a & er IivierTa 4 . Derlag von 6uftao Fifdy 1} ) . Jena “ ce. Strasburger —— re ee n ea 7 ae: s En = T n were nn. Sarar or eangeR? Lite - TRLETECH REF Ep ERSTE IT ESSTEEREGSE EST TEST ELSE REES HEHE ET IT TE ST ALERT PTR an FRE - , | LER. ha : ir 1 y . < rn, - ELRS n . zuru7 wur} E a E R, “ . IS mm ET Dep RARY = ee |: STREIFZUÜGE AN DER RIVIERA 8 STREIFZÜGE AN DER RIVIERÄ VON EDUARD STRASBURGER ©. Ö. PROF. DER BOTANIK AN DER UNIVERSITÄT BONN DRITTE GÄNZLICH UMGEARBEITETE AUFLAGE MIT 85 FARBIGEN ABBILDUNGEN IELUSTRIERIT, VON BOUSE REUSCH- JENA MEREAG VON. GUSTAV FISCHER 1913 Alle Rechte, vornehmlich das der Übersetzung, MEINER TOCHTER ANNA von TOBOLD GEWIDMET. Vorwort zur I. Autlage. N 1 ee NG a Rena Se ! er A , sr‘ £ ) , S 4 K I ährend graue Winternebel das Rheintal füllen, schreibe ich diese Zeilen nieder, um sie meinen Streifzügen am Mittelmeer vorauszuschicken. Welches Glück, daß die Phantasie auch an trüben Tagen uns über die Wolken zu erheben vermag! Mir zaubert sie hellen Sonnenschein vor, während es draußen dunkel ist. Ich sehe sie vor mir die blaue See, an ihren Ufern steil aufsteigendes Gebirge und in weiter Ferne die hohe Alpenkette mit ihrem Diadem von Schnee! Die leuchtenden Küsten des Mittelmeeres ziehen an meinem geistigen Auge vorüber, und es ist mir, als atme ich wieder den würzigen Duft der Macchia. So mögen denn. diese Zeilen auch in fremder Seele Frühlingsempfin- dungen wecken, auch wenn es daheim noch schneit und friert. Bonn, im Spätherbst 1895. Vorwort zur II. Auflage. ieses zweite Vorwort soll nicht, wie das erste, die Stimmung, in der ich es schreibe, widerspiegeln, seine Aufgabe ist vielmehr die Änderungen und die Erweiterung zu begründen, welche das vorliegende Buch bei seiner Um- arbeitung erfahren hat. Vor allem gilt es, die Pflanzenbilder hervorzuheben, die dem Texte eingefügt worden sind; sie dürften ein Erkennen der geschilderten Gewächse bedeutend erleichtern. Damit wird ein Wunsch erfüllt, den zahlreiche Freunde dieser Streifzüge geäußert haben. Sehr erfreulich war es, daß sich eine Künstlerin, Fräulein Louise Reusch, geneigt fand, sich dieser Aufgabe zu widmen. Sie reiste an die Riviera und malte dort die Pflanzen nach der Natur. Wie erfolgreich ihr Mühen war, dafür legen die Bilder dieses Buches ein beredtes Zeugnis ab. Sie hat jede Pflanze nicht nur naturgetreu wiedergegeben, sondern auch in ihrem Wesen künstlerisch erfaßt. Von ihrer Hand sind auch die stimmungs- vollen Vignetten, welche den Anfang der Hauptabschnitte kenntlich machen. Daß der Herr Verleger bereit war, ein Unternehmen, das seine Sympathien gewonnen hatte, so kost- spielig auszustatten, gereicht ihm zur besonderen Ehre und hat mich ihm gegenüber zum größten Dank verpflichtet. Im Vergleich mit der ersten Auflage der „Streifzüge“ hat diese zweite eine starke Änderung erfahren. Doch hielt ich es für geboten, die ursprüngliche Einteilung des Stoffes beizubehalten und die Eindrücke so einander folgen zu lassen, IX wie ich sie in meinen aufeinanderfolgenden Frühlingsreisen an der Riviera im Laufe der Jahre empfangen hatte. Doch versuchte ich es jetzt, die losen Bilder, welche die Deutsche Rundschau in gesonderten Aufsätzen zunächst veröffentlicht hatte, miteinander zu verknüpfen. Manches wurde dadurch vervollständigt, was freilich nicht bezweckt, die Reiseführer zu ersetzen. Vielmehr soll es die Aufgabe dieser Blätter auch weiter sein, die Naturschätze dieser einzig schönen Gegend zu erschließen, das Verständnis ihres Wertes zu fördern und die Freude an ihren wunderbaren Reizen zu heben. Freilich mußte ich in meinen letzten Schilderungen auch manchen tiefen Schatten über die leuchtenden Farben der Bilder legen. Denn nicht alles hat sich im Laufe der Jahre zum Vorteil an der Riviera verändert, und mancher unlieb- same Eindruck beginnt den reinen Naturgenuß dort zu trüben. Die schönsten und daher besuchtesten Orte haben durch Überkultur gelitten. Doch das ist vorwiegend nur in nächster Nähe der Küste geschehen, so daß man in einiger Ent- fernung von dieser noch immer reine und tiefe Naturein- drücke empfangen kann, ohne sich durch das Leben der großen Straßen bedrängt und belästigt zu fühlen. An solche Orte werden die Leser der Streifzüge mir öfters zu folgen haben. Bonn, im Herbst 1903. Vorwort zur 1lII. Auflage. eit dem Erscheinen der zweiten Auflage dieses Buches sind 9 Jahre verflossen. Die Schilderungen der ersten Reise, mit denen diese Streifzüge an der Riviera beginnen, reichen bis auf das Jahr 1893 zurück. Unaufhaltsam hat seitdem das moderne Leben seine Ansprüche und Bedürf- nisse an diesem bevorzugten Gestade zur Geltung gebracht. Grundstückspekulanten bemächtigsten sich der schönsten Strecken der Küste, teilten sie ın Stücke und boten diese als Baustellen aus. Was kurz zuvor noch jedem offen stand, fiel nun der ausschließlichen Nutznießung einzelner Bevor- zugter anheim. Ehrwürdige Olivenhaine voller Poesie, die ihre phantastischen Äste der blauen Flut entgegenstreckten, mußten luxuriösen Gärten den Platz räumen; alte malerische Bauten wurden durch internationale Paläste von oft frag- lichem Geschmack ersetzt. Lärm und Gedränge wuchsen mit dem zunehmenden Verkehr, glücklicherweise nicht überall auch der Staub, gegen den die neuen Schutzmittel weit wirksamer ankämpfen, als die alten. So ist denn seit den Jahren, in denen ich meine ersten Eindrücke von der Riviera niederschrieb, an den von Fremden überfluteten Orten doch manches anders geworden. Es fragte sich daher, ob ich nicht meine älteren Schilderungen zeitgemäß ummodeln, sie „up to date“ bringen solle. Mein inneres Empfinden drängte solche Gedanken zurück. XI Das, was ich einst gab, waren innerlich durchlebte Stim- mungen und Gefühle. Änderungen an ihnen vorzunehmen, schien mir eben so unmöglich, wie Korrekturen an einem Gemälde, entsprechend den baulichen Umgestaltungen, welche die dargestellte Gegend weiterhin erfuhr. Alle meine Natur- schilderungen gehen zudem ins Weite, und wie auch der Mensch im Kleinen sich an den Schönheiten dieser Küste versündigt haben mag, das endlose Meer, das himmel- stürmende Gebirge blieben seiner Macht entzogen. Wo aber in Einzelheiten der Hinweis auf vollzogene Änderungen mir notwendig erschien, habe ich dem Text in Klammern Zahlen eingefügt, die auf entsprechende Anmerkungen am Schlusse des Buches hinweisen. Andererseits habe ich es für meine Pflicht erachtet, alle wissenschaftlichen Angaben des Werkes auf die Höhe jetziger Erkenntnis zu bringen. Dadurch ist neuestes Wissen gelegentlich in ältere Umgebung geraten. Sollte der Eingeweihte das als Anachronismus empfinden, so bitte ich ihn, darüber hinwegzusehen. Die Aufgabe, welche sich dieses Buch stellt, schien mir eine solche Freiheit der Behandlung zu gestatten”). Bonn, im Frühlingsanfang 1912. *) Das fertige Manuskript des Buches lag beim Ableben des Herrn Ver- fassers am 19. Mai 1912 auf seinem Schreibtisch. Diese neue Auflage wird also vollständig in der eigenen Fassung des Autors veröffentlicht. Die Durchsicht der Revisionen haben außer Herrn Professor Dr. J. Strasburger in Breslau noch Frau L&o Errerain Brüssel, Fräulein Louise Reusch in St. Goar, Herr Professor Dr. E. Küster in Bonn, Herr Alwin Berger in La Mortola in liebenswürdiger Weise übernommen, wofür ihnen allen auch an dieser Stelle der verbindlichste Dank ausgesprochen sei. Die Verlagshandlung. Die Bilder. DE erste Vorwort, die Einleitung und der Beginn jeder Reise erhielten Vignetten, die bevorzugte Stellen der Riviera wiedergeben. Den Anfang machen (S. VII) die Scheffelpalmen, eine Gruppe von Dattelpalmen, so benannt, weil sie der Dichter einst besungen hat. Über der Einleitung (S. XIX) erblickt man die Kette der Seealpen, wie sie bei klarem Wetter in Antibes, von der Höhe des Kaps, sich zeigt. Die erste Reise (S. ı) wird eingeleitet durch eine Ansicht des Esterelgebirges im vollen Sonnenschein und über dem VII. Abschnitt (S. 128) verziert mit einer Vignette der alten Stadt Antibes. Es folgt über der zweiten Reise (S. 193) ein Küstenbild von Le Trayas mit seinen roten Porphyr- felsen. Über der dritten Reise (S. 271) sehen wir den am Mont Chevalier aufsteigenden, älteren Stadtteil von Cannes. Für die vierte Reise (S. 335) wurde das Bild von Mentone gewählt, wie es vom Pont Saint Louis sich darbietet. Über der fünften Reise (S. 425) erscheint das Profil des Esterel- gebirges, wie man es von Golfe-Juan aus überschaut. Die sechste Reise (S. 495) erhielt endlich als Verzierung die Ansicht des Vorgebirges von Portofino, bei trübem Himmel und bewegter See, die ihre Wellen gegen die Strandprome- nade von Nervi schleudert. Ein Stern * bezeichnet im Text die Stellen, welche auf die Bilder Bezug haben. Die Pflanzenbilder stellen, mit nur vier weiter zu nen- nenden Ausnahmen, einheimische Gewächse der Riviera dar. XIII Es sind fast nur solche Arten, die im Frühjahre blühen und durch Schönheit der Form, leuchtende Färbung, starken Duft oder große Verbreitung auch dem Nichtbotaniker auffallen. Auf die Abbildung von Gartenpflanzen konnten wir verzichten, da ihre Namen von den Gärtnern unschwer zu erfahren sind. Wir beschränkten uns auf die Wiedergabe einer der vielen an der Riviera kultivierten Akazien, der besonders lieblich duftenden Acacia Farnesiana; außerdem der Bougainvillea, die ganze Mauern oft deckt und durch ihre grelle Färbung dem Auge sich aufdrängt; auch des Eukalyptus, der an vielen Orten zum hohen Alleebaum wurde, und endlich des Pfefferbaumes, der bei bescheidener Entwicklung einem ähnlichen Zwecke dient. Die Pflanzenbilder auf den Seiten anzubringen, auf welchen sie erwähnt werden, ging nicht an, daher ich es vorzog, sie gleichmäßig in alphabetischer Reihenfolge im Buche zu verteilen. Ihr lateinischer Name war hierfür maßgebend. Jede abgebildete Pflanze ist bei ihrer jedesmaligen Nennung durch einen Stern * kenntlich gemacht, und es wird Aufgabe des Lesers sein, sie auf der in Klammern angeführten Seite aufzusuchen. Eine Aufzählung aller Pflanzenbilder lasse ich hier folgen. Sie soll ihr rasches Auffinden erleichtern. Die betreffende Seitenzahl ist fetter gedruckt. Die anderen Zahlen geben die Seiten an, auf denen die Pflanze erwähnt ist. Be- sonders geschieht das auf der Seite, die durch geneigte Zahl markiert wird. Acacia Farnesiana, aus dem Garten von La Mortola, 7, 535, 405. Acetabularia mediterranea. In der Nähe der Insel Sainte Mar- guerite im Herbst gesammelt. 13, 321. Adiantum capillus Veneris, aus dem Gorbiotal. 19, 40. Akazia s. Acacia. Alant s. Inula viscosa. Algen s. Meeresalgen. Allium neapolitanum, bei Mentone. 25, 17. XIM Alyssum maritimum, bei Mentone. 31, 340. Anemone :coronaria, bei Mentone. 37, 183. Anemone pavonina, bei Mentone. 43. Anemone stellata, vom Cap d’Antibes. 49. Anthyllis barba Jovis, aus Beaulieu. 55, 267. Antirrhinum latifolium, bei Villefranche. 61. Arbutus unedo, mit unreifen Früchten, bei Mentone. 67, 606,:220, 237, 266, 443, 444, 400, 507. Die Frochie werden erst im Oktober und November reif, dann be- ginnt der Baum wieder zu blühen. Arisarum vulgare, bei Mentone. 73, 356, 509. Aron s. Arum. Arum arisarum s. Arısarum. Aschenpflanze s. Cineraria maritima. Asparagus acutifolius. Aus Sestri Levante. Blüht erst im Mai. 70,706, 241, 445, 508. Asphaltklee s. Psoralea. Asphodelus microcarpus, ein Zweig des Blütenstandes von der Insel Sainte Marguerite. (Unter der Abbildung irrtümlich als Asph. ramosus bezeichnet.) 85. Der nahe verwandte Asphodelus albus im Esterelgebirge 236. Baumheide s. Erica. Binsenpfrieme s. Spartium. Bougainvillea spectabilis, bei Mentone. gı, 47. Callithamnion roseum, aus dem Meere am Cap d’Antibes. 97, 321. Calycotome spinosa, vom Cap d’Antibes. 103, 162, 230, 243, 266, 445, 507- Cedern-Wachholder s. Juniperus oxycedrus. Centranthus ruber, bei La Mortola. 109, 128. Cineraria maritima, aus Nervi. 115, 267, 491. Beginnt erst im Mai zu blühen. Cistus albidus, vom Cap d’Antibes. 12I, 767, 191, 244, 293. Cistus monspeliensis, vom Cap d’Antibes. 125, 761, 191, 205 479. XV Cistus salvifolius, von Mentone. 131, 236, 244, 267, 293, 343. C'’a -phora laetevirens, aus dem Meere am Cap d’Antibes. 1375 315- Cneorum tricoccum, vom Cap d’Antibes. 143, 169, 328. Convolvulus althaeoides, bei Mentone. 149, 191. Coriaria myrtifolia, an der Straße von La Mortola. 155, 726. Cystosira ericoides, aus dem Meere am Cap d’Antibes. ı61, 300.321. Cytinus hypocistis, vom Cap d’Antibes. 167, 293. Cytisus triflorus, von Sestri Levante. 173, .445. Daphne gnidium, bei Mentone. 179, 169, 267, 343. Delesseria hypoglossum, aus dem Meere am Cap d’Antibes. 185, 321, 323. Nach einem getrockneten Exemplar. Eichen s. Quercus. Erdbeerbaum s. Arbutus. Erica arborea, bei Sestri Levante. 191, 766, 220, 236, 267, 343 443, 444, 459, 507, 527- Eucalyptus globulus, aus Antibes. 199, 59, 67. Euphorbia spinosa, vom Cap d’Antibes. 205, 766, 236, 237, 243. Flockenblume s. Centaurea. Freesia odorata 207, 104. Galactites tomentosa, bei Villefranche. 2II, 268. Geißblatt s. Lonicera. Ginster s. Calycotome und Spartium. Gladiolus segetum, vom Cap d’Antibes. 217, 17. Glaucium luteum, von der Insel Saint Honorat. 223, 294. (Globularia alypum, bei Mentone. 229, 770. Haferwurz s. Tragopogon. Halimeda opuntia, aus dem Meere bei Nervi. 235, 321. Bleidles. Erica. Helianthemum roseum, bei Mentone. 241, 341. Inula viscosa mit vorjährigen, abgestorbenen Blütenständen, bei Nervi. 247, 440. DBlüht erst im Hochsommer. Italienische Stechwinde, s. Smilax. XVI Juniperus oxycedrus. Zweig mit halbreifen Früchten, bei Mentone.: 253, 51, 170,.237, 200, m Jupiterbart s. Anthyllis. Kapernstrauch s. Capparis. Kellerhals s. Daphne. Kermeseiche s. Quercus coccifera. Kornmohn s. Glaucium. Kreuzdorn s. Rhamnus alaternus. Laurus nobilis. Ein Zweig mit Blüten ünd Früchten, aus Nizza.:2509, 70,,400. Lavandula stoechas, aus Mentone. 265, 158, 764, 191, 195,210, 230,244, 2060, 343 Lavendel s. Lavandula. Lentiscus s. Pistacia. Levkoje s. Matthiola. Limodorum abortivum aus Le Trayas 277, 268. Löwenmaul s. Antirrhinum. Lonicera implexa, von der Insel Sainte Marguerite. 283, 241, 295, 445; 307- Lorbeer s. Laurus. Lotus ornithopodioides, vom Cap d’Antibes. 289, 172. Malve s. Lavatera. Matthiola incana, vom Kastell auf der Insel Saint Honorat. 295, 291. Meeresalgen s. Acetabularia, Callithamnion, Cladophora, Cysto- sira, Delesseria, Halimeda, Nitophyllum, Padina, Peysson- nelia und Sphacellaria. Mönchspfeffer s. Vitex. Moricandia arvensis, an der Straße von La Mortola. 301, 726. Narcissus tazetta, aus der Nähe von Antibes. 307, I®. Nasca s. Inula. Nitophyllum punctatum, aus dem Meere am Cap d’Antibes. 313, 321, 323. Nach einem getrockneten Exemplar. Ophrys Bertolonii, am Cap d’Antibes. 319, 706. Orchideen s. Ophrys und Serapias. XVII @zals cernua aus Le Trayas 325, 359, 3060, 361, 302. Padina pavonia, aus dem Meere an der Insel Saint Honorat. Ba 321. Passerina hirsuta, vom Cap d’Antibes. 341, 700. Pevssonnelia squamaria, aus dem Meere an der Insel Saint Flionorat. 347, 321. Phillyrea angustifolia, aus Mentone. 353, 169, 267, 343. Pistacia lentiscus, vom Cap d’Antibes, männlich und weib- BERe350, 153, 100, 191, 2306, 200,.295, 328, 445, 507. Psoralea bituminosa, aus der Villa Pıuma bei Sestri Levante. 365, 461. Blüht erst im Juli. Quercus coccifera. Ein Zweig vom Cap d’Antibes. 37I, 166. nerens lex. Ein Zweig vom Cap d’Antibes. 377, 107, 237, 443, 444, 597- Rhamnus alaternus, männlich aus Sestri Levante; weiblich mit Fruchtanlagen vom Cap d’Antibes. 383, 164, 328, 343, 444 447, 507: Rosmarinus officinalis, bei Mentone. 391, 51, 158, 163, 200,328, 401, 445, 503. Salvia horminoides, vom Cap d’Antibes. 399, 191. Schinus molle, aus Mentone. 407, 90, 336. Schotenklee s. Lotus. Selaginella denticulata, bei Mentone. 415, 743- Serapias lingua, aus Spezia. 433, 266. Smilax aspera, von Sestri Levante. Zweig mit halbreifen Krüchten, "441, 771, 241, 445, 460, 508. Smyrnium olusatrum, aus dem Gorbiotal. 449, 282. Spargel s. Asparagus. Spartium junceum, vom Cap d’Antibes. 457, 162, 236, 507. Sphacellaria scoparia, aus dem Meere am Cap d’Antibes. 465, 321. Spornblume s. Centranthus. Stechwinde s. Smilax. Tazetten s. Narcissus tazetta. E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. TR XVII Tulipa Clusiana, aus Mentone. 473, 17. Venushaar s. Adiantum. Viburnum tinus, aus dem Esterelgebirge. 481, 240, 507- Vitex agnus-castus, aus Saint Tropez. 489, 216; \Blüht: erst im Sommer. Wacholder s. Juniperus. Wegedorn s. Rhamnus. Winterlevkoje s. Matthiola. Wolfsmilch s. Euphorbia. Wundklee s. Anthyllıs. Zistrosen und Ziststräucher s. Cistus. der Riviera wird jedem, ine Reise ‚nach der ein offenes Auge für Naturschönheiten hat, einen tiefen Genuß bereiten. Er nehme seinen Weg von der Levante gegen die Ponente, weil die Großartigkeit der Landschaft in dieser Richtung wächst, um ihren Höhepunkt dort zu erreichen, wo die Seealpen den Hintergrund des Bildes beherrschen, An malerischem Reiz können viele Orte der Levante mit denen der Ponente wetteifern, so daß der Einzelne, je nach seiner Neigung, der Stimmung, in der er sich befand, den Bedingungen, unter denen er den Eindruck empfing, dieser oder jener Stelle der beiden Küsten, den Preis der Schön- heit zuerkennen wird. Im zeitigen Frühjahr sieht es süd- lich des Monte di Portofino an der Levante noch etwas winterlich aus. Um diese Gegend, besonders Sestri Le- vante, in voller Pracht ihrer Vegetation zu sehen, sollte man somit sich etwas später dorthin wenden, Der Schutz gegen j IT* XX Norden nimmt allmählich ab, wenn man sich Spezia nähert; die Zahl laubwerfender Bäume wächst dementsprechend. Nervi hingegen und die nächsten Orte jenseits des Monte di Portofino werden von nördlichen Winden gar nicht er- reicht und bewahren auch im Winter den vollen, immer- grünen Pflanzenschmuck. Die mittlere Wintertemperatur von Nervi bleibt nur wenig gegen die der geschütztesten Stellen an der Ponente zurück. Als Aufenthaltsort für Brustkranke können nur die wärmsten Teile der beiden Rivieren in Betracht kommen. Am vollkommensten gegen Nordwinde gedeckt sind an der Ponente: San Remo, Ospedaletti, Mentone, in gewissem Grade auch Alassio, Nizza mit Cimiez, Cannes und Hyeres; an der Levante vornehmlich Nervi und annähernd auch die Strecke, die sich von Portofino bis Rapallo hinzieht. San Remo, OÖspedalettii, Nervi und Portofino stimmen darin überein, daß die Berge, die ihnen Schutz gewähren, sehr nahe an die Küste rücken. Daher die Zahl der Spazier- gänge, welche diese Orte dem Besucher bieten, entsprechend eingeschränkt ist. Im besonderen gilt das von Nervi, das aber, als Ersatz dafür, über eine seltenschöne, staubfreie Strandpromenade verfügt, die nur südlichen Winden offen steht. Da für Leidende entferntere Ausflüge nicht in Be- tracht kommen, so werden sie diese auch kaum entbehren. Anders der Gesunde, der an einem solchen Orte sich etwas eingeengt fühlt. Weit besser daran ist er in Mentone, wo das Gebirge mehr zurückliegt. Die Küste bleibt trotzdem auch dort gut gedeckt, weil die Berge gleich zu bedeutender Höhe emporsteigen. Ihre zackigen, malerischen Gipfel regen den Wanderlustigen zu weiteren Ausflügen an, während der Schonungsbedürftige in den fächerförmig vom Strande aus- strahlenden Tälern Gelegenheit zu weniger anstrengenden Spaziergängen findet. Die westliche Riviera‘ ist trockener als die östliche; sie kann sich einer größeren Zahl wolken- loser Tage und einer geringeren Regenmenge rühmen. Das XXI wird durch die Höhe der Berge bedingt, die sie gegen Norden decken. Längs der Ponente rückt die hohe Kette der Seealpen sehr nahe zur Küste heran. An ihr lassen die im Winter herrschenden Nordwinde den größten Teil ihrer Feuchtigkeit zurück. Der weit niedrigere Apennin, der die Levante schützt, vermag nicht eben so eingreifende Wirkung auszuüben. An der Levante weisen Genua und Spezia während des Winters die meisten Regentage auf, während Nervi am wenigsten unter ihnen zu leiden hat. Die Niederschläge nehmen rasch in der Richtung von Nervi nach Genua zu, während diese Steigerung nur langsam sich gegen Spezia vollzieht. Ähnlich verhält es sich mit dem Schutz gegen Kälte, den an der Levante der Apennin der Küste gewährt. Nervi ist auch in dieser Beziehung auf- fallend bevorzugt. Nach Genua zu vollzieht sich die un- günstige Änderung fast plötzlich, während sie gegen Spezia allmählich erfolgt. In dem Maße, als die Deckung gegen nördliche Winde abnimmt, wird die Luft anregender und be- wegter, was solchen Kranken, die nicht an der Brust leiden, sondern nur Stärkung und Erholung am Mittelmeer suchen, öfters Vorteil bringt. Der Staub ist nicht so lästig an der Levante wie an der Ponente, was durch die Natur des Gesteins, das zum Straßenbau dient, bedingt wird. Man ver- wendet dazu an der Ponente Kalkstein, der rasch in mehl- artiges, leicht auffliegendes Pulver sich verwandelt, während der Tonschiefer der Levante in weniger feine, am Boden haftende Teilchen zerfällt. Andererseits wird jetzt gegen den Staub an der Ponente mehr angekämpft als an der Levante, doch freilich nur auf den bevorzugten Strecken. Mancher, der nicht selbst lungenleidend ist, trägt Bedenken, sich an einen Ort zu begeben, wo er viele Schwerkranke vermutet. Tatsächlich nehmen aber die großen Hotels an den meisten Orten der Riviera Lungenschwindsüchtige nicht mehr auf, wie denn die Ärzte es auch vorziehen, solche Kranke jetzt nicht mehr nach der Riviera, sondern an andere Orte und in Sanatorien zu senden XXII Die ganze Küste zwischen Mentone und Nizza ist gegen Norden vorzüglich geschützt. Leider ist das Ufer dort auf weite Strecken in Privatbesitz, so daß für den Verkehr von Ort zu Ort fast nur die Landstraße zur Ver- fügung steht. Diese wird aber von Automobilen beherrscht, die dem Kranken das Wandern auf ihr unmöglich machen, sie aber auch dem Gesunden verleiden. DBeaulieu, das innerhalb dieser Strecke liegt, ist insofern bevorzugt, als es am Ostrande des Kap Ferrat über einen staubfreien Weg verfügt, der mehrere Kilometer weit dem Meere folgt. An- dere Orte beginnen den Nachteil, der ıhnen aus mangelnden Fußwegen für Spaziergänger erwächst, zu empfinden und versuchen sie nun anzulegen. Westlich von Nizza gewährt erst wieder. Cannes einen solchen Schutz gegen Norden, wie ihn Brustleidende brauchen. Daß die klimatischen Bedingungen weniger günstig werden, zeigt aber die starke Abnahme solcher Holzgewächse an, die wie die Zitronenbäume besonders schutzbedürftig sind. Der Strand von Cannes ist gegen den Mistral nicht völlig gedeckt, so daß die neuen Hotels mehr landwärts gebaut sind, zum Teil bis auf die südlichen Abhänge der Hügel, die sich sanft zum Meere senken. Manche haben sich bis nach Le Cannet, zwei Kilometer landeinwärts, geflüchtet. Aus ähnlichen Gründen baut sich, weiter vom Strande, auch Cimiez über Nizza jetzt als Kurort aus, eine Stätte, die einst schon von den Römern wegen ihres milden Klimas geschätzt und viel im Winter besucht wurde. Hyeres hat an der Gunst, deren es sich vor Zeiten erfreute, stark eingebüßt, auch mit Recht, da der eisige Mistral leichten Zugang zu ihm findet. Wer im zeitigen Frühjahre an der Riviera frische, an- regende Luft zu atmen wünscht, stärkender Körperbewegung sich hingeben will, weitere Ausflüge plant, der wähle zu längerem Aufenthalt an der Ponente Bordighera oder das Cap d’Antibes aus, falls er dem östlichen Gestade den Vor- zug gibt, dort Portofino, die Gegend von Rapallo und später XXIII Sestri Levante. Besonders Bordighera und Sestri Levante bieten reiche Gelegenheit zu Streifzügen ins Hinterland. während Antibes die herrlichen Wanderungen auf dem hüg- lichen Kap ermöglicht. Auch Saint Rapha@l am westlichen Abhange des Esterel- gebirges kommt für die vorgerücktere Frühlingszeit in Be- tracht; doch steht es an Schönheit der Lage den anderen Orten nach und ist dem Mistral stark ausgesetzt. Das weite Tal von Frejus, das man dauernd vor Augen hat, beginnt erst Anfang April zu ergrünen. Oberhalb Saint Raphael, ın Valescure, ist man im Nadelholzwalde, blickt in das Tal des Argens hinab und beherrscht das Maurengebirge. Bei günstiger Witterung kann man hier eine Zeitlang mit Ge- nuß verweilen; doch ist es hier kühl, so daß die Römer den Ort vornehmlich im Sommer aufzusuchen pilegten. Jedem Naturfreund müssen aufs wärmste Ausflüge ın das Esterelgebirge empfohlen werden. Er kann sie von Saint Rapha@l oder von Valescure, am besten aber von Le Trayas unternehmen. In Le Trayas sieht er. die. roten Porphyrfelsen unmittelbar hinter seinem Rücken steil empor- steigen und zu seinen Füßen in die blauen Fluten des Mittelmeers tauchen. Leider ıst mit Vollendung der soge- nannten Corniche d’Or, einer Landstraße, die am Fuße des Esterelgebirges jetzt der Küste folgt, auch diese bisher jung- fräuliche Gegend dem großen Verkehr ausgeliefert worden; glücklicherweise hält sich die Straße in einiger Entfernung vom Meere, so daß man noch unbehelligt an dem purpurnen Strande weilen kann. Auch das Maurengebirge kommt für gute Fußgänger in Betracht, das weite Touren in die immergrünen Eichen- wälder gestattet. Die französische Südbahn folgt der Küste, und mancher anmutige Ort am Meeresstrande ist durch sie erschlossen worden. Es sind fast ausschließlich Franzosen, denen man dort in den Gasthäusern, die sich zwar nicht durch Komfort, doch meist durch gute Kost auszeichnen, XXIV begegnet. So kann man, von Osten kommend, in Sainte Maxime angenehme Tage verleben, von dort die Reise bis Hyeres und Toulon fortsetzen und mit Tamaris den Abschluß machen. Dieser letzte Ort ist durch Lokaldampfer mit Toulon verbunden; er liegt noch innerhalb der Touloner Reede und wird auch als Winterstation besucht. George Sand hatte ihn einst verherrlicht, doch bläst der Mistral dort stark und sind die Ausflüge erschwert, weil alle an- grenzenden Höhen Befestigungswerke tragen. Der Winter kann dauernd mild sein an der Riviera, doch gibt es davon auch Ausnahmen. Vorübergehend kann die Temperatur an weniger geschützten Orten bis auf 6° € unter Null fallen, ja am ı. Jan. ıg0o5 hat man am Kap von Antibes sogar —8° C notiert. An der Riviera, wie in Algier und Tunis, regnet es besonders im Herbst und Frühjahr. Im Sommer herrscht die größte Dürre, die sich über Monate erstrecken kann. Im Winter wird man sich oft ununterbrochen des schönsten Wetters erfreuen können. Der Boden erwärmt sich dann rasch in der Sonne, um freilich des Nachts sich auch verhältnismäßig schnell durch starke Ausstrahlung in den Weltenraum abzukühlen. Diese Abkühlung würde sich noch rascher vollziehen, wäre nicht die unmittelbare Nähe des Meeres, dessen große Wasser- massen nur langsam ihre Temperatur ändern. So wirkt denn das Meer ausgleichend auf das Klima ein, was freilich nicht verhindert, daß manchmal plötzlich Temperatursprünge erfolgen. Vom März an mub man auf einen Witterungs- wechsel gefaßt sein, doch kann dieser unter Umständen sich viel später, sogar erst in der zweiten Aprilhälfte vollziehen. Meist pflegt aber das schlechte Wetter an der Riviera nicht lange zu dauern, und es gestalten sich die klimatischen Verhältnisse dort im Frühjahre unter allen Umständen günstiger als nördlich der Alpen. Sonnige März- und April- tage an jenem herrlichen Gestade sind dann über die Maßen schön und bleiben oft die schönsten Tage, die das XXV gesamte Jahr dem heimkehrenden Nordländer bot. Daheı auch mich immer, wenn das Frühjahr naht, eine unwider- stehliche Sehnsucht nach den Gestaden des Mittelmeeres er- greift. Freilich empfinde ich es dann nach der Heimkehr be- sonders schwer, wenn der Mai, statt der verheißenen „Wonne“, nur Regen und Kälte bringt. Es gibt überhaupt in Europa nur wenige Gegenden, die sich eines gleich sonnigen Klimas wie die Riviera er- freuen. Das gilt für einzelne Teile von Süd- und Mittel- spanien und fast für das gesamte Griechenland. Wenn es an der Riviera zu regnen anfängt, dann freilich geschieht es meistens in Strömen. Daher, wie unglaublich das auch klingen mag, die jährliche Niederschlagsmenge in Nizza im Durchschnitt größer ist als in Paris, Berlin und selbst in London. Es ist vorgekommen, daß bei Südwestwind in Nizza 300 mm Wasser in 24 Stunden niederfielen! Dieser Wind, der Libeccio, weht im Winter nur selten; vielmehr sind es um diese Jahreszeit Süd-, West- und vor allem Ostwinde, welche Regen bringen. Unter dem Ostwind, dem Levant, hatten wir in manchem Frühjahr viel zu leiden, während der Südsüdostwind, der Scirocco, an der Ponente meist trocken ist, glücklicherweise überhaupt nur selten weht. Reiner Nordwind, Tramontana, herrscht im Winter vor, und ihm verdankt die Riviera ihr sonniges Klima. Daher es der Reisende sich sehr wünschen muß, daß dieser Wind auch im Frühjahre anhalte.e Man wird seiner an den ge- schützten Orten der Riviera kaum gewahr. Er erreicht erst in größerer Entfernung von der Küste das Meer, das durch hohen Wogengang anzeigt, daß er stärker bläst. Der Mistral breitet sich von der Mündung des Rhonetals fächerartig über dem Mittelmeer aus und erreicht in westsüdwestlicher Richtung ‘die Ponente. Oft ist er noch recht heftig in Nizza, erlahmt aber schon in Mentone und büßt beı Bordighera endgültig seine Kraft ein. Er fegt den Himmel stets rein, auch wenn dieser bewölkt war, läßt ıhn aber zurück, XXVI ‘wie er ihn fand, so daß die verschwundenen Wolken sich dann plötzlich wieder bilden. Das stark bewegte Meer nimmt bei diesem Winde eine tiefblaue, charakteristische Färbung an. Die Winde setzen oft ganz plötzlich ein, um in manchen Fällen, äußerst rasch, sturmartige Heftigkeit zu erlangen. Das ist den Schiffern wohl bekannt, die bei manchem Wetter, das dem Uneingeweihten ruhig und sicher erscheint, das Meer meiden. Von solchen Windstößen, die in einiger Entfernung von der Küste bereits über das Meer ziehen, werden sie durch schwarze Warnungszeichen benachrichtigt, welche die Semaphore aufhissen. Bei anhaltend klarem Wetter pflest in den Morgenstunden an der Riviera ein leichter Landwind von der kühleren Küste gegen das wärmere Meer zu wehen. Ist die Temperatur des Landes im Sonnenschein gestiegen, so setzt die Seebrise vom kühlen Meere gegen die wärmere Küste ein. In solchen Augenblicken muß man vorsichtig sein, um eine Erkältung zu vermeiden, denn die Temperatur auf dem Lande sinkt rasch, oft um mehrere Grade. Auch bei Sonnenuntergang kühlt die Luft sich vorübergehend ab, infolge plötzlicher Taubildung. Dann beginnt das 'Thermo- meter wieder zu steigen, und es setzt ein schwacher Wind von der langsam sich abkühlenden Erde gegen das in seiner Temperatur beharrende Meer ein. Diese Luftströmung hält bis zum nächsten Vormittage an, sofern nicht ein Witterungs- wechsel sich einstellt. Im Winter und in den ersten Früh- lingsmonaten ist der Wärmeunterschied zwischen sonnigen und schattigen Orten der Riviera so groß, daß selbst ein völlig Gesunder gut tut, nicht übermäßig leichte Kleider zu tragen. Nebel kommen an der Riviera kaum vor, die Luft ist von seltener Klarheit, und, was damit zusammenhängt, der Himmel von tiefsteem Blau. So scheint die Natur an diesem seligen Gestade dauernd ihr Festgewand zu tragen und regt durch ihren sonnigen, heiteren Glanz auch im Menschen freudige und hoffnungsvolle Stimmung an. EPROITETTI I: = s war Mitte März: Wir erwarteten sonniges Früh- lingswetter und doch regnete es fast ohne Unter- brechung an der Riviera. Bei Tag und Nacht hörten wir die Regentropfen gegen die Scheiben schlagen, heftiger oder gelinder, doch in langweiligem Einerlei, so daß auch die Stunden uns endlos erschienen. Mißmutig legte man das Buch aus der Hand, die Unterhaltungen stockten. Bittere Klagen wurden über das Wetter laut. So mancher war südwärts geeilt in der sicheren Erwartung, jenseit der Alpen den vielge- priesenen, ewig blauen Himmel zu schauen; er hatte gehofft, den nahenden Vollmond in den Fluten des Mittelmeeres sich spiegeln zu sehen, und nun wurde all sein Sehnen und Trachten zu Wasser. — Wer freilich wie ich schon öfters zur Frühlingszeit in Italien geweilt hatte, faßte die Sachlage ruhiger auf. Denn es konnte ihm nicht verborgen geblieben sein, daß es E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 1 tv auch in Italien um diese Jahreszeit oft regnet. Würden die Felder und Gärten Italiens nicht im Frühling und Spätherbst mit Wasser getränkt, wie sollten sie Früchte tragen? Herrscht doch zur sonstigen Zeit meist die größte Dürre. Was mich veranlaßt, trotz dieser schein- bar weniger günstigen Aussichten, doch immer wieder im Frühjahr gen Süden zu ziehen, das ist die Sehn- sucht nach grünen Fluren und belaubten Bäumen, nach etwas Sonne und Wärme, die Zuversicht, unter allen Umständen am Mittelmeer mildere Witterung als im Norden zu finden, die Hoffnung, dort auch manchen sonnigen Tag, ja, bei einigem Glück, eine ganze Reihe solcher Tage zu genießen. Nach dem langen, kahlen, kalten nordischen Winter wirkt der Kontrast am stärksten; man freut sich über das kärglichste Grün, nimmt dank- bar jeden Sonnenstrahl entgegen; hingegen hat schon mancher zur Herbstzeit in der sonnverbrannten lom- bardischen Ebene sich nach den saftreichen Matten und dem üppigen Baumwuchs der Alpen zurück gesehnt. Der Herbst pflegt auch in unseren Breiten schön zu sein, während unser März- und Aprilwetter mit Recht berüchtigt ist. So kam es auch in diesem Frühjahr; denn während Briefe und Zeitungen uns Klagen über Schnee und Kälte von jenseits der Alpen brachten, hatten wir am Mittelmeer uns bald des herrlichsten Sonnenscheins zu erfreuen. (ranz besonders schön wurde es um die Österzeit. Himmel und Erde zogen ihr Festkleid an, um sich in unsterbliche Pracht zu hüllen. Der Östersonntag traf mich in Bordighera an. Vor Tagesanfang war ich aufgebrochen, um den Monte Nero zu besteigen. Zunächst blieb ich aber gefesselt am Capo di Sant’Ampeglio stehen und wartete dort 3 den Sonnenaufgang ab. (Geisterhaft verklärt tauchte Korsika in weiter Ferne empor aus den Fluten. Dort ruhte zunächst das entzückte Auge; dann folgte es der reich gegliederten Küste, die in weitem Bogen das Meer umfaßt, als wolle sie es liebevoll in ihre Arme schließen. Der Osten war stark gerötet, und dieser purpurne Schein färbte in glühenden Tönen die Kämme der stahlblauen Wellen. Kein Wölkchen trübte das Himmelsgewölbe, das aus tiefstem Blau durch zartes Grün sich zur Meeresfläche senkte. Plötzlich trat der rote Sonnenball am Horizont hervor und sandte seine feurigen Strahlen über das weite Meer, als solle er es entzünden. Und tausend Lichter drangen in die tiefen Buchten des Strandes, in die dunklen Täler der Küste ein, um alle Schatten der Nacht zu verscheuchen. Hell blitzten in weiter Ferne, wie von Feuersbrunst erfaßt, die Häuser von Monaco auf, und selbst das entfernte Antibes warf lange, goldige Strahlen der Sonne als Morgengruß zurück. Überall war es wie ein Auf- flammen, und gleich einem Jubelruf tönte es durch die ganze Natur. So feierten an jenem Morgen Himmel und Erde am blauen Mittelmeer das Fest der Auf- erstehung! — Ich war in dieses Schauspiel wie ver- loren und merkte nichts von dem Schwinden der Zeit. So kam es, daß die Sonne schon hoch am Himmel stand, als ich die Weiterwanderung antrat. Die ganze Meeresfläche glitzerte jetzt von unzähligen Lichtern und schien mit Diamanten übersäet; das ferne Korsika löste sich allmählich in einen Nebelstreifen auf, als wäre es nur ein Jraumbild gewesen. Vor mir, auf dem Vorgebirge des heiligen Ampeglio, lag Alt-Bor- dighera, schon ganz in Sonnenglut getaucht. 1% Zwei Stunden seien nötig, um den Monte Nero zu besteigen, so glaubten es einige gehört zu haben, denn in Wirklichkeit gelang es mir nicht, jemanden zu finden, der sich hätte rühmen können, jemals oben gewesen zu sein. Ohne zwingenden Grund besteigt hier der Eingeborene kaum einen höheren Berg; nur eine Leidenschaft, die der Jagd, vermag ihn in so hohe Regionen zu treiben, trotzdem er auch dort oben nur winzige Vögel findet, um seine Waidmannslust zu stillen. Ich hatte daher, trotz aller Nachforschungen, den Weg auf den Monte Nero selber aufzusuchen. Oben stellte sich aber heraus, daß der Gipfel bewaldet ist, die gepriesene Fernsicht somit nicht bieten kann, ja, irgend- welchen freien Ausblick überhaupt nicht gewährt. Genügende Entschädigung für die Mühen des Aufstiegs brachte mir erst der nördliche Abhang des Berges; er geleitete mich zu dem Sattel, der den Monte Nero von dem weit höheren Monte Caggio trennt. Dort konnte, von waldfreien Stellen aus, der Blick sich un- gestört in die tiefeingeschnittenen Täler versenken, über sanfte Hügelketten schweifen, den reichgegliederten Strand erreichen und sich im weiten Meer verlieren. Östwärts, jenseits des langgestreckten (Grrates, der das Dorf Coldirodi trägt, erkannte man die Häuser von San Remo. Im Nordwesten wurde das Auge durch die schneebedeckten Häupter mächtiger Riesen der Seealpen gefesselt. In wunderbarer Klarheit setzten sich ihre blendendweißen Gipfel von dem azurnen Himmel ab, während tiefer hinab, längs der Abhänge, das dunkle Grün der Föhren, das dem Monte Nero seinen Namen gibt, durch helleres Grün der, Oliven, das leuchtende Blau erreichte, mit dem die endlosen Fluten des Meeres 0) den Horizont abschlossen. Doch der Anblick der Schneefelder dort oben in den Alpen lenkte bald den Flug meiner Gedanken von dem südlichen Meer nach nördlichen Breiten ab. Welch grimmige Kälte mochte noch jenseits dieser schneebedeckten Berge herrschen! Hier, südlich von dieser schützenden Mauer, hatte der Frühling über den Winter bereits den Sieg davon- getragen. Der große Kampf der Auferstehung in der Natur war schon ausgerungen, so daß der Klang der Österglocken, der aus den Tälern zum Monte Nero emporstieg, nur Freudentöne nach“den lichten Höhen zu tragen schien. Die Gärten in Bordighera standen in üppigster Blüte; ihre Beete glichen vollen Blumenkörben. Die mächtigen Sträucher des kapischen Pelargoniums waren mit zinnoberroten Blüten übersät. Der peruanische Heliotrop kletterte an den Häusern empor und erfüllte die Luft mit vanilleartigem Wohlgeruch. Mit diesem mischten sich die Düfte von Nelken, von Reseda und von gelben Teerosen. Die Blätter immergrüner Bäume glänzten von Licht überflutet, als wären sie von Metall; sie warfen über die Wege scharfbegrenzte, dunkelblaue Schatten. | Nicht weniger als vier Täler münden in die schmale Küstenstrecke ein, die sich vom Cap Ampeglio bis nach Ventimiglia hinzieht. Daher Bordighera einen vorzüglichen Standort für Ausflüge abgibt, und man seinen Aufenthalt dort gern verlängert. ‚Die Luft ist sehr anregend in Bordighera, die Durchsonnung besonders stark. Die Winde, die Bordi- ghera erreichen, streifen über die See, sind daher weniger kalt und trocken, wie an manchem anderen Ort der Küste. Die strada romana, die oberhalb der Küste, dem Lauf der alten römischen Straße folgt, ist gegen Wind so gut geschützt, daß sogar Brustkranke sie nicht zu meiden brauchen. Selbst bei kurzem Aufenthalt in Bordighera sollte man es nicht versäumen, einen Ausflug nach Sasso zu unternehmen. Sasso ist ein kleiner Ort, der auf dem Bergrücken thront, welcher das Tal gleichen Namens vom Borghettotal trennt. Die ganze Wande- rung mag kaum mehr als vier Kilometer betragen. Man schlägt entweder den Weg ein, der dem östlich von Bordighera mündenden Tal von Sasso folgt, oder man wendet sich gleich aufwärts nach Alt-Bordighera und verläßt auch weiter nicht die Bergkante. In Sasso selbst ist nichts zu bewundern: schön erscheint der Ort nur aus der Ferne. Seine hohen, zu einer Masse fast verschmolzenen Häuser, die gegen das Land hin nur von wenigen Fenstern durchbrochen sind, machen den Eindruck einer auf Verteidigung eingerichteten Festung. So mußten einst die Orte gebaut sein, um den Angriffen der Seeräuber zu trotzen. Besonders malerisch wirkt Sasso, wenn man es von dem Wege betrachtet, der oben zwischen alten Bäumen am Berg- rücken läuft. Das Bild überrascht den Wanderer ganz plötzlich, nachdem er die steile Höhe erklommen hat. Jetzt blickt er in die beiden anschließenden Täler hinab, das Tal von Sasso und von Borghetto und auch das entferntere Tal von Vallecrocia; erhebt er dann seinen Blick, so leuchten ihm über den nahen Hügelreihen die schneebedeckten Häupter der See- alpen entgegen. Wie oft habe ich mich stundenlang an diesem Bergrücken aufgehalten, den Standort wieder- z holt wechselnd, um das Bild in anderer Umrahmung zu bewundern. Da starrte mir entweder nur ein einziger phantastischer Schneepalast, in das Swplichte Grün der Oliven eingefaßt, in seiner einsamen Pracht entgegen, oder eine ganze Reihe solcher Riesen, die sich die Herrschaft > über die Tiefen streitig zu machen schienen; SENS. oder es war eine buntscheckige EN Ortschaft in einem tiefen Tal, deren dichtgedrängte, übereinander gewürfelte Häuser meine Blicke fesselten, oder ein silberglänzender Bach, der | zwischen Oleanderbüschen in zahl- fi reichen Windungen den Weg zum Meere suchte, und dann wieder Sasso, das über Baum- wipfeln, wie in einem grünen Meer, zu schweben schien. Die Sehnsucht nach dem Unermeßlichen lenkte meinen Blick dann zum weiten Meer, auf dem er endlosrasten konnte. Welche Fülle von Motiven waren hier einem Landschaftsmaler auf engem Raum geboten! Ich mußte mich begnügen, all die Bilder nur in mein Inneres aufzunehmen, wo sie auch jetzt noch sich widerspiegeln in sonnig nach- leuchtenden Farben. Acacia farnesiana. Il. Die Olivenhaine, durch die man von Alt-Bordi- ghera gegen Sasso wandert, sind von seltener Schön- heit. Sie bergen alte, knorrige Stämme, die oft auf mehreren Füßen, wie auf Stelzen ruhen. Unwillkür- lich verweilt man vor diesen Bäumen und bewundert zugleich den eindrucksvollen Gegensatz, mit dem die schattigen Kronen sich gegen das leuchtende Blau des Himmels und des Meeres abheben. Zauberhaft schön ist ein solcher Olivenhain zu später Abendstunde, wenn der Vollmond über dem Meere steht. Dann glänzen so eigenartig die mattgrauen Blätter der Baumkronen und es blitzt bei jedem Windhauch wie Silber durch die Zweige. Auch der lange Mondstreifen im Meere scheint belebt zu sein, er wiegt sich auf den Wellen, folgt bebend ihrem Lauf und zerschellt mit ihnen am Strande zu leuchtendem Schaum. Die Blütezeit des Ölbaumes fällt in den Mai oder Juni. Dann ist seine Krone dicht besät mit kleinen, gelblich-weißen Blüten, die einen lieblichen, resedaartigen Duft verbreiten. Diese Blüten erinnern an jene unserer Rainweide, des Ligustrum vulgare, eines Strauches, der dem Ölbaume nahe verwandt ist. Die unreifen Früchte des Olbaumes sind grün gefärbt, verschwinden daher im Laub. Beim Reifen nehmen sie aber schwarz- blaue Färbung an, treten deutlich hervor und sind schon aus der Ferne sichtbar. Das im besonderen dann, wenn eine reiche Ernte in Aussicht steht, wie man sie alle fünf Jahre erwartet. Unter der Fülle der länglich- runden Früchte, die sich überall zwischen dem Laube hervordrängen, verändert die ganze Baumkrone in 2) solcher Zeit ihr Aussehen. In Farbe und Gestalt sind reife Oliven unseren Schlehen nicht unähnlich. Ein alter Brauch, der freilich nicht mehr allerorts einge- halten wird, verlangt, daß die Olivenernte am 21. No- vember beginne; sie dauert über den ganzen Winter fort, um im Februar und März ihren Höhepunkt zu erreichen. Wenn ungünstige Witterungsverhältnisse die Ernte verzögern, kann man sich auch noch im April an höher gelegenen Orten des Anblickes mit Frucht reich beladener Bäume erfreuen. Dann sieht man Arbeiter und Arbeiterinnen, mit Säcken und Körben beladen, die Wege entlang ziehen, die nach den Olivenhainen führen. Die Männer besteigen die Baumkronen, um mit langen Stangen gegen die Äste zu schlagen. Der kurze, klanglose Ton dieser Schläge schallt von allen Seiten dem Wanderer entgegen; von Zeit zu Zeit vernimmt er auch das knisternde Geräusch eines brechendes Astes, der dieser Behandlung nicht widerstand. Unter den Bäumen liegen große Laken ausgebreitet, bestimmt, die herabfallenden Früchte aufzunehmen; oder es hocken dort Frauen und Kinder zur Erde und heben mit beiden Händen die Früchte vom Boden auf. Man staunt über die Be- hendigkeit, mit der sie diese Arbeit verrichten, und über ihre Fähigkeit, so lange in der unbequemen Stellung zu verharren. — Das Herabschlagen der Früchte schädigt die Bäume. Schon im ersten Jahrhundert‘ n. Chr. warnte Plinius vor diesem rohen Verfahren. Doch wie sollte die Ernte hier anders erfolgen, da die Bäume zu so bedeutender Höhe emporwachsen. Auch mit Doppelleitern käme man bei der Dichte der Baum- kronen und dem so unebenen Boden nicht zum Ziele. IO Anders in der Provence, wo die Ölbäume durch künst- lichen Schnitt niedrig gehalten werden, damit man die Früchte mit der Hand erreichen kann. Gepflückte Früchte, die vor Quetschung und Verwundung be- wahrt bleiben, liefern das feinste Tafelöl. Doch wie unschön sehen jene Ölpflanzungen der Provence aus, mit ihren in gerade Reihen angeordneten, gleich- gestalteten Bäumen. Dem besseren Öl zu Liebe möchte wohl aber kaum ein Freund der Riviera auf die schönen Olivenhaine verzichten wollen, die in so hohem Maße den malerischen Reiz der dortigen Landschaft heben. Feine Tafelöle preßt man anderswo aus Früchten, die erst zu reifen beginnen. In Bordighera. hingegen schieben die Besitzer der Olivenhaine die Ernte meist bis zu dem Augenblicke heraus, wo die Oliven ganz reif sind. Ein großer Teil der Früchte ist dann ‘schon zu Boden gefallen. Alles wird zusammen .aufgelesen ‚ und liefert ein entsprechend schlechtes Ol mit ranzigem Beigeschmack. Auf der ganzen Küstenstrecke zwischen Bordighera und dem Esterelgebirge werden im all- gemeinen nur geringwertige Öle gewonnen, die‘ als Maschinenöle Verwendung finden, oder der Seifen- fabrikätion dienen. Die feinen Öle der Riviera stammen vornehmlich aus der Provinz Porto Mauricio. _ Die dort kultivierte Spielart des Ölbaums wird als Tag- giasca bezeichnet, weil das romantische: ‘Städtchen Taggia bei San Remo als ihr Mittelpunkt: gilt. ‘Im Süden von Italien ist es besonders Apulien, dessen Öle sich eines guten Rufes erfreuen. Diesen erlangten sie vor. nicht zu langer Zeit, da zuvör auch das apu- lische Öl ebensö schlecht und ranzig schmeckte, wie andere süditalienische Sorten. Denn auch in Apulien Tor hatte man von altersher die Ernte der Oliven lässig betrieben und so schlechte Ölpressen benutzt, daß eine antike Ölpresse, die man in Pompeji fand, als besser gelten konnte und an verschiedenen Orten in An- wendung kam. Die Früchte, die feines Tafelöl liefern sollen, müssen frisch geerntet und sorgsam ausgelesen sein. Dann breitet man sie zunächst in dünnen Lagen auf Hürden aus, wo sie an der Luft oder bei künstlicher Wärme so lange trocknen, bis sie runzlich werden. Haben sie bei diesem Verfahren einen Teil ihres Wassers eingebüßt, so kommen sie in eine Ölmühle, deren Mühlstein ihr Fleisch von den Kernen trennt. Der entstandene Brei wird in Bast- oder Jutesäcke gefüllt und in eine Kelter getragen. Dort tropft zu- nächst von selbst das allerbeste Speiseöl, als olio ver- gine, ab. Hierauf fließen, bei Anwendung von steigen- dem Druck, die „überfeinen“ und die „feinen“ Sorten ab, Dann kommt der Brei wieder in eine Ölmühle, in der auch die Kerne zerquetscht werden. Aus dieser Masse läßt sich nur Öl von sehr geringer Güte ge- winnen. //Schließlich greift die Olmühle noch zum dritten Male. ein, indem sie die mit Wasser versetzten Rückstände ganz zerreibt. Das Öl sammelt sich über dem Wasser und läßt sich abschöpfen. Als ganz minderwertige Sorte wird es vorwiegend nur für Seifen benutzt. Endlich finden in diesem holzarmen Lande auch die Stein- und Fruchtfleischreste ihre Verwen- dung und werden als Brennmaterial verbraucht. Selbst das beste Speiseöl, das aus der Kelter fließt, muß erst sorglich geklärt werden, bevor es zum Verkauf ‘gelangt. Man bringt es in dunkle Räume, 12 wo es in übereinanderstehende Bottiche gefüllt wird. Das unklare Öl kommt in das oberste Gefäß, fließt aus seinem Spundloch in einen durchlöcherten Zink- kasten, der mit Watte ausgekleidet ist, gelangt aus ihm in einen zweiten Bottich und dann nochmals durch Watte in einen dritten. Die Watte muß am nämlichen Tage meist mehrmals erneuert werden. Aus dem dritten Bottich wird das Öl in Zisternen geleitet, die man in Nizza mit Porzellanplatten auszukleiden pflegt. Dort ruht das Öl wohl drei Monate lang, bevor man es in Flaschen füllt für die Versendung. Die Preisbestimmung jeder Ölsorte nimmt ein | „degustateur“ vor, dessen Zunge auf Öl ebenso fein gestimmt sein muß, wie die anderer Experten etwa auf Wein oder auf Tee. Der degustateur gibt nicht nur sein maßgebendes Urteil über die Güte der ge- prüften Sorte ab, sondern er muß auch herausschmecken können, ob sie nicht mit dem Öl einer anderen Frucht versetzt worden ist. Das geschieht aber sehr häufig, wie denn fremde Öle, die man immer besser zu reinigen weiß, dem Olivenöl einen steigenden Wettbewerb be- reiten. Das gilt jetzt besonders für das Öl, das man aus der Erdnuß (Arachis hypogaea) preßt, dem Samen einer eigenartigen, zu den Leguminosen gehörenden Pflanze, die ihre Hülsen in den Boden versenkt, damit sie dort ungefährdet reifen. Diese ziemlich fade schmeckenden Erdnüsse werden in Süditalien überall auf den Straßen feilgeboten und meist gleich roh verzehrt. Höchst malerisch können alte Ölmühlen sein, denen man in Schluchten, an reißenden Bächen, um Bordi- ghera, begegnet. Von alten Bäumen beschattet, mit 13 Moos und Farnen überwachsen, machen sie auf den Be- schauer einen überaus ehrwürdigen Eindruck. Solchen Mühlen pflegen die kleinen Grundbesitzer von Bordi- ghera ihre Ernte anzuvertrauen und zahlen in Oliven oder in Öl für die Pressung. Den in Tätigkeit be- findlichen Mühlen entströmt eine Flüssigkeit, welche das Wasser der Bäche in so braunen Tönen färbt, daß deren Mündungsstelle im Meere weithin kenntlich ist. Ein altes römisches Sprichwort lautet: „extra oleas vagari“, über die Ölbäume hinausschweifen, das soviel heißen soll, wie Maß und Ziel nicht einhalten. Den Sinn dieses Sprichwortes erfaßt man nur, wenn man weiß, daß im Altertum die Sitte bestand, die Ölbäume als Grenzmarken zu pflanzen. Schon im Altertum hieß es vom Ölbaum, daß er | nur in der Nähe des Meeres gedeihe. Man rechnete aus, daß er sich nicht über dreihundert Stadien, so- mit nicht über 71, geo- graphische Meilen, vom < Strande entferne. In der Tat wird durch große Wasserflächen | die Gleichmäßigkeit P; des Klimas und damit \ f / auch die Entwicklung des Öl- I NY | 14 baumes gefördert. Denn er kann eine Kälte von — 7 bis 8°C nur kurze Zeit vertragen. Er begleitet den Wanderer an der Küste e oft 400, ja unter Umständen Acetabularia mediterranea. selbst 600 Meter hinauf. 25 I 14 Seinem Ursprung nach ist er ein mediterranes Grewächs, wie das die Olivenblätter lehren, die neuerdings in den pliozänen Lagerstätten von Mongardino, einem Orte, , der 18 Kilometer nordwestlich von Bologna liegt, ge- er worden sind. Damit steht das Indigenat des wildwachsenden Ölbaums für die Mittelmeerländer fest. I Als Kulturpflanze hielt er dort hingegen vom Orient | aus seinen Einzug, um schon in vorhomerischer _ Zeit ' Griechenland zu erreichen. Denn auf Kunstdenkmälern aus der minoisch-mykenischen Epoche sieht man be- reits Olivenzweige so dargestellt, daß man auf Kultur- formen des Baumes schließen muß. Im Palast von Knossos auf der Insel Thera, sind Ölpressen aus älterer mykenischer Zeit aufgedeckt werden! An der Riviera findet der Ölbaum den Kalkboden, den er liebt; er vermag aber auch auf vulkanischem Boden zu gedeihen. Überhaupt ist er sehr bescheiden in seinen Ansprüchen und gibt sich unter Umständen mit einer dünnen Erdschicht zufrieden, die unmittel- bar auf Felsen ruht. Um reiche Ernten zu rassı verlangt er freilich einen besseren Boden. Dann wird er auch alle paar Jahre umgraben und mit neuer _ Nahrung versehen. Als solche bietet man ihm um Bordighera, außer den gewohnten Düngemitteln, die Hörner und Hufe der Haustiere, auch alte Woll- lappen an. Wer im Frühjahre durch die Olivenhaine um Bor- dighera streift, muß darauf bedacht sein, nicht in die Schußlinie der „Cacciatori“ zu geraten. Denn um diese Zeit bewegen sich diese Jäger durch alle Haine, Gärten und Fluren, um als einziges Wild kleine Vögel zu erjagen. Für die italienische Riviera, wie für Italien I5 überhaupt, hat diese Leidenschaft ganz bedenkliche Folgen, weil die Vernichtung dieser Vögel eine ent- sprechende Vermehrung der Insekten nach sich zieht. Nicht nur verschwinden aus Italien die heiteren Sänger, welche die Wälder und Gärten in anderen Ländern in anmutiger Weise beleben, sondern es nimmt auch die Zahl schädlicher Insekten in bedenklicher Weise zu. Dem Ölbaum besonders nachteilig ist die Ölfliege, Dacus oleae, die sich von dem Fruchtfleisch der Oliven nährt. Sie wird von den Franzosen la Mouche de l’olive, von den Italienern Mosca dell’ulivo, von den Provencalen Keiroun genannt. Diese Fliege legt ihre Eier in ganz junge Fruchtanlagen, und die Maden, welche den Eiern entschlüpfen, leben dann auf Kosten der sich ent- wickelnden Frucht. Gelangen sie mit dieser in die Mühle, so beeinträchtigen sie auch die Güte des Öls. Von einer Wanderung durch die Olivenhaine kehrt man meist mit einem bunten Blütenstrauß zurück. Denn sie sind zu verlockend hier, diese Frühlings- gaben der Flora, zu lieblich, als daß man an ihnen flüchtig vorbeieilen könnte. Überall begegnet man unter den Bäumen den dunkelblauen Traubenhyazinthen, die bisamartigen Duft verbreiten. Besonders zeichnet sich unter ihnen Muscari comosun aus, das einen amethystfarbigen Schopf über seinem sonst unschein- baren Blütenstande trägt. Häufig schaut aus dem Rasen eine blühende Orchidee hervor. Meist ist es eine Art von Ophrys, jener merkwürdigen Gattung an- gehörend, deren Blüten Insekten gleichen. Bei Ophrys araneifera erinnern sie an Spinnen; man meint, die vor- gestreckten Beine und den aufgedunsenen Leib eines dieser Tiere zu sehen. Auch Ophrys arachnites gleicht 16 einer Spinne mit purpurbraunem, grünverziertem Leib. Die schönste unter allen ist aber die Ophrys Bertolonii * (S. 319), zugleich von so eigenem Aussehen, daß sie auch die Aufmerksamkeit des Volkes auf sich lenkte. Der Ligurier sagt: Oxeletti che se spegian, wenn er auf sie hinweist, und in der Tat sieht es aus, als habe in der Mitte der Blüte ein grünes Vögelchen Platz genommen, um übergeneigt, sich in einem. kleinen Spiegel zu betrachten. Diesem kleinen Vogel fehlt weder das Köpfchen noch der Schnabel, und selbst zwei rote Augen sind an den richtigen Stellen ange- bracht. Fünf rosenrote Blumenblätter entspringen als Flügel und Schwanz dem zierlichen Körper, während das sechste, dunkelpurpurrote Blumenblatt den Spiegel trägt. Es ist weit größer als die anderen, abwärts gerichtet und hohl und wird als Lippe der Blüte oder Labellum bezeichnet. Seine Oberfläche schimmert sammetartig, jene Stelle ausgenommen, die als Spiegel glänzt. Dort ist die Oberfläche glatt und leuchtend silbergrau gefärbt. Wie die wissenschaftliche Unter- suchung lehrt, verdankt das vogelartige Gebilde in dieser Blüte einer merkwürdigen Ausgestaltung des Gynostemiums seine Entstehung. Als Gynostemium wird aber bei allen Orchideen ein Säulchen bezeichnet, das aus der Verwachsung von drei Staubblättern’ mit drei Griffeln des Fruchtknotens hervorgeht. Nur ein Staubblatt ist fruchtbar. Seine Anthere stellt das Köpfchen ‘des Vogels dar, seine beiden :Staubfächer bezeichnen die Augen; das Zwischenstück, das letztere trennt, setzt sich eine Strecke weit als Schnabel fort. Die leuchtende Fläche am Labellum verdankt einer in das Gewebe eingeschalteten spiegelnden Luftschicht 17 ihre Entstehung. Von dieser Luftschicht wird das Licht zurückgeworfen, ganz wie von dem Metallbelag eines Glasspiegels. — Mit Freuden begrüßt der Blumen- freund hier eine Tulpe (Tulipa clusiana)* (S. 473), dieihre weißen, außen rotgestreiften Blüten auf langen Stielen wiegt. Sie ist ziemlich verbreitet, doch trifft man sie nicht besonders häufig an, weil sich die Eingeborenen ihrer gleich nach dem Aufblühen bemächtigen, um sie auf den Marktzutragen. Diesem Schicksal verfällt gleich- falls die rote Tulpe (Tulipa praecox), die unseren Garten- tulpen auffällig gleicht, sich von ihnen aber durch zu- gespitzte Blumenblätter unterscheidet. Sie bevorzugt die Weinberge und behauptet sich zäh an einem Ort, den sie besiedelt hat. Beide Tulpenarten dürften dem Orient entstammen. und hier verwildert sein. . Ihr Gattungsname weist auch auf diesen Ursprung hin, denn er ist mit großer Wahrscheinlichkeit von dem persischen Dulbend abzuleiten, der Kopfbedeckung, die wir Turban nennen, mit der die Blüte verglichen worden ist. Von Dulbend führte der Weg über Tulipan, wie die Pflanze in verschiedenen Ländern noch heißt, "zu Tulpe. — Gelegentlich begegnet man auf seinen Spazier- gängen auch einer hellblauen, lieblich duftenden Hya- zinthe. Sie wird vielfach. für. die wilde Form: der Gartenhyazinthe (Hyacinthus orientalis) gehalten, ist aber von viel bescheidenerem. Aussehen. Denn in ihrer lockeren Infloreszenz sind nur selten mehr denn sieben Blüten vereint. — Häufig sieht man zur späteren Früh- lingszeit die rosenroten, einseitig aufgereihten Blüten der Siegwurz (Gladiolus segetum)* (S. 217) aus dem grünen Rasen .aufleuchten. — Man darf es wagen, in seinen Strauß. auch das weißblütige Allium neapolitanum* E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera, 2 18 (S. 25), das am Saume der Gärten wächst, aufzu- nehmen, denn es duftet angenehm, obwohl es zu den Laucharten gehört. Im besonderen sind es aber die gelben Tazetten (Narcissus tazetta)” (S. 307), welche einem Strauß Wohlgeruch verleihen, während für dessen Farbenpracht die bunten Anemonen (Anemone stellata,* coronaria* und pavonina”) vor allem sorgen. Die Ane- mone stellata kommt zuerst zur Blüte. Nicht selten kündet sie schon im Januar das kommende Frühjahr an. Sie ist purpurfarbig, wenn sie sich öffnet, wird allmählich heller und schließt als verblaßtes, fast weißes Wesen ihr Leben ab. Eine ebenso alte Kulturpflanze wie der Ölbaum ist der Weinstock; daher kommt es, daß beide von jeher zusammen genannt wurden. — „Zwei Flüssig- keiten tun dem menschlichen Körper besonders wohl“, verkündet die Naturgeschichte des älteren Plinius, „innerlich der Wein, äußerlich das Öl; beide stammen aus dem Pflanzenreiche und sind vorzüglich, doch das Öl ist das notwendigere“. Als der Kaiser Augustus den hundertjährigen Pollio Romilius fragte, durch welches Mittel er sich so rüstig erhalten habe, gab dieser zur Antwort: „Innerlich durch Wein mit Honig, äußerlich durch Öl“. Im Altertum rieb man sich nach dem Bade den Körper mit Öl ein. Für die äußere Körperpflege kommt heute das Öl nicht mehr in Be- tracht, es sei denn als Marseiller Ölseife. Die orien- talisch-griechische Sitte, sich den Leib zu salben, klingt nur noch in der feierlichen Salbung der Herrscher und in der letzten Ölung nach. In Frankreich fand die Salbung der Könige in Reims bis ins letzte Jahr- hundert hinein mit großem Schaugepräge statt, wenn 19 auch das Salb- fläschchen (la ’ sainte am- poule) Clod- wigs, welches ' der Sage nach eine Taube . vom Himmel gebracht hatte, in der Revo- lutionszeit zer- trümmert worden war. — Die den ‘- Alten unbekannte > Seife, die in der Körperpflege das Öl verdrängte, ist eine spätere Erfindung, die Savonaan der Ponente, nach dem Klang seines Namens, für sich in Anspruch nehmen möchte, Sicher ist, daß der Seifenhandel / von Marseille .bis auf das neunte Jahrhundert zurückreicht. | Wie in dem Werke des Plinius, kommt der Weinstock auch num auf dem Boden der Riviera nicht capıllus Veneris. » selten neben dem Ölbaum zu stehen. In unmittelbarer Nähe des Meeres herrscht aber der ÖOlbaum vor. Denn im Gegensatz zu ihm meidet der Weinstock den Strand. Anderer- seits ist er gegen Kälte nicht so empfindlich, daher D* 20 seine Kultur sich weit nach Norden erstrecken kann. So drang im Mittelalter der Weinbau bis in das preußische Ordensland, sogar bis nach Tilsit vor, und die Klöster von Ütersen und Preetz in Schleswig- Holstein verfügten über eigene Weinberge. Wenn sich die Rebe späterhin in westlicher und südlicher Richtung zurückgezogen hat, so geschah dies vor allem, weil sie in nördlicheren Gegenden einer ertrag- fähigeren Ausnutzung des Bodens weichen mußte. An der Riviera blüht der Weinstock schon im Monat April. Die klimatischen Bedingungen wären wohl da, um gute Erträge zu zeitigen, allein die Phylloxera, sowie parasitische Pilze, haben viel Schaden angerichtet, und das hatte zur Folge, daß andere Kulturen den Weinbau größtenteils verdrängten. So kommt es, daß man Weinberge an den besuchten Orten der Riviera nicht eben häufig zu sehen bekommt, und daß der Wein, der dort gekeltert wird, vorwiegend nur der einheimischen Bevölkerung als Getränk dient. — Auch den Weinstock fanden die Kulturvölker auf europäischem Boden schon vor. Ja, selbst heute noch scheint die Pflanze südlich und nördlich von den Alpen wild vorzukommen. Dies im Einzelfall nachzuweisen, hält freilich schwer. Doch die paläontologischen Be- funde reden eine ganz unzweideutige Sprache. Sie liefern den Nachweis, daß schon im Tertiär, eine dem Weinstock (Vitis vinifera) nahestehende Art, Frank- reich, Italien und das südliche Vorland der Karpathen bewohnt hat. Man hat auch Samen der Weinrebe in N den Pfahlbauten von Castione bis Parma, des Vareser- Sees, des Neuchäteler Sees und an anderen Orten ge- funden, ein Beweis dafür, daß die Pfahlbauer der 21 Stein- und Bronzezeit schon Geschmack an den Trauben | fanden. Zweifellos war, nach Englers eingehender Be- eründung, der wilde Weinstock über ganz Südeuropa und einen Teil Mitteleuropas verbreitet, bevor er als Kulturpflanze dort einzog. Jetzt findet man die wilde Weinrebe in üppigster Entwicklung um das schwarze Meer. Dort kann ihr Stamm bis anderthalb Meter Um- fang erreichen, und v. Steven berichtet, daß stellenweise in der Krim, aus den schwarzen, sauren Beeren der wilden Reben sogar noch Wein gekeltert wird. Mit begeisterten Worten preist Victor Hehn jene üppigen Gegenden südlich vom kaspischen Meere, wo im Dickicht der Waldungen die armdicke Rebe bis in die Wipfel der himmelhohen Bäume steigt, dort ihre Ranken von Krone zu Krone schlingt, und mit ihren schwerhangenden Trauben den Wanderer lockt. Engler sah den Wein- stock als kräftige Liane auch in den dichten Wäldern von Bujukdere bei Konstantinopel. Die Kultur des Weinstockes ging allem Anschein nach vom westlichen Vorderasien aus. Otto Schrader hält es aus sprach- wissenschaftlichen Gründen für überaus wahrscheinlich, daß wir sie einem indogermanischen Volke zu ver- danken haben. Von den Weinen der westlichen Riviera waren die von Massalia schon im Altertum bekannt. Dorthin hatten die Phokäer 600 v. Chr. den Weinbau verpflanzt. Diese Weine, die den heutigen von Cette entsprochen haben mögen, zeichneten sich nicht durch besondere Haltbarkeit aus, so daß sie nach griechischer Sitte ge- räuchert wurden. In jener Zeit suchte man den Wein | durch Zusatz von Terpentin, von Kräutern und Ge- würzen, oder durch Kochen haltbar zu machen. Sogar 22 Gips, Marmor, Ton und Pech wurde zu gleichem Zweck schon verwendet; man fügte auch wohl Seewasser dem Most hinzu. : Doch erklärt bereits Plinius, daß der bekömmlichste Wein der sei, dessen Most ohne fremden Zusatz blieb; denn auch der .gesundeste Mensch, meint er, müsse Scheu empfinden vor Weinen, die Marmor, Gips oder Kalk enthalten. Überhaupt klagt Plinius sehr über den Vertrieb der Weine; es sei damit so weit gekommen, daß nur der Name des Weinlagers den Preis des Weines bestimme und daß der Most schon in der Kelter gefälscht werde. Daher wären, so wunderlich das auch klinge, die am wenigsten ge- kannten Weine oft die unschädlichsten. — An eine bekannte neuere Heilmethode erinnert die Mahnung, welche er denen erteilt, die nicht dick werden wollen: sie müßten während der Mahlzeit dursten oder doch nur wenig trinken. Das Anmachen des Weines mit Seewasser preist Plinius als sehr bekömmlich. Als Weinwürze beliebt waren die duftenden Grasarten der Gattung Andropogon, mit denen man auch die als „Rhodische Becher“ bekannten tönernen Trinkgefäße aromatisierte.e. Das alles würde kaum noch unserer heutigen Geschmacksrichtung entsprechen. Anderer- seits müssen die Römer der späteren Kaiserzeit doch schon hervorragende Weinschmecker gewesen sein, denn die Zahl der zum Verkauf angebotenen Wein- sorten wuchs bei ihnen ins Unbegrenzte. Virgil ver- glich sie mit der Menge des Sandes, in der Ilybi- schen Wüste, oder auch der Zahl der Meereswellen. Während es einst Sitte war, den. Wein mit Wasser zu verdünnen, trank man ihn in Rom zur Kaiserzeit fast nur noch ungemischt. Man kühlte manche Sorten, (66) (>) ähnlich wie jetzt, mit Eis und fing auch an, nach alten Jahrgängen zu trachten. Guter Wein mußte acht bis zehn Jahre alt sein, um geschätzt zu werden, und selbst von zweihundertjährigen Weinen sind uns Berichte er- halten. So mundete dem Kaiser Caligula (37—41ı n.Chr.) besonders ein Wein vom Jahre ı2ı v. Chr., dem besten Weinjahre, dessen sich das damalige Italien zu erinnern wußte. Italien war aber das Land, das zu Plinius’ Zeiten die geschätztesten Weinsorten erzeugte, so daß Plinius wohl mit Recht behaupten durfte, es nehme mit seinen Weinen unter allen Ländern die erste Stelle ein und werde nur in der Erzeugung von Wohlgerüchen von anderen Gegenden übertroffen; es gebe übrigens, fügt er hinzu, keinen Wohlgeruch, der lieblicher sei, als jener der blühenden Weinreben. Schon in den späteren Zeiten der römischen Republik hatte der Weinbau in Italien eine solche Ausdehnung ge- wonnen und den Kornbau so eingeschränkt, daß der Bedarf an Getreide von auswärts gedeckt werden mußte, während das Land Wein ausführte. In Ravenna stand das Wasser höher im Preis als der Wein, so daß Martial dort lieber eine Zisterne mit Wasser, als einen Weinberg besässen hätte und sich darüber beklagt, daß ihm ein betrügerischer Wirt reinen Wein, statt eines mit Wasser verdünnten, verkauft habe. Schon in der römischen Zeit wurde der Weinstock in Kunst- gerechter Weise zugeschnitten, doch ließ man ihn je nach der Gegend verschieden wachsen. In Kampa- nien, so schreibt Plinius, vermählte man ihn mit der Pappel. Er umschlang sie, wie eine Gattin, streckte seine üppigen Arme auf gewundenen Bahnen durch ihre Äste und erreichte so ihren Gipfel. Nicht selten 24 verlangte der Winzer, wenn er zur Arbeit gemietet war, daß der Gutsherr ihm außer dem Lohn einen Scheiterhaufen und ein Grabmal zusichere, für den Fall, daß er bei der Weinlese verunglücken sollte. Ein einziger Weinstock vermochte mit seinen schmieg- samen Ästen oft ein ganzes Landhaus zu umranken, und in Rom lustwandelte man in den Säulenhallen der Livia im Schatten eines mächtigen Weinstocks, der zwölf Amphoren Wein liefern konnte. In manchen Gegenden Italiens zog man den Weinstock an Pfählen, in anderen ließ man ihn am Boden hinkriechen, eine Mannigfaltigkeit der Behandlung, die heute noch in Italien auffällt. Auch die Verschiedenheit der Trauben regt Plinius zur Bewunderung an: „Hier schimmern‘“, so schreibt er, „purpurne Trauben aus dem grünen Laub hervor, dort leuchten sie in rosarotem Glanz, dort endlich in saftigem Grün. An dem einen Ort sieht man runde, an dem andern längliche, hier kleine, dort große, hier harte und dickschalige, dort saftige und dünnschalige Beeren“. Manche Trauben hing man auch damals im Zimmer an einem Faden auf, damit sie sich länger hielten, andere versenkte man in süßen Wein und ließ sie mit eigenem Safte sich berauschen. Nach dem Sturze Roms verfiel der Weinbau in Italien. Nachlässig wurden die Trauben geerntet, sorg- los gekeltert, und der Most übermäßig lange auf den Irestern gelassen, damit der Wein jene dunkle Farbe an- nähme, an der man im Lande jetzt Gefallen fand. Solche Weine konnten sich nicht lange halten, und fremde Völker hörten auf sie zu begehren. Erst in neuer Zeit begann sich das zu ändern; Weinbau und Weinbereitung in Italien sind in erfolgreichem Aufschwung begriffen. - 25 Die alte Sitte, den Wein in Schläuchen zu be- ist auch in Italien verschwunden. Hölzerne /) fördern und in Amphoren aufzubewahren, gl SAY 7,7 N > Tonnen, die bei den zisalpinischen Galliern — und den Alpenvölkern in Grebrauch waren, gelangten von dort schon zur Römerzeit nach dem Süden. Ill. Das Bild von Bordighera schwebt der Erinnerung stets N Zr vor, die ihm einen besonderen Zauber im grünen Schmuck der Palmen verleihen. Denn kaum sonstwo an der Riviera gedeihen Palmen gleich gut, und sind in so großer Zahl ver- treten. Sie breiten über den Ort einen märchenhaften Schimmer ! aus und hüllen ihn in orien- £ N NN talischen Glanz. An der | N u Ostseite des Cap Ampeglio bilden U) sie wahre Wälder. Zwischen den Mauern palmenreicher (rärten, auf Wegen, über welche schlanke Stämme ihre 6 Krone neigen, fühlt dr ® Wanderer sich wie in eine andere Welt versetzt und vergißt zu- weilen, daß zwischen der Riviera und dem Lande der Oasen, noch die ganze Breite des Mittelmeeres sich er- streckt. „Als Odysseus, einst Allium neapolıtanum. 26 mit Augen die Palme erblickte, auf Delos am Altar des Phöbus Apollo, erstaunte er lang im Gremüte, denn nicht trägt ein solches Gewächs sonstirgend die Erde.“ Dattel- palmen sind in Griechenland schon in der minoisch- mykenischen Epoche zur künstlerischen Darstellung gelangt, können daher zur homerischen Zeit nicht mehr etwas ungewohntes gewesen sein. Es darf somit, nach Otto Schrader, die viel bewunderte Stelle der Odyssee nicht so gedeutet werden, als wenn derviel gewanderte Odysseus zum ersten Male eine Palme auf Delos er- blickt hätte, vielmehr nur daß er sie nie zuvor in solcher Schönheit sah. — Pietätvoll wandern deutsche Reisende zu einer malerischen Palmengruppe, die bei Madonna della Ruota, östlich von Bordighera, den Meeresstrand schmückt“ (S. VII). Diese sturmgepeitschten Dattelpalmen an einer alten Zisterne, hat Scheffel in seinem Liede „Dem Tode nah“ besungen, und sich unter ihnen ein Grab geträumt. — Auch gaben sie mit ihrem unvergeßlichen Hintergrund des Meeres, manchem Maler schon das Motiv zu einem stimmungsvollen Bilde ab. Es verursachte daher in Künstlerkreisen einige Aufregung, als der Ort, vom deutschen Kunst- gärtner Ludwig Winter angekauft, in einen Garten verwandelt werden sollte. Die endliche Verwertung des (Gsrundstückes, in einer so dicht bevölkerten (regend, war aber nicht zu vermeiden. Es muß da- her als ein besonders glücklicher Zufall gelten, daß dieser schöne Fleck Erde in kunstsinnigen Besitz kam. Ludwig Winter hat jenem Vorsprung der Küste, der die Scheffel-Palmen trägt, seinen ursprünglichen Charakter gelassen und den (Grarten harmonisch zu der Umgebung gestimmt. Anemonen, Reseden, Nelken 27 und üppig blühende Rosensträucher decken jetzt den Abhang; hohe Palmen, hierher verpflanzt, schmücken den zuvor so kahlen Boden; um einen weiten Wasser- behälter ist eine Pergola errichtet, zu deren Säulen die Dattelpalme das architektonische Motiv abgab. Dieser Ort der Küste wird Madonna della Ruota ge- nannt, nach einer Wallfahrtskirche die im fünfzehnten Jahrhundert die Rhodiserritter hier erbauten. Das hat der Winterschen Besitzung den Namen des Madonna- gartens verschafft. Noch pflanzenreicher als dieser ist der ältere Wintersche Garten des Vallone. Im alten Testament werden die Dattelpalmen mit stolzen Königstöchtern verglichen. Nicht allen Dattel- palmen in den Gärten von Bordighera kommt aber eine so edle Gestalt zu. Die Schuld liegt an der Be- handlung, der die meisten Dattelpalmen hier unter- liegen. Man nimmt ihnen alljährlich einen Teil ihrer Wedel. Die Familie Bresca in San Remo erhielt schon im sechzehnten Jahrhundert vom Papste Sixtus V. das Privilegium, Palmwedel für den Palmsonntag nach Rom zu liefern, angeblich eine Belohnung für den Schiffs- kapitän Bresca, der im Jahre 1586, während der Auf- stellung des Obelisken auf dem Sankt Petersplatz, als die trockenen Taue zu versagen drohten, durch den rechtzeitigen Ruf: „Wasser auf die Taue!“ dem Bau- meister Fontana aus schwerer Verlegenheit half. Die Familie Bresca ließ ihre Dattelpalmen in Bordighera wachsen, weil sie dort in dem sandiglehmigen Boden es dieser Ort, der die meisten Wedel zur Feier des 28 | Palmsonntages nach Rom versendet. Die Palmenwedel hat die christliche Kirche, wie so viele andere Symbole, der Bildersprache des Orients, des Heidentums und des Judentums entnommen, und wie Palmenwedel bei den Festen des Osiris in Ägypten, bei dem feierlichen Einzuge der Könige und der Helden in Jerusalem und bei den olympischen Spielen in Griechenland einst prangten,. so schmücken sie heute noch die Altäre katholischer Kirchen. Statt frei in den Lüften ihre Wedel zu entfalten, müssen also die meisten Palmen von Bordighera zur Herbstzeit es erdulden, daß man die inneren Teile ihrer Kronen pferdeschweifartig zusammenbindet. Durch dieses Verfahren wird eine bestimmte Ausbildung der neu hervorwachsenden Wedel bezweckt. Nicht alle Palmenstämme sind übrigens einer solchen Behandlung in gleichem Maße zugänglich, und unter ihnen werden dann weiter noch solche unterschieden, die mehr für den katholischen, und solche, die mehr für den jüdischen Ritus sich eignen. Denn auch die Juden brauchen Palmenwedel bei dem Laubhüttenfeste. Der Bordigotte ' bezeichnet kurzweg die eine Dattelpalme als „Catto- lica“, die andere als „Ebrea“. — Die Blätter der katholischen Palme sind schlanker, die der jüdischen kürzer und gedrungener. An der katholischen Palme bindet man die mittleren Teile der Krone fest zu- sammen, damit die neuen Wedel bei tunlichstem Licht- abschluß sich entwickeln und so möglichst farblos bleiben. Denn bei der Feier des Palmsonntags sollen sie nicht allein ein Siegeszeichen, sondern auch ein Bild himmlischer Reinheit darstellen. Der Lichtmangel bewirkt es zugleich, daß diese Wedel schlank und lang 29 werden; sie laufen spitz an ihren Enden aus und bleiben biegsam und weich, so daß sie sich leicht in beliebige Formen flechten lassen. An den jüdischen Palmen bindet man die älteren Wedel weniger stark zusammen, das Licht ist von den jüngeren Anlagen nicht ganz abgeschlossen, diese können somit auch ergrünen; sie bleiben zugleich kürzer, schließen mit stumpfer Spitze ab und werden härter. Mit dem Palmenwedel ver- einigen die Juden beim Laubhüttenfest die Myrte und die Bachweide zum Strauß und halten, während dieser in der rechten Hand geschwungen wird, einen „Paradies- apfel“ in der Linken. Das war einst ihr Erntefest, das sie zugleich an den göttlichen Schutz während ihrer Wanderung durch die Wüste erinnern sollte. Nur diese letzte Bedeutung behielt es in den fremden Ländern. Die Pflanzenarten im Feststrauß mögen ein Sinnbild der Vegetation Palästinas sein. Wie für den Palmenwedel, so ist auch für den Myrtenzweig eine bestimmte Gestalt vorgeschrieben. Er darf seine Blätter nicht einzeln tragen, sie sollen dreigliedrige Wirtel bilden. Die „Bachweide“ im Feststrauß der Juden müßte eigentlich die euphratische Pappel (Populus euphratica) sein. Diese Pappeln sind in der Jugend weidenähnlich und bilden in Vorder- asien die charakteristischen Begleiter der Flußläufe. Das waren die „Weiden“ der Bibel, an die die Juden ihre Harfen hängten, als sie in der babylonischen Ge- fangenschaft um Zion weinten. Die katholische Kirche hat sich in betreff der Palmen, welche der Palmsonntag verlangt, viel nachsichtiger als die Juden gezeigt. In Krain werden Olivenzweige, die aus Istrien kommen, als Palmen geweiht. In nordischen 30 Ländern hat der Buchsbaum, ja sogar der kätzchen- tragende Weidenzweig den Palmwedel ersetzt. An der Mosel wird der Buchsbaum geradezu als „Palm“ bezeichnet. Diese Bezeichnung kehrt aus gleichem Grunde im Kaukasus wieder, und auch die aus Weiden gebundenen Festzweige heißen Palmen in slavischen Ländern. Die Heimat der Dattelpalme dürfte im Westen des Indus, im südlichen Persien oder Arabien zu suchen sein, doch hält es, wie bei so vielen Kulturpflanzen, schwer, ihren Ursprung sicherzustellen. Daß die Dattel- palme noch im wilden Zustand existiere, gilt jetzt meist als ausgeschlossen. Man hat sich dahin zumeist geeinigt, das griechische „foinis“ als „Phönizier‘“ zu deuten. Das weist auf einen semitischen Ursprung der griechischen Palmen hin. Der lateinische Name „palma“ beruht, wie es scheint, auf der Übertragung der ursprüng- lichen Benennung, welche die einheimische Zwergpalme dort führte, auf die Dattelpalme. Zu Plinius Zeiten, also zu Beginn unserer Zeitrechnung, war die Dattel- palme in Italien schon eine verbreitete Erscheinung. In den barbarischen Zeiten des frühen Mittelalters muß sie aber verschwunden sein, denn die Maler, die damals wirkten, scheinen sie nicht mehr aus eigener Anschauung gekannt zu haben. Die eine der Fresken, mit denen Giotto die Kapelle der Madonna dell’ Arena in Padua schmückte, die den Einzug Christi am Palmsonntag in Jerusalem darstellt, zeigt die Wedel an der Dattelpalme nicht zu einer Rosette oben am Stamme vereinigt, sondern in ver- schiedener Höhe an ihm befestigt. Dieses Bild mag um 1300 entstanden sein. — Die Einführung der ersten Palme in Bordighera schreibt die Sage dem Heiligen Ampelio zu. Die Früchte der Dattelpalme (Phoenix dactylifera) bleiben meist hart und ungenießbar an der Riviera. Um weich und süß zu werden, verlangen sie den sengenden Hauch der Wüste. Die süßesten und zartesten Datteln zeitigt nach Georg Schweinfurt ein Gebiet, das über die mittlere Jahreswärme von min- destens 20— 22° C verfügt und in welchem nur äußerst wenig Regen fällt. Diese Verhältnisse findet die Dattelpalme in den algerisch-tunesischen Oasen E vor, wo ihr auchseitalters her die rich- Sun Re S DIE N SER Dr SER ur a)‘ \ es \ y ‚ tige Pfle- SS, ! Fl) ge ZU- Ä EL ; KR & teil — = \ wird. Man zieht sie dort’ unsr aus Allyssum maritimam. Setzlingen, weil auf diese Weise die Reinheit der Rasse erhalten bleibt, und das erwünschte weibliche Geschlecht gewährleistet ist. Stücke des männlichen Blütenkolbens werden in der Mitte der weiblichen Blütenstände befestigt, damit die Bestäubung sich sicher vollziehe.e Eine männliche Palme pflegt auf solche Weise fünfundzwanzig weib- liche zu versorgen. Jeder weibliche Baum bringt im Durchschnitt zwölf Bündel Früchte und kann bis fünf- ” 32 zehn Kilo Datteln liefern. Von den überaus zahl- reichen Varietäten der Dattelpalme ist die geschätzteste die Deglet-Nur, welche die bekannten Datteln von dunkler Bernsteinfarbe liefert. Der Araber gibt einer härteren Dattelsorte, die nicht so viel Zucker enthält, als Nahrungsmittel den Vorzug, der süßen Weichdattel wird er auf die Dauer überdrüssig. Eine jede weibliche Blüte der Dattelpalme enthält drei Fruchtanlagen, aus denen sich weiterhin drei Früchte zu entwickeln beginnen. Sie tun dies auch, wenn eine Bestäubung nicht erfolgte. Dann entstehen freilich nur drei taube Früchte, die niemals völlig reifen, den ge- wünschten Geschmack nicht erlangen und nahezu wertlos bleiben. Von den drei jungen Früchten, welche eine bestäubte Blüte zu bilden beginnt, fallen eigen- tümlicherweise zwei frühzeitig ab, und nur eine, be- sonders bevorzugte Anlage entwickelt sich weiter. Diese ist es dann, welche die geschätzte Dattel liefert. Besonders kalte Winter können die Palmenkultur der Riviera sehr gefährden. Als besonders wider- standsfähig haben sich in solchen Fällen außer der ge- meinen (Phoenix dactylifera) und der kanarischen Dattelpalme (Phoenix canariensis) die kalifornische Washingtonia filifera (meist als Pritchardia hier be- zeichnet), die australische Livistona australis, die süd- amerikanische Jubaea spectabilis und der japanische Trachycarpus (Chamaerops) excelsus erwiesen. Daß außerdem die Z/wergpalme, Chamaerops humilis, gut in Bordighera gedeiht, ist nicht auffällig, da sie der Mittelmeerflora angehört. Sie stellt unsere einzige europäische Palme dar und kommt im südlicheren Sizilien, sowie dem südöstlichen Kurtenland von Spanien 33 häufig vor. Früher fand man sie wild auch noch an einzelnen Stellen zwischen Nizza und Mentone, dort ist sie aber zerstört. In Algier deckt sie große Strecken Landes. Man suchte sie dort auszurotten, um den Boden für neue Kulturpflanzen zu gewinnen; jetzt sorgt man für ihre Verbreitung. Vom lästigen Unkraut, als welches sie galt, ist sie zu einer wichtigen Nutzpflanze emporgerückt. Nach entsprechender Be- handlung liefern nämlich die Blätter der Zwergpalme sehr elastische Fasern, die gleich Pferdehaaren zum Ausstopfen der Möbel und Matratzen benutzt werden können. Vor den Pferdehaaren zeichnet sie vorteilhaft ihre Billigkeit aus, sowie auch der Umstand, daß sie von Motten verschont bleiben. Im Gegensatz zu den Phoenix-Arten, die gefiederte Blätter besitzen, sind die Washingtonien, Coryphen und die Chamaerops-Arten mit fächerförmigen Blättern aus- gestattet. Ihr Aussehen weicht somit nicht unwesent- lich von jenem der Dattelpalmen ab, so daß ihre Akklimatisation auch in landschaftlicher Beziehung der Riviera einen Gewinn brachte. Zu bedeutender Höhe ist in zahlreichen Gärten der Trachycarpus excelsus bereits emporgewachsen. Er gehört zu den härtesten der eingeführten Arten, so daß er ohne Bedeckung selbst das Klima der Insel Wight Erträge .Srlames stellte sich sogar heraus, daß er widerstandsfähiger ist als unsere europäische Zwergpalme. Die wegen der zahlreichen weißen Fäden, die ihren Blatträndern entspringen, sehr beliebte Washingtonia filifera hatte es ebenfalls nicht schwer, sich an der Riviera einzu- leben. Denn sie fand dort ganz ähnliche klimatische Bedingungen vor wie in ihrer Heimat, dem kaliforni- ‘ E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera, 3 34 schen Küstengebiet, dem sie als einzige autochthone Palme angehört. Zu den häufigsten Palmen an den beiden Rivieren zählt die kanarische Phoenix, welche der gemeinen Dattelpalme sehr ähnlich ist, sich aber von ihr durch gedrängteren, üppigeren Wuchs und kräftigere Blattentwicklung auszeichnet. Zwischen ihr und der gemeinen Dattelpalme sind zahlreiche Hybriden hier entstanden. An geschützten Stellen gedeihen auch verschiedene Arten der Palmengattung Cocos, und zwar ihre südbrasilianischen und argentinischen Ver- treter, unter ihnen Cocos Romanzoffiana, mit äußerst eleganter Tracht, auch die schöne, blaugrüne Cocos capitata und ihre Varietät leiospatha, deren gelb oder rot gefärbte Früchte sogar zu reifen vermögen und fast die Größe eines Hühnereies erreichen. Sie werden, da ihre saftige Hülle nach Ananas duftet, in Nizza, Cannes und San Remo häufig verspeist. Die echte Kokospalme (Cocos nucifera), ein tropisches Gre- wächs, das in. den Kokosnüssen manchen Inseln des Monsumgebietes das Hauptnahrungsmittel, uns die wertvolle Kopra liefert, vermag hingegen weder hier noch an den Südrändern des Mittelmeeres auszuharren. Ihre Kultur ist nur innerhalb der Wendekreise mög- lich. In der Form ihrer Blätter stimmen die Kokos- palmen mit den Phoenix-Arten überein. Ähnliche Blätter kommen auch den Kentia-Palmen zu, von welchen Kentia sapida.und Baueri an der Riviera gut gedeihen. Sie sind nahe Verwandte der Areca catechu, welche die Arekanüsse liefert, deren Stückchen mit einigen Körnchen gebrannten Kalks gewürzt und in Blätter des Betelpfefferstrauches (Piper betle) gewickelt, von Jung und Alt in Südasien gekaut werden. Gefiederte SR Blätter besitzt außerdem die Coquito-Palme, auch die mit dickem Stamme versehene Jubaea spectabilis, in der wir die südlichste Palme der Westküste Amerikas vor uns haben, und nicht minder weisen solche Blätter die Chamaedorea-Arten des mexikanischen Florengebiets auf, die sich bei uns als Zimmerpflanzen besonders bewährt haben. Zu den Palmen mit fächerförmigen Blättern, welche die Gärten der Riviera zieren, gehört die sehr widerstandsfähige Livistona australis mit mäch- tigen Blättern, die schwarze Stacheln tragen. Es ist eine der Palmen, die man häufig auch in unseren Gre- wächshäusern sieht. Unter den anderen Fächerpalmen, die hier gedeihen, kann mit Recht die blaugrüne Erythea armata, meist Brahea Roezli genannt, sich ihrer Schönheit rühmen; recht stattlich sind außerdem die Sabal-Arten, deren zähe Fasern in ihrer Heimat für Seilerwaren, Hüte, Körbe und Säcke Verwendung finden. Der Nutzen, den eine und dieselbe Palmenart in den Tropen stiften kann, ist überhaupt oft ganz erstaunlich, so beispielsweise die Carnaubapalme Brasi- liens, die Copernicia cerifera.. Man trifft auch in den Gärten der Riviera gelegentlich Palmen die unter diesem Namen kultiviert werden, doch handelt es sich dann um die der Livistona australis verwandte, aus Neusüdwales stammende Livistona decipiens. Mit den Blättern der Carnaubapalme wird in der brasilianischen Provinz Ceara ein großer Teil der Hütten gedeckt, und ihre Fasern werden dort wie Stroh benutzt; der harte Stamm dieser Palme liefert Bau- und Tischlerholz, ihre Wurzeln ein Heilmittel, ihre bitteren Früchte eine nahr- hafte Speise, aus dem Safte wird Sirup und Arrak be- reitet. Den Artennamen ‚„cerifera“, sowie den deutschen 3%* 36 ' Namen „Wachspalme“, dankt sie ihrem wichtigsten Er- zeugnis, dem vegetabilischen Wachs, das sie in Schuppen- form an ihren Blättern ausscheidet. Diese Schuppen werden von den jungen, getrockneten Blättern ab- geklopft und in Wasser gekocht, auf dessen Ober- fläche sie sich als flüssiges Wachs sammeln. Man ver- setzt dieses Wachs mit Talg und formt es zu Kerzen, die beim Brennen einen angenehmen Duft verbreiten. Die ältesten Washingtonien der Riviera verfügen schon über einen ganz ansehnlichen Umfang; manche haben es fast zu einem Meter Durchmesser gebracht. Der Dickenzuwachs der Palmen ist aber ein begrenzter und kann gewisse Maße nicht überschreiten. Das hängt damit zusammen, daß die Palmen nicht, wie unsere Holzgewächse, über einen Verdickungsring unter ihrer Rinde verfügen, von dem neue Gewebs- bildung immer wieder ausgehen kann, sondern daß ihre Dickenzunahme auf der Erweiterung schon vorhandener Zellen beruht. Daher der Querschnitt eines Palmen- stammes auch keine Jahresringe aufweist, die der periodischen Tätigkeit eines Verdickungsringes ihre Entstehung verdanken, vielmehr ein faseriges, je nach der Tiefe, mehr oder weniger dichtes Gefüge. Für gewöhnlich pflegt ein Palmenstamm zuerst an seiner Basis die volle Dicke zu erreichen, dann auch weiter aufwärts, bis er säulenförmig wird. Doch gibt es Palmen, die nach vollendetem Wachstum an ihrem (Grunde, andere, die in halber Höhe sich ange- schwollen zeigen. Die Zahl der Blätter nimmt zunächst an einem Palmenstamm zu, später bleibt sie stetig. Die älteren, äußeren Blätter sterben dann in dem Maße ab, als jüngere, innere hinzukommen. (03) I Bordighera wollte sich nicht damit begnügen, die Wedel seiner Palmen für Kultuszwecke zu versenden, es machte auch den Versuch, die edlen Formen dieser (Grewächse im Kunsthandwerk zur Geltung zu bringen. So erwuchs ein Unternehmen, das vor allem in der Winterschen Kunstgärtnerei seine Stätte fand. Die Dattelpalme, die Chamaerops- Arten, Livistona australis und Washingtonia filifera lieferten das Material für die Bestrebungen. Zur d: Verwendung Blattstiele und Palmen; als kamen Blattspreiten, Blattscheiden dieser Blumenvasen halfen auch wohl Flaschenkürbisse aus. © Zunächst muß- ten die einzelnen Pflanzen- | Ä teile entsprechend geformt und getrocknet werden, um. dann, aneinandergefügt, Gestelle für Schalen, Gefäße und andere mannigfache Gegenstände abzu- geben. Auch die Nachtigallen der Riviera haben es bereits gelernt, Nutzen aus der neuen Palmenkultur zu ziehen. Sie fanden heraus, daß sich die langen, großen Fäden am Blattrande Washingtonia für Nesterbau ganz vor- y züglich ‘die Fäden flechten aus eignen. Sie zwicken ab, tragen sie davon unc ihn en ihr vergängliches FHleim::: Anemone coronarıa, 38 IV. Nebst Bordighera ist es Mentone, das mich stets durch den Reiz seiner zauberhaft schönen Täler fesselt. Bis an die See reichen sie heran und steigen landein- wärts rasch zu den hohen Bergen empor. Sie bieten eine fast endlose Mannigfaltigkeit der Szenerie und den wechselvollen Ausblick auf malerische Ortschaften, die über steilen Tiefen sich erheben. Den Hintergrund bilden stets die himmelstürmenden, zackigsteilen Felsen, die dem ganzen Gemälde ein wildromantisches Gepräge verleihen. So wandert man in das Tal des Fossan im Osten, in die Täler des Carei, des Borigo und das entferntere Tal von Gorbio im Westen, besucht zugleich alle die wildromantischen Ortschaften, von Castellar an, das auf schroffer Höhe seine Häuser zusammen- drängt, bis nach Roccabruna, das mit seiner halbver- fallenen Burg sich an eine dunkle Bergwand schmiegt. Bequeme Fahrstraßen steigen in weiten Windungen durch die Täler hinauf, doch zieht der Wanderer es vor, Fußwege einzuschlagen, die ihn im Schatten der Ölbäume und der Strandkiefern an sein Ziel geleiten. Überschwengliche Blütenfülle umgibt ihn von allen Seiten, und wenn er auch der Verlockung widersteht, all diese Blüten in einem Strauß zu vereinigen, SO pflückt er doch von Zeit zu Zeit eines der zahllosen Veilchen, die ihm der Abhang gleichsam entgegenreicht. Wer eine kleine Anstrengung nicht scheut, sollte seine Wanderung über die Orte hinaus fortsetzen, denen der ge- wohnte Ausflug gilt. Erst in bedeutenderer Höhe pflegt sich die ganze Pracht der Landschaft zu entfalten und schrankenlos der Blick über Land und Meer zu erweitern. 39 In den ersten Mittagstunden eines warmen, sonnigen Frühlingstages verlassen wir die Straße, die von Mentone nach Monaco führt, um in das fruchtbare Gorbiotal einzulenken, das von einem ansehnlichen Bache durch- strömt wird. Zunächst stoßen vornehme Hotel- und Villengärten an den langsam emporsteigenden Fahr- weg, dann folgen bescheidene Bauerngüter. Duftende Blumen drängen sich. über die Mauern vor; erst die vornehmen Pflanzen der Reichen, dann der Goldlack, die Levkoje, die Pelargonie und die Anemonen* (S. 37 u. 49), die auch der Ärmere sich gönnt. Von Rosen umrankte Zypressen ragen hier und dort hoch in die Lüfte. Zitronen- und Orangengärten reihen sich an- einander; dann folgen Feigenbäume. Höher hinauf beginnen auch unsere Obstbäume sich zu zeigen. Sie stehen im vollen Blütenschmuck und erwecken in uns heimatliche Frühlingsgedanken. Im Tale von Gorbio lohnt es sich, die einheimischen Pflanzen zu sammeln. Ardoino, der Verfasser der Flora des Ver- waltungsbezirks der Seealpen, gab für die Täler, die bei Mentone münden, mehr als tausend wildwachsende Arten offenblütiger Pflanzen an (Anm. ı). Man müßte fast ganz Irland oder Schweden durchstreifen, um eine Ausbeute zu machen, wie sie hier auf einer Fläche von etwa ı5 Quadratmeilen möglich ist. Frei- lich gibt es auch noch weit reichere Florengebiete auf unserem Erdball, als die am Mittelmeer. Am größten dürfte der Artenreichtum mancher Teile von Brasilien sein. Dort hat man um Lagoa Santa, in einer Aus- dehnung von drei Quadratmeilen, gegen dreitausend Arten gesammelt. Andererseits sinkt die gesamte Artenzahl arktischer Florengebiete auf nur wenige 40 Hundert. Ein stärkerer Gegensatz läßt sich aber auch kaum denken, als der zwischen den üppigen Bedin- gungen des vegetabilischen Lebens in tropischen Breiten und dem kärglichen Dasein, das eine Pflanze fristen muß auf dem arktischen Boden, der schon. in geringer Tiefe dauernd gefroren bleibt! Doch vermag der Pflanzenkörper sich auch diesen schwierigsten Bedin- gungen der Existenz anzupassen, so daß es tatsächlich eine äußerste Nordgrenze für die Vegetation auf unserem Erdball nicht zu geben scheint. Sie hört dort nur auf, wo Schnee oder Eis für immer den Boden bedecken. Anders liegen die Verhältnisse im Hochgebirge, dessen Flora so viele Beziehungen zu der arktischen zeigt. Dort reichen, zum mindesten die Phanerogamen, nicht über eine bestimmte Höhe hinaus. Das hängt im wesentlichen damit zusammen, daß im Hochgebirge die Gegensätze zwischen der Erhitzung am Tage und der nächtlichen Abkühlung zu extrem sind. Reich sind die Täler von Mentone an Orchideen, die fast alle im Frühjahr blühen. Auch manches schöne Farnkraut kann man hier finden, so das Venushaar (Adiantum capillus Veneris)* (S. 19), das mit seinen zierlich verzweigten, durchscheinenden Blättern die feuchten Vertiefungen der Felsen schmückt. Die keil- förmigen Fiedern dieser Blätter scheinen an glänzend- schwarzem Draht befestigt zu sein, sie zittern und flattern bei dem leisesten Luftzug. Schon die Alten haben die dünnen Blattstiele mit dunklen Frauenhaaren verglichen, und von der Vorstellung beherrscht, daß die Naturkörper, besonders die Pflanzen, äußerlich so zu erkennen geben, gegen welche Leiden sie wirksam seien, diese Form zur Förderung des Haarwuchses 41 und Erhaltung der dunklen Haarfarbe angewandt. Heute wird aus diesen süß-bitterlichen, etwas zu- sammenziehend wirkenden Blättern mancherorts ein Brusttee hergestellt. Sie liefern auch, mit Zucker übergossen, den Sirupus capillorum Veneris, der gegen Brustbeschwerden helfen soll. — In weiten Windungen führt die Fahrstraße langsam aufwärts zu den Bergen (Anm. 2). Man kürzt sie auf steinigen Pfaden. Ein steiler, gepflasterter Weg zweigt oben im Tal in einen alten Olivenhain ab. An einer seiner Windungen taucht plötzlich, ganz in der Nähe, Grorbio über den Baumkronen auf. Es krönt einen steilen Hügel, der ganz in Laubmassen gehüllt ist. Ein Amphi- theater mächtiger Felsen umrahmt dieses Bild und steigert den Eindruck zu hoher malerischer Wirkung. Wir haben den Ort bald erreicht, überschreiten den Platz, dem eine alte Ulme ihren Schatten spendet, wenden uns links und schlagen den Fußweg ein, der an einem offenen Brunnen vorbeiführt und dann der Berglehne folgt. Nach kaum halbstündigem Aufstieg ist das weit sichtbare Kreuz erreicht, das hoch oben am vorspringenden Bergesrande dem Wetter trotzt. Bereits von dieser Stelle aus ist der Blick überwälti- gend schön. Er umfaßt die sämtlichen Täler, die bei Mentone münden. Auf den Höhen sieht man noch immer die wilden Ortschaften thronen, Burgen der Grimaldi und der Lascaris, die einst diese Täler be- herrschten. Ein Halbkreis trotziger Berge steigt im Hintergrunde auf und bildet für das Auge eine un- durchdringbare Schranke, während im Süden das blaue Meer endlos sich ausbreitet. Eine weitere Steigerung des Eindrucks hält man nicht für möglich, nur schwer 42 trennt man sich von diesem Bild, und doch gewinnt die Aussicht noch an erhabener Größe, wenn der Bergrücken erreicht ist, der in südlicher Richtung sich gegen Roccabruna wendet (Anm. 3). Dann verschieben sich gegeneinander, wie mächtige Dekorationen, die Felswände, die den Hintergrund der Täler schließen, und die Umrisse des Bildes werden immer reicher, immer bewegter. Bald tritt im Mittelpunkt der Land- schaft, am Nordabhange des gewaltigsten dieser Riesen, Sainte Agnes hervor, ein ansehnliches Dorf, das in schwindelnder Höhe, wie ein Schwalbennest, über dem Abgrunde hängt. Wer konnte das Dasein dieses Ortes ahnen, der von dem Felsen, an den er sich klammert, nach dem Meer zu ganz verdeckt ist, Der Teisen sollte ihn auch einst vor den spähenden Blicken der Sarazenen, die das tyrrhenische Meer durchkreuzten, verbergen. Schließlich war es doch, der Sage nach, ein Sarazenenhäuptling, Harun, der im zehnten Jahr- hundert die Burg erbaute, die als Ruine heute noch den Bergesgipfel überragt. Doch nicht als Feind kam er hierher, sondern von der Liebe zu einer Christin überwältigt, die er, zum Christentum bekehrt, zu seiner (rattin machte. Auch den, der die schönsten Teile von Italien kennt, wird die Macht dieser herrlichen, ganz italieni- schen Landschaft bezaubern müssen. Denn die Täler von Mentone vereinigen die südliche Schönheit von Sorrent und Amalfi mit der wilden Großartigkeit der Abruzzen. Und wie wird der Eindruck dieses Bildes noch gesteigert, wenn gegen Sonnenunter- gang die Gipfel der Berge sich zu röten beginnen, lange, dunkle Schlagschatten in die Täler werfen und Anemone pavon ına, Sainte Agnes auf. dem grauen Fels in feuriger Glut erglänzt. Doch die Sonne wird bald hinter der T&te de Chien verschwin- den; die Schatten des Abends senken sich in die Tiefen, die Zeit drängt, da ein langer, steiniger Weg uns noch von der Eisenbahnstation Cabbe- Roquebrune trennt (Anm. 4). Dort stehen am Bahnhof zahlreiche Judasbäume (Cercis siliquastrum) in vollem Blütenschmuck und bilden einen farbenreichen Abschluß für den son- nendurchglühten Tag. Die schönen dunkelrosen- roten Blüten des Judasbaumes entspringen dicht- gedrängt allen Zweigen, selbst aus älterem Holze, so daß die ganze Baumkrone wie ein einziges Blumengewinde erscheint. Dieser Baum schmückte schon in alter Zeit die Gärten um Jerusalem, und wohl weil er oft seine Äste wagerecht ausbreitet, be- mächtigte sich seiner die Sage, um ihn als den Baum zu bezeichnen, an dem sich Judas erhängt habe. An sich sieht der Baum durchaus nicht tragisch aus, zur Blütezeit erweckt er eher liebliche Gedanken, die auch 44 sein spanischer Name, Arbol del amor, zum Ausdruck bringt. V. Bezaubernd schön ist Mentone, wenn man es vom Pont St. Louis aus betrachtet” (S. 335). Das Bild gehört zu den eindrucksvollsten der ganzen Riviera. Doch muß man es am Morgen sehen, wenn die Sonne das alte Mentone von Osten her bescheint. Die große Land- straße, welche über die Brücke des heiligen Ludwig führt und Mentone mit Ventimiglia verbindet, beginnt jenseits von Graravan zwischen Villen und Mauern sanft anzusteigen. (Gibt es nicht zu viel Staub, so ist schon die Wanderung auf dieser Straße ein Genuß. Denn die anstoßenden Gärten strotzen von üppigen Grewächsen, deren Laub und Blüten sich über die Mauern neigen. Ihre Fülle widerstrebt jeder Schranke, sie drängen hinaus ins Freie. Hellrote und feuerfarbige Pelargonien hängen am Grestein, auch Rosensträuche besät mit Blüten unzähliger Nuancen; darüber kugelige Margueriten- sträucher, ganz in weiße Blüten gehüllt. Gleich jenseits des Bahnstranges begrüßt uns an einer Mauer ein großblätteriger, mit violetten Blüten ganz bedeckter Strauch, die Wigandia caracasana/ , Unten ist die Straße farbig, so dicht war der Blütenregen, der zu Boden von ihm fiel. Es sind das die Blumenkronen, die mit den fünf aufsitzenden Staubgefäßen von der Pflanze abgeworfen werden, um neuen Blüten Platz zu schaffen. Die Wigandia ist eine Hydrophyllacee aus Venezuela. Sie gehört zu solchen Pflanzen, deren Blütenstand, wie etwa auch bei den uns aus unserer Flora bekannten Boraginaceen, schneckenförmig ein- 45 gerollt ist und sich langsam entrollt, um nacheinander | seine Blüten zu entfalten. So verlängert sie ihre Blütezeit, überdauert auch wohl ungünstige Witterungs- perioden, und gewinnt an Aussicht, von Insekten be- sucht und bestäubt zu werden. — Über der Wigandia wölbt sich eine goldgelbe Akazie. Es ist die west- australische Acacia cyanophylla, deren blaugrünes Laub ganz in der Blütenmasse schwindet. Dicht daneben läßt der chilenische Stechapfel (Datura arborea) seine trichterförmigen, großen Blüten zwischen dem grünen Laub herabhängen. Streckenweise duftet die ganze Straße nach Heliotrop, der an den Geländern empor- klimmt; oder es sind Rosen, die an ihnen aufwärts streben, die liebliche Chinarose (Rosa sinica), die aus den einfachen, weißen Blüten dunkelgelbe Staubgefäße entsendet, oder die ihr nächstverwandte Anemonenrose (Rosa anemoneflora), mit rötlich angehauchten Kronen- blättern, die um den Preis der Anmut mit ihr ringt. Alsbald sind es wieder zwei mächtige Wigandien, die aus den Grartenmauern der Casa Copley sich bis weit über die Straße neigen. Nebenan leuchten orangerot die großen Blütenrispen einer aus Ecuador stammen- den Solanacee des Streptosolen Jamesonii, das man jetzt sehr häufig in den Gärten der Riviera antrifft. Die röhrige Blumenkrone weist eine spiralige Drehung auf, die der ganzen Gattung den Namen „Drehröhre“ verschaffte. Aus dem Gehänge einer mexikanischen ' Bignoniacee, des Phaedranthus buccinatorius, ragen, in auffälligem Kontrast zu dem dunklen Laub, die langen, scharlachroten Blüten hervor. Sie bilden eine der Hauptzierden der hiesigen Mauern und Wände und fesseln das Auge des Beschauers auch in der farbigsten 46 Umgebung. Zwischen anderen Pflanzen versprengt, bilden die reich verzweigten Blütenstände der mexika- nischen Fetthennenart, Sedum dendroideum, schwefel- gelbe Flecke. Uber der Mauer der Villa San Valen- tino ist es wieder eine in Rosen gehüllte Pergola, die das Auge entzückt. An ihr klettert auch der aus unseren Grewächshäusern uns bekannt mit bläulich weißen Blütentrauben bedeckte brasilianische Nacht- schatten, Solanum jasminoides, empor und die mit violettblauen Blüten ganz übersäte australische Papi- lionacee Hardenbergia comptoniana, die auch unbe- stritten zu den Zierden der hiesigen Gärten gehört. Die Mauer schmücken in seltener Üppigkeit die Geranien mit allen Tönen des Rot und leuchten geradezu in der südlichen Sonne. Zwischen ihnen weiß sich eine hängende, nordafrikanische Winde, der Convolvulus mauritanicus, einen, wenn auch bescheidenen Platz zu erobern. Die himmelblauen Blüten, nach Art unserer Winden gebaut, heben sich reizend von den dichten Büscheln des silbergrauen Laubes ab. Daneben fällt das Echium candicans ‚durch seine eigenartige Pracht auf. Es ist eine Natterkopfart von den Kanaren, mit weißfilzigen Blättern und anfangs roten, doch bald leuchtendblau werdenden, kolbenförmigen Blütenrispen, eine Borraginacee, die im Aussehen wohl an unseren gemeinen Natterkopf (Echium vulgare) erinnert, ihn aber ins Riesenhafte übertreibt. Die mennigroten Stellen an der Mauer verdanken ihre Färbung der mexikanischen Lopezie (Lopezia miniata), einer Pflanze, die, so wenig man es ihr ansieht, in die Familie der Nachtkerzen (Oenotheraceen) gehört. Den Botaniker fesselt diese Pflanze auch dadurch noch, daß sie, was 47 ganz selten vorkommt, nur über ein einziges normales Staubgefäß in jeder Blüte verfügt. Ein zweites Staub- gefäß wird zwar angelegt, doch als steriles, löffelartig gestaltetes „Staminodium“ ausgebildet. — Jenseits der Straße ragen aus einem Garten die durch Wind zer- schlitzten Blätter einer Banane (Musa sapientum) her- vor. In milden Wintern reifen die Bananen hier ihre Früchte. Wie soll man sich da dem Gefühl ver- schließen, daß man auf einem klimatisch ganz be- vorzugten Boden wandert! Und daneben wiegen Palmen ihre Wedel in den Lüften und glänzen die großen, lederartigen Blätter australischer Feigenbäume. Plötzlich wendet sich die Straße, und man nähert sich einer steinernen Böschung, die ganz mit der brasiliani- schen Bougainvillea spectabilis* (S. 9ı) überwachsen ist, deren lillarote Hochblätter die ganze Fläche so grell färben, daß sie im Sonnenschein fast das Auge blendet. In der Nähe kann man feststellen, daß in den Achseln dieser Hochblätter kleine, unscheinbare Röhrenblüten stehen. Die Knospen teilen die Farbe der Hochblätter und erst, wenn sie am Scheitel sich geöffnet haben, bildet dort die Blüte einen gelben Stern. — Dann folgen Zitronen- und Orangenbäume, die mit Früchten noch reich behangen, ihre duftigen Blüten schon zu entfalten beginnen. — Auf so ge- schmückter Bahn erreichen wir ein kleines, französisches Zollhaus und sind nach einigen weiteren Schritten an unserem Ziel e In kühnem Bogen schwebt die Brücke Saint-Louis über der Schlucht, die Frankreich von Italien trennt. Der Blick von hier auf Mentone ist in der Tat von ergreifender Schönheit” (S.335). Die alte Stadt ruht auf einem schmalen Grat, der sich in die See fortsetzt, 48 um zwei tiefblaue Buchten zu scheiden. Dicht aneinander geschmiegt steigen die Häuser an ihm empor, über- und durcheinander sich drängend. Alle sind im italienischen Stil gebaut, mit Loggien, Balkonen und Terrassen ge- ziert, doch verschieden an Größe und Farbe, scheinbar gesetzlos zu einem bunten Block vereint. Im hellen Glanze der Sonne verschwinden aber alle Gegensätze, und die ganze Stadt leuchtet fast weiß hinaus in die Ferne. Aus der Häusermasse ragt die Kirche mit ihrem schlanken Glockenturm hervor. Und welch großartige Einfassung zeigt dieses Bild! Am west- lichen Horizont profiliert sich im nebeligen Umriß die zackige (rebirgskette des Esterels; diesseits von ihr weicht der Strand zurück, und erst die steile T&te de Chien über Monaco vermag wieder dem Meere zu trotzen. Es ist, als halte dieser mächtige Fels Wache an der langgedehnten Küste. Dann rücken andere (rebirgsmassen vor. Das Cap Martin legt sich wie ein grünsamtenes Band über die blaue See, und hinter Mentone steigen zackige Felsenriesen auf und leuchten, von der Sonne grell beschienen, in bläulichem Grau. An allen Abhängen blicken weiße Dörfer hervor aus. dem grünen Laub, während tiefer unten, in den Schluchten, das silberne Grau der Oliven mit den dunklen Tönen der Zitronenbäume sich eindrucksvoll paart. So farbenreich wie ein Kaleidoskop ist der Felseneinschnitt zu unseren Füßen. Wir schweben über einem Grarten, der in Stufen aufsteigt, und dessen Boden ganz unter Blüten schwindet. Hell- und dunkel- rote Pelargonien dicht aneinandergedrängt, gelb blühen- der Fetthennenstrauch (Sedum dendroideum), kugelige Chrysanthemen (Chrysanthemum frutescens) mit Tausen- 49 den von Blüten, wie mit weißen Sternen übersät; feuerrotes Streptosolen; ein Judasbaum in Blüte, der seine rosenroten (Grehänge über die weißen Chrysan- themen neigt; ein Rosenstrauch, der den Judasbaum erklimmt und ihn mit weißen Blüten überschüttet; schlanke Bambusen, die wie Federbüsche in die Lüfte ragen; daneben Fächer- und Fiederpalmen, Drachen- bäume, & dunkelgrüne, schlanke Zy- Y pressen, $ plumpe Agaven; ein Pfeffer- baum* (S. 407) mit hellgrünen, zart- i gefiederten f Blättern an seinen hängenden Ästen; leuchtendrote Bougain- villien und strohgelbe Rosen an den aufsteigenden Wänden: eine bunte Mosaik! Kanarische Dattelpalmen und japanische Fächerpalmen steigen aus der Schlucht empor und landeinwärts rahmt das Bild des alten Mentone eine | schlanke Washingtonie (Washingtonia gracilis) ein. Und dieses ganze farben- reiche Bild taucht mit seinem Rande in die dunkelblaue Flut. Eine frische Brise weht uns vom Meer entgegen, der Frühling blickt mit lachenden Blumenaugen aus der Schlucht empor. Es stimmt so harmonisch und heiter dieses hehre Bild. Daher möchten wir es gern vergessen, daß dort über Mentone, wo 4 weiße Steine und dunkle Zypressen zwischen £ grauen Mauern sich erheben, ein Ort der \ Trauer ist. Ein Schloß der Grimaldi stand Anemon& stellata. einst auf dieser Höhe; zwischen E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 4 509 seinen Trümmern und Umfassungsmauern ist dann der Friedhof entstanden. Er beherrscht diesen sonnigen Strand, wie einst die mächtige Burg ihn beherrschte, ein Wahrzeichen des späteren Mentone. Ich suche meine Gedanken von dieser Stätte abzuwenden, doch unablässig kehren sie zu ihr zurück, denn trauriger hat mich ein Friedhof kaum jemals gestimmt als dieser dort, mit seinen unter Blumen ganz versteckten Gräbern. Der tiefe Widerspruch zwischen der freudig sonnigen Natur und dem jähen Tode trat mir niemals mächtiger entgegen. Dieser Gegensatz preßt jedem das Herz zusammen, der dort oben weilt. Denn aus allen Teilen der Welt eilten sie zusammen, die auf diesem Friedhof ruhen. In der Blüte der Jahre, fern von ihrer Heimat, legten sie sich unter Jasmin und Rosen zu ewigem Schlaf. Ob ihnen wohl die Erde leichter wird, weil die Blumen auf ihr nie verwelken? Die Rosen im besonderen drängen sich dort überall vor: weiße, gelbe, blutigrote, und sie verbreiten einen betäubenden Duft. Als ich einstmals diesen Friedhof besuchte, strahlte die Welt im Frühlingsglanze, und es jauchzte von Leben in den Lüften. Da war es besonders traurig zwischen diesen blumenreichen Gräbern. An einem frisch er- richteten Denkmal saß ein junger Bildhauer, meißelte das Antlitz eines zarten Mädchens in den Stein und sang dazu ein fröhliches Lied. Ich blieb vor dem (Grabe lange stehen: Es war wie in einer Shakespeare- schen Tragödie. Hoch steigen über dem Pont Saint-Louis zackige Berge auf, unvermittelt zu romantischer Wildnis. Aus der Mitte der Schlucht ragt ein einsamer Fels her- vor und endet mit spitzem Gipfel. Zahlreiche Grotten Si versenken sich in die steinernen Wände. Blühender Rosmarin* (S. 391) die strauchartige Wolfsmilch (Euphor- bia dendroides), zwei Wachholderarten* (Juniperus oxy- 'cedrus |[S. 253] und phoenicea), sowie großblütige, silbergraue Malven (Lavatera maritima) klammern sich fest an alle Vorsprünge des Gesteins und beleben seine eintönige Fläche. Unten grünt alles von üppigem Pflanzenwuchs. Ein klarer Bach rauscht in den Felsen- spalten und bildet zierliche Wasserfälle. Ein Teil des Wassers wird in einem kleinen Aquädukt gefaßt, der in malerischen Windungen abwärts läuft und mit ge- wölbtem Bogen schließlich den Bach überschreitet. Wie effektvoll alles vereint in diesem engen Raume: es wirkt fast wie eine Theaterdekoration! An diesem so überaus warmen Strande bildet diese Felsenschlucht noch eine der