Nachlässigkeit des Herausgebers ihren Grund haben. Von einigen sinnstörenden Ausfällen im Commentar, deren ich im Ganzen fünf beobachtet habe, werden wir im Folgenden handeln. Das einzige Verdienst der neuen Ausgabe besteht darin, dass die Nachträge und Verbesserungen, welche Rigaltius seiner zweiten Ausgabe beigefügt hat, hier gleich im Text und in den Anmei'kungen verwerthet sind. Freilich geschieht auch dies bisweilen nicht eben geschickt. So bemerkt Rigaltius in der Note zu I, 12, 16 ,vino permotati] Motantur hene poti, perpnfati. Motan , frequenter viotari'. Unter den Verbesse- rungen der , Errata' notirt er zu dieser Stelle , frequenter mo- veri'. Er beabsichtigt also, dass man im Commentar die sinn- lose Glosse freqnmter woiari in frequenter moueri ändere. Aber der Herausgeber von 1666 lässt nun ruhig zusammen- drucken: .Motari, freqvenfer motari. Fi-equanfer moveri'. III. Ueber die von der ed. III abhängigen Ausgaben und die Supplenienta von Sehurzfleisch. Die erste Tochter der Ausgabe vom Jahre 1666 war ein Abdruck im 27. Band der Maxima bibliotheca veterum patrum (Lugduni MDCLXXVII). Dass diesem Abdruck nur die dritte 464 Dombart. und nicht eine der beiden ältesten Ausgaben als Muster vor- lag, erhellt daraus, dass I, 11, 18 pecora im Text fehlt (siehe oben !) und I, 31, 9 duplex statt pnlex steht. Ausser dem Text finden sich hier ganz vereinzelt kurze Noten am Rande. Die nächstfolgende Ausgabe der Instructionen war die von Schurzfleisch in Wittenberg. Der Titel derselben ist: Commodiani poetae Christiani instructiones adversus gentium deos pro Christiana disciplina, Primum in Germania editae, recognitae et auctae accessione dissertationis Henrici Dod- welli de aetate Commodiani, cum Praefiitione Henrici Leo- i nardi Schurzfleischii. Vitembergae Saxorum. Apud Chri- ] stianum Schroedterum, Acad. Typogr. Anno 17(K'>. i Mit einiger Ostentntion macht Schurzfleisch darauf auf- merksam, dass seine Ausgabe Commodians die erste auf deut- 1 schem Boden erschienene sei. Wir müssen aber leider sagen, dass Deutschland keinen besontlein Anlass hatte, auf diese ( literarische Novität stolz zu sein. Ihr Ilauptvorzug besteht in _ der Beigabe einer vortrefflichen Abhandlung Harry Dodwells || über das Alter Commodians, worin derselbe gegen die Marotte )i des Rigaltius, der Commodian zu einem Zeitgenossen des ;; Papstes Silvester und tles Kaisers Constantin machen will, mit Glück polemisirt und den überzeugenden Nachweis liefert, dass der Dichter der Zeit Cyprians sehr nahe stehen müsse. Von geringcrem Werth ist die langathniige praefatio Schurz- tleischs selbst, worin nichts wesentlich Neues geboten wird. Die Hauptsache aber, der Text und die Noten der Instructionen, ist nichts als ein fast buchstäblicher Abdruck der Ausgabe von IGGG. Von der Existenz der eigentlichen editio princeps hatte Schurzfleisch damals, wie es scheint, noch keine Ahnung. Zur Verfügung stand ihm offenbar blos die dritte Ausgabe. Als erste Ausgabe, die er übrigens als perrara bezeichnet* und wahrscheinlich auch nicht zu Gesicht bekommen hatte, gilt ihm die vom Jahre 1 GöO. Wie mechanisch er dem unvollkommenen Abdruck vom Jahre 1666 folgt, will ich durch einige Beispiele darthun. Acrost. I, 11, 18 ist bei Schurzfleisch wie in der ed. III nach Admeti quoqiie das Wort pecora ausgefallen, obwohl hier wie dort im Lemma dei* Note steht : Admeti pecora. Ueber die älteBten Ausgaben der Instructionen Commodians. 4Go In der Note zu I, 12, K) wiederholt Sehurzfleisch genau die sinnlose Zusammenstellung: ,Mofari, frequenter motari. Frcqxienfer vioueri' (siehe oben). Zu II, 1 (42), 26 findet sich in der ed. II folgende Note : Auf tuhera naso\ In apoC ge- treulich erhalten. Ein Druckfehler, der sich durch mehrere Generationen von Ausgaben hindurchzieht, ist durch Kigaltius selbst ver- schuldet. Acrost. II, 12 (53), 12 steht im Text der ed. II richücr dimicafurnvi ', im Lemma der Note aber dominicaturiim. Dieselbe Differenz findet sich auch in der dritten Ausgabe und bei Schurzfleisch. Später fiel dem Letzteren der Fehler doch auf und in seinen Supplementen bemerkt er: Domhn- caturum legitur })erperam in mea editione, quod vitium est operarum (I !). Die armen Setzer (operae)! Es gereicht mir zu besonderer Befriedigung, ihre Manen noch nach 175 Jahren von dem ungerechten Vorwurf zu reinigen. Von viel grösserer Bedeutung als diese Ausgabe war eine kleine Schrift, welche derselbe Schurzfleisch vier Jahre später erscheinen Hess. ' Ihr Titel ist: Supplemeuta quaedam ad Commodianum ex bibliotheca instructissima illustris Ezechielis Spanheimii maiori ex parte communicata et nunc in lucem eraissa ab Henrico Leonardo Schurzfleischio. Accessit Glossarium et Index rerum ad totum opus Vitembergae Saxo- num. Tjpis Schroedteri, Acad. Typogr. Anno CI3I3CC1X. — Schurzfleisch war nämlich duich die königlichen Bibliothekare Joh. Carl Schott und Matuiin Veissiere la Croze in Berlin in den Besitz eines zur Bibliothek Ezechiel Span heims gehörigen Exemplars gekommen,- welches die eigentliche editio priuceps vom Jahre 1649 und die ed. II vom Jahre 1650 umfasst und besonderen Werth durch handschrift- liche Nachträge des Rigaltius erhalten hat. Es war ein wahrer Schatz, dei- hier in Schurzfleischs Hände gekommen war, der aber freilich von ihm nur theilweise in seinem Werth erkannt und ausgebeutet worden ist. Zunächst wurde er sich gar nicht darüber klar, dass er es mit zwei in verschiedenen Jahren erschienenen Werken zu tliun habe. Das ist ihm freilich 1 Die genauere Kenntniss derselben danke ich der Zuvorkommenheit des grosslierzogl. Bibliothekars Herrn Dr. Köhler. - Jetzt noch in der Staatsbibliothek zu Berlin befindlich, aus der es mir durch gütige Vermittlung des Herrn Director v. Halm in liberalster Weise zur Benützung überlassen wurde. Ueber 'lif ältesten Ausgaben der Instructionen funimodians. 46 i nicht sehr zu verdenken; denn während ursprünii^lieh, wie aus unserer früheren Erörterunj^ ersichtlich ist, jede der beiden •iltesten Ausgaben ihre besondere Vorrede und ilir besonderes Titelbhitt hatte, das eine mit Iß-tO, das andere mit 1650 datirt, Hess Rigaltius seinem Handexemphar Titel (und vollständia^ere !) Vorrede der zweiten Ausgabe vorbinden, während hier Titel und Vorrede der ersten Ausgabe fehlen. Schwerer ins Gewicht fällt der Vorwurf, dass Schurz- rieisch der wesentlichen Verschiedenheit des Textes in beiden . Ausgaben keine Aufmerksamkeit geschenkt hat. r Der Werth der Supplementa besteht vornehmlich in der Mittheilung von Lesarten des Apographum Sirmondianum aus dem Verzeichniss derselben, welches sich im Anhang zur ed. I findet, und in den handschriftlichen Bemerkungen des Rigal- tius, die freilich nicht viel Bedeutendes bieten. Am interessantesten nuter den letzteren ist eine Erörterung zu I, 33, 5. Hier bietet das Apogr. Sirm. folgende Lesart : Intrate sfahileft (stahüis?) siluestri ad praesepia t/mri. Dafür Hess Rigaltius keck drucken : Intrate stabiles Süvestri ad praesepe pastoris ; und damit wir über den inneren Beweggrund, der ihn dabei leitete, nicht im Unklaren bleiben, fügt er in der Note hinzu: Quae verba ad ecclesiae praestantiam faciunt non mediocriter. Richtiger würde er gesagt haben: ,Für die hervorragende Stellung des Papstthums im Beginn des , vierten Jahrhunderts ist diese Stelle (nach seiner Lesart) von grosser Bedeutung^ Seine Freude an diesem £p[j.a;ov war so gross, dass er, wie wir bereits sahen, den Namen des Papstes Silvester auch auf den Titeln der beiden ersten Ausgaben anbrachte. Aber er scheint dabei die Zustimmung seines Gön- ners Sirmond nicht gefunden zu haben. Derselbe schlug vor (s. Anhang), den Vers so zu lesen: Intrate stabiles vestra ad praesepia tanri. ,So verschwinde/ das scheinen Sirmonds eigene Worte ge- wesen zu sein, ,die Erwähnung des Papstes Silvester (sie evanescere omnem Silvestri pontificis mentionem) • und die ' Diese Bemerkung ist eben so beachtens- als achtnngswerth bei einem Manne, der lange Jahre Secretär des Jesuiteugenerals gewesen war. 30* I 468 Dombart. metrischen Gesetze kämen mehr zur Geltunt^.' — Wenn Ki- galtius in seiner Entgegnung den letzten Grund nicht als ent- scheidend anerkennt, thut er nicht unrecht; ebenso hat er einige Berechtigung, an der Richtigkeit der Conjectur vestra zu zweifeln. Aber Sirmonds Einspruch blieb doch auch bei ihm nicht ohne Wirkung. Seine beispiellos gewaltsame Aenderung des praesepia fauri in praesepe pastoris lüsst er nun fallen und schlägt vor zu lesen : Intrate sfahulis Süvestri ad praesepia tauri. Tauri wird so zum Vocativ ; dagegen wird der Name Silvesters gerettet. Doch nachdem er einmal ins Schwanken gerathen, geht er noch weiter und gibt als mögliche Lesart zu : Intrate stahulis süvestri ad praesepia tauri. oder Intrate stabiles silvestri ad praesepia tauri. ^ Dann ist silvestri (j=^. sdvestres) zu tauri zu ziehen und es werden damit die Heiden in Gegensatz zur zahmen christ- lichen lleerde gesetzt; stahulis ist im Sinne von in stahula oder .stahiles proleptisch zu nehmen. Und doch meint er am Schluss bezüglich dieser sehr verschiedenen Textgestaltungen und Auffassungen: semper idem erit seusus! In diese Nachträge des Rigaltius sind bisweilen Bemer- kungen von La Croze und einige Noten des Herausgebers der Supplementa eingestreut, theils kritischer, theils exegetischer Natur. Das Ganze umfasst, das Glossarium und den Index rerum abgerechnet, nur sieben Blätter. Wenige Jahre nach diesen Veröffentlichungen erschien die Ausgabe von John Davies. Dieselbe bildet den Anhang zu Davies' Ausgabe des Minucius Felix, Cambridge 1712. Der Specialtitel ist hier: Commodiani instructiones adversus gen- tium deos cum integris observationibus Nicolai Rigaltii. Re- censuit et notulas adspersit Joannes Davisius. Von Schurz- fleischs Arbeiten nimmt diese Ausgabe keine Notiz. Auch die beiden ersten Ausgaben des Rigaltius waren, scheint es, dem Davies nicht zur Hand. Er stützt sich wie Schurzfleisch offen- bar nur auf die vom Jahre 1666. Doch ist dieselbe von dem Engländer mit etwas mehr Umsicht und Selbständigkeit benützt. So ist die Interpunction und Orthographie correcter. Auch Ueber die ältesten Ausgaben der Instructionen Commodians. 4b9 sonst sind manche Verstösse des Originals berichtigt. Dass dies aber nicht mit Hilfe einer der ältesten Ausgaben geschah, ergibt sich recht deutlich aus einem Beispiel: I, 11, 18. Hier bieten die beiden ersten Ausgaben : Admeti quoque pecora pavisse refertiir. Im Text der Ausgabe vom Jahre 1666 ist, wie mehrfach er- wähnt, pecora ausgefallen, während im Lemma zu der Note steht: Admeti pecora mit Auslassung von quoque. Daraus hat offenbar Davies den Ausfall von pecora ersehen und dies wieder in den Text gesetzt, aber vor quoque, was er gewiss nicht gethan hätte, wäre ihm eine der beiden ersten Ausgaben zur Hand gewesen. Auch an einer oben genannten Stelle, in der Note zu II, 2 (43), 17 hilft er sich ähnlich wie Schurzfleisch ohne Unterstützung der älteren Quellen und schreibt: De Apocalypsi Joannis S^dpitins SeiLerus Hist. Eccl. II, 31 inter dubia recenset. ' Liefern uns diese Beispiele den Beweis, dass er sich nicht ganz mechanisch an sein Original hielt, so verfällt er an andeieu Stellen doch in den gleichen Fehler wie Schurz- fleisch. So gibt er z. B. in der Note zu I, 12, 9 den Druck- fehler der dritten Ausgabe Cansnci wieder , obwohl in der zweiten Ausgabe richtig Caucasi (=: Caucasi Indici = Para- panisi) steht,"- und in der Note zu II, 1 (42), 26 findet er '■ Andreas Galland, der im dritten Bande seines grossen Sammelwerkes (Venedig 1788) die Au.sgabe des Davisius, jedoch vermehrt durch eigene Bemerkungen, abdrucken Hess, erkannte richtig, dass auch nach der durch Davisius vorgenommenen Aenderung in der Note nicht Alles in Ordnung ist. Er bemerkt daher unter dem Lemma nf. ferunt operta Joannis (III, pag. 637): De Apocalypseos aOOsvxia jejune nimis Rigaltius heic. Fallitur vero, dum scribit, Apocalypsiu inter dubia recensere Sul- picium Severum. Sic enim ille Hist. eccl. lib. II cap. XXXI: Bomitianus Vespasiani ßlius persectUus est Clu-intianos. Quo ttmjjore Joannem Aposto- lum atque Evangelintam, in Patkvmvi insulam relegavit; uhi ille arcanis sibi viy.iteriis revelatis librum sacrae Apocalt/pnis (QUI quideni a plerisque AUT STULTE AUT IMPIE NON RECIPITUR) conscriptum edidit. — Man sieht daraus: auch Galland benützte die Ausgabe vom Jahre 1650 nicht, sonst hätte er nicht den Rigaltius des Irrthums zeihen können. 2 Schurzfleisch verbessert hier richtig Caucasi. 470 Dombart. sich mit Schurzfleisch in der sinnstörenden Auslassung der Worte : et foetidiim — in naso zusammen. Einigen Werth hat die Ausgabe Davies' dadurch, dass er die Noten des Rigaltius durch eigene vermehrt hat, worin er ; sich nicht selten als geschickten Interpreten und Kritiker zeigt. Ueberblicken wir die Ergebnisse der obigen Abhandlung, , so ersehen wir, dass schon am Ende des siebzehnten und am Anfange des achtzehnten Jahrhunderts die ersten beiden Aus- gaben der Instructionen ungemein selten gewcseti sind, dass sogar die Editoren damaliger Zeit sich durchgängig mit | der Ausgabe vom Jahre 16GG als Grundlage für ihi'e Arbeiten fi begnügten und von der eigentlichen Bedeutung des editiu priu- ceps kaum Jemand mehr einen Bcgrifl' hatte. Unter den späteren Herausgebern hat, so viel ich beob- achten konnte, nur ()f. liier die beiden ältesten Aus- gaben eingesehen, und zwar, wie ich zu vcrnmthen Grund habe, in dem Berliner Doppelcxemplar. Er hat daraus auch sehr viele Lesarten der ersten und zweiten Ausgabe excerpirt, verfuhr aber dabei so wenig consequent, dass er als zuver- ' lässige Quelle nicht gelten kann. Ludwig, dessen Verdienst vornehmlich in der Vergleich ung und geschickten Verwerthung der llandselirifteu A und B besteht, hat Gehler oflFenbar zu viel vertraut. Ueber die ältesten Ansgaben der Instractionen Coramodians. 471 BEILAGE. Durch die Güte des Herrn I^rofessor Alfred Schöne erfuhr ich, dass an der Nationalbibliothek zu Paris ausser einem Doppelexcniplar, welches die erste und zweite Ausgabe des Rigaltius umfasst (Inventaire c 1(541 C 598), ein durch- schossenes Exemplar der editio princeps (Invent. c 1640 C 597 Reserve) vorhanden sei, in welchem sich die Ausarbeitung der zweiten Ausgabe von der Hand des Rigaltius finde und an dessen Schluss das Concept eines französischen Briefes des Rigaltius an Sirmond eingeklebt sei. Ein späterer Herausgeber wird wolil diese handschriftlichen Noten näher prüfen und untersuchen müssen, ob sie in der zweiten Ausgabe völlig zur Verwerthung gekommen sind. Vielleicht ist daraus auch irgend ein Aufschluss über das noch etwas unklare Vcrhältniss Sirmonds zur editio princeps zu gewinnen. Ueber den letzteren Punkt hoffte ich aus dem angehefteten Briefe des Rigaltius Einiges ersehen zu können, und Herr Professor Vollmöller hatte bei seinem kürzlichen Aufenthalt in Paris die Güte, mir den- selben genau zu copiren. Fand ich darin auch nicht ganz das, was ich suchte, so scheint mir derselbe doch eine Veröffent- lichung zu verdienen. Er lautet: Au R. P. S i r m o n d M. j'ai bien a vos(sic!) rendre graces de la faveur qu'il vous piaist me faire non seulement de la part de vre Anti- tristan . . . , mais encore de vre Observation concernant le temps de nostre pauvre Commodianus. Permettez que je parle ainsi . bien qu'il soit tout a vous . puisq je ne Tai possede que soubs vre main & en vre nom. Ce que je puis j avoir faict, estant faict sur la chose qui vous appartient, est vostre . i 472 Doiubart. ^'l vous en estes le proprietaire & le vrai seigneur . je le tenois de vous en fief . & je vous en fais honiage . donnez lui teile loi quil vous plairra, vous avez droit d'en user ainsi, L'escrit de cet Auteur oü j'ai trouve Silvestri ad praesepia m'a faict croire qu'il a cste coraposc soubs Ic temps du Pape qui portoit le nom de Silvcstre . & qu'il a cntendu parier de la bergerie ou establerie de cc Pape . l'ouvrage est addresse, in Gentilibus, & gcntiles uitat(sic!) ad praesepia Öilvestri. Posons le cas qu'il ait faict ce petit ouvrage estant ago de vingt ans soubs Silvestre, il peut avoir vescu jusqu'au temps de Prudentius . & par ce moien nous sauverons le rang que lui donne Gennadius, sans rien changer de ce que nous lisons dans vostre nianuscrit. II peut avoii* vescu jusqu'en l'an de nfe seigneur 850 qui est le conmiancement de la vie de Prudence kt Gennadius n'a pas este si exact au rang de ses Auteurs qu'il u'ait bien prefci-e cclui (jui avoit plus escrit & avec plus d'esclat que Comniodianus, Meniem ' que le rang que Gennadius lui a don('' nempcs- chcroit pas qu'il n'eust qu'il n'eust(sic!) compose quelque partie de ses Instructions soubs Silvestre & ne seroit besoin de faire aucune viulenee au texte de Connnodianus pour oster ce mot, Silvestri qui pourroit aussi deineurer et servir d'epitbete a tauri, car soubs ce nom Commodianus designe gentiles, gentem sine pa störe, & lesquels n'aiant point de pastre n'auroient point aussi de praesepia . & cela estant, Commodianus n'auroit pas dit, Int rate vestra ad prae- sepia. Aujäsi u'est il pas besoin d'avoir aucun esgard a la prosodie puisque l'auteur faict profession par tout de la mes- priser & de ue s'eu point soucier. Et en cellui ci Intrate sta- biles Silvestri ad praesepia tauri, il n'y en a point d'autre que de compter six pieds composez cliacun de trois ou de deux s}'llabes, qu'il faict breves au longues comme bon lui semble en disant Intrate pour un dactyle, stabiles pour un autre, silvestri, pour un autre; il a pris plaisir a versifier de la Sorte. Cc n'est pas le seul mot de Silvestri^ qui m'a done la I pensec quo cet Auteur avoit escrit soubs le temps de Con- stantin Mais aussi les autres raisons que j'ai recceuillies (sie !) i _ = meinenient, wie unten souverainem für soiiveraiuement. Ueber die ältesten Ausgaben der Instructionen Commodians. 4: / 3 cn ce petit escrit Joint a la presente pour adjouster a mes » »bservations sur cet auteur si voiis en estes d'avis, si non je le supprimerai sans aucun regret. Ce n'est pas aussi que jf! ne voie bien que vostre correction vestra ad praesepia se pourroit entendre en general de, lEglise chrestienne quae vocat omnes gentes ad praesepia siui . je vous propose donc tollt ce que je vicn de remarquor pour eu avoir vre jug-ement. Prononcez souveraineifi j'acquiesce & me contorme a ce que vous en ordonerez . demeurant »S: Es scheint, dass dieses Schreiben eine Antwort ist auf • inen Brief Sirmonds (beigelegt der im Jahre 1650 von dem Letzteren veröffentlichten Streitschrift Antitristan^ worin der- selbe sein Bedenken äusserte über die abenteuerliche Conjectur des Kigaltius: Silvestri ad praesepe pastoris. Ob der Brief vor oder nach dem Erscheinen der zweiten Ausgabe geschrieben wurde, ist unklar. Wahrscheinlich aber ist die dem Brief des Kigaltius beigelegte kleine Schrift (ce petit escrit Joint a la presente) gleichen Inhalts mit einer kleinen lateinisch geschrie- benen Abhandlung zu Instr. 6, 2, welche sich in dem Berliner Exemplar handschriftlich tindet und bei Schurzfleisch Supplem. S. 6 (das Titelblatt mitgezählt) abgedruckt ist. Vgl. ebendas. S. 11 die Note zu Instr. 33, 5. XL SITZUNG VOM 21. AVKIL 1880. Der hochwüidij;stc Abt von Seitcnstetten, Herr Dominik Hönigl, spricht den Dank aus für die dem Stiftsg^ymnasium überlasscncn akademischen Publicationen. Die uicderösterreichische Handelskammer übersendet mit Zuschritt ihren .lahresbcriclit pro 1878. Von Herrn Pfarrer Franz Woi^-lsperger in Michel hausen bei Tulln werden zwei AbhancUungen mit dem Er- suchen um ihre Veröft'entlichung- in den akademischen Schriften jI vorgelegt: 1. , lieber den Gau Grunzwiti'; 2. ,Lage und Grenzen li des Gebietes, welches König Ludwig der Deutsche laut Ur- ,11 künde dd. Regensburg (1. October 832 der Kirche Regensburg li unter ihrem Bischof Baturich schenktet jl Die Abhandlunocen werden der historischen Commission übergeben. i Das w. M. Herr Professor Dr. Büdinger legt eine für 1 die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung vor, welche den ji Titel führt: .Der Ausgang des medischen Reiches, eine Quellen Untersuchung^ 475 An Druckschriften wurden vorgelegt: Academie d' Archeologie de Belgique: Aunales XXXI— XXXIV. 3« Serie. Tome I"— IV. Anvers, 1875,78; 8". — BuUetiu. I. (2*= serie des Annales.) 1"— 12'= Fascicules. Anvers, 1868/77; 8«. — II. (3* serie des Annales.) 1*'' — 'S" Fascicules. Anvers, 1875/77: 8". — Seconde partie. I. Anvers, 1879; 8". — Histoire du Peage de l'Escaut depuis les temps les plus anciens jusqu'ä nos jours, par M. Edm. G randgaignage. Bruxelles, 1868 ; 8'^. — Les Pays-Bas daus les temps anciens. — La Belgique — rinquisition, par Felix Vau der Taeleu. Bruxelles, 1866; 8". Akademie der Wissenschaften, königl. bair., zu Münclien: Sitzungsberichte der pliilosophiscli-philülügischen und liisturischeu Classe. 1879. Band II. Hell 11. München, 1879; 8". Akadeniija Umiejetnosci w Krakowie: Lud. Serya XII. Krakow, 1879; 8". Estreicher. Bibliografia XIX. W Tom V. Zeszyt 1 i 2. 8**. — Rozprawy i Sprawozdania z posiedzeii wydzialu historyczno-filozoficznego. Tome XI. W Krakowie, 1879; 8". — Sprawozdania Komisyi do Badania Historyi s/.tuki w Polsce. Zeszyt IV. Krakow, 1879; 4". — Acta historica res gestas Poloniae illustrautia. Volumen III. Acta quae in Archivio mini- sterii rerum exterarum Gallici ad Joannis III. regniun illustrandum spec- tant continens ab anno 1674 ad annum 1677. W Krakowie, 1879; 4*^. — Tomus IV. Cardinalis Hosch epistolarum Tomus I. 1525 — 1550. W Kra- kowie, 1879; 4". — Monumeuta meilii aevi historica res gestas Poloniae illustrautia. Tomus V. Codex diplomaticus civitatis Cracovieusis (1257 — 1506). Pars prima. W Krakowie, 1879 ; 4". — Zabytki przedhistoryczne ziem polskich. Seryja I. Prusy krölewskie ; badal i opisal Godfryd Ossowski. Zeszyt 1. Krakow, 1879; 40. Genootschap, Pro vinciaal Utrechtsch van Künsten en Wetenschappen : Aanteekennigen van het Verhandeide in de Sectie-Vei'gaderingen in het jaar 1877 cn 1878. Utrecht, 1877; 8". — Verslag van het Verhandeide in de algemeene Vergadering gehouden den 26. Juni 1877 und 25. Juni 1878. Utrecht, 1877/78; S". Handels- und Gewerbekammer in Wien: Bericht über den Handel, die In- dustrie und die Verkehrsverhältnisse in Kieder-Oesterreioh während des Jahres 1S7S. Wien, 1880; 8^'. Mittheilungen aus Justus Perthes' geogTaphischer Anstalt von Dr. A. Peter mann. Ergänzungsheft Nr. 60. Gotha, 1880; 4*^. »Revue politique et litteraire' et ,Kevue scientifique de la France et de l'Etranger'. IX<= Annee, 2<= Serie. Nr. 42. Paris, 1880; 40. Tübingen, Universität: Akademische Schriften pro 1877^79. 8^ und 4». Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen: Mittheilungen. XVI. Jahr- gang, Nr. 3 und 4. Prag, 1878; 4". — XVII. Jahrgang, Nr. 1—4. Prag, 1878; 8". — XVIIL Jahrgang, Nr. 1 und 2. Prag, 1879; 8«. — XVIL Jahresbericht für das Vereinsjahr 1878;79. Prag, 1879; 8«. — Die Chronik 476 der Stadt Elbogen (1471 — 1504), bearbeitet von Dr. L. Schle sing^er. Prag. 1879; 8'>. Verein, Militär-wissenschaftlicher, in Wien: Org-an. XX. Band. 4. und 5. Heft. H Wien, 1880; 8". Wissenschaftlicher Club: Monatsblätter. I. Jahrgang. Nr. 7. — Ausser- ordentliche Beilage: Erzherzog Ferdinand von Tirol im Lichte der huma- K nistischen Zeitbildung, von Dr. Albert Ilg. Wien, 1880; V>. Büdinger. Der Ausgang des mediacben Reiches. 4<7 Der Aiise^ano' des mcdisclioii Kciches, eine (iucllennntorsuchung von Max Büdinger, wirkl. Mitglieile der kuiscrliclu-u Akadi-niiH der Wissensrhaften. Vor mehr als andertluilb Jalirtausenden ist der Ausgang des medischen Reiches, welchen ich heute vor der hohen Classe zu behandeln die Ehre habe, Gegenstand einer ziemlich durch- i;reifenden Untersuchung gewesen. Die, deren Ergebnisse ich hier zunächst im Auge habe, die des Bischofs Eusebius von C'äsarea, basiert wohl wesentlich auf Apollodor's Chronica, ^ oder, um die originale Conception zu nennen, auf Eratosthenes' ('hronographien. Es hat sich aber bei den chronologischen Untersuchungen über Krösus' Sturz, der ja auch für die Grie- chen eine Epoche bedeutete, die Thatsache herausgestellt, dass von Eusebius, wie wahrscheinlichst von seinen Vorgängern, in der Zeitenbestiuimung für altpersische Geschichte überhaupt kein anderes Schriftstellermaterial benutzt wurde,- als über welches auch wir noch heute verfügen, während uns recht er- hebliches Neues in den Inschriften zugewachsen ist. Immerhin dürften Eusebius' Aufstellungen, über die man wesentlich bis heute nicht hinausgekommen zu sein scheint, ^ ganz geeignet sein, zuerst vorgeführt zu werden. ' Diels im Rheinischen Museum, Neue Folge, XXXI, 4 Ügde. 2 Sitzungsberichte XCII, 203 flgde, 214 %de. ^ Auch Julius Oppert's neueste, in ihren sprachliehen Ergebnissen so über- raschende und belehrende Untersuchung (le peuple et la langue des Medes, Paris 1879) kommt zu dem saclilich wesentlich gleichen Ergebnisse, da sie S. 18 Ktesias' Liste für authentisch hält und S. 21 flgde nachweist, 47S BndingPr. Uebcr die historische Auffassung des Autors in der Chronik ' etwas Begründetes für unscrn Zweck zu sagen, ist wohl niclit leicht. Dem ersten Satze der Einleitung lässt sich, mindestens in der allein erhaltenen armenischen Uebersetzung, nur der seltsame Chiasmus entnehmen, dass der Autor in seinen Quellen gewisse hervorragende Thatsachen fand, die von , Bar- baren und Griechen, Tapferen und Feigen' handelten, wenn nicht gar von .Ariern und NichtariernV" obwohl der letztere Begriff doch wohl als erst durch die Wissenschaft unseres Jahrhunderts aufgebracht scheinen sollte. Der nächste, auch griechisch erhaltene Absatz weiss nur im Allgemeinen von dem Bestreben, die Gleichzeitigkeiten ,der bei jedem Volke >; Berühmten' festzustellen; diese Absicht wiederholt der Schluss der Einleitung. •■• In beiden Theilen des Werkes hat sich Eusebius mit dem Ausgange des Mederreiches beschäftigt. Stellt man sich aber einmal seine Listen der modischen Könige zusammen, so wird man erst recht inne, wie diese mühselige Forschung doch nur unsichere Ergebnisse bewirkt hat. Wenn die in den Ex- cerpta Barbari erhaltenen, in der Namenfolge und den Zahlen nicht unwesentlich abweichenden Angaben' auch in diesem Falle,'" wie wahrscheinlich, auf Julius Africanus zurückgehen, so ist Eusebius erst nach einer doppelten kritischen Wandlung zu der Fassung gekonnnen, welche so lange canonisches An- sehen besessen hat. In den beiden Büchern der Chronik hat i dass Ktcsias" vier letzte Köiiigsii;inicii dir- per.si.<'cl)e Uoberset/.ung- der vier mcdisclieu llerodot's sind, sn dass Enschins', eventuell seiner Vor- gänger, Auswahl nur einen unschuldigen Sprachenwechsel zwi.schen per- sischen und raedischen Bezeichnungen darstellt. ' ed. Alfred Sclioene, Berolini 187.^ und 1866. - S. .ab Ariis et Non-Ariis'. Lässt sich aber nicht auch hier, wie bei anderen Irrunj^en dos Armeniers, durch eine Ketroversion in das ursprüng- liche Syrisch helfen, die Petennann anderwärts (Band II, S. LIV flgde, Band I, S. XI) so schön gelungen ist? 3 Singulorum regnorum praeclara gesta, quae ab omnibus gentibus nar- rantur. I, 7. * Bei Schoene, Eusebius, Anhang des ersten Bandes S. 221 : I. Arbakus a. 28, II. Sosarmus a. 4, III. Mamythus a. 40, IV. Cardyceus a. 2.3, V. Diycus a. 54, VI. Fraortus a. 24. VII. Cyaxares a. .32, VIII. Astya- gus ,a. .38. ^ Geker, das Zeitalter desGyges. Rheinisches Musemn, neue Folge, XXX, 240. ])cr AusganR des medischen Reiches. 479 er nämlich zwar die vier Namen, die sich von den fünf ersten jdes Ktesias, mit Weg-lassung' des letzten, ' in jenen Excerpten finden, beibehalten, aber mit Herstellung von Ktesias' Reihen- folge und drei, wahrscheinlich zweimal- veränderten Zahlen; die vier anderen Königsnamen sind bei dem Barbarus und Eusebius einfach herodoteischen Ursprunges, wenn auch mit nicht imerheblichen Zahlenveränderungen. ^' Immerhin bemerkt er (I, 07), dass , Andere andere Königsnamen der Meder an- geben'. Am l{lnde des Mederreiches sagt er aber im ersten Theile (S. 07) nach Astyages' ' Regierung: ,unter diesem re- gierte Cyrus über die Perser, entsetzte Astyages und hob die Mederherrschaft nach 294 oder 592 ge schrieben sind; in beiden ist wohl, jenen assyrischen Inschriften entsprechend, von ,KTic£ N«- jjoj/ooovöaof y.x\ \\ijr,poc (v. I.: ''A'70'jr,po:) y.ai ^/icr, -c,'o tou a-oOavcTv zw TOÜ NlVcUJj. 5 Die Nachrichten sind /.usammengestellt bei Alfred von Gutschmid, neuf Beiträge zur Gescliichte des alten Orients 92 flgde. 3 Jesaias 13, 17 kommt, als nach dem E.\il geschrieben, nicht in Betracht^! Vgl. De Wette-Schrader, Einleitung in das alte Testament S. 254 und 2(51 * 25, 25; 51, 28. Denn von 51, 11 ist abzusehen, wie De Wette-Scbradei §. 265, S. 428 hervorhebt. Die Abfassnngszeit jener beiden Stellen er gibt sich ;ins 25, 1 und 50. i)\) niit ü."5. J Der Aubgaiig de& inudiBchen Reiches. 41, Vers 48 nicht widerlegt, wie Schrader (Keilinschriften und Gescliiclitsl'orschung 101) anführt: 40, 20 kommt gar Nebucadnezar von Norden nach Egypten. Aber man erwartet eher bei Jeremias eine Kenntniss des Lyder- oder des Phrygerreiches. 3 Schrader KAT. 278—280. * De Wette-Schrader S. 487, Anm. c. 5 X, 1 dessen drittes Jahr. I, 21 stirbt freilich Daniel schon in Cyrus' erstem Jahre, wohl nach der Grundschrift. ö Oppert 168, 161. Sitznngsber. d. phil.-hist. Gl. XCVI. Bd. H. Htt. 31 482 BfidinRer. ! dieses durchaus und nacli allen Seiten problematisch. Nur Deinon hat nämlich im vierten Jahrhundert behauptet, dass Cyrus vier- zigjährig zur Herrschaft gelangt und siebenzig jährig gestorben sei;' aber die vierzig Jahre bedeuten eben nach späterer grie- chischer Auffassung: nur die Vollkraft des männlichen Lebens und sind, \Yenn nicht sonst bezeugt, in den Chronistenangaben durchaus als Erfinduns zu betrachten.- Es ist ferner die Zahl von Cyrus' Kegierungsjahren mit 29, 30 und 31 Jahren gleich ungenügend bezeugt,'' wenn auch die erstere Angabe durch Ilerodot etwas besser gestützt scheint. Sollte also der Um- arbeiter wirklich gleich Deinon oder nach demselben für seinen Darius gerechnet haben, so würde die Angabe erst recht werth- los sein. Auf alle Fälle hält er aber fest daran, und ohne i einen neuen Krieg zu erwähnen, dass das eroberte Babylon i vor Cyrus einem medischen Könige gehorcht habe; das Reich wird von Gott ,den Modern und Persern' gegeben, die Un- widerruflichkeit königlicher BefiOile wird als , Recht der Meder und Perser* bezeichnet, ebenso die der griechischen voran- gehende Weltmonarchie als ,der Könige in Medien und Persien*.* Chronologisch noch nicht sicher biistimmt, vielleicht gar < noch in die persische Zeit gehörig,'' ist das zunächst zu er- ; wähnende Buch Esther. Vorzüglich unterrichtet über persische ' Verhältnisse, bezeichnet der Verfasser die Grossen und ihre Gemahlinnen als solche ,von Persien und Medien*, ja die Reichschronik als die ,von Medien und Persien*.'' Ziemlich genau lilsst sich die Zeit der Abfassung der hieher gehörigen Inschriften Darius I. bestimmen: derjenigen am Berge Behistan, ' in den Trümmern von Persepolis und an seinem Grabe zu Naksch-i-Rustem. Da nunmehr alle drei 1 Bei Cicero, tle diviiiutiono I, 23, §. 4ß: ad septuagesimum pervenit, J qunm quadraginta natus annos regnare coepisset. 2 An zahlreichen Beispielen, besonders der Alexandriner von Diels, über ;i Apollodor a. a. O. bewiesen. 3 Krösus' Sturz a. a. O. 204. " V, 28; VI, 15; VIII, 20. 5 De Wette-Schrader §. 243, S. 400. 6 I, 3 und 18; X, 2. " Ferdinand Justi, Geschichte des alten Persiens (Onckens allgemeine J Geschichte) 51. 1 1 1 . Der AuHgan^ des modischen Reiches. 48^"^ Texte diesei- Inschriften, soweit sie überhaupt vorhanden, so- wohl der altpersische, als der assyrische, als der medische, zu vollem Verständnisse gebracht worden sind, so braucht man sich nur den verschiedenen Charakter derselben gegen- wärtig; zu halten, um sie wie andere Urkunden benutzen zu können. Der altpersische Text gibt wohl Darius' eigene Auf- fassung am treuesten wieder. ' Die assyrische Uebersetzung er- laubt sich Kürzungen 2 und selbst an Darius' Grabinschrift Veränderungen in religiösen Dingen, so dass hier z. B. die Eingangsformol nicht mehr correct lautet: ,Ahuramazda ist ein grosser Gott; er hat die Erde erschaffen, er hat den Himmel erschaffen', sondern:^ er ist ,der grösste der Götter, der Himmel und Erde erschaffen hat^ In der medischen Uebersetzung^ ist Ormazd: ,Gott der Arier', wird die arische Herkunft des Königs besonders hervorgehoben und jede dem Meder geläufige Loealangabe nicht weiter mit erklärenden Beisätzen versehen. Die gegenseitige Ergänzung und Er- klärung der Texte hat, wie es scheint, sonst kein Bedenken, Hier ist zunächst festzustellen, dass Cyrus selbst in der Inschrift eines zu Senkereh gefundenen Ziegels sich bezeichnet als: ,der mächtige König, Kambyses', des mächtigen Königs, Sohn'. ^ Das stimmt nicht zu irgend welcher Abhängigkeit dieses Kambyses von einem fremden Reiche. Eben so be- rühmt sich Darius in der Einleitung der Behistaninschrift:*^ ,seit langer Zeit ist unsere Familie eine von Königen. Acht lUeines Geschlechtes waren Könige vor mir: ich bin der neunte; seit langer Zeit sind wir Könige'. Darius erkennt sonach in der Unabhängigkeit der Stellung keinen Unterschied für die Achämenidenkönige. Man kann das doch schwer mit 1 Spiegel, die altpersisehen Keilinschriften 1862. G. Rawlinson Herodotus II. (2. Aufl.) Menant, \es Archemenides 1872. Die medische Uebersetzung bei Oppert a. a. O. ^ Wie das namentlich in der persepolitanischen klar ist, welche die Pro- vinzen ausser Persien und Medien nicht einzeln aufführt. Menant 81. 3 Menant 96. * Oppert 12 flgde. * Rawlinson, five monarchies (II. ed. 1871) III, 367 flgde, der auf beide Thatsachen zuerst aufmerksam macht. 6 Columne l, §. 3 und 4. Menant 104. 31* M 4y4 Büdingor. irgend welcher Butmässigkeit ' unter eine andere Macht ver- einigen. ' Ebenso unzulässig scheint mir audi die von Gutsclimid, neue Beiträge zur Gesch. des alten Orients S. 90 gezogene Schlnssfolgerung, dasB die Angabe der Inschrift von acht Königen vor Darius (col. I, §. 4), in Verbindung mit Darius' Stammtafel, die (col. I, t?. 2) nur fünf Generationen vor Darius hat, auf etwa das Jahr G49 v. Chr. führe — von der damals an- geblich spielenden Unterwerfungsgeschichte Peraiens durch Herodot's medi^ .sehen Phraortes ganz abgesehen (vgl. unten S. 497). Denn zu den uns-i bekannten drei achäraenidisclien Königen vor Darius (Cyrus mit Sohn und Vater Kambyses) kommen eben noch fünf sonst unbekannte, welche durch li die in der Inschrift genannten zwei Namen Teispes und Achämene.i keines- i, weg« gedeckt werden, wie Gutschmid annimmt, indem er Achämencs drei (t Generationen älter als Cyrus nennt. Es müssen eben vor dem altern ! Kamby.ses noch drei Künigsnamcn fehlen und diese gibt in erwünschter j Weise die ohne Nuth vielbezweifelte Stammtafel bei Ilerodot VII, 11 ed. j Abiclit, wie mir Dr. Krall bemerkt. Denn in Darius' nächsten vier Vor- Jl fahren — Hystaspes, Arsames, Ariaramnes. Teispes — stimmt sie genau t mit der Inschrift col. I, §. '2; die letztere nennt aber als dieses Teispes' ■' Vater — so ausdrücklich im mcdisclien Text bei Oppert 112 — : Achä-^ ( mencs, während Herodot's Tafel zwar einen Teispes als Aciiämenes' i Sohn bezeichnet, aber als dessen Nachkommen einen Kambyses, einen i Cyrus und dann erst einen zweiten Teispes als Ariaramnes' — und, wie { wir ergänzen müssen: Kambyses II., des Gemaliles der Mandane — Vater / nennt. Nun stimmt damit freiiicii keineswegs, dass Hcrodot I, 11 in I der medischen Relation (vgl. unten S. 495) eben des grossen Eroberers' ( Cyrus' Vater Kambyses als ,Sohn des Cyrus' (tou Ivüpoj) statt des j Teisi>e3 II. bezeichnet. Mit den fünf von Herodot überlieferten Namen i; wird die Zahl der aciit Könige vor Darius aber allein voll. Seinen Vater < Hystaspes, den er ja sonst wiederholt eben nur als Vater nennt, kann er bei der Königszählung so wenig wie Grossvater und Urgrossvater als i Könige haben bezeichnen wollen; wesshalb die Namen Teispes (I.), Kam-i i byses (I.) und Cyrus (I.) auf der Inschrift weggelassen wurden, vermag i ich nicht zu sagen, da ich müssige Vermuthungen scheue. ^ Einen altern Kambyses, Vater eines Cyrus, Bruder der Ahnfrau l des kappadokischon Königshauses nennt aucii Diodor (XXXI, 19, t. V, p. 22 , ed. Dindorf — Photii bibl. cd. Hekker cod. 244, j». :iS2); hierauf hat i schon G. Rawlinson, Herodotus IV^, p. 1-2 und 209 flgde aufmerksam J gemacht, aber die entscheidende Thatsaclie übersehen, dass der zweite < Teispes Gross vater des Eroberers Cyrus und Urgrossvater des Hystaspes i gewesen zu sein scheint; seine Zählung benöthigt daher Smerdis (Bardja) { als achten König vor Darius, obwohl die Behistaninschrift sowohl den 1 Tod des echten vor Kambyses, als die Unmöglichkeit feststellt, den , falschen (Gaumata) als Achämenidenkönig zu zählf-n. Aeschylos freilich | i I 1 i Der Aasgang des medischen Reiches. 48Ö Nun erzählt aber ferner in derselben Behistaninschrift I König Darius etwa im Jahre 511 ' folgendes für iinsern Zweck Erhebliche: die durch den Magier Gaumata bewirkte Täuschung habe eine Empörung veranlasst: , sowohl in Persien als in Medien, als auch in den übrigen Provinzen^; er habe Kambyses , sowohl Persien als Medien, als die übrigen Provinzen' entrissen; dem Magier aber habe , Niemand, weder Perser noch Meder' die Herrschaft genommen; bei Herstellung der alten Ordnungen nach des Magiers Ermordung werden genannt: , Persien und Medien und die anderen Provinzen^- Bis hieher stehen nach Darius' Worten beide Völker gleich. Bei den nunmehr ausbrechenden Empörungen hält das aus Persern und Modern gebildete Heer treu bei ihm aus."' Bei der Empörung in Sagartien wird zweimal, zuerst unter Führung eines Moders, dann unter der eines Persers ein Theil dieses , medischen und persischen Heeres* das bei Darius war, zur Bekämpfung abgesendet. Auch die zweite Empörung der Babylonier wird durch ein Heer unter Führung eines Meders bewältigt. Der Anführer der Empörer in Sagartien behauptet aber, die gleiche x\bstammung mit dem in Medien, nämlich von Vakistarra (Kyaxares», zu haben. ' Dennoch konnte Darius Meder gegen ihn kämpfen und befehligen lassen. Der Aufstand in Medien^ selbst ist der dritte, begonnen nach dem noch fortdauernden ersten von Babylon, und dem von den Einwohnern selbst unterdrückten in Susiana; der (Perser, Vers 774) musste dieseu als fiiufteu Armeekönig aufführen. Ygl unten S. 489. 1 In den November 51-_' setzt Oppert 137 ,1a derniere bataille du texte de Bisoutoun', die Besiegung der Rebellen von Margiana, die Menant 115 noch auf den -23. November 518 bestimmte; zuuächst vorher, in den Fe- bruar oder März bV2, setzt Oppert U5, vermuthungsweise (probablement) für den Monat, das vorletzte Datima der ursprünglichen Inschrift, die zweite Einnahme Babylons. Nach älteren Annahmen Opperts hatte aber Menant jene zweite Einnahme auf den •22. Jamiar 516 datiert: S. 118, vgl. 171 flgde. 2 Columne I, §. 10—14. 3 Columne II, §. 6 und 14, Col. III, §, 6. * Columne II, §. 6—14, Col. III, §. 6 und 14. ^ Nach Oppert's Uebersetzmig von Col. II, §. 5, S. 1-27 und Ergänzung von Col. III, §. 6, S. 138 rebellierten nur die ,in Häusern wohnenden' Meder, während ,die nicht in Häusern wohnenden' treu geblieben seien. 486 . Büdinger. i medisclie Rebell erscheint daher an dritter Stelle • unter den i gefesselt vor Darius stehend Abgebildeten an dem Felsen von <\ Behistan: er trägt eine kurze Tunica und Beinkleider. Dieser )| Aufstand dauerte ungefähr zwei Jahre. - Der Führer desselben j war Pirruvartis, in persischer Umformung Fravartish; von 1 Herodot an wird dieser Name bei den Griechen mit Phraortcs i wiedergegeben.-^ Pirruvartis nannte sich aber Sattarritta (in j persischer Umformung Kshatrita) ,und einen Sprössling aus i dem Geschlechte des Vakistarra- (persisch Huwaksatara, grie- >j| chisch Kyaxares).' Die medischen Truppen in Darius' Heere | und, nach jenen medischen Anführern gegen andere Rebellen j zu schliessen, eiu Theil der höheren Stände blieb Darius treu, i Die Masse der medischen Bevölkerung muss aber Pirruvartis | grosse Hingebung bewiesen haben, wie aus der Zahl der gegen ^ ihn gelieferten Schlachten und der ihm noch nach der letzten j Niederlage bewiesenen Anhänglichkeit hervorgeht; auch die i! Armenier traten auf seine Seite; mindestens ein Theil von •! Assyrien gehorchte ihm, da dort bei einem' Orte oder in i einer Landschaft Namens Izzit eine Schlacht stattfand, in i welcher die verbundenen Meder und Armenier 2024 Kämpfer** i verloren. Im Ganzen lieferten seine Truppen acht Feld- i schlachten, darunter vier in Armenien. Endlich wurde er i ' Menant l'Jö. I 2 Nach Menant (HO, 113, 171 flgde) ist die erste Schlacht am 27. De- cember 521, die letzte am 26. September 519, worauf noch der Rückzug nach Ragae und die dortige Gefangennahme folgt. Oppert (127 und 131) setzt jetzt die erste Öihlaolit allgemeiner in den Januar öl9, die letzte fi in den Juni 51«. Die Möglichkeit einer Dauer des Aufstandes von 22 Monaten (vgl. unten S. 497, Anm. 7) bleibt frei. 3 Der Aufstand wird Cd. 11, §. .') — 14 erzählt und in der Uebersicht Col. IV, §. 2 noch einmal erwähnt. Vgl. unten &. 490, Anm. 2. * An. die Form Asyeros oder Asueros im Buche Tobias (vgl, oben S. 480, Anm. 1) mag doch hier auch erinnert sein. ^ Das Local nur medisch erhalten Col. II, §.11, Oppert 130. Der Ort dürfte identisch mit einem der beiden — Larissa und Mespila — sein, welche Xenophon in As.syrieu als Kampflocaiitäten zwischen Persern und Medern bezeichnete, natürlich: ort -apä M»iOCüv iXapißavov trjv apyjjv Uipax: . ., . . 6-1 ä-'.7AEj«v trjv ip/r^'J O-ö FlEpatüv Mrjoo'.. Anabasis III, 4, 7 und 11. 6 So nach dem assyrischen Texte. Menant 112. _^ Der Ausgang des mediscben BeicUes. 4b7 von Darius selbst besiegt, zum Rückzuge' nach dem Osten gezwungen und in Khaga ergriffen. Verstümmelt ward er um- hergeführt: ,alles Volk sah ihn'; in Ekbatana wurde er end- lich gekreuzigt; seine vornehmsten Anhänger litten dort mit ihm, vielleicht ebenfalls den Tod. - Pirruvartis' Aufstand schliesst, wie man leicht sieht, alle Elemente einer begeisterten Sagenbildung in sich: man mag wohl glauben, dass das Volk den standhaften Kämpfer nur durch überirdische Gewalten besiegt glaubte. Nebeldunkel und Zeus' Wetterschläge nennt die Ueberlieferung bei Xeno- phon^ als Ursache des Falles zweier von den Persern be- lagÄten medischen Festen in Assyrien. Bei der Prüfung alt- medischer Erzählungen muss man sich dieses sagenhafte Element stets gegenwärtig halten. Nach dem Aufstande ist die Stellung der Meder inner- halb des persischen Reichsgefüges weit ungünstiger geworden. Schon auf der Behistaninschrift selbst erscheint Medien bei der Aufzählung der Lande, , welche Darius unterthänig werden', nicht mehr, wie man nach der politischen und militärischen Gleichstellung erwarten sollte, unmittelbar nach dem zuerst genannten Persien, sondern erst an neunter Stelle zwischen Jonien und Armenien.' Auf den persepolitanischen Inschriften erscheinen die Meder vollends nicht mehr auf gleicher Stufe mit den Persern. Nach der Eroberung des hier an viertletzter Stelle genannten , Induslandes' berühmt sich Darius^ persisch und medisch: , durch Ahuramazda's Gnade sind es diese Länder, die ich regiere mit diesem persischen Heere, die sich vor mir fürchteten und mir Tribut brachten: , Susiana, Medien, Babylonien' u. s. w. Die assyrische Uebersetzung sagt freilich bezeichnend falsch: ' ,mit seinen treuen Kriegern' : Spiegel; ,with his faitht'ul horsemeu': Raw- linson 498; ,avee. sa cavalerie' : Meuaut 113; ,avec quelques cavaliers': Oppert 133. - Ce detail, plus que douteux, manque daus loriginal perse. Oppert 133. Sicherer äussert sich Rawlinson II, 4:98. 3 Anabasis III, 4, 8 und li». Zsb; o' itxßpov7r,-o-j? -o'.cl" an der letzten Stelle verstehe ich durchaus unfigürlich. * Col. I, §. 6, Spiegel 4, Menant 105, Rawlinson 491, Oppert 114. * Spiegel 46, Menant 80, Oppert 198 flgde. 4«8 Bndiii s^r. I , Dieses sind die zahlreichen Provinzen, welche ihm (Dariiis) '. unterworfen waren: die Perser, die Meder und die anders- sprachig^en Provinzen jenseit der Berede und Thäler, diesseit und jenseit des Meeres, jenseit und diesseit der Wüste', Darius' Grabinschrift führt die , Skythen jenseit des Meeres' und die Thraker CSkudra') auf, ist also nach dem Skythen- ?* zuge verfasst. Sie gibt den Medern wieder die erste Stelle, !l aber doch nur in dem Kreise der dem K(inige der steuerfreien 41 Perser Gehorchenden und Zinsenden: , Durch die Gnade Ahura- | mazda's sind es diese Länder, welche ich regierte; ausser Persien ü brachten sie mir Tribut; meine Befehle wurden dort ausgeführt; ij meine Gesetze wurden dort gehalten: , Medien, Susiana, ^t*ar- h thien' u. s. w. ' Die medische Recension gibt die entscheiden- i den Sätze doch nicht unwesentlich anders: , Durch Ormazd's li Gnade sind dies die Länder, welche ich besessen habe ausser ^ Persien; sie gehorchten mir, sie brachten mir ihre Tribute; ,< sie 1 baten, was ich ihnen befahl; sie beobachteten meine Ge- r. setze: Medien, Susiana'- u. s. w. Die Herodot* zugekommene \'. Eintheilung der persischen Steuerbezirke, die er mit den Sa- H trapien indentiticiert, hebt denn auch die Steuerfreiheit der J Perser und die Einfügung der Meder in dem vierten, 140 Talente 1 liefernden Bezirk hervor — eine Neuerung des Königs Darius, 1^ wie er bemerkt, da unter Cyrus und Kambyses keine Steuern, 1 sondern nur Geschenke gebracht worden seien. '} "Wir kommen zu den griechischen Zeugnissen. j Aeschylos bringt im Jahre 472 v. Chr. in den Persern die li Ansicht auf, dass Zeus in ewig denkwürdiger Weise die Ehre 1 der Alleinherrschaft über Asien mit dem Regierungsscepter einem j Manne habe zu Theil werden lassen. ' Von jeder dynastischen i Zählung absehend, betrachtet er die Armee des dermaligen 'i Perserreiches als das für die Herrschcrgewalt Entscheidende, ii 1 So uach Meuaiit 97. Spiegel iS flgde zieht u. A. ,aus.ser Persieu' zum vorhergeheudeu Satze. - Oppert -204. 3 III, 89, 92, 07. cv' avopa a-aar^s "Aatoo; (iTjXoTposo'j layctv, eyovra ay.fj--pov EuSuvri^piov. V. 768. I Der Ausgang de« niedischen Reiches. _ 489 Als Bejifründer derselben erklärt er zwei nieder, Vater und Sohn,* deren Namen zu nennen er allem Anscheine nach ^geflissentlich vermeidet, da kaum anzunehmen ist, dass ihm dieselben un- bekannt geblieben sein sollten. Wit der Heeresgründung durch einen Mederkönig stimmt vielleicht ein Bericht bei Herodot, der Kyaxares eine ähnliche Bedeutung zuschreibt ;2 aber Aeschylos' weitere Erzählung, dass der Sohn — das wäre Astyages — dies Werk der Militärorganisation mit besonderer Verständigkeit-' beendet hätte, ist allen auf uns gekommenen Historikern' unbekannt. Als den dritten Inhaber der Armee bezeichnet der Dichter dann Cyrus, der sechste ist Darius: ein gewaltsamer Gewinn Mediens von Seiten der Perser er- scheint mit Aeschylus' Auftassung fast schlechterdings unver- träglich. Bei Xerxes' Zuge ward man in Griechenland innc, dass die, übrigens unter Commando eines Persers mitgezogenen Meder an Tapferkeit geringer als die Perser seien, als solche auch von den Persern angesehen werden.'' Uebrigens erscheinen sie in der Armeeliste unmittelbar nach den Persern,*^ die sich doch angeblich noch um die j\Iitte des fünften Jahrhunderts für bei Weitem die besten unter den Menschen hielten. ^ Höhere Commandos hatten Meder zu Cyrus' und auch noch ' M;^oo? yxf) fjv ö Tipw-Oi; /jyciJLwv arpaTou • äXXo; o"' EJCcivoj rat; rdo'' spyov rjvuacv • yp£Vc(; yäp aOrou 6u[xbv oiaxoaxpöcpojv, -plxoc, 0^ i.7z^ ajToC» KOpoc, £jo»i[;.u)v avrjp /.. t. X. V. 765 flgde. 2 TzpwTo; -£ iXo/'.ac /.x-k -tfKix Tob? äv ttj 'A^ir, y.a"i -pwTo? ot^Ta^c yjiypi<; izotaTO-j; Eivai toÜ; T£ ai/jjiosdpo'ji; /.at to-jc TO;o'^dpou; xat toj; [r.T.icci • 7:00 Toy 0; ävaa;^ r^v -av-a öaotto? atva-ccpupii-cva. I, 103. 3 Ich deuke doch uicht, dass das opviti in Vers 767, wie besonders TeuffeFs Ausgabe S. 84 betont, auf Artaphrenes oder eiueu ähnlichen arischen Namen mit plattem Wortspiel deuten soll. ^ Nur Nikolaos von Damaskus sagt, wohl nur als Redeusart, von Astyages : ovTiva [xi-k WpjJäzr^v Aoyo; i'/ci y^^vaioTaiov ycyovs'vai. (Müller, fragmenta historicorum Graecorum III, 400.) 5 pwiAT) i'aaovcc. Herodot VIII, 113, sonst VII, 62, 211. 6 Herodot VII, 62. " vo[j.'Io'/Tcc iwjToli; alvai ävOp"')-tov tj:axpo> -i r.i'na. aptaiouc. (Herodot I, 134.) Dass dies jedoch nur ein Stück medischer Relation sei, wird unten S. 495, Anm. 3 erörtert. 490 BüJinger. ZU Darius' Zeiten erhalten: unter Jenem Harpagos und Ma- zares, ' deren einheimische Namen nicht bekannt .sind; unter Diesem befehhgten Takmaspada und Vindaparna - (persisch Vindafra, griechisch: Intaphernes) gegen die Rebellen von Sagartien und Babylon, Datis' gegen die Griechen bis zur Schlacht von Marathon. Datis' beide Söhne — bei Herodot VII, SS Harmamithres und Tithaios genannt — erscheinen noch in Xerxes' Armeeliste als Anführer der Reiterei. . Später werden meines Wissens Meder in höheren Stellungen im fünften Jahrhundert nicht mehr erwähnt und schon die Spär- lichkeit ihrer Verwendung äu Befehlsliaberstellön bei dem Perserzuge kann den Griechen kaum eutgaugen sein. Um so auffallender ist doch, dass nicht nur in der grie- chischen Literatur bis in spätrömische Zeiten der Name der Meder mit dem der Perser gleich bedeutend und beliebig statt derselben gebraucht, sondern auch im ofticiellen Verkehre mit den Persern bei Xerxes' Zuge angewendet wurde: als , König der IModer' redete ilm die Botschaft an, die ihn ,von den Lakädcmoniern und Herakliden zu Sparta' auf dem Rück- märsche in Thessalien erreichte. ' Es kann vielleicht als ein griechisches Zugeständuiss angesehen werden, dass in den ersten Verträgen Spartas mit dem Perserkönige ' nach ofticiell persischer Gewohnheit, wie sie in den Inschriften erscheint, des Königs Reich oder Volk nicht genannt wird.*» In diesem Zusanimenhange ist der Sprachgebrauch bei Thukydides, der das Sachverhältniss der Inferiorität der Meder den Persern gegenüber doch kennen musste, sehr bemerkens- werth. Er nennt wohl Cyrus und Darius I. Könige der Perser, das Volk bei einer Erinnerung an die Thermopylenkämpfe, in 1 Herodot I, 162—176; 156—161. 2 Behistaninschrift Col. II, §. U, Zeile 61 flgde und Col. III, §. 14, Zeile 40 flgde des mediscben Textes; Oppert 132 und 145. 3 Herodot VI, 94 flgde. * Herodot VIII, 114. 5 Thukydides VIII, 18 und 36. ^ In der von Herodot IV, 91 mitgetheilten Inschrift auf der Stele, welche Darius in Thrakien aufstellte, heisst er freilich nejiaswv ts /.at 7:äarj5 zffi Der Ausgang dob medischen Reiches. 491 den beiden ei'sten Büchern je einmal das Reich, ' bezeichnet auch einzelne Personen als persischer Herkunft, einmal eine (laruison vor der Mitte des fünften Jahrhunderts als aus Per- sern und Medern bestehend. - Sonst aber g'ebraucht er für Volk und Reich durchaus den Namen der Meder. Eine günstige Veränderung in den Beziehungen beider Stämme trat allem Anscheine nach in Folge eines Aufstandes der Meder gegen Darius II. an, der, wahrscheinlich im Jahre 409, •' durch eine Capitulation beendet worden ist. ^ Als Xcnophon seine Cyropädie schrieb — ich denke: erst nach dem Jahre 371 — wurden die Meder, und dazu die Hyrkanier, von den Persern bei Aemterbesetzungen wieder mit ihnen gleich gehalten. •' Dass trotzdem die Perser über modische Vergan- genheit nicht gerade Rühmliches zu sagen haben mochten, leuchtet nach allem bisher Bemerkten ein. Das ist die Situation, in der eben Xenophon seine Nach- richten von dem Ausgange des Mederreiches gesammelt hat. Zuerst scheint er sich auf dem Rückzuge von Kunaxa auf assyrischem Boden ernstlich und noch in Herodot's Sinne mit der Frage beschäftigt zu haben. An zwei dortigen ver- lassenen Befestigungen von Städten wurde ihm — ich habe bei Pirruvartis' Aufstande schon davon Notiz zu nehmen ge- habt — von Kämpfen der Perser gegen die Meder erzählt ,als diese die Herrschaft verloren^ Besiegt worden seien aber die Meder durch himmlische Wunder : nach der einen der beiden 1 I, 13 und 14; IV, 36; I, 16 und II, 97. 2 Megabazos und Megabyzos: I, 109; Artaphernes: IV, 50; die Garnison von Memphis: I, 104, 2. Ich muss bemerken, dass diese und die erst- genannte Notiz der Pentekontaetie angehören , welche der Autor erst nach dem peloponnesischen Kriege eingefügt hat. Vgl. Kirchhoff, der delische Bund (Hermes XI) 37. 3 Die Jahresangabe ist nur im Zusammenhange der xenophonteischen Datierungen in dei. beiden ersten Büchern der Hellenilia zu erläutern, die einer besondern Darlegung bedürfen. * Mr;oo'. a-ö Aaciioo Hcisawv ßaaiA^w; ä-oaTxv-c? -äXiv -poaE/toCTjaav ixuzSi. Xenophon, Hellen. I, 2, 19. ^ Ka-. vüv EaT'.v ert 'Setv 'rp/.avi'ou; y.x'. -iaT£uo;j.-'vojj y.a\ ap/a; e/ovia;, Mcr.Ep zai Ihpadjv zal Mr^oojv öi äv oo/.üjaiv a^-.o'. z'mol'.. Cyrop. IV, 2, 8. 492 Bädiuger. Befesti^ung:en, in die Stadt Mespila, sei sogar die letzte Meder- konigin geflohen. ' Später aber hat sich Xenophon von der ganzen Ueber- lieterung abgewendet, dass die Perser auf gewaltsame Weise in den Besitz jMediens gekommen seien. Durchaus friedlich — im Einklänge mit unseren bisherigen Beobachtungen — vollzieht sich vielmehr der Uebergang in der Cyropädie. Ueber einzelne Quellen derselben habe ich mich anderwcärts geäussert. - Das Gerüste der ganzen ,Cyrusbildung' ist auch nach meiner Ansicht national -persischen Gepräges und ein Product der Reichsentwickelung seit mehr als anderthalb Jahr- hunderten, wie sie sich in der Geschichte des Reichsgründers unter Zugrundelegung einer Reihe von wahrheitgemässeu Uebcr- lieferungcn spiegelte. Der als Mustermensch gefeierte Reichsgründer selbst ver- letzt nie die Pflichten der Pietät und kann daher auch nie Feind seiner nächsten Verwandten werden. Zahlreiche Beweise zeugen für die Ueppigkeit und Unfähigkeit des Grossvaters Astyages und für Rohheit, Feigheit und Lüsternheit seines Sohnes, Cyrus' Mutterbruders Kyaxares. Diese letzteren Züge bringen freilich die ganze Gestalt des neuen Kyaxares in den dringenden Ver- dacht eines persischen Zerrbildes des ruhmvollen modischen Eroberers von Assyrien.'' Cyrus aber bleibt dem Oheime trotz- dem und auch nach seinen grossen Eroberungen treu : nur mit Erlaubniss seiner Poltern erklärt er, dessen Tochter heirathen zu wollen: mit derselben bietet ihm Kyaxares ganz Medien als Mitgift an, da er keinen Sohn habe. ' Die Eltern geben die Erlaubniss, und weiter wird merkwürdiger Weise der An- gelegenheit nicht gedacht. ' 'Iv/TaOOa i\v(t-o Mr^oix vjvtj ßaa'.Xsw; /.ara-fjyci'v. Anabasis III, 4, 11. Vgl oben S. 487, Anm. 8. 2 Krösus' Sturz a. a. O. 216 flgde. 3 . . . Trjv TS N'vov s'.Xev /.x: Tol»; 'Aaujp'Iojc Ct-o/ctptojs ir.oir^Gixzo nXrjv ttJ? BaßjXwvirj; [xotpr;;. Herodot I, 106. * sr^tot'Bwjj.'. o\ aOi^ za\ 'JspvrjV MrjO'lav tr,v -aaav • ouo; yap iaf. aoi apprjv -«r? Yvrja'.o; Cyrop. VIII, ö, 19 ; vgl. 20, 28. Dass mindestens die Gattin, welche Cyrus' beide Söhne gebar, und von ihm so sehr geliebt wurde, eine Perserin Kassandane gewesen ist, steht freilich ausser dem Bereiche der Sagenbildung bei Herodot II, 1. ii Der Ausgang dts tueiiischen Reiches. 493 Seltsam ^enujj; berührt es dabei, dass Xenophon einigen Zweifel über Ovrus' Herkunft von Vaterseite äussert, obwohl IT dann den alten Kanibjses oft genug redend und handelnd einführt: die Tradition über Kamen und Herkunft seiner Mutter Mandane, des Königs Astyages von Medien Tochter, fand er aber ^einstimmig'. ' Irgend welche Abhängigkeit der Perser \()n den Medern vor wie zu Cyrus' Zeiten kennt die xeno- j>honteische Relation nicht. Die Perser erscheinen hier als treie Bundesgenossen der Meder. Diese werden bald nach P)eginn der Erzählung, da Astyages stirbt, unter Kyaxares' Kegierung von dem übermächtigen Assyrerkönigc bedroht. ^ Dessen Macht reicht bis nach Karlen und Hyrkanien, und ist im Kampfe gegen Baktrien; sie wird sonach grösser ge- schildert, als sie in Wirklichkeit jemals, selbst unter den Sar- goniden, gewesen ist. Kyaxares II. sendet gegen die von dem echten, ersten besiegten Assyrer um Hilfe an die Perser; er wendet sich an die Volksgemeinde derselben (t; y.o'.viv), an den König, seinen Schwager, und an seinen Neffen Cyrus, damit dieser das Commando der Hilfstruppen erhalte, wenn die Volks- gemeinde ihre Absendung beschliesse ; "^ der Beschluss erfolgt mit dem Beistande der Bejahrteren. In dieser freien Biindes- genossenschaft mit den Medern erhalten die Perser eine bessere Bewaffnung.-* Die Eroberung Asiens, theils durch freiwilligen Anschluss der Völker, theils durch Eroberung ist aber Cyrus' Verdienst. Die Meder halten freilich bei ihm aus, aber gegen Kyaxares' Wunsch, und sie erweisen ihrem Könige nur auf Cyrus' Wunsch gebührende Ehre. ' Dass hier ein kaum zu lösendes Missverhältniss der Ueberlieferung vorliegt, wird gar nicht verhehlt; nur wird die Sache durch eine vorübergehende ' X^ysTa'. ysvsaöai Fvaußucioj rFspas'fov ßaatXs'w; .... u-Tj-pb; oi oisoKoyiX-.y.'. MavoavT]; ysvsaöa'. I, 2, 1. Mit den letzteren Worten wird doch auch Ktesias zurückgewiesen, der von Astyage.s sagt, oj; oOocv auTou Küpo; T.p'oc, Y^vo; £/pr;;jLa-is£v (ed. C. Müller 45); denn in der Auabasis I, 8, 26 flgde wird Ktesias citiert, und die Anabasis scheint um mehr als ein Jahrzehnt älter, als die Cyropädie zu sein. ^ Cyrop. I, ö, 1 und 2. 3 aV tiva; -£u.t:o'. cTpartco-a; to Uöpdäiv /.oivo'v I, 5, 4. * Cyrop. II, 1, 11. 5 Cyrop. II, 1, 9 ägde, V, 5, 37 flgde und 8. V.^4 niMling.r. Verstimmung^ zwischen flem medischen Oheim und dem per- sischen Neffen etwas plausibler i;;emacht. ,Mit meinem Ge- folge und meiner sonstigen Macht bist Du gross und herrlich geworden^, sagt Kyaxares zu Cyrus bei dem Versühnungs- gesprüche. ' Xenophon's Darstellung ist für uns bedeutend, nicht um ihrer rhetorischen, philosophischen und militärwissenschaftlichen Zuthaten willen — obwohl auch diese einmal eine eingehende Betrachtung verdienen dürften — sondern wegen ihres eben skizzierten Hauptinlialtes. Dieser bewegt sich in stillem oder auch angesprochenen Gegensatze gegen die ältere Darstellung Herodots' - und die neuere des Ktesias ; ^ aber der Autor nennt beide Vorgänger nicht, obwohl er sie mit seinem Buche zu widerlegen sucht. Von ganz anderen Gesichtsj)unkten als die Xenophon's zeigt sich unmittelbar Ilerodots Kelation beherrscht. Er be- merkt selbst, dass seine Darstellung von ihm aus vieren aus- gewählt sei, die zu seiner Kenntniss gelangten ; er meint, dass sie nicht in excentrischer Weise Cyrus feiere, sondern glaub- liche Dinge einfach mittheile. ^ Von den belehrenden P2pisoden Ilerodots abgesehen, kann aber nicht wohl ein Zweifel be- stehen, dass seine Relation, obwohl ihm selbst von Persern ^ überliefert, doch ursprünglich medischen Ursprunges sein müsse. Es ist das auch wiederholt schon von Anderen geäussert wor- den : '' die nachfolgende Begründung dieser Ansicht dürfte je- doch nicht überflüssig sein. r V u ' iiiauTov jjL£v opÜ) o'J-w; ta-£iv(ju; zal iva;tro; i/.a'jvovra, as Ss -f^ ejjl^ bzpx~zf.rrscliaftsjahre über die Meder'. Dnncker, Geschichte des Alterthnras IV, 279 meint ii. A. daraus, dass ,die Tliaten und Leiden' des den Griechen bekannten ITarpagos den Mittelpunkt der Erzählung bilden, erweisen zu kihnien : ,dass Herodots Erzählung den Inhalt medi- scher Gesänge treulich wiedergibt'. Hiegegen habe ich (Krösus' Sturz 209) geltend gemacht, dass Herodot ausdrücklich Perser als seine Bericht- erstatter nenne; doch Iiabe ich dort ungenau ,die niedische Version' statt der medischen ,Ueberlieferung' der Sage bestritten. — Gutschmid 90 meint, es sei ,eine einseitig niedische .und von Herodot noch dazu mit griechischen Anschauungen versetzte Darstellung'; die letztere ernste Anklage lässt sich aber doch schwerlich begründen, so lange uns die medische Quelle nicht selbst vorliegt. Schrader's Einwendungen (Keil- inschriften und Geschichtsforschung 496 flgde) erledigen sich wohl durch die obige Ausführung. ' vuv oz Mrjoo'j; avatttouc toutou lovra; ooüXouc avti oeo^totsojv ytyo-^ivon, TTspaa; OS SouXo'j; £ov-a; to t:c\w Mt^ocov vuv ycyov^va'. Bianoxa;. — Mfjoot os ujis'- xuj/av üspTTjat, ota t^v Toitou xtzpo-rjTa. — r^[i-zii os so'vtc; MjJooi oouXou- [AsOa T£ /.xi Xo'yo'j oOosvbc ytvöjjLSÖa Tipo; nspa^wv iov-s; Esivo'.. — avTt [jlsv ooüXwv £-oir)cja; äXcuöcpou; Ilspja; eivat, avTi ol xou äp^^saOat u-' äXXwv ap- X£iv arcävTwv. Herodot I, 129, 130, 120, 210 ed. Abicht. * ufisa; fjyrjjjLai awpxi oj '^XaupoTs'pou; oute xaXXa oüxs xa -.oH^m I, 126. 496 liüdiuper. lieiTschaft , regierten einander die Völker g-egenseitigV die Meder regierten Alle und speciell ihre Nachbarn, wie diese die nächsten — wir müssen sagen: es war ein Zustand allgemeiner Glück- seligkeit. Die ganze Täuschung mit der Aussetzung des Köuigs- kindes gipfelt in dem Doppelsinne eines medischen Namens. 2- Dem entspricht, dass (I, 107 ) Cyrus' königlicher Vater nur ein Perser ,aus gutem Hause und von ruhiger Gemüthsart^ Namens Kambyses genannt wird, zu seiner besondern Ehre aber sich mit Astyages', auch hier Mandane genannter Tochter vermählt. Wie Kyaxares bei Xenophon sagt, dass er keinen männlichen Erben habe, so sagt das hier von Astyages der angeblich un- getreue und später in Wirklichkeit von Cyrus so hoch geehrte Harpagos. ^ Nur durch die Vorspiegelung, dass er von Astyages zum Feldherrn ernannt sei, kann Herodot's Cyrus die Perser zum Aufstande bewegen. ^ Eigentlich werden auch die Meder gar nicht besiegt; denn bei dem ersten Zusammentreti'en mit den Persern treten die mit Harpagos Einverstandenen sofort auf die feindliche Seite, die Meisten tiiehen , schändlicher Weise';* ,uur Wenige, die von der Sache nicht unterrichtet waren, kämpften'. Auch die Einnahme der Hauptstadt war kein Heldenstück: Astyages bewaÖnete Knaben und Greise, mit denen er den Kampf wagte : ,da wurde er geschlagen und ge- fangen und verlor die Äleder, die er hinausgeführt hatte'. Trotzdem ,that Cyrus dem Astyages nichts zu Leide, sondern behielt ihn bei sich bis er starb'. '"' Pirruvartis' Schicksal nach allen den blutigen Schlachten war an Darius' Hofe freilich ein anderes.' Dieses medischen !^ > flpy^E. TJc EÖvsa äXXi^Xwv. I, i;^4. Rawlinson, ITerodotiis findet das Capitel J doch nicht ganz glaubwürdig. ^ o'jvoua Trj yuvaix'. r,/ . . . Kjvco zara ttjV 'EXXyjvwv YXüJT^av, zaT« os tt;v Mt]- j| Swriv Zr.txY.tö. I, 110. Ueber das Wort vgl. Rawlinson, five monarchies f. (1871) II, 365. 3 «Tzat; l'pdEvo; yövou I, 109. * Herodot I, 125. ^ o'i ok T:\v.a-o'. iStXo/.a/.sov -$ zai ?9£uyov I, 127. 6 Herodot I, 130. 7 Vgl. oben S. 487. Der Ansgang des mediscben Reiches. 497 Helden Name ist nun ersichtlich eigentlich kein königlicher; als König nannte er sich ja vielmehr Sattarritta; aber in Herodot's Relation ist er zu dem eines medischen Reichsgründers geworden, zu einem Nachfolger des auch in den assyrischen Inschriften unter den medischen Fürsten zu Sargons' Zeit hervorragenden, wenn gleich keineswegs zu einem Gesammtkönige gewordenen Dejokes. Dieser hatte doch Ansehen genug, dass die Assyrer ein befestigtes Local als Bit-Dajaukku bezeichnen konnten : man begreift, dass sich die Erinnerung an ihn bei den Medern erhielt. Als dessen Sohn bezeichnet uns abei- Herodot einen älteren Phraortes und schildert ihn als den ersten eigentlichen Reichsgründer, auch einmal ' als Vater des historisch unzweifel- haften Kyaxares. Dieser Phraortes vergilt den Persern, was seinem echten Vorbilde zu Darius' Zeiten misslang: er greift die Perser zuerst an: ,er machte sie zu Unterthanen der Meder^ (I, 102). In der That weiss nicht nur Darius' grosse Annalen- inschrift von Behistan nichts von irgend welcher frühern Unter- thänigkeit seines Volkes, - sondern es erwähnen auch die assyri- schen Inschriften die Perser nicht ein einziges Mal. •' Herodot's oder sagen wir lieber: der medischen Relation Phraortes aber erscheint nun gestützt auf Meder und Perser, ,die Beide stark waren', und er unterwirft, genau wie von Cyrus ^ berichtet wird, ,ganz Asien, ein Volk nach dem andern'. ' Dann greift er ,die Assyrer von Ninive' an — wir wissen ja, wie harte Kämpfe Pirruvartis auf assyrischem Boden bestand '• — ,und gieng dabei mit dem grössten Theile seines Heeres zu Grunde'. Dass dieser Racheact medischen Volksgeistes in den neueren Büchern als echte Geschichte vorgetragen und zur Grundlage gelehrter Com- 1 Kyaxaie.s wird freilich I, 73 Phraortes' Sohn geuaunt, aber I, 16 nur AtjVö/.scü ot-o'yovo;. Der weise Dejokes selbst ist I, 96 auch einmal ein Sohu des Phraortes. — Ich will aber doch bemerken, dass Diodor II, 32 überhaupt nur Kyaxares als den von Herodot bezeichneten Reichs- gründer nennt. -' Vgl. oben S. 484, Anm. 1. 3 Schrader Keilinschriften und Geschichtsforschung 173. * Kupo? ::av eOvo; y.aTaarps'foiXcvo? /.oct oOokv r.txp'sk I, 177. ^ x.aTEaTps'cpETo TYjv ''AatrjV irz' aXXou It:' aXXo ?fov l8voc I, 10*2. ^ Vgl. oben S. 485, Anm. 5 und 6. Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. II. Hft. 32 1 Sind die '22 Kegierungsjaliio des Pliraortes (Herodot I, 102) am Ende gar aus 22 Monaten entstanden, welche Pirruvartis' Empörung gedauert habeu mag? Vgl. oben S. 480, Anm. 2. - ■j'ju.aiaywv iv'i i/.äarco ö ''Apnayo; tiov -pwTwv Mr)otov ä.'/i~i'.bi w; /pf, kvipov -poaTr^3a!jii'vou; "A^Tjavs« -aüja; -f^i ßaaiXTjir); I, 129. 3 Wie sie Oppert nun gelehrt hat, a. a. O., besonders S. 49 flgde. ■' Tcw; oz r,i toTj'. "EXXrjat zal tö oüvoaa tb Mrjotov »oßo; a/.ouaa'.. Herodot VI, 112. •^ aycobv iv ä-aT'.v avT'."/,£i[ji£va 'HpoooTto '.aropwv, aXXa /.a\ ii'ja-rjv autov t~t- äe'Y/ov :v -o/./.oi'; /.at Äoyo-o'.ov a-oza/.fov sagt Photius (Ktesias ed, Müller 45). 498 Büdinper. binationen gemacht wird, ist freilich noch lustig-er als das Märchen selbst. ' Trotz alledem und trotz der beiden unnützen Kämpfe der Meder unter ihrem letzten einheimischen Könige meldet auch Herodot's Relation nichts von einer eigentlichen Eroberung des Mederreiches durch Cyrus: die angesehensten Meder beschliessen förmlich, wenn auch einzeln befragt, "^ nach Harpagos' Rathe, noch vor allem Kampfe, Cyrus zum Oberhaupte zu bestellen und Astyages' Königthume ein Ende zu machen. p]in in einen Hasen eingenähtes Ladungsschreiben geht au den Perserfürsten ab, um ihn von dem Beschlüsse zu verständigen. Man wird bei der Erzählung fast an die chiffrierte Einladung der engli- schen Magnaten erinnert, die im Jaiire 1(588 an Wilhelm von Oranien gieng. In der That scheint ein Verhältniss voller (Jleichberech- tigung des weit zahlreichern und — nach ihrer Schriftsprache zu schliesseu ■' — mit einer uralten Cultur durchdrungenen Medervolkes mit den Persern bei Cyrus' Besitznahme des Reiches eingetreten und rechtlich fixiert worden zu sein, so dass die westlichen Nachbarn ihn zunächst nur als Meder- könig betrachteten. Nur so erklärt sich doch wohl auch, dass der Name der Meder bei den Griechen bis zur Schlacht von \ jNIarathon ein Schrecken wai- ' und überhaupt für den der Perser gebraucht wurde, auch als das Verhältniss beider Stämme zu einander sich längst geändert hatte. Die Darstellung des Ausganges des Mederreiches bei Herodot fand dessen beharrlicher Widersacher ' Ktesias wohl Der Ausgang des medischen Reiches. 499 noch unwidersprochen vor, als er, um mit Phitarch's i ver- gnügten Worten zu sprechen, ,den bunten Convent von un- glaublichen und widersinnigen Eizählungen in sein Buch lud'. Kurz fertigte er, wie es scheint, ab, was trotzdem Xenophon - als einstimmige Ueberlieferung bezeichnet, dass Cyrus' Mutter Mandane, die Tochter des letzten — nach Xenophon gar vor- letzten — Mederkönigs gewesen sei ; ,es bestand zwischen beiden Königen gar keine Verwandtschaft'. Den Namen des letzten Mederkönigs nennt er Astyiagas, oder Astyiges. -^ Das soll die persische Umformung des Namens sein, die einheimische medische Namensform wird freilich neuerlich als Arseuggi lau- tend und dasselbe bedeutend erklärt, ' wie Aspadas (altpersisch Uypada): , grosser oder tapferer Krieger', mit welchem Namen Astyages in Ktesias' Verzeichniss der Könige bei Diodor er- scheint. Ktesias mag sonach die herodoteischen di-ei anderen Königsnamen sowohl in arianisiertes Modisch anklingend, als in der uns bei Diodor erhaltenen persischen Uebersetzung ge- geben haben. ' ]\Iit den fünf vorhergehenden hat man nun bei Ktesias neun Namen, von denen nur die letzten zwei er- wägeuswerth sind. Die fünf ersten erweisen sich als Erfindung, zum Theile nach der Namengleichheit, •* zum Theile nach der Wiederholung herodoteischer Regierungszeiten, darunter des J [x-jOwv a-'.Oav'ov /.x: r.xpoi^öpio'/ £[jLß3ßXTj-/.£v dz toc ß'.ß).(a ravTOoa-^^v üuXaiav. Artaxerxes 1. 2 Vgl. oben S. 493, Anm. 1 und 494, Anm. S. 3 So Oppert 23 flgde, der es für die arianisierte Namensform Arstiyuga = Lanzenbinder hält. * Oppert erklärt S. 25 die drei medischen Namen Dayaukku, Pirruvartis, Vak-istarra (Kyaxares) als arianisiert durch Dahyuka, Fravartis, Uvakh- satara und als übersetzt mit Artayu ('ApTaTb;), Harthruna (AprOvr];), Arsti- bara ("AaTipapa;), d. h. Gesetzgeber, Kriegerisch, Lanzenträger. •°' Die dem Dejokes = Artaios Vorhergehenden: Artykas und Arbianes erklärt ja jetzt Oppert S. 25 auch als , Gesetzgeber' und ,Vereiniger' und Ktesias ersten König Arbakes als den , Ersten'. Der Name Arbaku ist freilich als medisch auch in einer assyrischen Inschrift von 713 nach- weislich (Gutschmid, neue Beiträge 92) und der mit ihm gleichzeitig erwähnte Fürst Hardukku erinnert wirklich an Ktesias Artykas oder der Listen Cardyceas (vgl. oben S. 478, Anm. 4 und 8. 479, Anm. 2). Beide 32* 500 Bndinser. mythischen Phraortes' 22 Jahre zwei-, wenn niclit dreimal ' wiederkeliren, vor Allem wegen der Unmöglichkeit einer medi- schen Königsfolge in der Blüthezeit des assyrischen Reiches, dessen Annalen doch sonst der unterthänigen und bekämpften Könige zu gedenken keinen Anstand nehmen. Aus allen diesen Gründen muss man von Ktesias' angeblich archivalischer Liste gänzlicJi absehen und sich auf die Betrachtung seiner uns hier im engern Sinne ohnehin beschäftigenden Relation über den p Ausgang des medischen Reiches beschränken. Unser Auszug erwähnt nicht, in welcher Weise Cyrus in den Besitz des Landes gelangte, doch dem Anscheine nach ü ohne Kampf. Des Ktesias'schcn Astyiagas' Tochter Amytis ll war, angeblich als (Jyrus gegen Ekbatana kam, mit einem ^i gewissen Spitames vermählt und hatte schon zwei Söhne, die li Cyrus mit den Eltern foltern lassen wollte, um Astyiagas aus m dem Verstecke zu locken, in das er ,vor Cyrus' Angesichte*'- ge- | flüchtet war. Die Drohung bringt den Versteckten vor den neuen t| Herrn des Landes; er wird zuerst ,von Oebares^ mit schweren « Fesseln gebunden* — wie etwa Darius erzählt, dass Pirruvartis t\ in Rhaga .ergriflen und zu mir y-eführt wurde*. ' Cvrus war aber M grossmüthiger: ,er liess Astyiagas nach nicht langer Zeit frei 'A beweisen al>rr mir das Krfiiidiniprsspiel mit iiotoriscbeii medischen Namen erst recht deutlich. Auch fler zweite und dritte, Mandaukes und Sosarnios, werden sich noch eruieren lassen, obwohl ihre üeutung- Oppert vorläufig für dunkel erklärt. ' Sosarmos' wenn "Jo. und nicht .30 Jahre wird man wohl so corrigieren dürfen. Vgl. oben S. 499 Anm. ö. ' ä-b Kupoj -poa'.'j-oj klingt wie echte Mythe, kann aber doch auch er- funden sein. 3 In Darius' Zeit ist es ein Oebares '.n-o/.djio; »'/r^p aoyb? (Herodot III, 85 — 88), der das Wiehern von Darius" Pferd bei der Königswahl be- wirkt, wohl identisch mit Oebares, Megabazos' Sohn, dem Untersatrapen in Daskj'leion (Her. VI, 33); ai-^at,/ t' Oijiäprjv verloren zu haben, beklagt sich Xerxes bei Aeschylus v. 98. Oebares bedeutet nach Nikolaos von Damaskus (Müller, frgm. bist. Gr. III, 400): i-^A: Remigius von Auxerre. Von den Zeitgenossen als einer der I berühmtesten Lehrer gepriesen, hat er durch das ganze Mittel- 3 alter ein solches Ansehen genossen, dass sein Schulbuch der I lateinischen Grammatik noch im XVI. Jahrhundert benützt 1 wurde. Ein Mann, der seiner und der nächsten Zeit als so < bedeutend galt, hat auch für uns Bedeutung und verdient nicht k eine solch' einseitige Beurtheilung und Geringschätzung, wie es von Eyssenhardt (Martianus Capeila praef. p. XXX) geschah darum, weil er über die Schwäclien seines Jahrhunderts sich | nicht völlig erhoben hat. Wir gehen auf die Wirksamkeit dieses i Grammatikers näher ein, um zu sehen, wie weit er mit unserer >; Expositio des Sedulius in Zusammenhang gebracht werden kann, i Remigius war Mönch des Klosters St. Germain in Auxerre, l wo er einen der berühmtesten Gelehrten des IX. Jahrhunderts 7 zum Lehrer hatte, nämlich Heirich (Eric), geboren 841. Hei- i rieh, den eine alte Aufzeichnung einen Schüler des Schotten \ 1 Ueber ein Glossenwerk /um Dichter Sednlius. 