allerwärmsten Stellen. Durch hohe Berge geschützt und umfaßt, steht sie nur den südlichen Winden offen. In dieser Schlucht be- ginnen schon im Dezember die Veilchen zu blühen, die Schwalben verlassen sie nie, die Eidechsen ver- säumen dort ihren Winterschlaf. An Nahrung ist stets Überfluß vorhanden ; Insekten schwirren in der Luft, und um sie zu fangen, webt auch im Winter die Spinne ihr Netz. VI. Niemand, der in Bordighera oder in Mentone weilt, sollte es versäumen, einen Ausflug nach La Mortola, dem Garten des Sir Thomas Hanbury, zu unternehmen. Der Eintritt wird Montag und Freitag nachmittags gegen Zahlung von je einem Franc gestattet. Dieses Geld dient zur Unterstützung des Krankenhauses von 4* 52 Ventimiglia. Wer eingehende Studien im Garten machen will, erhält hierzu jederzeit Erlaubnis vom Besitzer. Einst Eigentum der adeligen Familie Lanteri, dann von 1620 an jener der Orengo, die beide in Ventimiglia ansässig waren, trägt auch heute noch der inmitten des Gartens sich erhebende, schöne Palazzo der letzteren Namen. Als der jetzige Besitzer dieses Grundstück im Jahre ı867 erwarb, war es von einem mageren . Olivenhain bedeckt, und das über vierhundert Jahre alte Wohnhaus auf ihm lag fast in Trümmern. In Gemein- schaft mit seinem Bruder, dem bekannten und ver- dienten Pharmakologen Daniel Hanbury, vollzog Sir Thomas die Anlage des Gartens, an der in den folgen- den Jahren Ludwig Winter sich beteiligte. So wurde der einst öde Boden in den feenhaften Garten ver- wandelt, der jetzt den Besucher entzückt. Der Garten deckt eine Fläche von gegen fünfundvierzig Hektaren und fällt von der Landstraße, welche das Dorf Mor- tola durchzieht, an hundert Meter bis zum Meere ab. Er wird von der alten römischen Via Aurelia durch- schnitten, die sich unverändert hier erhalten hatte, und die der Besitzer pietätvoll so beließ. Die in Nummu- litenkalk tiefgerissene Schlucht, die den Garten birgt, wird durch den Wall des Monte Bellenda gegen Norden geschützt und ermöglicht die Entwicklung einer so üppigen Vegetation, wie sie selbst an der Riviera kaum ihresgleichen findet. Freilich ließ sich nur durch künstliche Bewässerung des gesamten Grund- stückes erreichen, daß die lange Dürre des Sommers nicht verhängnisvoll für die Pflanzen werde. Denn es kann vorkommen, daß hier im Sommer drei Monate lang kein Tropfen Wasser vom Himmel fällt, eine 53 Erscheinung, die übrigens auch zur Winterszeit nicht ausgeschlossen bleibt. Nach lang anhaltender Sommer- dürre sieht man an dieser Küste selbst die Opuntien schrumpfen und welken, also Pflanzen, die in ihrer Heimat einer ganz extremen Trockenheit angepaßt sind. Man kann in La Mortola auf über zweihundert Tage im Jahre zählen, an denen der Himmel völlig wolkenlos bleibt. Nur je 58 Regentage hat der Durch- schnitt von Io Jahren ergeben. Tiefer als auf — 46° C sah man die Temperatur nie sinken. Die Kälte hat hier den Pflanzen kaum jemals merklichen Schaden zugefügt. Der Boden des Gartens ist schwer und lehmig, im Sommer wird er hart und bekommt tiefe Sprünge. Sein Kalkreichtum bedingt es, daß manche (rewächse, die man in schönster Entwicklung in der (Gegend von Cannes sieht, sich hier nicht zu behaupten vermögen. Dort ist es der dem Urgestein entstammende Boden, der ihnen besser zusagt. Außer Nummuliten- kalk weist der La Mortola-Garten an begrenzter Stelle eine Tuffsteinablagerung (Travertin) auf, die sandigen, wenn auch nicht ganz kalkfreien Untergrund liefert. Man verwertet diese Stelle für Bäume mit besonders empfindlichem Wurzelsystem. Es wäre ein gewagtes Beginnen, wollte ich hier alle Pflanzenformen schildern, die im Garten von La Mortola vereinigt sind. Es kommt mir nur darauf an, seine Reichhaltigkeit und Pracht hervorzuheben, auch gebührend die Belehrung zu würdigen, die jeder Be- sucher in ihm finden kann. Denn alle Pflanzen tragen Schilder, auf welchen ihr Name, ihre Heimat und die Familie, der sie angehören, bezeichnet ist. Ein im Jahre 1889 veröffentlichter Katalog des Grartens zählte 4 bereits 3600 verschiedene Pflanzen auf. Seitdem ist deren Zahl sehr gewachsen und ältere Gewächse durch neue, wissenschaftlich interessante, technisch wichtige, oder durch ihre Schönheit auffallende, ergänzt worden (Anm. 5). Alle botanischen Anstalten erhielten seiner- zeit das Verzeichnis, mit der Aufforderung, aus den Schätzen des Gartens für wissenschaftliche Zwecke zu . schöpfen. Sir Thomas Hanbury war stets bemüht, die Leitung seines Gartens bewährten Händen anzu- vertrauen. Er berief dazu eifrige, wissenschaftlich ge- bildete Gärtner (Anm. 6), und wachte gleichzeitig: selbst mit Liebe und Verständnis über dem Garten. So steht La Mortola fast einzig da unter all den Gärten, die in reichem Privatbesitz sich befinden, und sollte andere zur Nachahmung aneifern (Anm. 7). Nur Ende September mag es geschehen, daß man den La Mortola-Garten völlig blütenlos antrifft. Sobald die ersten Herbstregen niederfallen, erwacht er zu neuem Leben. Dann steigert sich dauernd seine Pracht, bis in den Anfang des Mai. Mitte Mai ist es damit vorüber, der Boden wird stellenweise kahl. Anderer- seits sind es aber gerade manche der schönst blühen- den Bäume und Sträucher, so die hellblaue Bigno- niacee Jacaranda ovalifolia, die den Papilionaceen an- gehörenden purpurnen Korallenbäume (Erythrinen), die als Flammenbaum bekannte, brennendrote Sterculiacee Brachychiton acerifolius, viele Opuntien und Agaven, welche die heißesten Sommermonate benutzen, um un- bewundert sich zu schmücken. Im Frühjahr ist der Garten stets farbig genug, um dem Besucher volle Be- wunderung abzugewinnen. Besonders tragen die Akazien um jene Zeit zu seiner Verzierung bei. Über neunzig jvV on 7 Arten der Gattung Acacia stehen in Kultur, sowohl die feingefiederten, mimosenartigen, deren Blättchen jeder Windhauch in Bewegung: versetzt, als auch starre, stachlige Arten, die schon ihr botanischer Name: „be- waffnet“ (armata), „struppig“ und „schauerlich“ (horrida) hinreichend kennzeichnet. Manche Akazien sind von gelben Blüten so bedeckt, daß ihr grünes Laub kaum noch sichtbar ist; die meisten verbreiten zur Blütezeit ein köstliches Aroma. DBenennungen wie „lieblich“, „angenehm“ (suaveolens), zeichnen einzelne Arten noch besonders vor den anderen aus. Der höchste Preis des Wohlgeruchs gebührt aber unstreitig der tropisch-amerikani- schen Acacia farnesiana* (S. 7), , welche ihre nach Veilchen duf- N tenden Blütenköpfchen schon im | Winter treibt. Diese Blüten- köpfchen dienen in Grasse und Cannes unter dem Namen (# „tleurs de cassie“ in ausgiebiger Weise & den Zwecken der Parfümerie. Den Namen „Farnesiana“ verschaffte dieser Pflanze der Um- stand, daß sie zuerst in den farnesi- schen Gärten zu" Rom, ünd zwar seit ı611I, gezogen wurde. — Durch ihr zartes, Anthyllis barba Jovis. zierliches, doppeltgefiedertes, bläulich- grünes Laub fällt in La Mortola, wie auch an anderen Orten der Riviera, die Acacia oder Albizzia Julibrissin auf, ein stattlicher Baum vom Aussehen einer Mimose, dessen hellviolette Blütenköpfchen erst im Juli zur Entfaltung komnien. Sie stammt von der Südküste des kaspischen Meeres, ihr Artenname ist persisch und bedeutet Seiden- blume. Echte Mimosen, d. h. Arten der Gattung Mimosa, gedeihen nicht an der Riviera. Für sie ist dieses Klima zu trocken und auch noch zu rauh. Von den Akazien sind es im besonderen die neuhollän- dischen, denen die hier herrschenden Witterungsver- hältnisse zusagen, somit Arten, die derbe, einfache, langgestreckte Blätter besitzen. In Wirklichkeit sind es nicht gewöhnliche Blätter, die sie führen, sondern „Phyliodien“. Die zarten, gefiederten Laubspreiten haben sie in dem dürren Klima Australiens eingebüßt, während die Blattstiele flach in die Breite wuchsen und die Aufgabe der früheren Spreite im Ernährungs- vorgang der Pflanze übernahmen. Sind Keimpflanzen unter solchen Akazien aus herabgefallenen Samen auf- gegangen, so sieht man sie zuerst gefiederte Blätter auf dünnen Stielen bilden. Höher hinauf am Stämm- chen schwinden allmählich die Fiedern an den Blättern, während der Blattstiel an Breite gewinnt. So spiegelt sich in der Entwicklungsgeschichte einer solchen Pflanze ihre Stammesgeschichte oder Phylogenie, wieder. — Von der südafrikanischen, steifen Acacia horrida, die uns zuvor aufgefallen war, stammt eine geringe Gummi- sorte, die als Kapgummi bekannt ist; das feinste Gummi arabicum quillt hingegen aus der Rinde der sene- gambisch-kordofanischen Acacia senegal hervor, ähn- 57 lich wie bei uns das Kirschgummi aus der Rinde von Kirschbäumen. Durch ein ganz besonders feines Aroma zeichnet sich ein gelbblühender Strauch, die Pteronia incana vom Kap der guten Hoffnung aus, welche zu der- selben Abteilung der Kompositen wie unsere Astern gehört. Es läßt sich von seinen Blütenköpfchen fast sagen, daß sie vergeistigten Aprikosenduft verbreiten. Die Blütenköpfchen der Kompositen machen auf den Laien den Eindruck einzelner Blüten. In Wirklichkeit stellen sie aber Blütenstände dar, deren einzelne Blüten sich zu einer scheinbaren Einzelblüte zusammengedrängt haben. Entweder sind alle Blüten in einem solchen Köpfchen untereinander gleich, oder infolge von Ar- beitsteilung verschieden, die inneren röhrenförmig und auf Befruchtung eingerichtet, die äußeren zungenförmig und meist nur noch dazu bestimmt, die Auffälligkeit des Köpfchens zu erhöhen. So wird es leichter von den Insekten erblickt, die bei ihrem Besuch die Be- stäubung vollziehen. — Zu den Kompositen gehört auch das mexikanische Eupatorium micranthum, das man überall in den Gärten der beiden Rivieren zu sehen bekommt. An Wohlgeruch kann es sich mit der Pteronia nicht messen, ist aber doch allgemein beliebt, weil es seine weißen Blütenstände mitten im Winter, zu einer Zeit entfaltet, wo es an anderen Blüten fehlt. Die Pflanze wächst zu einem hohen Strauch empor und ziert auch als solcher einen Garten. Sie blüht überaus reichlich und findet als Bukettblume so häufige Verwendung, daß man ihr auch auf der Hoteltafel meist begegnet. — Stark riechend in allen seinen Teilen ist ein Strauch vom Kap, die Rutacee Diosma fragrans. Nicht umsonst hat sie, sowie ihre nächsten Verwandten, die bei uns viel in (rewächshäusern gezogen und als Bukettgrün benutzt werden, den Namen Diosma, d. h. „Götterduft“, er- halten. — Ein chilenischer Strauch mit kleinen gelben Blüten, die Flacourtiacee Azara microphylla, wird wegen seines vanilleartigen Duftes in der Heimat „Aromo“ genannt. — Eine krautartige Salbeiart, die Salvia albocoerulea, riecht wie feines Tafelobst. — Ver- schiedene Pelargonien, so namentlich das Pelargonium radula und odoratissimum, verbreiten ein starkes rosen- artiges Parfüm, wenn man ihre Blätter zerdrückt. — Mit all den schönen Pelargonien, die wir auch in unseren Gärten und Gewächshäusern ziehen, und meist fälsch- lich Geranien nennen, hat uns das Kapland beschenkt. Ihm verdanken wir auch die Diosma und die Hunderte von Erica-Arten, die dort die Region des Heidekrautes bilden. — Geradezu betäubt wird man an zahlreichen Stellen des Gartens von dem Duft, der den kleinen weißen Blüten von Pittosporum tobira entströmt. Diese Blüten decken in großer Zahl den baumartigen, immergrünen Strauch, der in seinem Aussehen an den lorbeerartigen Schneeball (Viburnum tinus) der Riviera erinnert. Es gibt auch eine Pittosporum-Art, die den Zuschauer mit ihren fast schwarzen Blüten befremdet. — Lieblich duftet, ähnlich wie unsere wohlriechende Platt- erbse, ein zierlicher Baum mit überhängenden Ästen, der aus der Ferne ganz weiß erscheint, infolge seiner reichen Blütenfülle. Esist eine westmediterrane Ginsterart, Grenista monosperma, die zu den anmutigsten Pflanzenformen der Riviera gehört und „Blütenregen“ heißen müßte. Einen ungewohnten Eindruck auf den Besucher des (sartens machen die Casuarineen, ansehnliche Bäume, 9 welche die Eingangstreppe beschatten. Ihre graugrünen, feinen Zweige hängen wie die Federn eines Casuar- schweifes herab und verschafften dem (Grewächs auch seinen Namen. Die Zweige sind blattlos; ihnen selbst fällt somit die Aufgabe zu, für die Ernährung des Baumes zu sorgen. Daher diese Zweige grün gefärbt sind, das heißt, jenen grünen Farbstoff, das Chloro- phyll, enthalten, dessen Anwesenheit für die Bereitung von Nahrungsstoffen durch die Pflanze notwendig ist. Die Casuarineen bilden in Australien ausgedehnte Wälder von sehr eigenem Aussehen. Wie so viele andere australische Bäume vermögen sie dem Boden nur spärlichen Schatten zu spenden. Die Blüten der Casuarineen sind so klein und unscheinbar, daß nur das kundige Auge sie an den Zweigen aufzufinden vermag. Das Holz zeichnet sich durch große Härte und Schwere aus und hat daher den Eingeborenen zur Anfertigung von Streitkolben gedient. Ein australischer Baum, der seit 1360 ungemein rasche Verbreitung an der Riviera fand, und den der Garten von La Mortola in mehreren Arten aufzuweisen hat, ist der Eucalyptus. Am häufigsten begegnet man am Mittelmeer dem Eucalyptus globulus* (S. 199). Auch diese Bäume gewähren nur wenig Schatten; ihre säbelförmigen Blätter sind zwar von ansehnlicher Größe, hängen aber an ihren Stielen annähernd senkrecht von den Zweigen herab, sind im wesentlichen süd- nördlich gerichtet und können daher, selbst bei dichterer Belaubung, den Sonnenstrahlen nicht allen Durchgang verwehren. Diese vorwiegend süd-nördliche Orientie- rung der Eucalyptus-Blätter wird durch das Licht be- dingt. Denn die Eukalypten gehören zu den Pflanzen, 60 die ihre Blätter auf die Vor- und Nachmittagsbeleuchtung einstellen. Das von Süden kommende Licht ist ihnen zu stark, sie bieten ihm daher ihre Kante. Man hat solche Grewächse als Kompaßpflanzen bezeichnet, doch mit Unrecht, da der Erdmagnetismus ohne allen Ein- fluß auf diese Erscheinung ist. Da auch leiser Wind- hauch die Eukalyptenblätter in Bewegung versetzt, so herrscht meist unter den Bäumen ein eigenes zittern- des Zwielicht. Die Schattenwirkung australischer Eucalyptuswälder wird aber noch dadurch verringert, daß sich die Baumkronen nicht berühren. Solche Wälder gehören zu den charakteristischen Vegetations- formen der trockenen Gebietsteile Australiens. Ihre Stämme wachsen zu außerordentlicher Höhe empor. Sie stellen die Riesen der Pflanzenwelt vor, und werden an Größe nur von den Mammutbäumen (Sequoia gigantea) der Sierra Nevada Kaliforniens noch überboten (Anm. 8). Sie wachsen auch an der Riviera äußerst rasch und ragen aus ihrer Umgebung schon hervor, ungeachtet ihre Anpflanzung dort erst um 1860 begann. Im Garten von La Mortola erreichte ein Eucalyptus glo- bulus in sieben Jahren neunzehn Meter Höhe und fast anderthalb Meter Umfang (Anm. 9). Wir kennen in Europa keinen zweiten Baum, der Ähnliches zu leisten vermöchte. Trotz so raschen Wachstums zeichnet sich das Eucalyptus- Holz durch große Härte aus. An vielen Orten hat man diese Bäume angepflanzt, weil man der Ausdünstung ihrer Blätter besondere heil- same Kräfte zuschrieb. Tatsächlich kommt aber den äußerst geringen Mengen von ätherischen Ölen, die sie um ihre Laubkrone verbreiten, kaum eine merk- liche Wirkung zu. Dadurch hingegen, daß die Euka- 61 lypten so rasch y wachsen undalsimmergrüne Pflanzen Sommer und WinterWasser aus ihren Blättern verdunsten lassen, können sie zur Trockenlegung eines sumpfigen Bodens beitragen. Die Hoff- nung,eswürden Extrakteausdem Laub und der Rinde der Eukalypten das Chinin ersetzen, erfüllte sich nur in be- grenztem Maße, immerhin hatdie Tinc- tura Eucalypti schon manchen guten Dienstbei Krankheiten, die mit Malaria zusammenhingen, geleistet. So recht- fertigt sich auch die Verwendung, welche Eucalyptusextrakte bei den Ein- geborenen Australiens seit undenklicher Zeit fanden. Schon im Oktober beginnen ältere Eucalyptusbäume an der Riviera sich mit großen, weißen Blüten zu bedecken* (S. 199), die durch ihre sehr zahlreichen, über- aus feinen und langen Staubfäden auffallen, und fahren damit fort bis nächsten Mai. Der Kundige erkennt sofort, daß es sich um ein Gewächs aus der Familie der Myrtifloren handelt. Eine Eigentümlichkeit der Euka- lypten ist es, daß ihre Blütenknospen mit einem runden Deckel sich öffnen, der als grüne, weißbereifte Mütze abgeworfen wird. Daher der Name Eucalyptus, Schönmütze, den die Pflanze trägt. Diese Deckel sieht | man im Frühjahr an der Riviera in großen “$ Mengen unter den Eucalyptusbäumen liegen; num latifolium. 62 sie verbreiten, wenn man zufällig auf sie tritt, einen sehr durchdringenden Geruch. Neuerdings hat sich die In- dustrie der konischen Blütenknospen bemächtigt, um sie zu trocknen und aus ihnen dann Kreuze und Rosen- kränze von graugrüner Farbe herzustellen. Solche „Rosarien“ haben eben an sich mit Rosen nichts zu tun. Sie symbolisieren vielmehr nur einen Kranz von Ehrenrosen, die durch Wiederholung des Ave Maria der Muttergottes gewidmet werden. Solche (rebet- kränze hatten schon buddhistische Sekten im Gebrauch. Ganz junge FEucalyptusbäume, wie man sie auch bei uns in den Gewächshäusern zu sehen bekommt, zeigen zunächst ein von den älteren Bäumen überaus ver- schiedenes Aussehen. Kaum glaubt man dieselben Pflanzen vor sich zu haben. Die Blätter sind breit, stumpf, stengelumfassend, wagerecht gestellt, und erst an älteren Zweigen treten an ihre Stelle die schmalen, lang gestielten, abwärtshängenden Blätter. Der an der Riviera besonders verbreitete Eucalyptus globulus ist nicht der widerstandsfähigste Vertreter seiner Gattung und leidet selbst dort in strengen Wintern an besonders exponierten Stellen. Manche Arten trotzen ' besser der Kälte, und der Eucalyptus Gunni vermag selbst in Whittingham bei Edinburgh noch zu gedeihen. Nur der hohen Kette der Seealpen, welche die kalten Nordwinde von der Riviera di Ponente abhält, ist es zu danken, daß die Kultur der Agrumi in dieser geographischen Breite noch gelingt. An zahlreichen Stellen der Küste zwischen Nizza und Savona gedeihen die Agrumi zum Mindesten ebensogut wie um Neapel, während man die inneren Teile Ober- und Mittelitaliens durchreisen kann, ohne sie zu erblicken. Unter der 63 Bezeichnung „Agrumi“ werden die Vertreter der Gattung Citrus zusammengefaßt. Das Verzeichnis von La Mortola weist über sechzig Arten oder Formen dieser Gattung auf. Man findet fast alle in Italien kultivierten Agrumi auf engem Raum hier beisammen. Das Bild dieser (rewächse ist in unserer Phantasie so eng mit dem des südlichen Himmels verknüpft, daß das Land Italia uns stets vom Blütenduft der Zitrone durchweht und vom Glanze der Goldorange durchleuchtet vorschwebt. Am meisten hat zu dieser Vorstellung wohl das Mignonlied beigetragen, jenes Lied, das der Sehnsucht des Nord- länders nach den südlichen Gestaden den ergreifendsten Ausdruck verlieh. Wie sehr die Agrumi aber auch in die italienische Landschaft zu gehören scheinen, so sind sie doch erst verhältnismäßig spät nach Italien gelangt und nur auf ganz bestimmte Teile dieses Landes beschränkt geblieben. Ob der Zedratenbaum, um den es sich zunächst nur handeln kann, zu Plinius Zeiten schon zum Schmucke italienischer Häuser und Gärten Verwendung fand, ist noch immer nicht ein- wandsfrei erwiesen. Häufig ist er keinesfalls gewesen. Die Heimat der Agrumi liegt im fernen Asien, in Östindien und in Südchina; über Kleinasien nahmen sie ihren Weg nach Europa. In lehrreicher und an- ziehender Weise wird man über die Wege welchen Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergang aus Asien nach Europa folgten, durch das klassische Werk von Victor Hehn belehrt. Seit dem Tode des Ver- fassers sorgen Otto Schrader in historisch-linguistischer, Adolf Engler und Ferdinand Pax in botanischer Be- ziehung dafür, daß die neuen Auflagen auf der Höhe der fortschreitenden wissenschaftlichen Forschung ver- 64 bleiben, ohne daß der künstlerische Wert der ursprüng- lichen Leistung darunter leide. In Hinsicht der Agrumi wird man aus dem Hehnschen Werk erfahren, daß bei den Griechen das Holz verschiedener wohlriechender Koniferen, Kedros hieß. Daraus ging, durch volks- tümliche Entstellung, das Wort „Citrus“ bei den Römern hervor. Unter den duftenden Nadelhölzern nahm, allem Anschein nach, das Holz der nordafrika- nischen, zu den Kupressoiden gehörenden Callitris quadrivalvis die erste Stelle ein. Diese Konifere ist in dem Hanburyschen Garten in schöner Entwicklung zu sehen. Ihr Stamm liefert das Sandarac, ein balsa- misches Harz, das in erstarrten, weißen Tränen die Rinde des Stammes deckt und aus ihren Wunden heraustropft, wenn sie verletzt wird. Gremaserte Platten dieses Holzes, wie man sie hauptsächlich den langsam fortwachsenden Wurzelstümpfen dieses Baumes ab- gewann, standen bei den Römern in hohem Wert. Sie bildeten den Gegenstand der Prachtliebe römischer Großen und erzielten enorme Preise. Es gab solche Holzplatten, deren Durchmesser einen Meter überstieg. Sie wurden von elfenbeinernen Säulen getragen und hießen Monopodien. Wohlriechendes Nadelholz fand aber besonders häufig bei der Herstellung von Kisten, in welchen man wollene Kleider zum Schutz gegen Motten aufbewahrte, Verwendung. Als hierauf die Zitronen den Römern bekannt wurden und in den Ruf kamen, in ähnlich wirksamer Weise Motten abzu- wehren, wandte man den Namen Citrus auf sie an. Von den (Gewächsen, welche solche „mala citria“ tragen, gelangte die erste Kunde nach Griechenland zur Zeit Alexanders des Großen. Seine Kriegszüge 65 waren es, welche den Orient und die Tropen der griechischen Kultur erschlossen. Sie brachten den klassischen Ländern eine solche Fülle neuer Natur- anschauungen, wie dies in gleichem Maße nur bei der Entdeckung des tropischen Amerika wieder geschah. In Medien bekamen die Griechen zum erstenmal den dunklen Baum mit immergrünem Laub zu sehen, der die goldig schimmernden Äpfel trägt. Die Gelehrten des Greeneralstabes Alexanders des Großen entwarfen von dem Baume eine getreue Beschreibung, die uns Iheophrast in seiner klassischen Pflanzengeographie überliefert hat. Das verhinderte nicht, daß die Mythen- bildung sich bald jener wunderbaren Früchte bemäch- tigte. Sie zeitigte manche Auswüchse der Phantasie, die uns der Sammeleifer des Plinius erhalten hat. Die Blätter und Früchte des Zitronenbaumes sollten nicht nur gegen Motten schützen, sondern auch als Gegen- gift äußerst wirksam sein. Ja, Athenaeos, ein Ge- lehrter aus Naukratis in Ägypten, der um das Jahr 228 n. Chr. starb, berichtet sogar, es sei der Aberglaube aufgekommen, daß, wer von den Früchten des Zitronen- baumes gekostet habe, den Biß giftiger Schlangen nicht zu fürchten brauche. Dieses und ähnliches läßt sich jenem merkwürdigen, an Zitaten überreichen Werke entnehmen, das Athenaeos „Gelehrtenmahl“ genannt hat, und in welchem er uns bei einem fingierten Grast- mahle fast endlose Berichte über alte Sitten und Ge- bräuche, über Kunst und Wissenschaft aus damaliger Zeit bringt. Ein reicher römischer Schlemmer und Schöngeist hat zu jenem Mahle zahlreiche Künstler, Dichter und Gelehrte geladen, und die gebotenen Genüsse regen die Tischgesellschaft zu den mannig- E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. ) 66 faltigsten Gresprächen an. Beim Anblick der Zitronen beruft sich ein gewisser Demokritos auf seinen Freund, den Statthalter von Ägypten, um zu berichten, daß zwei Verbrecher, die zum Tode durch den Biß giftiger Schlangen verurteilt waren, diesem nicht erlagen, weil sie zuvor eine Zitrone gegessen hatten. Der Versuch sei absichtlich mit denselben Verbrechern wiederholt worden, wobei nur einer von ihnen von der Zitrone erhielt. Dieser nur widerstand dann dem Biß der giftigen Tiere, während der andere starb. Als bestes Schutzmittel empfiehlt der Erzähler eine in Honig zerkochte Zitrone. Habe man dieses Gegengift am Morgen eingenommen, so sei man den Tag über vor Vergiftung sicher. Dem Aberglauben, der solche Vorstellungen nährt, liegt stets ein Fünkchen Wahrheit zugrunde. Tatsächlich ist die Zitrone durch sehr stark fäulniswidrige Eigen- schaften ausgezeichnet, Eigenschaften, die sie auch heute noch als Antiseptikum schätzbar machen. Schon im Altertum hatte man richtig erkannt, daß der Saft der Zitrone den Atem verbessere; doch war es nicht der Saft der Frucht, die wir heute fälschlich als Zitrone bezeichnen, sondern der dickschaligen, die durch eine warzige Oberfläche ausgezeichnet ist und kaum sauer schmeckt. Eine großfrüchti ge Abart dieser echte Zitrone ist es, die als Zedrate oder "Zitronat-Zitrond‘, ekannt ist und erst im _eingemachten Zustande uns mundet. Ihre Früchte bestehen fast nur aus Schale, und diese ist es, die in Zucker eingekocht, die Zitronate liefert. Eine rundliche, durch besonders höckerige Schale und feinen Wohlgeruch ausgezeichnete Zitrone wird als Adamsapfel oder Paradiesapfel unterschieden. Sie galt als die Frucht vom Baume der Erkenntnis und findet / . ehr Harn ar An U | ( T 5 2 !2.22 Arbutus unedo. als solche beim Laubhüttenfest der Juden heute noch Verwendung. Die gesuchtesten Früchte zu diesem Feste werden aus Korsika, Korfu, Marokko und Palästina eingeführt und können bei vorgeschriebener Form sehr hohen Geldwert erreichen. — Der Zitronen- baum wurde zu Anfang unserer Zeitrechnung in Ton- kübeln aus dem fernen Osten nach Rom eingeführt. Er kam dort sehr in Aufnahme und schmückte, in Kübeln belassen, die Gärten und Säulenhallen der Villen. Da er sehr empfindlich gegen Kälte ist, ver- mag er in freier Erde nur an sehr geschützten Orten zu gedeihen. Vor allen anderen Agrumi zeichnet er sich dadurch aus, daß er das ganze Jahr Blüten und Früchte trägt. Der Baum, dem wir die Frucht verdanken, die bei uns Zitrone heißt, die wir aber richtiger mit den 5* 68 Italienern Limone nennen sollten, kam durch Ver- mittelung der Araber erst im zehnten Jahrhundert nach hunderts die Kreuzfahrer aus Syrien und Palästina brachten. Das Wort Limone wird von dem arabischen Limun abgeleitet; die Araber entlehnten es den Persern, diese den Indern, entsprechend dem Wege, den diese Frucht auf ihrer Wanderung folgte. Mit den Limonen- bäumen zugleich gelangten die Pompelmusen und die bitterfrüchtigen Pomeranzenbäume an die Riviera; Ligurien blieb überhaupt lange Zeit das Land, in welchem die Kultur der Agrumi besonders betrieben wurde. Einen bedeutenderen Aufschwung gewann dieser Anbau freilich auch in Ligurien erst im vier- zehnten Jahrhundert, als die Ansprüche an die Grenüsse des Lebens zu steigen begannen. Sie verbreiteten sich in Italien gleichzeitig mit der Limonade, deren Zu- bereitung man von den Orientalen gelernt hatte. Unter dem Kardinal Mazarin war es, daß auch in Paris die ersten „Limonadiers“ auftraten, um bald eine ähnliche Rolle wie heute die „Cafetiers“ zu spielen. Die Limone, durch die nämlichen fäulniswidrigen Eigenschaften wie die Zitrone ausgezeichnet, lieferte in der Tat nicht nur ein erfrischendes, sondern auch ein antiseptisches Ge- tränk. In den Kräuterbüchern des Tabernaemontanus, „Der Arzney Doctoris und Chur-Fürstlicher Pfaltz Medici“, welche der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts entstammen, heißt es, daß der Zitronen- saft „Nicht allein wider die innerliche Fäulung und das Gifft sehr gut und kräftig“ sei, sondern auch „gegen 69 alle Traurigkeit und Schwermütigkeit des Hertzens und die Melancholey“. Die Rinde widerstehe dem Gift: „Dann zur Zeit der Pest soll man sie in den Mund halten, auch einen Rauch damit machen“. — Der Zitronensaft gilt auch heute noch als wirksames Mittel gegen den Skorbut, die bekannte Mund- oder Zahn- fleischfäule, der die Seefahrer besonders ausgesetzt sind. Ich bemühte mich festzustellen, woher der jetzt noch an einzelnen Orten fortbestehende, früher fast all- gemein verbreitete Brauch stammt, den Leidtragenden bei Begräbnissen eine Zitrone in die Hand zu geben. Ich kam zu dem Ergebnis, daß er seinen Ursprung den fäulniswidrigen Eigenschaften und dem starken Ge- ruch der Zitrone verdanke, dann aber eine symbo- lische Bedeutung gewann. Die Symbolik hat sich in mannigfaltiger Weise der Zitrone bemächtigt. So heißt es in J. B. Friedrichs Werke: „Die Symbolik der Mythologie der Natur“: „Das Aromatische, Erquickende und Belebende der Zitrone hat sie zum Symbol des Lebens und des Schutzes gegen das Lebensfeindliche gemacht. Daher schützt nach altem Glauben die Zitrone gegen Bezauberung, daher trägt das indische Weib, welches sich nach dem Tode seines Gatten verbrennen läßt, auf seinem Gange zum Scheiterhaufen eine Zitrone in der Hand, als Sinnbild ihres zukünftigen Zusammen- lebens mit dem Gatten; daher die noch übliche Sitte, daß bei einem Leichenbegängnisse die Leidtragenden, die das neue Leben des Abgeschiedenen symbolisierende Zitrone in der Hand tragen; daher endlich die Sitte des zum ersten Male zur Kommunion gehenden Kindes, eine Zitrone zu tragen, weil es durch die Kommunion ein neues Leben durch seinen erneuten Bund mit Gott eingeht.“ Der Pompelmusbaum fällt im La Mortola-Garten schon aus der Ferne auf durch die Größe seiner Früchte. Wie hellgelbe Kugeln hängen sie am Baume und können unter Umständen bis sechs Kilo Gewicht er- reichen. Sie schmecken ziemlich fade, werden aber genießbarer, wenn man sie mit Zucker und Wein versetzt. Durch besonders aromatische Blätter und Blüten zeichnet sich der bittere Pomeranzenbaum, Bigaradier, Arancio forte aus. Seine Früchte glänzen in kräftig goldiger Färbung. Sie werden frisch nicht gegessen, wohl aber gelten ihre in Zucker eingemachten Schalen als besonders schmackhaft. Auch finden die Blätter, Blüten und unreifen Früchte zur Gewinnung ätherischer Öle Verwendung, außerdem spielen letztere eine wich- tige Rolle bei der Liqueurfabrikation. Da der Stamm der bitterfrüchtigen Pomeranze sich als besonders wider- standsfähig erweist, verwendet man ihn vornehmlich als Unterlage, auf welcher andere Citrus-Arten ge- pfropft werden. Der süßfrüchtige Pomeranzenbaum gelangte wesent- lich später als seine Anverwandten nach Europa. Es hieß allgemein, ihn hätten die Portugiesen erst gegen Mitte des sechzehnten Jahrhunderts aus dem südlichen China mitgebracht; es steht aber heute fest, daß er schon wesentlich früher die Gärten Spaniens und Italiens schmückte und bereits im Laufe des vierzehnten Jahrhunderts nach Europa gelangt sein muß. Anderer- seits geht aus der jetzt noch in Italien üblichen An- preisung der Orange als „Portogallo“ hervor, welche Verdienste sich die Portugiesen um die Verbreitung der besseren Sorten der süßen Pomeranze erworben haben. 71 Die chinesische Heimat der süßen Pomeranze kommt in dem deutschen Namen „Apfelsine“, ursprünglich „Sina- apfel“ oder „chinesischer Apfel“, zur Geltung. Dieser deutsche Name wurde von den Russen, den (Grenz- nachbarn der Chinesen, adoptiert; bezeichnend genug, meint Viktor Hehn, für die Umwälzung im Weltverkehr, der sich seit Vasco de Gama nicht mehr quer durch das Gebiet von Asien, von Ost nach West, vielmehr auf dem Ozean in umgekehrter Richtung vollzog. Der Name „Orange“ stammt aus dem Sanskrit und ist auf Nagarunga oder Nagrunga zurückzuführen. Die Araber hatten daraus Narang gebildet, die Italiener Naranzi, Aranci, die Spanier Naranja, die Portugiesen Laranja, die Franzosen schließlich Orange. Die mittel- alterliche Bezeichnung „poma aurantia“, Grooldäpfel, ist somit nur dem Klange nach dem Worte „Orange“ ähnlich. Aus „poma aurantia“ ging dann aber das deutsche „Pomeranze“ und das polnische „Pomarancza“ hervor. Daß mit den goldenen Äpfeln der Hesperiden, die Herakles der Sage nach aus dem fernen Westen holte, nicht Orangen gemeint sein konnten, geht aus der Geschichte dieser letzteren genugsam hervor. Die goldenen Äpfel der Hesperiden waren vielmehr idea- lisierte Quitten. Der Aphrodite geweiht, dienten diese duftenden Früchte von alters her in Hellas als Preise bei Liebesspielen und prangten unter den bräutlichen Graben. Wie schön ein Apfelsinenbaum bei kräftigster Aus- gestaltung, wenn ihn tausende von goldenen Früchten schmücken, werden kann, das läßt sich freilich kaum an der Riviera, ja nicht einmal in Sorrent ermessen. 72 Völlig ausgewachsene, üppig entfaltete Orangenbäume, von der Größe unserer Apfelbäume, sah ich erst am Fuße des Ätna. Theobald Fischer gab 1877 in seinen „Beiträgen zur physischen Greographie der Mittelmeer- länder“ an, daß ein ausgewachsener, gut gehaltener Apfelsinenbaum in Sizilien sechs- bis siebenhundert, ein Limonenbaum sogar tausend bis elfhundert Früchte liefere. Im Durchschnitt konnte man damals auf den Hektar Agrumen bei Palermo 3000 Lire Rohgewinn rechnen, und was das sagen wollte, geht daraus hervor, daß die einträglichsten Gärten bei Paris es gleichzeitig nur auf 2500—2700 Francs auf einer gleich großen Bodenfläche brachten. Doch haben sich, nach Theobald Fischer, die Verhältnisse seitdem zu ungunsten Siziliens verschoben. Der gesteigerte Anbau der Apfelsinen über- all dort, wo es das Klima zuläßt, namentlich aber in den Vereinigten Staaten, hat die Preise zu sehr gedrückt. Es gibt eine Unzahl von Apfelsinensorten, von denen zu uns aber nur einige wenige gelangen, darunter die jetzt immer beliebter werdende blutfarbige, die „Orange von Jericho“. Auch die als besondere Art der Gattung Citrus geltenden Mandarinen (Citrus nobilis) werden jetzt in großen Mengen aus Italien exportiert. Der Manda- rinenstrauch gedeiht an der Riviera sogar besser als der Apfelsinenbaum. Er ist in allen Teilen kleiner, und an seinem buschig-runden Wuchs unschwer zu erkennen. In China und Cochinchina steht er seit un- denklichen Zeiten schon in Pflege; in Europa hingegen tauchte er erst im Jahre 1828 auf. In dem Garten von La Mortola ist auch die Citrus bergamia zu finden, aus deren Fruchtschalen man das I [03] äußerst wohlriechende Bergamottenöl gewinnt; des- gleichen die Citrus myrtifolia, deren sehr kleine Früchte, in Zucker eingesotten, die beliebten „Chinois“ liefern. Es fehlt auch nicht die süße Limone oder Limette, welche nur eine Abart der sauren Limone ist und wie die süße Orange verzehrt wird. Eigenartig sieht die Citrus trifoliata aus, ein aus Japan stammender Strauch, der dreiteilige Bläter trägt und mit großen scharfen Dornen bewaffnet ist. An dem Bau seiner Blüten ünd Früchte kann man ihn als Citrus- Art er wirklich nicht diesen erkennen, sonst macht Eindruck; auch duf- weißen Blüten nur ten seine großen, verhältnismäßig schwach. Die Bewaffnung dieses starren Strauches istso kräftig, daß er sogar Verwendungin Schutz- hecken findet. Überdie wirkliche Heimat der Citrus- Arten wurden wir erst durch jene Forscher auf- geklärt, denen es gelang, diese Pflanzen im wilden Zustande aufzufinden. Nach der kritischen Zusammen- Arum arisarum. 74 stellung der Befunde, die wir A. Engler verdanken, begegnete man Zitronen am Fuße des Himalaya und in anderen dem Himalaya benachbarten Gebieten Ost- indiens. Dort auch wachsen wild die herbschmeckenden Pomeranzen, die Apfelsinen hingegen in Cochinchina und dem südlichen China. Mit letzteren dürften die Mandarinen die Heimat teilen, während über den Ur- sprung der Pompelmus die Berichte schwanken. Zitronen, Limonen, Zedraten, Limetten werden als Unterarten von Citrus medica, bittere und süße Orangen, Pompelmusen als Unterarten von Citrus aurantium auf- gefaßt. Die Zahl solcher Unterarten ist überaus groß, wie man das im La Mortola-Garten schon feststellen kann; es gehören zu ihnen zudem zahlreiche Varietäten und Formen, die man für Bastarde zu halten neigt. Es fällt im La Mortola-Garten eine monströse Zedrate auf, die der Katalog als „Citrus medica var. cedra Buddhafingers“ bezeichnet. Die Mißbildung kommt dadurch zustande, daß die Fruchtfächer statt ganz vereint zu bleiben, an ihren Enden frei hervor- wachsen. Die reife Frucht weist daher freie Fortsätze auf und erinnert entfernt an eine Hand mit vorgestreckten Fingern. Das führte in Indien zum Vergleich mit „Buddhas Hand“ und weckte abergläubische Vor- stellungen. Ähnliche Mißbildungen kommen auch bei den Zitronen und Limonen vor und werden durch Pfropfung festgehalten. Weitaus die merkwürdigste Erscheinung in der Reihe der Agrumi ist die Bizzarria, welche zugleich Orangen und Zedraten, auch wohl Zitronen oder Limonen trägt. Sie weist auch Mischfrüchte auf, deren Fächer verschiedenen Fruchtarten angehören. Man hielt lange 75 solche Bizzarrien und andere wenige Pflanzen, die sich ähnlich wie sie verhalten, für eine besondere Kategorie von Bastarden. Sie sollten Bastarde vorstellen, an ‚deren Körper stellenweise die Trennung der elterlichen Merkmale sich vollzieht, so daß sie rein in die Er- scheinung treten. Eine Bizzarria, die Orangen und Zedraten trägt, bzw. aus Orange und Zedrate kom- binierte Früchte, wurde somit als ein Kreuzungsprodukt zwischen Orange und Zedrate angesehen, das nach Um- ständen in die beiden spaltet. Jetzt ist man eines besseren belehrt. Man weiß (Anm. ı0), daß in solchen eigen- artigen (rewächsen „Chimären“ vorliegen, innigste Ver- wachsungen zwischen den sie bildenden Arten. Solche Kombinationen können unter Umständen an Orten sich einstellen, wo eine Pfropfung ausgeführt wurde. Voraussetzung ist, daß die beiden an der Pfropfungs- stelle vereinigten Arten zur Anlage eines gemeinsamen Vegetationspunktes und zu gemeinsamer Weiterent- wicklung befähigt seien. Die zufällige Entstehung einer Chimäre dürfte im allgemeinen ihre Ursache in einer Gewebewucherung an der Pfropfungsstelle und der Entstehung von Knospen an dieser Stelle gehabt haben. Heute weiß man solche Knospenbildung experi- mentell zu veranlassen. Von einer der ersten Bizzarrien steht fest, daß sie um das Jahr 1644, im Garten Panciatichi, Torre delli Agli, in Florenz, auftrat. Der Gärtner ver- sicherte, wie uns Pietro Nati, ein Arzt aus jener Zeit, berichtet, sie sei aus einem ÖOrangensämling hervor- gegangen, der als Unterlage zu einer Pfropfung be- nutzt wurde. Das Pfropfreis sei abgestorben, worauf die Unterlage Wildlinge trieb, die später Orangen und Zedraten und Vereinigung beider trugen. Im 76 Jahre ı712 wurde von Chevalier, in der Histoire de l’Academie Royale des Sciences, ein Orangenbaum im Garten de Saint Martin de Pontoise beschrieben, der Orangen, Zitronen und Limetten und aus ihnen kom- binierte Früchte aufzuweisen hatte, und der Herzog von Orleans, Regent von Frankreich während der Minderjährigkeit von Ludwig X V., soll in seinem Pariser Garten Bizzarrien besessen haben, die bis fünf Arten von Agrumi in sich vereinten. Leider verlor sich später der Geschmack an diesen hochinteressanten (Grewächsen, so daß sie allmählich verschwanden. Nur dem Boboli- Garten in Florenz ist es zu danken, daß eine Anzahl Topfexemplare bis auf die Jetztzeit gerettet wurden. Es ist das die Kombination Orange-Zedrate, von der auch der La Mortola-Garten ein junges Exemplar in Kultur hat. Bei solchen Bizzarrien, sowie den meisten anderen Chimären wird das Gewebe der einen Pflanze von dem der anderen umhüllt. Das macht sich unter Um- ständen schon dem bloßen Auge durch Schrumpfungen kenntlich, welche manche Teile der Pflanze, im be- sonderen die Blätter, zeigen. Das Wachstum der un- gleichartigen Gewebe ist dann eben nicht völlig über- einstimmend gewesen. Beteiligt sich nur das Gewebe einer Ursprungspflanze an der Bildung der Blüten und Früchte, so zeigen diese ganz rein die Merkmale dieser Pflanze. Wirken Gewebe verschiedener Her- kunft zusammen, so führt das zur Entstehung solcher Blüten und Früchte, in welchen die Merkmale der Ur- sprungspflanzen sich mehr oder weniger durchdringen oder nur aneinanderreihen. Ganz etwas anderes als bei den Bizzarrien liegt vor, wenn ein Grewächs ungleiche Blüten oder Früchte 77 nur aus dem Grunde trägt, weil auf derselben Unter- lage verschiedenartige Reiser veredelt werden. Wenn man somit in einem Garten der Riviera Orangen und Zitronen auf demselben Baume vereinigt sieht, so ist hieraus noch nicht auf eine Bizzarria zu schließen. In einem solchen Falle beeinflussen sich die beiden Arten auch nicht im geringsten in ihrer gegenseitigen Aus- bildung. — Eine Verwachsung zwischen verschiedenen Pflanzen ist nur innerhalb enger Verwandtschafts- grenzen möglich. Anders lautende Berichte tauchen zwar immer wieder auf, sind aber unzutreffend. Im Altertum wurden sie durch Virgils „Georgica“ be- sonders verbreitet. Denn Virgil gibt an, daß man Nüsse auf den Erdbeerbaum, Äpfel auf Platanen, Birnen auf die Esche pfropfen könne, Plinius wiederholt alle diese Angaben, will außerdem zu Tibur (Anm. ıı) einen Baum gesehen haben, der beladen war mit jeder Art Früchte. Der eine Ast trug Nüsse, der andere Oliven, ein noch anderer Weintrauben, Feigen, Gra- naten und verschiedene Äpfelsorten. Damit hätte man mit einem Male alle Bedürfnisse der Tafel befriedigen können. Schade, daß das unmöglich ist! Plirius fügt hinzu, daß dem Baum zu Tibur nur ein kurzes Leben beschieden war. Nach Plinius sollten durch derartige Vereinigungen auch Mittelbildungen von Früchten: Nußpflaumen, Apfelpflaumen, Mandelpflaumen und Lor- beerkirschen entstehen können! Dagegen sprach sich, auf eigene Beobachtungen gestützt, schon um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts Albertus Magnus in seinem Werke „De Vegetabilibus“ aus. Er erklärte außerdem, daß Reis und Unterlage sich getrennt in ihren Eigen- schaften halten, nach eigener Art wachsen und er- 78 nähren. Ein erfreulicher Fortschritt auf dem Gebiete der Obstbaumzucht ging in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts von dem Kurfürsten August von Sachsen aus, dem die Pflege des Obstbaumes so am Herzen lag, daß er im Jahre 1564 ein „Künstlich Obstgarten- Büchlein“ verfaßte. Er stützt sich auf eigene Versuche, und soweit als diese reichen, sind auch seine Angaben zutreffend. Freilich macht sich auch bei ihm oft plötzlich die Macht der Überlieferung geltend, und er führt dann auf gut Glauben aus, wie man Mandelbäume auf Weiden, Kastanien und Buchen pfropfen könne, daß Apfelbäume auf Ahorn gedeihen und dann rote Früchte tragen. Erst Le Gendre, einer der Hauptbegründer der Spalierbaumzucht, stellte sich ganz auf den Boden der eigenen Erfahrung und wußte in seinem 1652 erschie- nenen Werke „La Mani£re de cultiver les Arbres fruitiers“ von so wunderbaren Dingen nichts mehr zu berichten. Der Granatapfelbaum (Punica granatum), den wir gern bei uns in Kübel ziehen, um uns seiner schönen, scharlachroten Blüten zu freuen, fällt im Frühjahr an der Riviera kaum auf, weil er dann ohne Schmuck ist. Gelegentlich trifft man ihn hier auch verwildert, als dornigen Busch, auf steinigem Boden an. In den (särten wächst er sich zu einem knorrigen, kleinen Baume aus, mit glänzendem, goldig grünem Laub. Die über apfelgroßen Früchte sind jetzt in den Läden aller großen Städte zu sehen, ungeachtet das rote, säuerlich süße Fruchtfleisch, in welches die über- zahlreichen Samen eingebettet sind, die Nordländer nicht gerade verlockt. Diese Samenfülle hat im Alter- tum den Granatapfel zum Symbol der Fruchtbarkeit gemacht. Der Sage nach war es dieser „Apfel“, den 2 der troische Paris der Aphrodite, als € ih Preis der Schön- [3 ‘_ heit zuerkannte. Mit unserem Apfel teilt die Frucht des Granatapfelbaumes nur den Namen, denn die Gattung we” den Rosifloren im Pflanzen- > Punica steht entfernt von system, als einzige Vertreterin einer Familie, die nach ihr den Namen führt. Punica granatum ist im wilden Zustande von der Balkanhalbinsel bis zum Himalaya verbreitet, sie steht seit uralter Zeit schon in Kultur. Die Wigandien und Riesennatter- N „i2 köpfe begrüßen wir vorübergehend schon NS als alte Bekannte, vor dem edlen ar F Lorbeerbaum* (SER 2159) 4 E bleiben wir aber mit einer grewissen Ehrfurchtstehen. Istesdoch der Baum, dessen NY 7 Zweige von alters her den „> %, N Sieger schmückten, dessen Bild zudem mit den Erinnerungen an italienischen Boden ebenso eng wie die Agrumi verbunden erscheint. Asparagus Der Lorbeerbaum war in Südeuropa t . R B S. = e = .. acuttfolius sicher heimisch, denn paläontolo- gische Befunde stellen seine prähistorische Existenz nicht nur in Italien, sondern auch in 80 Südfrankreich fest. Er wurde dem Apoll geweiht und in dem Maße, wie die apollinischen Heiligtümer sich mehrten, nahm auch die Zahl der aromatisch duftenden. immergrünen Lorbeerhaine in Griechenland und Italien zu. Dem Lorbeerbaum gesellte sich vielfach als Kultusgewächs die der Aphrodite geweihte Myrte. Schattige Gänge von Lorbeer und Platanen, be- sonders auf dem Marsfelde, luden im alten Rom das Volk zum Lustwandeln ein. Allgemein war im Alter- tum der Aberglaube verbreitet, daß der Lorbeer gegen Dämonen, gegen Zauber und Ansteckung schütze. So suchte, wie berichtet wird, der furchtsame Commodus im Lorbeerhaine Rettung, wenn die Pest im Anzug war. Kronen von Lorbeer legte man Wahnsinnigen um Schläfe und Hals, um sie zu heilen. Lorbeerfrüchte oder -Blätter genossen die Priester des Apollo, wenn sie weissagen sollten; Lorbeer trugen Propheten, wenn sie eine Stadt betraten. Der Lorbeer sühnte das ver- gossene Blut. Daher die römischen Legionen sich ihre Feldzeichen und Waffen mit Lorbeer reinigten, gleich nach dem Siege. Das hatte den Lorbeer folgerichtig auch zur Trophäe des Sieges und zum Zeichen erfolg- reich vollbrachter Waffentat gemacht. Die reinigende Kraft des Lorbeers veranlaßte seine Verwendung zu Aspergillen. Der Strenggläubige besprengte sich, wenn er den Tempel betrat oder ihn verließ, mit dem Lor- beerzweige, den er in das Weihwasser tauchte, und gern auch nahm er beim Herausgehen ein Lorbeer- blatt vom Sprengwedel in den Mund. Die römisch- katholische Kirche hielt sich nicht an den Lorbeer, über- nahm vielmehr den Ysop (Origanum smyrneum) als Sprengwedel von den Juden. 51 Der Lorbeer brennt, nach Plinius, nur unwillig und zeigt das durch sein Knistern an. Der feuer- abwehrenden Kraft des Lorbeers wurde es zugeschrieben. daß bei dem großen Brande von Rom unter den Konsuln Spurius Postumius und Piso, als die Reggia in Flammen stand, das Sacrarium unversehrt blieb, da ein Lorbeer vor ihm stand. Andererseits war es gerade das Lorbeerholz, das im Altertum zur Erzeu- gung des Feuers diente; doch fing es nicht selbst Feuer, es bildete vielmehr, wie uns Theophrast und Plinius berichten, das Reibholz, während die Unterlage, die durch Reibung entzündet wurde, meist aus Weg- dorn (Rhamnus) oder aus Epheuholz bestand. Ein reines Feuer zu den Sacra durfte nur durch Reibung zweier glückbringender Hölzer gewonnen werden, oder den Sonnenstrahlen, die man mit Hilfe von Brenngläsern oder metallischen Hohlspiegeln sammelte, entstammen. Der Lorbeer sollte auch den Blitz ab- wehren, daher der abergläubische Tiberius, wie Sue- tonius berichtet, sich mit Lorbeer bekränzte, wenn ein Gewitter heranzog. Gewisse Wahrnehmungen mögen die Vorstellung erweckt haben, daß dem Lor- beer bei Gewittern besondere Kräfte innewohnen. Denn es werden nicht alle Bäume gleich häufig vom Blitz getroffen. Ernst Stahl kam durch eingehendes\ Forschen nach Blitzspuren zu dem Ergebnis, daß solche Bäume am wenigsten gefährdet sind, die rasch bei Gewitterregen benetzt werden. Das gilt bei uns für die Rotbuche, die Roßkastanie, die Weißbuche, die Erle. Das sind somit die Bäume, unter denen man während eines Gewitters Schutz suchen darf. Am häufigsten schlägt der Blitz in Eichen ein, auch in E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 6 82 Pappeln, Birnbäume, Nadelhölzer, Bäume, deren Rinde erst nach anhaltendem Regen naß wird, die es somit zu meiden gilt zur Zeit starker elektrischer Ent- ladungen. Daß der Blitz am häufigsten die Eichen trifft, mußte von jeher auffallen, daher auch die Eiche dem Donnergott geheiligt war. Die alte Annahme, daß der Lorbeer vom Blitz verschont bleibt, scheint auch nicht der Begründung zu entbehren. Im La Mortola-Garten selbst ist der edle Lorbeer angepflanzt, völlig verwildert steht er am Abhang, der neben dem Garten abwärts zum Meere führt. So gedeiht er hier also auch ohne jede Pflege. Wo die Bedingungen für seine Entwicklung besonders günstig sind, da ver- mag er am Mittelmeer wie auf den Kanarischen Inseln dichte Wälder zu bilden, deren Blätterdach keinen Sonnenstrahl durchläßt. Zu den Lorbeer-Arten gehört auch der Kampfer- baum (Cinnamomum camphora), der im westlichen China und in Japan zuhause ist. Man sieht ihn schön entwickelt an den oberitalienischen Seen; in La Mortola. gedeiht er nur mäßig. Seine immergrünen Blätter sind weit dünner als die des Lorbeers, und da sie außerdem ziemlich lange Stiele besitzen, macht die ganze Laubkrone einen weniger starren Eindruck. Dazu kommt die weit hellere Färbung der Blätter, die auf ihrer Oberseite glänzen, auf ihrer Unterseite blaß meergrün sind. Zerreibt man ein Blatt, so’ verbreitet es einen merklichen Kampfergeruch. Der Kampfer wird im Großen aber nicht aus den Blättern, sondern aus dem Holzkörper des Baumes, durch Sublimation, gewonnen. Dem Kampferbaum ist der Kaneelbaum oder echte /imtbaum (Cinnamomum zeylanicum), dessen glänzend 83 grüne Blätter beim Zerreiben nelkenartig duften, nah verwandt. Den Zimt des Handels liefert die Rinde junger Schößlinge dieses Baumes. Sie werden nach starken Regengüssen geschnitten und geschält. Man läßt die Rinde erst im Schatten, dann in der Sonne trocknen, wobei die flach aufeinandergelegten Stücke sich einrollen und jene Röhrchen bilden, die dem Zimt auch den Namen Kaneel, von canella, Röhrchen, ver- schafften. Man wird sich in La Mortola auch: mit einer anderen L.aurinee, der Persea gratissima, bekannt machen können, einem Baume, der in den Gärten der Tropen häufig ist und die Aguacate- oder Avogato- birnen liefert, die von den Engländern Alligatorpear genannt werden. Seine Krone breitet sich domartig aus, seine Blätter gleichen denen des Lorbeers. Die unregelmäßig birnförmigen, meist grünen, aber auch braunen oder dunkelbraunen Früchte, sind Steinfrüchte, mit einem Kern im Innern. Ihr Fleisch zerfließt wie Butter auf der Zunge und erinnert im Duft an Moschus- melonen. Die Mexikaner genießen Aguacaten be- sonders als Salat und suchen sich in dessen schmack- hafter Zubereitung zu überbieten. In anderen Ländern versetzt man diese Früchte mit Zitronensaft und Zucker und vermengt sie auch mit Fleischspeisen. Alle Tiere stellen den Aguacaten nach und betrachten sie als Leckerbissen. Persea gratissima stammt aus dem tropischen Amerika. Der Name, den sie trägt, und den der Botaniker Gärtner ihr erteilte, hat somit nichts mit jener Persea zu schaffen, die in so überaus hohem Ansehen bei den alten Ägyptern stand. Nach der Ansicht von Schweinfurt war die in Ägypten verehrte 6* 54 und auch von Theophrast geschilderte „Persea“ Mimu- sops Schimperi, ein zu der Familie der Sapotaceen gehörender stattlicher Baum, der langgestielte, leder- artige Blätter trägt, von länglicher, zugespitzter Ge- stalt. Diese Blätter wurden zusammengefaltet und in Totenkränze und Blumengewinde verflochten. So zieren sie heute noch, oft mit Blumenblättern der blauen Lotos, Nymphaea coerulea, vereint, die Mumien, denen sie anderthalbtausend Jahre vor unserer Zeitrechnung auf ihren Totenweg mitgegeben wurden. Sie symbolisierten den „Kranz der Rechtfertigung“, den die wandernde Seele am Eingang zum Totenreich erhielt. Heute ist der Persea-Baum aus Ägypten verschwunden, er be- wohnt Abessinien und die angrenzenden Ländergebiete. Auch von dem Ansehen einiger anderen tropischen und subtropischen Fruchtbäume wird man im La Mortola-Garten sich eine Vorstellung bilden können, so von den Psidium-Arten, welche Guajaven tragen. Die Gattung Psidium gehört zu den Myrtifloren und wird in allen Tropenländern angebaut. Die Guajaven vertreten dort in gewissem Sinne unsere Stachelbeer- sträucher; sie sind sehr fruchtbar und lassen sich leicht vermehren. Sie können zu kleinen Bäumen emporwachsen, haben immergrüne Blätter und zeitigen äpfelfarbige Früchte, die in ihrer Größe zwischen der Haselnuß und dem Hühnerei schwanken. Ihr Geruch ist nicht jedem angenehm, ihr Geschmack süßsäuerlich. Sehr geschätzt werden die Guajaven-Gelees in den Tropen, und man beginnt, sie auch nach Europa ein- zuführen. Mirabellenähnliche, gelbe Früchte reifen in La Mortola im Herbst an der Doryalis (Aberia) caffra, 85 4 Es .1. . aus der Familie der Flacourtia- ceen. Esist das ein kleiner Baum mit eiförmigen, alter- } f G N | 1 ihren Achseln lange, I; spitze Dornen tragen, F eS: : Ze y J - — NS grau, wie die Farbe der } Rinde. Seine unscheinbaren Blüten nierenden Blättern, die in sind getrenntgeschlechtlich und auf verschiedene Individuen verteilt. Die ‘MM Pflanze ist somit „diözisch“ und kann 7 nur an ihren weib- lichen Vertretern die gelben Beeren erzeu- gen, die sich in Natal 7 als Kei-appleeiner großen Beliebtheit erfreuen. An- BI dere Arten derselben Gattung liefern „Zuure- besjes“ oder „Kafferpflaumen“, die ein gutes Kompott geben - sollen, was übrigens auch bei Doryalis Asphodelus er caffra der Fall ist. a Daß der japanisch-chinesische Baum, der die von i den Japanern als Kaki, von den Eng- ländern \ als Japanese Persimmon bezeichneten Früchte . liefert, Diospyros kaki, in La Mortola gedeiht, ist nicht zu verwundern, da er selbst am Rhein in h geschützter Lage zu überwintern ver- mag. Er j ist ein kleiner Baum mit ovalen Blättern, k gelblichweißen Blüten und annähernd runden, E tomatenähnlichen roten Früchten, die Ss6 oft in bedeutender Zahl erzeugt werden und aus der Ferne den Eindruck machen, als sei der Baum mit großen Blüten bedeckt. Unreife Früchte sind ungenießbar, weil sehr stark zusammenziehend, reif halten sie die Mitte zwischen Pflaumen und Aprikosen. Solche Änderungen im Geschmack reifender Früchte sind eine allgemein ver- breitete Erscheinung. Sie bewirken es, daß die Frucht ein Lockmittel für Tiere erst zu werden beginnt, wenn sie ausgereifte Samen enthält, die den Darm des Tieres dann unversehrt passieren und Verbreitung durch seine Exkremente finden. Erst weich gewordene Kakis pflegen genießbar zu sein; doch erreicht man die ge- wünschte Geschmacksänderung in Japan an festbleiben- den Früchten dadurch, daß man mit ihnen frisch ge- leerte Sake&-, d. bh. Reisweinfässer dicht anfüllt und dann verschließt. In Amerika kommt man neuerdings zu demselben Ziele mit Hilfe von Kohlensäure. In Gefäßen, die mit dieser angefüllt sind, werden die Früchte, ähnlich wie in Sakefässern, schon nach wenigen lagen wohlschmeckend, ohne zu erweichen. Mit verschiedenen anderen Früchten, so den Bananen hat man ähnliche Erfolge erzielt. In den geschlossenen Sakefässern ist es auch die von den Früchten aus- geatmete Kohlensäure, welche die entscheidende Rolle spielt. In einer solchen Kohlensäureatmosphäre fehlt es an dem zur Unterhaltung der Atmung nötigen Sauerstoff. Um nicht zu ersticken, zerlegen die leben- digen Zellen der Frucht sauerstoffhaltige Stoffe ihres Körpers und verwenden den aus ihnen freigemachten Sauerstoff für Atmungszwecke. Das ruft solche chemische Veränderungen in der Frucht hervor, wie sie sonst das Reifen begleiten. In einer von selbst 87 reifenden Kakifrucht stellen sich ähnliche Vorgänge ein, weil die Zellwände verquellen und die luftführen- den Zwischenzellräume verstopfen, durch die der Sauer- stoff der Luft zu den atmenden Zellen zuvor gelangte. — In Japan werden die Kakis auch gedörrt, außerdem ein Mus aus ihnen dargestellt, den die Engländer „Kegfig“ nennen. — Das Holz des Stammes entspricht etwa jenem unserer Walnußbäume, ist dunkel geadert und findet in Japan für Möbel Verwendung. Weit übertroffen wird es freilich von dem schwarzen Kern- holz anderer Diospyros-Arten, Vertreter der tropischen Unterabteilung FEbenum, die das Ebenholz liefern. Dieses war schon im Altertum überaus geschätzt. Nicht nur Theophrast, sondern auch das alte Testament sind seines Lobes voll. Ungewöhnliche Dichte und sehr dunkle Färbung verliehen ihm diesen hohen Wert. Durch seine Schwere ließ es sich von schwarz gebeizten Hölzern von jeher leicht unterscheiden. Auch mit der Kultur der Anona-Arten hat man es in La Mortola versucht, und eine dieser Arten kommt dort auch bereits zur Blüte. Die Gattung Anona ist es, die den Tropen Chirimoyas, Guanabanas und Pischar- pinanas oder Zimtäpfel liefert. Die von Anona cheri- molia produzierten Chirimoyas sind rundlich und können in ihrer Gestalt an Birnen oder Orangen erinnern. Sie weisen eine dicke, warzige, grünliche Schale auf und bergen in ihrem Innern ein weißes Fruchtfleisch, das kleine, braune, dreieckige Samen umschließt. Alexander von Humboldt, der diese Frucht in Peru kennen lernte, wußte sie nicht hoch genug zu preisen; andere fühlen sich weniger von ihr angezogen. Die Liebhaber der Chirimoyas vergleichen deren Fruchtfleisch mit Vanille- 88 eisrahm, und so schmecken auch tatsächlich die Früchte, die in günstigen Jahren in einigen Privatgärten vor Mentone reifen. Die Früchte der Anona muricata, die (ruanabanas, von Engländern Soursops genannt, werden bis über anderthalb Kilo schwer, sind unregelmäßig gestaltet, grünlich und mit weichen Stacheln besetzt. Ihre zahlreichen schweren Samen sind in ein schnee- weißes Fruchtfleisch eingebettet, von säuerlich-süßem Geschmack. Die Zimtäpfel werden von den Ein- geborenen in Indien sehr geschätzt, bei den Europäern finden sie hingegen weniger Anerkennung. Bei den Engländern heißen sie Sweetsops. Sie stehen den Chirimoyas und Soursops an Wohlgeschmack jeden- falls nach. In Gestalt und Größe erinnern sie an Artischoken. Ihre dicke, grünlich-gelbe Schale trägt Auswüchse, die an die Schuppen eines jungen Fichten- zapfens erinnern. Das weiche Fruchtfleisch ist etwas mehlig, süßlich, riecht schwach zimtartig, weit stärker nach Moschus. Anona squamosa wird meist als Strauch gezogen, die beiden anderen Arten wachsen zu Bäumen empor. Sie haben einfache Blätter, die bei Anona squamosa unangenehm riechen. Die Äste der Anona cherimolia hängen herab, ihre grünlich-gelben Blüten verbreiten einen fast betäubenden Duft. Alle in den Tropen beliebten Früchte gedeihen auch dort nicht wild, werden vielmehr kultiviert. Ihren Wohlgeschmack beurteilen die Europäer sehr verschieden, und sie pflegen meist den Früchten ihrer Heimat den Vorzug zu geben. An diesen Geschmack sind sie eben von Kind auf gewöhnt. Über die Mangostana (Garcinia mangostana), eine kugelrunde, fast orangengroße, rote bis dunkelbraune Frucht, die 89 als die köstlichste Frucht der Tropen, die „Königin aller Früchte“ gilt, bekommt man fast nur Lobendes zu hören. Ihr schneeweißes inneres Fleich hält zwischen Ananas und Pfirsich die Mitte. Andere erinnern die Früchte im Geschmack an unsere Weintrauben. Es ist die tropische Familie der Guttiferen, die uns diese Frucht spendet. Die „Rosenäpfel“, welche die in den Tropen kultivierte Myrtaceen-Gattung Jambosa liefert, werden auch von vielen geschätzt, besonders die gelben, kugeligen, kleinen Äpfeln gleichenden Früchte der Jam- bosa vulgaris, die stark nach Rosen duften. Der Durio- baum (Durio zibethinus) aus der Familie der ebenfalls tropischen Bombacaceen liefert die Durione der Inseln des indischen Ozeans, die bei voller Reife eine solche Anziehung auf Zibethkatzen ausüben, daß man sie als Köder benutzen kann, um diese zu fangen. Auch die Eingeborenen lieben diese Frucht leidenschaftlich, während der Europäer sie die „Stinkfrucht“ nennt und meist einen solchen Ekel vor ihr empfindet, daß er sie überhaupt nicht kosten mag. Diese eiförmigen, grau- braunen, mit scharfen Stacheln bespickten Früchte, vereinigen in sich, nach der Ansicht vieler, den Duft des Knoblauchs mit dem von faulen Zwiebeln und verdorbenem Fleisch, können also in der Tat nicht auf alle anziehend wirken, selbst auf solche nicht, die zu Hause manche Käsesorten schätzen, deren Parfüm auch nicht gerade als Wohlgeruch gelten darf. Die Lieblingsfrucht der Chinesen stellen die „Litchi“ dar, die von Nepheliumarten, aus der Familie der Sa- pindaceen, erzeugt werden, und die man als sehr süb und angenehm duftend rühmt. Greschätzt werden in den tropischen Ländern auch die „Sapoten“, die man 90 oft als Breiäpfel bezeichnet. Manche gehen so weit, sie den allerbesten tropischen Früchten anzureihen. Es handelt sich bei diesen Sapoten um Früchte von Achras sapota, einem Baum, der zu den Sapotaceen gehört. Sie besitzen meist die Größe eines Apfels und schließen ein milchiges, honigsüßes Fleisch ein, dessen Aroma sich zwischen dem des Jasmins und des Mai- blümchens hält. Wo Fledermäuse zahlreich sind, läßt man die Sapoten in geschlossenen Säckchen reifen, da sie eine starke Anziehung auf diese Tiere ausüben. — Von allen Früchten der Tropen haben sich in unseren Breiten in Wirklichkeit nur die Bananen und die Ananas siegreich zu behaupten vermocht. Das mag zum Teil dadurch bedingt sein, daß nur die wenigsten dieser Früchte im erwünschten Entwicklungs- zustande sich auf größere Entfernung versenden lassen. Auch die Kulturen in unseren Gewächshäusern, führten nicht, wie bei der Ananas, zu dem erwünschten Ziele. Der zu den Anacardiaceen gehörige Mangga-Baum ÖOstindiens, die Mangifera indica, dem die Tropen die überaus zahlreichen Sorten der wie sehr große Pflaumen aussehenden, sehr süßen, zugleich säuerlich erfrischen- den, doch etwas nach Terpentinöl riechenden Mangga- früchte verdanken, will in La Mortola nicht gedeihen. Wohl aber kann man viele andere Anacardiaceen dort sehen. Zu diesen gehört ein mit hellgrünen, gefieder- ten Blättern und mit roten Fruchttrauben behängter, graziöser Baum, dem man an den Straßen und in den (Gärten der Riviera oft begegnet, Schinus molle* (S. 407). Er wird Pfefferbaum genannt, doch haben seine pfefferkorngroßen Beeren mit dem echten Pfeffer keinerlei Verwandtschaft. Der echte Pfeffer stammt gI von einer schlanken, ostindischen Liane (Piper nigrum) ab, die nach Art des Epheus klettert und mit Luft- wurzeln an ihrer Unterlage haftet. Die Früchte von Schinus molle sind denen des echten Pfeffers aber äußerlich ähnlich und nähern sich ihm auch im Ge- schmack. Ein Getränk, das in Peru und Brasilien aus diesen Beeren bereitet wird, soll an Wein erinnern, Unter den Anacardia- ceen, die ein besonderes Bougainvillea spectabilıs. Interesse beanspruchen, befindet sich in La Mortola die Terpentin-Pistazie (Pistacia terebinthus), deren äußeres Aussehen an das der Walnußbäume erinnert, und die auf den. Inseln des griechischen Archipelagus kultiviert wird, um cyprisches Terpentin zu liefern. Man gewinnt es durch Auspressen der Früchte oder durch Einschnitte in die Rinde, aus der es hervorfließt. Be- sonders geschätzt werden an diesem Gewächs die 02 Galläpfel, die nach Stichen von Aphis Pistaciae ent- stehen. Sie werden im Orient zum Färben nicht nur der Seide, sondern auch des Weines benutzt. Auf den Gräbern der Armenier werden Terebinthen, ähn- lich wie Zypressen auf denen der Mohamedaner an- gepflanzt. Das echte Pistazienbäumchen (Pistacia vera) ist vielfach nur für eine in der Kultur entstandene Varietät der Terebinthe erklärt worden. Es liefert die wohlschmeckenden grünen Pistazienmandeln oder Pimpernüßchen, die besonders bei den Zuckerbäckern reichliche Verwendung finden. Zu den Anacardia- ceen gehören aber auch die Rhus succedanea, die das japanische Baumwachs liefert, und die Rhus vernici- fera, aus deren Milchsaft die Japaner ihren berühmten Lack bereiten. Dieser Milchsaft ist sehr giftig, er wird durch Einschneiden in die Rinde gewonnen. Um Lack aus ihm herzustellen, versetzt man ihn mit dem Öle der Paulownia tomentosa oder der Perilla ocymoides, fügt auch wohl Zinnober hinzu. Die Rhus vernicifera hält im Freien selbst in den wärmeren Teilen von Deutschland aus. Wir dürfen weiter die in La Mortola vertretenen Arten von Zizyphus nicht ganz unbeachtet lassen, da sich unter ihnen der in Südeuropa und an der nord- afrikanischen Küste einheimische Zizyphus lotus be- findet. Es ist ein mannshoher Strauch, der kleine, weiße Blüten trägt und aus ihnen rötliche, ihrer Grestalt nach an Oliven erinnernde Früchte erzeugt. Diese Früchte werden am Mittelmeer als italienische Jujuben be- zeichnet. Sie schmecken nicht besonders gut, so daß es mir stets schwer fiel, einzusehen, Odysseus und seine Gefährten hätten über der Süßigkeit dieser Früchte 95 ihr Vaterland und die Heimkehr vergessen können. Noch bis vor kurzem nahm man nämlich fast allgemein an, daß die Lotosfrüchte, die Homer erwähnt, und von denen die an der Nordküste Libyens lebenden Loto- phagen sich ernährt haben sollen, eben diese italienischen Jujuben seien. Viel wahrscheinlicher erscheint nunmehr die Ansicht Playfairs, der sich auch Beccari angeschlossen hat, daß unter diesen Lotosfrüchten die Datteln und unter Lotophagen die Araber zu verstehen seien. Im Altertum wurden sehr verschiedene (rewächse als Lotos oder Lotus bezeichnet und je nach ihrer Herkunft weiter unterschieden. So unterschied Theophrast einen Lotos als den strauchartigen, kyrenäischen und der kann, nach der eingehenden Beschreibung des Poly- bius, nur Zizyphus lotus sein; der ägyptische Lotos ist Nymphaea lotos, Nelumbium speciosum stellt die heilige Lotospflanze der Inder dar, während jene Lotos- bäume, welche die römischen Stadtgärten schmückten, wahrscheinlich zu Celtis australis, dem Zürgelbaume, gehörten, den auch wir in unseren Gärten gern sehen. Er dürfte dem baumartigen, kyrenäischen Lotos des Theophrast entsprechen. Auch nach Ansicht des Matthiolus von Siena war es dieser Baum, den die Römer als libyschen Lotus verehrten. Man liebte ihn wegen seiner breiten Schattendecke, und weil er den Vögeln reiche Zuflucht gewährte. Im Garten des Redners Crassus, auf dem Palatin, standen im Jahre 92 v. Chr. sechs Lotosbäume, welche die Höhe des Palastes erreichten. Als besonders schwerer Verlust wurde es empfunden, als sie ı50 Jahre später, im Neronischen Brande, zugrunde gingen. Celtis australis ist eine mediterrane Pflanzenart, die in Rom somit gut gedeihen 94 und dort auch ihre kirschenähnlichen Steinfrüchte „gustu suavi non ingrato“ reifen konnte, die zunächst rot, schließlich schwarz sich färben. Celtis steht den Ulmen nah, während die Pflanzengattung Zizyphus zu den Kreuzdornen (Rhamneen) gehört. Die Früchte von Zizyphus lotos sind so groß wie Schlehen; ihr mehliges Gewebe, das den inneren Kern umgibt, kann zu Brot verbacken werden und auch ein gärendes (retränk liefern. Aus den Früchten anderer Arten, so vor allem des Zizyphus vulgaris, eines syrischen Bäumchens, und des Zizyphus jujuba, der in Ostindien wächst, stellte man die früher sehr beliebten Jujuba- pasten her. Von dem mit starken Dornen bewaffneten Strauche Zizyphus spina Christi, dem Nebeg oder Ssidr, der im Tale des Jordan und am Toten Meere weit ver- breitet ist, geht die Sage, daß aus ihm die Dornen- krone Christi geflochten worden sei. Man hat auch wohl den in unseren nordischen Gärten kultivierten, dornigen Gleditschien die Bezeichnung von Christus- Akazien beigelegt und sie zu Christi Dornenkrone in Beziehung gebracht, beging dabei aber einen groben Anachronismus, da die Grleditschien erst im achtzehnten Jahrhundert aus Nordamerika zu uns gelangten. Die Zizyphus-Arten verlieren im Winter ihre Blätter, treiben dann aber frühzeitig aus und bedecken sich mit sehr dunklem Laub. Da ihre Zweige überaus dünn sind, hängen sie abwärts und gewähren später, wenn die Früchte sich röten, dem Auge ein anmutiges Bild. Staunend bleibt wohl mancher vor Nachtschatten- arten stehen, die zu Strauch- oder selbst Baumgröße emporwachsen. Das strauchartige Solanum acantho- carpum trägt Früchte von der Größe einer Orange; 95 das ebenfalls strauchartige Solanum marginatum ist mit gelben Äpfelchen behangen; dem baumartigen Solanum Warszewiczii kommen. kirschgroße Früchte zu. An anderen kleineren Solanum-Arten sieht man Früchte, die an Größe und Grestalt den Hühnereiern gleichen. Das gab den Grund ab, diese Arten als Eierpflanzen zu bezeichnen. Im besonderen trägt diesen Namen das krautartige Solanum melongena, das in Frankreich Aubergine heißt. Beim Anblick dieser Früchte in La Mortola wird man sich erinnern, sie öfters schon auf italienischen Märkten gesehen zu haben. Vornehmlich ist es die violettfrüchtige Form, die man in Italien zieht; doch liefern die Gärten dort auch gelbe und weiße Rassen. Mit der gekochten Frucht garniert man an der italienischen Tafel oft den Braten, auch als (Gremüse wird sie für sich aufgetragen. Wir schränken in unseren Breiten den Genuß der Solaneenfrüchte meist auf die Tomaten und die Paprika ein. Die meisten anderen Früchte aus dieser Familie sind zudem giftig, können somit als Speisen nicht in Betracht kommen. Von der „Tomate des Kannibalen“ (Solanum anthro- pophagorum) wird von Berthold Seeleman berichtet, sie reife auf einem strauchartigen Nachtschatten und habe seinerzeit auf den Fidschi-Inseln die Sauce für die „BokAla“, wie dort das Gericht von Menschen-, fleisch hieß, geliefert. Man fand regelmäßig: kleine An- pflanzungen dieser Solanee an den Orten vor, wo die Kannibalen ihre Mahle abzuhalten pflegten. Von weitem glänzen uns auch im Garten von La Mortola die Streptosolen-Sträucher entgegen, die wir schon am Wege hierher bewundert hatten. Wir sahen auch die große, weiße,. strauchartige Datura wieder, 96 die uns im großen an unseren Stechapfel erinnert. Außer dem weißen, strauchartigen Stechapfel blüht hier auch der peruanische mennigrote, die Datura sanguinea. Diese rote Datura riecht nur schwach und wenig angenehm, während die weiße am Abend einen betäubenden Moschusduft verbreitet. Durch ihre weiße Farbe und den starken Duft lockt sie dann Nacht- schmetterlinge, Sphingiden, als Bestäuber an; bei beiden Arten sind zudem Kolibris an der Über- tragung des Blütenstaubes beteiligt. Unter den Stauden des Gartens versetzen uns manche Doldenpflanzen (Umbelliferen) durch ihre Größe in Erstaunen. Besonders gilt das von der Ferula com- munis, dem Stecken- oder Rutenkraut, das sich auch einer eigenen Geschichte rühmen kann. Dieses Ge- wächs ist in den südlichen Ländern des Mittelmeeres zu Hause und lebt dort gesellig, meist an die Nähe des Meeres sich haltend. In kurzer Zeit wächst es bis zu zwei, ja selbst drei Metern empor und entfaltet über seinen großen, fein zerteilten Blättern mächtige, gelbe Dolden. Den Stengel benutzte man im Altertum als Spazierstock, und da er sehr zähe ist, züchtigte man mit ihm Sklaven und Kinder. Man weichte ihn zuvor unter Wasser ein, damit er besser wirke, so wie das später mit Kinderruten geschah. Den Namen Ferula leitet man von ferire, geißeln, ab. Die Pflanze war dem Bacchus geweiht, dessen Thyrsus einen mit Weinranken und Epheu umwundenen Ferulastab darstellte Das Mark des Stengels ist sehr locker und dient heute noch in Sizilien als Zunder. Das Feuer glimmtlange in dem Marke fort. Daher die Sage, Prometheus habe das Feuer, nachdem er es Zeus entwendet, in einem solchen Ferula- 97 stengel zur Erde gebracht. In ausgehöhlten Ferula- stengeln bewahrte man Manuskripte auf, fast alle Teile der Pflanze dienten zu Heilzwecken; so stand sie denn mit Recht in hohem Ansehen bei den Alten. Ihr nah verwandt sind Ferula narthex und Ferula asa foetida auf den ostpersischen und afghanistanischen Steppen, über zwei Meter hohe (rewächse, mit mächtigen, ebenfalls gelb gefärbten Dolden. Vornehmlich sind es die Wurzeln dieser Pflanzen, denen jenes Gummiharz ent- stammt, das den Namen Asa foetida oder Stinkasant führt. Es verbreitet einen Duft, der die Mitte zwischen Knoblauch und Perubalsam hält. Wenn die Schafe der Afghanen die Blätter abweiden, verbreitet auch ihre Milch kräftigen Knoblauchduft. Diese Pflanze dürfte das Altertum schon gekannt haben, wenn auch der Nachweis, daß das als Universalheilmittel damals so berühmte Silphion der Asa foetida entstamme, nicht eben leicht zu führen ist. Die meisten Forscher neigen dazu (Anm. ı2a), die Silphionpflanze der Alten für eine der Ferula narthex zum mindesten ähn- liche Umbellifere zu halten. Sie meinen damit sich in UÜber- einstimmung mit Theo- phrast zu befinden und sich auch auf bestimmte bildliche Darstellungen stützen zu können, die uns kyrenäische Münzen überliefert haben. Denn vor- nehmlich die Kyre- naika versorgte die Callıthamnion roseumt. - E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. d 98 antike Welt mit diesem äußerst kostbaren Produkt, dem die wunderbarsten Heilkräfte zugeschrieben wurden. Doch schon im Altertum versiegte diese Quelle des Reichtums für Kyrene; sein Silphion verschwand und persisches trat an seine Stelle. Für dieses liegt aber die Ableitung von Asantpflanzen nahe. Bei alledem kann die ganze Frage noch nicht als endgültig entschieden gelten, jedenfalls auch nicht, weil es auch solche kyre- näische Münzen gibt, die herzförmige Figuren zeigen. Früchte einer Ferula können das nicht sein, sie müßten daher Dinge darstellen, die keine Beziehung zu dem Silphion haben. An diese Bilder knüpft nun aber ein neuerer Forscher an (Anm. ı2b), um die Silphion-Frage wieder aufzurollen. Er hält die herzförmigen Grebilde auf den kyrenäischen Münzen für die Früchte der Palme Lodoicea seychellarum, denen eine ähnliche Gestalt zu- kommt... Die Lodoicea wurde erst 1769 auf den Sey- chellen entdeckt, während man ihre großen, auffällig gestalteten „Wundernüsse“ als „doppelte Kokos“ lange zuvor schon kannte. Denn die Meeresströmung trug sie nach den Küsten der Malediven und von Ceylon. Sie galten als Produkte einer mitten im Weltmeer wachsen- den Pflanze, wurden mit wunderbaren Eigenschaften ausgestattet und zu fabelhaften Preisen erstanden. Die Vorstellung, daß auch das Silphion von solchen Wunder- nüssen abstamme, geht nun von der Annahme aus, den Äthiopiern sei im Altertum die Kultur der Lodoicea seychellarum gelungen. Äthiopische Karawanen wären es gewesen, welche die Kyrenaika mit den reifen Früchten der Palme, die ein kopraähnliches Produkt enthielten, sowie mit Erzeugnissen, die der flüssige Inhalt unreifer Früchte lieferte, endlich solchen, die durch Einschnitte 99 in den Stamm gewonnen wurden, versorgten. Aus diesem hätte man die verschiedenen Sorten von Sil- phium hergestellt. Wenn Theophrast behauptet, daß flüssiges Silphium durch Einschnitte in die Wurzeln der Pflanzen gewonnen werde, so hänge das nur damit zusammen, daß man die Früchte der Lodoicea in der Kyrenaika für Wurzeln gehalten habe. Die Lodoicea sei dann aus Äthiopien spurlos verschwunden. Das alles sind Voraussetzungen, in welchen es nicht immer leicht wird, dem Urheber zu folgen. Die ersten Nachrichten über die wunderbaren Wirkungen des „Coccus Maldivius“ gelangten nachweisbar erst im sechzehnten Jahrhundert von Westindien nach Europa. Die Asa foetida, sofern sie das alte Silphion sein sollte, stellt heute kein gebräuchliches Arzneimittel mehr vor, wohl aber soll sie noch einen wesentlichen Bestandteil des Curry bilden, mit dem man alle Reisspeisen in Indien versetzt. Es gab sogar eine Zeit, wo Asa foetida in Frankreich als Würze beliebt war, und man mit ihr die Teller einrieb, um die Suppe, die man einfüllte, schmackhafter zu machen. Man bekommt auch ein baumartiges Doldengewächs in La Mortola zu sehen, die Heteromorpha arborescens. Selbst manch erfahrener Pflanzenkenner dürfte da zum ersten Mal eine Umbellifere von solcher Entwicklungs- form vor Augen haben. Die Heimat dieser Pflanze erstreckt sich von Abessinien bis zum Kaplande. Sie kann eine Höhe von sechs Metern erreichen und ent- wickelt über ihren fiederig zusammengesetzten Blättern vielstrahlige Dolden kleiner, gelber Blüten. Der graublätterige, immergrüne Baum, welcher „japanische Mispeln“ trägt, die Eriobotrya oder Me- m / * 100 spilus japonica, ist in den Gärten der Riviera so ver- breitet, daß man ihn in La Mortola als alten Bekannten bereits begrüßt. Den Geschmack der gelben, säuerlich süßen, saftigen, pflaumengroßen Früchte hat man sicher- lich auch schon zu erproben Gelegenheit gehabt, sie vielleicht auch schmackhaft gefunden, falls sie besonders reif waren und einer besseren Sorte angehörten. Der Baum dürfte aus China stammen, und wie Rein an- gibt, 1787 mit anderen Ziergewächsen und Nutz- pflanzen durch Sir Joseph Banks nach England ge- bracht worden sein. Jetzt begegnet man ihm in ganz Italien und selbst am (Grenfer See. Jedem mußte in den Gärten der Riviera auch bereits die Photinia serrulata aufgefallen sein, ein Baum von nur geringer Höhe, welcher der Eriobotrya ver- wandt ist. Zwischen seinen großen, lorbeerartigen Blättern leuchten im Frühjahr flache, weiße Blüten- rispeft hervor. - Aus: der Ferne erinnert er "eehryza unseren blühenden Hollunder, der zu den Caprifoliaceen gehört; man sieht es ihm somit auf den Blick nicht an, daß er eine Rosiflore ist. Fin interessantes Gewächs, dem man in La Mortola weiterhin begegnet, ist die Quillaja Saponaria, ein statt- licher, mit harten, kleinen Blättern bedeckter Baum, der ebenfalls zu den rosenblütigen Grewächsen zählt. Seine saponinreiche Rinde, die wir als Panamaholz aus Chile beziehen, schäumt im Wasser wie Seife auf, wird an ihrer Stelle in Chile allgemein benutzt, dient bei uns, weil sie die Farben nicht angreift, als Waschmittel für Wolle und farbige Stoffe und auch kosmetischen Zwecken. Ihr Decoctum ist ein geschätztes Mittel, um den Aus- wurf bei Luftröhrenkatarrh und Asthma zu befördern. IOI Der Johannisbrodbaum oder Caroubier (Ceratonia 'siliqua) kann natürlich in La Mortola nicht fehlen, ist er doch an der Riviera überall verbreitet. Man sieht ihn hier in besonders prächtiger, malerisch wirksamer Entwicklung. Alte Stämme erinnern in ihrer Tracht an unsere Eichen. An ihren paarig gefiederten, leder- artigen Blättern sind sie aber leicht zu erkennen. Der Baum erreicht hier die Grenze seiner nördlichsten Ver- breitung und zeugt beredt für das milde Klima der Orte, an denen er noch gedeiht. Man hat ihn als das vegetabilische Thermometer der Riviera bezeichnet. Einzelne Stämme erzeugen nur männliche Blüten und bleiben daher steril, andere tragen weibliche Blüten und fruchten reichlich. Es fällt auf, daß die Früchte nicht allein jüngeren Zweigen, sondern auch älterem Holz entspringen. Sie stellen Hülsen dar, die im Früh- jahr noch so grün und klein sind, daß man sie an den Zweigen suchen muß, die aber später groß werden und durch ihre braune Farbe auffallen. Ihre Pulpa schmeckt dann süß und bewirkt es, daß auf unseren Jahrmärkten das „Johannisbrod“ eine so große An- ziehungskraft auf Kinder ausübt. Aus den reifen Hülsen wird im Orient ein süßer, wie Honig schmeckender Saft gepreßt, der dort Keratameli heißt. Die Ka- bylen zerstampfen die trockenen Früchte nach Ent- fernung der Samen, verrühren sie mit Gries oder Erbsenmehl, unter Zusatz von Olivenöl und bereiten so eine ihrer Nationalspeisen, die Tomina. Mit Johannis- brod und Heuschrecken soll, der Sage nach, Johannes der Täufer sich in der Wüste ernährt haben und ihm zu Ehren der Baum seinen Namen führen. Ihre all- gemeinste Verwendung finden die Früchte als Vieh- 102 futter, und sie sind es, die bereits die Bibel als „Treber der Schweine“ bezeichnet. Die reifen Samen zeichnen sich durch auffallend übereinstimmende Größe aus, woraus sich ihre Verwendung einst, und in einigen (rebieten des östlichen Mittelmeers auch heute noch, zur Abwägung kleiner Mengen wertvoller Ware, etwa von (rewürzen, erklärt. Sie sind es zudem, die der kleinsten Einheit im Gold- und Diamantg=wicht den Ursprung gaben. Denn Karat stammt von Keration, dem griechischen Wort für diese Frucht, das so viel wie kleines Horn bedeutet, dem tatsächlich die Hülsen ähneln. Der Johannisbrodbaum ist im östlichen Mittel- meergebiet zu Hause. Seine durch bessere Frucht aus- gezeichnete Kulturform scheinen die Araber über die südlichen Länder verbreitet zu haben. Ein großblätteriger, australischer Gummibaum, dessen Stamm durch herablaufende Luftwurzeln fast ganz ver- deckt ist, soll im Zuschauer das Bild epiphytischer Vegetation erwecken, ein Bild, das dem Reisenden in den Tropen durch seine Mannigfaltigkeit und Fülle oft die größte Bewunderung abzwingt. So hat man auch in La Mortola eine Anzahl „Überpflanzen“, wie man diese Bewohner der Lüfte nennt, auf der Rinde und in den Astwinkeln dieses Feigenbaumes sich ent- wickeln lassen. Das trockne Klima der Riviera ist freilich für epiphytische Lebensweise nicht eben günstig, so daß man von vornherein sich ein bescheidenes Ziel bei diesem Versuch stellen mußte. Es galt Epiphyten zu wählen, die auch hier noch gedeihen können. Das sind einige widerstandsfähige Orchideen, so zwei gelb- blühende Oncidien (Öncidium pulvinatum und bifolium). Die zart lilafarbige Laelia anceps und die leuchtend 103 scharlachrote Sophronitis grandiflora; dann Vertreter der Gattung Rhipsalis, elegante Ruten-Cactaceen, mit binsenartigen oder auch blattartig verbreiteten Stengel- gliedern und winzig kleinen, aber zierlichen Blüten; auch ein geweihähnlicher Farn, das Elenshorn (Platycerium alcicorne) und zahlreiche Bromeliaceen, also Ananas- Gewächse. An dem Farn muß es auffallen, daß er zweierlei Blätter trägt, solche, die frei hervorragen, das sind die, welche an ein Geweih erinnern und andere, die der Unterlage anliegen und Nierenform besitzen. An der Unterseite der freien Blätter zeigen braune Flächen die Stellen an, wo die Sporenbildung erfolgt; die angeschmiegten „Mantelblätter“ halten den Humus fest, den dieser Farn als „Boden“ benutzt. Die Blätter der epiphytischen Bromeliaceen schließen an ihrer löffelartig erweiterten Basis dicht zusammen, um eine Zisterne zu bilden, in der Regen- wasser und Abfälle aller Art sich ansam- WY Wer, meln. Eine ganz extreme Ausgestaltung N ’ kommt der Bromeliacee Tillandsia 9.7 7 | usneoides zu, die ganz ähnlich wie die I. Bartflechte (Usnea barbata) unserer Wälder in über einen Meter langen, 1 silbergrauen Strähnen von dem Feigenbaum herabhängt. Er ul er Calycotome spinosa. 104 ist einer der merkwürdigsten Epiphyten, den das Pflanzenreich aufzuweisen hat. Er hält sich an den Ästen fest, indem er sie umwickelt. Sein ganzer Körper ist von schildförmigen, mikroskopisch kleinen Schuppen bedeckt, die jeden Weassertropfen, der sie trifft, mit größter Begierde aufsaugen und dem Innern der Pflanze zuführen. An zahlreichen Stellen des Gartens klettert eine reizende Kapuzinerkresse, Tropaeolum pentaphyllum, an anderen Grewächsen in die Höhe. Sie stammt aus dem südlichen Brasilien. Ihre scharlachroten, mit langem Sporn versehenen Blüten schließen mit kurzen grünen Kelchzipfeln ab. Zwischen diesen sind kleine, gelblichrote Kronenblätter zu entdecken. Die Frucht ist ebenfalls recht zierlich, von drei schwarzvioletten, einsamigen Beeren gebildet, die man sich in der Heimat dieser Pflanze auch wohlschmecken läßt. Bunt ist es überall hier am Boden von der in allen Farben prangenden Sparaxis tricolor und Sparaxis grandiflora, Irideen vom Kap, die in großen Mengen im Frühjahr, zusammen mit bunten Ixien, goldgelben Tritonien und den stark duftenden, hellgelben auch weißen und bunten Freesien* (S. 207) als Schnittblumen von der Riviera nach dem Norden wandern. Kaum gibt es eine Abstufung der Färbung, die bei Sparaxis nicht vertreten wäre, in scharlach, zinnober und mennig, karmin, blutrot und purpur, rosenrot, lila und weiß, braunrot, violett und selbst in schwarz. Und dabei sind die Blüten oft scheckig marmoriert und geflammt, am Grunde meist gelb getönt und im Schlund verziert mit dunklen Flecken. — Der Rasen prangt zudem im Frühjahr im reichen Schmuck der 105 Anemonen, so leuchtend bunt, daß er fast das Auge blendet. Im La Mortola-Garten gibt es auch Teesträucher und Kaffeebäume im Freien, sie wollen aber nicht recht gedeihen. Der Teestrauch, der bis zu fünfzehn Metern Höhe emporwachsen kann, macht ganz den Eindruck einer Kamelie, und in der Tat gehört er auch wie diese zu den Ternströmiaceen, ja, er wird jetzt sogar als Camellia thea in dieselbe Gattung wie der Kamelienbaum gestellt. Der Name Camellia hat einen poetischen Klang, vielleicht nur weil er an die „Kamelien-Dame“ erinnert; tatsächlich hat er aber einen ‚ganz prosaischen Ursprung. Er entstammt von Kamel, dem Familiennamen eines Jesuitenpaters, der vor mehr als anderthalbhundert Jahren die Kamelie aus Manilla nach Spanien brachte. Diesem Georg Kamel, der sich auch Camelus nannte, widmete Linne die Pflanze, er be- zeichnete sie näher als japonica, nach ihrer japanischen Heimat; denn von Japan war sie erst nach Manilla gelangt. — Die Blüten des Teestrauches erinnern sehr an ungefüllte Kamelien und haben wie jene zahlreiche Staubfäden aufzuweisen. In La Mortola blüht der Teestrauch im September. Seine porzellanweißen, rosa angehauchten Blüten verbreiten einen nur schwachen Duft. Die zahlreichen Teesorten verdanken der Zeit des Einsammelns, dem Alter der Blätter und der Art der Behandlung ihre ungleichen Eigenschaften. Nach den Berichten des Rev. B. C. Henry wird die Camellia thea noch wild in großen Mengen im Innern der südchinesischen Insel Hainan angetroffen. Der Kaffeebaum, die Coffea arabica, ist ein kleiner, pyramidaler Baum, der fünf oder sechs Meter Höhe 106 erreicht. Er trägt seine immergrünen, dunklen Blätter in gekreuzten Paaren. Die weißen, nach Orangen duftenden Blüten stehen gehäuft in den Achseln der obersten Blätter. Die Früchte, die aus diesen Blüten hervorgehen, sind kirschgroße, dunkelrote Beeren, welche die sogenannten Kaffeebohnen enthalten. Der Kaffee- baum führt seinen Namen nach dem Bergland Kafa in Abessinien. Es gelten überhaupt die südlichen Provinzen von Hoch-Abessinien für die Heimat des arabischen Kaffeebaumes. In neuerer Zeit ist aber dieser Baum wild auch am Viktoria-Nyanza und in Westafrika gefunden worden, so daß Zentralafrika wohl seine ursprüngliche Wohnstätte sein dürfte. Von dort ist er frühzeitig nach Arabien gelangt. Afrika hat uns neuerdings noch eine zweite Art des Kaffeebaumes beschert, die Coffea liberica.a Diese kommt in den tiefer gelegenen Teilen der tropischen Küstendistrikte vor; sie ist gegen Temperaturwechsel empfindlicher als die Coffea arabica, verträgt aber die Seewinde besser. Da sie durch Größe und feines Aroma der Samen ausgezeichnet ist, so beginnt ihre Kultur sich über die tropischen Länder auszubreiten. In den Kaffeegärten Arabiens und Abessiniens wird auch ein zu den Celastraceen gehörender Strauch kultiviert, den man in La Mortola sehen kann. Er trägt gegliederte Äste, lederartige, lanzettförmige Blätter und heißt Catha edulis. Es ist das die Khatpflanze, deren getrocknete Blätter von den Arabern wie Tabak gekaut werden und mit Wasser aufgebrüht ihnen Tee liefern. In Südamerika dienen andererseits die Blätter des Ilex paraguayensis, einer dem Khatstrauch ziemlich nahe verwandten, in Paraguay und Brasilien 107 heimischen Aquifoliacee, zur Teebereitung. Man be- zeichnet ihre Blätter dort als Yerba oder als Mate. Die Ilexart, von der sie geliefert werden, wächst bis zu Baum- größe empor. Eine Sterculiacee, die Sterculia oder Cola acuminata ist es andererseits, welcher die afrika- nischen Neger ihre „Kolanüsse“ verdanken. Die Samen sehen wie Kastanien aus und schmecken schwach bitter. Sie werden von den Negern überaus ge- schätzt; denn sie sollen den Körper stärken, schlechtes Wasser trinkbar machen, gegen allerlei Krankheiten helfen, den Hunger stillen und das Gremüt erheitern. Tatsächlich enthalten auch die Kolanüsse Thein, ähnlich wie die Tee- und Kaffeepflanzen; außerdem Theobromin wie die Schokolade. Der Genuß dieser Samen beginnt jetzt bisnach England vorzudringen. Sie wirken anregend, ohne merklich nachteilige Wirkungen auszuüben; leider sind sie wenig haltbar. Kolazwieback ist Touristen zu empfehlen, wie auch Kolawein dem Erschöpften Stärkung bringt. In La Mortola sind Ilex paraguayensis und. Sterculia acuminata nicht vertreten, doch finden sich | dort andere Arten von Illex und von Sterculia vor, welche ihnen fast gleichen. Es fällt im La Mortola-Garten, wie in anderen Gärten der westlichen Riviera wohl auf, daß die Kamelien, Rhododendren und Azaleen stark gegen andere Pflanzen zurücktreten. Man erblickt sie dort nur vereinzelt und bei weitem nicht so schön und. kräftig entwickelt, wie an den italienischen Seen. Der | so überaus kalkreiche Boden der Riviera sagt diesen Pflanzen nicht zu, und sie machen außerdem, namentlich in der Vegetationszeit, höhere Ansprüche an Luft- feuchtigkeit. [4 Ios Einen wichtigen Handelsartikel haben im Altertum und im Mittelalter wohlriechende Balsame gebildet. Zu ihnen gehörte jener feste Storax, der, als Juden- weihrauch, durch Einschnitte in den Stamm eines Bäumchens, das freudig in La Mortola gedeiht, des Styrax officinal , gewonnen wurde. In seiner Be- laubung gleicht dieses Gewächs fast einem Quittenbaum, und entfaltet im Mai und Juni in La Mortola seine weißen, mit goldgelben Staubfäden verzierten, duften- den Blüten. Jetzt sind es Liquidambar-Arten, welche den Storax liefern, vornehmlich der morgenländische Am- berbaum, Liquidambar orientale, der die kleinasiatischen Landschaften Karien und Lykien bewohnt und in seinem Aussehen an eine Platane erinnert. Der flüssige Balsam, den man ihm verdankt, wird viel als Parfüm zum Räuchern und auch in Salben benutzt. — Die duftende Myrrhe, welche die alten Ägypter beim Einbalsamieren gebrauchten, und die später im Gottesdienst der Griechen eine Rolle spielte, stammt, wie Deflers und Schwein- furth feststellten, von Balsamodendron abessinicum, einem etwa zehn Meter hohen Bäumchen des südlichen Arabiens, der Erythrea und des nördlichen Abessiniens ab. Diese Art ist an ihren Blättern kenntlich, die aus je einem großen Mittelblättchen und zwei kleinen Seitenblättchen bestehen. Aus Einschnitten in ihre Rinde fließt ein trüber, gelber Saft hervor, der zum Myrrhenharz ein- trocknet. Im nordöstlichen tropischen Afrika und in Vorderindien wachsen auch die Boswellia- Arten, Bäumchen, welchen der Weihrauch oder das Olibanum entstammt. Mit Balsamodendron gehören sie zu der Familie der Burseraceen oder Balsambäume. Ihrem Balsam gab die römische Kirche frühzeitig den Vorzug, 109 weil die Myrrhe sich nur schwer in hinreichender Menge erlangen ließ und zum Räuchern sich weniger geeignet zeigte. Auch in anderen Gärten der Riviera mußten uns schon die ® Araliaceen auffallen, mitihren 8 großen, langgestielten, hand- förmig gelappten, an den Enden nackter Sprosse zusammengedrängten Blättern, die jungen Bäumchen ein palmen- % ähnliches Aussehen verleihen. Fatsia japonica wird unter dem Namen Aralia als Zimmerpflanze bei uns häufig kul- tiviert. Ihr Mark liefert das bekannte ‚Reis‘-papier der Japaner, während das chinesische ‚Reis‘-papier dem auf Formosa heimischen Tetrapanax (Aralia) papy- rifer, der in La Mor- tola im Dezember mit eleganten weißen Blütenrispen geschmückt ist, abstammt. Mit Reis haben diese mei Papieresomitnichts zur ton.. Sie.finden “für Kupferstich, Lithographie und Ge- Centranthus ruber. mälde Verwendung, werden für Ziga- rettenhülsen der» en faltung. Über- all leuchten I E aus ihrem 126 grünen, dornenfreien Laub die zierlichen Trugdolden hell- gelber und weißer Blüten hervor. Um diese schöne Rose ist die Riviera zu beneiden; bei uns will sie im Freien nicht gedeihen. Auch ist es in Grewächshäusern nicht möglich, sie zu üppiger Entwicklung anzuregen, ebenso- wenig als dies bei der Bougainvillea gelingt, jener herr- lichen Liane der Tropen, die sich in diesem Teile der Riviera ganz besonders wohl fühlt. In der Nähe des Hauses windet in die Höhe eine sehr eigenartige Schling- pflanze, das aus Guatemala stammende Pithecoctenium muricatum. Es ist eine Bignoniacee, deren schöne gelbe und weiße Blüten wir jetzt nicht bewundern können, da sie sich erst im Hochsommer entfalten. Dagegen sind die großen, elliptischen, von den Zweigen herabhängenden Früchte geeignet, auch nach der Fülle von Eindrücken, die wir bereits empfangen haben, uns noch einige Be- wunderung aufzuzwingen. Ist die Frucht ganz aus- gereift, also nicht mehr grün, sondern braun, so lassen sich die beiden Seitenhälften ihrer Schale, als Klappen, leicht abheben. Die Frucht zeigt sich dicht angefüllt mit flachen, einander angeschmiegten Samen, die an ihren Rändern, in breite, durchscheinende, prachtvoll seidenglänzende Flügel auslaufen. Diese stellen Flug- apparate dar, wie das jeder Same beweist, der aus der Frucht herausfällt. Der leiseste Luftzug trägt ihn da- von und einem Falter ähnlich schwebt er fort, in nahezu wagerechter Bahn, hin und her schaukelnd durch die Lüfte. Eine schier vollendete Einrichtung im Dienste der Samenverbreitung. Die Frucht besitzt eine mittlere Scheidewand, die an ihrem obersten Rande in einem schmalen Rahmen aufgehängt, sonst frei ist. Der Stiel der Frucht setzt sich in diesem 127 Rahmen fort. Sucht man ihn zu heben, so befreit man zugleich den Rahmen, in welchem die Scheide- wand nun graziös hin und her schwankt. Alle Samen, die ihr anhaften, werden auf diese Weise bald frei. Die beiden Klappen der Frucht sind feilenartig mit spitzen Höckern besetzt, was die Namengebung der Pflanze „Affenkamm“ bestimmt hat. Die Sonne war inzwischen untergegangen, und fahle Lichter streiften die Küste. Alt-Bordighera er- schien jetzt so totenblaß, als wäre es ausgestorben; ein Rahmen aus weißen Rosen umschloß es fast wie ein Totenkranz. Alle bunten Blüten begannen zu schwinden, alle Laubkronen zu verschmelzen in eine dunkle Masse, und scharf stachen nur noch vom hellen Abendhimmel die uralten Zypressen ab, die in dichter Reihe einem Wege folgend, aus den oberen Teilen des Grartens gegen das Meer absteigen. Hat dieser dunkelfarbige Baum, der in so feierlichem Ernste zum Himmel emporragt, wirklich ein düsteres Aussehen, oder weckt er in uns nur wehmütige Empfindungen, weil er von jeher ein Symbol der Totentrauer war, und wir ihn so oft auf Gräbern sahen? Hier hätte er wohl allen Grund, ernst in die Landschaft zu schauen, da er einst, so heißt es, einen Friedhof schmückte, nach welchem der Ort heute noch den Namen „La Mortola“ führen soll. Blumenbeete haben seitdem die Gräber verdeckt, üppiger Pflanzenwuchs die Stätten verwischt, an welchen Menschen einst ihre Lieben beweinten; die Zypressen allein trauern noch über den Toten. v1l. Die Strada nazionale, die ee des (sartens nach Mentone führt, steigt mit starker Biegung in der Schlucht empor und beginnt jenseits der Croce della Mortola sich langsam zu senken. Es ist das ein unendlich schöner Weg, der in weitem Bogen dem Abhang der Berge folgt. Trotz eingebrochener Dämme- rung pflückte ich einen Strauß von Moricandia arvensis” (S. 301) am Wege. Diese niedliche, violettblütige Krucifere wächst reichlich zwischen Mentone und Ventimiglia, findet sich auch längs der Corniche, ver- schwindet dann aber plötzlich und taucht nur noch als Seltenheit weiter im Westen an einigen Orten von Südfrankreich auf. Der Moricandia füge ich die dunkelrot gefärbten Trugdolden der baldrianartigen Spornblume (Centranthus ruber)“ (S. 109) hinzu, einer Pflanze, mit der auch wir gern unsere Gärten zieren. Durch die große Fülle, mit der sie den Abhang deckt, drängt sich mir bei der Croce della Mortola auch. die reichlich blühende Coriaria myrtifolia* (S. 155) auf. Die kleinen, zu Trauben vereinigten Blüten dieses 129 Gewächses können nicht gerade als schön gelten; anders denn grün sind an ihnen nur die roten Narben gefärbt; doch ist der Bau der ganzen Blüte so eigen, daß für diese Grattung eine besondere Pflanzenfamilie, die der Coriariaceen, aufgestellt werden mußte. Es pflegen das Pflanzenarten sehr alten Ursprungs zu sein, die dermaßen vereinzelt im System dastehen, und dadurch wird unser wissenschaftliches Interesse an ihnen ge- steigert. Coriaria ist ein „Relikt“ aus dem Tertiär, dem es gelang, sich bis in die Jetztzeit zu erhalten. Die Pflanze enthält so viel Tannin, daß sie zum Gerben und Schwarzfärben benutzt wird, zugleich ist sie giftig, so daß die Tiere sie meiden. Auf den Menschen wirkt sie ähnlich wie Alkohol ein, so daß die Bauern der Riviera sie mit der Übertragung „embriaghi“, das so viel heißt als „die Betrunkene‘“ bezeichnen. Unterhalb des Dorfes Grimaldi durchschneidet die Straße einen Olivenhain; da wurde es ganz dunkel im Schatten der Bäume. Ein alter Turm am Abhange läßt sich noch unterscheiden, daneben ein modernes Schloß im englisch-gotischen Geschmack. Einst ge- hörte der Garten dem englischen Arzte Bennet, dessen Name einen ruhmvollen Klang an der Riviera hinterließ. Das italienische Zollhaus ist bald er- reicht. In Mentone wird es schon Nacht. Längs der Straßen und in den Häusern beginnen Lichter aufzutauchen. Eine lange Reihe flammender Punkte folgt dort bald dem Strande, es ist, als hätte das Meer sich mit einer Schnur feuriger Perlen geschmückt. Mir zogen die Strophen des Mignonliedes durch den Sinn, und das Rauschen des Meeres schien sie in den Tönen der Beethovenschen Musik zu begleiten. Wie bezeich- E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. ) 130 nend ist es für diesen Boden mehr als zweitausend- jähriger Kultur, daß gerade die Grewächse, die in jenem Liede das Bild Italiens uns so lebendig vor die Seele zaubern, ihm nicht ureigen sind. Sie kamen aus Asien, so wie alle die großen Gedanken, auf welchen unsere Bildung ruht, entfalteten und veredelten sich aber auf diesem klassischen Boden. Die Zitronen und Orangen haben ihre Heimat im fernen Östindien. Der Öl- und Feigenbaum, der Weinstock und die Palme standen bei kleinasiatischen Völkern in Pflege, bevor ihr Anbau siegreich gegen Westen vordrang. Die Heimat der Zypresse liegt nicht in Italien, sondern auf den griechischen Inseln, in dem nördlichen Persien, Cilicien und auf dem Libanon; ja, selbst von der schirmförmig ausgebreiteten Pinie, der die Rauch- wolke des Vesuvs zum Vorbilde gedient zu haben scheint, hat man, doch mit Unrecht, bezweifelt, daß sie eine italienische Pflanze sei. Und als wenn auch der große Kulturimpuls, welcher von der Ent- deckung der neuen Welt ausging, auf italienischem Boden in typischen Pflanzenformen verkörpert werden sollte, brachte er ihm die Agave und die Opurtie. Die dornigen, blaugrünen Agaven, die stacheligen, hellgrünen Opuntien, die so gut zu dem felsigen Strand von Italien passen, als wären sie für ihn von jeher bestimmt, sind tatsächlich erst im sechzehnten Jahr- hundert von Amerika auf ihn gelangt. Capri vermag man sich ohne die „Fichi d’India“, deren abgeflachte Glieder sich in wunderbaren Krümmungen über alle Mauern drängen, kaum vorzustellen, und doch kamen sie erst vor kurzem dorthin. Daher ist es ein Ana- chronismus, wenn in den Prellerschen Odysseebildern 137 Agaven und Opuntien den Vordergrund der Landschaft schmücken. Die Schönheit dieser Bilder wird dadurch zwar nicht beeinträchtigt, doch kann man sich bei ihrer Betrachtung einer gewissen fremdartigen Emp- findung nicht erwehren. Das historische Rechtsgefühl wird verletzt und muß erst durch das ästhetische Wohl- gefallen beschwichtigt werden, das diese bedeutenden Kunstschöpfungen erwecken. Wie mag die Riviera ausgesehen haben, bevor die Kultur des Ölbaumes begann, als noch Palmen und Zypressen fehlten und der Wohlgeruch der Agrumi die Luft nicht würzte? — Sie war bedeckt mit immer- grünen Sträuchern, während dichter Nadel- wald die Höhen krönte. Das Bild der ” Vegetation mußein ganzanderesge- g wesen sein; denn ihr Aussehen war bestimmtdurch Massen- wirkungen, während der Charakter jener Landschaft, die wir jetzt für eine typisch (BB italienische halten, auf dem wirksamen Hervortreten , ) einzelner ausgeprägter % 1 Pflanzenformen und ihrer N plastischen Sonderung be- BEN ruht. ’ % Während noch zur Zeit Alexanders \\ / 7 a des Großen, also im vierten Jahr- Y hundert v. Chr., die Griechen Italien als ein Land kannten, das im Vergleich mit ihrem Lande und dem Orient einen ganz Cistus salvifolius. ursprünglichen Charakter trug, 9* 7327 konnte bereits Marcus Terentius Varro im ersten Jahr- hundert v. Chr. Italien mit einem großen Garten ver- gleichen. Plinius klagt ein Jahrhundert später über den Luxus, der auch in den Gartenbau eingedrungen sei. Die Gremüse hätten eine Größe erreicht, daß sie der Tisch der Armen nicht mehr fassen könne. Er führt als Beispiel den Spargel an, von denen in Ravenna oft nur noch drei auf das römische Pfund (ca. 300 Gramm) gingen. | Das Leben in diesem Lande, das in einen Garten sich verwandelt hatte, in welchem orientalische Pflan- zen vorherrschten, mußte zur Verweichlichung der Volksmassen führen. So legten sich allmählich immer tiefere Schatten über diese zu üppig entwickelte Kultur, die in ihrem UÜbermaße auch schon die Keime ihres Unterganges in sich trug. Als ich Mentone näher kam, begann der Mistral zu wehen und fegte mächtige Staubwolken von der Straße auf. In Garavan, im Schutze "der Ale@rer wurde es trotzdem fast windstill, so daß ich noch zur späten Abendstunde im anmutigen Garten des Hötel d’Italie im Freien sitzen konnte. YLT Ich ließ die Eindrücke, die ich im La Mortola- (Grarten empfangen hatte, nochmals an mir vorbeiziehen, vergegenwärtigte mir all die Mannigfaltigkeit und Pracht, die das Pflanzenreich in seiner Formgestaltung uns offenbart, gedachte im besonderen dann auch der Pflanzen, welche dem Menschen Reiz- und Heilmittel geliefert haben, und frug mich, welche Sinne ihn bei ihrer Wahl geleitet haben. Fand er doch oft den- 133 selben, ihn angenehm anregenden oder für ihn heil- samen Stoff aus den verschiedensten Pflanzenfamilien heraus, in Gewächsen, die meist auch nicht die ge- ringste Ähnlichkeit miteinander verraten. In Wirklich- keit dankt der Kulturmensch alle diese Mittel den wilden Völkern und vermag sich kaum vorzustellen, welcher Instinkt ihnen zu deren Auffindung verhalf. Er staunt, wenn die Chemie ihm offenbart, daß der Tee der Chinesen, der Mate der Brasilianer, der Kaffee und die Khatpflanze der Araber, die Schokolade der Azteken, die Kolanüsse der Neger im wesentlichen denselben Reizstoff enthalten. Wie verschieden das Aussehen der Pflanzen ist, die diesen Reizstoff liefern, konnten wir im La Mortola-Garten selbst feststellen. Ein äußeres Merkmal, das auf ihn hinweist, hätten wir auch bei eingehender Betrachtung nicht entdeckt. Die wilden Völker wurden durch solche Zeichen auch nicht geleitet. Sie trafen ihre Wahl unbewußt, wie die wilden Tiere, die in Wäldern und auf Fluren ihrer Nahrung nachgehen. Meist vor langer Zeit, von den ursprünglichen Völkern übernommen, weisen unsere Reiz- und Heil- mittel eine entsprechend lehrreiche Geschichte auf. In China ist der Teegenuß so alt, daß ein im zwölften Jahrhundert verfaßtes Buch „Rhya“ von ihm als von etwas längst Bekanntem spricht. — In Europa begann sich der Teegenuß erst um 1630 zu verbreiten, unter dem Einfluß der holländisch-ostindischen Gresell- schaft, sowie infolge der Lobpreisungen, welche einige holländische Ärzte diesem Getränk erteilten. Der Tee sollte die Lebenskraft steigern, das Gredächtnis stärken, alle seelischen Fähigkeiten erhöhen und das Blut in 134 willkommenster Weise verdünnen. Wer an Fieber erkrankte, erhielt den Rat, vierzig bis fünfzig Tassen Tee hintereinander zu trinken. In dem interessanten Werke von Le Grand d’Aussy, das 1782 zuerst er- schien und die Geschichte des Privatlebens der Fran- zosen (Histoire de la vie privee des Francais) schildert, ist zu lesen, daß der Tee in Paris I636 bekannt wurde und bald zu hohem Ansehen kam, weil ihn der Chan- celier Seguier unter seinen Schutz nahm. Es scheint, daß sich in Paris einzelne Personen sogar auf das Rauchen des Tees verlegten, ähnlich wie es mit Tabak geschieht, und der Arzt Bligny rühmt sich, aus dem Tee auch eine Konserve, ein „destilliertes Wasser“ und zwei Arten Sirup dargestellt zu haben. In England war das Teetrinken um 1700 schon allgemein ver- breitet und der Tee versteuert. Deutschland verdankt die Bekanntschaft mit dem Tee den holländischen Ärzten des Großen Kurfürsten. Im Jahre 1662 kostete, nach den von Flückiger veröffentlichten Dokumenten, eine Hand voll Tee in den Apotheken der Stadt Nord- hausen noch fünfzehn Gulden, doch im Jahre 1689 in Leipzig nur noch vier Groschen. Nach Rußland ge- langte der Tee nicht über das westliche Europa, sondern direkt durch Vermittlung der asiatischen Gesandtschaft, ' und schon in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts wurde er dort zu einem allgemein be- liebten Getränk. Der Tee heißt dort Tschai, ent- sprechend seiner Herkunft und dem Namen, den er auch bei den Arabern im achten Jahrhundert führte, während in Polen, das in regem Verkehr mit dem Westen stand, aus herba theae „Herbata“ gebildet worden ist. 130 Der wichtigste Bestandteil der Teeblätter ist das Koffein, derselbe Körper, den die Kaffeebohnen ent- halten, und der auch dem Theobromin des Kakao äußerst nahe steht. Ebenso ist der Paraguay- Tee oder Mate koffeinhaltig, und denselben Stoff führen auch die Kola-,Nüsse‘“. Der Mate zählt sehr warme Anhänger, die ihm gern eine weite Verbreitung auch bei uns wünschen möchten. Die frischen Blätter dieser Pflanze werden in Pfannen geröstet und dann auf Mühlen zerkleinert. Das grobe, grüne Pulver nimmt nach einiger Zeit einen aromatischen (Greruch an. Der Aufguß wird wie beim chinesischen Tee zubereitet. Man schätzt ihn in Süd- amerika sehr als Verdauungs- und Erfrischungsmittel und rühmt ihm nach, daß er Ermüdung und Sorgen verscheuche. Unsere Zunge muß sich freilich an dieses (retränk erst gewöhnen. Die Kultur des Kaffeebaumes haben die Araber zuerst in großem Maßstabe betrieben, während Europa, mit Ausnahme der Türkei, vor Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, nur wenig von dem Bestehen dieses (zse- nußmittels wußte. Nach Konstantinopel hatte Selim I. 1517 aus Ägypten den ersten Kaffee gebracht, und zwanzig Jahre später gab es dort bereits viele Kaffee- häuser. Nach dem Westen Europas gelangte der Kaffee durch die Venezianer. Prosper Alpinus, der als Arzt des venezianischen Konsuls in Ägypten lebte und von 159I—1593 sein Werk über ägyptische Pflanzen veröffentlichte, gab die erste, wenn auch wenig vollkommene, botanische Beschreibung des Kaffeebaumes. Von Venedig aus, wo das erste Kaffee- haus im Jahre 1645 eröffnet wurde, verbreitete sich 136 die Sitte des Kaffeetrinkens rasch über ganz Italien. Wie Le Grand d’Aussy eingehend beschreibt, war es in Frankreich Marseille, das im Jahre 1614 mit der Errichtung von Kaffeehäusern den Anfang machte. In Paris kam das Kaffeetrinken erst unter Ludwig XIV. auf, und zwar vornehmlich durch den Einfluß von Soliman Aga, dem Gesandten Mohammeds III. der sich die Gunst der Pariserinnen in solchem Maße zu erwerben wußte, daß es Mode wurde, ihm Besuche abzustatten. Er ließ den Damen nach orientalischer Sitte den Kaffee darreichen; es trugen ihn Sklaven in glänzenden Porzellantassen auf goldbefransten Servietten herum. Die fremdartige Einrichtung der Zimmer, das Sitzen am Boden, die Unterhaltung, die mit Hilfe eines Dolmetschers geführt wurde, alles das, meint Le Grand d’Aussy, mußte den Kopf der Französinnen verdrehen. Überall hörte man von den Solimanschen Kaffeegesell- schaften sprechen, alle wollten von seinem Kaffee ge- kostet haben. Sich Kaffeebohnen zu verschaffen, war aber damals noch schwer; das Pfund kostete zudem bis an vierzig Taler. Im Jahre 1672 eröffnete ein Armenier namens Pascal auf dem Quai de l’Ecole das erste Pariser Kaffeehaus, welches nach dem Getränke, das es darbot, die Bezeichnung „Cafe“ erhielt. Es stellte eine „Boutique“ dar nach Art der orientalischen und machte schlechte Geschäfte, da es für das feinere Publikum, welches noch allein den Kaffee trank, nicht vornehm genug war. Das erkannte richtig der Floren- tiner Procope, derselbe, der sich um Paris durch die Einführung des Gefrorenen verdient gemacht hat; er richtete gegenüber der alten Comedie Frangaise ein Cafe ein, welches außer dem ursprünglichen Getränk 137 auch Tee, Schokolade, Eis und verschiedene Liköre darbot und geschmackvoll dekoriert sich alsbald des größten „Succes“ erfreute. Die Zahl der Nachahmer war bald erheblich, und 1676 hatte Paris schon eine große Menge Kaffeehäuser aufzuweisen, deren Einfluß sich als ein sehr günstiger erwies, weil er der Trunksucht steuerte. Was Ludwig XIV., „ce Roi si decent“, wie sich Le Grand d’Aussy ausdrückt, mit harten Strafen nicht durchzusetzen vermochte, hatte man dem Floren- tiner Procope nunmehr zu danken. Als ganz unge- fährlich galt jedoch der Kaffee nicht, und die Marquise de Sevigne rät ihrer Tochter in einem Briefe aus dem Jahre 1680, dem Kaffee etwas Milch zuzusetzen, „pour en temperer le danger“. In England findet sich der Kaffee durch Baco von Verulam schon 1624 erwähnt. Das erste Kaffeehaus errichtete in London 1652 der Armenier Pasqua, der Diener eines türkischen Arztes. Die englischen Kaffeehäuser gewannen bald, nach Macaulays Schilde- rung, die Bedeutung einer wichtigen politischen Insti- tution, denn in ihnen strömten alle Neuigkeiten aus Stadt und Land zusammen, so daß sie die Stelle von Zeitungen vertraten. Als die Regierung sie 1675 zu schließen wagte,erhob sich darüber solche Empörung, daß ihr Verbot bald wieder aufgehoben werden mußte. Die geistige Elite der Zeitdrängte 3 sich in Wills _ be- rühmtem Kaffeehaus ® zusammen. Berlin folgte weit später nach, denn Volz gibtan, daß dortdaserste Kaffee- Cladophora laetevirens. 