513 Elias, Bischofs von Angonleme, n(!nnt, hatte, wie er selbst angibt unter der Leitung- Haimo's, violleicht dos Mitschülers Hraban's bei Alcuin, studirt, und nachdem er noch den Unter- richt des Servatus Lupus in Ferrieres genossen hatte, gründete er in Auxerre selbst eine Schule (vgl. Prantl, Gesch. d. Logik I, 41), die bald zu den berühmtesten Galliens zählte. ' Zwei Schüler hauptsächlich aus der gewiss nicht kleinen Schülerzahl Heirich's werden genannt, die an Ruhm der Gelehrsamkeit ihren ■ Lehrer erreichten, nämlich Keniigius und Ilucbald von St. Amand. In der genannten Aufzeichnung heisst es (vgl. Rhein. Mus. XXII, GSf); Pertz, Archiv X, oo3): Jleiricus porro Renrigiitm Sancti Gerinani Autrice urbis mouacum alium oque Sancti Amandi eiusdem oi'dinis edocens Ilubaldum alterum litteris, alterum perfecit jpraefecit] musis. - Das (^lironicon Ademaii sagt III, 5 (cf. MG. VI, 119): Heiricus Remigium et Ucbaldum Calvuin monachos Iwredes jihUosojiliiae reliquit. ^ Als der Erzbischof Fulco (882—900) die fast verfallenen Schulen in liheims wieder herstellen wollte, berief er (J. 882) die beiden berühmten Schüler Heirich's. Vgl. Frodoardi Ohron. 1. IV, c. 9: Praefatus denique praesul honorabilis Fulco . . . duas scholas Kheniis, canonicorum scilicet loci atque ruraliiun clericorum, iam paene dela})sas restituit, et evocato Rumigio Antissioclorensi ma- yistro lihernh'vm artivm studio adulescentes clericos exerceri fecit, ipseque cum eis lectioni ac meditationi operam dedit. Sed et Hucbaldum S. Amandi monachum, virum quoque disci- ■plinis sophisticis nobiliter eruditum accersivit et ecclesiam ' Vgl. Hist. litt, de la France IV, 246: Aucune des nos ecolcs ne sernit davan- tage h faire passer quelques vestiges de littoraturr- dn neuvierae siecle au dixienie et ii y contiiuier en Franee la chaine dos hommes de lettres que l'ecole de S. Germain d'Anxerre. ^ Vgl. Hist. litt, de la France IV, 247: le docte Remi dont le merite egala au moins celui dn maitre et qni Ini suceeda dan.s son emploi. Ce fut par le canal de Reini, que la doctrine de cette ecole se repaudit en tant d'antres endroits de la France oü eile empecha que la barbarie du siecle suivant ne gagnät partout. ^ Dass Heirich auch Glossen zu plulosophischen Schriften geschrieben habe, beweist die Bemerkung in einer Pariser Handschrift (vgl. B. Haureau, de la Philosophie scolastiqwe I, p. 135) : Heii'icus, magister Remigii, fecit has glossas. Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XCVI. Bd. II. Hft. 33 ;)14 • HnemHr. Rhemenseni pi-aeclaris illustravit doctrinis. ' Nach dem Tode Fulco's ging^ Remigius nach Paris, wo er durch grauimatika lischen, musikalischen und dialektischen Unterricht wirkte (vgl. Haureau a. O. p. 131). Hier war sein berühmtester Schüler Odo von Clugny (vgl. Joannes vita Od. Clun. I, 19): Odo his diebus adiit Parisium ibique dialecticam Saucti Augustini Deo dato filio suo missam perlegit et Marcinnum. in lihernlihus arti" hus frequenter lectitavit, praeceptorom !n his omnihns halmit Remiginm. Aber noch andere Schüler des Remigius werden genannt. In der erwähnten alten Aufzeichnung lesen wir: Remigii porro cum plurimi exstiterint successores, hi fuerunt eminentiores : Gerlannus Senonum archiepiscopus, Vuido Auti- siodorensium praesul, Ganzbertus quoque ipsius germanus Never- nensium pcmtifex (vgl. dazu die Bemerkungen von Luc. Müller, Rh. Mus, XXII, G34). In der vita des Johannes Gorziensis werden zwei Schüler des Remigius erwähnt (MG. VI, 340): Nonnullo etiam tempore in monasterio sancti Michaelis super Mosani fluvium ad studia moratus est, ubi tunc temporis Hilde- boldus , qui grammaticam pntfessus est pt discipulif! domni Remigii, doctissimi ea aetate magistri, scolas habebat. Eben- daselbst p. 35(): Sanctae Meiensis ecclesiae archidiaconus Bli- dulfus iam in processu loci eiusdem servis Dei non sine magno multorum miraculo sociatus est. Vir enim cum et nobilitate generis et rerum copia non mediocri fultus et multa in quam- cunque partem arte animi callens, prudentiane ea dicenda sit an astutia, ad hoc et litterarum ceteros eius loci praeiret scientia, quippe qui ex scolis ndhnc supererat Remigii^ tum secu- laribus ita deditus uidebatur, ut vix cuiusquam in eo religionis uestigia viserentur. Ich unterlasse es, noch andere Schüler und noch weitere elogia zu Gunsten des Remigius anzuführen, indem ich mich begnüge, die wichtigsten Urtheile seiner und der nächsten Zeit vorgeführt zu haben. Der Ruhm eines so geschätzten Lehrers konnte nicht auf die Landesgrenzen be- schränkt bleiben ; sein Name musste in alle Kreise dringen, wo noch Reste des früheren literarischen Lebens sich erhielten 1 Daher kommt die schon oben erwähnte Bezeichnung und Verwechslung Remigius Remensis, vgl. Zangemeister, Bericht S. 17: Incipit Remigii Remes archiepi epla (= Remigii explanatio in epist. ad Romanos). I üpber ein Glosseowerk zum Dichter Sedulins. 515 und WO die Wissenschaft, wenn auch mit erblasstem Schimmer, noch leuchtete. Seine Schüler wirkten an der Grenzscheide beider Sprachen; kein AVunder, wenn der Name des berühmten Meisters hinüber nach Ostfranken getragen wurde, mit ihm ^i'ine Werke. Letzteres erscheint um so wahrscheinlicher, wenn man erwägt, dass in nächster Zeit Bruno zum Erzbischof von Köln erhoben wurde, womit auch die Leitunj^ der öffentlichen Angelegenheiten Lothringens verbunden war. Brunos hervor- ragende vielseitige Bildung, seine Liebe zu wissenschaftlichen Studien sind genug bekannt (vgl. Kh. Mus. XXII, G39). Stand er doch im Verkehr mit den auserlesensten wissenschaftlichen Grössen damaliger Zeit und , seine Anwesenheit am Hofe schuf denselben zu einem Mittelpunkte geistigen Verkehrs, ähnlich der Akademie am Hofe Karls des Grossen^ (^^n^- K- Werner, Gerbert von Aurillac S. 5). Er gründete das Pantaleonskloster in Köln, das bald eine bedeutende Büchersaminluiig erworben ihaben musste ; dort besorgte in nicht später Zeit darauf Frou- mund Abschriften für Tegernsee (vgl. oben S. 510). Dem ge- lehrten Erzbischof von Köln, als er an die Herstellung der Wissenschaftspflege in Lothringen ging, konnte ein so bedeu- tender Lehrer und Grammatiker wie Remigius, mit dessen Schülern er wahrscheinlich in wissenschaftlicher Beziehung stand, nicht unbekannt geblieben sein, vielmehr sprechen die Umstände dafür, dass seine Wirksamkeit die Verbreitung der Schriften des Remigius, und damit seinen Einfluss auf Deutsch- land wesentlich gefördert hat. Für diesen Einfluss des Remi- gius auf Deutschland haben wir ein sprechendes Zeugniss an Notker's Einleitung zum Martianus Capella (Remigius leret unsih tisen auctorem in alenamen uuesen geheizenen Martianum . . .), iferner, dass der gefeierte Abt Williram von Ebersberg unter Zugrundelegung des theologischen Commentars des Remigius eine Auslegung des hohen Liedes in deutscher ■Sprache schrieb, die ihm den grössten literarischen Erfolg bei den Zeitgenossen eintrug. Ueber einen weiteren Einfluss vgl. Heinzel, Heinrich v. Melk S. 134. f Wir gehen an eine kurze Besprechung seiner Werke. Remigius von Auxerre hat viele Schriften verfasst. Die meisten ;Sind Erklärungsschriften zu biblischen Büchern. Wir sehen hier von diesen theologischen Schriften ab, die in der Bibliothek 33* 510 II II einer. des Fabricius aiitgcziililt sind, vollständiger noch in lluui-eau. Nouv. Biographie gen. fgedruckt sind diese Schritten bei Migue t. K»l, nnd t. 117 unt(!r Haimo's Werke;i) und wolleD nur die grannnatischen Schritten desselben besprechen, obwohl i die engsten Beziehungen zwischen beiden Schriftarten ange- j noninien werden müssen. Die grammatischen Schriften des i Reinigius liegen nur zum Theil der OefFentlichkeit vor; ein | Theil ist nur dem Namen nach bekannt, von anderen steht I die Autorschaft in Frage. Wenn wir einen vollen Einblick in ! den eigenartigen Betrieb grammatisdier Gelehrsamkeit im IX. I und X. Jahrliundert gewinnen wollen, so miissen wir die Ver- i öffentliejunig aller grammatischen Schriften jener Zeit fordern, i sonst werden alh; Fingen, die diu Geschichte des Schullebens i jener Zeiten zum Ziele l^ben, nicht vollkommen gelöst werden i können. Tim die Erforschung der mittelalterlichen Gramma- I tiker überhaupt, sowie speciell um die Kenntniss der gi'amma- tischen Schriften des Remigius hat sich Thurot die grössten fl Verdienste- erworben, neben ihm Hermann Ilagen durch V^er- »j öfl'entliehung grammatiseher 'rractat(; aus dem Mittelalter (Anec- *\ dota Helvetica). Die grammatisch-literarische Thätigkeit des i Remigius b«'stand hauptsächlich in der Erklärung der gramma- < tischen Sehritten des Rriscianus, Donatus und des JMartiauus ^ Capeila. ' Thurot a. O. p. ^; i\\ iiat dit; auf die graniuuitisehen ( Schriften des Remigins beziigliehen Notizen aus Handschriften 1 zusammengestellt. Von Priscian's Werken ausgehend, fand er Glossen des Remigius 1. zm instituti<^ de nomine et pronomine } et uerbo (vgl. Keil, Gramm, lat. HI, 443 — 456) in einer Hs. 1 des X. .lahrhunderts aus St. Germain mit dem Anfang Remigii j expositio super Priscianum. Incipit iustitutio Prisciani grama- i tici de nomine, pronomine et uerbo. Forsitan querat aliquis i cur Priscianus u. s. w. 2. in zwei Hss. des X. Jahrhunderts ?■ der Stadtbibliothek von ()rh;ans Glossen des Remigius zu ;| Priscianus, Partitiones XH versuum Aeneidos principaliura, n mit dem Anfang in der einen Hs. : Incipit eopositio Bemigii in prima pagina Prisciani de XII versibus Virgilii. Iste versus, 1 lieber einen Commentar zur Grammatik des Phocas vgl. Haureau, de la j phil. I. 144 u. Audi seine Scliulgrammatik, die unter verschiedenen Titeln erscheint (vgl. Hain, Repert. liibliogr. II. 2, 213 f.), berührt uns hier nicht. ■ I i I Ueber ein Glossenwerk zum Dichter Sednlins. 517 -cilicet qui dactilicus est, uniform is est, id est unius formae, id est unaiii toruuuii habet. Die Glossen erstreeken sich nur uf die Paragraphe 3 — 8. o. Zu den institutioues gramniaticae luit Thurot in seinen Hss. keine Glossen gefunden, hält es iber für wahrscheinlich, dass Remigius auch dieses AVcrk des l'iiseianus mit Glossen versehen habe. ' Aus den genannten ( Jl()ssei)werken des Remigius hat Thurot nur gelegentlich Bruch- stücke in seinem Buche mitgetheilt. Glossen zu Donat's ais minor hat Thurot in mehreren Hss. gelesen. Einige inscriptiones will ich hier anführen, da ~ie für unsere Zwecke von Belang sind. In einer Pariser Hand- schrift des XIII. Jahrhunderts heisst es (a. O. p. 10): Incipit iposifio Remlgü in prima editione Donati grammatici, ^ in ' Der scliou oben erwähnte Cod. Vind. 114, s. X enthält am Rande von f. 3* — 31* einen Commcntar zu Priscian's instit. graram., dessen erster Theil von Froumund von Tcfjernsee in Köln, der andere Theil in Feucht\van}]cen I gesehrielien ist. Beide Theile heben sich auch durch die verschiedene Tinte von einander al>. Der Commentar beginnt: Philunophu^ est qui divinarum et humanarum scientiam liabet et omnem beue vivendi tra- mitem teuet. Nomen pliilosophornm primum a Pythagora (phitagora) fertur exortum. Nani dum antea s'reci veteres sopliistas . i . sapientes aut doctores sapieutiae semet ipsos iactantius nominarent, iste interrogatus, quid pro- fiteretur, uerecundo nomine jjhilosophici, amatorem sapientiae se esse respondit, quoniam sapienteni profiteri arrogantissimum uidebatur. Ita deinceps posteris jtlacuit, ut ]ihilosophi amatores sapientiae uocarentur; nam aut phisici aut ethiei aut logiei. Phisici dieiintur qui de naturis rerum tractant, natura quippe grece phisis vocatur. Ethiei qui de mo- ribus disputant, mos enim apud gi-ecos ethos appellatur. Logiei autem qui de naturis et morilnis rationem adiungunt, ratio enim grece logos dicitur. Idem autem philosophi triplici genere dividnntur: sunt phisici ethiei logiei. Die Glossen erinnern vielfach an ähnliche in den Schriften des Remigius, die Methode ist ganz verwandt; man vgl. z. B. f. 3 ara quando scribitur sine aspiratione significat altare, quando cum aspiratione signi- licat stabulum porcorum. f. 4 ancora dens ferreus, unde retinentiir naues in mari. Dierens est discissio unius sillabe in duas u. s. w. Da- neben finden sich auch abweichende Erklärungen; die aus dem Commentar des Remigius angeblich stammenden Worte bei Thurot p. 8, 9 habe ich unter diesen Glossen nicht gelesen, und da im ersten Theil deutsche Glossen über den lateinischen Wiirtern, im zweiten Theil solche sogar im Text neben den lateinischen stehen, so ist die Annahme, dass wir etwa den Remigiuscommentar vor uns haben, jedenfalls ausgeschlossen, wenn auch die Möglichkeit, dass er in Beziehung zum gleichnamigen Werke des Remigius stehe, nicht geläugnet werden kann. 2 Vgl. Biogr. gen. t. 41. 518 Hueraer. einer andern des XIV. Jahrhunderts: Incipit eorposifio Remigii super Donatum minorem, in einer Hs. von Orleans des X. Jahr- hunderts nur kurz: Remii^ius super Donatiuu. Hainen (Anecd. Helv. p. 202—218) hat ein conimontuni in Donati artem mi- norem aus dem Cod. Einsidl. 172, s. X edirt. Der Traetat ist nicht vollständig, er beginnt mit dem Abschnitte ,de prono- mine' (Donat. p. 357, 12 K), Dass dieses Fragment aus des Remigius gleichnamigem Commentar sei, hat der Herausgeber praef. p. CVII ff, sehr wahrscheinlich gemacht. Schwieriger ist die Frage über den Commentar zu Donat's ars maior. Wenn es auch nach den handschriftlichen Notizen bei Thurot p. 10 (dazu Haurcau a. (). I, 144), als auch aus der Subscriptio des Cod. Bern. 386 vgl. Ilagen a. O. p. CX^: Explicit donatus maior cuius cxpositor est Remigius,' ausser Zweifel steht, dass Remigius auch zur ars maior einen Commentar geschrieben habe, so sind wir doch nicht im sicheren Besitz dieser Schrift, da Hagen a. O. p. CX weder in deo zwei Tractaten des Cod. Bern. 386, noch in der im Cod. Einsidl. 172 enthaltenen Schrift, ob der Discrepanzen in den Bemerkungen zu denselben Worten des Donat's hauptsächlich, die ursprüngliche Schrift des Remigius erkenneu konnte, vielmehr kommt derselbe zu i dem Schlüsse p. CXIV ,Itaque, ue sublilius iuquiramus in res i humana inday;atione obscuriores , donec certiora inveniantur I ueri uestigia, hoc statuisse satis habemus, tres hos Donati artis I secundae expositorcs Einsidlensem et duos Bernenses ex copiis | a Remigio magisfro siibministratos hausisse ita, ut neque rece- ! derent nimis a communi fönte et suara quisque rationem pecu-' • Harem in tractando sequeientur'. Auch von dem Commentar- \ fragment in Donati barbarismum, in demselben Cod. Einsidl. I überliefert, lässt sich nicht sicher behaupten, ob es auf Renii- ' gius zurückgehe. Wir werden noch Gelegenheit haben, für \ die Entscheidung dieser schwebenden Fragen etwas zu ge- i winnen. ' ' Eineu handschriftlichen Reitrag zur Entscheidung- der von Hagen j angeregten Frage will ich hier liefern, der zu Gunsten seiner oben er- wähnten Meinung betreffs des Commentum Einsidl. in Donati artem ( maiorem spricht. Im Cod. Par. 13 377, s. IX, der unter anderem Beda's I Schrift de arte metrica und die Grammatik Alcuin's enthält, stehen auf ' dem letzten Blatte, von etwas jüngerer Hand wie es scheint, einzelne ( Feber ein Glossenwerk zum Dichter Sednlins. 519 Remigius hat auch den Martianus Capella commentirt (vgl. loben S. 515). Zum dritten Buch (de arte graminatica) hat Thurot Glossen in der Pariser Handschrift 8674, s. X (a. O. p. 11) ge- llesen. Was von diesem Commentar und den anderen grammati- schen Schriften des Remigius in Pariser Handschriften sich findet, hat Haureau a. O. p. 14 f. erörtert und in jenem Zusammenhange Auszüge, die logischen Ansichten des Remigius hauptsächlich be- treffend, theilvveise im Original, theilweise nur dem Inhalt nach niitgetheilt. Eyssenhardt endlich praef. in Mart. Cap. p. XXVIII hat nicht wenige Hss. zu diesem Remigiuscomraentar verzeich- net. Während nun Prantl (Gesch. d. Logik H, 42, Anm. 2) klagt, dass Haureau so wenig aus diesem Commentar mit- i;etheilt hat, begnügt sich Eyssenhardt mit einem abfälligen Urtheil (vgl. oben 8. 512), ein trauriger Beweis dafür, wie verschiedene Zweige der Wissenschaft sich fliehen, da, wo sie sich suchen und begegnen sollten. Ein grösseres zusammen- hängendes Stück aus diesem Commentar hat Gerbert in das corpus Script, de musica t. I aufgenommen ; dasselbe ist Fragmente, darunter an erster Stelle ein grammatisches, das mit dem Comm. Einsidl. in Don. artem mai. in engem Zusammenhang steht. Man vgl. das Fragment mit Aneed. Helv. p. 226 f. f. 149». Exempla de communibus sy IIa bis (roth) BR liquida et muta : M€7is tenehy-osa turnet, moi-tis obscura tenehris. H et altera consonans: Vir humilis maesto caelum conscendit ab hoste (vgl. Beda, de a. m. p. 230 K). S et altera consonans : Regna heata poli sie iamqu£ scandere spes est. Syllaba post terminatum pedem : Oitius amor maneat, cuins in corde per euiim. Diphthongus et altera uocalis: Sancte, o iuuenis, tibi sit sapientiae ardor. Vocalem uocalis superuenieutem: Sophia nota tue menti et mens nota sophiae. Littera et uocalis sequens : fEJst decus hoc animae uirtus hoc et incHtux ordo. In medio uerbi: Condite gaza polo saccos uacuate gazarum. Syllaba nouissima de breui longa: Äida ienet Christi Christum si pectoris aida. i! 520 Hueiner. wiedergediuckt bei Migne t. 131, p. 932 f. unter dem Titel Remigii rausica. ' Wir haben also, um zur Beantwortung der oben (S. 511) I gestellten Frage zurückzukommen, einen Grannnatiker aus dem Ende des IX. Jahrhunderts in Frankreich gefunden, der ein i solches Ansehen bcsass, dass er uns als Remigius schlechthin i genannt wird, der ferner nicht ohne Einliuss auf die literari- fi sehen IJestrebungcn in Deutschland geblieben ist. Wir haben ^ gesehen, dass Lehrer wie Schüler dem Studium der freien t Künste oblagen, dass Remigius den musikalischen, grammati- I kalisch-dialektischcn Unterricht an der Rheimscr und Pariser t Schule leitete und ertheilte. Der Betrieb dieser Studien setzt 1 1 Auch der Cod. Vind. 322-J, s. XVI enthält .Reinigii Autisiodoreusis Gloasae in Marciununi Capelhuii ilo nuiitiis I'hilologiac et Mercurii'. Der letzte Tlieil, der dun Ii zwei leere Blätter vom übrigen getrennt ist, uint'asst den CuiiinuMitur zu de niusica f. ISS" — iOti'*; er beginnt: hau facUnis . lios uersus Venus eeeinit de tarditate nuptiarnni philologie. Lassos . i . de- fieientes sole uergente ad oecasum. Marcnfibus . i . defieientibus nocte immineute. ^fusica dicitur ab aqua: eo qudd in liniiiiiis . i . in undis re- perta prius ab liuminilius . . Fulchris . i . thoris Mdpomene una mu- saruni est et dicitur (juasi |j.3).-o; |j.o/o;x:v: . i . eantJis nianens u. s. w. Schluss: 2\auci . i . uili pruprie purganientum uiuis est et tiu-it triuni generuni et est indeclinalule. Difi)ms corpore aeria auimalia, spiritu aeterna, animo maligna et sunt naturae subtilioris ideoque futura ali- quando praeuident. Gegen Origenes polemisirt der Commen- tator f. 9o: Donec iinitum pnj intinito pusuit, quia illi qui in inferno damuandi sunt, numquam ueuiani merebuntur, noii sicut Origenes dicit: post mille annos soluetur satanas cum suis, sed magis sententia domini cauta erit qua dicit: ibunt impii in supplicium aeternum. Krgu , donec' pro ,semper' posuit sicut in psalmo legitur: ita oculi nustri ad dominum deum nostrum, donec misereatur nostri . i . semper. Aus der Erwähnung des heiligen Benedict dürfte jemand schliessen, dass der Vertässer selbst dem Orden des heiligen Benedict angehörte; Remigius von Auxcrre war Benedictiner. Die Stelle heisst f. 82: Nee mirura si diabolus, qui spiritus est, potuit omnia regna mundi Christo ostendere, cum heatus Benedictus in corpore adhuc positus potuit aspicere totum mun- dum, non quia mundus breuiatus sit, sed mens eins per contem- plationis est gratiam dilatata. Von den alten Autoren erwähnt unser Commentator den Polyhistor Varro f. 34: Senes dicuntur secundum Varronem quasi se nescientes, quia prae nimia senectute delirant; ' den ' Diese Erklärung von senex findet sich in den erhaltenen Fragmenten Varro's nicht. Vergleicht man aber diese und eine andere f. 48 delira- ■juenfa. lira enim sulcus est aratri, inde deliro . i . exorbito, a uia rationis deuio. Proprie autem delirare est quando boues de sulco exorbitant, ita et senes deliraie dicuntur, quoniam a uera locutione recedunt — mit der Stelle bei Wilmanns a. O. p. 178 (50): Delirus placet Varroni, non delerus. neu enim ut quidam existimant, a Graeco tracta uox est rapa 524 Huemer. Terentius f. 21: Geta persona comica est apud Terentium. Getae ipsi sunt Mysii populi, ioculatures lusibus nimium stu- dentes. Diese Stelle gibt einen Beweis für meine gegen C. Barth vertheidigte Erklärung des Verses C, p. I, 19 mit der in Zusammenhang stehenden Frage über die Heimat des 8e- dulius. Wiederholt wird Virgilius erwähnt, und wer sollte dieses nicht erwarten? f. 21: Granrlisonis, grandiloquis carmi- nibus. Tres sunt characteres: humilis, medius, grandiloquus; hos omnes Virgühis tangit. f, 33: Viuacibns . i . diu uiuenti- bus. Viuax dicitur multum qui uiuit, hinc Virgilii(s ,uiuacis cornua cerui^ (Ecl. VII, 30, vgl. auch Schol. Lucan. VI, 673). f. 120. Legens . i . nauigans, unde Virgilms ,Legunt uela' .i. nauigant (Aen. III, 532 Vela legunt . . .). f. 121. Aquosis genfibii'i . i . piscibus. De piscibus gentes dicit sicut Virgilius de apibus ,gentis adultos Educunt tbetus' (Ge. IV, 162) et idem ipse de piscibus ,ibat eum (enim cod.) uasti circuni gens humida ponti^ (Ge. IV, 430), cum de Proteo loqucretur. t". 136. Gloria . i . maiestas Christi. Pulchra locutio est, quando pro persona per circumlocutionem declaratur qualitas ut Virgilius ,robur Troianorum' . i . Hector, ita dicitur gloria doraini . i . Christus, f. 138. Paciscor, pacem tacio et promitto sicut in hoc loco paciscor . i . adipiscor, ut Virgilius , mortem pro laude pacisci' (cf. Aen. XII, 49 letumque sinas pro laude pacisci). f. 138. Haurio multos sensus habet . i . percipio uel sentio sicut est hie uel uideo ut Virgilius ,hauriat hunc oculis' (Aen. IV, 661) aperio ut idem ,latus haurit apertum' (Aen. X, 314). In den bekannten Schriften des Remigius wird Virgil häutig citirt. — f. 59 wird aus Juvenal ein Vers angeführt, eine Stelle, die noch einmal zur Besprechung kommen wird: Crispat cachinuum Democritus, qui semper risissc dicitur, quia uidcbat homines auaritiam et turpia lucra huius saeculi sectari. Hinc luuenaHs ,pe.rpetuo risu agitare solebat pulmonem | Democritus' (cf. Sat. X, 33 perpetuo risu pulmonem agitare solebat Democritus). To Iripti'i, sed est latina a Uro id e-if •iulco. itaqiie sicuti boues cum se a recto actu operis detorserint delirare dicuntiir, sie qui a recta uia uitae ad prauam deelinant, per similitndinem trauslationis item delirare existi- mantur — so wird es wahrscheinlich, dass diese Notiz wirklieh aus Varro entlehnt wurde. Feber ein Gloasenwprk ztim Dichter ftedulius. 5^5 Vorübergclieiul spriclit der (.'oininciitatdr aiu-h vt>n Ilyginus und Anitus f. 29 Qui sfe/las. H}/;/i)His et Aratus astroloo-i fuerunt tingcntL's se scire numenim .stcUaniin, sud nientiti sunt. Nullus euiin litjc seit nisi deus. Wie bereits erwähnt wurde, schliessen sich (ohne Ueberschrift) an die Glossen zu Sedulius ähnliche zu Beda Ven. de arte metrica und dt; schematibus, die an- f"äni;lich zahlieirh, dann seltener den Kindruck eines nur skiz- zirtcn (.'oinmentars machen, jedeniails aber denselben Autor zum Verfasser haben dürften. Auch in diesem Theile werden in ähnliiluM Weise frühere Autoren erwähnt f. I(i4. ßeda f>;enere Anfjlus fuit presbyter et doetor praecipuus. Composuit autem multos libi(»s, inter quos istum iibruui de arte metrica. Ebendas. Sedulu.s . i . assiduus apud TerenHum, sedulus (juasi sine dolo. f. 105 (zu Beda j). 2.>1, 11 Ivj. Fortunatvs poeta fuit in Fraucia sub Gnutramo ' reo-e. Zu dem späteren Citat Beda's jinsulae Toiiio in magno' (Aeu. III, 211) bemerkt die Glosse: Nota fabula apud Mifjilhnn. Dann folgt ,uec nostrae opis hoc', während bei Beda der entsprechende Vei's Prosper's heisst ,nec nostrae hoc opis est . . .' Zu dem richtig citirten Vers des Lucanus (Phars. VIII, H>>): ,0 utinam in thalamos inuisi Caesaris issem' bemerkt der ('ommentar: Vox Corneliae est de lulio, qui interfecerat maritum eius post Crassum Pompeium, unde optat ut haberet lulium iu matrimonio sibi coniunctum, ut uel sie moreretur, quia putabat sibi per fatum accidisse, ut oinnes mariti sui occumberent; zu Arator's Versen (Beda p. 232f.): ,0 utinam nostris uoluisses fida iuuentus' etc.: uerba sunt beati Pauli (|ui monebat socios remanere in Cruce (!) insula, sed illi uolentes iugressi sunt mare et per XIIII dies passi sunt gra- uissimam tempestatem. Zu Beda (p. 244, 9) ,Ambrosiaui' heisst die Glosse f. 167: Ambrosiani, quos Avibrosins Mediolanensis episcopus composuit. Folgt ,et latices [et aquamj cum sanguine uino porrigat agni', während bei Beda der citirte Vers lautet ,misceat et latices cum sanguine porrigat agni'. Zu Beda p. 245, 14 ,umbraque ' Guntramn (Guntramnns), gest. .59.3 (vgl. Loebell, Gregor von Tours und seine Zeit). 526 Iluemer. erraret Urassus inulta' (Lucaii 1, 11) f. 168: Crafisvft imperator Romanorum a Medis et Persis interfectus est et fuso auro in eins guttur dieebant : Bibe aurum quod semper amasti. Auarus enim fuit valde et ideo nimium illns oppresserat. Zu den Worten des Artikels de schematibus (ef. Halm, Rhet. alt. min. p. 607, 8): ,Et quidem gloriantur Graeci talium se fig-urarum sive troporum fuisse repertores' (et q. gl. Gr. saepius inuenisse has figuras Comm.) sagt der Glossator für die mittelalterliche Interpretations- methode sehr bezeichnend f. 169: Unde hie reuincit eos dicens in sancta scriptura, quae antiquior est omnibus humanis scrip- turis, eas esse factas et ipsa exempla ponit in sequeutibus, quae etiam dicunt se fabulas inuenissse. Nara pergentes cum Alexandro in Hierusaleni et uidentes in templo domini picturas occasionem quarundam sumpserunt, Viderunt enim in porticu eiusdem templi Ileliam depictum, cuius (cod. cui) nomen legentes quod etiara solis nomen signatur, quia elios graece sol ' dicitur, fabulam solis inde composuerunt dicentes eum habere equos propter quattuor tempora anni. Wir wollen nun die rhetorisch -metrischen Glossen in unserem Commentar betrachten, um sie mit den allerdings nur theilweise bekannten Erklärungen des Remigius zu Donat's Barbarismus zu vergleichen nach Hagen's Publicationen. Zu [de metaplasmo Don. p. 395 f. K; comm. Einsidl. p. 261 f. H] f. 18 ,Pone' (Sed. I, 3) pro ,depone' et est aplmiresis. f. 15 ,im- plesti' per syncopam pro ,impleuisti^ f. 77 Si aliquis dicat interrogando, quare dixerit ,nec mora' cum magnum spatium sit inter XII et XXX annos, quantum ad hominem pertinet, respondet per pareuthesin . i . interpositam dictionem cum inter- rogatione (cf. Don. 396, 5; 401, 10 parenthesis est interposita ratiocinatio diuisae sententiae). f. 104 Hoc nomine scilicet ut Israel uocarentur. Verba sunt poetae per parenthesin. Aus dem Anhang zu Beda f. 168 Episynalotpha graece, latine coniunctio. Synaloipha in uocalibus transilitio, episynaloipha coniunctio quando duae syllabae in uuam coniunguntur, cui contraria est diairesis (vgl. Comm. Einsidl, p. 266, 9 diairesis est \\ LI II 1 Vgl. Sed. Carm. p. I, 187: (Helias) . . . nam si sermonis Achiui Una per accentum mutetnr littera, sol est. Ueber ein Glofisenwerk znni Pichter Sedulius. 027 diseissiu unius syllabae in duas facta), f. 171 Epfzenuis .[. siiper- coniunctio (vgl. Comm. Einsidl. p. 269). f. 172 Schesis (scescis cod.) onoraaton onomanon (^nominuin?) scessis raultitiido (vgl. Don. p. 398, 17). Zu [de tropis] f. 17 Pasclinles C^ed. l, l) Mpfnphorice alloquitur lectorem sub specie conuiuae innitans ad paschale Carmen ueluti ad caenani. t". 1()2 Lvijeniia (Sed. III, 129) metonomice fm&onomie cod.) sunt lugentia ciilniina. f. 67 Caro factimi (II, 43) est autem ftynecdoche . i . a parte tutiuu. Homo enim carne et anima constat (cf. Don. 40U, 2;")). f. 122 Rt'si'dens et loquens (cf. IV, 135) diio signa sunt uitae et est hysfevohgia, primura enim reuixit, deinde resedit. f. 136 Glorid . i . niaiestas Christi. Pulchra looutio est quando pro persona per circKinlocxitioiicm deelaratur qualitas (vgl. Comm. Einsidl. p. 270. 10 j»erij)hrasis est circumlocutio, quae fit aut ornandae rei causa . i . ut res, quae per se pulchra est, quodam ambitu locutionis pulchrior efticiatur). f. 101 Grata mercede . i . uicaria, quia illum, a quo portatus fuerat, portabat. Haec dicta sunt per periphrashi. f. 117 Nil ferti/e tjj/^/vV . i . nihil boni. Modo allegorizat ; n/facforia est inuersio quando f delictam transit ad spiritalem intellectum (vgl. (.'omm. P^insidl. p. 272, 15). f. 71 Sidiis regale. vn'cfnis. Multiplicat epitheta; epitheton est superposita dictio, quae additur Hxo nomini (cf. Don. 400, 20 Epitheton est praeposita dictio proprio nomini). Dazu f. 100 Horrens . i . toruus, horribilis; tria sunt epitheta sine coniunctione, quae figura uocatur asyndetou (asintheos cod.). Ausserdem werden noch einige Redefiguren erwähnt, die bei Hagen nicht gelesen werden, f. 24 iSj)iranfi.s odorem . Hypallnge est, debuisset enim dicere : sectantes odorem spirantis uitae. f. 152 per ecbasin . i . per euagationem, quando redit ad narrationem. f. 155 Perituros (V, 351) axc -/.otvou (AOO KENV cod.) est figura . i . a communi. Dazu f. 111 Cfariim communis figura est, quae graece dicitur y.s'.voij. f. 110 Reliquias suas et culmina eadem sunt, est autem epexf^gesis (effexegesis cod.) quae fit, quando una res aliis uerbis bis repetitur (repetit cod. reperitur?). f. 44 Nee minus s. (I, 212) similiter figura est, quae litotes dicitur, cum duo abnegatiua faciunt unura affirmatiuum. f. 171 Palinlogia . i . repetitio sermonis, palin iterum, logos sermo . i . iteratus sermo. 028 II Hemer. P r 0 s o d i s c h - ni e t r i s c, h e B (mii e r k u n g e n. f. 45 Belna trisyllabum est; resoliitio in metro et posuit singularem numerum pro ])]uiali. f. 52 Simne trisyllabum et! est poeticum, nam suaue disyllabiim dicere debemus. f. 76 ^we?7/?f.s . i . perfectus, merere per e brene (breue cod.) dici- mus. f. 119 Demonas, accentns graecus ideoque corripitur. f. 133 Ählnfti causa metri corripuit. f. 163 Sj)iritus lougum habet spi, sed nialuit poeta corrumpere regulam quam mi- nuere trinitatem. ' Zahlreicher sind die grammatischen Glossen ver- schiedenster Art, die einen für jene Zeit gewandten Gramma- tiker bekunden, der in den Schriften der früheren Grammatiker speciell des Donat, seine Studien gemacht hat. Ich ordne die Glossen stofflich nach den Tractaten bei Haicen. f. 70 Kons mobile est eous, eoa, eoum. Eons fixum . i pars caeli. f. 79 Torranium . i . currentum et est adiectiuum nomen et fixum. f. 3-S Rüde, . i . nouum, hie et haec rudis et hoc riide, trium generum est et significat nouum, quando uero uirgam decorticatam feminini est rudis. Rudis etiam ruderis, neutri generis est, trita tegula uel ruinae maceriarum (vgl. die ähnlichen Erklärungen bei Ilagen p. 238 und p. 235 . . trium generum ut hie et haec et hoc felix. Felix dicitur beatus uel propitius, qui graece sÜTu/r,? dicitur, apud nos est simplex, apud Graecos uoro compositum).- Aehniich f. 55 A^ß^jos dicitur tilius filii et nepos quasi natus post. Quando filium aut filiam signi- ficat, facit hie lu^pos et haec neptis, quando uero luxoriosum hie et haec nepos. f. IGG Amho et dno ponuntur pro omni numero et genere. f. 120 Amicum illius dicimus; amicum illi possessiuum est, amicus illi adquisitiuum (vgl. Hagen p. 255 die Construction von medeor). f. 134 popnlatio . i . multitado et est uerbum affectatum et noue inuentum. f. 5G Tofum commune. Communio uel communitas in sancta trinitate est exceptis ^ relatiuis nominibus. Quod potest cathegorizari de patre, hoc \ de filio, hoc de spiritu sancto ut bonus pius, omnipotens etc. 1 Entsprechend rler Ansicht des Prndentins, Perist. IV, 165 f. 2 Vgl. Glosse f. 43 Coetus apnd Latinos masculini generis, apud Graecos neutri est tou xy^tou; et pluraliter x« zt^ttj. üebfr ein GloRsenwerk znm Dichter Sedalias. 529 exceptis sicut supni dictum est rehitiuis nominibus. f. 40 Jdolum diininutiuuin est ab idea . i . forma, f. (»3 Maniplos priniitiuuiii est, inde iiianipulus dinuDUtiuiim, proprie autem quingenti milites, idem est et cohurs. f, 1(J8 Qiiidam dicunt seclnm, seculiiiu diminutiuum sicut cancnim , caucellum s. frviohim (sie) est. f. 73 fncinus ton meson est, iu buno enim et in iiialu ponitur (älinlicli f. 148). f. 10() Oleitmi et olidum idein est et sunt ton meson, unde semper ef>;ent epitheton . i . adiectiuo nomine, f. 103 Ulv/aiis ton meson est. Ululans dicitur exeicitus insequens et exercitus fugiens. f. 147 Rens ton meson . i . in bono et in malo. In nuilo sicut in hoc uersu, ubi hi mundo damnabiles . i . rei, in bono sicut in sequenti uersu etc. f. 57 Distat inter hic et hoc: hie ad personas, hoc ad substantiam pertinet. f. 39 ricfvs est nimia apertio oris, uenit autem a ueibo ringo . i . os apeno. f. (13 Meto est col- ligo, inde dicitur messis, quod singulis annis colligatur. Metior metiris est mensuro, metor metaris est eligo. f. 83 Labere, mitte te deorsum imperatiuus est a uerbo labor. f. 130 Pete- hat panem . i . rogabat; peto te illam rem, et peto a te illam rem. f. 138 Partus . i . promittens, pollicens. Paciscor duo prae- terita habet: pepigi et pactus sum et est polysemos (vgl. dazu f. 138 polysemos sermo ' .i. multa significans). f. 142 Rigeo fcicit praeteritum rigui, inde dirigeo . i . durum facio. f. 143 'Apostatn graece, retroconuersus latine uel retrocedens, hinc uerbum apostato, apostatas et nomen apostasia, ipsa res . i . retro- cessio, f. 149 DeJitnit . i . absondit, a lateo componitur deliteo. f. 150 Fatiscuuf . i . habundanter resoluuntur, hio hias . i . os aperio facit inchoatiuum liisco hiscis, hinc componitur fatisco ex graeco quod est fatos . i . multum, unde affatim aduerbium et fatisco uerbum, quod significat habundanter resoluor. f. 159 Venitus . i . uenditus, uenumdatus a ueneo, is quasi uenum eo, sed uenum non est in usu. f. 105 Gratis aduerbium est a gratia. Est autem gratia spontaneum donum etc. f. 89 lamiamqtie aduerbium est optantis . i . cito. f. 17 Dignatus participium pro uerbo . i . dignare. 1 Vgl. Sei-v. z. Aen. I, 1 f. Sitzangsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. II. Hft. 34 530 Huemer. f. 28 Omniimtens cüinpositum est ab eo nomine, quod i i est omnia et potens (vgl. Hag. p. 242 impotens); participium i i quod proprie ad deum pertinet. Est autem ex nomiuibus, quaeififj comparatione carent, quae fit in augendo aut in minuendo. Omni- li potens enim est, cuius potentia nee augeri nee minni potestii ideoque nee comparari. II f. 74 Vixdnm sicut agedum, adieetio syllabica est ,duin'. 1 1 (Vgl. Hag. p. 204, 37. Egomet compositum est ab ego et met, tu quae est adieetio syllabarum.) Bemerkungen, welche sich auf Lexicographie beziehen. f. 69 Femina et mulier non sunt nomina corruptionis pi sed sexus et naturae, nam uirgo et femina et mulier potest j appellari. f. 107 Cophinus et corbes et canthara idem sunt. 1". 109 Odoratm, quia cibis odorem accipit, odorum est quod ex se ipso odorem dat, odorisecum quod insequitur odorem sicut canis. f. 91 Diurnus, a die diurnus . i . unius diei, a diu diu- turnus . i . longi temporis. f. 116 Fronden pro frondosa dixit. Fron deum est quod constat ex frondibus . i . ex uirgis imde fit scena . i . umbra-. culum, frondosum uero quod habet frondes sicut arbor. Ueber die Bedeutungen von haurio s. oben. f. 140 Force, . i . cessa; parco multa significat . i . indulgeo uel seruo, inde parcas apes R42 B f. Aus dem Commentariiis in (Jcnesin ' (Migne a. U. S. 53) vgl. man mit der oben (^S. 523) erwähnten Erklärung zu de- mentia (delirameiita): Delunfiienta, id est, uanitates uel insanias et ineptias. Lira quippe sulciis dicitur aratri. Hinc deliiare dieuntur boues, cum exorbitant. Inde diciinus deliros liomines insanos, exorbitantes a ratioue et sensu. '^ f. 63 Paradisns interpretatur hortus deliciarum. Vgl. Migne p. Gl Allegorice autem paradisus praesentem signiticat ecclesiain, quae recte hortus deliciarum dicitur, dum nobis in ea spiritales deliciae administrautur. ^ f. 35/36 Loth interpretatur declinans, Sodoma pecus mutiim, quia contra naturam irrationabiliter peccabant. Vgl. Migne p. 581 Loth interpretatur declinans etc. p. 83 Allegorice Loth cum suis pastoribus typum tenet haereticorum, qui relicta ueritate ecclesiastici dogniatis eligunt sibi pulchra et humilia . . . Sodoma pecus silens interpretatur. f. 129 Melchisedech inter- pretatur rex iustitiae. Melchus rex, side iustitiae, qui nomine et actu Christum ostendit, actu quia Christus panem et uinum in mysterium corporis et sanguinis sui instituit. Sicut enim ' Zuerst nach einem Garstener und Tegernseer Codex herausgegeben von Pez, Thes. Anecd. nou. t. IV. 2 cf. Isid. Etym. X, 468. 3 cf. Isid. Etym. XIV, 143. 536 Hnemer. Melchisedech legitur primum pauem et uinum deo in sacrifi- cium obtulisse. Vg;l. Migne p. 85 Mystice Melchisedech, qui interpretatur rex iustitiae uel pacis etc. f. 172 Nhie dealba- huntur in Selmon. 8elmon interpretatur umbra et est mons in Galilea; Sehiion erg'o signiiicat Christum qui umbra protec- tionis suae sanctos custodit et ab aestu temptationum protegit. Mons dei Christus appellatur . . . quique est mons über ob fertilitatem donorum spiritus sancti, ipse est et mons pinguis etc. Vgl. Enarrat. in Psalm. (Migne p. 484): dealbahuntur in Sel- mon id est in umbra Christi. Ipse enim eos obumbrabit et proteget ab incentiuis uitiorum .... Mons iste est mons pin- k quis etc. f. 119 Synayoga dicitur congregatio sicut ccclesia lii conuocatio uel conuentus. Erat domus apud ludeos, quae syna- •' goga uocabatur, in quam conueniebant die sabbati ad (et cod.) [, audicndam et docendam legem sicut nunc in ecclesia fit. Vgl. ll Migne p. 524 Asaph. Istius nominis est Latina interpretatio \i congregans uel congregatio; Graeca uoce synagoga. Per con- ij gregationem autem potest accipi tarn congregatio hominum quam ji animalium. f. 108 Tijrus et Sidon ciuitates sunt niaritimae, Ij interpretatur autem Tyrus angustia, Sidon uenatio, quae etiam J ante Sarra uocabatur. Vgl. j\Iigne p. 580 f. Tyrus interpre- j tatur angustia, ubi notantur terreni, angusti uel amore acqui- rendi uel timore perdendi. Philosophische Bemerkungen in charakteristischer Form sind in diesem Commentar nur spärlich vertreten. Eine Ver- gleichung mit den philosophischen Ansichten des Remigius kann um so weniger angestellt werden als gerade jener Commentar zu Martianus Capclla, welcher für diese Disciplin die Fundgrube bildet (vgl. Prantl, Gesch. d. Log. II, 42), nicht vollständig vor- ! liegt. So viel aus dem Bekanntgemachten ersichtlich werden kann, hat Remigius die Parteistellung , eines ausgesprochenen j Realismus' eingenommen. Einige Bemerkungen, wie sie in ' diesem Commentar gelegentlich sich finden, will ich hier an- führen, um das philosophische Wissen, Denken und Erklären j des Commentators zu illustriren und um überhaupt zu zeigen, ! dass unser Commentar einen logisch-dialektisch gebildeten Mann 1 zum Verfasser hat. F. 6 im Anschluss an die biblische Er- j Zählung von den Knechten und den ihnen anvertrauten Talenten , heisst es : Per . v . talenta . v . sensus corporis intelliguntur, per i \ i TJeber ein Glossenwerk znm Dichter Sednlius. 537 .11 . intellectus et operatio, per .i. iutcllcctus tantuni, quia qui- dam sunt quibiis datur iutcllectus sine ^ratia operandi. Hi sunt qui quasi fudiunt illud in terram, quandu aliis nun niauit'estant, hoc est quod dieit ,lue non carerem', culpa illorum scilicet qui talentum infodiunt. Diese Erklärung^ geht auf Greg^or den Grossen zurück, f. 20 Quicquid nnlat (I, 12) . i . omnia genera auiuni. AUegorize loquitur. Tres sunt species philosophiae, quas hie tangit : Ethica, Physica, Logica. Per mare intelligitur ethica .1. inniortalis, quae de moribus liominum disputat; per terram physica, quae de rerum omniuni natura tractat; per astra logica, . i . rationabiJis, quae de diuinis rebus narrat. ' f. 72 wird diese Dreitheiiung auf die göttliche Trinität zurückgeführt. Vgl. auch de nuisica a. O. p. 1)41. f. vJO Corpus a corruptione dicitur, quia cito resolui possit, et hoc loco corpus intelligi uult omne quod .V. sensibus percipitur uel quicquid dextra procreatur. f. 58 Cachinnus est dissolutus risus . i . crispus. Potest enim hoc ad philosophos referri. Nam philosophu.s aliquis niultum loquitur sicut Epiciirus, qui de creatione niundi nuilta dixit. Dicebat enim numdum ex atomis constare. Tacet nimis alter sicut Pythngorici, qui quinquennio discebant, per pinquenniuiu silentes meditabantur. Anibulat Pevipateficiis, stat Sfoicu-s, aniat fletus Socrates, qui seniper flebat, eo quod uideret homines huius saeculi uitia sectari, crispat cachinnuin Democritus, qui semper risisse dicitur, quia uidebat homines auaritiam et turpia hicra huius saeculi sectari. Zur Stelle (II, 1 — 5) bemerkt der Er- klärer f. 64 Est autem hoc loco Syllogismus integer, constans ex propositione, assumptione, conclusione. f. 90 Panem nostriim. Non iste panis sed spiritalis in- telligitur, qui est tilius dei, qui substantialis dicitur, quia onmem substautiam uel essentiam supergraditur et licet dialectici in deum caihegoriam, quae est usia, cadere dicant, deus tarnen ultra usiam est et ideo secundum hunianam intelligentiam nihil est, quia omnem exsuperat intellectura, ut ait apostolus etc. 1. 98 Norat s. Christus, diabolus secundum substantiam dei est, quia ipse eum creauit, secundum autem id quod malus est, non est dei, quia deus eum bonum creauit et cuncta ualde ' Vgl. oben S. 517, Anm. 1. 538 Hnemer. bona fecit. f. 141 Capite enim omnia membra reguntur, simi- liter niente cogitationes u. ähnl. Wir haben demnach gefunden, dass dieser Commentar sowohl durch die in ihm zu Tage tretende Gelehrsamkeit und Bekanntschaft mit vorhergehenden und älteren Autoren, ferner durch die Art und Weise grammatisch-etymologischer Er- klärungen nach Inhalt und Form, endlich durch die einge- streuten philosophischen Bemerkungen, die einen auch in dieser Wissenschaft bewanderten Mann verrathen — nicht blos in un- verkennbarer Beziehung, sondern vielmehr in naher Verwandt- schaft zu den Schriften das Remigius stehe, so dass nun zu den äusseren Gründen bedeutende innere Gründe hinzutreten, die für die Autorschaft des Remigius Zeugniss ablegen. Auch die allgemeine Bemerkung, die man fast an allen Erklärungs- schriften des Remigius gemacht hat, nämlich dass die Er- klärungen häutig nichts als einfache Wortumschreibungen ent- halten, trifft völlig auch bei diesem Commentar zu, indem an vielen Stellen das poetische W^ort des Sedulius einfach nur durch ein bekannteres umschrieben wird, eine Methode, die den Werth solcher Schriften nur verringern kann. Damit schliessen wir den Beweis, dass diese Exposition in opus pa- schale den Remigius von Auxerre zum Verfasser habe. Die Schriften des Remigius waren im Mittelalter ange- sehen, darum wurden sie auch verbreitet. Von seiner lateini- schen Schulgrammatik wurde schon bemerkt, dass sie bis in späte Zeit * als Schulbuch verwendet wurde. Seine anderen grammatischen Schriften waren nicht in gleichem Grade ver- breitet, soweit jetzt ein Ueberblick möglich ist; nur von dem Commentar zu Martianus Capella ist eine grössere Zahl von Hss. bekannt. Ueberhaupt aber kann die Geschichte dieser Schriften nicht zum Gegenstand einer Untersuchung werden, so lange sie nicht vollständig vorliegen, so lange auch bei zwar bekannten Schriften die Autorschaft noch nicht völlig sicher gestellt ist. Wir haben bereits gesehen, wie einzelne unter dem allgemeinen Titel ,Glossae' ohne Namen des Ver- • Remigii fundamentum scolarium, gedruckt Basel 1499. 8. Der in der Wiener Hofbibliothek erhaltene Druck schliesst: Remigius Impressus Lyptzik per Aruoldum de Colonia. Dober ein Glossenwerk zum Dichter Seduliu». 539 fassers sich fortj)Han5itoii. Was diu Verbreitung des Sedulius- comiiientuis betriü't, so haben wir oben von der vollständigen Ueberlielerung iu der Tefjjeruseer Hs. und von dem Fragment in der Windberger Hs. gesproclien, wozu noch zu bemerken ist, dass beide in keinem Abhängigkeitsverhältniss stehen und dass die Tegernseei' lls. Correcturen nach einem abweichen- den Exemplar erfahren hat. Von zwei anderen Hss. konnte vermuthet werden, dass sie den Commentar entlialten oder ent- halten haben. Trotz dieser geringen handschriftlichen Ueber- lieferuug, so weit sie mir bekannt wurde, kann der AVahr- scheinlichkeitsbeweis geführt werden, dass dieser Commentar im Mittelalter viel gelesen, gekannt und entweder direct oder in freier Weise, indem die Schüler die Lehren des Meisters in nächster Zeit verwertheten, benützt wuide. Ist es doch ge- radezu auffallend, dass vom IX. Jahrhundert ab die llss. zu Sedulius grösstentheils mit Glossen übersäet sind, während die ältesten Codices, der Tauriuensis und das fragmentum Mediol. von Glossen fiei sind. Wir wollen einige Glossare dieser Art mit Rücksicht auf den vorliegenden Commentar untersuchen. Vorher soll jedoch noch constatirt werden, dass Anhalts- punkte einer vom Carmen abgesonderten Verbreitung dieses Commentars oder anderer unter Benützung des Kemigius ausser den oben angegebenen Abschriften sich finden. Der Cod. Mon. lat. 14420 s. XII, ein Sanmielwerk von Glossaren, enthält f. 145 — 148 Glossen zu Sedulius, von denen eine Zahl sieher aus Remigius stammt, wenn nicht etwa beide Glossa- toren eine Quelle benützt haben. Vgl. Expositio f. 17 Super- ciliuin. Cilium dicitur pars corporis . i . pellis, qua teguntur oculi; ,cillere^ dicunt graeci mouere, inde cilia dicuntur a mo- ueudo sicut palpebrae a palpitando. Ilinc supercilia dicuntur pili, qui superemiuent oculis. cf. Cod. Mon. Cilium pellis di- citur, qua reguntur oculi . , eillere' dicitur mouere inde (in cod.) cilia dicuntur a mouendo uel ' dicuntur, quia celant oculos. Exp. f. 19 Caenon graecc commune latine, inde caena di- citur a communicando, quia ibi multi apud antiquos prande- bant. Cod. Mon. Cenon graece, latine dicitur commune, inde cena a communicando , quia commune omnibus datur quod ' cf. Isitl. Etym. XI, 8. 540 Hn einer. snncti composuerunt. Exp. f. 4 Snllertia, soUon ' graece multum, inde sollertia multarum artium peritia. Cod. Mon. Solloii graece, latine dicitur multuni, inde sollertia multarum artium peritia. Auch der Cod. Vind. 2171 s. IX/X, enthält auf dem ersten Blatte: INCIPIT GLOSA DE VERBORVM 8EDVLII. Die Glossen sind von verschiedeneu Händen geschrieben, eine jüngere Hand schrieb sie auch in deutscher Sprache. Sie enthalten meist nur einfache Worterklärungen, und wenn auch einzelne mit dem Commentar des Remigius übereinstimmen, so lässt sich doch die directe Entlehnung, zumal bei der geringen Zahl der Glossen, nicht erweisen. Zur Probe vgl. man: censeas, iudices. = Expositio, Cod. fyro puer qui nutritur ad militiam, Exp. f. 3 fyro, nouellus miles et j-udis, qui nouiter ad railiciam Christi uenit. Cod. tyrocinin, seruitio 1 puer qui nutritur ad militiam. Cod. Unter, parua nauicula = Exp. Cod. dumosi, spinosi = Exp. u. s. w. Die meisten Glossen von den von mir in Betracht ge- zogenen Hss. enthält der Cod. Vind. 85 s. XI, der auch auf dem ersten Blatte die gangbarsten Notizen über Leben und Schriften des Sedulius überliefert. Diese wichtige Handschrift ent- hält eine grosse Zahl von Interlinear- und längeren Randglossen, die auf den ersten Blättern schon stark verblasst sind und auf den verschiedenen Blättern in verschiedener Zahl erscheinen.! Die Masse dieser Glossen hat zweifelsohne, wie aus demi Folgenden ersichtlich werden wird, den Commentar des Re-JJ migius zur Quelle. Dieses Glossenwerk umfasst aber einerseits nicht alle Bemerkungen des Remigius, andererseits auch mehr, wodurch wir abermals einen Beweis dafür gewinnen, wie ge- lehrte Commentare, die hauptsächlich für Schulzwecke bestimmt waren und deren Verfasser allmählich unbekannt wurden, end- ( lieh im Laufe der roheren Zeit des Mittelalters als Gemeingut li betrachtet wurden, an denen man beliebig Kürzungen und Er- lj Weiterungen- vornahm. Bekannt ist die Klage des Alexander i( de Villa dei (Anfang des XIII. Jahrhunderts) über diesen IlebeL Ü stand und seine Bitte in der praefatio, man möge nur am Rande !i • Vgl. Corssen, lieber Aussprache und Vocalismus I^, S. 225. 2 So schrieb unter die Randglossen dieses Codex auf f. 41'' eine spätere Hand ganz unpassend einige Hexameter über die stranguria. ^ Ueber ein Olossenwerk znm Hiebter Sedalius. f>41 Zusätze machen. ' Wenn man sich nicht scheute mit selbstän- digen Werken in dieser Art zu verfahren, um so weniger wird es befremden, wenn man bei Glossen werken, die im Excerpt an den Hund und zwischen die Zeilen gesciirieben wurden, uacli Willkür zu Werke ging, einfügte, sobald man etwas zu sagen wusste, wegliess, was nicht mehr verstanden wurde. Diese Glossen zeigen in ihrer Gegenüberstellung zum Original, wie in verhältnissmässig kurzer Zeit der Text dieses Commentars durch die Unkenntniss der Abschreiber verschlechtert, wie namentlich die Heproduction griechischer \Vürter erschwert wurde, da die Kenntniss des Griechischen im XI. Jahrhundert wohl ziemlich allgemein abhanden gekommen war, so dass die beigefügten selbständigen Etymologien gegenübei' den Er- klärungen des Kemigius zum Theil ganz sinnlos und barbarisch erscheinen (vgl. unten ,Elementa*). In welchen Verfall bis zum XlII. Jahrhundert die Interpretationskunst gerieth, hat Haase (de medii aeui stud. pliil. p. .'32 f.) genug ei'örtert; sie war wieder in den rohen Zustand der der Karoliugerepoche voraus- gehenden Zeit eines Virgilius Maro grammaticus verfallen. Mit den Glossen des Cod. Vind. Sf) wollen wir auch ge- legentlich Glossen aus anderen IIss. verbimlen. In der Expositio f. 10 heisst es: Tyroues dicuntur rüdes milites . i . pueri, qui exercebant sc ad palum in Campo RIartio et faciebant ictus aliquando caesi aliquando puncti, et qui eos instituebat campidoctor (andere Les. ductor) uocabatur. Vgl. die Glosse im Cod. Vind. 85 f. '2 Tirones dicebantur milites, qui ad palum antiquitus exercebantur. Campus enim erat Marcius rome, in quo tirones exercebantur ad palum. Erant enim ibi tixi lignei pali contra quos ueluti contra inimicos omnes uide- bantur tirones ictus facere et magis punctis quam cesis, et ma- gister qui eis praeerat campiductor dicebatur. Die Interlinear- 1 Vgl. Thurot a. O. p. 32: Hec alicui si quis legat exponendo minori, Deprecor hunc ut, quod posui minus exposuiue Non bene, supplere uelit. Apponet moderate, Non tameu in serie ponendo, sed memorando Tantum per uerba, uel margine suppleat extra. Si, quecunque uelit, lector addat seriei, Non poterit libri certus sie textus haberi. 542 Huemer. glosse zu Unfre ist wie oben (8. 540) auch hier ,parua naui- | cula', ebenso lautet f. 2'' die Erklärung von soUertia; dagegen \n erfährt die Glosse zu silex (siehe oben S. 533) eine Erweiterung .) Belehrend ist der Commentar für die Stelle I, 42 Legis, Athenaei paedorem linquite pagi. Die älteste Hs., der Cod. Taurin., gibt mit anderen paedorem, jüngei'e Hss. haben fnetorem. Die Entstehung dieser Variante lässt sich mit Wahrscheinlichkeit auf diesen Commentar zu- rückführen, wo es f. 24 heisst: Pedorem . i . faetorem. Pedor proprie dicitur faetor pedum. Wir haben schon bemerkt, dass die Erklärungen des Commentars verküizt an den Band, dann auch zwischen die Zeilen des Gedichtes geschrieben wurden. Stand foetor als Glosse über paedor, so konnte es auch leicht in den Text gerathen. Aus diesem Beispiele wird ersichtlich, welch iirigeu Weg der neueste Herausgeber, Löoshorn, ein- schlug, indem er in der Meinung, die Müncheuer Hss. seien für die Textesherstellung ausreichend, mit diesen foetorem edirte. Die Leseart serpit (I, 40) wird auch durch den Comm. bestätigt, f. 24 Sevpit . i . penetrat. Mit der ersten Hand des Cod. Taui'. stimmt (V. I, 120) die Leseart des Comm. f. 35 550 Huemer. Occumheret . i . rueret — andere Leseart snccumberet, ein Wort, welches der Verfasser zu Vers V, 248 erklärt, f. 149 Succnm- bere . i . deorsum cadere, putans scilicet cum auctore suo ad infernum descendere. V. I, 324 las der Conim. bereits in seinem Texte . . ternam ast hie . ., der älteste Codex T gibt mit Hiatus ,ternam hie' (^'gl- ^ed. uita p. 112). Auf die Glosse des Kemigius geht wahrscheinlich auch V. II 52 die Leseart ,prae filiis' statt der richtigeren ,prae natis' zurück (vgl. f. 68 Prae natis . i . prae filiis) oder deutet mit folgen- den Worten einen andern Entstehungsgrund an : hoc de psalmo sumpsit, ubi legitur ,Speciosus forma prae üliis' ... Zu V. II, 65 (numeu — nomen) heisst die Glosse Nnmen . i . potestas. Zu V. II, 140 bemerkt Arevalo in der Ausgabe: Plerique editi cum mss. fliiens, cuius glossa in nonnullis codd. est nascens. Dazu vgl. Exp. f. 77 Fluens . i . nascens. Alludit poeta. Non est mirum, inquit, super se prophetat sine sermone, quia patrem habet niutum. V. II, 163 lordanis refluas cursum conuertit in undas, geben einige Hss. schlechterer Sorte re^xxens. Der Comni. erklärt beides f. 79 Reßues (so der Comm. nach der Vorlage — oder nur ein Schreibfehler?) . i . retro ßuentes, poeticum est u. s. w. V. II, 204 Impiger e summo demissus labere tecto. Der Cod. Taur. hat dtlapsus. Licht über die Stelle verbreitet wieder die Exp. f. 83 IJelapsus . i . demis- sus uel descendens. Die Zusammenstellung stammverwandter Wörter ist bei Sedulius wie bei seinem V^orgänger luvencua sehr beliebt.' Ich schliesse die Bemerkungen zum Text des Sedulius ab, um noch Einiges für den Text des Beda Venerabilis beizu- bringen. De arte metr. p. 228, 20 K (u) et alterum consouantis locum tenet, cum uel latine aunm uel euangelium graece nomina- mus, geben die Hss. bei Keil ,aurum'.'- Diese Leseart lag auch dem Glossator vor nach f. 165 Aurwn ab aura . i . a splendore, unde aura prima pars diei et aurarii dicuntur fautores, qui suis adulationibus splendorem reddunt. Zu p. 233, 1 . . . ne litora Cretae (aus Arator) gibt die Exp. f. 166 Verba sunt beati Pauli, qui monebat socios remanere in Cruce insula, sed illi 1 Vgl. Wiener Studien II, 109. 2 Es liegt nahe, aus aurum auarum herzustellen. üeber ein Gloesenwerk zum Dichter Sedaliad. öol nolentes ing^ressi sunt mare et per xiiu dies passi sunt grauissi- niani tenipestateiii. p. 235, l'J edirt Keil . . sino siui cum siuero , [cauo ceui cum ceucroj caueo caui cum cauero. Die iu Klammer ge- setzten Worte gibt der Münchener Codex (F), von dem Keil (praef. p. 220) sagt, dass er sorgfältiger als die beiden noch benutzten llss. LP geschrieben sei. Ich lüge die Ueberliefe- rung des Cod. l'ar. 13 377, s. IX, f. >^7'' hinzu: ciiuo . ceui . ceucram . ceuero: caueo . caui . caueram . cauero. Diese Worte konnten kaum in den Text gekommen sein, wenn sie nicht schon in der Vorlage gestanden wären. Unser Commentar bestätigt obige IJeberiicferung, woraus sich ergibt, dass man im Mittellatein cauo, is und caueo unterschieden habe. t. 166 Cauo cauis , contirmo inde decautio .i. contirmatio dicitur. Caueo caues, cautelam adhibeo; cdUu cauns, lapidem perforo. Dazu stimmt die Glosse im erwähnten Cod. Vind. 114 f. 4* Caxito . uito; cauo . constituo, uude cautum dicimus constitutum. Zu dem p. 247, 4 citirten Verse aus Prosper heisst die Glosse f. 168 iSvnaloipha est transilitio ,quae magnae posuit sapientia mensae; magntte — mensrte ist die Ueberliet'erung der Vulgata. Ausgegeben am 31. August 1880. Xll. SITZUNG VOM 5. MAI 1880. Herr Prof. Dr. Leo Reinisch, zur Zeit in Hotumlu im Land der Beduan, dankt tiir seine Wahl zum correspondirenden Mitgliede. Von der Akademie der Wissenschaften in Krakau wird j. bekannt gegeben, dass am Id. Mai d. J. eine vierhundert- jährige Gedenkfeier des Todes von Johann Diugocz und im Anschlüsse daran ein historischer Congress zu Krakau statt- finden werde. Das c. M. Herr Director Dr. Conze in Berlin erstattet Bericht über den Stand der Arbeiten für das Grabreliefunter- nehraen. Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. lU. Hft. 36 554 Von dem w. M. Herrn Dr. Pfizmaier wird eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlunj^: ,Die Reise zu dem Berge Fu-zi' vorgelegt. Von Herrn Dr. Arnold Busson, Professor an der TJni- versität Innsbruck wird eine kritische Untersuchung, betitelt:, ,Der Krieg von 127'^ und die vSchlacht bei Dürnkrut', mit dem Ersuchen um ihre Veröffentlichung in den akademischen Schriften eingesendet. Die Vorlage wird der historischen Commission überwiesen. Herr Dr. A. Bach mann, Privatdocent an der Prager Uni- versität, übermittelt unter gleichem Ansuchen eine Abhandlung: ,Die Völker an der Donau nach Attila's Tode'. Die Abhandlung geht an die historische Commission. Herr Dr. F. Kaltenbrunner, Privatdocent an der Uni- versität Graz, übersendet eine Abhandlung unter dem Titel: , Beiträge zur Geschichte der Gregorianischen Kalenderreform. I. Die Commission unter Gregor XHI. nach Handschriften der Vaticanischen Bibliothek' und ersucht um Aufnahme derselben in die Sitzungsberichte. Die Abhandlung wird einer Commission zugewiesen. ^\ 555 An Druckschriften wurden vorgelegt: Aornflemia flella Crnsfa: Vnraholario dopli Acciclemipi. V. Tinpreasione. Vul. IV. FasciiM.lo I. In Fiit'ii/e, ISHO; Folio. Akaileniie dtT Wi.i.scnschaften, köiiijrl. prenss., zu Berlin: Politische Corre- spondeuz Friedrich'.s des Grossen. III Band. Berlin, 1S7V<; 4". — Beiträge zur Landeskunde der Tmas von Kudolf Vireliow. Berlin, 1880; 4". — küuipl. schwedische: Ofversigt af F<">rhandlinpar. .'{G. .Talirpang^. Nr. 7 und 8. Stockholm, 1879; 8". — Manadsbiad. "2. Jahrgang, IHlli. Stockholm, 1874; 8". — 3. JaJirpang, 1874. Sto.kholm, 187G: 8". — 4. Jahrgang, 1875. Stockholm, 187G; 8", — ö. Jahrganjr, 187G. Stockholm, 1877; 8". 6. Jahrgang, 1877. Stockholm, 1878; 8". — 7. J.ahrgaug, 1878. Stockholm, 1879; 80. — konigl. Vitterheta Historie och Antiqnitets: FTandlingar. Nj- Föld ojunde Delen. Stnckli(dm, 1S7G; 8". — Antiquarisk Tidakrift för Sverige. 3. Theil, 3. und 4. Heft, Stockholm, 187(1—1873; 8«. _ 4. Theil, 2. Heft, Stock- holm. 1873; 8". — 5. Tlieil, 1. Heft, Stockholm, 1873; 8». — f). Theil, "2. und 3. Heft, Stockholm, 1878; 8". — Sveriges och Svenska Konunga- husets Minnespenning.ir praktmynt och Belöningsmedaljer; heskrifna af Bror Kmil Hildebrand. 1. und 2. Theil. Stockholm, 1874—1875; 8». — Teckningar nr Svenska Statens historiska Museum af Bror Emil Hilde- brand och Hans Hildebrand. 1. Heft (Serien IV. Plancherua 1 — 10). Stockholm, 1873; Folio. — 2. Heft (Serien VI. Plancherna 1—10). Stock- holm, 1878; Folio. Bibliotheque de l'Eeole des Charles: Revue d'Erudition. XLE. Annee 1880. 1" Livraisou. Paris, 1880; 80. Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittlieilungou. Band. XXHI. (N. F. XIII.), Xr. 3. Wieu, 1880; 8^ — deutsche, für Natur- und Völkerkunde Ostasiens: Mittheilungen. 19. Heft. October 1879. Yokohama; 40. — Februar 1880. Yokohama; 40. — königl. der Wissenschaften zu Göttingen: Abhandlungen. XXV. Band vom Jahre 1879. Göttingen, 1879; 4". — Nachrichten von der königl. Gesell- schaft der Wissenschaften und der Georgf-Augnsts-Universität aus dem Jahre 1879. Göttingen; 8". — Göttingische gelehrte Anzeigen. 1879. I. und II. Band. Göttingen; 8". Göttingen, Universität: Akademische Schriften pro 1878 — 1879. 118 Stücke 40 und 80. Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter- maun. XXVI. Band, 1880. IV. Gotha; 4»*. 36* 556 ,R e V u e poHtique et litteraire' et ,Revue seieutifique de la France et de fl l'Etranger'. IX«^ Annee, 2« Serie, Nos. 43 et 44. Paris, 1880; 4". Sybel, Heinrich von: Kleine historische Schriften. I. Band, 3. Auflage. Stuttgart, 1880; 8". Upsala, Universität: Fyrahundraärs Jubelfest. September 1877. Stockholm, (.j 1879; 40. Verein, historischer, für Steiermark : Urkundenbuch des Herzogthums Steier- mark, bearbeitet von J. von Zahn. II. Band (1192-1246). Graz, 1879; 80. !'« Pfizmaier. Die Reise zn dem Ber^e Fn-zi. 557 Die Reise zu dem Berge Fu-zi. Von ])i. A. Pflzmaier, wirkl. Mitglied der k. Akailtjmie der WisaenncbafleD. Im Herbst des vierten Jahres des Zeitraumes Jei-kio (1432 n. Chr.) unternahm, wie auch in der Geschichte ver- zeichnet wird, der Siogun ^fc ^r Josi-nori eine Reise zu dem Berge Fu-zi in Suru-g-a, angeblich, um diesen Berg zu sehen. In seinem Gefolge befanden sich die zwei als Dichter ausgezeich- neten Männer ^ ^ ^T Siaku-geo-ko und ^ 1^ ^# ^^ Fudzi-waia Masa-jo, von denen ein Jeder einen poetisch ge- haltenen Bericht über die Reise veröffentlichte. Die beiden genannten Schriftstücke wurden in dem Sammel- werke i^ ^. i^ ^^ ^^ fti-so siil-jed sin, welches der Verfasser dieser Abhandlung aus Holland in Manuscript erhielt, vorgefunden. Bei dem Umstände, dass jene Gegenden, nach welchen die Reise erfolgte, damals weit weniger bekannt waren, als jetzt, schien vorläufig das Werk Siaku-geo-kö's, da es, ab- gesehen von dem poetischen Inhalte, Aufschlüsse über manche Oertlichkeiten gibt, einer Darlegung nicht unwürdig. Siaku-geo-ko war, wie das seinem Namen vorgesetzte ^ siaku andeutet , ein Bonze und bekleidete das Amt eines ^ ^P F6-in, welcher zu der ersten Rangstufe der Bonzen gehört. Er starb im vierten Jahre des Zeitraumes Kiö-toku (1455 n. Chr.), fünf und sechzig Jahre alt. Josi-nori gelangte übrigens nur an den Fuss des Fu-zi, verweilte daselbst zwei Tage und kehrte dann wieder nach Älijako zurück. Dieser höchste Berg Japan's, ein Vulcan, soll gegenwärtig nicht mehr Feuer auswerfen, doch werden in der 55ö Pfizmaier. Geschichte drei sehr verderbliche Ausbrüche desselben ver- fffi zeichnet, nämlich von den Jahren 800, 864 und 1707 n. Chr. Die Lesung des Manuscriptes war nicht ohne Schwierig- keit, da manche in ihm vorkommende abweichende Zeichen j der chinesischen Pfianzenschrift und ungewöhnliche Zeichen der Sylbenschrift erst mühsam entziffert werden mussten. Die Uebersetzung der zahlreichen Verse wurde genau nach dem Originale und, wenn irgend möglich, mit Beibehaltung i* der japanischen Wortfolge ausgeführt. Durch letzteres wurde | die eigenthümlichc Kraft und der Tonfall der japanischen ijj« Verse unverändert gelassen. Auf unsere Sprache angewendet, m ergibt jene Wortfolge Inversionen und bedingt eine gewisse ^i Schwerverständlichkeit, welche jedoch in noch höherem Grade \l im Japanischen vorhanden ist. In der Regel erfordern alle A japanischen Verse längeres Nachdenken, bis sie verstanden ( werden. In den eingemengten Gedichten wird Josi-nori häutig ge- i priesen und ihm die Lebensdauer von tausend Geschlechtsaltern ;• gewünscht. In Erinnerung werde hier gebracht, dass dieser >{ Siogun wenige Jahre später, im ersten Jahre des Zeitraumes fj Ka-kitsi (1441 n. Chr.) durch ^ ^ ^ J^ Aka-matsu n Mitsu-suke meuchlerisch getödtet ward. M t '■ a n ti ± Fii-zl-no ki-tjiö. Die Reise zn dem Fu-zi. 3- + ^7 y iL^ 7 X ^ z> A -t n "^ i^ ^ t ^ i^ ^ 3 ^^^| M, y ^ ly 7 ^ ^ n y y m 7ä ^ ^^ 7 o. H )^ ^ y 1 - ij K Die Reise zu dem Bergf Fu-zi. 559 i^ ^ Ä ^ b >' ^^ ft i >v!,^ -^ n > M ^ y y ^ ^ ^ h h )) ^ -f pg if ;ci^ 't y Tji ^ u - H h # y ^ ^ 'u 7 )i^ Nana-tsu-no 7nitsi knze icosamari \ ja-tsn-no sima iiami sidzuka-ni-site \ jo-mo-no sfki-movi to-zasi-ico wasure-fahere-ha \ tabi-no jnki-ki Miicitru koto-mo naku \ jnrodzu-iio tnmi kuro-wo judzuru kokoro-zasi'Wo nan moto-to si-kere-ba \ idzuku-ni jadori- ioru-mo kokoro-toke tanonimi owo-kavn mi-Jo-ni-zo faberi-keru koko-ni fu-zi go-rmi-no kokoro nrn-zo mado-wo sare-faberi-te | jei-kih jo-tsn-no toai naga-dznki fowo-jo kn-)io fodo-ni omoi-ni tatare-fnheri. Indess auf den sieben Wegen der Wind zureelit gebracht worden, um die acht Inseln die Wellen ruhig waren, als der Passwächtcr der vier Gegenden das Schliesscn der Thüre ver- gass, war für das Gehen und Kommen auf der Reise kein Hinderniss. Als die Zehntausende des Volkes die Absicht, die Feldraine zu überlassen, zur Grundlage machten, schlug man sich aus den Gedanken, wo man ein Nachtlager beziehen solle, es war in dem hohen Zeitalter, in welchem die Freude gross ist. Jetzt bestand der Wille, den hohen Blick auf den Fu-zi zu werfen. Von dem Fenster scheidend, fasste man im vierten Jahre des Zeitraumes Jei-kio (1432 n. Chr.), am zehnten Tage des langen Monats (des neunten Monates des Jahres) den Entschluss. # ( + :^ ^ ^ » (# T 0 +JT ^v >t ij u ^^ y iL ^ Bg i^: ^ ^t^^'^Biy^^ y 560 Pfizmaier. Wori-si-mo aki-no ame ß-goro kudari-tsudzuki-te \ faruru-mo mije-faherazari-si-ga \ on-tatsu-no aka-tsuki-jori \ itsu-si-ka sora- no ke-siki sumi-watari \ nodo-jaka nari-si-zo \ katsu-gatsu ari- gataku oboje-fabeni. Um die Zeit iiel Heibstregen Tage hindurch ununter- brochen und es schien nicht, dass es sich aufheitere. Seit der Morgendämmerung des hohen Aufbruchs war irgend einmal in dem Aussehen des Lufthimmels Uebergang zu Klarheit und es wurde mild. Man erkannte es einstweilen als vortrefflich. -j- > ,=i 7" zy y n "t \L W W ^ )v V ^ 7 y 0 y )v Awogi-miru | mi-jo-no fikavi-mo \ kefu-wa nawo \ sora-ni sirarete | faruru ame kana. Zu dem man emporblickt, Des hohen Zeitalters Glanz, Heute noch mehr An dem Lufthimmel wird er erkannt, Und ist Aufheiterung nach Regen ! Af^i-saka kosi-fabera tote, seki-no mib-zin-no atari-nite. Um die antreffende Bergtreppe zu überschreiten, sagte man bei dem glänzenden Gotte des Passes : Kimi-ga jo-ni \ afu-ja uresi-ki | afu-saka-no | seki-ni seki- moru I kami-no kokoro-mo. Dass des Gebieters Zeitalter Er wohl antrifft, freudig An der antreffenden Bergtreppe Passe des passbewachenden Gottes Herz. Die Reise zu dem BerRe Fn-zi. 561 Der Pass der antreffenden Bergtreppe (afn-saka-no seki) betindet sich in Omi, Kreis Si-ga. ^ t ly # y 1- 3 - BJ y i y ') Ä Oj 0 ^ ?j-. 1/ h ? 7 I * - ^ y yl^•e-6o«o-«o kuma-jori mi-kami-no jama fono mije-faberi fu-zi-no ne omoi-jaravete. 8eit der Gränze des Tagesanbruchs war der Berg der drei Höhen undeutlich zu sehen. Man stellte sich den Gipi'el des Fu-zi in Gedanken vor. u b- ^ Y V ^ t ^ 7 t 7 J y ^ z. ^ 1] '^ ? 7 h ^ u y ^^ ^ ^ y y Omoi-tatsn | fn-zi-no ne towoki \ omo-kageico \ tsikaku mi- kami-no I Jama-no fa-no kitmo. In die Gedanken prägen Von des Fu-zi Gipfel das lerne Abbild ein Nahe, von den drei Hohen Des Bergrands Wolken. Der Berg der drei Höhen (yni-kami-jw jama) liegt in Omi, Kreis Ja-su. In dem Lande nennt man ihn insgemein htukade-jama, ,B^i"g der Vieltusse". Man nennt ihn auch mijako- no fu-zi, ,der Fu-zi von Mijako^ T ^ ^ y m M Kusa-tsu-no jado-nite. In der Einkehr von Kusa-tsu : ^^^^y^ym^^i-r ^h-\yii^uy^y Afumi-dzi-ja j aki-no kusa-ba-wa \ na nomi site \ fana-saku lo-he-ni 1 idzuku-fo-mo naki. 562 Pfizmaier. Auf den Wegen von Afumi Die Blätter der herbstlichen Pflanzen Ein Name nur, Auf der Feldseite, wo Blumen blüh"n, Wo es auch sei, sie nicht sind. Die Einkehr oder Haltstelle Kusa-tsu liegt in Omi, Kreis Kuri-moto. Die Verse enthalten eine Anspielung auf das in dem Namen vorkommende Knsa, ,Pflanze'. ', B y y A T n H ij y -^ ^ h ZI Y ^ 7 y - f X ^) 11 y y- y ^ it. M ^ )\\ Ja-su-gaica-no atari-üi on-josowoi-ioo tate-matsuramu tote so-ko-ra tsndoi-i-tari. In der Gegend des Flusses von Ja-su blieb man, um den hohen Aufputz durzureichen, dort versammelt. y 11 £ # - ^ ^ i u 7 •? ij y T •^ X D y 7 7 y 7 t ^ 2. jll t 3 i5? y Woiio-dzukara \ tami-no kokoro-mo \ ja-su-gawa-ni \ nami- wite kimi-no \ fikan-wo matsu. Aus freiem Willen, Wie des Volkes Herz es ist, An dem Flusse von Ja-su In Reihen weilend, des Gebieters Glanz man erwartet. IV Y \\\ ^ y t ^ ^ ^ V ^ y y ^ ^ y o y "r fj^ ^ t y ^' ^ )^ n Kefu-no on-tomari-wa mu-sa-no jado-to-ka-ja nari. Tsugi-no ß I jo-fukaku jama-no maje-to mhsu tokoro suguru tote. Die Reise zu dem Berg« Fa-zi. 563 Die hohe Haltstelle des heutig-en Tag^es war wohl die Einkehr von Mu-sa. ' Am nächsten Taij^e in tiefer Nacht, wollte man zu einem Orte Namens Jama-no maje hinüberziehen. ^ ^ -^ ^ -^ ^ u ^ u Tsuki-mo gana \ aki-giri fukaki \ asi-hiki-no \ jama-no maje- no-no I sino-uo me-no sora. O wäre der Mond An des vorderen Feldes Des tief herbstnebeligen, Fiissziehenden ßerijes ^lorgendlioh dämmerdcm Himmel! Die Einkehr oder Haltstelle ^ ^H^ Mu-sa liegt in (Jmi, Kreis Ja-SU. Der Name Jama-no maje bedeutet: Vorderseite des Berges. 