138 haus erst im Jahre 1721 entstand. Eine Anzahl deutscher Städte waren in dieser Beziehung Berlin vorangeeilt; in Hamburg gab es schon 1679, in Nürnberg und Regens- burg 1686, in Köln 1687 Kaffeehäuser. In Wien gründete ein gewisser Kolschitzky im Jahre 1683, also bei der Befreiung der Stadt von den Türken, das erste Kaffee- haus. Des Türkischen mächtig, als Türke verkleidet, hatte dieser Kolschitzky erfolgreiche Kundschafter- dienste getan, wofür er, nach Eroberung des türkischen Lagers, die mit Kaffeebohnen gefüllten Säcke, die man dort vorfand, als Lohn sich erbat. Das” war der Kaffee, den er seinen Gästen zuerst kredenzte. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts war der Kaffee- genuß über ganz Deutschland verbreitet, und der Kaffee bildete bereits einen wichtigen Handelsartikel für Hamburg und Bremen. Friedrich der Große ver- suchte es vergeblich, den Verbrauch einzuschränken. In dem Bestreben, Preußen wirtschaftlich abzuschließen und ‚das Geld im Lande zu behalten“, hatte er be- sonders die teueren Kolonialwaren mit hohen Zöllen belegt; zum Teil verbot er sogar deren Einfuhr oder suchte sie zum mindesten zu monopolisieren. Marggraf und andere Chemiker wurden beauftragt, Surrogate an Stelle des Kaffees zu schaffen, was zur Bereitung von Eichelkaffee, von Kaffee aus Gerste und Roggen, ja selbst aus Rüben und Roßkastanien führte. Zichorien- kaffee wurde zu jener Zeit noch nicht hergestellt, viel- mehr, wie ich den Angaben E. von Lippmanns entnehme, erst gegen 1790. Die gebotenen Kaffeesurrogate erfreuten sich keines großen Beifalls beim Publikum, daher man 1789 zur Einführung eines Kaffeemonopols schritt, das die gewöhnlichen Konsumenten zwang, den 139 Kaffee schon gebrannt vom Staate, vierundzwanzig Lot für einen Taler, zu kaufen, während an Adelige, Geistliche und Beamten sogenannte „Brennscheine“ abgegeben wurden. Dem Tee und dem Kaffee schließt sich der Kakao fast gleichberechtigt an. Sein Anbau ist schwieriger als der vieler anderer tropischer Pflanzen, da der Kakaobaum eine sehr beständige, relativ hohe Temperatur, neben einer großen und gleichmäßigen Feuchtigkeit verlangt. Seine Heimat dürfte in den Ländern um den mexika- nischen Meerbusen liegen; jetzt wird er überall in den Tropen, soweit es die Bedingungen gestatten, ange- baut. Die Kakaopflanze gehört zu den Sterculiaceen, einer Pflanzenfamilie, die den Malvaceen nahe steht. Fast aller Kakao des Handels stammt von Theobroma cacao. Es ist ein Baum mit dunklem Laub, knor- rigem Stamm und breiter Krone, der für gewöhnlich acht bis zehn Meter Höhe erreicht. Seine Blütenstände entspringen vorwiegend am alten Holze, so daß die Früchte dann am Stamm und den dicken Ästen hängen. Die Farbe der Blüten bewegt sich zwischen weiß und rot, die Früchte werden gelb bis dunkelrot. Während die Blüten nur klein sind, können die gurkenähnlichen Früchte fünfundzwanzig Zentimeter Länge erreichen. Der Baum blüht und fruchtet fast ohne Unterbrechung, liefert aber im Jahr meist nur zwei Haupternten. Die Samen sind in säuerliches Fruchtfleisch eingebettet und bilden in der reifen Frucht fünf Längsreihen. Ihr bitterer Geschmack wird durch einen Gärungsprozeß gemildert, dem man die aus der Frucht befreiten Samen unterwirft. — In Mexiko war der Kakao schon den von den Azteken verdrängten Tolteken bekannt, so 140 daß die Spanier 1519, als sie das Land eroberten, die Kultur des Baumes in voller Entwicklung vorfanden. Ähnlich wie der Pfeffer einst in Europa, dienten in Mexiko, ja in ganz Mittelamerika, die Kakaobohnen als Münze. Die Spanier sollen bei der Eroberung Mexikos im dortigen Staatsschatze nicht weniger als 2!/, Millionen Pfund solcher Bohnen vorgefunden haben. In Mexiko wurden die gerösteten Kakaobohnen ge- schält und gestoßen, mit kaltem Wasser zu Brei an- gerührt und mit Maismehl versetzt. Die Vornehmeren fügten Gewürze, Vanille, duftende Blumen und Honig hinzu. Dieser Brei „bouillie assez degoutante“, sagt Le Grand d’Aussy, hieß Chokoladl. Ob diese Bezeich- nung von dem mexikanischen Namen der Pflanze, Kakao oder Kakagnate, oder Choko (Schaum) und Atl (Wasser) abzuleiten sei, ist wohl unentschieden. Die Spanier, welche die Schokolade am Hofe des Monte- zuma kennen gelernt hatten, führten sie bald in Europa ein, und heute noch ist es Spanien, welches die größten Mengen Schokolade verbraucht. Nach Florenz brachte Carletti die Schokolade mit, als er I606 von weiten Reisen, die sich bis nach Westindien erstreckten, heim- kehrte. Das warme Getränk, das in Florenz aus Kakao- mehl hergestellt wurde, verbreitete sich rasch in ganz Italien. Nach Frankreich kam die Schokolade 1615 mit Anna von Österreich, der Gemahlin Ludwigs XIII. Zu einiger Geltung gelangte sie erst ı661ı unter dem Ein- fluß von Maria Theresia von Spanien, Gemahlin Lud- wigs XIV. die sich aber versteckte (wie die Duchesse de Montpensier angibt), um ihre Schokolade zu trinken. Der Genuß der Schokolade muß somit damals noch als etwas Ungewohntes oder gar Verpöntes gegolten haben. 141 Indessen schon 167 ı konnte Frau von Sevigne an ihre Tochter schreiben: „Vous ne vous portez pas bien, le chocolat vous remettra“. Freilich muß die Schokolade als Heilmittel ihre Wirkung versagt haben, denn in einem späteren Briefe wird sie als „source de vapeurs et de palpitations“ angeklagt. Andererseits verteidigte ein Pariser Arzt, namens Bachot, 1684 vor der Fakul- tät eine These, in welcher er gut gemachte Schokolade als eines der edelsten Genußmittel pries, das vor Nektar und Ambrosia es verdient hätte, die Götter zu laben. Derselben Ansicht war wohl Linne, als er die Schoko- lade I769 in den „Amoenitates academicae“ behandelte und dem Kakaobaum den botanischen Namen „Iheo- - broma“, d. h. „Götterspeise“ gab. In England begann sich die Schokolade um I625 einzubürgern; fast zu gleicher Zeit findet sie sich auch in Holland. Nach Berlin brachte Bontekoe, der Leibarzt des Großen Kur- fürsten, den Kakao mit. Friedrich der Große verbot die Einfuhr der Schokolade und beauftragte denselben Chemiker Marggraf, der sich am Kaffee schon ver- sucht hatte, ein Surrogat für Schokolade herzustellen. Lindenblüten wurden hierzu ausgewählt, hatten aber wenig. Erfolg. Als die Spanier im sechzehnten Jahrhundert nach Peru kamen, war dort ein anderes Reizmittel in Ge- brauch, das der Instinkt der Eingeborenen ausgespürt hatte, nämlich das Kokain. Dieser Körper gehört ebenso wie das Koffein und das Theobromin zu den pflanzlichen Alkaloiden. Die Bewohner des Inkareiches kauten die Kokablätter ganz so wie die Hindus die Arekanuß kauen und würzten diese Blätter auch mit Asche der Quinoapflanze (Chenopodium quinoa) oder 142 mit gelöschtem Kalk, so wie es mit den Arekanüssen in Indien geschieht. Bei mäßigem Genuß wirken die Kokablätter anregend auf das Nervensystem; in zu großen Mengen genossen und bei fortdauerndem Ge- brauch werden sie verderblich. Es stellt sich dann ein Verfall aller körperlichen und geistigen Fähigkeiten bei dem „Coquero“ ein, der mit jenem unserer Alkoholiker verglichen worden ist. Den Spaniern fielen zunächst nur die üblen Folgen des Kokakauens auf, sie suchten ihnen durch Verordnungen und kirchliche Verbote entgegenzuwirken. Daher wohl die Kokablätter nicht, wie andere ähnliche Reizmittel, ihren Einzug in die alte Welt hielten. Erst die 1834 von Koller in Wien gemachte Entdeckung, daß eine Auflösung von Kokain ohne üble Folgen die Hornhaut und Bindehaut der Augen eine Zeitlang unempfindlich macht, richtete die allgemeine Aufmerksamkeit auf dieses Alkaloid. Seine Anwendung bei Augenoperationen wurde allgemein; es gewann auch für andere Gebiete der Heilkunde Bedeutung, als man seine Fähigkeit erkannte, leicht zugängliche, sensible Nerven unseres Körpers un- empfindlich zu machen. Die Kokablätter gehören einem Strauche an, der unserer Schlehe ähnlich ist, aber bedeutendere Größe erreicht. Die Blätter zeigen lebhaft grüne Färbung, sind sehr dünn, von elliptischer Grestalt und tragen ein ganz feines Spitzchen an ihrem Ende. Die gelblich-weißen Blüten fallen wenig auf, da sie nur geringe Größe erreichen. Die roten, an unsere Kornelkirschen er- innernden Früchte, leuchten hingegen schon von ferne aus dem Laub hervor. Der botanische Name der Pflanze ist Erythroxylon Coca; sie bildet eine eigene 143 kleine Pflanzenfamilie, die im wesentlichen auf die artenreiche Crattung Erythroxylon beschränkt ist. Der (geschmack der Blätter ist schwach aromatisch und läßt sich als angenehm bitter bezeichnen. Das reine Alkaloid stellt farblose Kristalle dar, die sich nur wenig im Wasser, dagegen leicht in Alkohol und noch leichter in Äther lösen. Den „Rosenäpfeln“, die wir als tropische Früchte der Gattung Jambosa schon kennen lernten, sind nächst verwandt die Grewürznelken, Blütenknospen von Jambosa caryophyllus. Ein ganz besonderes kulturhistorisches Interesse ist an diese Myrtiflore geknüpft, da sie eine äußerst markierte Rolle in. der (reschichte des Gewürz- handels gespielt hat. Sie stellt einen immergrünen Baum mit wohl ge- formter Krone dar, der über zehn Meter Höhe erreichen kann und leder- artige, glänzende, durch- 4 scheinend punktierte Blätter a 4 besitzt. Die Blüten stehen an v. den Enden der Zweige in dolden- Cneorum fricoccum. 'Y förmigen Blütenständen. Der vier- kantige Blütenstil breitet sich an seinem oberen Ende in vier dicke, kurze Kelch- lappen aus, die an ihrer Ursprungsstelle die Blumenkronblätter und Staubfäden 144 tragen. Die Kronblätter werden beim Öffnen der Blüte abgeworfen. Diesen Zeitpunkt wartet man aber nicht ab, sammelt vielmehr kurz vorher schon die „Ge- würznelken“, indem man sie mit den Händen pflückt, oder mit Bambusstäben von den Bäumen abschlägt. Sie stellen somit noch ungeöffnete Blüten eines myrten- artigen (rewächses vor und haben mit den ähnlich riechenden Blüten unserer Gärten, die wir als Nelken bezeichnen, den Dianthus-Arten, nichts als den Duft gemein. Beim Trocknen verändert sich die dunkelrote Farbe in das bekannte Braun. — Die Gewürznelken waren den Chinesen schon vor unserer Zeitrechnung bekannt. Im vierten Jahrhundert vor Christus ge- langten sie nach Europa. Man glaubte lange Zeit, daß Java oder Ceylon der Ursprungsort der Gewürz- nelken, sowie auch der Muskatnüsse sei, tatsächlich aber waren diese Inseln nur Stationen auf dem Wege des Grewürznelkenhandels. Das erfuhr erst Nicolö dei Conti, der in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts von Indien aus Java besuchte. Dort teilte man ihm mit, daß die Heimat der (Grewürze fünf- zehn Tage weiter östlich liege. Die Entdeckung der Molukken, die nach O. Wartburgs Quellenstudien wohl endgültig Antonio d’Abreo und Francisco Serrano zu- zuschreiben ist und im Jahre ı511ı erfolgte, klärte Europa über den Ursprung dieser Gewürze auf. Mit den Molukken selber gelangte der Gewürzhandel in die Hände der Portugiesen; ein Jahrhundert später eingen die Inseln in den Besitz der holländisch-ost- indischen Kompagnie über, welche die Produktion der Gewürznelken und Muskatnüsse auf jede Weise zu monopolisieren suchte und, um sie besser überwachen 145 zu können, auf wenige Inseln beschränkte. Auf den übrigen Inseln wurden die Grewürzbäume ausgerottet. Um die Preise auf bedeutender Höhe zu erhalten, brachte die Kompagnie nur begrenzte Mengen der Ware auf den Markt, und als infolge guter Ernten der Vorrat im Jahre 1760 zu stark anwuchs, wurde er zum Teil bei der Admiralität in Amsterdam verbrannt. Trotz strengster Überwachung von seiten der Hol- länder gelang es in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts den französischen Gouverneuren von Mauritius und Bourbon in den Besitz von Gewürz- nelken- und Muskatbäumen zu gelangen und sie auf ihren Inseln anzupflanzen. Zwischen 1795 und Iß8o2, als die Engländer die Molukken besetzt hielten, sorgten sie dafür, daß die Kultur der Gewürzbäume sich weiter ausbreitete. Jetzt dehnt sie sich über viele tropische Länder aus; auf den Molukken selbst ist der Anbau der Gewürznelkenbäume ganz zurückgegangen, und nur die Muskatbäume werden dort in großem Maß- stabe noch gezogen. Die Muskatbäume, die stets mit den Gewürz- nelkenbäumen genannt werden, gehören zu der Gattung Myristica, die den Lorbeergewächsen sehr nahe steht. Der wichtigste Muskatbaum ist Myristica fragrans, der auch in seinem Aussehen an den Lorbeer erinnert. Seine Blüten sind weiß oder gelblich und gleichen auffallend unseren Maiblumen. Bei so geringer Größe fallen sie wenig in die Augen. Das tun hingegen die hellgelben, aprikosenähnlichen Früchte, die der Baum zu gleicher Zeit trägt. Diese Früchte springen bei voller Reife auf, und dann leuchtet ein karmoisin- roter Samenmantel aus ihrem Innern hervor, der E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 10 146 fälschlich als Muskatblüte bezeichnet wird. In Gestalt einer zerschlitzten Hülle umgibt er den schwarz- braunen, als Muskatnuß bekannten Samen. Auch der Zimmet war einst ein Monopol der Portu- giesen, hierauf fiel er der niederländisch-ostindischen Kompagnie zu und ging auf die englisch-ostindische über, als England 1796 Besitz von Ceylon ergriff. Wie Zimmet, Gewürznelken und Muskatnuß in der niederländischen Geschichte, so spielte der ost- indische Pfeffer einst eine nicht unbedeutende Rolle in der Geschichte Venedigs. Namentlich aus Rück- sicht auf den Pfeffer lag es Venedig daran, das rote Meer und Ägypten für sich offen zu halten. Unmengen von Pfeffer wurden in Venedig, in dem Fondaco de’Tedeschi, an die Deutschen verhandelt. Im Mittel- alter herrschte, wie Flückiger besonders hervorhebt, eine heute kaum mehr verständliche Gier nach Pfeffer, der schließlich fast die Bedeutung eines überall gangbaren Zahlungsmittels erlangte. Er diente vielfach zur Be- gleichung von Abgaben, Renten, Zöllen, als Lösegeld, zu kostbaren Geschenken und wurde bei Erbschaften besonders erwähnt. Im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert nahm er entschieden den ersten Rang unter den Gewürzen ein; er stand so hoch im Preise, daß ärmere Klassen von seinem regelmäßigen Gebrauch absehen mußten und „cher comme poivre“ sprich- wörtlich wurde. Diese Sucht nach Gewürzen kam, wie I.e Grand d’Aussy erzählt, von den vielen schwer ver- daulichen Speisen, welche man damals zu genießen pflegte. Es gab raffinierte Gourmands, welche Gewürze bei sich führten, um nach eigenem Geschmack die Speisen bei Tische sich mundgerecht zu machen. 147 Der Lustspieldichter Regnard bezeichnete solche EB- künstler als „Docteurs en Soupers“. Aus der „Geschichte des Levantehandels im Mittel- alter“ von Wilhelm Heyd geht hervor, daß zu den verbreitetesten Spezereien der damaligen Zeit auch der Ingwer (Zingiber officinale) gehörte, und daß er fast ebenso stark begehrt war wie der Pfeffer. Der Gattungsname dieser Pflanze, deren Heimat in Ost- indien liegt, wird von dem Sanskritwort Songavera ab- geleitet; dieses selbst, wie mir Hermann Jacobi mit- teilt, bringen verschiedene Gelehrte zu dravidischen Sprachen in Berührung, wo im Malayälasa und Tamil die Ingwerpflanze iüji heißt, während in mehreren anderen dravidischen Sprachen ber oder ver Wurzel be- deutet. Die bis zu einem Meter hohen, grünen Sprosse des Ingwers entspringen dem wohlriechenden Wurzelstock, der im Boden versteckt ist. Sie erinnern in ihrer Tracht an die in unseren Gärten kultivierten Canna-Arten, haben aber wesentlich schmälere Blätter. Sie schmücken sich am Gipfel, falls sie zur Blüte kommen, mit dicht- gedrängten Hochblättern, aus deren Achseln gelb- und violettgefärbte Blüten hervortreten. In La Mortola blüht freilich der Ingwer nicht, und auch in Asien kommen nur selten blühbare Stengel zur Entwicklung. Stücke des Wurzelstockes sind es, die, geschält oder unge- schält, als Ingwer in den Handel gelangen. Der aus China eingeführte, in Zucker gekochte Ingwer stammt von zarten, sorgfältig geschälten Wurzelstöcken. Ein- gemachter Ingwer wurde schon im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung in irdenen Töpfen nach Italien eingeführt; doch war Marco Polo der erste Europäer, der auf seinen Reisen in China und Indien von 1280 IO* 148 bis ı2go die Pflanzen zu sehen bekam. Dieser mit Recht hochberühmte Reisende erwarb sich überhaupt sehr große Verdienste um die Erforschung von China. Aus diesem Grunde hat ihm der Besitzer von La Mor- tola, der selbst viele Jahre im „Reiche der Mitte“ lebte, in der Eingangshalle seiner Villa ein glänzendes, von Salviati in Venedig aus Glasmosaik auf Goldgrund aus- geführtes Brustbild gewidmet. Da freilich ein authen- tisches Bildnis Marco Polos nicht bekannt ist, blieb es der Phantasie des Künstlers überlassen, wie er sich ihn vorstellen wollte. IX. Unter den großen Eindrücken, die man auf der vielgepriesenen Bergstraße empfängt, die als „Route de la Corniche“ Mentone mit Nizza verbindet, darf die Aussicht landeinwärts in die schneebedeckten Seealpen nicht fehlen. Im Frühjahr sind die hohen Berge aber meist in Wolken gehüllt und so den spähenden Blicken entzogen. Man muß daher besonders klare Tage für die Wanderung wählen. Dann ist der Eindruck von unvergleichlicher Wirkung. Die Straße fängt bei Rocca- bruna zu steigen an und folgt in unzähligen Windungen dem Abhange. Oft biegt sie so scharf um nach der steilen Bergwand, daß man meint, sie müsse in ihr Inneres dringen, plötzlich schlägt sie wieder die Rich- tung zum Meere ein, als wolle sie sich in seine Fluten stürzen. Fort und fort wechseln die Bilder. Abwärts taucht der Blick in grüne Täler und trifft immer neue Einschnitte der Küste; aufwärts wird er begrenzt durch die mächtigen Kuppen des Gebirges. Wo diese aus- einandertreten, da tauchen, wie mit einem Zauberschlage, 149 die schneebedeckten Häupter der Seealpen in der Ferne auf. Den höch- sten Punkt hat die Corniche ‚ bei La Turbie,deralten Trophea, & oder Furris in. via, ‚etwa = 5oo Meter über dem Meere, erreicht. Die Corniche folgt der alten römischen Straße, die im Mittelalter so verfiel, daß sie nur noch einen Saumweg für Maultiere bildete, der über Abgründe zog. Napoleon I. war es, der sie im Jahre ISos, so wie ’ sie heute ist, ausbauen ließ. Jetzt „ ist die Turbie sogar durch eine Zahnradbahn mit Monte-Carlo ver- bunden. Einst lief hier die Grenze, Convolvulus althaeoides. / /welche Gallien von Italien schied. Der weit sichtbare, aus mächtigen Trümmern aufsteigende Turm, der als Turm des Augustus bekannt ist, trotzt noch immer der Zeit. Mit seinen zackigen Zinnen, erst im vierzehnten Jahr- hundert erbaut, ging er aus den Quadern des gewal- tigen Denkmals hervor, das hier der Senat und das römische Volk dem Öctavian errichten ließen, als die Schlacht bei Actium ihn zum Herrn der Welt erhob. Man nimmt auf Grund von Ausgrabungen an, daß die - Fe 2 150 römischen Legionen an dieser Stelle bereits einen Tempel des phönikischen Melkart vorfanden und für ihr Denkmal verwertet haben. Plinius hat uns die Inschrift aufbewahrt, welche das Denkmal auf seinen vier Seiten trug. Außer der Widmung an den Caesar Imperator standen da die Namen von vierundvierzig Alpenvölkern verzeichnet, welche unter römisches Joch gebeugt worden waren. Ein Standbild des Kaisers krönte das Denkmal, das, alter Schilderung nach zu urteilen, großartig gewesen sein muß. Trotzdem schonten es die späteren Geschlechter nicht. Die Langobarden begannen seine Zerstörung. Die Sarazenen gestalteten es zur Festung. Dann schöpften jahrhundertelang die Bewohner von La Turbie und von Monaco aus den Trümmern, wie aus einem Steinbruch, die Quadern zum Bau ihrer Kirchen und Häuser. Im zwölften Jahr- hundert holten sich die Genueser hier Marmor zum Schmucke ihrer Bauten, und. was dann noch übrig blieb, wurde am Hochaltar in der alten Kathedrale von Nizza verbraucht. — Von La Turbie aus sieht Monte-Carlo mit all seinem Glanz und Elend nur wie ein unschuldiges Kinderspielzeug aus. Daneben steigt der Fels von Monaco aus den blauen Fluten auf. Der Name Monaco wird von „Monoikos“ oder von Menuakh abgeleitet. Als Monoikos wurde ein Herakles im Altertum verehrt, der als einziger Gott seinen Tempel bewohnte, Menuakh hieß die phönizische Gott- heit, die Ruhe oder Zuflucht gewährte. Erst ganz neuerdings sucht Salomon Reinach dem Namen eine andere Deutung zu geben (Anm. ı5). Er führt ihn auf den ligurischen Stamm der Monocci zurück, die in der Nähe des heutigen Monaco gewohnt haben 151 müssen. Die Griechen hätten Monoiko daraus ge- macht und dem Wort einen anderen Sinn gegeben. Hoch oben über der Turbie umzieht ein Kranz von Befestigungen, die Frankreich errichten ließ, den Gipfel des Mont-Agel und mahnt uns auch in diesem sonnigen Lande an die Schattenseiten unserer Kultur. Von diesem höchsten Berge der Küste, ıı50o Meter über dem Meer, genoß man früher eine der groß- artigsten Aussichten der Riviera. Wer jetzt dort oben Natureindrücke suchen wollte, würde üble Erfahrungen machen. Als Glanzpunkt der Corniche erscheint mir die Stelle, an welcher Eza auf schroffem Fels, mitten in der Landschaft, auftaucht. Welcher gewaltige Kraft- aufwand war nötig, um in so schwindelnder Höhe, unvermittelt zwischen Himmel und Erde, aus mäch- tigem Gestein Burgen zu erbauen! Von Abgründen umgeben, vor Überraschungen sicher, haben nach- einander Ligurier, Römer, Lombarden, Sarazenen, (Grenueser diesen Adlerhorst beherrscht. Armselige Häuser suchten dann Schutz an den gewaltigen Mauern der Burg, und auch heute noch stehen sie da und drängen sich um die zerfallenen Ruinen. Die alte Pracht verschwand von dieser Stätte, das Elend ist geblieben. Von außen aber vergoldet es die strahlende Sonne des Südens und hebt die stolzen Felsen maje- stätisch ab von dem blauen Hintergrund des Meeres. Nizza wird immer größer, verliert den ursprüng- lichen italienischen Charakter, nimmt ganz den einer eleganten, kosmopolitischen Stadt an und schwelgt in modernen Lustbarkeiten. Endlos folgen im Winter Redouten, Blumenschlachten, Regatten, Pferderennen 152 aufeinander. Die Sucht nach Vergnügen hat hier auch die einheimische Bevölkerung ergriffen. Nizza ist jetzt ähnlich „en vogue“ wie im Altertum etwa Bajä und bietet auch entsprechende Genüsse. Wie merkwürdig, daß die Wahl gerade auf diesen Ort fiel. Hatte er doch ganz besonders schwere Schicksalsschläge im Lauf der Zeiten erduldet. Unzählige Male wurde Nizza geplündert und verwüstet durch Goten, Langobarden, Sarazenen und Provenzalen; Frankreich eroberte es wiederholt, um es zu verlieren und wieder zu gewinnen. Des öfteren wütete in dieser Stadt die Pest; sie wurde von afrikanischen Heuschrecken häufig überfallen, durch starke Kälte ihrer Oliven- und Orangenbäume mehrfach beraubt, so zuletzt im Jahre 1820, also vor nicht gar zu entfernter Zeit. Daher vielleicht der Leicht- sinn, der sich seiner Bevölkerung bemächtigt hat, und der den Grund dazu legte, daß Nizza zu einer Metropole der schalen Vergnügungen wurde. Mein Ziel war Nizza nicht, vielmehr das Cap d’Antibes, ein Ort, den ich schon vor vielen Jahren lieb gewonnen hatte. Ein Aufsatz von George Sand, in der „Revue des deux mondes“ vom Jahre 1868, lenkte zuerst meine Aufmerksamkeit auf die Schön- heiten dieses Vorgebirges. George Sand besuchte den auf dem Rücken des Kaps gelegenen Garten des hervorragenden französischen Botanikers Thuret und war von der Aussicht hingerissen, die sich ihr dort darbot. Daß trotzdem das Kap so unbeachtet blieb, hängt mit seiner etwas exponierten Lage zusammen, die es zum Aufenthaltsorte für Lungenleidende, die einst die wichtigsten Wintergäste der Riviera waren, weniger geeignet macht. Das Kap ist in das Meer weit vor- geschoben und daher den Winden ausgesetzt. Man überblickt von ihm aus die ganze Kette der schnee- bedeckten Alpen. Es ist infolgedessen aber auch weniger gegen den kalten Luftstrom geschützt, der von den Bergen kommt, so daß die Temperatur hier gelegent- lich ziemlich tief sinken kann, besonders an der Nizza zugekehrten Seite. Die harten Kalkfelsen treten am Strand überall zutage, und es gibt nicht viele Orte der Ponente, an denen man weniger durch Staub zu leiden hat als hier. Ich halte das Cap d’Antibes für einen der Glanzpunkte der Riviera. Wer dessen Herrlichkeit in ganzer Fülle sofort genießen will, der besteige den Hügelrücken, der den Leuchturm und das bescheidene Kirchlein Notre-Dame de la Garde trägt. Den Anblick, den man dort bei klarem, sonni- gem Wetter genießt, ist geradezu überwältigend. Das Cap d’Antibes reicht soweit in das offene Meer hinein, daß man von ihm aus, wie von einem Schiff, das ganze Land überblickt. Es trennt den Grolfe-Juan von der Baie des Anges und beherrscht gleichzeitig die beiden Buchten. Im Westen wird das Bild, das sich vor den Augen des Beschauers ausbreitet, von dem Esterel-Gebirge abgeschlossen, das in reicher Gliede- rung unvermittelt dem Meere entsteigt. Das Esterel erinnert in seinen Umrissen an das Siebengebirge, den Stolz des Rheinlandes, was sich aus dem vulkanischen Ursprung, der beiden zukommt, erklärt. Das vom Cap d’Antibes nur eine Stunde Weges entfernte Cannes wird durch die Landzunge der Croisette verdeckt; frei liegt hingegen vor dieser im Meere die Lerinische Insel Sainte Marguerite. Dort erkennt man deutlich das Fort, in welchem einst der mysteriöse „homme au 154 masque de fer“ und neuerdings Bazaine eingekerkert waren. Es folgt längs der Küste ein Ort auf den andern. Zunächst das Städtchen Golfe-Juan, in dessen wohlgeschütztem Hafen das französische Mittelmeer- geschwader vor Anker liegt. Zahlreiche Villen und Gärten decken die grünen Hügel, die sanft gegen das Meer abfallen. Nach Südwesten hin erstreckt das Cap d’Antibes noch einen Seitenarm in die Fluten, und dieser trägt ein kleines Fort und daneben ein stattliches Hotel. Gegen Süden verliert sich der Blick in dem offenen Meer; gegen Osten kann er der Küste bis jenseits Bordighera folgen, wo die Berge endlich in dem Blau der Ferne schwinden. Im Halbkreis reihen sich, längs der Baie des Anges, die Häuser von Nizza anein- ander und steigen auch an den Hügeln empor. Im Vordergrund zeichnet sich grell das alte Antipolis im mittelalterlichen Gewande, von steilen Mauern und Laufgräben umgeben und von dem malerischen Fort Carr& beherrscht, das Vauban zu seinem Schutze er- baute. Nach Norden türmen sich Berge auf Berge, um endlich in den schneebedeckten Seealpen ihren verklärten Abschluß zu finden. So zeigt dieses Bild all das Erhabenste in sich vereint, das die Natur zu bieten vermag. Wie wirkungsvoll ist der Gegensatz zwischen der unbegrenzten Fläche des Meeres und den bewegten Umrissen der himmelstürmenden Bergriesen; wie zart wird der Übergang vermittelt von der azurnen Farbe des Himmels zu dem matten Grün der Küste; wie schroff setzt der glänzendweiße Schnee von dem dunklen Blau des Himmels ab! Unbeengt atmet man in diesem weiten Raum, man fühlt sich geläutert durch die hehren Bilder, welche die Seele spiegelt. Der Ursprung des kleinen Kirch- leins der Notre-Dame de la Grarde soll bis auf das neunte Jahrhundert zurück- reichen. Es ist mit manchem ex voto ge- schmückt. Ringe und Ketten von Schiffen, kleine aus Holz geschnitzte Kähne deuten den Dank der Schiffer an, die Rettung aus stürmischer See fanden. Über das Hötel du Cap d’An- tibes bildete sich ein ganz eigener Mythus aus. Es hieß, de Ville- messant, der einst vielgenannte Redakteur des „Figaro“, hätte den Bau veranlaßt, um ein Heim für Schrift- steller und Künstler zu schaffen, “u in welchem sie durch die herr- # liche Umgebung zu erfolgreicher Arbeit angeregt werden sollten. Dieser Mythus war aber nur eine „Blague“, durch entsprechende Zeitungsartikel verbreitet und durch eine „Expedition“ groß- gezogen, die die Redaktion | des „Figaro“ nach dieser Gegend in Szene setzte. In Wirklich- keit scheint ein ganz anderer Beweggrund als der __ vorgeschützte das Unter- Coriaria nehmen geleitet zu haben, / myrtifolia. nämlich der Wunsch, eine neue Station an der Riviera zu gründen, 156 von gleicher Rentabilität wie das rasch aufblühende Cannes. Man wollte es Lord Brougham nachmachen, von welchem der Reisebericht des „Figaro“ vom 25. April 1867 erzählte, er habe die Stadt Cannes entdeckt, in- sofern entdeckt, als er dort Grundstücke zu 5 Sous den Meter vorfand, die sich bald zu 60 Francs ver- kauften! Der „Figaro“ ließ es aber bei diesen schönen Plänen bewenden, und die projektierte „Villa Soleil“ kam nie zustande; wohl aber ließ ein Russe, der das Cap d’Antibes schon bewohnte, damals das Hotel du Cap erbauen. Das Unternehmen mißglückte, ein Pächter folgte dem andern, bis endlich das Haus geschlossen wurde. Erst später, als die Zahl der Reisenden bedeutend zugenommen hatte, stellten sich günstigere Bedingungen für sein Aufblühen ein. Das Hotel kam in sorgsame und geschickte Hände, wurde neu ausgestattet und gedeiht jetzt mehr und mehr... ' Seine Läge ist einzig "schon den Fenstern der Vorderseite hat man den vollen Blick auf den Golfe-Juan und das Esterelgebirge, während die Fenster der Rückseite nach den schnee- bedeckten Alpen schauen. Ein großer Garten um- gibt das (Grebäude und reicht bis zum Meere hinab. Er verliert sich in dem duftigen mediterranen Gestrüpp, und wo dieses aufhört, setzen nackte, zerrissene Felsen die Landzunge fort. Unaufhörlich wälzt dort das Meer seine Wogen gegen die Felsen, und heftiger Sturm jagt den Schaum der Wellen über sie hinweg. Zu tausend Klippen sind die steilen Abhänge des Kaps zerklüftet, bilden phantastische Stufen, Grotten, Buchten und Verstecke, und zu jeder. Tagesstunde läßt sich an dem jähen Absturz eine Stelle finden, an der man 157 vor der Sonne und meist auch vor dem Winde ge- schützt, mit einem Buche in der Hand, sich nieder- lassen kann. Greelesen wird freilich kaum, denn die blauen Wellen schlagen fort und fort gegen die Steine und stören durch ihr Plätschern. Einmal berühren sie den Fels nur sacht, so daß man sie kaum hört; dann wieder schwellen sie an und plaudern so laut, als wünschten sie vernommen zu werden. Zuweilen rollt die schwellende Flut dicht heran, dann flieht sie wieder, und unwillkürlich folgt das Auge ihr nach. So lassen sich Stunden über Stunden verträumen an dem steinigen Strande von Antibes, und unbemerkt verfliegt ein Tag nach dem andern. Die Nerven ruhen aus und sammeln neue Spannkraft für die gesteigerten Anforderungen der Zeit. — Ebenso wonnig, wie auf seeumspülten Felsen, lagert es sich zwischen den duftenden Sträu- chern, mit dem blauen Zeltdach des Himmels über dem Haupte und einem begrenzten Stück azurnen Meeres zur Seite. Man hat seine Decke über Myrten aus- gebreitet und ruht nun wie auf einem Polster. Gewiß gehört es mit zu den hohen Reizen dieses bevorzugten Ortes, daß man aus dem Garten in die volle Natur sofort eintreten kann. Denn die bunten und wohlriechenden Gewächse, die den Strand bedecken, wurden nicht von Menschenhand gepflanzt. Sie sind hier heimisch und stellen einen Vegetationstypus dar, der für das Mittel- meergebiet sehr bezeichnend ist und den Namen Macchia auf italienischem, Maquis oder Garigue auf französischem Boden führt. Es gab eine Zeit wo das, ganze Kap von duftendem nn den nur stellenweise /J ÖOlivenhaine unterbrachen, überzogen war. Überall hat dann dieses duftige Gestrüpp der sich ausbreiten- 158 den Kultur weichen müssen. Über größere Flächen ausgedehnt, findet man es nur noch im Maurengebirge und dem Esterei. in unbegrenzter Prachtentfaltung tritt die Macchia dem Reisenden auf Korsika entgegen. Das Cap d’Antibes war einst durch seinen natür- lichen Pflanzenreichtum ausgezeichnet; auf ihm drängten sich alle wichtigsten Typen der provenzalischen Flora zusammen. Viele mußten der Kultur seitdem weichen; doch was übrig blieb, ist immer noch der näheren Betrachtung wert. Die Eigenart des Makis wird durch immergrüne Sträucher bestimmt. Selbst eine Anzahl baumartiger Gewächse nimmt in dem Maki Strauchform an. Bei der großen Mehrzahl dieser Sträucher hat das Laub eine bedeutende Einschränkung erfahren, ja es ist zum Teil verschwunden. Das alles befähigt diese Pflanzen, langanhaltende Dürre auszuhalten. Im Früh- jahr, wenn die nötige Bodenfeuchtigkeit zur Ver- fügung steht, kommen sie fast alle gleichzeitig zur Blüte und zaubern dann auf dem zuvor dürrem Boden üppige Gärten hervor. Die Herrschaft in dem Maki führen aromatische Gewächse. Ihr Aroma schützt sie gegen Tierfraß, was sehr erwünscht ist bei so trockenem Klima, in dem es der Pflanze schwer wird, abhanden gekommene Teile zu ersetzen. Aus jedem Strauch, den man streift, befreit man ganze Ströme von Wohl- gerüchen. Dem Boden, auf den man tritt, entlockt man eine Fülle flüchtiger Essenzen: Thymian und Lavendel* (S. 265), Zistrose* (S. ı21, 125, 131), Myrte, Pistazie* und Rosmarin* (S. 359, 391) mischen ihre Düfte und erfüllen mit ihnen die Luft. Die Färbung des Maki ist eine bräunlichgrüne, “ünd erst die Blüten 159 beleben den einförmigen Ton. Sie treten auf in end- loser Fülle. Das zarte Blau der Rosmarinblüte ge- sellt sich dann zum grellen Gelb der Grinster, die helle Farbe der Zistrosen zum dunkeln Violett des Lavendels. Auf Korsika sehen um die gleiche Zeit die Abhänge wie ein einziger Blumenstrauß aus, und der Wanderer wird von dem Duft berauscht, der diesem Blütenmeer entströmt. Nicht ohne Grund behaupten die Schiffer, daß man Korsika im offenen Meere schon aus weiter Ferne riechen könne. Nach diesen würzigen Duft seiner Heimatsinsel sehnte sich einst Napoleon zurück, auf Sankt Helena, als sein Ende nahte. An den südlichen Abhängen unterhalb des Leucht- turmes, auch an einigen anderen Stellen des Kaps und auf der kleinen Landzunge vor dem Garten des Kap-Hotel kann man noch immer eine ganze Anzahl von Pflanzenarten zusammenlesen, die bezeichnend für den Maki sind. Unter den strauchartigen Formen erkennt man im Maki die Myrte leicht an ihren glänzend lederartigen, lanzettförmig-spitzen, einander gegenüberstehenden Blättern. Im zeitigen Frühjahr fehlen ihr noch die Blüten, die erst im Juni sich reichlich zu entfalten pflegen. Hingegen tragen die Sträucher noch vereinzelte bläulich-schwarze Früchte vom vorigen Jahr. Zerreibt man die Blätter zwischen den Fingern, so verbreiten sie ein würziges Aroma. Da die Myrte als Sinnbild der Schönheit und der Jugend galt, meinte man wohl, daß auch dem aus ihrer Rinde hergestellten „Eau d’anges“ geheimnisvolle Kräfte innewohnen müßten. Man benutzte dieses Wasser früher in Frankreich viel, um die schwindende Schön- heit zu retten. 160 Sehr häufig ist im Maki die Lentiske oder Mastix- Pistazie (Pistacia lentiscus) anzutreffen* (S. 359). Sie entwickelt sich hier nur zum Strauche, während sie in anderer Umgebung zum Baume emporwachsen kann. Einen schönen Lentiskenbaum, mit dichter, schirm- förmiger Krone, kann man unweit des Kaphotels, von der Straße aus, die nach Golfe-Juan führt, in dem Garten der Villa „La Cigaroune“, bewundern. Die dunkelgrünen, paarig gefiederten, lederartig zähen, oberseits glänzen- den Blätter kennzeichnen dieses Gewächs; es kommt ihm außerdem ein harziger Duft zu. Die Pflanze ist zweihäusig, sie trägt entweder nur männliche oder weibliche Blüten. Trotz ihrer geringen Größe fallen die männlichen Blüten aus der Ferne auf, weil sie vor ihrer Entfaltung dunkelrot gefärbt sind und in dichten Trauben beisammen stehen. Weniger machen die weiblichen Blüten sich bemerklich, da das Grün an ihnen vorherrscht. Wie die männlichen Blüten der Pistazie im wesentlichen auf Staubgefäße, so sind die weiblichen auf Fruchtknoten beschränkt, ohne farbige Hülle, also nicht auf die Anlockung von Insekten, sondern auf Windbestäubung eingerichtet. Man sieht wie jeder Windstoß den Pollen offener Blüten in Wolken davon trägt. Der Lentiskenbaum liefert den altberühmten Mastix, der jedoch nicht aus dem Strauchwerk des Maki, sondern nur aus sorgsam gepflegten Bäumchen gewonnen wird. Diese ‘gedeihen am besten im griechischen Archipel, be- sonders auf Chios und haben dieser Insel den Namen Mastix-Insel verschafft. Das Harz, welches aus künst- lich ausgeführten Einschnitten, doch auch von selbst aus den Zweigen hervortritt, findet seine hauptsäch- ı61 lichste Verwendung im Orient, wo es als Kaumittel dient. Es heißt, daß Mastix das Zahnfleisch festige und den Atem parfümiere. Vornehme türkische Frauen bringen den ganzen Tag mit Mastixkauen zu. Auch liebt man es im Orient Grebäck, Konfitüren und Honig mit Mastix zu ver- setzen. Bei uns wird er nicht selten den Zahnpulvern zugesetzt; vor- nehmlich dient er aber zum Räuchern. Zahlreich drängen sich von allen Seiten die Ziststräucher vor. Sie erreichen aber kaum über einen Meter Höhe, sind reich verzweigt und mit bräunlich- grünen, klebrigen Blättern dicht bedeckt. Die eine Art blüht weiß und ist als Cistus monspeliensis* (S. 125) zu erkennen, die andere ‚> trägt weit größere, rosenrote Blü- en ten und heißt Cistus albidus* (S. ı21). Die Blüten dieser Sträu- cher sind äußerst zart; ihre Kronblätter liegen zusammengeknittert in der engen Knospe. Sie entfalten und glätten sich im Sonnenschein und breiten zugleich ihre zahlreichen gelben Staubfäden aus. Sie welken rasch, wenn man die Zweige pflückt, doch entfalten sich an diesen, wenn man sie in Wasser stellt, u alsbald neue Blüten. Die Ziststräucher tragen be- deutend dazu bei, dem Makis von Antibes einen E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 11 I62 charakteristischen Geruch zu verleihen. Das Gummi- harz, welches einige südeuropäische Zistusarten (Cistus creticus, C. ladaniferus) ausschwitzen, war unter dem Namen Ladanum oder Labdanum früher ein berühmtes, von griechischen Ärzten viel empfohlenes Heilmittel. Heute wird es nur noch zum Räuchern benutzt. — Den Ziststräuchern nahe verwandt sind die Sonnenröschen, Helianthemum-Arten, die auch unserer Flora nicht fehlen und in den Makis hier und dort ihre zarten schwefel- gelben Blüten entfalten. — Über die Umgebung ragt ein stark bewaffneter Strauch mit gelben Schmetter- lingsblüten, die Calycotome spinosa” (S. 103), hervor. Fr ist mit verzweigten Dornen an. seinen ver- schränkten Seitenzweigen so dicht besetzt, daß man ihm im Makis sorgsam ausweichen muß. Nur im Frühjahr zeigt er sich mit Laub und Blüten ge- schmückt und färbt ganze Abhänge so leuchtend gelb an der Riviera, daß sie schon aus der Ferne in der Landschaft glänzen: Als genüge ihm der Schutz seiner Dornen nicht, verteidigt er sich auch noch mit Gift und wird in Italien „Scannabecco“, was Ziegen- töter heißt, genannt. Beim Anblick dieses Strauches wundert man sich nicht mehr, daß eine ihm nah ver- wandte Ginsterart, die ebenso dornige (renista acantho- clada der griechischen Berge, als Bild des Schreckens einst in den Tartarus versetzt wurde. Sie lieferte, der Sage nach, in der Unterwelt die Ruten zum Peitschen der (sottlosen. — Weniger unzugänglich und ge- fährlich ist ein anderer, in dieselbe Verwandtschaft ge- hörender Strauch, die Binsenpfrieme (Spartium junceum)” (S. 457), eine bis drei Meter hohe Pflanze mit ruten- förmigen, grünen Ästen, die im Frühjahr Blätter und / 163 große, goldig-gelbe Blüten tragen. Das Volk streut diese schönen Blüten auf den Weg der Prozessionen. Bienen und Hummeln werden durch sie auch an- gezogen und sammeln auf ihnen Pollen. Da ist es nun lehrreich, den Mechanismus zu beobachten, den die Blüte dabei in Tätigkeit setzt. Sobald das Insekt sich auf sie niedergelassen hat und es versucht, den Kopf zwischen die beiden seitlichen Kronblätter, welche bei den -Schmetterlingsblütlern Flügel heißen, unter die Mitte des oberen Kronblattes, der sogenannten Fahne, zu stecken, so führt das untere, aus zwei Kronblättern bestehende „Schiffchen“ eine Abwärtsbewegung aus, und befreit einen Teil der Staubgefäße, die ihren Pollen dem Insekt an den Unterleib schleudern. Mit einem zweiten Ruck tritt dann der Griffel aus dem Schiff- chen hervor und schlägt das Insekt auf den Rücken. Auch er bestreut es mit anhaftendem Pollen. Von Blüte zu Blüte fliegend und den Pollen eifrig sammelnd, müssen die Insekten unbewußt die Bestäubung der Pflanze vermitteln. Man kann, ohne auf sie zu warten, Einblick in diesen Vorgang gewinnen, wenn man mit dem Finger gegen das Ende des Schiffchens einer frisch geöffneten Blüte drückt. Aus den Zweigen der Binsenpfrieme werden Körbe, Netze, ja selbst Schuhe geflochten, den Bast benutzt man zum Binden, auch eine Art Leinewand stellt man aus ihm her. Zu den Charakterpflanzen des Maki gehört auch der Rosmarin* (S. 391), den man an seinen hellblauen Lippenblüten und seinen steif linealen, unterseits weiß- filzigen Blättern und seinem Duft erkennt. Sein wohl- riechendes Öl verflüchtigt sich, wenn man die Blätter zerreibt. Er ist eine sonst gewohnte Erscheinung im 1 164 Maki, am Kap von Antibes aber nicht vertreten. Zu der Familie der Lippenblütler gehört wie er Lavandula stoechas* (S. 265), ein stark verzweigtes Stämmchen, das seine violetten Blütenähren zwischen den schmalen, weichfilzigen Blättern hervorstreckt. Was an diesem Grewächs am meisten in die Augen fällt, sind übrigens nicht die Blüten, vielmehr ein Büschel grell gefärbter Hochblätter, mit denen der Blütenstand abschließt. Sie sind es, die zur Anlockung der die Bestäubung ver- mittelnden Insekten dienen, während die in geraden Reihen an den Kanten der Ähre angeordneten Blüten klein und unscheinbar bleiben. Ihre violette Färbung ist so tief, daß sie fast schwarz erscheinen. — Überall, wo der Maki vor dem Hotelgarten dem Strande sich nähert, stellt sich in großen Mengen der Thymian (Ihymus vulgaris), ebenfalls eine lippenblütige Pflanze, ein. Dem Boden angeschmiegt, schmückt er ihn mit seinen kleinen und bescheidenen, doch in ungezählten Mengen sich entfaltenden, rosafarbigen Blüten. Zu den charakteristischen Sträuchern des Maki ge- hört der immergrüne Wegedorn, der Rhamnus alater- nus* (S. 383), an dem man Anfang März dichte Büschel kleiner, grünlich-gelber Blüten und später rote Beeren sieht. Doch werden letztere nicht an jedem Strauche gebildet, da auch dieser Wegedorn zweihäusig ist. Bei sorgfältiger Betrachtung seiner lederartigen Blätter kann man an ihrer Basis, in den Nervenwinkeln, kleine An- schwellungen bemerken, die an der Oberseite vorspringen und an der Unterseite eine mit Härchen überwölbte Höhlung bilden. Solche Gebilde hat man Domatien genannt, weil sie von kleinen Tierchen bewohnt zu werden pflegen, die erwünschte Schlupfwinkel in 165 ihnen finden. Da die Tierchen die Blätter von Pilz- sporen und sonstigen Mikroben säubern, so soll dieses Verhältnis auch der Pflanze Nutzen bringen. Die Blätter und Blüten des Rhamnus alaternus galten im Altertum als Heilmittel. Wir ziehen gern in unseren Gärten diesen Strauch als Zierpflanze. Fremdartig mutet den Nordländer an den beiden Rivieren das Wolfsmilchbäumchen, Euphorbia den- droides, an, weil doch unsere nordischen Wolfsmilch- arten nur bescheidene Kräuter sind. Bei Mentone kommen Euphorbiabäumchen von zwei Meter Höhe vor. Den Stamm solcher Bäumchen vermag man dann kaum mit den beiden Händen zu umfassen. Die Pflanze verzweigt sich während ihres Wachstums dauernd gabelartig und bildet auf diese Weise eine gewölbte Scheindolde, die durch gelbe Färbung ihrer Blüten und Hochblätter sich schon von weitem kennt- lich macht. Sie gehört zu den eigenartigsten Pflanzen- gebilden der Riviera. Man findet sie nicht nur im Maki, sondern auch sonst durch das Land zerstreut. Freilich nicht mehr am Kap. Zwischen Beaulieu und Mentone ist sie hingegen so häufig, daß sie jedem bei der Eisenbahnfahrt bereits auffällt. Schon Dioskorides und Plinius haben sie erwähnt. Zur Zeit der Sommerdürre wirft sie ihre Blätter ab und steht dann kahl da, wie unsere einheimischen Gewächse im Winter. So macht sie, wie so manches andere Grewächs dieser Flora, eine „Irockenstarre“ durch, im Gegensatz zu der „Kälte- starre“ der Pflanzen in unserem Klima. Der Milchsaft dieser Wolfsmilchart ist giftig. Das Volk an der Riviera streut ihre Zweige ins Wasser, um die Fische zu betäuben, und über einen ähnlichen Brauch wird 166 auch aus Griechenland berichtet. DBedeutend steht diesem Wolfsmilchbäumchen eine andere Wolfsmilchart an Größe nach, die im Maki sich als niedriger Busch am Boden hält, die Euphorbia spinosa* (S. 205). Sie ist ebenso gelb gefärbt wie die große Verwandte; den Artennamen führt sie aber nach ihren abgestorbenen Zweigen, die in harte Spitzen auslaufen. — An den fleischigen, kleinen, dichtgedrängten Blättern, ihren weiß behaarten, elegant überhängenden Zweigen, den kleinen, gelben, unscheinbaren Blüten, läßt sich eine sonst seltene Ihymelaeacee, die Passerina hirsuta* (S. 341), erkennen. Hier ist sie bis jetzt noch ziemlich häufig und fällt durch ihre eigenartige Tracht jedem auf. — In dem Maki stets verbreitet und auch hier am Kaphotel noch reichlich vertreten ist die baum- artige Heide (Erica arborea)* (S. ı91), die im alten Griechenland als Mittel gegen Schlangenbiß galt. Sie ist unseren Heiden ähnlich, wächst aber. aus ihrer Umgebung meterhoch hervor. Weiße, fast kugelige, kleine Blüten, aus denen schwarz-violette Staubbeutel hinausragen, zu Trauben vereint, schmücken in un- zähliger Menge die Zweige. Gegen Schlangenbiß ist sie zwar unwirksam, doch als Honigpflanze bei den Bienen sehr beliebt, auch durch ihr Wurzelholz nütz- lich, das zu Schnitzarbeiten, besonders zur Herstellung von Pfeifenköpfen, benutzt wird. — Der Erdbeer- baum (Arbutus unedo)* (S. 67) ist hingegen an hiesiger Stelle nur vereinzelt anzutreffen, sonst im Maki sehr gemein. Seine erdbeerartigen | Früchte werden auf den Märkten der Riviera verkauft. Im Aussehen gleicht dieses Bäumchen kaum der Heide, gehört dessenungeachtet der nämlichen Familie der 167 Ericaceen an. Die Übereinstimmung liegt nicht im Laub, wohl aber im Bau der Blüten. Diese sind glockenförmig, größer als die der Heide und hängen herab in rötlich-weißen Rispen. Die immergrünen, eiförmigen, am Rande stark gezähnten Blätter erinnern an die des Lorbeers. Die Früchte reifen sehr lang- sam; man findet sie oft noch an einem Bäumchen vor, das bereits neue Blüten trägt. Sie schmecken süßsäuer- lich, doch fade; daher Plinius ihren Namen „unedo" von „unum tantum edo“ (nur eine esse ich) ableitete. Dem römischen Volke dienten Arbutuszweige als Zaubermittel. Mit ihnen wurden dreimal die Pfosten und Schwellen der Türen berührt, um vampirähn- lichen Geschöpfen, die des Nachts den Kindern in der Wiege das Herzblut aussaugen, den Eingang zu verwehren. Ein Zweig des glückverheißenden Weiß- dorns, im Fenster des Schlafgemaches befestigt, hielt ebenfalls diese Unholde ab. Überalldrängtsich zwischen die anderen (rewächse des Makis die immergrüne Stein- eiche, Quercus ilex* (S. 377), ein. Sie wächst über ihre Um- gebung aber nicht hinaus. “Ihre eiförmi- gen, vorn zugespitzten, recht vielgestaltigen Blätter sind unterseits grau und an Cytinus ö hvypocvstis. diesem Merkmal zu erken- „Po nen. Die scharfe Zähnelung des Blattrandes 168 kann fehlen. Außerhalb des Makis ist die immer- grüne Steineiche ein mächtiger Baum. Aus ihrem Laub wurde im alten Rom die Bürgerkrone ge- flochten, von der Plinius sagt, sie überstrahle alle änderen Kränze, auch die kostbarsten, an Würde. Zu der Steineiche gesellt sich im Makis auch die Kermeseiche (Quercus coccifera)* (S. 37T), die unter allen Umständen strauchartig bleibt. Am Cap d’Antibes ist sie selten, viel häufiger findet man sie im Makis des Esterelgebirges und als Unterholz bei Hyeres. Dort sammelt man auch noch von ihren Zweigen die braunroten, bis erbsengroßen, mit rotem Saft er- füllten, trächtigen Weibchen der Kermes-Schildlaus (Lecanium ilicis). Man stellt aus ihnen einen karmoisin- roten Lack, sowie einen Karmin her; doch lohnt das heute kaum mehr die Mühe der Arbeit. Zu unter- scheiden ist die Kermeseiche von der strauchartigen Steineiche an den kleinen Blättern, die auch unterseits grün sind und am Rande scharf zugespitzte Zähne tragen. Zudem ist ihr Stamm stärker verzweigt und hält sich meist noch dichter am Boden. | An einzelnen Sträuchern des Makis klettert eine schlanke Spargelart (Asparagus acutifolius)* (S. 79) empor. Ihr holziger, biegsamer Stengel trägt abstehende, blattlose Seitenästchen, die mit nadelförmigen Büscheln grüner Zweige besetzt sind, welche die Aufgabe der bald abfallenden, schuppenförmigen Blätter übernehmen. Man benutzt an der Riviera dieses Spargelkraut viel zu Girlanden und umwindet mit ihm die Spiegel und Kronleuchter der Wohnräume. Die jungen Triebe ver- speist man wie unseren Spargel. In Sizilien werden in ähnlicher Weise als „Spargel“ auch die jungen, wohl- 169 schmeckenden, schon im Altertum geschätzten Triebe des stechenden Mäusedorns (Ruscus aculeatus) gegessen. Zu den Charakterpflanzen des Maki zählen ferner der Phillyreastrauch (Phillyrea angustifolia)* (S. 353), und eine Art Kellerhals, Daphne gnidium* (S. 179), so daß sie nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Die Phillyrea erreicht ein bis zwei Meter Höhe und ist durch ihre aufwärts gerichteten, lineal-lanzettlichen, lederartigen, schwach gekerbten, hellgrünen Blätter und die kleinen, weißlichen, in sehr kurzen Trauben zusammengedrängten Blüten, die in deren Achseln stehen, ausgezeichnet. Sie gehört zu derselben Familie wie der Ölbaum, dem sie auch etwas ähnlich ist. Die Daphne gnidium entwickelt ihre wohlriechenden Blüten noch während des Sommers. Im Frühjahr sieht man sie nur im Laubschmuck. Und doch fällt die Pflanze stets durch ihre aufsteigenden, mit hellgrünen, lanzett- lichen Blättern dicht besetzten Zweige auf. Die Blätter enthalten ein giftiges Alkaloid, das Daphnin. Wild- diebe auf Korsika werfen sie in die Flüsse, um das Wasser zu vergiften und sich der Forellen zu be- mächtigen. — Botanisch interessant als Vertreter einer besonderen Pflanzenfamilie, der Cneoraceen, ist ein am Cap d’Antibes reichlich vertretener kleiner Strauch mit glänzend grünen, lanzettförmigen Blättern und kleinen, gelben Blüten, die zu zwei bis drei an den Enden der Zweige stehen, das Cneorum tricoccum” (S. 143). Aus seinen Blüten gehen auffällige, dreiteilige Früchte hervor, deren Abschnitte sich bei der Reife von einem stehenbleibenden Mittelsäulchen trennen. Die mit großen, bei der Reife braunroten Schein- beeren beladene Wachholderart des Maki, die im Aus- 170 sehen an unseren gemeinen Wachholder erinnert, ist Juniperus oxycedrus* (S. 253). Ihre Scheinbeeren finden im Orient und in Griechenland dieselbe Ver- wendung, wie bei uns die des gemeinen Wacholder. Das Holz widersteht sehr gut der Luft und den Würmern und diente im Altertum vielfach zur Dar- stellung von Götterbildern. Die andere weit seltenere Wachholderart des Maki mit rostfarbigen Scheinbeeren, die in der Belaubung der Zypresse gleicht, ist Juniperus phoenicea. Sie wird als giftig gemieden. Bi An lichten Stellen strebt vom steinigen Boden Globularia alypum* (S. 229) empor und trägt an den Enden ihrer mit kleinen, lederartigen Blättern besetzten Zweige schöne, blaue, fast sphärische Blütenköpfchen. Man glaubt beinahe, eine Komposite vor sich zu haben, weil die Blüten Köpfchen bilden, doch ist der Bau dieser Blüten ganz verschieden und ließe sich eher mit denen des Löwenmauls vergleichen. Die Gattung bildet fast allein eine besondere Pflanzenfamilie. Wird der Boden so unfruchtbar, daß er andere (rewächse nicht mehr zu ernähren vermag, so deckt ihn in dichtem Rasen die Cladonia alcicornis, eine graue Flechte, deren Gebiet über ganz Europa sich erstreckt und auch Nordafrika, Nordamerika und einen Teil von Asien erreicht. Überall im Maki von Antibes begegnen wir der Strauchform des Ölbaumes. _ Der Ölbaum paßte sich, wie die Steineiche, dem Maki an und wurde dort zum Strauche. Er verändert sich dabei so stark, daß ihn schon die Alten als Oleaster bezeichneten. Der Oleaster, wie die Myrte, wagen sich besonders weit am Strande vor. Sie trotzen dem heftigsten See- 171 winde und werden von ihm so abgerundet, als hätte sie eine Menschenhand geformt. Ein Teil ihrer Äste ist an der Seeseite kahl, zuweilen wirklich abgestorben. Die Zweige des Ölbaumes, ein Sinnbild des Friedens, nehmen am Oleaster dornige Gestalten an. Sie spitzen sich zu, ragen als scharfe Waffen vor und machen den Strauch fast unnahbar. — Bis zuletzt folgt den Sträuchern des Maki zum Strand die ‚italienische Stechwinde“ (Smilax aspera)* (S. 441) und findet zwischen ihnen Schutz. Blätter und Stengel dieser Schlingpflanze sind mit Stacheln besetzt, die ihr das Klettern erleichtern. Im Frühjahre ist sie mit roten Trauben geschmückt. Nach Blüten müßte man im Herbst an ihr suchen. Diese duften sehr lieblich; daher blühende Stechwinden im Altertum, mit Efeu in Kränze gewunden, oft bei Bacchusfesten Verwendung fanden. Die zentralamerikanischen Arten derselben Gattung sind es, deren Wurzeln die arzneilich geschätzte Sarsaparille liefern. Auch die Smilax aspera ist nicht ganz unwirksam, weshalb sie hier Sarsaparille der Armen heißt. Diese Schilderung wird ausreichen, um denen, die Freude an den Erscheinungen der Pflanzenwelt finden, ein Verständnis für die Eigenart des Maki, dieser typischen Ausgestaltung der mediterranen Flora, zu eröffnen. In nächster Nähe des Meeres nimmt das rot- braune Erdreich des Kaps fast gleichmäßig graue Färbung an. Sie wird veranlaßt durch die endlosen Mengen einer stark verzweigten, wollig behaarten Staude, die sich dem Boden anschmiegt. Nur ab- gestorbene Blütenstände des Vorjahrs ragen aus ihr 172 hervor, doch der Duft der ganzen Pflanze ist so bezeichnend, daß man an ihm ohne weiteres das Helichrysum stoechas erkennt. Sie riecht nach Ge- würzen, gleichsam einem Gemisch von Wermut und Lakrizen. Besonders gegen Abend entlockt jeder Schritt am Strande dieser Pflanze ihr ätherisches Öl. Man wandert wie in einer Wolke von Parfüm. Dieses Helichrysum gehört zu den Strohblumen oder Immor- tellen. Im Mai schmückt es sich mit leuchtend gelben, trockenhäutigen, zu Doldenrispen vereinigten Köpfchen, aus denen man schon im Altertum un- verwelkliche Kränze flocht. In das eintönige Grau der Helichrysum-Stauden längs des Strandes von Antibes streut aber das Frühjahr die grellgelben Blüten des Schotenklees (Lotus ornithopodioides)* (S. 289) hinein, der in endloser Fülle flach die Steine deckt. Auf dem schmalen Vorsprung, der, den Stürmen preisgegeben, sich noch einige hundert Meter weiter ins Meer vor dem Kaphotel fortsetzt und als Pointe de /’Islette bezeichnet wird, sieht man schließlich alles vegetabilische Leben schwinden. Immer härter wird der Kampf, den die Pflanze in dieser exponierten Lage zu bestehen hat, und die Gefahr, in der sie schwebt, gibt sich durch ihr verändertes Aussehen zu erkennen. Da alle aufstrebenden Teile der Pflanze der Zerstörung ausgesetzt sind, sucht sie in jeder Ver- tiefung des Bodens Schutz. Sie schmiegt sich flach dem Erdreich an, bildet knorrige, kriechende Stengel und nimmt schließlich völlig abenteuerliche Gestalten an. Auffallend ähnlich werden solche Gewächse denen der Hochgebirge. Wir könnten, dem Vegetationsbilde nach, uns einige tausend Meter über den Meeres- spiegel versetzt denken, hätten u y V blauen NW; we 5 len nicht wir die dicht unter den Füßen. Auch diese verkrüp- = pelten Gewächse des Makis schwinden dann allmählich und dem nackten Felsen haftet Aur- noch, hier und dort, — in Gestalt runder gelber Flecke, Cytisus eine Flechte, die zu den Lecidien triflorus. gehört, an. Schließlich dringt das Meer von allen Seiten zwischen die zerrissenen Felsen ein, und wir sind in das Gebiet ganz anderer Vertreter des Pflanzenreichs eingetreten, der form- und farben- \ reichen Seealgen, der Bewohner des Meeres. Welchen Gegensatz zu der kärglichen Vegetation des Strandes bildet dann die üppige Fülle, mit der fremdländische Pflanzenformen in den oberen Teilen des Hotelgartens auf uns einwirken. Vor dem Hause stehen die uns schon bekannten kanarischen Chrysan- themen (Chrysanthemum frutescens) mit Tausenden strahliger Blütenköpfchen besäet. Den Hauptweg vor dem Hause faßt das silbergraue, mit anmutigen blauen Lippenblüten besetzte nordafrikanische Teucrium fruti- cans” ein. Wir erkennen in ihm eine Gamanderart, wenn es auch im Gegensatz zu unserem bescheidenen m SI Ja nordischen (Gramander hohe Strauchform aufweist. Flecken aus solchem Teucrium sind in den Gärten der Ponente überaus beliebt, und in der Tat erfreuen sie auch stets durch das Silbergrau ihrer Blätter und das zarte Blau ihrer Blüten das Auge. Reichlich kehrt zwischen anderen Sträuchern die uns aus unseren Ge- wächshäusern wohlbekannte, strauchartige Polygalamyr- tifolia vom Kap der Guten Hoffnung wieder. Überreich schmücken sie ihre großen, hellroten, mit Purpur ver- brämten Blüten, die an Schmetterlingsblüten erinnern, ungeachtet sie zu einer ganz anderen Familie, jener der Kreuzblumengewächse (Polygalaceae), gehören. — Durch besondere Häufigkeit fallen auch die goldgelbblütigen, grau behaarten Sträucher des afrikanischen Schnecken- klees (Medicago arborea) auf, den man leicht an seinen schneckenförmig eingerollten Früchten erkennt. Da- zwischen erblickt man vereinzelt einen hellgelben (rinsterstrauch mit unterseits silberhaarigen Blättern. Dann überall stark duftendes Pittosporum, Pelargonien und in den Beeten Blüten aller Farben, wie sie auch unsere (Grärten zu späterer Jahreszeit zieren. Wandert man die Freitreppe des Hotels hinab, so fällt einem zur Linken ein kleinblätteriger, mit nicht eben großen, doch sehr zahlreichen, rosenroten, rot geaderten Blüten bedeckter Strauch auf, augenscheinlich zu den Malven gehörend, das Malvastrum capense vom Kap der guten Hoffnung. Hurtig fliegt von Blüte zu Blüte ein auf- fällig gestalteter Schmetterling hier umher, der an eine winzig kleine Taube erinnert. Er hat daher auch den Namen Taubenschwanz (Macroglossa stellatarum) er- halten. Schwebend hält er sich vor jeder Blüte auf, um mit dem langen Rüssel, den er in sie versenkt, 175 deren Honig zu erreichen. Man kann, bei einiger Vorsicht, ihn nun auch näher betrachten. Es ist ein Schwärmer mit plumpem, anliegend behaartem Körper, dessen graubraune Vorderflügel schmale schwarze Bogenlinien zeigen, dessen Hinterflügel rostgelb und braun gerändert sind. Man sieht ihn hier bei der Tätigkeit, die zur Blütenbestäubung führt. Er vermittelt sie mit seinem Rüssel, der sich mit Pollen beladet. Einst in Genua sah ich einen solchen Taubenschwanz in mein Zimmer fliegen, dessen Tapete Oleanderblüten darstellte. Unverdrossen flog er von Blüte zu Blüte und suchte seinen Rüssel in sie zu versenken. Erst nach längeren Mühen gab er dies fruchtlose Geschäft auf. — Von den Böschungen hängen die dicken, fleischigen Stengel und Blätter der südafrikanischen Mittagsblume, Mesembryanthemum acinaciforme, herab und öffnen im Sonnenschein ihre großen, glänzend amarant roten, zahlreiche hellgelbe Staubgefäße bergenden Blüten. An anderen Orten der Ponente herrscht oft das in seinen Blüten etwas bescheidenere Mesembryanthemum edule vor. Es trägt weniger große und nicht so intensiv gefärbte Blüten, die, wenn sie sich öffnen, hellgelb sind und sich dann allmählich blaß röten. Auch die nicht blühenden Sprosse beider Arten lassen sich unterscheiden, da ihre Rückenkante bei Mesem- bryanthemum acinaciforme stark vorgewölbt ist, bei Mesembryanthemum edule diese Wölbung nur schwach aufweist. Beide Arten zeichnen sich durch eine auf- fällige Zähigkeit aus und verbreiten sich immer mehr an der Riviera. Die fleischigen Früchte dieser Mittagsblumen werden in ihrer Heimat als „Hotten- tottenfeigen“ verzehrt; die saftigen Blätter sollen von 176 den Hottentotten wie Gurken in Essig eingemacht werden. In unmittelbarer Nähe des Hauses ist der Garten sorg- sam gepflegt. Dort umfassen ihn Deodarzedern (Cedrus deodara) aus dem Himalaya, mit aufrechten, eiförmigen Zapfen auf der Oberseite ihrer Zweige geschmückt. Man sieht kalifornische Zypressen (Cupressus macro- carpa), die ihre abgerundeten, mit über walnußgroßen Zapfen besetzten Äste fast wagerecht ausbreiten; die sehr langnadeligen kanarischen Kiefern (Pinus canariensis), deren auffallend große, gelbe, männliche Blütenstände so mächtig stäuben, daß der Boden unter ihnen wie mit Schwefel bestreut erscheint. Die Gipfeltriebe dieser Kiefern tragen, so wie bei unseren Föhren, leb- hafte rote Zäpfchen, die weiblichen Blüten, welche der Bestäubung harren, die der Wind vermitteln soll. Das Holz der kanarischen Kiefer zeichnet sich durch be- sonderen Harzreichtum aus und ist infolge des Schutzes, den dieser antiseptisch wirksame Stoff erteilt, fast un- vergänglich.. Bauten aus diesem Holz haben auf Teneriffa und Gran-Canaria Jahrhunderte überdauert. Den Nadelhölzern schließen sich im gleichen Umkreise japanische Pittosporum-Arten, südamerikanische Pfeffer- bäume, australische Akazien und kasuarschweifartige Kasuarineen, mediterrane, immergrüne Eichen und Lorbeerbäume an, (Grewächse aller Zonen, wie sie der Zufall hier zusammenführte. Eine breite Allee hoher Eukalypten, die dem Hause gegenüber abwärts zum Meere führt, rahmt das herrliche Profil des Esterel- gebirges ein. An der Grenze zwischen Grarten und Maki spielt sich ein eigenartiger Kampf zwischen Kultur und Natur ab. Der Maki wird stark von den 177 Kulturpflanzen bedrängt. Im Schatten der einwandern- den Bäume findet er seine Existenzbedingungen nicht mehr. Seine in der Strauchform sonst verharrenden Eichen und Kiefern wachsen nunmehr auch ihrerseits baumartig in die Höhe. Auch fremdländische Sträucher haben sich hier Eintritt in den Maki verschafft. So der afrikanische Schneckenklee (Medicago arborea), den wir oben im Garten sahen, eine ebenfalls gelb blühende südafrikanische Komposite (Östeospermum moniliferum), mit keilförmigen, gezähnten Blättern und mit wenigen, meist nur fünf bis sieben breiten Zungen- blüten im Umkreis ihrer Blütenköpfchen. Eingefunden hat sich an dieser Stelle merkwürdigerweise zwischen den anderen Grewächsen auch ein stark bewaffneter, mit gelben Blüten reich geschmückter Ginsterstrauch (Genista ferox), der aus Nordafrika stammt und hier verwildert ist, ohne sonst in der Gegend vorzukommen. Der lorbeerartige Schneeball (Viburnum tinus) schmückt schon im Winter mit seinen weißen Blütendolden die halbkultivierten Teile des Gartens. In Wirklichkeit gehört er zu den Makipflanzen, doch fehlt er im Maki des Kaps und ist an diesen Ort tatsächlich auch erst nachträglich gelangt. — Nur unten südwärts am Meer ist hier der Maki noch rein erhalten und wird hoffent- lich sich längere Zeit weiter zu behaupten wissen. Die einheimische zartnadelige Aleppokiefer dominiert jetzt sehr im Hotelgarten. Sie hat ja wohl das Gute, daß sie Schatten spendet und Windschutz gewährt. Vereinzelt ist auch die andere der hiesigen Kiefern, die derbnadelige Strandkiefer (Pinus maritima) verbreitet. Diese beiden mediterranen Kieferarten, denen wir, trotz starker Entwaldung, häufig noch an der Riviera E, Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 12 178 begegnen, lassen sich auch an ihren Zapfen leicht unterscheiden. Denn die Zapfen der Aleppokiefern sind schmäler und kleiner als die der Strandkiefern. An der westlichen Riviera, wo der Kalkboden vorherrscht, sieht man in Mehrzahl die Aleppokiefer, während die Strand- kiefer auf Quarz- und Granitboden dominiert. Die kegel- förmigen Zapfen, mit denen man das Kaminfeuer an der Riviera anmacht, entstammen der Strandkiefer; vielfach werden dort aber auch die runden, wesentlich größeren Zapfen der Pinien verwendet, Gebilde, die einst auch höheren Zwecken dienten und das Muster für so manches antike Ornament abgaben. Zwischen den Kiefern am Cap d’Antibes begegnet man, wie auch sonst an der Riviera, nur zu häufig der Prozessionsraupe, Cnethocampa pityocampa. Diese schwarzen, braungestreiften Raupen ziehen im Gänse- marsch zu Hunderten über die Wege. Die eine be- rührt die andere, und sie bilden zusammen eine lange Schnur, eine lebendige Kette, die sich als Ganzes vor- wärts bewegt. Unterbricht man die Kette, so bleibt ihr vorderer Abschnitt stehen, der hintere rückt nach. Hin und her tastend sucht die erste Raupe des hinteren Stückes wieder nach Anschluß. Gelang es ihr, diesen zu erreichen, so setzt sich die ganze Kette von neuem in Bewegung. Diese Raupen verursachen großen Schaden an Kiefern und auch an Pinien, sie berauben sie oft vollständig ihrer Nadeln. Am Tage halten sie sich in jenen großen, grauen Gespinnstbeuteln auf, die an Kiefern und Pinien schon aus der Ferne in die Augen fallen und in der Sonne seidig glänzen. Des Nachts verlassen sie ihr Nest, um dem Futter nachzugehen. Die am Boden kriechenden Raupen 179 suchen dort einen passenden Ort, um sich zu verpuppen. Man darf weder die Raupen noch ihre Nester be- rühren, da die Haare dieser Raupe _ gefährliche Entzün- dungen veranlassen, wenn sie in die mensch- liche Haut eindringen. Daher auch die Leute, denen es obliegt, Bäume von den Nestern zu säubern und sie zu verbrennen, sich gegen den Wind stellen und auch sonst vorsichtig zu Werke gehen. Als besonders wirksam gilt, 9 Petroleum in die Nester zu v2 a u 3 ) gießen, ohne sie zu entfernen. \ IG 7 Die hängenden Nester und die 4 MW’. langen Züge dieser Raupen “ lassen sich bei einem Aufent- _ halte an der Riviera kaum über- PO sehen. Die Spinner, die sich I 7 aus den verpuppten Raupen ent- / Sl wickeln, kennt hingegen nur der | Eingeweihte. Sie sind weder auf- fällig noch schön, graubraun gefärbt enidium mit einigen dunkleren Flecken und Streifen an den Flügeln. Sie flie- gen im Hochsommer, legen ihre Eier an die Unterseite der Kiefernadeln und bedecken sie mit dünnen silbergrauen Schuppen. 12° ı30 X. Wer am Cap d’Antibes einen Seesturm erlebt hat, wird den Eindruck nie vergessen. Für das schlechte Wetter, das er zuvor erleiden mußte, entschädigt ihn der großartige Anblick des entfesselten Elements. Ein starker Wind beginnt vom Meere aus zu blasen: die Luft wird unendlich klar, und alle Gregenstände rücken in die Nähe. Die Umrisse der Berge scheinen wie mit Bleistift am Himmel gezogen. An geschützten Stellen, die der Wind nicht erreicht, herrscht be- klemmende Schwüle. Dann beginnt der Horizont sich in rotgrauen Dunst zu hüllen. Die Macht des Windes läßt nach, und es trübt sich das gesamte Himmelsgewölbe Bald hört man große Regen- tropfen gegen die Scheiben schlagen. Das hält wohl einige Tage an und fesselt alle Bewohner des Hauses ans Zimmer. Damit nimmt auch die Langeweile ihren Einzug, und mancher beginnt sich nach seiner fernen Häuslichkeit zu sehnen. Doch schon am folgenden Morgen wacht man auf, geblendet von dem leuchten- den Blau des Himmels. Man eilt hinaus und atmet mit voller Brust die reine, erquickende Luft. Noch glänzen alle Pflanzen von dem frischen Regen, und wie Diamanten fließen funkelnde Tropfen von den Blättern ab. Die Brandung aber stürmt mit Ge- walt gegen die Felsen der Küste, als wolle sie den festen Stein zertrümmern. Weithin vernimmt man das donnernde Getöse des Angriffes. Die Spitze des Kaps läßt sich nicht erreichen, denn die Wellen fegen über sie hinweg. Fern am Horizont steigt die Welle auf wie eine geschlossene Mauer; auf ihrem Wege schwellend und wachsend, wälzt sie sich gegen das 181 Land, um zerschmettert und von weißem Schaum bedeckt zurückzurollen. Sie trifft auf eine andere Welle, die ebenso drohend nahte, und beide ver- schwinden plötzlich für kurze Zeit. Da wird es still. Ein Wellenberg ist auf ein Wellental gestoßen, beide gleichen sich aus. Doch wenn Wellenberge zusammen- treffen, dann schwillt die stürmende Woge so mächtig an, daß sie ächzend sich überschlägt und mit ge- wölbtem Rücken auf die Felsen wirft. Ungeheure Wassermengen werden dann in die Luft geschleudert, und See und Himmel scheinen in diesem Chaos zu verschmelzen. Mit dumpfem Knall, wie von schwerem Geschütz, fangen sich die Wellen in den Grotten ein, die sie selbst in den Stein sich gruben; wie ein Jammern und Stöhnen klingt es durch das Kap von den vielen Wasserfäden, die sich in den Gängen zwischen den Felsen verirrten und, in hastigem Lauf über die Steine stürzend, ihren Weg nach dem Meere suchen. Von dem anstürmenden Element allseitig umgeben, glaubt man sich fast ins offene Meer versetzt und ist ganz von dem Schauder des Sturmes ergriffen. Wie wohltuend wirkt da zugleich der feste Boden unter den Füßen! Tage vergehen, bevor die Erregung des Meeres sich legt, und die weite Wasserfläche wieder Ruhe und Frieden atmet. Und täglich ist es ein anderes, wenn auch immer das gleiche, und täglich fesselt es uns von neuem und entzückt unser Auge, dieses gött- liche Meer. XI. Überaus schön sind alle Ausflüge längs der Buchten, an den Abhängen der Hügel und zwischen den Gärten 182 am Cap d’Antibes und regen täglich zu neuen Wan- derungen an. Die Aussichten auf die Küste, das Ge- birge, die Schneegipfel der Alpen, wechseln unaufhör- lich, und stets wird man wieder durch besonders male- rische Felsgruppen, durch unerwartet schöne Vege- tationsbilder freudig überrascht. Selbst die sonst so eintönige Wanderung auf der Landstraße wird auf dieser bevorzugten Halbinsel zum Genuß. So zum mindesten auf der Landstraße, die das Kap durchquert. Denn diese führt an endlosen Pflanzungen von Ane- monen, Ranunkeln, Goldlack, Levkojen, Tazetten und Reseden vorbei. Besonders fesselt das Auge die Pracht der Ranunkeln und Anemonen, die man schöner und farben- reicher kaum irgendwo sehen kann. Blüten aller Farben baden sich da in dem leuchtenden Blau des Himmels. Der Geruchssinn wird umfangen von dem Dufte, der diesem weiten Blütenmeer entströmt. Zu diesen Blüten der Erde gesellen sich hier in großer Zahl auch die Blüten der Lüfte, die Schmetterlinge. Rotgefleckte Aurorafalter (Anthocharis euphenoides) fliegen rasch vorüber; langsam wiegt sich hin und her der schwarz- gestreifte, gelbe Segelfalter (Papilio podalirus); am meisten fällt aber durch ihre Schönheit die Kleopatra (Rhodocera Cleopatra) auf, ein südeuropäischer, schwefel- gelber Zitronenfalter mit orangeerot abgetönten Vorder- flügeln. Das Kap von Antibes versendet täglich große Mengen abgeschnittener Blumen nach dem Norden und versorgt mit ihnen auch die nächsten Märkte der Riviera. Wie groß der Verbrauch an Blumen an der Riviera selbst geworden ist, kann jeder beurteilen, der die Blumenmärkte der dortigen Städte besuchte 183 und einigen Blumenfesten beiwohnte. Die Blumen- ausfuhr nach dem Norden hat andererseits riesige Ausdehnung gewonnen. Tatsächlich reicht dieser ge- steigerte Gartenbetrieb hier nicht weiter alszum Jahre ı8 50 zurück; früher wurden die Blumen besonders nur um Grasse, und zwar für die Parfümfabriken gezogen. Die bunten Pflanzungen dehnen sich jetzt über die geschützten Teile der beiden Rivieren aus. Die fran- zösische Riviera ist bereits in einen einzigen Blumen- garten verwandelt. In Ollioules bei Toulon und um Hyeres blüht schon im Winter die weißliche, als Romaine blanche bezeichnete Hyazinthe (Hyacinthus orientalis var. albulus) und wandert abgeschnitten nach den nor- dischen Städten, bevor die holländische Hyazinthe in den dortigen Gärten erscheint. Letztere gedeiht nicht an der Riviera, wo ihre Zwiebeln fast alljährlich durch neue ersetzt werden müssen. Auf die Hyazinthe sieht man Narzissen, Jonquillen, Tazetten, weiße und rote Nelken folgen; in der Gegend von Grasse, Cannes und Antibes herrschen dann hingegen Nelken, Anemonen und Ranunkeln vor. Die Anemonen gehören der Art Anemone coronaria* (S. 37) an, doch sind es Kultur- formen, die als An&mones de Caen bekannt sind und sich durch stärkeren Wuchs und Größe der Blüten, die vielfach auch gefüllt sind, auszeichnen. Die Ranun- keln leiten sich von der Art Ranunculus asiaticus ab, sind gefüllt und in allen Farben vertreten. Die Züchter unterscheiden hier zwischen den Renoncules des fleu- ristes, deren Blumenblätter dachziegelig sich decken und den Renoncules pivoines oder d’Afrique, deren Blüten an Päonien erinnern, besonders groß sind, ihre Blumenblätter mehr aufrecht tragen und etwas ein- 184 wärts biegen. Anemonen wie Ranunkeln zeigen hier eine ungeahnte Farbenpracht. Ein buntes Anemonen- feld von der Sonne grell beschienen versetzt einen in die Welt der Märchen. Neuerdings hat die Kultur der hybriden Gerbera Jamesoni, deren Ursprungsarten dem Transvaal entstammen, an Ausdehnung gewonnen. Wer aus einiger Entfernung die meist purpurnen, doch auch gelbroten, gelben und selbst weißen Blütenköpf- chen sich auf ihren hohen Stielen wiegen sieht, der meint auch wohl, er habe eine besonders großblütige Form der Anemone stellata vor Augen. Bei näherer Besichtigung gibt sich aber die Pflanze als Komposite, mit besonders langen Zungenblüten, die eine unschein- bare, mittlere Scheibe von Röhrenblüten umgeben, zu erkennen. Der Blütenschaft entspringt einer boden- ständigen Blattrosette, die an jene unseres Löwenzahns erinnert. — Dann staunt man auch über den Umfang, welchen die Gartennelken (Dianthus caryophyllus) er- reichen. Unter den Levkoyen sind die als Giroflees de Nice bezeichneten besonders beliebt. Die einzelne Blüte sieht oft aus, als wenn sie ein ganzer Blumenstrauß wäre. Zu all den genannten Pflanzen gesellen sich auch Levkojen, Goldlack, Reseda; dann Sparaxis, Ixien, Freesien, Gladiolen und die Königin der Blumen, die Rose. Wer könnte alle die endlosen Bezeichnungen behalten, unter denen ihre mannigfachen Spielarten hier gezüchtet werden! Und alljährlich tauchen neue Rosennamen auf, während man ältere, früher beliebte, nicht mehr zu hören bekommt. Schließlich zieht man es vor, diese Fülle von Formen, von Farben und von Duft einfach nur auf sich wirken zu lassen, ohne viel nach den Namen zu fragen. Hunderttausende 155 von Rosen entfalten sich im späteren Frühjahr täglich in dieser Gegend, oft, ohne daß noch die Möglichkeit vorhanden wäre, sie zu verwerten. — Unter Schatten- decken, deren Dichte sich nach den Beleuchtungs- verhältnissen richtet, werden die lebhaft grünen, klettern- den Spargelarten, und zwar die südafrikanischen Arten Asparagus medeoloides und plumosus, sowie der aus Natal stammende Asparagus Sprengeri, gezogen, die jetzt so große Verwendung für Tafelschmuck finden. Wie bei der kletternden Spargelart des Makis (Aspa- ragus acutifolius) sind es hier auch blattartige Seiten- zweige, welche die Blätter ersetzen. — Cannes ist durch zahlreiche Kulturformen der Acacia dealbata ausgezeichnet. Diese weichen in ihrer Blütezeit vonein- ander ab, zudem lassen sie sich mit größerer oder ge- ringerer Leichtigkeit treiben, so daß es im Winter nie für den örtlichen Bedarf und den Versand an diesem Blütenschmuck mangelt. Die Blütentrauben sind sattgelb und stechen wirkungsvoll von den doppelt gefiederten, weißlich grünen, in der Jugend weichhaarigen Blättern ab. Die zarte Blattfiederung hat dieser Akazie im Handel den Namen Mimose verschafft. Der Baum wächst erstaunlich rasch, so daß er in fünf bis sechs Jahren bis , zehn Meter Höhe erreichen kann. Nach Deutschland gelangt auch viel Acaciaretinoides, die Delesseria : £ hvpoglossum. einfache, lederartige, 186 lanzettförmige „Blätter“, die uns von La Mortola her be- kannten Phyllodien, trägt. Auch Acacia longifolia, die man oft in nordischen Blumenläden sieht, ist mit solchen Phyllodien ausgestattet. Man erkennt diese Artdaran, daß ihre Blüten nicht zu runden Knäueln, sondern zu raupen- förmigen Kätzchen vereinigtsind. Alleblühen sie gelb und folgen in der Jahreszeit aufeinander; den Schluß macht Acacia cultriformis, die erst im März an der Riviera in vollem Blütenschmucke prangt. Ihre Blütenstände sind rund, die Phyllodien kurz und breit, zugleich rautenförmig. — Allen Blumensendungen nach dem Norden pflegt man die überall beliebte Reseda beizulegen. Veilchen ver- tragen schlecht eine weite Reise, werden aber an der Riviera selbst in Unmengen verbraucht, dort auch mit Sirup getränkt und zu Dragees verarbeitet. Dann befördert man nordwärts auch blaue Kornblumen, Tuberosen, Goldlack und Levkojen, Gladiolen und weißblühendes Allium, Ixien und die duftenden Freesien. An der Riviera fällt dem Fremden in den Schau- fenstern der Blumenläden eine große, graue Iris auf, die purpurn gesprenkelt ist, eine wahre Trauerblume, die Iris susiana. — Die Blüten der großen weißen oder gelben Chrysanthemen (Chrysanthemum frutescens) finden auch häufige Verwendung, besonders die gelben, die als Etoile d’or bekannt sind. Sie wandern vor- nehmlich nach England. Die Expedition dieser Blume hält bis in den Juni an, solange wie in London die Saison dauert. — Man hat berechnet, daß Cannes und Antibes zusammengenommen in einem Winter für mehr als eine Million Francs abgeschnittene Blumen nach dem Norden versenden; noch. weit größer ist an der Riviera selbst der Blumenverbrauch. — Eine besondere 187 Spezialität hat sich an den trocknen Abhängen der Berge von Öllioules in der Zucht von Immortellen (Helichrysum orientale) ausgebildet. Die Blütenstauden werden getrocknet und künstlich in den verschiedenen Tönen gefärbt, für den Bedarf der französischen Friedhöfe. Nicht mühelos ist bei alledem, trotz der großen Milde des Klimas, die Blumenzucht an der Riviera; denn es gilt die Kulturen vor zu starker Besonnung, vor Wind und vor niederen Temperaturen zu schützen, die, wenn auch nur selten, 5—6° C unter o betragen können. Gegen Wind dienen Hecken für welche be- sonders oft die sehr widerstandsfähige kalifornische Zypresse (Cupressus macrocarpa) Verwendung findet. Erstaunt könnte man darüber sein, daß auch Vertreter der Gattung Pittosporum, und zwar australische, neu- seeländische und japanische Arten, sich zu dem gleichen Zwecke eignen. Fast noch zäher wie sie sind übrigens noch manche australische Myoporum-Arten, die Baum- höhe erreichen können, den Pittosporen unter Umständen recht ähnlich sind, aber einer ganz anderen Familie angehören, der Familie der Myoporaceen, welche den Scrophulariaceen oder rachenblütigen Gewächsen etwa am nächsten steht. Die Myoporum-Arten scheuen auch das Meer nicht und verbreiten sich aus allen diesen Gründen immer mehr an der Riviera. An den Strand- promenaden der Ponente sind sie schon zu ansehn- licher Höhe emporgewachsen und ersetzen dort all- mählich die weniger widerstandsfähigen Grewächse. Im zeitigen Frühjahr entfalten sie ihre weißen, hellbraun punktierten Blüten, die leicht von denen der Pittosporen sich unterscheiden lassen, weil ihre Kronenblätter ab- 188 wärts verwachsen sind. Zudem zeigen sich die Blätter von Myoporum, wenn man sie gegen das Licht hält, durchscheinend hell punktiert, infolge von Sekret- behältern, die sie führen, während die Blätter von Pitto- sporum alsdann ein reich verzweigtes Adernetz offen- baren. Für Hecken längs des Meeres findet vor allem die strauchartige, mehlig weißgraue Salzmelde (Atriplex halimus) Verwendung. Sie folgt in Cannes dem Boulevard de la Croisette in seiner ganzen Aus- dehnung. Diese Melde scheut weder die salzige Luft, noch den salzigen Boden und führt reichlich Soda und Potasche in ihren Geweben. Darin stimmen mit ihr auch noch andere Vertreter der Chenopodiaceen überein, unter denen Salsola soda, Salsola Kali und Salicornia-Arten sogar der Sodagewinnung dienen. Die Blüten der Atriplex halimus sind grün und klein, und die Trauben, die sie bilden, so unscheinbar, daß der Uneingeweihte sie kaum bemerkt. — Gegen Kälte werden die Blumenkulturen der Riviera, so weit nötig, durch Glashäuser geschützt, deren Zahl am Kap von Antibes von Jahr zu Jahr zunimmt. Diese Zunahme ist freilich nicht allein auf Rechnung möglichen Frost- schadens zu setzen; sie soll auch einen Vorsprung in der Anzucht und damit auch die Erzielung höherer Preise für die Produkte ermöglichen. Zu den Erzeug- nissen der Glashäuser am Kap gehören aber auch die Erdbeeren, die schon mitten im Winter reifen und dann, bei der sich dauernd steigernden Prunksucht in Nizza, Cannes und Monte-Carlo mit fast unglaublichen Summen bezahlt werden. Am Dienstag und Freitag beleben sich des Nach- mittags die Straßen am Kap. Da strömen die Fremden 189 von allen Seiten herbei, um den Garten von Eilenroc {(Anagramm von Cornelie), der alsdann geöffnet ist, zu besuchen. Dieser Garten deckt den nächsten Vor- sprung des Kaps, östlich vom Grand Hötel. Er ist von steilen Felsen eingefaßt, die senkrecht zum Meere abfallen. Stufen-und Gänge im Gestein führen bis zur Wasserfläche |hinab. Infolge seiner vorgeschobenen Lage bietet dieser Garten herrliche Aussichtspunkte und ist außerdem reich an schönen Pflanzen. Er ist mit viel Geschick und Geschmack angelegt und entzückt viele Besucher, kommt aber manchem Naturfreund etwas zu gekünstelt vor in dieser großartigen Umgebung. Am Dienstag steht nachmittags der Thuretsche Garten offen, derselbe Garten, der einst George Sand so entzückt hatte. Er dient jetzt der französischen Regierung zu Akklimatisationszwecken und birgt viele wertvolle Pflanzen. Manche Palmen- und auch Yucca- Arten finden wir in diesem Grarten in besonders alten Exemplaren vor. Die große Dattelpalmenallee des Gartens ist aus Kernen der Deglet Nur, der vornehmsten Rasse der südlichsten algerischen Oasen, erzogen worden, und doch liefert sie hier, auch in den heißesten Jahren, nur Früchte, die sich im besten Falle als „fast eßbar“ be- zeichnen lassen, da sie sehr tanninreich sind und herben Geschmack behalten. Hervorzuheben ist die reich- haltige Eucalyptus-Sammlung dieses Gartens, die ver- schiedene, besonders schön blühende Arten aufweist. Den Eucalyptus globulus entfernt man jetzt aus den Gärten der Riviera, weil er in Folge seines üppigen Wachstums den Nachbarpflanzen die Nahrung entzieht, zudem durch seine Rindenstreifen, die der Wind davon- trägt, lästig wird. 190 Von dem Thuretschen Garten läßt sich rasch in westlicher Richtung auf Wegen, die zwischen Garten- mauern verlaufen, der sandige Strand des Golfe-Juan erreichen, der schon im Frühling, an besonders warmen Tagen, als Badeplatz dient. Ein prächtiger Pinienwald folgte hier einst dem Ufer; er lebt nur noch in Überresten fort. Eine Aktiengesellschaft hat den ganzen Strand ge- kauft, eine breite Straße, dieCannes mit demCapd’Antibes verbindet, durch den Wald gelegt, ihn parzelliert und die einzelnen Stücke mit Eisendraht umzogen. Nur einzelne alte Pinien stehen da, und in ihrem Schatten muß man es versuchen, sich in die alte Herrlichkeit zurückzuträumen. Der Rückweg nach dem Kaphotel führt am Meer entlang, das sich purpurn tönt im Widerschein des Abendhimmels. Uber dem Esterel breitet sich ein goldener Strahlenfächer aus. Es fällt mir an der Straße eine Löwenmaulart, das Antirrhinum latifolium* (S. 61) auf, mit orangeroten Gaumen in den verhältnis- mäßig großen Blumen. Eigenartiges Aussehen erlangen ihre reifen Früchte. Sie öffnen sich mit Löchern, die so verteilt sind, daß sie an das Bild eines kleinen Tier- schädels erinnern. Das Volk nennt sie daher in manchen (Gregenden „Totenkopf“. Ziemlich häufig ist da auch Cerinthe major, die Wachsblume, mit bläulichgrünen, derben, stengelumfassenden Blättern und schnecken- förmig abwärts gerollten Blütenständen, die nachein- ander gelbe, röhrenförmige, abwärts rostbraun verzierte 3lüten zur Entwicklung bringen. XII. Die zweite Aprilhälfte war inzwischen angebrochen, und die Pflicht rief mich nach Hause. Ein klarer, 191 wundervoller Frühlingstag ging zur Neige, und ich beschloß, den Sonnenuntergang noch einmal von dem höchsten Punkt des Kaps zu betrachten. Ich schlug v den Weg durch den Kiefernwald ein, der den südlichen Abhang dieses Vorgebirges deckt. Duftige Ge- wächse des Makis umgaben mich bald von allen Seiten. Da blühten Zistro- sent (9. 12%. 125), ‚glänzte. das Laub der Pistazien* (S. 359), würzten Lavendel“ (S. 265) und Thymian die Luft. Eine blaue Salbei (Salvia horminoides)* (S. 399) war an allen lichteren Stellen der Wege zu sehen, sowie auch die reizende silbergraue, behaarte mediterrane Winde (Con- volvulus 'althaeoides)* (S. 149), die e | ihre rosenroten Blüten, in Erwartung et . der nahenden Nacht, bereits schloß. Yy % Als ich oben das Kirchlein er- RI \ Eh reichte, schickte sich die Sonne an, RR (ER SO hinter dem Esterelgebirge zu ver- als schwinden und tauchte seinen dunkel- RX blauen Gipfel in Gold und Purpur. AK | Bald deuteten lange Lichtstreifen nur RZ es } noch den Weg an, den sie zurücklegte. > Q\ 5] Trotz seines hehren Grlanzes konnte mich SV dieses Bild nur wehmütig stimmen: es ; \ steigerte die Empfindung des Ab- NN schieds. Ich wandte meine Blicke Be \y den Bergriesen zu, die mit phan- arborea. N tastischem Umriß sich von dem östlichen 192 Himmel abhoben. Sie begannen im Abendrot zu glühen. Es war ein Anblick, so erhaben, daß man sich in ihm ganz verlieren konnte, von jener weltumfassenden Sehn- sucht ergriffen, die uns mit dem All verbindet. Jedes persönliche Empfinden war gewichen vor dem mäch- tigen Gefühle, sich eins mit dieser göttlichen Natur zu fühlen. Immer weiter und weiter dehnten sich die Schatten aus über das Land; sie begannen empor zu steigen an den Hügeln, an den Bergen, sie drangen ein in die Tiefe der Täler und löschten den feurigen Abglanz an den Hütten und Palästen. Die ganze Natur schien in tiefen Schlaf sich zu versenken. Bald waren es nur noch einzelne Segel im weiten Meere und die schneebedeckten Gipfel der Alpen, die im rosigen Schimmer glühten. Dann legte sich ein schwarzer Schatten auch über das Meer, und nur den Riesen dort oben war es vergönnt, die Königin des Lichtes noch zu schauen. Wie von innerem Feuer entbrannt, schwebten sie jetzt in überirdischer Grlorie. Dieses Bild wollte ich in meinem Innern festhalten als letzten Eindruck von der Riviera, und mit ge- senktem Blick trat ich den Rückweg an. Als ich mich aus der Ferne umsah, hatte der dunkle Schleier der Nacht sich auch über die Hügel ausgebreitet und die Umrisse der Dinge in geisterhaften Schemen ver- wischt. — Hoch oben aber ragte der Leuchtturm in die Lüfte. Vom Wächter entzündet, strahlte er jetzt wie ein großer Stern weit über das Land und das Meer, ein Ziel der Sehnsucht für alle, die jenes herr- liche Stück Erde einmal geschaut haben. ENBEITE/REISE ° er Frühlingsanfang des Jahres 1894, den ich an der Riviera verlebte, prägte sich meiner Erinnerung in besonders leuchtenden Farben ein. Wochenlang blieb der Himmel ohne Wolken und streute sein goldiges Licht über die Erde aus. Da es an Schnee in den Bergen fehlte, wehte fast nie der Mistral, jener heftige Wind, den die eisigen Flächen der Alpen und Cevennen gebären. Das Meer blieb meist ruhig, und wenn die Nacht kam, dann funkelten die Sterne und spiegelten sich so hell in den stillen Tiefen, als wäre dort eine zweite Saat von Sternen aufgegangen. Mitte März fanden wir uns in Hyeres ein mit der Absicht, unsern Weg dann ostwärts in die Berge der Mauren fortzusetzen. Es war uns, als sollten wir eine Entdeckungsreise antreten, so unbekannt ist dieser westlichste Teil der Riviera. Und doch konnte Hyeres, E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 13 194 neben Montpellier und Aix-en-Provence, sich einst preisen, der berühmteste Kurort des südlichen Frank- reichs zu sein. Weiter gegen Osten an der Riviera vorzudringen, erschien damals kaum möglich, und erst seit einem halben Jahrhundert begann sich die Lage zu Ändern, und es blühten zuerst Nizza, dann Mentone und Cannes als klimatische Stationen auf. In dem Wettstreit, der sich nunmehr entspann, mußte Hyeres unterliegen; denn es ist weniger gut gegen Nordwind und Mistral als seine Mitbewerber geschützt. Auch steht es diesen an Schönheit und Lage nach und ist zu weit vom Meere entfernt. „Die Hügel sind hier zu klein und zu nah, das Ufer ist zu Ilach’und dass Meer zu fern“, rief einst George Sand aus, als-siıe Hyeres besuchte. Von dem Hügel, an den Hyeres sich lehnt, vermag der Blick .erst über eine weite Fläche hinweg das Meer zu erreichen. Anders als George Sand urteilte freilich seinerzeit Horace Benedict de Saussure, als er 1787 Hyeres be- suchte. Dieser hervorragende Geologe, Vater des noch bekannteren Pflanzenphysiologen Theodore deSaussure, langte hier an einem schönen Aprilabende an und fühlte sich von der Lage des Ortes überaus gefesselt. Von den Fenstern der „Auberge du St. Esprit“ sah er hinab auf ÖOrangengärten, die mit Früchten und Blüten geschmückt und von unzähligen Nachtigallen belebt waren. Sanft fiel, so schrieb er, das Land bis zum Meere ab, und den Abhang zierten vorne (särten, weiter- hin Olivenhaine und in der Ferne Pappeln. Bewaldete Höhen bildeten den Rahmen zu dem schönen Bilde. Hyeres ist fünf Kilometer vom Strande entfernt. Dort an der Presqu’ile de Giens lag die gallorömische 105 Stadt Pomponiana, deren Reste 1843 aufgefunden wurden. Der Strand, der einst diese Stadt trug, ist jetzt wie ein Schachbrett in Quadrate geteilt. Das Seewasser füllt diese viereckigen Räume. Es wird in sie geleitet, um zur heißen Sommerzeit zu verdunsten und der Salzgewinnung zu dienen. Dem Strande gegenüber tauchen aus dem Meere die Hyerischen Inseln auf. Sie strecken sich so lang dahin, als hätten sie sich in die See zum Schlaf gelegt. Einst haben die Ligurer an diesen Inseln die roten Korallen ge- fischt, mit denen sie den Hals ihrer Frauen und das Wehrgehänge ihrer Schwerter schmückten. Weil auf diesen Inseln die Lavandula stoechas* (S. 265) be- sonders reichlich wuchs, nannte man sie im Altertum Stoechaden. Der Duft dieser Lavendel-Art war damals besonders beliebt; sie verdankte aber ihren Namen „stoechas“ der reihenweisen Anordnung ihrer Blüten. Im Mittelalter tauschten die Stoechaden ihren Namen gegen den weit vornehmeren der goldenen Inseln ein. Waren es die goldfarbigen Orangen, welche ihnen die Benennung „Iles d’or“ verschafften, oder der goldige Schimmer ihres glimmerreichen Bodens? — das läßt sich nicht mehr entscheiden. Zum Marquisat der „Les d’or“ von Franz I. erhoben, sahen sie einst glän- zendere Zeiten. Heute werden sie nur von ärmlichen Fischern und Gärtnern bewohnt. Die Früchte, von welchen die goldenen Inseln ihren Namen abzuleiten suchen, sind jetzt aus der ganzen Gegend fast ver- schwunden. Einst aber stand die Orangenzucht von Hyeres in hohem Ansehen. Mehr denn zweimal- hunderttausend Orangenbäume bedeckten das Land und waren wohl geeignet, die Bewunderung der Reisenden 13* 196 zu erwecken. Wie die Chronisten erzählen, blieb Karl IX. von Frankreich staunend vor dem mächtigsten dieser Bäume stehen und forderte seine beiden Begleiter, den König von Navarra und den Herzog von Anjou, auf, mit ihm den Stamm zu umfassen. Doch hierzu reichten, so wird berichtet, die sechs fürst- lichen Arme nicht aus. Zur Erinnerung an diese er- lauchte Umarmung schnitt man in die Rinde des Baumes: „Caroli regis amplexu glorior“, und jene In- schrift wuchs und vergrößerte sich mit den Jahren. Liegt dieser Angabe eine wirkliche Begebenheit zu- grunde? Wer kann das heute feststellen! Sicher aber ist, daß die Chronisten von ihrer provenzalischen Phantasie verführt wurden, die Dicke des Stammes zu überschätzen. Die stärksten Orangenbäume, welche Europa jetzt kennt, befinden sich auf Sardinien; manche unter ihnen dürften über siebenhundert Jahre alt sein; erst dann sind sie so stark, daß der einzelne Mann sie mit seinen Armen nicht mehr zu umspannen vermag. Im Jahre 1564, als Karl IX. in Hyeres weilte, konnte er dort nicht einmal Stämme dieser Dicke vorfinden, da die Orangenbäume erst durch die Kreuzfahrer, gegen Ende des elften Jahrhunderts, nach Hyeres gelangten. Zunächst war es der bitterfrüchtige Orangenbaum, ‚der zwar kaum eßbare Früchte, wohl aber sehr wohl- riechende Essenzen liefert. Daher der Dichter Malherbe sich in Hyeres mit jenem „huile de fleurs d’Oranger“ versorgte, „das sich die Frauen in die Haare ein- reiben, um den Puder festzuhalten“. Die Orangen- kultur von Hyeres litt sehr stark durch die strenge Kälte des Winters 1709 und durch andere harte Winter, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts aufein- 197 ander folgten. Die Pflanzungen wurden von der Zeit an eingeschränkt, die bitterfrüchtigen Orangenbäume dann durch süßfrüchtige ersetzt, da der Transport der Orangen von Hyeres nach dem Norden sich rascher vollziehen ließ als aus südlicher gelegenen Orten. Das kam bei den mangelhaften Verkehrsmitteln jener Zeit sehr in Betracht. Die Orangen mußten in. Hyeres im Herbst gepflückt werden, sobald an ihrer noch grünen Schale sich die ersten gelben Stellen zeigten. Sorglich in Papier gewickelt, traten sie die Reise über Land oder zur See an. Sie reiften unter- wegs langsam nach und wurden erst nach vierzig Tagen genießbar. Jetzt sind die Orangenbäume fast vollständig aus Hyeres verschwunden. Sie konnten den Wettbewerb geschützterer Orte an der Riviera, vor allem aber entfernterer Länder, die uns der jetzige Verkehr so nahe gerückt hat, nicht ertragen. Es er- ging Hyeres mit den Orangenbäumen nicht anders, als zuvor mit dem Zuckerrohr, das im fünfzehnten Jahr- hundert weite Strecken des Landes deckte, dann aber verschwand, als der indische und der brasilianische Zucker in den Wettstreit eingriffen. Mit berechtigtem Stolze kann sich hingegen Hyeres auch heute noch Hiyeres-les-Palmiers nennen! Zwar sind die Palmen jetzt über die ganze Riviera ver- breitet; doch sieht man es den hohen Stämmen von Hyeres an, daß in diesem alten Kurorte ihre sorgsame Pflege besonders weit zurückreicht. Da streben in der Avenue des Palmiers die schlanken Stämme be- sonders mächtig zu beiden Seiten der Straße empor, gleich einer hehren Säulenhalle, und wiegen ihre stolzen Kronen hoch oben in der blauen Luft. — Auch hat 198 sich Hyeres schon seit langer Zeit einer zwar weniger vornehmen, aber einträglicheren Kultur zugewandt. Wir fanden dort Mitte März ganze Felder von Veil- chen in Blüte. Das waren freilich nicht jene be- scheidenen Pflänzchen, die bei uns ihre kleinen Blüten zwischen den Blättern verbergen, sondern ein weit an- sehnlicheres Grewächs, das Veilchen le Czar, das an langen Stielen seine großen Blüten keck über die Blätter erhebt. Es duftet sehr stark, und gern läßt man sich von den Lüften anwehen, die über Veilchen- felder streifen. Andere Felder sind mit „Primeurs“ be- deckt. Die Artischocken von Hyeres standen schon zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in hohem Ansehen; jetzt sind es auch die grünen Erbsen und vor allem die Erdbeeren, mit welchen Paris von hier aus versorgt wird. Täglich geht ein ganzer Eisenbahnzug solcher Erzeugnisse von Hyeres ab und wird scherzhaft als „Lrain de primeurs‘“ bezeichnet. Man soll sich aber nicht etwa vorstellen, daß unter dem Himmel von Hyeres alle diese Kulturen mühelos gedeihen. Auch hier verlangen sie viel Umsicht und angestrengten Fleiß. Den Furchen der Felder folgen niedrige Hecken, die deutlich zeigen, von welcher Seite Gefahr droht. Denn, trotz gegenteiliger Versicherungen, ist Hyeres nicht völlig vor dem Mistral gedeckt, und mit elemen- tarer (rewalt stürzt er durch die Lücke ein, welche die 3erge, nach Toulon hin, offenlassen. Anhaltende Dürre ist auch eine schwere Plage, welcher durch künstliche 3ewässerung nicht immer abgeholfen werden kann. — Immerhin besteht ein großer klimatischer Unterschied zwischen Hyeres und der westlicheren Provence, ja selbst dem nahen Toulon, weil diese dem Mistral noch weit 199 y Eucaly ‚plus globulus. k N . Y 3 h ü 3 wi Ä ren Typ ur “ A Sara ) Kan stärker ausgesetzt sind. Daher der Reisende, der von Westen kommend hier in früheren Zeiten zum erstenmal Palmen und gold- früchtige Orangenbäume sah, sich an die Pforten des Paradieses ver- setzt wähnte. Alte Reisewerke sind voll des Lobes dieses Ortes. So das Werk von Aubin-Louis Millin, „Conservateur des medailles, des pierres gravees et des antiques de la Biblio- theque imperiale“, der im Auftrage des F Ministers Chastal ı804 Südfrankreich bereiste. „Ich besuchte heute,“ schreibt Millin, „den Garten R des Herrn Fille.e Tausende von Blumen um- geben dessen Haus. Tuberose, Cassie und Jasmin würzen die Luft mit himmlischen Düften. Was Sänger und Poeten einst gepriesen, jene Gärten der Alcine und Armide, welche der fruchtbare Genius des Ariost und 200 des Tasso schuf, so glänzend sie auch unserer Einbildungs- kraft vorgeführt werden, sie treten zurück vor dem Garten, den man hier mit eigenen Augen schaut. Man glaubt nicht mehr auf Erden zu wandeln, vielmehr in jene Laubgänge versetzt zu sein, in welchen die Seelen der Gerechten ein ewiges Glück genießen. Die Bäume stehen so dicht aneinander, daß man nur auf künstlich angebrachten Pfaden zwischen ihnen durchdringen kann. Achtzehntausend Orangenbäume, beladen mit Blüten und Früchten, bergen in ihrem Laube unzählige Nachti- gallen, und Nachtigallengesang erschallt wie ein Hym- nus an die Natur, der ihre Güte preist und ihr für einen so freudigen und duftigen Schatten dankt. Andere Vogelstimmen greifen in dieses glänzende Konzert ein, während die fleißigen Bienen summend die Blüten umschwärmen, um reiche Nahrung zu schöpfen aus so verschwenderischer Fülle.“ Ein ähnliches Gefühl des sinnlichen Behagens, das durch ein milderes Klima erweckt wird, mag auch die Massilier einst bestimmt haben, eine Niederlassung an diesem Strande „Olbia“, die Glückliche, zu nennen. Mit Vorliebe schweiften wir an sonnigen Nach- mittagen auf den Maurettes umher, den Höhenzügen, an welche Hyeres sich lehnt. Wir suchten uns dort solche Orte aus, an welchen die alte Burg von Hyeres in schöner Umrahmung sich zeigt. Ein Stück blaues Meer bildete den Hintergrund, während grüne Hügel die scheckige Ebene deckten. Da lagerten wir uns auf Rosmarin, Myrten und Lavendel und vergaßen der fliehenden Stunden. Wir suchten im (reiste jene Trümmer zu beleben, die so mächtig drüben auf den Felsen thronen. Auch heute noch wird die 2ON Ruine von Woachttürmen und Mauern beschützt, die in bewegtem Umriß allen Vertiefungen des Berges folgen. In dem „Chastel d’Yeres“ herrschten seit dem zwölften Jahrhundert die Herren de Foz, eine Neben- linie der Vicomtes de Marseille. Manchen blutigen Kampf mußten sie ausfechten, um ihre Burg zu be- haupten und oft rauchte auf den Wachttürmen, ange- sichts der Feinde, die Lunte der Arkebusen. .In friedlichen Zeiten füllten aber dieses Chastel die Gesänge der Troubadours, und es erklang in ihnen die sechs- saitige Viola. War doch Mabille de Foz Präsidentin des Minnehofs von Pierrefitte, jenes Minnehofes, der mit Romanin, Avignon und Signes die vier vornehmsten „eours d’amour“ der Provence bildete! — Am zwölften Juni 1254 erschien 'ein hoher Gast in dieser Burg;. es war das Ludwig der Heilige, den aus Palästina der Tod seiner Mutter nach Frankreich zurückrief, und der hierher kam, um Bertrand de Foz, den letzten dieses Namens aus dem alten Geschlecht der Grafen der Provence, zu besuchen. In der alten Kirche St. Louis zu Hyeres stellt ein Bild hinter dem Altar die Landung des heiligen Ludwigs an dieser Küste dar. Einige Jahrhunderte später wurde hier oben auch Franz I. empfangen, während Ludwig XIII. nur noch die Ruinen der Feste sah: Heinrich IV. hatte deren Zerstörung beschlossen. Heute ist das alte Gremäuer in üppiges Grün gehüllt, und bunte Frühlingsblumen erklimmen selbst die Zinnen der Türme. — Scharf hebt sich der dunkle Berg vom hellen Abendhimmel ab, wenn die provenzalische Sonne sich hinter seinen Trümmern zur Ruhe senkt. Dann tränkt sie mit ihrem Glanze Land und Meer, umstrahlt die dunklen Felsen und bildet 202 um die Burg einen goldenen Glorienschein. — Geister- haft aber muteten uns die Trümmer an, als zur späten Abendstunde der Vollmond uns in die Berge gelockt hatte. Tief drang sein Silberschein in die Fugen und Spalten des zerklüfteten Gesteins und warf unheim- liche Lichter in die Ruinen. Da belebten sich die alten Mauern und Türme, nahmen menschliche Form an, schienen ihre Glieder zu bewegen und stierten mit unheimlichen Augen in die Ferne. Plötzlich war dann alles wieder tot; eine dunkle Wolke breitete ihre Schatten über den Berg aus. Doch als der Mond von neuem hervortrat, da war es, als hätten: die Türme in der Runde sich die Arme gereicht, und als führten sie um die Trümmer einen infernalen Reigen auf. Da ging es bergauf, bergab über die. steilen Felsen, und es stöhnte und pfiff dabei durch die Luft in unheildrohender Begleitung. Für Augenblicke leuchtete die Burg so hell auf, als stünde sie in Flammen, dann wieder versank sie in das Dunkel der Nacht.. Mit Wirbelwind und Sturm, mit Blitz und Donner zog ein Gewitter vom Westen heran: das mochte uns diese phantastischen Bilder vor- gezaubert haben. Rasch breitete sich Finsternis über das Land aus, nur das Meer dort in der Ferne war noch in Silberglanz getaucht. Ein greller Lichtstrahl durchzuckte die Luft, ihm folgte ein betäubender Schlag, der die Grundfesten der Erde zu erschüttern schien. Wie geblendet standen wir da, während das Rollen des Donners sich entfernte. Dumpf tönte es noch fort in den nahen Bergen, brach sich dort mit immer schwächerem Echo an den Felsen, kam dann wieder näher, um endlich in der Ferne zu verhallen. 203 Hatte dieser grelle Blitz nicht die Burg getroffen, nicht jene schlanke Zypresse zertrümmert, die so stolz aus den Ruinen dem Himmel entgegenstarrte, als wolle sie ihm trotzen? — Dicke Regentropfen begannen zu fallen; es war hohe Zeit den Rückweg anzutreten. EI; Das im Osten von Hyeres aufsteigende Gebirge bildete im neunten und zehnten Jahrhundert ein Boll- werk der Mauren. Nach ihnen führt es mit Recht den Namen. Von seinen Höhen beherrschten sie die weite Küste. In orographischer Beziehung beansprucht das Maurengebirge ein hohes Interesse Es stellt ein in sich abgeschlossenes (Grebirgssystem dar, dessen Gneiße und Schiefer von dem umgebenden Kalk- gebirge durch tiefe Täler. getrennt sind. Wie. etwa die Alpen oder die Pyrenäen besitzt das Mauren- gebirge sein eigenes, wenn auch nur kleines Fluß- system, seine eigenen Schluchten und Täler. Es ist von der übrigen Provence so geschieden, daß es auch, fern von ihr, eine besondere Insel im Meere bilden könnte. An den felsigen Ufern dieses Gebirges dürfen die Schiffer sich durch südliche und östliche Winde nicht überraschen lassen. Daher mußten die Alten, deren Schiffahrt längs der Küsten sich hielt, hier für beson- ders zahlreiche Stellen der Rast und der Zuflucht Sorge tragen. Das römische Itinerarium aus der Kaiserzeit gibt nicht weniger als drei Flottenstationen zwischen Forum Julii und Pomponiana an: Sinus Sambracitanus, Heraclea Cacabaria und Alconis. Im Sinus Sambra- eitanus scheint der eigentliche Hafen nicht weit von 204 dem jetzigen Orte Sainte-Maxime sich befunden zu haben, dort wo ein felsiger Vorsprung heute noch den Namen Pointe des Issambres führt; von Heraclea Cacabaria nimmt man an, daß sie an der Baie de Cavalaire lag, während man Alconis in die Rade de Bormes versetzt. Jetzt folgt eine Eisenbahn (Chemin de fer du Sud de la France) der Küste an dem Gebirge entlang. Diese Bahn mündet in Saint-Rapha@äl und schließt dort an die große Linie an, die Marseille mit Grenua verbindet. Von den Stationen der Südbahn dringt man leicht in das Gebirge ein, und solche Ausflüge waren es, die uns an Hyeres längere Zeit fesselten. Wir wurden nicht müde, wiederholt dieselben Strecken der Küste mit der Eisenbahn zurückzulegen; denn der Weg ist anmutig und führt entweder durch schönen Wald oder am Meeresstrande entlang mit fortwährendem Wechsel der Bilder. Der Anblick der Berge selbst bietet hingegen geringe Mannigfaltigkeit, da ihre Kuppen abgerundet sind, nur wenig in der Höhe schwanken und vierhundert Meter nicht übersteigen. Doch ladet der üppige Wald, der sie deckt, zu immer neuen Unter- nehmungen ein. Wer Korkeichenwälder zuvor nicht sah, wird zunächst über diese staunen. Er erkennt wohl die immergrüne Eiche, doch ihre geschälten Stämme und Äste bieten ihm einen ungewohnten An- blick dar. Die Krone der Korkeiche gleicht der immer- grüner Eichen, auch die Blätter sind wie bei .diesen lederartig und nur durch ihre eiförmige (zestalt und geringe Zähnung ausgezeichnet. Befremdend ist aber die rotbraune Farbe der abgeschälten Teile, die. fast blutrot leuchten, wenn die Sonne sie bescheint. 205 Die Bevölkerung des Maurengebirges lebt vor- wiegend von der Korkgewinnung. Steht auch der Kork, der an dieser Küste wächst, dem spanischen und algerischen an Güte nach, so bleibt er doch ein geschätzter Handelsartikel und bildet eine einträgliche Erwerbsquelle. Die Korkeiche muß, bevor sie ge- schält werden kann, eine bestimmte Dicke aufweisen, die sie mit fünfzehn bis zwanzig Jahren erreicht. Der erste Kork ist rissig, spröde und wandert vorwiegend in die Gerbereien. Er wird, weil rauher und härter, als „männlicher“ Kork bezeichnet. Dann erst bildet sich der glatte, weniger harte, brauchbare Kork, den man „weiblich“ nennt. Er wird alle acht bis | | he sechzehn Jahre ge- | | schält, je nach , der Dicke, welche / die Korkplatten erreichen sol- len. Für ge- wöhnliche Stopfen ‘ reichen achtjährige Plat- NN ten schon aus, wäh- 7, rend Champagner- pfropfen weit stärkere, bis fünf Zentimeter dicke Lagen verlangen. Die Schälung wird so lange wiederholt, bis der Baum ein Alter von hundertundfünfzig, { ; Euphorbia ja selbst zweihundert Jahren er- 'sPinosa. 206 reicht hat. Dann sinkt der Wert seiner Produkte, und es gilt, ihn durch jüngeren Nachwuchs zu ersetzen. — Hun- dertjährige Korkeichen sehen bereits majestätisch aus und treten mit ihren mächtigen Kronen und knorrigen Stämmen eindrucksvoll aus der Umgebung hervor. Be- sonders gerne ruht auf ihnen das Auge, wenn sie, um ein- zelne Felsblöcke malerisch gruppiert, am Bergesabhange stehen. Die Korkeiche trifft man vorwiegend auf einem Boden an, der aus verwittertem Granit und Schiefer her- vorging, hingegen nicht auf Kalkstein. Daher die Kork- eichenwälder des Maurengebirges eine Kulturinsel in der Provence bilden, ähnlich wie das (Grebirge selbst dort eine orographische Insel darstellt. In den umgebenden Kalk- alpen wird man die Korkeiche nicht finden, nach ihr ver- geblich in Mentone und Nizza suchen, nur bei Cannes sieht man sie noch stellenweise. Wie die Korkeichen- wälder des Maurengebirges das Urgestein seiner Berge verraten, so zeigen Kalkpflanzen den Kalk der an- grenzenden Alpen an. Unter Umständen wird ganz vereinzelt eingestreutes (Grestein in solcher Weise äußer- lich durch den Pflanzenwuchs kenntlich. So fiel vor einiger Zeit dem Forstinspektor de Saint-Venant in dem Walde von Orleans ein schmaler, kilometerlanger Streifen kalkholder Pflanzen auf, während die übrige Flora im Walde auf Kieselboden hinwies.. Das regte ihn zu Ausgrabungen an, die in geringer Tiefe das Vorhanden- sein einer alten, mit Kalksteinen gepflasterten römischen Straße ergaben. Man darf sich aber nicht vorstellen, daß es ein besonderes Bedürfnis nach Kalk ist, das solche Pflanzen zu Kalkpflanzen macht, vielmehr ver- tragen sie nur größere Kalkmengen besser wie andere Ge- wächse und schalten diese vom Mitbewerb aus. Letztere gelten dann als kalk- [3 Ei feindlich, während sie beiisolierten Kulturen in kalkreichem Boden zeigen, daß sieihn tatsäch- “lich ertragen. Überhaupt steht jetzt fest, daß die phy- sikalische Beschaffenheit des Bodens, durch welche im besondern seine wasserhal- Rolle bei der Pflanzen- verteilung spielt als die chemische. Die Korkeichen werden im Maurengebirge während des Sommers geschält. Es geschieht das sowohlan den Stämmen wieandicken Ästen; doch schränkt man stets die Schälungaufeinzelne Teileein; denn es ist schädlich, den ganzen Baum auf einmal seines Korkmantels zu berauben. Besonders eigenartig sehen die entblößten Teile gleich nach der Schälung aus; sie zeigen dann die Farbe des menschlichen Körpers. Erstallmählich dunkeln sienach. Zur Vornahme der Schä- lung, die als „demasclage“ bezeichnet wird, führt der Arbeiter zunächst zwei Freesia Schnitte rings um den Baum durch die odorata. 