7 ^ y m. X + m Jo-to-amari kokono-in-no jado-iüu. Bei der Einkehr der neun und vierzig Gebäude : A y ^ h ^ ^ y r 'j r Jo-to-amari kokono-atari-no sato-no na-wa \ jamato-kotoha- ni I ika-ga nokosamu. Der vierzig und noch Neun Stellen Dorf, seinen Namen In Jamato's Sprache Wie wird man übrig lassen? ^ ^ y" y }\\ ^ ^] ^ ü ' Mijako-jori ziusan-ri. Von der Hauptstadt dreizehn Ri. 564 Pi 'izmai* Jr. 2> 2/ 0 X 11 •^ a )t/ •t)- )^ u :? :^ X Ui y A ^ 11 Zy 1/ )L/ t jll 3. ^ >(7 »j h + m •^ y ^ ^ -^ T 7 y y Ä ^ T 2> ^ Imi-kami-to mosii atari-nite j isa-ja-gaica-ioa idzuku-nite-ka- jl i sehen Berg und Fluss ein undeutlich sich zeigender Ort. Man - vermuthete, dass dieser es sein dürfte. I: + y r h ■\' jii 1/ - -f -f ^2>y-fh7^^7-t y :i^ n ^ h ^v ij i- h Isa-to-ifu I na-ni nagare-taru | kawa-wo-to-ja \ toje-do iica- ['i ne-no \ midzu-no sira-nami. Der unter dem Namen Isa geflossen, Der Fluss, nach ihm vielleicht Fragt man, es sind von den Felsenwurzeln Des Wassers weisse Wellen. y" ^ ^ J n A^ Wo-no-no jado-nite. In der Einkehr von Wo-no : Fuki-ni-keri | wake-jnku sode-no | tsuju-zimo-mo \ mi-ni simu i aki-no \ wo-no-no jama-kaze. 1 Die Reise zn dem Berge Fa-zi. 565 Geweht hat, Zertheilend des Aeriuels Thau und Reit", Der iu den Leib dringende herbstliche Berg-wind von Wu no. ly - "f 7 ^ ^ > # t V X y u U ^ y IV ly b- »j Ä 7 — y ^ 7y A y 7 )^ I \ 7" ^ ^ ^ y 7. j Jj # P ff y iij -^ ^ m X ^ Swi-fari-thgewo konu-vio sirazu kosi-fahei'ii fito-no tada ßto-kafa-ni isogii-vio \ Jarnatnitsi tsudziira-icoi'i-nite juJci-tsigb jb- ni-zo m ije-fahen-si. Man übersetzte die Berü;treppe Suri-fari und wusste es nicht. Die übersetzenden Menschen eilten bloss zu einer Seite, der Bergweg war zickzackig und sah aus, als ob man einander entgegenginge. ^ y u X A y 1} 12 y 11 y ij )^ t 7 ^ b- iii )^ lÄ n Sß ^n D Kokoro-seki \ juki-kafu tabi-no | moro-hito-wa | sode-sun- fari-no \ jama-no kake-dzi-zo. Von Sinn hastig, Gehend und kommend, der Reise Sämmtliche Menschen Auf des Aermels Reibenadel, Dem Berggehänge. Die Bergtreppe der Reibenadel (s7iri-fari-no toge) befindet sich iu Omi, Kreis Saka-da. Sode, ,Aermel^, fand sich in dem Namen sonst nicht vor. y t ^2>)i>-^#x y Jf P ^ ^ ^ V ^ ly ^ m "& 566 Pfizmaier. Fu-wa-no seki sugi-fanhari-si-ni \ vioini tosi-mo naki seki-no to-boso koke nomi fukaku-te \ naka-nnka mi-dokoro nari. Man war zu dem Passe Fu-wa hinüber g-ekommen. An den Thürang-eln des Passes, der keine bewachenden Jahre hatte, war das Moos nur tief, es war in der That ein sehenswürdiger Ort 4 -t 7 h b- 11 11 7. ^ y p 4^ A y J U ^ 1/ itt )^ if ^ y )L' i. 3 )\ r y -f 2> To-zasi-wo-ba \ ikn-jo ivasurete \ kakn bakari | koke nomi todzuni I fu-tva-no seki-ja-ni. Das Thürschliessen Wie viele Zeitalter man vergisst, Auf solche Weise Das Moos allein verschliesst An dem Passhause von Fu-wa. Der Pass Fu-wa liegt in Mi-no, Kreis P^'u-wa. d Taru-wi-no jndo fsikaku nari-te. Es war nahe der Einkehr von Taru-wi : Mukasi mi-si | uke-wo fn'rn-he-m ' mafn-ja icare : omofu taru- i wi-no I nudzii-ico nmsnhnn. Die einst man sah, Die Fischreuse zum Führer machend, Wird man ferner, an das ich Denke, von Taru-wi Das Wasser binden? ^ Jt Taru-wi liegt in Mi-no, Kreis Fu-wa. ' I Die Reise tu dem Berge Fn-zi. 567 Onazi on-loman-nite. In derselben Indien Einkehr: ' "^ y )v j] a ^ y )\ ^ ^ yy ft >^ -T t ^- * ¥^ ^ Mi->io-jmna-ja \ viutsu-icd jitn-ki-uo \ h i^ :7 ^ jll r y 7 H + ^#C7 V V \L ^ ~J :^ - Towo (imari j'ntsu-ka jo-wo komete \ nfi-kawn-fo rnbsu tokoro s iiyi-faberi-si-ni. Am zwölften Tage des Monates kam man noch in der Nacht an einem Orte Namens Afi-kawa ,Fluss Afi^ vorüber. -^ -^ 7 :? h i^ jll - 7 Kit(-e-ioicoki' \ Jo-ni aß-kaira-no | iwa-ncnni-no \ tsi-tost-wo kojuru I icoto-no sajake-sa. In dem zuletzt fernen Zeitalter, des Flusses Afi Felsenwellen, Tausend Jahre überschreitet Ihres Tones Klarheit. :i^Uljy2>^hn ' Mu-sa-jori ziü-xi-ri. Von Mu-sa vierzelin Ri. 568 Pfizmaier. Äwo-no-ga fara-to-ka-ja-ni \ sika-no ne kasuka-ni kikoju. Etwa in der Ebene Awo-no hörte man undeutlich die Stimme des Hirsches. I ^^ y ^ i, )v ^ r )\ ^ ^ Sika-zo naku j awo-no-ga Jara-no \ awo-tsudzura \ kuru jo- mo siranu \ tsuma-wo urami-fe. Der Hirsch röhrt, Der die grüne Ranke Der Ebene von Awo-no, Die kommende Nacht nicht kennenden Gattin grollend. Die Ebene des grünen Feldes {aico-no-ya fara) liegt in Mi-no, Kreis Fu-wa. T - ?i y s * Aka-saka-no jado-nite. In der Einkehr von Aka-saka: ^ -f )^ # -t 7 ^ ') OH-ni afu \ aki-no ko-zu-e-no \ aka-saka -ni \ sode furl fajete | isogu tahi-hlto. ^k . Die Zeit trifft, ^^ Auf der herbstlichen Wipfel Rüther Bergtreppe Den Aermel schnell erfassend, ^tt. Der eilende Mensch der Reise. WP* Aka-saka ,die rothe Bergtreppe' liegt in Mi-no, Kreis Fu-wa. Im 10 1 Die Reioe zn dem Berge Fu-zi. 569 ■X y ^ y :^ a n y ^ p 3 1 m ^ y I ^ ij ^) 7 h t ij 7 y Mitsi-fnignra fornonai-faheni ßfo-uo | momidzi-sifaru faitta- IL'O ika-f/n mi'rti tote wohnri-falteri-si-ui. Die auf dem Wcfje Gesellschaft leistenden Menschen hatten, um den o^erötheten Epheii irgendwie zu sehen, das Geleite gegeben. ^\ / i- y 7. ^A -^ ^ ^ 1] ^v ^j ^ y -^ T # ^ Ktitsumi-kumo | sode-iii-zo (nmtru \ niiidu kojenn | ii-dzu-no j(ima-dzi-no \ simn-nn juku-e-icn. Der Schilfhlüthen Wolken Auf dem Aermel übrig, Noch nicht überschreitend Den Ort, des Hergweges von U-dzu Reif, wohin er gegangen. y zy y - 7^ )l^ -tf X h — ^ T Idzuku-ni'te faheri-si-jaram'}i | kiri-watnreru fima-ßma-jori | inci-ha fouokn-m mijete \ aki-iio knmo snje jen-naru-ui | kari isurete iohri. Wo wird es gewesen sein? Durch die Zwischenräume, »TG der Nebel hinüberzog, war Ina-ba undeutlich zu sehen, and indess die Herbstwolken nur in Beziehung standen, flog üe Wildgans in Begleitung. Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. XCVl. Bd. HI. Hft. 37 -f i: 8 # ^ ± -s 7 1/ y )\ ( ^ -V ^ * 3 1/ y — y u )V A 7^ 570 Pfi/maier. )^ ^ ^ tf u 1/ ^fci samvki \ ta-no ma-no ina-ha | kati-zo naku \ kiri-no j asa-ke-no | sora-mo fonokn-ni. Das zwischen herbstlich kalten Feldern ist, in Ina-ba Die Wildgans schreit; In des Nebels Morgendämm'rung^ Der Himmel düster auch. Der Berg ^ ^ Ina-ba soll in j]^ _^ Gi-fu, Reich Mi-no, liegen. Hiermit nicht gut vereinbar ist die Angabe : Gi-fu liegt in Mi-no, Kreis Atsu-mi. Die Zeitalter hindurch sagte man : Berg Ina-ba. Knwi-ze-gaioa toataru tote. Um den Fluss Kuwi-ze zu übersetzen : t ^ :^ ^ y m h Ä y 7" ^ ^ y { Jufv-sare-ha | km fado-tado-si \ karva-no na-no | kuwi-ze motomete \ fiine-ja fsimaffamit. Zur Abendzeit Im Nebel tappend, In dem Namen des Flusses Den Baumstumpf indem man sucht, Wird man wohl das Schiff anbinden. Der Fluss der Baumstümpfe {kriwi-ze-gnicci) befindet sich in Mi-no, Kreis Owo-no. Gegenwärtig heisst er ^ -^ ro-ku-gawa. ( y )^ :? ^ Y )\ ^ 1 V — V V ^ ^ ^ lly if ^ )ly - )L/ 41 Nagn-fasi-to kikoji(ru-wa | geni-zo fnrii-haru-to mi-wafnsare- taru-m-jn. Was die Kunde von der langen Brücke betrifft, so ist diese wirklich in weiter Ferne wohl übersehen worden. Die Reise zn dem Karge Fu-zi. 571 ^) )V ly ^ y y ly ^ y{ ^ 3 ^ \y )V y" 1j n y y Kazn-naranii | mi-no-no nagn-fasi | nayarajete ivataru-mo iiresi I kakaru tajori-ni. Die zahllosen Laiiß^en Brücken von Mi-no, Fortlebend Sie übersetzen, erfreulich ist es Hei solch' einem Vertrauen. X - i;;i tp b M »r y 7 X A Musubu-no matsl-ja-to mhsn fokoro-uife. An einem Orte Namens Musubu-no matsi-ja ,(las bindende Strassenhaus' : Tsuju-zimo-no j vnisubu-no matsi-ja \ jo-wo kornefe ( tatsu aki-bifo-mo \ sode-ja samu-keki. Des Thaues und Reifes Bindendes Strassenbaus, In ihm des noch in der Nacht Aufstehenden Handelsmannes Aermel wohl, der ganz kalte. ^v .% y ^ y ^ ^ ^ ^ X n \L ^ n D y" ^ + t^ y y -j- n ^\^ i- y h ^) ^)r M ^ 2^ A u n i- t m y n h r m - ') h D y if 37^ 572 Pf izmaier. t — ^ 0 y € <^ m ^ Ä M ^ p y T >ji y ^ T n >(7 u -f u 3. y 3. n # ^ ^^ 7" ffli )iy € )L/ •) + n ^ ^ Ä U A 4^ h y u •n- ;(/ ^ 4^ ?= Sii-no mata-gmca-xoa \ kio oico-karu tokoro-no sama nari- keri. Kmoa-no omote ifo ßroku-fe | umi-dznra nado-no kokotsi-si- faheri. Funa-basi faruka-ni tsudzuki-te \ jiüai fito kakeru muma fima-mo nasi. Aru-wa ki-ki-no moto taisi-jurngi-ie \ osohi-no tüomomuki ohnjuru knta-mo ari. Mi-fune karameide kazari ukahe- tari. Mnfa kntawara-ni u-kai-hune nado-mo mije-fnberi. Der Fluss Su-no mata hatte das Aussehen eines Ortes, an welchem viele Freude ist. Die Oberfläche des Flusses war sehr breit und machte den Eindruck der Meeresfläche. Die Schiffbrücken reihten sich in der Ferne aneinander und Men- schen wandelten, Pferde sprengten ohne Unterbrechung-. Bis- weilen schwankten die Stämme der Bäume und es gab auch eine Gegend, wo man das Wesen der Spiele bemerkte. Ohne das Schifi" des Gebieters anzubinden, schmückte man es und Hess es schwimmen. Ferner zeigten sich seitwärts Seeraben- schiffe. 1 y ^ ly t ^v. y ^ 7" 3 t y ■fe ■=^ t U ffi 'S/ y + Ä t^ ^ / 1/ A :s u 1/ ^ # # ■^ # f ly y )\ )V -^ * X t y <1- if u y t A y A 7 7" y Ä 7 y m — Bn- 7 « 1 Schiffe, auf welchen man mit Seeraben Fische fing. Die Reise zu dem Berge Fu-zi. 573 Fito-tose 1äta-jama-tono-ni mi-juki-no toki \ mi-ike-ni u-no fune-ico orosare \ katsiira-hito-ioo inesi-te \ ke-siki fakari-tsukb- matauraserare-faheri-sl koto saje-zu \ jume-no jb-ni omoi-idasare- faberu \ sore-jori foka-ni-wa \ kakete-mo mi-toojohi-fahevanu icata-ni namu. Im ersten Jahre, zur Zeit des hulien Besuches in dem Wohnsitze von Kita-jama, Hess man in den kaiserlichen Teich Seerabenschiffe herab. Man berief Menschen des Zinimtbaumes und es wurde die Aussicht ermessen. Dieses wurde selbst, nach Art eines Traumes, in die Gedanken gebracht. Hierauf sprengte mau weiter, und an dem mit den Blicken nicht zu erreichenden Meere : 0 t )^ ;< )^ ^ X ;< ^) Hk ^ ^ ^ i^ ^ y p y y -h ^Ö ^ 7 ? ^ 4^ 7; b Sima-tsu tori | tsuktuiu uki-au-no \ mafa mine-ba \ siranu te- naiva-ni | kokoro ßka mirl. Wo der Voj^el der Insel Nicht anlang-t, Der schwimmende Werder, Seine Gabel da man nicht sieht, Mit dem Handseil, das man nicht kennt, Zieht das Herz. 7 u ^ ^ "^ ^ 'A u )^ t- ^ 7 y ^ y u ^L/)i>t Omoi-deru j mukasi-mo toicoki \ watari kana \ sono omo-kage- no j ukabu-wo fune-ni. In die Gedanken kommend Die ehemals auch ferne Ue herfahrt ! Ihr Abbild, Es schwimmt bei dem Schiffe. Der Fluss g ^ )\\ Su-no mata-gawa ,der Fluss der TintenscheukeP (der Tiuteugabel) bildet die Gränze zwischen 574 Pfizmaier. den Reichen Wowari und Mi-no. Stimi , Tinte' ist in dem Namen zu su abgekürzt. In den Versen wird sii durch j^ *M uki-su , seh wimmende Flussinsel' ersetzt. Man sagt in letzterem Sinne sonst naml-no uki-su ,die schwimmenden Flussinseln der Wellen' und Aehnliches. 7" ^ ?pr b H 7 H Wo-icari-kuni wojohi-kawa-nite. An dem Flusse Wojobi-kawa in dem Reiche Wo-wari. Waga kimi-no \ megumi-ja fowoku | wojohi-kawa \ jutaka-ni sumeru \ niidzu-no oto kana. Wo meines Gebieters Gnade wohl weithin Sich erstreckt, der Fluss, In Fülle dort des klaren Wassers Getön ! Wojohi-kaiva hat die Bedeutung: der Fluss des Erstreckens. # 'J y m •? y ffl * + J M. p Uli y b n X y- # ^ ^ (ff 11 ■> — ^ y 11 ip ^ -f b u y ? w ■h u y Ori-tsu-no on-tomari kai-tsu nado sugi-te \ atsu-ta-no mija- no sin-zen-ni mbdete \ on-mifsi-sugara-no on-inori nado mosi- faheri-ki. Bei der hohen Einkehr von Ori-tsu • an Kai-tsu vorüber- kommend, besuchte man die göttliche Vorderseite des Palastes von Atsu-ta und verrichtete das Reisegebet. ' Taru-wi-jori ziil-ri. Vou Tarii-wi zehn Ri. i Die Reise zu dem Berge Fu-zi. 575 t M i- ^"i n$ y ly i< ly A ly M A ly m ^ ^ ^ p ^ ^ y ^ -^ ^ 1^ <- J|5 ^ 1^ Tti-i-Xhlyt^i^ly X t m u ^ M - '^ 'S ^ n ^ m ^ y "t ^ Jj ^ ^ Mukasi jamato-take-no uiikoto \ tö-i sei-bafsu-no tarne \ kono sakai-ni icoviomuki-tamai-sl toki jogiri-mitsi-ai \ i-ae dai-zingü- ni-site | owo-jamato-hime-nükoto-iu inakari-mbsi-tamai-si-ni \ mikoto-no sadzuke-tamai-si rei-ken-mo \ kono sin-den-ni todomarase- owasi-niasu-to-ka-ja | itonamu koto-naki ain-mei \ tsin-go kokka-no tsikai-mo tanomosi-ku oboje-funbcri-te. Zur Zeit als einst Janiato-take-no luikoto, um über die östlichen Fremdländer Strafe zu verhängen, zu dieser Gränze wandelte, machte er einen Uniwe^ und nahm in dem Palaste des grossen Gottes von I-se Abschied von Jamato-bimc-mikoto. Auch das reingeistii^e Schwert, welches der Geehrte übergab, liess er in diesem göttlichen Wohnsitze zurück. Das der Autbauung entbehrende göttliche Licht, den Schwur des niedergehaltenen und beschützten Reiches und des Hauses hielt mau für verlässlich. Naico mainore | >negami-no atsu-ta-no \ mija-basira \ tatsu koto-jasuki \ tabi-no juki-kl-wo. Mehr noch beschütze Des wohlwollenden Atsu-ta Palastpfeiler Der von Erhebung leichten Reise Gehen und Kommen. 576 Ffizmaier. Adzuma-no-no \ kusa-ba-ico nagi-si \ aki-no simo \ furi-te iku-jo-no I kimi-ga mamori-zo. Auf des Ostlands Feldern, Der die Pflanzenblätter verworfen, Der herbstliche Keif Fallend, durch manche Zeitalter Des Gebieters Zauber. Atsu-ta ist ein Sintootempel in Wowari, Kreis Ai-tsi. y" ^ y m y M m Fo-rai-no sima-tvo mite. Die Insel F6-rai sehend: ^ y ^ -^ )\ h ^) y{ ^ Kimi-ga tarne | oi-senu kusuri \ ari-to ije-ha \ kefu-ja \ jomogi-ga \ sima meguri-seu. Des Gebieters willen li Die Arznei des nicht Alterns f Gibt es, man sag-t, j Heute wohl des Beifusses fl Insel wird man umkreisen. ^j Jomogi-ga sima ,BeifussinseP ist die Lesung von F6-rai, ; dem Namen einer der drei Inseln der Unsterblichen. Eine ' Insel dieses Namens liegt übrigens nicht in dem Meere von j Wowari, sondern wird mit den göttlichen Worten von Atsu-ta / in Verbindung gebracht. y" ^ ^ 1j ^ )ly + Narum i-kata-nite. An der Fluthseite von Narumi : Die Reise zu dem Berge Fn-zi. 577 Wake-kisi-na | vra-kaze samuktc \ narmni-kata \ toicoki siwo-ß-iio I aki-no ke-siki-wa. An der gctheilten Ufeibank Der Buchtvvind kalt, Narumi's Seite Bei ferner Fluth und Ebbe Des Herbstes- Anblick. Nariimi liei^^t in Wuwari, Kreis Ki-ta. Die Fluthseite von Nariuni (narumi-kata) sind Trünuner. T ÜJ ^ h -yy S ^^ -^^ A ^ Jo-samu-no sato \ kono kuni-zo kasi-to omoi-ide-faheri-te. Bei dem Dorfe Jo-samu kam in die Gedanken, dass es zu diesem Reiche g;ehüren müchte. t m r ^ m. ^ y - p Ukl-mi-ni-wa \ itsu-mo jo-samu-no \ sato narete \ ima-sara aki-no | tahi-ne-to-mo nasi. An den traurigen Leib Immer der Nachtkälte Dorf gewöhnt, Jetzt Avieder auf der herbstlichen Reise der Schlaf in ihm nicht ist. Jü-samu-uo sato ,das Dorf der Nachtkälte' liegt in Wo- wari, Kreis Ai-tsi. Es wird auf der Karte in dem Meere und nahe dem Ufer als Ruine gezeichnet. V 7. ( )^ # ^ -=^ A H # ^ )V ^ )V y" ij -f ly A M Pfizmaier. X it y — . y -t # t — >s ^ 1/ ^/ ^ y ii D T 578 H t ^^ ^ 7= ^ ^ J^S # Mi-kawa-no kuni ja-tsu fasi-ni itarl-fanberi-te \ faru-haru f ki-nuru-to nagame-faheri-si tadazumi-mo \ omoi-idasarete | sozoro- ni siigi-gate-ni-zo omohoje-fanheri-si Nach Ja-tsu fasi in dem Reiche Mi-kawa gelangend, blickte j man in die weite Ferne, woher man gekommen. Man brachte I den Stillstand in die Gedanken und bemerkte unwillkürlich, I dass man nicht weiter ziehen könne I /z: ^ 7s ^ ^ )\ ^^ y- ^v U y zy :^ j. ^ y ^ - )\ )\ 7 /K 1] ^ ^ ! Kiki-wataru \ kumo-de jukasi-ki \ ja-tsu fasi-wo | kefu-wa i mi-kawasu \ iahi-ni ki-ni-keri. \ Wovon man gehört, | Der Spinnenhände liebliche | Acht Brücken, Heute mit ihnen Blicke tauschend, | Auf der Reise ist man gekommen. ! Ja-tsu fasi ,die acht Brücken' liegt in Mi-kawa, Kreis ] Awomi und hat auf der Karte die Bezeichnung von Ruinen. | Kumo-de , Spinnenhände' wird sehr verschieden erklärt. Es soll den Lauf des Wassers bezeichnen. Nach Anderen war der Fluss eingedämmt und die Dämme wären gleich Spinnen- händen gewesen. Andere sagen, die Brücke sei über eine Art Haspel gelegt worden, was mit Spinnenhänden Aehulichkeit hatte. In einer Erklärung heisst es, acht Brücken der Spinnen- hände werde gesagt, weil die Spiuneuhände acht an der Zahl sind. In dem Tagebuche Sara-sina findet sich, dass ,acht Brücken' nur ein Name, aber keine Brücke sei. I I Die Reiee zu dem Berge Fu-zi. 579 t -f y tf 7 7 - ^ V y 1- ZI r 2> ^ )1^ JTono jo-wa towo amari mi-jo nari. Na-ni o tsuki-no ßkari sajaka-navu-ni-mo \ fu-zi-no ne sa-kosoto isoyarete. Diese Nacht war die dreizehnte Nacht. Der Glanz des mit diesem Namen sich tragenden Mondes war liell, imd damit der Gipfel des Fu-zi so erscheine, wurde geeilt. A Fu-zi-no ne-ni \ matsi-miniu kage-zo \ isogaruru \ ko-joi na- takaki \ tsuki-ico me-dete-mo. Auf des Fu-zi Gipfel Das man erwarten und sehen wird, das Licht, Bei ihm wird geeilt, Diese Nacht den von Namen hohen Mond auch begrüssend. 7 1] 11 ^ y i^ ^ r 7 y ^ ^ -j ij y ^ - 1/ T n ^ 3 )V ^ A '- y y t ^ ^ ■t ^ y M b- IV ÜJ t h ^ 2> )U ^ 7 Kefu sugi-ütiiru fosi-saki nado omoi-ideraru. Das Sternvorgebirge und andere Orte, an welchen man heute vorüber gekommen, wurden in die Gedanken gebracht. y ^ y -^ =■ IV ^A 7s y ^ )i\ ^ V ^^ ^ )\ u 1] b- Tsuki-kage-no \ waga sumu kata-nio \ faruru Jo-ni [fosi- saki towoku I omoi-ide-tsutsu. Das Mondlicht, Die Seite, wo wir wohnen auch Ist hell, in der Nacht Das Sternvorgebirge, ferne In die Gedanken indess es kommt. 580 Ffizmaier. tj t ij b » ?i y + )^ ^ , Ja-fagi-no jado on-tomari nari. Die Einkehr von Ja-fagi war die hohe Haltstelle. ' ^ ^1 Jft^'ff^fP ist ein Ort in Mi-kawa, Kreis Awomi. Er hat auf der Karte die Bezeichnung von Ruinen. 7 3 2/ ^ U > # 7^ h ^ — 7 San-ded-no sib-ko u-rin-no jado-ni modete tohu tori-wi ki- do nado dai-wo saguri-te uta jomi-fanheri-si-ni \ mei-sio no-dzuki-ivo. In die Einkehr des Flügelwaldes des Reichsgehilfen und Fürsten des dritten Viertels sich begebend, suchte man nach StoflFen wie der Brunnen des fliegenden Vogels, das gelbe Thor und verfasste Gedichte auf den Mond des berühmten Ortes No ,Feld^ V ^ ^ ^ ^ y- V y y A + y^^^mmy Awa-dzu-no-no \ simo wake-fasete j adzuma-dzi-ja \ iku-kusa- makura \ tsuki-ni nare-keniu. Von Awa-dzu's Felde Den Reif zertheilend, im Einherjagen Auf des Ostlands Wegen wohl An wie vieler Pflauzenpolster Mond wird mau gewöhnt sein? i A \ n f)r ^ Mei-sio- seki tsuki. Der Mond des berühmten Ortes Seki ,Gränzpass^ 1 Ori-tsu-jovi ziü-ni-ri. Von Ori-tsu zwölf Ri. Die Reise zu dem Berge Fn-zi. 581 € J 2/ z. t m ^ h- ij V •i t 7 )\y n s •j 7 3 X 4^ )\ y ^ — -* • U ZI ly Wnsnre-si-jo \ koke fnka-kari - si | noki-ba-ni-mo | tsuki-ja mim-ran \ fu-wa-no seki-viori. Vergessen luit man! Wo das Moos tief gewesen, An dem Vordach aucli Den Mond wohl wird sehen Der Passwächter von Fii-wa. M m f-fr ^ Der Mond des berilhniten (Jrtes Fasi , Brücket )V € ( -^ A ^ 1] ^ 17 M ^ 4^ u n ^ ly )\y \L t 3^ y- )\y ly y- 7 A V Koi-waiaru \ miikasi-wo kakete \ ja-tsu fabi-ni \ fam-hani kite-mo \ mi-tsurii tsiiki kanci. Die liebend übersetzende Alte Zeit indem er anhängt, An den acht Brücken, Aus weiter Ferne wenn auch kommend, Den man sah, der Mond! m ni n m Simo - fsnki siü-gen . Die festlichen Worte des Reifmonats: Auy7^uj^^r Iku-aki-ga | ivaga kimi-ga jo-vio \ naga-tsuki-ja | nani furu tsuki-no I simo-iüo kasanemii. öo^ Pfizmaier. Wie viele Herbste, Meines Gebietes Zeitalter In dem langen Monat wohl Irgendwie des Mondes fallenden Reif wird wiederholen? h M »j h y y :^y Tstitomete-no on-tomnri-iro srufi-fduheru tote. Willens, an der Haltstelle des frühen Morgens vorüber zu kommen: i- y y )v ^) y Y ^ )iy Y Nodoka-naru ja-fagi-no sato-wa \fi-nofikari \ ide-iru made- no I na-ni-zo arl-keru. Dass freundlich war In dem Dorfe von Ja-fagi Der Sonnenschein Beim Aufgehen bis zum Untergehen, Dem Namen nach ist es gewesen. r - Fjf tf " h ^ y m -iä p U-dzi-gaica-no safo-to mbsri tokoro-nite. An einem Orte, dessen Name: Dorf des Flusses von U-dzi: y p ^ n y u y ^ ii ^ hmyy^r^^^u Tare-ka-sumu \ mijako-no tatsumi \ sika-wa arade | ko-ioa adzuma-dzi-no \ u-dzi-gmca-no sato. Wo irgend wer wohnt. Der Südost von Mijako Somit ist es nicht. Dieses auf des Ostlands Wege Das Dorf des Flusses von U-dzi. Die R«>ise zn dem Berge Fn-zi. 583 U-dzi ist ein im Südosten von Mijako g^eles^ener Kreis von Jama-siro. Dieser wird jedoch hier nicht gemeint, sondern ein in dem Reiche Mi-ka\va befindliclies Dorf, dessen Name U-dzi-gawa-no sato ,Dorf des Fhisses von IJ-dzi'. y t " ^ ^ ffl] ?g lü ^ 4^ -t )^ ^r. )V y- J Jama-iiaka-no toiiutri-nite. ou-ßrK-ma-no foilo | nujiwmcasi- sa-mo-kagiri-nnsi. Um die Zeit der hohen Mittagsrulie an der Haltstelle von Jama-naka ,die Mitte der Berge' war die Lebhaftigkeit daselbst ohne Gränzen. Tahi-goro-mo ' ta-tsuki-nasi-to-mo | omohojezu tami-mo nigi- wafii I jama-naka-no sato. Zur Zeit der Reise Kein Behelf wohl ist, Doch unvermerkt, Wo das Volk lebhaft ist. Das Dorf inmitten der Berge. Kono tsudzuki-ni scki-gufsi-to mbsu tokoro ari. Hieran anstossend befand sich ein Ort Namens Seki- gutsi , Mündung des Passes'. t )l^ -h h )^ 4^ tft ^ ^ M ^ h ^ 2> if ^ y \y <^ \L l^ ^ ^ t X ^ ■fe )ly i)- u Mitsl-ßroku I osamareru jo-no \ seki-gutsi-ica \ sasii-to-si-mo naku I movu-to-si-mo nasi. 1/ h ^ ^ 2/ ^ 584 Pfizmaier. Wo der Weg^ breit, An des geordneten Zeitalters Passmündung Ist kein Thor, das man verschliesst, Kein Thor, wo man durchkommt. 7^ 0 ^ # ^ Itt 4 Ima-ja-fata-to vibsu toH-i-no fotori-nite,. Zur Seite des Vogelbrunnens, welcher Ima-ja-fata ,die heutigen acht Fahnen' heisst: r u -z )\ )\ i^ ^ Kimi mavroru \ tsigiri si.-are-ha \ ima-ja-fata \ ima-made koho-ni \ ato-ja tare-ken. Die der Gebieter wahrt, Eine Abrede da es gibt. Die heutigen acht Fahnen, Bis heute hier Die Spur wohl liessen sie herab. T7ffxr--?fft^4^ ^ M ^^ u y" ^) h y )\ Ima-fasi-no on-tomari-mte nkasu ari-ake-tsuki-wo mite. An der hohen Flaltstelle von Ima-fasi^ ' den die Nacht hindurch leuchtenden Mond des Tagesanbruchs sehend: 7. ± )v m )^ ^ 7s ^ ^ Jo-to fomo-ni | tsuki sumi-watarn \ ima-fasi-ja \ ake-sugnru 1 Tnade \ tatsi-zo jasurafu. 1 Ja-fagi-jori fatsi-ri. Von Ja-fagi acht Ri. Die Reise zu dem Berge Fn-zi. 585 Wo mit der Nacht zugleich Der Mond hell übersetzt, In Iina-fasi wohl, Bis es läng;er als Ta^^esanbrucli, Unschlüssig- man wandelt. T ^ # ^ ^ )^ ^ ^1> t Ui + ^ & ^ -^ ± ^ Ä ^ b b 3L y m u 7. ^ ?^ n 7 9 u b )} i- )\ 3 y" ^ ^) ij X -^ A y ^ji )\ ^ )\ y M ^^ # y ^^ Toiro amnri Itsu-ka oico-iwa-J(iiiia-tu-ka-Ja-)to fumoto-wo sugi-fanhernni furi-tnrii teixi mije-fanberi. Fon-zoa-wa fu-man- zi-cjen-no dai-zi-niie oicasi-musv. josi mbsi-fauberi-si-ka-ba sihasi fon.sn iiado tatt^-matsuri-si-zo. Am fünfzehnten Tage, indem man an dem Fusse eines Berges, etwa des Owo-iwa-jama ,Berg der grossen Felsen' vor- über kam, sah man ein altes Kloster. Es wurde gesagt, der ursprüngliche Geehrte sei die Gottheit der Offenbarung des grossen Thores, und man reichte eine Weile Almosen der Vorschrift dar. Ay \[\ i ^ V y. l^ )\ ^ y" + y iK V " \y ^ ^ Kimi-ga jo-ica \ kazu-mo sirarenu | sazare-isi \ mina oico- iica-no \ jama-to naru made. Des Gebieters Zeitalter Bis die von Zahl unbekannten Kieselsteine Sämmtlich der grossen Felsen Berg werden, sei. Futa-mura-Jama kosi-fanberu tote. Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. III. Hft. 38 586 Pf'iymaier. Willens, den Berg Futa-mura ,Berg der zwei Scharen' zu übersetzen : ^ )V 1/ U ^ ^ J y )V 7 Kefn kojnrn \ fnta-mvra-jama-no \ mnra-momidzi \ mata iro- ususi I kajern-sa-ni min. Den man heute übersetzt, Auf dem Bero-e der zwei Scharen Die Ahornscharen Sind noch von Farbe matt. Auf der Rückkehr wird man sie sehen. ^ y ij T :? -n- :S ^^ # - ^ 7 h y Koromo-no snfo kono cüari-ni faheran. Koromo-no snfo ,das Kleiderdorf' sollte in dieser Ge- gend sein. ■^ lA ^ y ^ t 7 y ^ r ^ y -X y 7 17 fj ^^ A 1J )V » j * D m ^ Na-ni taieri tahi-no korovio-no | sato narade \ tsuju ivake- ki-tsiiru I sode-ja kasanemu. Als Name ward hingestellt! Des Reisekleides Dorf da es nicht ist, Den Thau zertheilend, gekommen, Den Aermel wohl wird man verdoppeln. zy ■^ ■n- ^ Z/ ^ Ä Ü 4 ZI ^ 0 m ^s '} m •;t h h -Y -^ + X f — m + y y y 7 m r\ -r ^ ^ Die Reise zu Jem Berge Fn-zi. ö87 )\ M t "t y y\ V ^ )^ U y y" 1J Ly h ^ h "t + y / P ^V t a \g ly ^ :j m u ^ y \i T ^ Kefu nun thtovn-no knni sitco-mi-sahi-ni itaii-owani-masu. h'aiio kei-siu mtwozari-iti tsudzuke-jarun koto-no fa-mo nasL Makoto-ni tsiokka-fo nn-orose-hu'fo | i-i-fiirasi-taru ovio-kage ukabi- te I kumo-no uami kemuvi-uo nami-zo koicaka-to nnki. Heute war die liohe Ankunft auf der Bergtreppe Sivvo- nii in dem Reiche Totomi. Es o^iht keine Worte, mit denen man über die Art jener Aussicht g^leichgiltig- hinweggehen könnte. In der That, wenn mau gerade nach abwärts blickte, schwamm das verkündete l^ihlniss, und Wulkenwellen, Rauch- wellen ertönten mächtig. ^ f^ )^ r 7 7; ^h X )u )^ ^ W i^ -^ i- OÄ=?X^i^y t^ y 3 ^ ^ ra ± y U y ^} t* y i^ ^ 7 V ?)i- r € " e -^ )\ y" y y IV ^. IV \y ^ y Uvn-no fotori \ matsu-wara faru-baru-to tsudzuki-taru su- saki I kaz%i-mo sirezii kogi-tsurane-faru \ ko-bune idomi-dokoro owo-kari. Ama-midzu bb-bb-taru wotsi-kata-ni \ fu-zi-no ne magai- naku araware-fanberi. Kore-nite go-ran-wo somerare-fanberi-si go-jei ni-siil. Am Ufer des Meeres, an dem Inselvorgebirge, wo Fichten- wälder in weiter Ferne sich fortgesetzt hatten^, waren Uebungs- plätze der von Zahl unbekannten, in Reihen rudernden Boote viele. Jenseits, wo weit umher Regenwasser war, zeigte sich un- 38* 588 Pfizm ai er. verkennbar der Gipfel des Fu-zi. Hierdurch begann der hohe Ueberblick. Zwei Gedichte für den Gebieter: y 7 2> t ZI Ä K t ^ 4 T ^ y t ~\ ^ t z. T y -n V u U ^ ^ U )\ Ima-zo fuja \ negai mitsi-mi-ya I siwo-vn-saka | kokorofikare- si 1 fu-zi-ioo naganiete. Jetzt schon Ist der Wunsch erfüllt, Auf der Bergtreppe Siwo-mi Ihn^ zu dem das Herz gezogen, Den Fu-zi indem man sieht. tö: 7 T a L/ y 7 ^ 7 i5 ^^ )^ ^ ^ ^ L/ -u Tatsi-kajeri \ iku-tosi-nami-ga mite I fu-zi-wo mi-si jo-wo. Zurückgekehrt, Wie viele Jahre hindurch Wird man ersehnen Wo auf der Bergtreppe Siwo-mi Den Fu-zi man sah, die Zeit. £ h U it u ^^ -f 7j ly + ^ ^\ sinohamasi 1 siwo-mi- saka )^ ly ^ ly :^ )V 7 W ^ # j^J 3 ^ % 1^ ^ ty Kata-zi-ke-naku \ go-wa-wo tate-viatsuru-beki josi wose-gofo fanberi-si-ka-ba. I Es erging der Befehl, dass man in Dankbarkeit Jamato- gedichte dem Gebieter darreichen könne. ■ n ^ 7 ^ m t^ ^"^ ^ m ^ Die Reise zu dem Berge Fo-zi. 589 Kofo-no fa-no \ genl-zo tvojohanu \ siwo-mi-saka \ kiki-si-ni kojuru I fu-zi-no tnka-ne-tva. Die durch der Worte Blätter In Wahrheit nicht zu erreichen, Die Beri»'tieppe iSiwo-rni, Von ihr man hörte, man überschreitet Des Fu-zi hohen Gipfel. ^ ^ y }> ^ yir h m Kimi-zo nawo \ jorodzu-jo towokn \ oboJK-beki \ fu-zi-no joso- me-no \ kefu-no omo-kaye. Der Gebieter noch Durch zehntausend Alter ferne Sich erinnern mag An des Fu-zi hinausblickendes Bildniss von heute. ^ i^ )v y ly m *§ m ^ y Fufa-ko-tsuka-to mhsi-fanberi-si kaica-nite \ fu-zi-wo go-ran- si-somerare-taru josi xcoserarete. An einem Flusse, welchen man Futa-ko-t^uka ,Grab der zwei Söhne' nannte, wurde von Seite des Gebieters gesagt, dass er daselbst zum ersten Male den Fu-zi gesehen habe. ^ y" )\ y 7 M. ^^ ^ -^ ^ )^ 7; Y "f ^ )V ^ 7 \L Tagui-naki \ fu-zi-wo mi-somuru \ mitsi-no na-wo \ futa-ko- tsuka-to-tca | ikade iwamasi. 590 Pfizmaier. Wo man den unvergleichlichen Fu-zi zuerst sieht, Der Weg, seinen Namen Grab der zwei Söhne Wie mag man nennen? Kore-ni tsugi-te mala mbsi-ire-fanberi-si. Diesem zunächst brachte man wieder die Worte herein: IV y r 7 ^ y y y. ^ r Tsigiri are-ja \ kefu-no juku-te-no \ futa-ko-tsuka \ koko-jori fu-zi-wo I ai-mi-some-miru. Verabredung wohl ist! Auf der Wanderung von heute Das Grab der zwei Söhne, Von hier hat man den Fu-zi In Gemeinschaft zuerst gesehen. ^ y ^ t ^ u ^ m Ife " h ij :? y # u h t ^ ^ - y )\ u ^ v h y :? T z> w ^ u y Fasi-moto-no on-toniari tsikaku nari-fanheri. Fama-na-no .ij| fasi-mo kono atari-ni koso-to mbsu-wo kiki-te. Die hohe Haltstelle Fasi-moto ^ war nahe. Man hörte auch sagen, dass die Brücke von Fama-na in dieser Gegend sei. Die Brücke von Fama-na befindet sich in dem Reiche Tötomi, Kreis Fama-na. ' Ima-fasi-jori go-ri. Von Iraa -fasi fünf Ri. Die Reise zu dem Berge Fu-zi. 591 ig 4^ 7 7 y )^ y )^ y Kure watari \ fama-na-no fasi-ica \ kivi-komete nawo mada toiüosi I aki-no kawa-tiavii. Die Däiniu'i'ung überzieht! Faina-ria's Brücke, In den Nebel indess sie tiitt, Sind noch iinuu;r fern Des herbstlichen Flusses Wellen. /r - h ^ ^u y y )^/r t i: y^ ^ A » 7; )^ ;i> S )^ -h 7" 0 y 7 T ^ - H H U ?| )^ r y 2> ^ Jt + /p7 ;< ^i ^ -f ^^-H/x^Hnyt h^y;u-)^ by?gb Totvo amari mu-ka fasi-moto-wo tafsi-te j ßku-ma-no jado- ni-mo nari-nu. Fiku-ma tokoro-wa mi-katca-no kuni-to koso omoi- narawasi-tsuru-ni \ tbtomi-ni fanberu-ica ika-naru koto-ni-ka. Asita-no fodo no-ivo wake-fanheri-si-ni musi-no ne ito sigesi. Am sechzehnten Tage brach man von Fasi-moto auf und war in der Einkehr von Fiku-ma. Man war gewohnt, den Ort Fiku-ma sich in dem Reiche Mi-kawa zu denken. Welche Be- wandtniss hatte es, dass er sich in Tötomi befand? Als man um die ]\Iorgenzeit das freie Feld durchzog, ertönten die Stim- men der Insecten sehr vielfach. 592 Pfizm aier. Aka-nnku-ni | icnke koso ki-tsure \ mnsi-no ne-no \ sode-ico fiku-ma-no \ no-be-no asa-dzvju. Schill utzlos, Zertheilend wird man gekommen sein^ Wo der der Insecten Stimme, Von des ärmelziehenden Pferdes Felde den Morgenthau. Fiku-ma hat in den Schriftzeichen die Bedeutung: ziehen- des Pferd. Sode ,AermeP wurde in den Versen hinzugesetzt, -j y" - \h i^ M Sagi-saka-jam'a-nife. Auf dem Berge der Bergtreppe des weissen Reihers: K ^ y 4^ ij ^ ^ ^ )^ IV ^ ^ m / y ^ ^ 7 Utsi-fahuki I tohu-ja tatsi-ken \ sira-dori-no \ sagi-saka-jama- zo I jasuku koje-nuru. Der mit den Flügeln schlagend. Fliegend wohl sich erhoben hat, Der weisse Vogel, Der Reiher, seiner Bergtreppe Berg Hat man leicht überschritten. - h- u a 7" 9 m + y" ^ M n ^=' m ^ ii. -t )5ir ;ii 2- 7 -f ^ jfiF a Towo amari nanu-ka totomi-no fu-wo ^ tatsi-te ame itaku furi-fanheri-si-ni | kake-kaioa-to mosu tokoro-nite. ' Fasi-moto-jori rokti-ri. Von Fasi-moto sechs Ri. r V V ivi — ■^ 7s tr 4^ y > -^ ij X \% y y y X -i b- y- -t i!^ Die Bvise zu dem Berge Fu-zi. Ovo Am siebzehnten Tage brach man von dem Samnielhause von Tötomi ' auf, und es regnete het'ti«;. An einem Orte Na- mens Kake-kawa: y Utsi-icataau | luuni suje sude-ni j kake-kaica-Ja | itodo nure- sofu I aki-no mvra-same. Wo hinüberführen Die Wellen selbst, An den anhängenden Fluss Ueberaus feucht sich schliessend Der Platzregen des Herbstes. Kake-kaica hat nach den .Schi ittzeichen die Bedeutung: Fluss des Anhängens. f,|j # 1t- 7^ Ol y 4^ tn< i^ iy m - ^ ^ Sa-ja-7io naka-jama-nite idasare-fanberi-si go-jei. Das in Sa-ja-no naka-jama für den Gebieter vorge- brachte Lied: 'Hl -^ ^ \^ Sa-ja-no naka-jama ,der mittlere Berg der wahren Nacht', hat auf der Karte die Bezeichnung von Ruinen und liegt in Totomi, Kreis Sa-no. Statt sa-ja wird auch sa-jo ausgesprochen, was in den folgenden Versen der Fall ist. In dem Man-jeo-siü findet sich A\ ^ sa-jo , kleine Nacht', wobei angenommen wird, dass sa eigentlich der Lautübergang von ma ,wahr'. ^a-ni oje-ba \ ßru kojete dani \ fu-zi-mo mizu \ aki-same kuraki \ sa-jo-no naka-jama. ' Das Sammelhaus des Reiches Totomi ist der Kreis Ivva-ta. 594 Pfizmaier. Dem Namen nach, Am Tage nur überschreitend, Den Fu-zi sieht man nicht Auf dem von Herbstregen dunklen Mittelberge der wahren Nacht. ^ W V # 0 ^ z> •Y ^ Onazi-ku tate-matsuri-fanherl-si on-jamato. Ein dem Gebieter überreichtes Jamatogedicht auf den- selben Gegenstand: V ^ ^ 3 ^ % ^] ^ t ^ y u ^} y y y n )^ y Aki-no ame-mo \ faruru hakari-no \ koto-no fa-xco j fu-zi-no ne-jori-mo \ takaku, koso mire. Bei denen auf Herbstregen Heiterkeit folgt, Die Blätter der Worte, Höher als des Fu-zi Gipfel mag man sie sehen. I 7- - J9f t/ -h / 0 h ^ ft — y { y ^ m * u t w. y Juki-juki-te keö-zo suru-ga-no fu-ni-mo itari-fanheri-nurn. Tsi-sato zi-sokka taka-Jama oki-bi-gei tarnest omoi-sirare-faberi. Weiter ziehend war man heute noch zu dem Sammel- hause von 8uru-ga ' gelangt. Die Vorbilder Tsi-sato zi-sokka's und Taka-jama oki-bi-gei's wurden in Gedanken erkannt. - 1 Fudzi-jeda-jori go-ri. Von Fudzi-jeda fünf Ri. Das Sammelhaus von Suru-ga ist der Kreis A-be. - Es war nicht möglich, die obigen zwei Namen in der Geschichte oder anderswo aufzufinden, wesshalb über dieselben nichts gesagt werden kann. 596 Pfizraaier. llj )U r + ^ 7 # ^ ^ jll :? ^ m ^) ^ ~ ^ ^ -1 ^} iik ^ Koiio kuni-no siü-go ima-gawd katlzusa-no suke on-tabi-no o- masi kazari \ i-tatsi kei-mei-si-fanheni tatsi-ni-mo \jnki-no tsuviore- '• ran sugata-tvo | zlo-ran-ni sonaje-fanhera-bn-ja-to \ nen-zi ivatari- ; kei'u-ni \ kino-no ame kano j(im^ )^ )i^ 0 | y 1] y \\\ y y" )^ ^ b- ^ i ^ 4^ )L/ -tf- X z> z> f^p 'g i^^ ■yj:3y')VY)vy^y Kono ß si-vio siro-taje-ni tsumoreru ke-siki \ fu-zi utsusi-ni- wa j kimi-no on-ßkari-ioo matsi-oicasi-masi-keru-to mijete \ ajasi- * Der Name dieses Mannes lautet vollständig Ima-gawa ffin [RT Nori- masa. Die Reise zu dem Berge Fu-zi. 597 kti tbtoku-zo ohoje-fanheru \ jama mnta jamn-wo kasauefe tanahiki- iüatarer%i-mojori-nje-ni \ kakajaki-mijf.-taru soi'u-iii tagui-naku koso. Diesen Tag war er von Anblick wundervull weiss ge- häuft. Der Fu-zi in seiner AbspiegeluDg seliien auf den hohen Glanz des Gebieters gewartet zu haben und fülilte sich seltsam geehrt. Der Berg verdoppelte wieder den Berg und neigte sieh herüber. Oben an dem Himmel, wo er zu glänzen schien, war es ohne Gleichen. ^ -tf y ^ -T h f: ;i/ yy ö ^ &, 7 U ^7-V-^^# Sira-kuino-nu | kasanaru jama-mo | fumoto-nite \ viagawanu fu-zi-no I soia-ni sajakeki. Der weissen Wolken Verdoppelter Berg, Mit dem Fasse des Berges Unverkennbar an des Fu-zi Himmel glänzend hell. Waga kimi-no I takaki megunii-ni \ fatojete-zo j nawo afugi- mirii I fu-zi-no »iba-Jama. Mit meines Gebieters Hoher Gnade Wenn verglichen. Noch immer emporblickt Der Glückspflanze Berg Fu-zi. ^ y ip # if y ^ T - :7 P ^i Z ly n r ^ y" ly Kore-ni-te amafa asohasare-fanheri-si go-jei-no utsi. Unter den für den Gebieter bestimmten Liedern, an i "welchen man sich hier vergnügte: 598 Pfizmaier. Mizu-iua ika-de \ omoi-siru-beki | koto-no fa-mo \ ojohanu fu-zi-to I kanete kiki-si-wo. Ohne zu sehen, wie In Gedanken kann man erkennen, Den die Blätter der Worte Nicht erreichen, bei dem Fu-zi Das, was man früher gehört? ^ w y ^ Kono yo-tva. Dieses Jamatogedicht für den Gebieter: Koto-no fa-ioo \ awogi-kasanete \ fu-zi-no ne-no \ juki-mo-ja kimi-ga \ tsi-jo-ivo tsumartiasi. Die Blätter der Worte Aufblickend indem man wiederholt, Auf dem Gipfel des Fu-zi Der Schnee auch wohl des Gebieters Tausend Alter wird häufen. 1/ Jo-mo sugara onazi-ni ano juma-wo go-ran-si akasi-te. Die ganze Nacht hindurch richtete man an demselben Orte auf jenen Berg den hohen Blick bis zum Morgen. 2> y 7 ^ ^ y X 3 T ^ Ä ^ ^ n u t )^ « 2> !> :i i- + - M 1] y 11 - ^ H y u m ■i- S * i 7 y 7. ^ y I ^ 11 1 7" 2> h ZI t Die Reise zu dem Berg^e Fn-zi. 599 Tsuki jnki-no \ fito-kata-narami ! 7iagame-Juje \ fu-zi-ni mizi- kaki I aki-no jo-wa kana. Auf Mond und Schnee Der nicht einseit'g-e Fernblick, seinet\veo;e>i An den» Fii-zi eine kurze Herbstliche Nacht! ffj ^ - ^ ^ ^ Jr ^ ♦ b n W ^V i- ~ yf^ Oboro-ke-ni qo-wd lutdo tate-)uatsuni-lieki j/o-Jet'-ni faberane- do I mafo. owosfi-got 0-710 ito-vio kakikokii-te. Es waren nicht Lieder, die man aut dunkhi Weise als Jamatogedichte für den Gebieter darreichen konnte, doch der Befehl war wieder sehi- ehrwürdig. h t y X ^ P h h T *M Fu-zi-no ne-ja \ tsuki-to Juki-to-no \ me-utsuri-vio | akasu medzurasi | kimi-ga koto-no fa. Auf des Fu-zi Gipfel wohl In des Mondes und des Schnees Abspiegeln vor dem Auge Bis zum Morgen kostbar Die Wortblätter des Gebieters. m m y m ^ Joku-teo-no go-jei. Das für den Gebieter bestimmte Lied des nächsten Morgens: )u u y V ^ ^ u y y ^ t yi ^ )\ "y i^ ly "r 7 T 600 P fizmaier. Asa-ake-no \ fu-zi-no ne-orosi | mi-ni simu-mo \ wasure-fate- tsutsu I nagavie-kei'u hana. Bei Tagesanbruch Der Gipfelsturm des Fu-zi In den Leib auch dringt, Dieses ganz vergessend, Blickte man in die Ferne! ^1/ D L/ 4^ + y 0 -^ ^ Asa-fi-kaye \ scmi-jori fu-zi-no \ faka-ne naru \ juki-mo ßfo- siwo I iro masarn kfinn. Der Morgensonne Strahlen Seit herabschiessen, der auf des Fu-zi Hohem Gipfel liegende Schnee auch immer mehr An Farbe nimmt zu. fn ip X Mata go-iva. Ein anderes Jamatogedicht für den Gebieter: h n y y ^ \^ ^ ly y Kümo farafu fu-zi-no ne-orosi \ fuku-ja tada \ aki-no asake- mi mawasimu-to-mo. Die Wolken treibend Der Gipfelsturm des Fu-zi Bläst wohl, nur Des herbstlichen Tagesanbruchs Leib wenn er auch drehen macht. )\^7y9Y.^^yy no Die Reise zu dem Berge Fn-zi. 601 Naiüozari-no \ ki iro-narazu-jo \ asa-fi-kaye \ kumo-ni iitsii- rofu I f^i-zi-no taka-ne-wa. Die alltäfj;'liche Luft Dicht farbig ist! Bei der Morgensonne Strahl In den Wolken sich wiederspiegelt Des Fu-zi hoher Gipfel. -^ ^ y — • y 11 r ^ 7 7" -n- T Zy a Ä * > — )j t W A y Äji X P IJ ^ 2> ^ y -h z> ^ b- ly T t t 1/ :^ )l/ Asa-sfunu naru fodo-niie \ on-icata-bD-si-ico serare-fanheri- si-ni I ori-si-mo fv-zi-no ne-ni kumoßto-mura kakari-te sa-nagara ho-si-no jh-ni mije-keni-wo | ou-watd-hd-si-ni oho^i-mesi nazurajete. Bei dem Erwachen am Morgen wurde die Baumwollmütze des Gebieters hergerichtet. Um diese Zeit hing an dem Gipfel des Fu-zi eine Schaar Wolken und hatte gerade das Aussehen einer Mütze. Der Gebieter, dieses für seine Baumwollmütze haltend, verglich es damit. Ware narazu \ ke-sa-iva suru-ga-no \ fu-zi-no ne-ni | wata- bo-u-si-to-mo \ nareric kumo kana. Die mir nicht gehört, Heute Morgen in Suru-ga, Auf dem Gipfel des Fu-zi Eine Baumwollmütze auch Sind geworden die Wolken! Sitzungsber. d. phil.-hist. Gl. XCVI. Bd. III. Hft. 39 602 Pfizmaier. Go-wa. Ein Janiatogedicht für den Gebieter: ly ^ ^ 7 y 1] "t U ~ ly 11 it^ ^ -{ ^ ^ ^ ^V ^- / Fu-zi-vo ve-ni \ nnrnrern knmo-mo | waga kinii-no \ tsi-jo- wo itadaku \ wafa-ho-n-«! hämo. Die auf des Fu-zi Gipfel Entstandenen Wolken, Sie, mit der mein Gebieter Tausend Alter auf das Haupt setzt, Die Baumwollmütze! w n % Main go-jei. Ein anderes Lied für den Gebieter: )^ ^ ^ T ^ iii )v ^ V y Itsu jiiki-te I wasure-ja-wn surii | fn-zi-kawa-no | naini-ni-\ mo aranu \ ke-sa-no migame-irn. Wann, indem man weiter zieht, In Vergessenheit wohl man bringt, Der auf des Fu-zi-Flusses Wellen nicht vorhanden, Den Fernblick dieses Morgens? y~yu^/vy^iy Uresi-sa-mo \ mi-ni koso amare \ fu-zi-no ne-ico \ kumo-noi koromo-no | foka-ni nagamete. i Dio Reise zu dem Hergi» Fu-zi. 603 Die Freude nehme In dem Leib hucIi ül)erliand, Des Fu-zi Gipfel Ausserhalb des Wolkenkleides Fern indem man sieht. "^ m n Onazi go-wa. Ingleichen ein Jamatogedic^ht i'iir den Gebieter: A V 7 ^ 1j ^ U ^ 77 ^ f P 1] ^ 7 U ^ U ly Fu-zi-kawa-no j nami-mo ikn-jo-ka j k h U )^ 7 :^ " y ^i!> 7 Fu-zi-vo ne-jn j kokoro-ni komen | tsufsumi-te-nu | kumo-no ma-sode-wa \ kagiri nri-to-mo. Des Fu-zi Gipfel wohl In das Herz wird dringen, Der verhüllenden Wolken wahrer Aermel Wenn auch eine Gränze hat. Ma-aoch , wahrer AermeP bedeutet beide Aermel, den Aermel zur Linken und Rechten. t V)viyzy:^y^y^ ^7-^^7:?r:^illj 604 Pfizmaier. y =- n 2^ 2> Ä la :/; ^ D- ^ Üi y ^ ä y ^ ^ \y ^ # A 3 Ep Ä — ^ y" ^ # i^ h # ^ tu h Kono jama-no ju-rai tadznne-kiko.n-inesi-keru-ni \ sono kamt midzu-no je ne-no tosi-to-ka-ja-ni siüfsii-gen-iw kib \ siil-go tnki- mbsi-fanheri-si-ni ' ko-tosi-no si-knn sh-too ki-doku-ni ohosi-mesarete. • Als der Gebieter nach der Geschichte dieses Berges [ fragte, und sie erfuhr, hatte vordem, etwa in dem Jahre Zin- i si (49), das Buch der Erscheinung: seinerseits der Statthalter I erklärt. Die IJebereinstimmun«' der Aeste und Stengel dieses , Jahres ' hielt der Gebieter für seltsam. ' l :^ r 7 ^A 7 y t )^ ^ 1i ; 1] -^ r y / ^y ^ W ^^ \ Kakaru mi-mo \ kami-wa ßhi-ka-to | sira-kumo-no \ fu-zi-nb I taka-ne-wo \ naivo-ja nfugau. !^ Den schwebenden Leib Indem die Götter vielleicht leiten, i Die weissen Wolken Zu des Fu-zi hohem Gipfel Mehr noch blicken empor. y h 3 y y z> r )\ -^ + y y — ^- y h ly y + ^ m 3 "-^ t r y y i: 2/ Siki-sima-no \ mifsi-toa mrane-do \ fu-zi-no ne-ni | nagame- ni majofu | koto-no fu-zo naki. 1 Das vierte Jahr des Zeitraumes Jei-ki6 (1432 n. Chr.), in welchem die Reise zu dem Fu-zi stattfand , ist das neun und vierzigste des Cyclus. Die BeiBe zu dem Berg« Fn-zi. 605 Der gebreiteten Insel Weg- kennt man nicht, Doch an des Fu-zi Gipfel Bei dem Fernblick sich irrende Blätter der Worte sind keine. Go-wa. Ein Jamatogedicht tür den Gebieter: )v m ^ ^^ y- ^ ü A # y y 1} J "c. 11 ^ ^ t 2> ^ 4^ r 7 ^ y 7 ^\ y 1] ^ ? *M i 0 4^ ■t 7 + ^ — \L ^ a. 7 Kimi-ga fetmi \ ja-ico-jorodzu-jo-no .suka made-mo \ fuzi-no ne takaki \ kaini-zo siru-rasi. Die der Gebieter wird durchziehen, Der achtzig zehntausend Alter Bergtreppe, bis zu ihr Auf des Fu-zi Gipfel der hohe Gott hat gelenkt. 11^ h y ^ y t ( Fu-zi-no ne-no | Juki saje takaki \ fikari-nite | ija siki-siki- ni I tsumoru-to-zo miru. Auf des Fu-zi Gipfel Der Schnee selbst, mit hohem Strahlenden Glanz • Immer mehr gebreitet, gebreitet Dass er sich häuft, sieht man. Fi-ne-mosu-ni nagame-kurase-owasi-masi-te. Den ganzen Tag. bis zum Abend blickte der Gebieter in die Ferne. 606 Pfizm aier. Koto-Jama-ioa | tsKki-ni naru mnde \ jiifu-ß-knge koso nagore \ fii-zi-no taka-ne-ni. Bis and'rc Berufe Zu i\Ion(l werden, Der Abendsonne Licht Immer noch übrig ist Auf des Fu-zi hohem Gipfel, nawo I M- 3 )V p 7 "^ ^ ^ ly ^ ^ y U 7 v w ^ y ij ^ ^ ^ Tada-ima-no omo-kage-wo tsukb-matsuru-beki josi wose-goto faheri-si-ni. Das Wort des Gebieters erging, dass man das Bild, wie es eben jetzt ist, ihm darstellen möge. 2> )^ JU 7 tl 7; )^ )^ ^ Ö + y V ^ 7" ^ ') T y Sira-faje-no | taka-ne hakari-wa \ sadaka-nite \ ß-kage-no koreru | jamano fa-mo nasi. Der wundervoll, weisse Hohe Gipfel allein Sicherlich, An dem der Sonnenstrahl gefroren. Einen Bcrgesfuss hat er nicht. f^ ly 7 )^ T -^^ Ä 0 i Fatsn-kn k/jo-mi-dern-iiite asohasi-wokare-si go-jei. Die Reise za dem Berge Fu-zi. 60 i Das am zwanzigsten Tage in dem Tempel Kijo-mi ' dem Gebieter dargereichte Lied: 1/ 1^. -^ a ^ ^^ j^ ^ ^ iSeki-vo to-ica j sasase-nn-jo-ni-mo | kijo-mi-ijuta \ kokoro-zo tomaru \ mi-fo-no vtafsn-bani. In dem das Passthor Verschliessenden hohen Zeitalter, An der Seite von Kijo-mi Das Herz zurückbleibt In dem Fichtenwalde von Mi-fo. Der Tempel Kijo-mi (kijo-nU-dera) liegt in Suru-ga, Kreis Ro-wara. '^ Der Name scheint heutzutage die Koje-Lesung sei- ken-zi zu haben. Mi-t'o-no matsu-bara ,der Fichtenwald von Mi-fo' Hegt, wie angegeben wird, in Öuru-ga, Kreis Ro-wara, und hat auf der Karte die Bezeichnung von Ruinen eines berühmten Ortes. Die Karte setzt jedoch diesen Ort ( ^ '^ mi-fo) in den angränzenden Kreis U-do. ^ n V ^ V X 11 M y w ^ -h T -fe 1® )V y A ■t)- # ,» tun ~-« — + + 7 V •^ On-fune-ni mesare \ ama-no kadzuki-suni nado go-ransera- refe | knan-gio nari-faheri-ki. Nachdem man das Schiff bestiegen hatte und auf die Seelischer , welche untertauchten , der hohe Blick geworfen worden, erfolgte die hohe Rückkehr. T ^ ^ y f^ ■)- i« Ä $R t -^ ^ ^ ^^ 3 )V W^ fi M fr ' Fu-tdn-jori jo-ri. Von dem Sammelhause (A-be) vier Ri. 2 Für Rü-wara wird auch Iwo-wara gesagt. # ^ ^ 0 2> 3S IV y h + # 7 . ^ t y l^ y ^^^ ^ A r 7 I :? h M )^ 7- ;& A -)- )^ ö: h 2> y X + ?t * )^ ^ OÜö Pfizmaier. Zin-gio zio-siun ici-gio zio-siü-naru on-josowosi-sa mi-tate- matsuri ( ki-sen on-mltsi-sugara sari-mo aje-fanherazxi. Die hohe Ehrwürdigkeit, wobei der Wandel der Mensch- lichkeit gleich dem Frühlinge, der Wandel der Macht gleich dem Herbste, sehend, Hessen Vornehme und Geringe, während der Gebieter auf dem Wege war, sich nicht Zeit, sich zu entfernen. Ä :/ ? M n m Ä ^ Ui Iri-je-no jado taka-fasi nawa-te nado sugi-te | firoki no-jama koko-ja ano kusa-nagi-no zin-ken \ rei-zui-wo arawasi-fanberi-si atari naramu-to \ ito-kasikoku-zo ohoje-fanberu. An Taka-fasi, Nawa-te und anderen Orten der Haltstelle der Einfahrt vorüberkommend, erinnerte man sich bei dem weiten Felde und den Bergen sehr ehrfurchtsvoll, dass es hier wohl in der Gegend sein werde, wo man das reingeistige Glücks- zeichen jenes pflanzenmähenden göttlichen Schwertes gezeigt hat. H # - t m y ^ p )V Y t- y ä 7 T ^ -^ y n =t m ly ^ £ - ^ 7 U-dzu-no jama \ utsutsu-ni kojete \ rai-si fu-zi-ni \ mi-si jo- no jume-zo | omoi-mcasuru. Den Berg von U-dzu In Wirkliclikeit überschreitend, Zu dem Fu-zi, den man sah, Den Traum der Welt, den man hatte, In Gedanken man bringt. 0ß i^ Nori-masa:' ^ ~J 0 D 7 11 ^ IV I kokoro- Sunaico-nariL j kimi-ni makasefe \ fi-no mofo-too jasuku-ja \ kami-mo miru-ramu. Dem geradsinn gen Gebieter ihn anvertrauend, Den vSonnenursprung "^ Leichten Herzens wohl Die Götter werden betrachten. Fi-no moto ,Sonnenursprung' ist die Lesung von nippen , Japan'. 2> 4^ ^ ^1< zV ^ 2> ^ 7" ' Nori-masa ist Miua-moto Nori-masa. Die Reise zu dem Berge Fa-zi. 613 To mbsi-fanhe.ri-si folci \ onazi-ku jei-sin-mbsu-beki josi ico- lose.-gnto-nife. Als er dieses vorgebracht hatte, erging das Wort, dass lan auf denselben Gegenstand ein Lied voi'brin^eii könne. )v + z. 7. 1] r n ^ % y -h X ^ IIS ^ * -jy 2> Kami-mo aiki \ amu-tsit ß-uo motu \ nkirakti-iu \ terasu me- uini-mo I sunawo-uaru jo-zo. Wo des göttlieh gebreiteten Himmels Sonnen Ursprung Glänzend hell Erleuchtend, die Gnade Aecht, diese Zeit ist es. Pudzljeda-no on-tomari-mte. An der hohen Haltstelle von Fudzi-jeda: h ^ y m -^ ^ n y y Faru nara-ba \ fana-zo niwowan | aki-tote-ja \ ura-ha iro- mku I fudzi-jeda-no sato. Wenn es Frühling ist Werden die Blumen glänzen. Herbst wenn man sagt. An den inneren Blättern sich färbende Sehminkbohnen, ihrer Zweige Dorf. Fudzi-jeda hat die Bedeutung: Zweige der Schminkbohne. ' Ni-ziu-ni-niisi se-to-jama-to vihsu tokoro-nite. * Als botanische Namen für fuchi finden sich Dolichos polystachios und Wistouia chinensia. ßl4 Pfizmaier. Am ein und zwanzigsten Tage, an einem Orte Namens Se-to-jania ,Berg Se-to': ■jj y :^ )^ \) -^ ^ -j- y" y Uragarete \ o-hann-no nami-zo \ kajeru nari \ siwo-dzi-ioa j towoki I se-to-no jama-kaze. In die Höhe gehend, Der Riedgrasblüthen Wellen Kehren zurück, Wo der Salzweg fern, In dem Bergwinde von Öe-to. Kama- tsiika-fo-mh.m afari-nite. In einer Gegend Namens Kama-tsuka ,Sichel8tieP. r \ \)yuu^'tyuy^ Koma tome-jo | kiisn-karu onoko \ te-mo takeku \ toru kama- tsuka-mo \ kono icatari tote. Halte das Füllen auf, PHanzenmähender Mann! Die Hand auch kühn ^ Den erfasst, der Sichelstiel, i ' Diese Ueberfahrt heisst so. ! Sa-jo-no naka-jama-nite \ fn-zi-no ne fonoka-ni mije-fanberi- [ si-ni I Uta jomaserwe-si toki go-jd. [ ! Die EeUe 7.u dem Berge Fu-zi. 615 In Sa-jo-no naka-jama , mittlerer Berg- der wahren Nacht' ' war der Gipfel des Fu-zi undeutlieh zu sehen. Das Lied für den Gebieter zur Zeit als Gedichte verfasst wurden: -^ / A »j b ^ )^ t r 7 ^ -n- ly m y ij ij y ly ^ 3 y 3 ( ^) b- ^ y Fu-zi-uo ne-no | omo-kage, Imkuri | fono-boiio-to | juki-jori siramu \ sa-jo-no mika-jama. Von des Fu-zi Gipfel Das Abbild nur Im Diunnierlichte Weiss von Schnee Auf dem Mittelberge der wahren Nacht. ^ P / Jei-sin-no nfa. Das Gedicht der Darbietung des Gesanges: ^B'Äliyi^T.t^VV ^yuTJLyzy^^h Sore-fo mini ovio-kage usnsi \ fn-zi-no ne-no \juki-ka aranu- ka I sa-jo-no naka-jama. Was als solches man sieht, Das Abbild matt. Von des Fu-zi Gipfel Der Schnee zweifelhaft Auf dem Mittelberge der wahren Nacht. + U P ^ y ^ i- m *) m z. i m r t -ii. ' Dieser Ort, in dem Kreise Sa-no in Totomi gelegen, ist auch früher bei dem siebzehnten Tage der Hinreise vorgekommen. 616 Pfizraaier. Tötomi-no fu fsikakn nari-fe \ Ima-no nra-fo 7nhsn iri-umi ari I ko-sui nari. Als man nahe bei dem Sammelhause von Totomi ' war, befand sich daselbst ein Meereintritt Namens Ima-no ura , Bucht von Jetzt". Es war ein Landsee. Nokorufi-mo \ in-nmi tsiknkn \ mijete-keri \ kono jufu-gure- *; no I ima-no ura-immi. Den übrigen Tag Ein Meereintritt nahe Wurde geseh'n, In dieser Abenddämra'rung Die Wellen der Bucht von Jetzt. Ni-ziü-san-nitsi ike-dn-no jado sugi-fanbern tote. I Am drei und zwanzigsten Tage sollte man an der Einkehr i( von Ike-da vorüberkommen. t V 7 iy ^ + P - ^ X ^ ^ b- -Y -X h a )V a y j -f U I . . . 1 Jiitaka-naru \ ike-da-no safo-no \ tami made-mo \ sumi-joki 1 mi-jo-ni \ afu-ja tiresi-ki. In dem gesegneten .■ Dorfe von Ike-da j Das Volk selbst, , Das wohnliche hohe Zeitalter -] Erreichend, ist freudenvoll. ' 1 Das Sammelhaus des Reiches Totomi ist der Kreis Iwa-ta. Dw Reise zn dem Berge Fn-ii. 617 Uje-matsu-no fnra-to-kn-ja-nitf. Etwa an einem Orte, welcher Uje-niatsii-no fara , Ebene der n^opflanzten Fichten* heisst : y ^ ^7 y -h :l n ^ Tfti-jo fe-heki tunf-wo-ha kiml-iti \judzuri-nan \ kcfu wake- svgiini I uje-niatsu-no fara. Sie, die tausend Aller verbringen Soll, die Saat dem Gebieter Vererben wird, Die heute man durchwandert, Die Eb'ne der g(!ptlanzten Fichten. y ^ ^} h ly :^ 7 h P ti-ljzi-j-y^JT'y t'-^^d h t ^ i t Se-ura-ga inatsu tote \ ito fun-faru ki-no ne-znsi nndo mi- dokoro nri. Kage-ni fatsi-jasuvai-te. i Se-ura-g-a matsu , Fichten von Se-ura' ist ein sehenswürdiger Ort, an welchem sehr alte Bäume Wurzel geschlagen haben. In dem Schatten umherwandelnd: Y ^ ^v r ~ ^^ ^ ^ ~ '^ yi-^ny^y^PW Toga jo-vi-ka \ ujete okina-no \ matsu -ga )ie-m' | kefn nratrnriirK \ kimi-iw tsi-tosa-zo. Sitzungsber. d. pliil.-hist. Cl. XCVl. Bd. III. Hit. 40 618 Pf izmaier. In wessen Zeitalter Gepflanzt, die greisen Fichten? An ihren Wurzeln Heute sich zeigen Des Gebieters tausend Jahre. t^ 2y ^ U ^ ~ M P y" ^ y y y -^ IV { Ura-nra sug'i-f(inheru-ni | imi-sd-foso-je idzuku naran-to ohojete. Indem man langsam vorüber kam, erinnerte man sich, wo Ina-sa-foso-je sein werde. Ina-sa-foso-je ,der dünne Seearm von Ina-sa' betindet sich in dem Reiche Tutomi, Kreis Ina-sa. "t ^ y- 7 "^ -t U -^ 11 P^ -j- 1] ^ ^ p :j y t. ^ U ly^ir^yary-i-^ lunva-gata-ka j ina-sa-foso-je-no \ asn-goro-mo \ uva-xoo fedafete \ sadaka-ni-mo nasi. An der Flussseito vielleicht Der dünne Seearm von Ina-sa Zur Morgenzeit ' Durch die Bucht geschieden, Mit Gewissheit ist er nicht da. ZI IV y 7 A y t U 7 # ■^ 7 1/ Ä # Ni-ziü-jokka ame fnri-fanheri-si-m \ shco-mi-snka koje- i kere-ha knioa-gata-mo kumori-te mafsu-hara ßto-mura-zo icoku-wo :) nokosi-fanheru. 1 I Die Reise zn dem Berge Fn-zi. 619 Am vier und zwanzisfsten Tage regnete es. Als man die B'Tgtreppe Siwo-rai überschritten hatte, umwölkte sieh auch die Flussseite und es Hess in einer Baumreihe des Fichtenwaldes ein Versteck zurück. 1J ^v ^ T 7 ^ ly t't y M(itsu-hara-no \ ßto-miira signre. \ sugi-jarade | fu-zi-no vpfnJ:i(-v)o I kumoru kefu kann. In dem Fichtenwalde An einer Baumreihe der Kieselregen Nicht vorübergehend, Der Fu-zi eifernd auch, Mit Wolken umzieht sich heute! )^ ^ A ^ 7 ffl) + ^ Ja-fngi-ni go-tsiaku-no fodo jo-ni iri-fanheri-si-ka-ha. Vau- Zeit der hohen Ankunft in Ja-fagi ' war man bis in die Nacht gereist. h * )^ y \y 11 U ft ^ y y t ^ ^ y\ 1} u y 4^ ^ 7. ^ y ^ 7 )V - b m y Akira-keki \ mi-jo-vo ßkari-m \ ßkariire-ba | kuraki jn-fagi- no I sato-mo tadorazu. Von des sehr hellen Hohen Zeitalters Glänze Geleitet wenn man wird, In Ja-fagi"s finsterem Dorfe tappt man nicht. ' Ja-fagi, auch bei dem dreizehnten Tage der Hinreise vorkommend, liegt in Mi-ka\va, Kreis Awomi. 40* 620 Pfizraaier. I Ni-ziü-go-nitsi \ mi -kaiva-to woicari-to-no sakai kawa-ioo\ wataru tote. , Am fünf und zwanzigjsten Tage sollte man den die Gränze ; zwischen Mi-kawu und Wowari bildenden Fluss übersetzen. I ?; ') / y l\\ ^ y i^ -? i- )\ y y y 7 u 3 3 ^ 7 \ I Kefu-wa mafd | isi'-jn jorodzu-jo-vo | mkai-kaica \ fida-fsu- vo kuni-no \ icaiari-no mi-knica. \ Heilte wieder Von der tausend Alter, der zehntausend Alter Gränze der Fluss, Von der zwei Reiche Ueberfahrt der hohe Fluss. T — Narumi-nife In Narumi : 4^ m y ii T 7 a ^ \^ j y - E Jl- -j- ■fe ^ y -h ;|l ^ y vf ^t/ )\y ^ ^ ^ i. Inorn koto \ nannni-no tira-ni | nnsogi-sen | tsikaki atsu- ta-no \ knmi-wo afugi-fe. Das Beten An der Bucht von Narumi Wird Böses bannen, Indess zu des nahen Atsu-ta Gotte man blickt empor. Die Reise zu dem Berge Fn-zi. 621 Narunii liegt in Wowari^ Kreis Ai-tsi. Atsu-ta ist ein Sintoo- Tempel in demselben Kreise von Wowari. T' 7 ^ ± 5> - S s. M y m n m Koko-kasiko-ni fanberi-si ania-no ije-i-wo ntife. Die hier und dort befindlichen Wohnhäuser der Seefischer sehend: 1/ > h y y -^ tt- + u + ZI t U K -♦)- y ^iy - ^ )U € 77 ZI ^ ^ ZI r r m t NaruvH kata \ siwo-ß-ni asaru \ ama-no ko-no \ sadamenu j<(do-^ t y j ^ - \ Na-7n takaki \ oi-so-no mori-no | maisa-no kage \ jagate sasi- ,■ soje I tsi-jo-no waka-jeda. Die Reise zu dem Berge Fu-zi. 629 Der von Namen hohe Wald von Oi-so, In dem Schatten seiner Fichten Sogleich hinzugesellt Der tausend Alter junge Zweige. Oi-sü-no mori hat die Bedeutung: Wald von Oi-so. Der Name enthält eine Anspielung auf oi , alternd Kngami-jama-wo mi-jari-te. Nach dem Spiegelberge den Blick entsendend: ::/ "t i- r )ly h 1J ^ U ly u y 7 1& W ^ t ^ Tare~mo ima \ kimi-ioo kagcnni-to \ afugi-miru | jo-ni afu vntsi-no \ jama-mo kasikosi. Wo Jeder jetzt Zu dem Gebieter als einem Spiegel Aufwärts blickt, Das Zeitalter, in ihm des Weges Berg ehrwürdig auch. Der Spiegelberg (kagami-jama) liegt in dem Reiche Omi, Kreis Kama-fu. Er gehört auf der Karte mehr zu dem Kreise Ja-SU und hat die für Alterthümer oder Ruinen geltende Be- zeichnung. ^ y m m ^ f'ft m Go-sio-ni knan-gio-no toki. Zur Zeit der hohen Rückkehr zu dem hohen Wohnsitze. 630 Pfizmaier. Wake-ki-fsuru | adzuma-dzi-jori-mo \ fam-keki-wa \ kajeru i mijako-no | tsi-jo-no juku-su-e. i Ihn durchschneidend, wo man gekommen, •, Des Ostlands Weg, mehr noch als er Frühlirgsartig Von Mijako, wohin man zurückkehrt, Die Zukunft der tausend Alter. j Anhang. Der W'es von Totöiiii. t h ^ y" y U ^ Q ^ y 7 7. y ^ )v ^ y n San-guafsu fowo-ka ndznvia-je viakarn-iii | fsufsnmi-te ai- mimi ßto-ico omo. Am zehnten Tage des dritten Monates nach dem Ost- lande fortziehend, gedachte man besorgt der Menschen, die man nicht sah. Tsnfsnmi-fe. ist die Zusammenziehung von tsnfsusimi-te , sorgfältig, besorgt'. Gegenwärtig sagt man tasinnmi-te. z^ 11 A \L =■ n ^) 7 y tL ^ t \y ^ ^ ^ y a n )iy ^ Mijako idzuru | kefu hakari dani \ fadznka-ni-mo | ai-mite \ fito-ni I wakare-ni-si-ka-ha. J Aus Mijako zieht man. Heute nur i Eine kleine Zeit f Einander sehend, von den Menschen Nachdem man sich getrennt. Die Reise zu dem Berge Fa-zi. 631 7- ij ^ M - ^ m Kmcn-hata fera-nife mijako-%KO kajeri-mite. In dem Tempel an dem Flussui'er auf Mijako zurück- blickend: Mijako nomi \ kajeri-vnrnve-si \ adzuma-dzi-ni \ komn-no koknro-ni \ makasefe-zo jukii. Wo auf Mijako nur • Zurückgeblickt ward, Auf des Oötlands Wege, Des Füllens Willen Es überlassend, zieht man. Seki-jama-)}o midzv-no fotori-mfr.. An dem Wasser des Berges des Gränzpasses: ;^ - 7^ 7 -=^ )^ ^ ;JC Seki-midzu-m j mafn koromo-de-ica \ nuri-ni-keri | futa-mu- suhi dani | nomnnn kokoro-ni. An des Passes Wasser Auch die Kleiderhand Benetzt ist worden, Zwei Handvoll nur Zu trinken eh' man noch gedachte, Koromo-de , Kleiderhand' bedeutet den Aermel. I 632 Pfizmaier. t - )!• 7 -f ') t> A ^ <)- 5}^ 1 H r ^ y y- t b tu i> h ^ h Fito-no to kudari-ne-to i-i-si-ioo seki-idzuru fodo-ni omol-idete Das Wort der Menschen: ,Bergab gehe schnell!' kam beim Austreten aus dem Passe in die Gedanken. Ij ■" 3 t. t ü ? )^ *- S? ir y< y n t- ^ ^ r )v 1] •J ■))- h I t u y :>>'€. u Ukari-keru \ mi-ica adzuvia-dzi-no \ seki-mori-mo \ omoi-wa^ Je-koso I todoniezari-keri. Der eutschwommene Leib, auf des Ostlands Wege Der Passwächter auch, Es bedenken könnend, Hielt ihn nicht zurück. ^ i^ 7 7 V )\ ^ 7 )v ^ ^)r ^ y y u Woka-dn-no fara-to iu tokoro-wo megvru-ni. ' Einen Ort Namens Woka-da-no fara , Ebene des Anhöhen-] Feldes' umkreisend: 3. T y Uki-na nomi \ oi-dzuru mono-wo \ fihari agaru \ woka-da-nd^^ fara-iüo \ mi-sutete-zo juku. | Der leichte Name nur >, O dass verjagt würde! Wo die Lerche steigt, i Von Woka-da's Eb'ne ] Wegblickend, zieht man weiter. { 9 J 7 y n t H 7 ^ ^ )\ t t )^ 7 ÜJ ^ 4^ X y ^ )V ij 7 Xy ^ ^ Die Reise zu dem Berge Fu-zi. 633 9 t^ y ^ t \U ^ Kagami-jama-no mine-ni kumo-no nobur%i-ico. An dem Gipfel des Spiegelberges stiegen die Wolken. ^ + y u p % y ^ \\\ u \) ■)] ZI if^ ^ - )V y" ^ ^ ^) V 1] 3 )\ lli ^ )V z. Kagami-jama | im made mi-tsuru \ waga mi-ni-wa \ uki-jori foka-no \ koto nn-kan-keri. In das Spiegelgebirge Bis man trat, unter dem Geseh'nen An dem eigenen Leibe Ausser Betrübniss Eine andere Sache nicht war. 7 ^ + 7 ^ 4^ - 4^ :^ ^ T Aka-tsriki-ni kisi-no naku-ico. Bei Tagesanbruch schrie der Fasan. Sumi-nare-no | no-be-ni wonore-ioa | tsuma-to nete \ tabi-juki- gaico-ni \ nnkii kigisu kann. In dem gewohnten Freien Feld er selbst Und die Gattin schlafend, Bei des Reisezuges Anblick Aufschreit der Fasan! y'i^y.y)^3r\hy~ ^t- Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. III. Hft. 41 634 Pfizmaier. ! Faruka-ni fi-ra-no jama-ivo \ nsu-jori-wa kakure-nu-hesi tot Man sagte, der in weiter Ferne liegende Berg Fi-i werde von morgen an verborgen sein. Kefu hakari \ kasumazaranan j agafe-juku | mijako-no jamc wo 1 are-to dani min. I Diesen Tag Nebelig wird es nicht sein. Zertheilt wandelnd, i Mijako's Berg, Als ob er es dort wäre, wird man nur seh'n. Der Berg Fi-ra, auch Fi-ra-no mine , Berggipfel Fi-r genannt', liegt in Orai, Kreis Taka-siraa. T Jj M T y X 7 y # 7 A )V 7" y •j i- + L/ !K •j ^ U 7 h * 2^ / 1) — — z> 17 Zy :? -^ \h ~>, T t -V Uj ^ 17 a ^ pk -^ } T ^ 7" tl t ( 2> y — A y y- y Zy U Mukasi komori-te okonai-si-faberi-si \ jama-dera-no ß-ni ja kete fti-zi-ni-mo arazu nari-te \ amtt-tsutsi-no maje-ni ari-si jama huki-no kusa-no naka-ni maziri-fe | tokoro-dokoro arii-wo. Einst wurde ein Bergkloster, in welchem man in Ver borgenheit den Gottesdienst verrichtete, von Feuer verzehrt. E war nicht der Fu-zi, und die Musspflanzen, welche sich wo, dem Walle des Pfeilschiessens befunden hatten, waren, da zwischen sich mengend, an mehreren Orten. Amii-tsutsi steht für adznfsi ,ein hinter einer Zielscheibi befindlicher Erdwall*. Die Reise zu dem Berge Fu-zi. 635 ^ y "t ^ P^ -^ )l/ »j T u ^ i^ li \h P M. + Ada-nari-to | miru-miru tije-si | jama-bitki-vo \ fana-no iro si-mo I kudarazari-keri. Die vergeblicher Weise Sichtbar man gepflanzt. Die Musspflanzen, Ihrer Blüthen Farbe Herabgekommen nicht ist. ^ > ^ ^ )\ ij )j ly y \h 2>2>iy7i))yniy7 Jama-hvki-no \ shusi hakari-no \ na-kari-se-ha | idzuko-wo sumi-si. I sato-to siramasi. Der Musspflanzen Kennzeichen eben Wenn nicht wäre, An welchem Orte, dass es ein bewohntes Dorf war, würde man wissen? 3 y ^ V ^) a y ~ 2> B y \Ly.^'^iyhy^ty:] z> -j- L/ h 7 - ^ ij \) y. )) 7^ u h y- ^ )^ ^ ^ y u y 7 h t "^ P y ^) n )iy y iiy yz^r7^^yfJ\\L~ 41* ßSß PfizDiiiier. Die Keise zn dem Berge Fu-zi. I I So-ko-jori kudaru-ni fi-kure-nu \ katarai-si ßziri-no ari tokoro-ni makari-tare-ba \ sono knivasi-m-keri | moro-tomo-ni fa zime-faheri-si-ni \ ß(ke-kh-wo tono tote \ fito-bito amata fabere-do . vn-mo si7'anu fito nari \ fito-tco jobi-idnsi-te in. Indem man von dort herabstieg, ging die Sonne unter Als der heilige Mann, mit dem man gesprochen hatte, naci einem Orte fortgegangen war, wurde man genau mit ihm be kannt. Wir waren das erste Mal bei einander. Um in tiefe Nacht den Gesang anzustimmen, fanden sich viele Mensche i ein, doch es waren ]\Ienschen, welche man nicht kannte. Mai rief einen Menschen heraus und sagte es. Waga-omofu \ fito koso na-kere \ mukasi mi-si \ Tiiijako-n,' tstiki-ica I omoi-idzn-ravni. An den ich denke, , Der Mensch nicht da sein mag. [ Den ehemals ich sah, Mijako's Mond In die Gedanken wird kommen. Mata koto-bito-no saru-beki-mo \ nakn nari-ni-keri-to kiki-te Ferner hörte man, dass ein anderer solcher Mensch ge storben war. Verbesseruugen. Seite 558, Zeile 21 statt ifiAT zu setzen Ju Seite 596, Zeile 3 statt <^|| zu setzen -^ Petschenig. Die handschriftliche üeberliefei ung Ambrosii Hexaemeron, f. 127—176 Victor, f. 177—252 Pauli i historia. Der Schluss der letzteren fehlt; die Handschrift endet ; Die handschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. 643 mit den Worten quo scilicet armorum genere (lib. XIV, cap. 13 fin., p. 205 Droysen). 4. Cod. Monacensis 2545 s. XII, enthält auf 127 Blät- tern Bedae expositio super actus Apostolorum (f. P — 50*), Isidori soliloquiorum libri II (f. 50^^ — 74*'), Leonis papae sermo de lide catholica (f. 74''— 8P), Victor (f. 81''— 127). Diese beide Handschriften bieten einen Text, der mit dem des Vindoboneusis in engster Verwandtschaft steht. Es wird demnach das Verhültniss von C und M zu V eingehender zu untersuchen sein. Zu diesem Zwecke halte ich es für das passendste, eine Anzahl von Lesarten von C, V\ F'^ und M zur Vergleichung einander gegenüber zu stellen. (Halm) C V V'M p. 2, 20 seclansa seclusa (M) „ -23 cymeterüs cymitevüs (ci- mi- M) „ 3, 28 decessariis de nescessariis „ 4, 14 quos quas „ - 27 aduacro oduacro (M) „ 5, 20 iussi uisi (M) „ 6, 13 medidetur madidetur (M) J7 exigerit exierit (M) . 8, 3 catamis catomos „ - 30 ' haud haut (M) „ - 33 insectatos insectatus (M) •f- homo „ 9, 1 ferits serus V'^ -.ferus serüs. M: et homo ferus seruos „10, 1 posterga post terga (M) . - 22 qui que „ 11, 17 malus maiorem » haud aut (haut M) . - 22 silique arbore silique arbore siliqua arborum „ - 26 armogast ai'mogas „ - 29 cui qui (M) „ 12, 21 magistia magistrata magistrae „ - 25 proicit proicitur „ - 33 ministra es ministraris(M) ^ 44 Petschenig. (Halm) c F' V^M p.45. 22 areatu artatu artata „46, 11 totamperurbem toto per urbe tota per urbe (urbem M) die „ 30 coniinuati nece continuatone continuatione „47, 7 sed praecepto si et praeceptu n 18 ut rogaiierunt tortores et et roganerxmt tortores ut „ 31 maxiretaniae mauretaneae (M) „48, 2 quia d'Ictu quia dictü qui aditum n ö celebrare con- gr'egati (von 1. Hand umgestellt) celebrare con- gregati (M) >7 33 conuersor exti- conuersor exti- confessor exti- terat m. 1 terat terat e comierso re- atiterat m. 2 „49, 8 liberioreni liberiorem, ser- monevi „50, 2 non uideo noiiudo nouvm deifice „ 8 corriebatur torrebatur (M) „ 9 parantes parentes (M) „ 25 blanditer blanditiis (-ciis M) „51, 4 fehlt septimus mona- chus et maxi- mus monachus (M) „ 6 seuiebant seruiebavt feruebant „ 11 fugiens furens „ ^3j 4 ne ut „54, 21 germinantes germinantes germinans her- herbe (herbas herbae bas in. 2) „ 5o, 10 uiuos inuos in OS „ 58, 14 donatianorum donationorum donatistarum Die bandschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. 645 Wie die vorstehende Zusammenstellunfij zeigt, stimmt M in auffallender Weise sowohl mit F', d. li. mit den nicht corrigirten, als mit V'^, den durch Correctur entstandenen Les- arten des Vindobonensis. Demnach kann man schliessen, dass M von V abstammt. Da man M in das zwölfte Jahrhundert setztj fallen also die Correcturen in V in das zehnte bis zwölfte Jahrhundert. Diesen Schluss bestätigt auch der Augenschein. Bei der Mehrzahl derselben ist man im Zweifel, ob sie von der Hand des Schreibers selbst oder von einer nahezu gleich- zeitigen herstammen; auch wo der Schriftcharakter verschieden ist, erweist sich die Correctur als alt. Nicht viel älter als M dürfte die Handschrift von Krems- münster sein, die man gleichfalls dem zwölften Jahrhundert zuweist. Dass dieselbe nicht aus V geflossen sein könne, liegt auf der Hand. Wäre sie nämlich im zwölften Jahrhundert aus V abgeschrieben worden, so müsste sie in ähnlicher Weise wie M mit F^ stimmen; aus F* konnte sie aber nicht abge- schrieben worden sein, da sie in diesem Falle den Schrift- charakter des zehnten bis elften Jahrhunderts tragen würde. Es bleibt daher nur folgende Alternative: entweder ist C aus demselben Archetypus mit F geflossen, oder aus einer Abschrift von F, welche mit dieser Handschrift fast gleichalterig war. Da aber die letztere Annahme wegen der zahlreichen schon von erster Hand herrührenden Correcturen in V, von denen sich in C keine Spur findet, wenig wahrscheinlich ist, muss dem Cremifanensis als selbständigem Vertreter jener Ueber- lieferung, aus der auch V stammt, neben dieser Handschrift ein gewisser Werth beigelegt werden, während M nur von sehr untergeordneter Bedeutung ist. M ist übrigens auch ziemlich stark interpolirt, während C, wenigstens von erster Hand, von willkürlichen Aenderungen und Zusätzen fast ganz frei ist. 5. Cod. Abrincensis 168 s. XH. Diese Handschrift enthält neben Victor noch Jornandes, Gildas und Guilelmus Apuliensis; vgl. catalogue general des bibliotheques des depart. t. IV, p. 513. Der Text des Victor hat mehrere Lücken, da zwei Blätter ganz, zwei andere zum Theil weggerissen sind. Der Abrincensis gehört unzweifelhaft der Handschriften-Classe a an, ist aber doch von der anderen, in Frankreich in vielen Exemplaren verbreiteten Classe nicht unberührt geblieben. 646 Petschenig. Namentlich sind einige Stellen, wo oe den kürzeren Text bietet, ': in a (resp. in dessen Archetypus) aus der anderen Classe er- -j gänzt worden. I, 38 liest man in a wie in den Mss der Classe ß 'i^ currentihtis [indomitis equis plangentihnn] viauris, II, 8 suggerunt ,!j [regij, II, 54 dixit faftquis supn-be et illicite slhi nomen nsur- -i patnm nostri defestantes dixerunt] Ugaiur, III, 29 euectlone ^ nauali proximo fad hispaniam] confttgit, III, 49 [matrej . . J cwiente . . per [soiictum stephantiv}] , III, 62 seruitiis illorum i [parcuntj. Dagegen fehlt in (t wie in den übrigen Hand- -j Schriften der Classe a II, 7 uumquam, II, /JS tnH Unore con- ^ scripivv}, II, 53 potestntis, II, 60 ego in patre et pater in me, ; II, 64 secimdiim hominem, II, 77 deo, II, 79 trinitatis, II, 86 1 posuit, l\\, 10 per euvi. Dass die Uebereinstimmung des Abrin- | censis mit der Classe (i nur auf Correctur beruht, beweisen | drei Stellen auf das klarste. III, 63 lesen die Mss der Classe a. i suhstantiam arpagaret, die der Classe ß sidtstantinm arriperet. | i arriperet ^ j a bietet: .subsfanfia7n arpagnret. Das darüber Geschriebene ist ! von zweiter Hand. Wie hi7 geiricus geisiricus „ 22 cotidie quotidie „24 cartaginensi carthaginensi 1 Halm: similaceus R et corr. B: aber B"^ hat similacius. ( 1 Di« handschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. 649 P R 24 geisiricus geysincus 29 cartaginis carthaginis 33 geiserici geyserici stirpihus styrpihus 34 custodia custodiae 37 capfo capso; 39 geyseHcus geysiricus 40 hahensae habense 41 accendit //// accendit 42 timizitda tinuzada 45 domiitioms do7-mitioni 48 «1 m. 1 faceret faceret 49 peruenisset prouenisset 50 mulier fehlt ei et Die vorliegende Zusammenstellung ergibt nur an vier Stellen (1, 48, 49, 50) wesentliche V'erschiedenheit; an drei derselben hat P das Richtige gegen R, an einer (49) ist in P per für pro verschrieben. Auch 41 scheint P ursprünglich richtig congregata . . turba accenditur gelesen zu haben, wie die Rasur hinter nccendif andeutet. Ein ganz ähnliches Verhältniss zwischen P und R herrscht auch in den folgenden Büchern. BVCMaL einerseits und PhR andererseits repräsentiren eine grundverschiedene Ueberlieferung. Die Verschiedenheit tritt in einer vierfachen Richtung hervor. 1 1 In der Schreibung der Eigennamen. Dass hierin die Classe a das Richtige biete, hat schon Halm gesehen. Eine Erörterung dieses Punktes kann daher füglich unterbleiben; immerhin aber dürfte eine über- sichtliche Zusammenstellung dieser verschiedenen Schreibungen lehrreich und für den Werth von ß charakteristisch sein, wes- halb sie hier folgen möge. a diadoco Prol. 2 I, 10 pampinianus Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. III. Hft. ß diacono pampinias 42 650 Petschenig. I, 10 77 13 r r n 14 V 17 V 28 r 29 r 35 r 38 n 41 r 44 r 47 11. 2 r 15 r 33 III, 28 r 32 V 33 r> 52 uricitanus uizacenam zeMgitanam ehuso oduacar (BJ viaxulitanum tkoma zeugitanae capsur huronitanus anduit uizacenam mascxdan olibrt gnmnfh uiiizibirensis famhaicnsem iiraniinu dngila ß iiiricitanus biacenam eugitanam efesum oduacer mnxüitannm thomas eiigitanae capsum bnrtinitanns addnit bizagenam mansculan libri camuf. umzibbirinensis fambadensem anhim dagifitim qnizensis ziqueufus 2) An zahlieiolien Stellen bietet ,i andere Lesarten als a. 3) In ,S fehlen vieltacli Wiirter, Wortsjruppen und ganze Sätze, welche die Classe x bietet, 4i Umgekehrt erscheint a: nicht selten gegen ß durch Auslassung eines oder mehrerer Wörter gekürzt. Es leuchtet ein, dass dieser Sachverhalt zu einer gründ- lichen Untersuchung auffordert, welche nicht blos einzelne Stellen in Betracht ziehen, sondern sich womöglich über den ganzen Umfang des Werkes ausdehnen soll. Denn bei der grossen Verschiedenheit der üeberlieferuno' ist es nicht denk- bar, dass beide Classen gleichen Werth besitzen, und es somit dem subjectiven Ermessen des Herausgebers überlassen bleiben sollte, welcher Classe in jedem einzelnen Falle der Vorzug zu geben sei. Die innere Wahrscheinlichkeit und analoge Verhält- nisse in der Textesüberlieferung anderer Schriftsteller sprechen vielmehr dafür, dass die eine Classe den reineren, die andere einen getrübten und interpolirten Text bietet. Die Landscliriftliche üeberliefernng des Victor voq Vita. 651 II. Abschnitt. Ueber das s:eKeiiselti2;e Verhältniss luid den Werth der beiden Haiidschriften-Classeu. Die Erörterung über den Werth der beiden Handschriften- Classen gliedert sich naturgeniäss in drei Abschnitte. In dem ersten werden jene Fälle ins Auge zu fassen sein, wo die Les- art differirt, d. h. wo in ß andere Wörter und Wortgruppen sich Hnden als in a; der zweite wird die in ß nachweisbaren Lücken, der dritte die auf Interpolation beruhenden Ergän- zungen derselben Handschriften-Classe behandeln. I. Capitel. Die Varianten der Classe ß. Die Ditierenz in den Lesarten der beiden Classen ist, wie schon Halm in der praef. p. V ausgesprochen hat, eine sehr starke. Dieselbe ist in vielen Fällen von der Art, dass sie aus einer blossen Corruptel in einer der beiden Urhandschriften nicht zu erklären ist; man ist vielmehr sehr häufig zu der An- nahme gezwungen, dass in einer der beiden Classen die Hand eines Interpolators thätig war, der sich absichtliche und be- wusste Aenderungen des Textes erlaubte. Dies nachzuweisen ist meine Aufgabe. Hiefür wird es vollständig genügen, wenn alle verschiedenen Lesarten aus einem Buche mitgetlieilt werden, da das Resultat der Prüfung der Lesarten auch nur eines Buches für die Beurtbeilung des übrigen Textes entscheidend ist. Ich wähle für diesen Zweck das erste Buch und schicke voraus, dass alle blossen Schreibfehler und leichten Versehen, ferner alle Wortumstellungen übergangen und nur solche Stellen mit- getheilt werden, an denen die Verschiedenheit der Lesart eine augenfällige ist. a ß Prol. 2 diadoco diacono j, 4 defatigatis ulnis defatigans tdnas \j 8 ihi carthagine in carthagine 42 * 652 Petschenig. a ß I, 8 quam caelestis iioci- quae caelestis uoca- tnhant batur r> 16 uocitafur dici.tur r> ad sepnlturam sepulturae r> 17 geruntur jierent n 18 quibus ille per inter- quibus dixit rex nuntium rabido re- spondi'sse ore proba- tur ueniret r» 20 vem'ssef n 23 eos afßigebunt magis adßigebantur n 25 ditiidentes nnandali diuidentibus uuan- et maun dnlis et mauris r> 26 cuvi medicis uice medici r> 27 aiiocaiiir more uacatnr T) 28 ordinatur quondam ordinatur quondam memorati sacerdotis sacerdotio nomine nomine thoma t/iomas V 31 maxima namqtie maximaque \ « sortire sortiri r> 33 decernit rex regis qui praecepit 7t 34 artatur . . . exten- artantur . . . exten- ditiir duntur n 35 remansitque remanens itaque n uero namque n propriae uoluntati propria uoluntate r> 38 fngae furore n 40 nudo nudus n 41 congregata manu . . . congrega tam mauum . . . accenditur accendit 77 42 introeuntes maximo introeunte maximmo J 77 46 esse se esse n laborem angebatur labore angeretur 77 48 in coniugium ad coniugium 77 49 saturatus satiatus r secum seque 77 51 fuerat erat , 77 gestae ingestae i Die handschriftliche Deherliefernng des Victor von Vita. 653 Die Frage, welche der beiden Classen an den mit^etheilten 32 Stellen den richtigen Text bietet, hat schon Halm dadurch entschieden, dass er an 28 derselben a folgte. Es bleiben so- mit nur noch vier Fälle zu besprechen. I, 31 schreibt Halm mit Zß sortiii, während BVCM sortire bieten. Es ist jedoch kein Grund vorhanden, die archaische Activform zu verwerten, die nach Dräger Hist. Synt. I, S. 129 auch bei Hyginus er- scheint; und in der That ist an der Stelle Hygin. Astr. II, 40 negare coepit de s^la filia se passvriim sorfiri der Infinitiv passivisch zu fassen, was eine Form sortire auch für die späte Latinität voraussetzt. Im Uebrigen vgl. Kühner, Ausf. Gramm. I, S. 613. — 35: moritiir ipse simnl et ßlil; famlUae atque aninia- Uum, qnaeciimque optima erant, pnriter iuteretnit. Remanens itaqne domina uidua, viarito, fiUis et snbstnntia destifuta, seruos Christi cognafo regis Sersaoni^ gratia mnneris offert. BVCML: rewansit- que. a: remausit. Die Lesart remausitqve entspricht ganz dem Sprachgebrauche d(!s Victor, der unzählige Male Sätze mit que anknüpft. Es ist also nach destituta stark zu interpungiren. Wer an dem Asyndeton und den kurzen Sätzen Anstoss nimmt, vgl. II, 51, wo sieben kurze Sätze auf einander folgen und ein sechsfaches Asyndeton nur durch ein anknüpfendes Relativ unterbrochen wird. - 41: stafim qnidam preshyter eorum, Anduit nomine, congregatam secwn armatorum manuni ad expugnandam tiirbam accendit innocentum. So schreibt Halm nach ,3, in welcher Classe jedoch seciim fehlt, x: congregata secum . . manu . . . accenditur, entschieden richtig. Vgl. I, 27: quo liuore Arriani succensi dolis eiim . . . uolnerunt . . enecare. I, 39: accenditur . . aduerstis dei ecclesiam Geisericus. II, 13: accen- dit iir adhuc er udelius aliquid per petrare. III, 1: qui eadem hora accensus et credens mendacio fesfinauit facere quod uolehat. III, 40: unde accensi suhdi . . fustihus iitbent. — I, 46: cum intexti radices et soUditas aridae telluns moram faceret et lahore ^ angeretur, quod tardius sancti membra corporis knmarentur, tan- dem abscisis radicibus mxdto altius terram cauantes conspiciunt sarcofagum.. BVCM: laborem. B VC 31a: angebatur. Offenbar ^ Der Name muss übrigens nach BVCMaL Sesaoni lauten. Dass B sesaoni hat, gibt Halm nicht an. I 654 Petechenig. ,1 I »i ist zu schreiben: moram faceret et lahorem, angebatur, quod > tardius . . . humarenfur. Tandem et rel. a Nachdem festgestellt ist, dass ß bei der Construction des 1 Textes im ersten Buche erst in letzter Linie in Betracht kommen i kann, erübrigt noch der Nachweis, dass manche Abweichungen ^ dieser Classe thatsächlich auf absichtlicher Aenderung, auf Inter- polation beruhen. Zunächst ist dies Prol. 2 der Fall. Ein Ab- schreiber verstand den Namen Diadoco = Diadocho nicht und \k setzte dafür Diacono. \, 8 ist ihi Carfhagine mit Absicht zu \i in Carfhaylne corrigirt; der Interpolator wusste die der Umgangs- •! spräche entnonimenc Wendung nicht zu deuten; dieselbe kehrt il III, 49 wieder, wo er sie stehen Hess. — ebend. qiiae Caelestis ' uocahatur schrieb der Interpolator gewiss nur deshalb, weil ihm 1 in dem Satze quam Caelestis uocitabant der Nominativ anstössig 'i war. — Ganz willkürlich ist die Aenderung fierent st. (jeruntur Ü §. 17, bezeichnend die Verkürzung des Satzes im §. 18. — jj tteniret §. 20 st. uenissef zeigt, dass der Interpolator bemüht \ war, die Sprache des Autors correcter zu gestalten. Das gleiche \ Bestreben lässt sich ihm öfter nachweisen. So, wenn er §. 23 \ in der Bibelstelle quanto magis adfligehantur schreibt, während a ( das griechische /.aÖÖTt ö£ xjtoI»; i-razcivojv ganz wörtlich mit quanto < eos afßigehant wiedergibt; ferner im §. 25, wo der absolute S Nominativ diuidentes Uuandali et Mauri in den absoluten Ablativ i verwandelt \vurde; §. 46, wo er se esse st. esse schreibt, ohne ' zu wissen, dass die Auslassung des Subiects-Accusativ se i ganz gewöhnlich ist [\l, b2, 72, 86. III, 26, 32): §. 49, wo j secU7n comitantihus in seque c. geändert ist, obwohl II, 30 cum \ dei exercitu comitantes steht; §. 51, wo erat aus fuerat wurde, da ihm der Gebrauch des Plusquamperfectum für das Imper- fectuni nicht geläutig war. — §-1^ ist cum medieis in uice medici geändert, um den Bischof Deogratias geradezu als Arzt hinzustellen und so in noch glänzenderem Lichte erscheinen zu lassen. — §. 27 verstand der Interpolator auocatur nicht; was er mit more uacafur wollte, ist ungewiss. — §. 28 bietet wieder ein schönes Beispiel für seine Thätigkeit. Im Archetypus stand ordinatur = ordinator. Dies verstand er nicht und änderte daher den Text auf so willkürliche Weise, dass der Sinn ganz verdreht wurde. — regis qui i)raece]pit st. decernit rex §. 33 charakterisirt sich selbst hinlänglich. — §. 34 ist ebenfalls 'i Die handschriftliclie Oeberlieferung des Victor von Vita. 655 sehr belehrend. Der Interpolator erkannte nicht, dass Maxima nomen proprium ist; da er aber wiisste, dass von vier Märtyrern die Rede sei, schrieb er ohne weiters artantur und extenduntur und veranlasste so die Vulgata artantur maxime dura custo- dia. — §. 35 ist namque ganz willkürlich für uero gesetzt. — ebend. ist -propria uolnntate sicher auch eine willkürliche Aende- rung; der Interpolator verstand den Dativ nicht. — Dasselbe ist §. 38 bei den Worten in aurjusfo fnrore st. in . 49 saturatus in das gebräuchlichere satiatus geändert. Ich übei-gehe die übrigen Stellen des ersten Buches und füge ein paar zufällig herausgehobene aus den späteren Büchern an. II, 50 liest a crispantem benedixit alueum fontis (alueus fontis = Taufbecken); in ß dag-egen ist acidae (= aquulae) fontem überliefert. — II, 53 ist in t. überliefert nostrorum oppresserit rmdtitudo, in ß aliqnis nostrorum oppresserit, ganz sinnlos. — III, 25 liest a: Serui quoque Tuburbitanae ciuitatis maioris, generosi et nobilis uiri, pro Christo quas pertulit quis explicet poenasf Der Inter- polatoi- verstand offenbar nicht, dass Serni von poenas abhängt; daher änderte er mit weitgehendster Freiheit: seruus quoque Tuburbitanae ciuitatis Maiorus generosi et nobilis uiri et rel. Ü So wurde aus dem vornehmen Seruus ein Sclave Maiorus. — III, 27 liest a excruciet generibus omnium tormentorum, eine Hypallage, mit welcher man II, 21 conligatis funibus, II, 50 crispantem alueum fontis, II, 56 in sua propridatis persona, II, 72 sua infifabilis naturae substantia vergleichen möge; ß bietet mit ganz Avillkürlicher Aenderung omnium tormentorum genere. — Diese Stelle möge die Reihe der Beispiele schliessen. Sind also die Textesänderungen, die ß gegenüber von a aufweist, häutig n-cht auf ein blosses Versehen, sondern auf Willkür und Interpolation zurückzuführen, so ist man voll- kommen berechtigt, bezüglich der Aufnahme von Lesarten dieser Classe mit einer gewissen Vorsicht zu verfahren, a hin- gegen in erster Linie zu berücksichtigen. Um diesem Grund- satze auch praktische Geltung zu verschaffen, bespreche ich 656 Petschenip. I einige Stellen, an denen eine Aenderung nach a oder nach einzelnen Handschriften dieser Classe nothwendig- erscheint. I, 4 ut maioribus incendiis domus oraiionis magis quam ur- bes . . . concreviarent. Halm gibt an, dass B domus habe. Dies ist nicht richtig; B hat, wie alle anderen Mss der Classe a, dovios, und so ist auch zu schreiben. I, 9 Celerinae uel Scillitanorum. et alias (hasilicas) , quas non destruxerant , sitae religioni . . . mancipaueruni. BaL haben l scilitanorum, V('M sicilitanoinim, ß scilUtanoi^m. Die Schreibung | mit einem l rechtfertigt sich, abgesehen davon, dass die Eigen- \ namen in a regelmässig richtig, in ß unrichtig überliefert sind, schon durch die von Ruinart (p. 303 Migne) angeführte sub- scriptio Pariator ejjiscojms sanctae ecclesiae Scilitanae. — Weiters i liest a destruxerunt. Dass das Perfectum richtig ist, ersieht man aus H, 25 aliae, quae remanserunt , cutibus arescentibus factae sunt curuae; HI, 48 alii sese, uel quia factum est, cilicio lugubri texerunt. I, 11 ducenios iam triginta et duos confecerat libros. B allein liest duo. Diese gut classische Form (vgl. Kühner I, S. 418) ziehe ich vor, zumal sie auch noch bei Sulp. Seu. Chr. I, 47, 4 vor- kommt. ibid. quos Graeci homelias tiocant. BVa haben quas, CMb"^ | quos, Pb ' (R) quod. Nach Kühner II, S. 24 f. congruirt das i Relativ häutiger mit dem praedicativen, als mit dem voran- i gehenden Substantiv. Somit ist schon an und für sich quas ; richtiger als quos; vgl. zudem noch I, 41 in quodum loco, quae Regia uocitatur; III, 46 tantae uolunfatis propositum, quem , iam homo dei . . . miserat legaturti in caelum. I I, \2 post has truces iinpietatis insa7iias. BVCM: impietates i (-is B) insaniae. Der Plural insaniae findet sich bei Victor sonst nicht. Dagegen liest man I, 28 de impietatibus liaereticorum. If 16 sed etiam foris muros quascumque uoluit (ecclesios) occupauit. BVC: foris muro, ^M: foris muros, a: foris murum, ■ L: foras muros. Die richtige Lesart kann nur durch Herbei- ] Ziehung aller Stellen, wo foris vorkommt, gewonnen werden I, 40: foris ciuitafem singularis iussus est pelli. B: foris ciuitate, , VC Ma^i: foris citiitatem, L: foras ciuitatem. III, 15: foris muros \ propelli. BVCM: foris muro, aß; foris (furis P) muros, L: foras I muros. III, 16: foris ciuitate mediis stei'coribus uolutamus. BVCM^. \ Die haadschriftliclie Ueberlieferung des Victor von Vita. 657 foris ciuitate, a: foris ciia'tatim, L: foras cmitatem. — B bleibt dem Schwanken aller anderen Handschritten gegenüber con- stant; aus dieser Handschrift allein ergibt sich mit Sicherheit, dass A^ictor die Praeposition foris nur mit dem Ablativ con- struirte. I, 35 coepit in domo eiiis uindicatrix ira grassari. BVCM: uindictrix. Da uindictor aus einem Glossare nachgewiesen ist (s. Forcellini), ist an uindictrix durchaus kein Anstoss zu nehmen. I, 42 si<:ut Tumizada contujit. So schreibt Halm nach B. Aber B hat nicht tunnzada, sondern tnnuzuda. VC ML lesen titnazudd, Ph tinuznda. Die hier gemeinte numidische Stadt wird von Plinius Thunnsidense oypidnm, von Ptolomaeus Öojvo-jaöa (u. 1. 00'jvo'JcrGa) genannt. Demnach hat B zweifellos richtig Timuztida überliefert. n, 15 quem famen in loco latrinarum ohsceno conclusit multo- que eitm ibi tempore degere sinfuit. Halms Angabe über BV ist nicht richtig. BVCa lesen temporeque midto eum ibi und so schreibe ich. H, 22 Reor ego illas dtias ollas [Sicca Veneria et Laribus] dnas esse ciuitates, in quibus multitudo prima fuerat congregata. Halm bemerkt: ,nomina inclusa glossain esse uidit Mommsenus^ Ich glaube schon deshalb nicht an eine Interpolation, weil jene zwei Töpfe des Traumgesichtes nur zwei ganz bestimmte Städte bedeuten konnten, nämlich eben Sicca Ueneria und Lares, die Sammelplätze für die in die Wüste Verbannten; vgl. §. 28. Ueber die Formen Sicca und Laribus wird unter ,Eigenthümlich- keiten der Declination^ noch gesprochen werden. .ßFCil/ haben ferner ergo statt ego, und mit Recht, da Victor aus dem Traum- gesichte seines Mitbischofes Quintianus ja eine Folgerung zieht. II, 24 ad inspicienda et contrectanda contra ins uerecundiae uerecunda pudoris. BV: iure, MaL: iura, 6'ß; ius. Dass der kleine Fehler in BV vsx jüngeren Handschriften richtig zu iura verbessert wurde, beweist III, 21: mulieres et praecipiie nobiles contra iura naturae midas . . . cruciabant. II_, 26 alii per aetatem annosam lumine temporali priiiati. Zunächst berichtige ich Halms Angabe über BV. B liest nicht anno sa lumine, sondern 2? ae^«^e annos alumine, F' \\&.i p aetatem annos 1 a lumine. Das am Ende der Zeile stehende annos ist 658 Petschenig. ZU annor corrigirt und u dazu geschrieben. So lesen nun V^CML per aetatem annorum a lumine. ß hat per aetatem annosavi himine. Ich habe a bisher absichtlich übergangen, ü; weil dessen Schreibung per a etat um annos a lumine oflFenbar jj die ursprüngliche der Classe a und zugleich evident richtig ist. priuare mit a — ah ist gesichert durch das Synonymum desolare mit derselben Construction III, 67 : uidete Africam totam, dudiim i tantarum ecclesiaritm cuneis fultam^ nunc ah omnibus desolatam, ferner durch folgende Beispiele: Arnob. adu. gent. I, 53 exutus ,i a corpore; Comniodian. Instr. I, 24, 2 ntidntus a lege; Jord. ^ Get. 57 cui et primum concedens Theodoricus postmodiim ah hac H luce priuauit. Zu aetatum annos vgl. Sulp. Seu. Dial. I, 10, 2 ^ qtiorum niaior habebat aetatis annos quindecim. r H 31 Sed ubi aduersarius . . . nulliim potnit aiicupari. 1 Hahn gibt au: aucupari Bernensis, accupari V, occupare BLR. \ Allein h hat wie Pll occupare, BVG lesen accupari, was der | Schreibor des IMonacensis zu aucupari besserte. Somit bietet |l hier nicht ß, sondern ol das Richtige. II, 36 Post uero imperatum est Mauris, ut eos, qui am- bulare non poterant, ligatis pedibus ut cadauer animalis mortui traherent. a liest ut cadauera, ß uelut cadauer. Üass Victor den | Plural mit Vorliebe ohne besonderen Grund gebraucht, zeigen zahlreiche Stellen; zur Rechtfertigung der Lesart cadauera ge- nügt es jedoch, eine anzuführen. III, 25 cutibus separatis (es ist von einer Person die Rede) pelle s corporis lateribus dorso- que uideres et uentri pendare. II, 51. Nachdem der blinde Felix durch Eugenius das Augenlicht wieder erlangt hatte, wird dies sofort dem Könige gemeldet: Statim nuntius pergit ad tyrannum. Rapitur Felix, inquiritur ab eo quid factum sit qualiterque receperit lumen. i Dicit nie ex ordine tolum, dicuntque Arrianorum episcopi: hoc i Eugenius per maleßcia fecit. Es ist nicht einzusehen, warum t nicht a mit der Lesart Uli Recht haben sollte. Bei rapitur hat i man doch wohl ad tgrannum zu denken und Uli ist =: regi. j III^ 19 Quibus ministri regis: secedant in parte, inquiunt, I qui iurare dAsponunt. Qui cum seced^erent, notariis scrihentibus \ quis quid diceret et ex qua ciuitate fnisset, similiter factum est \ et de Ulis, qui minime iurauerunt : statimque pars utraque custo- , diae mancipatur. — Zß überliefern diceret et, a diceret, dagegen | Die handschriftliche Deberlieferuug des Victor von Vita. G59 BVCM dicerttur. Dass danacli diceret iiel zu schreiben ist, unterliegt um so weniger einem Zweifel, da Victor tiel statt et an etwa 40 Stellen gebraucht. Die weitere Construction er- klärt Halm im Index unter ,anacoluthon^ durch die Annahme, notariis scrihentihus stehe für ein regelrechtes notavil scvipserunt. Es ist jedoch mit BVG ut de Ulis zu lesen, womit das Anako- luth verschwindet. Denn der Sinn des Satzes ist jetzt: ,Da diese bei Seite traten imd die Secretäre aufschrieben, was jeder sagte und aus welcher Stadt er war, verfuhr man mit ihnen ähnlich wie mit jenen, welche nicht schworen, und führte beide Theile in das Gefängniss ab.' — Mit einem statim enim würde sich Victor allerdings deutlicher ausgedrückt haben. 111, 22 Cum uiderent eam non solum audacem, sed etiain matronis ceteris pulcriorem, ipsam primo nisi sunt fustibus exjjolia- tam aptare. Quae cum paferetur diceretque de domino suo secura: qucditerlihet cruciate, uerecunda tarnen membra nolite nudare, amplius Uli magis furentes celsiori loco nestimentis exutam con- sistunt, specfaculum eam omnibus facientes. Das in ß überlieferte pateretur ist nicht richtig; denn als Dionysia die Bitte stellte, litt sie noch nicht, sondern sollte erst zum Zwecke der Geise- lung entblösst werden. Ich schreibe daher mit a peieret diceret- que, eine Verbindung, die kaum auffallender ist als I, 46 re- spondit Felix et dicit. III, 25 Et si hominis gratia fideliter exhihuit ßdem, quan- tum debidt Uli, qui redditurus est pro fide mercedemf — Zu- nächst schliesse ich mich der Vulgata (resp. ß) homini gratis an; es stehen sich entgegen homini und Uli {= deo), gratis und. merces. Ferner liest a debet statt debuit. Ich halte hier das Praesens eben so für richtig wie III, 22 et quia esset scriptu- rariim diuinarton scientia plena, wo BVCM est, aL erat, PbR esset bieten. Es finden sich nämlich auch sonst Beispiele, dass Victor das Praesens ohne weiters für das Praeteritum setzt. Vgl. I, 30 Sed etiam martyria quam jjlurima esse (= fidsse) probantur; III^ 24 amplexansque illa hostiam suam . . . in sua domo maluit sepelire, ut quotiens super sepulchrum eins trinitati preces effnndit, alienam se a filio numquam esse confidat (regelrecht ejfunderet . . . conßderet). Ueber Victors Landsmann und Zeitgenossen Fulgentius, dessen Sprache vielfache Analogien mit der des Victor aufweist, bemerkt Zink (d. Mythol. Fulgentius, 660 Petschenig. S. 47): ,Ueberhaupt werden Praesens hist., Imperfectum, Per- fectum und Pliisqiiamperfectum ganz gleichheitlich und gleich- 1 bedeutend gebraucht'. < III, 26 Quam cum iam continvatioue suspendii nuulsis hu-i meris etiam qui cruciahant conspicerent mortnam. — a: nnlsis.i Ich habe etwa dreissig Stelleu angemerkt, wo Victor das verbum \ Simplex statt des compositum gebraucht, und führe zur Stütze l von tmlsis die am meisten charakteristischen an. I, 50 tulerimt \ st. ahsfnhrunt, II, 14 ligato st. adligato, II, 19 iiolauit st. auolmdt, III^ 3 temnendam = contemnendam, II, 24 ßrmauerit = confir- mauerit, III, 60 pelli = expellt. III, 50 IHsiunguntur tenera jiignera filiorum. BV^C discon- iunguniur. Diese Form halte ich durch die analogen Jiildungen discondiicere, disconuenire, discooperire für hinlänglich geschützt. III, 53 adire censuit nefarmm regem, ut conscientiam suam, , quam semper familiärem (rinitafis habuit et amicam, efiam komi nihns faceret manifestam. i*6' /diesen frinifaiis, BVCMaLb'^i dagegen trinitas; ich gebe dieser Lesart als der einfacheren! den Vorzug. I t II. Capitel. Die Lücken in ß. ^ An 51 Stellen fehlen in ,3 Wörter, Satztheile oder ganze Sätze, während dieselben in a gelesen werden. An 46 der- selben hat Halm den Text nach x gegeben und damit anerkannt, dass ß hier überall lückenhaft ist. Diese Stellen zu besprechen ist daher durchaus imnöthig. Nur auf III, J 1 möchte ich auf- merksam machen, weil dort die Hand des Interpolators wieder deutlich sichtbar ist. Der Text lautet nach a: iudicihns efiam* . . . poena proscripfionis et sanguinis sujjplicinm jjoneretur.t Wahrscheinlich war schon im Archetypus von ß poneretnr in' punirentnr verderbt. Dies veranlasste den Interpolator, das ii störende supplicium einfach zu streichen und sonach zu schreiben: 'I poena proscriptionis et sa7iguinis punirentur. Dabei übersah er ij aber ganz, dass iudicibus vorausgeht. — An den 5 noch er- ' ^ Dei' Liber fidei wird, da er nicht von Victur herrührt, weder hier noch im Folgenden berücksichtigt; die Prüfung der Ueberlieferuug desselben bleibt einem besonderen Abschnitte vorbehalten. Die handschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. 661 übrigenden Stellen ist Halm ß gefolgt; er hält somit an diesen die Classe a für interpolirt. Dass dies jedoch nicht der Fall ist, lässt sich unschwer erweisen. Die erste der in Betracht kommenden Stellen ist II, 4: hoc fieri praecepit atque eis rescri- psit uel legatis ab eis directis dici iussit, ut sicuf petierunt, uobis episcopicm quem uolueritis ordinetis, sith eo nt nostrae religionis episcopi, qui apiid Constantinopolim sunt et per alias prouincias Orientis, ex eius praecepto Uherum arbitrium Jiabeant in ecclesiis suis, quibus uoluerint Unguis popido ivactare et legem Christianam colere. In BVCML ist überliefert ex eius praecepto episcopi nostri liberum arbitrium. Da ohnehin nostrae religionis episcopi vorausgeht, bleibt anscheinend kein Zweifel, dass dieser Begriff in a durch Interpolation wiederholt ist. Doch dies ist keines- wegs der Fall: episcopi nostri ist der grösseren Deutlichkeit wegen (und wohl auch aus stilistischer Üubeholfenheit) nochmals gesetzt und nicht das einzige Beispiel dieser Art. Vgl. I, 48: noiiimus et alium ea tempestate nomine Saturum. qui cum luci- dum, esset membrum ecclesiae Christi et prauitatem Arrianorum libertate catholica frequenter argueret (fuit hie procurator domus Himii-ici), conuenitur (= in ius uocatur) accusante Mariuado quodam diacono, quem Huniricus infaustus singulaHter honorabat, ut fieret Saturus Ärrianus. Noch auffallender II, 53: uitantes igitur nostri uociferatiouis tumultus, ne forte postmodum Arriani dicerent, quod eos nostrorum oppresserit multitudo, deligunt de se nostri, qui pro omnibus responderent decem. — Es folgt 11^ 20: Claude ostium, tuum et absconde te [pusillum] aliquantidum, donec transeat ira dei. Esai. 26, 20 lautet der griechische Text a.'::o- xpuß-r;öi [i.r/.pcv ocov 07cv. Wie man sieht, ist die Uebersetzung der Worte [jLf/,pbv ossv ozo^i durch pusillum aliquantulum (,eine kleine WeileO die wortgetreuere; somit liegt kein Grund vor, von OL abzuweichen. — 11^ 40: et praesertim ubi dixit: ,in prouin- ciis nostris a deo nobis concessis scandalum esse nolumus' : quasi diceret ,in proninciis iiostris catholicos esse nolumus'. So a. Es ist allerdings wahr, dass das in ß weggelassene nostris in dem Edicte Hunirichs (§. 39) fehlt, da es dort heisst: et quia in prouinciis a deo nobis concessis scandcdum esse nolumus. Aber ist einem Victor eine so geringfügige Ungeuauigkeit im Citiren zu verargen? Kann ferner hier auf ß ein Gewicht gelegt wer- den, wenn man in Betracht zieht, dass in dieser Classe die 662 Petschptiig. ♦: Ueberlieferung; lautet in proninciis nohis a deo concessis sc. e nolumus, während der Sehluss der Stelle quasi diceret . . . nolu- ] mus gänzlich fehlt? — II, 43: et fncio, o Eugeni, quod dicis. i Die Interiection ist in ß g-ewiss nur aus Nachlässigkeit weg- 'j gefallen; vgl. Pass. 11, wo dieselben Mss in den Worten ne '\ timeatis o j^optdi gleichfalls das o weggelassen haben. — II, 54: |^ Tunc clamare coepif heatus Euijentris: uideaf deus uim quam pa- i timvr, cognoscat nfßicfionem , quam a lyersecutoribus sustiiie- i mtis. BVCaL: affiicfiouem persecufionem, M: afßictionem et } persecvtionem; in ß fehlt persecnfio)tem. Schwerlieh kann dieses i Wort eine Glosse zu afßictio sein. Denn nfßige.re und afßict.io \ sind im kirchlichen Latein mindestens eben so gebräuchlich \ wie perseqid und pprsecuiio. Bei Victor selbst liest man 1, 44 \ diuersis afßictionibus interßcere , II, W2 afßlctione et maerore \ confecti, III, 6;") dnvi adßigitur popidns, endlich III, 45 cum \ diuersis eum p67'.?<. s adfligeret. Ich schreibe daher i afflictinnem perseciitionum. pprseciifionuiu war zu perse- I cutionem geworden, wie II, 26 aetntum zu aetatem, oder wie i umgekehrt III, 56 in BC uirorem zu idrorum. In x blieb die ; fehlerhafte Form stehen, während sie in ß, da sie nun störte, ! weggelassen wurde, genau so wie (;s III, 11 mit supplicium geschah; vgl. oben S. (iiiO. Die Verbindung afßictio perse- cufionuvi rechtfertigt sich schon durch das oben citirte perse- cufionibus adßigeret. Ausserdem verweise ich darauf, dass Victor ^ mit Vorliebe zwei Synonyma verbindet, von denen eines im ' Genetiv steht; z. B. I, C) jja forum uectibus, 1, 8 aedißciis aedium, \ I, 11 dulcedo suauitatis, II, 52 difipntatimiis ronßictnm, III, 43 . poenarum. supphciis und vieles andere; sehr ähnlich ist II, 44 | oppressionis nostrae cahimnias. Was endlich persecutionum neben \ persecutoribus betrifft, so vergleiche man II, 16 Sed ideo istud < silere nequiuimus, ut impietatem. regis . . . minima sileremus, I II, 55 Ubellum de fide conscripserant satis decenter sufficieri' \ terque conscriptum, III, 12 diev) mitem praestitutum adeo ' pietas nostra constituit, III, 37 se ipse uoluntarie separate \ uoluit, III, 59 deficiebant fame torquente defecti. > Die haTiiJschriftlifhe reberliefernn(!^ des Victor von Vita. (363 III. Capitel. Die Zusätze in ß. An 53 Stellen bietet ß theils um ein Wort, theils um gauze Wortreihen mehr als a. Dass diese Zusätze zum grossen Theile auf Interpolation beruhen, hat schon Halm eingesehen; I er folgte in seiner Ausgabe an 22 Stellen 2, an 31 dagegen (i. Es ergaben sich ihm somit 22 Stellen, an denen '(j durch Inter- polation erweitert, hingegen 31, an welchen r lückenhaft ist. i Dieses Verhältniss der beiden Handschriften -(Massen muss einigerniassen auffallen, da, wie wir soeben gesehen haben, j a im (fanzen weder durch willkürliche Aenderungen, noch I durch fremde Zusätze entstellt ist. Es wird daher der Mühe ; werth sein, das Verhältniss der beiden Classen in diesem ; Punkte zu untersuchen. Die Erörterung wird sich in zwei I Theile gliedern. In dem ersten werden die anerkannten 1 Einschiebsel in ,i besprochen werden; die daraus gewonnenen Gesichtspunkte wird der zweite Abschnitt für die Kritik der . Stellen verwerthen, an denen die Ueberlieferung in a schein- ' bar lückenhaft ist. A. Die Zusätze in ß lassen sich unschwer nach Kategorien I ordnen. In die erste fallen jene, welche zur Erzielung grösserer I Deutlichkeit oder zur Herstellung eines besseren Zusammen- hanges der Sätze eingeschaltet wurden. I, 16 ita se [huicj tl tradicierat omnino lahori . huic wurde mit Rücksicht auf das soeben Erzählte hinzugefügt: ,Dieser Mühe (dem Besuche der leidenden Gefangenen) hatte er sich unterzogen^ — I, 30 secl etiam [tutic] marfyria quam jjlurhna esse probanfur: , damals', mit Verweisung auf §. 28 — 29, ganz unnöthig, — ebend. ei-ant fnnc send cuiusdam Uuandali (fuit [aufemj hie Uiiandalvs de Ulis quos mülenarios uocant). autem sollte der Satzverknüpfung dienen. — I, 39 bietet a qui, se non fosse tradere clamantihus, ipsi rapaci mann cuncta depopidahantur. ß überliefert quis enim passet tradere clamantihus [sacerdotihus] . Das letzte Wort wurde mit Beziehung auf das unmittelbar Vorhergehende eingefügt, wo es heisst: mittit Proculum quendam . . . qui coartaret ad tradendum ( i GG4 Petsclienig. j i ministena dntina . . . domini sacerdotes. Der Interpolator i wollte also das Subiect zu clamantihiis ausdrücklich gesetzt \ haben. — 11, 14 alios incendif, nlios jghidioj ingu/auit. Der i Zusatz gladio sollte den allg'eiueinen Ausdruck präcisiren. — f^ II, 31 tunc eis etiani nisitaiiouis humanae negatn [est] consolaüo. \i Weshalb die Copula dem Particip beig-esetzt wurde, ist klar, h — II, 43 si nosirnm fidem, qnae una et uera [fides] est. ßdes ' sollte zur Verdeutlichung; dienen. — II, 50 sed qin te uisitare \ digjiattis est, i)raestet tibi jdominusj secuudum fidem tuavr. Es ! sollte dem Leser nicht der jj;-ering8te Zweifel gelassen werden, i dass derjenige, qui uisitare dignntus est, Christus sei. — III, 22 ! [aptatisj artata poenis . . . alias ad vmrfyrinm confortahat. ( aptatis ist offenbar mit Rücksicht auf das unmittelbar vorher- i gehende ipsam primo nisi sunt fnstibus expoliatam aptare ein- i gefügt worden. — III, 57 nee caMra /usquamj omnino reman- \ serant. nee . . omnino sollte durch usqwtm verstärkt werden, i III, 6G aduenianf [mihi] omnes. viihi ist mit Rücksicht auf -i §. 65 seviper mentiti sunt mihi und isfi dicunt mihi cotidie 1 eingeschoben, — 11, <>7 8io)) . . . facta est nilis, facta [est] M quasi 2)olluta menstruis. Das zweite est sollte verdeutlichen, i Die zweite Kategorie umfasst die Ergänzungen, die einer i< Corruptel des Archetypus, einem Misverständnisse oder dem )«i Streben nach grösserer Correctheit ihren Ursprung verdanken. | I, 22 hoc enim persecutionis [tempore] genus agebafur. Hier H war dem Interpolator offenbar der Ausdruck persecutionis genus ij agebatur nicht ganz klar. — II, 22 a; reor ergo illas duas ollas ti Sicca Ueneria et Laribus duas esse ciuitates. ß: ollas siccensam (so PB) et larensem laribus. Dieses Beispiel ist sehr belehrend. Der Interpolator nahm offenbar Anstoss an dem Gebrauche der Städtenamen, die hier als Indeclinabilia im Ablativ erscheinen. Da er nun §. 28 las congregantur uniuersi in Siccensem et La- rensem ciuitates, schob er einfach die der Correctheit Genüge leistenden Adjectiva ein, wobei zufällig laribus stehen blieb. — II, 40 nulhim inuenit remedium im,minens calanritas, nisi a \ sancto Eugenio rationahilisy si cor barbarum molUretur, snggerenda ). daretur tali textu conscripta. Dieser Satz muss dem Interpolator ( nicht verständlich gewesen sein, da er schrieb: calamitas. Tunc J sancti (so!) Eugenio rationabilis [causa uisa est], si cor b. m. f suggerendo, [si legenda] daretur tali textu [epistola] conscripta. Die handschriftliche UebcrlipftTung des Victor von Vita. 665 — II, 48 qui [cum] tali tusitaiione commonitus [est], putans se . . . deludi per swnnium, surgere noliiit caecus. Offenbar waren dem Interpolatoi- die beiden Participia anstössig; er verwandelte daher das erste in einen Temporalsatz und änderte putans in i putat. — II, 50 a: quem seacm.^ qnousqne uninei^si haptizarentur, ihi detinuit oh hoc, ne tanto miraculo popidua excitatus uirum contereret, qui receperaf lumen. Im Archetypus von ß dürfte ne gefehlt haben. Dies veranlasste folgende Interpolation : detinuit. Ob hoc tanto miraado popnlus excitatus comprimere j uirum, qui r. l. [coeperunt]. — II, 52 ä: Laetum . . . in- i cendio concrematdt, aestimans tali exempJo timorem incutiens reli- quos elisurum. In ß ist überliefert: aestimans [quod] tali exemplo I timorem excuteret reliquiis elestinim. Die Interpolation scheint ! der Corruptel in den Schluss Worten ihren Ursprung zu ver- danken. In die dritte Kategorie reihe ich alle willkürlichen Zu- sätze ein, deren Veranlassung und Zweck nicht klar ersicht- lich ist. II, 24 uhi nee matres aderant nee aliqua [catholica] j matronarum. — U, 35 coeperunt [primo] hastilium cuspidibus ad currendum et lapidihus tundi. — III, 36 perdidisti militiae 1 clamidem, quam in tela uirgineorum membrorum [gestator] decem ' mensibus texi. B. Im Vorstehenden wurde nachgewiesen, dass ß durch Zu- sätze entstellt ist, deren Entstehung sich auf mancherlei Ur- ; Sachen zurückführen lässt. Es soll nun untersucht werden, ob sich dieselben Verhältnisse, dieselben Ursachen und Wirkungen nicht auch an einigen anderen Stellen, wo ß mehr bietet als a, nachweisen lassen. Dieser Nachweis wird namentlich dort, wo eine Ergänzung etwa zum Zwecke der Klarheit und der Her- stellung eines besseren Zusammenhanges vorgenommen worden war, unschwer gelingen, da man solche Einschiebsel leicht ij vermissen wird. ' I, 35 seruos Christi cognato regis Sesaoni gratia muneris offert. qui cum eos utpote oblatos cum gratxdatione nimia susce- pisset, filios uel domesticos [eins] . . . male coepit daemon . . agitare. Dass nur die Kinder und Hausleute des Sesaon ge- meint sein können, ergibt sich aus dem Zusammenhange. Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. III. Hft. 43 666 PBtschenig. Vgl. die sehr ähnliche Stelle II, 14 comites quam plurimos et nohilea . . . oh hoc quod germano fmierent, alios incendit, alios iugulauif. eins ist also verdeutlichender Zusatz. Ganz das- selbe gilt II, 37 explet cum gaudio quod 'petehatur pontifex dei: consirultur ecclesin , haptizatur /simiU] vmititudo max'hna bar- barorum. — I, 47 qni cum multis rnsidiis premeretur ut catho/i- cam amitteret fidem, ipse euni rex . . . inuitabat, promiitens eum multis diuitiis cumulandum. si nolnntati eius auditum facilem commodasset. qui cum fortis atque inuictus [in ßde] maueret, iuhet eum suhire sententiam capitalem. in ßde ist nach dem Zusammenhange vollständig entbehrlich. — II, 8 sed cum fama \ eins esset [ubiquej celtbris atque manifesta. Mit dieser Stelle i vgl. man die oben S, 664 behandelte II, Ö7: uec castra [usquamj omnino mmwiserant . — ebend. suggerunt [regi] de illo, ut suum nequaquam sederet thronum. regi fehlt in BVCML mit Recht. Denn erstens kann zu suggerunt dem Sinne nach eben nur regi gedacht werden; ferner fehlt bei diesem Verbum das Dativobiect auch sonst nicht selten. Vgl. II, 27, 41 (2mal), | III, 38, 39. — II, 39 quam rem spernentes plurimi [nunc] reperti \ sunt. Vgl', dazu III, 4 quod cum uideremus esse neclectum et | plurimos esse repertos. — II, 53 illa est semper grata collatio, i ubi superba non dominatur [potestatisj elatio. pofestatis fehlt i in X mit Recht, da elatio = arrogant ia oder superbia ist. Vgl. i Eugipp. vit. Severin. 4, 11 elationis supercilium. Augustin. C. D. IX, 20 elationis inßatae, XI, 13 per superbam elationem, XII, 1 elationis fastum, XIV^, 13 aliquid elationis. Jordan. Get. c. 17 superba que admodum elatione iactatus. — potestatis tritt hiei" sogar störend zu dem Gegensatze grata collatio — superba elatio; übrigens ist die Stelle in ij auch sonst stark ^ verderbt; denn diese Classe liest illo est semper tracta collo- cutio. — ebend. nunc [autem] qui erit cognitor, qui examinator.\ Hier ist das Asyndeton eben so gerechtfertigt wie I, 30 (oben j S. 663), wo dasselbe Wort eingeschoben wurde: fuit [autem] hici\ Uuandalus de Ulis et rel. Derselbe Fall findet III, 38 statt: nudus ]* exiui de utero matris meae: nudum [etiam] me oportet ad exilium ' pergere. — III, 50 ita de filiis medici uenerabilis Liberati fac- jj tum esse probatur. nam cum iussu regis cum uxore et liberis ad j exilium mitti iuberetur, cogitauit impietas Arriana a parentibus C, paruulos ßlios separare, ne posset per jnetatis affectum etiam m Die hiiDdschriftliche Ueberlieferniig des Victor von Vita. 667 uirtutem prosternei-e genitoricni. Disconiunguntur [a parentibus] teuer a ptgnera filiorum. qui cum uellet [Liheratus] lacrimas emittere, auctorifate uxoria increpatus, in ipso meatu exitus sui ilico Uicrimae siccauerunt. Dass a parentihus vollkommen über- flüssig- ist, becUirt' keines Nachweises. Aber auch Liheratus kann entbehrt werden, obwohl die Beziehung des qui auf das entfernte Lihernti einig-ermassen hart ist. Härten des Stiles aber bietet Victor in grosser Zahl. — III, QQ quoniam uinde- miata suyn in die [irae] fiiroris domini. irae hat neben PR auch a. Aber die Bibelcitate sind, wie wir später noch oft sehen werden, häufig nicht wortgetreu gegeben. Dass hier a das Richtige bietet, zeigt auch das Verhalten des Bernensis. Dieser Ms hat von erster Hand in diei furoris; die zweite Hand schrieb re über das Schluss-?* in diei. — HI, 67 sacer- dofes eins in desertis locis et [inj insulis defecernnt. Der Weg- fall des in vor insulis in y. wäre zwar leicht erklärlich. Vgl. jedoch 11, 24 in imrtihus Traciae et aliis regionibus. Augustin. C D. X, 1 ab incolendo enim colonos uocauit, non agricuUura; so Dombart nach seinen Mss, während die Pariser Ausgabe ab agricultura hat. XX, 21 et emissurum ex Ulis saluatos in gentes diuersas et longinquas insulas. So Dombart mit den Mss; die Pariser Ausgabe in longinquas. Es ist daher die Ueber- lieferung von a jedenfalls festzuhalten. i' An den noch erübrigenden 19 Stellen nehme ich mit Halm (vgl. dessen praef. p. VI) Lücken in y. an, obwohl hie und da begründeter Anlass zum Zweifel an der Richtigkeit des von ß Gebotenen vorhanden ist. Ich führe ein Beispiel an. II, 7 pecuniam apud eum mimquam mansisse prohatur, nisi forte tali hora offerretur^ quando iam sol diei explicans cursum noctitrnis tenebris ordinem. daret et locum. numquam bietet ß, in BVC fehlt es; M hat non mansisse, ah mansisse non. Im Archetypus von a kann numquam, es kann aber auch im Arche- typus aller unserer Handschriften blos n gefehlt haben, welches zwischen eum und mansisse leicht ausfiel. Eine sichere Ent- scheidung ist in diesem wie in manchen anderen Fällen un- möglich. * * ^ta.tt pecuniam ist übrigens an unserer Stelle mit MPhpecunia zu schreiben, da Victor sonst prohor nur mit dem Nominativ und Infinitiv construirt ; vgl. I, 18. 30. 42. II, 5. III, 3. 50. 43* 668 Petschenig. IIL Abschnitt. Studien zur Kritik des Textes. i f < I. Capitel. • Orthographische Fragen.' | I In diesem Abschnitte wird hauptsächlich zu untersuchen j sein, in wie weit die mitunter eigenthümliclien Schreibungen, ■ an denen x und besonders BVC reich sind, Berücksichtigung j verdienen. Dass die Olasse a, wie im Allgemeinen den Text, | so auch die ursprüngliche (Orthographie treuer bewahrt hat, | beweist schon die Schreibung der nomina })ropria; vgl. oben j S. 649 — 650. B ist natürlich in erster Linie von Wichtigkeit. So ] hat neben diesem Ms I, 44 mir /. lucundo, die übrigen locundo; I II, 31 hat B allein Inciistarum, II, 1(5 allein Jncundum, III, 19 ; allein domni, B schreibt ferner consequent urguere; darin ! stimmt T" in den meisten, CM in einigen Fällen; die Classe ß j hinjjeoen hat diese Form niemals. Ebenso finden sich in B ( regelmässig richtig sollemniüis'prouinciamemhrum., in den übrigen \ auch soUempnitas prouinfia meuirum. Bonifatins ist nur in Mss i der Classe a, namentlich in B, innner richtig überliefert, in ß ;: überwiegt Bonifdcius. — Wenn somit B oder die ganze Classe a ü Schreibungen bietet, welche von der gangbaren Orthographie \ abweichen, so wird man zunächst die Frage nach der Berech- ! tigung derselben aufzuwerfen haben und sie nicht einfach als ] Schreibfehler bei Seite schieben. Zur Richtschnur dienen hie- bei: Schuchardt, der Vocalismus des Vulgilrlateius; Möller, titu- lorum Africanorum orthographia, Gryphiswaldiae 1875; M. Hoff- mann, index grammaticus ad Africae prouinciarum Tripolitanae j Byzacenae proconsularis titulos latinos, Argentorati 1878. Zu- j gleich wird im Auge zu behalten sein, dass wir ein Werk vor ; uns haben, welches auch in syntaktischer Beziehung durchaus ( der mittelalterlichen Latinität nahe steht. \ ' O = alle Mss. (H) = von Halm aufgenommene Schreibung. ] \ Di« bandsebriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. 669 Ä. Vocale. e = ae. Vgl. Schlich. I, 224 ff., Möller p. 22 ff.. Hoff- mann p. 28 ff. Danach ist zu schreiben: I, 13 Getuliam 0 (H). III, 24 Emüius O (H); vgl. Möller p. 23, Hoffniann p. 28. Pass. 6 trophea O (H). — Ebenso ist nach einstimmiger Ueber- lieterung überall cespes herzustellen: II, 10 cespites 0, III, 55 cespitmn BVCMaPh (ohne Zweifel auch LN; Halm verzeichnet hier die handschr. Lesart nicht), III, 56 cespis 0, III, 57 cespitem 0, Pass. 6 cespitis O. — Desgleichen spricht die Ueberlieferung für teter, nicht für taeter. II, 31 teterrima BVCaL^j, deterrima 31, III, 56 tevraque (st. tetraque) BVM, tetraque C"^^ traque C, Pass. 3 tetrae BVCM, terrae «, thetre ß. — Brambach bemerkt im Hilfs- büchl. S. 38: fetidus, fetor besser als foet. Die Victor-Hand- schriften überliefern: I, 6 fefidnm 0, I, 9 fefore BVCa, fetore M, foetore ß, II, 18 fetor BaPR, fetor VCM, foetor b, II, '62 fetor BVCaP, fetor M, foetor h, III, 48 fetido aß, fetido rell., ebend. fetidis 0, III, 58 foetore BVG, fetore rell. Demnach ist fetidus und fetor zu schreiben. — heresis und heretici haben alle Mss überall; so schreibt jetzt auch Herding in seiner Ausgabe von Hieronymus' Schrift de uiris inlustribus, und mit Recht. Denn wenn Prudentius hereses und heresis misst (vgl. Schuch. I, 226), so ist dies wohl ein evidenter Beweis dafür, dass man sich an den Ursprung des Wortes längst nicht mehr erinnerte. Wie heresis, so ist auch mit allen Mss II, 1 Manicheos (zweimal), II, 2 Manicheus zu schreiben. e = ee. II, 7 elemosipias Ba (H), elemosinas VCM, hele- mosinas ß. elemosynae schreibt Dombart im Augustinus. ö = i. I, 11 omelias y., homelias ß (H). omeliae weist Schuch. II, 90 aus einem cod. s. 5 — 6 nach; in Mss s. 9 — 10 ist es die gewöhnliche Form. II, 18 überliefern BVC palleis, dagegen I, 39 alle Mss palliis. Trotzdem möchte ich palleis nicht ver- werfen, da diese Form selbst von Grammatikern vor Charisius (vgl. Schuch. II, 37) vertheidigt wurde und dieselbe sich auch sonst in sehr alten Mss findet; vgl. Schuch. II, 41. Wenn man eine solche Doppelschreibung bei einem und demselben Autor nicht gelten lassen will, so verweise ich auf den Wechsel von diaconem und diaconum, dominus und domnus, Huniricus und Hunirix, rettidit (II, 18) und retidit (III, 26). — III, 29 maure-' 670 Petschenig. taneae BVM, wauretaniae C, mauritanee a, mawitaniae rell. Ich schliesse mich Hahn an, der (Index p. 75) Maurefanene hergestellt haben will. i = e. Es kommen im Ganzen drei Adjective auf -ceiis vor. II, 19 überliefern alle Mss triticeam; dagegen I, 20 simu- laciiis B^h\ siniilacius B^Ph-, similatius VC ML, similacens R (H); II, 37 hordiaciis BV, hordeaciis C, hordectceis MPb (H), hordiaceis a, ordeaceis R. Ich schreibe simidaciits und hordiaciis. Letzteres ist durch hordiactum cod. Ver. Sulp. dial. I, 4, 4 be- stätigt. i = ii im Gen. Sing, der 2. Declination, nur in Mss der Classe a. II, 2 Olibn BVG, III, 43 Antoni BV, II, 58 fili BV^L. Die letztere Form erscheint II, 62, 64 und 111, 20 in BV\ II, 68 in B, II, 74 in BV. Dass alle diese Schrei- bungen richtig sind, bestätigt Hoffmanns Untersuchung über die tituli, als deren Resultat er p. 91 hinstellt: .genetiui autem habes paullo plus duplo maiorera n um er um formarum contractarum quam non contractarum in nominibus appel- latiuis flectendis, cum nomina propria multo saepius in -i quam in -ii genetiuum forment.' i == y. Byzacenus hat folgende Ueberlieferung: I, 13 uizace- nam BVCML, hizancenam a, hiacenam Ph^R, hizacenam b"^. I, 44 uizacenam BVCaL, inuazenam M, hizagenam ß. II, 101 uizacenis BVCaL^j, nizacensis M. Sieht man von der Schrei- bung n für b ab, die auch auf afrikanischen Inschriften vor- kommt (Möller p. 46, Hoffmann p. 48) und in ^F häufig ist, so bleibt als überlieferte Form Bizacenus mit i statt y. Wenn die Appendix Probi vorschreibt , Byzacenus non Bizactnns', so muss die Schreibung mit i nicht so selten gewesen sein. — II, 2 Olibri BVC) Olihrii ML (H), libri ß. Olibrio ist von Schuch. II, 256 aus sieben Inschriften von 379 — 526 n, Chr. nachgewiesen; Olibrius schreibt Droysen im Paulus XV, 3 und 5 mit den Mss. — III, 22 Dionisiam BVCML, Dyonisiam aß; vgl. Dionisius bei Möller p. 33, Hoffmaun p. 26, Schuch. II, 270 (Ende des fünften Jahrhunderts), Dionisiamis bei Möller a. O. — III, 36 cUimidem 0 (H); III, 61 Iliefie-Jrouimits 0 (Bf). In anderen Fällen dagegen bewahren die Mss über- wiegend y, so in abyssits, hyminis, marlyr, mysferiiim. — Unter y — u erwähnt Hoffmann p. 26 zweifelnd Saturus und will dies Die handschriftliche üeherlifftfrniiR des Victor Ton Vita. 671 vielmehr (p. 84) für die verlängerte Foriu von .satur ansehen. Derselbe Name findet sich bei Victor I, 48 ff. und wird in einer Weise gedeutet, welche Hoffmanns Ansicht wenigstens für die afrikanischen Inschriften als zweifellos richtig erscheinen läs: quin non Indigens, sed Sa- turn s fiocahafur, saturatus ah uherfate dnmns dei. 0 = u. Brambach bemerkt S. 48: ,iitcolumis, nicht inco- loviis'. Dieses Adjectiv findet sich bei Victor nur zweimal, und zwar mit folgender Ueberlieferung: I, 34 incolomes BML, incolumea jell.; II, 11 incnlomis liVCML, incolnmis a'(j. Dem- nach las der Archetypus von v. sicher iucohm'is. Bei Hoffmann p. 23, Möller p. 41 findet es sicli nicht, wohl aber Beispiele wie Uolcius uoltus coloniin'as; .Schuch. II, l")!) citirt incolomitatis. H = /. simila nebst weiteren Bildungen kommt im Ganzen viermal vor. II, 19 .simi/aginis 0, I, 20 sinnd actus B^h^, simu- lagiuis BVL, aimilaginiis rell., sivinla BVCL, simila rell. Da- nach ist die Schreibung mit n als die ältere und besser über- lieferte beizubehalten. Andere Beispiele, wie uigtd, finden sich bei M.iller p. 4;'). Hoffmann p. 20, Schuch. IL 231 f. // = 0. II, 12 und 14 überliefern die Mss Gentunis, nur L hat an der ersteren Stelle Gentonis. Als Nominativform nimmt Halm im Index Gentu an. Da aber derselbe gothisch- wandalische Name bei den Griechen Fsv-rtov. svc: lautet (Hist. Gr. min. I, p. 419 Dind. Finzn, rcTÖc.) ;jl£v Hvt-. ävspi), ist wahr- scheinlich Genton oder Gento die lateinische Nominativform. — II, 31 hicustarum B (H), auch sonst sehr häufig; vgl. Schuch. II, 109, Rönsch 465. lucnsta schreibt Dombart im Augustinus. — Pass. 4 luricntum BV^C^, loricatum rell. Die von Schuch. II, 110 und III, 200 citirten fünf Beispiele für lurica fallen in das vierte bis siebente Jahrhundert; eines ist aus dem Vati- canus des Vergil. — II, 15 Teuchariam BVCML, Theucariam a, Theiicaria ß; III, 39 Teuchario BVCa, Thenchario L, Theochario M, Thexicario ß. Dass diese Namen griechischen Ursprunges sind und mit Qlzyior^z 0er/ap;c zusammenhängen, ist zweifellos. Vgl. Theudora bei Hoffmann p. 33, und Schuch. II, 145. y = £'.. Pass. 15 lypsanae (= -a A£{'J;ava) 0. Halm schreibt lipsanae ohne handschriftliche Berechtigung. Dass jedoch griechisches t\ im Spätlatein zu y werden konnte, beweisen para- 672 Petschenig. dyssi und paradijso bei Schlich. IT, 271 (aus dem Reichenauer Palimpsest s. 5 — 6). y = Ol. I, 4 cymiteriis BVa[i (H); vgl. Schuch. 11, 283 ff. Auswerfutig-. Neben clonnwis findet sich siebenmal dom- nus: II, 3. 28. 30. 42. 44. III, 19. 20. Uebeiall ist darunter der König Hunirich, nur II, 30 ein Knabe gemeint, niemals findet sich diese Form auf die Gottheit angewendet. Vgl. Schuch. II, 411; Du Gange s. v. domnus. Zum Schlüsse soll noch die Schreibung des Namens Theo- doricus (so Halm) richtig gestellt werden. I, 44 theodericus BVCMah, theodoricus L, theudoricus PR. „ — theodericus BAfab, theodricus VC, theodoricus L, teudori- cus P, theudoricus R. II, 12 theodericum MP, teudoricum BVCa, theudoricum LhR. „ — theoderici P, theodorici AfLhR, feudonci BVCa. „ 13 theoderici M, teuderici BVC, theudorici a, theodorici Zß. „ 14 theodericuvi BMah, theodricurti VC, theodoricum LPR. Da somit die bessere Ueberliet'erung an vier Stellen für die Form mit e ist und an den übrigen zwei Stellen einzelne Handschriften gleichfalls so lesen_, schreibe ich überall Theo- dericus. B. Consonanten. h = p. I, 48 obiione BV^C; dagegen I, 14 optione. Vgl. Schuch. I, 144, Möller p. 20. c =z g. Brambach S. 49: ,neglego, besser als neclego'. Die Victor-Handschriften haben sonst acc(tntilii(s Prol. 4 nach IkiR; dehacantibus P, dehachnntihus VCM. üass der Autor selbst, nicht seine Abschreiber, die Aspiration namentlich in Fremdwörtern und Eigennamen ver- nachlässigte, ersieht man aus den folgenden Stellen, an denen t für ih steht: II, 15 Teacliurin, III, 39 Teuchario. I, 23 Tendnlensem (iheud. nur M); vgl. Theudalis Plin. V, 4, 3, Osj- SaXa Ptol. IV, 3, 31. Der Name der I, 42 sehr verschieden, aber von keinem Ms mit th überlieferten Stadt Tnnuznda lautet bei Ptol. IV, 3, 30 ÖojvcjsOs:. III, 25 Tuhnrhitanae 0 (H); öojßoupßa) Ptol. IV, 3, 35 u. a.; vgl. Möller p. 14. Dem- nach ist auch I, 41 sputis, II, 24 Traciae mit allen Mss zu schreiben. Droysen schreibt im Paulus XI, 14 Traciam und Traciae, XIV, 16 Tracias u. s. w. — Auch sonst fehlt die Aspiration im An- und Inlaute, a) Im Aulaute: I, 11 omelias a, I, 51 Ellada X, Htllada (-de) ß, III, 63 arpageret x (H). — In homonsion homousiani hat Halm überall die Aspiration be- rücksichtigt, da der cod. Land, so schreibt. Kann jedoch ein viermaliges homonsion in diesem cod. gegen die fast einstimmige Üeberlieferung der Victor-Handschriften an zahlreichen Stellen in Betracht kommen? BVC MLR haben überall omousion und omo(iimo-)nsiani, Ph nur II, 39 homousianis und homousia- norum, a nur II, 56 homonsion. — b) Im Inlaute. Halm schreibt mit Recht nach den Mss überall exalare. Falsch angewendete Aspiration, heremus überliefern die Mss überall. II, 84 Danihelis BVCLP'^bR (H), Danielis 674 Petschenig. MaP\ III, 12 cohercmnt 0 (H). II, 59 ist mit MP Israhd zu schreiben; BVCb haben das Compendium ifrl; vgl. Schach. II, 525. 11 = m vor p. I, 10 Panpinianus BV, III, 55 panpineis BVCb. Diese Schreibung- ist durch die von Möller p. 38, Hoffniann p. 64, Schuch. I, 108, III, 58 angeführten zahlreichen Beispiele gesichert. qti = c. II, 95 7^»?- BVC, III, 30 loquiiti BV; vgl. Möller p. 42. s ^= SS. II, 5 mnsitantes 0 (H); vgl. Möller p. 28 sq., Hoffmann p. 75. t = d. I, 11 Dam'ficum 0, von E. Ludwig in der Jen. Lit.-Zeitung 1879, S. 321 gegen Halm vertheidigt. I, 33 haut BVMa, I, 44 haut MaL, mit BV, III, 34 apnt Ba. tt = f. III, 44 halbnitkntin BVG PK (H). Assimilation in (tdmonere, admonitio, admittere, in ]\Iss der Classe y. regelmässig eintretend. I, 22 ammoneret BVCAIa, II, 28 ammonitioms BVCMa, II, 32 ammissi BVG, II, 35 am- missus BV, II, 41 ammonere BVG 31, III, 5 ammoniti BVGMPb. Einzelnes. I, 43 ist disnipfas bei Halm wohl nur ein Versehen; denn a hat dirupfas, ß disvupias; vgl. III^ 31. Ebenso ist I, 49 mit B indutias zu schreiben; vgl. III, 28. II. Capitel. Eigenthümlichkeiten der Declination. A. EigenthümUche Casusformen. a) Im Nomen. — Nom. III, 56 cesjns BVCMPR (H). Sehr seltsam ist I, 46 Armogas BVL^ (H) ; armogast' C, ar- m.ogastes Ma; dazu der Acc. Armogastem I, 43 und 45. — Gen. PI. auf -um st. -ium. II, 18 lamentantum BVGaL (H); lamentantium 31, lamentandum ß. I, 41 innocenhim BVG3JP b'^R (H); innocentmm ciLb^; III, 21 und Pass. 2 innocentnm 0 (H). — Gen. pl. auf 'Uum. HI, 4 mensmim BVG (H); mensium 3ILh, vunsum PR. — Griech. Gen, II, 1 ho.reseos BV^aL'p (H); heresis M ; III, 48 hereseos 0 (H). — Locativ auf -i. II, 27 Carthagini 0 (H) ; vgl. Neue I', 246 f. — Die hund8chriftliche Ueberlieferuiig des Victor von Vita. 675 Acc. auf -em st. -/;/(. II, 69 luresem BV^P^R (H), heresim lell.; Neue I', 208 citiit htise.m; ein handsohrit'tlicher Beleg für diesen Accusativ steht in Keiffersclieid's bibl. patr. lat. ital. II, p. i^h aus den) Ambrosianus C. 73 des Eug^ippius (aus s. VII) verzeichnet: adiiersiis nouellam heresem. — Abi. auf -/ st. -e. III, 25 uentri O (II); Halm nimmt allerdings an, dass hier pendere mit dem Dativ construirt sei. I, 43 inuo- canfi BVCM, I, 44 Jicenii a; diese Formen behalte ich bei und verweise auf Kühner l, 218. — Beachtenswerth ist II, 53 satellilinti (Abi.) in J)]'C. Vgl. Commodian. Instr. II, 12, 14 (Ludw.): snscijjit et proprium satnllem dednat esse] aus Ludwigs praef. p. LX ist zu ersehen, dass Handschriften und Ausgaben durchaus sdiellem geben: nur Oehlei* merkte ein ,fortasse sa- telUteni' an. Ist demnach sateUihuii zu verwerfen? — b) Im Pronomen und NunuMalc. II, 80 ipsnd B (II). III, 21 nidlo (Dat.) a,: (H). III, 41 ipsitisdem BV, ipsi tinsdem Ca^ (H), ipsius Mj eiiisdf'tu L. Ich halte mit E. Ludwig (Jen. Lit.- Zeitung 1879, S. 321) an ipsiusdeni fest. B. Decliuationstausch. 1) Die 1. statt der 2. Gesichert ist III, 59 frequens midtantm promncinrum spolia ; meine Mss haben frequens; demnach bezweifle ich auch, dass in A' frequentia überliefert ist. In B steht nicht frequens, wie Halm angibt, sondern nur ens in Rasui-, und frequens rührt nicht von der zweiten Hand her: die Möglichkeit, dass in diesem ^Is ursprünglich /reg'?/ejrf/a überliefert gewesen sei, läugne ich ganz entschieden, schon weil für entia die radirte Stelle viel zu klein ist. Somit halte ich an spolia^ ae fest, welches zudem durch sehr zahlreiche analoge Umbildungen geschützt ist; vgl. caementa exta menda serla bei Kühner I, 306, Neue I', 568 f., acetahidn furna iri- bula sarmenta bei Rönsch 268 f., folia, ae Zeitschr. f. öst. Gymn. 1874, 8. 100, castra, ae Rhein. Mus. 1879, S. 638. — Pass. 16 lypsanae = -'x \v.'lx\x. — 2) Die 1. statt der 3. I, 51 Ellada {Hellada FR und Halm). I, 23 nt examina apum cereas aedi- ßcans mansiones. examen hat nur L. Ich halte exavnna, ae für eben so berechtigt, wie das von Hagen im Berner Oribasius nachgewiesene ossa, ae, oder wie moenia, ae bei dem Anonym. Vales. 67: ad recnperationem moeniae ciuitatis lihras ducenias 676 Petschenig. dari praecepit. — 3) Die 2. statt der 1. III, 58 quisquüia (Acc. PI.)-, vgl. Petron. 75: cetera quisquüia omnia. — 4) Die 2. statt der 3. II, 20 intrantes in penetralio domorum BV; penetmlia rell. (H). Vgl. jedoch Gloss. Cyrill. p. 456, 23 £vBcii.Jxcv penetralium (^Zeitschr. f. öst. Gymn. 1879, S. 19), und zur Construction I, 15 transmarina in parte proiecit, II, 9 iectis in capite, III, 19 secedant in parte, III, 33 in mitiori heremo translata, III, 44 in gaudio connersns. — 5) Die3. stattder2. diacones u. s. w.; vgl. Halms Index. — 6) Die 4. statt der 2. I, 42 Uicu Ammoniae (uico nur a). II, 15 per tdcus BVCK III, 48 uicus circuibant B. I, 26 2^6^' singulos lectus BVPR; vgl. Neue I', 546, Rönsch 263. C. IndccUnahilia. Als solche erscheinen Städte- und Flussnamen im Ablativ. II, 22 Sicca Veneria et Laribus duas esse ciuitates a. Aäptßoq ^j Procop. bell. Vaiid. II, 23. Coripp. Joh. VI, 143: ur]>s Laribus mediis surgit tutissima siluis. — II, 15 in Ansaga fluuium de- mersit. Vgl. Closs zu Jordan. Get. c. 18: ,labente ac lapsa latinitate ablatiui nominum urbiuni pro indeclinabilibus usur- pabantur, quenicunique casum constructio poscebat, quod sex- centis exemplis cum alii probant illorum temporum scrip- tores, tum Aethicus, luliusHonorius, Tabula Peuting., Geographus Rauennas^ — Jordan. Get. c. 22 iiixta ßumina Marisia . . . et Grisia, c. 45 iuxta fluuium Ira. i D. Genustausch. m 1) M a s c u 1 i n u m statt Femininum. Sicher ist I, 46 intexti radices (intexte nur a); es ist dies das einzige Beispiel für die Annahme alter Grammatiker (vgl. Neue I', 692), dass radix auch Gen. masc. sei. — 2) Masculin form statt der neutralen. III, 44 cuhilem BV^; Rönsch 266 citirt aus den fragm. Weing. supva cubilem tuum. Dass in diesen beiden Fällen das wi nicht parasitisch ist, beweist die Glosse cuhiles- concubiti, welche Ziegler (die lat. Bibelübersetzungen vor Hiero- nymus, München 1879, S. 56, Anm. 1) aus einem Monacensis s. IX anführt. — 3) Neutrum statt des Masculinum. I, 32 tkesaurum quod BVC^^ (W i ^^^ '^^ truncum quoddam 0 (H). — 4) Masculinform des Adjectivs beim Die handschriftliche üebprlieferung des Victor von Vita. 677 Neutrum des Substantivs im Acc. Sing. Ueber diese merkwürdige Sprachersclieinung der späten I^atinität handelt Rönsch 277; er eitirt 18 Beispiele aus Itala-IIandschriften, von denen sich 6 nicht durch ein parasitisches m erklären lassen (z. B. regimm uenientem). Dieser Gebrauch beschränkt sich aber durchaus nicht auf Bibelversionen, sondern erscheint auch bei Schriftstellern. Vgl. saxnm ingtntem Anonym. Vales. 9ö, simplicem iiestlmentuvi Sulp. uit. Mart. 3, 1 (cod. Ver.), minorem tropaenni Jordan. Get. c. 58. — Bei Victor sind zunächst folgende zwei Stellen gesichert: I, 44 maiorem ohprohrmni BV^ (H), III, iVi) ini/entem cjawUum J3F'6'' (U), Ich folge demnach auch an anderen Stellen durchwegs der guten Ueberlieferung. I, 32 thesauriim quod inuenerat, haherent . . . commnnevi 0 (H), II, 32 naiuralem officium BV, III, 27 tnlevi resjjonsum BVa^j (H), 111, 43 senilem corpus BV^ (vgl. Anonym. Vales. i>3 de- ductus est corpus eins), III, 00 commnnem sepxdchrum BVCMPR^ Pass. 14 nnualeni supjylicium BV. III. Capitel. E i g e n t h ü m 1 i c h k e i t e n der C o n i u g a t i o n. A. Ungewöhnliche Flexi o n s fo rm e n , zum Theil mit Conjugationstausch. II, 9 iccfis BVCn'^'^ (W> ^'g^* ^^ulp- Dial. I, 1, 2 und I, 3, 2 (cod. Monac.) und adiecentias u. s. w. bei Schuch. I, 193 f. II, 45 7iectahat BC'P^hR (H); vgl. Sulp. Chr. II, 32, 6 conectandas (cod.). III, 29 conftigiuit BV PR (H); III, 36 dicehifque BVC^R (H); vgl. Rönsch 291. III, 51 uideam (= uidelo) O (H); vgl. Rönsch a. O. III, 60 deßentinm. BVC. Rönsch (Rhein. Mus. 1879, S. 639) eitirt aus dem cod. Boernerian. Coloss. I, 24 suppleo defientia; vgl. auch Kühner I, 532. III, 66 caiyiunt BV^C'Pb'R (H), III, 67 capessnri 0 (H). B. Vertauschung der gener a verbi. 1) Activ- form statt des Deponens. I, 31 sortire BVCM; vgl. S. 653. I, 36 lucranernnt O (H). II, 31 partiho BVCmaLPR (H). III, 64 lamentare BaL; vgl. Kühner I, 604, Rönsch 298 (6 Beispiele), Jamentaufvit Jordan Get. c. 33. Sicher ist daher 678 Petschenig. auch III, 51 mit BV^ gloriare zu schreiben. 2) Activum statt des Passivuius. I, 33 qnaiientibus tergis {■= r,XKo\xi-iz\z) 0 (H). III, 50 lacrimae siccauernnf, III, 50 siccaun-ant venae. Bei- spiele bei Kiihuor II, 82 und in den Indices zu Dracont. ed. Dulin, Corippus ed. Fartsch. 3) Passivum statt des Activuras. II, 29 moriendos = morituroH y. (die Lesart von ß moliendo verwerfe ich). III, 4 feciimis innotesci. IV. Capitel. Syntaktische Besonderheiten. Da es sich hier nicht um eine Gesaninitdarstelhing der Eigenthünilichkeiten der Syntax, sondern nur um eine Be- sprechung- einzchier Stellen zum Zwecke der Feststellung des Textes handelt, muss von einer übersichtlichen Zusammen- stellung- Umgang genommen werden. Dies wird jedoch nicht hindern, gleiche oder vei-wandte Sj)i-acherscheinungen, die für die Kritik von Wichtigkeit sind, iui Zusammenhange zu er- örtern. Prol. 2. At uero nenera})ilitas sfiidii iui historiam texere cvjnens inquirit siwili qiiidem fauore, dispari tarnen amnre. Alle Mss lesen inqtu'n's, wofür Mommsen inquis wollte. Aber der Begrifif des inquirere darf hier schon wegen des Gegensatzes zu §. 1 quoiidani iiftevi'fi . . . p.nucleave atque s'ciscitari assidue minime. desistehaitt nicht fehlen. Sehr sinngemäss, aber zu ge- waltsam ist Halms inquirit inqnis. Die Ueberlieferung lässt sich jedoch halten. Bei Victor findet sich fünfzehnmal, in der Passio einmal die Construction des Nom. absol. Vgl. z. B. I, 2 quae oyinio dinulgaia, nsqiie in hodiermim a nescfentihus armatorum ianfns numerus aestimatiü', wo man qua opinione diuidgata erwartet. Demnach kann auch uenerahilitas . . . cupieus so gefasst werden. Der Ausdruck uenerahilitas studii tui ist eigentlich nur eine Höflichkeitsperiphrase für tu. Derlei Wendungen, unserem ,Euer Ehrwürden^ u. s. w. entsprechend, sind jener Zeit ganz geläufig; bei Victor allein finden sich 11 Beispiele; vgl. II, 41 potestas regia (= rex) per Uitarit notarium paruitatem meam C= me) ammonere dignata est; Die buiulschriftlirhe Ueberliet'eruug des Victor von Vita. 679 II, 42 pefo mdcpnficentiam tuam (^= te). Somit wäre der Sinn der gewundenen und plirasenhuften Construction: ,Aber in- dem dein verehrungswürdig-es Bestreben auf die Abfassung eines Gescliichtswerkes geht, forschest du u. s. w. I, 2 ilico statuit omnem mnltitnduiem niimerari, nsque ad illam diem quavi hnic lud nterus "profuderat nentris. BVCMaPR bieten ganz richtig quem. Denn es findet hier jener Fall der constructio ad sensum statt, von welchem Dräger I, 165 — ^167 handelt: Ein Fronomen, welches sich auf ein Nomen in einem anderen Satze bezieht, cungruirt zuweilen nicht im Genus oder Numerus mit diesem Nomen, quem ist hier etwa = quemcumque. Die constructio ad sensum geht bei Victor sehr weit und ihre genaue Beobachtung ist für die Textkritik nicht unwichtig. Ich gebe daher weitere Beispiele. — III, 15 iit nuUus quem- piam Ulorum hospitio reciperet auf alimoniam praestUisset. BV Ca praestitissent. Vgl. II, 46 i(t . . . mensam nullus communem haberet neque . . . uesceretttur; Anonym. Vales. 82: qui uero non hahuisset (so cod. Meerm.) tinde dare, fustati per pidiUcum . . . duceientur. I Reg. 2, 33 bei Augustin. C. D. XVII, 5: et omnis qui S7iperauenf domus tuae, decident in gladio uirorum. — III, 34 tunc etiam Eugenio pastore iam in exilio consfituto, et uniuersus clerus ecclesiae Carthagiuis caede inediaque macer a- tus, fere quingenii uel amplius. Inier quos quam plurimi erant lectores infantuli: gaudentes in domino procul exilio crudeli tra- duntur. Die Stelle ist von Halm nicht richtig gefasst. mace- ratus ist Particip, traduntur (so ist mit a zu schreiben) Verb, finit. Daher hat nach infantuli und nach ampjUus ein Komma zu stehen. Vgl. II, 23, ferner II, 34, wo zu interpuugiren ist: turba fidelium inaestimabilis descendebat cereos manibus gestantes, suosque infantulos . . proicientes . . clamabant. — III, 55 noyi pomorum uirgulta maritante tellure gemmas produxerant florum, postea fructus, ut adsolent, edituras. BVC ^ M L editurae, ^ redi- turae, C-a editnra. Ich halte die Ueberlieferung der besten Mss für richtig: tditnrae ist ad sensum auf pomorum (Gen. PL von pomus) bezogen. Genau dasselbe findet III, 57 statt: puerorum uel etiam piiellarum agmina . . . 2^assim diffunde- bantur^ circuTueuntes oppida. I, 40 Tunc etiam sanctus Ualerianus Abensae civitatis epi- scopus . . . foris ciuitate singidaris iussus est pelli. Alle Mss 680 Petschenig. i lesen eni'm statt etiam. Dass enhn im spätesten Latein in ab- j geschwächter Bedeutung zur blossen Anknüpfung des Satzes i gebraucht wird (etwa = autem), ergibt sich aus mehreren 5 Stellen Victors {l, 43. II, 33, CG. ITI. ^54 ), ferner aus Anonym. ) Vales. §. 62 (zweimal), 74, 83 und aus Anthimus ed. Kose 53, 57. | I, 49 satiiratus ab nhertate domns dei et torreu fe deliclarum i eins potatus. BV torrentem. Die Stelle ist Ps. 35, 9 nach- i gebildet, wo der griechische Text lautet: tbv •/E'.p.appijv ty;^ tojc;-^;! coj -rrcT'.sT; xjtoj;. Dass die griechische Construction in Itala- ji Codices gar nicht selten ist, zeigen die Beispiele bei Rönsch t 376 und 437 ; torrentem ist daher richtig. P2benso ist Pass. 5 mit BV^ clhari eos panem lacrimartim zu schreiben, da im i griechischen Texte {Vs. 79, 6) 'itoix-.sT; y;|ji.ä; iptcv or/.pjo^v steht. { Weitere Beispiele des Accusativus der Beziehung bei V^ictor sind: j III, 36 iiidnisti te maledictionem, ebend. erutmn stolam miptialem. j II, 18 überliefern BV^ re.pletam (ecclesiam) porcorum multi-\ iudinem. Der Accusativ Hesse sich durch zwei Beispiele bei} Rönsch 437 rechtfertigen: rephtns sinn consolationem; ut in-\ pleantur 1iorreiacet cogitare, sape.re, intellir^ere, pronidere, i praestare; inst. diu. VII, 20, 11 deo aniem, cni snbiacet passe i omnia: dazu Bünem. — suJnacere mit dem Dativ hat also die i Bedeutung ,in jemandes Macht stehen, jemandem zukommen'. ) Es wäre daher nicht gewagt, wenn man hiei' penitus (ins) snhia- il eei'et schreiben wollte. Aber dies ist durchaus unnöthig, da i der Genetiv des Gerund, den Infinitiv vertritt. Dieser Gebrauch 1 findet sich bekanntlich bei Tacitus; vgl. Drägers Einl. z. d. j Ann. 8. 24, Hist. Synt. II, 802. Dass derselbe sich aber bis \ in die späteste Latinität und weit ins Mittelalter hinein erhalten hat, beweisen Jordan. Get. c. 10 nee Moesiae sotum credens sibi tntnm fore ab'quanfum remoraiidi , Leg. Liutprandi \b, I (720 n. Chr.) ptigneratus fuerit in his rebns in qnibns lecitum i est pignerandi. Wie der Gen. Ger. bei snhiaceret als Subiect ,' steht, so II, 32 als Obiect bei sinebaf: in qua consfipatione Ä seeedendi ad naturalem officium mdla ratio sinebaf loci. \ III, 14 non dnbitantes quod j^^ns alimoniae inopnm profi- \ ceret, quod sacrosanctis pontificibns iuste conlatnm est. Alle Mss | lesen proficere, nur fehlt qnod in ML. Die Ueberlieferung ist i richtig. Vgl. Augustin. C. D. XXII, 28: quod quidem sie tangit | in libris de re publica Tidlius, nt eum (Platonem) lusisse potins i quam quod id. uerum esse adfirmH dicere noluisse. Zu dieser S Die handschriftliche üeherliefernng de« Victor von Vita. 683 Stelle bemerkt Dombart: ,de quorl ab und ante post nega- tionem uel q}(am comparatiuum cf. 513, 14/ An letzterer Stelle (XXI, 11) heisst es: Qui iip.ro pro nliqno grandi crimine morte inultatiir, numquid morn qua occidifm; quae, 'perhreuis est, eius fttippb'ciwn leges aeafimnnt i't von qnod cum in aempiternum auferioit de societate w'uentiiivi. Ferner vgl, man XXII, 29: Supernf iinqve (pnx dei) omnem infel/ecfum, non diihium quod •praeter smtm. III, 28 cni f roter alitm me.tuens ve ßdem negnret, ei de suspendin c/nmnhnt. ^TTW lesen et de. Auch sonst findet sich bei Victor das Participium Praesentis statt des Verbum finitum gesetzt. II, 24 cremn nfes grmii snspendio atqne ingentia pondera pedihns con lignnteff, lamminnsqne ferri ignitaa ... adponehant. Anonym. V^ales. 88 viittens et euocans Rauennam Johannem sedis apostoUcae praesulevi et dicit ad evm. 70 reuertens Rauen- nam filiam germanae suae Amalahirgnm tradens in matrimonio Herminifrido regi Tvringorum et sie ibi per circuitum placuit omnihns gentihus. Hygin. f. 27 (Muncker) et cum a rege audisset, Hippoten Creontis fiHv.m in cnstodia haheri, arhitrans eum patris inivmam exeqvi Denisse, ihique imprvdens ßUum prodidit. Von den zahlreichen Belegen, welche Jordanis bietet, hebe ich nur einen wegen seiner Einfachheit heraus: c. 60 inter haec Roma- nus exercitus emenso freto Campaniam accedens svhuersaqne Neapoli Romam ingreditnr. III, 50 qui cum uellet lacrimas emittere, aiictoi'ifate tixoria increpatns, in ipso vientv exitus sui ilico lacrimae siccauerunt. Ait enim ei coniux. — ei haben VW -ML, dagegen BV^C^a^ et. Das steigernde et steht im Spätlatein manchmal fast pleo- nastisch, indem der hervorzuhebende Begriff nicht recht er- sichtlicli ist. Vgl. II, 74 namque ut et euidentius nohis diuinae generationis inpassihih'tns insimiaretur. wo enidentivs allein voll- ständig genügen würde. Augustin. C. D. XVI, 32 propterea et IsaaCf sicut dominus crucem siiam, ita sibi ligna ad uictimae locum, quibus fuerat et inponeudus. ipse portahnt. Ps. 115, 10 lautet der griechische Text e^rtcreura, stb k'Ki\r^zy..^ und so auch lateinisch credidi. propter quod hquutus snm bei Fulgent. Rusp. p. 101. ^ ! Dagegen ist dieselbe Stelle bei Augustin. C. D. XXII, 29 ^ Ich citire nach der Kölner Ausgabe vom .Jahre 1526. 44* 684 Petschpuig. übersetzt credidi, propter quod et hcntns anm. — Demnach ist et beizubehalten. III, 52 alii in speluncis, alii in deserfis locis ?/?"?•?' uel feminae mdlo sihi conscio fiese clandehnnt. Alle Mss bis auf L überliefern alii se in speluncifi. Demnach wird Victor auch so geschrieben haben. Dergleichen Nachlässigkeiten des Stiles finden sich bekanntlich selbst bei guten Schriftstellern. Vgl. Caes. B. G. I, 35, 4 sese, quoniam M. Mesftala M. Pisone con- sidihns senatus censuisset, nti, qiiicumqne Gnlliam j^^'ouincinm ohtineret, quod commodo rei p«6i??'caß facere possef, Haeduos ceterosque amicos popnli Romain defenderet, se llaeduorum inin- rias non neglecturitm. Ich führe noch ein Beispiel aus der späten Latinität an. Bei Porph. zu Hör. Ep. t, 17, 52 ist im cod. Monacensis überliefert: cum qupritnr semet in itinere, quo com es ducitur, ah'quid se perdidisse uel sensisse incommodi. Das zweite se änderte Meyer in uel; ob mit Recht, ist zu bezweifeln. V. Capitel. Zur Kritik einzelner Stellen. Prol. 3 Aliuvi Video Timotheum, ah incunahidis infantiae sacris litteris eruditum, nee non inter alios sublimem atque ex- pedituni Lucam, arte medicum, apostoli Pauli discipulum. Alle Mss lesen expeditum marp'sti'i gentium, wozu Halm bemerkt: ,incertum uidetur num vv. mag. gentium ex glussa marginal! in textum ueuerint an post Pauli transponenda sint^ Vielleicht lassen sich die Worte mit einer kleinen Aenderung halten, in- dem man rnagisterii für magistri schreibt. Ich vermag aller- dings für exj)editvs mit dem Genetiv kein Beispiel anzuführen; aber bezüglich des geuetivus relationis herrscht bekanntlieh in der späten Latinität die weitgehendste Freiheit. Verwandt mit magisterii expeditus ist disserendi ac disputandi promptissimns bei Sulp. Seu. Chr. II, 46, 3. I, 2 ut famam suae terrihilem faceret geniis. Von meinen Handschriften haben VCM gentis, BaP genti. Der Dativ ist ohne Zweifel richtig. . * Die handschriftliche Ueberlieferung des Victor tob Vita. 685 I, 3 inuenientes igit,ur yacatam quietamque in'oiiinciam, specio- sitatem totius terrae ßorentis quaqumiersnin, impietatis agminihns impetehaüt, deuastando depoptdahaniitr. Halm fasst qaaqnauersum denionstrativisch. Aber für den relativen Gebraueh sind Auj^ustin. C. D. II, 6 fin., XVIII, 22 und 46, XIX, 12, XXII, 8 und 29 beweisend. Das Komma g;ehört somit vor quaqnauer.suvi. I, 19 ut eins fj'ficiaris cidtu religionis, quam et nos et noster populus neneratitr. Alle ^Iss haben cidtu bis auf den liernensis, welcher cultor bietet. Ich halte diese Schreibung für die richtige, cidfu in Verbindung- mit ctii.<> religionis ist zu geschraubt und sonderbar; denn n)an müsste erklären: ,dass du in Hinsicht auf die Verehrung dich zu derselben Religion bekehrest u. s. w.' Dagegen vgl. man folgende Verbindungen: IIJ, 14 aeria autem maiestatis diuinae cnltoribus; Cod. Theod. XVI, tit. 5, (> catlio- licae reUyionis uerns cultor; Pauli Hist. XVI, 7 rectae ßdei cultor. — Wie cultu entstand, ist leicht zu ersehen. Der Archetypus aller Mss hatte Nominativformen auf -ar statt -or; denn I, 28 überliefern BVC^j ordinatur st. ordinator, II, 18 BVCa fulgur st. fidgor, II, 35 i^F consolatur st. cunsolator, II, 15 P uiolatur st. lUolator. Aus einem ursprünglichen cultur religlonis wurde nun durch den Abtall des schliesseuden r cultu religionin ; vgl. oben 8. 