208 ganze Tiefe der Korkschicht und verbindet diese Kreis- schnitte durch Längsschnitte, deren Zahl sich nach der Dicke des Baumes richtet. Diese Operation vollzieht er mit einer Axt, die einen keilförmig zugeschärften Stiel be- sitzt. Mit letzterem fährt er dann von den Einschnittstellen unter die Korkschicht und hebt sie ab. Hierauf beschwert er die Korkplatten mit Steinen, damit sie ihre Rundung verlieren, hält sie auch wohl über ein Feuer und kohlt ihre Oberfläche ein wenig an. Unter allen Umständen müssen die Korkplatten trocken werden, bevor man sie versendet. Der Kork ist das natürliche Schutzmittel der Pflanzen: sie schließen sich mit ihm gegen die Um- gebung ab. Die ältere Rinde fast aller unserer Sträucher und Bäume weist Kork auf und dankt ihm allein, oder außerdem noch abgestorbenem Rindengewebe, ihr Aus- sehen und ihre Färbung. Der Kork läßt Gase und Flüssigkeiten nicht durch, ist elastisch und sehr dauer- haft; das befähigt ihn nicht nur zu seinen Aufgaben an der lebenden Pflanze, sondern bedingt auch seine tech- nische Brauchbarkeit. Wird eine Pflanze verletzt, so ent- steht Kork an der Wunde und schließt diese ab: daher auch der neu sich bildende Kork an der geschälten Korkeiche. Wie jedes andere (aewebe, besteht der Kork aus Zellen, ja, ein Korkstück war es, in welchem Robert Hooke im Jahre 1667 Kammern entdeckte, die er Zellen nannte, weil sie ihn an die Zellen der Bienenwaben erinnerten. Den Zellen eines fertigen Korkes fehlt freilich der lebendige Zelleib, derjenige Inhalt, der das Wesen einer Zelle aus- macht. Diesen büßt die Korkzelle bald nach ihrer Ent- stehung ein, um nur noch durch ihre verkorkte Wandung als Schutzmittel der Pflanze zu dienen. Eine bestimmte lebendige (rewebeschicht innerhalb der Rinde, das soge- 209 nannte Korkkambium, bildet durch fortgeesetzte Vermeh- rung ihrer Zellen den Kork. Jüngere Korkzellen folgen in geraden Reihen nach innen zu auf die älteren. Ihre Gestalt ist bei der Korkeiche annähernd würfelförmig; gegen Schluß jeder Vegetationsperiode flachen sie sich tafel- förmig ab. Der „weibliche“ Kork der Korkeiche zeichnet sich durch die Dünnwandigkeit seiner Zellen und durch große Gleichförmigkeit in seinem Bau aus; nur am Schluß jeder Vegetationszeit entstehen wenige Lagen stärker verdickter, abgeflachter Zellen. Diese letzteren sind es, welche die dunklen Streifen bilden, die man in jedem Flaschenstopfen erkennen kann. Da die dunkleren Lagen die Grenzen des jährlichen Zuwachses anzeigen, so kann man das Alter einer jeden Korkplatte an ihnen abzählen, ebenso wie sich aus der Zahl der Jahresringe im Holz dessen Alter bestimmen läßt. Ist eine Korkeiche geschält worden, so bildet sich ein neues Korkkambium unter der freigelegten Fläche und hebt mit neuer Korkbildung an. Freilich darf die Schälung nur den Kork entfernen, nicht den ganzen Bast abheben oder gar den Holzkörper erreichen, weil das schwere Wunden sind, die sich nur langsam schließen und lange die Korkproduktion an der beschädigten Stelle beeinträchtigen. Ist ein Stamm niemals geschält worden, so zeigt er gleich anderen Eichenarten einerissige, aus Korklagen und abgestörbenem Gewebe bestehende Rinde, deren äußerste Schichten er nach und nach als Borke abwirft. Doch darf der am geschälten Baume er- zeugte Kork auch nicht ein gewisses Alter übersteigen, da er sonst an der Außenseite rissig und unbrauchbar wird. Außer Korkeichen werden im Maurengebirge auch | Edelkastanien kultiviert, die, wie jene, auf einem Boden aus E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 14 210 Urgestein gut gedeihen. Sie decken eine Gesamtfläche von mehr als viertausend Hektaren und liefern besonders große Maronen, die als Marrons de Lyon versandt werden. In den westlichen Teilen des Maurengebirges gibt es kaum einen schöneren Ort als Bormes, das von Hoyeres aus mit der Bahn in einer Stunde sich erreichen läßt. Man steigt dort vom Strande zum Hügel empor, an den das kleine Städtchen amphitheatralisch sich lehnt. Seine Häuser sind in verschiedener Höhe zerstreut, einzeln und in Gruppen, als hätten sie um die Wette den Berg zu erklimmen versucht. Den Ort beherrscht eine alte Burg, deren graue Ruinen sich eindrucksvollabheben von dem dunklen Grün des dahinterliegenden Waldes. Der Abhang ist mit aromatischen Kräutern des Makis bewachsen, und jeder Schritt befreit aus ihnen duftende Essenzen. Granze Flächen werden violett gefärbt durch den Lavendel (Lavandula stoechas)* (S. 265), der einst den hyerischen Inseln den Namen gab. Er tritt noch immer so massen- haft hier auf, daß ein benachbarter Ort nach ihm den Namen Lavandou führt. Wir steigen hinauf in den Wald, zwischen Korkeichen, Kiefern und immergrünen Sträuchern. Auch sie stehen jetzt alle in Blüte. Die Luft ist erfüllt mit Wohlgerüchen, und den Kiefern, die man berührt, werden dichte Wolken von Blütenstaub entlockt. Immer großartiger entfaltet sich die Aussicht auf die dunklen Ruinen, das hellglänzende Städtchen und das blaue Meer, in das eine Landzunge weithin sich erstreckt. (regen Osten blicken wir in die Rhede von Bormes hinein; gegen Westen zeigt sich die Rhede von Hyeres; über eine schmale Halbinsel hinweg ist auch der Golf von Giens noch sichtbar. Jede dieser Buchten zeigt eine andere Färbung. Die östliche Bucht schimmert matt in hellem Blau; die SHE Rhede von Hyeres scheint von flüssigem Silber zu sein, während der Golf von Giens den roten Abendhimmel feurig wiederspiegelt. Wir sättigen uns an dieser Farben- pracht und lassen unser Auge dann auf dem dunklen Grün der fernen Wälder ruhen. Sanft breitet der purpurne Schein sich aus über das ganze Meer, und im Glanze der Abendsonne leuchten jetzt die goldenen Inseln von Hyeres so, als wären sie wirklich von Gold. a bermes sind vor’. den Häusern große Mengen vonKork aufgeschich- $ tet. Wir treten in ein Haus ein, in dem Kork ge- schnitten wird und sehenuns,freund- Arbeit an. Stopfen mit lich empfangen, die Der Mann macht Hilfe einer Dreh- bank. Er be- r festigt eckige Kork- stücke an der Spindel, versetzt sie in Drehung und rückt eine Art Hobel Korkstückrundet. Große heran,derdas Übung ver- langt das sichere und rasche Ein- Kork- fügen der Galactites tomentosa, der Dreh- richtig zen- 14* stückein die Achse bank, so daß sie gleich triert sind. Ist der Arbeiter geschickt, so macht er Hun- derte von Stopfen in der Stunde, während er früher, beim Schneiden aus freier Hand, es kaum auf tausend Stück im Laufe des ganzen Tages bringen konnte. Die Korkplatten müssen mit Wasser gebrüht werden, ehe man sie in die eckigen Stücke zerteilt. Sie schwellen dabei nicht un- wesentlich an. Die Längsachse der Stopfen entspricht der Längsrichtung der Platten; man müßte sich somit die Stopfen in der Rinde des Baumes aufrecht stehend denken. Die Abfälle beim Schneiden der Stopfen sind durch- aus nicht wertlos. Sie können zum Polstern dienen und werden auch wohl verkohlt um eine schwarze Farbe, das Nigrum hispanicum, oder auch um Zahnpulver zu liefern. Gepulverter Kork mit verdicktem Leinöl angerührt und auf wasserdichtes Segeltuch gebracht, gibt den als Lino- leum bekannten Korkteppich, mit dem man die Fußböden belegt. Mit einer Leim-Teermasse verrührter, zerkleinerter Kork liefert, in Formen gepreßt, die Korksteine. Diese bewähren sich sehr beim Bau von Baracken und Hütten und bei Herstellung von Fußböden. Die allgemeine Verwendung des Korkes für Flaschenverschluß greift nicht weiter als bis in das siebzehnte Jahrhundert zurück. Sie fällt zusammen mit der Verbreitung unserer enghalsigen (rlasflaschen, die man kaum vor dem fünfzehnten Jahrhundert herzustellen _ begann. Im Mittelalter wurden kleine (Gefäße aus Holz, Ton oder Metall angefertigt und mit Zapfen von gleichem Stoff verschlossen, oder auch nur mit Wachs zugeklebt. Die Fässer verspundete man mit Holzpflöcken. Die Alten benutzten zum Verschluß ihrer Amphoren sowohl Holz- als auch Korkstopfen, die sie mit einem Kitt aus Harz, Kreide und Ol oder auch mit Pech umgaben. Häufiger 213 noch wurde die Öffnung dieser Gefäße nur mit Gips, Harz, Pech oder Wachs zugeschmiert. Auf den Wein gossen sie Öl, so wie das heute noch in Italien geschieht, und suchten ihn so vor Luftzutritt zu bewahren. Nach Plinius dienten den Römern Korkstücke bereits als Schwimmer an den Fischnetzen und als Bojen an den Ankern; nicht minder wurden die Schuhsohlen für Frauen aus diesem Stoffe hergestellt. IDT. Tief in das Maurengebirge schneidet der Golf von Saint-Tropez, der Sinus Sambracitanus der Alten, ein. An seinen Ufern sieht man schon aus der Ferne die Häuser von Saint-Iropez in bunten Farben blinken. Von dort aus gleicht die Meeresbucht einem geschlossenen See. Ihre azurnen Fluten haben die Klarheit und den Schmelz eines dunklen Saphirs, und wenn der Wind sie kräuselt, da glitzern sie und leuchten, als wäre ein Schatz kostbarer Edelsteine in ihren Tiefen ver- senkt. Man blickt über sie in das Maurengebirge hin- ein. Scharf stechen seine bewaldeten Höhen vom hellen Himmel ab. Im Osten begrenzen, in duftiger Ferne, die zackigen Gipfel des Esterels das Bild. Über ihnen, hoch in den Wolken, glänzt der Schnee der Alpen. Hier an diesem blauen Golf soll einst die gallo- griechische Stadt Athenopolis gestanden haben. Der Sage nach strandete im Jahre 66 n. Chr. der Körper des heiligen Tropetius an dieser Stätte. Der Heilige hatte unter Nero hohe Würden bekleidet; sein Vetter, Salvius Otho, wurde im Jahre 66 n. Chr. zum Kaiser proklamiert. Er selbst legte alle seine Ämter nieder, nachdem ihn der Apostel Paulus zum Christentum be- kehrt hatte, und zog sich nach Pisa zurück. Dort ließ 214 eines Tages Nero unter einer ehernen Himmelsdecke mit großem, theatralischem Pomp Diana und Apollo anbeten. S.. Tropetius weigerte sich, dies zu tun; er wurde ergriffen, auf Befehl des Nero gemartert, ent- hauptet, und sein Körper dann auf einem schlechten Nachen in das Meer gestoßen. Ein Hund und ein Hahn, die man zugleich in das Boot setzte, sollten sich an dem Körper weiden. Doch weder der Hund noch der Hahn be- rührten den Heiligen, sie stellten sich als Wächter an seinem Körper auf. Ein Engel ließ sich am Steuer nieder und führte das Fahrzeug sicher durch die Flut bis nach Heraclea. Durch das Krähen des Hahnes gerufen, sammelten sich dort die Christen am Strande und nahmen den Körper des Heiligen mit hohen Ehren auf. Um 730 wurde die alte Stadt von den Sarazenen zerstört, und nur antike Mauern und Gräber zeigen den Ort noch an, an dem sie einst gestanden hat. Das jetzige Saint-Iropez reicht nicht weiter als bis in das fünfzehnte Jahrhundert zurück. Es verdankte sein Auf- blühen genuesischen Familien, die hier auf Veranlassung des Herzogs Rene d’Anjou angesiedelt wurden. Zahl- reiche Wachttürme um die Stadt, sowie die Festungs- werke auf den Höhen zeigen an, daß der Ort sich oft gegen Seeräuber und andere Feinde zu verteidigen hatte. Heute wird es nur noch von Zollwächtern be- wacht, die von den Höhen aus den Strand überschauen. So verändern sich die Zeiten; früher mußte der Ort Kor- saren abwehren, die ihn berauben wollten, heute sich gegen die Schmuggler schützen, die ihn gerne ver- sorgen möchten! Saint-Tropez ist ein Hauptort des Korkhandels ge- worden. Zahlreiche Schiffe werden hier mit dieser 215 Ware, die ausallen Teilen des Maurengebirges zusammen- strömt, beladen. Zum klimatischen Kurorte dürfte Saint-Iropez wohl schwerlich jemals sich erheben, da es zu sehr den Winden ausgesetzt ist. Gegen das offene Meer deckt das vorspringende Kap den Hafen; doch der Mistral und der Ostwind treiben die Fluten des Golfes in ihn hinein. Daß bei heftigem Sturm die Wellen bis auf den Uferdamm schlagen, das zeigt der eigenartige Bau mancher Häuser an. Sie sind unten ohne Fenster, nur mit kleinen, dicht schließenden Türen versehen, zugleich ausgehöhlt, wie der Fuß eines Leuchtturms der dem Meere zu trotzen hat. — Von jenen Winden abgesehen, besitzt das meerumspülte Vorgebirge ein sehr mildes Klima, so daß der bekannte Greologe Elie de Baumont dieses Stück Land als die Provence der Provence bezeichnet hat. Seine Vegetation ist üppig; Kiefern und immergrüne Eichen decken die Höhen; die Abhänge werden von mächtigen Kastanienbäumen beschattet. Hier und dort streckt auch eine Palme ihr schlankes Haupt über eine Mauer hervor; doch man sieht es ihr an, daß sie oft vom Winde gepeitscht wird. Den steinigen Utern der Bäche folgen Oleander- sträucher und Vitexbüsche. Mit den schönen Blüten des Oleanders schmückten sich und schmücken sich noch heute in Griechenland auf dem Lande die Frauen. In manchen Gegenden von Deutschland benutzt man Oleanderblätter zur Verzierung der Speisen, was ent- schieden unterbleiben sollte, da der Milchsaft dieser Pflanze sehr giftig ist. Von dem schmalblätterigen Vitexstrauch hieß es einst, daß er die Sinnlichkeit unterdrücke; daher erhielt er seinen keuschen Namen: 216 Vitex agnus castus” (S. 489). Die Frauen von Athen bestreuten mit Vitexblättern ihr Ruhelager zur Zeit der Thesmophorien, jener mysteriösen Feste zu Ehren der Göttin Demeter, von denen alle Männer ausgeschlossen waren. Die Vestalinnen trugen Vitexzweige in den Händen, und Hera soll unter einem solchen Strauch geboren sein. Auch deutet der deutsche Name „Mönchs- pfeffer“, den dieses Grewächs trägt, auf die Wirkung hin, die man in den Klöstern seinen würzigen Stein- früchten zuschrieb. Heute scheint der Vitex agnus castus seine früheren Kräfte eingebüßt zu haben; man gebraucht seine Früchte doch stellenweise immer noch als Pfeffer. Der Oleander hat sich sogar einer wenig poetischen Verwendung anbequemen müssen; denn die Leute um Nizza benutzen seine gepulverte Rinde, um Ratten und Mäuse zu vertreiben. Im Hötel Continental zu Saint-Tropez lebt man noch nach altem Brauche. Guter Tischwein steht zu all- gemeiner Benutzung auf der Tafel. Man fragt den Nachbar erst, ob er zu trinken wünscht, bevor man sich selber Wein einschenkt. Das Dienstpersonal wird in einige Verwirrung versetzt, wenn man nach der Weinkarte verlangt. — Da erscheinen als Vorspeisen bei der Mahlzeit außer Salami, Oliven, Sardinen und anderen allgemein europäisch gewordenen Dingen auch Seeigel, ein Leckerbissen, den ich an einer regelrechten „lable d’höte“ bisher nicht gesehen hatte, dessen Gre- nuß ich übrigens auch gerne andern überlasse; mir dient er nur zum Beweis, daß der Mensch das schlimmste aller Raubtiere ist. Da werden Tausende weiblicher Seeigel gefangen, aufgebrochen, und im Grunde ge- nommen vergeudet. Man wirft den ganzen Körper 217 en N : N > N U, Ber EN T fort und verzehrt nur das bißchen KEier- stöcke. Diesen orangen- roten, faden Schleimmassen P vermag ich zudem „ einen Geschmack N nichtabzugewinnen; / doch darüber läßt Ä sich ja streiten. In \ 2 \ wahre Begeisterung wurden unsere lischgenossen durch die „Bouilla- baisse“ versetzt. Nach dieser Speise sehnt sich stets der Provenzale, wenn er einen anderen Teil von Frankreich bewohnt. Die Wirtin suchte es ihren Gästen an den Augen abzusehen, ob ihnen ihre Bouillabaisse schmecke; kann diese doch allein das Re- nommee eines Hauses schon begründen. So, wie sie uns serviert wurde, bestand sie aus Langusten und Seefischen. Die Wirtin machte aus deren Zubereitung kein Greheimnis. Sie habe, sagte sie, zunächst etwas Knoblauch, Lorbeerblätter und weißen Pfeffer mit Olivenöl angerührt und in einer Kasserolle geröstet, dann ein Glas Weißwein darauf gegossen, die Langusten, Fische und so viel Wasser, daß diese bedeckt waren, dazu getan, alles mit Salz und Pfeffer weiter gewürzt, hierauf zwanzig Gladiolus segetum. Minuten lang kochen lassen und mit einer 218 Messerspitze Safran den Schluß gemacht. So kamen die Tiere übergossen mit ihrer eigenen Brühe, in welcher auch Weißbrodschnitte geweicht hatten, in einer tiefen Terrine auf den Tisch. Die Bouillabaisse fand un- geteilten Beifall. Die Wirtin behauptete, für Fran- zosen allein lohne es sich zu kochen, während Aus- länder mit demselben Gleichmute gute und schlechte Speisen verschlingen; das sei für eine sorgsame Wirtin entmutigend. Darauf mein Tischnachbar in längerer Rede entwickelte, daß er nicht einzusehen vermöge, weshalb man ein Sinnesorgan gegen die anderen zurück- setzen sollte. Man könne eine dumme Zunge haben, ebenso wie ein dummes Auge oder ein dummes Ohr. Menschen, die nicht imstande seien, nach dem (Gre- schmacke Karpfen von Steinbutte zu unterscheiden, flößten ihm kein höheres Maß von Ehrfurcht ein, als solche, die Van Dyck mit Raphael oder Gounod mit Wagner verwechselten. War das Essen auch gut, der übrige Komfort des Hauses ließ doch etwas zu wünschen übrig, so daß wir, trotz der kulinarischen Grenüsse, uns zeitweise nach einem anderen Unterkommen sehnten. Eine Straßenbahn verbindet Saint-ITropez mit La Foux. Sie führt an dem Schlosse von Bertaud vorbei und weicht dann einer mächtigen Pinie aus, deren Stamm wohl sechs Meter im Umfange mißt. Es dürfte eine der größten Pinien sein, die jetzt existieren, und es läßt sich annehmen, daß mancher Sarazene in ihrem Schatten schon gelagert hat. Der Baum steht mitten auf der Straße, der „route nationale“, und es ist zu loben, daß er verschont blieb. Die Straßenbahn setzt sich über La Foux nördlich bis Cogolin fort, von wo 219 aus man auf der Chaussee La Garde-Freinet erreichen kann. An dieser Stelle hatten schon die Römer einen Militärposten errichtet, der die Verbindung zwischen dem Sinus Sambracitanus und der etwas nördlicher durchs Gebirge ziehenden Via Aureliana sichern sollte. Es ist ein Engpaß zwischen zwei Bergen, den auch die Mauren im Jahre 850 besetzten, nachdem sie Saint Tropez zerstört hatten. Sie sicherten sich so den Zu- gang zum Meere und die Herrschaft über das Gebirge. Die Festung, die sie erbauten, wurde Fraxinetum ge- nannt, ein Name, den man späterhin auf alle ähnlichen maurischen Festungen übertrug. Hier stapelten sie die geraubten Schätze auf, um sie später übers Meer nach Afrika zu schaffen. Wilhelm I., Graf von Arles, unter- stützt von zwei provenzalischen Edelleuten, Bavon und Grimaldi, stürmte und eroberte im Jahre 973 die Feste. Alle Mauren, die dem Schwerte entgingen, wurden nebst Weibern und Kindern zu Sklaven gemacht. Die Feste verschwand vom Erdboden, und nur einige Mauerreste, die Efeu heute bedeckt, sowie eine tiefe, in Fels gehauene Zisterne bezeugen, daß sie hier einst stand. Als Preis der Tapferkeit und als Lohn für die er- wiesenen Dienste erhielt Grimaldi von Wilhelm I. das ganze Land, welches die Mauren am Sinus Sambra- citanus besaßen. Es ragen noch heute als Wahr- zeichen aus jener Zeit auf dem Berge, der die Tal- mündung beherrscht, die Trümmer der Burg Grimaud zum Himmel. Zwei Türme auf steilem Abhange, durch Mauerreste verbunden, scheinen über dem Abgrunde zu schweben; die übrige Burg ist zerstört; doch unter ihr, wenn auch ihres. Schutzes beraubt, in üppiges Grün 220 gehüllt, klammert sich der kleine Ort Grimaud noch immer an den Felsen. Nach der Zerstörung des Fraxinetum erhielten sich die Sarazenen nur noch als umherirrende Piraten. Die Kreuzzüge vollendeten ihren Untergang. Siefuhren dann zwar noch lange Zeit fort, diese Küste zu gefährden, doch handelte es sich nur noch um vereinzelte Raub- anfälle. Es war der unbestrittene Ruhm des Malteser- ordens, zur Beseitigung dieser Plage im Mittelmeer beigetragen zu haben. Der französische Zug nach Ägypten und die Eroberung von Algerien machten ihr endgültig ein Ende. Die sarazenischen Eindrücke haben im Mauren- gebirge die römischen so zurückgedrängt, daß römische Ziegelsteine beim Volk „tuiles sarrasines“ heißen. Von La Foux folgt man mit der Südbahn in öst- licher Richtung allen Ausbuchtungen der Küste. Man glaubt zeitweise sich Saint-Tropez am jenseitigen Ufer immer mehr zu nähern, dann entfernt man sich wieder von ihm und streift das Maurengebirge. Bald ist Sainte-Maxime erreicht, ein Ort, den Guy de Mau- passant ganz besonders liebte. Jenseits einer Land- zunge taucht das Esterel dann plötzlich wieder auf. Die Hügel rücken dicht ans Meer heran, der Wald erreicht die Küste. Zwischen immergrünen Eichen und Seestrandkiefern leuchtet die baumartige Erica” (S. ıg9ı) mit ihren weißen Blütenmassen hervor. Überall sieht man den Erdbeerbaum* (S. 67) seine lorbeerartigen Blätter ausbreiten. Dunkler Efeu rankt an den Stämmen in die Höhe, und üppige Waldreben verbinden die Baumkronen durch helle Laubguirlanden. Dieses herrliche Bild verlockt uns, die Fahrt zu unter- 227 brechen; wir steigen in La Gaillarde aus und setzen unseren Weg zu Fuß fort. Wir folgen dem Ufer. Die Strandkiefern tauchen ihre Wurzeln oft fast in die Wellen; sie neigen ihre Kronen über die Flut, als wollten sie in der spiegelnden Fläche sich betrachten. Die See schmückt hier das Land mit einem Saum von silberschimmernden Wogen, dafür flicht ihr das Land einen Kranz aus immergrünem Walde. Zerrissene Felsen springen am Strande vor und verlieren sich weit in den Fluten. Das Esterel ist uns schon nah gerückt. Es zeigt denselben reich bewegten Umriß, dem wir so gerne von Antibes aus folgten. Bei der geringen Breite dieses Gebirgszugs sind es die nämlichen Höhen, die von Osten wie von Westen her das Bild bestimmen. In Antibes sieht man am Abend die Sonne hinter dem Esterel verschwinden; dann hüllen sich seine Gipfel in dunkelblaue Schatten und stechen mit scharfen Um- rissen gegen den Abendhimmel ab. Hier sind sie dann mit Licht übergossen; die schwindende Sonne senkt ihre Strahlen in die Täler, sie gestaltet und modelt die einzelnen Berge, vergoldet die Gipfel, lockt blaue Schlagschatten empor aus den Tiefen, entzündet ganze Dörfer, wirft Irrlichter in die einzelnen Häuser hinein und taucht schließlich alles in purpurne Glut. Plötzlich bei Saint-Aygulf öffnet sich vor uns das weite Tal, das der Fluß Argens in zahlreichen Windungen durchströmt; estrennt das Maurengebirge von dem Esterel. Der Teich von Villepey und die Windungen des Flusses glänzen wie metallene Spiegel. In Frejus er- tönen die Abendglocken. Vom jenseitigen Ufer der Bucht sendet uns der Leuchtturm von Saint-Raphaöl einen ersten, noch blassen Strahl entgegen. 222 Iv. Wir wandern jetzt auf klassischem Boden. Ist doch Frejus das alte Forum Julii, nach Julius Caesar so benannt. Augustus vollendete den Hafen, der die Stelle von Lagunen einnahm, und gab dem Orte einen Pharus. Agrippa ließ einen Aquädukt und ein Amphi- theater erbauen und siedelte hier auch Soldaten der achten Legion an, was zu der späteren Benennung Colonia Octavianorum führte. Die Stadt wuchs rasch an Größe und Bedeutung; sie hat fünftausend Schritt im Umfang gemessen. Der Hafen war so ausgedehnt, daß er im Jahre 3ı v. Chr. die zweihundert Galeeren aufnehmen konnte, die Octavian in der Schlacht bei Actium An- tonius abgewonnen hatte. Was für ein farbenprächtiges Bild mag das gewesen sein, als die Flotte des Antonius hier den Hafen füllte, als mächtige römische Bauten sich in den Wellen spiegelten, und weithin sichtbar der Aquädukt in kühnen Bögen durch das Tal den fernen Bergen zueilte! -—— Frejus blieb unter den Kaisern die wichtigste Flottenstation an diesem Gestade; dann aber folgten traurige Zeiten des Verfalls. Der Amnis argenteus, der heutige Argens, füllte langsam den Hafen mit Schlamm und Erde an. Im zehnten Jahrhundert konnten nur noch kleine Schiffe hier Zuflucht finden. Auch kamen die Sarazenen und schleiften im Jahre 940 die Befestigungen der Stadt. Im fünfzehnten Jahr- hundert wurde Frejus von Korsaren verbrannt, dann im sechzehnten Jahrhundert nochmals unter Carl V. geplündert. Der Hafen verschwand allmählich, und an seiner Stelle bildeten sich weite Sümpfe aus, welche mit tödlichen Miasmen die Gegend erfüllten. Ein Bild solchen Elends fand Aubin-Louis Millin im Beginn 2723 23 des XIX. Jahrhunderts hier vor. Die Straßen waren leer, die Häuser unbewohnt, die wenigen Menschen, die man sah, gingen mit blassen fahlen (resichtern, hohlen Wangen und eingefallenen Augen umher. Man meinte in einem großen Krankenhause zu sein. „Wir nahmen Wohnung“, schreibt Millin, „in der besten Herberge: es war ein verpestetes und ekelerregendes Haus, in Ar Aufenthalt als Strafe 7 ZER ansehen mußte. | f Schrecklicher Schmutz herrschte in den Räu- dem man den men. In schlecht —’ gespülten Gefäßen wurde „g uns fauliges fd Wasser ge- reicht; ganze 4 Schwärme von Flie- 7 gen bela- gerten die mit ranzigem Öl berei- 7 teten Speisen; den Sümpfen entstiegene Mücken und Schnaken peinigten uns mit ihren Stichen; des Nachts wurden wir von nicht minder zudringlichen, aber noch ekelhafteren Tieren aufgezehrt. Un- ser Blut war in fortdauernderWallung begriffen. Es können hier wirklich nur solche 224 Menschen leben, die an solche Plagen gewöhnt sind; uns erschienen sie als das größte Unheil, das einem mensch- lichen Wesen begegnen kann. Wir bedauerten, daß der Wissensdrang, der uns veranlaßte, historisch be- rühmte Stätten aufzusuchen, uns an diesen elenden Ort geführt hatte, und wir wünschten ihn so bald als mög- lich verlassen zu können.“ — Seitdem haben sich die Zustände in Frejus gebessert. Abzugskanäle sind ent- standen, welche die Umgegend entwässern und da- durch gesünder machen; der Ort selbst ist zwar auf ein Fünftel seiner früheren Größe zusammengeschmolzen, sieht aber ziemlich freundlich aus. Wer freilich tieferen Eindruck von den Überresten aus klassischer Zeit er- wartet, der wird enttäuscht sein. Es blieb nur wenig davon übrig, zu wenig, um Achtung zu gebieten oder gar künstlerisch wirksam zu sein. Nur die zerrissenen Bogen des Aquädukts draußen in den Feldern, mit ihrem Schmuck von kletternden Pflanzen, sind stellen- weise schön. Der Fluß Argens war so fleißig bei der Arbeit, daß heute eine weite, sandige Fläche Frejus vom Meere trennt; die Trümmer des alten römischen Leuchtturms ragen anderthalb Kilometer vom Strande entfernt aus dem Boden hervor. So ist der alte Glanz von Frejus für immer geschwunden, und was von ihm erhalten blieb, läßt sich keinesfalls mit den Denkmälern von Nimes und Arles vergleichen. Doch ergreift uns auch hier das erhebende (Gefühl, klassischen Boden unter den Füßen zu haben. Wir schauen hinaus in das blaue Mittelmeer, an dessen Ufern jene mächtige Kultur erstarkte, unter deren Herrschaft die gesamte Welt sich beugen mußte, und werden uns wieder be- wußt, daß jene allgemein menschlichen Gedanken und 225 Empfindungen, die damals Ausdruck und (Grestaltung gewannen, auch heute noch unser Denken und Fühlen bestimmen. Römische Villen bedeckten den Strand, an dem heute Saint-Rapha@l sich ausbreitet. Die römischen Patrizier bevorzugten überhaupt dieses schöne Land. Es war das ihre Provincia Romana par excellence, die sie meinten, wenn sie kurzweg von Provincia sprachen, und sie behielt den Namen der Provence. Am Strande von Saint-Raphaäl ließen sich nach den Römern die Tempelritter nieder und bauten den vier- eckigen Turm, der auch heute noch die alte Kirche eussverteidigen scheint... Im Jahre "1799 landete'an dieser Stätte Bonaparte, als er von Ägypten kam, und hier auch verließ er das Land, um ‚sich ı814 nach Elba einzuschiffen. Merkwürdige Typen sind es, denen man in der hiesigen Bevölkerung begegnet. Sie erscheinen fremd- artig, was einen nicht wundern kann, da die Bewohner der oberen Stadt nachweislich sarazenischen, die der unteren vorwiegend genuesischen Ursprunges sind und sich noch immer gesondert halten. Wie die lange geschichtliche Vergangenheit von Saint-Raphaäl lehrt, trifft die Behauptung nicht zu, daß Alphonse Karr diesen Ort erst entdeckt habe. Doch sein neues Aufblühen wurde von ihm veranlaßt. Er selbst ließ sich hier nieder und feierte dann in Wort und Schrift so sehr die Schönheit der Lage, daß ihm bald andere französische Schriftsteller und Künstler folgten. Was sie hier suchten und fanden, das war die stille Abgeschlossenheit, in der man Blumen, Sonne und Meer genießen könne, ohne von seinen Mit- E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 15 226 menschen belästigt zu sein. Sie alle flohen den Lärm des großstädtischen Nizza und des übereleganten Cannes. „Wenn ich eine große Stadt lieben möchte“, pflegte Alphonse Karr zu sagen, „kehrte ich zurück nach Paris“. — Auch ist es im Sommer hier kühler als ostseits vom Esterel, und der sandige Strand ladet dann zum erfrischenden Bade ein; daher sich Saint-Raphael immer mehr zum sommerlichen Seebade ausbildet. Im Winter leidet es zu sehr von den Winden. Das sollten auch wir bald erfahren. Schon am Abend unserer Ankunft setzte der Ostwind ein: am nächsten Tage wehte er mit Macht und war von starkem Regen be- gleitet. Gegen dieses Unwetter war im Freien nicht anzukommen, denn der Wind trieb die Regentropfen fast wagerecht durch die Lüfte. Das dauerte volle zwei Tage, die sich endlos in die Länge auszu- dehnen schienen. Starker Ostwind ist hier meist von Regen begleitet, stimmt daher traurig. (Ganz anders als er gebärdet sich der nordwestliche Mistral; er ist trocken und in- folgedessen heiter. Er fegt den Himmel rein und pfeift bei Sonnenschein; bläst nicht in langen Zügen, sondern in kurzen Stößen; er klingt donnerartig und rüttelt an den Gebäuden. Der Ostwind hält hingegen ohne Unterbrechung an, bald sich abschwächend, bald verstärkend; seine Stimme klingt mehr wie ein Klagen, so daß man bei Nacht langgedehnte Schluchzer zu hören wähnt. In der zweiten Nacht, die auf unsere Ankunft folgte, entlud sich ein polterndes (gewitter, das mit dumpfem Dröhnen die Täler erfüllte und zuckende Flammen auf die Meeresfläche warf. Als aber der Morgen anbrach, da strahlte die Sonne wieder 227 hell in unser Zimmer hinein. Das Meer tobte fort und wir zogen hinaus, um seinen Anprall gegen die Felsen des Strandes zu bewundern. Zu den Wahr- zeichen von Saint-Raphaöl gehören die beiden Löwen: re tion de terre“ und „Le lion de 'mer“, zwei. rote Porphyrfelsen, die gleichsam Wache an seinem Strande halten. Der Seelöwe hat sich weiter in das Wasser gewagt, der Landlöwe lagert dicht am Ufer. Sie kauern da wie apokalyptische Tiere und trotzen seit Ewigkeit der nagenden Kraft der Wellen. Das Meer stürmte jetzt mit Macht gegen diese Felsen an, wälzte seine Wogen über sie hinweg und warf mit Getöse schäumenden Gischt an ihnen empor. Hoch oben im blauen Himmelsraume schwebten unzählige Möven. Wie gerne folgt das Auge diesen mutigen Vögeln, wenn sie mit breitem und mächtigem Flügelschlage die Luft durchschneiden! Sie segeln gegen den Wind oder wiegen sich auf der Stelle und stürzen sich hinab in die Flut, um eine Beute zu erfassen. Mit ihr ver- schwinden sie in der Ferne, oder sie lassen sich nieder auf der schaukelnden See, ein weißer Punkt mehr in- mitten aller weißen Kämme. Plötzlich tauchen Delphine aus den Wellen auf. Sie zeigen zuerst den Kopf, über- schlagen sich fast in der Luft und schießen hinunter in die Tiefe. Sie bringen Humor in das großartige Schauspiel: sie sind die Clowns des Meeres. Die Straße, die von Saint-Raphaäl in östlicher Richtung dem Meeresstrande folgt, führt an Landhäusern vorbei, die manchen bekannten Namen auf ihren Schildern tragen. Da liest man „Maison Close“, das geschlossene Haus, welches Alphonse Karr sich schuf, um einsam zu leben. Nach „Oustalet dou Capelan“ ir 228 hatte Charles (sounod sich zurückgezogen, und eine Aufschrift besagt, daß: „L’illustre maitre, Charles Gou- nod composa Romeo et Juliette a ’Oustalet dou Capelan, au printemps de 1866“, und Jules Barbier, sein Libret- tist, der nebenan ein Landhaus bewohnte, fügte hinzu: „Hic Divum Romeo scripsit Gounod meus 1866. In- genio haud amieitia impar.“ Gounod weilte mit Vor- liebe in Saint-Raphael: „Ich finde hier“, äußerte er oft, „den Golf von Neapel wieder, mit der Campagna von Rom als Hintergrund.“ | Ist die Lage von Saint-Raphaäl wirklich so schön, wie es Gounod empfand? Das kann ich nicht behaupten, obwohl ich diesem Orte auch nicht den eigenen Reiz absprechen will, der ihm wirklich zukommt. Ich selbst entbehre in Saint-Rapha&l die volle Aussicht auf das Esterelgebirge, und für diesen Mangel fühle ich mich nicht hinlänglich entschädigt durch die gleich- förmigen Umrisse des Maurengebirges und durch das flache Tal des Argens, das Gounod mit der Campagna von Rom vergleicht. Lieber würde ich mich doch an der anderen Seite des Tales in Saint-Aygulf niederlassen, an dem waldigen Strande, von dem aus man am Abend die zackige Kette des Esterel in Purpur glühen sieht. Y. Hingegen bildet Saint-Raphaäl einen: vorzüglichen Standort für Ausflüge in das Esterelgebirge (Anm. 16). Und dieses Gebirge ist mehr als des Besuches wert; es gehört zu den Juwelen der Riviera. Sein male- rischer Reiz wird durch die Porphyre bedingt, die als nackte Felsenmassen sich aus dem Boden erheben. Um diese Porphyre und anderes eruptives Gestein sind Schiefer empor- gerichtet. Allseitig wird das Esterel durch tiefe Täler von den Alpen und durch l das Tal des Argens auch von } } ’ ä | WM Wann m dem Maurengebirge getrennt. — Seinen Namen sucht man von dem ligurischen Volke der Suelteri abzuleiten, deren Name auf der Trophea des Augustus \ verzeichnet stand, und die diese Gegend N bewohnen sollten. — Noch zu Anfang des letzten Jahrhunderts wagte man sich nur mit Schrecken in das Esterel hinein, jetzt wandelt man in ihm sicherer als in den Anlagen vieler großen Städte. — Unser erster Besuch sollte dem höchsten Punkte des Gebirges, dem Mont Vinaigre gelten, dessen Gipfel sich 616 Meter über den Meeresspiegel erhebt. Wir hofften | v g vn dieser Höhe aus das ganze Esterel zu 1/7 überblicken und wollten dort unseren Plan für weitere Ausflüge entwerfen. — Wir brachen von Saint-Raphael auf, als der Globularıa kr: Morgen graute. Der Weg führte gegen Norden zunächst nach Valescure. Dort am Abhange der Berge, in dem kühlen Walde, pflegten schon römische Familien den Sommer zu verbringen, 230 wenn die Hitze des Tages in Forum Julii unerträglich wurde. Vallis curans, Tal, das Genesung bringt, muß, wie sein Name sagt, im Ruf eines besonders heilsamen Aufenthaltsortes gestanden haben. Jetzt hat sich Vales- cure mit neuen Hotels ausgestattet und bietet als Aufent- haltsort manchen Reiz. Das hatte vor Zeiten schon die gefeierte Künstlerin der „Comedie francaise“, Suzanne Reichemberg, und die nicht minder berühmte Sängerin der Pariser komischen Oper, Miolan Carvalho, veranlaßt, sich hier anzubauen. Die Sonne ging in blaugrauem Nebel als rote, strahlenlose Scheibe auf; dann tauchte sie aus ihm hervor und strahlte hell am wolkenlosen Himmel. Die Erde schien jetzt von Licht ganz überflutet. Reicher Blumenflor umgab uns von allen Seiten, denn kaum sieht man einen anderen Teil der Riviera in vorgerückterem Frühjahr sich ebenso üppig mit Blüten schmücken, wie dieses Gebirge. Nicht, daß die Flora des Esterels durch ihre Mannigfaltigkeit ausgezeichnet wäre, das (Gregenteil ist eher der Fall, denn es sind nur verhältnismäßig wenig Arten, welche durch gleichzeitiges Erblühen diese Massen- effekte hervorzaubern. Um Valescure ist der Rasen stellenweise ganz violett durch Schwertlilien (Iris germanica) getönt. Da es Arten von Schwertlilien in allen Farben gibt, hat die ganze Gattung nach dem Regenbogen den Namen „Iris“ erhalten. Die drei inneren PBlumenblätter sind bei den Schwertlilien emporgerichtet, und so ähnlich ragt ein mittlerer Ab- schnitt aus den „Lilien“ hervor, die als „fleurs de lis“ in Dreizahl das französische Königswappen zieren. So war die Versuchung von jeher groß, diese „Lilien“ 231 von Schwertlilien abzuleiten. Man suchte im Be- sondern bei der weißen Florentiner Schwertlilie, der Iris florentina, nach dem einstigen Muster. Doch die Heimat der Florentiner Iris liegt im Hochgebirge Südarabiens, und erst vom Mittelalter an läßt sich ihre Verbreitung am Mittelmeer nachweisen. Daher von mancher Seite nach einer Anknüpfung bei ein- heimischen französischen Schwertlilien gesucht wurde. Daß auch die Mythe sich des Ursprungs dieses Sym- bols bemächtigen mußte, liegt nahe. Es heißt, ein Engel habe himmlische Lilien dem Einsiedler von Soyonval überbracht, damit er sie dem König Chlodewig ein- händige und ihn anweise, sie in sein Wappen aufzu- nehmen. Viele erblicken in den fleirs de lis nür stilisiertte Lanzenspitzen. Den zu Rat gezogenen Büchern, vornehmlich dem Werk von Lecoy de la Marche „Les Sceaux“ aus dem Jahre 1839, entnehme ich, daß der Frankenkönig Childerich I. aus dem Ge- schlecht der Merowinger, 458 bis 481, in seinem Siegel, noch mit einem einfachen Speer in der rechten Hand, als Sinnbild der Herrschaft, dargestellt ist. Ein Herrscherstab mit deutlichem „fleuron“ am oberen Ende, läßt sich bis auf den Karolinger Lothar, der von 954 bis 986 regierte, in dem französischen Königssiegel zurückverfolgen. Diesem fleuron ent- spricht die spätere „fleur de lis“. Im Dezember ' des Jahres 1429, desselben Jahres, in welchem Karl XII. zu Reims gekrönt worden war, erhob er den Vater und ältesten Bruder der Jungfrau von Orleans unter dem Namen du Lys in den Adelstand und verlieh ihnen zwei seiner Lilien, zu Seiten eines Schwertes und eine mit eben solchen Lilien verzierte, von diesem ® 232 Schwert durchsetzte Krone, in einem blauen Schild, als Wappen. Ludwig XI, der Sohn Karl XIJ, erteilt 1465 dem Piero di Cosimo dei Medici die Erlaubnis, seinem Wappen die drei Lilien einzufügen und den Titel eines „Consigliere“ zu führen. Die Stadt Florenz hatte schon lange die Lilien im Wappen und zwar eine weiße Lilie im roten Felde. Im Jahre ı251ı nach dem Krieg mit Pistoja, das ghibellinische Geschlechter beherrschten, wechselte Florenz die Farben in seinem Wappen aus, so daß die Lilie rot im weißen Felde wurde. Die Ghibellinen behielten das alte Wappen bei. Dante gedenkt dieser Überlieferung im sechzehnten Gesange des Paradieses, Vers ı54, in den Worten: „Ne, per division, fatto vermiglio“ (Anm. 17). Einen wahren Schmuck des Esterel-Gebirges bilden auch die weißen Dichternarzissen (Narcissus poeticus), die dort an feuchten Stellen oft in Fülle auftreten. Eine poetische griechisch-römische Sage führt ihren Ursprung auf Narkissos zurück, dessen Blut sie entsproßten. In den schönen Jüngling, Sohn des Flußgottes Kephissos und der Nymphe Leiriope, verliebte sich die Berg- nymphe Echo, wurde aber von ihm verschmäht. Sie ver- zehrte sich so in Gram, daß schließlich nur das Knochen- gerüst von ihr zurückblieb, das in Fels verwandelt wurde, und ihre Stimme,.die aus dem Fels ertönt. Über Narkissos verhängte aber Nemesis die Strafe, daß er in sein eigenes Bild, das er in einer Quelle bei Thespiae erblickt hatte, sich verliebte. Aus unbefriedigter Leidenschaft gab er sich dann selber den Tod und Narzissen entsprangen dort dem Boden. — Den Namen Narkissos führt diese Pflanzengattung schon bei Homer, und er wird wissenschaftlich von narkao, ich erstarre, ab- 239 geleitet, der Wirkung entsprechend, den der betäubende Duft dieser Pflanze ausüben soll. — Die griechische Mythe läßt besonders häufig auffällige Blüten dem Blute sterbender Lieblinge der Götter und gefallener Helden entsprießen. Das gilt auch für die Blume, die bei den Alten Hyazinthe hieß, aber sicherlich nicht der Pflanze entsprach, die wir heute so nennen. Während Apoll den. schönen Königssohn Hyakinthos das Diskoswerfen lehrte, lenkte Zephyros, aus Eifersucht um den Jüng- ling, die Wurfscheibe so ab, daß sie den Hyakinthos traf und er tot zu Boden sank. Da schuf zu dessen Andenken Apoll die „Hyazinthe“, die er mit dem griechischen. Klageruf AIAI zeichnete. An unserer Hyazinthe ist eine solche Zeichnung nicht zu ent- decken, so daß man. glaubt, es könne der Rittersporn (Delphinium) in dieser Sage gemeint sein, weil er auf seinen Blättern dunklere Striche trägt, die als AIA gelten .könnten. Doch gibt es auch eine andere Über- lieferung, die sich auf den Rittersporn direkt bezieht, und in der es heißt, er sei aus dem Blut des sterben- den Ajas hervorgegangen und trage dessen Initialen. Diese Mythe war es, die Linne bestimmte, den Garten- rittersporn Delphinium Ajacis zu nennen. Die Hyazinthe des Altertums hat man übrigens auch in dem Gladiolus und in der Iris germanica wiederzuerkennen gemeint, weil beide Pflanzen Streifen auf ihren Blumenblättern tragen, aus denen sich der Klageruf herausdeuten läßt: doch gegen diese Deutung wurden besonders starke Bedenken laut. — Aus dem Blut des Lieblings der Aphrodite, des wunderbar schönen Adonis, bildeten sich blutrote:. Adonisröschen (Adonis autumnalis), als er auf der Jagd von einem Eber. tödlich verwundet wurde, 34 Die Adonissage, sowie der von ihr ausgegangene Adoniskultus, sind sehr alten Ursprungs und in ihrem tiefsten Wesen das Sinnbild der nach kurzer Blüte wieder ersterbenden Natur. Das deuteten bei den Adonisfesten die „Adonisgärten“ an, Gefäße, die mit künstlich getriebenen Blumen gefüllt waren, die rasch verwelkten. Solche Adonisgärten bildeten dann auch den sprichwörtlichen Ausdruck für alles rasch Ver- gängliche. Unser Weg führte uns nun durch die ausgedehnten Wälder, die das Esterel bedecken. In früheren Zeiten hatten diese oft vom Feuer zu leiden; statt grüner Laub- kronen starrten dann verkohlte Skelette den Wanderer an. Jetzt ist der ganze Forst Staatseigentum geworden und erfreut sich der sorgsamsten Pflege. Die dunklen Strand- kiefern (Pinus maritima) herrschen bei weitem vor; stellenweise erblickt man Korkeichen, die auch hier deutliche Spuren von Schälungen an sich tragen. Vor- zügliche Kunststraßen führen durch den Wald, und selbst auf die Gipfel der Berge gelangt man auf gut gehaltenen Wegen. — Der Mont Vinaigre war nicht schwer zu finden, wir sahen ihn vor uns und kamen ihm immer näher auf den weiten Windungen der langsam emporsteigenden Straße. Kein Haus war zu entdecken, nirgends verriet aufsteigender Rauch eine verborgene Hütte, so weit unser Blick auch reichte, nur die tiefste Einsamkeit. Es begegnete uns auch nicht ein Wanderer auf dem langen Wege; wir waren ganz allein, fast unheimlich allein, in dem endlosen Walde. Erst nach zwei Stunden erreichten wir eine mensch- liche Behausung, das Forsthaus von Malpay: „Mäou pays“, schlechte Gegend, wie es provenzalisch heißt, 235 in Erinnerung an die Zeit, in der es hier nicht geheuer war zu reisen. Die Frau Försterin schien sichtlich erfreut, sich wieder einmal aussprechen zu können und gab uns, während wir frühstückten, genaue Auskunft über die Gregend. Sie zeigte uns auch in nächster Nähe ein Stück der römischen Straße, die einst Rom mit Gral- lien verband und in Arelate, dem heutigen Arles, endete, von welchem Orte aus die „via Domitia“ weiter nach Spanien führte. Zwei römische Straßen, die man als aurelianische bezeichnete, durchschnitten das Esterel. Die ältere folgte. von Cannes aus der Küste, und erst vor der südlichsten Felsengruppe des Esterels drang sie landeinwärts in ein Tal, um in westlicher Richtung Frejus zu erreichen. Die später erbaute setzte sich gerade aus in das Gebirge fort, ungefähr so wie die heutige Kunststraße, die Cannes mit Frejus ver- bindet. Von dieser späteren römischen Straße hatten wir ein Stück jetzt vor Augen. In einer 'verbor- genen Schlucht ruhen in Malpay noch Porphyrsäulen aus alter Zeit, unvollendete Arbeit der Römer. Den violettroten Stein hat seitdem eine dicke schwarze Kruste überzogen. An die beiden römischen Straßen er- gg innern hier CR noch immer | ,® s die Namen, € n die einzelne Teile des Ufers undauch Berge tragen... ‚Dort, .wo : _ z die ältere der beiden Halimeda opuntia. 236 Straßen das Meer verließ, wird das Ufer „Plage d’Aurele“ genannt, und „Pic d’Aurele“ heißt die Porphyrmasse, die über ihm emporsteigt. Das Esterelgebirge war später von aller Kultur so abgeschnitten, neuen Ein- flüssen so entzogen, daß das Volk bis auf den heutigen Tag eine noch benutzte Strecke der älteren Straße als „lou camin Aurelian“ bezeichnet. Man verläßt in Malpay die breite Kunststraße und folgt in östlicher Richtung dem Fußwege, der in zahlreichen Windungen am südlichen Abhange des Mont- Vinaigre emporsteigt. — Wie kommt der Berg zu diesem Namen? Es heißt hier, der Wein, den das Esterel einst erzeugte, sei so sauer gewesen, daß der provenzalische Bauer das in der Bezeichnung zum Ausdruck brachte, die er dem höchsten Gipfel gab. Spuren von Weinkultur sind zur Zeit hier nicht mehr zu entdecken, hingegen betritt man am Abhange des Mont Vinaigre den herrlichsten Makis, den man sich nur vor- stellen kann. Baumartige Heide* (S. ı9ı), Ginster* (S. 103), Pistazien* (S. 359), Zistrosen, vornehmlich Cistus salvifolius* (S. ı31), Lavendel* (S. 265), Euphor- bien* (S. 205), Asphodelen, sie stehen fast "allein Blüte und erfüllen die Luft mit würzigem Dufte. Denn er ist kurz, der provenzalische Lenz, und die Pflanzen müssen sich mit ihrer Entwicklung beeilen, bevor die Dürre kommt: es ist, als wenn die Natur hier ein Frühlingsfest feiern wollte, und unbewußt dringt etwas von dieser Stimmung auch in die Seele des Wandrers ein. Er vergißt alles Vergangene, ihm ist, als könne er sein Dasein von neuem beginnen. Warum auch nicht? Ist doch die Welt so alt und erwacht sie dennoch in jedem Frühling zu neuem Leben! — 237 Was duften nur die Heiden so schön nach bittren Mandeln? Jeder Windhauch trägt uns ganze Fluten dieses Aromas entgegen. Dieser Duft war uns früher kaum aufgefallen, doch eine gleiche Fülle von Erika- blüten hatten wir auch noch nie gesehen. Ein süßer Honiggeruch durchtränkt jetzt die Luft: eine unschein- bare kleine Wolfsmilch (Euphorbia spinosa)” (S. 205) ist es, die ihn verbreitet. Ihr fehlen auffällige Blüten, und da muß sie sich besonders abmühen, um in so farbenreicher Umgebung nicht unbeachtet zu bleiben. Sie wird auch tatsächlich von zahlreichen Bienen um- schwärmt, während die bunten Schmetterlinge um aimedere, prächtisere Blüten flattern.” Hier lohnt es sich Biene und Schmetterling zu sein! Aus dieser Blütenmasse ragen dunkle Erdbeerbäume® (S. 07), Zwergformen immergrüner Eichen* (S. 377), stachelige Wachholdersträucher (Juniperus oxycedrus)” (S. 253) hervor. Und in jeden freien Platz, der noch unbesetzt blieb, an dieser reichen Tafel der Natur, drängten sich schließlich noch die Asphodelen (Asphodelus albus) mit ihren weißen Blütenrispen hinein. Auch .sie wollen ihren Anteil an Licht und Wärme haben, an der himmlischen Nahrung, die hier in solcher Fülle gespendet wird. Wir steigen nun langsam in die Höhe, bleiben vor jeder einzelnen Blüte stehen und beobachten die Bienen bei der Arbeit. Erst nach einer Stunde sind wir oben; da liegt eine ganze Welt zu unseren Füßen. Vor uns das grüne Esterel mit seinen tief ein- geschnittenen Tälern und seinen steilen Höhen, den zackigen Porphyrfelsen, die zum Himmel empor- ragen. Im Westen breitet sich die Ebene von Frejus aus, die der Silberfluß durchströmt; über dieser steigt das Maurengebirge mit seinen dunklen: Wäldern auf, und dann folgen alle Buchten der Küste, weit hin bis nach Saint- Tropez. Im Norden leuchten die Kalkalpen in perlgrauem Ton, im Osten die See- alpen mit schneebedeckten Häuptern; davor sieht man üppig: grünes Land mit leuchtenden Städten und Dörfern, und dann wieder die Küste, . die erst bei Bordigherä in duftigen Nebel sich hüllt. Ganz in der Nähe schim- mern die Häuser von Cannes, vor ihm liegen die Inseln von Lerins; weit springt in die See das schmale Kap von Antibes vor, und dann folgt endlos im Süden das blaue Meer. Heute war es auf diesem Gipfel so windstill und wonnig, daß auch die einsame Korkeiche, die er trägt, sich ihres Daseins freuen konnte. ‚Man hatte sie ihrer schützenden Korkhülle beraubt, und das weckte den (redanken, daß sie hier an schlimmen Tagen vom Mistral stark zu leiden habe. In dem friedlichen Bilde, das uns umgab, störte diese nackte Eiche, wie ein Mißton, die Harmonie. Der Weg, den wir. bei Malpay verlassen hatten, setzt sich in gerader Richtung am Fuße des Mont- Vinaigre fort und trifft bald auf die große Straße, die von Frejus nach Cannes führt. Indem man dieser in östlicher Richtung folgt, gelangt man bald zu einer Häusergruppe, die aus der Auberge des Adrets:und dem (rendarmerieposten besteht. Der Name, den däs Wirtshaus führt, war in Paris einst in jedermanns Munde. Denn die „Auberge des Adrets“ ‚war der Ort eines Schauerdramas, in welchem der berühmte Schauspieler Frederic Lemaitre, im Ambigu-Theater, die Zuschauer 259 in. größte Aufregung versetzte. So machten denn in den vierziger Jahren des. vorigen Jahrhunderts . alle sensationsbedürftigen Besucher von Cannes Ausflüge ins Esterel, um in der '„Auberge. des Adrets“ die Räume zu sehen, in denen ein Herr Germeuil er- mordet oder vielmehr nicht ermordet worden. war. Denn abgesehen von der Frage, ob die ganze Ge- schichte sich jemals zugetragen hatte oder nur auf einer Erfindung des Dichters beruhte, handelte es sich tatsächlich in diesem Drama nicht um diese Herberge, sondern, wie das Textbuch deutlich angab, um eine andere gleichen Namens, auf dem Wege von Grenoble nach Chambery. — Unter den Besuchern, die in fröh- licher Laune von Cannes hierher gelangten, befand sich im Jahre 1868 auch Georges Sand. Die Bewohner des Hauses wurden damals schon sehr ungehalten, wenn man sie über „Herrn Germeuil“ ausfragte; sie glaubten, man verdächtige sie des Mordes. Richtig ist freilich, daß vor Jahren die Gegend um diese „Auberge des Adrets“ besonders berüchtigt war. In den un- zugänglichen Tälern und Schluchten des Esterels suchten alle solche Verbrecher ihre Zuflucht, denen es gelungen war, aus den Galeeren von Toulon zu entfliehen. Sie pflegten die Reisenden unfern von diesem Wirtshaus anzufallen, an einer Stelle, wo die Straße von den an- grenzenden Höhen beherrscht wird. „Als wir vorbei- fuhren“, schreibt Horace Benedict de Saussure, „zeigte uns der Kurier von Rom, der mit uns reiste, einen zertrümmerten Reisekoffer, der noch am Wege lag und einem Kurier gehört hatte, der vor einigen Tagen aus- geplündert worden war“. Als hingegen der Erlanger Professor der Naturwissenschaften, Gotthilf Heinrich 240 Schubert, ı822 „mit der Hausfrau, die, wie gewöhn- lich, als Haushofmeister und Adjutant, ihren alten Träumer begleitete“, die nämliche Stelle überschritt, hatten sich die Zustände bereits geändert. In dem Wirtshause befand sich ein Gendarmerieposten. Dort traf Schubert übrigens nur eine alte Frau und zwei kleine Kinder vor. Während die Reisenden sich stärkten, kam die Alte auf die verschollenen Räuber- geschichten zu sprechen. „Wenn sich doch so ein Räuber hier wieder sehen ließe“, meinte die Frau, „damit unsere Grendarmen zeigen können, daß sie ihr Brot nicht umsonst essen“ — Nach Vollendung der Eisenbahn, die Frejus mit Cannes verbindet, war diese Straße wie ausgestorben, und Räuber hätten ihr Aus- kommen auf ihr nicht mehr gefunden. Das Wirtshaus zeigt aber noch deutlich an, daß es einst darauf ein- gerichtet war, sich zu verteidigen. Die Mauern sind ungewöhnlich dick, die Fenster des unteren Stock- werkes mit eisernen Gittern versehen. Durch eine Öffnung in der eichenen Tür wurde der Reisende erst genau betrachtet, bevor er Einlaß erhielt, und schräge Schießscharten in den Wänden führten auf sie hin. Das Haus glich einer Festung, die nur durch regel- rechte Belagerung genommen werden konnte. Jetzt steht aber die Tür weit offen, und kleine Kinder spielen vor dem Hause. Wir kehrten nach Malpay zurück und wählten von dort einen Weg, der in südöstlicher Richtung uns nach Agay führen sollte. Bald waren wir in den Vallon de la Cabre gelangt. An den Abhängen breitete der lorbeer- artige Schneeball (Viburnum tinus)* (S. 481) seine weißen Blütendolden aus. Er hat stellenweise auch schon bräun- 24I lich rötende Früchte angesetzt. Den Weasserläufen folgt die Felsenbirne (Amelanchier amelanchier) in ihrem leuchtend weißen Blütenschmuck. Dann be- gegneten wir dem „verflochtenen“ Geißblatt (Loni- cera implexa)* (S. 283), einem immergrünen, ranken- den Strauche, der zu den Charakterpflanzen des Makis gehört. Seine rötlichgelben, langgestreckten Blüten sind zu endständigen, lieblich duftenden Quirlen vereinigt. Das Aussehen der Pflanze ist dem unseres Grartengeißblattes, des „Je länger je lieber“, so ähnlich, daß wir in dieser südlicheren Art einen alten Be- kannten zu begrüßen meinen. Überall rankt die Stechwinde (Smilax aspera)”“ (S. 441) an den anderen Gewächsen in die Höhe. Sie ist hier sehr verbreitet, so wie auch der wilde Spargel (Asparagus acutifolius)* (S. 79), dem man | leider als Schmuckpflanze so nach- stellt. An einer Stelle des Weges werden wir von den violetten Blütenständen der doldenblütigen Schleifenblume (Iberis um- | bellata) überrascht; hatten IN 7 wirdoch diesesschöne Gewächs Y bei uns bisher nur in den 6 Gärten gesehen. Plötzlich, mitten im Wege, sehen wir vor uns einen großen Porphyrblock auftauchen. Er steht auf schwachen Füßen und neigt sich Ä über den Bach, als wollte er stürzen. Das Volk hat ihn den Zebanthemum roseum. E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 16 242 Taubenschlag, „Pigeonnier“, genannt. Andere phan- tastische Felsen folgen längs des Weges; oft scheinen sie das lal zu versperren und treten erst weit im Halbkreis auseinander, wenn der Fluß von Agay erreicht ist. Ihm folgten wir bis an das Meer. Zackig zerrissen, in rotem Lichte glühend, schaut das Rastel d’Agay in die See hinab. Wie Zähne einer Riesensäge ragen in langgedehnter Reihe die steinernen Zacken zum Himmel. Wir ruhten eine Zeit.lang an der lieblichen Bucht von Agay, die der rote Porphyr in einen farbigen Rahmen faßt. Wir waren hier zehn Kilometer von Saint-Raphaäöl entfernt, an der Mittel- meerbahn, die dem Seestrande folgt, um dem Gebirge auszuweichen.e Wir benutzten sie am Abend zur Rückkehr. Unfern von Agay, am Wege nach Saint-Raphaöl, wird blauer Porphyr gebrochen. Große Blöcke sprengt man aus dem Berge heraus, schneidet sie in Platten und Würfel und verwertet den Rest für Straßenbau. Der ganze Strand ist mit blauem Porphyr bedeckt, und zahlreiche Arbeiter sind beschäftigt, ihn auf Schiffe zu laden. Der Porphyr des Esterels ist ein Quarz- porphyr, der in dichter, mit bloßem Auge nicht unter- scheidbarer Grundmasse, die aus Quarz und Feldspat besteht, Krystalle oder krystallinische Körner aus Quarz oder Feldspat führt. Der Feldspat ist meist fleischrot, doch wird die rote Färbung des ganzen Gresteins vor- nehmlich durch Eisenoxyd bedingt, das als feiner Staub in der Grundmasse verteilt ist. In den blauen und anderen hellgefärbten Porphyren tritt das Eisenoxyd gegen Eisenoxydulverbindungen zurück. Der blaue Porphyr wird für Straßenbauten besonders geschätzt 243 und seine Gewinnung hier in großem Maßstabe be- trieben. Die Römer haben ihn einst zum Aufbau des Forum Julii verwertet und mit mancher Säule aus diesem Gestein die Tempel und das Forum in Rom geschmückt. — Dem Steinbruch gegenüber springt eine Landzunge, „Le Piton du Dramont“, in die See vor und trägt auf steil abfallenden Felsen einen hohen Leuchtturm. Er warnt den Schiffer schon aus der Ferne vor der Gefahr, die ihm an dieser besonders klippenreichen Küste droht. Die Bucht von Agay, die bei ruhigem Wetter still und leer ist, füllt sich bei stürmischer See oft mit vielen Schiffen. Sie warten hier, im sicheren Schutz der Berge, auf günstigeres Wetter, und schon zur römischen Zeit hat der Agathon Portus manches Schiff vor dem Untergange gerettet. VI. Als ein Wunder des Esterelgebirges gilt das Mal-Infernet, ein versteinertes Felsenmärchen. Eine Straße führt von Agay dorthin, und drei Stunden Wagenfahrt genügen, um es von Saint-Raphael zu erreichen. Wir ziehen die Fußwanderung von Le ‘ Trayas aus vor, wohin wir mit der Bahn in einer halben Stunde von Saint-Raphaäl gelangen. In Le Trayas kreuzen wir sogleich die Schienen und steigen am westlichen Abhange des vor uns befindlichen Berges in die Höhe. Wir wandern im Maki fast Ä noch üppiger als der, den wir an anderen‘ Stell des Esterels schon geschaut haben. Der süße Honig- duft der Euphorbien* (S. 205) wird oft ganz be- täubend. Weite Flächen sind gelb gefärbt von groß- blütigen Pfriemensträuchern (Calycotome spinosa)” 16* 244 (S. 103); andere violett, von Lavendel* (S. 265). Die großen Blüten der weißen Zistrosen (Cistus salvifolius)* (S. 131) und die noch größeren roten des Cistus albidus* (S. ı21)sind im Öffnen begriffen. Sie glätten ihre Falten, breiten sich aus und locken die Insekten an. Wir pflücken keine dieser Blüten, da sie zu vergänglich sind, der leiseste Windhauch trägt ihre Kronenblätter davon. Viele Abhänge erscheinen weiß von der großen Zahl der Graslilien (Anthericum liliago), die ihre traubigen Blütenstäinde hoch über die dichten Büschel ihrer schmalen Blätter erheben. Des öfteren stellt sich an kleinen Rinnsalen der Königsfarn ein, der Stolz unserer europäischen Farnflora, mit großen, doppelt gefiederten Wedeln, die auf die. Rippen zusammengezogen er- scheinen, dort wo sie die beim Reifen sich rostrot färbenden Sporenbehälter tragen. Weit verbreitet ist an allen nicht zu dürren Stellen der Adlerfarn (Pteridium aquilinum), der seinen Namen nach dem Bilde führt, das man vor Augen hat, wenn man einen Wedelstiel an seinem unteren, gebräunten Grunde schräg durch- schneidet. Die einem Doppeladler ähnliche Figur wird durch die entsprechende Verteilung brauner Stränge innerhalb des grünen Grundgewebes. veranlaßt. Der Adlerfarn schmückt auch bei uns die Waldtriften und die Heiden. In pflanzengeögraphischer Beziehung ist er eine überaus interessante Pflanze, denn er gehört zu den wenigen Grewächsen, die sich so gut wie unseren gesamten Erdball zu erorbern wußten. Nur die Polarländer blieben ihm verschlossen. — Welche Fülle bunter Schmetterlinge belebt hier den Abhang. Blüten und Schmetterlinge gehören ja zusammen. Der sonst seltene Falter Anthocharis euphenoides ist hier fast 245 gemein. Er gleicht unserem Aurorafalter, ist aber schwefelgelb, nicht weiß wie dieser. Entsprechende rote Flecke zieren seine Vorderflügel. Unruhig und rasch fliegt er durch die Lüfte. Ebenso behende ist der Österluzeifalter (Thais polyxena) dessen bräunlich gelbe Flügel mit schwarzen Zacken umrandet sind und :rote und blaue Flecken tragen. Er gleicht einem Harlekin, so bunt und befranst erscheint seine Tracht. Langsam schweben in allen Richtungen die Segelfalter an uns vorüber. — Bald haben wir einen Kamm, den Col des Lentisques erreicht, den zahlreiche Korkeichen schmücken. Hier schneiden sich mehrere Wege. Wir wählen den, der zur Rechten abzweigt, überschreiten die Paßhöhe und beginnen in einem waldigen Tale, dem Ravin de l’Übac des Es- calles, langsam abzusteigen. Schöne „Stecheichen“ (Ilex aquifolium) ragen stellenweise aus dem üppigen Dickicht hervor. Das sind hier stattliche Bäume, ‚während wir sie in unseren Wäldern nur in Strauch- form finden. Mit Eichen haben sie freilich nichts gemein und erhielten diesen Namen nur wegen ihrer immergrünen, lederartig starren, den Steineichen ähn- lichen Blätter. Schon Chamisso hatte einst bemerkt, daß bei Ilex nur in den unteren Teilen des Baumes die Blätter mit scharfen Zähnen besetzt sind, an den höher entspringenden Ästen aber einen fast glatten Rand besitzen. Dort brauchen sie sich nicht mehr gegen den Angriff der Tiere zu schützen. — Unser Weg wendet sich plötzlich nach Westen, und ganz unvermittelt : stehen wir am Eingang des Mal-In- fernet. Da ragen sie nun hervor aus dem dunklen Walde, alle die roten Felsen: hier in der Sonne 246 glühend, dort in den tiefen Schatten der Berge ge- taucht. Sie verschieben sich gegeneinander bei jedem Schritt, den wir vorwärts schreiten; die einen schwinden, die andern tauchen auf, in fast endloser Reihe. Und der klare Bach, der das Tal durchströmt, rauscht ein- mal stark, murmelt dann schwach, donnert endlich laut in Wasserfällen. Stellenweise verbirgt er sich ganz im grünen Laube der Bäume, wird hierauf wieder sicht- bar und spiegelt den Himmel mit hellem Glanze. Und erst die Felsen! Hier glaubt man einen spitzen Jurm zu sehen, wie den eines gotischen Domes, mit steinernen Blumen und Tieren und allerhand Schnörkeln verziert, dort eine Burg mit ihren Schanzen und Zinnen, dort eine Orgel mit riesigen Pfeifen, hier einen schlanken Kegel, dort einen kantigen Kristall, hier wieder ein Standbild auf hohem Postament. Ist das nicht der (sott Osiris, der auf diesen Felsen thront? Er trägt zwei junge Kiefern wie Szepter in den Händen. Am Eingange jener Schlucht kauert eine Sphinx und holt aus zum Sprunge. Und dortamfernen Abhange scheint eine wilde Jagd zum Tal hinabzurasen. Die phan- tastischen Tiere ragen aus dem Walde hervor, wie im letzten Todeskampf zu Stein erstarrt. Da hat die Natur ihrem ungezügelten Gestaltungsdrange freien Lauf gegeben. Sie schuf in übermütiger Laune. Und, als bereue sie nachträglich diesen Übermut, verbarg sie sorgsam das Tal zwischen hohe Berge. Das Mal- Infernet mußte tatsächlich erst entdeckt werden, und noch im Dezember 1851, nach dem napoleonischen Staatsstreiche, konnten politische Flüchtlinge sich dort lange Zeit verborgen halten und den Nachforschungen ihrer Verfolger entziehen. TI. Einige Tage später, als der Abend nahte, zogen wir von Saint- Raphaöl wiederhinaus ur zum Strande von |; Saint-Aygulf. Wir wollten das Esterel- gebirge noch einmal im Scheine der unter- pn: | gehendenSonneglühen | sehen. Es war ein 4X farbenprächtiger Abend, still und mild, einer - jener Abende, die das Gefühl des Glücks in der menschlichen Seele erwecken. Kein Luft- zug bewegte die Blätter der Bäu- me. Im See von Villepey spiegelten sich dunkle, gold- umstrahlte Wolken. Durch unser Nahen auf- geschreckte Vögel flo- gen aus dem Dickicht am Ufer empor. Sie stiegen in die Lüfte und schienen schwarze Furchen zu ziehen ee am hellen Abendhimmel. Die /rula viscosa. Wolken im Westen nahmen Purpurfarben an, und in ihrem 248 Widerscheine rötete sich auch der See. Er sah jetzt un- heimlich aus, wie eine Lache von Blut. Das dunkle Dickicht aus Rohr umfaßte ihn wie mit einem schwarzen Trauerrande. Wir setzten unsern Weg fort zum Strande. Bald stand der Westen in voller Glut, und das Maurengebirge glich einem Riesen in der Feuers- brunst. Die Bäume des Waldes zeichneten sich schwarz auf hellem Grunde, als wäre ihr Umriß mit Kohle gezogen. Allmählich verblaßte der Himmel. Auf den spiegelnden Wellen des Meeres begannen sich die weißen Strahlen der ersten Sterne mit dem roten Abglanz der letzten Abendlichter zu mischen. Als wir den Strand erreichten, war es bereits so dunkel, daß wir den Umrissen des Meeres nicht mehr folgen konnten. Der Himmel sprühte von Sternen und schien auch ungezählte Lichter ins Meer auszu- säen. Wir lauschten dem Stöhnen und Rollen der Brandung und fragten uns, warum es ewig so klagt und grollt, dieses länderumspülende Meer; ist es der Schmerz über all das Leid, das sich an seinen Ufern zugetragen? Ist doch auch dieser Ort nach dem Heiligen benannt, der auf den Lerinischen Inseln ge- martertt wurde. Manchmal glaubten wir nahende Schritte zu hören; doch nein, es war nur ein reifer Kieferzapfen, der vom Baume zum Boden fiel, oder eine größere Welle, die sich über das Ufer ergoß und zischend dem Meere wieder zueilte. Die silberne Mondsichel, ganz schmal, tauchte hinab in die Bäume. Starr leuchteten uns von Osten her die Leuchttürme von Saint-Raphaöl und vom Drammont entgegen; der Phare von Camarat im Westen flammte auf und nieder: es war, als öffne und schliesse er abwechselnd 249 sein großes Feuerauge. Im Meere tauchten Nachen auf in gelbem Fackelschein. Sie bargen Fischer, welche mit Feuer die Tiefen erhellten, um Fische zu erspähen. Die flackernden Flammen warfen lange zitternde Streifen auf die Wellen. Plötzlich erschien dicht vor unseren Augen, gespensterhaft groß, eine riesige Barke mit ausgespannten Segeln. Sie ver- deckte die Sterne und warf einen schwarzen Fleck auf den funkelnden Himmel. Ebenso rasch, wie sie kam, war sie auch verschwunden, lautlos, unvermittelt, wie ein (zeisterschiff. VIT Unfern vom Bahnhofe bei Le Trayas schaut aus dem dunklen Grün der Bäume ein helles Häuschen hervor. Schilder an der Station preisen es als „Hötel du Trayas et Restaurant de la Reserve“ an (Anm. ı8). Der Ort liest so schön am Walde, zwischen roten Felsen, daß wir den Entschluß faßten, dort einige Zeit zu verweilen. So fanden wir uns acht Tage später auf der Station von Le Trayas mit unserem Gepäck wieder ein. Wir fragten nach dem Wege zum Hotel und wurden auf einen Hund verwiesen, der sich in unserer Nähe befand. „Sie brauchen ihm nur zu folgen, er wartet auf die Gäste“ Der Hund hatte sich uns ge- nähert, als wir mit Handgepäck beladen aus dem Eisenbahnwagen stiegen, und sah uns verständnisvoll an. Es war ein großer, schwarzer Vorstehhund mit langem, seidigem Haar. Wir schritten zum Ausgange; der Hund eilte uns voran, blickte sich oft um und wedelte dann mit dem Schweife. Er führte uns den Weg an der Bahn entlang, hierauf in den Wald. 250 Einen Augenblick war er verschwunden; es galt ihm, einen kleinen Pinscher im nahen Försterhause zu be- suchen, vielleicht um ibm mitzuteilen, daß Fremde an- gelangt seien. Der kleine Freund kam mit bis auf den Weg, wohl um uns. zu betrachten, dann zog er sich zurück. In einer Viertelstunde erreichten wir das Gasthaus, einen bescheidenen Bau, doch mit ziem- lich weiter Glashalle. Augenscheinlich wurde die Restauration des ‚Hotels‘ mehr als seine : Wohn- räume in Anspruch genommen und somit wohl die Glashalle am meisten benutzt. - Der Hund stellte sich vor die Eingangstür und bellte.e Es war das aber nicht das gewohnte Bellen, er stieß vielmehr ge- dämpfte, lang gedehnte Töne rasch nacheinander aus, Töne, welche die Mitte zwischen Bellen und Heulen hielten. Da stürzte der geschäftige Wirt mit: seiner ganzen Familie aus dem Hause und bot uns seine Dienste an. Wir fanden die Zimmer im Hause zwar klein, aber doch erträglich; der Aufenthalt auf der Terrasse war andererseits bei dem schönen, warmen Wetter, das wir antrafen, geradezu entzückend. Steht doch das Haus dicht am Meere, auf einem Porphyr- felsen, und beherrscht weithin die Küste An roten Porphyrmassen und dunkelgrünen Höhen vorbei kann der Blick von hier aus Cannes erreichen, und auf den Lerinischen Inseln im Meere oder dem weißen Schnee der Alpen ruhen. Vorn ist der rote Strand in scharfe Buchten zerschnitten; im Norden steigt, dicht über dem Hause, der Pic d’Aurele empor; im Westen schließt die mächtige Felsenmasse des Cap Roux die Land- schaft ab. An sonnigen Nachmittagen glühen die roten Felsen so, als stünden sie im Feuer. In ihrem Wider- 251 schein tönt ‚sich die anstoßende See. Die Wellen nehmen purpurne, goldene, seladongrüne und azurne Farben an. Und die Farben durchdringen sich gegen- seitig und entmischen sich wieder. Die Natur hat hier ihre ganze Farbenpalette über das Meer ausgebreitet und jeder einzelnen Farbe ein eigenes Leben verliehen. Das menschliche Auge schwelgt in diesem bunten Spiel der Wellen und vermag sich kaum von ihm loszureißen. Wie oft trennte ich mich von diesem Strand erst dann, wenn die Sonne im Westen ver- schwunden war, und die Schatten der Berge das Meer erreicht hatten. Viele Fremde kommen von Cannes hierher, ver- weilen aber nur wenige Stunden, um sich in der Glas- veranda an „Bouillabaisse“ oder an den Austern und Hummern der „Reserve“ zu laben. Öfters finden sich auch zu längerem Aufenthalte Liebhaber des Fisch- fangs hier ein. Denn das Meer gilt an diesem felsi- gen Strande, für besonders fischreich und der Fischer findet vollauf Gelegenheit, seine List und seine Ge- wandtheit zu üben. Als besonders spannend gilt der Fischfang des Nachts bei Feuer und verlangt, so wie er hier geübt wird, sehr viel Geschick. Eine solche _ Fahrt muß man einmal mitgemacht haben! Das Meer war so ruhig, so einladend, daß wir einen Fischer veranlaßten, uns am Abend mitzunehmen. Es begann schon zu dunkeln, als wir das Land ver- ließen. Kein Mond am Himmel, doch unendlich viel leuchtende Sterne, deren Zahl noch immer zu wachsen schien. Sie spiegelten sich in den Wellen, die wir durchschnitten. Die Umrisse der Berge schwanden immer mehr; bald bildeten sie nur noch einen dunklen 2n 2 =)*+ sternenlosen Schatten am Himmelssaum. Im Meere war es still; wir hörten nur den leisen Schlag der Wellen gegen das Boot und den regelmäßigen Fall der Ruder ins Wasser. Die Brise aber, die des Nachts von den Bergen weht, trug die Stimmen des Landes über das Meer. Wir hörten aus der Ferne die lauten Konzerte der Laubfroschscharen, das schrille Zirpen der Heuschrecken. Zugleich brachte uns diese Brise alle die Wohlgerüche, welche den harzigen Kiefer- wäldern und dem würzigen Makis entströmen. Nahe und ferne glänzten am Ufer, wie große Sterne, die Leuchttürme uns entgegen. Wir gaben uns diesen Eindrücken ganz hin und atmeten mit Wonne die bal- samische Luft. Der eine Fischer beugte sich dann über das Boot, um das Feuer zu entzünden. Vorn an einem Haken war der eiserne Gitterkorb befestigt, den er mit dem harzigen Holz der Aleppokiefer gefüllt hatte. Knis- ternd flammte es auf und verbreitete ein grelles Licht wie Fackelschein. Dieses Licht drang in die Tiefen des Meeres, während der Himmel über uns fast schwarz erschien. Wir glitten über Felsenmassen, auf welchen Meeresalgen wahre Zaubergärten bildeten. Hier breite Blätter zu Rosetten aneinandergedrängt, dort lange flutende Fäden, wie aufgelöstes Haar, dort wieder rund- liche Gebilde wie Muscheln. Dazwischen schillernde Seeanemonen mit vorgestreckten Fühlern, rote See- sterne mit ausgebreiteten Armen und stachelige Seeigel, die dunkle Flecken in einem bunten Teppich zu bilden scheinen. Kleine Fische fliehen erschreckt nach allen Seiten, größere folgen in Scharen, wie durch das Licht fasziniert, unserem Boot. Spähend steht am Vorderteil des Schiffes der Fischer und schaut in die Tiefe. Er 299 hält eine dreizinkige, an langer Schnur befestigte Har- pune in der Hand, bereit, sie abwärts zu stoßen. Jetzt gießt er einige Tropfen Ol auf das Wasser, um die Flut, die der Luftzug kräuselt, zu glätten. Die Ruder- schläge verstummen. Plötzlich fährt der Wurfspeer in _ die Tiefe, sein mit Widerhaken versehener Dreizack durchbohrt einen Fisch, und zappelnd wird dieser emporgezogen, um im Boote bald zu verenden. — Es gehört viel Übung und Geschick zu einer solchen Jagd: Nicht nur gilt es beim Wurf die Bewegung des Fisches, sondern auch die Lichtbrechung im Wasser zu berück- sichtigen, welche den Fisch an einer anderen Stelle zeigt, als die es ist, an der er sich wirklich befindet. Wir gaben die Jagd auf, es genügte uns dieses eine Opfer; langsam erlosch unser Feuer und wieder glitten wir friedlich auf der weiten See, beschienen von silbernen Sternen. (regen den Mistral 11 istLe | Iray- as gut gedeckt, das Cap Roux fängt ihn mit seinem breiten Rücken auf. Zu gleicher Zeit, da in Cannes und Nizza dichte Staubwolken von den Straßen aufsteigen, merkt man hier kaum einen .: ve e Luftzug und kann sich behaglich Juniperus oxycedrus. 254 im Freien vor dem Hause sonnen. Doch darf der Ost- wind nicht kommen; der rückt hier an mit voller Gewalt; er stürmt förmlich das Gebirge, das ihm Halt gebietet, prallt zurück von den hohen Felsen und umwirbelt sie mit wütendem Geheul. Das geängstigte Meer scheint dann auf das feste Land sich flüchten zu wollen; mit Schaum bedeckt versuchen es seine Wellen, die Felsen zu erklimmen, doch sie zerschellen an dem harten Stein und sinken gebrochen zurück in die Tiefe. Des Nachts da zischt und pfeift und rasselt es durch das einsame Haus, als wenn alle Elemente entfesselt wären, und nicht einem jeden ist es dann möglich im tiefen Schlaf die erwünschte Ruhe zu finden. Staub gibt es aber selbst bei solchem Wetter kaum auf den Porphyr- straßen des Esterels; doch kühlt sich unter Umständen die Luft, selbst im vorgerückten Frühjahr, oft bedeutend ab, und wir merken es wohl, daß wir uns nicht mehr in den wärmsten Teilen der Riviera befinden. IX. Vor allem hatten wir vor, von dieser Stelle aus den Gipfel des Cap Roux, den 453 Meter hohen „Grand Pic“ des Esterels zu besteigen. Gleichzeitig beab- sichtigten wir der Grotte „Sainte Beaume d’Honorat“ einen Besuch abzustatten und fragten nach dem Wege, der zu ihr führt. Der Wirt bot uns den Hund als Führer an, denselben Hund, der uns am Bahnhofe empfangen hatte. „Castor“ wurde herbeigerufen. Wir hatten schon nähere Bekanntschaft mit ihm geschlossen, bei den Mahlzeiten seiner gedacht und so seine Zu- neigung gewonnen. Dieser Hund hatte merkwürdig viel Ausdruck im Gesicht; seine Augen blickten so klar und treu, und wenn er uns von der Seite ansah, und das Weiß seiner Augen sichtbar wurde, da erschienen diese so verständig und nachdenklich, so überlegt und klug, fast wie Menschenaugen. Allem Anscheine nach verstand Castor den Sinn vieler: Worte, und wir staunten daher nicht, als der Wirt den Auftrag ihm erteilte, uns nach der Beaume zu führen und zu diesem Zwecke das Wort „Beaume“ dreimal mit Nachdruck wiederholte. Castor wedelte mit dem Schwanze zum Zeichen des Verständnisses, doch blieb er zunächst noch stehen. Ah! sagte der Wirt, ich habe den Lohn vergessen, den er gewohnt .ist, zu er- halten: die eine Hälfte hier, die andere an der Beaume. So wurden denn Cakes geholt, für welche Castor eine besondere Vorliebe hatte. Die eine Hälfte verzehrte er sogleich mit sichtlichem Behagen, die andere nahmen wir mit auf den Weg. Wir brachen jetzt auf, Castor voran, die Schnelligkeit seines Ganges nach der unserigen richtend, häufig nach rückwärts schauend, ob wir ihm auch folgten. Wir streiften den Eisenbahndamm in westlicher Richtung und waren bald an die Mündung des Tales gelangt, das den Pic d’Aurele von der Bergwand des Cap Roux scheidet. Das Meer dringt vor in dieses Tal, um eine der vielen Buchten zu bilden, die hier Calanques heißen. Eine Eisenbahnbrücke überspannt im Bogen die Bucht. Wir meinten den Weg unter ihr einschlagen zu müssen, doch Castor führt uns aufwärts, und ohne auf die Eisendrähte zu achten, durchkreuzt er die Bahn. Wir glaubten seinem Beispiel folgen zu müssen, und in der Tat schließt ja auch beiderseits der Weg an den Bahndamm an. Die Drähte scheinen nur da 256 zu sein, um überstiegen zu werden, und um die Bahn- verwaltung im. Falle eines Unglücks vor der Verant- wortung zu schützen. — Castor führte uns am Abhange des Cap Roux in nordwestlicher Richtung in langsamer Steigung aufwärts; er kehrte sich nicht an die vielen Wege, die steiler an der Bergseite abzweigten, ging ruhig und sicher in gerader Richtung fort. So ge- langten wir an die nördliche Seite des Berges. Ein gemauertes Schutzhaus, das den Forstbeamten als Zufluchtstätte dient, steht dort am Wege; nebenan entspringt dem Berg .eine Quelle. Hier bog Castor seitlich ab, wählte den rechts aufsteigenden Pfad und führte uns nunmehr steil in die Höhe. Zunächst war der Weg noch gut, doch nach einiger Zeit gelangten wir auf Geröll und Felsen. Dann folgten Stufen im Stein; stellenweise schwebten wir über dem Abgrunde, doch da waren eiserne Stäbe in den Fels geschlagen, an denen wir uns stützen konnten (Anm. 19). Castor war augenscheinlich nicht schwindlig; er kletterte behende aufwärts, schaute sich oft an schwierigen Stellen um, als wenn er unserer Geschicklichkeit nicht ganz traue. Vor uns auf der Felsenkante steigen die Trümmer eines Turmes auf, die Reste der früheren Einsiedelei. Ein Torweg durchsetzt den Turm; wir bleiben an seinem Eingange stehen. Der Blick taucht hier über die steilen Felsen in das üppige Tal hinab. Grüne Berge, von zackigen Porphyrmassen gekrönt, steigen jenseits auf; über dem Col Leveque im Osten glänzten die Schneehäupter der Alpen. Und im Westen, in bläu- lichen Dunst getaucht, begrenzt das Maurengebirge den Horizont. — Jenseits des Turmes befindet sich der Eingang zur Grotte. Castor hatte sich vor ihr 297 gelagert. Nicht ohne Selbstgefühl schaute er uns an. Er hielt es nicht einmal für nötig mit dem Schweife zu wedeln, als wir ihm den Rest der Cakes über- reichten. Er hatte sie verdient; Demut war nicht am Platze. Wir traten in die. Grotte ein. . Rechts birgt sie eine Zisterne. Im Hintergrunde ist ein bescheidener Altar errichtet, und noch bescheidenere Standbilder des Heiligen schmücken die Wände. Hier soll einst als Einsiedler der heilige Honoratus gelebt haben, der um das Jahr 408 auf den Lerinischen Inseln das später berühmt gewordene Kloster gründete Zahl- reiche Pilger zogen Jahrhunderte lang und ziehen auch jetzt noch am ersten Donnerstage im Mai den steilen Berg hinauf, um den Heiligen zu verehren. Eine Nische in der Grotte soll sein Lager gewesen sein. Die Pilger betrachten mit Andacht die Vertiefungen im Stein, die sie als Spuren deuten, welche der Körper des Heiligen hinterließ. Sankt Honoratus stammte aus dem nördlichen Gallien, wie es heißt, aus einer vornehmen Familie. Noch jung zog er sich in diese Einöde zurück. Sein Beispiel regte zur Nachahmung an. Es folgte ihm der heilige Eucharius, ein provenzalischer Edelmann, Seigneur de Theol et de Mandelieu, der aber nicht so frühzeitig wie der heilige Honoratus der Welt entsagt hatte. Er mag manchen bitteren Kummer und manche Ent- täuschung zuvor erlebt haben. Denn, wie ich der Geschichte der Diözese Frejus, die der Abb&@ Disdier veröffentlicht hat, entnehme, war der heilige Eucharius zuvor verheiratet gewesen und besaß zwei Söhne und zwei Jöchter. Als ihm seine Frau durch den Tod enirissen wurde, übergab er die Erziehung seiner Söhne E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera, 1% 2595 dem heiligen Hilarius und zog sich zunächst auf eine der Lerinischen Inseln und dann in die Einsiedelei des Cap Roux zurück. Er bewohnte hier eine Grotte, die noch unzugänglicher, noch abgeschlossener als jene des heiligen Honoratus war. Hier „von allen getrennt, der Ruhe und der Schweigsamkeit sich weihend, hatte er weder den Willen noch die Grelegenheit zu sündigen“. Hier verfaßte er auch einen begeisterten Traktat zum Lobe der Einsamkeit. Doch sollte er sein Leben nicht in dieser Einöde beschließen. Abgesandte der Lyoner Gemeinde entführten ihn, um ihn zu ihrem Erzbischof zu erheben. — Schwer fällt es heute, sich in den Geist jener begeisterten Asketen zu versetzen, denen als Ideal der Vollkommenheit nicht die Erfüllung der sittlichen Pflichten des Lebens, sondern die Ertötung aller sinnlichen Gelüste vorschwebte. Doch damals waren die Zeiten anders, und es sah so traurig aus in der Welt, daß mancher an ihr verzagen mochte. Manch edel angelegter Mensch konnte glauben, daß sein ethisches Ideal innerhalb einer solchen Welt nicht zu verwirk- lichen sei, und suchte es darum in der Weltentsagung. — Solches ideale Streben, das mit dem Opfer der eigenen Person verbunden ist, zwingt uns wohl Bewunderung auf. Menschlicher mutet uns aber ein späterer Ein- siedler vom Berge des Cap Roux an, namens Laurentius Bonhomme, der die zweite Hälfte des siebenten Jahr- hunderts dort .verlebte.. Er betrieb allerhand kleines (rewerbe, war immer bei der Arbeit, züchtete Bienen, verwertete deren Wachs und Honig, und das Geld, das er verdiente, verteilte er unter die Armen. Er schloß sich von den Menschen nicht ab, wanderte auch nicht selten nach Frejus, gefolgt von einem Reh. Sein Bischof a ließ sich das Reh von ihm schenken; es blieb in Frejus. Später nun, als Laurentius wieder einmal nach [4 Frejus kam und vor dem bischöf- lichen Palaste | sich laut unterhielt, hörte das g.! Reh seine Stimme, sprangaus W /7 WW einem Fen- ster hinab und leckte ihm die Hände. fühlte der Mann sich glücklich; er emp- fand ‚le bon- heur du We parfait soli- taire“, wie es in der Erzählung heißt. So auch wurde seine Einsiedelei stets von zahl- reichen Vögeln besucht, die er zu Zeiten der Dürre in den Ver- tiefungen der Felsen mit Wasser tränkte. Eines Tages überraschte er Diebe, die ihm seine 5 Bienenstöcke raubten. Erschreckt sahen ihn die Misse- PN täter kommen. Er aber trug ihnen auch ie die Bienenstöcke, die sie sich noch nicht Zaurus nobrlis. 1: 200 angeeignet hatten, mit dem Bemerken nach, daß sie die besten seien. Solche unerschöpfliche Güte rührte das (Gremüt der Missetäter: sie besserten sich, so heißt es, zur selbigen Stunde. Wir blieben längere Zeit noch vor der Grotte stehen und verloren uns im Anblick dieser reizvollen Gegend. So mag sie auch ausgesehen haben vor anderthalbtausend Jahren, als der heilige Honoratus sie betrachtete. Auch damals glänzten die roten Porphyr- felsen gleich feurig im Sonnenscheine, und damals schon leuchtete der ewige Schnee blendendweiß weit jenseits auf den Alpen. Auch dasselbe Bedürfnis nach Idealen ist dem menschlichen Geiste geblieben, nur hat es einen anderen Inhalt gewonnen. Jetzt stiegen wir wieder hinab bis zur Quelle und schlugen dann einen Weg ein, der uns von Westen her dem Gipfel des Berges zuführen sollte. Wir suchten Castor zur Heimkehr zu bewegen, doch zog er es vor, uns nicht zu verlassen. Freilich fühlte er sich nicht mehr verpflichtet den Führer zu spielen; er ging nicht mehr vor uns her, schweifte vielmehr ab, nach allen Seiten. Besonders legte er es darauf an, aus dem (Grebüsch Vögel aufzuscheuchen; er schaute ihnen nach in die Lüfte. Dann schien er einem größeren Tiere nachzujagen, vielleicht einem der vielen Füchse, die das Esterelgebirge birgt. Einmal kehrte er um, um zu erkennen, warum wir so lange zurückblieben. Wir waren an einer Wegkreuzung stehen geblieben, um uns an dem Anblick einer dieser schönen Smaragdeidechsen (Lacerta viridis) zu ergötzen, die man hier nicht eben selten antrifft. Das reizende, über einen halben Meter lange, lebhaft grün gefärbte Tier, glänzte fast metallisch 261 in der Sonne. Es wärmte sich auf einem Stein und spähte mit funkelnden Augen nach. Beute aus. Wir näherten uns zu sehr, da war es blitzschnell verschwunden. Auf dem Gipfel des Cap Roux, dem Grand Pic, der einst Vigie de Peyssarin genannt wurde, ent- faltete sich vor uns ein Bild, so herrlich, wie man es nur selten schaut. Der Eindruck, den man hier empfängt, ist von mächtigster Wirkung. Während vom Mont-Vinaigre das Auge erst weit hin über grüne Berge das Meer erreicht, hatten wir hier die blauen Fluten zu unseren Füssen. Die grünen Abhänge des Cap Roux fallen zunächst langsam ab zur See, dann aber wird der Fels kahl und stürzt sich senkrecht in die Wellen. Dort setzt er sich fort in Zacken und Zinnen, durchschneidet das Meer mit scharfem Grat, fesselt. es in ausgehöhlten Mulden, taucht dann unter und tritt in purpurnen Riffen wieder aus der Flut hervor. Das Wasser nimmt violette Töne an auf dem roten Grunde: es leuchtet gleich flüssigem Amethyst im Becken von Rosso anticc. Um uns herum lodern die Felsen im hellen Sonnenschein. Graue und gelbe Anflüge, von Flechten erzeugt, tönen das satte Rot ab in unzähligen Nuancen. Man wird völlig be- rauscht von dieser Farbenpracht; sie klingt wie Musik in der Seele. Zunächst beachtet man kaum die Form der Gegenstände und läßt nur ihre Farben auf sich wirken: wie sich die Töne mischen, und wie sie einander durchdringen, wie sie hier verschmelzen, sich dort in eindrucksvollem Kontraste voneinander ab- heben. Wie wunderbar glüht dieser braunrote Koloß auf dem blauen Hintergrunde des Meeres, das hinter ihm am Horizonte aufzusteigen scheint! Wie sticht 262 dieser andere Porphyrfelsen von dem perlgrauen Grunde der Kalkalpen ab! Dort springen wieder rote Zacken vor gegen den leuchtenden Himmel; im Osten über Nizza krönt der blendendweiße Schnee der Alpen wie ein silbernes Diadem das grüne Vorgebirge. Ihm wenden sich immer wieder unsere Blicke zu. Unten aber schillert am Strande das blaue Meer in azurnen Tönen; fern im Süden spiegelt es die Sonne wieder und strahlt unermeßliches Licht wie aus eigner Tiefe aus. Eine mächtige Felsenmasse im Westen deckt das Tal von Frejus: hinter ihm türmt sich das Mauren- gebirge auf in sammetgrünen Farben. Das Auge folgt der Küste bis zu den goldenen Inseln. Im Osten liegt vor uns der Golfe de la Napoule und Cannes fast in greifbarer Nähe. Die Inseln von Lerins steigen grün wie Smaragde hervor aus der goldigen Flut. Wir sehen sie jetzt alle zu einer leuchtenden Gruppe ver- einigt, voran die Insel Saint-Honorat, dann Sainte-Mar- guerite, und neben Saint-Honorat im Osten, nur als dunkler Streifen, die kleine Insel Saint-Fereol, dahinter taucht das Cap d’Antibes seine blumenreichen Ufer in die Fluten; es springt so weit vor in die See, als wollte es das eine Meer in zwei Meere spalten. Jenseits der Baie des Anges, der breiten Engelsbucht, glänzt das weiße Nizza im Halbkreis an grünen Hügelketten, und dann erheben sich Berge über Berge, bis jenseits Bordighera die Umrisse der Küste in dem Nebel der Ferne verschwimmen. Auf Castor machte dieses Bild keinen Eindruck. Er beschnüffelte sorgsam die Steine, auf welchen frühere Touristen wohl manches Frühstück verzehrt haben mochten. Sicherlich strengte er seine ganze Einbil- 263 dungskraft an, um die einzelnen „Menus“ wieder her- zustellen; dann gähnte er zu wiederholten Malen, streckte sich aus und schlief. — Stunden vergingen, bevor wir uns entschlossen, den Rückweg anzutreten, X. Den Pic d’Aurele durften wir auch nicht unbe- achtet lassen, ihn, unseren nächsten Nachbar. Wir mußten ihn besteigen, wäre es auch nur jenem Aurelius zu Ehren, nach welchem er den Namen führt. Was für ein Aurelius das war, dessen Name dieser Fels trägt, und den die alte römische Straße verewigt, das läßt sich freilich nicht mit Sicherheit sagen. Die Wahr- scheinlichkeit spricht für Cajus Aurelius Cotta, weil er den Plan zu dieser großen Straße entwarf und ihren Bau auch von Rom aus, im Jahre 24ı v. Chr., bis Pisa durchführte. Emilius Scaurus setzte dann die Straße bis Vada Sabatia, dem heutigen Vado, das zwischen Savona und Albenga liegt, fort; Augustus verlängerte sie endlich über Ventimiglia hinaus bis Arles. Die Strecke Pisa-Vada-Sabatia wurde zunächst als Straße des Emilius Scaurus bezeichnet, und zwar um sie von der anderen Via Emilia zu unterscheiden, die Rimini mit Piacenza verband, und die dem Emilius Lepidus ihren Ursprung dankte. Späterhin kam der Name „Via Aurelia“ für die ganze Straße, die sich von Rom über Genua bis nach Gallien erstreckte, in Gebrauch. Über den Verlauf dieser Straßen sind wir vornehmlich durch die „Peutingersche Tafel“ unter- richtet, eine aus dem 13. Jahrhundert stammende Kopie einer Straßenkarte der römischen Kaiserzeit, die wir einem Kolmarer Mönch verdanken. Konrad Celtes in 264 Worms fand diese Kopie auf und übergab sie dem verdienten Augsburger Altertumsforscher Konrad Peu- tinger, damit er sie veröffentlichte. Diesen verhinderte daran sein baldiger Tod.. Das wichtige Dokument gelangte dann in den Besitz der Wiener Hofbibliothek und wurde wiederholt ediert. Wir stiegen vom Hötel du Trayas geradeaus in die Höhe, - überschritten den Bahnkörper und erreichten bald einen breiten Weg, der in. westlicher Richtung den Berg umkreist. Diesem Wege mußten wir längere Zeit folgen, immer das grüne Tal vor Augen, das den Pic d’Aurele vom Cap Roux scheidet. An dem nörd- lichen Abhange des Cap Roux profilieren sich scharf die dunkelroten Felsen, und deutlich ragt zwischen ihnen der Turm hervor, der die Grotte des heiligen Honoratus bewacht. — Wir wählen den ersten Fuß- weg, der jetzt bergauf zum Gipfel des Pic d’Aurele sich wendet. Der Berg ist nur etwa 300 Meter hoch, läßt sich somit ohne sonderliche Anstrengung besteigen. Die Aussicht, welche man von ihm genießt, ist der vom Gipfel des Cap Roux ähnlich, doch entsprechend eingeschränkt. Denn das Cap Roux deckt die ganze Küste im Westen, und nur das Tal an seinem nörd- lichen Abhange gestattet einen Durchblick bis zum Maurengebirge. Da begreift man jetzt wohl, warum die Römer dieses Tal wählten, um ihre Straße von der Küste nach Forum Julii zu führen. In östlicher Rich- tung schweift auch von dieser Stelle das Auge unbe- grenzt über die schneebedeckten Alpen und die weite Küste. Die nackten Porphyrfelsen, die, tief zerklüftet, den Gipfel des Berges bilden, gleichen den Ruinen einer Titanenburg. Mit Vorsicht nur darf man ihrem 168) je) a Rande sich nähern, denn ganz unver- mittelt fallen sie in die Tiefe ab. Jede Wanderung im Esterel IR und dem wohlgepflegten Walde macht dieses Gebirge fast den Eindruck eines “ IV großen Parks, in welchem mit Kunst- verständnis, vielem Geschmack und SE einem Aufwande übermenschlicher = Kraft, die Natur mächtige Felsmassen wie zum Schmuck verteilt hätte. = Castor ist unser Freund, und obgleich Fernsichten ihn nicht fesseln, begleitet er uns auf allen unseren Ausflügen: auch %_ den Pic d’Aurele hat er mit uns bestiegen. = Eine Straße führt an unserem Hotel vorbei und setzt sich in westlicher Richtung i Lavandula fort nach Agay (Anm. 20). Sie folgt allen stoechas. Windungen der „Plage d’Aurele“, und von ( ihr aus eröffnet sich bald über dem Vordergrund roter 266 Felsen der Blick in die fernen Schneegipfel der Alpen. Wir verlassen die betretene Bahn und steigen hinab, um uns auf den roten Felsen des Strandes zu sonnen, über steile Felsen den Weg am Strande fortzusetzen. Die See ist ruhig, so traumhaft blau wie der wolkenlose provenza- lische Himmel, und nur leise Wellen, kaum umfranst von leichtem Schaum, schlagen an das Ufer. Durch die kristallhelle Flut dringt unser Auge bis zum tiefen Grunde, Es sieht dort in purpurnen Mulden rätselhafte Dinge liegen, die in bunten Farben, gleich Edelsteinen funkeln. Die provenzalische Sonne überströmt uns mit ihrem Glanze, auch das Meer und die Felsen strahlen uns Licht entgegen. Die ganze Luft zittert über dem er- hitzten Boden. Alles leuchtet und flimmert um uns her; die Ferne schwindet in goldigem Nebel, und der weiße Schnee der Alpen scheint über dem Abgrunde zu schweben. Längs der oberen Straße entfaltet der Makis noch seine unbeschränkte Pracht, so daß man ihr in westlicher Richtung nur zu folgen braucht, um sich der ganzen Eigen- art und Schönheit dieser typisch-mediterranen Vegetations- form zu erfreuen. Manche Stellen sind über und über von den Hochblattbüscheln des Lavendels* (S. 265) violett gefärbt, andere leuchtend goldgelb durch die Fülle der Schmetterlingsblüten, welche die dornigen Sträucher der Calycotome spinosa* (S. 103) bedecken. Die Myrte beginnt ihre weißen, mit gelben Staubgefäßen dicht erfüllten Blüten aus den Achseln ihrer starren Blätter vorzustrecken. - Der Erdbeerbaum* (S. 67) entsendet so kräftig rot gefärbte Frühlingstriebe aus den Enden seiner Zweige, daß sie fast feurig in der Sonne glänzen. Pistazien* (S. 359), Rosmarin* (S. 391), Wachholder* 267 (S. 253), Phillyreen* (S. 353), die hellgrün sprossende Daphne* (S. 179) drängen sich überall im Strauch- werke. Von Zistrosen ist es der Cistus salviffolius* (S. 131), der diese Strecke beherrscht. Es fällt mir auf, daß seine großen weißen Blüten zart jasminartig duften. Die Blütensprosse der baumartigen Heide“ (5.191) sind bereits gebräunt, ihr anmutiger Reiz für dieses Jahr dahin. UÜberaus oft begegnet man auf dieser Strecke einer silbergrauen Weißkleeart, der diese Fär- bung und die niederwallende Tracht den Namen Jupiter- bart (Anthyllis barba Jovis)* (S. 55) verschaffte Es ist die Zeit, wo sie in voller Blüte steht, doch fallen ihre hellgelben Blütenstände, zu welchem ihre kleinen Schmetterlingsblüten kopfförmig vereint sind, so wenig an dem hellen Strauche auf, daß man sie leicht über- sieht. Überall drängen sich am Wege die weiß- behaarten Aschenpflanzen (Cineraria maritima)” (S. 115) vor, in so üppiger Ausbildung, daß sie einem jeden Garten zur Zierde gereichen könnten. Aus den R.osetten ihrer fiederteiligen Blätter erheben sich bereits die Blütenstände, die jetzt, wo die zweite Aprilhälfte schon angebrochen ist, auch ihre lebhaft gelben Blüten- köpfchen zu öffnen beginnen. Die schönen, weißen Blüten der Graslilien (Anthericum liliago) bringen einen heiteren Ton in das Bild, und stolz ragen hier und dort aus der Umgebung die dichten, weißen Blütenstände der Asphodelen (Asphodelus albus) hervor. Auch die graue Immortelle (Helichrysum stoechas), die sich uns am Strande von Antibes durch ihren würzigen Duft so aufdrängte, hat hier zahlreiche Ver- treter, die bereits neue, silberhaarige, zum Blühen sich anschickende Triebe entwickeln. Doch vor allem er- 268 freut uns der Anblick der Serapias lingua* EBPE dieser herrlichen mediterranen, offenbar nach dem ägyptischen Gotte Serapis benannten Orchidee, die uns durch ihre feurigbraune Färbung fremdartig an- mutet. Die das Esterel bewohnende Form ist besonders dunkel getönt, ganz so als hätten die in der Abend- sonne glühenden Felsen des Strandes ihr als Vorbild: gedient. Dabei eine so genügsame Pflanze, daß man sie stellenweise sogar direkt dem harten Boden eines betretenen Weges entspringen sieht. Nur verein- zelt schließt sich ihr eine andere fast noch eigen- artigere Orchidee, das Limodorum abortivum* (S. 277), an. Es ist das ein ganz blattloses Wesen, welches seine ganze Nahrung aus dem Humus des Bodens schöpft, in den es sich bis zu bedeutender Tiefe mit seinen Wurzeln versenkt. Mit dem Namen Limo- dorum oder richtiger Aimodoron wurde eine blutrote Schmarotzerpflanze von dem holländischen Botaniker Rembertus Dodonäus im sechzehnten Jahrhundert be- . zeichnet; den Speziesnamen ‚„abortivum“ verschaffte dieser Orchidee der gleichsam unfertige Zustand, in welchem sie als blattlose Pflanze in die Erscheinung tritt. In allen ihren Teilen ist sie grünlich- violett angelaufen. Ihre schönen, großen Blüten sind rein violett gefärbt, am dunkelsten an den Seitenrändern der gestreiften Unterlippe. — In der Nähe der Häuser von Le Trayas und weiterhin längs der Straße, fällt auch noch manche andere Pflanze durch schöne Blüten auf, ohne zum Makis zu gehören. Da sieht man die großblütige, hellviolette Galactites tomentosa* (S. 211), eine Distelart, an der es auch sonst an der Riviera nicht fehlt. Ihre zackig fiederteiligen, mit scharfen 269 Stacheln bewaffneten Blätter sind unterseits gleich- mäßig weiß behaart, oberseits breitet sich das Weiß nur unregelmäßig längs der Nerven aus, und das macht den Eindruck, als sei die ganze Pflanze mit Milch besprengt. Das verschaffte ihr auch, nach gala (gen. galaktos), die Milch, den Namen. Sehr zierlich ist der Sternklee (Trifolium stellatum), der sich be- scheiden am Wegsaume hält. Seine Blütenköpfe sind blaßrosa gefärbt und würden schwerlich auffallen, wenn aus ihnen nicht Fruchtstände hervorgingen, die aus Sternen zusammengefügten Kugeln gleichen. Der kleine, grüne Kelch jeder Blüte wächst nämlich weiter und breitet sich allmählich zu einem ansehnlichen, fünf- strahligen, braunen Sterne aus, der in seiner Mitte eine kleine, trockene Frucht birgt. Jeder Naturfreund fühlt sich auch angezogen durch eine hier reichlich vertretene mediterrane Platterbse, den Lathyrus clymenum, der seine unscheinbaren, geflügelten, rankenden Sprosse, mit glänzend farbigen Blüten schmückt. Die „Fahne“ an dieser Schmetterlingsblüte ist purpurn, ihre „Flügel“ sind blau, und das in so satten Tönen, daß sie schon aus der Ferne leuchten. Nur wenn die Sonne hell am Himmel steht, öffnet die Komposite Urospermum Dale- champsii ihre hellgelben Blütenköpfchen. Sie trägt sie auf einsamem Schaft, der an seinem Grunde mit leier- förmigen Blättern besetzt ist. Da die Blütenköpfchen verhältnismäßig groß sind, so fallen sie geöffnet am hellen Tage auf. Ist das Wetter trüb, so gilt es nach der Pflanze zu suchen; denn ihre geschlossenen Köpf- chen sind grün und verschwinden ganz in der Um- gebung. — Wer die Pflanzen liebt, an ihrer Gestalt und Farbe Freude findet, teilnehmend ihren Lebenserschei- 270 nungen folgt, dem muß eine Frühlingswanderung durch die Straßen des Esterels einen ebenso tiefen als reinen Grenuß bereiten. Doch es gilt, Abschied von Le Trayas zu nehmen. Castor begleitet uns zur Bahn. Wir streicheln ihn dankbar vor. der Trennung. Er aber sieht lange dem Eisenbahnzug nach, der uns davonträgt. Sein Blick trübt sich, fast scheint es, als habe er uns eine Träne nachgeweint. | DRITTE REISE | L er Winter hatte so lange im Norden gedauert und ® war so traurig gewesen, daß wir uns nach etwas Wärme und Sonne innigst sehnten. Doch vom Mittel- meere trafen unaufhörlich Hiobsposten ein: die Kälte hielt auch dort an, die Vegetation hatte gelitten; noch zu Anfang März fiel Schnee und deckte viele Orte der Riviera mit einem weißen Gewande. Da, endlich siegte die Frühlingssonne: wir erhielten günstigere Nachricht und waren einige Tage später in Cannes. Schon oben in den Alpen begrüßte uns der Frühling mit leuchtendem Antlitz und einer Strahlenkrone ums Haupt. Die Fahrt in dieser sonnigen, zu neuem Leben erwachenden Natur, glich einem wahren Fest- zuge. So kamen wir ans Mittelmeer. Im Norden schneit es weiter, und dunkle Wolken decken den Himmel. Hier aber glänzt die Sonne am blauen Firmament und spiegelt sich im Meere; ihre Strahlen dringen in unser Inneres und lösen dort die grauen Nebel auf, die sich an dunklen Tagen an- gesammelt haben. Auch an der Riviera di Ponente haben Pflanzen und Menschen von der ungewohnten Strenge des Winters gelitten. Doch die meisten Ge- wächse sind zäher als der Mensch, sie erholen sich wieder. Die gebräunten Bougainvillien an den Häuser- mauern beginnen stellenweise auszutreiben, sie bilden carmoisinrote Hochblätter in Büscheln neben dem toten Laub. Der Heliotrop durchbricht mit neuen Sprossen den Boden; bald werden an den Fächer- palmen frische, lebhaft grüne Blätter die alten, braun gefleckten ersetzt haben. — Auffällig gut hielten die Akazien Schnee und Kälte aus; sie sind mit gelben Blüten über und über bedeckt und stellen wahre Blumensträuße in der sonst noch blumenarmen Land- schaft dar. Denn die Vegetation ist gegen sonst sehr zurück, die Rosenstöcke weisen nur geschlossene Knospen auf, während sie hier sonst von Mitte Winter an im Blütenschmuck prangen. Eine Rose ist in keinem der vielen Blumenläden von Cannes zu er- blicken; man müßte sie wohl in den Grewächshäusern des Nordens bestellen. Weniger gut erholt sich der leidende Mensch, der im letzten Winter hier Linderung, ja Grenesung, suchte. Tagelang mußte er in Räumen verweilen, die sich oft nur dürftig heizen ließen. Wie Manchem hat dieser Aufenthalt das Leben gekürzt. Es ist überhaupt nicht ratsam, Schwerkranke hierher zu senden. | ID SI oJ El: Wir wollten nicht unten am Meere wohnen in den windigen und staubigen Teilen von Cannes und be- zogen daher den Abhang, der im Osten die Stadt be- herrscht, die Californie. Über den schönen Garten des Hötel Californie blicken wir auf die Croisette, die schmale Landzunge, welche den Golfe de la Napoule vom Golfe-Juan scheidet. Dann erreicht unser Auge die Ile Sainte-Marguerite und kann bei Morgenbeleuchtung jedes Haus auf ihr, sowie das Fort, das sie krönt, unter- scheiden. Von der nächstfolgenden Ile Saint-Honorat ist nur die Kirche sichtbar, im übrigen wird sie von ihrer Schwesterinsel verdeckt. Im Westen, über den blühen- den Akazien, steigt am Hügel die alte Stadt Cannes empor. Sie gipfelt in ihrem alten Schlosse und bietet dem Auge ein malerisch bewegtes Profil. In weniger schöner Linie folgen die neuen Stadtteile an der Bucht; doch diese Linie wird von den üppigen Gärten unter- brochen und durch sie belebt. Besonders gern ruht unser Blick auf den zackigen Umrissen des Esterels. Dorthin wendet er sich zuerst am Morgen, wenn die Sonne die Gipfel der Berge vergoldet, und jede Ort- schaft sich blendend weiß an ihrem Fuße zeichnet; dorthin wird er zuletzt am Abend gelenkt, wenn die Sonne jenseits der langen Kette verschwunden ist, und ihre Strahlen sich wie ein leuchtender Fächer am Abendhimmel ausbreiten. Bald danach entzünden sich auch die Leuchttürme längs der Küste, und Cannes flammt mit tausend Lichtern auf. Dieses Schauspiel wiederholt sich jeden Abend, und wir werden nicht müde es zu schauen. E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 18 6) SI DB Mit eintretender Dämmerung hat das Konzert der Laubfrösche rings um das Hotel begonnen, ein Konzert, das jeder kennt, der im Frühjahr die Riviera besuchte. In allen Wasserbehältern sammeln sich im Frühjahr diese Tierchen an und locken einander aus der Ferne mit lauten Rufen. Die auffallende Kraft der nur von den Männchen ausgestoßenen Töne wird dadurch ermöglicht, daß sie ihre schwärzliche Kehlhaut zu einer großen Schallblase auftreiben. Ihr übriges Leben bringen diese zierlichen, lebhaft grün gefärbten Geschöpfe auf Sträu- chern und Bäumen zu. Es unterhielt uns, ihnen am Tage in dem Garten des Hotels nachzuspüren und die Änderungen zu beobachten, die der Ton ihrer Färbung je nach ihrer Umgebung erfährt. Auf hellen Blättern findet man sie in der Tat heller, auf dunklen dunkler gefärbt, so daß sie in beiden Fällen schwer zu er- blicken sind. Es handelt sich bei diesem „sympathischen“ Farbenwechsel um eine Schutzvorrichtung, die sie den Augen ihrer Feinde unkenntlich machen soll. Sie werden auch von der Beute nicht bemerkt, auf die sie lauern. Es ist belustigend zu sehen, wie ein solcher Laubfrosch auf Insekten jagt, mit welchem Geschick er sie fängt, und wie hoch er springt, um sie zu er- haschen. Das Hotel ist für Ausflügler günstig gelegen. Auf Fußwegen emporsteigend, kann man rasch von ihm aus Wald und Makis erreichen. Auf den mit Kiefern bedeckten Gipfeln von „la Maure“, 250 Meter hoch über dem Meere, eröffnen sich überraschende Blicke in üppig grüne Täler, auf die schneebedeckten Alpen und über die blaue Küste. Ganz besonders großartig erschienen in diesem Frühjahre die Seealpen. 21.9 Der Schnee reichte tief an ihnen herab. Man wähnte oft Bilder aus dem Berner Oberlande vor Augen zu haben, doch leuchtender, weil getaucht in den Glanz der italienischen Sonne. Also weilte ich mit Vorliebe unter den Aleppo-Kiefern, auf den Höhen von „la Maure“, mied dort aber grundsätzlich das „Obser- vatoire“, den offiziellen Aussichtspunkt, auf welchen am Nachmittage, auf staubiger Straße, die Wagen durch müde Pferde langsam aufwärts gezogen werden. Oben ist ein Aussichtsturm errichtet, von dem aus man. gegen Zahlung die Natur bewundern kann. Meist ist man im Gedränge, und die Musik aus einer nahen Wirt- schaft trägt nicht dazu bei, die ästhetische Stimmung zu erhöhen. LER Beim Aufstieg zum „Observatoire“ überschreitet man einen Kanal, der Cannes, Golfe-Juan und Antibes mit Wasser versorgt (Anm. 21). Er führt dasnämliche Wasser, das die Römer einst in Forum Julii tranken. Sie hatten oberhalb Grasse eine Quelle der Siagne gefaßt und führten das Wasser nach Frejus in einem gedeckten Aquädukt, der auf seinem Wege einen fünfzig Meter langen Tunnel, . den Tunnel von Roquetaillado, durch- setzte. Man kann von La Maure aus in nordwestlicher Richtung dieser Wasserleitung meilenweit folgen. Ein Fußweg führt an ihr entlang. Er steigt so un- merklich auf, daß man fast in der Ebene zu gehen meint. In weiten Bogenlinien zieht er sich längs der Berge hin und bietet wechselvolle Ausblicke auf Cannes und das Estere. Man befindet sich alsbald über Le Cannet, das drei Kilometer vom Meere ent- 18% 276 fernt liegt und durch nahe Hügel gut gegen Winde geschützt ist. Man sieht da auf große Hotels hinab, die von solchen bevorzugt werden, die den Wind und die unmittelbare Nähe des Meeres zu meiden haben. Noch weiter nordwärts krönt Mougins einen 260 Meter hohen, isolierten Hügel, ein malerischer Ort, dessen kompakte Häusermasse nur von spärlichen Fenstern durchbrochen ist. Dorthin sollen sich einst die Oxybier zurückgezogen haben, als die Römer die Küste be- setzten. Nur eine halbe Stunde Weges trennt Mougins von dem Turme von Castellaras, der die umfassendste Aussicht auf die Alpenkette bietet. | Von dem Wege an der Wasserleitung kann man auch alle die Hügel besteigen, die Le Cannet’son Vallauris trennen. Dann sieht man, jenseits von Mougins, am Fuße der grauen Kalkalpen, Grasse im Sonnenlichte glänzen; nach Osten zu, unten im Tal breitetsich Vallauris aus. Es folgen in gleicher Richtung, längs der Küste Golfe-Juan, Antibes, Nizza; dann in nebligen Fernen und über den Bergen, die Vallauris schützen, glänzen, als herrlichster Abschluß des Bildes, die Schneemassen um den Col di Tenda. Kein Schatten trübt ihr blendend Weiß, die Sonne bestrahlt sie in voller Glut, sie trotzen ihren Strahlen.. Dort in den Bergen wird noch immer an der Eisenbahn gebaut, die Turin mit der Mittelmeerküste verbinden soll. Politische Gegensätze und der Widerstreit örtlicher Interessen bedingten es, daß diese Bahn noch immer nicht fertig ist. In nicht zu ferner Zeit wird sie aber ein herr- liches Stück Land dem Verkehr erschließen; denn die (Gola di Gaudarena, in der die Roja zwischen himmel- 271 stürmenden Felsen- mauern abwärts fließt, kaum der Via mala nach. über den Col di Tenda steht an Großartigkeit Es heißt, die Straße sei die älteste, die den gallischen Strand mit ‘den Ebenen des nörd- lichen Italiens ver- band. Sie dürfte der Via Herculea ent- sprechen, welche zwölf oder selbst dreizehn Jahrhunderte vor Christus die Phö- nizier erbauten, um Spanien mit Oberitalien über die Seealpen zu verbinden. Der Ort Vallauris, des- sen Namen man, seinem Klange nach, oft mit einer goldigen Tönung des Tal- bodens zu verbinden suchte, ist nach Geo. E. O. Casey, dem begeisterten und ver- dienten Schilderer der Ri- viera, von „lal der Lor- beern“ abzuleiten. Rechtun- scheinbar im Aussehen, hat dieses Städtchen es doch verstanden, neuerdings wie- der eine gewisse Berühmtheit zu erlangen. Es dankt sie Limodorum abortivum. pe (0,0) w I seinem farbigen Halbporzellan, seinen „Faiences d’art“, die nicht nur an der Riviera verbreitet sind, die man viel- mehr auch in größeren Städten jenseits der Alpen öfters antrifft. Diese Tonwaren mit Zinnglasur werden im starken Feuer gebrannt und erhalten dadurch schillernden Farben- glanz. Die Familie Massier beherrscht dieses Kunst- gewerbe. Überall liest man ihren Namen über den Läden und den Fabriken. Auf der Landstraße, die Cannes mit Antibes verbindet, fällt in Golfe-Juan eine große Nieder- lage dieser Erzeugnisse auf. Schon im Altertum soll die Kunsttöpferei in Vallauris geblüht haben, dann aber er- loschen sein, um jetzt ihre Wiedergeburt zu feiern. Bietet Vallauris als Ort auch nur wenig, so bleiben die Ausflüge doch anziehend, die man unternimmt, um es von Cannes aus über die Höhen zu erreichen. Von Vallauris aus folgt man dann weiter der anmutigen Straße, die in der Schlucht abwärts nach Golfe-Juan führt, oder man schlägt den Weg ein, der durch den Wald, am Abhang der Berge, über Cannes-Eden un- mittelbar nach Cannes zurückleitet. Vielfach begegnet man hier in den Wäldern noch Korkeichen, die weiter nach Osten ganz fehlen. Es hängt dies mit der Boden- beschaffenheit zusammen; denn Glimmerschiefer und (zneis treten stellenweise bei Cannes an die Oberfläche und schaffen dann ähnliche Vegetationsbedingungen, wie sie im Maurengebirge bestehen. IV. Von der äußersten Spitze der Croisette ist die Insel Sainte-Marguerite kaum anderthalb Kilometer entfernt. In zwanzig Minuten kann man sie mit dem Boote erreichen oder auch den kleinen Dampfer benutzen, 279 der zwischen dem Hafen von Cannes und den beiden größeren Lerinischen Inseln verkehrt. — Wir wollten die Abendbeleuchtung der Alpen von den Lerinischen Inseln aus bewundern und nahmen am Nachmittage an der Croisette ein Boot, um nach Sainte-Marguerite zu gelangen. Voller Sonnenschein erfüllte den Himmel mit einem Übermaß von Licht und ließ das glatte Meer gleich einer metallenen Platte erglänzen. Ein bläulicher Dunst lag über der Wasserfläche. Die gegenüberliegende Insel rückte iminer näher. Scharf zeichneten sich auf ihr die Mauern, die das Fort um- gaben, das einst Richelieu erbaute. Östlich über den Felsen blicken aus einem (Gebäude die Fenster jenes berüchtigten (refängnisses hervor, das wiederholt die Gedanken der Menschen nach diesem Eiland gelenkt hat. Da war der mysteriöse (refangene eingeschlossen, der, als „Mann mit der eisernen Maske“, die Ein- bildungskraft der Geschichtsschreiber so oft anzuregen vermochte. Denn von Voltaire bis auf das Jahr 1870 zählte Marius Topin nicht weniger als zweiundvierzig Schriftsteller auf, die sich mit diesem Gefangenen beschäftigt hatten. Das Rätsel blieb trotzdem un- gelöst, und immer neue Versuche, dieses Ziel zu erreichen, wurden unternommen. Es entstand geradezu, wie Paul de Saint-Victor sich ausdrückte, „un concours d’Oedipes, autour du Sphinx enchaind“. Voltaire hatte die Behauptung aufgestellt, daß der geheimnisvolle (refangene ein Bruder Ludwigs XIV. gewesen sei, und durch Alexander Dumas’ Roman, le Vicomte de Bragelonne, drang diese Fabel in die weitesten Kreise. Die Aufsätze welche Franz Funck-Brentano, in dem neunzehnten Jahrgang der Revue Historique von 1894, > 200 veröffentlichte, scheinen endlich dieses Geheimnis zu klären und zu beweisen, daß der „Mann mit der eiser- nen Maske“ der Graf Hercules Anthony Mattioli, Staatsminister des Herzogs Karl IV. von Mantua war. Er soll die Absicht Ludwigs XIV. durch Kauf in Besitz der Festung Casale Monferrato zu kommen, nach- dem er zu diesem Verkauf seinen Herzog bestimmte, an Österreich verraten haben. Ludwig XIV. hatte ihn hierfür reich belohnt. Auf Veranlassung des Königs sei er hierauf aus Mantua heraus gelockt, ge- fangen genommen und auf die Festung Pignerolo be- fördert worden. Von dort sei er später dem berüch- tigten Gefängnis-Kommandanten de Saint-Mars nach der Insel Sainte-Marguerite gefolgt. Da seine Ver- haftung eine schwere Verletzung des Völkerrechts war, sollte die Maske, die zwar nicht von Eisen, doch von schwarzem Sammet war, ihn unkenntlich machen, so oft er sich im Freien bewegte. — Die Funck-Brentano- sche Deutung wurde allgemein akzeptiert, jetzt sucht Monsignore A. S. Barnes, katholischer Seelsorger an der Universität Cambridge, in einem Buch „The man of the mask“ nachzuweisen, daß ihr die Begründung fehlt, und daß die Verletzung des Völkerrechts schwer- lich zu jener Zeit den Grund zu solchen Vorsichts- maßregeln hätte abgeben können. Er hält es viel- mehr für wahrscheinlich, daß der geheimnisvolle Mann, den man so streng absonderte, ein italienischer Thea- tinermönch, Pater Pregnani, gewesen sei, den man bei seiner Rückkehr aus England, wohin er als ver- trauter Bote des französischen Hofes gesandt worden war, im Juli 1669, verschwinden ließ, weil er „zu- viel wußte“. Denn er soll den Geheimvertrag, den 281 Ludwig XIV. und Karl I. ein Jahr später in Dover abschlossen, vermittelt haben. Durch diesen Vertrag stellte der katholisch gesinnte und stets geldbedürftige Stuart sich gegen Jahrgeld ganz in die Abhängigkeit der französischen Politik und verpflichtete sich gegen die Holländer Krieg zu führen und katholisch zu werden, wofür ihn Ludwig XIV. im Falle einer Revolution in England mit Truppen und Geld unterstützen sollte. Der Pater sei von Dünkirchen aus nach der Festung Pig- nerolo befördert worden, von da Saint-Mars nach der Insel Sainte-Marguerite und weiter nach der Bastille gefolgt, und dort 1703 gestorben, womit sein Greheim- nis begraben war (Anm. 22). — Da auch die Barnessche Beweisführung sich nur auf Wahrscheinlichkeiten stützt, so dürfte mit- ihr wohl noch nicht das letzte Wort in dieser geheimnisvollen Angelegenheit gefallen sein. Es heißt, daß nach dem Widerruf des Ediktes von Nantes durch Ludwig XIV. auch protestantische Geistliche in diesem Gefängnis geschmachtet haben. Napoleon I. sperrte andererseits einen katholischen Geistlichen, de Broglie, den Bischof von Gent, hier ein. Dann gab es weniger vornehme (refangene, Mamelucken und dergleichen. Erst die Einkerkerung Bazaines zog wieder die Blicke der Welt auf Sainte- Marguerite. Bazaine gelang es zu entkommen. Seine Frau, eine noch junge Mexikanerin, und sein früherer Adjutant Villette, der ihn nach Sainte-Marguerite be- gleitet hatte, ermöglichten seine Flucht. Es hieß, er habe sich des Nachts am Seil längs der Felsen herab- gelassen und in zerfetzten Kleidern mit wunden Händen und blutigem Gesichte, seine Frau unten erwartet. Dann wäre er noch gezwungen gewesen, sich ins Meer zu 166) 00) ID werfen und schwimmend das Boot, welches ihn ab- holte, zu erreichen, weil die stürmenden Wogen dessen Landung unmöglich machten. Doch es steht bereits fest, daß auch dies nur eine Fabel war, eine künstlich zurecht gemachte Legende, bestimmt, den wahren Sachverhalt zu verdecken. Allem Anscheine nach hat man Bazaine auf geheimen Be- fehl einfach entfliehen lassen, worauf ihn allerdings seine Frau in Empfang nahm und nach Spanien begleitete. Heute war es an diesen Felsen so still wie auf einem Binnensee, und wir landeten ohne Mühe an dem steinigen Ufer. — Der Besuch der Festung lohnt kaum, will man nicht etwa in den Gefängnisräumen sich an der außerordentlichen Dicke der Mauern und an dem dreifachen Gitter der Fenster erbauen. Man bringt jetzt erholungsbedürftige Soldaten aus Algier und den ferneren Kolonien in der Festung unter; sie könnten von der Terrasse aus eine überwältigende Fernsicht genießen, doch sie ziehen es vor, den Tag im nahen Kiefernwalde zu verschlafen. Auch wir wollen uns dahin begeben und steigen den Weg am Abhange, westlich von der Festung em- por. Alsbald sind wir zwischen Sträuchern des Makis, doch was uns besonders imponiert, das sind die üppigen Doldengewächse, die uns umgeben. Zunächst ist es nur das bescheidene Smyrnium olusatrum* (S. 449), das wir an anderen Orten der Riviera bereits häufig sahen, und das uns stets auffiel, weil seine Blüten eine für Doldengewächse ungewohnte und auch sonst sel- tene, gelblichgrüne Färbung zeigen. Ihren Artennamen „olusatrum“, schwarzes Küchengewächs, erhielt diese Umbellifere, weil ihre jungen Blätter und Triebe von 283 den Römern als Gemüse verzehrt wurden. Greradezu überwältigend wirkt auf uns aber das andere Dolden- gewächs, das sich zu Smyrnium alsbald gesellt, die Ferula nodiflora, die über zwei Meter hoch empor- wächst. Wir hatten ähnliche Ferulen schon im La Mortolagarten gesehen. An diesen Stellen sind sie in Masse vertreten und prägen dem Bilde ein so eigen- artiges Aussehen auf, daß man sich plötzlich in eine ganz andere Weltgegend versetzt glaubt. Die intensiv gelben Dolden verbreiten einen starken Duft, der an den des Holunders erinnert. Die Pflanzen standen trotz der frühen Jahreszeit auf dieser- überaus warmen Insel schon in voller Blüte, und zwischen ihnen hatten auch bereits reich verzweigte, meterhohe Asphodelen (Asphodelus microcarpus) ihre weißen Blüten- stände entfaltet. Wir \ befanden uns da in- mitten klassischer Ge- wächse, der Ferula einer- seits, deren Mark, das wie Zunder glimmt, Prometheus benutzt haben sol, um den (Göttern das Feuer aus dem Olymp zu entwenden, Asphodelus andererseits, der in der Unterwelt Wiesen bildet, auf welchen Minos Ge- a 0, richt über die Seelen hält. Es L_ war ein eigenartiger Anblick, den man aus der Umrahmung dieser Lonicera implexa. 