641. I, 20 lue enim panis ut ad tantuni decorem splendoris uenisset et inensae regiae necessarius haberetur, discussa spuria furfuris ex massa aimidagims conspersus per aquam transitdt et ignem. (21). Ita et ego mola catkolicae matris commolitus et cribro examinationis id simtda munda purgatus rigatus sum aqua hnptismatis et igne sancti spiritm coctus. Was ist hier spuria"} Als Substantiv ist es unbelegt. Fasst man es als substanti- virtes Adiectiv, so kann discussa spuria nur in der Construction des absoluten Nominativs stehen, eine Auffassung, die bei Victor ganz wohl zulässig ist. Was aber nicht passt, ist der Begriff spurius. Diesem steht im zweiten Theile der Vergleichung gegenüber: commolitits et cribro . . purgatus. Victor will also sagen: ,Wie die Kleie vom feinen Mehle durch das Sieb ge- sondert wird, so bin ich durch das Sieb der Prüfung gereinigt'. Wir erwarten somit statt spuria ein Wort, das den Begriff des Unreinen ausdrückt. Nimmt man nun dazu noch, dass die bei der Mehlbereitung durch das Sieb ausgeschiedenen 686 Petschenig. gröberen Bestandtheile excreta oder excrementa tritici genaunt werden (vgl. Rhein. Mus. XXXI, Ö. 117), so liegt die Ver- muthung nahe, dass spuria aus spurcitia verderbt ist. I, 36 uhi anfea a nullo fama Christiani noniinis fui-rat diuulcjaia. BVC: ante a nullo. — ante steht auch II, 55 ad- verbial: qiiod ante nostri pvaeuidentes. I, 37 De qua re surgens Inuidia iuhet famulos dei . . . interire. In dieser Fassung wäre surgens inuidia als absoluter Nominativ zu nehmen, wie dies auch Hahn thut; vgl. Ind. IV ,participia absoluta'. Aber es fragt sich doch, ob nicht a b- niit der Ueberlieferung surgens in inuidia (= in inuidiam, sehr oft bei Victor) Recht haben. Vgl. Ammian. XXVI, 5, 8 in Oriente Piocopius in res surrexerat nonas; XXXI, 3, -i Athana- richus . . . stare gradu ßxo temptabat, surrectums in uires, si ipse quoqne lacesseretur. I, 39 Accendifur post haec aduersus dei ecclesiam Geisericus. BV^: haec, V^CML propter haec, a inter haec, ß post haec. — Das allgemeine Schwanken der Handschriften deutet darauf hin, dass im Archetypus, wie in 7iF', eben nur haec stand. Dies konnte wohl nur aus hinc entstanden sein. Vgl. II, 11 hinc iam Hunirici persecutio . . . sumpsit initium. I, 46 cui cum intexti radices et soliditas aridae telluris moram faceret et laborem, angebatur quod tardius sancti membra corporis humarentur. BVMPR haben qui st. cui. Da jedoch die Entscheidung der Frage, ob qui mit den besseren oder cui mit den schlechteren Mss zu schreiben ist, von der richtigen Beurtheilung aller Stellen abhängt, wo das Relativ nach hand- schriftlicher Ueberlieferung in sehr eigenthümlicher Weise ge- braucht erscheint, so setze ich alle bezüglichen Stellen hieher. I, 14 quarum unam illarum, id est Siciliam, Oduacro ... i concessit. I, 20 qui cum ignorasset Geisericus Sebastiani '| uictoriam, ilico iussit adferri. I, 21 quem alius generis argu- -i mento postea bellicosimi uirum occidit. I, 34 qui dum sanguis i effilieret et dissipatis carnibus uiscera nudarentur, sequenti die ^ . . . semper incolomes reddebantur. — ibid. cui (qui BV^^j, que F-, ^ quae (J, cui MaL) cum dei seruorum idsitantium non deesset \ fvequentia, uidentibus ciinctis . . lignorum . . soluta est fortitudo. \ I, 39 quis (qui BVC 31, qiiibus aL, quis enim posset ß, quis = i quibus Halm) se non posse tradere clamantibus, ipsi rapaci manu Die huudscbriftlicbe üebt^rlitifdruiig des Victor von Vita. 687 cuncta depopulahantur. ibid. qui tarnen Procains . . . in hreui turpissima consamptus est morte. II, 5 qnod (qui BVCMj dum edictum nobis praesentihus . . . (eyeretur, gemere coepimus musi- tantes. II, 27 qui (cni L, quihus CMa) ita fertnr tyrannus cutn fnvore dixisse. II, 35 qui cum senes dejicerent et alii forte et si iuuenes delicati, coeperunt hastilium cuspidibus . . . tundi. II, 48 qui tali uisitatione commonitus . . . sttryere noluit caecus. II, 80 quod hoc ipsud prophefa Dauid adßrmat. III, 1 qui cum noster Uhellus legeretur ohlatiis, neritatis Inmen nequaquam sufferre potuei'unt. III, 35 qui cum Elpidoforo sedente et fre- mente honorahilis senior coepisset extendi. III, 44 praecepit uf acetitm asperum nimisque acerriimim qiuikreretur: cui (qui BV, quod C3fa^) cum fuisset allatum, uenerabilis senis recusan- tibus et nolentibus faucibus ingerebat. Die mitgetheilten Stellen zerfallen in zwei Kategui'ien. Die erste lunfasst alle jene Fälle, wo nach dem Relativ der von früher her bekannte Begriff, entweder in der Form des Substantivs oder des Demonstrativs, wiederholt wird. Dahin gehören die Stellen 1, 14, 20, 21, 39; II, 27, 48, 80; III, 1, 35. Soweit sich dieser Gebrauch auf die Wiederholung des Sub- stantivs bezieht, ist er so ziemlich originell. Ich fand nur noch Hygin. f. 29 qui cum Amphitryon in rtgiam intrasset, 119 qui occasione capta Orestes cum Pylade noctu Clytaemne- stram . . . interficiunt. Für die Anhängung des Demonstrativs an das Relativ gibt Rönsch S. 444 Beispiele. Die zweite Kategorie begreift jene Stellen in sich, an welchen eine solche Auffassung durchaus unzulässig ist. Wie sollte man z. B. 1, 34 qui dum sanguis effiueret und II, 35 qui cum senes de- ficerent die Setzung der Substantiva sanguis und senes in solcher Weise erklären können? Fast möchte man geneigt sein, qui hier als reine Partikel zu fassen, gäbe es nicht noch eine Möglichkeit einer befriedigenden Erklärung, welche zugleich an den noch erübrigenden Stellen der Lesart der besseren Mss zu ihrem Rechte verhilft. Man construire nämlich qui zum Verbum des Hauptsatzes. I, 34 qtii^ dum sanguis effiueret, incolomes reddebantur. I, 39 qui, se non posse tradere cla- mantibus (seil, sacerdotibus), ipsi . . . depopulabantur. I, 46 qui, cum radices moram facerent, angebatur. II, 5 qui, dum edictum . . . legeretur, gemere coepimus. II, 35 qui, cum 688 Petschenig. senes deficerent, coeperunt tiindi. III, 44 qui, cum fuisset allattim, . . . hujerebat. Die einzige Stelle, welche sich dieser Auftassung nicht tügt, ist I, 34, wo demnach cui mit MaL zu schreiben ist. I, 47 Efsi martynin inaidu.i hoatis noiuit facere, confessorem tarnen nostriim non i)otnit uiolare. Hier ist wohl mit BVCMPb et si zu trennen; vg-1. III, 25 Et lü liomini gratis ßdeliter exhi- buit fidein, qiuinttim dehtt iUi, qul redditurtts est pro fide merce- dem; Fass. 6 Et si repertn est exiens de arca . . . pars . . . coruorum, maioi' est tarnen . . . nuvienis . . . columharum. Ebenso dürfte II, 35 mit den Mss zu schreiben sein: Q/iatio)iin)i. Aber Uibianenstut zu andern kann ich mich des- halb nicht entschliessen, weil der cod. Lauduuensis voll von Fehlern ist. Derselbe überliefert z. B. prov. Byz. 00 Fortia- nensis für Foratianensis, prov. proc. 33 Cidsitanas st. Cidusitanus, prov. Byz. 21 Enstrasim st. Emtrutius. Ein Beispiel für die Schreibung m statt b bietet dieser codex prov. Maur. Caes. 104, wo er /Siitnjualensis überliefert, während derselbe Name bei Optat. III, 4 Subbulcimis lautet. III, 5 qnod a miile et quot e^L-cunant pontlficibus . . . am- putafum est. BVMPR gitod ejccarninf. Alle Beispiele, die ich fand, haben qaod exciirrit im Singular als eine ganz feststehende Phrase. Veget. Epit. I, 28 iiiginti et quod excurrit annorum. Augustin. C. D. IV, 7 post mille ducentos et quod excurrit annos. XII, 13 post quinque milia et quod excurrit annorum. XV, 12 qui minima aetate genuerunt, centnm sexai/inta et quod excurr^it fuisse referuntur. XV^, 2Q per mille quadringentos et quod excurrit annos. Optat. I, 13 ante annos sexaginta et quod excurrit. I, 21 ducentos et quod excurrit ministros. II, 4 inter quadraginta et quod excurrit basilicas. III, 8 ante annos sexaginta et quod excurrit. Ich schreibe daher quod excurrit. ibid. et nullam haberent ordinandi licentiam, siue episcopos siue presbyteros uel alios, quos ad clerum pertinere contingeret. OL cleros. Das Richtige ist sicher clericos. Vgl. Cod. Theod. XVI, tit. 5, 21 in haereficis erroribus quoscumque constiterit uel ordi- nasse clericos^ 57 Alontanistae conueniendi uel celebrandi coetus ademptam sibi et creandi clericos omnem intelligant facultatem, ibid. uel creare clericos ausi fuerint, 58 pari poena . . . in Euno- mianos clericos processura, si conuentus exerceie . . . uel creare ausi fuerint clericos. Au allen diesen Stellen zeigt Hänels cod. 11 denselben Fehler wie a; er schreibt nämlich constant cleros, anderwärts auch cleri und cleris statt clerici und clericis. III, 12 Quare kis necesse est constitutionibus obligari omou- sianos omnes, quos huiusmodi malae persuasionis constat tenuisse et 692 Petschenig. tenere materiam: quos ah omnibus supra dictis abstinere decer- nimus, in persecutione uentiiris per ordines ciuictarum urhium, sed etiani iudices, qid f superiiis neglecta dira supplicia diuersis in- tulisse monstrantur. Die Varianten zu dem noch nicht geheilten Passus sind: BV dyra. ß aduersis, L non intidisse, aß monstratur. Der Correctür von C emendirt ebenso einfach als treffend qui super his neglecta dira supplicia diuersis intxdisse vion- strantnr. — neglecte = neglegenter ist spätlateinisch, super his so viel als super his rebus, und der Sinn der Stelle: ,auch jene Richter unterliegen diesen Straf bestinnnungen, welche sich hin- sichtlich dieser Verordnungen eine Nachlässigkeit im Bestrafen einzelner Personen zu Schulden kommen lassend Zu iudices ist his necesse est constitutionibus obligari zu denken; vgl. ij. 11 fin., §. 13 tin. III, 25 qui post caedes inyiumerabiliuni fustium trocleis frequentihus eleuatus dum tota die per urbem penderet, nunc in sublime tollentes, ictu celeri demissis iterum cannabinis super silices platearum pondeie corp&i'is ueniens ut lapis super lapides conruebat. Sed et saepius tracttim et Inpidibus acutissimis de- fricatum, ut cutibus separatis pelles corporis laterihus dorsoque uideres et uentri pendere. Ueberliefert ist: BV tota (toto F') per urhe, PR tota per urbem, Cab totam per urbem, V'^M tota per urbem (urbe V) die, L totus prae urbe. - PR demissis, BVCaMLb dimissis. — V'^CM fractus . . . defricatus. Wenn man die ganze Stelle aufmerksam betrachtet, so ersieht man, dass nur totam per urbem möglich ist. Es ist ausdrücklich gesagt, dass der Gemarterte öfters durch die Strassen über das Pflaster geschleift, auf einzelnen Plätzen (platearum) mit einer Maschine in die Höhe gezogen und daim herabgestürzt wurde. Die Procedur des llinaufziehens wurde also, wie Victor mit einiger Uebertreibung sagt, in der ganzen Stadt vorge- nommen. ' — Ebenso kann nur dimissis, nicht demissis richtig sein; denn die Stricke wurden nicht herab-, sondern plötzlich losgelassen, so dass der Delinquent auf das Kiespflaster her- unterliel und wie ein Stein an die Steine anprallte. — Die Construction tractum et . , . defricatum führt Halm im Index ' Hinsichtlich der Gewohnheit der Wandalen, die Torturen und Todes- strafen öffentlich in den Gassen oder auf den Plätzen der Städte zu voll- ziehen, vgl. man II, 9, 13, 15 ; III, 26, 32, 34. Die hanilsohriniiche Uoberlifferunp dos Victor von Vita. 693 unter ,;vnacoluthon' an. Hält man aber an tractvm und defri- catum fest, so muss man die Accusative doch wohl durch eine Ellipse erklären, indem etwa constat oder ncimnfi zu ergänzen wäre. Mir scheint jedoch die Lesart von V'-CM fractns . . . defrlcaftia richtig zu sein. Die Endungen u und ns linden sich in Handschriften nur zu oft verwechselt. II, f)? haben />'!'' )uüns st. natxm, III, 54 BVCML tpin st. »qjs. Um noch wei- tere Beispiele beizubringen, so hat bei Sulp. Seu. Chr. I, 40, 4 der codex delapfta st. delapsus, II, .35, 2 (inimadners^is st. nnim- nduersiim und II, 30, 4 gar athnnasius für athanasiHs. Bezüglich der Weglassung der Copula vgl. man II, 9 n/ii ipso dolore defnnct), II, 31 tiüic eis etinvi idsiUitionis liuvifiiiae negafa conso- Infio, III, 13 poima, quae falibits proescn'pta, III, 5S alii dißusi 2>er canipos, alii silnaruvi secreta petehont. III, 21 nam si haec praesens nifa sola fnisset et aliam, quae vere est, nou sqyeraremns aeternam, nee ita fecissevi ad modicuin atque teviporaliter gloriari, et ingratiis existerem, qui sttarn fidem inihi contnlit, creditoi'i. HoL eristere, w^ohl mit Recht; et verbindet die von fecissevi abhängigen Infinitive gloriari und ernstere gerade so wie III, 51 quare uoluisti ad modicwn gloriare et in aeternxcm perire. III, 29 ad landein dei insinnare festinertnis. Bah überliefern festinem und so ist zu schreiben. III, 39 sfatim illo suggerente sub festinatione niro dimittuntnr, et ui harharici furoris hissemis niimei^iis jiuerorum de itinere reuo- catur. BVPR uero dimittnntnr, ah 7(iri dimittnntnr, C uiri * mitfuntur, M dimittnntnr, L viro dimiffnntiir. Zu schreiben ist ohne Zweifel ueredi miftrintnr; vgl. II, 38 episcopo Eugenio dirigit praecepfnm tali tenore conscriptnm/ quod etiam uniuersae Africae ueredis ctirrentibns destinauit (^= misit). III, 40 Unde accensi snhdi iterum fustihus iuhent^ quos iam ante pancissimos dies uariis uerherihus diasipauerant. BVC igitur, aß iternm; in 3TL fehlt das Wort. Es ist wohl iugiter zu emendiren; vgl. II, 18 oh hoc iugiter lamenfantiim, III, 31 iugiter in altis aedihus snspendio cruciantes. III, 54 Sed nequp Antonium haec res ah insania potuit reuocare, sciens se magis imperioso regi ob Jwc multum posse placere. BVPR imperio regi, rell. imperio regis. imperioso ist Halms Vermuthuug; E. Ludwig (Jen. Lit.-Zeitung 1879, S. 321) 694 Petschenig. wollte imperio regio. Ich halte keines von beiden für passend und bin überzeugt, dass im^in aus impio entstand. Derselbe Fehler findet sieh in der üeberschrift der Passio, wo in B überliefert ist passio hentissimorum marfyrum qni opud carta- gine.m pnsd sunt snh imperio rege Inniirico, d, h. natürlich suh impio rege Hnnirico. Zum Ausdrucke vgl. III, IG rex impius, III. 43 impius Hnviricns. III, 66 ist Thren. 2, 16 citirt: apernerimt snj^er me os snnm omves inimiri mei, sibilnuernnt et fremuernnf denlihits, dixe- rimt: deuorahimiis enm. En isfa rst dies quam expecfahamiis. BVCLa^ denornuimus. Die Vulgata liest allerdings denornhimus, die LXX aber y.a-r£xto|A£v, und wir haben keinen Grund, die Uebersetzung dieser Lesart zu verwerfen.' Zum Schlüsse mögen einige Bemerkungen zur Kritik der Passio folgen. — §.2 ('yriJa qiindam Am'omnnitarnm episcopo winisfro ksiis est. JiV^R qiiendam, 7* qiiednm, V^CM qiiondam, oLh quodam. Zu schreiben ist qnondnm mit V-CM, wie auch Halm vermuthete. — §. i) donnri praecepif. BVCMLh donare. Da der blosse Infinitiv nach pmecipere auch im guten Latein nicht selten ist, folge ich der Mehrzahl der Handschriften. — ebend. cihari eos pmiem incrimnrum of 2)<^fori eos in /acrimis in mensurn, auf forsitan sine mensnrn. BV^Cn in mensuravr. Die Stelle ist aus Ps. 79. 6, wo die LXX bietet: ev ca/.p'jc'.v h [ji-pw. Aber wenn Commodian. Instr. H, 17, 1 mit Bezug auf Tob. 2, 5 Y;s6tov Tov äpTov |j.cu ev 'tJjzr^ schreiben konnte cnm dominus dicaf.^ in geviitum pdei^e panem. dürfte auch hier die beste Ueber- lieferung Recht haben. — §• H qunndo pro ßde domini dei uostri perferimus praepnratum svpplicinrn. Ba proferimur ad,'^ V proferimnr, PB proferimus, rell. perferimus. Ein Blick auf die Varianten zeigt, dass offenbar Ba das Richtige überliefert haben; proferimur ad ist dazu noch viel bezeichnender, da ja ^ Statt en lesen 7? f enoii. Da die Würzburger Itala-Fragraente liier und Thren. 3, 3 das g^rieebische t:/.?// dureb ??««) übersetzen, liegt die Ver- muthung' nahe, dass ennn aus enim verderbt ist. Die Stellung dieser Partikel zu Anfang des Satzes rechtfertigt sieli dureli das der Itala über- ^ haupt eigene Streben naeh möglichster Worttreue der Uebersetzung, so- wie durch die von Dräger, Hist. Synt. II, S. 160 aus Gellius und Apuleius citirten Beispiele. 2 ad ist in 7? radirt, aber noch ganz deutlich lesbar. i Di*" handschriftliche Ueberlicfernnp de'» Victor von Vita. 695 die sieben Märtyrer aus dem Kerker liervor zum Tode g-eführt werden (§. 10). — §. 15 eadcm hnra hilnesa corpora pclagus litori reddere mafiirnnit, uec nusum fuif. vt mnrt's est, tridunna dilafi'oiip in profunda retine.re. Alle Mss lesen ausum; nur in B ist hinter nusu ein f rudirt. Die älteste Ueberlieferung- ist also misiiSj und da peJnffus oft genug als Masculinum vorkommt, ist sie vorzuziehen. Kühner (Gramm. I, S. 300) weist pelngum an zwei Stellen nach. Bei Jordan. Get. c. 1 liest Closs mit den älteren Ausgaben und den zwei codd. Palatin. ?s ipse immensus peJagus und citirt aus Paulin. Petrieord. ppJagum ßnctvsque peteus. Endlich heisst es bei Cassiodor. Var. VIII, 10 Cum tientis saeuientihus furenf^v} pphtgum ftpnma tesfaretur undarum. I\'. Abschnitt. Dio Ueberlief passionis potuisse J7 77 fehlt est )? 83 dicente domino domino dicente r 89 domino deo n 91 fehlt ad deum J7 terram uiam J7 92 dielt se Paulus a dto et Paulus quidem dicit se a deo n fehlt legitur J7 93 ne • ut non >1 94 fehlt in T) 96 cum patre et filio non non cum patre et filio n refero referam n 98 nos fehlt V 99 ignorat ignoret ji nee ne T) 101 fehlt atqueauctoritatefirviata r fehlt amen n directa dnodecimo Ka- expilicit lihellns directus lendarum Maiai'un i p>er suh die XVII Kalen- lanuanum Zattarensem darum Maiarum pei- Ui/laticum a Casis Me- lamiarianum Zattaren- dianis episcopis Nnme- sem Uillaticum de Casis diae (so BV) Bonifatio Medianis et Bonifatium Foraiianense et Bonifa- For atianensem et Boni- tio Gatianense (gac-gaz-) fatiu m Gratian ensem episcopis üizacenis prouintiae Byzacenae ^ ' Nach dem catalogue general I, p. 97 vielmehr Bizacenae. Die handsclirifUiohe r»"b4>rlieftich oft bei Victor; vgl. II, 18, 23, 34; III, 34. Anonym. Vales. 81 dehinc accensus est jwpulus non reseruantes; >>2 ut omnis popnlus Romanus Rauennates si/nagogas . . . restaurarent. - 12 qut . . . ui proprium se ßlium genuisse monstraret. Der Siibiects-Accusativ fehlt in x, ebenso 86 in den Worten quem putahat [se] latere. Dies entspricht wieder ganz dem Sprach- i;ebrauchc Victors; vgl, I, 46; II, 52; III, 26, 32. — 76 diui- nitas non nt . . adprehendi uel uocahidis possit . . . sed nt id (juod erat esse nosceretur. Dass posset, wie a liest, das Rich- tigere ist, zeigt schon das folgende nosceretur. — ibid. liceat ergo hreuitatis compendio ex multis pauca proferre. x ob hreui- tatis, BV^ conpendio, CLM compendia, a compendium. Dass das conpendio des Archetypus von x nach der Praeposition ob nur die Geltung von conpendium haben könne (o ^= um; vgl. S. 640), ist selbstverständlich. Es fragt sich also nur, ob der Ablativ oder ob dem Sinne entspricht. breuilaiis compendio heisst ,in Kürze^, ob br. conpendium ,um kurz zu sein'. Dass letzteres passender ist, zeigen die Stellen §. 64 et quam plura his similia, quae studio breuitatis non inseruimus, §. 94: multa praeterininius studio breuitatis; vgl. II, 22 sed quia breui- tati consulendum fuit, liaec dixisse sufficiat. — 79 nobis est intuendum, quomodo deus . . . sacramentum trinitatis ostenderif. BVCL ostenderef, Ma ostendit. Vgl. Augustin. C. D. XXII, 30 nee uolet aliquid spiritus, quod nee spiritum posset decere nee corpus; Sulp. Seu. Chron. I, 21, 7 ipse Moyses ut terram pro- missam uideret tantuni nee contingeret, peccato eins adseri- bitur; Zink, der Mythol. Fulgent. S. 47. — 80 Dauid conßrmat. X adßrmat ; vgl. 94 apostolo adßrmante. — 81 et diuisiones ministeriorum sunt. BVCMa ministrationuni und so auch die Vulgata. — 87 tale aliquid . . . dominus in euangelio ostendit dicens. In a fehlt dicens; vgl. 67 et ipse dominus in euangelio: ego sum uia, ueritas et uita. — ibid. omne peccatum et blasphemia remittetur hominibus. x. remittitur, 76 liest Halm 706 Petschenig. non intellegetis. 5 F haben inteUetjitis, CaL intelligitls. Dass hier inteUegitis und oben remittittir zu schreiben ist, zeigen folgende Beispiele, aus denen hervorgeht, dass das Futurum des Urtextes nicht selten durch das Praesens wiedergegeben wird: Hierem. 17, 9 ßaöeia r, /.apciot. irapa ■:rxvTa, y.al ävOpwTüö; ssTt, y.al ziq pwccTai «ütiv lautet bei Augustin. C. D. XVIII, 33 graue cor per omnia, et homo est, et qiiis agnoscit eum. Matth. 17, 41 — 42 y.al cuAAe- ^ouu'.v £y. xfiq ^(xu'.ktiaq aÜTOö TravTa -ä ty/.T/zoiKix y.at tob? T:o'.ouvxai; ty)v avctj.iav, y.al ßaXcjcTtv auTolic £?c ':y;v y.aij.'.vov TOu Tt'jpöq. Itala bei Augustin. C. D. XX, 5 et coUigunt de regno eins omnia scan- dala et eos, qui faciunt Iniquität em, et mit tun t eos in caminnm ignis.^ — 87 ecce terribilis sententia! inremissihile dicit esse pec- catum ei et rel. — a terrihili; vgl. 83 ecce una uiuificatio . . . monstrata est, 58 terrihili contesfatione. — 90 nam et quod arguat pater. et fehlt in a mit Recht. Denn nam steht hier zum ersten Male und das fortsetzende nam et ist erst im folgenden Paragraphen am Platze. — 93 sicut docet lohannes. BV dicet (e = i wie sonst oft in diesen zwei Mss), CMaL dicit. Die Wörter dicere und docere werden sehr häutig verwechselt. Vgl. Sulp. Seu. Dial. II, 7, 2 quod solent docere grammatici, locum tempus et personam. Hier hat der cod. Veron. dicere. Ich folge a. — 95 haec cum ita sint, cur de eo duhitatur, quod deus sit, cum operum magnitudine quod est ipse manifestet. Non utique alienus est a pairis et ßlii maiestate, qui non est ab operum uirtute alienus. a opere uirtutum. uirfutes bezeichnet oft wunderbare Thaten, Wunder, miracula. Augustin. C. D. XX, 5 Saluator cum obiur- garet ciuitates, in quihus uirtutes magnas fecerat neque crediderant. Sulp. Seu. Chron. II, 28, 4 qui ueritate intellecta uirtutibusque apostolorum, quas tum crebro ediderant, permoti ad cultum dei se conferebant. Dial. II, 5, 2 meritoque hunc iste Sulpicius apo- stolis conparat et prophetis, quem per omnia Ulis esse consimilem fidei uirtus ac uirtutum opera testantur. Demnach ist opus uirtutum das Wunderwirken. Da somit die Lesart von a den passendsten Sinn gibt, ist dieselbe beizubehalten. Die ganze Stelle aber muss mit Rücksicht auf das in y.A überlieferte alienum esse lauten cum opjerum magnitudine, quod est, ipse mani- festet, non utique alienum esse et rel. Der Infinitivsatz schliesst 1 Uebrigens liest auch bei Cassiau. coli. XIII, 18 dor cod. Sessorianus LV saec. VII — VIII: nisi crediderilis, non inteUegitis. Die handschriftliche UeberliefernniB: des Victor von Vita. 707 sich epexegetisch an quod est an; vgl, 76 sed ut id, quod erat, esse nosceretur. — 95. Hier ist nur die Wortstellung verschieden. Resultat: Wo sich '^A und a gegenüber stehen, verdient die letztere Classe häutig den Vorzug. III. Capitel. Beiträge zur Kritik des Textes. 67 euangelistd exsequitur dicena. Zu schreiben ist das von BV^a^jA gebotene sequitur. Hinsichtlich der Phrasen se- qtiitur dicens, secutus est dicens, secntus adiwixit (ndiecit) vgl. Optat. Mileuit. HI, 2 und 3, Augustin. C. D. VHI, 26, XHI, 24, XIV, 7, XVI, 3, XVII, 5, XXI, 13. GS generationem nutem eins quis enarraint. BV^ enarranit. Bei Fulgent. Kusp. p. 181 steht gleichfalls enarrauit. Dass dies kein Fchlei- der Ausgabe, sondern richtige Lesart ist, ergibt sich aus p. 103, wo es heisst: Quoniam et propheta non dixit: Generationem autem eins quis agnouit, sed quis enarrauit. ebend. qui autem non credit, iani iudicatus est, quia non credit in nomine unigeniti ßli dei. An zweiter Stelle bieten BVC3IabA credidit, was natürlich nach dem griechischen tcsxi- ffiijy.sv richtig ist.' 70 apparet unam tsse gignentis genitiqne suhstaiitiam. BVC una . . . suhstantia. Beispiele der persönl. Constr. von apparere sind Augustin. C. D. XIII, 0 nee ilUi mors esse apparehit, Conimodian. lustr. I, 14, 1 Siluanus unde deus iterum adparuit esse. xVndere führt Dräger II, 428 f. an. 74 si ergo in efficientia uisihilis ac mundani luminis tale aliquid non inuenitnr, ut lumine ex lumine sumpto et per quan- dam generationis natiuitatem exorto, ipsam luminis originem, quae ex se lumen aliud dedit, nee minuit, nee illum om.nino detrimentum. ministrati ex se luminis perpeti potuit: quanto rectius et melius de diuini et ineßahilis luminis natura credendum est, quae ex se ipsa lumen generans minui omnino non potuitf 0 minui und ullum. Nach Halms Text hätten wir hier ein Anakoluth, in- dem auf ut der ludicativ folgt; ferner müsste man das Subiect zu minuit aus lumine sumpto ergänzen, und illum = illud be- ' Dass BVh credidit lesen, gibt Halm nicht au. 708 Petschenig. zöge sich natürlich auf ipsam luminis originem. Trotz all dieser Annahmen käme aber nichts Rechtes heraus, da die durch nee . . nee verbundenen Sätze dasselbe ausdrücken. Es ist hier nämlich gesagt: , Weder verminderte das erzeugte Licht das ursprüngliche, noch erlitt das ursprüngliche eine Verminde- rung durch das erzeugte^ was doch eine recht sonderbare Tautologie wäre. Ferner ist nicht einzusehen, warum hier, wo von einem täglich zu beobachtenden Vorgange die Rede ist, davon wie von einem einmal geschehenen im Perfectum gesprochen wird. Ich behalte minui und uUum bei, beziehe tale aliquid auf die §. 73 vorkommenden Ausdrücke diniaionis uitium und diminutio (vgl. §. 71), lasse den rt^-Satz vom ganzen vorausgehenden iSatze, nicht von tale aliquid abhängen, und schreibe pateaf für potnit. Die Stelle lautet sonach: si ergo in efficientia nisibilis ae mundani luminis tale aliquid non in- uenitur, ut lumine ex lumine sumpto et per quandani generationis natiuitatem exorto ipsam luminis originem, quae ex se lumen aliud dedit, nee minui nee ullum omnino detvimentum ministrati ex se luminis perpeti pateat: quanfo rectius et rel., d. h.: ,Wenn demnach bei der Erzeugung des sichtbaren und irdischen Lichtes eine derartige Theilung nicht eintritt, so dass, wenn Licht von Licht genommen und durch eine Art von Zeugung hervorgebracht wird, das zeugende Licht, welches aus sich ein anderes hervorbrachte, offenbar weder vermindert wird, noch irgend einen Nachtheil durch das aus sich erzeugte Licht er- leidet, um wie viel mehr muss dies von dem Wesen des gött- lichen und unaussprechlichen Lichtes gelten' u. s. w. 76 quoniam uere probat io maiestatis, tametsi habet plurali- tatem testimoniorum, pluralitate tarnen non indiget. BVCaMA uere, L uerae, ß uera. Für uere ist offenbar mit /> uerae zu schreiben, maiestas ist nach kirchlichem Sprachgebrauche = diiiinitas, deus; vgl. III, 4 ueris autem maiesto,tis diuinae cul- toribus; Jordan. Get. c. 36 nulhmi bellum dixerim graue, nisi quod causa debilitat, quando nil triste pauet, cid maiestas (= deus) arriserit. Belehrend und unserem Falle auffallend ähn- lich ist Augustin. C. D. XXI, 16 neque id fit ueraciter atque sinceriter nisi uerae delectatione iustitiae; haec est autem in fide Christi. An dieser Stelle haben zwei Münchner Codices uere, die Pariser Mss we?'«. Die banilsrhriftliche Ueberliefernng des Victor von Vita. 709 TU et iferurn dioii caelesfia Coriuthiis praedicat npostohis, huec subdidif: gratia dowini nostri Jesu Christi et Caritas dei et comviiinicatin Spiritus saiicti cum ovinihns uohis. A dum, u cum. In dijii übrig't*n Mss fehlt die Cuiiiunction. Im Foloentleii haben AL praedicat, ß precatiir, V^a precatur, V'-C jri'ecatus, J'R prncator, h pi-nedicator, M praedicaus, die Ed. pr. predicando. Ich schreibe nach BVCa precatus. Die augetührte Stelle (II Cor. 1;3, 13) enthält in der That ein Gebet des Apostels für die Korinther, nud dieses ist der Schluss einer Reihe von Wünschen, vjko^'.t.j benedictiones. Y^\. V. 7 oramus autem deuvi, vt nihil mali faciatis, v. 9 hoc et cnamus, uestram cmisumviationem. dann v. 11 und e. 9. caelestia Coi'inthiis precattis heisst also: ^nachdem er für die Korinther um die himmlischen Gnadengaben gebeten'. 19 faciamus hominem ad imaginem et similitudi- nein nostrav). (um dicii nostram, ostendit vtiqne non uniiis, cum uero imaginem et similit udinevi profert, aequalitatem distinctionis personarum insinuat, vt in eodem opere sit trinitatis aperta coynitin, in quo nee phirah'tas cassa est nee dissimilitudo dissentienx. Zwei Begriffe werden hiei' hervorgehoben: der Begrili' der Pluralität in nostram, welcher seinen guten Grund hat (nee pluralitas cassa est), und der der Gleichheit (aequa- litas), welcher in den Worten imaginem et similitudinem liegt und den Gedanken au eine Wesensverschiedenheit der drei Personen ausschliesst. Demnach ist die Lesart dissimilitudo, welche Aa^ bieten, nicht richtig und similitudo herzustellen. 82 numquid ait: tres in differenti aequalitate seiuneti aut quibuslibet dinersitatum gradibus longo separationis interuaUo diuisi? sed tres, inquit, uniim sunt. Was eine aequalitas diffe- rens sei, vermag ich nicht zu erkennen. Zu schreiben ist ohne Zweifel in differentiae qualitate. in vertritt den Abi. instr. und der Sinn ist: ,Sagt der Apostel: die drei sind durch die ihnen anhaftende Qualität des Unterschiedes getrennt oder durch Abstufungen der Verschiedenheit weit von einander ge- schieden? Nein, er sagt: die drei sind eins^ Zur Verbindung differentiae qualitate vgl. Augustin. C. D. XI, 10 sed etsi sit corpus ineorruptibile, quäle sanctis in resurrectione promiftitur, habet qitidem ijmus incorruptionis inamissibilem qualitatem. Fulgent. Rusp. p. 226 Christus discipulos interrogat dicens: 710 Petschenig. quem me dicunf Jwmines essef filium hominis'^ cnmque Uli opinio- 7167)1 utilgi protmus indicarent, Urne jjroprie ah eis qnalitas tierae fidei expetitur, ut erroris humani falsitas auferatur. 83 emitte spirituTU tuum et creabuntur et renouahis facieTti terrae. Si crentio et renouatio per spiritum erif, sine dubio et ■principium, creationis sine spiritu non fuit. ^A creatio et renoitatio, VCML renouatio et creatio, Ba renouatio et recreatio. Letzteres ist ohne Zweifel richtig;, da an der citirten Stelle (Ps. 103, 30) dem ganzen Zusammenhange nach nicht von der ersten Schöpfung, sondern von der Neuschöpfung und Wieder- belebung die Rede ist. ebend. et quidem de persona patris refert aposfolus. BVC aA equidem. Es liegt kein Grund vor, von der besten Ueber- lieferung abzuweichen. Vgl. Fulgent. Rusp. p. 98: Equidem, dum nominantur pater et filius, in his duobiis nominibus uocabu- lorum diuersitas agnoscitur ; p. 147: Equidem erroris huius qua- litatem dominus ipse sahiatorque noster, dum Saducaeos increparetj ostendit; p. 1G5: Hoc equidem testimonium propterea praesenti loco djiximus inserendum, ut euidens nominum rerumque distinctio cai'nem sirmd et anlmam doceret in Christo. In allen diesen Beispielen ist equidem = igitur. 86 uendiderat j^ossessionem, ut scriptum est in actibus apo- stolorum, subpressa j)nrfe jjecimiae dolosus discipulus, reliquum pro toto ante j^ßdes j^osuit apostolorum: offendit epiritum sanc- tum, quem putahat latere. Hier und 92 haben BVC actis, eben- dort BVCM nochmals. Danach ist an allen drei Stellen in actis zu schreiben-, vgl. Hieron. de uir. inl. ed. Herding c. 2 apostolorum super hoc crebrius acta testantiir, c. 5 in actis apo- stolorum, c. 7 acta nero apostolorum . . . composuit. ebend. Annania, quare satanas repleuit cor ttium, ut mentitus esses spiritui sancto? A mentitus esses, BV^ ilfß mentires, V'^CaL mentireris. Da dieselbe Stelle im Amia- tinus und Fuldensis (Rönsch 298) lautet: mentire te spiritui sancto, schreibe ich mit der besten Ueberlieferung mentires. 88 si sumpsero pennas meas in directum. In BVC fehlt in; demnach emendire ich directim. 91 Nam et quod bonus sif pater, honus filins, bonus Spiritus sanctus, sie prohatur. So Halm ohne Angabe einer Variante. Aber sit fehlt in BVCPb und ist demnach auszuwerfen. Die handschriftliche Ueberliefernng dos Victor von Vita. 711 92 segregate mihi Barnaban et Saidum in opus, qnod uocaui eos. Aa quod, die übrigen quo. Halm bemerkt ,ad quod re- petas in^, und auch der griechische Text hat £?<; zh spvov c -pscixs- y.AY)[j.at «uTOÜ;;. Aber Muncker zu Hygin. f. 3 zeigt, dass quo häutig stellvertretend für in oder ad quod eintritt. Daher ist die Ueberlieferung der Mss Victors beizubehalten. 93. B hä,t sonst pao-aclytus^ aber in diesem Paragraphen vier- mal hinter einander paracletum von erster Hand, paracUtum durch Rasur. Daraus lässt sich mit Recht der Schluss ziehen, dass der Archetypus nur die Form paraclehis hatte, welche daher überall herzustellen ist. 98 accipe adhuc aliquid fortius. BV huc. accipe huc ist sicher eben so richtig wie das gebräuchlichere adde huc. 100 qui spiritum sanctum non adorant. In BVCM fehlt sanctum; vgl. 83 si reMouatio et recreatio per spiritum erit, sine dubio et principium. creationis sine spiritu non fuit; 89 hoc autem totum in Spiritus hahifatione adimpletnr. Die Untersuchung über die Ueberlieferung des Liber fidei ist beendet. Mag auch Einzelnes von dem, was ich als richtig hingestellt habe, vor einem schärfer prüfenden Blicke nicht Stand halten, so ist doch das eine Resultat sicher und unan- tastbar festgestellt, dass auch bei der Kritik dieses Buches die Handschriften des Victor, vor allem die der Classe a, zu Grunde zu legen sind. Der Laudunensis bietet zwar in vielen Fällen eine willkommene Ergänzung; im Grossen und Ganzen aber ist seine Ueberlieferung zu sehr verschieden und unge- achtet ihres Alters zu sehr durch Interpolation entstellt, als dass er in erster Linie in Betracht kommen könnte. Nachtrag zum ersten Abschnitte. Erst geraume Zeit nach Vollendung dieses Aufsatzes konnte ich noch zwei andere Handschriften benützen, über die ich hier in Kürze das Wichtigste mittheile. Die eine ist der Vindobonensis 408 s. XI (W). Dieser Codex nimmt eine ganz singulare Stellung ein; er gehört keiner der beiden 712 Petschenig. Classen an, obwohl er sich im Ganzen weit melir a nähert, und enthält orthographische Eigentliümlichkeiten, Lesarten, Interpolationen und Lücken, von denen sich in den anderen bisher bekannten Handschriften auch nicht eine Spur findet. Ich gebe einige Proben aus dem Prologe und dem ersten Buche. Prol. 2 r et ex er e cnj>iens in- I, 30 accejHus . . . domiua- quirit , — luculentia I, 2 genserici (immer) „ 7 eliserunt ,, 10 pnnpianjis „ 13 aharifanam fehlt „ 14 illarum fehlt „ — ef fug (11- enf {so unlgo) „19 uester p?-o.s/;ej* st. no- sfer popuhis „ 23 magis eos afflige- batur fehlt „ 34 lurpidinique st. cuspi- dique „ 38 currentibus indomitis equis maurisqne plangentibus „ 41 in pnlpito (so uulgo) „ 42 nico amoenie (Uicua- moe ed. princ.) „47 archiamininm baut Um die Bedeutung dieser Handschrift für die Textkritik klar- zustellen, genügt es, die Stellung derselben zu a und ß zu er- örtern. Ich befolge hiebei die Anordnung des vorstehenden Aufsatzes und gebe somit zunächst die Varianten von W, in- soweit sie für die Kritik von Interesse sind. Besonders treff- liche Lesarten sind durch gesperrten Druck kenntlich gemacht. I, 2 genti „ 8 odii theafrum „ 10 ipporegiorum „11 qiias . . . omelias „ 19 cultor m. 2 „ 23 examina 34 in CO lom es „ 35 remansifque r „41 congregata . . manu . . ?■) accendifur ?i „ 42 funuz%ida r> „ 43 tinientibiis ' n I, 46 qui . . . angebatur „ 48 primo discussione et ante „51 ellada II, 1 hereticos (so fast immer) manicheos „ 4 ex eins praecepto epi- scopi nostri 5 qid dum edictum 6 esset ab omnihus gratui 7 pecunia 9 iectis „ 10 cespites (immer) 1 Somit erklärt sich timentibus in ß FC dadurch, dass der Archetypus von a tinientihus las. J Die handschriftliche Ueberliefernng des Victor von Vita. 713 n II, 11 incolomis „ 15 qiiondam in. 1 „ — t ev) poreq II e vi nl t o e n m i h i ,, 17 /// pe»"Sf?c?tf/o>jt; . . . coH- itertit 18 fetnr 19 siinula7 68 quaesiint a partihus 1 Somit ist die Form mit n auch hier herzustellen. - Evident richtig", denn in in.tiilis haben auch alle anderen Handschrifteu bis auf a (h) iiistilam in L ist Correctur). 3 rege et haben auch BV\ rege.t et L, in n sind die zwei Wörtohen weg- gelassen; ferner lesen BV^ nuandalos. Sollte demnach die Stelle nicht zu schreiben sein: Natu illo tempore cmde/ius Arrianorum episcapi, 2>f'es- htiteri et clerici cum {quam Mss) rege et Uuaiuhdit fiafuiehant? — cru- (leliiix hätte den Sinn von crudelissime, ein Gebrauch, für welchen Victor sehr zahlreiche Beispiele bietet. ■• Ich hatte nach eifjener Vermuthung gleichfalls sehreiben wollen: Quae shdt (seil, ecclesio Africand) a partibus Orientis qtti ximul contristaretur, et non fuit, et con.iolanfevi et non innenit, und freue mich, dies wenigstens durch eine Handschrift bestätigt zu sehen. Victor will ofi'enbar sagen, dass die afrikanische Kirche keine Hilfe vom oströmischen Kaiser er- hielt, von welchem eine solche um so mehr zu erwarten war, da Zeno schon früher viermal (vgl. I, 51, II, 3, 38, III, 32) durch Gesandtschaften eine Intervention versucht hatte. — Die Lesart a patribus gibt keinen Sinn. Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVJ. ßd. III. Hft. 46 714 Petschenig. II, 20 ahscondeteinifiWnm(ah- II, 43 faiio engeni (^= ß) scondete imsillnmali- „ 46 cum fehlt (^= ß) qunntidnm a, abscon- „ 54 afflictionein perseciifio- dere aliquanüdiim ß) ««'s (afßicfionem per- „ 40 /» j)roiunciis nobis a deo secutionem x, ofßic- concessis (= ß) tionem ß) „ — quasi diceref . . . nolu- III, 69 usque yUiricum {=^ ß) mus fehlt (= ß) Eine Veranlassung, von y. abzuweiclicn, ist durch diese Varianten nicht gegeben. Eher dürfte durch die Lesart von W die Richtigkeit des Textes von a an Stellen wie II, 20 noch evidenter hervortreten, wie II, 54 die Eniendation afßictionem persecutionum durch die Schreibung afßictionem ■persecuiionis in H'nur bestätigt wird. Verführerisch ist die Lesart von T'TII, 46: imperat nt nostrae religionis illorum mensam nullus communem haheret, d. i. iif nidhis nostrae religionis mensam illorum commu- nem haheref. Aber der Text von a lässt sich mit Annahme einer Ellipse halten: nf cum nostrae religionis (hominihus) illorum mensam nullus communem haheret, und so hat offenbar auch Halm die Stelle gefasst. In dem Abschnitte ,Die Interpolationen in ß' wurde nach- gewiesen, dass an manchen Stellen, wo y. scheinbar lückenhaft ist, im Gegentheile eine Interpolation in ß angenommen werden müsse. Diese Auffassung wird durch W bestätigt. Es fehlt nämlich in dieser Handschrift wie in a I, 47 in ßde, II, 8 nhique und regi, II, ?>\) nunc, II, 53 potestatis und antem, III, 12 er^o, III, 50 a parentihns und Liberatus, III, 61 gentes, III, ^Q irae, III, 67 in. An den Stellen, wo y. wirklich lückenhaft ist, zeigt W keine Lücken. Dafür überrascht diese Handschrift durch Les- arten, die zum T heile ganz verschieden von jenen der Classe ß sind. ß ' W I, 38 curreiitibus indomitis eqnis currentibus indomitis equis mau- plangentibus mauris risque plangentibus II, 54 patriarclia Cyrila dixit patriarcha Cyrila dixit legatur aliquos (aliqtds). Su- nobis. Quo concedente istud perbe et illicite sibi no- sibi nomen Cyrila adsumpsit. * me« vsurpatum nostri Quod superbum et illicitum Die handschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. 715 ß w destanti (destanfes) di- sihi nomen usurpat. nostri xernnt: Legatur nohis detestati dixerunt. Et exinde quo concedente istud si- u. s. w. bi Cyrila nomen assum- psit. Et exinde u. s. w. II, 64 secundum homtnem refe- referuntur secundum hominem riinfur „ H6 reliqunm pro tofo ante pe- reliqimm pro toto posuit ante des posuit apostolorum. pedes apostolorum III, 2 legem, quam . . . dederant, legem, quam . . . propos^ierant, aduersum nos hanc aduersum nos „ 7 imperatonbus temponim imperatoribus diuersorum tem- diuersorum porum ,, 8 et de proprio solo ablati et de propno ablati solo „ 22 ipsa laus mea est est ipsa laus mea „ 36 non conspicio cultxim si- non conspitio occidtum signaculi gnaculimei, caracterem mei caracterem, non uideo non uideo trinitatis trinitatis amicum Diese Abweichungen vom Texte der Classe ß erkläre ich so: W stammt aus einer Handschrift der Classe a, iu welcher die Lücken dieser Classe theils am Rande, theils im Texte selbst über den betreffenden Worten ergänzt waren J Unter dieser Annahme werden die Um- stellungen II, 64, 86, III, 7, 8, 22 und die Verwirrung II, 54 erst begreiflich. In anderen Fällen, wie I, 38, III, 2, mag die Eroänzung: aus dem Gedächtnisse geschehen sein oder der Fehler auf Nachlässigkeit beruhen. Wo also a lückenhaft ist, sind wir nach wie vor auf ß angewiesen; eine Bevorzugung von W könnte da nur zu Irrungen führen. Im Liber fidei stimmt W meist mit a; besonders wichtige Lesarten sind: 1 Dasa nicht wenige Lesarten auf diesem Wege aus |i in den Archetypus vel bus von PF gekommen sein mögen, zeigen folgende Varianten: I, 11 populariis, uel meensem uel a uel j'urore uel to uel catua I, 23 cemem, I, 35 caprapicti, I, 38 fugae, I, 42 pauimentis, II, 44 cura. Die über den Text gesetzten Lesarten finden sich sämmtlich in ß. 46* 16 Petschenig. 11, 78 sancfuni spiritum r 79 similitiido » 81 vnniairaflonwn 71 86 actift, ebenso 92 r 87 dicejis fehlt r — VHinlUltur 71 tervihili 7' 88 enaui^eUo uhicurnque ait V 91 hon US pater 71 92 quo 11 9r> alienum esse. r opere nirtxitum r 98 sunt r ICH) sa >ict u VI lelilt V — fiposfolos IT, r>8 semifas deserfi — pecora — fiddifer mcnft's ocults 60 ei'go fehlt 66 ex nlia g e n « isse ma teria 67 quis 68 enarauit 69 seruaiites 70 nppare.t una esse . . . snhstnntia 7 1 n a t u )■ n s u h s t n n t i a e I wahrsch. richtig) 72 se fehlt, el)euso 8(j 76 infe/legitis ui. 1 — oh hreu 1 1 ii 1 1 s conpen- di um Schon aus diesen wenlijun Andoiitungen geht hervor, daas W zw den besseren Victor- Handschriften gehört und ijei seiner eigenthündichen Stellung für die Textkritik von hervorragender Wiehtii^keit ist. Nur niuss die Handschrift mit Vorsicht be- nützt werden, da sie neben den trefflichsten Schreibungen auch manche Interpolationen enthält, welche namentlich im Texte der Passio in auffallender Weise gehäuft erscheinen. Hervor- zuheben wäre noch, dass die Resultate, welche uns die Prüfung der üeberlieferung ergeben hat, durch TFnach keiner Richtung hin in Frage gestellt, sondern zumeist in erwünschtester Weise bestätigt werden. \'on der anderen Handschrift, dem Admontensis 739 s. XI 1 {s), lässt sich wenig Gutes sagen. Dieselbe stimmt mit dem Monacensis in allem Wesentlichen überein und stammt somit aus derselben Quelh'; dass diese der Vindobonensis V, wenn auch vielleicht nicht unmittelbar, gewesen ist, daran ist nicht zu zweifeln, s ist demnach durchaus von V abhängig und daher nur von secundärem Werthe; dieser wird noch da- durch beeinträchtigt, dass die Handschrift vom Anfang bis zum Ende in der willkürlichsten Weise durchcorrigirt ist. Nament- lich waren dem Corrector alle sprachlichen Singularitäten ein Dorn im Auge, und er hat sich viele Mühe gegeben, dieselben gründlich zu beseitigen. Noch radicaler verfuhr er an Stellen, Die haudschriftliche üeberliefurunjj des Victor von Vita. 717 welche schlecht überliefert sind; er radirte da einfach ganze Zeilen aus, so dass einem gerade dort, wo man eine befriedi- gende handschriftliche Correctur erwartet, das leere Pergament entgegenstarrt. An einigen Stellen ist s nach W corrigirt, welche letztere Handschrift ehemals gleichfalls dem Stifte Admont ge- hörte. ' Trotz dieser Mängel ist der Admontensis nicht ganz zu verwerfen, da er hie und da doch richtige Correcturen bietet und andererseits für gewisse Schreibungen das Zeugniss einer Handschrift des zwölften Jahrhunderts nicht zu ver- achten ist. ANHANG. I. lieber die Echtheit der Passio. In allen Handschriften folgt auf das Geschichtswerk eine Leidensgeschichte von sieben Mönchen, welche unter Hunirich den Tod fanden. Dieselbe hat nach den Mss der Classe y. die Ueber Schrift: Incipit jMssio beatissivwrum'^ martyrum qvi apud^ Carthaginem^ passi sunt sub impio rege'^ Hunirico^ die VI. Non. Iiil. '• In ß dagegen fehlt jegliche Ueberschrift. Die Autor- schaft dieser Passio wird nun allgemein dem Victor zuge- schrieben, obwohl bisher noch niemand den klaren Beweis dafür erbracht hat. Selbst Ruinart ist nicht ganz überzeugt; er nennt sie ein opus Uicton Uifensi prohahiliter attributum, und wenn er auch bemüht ist, die Autorschaft Victors durch äussere Zeugnisse wie durch die Verwandtschaft des Stiles zu erweisen, so lässt er doch durchblicken, dass die Sache sich ' In ir steht f. l'^ oben: iste lih t fei blasü (nicht galli, wie Chmel II, 71 angibt) admunt; ähnlich f. 189 ^ unten: iste Über pertinet ad fem hlasivm ll/l/l MUNT. 2 Fehlt in VCM 3 aput a * cartaginem BVCMu ^ sub imperio rege B ^ suh hunirico (hunerico M) rege VCM, sub imperio regis hunerici nL '' nonas iulii M, die sexto nonarum itdii a 718 Petschenig. anders verhalten könne. Auf seinen Angaben fusst das Urtheil Eberts, welcher folgendes bemerkt (Gesch. d. chr.-lat. Litt., S. 436): Die ,Passio' ist in demselben iStil und Sprache ge- schrieben als die ,IIistoria', und es ist daher gar nicht un- wahrscheinlich, dass Victor ihr Verfasser ist, als welcher er auch in einigen der Handschriften ausdrücklich genannt wird: nur ist die Passio eine selbständige Arbeit, wie schon ihre Einleitung zeigt, und offenbar später als die ,Historia' ver- fasst. — Derselben Ansicht ist offenbar auch Halm; wenigstens deutet kein Wort auf eine Abweichung von der herrschenden JNIeinung hin. Da somit die Autorschaft Victors zwar allgemein angenommen ist, bisher aber noch von niemandem evident er- wiesen wurde, erscheint es geradezu geboten, die Untersuchung dieses Punktes aufzunehmen und womöglich einer endgiltigen Entscheidung zuzuführen. | Ich wende mich zunächst zu den äusseren Zeugnissen. Ruinart führt in seiner Admonitio (p. 250 f. Migne) an, dass die Passio in vielen Mss als viertes oder fünftes Buch des Victor ersclieino, was beweise, dass die Schreiber der Hand- schriften dieselbe für Victors Werk gehalten hätten. Im Colb. 905 (= P) fehle jegliche Ueberschrift, so dass dem Leser die Historia und Passio als ein Werk erscheinen. Alle hätten die Clausel Kxplicit erst hinter der Passio; diese habe ferner im Colb. 3119 den Titel LibMus eiusdem de passionihns; am Rande des Colb. 1746 stünden dem Titel gerade gegenüber die Worte proaequitiir plene martyrium septem monachorum^ sicut promiserat supva. In einem anderen, von Chifflet benutzten codex laute der Titel: Incipit passio sanctorum superius pro- missa; ja in zwei Mss sei an jener Stelle des Victor, wo er das JMartyrium der sieben Mönche andeute (III, 41), geradezu auf eine folgende ausführliche Darstellung verwiesen. In dem einen sei nämlich nach den Worten Victors tnnc et septem fratres et rel. Folgendes überliefert: Sed licet horum (jloriosissi- moruni martyriim in praesenti non qaiuerimus explanare ad- miranda certainina, piopter aliorum uidelicet innumerahilium multitudinem viartyrum, in ßne tarnen huins operis nostri pro- mittimus domino adinnante nos ea narratuios. Dasselbe, nur mit den Zusätzen plenins vor explanare und imitanda uel vor admiranda, biete der Colb. 1746. — Soweit Ruinart. Die handschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. 719 Es bedarf keines besonderen Nachweises, dass die von Ruinart angetührten handschriftlichen Zeugnisse insgesammt vollständig worthlos sind. Was in zwei Mss hinter den Worten Victors 111, 41 gelesen wird, ist, wie man allgemein anerkennt, eine plumpe Interpolation; die Uebcrschriftcn: Incipit passio sanctonim siiperitis promissa, Libellus eiasdem de passio)nbus, die Randbemerkung im Colb. 1746, endlich die Auffassung der Passio als vierten oder fünften Buches beweisen nur das eine, dass die Abschreiber dieselbe entweder wirklich für ein Werk Victors hielten, oder sie ihm gerne zugeschrieben hätten. Was also von Ruinart an hundschriftlichen Zeugnissen ange- führt wird, beruht auf Entstellung und geht nur auf jüngere Handschriften zurück. Sehen wir uns in unseren, weitaus besseren Handschriften um, so linden wir gleichfalls nichts, was auf Victor als Verfasser hindeutet. Die Handschriften der Classe ß haben keine Ueberschrift. Damit könnte höchstens bewiesen werden, dass man schon im zehnten Jahrhundert die Passio dem Victor zuschrieb, weiter nichts. /' hat aber auch keine subscriptio ; in b steht ßnit historia. Die Mss der Classe a hingegen zeigen schon durch die Ueberschrift Incipit passio, in welcher der Name des Victor überall fehlt, dass hier ein anderes Werk von einem unbekannten Verfasser beginne. Zu- dem haben B und a vor Incipit die Schlussclausel Explicit, womit der Abschluss der Historia des Victor klar augedeutet wird. Allerdings haben BV auch noch hinter der Passio eine subscriptio, auf die aber schwerlich jemand ein Gewicht legen wird. In B endet die Passio auf f. 88^ gegen die Mitte zu. Nun folgt die omelia in natale beati andree von weit jüngerer Hand und füllt den Rest der Seite und von der nächstfolgen- den vier Zeilen; der Rest dieser Seite (f. 88^) ist leer gelassen, aber unten steht von der Hand des Schreibers des Victor roth: EXPLICIT STORIA AFRICANA. INCIPIT STORIAE ROMANAE LIBER PRIMUS. In V endet die Passio f. SP; die folgende Seite (82*) ist leer, nur gegen den unteren Rand zu steht schwarz: Explicit hiftoria africana. Incipit liber primuf EuTRopij. f 720 Petäcbenig. Wir haben gesehen, dass sich die Autorschaft des Victor durch äussere Zeugnisse nicht beweisen lässt. ' Ein zweites Moment, worauf Ruinart und Ebert nur kurz hingewi. >.'n haben, ist die Aelinlichk(3it des 8tiles und der Spraclic iu beiden Schriften. Wir müssen bei diesem Punkte etwas länger verweilen. Was zunächst den 8t il betrifft, so lässt sich eine gewisse Verwandtschaft nicht in Abrede stellen. Es begegnet uns da dieselbe pleonastische Fülle des Ausdruckes, derselbe Reich- thum an abgeschmackten Bildern wie au curiosen Metaphern. Wenn Victor II, 7 den Begriff ,am Abend' mit den Worten umschreibt: qxiando iam sol diei e.rplicnns cnrsnm nocturnis tene- hris ordinem daret et locum, so steht diesem die Umschreibung des Wortes hordenm Pass. 4 würdig zur 8eite: bis acutum (jenus frumenti . . . nequaqunm industria molori (st. mola!) coniritum, sed manente furfuris cortice loricatum. Man vergleiche ferner: Victor Passio III, 47 fallacis aquae gladio 3 rebaptizationis sauciaret ma- peremissent I, 12 impietafes insaniae III, 34 de nlueo fontis susce- perat generatum III, 46 in praetorio cordis I, 6 ira furoris I, 6 palorum uectibus m, 63 serpentina proles che.ra 5 impietatis insania 7 per uiscera fontis aeterni salubriter pepererai 8 de postibv>s frontium 10 ebrietate furoris 14 remorum uectibus 3 serpentinam suggestionem In dem Wortschatze, der Wortbedeutung und Syn- tax ist gleichfalls eine Aehnlichkeit vorhanden, wie die folgende Zusammenstellung zeigt. Victor Passio III, 27 ad modicum gloriari 8 ad modicum sufferre supplicia III, 28 adigite suj^pliciis 10 suppliciis adigi ^ 8 * Dass Notker und Adu von Vienne den Victor für den Verfasser lialten, P ist nur ein Beweis ihrer Kritiklosigkeit. Der blosse Umstand, dass die Passio dem Texte des Victor unmittelbar folgt und dass sie eine Ejjisode aus der Verfolgung Hunirichs enthält, genügte, um dieselbe dem Victor zuzuschreiben. I Die handschriftliche Ueberliefening des Victor von Vita. 721 Victor Adi. st. Adu. I, 12 abstulit rapax Adi. st. Gcnet. d. Siibst. III, 50 aucforitate iworia, lll, 20 nauihus dominicis III; 39 hisseiius numenis cespes = (^O^^'f fundus. II, 10 ceapites messium desecarent Com pur. = Siipcrl. I, 4 ncdc- ratius saeidehant I, 7 caesarieni capitis dealharat II, 16 diacones dignari = uelle, pleonastisch. I, 15 dominus Neapolim per- diicere dif/natus est dum mit d. Coni. Iniperf. -■^= cum. I, 16 dum primciperet III, 8 etiam et eorum patri- monia I, 22 exilio trudebatur III, 53 impiissimo regi in mit d. Abi. = in mit d, Acc. I, 15 transmarina in parte proiecit in mit d. Acc. ^ in mit d. Abi. II, 4 qui in Constantino- polim sunt in =z Abi. instr. II, 30 in his sermonihus consolantem indicare = narrare II, 49 in- dicat antistiti ordinem uisi- tationis suae I, 49 inlecebrosa poma I, 41 innocentum ipse =^ hie, is. III, 22 ipsam primo nisi sunt fustibus aptare mando mit d. Acc. u. Inf. II, 15 quarum corpora trahi mandauit Passio 9 facilia suhponerent colla 10 tijrannicas peruenit ad aures, 7 dominicae seruitutis 13 septenus numerus 6 ampli et lati cespitis domini 9 crudelius onerati ferri pon- deribus 3 quam (stolam) fecerat deal- batarti 15 diacones 13 (dominus) dignabitur omnes uno martyrio coronare. cf. 8 9 dum munirentur, 14 dum ignis fuisset lignis iniectus 15 etiam et praedicandi dia- cones 4 exilio crudeli detrusit 2 impiissimi regis 4 in longinquis et extremis regionibus . . . detrusit 10 in medium pelagus con- cremari 6 potari in lacrimis 1 tunc etenim ualebo quae de- siderata sunt indicare 6 inlecebrosam semitam 2 innocentum 12 cum ipsis sum in timore dei conuersatus 5 ecclesias claudi mandauit 722 Petschenig. Victor minime = non. II, 28 domni nostri praeceptis minime ob- temperetis II, 16 modicnm aquae namque = aiitem. 1, 15 pulso namqne episcopo neqtiaquam = uon. I, 14 prne- cipere nequaqnam cunctatus est Paiticip. absol. I, 2 fransiens igitur quantitns uniuersa, sta- tu it (Geiser i CHS ) Pleonasmus. 1, 1 1 quautiet quam numerosi Plusquamperf. ^ Impert'. I, 47 ne martyrem fecisset potare = T.oxi'Cv:/. I, 49 torren- tem deliciarum eins potntus Posit. = 8uperl. 1. 24 tirhem 'nohiUssimum ntque famosam Praesens = Praeterit. III, 22 et quia est scripturariim scien- tia plena quoque = autem. II, 50 adten- dens quoque Eugenius Relativuni. III, 1 quicum noster libeU.us legeretur uel = et 1, 2, 4 u. s. w. uelle pleonastisch. III, 20 quare iurare uoluistis uideri = esse. I, 9 ubi muni- tiones aliquae uidebantur uirtus = BJvap,'.;. II, 71 idem et dei patris uirtus est Passio 15 ne praecepto dominico mini- me paruisset 5 modicnm temporis 5 uniuersa namque monasteria 4 nequaquam indttstria moJnri cuntritutn 7 qui adtracti, primo eis serpcns uoluit sibilare 4 copiosissimam et maximnm turbam lö ne paruisset ö potari eos in lacrimis 4 in longinquis et extremis re-\ gionibus. 6 nobiles et opti- mi, delicatne et nobilissi- mae 6 maior est tamen numei-us fe- licium columbarum 3 accipiens quoque tyrannus 14 qui dum ignis fuisset lignis iniecfus 5, 8, 14 13 simul nos dominus Septem, uoluit congregare 12 qui inter eos infantulus uide- batur 9 uirtute fidei roborabatur Wie man sieht, besteht allerdings eine gewisse Verwandt- schaft der Sprache zwischen Victors Werk und der Passio. I Die handschriftliche Ueberliefernng des Victor von Vita. 723 Aber — imd dies ist wohl zu beachten — diese Aehnlichkeit bezieht sich etwa mit Ausnahme des Gebrauches von dealbare durchaus nicht auf Eigenthümlichkeiten der Sprache Vic- tors. Denn die anji;etuhrten Spracherscheinungen, Phrasen und Wörter hissen sich bei anderen Schriftstellern derselben Periode zur Gonüg'o nachweisen. Ferner findet man bei ge- nauerer Betrachtung leicht, dass die Manier Victoi's in der Passio auf die Spitze getrieben, dass die Wortfülle, die bei jenem als Austluss heissblütigen Temperamentes und africani- schen Tumors erscheint, hier eine berechnete und gekünstelte ist, dass der Wortschatz zwar bis zu einem gewissen Grade stimmt, dass aber die Passio auf verhältnissmässig kleinem Räume auch sehr viel Eigenthümliches enthält. Folgende 37 Wörter finden sich nicht bei Victor: (2) ueteruosus trisulcis Arriomanitae longaeuns, (ß) machera prelum nujredo inluuies sordulentus docihilis (oder ducihilis), (4) molaris loricatus, (5) caementum, (6) uictricia trophea, (7) continet = adtinet terri- torium, (8) mundialis acsi titidare, (9) carceralis carcerarius capulus, (10) DHuuprdus hellator innocuus monile, (H) uotiuus festiuiis acceptahUis tribidatio, (14) clavatus, (15) trkhianus in- paenitens (jeridus, (16) bjpsanae contiguus. — In Hinsicht auf Stil und Sprache finden sich folgende bemerkenswerthe Ab- weichungen: §. 1 superandi uictoriam. Victor verbindet sehr häutig zwei Synonyma, von denen eines im Genetiv steht; aber niemals steht bei ihm in einem solchen Falle der Genetiv des Gerund. — §.2 antiquus hostis, ueternosus utique angais, tri- sulcis lingiiae uenena uibrans. Der Ausdruck wird hier geradezu aberwitzig. Es genügte dem Verfasser nicht, den Teufel durch den Ausdruck antiquus hostis zu bezeichnen, wie ihn z. B. Augustin. C. D. XX, 11 inimicus antiquus nennt; der Begriflf antiquus wird noch einmal durch ueternosus, hostis durch anguis wiederholt, und zum Ueberflusse muss der Teufel noch aus dreifach gespaltener Zunge sein Gift spritzen. — 7 quan- turti continet ad concordiam dominicae seruitutis ; continet in dem Sinne von adtinet ist sehr auffallend. — 8 haec omnia milites dei acsi contagia respuerunt. acsi für tamquam oder quasi gebraucht Victor niemals, wohl aber Schriftsteller des sechsten Jahrhun- derts wie Jordanis und der Anonyinus Vales. — Unverständ- lich ist der Schlusssatz dieses cap. : nohis uero nullus de postibus i 24: Petschenig, j j frontinm nalehit eueUere, quod in uno baptismate artifex tri- i nitatis dignatus est titidare. Soll mit artifex trinitatis Christus i gemeint sein? — 9 capulo pevsequentis ; hier erscheint per- y sequens substantivisch g'cbraucht, was dem Victor ganz fremd »] ist. — 15 die Phrase nt ftrtur ,vvie es heisst' findet sich nie > bei Victor, sehr häufig dagegen bei Jordanis. Ergibt somit das spi'achliche ]\Ioment durchaus keine Ent- scheidung zu Gunsten Victors, so wird man, wenn man die ganze Conception der Passio ins Auge fasst, noch weniger ge- neigt sein, in ihm den Verfasser zu erkennen. Man sojlte doch erwarten, dass etwa nach ein paar einleitenden Worten zum Thema übeigegangen werde. Statt dessen bekommen wir eine Einleitung, die mehr als ein Drittheil des Ganzen umfasst und nichts weiter ist als eine phrasenhaft aufgebauschte, aber inhaltsleere Uebersicht der Verfolgung unter Ilunirich. Auch in der eigentlichen P^rzählung wird sehr wenig That- sächliches mitgetheilt. ' Der Verfasser lässt uns über das Motiv der (iefangen nähme der sieben Mönche ganz im Un- gewissen, ja wir erfahren nicht einmal, wie ihr Kloster hiess, sondern hören nur, dass sie aus dem Territorium von Capsa waren. Der Grund ihrer Verurtheilung wird nicht angegeben; , höchstens enthält das Bibelcitat umis dominus, una ßdes, nnnm haptisma (^8) den Hinweis, dass sie sich weigerten, den Aria- nismus anzunehmen. Sonderbar ist, dass Ilunirich durch die häufigen Besuche, welche die Sieben vom Volke erhalten, in Wuth geräth (ein ganz legendenhafter Zug!), noch sonder- barer, dass damit die Hinrichtung gleichsam motivirt wird. Die Reden, welche ihnen in den Muud gelegt werden (7, 11, 12), kommen über gewöhnliche, für jeden derartigen Anlass passende Gemeinplätze nicht hinaus, sie sind mit einem Worte nicht charakteristisch. Es ist daher schon aus diesen Gründen nicht glaublich, dass ein Zeitgenosse oder gar der Geschicht- schreibcr der Verfolgung, welcher, wie manche Andeutungen in seinem Werke beweisen, durch eigene Anschauung von den Vorgängen sich überzeugte oder von Mitbiscliöfen unterrichten ' In Halms Ausgabe nimmt die Passio den Raum von 108 Zeilen ein; davon entfallen auf die Einleitung 34, auf die (fingirten) Reden 25. Somit bleiben für die Erzählung ganze 49 Zeilen. Die liandschriftliohe Ueberlieferiing des Victor von Vita. 7?5 liesR, eine so durchaus uneharakteristisohe, inlialtsleere und an Gemeinplätzen reiche Passionsg-eschichte geschrieben habe. Dazu kommen noch rein sachliche Gründe, welche unbedingt entscheidend sind. In der Uebersicht über die Verfolgung Hunirichs (§. 2 — 6) werden auffallende Unrichtigkeiten . zum Theil auch ganz läjDpisches Zeug aufgetischt. So behauptet der Verfasser, Hunirich habe die Thüren der katholischen Kirchen durch gewaltige Steine zumauern lassen (5), während Victor sich nie eines anderen Wortes als des einfachen daudere bedient. Dass die Kircheuthüren unter Geiserich und Hunirich blos gesperrt waren, ersieht man auch aus der Erzählung I, 41 : Katholiken öffnen eine versperrte Kirche (.s-ihimet clansam ecclesiam rese- rareut), werden aber von einer arianischen Rotte überfallen und durch die ofienen Fenster hinein mit Pfeilen beschossen ; vgl. auch I, 51. — Komisch klingt die Behauptung (§. 5), Hunirich habe alle Männer- und Frauenklöster saramt ihren Bewohnern den Mauren geschenkt. Das Aergste leistet der Verfasser aber am Schlüsse seiner p]rzählung. Nachdem er das Wunder mitgetheilt, dass das Meer die unverletzten Leiber der Getödteten noch in derselben Stunde, in der sie umge- kommen waren, an den Strand geworfen habe, fährt er fort (15): Gauflens nufem quae acJeiaf mnltitmlo corpora sanctorum martynim düigeuti tradidit sepulturae, praeeiinte dem uenerahili Carthaxjinie.nsis ecdesiae: nhi etiam et prned/candi diacones, tertio vtm confessoref! effecti, Salntan's et Mitritta, gernli reliqniarum adfuerunt. Diese Stelle verdient eine nähere Beleuchtung. Victor erzählt HI, 34 ff., der gesammte Clerus der carthagi- schen Kirche, etwa 500 Personen, darunter viele Lectoren, der Diacon Muritta und der Archidiacon Salutaris, seien, nachdem der Bischof Eugenius sich schon im Exil befand, weit weg- in die Verbannung geschickt worden. Nachdem er dann noch erwähnt hat, dass von dieser Schaar zwölf Sänger- knaben gewaltsam getrennt wurden, fährt er §.41 fort: Ulis diebus et diio negotiatores Fmmenthis et alhis Frtimentms ipsius- dem iirhis egregio martyrio coronati sunt. Tnnc et septem fratres, iion natura sed gratia, siviul in viouasterio commanentes, con- fessionis certamine expleto inmarcescihilem. peruenerunt ad coronam, id est Liberatus ahha, Bonifatius diaconus, Seruus suhdiaconus, 726 Petschenig. Rusticus suhdiaconns , Rogatiis monachus, Sepfiimis monnchns et Maximns monachus. Wir haben nicht den gering^sten Grund zur Annahme, dass Victor hier nicht chronologisch vorgehe. Während also mit Ausnahme jener zwölf gewaltsam zurück- gebrachten Cleriker der gesammte Clerus von Carthago sich thatsächlich in der Verbannung befand, lässt der Verfasser der Passio denselben das Leichenbegängniss der sieben Mönche auf eine feierliche Weise abhalten, macht dabei den Archi- diacon 8alutaris zum Diacon, und behauptet, Salutaris und Muritta seien damals schon zum dritten Male Bekenner ge- wesen, wovon Victor kein Wort weiss. Aber selbst wenn wir zugeben, dass Victor die Chronologie vernachlässigt habe, dass demnach zur Zeit jenes Martyriums der Clerus von Carthago noch nicht in der Verbannung gewesen sei, fällt doch die Er- zählung von der feierlichen Bestattung in nichts zusammen. Dieselbe wäre einfach eine Demonstration gewesen und zur Zeit, wo die Verfolgung am heftigsten wüthete, gewiss nicht gestattet worden, um so weniger, da bereits Geiserich das Verbot der feierlichen Beerdigung erlassen hatte, wie Victor ausdrücklich bezeugt (I, 16): qnis uero susfineat atque possit sine lacrimis recordari, dum praexiperet nosfrorum corpora de- fimctorum sine soUemnitafe hymnorum cum silenfio ad sepxdturam, perdnci? Uebrigens hatte auch später das Edict Hunirichs alle Zusammenkünfte zum Zwecke einer religiösen Feier (con- uentus) verboten; vgl. III, 8. Die mitgetheilten Verstösse gegen die historische Wahr- heit sind so grob, dass sie dem Victor nicht angerechnet werden können. Die Passio hat also nicht ihn zum Verfasser, auch nicht einen Zeitgenossen, sondern sie ist später ge- schrieben, als die Erinnerung an die Verfolgung Hunirichs bereits zu verblassen angefangen iiatte. Der Verfasser hat sich, offenbar absichtlich, in Stil und Sprache den Victor zum Muster genommen; er hat dessen Werk auch sachlich, aber in sehr ungeschickter Weise, ausgenützt. In demselben fand er Alles, was ihm für seinen Zweck passte, nur das eine nicht, dass zur Zeit jenes Martyriums Vindemialis Bischof von Capsa war. Aber dieser ist in der Notitia erwähnt, und wer bürgt uns dafür, dass ihm diese nicht zur Hand gewesen sei? Die handsrbriftHrhe Ccberlieferang des Virtor von Vita. 727 Um SO eher, wenn er, wie man mit (irund vermuthen kann, ein AiVikaner war. ' Die Tluitsache, dass Victor nicht der Verfasser der Passio ist, lässt sich für die Kritik jener Stelle verwerthen, an der Victor das Martyrium der Sieben beiläufig erwähnt (11, 41). Es muss nändieh in hohem Grade auffallen, dass die sieben Namen in keiner unserer Handschriften, HT ausgenommen, voll- ständig mitgetheilt worden, dass ferner die mit^etheilten in einer anderen Anordnung erscheinen als in der Passio. Seruus suhdiaconus fehlt in BVCMa^, Septimns monackus in ß. Dies erklärt sich am einfachsten dadurch, dass die Namen ursprüng- lich ganz fehlten, später aber von jemandem aus der Passio in unvollständiger Form hieher an den Kand geschrieben wurden und sodann in den Text geriethen. Man wende nicht ein, dass Victor auch sonst die Namen mitzutheilen pflege; denn dies ist nicht immer der Fall, da er auch III, 28 die Namen der zwei Brüder aus Aquae Regiae nicht nennt. II. Ueher die Echtheit des Prologes. Der Prolog lautet nach meiner Recension: Quondam ueteres oh stiidhim sapieiitiae enucleare atque 1 sciscitart assidne minivie dcsistehaiit, qvae forte uel qualia prospere uel secus prouinciis focis aut regionibns euenissenf, de quibus uel in quihtis exacuerent stihim ingenü sui atque redolentes magisterii flores ignnris historiae calathorum offerrent gratnito munere pro- pinatos, dahantqtie operam ut neqiiaquavi laferet in totwn, quod in 2)a'>'te forte ftierat gestum. Sed Uli fastu nmndialis amoris '^ inflati gloriam elationis suae lange lateque gestiehant laudahiliter diffamari. At iiero uenerabilitas studii tui Instoriam texere cupiens, inquiris simili quidem feruore, dispari tarnen amore; et Uli ut laudarentur in saecido, ipse ut praeclarus appareas in futuro et dicas: in domino laudabitur anima viea; audiant man- ' Ich will nicht unerwähnt lassen, dass die legendenhafte Tradition, welche sich an Hunirichs Verfolgung knüpft, neben Eugenius von Carthago und Longinus Pamariensis gerade den Bischof Vindemialis von Capsa beson- ders hervorhebt ; vgl. die sagenhafte Erzählung Gregors von Tours bei Migne LVIII, p. 770 sqq. 728 Petschenig. sueti et laetentnr. Poferis iif nnlnisti, quin omne datum optiimim et omne donum yerfectuvi caelitus accepisfi, erudi- tiis n tnnto 'pontifice totoque laiidis genere praedicando heato Diadoco, cuius nt astra Inceniia extant quam plunma catholici dogmatis inonumenta dictornm. Et snt est tibi ut aeqniperes doctrinam doctoris, qula satis est disciptdo, nt sit qnomodo mngister 3 eins. Alinvi nideo Timothenm ah incunahulis infantlae sacris litteris ernditum, nee non inter nlios sublimem ntque expeditum magisterii gentinm Lncam, arte medicnm, aposfoli Panli disci- 4 jndum. Ego namque iubentis ivxperio ohoedientiae ceruicem sid)- mittens , qnae ohnenei'unt in partibns Africanis debaccantibus Arrianis, sensim breniterque indicare temptabo, et quasi riisticanus operarius defatigatis ulnis aurum coUigam de antris occtdtis, spe- ciem nero adhuc sordentem atque confusam non cnnctabor artißci indicio ignis examinandam contradere, qni monetarios possit soli- dos pictnrare. Der Gedankenzusaminenlian£f in diesem seltsamen Vor- worte ist, soweit erkennbar, fol<]jen(ler: , Ehemals beschäftig-te man sich aus Erkenntnissdran"- damit, den glücklichen oder unglücklichen Ereignissen, die sich in den verschiedensten Ge- genden zugetragen, nachzuspüren, um an der Darstellung der- selben die Schärfe dos Stiles zu erproben und die duftenden Blüthen der Gelehrsamkeit jenen, welchen die Blumensträusse der Geschichte etwas Unbekanntes waren, zum Geschenke darzu- bieten; man bemühte sich, das allgemein bekannt zu machen, was sich vielleicht auf beschränktem Räume ereignet hatte. Aber jene Schriftsteller strebten, vom Dünkel der Weltliebe erfüllt, nur nach mögliehst weiter Verbreitung ihres stolzen Ruhmes. Du dagegen, im ehrwürdigen Bestreben ein Ge- schichtswerk zu verfassen, forschest mit gleichem Eifer, aber verschiedener Absicht: jene wollten vor der Welt gepriesen werden, du willst im Jenseits verherrlicht werden. Dein Wunsch wird in Erfüllung gehen; denn du hast jegliche voll- kommene Gabe vom Himmel erhalten, da dich ein so grosser und rühmenswerther Bischof unterrichtete, Diadocus, dessen Schriften, an Zahl den schimmernden Sternen gleich, Zeugniss geben vom katholischen Glauben. Dir genügt es, an Gelehr- samkeit dem Lehrer gleichzukommen; denn der Schüler muss zufrieden sein, wenn er ist wie der Meister. Ich sehe (in dir) Die handschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. 729 einen zweiten Tiniotheus, einen zweiten Lukas. Ich aberi benote mich deinem Geheisse und unternehme es, nur obenhin Lind in Kürze die Beg^ebenheiten in Afrika zur Zeit der wüthen- ien arianischen Verfolgung zu schildern; wie ein Feldarbeiter will ich mit müden Schultern das Gold aus verborgenen Grotten susammentragen, das ungereinigte Metall aber ohne Säumen dem Kunstverständigen zur Erprobung durch das Feuer über- leben, damit er daraus giltige Münzen forme/ lieber den Prolog äussert sich Ruinart (p. 181 Migne) mit folgenden Worten: sed fatendnm est praefationem hanc ita 'ierborum ambagibus esse in no Inf am, ut difficiJe sit iierum illins luctoris sensxim assequi, qnod in causa est, cur eam depravatam isse, tiel ex scriptoruvi negligentia, uel ex alia quam ignoramus :ausa, suspicemur. Ruinart gesteht also mit klaren Worten zu, iass er den Sinn nicht verstanden habe, und deutet ausserdem iurch den Ausdruck illius (seil, praefatioms) auctorerti seinen Zweifel an der Autorschaft Victors an. Auch Ebert spricht 5ich in gewissem Sinne für die Unechtheit wenigstens des ^rössten Theiles des Prologes aus. Seine Worte sind (S. 436, knvcx. 1): ,Die schwülstige Vorrede aber ist, mag es sich mit ihr Verhalten wie es will, bis auf den letzten Satz: Ego namque etc. las Werk eines Andern, ein Citat aus einem Briefe.' Damit Ist freilich nur gesagt, dass Victor, statt eine selbständige Vorrede zu schreiben, es für bequemer gefunden habe, das an ihn gerichtete Schreiben eines andern wortgetreu hinzusetzen Lind seinerseits eine kurze Bemerkung daran zu knüpfen, nicht aber, dass der Prolog als solcher unterschoben sei. Zu einer anderen Ansicht ist Halm gekommen; er be- merkt nämlich zu den Worten At xiero uenerahilitas (§. 2): Apparet ab ancfore aHerum indiici se aUoqiientem, quae pars pro- logi pertinet nsqne ad §. 4. Er betrachtet also nur den mittleren Absatz Af ne.ro — Pauli discipulum als Citat, während er den Anfang und Schluss dem Victor zuschreibt. Ich beschäftige mich zunächst mit der Halm'schen Hypo- these. Dieselbe erscheint mir durchaus unhaltbar, da sie enge Zusammengehöriges aus einander reisst. Denn wer sollte ohne ' namque ist hier, wie häufig bei Victor, offenbar in dem Sinne von autem oder uero gesetzt. Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XCVI. Bd. III. Hft. 47 730 Petschenig. das Anführungszeichen im Texte erkennen, dass von den Worten At uevo an eine andere Person spreche? Nach dem ganzen Zusammenhange kann nur derjenige, der früher sagte: jdoch jene suchten nur weltlichen Ruhm^ fortfahren : ,du hin- gegen forschest zwar mit demselben Eifer, aber mit anderer Absicht, nicht aus Streben nach weltlichem Ruhme, sondern um im Jenseits verherrlicht zu werden'. Die Sätze Sed — diffa- mari und At — dicas enthalten einen Gegensatz, der nur als Gedanke einer und derselben Persönlichkeit den Anspruch hat, verstanden zu werden. Uebrigens wäre eine solche Com- positionsweise, ohne jegliche Spur eines Ueberganges, die an UnVerständlichkeit das Möglichste leistet, schon an und für sich undenkbar. Man erwartet zum mindesten, wenn der Verfasser schon jene Persönlichkeit, die er redend einführt, nicht nennen oder bezeichnen wollte, ein At tie.ro, inqids. Nur bliebe auch da noch die Thatsache bestehen, dass Victor jemanden redend einführt, der nichts weiter zu thun hat, als ein Loblied auf ihn und seine schriftstellerischen Bestrebungen zu singen, ihn als einen mit allen himmlischen Gaben ausgerüsteten Mann, als den trefflichen Schüler eines berühmten Lehrers, als einen zweiten Timotheus und Lukas zu feiern, während doch sonst die Schriftsteiler jener Zeit in ihren Vorreden sich eher einer übertriebenen Bescheidenheit zu befleissigen pflegen. Ansprechender ist die Meinung, welche Ebert geäussert hat. Die ersten drei Paragraphen enthalten eine zusammen- hängende Gedankenreihe, im vierten beginnt eine zweite. Die erste charakterisirt sieh dadurch, dass jemand zu einer zweiten Person spricht, während in der anderen der Schriftsteller von sich selbst redet. Die §§. 1 — 3 könnten demnach an und für sich ganz wohl ein Citat aus einem Briefe sein. Trotzdem muss aucliEberts Auffassung zurückgewiesen werden. Die beiden Hälften, in welche nun der Prolog zerfiele, stehen ohne Ver- bindung da. Der Verfasser deutet nicht im Geringsten darauf hin, dass er überhaupt citire: wir erfahren weder den Namen desjenigen, den er citirt, noch wer ihn aufgefordert habe, sein Werk abzufassen. Denn das angebliche Citat enthält keine Aufforderung, demnach auch der Ausdruck iuhentis imperio im §. 4 keine Beziehung auf das Vorhergehende. Der Anfang des Prologes spricht ferner in so allgemeinen Ausdrücken von Die haudsohriff liehe UebPrliefemne: des Victor von Vita. i 31 der Geschichtschreibuug-, dass man annehmen müsste, der citirte Absatz sei von Victor eig-ens bestellt worden, um als passende Einleitung- dienen zu können. Zu dem allen kommt noch ein schwerwiegendes sachliches Bedenken, Sind die ersten drei Paraoraphen ein Citat und Victor der Angesprochene, so er- scheint der im §. 2 g'enannte Diadocus als dessen Lehrer. Nun ist nur eine Persönlichkeit dieses Namens bekannt. ' Ein Bischof Diadochos von Photike in Epirus wird nämlich von Photios (cod. 201) als Verfasser einer asketischen Schrift ge- nannt, welche in der Uebersetzung des Franciscus Turrianus den Titel De perfectione sjnrifnali führt. Derselbe wird ausser von Photios nur von dem Mönche Maximos (in siebenten Jahr- hundert unter Heraklius) citirt. Ueber die Lebenszeit dieses Diadochos wissen wir nichts. Aber selbst angenommen, der- selbe habe etwa um 450 gelebt, so ist es doch, wie schon Ruinart z. d. St. gezeigt hat, undenkbar, dass dieser epirotische Bischof der Lehrer Victors gewesen sei. Auch die Erwähnung der innumerahilia catlioHci dogmafis monnmenta dictorum. passt nicht, da von dem Epiroten nur ein Werk, und zwar ein asketisciies. bekannt ist. Man müsste somit annehmen, Dia- docus sei wie Victor ein afrikanischer Bichof gewesen. Aber ein solcher wird nirgends genannt, was im höchsten Grade auffällt, wenn er, wie der Piolog mit klaren Worten sagt, die katholische Glaubenslehre in zahlreichen Schriften ver- theidigt hatte. Wenn somit das einzige Thatsächliche, welches der Prolog enthält, die Erwähnung eines Bischofs und Dogmenschriftstellers Diadochus, sich als eine offenbare Fälschung erweist, wenn der ' Ein anderer Diadochos, allerdings sehr zweifelhaften Namens, ist bis jetzt ganz unbeachtet geblieben. Im .Jahre 1694 veröffentlichte Joh. Rud. Wetstenius im Anhange zn mehreren "Werken des Origenes aus einem Berner codex eine Schrift unter dem Titel: tou [jLa/.ap(ou Map/.ou tou Atxod/ou /.a-a ''Afjciavwv AÖyo; (Origenis Dialogus contra Marcioni^as etc. quibus accedit b. Marci Diadochi Sermo contra Arianes, Basileae MDCXCIY). Danach hiess also der Verfasser dieses Sermo entweder Macxor 6 A'.aoo/o; oder 'SMov.oz o Aiaoo/oj und kann mit dem oben ge- nannten Diadochos auf keinen Fall identificirt werden. Erwähnt wird dieser Markos nirgends, und dass er zur Blüthezeit des Arianismus ge- lebt habe, vermuthete Henr. Wetstenius (in der Praef.) nur darum, weil sein Äo'voc mitten unter den Werken des Athanasius sich fand. 47* < 32 Petschenig. Die handschriftliche Ueberlieferung des Victor von Vita. ^anze Zusammenhang- unverständlich, die Composition uner- klärlich ist, wenn wir weder erfahren, an wen der Prolog ge- richtet, noch wer in demselben der Anredende und Angeredete ist, wenn sich das Ganze nur als ein sonderbares Conglomerat von Bemerkungen allgemeiner Art darstellt, die noch dazu in dem sie umhüllenden Schwulste fast verschwinden, so bleibt nichts übrig, als in demselben ein Machwerk zu erblicken, welches dem Victor unterschoben ist. Dafür spricht auch, dass von den 21l) Wörtern, welche derselbe, die Bibelcitate weg- gerechnet, enthält, 34 sich bei Victor nicht finden, nämlich enucleare seciis exacuere stU^is redolere magisteriwn ccdathiis gra- tuito fastus mnndialis (erst in der Passio) gestire laudabiliter dißamare femor dispar praedicandus (erscheint in der Passio wieder) dogma monumeutum. sat aequiperare inninahnln expeditus ohoedientia ssuhmittere dehaccari sensim opernrius defatigare ulna species (in der Bedeutung ,]\Ietallstück^) sordere contradere monetarius picturare. XIII. SITZUNG VOM 12. MAI 1880. Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter theilt mit, dass Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Curator der Akademie, Herr Erzherzn;Ii. rwadz, ö. vvradz ,Tag' neben neupers. röz , bal. vöc , baktr. raocanh, altpers. rauca. : sangl. rust: vg-1. citr, lost, rozd , Tageslicht', skr. nu;at ^leuchtend, hell^ von rui;, Paralleltbrm zu ruc. : s. meth, s. niath, niathän: ein Beweis der Originalität der sakischen Dialekte; abzuleiten von nuä , messen^, part. mita, als das , abgemessene , unveränderlich gleich bhubende' oder im activen Sinne als das , messende, Zeit eintheilende* ; skr. mfiti , baktr. miti ,Maass'. Ht. metas, skipet. mot ,Zeit, Wetter, Jahr*. , Tages-, täglich' s. mäthong: mit dem üblichen Adj. sufF. -ung. jMorgendämmerung, Frühe' s. lukh, w. rukhn : vgl. w. rukhn .weiss', skr. roka, kalasa ruk , Licht', kal. mast-rük .Mondglanz, Älond'. : s. yäul: nach Shaw türkisch, vgl. jola , Helle, Licht, Fackel', jalao .Licht, Flamme'; man könnte auch 1 aus s entstanden sein lassen und baktr. aosanh .Verbrennung', usa .aurora' vergleichen. Mittag' w. madhür, s. raadhor: aus madh , Glitte', skr. madhya, baktr. maidhya ,zur Mitte gehörig, in der Mitte betindlich' und aus baktr. ayare, w. vir (yür. s. yor) ,Tag'; Bildung wie baktr. maidhyäirya ,Fest mitten im Jahre' von yäre , Jahr' ; dagegen neupers. n im- röz, os. ardäg-bön, ambis-bon u. s. w. Abend', s. /um: neupers. sam, eig. ,requies', von baktr. khsa ,sich aufhalten, weilen*, sa ,sich freuen', samana ,Ziel, Ruhepunkt', skr. ksema ,Rast, Aufenthalt, Ruhe, Behagen'; s. /, s. s weist auf ursprüng- liches ks, baktr. khs im Anlaut hin; Pott dagegen vgl. skr, cam .ruhen'. : w. pürz : aus pür-rwadz, baktr. *perenö raocanh. : s. biurn: vgl. yaghnöb. wiora , Nacht', s. biyär ,gestern'; etwa baktr. aibi-varena, aiwi-varena,Ueberdeckung, Dunkel'; eher von vi .auseinander, hinweg' und ayarena, adj. Derivat, von ayare ,Tag'; ähnlich baktr. uz-iranh , Abend', os. izar, izär, (dig.) izäre 750 Tom aseh ek. •heute* s ,Abend% zaza yeri, yere ,Abend^; pers. ewar , Abend' ist noch unaufgehelh ; ebenso koh. wila, laghm. weh, pasai weiäl , Nacht', kistwar. biale, romi biawel, bewel (]\Hkl<)8. VII, p. 21) , Abend*. , Abend-, abendlich' w. pürzüng-, s. biurneug;. nur, s. nur: vgl. w . niw ,jetzt, nun', baktr. nü. daraus erweitert baktr. nura, nüra ,im Augenblick, jetzt, rasch', arm. nor ,ncu' (aus *navare), os. (südl.) nir, (tag.) nur, (dig.) nur ,nun, jetzt, jetzt schnell, sogleich', (dig.) nurikkon ,jetzig'. : w. wudhg: skr. bliütä n. ,das Seiende', vgl. s. wedhg, s. wodlig, wudhg, part. praet. von wao , werden, sein' : os. uoge^ ög , seiend, gegenwärtig', d-öge ,Zeit, Muse'. jgestern' w. yez : mit der üblichen Prosthese aus baktr. *zyö, skr. hyas, altpers. *diya, neupers. dig, di; os. ftag.) zn-on, (dig.) azine , gestern am Tage' gehört wohl eher zu baktr. azan ,Tag', acni ,am Tage'; eher hat zaza wiz - ieri ,gestern Abend' (yeri , Abend') im ersten Theil das baktrische Wort mit| prosthetischem w bewahrt. : s. biyär: darin sicher ayare ,Tag', vgl. baktr. bi- ayara ,zwei Tage'. : s. yieb : aus sab, baktr. kheap , Nacht', wie os. (tag.) duss-on jgestern Abend' neben baktr. daosa , Nacht, Abend', kalasa dos ,gestern'. ,morgen (cras)' w. warok: aus *aparaka, pars, awari ,posterus'. : s. wegä, s. pigä: persisch; afgh. begä bed. , Abend'. , Nacht' w. sub, s. sab, s. /ab, ming. khsäwa, khasäwa, sangl. for-sük : baktr. khsap, khsapan, altpers. khsapa, pers. sab, saw, zaza sau, afgh. späh, und mit Er- haltung des gutturalen Anlautes wie im Mungi os. a"/saw; sangl. aus fra und pahl. sapak. : yaghnöbi wiora: s. , Abend'. : w. naghd : ein köstlicher Fund im eranischen Sprach- schatz ! skr. nakta, nakti. , nächtig, frühzeitig, in aller Frühe' w. naghdin, naghdinak: init anderem Sufhx baktr. nakhtru, nakhturu , nächtlich'. Ceutrulasiutische Stndien. 751 ,Stern' w. stär, s. stardz, stirdz, s. yturg, ming. astäri, sangl. ustiirak : baktr. ytare, ^tara, pahl. stäiak, neupeis. sitäiah ipl. sitäragun), baiakai stüia, zaza estär, kiirm. istörik, biilb. asteira; pcrs. dimin. sitaicah. Für baktr. rtar lässt sich in dor raulien Aussprache der sakisclien Hochländer die Form khstar vor- aussetzen. : yaghnr.bi paldini^-: vgl. \v. |»i-dhin-g , aufleuchten, flackern', skr. diiia , Helle, Licht'; pal- aus para? ,Abendstern' \v. sükr-stär, s. rust-yturg ,der rothe Stern'. ,Mond, Monat' w . niüi, s. njäs, s. mest, niing. yöingha, sangl. dul-niik : baktr. niaonh, niaonha, altpers. niaha, neupers. mäh, os. mayye, mäi, gil. maunglu;, bulb. raäan^, kurd. (VC. R. ) mang; s. mäs mit Be- wahrung des ostarischen Auslauts wie in baktr, mäz-dräganh ,RIonaldauer', arm. amis, pers. mäs, zaza äsma, äsme ; s. mest mit parasitischem t wie in kalasa mast-ri'ik, afgh. miäst; w. müi aus mäi ; ming. yömgha mit der üblichen Prosthese; sangl. wahrscheinlich pul-mik , Vollmond' zu lesen. : w. gümäk, (Hayward) gamäk: ,der Schreiter, Wandler^ von baktr. gam, gam ; vgl. neupers. gum ,Mond', kurd. ^iv>'f ghüw, hiwV , Vollmond" w. pür-zümäk , s. pür-mäs: skr. pürna-mäsa; helleno-skythisch (^Ulbia) •i).i^--::\r, , gebildet wie irisch rae-län. Jahr' (halbes) w. säl, s. säl: pcrs.; die alte sakische Benennung hat sich noch erhalten in : , voriges Jahr' w. par-d, s. par-wus : von para , zuvor, vor- her' (in den linnischen Sprachen ,das hinten ge- legene, vergangene') und vat, ut ,Jahr'; skr. par- ut, gr. TTsp-js: und (Ahrens H. 64) r.ip'jv., skipet. par-wjet , vorvergangenes Jahr' ; in den eranischen Sprachen ist das Element ut überall geschwunden, vgl. OS. (dig.) färe, (tag.) fär-on, pers. pär (aus pard), armen, heru. Das uralte Wort ut ,Jahr' lässt sich schwer deuten; es ist auch den finni- schen St-ämmen eigen , vgl. suom. vuosi (gen. vuode-n), weps. wos, syrj. wo, ugr. ostj. öt (vgl. 752 Tomaschek. pir-öt ,das vorige Jahr', Castren S. 99 ; piris ,alt^, syi'j. pörjs, wotj. peres, vgl. mit neupers. pir) und selbst Zusammenhang mit uigur. üt, öt, üdi ,Zeit^ wäre möglich, — bekanntlich sind die türkischen Uiguren im Besitze einer originellen Zeiteintheilung gewesen , welche selbst die Aufmerksamkeit der sinischen Gelehrten erregt hat. — In s. -wus Mouillirung des Dentals wie im Griechischen ! , vorjährig' w. pardüng, s. parwuseng: griech. -spuitvoc. dagegen skipet. parwjetsm. Die Jahreszeiten kennen wir nur für das .Sariqoli; sie lauten da: jFrühling' s. wag: mit Schwund des derivirenden -r aus baktr. vanhri, vanghre, altpers. vähara, neupers. bahär, biliär, buhär. jSommer' s. meng: verkürzt aus '^haminaka, pahl. haminlk , sommerlich', baktr. hama, hamin, pahl. hamin, kurm. hawin, zaza amnä (aus hämina) , Sommer', afgh. manai , Herbst', jHerbst' s. pidz: pahl. pätiz, pers. pädhiz, päylz, päyiz, päiz, zaza und kurm. pä'iz, os. (südl.)fazag, (tag., dig.) fazzäg, fazzäk, fazzek , Herbst'^ rag-fazzäk , Frühherbst' ; zaza pä'iz bedeutet auch , frisch, kühl', und wir vermuthen Zusammensetzung aus paiti , altpers. patiy ,zu, gegen' und aus i9i, s. is ,Eis, Frost' für die der Winterkälte nahe Zeit. jWinter' s. zümistän: persisch. ,Zeit, -mal' w. s. pitig, s. pith: baktr. paiti, altpers. patiy , hin- wieder, je nach, einzeln, einmal (Troxe)'. , Hitze' w. tow, s. tuw: baktr. *tapanh, pers. tab, afgh. täö (pi-täö, pers. aftab , Sonnenschein'). ,heiss' s. garm, s. zürra, vgl. s. gürm , Hitze, Brunst, Zorn': baktr. garema ,heiss'^, garemu , Hitze', altpers. garma, neupers. garm, gurm, zaza g'erm, g'erm, arm. z'erm. : w. sundr, vgl. sangl. sunäi , Feuer': skr. cona ,flammen- farbig, glänzendroth' m. , Feuer', laghm. sünek , rothgelb', von cu , leuchten', neben cyä (part. 9yäna) , dörren, sengen, glühen'; Derivations- element -ra wie in skr. cand-ra, göand-ra; dann I Centralasiatische Studien. 7ö3 wäre d unorganischer Ansatz zu n. Merkwürdig ist die Aehnlichkcit dieses im Eranisehen einzig dastehenden Wortes mit folgenden Bildungen des permisch-ugrisclien Sprachgutes: syrj, sonäda, wotj. sunto , erhitzen, sengen, rösten', syrj. sonyd, wotj. sunyt jheiss', syrj. sondy, wotj. sundy jSonne^ jFeuer' w. raklinig: neupers. rakhs , Blitz', rakhsäu , blitzend, aufleuchtend^ : sangl. rOsnai i neben sunäi ) : baktr. raokhsna, raokhsni, raokhsuu. : §. yäts, s. yuts, ming. yür: baktr. ätare, nora. ätars, gen. äthr«», neupers. fites, täl. ötes, os. arth, afgh. ör. jFlamme' w. räug: baktr. raocafih , Glanz", altpers. rauca ,Tag' von ru^', uruc , leuchten'. jFunke' s. khiirni : zu "baktr. qar , leuchten' mit nominalem Aus- gang -ma, neben qaretha , Glanz' ; aber auch Ab- leitung von ckar , springen' wäre denkbar. : w. gard : etwa baktr. geredha , heulend, donnernd (prasselnd)', von gar , lärmen'? ,Rauch' w. dhlt, s. dhud, s. dhikl : pers. düd, pahl. düt. ,Russ' w. kat-dhit, s. cedher: zu w, kat, s. ced ,Haus', dazu s. thier , Asche'. jDampf, Brodem' w. taf, s. tef: pers. taf, baktr. tafnu , Hitze, Schwalm'. jBrand' w. süz, s. säuz: pers. söz , Brand, Hitze', os. süg, (tag.) sudz, baktr. saoca .Brand, Zunder', von 9UC , bren- nen'. Die Pamir-Worte bedeuten auch , rauher Sturmwind mit Schnee und Frost', w. soz ,frostig, frisch', wie skr. 9yä , sengen' und , frieren', got. friusan neben skr. prus, mordw, pal , brennen, frieren' u. a. Budenz, Nr. 513 seines ugr. Wörterb. ,Athemnoth in Folge der Luftverdünnung auf den Pämir- Hochsteppen und den Hindukus-Uebergängen' w. sudhgh, s. südhgh : neupers. sudah , abgerieben, abgebraucht, erschöpft', sust _,erschöpft, müde', skr. cudh ,reinigen, wischen, abtrocknen'. jBlitz' w. s. barkh: arabisch. jDonner' w. s. tüngür, tungür: pers. tandur, tuudur, tandür, von tand , donnern'. 754 ■ Tomasehek. : s. sädä: dunkel; vgl. (die Verbannter) sadh , bersten'. jWind, Luft' w. damä, ,Keg-en stürm' wur-damä, , Schneesturm, Buran' zam-damä, , Wirbelwind' liw-damd (von liw , Dämon, toll') : pers., wie w. s. dam ,Athem'. ,Wirbelwind' s. dhew-balamüt: türk. mong. balamut ,muth- willig, toll', balai , blind, tinster, verwirrt, toll' und s. dhew , Dämon'. ,Alp, Nachtmahr, Vampyr' w. waghd, s. wöid: vgl. w. s. wagh ,bellen, brüllen' V oder zu baktr. vaz ,ein- fallen, einherstürmcn, laufen, fliegen'. Zu slaw. wampyr, wopyr, upyr, vgl. cuwas. wubur ,daemon lunam solenive devorans', baktr. vyämbura-daeva. , Schatten, Schemen, Fata raorgana' w. säyä, s. suyä: pers. säyah , Schatten', wotj. say , Schatten'. , Geruch, Duft und Missduft' s. b6i,'s. bao : pers. böi, bö, baktr. baodha. : w. wül : baktr. baodha , Geruch', mit Wandel des Dentals zu 1 wie in kliil ,Schweiss'; armen, bojr , Geruch', burel , duften'. , Dun st, Nebel' w. bis, s, büs: türk. bus, büs; skr. busa ,Dich- tigkeit, Dunst' aus bhi-Qa. , Wolke, Nebel' s. warm: zu var , wälzen, rollen', wie skr. ürmi ,Woge', ürmya , wallend'; ähnlich gebildet pers. wärm , Geschwulst', mordw. warma ,Wind'. : w. mür: wahrscheinlich umgestellt und dem vorigen gleich ; sonst vgl. armen, mur , Schwärze, Russ', Hesych, [aoavo) • vic-o;, homer. äi/oA^oc. ,Reif, Frost' w. sak, s. /ok: zu skr. ^'yä in der Bed. , erstarren', 9yäya ,Reif, Frost' ; wotj. siyalo , frieren', siyam ,kalt'. ,kalt' w. sür, ,Kälte' süri : afgh. sör, f. sarah, kurm. sär, pers. sard, baktr. careta. : s. sorgin: von einem Subst. sorg aus *9araka; andere Bildungen armen, sarn , Eisklumpen', pers. sarmä, sarmäi, kurd. sarmäya ,Kälte'. : s. sitägh : skr. cita ,kalt', Qitaka, f. ^itikä ,kühl, kalt', von cyä , gefrieren'. : s. IS, , Kälte' isi: aus *i9ya, von baktr. igi ,Eis', kaf. yos , Kälte', armen, ojts ,kalt'. In dem eranischen CentralafiiatiBcbe Stadieu. 755 Namen der Tübeter unrl Tanguten lzaT,ci'fzq (bei Alkman , Aristeas , Herodotos , Ptolemaios ) mag baktr. iyi als eister ßestandtheil enthalten sein, dazu -däna ,enthaltond' (vgl. neupers. yakh-dän ,Kisgnibe'); es bezieht der Name zunächst auf die hohen Schueeberge nördlich und südlich vom Tarym-Becken. ,Eis' w. yikh: |»eis, yakli, os. yay, yi/, i/ ,Eis, Hagel'; magy. jC'y;, ugr. t)stj. Jeng, suum. jää? : s. stu , gefroren' (vom Wasser), stu-sedh^-: bei Ab- leitung von i;tu, rrj(.) , steif sein*, vgl. griech. zx'.{i>r, ■ 'Is/oz, r.iyyr, u. ä., bleibt das s unerklärt. jEisfeld, öde und den Frtjstwiuden ausgesetzte Hochebene' w. s. Pämir, Panier: soll auch burutisch sein, aber gewiss nielit ursj)rünglicli ; das Wort ist jedenfalls arisch. Burnouf und AI. v. Humboldt erklären es durch upa-Meru; auch an pers. mari- dan , erstarren, gefrieren', miridan , durch Ge- frieren Schaden leiden', neben raurdan (praes. miram) , sterben' und an skr. maru , Wüste' kann entfernt gedacht werden. ,bchnee" w. zara, s. zamän, s. zimg, zing: baktr. zyäo (Thema zyam) , Winterfrost', zim, zima , Winterkälte, Winter', skr. hima .kalt' m, , Kälte, Schnee', sin. hinn , Schnee', hinäl , Lawine', kistwar. pädar. himän, hiwän , Lawine', mit eranischem Anlaut kaf. zaim, zim, zem , Schnee'; armen, dzivn (gen. zean I ,v^chnee' aus *zayana, gr. /.'.-v-, os. (tag.) zäi , Lawine' aus *za3'a, von zi , treiben, stürmen'. , schneebedeckt, Schnee-' w. zamin, s. zamänin. jSchneegestöber' sangl. warf, ming. wärfa: baktr. vafra, pers. barf. , Regen' w. wür, s. wareig, waresa : baktr. vära, pahl. wärän, pers. bärän, zaza warän, os. warin, wärün, wärun, s. barän (aus dem pers.) ; daneben mäz. wäris, kurd. baris und afgh. waryadz, waryaz , Regen- wolke, Gewitter'. : ming. neo, sangl. nok : afgh. nü , Nebel', skr. nabhas , Nebel, Gewölk, Regenzeit'. 756 Tomasche k. , Wasser' w. yupk, (Hayward) yäpak, sangl. wik, ming. jäogha: aus * apaka, von baktr. ap, altpers. äpi, neupers. ab, afgh. öbah, kurm. äwe, demin. äwik (vgl. sangl.), zaza ai'ika (vgl. ming.) , Wasser, Bach, Quelle, Fluss'; citr. uk, ugh aus skr. udaka. : s. sats, sads, s. xats : skr. ksärat ,fliessend, strömend', von ksar, baktr. khsar, ghzar, zgar mit Schwund des r wie in puts ,8ohn', yäts ,Feuer'. Gleichen Ursprungs der Name des nordischen Grenzflusses von Eran laräcrr,;, noch von Berünl genannt, mit Prosthese zur Stütze des Doppelconsonanten. Also schwerlich arab. satt ,Flussiifer'. : yaghnöb. guna: wie von skr. gü fgavati, gunäti) ,treiben, eilen', baktr. zu; kaum, dass neupers. güi jFluss' in Betracht kommt. , Quelle' w. zkük, s. kaug: vgl. s. käudao , graben', baktr. kan (u9-kanta , ausgegraben') ; baktr. kha, khao , Quelle, Brunnen u. a. Vgl. aus den nordischen Sprachen : suom. kaiwan ,graben', kaiwo, liw. kouwi, läpp, koaiwu , Quelle, Brunnen, Schacht', cerem. kuem , graben'. In w. zkük ist wohl z aus baktr. uz ,aus' zu erklären. ,Woge, Welle' w. siläpt, s. wä-slipt: Stamm slip , dahingleiten, fliessen'5 kurd. sil ,nass', afgh. selah , Flüsschen' und pers. sll-äb ,Giessbach, Sturzbach' (arab. seil)? ,Schaum' w. kl^uf, s. k\\ei: pers. kaf. , Wasserlaut", Bewässerungscanal' w. carm: von car , schreiten' mit nom. Suffix -ma. : sangl. cödar : afgh. cau, caud ,Riss, Graben, Canal', bind, khodnä ,graben'? : w. s. wädh, s. wiedh : baktr. vaidhi , Bewässerung, Irrigation', vmgewiss ob von ud , quellen, fliessen' oder von vad (vädhayeiti) , führen'; zu letzterem jedenfalls w. wädhak ,Weg'. w. s. üstang : pers. und türk. , Aufwurf bei Bewässerungsfurchen' w. cinäk, s. cenäk: pers. cinah, von cldan , sammeln, häufen, auf- werfen'. Centralasiatische Studien. 757 ,Wass erb ecken, Brunnen, Teich' \v. cal: aus (5adli, baktr. cät, von kan ,o:iaben' (skr. khäta , Grube, Brunnen'), bal. chätli , Quelle', os. (südl.) cad, i^tag.) tsad , Sumpf*, citr, cot, cat ,See, Pfuhl* ( v^l. cat-i-böi ,See, aus welchem der Kunar-B^luss entspringt', aus einem 'J'agik-Dialektt, neupers. cäh, afgh. tsäh, senni. keh. ,Flussufer' w. kor: pers. khör .tief, niedrig', arab. x«-=k .litus, ora maritima'? : 6. zimb: dunkel; vgl. s. }imb, g'imb , Inende, Hüfte, Seite'? : w. lab, s. law: pers., bed. gew. , Lippe, Kaud, Schneide'. , sandiges oder steiniges Ufer' w. sangow , s. sangöw : pers. sang-äb. jgrüuer Schlamm auf stehenden Gewässern' w. ghob: eig. , Tumor', Stannn gu , schwellen' : os. gubin, gubün .Bauch, Mutterleib', auch , Leichnam'. ,Lehm, Schlamm, Quabbe, Mooi- w. khöt, s. ghat: pers. ghot ,Tiefe'. : w. sinäp: pahl. sinäw ,fliessend*? Oder zu khsaena , erschöpft, morsch'? ,Torf, Sode, Stichrasen' w. s. cim. , weiche Erde, feiner Staub' s. pädhm, w. palm: zu päd ,fallen, sinken' als , abgefallenes, losgelöstes', jStaub, Erde' w. set, s. sTt, sangl. sat: vgl. auch w. sot , Schutt, Erosionsgeschiebe'; etwa khsata, sata jVerletzt, zertrümmert', von khsan; citr. cuti ,Erde'? ,Sand' s. cus, w. leiwärc: beides dunkel. , fliegender Staub- w. gard, ming. gharai: eigentlich ,sich drehend, wirbelnd'. : s. khorm: vgl. wer-kharam ,ich erhebe mich, breite mich aus'. jStreu, Spreu' w. s. takttirm. ,Ke bricht, Abfälle' w. rapk, repk: wie zu pers. ruftan , kehren', kliäk-rüb , Besen'. : s. bügein : ein Compositum, der Stamm ge dunkel. ,Schmutz' w. rim: pers. rim, rem, zu baktr. ri, iri , be- schmutzen'. 758 T om asc h ek. ,das Schwarze am Boden des Kessels^ w. s. rizni : zu baktr. rith, iritli , beflecken^; auch an ric, iric .ausgiessen, übrig lassen' kann g-edacht werden. ,Rost' w. zangär: pers. zang: ,Kost', zangär ^rirünspan'. : s. tot: türkisch. jAsche' w. parg-: von par ,brennen^ gr. Tupoi, wie slaw. pepel-L, popele und lit. plenys : bal. phur .Asche^ Merk- würdig ist mordw. pal , brennen*, sanioj. parädm etc., und samoj. (kam.) phürä .Asche, trockener Sand'. : s. thier: vgl. s. tär, s. ter , schwarz^; oder wie gr. -iz>zx .Asche' mit baktr. tafedhra zusammenzu- 4 I / stellen? ,Erdkloss, Bruchstück (eines Ziegels etc.)' w. sölg, s. -/alg: pers. sakh .harter Erdkloss, Felszinke'? oder von einer Wurzel khsar , zertrümmern, zerspalten', gr. zv.x/JM. wozuFick(l, 813) yd'k'.z, stellt, sowie abd, scoUo , Scholle', slaw. skolbka , Schale'? : 5 law , Brocken, Stück' : zu ru, lu , trennen, zer- theilen'. ,Steingerölle, Moräne' w. s. ghor: aus gara, von gar .zer- reiben', mit Bewahrung des alten Anlautes. Das gleichbedeutende s. qurüm ist türkestanisch — daher auch der Name Qara-qorum für das an Trümmergesteinen und (iletschern so reiche Hoch- gebirge ; kistw. gor ^.Stein'. ,Boden, Grund, Unteres' s. bon, s. bun: vgl. w. bön, auch als Affix gebraucht, , unter': baktr. buna , Grund, Boden', pers. bun, bün ,Tiefe, Grund, Wurzel', OS. bin, bün, bun , Wurzel, Unteres', (tag.) bünäth ,Platz, Stelle, Sitz', kurm. bin , unter'. ,Erde, Boden' w. wündr: skr. budhna , Boden, Grund, das Unterste, Wurzel', gr. ^svOoc ,Tiefe' u. a., lat. fundus; die eranische Grundform bundhra un- belegt. Merkwürdig ist samoj. (kam.) phudu, uigur. büdü ,tief'. zemts, s. zems : baktr. zao, Thema zem, in Zs. -zema, -cma, z. B. ni-yma ,TiefeS kurm. ny-zym, ne-zim ,medrig', nyzme ,es ist niedrig'; zaza ö. t Centralasiatisohe Stadien. 759 zynie ,Er(le', pers. ziiniT, pürs. zamlk, afgl>. zma- kiili ; (ItM" Sc'lilussconsonant der Päuiir-Dialekte eriuuert au os. znils, ulijjj. ) aziuiesse ,Sand', aus * ztMuaeoya. , Stein, Fels, Berg' w. j^har, yaghuöb. gor, rüsu. (Flayward) gir, s. zir, s. zer : l)aklr. gairi (aus *gari), skr. giri, pahl, gar. atgli. gliar, *gliarali (plur. ghrü- nali) ,IIöhe, Berg, Fels, Gebirge' ; vielleicht auch arm. dzor ,Bergstrüin, Thalenge'. Grundbedeutuug- , ragend, grossniächtig, massiv', von gar, gir, gur , erhöhen, erheben' (Grassmaun), vgl. pars, garä, pers. girän , skr. gurü (kalasa säh-s;lh gurok, pärsi gar-säh , Grosskönig'), kurni. gir, ger ,dick, gross, schwer'. An skr. giri schliesst sich im Eranischen barakai giri ,Berg' an, an die erani- schen Formen hinwieder citr. gari, käf. (Raverty) garah, tirliui (Leechi ghar. Perm. gar. : ming. koika: aus "'' kaufaka, zaza koi, pers. köh, kurd. ciä. : sangl. song: pers. sang, sang , Stein'. ,Klij)pe, Spitze' s. teig: pers. tegh, tekli , Spitze', af'gh. tez'ah, ö. tegah , Stein'; s. takh .Berg' lehnt sich an türk. tagh an. , Bergschlucht mit einem Strom' w. giraw, , Bergstrom' w. girävv-yupk: kaum baktr. griva , Nacken'. Crou- casis ,nive candidus' (Plinius aus einem alexandr. Autor), Name des Caucasus bei den Eiugeborenen, wird von Humboldt mit ,rupe candidus' gedeutet, vgl. skr. glau (*grau) , Ballen', grävan , Stein, bes. Pres^stein' und kaf. kasiri , weiss' von kac ,leuchten' ; zweifelhaft. : w. dhör, s. dher: pers. darr, baktr. darena , Spalte, Riss, Schlucht, Engpass'? ,Bergabfall', , abschüssig, steil' w. parian, s. pariend: pers. barln ^hochgelegen, höher', aus upairi, altpers. upariy, pahl. apar, afgh. par, pers. bar und ya, i , gehen'; vgl. Paryän, ein Bergeanton im mitt- leren Hindukus, kughuz-paryän, ein Bergdurch- gang in Sighnän. 760 Tom aschek. : w. khidh, vgl. pa-khidh ,auf, empor': pers. klhäl ,hoch, erhoben'? : ming-. walgha, sangl. wräz ,oben': pars, wal, pers. bälä ,hoch', os. wal, nol, ol: das zweite zu baktr. bareza, bereza, pers. burz. , Hügel, Er d wall, Tumulus' w. bok, s. beak: sk. bhog^a ,Bug-, Windung', von bhug- , biegen' ; doch eher türkischen Ursprungs-, vgl. böge ,Bug', bögür , Krümmung, Buckel' (russ. bugor) u. a. ,Tief ebene, Thal' s. nughusür: pers. nughul ,tief', sar , Ge- gend, Ort' (opp. köh-sär). : w. kila-päi, sangl. püyän : pers. päi, päyän; kila bed. ,Veste, Vorort'. ,Wüste, Strecke, Steppe, Ebene' w. dast, s. dast, s. do^t: pers. dast, afgh. dast, zu dä9 ,beissen, rasiren, scheeren' (als kahle Fläche')? ,Höhle', auch , Erdhütte' s. garraa: von gar , fassen, in sich fassen', wie baktr. gareman , Gurgel', von gar , schlingen', baktr. geredha, pers. gerezmän , Höhle': skr. gräma? , Höhle, Grube' w. gilets: baktr. geredha, pers. gel; pahl. gär, pers. arab. ghär , Grube' neben pers. gör, kurm. görn, zaza gor, wie zu erklären? , Vertiefung, Loch' s. kars, auch , Niederung': vgl. karsi ,niedrig', von kar , einschneiden'? , Fürth, Flussfährte' w. türt: skr. tlrtha , Fürth, Weg zurl Tränke oder zur Badestelle', baktr. tar jüber-.j schreiten', pahl. wi-tirtan, wi-tärtan , übersetzen', pars, wa-targ, pers. gudarg, gudar , Flussübergang' ; türt aus tarta. : s, paug : aus pard (s. o. die Lautgesetze), von par , hindurch gelangen', baktr. peretu, gil. purd, zaza pyrd, kurm. pyr, pers. pül, pahl. puhr; aus dem Eran. samoj. (Jen.) füru' (gen.' furudo'), (jur.) pul .Brücke'. ,Pfad, Weg' w. wadhak : von baktr. vad ,fülu-en', vgl. die Verba unter s. wädham. : s. pond, s. pand, ming. sangl. panda : baktr. paiita, Thema pantan, pathan und path; vgl. die Eigen- CentralaRiatiarbe Studien. 761 namen ITzvOiaXatsi, Urnr^-yMi und Pathiene; sonst noch erhalten in os. fandagj, fjindäg- ,Pfad'; v^\. citr. ponn, kal. pionn, ponn, Sin. ponn, dhir. (Leecli) pand ,Weg', aus skr. pantlian. ,Steg, Brücke' w. skord: baktr. <;kar .springen, über etwas setzen'. PtohMnaios kennt nördlicli vom ITindukus ein Volk ^v.ipzo:, die wir als [iz-:x'/i-':7.: oder Van- dili gerade so fassen dürfen wie die pontischen üy.öXcTO'., Qquruda oder Qqudra. : s. jeid: zu baktr. yä ,gehen', yäiti ,Gang, WandeP; oder atich zu yu .verbinden', yüiti .Verbindung'. 2. Die Thierwelt. ,Hund' w. saß: pers. sag, mediseh :rzr/.7, baktr. (^paka .hunde- artig', täl. sipah, semn. esbeh u. s. w. ; russ. sobaka .Hündin' stammt aus dem Skolotischen. : s. kud, (Hayward) küdh. s. küd, sangl. kod. yaghnöb. kutt: etwa baktr. kutaka, pers. küdak , klein' (als .JungesO, wie pers. kücak, küöik, türk. kücük , junger Hund', ein in ganz Vorder- und Nord-Asien, sowie in Ost-Europa verbreitetes Wort; selbst OS. (tag.) khudz, (südl.) khug, (dig.) khuy. .junger Hund' w. skön : armen, skund. r/.jXa; mit Hinzu- tritt eines d nach n; part. von ^ku , bedecken'; vgl. gr. r/.j-;j.vo-;, baktr. 9pä, ^ukurunö, und wohl auch slaw. stena mit üblichem Uebergang von sk in st. : s. cukh, vgl. w. cögh , Zicklein, Kitz': wie von skr. cüs , saugen', küca , weibliche Brust' u. a. .wilder Hund, Schäferhund', gross von Gestalt, mattgelber Färbung, mit kleinen, aufrechten, schwarzen Ohren und schwarzer Schnauze und mit dünnem, geradem Schwänze, verwandt mit der tübetischen Race: w, kük, kik, s. kaug: Grundform *kauka, von skr. ku .schreien, heulen', skr. koka ,Wolf', sin. kö , Schakal, Hyäne', afgh. köz', ö. kog , Hyäne'. Sitznngsber. d. phil.-hist. Gl. XCVI. Bd. III. Hft. 49 762 Tomaschek. , Katze' w. s. pis/ s. pas: pers. pusak, pusank, pisik, afgh. (f.) .] pisi; citr. pusa, kalasa pusak, koh. pasak, lag'hm. Kj pisündik u. s. w., wie zu skr. puöcha ,cauda* ;;| gehörig. ,TJnze, Leopard' w. pös, s. pis: skr. piga ,bunt gefärbt, falb, Damhirsch' etc., baktr. paega , Aussatz'. ,Wolf' w. sapt, s. /ithp : etwa pers. siftah. sib ,unrulng, in Bewegung gesetzt', neben sap , bellend, flüchtig' baktr. khsipta, von khsvip; zweifelhaft. : yaghnüb. aurak: baktr. vehrka, *varka, zaza werg, welk, bal. gwarkh, neupers. gurg, gurk, afgh. lüg, OS. biragh. , Fuchs' w. nakh6lr, vgl. yaghnöbi nakhglr ,le bouc' : pers. nakhc^Ir ,Wild, wilde Ziege', auch , Jagdbeute, Jagd' (kurni. neglr sogar ,Jäger'?), moghal-aimaq (Leech) nakhcTr , Rothwild'. Moses v. Khorni nennt einen Distrikt in Khörasän Nakhc^r, und bei arabischen Geographen (Yaqut u. A.) heisst eine Burg bei Älarw oTr-Nakliglr. Der erste Be- standtlieil auch in pers. nakh-räs , Ziegenbock, wilde Ziege'. : s. rapts: baktr. (^-pä urupis, raopis, von rup, urup , rauben', j)ers. ruftan, praes. rubam, daher , Fuchs' rubäh, kurm. rüwi, os. rubas, ruwas, niordw (entlehnt) riwes, cerem. ribäz, rebez, syrj. ruts' Ij u. s. w. Man beachte a für ursprüngliches u ! ,Bär' w. nAghordum: naghor etwa , Klaue, Tatze', skr. nakhdra, dazu tübet. dorn , Bär'? Besser zu fassen als eine 1« Bildung zu ni-gar ^verschlucken, fressen', mit Aus- Ih gang wie in citr. pardum, rapca/xO;? : s. yurs, s. yür/: baktr. aresa ,Bär' (erekhsa , ver- wundend'), OS. ars, arm. arz', afgh. yaz', ö. yag, kurm. \\jr(i, pars, khars, pers. khirs (khyrs); die Pämir-Form mit ihrem cerebralen s (aus khs) bietet das älteste eranische Gepräge und leitet hinüber zu skr. rksa, öitr. orts, käf. riö, rom. riß, ryc, kistw. rlö, präkr. riccha. Aehnlich, aber natür- lich unverwandt, ist samoj. (jur.) wark, (ostj.) kuerga, ä'pxo;. H H it Centralaniatiacbe Stadien. 763 ,Fi Schotter' w. kaind, -s. kamä : tat. kamak, kamä, öuw. /uinä, u. s. w. ,Hase' \v. siü : aff:jh. soi, f. süyah, tirhai sawe, sin. §aü, päli sasa, skr. §a9a (aus yasa), baktr. * 9aha oder * yahi, daraus w. süi (aus sai). : s. stnm, s. yiüm : sieht aus wie eine Superlativform zu baktr. khstfivi, von khstu, khstä, rauhe Aus- sprache für i^tri , stehen , sich steifen'. Leider passt die Bedeutung nicht; de Lagarde vgl. zu khstävi, pers. sitäb .Eile', noch besser stimmt bucliar. qistfib , eilig, hurtig', mit Bewahrung des gutturalen Anlautes. jKameel' w. üstür, s. stur, s. /tür: baktr. ustra, pers. ustur, »utur u. s. w. , Pferd' w. yus, ming. yäsap, yasp: afgh. äs, f. äspali, barakai yasp, pers. asp, asb, os. yefs, (dig.) afse, baktr. a^pa, s aus 9p. : 8. worg, s. würg, röSn. (Hayw.) wori, worö, uorö, warC, sangl. worak : aus *bharaka, Bezeichnung des Reit- und Saumthieres par excellence ; os. bairäg (aus baryäg) , gutes Füllen' neben baräg , Reiter'. ,zu Pferde, Reiter', s. wurgTn. , Stute' w. madhagh : pers. mädah, mädiyän, kurd. mädek. jEsel' w. kbur, s. cer, ser, sangl. khar, ming. khara: baktr. khara, pers. khar (,onager' khar-gür. görah-khar), afgh. khar, f. kharah. Für den , wilden Esel', der auch in Pamir einheimisch, ist gegenwärtig die türkische Bezeichnung qulan in Gebrauch. : yagnüb. wonghi : vgl. os. ba-/ ,Saumthier, Pferd', skr. viiha ,fahrend' m. , Wagen', baktr. vaz; in diesem Falle hätte sich das indogermanische gh erhalten. , Füllen' (des Esels) w. kuät: baktr. katlnva (Spiegel, Comm. I, p. 218). jSchwein' w. khüg, s. khaug: pers. khük, khüg, bal. l^ykh, semn. ylk, os. yuy, yfl , Schwein', baktr. hu ,Eber', von skr. su .ausschütten, werfen, gebären'. Ur- alte Entlehnung ist mordw. tuwa, tuwo ,Sau' (aus 49* 764 Toraasche k. suwa) ; die Eichenwälder an der mittleren Wol^a waren seit Alters ein ergiebiges Terrain für Schweinezucht. jRind' w. ghäu, ghü, s. gäu, s. gao, sangl. ming. ghao, yaghnübi gowa: baktr. gao, pers. gäw u. s. w. , Stier, Männchen der grösseren Hansthiere', w. ghnr-ghäu pers. ghar-ghäw , Büffel, wildes Rind' von ghar ,Berg' passt nicht recht ; eher afgh. gwar ,Stier' OS. gal. : s. wierz : pers. warzäw, gil. werzä , Ochse', ßoj; spY^TTjC, neben warzän, von warzidan, baktr. varez; kaum skr. vrsa, vrsan, vjsabha. jZuchtstier' w. druks: schwer deutbar. : s. sig, s. xieg: baktr. haeeaut , besprengend, be- springend' stimmt nicht im Anlaut; doch vgl. fra-saeka, skr. pra-seka, und die Verba unter öak ! , Kindvieh, Heerde' w. s. cat: eig. , Stall'? w. s. öit , Dorn- gehege, Zaun, Verschlag'; skr. cat ,sich bergen', part. cattd? ,ein Stück Hornvieh' w. cat-druks, s. cat-xieg , Stier', w. öat-ghü, s. cat-gdu ,Kuh'. ,Heerde' s. päda ,Hirte' päda-bän: pers. pädah ,Weide, Trift', pridah-bän ,Hirt'. jZugthier, ausgewachsenes Rind' S. stör, s. stdur, stdor: baktr. ^taora .grösseres Hausthier, Zugvieh', os. stur ,ein Stück Gross vieh', pl. stur-thä ,Vieh', pers. ustör, sutör; pahl. stör bedeutet vornehm- lich ,Ross' wie zaza estür, dug. astori; yaghnöbi sutur , Schaf, Vieh überhaupt'; aus dem Eran. citr. istorr, astor ,Pferd'. ,Yag (bos grunniens)' s. stäur: s. d. vor. : w. dzugh: pers. gugh, yugh, cj'(zw ,Joch, Gespann', auch ,Jochthier'; also nicht aus tüb. g. yag ,bo8 grunniens'. Wood bemerkt: ,the yak is to the inhabitants of Tibet and Pamir what the reindeer is to the Laplander in northern Europe'. Die Schilderung dieses Thieres bei Wood ist höchst lesenswerth; wir erfahren, dass der Yag in Bä- dakhsän und im Pamir auch den Namen käs-ghau CeaUalaiiiatiBcke Stodien. 765 führt, d. i. Rind von Khas, vgl. w. käs-ghar ,Stein von Khas (Khuttan), Nephrit^ Eine Buriitenhurde von hundert Familien besitzt iai Durchschnitt 2000 Yags, 4000 Schafe und lOUO Kanieele. — Der wilde Yag führt bei «J'), er findet sich in den höchsten Regionen, die Jagd ist äusserst beschwerlich; Sah-Rokh's Gesandte erlegten ein solches Thier auf dem wüsten Hochjdateau z\vi.sch(;n Qamil und Sokcen (Not. et extr. lH4;i, XIV, p. 390. 495). , weibliches Zuchtkalb' w. raghimi: aus fra-gama zpißa-ccv, wie OS. ra-wod, roöd aus fra-buta. ,Kalb' w. wusk, s. wisk, S. sik: bal. gwaskh, semn. güssah, pers. güssälah, os. (d\g.) uass; skr. vatsa, vatsaka, f. vatsikä, käf. watsala, sin. botsori , Jährling'. jKleinvieh, Schafe und Ziegen' w. s. gändär: pers. gän-där , Leben besitzend, Geschöpf, Vieh'. ,Ziege' w. buc, büc, sangl. wuz. ming. woza, s. s. waz : baktr. bü/a , Ziegenbock', pers. bug, buz (.junge Ziege* buzghälah), zaza byzyä, byzeia (baktr. buzya), afgh. wuz, f. wuzah. bzah, p^ah. In s. s. waz ist a aus u entstanden, wie in einigen seltenen Fällen; an skr. aga, baktr. *aza mit Prosthese von w ist wohl nicht zu denken. Finn. (suom.) wuohi aus pruss. wozya. : s. reidz, , Kleinvieh' reza-päi: Nebenform zu s. rindz , beweglich, schnell'? , Ziegenbock' w. tugh, ghurghäu-tugh: pers. takah, tagah .Ziegenbock', von tak , laufen, springen' — auch in vielen türkischen Dialekten (Picket §. 88, 5); pahl. tagar, pers. tagal ,Bock'. , Zicklein, Kitz' w. cögh: vgl. s. öukh Jutiger Hund' (s. o.). : s. glierw: baktr. garewa. skr. garbha ,uterus, foetus (ßpsso;)', pers. arab. garw ,Junges, besonders vom Hunde'. ,Schaf' (besonders das männliche) w. mäi, s. mäo, s. magh, neben s. maul, s. maghig: es stand zu erwarten, dass die [j.r,Aovs[ji.c'. Say.x'. (Choirilos bei Strabon) für ihr nützlichstes Hausthier besonders alter- 766 Tomaschek. [f thümliche Bezeichnuugen werden erhalten haben; ;t die einfacheren Formen inagh, niao, mai erinnern ;p an armen, mäq'i , Schaf', skr. meka ,Bock', baktr. t maekaiit ,beträufelnd', (gr. i^-oi/s?); Pott (II, 3, ') Nr. 512, III, Nr. 1448) erkennt in baktr. maesa, skr. mesa , Widder, Schafbock', die Wurzel migh, skr. mih , beträufeln, Samen oder Urin lassen', welche auch die Nebenformen magh und mik be- sessen haben düifte; Grundform *maghisa (niaikh- sa) mit demselben nicht zur Wurzel gehörigen Ausgange, wie in mahisa ,BüfFel' tavisa ,kräftig' u. a. Die volleren Formen maul, maghig haben also vor baktr. maesa das voraus, dass sie den stamm- haften Guttural bewahren, der Ausgang -ig (statt -is) gehört der türkisirenden Aussprache an, in maul dagegen sehen wir den Uebergang des cere- bralen s (aus khs) zu 1 (s. die Lautgesetze), und den Diphthong au, ao hat der Ausfall des Gutturals erzeugt. Vgl. noch pers. mis, rftes, zaza myesna (vgl. baktr. maesina, maesini, pers. türk. mesln, ngr. [xesivt ,zum Schaf gehörig, besonders Schaf- fell'), afgh. maz', mez', f. mez'ah, bal. mais. Altes Lehngut ist auch im nördlichen Ural syrj. mez , Hammel'. , männliches Schaf w. ghös-mäi, s. nier-mäul, s. mäghig: pers. nar-mcs. ,weibliches Schaf w. strei-mai, s. stir-mdul: s. u. ,Familie'. , kleiner Schafbock, besonders im wilden Zustand' s. mesak: dim. v. pers. mes, also Lehnwort. ,ausgewachsenes männliches Schaf, Zuchtwidder' s. yirk: aus *yäirika , Jährling' (pers. herak , Zickel'), von baktr. yäre ,Jahr', yäirya , Jahres-' (entlehnt wotj. ar ,Jahr', ares , -jährig', z. B. das-ares , zehn- jährig'). Slawische Ableitungen von yart , Früh- ling' bei Miklosich, Lex. S. 1146 b, z. B. russ. yarka; suom. yäärä , Widder', aus lett. yers, lit. eris. ? , Widder' w. warr, s. wiern: skr. urana (aus *varana), von ura (*vara) , Wolle, Vliess'; sonst vertreten? in I t Centralasiatieche Stadien. 767 armen, garn (gen. gafin) ,Lanim'; afgh. waran, vvannali bedeutet nur , wollen*, von warai , Wollet jLanini* w. wurk, is. warg, s. barka: pers. barah , mann- liches SciiaP, kurm. bcrk, beil^, zaza warä, dim. warek, mäz. warah, sumn. warrali, pahl. warak, OS. (siidl.) warik, (tag.) urek, uärük, uärig (in Zs. uäl-j, (dig.) ur ,Lamm', skr. urä; wahrschein- lich entlehnt mordw. revve (aus were} , Schaf neben weriskä, werskä, werjs ,Lamm', magy. ba- rika, barka, birka, ßäpr/sr. , ausgewachsenes, fettes Schaf w. piis, pos, s. pies, pes: baktr. pa^u ,das kleinere 1 laus v ich' (^PP- »i'taüra), besonders , Schafe', os. fos , Kleinvieh, Vermiigen (pecunia!)', bal. phas , Kleinvieh', z. B. ispcthin- phas .Weissvieh, Schafe', siyähin-phas , Schwarz- vieh, Ziegen', zaza pos u. s. w. Wie erklärt sich, neben fos, os. (südl.) tis, (tag.) füss, (dig.) fuss ,ausgewachsenes Schaf? etwa aus *piva5a, also zu US. füw, tiu ,Fett' gehörig? ,Schafheerde' s. gal, vgl. , Pferdeheerde', s. galla: pers. gallah, kurd. gel, afgh. ghelah. Das Sighni ver- wendet dieses Wort als Pluralaftix! , Schafhirt' w. spün^ süpün: afgh. spün, f. spänah, dim. spänkai etc. , wildes Bergschaf' (ovis Amnion, nach Wood und Shaw je- doch Ovis Poli, Blyth), s. rus, ältere Form ras: auch die Buri'it-Kirghizcn benennen das Thier rass (Wood p. 241), der Anlaut r kommt jedoch in keinem echt türk. Worte vor, auch haben die türk. Bewohner des Thiän-san andere Worte dafür. Etwa aus *ar9a ,verletzend', ri^ä , zerrend, rupfend', von arc, ric ,abreissen, abrupfen, ab- weiden', skr. fcya ,Bock einer Antilopenart', auch rca, wozu Kuhn (Zachers Zeitschr. I, 105) ahd. elahü, äX/.r,; ,Elen' stellt, slaw. losi, ,Elen'; neupers. ras 1) ,Bock', 2) , Wiesel, Zobel', und rank , wilde Ziege, junger Hirsch'; kasm. rus , Hirsch, männlicher'. ibo Tomaschek. : w. wroks (Männchen), marg (Weibchen): wroks viel- leicht vollere Form zu s. ras, von vray, vrayö, gleicher Bedeutung mit arc, ric; oder sollte das AA'ilde Schafmännchen nicht von den mächtigen, gewundenen Hörnern seinen Namen erhalten- haben, so dass an eine Bildung wie vrkta , ver- dreht', vj-gina , krumm' u. s. w. gedacht werden könnte? Ausgang wie in obigem druks , Stier'; vgl. noch gr. Ijpy.s; • alvc- iVp-a-. (Hes.). — Merk- würdig ist marg, weil es sich mehr an skr. mrgä , Rothwild, Gazelle', denn an baktr, meregha, os. margh, pers. murgh ,Vogel' anschliesst; gemein- ii same Grundbedeutung , umherstreichend, [jL^tpvcc^; übrigens mochte die Bedeutung , Rothwild' auch in west-eranischen Dialekten hie und da sich er- halten haben; aus einem solchen Dialekt stammt |i offenbar küriu. (in Lezghistän) rairgh , Hirsch'; | vgl. pers. murghur , Hirschbock'. Man beachte ^ käf. (Rav.) marah , Rehweibchen', (Vigne) marang ji , Rothwild', letzteres mit präkrit'scher Nasalirung. ;^ , Hirsch, Rothwild überhaupt' s. ghüeg, rüst ghüeg: vielleicht zusammenhängend mit s. ghüew, ghiew, s. ghew ,Jagd, Waidwerk'. Unter den Zeitwörtern wer- den wir einer primären Wurzel ghu , bergen, ver- stecken' begegnen; gehen wir davon aus, so wäre ghiew so viel wie , Hinterhalt' und ghüeg ,das scheu sich bergende' Wild des Waldes. Wir können indess auch auf skr. gü (gavati) , eilen, treiben, jagen' verweisen, wozu skr. gavana , rasch, Hirsch, Antilope', gava , Raschheit, Trieb, Jagd' gehört, und annehmen, dass sich der anlautende Guttural, wie in einigen anderen Fällen (z. B. ghin ,Weib'), rein erhalten habe, rüst ,roth'. , Steinbock (ibex)' w. yuks, s. yas, s. ya/: zu skr. yaks ,jagen, verfolgen, schnell vordringen', yaksya ,be- weglich, rasch', vielleicht auch , Antilope'; denn eine in Indien lebende Antilopen art führt bei Plinius den Namen ä;-.;! Gehört auch bal. äskh, kurd. äsk, lur. asi, pers. ähu ,Reh, Antilope' hie- Centralasiatische Stadien. 769 her? Bedeutungsübergang' wie z. B. in jakut. ülik 1) , rasch, Hink', 2) ,Reh, Hirsch', minuss. elek, iläk, äläk , wilde Ziege, Rothwild'. ,Geiss des Steinbocks' s, ghüeg-waz , Hirschziege', w. wazik-tugh, s. o. tugh , Ziegenbock' — in wazik dagegen ist wohl skr. agi, agikä , Ziege' enthalten. Nun die kleineren Thiere, Reptilien, Vögel u. s. w. , Ratte, Maus* w. pürk, s. pürg, s. purg, ming. pargh: dunkel. , Frosch' w. uiukt: kaum niukta, von nuiö , freilassen, abstreifen'; eher aus niutk (^*mütakaj , fortbewegt (hüpfend, sich schnellend)', von müV : s. serbic, s. /arbeg: von skr. ksära , ätzend' und bhcka , Frosch'? kaum! jSchlange' w. fuks, s. tafüsk: etwa aus tafusik, skr. tapusi , brennend, plagend', von tap ,urere'. : ming. yiz: baktr. azi, pars, az, arm. iz. Für Her- leitung von ang , glätten' könnte man verweisen auf mordw. yoznä , Schlange' neben yoz , glätten', samoj. (kam.) nänzc, (koib.) nänzy , Schlange, Otter' neben (jur.) nienzadä .glatt, schlüpfrig'. ,Wurm' ö. 6erm, , Skorpion' s. ser-cerm (Eselswurm): skr. kfmi, kasm. kiom, sin. kiri, krii, baktr. kerema, pers. kirm, kirim, kurd. kurm, os. khalm. : w. pric: aus pruc, *puruka, von pru , eilen, springen'? ,Floh' wenigstens heisst im astori prize, im kist- wari prisü. , Skorpion' w. k^ur-priß, , Ameise' w. mir-priö (Königswurm, Volksetymologie für mir, kurd. miro, baktr. maoiri , Ameise'). ,Made, Bohr wurm' w. wie: dunkel. jFloh' w. spardheng: von baktr. cpared ,sich mit den Füssen anstemmen, überhaupt sich eifrig bemühen'; s. die Verba unter spar , ausschlagen, treten', s. bürgä aus türk. bürgä ,Floh'. ,Ivaus' w. sis, s. spal: ersteres aus spis, da cp im Wakhi zu s wird, vgl. os. (tag.) süst, (dig.) siste ,Laus'; spal dagegen aus spas mit Umwandlung des s zu 1, vgl. afgh. spaz'ah, ö. spagah ,Laus'; pers. supus, supus, supus, uspus, uspus, kurd. sipi; semn. ispener (wie von 9pan); baktr. 9pis, pahl. spis, von cpi 770 Tomaschek. , wachsen, sich vermehren^; daher auch os. (tag.) sül, (dig.) sile , Weibchen' aus *9pira oder *9üra. , Schmetterling' w, pilpilak: kurm. pilpih'ik, zaza filJilik, ud. phephalak , Schmetterling', phampaluk , Seiden- motte', georg. pepeli (thusi peplao, cec. phuUu); kistw. papri, kasm. pomper (besonders ,Seiden- motte'); lat. papilio, ital. farafalla, bask. pim- pirina u. s. w. malen das Auf- und Abflattern des bunten Vogels in ziemlich ähnlicher Weise; die eranischen Worte Hessen sich zur Noth auf par , fliegen', skr. sphar , zucken, zappeln' zurück- führen ; baktr. pairika ,Fee'. ,F liege' w. maks, ming. mogha: baktr. makhsi, pahl. makhs, pers. magas (in Zs. -maks), zaza meiyes u. s. w.; mogha(h) aus moghas, wie dah ,zehn' aus das. : s. pasa, sangl. pasai: ,geflügelt' wie skr. paksiu, von paksa , Flügel, Fittig, Achsel, Seite'. : s. Ringln: Derivat von cing, cang , Flügel, hängendes'. , Moskito' (Plage in den sumpiigen Oxus-Niederungen) w. pthü: zu \v. pl , trinken, saugen'? pat ,fliegen'? jWespe, Bremse' w. dhös: skr. daii^a , bissig, Bremse', pars, das , Granne, Sichel etc.', doznah , Biene, Bienen- stachel', gr. Ir^z^ oa/.o? , stechendes, bissiges Thier'; wotj. luz , Bremse'. ,Gans' in den Pämir-Dialekten leider nicht bezeugt; afgh. zäghah (x^r ) bezeugt ein baktr. *zanha, welches Fr. ÄlüUer für armen, sag bereits statuii-t hat. ,Huhn' w. kork, , Henne' w. strei-körk: baktr. kahrka, pers. gil. kark, semn. karg, kurd. kurk, zaza kerge, OS. kharkh, afgh. cirk, •/.£pxo(;.' , Henne' w. s. makian : pers. mäkiän. : s. cac: zu kas ^.kratzen, reiben, scharren'; skr. cäsa bedeutet ,Heher'. l , Rebhuhn' (caccabis pallida) w. ckör: pers. cakör, lautnach- -' ahmend wie skr. krakara. i : s. zaredz: baktr. garezya , klagend, schreiend', zaza zereg , Schneehuhn', afgh. zirgah? !l i.' D Centralasiatitiche Studien. ^ ^ 1 ,Schneehuhn^ (tetiaugallus tibctanus) \v. khürz: skr. khargala ,ein schnaireiider, kreiscliendcr Vogels : s, tsatsti: scliallnaclialiineiul, wie schon Aristoteles von den wilden llülinern bemerkt: z'<. |x$v /.a/./.aß'!- Co'jT'., z\ 0£ Tp'';^ojm pers. .säsäk , parva species per- dic-is', g^lia;y:-ghag- , wildes Huhn* u. a. ,Wachtel' w. wofc: zunächst aus wodhc, wardhc, pers. wartl^-, wartag-, skr. vartikä. (Taube' w. kibit, 8. öabaud: skr. kapöta, *kapauta; erweitert pers. kabutar, kautar, barakai kattar, täl. kefte, senin. mäz. kütar; arm. kapojt, pers. kabud, kawud ,blau', KazajTs: der Urumiya-See (vStrabon), mons Capotes in Armenien (IMin.); Kapotana, Ort in Soy^diaua (Hiuen-Thsang), Ka-jrojTr/j: in Ilarc (Ptolem.j. (kleiner Vogel, Spatz' w. wingtis, ,8taar, Sprehe' w. su- wingäs (schwarzer Vogel); s. wadhic, ,8taar' tar- wadhic: beides scheint , Rufer, Sänger' zu bedeuten; pahl. wang , Stimme, Huf' und skr. vad , reden, tönen*, 'Jsio. Ammer* w. zagürg: dunkel; pers. zägh ,Rabe*y ,Elster' \v. kargöpc, s. kargopc, s. ksebts: baktr. karsipta, pahl. karsift , Elster* (nicht, wie gewöhnlich an- gegeben wird, , Sperber*), peis. kasak , Elster*, der diebische Vogel, von kares ,an sich ziehen*. Wir haben demnach im Pamir wieder eine Re- liquie gefunden, die den anderen Dialekten ab- handen gekommen; vgl. auch sin. und halt, kasäp ,Elster*. iDohle* w. swäts: aus "'"^avak, slaw. cawi>ka; wotj. kwaka , Krähe*. Krähe' s. khurn, vgl. s. khern ,Rabe*: os. yalon (pl. yalan- thä) , Krähe*. Für den Raben gibt es ähnliche Wortformen nicht nur in den arischen, sondern auch in den nordischen Sprachen: läpp, karaiias, mordw. kr'äns, wotj. kyrnyz, ugr. kölank, (magy. hollö), samoj. (jur.) harona, harnga. ,Rabe* w. sönd: os. sinth, sünth, sunth ,Rabe* (dagegen sonth ,närrisch, toll*), vielleicht der ,heilige* Vogel — ii2 Tomas c he k. der spähende und weiösagende Vogel Mitra's, Apollon's und Odhinn'Sj baktr. cpenta. jKönigsfalke' (falco tanypterus albus) w. säin, s. söin: pers. sähln, kurd. sin u. s. w. ; dieses Wort hat die alte Bezeichnung Qaena, skr. 9jena, gänzlich ver- drängt. jWeihe' (falco milvus) w. tsär, s. tsärgh: pers. öargh^ v.ipy.oc. ,Adler^ w. bispür: pahl. waspur , Anführer, Häuptling, Höch- ster^; auch Deutung aus *vi-9pära ,weit die Flügel spreitend' wäre annehmbar. : s. xtsüwd: skr. ksubdha von ksubh ,in schnelle Be- wegung geratheu'? yöyuta, v. yöyu? ,Nachteule' w. s. küm: wahrscheinlich türkisch, kaum pers. büm. 3. Die Familie. jMann (sexuell), Thiermännchen' w. ghös, s. wierz: pers. gusan, *gusn (pahl. gusn-asp , Hengst'), baktr. varsni ,niännlk;h, Widder', eigentlich , beträufelnd'; vgl. 0. , Stier'. : s. nir, s. nier, sangl. narak: baktr. nar, nara (*na- raka), nairya, näirika, pers. nar, narah, narinah, 08. nal, (dig.) nale, kurd. ner, nir (pez-nir , Wid- der'), kurm. neri, niri (pez-niri , Ziegenbock'), bal. nerak ,Hahn', naryän , Hengst' u. s. w. , kräftiger Mann, Bursche, Held' w. dhäi: von da , setzen, schaffen, bewirken', wie skr. dhavas. : s. cor, cur, dim. corik, ciirik: zu car , schreiten, sich bethätigen, weiden', gr. y.ojpoc, /.wpsc, y.cpo; , Jüngling, Bursche, Diener', skr. öäraka ,Hirt, Diener'. So hätte sich denn zu baktr. caräiti , Mädchen, junge Frau' im Pamir das entspre- chende Masculinum gefunden! ,Hausherr, Familienhaupt' w. ket-khudä: pers. jWeib (sexuell), Thierweibchen' w. strei, s. stir, s. stredz : baktr. gtri, skr. stri, mangelt allen andern erani- schen Dialekten; käf. koh. istri , Ehefrau, Thier- weibchen', tirhai strizai; in s. stredz ist der Schlussconsonant Diminutivcharakter, in kalasa Centralasiatisohe Studien. 773 strl-j^a dageg^en bedeutet das zweite Element ,fa- railiii, imptiae'. : sangl. sis: Bildung wie skr. ^i-c^vi, 9i-9u u. ä. Weib, Ehefrau' s. ghin, dim. ghinik, s. ghln neben :2in, zind, min^-. (dini.) zinga, yaghnüb. (dira.) inegi: baktr. gliena ,Weib', 2) , weiblicher Genius, göttliche Eigenschaft Ahuramazda's' wie skr. gnä, ganä jGütterweib'. neben baktr. geni, skr. gänl, gäni, dim. ganikfi ,Weib, Gattin*, afgh. ginah, dim. ginakai , Mädchen', bal. gan, gane, dim. ganik , Mädchen', kunii. zin, dim. zinik, zaza genia, dim. geineki, semn. (dim.) geniko, ginka, pers. gan, zan, zanah, dem. zanak, zanikah — nur im Pamir hat sich der alte Anlaut rein erhalten! : w. könd: wird von Shaw richtig mit skr. känta , begehrt, geliebt. Gattin', part. von kam , begehren' verglichen; ähnlich os. i^tag.) us, Stamm ust, (dig.) osse, Stamm oäte ,Gattin', part. von va9 , begehren'. Hinweis auf das regelmässig im Anlaut verscho- bene arm. kin, sowie auf s. zin-d, demnach weniger rathsam. ,Weib'! s. käkhoi! vgl. pers. käki ,]\Iuhme' (käkü , Oheim'), sin. käko! ,Bruder'! käki! .Schwester'! — indi- schen Ursprungs? junge Frau. Biaut' s. pcein: p eine praepos. ; Stamm ce unklar, etwa ci ,eligere'? , Verlobte' w. khastaga: pers. khwästah , erwünscht, be- gehrt'. Hausfrau, Herrin' w. khan-zäh, s. khan-züh: pers., obwohl da ked-bänü häufiger. .Frau'! s. bebe: allgemein persisch und indisch, eigent- lich Schwester des Vaters. Nebenfrau' s. be-inzär: .comprehensione legitima carens'; inzär aus haS-zara ,Ehe' von baktr. zar , ergreifen, fassen', vgl. gareba; sin. gilg. garr ,Ehe', grein , Eheweib'. Vater' s. ped, s. pid: vom Thema pita, wie pahl. pit, pars, ped, pers. pid, bal. pith, pis, zaza pi, os. fid, füd. fide. 774 Tomaschek. : w. tat, sangl. min^-. tat: skr. tatd, käf. tald, kok. \^ tdtai, öitr. tat u. s. w. : 8. dadh, vgl. s. dudh , Oheim': pers. dädcä , älterer Bruder, Oheim, Vater', zaza dät , Oheim', barakai dadai , Vater', os. (dig-.) dada! , Vater'! jMutter' s. mäd, ming. mäyä: vom Thema mäta, pers. mädah (besonders ,Thierweibcheu', arm. pahl. matak), bal. mäth, mäs, os. mad, mäd, müde. : s. nan, sangl. nan, w. nän: skr. nanä , Mütterchen', öitr. nan u. s. w.; mäz. täl. semn. nanah ,Mntter'; s. anä ist türkisch. ,Schwiegervater' w. khurs, s. kVsur: baktr. qa9ura, pers. | khusur, afgh. khsaj", skhar. ' , Schwiegermutter' w. khas, s. khas, s. k\\ey/. s hier aus ^r (skr. QvaQrü), wie in afgh. ösah ,Tiiräne', baktr. a9ru; pers. khwäs neben khasürah, arm. kesur, » skesur, kurm. /oasia, afgh. khwäsah, ö. khwä'/ah. khurs aus khusur, wie ersiciitlich aus w. khasürz, khasirz ,Schwiegermutters Tochter, Schwester der Frau', worin z Ueberrest von zah ,Kind, Tochter'. • jVerwandtschaft, Familie' w. khis, s. k\\ev/-. pers. khwes j (khwais), vgl. baktr. qaetu, von qa , selbst'. jSohn' w. pötr, s. puts, s. pöts, ming. pur: baktr. puthra, alt pers. putra, pahl. püs, pos, pers. pusar, (in Zs.) j pur, pör, semn. pir, os. furth u. s. w.; ähnlich im Auslaut sin. puc aus skr. putra. jTochter' w. dhagd, sangl. dagh, ming. loghda: baktr. dngh- dhare (nom. dughdha), pahl. dukht, semn. düt, düd; auffallend der a-Vokal, wie auch in w. da-,, ghOw , Molkenwasser'. : s. razin, s. radzen: aus *fra-zainya, von *fra-zana, skr. pra-gana ,progenies' (vgl. altpers. paru-zana, vi9pa-zana und os. zanag, zänäg ,Kind'); ähnlich neupers. far-zaud, baktr. fra-zaiiiti. : 3-aghnüb. ayak, auch .Mädchen': dunkel. ,Sch wiege rtochter' s. zanäl: ein Derivat von zana, -[ho^ : w. stakh : völlig unaufgeklärt ; etwa ,edens prolem', taokha, w. takh, wie taokhma, w. takhm, mit irgend einem Praefix (uy?). ^ J 1: iC l i| CentralasiatischA Stadien. 775 , Bruder' \v. wrüt, s. wrod, s. wrOd, sangl. wurd, rüsn. (Hay- wiird) warad: baktr. nom. bräta, pahl. brät, pars, brad, kunn, berä, brä (elisch ^ipa, i^kipet. welä, wlä), bal. brätli, bräs, os. arwäd; üebergang von b, skr. bh, vor r zu w wie in a%h. wrür. Vom vollen Thema brätare, s. wrador , Bruders-, ver- brüdert, blutsverwandt', vgl. os. ärwädäl-thä Blutsverwandte', baktr. Ijrätfiirya , Oheim'. , Seh wester' w. kbüi, s. yakli, ming. yakl^wd, sangl. ikl\wa: baktr. nom. qanha, * hvaha, pars, kliwah, os /o, zaza 'wai, kurd. kluih, kurm. y.oeng, täl. höwe, semn. huak: charakteristisch sind die parasitischen Ansätze im Anlaut; von s. yakh ist die ursprüng- liche Form kbay, vgl. s. khayün, w. kbüyun , Schwester des Mannes'. , Milchgeschwister' w. zarz-zamau oder blos zarvc, s. /orz : von zarz , Milch' s. u., vgl. pahl. arm. ham-sirak, pers. ham-.slrah , Milchgeschwister', von sIr , Milch'. , Vaterbruder' w. bac, , Mutterschwester \v. wGc, s. wits: beide dunkel. jGrossvater' w. püp, s. bäb, sangl. bäwä : pers. bäl^fi , Vater, Grossvater', kurm. bäb, bäw, zaza bau; Grundform baktr. päpa ,schützend', vgl. den Eigennamen Päpak, Babek und den skolotischen Himmelsgott , Grossmutter' w. müm, s. mäm : pers. mämä, (obsol.) mäm , Grossmutter'. jEnkel, Enkelin' w. napüs, s. nabüs, s. nabös, nebos: baktr. napät, naptare, pers. nabirah (aus nafedhra), nabi§, nabas, nabisah, nuwäsah, afgh. nwasah. Das in kleinrussischen Dialekten vorkommende nebuca, nepuca halte ich für skolotisch, lit. nepotis (For- tunatow, Beitr. VIII. 111): italiot. v£::63£c, gleich- sam ,noch nicht gehen könnend'. jNeffe' w. kl^ilian : aus k^aedhian , zur engeren Verwandtschaft gehörig', von baktr. qaetu etc. ,Kind, Thi erjunges' w. zah: baktr. zäta, pers. zäd, afgh. zai, zöi. 776 TomasoheV. , i : w. zaman (z. B. üstür-zamän ,Kameeljunges^), sangl. ' (dim.) zaniänak : pers. zämrin, von baktr. zämi; , Geburt, Nachkommenschaft'. , , schwanger, trächtig' s. garim-püi : , Bauch voll'. I , Knabe, Bube' s. s. gadha, vgl. ghada , klein': pers. gadak. ' , Mädchen, Jungfer' s. ghats, s. ghats, gats, vgl. yaghnöb. ' ^uta ,le garyon' : skr. gäta, baktr. zäta, gr. -'{t'oc, \ mit Bewahrung des alten Gutturals wie in ghena, j s. ghin jWeib'? j , Sklave' vv. andag, s. indig, , Sklaverei' w. andagi, s. indigi, , Sklavin' w. indigung, s. indlgänz: aus han-daqyu ,zur Gesammtheit der Unterworfenen, zum vSklaven- stand gehörig' mit Bewahrung der uralten Be- deutung von daqyu, daühu, skr. dasyu, von skr. i das , anfeinden'; pars, dahi, pers. dih, zaza dau heisst nur ,Gau, Dorf', pers. däh , Dienerin, Magd, ■ Hure'. Baktr. Zss. aiwi-, antare-, pairi-daqyu; j pers. ham-dewär , benachbart' u. a. ,Hirt' s. ghubün : afgh. ghöbah, f. ghübanah u. a. , Gastfreund' s. meimdn : Lehnwort aus pers. mihmän, meh- ; man, afgh. melmah, pl. meluiänah, von baktr. , maethman ,conjunctio', wie pers. mehan , Familie, , Gesinde' aus baktr. maethana. l ,Dieb' w. ghüdh, s. ziedli, , Diebstahl' w. ghüdlii, s. ziedhi : man denkt zunächst an baktr. gadha , Mörder, Räuber, Dieb', von gan (zan) , schlagen'; aber auch Ableitung von gudh, skr. guh (neben baktr. guz) , verbergen, verheimlichen' kann in Betracht kommen. 4. Die Leibesbestandtheile. ,Leib' s. tanä, w. tan: I^ehnwort, pers. tanah und tan, baktr. tanu. jLeib, Leibesmitte, Taille, Gürtelstelle, Lende' w. madh, s. midh, s. midh, medh, sangl. (,Lende') midha: afgh. mlä , Lende', mlä taral ,sich die Lenden gürten, etwas unternehmen'; skr. mädhya ,medius, medium', nach Wilson auch ,the waist', Centralasiatische Studien. 777 wie kistw. madz, daher su-madhyamä ,puella formosa^; baktr. maidhya ,medius', m. , Mitte, Taille'. Das zu Grunde liegende Stammwort *niadh vereinigte die Bedeutungen , Hälfte, Mitte, Inwendiges' (wie lit. widus). Die Pamir-Dialekte sind die einzigen auf dem Boden Erans, welche den schon im Fählawl aufgegebenen Dental be- wahren; derselbe ist in w. maluug (aus madhuma) ,Mitte' zu 1 geworden; ein merkwürdiges Derivat ist s. s. midhg , Schwert', s. die Werkzeuge. ,llaut, Fell* (auch , Rinde ^ Schale') w. pist, s. past: pers. pöst, baktr. payta. ,Ivnochen' w. yaiö, s. khog: beides dunkel. : ming. asti, sant>l. astak : baktr. a9ti, aQta, pers. astall, kurd. hasti, os. stag, asteg. : s. sitkhrm, s. ustkhän, w. ustakliäu: pers. astukhwän, ustukhwän. , Knochenmark' s. nuizg: baktr. mazga , Gehirn, Mark'. : w. serk : aus * carka, das durch Zerschlagen des Knochens Gewonnene, von car , zerbrechen'. , Gehirn' w. s. maghz, s. moghz : entlehnt aus pers. maghz, weniger ursprünglich als obiges muzg , Knochen- mark'. , Fleisch' w. gust, min^-. ghos, s. gn/t, s. goft: pers. göst, kurm. göwd, afgh. ghwase, ö. ghwa/e; dunkel ist yaghnöb. iota ,de la viande', zu schreiben ghiöta? : sangl. pudaf : os. lid, füd , Fleisch', skr. pitu, baktr. *pithwa ,Nahrung^ jBlut' w. wukhan, s. wikhin, s. wakhin, sangl. wain: baktr. vohuni, afgh. winah (pl. wine), pers. khün, kurm. yu'in, /o'in, zaza gö'in, gö'en ,Blut^; die Verstei- fung von baktr. h zu kh bemerkenswerth ; wiederum zeichnen sich die Pämir-Formen durch alterthümliches Gepräge aus. Auf indischem Boden ist merkwürdig kasmir. wazil, wüzil ,roth' (nicht etwa aus türk. qyzyl, sondern) aus skr. usra, usriya, von vas , leuchten, roth sein'. ,Milch': s. unter Nahrungsmittel. Sitzungsber. d. pbil.-hist. Gl. XCVI. Bil. III. Hft. 50 778 Tomiischek. ! jSchweiss' w. k\\\\, s. kl^aidh : baktr. qaedha, afgh. khwalah' (pl. khwale), os. yS'd, /et, /id, pers. khwal, Uliwah,| kurm. yoe, yü; die SariqoH-Forin übertrifft die, baktrische an Alterthiimlicbkeit des Dipbthonges. , Speichel' w. tuf, s. tu: skr. stiv , speien', afgh. tiw, tu, , Speichel', pcTs. tufkah, türk. tüfürük, tiiqürük.: jHusten' w. kokh. s. kekli: kurd. kokUuni ,ich huste', skr., krisa, käs , Husten', vgl. suoni. köhä, läpp, guossat,; mordw. koz, wutj. kyz; pers. kükh-kükh ,T()nj des Hustens'. ' , Auswurf' \v. s. aklt : skr. (nir-)asa, von as, baktr. anh , auswerfen'. , Eiter, Gestank' s. ghoud : pers. gand, baktr. gainti; dazu, s. gliand.'i ,schleclit, alt, verdorben', aus pers. gandali, bal. gandagh, und w. gündäs ,Aas'. ,Aas' s. tärp: eigentlich , Köder, Lockspeise', zu skr. tarp,| baktr. thraf? ! I , Leichnam' w. luardha, i. s. uimdli:!: pers. niurdah. j ,excrementa hmninis' w. gü, gT: pers. güh, arm. ku, kasm. güs, bakti". gütha. ,animars droppiugs' w. p(isk: pirs. piskul, skr. ava-skara ; afgh. pa«?»' ,]\Iistkn zaza pize , Bauch, Unter- j leib' ; Grundbedeutung , schwellend', Erweiterung von pu jblasen'. j , Busen' s. bas: sin. bäs , Lunge', kurm. pasil , Busen' ; ud. (im südöstlichen Kaukasus) phus-phus , Lunge', wie skr. phuphusa ! : w. bap: eigentlich , Brustwarze', vgl. kasm, bäb , weibliche Brust', lit. bamba, bapka u. ä. , Beere'? In suoni. powi, mordw. pow, wotj. poj, sjrj. pi , Busen' ist, wie Budenz dargelegt hat, der Grund- begriff des ,Schwellens, Aufgeblasenseius' ent- halten. : s. teg : eigentlich , Spitze, Gipfel, Hügel'. : sangl. cigi: zaza cige, os. dzidzi, sin. öüco, skr. ÖuÖüka , Zitze'. jHerz' .«?. zärd, s. zrädh, zräy, sangl. uzräy, ming. zil : baktr. zaredhaya, os. zarda, zärdä, zerde, atgh. zj'ah, dim. zar-gai, zaza zere, zer, pars. dil. jGeraüth, Empfindung, Leidenschaft' w. s. dil : pers. dil, Lehnwort. : s. sinä, vgl. w. seuäf , empfindlich, zartfühlend : pers. sinah, bal. sinagh, pahl. sinak , Brust. Empfindung', pahl. sinaw , fühlend', baktr. khsnu (*khsnava) , merkend, kundig, weise', von kh.snä (altpers. khsnä-9), Parastase zu zan, gnä. , Lunge' w. sus, s. sül : baktr. cusi, pahl. sus, pers. sus, Grund- form *9va-khsi, von skr, yu-s ,sich aufblähen, athmen, schnaufen, zischen, wallen', erweitert von 9Ü (yva) , anschwellen, hohl sein', yusma , schnau- fend' u. s. w. ; das 1 in sül wie gewöhnlich aus s, khs ; afgh. saz'ai, ö. sigai , Lunge' (mit dem im östlichen, mehr präkrt'schen Dialekt regel- mässig hervortretenden Guttural). , Nabel' s. wanug, vgl. w. , Bauch' wang: zwar bietet sich pers. wäng , kleine Linse'; doch scheint wanug durch Umstellung aus nawug entstanden zu sein: pers. näfah, pahl. näfak, bal. naphagh, nafagh. I Centralasiatische Studien. 787 kurm. näwik, Diminutiv von baktr. nabi, skr. näbhi, pers. nät" (w. nof entlehnt^, afgh. nö. ,Bauch, JMagen, Inneres' w. s. dur: sin. derr, der (aus skr, udära, baktr. udara ?) ; eher pers. dar, andar jinnerlicli', arm. euderq, svTspa, pangäb. antari, kasm. andrii , Eingeweide', vgl. s. durmün , Ein- geweide' = atgii. larmün (pl. lavmänah) aus *aiitareman; auch s. darün , innen', aus pers. darün, andarün entlehnt. : s. ke6, 5. kic: kohist. kalas. kud, käf. kitsäl u. s. w., skr. kuksi , Bauch) Höhlung', baktr. kusi; os. käste , Bauch, Magen' (mit Suffix -te wie tsaste ,Auge') ist wohl baktr. kasa, skr. kaksa , Gurt- stelle'; anderen Ursprungs auch pers. kist, kust (pahl. kiist), zaza kist , Seite, Flanke, Abhang, Ufer'. , Eingeweide' s. raud : pers. rüd, rCidah (pl. rüdagän), Grund- form raodha, von rud, skr. rudh ,einschliessen, vei-bergen', vgl. skr. ava-rodha, Verschluss, inneres Gemach, Harem'. : w. &ingör : dunkel. ,Leber' s. thud : der Form nach zu baktr. tuta , mächtig, stark', tu , pollere'; vielleicht , Wulst, Anschwellung' wie gr. TJAs; ; vgl. auch skr. tiv ,pinguescere' slaw. tyti, und das Verhältniss von suom. tävy, täty, läpp, davdde , Lunge' zu täysi, täyte ,voll, ausgefüllt, strotzend'. jNiere' w. welk: skr. vrkkä , Nierenfett, Nieren', pers. bei ,Niere'. : s. arwits: räthselhaft; pahl. arwis heisst ,Strick' ; beide etwa zu vi , winden, einhüllen' ; die Niere als die in Fett eingehüllte, skipet. wesiye , Niere' (nach V. Hahn), zu wes , kleiden'? ,j\[ilz' w. s. gilao: dunkel; .sin. gill , Seele', rom. yilö ,Herz' steht weit ab. jGalle' s. träc: eigentlich , bitter', w. traö; afgh. trikh, f. tar- khah, tirhai triyt ,bitter', pers. taikh. jRippe' w. pürs : baktr. perecu, kurm. pärsü, os. fars, pahl. pahru, pers. pahlü , Rippe, Seite'. 7öö Tomaschek. : s. paU, s. pale: afg-h. palau ,Saum', wie von para, 7:apa; oder Lehnwort aus pers. pahlü? : ming. alikha: afgh. ärikli, tirhai, laghm. allakh , Seite'. jHüfte' w, sun^7 s. saun, s. yäun : baktr. ^raoni, arm. srunq, pers. surön , Hüfte, Lende'. Man beachte die Erhaltung des ursprünglichen au, wie in altnord. hlaun. , Hüftknochen' w. sung-sar, s. /aun-käl : darin sar, käl ,Kopf, Spitze'. ,Hüftbein, Lende, Seite' s. yimb : vgl. oben s. zimb ,Ufer'; kaum lat. gamba, y^x^cc. , Schenkel, Lendenbein' w. raalung-ydic, s. madhän-khog: , Knochen der Mitte', sangl. midha , Lende'. , Schenkel, Dickfleisch' S. bastun, s. bi/tun : eigentlich ,dick, fleischig'. .Thierfuss, Keule, Bein' w. long, s. lang, s. ling: pers. ling, lingah ,Bein, Schenkel', kurm. zaza ling, bal. leng, kalasa dheing, citr. dek; eigentlich .schlotternd, hängend', vgl. udisch ding, gil. dangah , Dreschflegel'; kasm. lang ,Bein' bedeutet auch , Zweig, Nest', skr. lanka. ,Fuss' w. püdh, s. pedh, s. padh, sangl. pudh, ming. pald. i baktr. padha, padha, bal. pädh, päth, dini. pädhagh, i afgh. pal (neben psah, späh, ö. p/.ah, /pah), pers. { pai, pa, zaza pai, kurm. pe, pe, pi. j_ ,Fussspur' w. podh: dem vorigen gleich; os. (tag.) fäd, ? (dig.) fad jFussspur', (tag.) fäsi-fäd ,Spurfolger, j| Knappe', fädig , Kleidsaum'. i\ ,Knie' w. brin : pars, brin, pers. burin, birin, barin , Schnitt, ; Abschnitt, Spalt, Oeff'nung, Höhlung', von pers: i buridän .schneiden'. ij : s. zän, s. zun, sangl. zong: baktr. znu (*zanu), pl. | zanva, pahl. zänuk, pers. zänü, kurm. zäne, bal. j zän, afgh. zangün, tsangün. j jFusssohle, Fussblatt' s. uaburg: aus ni .nieder, unter' und J barg , Blatt'. : w. past, post : pers. past , unterhalb belegen, niedrig, i tief ist als Lehnwort in w. past, s. pist ohnehin . Centralasiatische Studien. 789 • vorhanden ; dalier eher aus * parsta von baktr. pereth ,ausbreiten*, wie lat. planta zu erklären. : sangl. pudlias : das Schlusselement dunkel, von pudh ,Fuss^ , Ferse' w. päsna, s. pu/nä: zaza päsna, pers. päsinah, palil. päsnuk, diiii. von baktr. päsna; a%li. punarah puranah, Vji^l. sin. prOni, skr. pärsni. ,Huf' w. s. süni : pers. suni, sunb, l>ehnwort. ,gespaltener Huf w. silö, s. -/alzäk : vg-I, ,Erdkloss (g;6- spalten)' w. söly, s. "/alg, nach unserer Hypothese von * khsar , zerspalten' ; merkwürdig anklingend suom. sorkka, estn. sorga , gespaltene Klaue'. ,Schlauch aus grobem Ziege nieder' w. dhotsk : aus dartk, von baktr. dar , spalten, abtrennen', part. dereta, skr. djti ,Fell, Haut, Balg, Schlauch'. : s. ambrin : pers. ambän, liambän , Schlauch, Behälter aus Ledei-, Tasche'. jSchlauch aus feinem Zickelloder' w. pitwar: kann ur- sprünglich , Zickel' selbst bedeutet haben; vgl. baktr. paiti-vereta ,conceptus'; *paiti-vara, von var ,bedecken, umhüllen' oder , nehmen, in sich fassen'? ,Ei' s. kakkä: kaum pers. khäyah, kurm. h^k, zaza häk. : w. falenz : etwa zu vgl. pers. paläz ,junge Ente oder Gans'? oder aus pa-dhenz , ausgedrückt"; vgl. w. war-dhenz-am ,comprimo'. 5. Gewächse und Nahrungsmittel. ,Baum' w. s. darakht: pers. dirakht, darakht ,Baum, Gewächs', arm. drakt, drast , Garten'. ,Holz' w. sung, s. "/üng: citr. gin, kasm. zieun, zun, wahr- scheinlich unarisch; vgl. balti sing, tüb. sing ,Holz, Baum', bur . sing , Brennholz'. l,Brennholz, Holzkohle' ming. iskawat: käf. (Rav.) askawür, afgh. skör, skarwatah. : ming. ezma, eizma: zaza eizymi, pers. hezam, hezum, pahl. esum, baktr. aecma. 790 Tomaschek. 1 « : w. ghuz, ifuz, S. ziz, s. 'le'\z, zez, sangl. i'ic: pers. ! gez ,harzlüiltiger Baum, Tanne, Kienholz', angez j .Kohle'. ! , Rinde, Borke' w. sung-pist, s. /üng'-past: s. o. ,IIant, T^eder'. \ ,Ast' w. solkh, s. soklt: das erste mit unorganischem 1, da an j mongol. salag-ha, türk. salgliyn ,Ast, Zweig' nicht | gedacht werden kann; skr. räkhä, s. o. , Geweih, ] Hörn'. jZweig' w. jakh: kaum baktr. ayu ,Spross, Zweig', sondern Ueberrest von baktr. yaklisti , Zweig'. ,Ruthe, Stab' w. süpk, s. /eib: skr. ksupa, ksumpa, pers. cüb, zaza cü, cö , Staude, Stock, Stab, Stecken'; zufällig anklingend mcmgol. sabagha, türk. sapaq, suom. sauva, läpp, .soabbe, syrj. zib. , Wurzelfasern' w. wadhüu, wadlin: os. widage, widäg, uydag : , Wurzel' hat das Aussehen eines Ursprungs aus aiwi-dä (von dha , setzen'). , Baumblatt' w. palc, s. pork, s. parg: aus *parraka, skr. par- naka , Blatt', dim. v. parua , Flügel, Schwungfeder, Blatt, Laub', baktr. parena, pers. parr, kurm. per, per , Flügel, Feder, Blatt': vgl. auch w. pulk, s. , pülk , Quaste, Troddel, Franse'. — In s. na-burg j jFussblatt' ist baktr. vareka, pahl. wark, warg, barakai balk, kurm. belk, zaza welgo, mäz. wär- gah, pers. barg, balg , Blatt' vertreten, von vrac ,reissen, abrupfen'. 1 ,Blüthe, Blume, Spross', auch , Blätter' w. spragh: baktr. j yparegha, fra-yparegha, pers. asparag, xzzipy.';zz^ j von 9pareg ,spriessen, ausschlagen'. Frucht schale, Schlaube' w. spak, s. süpak: zu baktr. ^'pä, j 9pac , ziehen, abnehmen', pers. supükhtan, sipü- \ khtan (praes. sipüzam) , einschlagen, abreissen' ^ gehörig. jWallnuss' w. tor: kaum tüb. s . tar . ga ,Wallnuss'. Im Bä- • dakhsi heisst der Baum samlü. Der west-erani- I sehe Ausdruck lautete ni-guza, -gauza, was ich ! erschliesse 1) aus dem Ortsnamen Ni'You'Ca bei \ Ptolem. VI, 2, 12 in Atropatene, 2) aus den Lehn- | werten georg. nigozi, arm. engojz, os. (tag.) änguz^ | l (i I Centralasiatische Stadien. 791 3) ans den neneren praepositionslosen Formen pers. ganz, göz, «öz, kunn. gu'iz; von ni-guz , einhüllen'. , Apfel' \v. niür: zaza meroe, palil. mur (in khar-raur), pers. null , wilde, schlechte Birne*: vgl. auch niordw. uniar', liw. nniür, suoni. oraeua , Apfel', eigentlich , Säuerling' (niordw. uinaraw, umbraw , Sauer- ampfer', skr. ambla). : s. mun, s. man, ming. aminga: letztere Form sieht aus wie ein Derivat von baktr. hama , Sommer', hämin, hamina , sommerlich', vgl. s. meng ,Som- mer', afgh. manai , Herbst'; es ist jedoch mög- lich, dass es zwei Parallelformen *amara und *amana für den wilden Apfel gab, vom Stamme am , packen, reizen', vgl. skr. amla, ambla , sauer, herb', kfif. amliikey , Schlehe', pasai amirik, , Gra- natapfel' und daneben pasai und afgh. manai , Apfel', wie suom. omena neben liw. umär. — Vereinzelt steht da kasm. tsunt , Apfel', tsunt-kul ,Apfelbaum'; romi phabay , Apfel' geht doch wohl nur auf skr. phäla , reife Frucht', astori phalöi , Apfelbaum' (von phalo ,Apfel') zurück; os. fatku, fätkuy , Apfel' bedeutet eigentlich , rundes, Ballen'. jBirne': leider in den Pämir-Dialekten unbelegt. Interessant ist kasm. tank , Birne', tang-kul und näk-kul , Birnbaum'; nicht minder sin. (gilg. und astor.) pheso, phiso ,Birne, Birnbaum', pirus? jAprikose' ming. ceri: käf. (Rav.) tsirah, kasm. tser, tser-kul, sin. gurü: vielleicht ursprünglich tübetisch, da Balti die besten Aprikosen liefert, vgl. halt, cüli , Aprikose' (öüli.mar, Oel aus Aprikosenkernen); woher senin. sllek? : s. nas, s. nös: kaum pers. naswä ,wilde Pflaume', auch nicht nask , Granatapfel, eine Art Nadel- baum'. : w. ciwän: persisch? ,Weidenbaum' w. tük: eigentlich , Gerte, Spross'? skr. toka bedeutet auch ,Schössling'. 792 Tomaschek. : s. wanüg-: mit der üblichen Metathese aus nawü^? \ baktr. nap ,feucht sein', pers. näw ^Tropfen', j näwak , Bewässerung' u. ä. Die Weide hiesse i so wegen ihres Saftreichthums. Wang'-ob ist ein i Fluss, kilä-i-wang eine Burg in Rösnän. — Abd. fölawä , Weide, Felber' zu vgl. mit os. färw, (dig.) farwe ,Erle'; skr. pallava ,Spross, Schössling'. ,Ulme, Rüster' s. sedd: türk. sadä, verwandt mit öerem. solo, mordw. sali, selei ,Ulme'. Woher kasm. breu ,Ulme'? kasm. phrdst, astor. prats, gilg- paltse , Weisspappel'? jBirke' vv. furz, s. brug: skr. bhürg-a, kaSra. bürg-e-kul; auf eranischem Gebiete stimmt nur os. (dig.) barse, (tag.) bärs, wofür wir bartse erwartet hätten; zu bhräg ,glänzen, funkeln', bhragä, baktr. *bareza , schimmernd'. Bekanntlich auch europäisch; dass gerade die Weissbirke zu den gemeinsamen Baum- namen gehört, beweist die nordische Heimat der Arier. : s. kaying: neuere Entlehnung aus türk. kaying, vgl. jakut. /atyng , Birke', wolga-bulgar. khalang, öuw. 70 ran, mordw. kilei, uigur. qadang (daher pers. afgh. khadang, khadang), eigentlich , Hartholz', wie skr. khadira, von mong. /ataghu, jakut. /atan, türk. qaty, jap. katai, samoj. kart'agä ,hart'. , Birkenrinde' w. furz-pist, s. kaying-past: s. ,Haut' und ,Rinde'. ,Cy presse' w. yarz: pers. arab. arz ,Ceder': türk. mong. arcan, arca , Wachholder' (iuniperus sabina), aber gläubisch verehrt als Sitz des Feuers und als magisches Reinigungsmittel verwendet. : s. imbärs: Zs. mit dem vorigen? oder von ham und'| barez , erheben', barcQman ,kleine Zweige'? ,Fichte' s. ambakhts: gleich dunkel wie das vorige. : w. pit: skr. pit ,schwellend, fett', pita-däru, pita-dru, sin. palur ,die harzreiche Fichte, deo-där in Kas- mir'; pers. ped heisst nur ,Fett'. Im Sinaghi h Centralasiatische Studien. 793 und Kasmiri finden sich zahlreiche Benennungen von Fichtenarten. ,Dorn' w. zakh: afgh. aghzai? — s. §udh: baktr. khsnüta jgeschärft, spitzig*, os. sündz ,Dörnicht*? Uebri- gens bedeutet s. .südh ,eine Art Binse^ ,Dornbuscli' \v. 6irlr, s. kljar: pers. khär ,l)orn', khfirzär ,Dornbuscli', skr. khara. ,Same, Saat' \v. tjighni, s. töghiu: baktr. taokliinan, pers. tukhm. ^Leinsamen, Fhichs' w. s. zaghir, zighir: türk. pers. ,llanffasern* \v. darc: zu baktr. dar ,reissen'? : s. sauni: soliwer zu erklären. ,Gras* \v. wus, wüs, s. wos, wost, s. wuy, sangl. ös, ming. wiikhs: vgl. citr. oc ,PHanze, Grünzeug, grün*, käf. yus ,Gras*; inäz. was, senin. wos ,Gras (auch Stroh), Gewächs, besonders eine Art Flachs*, barakai ghwas, afgh. wäsah, ö. wä/ah, zaza was ,Gras, Kraut, Pflanze', baktr. vakh.sa ,Wachsthum*, fra-väkhs ,Sch(>ssling, Trieb* von vakhs, ukhs , wachsen*. ,Hutweide, Trift* w. wüsin, s. wuyin. ,dhub-grass* w. ghesii, s. ghesä: pers. ghesah; düb aus dem pangäbi. .Luzerne* (mit gelber ßlüthe, wie in Tübet) w. wugerk. (mit gelben, weissen und blauen Blüthen, wie in Yarqand) w. bedii: pers. bedah, cag. bidä, zu pi ,fett sein*; pahl. asp-ast, pers. uspust, astor. ispitt, eigent- lich , Pferdenahrung*. In den sinischen Annalen wird das Kraut mu-so (medicago sativa) als wich- tiges Erzeugniss von Ta-wan, Ki-pin und anderen central-asiatischen Gebieten angeführt: gilg. büso? ,Senf* w. s. zarghun: pers. zar-gun ,goldfarbig', pers. afgh. zarghün ,grün, spriessend, keimend*. ,Krapp, Färberröthe* w. urudän, s. araden: pers. rüyän (daraus entstellt kürin. rughün), brah. bal. rodhan (daher der Ort Rodhin-gäh), gr. epi'JÖs^avov ,Färber- röthewurzel, Krapp*, von rudh, urudh ,roth sein*, pahl. röd ,roth*, bal. rodh ,Kupfer*; Grundform urudhaena, s. ara- aus ursprünglichem uru-. Sitznngsber. d. phil.-hist. Gl. XCVI. Bd. HI. Hft. 51 794 Tomaschek. , Gerberlohe aus Eichenrinde' w. koz, s. kuz. ,Erbsen' w. sakh, s. raa/: letzteres aus mas, pers. mäs, skr. mäsa. jReis' w. s. gurung-, grung, grüng, gi'ing': t'itr. griug, pers. giring, Nebenform von biring, semn. waring; weit verbreitetes Wort, aus dem Indischen. ,Reis in den Hülsen' w. s. säl: pers. säl, afgh. sölah (pl. söle) u. s. w. jKorn in der Hülse' w. dren-gal: eigentlich , Spaltkorn', von baktr. darena , Spalte, Riss' und pers. ghalah, ghallah (arab.?) .Korn', zaza ghale, etwa zu gal, *gvar , zerreiben, zermahlen'? ,G erste, Korn' niing. käsak, s. cusag, s. öüsg: aus karsaka ,das Ziehen der Furchen, Anbau, Saat', vgl. w. kösk , Anbau', von küram, pers. käram (inf. kistan) ,das Feld bebauen', pers. kisä-warz, kasä-warz , Ackerbauer'. : w. yürk: mit Umstellung aus kür , Anbau, Cultur' entstanden, so wie w. yark ,Werk, Arbeit' aus baktr. kara, s. kar, s. cer. : sangl. wurwuth: aus varvast? afgh. wurbusah, ör- busah , Gerstenkorn', eigentlich ,das eingehüllte', von baktr. vaoiri, skr. vavri , Hülle, Hülse'; ähn- lich gr. opoßoc? : yaghnöb. purukna ,de l'orge' : zweifelhaft. , Hirsekörner' s. ping-däna: , Fünfkorn' i warum so genannt?) von ping ,fünf', pers. dänah, pahl. dänak, baktr. dänä, skr. dhänä ,Samenkörner'. jWeizen' w. ghidlm, sangl. ming. ghandäm, s. zandam, zan- dum, s. zindam: pers. gandum, bal. gandam, afgh. ghanam, kurm. genim u. s. w. : yaghnöb. gutt, -porigonne: zweifelhaft. ,geschnittenes Korn, zum Dreschen aufgeschichtet' w. ciramn, s. sürüm: kaum zu vgl. w. öirmam ,ich gehe ein'; s. cermi , Ernte'; pers. kharman , Haufen unausgedroschenen Getreides', afgh. khirman , Schnittzeit' (v. khiryal , schneiden'). ;geröstetes Korn, zu Mehl zerrieben' w. pöst, s. pist, s. pay^t: pahl. pist, pers. pist ,farina tosta tritici Centralasiatiscbe Studien. 