284 Gewächse auf die gegenüberliegende Küste genoß. Vor uns hingestreckt lag Cannes, heiter, kokett geputzt, im Sonnenglanze. Die Schneemassen der Alpen schienen in der Ferne, jenseits Golfe-Juan, in der Luft zu schweben, gehüllt in jenen leuchtend azurnen Nebel, der dem provenzalischen Himmel eigen ist. Von der blauen- Fläche des Meeres und den grünen Hügeln der Küste erhebt sich so das Bild in Stufen bis zu den schnee- bedeckten Riesen der Alpenwelt in großartig ein- drucksvoller Steigerung. Es kostet einen Entschluß, sich von dieser Stelle zu trennen und die Wanderung nach dem entgegengesetzten Rande der Insel fortzu- setzen. Eine Allee von Eukalypten führt quer durch den Kiefernwald, und an ihrem Ende erwartet uns unser Boot. Dicht vor uns liegt jetzt die Insel Saint-Honorat, die nur ein enger Meeresarm von Sainte-Marguerite trennt. Genußreich ist die Fahrt durch das seichte Wasser, mit dessen azurnen Tönen die Farben des hellen (rundes, dunkler Felsenriffe, bunter Algenmassen, und grüner Seegraswiesen sich mischen. Da leuchtet es in allen Abstufungen von Saphirblau, Smaragdgrün und Purpur aus den Tiefen, schillert wie Opal, glitzert wie Perlmutter und spiegelt sich zitternd an dem glei- tenden Boote. Die Ile Saint-Honorat hieß bei den Römern Lerina. Der heilige Honoratus zog von seiner Einsiedelei im Esterel zu Anfang des fünften Jahrhunderts auf diese Insel. Er fand sie, so berichtet die Sage, von giftigen Schlangen erfüllt, unter denen zu leben nicht möglich war. Doch der Heilige sprach den großen Bannfluch über die Schlangen aus, so daß sie verenden mußten; 285 er bestieg eine Palme und auf sein Flehen spülte das Meer die Schlangen weg; er betete zu Gott, und dem Boden entsprang eine Quelle. Zu Sankt Honoratus ge- sellte sich bald auf dieser Insel der greise Caprasius, den spätere Zeiten auch als Heiligen verehrten. Es strömten von allen Seiten Anhänger herbei, und das errichtete Kloster hatte bald bedeutenden Ruhm er- langt. Der heilige Vincenz, einer der hervorragendsten Mönche von Le£rins, verfaßte dort das Commonitorium gegen die Irrlehre, ein Werk, das man auch in unserer Zeit im Streit um das Unfehlbarkeitsdogma öfters zitierte, im besonderen den Satz: „Was immer, was überall, was von allen geglaubt worden ist, das ist wahrhaft katho- lisch“. Dem Kloster gehörten auch an: Sankt Hilarius, der wie Sankt Honoratus später Bischof von Arles wurde, ebenso Sankt Maximus, der den Bischofsstuhl von Frejus bestieg, dann Faustus, Bischof von Reji, der zu den Heiligen zwar gezählt, dessen Rechtgläubigkeit aber vielfach angezweifelt wurde; dann Sankt Valerian und die beiden Söhne des Heiligen Eucharius; Sankt Veranius, Sankt Salonius und viele andere. — Die Schwester des Heiligen Hilarius, Pimeniole, heiratete einen reichen Patrizier von Toul, Namens Lupus. Dieser entstammte einem der vornehmsten gallischen Geschlechter und schien durch seine Begabung und Beredsamkeit für die höchsten Ämter vorbestimmt. Nach sechs Jahren glücklicher Ehe beschloß er sowie seine (remahlin, sich einem vollkommeneren Lebensziel zu widmen. Er verteilte seine Güter unter die Armen und bat den heiligen Honoratus, ihn in die Zahl seiner Adepten aufzunehmen. Als er bald darauf die Insel verließ, um das Erbe eines reichen Verwandten anzutreten und [697 (0,0) ON es wieder den Armen zu übergeben, wurde er fast mit Gewalt dazu bestimmt, den Bischofssitz von Troyes zu übernehmen. Er war es, der Attila vor den Toren von Troyes aufhielt, bevor Leo I. es vor den Toren von Rom tat; er war es, von dem es heißt, daß er auf die Frage: „Wer bist Du?“ von dem König der Hunnen die Antwort erhielt: „Ich bin Attila, die Gottesgeißel!'“ — Von der so kleinen Insel, die ‚„Saint-Honorat“ nach dem Gründer ihres Klosters genannt wurde, gingen nicht weniger als zwölf Erzbischöfe, zwölf Bischöfe, zwölf Äbte und vier Mönche als Heilige hervor. „O gesegnete Einsiedelei, o dreimal glückliche Insel, die du so viel Sprößlinge des Himmels erzogen hast!“ DBeata et felix insula Lyrinensis : . . ! rief ‘daher schon im "Jahre Sa2zarr Erzbischof von Arles, Caesarius, der Sohn des Grafen von Chälons, bei seinem Tode aus. Zu Ehren aller dieser Heiligen wurde am ı5. Mai ein eigenes Fest, das der Allerheiligen von Lerina, gefeiert. Um das Jahr 690 zählte das Kloster über 3700 Mönche. Wie mögen sie nur alle Platz gefunden haben auf der kleinen Insel, die nur etwa tausend Schritte lang und vierhundert Schritte breit ist! Dieses rasche Aufblühen des Klosters trug die Keime des Verfalls in sich; die asketische Lebensweise schwand immer mehr. — Zur Zeit, da der heilige Caesarius dem Kloster als Mönch angehörte, waren die Ordensregeln äußerst streng. Jeder Mönch bewohnte getrennt seine Zelle: es gab weder ein Schlafgemach noch eine Küche. Sankt Caesarius ernährte sich von Kräutern und Brühen, die er sich am Sonntag für den Bedarf der ganzen Woche kochte. Das änderte sich später, und schon zu Ende des siebenten Jahrhunderts mußten, wie der Abt Disdier erzählt, die Päpste eingreifen, um der Zügellosigkeit der Sitten unter den Mönchen zu steuern. — Der Heilige Aygulf, hierher gesandt, um strenge Zucht im Kloster einzuführen und die Mönche zu besserem Lebenswandel zu bekehren, wurde von ihnen verstümmelt und Seeräubern übergeben. — Dann aber kamen die Sarazenen. Sie plünderten im Jahre 732 das Kloster und mordeten alle seine Be- wohner. Nur Sankt Eleutherius blieb am Leben, ver- borgen in einem unzugänglichen Felsenspalt, in dem er acht Tage lang von Wurzeln und Seetieren sich ernährte.. — Das Kloster blühte noch mehrfach auf, doch die alte Sicherheit und Ruhe waren von der Insel geschwunden, so daß der Abt Adalbert im Jahr 1073 einen starken viereckigen Turm erbauen ließ, der vom Strande aus gegen Afrika schaute und dauernd das Meer überwachte. Der Turm war ge- räumig genug, um alle Mönche aufzunehmen; sie konnten die Klosterschätze darin bergen, dort auch sich wirksam gegen die alten Feinde, Seeräuber und Sarazenen, verteidigen. So kam es, daß das Kloster nicht nur fortbestehen, sondern auch glänzende Zeiten erleben konnte; es hatte noch manchen geistig hoch- stehenden Abt aufzuweisen. Im sechzehnten Jahr- hundert besaß es eines der reichsten Sanktuarien, und seine Bibliothek war weit berühmt. Bis 1464 wurde das Kloster durch selbst gewählte Äbte regiert, dann wurde es auswärtigen Prälaten unterstellt. Von da an begann sein endgültiger Verfall. Als es im Jahre 1788 säkularisiert wurde, zählte es nur noch vier Mönche. Man verteilte die Klosterschätze an die Kirchen der 288 benachbarten Gremeinden. Viele Kostbarkeiten ver- schwanden während der französischen Revolution, so im Jahre 1793 ein silberner Reliquienschrein, der einen Teil der Überreste des heiligen Honoratus barg, und den Cannes erhalten hatte. Dieser kunstvoll ge- arbeitete Schrein, der in halb erhabener Arbeit die Wunder des heiligen Honoratus darstellte, stammte aus dem Jahre 1491. Er stellte ein Geschenk des Bischofs von Grasse, Giovanni Andrea (arimaldi, dar, des zweiten der auswärtigen Äbte, denen das Kloster unterstellt worden war. Die revolutionäre Regierung er- klärte die Insel Saint-Honorat für Nationaleigentum, und sie erhielt den Namen Ile Pelletier, die Nachbarinsel Sainte Marguerite aber den der Ile Marat. Im Jahre 179I wurde das Kloster öffentlich in Grasse versteigert und ging, eigen genug, in den Besitz einer Schau- spielerin über. Ihr Vater, Alziary de Roquefort, hatte es erstanden; sie selbst, Marie-Blanche, die unter dem Namen Sainval glänzende Triumphe an der Comedie francaise gefeiert hatte, zog sich aus Groll wider ihre Nebenbuhlerin, die gleichfalls berühmte Vestris, hierher zurück und bewohnte zeitweise sogar eine der Mönch- zellen in dem festen Turm. Es heißt, sie habe sich eine Art Balkon eingerichtet, der über dem Meere schwebte. Wie eine müde vom Sturm verschlagene Schwalbe, hing sie ihr Nest auf an den Zinnen eines alten klösterlichen Turmes! Doch die romantische Stimmung hielt nicht dauernd an und sie zog sich nach Draguignan zurück, wo sie im Jahre 1836 starb, nach- dem sie das 85. Lebensjahr erreicht hatte. Die Insel Sainte-Marguerite hieß bei den Römern Lero. Strabon erzählt, daß ein Heroentempel diese 289 Insel schmückte, und daß die ligurischen Piraten dort Opfer darbrachten. Den Namen Sainte-Marguerite, den jetzt die Insel führt, sucht eine Sage mit dem Namen der Schwester des heiligen Honoratus zu verknüpfen. Von Sehnsucht getrieben, so wird erzählt, kam Mar- garete nach Lerina und fiel dem Bruder zu Füßen. Die Ordensregel schloß die Anwesenheit von Frauen auf Lerina aus. Daher Sankt Honoratus die Schwester nach der Insel Lero brachte, wo sie verblieb und Äbtissin wurde. Margarete nahm unter einem blühenden Kirschbaume von dem Bruder Abschied, und er mußte ihr versprechen, daß er sie besuchen würde, so oft dieser Kirschbaum blühe. Die Heilige erwirkte dann durch ihr Gebet, daß der Kirschbaum allmonatlich in Blütenschmuck stand. Im Jahre 1869 zogen wieder Mönche in das Kloster Saint-Honorat ein. Das Bistum von Frejus hatte dieses Kloster «€ Y _ im Jahre ı859 er- worbenundzehnJahre “WB 4FV später Zisterzienser dorthin entsandt. Im > Jahre ı87ı1 stand die alte Abtei von Lerins wieder aus ihren Trümmern auf. Im weißen (rewande, wvVe,; J Lotus ornithopodioides. E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera, 19 290 schwarzer Kapuze, schwarzem Gurt und Skapulier schritten die Mönche wieder im Kloster einher. Frauen ist der Eintritt in das Kloster untersagt, doch viel ver- Jieren sie nicht durch dieses Verbot, denn von denälteren Teilen des Grebäudes blieb fast nichts erhalten, und die Klosterkirche ist ganz neuen Ursprungs. Weit höheres Interesse beansprucht der außerhalb des Klosters am Meeresstrande aufgebaute, auch den Frauen zugängliche, alte Turm, ein mächtiger Bau aus Quadersteinen, der den Angriffen der Jahrhunderte getrotzt hat. Nur von wenigen Fenstern nach außen durchbrochen, mit Zinnen besetzt, trägt er deutlich seine einstige Bestimmung zur Schau. Besonders wirkungsvoll hebt sich dieser alte Bau, dessen Mauern einen warmen, gelbbraunen Ton angenommen haben, von der blauen Fläche des Meeres und dem violetten Hintergrunde des Esterel- gebirges ab, wenn man ihn aus einiger Entfernung betrachtet, und dunkelgrüne, über den Strand geneigte, durch die Macht der Winde phantastisch verzerrte Aleppokiefern das Bild einrahmen. In Zeiten der Ge- fahr vermochte der Turm alle Mönche des Klosters und seine Schätze aufzunehmen. Für das nötige Trink- wasser sorgte eine im mittleren offenen Hofe gelegene Zisterne. Malerisch angelegte Säulengänge steigen in zwei Stockwerken im Umkreise auf. Eingestürzte (rewölbe, halbverschüttete Räume, verborgene Treppen, die in unterirdische Räume führen, folgen aufeinander und durchschneiden sich in sinnverwirrender Weise. Dieses Kastell ist Kloster und Festung zugleich, so recht ein Produkt jener Zeit, wo oft das Kreuz und das Schwert von derselben Hand geführt wurden, einer leidenschaftlich erregten Zeit, stark und starr in 291 ihrer Überzeugungskraft, der es auch an schöpferischer Tat und eigenartiger Poesie nicht fehlte. Auf einer Wendeltreppe besteigt man die oberen Stockwerke, von denen aus sich ein herrlicher Blick entfaltet. Man sieht hinab auf die Lerinischen Inseln, die wie grüne Flöße auf dem Meere schwimmen, und überblickt die ganze weite Küste von Saint-Tropez bis zu den Bergen von Bordighera. Aus den Mauerspalten des Turmes drängen sich überall Levkojen hervor. Es sind dies die violetten, duftenden Winter-Levkojen (Matthiola incana)* (S. 295), nach welchen die Besucher der Insel begehrlich langen, die sich glücklicherweise aber auch in unerreichbaren Höhen angesiedelt haben. Die Pflanze wächst hier wild, denn das mediterrane (rebiet ist ihre Heimat. Ihren Namen führt sie aber nicht etwa nach dem vermeintlichen Mattioli „mit der eisernen Maske“, viel- mehr nach Pierandrea Mattioli von Siena, der sich Matthiolus nennen ließ, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts kaiserlich österreichischer Leibarzt war, und auch als Botaniker, vor allem als Kommen- tator des Dioskorides, sich große Verdienste erwarb. Der ins Deutsche übergegangene Name Levkoje ist andererseits aus dem griechischen Leukoion des Theo- phrast hervorgegangen und bedeutet so viel als helles Veilchen. Eine ganze Anzahl von Pflanzen werden von den Griechen ion und von den Römern viola ge- nannt und durch Eigenschaftswörter weiter unter- schieden. Unser Veilchen hieß bei Theophrast melanion, bei Virgil viola nigra, bei Plinius viola purpurea. In den Violarien Roms wurden nicht Veilchen sondern Levkojen gezogen. Als gelbe Viola, leukoion melinon, 197 292 Viola lutea, galt auch der Goldlack, der in Deutsch- land den Namen gelb Veiel bis ins sechzehnte Jahr- hundert führte. Die Ähnlichkeit des Duftes veranlaßte im späteren Italien, wie in Deutschland, die Ausdehnung des Begriffs Viola auch auf die besonders zur Nacht- zeit fast betäubend stark riechende, der Levkoje wie dem (Groldlack nahe verwandte Hesperis matronalis, welche die Italiener Esperide, aber auch Viola matronale, die Deutschen Nachtviole nennen. Die Insel Saint-Honorat ist viel kleiner als ihre Schwester; daß der heilige Honoratus sie trotzdem zur Anlage seines Klosters wählte, war durch die Quelle bedingt, über die sie verfügt. Zerklüftete Felsen ragen in der Nähe des Kastells aus dem Meere hervor. Sie heißen die Mönche und bilden einen natürlichen Schutz für die Insel. An ihnen bricht sich die Macht der Wellen, wenn der Südsturm sie gegen die Insel treibt. Einige Kapellen schmücken den Strand, es sind Über- reste aus alter Zeit. Marmorfragmente von Säulen und Kapitälen sind zwischen Myrten und Lentisken aufzufinden und mahnen an frühere Pracht. Fünfzehn Jahrhunderte lang beherrschten die Mönche diese Inseln, sowie auch das gegenüberliegende Festland; jetzt gilt ihre Fürsorge einem Asyl für Waisen, das sich neben ' dem Kloster erhebt. Dort lernen die Knaben verschiedene Gewerbe; auch schließt das Ge- bäude eine Druckerei ein, in welcher alte kirchliche Werke neu ediert werden. So hat diese Offizin dem Papste Leo XIII. zu seinem Jubiläum ein reich ver- ziertes Werk überreicht, in welchem das Magnifikat in „Hundertfünfzig“ Sprachen wiedergegeben war. Kürzlich haben auch die Mönche begonnen, einen 293 Kräuterlikör herzustellen, welcher „Lerina“, wie einst die Insel, heißt. Während auf der Insel Sainte-Marguerite die mäch- tige Ferula das Vegetationsbild beherrscht, sind es auf der Insel Saint-Honorat die Zistrosen. Zwar fehlt es auch nicht an Kiefernwald auf der Insel, ja, er deckt sogar zum größten Teil ihren Boden, doch in meiner Erinnerung lebt besonders das farbenreiche Bild der Zistrosen fort. Alle Arten von Cistus: der (istus albidus* (S. ı21), monspeliensis® (S. 125), salviifolius* (S. ı3ı) sind hier in zahlloser Menge vertreten und mit einer solchen Fülle von Blüten bedeckt, wie ich sie noch niemals geschaut hatte. Mich entzückten aber diese Pflanzen stets von neuem, vor allem ihr silberfarbiger Vertreter, der Cistus albidus® (S. ı21) mit seinen großen, so duftigzarten, rosenroten Blüten. Den so merkwürdigen, feuerfarbigen Schmarotzer, den Cytinus hypocistis* (S. 167), der aus den Wurzeln der Zistrosen "hervorbricht, würde man hier in Sträußen sammeln können. Grüne Blätter gehen diesem para- sitisch lebenden Wesen ab, es hat sie eingebüßt, da es sich nicht selbständig zu ernähren braucht. Die Rafflesiaceen, zu denen die Gattung Cytinus gehört, sind in allen ihren sonstigen Vertretern Tropenbewohner. Sie leben alle als Schmarotzer, wobei manche unter ihnen riesig große Blüten erzeugen. Die größte Blüte auf unserem FErdball entwickelt sich an einer solchen Rafflesiacee, der Rafflesia Arnoldi, die auf Sumatra den Wurzeln gewisser kletternder Cissus-Arten aufsitzt. Solche Blüten können einen Meter im Durchmesser erreichen; Cytinus hypocistis begnügt sich mit be- scheideneren Dimensionen. Wenn sich mehrere seiner 294 Sprosse nebeneinander aus dem Boden hervordrängen, sieht es aus, als wären orangefarbige Ostereier unter den Ziststrauch gelegt worden. — Man schwelgt in mediterranen Pflanzen auf diesen üppigen Inseln und genießt eine unbeschreiblich schöne Natur. Sie stellen köstliche Juwelen dar an diesem auch sonst schon so bevorzugten Gestade. Dicht neben dem Kastell am Strande stand das Glaucium luteum* (S. 223) bereits in Blüte, jener schöne Hornmohn, den grau- grünes Laub und große, zarte, zitronengelbe Blüten auszeichnen. Daneben breitete sich eine Gurkenart aus, das Ecballium elaterium, das den deutschen Namen Spritz- oder Vexiergurke führt. Von dem am Boden dahinkriechenden, derben Stengel erheben sich ebenso derbe, etwas gelappte, große, steifbehaarte Blätter und wenig anmutige, graugelbe, geaderte Blüten, die nur je ein Geschlecht in sich bergen. Die Pflanze ist am Mittelmeere verbreitet; ihr bitterer Saft wirkt abführend und wurde schon von Hippokrates in solcher Absicht ver- ordnet. Was aber dieser Gurkenart ihre deutschen Be- nennungen verschaffte, war das eigentümliche Ver- halten ‚ihrer reifen Früchte. Diese sind walzenförmig, grünlichgelb, rauh-borstig, an einem hakenförmig um- gekrümrmten Stiele befestigt. Berührt man eine reife Frucht, so löst sie sich mit sichtbarem Ruck von ihrem Stiele los und spritzt mit Gewalt ihren Inhalt bis auf fünf Meter Entfernung hervor. Diese Erscheinung wird während des Reifens vorbereitet, indem die (rewebe des Fruchtinnern verschleimen und dadurch schließlich auch die Verbindung mit dem Stiele lockern. Grewisse Zellschichten der Wandung gewinnen gleichzeitig das Be- streben sich auszudehnen. Sie drücken stark auf den Inhalt, und der geringste Anstoß nun, um eine Trennung der Frucht von dem Stiel und das plötz- liche Hinauspressen des Schleims und der Samen durch die ent- standene Öffnung zu be- wirken. Es ist somit die Samenverbreitung, in deren Dienst diese merkwürdige Ein- richtung steht. Östlich von Saint-Honorat liegt die kleine Felseninsel Saint- Fereol. Ihr Boden ist vor- wiegend von einer sehr durchdringend riechenden Raute, Ruta bracteosa, überwuchert, zwi- 4 schen der verkrüp- pelte Lentisken* (S. 359) und Lonizeren* (S. 283) stellenweise ein- drangen. Auch hat die mit starker Zwiebel versehene Meer- strandsnarzisse (Pancratium mari- timum), eine Amaryllidee, sich hier zu behaupten gewußt. Ihre schönen großen weißen, wohl- riechenden, eine Dolde bil- Matthiola incana. denden Blüten sind erst im Spätsommer entwickelt. 295 Während Legende und Geschichte die beiden Lerinischen Inseln wie mit einem Heiligenscheine um- geben, bildete sich eine seltsame, fast dämonische Mythe über Saint-Fereol aus. Es hieß und heißt noch vielfach, auf Saint-Fereol sei Paganini begraben worden. Der wild romantische Felsenriff hätte auch wohl zu dem unheimlichen Geiste dieses Mannes gepaßt, von dem man sagte, er habe sich dem Satan verschrieben. Diese Mythe beschäftigte schon einmal meinen Sinn, als ich in dem Palazzo Doria Tursi, dem jetzigen Palazzo del Municipio, in Genua, die Geige Niccolö Paganinis zu sehen bekam. Das geschah in den Tagen der Colum- bianischen Feste, als die Mitglieder der wissenschaft- lichen Kongresse in den herrlichen Räumen des Muni- cipio durch den Sindaco empfangen wurden. Die Geige, die Giuseppe Antonio Guarneri JHS, 1743 in Cremona gebaut hatte, und der Paganini später so dämonische Töne zu entlocken wußte, bewahrt man wie eine Reliquie in einem kostbaren Wandschrank. Man hatte sie zu dem Feste mit seidenen Bändern in den italienischen Nationalfarben geschmückt. Beim Anblick der Insel Saint-Fer&eol wurde diese Erinnerung in mir wieder belebt. Hier hätte es ihm wohl behagen können, wenn die entfesselten Elemente die brandenden Wogen über die Felsen treiben, und der Wind klagend über die Meeresfläche pfeift. Da würde es die Natur sein, die ihm ihre Schauergeschichten erzählte, so wie er sie einst auf der G-Saite seinen erregten Zuhörern vorzuzaubern wußte Ja, das Grab Paganinis paßt besser in die wilde Brandung als auf den stillen Friedhof, das ist völlig klar! — Wie schade, daß die Geschichte nur erdichtet ist! — Immerhin ent- 297 behrt auch das, was sich wirklich zutrug, nicht der ‚Tragik. Paganini starb am 27. Mai 1840 in der Via Santa Reparata zu Nizza an der Kehlkopfschwind- sucht. Er hatte lange zuvor schon infolge seines Leidens die Stimme eingebüßt. Da er die Sterbe- sakramente nicht empfangen hatte, verweigerte ihm der Bischof von Nizza, Monsignor Galvana, eine kirchliche Bestattung. Die Leiche wurde nach dem Lazarett von Villafranca transportiert und sollte dort verweilen, bis der von Rom angestrengte Prozeß über die Recht- gläubigkeit Paganinis entschieden sei. Das dauerte lange, und der Körper begann inzwischen sich trotz Einbalsamierung zu zersetzen. Man entledigte sich daher des Sarges und stellte ihn ans Meer. Dort wagte niemand, ihn zu berühren, bis schließlich Freunde und Bewunderer des Meisters sich dazu entschlossen. Unter ihnen befand sich der damals neunzehnjährige Maler Felix Ziem, von dem dieser Bericht stammt. Sie be- luden sich mit dem Sarg in sternenloser Nacht und trugen ihn bei Fackelschein auf die Presqu’ile de Saint- Jean, wo sie ihn auf der Besitzung des Grafen Pierlas bestatteten. So mag aus dem Felsen des Cap Ferrat, an dem ein Stein mit der Aufschrift „Paganini“ das (Grab bezeichnete, die Legende von Fereol entstanden sein. Von hier kamen die Überreste Paganinis nach Genua. Der Sohn, Achille Paganini, führte sie 1845 auf seine Besitzung bei Parma über, und seit 1876 ruht sein Vater, wie er mitteilte, auf dem großen Friedhof della Villetta in Parma, wo er ihm ein würdiges Denkmal setzen ließ. Uber Paganini gingen schon zu seinen Lebzeiten die merkwürdigsten Geschichten um. Sein ungewöhnliches Aussehen, seine fast gespensterhafte 298 Magerkeit und sein blasses Gesicht, auf welchem, wie Heine schreibt, „Kummer, Genie und Hölle ihre unver- wüstlichen Zeichen eingegraben hatten“, gaben ihnen Nahrung. Paganini trug durch sein exzentrisches Be- nehmen zur Verbreitung solcher Mythen bei. Nur einmal, in Paris, fühlte er sich veranlaßt, den Fabeln, die in den Zeitungen über ihn berichtet wurden, öffent- lich entgegenzutreten. In einem Briefe, den er in der „Revue musicale“ veröffentlichte, schilderte er selbst sein Leben und führte dort den Nachweis, daß er weder seine Geliebte ermordet, noch im Gefängnisse gesessen, noch sich dem Teufel verschrieben habe. Er schloß mit der Hoffnung, man werde später seiner Asche die verdiente Ruhe gönnen. Doch auch diese Hoffnung sollte sich nicht erfüllen! Sogar eine Marmorbüste, die man Paganini in der Villetta Dinegro zu Genua ge- weiht hatte, verschwand spurlos von dieser Stätte. Wir kehrten nach der Insel Sainte-Marguerite zu- rück und warteten an ihrem nördlichen Abhange, dem, den die Ferula schmückt, den Untergang der Sonne ab. Strahlend verschwand der feurige Ball hinter dem Esterelgebirge. An den hohen Bergen im Nordosten zogen langgedehnte Nebelstreifen umher. Sie deckten die Einschnitte der Täler, stiegen dann empor bis zum Schnee der Alpen, wurden violett und rosenrot und lösten sich spurlos auf. Scharf zeichneten sich die riesigen Gipfel in langer Kette an dem blauen Himmel. Sie begannen sich zu röten, erglühten dann in Purpur, erloschen allmählich und wurden endlich leichenblaß. Des Tages Glut lastete noch auf dem Meere, dessen glatte Oberfläche jene matten Reflexe zeigte, wie sie alten, venezianischen Spiegeln eigen 299 sind; dann begann es die Farbe zu wechseln und schillerte wie Opal. Der Purpur, der von den Bergen schwand, legte sich über den Abendhimmel und über- flutete auch bald das Meer. Greheimnisvoll klagend schlugen seine scharlachroten Wellen jetzt an die Felsen des Ufers. Der Himmel über den Alpen nahm eine fahlgrüne Färbung an, und dann wurde es dunkel. Ungezählte Sterne tauchten am Himmel auf, und un- zählige Lichter entflammten längs der Küste. Wir bestiegen jetzt wieder die Barke und glitten still über die Wasserfläche dahin. Eine erfrischende Luft um- strömte unseren Körper, drang in unsere Lungen ein und erweckte jenes (Gefühl inneren Wohlbehagens, dem man so gerne sich hingibt. Wir wechselten kaum ein Wort und brachen erst das Schweigen, als wir an der Croisette gelandet waren. V. Auf dem Hügel, an den sich ein ärmliches Fischer- dorf lehnte, aus dem später Cannes werden sollte, dem jetzigen Mont-Chevalier, hatte der Abt Adalbert den Bau eines festen Turmes begonnen, dessen Überreste noch fortbestehen. Einige Jahre später, 1135, kam das Schloß Marcellin, das fortan „Franc“ heißen sollte, durch Schen- kung des Berenger-Raymond, damaligen Grafen der Pro- vence, an das Kloster. So gelangte dieser Teil der Küste unter die Herrschaft der Äbte von L£rins. Im Kloster von Lerins pflegte man damals vor allem geistige Güter, daher seine Herrschaft eine milde war. Das beeinflußte die Sitten und Bräuche der Uferbewohner. Während jenseits des Esterels, wo rohe Burgherren herrschten, die Volksbelustigungen in Scheinkämpfen, den soge- 300 nannten „bravades“ bestanden, waren es in Cannes, Vallauris und Antibes die „romerages“, das heißt Tänze und ländliche Spiele, welche die Feste belebten. Bis auf den heutigen Tag haben sich die bravades in Saint-Tropez, die romerages in Vallauris erhalten. Wachttürme längs der Küste waren zum Schutze gegen die Sarazenen aufgerichtet. Feuerzeichen des Nachts, weiße Fahnen am Tage, warnten von den Lerinischen Inseln aus die Uferbewohner vor den nahenden Feinden. Cannes führte, gedeckt durch das Kloster, dem die An- griffe der Feinde stets zuerst galten, ein ziemlich ruhiges Dasein und hatte erst während der Kämpfe Franz I. mit Karl V. schwere Verluste ‚zu ertragen 2) Jahre 1580 wurde durch ein Schiff aus dem Orient die schwarze Pest nach Cannes eingeschleppt und ver- breitete sich über die ganze Provence. Dann gab es noch manches Ungemach im Lauf der Zeiten, so im siebzehnten Jahrhundert, als die Lerinischen Inseln zeitweise in spanische Grewalt gerieten; hierauf im achtzehnten, während der Invasion der Provence durch österreichische und piemontesische Truppen; besonders aber im österreichischen Erbfolgekriege, während des mißglückten Angriffes der Österreicher auf die Pro- vence. — Übrigens fehlte es auch nicht ganz an komischer Tragik in der Geschichte von Cannes. So berichten dessen Stadtarchive von einem wilden Tiere, das 1785 das Land und die Stadt mit Schrecken er- füllte. Kein Bewohner der Stadt wagte sich mehr ins Freie. Schließlich wurde eine Schar mutiger Männer bewaffnet, und es gelang ihnen auch, an der (srenze der Gemeinde das Tier zu erlegen. Ein solches Tier hatte noch niemand gesehen; man wußte es nicht 301 mit Namen zu belegen. Ein heftiger Streit ent- spann sich nun um das Fell zwischen den Ge- meinden von Cannes, Grasse und Mougins, anderen gemeinsamen Grenzen das Tier ge- fallen war; es drohte ein ernster Konflikt, glück- licherweise machte der Marquis de Caraman, kommandierender General der Provence, : diesem ein Ende, indem er das Fell an 7 sich nahm. Nunmehr wurde festgestellt, daß dieses Fell von einer Hyäne stamme. Wie dieses Tier sich aber nach Cannes ____. verirrt hatte, ist unaufgeklärt geblieben. Rz Am Ende des achtzehnten Jahrhunderts war Cannes zu einer ganz unbedeutenden Ortschaft herabgesunken. Als Horace Bene- dict de Saussure sie 1787 besuchte, fand er nur ein paar Straßen vor, in welchen fast ausschließlich Matrosen und Fischer wohnten. Die Schönheit der Lage fiel ihm auf: „C’est un site vraiment delicieux“ rief er auf dem Hügel von Saint-Cassien aus, als er seine ud Blicke über den blauen Golf, die grünen Inseln, das üppige Tal der Siagne, (rrasse und die grauen Kalk- Moricandıa alpen schweifen ließ. Die Hotels in Arvensıs. Cannes müssen damals recht ursprüng- lich gewesen sein; dessenungeachtet behagte es sehr in einem dieser Wirtshäuser dem Erlanger Professor Heinrich Schubert, als er im Jahre 302 ı822 nach Cannes kam. Er und „die gute Hausfrau“ waren zu Fuß über das Esterelgebirge acht Stunden lang bis nach Cannes gewandert und kamen dort recht ermüdet in den heißen Mittagsstunden an. Darauf- hin schreibt Schubert: „Wohler und erquicklicher zu Mute ist es der guten Hausfrau auf dieser ganzen Reise bei keinem anderen Mittagessen und in keinem anderen Wirtshaus gewesen, als in dem bürger- lichen, für uns daher sehr passenden Wirtshause zu Cannes. Es war das Häuslein gleich eines der ersten in der Häuserreihe am Meeresstrande hin. Zwar zu der oberen Etage, welche fast nur aus dem Zimmer bestand, in welchem wir aßen, führte keine Marmor- stiege, sondern eine hölzerne Treppe von außen empor, es stieg sich aber ebensoschnell daran hinauf als auf einer steinernen; der Balkon, an dessen geöffnete Türe wir uns hinsetzten, hatte weder eiserne noch bronzene Umzäunung, sondern nur bretterne; die Aus- sicht von ihm hinaus auf das unter uns brandende Meer war aber ebensoweit und lieblich, als von einem steinernen. Junge Hühnlein, seit wenigen Tagen erst aus dem Ei gekrochen, die mit ihren Alten da im Speisesaal und auf dem Balkon herumliefen, pickten die Krümlein von Weißbrot zusammen, die ihnen die Hausfrau auf den Boden streute. Dann aber, nachdem wir uns an einem trefflichen Mahl gesättigt und aus- geruht, verließen wir — Strickbeutel und Pflanzen- mappe unter dem Arme — unseren Balkon mit der lieblichen Meeresaussicht und die gutmütigen, billigen Wirtsleute und zogen unter den schattigen Bäumen der Allee, neben dem anbrandenden Meere hinaus auf die Straße nach Antibes.“ 303 Damals war es in der Tat anders in Cannes als jetzt! Den Anfang zu seiner jetzigen Größe verdankt Cannes aber einem Zufall. Im Jahre 1834, als die Cholera im ganzen Norden von Europa herrschte, sperrte sich Italien durch einen Grenzkordon ab. Reisende, die aus Frankreich an diese Küste kamen, mußten mehrere Tage in dem seuchefreien Cannes verweilen, bevor sie die Grenze am Var überschreiten durften. Unter den Reisenden befand sich auch Lord Brougham, der das Amt eines Lord-Kanzlers von England vor kurzem niedergelegt hatte und durch den Tod seiner geliebten Tochter tief gebeugt nach Italien eilte. Ihm gefiel Cannes, wo er nun unfreiwillig verweilen mußte, so sehr, daß er sich entschloß dort zu bleiben. Er kaufte sich an und erbaute auf seiner Besitzung das Schloß Eleonore-Louise, das den Namen seiner Tochter trägt. Diesem Beispiele folgten zahlreiche seiner I.andsleute und die vornehme englische Gesellschaft zog sich all- mählich von Nizza nach Cannes zurück. Ihr folgte die französische Aristokratie, und rasch entwickelte sich Cannes zu einem der vornehmsten Kurorte der Riviera. MI. Blühende Agaven sind in dieser ganzen Gegend eine "häufige Erscheinung. In auffallend kurzer Zeit vermögen sie aus der Mitte ihrer von fleischigen Riesenblättern gebildeten Rosette, einen mächtigen, fünf bis sieben Meter hohen Blütenstand zu entsenden, der wohl über tausend gelbe, wohlriechende Blüten entfaltet (Anm. 23). Die Vorstellung, daß eine Agave hundert Jahre alt sein müsse, um zu blühen, trifft 304 nur mit Einschränkung zu. An der Riviera reicht ein Zeitraum von zehn bis fünfzehn Jahren aus, um ihr diese Fähigkeit zu verschaffen. Unsere Ge- wächshausexemplare müssen hingegen oft bis fünfzig Jahre, selbst noch länger, auf diesen Augenblick warten. Übrigens gibt es in der nahen Verwandtschaft der Agave eine Pflanze, die Fourcroya longaeva, von der es sogar heißt, daß sie erst mit vierhundert Jahren blühe. So lauten die Angaben der Mexikaner, in deren Heimat, dem Hochlande von Oaxaca, die Pflanze wächst. Sie erreicht dort bis zwanzig Meter Höhe, bevor sie ihren Blütenstand anlegt. Dieser schießt dann fünfzehn Meter lang hervor und erzeugt mehr als anderthalb Millionen Blüten. Eine Vor- stellung von dieser wunderbaren Uppigkeit konnten uns bereits die Fourcroyen geben, welche der Grarten ‚ von La Mortola besitzt. Das plötzliche Eintreten in die Blütenbildung und ihr rascher Verlauf, nachdem zuvor das Wachstum der Pflanze sich durch lange Zeiträume hindurch so äußerst langsam vollzog, hatte Linne bei der Agave bereits so imponiert, daß er ihr eben den Namen gab, den sie führt, der von dem griechischen agavos, bewundernswert, abgeleitet wird. — Die erste Agave gelangte im Jahre ı561 aus Südamerika nach Europa. Schon 1583 kam eine dieser Pflanzen in Pisa zur Blüte und wurde nicht wenig angestaunt, auch von Caesalpin besonders geschildert. Heute sind blühende Agaven an der Riviera eine so gewöhnliche Erschei- nung, daß man ihnen kaum noch Beachtung schenkt. Wie unzutreffend es aber ist, die Agaven als „Aloe“ zu bezeichnen, geht daraus hervor, daß die wirkliche 393 Alo& nicht einmal in dieselbe Pflanzenfamilie gehört. Agave und auch Fourcroya werden den Amaryllidaceen zugezählt, während Alo& ihren Platz bei den Liliaceen findet. Aus Agaven, die sich zur Bildung des Blüten- standes anschicken, schneidet man in Mexiko vielfach den „Kopf“ heraus, um ihn als äußerst süßes Nasch- werk oder auch als Gemüse zu verzehren. Oder man | röstet solche Agavenköpfe und läßt sie in Tierhäuten gären, um aus ihnen einen sehr feurigen Brannt- wein, den Mescal, der an den schottischen Whisky erinnert, abzudestillieren. Auffallend groß ist die Menge süßschmeckender Flüssigkeit, die eine kräf- tige Agave hervorpreßt, wenn ihr Kopf entfernt wird in dem Augenblick, wo er im Begriffe steht, sich zum Blütenstand zu strecken. Das sollen täglich bis fünf Liter sein, und eine einzige Pflanze kann schließlich gegen 1IOoO Liter Saft geben. Dieser liefert nach der Gärung die Pulque, das National- getränk der Mexikaner, deren Geschmack Fremde meist ekelerregend finden. Der mit Pulque Berauschte ähnelt in mancher Beziehung einem ÖOpiumraucher und zieht sich gerne an einen stillen Ort zurück. Anders wirkt der Mescalrausch, der meist die Menschen bösartig macht. Die mächtige Agave Salmiana, die wir in La Mortola bewundert haben, wird für Pulque- gewinnung in Mexiko im großen angebaut. Jenes „Aloäholz“, welches das alte Testament preist und unter den köstlichen Räucherwerken anführt, steht weder zu den Agaven noch zu den echten Aloö-Arten in irgend welcher Beziehung. Es scheint vielmehr der Hauptsache nach von Aquil- E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 20 300 laria agallocha, einem großen hinterindischen Baume abzustammen, der, so wieunsere wohlriechenden Daphne- Arten,.. zu der Familie: der Ihymelaeaceen gehört. Der köstliche Duft, den das Holz verbreitet, rührt von einem Harze her, das es in geringer Menge enthält. Um den Wert des Räucherwerkes zu erhöhen, be- freit man es von den Holzfasern durch Verwesung. ' Solche „Alo&“ mit Myrrhen gemischt, könnte es nur gewesen sein, die Nikodemus, nach Joh. 19, 39, zum Be- gräbnis Jesu herbeischaffte, bei hundert Pfund. Namhafte Mengen dieses Räucherwerkes sind wohl niemals in den Handel gelangt; es bildete vielmehr in früherer Zeit nur ein vornehmes Geschenk an Fürsten. So fehlte „Alo&holz“ auch nicht in der Reihe der Kostbarkeiten, welche die gefeierte Catarina Cornaro, Königin von Zypern, im Jahre ı476, von dem ägyptischen Sultan Kaitbai geschenkt erhielt. Wie aus den Schriften des (rarcias ab Orto, Leibarztes des Vizekönigs von portu- gisisch Indien, vom Anfang des sechzehnten . Jahr- hunderts hervorgeht, galt ein Pfund Alo&holz in Indien damals drei Goldstücke, und Clusius weiß zu berichten, daß aus diesem Holz im Libanon sehr wohlriechende und sehr teure Rosenkranzkügelchen gemacht wurden. In den Tempeln Hinterindiens wird dieses Räucher- werk zu Kultuszwecken heute noch verbrannt. Na- poleon I. fand so viel Wohlgefallen an dem Duft, den es verbreitet, daß er auch in seinen Palästen mit Alo6ö- holz zu räuchern befahl. Den Bewohnern des westlichen Cannes können die Ausflüge nach den Höhen der Croix-des-Grardes jene von La Maure zum Teil ersetzen. Die Abhänge des 150 Meter hohen Hügels sind mit den ältesten Villen des neueren Cannes bedeckt; an ihn lehnt sich auch 12 jenes Chäteau Eleonore - Louise 3 ar an, das den Grund zu dem modernen Kurort legte. Daß der Wohlstand des heutigen Cannes schon viele Dezennien weit zurückreicht, das zeigen die Größe und die Mannigfaltigkeit der Palmen, die man in den Gärten be- wundern kann. Da ist es der Garten des Hötel du Parc, der früheren Villa Vallombrosa, in welchem man sich ganz in eine tropische Ge- gend versetzt denken kann. Nicht minder . herr- : liche #/ Pflanzen bergen die / Anlagen der Villa F Valetta und der Villa des 1 lotus an der Californie und 1 so viele andere, die den vorbei W& gehenden Wandererschon von \ N außen ( zum Eintritt locken. Rau Ich plante einen Ausflug nach dem Cap d’Antibes und stand mit Tages- anbruch auf, um die kühlen Morgen- v MNarcissus stunden auszunutzen. Als” ich "ans tazetta. 20* 308 Fenster trat und die Läden öffnete, fand ich leider den Himmel von Wolken ganz bedeckt. Die Sonne mußte soeben aufgegangen sein. Unentschlossen blieb ich am Fenster stehen. Wird es der Sonne gelingen, die Wolken zu zerstreuen? — Leuchtende Stellen tauchten in der Wolkenmasse auf und erweckten freudige Hoffnung. Bald schwanden sie aber wieder, und von neuem überkam mich das beklemmende Gefühl, es könnte so trübe und traurig den ganzen Tag bleiben. Doch nochmals kam Leben in die Wolkenmasse, und sie begann hin und her zu wogen, wie ein bewegtes Meer; plötzlich zerriß an mehreren Stellen der Schleier, und aus goldenem Rahmen blickte leuchtendes Blau hervor. Fast schien es, als wäre in den Höhen eine Feuersbrunst ausgebrochen, und als schössen lange Feuergarben aus den geöffneten Toren des Himmels- gewölbes hervor, um Erde und Wasser zu entzünden. Bald waren es Stellen im Meere, die in Flammen aufgingen, bald erglühten die Lerinischen Inseln auf dunkler Woge in rosigem Lichte, bald entzündeten sich die Gipfel des Esterelgebirges, und endlich stand das alte Cannes ganz in Feuer. Allmählich erblaßten die Wolken, sie wichen vor der siegreichen Sonne; sie lösten sich in goldigen Nebel auf und schwanden. Der ganze Himmel erstrahlte in südlicher Pracht. Wir folgen der Straße von Antibes, von Licht überflutet. Solche Lichtfülle stimmt den Menschen freudig, erweckt neue Hoffnungen und trägt nicht wenig zur Heilung vieler Kranken bei. Es ist das der suggestive Einfluß des Sonnenlichtes. Anderer- seits kommen ihm auch tatsächlich antiseptische Wir- kungen zu. Intensives Sonnenlicht tötet die Keime 309 der niederen Organismen, die Fäulnis und Zersetzung bewirken. Entsprechende Versuche haben gelehrt, daß Aussaaten von Bakterien durch Licht vernichtet werden können. Setzt man eine solche Aussaat dem Sonnenlichte aus, hält gleichzeitig eine andere im Schatten, so werden die Keime in der ersteren ge- tötet, während sie sich in der letzteren weiter ent- wickeln. Intensives Sonnenlicht entseucht daher auch die Wäsche und die Kleider von Kranken. Es steri- lisiert Seen und Flüsse, falls ihr Wasser nicht so trübe ist, daß es den Lichtstrahlen das Eindringen verwehrt. In der Luft schwebende Keime niederer Organismen werden vom Sonnenlichte meist getötet. Mit Recht sagt ein italienisches Sprichwort: „Dove non entra il sole, entra il medico“. Wäre jenes Sprichwort nicht be- gründet, so müßten Infektionskrankheiten die heißen Länder ununterbrochen verheeren; denn wie wenig pflegt man dort meist für Desinfektion zu sorgen! Die moderne Hygiene ist ein Kind nordischer Himmels- striche, und die peinlichsten Ansprüche an Reinlich- keit und Komfort sind in Ländern erwachsen, in welchen der Nebel meist die Sonne verhüllt. Während wir unsere Wohnräume nach Möglichkeit säubern, für Entseuchung allerorts sorgen, öffnet der Südländer weit seine Fenster und läßt sein Haus hell durch- strahlen. Dazu ist aber anhaltend klarer Himmel nötig. Bakterienkeime, die vom intensiven Sonnen- licht getroffen werden, halten seine Wirkung nur kurze Zeit aus. Ein englischer Botaniker, Marshall Ward, hatte den Einfall, diese Wirkung des Lichtes auf Bakterienkeime gewissermaßen photographisch zu veranschaulichen. Er goß über Glastafeln flüssige 3To (Gelatine, die mit Bakterienkeimen versetzt war, ließ sie in dünner Schicht erstarren und stellte dann diese Glastafeln hinter durchbrochene Zinnplatten in der Sonne auf. Einige Stunden später brachte er sie in einen dunklen, warmen Raum, wo sie längere Zeit verweilten. An allen Stellen der Grlastafeln, die hinter den Öffnungen der Zinnplatte sich befunden hatten, auf die das Sonnenlicht somit einwirken konnte, waren die Bakterien abgetötet und entwickelten sich daher nicht weiter: an den zuvor beschatteten Stellen ver- mehrten sie sich aber kräftig und trübten entsprechend die Gelatine So kam es, daß das in die Zinnplatte geschnittene Bild deutlich auf der Gelatineplatte sich zu erkennen gab. Selbst die Negative gewöhnlicher Photographien konnten benutzt werden, um positive Bakterienbilder zu erhalten, wenn mit besonders emp- findlichen Keimen operiert wurde. Ein purpurfarbiges Bakterium der TIhemse lieferte hinter Glas-Negativen, wenn auch nicht scharfe, so doch leicht kenntliche Bilder englischer Landschaften. Wenn heute Bakterien genannt werden, so ver- langt das kaum noch eine nähere Erläuterung, denn dieser Begriff ist auch dem Laien schon geläufig. Und doch reicht der wissenschaftliche Einblick in die Natur- geschichte dieser kleinsten Wesen tatsächlich nur auf wenige Dezennien zurück. Er wurde erst nach ent- sprechender Vervollkommnung der optischen Instru- mente und der Untersuchungsmethoden möglich. Die Entdeckung der Bakterien reicht freilich bis auf das Jahr 1675 zurück. Sie erfolgte durch den holländischen Naturforscher Anton van Leeuwenhoek, als dieser mit Hilfe ‚selbst angefertigter Vergrößerungsgläser 311 Wasser betrachtete, das mehrere Tage in einem Faß gestanden hatte. Leeuwenhoek sah ungeheuere Mengen äußerst kleiner Wesen in diesem Wasser sich bewegen; er schätzte deren Zahl auf Zehntausend in jedem Tropfen. Da solche Wesen in frischem Regenwasser nicht vorhanden waren, nahm Leeuwenhoek an, daß ihre Keime erst nachträglich aus der Luft in das Wasser gelangen. Fast genau hundert Jahre später, im Jahre 1776, wies der Italiener Lazzaro Spallanzani, Professor der Naturgeschichte zu Pavia, nach, daß man die Keime aller niederen Organismen, die aus der Luft auf organische Substanzen gelangen, durch höhere Temperaturen vernichten kann. Er erhitzte solche Substanzen dreiviertel Stunden lang in hermetisch ver- schlossenen Gefäßen, stellte fest, daß dann keine leben- den Wesen in ihnen auftreten, und daß sie sich un- verändert halten. Diese Feststellung brachte den fran- zösischen Koch und Konditor Francois Appert auf den Gedanken, Konserven auf diese Weise herzustellen. Er begann damit im Jahre 1804 und wurde von der französischen Regierung durch einen Preis von 12000 Francs belohnt, unter der Bedingung sein Verfahren bekannt zu geben. Das geschah in einem Buche, das ıSıo in Paris erschien, und von dem dann weitere Auflagen und Übersetzungen folgten. Aus dem Er- folg, den der theoretische Drang nach Erkenntnis ge- zeitigt hatte, sollte, wie das so oft der Fall ist, der materielle Gewinn erst dem Praktiker zufallen. Francois Appert starb 1840 als Gutsbesitzer in Massy bei Paris. Die ganze Straße von Antibes war jetzt blendend hell von Licht, von jenem grellen Lichte, in welches alle Dinge hier tauchen, wenn die Sonne hoch am Himmel steht. Auf dem kreideweißen Boden wurden die Schatten immer kürzer und dunkler, die Halbschatten nahmen blaue Töne an. Die Palmengruppen in den Gärten glänzten so stark, wie fabelhafte Dekorationen in einem Zauberstücke. Es war ein Fest der Sonne überall in der Natur, und diese festliche, fröhliche. Stimmung teilte sich auch uns mit. — Wenige Orte in Europa gibt es, welche über die gleiche Lichtfülle verfügen. An dieser goldigen Küste darf sich das Mittelmeer wohl rühmen, ein Spiegel der Sonne zu sein. An Klarheit der Luft können mit der Gegend um Nizza sich nur Valencia und Alicante messen. Während auf dem Eiffelturm in Paris die Aussicht im günstigsten Falle bis auf hundert Kilometer reicht, zeigt hier nicht selten Korsika dem erstaunten Auge seine zackigen Gipfel, die um mehr als zweihundert Kilometer von dieser Küste entfernt sind. Daher mit vollem Recht der Mont Gros bei Nizza zum Bau eines astronomischen ÖObservatoriums gewählt wurde. In diesem Frühjahre hatten wir während unseres fünf- wöchentlichen Aufenthaltes, von Mitte März bis zur zweiten Aprilhälfte, nur drei Tage mit anhaltendem Regen zu verzeichnen. Wir waren tatsächlich die ganze Zeit über wie in ein Lichtbad getaucht. Die Straße führte uns an dem Orte Golfe-Juan vorbei nach Juan-les-Pins. Nun folgten wir unter Pinien in weitem Bogen dem Strande. Unser Blick verlor sich im endlosen Meer oder ruhte auf dem Esterelgebirge und den Lerinischen Inseln. Es waren das die alten, liebgewonnenen Bilder in immer neuer Umrahmung. Dann erreichten wir das Kaphotel und traten in dessen Garten ein (Anm. 24). Da ist alles noch so wie es war, derselbe üppige Pflanzen- wuchs, derselbe Duft des Makis. Doch fremdartig blicken uns merkwürdige Bauten von der äußersten Spitze der Landzunge an. Haben die Sarazenen wieder das Land erobert und sich am Kap niedergelassen? Das sind doch maurische Bauten, die sich dort erheben, eine Moschee, die schlank in die Lüfte ragt! Es war nicht ein Sarazene, sondern ein Franzose, der den Orient liebte und diese Bauten errichten ließ. Er starb, ohne das Ende seiner Werke geschaut zu haben. Seinem Wunsch, hier bestattet zu werden, gab die französische Regierung schließlich nach. Sein Grabmal erhebt sich inmitten der Islette. Zugleich mit diesen Bauten erhielt die Pointe de l’Islette Wege und fremdländische Grewächse. Meine Hoffnung, daß diese dem Makis bald weichen und mit der Zeit ganz verschwinden würden, hat sich nur zum Teil erfüllt. Das mit lederartig zähen Blättern ausgerüstete japanische Pittosporum tobira vermochte sich hier zu behaupten, abgerundete, dichte Sträucher von ansehnlicher Größe zu bilden und alljährlich seine weißen duftenden Blüten zu entfalten, dort wo selbst (dewächse des Makis Schutz am Boden suchen (Anm. 25). hier und blüht afrikanische Me- So auch gedeiht reichlich die dicago.arborea, und wächst die kalifornische Cupressus ma- crocarpa baum Im Schutz der ten kommt das artig empor. — maurischen Bau- südeuropäische Teucrium fructi cans zu kräftiger Entwicklung Nitophyllum punctatum. und Blüte und, 314 was ja weniger auffällt, der einheimische silberfarbige Jupiterbart (Anthyllis barba Jovis)* (S. 55). Die Agaven bringen es vereinzelt bis zur Blüte, wenn auch die oberen Teile der Blätter von den Stürmen leiden. Zu ihnen hat sich auch die hier überall in den Gärten verbreitete, südafrikanische Aloe fruticans ge- sellt, aus der rote, kolbenförmige Blütenstände hervor- ragen. Die dem Kap der guten Hoffnung entstam- mende Mittagsblume (Mesembrianthemum acinaciforme) entsendet ihre fleischigen Sprosse immer weiter über die Steine, sich mit den großen Blüten üppig schmückend. Selbst eine Iris hält Stand an dieser allen Stürmen ausgesetzten Stelle, und man muß bis gegen die Spitze der Islette wandern, um die einstigen lieb- gewonnenen (rewächse vor Augen zu haben und in alter sympathischer Umgebung dem Rauschen der Wogen zu lauschen, die in den Spalten des Gesteins sich ver- irren. Man klettert dann vorwärts von Fels zu Fels, bis man allseitig von Wasser umgeben ist, und blickt hinab in die kristallhellen Abgründe. Sie sind, so weit das Auge einzudringen vermag, von bunten Algen belebt. So tief wie das tierische Leben reicht aber die Vege- tation nicht hinab in den Meeren.. Das hängt mit den Bedingungen zusammen, an welche das pflanzliche Leben geknüpft ist. Die Algen bedürfen des Lichtes, um sich ihre Nahrung zu bereiten, während diese Ab- hängigkeit vom Licht beim Tier nicht besteht. Für die Algen sind, so wie für die grüne Pflanze, die das Land bewohnt, die Sonnenstrahlen die Kraftquelle, die es ihnen ermöglicht, aus anorganischen Stoffen sich Nahrung zu bereiten. Sie setzen die Energie des Lichtes in chemische Arbeit um, vermögen so die Ru, Elemente der Kohlensäure, die aus Sauerstoff und Kohlenstoff besteht, auseinander zu reißen und auch das Wasser in seine beiden Bestandteile, den Sauer- stoff und den Wasserstoff, zu zerlegen. Aus Kohlen- stoff, Sauerstoff und Wasserstoff bauen sie in ihrem Körper Kohlehydrate auf, deren sie für den Betrieb des Lebens und zum Aufbau ihrer Körpersubstanz bedürfen. Die Aneignung des Kohlenstoffs vollzieht sich in gefärbten Teilen der lebendigen Zellsubstanz. Diese Gebilde, die meist Körnerform besitzen, sind be- stimmend für die grüne Farbe unseres Landschafts- bildes. Bei den Meeresbewohnern treten uns aber außer grünen noch andere Färbungen entgegen. Wer nach einem Sturm den Strand des Mittelmeeres betritt, der sieht dort nicht nur grüne Pflanzenteile, sondern auch braune und rote umherliegen. Bei einer Wanderung durch die Strandfelsen des Kaps von Antibes fallen bei stiller See dieselben Verschiedenheiten in der Fär- bung der Meeresflora auf. Zugleich gewinnt man schon eine Ahnung von dem Formenreichtum dieser bunten Welt. Manche Alge läßt sich mit der Hand erreichen und von dem Steine ablösen, auf dem sie wächst. Ver- zweigte, grüne Fäden herrschen in der Nähe der Ober- fläche vor; sie hängen in dichten Büscheln schlaff hinab, sobald die Flut sie entblößt, und legen sich einzeln aus- einander, wenn eine neue Welle sie erreicht. Diese Fäden gehören der Gattung Cladophora* (S. 137) an, die in zahlreichen Arten den Strand hier bewohnt. In flachen Wassermulden breiten sich nebenan oft bandartige Ulven aus, jene grünen Algen, auf welchen in Italien oft die Austern gereicht werden. Manches braun ge- färbte Grewächs befindet sich auch im Bereiche der 316 Brandung, doch sind es andere Formen als die, denen wir vielleicht früher einmal an den Küsten der Öst- und Nordsee begegnet sind. Dort sahen wir die dunklen Blasentange, Fucus-Arten, mit lederartig zähem, gabelig zerteiltem, bandförmigem Körper; hier herrschen strauch- artig verzweigte Cystosiren” (S. ı61) mit zylindrischen Gliedern vor. — Steigen wir in schattige Felsspalten des Ufers hinab, so bekommen wir auch schön rot gefärbte Arten von mannigfaltiger, oft sehr zierlicher Gestaltung zu sehen. Das alles sind Algen, da andere Abteilungen des Pflanzenreiches nur sehr wenige Ver- treter im Meer besitzen. Freilich befinden sich unter ihnen solche, die in flachen Buchten des Mittelmeeres in Unmengen auftreten und dort oft gleichsam ganze Wiesen bilden. Das gilt vor allem von der Posidonia oceanica, die zu Ehren Poseidons ihren Namen führt. Sie stellt das Seegras von Ligurien vor, das die Riviera beherrscht. Zu ihm gesellt sich nur stellenweise die schmächtigere Zostera marina, nach dem griechischen Zoster, der Gürtel, so benannt, die jetzt den wenig poetischen Namen „Matratzen-Seegras“ führt, weil sie in nördlicheren Breiten vielfach als Polsterwerk verar- beitet wird. In Venedig fand dieses Seegras von alters her beim Verpacken der (Grlaswaren Verwendung, wo es daher auch Alga vitrariorum hieß. Auch Posidonia oceanica benutzt man in Italien hin und wieder als Packmaterial und in Nordafrika zum Decken der Dächer. Beide Pflanzen gehören zu den laichkrautartigen Ge- wächsen oder Potamogetonaceen, und sind monokotyle Phanerogamen. Das ligurische Seegras reicht in weit größere Tiefen als die Zostera hinab. In flachem Wasser sieht man seine Blätter ähnlich wogen wie das Gras unserer Wiesen, wenn der Wind es streift. In der Bucht, durch welche die alte Stadt Antibes von dem vorspringendem Kap getrennt wird, ist die Posidonia so massenhaft vertreten, daß ihre abgerissenen Blätter stets zu hohen Polstern sich am Strande häufen. Es empfiehlt sich nicht, solche Polsterwälle zu betreten, da sie unter der Last des menschlichen Körpers nach- geben, und man tief in die feuchte Masse einsinkt. Westlich vom Kap, am Strande des Golfe-Juan, liegen außerdem oft runde Bälle auf dem Strande, hellbraun gefärbt, von faserigem Bau. Es sind das Gebilde, die als pilae marinae einst sogar Eingang in die Apo- theken fanden. Sie gehen aus abgelösten und zer- faserten, mit Blattresten besetzten Stücken des Wurzel- stocks der Seegräser hervor, die am flachen Strande vom Wellenschlag hin und her gewälzt, zu dezimeter- großen Kugeln geformt werden. Das pflanzliche Leben im Meere reicht nicht unter dreihundertfünfzig Meter hinab. In Tiefen, die achtzig Meter überschritten haben, nimmt es auch in den südlichen Meeren rasch ab. Das Licht ist in solcher Tiefe bereits zu schwach, um vegetabilische Entwicklung zu unterhalten. Mit Hilfe photographi- scher Platten hatten Fol und Sarasin im Mittelmeere, achtzehn Seemeilen weit von der Küste, noch äußerst schwache Lichtwirkung in 465 Metern Tiefe festgestellt. Nach Angaben anderer Forscher würde diese Wirkung unter Umständen noch hundert Meter tiefer hinab- reichen können. Doch die Kohlensäureverarbeitung ist schon lange vorher der Pflanze nicht mehr möglich. Die ursprüngliche Zusammensetzung des Sonnenlichtes ändert sich mit der Tiefe Von den im Regenbogen 318 sich offenbarenden, verschieden brechbaren Strahlen des Sonnenlichtes werden die roten und gelben zuerst, die blauen und violetten zuletzt absorbiert. Das baldige Verschwinden bestimmter Strahlengattungen im Wasser müßte den Wohnbezirk der Gewächse in ihm noch mehr . einschränken, hätten sich die Algen nicht in besonderer Weise den Bedingungen dort angepaßt. Statt grün gefärbt zu bleiben, wie die lL.andpflanzen, nahmen sie dort andere, im besonderen rote Färbung an. Diese Farbe ist komplementär zu der in der gegebenen Tiefe herrschenden. Dadurch wird verständlich, warum die Algen, welche den oberen Regionen das Meeres ange- hören, also annähernd in demselben Lichte wie unsere Landpflanzen leben, ebenso grün gefärbt sind wie diese; sie reichen aber kaum unter ı0 Meter Tiefe hinab. Mit _ zunehmender Entfernung von der Oberfläche prägt sich immer mehr die rote Färbung aus. In engen Fels- spalten und Grotten, die ihr Licht vornehmlich von unten her erhalten, rücken aber die roten Algen bis zur Oberfläche heran. In manchen Grotten des Posilips bei Neapel kann man Algen mit der Hand erreichen, die in der freien See erst bei 5o—60o Meter Tiefe wachsen. Man bekommt freilich rotgefärbte Meeres- algen auch in den oberen Regionen des Meeres zwischen grünen Algen zu sehen, also unter Bedingungen, welche diese letzteren verlangen. Das erklärt sich wohl aber daraus, daß es einer Algenart, die durch An- passung an das Licht der Tiefen die rote Färbung erlangte, nicht unmöglich ist, auch in einem anderen Lichte zu leben, falls andere besonders günstige Be- dingungen den hieraus erwachsenden Nachteil aus- gleichen. 319 Auch die grüne Farbe des Laubes unsrer Land- pflanzen ist nach Ernst Stahl eine Anpassung an die auf unserem Erdball herrschenden Be- Be leuchtungsverhältnisse. Diese Blätter u erscheinen uns grün, weil der größte Teil von Rot, sodann Orange, Blau und Violett, durch den Farbstoff ihrer & Chlorophylikörner verschluckt E { ‚| ” en [7 werden, die grünen Strahlen hin- gegen nicht. Die grünen Strahlen sind aber tatsächlich in unserem Tages- licht am schwächsten vertreten. Im direkten Sonnenlicht, das die Land- pflanze trifft, herrschen die roten und gelben Strahlen vor, im zerstreuten Tageslichte die blauen und violetten; gegen sie treten die von der Atmo- sphäre absorbierten ultraroten und die grünen Strahlen sehr zurück. Gegen diese Deutung der Ursachen, / welchen unser Erdball seinen grünen Anstrich verdanken soll, könnte man geltend machen, daß die Anpassung an die Beleuchtungsver- hältnisse, die auf ihm herrschen, doch noch weit vollkommener wäre, wenn die Landpflanzen nicht grüne, sondern schwarze Färbung besäßen, das heißt sich alle Strahlengattungen aneignen möchten. Doch der Einwand trifft Oßhrys =» >» nicht zu, denn ein schwarzes Laub- Bertolonii. 7 = blatt würde sich bei starker Sonnen- N 320 bestrahlung über das Maß erwärmen, das es ertragen kann; es liefe Gefahr zu versengen. Aus ı2o bis ı30 Meter Tiefe sind durch Berthold bei Capri noch kräftig entwickelte Algen hervorgeholt worden. Die unterste Stufe ihrer Verbreitung war damit nicht erreicht; sie können noch tiefer gelegene Stellen des Meeresgrundes bewohnen. Die Seefauna setzt sich, im Gegensatz zur Flora, bis in Abgründe fort, deren Tiefe stellenweise bedeutender ist als die Höhe der mächtigsten Gebirgserhebungen unserer Erde. So haben Lotungen im nordwestlichen Teile des stillen Ozeans, bei den Marianen, den Grund erst bei 9636 Metern angetroffen, somit in einer Tiefe, die um fast 800 Meter die Höhe des Mount Everest, des erhaben- sten Gipfels des Himalaya, übertrifft. Das Mittelmeer erreicht seine größte Tiefe mit 4400 Metern südlich vom Peloponnes. Sein Bodenrelief ist übrigens sehr bewegt und weist mehrere tiefe Mulden und Einsturz- becken auf. Die Artenzahl der Tiere ist in den großen Tiefen nur gering, und nur spärliche Nahrung kann abwärts sinkend sie dort erreichen. Der Einfluß der Jahreszeiten hat aufgehört, und es herrschen Tempe- raturen die im allgemeinen nur gegen 2° C betragen. Der Formenreichtum der Seealgen versetzt den, der sich mit ihnen zu beschäftigen anfängt, in immer neues Erstaunen. Diese Gewächse bieten eigentlich weit mehr Mannigfaltigkeit in der Gestaltung dar als die uns umgebenden Landpflanzen. Namentlich zeichnen sich in dieser Beziehung die roten Algen aus, an denen das Mittelmeer besonders reich ist. Da gibt es unter diesen Rhodophyceen solche Arten, die nur aus feinzerteilten Fäden bestehen, andere, deren verschieden So gestaltete Äste sich zu bestimmt umgrenzter Form vereinigen (Callithamnion roseum)* (S. 97); noch andere, die flächenartig ausgebreitet, in dieser oder jener Weise verzweigt (Nitophyllum punctatum”® (S. 313) sind, auch wohl den Laubflechten ähneln (Peyssonnelia squamaria)* (S. 347), endlich solche, die in ihrer Gliederung an hoch organisierte Pflanzen erinnern (Delesseria hypoglossum)* (S. 185), ja in manchen Fällen ihnen so ähnlich werden, daß ein ungeübtes Auge über ihre Stellung im System sich täuschen lassen könnte. Nächst den roten Algen ist es eine Gruppe der grünen, die der Schlauchalgen oder Siphoneen, die durch besondere Zierlichkeit fesselt. Da gibt es Arten (Bryopsis), die wie unser Astmoos verzweigt sind, andere (Halimeda)* (S. 235), die kleinen Opuntien gleichen, noch andere (Acetabularia)* (S. 13), die wie schlanke, hellgrüne Hutpilze aussehen. Besonders fällt aber den Besuchern des Strandes nach dem Sturm eine dunkelgrüne Kugel (Codium bursa) auf, welche die Größe einer Orange, ja selbst eines Kindskopfes erreichen kann. Auch sie gehört zu den Schlauchalgen. Ich bin ihr besonders häufig in der Bucht von Ville- franche und an der Garoupe bei Antibes begegnet. Inwendig ist sie mit Seewasser erfüllt, und da dieses, wenn sie am Strande liegt, verdunstet, sinkt die Kugel dort alsbald kappenförmig zusammen. Unter den braunen Algen ist es außer der großen, strauchartig verzweigten, in Regenbogenfarben schillernden Cystosira* (S. ı61) hier vorwiegend die weit kleinere, dichte Büschel bildende Sphacelaria“ (S. 465), der man begegnet, und die Padina pavonia* (S. 331), die oft in Menge am Felsen befestigt fast den Eindruck von Muscheln E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 21 (9%) N IV macht und beim Volke Orecchio di Mare, also See- ohr, heißt. Belehrend ist es, einen Aufenthalt am Mittelmeere zu benutzen, um sich eine kleine Algensammlung an- zulegen. Das regt zu immer neuen Wanderungen längs des Strandes an und setzt den Ausflügen ein anziehendes Ziel. Durch den Anblick so neuer Pflanzen- formen wird auch unser Formensinn gefördert und die enge Anschauung erweitert, die wir uns über vegeta- bilische Gestaltung an unseren Landpflanzen gebildet hatten. Mit dem zugeschärften Rande eines ver- nickelten, weitmaschigen Metallsiebes, das quer an einem Stock befestigt ist, trennen wir bei ruhiger See die Algen von ihrer Unterlage ab. Wir bringen sie in einem Glasgefäße nach Hause und legen sie dort in eine Schüssel mit Seewasser (Anm. 26). Süsses Wasser dürfen wir nicht benutzen, da dieses die Meeresalgen schädigt. Dann übertragen wir die Algen einzeln in ein flaches Gefäß, wie es etwa der Photograph zum Entwickeln seiner Platten braucht. Das Seewasser in diesem Gefäß muß möglichst rein sein. Zuviel von einer Alge darf man auf einmal nicht verwenden, damit sich ihre Zweige nicht gegenseitig decken. Ein Blatt weißes Schreibpapier wird unter die Alge geschoben, diese sorgsam, doch ohne daß ihr natürliches Aussehen dabei leide, auf ihm ausgebreitet, und das Papier dann mit ihr vor- sichtig aus dem Wasser gehoben. Die Alge muß hier- auf zwischen Fließpapier trocknen; damit sie aber nicht an diesem, sondern nur an der für sie bestimmten Unterlage hafte, gilt es, sie mit einem Stück Kaliko, oder besser noch, einem Stück Gaze, zu bedecken. a (63) (69) Das Fließpapier hat man oft zu wechseln; denn trocknet "die Alge nicht rasch, so verliert sie ihre Farbe. Das Trocknen muß unter entsprechendem Druck erfolgen, daher man das Fließpapier zwischen zwei Bretter legt und diese mit einem Stein belastet. Beim Trocknen krystallisiert Kochsalz auf der Alge und dem Papier aus. Dieses Kochsalz ist zu entfernen, da es sonst dauernd Feuchtigkeit aus der Atmosphäre anzieht. Man taucht zu diesem Zwecke das bereits trockne Objekt rasch in süßes Wasser ein, läßt es nochmals zwischen Fließpapier trocken werden und fügt es jetzterst seiner Sammlung ein. Wie zierlich die Algen einer solchen Sammlung sind, wie schön sie ihre Form und Farbe offenbaren, das kann man aus den Bildern von Nito- phyllum punctatum® (S. 313) und Delesseria hypo- glossum* (S. 185) entnehmen, zu deren Herstellung Herbarmaterial diente (Anm. 27). VII. Die von alten Festungswerken umgebene Stadt Antibes* (S. 128) hätte es wohl verdient, als National- denkmal geschützt zu werden. Man hat trotzdem ge- stattet, daß sie von ihren Festungsmauern an der Land- seite entblößt werde. Der vom Meer umspülte Teil der Stadt behielt sein mittelalterliches Gewand, und so lassen sich immer noch solche Stellen am Kap finden, von denen man dieses herrliche Bild in passender Umrahmung von dem blendenden Hintergrunde der schneebedeckten Alpen sich abheben sieht. „Je n’avais jamais rien vu d’aussi surprenant et d’aussi beau“ ruft Guy de Maupassant aus, als er Antibes bei unter- gehender Sonne erblickt. Er leitet mit diesen Worten 21” 324 eine kleine Novelle ein, die er „Madame Parisse“ be- titel. Auf mich machte dieses Bild einen ähnlichen Eindruck, als ich es zum erstenmal, gegen Abend, von einem Felsen des nahen Strandes betrachtete. „Die kleine Stadt, von schweren Mauern, die Vauban erbaute, umschlossen“ schreibt Guy de Maupassant, „dringt in das offene Meer vor, mitten in den unermeß- lichen Golf von Nizza. Die hohen Wogen zerschellen zu ihren Füßen und umsäumen sie mit weißem Schaum. Oberhalb der Befestigungswerke klettern die Häuser aneinander empor, bis hinauf zu den beiden Türmen, die keck in den Himmel ragen. - Und diese Häuser und Türme zeichnen sich auf dem milchigen Weiß der Alpen, der riesengroßen Mauer, die in der Ferne den Horizont versperrt.“... „Der Himmel über den Alpen zeigt sich getönt in so hellem Blau, als wenn der Schnee auf ihm abgefärbt hätte. Einige silberne Wolken schweben über den blassen Gipfeln und an der anderen Seite des Golfs liegt Nizza, am Rande der Fluten, gestreckt zu einem Bande, zwischen dem Meer und den Bergen. Zwei große lateinische Segel, die eine starke Brise treibt, schienen auf den Wellen zu gleiten“... .. „Es “war "einer "der süßen, seltenen, köstlichen Eindrücke, die in des Menschen Inneres dringen und ihm so unvergeßlich bleiben wie die Er- innerung an vergangenes Glück. Man lebt, man denkt. man leidet, man ist ergriffen, man liebt mit dem Blick. Wer durch das Auge zu empfinden weiß, fühlt bei der Betrachtung der Dinge und Wesen denselben durchdringenden, gesteigerten und tiefen Genuß, wie der Mensch, der ein feines und reizbares Ohr besitzt, beim Hören der Musik.“ 325 Es scheint, daß die Stadt Antibes ursprünglich von den Liguriern bewohnt war. Sie hieß Deciatium, erhielt aber später den Beinamen Antipolis, als Gegenstadt zu Nicaea. Die Via Aurelia streifte Mauern, und die zwölfte Legion fand hier Unter- kunft. Nach der Schlacht von Poitiers kam An- tibes in Clovis Gewalt, wurde dann von ver- schiedenen Völkerschaf- ten geplündert und verwüstet, bis‘ - sieh Heinrich IV.: ihrer an- nahm. Er erkannte die strategische Wichtigkeit dieses an den Pforten der Pro- vence gelegenen Ortes, kaufte den (Grrimaldis ) und anderen Baronen ihre Ge- recht- same ab und brachte | \ Antibes in A seinen Be- x = N () z 8 Sitz, 3 rBr z | wollte be- Oxalıs cernua. NR 326 reits die Stadt befestigen, doch erst Richelieu begann die Ausführung des Planes, den Vauban unter Lud- wig XIV. fortführte, und dessen Vollendung erst Ludwig XV. erlebt hat. Die Bewohner von Antibes, der königlichen Gunst gedenkend, blieben gute Roya- listen. Das bewiesen sie noch im Jahre ı8ı5 Na- poleon I. gegenüber, als dieser nach seiner Flucht von Elba am r. März in Golfe-Juan landete. Napoleon sandte den Kapitän Lamouret mit einem Leutnant und sechzehn Grenadieren nach Antibes, damit auf den dortigen Festungswerken die kaiserlichen Adler aufgepflanzt würden. Doch der Kommandant der Festung, Oberst Cundo d’Ornano, ließ diese Gesandten einsperren und erklärte den Belagerungszustand im Platz. Am ıı. März mußte dann freilich, auf Massenas Befehl, die kaiserliche Standarte auf‘ der Festung gehißt werden. Doch Ludwig XVII blieb An- tibes für jenen ersten Widerstand, den es Napoleon geleistet hatte, gewogen und beschenkte die Stadt mit einem neuen Wappen, das goldene Lilien führt; außer- dem erteilte er der Stadt das Vorrecht, sich als seine „bonne ville“ zu bezeichnen. Noch völlig unversehrt erhebt sich jenseits des Hafens von Antibes das Vauban’sche Fort Carre. Wie ein riesiger Seestern, der sich am Meeresufer gelagert hätte, streckt dieses sternförmige Bollwerk die Spitzen seiner Bastionen nach allen Himmelsrichtungen vor. Wie oft habe ich mich bei später Tagesstunde in dieses schöne Bild vertieft, zur Zeit, wo die untergehende Sonne den Schnee der Alpen rosig färbte, und das in dunklen Abendschatten schon versenkte Fort sich scharf auf dem leuchtenden Hintergrunde der Berge 327 zeichnete. Da wanderte ich dem Meeresufer” fol- gend, längs der blauen Rhede von Antibes, oder ließ mich jenseits des alten Friedhofs nieder und blickte in das Bild durch einen Rahmen uralter, hoher Zypressen. IX. Einige Tage später verließen wir Cannes und siedelten nach dem Cap Martin über. Eine englische Gresellschaft hat diese ganze Landzunge erworben und ein Hotel auf ihr errichtet, das zu den kom- fortabelsten der ganzen Riviera gehört. Hat man es sonst zu bedauern, daß die schönsten Punkte dieser Küste der Spekulation zum Opfer fallen, so braucht man glücklicherweise am Cap Martin sich diesem Gefühle nicht hinzugeben. Denn mit viel Geschick und Geschmack verstanden es die neuen Besitzer, dem Kap seinen ursprünglichen Charakter zu bewahren und den schönen Wald von Aleppokiefern, mit dem er bedeckt ist, in einen nicht minder schönen englischen Park zu verwandeln. Sie schonten jeden einzelnen Baum; den Makis am westlichen Strande haben sie in ihrem ursprüng- lichen Zustande gelassen, fremdartige Gewächse nur in diskretester Weise angebracht. Das Hotel steht auf der Höhe am südlichen Ende des Kaps, noch von Wald umschlossen. Die Grundstücke am Kap werden von der Gresellschaft nur unter Bedingungen verkauft, die zur Schonung des Waldes verpflich- ten. Der Strand sollte frei bleiben, daher die ver- kauften Grundstücke nicht bis zum Meere reichen. Man kann auch jetzt ungehindert dem Wege folgen, 328 der das ganze Kap umsäumt. An der. östlichen Seite des Kaps läuft die Landstraße, die herrliche Ausblicke nach Mentone bietet, um einerseits unten am „Pavillon de la pointe du Cap Martin“ zu münden, andererseits zum Hotel emporzusteigen und sich dort mit den anderen Fahrstraßen, die durch den Wald laufen, zu vereinigen. In der Nähe des Pavillon hat die gelb-rötlich blühende Mittagsblume (Mesembrian- themum edule) ganz den Strand erorbert. Jenseits dieser Stelle betritt man durch eine stets offene Tür den anziehenden Fußweg, der in westlicher Richtung sich am Ufer fortsetzt. Auf langen Strecken zwischen Kiefern und würzigen Sträuchern folgt er dem felsigen Strande. Er ist so schön, bietet so mannigfaltige Aus- blicke, daß man nicht müde wird, auf ihm zu wandern. Er steigt auf und ab, immer in unmittelbarer Nähe des Meeres, über zerrissene Felsenmassen. Myrten, Pistazien* (S.:359),;: Rosmarin* (5.391) umranden ihn; häufig sind auch der immergrüne Wegedorn mit dunklen Beeren, der Rhamnus alaternus* (5383); außerdem das interessante Cneorum tricoccum* (S. 143) mit kleinen gelben Blüten, das uns schon aus dem Makis von Antibes bekannt ist, so auch die über- mäßig stark riechende Weinraute (Ruta bracteosa), die im Frühjahr ihre gelbgrünen Blütendolden enfaltet. Bei jeder Windung des Weges ragen neue Felsen aus dem Meere und dem Makis hervor, immer anders geformt, in unerschöpflichem Wechsel. Grebräunt an den Seiten, oben weiß überpudert, oft schwarz punk- tiert oder rot gefleckt durch Flechten, trotzen sie den Elementen. Neugierige Kiefern klammern sich an ihnen fest, neigen sich stark über die See und schauen 329 dem wechselnden Spiele der Wellen zu. Überall die anbrausenden Wogen mit ihrem Silberrande, hier von tiefem Blau, dort von hellem Grün, dort wieder in violetten Tönen; dann plötzlich vorübereilende Fischer- boote, grell beleuchtet im lichten Schein der Sonne. Die Ruder tauchen wie in flüssiges Metall, und glitz- ernde Tropfen fallen von ihnen herab ins Meer. Weite Blicke öffnen sich über der Küste: Monte-Carlo, sanft vom Meere aufsteigend, Monaco auf steilem Fels, über ihm gleichsam Wache haltend. Zuletzt er- scheint die riesige „Iete de Chien“ ganz in der Nähe, das Felsennest Roccabruna am Bergesabhange, ge- ‚hüllt in Orangenhaine, umrahmt von Zypressen und Karuben. Zu jeder Tagesstunde empfängt man hier neue ‘ Eindrücke, und ändert sich das Aussehen des Kaps. Es läßt sich genußreich am frühen Morgen auf ihm wandern, . wenn ‘die Sonne noch im Osten steht, und die Bäume und der steile Abhang westwärts Schatten spenden. Man steigt felsauf, felsab, einmal dicht am Strande, dann hoch über dem Meere, dann wieder in nächster Nähe des Ufers, wo die Welle zu den Füßen rollt. Doch gilt es früh aufzubrechen, denn das Kap ist nicht rein südlich; sondern südwestlich gerichtet, und bald beginnen einzelne Sonnenstrahlen auch den westlichen Abhang zu streifen. Da stellt sich aber der erwünschte Schatten an östlicher Seite ein. Zwischen der Straße und dem Meere liegt ein mit Kiefern be- wachsener Landstreifen, auf dem man, von Staub nicht belästigt, ruhen kann. Auch hier sind die Felsen tief zerklüftet und bilden einen bewegten Vordergrund für das Bild, das sich jenseits der Bucht entfaltet. Die 330 Kiefern neigen sich über die Felsen, strecken ihre Kronen dem Meere entgegen und rahmen das weiße Mentone, die hohen Gipfel über ihm, La Mortola oder Bordighera wie hehre Bilder ein. Oft stundenlang saßen wir hier, ein Buch in der Hand, und blickten am Strande über dessen Blätter hinweg, hinaus in die zauberhafte Ferne. Zeitweise waren es dann auch Fischer, die unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Sie spähten in der Nähe der Küste den Fischen nach. Einer saß oben auf einem Grestell aus drei verbundenen Stangen und schaute unablässig in die Tiefe. Andere lagerten im Boote, bereit auf ein gegebenes Zeichen die Netze zu heben. Diese waren an einem leeren, entfernteren Boote befestigt und bildeten ein Dreieck, das an einer Seite offen stand. Erblickte der Späher Fische im Dreieck, so zog er am Seil und schloß das Netz auch an der freigehaltenen Seite. Rasch näherte sich nun das bemannte Boot dem Ufer und schnitt den Fischen jeden Rückzug ab; die Netze wurden empor- gezogen, und meist einige nicht eben große Fische, oft auch nur ein einziges der zappelnden Geschöpfe gekapert. Die Geduld dieser Menschen war es, die vor allem Eindruck auf mich machte. Stundenlang lagen sie unbeweglich im Boot; den ganzen Tag über hockte der Späher oben auf seiner Stangenpyramide, und die Zeit wurde ihm, so schien es, nicht zu lang. Was für ein Gegensatz zu uns Menschen, die wir uns abhetzen und aufreiben, keine Viertelstunde unbenutzt lassen und dann hierher kommen müssen, um unsere Nerven etwas auszuspannen! Der Mann da oben auf seiner Pyramide erinnerte mich an einen Seeadler, den ich auf einem hohen Felsen von Antibes, an einer 3öl einsamen Stelle des Strandes sitzen sah. Auch er blickte starr in das Wasser, blickte lange und geduldig, ohne auch nur den Kopf zu bewegen, stürzte sich dann wie ein Pfeil hinab in die Flut und stieg auf in die Wolken mit einem Fisch in den Krallen. Das Hotel am Cap Martin ragt über die Bäume Padina pavonta. des angrenzenden Waldes empor. Südwärts beherrscht es die Aussicht ins offene Meer. Nordwärts gestattet es, dem Auge der ganzen Bergkette zu folgen, deren Gipfel über den gewölbten Kuppeln des Waldes sich erheben. Sie reihen sich alle aneinander, vom Mont Agel im Osten bis zum Berceau im Westen; die mächtigsten unter ihnen nehmen die Mitte ein und schneiden mit scharfem Grat in den blauen Himmel. Jeden Abend waren unsere Blicke auf sie gerichtet, wenn die schwindende Sonne ihre Spitzen rötete, und ein (Gipfel nach dem andern langsam erlosch. Öfters stiegen wir auch um diese Zeit zum östlichen Strande hinab, um die Beleuchtung der Küste zu bewun- dern. Während tiefer Schatten schon Mentone deckte, flammte Alt-Bordighera noch lange im purpurnen Lichte. Ein Liebling der Sonne an dieser goldigen Küste, emp- fängt es am Abend stets ihren letzten Gruß. Die Nächte waren jetzt vom Mondschein erhellt, und die Berge glänzten in magischer Beleuchtung: ein 332 mächtiges Amphitheater, dessen scharf gezähnte Gipfel sich wie feine Spitzenarbeit vom Himmel abhoben, und an dessen unterem Saume die Lichter von Mentone funkelten. Der nahende Vollmond sollte uns Ostern bringen. Wir gingen des Abends an den Strand, um ihn zu er- warten. Es war dort ganz dunkel auf den Felsen, einsam und still. Flach ausgebreitet lag vor uns die weite See und schien fast zu schlafen. Oben breitete sich das Himmelsgewölbe aus, fast schwarz, doch be- säet mit funkelnden Sternen, die als silberne Streifen sich im Meere spiegelten. Es schien, als sei die Natur gespannt auf ein Ereignis, das da kommen sollte: so still und feierlich war es von allen Seiten. Kein Gras- halm zitterte.e Die Kiefern streckten ihre Kronen zu den Fluten, als wollten sie über sie hinaus in die Ferne lauschen. Die würzigen Düfte des Makis senkten sich wie Weihrauch langsam hinab. Vielleicht war aber nur unsere Seele der Erwartung voll und über- trugen wir diese Empfindung auf die weite Welt. Plötzlich tauchte ein roter Streifen im Osten über dem Wasser auf. Er nahm.an Breite zu und warf bald einen ersten leuchtenden Strahl über die schwarze Flut. Sie erzitterte bei dieser Liebkosung und legte sich in sanfte Wellen, wohl um den Strahl ein- zuwiegen. Der Mond tauchte dann ganz aus dem Meere hervor, mit gerötetem Antlitz, wie verschlafen. Quer gedehnt, mit geschwollener Backe sah er fast komisch aus. Doch rasch rundete sich sein Antlitz ab, nahm leuchtende Silberfarbe an und schüttete eine Fülle von Licht über die Meereswellen. Und während er höher stieg, erblaßten die Sterne. Nur die größten 339 vermochten es, sich neben ihm zu behaupten, die anderen verloren sich in den Tiefen des Himmelsgewölbes. Am Strand, wo sich die Wellen an den Felsen brachen, funkelte und blitzte es von unzähligen Lichtern, als hätten alle die Sterne, die am Himmel verschwanden, sich hier in die Fluten gestürzt. Ein breiter silberner Fluß zog vom Strande nach den äußersten Schranken des Meeres. Stellenweise war er von glatten Streifen unterbrochen, die wie Opale ihre Farbe wechselten. Vorüberziehende Barken tauchten in das Mondlicht ein, und zeichneten sich wie dunkle Silhouetten auf Silber- grund. Der Mond stieg immer höher über den Horizont und setztein weitem Bogen seinen Siegeszug am Himmels- gewölbe fort. Bald begann sein Licht auch in die tiefsten Spalten des Strandes einzudringen und die zerrissenen Felsen traumhaft zu beleuchten. Da sah es denn aus, als wären die schaumgekrönten Wellen eines erregten Meeres versteinert hier stehen geblieben; man meinte auch wohl, in einen zerklüfteten Gletscher der Alpen zu blicken; schmale Felsengrotten zauberten anderswo der Phantasie einen arabischen Friedhof vor oder Scharen von Pilgern, die im weißen Gewande von der waldigen Höhe abwärts zum Meer zogen. In allen Buchten sprühte es unzählige Funken; Lichter tanzten an der Oberfläche, tauchten auf und unter; bald verschmolzen sie miteinander, bald trennten sie sich wieder in endlosem Spiel. In den Östertagen rückte ein Nordsturm heran. Er kam aus den Ländern der Nebel, des Reifes und der Fröste. Mit ungewohnter Gewalt stürzte er sich aut die Felsenriesen, die Mentone schützen, und suchte ihren Widerstand zu brechen. Da entspann sich ein gewal- 334 tiger Kampf zwischen diesen Titanen und den ent- fesselten Elementen der Luft: es heulte und zischte in den Wolken. Wir sahen den rauhen Winter über unseren Köpfen schweben, während zu unseren Füßen noch milder Frühling war. Der Norden warf seinen kalten Schnee den Felsenriesen aufs Haupt. Sie schienen ihm zeitweise zu weichen. Ein kalter Luft- strom ergoß sich über das Kap. Die Aleppokiefern schüttelten bedenklich ihre Häupter, die Wellen des Meeres flohen wie entsetzt mit schäumender Mähne vom Lande. Bis in die Nacht hinein zitterte und bebte das Kap. Dann wurde es still, bald leuchteten die Sterne, und am nächsten Morgen standen sie wieder da, im goldigen Sonnenscheine, die Riesen über Men- tone, zwar noch mit Schnee bedeckt, doch sieges- bewußt, stolz ihre Felsenhäupter zum Himmel erhebend. Dieser Sonnenschein sollte leider nicht dauern; das Gleichgewicht in den Lüften war gestört, Bald zog der Ostwind heran, und das Wetter verdarb sich nun vollends. Das erleichterte uns die Trennung von der Riviera. Dicke Regentropfen fielen vom Himmel und tränkten die durstige Erde. Wir aber konnten von hier in dem süßen Wahne scheiden, es weine uns dieser Himmel, den wir so liebgewonnen hatten, Tränen zum Abschiede nach. E ie Natur hatte sich ganz besonders üppig ge- schmückt in diesem Frühjahr an der Riviera. Die Gärten sahen aus der Ferne aus wie riesige Blumensträuße, und viele Häuser verschwanden ganz unter der Fülle von Bougainvillien, Heliotrop und Rosen. Wir legten zu Wagen die Strecke zurück von Ventimiglia nach Mentone, und es war, als führen wir durch Triumphbögen, als hätte man die Straße uns zu Ehren mit Blütengirlanden geschmückt. Rosen in allen Farben überzogen die Hecken, erklommen die Gipfel der Bäume, hingen von dort herab in lockeren Festons, die jeder Luftzug bewegte. ' Und doch hatte ich mich noch nie so traurig gefühlt in- 3306 mitten bunter Blütenfülle, und als der Pont St. Louis erreicht war, und das märchenhafte Bild von Mentone sich am blauen Himmel profilierte, da blieb mein Auge wie gebannt an jener verfallenen Burg der Grimaldi haften, welche die Stadt beherrscht, jenem Friedhofe, wo unter bunten Rosen still die Toten ruhen. Ich begleitete eine Schwerkranke nach Men- tone und sah in banger Sorge der nächsten Zukunft entgegen. Ich suchte mich daher nach Möglichkeit in wissenschaftliche Arbeit zu vertiefen und meine Gedanken von der traurigen Bahn abzulenken, der sie zu folgen pflegten. Wohltuend wie immer wirkten die erhabenen Bilder, die mich umgaben, auf mich ein: das weite Meer und die zum Himmel emporragenden Berge. Ich suchte mich in ihrem Anblickzu zwer- lieren, und dann drangen auch wohl für Augen- blicke lichte Sonnenstrahlen der Riviera bis in mein Inneres ein. Mein Lieblingsziel bleibt, wie in früheren Jahren, der Pont Saint Louis, und stets habe ich von neuem den Eindruck, daß es nicht viele Orte am Mittelmeer gibt, von denen man eine schönere Aussicht ge- nießen könnte. Ich wähle stets den frühen Morgen zu diesem Spaziergang, um das Profilbild des alten Mentone auf dem Hintergrunde grauer Berge im vollen Sonnenglanz leuchten zu sehen. Den Rück- weg schlage ich über den Boulevard de (Garavan ein, der in vielen Windungen sich am Abhang des 3erges bis zum Friedhof von Mentone hinzieht. Er wird eingefaßt von Pfefferbäumen (Schinus molle)“ (S. 407), aus deren hellgrünem, zartgefiedertem lLaub die roten Fruchttrauben herabhängen. Als [0] [5] SI Unkraut fällt zu beiden Seiten der Straße eine ziem- lich hohe, weißblütige Kruzifere auf, die „stengel- umfassende Kresse“ (Lepidium draba). Dieses Ge- wächs ist interessant geworden durch die modernen Hilfsmittel, deren es sich bei seiner Wanderung durch Europa bediente. Seine sehr kleinen Samen, die der Wind leicht verweht, folgen nämlich überall dem Luftzuge, den die Eisenbahnzüge verursachen. So haben sie auch die Schienenwege längs der ganzen Riviera begleitet, um besonders auf frisch aufge- schlossenem Boden sich neue Heimstätten zu erobern. — Gleich nach dem Betreten des Boulevards blicken wer Iinken in den Garten:.der ‘Casa Copley hinein, deren Pflanzenreichtum uns schon an seiner anderen, längs der unteren Straße laufenden Mauer imponierte. Hier blicken wir von oben in ein ganzes Farbenmeer hinein. (Grerade blüht die blaue Glyzine (Wistaria sinensis) und verbreitet einen betäubenden Duft. Sie überzieht das Geländer, erdrückt die nahen Sträucher durch ihre Blumenlast, klettert hoch an einer Aleppokiefer empor, um sie mit ihren Gewinden zu fesseln. Neben ihrem durchdringenden Geruch weiß sich noch ein anderes honigähnliches Parfüm zu be- haupten, das der gelbblühenden, blaugrün belaubten KÖtdnwicke, Coronilla glauca, entweicht. Man sieht oT sie hier fast verwildert überall in den Gärten. Ist sie doch auch tatsächlich ein mediterranes, der hier ein- heimischen Coronilla emerus nahe verwandtes Ge- wächs, wenn auch an dieser Küste nicht zu Hause. — Dann steigt zur Rechten der farbenprächtige Garten der Villa Rosmarino am Abhang empor. Da könnte man die Blüten nach Hunderttausenden zählen, und E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 22 338 doch ist die ganze Anlage nur wenige Jahre alt. Wir erinnern uns, daß ein Zitronenhain zuvor diese Stelle deckte. Eine Anzahl dieser Bäume hat man auch ver- schont, und ihre goldigen Früchte leuchten aus den Rosengirlanden hervor. Wie ist es aber nur möglich, daß in so begrenzter Zeit Heliotrop, Bougainvillien, die dunkelblauen Kennedyen und klimmende Rosen an Mauern und an Lauben zu dieser bedeutenden Höhe emporzuklettern vermochten! Wird nur für die nötige Wasserzufuhr gesorgt, so zaubern in diesem geseg- neten Klima Sonne und Wärme paradiesische Gärten in kürzester Frist aus zuvor kahlem Boden hervor. Prächtig macht sich, wenn er in Blüte steht, der jetzt hier in den (Grärten sehr verbreitete „veilchenblaue Wasserdost“ Hebeclinium (Eupatorium) janthinum. Es ist ein Halbstrauch von der Insel Sankt Catharina, eine bis zu einem Meter hohe Komposite, die große, eiförmige, zugespitzte Blätter trägt, und deren junge Teile violett behaart sind. Den besonderen Reiz dieser Pflanze machen ihre hell-lilafarbenen Doldentrauben aus. Sie werden von braunen Köpfchen gebildet, die nur aus Röhrenblüten bestehen. Diese sind unscheinbar, doch aus ihrer Mitte wachsen die hell-lilafarbigen Griffel als lange Fäden hervor und erteilen dem Blütenköpfchen das (repräge zarter Federbüschel. — Und so setzt sich die Wanderung fort durch die bunte Frühlingspracht. Das Rot der Greranien dominiert längs der Straße, doch vor allem sieht man Rosen, Rosen in allen Nuancen, besonders häufig die einfachen, die jetzt in hoher Gunst stehen, die Rosa sinica und anemonoides. Stellenweise übersteigt die auf den Maskarenen hei- mische, mit den rachenblütigen Gewächsen wohl am 359 nächsten verwandte Buddleia madagascarensis einen Gartenzaun und streckt zwischen ihren weißfilzigen, lanzettlichen Blättern die ährenförmigen Rispen ihrer kleinen, orangefarbigen Blüten vor. Die Buddleien ‘sah man früher weit häufiger an der Riviera, doch da ihre Blüten unscheinbar sind, zudem nicht gerade an- genehm duften, mußten sie anderen lieblicheren (re- wächsen den Platz räumen. An der hohen Mauer der Villa Le Paradou bleibt man stets gefesselt stehen. Es ist als wenn die Blüten in Wasserfällen sich hier zur Straße abwärts stürzen möchten. Aus den dunkel- laubigen Gehängen des Phaedranthus buccinatorius ragen die langen scharlachroten Trichter in Fülle hervor. Dazwischen leuchtet grell neben den weißen und zart rötlichen Rosen das orangefarbige Strepto- solen. Die Pergola über dem Eingangstor, oben im Garten, erscheint ganz schneeweiß in der Sonne, so dicht wird sie verhüllt von den Blüten der Gebirgs- waldrebe (Clematis montana), die unser Auge durch ihre Blütenfülle ja auch in den nordischen Gärten er- freut. Eine Wigandia von erstaunlichen Dimensionen streut ihre violetten Blütenkronen über den Weg. Ich sah kaum jemanden ganz unempfänglich an dieser Wunder- pflanze vorüberziehen. — Dauernd wechselt von der Straße der Ausblick auf das alte Mentone. Es schließen sich alte Zitronengärten an, noch mit Früchten be- hangen und auch schon in Blüte, ihren Duft über den Weg ergießend. Dann folgt eine andere Reliquie aus früherer Zeit, ein silbergrauer Olivenhain „Le Pian“ genannt, eingefaßt in hohe, dunkle Zypressen. Alsbald sind es aber wieder gepflegte Gärten, auf denen das Auge ruht, mit einer Fülle weißer Chrysanthemen, DDE: 340 großer Natterkopfsträucher (Echium candicans), ausdenen die blauen, kolbenförmigen Blütenständehinausragen, mit Agaven, Alo&-Arten, Akazien und den sich dem Boden und den Mauern anschmiegenden Mittagsblumen. — So ist man schließlich nach genußreicher Wanderung durch eine Blütenpracht, wie man sie sonst kaum noch schaut, bis an den Friedhof über dem alten Mentone gelangt. — Wer ein Freund des Pittoresken ist, der schlägt jetzt den Fußweg östlich vom Friedhof ein und vollzieht den Abstieg durch die alte Stadt. Da geht es steil hinab zwischen hohen, altersgrauen Häusern, auf engen, gepflasterten Straßen, die sich in Stufen abwärts senken und unter Bogengängen hindurch- winden, welche die ganze Häusermasse zu einem ein- zigen Block verbinden. Hier sieht es noch ganz italie- nisch aus: die Häuser, die bunten Lappen, die vor den Fenstern in allen Höhen trocknen, die Menschengruppen, die vor den Türen hocken und lebhaft gestikulierend sich in ligurischer Mundart unterhalten. Auf allen meinen Ausflügen um Mentone be- grüßen mich die alten Bekannten aus der hiesigen Flora. Da fällt zuerst immer wieder durch seinen starken, honigartigen Duft das weiße Alyssum mari- timum * (S. 31) auf. Die Engländer nennen es Sweet Alison. Es wächst auf Mauern, zwischen Steinen und an Felsen und hört auch im Winter nicht auf zu blühen. Es ist, wie Levkojen, wie Goldlack, wie Lepi- dium, Moricandia und so viel andere hier und bei uns verbreitete Kräuter, ein Kreuzblüter. Das zeigt es durch die kreuzweise Stellung seiner vier Blumenblätter, seiner zwei kürzeren und vier längeren Staubfäden und seiner Schotenfrucht an. Die bescheidenen Blüten sind / 341 zu dichten Trauben vereint, die von den Bienen stark besucht werden. In jungen Blüten sind die sichtbaren Staubbeutel goldgelb und stechen 4 ro von der hellgrünen Basis der Kron- N blätter ab; in älteren Blüten werden diese Basis und dieStaubbeutel braun- rot und zeichnen sich als dunkle Mitte in dem weißen Kreuz. Die beiderseitigen Wände der kurzen Schote lösen sich von ihr bei der Reife ab; # die Samen werden ausgestreut, und zurück bleibt eine zarte mittlere Scheidewand, die schließlich auch bis auf den sie um- 5 gebenden Ring schwindet. Solche stehen- bleibende silberweiße Scheidewände der linsenförmigen Schoten eines anderen Kreuzblütlers, der Lunaria biennis, sind es, die so oft in Trocken- buketts Verwendung finden. — Sehr lieblich sind die Sonnenröschen, die 2} Re % FR. >. » en 3 gelben und die rosen- roten, denen man hier ar an allen Wegen be- u. Passerina gegnet. Sie wenden ihre zarten ERS r4 Blüten stets der Sonne zu und führen daherihren Namen. Das rosenrote (Helian- themum roseum)* (S. 241) mutet besonders den Botaniker an, da es eine seltene Pflanze ist, die er sich hier anzutreffen freut. — Als Unkraut längs der Wege, auf Schutt und an Zäunen tritt der am Mittelmeer heimische Boretsch (Bor- 342 rago officinalis) oft in solcher Menge hier auf, daß solche Stellen schon aus einiger Entfernung blau er- scheinen. Bei uns sieht man die Pflanze nicht selten in Gärten und nennt sie Gurkenkraut, weil ihre Blätter fein zerschnitten, in manchen Gegenden wegen ihres gurkenartigen Geschmacks, dem Salat beigemengt wer- den. In der südlichen Sonne nehmen die Blüten des Boretsch ein besonders intensives Himmelblau an und erfreuen das Auge durch ihre schöne, fast spektral- reine Farbe. Einzelne Blüten der lockeren Trauben wird man rot finden und tatsächlich feststellen können, daß jede Blüte bei ihrer Entfaltung rot ist und hier- auf erst sich blau färbt. — Veilchen sieht man um Mentone überall in Fülle. Einer alten Sage nach hätten sie ihren griechischen Namen ‚ion‘ daher er- halten, daß die Erde sie hervorsprießen ließ, um der Jo als Futter zu dienen, nachdem Zeus diese in eine Kuh verwandelt hatte. Sehr verbreitet waren die Veilchen um Athen, so daß Pindar diese Stadt als die veilchenbekränzte, „iostephanos“, bezeichnete. So auch nannte Goethe sein Ilm-Athen, und um diesen Eindruck noch zu steigern, streute er bei seinen Spaziergängen Veilchensamen an den Wegen aus. Der Makis ist aus der Umgebung von Mentone meist verschwunden, doch findet man ihn noch immer auf begrenzten Stellen vor, braucht nicht einmal weite Wanderungen anzutreten, um ihn zu erreichen. Am besten ist er noch auf dem Grat vertreten, den das ehemalige Kloster Annonciade krönt. Doch der Blick von dort oben fesselt mich kaum, ich gebe dem Berg- rücken den Vorzug, auf dem das alte, malerische Castellar sich erhebt. Man lenkt aus der Hauptstraße 343 von Mentone in die Rue de Castellar ein, überschreitet dann auf einer Brücke die Eisenbahn und steigt nun steil empor. Der Weg führt zum Teil über nackte Felsen. Da ist man denn sehr bald von Lavendel*| (S. 265), Zistrosen* (S. ı21, 125, 131), Baumheiden” (S. ıg1), | Rhamnus* (S.383), Daphne gnidium* (S. 179) und Philly- rea*-Sträuchern umgeben und kann auch wohl die eine oder die andere der schönen Orchideen erblicken, an welchen die Umgebung von Mentone einst so reich war. Dem dunklen Boden in den Böschungen der Wege schmiegt sich die zierliche Selaginella denticulata* (S. 415) an. Wir kultivieren dieses lebhaft grüne Pflänzchen gern in unseren Wintergärten, um größere Flächen oder Fels- partien mit ihm, gleichsam mit Rasen, zu überziehen. Es ist ein kryptogames (rewächs, das seine Sporen in Behältern birgt, die sich in den Achseln schuppen- förmiger Blätter an ährenförmigen Sprossen entwickeln. Der Weg dringt nach einiger Zeit in einen Kiefern- wald ein, dann führt er durch Olivenhaine und er- öffnet immer neue Ausblicke in das gewaltige Berg- panorama, das dem Bild von Mentone einen so roman- tischen Zauber verleiht. Wer zum ersten Male nach Mentone kommt, sollte seine Wanderungen mit diesem Ausfluge beginnen. Er führt ihn gleich in die volle Pracht dieser so überaus malerischen Landschaft ein. Il. Neuere Veröffentlichungen über den Feigenbaum (Ficus carica) hatten mein Interesse an diesem alten Kulturgewächs so gesteigert, daß ich ihm besondere Aufmerksamkeit zuwandte (Anm. 28. Er war im ersten Austreiben begriffen, trug außerdem an den 344 Zweigen die Anlagen der „Früchte“, die den Winter überdauert hatten. Der Feigenbaum, dem wir unsere eßbaren Feigen ver- danken, ist ein so altes Kulturgewächs, daß er ebenbürtig dem Olbaum und Weinstock zur Seite gestelltwerden kann. Wie die Kulturformen des Ölbaumes, so gelangten auch die des Feigenbaumes aus Westasien ans Mittel- meer. Es scheint, daß der Ausgangspunkt für den Feigenbaum Südarabien war, und daß die Phöniker ihn über die mediterranen Küstenländer verbreiteten. In der Ilias ist die Feige nicht erwähnt, so daß sie wohl erst in der nachhomerischen Zeit nach Griechen- land gelangte. In Italien dürfte die Feigenkultur nicht viel jünger als in Griechenland sein. In der poetischen Bildersprache des Altertums wurde der Feigenbaum als „Bruder des Weinstocks“ bezeichnet. Attika rühmte sich nebst Sikyon einst der besten Feigen. Wein und Feigen waren in Griechen- land ein Lebensbedürfnis der Armen wie der Reichen, und ein attischer Müßiggänger begnügte sich auch wohl mit einigen getrockneten Feigen, wenn es ihm galt, den Tag schlendernd zu verbringen und je nach der Jahreszeit in der Sonne oder im Schatten zu lagern. Wie die Sage berichtet, wurden Romulus und Remus unter einem Feigenbaum von der Wölfin gesäugt. Die säugende Brust hieß ruma oder rumen, die Göttin der Säugenden Rumina bei den Römern, was diesem Baum. den Namen Ficus Ruminalis verschaffte. Die paläontologischen Befunde sprechen für das Indigenat des wilden Feigenbaumes schon in der Quartärzeit auch im südwestlichen Europa, wo man fossile Reste fand, die so gedeutet werden. 345 Soweit als überhaupt die alten Schilderungen zurückreichen, führen sie uns bereits den Feigenbaum in zwei Formen vor. Die eine liefert die eßbaren Feigen, die andere ungenießbare Früchte. Schon im Altertume wird der Baum mit den ungenießbaren Früchten als Caprificus, das heißt, als Geißfeigen- oder Bocksfeigen- baum bezeichnet, und schon damals hatte man den eigenartigen Einfluß erkannt, den der Caprificus auf das Reifen der eßbaren Feigen ausübt. „Man nennt Caprificus“, schreibt Plinius, „einen wilden Feigenbaum, dessen Früchte nie reifen, der aber anderen Früchten das erteilt, was ihm selber abgeht; denn die Natur spendet nach Willkür die schaffenden Kräfte und ver- mag selbst aus der Fäulnis neue Wesen zu erzeugen. So bringt der wilde Feigenbaum Fliegen hervor, welche die faulenden Früchte des mütterlichen Baumes ver- lassen, weil diese ihnen keine Nahrung mehr bieten. Diese Fliegen stürzen sich auf den angebauten Baum, öffnen durch gierige und häufige Bisse seine Früchte, dringen in ihr Inneres ein und ermöglichen dadurch, daß so viel Wärme und Licht der Sonne in die Feigen gelange, als zu ihrem Reifen nötig ist.“ Diesen Vorgang der Kaprifikation scheint Herodot schon gekannt zu haben; Aristoteles schilderte ihn eingehend; und doch vermochte erst die neuere Forschung seine Bedeutung klar zu legen. Selbst dem Nordländer, der den Süden nie be- suchte, ist das Bild des Feigenbaumes nicht fremd, denn er wird ihn, wenn auch nicht im Freien, so doch in Kübeln gesehen haben. Die Feigen gelten dem Laien als einfache Früchte, die Körner in ihrem Innern als Samen. Tatsächlich 346 liegt hier aber ein ungewohntes, wesentlich komplizier- teres Verhältnis vor, das einst schon Albertus Magnus zu der Bemerkung veranlaßte, daß der Feigenbaum Früchte hervorbringe, ohne zu blühen. In Wirklich- keit liegt in der Feige ein. ganzer Blütenstand vor, dessen Stengelteile zu einem hohlen Gebilde ver- schmolzen sind, das an seiner Innenseite kleine Blüten trägt und weiterhin fleischig anschwellen kann. So kommt eine Art Scheinfrucht zustande, deren Körner die eigentlichen Früchte darstellen. Den Caprificus haben wir als den männlichen, den die eßbaren Feigen liefernden als den. weiblichen Baum zu bezeichnen. Beide erzeugen ihre ‚Schein- früchte dreimal im Jahre. Am Caprificus setzt die eine Generation der (Geißfeigen im Oktober an und kommt meist im April zur Reife, die zweite beginnt alsdann und findet im Juni und Juli ihren Abschluß, die dritte dauert in den Herbst hinein. Die Geiß- feigen führen zwar weibliche Blüten in ihrer Innen- höhlung, doch zeigen sich diese eigenartig verändert. Denn sie besitzen nur kurze Griffel mit unvollkommenen Narben und sind nicht auf Bestäubung und Befruchtung, vielmehr auf Gallenbildung eingerichtet. Doch können in. den Geißfeigen der zweiten (Greneration einige wenige ‘dieser Blüten befruchtet werden und keim- fähige Samen liefern. Unter der Mündungsstelle der Geißfeigen . sind männliche Blüten angebracht, am reichlichsten in denen, die zur Sommerzeit reifen. Alle drei Generationen der Geißfeigen sind für gewöhnlich ungenießbar, bis zur Reife milchend, zäh und ohne Zucker. Sie werden von Wespen (Schenkelwespen) der Gattung Blastophaga grossorum bewohnt, die 347 durch die obere Mündungsstelle in die Geißfeige ein- dringen, dort die unvollkommenen weiblichen Blüten aufsuchen und je ein Ei in die im Fruchtknoten be- findliche Samenanlage legen. Aus diesem Ei ent- wickelt sich eine weiße, fußlose Larve, während der Fruchtknoten selbst zu einer Galle anschwillt. In dieser erfolgt auch die Verpuppung der Larve und die Ausbildung der Wespe; schließlich beißt das Tier in die Galle ein Loch und macht sich frei. Zuerst reifen die flügellosen Männchen, befreien sich aus ihren Gallen, kriechen zu denen, welche die Weibchen bergen, durch- nagen deren Schale, schieben ihren Hinterleib in diese Öffnung und vollziehen die Begattung. Dann gehen sie zugrunde, ohne jemals das Licht der Sonne ge- schaut zu haben! Die Weibchen sind geflügelt, ver- lassen nunmehr die Gallen und gelangen durch die Mündungsstelle der Geißfeige ins Freie, doch nicht ohne sich dabei mit dem Blütenstaub zu beladen, den die zu gleicher Zeit gereiften männlichen Blüten entleeren. Sie suchen fliegend oder wie meist kriechend nach anderen Feigen, um ihre Eier ab- zulegen. Solche finden die zuerst befreiten Weibchen an dem Caprificus noch nicht vor, wohl aber an dem kultivierten Feigenbaum, der aber in keiner von seinen drei Feigengenerationen Gallen- blüten enthält. Seine Feigen verfügen vielmehr nur über langgrifflige weibliche Blü- ten, die in der Sommer- und . Peyssonnelia Herbstgeneration befruchtungs- squamaria. 