795 hordei, cicerum', von piS , zermalmen, zerstampfen^, skr. pistä ,gemahlen' n. ,Mehl', pistikü , Grütze aus IlülsentVüchten', baktr. pistra ,Zerstanipfung des Getreides' (Spiegel, Comm. I, p. 102). Aus der Sprache der Khwarezmier türk. (in Khiwa) pisi-mek ,stampfen, buttern', piskeg ,Stampfer, Butterstössel'; aus dem Skolutisciien (oder Kussi- schen?) mordw. öerem. pusta, pusto ,puls e pti- sanä avenaceä cocta'; aus dem Lit. suom. pinsi .Stössel' u. a. Zu s. pa/t vgl. s. pa/ik , Mittag- mahl'. ,]\Iehl' \v. }'umg, s. yawag, s. yaugg, yOgg: baktr. yava ,Feld- frucht, Gerste', pers. gaw, zaza gau , Gerste', os. yew, ew, (dig.) yau , Hirse' (die vorherrschende Nahrung der Sarmateu), wotj. yu ,Getreide'. Grundform der päniirischen Formen yavaka? — Merkwürdig und schwer zu analysiren sind einige nordische Ausdrücke für ,Mehl', z. B. suom. jauho, samoj. (Jen.) jauja, jäsa, türk. um, jum (aus jogham ,das Zerstossene'), dazu suom. jauhon, mordw. jaian, öerem. jonguzem, syrj. iiza .mahlen', ugr. ostj. Isen , Handmühle'. ,Brod (grobes)' w. khoö, khüc, vgl. sangl. khestä, yaghnüb. kisaina ,du pain': alles dunkel; pers. kaskin ,Gerstenbrod'? os. khargin, khärdzün Jlirsebrod' (suom. kyrsä ,Sauerbrod')'? : s. gardha: eigentlich ,rundes, Laib', pers. girdah, gardah. : ming. naghau: aus ni und kan ,graben', eigentlich ^der unter der heissen Asche vergrabene, ge- backene Kuchen', bal. naghan, arm. nkanak, pers. nän, kirgiz. nan, samoj. syrj. u'an' — also über ganz West-Asien verbreitet. : s. spik, s. xpik: citr. sapik, wohl entlehnt; etwa zu baktr. gpi ,schwellen, gedeihen'? ,Z wie back' w. pütäk, s. taqiö. ,dünne Brodschnittchen' w. fitir: pers. fitirdan ,in kleine Schnitte zertheilen'. jSpeisevorrath, Proviant' 5. tusä : pers. tüsah. 51 » 796 Tomaschek. ^Lebensunterhalt, Hilfsmittel w. zäu, s. zäu: altpers. ^iva, ßio;, ßtOTi;? os. (südl.) g-awma-th, (tag.) dzau- mau jGeräthe'? jFrühmahP w. cäst, s. tsu/t: pers. öäst ,Zeit des Frühstücks, ^ Frühe^, von cäsidan ,verkosten^ ,Mahl, Mittagessen' w. pizwan: aus *pithwana, von baktr. pitu ,Speise^ pith\v-in ,mit Speise versehen', arem- pitu, ra-pithwa ,Mittag', rapithwina ^Nachmittag'; also kaum von pis. : 8. pa/ik: von baktr. pis ,zermahlen'. , Gelage, Hochzeit fest' s. sur: baktr. ^üra , Festschmaus' (in 9üirya, nach Spiegel), pers. sür, bal. sür, afgh. sürah (pl. süre); aus dem Skolotischen, suom. syli, penn, syl (syrj. syy), cerem. sülö, söl, magy. öl ,Festschmaus': dagegen hunn. und türk. tor ,Gastmahl, Leichenschmaus', magy. tur ,Fest beim Saustechen'. ,Salz' w. niniak, s. nimadhg, s. namadhg, ming. namalgha, sangl. namolgha: aus namatka, particip entweder von nam , schlagen', os. uamun, wie os. namig, naraug , zerschlagenes, Korn, Schrot, Kugel, Samen', bal. nemagh ,Butter' (durch Schütteln und Stossen gewonnen), pers. namad ,Filz' (als das Gestampfte) — oder von nam ,befeuchten', vgl. baktr. nima- dhaka ,feuchte, frische Holzart', nimata ,frische8 Gras', nämya (pers. nam, namid) , feucht', pers. namakt ,Feuchtigkeit, Thau', insofern als das Salz aus Sohlen und Laken gewonnen wird? pers. namak ,Salz', afgh. mälgah (pl. mälge) mit Schwund des anlautenden n- und mit Wandel des d in 1, wie im Mungi — also nicht aus arab. milh. , gesalzen' w. nimakin, s. namadhgin. j, ,Honig' ming. agman: pahl. angmin, bal. angumen, zaza engi- mye, pers. angubin, afgh. (mit Schwund des an- i lautenden n-) gabinah, aus ang ,schmieren, salben', \ Suflix mana. ,Milch' ming. khsir: baktr. khsira, pers. sir; der Guttural nur noch in os. a'/sir, ar/ßir. Centralasiatische Studien. 797 : s. |uwd, s. /ewd: zaza süt, täl. syt, semn. set, viel- leicht aus türk. sut, süt (von sa^hmaq , ziehen, melken'); die Pamir- Worte sicherlich zu baktr. khsvipta, particip von khsvip ,ausg'iesseD, schnell herausdrücken', Epitheton der Kuhmilch; a%h. södah (pl. söde) kann auch zu baktr. khsaodanh , Schwall, Erj^'uss' jj^ezogen werden. : sanfj;!. kath-äb:? arm. kathn. : w. zarz: aus baktr. uz und harez , loslassen, aus- jj^iessen', liarezana .Erw'uss^ ,Bestniilch, erste dicke Milch nach dem Kalben' w. pikh: barakai pikakh, zu baktr. fvä, *piyä ,fett werden, sich verdicken'? : s. rathc: aus fra-ta(!3ant, -taka ,herausfliessend, zuerst fliessend' V , Molke' (serum) w. dajj^how, s. duii^'how: pers. döi!;'h (dup^h), zaza doe, kunn. dau , Buttermilch, geronnene Milch', mit pers. ab , Wasser'; vgl. ,Tochter' w. dhagd, sangl. dagh. ,geronnene Milch, Lab, Quark' w. pdi, s. pcäi, s. pöi: baktr. payanh, afgh. (pl.) paie. : ming. niyä, sangl. newak: käf. (Rav.) niwah ,Butter- milch'; aus eranischer Quelle syrj. nök, wotj. näki .Sahne, Rahm'? Wie erklärt sich barakai top! ,Buttermilch", mordw. topo ^geronnene Milch, Topfen'? jRahm, Sahne, Oberes' s. mar-öb, s. mareb: mir unklar. jButter, zerlassenes Fett' w. rüghn, röghün, ming. roghiin, sangl. rögh, s. raun: baktr. raoghna, pcärsi raogan, pers. röghan, zaza ruen, barakai und kurm. rün ,zerlassene Butter, Fett, Olivenöl', os. rung, rong ,zerlassener Honig, Meth', von rüg (part. rugna) ^auflösen'. ,Käse' w. panir, s. paner: pers. panir (paner), peinir. ,Butter' yaghnöb. sawapa ,du beurre': lässt verschiedene Deu- tungen zu. i 798 Tomaschek. 6. Waffen und spitzige Geräthe. jSpitze' w. mis: s. die Körpertheile unter ,Nase^ : s. naul: aus *nakhs (naghz) mit Schwund des Gut- turals und Uebergang von s zu 1, skr. niks , durch- bohren, stechen', neksana ,spitziger Stab', vgl. gr. vux (Grundform nagh) und die Körpertheile unter ,Schnabel', pers. nüg, nül. ,Nagel, Pflock' w, mekh, s. makh: pers. mekh, os. mr/, mie-/, afgh. moz'ai, ö. mögai (Elphiustone muogi), ud. max jPfahl', skr. niayükha ,hölzerner Pflock' (wz. mi ,einrammen, bauen, errichten); syrj. wotj. ma- jeg , Pfahl, Knüttel'; kaum gehört dazu samoj. (ostj.) mag, maga, makki ,Stock' u. ä. ,P fahl zäun' w. cit: vgl. cat , Hürde, Tabune', von skr. cat ,bergen'? : s. kusum: aus '-'karsaraa ,Umkreis', vgl. die Orts- namen Käsam, Kasm in Bädakhsäu (Karsama bei Hiuan-Thsang) und CARSAMA Tab. Peut. und G. Rav. (im nö. Eran). ,Stock' s. mäth: zu nul, skr. uii ,in den Boden einsetzen, auf- richten, errichten', mit ,aufgerichteter Pfosten', methi , Pfeiler, Säule', lett. metas , Zaunpfahl', kalasa mutto ,Baum' (wie altnord. meidhr), viel- leicht auch afgh. mat, mat , überarm'. jKnüttcl, Keule' w. gürz: entlehnt aus pers. gurz, gurzah, arm. warz etc. : w. s. saparak: gleichfalls pers. , Schlägel, Klöppel' w. singurt: kaum aus pers. sang , Stein' und baktr. arsti , Spitze'. : s. gisk: baktr. gaeca, gae9u ist von unsicherer Be- deutung. Bei den Samanen einiger sibirischer Türkenstämme bedeutete gis , Trommelstock, Klöp- pel in der Glocke', ebenso tung. gisiwuu, mandz. gisun. jAmbos' w. sandäl, s. sandäl: pers. türk. sindär, sindän, san- däl ,Ambos, grosser Stein zum Schlagen', arm. sand ,Mörser', etwa zu 9a, gan ,acuere'? Üe • Centralasiatische Stodieu. 799 jHammer, FTolzschlägel' s. petgäl: baktr. paiti, altpers. patiy ,gegen, zu' uud *gvar, gar, gur , zerreiben, zer- trüininern'. skr. -gara ,aiitVeibend, abnutzend', gar- ^ara , autgerieben', mit Bewahrung des ursprüng- liclien Anlautes, die wir auch in w. gal ,Korn' angenommen haben. Aus dem Skolotischen stammt inordw. petkel, petkel' 1) .Mörserkeule, Stössel', 2) , Wagenachse' (beides zugleich bedeutet auch skr. vanaspati), suom. petkeli, estn. peikel, peitel, pekli ,Stössel, Starapt'eisen, Meissel', ugr. ostj. pägal l) ,Butterstössel', 2) ,ychlittenkufe'. Schade, dass wir nicht die Ausdrücke für , Mörser' aus den Pämir-Dialekten erfahren: pers. käbil, käbilah und käwil, kawilah (von käwidan , aushöhlen') ist das eranische Prototyp zu ugr. ostj. kowel, kewel, ker , Holzmörser zum Zerstampfen trockener Fische, des Tabaks u. s. w.', syrj. wotj. gyr, vgl. suom. kowera , ausgehöhlt, bauchig', wogul. keur ,hohl', mordw. kowyl ,Trug', gr. xiF'.Xoc xuap u. ä. ; pers. kallah dagegen, trotz skr. ulü-khala , Mörser', khala , Stampfboden, Tenne', ist tüikischen Ursprungs, vgl. jakut. käll, baskir. cag. kilä ,hölzerner Mör- ser'; aus dem bakti'. stammt pers. häwan, kurd. awen — skr. mudgara , Hammer', kistw. mossal? ,Axt, Hohleisen' w. s. wagäk: aus vazrak, von skr. vagra, baktr. vazra , Keule, Streitaxt', vgl. lit. wagis (st. wagja-) ,Keil, krummer Nagel' V Aus dem Skolotischeu stammt mordw. uzere, uzyr ,Axt, Beil', liw. wazär, estn. wazar, suom. vasara, läpp, wäccer , grosser Hammer, Streitaxt'. ,Beil' w. tipär: pers. tabar, tabr, tawar, bal. towär, arm. tapar, ein Wort, das in Folge der Warjä^erfahrten nach Bardha'a und der Haudelsvcrbiudungen der Araber mit Bulghar auch an die Wolga zu Finnen und Russen gelaugte; originell dagegen samoj. (tawg.) tobakä, (jur.) tubka. Txr.o'jpT. IpTi (,Beilberge') kennt Ptolemaios in Farghäna nördlich vom Jaxartes. jHandhabe, Griff, Stiel' w. wadh, s. wiedh: zu baktr. vad ,bei der Hand nehmen, führen', wie os. 800 Tomaschek. ,Löffel' W. s. s. jSchaufel, (südl.) widig, (tag.) uydiig, (dig.) wieduk, wiedug ,Löffe\'. kapc; aus *kapaka ,capax^j wie lat. capulum jGriff'? arm. kapel ,fesseln, binden'? öib: gleichen Ursprungs, ö aus k. kamiö: wahrscheinlich fehlerhaft statt öamic; pers. türk. camcah (russ. curaict), cag. comüs /Schaum- löffel, grosser Schöpfer aus IIolz', pers. cam , Durch- schlag, Sieb', aus skr. camü, öamasä, von cam jSchlürfen', pers. camidan, os. (südl.) ba-cim-in. Entlehnt ist syrj. dar, wotj. dury ,grosser Löffel aus Holz', vgl. skr. darvi. Ruder' w. pei, s. fei: os. (südl.) fiag, (tag.) fiyäg , hölzerne Schaufel', aus *pitaka, etwa von w. pit ,Fichte', wie in der Sprache der Jenisseier , Ruder' fai aus fai , Silbertanne, Ceder'V Oben haben wir w. fiäk, s. hyak , Schulterblatt' zu skr. sphi , schwellen' gestellt. , Spaten' w. bll, s. beil: pers. bil, semn. bolah, auch türk. bei, 1 zu bhid , spalten'? jHeugabel' w. bun: gleichen Ursprungs mit w. bünam ,worfle, schwinge, werfe auf, schaufle'. : s. skäun: bedeutet auch ^trichterförmiger Mühlgang'! Ursprung dunkel. jFeile' w. safsä, s. safsü: pers., auch säw. , Wetzstein' w. s. pasän: pers. "■'•pasän, fasän, afsän, awsän, San, San, skr. 9äna ,Wetzstein', baktr. *upa-9äna und *aiwi-9äna, von 9a , schärfen, wetzen'; ßxcavo«;. ,Kamm' w. napösan : aus *ni-upa-cäna (vgl. d. vor.); pers. sänah ,Kamm', saniKah , Weberkamm' wird zu gr. ^x'lvG), ^aviov gestellt, arm. santr dagegen ge- hört eher zu 9a ,schärfen, wetzen'; schwierig ist afgh. z'mandz, mz'andz, ö. mganz, mganr, mangaz zu erklären. Aus erani scher Quelle wotj. syn, syrj. synau ,Kamm', synala ,kämmen'? : s. waxerg: vgl. skr. (Wilson) ava-skaraka , Besen, Fegwisch' ? ,Rechen, Buschegge, Besen' w. namurzg, s. namüzg: baktr. ni ,nieder', -marez , streichen^ streifen, wischen, Centralasiati.sche Studien. 801 fegen^, s;jt,;p-f;j;j.'. ; pers. ä-murzidan ,auslöschen, verzeihen^ mit transcendenter Bedeutung. , Peitsche^ w. rasip: aus '^fra-ksip, -ksaepa, von skr. ksip ^schnellen', abhi-kSip ,mit der Peitsche treffen', ksipani ,Sclilag mit der Peitsche' ; pers. täzyänah eigentlich ,zum Lauf antreibend'; os. (südl.) e/s, (tag.) yä/s , Peitsche', etwa zu skr. yaks? , Pfeil' s. surb: pers. surft ,Horn', surub, usrub ,Blei', baktr. grva, 9ru. : w. 8. (Hayward) uc, \ic , Pfeil', (8haw) w. wuc , Flintenkugel' : citr. wasu, wesi'i, wisii ,Pfeil', skr. baktr. isu, baktr. auch usu, altpers. i9U, von is ,au8werf6n, schleudern', w. w-, parasitischer An- laut wie im Oiträri (Arnya); auffallend ist jedoch das auslautende ö, etwa diminutiver Natur, skr. isukä? : 8. pas (zw.), vgl. s. poth , Flintenkugel', patth , Kugel, Ball', pudh , Pfeil' : arm. pahl. patkan, pers. paikän , Pfeil', zu baktr. pat ,fallen, fliegen'? os. (tag.) fath, pl. fädtä , Pfeil', (dig.) fath , Pfeil, Flintenkugel, Ball', vgl, fätkuy, fatku ,geballtes, Apfel'? w. put, 8. pet ,rund, convex'? , Bogen' w. kamänak, tir-dast: beides pers. : s. s. tsan, vgl. s. san , Muskete' : doch nicht baktr. thanwara, thanvare, thanvana ,Bogen', mit Affri- cation des Anlautes zu ts, s ?, pers. san , Lanze', sanI , Pfeilspitze' gehört zu 9a. , Bogensehne' fehlt leider bei Shaw! , Flinte' w. s. milteq, sangl. miltaq: tiirk, miltaq, miltuq, miltiq, multuq. : yaghnöb. nuda: eigentlich ,Rohr', skr. nada, pers. näi'. ,Schwert' s. s. midhg: eigentlich ,zur Gürtelstelle, Lende, Leibesmitte gehörig', s. die Körpertheile unter , Taille' midh. : w. khingär: citr. khangr, khongür, kal. sin. kangär, kasm. kängar , Säbel', pers. khangär, khingäl ,gr. Dolch'; skr. khadga, hiud. khändä? : s. sap-ced, (Haywald) cit: vgl. s. ced, cid, cit, sangl. kir ,Messer', aus baktr. kareta, pers. kärd , Messer', 802 Tomasche k. sap, s. /ob ist vielleicht pers. sap ^strahlend', blitzend', von skr. ksap , schnellen', kalasa kasäp , schnell' ; pers. sawsir, samsir, zaza simsyer , Säbel'. Entlehnt aus der Sprache der IvMx'. apor^psc, mordw. kär'at, keret , Pflugmesser'. Kaum steckt also im zweiten Theile pahl. sed, baktr. ksaeta jglänzend'. jDegenscheide' w. nadhün: baktr. *ni-dhäna, skr. nidhäna ,Ort des Niederleg-ens, Behältniss, Scheide', pere. nihän , versteckt, Versteck', von ni-dhä ,nieder- legen, hineinstecken, aufbewahren'. : s. ghaluf: pers., aus arab. o^^, pl. ljU-c. jMesser' w. köz, s. cog : starke Entstellungen aus *kartaka, skr. kiifaka, von baktr, karet ,schneiden', wie oben (s. ,Schwert') s. öed (ööd), cit aus *karta. Aus dem Sakischen kaum ugr. ostj. kedze, köce/, öerem. kize, magy. kes ,Messer'. , Eisen' w. isn, s. s. spin : afgh. öspanah, öspinah, semn. ösiin, täl. ösyn, OS. (tag.) afsän, erweitert atseynäg, (südl.) awseinag; besser für den ,Stahl' würde passen Herleitung von afgh. spin, f. spinah, ba- rakai ispenk, pahl. spinak , weiss'; daher eher *9päna, *9paena , gestrecktes', von 9pä , ziehen, strecken'; w. isn mit vocalischem Ansatz vor s, das aus sp entstanden. — Die anderen Metall- namcn fehlen oder sind dem Neupersischen ent- nommen. ,Pflüg' s. spur: aus *9pära, pers. supär, skr. phäla, von *9par, skr. phal , spalten'. : w. spundr : aus * cpandra, * cpandhara, von einem aus 9pä , ziehen, spannen' erweiterten Stamme 9pand, vgl. lett. spanda ,das Strickwerk, womit man den Pflug spannt und worin der Pflugköcher oder Sterz eingespannt ist', spandag(a)s , Böttcher- werkzeug zum Aufziehen der Bänder' u. ä. ; ent- lehnt mordw. (pl. ) spans-t , Riemenzaum' (afgh. span-rasai, spansai , Strang'); skr. spandana ist Name eines Baumes, der zur Anfertigung von Werkzeugen und hölzernein Hausgeräthe diente Centralasiatische Studien. 803 (Zimmer, Altind. Leben, S. 63). — TJeberraschend ist aber folgende Parallele, die sich bei Hesychios findet: zr.'yztipa (Va,r. ::-'.vcr;pa) • äpoTpov. Sollte das Wort gar der indogermanischen Ursprache an- gehören ? Oder liegt hier eine persisch-baktrische Glosse vor? Oder ist das Wort makedonisch und haben es die Bewohner von Wakhän seit Alexan- dros' Zeiten bewahrt? (Nebenbei bemerkt, scheint auch 1yd. -avcsjpa, arm. phandiru, os. fandur ,ein mit Saiten bespanntes Instrument' auf spand zurückzugehen; nur zufälligen Anklang dazu bietet samoj. peand'er, feaud'ir , Zaubertrommel' der Saiuanen; Pollux erwähnt in seinem Onomastiken Instrumente der Audrophagen, Arimaspen und anderer Nord- und Ostvülker.) ,Nadel' w. sits, s. sits, neben s. in-tsiw ,zusammenbinden, nähen' : des Anlautes wegen muss Entlehnung aus skr. süci (kohist. laghm. sücak, sünöik) ,Nadel' angenommen werden, ebenso bei pers. sözan, kurd. suzin, os. sogine, sugin ; baktr. 9üka ist nicht heranzuziehen. Kaum, dass sic^ bei diesem etwa aus der primitiven Culturepoche stammen- den Worte s im Anlaut unverändert erhalten haben sollte. ,Ahle, Pfriem' w. tsarz, s. tsärz : mir dunkel. 7. Bindemittel, Gewebe, Kleidung. ,\Voll faden' w, zütr: starke Entstellung aus skr. sütra (von siv). : s. wudräs: baktr. dar , halten' mit derivirendem s oder besser, wenn -draz zu schreiben, z, und vorne mit aiwi; os. daras, dares ,Kleidung', aus * dara^a. : s. würgh: gr. ^piy,oc, von Fick I, 774 zu vargh ,würgen, binden' gestellt ; kaum zu türk. ör, ürg ,flechten, spinnen' mit zahlreichen Derivaten. ,Zvvirn faden' w. wase : wiederum mit ostarischem s-Anlaut von si , binden', wozu skr. setra, setu u. a., und vorne mit Praeposition ; also kaum verwandt mit 804 Tomaschek. OS. (tag.) al-wiysün, (dig.) alwiesun , spinnen', rad, *vi9, *vae9, erweitert von vi. : s. padets: zu da , fesseln, binden', vgl. kurm. dezi , Zwirnfaden', os. fsüdl.) an-da/ ,gezwirnter Faden' und vorne mit Praeposition. : yaghnöb wit ,le iil': skr. vIta, part. perf. von vyä (vyayati) ,tegere, circumdare, viere', vgl. die Pamir -Verba w. z-wäin, s. par-widao, ba-wldao und OS. biyün ,winden, flechten'; vgl. d. folg. ,Seil, Strick' s. wü/ : muss im ^^ighni wus lauten, von einer erweiterten Form des Stammes vi ,flechten' ; vgl. skr. vist, vest ,sich winden'. : w. siwan : zu skr. syü, part. syüta ,fest zusammen- binden', vgl. syüna, syona ,8ack' u. ä. : s. kamand : pers. kamand , Hälter, Schlinge, Fang- strick, Bauchgurt'; wotj. kamyan ,Gurt', mordw. kam(b)ras , Sattel' , samoj. (tawg.) kamarabtiV ,Bauchgurt', mit indigenem Suffix -btu(d), von eran. kamara, pers. kamar, /.«[xäpa , Gürtel'. , Schlinge, Fangschlinge' w. skupn: zu skr. ksap , werfen, schleudern', ksapani , Schleuder'. : s. wizdoc : von wi^, erweiterte Form zu baktr. vi-, und einem partic. dodg, vgl. dhädg zu dhädao jgeben', dhädhg zu dhädao ,machen', von skr. dhü ,schütteln'. ,Fangnetz' w. tor, s. tur: entlehnt aus pers. tör , Fangnetz, Garn', aus *tavathra; s. d. folg. , Flechte' w. tä, s. tu: pers. tä , Falte, Fach, Geflecht', tär , Weberkette' ; vgl. s. täbam, tiptao , winden, drehen, umschlagen', pers. tafln, tafnah, tabinah , Spinnen- gewebe'. ,Knoten' w. zeräkh, s. zerekh: zu w. zir .aufhängen, hinein- stecken' ? ,Knopf' w. s. tügmä, tügmä: türk. tügmä, osm. döymä. : w. käwa: dunkel. jKette' s. ginzir, s. zanzeir, w. zanzlr: afgh. tsandzir, pers. zangir, zangll, auch in den meisten türkestanischen Dialekten, daher auch mordw. tsinzer', cindzirt Oeutralasiatiiiche Studien. 805 und mong. gingi (Anlaut wie in mong. gindan ,Geiängnis8' für pers. zindän). ,Qua8te, Troddel, Franse' w. pulk, s. pülk: von *pal , schwingen, beben', gr. Tzi/Xta, vgl. skr. palä9a , Blatt, Laub*, paläva , Spreu' u. a. ; mordw. pula-ks jGürtelsclunuck' , neben pula, pulo , Schleppe, Zipfel, Zopt", Flechte, Schwanz, Hundhabe'. : w. s. rawindak: pers., eigentlich, schlotternd, hangend'. jSattelgurt' w. taning, s. türong: pers., vgl. tarangidan ,cin- guluni finiiitcr constriugere'. ,Sattel' w. pödhiin, s. s. bidhfm : skr. api-dhäna ,das Darauf- gelegte, Decke' ; ein sicheres Beispiel für Zu- sainineiisetzung mit api, baktr. aipi, altpers. apiy. jSteigbügel* s. padh bfin : bedeutet ,Fuss-grund'. , Zügel' s. widhän : ski'. abhi-dhäni , Halfter', baktr. *aibi-däna, aiwidäna, os. (südl.) widon, (tag.) wüdon , Zügel, Zaum'. : w. yikhäu: baktr. akluia , Zügel'. ,Pferdezanm, Gebiss' w. gaogi, s. gaogao : zu gabh , kauen'. ,Joch' s. yügh : pers. yugh, (gew.) gugh, skr. yuga. : w. siwar: vgl. s. tsiw , ausnähen'? zu weit entlegen mordw. siwä, siwe ,Kr{igen', siwe-ks , Kummet, Joch', cerem. sü ,Hals, Kragen' u. s. w. , Pferdeanzug, Decke' w. prigln: aus * pairj'aonha, von yaofth, skr. yas ,anlegen'. : s. bighln : aus aiwyaonha, pahl. aifiägin, was freilich ,Gürtel' bedeutet. : s. parwein : aus * pairi-vyayana, von skr. vyä , um- hüllen'; vgl. s. parwidao. : s. bawein , Filzdecke': zu s. bawidao ,bedecken'. : w. kampäl, auch ,Bettdecke': eigentlich ,Wickel', zu kam ,biegen'. ,Bettdecke' s. /awüng: Adjectivbildung zu yah, s. sab ,Nacht'? jMatratze, durchnähte und gefütterte Wolldecke' w. sirekh, s. siregh: afgh. pers. os. sargh, arab. sarg ,Sattel'. : s. lef: pers. lef, barakai lyäf , Laken, Bettdecke', kasm. lehäf (arab.). I 806 Tomasche k. jBett, Lagerstätte^ w. pip, s. baber (pei's. ber , Lagert, s. ireg. ,Kissen^ w. khawal, neben w. bales, s, balä/: pers. bälis (zu bäl ,Höhe'), zaza bälysnd; aus dem Skolotischen vielleicht lit. balsis, pruss. balsinis ; skr. upa- barha^ -barhana , Kissen, Polster, Decke', von barh ,erheben^ — Zu khawal vgl. pers. gawäl, gubäl jSack, Ranzen', ud. gawal, 6eö. gälai, hürk. gawlag, OS. gölag, goläg. jFilz' w. igln, s. gein: das Türkische hat andere Ausdrücke, z. B. qighiz, ebenso das Neupersische, z. B. na- mad; -In ist normale Adiectivendung; daher dürfen wir baktr, izaena (izaenya), al'Yeto?, von aza, skr. aga, al'^, zu Grunde legen; ausser Ziegenhaaren wird auch Schafwolle dazu verarbeitet. , Seide' w. warsüm, s. warsum, s. ware/üm: afgh. wresam, ö. re/am, pers. abresum, ibrisim, baresim, etwa aus * upara-ksauma? , Kattun' w. s. cit: allgemein pers. türk. cit, cit, stammt aus dem Indischen. ,Tuch aus gebleichtem Lein' w. kinei: dunkel. ,Laken, grobes Tuch' w. öül (ßy\), ^il, s. tsäul: skr. ßöla, cölaka, von *cul ,vestire' (wie cela von *cil, Dhätup.), päsai clld, pers. göläh, gölakh (gul , Derwischmantel'), kurm. gil, gul, guUi u. s. w. ,Lappen' w. lok: zu ru, lu ,trennen'? ,Fleck, Flick' w. psin, s. psdun: aus api und syu, si ,nähen'? , Weibermantel sammt Kopftuch' s. -/adbün: vgl. s. "/ad ,Kopfhaare' und pers. band ,Binde', wenn nicht baktr. vaühana ,Kleid'; mit pa9a ,hinter', zu- sammengesetzt OS. (dig.) fas-bun ,Tuch, Kopf- tuch'. ^rauhes, grobwolliges Tuch' w. paläs, s. palüs: pers. päläs, bäläs. jBaumwoUtuch' s. galem: pers. gilim, killm ,armseliger Mantel, haarlose Hülle'; also kaum zu vgl. arm. gelmn ,Wollvliess', skr. varman, baktr. väreman, väreth- raan. Centralasiatiscke Studien. 807 ,Weiberhemd' w. parhdn, s. barhän: entlehnt aus pers. perä- han jObergewand', nach Fr. Müller baktr. *pai- ryaonha; zaza peri'en u. s. w,, auch indisch! kasm. pheran, pharan, gilg- pheren ,the coat^, kalaäa tirhai piran, pasai peräna, laghni. peränik, käf. prena. ,Rock' sangl. soi: zweifelhaft; skr. i^uka? jPelzruck' w. karast: ohne Vergleiche; kurm. kirds ,Hemd', anderen Ursprungs. : s. warbün: ,Oberkleid^, aus *upara-vanhana. ,Mant'el' w. bot: skr. pa(ta, pata , Gewebe'? pers. bat ,Zeug aus feiner Wolle*. : s. lel: skr. lata , Kleidung', arm. lötik , Mantel'. : sangl. wangin: woher? .weite Hosen* w. sawalak, ming. soäl: *yäravära, pers. sär- wäl, sfilwär, OS. salbäre, sarmat. saraballa — ein Wort, das von den Küsten Makräns am indischen Ocean bis in die Kirgizensteppe und ans baltische Meer verbreitet ist! ,Hosengurt, Gürtel' sangl. walwas: vgl. oben ,Seil, Strick' wus. : yaghnöb. bodowang: aus *paiti-vaühana? : w. miün, s. niiünd, s. miend: zu pers. miyän , Mitte'. jHalskragen' w. gharagh, s. zereg: zu baktr. garaüh , Kehle', vgl. ahd. chrago , Kragen', eigentlich ,Hals' und OS. qurg , Kehle'. ,Saum' (des Rockes, Hemdes) w. parsits, s. parasits: ,daB Aus- genähte', von skr. siv ,nähen', s. tsiw, vgl. w. sits, s. sits, Nadel', mit Praeposition parä, xapa. Oder entlehnt aus skr. sie ,Kleidsaum'? : w. damän, s. dumän: pers. dämän. ,Aermel' w. dröst: zu skr. dru , laufen, flattern', wie arm. drös ,flatterndes, Banner', baktr. drafsa mit un- organischem Ansatz von t? : s. zül: Grundform *zusi, von skr. gü, baktr. zu ,eilen, in Bewegung sein', skr. gus, baktr. zus ^aufwallen, erregt sein, lieben' mit Bewahrung der concreteu Bedeutung? oder za9ta? 808 T 0 lu a s c h e k. jTurban^ w. sallä: pers. türk. sallah (auch ,Korb^), von türk. salmaq ,herunnvinden^? : s. dastür: pers. dastär, zu dast ,Hand^ : sangl. latai: afgb. lästai, zu las (last) ,Hand'; afgh. lästünrai ^AermeP. ,Pelziuütze' w. tumagh, s. tümägh: türk. tumagha, tunuigli. : s. taki: altpers. taka in taka-bara, neupers. tag , Krone, Diadem', zu tak , anpassen'. ,Hut, hohe Mütze aus Schaffell' w. skidh, s. khdudh, ming. khola: afgh. kholah, pers. (aus einem Dialekt, der wie das Muugi und Pasto d in 1 wandelte) kuläh ,Mütze, Hut', neben pers. khöd ,Helm', os. (dig.) xode, (tag.) yjid, baktr. khaodha. Altpers. ^akä Tigra-khaudä deutet Kern , mit Berufung auf die neunte und letzte Figur der Felsenskulptur von Bagistän, welche einen breitschädligen, stark behaarten, bärtigen Saken mit einein hohen kegel- förmigen, spitz zulaufenden Hute darstellt, als ,Saken, welche spitzige Hüte tragen' — wohl mit Recht; s. khäudh luvt älteren Diphthong als selbst baktr. kluiudha; im Anlaut zeigt noch älteres Gepräge w. skidh (skydh,^ sküdh), so dass wir Ableitung von cku .bedecken' unbedenklich annehmen dürfen. ,Stiefel' w. süsk: zu yus , auf blähen', skr. ^usi, Qusa ,Loch, Höhlung' (türk. sisqo , aufgebläht'!). : s. pex: Grundform *paksa; vgl. 'i^-ii xtoTnr;, ::apa nipzxiz, bei Herodianos (Philologus 1880, S. 355); lit. püznis, pruss. pusne? : yaghnöb. kosna und goda. ,ungegerbtes Leder' s. paiy^ao. ,grober Sack, Beutel' s. ghaun: skr. göni, rom. goul, gono, kasm. gun, zu gu , schwellen', altnord. kaun , Ge- schwulst'; vgl. oben pers, gawäl ,Sack'. ,Tasche' s. geb, w. yigib: pers. türk., nach Vämbery (Cultur der Türken S. 87) arabisch; kaum, weil auch in Sibirien verbreitet, z. B. koibal. izäp, izeäp, samoj. (jur.) seap, (ostj.) sep. jSchmuck, Zierrath am Leibe' w. satk: Entlehnung aus skr. sakta ,angehängtes, Gehänge' mit der üblichen Ceutralasiatische Stadien. 809 Metathese; das Wort bedeutet auch , Koralle' wie s. makl^org-. , Ringelchen, besonders Ohrring' w. pörg, s. safs, beson- ders w. ghüs-pörg, 8. ghaul-safs. ,0h rsch muck' w. ghüs-niz, s. ghakh-nez: zu baktr. naz ,necto, nexo', gäl. nasc ,King', ahd, nusca , Spange', skr. niska. — Zum Schlüsse sei bemerkt, dass alle groben Stoffe, sowie grobe Linnen, in Sighnän, Köänän und Wakluln ^Erzeugnisse der Hausweberei sind; daher gewinnen folgende zwei Worte an Bedeutung : ,Spindel' w. tsütr: eine Bildung wie zü-tr ,Wollfaden', skr. sü-tra; Grundform ca-tra, kaum für cakra ,Rad', wenn auch in ca der Stamm car, *kvar ,sich bewegen, kreisen' enthalten sein dürfte, vgl. auch C}t, ki't , spinnen, den Faden drehen', suom. kiertää, liw. kier , drehen, zwirnen, wickeln, kreisen'; pers. kartlnah , Spinnengewebe'. — Uralte Entlehnungen aus dem nord-eranischen Sprachgut: suom. keträ, estn. keder ,Scheibe, Kreisel', suom. keträ-puu, wot. öedrä-puu, liw. keddör-warz ,Spindel', suom. keträäu, weps. kezerdan ,spinnen'; cerem. sidir, südür ,Spindel', südürem , spinnen', mordw. (mit Prosthese von k, wie öfter, vor s) kstir, kstere , Spindel'; wie von k^t mit Bewahrung des r-Lautes syrj. cörs', wotj. ts'ers' ,Spindel', sw. läpp, kärsi. : s. starkh: skr. tarku ,Spindel', von *tark ,drehen, torquere', gr. äTpx/.To;; im Anlaut -s vielleicht baktr. uz .aus, auf enthalten. ,Web er schiff w. raspük: aus *fra-9päka, von gpä ,ziehen'. : s. mäki: Lehnwort aus pers. makki, makkiah, makkök. 8. Haus und Hausrath, Gefässe u. a. ,Haus' w. ket, s. öed, s. cid: pers. kad, kadah, pars, kat, pahl. katak, baktr. kata, von kan ,graben'. : ming. kei: zaza kei, semn. kiäh, täl. kai, nicht etwa aus skr. käya, von q\ (wie ksaya zu ksi), sondern aus dem vorigen entstellt. Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. III. Hft. 52 I ft 810 Tomaschek. : yag-hnöb. tatte: offenbar Gehörfehler, statt katte, kattah. : w. kl^un, sangl. khan: pers. kliän, khänah. ^Stadt^ s. sar, s. /är: pers. sahar, sahir, sahr, sär, barakai ksär, baktr. kh«athra; entlehnt wotj. saer , Gegend, Distrikt, Grenzgebiet'. ,ein Yarkandi' s. /äri: eigentlich , Städter^, da Yarkand s. yär genannt wird. , Feldhütte, Baracke, Thierb e hälter' w. ktlc: aus *katika; türk. katak , Hühnerhof', pers. katig , Bauernhütte'. : s. garma: s. o. , Höhle'. jVerschlag, Bude, Schoppen, Vogelhaus' w. yöst: , Um- friedigung', baktr. yä^ta ,gegürtet'. : s. celyö: zu ced , Haus' gehörig, nicht etwa gr. y.a/Ja, got. halja, skr. kuläya. ,Nest' w. yoth: zu baktr. yu , verbinden', yaoiti, yüiti , Ver- bindung, Gefüge'? : s. röz: pers. räz ,secretuin, locus occultus', baktr. razaüh. ,Herd, Feuers teile' w. dildong: baktr. dereta ,gespalten' (Spaltholz) und *aßghu ,Enge, Loch'; vgl. os. daltura , Feuerherd' und die os. Zs. ghaw-ang , Dorfenge, Strasse', äyt-ong , Bauchgurt', sowie das os. Adi. unge, ungag ,enge'; oder auch baktr. afthu ,Ort'. : s. katsür, s. kitsär: von kata ,Haus' und ^ara ,Kopf, Spitze, Oberstes'; os. y,agar, (dig.) yadzäre ,Haus' ist nicdit arisch; zaza k'ucerän ,Herd' dunkel. ,Kamin' w. niori, s. nieri: , Ausweg (des Rauches), Canal, Röhre', pers. mörl, türk. (^^j-« (Pavet de Cour- teille p. 501) ,fenetre, canal; a Kachgar, haut de l'epaule'; cuw. murn'a , Rauchloch', kalm. muru , Rundung', jap. uiaru ,rund', tung, muronio ,rund', muromakta , Kreis' — also unarisch. ,Dach' sangl. kiskur:? , Söller, Altan, erhabener Sitz, Ehrenplatz' s. nokh: arm. nakh ,vor', pers. nakhust , vorne, erst'. : w. rai: zu skr. rag, baktr. raz ,gerade richten, an- ordnen', skr. rag, baktr. räz , glänzen, hervor- leuchten, herrschen'. CentralasiatiRche Stadien. 811 ,Mauer, Wand, Uinwallung' w. diwal, s. deiwül: pers. dewär, dewril, kurm. diwär, diwir. Interessant ist kalasa ilighra , Mauer' = skr. dio^dha ,bestrichen, be- worfen', von dih , bestreichen, aut'werfen^ , Rinnengebälk" w. was, s. wfis: skr. vaüya ,Rolir, Balken^ ,Was8errinne' w. sarj>en: entlehnt aus skr. sar^ana ,Ausguss'. : s. taben: zu skr. tip (stip) , beträufeln, netzen'? ,Thüre' w. bar, s. diwir, s. diwe, diwer, ming. labra: altpers. duvarä, baktr. dvara, os. duar, neupers. dar, afgh, war, senm. bärl, trd. baa; niing. labra aus *davra. ,li<»lzerne Drehpfl«)cke, Thürangeln' s. gargli, w. g»>rg-: kaum türk. qaruq , Pflock, Stütze', sondern zu rad. gar, ghar , tonen (knarren)', vgl. skr. gar- gara, j)ers. ghargh-äb ,Wasser\virbel, Strudel, Schlund'. , Schlüssel, Schloss' w. sik, s. sidz: räthselhaft; sin, sie , eiserner I'flock'V .Wassermühle' w. kliad<>rg, s. khadorg, sangl. khadari, ming. kluiirgha: os. khroi , Mühle' ist selbst unaufgeklärt. Vielleicht stammt das Wort aus der Sprache der Tukhära; Ableitung von türk. qadamaq, mong. ■/ada/o ,annageln, einschlagen' (mit Suffix -rga, wie in bosa-rga ,Schwelle' ) hilft nicht, auch findet sich nur degirmen in gleicher Bedeutung. Ara- bische Berichte aus dem zehnten Jahrhundert bezeugen das Vorkommen von Wassermühlen in Sagistän. Ujfalvy sagt von den Galca's (le Ko- histan p. 16): .ils possedent des moulins a eau'. ,trichter förmiger Mühlgang' w. dür: skr. dhur, nom. dhür, , Deichsel, Wageuschwengel, Joch', von dhj- ,ha]teD, fassen, tragen, enthalten', pers. dül ,Behälter, Eimer, Schwinge', auch ,entonnoir dans le mou- lin'. Zufällig ähnlich suom. toro ,Mühlentrichter'. : s. skäuu: vgl. oben ,Heugabel, Worfel'; pers. sigaw , Wanne, Worfel', also kaum zu skr. ckabh, *9kaw , stemmen, stützen'. ,hölzerner Trog' w. püt-khärra, s. khä/: w. püt ,concav', put, s. pet ,rund', skr. puta? khärm, vielleicht 52* 812 Tomaschek. ,Ausschnitt', skr. karta ,Grube, Loch', suom. kartta ,Trog, Mulde'? , Wiege' 8. pra/t: mit pra- zusammengesetzt wie skr. preükha , Schaukel' (von inkh ^bewegen'), dazu rad. i§ ,werfen', s. v/ (ax^l? : w. gaura: pers. gahwäiah, kihwär. ,Sieb' w. farakh-biz, s. faraq-beiz: pers. faräkh ,breit, undicht', bekhtan, bikhtan, praes. bizam, imper. biz , sieben, worfeln' (vgl. gul-blz , Rosenabfälle', bäd biz, -wiz ,Fächer'), skr. viö , scheiden, sichten, blasen und worfeln'. , Seihe, Durchschlag' s. coghz: etwa türk. sözghü, von söz- mäk , durchseihen'? ,Kessel' w. dig, s. deg: pers. dig, deg. ,Behälter, Topf' w. s. -dän, z. B. sphragh-ddn, s. güle-dän , Blumentopf: baktr. däna, pers. -dän, os. -done, , don. : s. lagan: pers. lagan, higän, lakan, AZ'/.r/r,^ XäyYjvo;. ,Gefäss, Becher, Schüssel' s. taghär: pers. takhär. : yaghnöb. kala ,une ecuelle', koskul ,une ^cuelle pour boire', worsa ,une ecuelle pour manger'. jKrug (irdener)' w. pil: skr. pari, päll, pers. piyälah, «taXir;? sin. phüle, kistw. pholü ,Gefäss'. ,Wassergefäss' w. lüt, s. liet, let: skr. Iota, pers. löi. | , Becher' §. wirik: unaufgeklärt. I : w. cini, s. öini, dim. dinäk : pers. sini (und cini) i ,sinische Schale'? (Porzellan?) | ,hölzerne Trinkschale oder Schüssel' w. kubün: zu baktr. i khumba, skr. kumbha, von kumbh ,sich wölben' ^ — ein weit verbreitetes Wort! sogar z. B. syrj. 'i kub ,Topf', liw. kumb ,Tasse' u. a. i : s. s. tothc: vielleicht aus tastaka, pers. taätah, taät, i baktr. tästa. j , Backpfanne, Schieferstein' w. sät, s. säd. ' jDeckel' einer Pfanne, eines Topfes: w. gasgln, s. na-ghdk. li ,G locke' w. iu\, s. ghul. jMusikinstrumente' (z. B. Guitarre) w. doriä, s. naghmä, ;i) yaghnöb. dutara, 6ilmanda. jKlingel' w. s. giring: pers. giring, ciring. Centralasiatische Studien. 813 ,Geige, Saitenspiel' w. s. kumuz: tüik. köniöz, köböz, niagy. kobza. , Einfassung, Einband' w. ziek, s. zeak. ,Kitt, Löthung' w. kafsir, s. kaf/eir: pers. arab. ^Leim' w. saris, s. sere/: pers. siris, saris. ,Brett' w. rÜDj s. rün: zu ru , brechen', .Hobelspan' w. püstiliö: zu pis ,zerreiben'. ,Lampe, Licht' w. cirägh, s. tsiräo: pers. jZunder' w. kl^af, s. kUof": pers. türk. gow ,Mulm, faules Holz, Zunder aus getrockneten, in Aschenlauge gekochten Birkenschwäniraen'. jLeiter' w. wak^Jir: zu kltar , treten, schreiten', mit upa-; pers. nardebän. , Stütze' s. baleik: wahrscheinlich auch eine Zs. , Gewichts- und Hohlmass' (80 (l ]\Iehl) w. por. jLadung, Last' s. wiz, s. wez: zu baktr. vaz ,eine Last führen', barakai wazniin, os. wazaw, (^dig.) uozzau ,schwer, gewichtig'. : w. wür: aus bära, zu baktr. bar , tragen'. 9. Einige wichtigere Adiectiva. ,schwarz' w. sü, sangl. söi: baktr. ^yäva, pahl. syäk, pers. siyäh, semn. süah, arm. seav, os. saw, sau. : s. ter, s. tär, ming. tarawi, vgl. ,Finsterniss, Dunkel', w. tärik, s. tärik: afgh. tör .schwarz', tiärah ,Finster- niss', pers. tär, tir, tirah, tiragi, tärik, os. thar, thalüng, baktr. täthra. ,weiss' w. rukhn: s. o. ,Tageslicht'. : s. speid, sangl. isped, s. sufed, ming. supi: originell ist nur die erste Form, baktr. 9paeta, pahl. spet, pers. siped, isped, sifed, isfed, semn. ispi, zaza kurm. spl, sepi, supi (neben speida ,aurora'), bal. ispeth. gelb' w. zard, s. zird. s. zird: baktr. zairita, pers. zard, zaza zerd, kurm. zer. ,blau' s. soin, s. yoin: afgh. sin, f. snah, barakai und käf. sin, kurm. sin, hesln ^himmelblau, grünblau'; suom, sini, slaw. sint, auch in Sprachen des Kaukasus 814 Tomasehek. ZU finden! Nach Fick I, 550 zu skr. 9yeni ,weiss', von cyä , sengen". ,roth' w. sükr: baktr. cukhra, palil. suklir, pars, suhr, bal. solir, sohar, kurd, sohr (gewöhnlich sür), pers. mit Meta- these surkh, OS. sur/. : s. rist, s. rüst: particip von rudii, urudh ,roth (wif Blut) sein^, skr. löhita, rohita ,gerf)thet, l)lutig roth', neupers. rustah ^gefärbt', von rustan ,färben'. jübelschmeckend, bitter' w. traö, s. träc: vgl. ,Galle'; afgh. trikh, f. tarkhah, tirhai triyt, pers. talkh (w. talkh jbitter' entlehnt), kurm. tfihla, täl, zaza gäl. : §. säis, s. tse/: unaufgeklärt. jSauer' w. tresp, s. tü/b: afgh. triw, f. tarwah , sauer', tarwc (pl.) , saure Milch', tarükai , Sauerampfer', pers. turu§, turs, kurm. tyrs ,sauer'; tirhai tre, citr. trup ,Salz'. ,süss, schmackhaft' s. khäis, s. k\\&/-. afgh. khöz', ö. khög, f. khwa^'ah, ü. khwagah, pers. khös, khwas, bara- kai khwäs, bal. 'wasi. : w. kliu/'g, khüzg: aus dem vorigen erweitert; gehört auch dazu os. (tag.) a/siiz-gon, (dig.) a/sits-gou ,süss, angenehm, schön'? ,nass, feucht, saftig' w. kliais, s. kliast, , Nässe* w. khaisi, s. khasti: pers. khustah , befeuchtet', khwid ,feucht', khwai ,Schweiss'. ,unreif, roh' w. yüng: pers. khäm, afgh. Om, tirhai äraa, citr. ämu, sin. ömo, skr. ämä, ö)|Adr. j , trocken, dürr' w. wesk: pers. khu.sk, os. x^^^k, kurm. hesk, osk, afgh. wuc, baktr. huska, altpers. uska , trocken'. ] : s. ziaytg: particip von uz-hikhs, baktr. hie, iz<.y,[j.i'CM. 1 ,hart' w. tung, s. teng: citr. dang, kala.sa donga. j ,ver fault' \v. pitk, s. pedhg, s. pudhg: particip von pu , faulen' s. die Verba. i , verdorben, schlecht, hässlich' w. sak: pers. sakh , miss- gestaltet'. : s. zit: pers. zist, afgh. zist, baktr. zöista, zu skr. gis ,conspergere, inquinare'. , schmutzig, gemein' s. ghazd: pers. gastah, ghastah; ent- \ lehnt kalasa naz-güsti, mit Hinzutritt von naz i Centralasiatigche Studien. 815 , Schmutz', baktr. naeza; mordw. gast'an ,be- schmutzen'. j /risch, neu, jung-' s. udu, s. nüg-, vgl. w. niw ,jetzt^: pers. naw, nü, os. novvag, noög, kurm. nuh, öitr. nö/, baktr. nava, *Davaka. : w. söf^lul: der Anlaut stimmt nicht zu os. sughdag .leuchtend, rein', baktr. *<;ughdha. i jZart, weich, lind, lau' w. narm: pers. narm, kurm. nerm, ' zaza nemr. : w. silät, 5. silet. ,glatt, blank' w. sudhg, s. südhg: baktr. v^^*^; skr. yiidh , reinigen'. ,geduldig, still, zahm" w. suw, s. suw: tUrk. ,wild, unbändig' w. lalm, s. lelmi. , unbedacht, unvursichtig' w. na-zakht, s. na-ghu-/,t: letzteres wohl ,non audiens'. , eifersüchtig, neidisch' w. s. aris: bedeutet vielleicht , Eifer- sucht, Neid', ])ers. arask, rask, baktr. arayka, ,t hü rieht, dumm' w. ^ul: pers. gfd, arm. gul. ,plum|>, stumpfsinnig' w. mug, s. mcaq : skr. müka (von mü) neben muhira, mugdha (von muh). ,Zorn, A erger' s. zar, w. ghas: ersteres baktr. zara , zornig', zära , Galle'. ,übel, krank' w. bi-mar, s. be-mar: pers.; ,ohne, -los' w. bi-, s. be-. ,müde, ermattet' w. warekhk, s. warezdag: eigentlich ,zurück- bleibend' zu baktr. ric. ,durch Satteldruck aufgerieben, abgerackert' (vom Pferde) w. kupt : zu pers. köpidan, köbidan, xc-xw. : s. nu/Jg: aus nastg, s. die Verba unter nac. , gelähmt, verstümmelt' w. sal, s. säl. ,blind' w. kur, s. kaur : pers. kör, kurm. kür, knir, os. qarau, khurm. ,taub' w. kar, s. cünn: pers. karr, baktr. karenao, laghm. kannä. jbuckelig' s. duk, w. düw; put-däm, von put, s. pet ,rund' und dam , Rücken'. ,gekrümmt' w. kard, s. cerd: * 9kareta neben baktr. 9karena. 816 Tomasche k. ,hung^erig^ w. marz, s. marzun, marzang: eigentlich ,rein^, baktr. mareza, von marez , wischen, reinigen'? : s. gusna: pers. gursinah, gursnah (,Hunger' gursnagi), vielleicht ursprünglich mit w-Anlaut, vgl. afgh. waz'ai, ö. wagai ,hiingerig', Iwaz'ah, ö. Iwagah , Hunger', arm. qaldz , Hunger'? , durstig' w. takli (tax), s. tür, s. täsnah, , Durst' w. takhi, s. türi, s. täsnagi: afgh. taz'ai, tiz'ai, ö. tagai, tigai, pers. tasnah, tisnah , durstig', tis, tis, kurm. ti, tene , Durst', baktr. tarsna , Durst', von tares, skr. tars , dürsten', öitr. tristi , Durst'. ,scharf' w. taghd, s. teid: es. thaghd , schnell', skr. taktä, part. von tak ,dahinschiessen, eilen' — , rasch' und , scharf' sind verwandte BcgriiSfe ; a kann jedoch auch aus i entstehen und ist dann Ab- leitung von tig vorzuziehen, vgl. skr. tigita , scharf, zugespitzt'. ,scharfsinnig' w. tiz, s. teiz : pers. tiz, tez , acutus, acer', t^z-täz jCeleriter currens'. , schnell, behend' (vom Ross), ,1 ei cht' (vom Gewicht) w. rangk, s. rindz : baktr. rengya , leicht, schnell, Renner, Ross', von reng, skr. rangh, langh , auf- springen, leicht sein', rengat-a9pa , schnelle Rosse besitzend', skr. raghü , schnell, Renner, Ross'; Pott vgl. mhd. ringe , leicht, geringe'; arm. arag, erag ,rasch', arags , leicht' (daher der Flussname 'Apa;ir;;), barakai razai, semn. rik , leicht'. ,gut' w. baf, ,Güte' bau: aus pers. bah, baktr. vanhu, skr. vasu ,gut'. : rösn. (Hayward) sie; s. carg, ,Güte' öargi; s. basand. ,gro8s' w. lup: sieht aus wie türk. ulup, ulü ,gross, mächtig, erhaben' (alup, alp ,Held'); doch kann der Schein trügen und ist Zusammenhang mit folgen- dem Worte und mit afgh. löi, f. löyah ,gross' anzunehmen. : s. laur: afgh. Iwar, f. Iwarah ,hoch, gross', citr. lot (lot) ,gross', skr. rohat, vrhat. : s. sark : zu sar ,Kopf, Spitze, Oberstes'? s. kalän ist pers. Ceutralasiatische Studien. 817 ,klein, gering, wenig' w. dzak, dzaklai, s. dzül, dzüliklk, compar. w. dzak-tar, s. dzül-dir, vgl, , Mangel, Gebrechen', w. dzäki, s. dzüli : zu ersterem citr. tsak, tirhai tsuk, ts'uk , klein' ; das zweite be- deutet vielleicht , etwas, Kleinigkeit'. : s. ghadä : pers. gadak , klein'. ,hoch' w, wuc: afju^h. ug (ucat), baktr. u^ka zu uz, skr. ud ,enipur, aus'. : s. biland, bilik: pers. buland, pahl. burand, neben pers. bär, bäl, wäl, wälä, bälü ,hoch, Höhe'; das zweite geformt wie cag. biyik ,hoch'. — s. ter, eigentlich ,scharf, spitzig', s. res naturales. , niedrig' \v. past, s. pist: pers. past, citr. kalasa past. : s. karsi, eigentlich , vertieft, furchig'. , uneben, holperig, hoch — niedrig' w. wuc-past, s. karsi- bilik. , auf recht (?), kauernd, hockend (?)' w. tsok, s. tsek: türk.? jlang, gestreckt' w. worz : baktr. erezu, skr. igu, rguka, citr. 'orsk ; Anlaut w wie in afgh. wuz'd, uz'd, ö. ugd, (pl. waz'ah) ,lang'. jbreit, ausgedehnt' w. ksädh, s. kyudh: pers. kusädah. ,Breite, Weite' w. bar, s. bär : pers. ; os. warag, uärä/, oräy, uru/ .breit', baktr. vouru, uru. ,fern, weit' w. dhlr, s, dhar : citr. deri, diri, afgh. lar, lire, pers. der, aus baktr. deregha, skr. dirgha ; vgl. auch s. deir .langsam, spät', pers. der. , Entfernung' w. dhiri, s. dhäri. ,nahe, dicht' w. sikh, sükh, sukh. : s. nizd: pers. nazd, afgh. nizd, baktr. nazda. ,Nähe, vor Augen' s. s. khez. jMitte, der mittlere Theil' w. malung: aus *madhum, baktr. madhema, skr. madhyama. : s. medhena, s. madhän: baktr. maidhyana, maidhyan , Mitte'. Man beachte, wie auch oben bei ,Leib, Taille', die Alterthümlichkeit der Pämir-Formen gegenüber pahl. pers. miyän. ,mittlerer, inmitten belindlich' w. malungüng, s. madhäneng. ,aus serhalb gelegen' w. wie, s. wac, s. wag: pers. wez, weg, bez ,abgesondert', zu skr. vic ,trennen'. 818 Tomaschek. , anders' w. s. yan : baktr. anya ,anderer^ ,ein anderer^ s. ga, cas. obl. gad. ,zurück, ferner, überdies' w. wäz, s. wüz : pers. wäz, awäz, bäz, baktr. apäs, apaö , rückwärts'. jQuerseite, in die Quere' w. si-gard, s. tors. ^überflüssig, übrig' w. bös, s. ba/, ,Ueberschuss, Rest' \v. bösi. s. ba/i : pers. bes, pahl. wes ,inehr', neben pers. bas, altpers. vaciy ,viel', kurm. b§se. » ,mehr' w. yat, vgl. s. at, s. et ,dazn, auch, und': baktr. aiti, ^ altpers. atiy; kaum baktr. uta, neupers. u. ,jeder, all' s. fuk, s. fük, \v. kökht, kükht: das ersterc sieht aus wie skr. bahuka; Wörter solch allgemeiner Bedeutung sind gerade am schwierigsten zu ent- räthseln. ,ganz, vollständig' w. drust, drüst: pers. durust ,heil, ge- sund"^, zu baktr. drva ,fest'. ,voll' w. s. pur: kurm. pur, pers. pur, at'gh. pur, f. pürah, os. für, fül, ful, til, baktr, pourn, paru ,viel, voll'; weniger baktr. perena, skr. pürna. : w. tqi : aus *tökü, türk. tök, tük ,ganz, viel, voll', tökün, tökel, mong. tegüs , vollständig, fertig'; oder afgh. dak ,voll', dakün , Ansammlung' V ,fett, dick' w. farbi, s. färbe: pers. far-bi, far-bch, skr. pra- pi ,fett werden, anschwellen'. : s. bastun, s. bi/tun : os. (tag.) bäsd'in, (dig.) basg'in ,dick', nicht zu band , binden'; s. bas ,Antheil, Portion' gehört zu baktr. bakhs , schenken'. j ,dünn' (von Dingen) w. sanär: romi sanno, laghm. sanna ,dttnn'? : s. tanük: pers. tanuk, tunuk, bal. tanak, os. thänäg, skr. tanu, tanuka, citr. tonn. ,mager, abgezehrt' w. khot, s. khut. ,eng, schmal, gedrängt' w. tang, s. tong, compar. w. tang- tar, s. tong-der: pers. tang, kurm. teiig. ,schlotternd, weit' (vom Kleid) s. rün: zu baktr. ru ,weit und offen sein', rao ,leicht', ravanh , Weite', ravan , Ebene', os. raon ,Ort'. Von Verbalwurzeln ableitbare Substantiva siehe bei den Zeitwörtern! Schon in dem bisher mitgetheilten Wortschatze CentralaeiatiBcbe Stadiea. 819 sehen wir viele höchst alterthüiuliche und durchaus originelle Bestundtheile, welche sich aus dem Neupersisehen allein nicht erklären lassen. Dieselbe Beobachtung werden wir in noch weit höherem Grade in den folgenden Abschnitten machen können. Bei der Erforschung des Zustandes und der ver- wandtschaftlichen Beziehungen irgend einer Sprache geben anerkanntermassen die Zahlwörter ein entscheidendes Merk- mal ab ; wir wollen also diese einer näheren Betrachtung unterziehen. III. Die Numerali a. Die Grundzahlen lauten in den Galca-Sprachen folgender- weise : ,ein' s, yiw, yfi, yü, yi, s. iw, i, w. iw, i, yaghnOb. I, ming. yao, sangl. wak : altpers. aiva, baktr. aeva, pars. ew, e, OS. (dig.) yeue, (tag.) yu, (südl.) iw, zaza yau, afgh. yau, f. yauah, neben *aivaka, pahl. ewak, pers. yak ipl. yagän); sangl. wak verkürzt aus der Pahlawi-Form, vgl. dazu s. iwg. , einzeln, je ein' s. yiwi-yiwi : afgh. yau-yau^ pers. yagän- yagän. , einzig, allein' s. iwg: aus *aivaka. : w. wir: wohl aus iw mit dem Dativsuftix -ir (,für sich'). ,der erste' w. iwao, s. iwäo : zaza yaüwe, aus *aivava? ,erst, vorderst, Anfang' w. pursara : pars, pahlüm, pahrim , ausgezeichnet', neben pahl. fratum, arm. phartham, baktr. fratema, altpers. fratama, skr. prathama; arsakid. Eigennamen Uap()y.\j.i-aipic, riapQa;j.a-(7zxTY;(:. jzwei- w. büi, s. dhau, s. dhö, yaghnöb. du, sangl. du, ming do: baktr. dva, duya, vaya, bi-, os. dua, duä, afgh. dwah, f. dwe u. s. w. , beide' s. wirt : ähnlich afgh. dwärah ,beide'; das Element -rt vielleicht aus rta, *arta ,verknüpft, aneinander- gefügt'\ 820 Tomaschek. , zweifach, zweimal' w. bü-pitig, s. dhä-pitig. ,der zweite' w. büiao, s. dhaüao. jdrei' w, trüi, sangl. träi, yaghnöb. therai, ming. saräi, s. haroi, s. ärrai : baktr. thri, thräyö, f. tisarö, afgh. dre, pers. sih, daneben semn. heire, irah (ham-irah ,alle drei'), arm. er (in Zs. era-, ere-), zaza hirye, os. artlia, arthä. Beachtenswerth ist die auf so getrennten Gebieten, wie im Zaza-kurdi- schen und hinwieder im Sighni und Yaghnöbi auftretende parallele Entwickelung, welche sich in dem Einschub eines Vocales vor r und zum Theil in dem endlichen Schwund der Aspirata th von thräyö bekundet. ,vier' w. tsabur, tsabür, s. tsawur, tsawor, s. tsawor, tsawdr, yaghnöb. tfo, sangl, saför, ming. öafir: baktr. Öathware, öathwärö, öataöhrö, afgh. tsalör, pers. öihär, cahär, öär; mit Assimilirung des Dentals und vortretendem Labial wie in den Pämir- Sprachen, nur os. (südl.) tsupar, (dig.) tsuppar, (tag.) tsüppär; yaghnöb. tfo, aus thwor, thware, vgl. tuirya. ,fünf' w. pänz, s. pinz, s. pinz, sangl. panz, ming. panö: baktr. panöan, nom. panca, pers. pang, zaza päng, afgh. pindzah, os. fong, fondz, arm. hiug"; pers. pangah ,Haud mit den fünf ausgestreckten Fingern, Tatze, Klaue, GriflF' ist kaum die Grundlage zum Zahl- wort, sondern umgekehrt ein Derivat davon. ,sechs' w. säl, sädh, s. kbäus, s. khel, khiel, khiej-, sangl. khoär, ming. akhsah, yaghnöb. khsu, kisü: baktr. khsvas (khsvas), pers. sas, zaza ses u. s. w. ; den Labial bewahrt afgh. spaz', ö. spag und spar (in , sechzehn' spär-las), den gutturalen Anlaut unter vocalischer Prosthese wie im Mungi, os. aysaz, a/säz und ohne Prosthese wie im Yaghnöbi, bara- kai khsä, vgl. in diesem selben Dialekt , sechzig' khösti für baktr. khsavasti. Man beachte den Ersatz von s durch dh in der von Hayward an- gemerkten Waklii-Form, wobei wir erinnert werden an die in Zs. hervortretenden skr. Formen sad-, CeDtralasiatische Stadien. 821 äat" (z. B. sad-ayva ,mit sechs Rossen bespannt'), und den endlichen Uebergang dieses Lautes in 1; ferner die proteusartigen Formen des Schluss-s (eigentlich s aus khs, also Grundform khsva-ks); möglich, dass in dem Zahlwort als zweites Ele- ment baktr. vakhs , Zuwachs' enthalten ist, d. i. der Daumen, welcher zu den fünf Fingern der anderen Hand gefügt wurde. ,8 i eben* w. hüb, hub, üb, s. üwd, s. wuwd, sangl. hoft, ming. ödli, yaghnöb. au: baktr. haptan, nom. hapta, pers. haft, zaza haut, os. aft, awd, afgh. awwah, w. öwah u. s. w. ,acht' w. häth, hat, rösn. hast, s. wast, s. wo/t, sangl. hat, ming. askah, yaghnöb. u/s: baktr. astan, nom. asta, pers. hast, hast, zaza heist, os. ast, arm. uth, afgh. atah; ming. askah, aus astah, wie us- kam ,ich stehe', rad. sthfi. ,neun' w. nao, s. näo, sangl. ming. nao, yaghnöb. nau, s. new: baktr. navan, nom. nava, pers. nuh, afgh. noh, nah, zaza nau, os. nou-, nu-. ,zehn' w. dhas, las, s. dhes, s. dhis, lis, yaghnöb. das, sangl. das, ming. dah: baktr. dagan, nom. daga, semn. das, os. das, das, des, pers. dah, afgh. las. ,eilf' w. dhas-Iw, s. dhes-at-iw, s. dhls-et-ylw: s. at, s. et, be- deutet ,noch dazu, und' (s. o. unter ,mehr'). ,fünfzehn' w. dhas-pinz, s. dhes-at-pinz u. s. f. ,einundzwanzig' w. wist-iw, s. wist-at-iw: immer steht die Zehnzahl voran und die Einheiten folgen; die Pämir-Dialekte scheinen sich hierin den östlichen Hinduku8-Dialekten(Kalasa und Citräri oder Arnya) angeschlossen zu haben — im Gegensatz zum Pärsi und Pastö, welche die Anfügungsweise der alten Sprachen bewahren; im Kurdischen w^erden beide Methoden angewendet, z. B. kurm. pänz- deh oder dau-peng, zaza heistes und des-u-heist. , zwanzig' w. wist, s. wist: baktr. vicaiti, afgh. (in Zs.) wist, zaza und semn. wist, pers. bist, bal. gist (gwist). Von ,dreissig' an sind die Zehner dem Persischen, von , sechzig' an dem Türkischen entlehnt; per- 82l2 Tomaschek. sisch sind auch die Zahlen 100 w. s. sad, 1000 w. hazür, s. hazor. Die Ordinalia werden diiich den Ausgang -ao hergestellt, z. B. ,quartus^ w. tsabürao, s. tsaworäo, ,nonus' w. nawao, s. newäo; dieses -ao kann sich aus -agha, -aka oder auch aus -ava, einer Parastase des eranischen Ausganges -ama, entwickelt haben. Der Wiederholungsbegriff wird mit w, s. -pitig, s. -pith ,Ma], Zeit' gekennzeichnet; den Lauten und wohl auch dem Sinne nach stimmt dazu baktr. paiti, altpers. patij (z. B. tya- patiy, Inschr. d. Xerxes D, 15). — , Hälfte. Bruch' heisst s. naim, w. ööti, cut, neben s. kond , Bruchstück', vgl. baktr. naema, pers. nim, nem (altpers. *naima) , Hälfte, Mitte', skr. khanda , zerbrochen, Bruch, Stück' und w. öap , zerhauen', baktr. paiti^' - capti ,Zeischlagung'. — Im Ganzen zeichnen sich die Numeralia der Pamir- I>ialekte, vor denen des Neu- persischen durch F^orm und Lautentwickelungen ganz eigener Art, sowie durch getreuere Bewahrung des Alterthümlichen aus. Excurs über die Numeralia der prakrit'schen Hindukus-Dialekte. Aus der Zählmethode der Hindukus-Völker, welche sich von jener der stammverwandten Ost-Arier wesentlich unterscheidet, dagegen mit jener der nicht-arischen Khägüna s vollständig über- einstimmt, ziehen wir den Schluss, dass die Aboriginer, welche von den aus dem Kabulthale allmälig vorgedrungenen Ariern überschichtet worden waren, mit den Khagüna's (Khagünah, afgh, Plural von Kha^ah, Khaz'ah, d. i. Khaca, die Kdaizi des Ptolemaios) dieselbe ethnische Einheit gebildet haben. Die im Hindukus herrschende Zählmethode ist die vigesimalc; wir linden dieselbe auch bei den Völkern des russischen Kaukasus vorherrschend, und hier ist etwas ganz Aehnliches wie im Hin- dukus eingetreten: die üseten, ein eranischer Stamm, Nach- kommen der Sarmaten und Alanen, welche von Norden her mitten in die Hochkämme des Kaukasus gedrängt wurden und hier das — zweifelhaft ob ceöenische oder iberische — Volk der Dwalen (os. Dwalthä, DIVALI Tab. Peut.j über- CentraUsiatische Studien. 823 schichteten, haben von den Aboriginern die aneranische Zühl- niethode udoptirt; ebenso iiaben im indischen Kaukasus die arischen Kindiino]ino;e: von den unterjochten Bergstämmen niclit etwa die ZahUaute, wohl aber die Art und Weise des Zählens sich an|^eei«^net. Die Khägüna's oder Kha^a's bilden geg'enwärtig; den spärlichen Ueberrest eines vor Zeiten weit verbreiteten, unarischen Volkselenientes, dessen Verwandtschaft mit den Völkern Nepal s, Tübet's und Olna's oder selbst viel- leicht mit d<»nü-, käl. juuits, piie, tirh. pänts, lat^jhm. pas. pan^, dliir. jianc. , sechs' kal. so, käi". .sii, ("itr. öOI, öül, pas. se, lashm. /e, dhir. äo, tirh. •/«>. ,siehen' kal. satt, käl". süt, sop, fitr. sot, pas. sat, laghni. Oat, dhir. .^at, tirh. satli. ,acht' kal. ast. kät". ust, ost, öitr. ost, äst, pas. ast, laghm. a/t, dhir. hast, tirh. a/t. ,neun' kal. nü, kät". nü, uo, citr. no, laghm. pas. no, dhir. nob, tirh. nah. .zehn' kal. das, kat". dös, dos, citr. gas, gos, gös, dhir. das, tirh. da/, pas. laghni. de. ,eilt"' kal. das-ce-ega (daiega), käf. g-ün-i.s (vgl. barakai s-an- das), öitr. gös-T, pas. ga-e, laghm. yä-e, dhir. ik-ä, tirh. ik-ö. ,zwölf" kal. daze-dua, käf. hi-i.^, bas (vgl. barakai du-as), citr. gös-gü, paä. laghm. diia-e, dhir. biyah-ä, tirh. bö. , dreizehn' kal. daze-trea, käf. trl-is, trus, citr. gös-tröl, pas. th'>-e, dhir. seltah-d. tirh. trü. ,vierzehn' kal. daze-caua, käf. tsöd-is, catt-is, citr. gos-cor, pas. cad-de, dhir. coh-ä, tirh. tsou-dä. jfünfzehu' kal. daze-ponga, käf. päts-is, pice-is, citr. gos-pong, pas. pang-6, laghm. pang-ü, dhir. panc-I, tirh. panz-I. ^sechzehn' kal. daze-söa, käf. sü-ris (vgl. barakai Sa-les), citr. gos-cöT, pas. so-d, dhir. solmd, tirh. /od. ^siebzehn' kal. daze-satta, käf. satü-is, sadö-is, citr. gos-sot, pas. satt-ii, dhir. satah-ä, tirh. satö. ,a cht zehn' kal. daze-asta, käf. astä-is, ostä-i.s, öitr. gös-ost, pas. ast-ü, dhir. hastah-a, tirh. a/tö. ,neunzehn' kal. daze-noa, käf. usü. (Vigne) k-is, 6itr. gös-no, pas. na-ü, dhir. un-bist (vgl. bangali ün-Ic, gug. ög-an-is), tirh. k-un-wai (vgl. kasm. k-uu-wiih). Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. XCVI. Bd. III. Htt. 53 826 Tomaschek. jZwanzig^ kal. bisi, käf. wisi, bisei, 6itr. bisir (skr. viA^ati), cas. obl. bisiro, laghm. pas. wist, dhir. bist, bis, tirh. bhya. ^einundzwanzig' kal. bisi-ze-ek, käf. wiä-äöh, öitr. bisiro-ce-i (vgl. römi bis-u-yek, sin. bi-ga-ek). jZweiun dz wanzig' kal. bisi-ze-dü, käf. wisä-dü, citr. bisiro- ce-gQ (vgl. römi bis-duy, sin. bl-ga-du) u. s. w. Es folgen die Zehner und Hunderte der vigesi- malen Basis : jdreissig' kal. bisi-ze-das, käf. bisei-doä, wisä-dös, öitr. bisiro- öe-^Ö8 (ebenso sin. bi-ga-dai). jvierzig' kal. dü-bisi, käf. dü-isi, dö-isi, citr. ^ü-bisir (sin. dü-biö, kasm. dzo-wiih). Sporadisch in afgh. dwah-silah, baluc. dö-gist. ^fünfzig' kal. dübisi-das, käf. düisä-dös, doisi-dos, 6itr. gübi- siro-cegös (sin. dübiü-ga-dai). ^sechzig' kal. tre-bisi, käf. tre-wisi, drei-bisi, 6itr. tröl-bisir (öiu. cc-biö). Sporadisch in afgh. dre-silah, bal. sl-gist, rom. (asiat.) turrum-wist. , siebzig' kal. trebisidas, käf. trr^wisi-dös, citr. tröibisiro-ce- gös (sin. cebiö-ga-dai). Sporadisch rom. (asiat.) turrumwist-das. ^achtzig' kal. cau-bisi, käf. tsadä-bisi, öattö-isi, citr. öor-bisir (sin. cär-biö). Sporadisch in afgh. tsalör-Silah, bal. öyär-gist, frz. quattre-vingt. ^neunzig' kal. (^•aubi.si-das, käf. tsadäwisi-dös, 6attö§i-dos, öitr. corbisiro-ße-^ö§ (sin. 6ärbiö-ga-dai). ,hundert' kal. pong-bisi, käf. pund, (Vigne) puö-biä. Dagegen citr. sör, §od (sin. säl, rom. sei, afgh. sil, salj, aus skr. cata. ,zwei hundert' kal. das-bisi, käf. dos-bi.s. Dagegen öitr. gü- sör (sin. dü-säl). ^dreihundert' kal. dazeponga-bisi, d. i. 15 X 20. , vierhundert' kal. bi'si-bisi, käf. wisi-wisi , bisi-bisi, d. i. 20 X -0- Bis dahin wird gezählt, weiter nicht ! Bei den Khägüna's und den ihnen verwandten Aborigenern des indischen Kaukasus war diese Zählmethode offenbar seit undenklichen Zeiten im Schwange; die Hinduku.s-Arier haben dieselbe CeatralaKiatUcbe Stadien. 827 übernommen, und so erklärt sich die vigesimale Zählmethüde bei den Kätir's, deren Erscheinung sieh Trunipp nicht recht hatte erklären können. TV. Die Pronomina. Auch hier lernen wir bedeutende Unterschiede vom Neu- persischen, ja durchaus originelle Erscheinungen kennen^ die wir in den alten Sprachen und allen modernen Idiomen ver- geblich suchen. Wir betrachten zunächst das ,ich' und ,du' im Wakhi, weil dieser Dialekt für beide Personen ziemlich ab- weichende Ausdrücke besitzt. 1. ,ich' w. wuz, gen. züi, cas. obl. ma (dat. ma-r, loc. raa-z); ,wir^ sak-ist, gen. spa, cas. obl. sak. ,du' w. tu, gen. tüi, cas. obl. tao (dat. ta-r) ; ,ihr' saw-ist, sAist, gen. saw, cas. obl. saw. Auffallend ist der gen. züi, wofür wir müi (bal. mäz. mi aus ma-ya) erwartet hätten, und der den Anschein hat, als ob er von der verstümmelten Form za (afgh. zah) des nom. wuz, "az mit Zu- that der Idhäfat gebildet worden wäre ; wahr- scheinlicher ist aber züi aus süi entstanden, und sü, *sa mit der Form des gen. pl. spa identisch. Ueber das Postfix -z des loc. ma-z (instrum. maz-an, accus, ä-maz) werden wir im folgenden Abschnitte handeln. — Der Stamm der Mehrheit sak mit dem gen. spa ist offenbar ein Surrogat für beseitigte alte Formen (baktr. ahma, ahmäka). In der Sprache des Nachbarlandes Citräl wird für ,wnr' ispä . cikk ,f wir) selbst alle' gesagt, ent- sprechend dem freien, auf alle Personen aus- gedehnten Gebrauche von skr, sva, baktr. hva , selbst'; ispä, mit eranisch anmuthendem Ueber- gange von v zu p, vertritt nämlich in dieser Sprache das indische sva genau so, wie z. B. ispasar , Schwester' indischem svasar entspricht. Fand nun von Seite des Wakhi Entlehnung 53* ö28 'J'oniasi'li t> V dieses Gebrauches statt, so kann sak (wofür wir der Analogie zufolgie lieber sak erwartet hätten) nur aus spak, *sväka entstanden sein, mit Ein- busse des p, wie in w. sac ,IIund', pers. sag, aus baktr. cpaka, wälirend der, gen. spa den zu Grunde liegenden Stamm bewahrt hat; -ist ist Pluralsuftix. — Das s des Pluralstammes der zweiten Person ist wohl nur Affrication von th in dem baktr. Tlienia thwa (pars, thü, bal. thau); dass aber das Thema der Einzahl auch für die Mehrzahl zur Verwendung gelangt, darf uns nach der Analogie der Schwesterdiahikte nicht wundern. ,ich' s. wuz, s. waz, cas. obl. mu; ,wir' s. s. ma-s, cas. obl. s. mas, s. mas-ew. ,du' s, tu, 8. tao, cas. obl. s. tu, s. tu; ,ihr' s. tam.ä, s. tamä-s, cas. obl. s. tamds-ew. In w. s. wuz ist u aus a verdumpft, vgl. s. Avaz; der Vorschlag w aller dieser Formen findet sich auch sonst häutig, z. B. s. wuwd , sieben' aus awd ; baktr. azem, os. az, (tag.) äz. kurd. ez hat be- kanntlich in dnr neupersischen Schriftsprache keinen Vertreter, wohl aber in den Volksdialekten, z. B. barakai az ( ,ich bin' az yum). Das Thema der Einzahl nia erscheint gleichfalls zu niu ver- dumpft und dient, wenngleich auch Verkürzung aus *ama (baktr. ahma) angenommen werden könnte, überraschender Weise, wie die analogen Formen der zweiten Person beweisen, zur Bildung der Mehrzahl, deren Charakter -s für einen Ueber- rest des alten Suffixes -sma gelten darf, von dem sich sogar in den nordischen Sprachen einige (entlehnte) Spuren vorfinden, z. B. mordw. (moks.) sembä ,alle', cerem. -samyc sufF. pl., wogul. sumen ,all, ganz' ; für ma-s darf Länge des a vermuthet werden, da sich der Vocal in allen Dialekten rein und unverdunkelt erhalten hat-, diese Länge ist offenbar Ersatz eines geschwun- denen Nasals, der das m des Affixes ersetzt haben mochte, wie n in lit. (zem.) muns-. oder, Ceutralasiatische Stadien. 829 da wir uns lieber auf das eranische Gebiet be- schränken wulleii, in a%h. munz'ah, munz'^ raüz'ah, inüz', ö. niuiif^ali, niung jWii'S worin u eine vor dem nasalen Nacliton i^ern eintrctendeVerdumpfung eines ursprÜM«>lichcn a ist; deingemäss lauten die Entwicklungsstuten *iua-suia, *maiu.sa, manz'a, nifis. Einen parallelen Entwicklungsgang setzen wir für s. tamas ,ilir' voraus, worin sich das m des CollectivafHxes -sina nach erfolgter Metathese rein erhalten zu haben scheint, während es in afgh. täsu (pangäb. tusi) in dem Vocale aufging; in dem präkr. Thema *tu-sma, tumha, skr. *tu- sma kann unmöglich tu altem yu entstammen, sondern niuss als das für die Mehrzahl verwendete Thema der Einzahl angesehen werden. Die durch (!in (,^ollectivaftix aus, der Einzahl geschafiene Bildung bietet sich baktr. ä , herzu, herbei, hinzu, gegen', verwandt mit gr. hi, got. ana ,an'. Als Praetix des Ablativus findet sich w. tsa-, sa-, .s, s. ats-, az-: anerkannt baktr. haca, altpers. hacä , weiter, weg von, aus', neupers. az-, za- u. s. w. Im A\';ikhi findet sich tsusk ,von der Höhe her, oben befiiuiliclr, aus haöa und uska, gebildet wie pers, za-bar, za-war, zör; ausserdem folgende Ver- bindungen: w. tsa-wuc*an, s. az^'ter ,von oben herab, über etwas hinunter', w. tsa-past*an, s. ''•■az-baber ,von unten, unterhalb'. w. tsa-sibäs*an, tsa'-'an-sibäs, s. *az-zabö, az*zabö ,von hinten, hinter, nach'; darin ist w. tsi-bäs (si-bäs), s. za-bö, pers. si-pas, az-pas selbst schon mit haca zusammengesetzt, und w. bäs, s. bö ist pas ,das hinten befindliche', w. tsa*an-dhir, s. az"dhär ,aus der Ferne, von jen- seits, herüber', w. tsa-sar*an, s. az*kär ,von neuem, abermals' (sar ,Kopf', kar ,Werk, Sache'). Ein Locativaffix ist ferner, an den Instrumentalis gefügt, s. -its ,mit, zugleich mit, so weit als, bis, während': mit dem vorigen gleichen Ursprungs? kaum baktr. yatha, neupers. tä, das ohnehin in der Fügung s. tä * its ,nach Art von *' vorhanden. s. cü- .an, entlang, auf, zu', z. B. cü*comg ,an jemandes Rücken hin, hinter', cü^ter ,an der Spitze, oben 836 Tomaschek. hin': entspricht vollständig gr, /.a-a, Etymologie dunkel, aus *ku, *ka'? w. sak- mit derselben Bedeutung: af'gh. tsakh, Postpos. an den Abi. gefügt ,von, weg'V türk. saq , Seite, Gegend, Theil'? s. -inder, s. -ande , innen, nach innen, hinein, zwischen': baktr. antare, pars, andar, pers. audar; entlehnt ist s. -dariin, aus pers. darün, andarün. s. mi- ,nach, -wärts', z. B. mi-cid , heimwärts, nacli Hause, ins Haus': baktr. mit, [x—.i; os. loc. exter. auf -ma, (tag.) -mä, bedeutet a.uch ,mit', z. B. tidiy-ma ,mit dem Vater', neben iide-ma ,zum Vater' (vgl. Sjögren §. 115, Anm. 4, S. 192). s. ma- in ma- ghaul ,mit beiden Armen': baktr. mat (s. oben), w. da- drückt allgemeine locale Relationen aus, z. B. da* an , zusammen mit, bei, mittels', da* sikh ,in der Nähe': baktr. hadha, altpers. hadä ,mit', armen, zaza \\et, kurm. de, di ii. s. w. Ein Praerix der Richtung ist das in allen Dialekten übliche tar- ,zu, nach, an-hiu, über, an, in, aus': baktr. tare, altpers. i tara- u. s. w.5 vgl. s. tar* pale ,zur Seite, gegen'. w. tar*sibäs, s. tar*zabö ,im Rücken, rückwärts', w. tar*mis, *tar-mis, s. tar*prOd, *tar-prut , vor' (be- sonders von der Zeit). w. tar-yii-pür, s. tar-wi-pur ,jenseits, drüben' (vgl. mit pur altpers. awa-parä). w. tar-yem-pür, s. tar-mi-pur , diesseits, hüben'. w. tar-kum-ganä, s. tar-kä-gunä, in welcher Richtung'? w. tar-kum-sar, s. tar-kä-sar ,auf welcher Seite'? etc. Aehuliche Bedeutungen vereinigt das gleichfalls allgemein verwendete Praeiix pa- ,zu, gegen, an, -wärts, hinab': baktr. upa, pars, pa-, ba-, pers. ba-, bah, afgh. pah, zaza pa, hedrus. pa, pe, kurm. pe, be u. s. w. 5 vgl, w. pa-döst, s. pa-darün , innerlich, nach innen', w. pa-khidh, s. pa-dze , aufwärts, oberhalb'. s. pa-bun , hinunter, hinab'. Eine Erweiterung dazu ist im Sariqoli das gleich bedeutende Praefix Centralasiatitiche Studien. 837 par-: baktr. ii|)aii'i, palil. apar, pars, awar, pers. abar, bar, ati>h. par ,über, dai-iiber, auf, gegen, nach', os. far- (z. B, far-ast ,über acht') u. a. — Verschie- den davon ist s. parao ,vor, vorn": altpers. pariiva? parauva? \v. -prüt, s. -pnit, -j)rüd ,v(»r, vorn': lat. pröd? pers. furüd jdeorsuni'? s. tar^^'prut, tar^prod ,vor' (besonders von der Zeit). w. -pur, 8. -])ur ,hinül)er, durch': skr. para ,jenseitig, ferner- gelegen', pära ,das jenseitige Ufer', afgh. pöre ,anf die. andere Seite, hinüber, durch', w. pur-dast ,iu die Kbene hinüber, hinab'; vgl. unter tar- ! w. s. -pas ,nach, entlang, längs', s. pis- , hinter, nach': afgh. pase, pas (z. B. zah-pase ,nach mir', pas-lah- daghah , hierauf*), kurni. pas, päsi, päse, (Garz.) päsi, os. fas (vgl. fäson-thä , Rücken', fäsi-fäd ,pedisequu8', fas-iuou ,Reue'), fastag , hinterer', (dig.) faste-der , hierauf, darnach', altpers. pa9ä, paräva, neupers. pas u. s. w. w. -mösön , zusammen mit, vereint', , mittels': baktr. mithwana , verbunden, paarweise', skr. mithuna, mäithuna ,associatio, copulatio, unio'. s. -katti, s. -kattl, (^'omitativsuftix: türk. qat , neben, bei, mit'^ qaty , verbunden'. w. -gan;i. s. -gunä , Richtschnur, Richtung, Art und Weise': baktr. gaona u. s. w. w. -mars , Richtung, Weg, -wärts, nacli Art': aus marz, baktr. mareza , berührend, streifeud, Grenze'. s. -dis, s. -das , gleich, -lieh': pers. -dls, -dis, -das, baktr. dare9, skr. -drca, -dr^. Die in zusammengesetzten Formen von Substantiven und Verben häufiger vorkommenden Praepositionen sind: w. an-, s. an-, am-, s. in-, im- , zusammen-, völlig, ver-, auf-, aus-, weg-': baktr. liam- (ham-, han), altpers. ham- (hau-), neupers. an-, an-, In-, os. am-, ang- , zusammen, mit'. w. ni-, na-, ne-, s. s. ni-, na-, nu- , nieder, hervor, heraus, weg, ver-, aus, auf: baktr. ni-, altpers. niy-, neupers. 838 Tomaschyk. ni-, na-, mi-, ixi'^h. n-, os. ni-, nü-, armen, en- , nieder, ein-'; vgl. die Substantiva w. na-nmrzg , Rechen', na-pösan ,Kanim', na-dhün , Degenscheide', s. na-burg ,Fussblatt' (wie baktr. ni-zanga), na- ghak , Deckel' u. a. w. ne^-, s. nas-, s. nay-, nal-, nar- , heraus, darauf los, dahin, vorüber': skr. nis-, nis-, nir-, baktr. nis-, nii-, armen, nz-, ns- , heraus, hinweg, los-, ent-'. w. dhu-, 8. s. du-, de-, d- , hinein': baktr. de, os. d- (?), slaw. do-. w. z-, zu-, zu-, s-, sü-, s. z-, za-, zi- ,aus, auf, hervor, fort, darauf los, einher, be-': geht auf zwei Quellen zurück; 1) baktr. haöa, neupers. az-, za- ,weg von, von — aus', skr. säcä ,mit'; 2) baktr. uz-, U9-, altpers. ud-, uz-, UQa-, neupers. uz-, za-, zi-, zu-, is-, si-, 08. is-, 8- ,auf, empor, aus'. w. wi-, wu-, wü-, wa-, pa-, fa-, p-, pü-, pö-, pi-, s. s. wi-, wa-, bi-, pa-, ba- 1 ) ,ab, ent-, weg, ver-', 2) , darauf, zu, an, auf, be-, über, darüber^: es ist in ein- zelnen Fällen unmöglich mit Sicherheit auszu- machen, welche von den folgenden I^raepositionen die Grundlage ausmacht: 1 1 baktr. vi- auseinander, weg, fort, zer-': pars, vi-, va-, gu-, ku-, neupers. gu-, gü-, ga-, gi-, ku-, ka-, ki-; 2) baktr. aibi-, aiwi-, awi- ,hinzu, zu — hin, herbei, darauf, altpers. abiy, neupers. aw-, af-, if-, ö-, u-, fi-, fu-, fa-, os. aw- (äw-), af- (äf), yew (ew-), iw-, yu-, afgh. WÖ-; 3) baktr. upa- , hinzu, gegen, auf, pars, pa-, ba-, neupers. pa-, pu-, pi-, ba-, bu-, armen, pa-; 4) baktr. apa- ,ab, fort, ver-', os. fa-, fä-, fe- (os. ba- , hinein, ein, an', dagegen geht auf baktr. altpers. ava , hinein' zurück). Bei w. pö-, s. bi- darf in einigen seltenen Fällen sogar an baktr. aipi-, altpers. apiy ,dazu, hin — zu' gedacht werden. s. war- ,auf, empor, zu, ein-': baktr. upairi, altpers. upariy, pars. pahl. apar-, awar-, wal-, neupers. awar, abar, bar-, armen, wer-, afgh. par- (und äl-?) ,auf'. Centralasiatische Studien. 839 VV par- (in Bedeutuno- 2 auch pri-), s. par-, para-, bara- 1) ,über, herüber, enthing-, an, nahe, bei', wie gr. ::3tpa, 2) , herum, um': 1) baktr. para (?), altpers. parä, skr. pärä ,über, gegen, zu etwas gewendet, vor'; 2) baktr. pairi-, altpers. pariy-, pari-, neu- pers. per-, perä-, parä-, para-, par-, armen, par-, OS. fal-, fäl- ,lierum, um'. w. ra-, r-, rü-, la-, far-, s. ra-, ru-, r-, la-, (entlehnt?) for-, fir-, fr- ,fort, ab, ent-_, auf etwas los, nach, hin, dar, vur, auf, empor, an': baktr. fra, altpers. fra- ,pro', neupers. far-, Hr-, tirä-, farä-, farö-, armen, hra-, OS. ra-, r-, la-, ar-, al- , herzu, herbei, ent- gegen, auf", ursprünglich , vorwärts'; vgl. auch die Substantiva w. ra-ghüm , Zuchtkalb', ra-sip , Peitsche', ra-spük , Weberschiffchen'. w. pet-, pit-, püt-, püdh-, pödh-, s. s. päd-, padh- , entgegen, auf, ver-, nach, zu, empor': baktr. paiti, altpers. patiy, pars, päd-, neupers. padhe-, padh-, pidh-, (gewöhnlich) pai-, pe-, armen, (in Pahlawi- Worten) pat-, aus skr. prä-ti, r.po-xi , entgegen, zu', w. pats-, pitö-, s. pac- , entgegen, dagegen': baktr. paitis-, altpers. patis-, armen, (pahl.) pats-, neu- pers. paz-, piz- (neben dem selbständigen pis, pes). VI. Das Verbum. 1. Die Coniugation. Die Coniugationsweise des Wakhi und Sariqoli ist von IShaw in ausreichender Weise dargestellt worden; wir richten unser Augenmerk vorzugsweise auf die Genesis derselben, da nur nach dieser Seite hin Shaw's Darstellung unvollständig ist. Nochmal sei bemerkt, dass gleich allen modernen eranischen Idiomen auch die Fämii-Dialekte in der Coniugation bei dem äussersten Grade der Einfachheit und Einförmigkeit angelangt sind, dass die reichen Formen des Baktrischen fast spurlos geschwunden sind, und dass an ihre Stelle äusserliche Behelfe, 840 Toma seh ek. Partikeln und Affixe, treten ; complicirte modale Satzverhält- nisse leiden. 1. Die Personalendiingeii des Indicativ Praes. lauten, mit vorant^ehendem .Bindevocal', folgendermasseu : s. : -am -yani, - um -^, -ye -d -am, -yam -id, -yid -in, -yin 8. : am, -'m -i -t, -d -an -yan, -'u -it, -id -in w. : -am -i -t. -d -an -it -an: vgl. haktr.: -ämi -alii -aiti -ämahi -atlia -aifiti neupers : -am -e -ad -im -^d -and 08.: -un -is -uy -an -iethe -uutse afgh.: -am -e -i -n -ai -ina Die mit y anlautenden l'arallelformen des Sighui erklären sich zum Theil aus dem ursprünglichen Dasein des Causativ- charakters a-ya, vgl. besonders -yid, pahl. -et, neupers. -ed, 08. (dig.) -iethe; zum Theil aus dem Streben, die Personal- endungen an den vocalischen Stamm euphonisch anzuschliessen, vgl. z. B. ß. wäyam ,ich bin' (s. wäoam), aus bhavämi, pars, büm. In der 1. pers. pl. erscheint in Sighni und Wakhi das Schluss-m zu -n abgeschwächt, wie im (dig.) Osetischen; in der 3. pers. pl. ist der Dental abgeworfen, wie im Afghanischen. — Die 2. pers. sing. s. -e erscheint auch im Imperativ, z. B. s. zeze ,nimm !' ; ebenso die 2. pers. pl., z. B. cälg-it , wünschet !' Die Personalendungen des Praet. (Aor.), hervorgegangen aus dem Verb, subst., lauten : ». : -am, -um * * -am -et -en: vgl jupers. : -am -d — -im -dd -and afgh.: -yam -yP, -5 — -yü -yai, -ai — pars. : ham ha^ liast hörn hdt hent baktr. : ahmi Ulli arti Innalii — henti In der 2, und 3. pers. sing, des Sighni, sowie in allen Personen im Sighni und Wakhi werden jedoch dafür die so- arenannten .Pronomina suffixal die an alle Nomina hinzutreten, und auch selbständig gebraucht werden, verwendet: -at -^, -i — — — -at — -an -aw -aw -at, -it -ei -an, -in -aw, -iw -aw, -iw: vgl. -at, -t (-4s, -s) (-m-än) (-t-än) (-s-än) de, de yah, ye, e muh rauh yah, ye, e Während sich der Charakter für die 3. pers. sing, im Sighni und Wakhi an das Afghanische anschliesst und vom ^ ä. : ■^■~ s. : -am w.: -am, -im iipers.: -am, -m afgh. : me, rae CVntralasiatisohe Stadien. 841 rronominalstamm ya- ,er, sie, es' (s. oben) durchaus nicht unterscheidet, entbehrt dieselbe Person im Sariqoli und meist aucli im Wakhi jedweden Charakters, entsprecliend dem par- ticipiahui Charakter des Aorists; die 1. und 2. pers. sing-, ist dem Neupersischen entlehnt; im Plural tritt im Sariqoli und Wakhi das nominale PluralafHx -an (s. -en, neupers. -an), im Formativus -aw, -i\v lautend, ein ; oder sollte in letzterer Form der Pronominalstannn a^a .jener' vorliei^en? — Nach Analogie des Türkischen vertreten die Pronomina suftixa das Verbum jSein', z. B. s. laur am waz ,gross bin ich', dzül at tao ,klein bist du' itürk. man ulugh-man, san kicik-san). Der Gebrauch dieser Suffixe, wie er ausserdem noch im Sindhi hervortritt, stammt überhaupt aus irgend einer turanischen (Quelle (etwa atis dem Indoskythischen? der Sprache der Tukhrira?). Bemerkung. Die 3. pers. sing, des Verbum subst. jaktr. ayti, pars, neupers. hast lautet s. yast, s. yost (negativ nast, s. näst, s. nlst) ; daraus wird nun, wie im Pärsi und auch im Polnischen mit Hilfe der Personalaffixe, so im Sighni und Sari(|oH mit Anfügung- der , Pronomina suffixa' eine eigene Joniugation geschaffen : .s. yastam yastat yastt' yastam yastet yasten S. yostam yo.stat JiiSt yostan yo.staw yostaw: vgl pars. estain estao t'.stet * estet estent nenper.s. • hastani haste hast * hastini * hasted liastand ixilii.: jestem jestes jest jestesnii jeste-^ee — Bekanntlich sucht Bopp in. dem persischen Zeitwort die Wurzel etä , stehen, sein'. 2. Das Verbum baut sich, wie in allen modernen erani- ichen Sprachen, auf zwei Stämmen auf: auf dem Praesens- itamm und auf dem Stamm des Participium perf. — Im Wakhi vird zur Bildung des Infinitivus der Praesensstamm verwendet, m Sariqoli und Sighni dagegen steht der Infinitivus im offen- )aren Zusammenhange mit dem Participialstamme. a) Im Praesensstamme treten die Unterschiede der zehn /erbalclassen des Baktrischen bis auf einige wenige Spuren ticht mehr hervor; baktr. dadhami ,ich gebe', neupers. diham, pers. sing, dadhäiti, lautet z. B. s. dhiam, s. dhäm, 3. pers. ing. dhld; deutlicher ersichtlich ist die Spur der Reduplication li s. dhädam, ming. doham ^^s. dhäm, 3. pers. sing, dhid) ,ich Sitzungsber. d. phil.-hiBt. Cl. XCVI. Bd. UI. Hft. 54 842 Tomaachek. 1 mache', minder hinwieder in dem Causativ s. dhey-än (vgl. die Lauteutwicklung- in zaza deyine ,es gescliieht', os. idäyun , beginnen, ins Werk setzen'). Den Causativcharakter -ya- er- kennen wir noch in w. mariam ,ich sterbe', 3. pers. sing, mlrlt^ baktr. mairyeiti, miryeiti, inf. w. marain aus * inarayana ; auch in s. s. waream ,ich trage davon, erwerbe' und s. zaneyam ,ich reinige, wasche' u. a. Der im Neupersisclien so beliebte Charakter der , schwachen' Couiugation -I- (aus -aya-) ist in den Pamir-Dialekten überhaupt sehr selten. — Merkwürdig ist das Auftreten von Verbalstäinmeu mit der Erweiterung -s, baktr. -9; diese Erweiterung findet sich nicht nur bei einigen Verben durchiirehends in allen Formen, zum Ausdruck des j . . . ' plötzlichen oder aucii allniiiligen Beginnens einer Thätigkeit, i des Strebens nach einem Zustand, z. B. w. kl^öts, s. khüfs , einschlummern', w. wa-rafs , stehen bleiben', w. göfs ,zu rennen anfangen', w. sökl^s , vorüber passiren' ; sondern auch in Fällen, ^ wo dieselbe nur im Praesens auftritt und den übrigen Formen i mangelt, z. B. w. for-obs , einholen' (_neben tar-ib der übrigen ) Formen), w. nadh-ews ,einen Profit machen' (nadh-aw), s, kliufs i ,sich niederlegen' (khuw), s. wa-khaws , herabkommen' (wa- kl^äw), s. wa-5^ews ,den Rücken wenden' (wa-zew, caus. wa- zep-än), s. in-gakl\s ,hangeu' (in-gakh), s. ghirs , herumgehen' (gher), s. nar-ges , losschreiten' (nar-ge), s. yüs , davontragen' (yü), s. bis , vergehen' (bl), s. bizis ,treffen' (bizi), s, znüa, jgleiten' (znöi) u. a. — Im Allgemeinen zeichnet sich das Praesens durch Hervortreten der reineren Formen der Verbal- Ir Stämme aus, während die Formen des Praeteritums starke J'*' Entstellungen und Verkürzungen aufweisen; vgl. z. B. s. /ktirain' (w. sküram) ,perlustro', praet. ykaugam, inf. -/keigao, s. p XÖoram ,giesse', inf. /cügao, s. pa-ts6ram ,ich werde kalt', inl^ den übrigen Formen pa-tsü-, s. weinam ,sehe', übrige Formei|j|* wan-, s. wädham , führe', übrige Formen (vor -t, nach erani--|H| sehen Lautgesetzen) was-, ebenso s. windam ,ich binde', übrige Formen wus- oder wis- u. s. w. In einigen Verben erscheint das Praesens ohne Vocalsteigerung gebildet, während die übrigen Formen selbe darbieten, z. B. s. rofam ,ich besciimiere', übrige Formen rif, rowam ,ich sauge', übrige Formen riw, wäfam ,ich webe', übrige Formen wlf-, säbam ,ich fahre auf und ab', übrige Formen sTp, wärawam ,ich koche', übrige Formen wirew- u. s. w. Centralasiatische Studien. 843 Vom Praesenssttiimn wird s^ebildet: 1. Der Indieativ Pnujs. durch Anknüpfung der Personal- euduugiui. 2. Der Iiuperativus, ebenso; oft wird jedoch in der 2. pers. sins:. die Personalendunt; weg-i>-elassen ; als Prohibitivpartrkel gilt, wie in den meisten eranisciien Dialekten, ma, z. B. w. ma ksüi jliöre nicht!' s. ma-kan ,mach' niclit!' 3. Der Conditionalis oder 8ubiunctivus, d. i. der Indieativ Praes. mit Anknüpfung- des Partikel ö als Postfix; vgl. das afghanisdie Praefix wo? z. B. w. cdlgam-ö ,ich sollte (möchte, könnte) wünsclion' oder ,dass ich wünschte', s. zözam-ö ,ich sollte nehmen, wenn ich nehme'; vgl. ai'gh. wö-kawam ,dass ich thue', wö-de-tsl ,er mcige fliehen'. Das Sighui hat dafür das Praefix tsa, z. 1>. tsa-zezam ,ich sollte nehmen'. 4. Das Futurum, welches zwar meist durch das Praesens vertreten wird, im Wakhi aber auch den Charakter ap dazu erhält, z. B. winam-ap oder ap-winam ,ich werde sehen'; vgl. die Aoristpartikel pars, ba, bc, neupers. bi-, biy-, afgh. bah (z. B. wo bah rasam ,ich werde ankommen')? oder der Stamm a}) , erreichen, dazu gelangen'? oder die Praeposition aipi? f). Der Infinitivus, im Wakhi. Derselbe hat im Wakhi zwei Ausgänge: (x) -äk, -k, -g, z. B. cilgak ,wünschen, Wunsch', haläk , verweilen, zögern", ghotak , erwerben, Erwerb, Gewinn', nasäk , schwinden, Verlust', katäk ,eiugiessen, Guss', khak oder tseräk , machen, Handlung', klianäk , reden. Rede', khasäk , ziehen. Strich', thauiik ,heiss scheinen', wandak ,binden, Bund', kandäk , lachen, Gelächter', yöndäk ,wegführen', wuzduk , auswaschen' (praes. wüzdüam), wing , sehen, Licht', büng ,worfeln', ding , machen' (neben di-in), pi-dhing , aufleuchten', küng , heraus- ziehen' u. a. Dieser Ausgang ist viel seltener und tritt gern in Lehnwörtern auf, vielleicht ist -er sogar selbst fremden (in- dischen) Ursprungs; vgl. citräl. diko , geben, Gabe', giko , kommen, Ankunft', gibiko, zibiko , essen, Nahrung', pJko jtrinken, Trunk', koriko , machen, Handlung', posiko oder posik , sehen, Sicht', anglko ,bringen', reko , sprechen. Rede', biko jgehen, Gang'; ferner kalasa dek ,geben', ik ,kommen', guk, zuk ,essen^ pik , trinken', karik , machen', nisik , sitzen', gagäik sehen', onik , bringen', cistik , stehen', parik , wandeln'; endlich 54* 844 T (1 m a s (• h e k. gilgitisch z. B. tüki , machen', düki , geben', caküki , sehen', ; piOki , trinken', miriüki , sterben', marüki ,tödten' u. s. w. Der ! Ausgang -aka, ind. -ika, ist entschieden nominaler Natur und j in den alten Sprachen sind analoge Bildungen dazu vorhanden, i ß) -an, -'n, -in, z. B. tukan , laufen' (neben tuk ,Lauf', ; baktr. taka), sküran ,perlustrare', ni-sparan , niedertreten', tüsan ' , beschneiden', kliöfsan , einschlummern', pöcan , kochen', pörsan j , fragen'; auch nach Vocalen, z. B. degoan , gross ziehen', stoan ' , loben'; meist (nach Consonanten aller Art) zu -n verkürzt, j z. B. wätsn , werden', dhütsn , melken', töön ,8ich bewegen', ' gizn , aufstehen', weresn , braten', waqn , zerplatzen', ciranm I , einbringen', par-kölu ,graben', kiirn ,das Feld bebauen, Feld- bau, Feld', wufn , weben', bütu , umwerfen', ra-südhn , ein- schneiden'; auch nach Vocalen, z. B. purun (praes. pui'uam) , waschen, abspülen', gün oder gin (praes. gawam^ , zudecken, verwahren'. Der Ausgang -in ist durchweg aus -jan entstanden und charakterisirt die , schwachen' Verba (neupers. auf -i-danl, z. B. ksüin .hören, begreifen'' (praes. ksüiam), stüin oder stüyan , wegschicken', niün , ausgehen , Untergang', ni'isün , liegen, schlafen', zirüin , drehen , drechseln', püt-miün , nachahmen' (praes. püt-müiam), wa-rüin ,l)ellen' i praes. wa-rüyam), marain , sterben' (praes. mariam), südhüin , erscheinen' (praes. südhüy- am), tanein , Schafe einpferchen', kamein , einig sein' (praes. kamiam), par-wain , erreichen', säin , niederstrecken' (praes. sdyam) u. s. w. — Was den Ursprung dieses Ausganges be- trifft, so Hesse sich allerdings daran erinnern, dass in allen eranischen Dialekten, welche an den südlichen Gestaden des kaspischen Meeres gesprochen werden, der neupersische In- finitivausgang -dan, -idan zu -'an, -ian verkürzt erscheint. Eine solche, vorwiegend nach vocalischen Stämmen eintretende Eli- mination des Dentals, das Zeichen einer verweichlichten Aus- sprache, ist für das rauhe Wakhi, das die stärksten Consonanten- häufungen verträgt und sonst keine Spuren gewaltsamer Eliminationen eines Dentals aufweist, kaum anzunehmen. Wir finden es rathsamer, in -an, -in das indogermanische Infinitiv- suffix -ana, -ajana (z. B. got. sit-an , sitzen', sat-jan , setzen') zu suchen, und erinnern an baktrische Nomina actionis, wie qarena, karana, harezäna, zavana, ayana (w. niüin , Untergang' aus nyayana), 9ravana, ytavana, skr. vartana (vgl. w. wätsn Centralasiatische Studien. 845 , werden^, got. vairtlian) ii. s. \v., sowie an die neupersischen Nomina agentis auf -an, z. B. khwarän, pursän, welche die Grundhige der Causativa abgeben, endlich an den osetischen InHnitivus auf -un, -iin-, -in, welcher nicht getrennt werden darf von dem nominalen Ausgang -on, z. B. faudun , wünschen', fandon ,AVunsch', warzun , lieben', warzon , Liebe', tsawun .gehen', tsawon ,Gang'. Demnach könnten wir in den neu- eranischen Sprachen hinsichtlich des Infinitivs zwei Gruppen unterscheiden, eine, welche auf das nominale Suftix -ana zurückgeht, und eine, welche den participialen Charakter -ta voranstellt (altpers. cartanaiy, neupers. kardan). Bemerkung. Die Infinitive der Pamir-Dialekte werden durchweg als Nomina actionis behandelt und nehmen alle Casussuffixe der Substantiva an, z. B. w. cilgäk , wünschen', dat. cilgäk-ar, abl. sa-cilgäk-an, maniin , sterben', abl. tsa- marain-an ; s. zoklitao , s. zekhtao , nehmen', dat. zokht-ir, zekhtao-ir, instr. zokht-its, loc. zekhtao-ti u. s. w. Ausserdem werden Composita gebildet: 1. mh -küzg, z. B. w. cilgäk-küzg ,wunschbeÜissen', nasüin-küzg , schläfrig', ksüin-küzg , Zuhörer' ; 2. mit -icoz, z. B. zokht-icoz ,im Begriff zu nehmen'; 3. mit -asok, -asuk, z. B. w. cilgäk-asok ,wünschenswerth', köndäk- asok , lächerlich', s. zokht-asuk , annehmbar' oder ,gern nehmend'. Andere Bildungen sind z. B. w. cilgäk-ar am tu ,zu wünschen (dat.) ich ging", d. i. ,ich wünschte', latsaran-ar at tu ,zu legen du gingst, du legtest' u. s. w., ksüin-ar am tu ,ich hörte', wing-ar am tu ,ich war sehend, ich sah'; s. zokht-ir am wüd, s. zekhtao-ird am w6d ,zum nehmen (dat.) ich war, ich nahm' ; s. pi-dhedao-ird sut ,zum Leuchten es kam, es begann hell zu werden', cidao sut ,zu machen er ging, er begann zu machen'. hj Das Participium der Vergangenheit. Das Wakhi hat dafür den Ausgang -tk, der sich aus der vollen Form -taka entwickelt hat ; er erweist sich auch hierin alterthümlicher als das Neupersische, wo die weiche Form -dah begegnet ; w. mörtk , gestorben' hat sich aus martaka ebenso gebildet wie pers. murdah (^pl. murdag-än) ; w. pütk oder pitk ,verfault' aus putaka, pahl. pütak ; pitk , getrunken' oder , einer, welcher ge- trunken hat (potus)' aus pitaka; khötk , gemacht' (neben la- kartk ,an den Ort gethan, gestellt') aus kartaka, pers. kardah. In manchen Fällen, zumeist nach kh und f, wird t des Wohl- 84ß Tomaschek. I lautes weg'en unterdrückt, z. B. takhk ,gegang-en' aus taktak oder takhtk, kösk , angebaut' aus karstak oder kastk, drat'k ,g-enäht, genäht habend^ aus drawtak u. s. w. — Sehr häutig begegnen wir dem erweiterten Ausgang -etk, -ötk, dessen Vocal wohl nur als Ueberrest der zwischen t und k ursprünglich vorhandenen vocalischen Ausfüllung betrachtet werden kann, so dass z. B. dietk .gemacht' aus dataka oder ditek, puruetk ,gewaschen, gewaschen habend' aus purutaka, tüsetk ,geschoren' aus tustaka entstanden wäre; oder sollte sich in diesem e, ö der Causativcharakter -aya-, neupers. -i, e- verbergen? Dann wäre z. B. pörsiitk , gefragt' gleich neupers. pursidah. Das Wakhi hat merkwürdiger Weise noch einen zweiten Charakter für das Participium der Vergangenheit bewahrt, der dem Baktrischen als solcher mangelt (vgl. perena adi. , ange- füllt, voll'), nämlich -n-g, dessen Entstehung aus einer volleren Form -naka immerhin angenommen werden kann, wenn wir auch Beispiele finden, dass die Lautgruppe -ng im Wakhi aus m entstanden ist (z. B. yüng ,ro]i' aus äma, malung , Mitte' aus madhuma), unter welcher Voraussetzung auch an den Participialcharaktcr -mna, -numa gedacht werden könnte. Oft finden sich beide Formen, auf -tk und auf -ng, nebeneinander und dann drückt jene auf -tk vor Allem die Vergangenheit oder gänzliche Vollendung der Handlung, die auf -ng dagegen j den noch immer währenden Zustand, das dauernde Resultat j der Handlung aus (vgl. gr. ts/.-v:- ,das geborene'); mit dem ' Adifcctivausgaug -ung verbunden, bedeutet z. B. skötk-ung ! ,einer, welcher einmal etwas zerbrochen hat (activisch), dagegen |i sköng-ung ,gebrochen seiend, Bruchstück' (entschieden passi- j visch, obzwar sich auch Beispiele vorfinden, wie ksöng-iing i , einer, welcher gehört hat'). So heisst zü-bö-ng , zerspalten, Spalte', von zü-bedham ,ich zerspalte^ (vgl. skr. bhinna von bhid), wi-tri-ng , scheu gemacht, furchtsam' (vgl. pers. tarsnäk neben tarsän, kurd. tirsönek), rö-ng ,geflohen, flüchtig', ra-sa-ng ,verschnitten. Einschnitt', ksöng , wahrgenommen, Einsicht' u. s.w. Das Sighni und Sariqoli haben nur einen Ausgang -dhg oder nach Liquiden, ferner nach w, b, dh, z, z und anderen weichen Lauten -dg ; derselbe geht gleichfalls auf die Grund- form -taka zurück, indem Abfall des schliessenden a und hierauf Erweichung der Consonanten eingetreten ist, wie in Centralasiatieche Stndieu. 847 pers. -dah (pl. -dag-än). Etwas urspiünglicher ist die Form -ig gestaltet, welclie regelmässig nach p, f, t, th, k, kh, \<\\, x, 8, a eintritt; vgl, s. pörstg ^gefragt, gefragt habend' aus par- staka, riftg ,beschmiert, beschmiert habend' aus riptaka, tu/tg jgeschoren' aus tustaka, ta/tg ,bereitet' aus tastaka u. s. w. neben pedhg, s. pudhg , verfault' aus putaka, dhadhg , gemacht, gegeben' aus dütaka oder dädag u. s. w. Sehr häufig finden vor diesem Participialausgange Elisionen des Stammauslautes statt, z. B. redhg , zurückgelassen, säumig, müde' aus riktaka, tüidg , losgefahren, gegangen' aus taktaka, pad-maugg ,ange- zogen, angelegt' aus paiti-muktaka; am häufigsten ist dies der Fall, w enn der Verbalstamm auf r ausgeht — der Ausfall des r hat dann im »Sariqoli eine Diphthungisirung des Stammvocals und die Verwandlung des dentalen Participialcharakters in die gutturale Media zur B^olge; vgl. s. cu-dg, s. cau-gg ,gemacht' aus kartak, s. k^u-dg, s. kl^ü-gg ,gegessen, gegessen habend' aus khar-tak, s. wu-dg, s. wau-gg , gebracht' aus bhar-tak, s. /kau-gg , durchforscht' aus skar-tak, na-ypu-gg , betreten' aus ni-spar-tak (vgl. den thrakischen Eigennamen ^-aptoacc, Izapa- soy.o; ,der Ungeberdige'), mau-gg ,gestorben' aus mar-tak, pa- tsü-gg , abgekühlt' (neben sor-dg ,kalt'), dhau-gg , erduldet^ (neben dhor-dg ,gefasst') u. s. w. In dem beiderseits zu Grunde liegenden activen und zugleich passiven Participialsuffix -taka ist blos das erste Element -ta wesentlich participialer Natur; -ka ist ein allgemeiner Ausgang rein adiectivischer Natur, der aber auch, wie im Pahlawi und Osetischen, an und für sich participielle Geltung angenommen hat, z. B. pahl. punsäk , fragend', os. farsäge. Die Verbindung des Participial- suffix -ta mit -ka findet sich einige Male im Indischen, z. B. cita, verdichtet, gefroren', öitaka ,kalt, kühl' (s. sitägh) ; die- selbe muss, wie aus den neueranischen Sprachen geschlossen werden darf, bereits der alten Volkssprache eigen gewesen sein. Im Sariqoli und Sighni geht der Infinitivus auf -dao, in Fällen, wo das Participium auf tg ausgeht, auf -tao aus; der Dental dieses Ausganges unterliegt überhaupt ganz denselben lautlichen Veränderungen, die wir im Sariqoli beim Participium perf. wahrgenommen haben, vgl. s. cei-gao, s. ci-dao (neupers. car-dan), s. pad-mei-gao , anlegen' (pars, pad-mökh-tan), na- Xpi-gao jtreten', s. na-spi-dao (pahl. ni-spar-tan), s. pa-tsl-gao 848 Tomaschek. I ,kalt werden', s. wei-gao, s. wl-dao .bring'en' u. s. w. Wie ist aber der Diphthong von -tao zu erklären V Ist derselbe, wie nachweislich öfter, aus -agh, d. i. -ak, -aka (vgl. die Wakhi- Formen auf -äk) entstanden, und hätten w^ir, da der Dental des Tntinitivausganges sicherlich mit dem alten Partieipial- charakter -ta zusammenhängt, wiederum ein Nomen auf -taka vorliegen, wie im Participium? Kaum glaublich; die Laut- gruppe -tao entsteht ebenso oft aus ursprünglichem -tava, -tu (vgl. Lautgesetze, Absch. I). Wir glauben nicht zu irren, wenn V wir in dem Infinitivausgang -tao des 8ighni und Sariqoli das indogermanische Suffix -tu, -tva, -tava erblicken, welches voll ständig declinirbare Nomina actionis bildet (vgl. betreffs der Pämir-Sprachen obige Bemerkung) und wahrscheinlich aus dem Participialcharaktcr -ta und dem nominalen Suffix -va ent- standen ist (vgl. den Zusammenhang des Participium perf. pass. mit dem Supinum und mit dem Nomen actionis auf -tu- im Lateinischen); vgl. skr. (accus, auf -m) sthä-tu-m, stö-tu-m (b. staü-dao , loben, Lob'\, päk-tu-m, kiir-tu-m, ved. (dat.) kär- tav-e, kar-tav-äi u. a., und die Gerundia auf -tvä (instrum.), z. B. kr-tvä, bhfi-tvä u. u., auch baktrische NonTina actionis, z. B. ham-bere-thwa ,das Zusammentiagen^, ytao-thwa , Lob- preisung" u. a. — Wir haben somit eine Form vor uns, die ] an Alterthümliclikoit und conscquenter Durchführung in den j verwandten Dialekten ihres Gleichen sucht. ] Dass einstens das einfache Participium praet. auf -ta (ohne Hinzutritt von -ka) im Gebrauche war, können wir daraus schliesscn, dass der Indicativ praet. (Aor.) auf diese einfache Form aufgebaut ist. Im Wakhi, wie im Sighni und | Sariqoli, wird das Praeteritum einfach dadurch gebildet, dass ! an den Participialstamm die Pronominalaffixe angefügt werden, ; z. B.w. cälgd-am (öäld-am) ,ich wünschte', ksön-am ,icli hörte', ' s. zokht-am, s. zukht-am ,ich nahm'. Im Sariqoli erscheinen | dieselben Lautv'eränderungen wie im Participium und Infinitiv , auch im Praeteritum. — Im Wakhi kann die 3. pers. sing. z. B. cald-ei, auch für alle übrigen Personen zur Verwendung \ gelangen, wobei die Affixe vorangestellt werden, z. B. am- " cäld-ei u. s. w. Das Participium praet. wird, wie im Neupersischen, zu \ vielen Umschreibungen verwendet; die wichtigsten sind: ■ Centralaeiatische Studien. 849 1. Der Indicativ pert'., d. i. das Participium mit Anfügung der Prononiinalaftixe, z. B. w. cilgetk-am ,ich habe gewünscht', la-kartk-am ,ieh liabe gelegt', ksöug-am ,ich habe gehört', s. zukhtg-ani, s. zokhtg-am ,ich habe genommen'. 2. Das Plusquamperfectum, d, i. das Participium praet. mit dem Charakter -it (etwa von i ,gehen'?) und mit An- knüpfung der Pronominalaffixe, nur im Sighni und Sariqoli, z, B. s. zukhtg-it-am, s. zokhtg-it-am ,ich hatte genommen'. — Im Wakhi wird das Plusquamperfectum durch tiüw, tüw, tiw ,ging, war' umschrieben, z. B. cilgetk-tiw-am ,ich hatte ge- wünscht', k.söng-tl-wam ,ich hatte gehört'. 3. Das Plusquamperfectum coni. oder der Conditionalis (subiunct.) des Praeteritums: fi) im Wakhi mit Anfügung von hümü, hüml und den Pronominalaffixen, z. B. cilgetk-hümi-am ,ich wäre ein gewünscht habender, ich hätte gewünscht', ksöng- hümi-am ,weun ich gehört habe' u. s. w. ; hümi vergleicht sich mit dem neupersischen Durativ'charakter hame (verkürzt me), nach Fr. Müller gleich skr. sma, smä, jedenfalls im Zusammen- hange stehend mit der verstärkenden Praepositio ham, etwa mit Hinzutritt von ya, i , gehen'? (vgl. neupers. -e. Postfix des Subiunctivs). Oft treten im Wakhi noch die Praefixe sa- und ki- hinzu, b) Im 8ighni und Sariqoli wird zu bhü ,sein' ge- griffen, z. B. s. zukhtg waoam, s. zokhtging wäyam ,ich hätte genommen, wenn ich genommen habe', s. sedhg waoam, s. sudhging wäyam ,ich wäre gekommen, ich wäre geworden'. Bemerkung. Das Participium praet. in seiner adiectiven Form auf w. -ung, -üug, s. -eng, -yeng, s. -ing vertritt, wie im Türkischen, auch die Stelle von Relativsätzen; z. B. w. cini sköt-ung khalg, s. ä-cin warakhtg-eng adara ,das Trink- gefäss zerbrochen habend Mensch', d. i. ,ein Mensch, welcher das Trinkgefäss zerbrochen hat', w. cini sködhn-kuzg khalg, s. ä-cin warakht-icoz adam ,das Trinkgefäss zu brechen wallens Mensch', d. i. ,ein Mensch, welcher das Trinkgefäss zu zer- brechen willens ist'. Blosse Nebeneinanderstellung, z. B. s. dam-dhed wärdhed ,er athmet, er vermag', d. i. ,er kann athmen', s. rasüdham dhürzam ,ich zerschlage, ich nehme', d. i. , nach- dem ich zerschlagen habe, nehme ich' u. a. Die interrogative Form hat den Charakter ä, z. B. s. tu qähr yät-ä ,has thy anger come?' 850 Tomaschek. Die negative Coniiigation liat in den indicativen Formen na, z. B. s. na kanani, ich mache nicht'. Die Causativa werden im Sighni und Sariqoli mit dem Charakter -an (s. auch -Tu) gebildet, wie im Neupersischen. Im Waklii haben wir dafür den Charakter -aw, -uw, -üw, -iw; diese Form ist liöchst wahrscheinlich nicht eigenes Erbgut, sondern Entlehnung aus dem Pastö, welches den Causalcharakter -aw besitzt; Trumpp erblickt darin eine Verkürzung von kawal ,thun' (mit Elision von k), Fr. Müller vergleicht richtiger den neuindischen Causalcharakter -awa, präkr. äbe, skr. äpay-. Es folgt hier 1. der Stamm bhü im Siglini und Sariqoli, 2. der Stamm su (ß\i) ,gehen, werden' in denselben Dialekten. 1. Praesens: vgl. ».: wä-yam wa-ye we-fl wA-yani w.i-yid wä-yin s.: wao-ani w4o wi-d wäo-aii wan-id wAo-in : jiärs. : bö-m ba-e ba'o-t ft b.'-t bi-nt skr.: bhav-.Hiiii bhav-asi bbav-ati bhav-äiuas bbav-atha bliav-anti alasa : bliam bbas bba bliä(ik) ))haä bhaeii Mtr. : böin bos boy bomi b6si böui s. wüd-am etc. vgl, neupers. büd-am etc. Praeteritum vom Stamm des Participiums gebildet: Part. s. wö-d, wü-d Praet. s. wod-am, wud-am ,ich war' s. wü-d vgl. skr. bhüta, baktr. büta os. uodt, od afgh. wuh Participium praet.: s. wödhg, wiidhg aus *bhütaka adi. s. wüdhg-in^ s. wedhg vgl. neupers. büdali s. wedhg-eng davon Perf. ind. s. wüdhg-am u. Pl(|pt. ind. s. wfldhg-it-am s. wedhg-am etc. s. wedhg-it-am etc. Infin. s. widao, s. widäo, vgl. skr. (Gerund.) bhü-tva. Subst. s. widi s. widi ,existentia', vgl. skr. bhüti, baktr. *buiti. 2. Praesens : säo-am ,ich gehe, werde' sAo-i s(^-'m sö-i cau-am ,ich j^ehe' p-5ew-am ,ich gehe zurück' (caiis.) p-sü-am ,ich verjage' {^= caw-iiw-am): vgl. neupers.: Saw-am saw-e aa\v-ad saw-im .?aw-ed afgh.: S-am ,ich werde' s- s-i s-ü s-al ». s. w. 3Ö-d säo-am .sdo-id sao-iu sau-d so-yan sö-id s6-in cii-t p-sü-t saw-and s-ina OS, (dig.): tsau-u ,gehe' tsau-is tsau-y tsau-on tsau-othe tsau-ontse CentralasiatiBche Studien. 851 Praet. s. sut-am, s. süt-aui, \v, p-sett-am, (caus.) p-säud-am, vgl. neupers. «iid-ani. Part. s. sudhg-, s. scdli^-, w. p-setk, (caus.) p-süetk, vgl. neu- pers. sudah, OS. tsudt. liitiu. 6. sitao, sitj s. setao, set, w. p-5c-in, (caus.) p-sü-n, vgl. neupers. Sudan, os. tsau-n. Anmerkung. Baktr. su , gehen', (caus.) ,in Bewegung setzen', angeblich aus skyu (skyaotlina ,That'?), skr. öyu, cyavate ,gehen', altpers. siyii ,einlicrziehen' kann (des Anlautes wegen) nicht die Grundlage bilden zu s. s. sau ,werden'; es sind hier zwei grundverschiedene Stämme mit einander ver- mengt worden, nämlich dieses baktr. su und dann baktr. 9U , schwellen, gedeihen', (caus.) , stärken, nützen', os. sawin, suun, soun, (dig.) isuun ,gedeihen, wachsen, werden' (vgl. südl. yur- sawon , Sonnenaufgang', khardag sawi ,die Pflanze spriesst', tag. sü-dzen ,es ist möglich', suinag , werdend, künftig'). Auch für den afghanischeu Stamm saw hat Trumpp eine Vermengung zweier verschiedener Stämme angenommen. 2. Verzeichniss der wichtigsten Verba. Wir nehmen nur jene Verba auf, welche uns eranischen Ursprungs zu sein scheinen; Shaw folgend lassen wir den Indi- cativ praes., den Intinitiv,, das Praeteritum (Aor.) und das Participium praet. auf einander folgen; statt der begrifflichen ziehen wir hier die Anordnung y.aTa sror/eTov vor, und zwar in folgender Folge: a, y, w, p, f, b, m, n, r, 1, d, dh, t, h, g, gh, k, kh, kh, c, ts, z, g, z, s, s, s. Mit Vergleichungen aus anderen Dialekten und Sprachen sind wir hier der Kürze wegen etwas sparsamer gewesen, bei einigen Verben unterlassen wir dieselbe ganz. ah ,erreichen, ankommen, einholen, erwischen, nachschicken, verfolgen'. s. -fir-ai-am fir/6tao fireötam firefttg s. for-06-s-am fare&tao fari6tam fr^'&tg: skr. äp (desid. ups, Ips), baktr. ap (erweitert af-c), neupers. 3/ä/tan, praes. yäba,m, yäioa,m, os. yafun, a,-yäfnn, ipsirtyaft, yeft; sarmat. Eigenname 'li(iocyoq. 852 Tomasche lt. \ I aio jfliessen lassen^ weinend w. m-ihv-a,in ni^at'n na? 2/f* ,gehen'. w. ni-/7-am (3. pers. sing, m-yi-i) ni»n uettam nietk ' , untergehen, vergehen, auslöschen', 1 (caus.) ni-7f-tf-am, praet. no/oVdam , untergehen lassen, vernichten, ein Licht ausblasen'. w. hüm-/(-am, int". hümi//n, beständig verweilen, sich be- j rinden'. i w. * * ntj/nam nif^ng ,sich niederlassen, sitzen'. ' s. b-«-«-am (3. pers. sing. b-a*-t) b^/dao beidam bedhg , verloren gehen, dahin schwinden', ming. as, sangl. i es ,kommen'. j s. bal-l-6-am bah'idao bab'idam bale'dhg s. wal-j-.s-am wal/dao wabVt'dam waliä'dg ,übergehen, sich heben, gähren, anschwellen, aus- ; treten, sich ausbreiten'. , (caus.) wal-ei-s-än-am ,überfluthen lassen, bewässern', i s. al-rt-s-am (3. p. s. al-l-s-t ) ahdao, aleidao ahV^'dam almdg ! ,zur Ruhe kommen, ausruhen, darniederliegen, schlafen', vgl. , schläfrig' aleid-icoz: ausser baktr. i /_, ya 3. pers. sing, tieiti, yäiti, neupers. ä?/-am, kurd. em und den Zusammensetzungen mit ni-, l vi-, neupers. war- ,auf', kommt noch in Betracht die Erweiterung ya-c ,kommen'-, s. waltsam nicht etwa zu rJ, ll , rinnen, fliessen'; neupers. ä-lüd - ,dahingegossen' (auch khäb-älüd ,schläfrig'), inf. , ä-fe-dan, imper. ä-läi, ä-lä? Centralasiatisolie Studien. 853 s. yddh-am (3. Y>ers. sing. yd(Jh-d) ?/«tao yetam yetg s. yädh-am i/«tao yäta,m iihg ,kommen^ s. de-ldh-nm deidao deidam dedhg; s. d-ldh-am (3. pers. sing, d-edh-d) u. s. w. ,hineingehen, eintreten'. yadh ,Holz sainmelu und im Kamin aufstapeln, Feuer an- machend w. yädh-ixin yadhn yad/it-dui yadhetk: skr. yat (aus yam-t) , zusammenbringen, verbinden, vereinigen'?? yakk ,gähren, wallen, sieden'. w. yaksum ynksn yakstiim ynkseik: skr. yes , kochen', Erweiterung von yas , sieden', baktr. yesynnf , hervorbrechend, wallend'? afgh. yaseda], ö. ?/a;(edal , übersprudeln, gähren, wallen', caus. yas-air-a.\; neupers. (/ösldan, iö.yldan, ,eö.sidan , gähren, sieden, brodeln, träufeln, quillen'; k vor § hat sich in ähnlicher Weise erhalten in w. yuks , Stein- bock' (s. yos), von skr. yakS. yn (?) , beizen, einweichen, bestreuen, würzen'. s. yd)i-iim yiig'do ü/»'gam yiig^'- etwa zu skr. yu , vermengen, umrühren', vgl. yüSj yüsa , Brühe'? yu-s, ya-nd (?) , nehmen, davontragen, führen, etwa fahren': s. yü-s-&>\n yödixo ?/»daui yudh^ s. yo-ss-a,m yod'AO yodam ?/odg w. yönd-axn ?/ö»däk ?/üttam ?/rar-?re?/-am panra/n par»fttam par»vtk ,gelangen, erreichen, treffen'. (caus.)par-»rf/ fr-ani, praet. j)ar?r('ätrdam , erreichen lassen, machen, dass ein Geschoss trifft', s. (caus.) irai/-ün-iun u. s. w. , kommen lassen': skr. IV. veti ,petere, aggredi, pervenire, obtiuere', baktr. vySmi, vyäiti dasselbe, vya ,via', vlfnre ,viator' etc., os. u'äyun, icäin, onin , laufen, fliessen', ra-icahi , herauslassen, in Gang setzen', neben trans. vlthiu, rcetun ,gehen lassen, schicken'. loi , winden, wickeln, aufrollen, hüllen, bedecken, zuschliessen'. w. z-u'dy-ani zudiu zicettam zioeik s. par-f/r?/-am parjtvdao paruvdam parjcedhg s. ba-im/-am ba?ü7dao ba?r7dam bau'edhg: skr. vi, vayati, part. pf. nta ,texere, viere, tegere', vyä, vyayati, part. pf. vltn , tegere, circumdare', pnri-vyayati; os. (tag.) biyün , winden, flechten', s-hnpiu, part. pf. s-hiidf, s-hidt , einflechten' und mit Vocalsteigerung und -c Erweiterung aJ-ioiestin , spinneu'. icaf , weben, flechten, netzen, spinnen'. w. u'uf-?a\\ wvfn ?rö/"tam wnfeik s. icäf-am wiftao ?r7/tam '''(Ag w. par-?r«/-am puricufn par/'v^/ltam partr/^/etk s. par-tm/'-am paritvytao parjtv/'tam par?ü//'tg: CentralasiatiBche Studien. 857 skr. vahh (in urna-väbha), von Pott V, p. 189 be- stritten unter Hinweis auf tihh, part. ubdhd , zu- sammenhalten'; baktr. 7iljda, afgh. üd ,gewoben', afgh. Inf. fid-sd, imper. mv-ah. ,weben'; baktr. vfypymi: {/[xviw; neupers. häf-sun, inf. häf tan, häf ida.n , weben', -bäf ,texens, textor' (z. B. zar-t-häf)\ OS. w;a/un, «a/iin, öa/ün ,weben'. Einfacher Stamm skr, vä, n , weben*. wiS , sammeln, veisammeln, zusammenrollen'. s. fü7/-am u'iytiio »ä/tam wi/tg: neupers. «•Tiidan ,sanimeln', skr. vis , ergreifen', part. vista? neupers. pt-öldah neben wUidah würde auf vi-^i hinweisen. lüis , sehen', caus. , sehen lassen, zeigen'. w. (^caus.) iois-üw-ii\n praet. wisoiväann ä. (caus.) wis-än-cim u. s. w. : baktr. vi'th , wissen, gewahr werden', kurm. de-bise ,hört'! bist , hörte, vernahm, erfuhr'; neupers. wes ähnlich, gleich', w^^'^idan , ähnlich sein'? n'i-ivis , schreiben', entlehnt aus dem Persischen. w. ne-Ws-am, s. ne-W.s-am, s. ua.-wis-&m ^ich schreibe': neupers. nu-?m-am, ni-iws-am; altpers. inf. ni-pisfa- naiy, part. ni-jnsta, vgl. N'iQ'::icTa^ Ort in Karmania (Ptolem.); os. ni-finsswi, nüfUssün, part. ni-finst, ni-fista; eigentlich , Zeichen eingraben, einhauen, meisseln'. tcln ,sehen, schauen, besichtigen'. w. wln-Ban iciug windsun luineik s. i(nn-a,m ivüitsio ivmtsun wt7id^ s. ivein-Sim icand&o wdndsim wandg: baktr. vaenämi, vaenaiti, med. vaenaite, altpers. vaina- taiy, os. loinun, unin, unün, part. wind, vnd, zaza tüieiia, kurm. d\-bin-\m, neupers. 6m-am, imper. bin, afgh. imper. wo wlnah, makran. inf. gioindagha. wao, loü , werden, sein', aus bhava, bhü (s. oben). war , tragen, bringen', aus bhar. s. wd)'-a,m (3. pers. sing, wir-d) icldsiO «jwdam tvitd^ s. tüoV-am (3. pers. sing, tvir-d) loeigSiO wawgam wdugg: Sitznngsber. d. phil.-hist. Ol. XCVI Bd. III. Hft. 55 858 Tomaschek. '; skr. bhar, baktr. bar, neupers. hurdiin, in Zs. -här- ' dan, -uv7>tlan, -nvjrdan, -/;ä.stan, afgh. «yal, imperf. wra,h, part. ?7dao ^''^i*'^'» ^^edhg , verfaulen'. vgl. ,verfault, verwest, stinkend' w. pütk, pitk, h. pudhg : OS. fu khan'in .blasen', neupers. puf , Hauch', puf knn-sim, zaza pyf ken'n ,ich blase', skr. pTiifati, baktr. puyeiii ,er fault', skr. püti, baktr. püifi, pnvnifi .Fäulniss', palil. pntak, ptirs. püt, kurd. pH ,faul'; os. ä , ziehen', skr. .«paur/, zucken'. \ CentralaBiatische Stadien. 861 ferkh , schnauben, schnaufen, schnarchen, niesen (von Thieren)' — arisch? w, ferkh-skiü, s. ferkh-SLm u. s. w. ; kurm. fyrkd ,rieb'? han oder hiin , werfen, worfeln, schwingen', , aufschaufeln', w. 6/<7i-am hiln^ ftoudam />j7netk vgl. ,Heugabel, WorfeP w. hun: weder vä , blasen, wehen', noch van ,schlagen' passt; eher (vgl. h aus dv in här ,Thüre', hüi ,zwei'), skr. dhvan , schnauben', dhvas , stieben, sprühen', caus. , stäuben'. Vgl. das Folgende. bat ,umstürzen, niederwerfen, zerstören'. w. bUt-3im bütsiu b'ötta.m od. ftortam bütetli s. im-bat-aiü imbattsio im6^/ftam im6ä^g: man könnte denken an skr. pat, baktr. j)uf, häm-pat ,fallen, einstürzen', caus. ^niederwerfen, fällen', neupers. vftädan^ fitadan; caus. Bed. herrscht vor in os. (dig.) fadun , zerhauen, spalten', part. fast, vgl. skytho-sarmatisch olcp-zoiia • avopo-xTOvot. s. za-6a^am * za&ödam * , stürzen, los- fahren, einherjagen'. s. zi-6rt/i-am zi/ve'dao ziftedam ziJedhg , aufspringen, sich erheben' : auch hier wäre pat ,fliegen, stürzen' mit Bewahrung der intrans. Bed. anzunehmen ; os. fandun ,wohin streben, erstreben, wünschen, gelüsten'. w. zü.-bedk-a,m ziibedhn zü6önam zü&öng ,bersten, platzen' : hier denken wir lieber an skr. bhid, part. bkinna jfindo'. bars ,schliessen (z. B. Augen, Mund)'. w. 6ars-am 6arsam öarstam öarsetk: weder os. (südl.) am-Sarzin ,verdecken' neben baktr. barezis , Decke, Matte', noch skr. bhrag ,fallen', part. bhrasta scheint zu passen. bram , aufreden (im Schlafe)'. w. brdm-Sim. bramn brdmdam Jrawietk: skr. bhram ,in (geistiger) Verwirrung sein'? gr. ßp£[jL(i), fremo, zaza berm-en-Si ,ich weine'? obJ Tomasche k. häz , schicken, fortschicken, gehen lassen'. §. bäz-am brkki&o bökkta,m bökhtg 8. 6öz-am hökhtRo bökhta,m bökht^ dasselbe ; s. im-böz-a,m hnhök/itno imhokhVdm imbökhtü; , verschlin- gen, verzehren^: , afgh. 6ö^al, inipor. bu~a,h , führen, geleiten'? baktr. aväz, aus ava-\-az (vgl. ttpaz, pumz), vom Simplex az, skr. a!j , führen, treiben, bringen'? , bräz , trinken'. s. brez-Rm brekhtRo li)ökhta.m brökhi^ 8. bräz-üva brokhtao l)rukJita.m brukhi^: i offenbar mit dem vorigen zusammenhängend, etwa I haktv. paräz; ein Compositum mit az ist auch os. j niwäzun, nuäzun , trinken', n'uoste (tag.) nost, \ neupers. «o.y ,Trunk*, und bedeutet eigentlich ,iii- \ vchcrc'. An skr. hhug, aus * blinuj (vgl. l&t. fruyvor, j alts. hriika)i) ist nicht zu denken. j bui , bergen, stecken' (?). 1 s. rii-htti/-aiu, praet. ru-6j«dam , verbergen, verstecken'. ; vgl. w. (Ihu-ici-am dhetcwäu dliu?6-o7dam dhöwietk \ , stehlen' : ( alles unsicher, sogar die Zertheilung; neupers. ruhi- | dan , rauben' und baktr. dab, os. datcan, für jenes ' und dieses kann nicht in Betracht kommen. mand , umrühren* (? das Wort ,to shampoo' verstehe ich nicht), w. mtind-a,m ynandÄk mand-dianx ntandotk; w. yÄi-/tiiind-iim zümfUidsLU zwnanddiiim zi\m'Oq (nach Grass- mann); andere Bedeutung hat neupers. wa^Äidan ,sich bewegen, kriechen, wabbeln, stecken bleiben'. mos von unsicherer Bedeutung. w. pödh-Hjös-am u. s. w. , aufgehen, anschwellen, sich heben, gähren' (?) : paiü-\-makU? neupers. ä-mäs , Anschwellung', »wösidan jsich verdichten, gerinnen' ? s. mis, s. mas , stracks, plötzlich, zugleich, gleichfalls' ist mit Rücksicht auf skr. maksu, baktr. mosu eher viis zu schreiben. miii jlosmachen, ablegen'. w. pa(dh)-?ne^s-am (3. p. s. pa-mes-t) pame^san pawta^nam paw?aÄ;/i(t)k s. pa(dh)-mez-am (3. p. s. pa-miz-d) pameigao pamaMgam / pawrt Mgg 864 TomaBChek. { I w. (caus.) i^gi-viets-iw-am, praet. pa.metsowda,m, s. ])ä.-medz- ä?i-am , bekleidend s. bagh-mez-am baghmtdao baghm^Jdam baghwHtdg i ,(Mund, Augen) schliessen': skr. prati-vnic, baktr. paiti-miid, part. paitis-mukhta , , beschuht', pahl. jpat-mökhtnn, pars, pad-mökhtnn ■ , anlegen, sich angew<)hnen' ; neupers. mözah, bal. i müzagh , Stiefel, Schuhe'; in s. 6a^Ä- scheint eine Praeposition (wie nagh, aus naz, nü), kaum türk. bnrjh , Fessel, Binde, Band' zu stecken. . nas , verloren gehen, verschwinden*. w. nas-am na.ydk ndstum n««etk: skr. 3. pers. sing, nnqynti, baktr. uagyeiti. nas ,verlieren, to lose'. j w. nm-Am »f/.san »a'^tam Ji«sctk §. h'i-nes-a.m bi««.stao 8. bi-nä,v-ani hinasiao biHrf,<(tain bi^uwtg: skr. >?a<^, baktr. na^ ,verlorcn gehen, dahinschwin- den*, vi-ua(; , verloren gehen*, caus. , verschwinden machen, vernichten', auch , einer Sache verlustig j gehen*; vgl. s. rja.^tg, s. w«/tg , verletzt, wund, aufgerieben', skr. »(lüfa, neupers. uast ,perditus*, | neupers. nä^idan ,ein Gebreste haben*. ' nas sangl. ,bringen' : skr. baktr. na^ , erreichen*, caus. , bringen*. mm , ruhen, stille stehen, sitzen*. I w. püt-r»r)}-am püt?*?7?>in pat>'a?/idam pütrfVwetk f s. pad-?'a»j6-am padronidao padrowj/^dara p&dromhdg j .aufhalten, hemmen, zum Stehen bringen*. s. wa-ram6-am , stille stehen, Halt machen*, (caus.) wa-rrt77jj-/7n-am ,aufhalten, hemmen'. skr. ram ,zum Stillstand bringen, feststellen', med. <; , stille stehen, Halt machen', caus. ,zum Stillstand fl bringen', baktr. rämaytiti ,er beruhigt', neupers. 'j pid-räm ,locus quiescendi, consessus', os. u-röm\xn .anhalten, zurückhalten*. ramöt w. ,das Wiederkäuen': skr. romantha. rand ,führen, gehen lassen'? w. wd-ran(^-am ware?ifl^ak wära^tam wärenc/etk ,ver- i; führen, verleiten* k Centralasiatische Studien. 865 Vgl. s, r-än-am ränd'do rändsun rändg dasselbe : pars, räinidan ,g;ehen lassen, vorwärts führen^, neu- pers. r-nn-dan, )-äi/-än-ida,n, als Causale zu raftan gebraucht; rad. r? rap, raf-s ,sich bewegen'? w. wä-/e/-s-am war^/'san ware/stam wa?'e/setk s. wa-)Y7/-s-am wa?vi?üdao wu?-wiüdam wa7v7it"dg , auf- hören sich zu bewegen, aufrecht und gerade stehen, stille bleiben', s. ,sich erheben', w. (caus.^ \ysi-rafs-üic-a,m ,auf halten, am Gehen hindern': Zu baktr. *rrtp, neupers. ra/tan, praes. r«?t;-am, makr. roicayha ,gehen', kurd. de-rew-im, rdw-\xm , laufe, fliehe' etc. — icn aus (ijm-, tüo- bezeichnet hier das Aufhören der Thätigkeit? rac jgehen, sich bewegen'? w. rrtc-am (3. p. s. ra^-t) racn ragdsun rak]i{t)k jgehen'. w. paö-^a^•Ä-am picra/Jni pacjvf'A/jtam pacraMetk s. pac-re^•/^-anl pac/'nÄÄtao pac?7/^Ätani p-dcrakhig ,(den Lauf hemmen), einsperren', w. s. tse-rdhk , Aufgang (der Sonne)' : baktr. altpers. rag, rac , kommen, gelangen', neupers. rasidan, imper. ras , ankommen, erreichen' passt weder lautlich noch begrifflich ; skr. vrag ,gehen, wandern'? Ist in pac-, baktr. paitis- , entgegen' enthalten oder das obige patsf Am besten stimmt jedoch ric (s. unten). rakh , brechen, zermalmen, dämpfen', intr. , bersten, reissen, in Stücken aufgehen'. s. vfsi-ragh-a,m wrukhtao wrnkhtsim wrukktg (int.) s. wa,-reigh-sim wa,rakhta.o wa^rakhium wsirakhtg s. war-fa-?'eigrÄ-am warfäÄ;Ätam warfäÄ;Atam warfäMtg s. wa-ra^am w. i-rll-a,m ^rlln frzMam fn/etk (trns.) : Die Sighni-Form könnte fast verleiten, das anlautende w (wa) zum Stamm zu rechnen, vgl. afgh. wrak , zerstört, in Ruinen', baktr. vrac, skr. vracc , zer- spalten, zerreissen' (dazu? w. wroks ,ovis Poli mas'?); besser stimmt jedoch baktr. rakhc 866 Tomaschek. , beschädigen, verletzen'; w. tVilam ist vielleicht in fr-ll-nm zu zertheileuV skr. rikh, epii'xu)? rath , bersten, zerplatzend 8. pära7Ä-ani parwtao par^stani parwstg:: i dunkel; sollte pa- zum Stamme gehören? os. farath ' ,Axt^ u. s. \v. ? Doch vgl. pa-j*tn-am. i raz ,8ich recken, gerade stehen'. I w. püt-;?72-am pUt?'i/zn paträzdam püt;-»zetk \ 8. pad-räz-am padr«zdao pad7-äzdam padjazdg ,sich ! des aufrechten Standes oder Ganges halber an i etwas lehnen': skr. ruy , ira'es-t) waj-ecn wa^-e^nam vfa,rekh(\)k s. wa-?-ei3-am (3. p. s. wa-?*ez-d) warezdao warezdam wa^'ezdg ,müde werden' ( Centralasiatische Studieu. 867 Vgl. ,müde' s, wa-rez-dag-, , Ermüdung^ wa-rez-dagi, w. ^ve->'e^•Ä-gi; w, (caus.) wa,-rec-iiw-a,m, s. wa-reVz-aw-am ,verweilen lassen, Herberge geben': skr, ric ,leer machen, Platz machen', part. rikta ^leer', baktr. lic ,ausleeren, zurücklassen', neupers. rez-am, int", lekhtan, 7'ezldan ,ausgiessen, fliessen lassen, ermüdet, erschöpft sein', rezän, rezin , fallend, erschöpft, morsch'; die Composita, z. B. gu-rez-am, gii-reVcÄtan , davonlaufen', sowie os. ligin, liedzun, part. lyijhd ,laufen, fliehen' stimmen zu obigem ra6. riz , zornig sein, sich ärgern', w. riz-ann u. s. w. — arisch? rin , auseinandergehen'? s. pa->i/i-am pay/ndao parmdam pan'ndg , aufbrechen, aufspringen lassen, knacken': skr. rl ,sich auflösen', part. i'i-na , aufgelöst, fliessend'? ru , bellen, heulen, kläffend verfolgen'. w. wa-7v7^-am war/fäi warcx'dam war»i/etk s. wa-mu-am warandao war/idam wa?'ttwdg: skr. ru^ rüuti^ nivali , brüllen', rat-« , Gebrüll', zaza lau ,Hundegcbell'. ru , schneiden, mähen, scheeren'. w, wa-yü>i-am (wa/l«am) warmg wart'ttam wantk vgl. , Ausrottung, Jätung des Unkrautes' w. rut, s. rüt: skr. rü, lü ,abbrechen, abmähen', part. i-uta; afgh. raw , ernten', part. vau-d u. s. w. ruz , aufbrechen, aufschneiden, aufreissen'. w. >-üz-am (riz-am) nzn rözdam rtzetk s. raoz-am yaodao raodam raodg: skr. rüg, part. rugnd , durchbrechen, aufbrechen', roga (^rauga) , Gebreste', loga , Erdscholle'; also auch baktr. *ruzf raic ,nehmen', aus rahM s. sa-rai(-am saridao sarüdam saredhg ,£y.XaiJ,ßava), eligo'. rudh ,laufen, fliehen'? w. rödh-saw rödhn rönam röng: 868 Tomaschek. | eher zu zertheilen in r-öV/Ä-am, ra-i/ö^A-am ,ich ent- komme', s. yadh, ya, i. law , reden, sprechen, sagend s. ^otü-am lewdiio löicd-Am loicdg s. leic-SLTn ^ejüdao letcda,m lewd^: neupers. ^^76- am, int', läbidan, Idwidan, läf id&n ^ , schwatzen, prahlen', afgh. lmida,\, iraper. wo lanah, I kurm. zaza Imik ,Lied, Gesang;', aus skr. ra'p, lap | , sprechen'. i llio , schlüpfen, gleiten'. w. ^7jü-am Uxon Uwdsixw Z?'i6'etk: vgl. das obige rip , schmieren'? llkli , lecken'. I w. likh-am likhn h'khtum h'khoAk: j neupers. l~i^-a.m passt niclit im Auslaut; vielleicht aus dem Indischen. | liidh , (Pfähle) einrammen'. I w. lüdh-am /«ara- kann auch die einfache Praeposition para enthalten sein. Ceiitralasiatisohe Studien. 869 da , machen, to strike', impers. ,es wird^ k dhäda-m (3. p. s. dy.-d) dhedsio dhädsim dhadhg s. dhä-m (3. p. s. dhi-d) dhädsco dhädam dhadhg w. di-am o. df-m (3. p. s. di-t) dlm, ding diklitsLin dieik. s. (caus.) dhey-än-Am, w. (caus.) di-üw-a,m , machen lassen, verursachen': skr. dd-dhä-mij 3. pers. sing, dadhäti, baktr. dadhäiti, neupers. ni-Äa-m, inf. ni-Äädan ,abscondere', ni- hän ,abditus' etc., kurm. da-in-im, praet. däni ,lege, stelle hin', zaza deyine ,es geschieht', os. idäyvn , beginnen, ins Werk setzen'; ming. doham ,faeio'. dam ,binden (Augen, Mundi, schliessen, zudecken'. s. h'\-dhem-vi\\\ h'ulhemdiio hidhemdsLiw h\dhemd^: denom. von *d/ievi , Fessel, Verschluss', skr. dämä, -däman, neupers. däm, kurd. daf, zu skr. da , binden, fesseln'; syrj. dorn ,Band, Strick'^ doma, wotj. dnmo , binde'. dany (baktr. daiih , lehren, zu wissen geben'?) in w. dang, s. dong ,Kunde, Ruf, Ruhm'? danz , drücken'? w. \\a,\-dheuz-a,\x\ wAvdhenzxx wdrdhegnum wardhdkh(t)k ,niederdrik'ken,unterjücheu, zähmen, kirre machen': skr. dang ^beissen, kneifen, drücken', part. dangita, daita (bedeutet auch , dicht gedrängt'), baktr. da- dangi , bissig', os. däsun ,beissen, schneiden, ra- siren'? dabh*, daf-s , Eindrücke haben, gequetscht sein' 2. ,einen Profit machen, gewinnen' etc. w. nsi-dhef-s-sim nadheiosa,u nadhaiüdam n&dhafk. s. ni-dh{io-s-a,m (ß.-p.s.-dhaics-t) n3idhewda.o nMhewda,m nAdheicd^ w. (caus.) na,-dhefs-ilw--dm, s. (caus.) nsi-dhamh-än-am , Ein- drücke machen, kerben'. s. dhafs-dhädao ,to hem': skr. dabh (desider. dips schaden wollen'), baktr. dah, dav , schädigen^, os. nil-rä-dmoün, part. -düft ,zer- reissen' etc.?? Für die Bedeutung 2. ,to pro fit' 870 Tomaschek. zerleg-e ich das Wort in }iri(Ui-efs-a,m, d. i. neu- pers. nad , Gewinn, Zuwachs' und ap, afg ,nehmen^ Die Bedeutungen, welche Shaw angibt, sind schwer vereinbar. dar , spalten, zerreissen'. s. z-dt'i(^h-'A\w zdtikhta,(> zddkhtam zdnkhi^ (intr.) ,auf- springen, reissen, bersten'. (caus.) z-dardh-ün-am u. s. w., vgl. dörz ,Bruch, Spalt, Loch, Oeffnung': baktr. dar, part. dereta, neupers. dakhldan, neben f/arridan, rf//-;idan, zaza dyr-n-ix ,zerriss', afgh. dural, dar , halten, fassen, ergreifen', 2. , aushalten, ertragen, empfinden, hegen, haben'. s. dliur-Hm f///*'/gao dhmis^am dknu»;^ vgl. die Phrasen khitii d/ntram ,ich habe Furcht', pOi dhtiram , fasse festen Fuss'. w. wa-dhiir-iun wudJiiirn wadliordiwii wudhureik s. wa-^///"'r-ani wadhordno wa7;}aÄ , Spinnen- gewebe', täffnh, fäftik, tiftik ,Seidenstoff, Tübet (franz. faffetasY, tob ,Flechte', fä , Falte, Fach'; j OS. thabin jWebg-arn'; samoj. (Jen.) tati , Flechte', 1 tnorndo, cerem. /ödam ,ich flechte'. j tab , brennen, heise sein, heiss seheinen (von der Sonne)'. j s. tehiww /e/>dao J s. fliaiisim fh'idao //j?7dam fhedh^ j w. fhanam thafiAk ///^ttam theik \ (caus.) t}n-mi:-am, praet. t/iäiroicdam, s. (caus.) thaw- J ä7?-am , verbrennen, erhitzen'. | w. s-/o/<-am s//pta«» s///)tam stipU^ , braten, rösten': i skr. baktr. inji, pari, tapta, baktr. fnffa, os. tln'wde, j s. thnu'd, neupers. taff. praes. neupers. täb-am, inf. ^7ytan, /'V/ä»dan, 'akh(t)]\.: vgl. w. farring, s. füroug ,Sattelgurt' ; neupers. taraitifidanj tiirinigidan ; dazu alts. thringan, altn, thvüga, gr. -xpr/-? tras , zittern, zagen, scheu sein'. w. wi-^r/-H-anl (3. p. s. -trith-i) wifn'nn wi^?7*thtam witt-mg (caus.) wi-tri-mo-a.m, praet. wifrioiüd'dxn s. in-träs-sim (3. p. s. \n-tris-t) infristao in^röstam in^rostg (caus.) in-^rm-ä«-am ,scheu machen, schrecken', vgl.? ,Kuf des Antreibens, husch!' w. s. zsi-tran: CentralasiatiEche Studien. 877 skr. tras^ buktr. farec, altpers. tarc, neupers. tars, OS. thavs, tit'gli. t wdghrayiiun wag/ira/tg: baktr. (/a»-'^/« , greifen', ans gareir, a\t\nirs. garb -\- (kh)s. ", kam , krumm sein', in w. k/iatu ding, s. kham dhoduo ,den 3 Bogen spannen'. ! w. (caus.) khdvi-Hic-n , s. kkamb-än-duo ,(den Kücken) ■ biegen, krümmen'. t kam , übereinstimmen, einig sein'. * w. kaini-a,m. (3. p. s. klmt-t) karnein kamattstm kametli s. coinh-mn cimbdao aHj6dam cim6dg : | altpers. kamana ,ergeben, treu', baktr. kam , lieben, i wünschen', kämija , Begierde'. kand (besser kliand) , lachen'. w. kdnd-am kandAk kandtam kandetk s. sänd-'cxm undixo ilndsim smdg, s. Sundg : neupers. khandldau, kurm. kenim, os. yndin. kakh (f) , schinden, abschälen, schlachten'. w. cökJi-Sim 6'ökhaxi. cökhisim cökhetk. s. keigh-sim. kökhtao kakhta.m kakht^: Centralasiatische Studien. 879 vielleicht in irgend einem Zusammenhange mit kus jheruusreissen, zerreisseu, tödten, erschlagen', neu- pers. kuif-An, zaza kiS-cn-^a,, kurni. de-Ä;«zim. JcaVy car ,machen, bereiten'. \v. tsdr--dm tseräk. o. tsdr-an tsdrtam ^saretk jfacerc* w. la-<6a>'-ani Ia-#sa?'an la^a'^'tam hikarik ,an den Ort stellen, legen, setzen' w. käf-am katäk Ä;artam kafetk ,ausgiesscn, verbreiten, aufdrücken, einprägen' w. kh-a,m khan, khak Ä;/itam Ä;/iütk jtacere' w. v<-, ra- desWakhi^ uraltes Erbgut ist, ergibt sich aus skr. pra-süp , schlummernd', j khuf-s , einschlafen, schläfrig sein, schlummernd nicken'. \v. kliüf-ti-iiiu kliöfsä.u khöfsUiiii k/iöfscik. s. k/ijif-fi-nm khüfstiio khüfstiim k/nifst^ ] baktr. (pifr, bal. makr. 'icdps, neupers. khusp (mit i Metathese), os. yms, yous (mit Assimilation). ^ jScldaf, Traum' s. klindhm, s. khjidhn: baktr. qahdemna j (in avahnhahdemnu ,einschlafend', von qah-dä , Schlaf ^ bereiten, einschläfern'); sonst finden wir überall ! skr. svapna (ka.sm. supan), baktr. qofiia, kurm. i X«««, zaza hau, thrak. y.a-vo-,'iä-:x'. (mit vat) • Ozvo- jjLävTi'.;, neupers. khwüh, bal. 'icäv, afgh. khid> etc. , Schlaf w. y'dnük: dunkel, kaum zu pers. ghunaw-Sim • , schlummere, pflege der Ruhe'. I , Traum' w. inät: Bildung wie an-diw-ät ,Fluch'; er- j innert an h:xz'f schreibe ijnnät (vom vorhergehen- j denV)V <^ak , schlagen, zerschlagen, einschlagen, hämmern', w. ciik-am, s. cdk-3ijn u. s. w. : baktr. caku ,Schleuderkeulc'? neupers. caq ,Butter- ä stössel', crt^idan , (Nagel, Pfahl) einschlagen', cäk jfissura, ruptura', cäk-cäk ,fissus' — alles türki- • Centralasiatische Studien. 883 scheu Uisprunt^s, vgl. tüik. ^ag-inaq, mong. cakiku ,Feuer anschlcagen', cor/maq , schlagen, hämmern', jak. coktii (dazu (^oqnc, coqum, coqman, ioqmar , Knüttel, Keule, Hammer'). 6ap ,sich spalten, bersten, reissen'. s. co/-am ci/tao Hfiixnx ci/tg; (caus.) caf-än-a,m , zer- spalten, durchstechen'. 8. 6apör-iim oder cappär-a,ni ,mit einer Axt zerspalten, aufhacken': türk. c«y>maq , hauen, schlagen'? auch baktr. iap , vernichten', pnifuj6apti , Zerschlagung, Vernich- tung', w. coti, riit ,Bruchstück, Hälfte', os. caioin, tsaicun , schlagen, hauen', caf , Wunde' etc., afgh. caj^'al ,sich spalten, bersten, zerbröckeln', (trans.) Sätcdal u. a. kommt in Betracht. <5a/// , wünschen, begehren'. w. c(il(j-'cim ci7(/äk rdUjdani oder cdldam cilyotk. iarm (f) , eintreten, eingehen' (entweder aus kvam, oder er- weitert aus car?) w. cerwi-am (3. p. s. ceram-A) ciramn cernam cereng (caus.) Senn-mo-a,ni oder cirni-üw-mn , einführen, zu- bringen', vgl. w. ciramn, s. iürüm ,Korn zum Dreschen'. ca^ , schauen, aufmerken, wachen, hüten, nach etwas sehen, berücksichtigen, sorgen'. s. des- am ctj.stao c«.stam cuHs: • • • • o s. cöÄ-am ci/tao cilytani cüytg: skr. baktr. caks , sehen', vgl. ,Auge' (Abschnitt II, 4). cap (aus ksap) , zerschneiden, abschneiden'. w. cup-a,m ciLpXi c(«üdam ce/\t)k s. yßlh-a,n\ yeicdsiO /ejüdam /eicdg: vgl. das Verhältniss von w. söpk, s. yeih ,Ruthe, Stab', zu neupers. ciib, skr. ksupa. cak (aus ksak, ksik) ,tropfen, träufeln, harnen'. w. c«Ä;-am, s. yök-am yiktao yiktsim yjkig: vgl. s. slg, s. yiefi , Stier', kaum zu baktr. hie trotz fra-saeka und skr. ni-sikta (,eingegossen'); zu ent- legen mong. cigik ,Feuchtigkeit', sigesil ,Urin', jak. sik, slgik , feucht werden' u. ä. 884 Tomascbek. w. 6'-cac-«w-am, piaet. a-cncüic-dinii ,Jiiicliseihen, Saft aus- pressen*. cujj (aus ktqj) ,autcinauder leg'cn, zuleg-eu, sammelu, aut'häufcu^ w. cÜ2j-a,m cilpSLü cött'dam clif[t)li s. fsew-a.m (seivdao fsetodiun tseicd^. eil, in jgehen, schreiten" (vg-l. oben das Paradigma). w. cfm-am (3. pers. sing, cü-t, ct-t), (eaus.) caiü-iUc-am, praet. caicotvdam ,gehen lassen, schicken, ent- fernen', w. p-.sm'-am (3. p. s. p-s«-t) o. p-st-n-am \)5eiu p.st;ttam pifetk , zurückgehen, den Rücken kehren*, (caus.) p-s-*«tü-am \)5iiu \)^nudixm pswetk ,verjagen'. s. w'i-zaf-ts-i\u\ wism'dao wiftirdam * s. wX-zew-s-nm wazenduo wazeirdiun wacyjüdg wä-st't6-ain wii^njAin) u. s. w. ,zurückgelien, den Kücken wenden*, fcaus.) wa-ityj-'i;*-aui rtc. .verjagen, in die Fiuclit schl äsen i . die s. s. Formen auf -y/ sind aiitfalk'ud. CM, cud , kratzen, ritzen, kn<'i}>cn, zwicken', s. ca^-am ^i7^ ugr.ostj.sewem, flechten, weben' u. ä.V tsl , schneiden, ernten'. s. tsey-nni ^ildao <6idam /sedhg: I Centmlasiatisplio Studipn. 885 skr. ci , schichten , reihen , in Schichten soudernj sammeln', neupers. c7dan, praes. cm-am, cin-sim, zusammeng-esetzt <7U-s7dan (oi-\-ci) u. s. w., kurm. cm-im^zaza c/u-en-a, sammle, schneide, mähe, erntet tsvdh , laufen, fliehend s. va-tsedli-i\.\x\ vatsisino rafsftstam VAtsüsik 8, (praet.) ra-u,m zU])n zöwdam zü])Otk oder z!jf(t)k s. z , sprechen'; kurd. gn , spracht ^umb , beben, sich auf und ab bewegen'. s. gumh-am ginnhdao fpimhdixm ('/wnlid^ 8. (caus.) ()umh-h)-am u. s. \v. , schütteln, rüttobi': neupers. (//n»/>Tdan, cmnlndnu, kiimlndixn dasselbe, i/uvibrni ,beweii:lich, siel» schaukelnd', caus. <)um- />«;»idan ,agitare, quassarc*, skr. lamp .zittern, beben', ^nnrp ,sich bewegen'. zä , erzeugen, gebaren, Frucht tragen', w. gnit-iuu ytiin yäzdam yäzcik s. r^y-ani rädao zfTdani r<7dhg: neupers. zriy-nm, inf. -ädan, part. znd, zadah, os. 2r7in, part. zad, kurin. zä ,gebar, warf, baktr. znu , erzeugen, gebären', part. -nta. zän , erkennen, wissen', in s. ])ad-r:f77j-am, wa-2ä»-ani, w. paz- dän-anw aus pafi-znn, wie afgh. pr'-.!;a»-ani etc., baktr. paiti- znütn ,eikannt', jmiti-zaiüti , Kunde'. z(in .schlagen, niederstrecken, tüdten'. ä. z7M-am r/dao c/dam «wdlig s. za»-ani (3. p. s. 27»-d) c^'dau s^dani zf/dhg; s. wi-::7n-am (3. p. s. zan-d) wi-7da<) wi-7dani wizßdhg: baktr. gaii, part. gnia, altpers. nva-gata, neupers. i za/?-ani, inf. zadan; afgh. wa-f^-al, imper. wo wa- f»-ah u. s. w. zavi jgehen'. w. wü-z»rM-am wü.~?7w>n waza'jJKlam wüzf/»jetk , kommen lassen, bringen, führen', s. (caus.) nar-zr/7»6-f7?}-am dasselbe: baktr. gnm ,koranien, gehen', caus. 3. p. s. gfimay eiti ,macht gehen, befördert', gima , kommend, das Kommen'. zamb , zerreiben, zwischen den Fingern zerdrücken, ausdrücken, quetschen, pressen'. 11 I I Centralafiatische Studien. 887 w. wa-zew-am waj:e»?n wa2e»?dam wa2^7»etk w. w'i-zam-avn wizavm wizriwdam wizamtk s. wi-zami-ani wbawdao u. s. w.: baktr. zemh (in Äanj zanva zemhnyndluvem), skr. ya(m)bh, neupers. zaw?ldan , zerkauen'. ' zei (f) ^eindring-en, erreichen, anstossen, streifen, sich erstrecken, (von Geschossen) treffen'. 8. bi-z7-s-am (3. p. s. bi-zä-.s-t) bizetdao bize/dam bizedh^ ba-zt-s-am baz^'dao baze/dam bazedh^ 8. (caus.) bi-zeiVä><-ani bizeiV/ändao bize?'sä?jdam bize^sändg;: sieht ganz so aus wie ein Compositum von ya, yaq ,gehen* (s. oben); gleichwohl muss es, da z sich nicht aus uz oder aus haca erklären lässt, zu skr. In, baktr. zi , vorwärts treiben, schleudern', skr. -hayd , antreibend', heti , Wurfwaffe' u. s. w. ge- hören; kaum zu ijfi(^ , nva-§ag , hinzukommen, herbeikommen'. zu ,gehen^ kommen,' in Zs. , dahingehen, verg-ehen, ausgehen, untergehen' (?). w. wa-zZ-am (3. p. s. wi-z?7-t) wazßin wazdam wazdg , ankommen, hervorkommen'. s. wa-z^w-am (3. p. s. wa-zrt?/-d) waz^dao waz?7dam waz//dhg , vergehend (caus.) wa-zajt"-ä»-am ,ich lasse vergehen, lösche aus': sollte es zu skr. yü, f/avati, baktr. zu gehören? Wäre nicht das auslautende w im Sariqoli, so könnte auch skr. /*«, baktr. zä, ava-zä , fortgehen lassen, vernichten', os. zäyun ,zurückbleiben', in Betracht kommen. zu ,anrufen, fluchen', in s. zmigh , Fluch, Verwünschung': baktr. zavaiti ,er flucht', znva , Weiheformel', armen. n-zoivq, a.'rj.^)i<^:i. zöz, zokh ,in die Hand nehmen, mit der Hand fassen', s. zez-am ze^Ätao zoÄ;Ätam zokhtg s. 2ö2-am zokhtaiO zukhisun zukhtg: 888 Toni:iB.-li.>k. wenn wii- at'^li. zar/Jinh .Gans*, aus baktr. '^znnha. skr. hniiisa in J^i'tracht ziilien, so können wir in zokh (zogh), baktr. zfiiih, erblicken, woher zacta, 1 ,IIand'; die Bedeutung stimmt allerdin«;» nidit, j für skr. hims (aus ^hams) ist nur die Bedeutun«: ; , schlagen, stossen, verletzen' bezeugt. Die Be- | deutung , fassen' wohl in skr. sa-hasi'a, baktr. ha- j zanrn ,tausend', eigentlich ,Zusammenfassung'. * zir , drehen, drechseln'. w. zirdnd-ix\w zirüixx ziresiiww ci'resetk s. qirnu-iww qivisiao qirän(\am qin'nn]^: vgl. oben w. ghirn ^herumdrehen'; zu skr. Iirr, baktr. zhni' (gr. YJc:;) gehört wohl auch os. zti/iiu , krumm, schief, verdreht', zilbi, ziijlihi, zi'hiu ,drehen', (dig.) zlJtlotji'y jcircumcirca', zclmt ,I\iiIirii,^keit'. zun'l , reinigen, säubern, waschen'. s. -«»/»«'//-am zh'-d) ykeiga.o ykaui^SLm ykaugü;: baktr. kar , unterscheiden, aufmerken, schauen', aus ckarf lit. skirii, skii'ti , scheiden, cernere'? neupers. ni-^aj-idan, ni^jridan, ni-^mdan, os. ni-kuldim i dig. f-A-kore , augenblicklich') , anschauen, betrachten', afgh. .vÄ;a7-edal ,deutlich werden, sich zeigen', skärah, pahl. a^kärak ,sichtbar, offenbar'. — baktr. ckar , springen', pahl. wa-6'Ä;«r, afgh. skär, neupers. sigär ,Jagd', os. skärün ,treiben, jagen'? — w. skord , Brücke, Steg' (s. oben.)? slap ,wogen, beschlappen', to slop, vgl. ,Fluth, Guss', w. silap, s. wsL-sIip. w. sildh-am, praet. si'Wptam, s. wa-sZ-cTi-am, praet. vfa.-slipt^m. sadh ,bersten, springen, reissen', 2. trans. , schneiden, abhauen, einschneiden, kerben, köpfen', w. rsk-sedh-am (3. p. s. Ya.-sath-i) rasüdkn rasenam, rasanam ras^ng, rasang (caus.) Ta,-sedh-üic-a,m, praet. rasedkoicdsun , etwas zerreissen': Erweiterung von can , stechen, schneiden, vernichten'? OS. sattun, säftihi, part. säst ,hauen, zerschlagen, zerbrechen*^, intr. , platzen, bersten'; neupers. gu- sistan, praes. gu.si7am ,brechen, zerreissen, trennen' (kann auch zu gar ,laedere' gezogen werden, vgl. afgh. s^edal, caus. .i-Z-aw-al): ski'. cad , fallen', alt- 57* ^92 TnmaKrbek. pers. thad, ^y. /.a:- ,zurückwciclieu' (vgl. oben 8. tsudh) liegt wohl fern. sad jsitzcn' in in-md ,sich setzen, sieh niederlassen, (von der Sonne) untergehen'. s. ne-fÄ-atn (aus ni-s<-am) * nä.sftain oder nmtam nä.s/tg oder ni'ustg s. ni-//<-am (3. p.s. na-///-d) n:l//.«tao nd//7.stam nd/?7.?tg w. na-zf?-ani (3. ]). s, wiizd) nür//m; (caus.) nn-dh-vwam, praet. nor///o?/,"dani s. (caus.) x\ii-hdh-nn-a\w etc.: skr. x\\-s(id ,das Sitzen', m-Säd , sitzend', ni-;5a^-ti ,Hast, Unthätigkeit' (afgh. nästl, ueupers. uisast, armen. )ii.sf), baktr. ni-.sjV7aiti , sitzt, versitzt', part. T\\-s(irtn. ueupers. n'\-sasf; neupers. m-tinsfaji, ni- .si.s^an, ni.s^in ,sich niedersetzen, (von der Sonne) untergehen*, afgh. «^l. am, praet. wac7gao nayj9«(gam na/pjtgg: baktr. cpar, neupers. sipardan, sapardan, sapurdan, supurdan u. s. w. Pott II, 3a, S. 420 — 443. spard w. spardhentj ,Floh'. sparg w. spragh , Sprosse, Keim, Blüthe': neupers. asparag, y.z-xpor(o:^ und s. sparg, s. '/jporg , Luftröhre': aacpapaYO?, arm. phol, baktr. cparegha. 894 Tomasihek. VII. Anhang, enthaltend eine kurze Charakteristik der präkrit'schen Hindukus-Dialokte. 1. Das Citrüri oder Arnya, eine oriirinelle und ziemlich altertliiimliclie Fnlkiit-Spraclie, welche iu Oitrfd, Mastö^ und Yasln gesprochen wird; unsere Kunde davon beschränkt sich derzeit noch ininier auf die weniii^en Worte und Paradigmen, welche (i. W. Leitnt;r in seinem überaus belehrenden Werke ,The races and lani>uau^es of Daidistan* (Labore 1876) vor- gebracht hat; einige Ergänzunii;en bieten Ilay ward's und Cun- ningham's ^hiterialicn. — ( harakteristisch liir «liesen Dialekt ist zunächst der Eintritt von r an Stelle ein(!s ursiirünglichen t, z. B. paslr ,er sieht*, skr. pat.yati, pasin'i , sehend', skr. pacyat (präkr. Thema pacyanta), larü ,sj)rcchend', skr. bruvat (bra- vanta\ bisir , zwanzig*, skr. vincati, asur ,er ist*, skr. asti (präkr. *asüti), vgl. mit ronii ^aneri, ganel ,er kennt, weiss*, päl. gänäti, del ,er gibt', päl. deti; auch n geht im Auslaut iu r ' über, z. B. Yazlr ,die St^idt Yasin*. Charakteristisch ist ferner j die Verwandlung eines anlautenden sv in sp, i-v in sp, unter j gleichzeitigem V^ortritt eines V«)cals, nach eranischer Weise, j z. B. ispä , selbst*, skr. sva, ispasär (oder ispazar, vgl. tirhai ; spaz) , Schwester*, skr. svasar, i^pcro ,weiss*, skr. ^veta, neupers. jj isped; ferner die Neigung, das r nach anderen Consonanten l möglichst zu bewahren, z. B. surung ,IIorn' (aus saraug, vgl. il sur, sor ,Kopt'', aus sar), skr. crnga, päl. singa, assiräni ,8ie !j weinen', skr. acrayanti, dann tristi , Durst', trüp ,Salz', tröi j| ,drei*, krol ,roth*, presü , Locke*, drung ,gestreckt, lang, weit, i hoch* u. a.; ferner die alterthümliche vocalische Aussprache i des skr. Lautes i- (wz), z. B. orts ,Bär*, skr. rksa, horsk ,gerade, '.i recht, aufrichtig*, skr. rg-uka, präkj-. ui^ijuya, hardi ,IIerz*, skr. i hrdaya, präk]-. hiyaya, bort , Stein*, skr. bhrsti , Spitze, Zacke, 3 Ecke* (vgl. baktr. zarstva , Stein*, eigentlich ,starrendes', von l hrs). kalasa batt, borsk ,dick, kräftig*, skr. vr.saka ,a streng )i or athletic man*; die Lautgrupjie skr. ks wird stets durch ö i. vertreten, vgl. cir ,Milcb*, oc , Pflanze, Grünes, grün' (baktr. '% C(!iitralasiuti.scbo Studien. 895 vakhs), ciißo ,trocken', 'ar, ghaö ,Au^c' u. a. : nicrkwürdig ist die Mouillirimg eines anlautenden d zu g-, z. B. gu ,zwei', gas jzehn', gurr ,Tochter', gani ,gut, brav, tapfer, Held'; im Aus- laut herrscht Vorliebe für Assimilation, z. ß. karr ,Ohr, Spalte' (vgl. nas-karr , Nasenöffnung'), skr. karna, doun ,Zahn', skr. danta, ponn ,Weg', skr. pantha, sinn ,Fluss', skr. sindhu; ver- einzelt ist der Uebergang der Lautgruppe rn zu rm in dem Worte sorom ,Gold', cas. obl. sorrao (vgl. komm ,Werk', cas. obl. kormo), skr. svarna. Leider ist der Sprachschatz mit Lehnwörtern aus dem Pangäbi, Pastö, Prirsi und Farsi und selbst dem Arabischen (EinHuss des Qonln's) überladen, sogar in der Grammatik ist fremder (persischer) Einfluss ersichtlich, so namentlich in der Bildung des Imperfectums auf -ista-m, z. B. aurcstiim, ürestam ,ich sprach', gegenüber skr. abravam. Selbst aus den benachbarten Pämir-Sprachen, zumal dem Wakhi und ]\Iungi, iinden Aufnahncn statt, z. B. rikis ,Bart', dogluir , Fingernagel', sapik , Nahrung, Brod', rost , Tageslicht', yorr , Sonne' (kaum skr. aru, sondern w. ylr, s. '•'"yor, baktr. ayare), tzak , klein' u. a. Interessant ist das Wort für , Silber', drokbam, cas. ubl. drokhnui, ein Ueberbleibsel aus der helle- nistisch-makedonischen Epoche, das nicht etwa erst auf das gleichfalls entlehnte persisch-arabische dirliam, diram, op:/\):r^ zurückgehen muss; wie wir in der folgenden Abhandlung be- weisen werden, haben die Makedonen im oberen Kabulthal bei Panglr Silbermünzen geprägt. Eine Besonderheit ist auch das Wort für , König', mitclr (gen. jjI. indef. miteränänu, vgl. indo-skyth. pa;vavc-po, rägänänam-rägä), weil es uns skr. miträ, kasm. mitar , Verbündeter, Freund' in einer merkwürdigen Be- griffsentwickehing zeigt. Auch sonst iinden sich interessante Lautübergänge, z. B. der Uebergang von v zu b, z. B. bos ,regnen', bosik , Regen', bi ,ihr', bacän , wegen' (skr. vacän, von väya , Wille, Wunsch'), sowie Bewahrung des Ursprüng- lichen selbst gegenüber dem Veda-Dialekt, z. B. in gari ,Berg', und gegenüber den modern-indischen Sprachen, z. B. hast, host jHand' (hasta-m ,meine Hand', Prouominalaffix wie im Neu- persischen, Pastö und Siudhi), asti , Knochen, Bein' u. s.w.; ein tübetisches Wort ist vielleicht zöm ,Berg, Gebirge', vgl. tüb. zom , Spitze, Gipfel'. 896 Tonia-xh.V. 2. Das Kalasa oder Basfjali ist die Sprache der im nord- östlichen Kfifiristän, namentlicli in den an (Jitnlr anstossendcn Cantonen Wase-ti^al und Waye-i^al hausenden J^ing^eborenen; sie bildet den Ueber^anj^ vom cultivirten Arnya zu dem rohen westlichen Kfifir-Dialekt; Kunde über diese Sprache besitzen wir aus Leitner's Dardisüin. Obwohl i^e«^eniiber dem alten Sanskj-it durchaus entstellt und in Foli^e der Einwirkung von Jahrtausenden sehr herabgekoninien, bewahrt auch dieser Pnlkrit-Dialekt, gleich dem Arnya, manches Alterthümliche, ja einige Wortformen scheinen darauf hinzuweisen, dass ausser dem Veda-Dialekte unter den in's Kabulthal eingedrungenen Ariern aucli nocli andere, mehr oder minder abweichende Dia- lekte im Schwange waren. So ist z. B. liand , Wohnsitz, Haus aus Stein, Burg' kaum baktr. hadhis, ücc; mit präkritischer Nasalirung, sondern eher skr. anta ,das Gegenüberliegende', in einer eigenen l>egriirsentwiekeliing (vgl. ved. änti-grha, und ätä, aus *antä, Zimmer, Altind. Leben S. Iö4, baktr. aithya, altn. und , Vorgemach', überhaupt ,was in Sicht ist'); ondrak ,Ei' geht auf eine (Trundft)rm andraka zurück, welche ein älteres Lautgejiriigc besitzt als skr. anda; gordok ,Esel', aus gardhaka, ist sicherlich eine uralte Parallele zu skr. gardabha; driga .lang' ist eine gleichberechtigte Nebengestaltung von skr. i dirgha: prust ,gut', aus prast, präist gegenüber skr. prestha; j kasäp , schnell' geht auf einen Stamm ksap zurück, während j in skr. ksipra, prakr. khippa der Stamm k.sip erscheint; au j ,Brod, Nahrung', acc. awü gehört zu aw , sättigen', aber ein | entsprechendes Nomen fehlt der alten Sprache; pinda hat die j specielle Bedeutung ,Käseleib', neben skr. pinda ,runde Masse, Klumpen, Klotz' l,vgl. pindüri ,rund', citi*. pindöro, neben skr. piijdita , geballt, klumpig'); ghona .gross' ist skr. ghana ,dick, dicht, gedrungen'; cikk ,allc' dient als Pluralsuffix und scheint \ ursprünglich , massig, tüchtig, stark' bedeutet zu haben (vgl. I cikkin .grossmüthig, tapfer', skr. ^-ikvan, von ^ak , vermögen'), ( das Suffix -drus (skr. -drca?) hat collective Bedeutung; inter- j essant sind auch Wtirter wie dighra ,i\Iauer' (skr. digdha li jbestrichen, beworfen*, r aus einem Dental wie in cukra , sauer', '', skr. ^ukta), di , Himmel', sonn ,Berg' (ved. sänu, sni'i ,Berg- || gipfel, Wipfel'^ mutt ,Baum', püsik ,Blüthe' (skr. pusya, *pubka 'h neben puspa), kandalek , Pflanze, Strauch' (skr. kantaka ,Dorn'), Cüntralasi!iti>rli(> Studipii. 897 harilek ,£?elb, g:rün, Messing' (skr. ^haritaka, hätaka), g^ora , weiss' (skr. göra , rindfarbig, weisslich, n'ithlicli'), uts , Quelle' (skr. utsa), pürus ,Maiin', stri-gä , Eheweib''. Auch hier wird das r nach Consonaten gern geduldet, z. B. krön ,Ohr', pron , Blatt' (skr. parna), kriina , schwarz' (skr. krsna), broink , Schenkel, Dickfleisch', grom ,Dorf', gro , Brust', grila , feucht' (skr. ghj'ta , beträufelt'), bro , Pfeil, Bleikugel' (eigentlich ,zuckend, fallend'), tre ,drei', k^e , Einkauf, Handel' (skr. kraya), hroy jtödte!' tröy ,weine!' pra- Praepositiou, z. B. pra-süy ,schlafe!' (ved. pra-siip , schlummernd') u. s. w., auch am Ende der Worte, z. B. mondr ,Wort, Sprache' (skr. mantra), putr ,Sohn'5 r erscheint sogar als unorganischer Nachhall, z. B. in tramas , Abend' (skr. tamisrä), traniona , Frost', dranco , recht'. Die in den neu-indischen Dialekten so stark hervortretende Nunna- tion der Vocalc zeigt sich auch hier, z. B. mangaxik , Fliege' (skr. makhika), mengi , Wolke' (skr. megha), mengamo , Dunst' (ved. '•'■meghamäua). Ueberhaupt zeigen neben merkwürdigen Reliquien aus der Vorzeit die meisten VVortformen dieselbe oder eine ähnliche Lautentwickelung wie im Präkrit, z. B. bäyä .13ruder' (präkr. bhäyä, skr. bhrätä), öisteu ,er steht' (präkr. citthai, skr. ti.sthati; das r bewahrt wie in ust , Lippe', U8t-am , meine Lippe', usti ,steh auf!' rom. usti, M. VIIL, p. 90, neben dhir. uthi, bind, uth-), mahora ,süss' (skr. madhura), anöra , hungrig' (skr. anähara), allerdings mit charakteristischen Abweichungen, z. B. mosthe , zwischen' (skr. mädhye, sindh. manghe, vgl. die slawische Form!). Unter den Affixen ist beson- ders jenes für den Instrumental interessant, -gri, z. B. hast-gri ,mit der Hand, bei der Hand', 8ula-gri ,aus Holz, hölzern' (vgl. griy , fasse!' skr. grhya, Absolutivus von grbh , ergreifend, er- griffen habend'). Auch hier wimmelt der Wortschatz von Lehn- wörtern aus den benachbarten Cultursprachen; auffallend ist das baktrische Element in nazi , schmutzig', naz-güsti ,hässlich'; in die Sasanidenepoche geht zurück säh-säh-gurok , Grosskönig' (gurök , grossmächtig', neben agurökä , schwer, gewichtig'). 3. Das Käfiri oder die Sprache der im südlichen und westlichen Käfiristän, zumal in den Cantonen Katar, Kasmün, Sünah, Inkär, Mükah, Pohän, Kaudah-I-nil, Säye-gal und Käsi-gär hausenden Siyäh-pös und Nimcah's ; dürftige Vocabularien bieten Burnes, Vigne, Lumsden, Trumpp; der letzte hat auch den Ver- 898 Tom asclu'V. sucli g-emacht, den grammatischen Bau des Kätiri vom spracli- wissensehattlichen Standpunkt aus zu ergründen; seitdem hat Kaverty (Journ. of the Asiatic soc. of Beugal, vol. XXXIII, 1865, 267 — 278) ein kleines Voeabular veröflfentlieht; grössere Arbeiten sind von englisclier Seite in Aussicht gestellt. — Dieser Spracb- complex, der gewiss in mehrere abweicbende Dialekte zerföllt, ist wie der Volksstamm selbst in vollständigem Niedergange begriffen; nicht nur, das die fremden Elemente (auch das türkische) im Sprachschatz immer nudir überhand nehmen, zeigt auch der grammatische Hau die Neigung zur erdenk- lichsten Vereinfachung; in lautlicher Hinsicht interessant ist der Abfall des schliessenden r, z. B. sä ,Kopf' (aus yar), angu , Finger' (angur), dau jllolz* (däru), da ,Berg' (dar), änga , Feuer' (angar), ända , Fleisch' (andar) u. s. w. ; altcrthümliches Gepräge zeigen indess Worte wie us( ,Lij)pe*. pris^i , Rücken', dräs ,Wein' (citr. danits: vgl. Apr::y.x. (Jrt in Kabulistan bei Ptole- maios, d. i. dräs-tökai, ratr , Nacht', wusunt .Fiühling*, trimsi , Abend' (kal. trama.sung ,Finst(!rniss') u. a. Interessant ist auch das Verbum subst., dessen Indicativ praes. wir mit dem im Citräri hieher setzen: ,ich bin' eitr. asfim käf. sum vgl. mmi is«'>m, som, skr. asmi u. s. w. eitr. asfim asüs asür k äf. sum sis se pl. asümi t asüsi asöni simis sik sin vgl. romi isdm aus *asmas, skr. smjis vgl. kalasa asan, romi (2. p. pl.) isän, San, skr. santi. 4. Das Köhistäni wird im Thale des Täg-äö und des Bärän-äb (Pangsir), sowie an den Ufern das Kabul-rudh ge- sprochen; bekannter sind nur zwei Dialekte, das Laghmäni oder die Sprache der Abkömmlinge der indischen Lampäka's (Aa,u.ßaYa') in dem Bezirke von Mandrawär, und das ziemlich übereinstimmende Pasäi, das namentlich an der Einmündung des Künar-Flusses und im Gebiete von Sewä und Pasrd ge- sprochen wird; eine stärkere Abweichung bildet das Könari, das am östlichen Ufer des Könar-Flusses um den gleichnamigen Ort herum gesprochen wird und über welches Trumpp einige Centralasiatische Stadien. 899 Notizen bietet. Voeabularien der beiden vüi';»enannten Dialekte sind von Leech (Calcutta 1838) gegeben worden. Beide Dialekte dulden im Anlaut nicht gern zwei Consonanten, und zwar räumt der erste derselben den Platz: aus gläm , befestigter Ort' (skr. gräma) wird läm, aus dliga ,lang' (skr. dirgha) wird liga, aus bläyä , Bruder' (skr. bhrätä) wird läyä, konar. le u. s. w.; Metathese tritt öfter auf, z. 15. seit', seit' , Messer' (skr, 9astra, röm. sastir), pult' ,Sohn' (skr. putra). An Stelle von pas. s findet sich im laghm. y, für pas. s laghm. 0, z. B. p. se , sechs', 1. ■/e, p. ast ,acht', 1. ayt, p. ust ,Lippe', 1. uyt, p. sat , sieben', 1. Oat, p. näst ,Nase', 1. naOt, p. ast ,Hand', 1. aöt u. s. w. 5. Das Dhiri und das Tirai, zwei örtlich fern abliegende, modern-indische Dialekte, wahrscheinlich die Ueberreste des alten Gandhari; der erste wird in Dhir im Flussgebiet des Pangköra, also an der Südgrenze von Citrär, das letztere südwestlich von Pesäwar am Flusse Tira, mitten zwischen den Apridai- und Urakzai-Afghanen, gesprochen; das Tirai zeichnet sich demnach durch Aufnahme von Pastö-Wörtern aus, während das Dhiri sich an das Arnya anzuschliessen scheint und den Uebergang zum Pangäbi bildet. Unter den Pangäbi-Dialekten ist das Kistwäri im südlichen Kasmir flas altcrthümlichste, es bildet den Uebergang zum Kasmiri; vgl. Worte wie prisü ,Floh', kasm. pis, pang. pissü, papri , Schmetterling', kasm. pomper u. ä. — Das Kasmiri selbst besitzt viele originelle Flexionsformen, und im Wortschatz finden wir manchen inter- essanten Ueberrest aus ältester Zeit; so heisst z. B. ,theuer, werth' drog (Journ. of the Asiatic soc. of Bengal XXXV, 1867, S. 255 u. app. S. 234, sowie in Elmslie's Kashmiri-English Dictionary), wozu blos slaw. drag<; eine Analogie bietet: auch für die Xaturphänomene der Alpenwelt, sowie für Bäume und Früchte sind manche originelle Bezeichnungen vorhanden. V 6. Das Sinagi, die Sprache der Darda-Stämme, zu beiden Seiten der grossen Indusbiegung, zerfällt in mehrere Dialekte, worunter das Gilgiti und Astori durch Leitner genauer bekannt geworden sind. Alterthümlicher ist jedenfalls das Astori, vgl. z. B. a. kröm, g. körn ,Werk' (skr. karman), a. gröm, g. gäm ,Dorf' (skr. gräma), a. prize, g. pizo ,Floh' u. s. w. ; es hat überdies eine ausgesprochene Vorliebe für Nasalirung, z. B. angäi .Himmel', g. agäi, sänce , Traum', g. säce, sünco , gerade, 900 To ma.-iclick. CentraUiÄiatieclie Studien. aufrichtig-', ^. sücu (skr. satya). ^lerkwürdig ist der Wechsel von r und z, n' und g-, z. B. in g. ro, re ,er, sie', a. ^.o, ze und in dem Abi. -Suff. g. gi"), a. nyö; in zTgo ,lang', aus driga (skr. dlrgha), haben wir gleichfalls einen seltenen Lautüber- 1 gang. — Man hüte sich, trotz manclier Uebereinstininiungen im ^\'ol•tschatz, davor, die Darada-Sprachen zu den Hiudukus- «; Dialekten zählen zu wollen; die verbale Flexion beruht auf 1 ähnlichen Principien wie im Pangäbi, Sindhi und Kasmiri und i bildet in ihren kunstreichen Zusajnmensetzungen, namentlich j aber in der Unterscheidung der masculinen und femininen Formen, einen ausgesprochenen Gegensatz zu der höchst steril aufgebauten Coniugation der westlichen Dialekte. Die Cina's und Darada's sind offenbar von Süden her dem Indus entlang und über Kasmir in ihre nordischen Wohnsitze gelangt und haben ^ den Zusammenhang mit den Gandhära's, den Indern des Füuf- stromlandes, niemals verloren, während die arischen Stämme, die sich vom Kabulstrom in die Seitenthäler bis zu den Kämmen des Ilindukuö und noch weiter hinauf verbreitet hatten, nach Vermischung mit den Autochthoueu, die wir oben als den Khägünah's (Kha^a's) sehr nahe stehend angenommen haben, einen mehr abgesonderten Entwicklungsgang eingeschlagen haben und sogar auch noch gegenwärtig, durch die Afghanen eingeengt, in ziemlicher Abgeschlossenheit von dem übrigen Indien verharren. Ausgegeben am 20. October 1880. 0 BIND1N6SECT, FEB2 11990 / AS Akadeoiie der Wissenschaften, 1/+2 Vienna. Philosophisch-Histo- A53 rasche Klasse Bd. 96 Sitzungsberichte PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY 'M^^m^