348 fähig, in denen des Winters hingegen verbildet sind Ist die Blastophaga durch die enge Mündungsstelle in die Sommerfeige eines kultivierten Baumes hinein- geschlüpft, was ihr oft nur unter Verlust ihrer Flügel gelingt, so findet sie dort also keine für die Eiablage geeigneten weiblichen Blüten vor, denn die vor- handenen haben einen so langen Griffel, daß der Legestachel des Insekts die Fruchtknotenhöhle nicht zu erreichen vermag. Wohl aber bestäubt es mit dem ihm anhaftenden Pollen dort unbewußt die Narben und vermittelt die Befruchtung. Schließlich legt wohl auch so ein Weibchen ein Ei zwischen die Blüten statt in ihr Inneres, wo dieses aber zugrunde geht. So werden denn die weiblichen Blastophagen seit un- denklichen Zeiten in ihrem Instinkt getäuscht, indem sie die fruchtbaren Feigenanlagen des weiblichen Baumes für die gallenblütigen des Caprificus halten. Ein Vor- teil erwächst ihrer Spezies aber doch aus dieser Ver- mehrung, denn sie fördert die Fortpflanzung des Feigenbaumes, und der ist nötig für ihr eigenes Fort- bestehen. Die zuletzt den dGeißfeigen der ersten (seneration entschlüpfenden Weibchen finden die zweite Generation der Greißfeigen am Caprificus schon so weit entwickelt, daß sie in deren Grallenblüten ihre Eier legen können. Am Schluß dieser Greneration wieder- holt sich an den weiblichen Pflanzen das nämliche Spiel und dann nochmals am Caprificus im Herbst, worauf die Larven der dritten Jahresgeneration des Insektes in den Gallen der Wintergeißfeigen die kältere Jahreszeit überdauern. In Norditalien, Südtirol, Südfrankreich, Nordspanien und Portugal, um bei Europa zu bleiben, werden aus- 349 schließlich, oder fast ausschließlich, nur Feigenrassen gezogen, welche der Kaprifikation nicht mehr be- dürfen. Sie reifen wie die Früchte vieler anderer unserer Kulturpflanzen ohne Befruchtung, durch Par- thenokarpie oder Jungfernfrüchtigkeit, wie man dieses Verhalten jetzt nennt. Süditalien, Griechenland und Südspanien halten an der Kaprifikation fest. Während die ohne Befruchtung reifenden Feigen kernlos sind, d. h. keine Früchte enthalten, weisen die kaprifizierten Exemplare Kerne, d.h. Früchte mit keimfähigen Samen in ihrem Innern auf. Die nicht befruchteten Sorten liefern vor allem frisch zu verzehrende Tafelfeigen, während es die befruchteten, kernhaltigen Sorten sind, die man als weit haltbarer trocknet. Da die befruchteten Blastophagaweibchen sich nur träge bewegen, pflegt man in den Gegenden, die Kaprifikation üben, auch heute noch, wie in alten Zeiten, Zweige des Caprificus im entsprechenden Ent- wicklungszustand in den Zweigen der weiblichen Pflanze aufzuhängen. Bei solchen Sorten, die Kapri- fikation verlangen, fallen die Feigen, wenn sie nicht befruchtet werden, von den Zweigen des weiblichen Baumes ab. Das hat man auch in Amerika erfahren müssen, als der Versuch gemacht wurde, die Kultur der Smyrnaer Feige, die der Befruchtung bedarf, dort einzuführen. Viele Tausende von Bäumen pflanzte man in Kali- fornien an, ohne in den ersten neunzehn Jahren eine einzige reife Feige zu erlangen. Alle Anlagen wurden jung abgeworfen. Erst mit Hilfe von künstlicher, durch Menschenhand vermittelter Bestäubung, erzielte man Erfolge. Das regte zur Einführung des Caprificus mit 350 den Blastophagen an, und seitdem begannen sich auch in Amerika reiche Ernten von Smyrna-Feigen einzu- stellen. Für die Erhaltung solcher Feigenrassen, die keine Samen mehr liefern, muß der Mensch sorgen, indem er sie auf ungeschlechtlichem Wege durch Stecklinge und durch Pfropfreise vermehrt. Aus dem eingehenden Studium aller dieser Ver- hältnisse und der Ausdehnung der Untersuchungen auf tropische Feigenarten hat sich ergeben, daß der Caprificus und die kultivierten Feigenbäume in dieselbe Spezies, also zu Ficus carica gehören, bei der sich eine .Irennung der Geschlechter in solcher eigenartigen Weise vollzogen hat. Der Caprificus stellt in Wirklichkeit die männliche Pflanze zu dem kultivierten Feigenbaum dar. Aus den Samen der weiblichen Pflanzen sowie jenen, die vereinzelt auch der Caprificus erzeugen kann, gehen sowohl männliche als auch weibliche Individuen her- vor. Das hat besonders der italienische Botaniker B. Longo in einwandfreier Weise festgestellt. B. Longo forschte eingehend dem geschlechtlichen Verhalten solcher Feigenbäume (oder richtiger -Sträucher, da sie dann im allgemeinen diese Ausbildung zeigen) nach, die im wilden Zustande durch Italien zerstreut sind, und fand die beiden Geschlechtsformen unter ihnen vertreten. Die weibliche wird als Fico selvatico vom Volke bezeichnet. Wie weit es sich bei solchen Funden um ursprüngliche oder nur verwilderte Pflanzen handelt, ist im einzelnen schwer zu entscheiden. Für solche Feigensträucher, die B. Longo auf den Mauern alter Sienesischer Städte und Festungen antraf, ist aber zum mindesten anzunehmen, daß sie sehr lange schon der [09] oa Kultur entrückt sind. Da waren es denn besonders die hohen Umfangsmauern der malerischen Ruine von Monteriggioni, nicht weit von Siena, welche diesem Forscher als ein wahres Eden der wilden Feigensträucher erschienen. Gegen ein halbes Tausend dieser Sträucher entspringen dort der Mauer, die Dante schon im ein- unddreißigsten Gresang der Hölle erwähnt: „Perocche come in su la cerchia tonda — Montereggion di torri si corona“, ... Menschliche Hand hat seitdem die Mauern nicht berührt, in deren Spalten die keimenden Feigen- samen Zuflucht fanden, und über den Kreis, den sie ziehen, ragen noch immer vier Türme als Überrest der alten Burg empor. Aus den Samen, welche die Feigen- sträucher auf dieser Mauer mit Hilfe der Blastophagen erzeugen, und die dann die Vögel in ihren Auswurf- stoffen verbreiteten, gehen sowohl der Caprificus wie der Fico selvatico hervor, und in diesem wilden Zustand sind beide auf dreimalige Feigenerzeugung im Verlauf jeden Jahres eingerichtet. Von entsprechenden Pflanzen sind augenscheinlich unsere Kulturfeigen abzuleiten. Es kommt vor, daß auch ein Fico selvatico unter be- sonders günstigen Bedingungen schmackhafte Feigen trägt. Beim Caprificus gelingt es einer Geißfeige nur ganz ausnahmsweise fleischig anzuschwellen und einiger- maßen süß zu werden. Schon im Altertume war die Zahl der Kultur- tormen der Feige auffallend groß, und sie nahm zu, so daß Plinius sich die Frage stellte, ob nicht dieses Gewächs mit der Zeit sich: verändere. Es gab bereits weiße und schwarze Feigenrassen, und schon damals galten, außer den attischen Feigen, als besonders gut die aus der Gregend von Smyrna. Sie entstammten 392 der Landschaft Caria, deren Gebiet sich bis in die Gegenden erstreckte, aus denen heute die Smyrnaer Feigen zu uns kommen. Daher sah Linne sich ver- anlaßt, den Feigenbaum als „karische“ Feige, Ficus carica, zu bezeichnen. Die karischen Feigen gelangten schon im Altertum, so wie jetzt, getrocknet und in Schachteln verpackt, nach Italien. Ein Nizzaer Botaniker, der Dr. Sauvaigo, stellte vor kurzem eine Liste der Feigensorten auf, die man in der Nähe von Nizza kultiviert; er fand deren sech- zehn, darunter solche mit weißlichen und grünlichen, mit grauen und rötlichen, mit schwarzen und braunen Scheinfrüchten. Unter ihnen wird die Barnissotte blanche, die im Grenuesischen Brogiotto bianco heißt, als sehr schmackhafte Tafelfeige hervorgehoben. Die Genueser sollen sie zur Zeit der Kreuzzüge aus Syrien eingeführt haben. Bei Nizza kämen Bäume der Barnis- sotte vor, die über zehn Meter Höhe erreichen; die Besitzung Scuderi zu Cimiez rühmt sich sogar eines zwölf Meter hohen Stammes, der bei 1,30 Metern Durchmesser eine vierzehn Meter breite Krone auf- weist. Von der Rolandine heißt es, daß sie die ge- eignetste französische Feige zum Trocknen sei; als Königin aller Feigen zwischen Toulon und San Remo wird schließlich die längliche Bellone, mit sehr süßem, rotem Fleisch gepriesen. Die Feigen können auch heute noch als eine ge- sunde Speise gelten, doch haben sie gegen früher an Bedeutung sehr eingebüßt. In Athen spielten sie als Volksnahrung eine solche Rolle, daß bei Mißernten, um Teuerungen vorzubeugen, ihre Ausfuhr verboten wurde. Daher die amtlich angestellten „Feigenanzeiger“ 399 die „Syko- phanten‘“, die eine Über- tretung dieses Verbotes zur Anzeige brach- ten, auch wohl mit einer solchen als Erpres- sungsmittel drohten, weshalb ihr Name mit „Denunziant“ identisch wurde. Die Feigen sind tatsäch- lich etwa dreimal so nahrhaft wie Brot, und daraus erklärt sich so- wohl ihre einstige Bedeutung als auch ihre heutige Wert- schätzung in manchen Ge- bieten. So pflegt in Nord- afrika die Hälfte der Mahl- zeiten der Kabylen nur aus troekenen Feigen zu bestehen. Außerdem werden dortausFeigen große Brote und stark gepreßte Kuchen hergestellt und bis in das Innere der Sahara versandt. Um Nizza gewinnt TE | man aus Feigen auch Wein, den die angustifolia. Einheimischen als süß und wohlschmeckend loben. Merkwürdig ist, daß man bei Nizza die Feigen- bäume mit ganz ähnlichen Stoffen düngt, wie bei Bordighera die Oliven. Man meint, das müßten Dinge E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 23 354 sein, die sich. nur ganz langsam im Boden zersetzen. So kann man nicht selten sehen, wie zerstoßene Knochen, Papierschnitzel und Straßenkehricht, Hornspähne und wollene Lappen, Lederstücke und selbst der Schutt alter Häuser am Fuße der Feigenbäume vergraben werden. Auch andere Arten der Gattung Ficus, deren Heimat in subtropischen Ländern liegt, sieht man häufig in den Gärten der Riviera. Vornehmlich ist es die australische Ficus macrophylla; für die echt tropischen ist es hier hingegen zu trocken. Beliebt sind die Arten mit ihren großen, elliptischen, stark glänzenden Blättern, ähnlich denen, die uns veranlassen, die Ficus elastica als Topfgewächs in unseren Zimmern zu kultivieren. An der Riviera ist Ficus elastica nur vereinzelt anzutreffen. Am besten ged-ihen dort die australischen Arten, die man stellenweise als ansehn- liche Bäume antrifft. Solche charakteristische Aus- bildung erreichen diese Bäume bei alledem hier nicht wie in der Heimat, wo man die Äste der Ficus elastica auf Luftwurzeln ruhen sieht, die kräftigen Säulen gleichen, während die Bodenwurzeln als hin- und hergewundene Leisten aus der Erde herausragen und den Stamm wie riesige Schlangen umgeben. In Ostindien glaubt man oft einen ganzen Hain des Ba- nyans (Ficus bengalensis) vor Augen zu haben, und doch liegen nur Verzweigungen eines einzigen Stammes vor. Dieser hat seine Entwicklung oft als Epiphyt begonnen, indem er auf dem Zweige eines anderen Baumes keimte. Bald erreichten aber die Luftwurzeln, mit denen er seine Stütze umklammerte, den Boden, und damit wurde er von ihr unabhängig. Sie selbst stirbt langsam erdrosselt in seiner Umklammerung ab on on a und verschwindet schließlich meist spurlos durch Ver- wesung. Es gibt in Ostindien Banyans, die auf hun- derten von Luftwurzeln ruhen und das Bild einer Tempelhalle mit mächtiger, gewölbter Laubkuppel dem Beschauer vorzaubern. Besonders berühmt ist der Banyan des botanischen Gartens in Calcutta, der auf 139 Jahre geschätzt wird, eine Krone von etwa 304 Meter Umfang entwickelt hat und auf 562 säulen- förmige Luftwurzeln sich stützt (Anm. 29). — Im La Mortola-Garten hatten wir Gelegenheit eine austra- lische, mit zahlreichen Luftwurzeln bedeckte Ficus-Art zu sehen. Alle ihre Luftwurzeln waren aber in der Nähe des Hauptstammes verblieben, ohne freie, die Äste tragende Stützen zu bilden. Die Ficus elastica, welche uns als „Gummibaum“ bekannt ist, liefert Kautschuk aus ihrem Milchsaft. Auch von mehreren anderen ostindischen Ficus-Arten wird dieser kostbare Stoff gewonnen, und nicht minder sind auch süd- amerikanische Feigenbäume an dieser Produktion be- teiligt. Zu ihnen gesellen sich milchende Pflanzen aus anderen Familien, besonders der Euphorbiaceen und Apocynaceen. Eßbare Feigen liefert, außer unserem südeuropäischen Feigenbaum, die ägyptische Sykomore (Ficus sycomorus), doch können diese an Schmack- haftigkeit es nicht mit unseren Feigen aufnehmen. Dafür zeichnet sich das Sykomorenholz durch solche Widerstandsfähigkeit aus, daß die alten Ägypter es zur Herstellung ihrer Mumiensärge wählten. LIT. An grasigen Abhängen in Ölivenhainen, an den Rändern der Gärten und an Mauern ist sowohl um 23% 350 Mentone wie auch sonst an der Riviera das Ari- sarum vulgare* sehr verbreitet (S. 73). ein Aron- Gewächs, das jedem auffallen muß, der gewohnt ist, einige Aufmerksamkeit der ihn umgebenden Pflanzen- welt zu schenken. Zwischen den pfeilförmigen, dunkel- grünen Blättern erhebt es seine eigenartigen Blüten- stände. Sie sind von einem längsgestreiften, schmutzig- braunen Hüllblatt umgeben, das eine oben umgebogene Röhre mit purpurn-schwarzbraunem Eingang bildet. Aus ihm ragt ein an der Spitze etwas angeschwollener, abwärts gekrümmter, rotbrauner Kolben hervor. Weiter abwärts im Schutze des Hüllblattes trägt er höchst einfach gebaute Blüten; zuerst männliche, die auf je ein Staubblatt mit gelber Anthere beschränkt sind, dann weibliche, die aus einem Fruchtknoten mit haariger Narbe bestehen. Männliche und weibliche Blüten reifen gleichzeitig, und durch den Pollen, den die Antheren ausstreuen, werden die tiefer gelegenen Narben be- stäubt. So erfolgt Selbstbestäubung und sichert für alle Fälle die Samenbildung. Doch fühlen sich auch kleine Fliegen und Mücken durch den würzigen Ge- ruch des Blütenstandes angezogen und dringen in das Hüllblattrohr ein. Sie beladen sich mit Pollen, den sie auf andere Pflanzen derselben Art übertragen, so daß auch für Fremdbestäubung gesorgt ist. Wesent- lich kunstvoller sind die Bestäubungseinrichtungen, die der italienische Aron, Arum italicum, dem man hier auch recht oft im zeitigen Frühjahr begegnet, darbietet. Die pfeilförmigen Blätter dieser Art sind wesentlich srößer als die des Arisarum und besitzen zudem helle Nerven. Die Blütenstände werden zu späterer Jahreszeit entwickelt und erinnern dann sehr ar die der Zante- on on | deschia aethiopica, der sogenannten Calla unserer Blumen- tische. Sobald dieses Arum zu blühen beginnt, ist das große weiße Hüllblatt, das den Blütenstand um- schließt, nicht mehr im umgebenden Rasen zu über- sehen. Die angelockten Insekten können zu den Blüten nur von oben, von der Stelle aus, an der sich das Hüllblatt auseinanderlegt, und an der das angeschwollene, gelbe Ende des stabförmigen Kolbens hervortritt, ge- langen. Die Stabform dieses Kolbens und der Gleich- klang des Namens führten im Mittelalter dazu, den Namen der Arongewächse mit dem des hohen Priesters Aaron in Verbindung zu bringen, ebenso den Kolben des Blütenstandes, den Moses (IV, 17, 8) am Morgen blühend und Mandeln tragend auffand. So ist die deutsche Bezeichnung „Aaronstabgewächse“ aufgekommen. In Wirklichkeit ist aber der griechische Pflanzenname Aron schon bei Theophrast zu finden. Längs des Kolbens des Arum italicum wandern die angelockten Mücken der Gattung Psychoda hinab, um das Innere des Blütenstandkanales zu erreichen. An der engsten Stelle des Eingangs trägt der Kolben ab- wärts gerichtete Borsten, eine Art Fischreusenapparat, der den Tierchen wohl das Einschlüpfen in den Kanal, nicht aber das Ausschlüpfen gestattet. Diesem Apparat schließen sich am Kolben männliche Blüten und noch weiter abwärts weibliche an. Die weiblichen sind empfängnisfähig, bevor die männlichen reifen. Infolge- dessen können die Mücken nur mit schon mitgebrachtem Pollen die Narben bestäuben. Haben sie das getan, so erhalten sie zum Lohn ein kleines Nektartröpfchen, das jede bestäubte Narbe alsbald ausscheidet. Dann erst springen die Antheren der männlichen Blüten auf. 359 Ihr Pollen fällt in den Grund des Kanal hinab und bepudert dort reichlich die Mücken. Nunmehr er- schlaffen auch die Borsten am Eingang; die Mücken können ausschlüpfen und begeben sich zu einem anderen, jüngeren Blütenstand. Außer durch sein auffälliges Weiß, lockt ein solcher Blütenstand auch durch seinen, wenn auch schwachen Duft und durch Wärmeentwick- lung die Mücken an. Die Temperatur des Kolbens kann bis auf 40° C steigen! Faßt man das Kolben- ende mit der Hand an, so fühlt man unmittelbar seine Wärme. Das sind so wirksame Anziehungs- mittel, daß es von Mücken oft im Kanal wimmelt. Das Hüllblatt beginnt meist gegen ı Uhr mittags sich in seinem oberen Teile auszubreiten. Zwischen 3 und 5 Uhr Nachmittags ist diese Entfaltung vollendet. Die höchste Temperatur pflegt der Kolben am Abend zu erreichen. Diese Erwärmung zieht naturgemäß einen Gewichtsverlust für den Kolben nach sich. Sie ist die Folge gesteigerter Atmung, bei der orga- nische Substanz oxydiert, also, im weiteren Sinne des Wortes, verbrannt wird. Der Blütenstand gibt dabei entsprechende Mengen von Kohlensäure an die umgebende Atmosphäre ab. Atmen müssen ja, um zu leben, die Pflanzen so gut wie die Tiere, =D:5 dieser Vorgang sich durch Temperaturerhöhung un- mittelbar kundgibt, geschieht bei Pflanzen nur in seltenen Fällen. Der Kolben verbrennt eben durch hochgesteigerte Atmung einen Teil seiner Vorrats- stoffe. Jedenfalls ist es recht belehrend, daß selbst eine solche Erscheinung in den Dienst der Vorgänge gestellt wird, welche eine Kreuzung der Individuen fördern. 939 Auffällig ist es, wie stark an der Ponente sich eine gelbblühende Sauerkleeart, die Oxalis cernua” (S. 325) vermehrt hat. Man trifft sie “allenthalben auf (Gartenboden, besonders um Nizza und Mentone, Die Pflanze stammt aber aus Südafrika und ist erst vor nicht zu langer Zeit hierher gelangt, wo sie in der Richtung gegen Osten weiter wandert. Die sattgelben Blüten fallen auf, wenn sie sich in der Sonne geöff- net haben. Sie fol- gen ihrer Richtung, während in derselben Dolde die noch ge- schlossenen Knospen abwärtsschauen. Die a hellgrünen, zarten Blät- ter sehen ganz kleeartig aus, nur daß ihre Blättchen oben ausge- Pistacıa lentiscus. 3060 randet und dadurch verkehrt herzförmig sind. Diese Blätt- chen stellen sich senkrecht zu dem stärksten Tageslichte, das sie trifft, am Abend aber nehmen sie die Schlafstellung ein. Dabei senken sich die drei Blättchen abwärts am gemeinsamen Stiele und falten sich nach innen ein, so daß sich ihre Hälften berühren* (S. 325). Kleine, bräunlich gefärbte Grelenkpolster vermitteln an der Ansatzstelle der Blättchen die Bewegung. Der Nutzen solcher Schlafbewegungen soll nach Charles Darwin darin liegen, daß sie eine stärkere Abkühlung der Blätter zur Nachtzeit verhindern. Diese Sauer- kleeblätter enthalten Kleesalz d. h. oxalsaures Kali und schmecken daher säuerlich, was die Kinder ver- anlaßt sie zu essen. Da das Kleesalz aber giftig ist, so kann ein übermäßiger Genuß solcher Blätter Schaden bringen. Man wendet auch wohl die Blätter an, um Tintenflecke mit ihnen zu entfernen, was ja eine be- kannte Verwendung des Kleesalzes ist. Es gibt Oxalis- Arten, die vier Blättchen zu einem Blatte vereinigen, und diese hat man als „Glücksklee“ ausgenutzt. Hugo de Vries ist es aber gelungen, aus Samen einer Wiesen- kleepflanze, die einige vierzählige Blätter trug, echte ' Glückskleepflanzen, die dauernd Glücksblätter liefern, zu erziehen. — So viele Exemplare der Oxalis cernua wir an der Ponente auch durchmustern, nie finden wir | eine Fruchtanlage an ihnen. Die Pflanze erobert sich hier das Land nur auf ungeschlechtlichem Wege, mit Hilfe der Knöllchenbrut* (S. 325) ihrer Wurzeln, die der Mensch mit der Komposterde verschleppt. Daß die Oxalis cernua hier aber nicht fruchtet, erklärt sich aus einer wissenschaftlich recht interessanten Er- scheinung. Die Oxalis-Arten sind „trimorph‘“, d. h. sie 361 bilden dreierlei Formen von Blüten aus, die nur fruk- tifizieren, wenn sie gegenseitig sich befruchten. Nun ist aber nur eine Form der Oxalis cernua aus Süd- afrika nach Europa gelangt, und sie bleibt daher steril. Um eine Vorstellung von solcher trimorpher Hetero- stylie zu gewinnen, öffnen wir eine Blüte der Länge nach und betrachten ihren Geschlechtsapparat* (S. 325). Wir stellen leicht fest, daß die Greschlechtsorgane in diesem drei verschiedene Längen aufweisen. Fünf Staubgefäße sind besonders lang, so daß ihre orange- farbigen Staubbeutel das oberste Stockwerk des Apparates bilden. Darunter folgt eine mittlere, aus den orangefarbigen Staubbeuteln von fünf entsprechend kürzeren Staubgefäßen bestehende Etage. Noch tiefer breiten sich die fünf papillösen, grünen Narben der weiblichen Griffel, der „Stylen“, zum untersten Stockwerk aus. Wir haben es mit der kurzgriffeligen Blütenform der Oxalis zu tun. Außer dieser gibt es eine mittelgriffelige, welche die Narben in der Mitte, Staubbeutel oben und unten trägt, und eine lang- griffelige mit den Narben oben, mit Staubbeuteln unten und in der Mitte. Die Befruchtung der Narben kann nur ein Blütenstaub vollziehen, der in gleicher Höhe, also in einer der beiden anderen Blütenformen, entstand. So würde die kurzgriffelige Blütenform der Ponente die gleichzeitige Existenz der mittelgriffeligen oder langgriffeligen Form an Ort und Stelle verlangen, während der Zufall es fügte, daß nur die kurzgriffelige Form ans Mittelmeer gelangt ist, zuerst Sizilien und Sardinien besiedelte und sich dann bis hierher ver- breitet hat. Die Bestäubung dieser Pflanze wird durch Insekten vermittelt. Sie versenken ihren Rüssel in die Blumenkronröhre, um aus ihrem Grunde den Nektar zu schlürfen, und berühren dabei mit der gleichen Stelle des Rüssels die in entsprechender Höhe an- gebrachten (Greschlechtsorgane. So hat der richtige Blütenstaub alle Aussicht an seinen Bestimmungsort zu gelangen. Heterostyle Pflanzen brauchen übrigens. nicht mit Blütenstaub ungeeigneter Stockwerke stets steril zu sein, vielfach ist ihre Fertilität dann nur ver- mindert. Die Oxalis cernua der Riviera setzt aber in keinem Falle an, auch dann nicht, wenn man ihre Narben mit dem ungeeigneten Blütenstaub absichtlich bestreut. Oxalis cernua ist nicht die einzige Pflanze, die auf ungeschlechtlichem Wege in neue Weltteile vor- zudringen weib. Das hat durch Anwendung desselben Mittels der Kalmus (Acorus calamus) auch erreicht. Er ist so verbreitet an unseren Teichen, Seen und Flüssen, bildet dort oft so große Bestände, daß man an seinem Indigenat auch gar nicht zu zweifeln wagte. Und doch steht es fest, daß er ein Fremdling ist, der sich unser Land erst — und zwar ebenfalls auf un- geschlechtlichem Wege — erobert hat. Er dürfte wohl aus dem heißesten Ostasien stammen und über Mittel- und Nordasien nach Europa gelangt sein. Kein Schrift- steller des Altertums und des Mittelalters hatte die Pflanze gesehen, ungeachtet sie eine schon damals ge- schätzte Droge lieferte. In Polen heißt die Pflanze Tatarak, und so lebt dort in dem Namen die Tradition fort, daß sie die Tataren ins Land gebracht hätten. Der erste Botaniker, der in Europa die lebende Pflanze in Händen hatte, war Pierandrea Mattioli, der sie 1565, zur Zeit, da er in Prag als Leibarzt des Erzherzogs 363 Ferdinand lebte, von dem kaiserlichen Gesandten am türkischen Hofe Angerius Ghistenius Busbequis zu- geschickt erhielt. Clusius führte sie in den folgenden Jahren in den Wiener botanischen Garten ein. Als vollkommen in Europa naturalisiert kann die Pflanze seit Anfang des siebzehnten Jahrhunderts gelten. Bei uns bildet sie niemals Samen, wie es scheint, weil die Temperatur für die Ausbildung funktionsfähiger Samen- anlagen und Pollenkörner nicht ausreicht; sie erobert sich vielmehr weitere Grebiete mit Hilfe ihrer wagerecht kriechenden, sich verzweigenden Wurzelstöcke, die der Mensch zudem absichtlich verbreitet, da er aus ihnen Nutzen zieht. Denn diese Wurzelstöcke führen ein sehr aromatisches, ätherisches Ol, das Kalmusöl, und einen bitteren Extraktivstoff, dem heilsame Wirkungen zugeschrieben werden. Es gibt auch Kalmusschnäpse und Liköre und Zuckerwaren aus Kalmus. Plinius schildert den Acorus als eine aus dem Gebiet des Schwarzen Meeres, aus Kleinasien und aus Kreta nach Rom gelangende Droge, sie führe ihren Namen daher, daß man sie gegen Augenübel gebrauchte. IV. In den Olivenhainen von Mentone ist es bezaubernd schön, wenn der Vollmond am Himmelsgewölbe steht. Dann schwebt er über dem Meere, auf dessen be- wegter Fläche er silberne Hieroglyphen zeichnet. Im Hain erreichen seine Strahlen den Boden durch das zitternde Laub der Oliven, das geheimnisvolle Schatten- bilder wirft. An solchen Abenden entschließt man sich schwer zum Heimweg und wandert im Freien bis zu vorgerückter Stunde. — „Kein Gestirn“, so schrieb 364 einst Plinius, „vermag einen so zu begeistern, wie der Mond. Er ist der Erde am nächsten verwandt. Ihn schuf die Natur, um die Schatten der Nacht zu ver- scheuchen . . . Wie mannigfaltig sind seine Gestalten! Bald ist er im Bogen gekrümmt, bald in zwei Hälften geteilt, bald abgerundet zur vollen Scheibe. Wie oft verfinstert er sich und verschwindet, um dann wieder in vollem Glanz zu strahlen. Zu Zeiten wacht er treu die ganze Nacht hindurch über der Erde, oder er zeigt sich ihr erst zur späten Stunde. Manchmal leuchtet er sogar am Tage noch und wird dann zum Gefährten der Sonne. . . .. -Bäld: steht er unten am Horzar: bald hoch oben am Himmelsgewölbe. Oft scheint er die Gipfel hoher Berge zu berühren, beschreibt eine nördlichere, dann wieder eine südlichere Bahn. Endy- mion war es, der zuerst die Bedeutung dieser Ände- rungen erfaßte, daher die Sage später ihn zum Ge- liebten der Selene machte. Zu ihm, dem schönen Jüngling, wenn er auf dem Berge Latmos ruhte, sei sie oft hinabgestiegen, um ihn zu liebkosen. Wie un- dankbar sind wir doch, ruft Plinius aus, gegen die, die durch mühsame Forschung Licht über die Quellen des Lichtes verbreitet haben. OÖ unwürdige Verirrung des menschlichen (reistes, der es vorzieht, mit den Berichten blutiger Taten die Annalen seiner Geschichte zu füllen, und mit ihrer Schilderung die erzieht, die”vender Welt noch nichts wissen!“ Y Der Vollmond hatte klar und hell die ganze Nacht geschienen, am nächsten Morgen rückten aber Wolken von Östen heran und überzogen bald den ganzen Himmel. Dieser nahm dunkel- graue löne an; trotzdem blieb das Mittelmeer blau; es behielt die südliche Färbung, die ihm eigen ist. Das tiefe Blau, das wir am Mittel- meer bewundern, dankt dieses vor en allem der Durchsichtigkeit und der BBEMEOSE: Klarheit seines Wassers. An sich sind größere Mengen reinen Wassers blau, wenn man sie in durchfallendem Lichte betrachtet, daher das Eis an Grletscherspalten und um Gletscherhöhlen so erscheint. Wird ein hin- reichend langes, innen geschwärztes Rohr, vor dessen unterer Öffnung ein Spiegel sich befindet, senkrecht ins Mittelmeer getaucht, so sieht man das Wasser im Rohre wie einen Saphir leuchten. Ein Gegenstand er- scheint uns farbig, wenn er gewisse Strahlen des weißen Lichtes verschluckt, andere zurückwirft. Diese erwecken in uns, nachdem sie unser Auge erreichten, die Vorstellung einer bestimmten Färbung, die wir dem 366 Gegenstande zusprechen. Das Wasser ist blau, weil es die roten und gelben Strahlen des weißen Lichtes früher als die verschluckt, welche durch ihr Zusammen- wirken Blau geben. Um den Eindruck dieser Farbe in unserm Auge hervorzurufen, müssen sie aber zu ihm gelangt sein, somit das Wasser verlassen haben. Aus völlig homogenem Wasser würden sie aber nicht her- austreten, ihren Weg vielmehr in ihm fortsetzen. Es muß das Wasser somit einen gewissen Grad von Trü- bung besitzen, damit es uns farbig erscheine. Dazu sind suspendierte Teilchen nötig, welche das Licht re- flektieren. Je kleiner‘ diese Teilchen sind, je’gerner: ihre Zahl, um so tiefer dringt das Licht ins Wasser ein, bevor es zurückgeworfen wird, um so blauer ist es also auch, wenn es unser Auge erreicht. Die nördlichen Meere sind im allgemeinen weniger klar als die südlichen, daher letztere sich besonders durch ihre,blaue Färbung auszeichnen. Da Landseen der Grefahr der Trübung stärker ausgesetzt sind, so bieten sie nur selten jene Bedingungen dar, welche das Zustande- kommen einer schönen, blauen Färbung ermöglichen. Zudem können sich in ihnen Färbungen durch gelöste Stoffe einstellen. Kalksalze tragen dazu bei, solchen (rewässern ihre blaue Farbe zurückzugeben. Wie sich neuerdings zeigte, trägt zur Trübung und somit auch einer bestimmten Färbung der Seen und vor allem der Meere auch das „Plankton“ bei, jene Unsumme kleiner Organismen, die sich schwebend in den Ge- wässern aufhalten. In ihrem Planktonreichtum stehen aber die nordischen Meere wieder oben an. Ganz besonders arm an Plankton hat sich der östliche Teil des Mittelmeeres erwiesen, der zugleich am auffallendsten blau gefärbt ist. Wie blau die Grotta azzurra von Capri ist, weiß jeder, der sie sah. Sie verdankt diese Farbe aber nur dem, daß, um sie zu erreichen, das Tageslicht eine entsprechend dicke Wasserschicht pas- sieren mußte. Die Grotta verde erscheint hingegen grün, weil ihr Wasser seicht ist und die Färbung des Bodens, der aus gelbem Kalkfelsen besteht, mit zur Geltung kommt. Da die roten Lichtstrahlen so rasch vom Wasser verschlungen werden, so begreift man auch leicht, warum rote Seesterne in einer gewissen Tiefe nicht mehr rot, sondern schwarz erscheinen. Ähnliche Wirkungen wie im Wasser sollen auch in unserer At- mosphäre sich geltend machen und die blaue Färbung des Himmels verursachen. Je klarer die Luft, je kleiner die in oberen Regionen suspendierten Teilchen, um so blauer das Himmelsgewölbe Bei starker Trübung der Atmosphäre wird der Himmel grau; ohne jede Irübung müßte er, wie der Weltenraum, schwarz er- scheinen. — In der Nähe der Meeresküsten nimmt auch in südlichen Meeren die Intensität der blauen Färbung ab. Bei stärkerer Trübung stellen sich dort grüne Töne ein. Oft erfolgen Farbenänderungen in- folge von Trübung bei bewegter See. Nur in seichtem Wasser macht sich zugleich der reflektierende Einfluß des Untergrundes geltend und wirkt auch seine Farbe mit. — Es ist somit nicht zutreffend, zu behaupten, daß es die Spiegelung des blauen Himmels sei, welcher die südlichen Meere ihr tiefes Blau verdanken. Das Mittelmeer kann auch bei bedecktem Himmel diese Färbung zeigen. Andererseits weiß jeder, dem es ver- gönnt war, die Farbenpracht der südlichen Meere zu bewundern, daß der Zustand des Himmels ihre Töne 368 beeinflußt, daß die weite Meeresfläche die Stimmung des Firmamentes wiederspiegelt, mit dem Himmel weint und lacht, am Abend sich in Purpur kleidet, in den tiefen Schlagschatten der Wolken zu trauern scheint, mit dem Gold der Sonne und dem Silber des Mondes seine Wogen schmückt. So übt es im ewigen Wechsel auch einen unerschöpflichen Zauber auf uns aus. Denn nie wird es alltäglich, das wandelbare Meer! Vor Mentone erreicht das Mittelmeer sehr bald bedeutende Tiefe. Sein Boden senkt sich rasch, so daß bei etwa vierzig Kilometern Entfernung von der Küste das Senkblei erst bei zweitausendfünfhundert Metern den Grund erreicht. Man wagt es nicht, im Winter hier in der See zu baden, und doch sinkt selbst im Januar die Tem- peratur des Wassers kaum unter zwölf Grad Wärme herab. An seichten Stellen steigt sie sogar, wenn das Meer ruhig ist und die Sonne es anhaltend bestrahlt, wesentlich höher. Mit den Gezeiten braucht man am Mittelmeere nicht zu rechnen, da der Unterschied des Wasserstandes zwischen Ebbe und Flut nur dreißig bis vierzig Zenti- meter beträgt. Das sind ähnliche Verhältnisse wie an der Östsee; dagegen ist der Salzgehalt des Wassers fast doppelt so groß, denn er beträgt durchschnitt- lich 4, in der Ostsee hingegen nur 2,2 Prozent, Er übertrifft auch um mehr als 0,5 Prozent den der Nordsee. VI: Ich weiß mich der Zeit noch zu erinnern, als zahlreiche Tamarisken (Tamarix gallica) den Strand 3609 von Mentone schmückten. Es war ein schöner An-! blick, wenn sie im Frühjahre, mit rosenroten Blüten dicht bedeckt, ihre schlanken Zweige zum Meere hinab- neigten. Allmählich wird dieses mediterrane Grewächs ‘selten an der Riviera, und bei Mentone sucht man vergebens nach ihm. Wo es einst in Menge stand, da erstreckt sich jetzt die breite Strandpromenade, welche Mentone mit dem Cap Martin verbindet. Von jeher aber gehörte jener Baum zu den charakteristischen Gewächsen des Mittelmeeres, und er war es, auf den nach Homer Odysseus die Rüstung des Dolon hing. Hingegen gelang es dem afrikanischen Rizinus in Garavan am Meeresufer sich einzubürgern und fast zu Baumhöhe emporzuwachsen. Solchen Rizinusbäum- chen begegnet man auch sonst häufig an der Riviera di Ponente, deren Klima diesem (rewächs förderlich zu sein scheint. Ricinus communis, der gemeine „Wunderbaum“, ist im übrigen sehr anpassungsfähig und bequemt sich dazu, in unseren Gärten, als ein- jährige Pflanze seine ganze Entwicklung durch- zumachen. Selbst bei Christiania vermag er noch seine Samen zu reifen. Die Kultur hat ihn über alle Länder getragen; daß er aus Afrika stamme, ist daher nur wahrscheinlich, aber schwer nachzuweisen. Wir pflanzen dieses Grewächs in unsern Gärten zur Zierde wegen seiner großen, handförmig gelappten Blätter. Im Herbste entwickelt es seine Rispen, die im unteren Teile gelbe Knäuel männlicher Blüten tragen, oben hingegen durch die Narben der weiblichen Blüten rote Färbung erlangen. Der erste Frost tötet bei uns die Pflanze. Ihre baumartige, viele Jahre dauernde Ausbildung an der Riviera bringt somit ein beredtes E. Strasburger, Streifzüge. an der Riviera. 24 370 Zeugnis für die Milde des Klimas, das dort herrscht. Freilich bleibt dabei zu berücksichtigen, daß manche Pflanze in einem milderen Klima, weil sie dort besser „ausreift“, weniger empfindlicher gegen Kälte ist als bei uns. — Die purgierende Wirkung des Rizinusöls war schon im alten Griechenland bekannt. Dioskorides zählt es unter den Abführmitteln auf, und auch im Mittelalter wurde es zum gleichen Zwecke angewendet. Herodot führt als ägyptischen Namen dieser Pflanze Kiki an, und auch Albertus Magnus kultivierte sie als Kik, wie sie denn in Griechenland heute noch Kiki heißt. Die Bezeichnung „Wunder- baum“ wurde ihr in Deutschland wegen ihres auffällig raschen Wachstums gegeben. Die Lautähnlichkeit mit Kiki erweckte auch die Vorstellung, der Kikajon des alten Testaments, der bei Ninive in einer Nacht so über den Propheten Jonas wuchs, daß er seinem Haupte Schatten gab, sei Rizinus gewesen. In der Lutherschen Übersetzung heißt es „Kürbis“. — Man hat aus dem Rizinusöl die scharf schmeckende Rizinus- säure, auch mehrere feste Säuren isoliert; doch ist nicht sichergestellt, welchem Stoffe die purgierende Wirkung zukommt. Die Chinesen entziehen dem Rizinusöl den wirksamen Stoff, indem sie es mit Alaun, Zucker und Wasser versetzt kochen lassen. In solcher Weise behan- deltes Ol kann in Speisen Verwendung finden. Eine be- rühmte Speise der Chinesen, die auch bei Fremden Beifall findet, sind in Rizinusöl gebratene Haifischflossen. vn. Der ganze Tag war auffallend schwül gewesen bei bedecktem Himmel. Nach dem Abendessen ging 371 ich hinab an den Strand, in der Hoffnung, dort Kühlung zu finden. Ich wagte mich hinaus auf einen der Felsen, die an der Bucht von Garavan ins Meer vorspringen, und ließ mich dort nieder. Der Himmel hatte sich auf- gehellt, und es funkelten an ihm die Sterne. Hier und dort stiegen aus den Tiefen des QOuercus E65, coccifera. Meeres geheimnis- volle Lichter em- por; sie blitzten auf an den Gipfeln der Wellen oder zogen lange Streifen über die dunkle Flut. Es waren Geschöpfe des Meeres, die in der schwarzen Nacht ihre Bahnen mit eigenem Licht erhellten. — Ich betrachtete lange dieses Schauspiel. Von Zeit zu Zeit warf ich eine Hand voll kleiner Steinchen hinab ins Wasser, und dann schien dieses sich zu entzünden, überall dort, wo ein Stein- chen hintraf. — Ich wanderte nunmehr zum Hafen, suchte nach einem Bootsmann und ließ mich eine Strecke weit hinausrudern in die offene See. Bei jedem Ruder- schlage entflammte die Flut, floß ab von den Rudern wie flüssiges Metall und sprühte in feurigen Kaskaden auf am Bug. Das war ein märchenhafter Anblick; so schön hatte ich das Meer lange nicht mehr leuchten sehen, — einmal freilich noch schöner, vor langen, 24* DE 372 langen Jahren, — im Golf von Smyrna. Da glichen die Wellenkämme Feuergarben, und das Schiff zog hin wie durch ein Flammenmeer. Auch auf dem Festlande gibt es Wesen, die im Finstern Licht ausstrahlen, doch erscheint ihre Zahl mir gering, wenn man sie mit der der leuchtenden Meeresbewohner vergleicht. Bestimmte Pilzfäden, die das Holz zersetzen, so die des sehr schädlichen Halli- masch (Armillaria mellea), verbreiten einen phosphores- zierenden Schein in der Dunkelheit, und dann scheint das zersetzte Holz selbst zu leuchten. Manch unheim- lich schimmernder, halbverfallener Baumstamm hat schon in dunkler Nacht einen abergläubischen Wanderer durch sein gespensterhaftes Aussehen erschreckt. Am stärksten ist dieses Leuchten im Hochsommer und Herbste, nach anhaltendem Regen bei schwüler Luft. Das Licht ist weiß und matt, wie das des Phosphors in einem dunklen Raume. — Unter den Ölbäumen der Provence kann man im Spätherbst den goldgelben Fruchtkörper eines Hutpilzes, des Agaricus olearius, zur Nachtzeit schimmern sehen. Er sendet bei jeder Witterung ein weißes, mildes Licht aus. — Der größte Flammenzauber stellt sich in unseren Breiten zurzeit der Sommersonnenwende ein, wenn die Haine am späten Abend durch Tausende von Johanniswürmchen Lampyris noctiluca) illuminiertt werden. Nur die (Männchen dieser Käfer ziehen leuchtende Streifen durch die Lüfte, während die Weibchen in feuriger (slut am Boden ihrer harren. Die Zahl der leuchtenden Meeresbewohner ist endlos; fast alle Abteilungen der dort lebenden Tiere haben sie aufzuweisen. Doch solche Gesamtwirkungen, 373 die als Leuchten ganzer Meeresflächen sich unseren Blicken offenbaren, werden durch endlose Mengen niederer Organismen veranlaßt. Diese sind es, die dann jede Welle mit einem mondhellen Saum versilbern und den Weg eines Schiffes als glänzende Furche in die Fluten zeichnen. Das sind nicht nur Tiere, sondern auch winzige Pflänzchen, die gemeinsam als „Plankton“ im Meere schweben, in ihm auf und niedersteigen. Wenn es aber ein vereinzelter feuriger Streifen ist, der die Wogen durchschneidet, dann hat ihn ein höher organisiertes Wesen, meist eine jener großen, glocken- förmigen Medusen gezogen, die der Araber treffend als Laterne des Meeres bezeichnet. Lichtspendende Meeresbakterien gelangen öfters auch zu uns aufs Land. Zum Meeresleuchten tragen sie aber nicht bei, obgleich sie die sämtlichen Meere bewohnen. In ihnen siedeln sie sich vielmehr nur auf anderen Wesen an, die dann im Dunkeln silberweiß, bläulich oder grünlich zu phosphoreszieren beginnen. Nur bei Luftzutritt ist dies möglich, da die Photobakterien Sauerstoff zu ihrer Lichtentwicklung verlangen. Von leuchtenden Fischen wird die Erscheinung bei uns leicht auf Fleisch übertragen. Man war daher lange Zeit der Meinung, daß stets einem Leuchten des Fleisches die Berührung mit Fischen vorausgegangen sei. Neuer- dings stellte aber der Botaniker Hans Molisch fest, daß Leuchtbakterien dauernde Bewohner unserer Binnen- länder sind. Zu ihrem Gedeihen verlangen sie etwas Kochsalz, woraus sich erklärt, daß es bisher nicht ge- lang, solche Bakterien im Süßwasser nachzuweisen. Angaben über leuchtendes Fleisch sind uralt, doch reichen die zuverlässigeren nur bis auf das Jahr 13592 374 zurück und sind dem berühmten Anatomen zu Padua, Hieronymus Fabricius ab Aquapendente zu verdanken. Man hätte sicherlich Gelegenheit, diese Erscheinung öfters zu sehen, wenn man auf sie achten möchte. Ein Fleischer, dem sie auffällt, hält sie aus gutem Grunde geheim, denn leuchtendes Fleisch macht unheimlichen Eindruck und könnte seinen Absatz schädigen. In ‚Wirklichkeit sind die Leuchtbakterien ungefährlich, und selbst eine leuchtende Wurst könnte ohne Nach- teil verzehrt werden, vorausgesetzt, daß sie sonst gut ist und nicht etwa jene gefahrbringenden Ptomaine enthält, die als Wurstgifte bekannt sind. Niedere Temperaturen fördern die Entwicklung der Leucht- bakterien; daher diese in Eiskammern und Eisschränken besonders gedeihen. Wohl die Hälfte aller Fleisch- stücke, die in dreiprozentige Kochsalzlösung so gelegt werden, daß sie nicht völlig untergetaucht sind, dürften nach wenigen Tagen zu phosphoreszieren beginnen. Das Bakterium, von dem diese Erscheinung ausgeht, heißt Micrococcus phosphoreus. Es stellt winzige Zellen von rundlicher oder ovaler Gestalt dar, deren Durch- messer kaum ein bis zwei Tausendstel Millimeter beträgt. Bei niederen Temperaturen, etwa neun bis zwölf Grad über Null, leuchten diese Organismen besonders kräftig, so daß man ihre Phosphoreszenz schon zur Tageszeit, im Schatten eines Zimmers, wahrzunehmen vermag. (regen höhere Temperaturen sind sie sehr empfindlich, und etwa dreißig Grad Wärme genügen meist, um sie zu töten. Im Innern unseres Körpers dürften diese Bakterien somit schwerlich gedeihen. Es gelang, die Leuchtbakterien in ihrem eigenen Lichte zu photographieren. So wie die phosphores- zierenden Pilze, leuchteten auch sie ohne Unterbrechung, während die meisten phosphoreszierenden Meeresbe- wohner es nur dann tun, wenn sie gereizt werden. Daher auch die Erschütterung durch Steinchen, die man ins Meer wirft, ihre Lichtreaktion auslöst. Es mag das plötzliche Aufleuchten bei der Reizung für diese Organismen ein Schutzmittel sein, bestimmt, den angreifenden Feind zu erschrecken. Den Wesen, welche die ozeanischen Tiefen bewohnen, muß es aber noch andere Vorteile bringen, vor allem ihnen das gegen- seitige Auffinden erleichtern. Bei allen leuchtenden (seschöpfen ist die Licht- entwicklung an das Leben gebunden und erlischt mit dem Tode. Man nimmt an, daß in ihren Zellen ein Stoff entsteht, den man Photogen nannte, und der bei Gregenwart von freiem Sauerstoff zu leuchten vermag. Raphaöl Dubois und Molisch versuchten es, die Leuchtbakterien zur Herstellung lebender Sicherheits- lampen zu verwerten. Glasballons wurden an ihrer Innenseite mit einer dünnen Schicht Nährgelatine, die sie mit Bacterium phosphoreum zuvor versetzt hatten, überzogen. Dieses Bakterium vermehrte sich reichlich in ein bis zwei Tagen und begann dann in schönem bläulich-grünem Licht zu erglänzen. Das hielt über zwei Wochen an. Einige solche Ballons reichen aus, um einen dunklen Raum soweit zu erhellen, daß man die Gregenstände in ihm deutlich unterscheiden kann. Da an dem kalten Lichte dieser Bakterien weder Pulver noch irgendwelche Gase sich entzünden können, so finden solche Lampen vielleicht in Pulverlagern und besonders gefährdeten Bergwerken noch einmal Verwendung. 376 Wenn wir uns Algen in Seewasser eingesammelt haben und sie im Zimmer weiter kultivieren, können wir uns nach eingetretener Dunkelheit das Schauspiel des Meeresleuchtens im kleinen auch zu Hause gönnen. Erschüttert man das Gefäß, so blitzt es plötzlich an verschiedenen Stellen in seinem Innern auf. Es sitzen winzige tierische Wesen den Algen an, die auf den durch die Erschütterung ausgeübten Reiz durch Aufleuchten antworten. Die Algen selbst sind nicht befähigt zu einer solchen Leistung. Wohl aber zeigen manche unter ihnen im Tageslicht einen eigenartigen Schimmer, andere einen wunderbaren Glanz, der auf Reflexen beruht. Dann sind bestimmte Inhaltsmassen ihrer Zellen so gestaltet und angebracht, daß sie wie Hohlspiegel wirken. Die schönsten Leistungen dieser Art haben im Mittelmeer die Vertreter der Gattung Chylocladia aufzuweisen. Das sind wirtelig verzweigte Rhodophyceen, die prachtvoll blau, silberweiß oder rötlich glänzen, manchmal in allen Regenbogenfarben schillern. Auch die braune Cystosira leuchtet in allen Tönen, wenn die Welle sie im Sonnenschein auf und ab bewegt. VII. Die schmalspurige Bahn „du Sud de la France“, führt in höchst malerischer Fahrt von Nizza längs der Bergeshänge unmittelbar nach Grasse. Gleich jenseits des Bahnhofes, der an der Avenue Malaussena, einer Verlängerung der Avenue de la Gare, sich befindet, beginnt die Bahnstrecke zu steigen. Man blickt hinab auf das weit ausgedehnte Nizza, das mit seinen palast- artigen Hotelbauten einen prunkvollen Eindruck macht. 377 Durch enge Täler, zwischen Landhäusern /° und Gärten, an bewaldeten Ab- ti hängen vorbei, führt weiter der Schienenweg. Man sollte diese Fahrt nicht ' Br zu früh in 2: 5 der Jahreszeit unternehmen, keinesfalls vor Anfang April, weil die Höhen QOuercus sich Ülex. dann erst mit Frühlings- laub schmücken. Bald ist das Tal des Var erreicht, in dessen breitem Kiesbette meist nur schmale Rinnsale fließen. Dieser Anblick das Auge wird Es haftet an dem Hintergrunde der Berge, den mächtigen Schneegipfeln, die sich jenseits der Schlucht auftürmen, aus welcher der Var sich ergießt. Dort reihen kann nicht als schön gelten, doch durch ein anderes Bild abgelenkt. sie sich aneinander, die Caire Cougourda, Caire Agnel, Cima Giranda, und wie sie sonst alle heißen, diese Riesen der Seealpen, und schweben, von leichtem, azurnem Duft umhüllt, im tiefen Blau des provenzalischen Himmels. Im Vordergrunde wachen auf steiler Höhe die grauen Dörfer Carros, Bonson, Gattieres über dem Tale, als wären sie dort nur angebracht, um den romantischen Schmuck der Landschaft zu erhöhen. Im, Westen bildet der gewaltige Fels Baou de St. Jeannet den Rahmen zu dem Bilde. Unter diesem Eindruck wird 3783 Colomar erreicht, wo die Bahn sich in zwei Arme teilt. Der eine Arm verbleibt an dem linken Ufer des Var, der andere überschreitet ihn auf einer Brücke, um sich gegen Grasse zu wenden. Dort steigt der Schienenweg alsbald stark, und immer großartiger entfaltet sich gleichzeitig das Bild. Jetzt sind es die Schneemassen der 3135 Meter hohen Cima des Grelas, die im fernen Osten das Bild beherrschen. Immer näher rückt uns der massige Felsblock des Baou de St. Jeannet entgegen und scheint ins Endlose zu wachsen. Er drückt sein Gepräge dieser Gegend so auf, wie die T&te de Chien der Küste von Monaco. Südöstlich von St. Jeannet erheben sich, weithin sicht- bar, die Ruinen eines Kastells, welches das Volk als Hexenschloß bezeichnet. Einst war es eine Kommende der Tempelritter; ihre massiven Mauern trotzen bis jetzt der Zerstörung. — In St. Jeannet wurde der Pack- wagen unseres Zuges mit Körben gefüllt, denen ein starker Duft entströmte. Sie mußten wohl Rosmarin und Thymian enthalten. Da der Packwagen sich vorn am Zuge befand, so fuhren wir jetzt in einer parfü- mierten Atmosphäre und ließen sicherlich einen langen Duftstreifen hinter uns zurück. Der alte Ort Ventium, den einst die ligurischen Nemesier bewohnten, das heutige dunkelgraue Vence, das ich bisher nur aus Fernsichten kannte, lag jetzt zu meinen Füßen. Dann ging es weiter auf hohen Brücken über die Täler oder auf schmalem Absatz dem Bergesabhang entlang. Man blickte landeinwärts in die tiefe Schlucht des Cosson, die der malerische Ort Tourettes-sur-Loup von hoher Warte aus beherrscht; dann mußte man see- wärts das Auge wenden, zur endlosen Meeresfläche, 379 die im Sonnenscheine glänzte. Ein kühner Viadukt führt über den Loup, dessen romantische Schlucht von Grasse aus viel besucht wird. Dort bewundert man die schäumenden Wasserfälle, die von steilen Felsen sich in die Tiefe stürzen. Der Eisenbahnzug gelangt über eine lange Brücke nach dem alten Flecken Le Bar, der einst ein römischer Posten gewesen ist; wieder setzt man sich in Bewegung, dann taucht plötzlich Grasse auf, über der breiten Ebene der Siagne. 1X. (rrasse steigt steil empor am Abhange des Roque- vignon. Gegen Norden gut geschützt, birgt es die höchstgelegenen Gärten der Riviera, in welchen noch Palmen gedeihen. Der größte Teil der alten Stadt hat noch sein früheres Aussehen bewahrt. In Win- dungen klettern die Straßen den Abhang hinauf. Steile Treppen kürzen die Wege; Strebepfeiler ver- binden die gegrenüberliegenden Gebäude, als sollten sie es verhindern, daß sie abwärts gleiten. Durch die engen Gassen drängt sich am Abend die Menschen- menge. Stellenweise wird sie so dicht, daß der Ver- kehr für Augenblicke stockt. In die altersgrauen Häuser hat man hier und dort große Schaufenster ge- brochen, deren moderner Inhalt wenig zu der Um- gebung paßt. Manchem Hauseingange entströmt ein fettiger Dampf, gewürzt mit Zwiebel und Knoblauch. Da gibt es Fritüren, unverfälschte mediterrane Wohl- gerüche. Doch mit jenem Ölduft mischt sich ein an- deres durchdringendes Parfüm, das an freieren Orten allein zur Geltung gelangt; es kommt vom Sandel- 380 holz, das aufgeschichtet in den Parfümfabriken liegt. Seine Verarbeitung hatte eben begonnen. Nach dem Maler Jean-Honore Fragonard, der 1732 in Grasse geboren wurde, hat man jetzt einen neuen Boulevard benannt. Auch erhielt er ein Denkmal im Jardin Public. Für Fragonard selbst, der in der Re- volutionszeit sein Vermögen einbüßte und 1806 in Armut und Vergessenheit starb, ist das nun etwas zu spät gekommen! Heute werden seine lebenslustigen, im Watteauschen Stil gehaltenen Bilder mit enormen Summen bezahlt. In Grasse selbst konnte man noch vor nicht gar zu ferner Zeit in der Villa Malvilan reizvolle Werke seiner Hand bewundern, welche die Freuden der Kindheit und der Jugendspiele darstellten. Sie wurden von einem Londoner Kunsthändler an- gekauft und gingen dann in den Besitz von John Pier- pont Morgan über. Sie befanden sich in seinem Lon- doner Hause in einem zu ihrer Aufnahme besonders eingerichteten Salon, haben vor kurzem aber den Weg nach Amerika eingeschlagen. Die Dubarry be- stellte einst diese Bilder bei dem Künstler; sie sind ihr aber niemals abgeliefert worden, weil ihr Sturz dem zuvorkam. — In der Villa Font-Michel kann man aber noch immer einige der Bilder sehen, die der aus (srasse gebürtige Graf de Thoranc für sein dortiges Haus, jetzt Villa Roubaud, in Frankfurt a. M. hatte malen lassen. Die meisten dieser Bilder, die sich im Schlosse des Grafen von Sartoux in Monans-Sartoux und im einstigen Hause des Grafen de TIhoranc in (srasse befanden, haben den Weg nach Frankfurt ins (soethemuseum zurückgefunden (Anm. 30). Man kennt die Entstehungsgeschichte dieser Bilder aus „Dichtung 381 und Wahrheit“. Der aus Grasse gebürtige Francois de Theas, Comte de Thoranc, Goethes Königsleutnant, war als Betehlshaber der französischen Truppen 1759 in Frankfurt eingerückt und hatte sich in Goethes Elternhaus einquartiert. Als zehnjähriger Knabe sah Goethe die Bilder entstehen, die der Graf in Frankfurt bestellte, und sie beschäftigten lebhaft seine kindliche Einbildungskraft. Vom Königsleutnant selbst verblieb ihm eine sympathische Erinnerung. Seinen Grafen- titel führte dieser nach dem Dorfe, das heute nicht Thoranc, wie er sich unterzeichnete, sondern Thorenc geschrieben wird. Der Ort liegt sehr malerisch 1250 m hoch in den Bergen, um etwa dreißig Kilometer nörd- licher als Grasse. Er kommt jetzt als Sommerfrische in immer stärkere Aufnahme. Grasse ist sehr alten Ursprungs, wurde aber zu wiederholten Malen zerstört. Im Jahre 1536 geschah es durch die eigenen Bewohner, als das Heer Karls V. der Stadt nahte. Diese verteidigten sich mit Erfolg, als 1707 der Prinz Eugen und der Herzog von Savoyen sie belagerten. Malerisch ist der Blick auf Grasse vom Garten des oberhalb der Stadt gelegenen Grand-Hötel, das man auf der neuen Avenue Thiers erreicht. Die Agaven und Palmen des Gartens rahmen in wirksamer Weise das Bild ein; sie verdecken unschöne, neue Gebäude und zeigen nur die eckigen, alten Türme und Häuser, die sich über- und durcheinander am Abhange anein- ander drängen. Die Ausblicke aus der Stadt selbst gegen das Meer haben von den häßlichen Kasernenbauten zu leiden, die sich im Vordergrunde dem Blick aufdrängen. 382 Das, was uns nach Grrasse geführt hatte, war nicht der Wunsch, die Zahl schon empfangener Natureindrücke noch zu vermehren, vielmehr die Absicht, einen Ein- blick in die hoch entwickelte Parfümindustrie dieser Stadt zu gewinnen. Seit mehr als hundertundfünfzig Jahren ist Grasse durch solche Erzeugnisse berühmt, und sogar noch weiter zurück sollen diese seine Er- folge reichen. Man zeigte uns das Haus, in welchem ein Sieur Tombarelli aus Florenz schon in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts ein Laboratorium für Parfümerien eingerichtet hatte, während später in dem jetzigen Hötel de la Poste Laugier der „Par- fumeur“ Ludwigs XVI. lebte. Heute hat Grasse sich zu einem der Hauptorte europäischer Parfümfabrikation emporgeschwungen. Es liefert aber nicht die fertigen Parfüms, so wie diese als sogenannte „Bouquets“ zur Verwendung kommen, sondern nur die ersten Erzeugnisse für ihre Bereitung. Die „Bouquets“ sind somit Gremische, welche die eigentlichen Parfümisten erst herstellen, so wie es die Mode vorschreibt, oder die herrschende Ge- schmacksrichtung verlangt. Die Bestandteile solcher Mischungen werden meist geheim gehalten, ihre Be- reitung ist eine eigene Kunst, die auf besondere Er- fahrungen sich stützt und eine bestimmte Beanlagung voraussetzt. Unter Umständen führt ein solches Parfüm einen Namen, der in gar keiner Beziehung zu seiner Herkunft steht. So das jetzt sehr verbreitete „Cory- lopsis du Japon“. Zwar kommen mehrere Arten der (rattung Corylopsis, die zu der Familie der Hamameli- daceen gehört, in Japan vor; sie werden auch als Zier- sträucher in unseren Gärten kultiviert, duften aber durchaus nicht. Eben deshalb erhielt aber das Parfüm, wie mir Dr. E. Gildemeister erklärte, von dem A Erfinder, der es gemischt hat, diesen Namen. Denn die Namen par- fümliefern- der Pflanzen dürfen nicht beim Patentamte Rhamnus zum Wortschutz für Par- alaternus. fümerien angemeldet wer- N den. In Wirklichkeit ist das, ‚Corylop- sis“ genannte Parfüm ein Gemisch von allen lichen ätherischen Ölen, unter denen besonders senöl, Patchouli, Lavendel, Bergamott, sowie schus und Zibet vertreten sind. Grrasse entnimmt seine Wohlgerüche fast ausschließlich dem Pflanzenreiche. Tatsäch- lich sind auch die meisten natürlichen Parfüms pflanzlichen Ursprungs; nur Moschus, Ambra, Bibergeil und Zibet entstammen dem Tierreiche. Andererseits beginnt jetzt die chemische Industrie wirksam in das Parfümgeschäft einzugreifen, indem sie die wohl- riechenden Stoffe in che- misch reinem Zustande dar- Rhamnus -R& ; alaternus. stellt. Im besonderen ist es gelungen, das Kumarin, jenen Stoff, der den Geruch des ge- 384 mähten Grases und gepflückten Waldmeisters bestimmt, aus Salicylaldehyd zu erzeugen. Das Verfahren ist ziem- lich umständlich, der aromatisch riechende Körper aber, den man in farblosen, glänzenden Kristallen erhält, durchaus übereinstimmend mit dem, den die Tonka- bohnen, die Samen des Tonkabaumes (Dipteryx odo- rata) von Guyana und auch die Stengel der Liatris odoratissima, einer in Florida wachsenden Komposite, die zum Parfümieren des Tabaks und der Zigarren be- nutzt wird, enthalten. Mit etwa zwanzig Gramm künst- lichen Kumarins erreicht man heute in der Parfümerie ebensoviel, wie früher mit einem Kilogramm Tonka- bohnen. Ebenso verhält es sich mit dem natürlichen Wintergrünöl, das aus dem nordamerikanischen, zu den Heidengewächsen zählenden Teebeerenstrauche (Gaul- theria procumbens) gewonnen wird, und das sich jetzt durch künstlich erzeugten Salicylsäuremethylester er- setzen läßt. Zu dem in der Parfümerie sehr geschätzten Bittermandelöl ist das künstliche Benzaldehyd in mehr- hundertfach größerer Menge getreten. Sehr großen Erfolg hat die Chemie mit dem Vanillin erzielt, das aus dem Safte des jungen, noch in Entwicklung be- griffenen Holzes der Nadelbäume (Koniferen), doch auch aus dem im Nelkenöl enthaltenen Eugenol und verschiedenen anderen Körpern gewonnen wird, Seine Darstellungsweise ist im Laufe der Jahre so viel billiger geworden, daß man für sechstausend Mark, welche zuerst im Jahre 1876 ein Kilo kostete, heute hundert- undfünzig Kilo erhalten kann. Da die Früchte der Vanille im günstigsten Falle anderthalb bis zwei Pro- zent Vanillin enthalten, so ist mit zwanzig bis fünf- undzwanzig Gramm Vanillin in der Parfümerie reich- 385 lich derselbe Effekt wie mit einem Kilo Vanille zu erreichen. Künstliches Heliotropin wird jetzt aus Safrol, dieses selbst aus japanischem Kampferöl dar- gestellt. Da aus den Blüten des Heliotrops (Helio- tropium peruvianum und grandiflorum) nur äußerst wenig Parfüm sich gewinnen läßt, ist dieser Ersatz sehr willkommen. Den Maiglöckchen ihren zarten Duft zu entziehen, gelingt überhaupt nicht; daher es für die Parfümerie sehr wichtig ist, daß jetzt ein ähn- lich riechender Körper sich aus einem Alkohol, dem Linalool, dem man noch mehrere andere künstliche Riechstoffe zusetzt, herstellen läßt. Dieses Linalool ist aber in der Natur als Bestandteil verschiedener äthe- rischer Öle ziemlich verbreitet, im besonderen aber im Linaloeöl vertreten, das aus mexikanischen und guay- anischen Hölzern gewonnen wird, von denen die ersten sicher zu den Burseraceen, die letzteren wohl zu den Lauraceen gehören. Allgemein kommt jetzt auch kristallinisches Thymol, das aber nicht aus dem Thymian, sondern aus dem Samen des ostindischen Doldengewächses Ptychotis Ajowan abdestilliert wird, zur Verwendung; desgleichen Menthol, welches zwar in der eigentlichen Parfümerie keine Rolle spielt, doch zur Herstellung von Migränestiften und auch von Schnupfpulver dient. Vor einiger Zeit wurden zwei isomere Körper: das Jonon und das Iron, deren Aroma mit dem der Veilchenblüten oder auch der Veilchen- wurzeln fast völlig übereinstimmt, künstlich erzeugt. Es genügt, ein mit diesen Körpern gefülltes Probe- röhrchen zu öffnen, damit ein ganzes Zimmer mit Veilchenduft sich erfüllee Merkwürdigerweise riechen diese Körper nicht zu allen Zeiten gleich stark, und E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 25 386 ähnliche Schwankungen im Dufte zeigen auch frische Veilchen. Das Iron gewinnt man aus der sogenannten Veilchenwurz, dem trocknen Wurzelstocke von Iris florentina, stellenweise auch Iris germanica; doch es kommt sehr teuer im Preise zu stehen, da hundert Kilo Iriswurzelstöcke nur acht bis dreißig Gramm Iron er- geben. Um so wertvoller für die Parfümerie ist es, daß die Darstellung des Jonons aus Zitral, einem im Zitronenöl, und reichlicher noch im Lemongrasöl ent- haltenen Körper gelang. — Vor kurzem kam zu alledem noch die künstliche Darstellung des Orangenblütenöls, des Mandarinenöls, sowie des Jasminöls und des Ylang- Ylang hinzu. Letzteres wurde bis dahin nur aus den Blüten eines zu den Anonaceen gehörenden, in Süd- asien kultivierten Baumes, der Cananga odorata, ge- wonnen. Auch den Moschus, der von den männlichen Moschustieren stammt, hat man versucht, durch das künstlich erzeugte Musc Baur oder Tonquinol zu er- setzen, und es verbreitet sich dieses Produkt immer mehr. Sehr wertvolle Parfüms gelangten zu uns von jeher aus wärmeren Himmelsstrichen, so von alters her die Balsame. Der Hauptsache nach bleibt es aber Südeuropa, dem die Parfümisten die besten Wohl- gerüche verdanken. — Die meisten pflanzlichen Parfüms werden als ätherische Öle gewonnen, Öle, die im Gegensatz zu den fetten Ölen, flüchtig sind und auf Papier einen durchscheinenden Fleck erzeugen, der bald wieder verschwindet. Das Tierreich vermag solche Öle nicht zu bilden. Bei den Pflanzen sind es ganz vornehmlich die Blüten, welche den Riechstoff enthalten. Dort wirken Wohlgeruch und Farbe zu- 387 sammen, um die Tiere anzulocken, die den Pollenstaub von Blüte zu Blüte tragen. Doch ist nicht aus- geschlossen, dal die duftende Substanz auch anderswo in der Pflanze angesammelt sei: so das Iron im Wurzel- stock von Iris und das Vetiver im Wurzelstock des ostindischen Grrases Andropogon muricatus. Auch das Holz der Stämme kann mit Parfüm erfüllt sein: so das Holz der balsamliefernden Bäume oder des ost- indischen Sandelbaumes (Santalum album). Beim Zimmtbaum (Cinnamomum ceylanicum) führt die Stamm- rinde das Parfüm. In anderen Fällen sind es wieder die Blätter, die am stärksten duften: so bei unserer Pfeffermünze (Mentha piperita) oder Melisse (Melissa officinalis) und dem indisch-malaischen Patchouli (Pogo- stemon Patchouli); endlich können auch Früchte und Samen den Riechstoff entfalten, so bei der Vanille oder dem Kümmel. — Unter den Blüten sind es die weißen, die sich durch besonders starken und an- genehmen Duft auszuzeichnen pflegen, während aus braunen und orangeroten die Parfümerie nur wenig Nutzen zieht. Wir hatten uns mit den nötigen Empfehlungen versehen und durften einige der größten Parfüm- fabriken von Grasse besichtigen. Das angewendete Verfahren blieb sich der Hauptsache nach überall gleich. Wohlriechende Stoffe, die in einem Pflanzen- teil reichlich vertreten sind und größere Drüsen füllen, können durch Auspressen befreit werden. In anderen Fällen wendet man das gewöhnliche Destillationsver- fahren an, vorausgesetzt freilich, daß die Essenz beim Erwärmen keinen Schaden nimmt. Vielfach ist aber auch letzteres Verfahren nicht ratsam, und dann nimmt 29% 388 man zu der Mazeration mit flüssigen Fetten, zu der Absorption durch kalte Fette oder zu flüchtigen Lösungs- mitteln seine Zuflucht. Für bestimmte Blumen ist die Destillation schon aus dem Grunde ungeeignet, weil sie zu wenig ätherisches Öl enthalten. Manche Blumen, wie der Jasmin, die Tuberose, fahren andererseits auch nach dem Abpflücken noch fort, Riechstoffe zu er- zeugen und dürfen daher nicht sofort getötet werden. Die Aufgabe besteht dann darin, ihnen den Duft in dem Maße zu entziehen, als er sich entwickelt. Solchen Blüten stehen andere gegenüber, die rasche Tötung verlangen, weil ihr Riechstoff sich leicht zersetzt. Kann man solches Material nicht sofort verarbeiten, so füllt man es in besondere Behälter ein, die mit einem passenden Lösungsmittel, etwa Äther, erfüllt sind. Als wir in Grasse eintrafen, ging dort die Veilchen- ernte zu Ende, während die Jonquillen in voller Blüte standen. Die Veilchen enthalten nur Spuren des wohl- riechenden Stoffes, den man ihnen vornehmlich durch Fett zu entziehen sucht. So erhält man eine Pomade, die nach Veilchen duftet. Das Fett, welches man zu diesem Zwecke verwendet, muß freilich äußerst rein sein, und wir konnten feststellen, daß die Fabriken selbst es aus frisch geschlachteten Tieren, sowohl Schweinen als auch Ochsen und Hammeln, gewinnen. Das fetthaltige Fleisch der Tiere gelangt zunächst in besondere Maschinen, die es zerfasern. Dann ist es leichter, das Fett herauszuschmelzen, ohne besonders hohe Tempe- raturen anzuwenden. Das befreite Fett zerreibt man nach dem Erkalten in Mörsern und wäscht es wieder- holt mit reinem Wasser aus. Dann verflüssigt man es von neuem, setzt Alaunpulver hinzu, läßt rasch auf- 389 kochen und schäumt ab. Damit ist aber die vorbe- reitende Behandlung noch immer nicht vollendet, es gilt vielmehr das flüssige Fett durch Leinwand zu pressen, mit Rosenwasser und pulverisiertem Benzo&harz zu kochen und so lange als sich noch Schaum bildet, diesen zu entfernen. Durch Zusatz von Benzo& oder auch wohl anderer Balsame, wird das Ranzigwerden der Fette verhindert; sehr sorgsames Auswaschen mit Wasser führt vielfach zu demselben Ziele. Für Salben kommen auch feine Öle, besonders Olivenöl in Betracht. Man tränkt Stücke eines groben Baumwollstoffes mit solchem Öl, läßt den Riechstoff von diesem aufnehmen und preßt es unter starkem Druck wieder aus dem Stoff heraus. Für die Gewinnung des Veilchenparfüms wird die zartblaue, gefüllte Abart, die „Violette de Parme“, be- vorzugt. Die Blüten, welche in die Parfümfabriken gelangen, dürfen nicht naß sein. Diese Regel gilt auch für alle anderen Pflanzen, die mit Fett behandelt werden sollen. Man pflückt daher die Veilchen am Morgen erst dann, wenn der Tau verschwunden ist, doch bevor noch die Sonne Zeit hatte, stärker einzu- wirken. Gleich nach dem Einsammeln kommen die Blüten in die Fabrik, um dort, falls sie nach dem Macerationsverfahren behandelt werden sollen, in er- wärmtes Fett zu gelangen, das man im Wasserbade bei yo bis 50 Grad Celsius flüssig erhält. Nach einigen Stunden filtriert man das Fett von den Veilchen ab und versetzt es mit frischen Blumen. Das wiederholt man so lange, bis das Fett mit Veilchenduft gesättigt ist. Diesem Fette entzieht man den duftigen Stoff, in- dem man es mit Weingeist schüttelt. So erhält man 590 eine schöne, grüne Lösung, die trotz ihrer Färbung ein weißes Taschentuch nicht beflecken darf. Da in der Wärme hergestellte Veilchenpomade unter Umständen etwas nach Schwefel riecht, wendet man auch wohl daskalte Verfahren, welches „Enfleurage“ genannt wird, für die Gewinnung des Riechstoffes an. Wir sahen manche Räume der von uns besuchten Fabriken mit aufeinandergeschichteten Holzrahmen er- füllt. In jeden Rahmen war eine mit Fett überzogene Glasscheibe gefaßt und mit Veilchen bestreut. Die Rahmen paßten genau aufeinander, so daß kein Riech- stoff nach außen entweichen konnte. Sind die Blüten erschöpft, so ersetzt man sie durch neue und hört damit erst auf, wenn das Fett gesättigt ist. Neuerdings beginnt auch die Petroläther-Extrak- tion bei Veilchen in Anwendung zu kommen. Dieses Verfahren nutzt die große Flüchtigkeit gewisser Körper, in welchen die pflanzlichen Riechstoffe löslich sind, so vor allem des Petroläthers aus, um jene Stoffe den Pflanzen zu entziehen und sie bei niedrigen Tempe- raturen wieder von ihrem Lösungsmittel zu trennen. Besondere Maschinen dienen dazu, das lLösungs- mittel in Zirkulation zu erhalten, es hierdurch mit den duftenden Pflanzenteilen so lange als nötig in Berüh- rung zu bringen und dann in besonderen Behältern zu verflüchtigen. Die Verflüchtigung wird anfangs unter Atmosphärendruck, zuletzt bei vermindertem Luft- druck ohne wesentliche Temperaturerhöhung vollzogen, und das Lösungsmittel in abgekühlten Behältern zur weiteren Verwendung wieder kondensiert. So gelingt es, die duftenden Pflanzenteile weit vollständiger, .als es früher möglich war, auszunutzen. Das erhaltene Produkt gibt, mit Alkohol be- handelt, sehr konzentrierte Es- senzen. Da sehr große Mengen Veilchen nötig sind, um eine stark riechende Essenz zu liefern, so war man von jeher schon darauf bedacht, einen Ersatz für Blüten zu gewinnen. Daher auch die „Veilchenwurz‘“ in Sachets statt Veil- chen so allgemeine Verwendung von jeher fand und jetzt noch findet. Geschälte und getrocknete Stücke des Wurzelstockes von Iris wurden bereits, wie Plinius berichtet, zu römischen Zeiten den zahnenden Kindern um den Hals gehängt. Das geschieht vielfach auch noch heute, damit das Kauen an diesen zähen Stücken den Durchbruch der Zähne beschleunige. Dr sNeilchenzüchter von Grasse kamen in einige Auf- regung, als das Jonon sich zu ver- breiten begann. Sie meinten, diese Entdeckung würde ihre Kulturen vernichten, doch es trat eher das Gegenteil ein. Denn das Jonon- parfüm verlangt einen Zusatz des natürlichen Produkts, um seine Vor- züge voll zu entfalten. Die künst- liche Herstellung des Jonons trug aber so sehr zur Verbreitung des Rosmarinus offtcinalıs. 392 Veilchenparfüms bei, daß dadurch auch der Bedarf nach dem natürlichen Produkte noch stieg. Wie dem Veilchendufte, so erging es auch anderen wohlriechen- den Stoffen des Pflanzenreiches; der Wettbewerb der künstlichen Produkte regte vielfach, statt sie zu schä- digen, ihre gesteigerte Gewinnung an. Neuerdings werden in Grasse an 300000 Kilo- gramm Veilchenblätter jährlich extrahiert. Man ver- setzt das Jonon mit diesem Extrakt, um ihm den be- liebten, den natürlichen Veilchenduft begleitenden Ge- ruch von frischem Laub zu erteilen. Der stark duftenden, gelben Jonquille (Narcissus jonquilla), die ihren Namen Jonquilla von dem spa- nischen Junquillo ableitet und der Ähnlichkeit ihrer Blätter mit denen der Binse, die spanisch Junco heißt, verdankt, hat man bis vor kurzem in Grasse das Aroma nur durch kaltes Fett, auf dem Wege der „Enfleurage“ entzogen; jetzt gehört sie zu den Pflanzen, bei welchen das Petrolätherverfahren sich bewährt. Für die Zwecke der Parfümerie werden in Grasse un- gefüllte Blüten der Jonquille erzogen. Da es zur Zeit unserer Anwesenheit an Jonquillen um Grasse herum schon mangelte, stockte die Arbeit mit frischen Blumen in den Fabriken. Die Orangen- blüten, Rosen, Heliotrop und Reseda kommen erst im Mai; daher man das Sandelholz in Angriff genommen hatte. Wir sahen große Massen dieses braunen Holzes in den Lagerräumen aufgespeichert liegen. Es wird auch in seiner ostindischen Heimat sehr geschätzt, da man kunstvoll geschnitzte Möbel, vor allem aber kost- bare Schreine, aus ihm anfertigt. Denn sein Duft hält die Insekten ab und verscheucht selbst die alles zer- 393 störenden, weißen Ameisen. Die Buddhisten verbrennen große Mengen Sandelholz als Räucherwerk, und stellen- weise waren infolgedessen die Sandelbäume fast aus- gerottet worden. Dem ist jetzt abgeholfen und der einst hohe Preis des Holzes sehr gesunken. In den Fabriken wird das Sandelholzöl durch Destillation des zerkleinerten Holzes mit Wasser gewonnen. Das Öl geht mit dem Wasserdampf aus der Blase des Destil- lationsapparates in den Kühler über und fließt mit dem Wasser in die Vorlage. Aus fünfundzwanzig Kilogramm Holz wird annähernd ein Kilogramm Öl gewonnen. Nur ein Teil davon dient der Parfümerie, die Hauptmenge medizinischen Zwecken. Im Monat Mai ist die Stadt Grasse mit dem be- täubenden Dufte der Orangenblüten erfüllt. Zwei- bis dreimalhunderttausend Kilogramm Blüten des bitter- früchtigen Orangenbaumes werden alsdann für Parfüm- zwecke verarbeitet. Die Blüten riechen lieblicher und stärker als die der süßfrüchtigen Art und werden da- her fast ausschließlich verwendet. Ein Baum von zwanzig bis dreißig Jahren liefert fünfzehn bis zwanzig Kilogramm Blüten. Aus hundert Kilogramm werden . durch Destillation etwa vierzig Kilogramm Orangen- blütenwasser und hundert Gramm Orangenblütenöl „Essence de Neroli“ gewonnen. Auch kann man den Blüten durch Maceration in Fett ihr Parfüm entziehen, und außerdem hat das Extraktionsverfahren mit Petrol- äther auf diese Blüten Anwendung gefunden. Das Orangenblütenöl bleibt teuer, weil es nur in sehr ge- ringen Mengen innerhalb der Blüten vertreten ist. Die Herstellung des künstlichen Neroliöls durch die Leip- ziger Firma Schimmel & Co. scheint die Erzeugung 394 des natürlichen Produktes nicht zu beeinträchtigen. — Das Orangenblütenöl kam bereits um das Jahr 1680 durch die Herzogin Flavio Orsini, Prinzessin von Neroli, unter dem Namen Neroliessenz in Mode, und auch das Orangenblütenwasser erfreute sich, als Aqua Naphae zu Toilettezwecken, sowie zur Aromatisierung von Speisen, Konfekt und Getränken, einer wachsenden Beliebtheit. — Während unserer Anwesenheit in Grasse klagte man darüber, daß durch Überproduktion der Blüten ihr Preis gegen früher gedrückt worden sei. In der Tat hatte sich in den letzten Dezennien an der ganzen Riviera eine starke Neigung zur Spekulation der Einwohner bemächtigt. Im besonderen war es der rasch wachsende Bedarf an frischen Blumen, der viele Landbesitzer bewog, ihre Olivenbäume zu fällen und Blütenpflanzungen an deren Stelle anzulegen. Jetzt weiß man oft kaum, wo man alle Blüten unter- bringen soll. Die hohe Temperatur hatte zudem in dem betreffenden Frühjahre die rasche Entwicklung der Pflanzen gefördert, und so kam es, daß man auf den Märkten der Stadt zu einem kaum nennenswerten Preise sich mit großen Sträußen der herrlichsten Blumen beladen konnte. Wesentlich billiger als das Neroliöl ist begreif- licherweise das durch Destillation der Blätter, Zweige und unreifen Früchte des bitterfrüchtigen Orangen- baumes gewonnene Petitgrainöl. Es wird oft zur Fälschung des Orangenblütenöls mißbraucht, dem es an Zartheit des Duftes bedeutend nachsteht. Das aus den Blüten der süßen Orange hergestellte Parfüm zeichnet sich durch besondere Eigenschaften aus und wird als Neroli-Portugalöl bezeichnet. Wie ich aus 395 dem Werke über ätherische Ole von E. Gildemeister und Fr. Hoffmann ersehe, kommt dieses Öl aber über- haupt nicht rein in den Handel, ist vielmehr stets ein Gemisch verschiedener Orangenöle. Das den frischen Schalen reifer Früchte des bitter- früchtigen Orangenbaumes entstammende Pommeran- zenöl gewinnt man zur Winterzeit. Daß sehr viel äthe- risches Ol in den Orangenschalen vorhanden ist, davon kann man sich leicht überzeugen. Man braucht nur eine Schale in der Nähe einer Flamme zusammenzudrücken, wobei das hinausgepreßte Ol sich entzündet. Die Drüsen der Schale, die das Ol enthalten, sind so groß, daß man sie schon mit dem bloßen Auge erkennen kann. In der Parfümerie findet sowohl das Ol der süßen als auch der bitteren Orangenschalen Verwendung. Nicht minder müssen Bergamotten, Mandarinen, Li- metten, Pompelmusen und Zitronen das ätherische Öl ihrer Schalen zu verschiedenen Zwecken hergeben. In Nizza benutzte man ein als „Ecuelle a piquer“ be- zeichnetes Instrument dazu, um das Öl aus diesen Schalen zu befreien. Es war das eine Schüssel mit Messingnadeln, gegen die man die Früchte drückte. Jetzt hat Südfrankreich fast aufgehört Agrumi für Schalenverwertung zu züchten und sind es in Europa vornehmlich Sizilien und die Südspitze von Kalabrien, die diesem Geschäfte obliegen. Dort entzieht man den Schalen das ätherische Öl, indem man sie gegen einen Schwamm drückt, oder zwischen den Fingern dreht, und das vortretende Ol durch den Schwamm auf- nehmen läßt. Die runden Bergamotten werden auch wohl in die „Macchina“ gebracht, welche ihre Schalen verwundet, während ein Schwamm das Öl aufsaugt. 396 Die von ihrem Öl befreiten Schalen salzt man ein und verwendet sie als „Salato“. Der Saft des Fruchtfleisches, besonders jener der Zitronen, findet noch besondere Verwendung. Der Rest schließlich wird an Vieh verfüttert. Wir sahen in Grasse auch Schränke mit auf- einandergeschichteten Holzrahmen, die nicht Grlas- scheiben, sondern Drahtnetze umfaßten. Auf diesen lagen abwechselnd Blüten und zu nudelartigen Fäden gepreßtes Fett. DBlasebälge erhielten die Luft im Schranke in langsamer Bewegung. Sie strich zwischen den Fettmassen hindurch und entledigte sich dort ihres Duftes. Auch andere Einrichtungen wurden uns noch ge- zeigt, welche die Grewinnung des Parfüms fördern und erleichtern sollen. Wir sahen Apparate, die trockene Pflanzenteile vermahlen, wohlriechende Hölzer raspeln, harte Körper pulverisieren. Von starkem Wohlgeruche war eine Maschine umgeben, die verschieden dichte Siebe in schwankender und zitternder Bewegung erhielt. Die Möglichkeit, den Pflanzen ihren Wohlgeruch durch Fett zu entziehen, gestattet es auch im kleinen, die feinste Pomade aus Pflanzen, die sonst vielleicht unbenutzt im Grarten verblühen würden, zu gewinnen. Möglichst reines Fett, das man auf eine Scheibe streicht, und ein gut verschließbarer Kasten, in den man diese hineinlegt, reichen aus, um den Erfolg zu sichern. Man muß die Blüten, mit den Kronen abwärts ge- kehrt, auf das Fett legen, den Kasten dann ver- schließen und die Blüten erneuern, bevor sie welk werden. Der Name Pomade oder vielmehr Pommade rührt von Apfel „pomme“ her, was sich dadurch er- 397 klärt, daß man früher Äpfel zur Herstellung solcher duftenden Fette benutzte. Ein Apfel wurde mit wohl- riechenden Gewürzen, vornehmlich mit Nelken gespickt und, nachdem er einige Tage an der Luft gelegen hatte, in Fett eingeschmolzen. Schien das Fett durch den ersten Apfel nicht ausreichend parfümiert zu sein, so ließ man ihm einen zweiten folgen. Man sieht um Grasse herum viel Rosen, die für die Parfümfabriken gezogen werden. Es sind das nicht die Rosen, welche im Winter versandt, die Blumen- läden von ganz Europa füllen, sondern Zentifolien, Damascener und Moschusrosen. Nach der Orangen- blüte nimmt die Rose die nächste Stelle unter den parfümliefernden Pflanzen der Riviera ein; ihr folgt an Bedeutung der Jasmin. Man pflückt die im Öffnen begriffenen Rosen am Morgen, sobald der Tau ver- schwunden ist. Die Erntezeit fällt in den Mai und Juni. Jeder Rosenstock liefert in Grasse durchschnitt- lich zwei- bis dreihundert Gramm Blüten, doch drei- tausend Kilogramm Rosen sind im günstigsten Falle nötig, um ein Kilogramm Rosenöl zu ergeben. Da darf ıman sich nicht wundern, daß ein Kilogramm _ solchen Öles über tausend Francs kostet. Das Rosenöl wird durch Destillation der Blumenblätter der Rose mit Wasser gewonnen; es sammelt sich auf der Ober- fläche des Destillates allmählich an. Obwohl nur sehr geringe Mengen des Öles sich im Wasser lösen können, reichen sie doch aus, um diesem einen starken Duft zu verleihen. Die meisten Rosen von Grasse dienen zur Herstellung von Rosenpomade und werden zu diesem Zwecke in Fett maceriert. Während solche Rosenpomade den fast unveränderten Duft frischer Rosen bewahrt, 398 weicht das Rosenöl in seinem Wohlgeruch etwas von ihnen ab. Der Pomade entzieht man mit Alkohol das „Esprit de Rose“, wohl eines der feinsten Parfüms, welche existieren. Es gibt überhaupt kaum ein Parfüm der Welt, das an Beliebtheit mit jenem der Rosen wetteifern könnte, und wer einmal den Orient bereist hat, wird sich des aus Rosen und Verwesung ge- mischten Duftes erinnern, den die Straßen im Sonnen- lichte aushauchen. Wer freilich meint, aus den Ba- zaren des ÖOrients, in jenen langgezogenen, gold- verzierten Fläschchen, die dort feilgeboten werden, reines Rosenöl nach Hause zu bringen, gibt sich einer argen Täuschung hin. Orientalisches Rosenöl ist fast immer verfälscht, und zwar gewöhnlich mit Palmarosaöl oder indischem Geraniumöl, das in Ostindien aus dem Geraniumgras (Andropogon Schoenanthus) durch Destil- lation erhalten wird. Der indische Destillateur sorgt andererseits meist schon dafür, daß auch sein Palma- rosaöl mit einem anderen Öle, besonders Kokosöl, ge- fälscht sei. So dürfte es sich empfehlen, das Fläschchen daheim erst mit echtem Rosenöl zu füllen. Werden doch Rosen zum Zwecke der Rosenölgewinnung auch in Deutschland in großem Maßstabe gezogen. Die um die Darstellung ätherischer Öle und Essenzen so hoch verdienten (Gebrüder Fritzsche, Inhaber der Leipziger Firma Schimmel & Co., hatten im Jahre 1884 zum ersten Male aus deutschen Rosen drei Kilogramm Rosenöl gewonnen. Sie legten ausgedehnte Rosen- pflanzungen bei Leipzig an, und diese decken heute eine Fläche von 35 Hektaren. Ich entnehme diese Angabe den Berichten, welche die genannte Firma alljährlich veröffentlicht, und aus denen man nicht allein 399 einen Begriff von der Großartigkeit des Betriebes in dieser Fabrik sich bilden kann, sondern auch Einblick gewinnt in den rationellen Geist und das wissenschaft- liche Streben, das dieses Unternehmen leitet. Unter der Ägide der Firma ist auch das wertvolle Werk über ätherische Öle von E. Gildemeister und Fr. Hoff- mann veröffentlicht worden, dem ich so manche Be- lehrung verdanke, und dessen I. Band in zweiter Auf- lage jetzt erschien. — An die Rosenfelder der Schimmel- schen Fabrik stoßen ausgedehnte Pflanzun genvon Reseda und Pfefferminze; zu diesen haben sich auch Estragon, Wermuth, Lieb- stöckel (Levisticum) und Brustwurz (Angelica) gesellt. Das Hauptland für die Erzeugung N von Rosenöl ist und wird wohl noch lange var Bulgarien bleiben, welches allein gegen zwei- bis dreitausend Kilogramm dieses Öls zu liefern & N) vermag. Dahin soll die Rosen- kultur r durch Syrier gelangt sein, aus b Damaskus, woschon vor drei Jahr hunderten Rosenöl durch Destillation gewonnen wurde, Das Palmarosaöl riecht nicht ganz nach Rosen, zu- dem ziemlich fade. Mehr rosenartig ist hingegen der Duft des Gera- niumöls, das aus den Blättern be- Ge en oides. Stimmter Pelargonium- Arten, und zwar haupt- sächlich von Pelargonium odoratissimum, 400 capitatum und radula gewonnen wird. Davon kann man sich schon überzeugen, wenn man einzelne Blätter dieser Pflanzen, die auch bei uns öfters in Töpfen gezogen werden, zwischen den Fingern zerreibt. Die Art, welche an der Riviera besonders gedeiht, ist Pelargonium capitatum. (regen früher hat ihre Kultur freilich dort abgenommen, da der Wettbewerb von Algier und Reunion zu empfindlich wurde. Man mäht an der Riviera die Pflanzen von Mitte August bis Mitte September und liefert sie so frisch als möglich in die Fabriken. In den Gärten der Riviera begegnet man oft einer Verbene, der Verbena triphylla oder Lippia citriodora, die auch als Zitronelle oder Zitronenkraut bezeichnet wird. Man sieht diesen schönen Strauch schon in den Gärten an den italienischen Seen und hat wohl Ge- legenheit, im Herbste die Rispen seiner violett ange- hauchten Blüten zu betrachten. Zerreibt man seine Blätter zwischen den Fingern, so verbreiten sie einen feinen Duft, der die Mitte zwischen Zitronen, Melissen und Verbenen hält. Dieser aus Südamerika stammende Strauch wird in größerem Maßstabe an manchen Orten der Riviera gezogen und aus seinen Blättern das echte Verbenaöl destilliert, das viele Parfümisten schätzen. Echtes Verbenaöl ist freilich sonst schwer zu haben und wird für gewöhnlich durch das ähnlich riechende und viel billigere Lemongrasöl ersetzt, das wir der (arasgattung Andropogon verdanken, deren Arten durch so viele wohlriechende Öle ausgezeichnet sind. Das Lemongrasöl entstammt dem Andropogon citratus, der besonders an der Malabarküste, also in Vorderindien angebaut wird. Weit ausgedehnter noch betreibt man 401 dort die Kultur des Andropogon Nardus, der das me- lissenartig riechende Zitronellöl liefert. Letzteres findet beim Parfümieren der Seifen immer häufiger Ver- wendung und bildet den Hauptbestandteil im Duft der Honigseifen. Von dem Umfange der Zitronellöl- produktion kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man bedenkt, daß an den Hügelabhängen von Ceylon nicht weniger als zwanzigtausend Hektar Land mit diesem einen Meter hohen Grase bepflanzt sind. Etwa sechshundert Destillierapparate sind dort in Gang, um gegen eine halbe Million Kilogramm Zitronellöl jähr- lich zu produzieren. Die Fabrik von Schimmel & Co. stellt ihr Geraniol aus diesem Öle her. Der Reseda entzieht man ihren Duft durch En- fleurage, neuerdings wendet man dazu auch Petrol- äther an. Aus Ihymian, Salbei, Rosmarin* (S. 39r), Lavendel und Melisse wird das ätherische Öl durch Destillation gewonnen. Ihymian, Rosmarin und La- vendel kultiviert man kaum an der Riviera; man pflückt sie an ihrem natürlichen Standort, am Ab- hange der Berge, wo Rosmarin und Thymian das Unterholz bilden. Den Lavendel-Arten muß man in _ die höheren Regionen der Seealpen folgen, denn unten an der Küste ist nur die Lavandula stoechas verbreitet, der die heutige Parfümerie wenig Achtung zollt: denn sie duftet weit mehr nach Rosmarin als nach Lavendel. Den Alten muß aber gerade dieser Duft besonders angenehm gewesen sein, denn Plinius und Dioscorides gedenken nur der Stoechas, nicht anderer Lavendel-Arten. Weil sie ähnlich wie Nardus indica riecht, erhielt sie damals auch den Namen. Nardus italica oder Pseudo-Nardus. Sie erfreut sich übrigens E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 26 402 auch heute noch in Spanien als „Romero Santo“ oder heiliger Rosmarin einer besonderen Verehrung. Man stellt ein ätherisches Ol für den Hausgebrauch aus ihr dar, indem man frische Pflanzen mit abwärts gekehrten Blüten in Flaschen hängt, diese gut verschließt und der Sonne aussetzt. Ein Gemisch von Öl und Wasser sammelt sich am Boden der Flasche, das man benutzt, um Ausschlag zu heilen, Wunden auszuwaschen und Blut zu stillen. — Aus der Lavandula vera, die höhere Gebirgslagen bevorzugt, wird das feinere La- vendelöl, aus der in tiefere Regionen hinabsteigenden Lavandula spica das Spiköl gewonnen. Früher pflegte man alle Lavendelöle in der Be- zeichnung Spiköl zu vereinigen. Die Äbtissin Hilde- gard empfahl sie zur Herstellung von Augenwasser; auch wurden getrocknete Blüten bereits in aromatische Ruhekissen für Gesunde und Kranke gefüllt. Im sech- zehnten Jahrhundert haben Lavendeln wohl in keinem Bauerngarten gefehlt. Am häufigsten war dort die schmalblätterige Art, Lavandula officinalis, vertreten. Man hat damals allgemein getrocknete Blütenähren dieser Pflanzen abwechselnd mit getrockneten Blumen- blättern der Zentifolie in Vasen aufgeschichtet und Koch- salz und Gewürze dazwischen gestreut. Das so er- haltene Gemisch hieß „Potpourri“ und bildete ein beliebtes Räucherwerk, das im Winter auf den heißen Ofen gestellt, die Zimmer mit einem feinen und ange- nehmen Duft erfüllte. Auf der Straße von Agay zogen eines Tages vor uns Frauen mit großen Ladungen Thymian auf den Köpfen. Sie hatten ihn an den nahen Abhängen des Esterels gesammelt. Der Wind blies in unserer Rich- 403 tung und bildete einen Streifen von Duft, der sich über hunderte von Schritten erstreckte. Alle diese wild wachsenden Pflanzen werden, da sie weiteren Transport nicht vertragen, meist schon im Freien, gleich beim Einsammeln destilliert, in Apparaten, die man von Ort zu Ort als „Distilleries ambulantes‘‘ be- fördert. Es geschieht das in der Nähe einer Quelle oder eines Baches, um über das nötige Wasser für den Kühler zu verfügen. Viel Rosmarinöl wandert aus Südfrankreich nach Köln, um bei der Darstellung des Kölnischen Wassers benutzt zu werden. Die Eau de Cologne enthält, ge- löst in 85 prozentigem Weingeist, gleiche Mengen Örangen- und Zitronenschalenöl, wesentlich weniger Neroliöl, noch weniger Bergamott- und Rosmarinöl. Ein Vermischen aller dieser Bestandteile nach der besten Vorschrift und in bester Auswahl ergibt freilich nicht sofort gutes Kölnisches Wasser. Der Schmelz des Duftes stellt sich erst nach längerer Zeit ein. Prak- tische Erfahrungen hat man in dieser Richtung schon lange gesammelt; in wissenschaftliche Erörterung wurde die Wirkung der Lagerung erst in den letzten Zeiten gezogen. Am einfachsten zeigt sie sich zum Beispiel bei einem Schankbranntwein, der durch Verdünnung von 8oprozentigem Spiritus auf 30 prozentigen ge- wonnen wurde. Solcher Branntwein, frisch dargestellt, mundet dem Trinkenden nicht, selbst wenn dieser nicht zu den verwöhnten Feinschmeckern gehört. Auch der Schankbranntwein muß erst gelagert haben. Daß guter Wein durch Lagerung geschätzte Eigenschaften annimmt, ist allgemein bekannt. Es wirken dabei die gelösten Bestandteile chemisch aufeinander ein, und 26* 404 es scheinen neue Verbindungen zu entstehen. Völlige Ruhe ist nötig zu ihrer Bildung; anhaltende Erschütte- rungen verhindern sie; ja, es kommt vor, daß schon erzeugte Verbindungen durch länger anhaltende Be- wegung, vorübergehend oder dauernd, wieder gestört werden. Nach der Ansicht von Knapp schließen die Erfolge der Lagerung an solche Vorgänge an, welche die organische Chemie als Addition, Substitution, Spaltung und dergleichen bezeichnet. Es müssen somit auch in den gemischten Parfüms durch Lagerung erst jene Verbindungen entstehen, welche das erwünschte Zusammenwirken der einzelnen Düfte ergeben. — Der Ursprung des Kölnischen Wassers ist umstritten, doch darf seine Erfindung bestimmt Johann Maria Farina, einem Italiener aus Santa Maria Maggiore bei Domo d’Össola, zugeschrieben werden, der zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts in Köln einen Handel mit Parfüms und Kolonialwaren betrieb. Erst gegen Mitte desselben Jahrhunderts gelangte das Kölnische Wasser zu allgemeiner Anwendung und verdrängte das „Eau de la reine de Hongrie“ oder Ungarwasser, welches ähnlich zusammengesetzt war, aber im Ver- hältnis weit mehr Rosmarinöl, außerdem noch Rosenöl, sowie eine Spur Pfefferminzöl enthielt. Zu dieser Verbreitung der Eau de Cologne haben vornehmlich die Franzosen beigetragen, die während des sieben- jährigen Krieges die Rheinlande besetzten. Bei unseren Wanderungen in der Umgebung von (rasse sind wir Jasminpflanzungen besonders oft be- gegnet. Hieraus schon konnten wir auf die hohe Be- deutung schließen, welche dieser Pflanze für die dortigen Parfümfabriken zukommt. Meist waren die Jasmin- 05 felder an südlichen Abhängen der Berge terrassenförmig angelegt. Die gegen zwei Meter hohen, reich ver- zweigten, mit zusammengesetzten, immergrünen Blättern bedeckten Sträucher, hatten auch vereinzelte Blüten aufzuweisen und ließen sich als Jasminum grandi- florum bestimmen. Diese Art stammt aus Ostindien, ihre Blüten duften lieblich, sind ziemlich groß, rein weiß auf der Innenseite und von außen etwas rotangehaucht. Die eigentliche Blütezeit beginnt erst im Juli und reicht bis in den Oktober. Je tausend Stöcke liefern bis fünfzig Kilogramm Blüten. Man entzieht den Blüten ihren Duft durch Enfleurage, also mit kaltem Fett. Die Menge des Riechstoffes, den sie enthalten, ist so ge- ring, das man dieselbe Fettschicht immer wieder mit neuen Blüten bestreuen muß. Die abgepflückten Blüten fahren fort, Riechstoff zu erzeugen. Dieser wird ihnen unausgesetzt durch das kalte Fett entzogen, das im übrigen die Blüten nicht schädigt. So gewährt die Enfleurage beim Jasmin ganz bestimmte Vorteile und dürfte durch andere Verfahren nie ganz verdrängt werden. Aus der Jasminpomade wird mit feinstem Weingeist Jasminextrakt gewonnen. Die geschätztesten Taschentuchparfüms enthalten solchen Extrakt. Man stellt auch ein „huile antique au Jasmin“ dar, indem man, nach dem uns schon bekannten Verfahren, die Blüten auf wollene, mit Olivenöl getränkte Zeug- lappen zu wiederholten Malen streut, und dann das Öl auspreßt. Solches Jasminöl ist in Frankreich sehr beliebt. Eine wichtige Rolle in der Parfümerie spielen auch die Blüten der Acacia farnesiana* (S. 7), eines Bäum- chens, das zu betrachten wir im La Mortola-Garten 406 schon Gelegenheit hatten. Acacia Farnesiana wird in (Grrasse nur in beschränktem Maße angebaut, große Pflan- zungen dieses (rewächses finden sich erstin Algerien. Die kugeligen, dunkelgelben Blütenköpfchen, die „Cassie“, werden vom September bis in den Dezember gepflückt, wozu jedoch viel Übung und Geschick gehört, da diese Pflanze sehr dornig ist. Der zarte, veilchenartige Duft ihrer Blüten wird durch Enfleurage festgehalten oder mit Petroläther extrahiert. Die gewonnene Essenz hat für zusammengesetzte „Bouquets“ hervorragenden Wert. Endlich darf auch die Tuberose (Polianthes tube- rosa) nicht unerwähnt bleiben, dieses zu der Familie der Amaryllideen gehörende Knollengewächs, das man bei uns wegen seines starken Duftes und seiner schönen weißen Blüten so gerne auf Blumentischen und in Blumensträußen sieht. Die Pflanze stammt aus Zen- tralamerika; wir bekommen meist nur gefüllte Blüten zu sehen, die besonders kräftig am Abend riechen, wie es überhaupt als weit verbreitete Erscheinung gelten kann, daß die Blüten nicht um alle Tages- zeiten gleich stark duften. Wer wird nicht be- merkt haben, daß die Daturen und Nicotianen, die Nachtviolen (Hesperis matronalis), die Wunderblumen (Mirabilis longiflora) unserer Gärten, am Tage fast gar nicht, am Abende aber durchdringend duften. Umgekehrt riechen Seerosen (Nymphaea alba), Kürbis- blüten (Cucurbita pepo), Ackerwinden (Convolvulus arvensis) nur am Tage. Dieses wechselnde Verhalten hat für die Pflanzen Bedeutung; sie duften bei Nacht oder am Tage, je nachdem sie der Nacht- oder Tages- insekten zur Übertragung ihres Blütenstaubes bedürfen. Es gehören viele Tuberosenblüten dazu, um mit ihrem 407 Dufte ein wenig Fett zu sättigen, daher auch y/ dieser Extrakt, wie u /J so viele andere I feine Parfüme, BT G hoch im Preise | / steht. Auf | Ä kalte Fett- schichten ge- X | lagert, sterben r Ä die Tuberosen nicht gleich ab und bilden noch weiter Riechstoff, so daß man auf diese Weise etwa zwölfmal so viel Parfüm ge- winnen kann alsdurch Pe- troläther, der die Blü- ten sofort tötet. Bei uns könnte man den spanischen £ Flieder(Sy- ? | ringa vul- 9 N garis) statt der Tube- #P Schinus molle. 408 rose verwenden, um aus ihm mit Fett eine sehr ähn- lich riechende Pomade zu gewinnen. Es sind nicht die als Parfüme anerkannten Pflanzen- düfte allein, deren sich die Parfümerie zu ihren Zwecken bedient. So kommt für manche}Erzeugnisse auffälliger- weise der Gurkengeruch in Betracht. Man stellt zu diesem Zwecke eine Essenz dar, indem man über frisch geschnittene Gurkenscheiben mehrmals denselben Al- kohol destilliert. Mit solcher Essenz wird eine be- sondere Sorte der als Coldeream bekannten Salbe parfümiert, und sie erhält dadurch jenes erfrischende Aroma, das man an ihr schätzt. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß man es für wünschenswert hielt, ein ätherisches Öl auch aus dem Knoblauch durch Destillation zu gewinnen. Dieses Öl dient nun freilich nicht zum Parfümieren, so sehr man das auch manchmal in Südeuropa oder im Orient glauben könnte, vielmehr wird es innerlich gegen Würmer eingenommen. Die Firma Schimmel & Co., welche dieses sowie überhaupt fast alle flüchtigen Öle, die irgendwelche Anwendung gefunden haben, herstellt, empfiehlt das Knoblauchöl auch als Küchen- gewürz. Von dem konzentrierten Duft dieses lieb- lichen Öles wird man sich eine Vorstellung machen, wenn man sein Verhältnis zum Knoblauch erwägt: aus sechzehn Kilogramm Knoblauch werden nur zehn Gramm Öl gewonnen. Hingegen spielen Ätzammoniak, der sogenannte Salmiakgeist, und kohlensaures Ammoniak trotz ihres ätzenden Geruches in der Parfümerie eine nicht un- wichtige Rolle. Sie dienen zur Herstellung der par- fümierten Riechsalze. Auch der Geruch des Schnupf- 409 tabaks rührt vornehmlich von Ammoniak her; außer- dem werden die Schnupftabake häufig noch mit wohl- riechenden Körpern, besonders Rosenöl und Menthol, aromatisiertt. Nicht minder wird Essigsäure in der Parfümerie verwendet, und deren Eigenschaft, ätherische Öle zu lösen, benutzt, um parfümierte Essige herzu- stellen. D Die ätherischen Öle wirken wie Gifte auf unseren Körper ein, wenn sie innerlich in zu großen Dosen oder zu häufig eingenommen werden. Daher auch der Mißbrauch mancher Liköre nicht allein durch den Alkohol, den sie enthalten, sondern auch durch die flüchtigen Öle, mit denen sie parfümiert sind, nach- teilige Folgen bringt. Geradezu gefährlich kann das Kölnische Wasser werden, wenn es getrunken wird. Der Arzt kommt oft nur durch Zufall dahinter, daß eine solche stille, geheim gehaltene Neigung bei seiner Patientin die Ursache von rätselhaften Krankheits- erscheinungen ist. — Die flüchtigen Öle nehmen Sauerstoff aus der Luft auf und erfahren dabei eine Oxydation. Bei manchen dieser Öle verläuft der Oxydationsvorgang sehr rasch und zwar um so rascher, jerfeiner sie in der Luft verteilt werden. Licht und Feuchtigkeit fördern diesen Vorgang, bei welchem in der Luft das gasförmige Ozon oder das gleich wirk- same, flüssige Wasserstoffsuperoxyd entstehen. Ihnen ist der belebende Einfluß zuzuschreiben, den wein- geistige Lösungen von flüchtigen Ölen, im Zimmer verstäubt, auf die Atmungsorgane ausüben. Besonders stellt sich diese Wirkung ein beim Verstäuben jener 410 flüchtigen Öle, welche die Chemie als Terpene zu- sammenfaßt, weil sich diese an der Luft am schnellsten oxydieren. Physiologisch interessant ist es, an Parfüms die hohe Leistungsfähigkeit unseres Geruchsinns zu er- proben. Einige Milligramm Moschus reichen aus, um einen Raum, der häufig gelüftet wird, jahrelang mit Moschusduft zu erfüllen. Wir riechen dann diesen Moschus, und doch kann er in der Luft, die uns um- gibt, nur in unnennbar geringen Mengen vorhanden sein. Direkte Versuche, die Passy mit alkoholischen Lösungen stark riechender Substanzen anstellte, haben ergeben, daß fünfhundert Tausendstel eines Milligramms Vanillin ausreichen, um ein Liter Luft merklich zu parfümieren. Derselbe Effekt wird schon mit fünf Tausendstel Milligramm Kampfer erreicht; von dem künstlichen Moschus reichten fünf Millionstel eines Tausendstel Milligramm aus, um durch den Geruchsinn wahrgenommen zu werden. Will man diese Menge in Zahlen ausdrücken, so ergibt das 0,000 000000005 Gramm, und dabei steht die Leistungsfähigkeit des Geruchsinns beim Menschen gegen die vieler Tiere noch bedeutend zurück. In ihrer elementaren chemischen Zusammen- setzung weisen die ätherischen Öle keine große Mannig- faltigkeit auf. In ihnen allen sind die Elemente Kohlen- stoff und Wasserstoff vertreten, zu welchen, bei den meisten, Sauerstoff in größerer oder geringerer Menge hinzukommt, seltener auch noch Stickstoff oder Schwefel sich gesellen. So einfach das nun auf den ersten Blick erscheinen mag, so schwierig wird das Verständnis, sobald es einen tieferen Einblick in die „Konstitution“ 4lı dieser Körper eröffnen soll. Diesen zu gewinnen, ist erst in der letzten ‘Zeit und nur zum leil gelungen; wesentlich im Anschluß an die von dem Göttinger Chemiker Otto Wallach veröffentlichten Arbeiten. Doch nur jene, die auf dem ganzen chemischen Ge- biete bewandert sind, vermögen mit vollem Verständnis der wissenschaftlichen Aufgabe auf diesem Grebiete zu folgen. IT. Der Chemikerzeitung von 1902 wurde aus Lyon mitgeteilt, daß der Jahresumsatz an Blumen und äthe- rischen Ölen in Grasse dreißig Millionen Francs be- trage. Die Zahl hat man von eingeweihter Seite für übertrieben erklärt; immerhin geht aus ihr hervor, daß die Industrie der synthetischen Parfüme die der natür- lichen Produkte bis jetzt nicht beeinträchtigt hat. Nach offiziellen Aufstellungen sollen in Grasse jährlich zwei Millionen Kilogramm Orangenblüten, anderthalb Mil- lionen Kilogramm Rosen, ı 200000 kg Jasmin, 400000 kg Veilchen, 300000 kg Tuberosen, 100000 kg Cassie, 60000 kg Reseda, endlich, um nur diese Pflanzen zu nennen, 50000 kg Jonquillen verarbeitet werden. Von Grasse ziehen außerdem in jedem Jahr große Scharen von Arbeitern in die Berge, um dort wildwachsenden Pflanzen die begehrten Essenzen zu entziehen. Und doch ist der Gebrauch der Essenzen zum Parfümieren des Körpers gegen früher sehr eingeschränkt worden. Falls man sich überhaupt noch parfümiert, tut man es in diskretester Weise. Nur in den heißen Erd- strichen besteht ein hohes Bedürfnis nach persön- lichem Parfüm, wie früher, fort. Obenan in dieser 412 Beziehung steht der Orient, der aber vom klassischen Altertum noch bei weitem übertroffen wurde. Bezeich- nend für jene Zeit ist das, was Plinius über Lucius Plocius berichtet. Dieser Lucius Plocius, dessen Bruder Lucius Plancus zweimal das Konsulat bekleidet hatte, wurde von den Triumvirn geächtet und mußte fliehen. Er verbarg sich im Salernitanischen, wo aber der Duft, den er um sich verbreitete, seine Anwesenheit verriet. Er mußte den Tod erleiden, was Plinius nicht ohne eine gewisse Genugtuung erzählt, empört über den Mißbrauch, den man mit Parfüms damals trieb. Daß heute jemand von wohlriechenden Salben und Ölen triefen sollte, wie es im Orient und auch in Griechen- land zu alten Zeiten öfters der Fall war, können wir uns kaum vorstellen. Wir empfinden eine entschiedene Abneigung schon gegen fettige Hände und suchen sie daher möglichst bald zu säubern. Öl und Pomade werden allenfalls im Haar geduldet, sonst kommen nur noch alkoholische Extrakte zur Anwendung, während man im Altertume sich ausschließlich mit duftenden Ölen einrieb. Das erste flüssige Parfüm, in der Art wie wir es jetzt benutzen, soll Mercutio Frangipani dargestellt haben, wobei er ein von seinen Vorfahren erfundenes, aus Grewürzen und Moschus zusammen- gesetztes Riechpulver mit starkem Weingeist extrahierte. Dieser Frangipani gehörte einem römischen Adels- geschlechte an, das sich im zwölften und dreizehnten Jahrhundert in den Kämpfen der (Gruelfen und Grhibel- linen ausgezeichnet hatte. Daß die Neigung, sich mit Wohlgerüchen zu befassen, in diesem (Greschlechte fort- lebte, geht aus der Angabe hervor, daß ein späterer Nachkomme der Frangipani in Frankreich, Marquis 413 de Frangipani, der unter Ludwig XIII. Feldmarschall war, eine Art parfümierter Handschuhe einführte, die man „Gants a la Frangipani“ nannte. Die Griechen lernten von den Orientalen, ihren Körper mit duftenden Ölen einzusalben. Plinius möchte ohne weiteres die Erfindung der wohlriechenden Salben den Persern zuschreiben. Ihr König Darius soll in seinem Trosse nicht weniger als vierzig Salbenbereiter geführt haben, die in die Gewalt Alexanders gerieten. Aus der Beute, welcher dieser damals machte, stammte nach Plinüs auch der mit Gold, Perlen und Edel- steinen besetzte Salbenschrein, in welchem Alexander die Werke Homers aufbewahren ließ, damit, so sagte er, das wertvollste Werk des menschlichen (Greistes auch die kostbarste Hülle erhalte. In Griechenland galt die Benutzung wohlriechender Salben immerhin als Verweichlichung: der echte Mann verpönte sie und rieb sich in den Gymnasien mit reinem Öl ein. Theophrast, Plinius und Dioscorides haben uns erzählt, wie die wohlriechenden Salben im Altertume hergestellt wurden. Man mischte die Aromata mit den Ölen und erwärmte sie zusammen. Theophrast gab schon im dritten Jahrhundert v. Chr. an, man solle die Operation im Wasserbade vornehmen, um ein Anbrennen der Aromata zu verhindern. Als Öl diente vor allem das der Olive, das man kunstvoll reinigte und bleichte, auch wohl aus noch unreifen Früchten preßte, um es möglichst farblos zu erlangen. Außer- dem wurde das Öl aus süßen und bitteren Mandeln, Sesamöl, Rizinusöl und Behenöl benutzt. Das letztere schätzte man ganz besonders, weil es geruchlos ist und nicht leicht ranzig wird. Auch heute würde man 414 es zu Haarölen gerne verwenden, wäre es nicht aus dem Handel so gut wie verschwunden. Der Baum, von dem man das Behenöl gewann, hieß im Altertum Balanos oder Myrobalanon, somit Salbeneichel. Es ist die Moringa arabica des arabisch-afrikanischen Wüstengebietes, deren Früchte, die Behennüsse, durch Auspressen das Öl liefern. Dioscorides warnt in seiner „Materia medica‘“, einem Werke, das wohl um die Mitte des ersten Jahr- hunderts n. Chr. erschien, vor jeder Spur Wasser, die im Öl zurückbleibt, und rät an, das Öl öfter umzu- gießen in Gefäße, die mit Honig und Salz bestrichen sind. Durch das Salz werde dann alles Wässerige dem Öle entzogen. Myrrha und andere Balsame, Cardamomen, Calamus, Wurzelstock der Iris, duftende Blüten und Früchte, wohlriechende Kräuter mußten ihre Aromata an die Öle abgeben. Auch war die Eigenschaft tierischer Fette, sich mit Woblgerüchen zu beladen, schon bekannt. Allgemeiner Verbreitung erfreute sich namentlich die Rosensalbe, deren Be- reitung Dioscorides eingehend schildert. — Man setzte den Salben meist Gummi und Harz hinzu, um sie zu färben und auch, wie es hieß, ihren Duft zu binden. Manche Salbe färbte man mit Drachenblut, dem blut- roten Harz des Drachenbaumes (Dracaena draco) oder mit Anchusa, wohl dem Farbstoffe, den wir aus der Wurzel der Anchusa tinctoria, unserer Alkannawurzel, gewinnen. Dieser wurde auch zum Färben des Rosen- öls empfohlen. — Die Zahl der benutzten Salben wuchs ganz außerordentlich: oft mischte man sehr viele Sub- stanzen in einer einzigen Salbe zusammen. Die ägyp- tische Salbe „Metopium“ stellte man aus Bittermandelöl A her und setzte „omphalium, cardamomum, juncum, cala- mum, mel, vinum, myrrham, semen balsami, galba- num, resinam terebinthi- nam“ hinzu. Soweit die (z Bedeutung der Namen heute klargelegt ist, ent- hielt somit diese Salbe außer dem Bittermandelöl h; das Öl unreifer Oliven, die Ur flüchtigen Öle der Carda- Pr \ momen, des wohlriechenden Selaginella Andropogongrases und des denticulata. Kalmus, dann Honig, Wein, den Balsam des nordafrikanischen Baumes Bal- samodendron myrrha, Balsamkörper, d.h. den Balsam der erbsengroßen Früchte des arabischen Balsamstrauches, Balsamodendron giliadense, dasGummi- harz eines persischen Doldengewächses, Ferula galbani- flua, endlich das Terpentin der Terpentin-Pistazie. Von dem Dufte dieser Salbe kann man sich annähernd eine Vorstellung machen, sie muß vorwiegend nach bitteren Mandeln und Balsam gerochen haben. — Man bezog die Salben von den verschiedensten Orten, aus Ägypten, Delos, Mendesium, Korinth, Kilikia, Rhodos, Kypros, später auch aus Neapolis, Capua, Praeneste. Das wechselte je nach Geschmack und Mode. Die Salben waren zum Teil sehr teuer und brachten einem ganzen Heer von Verfertigern und Verkäufern Beschäftigung. In den Läden der Salbenhändler hielten sich die Müßig- gänger auf. Man wählte schattige Orte zur Anlage 416 solcher Läden, damit die Salben, die in Gefäßen von Blei oder Stein eingeschlossen waren, von der Sonnen- glut nicht litten. Der Stein, den wir Alabaster nennen, wurde viel für diese Grefäße verarbeitet, doch scheint die antike Bezeichnung Alabastron, wie Reinhold Sigismund in seinem Buche über die Aromata nach- zuweisen sucht, sich mehr auf die Gestalt als auf das Material der Salbengefäße bezogen zu haben. Bezeichnend für den Mißbrauch, der mit wohl- riechenden Salben in Griechenland getrieben wurde, sind die zahlreichen, uns von Athenäus überlieferten Berichte. Er erzählt, daß die Schwelser nz jeden Teil ihres Körpers mit einer anderen Salbe ein- rieben. Ägyptische Salbe diente für Füße und Schenkel, phönizische Salbe für Kinnbacken und Brust, Sisymbrion-Salbe für die Arme, Amaracon-Salbe für Haar und Augenbrauen, Serpyllos-Salbe für Kinn und Nacken. Man kann sich vorstellen, wie so ein mensch- liches Wesen nach vollzogener Einsalbung geduftet haben mag. Denn die Amaracon-Salbe roch nach Majoran, die Serpyllos-Salbe nach Thymian, die Sisymbrion-Salbe wohl nach einer Minze, die ägyp- tische und phönizische nach Bittermandelöl und Bal- samen. Das war ein ganzer Parfümladen! — Über Demetrius Phalereus wird bei dem Symposion des Athenäus berichtet, er habe sich nicht nur den ganzen Körper gesalbt, sondern auch das Haupthaar noch gelb gefärbt, um verführerischer auszusehen. — Bei Trink- gelagen salbte man den Kopf, damit der Wein nicht in die Höhe steige; denn, wenn der Kopf trocken ist, hatte Myronides gesagt, wandern die Dünste nach oben. Dazu kamen noch die Kränze, welche den 417 Rausch verhindern, das Haupt kühl erhalten und den Kopfschmerz abwehren sollten. Das mögen die ursprünglichen Efeukränze getan haben, schwerlich die später benutzten aus duftenden Blumen. Denn sie wurden aus Rosen, Lilien oder Violen (Goldlack und Levkojen) gewunden und von aufwartenden Dienern vielfach noch mit duftenden Salben besprengt. In dem Symposion des Athenäus wird berichtet, daß bei den prunkvollen Aufzügen des Königs Antiochus Epiphanes auf Daphne zahlreiche Frauen mit goldenen (Gefäßen einherschritten und aus diesen duftende Salben auf die Menge verspritzten. Derselbe König, den man später spottweise auch Epimanes, das heißt den Verrückten nannte, pflegte in öffentlichen Bädern zu erscheinen, wenn das ganze Volk dort versammelt war. Er salbte sich mit den köstlichsten Ölen. Da sagte denn Einer: „Wie glücklich bist Du, o König, daß Du so wohl- riechende Parfüms benutzen und überall einen so an- genehmen Duft verbreiten kannst.“ Antiochus ant- wortete ihm nicht, ließ ihm aber am nächsten Tage nach dem Bade ein großes (Gefäß mit Myrrhensalbe über den Kopf gießen. Nun wälzten sich auch andere in dem verschütteten Öle, viele glitten aus und fielen zu Boden, sogar der König, was allgemeine Heiterkeit erregte. Dieser Antiochus muß allerdings recht ex- | zentrisch gewesen sein; denn auch die Geschenke, die er verteilte, waren mehr als sonderbar. Dem einen drückte er Knöchel, dem anderen Datteln, noch an- deren Gold in die Hände. Die Lazedämonier, heißt es, hätten die Salben- händler und die Färber aus Sparta verjagt, weil die ersteren das Öl verdarben, die letzteren die Wolle E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 27 418 ihrer ursprünglichen Reinheit beraubten. Lykurg und Sokrates traten gegen den Mißbrauch wohlriechender Salben auf, erreichten aber ebensowenig, wie später in Rom die beiden Zensoren Publius Licinius Crassus und Lucius Julius Cäsar, die, wie Plinius mitteilt, im Jahre ı89 v. Chr. ein Edikt erließen, daß niemand „exotische“ Salben verkaufen dürfe. | Die Haare und Kleider der Römerinnen dufteten, wie Plinius berichtet, so stark, daß man sie schon aus der Ferne roch. Das sei um so törichter, meint er, als dieser teuer erkaufte Grenuß weit mehr anderen zugute komme, als- dem, der ihn bezahlt hat. Nicht minder beklagt auch Plutarch diese Salbenverschwen- dung. Er erzählt, wie bei einem Gastmahle, das Sal- vius Otho dem Nero gab, von allen Seiten her kost- bare Salben aus goldenen und silbernen Röhren flossen und die Gäste ganz durchnäßten. Juvenal spottet in seinen Satiren über Crispinus, den Günstling Domitians, daß er schon am Morgen mehr Amomumduft als zwei Leichenbegräbnisse aushauche. — Ein besonders leben- diges Bild aus Neronischer Zeit, das auch den Salben- luxus und die Neigung zu Wohlgerüchen streift, hat uns Petronius in dem Gastmahl des Trimalchio ent- worfen. Sind die Farken auch stark aufgetragen, so entspricht das Bild doch den damaligen Sitten, wie sie bei prahlerischen Emporkömmlingen sich besonders geltend machten. Während des üppigen, nicht enden wollenden Mahles, bei welchem die seltensten Speisen in kunstvoller Zubereitung aufgetragen werden, folgen die mannigfaltigsten Überraschungen aufeinander. Da plötzlich senkt sich von der Decke ein gewaltiger Reifen, an dem rund herum goldene Kränze nebst 419 Flaschen wohlriechender Essenzen hängen. Sie sind als Geschenke für die Gäste bestimmt. Gegen Ende des Mahles wird die Ausgelassenheit groß, bis der trunkene Trimalchio auf den Einfall kommt, sich die Totenkleider bringen zu lassen, in denen er wünscht, daß man ihn einst bestatte. Er befiehlt auch, wohl- riechendes Wasser zu holen und eine Probe von dem Wein, mit dem seine Gebeine gewaschen werden sollen. Er öffnet eine Flasche Nardenessenz, bestreicht mit ihr seine Gäste und spricht den Wunsch aus, dieser Wohlgeruch möge ihm nach dem Tode ebenso wohl- tun, wie im Leben. — Petronius gehörte zu den Lieblingsautoren des achtzehnten Jahrhunderts; um dessen Mitte hatte das ‚„Gastmahl des Trimalchio“, wie ich Ludwig Friedländers Einleitung zum Petronius entnehme, schon sechs französische Übersetzungen auf- zuweisen. Am Hofe von Hannover, im Karneval des Jahres 1702, wurde es sogar von fürstlichen Darstellern aufgeführt. Auf Wunsch der Königin Sophie Charlotte von Preußen mußte Leibniz der Fürstin von Hohen- zollern-Hechingen diese Aufführungen schildern, was er in einem französischen Briefe am 23. Februar 1702 auch tat. Durch welchen Duft, außer anderen anziehenden Eigenschaften, sich ein vielbegehrter (resellschafter zu Zeiten Domitians, also gegen Ende des ersten christlichen Jahrhunderts, in Rom auszuzeichnen pflegte, das können wir einem beißenden Epigramm des Martial entnehmen, dessen sachkundige Übersetzung ich Franz Bücheler verdanke: „Herr Babillard, ihr seid ein feiner Mann: so sagen viele. Ich höre es, doch sagt mir, was ist ein feiner Mann? Ein feiner Mann ist, wer aLr 420 das Haar wohlgescheitelt trägt, wer immer nach Balsam oder Zimmtöl riecht, wer die Chansonetten vom Nil und der andalusischen Tänzerinnen trällert, wer die Arme von jedem Härchen befreit, bald so, bald so im Takte schwingt, wer den ganzen Tag unter weib- lichen Blaustrümpfen versitzt und einer immer im Ohr liegt, wer von und nach allen vier Winden Billets empfängt und liest oder schreibt und verschickt, wer des Nachbarn Ellenbogen flieht, selbst dessen Mantel fürchtet, wer jedes Herrn Frau Liebste weiß, wer von Diner zu Diner eilt, wer vom besten Rennpferd genau die Voreltern und Ahnen kennt. — Was Ihr sagt, Babillard! Das ist der feine Mann? Dann ist der feine Mann, Herr Babillard, die reine schwere Not!“ Gleicher Luxus mit Riechstoffen wie im Altertum ist wohl zu keiner Zeit wieder getrieben worden, doch genossen sie an den Höfen von Frankreich und Eng- land zeitweise hohes Ansehen. In Frankreich geschah das zur Zeit der Renaissance, unter dem Einfluß der italienischen Künstler, die Franz I. und Katharina von Medici um sich zu versammeln liebten. Da wurde in parfümierten Pasten, Pomaden und duftenden Hand- schuhen geschwelgt. Die Cosmetiques kamen zu jener Zeit als Schönheitsmittel auf und riefen eine besondere kosmetische Literatur ins Leben. Daß Diana von Poitiers bis in das hohe Alter sich den Reiz der Jugend zu bewahren wußte, ungeachtet sie schon mit ı3 Jahren an Ludwig von Breze, Großseneschal der Normandie, ver- mählt worden war, schrieb man kosmetischen Geheim- mitteln zu, die ihr Paracelsus verraten haben sollte. Der Mißbrauch, den man unter den Valois mit kosmetischen Mitteln trieb, hielt auch unter Heinrich IV. noch an. 421 Die Königin Maria von Medici führte bei ihrem Hofstaat einen „Racommodeur de visage“ und die Königin selbst, sowie alle ihre Hofdamen, bis hinauf zu den allerältesten, waren ganz mit Rot und Weiß übertüncht. Das mußte schließlich zu einer Reaktion führen, und erst unter Ludwig XIIl. verstand es die schöne Anna von Österreich wieder, die Salben in die Gunst des Hofes zu bringen. Da kamen die Pätes d’Amandes, die verschiedenen Cr&ömes und Schminken auf, welche der Haut der Damen eine künstliche Färbung verliehen. Ludwig XIV. liebte die Cosme- tiques nicht: ihr Gebrauch nahm ab, doch nur, um unter der Regence einen besonderen Aufschwung zu erfahren. Jetzt blühten (Greheimmittel, welche die Jugend und Schönheit dauernd sichern sollten. Der berüchtigte Cagliostro nahm von der ebenso berüch- tigten Dubarry und von anderen Schönen nicht geringe Summen für solche Greheimmittel ein. Trotzdem schminkte man sich unter Ludwig XV. wieder weniger als zuvor, und das „rouge de Portugal en tasse“ rötete nicht so stark die Gesichter. Der Absatz an Schminke hielt sich immerhin auf bedeutender Höhe, so daß im Jahre 1780 eine Gesellschaft fünf Millionen Francs der Regierung für das Privilegium bot, ein Rot besonderer (Güte allein verkaufen zu dürfen. Selbst mit violetter Schminke versuchte man es in den Gärten des Palais Royal und erhielt ganz Paris dadurch acht Tage lang in Spannung. — Das hörte gegen Ende des Jahr- hunderts unter dem Einfluß von Marie Antoinette auf; die schreienden Farben verschwanden aus den Gesichtern, und zugleich verlor sich auch der Geschmack an starken Wohlgerüchen; das Zarte mußte sich jetzt 422 mit dem Schwermütigen, das Keusche mit dem Gefühl- vollen im Aussehen der Frauen paaren; so gewann die Parfümerie jenes diskrete Gepräge, welches ihr auch heute noch geblieben ist. Nur vorübergehend machte sich unter dem Einfluß der Kaiserin Josephine, die als Kreolin die starken Parfüms, besonders Moschus, liebte, eine entgegengesetzte Neigung geltend. Napo- leon I. selbst bediente sich nur des Kölnischen Wassers, das er sich jeden Morgen über Kopf und Schultern goß. Seit dem sechzehnten Jahrhundert war Frankreichs Geschmacksrichtung in der Parfümerie maßgebend für die anderen Völker; im siebzehnten Jahrhundert ge- langte sie zur Alleinherrschaft, zugleich mit den fran- zösischen Moden. a Frankreich und England waren es vorwiegend, welche die Welt mit ihren Parfümen versorgten. Nur dem Kölnischen Wasser gelang es, als Weltparfüm gegen die Produkte dieser Länder aufzukommen. Erst jetzt beginnt Deutschland, wenn auch noch nicht in den „Bouquets“, so doch in ungemischten Parfüms in die erste Stelle zu rücken. Die Leipziger Erzeug- nisse haben in dieser Richtung einen ungeahnten Erfolg erreicht. Außerdem steht Deutschland obenan mit seinen chemischen Produkten, die heute in so ent- scheidender Weise in die Parfümerie eingreifen. Ebenso liefert es vornehmlich der Welt jene antiseptisch wirk- samen Stoffe, welche Fäulnis und Verwesung aufhalten und die Verbreitung schädlicher Keime verhindern; zugleich verdrängt zunehmende Reinlichkeit die Cos- metiques und ist nun vor allem berufen, die Gesund- heit des Körpers und damit auch die Schönheit des „Leint“ zu fördern. 423 Unter den Valois, als die starken Parfüms in hoher Gunst standen, war es in Frankreich, selbst bei Hofe, noch nicht Sitte, irgendwie für die Reinheit seines Körpers zu sorgen. Erst ein im Jahre 1644 veröffentliches Buch, das betitelt ist: „Les lois de la galanterie frangaise“ behandelt einen „Luxe de pro- prete“, der sich zu verbreiten beginne und darin be- stehe, daß man sich die Hände täglich und das Gresicht fast ebenso häufig wasche! — Die Berge strahlten von allen Seiten Licht und Wärme auf die Blumenpflanzungen von Grasse zurück. Es wurde heiß in der Stadt; feiner Staub stieg bei jedem Windhauche in dichten Wolken auf; es roch zu stark nach Sandelholz in den Straßen; so fühlten wir uns reisemüde und traten den Heimweg nach dem Norden an. | FÜNFTE REISE. I. eit Beginn des Jahres hatte auffallend mildes Wetter in Mittel- europa geherrscht. So kam es, daß in den ersten Märztagen am Rhein viele Gewächse schon im Frühlings- ner ee schmuck standen. Die hängenden Zweige der Weiden schimmerten in zartem Grün; die Kornelkirsche (Cor- nus mas) war mit gelben Blüten bedeckt, Safran (Crocus), Schneeglöckchen, Märzbecher, der Winterling (Eranthis hiemalis) zierten die Beete der (Gärten. Fast kostete es einen Entschluß, sich von diesem verheißungsvollen Frühlingsbilde zu trennen. Man be- reute diesen Entschluß zunächst auch noch jenseits der Alpen. Da waren nur kahle Bäume zu erblicken, und nur unten am Boden deuteten gelbe Primelbüsche und weiße Krokusblüten das Nahen milderer Tage an. Der ganze 420 Winter war auffallend warm und sonnig in Südeuropa gewesen; doch die Vegetation rührte sich nicht. Sie wartete des Augenblicks, in welchem ihr nach ver- erbtem (Gresetz der Eintritt in eine neue Entwicklung gezieme. Im Norden war es anders; da hatten die tiefen Temperaturen des Winters die Pflanzen so be- einflußt, daß sie zum Austreiben neigten. Das ver- anlaßt in unseren Breiten, wie wir leider wissen, nur zu oft eine übereilte Frühlingsentwicklung. Dann zer- stören verspätete Schneefälle und Fröste die Triebe, welche so sorgsam zuvor mit Knospenschuppen um- hüllt waren. Wie entsprechende Versuche zeigen, kürzen niedere Temperaturen, die ein wenig über dem Eispunkt liegen, die Vegetationsruhe unserer Grewächse mehr oder weniger ab. Man verwertet diese Erfahrung bei der künstlichen Treiberei. Man weiß jetzt außerdem, daß die 24 bis 48stündige Behandlung mit Ätherdampf bei gewissen Pflanzen eine ähnliche Wirkung hat. Neuerdings ist in der Praxis noch das Warmwasserbad hinzugekommen. Die in der Ruheperiode befindlichen Holzgewächse werden für 9 bis ı2 Stunden in Wasser von 30 bis 40° C untergetaucht und damit zum be- schleunigten Austreiben ihrer Knospen angeregt. Alle diese stimulierenden Einflüsse sind oft erst in der Voll- ruhe, nicht schon in der Vorruhe, wirksam, also nicht gleich bei uns nach dem herbstlichen Laubfall, sondern erst im Dezember und Januar. Wie in der lombardischen Tiefebene, so standen auch noch in Genua alle laubwerfenden Gewächse blattlos da, und erst in Nervi war es mir möglich den Winter zu vergessen. Dort erst freute ich mich meines Entschlusses zur Reise. 427 Ich kam am späten Abend in Nervi an, als. es bereits dunkel war. Die Gregenstände ließen sich nicht mehr deutlich unterscheiden, doch die Schattenbilder der Palmen am sternenklaren Himmel und die Blüten- düfte, die in den Hotelwagen drangen, zeugten dafür, daß ich plötzlich in ein anderes Klima versetzt wor- den war. Goldige Sonnenstrahlen, die sich durch die Spalten der Fensterläden in das Zimmer drängten, weckten mich am nächsten Morgen im Eden-Hotel. Ich öffnete weit das Fenster und blieb wie gefesselt stehen vor dem erhabenen Anblick von Land und Meer. So oft ich dieses Bild auch schon gesehen, es verfehlt nie seine Wirkung und ergreift mich bis in das Innerste der Seele. Wie schön ist die Welt, und doch, wie trübe können auch die Schatten sein, die sich auf sie lagern! Zu meinen Füßen hatten die Gärten ihren vollen Blütenschmuck schon angetan; es glänzte die Erde im reichen Festgewande, und jenseits der geschmückten Küste dehnte sich endlos das saphirblaue Meer aus. Unten war es eine Fülle von Farben und weiter eine Fülle von Licht. Aus dem dunklen Grün der Palmen und Orangen, dem Silbergrau der Oliven ragten helle Rosen hervor. Der Garten jenseits der Straße schien wie mit Purpur besprengt, so endlos war die Zahl der Blüten, mit denen sich die leuchtenden Kamelienbüsche bedeckt hatten. Zu dem offenen Fenster strömte die frische Brise des Meeres herein, gewürzt mit Frühlingsdüften und streichelte einem wonnig das Gesicht. — Also rasch hinaus ans Meer, auf diese herrliche Strandpromenade, der sich Nervi mit gerechtem Stolze rühmt. Dort 428 stürmt das Meer wie einst gegen die Felsen, auf denen ich in früheren Jahren so manche Stunde schon verträumte; der alte Sarazenenturm bewacht noch immer treu die Küste, und im Osten dehnt sich der malerische Berg von Portofino aus, violett angehaucht, bedeckt mit leuchtend hellen Ortschaften, die sich an seinem Abhange sonnen. Und auch wir wollen uns sonnen! Wir sehnten uns so lange schon nach Wärme, nach Licht, nach einer farbenreicheren Welt! Sie ist wirklich schön, diese Bucht von Nervi mit ihrem Saum von immergrünen Gärten, mit ihrem Hinter- grund hoch aufsteigender Berge und dem scharf ge- schnittenen Vorgebirge des Monte di Portofino, das so selbstbewußt im Osten sich in das weite Meer hinauswagt. Die Strandpromenade von Nervi ist vor einigen Jahren erweitert und mit einem eisernen Greländer ver- sehen worden, für die Leidenden, die sich auf ihr er- gehen, sicherlich ein Gewinn. Ich selbst aber vermisse sehr die graue Mauer, welche früher diesen Weg be- grenzte und so harmonisch in Form und Farbe sich in die Umgebung gefügt hatte. Mancher freut sich auch wohl, daß er jetzt leicht auf steinernen Treppen bis zu den Felsen gelangen kann, die längs des Strandes aus dem Meere herausragen. Freilich ist man auf diesen Felsen auch nicht mehr so allein wie vor Jahren, als es schwer war, sie zu erreichen. Doch gibt es auf ihnen noch immer Stellen genug, bis zu welchen nur wenige sich wagen, wo man von der Strandpromenade nichts mehr sieht und nur das weite Meer vor sich hat, begrenzt durch den Bergrücken von Portofino und 429 die schneeigen Gipfel der Alpen. Dort wird einem das Meer zum (Gefährten, dem man seine Freuden und auch sein Leid anvertrauen kann. Bei den wechsel- vollen Stimmungen des Meeres hat man oft das Ge- fühl, als wenn es die Empfindungen teile, welche man im eigenen Busen birgt. Wie häufig sieht man es traurig, zornig oder erregt, dann wieder milde und wohlwollend, strahlend von innerer Wonne, dies ewige Meer! Das eine Mal ruht es so sanft in seinem Becken, daß seine Wogen den Felsen nur zu liebkosen scheinen; das andere Mal stürzt es sich gegen den Strand, als fordere es die feste Erde zu lautem Kampfe auf. Wenn es dann beim Greheul der :Winde blind- lings wütet, seine Wellen zu den Wolken schleudert, als wolle es das Himmelsgewölbe bedrohen, wenn blutiger Widerschein seine Kämme färbt und tiefe Abgründe sich zwischen den Wasserbergen öffnen, da wird es unheimlich und schrecklich, das mächtige Element! Voll Angst und Entsetzen wendet der Mensch seine Blicke von ihm ab und preist den festen Boden unter seinen Füßen. Mit kindlichen Gefühlen ruft er die Erde als Mutter an; denn mit welcher Zu- versicht kann er sich ihr anvertrauen! Wie selten öffnet sie auch ihre Schlünde, um die Kinder, die sie gebar. in ihren Tiefen zu verschlingen. Auf jenen unsicheren Fahrzeugen, die sich im Altertume in die offene See hinauswagten, war der Mensch weit mehr der Gewalt der Wogen preisgegeben wie heute. So begreift man die Begeisterung, mit der Plinius das Lob der festen Erde verkündet: „Erde, wir nennen dich mit Recht unsere Mutter, denn du überhäufst uns mit Wohltaten. Du bist die unsrige, 450 so wie der Himmel Gottes ist. Du nimmst uns bei unserer Geburt in Empfang, sorgst dann für unsere Nahrung, gewährst uns dauernd deinen Schutz und nimmst uns schließlich wieder auf in deinen miütter- lichen Schoß, wenn die übrige Natur uns verläßt. (resegnet seist du, heilige Wohltäterin, gesegnet im besonderen auch, weil du uns an deinem Heiligtume teilnehmen läßt. Denn du’ trägst unsere Denkmäler, unsere Inschriften und verewigst unsere Namen weit über die kurze Spanne des Lebens hinaus. Das Wasser fällt auf dich als Regen nieder oder erstarrt zu Hagel, auch schwillt es in Wogen an und stürzt dahin als wilder Strom; die Luft verdichtet sich zu Wolken, entfesselt sich in Sturm. Du, Erde, bleibst aber wohl- wollend, milde und nachsichtig; stets den Sterblichen zu dienen bereit, läßt du dir unendliche Reichtümer entreißen oder gibst sie oft auch freiwillig her. Wie- viel Düfte du verbreitest und Wohlgeschmack du spendest, wie viele Säfte dir entquillen, wie reich bist du an Gestalt und Farbe! Was wir dir anvertrauen, gibst du mit Wucherzins uns zurück; wieviel Wesen nährst du nicht, um uns zu nützen!“ — In schranken- loser Bewunderung für die gütige Wohltäterin läßt sich Plinius zu der Behauptung hinreißen, daß sie selbst die Gifte nur aus Mitleid für uns Menschen er- zeuge, denn sie wollte nicht dulden, daß lebensmüde Menschen durch Verhungern ihrem Leben ein qual- volles Ende bereiten. Sie schuf daher geheimnisvolle Säfte, die leicht über die Lippen gehen, dem Leben ein Ende machen, ohne den Körper zu entstellen, ohne Blutvergießen zu verursachen und andere Qualen zu bereiten als heftigen Durst. 431 Dem Örientalen ist heute noch das Meer ‚die Nacht der Abgründe“, und jenes Gefühl der Angst gibt den bestimmenden Ton auch in jenen Schilde- rungen an, die J. Michelet in der Mitte des vorigen Jahrhunderts vom Meer entwarf. Er widmete ihm sein Buch „La mer“, das seinerzeit ebenso wie die anderen Werke des bekannten französischen Historikers und Philosophen viel gelesen wurde. — Der Anblick eines Seesturmes ruft Entsetzen in Michelet hervor, und es scheint ihm, als wenn die ganze Natur seine Empfindung teile. Selbst die Bäume sieht er sich vom Meere hinwegwenden, damit sie jener vernich- tende Wind nicht töte, der mit unwiderstehlicher Gewalt aus den endlosen Weiten des Meeres bläst. Michelet vernimmt nicht in dem (Greräusch der Wellen die tröstlichen Melodien, die das (remüt besänftigen, den Schmerz zu lindern vermögen; er hört aus ıhnen nur die ewige Drohung kommender Stürme heraus. Es dürfte um die Mitte des vorigen Jahrhunderts gewesen sein, als Michelet ein halbes Jahr in Nervi me er preist. ‚die dortige Bucht als eine: der geschütztesten und schönsten der Welt. Eines Tages eilt er hinab zum Meere, um den entfesselten Sturm zu betrachten. Ein flacher Strand fehlt an dieser Küste, es läuft nur ein schmaler Pfad auf dunklem Felsen dem Meere entlang. Dieser Pfad steigt auf und ab und schwebt oft senkrecht in bedeutender Höhe über den Fluten. Man vermag im Staube des Wellenschaumes kaum die nächste Umgebung zu er- kennen. Wirbelwinde ziehen alle Augenblicke den dichten Schleier zu. Was sich aber unterscheiden läßt, ist grauenhaft. Rauhe, gebrochene Felswände, spitze 432 Gipfel, scharfe Grate, plötzliche Vertiefungen im Gestein, sie alle zwingen die stürmenden Wellen zu Sprüngen, zu unglaublicher Anspannung der Kräfte, zu höllischer Qual. Die Felsen der Küste empfangen knirschend und schäumend und mit Hohngelächter die zerschellenden Wogen. Es ist ein unsinniges Lärmen und Toben, Donnern und Pfeifen, daß man die Ohren sich zuhalten möchte. Und erschrocken drückt man sich in den einspringenden Winkel der Mauer am Strande, um nicht selber von den wütenden Wellen ergriffen zu werden, Mich versetzt der Anblick des Sturmes in erhöhte Stimmung. Es ist mir, als wenn die Natur in Be- geisterung sei, in mir selbst schwinden in solchen Augenblicken die Empfindungen des alltäglichen Lebens, und ich bin dann der Wirklichkeit wie entrückt. Il. Jener Wachtturm, der heute noch am Strande von Nervi steht, zeugt davon, daß an dieser Küste nicht immer sichere Zustände herrschten. Selbst zu Anfang des vorigen Jahrhunderts drohten hier noch dem Reisenden ernste Gefahren. Petit Radel, „Chirurgien- major du roi“, legte im Jahre ı8ı2 den Weg von Lerici nach Genua in einem Boot zurück. Er gibt an, daß er den Seeweg wählte im Hinblick auf die An- strengungen, mit welchen die Reise auf dem Lande verbunden sei. Doch bereut er später seinen Entschluß, nicht wohl deshalb, weil er von der bewegten See zu leiden hat, als vielmehr, weil ihm bewußt wird, in welcher Gefahr er schwebt. Denn.er erfährt auf der Fahrt, daß in den tiefeingeschnittenen Buchten dieser 453 Küste algeri- sche Frei- beuter und Renegaten sich verbor- gen halten und plötzlich Fahrzeuge über- fallen, die um ein Vorge- birge biegen. — Die Seefahrt von Spezia nach Genua währte damals 24 bis 30 Stunden, und glücklich durfte sich der schätzen, dem es vergönnt war, ohne UnfallGrenua zu erreichen. Kaum vermag man sich heute, wo ein Schnellzug die Strecke Genua—Spezia in zwei und einer halben Stunde zurück- legt, noch vorzustellen, wie es mit den Verkehrsmitteln an der ligurischen Küste einst beschaffen war. Zwei schwe- dische Edelleute, die im Jahre 1758 Italien bereisten, schil- dern in den „Neuen Nach- richten oder Anmerkungen über Italien und über die Italiener“, einem Buche, das Serapias in deutscher Übersetzung 1766 lingua. „bey Bernhard Christoph Breit- kopf & Sohn“ in Leipzig erschien, wie es ihnen auf dieser Strecke erging. Sie E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 28 434 hatten in Livorno für sich und ihr Gefolge eine Barke nach Grenua gemietet. Es war ausbedungen worden, daß der Padrone andere Passagiere nicht mitnehme. Trotzdem fanden sie im Augenblick der Abfahrt die Barke nicht nur mit fremden Waren vollgepackt, sondern auch mit anderen Reisenden, Maurern, Matrosen und einem Dominikaner nebst bedenklicher Begleiterin stark besetzt. Ein Sturm zwang die Reisenden unter- wegs, im Hafen von Portofino Zuflucht zu suchen, und dort mußten sie die Weihnachtsfeiertage zubringen. Da dem Padrone das Wetter immer noch unsicher er- schien, die Zeit aber drängte, entschloß sich einer der beiden Edelleute, zu Fuß nach Genua zu wandern, auf Wegen, die zum Teil nicht besser als Ziegenpfade waren. Und doch hatte die Via Aurelia einst über den Berg von Portofino und weiter längs der Küste nach Grenua geführt. Sie bestand aber nicht mehr. Erst Napoleon I. nahm an der östlichen Riviera, wie zuvor schon an der westlichen, den Wegebau wieder auf und folgte im wesentlichen dabei den Spuren der alten Römerstraße. Das’ geschah zur Zeit der fran- zösischen Herrschaft über Genua, die bis 1814 währte. Übrigens kamen nur wenige der beabsichtigten Ar- beiten auf dieser Straße zur Ausführung, so daß noch in einem ı81ı8 in Mailand erschienenen „Manuel du Voyageur en Italie“ zu lesen ist, daß von Grenua nach Lucca längs der Küste nur ein den Ufern des Meeres und dem Abhange der Berge folgender Pfad führe. Auch ständen die einzelnen Teile dieses Pfades unter- einander nicht in Verbindung, so daß man ihn kaum benutzen könne. Erst gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts begannen Postwagen auf der nunmehr 435 vollendeten Straße zu verkehren und wurden bald von Fremden benutzt. Aber auch solche, die auf schlechtem Fußpfade dieser Strecke folgten, schilderten begeistert ihre Schön- heit, die Uppigkeit der Vegetation, die Fülle goldiger Früchte an den Orangenbäumen, den würzigen Duft der immergrünen Sträucher. Hingegen machte die Stadt Nervi auf die Reisenden einen geteilten Eindruck. Der Postwagen rollte so lange zwischen den endlosen Häuser- reihen, daß ein italienischer Abbate seinem Gefährten, Otto Speyer, der 1859 „Bilder italienischer Landschaft“ veröffentlicht hat, erklärte, der Ort heiße Nervi, weil er einem auf die Nerven falle: „perche da ai nervi“. Nervi ist vorzüglich gegen Norden, Westen und Östen geschützt, so daß im wesentlichen nur südliche Winde dort Zutritt haben. Die staubfreie Strand- promenade, durch hohe Grartenmauern gegen Norden besonders noch gedeckt, bietet Leidenden einen selbst an der Riviera seltenen Schutz. Andere Gäste von Nervi, welche dort nur Erholung suchen, klagen da- gegen über die geringe Zahl von Spaziergängen, die der Ort ihnen bietet. Auch ist die Mannipgfaltigkeit dieser nahen Ausflüge nicht groß; denn selbst der Aufstieg nach der Kirche von Sant’ Ilario, so schön er an sich ist, verschafft eigentlich kaum neue Eindrücke. Das Panorama bleibt nach Westen, Norden und Osten durch dieselben hohen Berge begrenzt, die sich auch vom Strande dem Blick darbieten. — Die Landstraße ist zwar weniger staubig als die Wege an der Ponente, doch bei anhaltend trocknem Wetter für Fußgänger nicht eben verlockend. So bleibt man vorwiegend auf den Strand angewiesen, kann aber dessen Felsen 28 436 stets mit neuem (Grenusse aufsuchen. Gerne verweilt man dort bis gegen Abend, wenn die Sonne jenseits Genua hinter dem Apennin zu schwinden beginnt und der Berg von Portofino purpurrot in ihrem Lichte erglüht. Dann illuminieren sich alle die zahlreichen Ortschaften an den Abhängen und werfen lange, gol- dige Lichter zurück über das Meer. Das ist die Stunde der Tizianschen Farben, wenn alle Dinge in reichem (Gold erglänzen und sie den Himmel eher zu beleuchten als von ihm Licht zu empfangen scheinen. Das ist der Augenblick, wo die Natur in der Seele des Künst- lers Farbenharmonien erweckt, die dort unbewußt schlummerten und ihn zu Leistungen befähigen, über die er später selber staunt. — Und auch am späten Abend wagte ich mich oft noch hinaus in die See, auf einen der einsamen Felsen. Dort ließ ich mich nieder und bildete mir ein, daß mir allein das Meer gehöre, als könnte ich über Himmel und Sterne be- liebig verfügen. War doch kein lebendes Wesen sonst in der Nähe, um sie mir streitig zu machen. Auch Adolf Stahr und Fanny Lewald saßen hier einst am Strande, hingerissen von der Herrlichkeit des Bildes, das sie vor Augen hatten. Die beiden Reisenden waren im Oktober 1858 mit einem Vetturin hierher gekommen und begaben sich nach der Villa Gropallo. Sie durchwanderten den weiten Park, der sie durch die Fülle seiner südlichen Vegetation ent- zückte. Dann ließen sie sich „neben einem zierlich hohen Pavillon in einer Felsenecke hart am Strande nieder, wo ein kleines, halbzerschelltes Boot in einem Mauerwinkel neben den Ruinen eines alten Wacht- turms bequem Ruhesitz gewährte.“ Hier verträumten 437 sie „ein paar wahrhaft glückselige Stunden, wie man sie zu den Perlen höchsten Reisegenusses in dieser gottbegnadeten Natur des Südens zählen mag.“ Zu ihren Füßen „sang das in der heißen Mittagssonne schimmernde und flimmernde Meer sein einschläfern- des Wiegenlied.“ Alles um sie her schien Siesta zu halten. ‚„Farbenschillernde Lazerten sonnten schlafend die zierliche Bildung ihrer Leiber in dem Kräuterduft des alten Turmgemäuers.“ Bei solchem glücklichen Hinträumen war es ihnen, als „ob sie sich eins be- fänden mit der allgemeinen Mutter allen Daseins, die alle ihre Millionen Kinder, die sie aus ihrem Schoße geboren, wieder zurücknimmt in ihren miütterlichen Schoß, den Stoff der Gebilde umformend und umge- staltend in immer neuen Bildungen und Gestalten bis an das Ende aller Dinge.“ Adolf Stahr konnte noch den Park der Villa Gro- pallo, der jetzt so viel von Fremden besucht wird, eine „paradiesische Natureinsamkeit“ nennen. Selbst im Jahre 1865 wird in der dritten Auflage von Baedekers „Oberitalien“ Nervi nur dem Namen nach angeführt. (rasthäuser weiß dieses Reisebuch auf dem Wege von Genua nach Spezia erst in Chiavari zu nennen. EIf Stunden blieb man auf dieser Strecke im Postwagen, ehe man Spezia erreichte. — Nähere Beachtung in Reisebüchern fand Nervi erst im Anfang der sieb- ziger Jahre, und damals wurde auch schon das jetzige Grand Hoötel als „Pension Anglaise“ eröffnet. LI. Die Milde des Klimas von Nervi bezeugen besser denn alle die in den verschiedenen „Guides“ angeführten 435 Zahlen die Zitronenbäume, die ohne allen Schutz ge- deihen. In dieser Beziehung steht Nervi kaum den bevorzugtesten Orten der Ponente nach; andererseits weist es etwa einhalbmal mehr Regentage zur Winter- zeit auf. Auch das sieht man unmittelbar dem Ve- getationsbilde an, denn die Kamelienbäume, denen es an der Ponente zu trocken ist, entwickeln sich hier üppig. Ebenso ergeht es den Azaleen und Gardenien, die gleiche Ansprüche an Luftfeuchtigkeit stellen. In letzter Zeit hat auch die Kultur wohlriechender Blumen in Nervi in einem ähnlichen Verhältnis wie an der. Ponente zugenommen. Besonders erfreuen sich die Nelken von Nervi der höheren Wertschätzung und werden als „Grenueser Nelken“ nach dem Norden versandt. Aus den Olivenhainen und Gärten längs der Land- straße strömt dem Wanderer im Frühjahre ein Wohl- geruch entgegen, der ihn an den Duft der Garten- platterbse (Lathyrus odoratus), ‚des „Pois de Senteur“ erinnert. Dieser Duft kommt von der Buffbohne (Vicia faba) her, die längs der ganzen Riviera viel gezogen wird. Man verzehrt hier die Samen, wenn sie noch unreif sind, und zwar roh. Sie schmecken in solchem Zustande süß, ähnlich wie halbreife grüne Erbsen. In vielen Gegenden von Deutschland trägt die Buffbohne den wenig ehrfurchtsvollen Namen der „Saubohne“, und doch verdient sie es wohl, daß man ihr mit größerer Hochachtung begegne. Denn sie ist eine der ältesten Kulturpflanzen, die wir kennen, so daß man ihren Ursprung nicht einmal sicherzustellen vermag. Ihr Anbau reicht zurück bis in die vor- geschichtliche Zeit. Grewisse Sorten der Buffbohne 459 dienten im Altertum bereits als Viehfutter, aus anderen stellte man Mehl dar und versetzte mit ihm auch das Mehl der Zerealien. In der Mythologie spielte die Buffbohne eine wichtige Rolle. Ihre Samen galten als Sinnbild des Todes, weil man die schwarzen Flecke auf den weißen Blüten dieser Pflanze als Trauerzeichen deutete; daher bei Trauerfeierlichkeiten die Buffbohne als Speise aufgetragen wurde. Pythagoras verbot ihren Genuß seinen Schülern, wohl deshalb, wie Plinius meint, weil er- sie für unverdaulich hielt, und weil es von ihr auch hieß, daß sie den Menschen schwerfällig mache und am Schlaf hindere. Auf dem Wege nach Eleusis stand ein dem Bohnengott Kyamites geweihter Tempel. Bei den Lemurien, Festen, die den umher- irrenden Seelen böser Verstorbener galten, warf man des Nachts schwarze Bohnen nach rückwärts über sein Haupt, um durch diese Gabe sich und die Seinigen vor der Verfolgung durch solche Gespenster zu schützen. Doch auch verschiedenen Gottheiten wurde der aus dem Mehl der Buffbohne hergestellte Brei als Widmung dargebracht. Frische Bohnen opferte man ihnen außer- dem zur Zeit der Bohnenfeste, der Calendae fabariae, die im Juni gefeiert wurden. Vor Gericht pflegte man mit weißen Bohnen für Lossprechung, mit schwarzen für Verurteilung des Angeklagten zu stimmen. Man fand Buffbohnen in Ägypten in einem Grabe der zwölften Dynastie, die etwa zweitausend Jahre vor Christus geherrscht hat; Schliemann grub auch Buff- bohnen in Troja aus. Um unsere Grartenbohne (Phaseolus vulgaris) konnte es sich bei keinem der uns überlieferten Bräuche des Altertums gehandelt haben, da diese Bohnen erst 440 nach der Entdeckung Amerikas zu uns gelangten. Daher bezog der alte Name „Bohne“ sich in der deutschen Sprache nur auf Buffbohnen. Ihre Bezeichnung „Buffbohne“ kam erst auf, als es nötig wurde, sie von den neuen amerikanischen Ankömmlingen zu unter- scheiden. — Bei der griechischen Landbevölkerung stellen die Buffbohnen heute noch das verbreitetste Nahrungsmittel dar. Bei uns sollte vor kurzem das Buffbohnenmehl durch geheimnisvolle Anpreisung wieder zu besonderen Ehren gelangen. Denn Buff- bohnenmeHl ist, neben Linsenmehl, der Hauptbestandteil der Revalenta arabica, die aus Nordamerika zu uns herüberkam und für teures Geld als Kraftmehl und Mittel gegen allerlei Krankheiten angepriesen wurde. Ihre Bezeichnung hatte man aber durch Umsetzung der Buchstaben aus Erva lenta, eigentlich Ervum lens, dem Namen der Linse, gebildet. Jene Pflanze, die so massenhaft in Nervi unter der Strandpromenade wuchert und selbst aus vor- jährigen, halbverdorrten Blütenständen dunkelgrüne Blattrosetten treibt, heißt Inula viscosa* (S. 247). Sie ist ein Unkraut, das man nicht übersehen kann, da es überall sich aufdrängt. Das ligurische Volk kennt es unter dem Namen „Nasca“ und schreibt ihm ver- schiedene Heilwirkungen zu. Zerreibt man einige Blätter zwischen den Fingern, so verbreitet sich ein starkes, würziges Aroma. An diesem Dufte und der Klebrigkeit aller Teile erkennt man, daß es wirklich der „Alant“ ist, mit dem man es zu tun hat. Das Volk wendet die Blätter vornehmlich gegen Vipern- bisse an. In manchen Gegenden setzt man sie dem Weine zu, damit er sich besser halte. Zudem benutzen 441 Smilax aspera. ihn auch die Bauern im Sommer, um Fliegen, die an seiner klebrigen Oberfläche haften a bleiben, zu fangen. Er ersetzt ihnen so das Fliegenpapier. Auch die prächtigen, silber- grauen Stauden der „Aschenpflanze“, Cineraria maritima* (S. 115), sieht man hier an Felsen und Mauern. Die verschiedensten Holzgewächse am Strande von Nervi werden von der italienischen Stechwinde, Smilax aspera* (S. 441), um- rankt, deren Beeren im Früh- jahre meist noch grün sind, doch an besonders warmen und besonnten Stellen sich auch schon zu röten be- | ginnen. Unter Umständen vermag die Stechwinde bis in den Gipfel eines hohen Baumes emporzuklimmen und ihn mit immergrünen Girlanden zu behängen. In diese Winde wurde der Sage nach die Nymphe Smilax verwandelt, als sie aus Liebe zu dem Jüngling Crocos starb. 442 Über die hohen Gartenmauern, denen die Strand- promenade folgt, drängen sich Kiefern und Pittosporen gegen das Meer vor. Sie vertragen also den Wind und den salzigen Wasserstaub, der während des Sturmes aus dem zerschellten Schaum der Wogen sich erhebt. Andere Bäume erscheinen hingegen wie abgestutzt, der Höhe entsprechend, in welcher sie von der Mauer nicht mehr gedeckt werden. IV: An einem klaren, sonnigen Morgen, anfangs März, wurde ein Ausflug nach dem Bergrücken von Porto- fino beschlossen. Zunächst ging es mit der Bahn bis Camogli und dann hinauf nach Ruta, auf der schönen Straße, von der aus immer weitere Ausblicke über den Golf von Genua sich eröffnen. In Ruta erklom- men wir den Weg, der sich südwärts wendet, um dem Rücken des Vorgebirges zu folgen. Da wächst plötz- lich die Aussicht ins Unendliche und beherrscht die beiden Golfe, die der Monte di Portofino trennt. Nach Westen zu erstreckt sich in sanfter Krümmung die üppig grüne Küste, die der Apennin eng umfaßt und die bis Genua nur noch eine einzige Stadt zu tragen scheint. Sie setzt sich in noch größeren Fernen in die Ponente fort, über der, am grünblauen Himmel, der Schnee der See- alpen schwebt. Im Osten folgt eine Bucht auf die andere längs der gefransten Küste; hier entfaltet der Apennin sich freier, türmt sich zu immer höher werdenden Berg- ketten auf, gipfelt in hohen Kuppen, die frischer Schnee bepudert, und in duftigem Nebel jenseits Spezia steigen unvermittelt die zackigen Spitzen der apuanischen Alpen auf, noch ganz gehüllt in ein weißes Gewand. 443 Am nördlichen Ende des Vorgebirges, auf dem wir uns zunächst befanden, sah es noch ziemlich winterlich aus. Die meisten Sträucher und Bäume waren ohne Laub. Einige Erdbeerbäume* (S. 67), Baumheiden* (S. ıgı) und Steineichen* (S. 377) zeugten immerhin für den Süden. Ich erfreue mich der Be- gleitung meines Genueser Kollegen, Professor Otto Penzig, dem wir die illustrierte Flora der Riviera (Flore coloriee du Littoral mediterranen) verdanken. Er kennt hier selbstverständlich jede Pflanze und hilft meinem Wissen und meinem (Gredächtnis nach. Leider blüht noch so wenig, daß wir, außer Primeln und Krokosblumen, nicht viel zu sehen bekommen. Eine graue Staude, die hier in größter Menge an den Abhängen steht, doch jetzt nur tote, vorjährige Blütenstände trägt, ist Helichrysum angustifolium. Sie duftet ebenso stark wie das Helichrysum stoechas, das wir am Cap d’Antibes gesammelt hatten, und gleicht ihm auch im Laub; die trocknen Blütenstände gestatten aber die Unterscheidung. Wo nur der Fuß die Pflanze berührt, entströmt ihr eine Wolke von Aroma. Ohne uns der Länge des zurückgelegten Weges bewußt zu werden, erreichten wir den Gipfel des Berges. Es mögen anderthalb Stunden verflossen sein, seitdem wir Camogli verließen. Unser Blick schweift nun frei im weiten Umkreise, bleibt aber immer wieder auf den mattblauen Gipfeln des Apennins, dem fernen Schnee der Alpen, dem sonnendurchtränkten Meere haften. Der Semaphor, der hier oben stand, stürzt langsam ein; eine neue Signalstation wurde etwas tiefer erbaut. — Der Berg fällt gegen Süden fast senkrecht 444 ab, und gerade dorthin sollen wir unsere Schritte lenken, um die alte Abtei von San Fruttuoso zu er- reichen, die in einer einsamen Bucht unten am Meere liegen muß. Wir ziehen unsere Landkarten zu Rate, um uns zurechtzufinden. Eine südöstlich gelegene Felsengruppe, die „Pietre strette“, gibt uns die Rich- tung an, die wir einzuschlagen haben. Zwischen diesen Felsen führt der Fußpfad, der sich dann teilt und links nach Portofino, rechts nach San Fruttuoso abwärts führt. Eine Aufschrift ist an dieser Stelle angebracht, so daß der Weg sich nicht verfehlen läßt. Bald tauchen auch einige Gebäude von San Fruttuoso, weiß in dunklem Grün, unten am blauen Meerbusen auf. Dieser einsame Ort wird meistens nur vom Meere aus besucht. Wer sich ihm nicht von der Landseite nähert, dem fehlt freilich ein sehr wesentlicher Ein- druck in dem Bilde. Denn der Weg, der von den Höhen des Berges absteigt, ist unvergleichlich schön und bietet eine Fülle der entzückendsten Ausblicke. Auch ist man sofort von der üppigsten „Macchia“ umgeben und schwelgt geradezu, selbst zu so früher Jahreszeit, in der Fülle mediterraner Vegetation. Der Erdbeerbaum* (S. 67) dominiert an diesem Abhange ganz auffällig und wächst zu bedeutender Höhe empor. Mit ihm streiten überall Steineichen* (S. 377) und der immergrüne Kreuzdorn (Rhamnus alaternus)* (S. 383) um den Raum. Die Baumheiden* (S. 191) schimmern schon ganz weiß in ihrem Blütenschmuck und ent- senden weithin lieblichen Duft. Der. Zedern-Wacholder (Juniperus oxycedrus)* (S. 253) ist ebenfalls an diesem Abhange sehr verbreitet, und zwar nicht allein in der gewohnten Strauchform, sondern auch als Baum, dem 445 es gelang, sich über seine Umgebung bedeutend zu erheben. Wir staunen ihn in solcher Entfaltung an. Er ist entweder mehr in die Breite gewachsen, behielt bis unten seine Äste und sieht wie ein Lebensbaum aus, oder er schoß schlank empor wie eine Zypresse und trägt seine pyramidale Krone über dem kahlen Stamme. Auch unser gemeiner Wacholder (Juniperus communis) vermag unter Umständen sich so zu ent- wickeln, doch sind die Fälle selten, in denen das ge- schieht. — Der mit gelben Schmetterlingsblumen be- deckte Strauch, der stellenweise hier ganze Flächen färbt, ist die strauchige Kronwicke (Coronilla emerus), die besonders häufig an der Levante auftritt. Sie ist an ihren unpaarig gefiederten Blättern und an dem Verhalten ihrer verhältnismäßig großen Blüten, die zu zwei oder drei einem Stiele entspringen, zu erkennen. Etwas später blüht dann auch der Cytisus triflorus* (S. 173), dessen Blüten etwas kleiner als die der Coronilla, drei bis fünf an Zahl zu einer Traube vereinigt sind. Die Blätter weisen nur drei Blättchen auf. Diese Geißkleeart überbietet die strauchige Kron- wicke an Schönheit, im besonderen durch ihre vollere Belaubung, und wird auch in den Gärten der Riviera gern angebaut. — Wir wanderten weiter zwischen alten, uns lieben Bekannten, Rosmarin“ (S. 391) und Zistrosen* (S. 121, 125, 131), der dornigen Calycotome* (S. 103) und immergrünen Rosensträuchern (Rosa sem- pervirens), Lentisken* (S. 359) und Lonizeren* (S. 283), dem kletternden Spargel” (S. 79) und der Smilaxwinde* (S. 441). Tiefer hinab am Berge beginnen Brombeer- sträucher undurchdringliche Dickichte zu bilden. In diesem Klima behalten sie alle ihre Blätter im Winter 446 und sehen somit ganz üppig aus. Ein auffallend hohes Gras, mit Namen Ampelodesmos tenax, aus dessen dichten Blattbüscheln vorjährige Blütenstände heraus- ragen, findet sich durch die ganze Macchia an diesem Abhange verstreut. Es erinnert uns an das Gynerium argenteum, ein Pampasgras, das wir zur Dekoration in unseren Gärten ziehen. Tatsächlich ist auch Am- pelodesmos dem (synerium nächstverwandt; seinen Namen erhielt es, weil es von alters her zum Binden des Weinstockes diente. In San Fruttuoso hat dieses Gras ein eigenes Grewerbe gezeitigt. Es werden aus seinen Blättern Taue von bedeutender Festigkeit her- gestellt. Man läßt die Blätter erst an der Sonne trocknen, weicht sie dann in Wasser auf und dreht sie in sehr ursprünglicher Weise zusammen. Die Fischer der Küste benutzen solche Taue, um ihre Schleppnetze ans Ufer zu ziehen, und sie zeigen sich den ungewöhnlich hohen Ansprüchen, die an ihre Leistungsfähigkeit gestellt werden, durchaus gewachsen. In halber Höhe des Berges sprach uns ein Fischer an, um uns seine Barke für die Fahrt nach Portofino anzubieten. Wir gingen auf seinen Vorschlag ein, und er begleitete uns nun weiter abwärts. Es war ein stattlicher Mann von einigen zwanzig Jahren mit intelligentem Gesichtsausdrucke. Seine Pflanzenkenntnis versetzte mich geradezu in Erstaunen. Professor Penzig, der eine „Flora popolare Ligure“ im Jahre 1897 ver- öffentlicht hat und die Volksnamen der Pflanzen in Ligurien sammelt, brauchte nur auf ein Grewächs hin- zuweisen, um die gewünschte Antwort zu erhalten. Nur ausnahmsweise machte der junge Mann eine ab- wehrende Bewegung mit der Hand und begnügte sich, 447 ein Kraut als „mala herba“ zu bezeichnen. Das Volk lebt hier von Kind auf im Freien und kennt aus eigener Anschauung Dinge, die man in unserem Klima erst aus Büchern lernt. So kommt es auch, daß diese Menschen der umgebenden Natur, in der sie auf- gewachsen sind, ein viel lebhafteres Interesse entgegen- bringen. Professor Penzig hatte eine ähnliche Pflanzen- kenntnis hier überall bei der Bevölkerung vorgefunden. Unserem Begleiter war es sogar nicht entgangen, daß der immergrüne Kreuzdorn* (S. 383) nicht überall gleichgestaltete Blätter trägt; höher am Berge sei er mit schmäleren, gesägten, tiefer im Tale mit breiteren, ganzrandigen Blättern versehen. Man unterscheidet daher hier zu Lande die beiden Formen als Sconno selvatico und domestico. Plötzlich, bei einer Wendung des Weges, tauchte die schlichte Kirche von San Fruttuoso dicht vor uns auf. Wir folgten nun einem Hohlwege, an dessen Böschung die grünen Grastaue ausgespannt waren. Viele lagen auch schon zusammengerollt, fertig zur Benutzung. Wir durchschritten einen gewölbten Gang zwischen hohen Häusern, streiften die alte Abtei und kehrten in der sehr primitiven, einzigen Osteria des Ortes ein. Dort ließen wir uns auf einer kleinen Terrasse, dicht über dem Meere nieder und bestellten ein fru- gales Mahl aus Eiern und Fischen. Auch ein „Giardi- netto“ wurde dann aufgetragen. Zu uns gesellten sich alsbald ein Hund, eine Katze und ein Huhn und sorgten dafür, daß auch nicht der geringste Rest von der Mahlzeit zurückblieb. An dem Huhn hatten wir unsere besondere Freude; war es doch der erste Vogel, den wir am Vorgebirge 448 von Portofino zu sehen bekamen. Professor Penzig, der lange Zeit den Vorsitz im Grenueser Tierschutz- verein geführt hatte, erzählte mir, auf welche Schwierig- keiten alle Bemühungen des Vereins dort stoße. Vor allem fehle jedes Verständnis für dessen Ziele bei der Geistlichkeit, so daß deren Unterstützung ganz ver- sage. Am schlimmsten sei es in dieser Beziehung am südlichen Abhang der Alpen bestellt. Dort werde der Vogelmord so planmäßig und so rücksichtslos betrieben, daß überhaupt nur noch ein Bruchteil der aus dem Norden kommenden Zugvögel nach Italien gelange, wo sie dann weiter eine Legion von „Cacciatori“ er- wartet. Professor Penzig besitzt im Val Camonica, in der Provinz von Brescia, nördlich vom Lago d’Iseo, ein kleines Landgut und ist dort Zeuge dieser alljähr- lich im Herbste sich wiederholenden Grausamkeiten. Um diese Zeit befinden sich überall an den Berg- abhängen, wohl über zweihundert allein in diesem einzigen Tale, in voller Tätigkeit die „Roccoli“, zum Zwecke des Vogelfanges besonders angelegte Gärt- chen, die man mit Holunder, Ebereschen, auch an- deren Bäumen und Sträuchern, deren Beeren schon von weitem den Vögeln in die Augen fallen, be- pflanzt. (Greblendete, in Käfigen eingesperrte Lock- vögel werden im Laube verborgen. Sie stimmen ihre Lieder an, ohne zu ahnen, daß sie andere unglück- liche Vögel damit ins Verderben ziehen. Die ganze Anlage ist mit einem Doppelnetz wie von einer hohen Mauer umgeben. Die Maschen des inneren Netzes sind weit enger als die des äußeren; und mitten in dieser Falle, in einem Häuschen, wie eine Kreuzspinne im Nest, sitzt verborgen der Herr der Schöpfung, der Mensch, 449 und lauert auf seine Beute. Hat sich eine Schar "müder und hungriger Wandervögel in dem verlockenden Gärtchen niedergelassen, so schreckt der Mensch sie mit lauter Stimme auf und schleudert zugleich eine schnarrende Scheuche, den & sogenannten „Dia- Die volo“, zum Häuschen _ Fat, Wp hinaus. erschrockenen a ' 7 x Vögel fliegen EN, schräg auf und ’ geraten so gegen 7 das innere engere Netz, das bei die desäus- diesem Anpralldurch weiteren Maschen seren getrieben ist jeder Vogel wie in einem Sack ge- fangen, wo- colo-Besitzer rauf der Roc- gelassen von dem einen (refange- nen zum anderen schreitet und ihm den Hals umdreht. Professor Pen- zig hat Ein- blick in das Tagebuch Smyrntum olusatrum. x einessolchen ° Mannes gewinnen können; dieses ergab für sein einziges Roccolo im Dezennium von 1892 bis ıgoı die jährliche Durchschnittszahl von 3427 Vögeln. So kann E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 29 n/ | ? ” < s j “ 2 Pa j AT. R E > 450 man sich denn vorstellen, wie viele Millionen und abermals Millionen von Zugvögeln auf diese Weise jährlich ihren Untergang finden. Sie werden mit etwa vier Centesimi das Stück bezahlt und wandern auf die italienischen Märkte. Von unserer heimischen Vogel- fauna bleibt noch nicht die Hälfte für den Winter bei uns zurück; ungefähr 220 Arten sind Zugvögel! Ist es nicht ein bedrückendes Gefühl, zu wissen, daß wir unsere Singvögel pflegen, zur Brütezeit vor ihren Feinden bewahren, durch unsere (Gesetze schützen, damit die mit Vögeln versetzte Polenta den italienischen Gourmets besser schmecke?’ In den gebildeteren Kreisen Italiens werden übrigens, was nicht genug anzuerkennen ist, mit jedem Jahre mehr Stimmen laut, die nach wirksamen Maßregeln gegen die Vernichtung der Vögel verlangen. Möchte es diesen Stimmen ge- lingen, sich bald Gehör zu verschaffen! Mit Be- friedigung konnte ich in den letzten Jahren feststellen, daß um San Remo die Zahl der Vögel in den Oliven- hainen bereits zugenommen hat. Die Gemeinden haben die frühere Jagd eingeschränkt, mit Rücksicht auf die Fremden. Übrigens dürfen wir auf das, was bei uns bisher für Vogelschutz geschieht, nicht gar zu stolz sein. Auch bei uns könnte in dieser Beziehung noch manches besser werden, so daß es dem Bunde für Vogelschutz nicht an dankbaren Aufgaben fehlt. Im besonderen gehen an unseren Leuchttürmen Hundert- tausende von Vögeln zugrunde Die Leuchtfeuer locken, vornehmlich zur Zeit des Zuges, eine große Anzahl gefiederter Wanderer an. Greblendet durch die Macht des Lichtes, stoßen manche von ihnen mit solcher Gewalt gegen den Turm an, daß sie tot oder 451 gelähmt zu Boden sinken. Andere umkreisen stunden- lang den Turm, dem Gang seiner Lichtstrahlen folgend, bis sie schließlich ermattet zur Erde fallen, wo sie die Beute lauernder Menschen und Tiere werden. Vorbildlich ist bisher, um dieser Kalamität abzuhelfen, die holländische Regierung vorgegangen. Sie hat rechenartige (restänge um die Leuchttürme anbringen lassen, die ohne die Wirkung.der Lichtquelle zuschwächen, zehntausend Vögeln Ruheplätze bieten. Die müden Wanderer lassen sich mit Vorliebe auf ihnen so nieder, daß ihnen der volle Lichtgenuß zuteil wird. Da hat man denn am Leuchtturm der Insel Terschelling zur Herbstzeit schon in einzelnen Nächten bis fünftausend Wandervögel gezählt, die auf dem Gestänge einen Ruheplatz und damit Rettung vor dem Untergang fanden. — Hilfe tut Not, denn die Zahl unserer Vögel vermindert sich fort und fort in einer für den Natur- freund beängstigenden Weise! NZ Der ganze Ort San Fruttuoso besteht nur aus einigen wenigen Gebäuden, die über- und durch- ' einander sich an dem steilen Abhang drängen. In der Mitte auf einem Felsen erhebt sich ein viereckiger Wachtturm, der jetzt als Wohnhaus dient. Über dem Orte steigt unmittelbar der steile Berg auf, unten silbergrau getönt durch das matte Laub der Oliven, höher hinauf dunkelgrün im Schmuck der immer- grünen Makis, an seinem oberen Rande umsäumt mit schirmförmigen Pinien. Zu beiden Seiten der engen Bucht fallen hohe Felsen steil ab ins Meer, als sollte dieser Strand für ewig von der übrigen Welt 202 452 abgeschlossen werden. Nur über das blaue Meer, im Süden, kann der Blick endlos schweifen und sich auf- wärts in den Tiefen des Himmels verlieren, der seine Kuppel über dem hohen Berge wölbt. Hier könnte man in der Tat, auch noch in der Gegenwart als Anachoret leben, die Welt vergessen und, von ihr vergessen, sich schließlich, unweit der alten Dorias, zur letzten Ruhe legen. Denn an diesem einsamen Orte ließen im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert die Genueser Dorias sich bestatten. Eine alte Legende berichtet, daß zwei Adepten von Sankt Fructuosus, die Priester Giustino und Procopio, einige Tage nach dem Martyrium des Heiligen, das im Jahre 259 unter Kaiser Gallienus erfolgte, mit dem Leichnam in See gingen. Sie wurden zwei Tage und Nächte hindurch von den Wellen umhergetrieben, worauf ein Engel dem Giustino im Traume erschien und den Ort angab, wo das Boot landen sollte: „Mons vero magnus, qui vobis prior apparebit, ibi est locus, sed draco pestifer moratur“. Ohne Drachen geht es bei einer solchen Legende nicht ab. Er verkörpert den Geist des Bösen, der die geheiligte Tat zu ver- hindern sucht. Hier mag er das entfesselte Meer symbolisiert haben, das die Landung an den steilen Felsenklippen des Vorgebirges erschwert. Das Boot mit den Reliquien des Heiligen fand sich am Morgen im Sturm am Fuße des verheißenen Berges ein. Er war in schwarze Wolken gehüllt, aus denen Blitze hervorzuckten und der Donner erschallte. Sie sahen auch den Drachen, doch er schien gefesselt und wurde bald durch unsichtbare Gewalt in die Tiefen des Meeres geschleudert. So konnten sie landen und an 453 dieser einsamen Stelle die Abtei San Fruttuoso di Capodimonte anlegen, die bald zu hohem Ansehen kam. Reiche Schenkungen wurden ihr am Ende des zehnten Jahrhunderts von Adelasia, der Witwe des Kaisers Otto, der späteren heiligen Adelaide zuteil. Doch folgten dann Plünderungen durch die Sarazenen, denen auch diese abgeschiedene Bucht am steilen Berge nicht verborgen blieb. Trotzdem stieg das An- sehen der Abtei fortdauernd. Ein Abt von San Frut- tuoso, Martino Doria, war es, der im Jahre ıı25 die Kirche San Matteo in Genua errichtete und dann dem Mutterhause unterstellte. Dann folgte der Bau anderer Kirchen. Im Laufe des dreizehnten Jahr- hunderts wählten die Dorias San Fruttuoso zu ihrem Bestattungsort aus. Dort fanden der Admiral Egidio Doria, der Sieger von Meloria, sowie andere Admirale aus diesem illustren Hause, ihre letzte Ruhestätte. Dadurch wurde der Neid des rivalisierenden Klosters Cervara geweckt, und dieses erreichte es schließlich, daß im Jahre 1550 der Papst Julius III. das Kloster von San Fruttuoso aufhob und die Abtei ganz unter den weltlichen Schutz der Doria stellte. Andrea Doria ließ nunmehr den heute noch vorhandenen Turm er- bauen, der die Abtei vor den Korsaren schützen sollte. Doch die Fürsorge der Doria hielt nicht lange an, so daß alle Denkmäler der alten Zeit wohl schließ- lich aus San Fruttuoso verschwunden wären, hätte die fromme Fürsorge der Fischer nicht über der Abtei gewacht. Freilich konnten es nur bescheidene Opfer sein, welche diese wenig zahlreichen und armen Men- schen ihr darbrachten. Daher die Kirche etwas ver- fallen aussieht und die Asche des Heiligen unter 454 einem recht unansehnlichen Altare ruht, obgleich sie für die älteste Reliquie von Ligurien gilt. Eine steinerne Treppe führt von der Kirche zur alten Abtei hinab. Ein kleiner Klosterhof mit altem Säulengang öffnet sich zur Linken, während man geradeaus den gewölbten Raum erreicht, der die Gräber der Dorias birgt. Auch sie haben gelitten, und nur ihre schlanken Säulen und marmornen Bögen mit dem farbigen Wechsel von weißem und schwarzem Gestein, wie ihn die Geschmacksrichtung des vierzehnten Jahrhunderts ver- langte, zeugen noch von einstiger Pracht. Künstlerische Wirkung vermögen diese Monumente nicht mehr aus- zuüben; sie regen nur noch zu ehrfurchtsvoller Be- trachtung an. Wir vertrauten uns nunmehr dem Meere an. Der Himmel hatte sich im Westen in Dunst gehüllt, und die Signalstation auf dem Bergesrücken verkündete Witterungswechsel. Wie in der Vorahnung eines nahenden Sturmes atmete das Meer tief, schwoll auf und ab in rhythmischer Bewegung. An den schroffen Felsen, die senkrecht in die Tiefe tauchen, hoben und senkten sich die Wellen, an ihrem Rande mit weißem Gischt versilbert. Das Wasser zeigte metallische Reflexe wie der im Feuer gehärtete Stahl. Solche Licht- stimmungen der Meeresfläche vermochte nur Böcklin auf die Leinwand zu bannen, er, der es verstand, der Naturihre tiefsten Poesien abzulauschen. Und auf einen Absatz dieser steilen Felsen gehörte auch jene verzückte Gestalt, die Frau im Schleiergewande, welche die Musik der „Meeres- brandung“ mit Akkorden auf ihrer Harfe begleitet. Wenn der Sturm hier wütet, dann sucht das un- gebändigte Meer den senkrechten Felsen, der ihm Fesseln 499 anlegt, zu erklimmen. Bis weit hinauf ist die steinerne Wand ganz kahl und aus noch größerer Höhe leuchten nackte Baumskelette herab, denen der salzige Schaum der Wellen den Tod brachte. Das Meer war weithin leer, kein Boot begegnete uns auf dem ganzen Wege; wir kreuzten nur Scharen bläulicher, kristallklarer Medusen, die in langen Zügen einem unbekannten Ziel entgegenschwammen. Erst als wir den östlichen Vorsprung des Berges umschifft hatten und in den Hafen von Portofino ein- bogen, glättete sich das Meer. An diesem weit hinaus- ragenden Vorgebirge stauen sich immer die Wellen, und jeder Sturm wächst dort zu mächtigster Gewalt an. Daher galt von alters her der Portus Delphini dem geängstigten Seefahrer als ersehnte Zufluchtstätte. Die römischen Triremen pflegten im Ligurischen Meere auf dem Wege nach Gallien, Lunae, Portus Veneris, Portus Delphini, Grenua portus, Portus Vadum Sabatium, Portus Maurici und Monaci portus zu berühren. Dem alten Portus Delphini entspricht das heutige Portofino. Nach G. Poggi soll der Name Portus Delphini nicht, wie man glauben könnte, auf Delphine hinweisen, sein Ursprung vielmehr, wie dieser verdiente Erforscher des alten Tigulliens es wahrscheinlich zu machen sucht, in der alten Bezeichnung des ganzen Bergrückens liegen, der „dao-fin“ hieß, weil er die Völker von Genua und Tigullien schied. Es hatten aber schon die Römer, wohl des besseren Klanges wegen, ihre militärische Station an der Via Aure- lia, auf dem Bergrücken, der jetzt Ruta trägt, ad Delphi- num genannt. Daher G. Poggi in seinem Werke auch den heutigen Hafen am Fuße des Berges nicht als Portofino, sondern als „Porto-fin“ bezeichnet wissen möchte. 456 Es ist jetzt still und idyllisch in diesem kleinen Hafen, und doch bildeten seine Gewässer nur zu oft den Schauplatz blutiger Kämpfe. So zur Zeit jener mörderischen, Bruderkriege, welche vom. elften bis zum vierzehnten Jahrhundert Pisa, Genua und Venedig entzweiten. Später waren es Guelfen und Ghibellinen, die sich diesen strategisch wichtigen Hafen streitig machten. Am ı. Februar ı312 zogen am Porto-fin die dreißig Grenueser und Pisaner (Graleeren vorbei, die den Kaiser Heinrich VII. und sein Heer nach Toskana geleiteten, und Gr. Poggi nimmt an, daß sich auf einem dieser Schiffe Dante Alighieri befand. Dann hat Porto- fin auch Konradin, König von Sizilien, Odoardo, Herzog von Parma, Richard, König von England, gesehen. Von 1800 bis ı8ı5 kämpften Franzosen, Engländer, Spanier und Österreicher um diesen Besitz, und als Napoleon schließlich glaubte seiner Beute sicher zu sein, ließ er Porto-fin durch ein Dekret vom 2. Januar ı813 auf seinen Namen taufen. Weithin blickt man von der Madonna del Capo, deren Standbild an der äußersten Spitze des Vor- gebirges sich erhebt, dem östlichen Gestade entlang bis zur fernen Insel Palmaria: Santa Margherita, Rapallo, Zoagli, Chiavari, Sestri Levante folgen einander an dem herrlichen Golf. Nur eine Stunde müheloser Wanderung trennt uns von Santa Margherita, und das Auge kann die Straße überschauen, die im Schatten alter Steineichen und Kiefern sich am Bergesrande dahin windet. Halbwegs von Santa Margherita liegt am bewaldeten Abhange das alte Kloster Cervara, dessen Wettbewerb einst der Abtei von San Fruttuoso so ver- hängnisvoll werden solltee Der Genueser Kaplan 2 4 Lanfranco hatte dieses Kloster um 1361 Ar gegründet. Es erfreute sich der Gunst des gleichzeitigen Erzbischofs Guido k Settimo von (Genua, der, ein Jugendfreund Petrarcas, hier seine letzten Lebens- jahre verbrachte und auch hier bestattet wurde. In der Zeit seines höchsten (Grlanzes konnte Cervara sich manches hohen Besuches rühmen, so jenes der heiligen Katharina von Siena und bald dar- auf des Papstes Gregor x der auf den Zuspruch dieser U Heiligen sich entschlossen \ f hatte, von Avignon nach Rom zurückzukehren. I Dann kam der Kardinal x Farnese, der später Papst Paul III wurde; dann Don Juan d’Austria, der Sieger I; Spartium von Lepanto. In der Zwischen- JUunceum, zeit kehrte auch ein unfrei- williger Gast in diesem Kloster ein, der Kö- nig Franz I. von Frankreich, der nachder ver- lorenen Schlacht von Pavia als (refangener auf seinem Transport nach Spanien die Nacht des 25. Februar ı525 hier zubringen mußte. Von Fa) den noch vorhandenen Bauten kann | - reilich na. 458 einen Anspruch auf hohes Alter nur ein viereckiger Turm erheben, den die Genueser zum Schutze gegen Seeräuber errichtet hatten. VI Einige Tage später traf ich in Sestri Levante ein. Zunächst konnte ich mich eines gewissen ’Eindrucks der Enttäuschung nicht erwehren. Die ganze Um- gebung des Bahnhofes war noch ohne Laubschmuck, und wir hatten den Weg zu dem Orte durch eine Allee blattloser Platanen zurückzulegen. In der Nähe des Grand Hötel Jensch begrüßte uns zwar eine Garten- anlage mit südlichen, immergrünen Gewächsen, doch der Strand längs des bescheidenen Städtchens erschien uns wieder etwas dürftig. Sestri Levante wurde eben bis vor kurzem fast ausschließlich zur warmen Jahres- zeit von italienischen Badegästen besucht, beginnt erst seit einem Dezennium in die Reihe der Winterkurorte einzutreten und hatte darum noch nicht Zeit, sich mit allen jenen fremden Federn zu schmücken, in welchen die Gärten von Nervi und die Küstenplätze der Ponente prangen. Dafür verfügt es aber noch über eine Fülle ursprünglicher Schönheit, die sehr bald den Besucher fesselt. Nur unvollkommener als Nervi ist es gegen die Tramontana geschützt; daher weht hier eine frischere, anregende Luft, die Nervenkranken und Erschöpften wohltut. Erst Ende März wird das Gromolotal grün; doch braucht man es nur zu verlassen, um zu jeder Jahres- zeit in endlose, immergrüne Wälder und Macchien zu gelangen. So wächst die Zuneigung zu diesem Orte von Tag zu Tag. Die schönen Waldungen aus Strand- 459 kiefern erquicken durch ihren Schatten und erfreuen durch ihren gesunden Zustand; kein Raupenfraß ist an ihnen, wie leider so oft an der Ponente, zu ent- decken. Im Unterholz herrscht die Baumheide (S. 191) vor, die hier auffallende Höhe erreicht und stellenweise für sich allein stattliche Haine bildet. Sie steht im zeitigsten Frühjahre in Blüte, und schmückt dann schon den Wald. Auch die Pyramidenzypresse bildet an einigen Bergesabhängen ganze Wälder, die einen eigenen, ernsten Eindruck auf den Besucher machen. Die Zypresse gehörte schon im alten Griechenland zu den sepulcralen Gewächsen, und aus diesem Grunde durften die Pythagoraeer ihr Holz nicht für Zahnstocher verwenden. Sie wehrte auch den bösen Blick ab und wurde daher als Zaun empfohlen. Ihr Holz wurde im Altertum sehr geschätzt. Ein kräftiger Zypressenstamm stellte ein kleines Kapital dar. Daher nach Plinius die Sitte herrschte, bei der Geburt einer Tochter eine Zypresse zu pflanzen, die ihr die Aus- steuer sichern sollte. Für Schiffbau gab es kaum ein geeigneteres Holz, und wie aus der nordafrikanischen Callitris, so stellte man auch aus der Zypresse in Rom Kisten her, die vor Mottenfraß schützen sollten, Sarko- phage für die Reichen und schnitzte aus ihr Götter- bilder. Zur Kaiserzeit lieferte die Zypresse das Holz der Scheiterhaufen, und weil sie unvergänglich schien, wurde sie bei den Christen zum „Lebensbaum“, dem Sym- bol des ewigen Lebens. So schmückt sie auch die Fried- höfe der Mohamedaner, während in unseren Breiten, deren rauhes Klima sie nicht verträgt, die ihr einigermaßen ähnliche nordamerikanische Thuja occidentalis sie er. setzte und die Bezeichnung Lebensbaum erhielt. In 460 der zweiten Hälfte des Quattrocento war es in italie- nischen Grärten vielfach Sitte, die Zweige der Zypressen in Abständen zu entfernen, so daß am Hauptstamm etagenförmige Terrassen entstanden. Felix Rosen hat in seinem anziehenden Werke „Die Natur in der Kunst“, auf die Verbreitung hingewiesen, welche die Darstellung so beschnittener Zypressen auf alten italie- nischen Bildern fand. Sestri Levante besitzt eine überaus kostbare Perle in seinem Schrein, ein Kleinod, um welches jeder Ort an der Riviera es beneiden könnte; das ist die Villa Piuma. Sie deckt die Spitze des Vorgebirges, das inselartig ins Meer hinausragt, an welchem auch die ältesten Teile der Stadt emporsteigen, und das in einem Friedhofe gipfelt. Mit Vorliebe bringe ich meine Vormittage im Park der Villa Piuma zu. Dort fallen die Felswände steil zum Meere ab und tauchen ihren Fuß in die schäumenden Wellen. Den Rand des Vorgebirges umsäumen mit breitem Schirm. die Pinien. Sie schmücken ihn so wirkungsvoll, als hätte Künstlerhand sie dort verteilt. Spangrüne Agaven klammern sich fest an den nahen Abhang. Die Mauer neben dem Ein- gang verschwindet oft ganz unter dem Schmucke von großblättrigem Efeu und Stechwinden”* (S. 441). Ich setze meinen Weg südwärts fort bis zu einem verfallenen Kastell, an welches der alte Friedhof sich lehnt. Blendendweiße Bildsäulen und Kreuze blicken dort aus dunklem Grün hervor. Vorne drängen Erdbeer- bäume* (S. 67), Oleaster, Kiefern und Steineichen sich durcheinander, und im Hintergrunde leuchtet und glitzert das von Licht durchtränkte, endlose Meer. Um 461 das mit Farben wiederzugeben, müßte ein Künstler ab- wechselnd den Pinsel in das Licht der Sonne und das Blau der Wellen tauchen können. Alsbald eröffnet sich der Ausblick in die östliche Bucht und auf den Monte Castello, dessen bewaldete Höhen mit dem steilen Kap abschließen, das den „Lelegrafo“ trägt. Im Nordwesten baut sich der bläuliche Apennin in immer höheren Stufen auf. Von der hohen See landeinwärts weht eine leichte Brise, die sich auf ihrem Wege mit Ericaduft parfümiert. -Hier ruht man gern eine Zeitlang und läßt seine Blicke im Umkreise schweifen über Land und Meer. Es ist so ruhig hier, so friedlich! Eine Fischerbarke unten am Saume der Felsen wird von den Wellen kaum hin und her bewegt; der Fischer schlummert aus- gestreckt auf ihrem Boden. Eine Herde Delphine treibt ihr Spiel in der besonnten Flut: ob es ihnen auch bewußt ist, daß es Frühjahr wird? Dem steilen Abhang entlang führt uns dann der Weg gegen die Spitze des Vorgebirges. Das duf- tende Helichrysum, die würzige „Nasca“* (S. 247) umgeben uns in Fülle. Zu ihnen gesellen sich die dunkelgrün glänzenden Laubrosetten einer anderen, ebenfalls stark riechenden Pflanze, der Psoralea bitu- minosa* (S. 365), die nicht minder bezeichnend für die hiesige Flora ist. Ihr eigenartiges Aroma erinnert an Erdpech, so wie das ihr Name „Asphaltklee“ schon besagt. Die kleeartigen Blütenköpfchen entfaltet sie erst im Juni. Ihre Blätter, welche ebenfalls denen unserer Kleearten gleichen, wurden, samt allen anderen Teilen der Pflanze, einst als „folia trifolii bituminosi“ viel in der Medizin verwendet. 462 Eine sattelförmige Vertiefung des Grats ist als- bald erreicht, von der aus über dem grauen Laub der Oliven, zwischen Zypressen und blühenden Pfirsich- bäumen ein Teil von Sestri Levante auf dem Hinter- grunde des Apennins sich zeigt. Hier münden zahl- reiche Wege, die sich schneidend, trennend und wieder vereinigend nach allen Richtungen über das Promontorium laufen. Man wandert weiter in einem herrlichen Naturpark, der kaum ein fremdes Grewächs birgt, zwischen Vertretern der mediterranen Flora, den Sträuchern der Macchien, aus denen hohe, alte Eichen und Kiefern hervorragen. Auch nicht eine nackte Baumkrone verletzt hier das Auge, nichts mahnt an den Winter; der reine, erquickende Hauch des Meeres steigt aber von allen Seiten am Abhange empor und füllt die atmende Brust. Bei jeder Wendung des Weges ändert sich die Aussicht. Welchem der vielen Bilder soll man nun den Vorzug geben? Kaum hat man den einen Punkt verlassen, so kehrt man wieder zu ihm zurück, weil er doch wohl der schönere war. Schließlich bevorzugte ich einen kleinen Vor- sprung am südwestlichen Rande des Berges, wo in üppig grüner Umrahmung die ganze westliche Küste bis nach Portofino sich enthüllt. Unten blitzte das Meer durch die Bäume in vollem Sonnenglanze, azur- blau, durchsetzt von goldenen Adern wie Lapis Lazuli. Und jenseits der weiten Meeresfläche schweben in den Wolken, duftig silberweiß, die Schneemassen der Alpen. Hier ließ ich mich oft lange Zeit nieder, hierhin kehrte ich zurück, von dieser Stelle wurde es mir besonders schwer, mich beim Abschiede zu trennen. 463 Die Gegend um Sestri Levante ist glücklicher- weise noch nicht parzelliert und fast überall noch dem Wanderer zugänglich. Von allen den Wegen, die in halber Höhe der Küste folgen, genießt man volle, un- verkürzte Aussicht. So pflegte ich denn meist des Nachmittags entweder ostwärts nach dem Telegrafo oder in entgegengesetzter Richtung bis über Sant’ Anna hinaus zu wandern. Den Weg nach dem Tele- grafo kann man nicht verfehlen, sobald man an der Hauptstraße von Sestri durch ein gewölbtes Tor in den Vico del Bottone tritt, dann gleich links sich wendet und dem rotgepflasterten Wege folgt, der zwischen Gartenmauern aufsteigt. Unschlüssig wird man nur an einer Stelle, weil der Weg vor einer Felsengruppe plötzlich aufzuhören scheint. In Wirklich- keit setzt er sich über die Steine fort und dringt weiter in dichten Nadelwald ein. Die Strandkiefer steht hier besonders üppig, Makissträucher bilden einen ge- schlossenen Untergrund; selbst einige Korkeichen haben sich hierher verirrt. An jeder lichten Stelle er- öffnen sich neue Ausblicke über das Meer und die Küste. Die Villa Piuma scheint eine grüne Insel zu sein, so schmal ist der Streifen der Erde, der sie mit dem Festlande verbindet. Um den schönen Punkt zu erreichen, der die weit sichtbare Ruine von Sant’ Anna trägt, folgt man in westlicher Richtung dem Bahnkörper und biegt dann in das landwärts abzweigende Tal ein. Der Weg führt durch einen Steinbruch am Bache entlang und beginnt dann im Walde emporzusteigen. Zunächst entfernt er sich vom Ufer, um sich bald wieder ihm zuzu- wenden und endlich die Bergstufe zu gewinnen, auf 464 der die Ruine sich erhebt. Von dort läßt sich mit Genuß noch weiter wandern, fast wagerecht bis zu jener Stelle, von der aus man Cavi in der Einsenkung des Tales erblickt. Dauernd hat man gleichzeitig das herrliche Bild der weit ausgedehnten, reich gegliederten Küste vor Augen, die den Golf von Rapallo umfaßt. Ganz ähnlich sind auch die Bilder von der Berg- straße, die Chiavari mit Rapallo verbindet. Oft wird sie als eine der schönsten Italiens gepriesen, und das mit Recht. Denn so empfindet es jeder, der an einem klaren, sonnigen Tage ihren zahlreichen Windungen folgt. Fast ununterbrochen schreitet man durch Oliven- haine, kann also zu jeder Jahreszeit den vollen Reiz der Bilder genießen. Die Zeit verfließt auf dieser Wanderung so rasch, daß man sich kaum bewußt wird, von Rapallo bis Chiavari zwei und eine halbe Stunde unterwegs gewesen zu sein. Wer Ermüdungscheut, sollte seine Wanderung auf die Strecke Zoagli-Rapallo beschränken. Zoagli liegt um die Hälfte des Weges von Chiavari entfernt, und die Bergstraße, die ober- halb des Ortes verläuft, ist von der Eisenbahnstation unten am Meere in kurzem Aufstieg zu erreichen. An der obersten Windung der Bergstraße muß man längere Zeit verweilen, denn in der Tat, das Bild, das man von dort genießt, wird nicht von vielen im Lande Italien übertroffen. Es ist so formenreich, so licht, so farbig, vermag so viel sonnigen Glanz in die menschliche Brust hineinzuzaubern, daß viele trübe Tage dann einander folgen können, ohne ihn ganz auszulöschen. Die Bergstraße, die heute Chiavari und Rapallo verbindet, fällt nur stellenweise mit der einstigen Via Aurelia zusammen. Jene stieg hier an den meisten Stellen höher auf, so daß, wenn man ihren Spuren folgt, die Fernsichten noch ausgedehnter werden. Von Chia- vari bis San Pietro de Rovereto läßt sich die alte Straße noch befahren, dann = Sphacellaria wird sie zum Maultierpfad und senkt RIRE. sich durch Olivenhaine nach Zoagli hinunter. Jenseits Zoagli erhebt sie sich wieder über die heutige Land- straße bis nach San Pantaleone, von wo man auf das schmucke Städtchen hinabsieht, dessen helle, aus dunk- lem Laub emportauchende Häuser wie Perlen leuchten, in einem Gehäuse von grünem Samt. Seinen be- scheidenen Wohlstand verdankt Zoagli aber dem wirk- liehen Samt. Denn von alters her blüht hier das Kunstgewerbe der „Velluti di Grenova“, die sich auch heute noch hoher Wertschätzung erfreuen. — Von San Pantaleone steigt man noch bis Sant’ Ambrosio und erreicht dort mit 196 Metern den höchsten Punkt der alten Römerstraße, an der die Grafen von Lavagna, um die Gregend zu beherrschen, eine Burg erbauten, deren die Chronisten im Jahre 1070 zuerst Erwähnung tun. Dann senkt sich die römische Straße ziemlich rasch nach Rapallo hinab, das seiner ganzen Länge nach der Via Aurelia folgt und sich einer Geschichte von min- destens neunzehn Jahrhunderten rühmen kann. 7/wischen Chiavari und Lavagna mündet die En- tella ins Meer. Sie führt ziemlich viel Wasser, was E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera, 30 466 an diesen Küsten immer überrascht. Denn hier sieht man die Flußbette meist leer, so daß sie nur als Trockenplätze für die Wäsche dienen. Daher schon Dante im neunzehnten Gesang des Purgatorio Vers 100 der Entella das Lob spenden läßt: „Intra Siestri e Chia- veri sadima una fiumana bella... .“ Aufwärts am Flusse erreicht man in etwa drei Viertelstunden San Salvatore, dessen Basilika zum Nationaldenkmal erhoben wurde und der Mühe des Besuches lohnt. Was mich freilich bestimmt hatte, diese Wanderung zu unternehmen, war vor allem das Interesse für die Erbauer der Kirche, die Fieschi, mit deren Namen uns von Jugend auf das Schillersche Trauerspiel vertraut gemacht hat. Sie nannten sich Grafen von Lavagna. SinibaldoFiesco, der als Papst den Namen Innozenz IV. führte, war es, der im Jahre ı244 den Grund zu der Basilika legte. Das Fresko- gemälde über der Eingangstüre stellt ihn vor dem Kalvarienberg knieend dar. Einen hohen Schmuck verleiht der sonst sehr einfach gehaltenen Fassade die mächtige Rosette, deren kunstvolle Arbeit von den Jahrhunderten verschont blieb. Nicht so erging es dem benachbarten Schlosse der Fieschi, dessen in hellen und dunklen Bändern abwechselnde Steine und Bogenwölbungen an den Fenstern anzeigen, daß der Bau aus der nämlichen Zeit wie die Basilika stammt. Doch die architektonische Wirkung ist zerstört, die Fensteröffnungen sind zugemauert und das Innere den Bedürfnissen ärmlicher Landbewohner angepaßt. Der Neffe Innozenz’ IV., OÖttobonoFiesco, den dieser zum Kardinaldiakon unter dem Titel des heiligen Hadrian erhob, und der nachmals der Papst 467 Hadrian V. ward, ist es, den Dante redend im Pur- gatorio einführt. Er läßt ihn dort seinen angestammten Fluß Lavagna, der jetzt Entella heißt, mit den oben angeführten Worten loben: „Zwischen Chiavari und Sestri stürzt sich ein schöner Strom herab, von dessen Namen mein Blut herleitet seines Titels Zierde“. Für den Geiz, welchen Dante dem Ottoboni zur Last legt, vermochte der königliche Übersetzer und Erläuterer der Divina Commedia „Philalethes“ geschichtliche An- knüpfungspunkte nicht zu finden. Die ursprüngliche Macht der Fieschi begann gegen das Jahr 1000 zu sinken, sie waren in die Abhängig- keit von Genua geraten und verlegten dann auch dorthin ihren Sitz. In Genua blühte ihr Stamm wieder auf, sie gelangten zu bedeutendem Ansehen und er- warben große Reichtümer. Viele Paläste nannten sie ihr eigen, und in der Kathedrale von San Lorenzo verfügten sie über eine besondere Kapelle und Grabstätte. Im drei- zehnten Jahrhundert spaltete sich der Stamm in zwei Äste, den der Savignone und den der Toriglia. Zu ersterem Ge- schlecht gehörte Gian Luigi il Grande, der in seinem Palast der Via Lata Ludwig XII. von Frankreich beher- bergte. Dem Gian Luigi entsproßte Sinibaldo, und aus der Ehe dieses mit der Maria della Rovere, Enkelin des Papstes Julius Il, ging jener Gian Luigi, dritter dieses Namens, hervor, der sich an die Spitze der Verschwörung gegen die Dorias stellte. Eine Bemerkung Rousseaus, der diesen Fiesco für einen der merkwürdigsten Charak- tere der Geschichte erklärte, regte bekanntlich Schiller an, den Stoff für eine Tragödie zu verwerten. Bei Ausflügen, die im zeitigen Frühjahre von Sestri Levante landeinwärts unternommen werden, 30* 468 muß man mit dem störenden Eindruck rechnen, den das winterliche Aussehen der Vegetation noch stellen- weise hervorruft, besonders dann, wenn man die Höhen des Apennins erreicht. Dort hört der Winter erst im Mai ganz auf. Immerhin sollte man auch früher schon die Fahrt bis Bracco auf der Straße, die von Sestri Levante über den Apennin nach Spezia führt, nicht unterlassen, da sie eine Fülle reizvoller Aussichtspunkte über das Meer und die Küste bietet. Wieder ist es die alte Römerstraße, auf der man sich dann befindet, die Straße, die Luni mit der genuesischen Küste ver- band. Sie teilte sich, von dort kommend, auf der Höhe des Gebirges, bei dem heutigen Mattarana, in zwei Arme, von denen der eine durch das Val di Deiva schon in Moneglia das Meer erreichte, der andere über Bracco nach Segesta Tiguliorum, dem heutigen Sestri, führte. Die Erben der Römer benutzten zu- nächst auch hier die römischen Straßen, um an ihnen ihre Burgen zu bauen; sie ließen sie aber allmählich verfallen, stellten auch keine neuen her, so daß bald nach dem Jahre 1000 schon die einstige Verbindung unter vielen Ortschaften unterbrochen war, und nur die See noch dem Verkehr diente. Bevor man die herrlich gelegene Villa Bertollo auf der Straße von Bracco erreicht hat, kann der Blick bereits in die beiden Meeresbuchten dringen, die der pinienreiche Monte Castello trennt. Dann taucht auch die Bucht von Moneglia jenseits eines Abhanges auf, und in weiter Ferne über dem blauen Meere wird bei klarer Luft Korsikas nördlichste Spitze sichtbar. Im Petroniotal, gegen Westen, bilden die grauen Häuser- gruppen von Casarza, Massa und Castiglione stim- 469 mungsvolle Bilder. Diese Ortschaften liegen längs der Straße, die in Borgotaro die Bahn erreicht, welche nach Parma führt. Im Norden und Osten türmt sich der Apennin in gewaltigen Massen auf, kahl in seinen Höhen, doch duftig getönt in allen Abstufungen von Perlgrau, Gelbrot und mattem Blau. Der starke Gegensatz von Licht und Schatten steigert die Effekte noch und hebt zugleich die Plastik der Formen, so daß sich das Ganze zu einem erhabenen Gresamteindrucke vereint. Val. Der hochverdiente Erforscher der Schweizer Pflan- zenwelt, H. Christ, dem wir das klassische Werk „Das Pflanzenleben der Schweiz“ verdanken, hält die Riviera di Levante für eine der anziehendsten Gegenden Ita- liens. Im besonderen ist es ihr östlicher Teil zwischen Sestri Levante und Spezia, der ihn nicht nur durch seine Schönheit, sondern auch durch seine Ursprüng- lichkeit fesselt. Christ bewundert hier vor allem die mächtigen Steingehänge des gegen das Meer abfallenden Gebirges mit seiner mannigfachen Faltung und der wechselnden mineralogischen Unterlage, welche fast alle erdenklichen Gesteinsarten, Kalk, Porphyr, Ser- pentine und glimmerreiche Granite, sogar reinen Quarz- fels bietet. Infolge sinkender Wärme und zunehmender Feuchtigkeit beginnt hier freilich eine Anzahl iberisch- ozeanischer Pflanzenformen zu verschwinden. So sind Quercus coccifera* (S. 37 1), Globularia alypum” (S. 229), die Lavateren, denen wir an der Ponente so oft be- gegnet sind, nirgends mehr zu finden. Doch reicht Pistacia lentiscus* (S. 359) bis oberhalb Chiavari hinaus, 470 Euphorbia dendroides sieht man in den „Cinque Terre“ übermannshohe Büsche bilden, und man kann auch Cistus monspeliensis” (S. 125) in kräftiger Entwicklung an bestimmten Stellen antreffen. Vornehmlich ist es aber der Reichtum an interessanten Farnkräutern, den Christ an dieser Gregend preist. In die Riviera di Levante wird auch das Ufer am .Meerbusen von Spezia noch einbegriffen und als ihre östliche Grenze das breite Flußbett der Magra angesehen, das jenseits des Capo Corvo ins Meer fällt. War es doch dieser Fluß, der schon im Altertume Ligurien von Italien schied. Auch die Macchien lassen sich bis dorthin verfolgen; doch der Schutz gegen Nordwinde hat bereits in solchem Maße abgenommen, die Zahl der laubwerfenden Bäume ist so stark ge- wachsen, daß man die südöstlich von Sestri Levante gelegenen Orte kaum mehr als Winterstationen gelten lassen kann. Keinesfalls dürften sie Brustkranken empfohlen werden, die um jene Jahreszeit nach einem milden Klima im Süden suchen und von grünenden (Grewächsen umgeben sein möchten. Doch auch der Naturfreund sollte seine Ausflüge nach jenem südöstlichsten Teile der Levante in das spätere Frühjahr verlegen, damit er das schöne Land in seinem vollen Schmucke schaue. Namentlich kommt dies für die „Cinque Terre“ in Betracht, dieses märchen- hafte Felsenreich, das man einmal gesehen haben muß! Die „Cinque Terre“ führen ihren Namen nach fünf steinernen Ortschaften, die zwischen Levanto und Porto Venere in den engen Einschnitten der Küste vom Strande aus die Berge erklettern. ‚Sie sind nur kilometerweit voneinander entfernt; doch zwischen 471 ihnen steigen himmelhohe Felswände auf, die wie Kulissen sich in das Meer vorschieben, so daß man eine Stunde und darüber braucht, um von dem einen Ort zu dem anderen zu gelangen. ‘ Auch>die. Via Aurelia mußte mit solch unüberwindlichen Hinder- nissen rechnen, und, um diesen Küstenstrich zu um- gehen, schlug sie die Richtung über die hohen Berge ein. Erst die moderne Technik bezwang mit Spreng- stoff diese Felsenmassen und setzte durch Tunnels Menschen in Verbindung, die früher unter sich und mit der übrigen Welt nur auf dem Seewege verkehren konnten. Jeder stärkere Seegang schnitt sie von aller Verbindung ab, denn alsdann war die Landung an diesen steilen Klippen unmöglich. Die Felsenschluchten, in welchen diese Orte empor- ‚steigen, sind so eng, daß der Bahnzug, der heute an ihnen hält, sich oft mit seinen beiden Enden in Tunnels befindet. Man legt überhaupt fast die gesamte Strecke zwischen Sestri Levante und Spezia im Innern der Erde zurück und kann seine Bewunderung der tech- nischen Leistung nicht versagen, durch welche diese Strecke Landes dem Verkehr eröffnet wurde. Verläßt . man aber an einer dieser Stationen den Zug, etwa in Riomaggiore, und tritt hinaus aus dem Tunnel, so sieht man vor sich eine altersgraue Stadt, gefügt aus unbehauenen Steinen, steil aufsteigend am Berge und dann übergehend in untermauerte Terrassen, auf welchen der Weinstock wächst. Oft scheint es, als könne dieser nur mit Lebensgefahr erreicht werden, wie einst jene Trauben, die in Kampanien auf hohen Bäumen reiften. Der Wein, den man hier keltert, war von alters her berühmt. Er ist süß und schwer, dunkler und feuriger 472 als Orvieto, doch an Geschmack und Farbe ihm nicht unähnlich. Er wird in Fiaschi aufbewahrt, hält sich nur begrenzte Zeit und muß eigentlich an Ort und Stelle getrunken werden. Die Trauben braten förmlich in der Sonne an den steilen Felsen und werden daher sehr süß. Im Herbste schafft man sie hinab in die einzelnen Orte und breitet sie auf den flachen Stein- dächern der Häuser aus. Da werden sie fast zu Rosinen, bevor man sie preßt. Will man den vollen ästhetischen Eindruck der Gegend empfangen, so spare man seinen Besuch am besten für den Herbst auf, wenn die Weinernte be- gonnen hat, und die Frauen in malerischer Tracht die mit Trauben gefüllten Gefäße auf dem Kopfe tragend, die steilen Abhänge der Berge hinabsteigen. Im zeitigen Frühjahr fehlen sogar noch die Blätter am Weinstock, und man scheidet unbefriedigt von dem Bild. Dann fällt auch mehr die Armut jener Orte auf; denn sie wird nicht hinlänglich verdeckt durch die wilde Pracht der umgebenden Natur. Die Be- wohner der Dörfer kennen den Fremden noch kaum, betrachten ihn mit etwas mißtrauischen Augen und betteln ihn nicht einmal an. Von Riomaggiore, dem letzten Ort der „Cinque Terre“, gelangt man über den Berg nach Spezia. Herrlich ist der Blick auf den tief eingeschnittenen Golf, wenn er sich plötzlich dem Blick entschleiert. Die zackigen Gipfel der jäh abfallenden apuanischen Alpen glänzen im blendenden Schnee, doch die Ufer des Golfes sind im Frühjahr noch kahl. Hierher müssen wir zu einer späteren Jahreszeit wieder- kehren. 473 VII. Am Abende des nächsten Tages traf ich in San Remo ein. Die funkelnden Sterne am Him- mel lockten mich noch zu später Stunde ins Freie. Gleich vor der Tür des Hötel Royal emp- fingen mich die hohen Dattelpal- men des Gartens. Da wurde ich mir des Eindruckes wieder so recht bewußt, welchen diese hehren Pflan- zenformen auf miih & machen. Ich \ hatte sie die letzte Zeit Ä\ doch recht entbehrt, \ oft ohne mir volle \ Rechenschaft davon zu seben..... Wie schlanke Säulen steigen sie hier in dem alten Garten zum Himmel empor, jetzt einseitig beschie- nen von dem hellen Lichte, das den Hotelfenstern ent- strömte. Ihre Kronen wölbten sie hoch oben in den Lüften, sich ineinanderfügend wie die Spitzbogen einer gotischen Kathe- drale. Über ihnen spannte sich aber das endlose Firmament aus mit seinen ungezählten Sternen, so tief trotz dunkler Nacht, daß | : man die ungleichen Fernen der Tukpa Clusiana. 474 Welten, die es füllen, deutlich wahrzunehmen ver- meinte, Am nächsten Morgen schwelgte ich in einem Meer von Blüten; da fühlte ich, wie sehr auch sie zu der Farbenpracht dieses sonnigen (restades gehören. Ich stieg auf und ab zwischen den Gärten der Villen und ließ mich bei der Wahl der Wege nur durch den Zufall leiten. Überall begleiteten mich blühende Rosen und Akazien, Pelargonien und Heliotrop; der Duft der Orangenblüten und Freesien, des Goldlacks und der Levkojen erfüllte die Luft. In violettem Blüten- schmuck prangende Wigandien schmückten stellenweise die Straße. Über Mauern und Terrassen drängte sich eine solche Menge üppiger Gewächse oft zur Straße hinab, daß man glauben konnte, ein magisches Füll- horn habe seinen Inhalt dort ausgestreut. Da wachsen ÖOpuntien, Aloö, Agaven, saftreiche Fettpflanzen im Überfluß durcheinander, so strotzend von Kraft, als wollten sie zeigen, bis zu welcher Höhe verschwende- rischer Schaffungskraft die Natur sich hier emporzu- schwingen vermag, — eine Fülle unerschöpflicher Motive für den Maler, in einer Prachtentfaltung, wie ihn die Phantasie sie üppiger nicht vorzaubern könnte. In- mitten dieser tropischen Pracht neigt ein vereinsamter ÖOlbaum seine Zweige abwärts. Rankende Rosen haben ihn so umflochten, daß er einer dichten Laube gleicht. Hochauf ragt in seiner Nähe eine dunkle Zypresse empor in die Lüfte, und sie wird auch mit Rosen bis in ihren Gipfel bekränzt. Gelbe und weiße Banksien hängen in langen Zöpfen überall herab; rote Pelar- gonien leuchten feurig zwischen ihnen hervor; hohe Öleandersträucher drängen sich gegen die steinernen 475 Wände, um der Straße Platz zu machen, und hoch oben strecken mit Efeu umwundene Palmen ihre gewölbten Kronen dem blauen Himmelszelte ent- gegen. Bald war die Via Berigo erreicht. Ich folgte ihr in westlicher Richtung bis zu jener Stelle, wo sie gegen die Berge sich wendet. Dort öffnet sich plötz- lich der Ausblick in die fruchtbaren Täler della Foce und von San Bernardo. Höher steigen olivenreiche Abhänge auf; über ihnen streckt sich malerisch, am Rücken des Kap Nero, das altersgraue Coldirodi, während hohe Gebirgsmassen den Norden sperren. Ich kehrte um und folgte wieder den Windungen der Via Berigo, zwischen reich geschmückten Villen und Gärten; dann bog ich in die Via Borgo ein, welche den ValSan Romolo mit einer weiten Schlinge umfaßt. Unten im Romolotale stehen alle Obstbäume in Blüte, weiß und rosenrot und pfirsichfarbig; da- zwischen glänzen mit goldigen Früchten beladene Orangen- und Zitronenbäume, schimmern mit schwarzen Beeren behangene Oliven, prangen in lichtem Grün ihres jungen Laubes die Mandelbäume; auch die Feigen haben schon zu treiben begonnen: ein Bild des Über- flusses, bei dessen Anblick man sich in das Para- dies versetzt denken könnte. Jenseits des Tales, auf dem Bergrücken, profiliert sich in dunklen Tönen die Altstadt San Remo, ein eindrucksvolles Bild, das in Victor Hehn Erinnerungen an Taormina erweckte. Die Straße überschreitet das Tal auf einer Brücke. Ich folgte nunmehr ihrem östlichen Arme, der sich nach dem Meere wendet. Dort stand ein Pfirsichbaum am Wege, dessen Äste unter der Fülle der Blüten 470 fast verschwanden. Die Sonne beschien ihn hell und scharf hob er sich ab von dem dunkelblauen Hinter- grunde des Meeres. Die leuchtend purpurnen Blüten in azurnem Felde konnten ein für Farbenharmonien empfindsames Auge geradezu berauschen. Über der Altstadt von San Remo ragt, umgeben von schlanken Zypressen, die kuppelreiche Kirche der Madonna della Costa hervor. Ich verließ die Via Borgo, um zu der Madonna emporzusteigen. Sie thront im Mittelpunkt jenes weiten Halbkreises, den die mächtigen Berge als schützende Mauer um San Remo ziehen. Diese Mauer erreicht ihren Höhepunkt im Monte Bignone, dessen Gipfel 1298 Meter über dem Meere liegt. Von dort fällt sie. in sanften Wellen- linien nach. Östen und Westen bis zur Küste ab, ohne auch nur eine Lücke aufzuweisen, durch welche nördliche Winde in. die südlichen Talmulden ge- langen könnten. Auch ragt kein Schneegipfel, von welchem ein kalter Luftstrom sich ergießen könnte, über die hohe Grenzscheide hervor. Man muß bis zur Kante dieses gewaltigen Amphitheaters empor- steigen, will man in die eisige Alpenwelt schauen, deren Reich jenseits seiner Schranken beginnt. Von der Madonna della Costa blickt man nur gegen Süden frei, weithin in endlose Fernen, wo im leuchtend blauen Nebel Himmel und Meer. zu verschmelzen scheinen. Die Berglehne unterhalb der Kirche ist jetzt mit modernen Gartenanlagen geschmückt. Doch wir wollen hier nicht weilen, denn uns zieht die am Hügel sich abwärts senkende Altstadt von San Remo durch ihr pittoreskes Aussehen an. Ihre tiefgeschwärzten Häuser 477 in den engen Gassen sind durch starke Bögen und Gewölbe miteinander verbunden. So bilden sie eine zusammenhängende Masse, die selbst starken Erd- beben zu trotzen vermag. Loggien, Terrassen, plötz- liche Straßenwendungen bringen Bewegung in die Flucht der Linien. Verblichene Madonnenbilder an den Erkern fesseln vorübergehend den Blick. Wir begegnen Frauen noch in alter Volkstracht, die mit kupfernen Wasserbehältern, die sie auf dem Kopfe tragen, beladen, langsam die steilen Abhänge empor- steigen. An der Gabelungsstelle einer Straße halte ich längere Zeit an. Durch den tiefen Schatten eines dunklen, überwölbten Ganges blicke ich auf ein von der Sonne grell erhelltes Haus, an dessen Schwelle eine Frau sitzt in blau und rotem Grewande, mit einem weißgekleideten Kinde auf dem Arm. Der gewölbte Gang bildet den Rahmen zu diesem Bilde. Ein Sonnen- strahl streift das lockige Haar des Kindes, so daß es zu leuchten scheint. So sehe ich lebendig vor mir eines jener Madonnenbilder, wie sie die großen italieni- schen Meister der Renaissance auf die Leinwand . zu bannen wußten. Es war die gleiche Anmut in Haltung und Tracht, dieselbe kunstvolle Verteilung von Licht und Schatten im Bilde, eine ähnlich ge- stimmte Umgebung. Ich konnte mich von diesem Anblicke kaum trennen und wich erst von der Stelle, als mein langes Verweilen die Neugier der Vorüber- gehenden zu wecken begann.. Doch bald hemmte ich von neuem meine Schritte, als plötzlich, im Durch- blick einer langen, dunklen Gasse, von goldigem Licht überflutet, der hohe Glockenturm von San Sirio auf- tauchte. Dann war es wieder eine Palme, deren 478 Stamm und Krone über eine Mauer sich neigten, die mich zu fesseln vermochten. In dem spärlichen Schatten, den die Blätter warfen, spielte eine Anzahl buntgekleideter Kinder am Wege. Ein Langohr streckte seinen Kopf zum Stallfenster hervor und schaute ihnen zu. Dunkeläugige Mädchen, oft von auffallender Schönheit, zogen an uns vorüber, leider alle schon angetan mit modernen Kleidern. Dicke Weinstöcke klettern bis in die höchsten Stockwerke mancher Häuser empor und breiten sich dort zu schattigen Lauben aus. Bunte Rosen schmücken in (srehängen altehrwürdige Mauern und geben ihnen einen trügerischen Schein der Jugend wieder. Lauter Augenblicksbilder, die ich gerne mit Licht und Farbe in meiner Erinnerung dauernd hätte einprägen mögen! Der Östteil von San Remo hat sich in letzter Zeit auffallend rasch entwickelt. Überall erblickt man neue Gasthäuser und Villen; ein Garten reiht sich, auf weite Strecken hin, dem andern an. Die Ostbucht von San Remo ist tatsächlich durch ihren Schutz gegen Winde besonders ausgezeichnet. An ihrem Strande zieht sich die neue Promenade „Passeggiata Imperatore Federico“ hin. Im Vergleich mit der westlichen Pro- menade „Corso dell’ Imperatrice“ gebührt ihr der Vor- zug, daß der Bahnkörper sie vom Meere nicht trennt; doch geht ihr der Baumschmuck ab, dessen sich die andere rühmen kann, die in der Gunst des Publikums auch noch obenan steht. Dem OÖstteil der Stadt folgte ich, um dann weiter den Weg bis zur Punta di Capo verde fortzusetzen. Die Aussicht von der Straße auf das Kap ist eintönig. Ich blickte daher oft nach San Remo zurück, das sich 479 in der Morgensonne wärmt. Es war in der Tat ein recht heißer Tag, obgleich wir uns noch im Monat März befanden. Eine wohltuende Brise stellte sich ein, die Kühlung vom Meere brachte. Ich schlug den gepflasterten Weg ein, der hinauf zur Madonna della Guardia führt, und plötzlich eröffnete sich mir dort eine Aussicht, deren Schönheit mit Recht gepriesen wird. Gegen Osten begrenzt der Bergrücken von San Lorenzo in nicht allzu großer Ferne das Bild; doch gegen Westen kann das Auge längs der Küste weithin schweifen, bis in jene Fernen, wo der Leuchtturm von Antibes als unsicheres Schattengebilde aus den Fluten auftaucht. Der Ausblick in das Land steigerte noch den Eindruck, den das Meer uns brachte. Dort türmt sich ein gewaltiges Heer von Bergen auf. Steil fallen von den Höhen scharf eingeschnittene Täler zum Ufer ab, umfaßt von dem Silbergrau der Oliven und erfüllt mit der leuchtenden Pracht blühender Obstbäume. Hohe Zypressen, mächtige Steineichen, die an der Kirche stehen, umrahmen jedes einzelne Bild. Da wird das Auge vornehmlich gefesselt von dem alten . Bussano, das in der Nähe als einzige große Stein- masse einen steilen Felsen gen Himmel fortzusetzen scheint. Das letzte Erdbeben 1887 hat den Ort völlig zerstört, er wirkt nur noch als romantische Ruine. Aus der Mitte seiner zerfallenen Häuser ragt aber ein hoher Kirchturm schlank hervor. Hat man ihn neu aufgerichtet, oder widerstand er allein der Zer- störung? Die Antwort auf diese Frage erteilte mir ein alter Mann, der sich mir genähert hatte, um ein Almosen zu erbitten. Der Turm blieb wirklich stehen. „E un miracolo“ fügte er hinzu. Das alte Bussano 480 wurde von fast allen seinen Bewohnern verlassen; nur die allerärmsten blieben zurück, weil ihnen die Mög- lichkeit einer anderen Unterkunft fehlte. Die Wohl- habenderen bauten eine neue Stadt im Tale auf, unfern vom Strande. Im Gegensatz zu dem alten Bussano macht dieser neue Ort einen mehr als prosaischen Eindruck. Fast sieht es von hier oben aus, als hätten Kinder einen Spielzeugkasten geleert und hübsch sauber und regelrecht die bunten Häuschen aufgestellt. Vielleicht ging auch den alten Bussanern der Sinn für das malerische ab, und haben sie nur aus Not so pit- toresk gebaut. War es doch die Angst vor Seeräubern, welche sie einst bestimmte, auf schwer zugängliche Höhen zu flüchten und dort ihre Häuser festungsartig aneinander zu schließen. So baute sich auch Castellaro auf, der altersgraue Ort, der ostwärts in größerer Ent- fernung über dem Taggiatal sich erhebt. Unter ihm liegt das oft besuchte Städtchen Taggia, berühmt durch seine Oliven, reich an fruchtbaren Gärten, die dem Laufe des Flusses bis zum Meere folgen. Nordwestlich in den Bergen thront das alte, überaus malerische Ceriana, das zu Zeiten der Sarazenischen Gefahr sich erst in solch bedeutender Höhe, an den Ausläufern des Monte Bignone, sicher fühlte. Rechts ab von Ceriana tauchen jenseits des Vorgebirges einige schnee- bepuderte Gipfel hervor. Mit weißumsäumten Bergen schließt im Norden auch das Taggiatal ab, doch die Schneemassen der Seealpen sind auch von hier aus nicht sichtbar, obwohl die Madonna della Guardia weit in die offene See hinausragt. Bei meiner Rückkehr in die Stadt hatte ich Ge- legenheit, einen Intarsiatore bei der Arbeit zu sehen. 481 Die Intarsiakunst lebt in San Remo noch fort, und es war mir von Interesse zu erfahren, welche Hölzer von alters her bei dieser Mosaik hier verwendet werden. Den Untergrund des Bildes, das ich vor Augen hatte, ‚ bildete geadertes, bräunlichgelbes Olivenholz: die Stech- > palme hatte das Weiß, präparierter Feigenbaum ( das Schwarz hergegeben; der Judendorn (Zizyphus vul- garis) lieferte hellrot, der Johannisbrodbaum die dunkler roten Töne, der Erdbeerbaum die Fleischfarben, Zitronen- und Orangenholz das Hellgelb, die Steineiche das Hell- braun und der Nußbaum endlich das Grau. Es fällt mir auf, gerückter Jahreszeit daß trotz vor- so viele Zitronen noch an den Bäumen umSan Remohängen. Man antwortet mir mit & Klagen über Viburnum tınus. E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. ol INN 482 den allgemeinen Rückgang des Zitronenhandels an der Ponente. Die Preise sind fortdauernd im Sinken be- griffen. Zunächst waren es die Balearen, die dieser Küste erfolgreichen Wettbewerb machten; jetzt setzt der Export nach Amerika auch aus, weil dieses Land seinen Bedarf mit eigenen Früchten zu decken anfängt. Am nächsten Tage besuchte ich Ospedaletti. Wer von Osten kommend diesem Orte naht, erblickt ihn erst, wenn er ihn erreicht hat. So versteckt liegt er in der Talmulde, so deckt ihn der östlich vorspringende Berg. Diese Niederlassung soll sehr alten Ursprungs sein, man hat ihre Gründung Aussätzigen zugeschrieben, die ein Schiff der Rhodiserritter hier zurückließ. Daher auch der Name. Bis vor zwei Dezennien blieb Ospe- daletti ein bescheidenes Fischerdorf. Dann bemächtigte sich seiner die Spekulation, in der Absicht, aus ihm ein zweites Monte-Carlo zu machen. Es wurden die nötigen Hotels erbaut und ein „Kasino“, das mit Gold beladene „Zugvögel“ in dieses neue „Roccolo“ locken sollte. Doch die italienische Regierung versagte die Konzession zu einem Spielhause, und so kommt es, daß die prächtigen Bauten, die der Credit Foncier Lyonnais hier errichtete, bis jetzt nur Kurzwecken dienen. — Der Ort ist noch vollkommener als San Remo gegen Winde geschützt, daher ein sehr geeigneter Aufenthaltsort für Brustkranke. Sein vorzüglicher Abschluß bedingt es andererseits, daß er nur sehr begrenzte Ausblicke gewährt. Landwärts übersieht man nur die Abhänge der Talmulde, an die der Ort sich schmiegt; längs des Meeres schließt östlich das Capo Nero, westlich das Cap Ampeglio das Küstenbild ab. In diesem Kurort neuester Schöpfung erscheint 483 alles:so neu, daß man fast meint, Theaterdekorationen vor sich zu haben. Und doch sind, dank dem überaus milden Klima und den Kosten, die man für Verpflanzung großer Grewächse aufbrachte, die Parkanlagen bereits weit entwickelt und die Palmen zu ansehnlicher Höhe gediehen. Schöne Wege führen empor an dem Ab- hange und setzen sich dort in üppige Macchia fort. Man entdeckt in dem engen Rahmen auch manch schönes Bild. Unten an der Küste, unfern vom Cap Ampeglio, entzückt den Wanderer auch der schöne Garten, den Ludwig Winter neben den Scheffelpalmen anlegte.e Wie hat sich dieser Garten bei sorgsamer Pflege im Laufe von zehn Jahren entwickelt! Er ist geworden, was er werden sollte, eine vornehm künst- lerische Schöpfung. Ich schlug den Weg am Capo Nero ein, hinauf nach Coldirodi. Ein bescheidenes Kirchlein liegt dort oben einsam am freien Bergesrücken, eine Strecke weit vor dem Eingang zum Orte Zu ihm lenkte ich zunächst meine Schritte. Sind doch stets in Italien Kirchen und Klöster auf besonders aussichtsreichen Punkten errichtet worden. . Bei der Wahl der Stelle mag zu dem religiösen Empfinden sich ein unbewußter Naturkulitus gesellt haben. Auch dieses Kirchlein ist überaus schön gelegen und beherrscht all die grünen Täler und die vielen Ortschaften, welche zwischen dem Capo Verde und dem Cap Ampeglio aufs Meer schauen. Lückenlos erscheint auch hier der Halbkreis hoher Berge, die mit ihrem Gebieter, dem Monte Bignone, und seinen Vasallen, dem Monte Caggio und dem Pian Carparo, dem kalten Nordwinde trotzen. Jenseits von Alt-Bordighera sieht man die alten, lieb- 3l- 484 gewonnenen Gipfel an der Küste sich erheben; tief ins Meer schneiden dort die grünen Halbinseln ein und bilden tiefe Buchten; im Nebel der Ferne meint das Auge endlich auch die zackigen Umrisse des Esterelgebirges noch zu unterscheiden. — In dem alten winkeligen Städtchen Coldirodi, das seinen Namen von den Rhodisern ableitet, die es ı130 gegründet haben sollen, kehren ähnliche Bilder wieder wie in der Altstadt von San Remo, wie auch in Taggia und Ceriana. Man sieht geschwärzte Häuser von Stein, Stützbogen und Gewölbe, plötzliche Lücken, durch welche man in die Täler schaut oder den Gipfel eines Berges erblickt und zwischendurch, unter üppigem Pflanzenwuchs, halbzerfallene Ruinen. Denn bei dem letzten Erdbeben stürzte ein Teil von Coldirodi ein und liegt heute noch in Trümmern. Doch diese Stätte der Verwüstung schmückte sich mit Blumen; der leuchtende Himmel wölbt sich über ihnen, und es vergoldet sie die südliche Sonne in heiterer Pracht. Durch Olivenhaine steigt man auf steinigem Wege ins San Bernardo-Tal hinab, das Bild von San Remo stets vor Augen behaltend. Die alten Ölbäume sind so phantastisch schön, daß man den Blick von ihnen nicht abwenden möchte, und doch gilt es stets abwärts zu schauen, denn die Wanderung auf den glatten, runden Pflastersteinen wird stellenweise zu einer Turn- übung. IX. Am Morgen des Palmsonntages besuchte ich den Blumenmarkt von Nizza mit der ausgesprochenen Absicht, dort einmal unmäßig im Farbengenuß zu 495 schwelgen. Wie stets um dieselbe Zeit im Frühjahre lagen sie da in Fülle aufgestapelt, diese zarten Wesen, dem baldigen Tode geweiht, unsicher, ob auch nur ein Käufer sich ihrer erbarme. Je näher die Mittags- zeit heranrückt, um so billiger werden sie ausgeboten, und die zurückbleibende Menge wandert schließlich auf den Kehrichthaufen. Rosen in allen Farben füllten die Körbe, grellgelbe und zartweiße Margueriten häuften sich auf den Tischen, daneben lagerte die großblütige, graue, schwarzviolett-marmorierte Schwertlilie (Iris susiana), welche die Gärtner als „Dame der Trauer‘ bezeichnen. In eigentümlichem Gegensatze hoben sich von ihr die schneeweißen äthiopischen „Kallen“ (Zan- tedeschia aethiopica) ab, die wir oft in unsern Zimmern ziehen. Gelbbrauner Goldlack, gefüllte Levkojen in allen Farben und Tönen, großblütige Veilchen, Freesien, Hyazinthen, Narzissen, Tazetten und Jonquillen erfüllten die Luft mit ihrem Dufte, und zwischen ihnen drängten sich große Sträuße dunkelblauer Kornblumen dem Blicke auf. Auch Nelken von ungewohnter Größe, und leuchtendfarbige Anemonen fehlten in keiner Aus- lage; nebenan endlich standen mit blühenden Orangen- zweigen angefüllte Körbe. So wanderte man auf und ab zwischen all diesen Blumen, ohne das Auge von ihnen abwenden zu können, unschlüssig, welchen man unter ihnen den Vorzug geben sollte! — Hatte man sich endlich zu einem Kauf entschlossen, so sah man sich von Frauen umringt, die ihre Dienste als Trägerinnen anboten. Und wie bald war deren Korb bis zum Rande an- gefüllt, während doch die Verlockung zu neuem Kauf noch bestand. 486 Auch vor den Nizzaer Kirchen herrschte reger Geschäftsbetrieb an eben jenem Morgen. In den vor- nehmen Stadtteilen bot man vergeilte Palmenwedel mit verflochtenen Fiedern, auch Kreuze aus solchen, außerdem blühende Lorbeerzweige und Buchsbaum zum Kaufe an. In den weniger reichen Stadt- teilen herrschte Lorbeer und Buchsbaum vor, ja es gesellten sich zu ihnen auch die immergrünen Len- tisken. Der Lorbeer erzielt einen höheren Preis, wenn seine Zweige nicht nur Blüten, sondern auch Früchte tragen” (S. 259). Die Knäuel seiner kleinen, gelblichen Blüten fallen tatsächlich weit weniger auf als die ovalen, etwa olivengroßen, fast schwarz gefärbten Steinfrüchte. Letztere sind es daher, welche vornehm- lich die feilgebotenen Zweige zieren. Da aber die Früchte im Herbste reifen, so gelinst’es murzereE ganz besonderen Pflege, sie bis ins Frühjahr am Baume zu erhalten. Es begann recht warm zu werden an diesem Palm- sonntage in Nizza, und ich entschloß mich, Kühlung in einer jener Gebirgsschluchten zu suchen, die man jetzt so leicht mit der französischen Südbahn erreichen kann. Ich wählte die Schlucht des Var aus, fand es dort zwar nicht kühler als unten am Meere, doch so wildromantisch schön, daß ich meinen Entschluß nicht bereute. Zunächst war es die uns schon bekannte Strecke, der wir folgten, dieselbe, die auch nach Grasse führt. Die Vegetation im breiten Vartal zeigte sich noch wenig fortgeschritten, die laubwerfenden (rewächse er- schienen kahler als zu der entsprechenden Zeit im Vorjahre. Doch entzückte uns von neuem bei Colo- 487 mars die herrliche Fernsicht in die schneebedeckten Alpen und der Anblick jener altersgrauen Ortschaften, die wie Adlerhorste auf den Felsen schweben. Auch jenseits von Colomars verblieben wir diesmal auf der linken Varseite, der Strecke, die nach Puget-Theniers führt. Doch schon an der nächsten Haltestelle, dem Pont Charles-Albert, verließ ich den Eisenbahnzug, um die Wanderung zu Fuß anzutreten. Gleichzeitig stiegen einige Südfranzosen hier mit der Absicht aus, den 1550 Meter hohen Mont Vial zu besteigen, dessen Gipfel sich unschwer von Gilette, das sechs Kilometer von hier entfernt liegt, erreichen läßt. Unter dem Gipfel kann man in einer Höhle, der Balme de Touasc, übernachten, um bei Sonnenaufgang oben zu sein. Der Blick von dort umfaßt die gesamte Kette der schnee- bedeckten Alpen, vom Mont Saint Honorat an bis zur Cima del Diavolo, auch fast die ganze Küste der Ponente und das weite Meer bis Korsika. Die Herren forderten mich in sehr freundlicher Weise auf, an ihrem Aus- fluge teilzunehmen, doch meine Rückkehr in Nizza wurde zu bestimmter Zeit erwartet, ich mußte mich daher mit meinem ursprünglichen Ziele bescheiden. Ich folgte dem Ufer des Var, die Schlucht, aus der Erssiehrersießt, immer vor Augen.’ Mir zur linken stiegen die steilen Felsen auf, welche alte Dörfer auf ihren Gipfeln tragen; hinter ihnen baute der Mont Vial sich in Stufen auf. Vor der Mündung der Schlucht stürzt ein Wasserstrom aus dem Felsen her- vor. Es ist Wasser aus dem Var, das man an höherer Stelle faßt, und dessen Fallkraft für den Betrieb der Nizzaer elektrischen Bahnen verwertet wird. Bei Le Ciaudan beginnt der großartigste Teil des Weges. 488 Das Vartal verengt sich zur Schlucht, und der Fluß, in das enge Bett gedrängt, eilt als geschlossener Strom hier ungestüm hinab. Die Landstraße ist durch Sprengung den Felsen abgewonnen worden; die Bahn verbleibt größtenteils im Innern des Gestein. Man wandert zwischen hohen Felsenmauern, deren Gipfel sich den Blicken entziehen. Merkwürdig verzerrt und ver- schiedenfarbig sind die Schichten des Jurakalkes, der die Schlucht umsäumt. Der Fluß hat das Gestein vielfach unterhöhlt, und dann wölbt sich die Felsen- wand vor und deckt seinen Lauf. Immer neue Felsen- gebilde drängen sich heran und ändern das Aussehen des Bildes. Vor der Talmündung rücken hohe Berg- spitzen, auch wohl eines der phantastischen Dörfer auf Bergeshöhe wie wandernde Dekorationen vorbei. Noch eine Wendung des Weges, und man ist allseitig von hohen Steinmauern umgeben, die nur den Aus- blick zum blauen Himmelsgewölbe offen lassen. Die laublosen Bäume des breiten Vartals haben uns am Eingange der Schlucht verlassen; hier erblickt das Auge fast nur immergrüne Gewächse. So würde sich auch mitten im Winter, an sonnigen Tagen, der Besuch der Schlucht lohnen; denn sie büßt auch zur kalten Jahreszeit ihren Pflanzenschmuck nicht ein. Als un- gewohnte Erscheinung in der hiesigen Flora begrüße ich den Buchsbaum, der mit seinem dunklen Laube an zahlreichen Stellen das helle Gestein deckt. Der gelbe Ginster sorgt vornehmlich für auffällige Farben- effekte, und auch das wohlriechende Veilchen tritt an manchem Abhange so massenhaft auf, daß es ihn violett tönt. Jenseits von La Tinee erscheint das enge Tal allseitig von gewaltigen Felsen eingeschlossen, die 489 in rötlichen, in grauen und weißlichen Tönen leuchten. Eine kühne Brücke führt schräg über den Fluß, und der Punkt ist erreicht, an welchem die Grewässer des Var und der Tinee sich vereinigen. Aus einem engen Felsentor stürzt die Tinee heraus, und weil die „Mischung“ beider Ströme hier erfolgt, wird der Ort „Mescla“ ge- nannt. Noch eine kurze Strecke, und die Schlucht beginnt sich zu erweitern. So kehrte ich zur Halte- stelle der Bahn, La Mescla, zurück, um den aus Puget-Theniers kommenden Zug zu erreichen. Es waren etwas mehr als neun Kilometer, & die ich von Pont Charles-Albert bis hierher, TE bei langsam anhaltender Steigung, zurück- Auf der Strecke Nizza bis ich am nächsten Tage teilweise gelegt hatte. AB 2a Beaulieu, die we h mit Benutz- ung der Straßenbahn befuhr, 23 fiel mir die große Menge von Opuntia mona- als, cantha längs des Mont Boron auf. |Jener 2 brasilianisch- argentinische Feigenkaktus macht nun- mehr an der Ponente der von alters her ein- gebürgerten ÖOpuntia ficus indica den Raum streitig. Um Nizza und San Remo herum beginnt die Opun- 9 tia monacantha bereits vorzu- herrschen. . Die Färbung ihrer Stämme ist | dunkel- SP grün; Glieder bleiben wesentlich Vitex agnus-castus. 490 kleiner und flacher, sind auch weniger scharf gegen- einander abgesetzt als bei Opuntia ficus indica; auch zeigt sie größere Dornen, die weißer erscheinen, und fruktifiziert reichlich, während Opuntia ficus indica nur selten Früchte hier zu Lande ansetzt. Irotz der Ausdehnung, welche der Boulevard Carnot in der Richtung von Villefranche gewonnen hat, schmücken doch noch die Überreste einstiger Makis die Südostkante des Mont Boron, so daß man dort blühende Zistrosen in Fülle erblicken kann. Die tief ins Land einschneidende Reede von Villa- franca oder von Villefranche-sur-Mer, wie jetzt das pittoreske Städtchen heißt, nach welchem sie den Namen führt, ist durch den Montboron und die Halb- insel Saint-Jean so gut geschützt, daß sie einen be- liebten Ankerplatz der französischen Mittelmeerflotte bildet. Einst war sie eine bevorzugte Station zoolo- gischer Forschung, und Karl Vogt schöpfte hier vor- nehmlich das Material für Arbeiten, deren Ergebnisse seine populären Schriften, wie „Ozean und Mittelmeer“, auch im großen Publikum verbreiteten. Heute noch existiert eine russische zoologische Station in Ville- franche und ermöglicht dort wissenschaftliche Arbeit, auch anschauliche Belehrung durch ein Aquarium. Doch der moderne Seeverkehr hat auch die Ruhe dieser alten Reede gestört und ihren Tier- und Pflanzen- reichtum empfindlich vermindert. Immerhin wird der Laie, der an einem windstillen sonnigen Tage Ville- franche besucht, Aussicht haben, einen, wenn auch nur bescheidenen Einblick in die Formenfülle des tierischen Lebens der See im dortigen Hafen zu ge- winnen. Wie oft habe ich mich selber an diesem Ort 491 an den glockenförmigen Medusen erfreut und die kolo- nienbildenden Siphonophoren bewundert, die sich nur mit Blumengirlanden vergleichen lassen. Wiederholt traf ich auch Scharen von Rippenquallen dort an und schaute den wellenförmigen Schwimmbewegungen des fast meterlangen Cestus Veneris zu, dem „Venus- gürtel“, der wirklich einen Schmuck selbst für diese Göttin abzugeben würdig wäre. Alle diese Geschöpfe sind glashell, durchscheinend und schimmern in allen Farben. Sie sind „Grlastiere“ mit duftigem Farben- schmelz. Wenn man sie betrachtet, denkt man un- willkürlich an menschliche Kunstwerke dieser Art aus den Glasschmelzen eines Galle oder Tiffany. Ich schlug von Beaulieu den verlockenden Fuß- weg ein, der dem östlichen Strande der Halbinsel Saint- Jean folgt. Ein starker Wind blies vom Meere her und versetzte seine Wassermassen in große Erregung. Starke Wellen stürmten gegen die Felsen an und warfen ihren schäumenden Gischt empor bis auf den Weg. In Mengen war dort an den (Grartenmauern die schöne Cineraria maritima* (S. ıı5) zu sehen. Sie zeigte sich üppig entwickelt. Der salzige Hauch der Flut behagte ihr augenscheinlich. An den steilen Felsen, gegen welche die Wellen sich brachen, gedieh ebenfalls der grünlichgraue Jupiterbart, Anthyllis barba Jovis* (S. 55), auch er scheute den Atem des Meeres nicht. — Von Saint-Jean wende ich mich östlich ab, gegen die Halbinsel Saint-Hospice.. Oben, am alten Wachtturm, lasse ich mich nieder und verliere mich im Anblick der östlichen Küste, die man wie vom Meer aus auf endloser Strecke überblickt. Die Berge über Bordighera hat frischer Schnee bepudert. Eza beherrscht 492 von der Höhe seines stolzen Felsens die angrenzenden Buchten. Hinter Beaulieu fallen die rotgelben Stein- massen senkrecht zum Meere ab. Jenseits der Halb- insel Saint-Jean steigt das mächtige Amphitheater auf, das Nizza gegen Norden schützt. In der Bucht von Beaulieu sind große Mengen von abgestorbenem Seegras am Strande angehäuft. Die Wellen stürmten jetzt mit Macht gegen diesen Wall, beluden sich mit braunen PBlattmassen und schleuderten sie in die Lüfte. Sie erschienen so schwarz wie Jinte, und schwarz war auch das ganze Wasser weithin in der Bucht. So möchte man sich ein Meer der Unterwelt vorstellen, dessen Wellen an den finsteren Ge- staden des Schattenreiches sich brechen. Der Stimmung eines solchen Bildes würden auch die alten Ölbäume des Ufers entsprechen, mit so verschnörkelten Stämmen und Ästen, wie sie Höllenbrueghel sich nicht phantastischer für seine Bilder hätte wünschen können. — Beaulieu rühmte sich einst mit Stolz seiner uralten Ölbäume, opferte sie aber schließlich doch den Neubauten. Die beiden stärksten noch vorhandenen Bäume, von denen der eine über sechs Meter im Umfange mißt, kann man am Bogen der Straße, vor dem Hotel Beaurivage sehen. Die zwischen Beaulieu und Eza gelegene Küsten- strecke wird als „Petite-Afrique“ bezeichnet. Sie dürfte vielleicht die wärmste Stelle der Ponente sein, zugleich die wärmste längs der ganzen Küste, die von Süd- spanien bis zum Meerbusen von Salerno reicht. >; Die letzten Ferientage brachte ich wieder am Cap d’Antibes, meinem beliebten Aufenthaltsort, zu. Doch 4953 das Wetter begann zu versagen. Ein ziemlich starker Mistral, der um die Mittagszeit sich einzustellen pflegte, feste noch immer den Himmel rein. Am 2o. April ging die Sonne klar hinter dem Esterelgebirge unter, doch standen bereits höher am Himmel in langen Streifen die Wolken. Sie begannen sich zu röten und teilten ihre Färbung dem Golfe-Juan mit, dessen Wellenkämme bald wie mit Rosen überstreut er- schienen. Jenseits der Berge, im Westen, wurde der Himmel orangerot, in leuchtend grellen Tönen. Dann ging das Orangerot in Purpur über und warf un- heimlich blutige Flecke äuf. das Meer. In dieser tragischen Beleuchtung strich ein dunkles Boot langsam durch die Fluten, man hätte wähnen können, daß es das Fahrzeug des Charon sei. Ich verließ den Strand und stieg langsam durch die von Kiefern und Eukalypten eingefaßte Allee des Gartens hinauf zum Hotel. Das Laub der Bäume er- schien fast schwarz auf dem glühenden Hintergrunde des Himmels. Stellenweise fielen rote Streiflichter in die Zweige und illuminierten sie wie bei einer Feuersbrunst. Das war herrlich und fürchterlich zugleich. Allmählich wurden die Töne blasser; es nahmen die Wolkenzüge eine bläulichgraue Färbung an, und nur ihr Rand blieb vergoldet. Im Westen. hielt die orangerote Tönung länger an; sie ging durch mattes (Grelb in das Apfelgrün des oberen Himmelsgewölbes über. Die See wurde stahlgrau, dann fahl und endlich schwarz, und an ihrem Ufer begannen zahlreiche Lichter auf- zuflammen. Das große Feuer des Leuchtturmes zog seine weiten Kreise langsam über das Land und das Meer. In wachsenden Massen stauten sich die Wolken 494 in der Höhe. Nur vereinsamte Sterne blickten durch die offenen Pforten des Himmels noch hinab zur Erde. Am nächsten Morgen begann es zu regnen. Man sah dem dürren Boden die Wonne an, mit der er das langentbehrte Wasser verschlucktee Die Pflanzen hatten sich emporgerichtet und streckten sich den fallenden Tropfen entgegen. Ein starkes Sinken des Barometers ließ eine längere Regenzeit ahnen. Wir gönnten sie diesem trockenen Frdstriche, der seit Monaten nach Wasser geschmachtet hatte, diesen genügsamen (rewächsen, die so lange ihren Durst nur mit Tau hatten stillen müssen. Für uns aber war die Zeit zur Heimreise gekommen. SEELLISIE REISE, I. ie Veilchen blühten in solcher Fülle am Abhang, B) daß sie stellenweise das Grün des jungen Rasens ganz verdeckten. Monatelang hatte ich jenseits der Alpen nur Schnee oder kahle Bodenflächen geschaut: da war die Versuchung groß, diese ersten Frühlingsboten in nächster Nähe zu bewundern, sich an ihrem Wohl- geruche zu laben, und bald hatte ich einen großen Strauß gepflückter Veilchen in meiner Hand. Ich berauschte mich an ihrem Duft, während mein Auge über die endlosen Fernen des Meeres schweifte. An der steilen Felswand der Halbinsel, die vor Portofino liegt, brachen sich die Wellen; eine goldumsäumte Wolke warf röt- liche Schatten auf das Wasser und tönte es in den Farben meines Veilchenstraußes. Längs des Strandes 496 streute die blendende Sonne metallene Plättchen aus über die Wellenkämme, weiterhin beherrschte sie die See ganz, die in ihrem Glanz wie ein silberner Spiegel erstrahlte. Ich stieg langsam die Straße hinab, die vom hoch- gelegenen Splendid-Hotel abwärts zum Hafen führt. Die von gelben Blütenbüscheln strotzenden Akazien streckten ihre Arme aus über die Hecken. An andern Stellen spendeten immergrüne Eichen den erwünschten Schatten. An den Abhängen ringsumher schimmerten in Silbergrau die Oliven. Aus den Spalten steiniger Mauern wucherten Rosmarin und Levkojehervor. Auch sie hatten ihren Blütenschmuck schon angetan. Sonst war die Vegetation noch sehr zurück, obgleich wir uns in der ersten Märzwoche befanden, einer Zeit so- mit, wo sonst in diesen Breiten der Frühling seinen Einzug schon längst gehalten hat. Der vorausgehende Winter war wieder einmal recht hart gewesen am (Golf von Genua, und noch immer wollte es der süd- lichen Sonne nicht gelingen, dauernd ihre Herrschaft zu behaupten. Westlich von Genua bis Alassio hin hatten alle zarteren Pflanzen stark gelitten; weniger an der Levante, an der aber doch ein Teil der Euka- lypten nur tote Blätter trug. In Portofino selbst, wo Ölbäume, Strand- und Aleppo-Kiefern mit mediterranen Sträuchern vereint die Landschaft beherrschen, trat die Wirkung des kalten Winters nicht merklich vor. Die vom Meere steil aufsteigenden Höhen hatten auch den empfindlicheren Pflanzen Schutz gegen Norden gewährt, und nur in den Laubkronen einzelner Euka- Iypten zeigten weißgebleichte Streifen die Richtung an, von der aus ein tödlicher Windhauch sie erreicht hatte. 497 Der „Portus Delphini“ trägt noch immer sein altes scheckiges Harlekinkleid. Gelb und rot gestrichene, mit grünen Fensterläden geschmückte Häuser drängen sich dicht aneinander um den kleinen, sichelförmigen Hafen. Die zu den Fenstern heraushängende Wäsche schimmert in allen Farben der Palette. Im lichten Sonnenschein ein fast verwirrend buntes Bild. Von allen Seiten werden mir Barken angeboten. Ein kleiner Dampfer stößt zu gleicher Zeit schrille Töne aus und ladet zur Überfahrt nach Santa Margherita ein. Ich wende mich vom Hafen ab und gerate unter die Spitzen- händlerinnen, die wenigstens ein „Fazzoletto“ bei mir an- bringen möchten. — Ich steige zur Kirche San Giorgio auf gepflasterter Straße hinauf. Das Kap hat sich an dieser Stelle stark verengt, so daß man von dem Platze oben freie Aussicht nach Westen und Osten genießt. Westwärts blickt man in das offene Meer und auf steile Felsenklippen, an denen die wilde Brandung sich bricht. Ist die Luft ganz klar, so ragen in der Ferne, längs der Ponente, die schneebedeckten Gipfel des Apennins und der Seealpen aus den azurnen Fluten empor. Im Osten türmen sich Berge über Berge zu einem magischen Halbkreis, der den tief eingeschnittenen Golf von Tigulien umfaßt. Unten glänzt das malerische Portofino im Sonnenschein, und über ihm wacht im Osten die Kirche San Martino, vor der eine hohe Dattel- palme schlank zum Himmel emporragt. Die bescheidene Kirche von San Giorgio birgt in ihrem Schrein die Reliquien eines Heiligen mit gleichem Namen. Man verehrt in ihnen das Andenken des Märtyrers von Cappadocien; ob man mit Recht ihm diese Überreste zuschreibt, ist oft angezweifelt worden. E. Strasburger, Sireifzüge an der Riviera. 32 498 Denn in der nahen Abtei von Capodimonte am Monte- fino ist einst auch ein Mönch, der den Namen Georg führte, im Geruch der Heiligkeit gestorben. Die Porto- finesen wollen aber von einer solchen Ableitung ihrer Reliquien nichts hören. Sie begründeten eingehend ihre höheren Ansprüche in einem Werke „Saggio storico civile-religioso del Comune di Portofino*“, das die Grelehrten des Ortes im Jahre 1876 verfaßten und dem Erzbischof von (renüua, Salvator Magnasca, der ein Portofinese war, widmeten. Sie schilderten in diesem Werke die hohen Verdienste, die die tapferen, see- kundigen Portofinesen während des ersten Kreuzzuges sich erwarben. Als hierauf die Republik Genua daran schritt, die aus dem heiligen Lande mitgebrachten Schätze zu verteilen, da war Portofino, als kostbarster Lohn, eine Kassette mit den Reliquien des heiligen Georg von Cappadocien zugefallen. Genua selbst behielt seinen Anteil an den Gebeinen dieses Heiligen, den sie im Jahre 1098 zum Schutzpatron der Republik erkor. An dem auf den 23. April zunächst folgenden Sonntag werden die Reliquien in großem Pomp durch Portofino getragen. Das gibt ein buntes, farben- reiches Bild, das sich anzusehen lohnt. Besonders glänzend wird das Fest am Abend, wenn die Pro- zession am Hafen dahinzieht, und zahllose Lichter sich in dessen Wasser widerspiegeln. Um an Stelle einer älteren unscheinbaren Kapelle dem heiligen Georg die heutige Kirche zu erbauen, haben die armen Schiffer des Ortes manche von den wert- vollen Korallen geopfert, die sie mit Lebensgefahr an fernen Gestaden aus den Tiefen des Meeres hervor- holten. 499 Der Kirche gegenüber erhebt sich ein stattliches Gebäude, das Castello San Giorgio, schwarz und gelb in den Farben Genuas gestrichen. An seiner Fassade prangt als Inschrift eine Stelle aus Catullus, die dafür zeugt, daß der Besitzer des Schlosses, Stephen Leech, sich des Studiums der alten Sprachen beflissen hat. Ihm ist es zu danken, daß der Platz vor der Kirche San Giorgio sein jetziges vornehmes Aussehen erhielt, er fügte ihm zudem von dem eigenen Besitz noch eine schöne Terrasse hinzu, die den Besuchern jetzt gestattet, über die steilen Abhänge des Ufers fast senkrechtin die Tiefe zu schauen. Das Meer schleudert dort unaufhörlich seine Wogen gegen den Felsen. Es hat sich tiefe Grotten in das Gestein gegraben, flache Wasserbehälter in allen Stockwerken angelegt. Es prallt mit donnerartigem Getöse von den Decken der Höhlen ab, füllt die Behälter in den Höhen an und stürzt aus ihnen hinab in schäumenden Kaskaden. Nur bei völliger Windstille liebkosen die Wogen sanft das Ufer. Ein breiter Saum vielgestaltiger Algen kommt dann an den Felsen zum Vorschein und schillert bunt über dem blauen Wasser. Doch bei stürmischer See wird der weiße Gischt an der senkrechten Wand emporgeschleudert, als wenn er den Himmel stürmen wollte. Dann fegt wohl salziger Schaum über den Platz vor der Kirche, und erst in noch größeren Höhen fühlen die am Felsen festgeklammerten Kiefern sich sicher vor den Angriffen des drohenden Elements. LI. Ich setze nun meinen Weg nach der „Penisola“ fort, aufsteigend zwischen Gartenmauern. Drei steile 30 500 Bergkegel fügen sich zu der kleinen Halbinsel anein- ander und tragen Burgen auf ihren Gipfeln. Auf der größten dieser Burgen ist die englische Flagge gehißt. Mr. Montague Yeats Browne hat diese Burg stilgerecht wieder herstellen lassen und bewohnt sie den größten Teil des Jahres. Die kleinere Burg, die den mittleren der drei Hügel krönt, hat Mr. Stephen Leech vor dem Verfall geschützt; sie beherrscht die Halbinsel. Auf dem dritten Bergkegel steht ein mit Wölbung ab- geschlossener Turm. Er war einst, so heißt es, eine Warte, die vor nahenden Sarazenen warnte, und er behielt auch in späteren Zeiten den Namen „Guardiüa“. Der ganze westliche Teil der Halbinsel gehört zu dem weiten (rebiete, über das Lady Carnarvon verfügt. So ist denn die ganze Penisola Portofino in Privat- besitz und der freie Verkehr auf ihr ausgeschlossen. Doch ist dankbar anzuerkennen, daß die bisherigen Besitzer den natürlichen Pflanzenschmuck und damit der Penisola auch ihren ursprünglichen poetischen Reiz ließen. Auch ist der Weg, der zur Madonnetta führt, so angelegt, daß er dem Wanderer die ganze Pracht der Gegend offenbart, und das mag ihn über die Einschränkung weiterer Freiheit trösten. Daß bei dem enorm wachsenden Fremdenverkehr aller Privat- besitz allmählich abgeschlossen werden mußte, läßt sich begreifen. Der ruhige Genuß des eigenen Heims hörte sonst schließlich auf. Im Jahre ı17ı waren das Ansehen und die Macht der Abtei San Fruttuoso di Capodimonte so gestiegen, daß ihr Abt alle Fischer zwischen Camogli und Sestri- Levante für seine Untertanen erklären konnte. Sie mußten ihm fortan einen Tribut in Greld und Naturalien 501 entrichten. Auch hatten sie besonders geschätzte Fischsorten zu einem festgesetzten Preise an das Kloster abzugeben und für jedes Netz, das sie zur ‚Fastenzeit benutzten, zwei Fische abzuliefern. Noch im Jahre 1269 zahlte einer der Dorias an die Abtei zu Capodimonte eine Abfindungssumme für die Erlaubnis, auf der Piazza von Portofino ein Schiff zu bauen. Erst im ı4. Jahr- hundert, als die Macht von Capodimonte zu sinken begann, gelangte Portofino unter die Jurisdiktion der Konsuln von Rapallo. Die Burg, die Mr. Yeats Browne jetzt bewohnt, reicht bis in das fünfzehnte Jahrhundert zurück. Im Jahre 1425 wurde sie von Tommaso Campofregoso er- obert, der an der Riviera di Levante den Kampf gegen Filippo Maria Visconti führte. Einige Jahre später vermochte sie Portofino vor den Venetianern zu schützen, die mit zweiundzwanzig Graleeren Zoagli, Santa Margherita und San Giacomo di Corte verwüstet hatten. Die Republik Genua rüstete 1542 diese Festung mit noch stärkeren Verteidigungsmitteln aus, so daß sie 1575 Andrea Doria Halt gebot, als er zur Eroberung der Riviera di Levante auszog, und sich bereits 'Sestri, Chiavari und Rapallo in seiner Macht befanden. Als Napoleon I. im Jahre 1800 das (renovesat dem französischen Kaiserreich einverleibte, fand er die Festung von Portofino durch österreichische Truppen entwaffnet vor. Er versah sie von neuem mit Mörsern und Kanonen, die ihre mörderische Kraft aber nicht mehr zu erproben brauchten, sich vielmehr im Laufe der Zeit in harmlose Schaustücke verwandelten. Windende Gewächse umrankten die Läufe der Kanonen, die Mörser verschwanden unter duftenden Blumen, 502 Vögel nisteten sich in die einstigen Feuerschlünde ein, sie wurden zu einer Idylle des Friedens. Gegen neuere Kriegsschiffe konnte die alte Festung von Portofino einen wirksamen Schutz nicht mehr gewähren, und so wurden denn im Jahre ı867 ihre Bomben, Mörser und Kanonen ins Meer hinabgestürzt, sie selbst aber ge- langte in Rapallo zu öffentlicher Versteigerung. Dem gleichen Schicksal verfiel auch das „Piccolo Fortino“ am höchsten Gipfel der Halbinsel, das mit zwei Kanonen ausgerüstet war. Ich setzte meine Wanderung der Penisola entlang weiter fort zur Madonnetta. Der Weg steigt langsam auf zu Olivenhainen und bietet bei jeder Windung neue überraschende Aussichten auf die östliche Küste. Stellenweise dringt der Blick in eine tiefe Felsenkluft hinein, an deren steil abfallende Wände Aleppokiefern sich klammern. Fast unglaublich! Manchmal sieht es aus, als wenn ein kräftiger Stamm unmittelbar dem festen Gestein entspringe. An solchen Stellen ist aber stets ein Spalt in dem Fels vorhanden, und in diesen versenkt er seine Wurzeln, spärliche Nahrung aus der Erde schöpfend, die der Sturm aus dem sich zer- setzenden Grestein dort zusammenwehte. Eigen ist das Aussehen aller der Felsen, die man hier um sich sieht. Sie bestehen aus hartem tertiären Konglomerat und weisen abgerundete Steine in allen Größen und Farben- tönen auf, die durch eine gemeinsame Grundmasse verbunden sind. Ob wohl die Italiener ihre Kunst des Terrazzo einem solchen Vorbild der Natur ent- lehnt haben mögen? Doch täuscht mich nicht mein Gehör? sind es nicht Vögel, die ich in den Olivenhainen rings umher 903 zwitschern höre?’ Alsbald erspähe ich sie auch mit den Augen: sie haben sich hier angesiedelt, seitdem sie geschützt werden. Die Eigentümer der Halb- insel dulden auf ihr keine Jagd, und ein Einfluß macht sich bereits über die Grenzen ihres Besitzes geltend, so daß einzelne Vögel sich auch auf die östlichen Abhänge des Montefino hinauswagen. Auf der anderen Seite des Berges erschallt keine Vogelstimme, und es dürfte wohl noch lange dauern, bis ein Vogel es wagen darf, dort sein Nest zu bauen. Als einen wesentlichen Fortschritt und großen Gewinn erachtet es der Tier- schutzverein von Genua, daß es ihm neuerdings gelang, bei der Obrigkeit ein Verbot des öffentlichen Verkaufs geblendeter Lockvögel zu erwirken. Der ganze Weg bis zur Madonnetta ist gut ge- halten und an schönen Stellen nur so umzäunt, daß die Aussicht dadurch nicht leidet. Silbergrauer Rosmarin, überstreut mit lichtblauen Blüten, eine reiche Fülle von Farnkräutern, die mit ihren zierlichen Wedeln die Felsenwände und Mauerspalten schmücken, begleiten uns auf der Wanderung; an einzelnen Stellen streckt der Rosmarin* (S. 391) seine mit Blüten bedeckten Zweige dem Wanderer entgegen. Nach diesem lieb- lichen Grewächs, das die Einbildungskraft des Volkes in symbolischen Zauber hüllte, greife ich und zerreibe einige seiner Blätter, um aus ihnen ihr würziges Aroma zu be- freien. Weil sie den mediterranen Strand so liebt, soll diese Pflanze den Namen Ros marinus, Tau des Meeres, erhalten haben. So lautet die poetische Ableitung des Namens, während die prosaische ihn mit den griechischen Worten rops und myrinos in Verbindung bringt, von dem das erste „niedriges Gebüsch“, das zweite „etwas 504 balsamisches“ bedeutet, so daß ihre Vereinigung „einen stark duftenden Strauch“ ergibt. Den Rosmarin zieht man auch bei uns in den Gärten besonders für die Bienen, deren Honig er ein feines Aroma erteilt. Seine Verbreitung nördlich von den Alpen wurde durch das Kapitulare Karls des Großen Sı2 gefördert, der die Anpflanzung des „ros marinus“ in den kaiserlichen Gärten befahl. Im Altertum brachte man den Ros- marin als Weihrauch den Göttern in Opferschalen dar, auch hat man ihn viel zum Winden von Kränzen be- nutzt, mit denen man die Bildsäulen der Laren schmückte. In deutschen Landen war die Pflanze der Totengöttin Hulda geweiht, die an der Spitze der Geisterscharen einherzieht. Die Göttin lebt als Frau Holle in der Volkssage fort, und das ihr geweihte Kraut wurde zum Sinnbild der Liebe, der Treue und des Todes. So auch bei Shakespeare, der die wahn- sinnig gewordene Ophelia sagen läßt: „Da ist Ver- gißmeinnicht, das ist zum Andenken: ich bitte Euch, lieber Herr, gedenket meiner — und da ist Ros- marin, das ist für die Treue“ Als Sinnbild des Todes tritt es uns in Romeo und Julia entgegen, wenn der Franziskanermönch Lorenzo den alten Capulet ermahnt, seine Tränen zu stillen und Rosmarinsträuße auf die „schöne Leiche“ der Julia zu legen. Rosmarin war in Deutschland einst die Lieblingsblume des Volkes und fehlte nicht in dem kleinsten Grarten. Heute ist dieses poesieumwobene Grewächs dem Volke fast fremd geworden. Bis in das sechzehnte Jahrhundert hinein trug im deutschen Lande die Braut Rosmarin im Haar; mit Rosmarinsträußen bekränzten sich auch die Hoch- zeitsgäste. Dann erst wurde der Rosmarin durch die 305 der Aphrodite geweihte Myrte verdrängt, und nur in wenigen Gegenden, so in Oberbayern, vermochte er sich bis auf den heutigen Tag zu behaupten. Merk- würdigerweise mußte die Myrte in Italien selbst den Orangenblüten als Brautschmuck weichen und streut man dort Myrtenlaub nur noch in die Ställe. — Ein kletterndes, üppig belaubtes Gewächs mit efeuartigen Blättern fällt an diesem Wege durch seine Häufigkeit besonders auf. Man erinnert sich übrigens, es schon zuvor oft an den beiden Rivieren gesehen zu haben. Mit Efeu hat es nichts zu tun, sein Gresamtaussehen ist ein an- deres; zudem sind seine Blätter fleischig, weicher und auch heller grün. An den Blütenständen, falls solche noch vorhanden, erkennt man leicht, daß man es mit einer Komposite zu tun hat. Die goldgelben Blüten- köpfchen erinnern an manche unserer Senecio-Arten, so etwa an Senecio jacobaea, das Jakobskreuzkraut, und in der Tat handelt es sich bei dieser Pflanze um eine Senecio-Art, den Senecio angulatus vom Kap. Der wächst hier wie Unkraut und erklimmt Sträucher, Bäume und Hecken. Seine Blütezeit fällt in den Winter, und da ist der Schmuck, den er der Landschaft bringt, sehr willkommen. An der Straße zwischen Santa Mar- gherita und Rapallo ist diese Art durch eine andere ihr entsprechende vertreten, durch den, ebenfalls vom Kap stammenden Senecio mikanoides. Seine Blätter sind zarter und heller grün, und seinen blaßgelben Blütenköpfchen fehlen die zungenförmigen Randblüten. Auf dem hohen Felsenriff, das die Spitze der Penisola bildet und steil zum Meere abfällt, steht die bescheidene Kapelle, die in einer Nische das kleine Standbild der Madonna del Capo, welche die Porto- 506 finesen ihre „Madonnetta“ nennen, birgt. Von dort umfaßt der Blick das endlose Meer und folgt nach Ost und nach West in neblige Fernen der Küste. Die Sonne spiegelt sich in der weiten Fläche und streut vor dem Felsen der Madonnetta goldene Sterne auf die Wellen, auf denen sie sich entzünden und er- löschen in nimmer endendem Spiel. Ich verliere mich ganz in diesem Anblick, und im Rahmen der Unend- lichkeit ziehen an mir verklärte Erinnerungen aus verflossenen Jahren vorüber. Hier habe ich so oft schon geweilt in glücklichen und in schweren Tagen, und immer wirkte dieses Bild gleich mächtig auf mich ein, läuternd, erhebend und beruhigend! Der jugend- lichen Begeisterung, mit der ich einst hier in die Ferne blickte, ist ruhigeres Empfinden gefolgt, doch vertieft durch die geistige Arbeit des Lebens. Und immer mächtiger wird in mir die Sehnsucht, in diesem All, das meine Seele hier ganz erfüllt, völlig aufzugehen. Doch die Sonne schüttet ihr Gold unaufhörlich aus über die Wogen, illuminiert so heiter die Welt, daß auch in der eigenen Brust wieder Frühlings- empfindungen erwachen. Vergnügt, in fröhlicher Schar, umkreisen, wie einst, die Delphine, diese Clowns des Meeres, den Felsen und führen ihre wunder- baren Purzelbäume in den Fluten aus, als wollten sie auch aus den Sinnen dessen, der sie beschaut, alle trüben (redanken verscheuchen. III. Während die besuchten Küstenorte der beiden Rivieren im Schmuck duftender Blumen und von Ge- wächsen aller Zonen prangen, trägt der Montefino 907 noch sein altes schlichtes Pflanzenkleid. Im Umkreis menschlicher Ansiedlungen versilbert der Ölbaum seine Abhänge. Strand- und Aleppokiefern und immergrüne Eichen drängen sich bis an das Meer heran; oben bildet die Strandkiefer dichte Wälder, und stellenweise taucht auch eine große Pinie aus der Umgebung empor und spendet dichten Schatten mit ihrer schirmförmig ausgebreiteten Krone. Weite Strecken des Bodens werden von dem mediterranen (restrüpp, der stets grünen Macchia, bedeckt, und auch das Unterholz der Waldungen wird von ihm gebildet. Zistrosen treten in dieser Küstenregion gegen andere Vertreter der Macchia zurück. Besonders häufig sieht man die baum- artige Heide (Erica arborea) (S. 191) und den Erdbeer- baum (Arbutus unedo) (S. 67), die strauchartigen Steineichen (S. 377), den Kreuzdorn (Rhamnus alaternus) (5. 383), Myrten, Pistazien (S. 359) und gelbe Schmetter- lingsblütler, ferner die Binsenpfrieme (Spartium junceum) (S. 457), die strauchartige Kronwicke (Coronilla emerus) und die stark bewaffnete Calycotome spinosa (S. 103). Der südliche Wacholder (Juniperus oxycedrus) (S. 253) trägt seine rotbraunen Scheinbeeren zur Schau, und an geschützter Stelle breitet das fremdartige Wolfs- milchbäumchen (Euphorbia dendroides) seine gelben Scheindolden in der Sonne aus. Nur wenige Pflanzen stehen schon im Flor, daher die weißen Blütenstände an dem lorbeerartigen Laurustin (Viburnum tinus) (S. 481) das Auge erfreuen, während das Geisblatt (Lonicera implexa) (S. 283) noch geschlossene Knospen zeigt. Nur vereinzelt begegnet man an diesem Ort dem gegen kalte Winde sehr empfindlichen Johannis- brotbaum, während die immergrünen Eichen, zu wunder- 0% 50 bar kräftigen Stämmen entwickelt, am Strande stehen. Mächtig streben sie von dort hinauf zu der herrlichen Straße, die von Portofino nach Santa Margherita führt. Hier beschatten auch mächtige Kiefern den Weg. Man wird große Strecken dieses Landes selbst im Winter durchstreifen können, ohne einen kahlen Baum zu erblicken, der die Harmonie des Bildes stört. Und überall klammert sich Efeu an die Felsen, klettern die pfeilblättrige italienische Stechwinde (Smilax aspera) (S. 441) und die schlanke feinnadlige Spargelart (As- paragus acutifolius) (S. 79) an anderen Gewächsen empor. — Auf allen Wanderungen am Montefino drängen sich dem Auge auch die dichten Blattbüschel eines hohen Grases, des Ampelodesmos tenax” auf, das wir von der anderen Seite dieses Vorgebirges her schon kennen. Wir sahen die Bewohner von San Fruttuoso aus diesem Grase ihre festen Taue verfertigen. Als Flechtwerk schmücken diese Grasblätter hier auch das Haar der Frauen, die schwerlich ahnen, daß sie eine botanische Merkwürdigkeit auf dem Kopfe tragen. Denn ungeachtet ihrer Verbreitung auf diesem Berg- rücken ist diese Grasart im Schwinden begriffen und nur noch an ganz wenigen, besonders weit ins Meer hineinragenden Standorten der ostitalienischen Küste zu finden. Da auch Plinius diese Pflanze schon erwähnt, so behandeln sie auch die Verfasser des „Saggio storico del Comune di Portofino“ mit besonderem Wohlgefallen und betonen es, daß sich schon die Naturforscher des römischen Altertums und seitdem so viele „insigni botanici“ mit ihr befaßt hätten. Zugleich versichern sie erfüllt zu sein „dall’ amore della scienza“, und sind stolz auf alle Schätze ihres Landes, denn „sacro &@ amore di patria!“ 309 An allen Wegrändern blühlt in fast endloser Menge hier das Arisarum vulgare* (S. 73), das auch die Aufmerksamkeit des Laien auf sich lenkt. Am Abend, wenn die Sonne im Verschwinden ist, und zarte Wölkchen den westlichen Himmei jen- seits des Montefino röten, eile ich nochmals hinaus auf den wagerechten Weg, der vom Hotel aus öst- lich in einen Olivenhain führt. Ich halte dort an, wo das Kastell von Paraggi, auf seinem Felsen ins Meer vorgeschoben, im Mittelpunkt des Bildes steht. Erst wenn die letzten Abendlichter am Gipfel der Berge erlöschen, wandere ich langsam heim. Das Laub des Olivenhains nimmt um diese Stunde eine besonders zarte Färbung an, einen einschmeichelnden, poetischen Ton, der in der Ferne ganz in Silbergrau sich auflöst. Es ist mir dann, als ob ich mich in einer Landschaft des Corot bewegte. Hier an der Levante, wo ich mich täglich unter mediterranen Gewächsen bewege, belebt sich in mir auch der Wunsch, der Geschichte dieser Flora wieder nachzuforschen. Welche Ursachen haben es bedingt, daß die hiesige Pflanzenwelt diese Zusammensetzung und diese eigenartige (restaltung erlangte? Die geologischen Bedingungen für das bevorzugt warme Klima, dessen sich die Riviera erfreut, stellten sich in jener Periode unserer Erdentwicklung ein, die wir als das Tertiär bezeichnen. Im mittleren Abschnitt dieses Zeitraumes, in dem Miocän, wölbten sich an unserem schrumpfenden Erdball die Alpen vor, die später als verwitterte Ruine eine der romantischen Hauptzierden unseres Kontinents werden sollten. Sie traten erst in ihren östlichen, dann nach und nach 510 auch in ihren westlichen Teilen auf. Die geologischen Vorgänge dieser Periode entschieden im wesentlichen über die jetzige Verteilung von Land und Wasser nicht nur in Europa, sondern auf unserem gesamten Erdball. Im jüngeren Miocän hatte sich bereits an der entgegen- gesetzten Erdseite die Riesenfalte der Anden gebildet, und damit war dort die Vereinigung der beiden lange Zeit getrennten, amerikanischen Kontinente vollzogen. Dem Aufbau der Alpen folgte andererseits in unserem Erdteil bald der des Kaukasus und in Asien der des Himalaya. Quer zur Erdachse verlaufende Gebirge, somit solche, wie es die Alpen sind, mußten besonders wirksam die Entstehung verschiedener Klimate begünstigen, da sie eine Scheidewand zwischen kälteren und wärmeren Breitegraden zogen. In den ältesten geologischen Formationen und auch noch in der Trias herrschte auf unserem Erdball das ganze Jahr hindurch ein gleich- mäßiges Klima. In der als Jura bezeichneten Periode beginnen aber die Nadelhölzer, welche die höheren Breitengrade auf unserer nördlichen Halbkugel be- wohnten und jetzt versteinert in den aus jener Zeit stammenden Erdschichten begraben liegen, Jahresringe in ihren Stämmen auszubilden. Die Jahresringe, wie sie heute fast allen Holzgewächsen unserer Breiten zu- kommen, sind durch den Wechsel der Jahreszeiten veran- laßt; sie stellen sich als Folge einer Periodizität ein, die der Vegetation durch solchen Wechsel aufgedrungen wird. Im Frühjahr, bei der Bildung neuer Triebe, legt der Stamm ein Holz mit weitlumigeren Leitungsbahnen an, um den Wasserbedarf des sich entfaltenden Laubes zu decken. Ist diesem Bedürfnis genügt, so erzeugt der Stamm immer englumiger werdendes Holz, um schließ- Sr lich diese Tätigkeit im Spätsommer ganz einzustellen. Das weitlumigere Frühholz des folgenden Jahres setzt dann an dieses englumige Spätholz des vorhergehenden ‚unvermittelt an und markiert dadurch die schon dem bloßen Auge sichtbare Jahresgrenze. In den heißen Himmelsstrichen können andere periodische FErschei- nungen, wie etwa regelmäßig wiederkehrende Zeiten der Trockenheit, Jahresringbildung veranlassen; doch für unsere Breiten kommen diese Faktoren im großen und ganzen nicht in Betracht. Grerade aber für unsere Breiten konnte W. (rothan die Jahresringbildung schon in Koniferenstämmen aus dem Jura nachweisen. Die Jahresringe dieser Bäume waren zunächst nur wenig ausgeprägt, woraus man schließen muß, daß regel- mäßige lemperaturerniedrigungen im Winter ihre hemmende Wirkung auf die Vegetation zwar bereits ausübten, es aber nur in beschränktem Maße taten. Unbedeutend muß damals noch diese winterliche Temperaturerniedrigung gewesen sein, da sie das Fort- bestehen von solchen (Grewächsen in unseren Breiten zuließ, deren Vertreter jetzt tropische Zonen bewohnen (Anm. 32). In noch älteren Perioden unserer Erdent- wicklung, in der Zeit, die wir als das Karbon bezeichnen, und die uns jene mächtigen Steinkohlenlager, die wir heute abbauen, lieferte, waren hingegen klimatische Gegensätze auf unserem Planeten noch nicht vorhanden. Tropische Witterungsverhältnisse herrschten von Pol zu Pol, so daß den mit Dickenwachstum begabten Stämmen aus jener Zeit noch jede Spur von Jahresring- bildung fehlt. Im Karbon haben die Farne den Höhe- punkt ihrer Ausbildung erreicht und auch überschritten. Baumfarne bildeten damals ausgedehnte Wälder, die 512 sicherlich eben so üppig und dicht wie unsere jetzigen Tropenwälder waren. Farne stellten auch als Kräuter das Unterholz dieser Wälder dar und hatten sogar schlingende Vertreter aufzuweisen, die lianenartig an den Stämmen dem Lichte entgegen strebten. Kriechende Stämme bärlappartiger Gewächse durch- zogen die Sümpfe und sandten aus diesen Sprosse von baumartigem Wuchs empor. Das waren die gabelig verästelten Lepidodendren, deren Stämme mit rhombischen, weiter wachsenden Blattnarben gepanzert waren, die schmale Blätter an den letzten Auszweigungen tragen und gewiß ein abenteuerliches, wenn auch keines- falls schönes (repräge dem damaligen Pflanzenbilde er- teilt haben. Am Rande der Sümpfe hielten sich riesige Equiseten, die Calamarien, auf. Sie hatten ganz das Aussehen unserer jetzigen Schachtelhalme, erreichten aber unverhältnismäßig bedeutendere Höhe und Dicke und bildeten ein mächtiges Röhricht. Alle diese Gre- wächse gehörten dem Verwandtschaftskreise der Farne an. Doch die fortschreitende Entwicklung des Pflanzen- reiches war auch schon in der Karbonzeit zu nächst höheren Gestaltungen gelangt. Selbst die untersten Schichten des Karbons enthalten bereits Grewächse, die in ihren Fortpflanzungsorganen einen Übergang von den Farnen zu den Samenpflanzen darstellen; die obersten Schichten dieser Periode können sich sogar rühmen, nicht nur Cycadeen zu besitzen von der Pracht der „Sagopalmen“, die wir in unseren (rewächs- häusern ziehen, sondern auch echte Nadelhölzer. Mit Palmen, denen sie einigermaßen ähneln, haben die Cycadeen nichts gemein, sie gehören vielmehr, wie die Koniferen, zu den nacktsamigen Grewächsen oder 13 (Grymnospermen, deren Herrschaft auf unserem Erdball der Karbonzeit folgte. Die Karbonflora, die sich über das damalige Festland erstreckte, war nicht mehr völlig übereinstimmend auf den beiden Halbkugeln, ja, sie begann sogar im Bereich derselben Halbkugel schon bestimmte Unterschiede aufzuweisen. Das hat sich aus dem eingehenden Studium der vegetabilischen Überreste ergeben, die verschiedenen Kohlenrevieren entstammen. Aus den ungeheuren Mengen von orga- nischer Substanz, welche die Grewächse des Karbons erzeugten, und die das Material für die Steinkohlen- lager lieferte, schließt man auf einen größeren Gehalt an Kohlensäure in der damaligen Atmosphäre. Denn aus ihr mußten die grünen Pflanzen allein den Kohlen- stoff sich angeeignet haben, der heute in den Kohlen- lagern begraben liegt. Man neigt jetzt zu der An- nahme, daß es enorme Waldmoore waren, die diesen Lagern den Ursprung gaben. — Ganz wesentlich nahmen in den beiden folgenden geologischen Zeit- abschnitten, dem Perm und der Trias, die Samen- pflanzen zu. Die baumartigen Bärlappe und Schachtel- halme verschwanden bald. Sie mußten anderen Ge- wächsen den Platz räumen, ob nun aus dem Grunde, daß ihr Typus sich überlebt hatte, oder weil die neu entstandenen Iypen besser ausgestattet waren. — In der nächsten Erdperiode, dem Jura, bildeten sich bereits Samenpflanzen, welche die Formen der jetzt lebenden tannenartigen Nadelhölzer anbahnten. Doch handelte es sich immer noch um „nacktsamige“ (gewächse, also solche, die ihre Samenanlagen unverhüllt entwickeln und daher als Gymnospermen zusammengefaßt werden. Die Angiospermen oder bedecktsamigen Pflanzen, deren E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 33 514 Samenanlagen in besondere Behälter, die Fruchtknoten, eingeschlossen sind, traten erst nach Abschluß des Jura, in der Kreidezeit, auf. Sie erst waren bestimmt, den Zauber bunter Blumenpracht über unsere Erde auszubreiten. Zunächst waren übrigens auch sie noch ohne auffällige Blütenbildung. Sie erinnerten in ihrem Verhalten an unsere Buchen und Birken. Für diese unscheinbar blühenden, angiospermen Gewächse blieb, wie bei den Grymnospermen, der Wind noch der Bestäubungsvermittler. Er trug den trocknen, in un- geheuren Mengen erzeugten Blütenstaub, wenn der Zufall es fügte, an seinen Bestimmungsort. Dann griffen aber die Insekten, deren Auftreten in die gleiche geologische Zeit fällt, als Vermittler in die Bestäubungs- vorgänge ein. Sie taten das unbewußt, von Blüte zu Blüte fliegend, um dort ihre Nahrung in Form von Nektar oder von Blütenstaub zu sammeln. Blütenstaub, der an ihrem Körper haften blieb, veranlaßte dabei die Bestäubung. Diesem Eingreifen der Insekten ist die Züchtung all der Pracht unserer Blumenwelt zu danken. Sie wirkten als Züchter, weil sie Blüten be- vorzugten, die durch Größe, Färbung oder Saft eine besondere Anziehung auf sie ausübten. Die Fort- pflanzung so ausgezeichneter Arten war dadurch be- günstigt. — Die Neuzeit für unsere Pflanzenwelt hat um die Mitte der Kreidezeit begonnen. Jahresringbil- dung läßt sich zur Kreidezeit in Baumstämmen wesent- lich südlicherer Breiten als im Jura nachweisen, woraus man schließen muß, daß die Abkühlung unseres Erd- balles an den Polen zugenommen hatte. Doch vermögen sich immer noch, selbst in den Floren unserer (regen- den, Grewächse von tropischem Typus zu halten. Sogar Dre, in den älteren Zeiten der Tertiärperiode, dem Eocän und Oligocän, gab es bei uns noch Palmen, die das Aussehen der Landschaft ganz wesentlich beeinflußten, außerdem Drachenbäume und Lorbeergewächse, während Sumpfzypressen und Magnolien sogar bis nach Grön- land hinaufreichten. Freilich fehlte es um die gleiche Zeit in den höheren Breiten auch nicht mehr ganz an Pflanzen, die für kühlere (Grebiete bezeichnend sind. Es haben sich dort Kiefern und Tannen, Weiden und Pappeln, Erlen und Birken, Kastanien, Buchen und Eichen, Ahornarten und der Weinstock bereits ein- gestellt. Spitzbergen muß damals ein Klima besessen haben, wie es jetzt etwa dem mittleren Deutschland zukommt. Die Jahresringe der Bäume waren in un- seren Breiten schon so ausgeprägt wie in der Gegen- wart. Hierauf griff im Miocän die (Gebirgsbildung in die Zustände ein und beeinflußte nun mächtig die klimatischen Verhältnisse unserer Erde. Die von den Meeren her wehenden Winde mußten an den Gebirgs- hängen eine Abkühlung erfahren, und das Wasser, das sie in Dampfform mit sich führten, mußte sich dort zu Regen verdichten. Jenseits der Grebirgssketten stellten sich dagegen trocknere Landstriche ein, deren Wasserarmut bis zur Bildung von Steppen und Wüsten sich steigern konnte. Zugleich nahm der Gegensatz der maritimen und kontinentalen Klimate zu und schuf eine Mannig- faltigkeit der Bedingungen, die anregend und fördernd auf die Weiterentwicklung und die Veränderung der vorhandenen Pflanzentypen wirken mußte. Die fort- schreitende Abkühlung der Erde an den Polen zwang den dortigen Gewächsen eine Wanderung in niedrigere Breiten auf, wo sie die Wohnstätten solcher Arten be- 33: 516 siedelten, die das Bedürfnis nach mehr Wärme ver- anlaßt hatte, sich ihrerseits in der Richtung zum Äquator hin zu bewegen. Nicht allen Gewächsen gelang es, die mit solcher Wanderung verbundenen Änderungen ihrer bisherigen Lebensbedingungen zu überstehen; viele gingen dabei zugrunde und schwanden aus der damaligen Flora. Im besonderen war das der Fall für ältere Pflanzentypen, welche die Fähigkeit, sich neuen Bedingungen anzupassen, mehr oder weniger eingebüßt hatten. Sie waren nicht mehr plastisch genug, um in neue Gestaltungen sich wandeln zu können. Sofern sie sich aber in der neuen Umgebung zu behaupten vermochten, geschah das mit Beibehaltung ihres alten Typus. Das war im besonderen der Fall bei der schon zu jener Zeit altehrwürdigen Abteilung der Nadelhölzer, von welchen manche Vertreter, so die Sumpfzypressen (Taxodien) und die Mammutbäume (Sequoien), sich auch in der Folgezeit, ja bis auf die Gregenwart, unverändert er- hielten. Anders die noch jungen Typen der Pflanzen- welt, deren Ursprung geologisch nicht so weit zurück- lag; ihnen gelang es vielfach, sich selbst den ex- tremsten Standorten anzupassen. Langsam erklommen solche Gewächse sogar das Gebirge. Wo dieses sich ihrer Wanderung quer entgegenstellte, da stauten sie sich an seinem Fuße. Anders wenn das Gebirge sich in der Richtung ihrer Bahn erstreckte. Da boten seine Abhänge besonders anpassungsfähigen Arten Wege dar, auf denen sie sich dem Äquator nähern, ja, diesen sogar überschreiten konnten. Das war in Amerika der Fall, wo entlang den Anden zahlreiche Arten aus dem nördlichen Kontinent in den südlichen gelangten und dort den Ausgangspunkt für die Ent- 517 stehung neuer, oft sehr eigenartiger Pflanzenformen abgaben. Gegen das Ende des Tertiärs, im Pliocän, müssen in Europa ähnliche klimatische Verhältnisse wie zur Jetztzeit geherrscht haben. Mit dem Quartär setzte die geologische Periode, die noch dauert, ein. Wohl gemerkt, der Übergang vom Tertiär zum Quartär vollzog sich unmerklich, so wie es auch bei allen früheren geologischen Perioden der Fall gewesen war, welche die Wissenschaft sich veranlaßt sieht auf Grund bestimmter Merkmale der einander aufgelagerten Erd- schichten zu unterscheiden. Die Zeiten sind vorüber, in denen es zulässig schien, sich vorzustellen, daß die geologischen Perioden die Folge plötzlicher Umwälzung auf unserem Erdball seien. Wir wissen heute, daß die Entwicklung der Oberfläche unserer Erde sich im Laufe der geologischen Zeiträume allmählich voll- zog, und daß Katastrophen nur örtliche Bedeutung für sie hatten, so etwa wie starke Erdbeben oder die Ausbrüche von Vulkanen in unserer Zeit. Damit war aber der Boden für die wissenschaftliche Erkenntnis geebnet, daß auch die Entwicklung der lebenden Wesen auf unserer Erde sich in dauerndem Zusammen- hang vollzog. Wir wissen zudem, daß sie nach menschlichen Begriffen fast unendliche Zeit bean- spruchte. Die alte Vorstellung von der wiederholten plötzlichen Zerstörung alles Lebens auf unserer Erde und der unvermittelten Entstehung neuer Wesen ist heute nicht mehr haltbar. Auch die besonders starken klimatischen Änderungen, die das Quartär unserer Erde brachte, haben zwar verhältnismäßig ausgedehnte Wirkung auf ihre Bewohner ausgeübt, doch ohne den Zusammenhang in ihrer Entwicklung zu gefährden. 518 Es hält noch immer schwer, die Ursachen aufzuklären, welche die klimatischen Verhältnisse des Quartärs so auffällig beeinflußten. Man neigt heute vornehmlich dazu, sie entweder mit periodischen Änderungen in der Exzentrizität der Erdbahn oder mit Schwankungen in der Temperatur der Sonne, wie sie, wenn auch in weit bescheidenerem Maße, auch jetzt noch beobachtet werden, in Verbindung zu bringen. Man weiß jetzt, daß den „Eiszeiten“ auf unserer nördlichen Halbkugel auch solche an der südlichen gleichzeitig entsprachen, so daß sie durch Ursachen veranlaßt sein mußten, die den ganzen Erdball umfaßten. — Bei jeder starken Vergrößerung der Eiskappe an unserem Pol setzte eine Eiszeit in unserer gemäßigten Zone ein. Es drangen dann die nördlichen Gletscher bis in unsere Breiten vor. Das mußte ein jedesmaliges Zurück- weichen der diese Breiten bewohnenden Gewächse in südlicher Richtung bedingen. Dabei stießen diese (Grewächse auf den Querriegel der Alpen und der an- deren ostwestlich streichenden (Grebirge, deren Schnee- grenzen zur nämlichen Zeit sich entsprechend tiefer hinab- senkten. Obgleich Wind und Tiere vielen Pflanzen- arten bei ihrer Verbreitung beistehen, vermochten unter solchen Bedingungen doch nur wenige das Hindernis zu übersteigen, -die meisten gingen an der nördlichen Seite der Schranke durch Kälte zugrunde. Das gab einen großen Ausfall in den Floren unserer Breiten, bei welchem die (Grehölze, weil sie längere Entwicklungszeit beanspruchen, besonders zu leiden hatten. Nur in den Gebirgen der Balkanhalbinsel und der ihr angrenzenden Länder vermochten einige dieser Holzarten sich zu erhalten und finden dort jetzt noch 919 ihre natürlichen Wohnstätten, so die Roßkastanie und der Flieder, der Walnußbaum und die echte Kastanie, die Platane und der Weinstock. Den nördlichen Zugang zum Mittelmeer sperrten fast überall mächtige Gebirgsmassen, so daß die medi- terrane Flora nur wenig von den Eiszeiten beeinflußt werden konnte. Das ist die Ursache der Erscheinung, die beim Überschreiten der Alpen einem jeden, der mit offenem Auge die Natur betrachtet, auffällt, des durchgreifenden Unterschieds zwischen der dem Mittel- meer eisenen Vegetation und: der, die er-in nörd- licheren Breiten schaute. Die Pflanzen der Tertiärzeit sind es, die in ihrer Fortentwicklung den Charakter der mediterranen Vegetation bestimmt haben, und sie leben dort noch in zahlreichen Typen fort. Somit sind es die geologischen Einwirkungen der Vorzeit und die Einflüsse, die sie auf die Pflanzenwelt ausübten, die uns über die Zusammensetzung der jetzigen Floren unterrichten und die Möglichkeit eines wissenschaft- lichen Verständnisses ihrer Eigenart eröffnen. Im Quartär fand sich auch der Mensch an den Ufern des Mittelmeers ein. In den an der Meeres- küste bei Mentone und in Monaco aufgedeckten Höhlen kann man die Skelette jener Menschen sehen, welche diese Gegenden einst bewohnten, sowie die Werke ihrer Hand. Die Grotten von Mentone nächst der roten Felsen, der „Baousse Roussd“, wie das Volk sie nennt, schließen an das obere Pliocän des Tertiärs an? Die unterste Fundschicht in ihnen brachte einen Pferdeschädel zutage, der nahe Beziehungen zu dem Equus stenonis des Tertiärs verrät. Die ältesten der aufgefundenen menschlichen Skelette gehören einer X Ham. a 520 mittelgroßen, dolichocephalen, d. h. langköpfigen, ° überaus primitiven, negerähnlichen Rasse an. Diese Menschen fertigten bereits rohe Werkzeuge aus dem Stein an, den ihnen die benachbarten Sandstein- und Kalksteinfelsen lieferten, indem sie die Stücke einseitig zuschärften. In einzelnen Fällen benutzten sie schon den Feuerstein für diese Zwecke, wußten ihn aber erst sehr unvollkommen zu bearbeiten. Mit Waffen von Stein hatten sie sich auch gegen die Mammuts (Elephas primigenius) und die Nashörner (Rhinoceros Merckii) zu verteidigen, die damals diese Küsten be- wohnten. In den Höhlen am Strande suchten sie auch Zuflucht gegen diese Tiere Augenscheinlich kühlte sich das Klima weiterhin ab, denn es fanden sich hier Tiere weniger heißer Zonen ein, so der Höhlenbär (Ursus spelaeus) und der Höhlenlöwe (Felis spelaea) nebst anderen großen Raubtieren. Funde in nächst höheren Erdschichten weisen dann Renntierknochen auf und die gleichzeitige Existenz von Auerochsen, einer Ziegenart, der Gremse, des Steinbocks, großer Hirsche, des Wildschweins, des Pferdes und auch des Fuchses. Die Höhlenbewohner hatten inzwischen ge- lernt, den Feuerstein besser zu bearbeiten und auch den Knochen für Werkzeuge und Waffen zu verwerten. Spuren von Feuerherden stellen sich in den Höhlen ein. Auch Eitelkeit hält dort ihren Einzug. Diese primitiven Menschen beginnen sich mit Gehängen aus Hirschzähnen, Fischwirbeln und durchbohrten Muscheln zu schmücken. — Auf die negroide Menschenrasse war übrigens inzwischen in den Grotten der Baousse Rousse, wohl zur Zeit der erfolgten Abkühlung, eine andere, mit länglichem, gut entwickeltem Schädel aus- 521 gestattete Rasse gefolgt, die sich durch sehr kräftigen Bau und bedeutende, fast zwei Meter erreichende Körperhöhe auszeichnete. Diese neuen Bewohner der Ponente waren die nächsten Verwandten jener Men- schen, die um die gleiche Zeit im südwestlichen Frank- reich das Renntier jagten. Sie gehörten jener Rasse an, die nach dem Namen der Höhle, in der man sie entdeckte, als Cros-Magnon-Rasse bekannt ist. Und auf diese Rasse folgte in den Höhlen von Mentone noch eine andere, deren Typus sich aber, wegen des schlechten Erhaltungszustandes der Skelette, nicht sicher bestimmen läßt. — Die in den Grotten von Monaco aufgefundenen menschlichen Überreste sind weit we- niger alten Ursprungs. Sie gehören der jüngeren Steinzeit an und weisen neben der noch fortbestehenden Cros-Magnon-Rasse eine neue rundköpfige, also brachy- cephale, wohl schon kaukasische Rasse auf, die hiermit ihren Einzug in diese Gegend hält. Manche Schädel halten zwischen den beiden Rassen die Mitte und lassen auf Kreuzungen zwischen ihnen schließen, aus denen man folgern kann, daß sich die Vertreter dieser beiden Rassen nicht immer befehdet haben. Die Bewohner der Riviera verstanden es bereits, ihre Steinwaffen zu polieren, und sie hatten auch schon die Kunst erfunden, Tongefäße, freilich noch sehr primitiver Art, herzustellen. — Schon in dieser neolithischen Zeit hatte der Mensch den Hund gezähmt und zu seinem Hausgenossen erkoren. Es beruht somit die Sympathie, die der Mensch dem Hunde ent- gegenbringt, auf einem uralten Verhältnis. Bei seinen so unvollkommenen Waffen war der Mensch, um sich gegen die Raubtiere zu schützen und Jagdbeute zu 522 erlangen, mehr auf seine List als auf seine Kraft an- gewiesen. Der Hund stand ihm als Kampfgenosse zur Seite und bewachte sein Heim, er war auch zu jener Zeit bereits in mehreren Rassen vertreten. Die eine dieser Rassen muß unserem jetzigen Hirtenhunde annähernd geglichen haben. Doch das ist lange her! Auf Grund wissenschaft- lich begründeter Annahmen dieser letzten neolithischen Zeit allein schon an zwanzigtausend Jahre! — Das charakteristische Merkmal des mediterranen Klimas wird durch die anhaltende Dürre des Sommers bedingt. Zudem sind Fröste im Winter nicht aus- geschlossen, die, wenn auch nur ganz selten, 8°C er- reichen können. Die mediterrane Flora ist diesen Be- dingungen angepaßt. Diese müssen auch von den eingeführten Nutz- und Zierpflanzen ertragen werden, sollen sie hier dauernd gedeihen. Echte Tropen- pflanzen vermögen das nur ausnahmsweise, sie sind weder der sommerlichen Dürre noch der winterlichen Kälte gewachsen. In den Tropen pflegt zudem die regenreichste Jahreszeit gleichzeitig die wärmste zu sein. Doch den Gebirgen tropischer Länder hat die Riviera manche wertvolle Pflanze zu verdanken, so dem Himalaya, dem Süden von China, den hohen Re- gionen von Java, den Bergen von Abessinien, Mexiko und den Anden. Im übrigen sind es Gewächse der warmtemperierten Zone, welche die Gärten der Riviera beherrschen, im besonderen solcher Länder, die auch sonst ähnliche klimatische Bedingungen, wie sie hier gegeben sind, aufweisen. Das sind, abgesehen von den aus den südlicheren Mittelmeerländern eingeführten Pflanzen solche, die dem Süden, Westen und Süd- 323 westen von Australien, die. Neuseeland, dem Kap der guten Hoffnung, den mittleren Teilen von Chile, der argen- tinischen Region, dem Norden von Mexiko und Kalifor- nien entstammen. Auch China und Japan haben manche Gewächse hierher geliefert, denen es aber öfters an der nötigen Feuchtigkeit fehlt; die kanarischen Pflanzen leiden häufiger unter der Kälte (Anm. 34). Durch aus- nahmsweise tiefe Temperaturen wird, glücklicherweise nur ganz selten, eine wahre Verheerung in den Gärten der Riviera angerichtet, und es existieren freilich schon weit zurückliegende Berichte auch über Fälle, in wel- chen die Agrumi und Ölbäume bis auf den Grund erfroren sind. V. Von der Kirche San Martino führt ein gepflasterter Weg hinauf zum Monte di Portofino, den man kurzweg Montefino nennt. Menschliche Füße haben im Laufe der Zeiten die Steine so glatt geschliffen, daß man schon beim Aufstieg eine mühsame Abwärtswanderung ahnt. Zunächst geht es durch Olivenhaine, mit wechselndem Ausblick auf Land und Meer, dann wird der mit dichtem Unterholz erfüllte Wald erreicht. Strandkiefern bilden ihn, mit schirmförmig emporstrebenden Kronen, mit Zapfen verschiedenen Alters an ihren Zweigen dicht besetzt. Der Wald senkt sich gegen Osten abwärts in eine Schlucht, steigt wieder aufwärts am entgegen- gesetzten Abhang, um den nächsten Bergrücken zu erreichen. Dort an der Bergkante zeichnet sich jeder einzelne Baum scharf gegen den blauen Himmel ab. Die gedrungenen Kronen auf den schlanken Stämmen erscheinen wie tiefgrüne Knöpfe an hellbraunen Nadeln. Es ist, als hätte sich der Berg zum Schmucke ein Diadem aus Bäumen aufgesetzt. Weglose Wanderungen in dem Walde mußte ich bald aufgeben, weil sie über- mäßige Anstrengung verlangten. Denn das Harz der den Boden deckenden Nadeln hatte alsbald die Sohlen meines Schuhwerkes so poliert, daß ich mich auf ihnen nicht mehr sicher fühlte. Doch ließ ich mich öfters gegen Abend am Rande dieses Waldes nieder, an dem steinigen Wege, an Stellen, die freien Ausblick über die Küste und das Meer gewährten und von denen mein Auge auch auf den hell beleuchteten Kieferkronen ruhen konnte, die sich an dem nahen Abhange aneinander drängten. Uber Sestri l.evante glänzte blendend weiß der Schnee der apuanischen Alpen. Denn wer diesen hohen Standort erreicht, dem hat jenseits des Apennin auch diese ferne Grebirgskette in ihrer vollen Pracht sich enthüllt. Derselbe gepflasterte Weg, der mich bis zum Kiefernwald geleitet hatte, führt weiter aufwärts zum (ripfel des Montefino. Nach etwa einer Stunde ist die Felsengruppe der Pietre Strette erreicht, die unter Efeu halb verschwindet. Von hier geht es auf glattem, steinigem Pfade steil nach San Fruttuoso hinab. Der geheimnisvolle Ort bleibt aber dem Auge verborgen. Man befindet sich 432 m über dem Meeresspiegel und kann nun eine Zeitlang weiter auf fast wagerechtem Wege wandern, ohne die runden, lästigen Steine unter den Füßen zu fühlen. Man blickt gegen Norden in den blauen Apennin hinein und freut sich, am Boden, unter noch kahlen Bäumen, die ersten Frühlingsblumen zu be- grüßen. Da stehen neben dem hellblauen Leberblümchen (Anemone hepatica), das auch unsre nordischen Wälder 925 ziert, die hellgelbe Primel (Primula acaulis), die auf kurzen Stielen ihre großen Blüten trägt, der zartviolette Safran (Crocus vernus), dessen Blüten schlanken Bechergläsern gleichen und die rote Heide (Erica carnea) mit ihren pur- purnen Glöckchen. Immergrüne Stechpalme (Ilex aqui- folium) tritt stellenweise als Unterholz auf, auch Mäuse- dorn (Ruscus aculeatus), dessen blattartigen, spitz enden- den Sprossen vereinzelt eine große scharlachrote Beere aufsitzt. Sonst ist noch alles unbelaubt am Abhang. — Nun senkt sich der Weg ein wenig zu dem Berg- grat hinab, der die Aussicht über die Golfe zu den beiden Seiten des Montefino beherrscht. Auf diesem Grat ist jetzt ein großes, weit sichtbares Grebäude er- richtet worden, das grellfarbige Fahnen aller Völker flankieren, und das sich als „Portofino-Kulm“ bezeichnet. Es liegt, wie mein Aneroid mich lehrt, etwa 400 m über dem Meer, also annähernd 200 m unter dem Gipfel des Montefino, zu dem man von hier aus steil emporschaut. Der erst vor kurzem vollendete Bau auf dem Grat ist als Kasino eingerichtet und mit Speisesälen, Konzertraum und Lesezimmern ausgestattet worden. Ihnen schließen sich Chalets mit Kinemato- graphen und Phonographen und ein Aussichtsturm an. Starke Fernrohre sind zur Benutzung aufgestellt. Weiter folgt das kleine Hotel „Hermitage“, das somit auch längeren Aufenthalt hier ermöglicht. Automobile nehmen in Genua, auch an der Eisenbahnstation von Recco und in Santa Margherita die Besucher in Empfang und führen sie mühelos ihrem Ziele zu. Die Aussicht, die man von hier oben genießt, ist über alle Maßen großartig. Sie erstreckt sich zu beiden Seiten des Montefino über die gesamte Küste und reicht bei 520 klarem Wetter so weit, als die geographische Ge- staltung des Landes es gestattet. Im Westen wie im Osten rahmen schneebedeckte Gipfel das Bild ein und steigern seinen Eindruck bis zum Erhabenen. Der umgebende Grat bleibt freilich kahl bis tief in den Frühling hinein, denn er ist bewachsen mit laubwerfen- den Gewächsen, unter denen unsere nordischen Eichen und Weißbuchen vorherrschen. Anpflanzungen immer- grüner Grewächse haben in der Umgebung der Ge- bäude begonnen; ob sie an dieser exponierten Stelle erfolgreich sein werden, muß die Zukunft lehren. Ich kehre auf der nämlichen Straße um und lasse mich wieder am Rande des Waldes nieder, dort wo der Blick bis zu den apuanischen Alpen reicht. Die Sonne hat sich inzwischen hinter den Montefino gesenkt, und tiefe Schatten füllen die nahe Schlucht. Die breiten Kiefernkronen am Abhang beginnen im Abend- licht goldig zu schimmern, und der Schnee der apua- nischen Alpen tönt sich mit zartem Rot. Veilchen- blaue Farben mit Purpur gemischt legen sich über den Apennin, und in allen Höhen entzünden sich die Häuser in brennender Lohe. Allmählich erblassen Santa Margherita, Rapallo, dann Zoagli, während über Chia- vari und Sestri Levante glänzendes Orangerot sich ergießt. Ich suche mit den Augen alle diese Fernen gleich- zeitig zu umfassen! Allmählich wird es unten dunkel, und nur der Schnee der Alpen glüht noch in feurigem Rot. Weithin zerstreut über das unendliche Meer leuchten im letzten Sonnenstrahl die Segel der Schiffe. — Da kommt mir zum Bewußtsein, daß es den Rückweg zu beschleunigen gilt, auf dem steinigen, glatten Wege! 927 el: Der Frühling zog endlich mit vollem Glanze in Portofino ein. Durch die Spalten der geschlossenen Fensterläden dringen schon am frühesten Morgen die vom Meere reflektierten Sonnenstrahlen in das Zimmer ein. Irrlichtern gleich huschen sie hin und her an den Wänden. Ich öffne weit das Fenster und bleibe zunächst von der Fülle des einströmendes Lichtes ganz geblendet. Endlos dehnt sich vor mir das blaue Meer aus. Wie durch Zauberkunst den Fluten entrissen, steigt die dunkle Penisola vor mir auf mit ihrem Dia- dem von Burgen. Über dem Abhang im Westen glänzt der spektralblaue Himmel. Aus den silber- farbigen Olivenhainen ragen Pfirsichbäume hervor in rosenrotem Blumenschmuck. Ich eile den Abhang hinab zum Meer. Die Veilchen an den Wegerändern sind im Schwinden begriffen; sie weichen den duftigen Tazetten (Narcissus tazetta), die ihre Blütendolden über den Rasen erheben. Sie führen ihren Namen nach dem italienischen Worte tazetta, nach der Ähnlichkeit, die ihnen ihre Nebenkrone mit kleinen Tassen gibt. Diesen Tazetten mit goldgelber Nebenkrone sind hier bereits solche mit kleinerer, rein weißer Nebenkrone vorausgegangen, die oft schon im Januar blühen, und die zu Narcissus papyraceus gehören. Die Baumheide* (S. ıgr) hat ihren Blütenschmuck jetzt auch angetan; sie ist ganz übersät mit weißen Glöckchen. Zu ihrem Duft gesellt sich das feine Parfüm der Buffbohnen- blüten im Schatten der Oliven. Nur leise schlägt das Meer an das felsige Ufer. Die Sonnenstrahlen be- ginnen schon kräftig zu wirken, doch von der großen 528 Wasserfläche weht eine kühle Brise dem Lande zu, die man mit tiefen Zügen einatmet. Es ist weder zu kalt noch zu warm, eine ideale Witterung, wie ein menschliches Wesen sie braucht, wie man sie bei uns im Norden, wo auf kalte Frühlingstage plötzlich die Sonnenglut folgt, nur selten zu erleben pflegt. Un- bewußt verbreitet sich ein Grefühl des Wohlseins durch unsern Körper, und wir freuen uns, ein solches Früh- jahr nochmals erlebt zu haben. Lang vergessene Strophen alter Lieder erwachen in unserer Brust und drängen sich empor zu den Lippen. Erinnerungen aus glücklichen Tagen steigen auf und trüben das Auge. Denn durch alle Erinnerungen zieht ein Zug der Wehmut: es ist vorbei! Der Mond, der Ostern bringt, schwoll täglich stärker an und erfüllte mit seinem magischen Glanze die nächtliche Landschaft. Er schüttete seine Silber- strahlen über die Olivenhaine aus, drang in die Tiefe aller Baumkronen ein, die er illuminierte, und das Laub schien bei dieser Liebkosung wie vor Wollust zu zittern, gleichsam in schwärmerischer Erregung. Und auch die Wogen des Meeres beluden ihre Kämme. mit Mondlicht und trugen es aus weiten Fernen der gesegneten Küste zu. Am Abend des Karfreitags stand der volle Mond am Himmel, feierlich, klar, erhaben. Er war jenseits Sestri Levante aufgegangen und folgte still seiner Bahn in der wolkenlosen Nacht. Heimlich drangen seine Strahlen in die dunklen Kronen der Bäume ein. Uber die spiegelglatte See goß er seinen Glanz in endloser Fülle aus, und vorn in der Bucht, an tiefer Stelle, unter steilen Felsen, schien er flüssiges Metall 329 in die Fluten zu versenken, als wollte er in den Ab- gründen des Meeres einen Schatz an Licht für trübe Tage bewahren. Die grell beleuchteten Fenster des Kastells San Giorgio zeichneten goldige Arabesken auf das gekräuselte Wasser des Hafens, und jenseits stieg schwarz, ganz unvermittelt, die Penisola empor aus den Wogen. Greisterhaft verklärt schimmerte der Apennin in der Ferne. Zahlreiche Ortschaften folgten seinem Fuße und warfen feurige Streifen ins Meer, bis weithin nach der Insel Palmaria. Dort wachte der Leuchtturm und sandte im Kreise lange, zitternde Strahlen hinaus über das Meer. Ein eigener Zauber lag in der Luft, sanft und ein- schmeichelnd, und erfüllte mit unbegrenzter Sehnsucht die Brust. Mit leisem Ruderschlag zog ein Boot vor- bei, von Mondlicht übergossen, und die melodischen Strophen eines italienischen Liebesliedes drangen bis an mein Ohr. Sie stiegen sehnsüchtig empor in die mondhelle Nacht, an den Felsen des Strandes schwach widerhallend. Sie weckten einen Vogel in dem nahen Haine, und auch er ließ seine Stimme erschallen. Dann verschwand das Boot im Schatten der Uferbäume, und auch der Vogel verstummte. Ein junges Paar trat an densstrand. Sie hielten sich an den Händen’ und blickten stumm in die unbekannte Ferne. Und es war, als strahle eine unsagbare Zärtlichkeit von ihnen aus und erfülle ringsum die Welt. Ich fühlte mich auch ergriffen von der verklärten Schönheit dieser Nacht, ließ mich auf einem Steine nieder, blickte selbst- vergessen in das weite Meer, sammelte Mondstrahlen in meinem Innern und wurde mir des Laufes der Zeit nicht bewußt. x] N ep. ee 2) E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera, 34 on oJ [®) V1l. An bestimmten Tagen ist der Garten der Villa Carnarvon gegen eine Lira Eintrittsgeld, das wohltätigen Zwecken dient, für die Besucher geöffnet. Das Ein- gangstor grenzt an das Kastell San Giorgio. Die Be- sitzung dehnt sich am Bergabhange aus über eine weite Strecke. Sie stellt im wesentlichen auch einen Naturpark dar; denn nur in der unmittelbaren Um- gebung des Wohnhauses erblickt man fremdartige Gewächse. Dort erheben kräftige Palmen ihre Blatt- kronen über die Umgebung; bunte Blumen fassen die Ränder der Wege ein. Dann gelangt man auf höher gelegene Terrassen. Mächtige Kiefern beherrschen den Abhang bis hinunter zum Meer. Durch ihren feinen Nadelschmuck sieht man in der Tiefe die blauen Wellen glitzern. Jeder Windstoß trägt ihr Tönen empor zu dem Wege. Bald so schwach und gedämpft, daß man ein Seufzen zu vernehmen meint aus ge- heimnisvollen Tiefen, bald mit solcher Gewalt, daß es wie ein wilder Aufruf zum Kampf erklingt. Iın Schatten der mächtigen Bäume, die mit ihren Ästen die Wege überdachen, mag Kaiser Friedrich II. oft geruht haben, als er den Herbst 1886 in dieser Besitzung verbrachte. Er ahnte wohl noch kaum sein baldiges Verhängnis. Ältere Bewohner von Portofino erzählen mit sichtlicher Teilnahme, daß sie beim An- blick des kräftig gestalteten, männlich schönen Prinzen schwerlich hätten ahnen können, daß ihm in so naher Zukunft ein qualvolles Ende bevorstehe. Als Zeichen der Sympathie, die hier für den hohen Dulder fortlebt, kann der Name gelten, den die wunderbare, Portofino wg (5) - mit Santa Margherita verbindende Straße erhielt, die Via Principe Federico Guglielmo. In den obersten Teilen des Carnarvonschen Parkes kommen die Sträucher der Macchia wieder zu ihrem Peehter An sonnigen Stellen‘ hat die Terebinte ihre Blütenstände bereits angelegt, hüllt sie aber noch in purpurrote Schuppen, die aus dem tiefgrünen Laube der Pflanze hervorschimmern. Ein Abhang in der Nähe hat sich über und über mit rosenfarbigen Pfirsichblüten geschmückt. Plötzlich füllt sich die Luft mit jenem zarten Parfüm, das auch die wohl- riechenden Platterbsen, die „Pois de senteur“, die „Sweet-Peas“ unserer (särten verbreiten. Ich brauche nicht lange nach dem Ursprung dieses süßen Duftes zu suchen; ein Lufthauch trägt ihn mir von einer nahen Terrasse, auf der Buffbohnen blühen, entgegen. Große stahlblaue Holzbienen (Xylocopa violacea), fliegen geschäftig von einer Pflanze zur andern, um den Nektar der Blüten aufzusaugen. Sie verfahren dabei wie Räuber, denn sie gelangen in den Besitz des Nektars durch gewaltsamen Einbruch. Die Pflanze hat den süßen Saft ganz tief im Grunde der Blüte ver- borgen. Als rechtmäßiger Lohn ist er solchen Insekten zugedacht, die ihn auf erlaubtem Wege zu gewinnen wissen. Das Insekt muß sich zu diesem Zwecke an der Vorderseite der Blüte niederlassen und seinen Rüssel in ihr Inneres versenken. Dabei wird sein Körper mit Blütenstaub bedeckt, den es bei dem Besuch einer anderen Blüte auf deren Narbe überträgt. Dann hat das Insekt unbewußt seine Aufgabe als Bestäubungs- vermittler erfüllte Für die Gabe an Nektar, die sie darbot, ist die Pflanze entsprechend belohnt. Wie 34* .— 932 aber benimmt sich die große violette Holzbiene an der Buffbohnenblüte? Sie umgeht den mühsamen Weg des rechtlichen Erwerbs, fliegt an das untere Ende der Blüte heran, durchbeißt dort mit den Öberkiefern die Blütenhüllen und saugt durch die Öffnung den Nektar aus. Soviel Blüten ich an dieser Stelle prüfte, alle hatten sie ein Loch an ihrem Grunde aufzuweisen. Wohlverstanden nur Blüten, die sich bereits entfaltet hatten. Denn das kluge Geschöpf weiß aus Erfahrung, daß die Ausscheidung des Nektars erst dann beginnt. So geschädigte Blüten würden ohne Fruchtansatz bleiben, wenn nicht der Buffbohne die Fähigkeit zu- käme, sich bei der Erschütterung selbst zu bestäuben. Es ist das eine Bestäubung mit Pollen der eigenen Blüte, ein Vorgang, der im allgemeinen vermieden wird, als Notbehelf immerhin die Fortpflanzung sichert. vi Des Nachts hatte starke Iramontana eingesetzt. Als ich des Morgens die Fenster öffnete, sah ich, wie der Wind die schaumbedeckten Meereswogen peitschte. In der Nähe des Hotels war die Luft aber ruhig, und man konnte sich dort in der lichten Sonne wärmen. So vermochte man recht die Bedeutung zu würdigen, die dem Windschutz an diesen Küsten zukommt, durfte sich also auch nicht wundern, daß oft nächstgelegene Orte ganz verschiedenen Pflanzenschmuck tragen. Die nämlichen Gewächse südlicherer Breiten, die an der einen Stelle gedeihen, leiden an der andern. Sie über- stehen den Winter gut, wenn ein Hügel sie gegen Norden deckt, sie gehen zugrunde, wo ein Taleinschnitt den nördlichen Luftstrom nicht abhält. Vor dem wohl- 33, geschützten Splendid-Hotel von Portofino war es den Orangenbäumen auch im letzten kalten Winter möglich, ihre Früchte auszureifen, während ihnen dies in der Schlucht nebenan schwerlich gelungen wäre. Die Tramontana fegt die Luft so rein, daß alle Fernen in die Nähe rücken. Ich zog daher zur Madon- netta, ohne mich durch die Erwägung abhalten zu lassen, daß es dort besonders stürmisch sein würde. Schon auf dem Hafenplatze von Portofino konnte ich nur noch mit Mühe weiter schreiten. Der sonst so belebte Platz war wie ausgestorben. Die Schiffer hatten ihre Boote ans Land gezogen, die Spitzenklöpplerinnen sich mit ihrer Ware nicht aus den Häusern gewagt. Dabei war der Wind empfindlich kühl, so daß man sich fest in seinen Mantel hüllen mußte. Zwischen den Gartenmauern der Penisola genoß man ziemlichen Schutz; weiterhin hatte man sich aber mit aller Macht gegen die Gewalt des andrängenden Luftstromes zu wehren. Doch jeder höhere Felsen bot erwünschte Deckung, und diese fand ich schließlich auch an der Spitze des Kaps an den Mauern der kleinen Kapelle der Madonnetta. Die Tramontana fiel über Santa Mar- gherita und Rapallo ins Meer ein, dessen Fluten in einiger Entfernung sich zu bäumen begannen. Der Wind breitete sich fächerförmig über die weite Wasser- fläche aus und warf mit drohender Gewalt die erregten Wogen in nordöstlicher Richtung gegen die Penisola. An der Westseite des Montefino schien hingegen auf große Strecken das Meer noch ruhig zu sein, ein deut- liches Bild des besonderen Schutzes, dessen sich die Umgebung von Nervi gegen den Nordwind erfreut. Dort hatten sich sogar Segelboote in die See hinausgewagt 334 und leuchteten aus der Ferne gleich riesigen weißen Möwen auf der tiefblauen Flut. Jedem Vorsprung, jeder Einsenkung des Landes konnte das Auge in der durchsichtigen Luft nach Osten folgen, jedes Haus der zahllosen Uferstädte unterscheiden. Scharf ragte als letzter vorgeschobener Posten, dort, bei Porto Venere, die Insel Palmaria als kleiner Kegel aus dem Meer hervor. Im Westen glänzten die weißen Gipfel des Apennins und der Seealpen, wie mit Bleistift umrissen auf dem hellblauen Horizont, und erst das Capo Berta bei Oneglia bot Halt dem schweifenden Blick, der so eine Küstenstrecke von zweihundert Kilometern um- faßte. In die fernsten Fernen ganz verloren, hatte ich das Kommen von Menschen nicht bemerkt, die sich in der Nähe der Kapelle zu schaffen machten. Der eine hielt ein offenes Schreiben in der Hand, aus dem er trotz aller störenden Eingriffe des Windes laut vor- las, die andern maßen die umgebenden Felsen aus und bezeichneten sie mit roter Farbe. Was wird hier ge- schehen? Ist ein Grebäude auch an dieser Stelle geplant? Soll auch dieser letzte freie Ausblick für den Wanderer verloren gehen? Auf alle diese Fragen erhielt ich den Bescheid, daß in der Tat die Errichtung eines Leuchtturmes auf dem Felsen beschlossen sei, und sein Bau demnächst beginnen werde. „Und was geschieht mit der Madon- netta“, rief ich aus, „wird sie beseitigt? Hat ihre Hilfe dem Schiffer versagt, der flehend im Sturme zu ihr hinaufblickte, oder haben die Seeleute das ‚Vertrauen zu der Madonna verloren?“ „Ich hörte“, antwortete der Mann mit dem Schriftstück, „daß man die Madon- netta in den Leuchtturm einsetzen werde, und dann ist ja allen geholfen durch die „Alleanza religioso- tecnica.“ Ich sann nach über diese Zeichen der Zeit, die sich selbst in Italien bemerkbar machen. Wohl war mir schon im Laufe der Jahre bei meinen Besuchen aufgefallen, daß die Blumenspenden an die Madonnetta abnehmen. Dagegen bekritzelten zahlreiche Menschen die Madonnetta mit ihren Namen, ohne selbst deren Gesicht zu schonen. Es waren das, soweit ich sie entziffern konnte, meist italienische Namen. Daher Lady Carnarvon ein Gitter anbringen ließ, um die Madonnetta vor weiterer Profanation zu schützen. Jetzt wird die kleine Kapelle entfernt und ein Teil des Felsens weggesprengt, auf dem sie steht. Ein hoher Leuchtturm soll an ihre Stelle treten. Werde ich die Madonnetta jemals wiedersehen? So nehme ich denn Abschied von ihr, und zum Dank für den Schutz, den die Mauern ihrer Kapelle gegen den tobenden Sturm mir gewährte, füge ich einen Strauß duftender Tazetten in die Maschen ihres (ritters ein. Einige Jahre später im Winter. Der Leuchtturm steht vollendet da und läßt zu nächtlicher Zeit seine Strahlen im Umkreis streifen über das Meer und die Küste. Die frühere Aussichts- stelle steht dem Wanderer offen. Sie liegt am Fuße des Leuchtturmes und ist auf bequemen Stufen zu er- reichen. ... Und die Madonnetta? ... Auch ihrer 5306 wurde gedacht und ein Erker, an der Grundmauer des Leuchtturmes, hat sie aufgenommen. Unter steinernem Thronhimmel steht sie da, im Anblick des Meeres. Man hat sie gesäubert und in solcher Höhe angebracht, daß unnütze Hände sie nicht mehr erreichen. Wohl aber könnten Blumenspenden auf dem Erker nieder- gelegt werden — doch sie bleiben aus. — „Wie kommt es“, fragte ich den Turmwächter, „daß Ihre Madonnetta ohne Blumenschmuck jetzt bleibt; hat man aufgehört, sie zu verehren?‘ — „Zwei Jahre dauerte der Bau“, wurde mir zur Antwort, „während dieser Zeit war die Madonnetta in Verwahrung, also nicht zu sehen, da hat man sie vergessen. Außerdem ist ja nunmehr der Leuchtturm da, um sie zu vertreten.“ — Er ist es also, zu dem der Seemann jetzt emporblickt, wenn ihn schlimmes Wetter des Nachts draußen an dieser gefahrvollen Küste überrascht. Denn das entfesselte Meer kämpft eben so mächtig wie zuvor gegen dieses trotzige Vorgebirge, unbekümmert um den Wandel der Zeiten. Auch am heutigen Abend ziehen Wellen auf Wellen in endlosen Scharen von Süden heran und bäumen sich am Felsen empor, bis zu gewaltiger Höhe. Sie stürzen dann abwärts in die Tiefe als schäumender Gischt und scheinen die ganze Flut in Milch zu verwandeln. Doch rasch werden blaue Stellen sichtbar auf dem weißen Grund, und bald schaukelt sich der Schaum nur noch in Arabesken auf dem klaren Wasser. Allein schon hat eine neue Welle den Felsen erreicht und zerschellt an ihm mit dumpfem Getöse Und wieder ist alles weiß in der Tiefe und klärt sich von neuem in endloser Wieder- holung des Spiels. 237. So sah ich das Meer hier schon vor Dezennien das Land stürmen, so war es einst in ewiger ent- legener Zeit, und so wird es weiter gehen, wenn ich das Bild nicht mehr schauen kann! Die dem Angriff trotzenden Klippen haben ihr Aussehen nicht ver- ändert, seitdem ich sie das erste Mal erblickte; der Unterschied fällt mir zum mindesten nicht auf. Denn was bedeuten Dezennien, was selbst Jahrhunderte bei der Neugestaltung unserer Welt! Winzig kommt der Mensch sich vor, wenn er sein kurzes Dasein ver- gleicht mit dem schier endlosen Wirken dieser elemen- taren Kräfte. Und eine tiefe Demut ergreift ihn in dem Bewußtsein des so begrenzten Maßes seiner Kräfte. Der Tag ging zur Neige. Das Antlitz der Sonne be- gann sich zu röten, und bald tauchte der feurige Ball mit seinem unteren Rande in die Fluten ein. Lange purpurne Strahlen streiften die Wellenkämme und schienen sie in ihrem Innern zu entzünden. Die Ort- schaften längs der Küste standen in ihrem Wieder- schein wie in Flammen, und über ihnen hüllte der Apennin sich in sein abendliches Festgewand. Immer tiefer sank die Sonne in das blaue Meer hinab, dann verschwand sie und damit war ein weiterer Lebenstag zu Ende. Nur die leuchtenden Gipfel der Berge und der goldne Saum der Wolken über dem westlichen Himmel zeugten noch von der Pracht des unter- gegangenen Gestirns. Dann legten sich tiefe Schatten über Land und Meer, und durch die geheimnisvolle Nacht begannen die Strahlen des Leuchtturmes ihre Runde. RILHT ESSEN Anmerkungen. Anm. ı, Seite 39. 0. Penzig hat eine Flore coloriee de poche du Littoral Mediterraneen herausgegeben, die 144 besonders verbreitete Pflanzenarten der Riviera in Ab- bildung bringt und deren Beschreibung hinzufügt. Wer es wünschen sollte, nach einer vollständigen Flora die Pflanzen dieser Gegend zu bestimmen, der ist auf die Flore analytique du departement des Alpes-Maritimes von Ardoino zu verweisen, Il. Aufl. 1879, aulscıe Flowering plants and ferns on the Riviera and neigh- bouring mountains, mit 82 Tafeln, von Cl. Bicknell, 1885, endlich auf die vielbändige, sehr ausführliche, zurzeit noch unvollendete Flore des Alpes Maritimes von Emile Burnat, die seit 1892 erscheint. Anm. 2, Seite 41. Auf halbem Wege erblickt man zur Rechten am Abhang das im Jahre ı900 vollendete Sanatorium für Nervenleidende und Herzkranke. Anm. 3, Seite 42. Oberhalb des Kreuzes auf dem Gras hielt in den letzten Jahren das Regiment der Chasseurs alpins, deren Kaserne sich am Cap Martin befindet, mehrere Male in der Woche seine Schießübungen ab. Dann galt es meist zu warten, bis der Durchgang gestattet wurde, Anm. 4, Seite 43. Jetzt würde zur Rückfahrt auch die Tram- bahn Monte-Carlo— Mentone zu benutzen sein. Anm. 5, Seite 54. Ein neues, mit erläuternden Bemerkungen versehenes Verzeichnis der Pflanzen des Gartens, das 339 gleichzeitig als Führer dienen soll, ist soeben erschienen- Es umfaßt gegen 6000 Arten und Varietäten. Der Besucher kann es am Eingang des Gartens erwerben. — Eine im Garten befindliche Handbibliothek ermöglicht dort die wissenschaftliche Arbeit an Ort und Stelle, die auch durch ein Herbar, ein kleines Museum und den nötigen optischen Apparat unterstützt wird. Anm. 6, Seite 54. Der jetzige Kurator des als Orto Botanico Hanbury bezeichneten Gartens, Herı Alwin Berger, hat mir auf alle meine den La Mortola-Garten und die Vegetationsverhältnisse der Riviera betreffenden Anfragen die freundlichste Auskunft in kundiger und kenntnis- reicher Weise erteilt, wofür ich ihm zu aufrichtigem Danke verpflichtet bin. Anm. 7, Seite 54. Nach dem im März 1907 erfolgten Tode von Sir Thomas Hanbury sorgt die Familie des Ver- storbenen in der pietätvollsten Weise dafür, daß das Lieblingswerk seines Lebens in seinem Sinne fortgesetzt werde. Anm. 8, Seite 60. Die früher bis zu 156 m angegebenen Höhen wurden in den letzten Jahren von Alfred ]. Ewart und von L. Jepson auf ı10o, bzw. 108 m redu- ziert. Bei Sequoia gigantea hat man bis über 137 m gemessen. es | Anm. 9, Seite 60. Dieser Baum hat jetzt die Höhe von 24,50 m erreicht, Anm. 10, Seite 75. Durch erfolgreiche Versuche von Hans Winkler und Erwin Baur, die mit dem Jahr 1907 beginnen. Anm. ı1ı, Seite 77. Bei Plinius XVII, 120 heißt es: Tiburtes tullios, doch teilt mir Fr. Marx mit, daß die Hand- schriften „tullias“ oder „thulias“ zeigen. Es könnte somit „iuxta Tullios Tiburtes“, etwa nach Fr. Marx heißen: in der Nähe der Statuen der Tulliae zu Tibur. 540 Anm. 12, Seite 97. a) Else Strantz, Zur Silphionfrage, 1909; b) S. 98, A. T. Vercoutre, Identification du Silphium, Revue generale de Botanique IQIO, p. 354. Anm. 13, Seite 117. Als stärksten Zuwachs beobachtete G. Kraus im botanischen Garten von Buitenzorg auf Java, 57 cm als Tagesleistung, 17,5 mm als stärksten stünd- lichen Zuwachs. “ Anm. 14, Seite 123. Dieses reiche Material hat Alwin Berger für seine Bearbeitung dieser Pflanzengruppe in A. Eng- lers „Pflanzenreich‘“ verwertet. Anm. ı5, Seite ı50. In der Academie des Inscriptions et Belles-Lettres.. Comptes Rendus 5. April 1912, S. 98. Anm. 16, Seite 228. Der Touring Club de France hat seit- . dem das ganze Esterel mit Wegweisern versehen, die jetzt die Orientierung sehr erleichtern. Anm. 17, Seite 232. Nach dem Florentiner Chronisten Gio- vanni Villani der Chronik Seite VI, Cap. 43 und einem Zitat in der Übertragung von Dante Alighieris göttlicher Komödie durch Philalethes, Anm. 45, S. 229 des III. Bandes, das Paradies. Anm. 18, Seite 249. Neuerdings ging dieses Hotel in andere Hände über; es ist vergrößert und modernen Ansprüchen besser angepaßt worden. Es heißt jetzt Reserve-Hötel. Anm. ı19,.Seite 256. Jetzt kann man die Grote ohne Schwierigkeit auf Stufen erreichen. Anm. 20, Seite 205. Diese Straße ist jetzt zur „Corsiche d’Or“ ausgebaut worden. Anm. 21, Seite 275. Seit Anfang ıgı2 erhält Cannes sein Trinkwasser durch einen 45 km langen Zementröhren- strang aus den in der Nähe von Grasse gelegenen (Juellen des Longe. Anm, .22, S..28ı1. - Das Buch von A. 8, Barmeszeerrer jetzt erschienen. Anm. 23, Seite 303. Aus dem Gewebe der Blütenschäfte der Agaven stellte ein alter Mann in Cannes verschiedene 541 durch ihre Leichtigkeit ausgezeichnete Gegenstände, be- sonders Federhalter her; nach seinem Tode erlosch das Unternehmen. Anm. 24, Seite 312. Der Garten des Kaphotels ist seitdem durch ein Gitter von der Straße abgegrenzt worden. Es mündet jetzt an dieser Stelle die Straßenbahn, die von Antibes aus nach dem Kap führt. Es ist eine Abzweigung der elektrischen Linien, die bereits die ganze Strecke Mentone— Cannes befahren, und die besonders in Nizza nach allen Richtungen Ausläufer entsenden. Anm. 25, Seite 313. Pittosporum Tobira kann zudem 7 bis SIEE Kälte, vertragen. Anm. 26, Seite 322. Es ist zu beachten, daß eine obrigkeit- liche Erlaubnis zum Schöpfen des Seewassers in Frank- reich erforderlich ist, weil das Kochsalz ein Staats- monopol bildet. Arms2 7 Seite 323. Eine leichte Bestimmung der an den französischen Küsten besonders häufigen Seealgen läßt sich vornehmen nach dem Atlas des Algues marines les plus repandues des cötes de France, par Paul Hariot, 1892. Anm. 28, Seite 343. In meiner Schilderung halte ich mich vormehmlich an die Untersuchungen des Grafen H. zu Solms-Laubach, Paul Mayer und an die letzte Ver- öffentlichung von B. Longo, Sul Ficus Carica in den Annali di Botanica von IgI1. Arm 29, Seite 355. So: war es im Öktober 1908 nach einer am zentralen Stamm der Gruppe angebrachten Aufschrift, die Dr. Alfred Errera die Freundlichkeit hatte, im Januar ı9ı2 für mich an Ort und Stelle abzuschreiben. Anm. 30, Seite 380. Diese Angaben verdanke ich Herrn Dr. Fritz Mader in Nizza, wohl einem der besten Kenner der Geschichte und der Natur der Ponente. 542 Anm. 31, Seite 507, ı5. Zeile. „Arbutus unedo” sa: Volk bezeichnet hier in ganz zutreffender Weise die walnußgroßen Früchte des Erdbeerbaumes, die im Winter als zinnoberrote Kugeln an ziemlich langen Stielen von den Zweigen herabhängen, als „Lampioni“. Ähneln sie ja in der Tat im Kleinen roten Illuminationslaternen. Anm. 32, Seite 511. Für eingehendere Studien in dieser Richtung möchte ich auf Paul Graebners Lehrbuch der allgemeinen Pflanzengeographie, 1910, verweisen, das mir für meine kurze Übersicht auch wesentliche Dienste leistete, Anm. 33, Seite 519 unten. R. Verneau, L’homme de la Barma- Grande, Baousse Rousse, II. Aufl., 1908, zudem die durch den Fürsten von Monaco veranlaßten Veröffent- lichungen. Anm. 34, Seite 523. Das auf die Erfahrungen gestützt, die Georges Poirault, als derzeitiger Direktor des Thuret- schen (Gartens bei Antibes, gesammelt und in dem I. Hefte seiner Bulletins d’Horticulture Mediterran&enne, Anfang 1912, veröffentlicht hat. Auch verdanke ich diesbezügliche wie viele andere auf den La Mortola- Garten sich beziehende Angaben und Erfahrungen dem Kurator dieses Gartens Alwin Berger. Inhaltsübersicht. Seite Vorwort zur I. Auflage VII Vorwort zur 11. Auflage VI Vorwort zur III. Auflage X Die Bilder | ai. Angabe der Seiten, auf denen sie erwähnt oder angebracht sind. Einleitung ZIR Ratschläge über ee a Zeit een XIX Über das Klima der Riviera xx Witterungsverhältnisse XX Windschutz ; XXI Weniger geschützte Orte xXx1ll Das Esterelgebirge XXIII Maurengebirge XXxIl Temperaturen XIV Sonnige Tage xXXIV Regen : IIENV Wechsel der den DNA Anmerkungen 538 Erste Reise. Seite Seite Die Witterung . Die Jagd 14 Bordighera . 2 Frühlingsblumen I5 Sonnenaufgang . 3 | Der Weinstock. . 18 Monte Nero 4 | Seine Verbreitung . 20 Sasso . 6 Sein Ursprung . 20 Olivenhaine . 8 Weine im Altertum 21 Olivenernte . 9 Der Weinbau 23 Das Olivenöl 10 Dattelpalmen in Boden 26 Seine Gewinnung . ı0 Ihre Behandlung 27 Ursprung und Verbreitung Ihr Ursprung 30 des Ölbaumes . 13 | Ihre Früchte zZ 544 Über andere Palmen und ihre Kultur Mentone . Das Gorbiotal Pflanzenreichtum Sainte-Agnes Judasbäume . - Weg nach dem Pont Saint. Louis ee Gärten an der Landstraße Die Brücke . Der Friedhof Die Felsenschlucht La Mortola-Garten - Die Pflanzenschätze d. Gartens Blütenfülle im Frühjahr . Akazien : iz Besonders ER Ge- wächse ; Duftende und dorne Gin- sterarten . Casuarineen . Eukalypten : Agrumi, Citrus-Arten Heimat der Agrumi Zitronen Pompelmus . Pomeranzen . Mandarinen . a 0, Verschiedene Citrus-Arten Mißbildungen Bizzarria . / Bastarde, ‚‚Chimären“ Angaben über Bastarde aus dem Altertum . . Allmähliche Klärung der An- schauungen . Rear (sranatapfelbaum (Punica gra- natum) 5 las Der Lorbeer in Kultus und Aberglauben Kampferbaum Kaneelbaum Andere Laurineen . Aguacatebirnen . Die ägyptische Persea Mumienkränze . ; Tropische Fruchtbäume . Guajaven . 3 Doryalis (Aberia) Be i Kakifrüchte . Ebenholz Anona-Arten Mangostana . Rosenäpfel Duriobaum ee Litchi . „ea er Sapoten Mangga-Baum Pfefferbaum Echter Pfeffer . Echter Pistazienbaum Japanische Lackpflanzen . Zizyphus lotus . Lotophagen . x Als Lotos bee Ge. wächse im Altertum . Zizyphus spina Christi Christi Dornenkrone . Nachtschatten - Gewächse, Solaneen Aubergine rl Tomate des Kannikälen ; Doldengewächse, Umbelli- feren.,. Ferula communis Diese Pflanze in der Sage . Stinkasant, Asa foetida Sylphion-Frage . Japanische Mispeln Andere Rosifloren Panamaholz . Johannisbrodbaum . Karat-Gewichte Gummibaum, australischer Bromeliaceen Bunte Irideen Teestrauch Kaffeebaum . Khatpflanze . Mate . Kolanüsse DE 2,0% Rhododendren und Azaleen Kamelien , Wohlriechende Balsame . Storax Judenweihrauch Myrrhe - Die Myrrhe der Bepter Weihrauch Araliaceen Indigo-Pflanzen - Nadelhölzer des La Moköe- Gartens Cycasblätter und Palmen- blätter 2 Die Palmen von 1 ortols Bambus Dessen Verwendung . Tabaschir Rasches Wachst. d. ahuzen Pfahlrohr (Canna) Saccharum Zuckerrohr Zuckerraffinerie Zuckerproduktion - Palazzo Orengo mit den ıhn umgebenden Gewächsen . Alo&- und Agavearten Pergola mit Schlingpflanzen Zypressen von La Mortola . Die Wanderung auf der Strada nazionale nach Mentone E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 128 Die auffälligen Gewächse der italienischen Landschaft . Garavan mi, ne Reiz- und a des Pflanzenreiches ee Mate Kaffee Kakao Schokolade Kokain Gewürznelken Muskatbaum Zimmt Bretfer 0. 2er u 202 Ingwer Route de la Cor niche La Turbie Monaco Eza Nizza . - Cap d’Antibes . 3 Notre-Dame de la Cr Antipolis, die heutige Stadt Antibes . Grand Hötel du Er Die Abhänge des Kaps . Makis oder Garigue Die Pflanzen der Makis Myrte . Lentiskenbaum . Ziststräucher . Calycotome spinosa Binsenpfrieme Rosmarin Der immergrüne We Das Wolfsmilchbäumchen Baumartige Heide . Erdbeerbaum Immergrüne Steineiche Spargel (Asparagus acutifolius) 3 166 166 168: 546 Phillyreastrauch Cneorum tricoccum Wacholder Ölbaum AN ee Italienische Stechwinde Helichrysum stoechas . Pointe de I’Islette . Gartenpflanzen am Hötel Aleppokiefer und Strandkiefer Prozessionsraupen . Seite | 169 169 170 170 E71 172 172 173 177, 178 Seesturm am Kap von Antibes Die Straße durch das Kap . Blumenkulturen Eilenroc & Thuretscher Garten i Pinienwald am Golfe-Juan . Wanderung nach dem Leucht- turm von Antibes Pflanzen am Wege Sonnenuntergang Zweite Reise. Witterungsverhältnisse an der Riviera Hyeres Stoechaden SUSE RP, Frühere Orangenkultur in Hyeres Palmen von Hyeres Ältere Schilderungen von Hyeres Maurettes „Chastel d’ Hyeres“ Troubadours . Die Burg im Gewitter Maurengebirge . Orographie und REN Korkeichenwälder . Korkgewinnung Korkbildung. Edelkastanien Bormes Lavandou. I: Herstellung von Korkstopfen Verwertung der Korkabfälle Verschluß der Amphoren und Fässer im Altertum . Saint- Tropez Weg nach La Foux . La (rarde-Freinet 193 193 195 196 197 199 200 201 201 202 203 203 204 205 209 209 210 210 211 212 212 213 218 219 Längs der Küste bis Saint- Raphaßil . Frejus . a Frejus im Altertum Saınt-Raphael . Esterelgebirge . ä Ausflug nach dem Mont Vinaigre . Valescure Schwertlilien Narzissen Hyazinthe „Adonisröschen‘ Malpay - Römische Straßen . j Auf dem Gipfel des Mont Vinaigre . Auberge des Adrets Vallon de la Cabre Porphyr Agay Mal-Infernet . Vegetation : Mal-Infernet- Schlucht - Strand von Saint-Aygulf . Le Trayas Weg zum Hötel au Tray Pic d’Aurele Seite 180 182 182 189 189 190 191 191 191 220 222 222 225 228 229 229 230 232 233 233 234 235 237 238 240 242 242 243 243 246 247 249 249 250 Seite | Cap Roux i 250 Fischfang zur Nachtzeit . 251 Sainte-Beaume d’Honorat 254 Die Heiligen von Sainte- Beaume d’Honorat 257 Gipfel des Cap Roux Pic d’Aurele | Strandweg nach Agay Vegetation des Makis Dritte Reise. Cannes De: N 0225271 Aussicht vom Hötel Californie 27 Ianblrosche . . . .. 27 Wanderungen auf den Höhen 27 Be... eher 27 en... 27 Lerinische Inseln . 279 Insel Sainte- Marguerite 279 BaserseaNiske. .» „. :.' 279 Vegetationsbild . .282 Fahrt nach Saint-Honorat . 284 Lerina. 284 Heiliger Honoratus 284 Geschichte des Klosters auf Saint-Honorat . 285 Kastel und sein Pflanzen- schmuck . 291 Veilchen im Altertum 291 Vegetationsbild . 293 Insel Saint-Fereol . 295 Paganinische Legende 296 Sonnenuntergang auf Sainte- Marguerite i 298 Cannes, seine Geschichte ni Entwicklung 299 Agave-Industrie . 10403083 Ausbildung des een des bei Agave und Four- croya . 304 Berauschende Getränke aus Agavesaft - . 305 Aloeholz . 305 Croix-des-Gardes 306 Ausflug nach dem Cap d’Antibes Ar Wirkungen des Sonnenlichtes Bakterien | Juan-les-Pins Pointe de l’Islette . ' Pflanzen des Meeres . Bedingungen ihres Bestehens | Ihre Verschiedenheit . Seegras Seegraskugeln RE! Absorption des Lichtes im Wasser s Färbung der Eee ent- sprechend der Meerestiefe Beleuchtungsverhältnisse auf dem Erdball Tiefseefauna . BER ve Formenreichtum der Seealgen Sammeln und Trocknen der Algen Antibes : 5 Guy de en ae An- tibes S Geschichte der Sad A Cap Martin Wege auf dem Cap a Vegetation Beleuchtungswechsel Aussichtspunkte Fischfang Mondschein . Nordsturm Vierte Reise. Weg von Ventimiglia nach Mentone . Mentone . e Garten der Casa ER Villa Le Paradou . Makis — Überreste bei Men- tone Kloster Annonciade Bergrücken von Castellar Feigenbaum, seine Geschichte Caprificus Kaprifikation Deutung der Feige Drei Generationen der Geiß- feigen : Beteiligung der Were: : Befruchtung . Smyrnaer Feigen Ihre Einführung in die einigten Staaten Verwilderte Feigen Zahl der Feigenrassen Feigensorten bei Nizza Ihre Bedeutung als Nahrungs- mittel im Altertum Nährwert der Feigen . Andere Feigenarten Bestäubung von Arisarum vulgare Bestäubung von Arum itali- cum . Oxalis cernua a Schlafbewegungen der Oxalis cernua : - RR nat Be- stäubung bei Oxalis cernua Kalmus a ae Re Ölivenhaine von Mentone im Vollmond Seite Schilderung des Mondes durch Plinius BT ; Färbung des Meeres und ihre Ursachen Tiefe des Mittelmeers Temperatur des Wassers im Mittelmeer . 2 Tamarisken am Mittelmeer . Rizinusbäume bei Mentone Rizinusöl Meeresleuchten . Leuchtende Wesen des Tandes und Meeres Plankton Leuchtbakterien ! Leuchtende Fische und ea tendes Fleisch . Ursache der Lichtentwicklung Sicherheitslampen mit Leucht- bakterien ER > Weg von Nizza nach Grasse Das Vartal Ventium . Grasse Fragonard - Ursprung der Stadt Parfümindustrie Bouquets Ursprung der Parfüme Chemische Darstellung Natürliche Produkte Verhalten der ätherischen Öle Auspressen desätherischen Öls Destillation REN Mazeration mit flüssigem Fett Absorption durch kaltes Fett Fettgewinnung und KReini- gung . Veilchenparfüm Seite 364 365 368 368 368 369 370 371 372 373 373 373 373 375 376 30% 378 379 380 381 382 382 383 383 386 386 387 387 388 388 388 388 Petroläther-Extraktion Veilchenwurz Sandelholz Orangenblüten Herstellung von Pomaden im kleinen ER Jaar Rosenöl und Rosenpomade Rosen in Grasse Reseda > Verbena hy - Resedaduft . et Lavendel- und Rosmarinöle Kölnisches Wasser Jasmin Acacia Farnesiana . Tuberosen Blumenduft zu verschiedenen Tageszeiten Gurkengeruch, ehfsuchel.! Ätzammoniak in der Par- fümerie 408 Ätherische Öle als Gifte Ihre Oxydation PR Leistungsfähigkeit des Ge- ruchsinnes . . Zusammensetzung der äthe- rischen Öle . : Blumenerzeugung an der Ri- viera . 2 Parfümieren des Körpers im Altertum e Herstellung der Stier im Altertum Mißbrauch der Altertum Salben im Kränze bei Thiokeelaoen. Salbenluxus in alter Zeit „Gastmahl des Trimalchio“ . Epigramm Martials ; Höfen von Frankreich und Eng- land Parfüme an den Fünfte Reise. WitterungseinflüsseimNorden Nervi Strandpromenade Das Meer Lob der Erde de Plinius Eindruck des Michelet 5 Die früheren Zustände an es Meeres auf Ligurischen Küste Windschutz von Nervi Ältere Schilderungen . Entwicklung von Nervi . Klima Bl, Pflanzen als Wertmesser des Klimas Buffbohnen . Pflanzen am Strande 426 | 427 427 429 440 Ausflug nach dem Monte di Portofino 1 Pflanzen am Vorgebirge San Fruttuoso Macchia he Pflanzenkenntnis 1: Ligurier Vögelmord in Italien Legende von San Fruttuoso Seefahrt nach Portofino . Portofino Seine Geschichte Madonna del Capo Kloster Cervara Sestri Levante Klima Vegetation Villa Piuma 420 age Seite Telegrafo 461 Santa Anna . er AR Bergstraße von Chiavari nach Rapallo . 464 Zoagli 464 Entella 465 San Salvatore 466 Die Fieschi . 466 Ausflug nach Bracco . 468 Geologie der Levante 469 Iberisch-ozeanische Pflanzen- formen 469 Cinque Terre 470 San Remo ; 473 Eindruck der een 473 Via Berigo 475 Romolotal 475 Altstadt von San Remo 475 Madonna della Costa . 476 Beschreibung der Altstadt 477 | Östteil von San Remo 478 Capo Verde. 478 Bussano 480 Sechste Portofino 495 | Vegetation 496 San Giorgio . 497 Capodimonte 3 498 Castello San Giorgio . 499 Penisola 499 Penisola-Burgen = DO Wanderung zur Madonnetta 501 Rosmarin 503 Senecio-Arten EOS Madonna del Capo di ehrto. fino IR 505 Vegetation des Montefino 507 Straße von Portofino nach | Santa Margherita . 508 Ampelodesmos tenax . 508 Taggiatal Intarsiatore . Zitronenhandel . Ospedaletti . Klima. Capo Nero Coldirodi Nizza Blumenmarkt Palmsonntag Ausflug nach der Schlucht des Var Elektrische Se ir Nizza a Opuntien am Mont-Boron Beaulieu Seegras Petite-Afrique Cap d’Antibes . i £ Mistral am Cap d’ Re: ; Abendbeleuchtung Witterungswechsel Reise. Kastell von Paraggi Fiora der Levante Klima der Riviera Geologische Vorgänge an der Riviera in der Tertiärzeit Jahresringbildung der Holz- gewächse. Ä Einwirkung des Klimas se die Pflanzenwelt Klima während der einzelnen Period. d. Erdentwicklung Karbonflora . ı Samenpflanzen in der Perm-, Trias- und Jurazeit der Erdentwicklung Kreidezeit Seite | Insekten als Bestäubungsver- mittler ee! Eoeän, Oligocän und Myocän 5135 Quartär 517 Eiszeit 518 | Lebewesen im Quartär 519g | Bewohner der Riviera 521 Einwirkung der Witterungs- verhältnisse auf die Pflan- zenwelt 522 Weg zum Montefino . 523 Seite Pietre Strette 524 Portofino-Kulm 525 Sonnenuntergang . . . . 526 Frühling in Portofino 527 Vollmond N: 528 Garten der Villa Carnarvon 530 Holzbienen ee Ar Tramontana auf der Peni- sola 532 Leuchtturm 534 Sonnenuntergang 6237 Register. A. Aarofstabgewächse 357. Abreo, Antonio d’ 144. Acacia armata 55. eultriformis 186. cyanophylla 45. dealbata 185. Farnesiana 7*, 55, 405, 406. horrida 55, 56. Julibrissin 56. longifolia 186. retinoides 185. Senegal, gummi arabicum 56. Acetabularia mediterranea 13*, 321. Achard, 121. Achras Sapota 90. Ackerwinden 406. Acorus Calamus 362. Adamsapfel 66. | Agaven-Arten 49, 54, 123, Adiantum capillus Veneris 19*, 40. Adlerfarn 244. Adonis 233. Adonis autumnalis 233. -Gärten 234. -Röschen 233. Sage 234. Adrets, Auberge des 238. Affenkamm 127. ER) Agaricus olearius 372. Agaton Portus 243. 130, 303; 304, 314, 349 381, 460, 474. Blütenschaft, Entwicklung 303, 304. Kopf 305. Mescal 305. Pulque 305. 3 Agavensaft 305. Agave Salmiana 123, 305. Agay 240, 242, 266, 402. Agay, Bucht von 243. =, rGastell.d’#243% „ „Leuchtturm 243. Agel s. Mont. Agnes, Sainte- 42, 43. Agrippa 222. Aerumi. 62,,04,0%07,:.76,:7131, 395- 4 Ertragsfähigkeit 72. nn Heimat 63. „ Mißbildungen 74. Aguacatebirnen 83. Aigulf, Saint- s. Aygulf. Aimodoron s. Limodorum. Akazia s. Acacia. Akazien 45, 54, 55, 56, 176, 185, 272, 340, 474. Alant 440. Alant s. Inula viscosa. Albertus Magnus 77, 346. Albizzia Julibrissin 56. Alconis 203, 204. Aleppokiefer 177, 327. Alga vitrariorum 316. Algen 173, 314, 315,318,320,321, 323 s. a. Meeresalgen. „ Einwirkung des Lichtes 318, 376. „. „+Bärbun@;310, 313. Formenreichtum 320. Herbar 322. a NRote'.310; 318. „ Sammeln und Trocknen 322. Alkannawurzel 414. Alligatorpear 83. Allıum 186. » . Neapolitanum 17, 25*. Alpinus, Prosper 135. Alyssum maritimum 31*, 340. Alo& 123, 304, 306, Aa0, aa s. a. Agave. „» fruticans 314. „ Holz 30577396; Alpes maritimes, Gipfel 377. Alt-Bordighera 3, 6, 125, 127, 331, 483. Amaryllideen 406. Amberbaum 108. Ambre 383. Ambrosio, Sant’ 465. Amelanchier amelanchier 241. Ammoniak 408. Ampeglio, Capo di Sant’ 2, 25, 482, 483. Ampelodesmos tenax 446, 508. Amphoren, Verschluß 212. Anacardiaceen 90, 9I, 92. Ananas 89, 90. |ı Ananasgewächse 103. Anchusa tinctoria 414. Andere Öle 399. Andropogongras 415. Andropogon citratus 400. % muricatus 387. 2 Nardus 401. 7 Schoenanthus 398. Anemone coronaria 18, 37*, 183. hepatica 524. en pavonina 18, 43*. > stellata 18, 49*, 184. Anemonen 18, 39, 105, 182, 183, 485. 2 -Feld 184. = -Rose 45. Ane&mones de Caön 183. Angelica 399. Angiospermen 513. Anna, Sant’ 463. Annonciade, Kloster 342. Anona-Arten 87, 386. „ cherimolia 87, 88. Anona-Früchte 87, 88. „ muricata 88. „ Ssquamosa 88. 267. Anthocharis euphenoides 182, Anthyllis barba Jovis 55*, 314, 491. Antibes, Cap 158, 159, 482, > Ansicht 128*., Dep, Abhänge 156. „m Cap d’, Aussicht vom 152. Can. .d’, tion 182. x Cap d’, Gärten 152, 159, #60,..180, 312,.313. Br Cap d’, Grand Hötel 155, Anthericum liliago 244, 492. Blumenproduk- BEL EST. ‚172, 174, 323, 493. = Cap d’, Landstraße durch das 182. Cap d’, Seesturm am 180. Pe Geschichte 323,325, 326. is Leuchtturm 153, 192. se Maquis 170. 1 Notre-Dame de la Garde ERaN, 165, 1QI. orientalische Bauten 313. nr Pflanzenreichtum182, 173. Pointe del’ Islette 172,313. Seealpen BEI. = Stadt '323,. 324. Sonnenuntergang IQI. oe Thuretscher Garten 152, 189. vom Kap aus Antiochus Epiphanes 417. Antipolis 154, 325. Antirrhinum Jlatifolium 61*, 190. Antonius 222, Apennin 462, 468, 469, 524. Apfel, chinesischer 71. Äpfel der Hesperiden 71. ı a [@) Apfelsine 71, 74. Apfelsinenbaum 71, 72. r -sorten 72. Aphis Pistaciae 92. Appert, Francois 311. ' Aqua Naphae 394. ' Aquifoliacee 107. Aquilaria agallocha 306. Arachis hypogaea 12. |ı Aralia 109. Araliaceen 109. Aranci 71. Arancio forte 70, Arbutus unedo 67*, 166, 220, 237, 266, 443, 444, 460, 507. Arctotis aspera III. Ardoino 39. Areca catechu 34. | Arekanüsse 34, 141. | Argens, Fluß 221, 222, 224. ». , Lals3228, 229! Arisarum vulgare 73*, 356, 509. b- „ Bestäubung 356. Armillaria mellea 372. Aron, italienischer 356 s. a. Arum. Artischocken 198. Arum arisarum s. a. Arisarum vul- gare 73*. „ Italicum, Bestäubung 356, 357. ». Temperatur: "der #;Bluten- stände 358. Arundinaria 113. Arundo phragmites 112. Asa foetida 97, 99. Aschenpflanze 267, 441 s. a. Ci- neraria maritima. Asparagus acutifolius 79*, 168, 185, 2415, 445, 508 = medeoloides 185. m plumosus 185. > Sprengeri 185. 994 Aspergillen 80. Asphaltklee 461 s. a. Psoralea. | Asphodelen 236, 237, 267, 283. | Asphodelus albus 237, 267. | er microcarpus 85*, 283. | Athenaeos 65. je Athenopolis 213. | Äther in der Parfümerie 388. | Ätherdämpfe Frühtreiben | 426. | Ätherische Öle beim 386, 388, 395, 4II. Giftwirkung 409. Konstitution 4IO. | Oxydation 409. Ozonisierung der | Luft 409. Atriplex halimus 188. Ätzammoniak in der Parfümerie 408. Aubergine 95: Augustus 222. Augustus, Turm des 149. Aurele, Pic d’ 236, 250, 255, 263, | Balsamodendron abessinicum 264. „. „Blave’d. 236,265: Aurelia s. Via Aurelia. Aurelianische Straße s. Via Aurelia. Aurorafalter 182. Auspressen von ätherischem Öl 387. Avogatobirnen 83. Aygulf, Saint- 221, 228, 247, 287. 5 Sankt 287. Azaleen 107, 438. Azara microphylla 58. B. Bachot 141. Bachweide 29. Baco von Verulam 137. Baie des Anges 153. Bakterien, Einfluß des Lichtes auf sie 309, 310, 375. 5 leuchtende 373, 374- Balanos 414. Balmyrrha 415. Balme de Touasc 487. Balsambäume 108. Balsame 108, 386, 389, 414, 415, 416. 108. Balsamodendron giliadense 415. Bambus 49, 112, 113, 117. . Heilkräfte 116. is -Rohr 113. = Verwendung 115, u Bambus, Wachstum 113, 117. 113, 004; Bambusa arundinacea 113. ' Bananen 47, 90 Banksia marcescens 122. ı Banksien 474. Banyan 354, 355. Baou de Saint-Jeannet 377. 379. Bar; Le,37%: Barnes, A. S. 280. Barnissotte blanche 352. | Bartflechte 103. ı Bastard 75. Baumheide 191*, 343, 443, 444, 459, 527 s. a. Erica. Baumwachs, japanisches 92 Bazaine 281, 232. Beaulieu 489, 49I, 492. Behennüsse 414. „ -Öl-’a14. Beleuchtungsverhältnisse der Erde 319. Bellone 352. Bennets frühere Besitzung 129. Benzaldehyd 334. Benzo&@ 389. Bergamottöl 73, 383, 395, 403. Bernardo San-Tal 484. „ -Pfefferstrauch 34. Bibergeil 283. Bigaradier 70. Bignone s. Monte. Bignoniaceen 45, 54, 125, 126. Binsenpfrieme 162, 163, 507 Ss. a. Spartium. Bittermandelöl 416. Bizzarria 74—77. 384, 414, 415, Blasentange 316. Blastophaga grossorum 346, 348, 349- Blieny 134. Blitzschlag in Bäume 81, 82. Blumen-Duft zu verschiedenen Tageszeiten 406. Blumen - Produktion bei Antibes 182. bei Cannes 183. ” an der Riviera 411. 5 Produktion bei Grasse 182, AT: „ -Zucht an der Riviera 187. Bocksfeige 345. Boden, klassischer von Frejus 222, 224. Bohnen 438, 439. Bombacaceen 89. Bonhomme s. Laurentius. Bonson 377. Bopp 119. Bordighera 2, 5, 25, 238. E% im Abendlicht 125. = Klima 5. Bordighera s. a. Alt-Bordighera. Boretsch 341, 342. Borghetto, Tal 6. Borgo, Via 475. Borgotaro 469. Borigo, Tal 38. Borke 209. Bormes 210,. 211. Boron s. Mont. 999 Borraginaceen 44. Borrago officinalis 341. ' Boswellia-Arten 108. Bougainvillea spectabilis 47, 91*. Bougainvillien 49, 126, 335, 338. Bouillabaise 251. Bouillabaisse, Herstellung 217. Bouquets, Parfümmischungen 382, 406, 422. Bracco 468. Brachychiton acerifolius 54. Brahea Roezli 35. Bravades 300. 27. Brogiotto bianco 352. Broglie, de 281. Bresca, Familie Brombeersträucher 445. Bromeliaceen 103. 5 epiphytische 103. |ı Browne, M. Y. 500, 501. Brougham, Lord 303. Brustwurz 399. Bryopsis 321. Buchsbaum 30, 486. Buddhas Hand 74. Buddleia madagascarensis 339. Bücheler, Franz 419. Buffbohne 438,239, 440, 53%, 532. ” deren Geschichte 438, 439 440. Burseraceen 108, 385. Bussano 479. C. Cabbe-Roquebrune 43. Cabre, Vallon de la, 240. Cacciatori 14, 448. Caesar, Julius 222. „» Lucius Julius 418. Caesarius, Sankt 286. 556 Cafe s. Kaffee. Cafetiers 68. Cagliostro 421. Caire Agnel 377. „, Cougourda 377. Cajus Aurelius Cotta 263. Calamarien 512. : Calamus 414. Calamus Rotang 114. Calanques 255. Californie, Hötel 273. Galla?357: Callithamnion roseum 97”, 321. Callitris quadrivalvis 64. Calycotome 4435. Calycotome spinosa 103”, 162, 236, 243, 266, 445, 507. Camellia Heimat 105. „ thea 105. Br Ursprung des 105. Camogli 442, 443. Cananga odorata 386. Namens Canna 118. Cannes 18, 147,238, 271°, 273, 299. „» älteres Aussehen 301. » Eden 278. » Geschichte 299, 300, 303. „ Straße d’Antibes 308, 311. Cannet, le 275,.276, nach dem Cap Capri, Grotta azzurra 367. Caprificus 345, 346, 347, 348, 350. is Einführung in Kali- fornien 349. Caprifoliacee 100. Caraman, Marquis de 301. Cardamomen 414, 4I5. Care, Tal. 38. Carnarvon s. Villa, Carnaubapalme 35. Carnot, Boulevard 490. Caroubier 101. Carros 377. Casa Copley 45, 337. Casale Monferrato-Festung 280. Casarza 468. Casey, E. 0.1277. Cassie 405, 411. Castellar 38, 342. | Castellaras 276. Castello San Giorgio 499. Castiglione 468. Castor 249, 254—256, 260, 262, 265, 270. ı Casuarineen 58, 59. | Catha edulis 106. ı Cavi 464. Cedern-Wacholder s. Zedern- Wacholder. Cedrate, s. Zedrate 63. Cedrus deodara 176. Celtes, Konrad 263. Celtis australis 93. Centranthus ruber 109*, 128. Ceratonia siliqua 101. Cercis siliquastrum 43. Ceriana 480, 484. Cerinthe major 190. Cervara, Kloster 453, 456, 457. Cestus Veneris 491. Chamaerops-Arten 32, 33, 37. r excelsus 32. r humilis 32. bs Verwendung 37. Charles-Albert, Pont 487, 489. „Chastel d’Hyeres‘“ 201. Chenopodium quinoa 141. Chevalier 76. Chiavari 456, 469. „ -Rapallo, Bergstraße 464. Chimären 75. Chinarose 45. Chinin 60. Chinois 73. Chirimoyas 87, 88. Chokoladl 140. Christ, H. 469, 470. Christi Dornenkrone 94. Christus-Akazien 94. Chrysanthemum frutescens 48, 173, 186. Chyloclada 376. Ciaudan 487. Cima del Diavolo 487. dee as 378. „» Giranda 377, 409. Cineraria maritima 115*, 267, 441, 491. Cinnamomum camphora 82. e zeylanicum 82, 387. Cinque Terre 470, 472. Cistrosen s. Zistrosen. Cistus albidus 121*, 161, IQI, 244, 393. „ ereticus Ib2. „ ladaniferus 162. monspeliensis 125*, 161, 19L, 293, 470. == salyitolius 131*, 236, 244, 267, 293, 343. Citral s. Zitral. Citronat s. Zitronat. Citrone s. Zitrone. Citrus 64. Besrren, cHleimat 73. „ aurantium 74. „ bergamia 72. -Früchte, Mißbildungen 74. » Gegengift 65, 66. Mesenmiedica 74. „ medica var. cedra, Buddha- fingers 74. | „» Mottenschutz 64, 65. „ myrtifolia 73. 207 Citrus, Mythenbildung 65. » Name 64. =, nebılis..72: is > Einführung 72. „' trifoliata 73. „ = Ursprung 63,65. Cladonia alcicornis 170. Cladophora 315. =; laefevirensı 137°, 355. Clematis montana 339. Cneorum tricoccum 143”, 169, 328. Cnethocampa pityocampa 178. Coccus Maldivius 99. Cocos capitata 34. » leiospatha 34. „. snucifera 34. Romanzoffiana 34. Cocospalme s. Kokospalme. Codium bursa 321. Coffea arabica 105, 106. er liberica 106. Cogolin 218. Cola acuminata 107. Coldcream 408. Coldirodi 4, 475, 483, 484. Colomars 378, 486, 487. Colonia Octavianorum 222. Convolvulus althaeoides 149*, 191. Convolvulus arvensis 406. 22 mauritanicus 46. Copernicia cerifera 35. Coquero 142. Coquito-Palme 35. Coriariaceen 129, Coriaria myrtifolia 128, 155*. Corniche, Route de la 148. Coronilla emerus 337, 445, 507. = glauca 337. Corot 509. Cornus mas 425. Corylopsis du Japon 382, 383. Coryphen 33. 558 Corvo, Capo 470. Cosson, Schlucht des 378. Cougourda, Caire 377. Crassus 93, 418. 7 Publius Licinius 418. Crispinus 418. Croce della Mortola 128. Crocus vernus 525. Croisette 273, 278, 279, 299. Croix-des-Gardes 306. Cros-Magnan-Rasse 521. Cucurbita pepo 406. Cupressus macrocarpa 176, 187,313. Curry 99. Cycadeen I12. 512. Cycasblätter 112. Cypresse s. Zypresse. Cystosira ericoides 161*, 316, 321. Cystosiren 316, 321, 376. Cytinus hypocistis 167”, 293. Cytisus triflorus 173*, 445. D. Dacus oleae 15. „Dame der Trauer“ 485. Dante, Alighieri 456, 466, 467. Dao-fin 455. Daphne 267. > gnidium 169, 179*, 267, 343- Daphnin 169. Darius 413. Darwin 360. Dattelpalmenallee 189. Dattelpalme VII*, 26, 473. ” Behandlung 28. = christliche 28. a4 Früchte 31. $- Fruchtentwicklung 32. 2 jüdische 28. * kanarische 32, 49. | ' Dattelpalme, Kultur 31. - Ursprung 30. r Verwendung 28, 37. Datura arborea 45. „ sanguinea 96. Deglet Nur 189. Deiva, Val di 468. Delesseria hypoglossum 185*, 32I, 323. Delessert 121. ı Delphine bei Portofino 506. Delphine bei Saint-Rapha@l 227. Delphini Portus 455, 497. Delphinium 233. Demasclage 207. Demetrius Phalereus 416. Deodarzedern 176. Destillationsverfahren fabriken 387, 393, 397, 399, 40I, 408. De Vries, Hugo 360. in Parfüm- ı Diamantengewicht 102. Diana von Poitiers 420. | Dianthus-Arten 144. Diavolo s. Cima, Dianthus caryophyllus 184. Dichternarzisse 232. Dioscorides 40I, 413, 414 Diosma fragrans 57. | Diospyros-Arten 87. er ebenum 87. > kaki 85. Dipterix odorata 384. Disdier 257. Distilleries ambulantes 403. Docteurs en Soupers 147. Dodonaeus, Rembertus 268. Doldenpflanzen 96, 99, 282, 283, 385, 415. Domatien 164. Domitia, Via 235. Domitian 418. Donax donax 117. Doria, Martino 453. » Gräber 452, 453, 454- Dornenkrone Christi 94. Doryalis (Aberia) caffra 84, 85. Dracaena draco 414. Drachenbaum 49, 414. Dramont, le Piton du 243. Drehröhre 45. Dubarry 421. Dubois, Raphael 375. Dumas Alexandre 279. Durio-Baum 89. „ Früchte 89. „ zibethinus 89. Durione 89. E. Eau de Cologne 403, 404. Eau de la Reine de Hongrie 404. Ebenholz 87. Ebenum 87. Ecballium elaterium 294. Echium candicans 46, 340. „ vulgare 46. Ecuelle & piquer 395. Edelkastanien 209. Eichen s. a. Quercus. = dem Donnergott geweiht 82. > Einschlagen der Blitze 81. ” immergrüne 176, 204, 2I5, 220, 237, Eierpflanzen 95. Eilenroc 189. Eiserne Maske 279. Eiszeit 518. Elenshorn 103. El&onore-Louise, Chäteau 303. Elephas primigenius 320. Eleutherius, Sankt 288. Emilia s. Via Aemilia. 399 Enfleurage 390, 392, 405, 406. Eineler ’21,.03,074. Entella 465, 467. Epheu 460. Epheuholz 81. Epheukränze 417. Epiphyten 102, 354. Eranthis hiemalis 425. Erdball, Beleuchtungsverhältnisse 319. Erdbeerbaum 67*, 166, 220, 237, 266, 443, 444, 4060, 481, 507 s. a. Arbutus. Erde, deren Lob durch Plinius 429. Erdentwicklung 509, 510, 5II, Erdnuß 12. Erdpech 461. Erica 220. „„. ‚arborea 166, 19177 2204230, 267, 343, 344, 443, 444, 459, 507, 527- 2. carneasc 25 | Ericaduft 461. Eriobotrya japonica 99, 100. Erythea armata 35. | Erythrinen 54. Erythroxylon Coca 142. | Esperide 292. Esprit de rose 398. Essence de Neroli 393. Essigsäure in der Parfümerie 409. ı Eßkünstler 147. | Esterelgebirge I*, 48, 153, 156, 176,.1213% 1220 221, 220, 22% 30, 234, 236, 237, 243, 2475 268,313, 402, 425, 484, 493. vom Golf-Juan aus. 425*. = im Sonnenschein 1*, 5060 Esterelgebirge, Vegetation 266 — 268. > Wälder 234. „ Wege 234. Estragon 399. Eucalyptus 59, 176, 189, 284, 493. Eucalyptus globulus 59, 60, 189, | 799". „ si Blütendeckel . 61. $ globulus, Extrakte 61. „» a Wachstum 60. 7 Gunni 62. Eucharius, Sankt 257, 285. Eugenol 384. Eupatorium 338. Eupatorium micranthum 57. Euphorbia-Bäumchen 165. e dendroides 51, 165, 470, 507. ” spinosa 166, 205”, 236, 237, 243. Euphorbien ı22, 165, 236, 243. Eygulf, Saint- s. Aygulf. Eza ISI, 491, 492. E Farbe des Himmels 367. ” „» äMeeres 365. „ der Meeresalgen 318. Fächerpalmen 49. E. japanische 49. Farne 5IıI, 512. Farina, Johann Maria 404. Fatsia japonica 109. Feigen 344, 349. „ im Altertum 353. ‚, Bestäubung 346, 348. »„ Nährwert 353. -Rassen 349, 351. » Sorten bei Nizza 352. „ Smyrnaer 349, 352. in den Vereinigten Staaten 349, 350. » "Wespen 346, 347. Feigenanzeiger 352. ” „ Feigenbaum 39, 47, IO2, 130, 343, 481. Feigenbaum Fortpflanzung 349. a Geschichte 344. 55 wilder 345. Felis spelaea 520. Felsenbirne 241. Fereol, Ile Saint 295, 296. Ferula asa foetida 97. „ communis 96. „ galbaniflua 415. ei narthex 97. „». "nodiflora 282 ı Ferulasagen 96. Feststrauß der Juden 29. Fett 388— 390. Fett für Parfümerie 388, 390, 407. Fette Öle 386, 414. Fetthennenstrauch 48. Fichi d’India 130. Fico selvatico 350, 351. Ficus bengalensis 354. „. carica 343, 350, 352 „ . elastica 354, 355% „ macrophylla 354. „„ ruminalis 344. „ Sycomorus 355. Fiederpalmen 49. Fieschi 466, 467. Fische, leuchtende 373. | Fischer, Theobald 72. Fischfang in Le Trayas 251. Flacourtiaceen 85. Flammenbaum 54. Flechten 170. Fleisch, leuchtendes 373, 374: Flieder, spanischer 407. TE : Flora der Levante 509. Fort Carre, Vaubansches 326. Forum Julii 203, 222, 230, 243, 264. Fossan, Tal 38. Fourcroya, Langlebigkeit 304. 5 longaeva 304. Fourcroyen 123. Foux, La 218, 220. Foz, Bertrand de 201. „ Mabille de 201. Frangipani, Mercutio 412. Fragonard, Jean-Honore 380. Fraxinetum 219, 220. Freesia odorata 104, 207*. Freesien 104, 184, 186, 474, 485. Bee 291,522, 224, 235, 236, 258, 210, 258, 250, 262. Friedrich Wilhelm III. + der Große 138, I4I. Friedländer, Ludwig 419. Friedrichs, J. B. 69. Fruchtbäume, tropische 84. R2r Frühlingsblumen 135. Frühlingsentwicklung der Pflanzen 426. Frühtreiberei 426. Fruttuoso, San 444, 446, 451, 524. Abtei 444, 453. Legende 432. ur) „ +] „ Fucus-Arten 316. Funck-Brentano, Franz 279. G. Gaillarde, La 221. Galactites tomentosa 211”, 268. Galläpfel 92. Gama, Vasco di 420. Gamander 173, 174. Garavan 44, 132, 336, 369, 371. Garcinia mangostana 88. Garde-Freinet, La 219. E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 501 Garigue 157. Antibes. „. 8. Casa, Gopley. ;». s. Mortola (La). s. Villa Rosmarino, Thuret. Gartenbohne 439. Garten s. PR S. er -Hyazinthe 17. » Nelken 184. Gärtner 83. m SEE F Gaudarena, Gola di 276. Gaultheria procumbens 384. (Gattieres Gebirgswaldrebe 339. Geißblatt 241, 507 s. a. Lonicera. „ -Feige 3455 346, 347. Gelas, Cima di 378. Genista acanthoclada 162. UL SIETORITT TE „ monosperma 58. Geranien 46, 58, 336. Geraniol 401. Geraniumgras 398. » Öl 398, 399. Gerbera Jamesoni 184. Geruchsinn, seine Leistungsfähig- keit 410. Getränke aus Agavesaft 305. Gewächse, besonders wohlriechende 57, 438. 4 der italienisehen Land- schaft 130. Gewitter 202. Gewürze, Monopol 144, 146. Gewürzhandel 143, 144. Gewürznelken-Baum 143. „ Geschichte 144, 146. > Monopol 144. >> Ursprung 144. Giftwirkung ätherischer Öle 409. Gildemeister, E. 383, 395, 399. Gilette 487. 36 562 Ginster 174, 177, 236 s. a. Caly- cotome u. Spartium. „ Arten 58. Giorgio, Castello San 499. 3 Kirche San 497. Giranda, Cima 377, 409. Giroflees de Nice 184. Gladiolen 184, 186, 233. Gladiolus segetum 17, 217*. Glaucium luteum 223*, 294. Gleditschien 94. Globularia alypum 170, 229*, 469. Glücksklee 360. Glyzine, blaue 337. | Goethe 342, 381. Goldlack 39, 182, 184, 186, 417, 474, 485. Golfe-Juan 153, 154, 156, 190, 312, 493. Gorbio 41. „. Tal 38, 39: „ Pflanzenreichtum 39. Gothan, W. 511. Gounod, Charles 228. Gramineen II3. Granatapfelbaum 78, 79. Früchte 78. Symbol der Fruchtbarkeit 78. e Wachstum 78. Grand Pic 254, 261. Graslilien 244, 267. Grasse 276, 379. ” „ Bahn von Nizza 376. Parfümfabriken 387. Parfümindustrie 382. Ursprung der Stadt 381. Gregor XI. 457. Grevillea-Arten 122. Grimaldi, Dorf ı29. Grimaud 219, 220. Gromolotal 458. Guajaven 84. ” -Gelees 84. Guanabanas 87, 88. Gummibaum 355. Er australischer 102. Gummiharz 97, 162, 414, 415. Gurkengeruch 408. „.' -Kraut’342 Guttiferen 89. Gymnospermen 513. Gynerium argenteum 446. H. Hadrian V. 467. Hakea-Arten 122. | Halimeda 324: * opuntia 235°, gem Hallimasch 372. Hanbury, Daniel 52. N Sir Thomas 5I, 52, 54. Hanbury’s, Garten 51, 52, 64. = ee Besuchstage 51. Hardenbergia comptoniana 46. Harun, Sarazenenhäuptling 42. Hebeclinium (Eupatorium) janthi- num 338. Hehn, Victor 21, 63, 72, 475. Heide, baumartige 166, 236, 267, 507 s. a. Erica. „. ToteB2E, Heine 298. Heinrich IV. 201, 325, 420. Helianthemum 162. = roseum 241*, 341. Helichrysum angustifolium 443. orientale 187. r stoechas 172, 267. Heliotrop 5, 45, 272, 335, 338, 443, 474- Heliotropin 385. „ u Heliotropium grandiflorum 385. 5 peruvianum 385. Henry, B. C. 105. Heraclea Cacabaria 203. Herbata 134. Herculea s. Via. Hesperis matronalis 292, 406. Heteromorpha arborescens 99. Heydt, Wilhelm 147. Hilarius, Sankt 258, 285. Himmelsgewölbe, Färbung 367. Hoffmann, Fr. 395, 399. Holzbienen 531, 532. Holzgewächse, So, SIT. Honigseifen 401. Jahresringbildung Honorat, Mont Saint- s. Honorat d’, Sainte-Beaume 2354. r Ne Samt 273, 284, .292. Druckerei 292. „ „ „ N Bee, ERjoster 285,286, 289. » Du Vegetation "291,- 293. Honoratus, Sankt 257, 258, 260, 284, 285. Hooke, Robert 208. Hornmohn 294. Hospice-Saint 491. Hottentottenfeigen 175. Humboldt, Alexander von 87. Hutpilz 372. Hyacinthus orientalis 17. Hyacinthus orientalis var. albulus 183. Hyazinthen 183, 585. .s im Altertum 233. Hyeres 193, 194, 195, 199. » Orangenkultur 196. Fe almen von 197. » Veilchenkultur 197, 198. Hyerischen Inseln 195. 563 | Iberis umbellata 241. Ilex aquifolium 245, 525. „ Paraguayensis 106, 107. Immortellen 172, 187, 267. Indicum 110. Indigo 110, III. » gewinnung IIO. Indigofera Dosua 110. Br tinctoria IIO. Ingwer 147. „ Einführung 147. ir Name 147. Innozenz IV. 466. Insekten als Bestäubungsvermittler 514. Intarsiatore 480. Inula viscosa 247”, 440. Irideen vom Cap 104. ı Iris-Wurzelstock 386, 387, 414. ‚„ florentina 231, 386. „ germanica 230, 233, 386. „ susiana 186, 485. | Iron 385, 386, 387. Islette l’ am Cap d’Antibes 313. = Vegetation 313, 314. Italien, sein einstiges Aussehen 131. Ixien 104, 184, 186. J- Jacaranda ovalifolia 54. Jacobi, Hermann 147. Jahresringbildung der Holzgewächse 570; 517) 515. Jambosa caryophyllus 143. 5; vulgaris 89. Japanese Persimmon 85. Japanische Mispeln 99. Jasmin 50, 388. ' Jasminextrakt 405, 411. „ -Öl 386, 405. „, -Pflanzungen 404. 362 564 Jasminpomade 405. Jasminum grandiflorum 405. Jean, Saint- 297, 490-492. Jeannet, Saint- 377; 378. Johannisbrod 101. Johannisbrodbaum 101,.102, 481, 507. „ -Würmchen 372. Jonon 385, 386, 391, 392. Jonquille 183, 388, 392, 411, 485. Juan, Golfe 154, 190. Juan-les-Pins 312. Jubaea spectabilis 32, 35. Judasbaum 43, 49. Judendorn 481. „ Weihrauch 108. Jujubapasten 94. Julius II. 467. Juniperus communis 445. oxycedrus 51, 170, 237; 253*, 266, 444, 507. Juniperus phoenicea 51, 170. „ Jupiter-Bart 267, 314, 491 8. a. Anthyllis. K. Kafa 106. Kaffeebohnen 138. Kaffee 133, 135, 138. seine Einführung 135. -Baum 105, 106, 135. Heimat 106. „ Kultor 135,139, -Häuser 135, 136, 137, 138. ” ” ”) „ -Surrogate 138. Kafferpflaumen 85. Kakao 139. „ Baum 139. „ Bohnen in Mexiko 140. Kaki 85, 86, ‚87. -Früchte 85, 86, 87. „. -Holz.87. Kakimus 87. Kalkholde Pflanzen 206. Kalkpflanzen 206. Kallen 485. Kalmus 362, 363. -Liköre 363. ».3=-Ol a0 Kamel, Georg 105. Kamelien 105, 107. ER) Kampfer 410. -Baum 82. -Geruch 82. -Gewinnung 82. a SO Kanarische Dattelpalme 32, 49- Kaneel 83. „. Baum 82. Kaprifikation 345, 349- Kapuzinerkresse 104. „9 Karat 102. \ Karbonflora 513. Karl IV., Herzog 280, 281. | Karr, Alphonse 225—227. ' Karuben 329. | Kasuarineen 176. ı Katakomben 112. | Katharina von Medici 420. Kautschuk 355. Kegfig 87. | Kei-apple 85. ' Kellerhals 169 s. a. Daphne. Kennedyen 338. Kentia Baueri 34. Kentia sapida 34. Keratameli 101. Keration 102. | Kermeseiche 168 s. a. Quercus cocci- fera. Kermesschildlaus 168. Khatpflanze 106, 133. | Kiefern 177, 252, 442, 460, 493. Kiefern, kanarische 176, 177. Kiki 370. Klarheit der Luft an der Riviera 3 12. Kleesalz 360. Kleopatra 132. Klima an der Riviera 509. „ während der einzelnen Pe- rioden der Erdentwicklung Bresınıs, 517, 518, 520. Einwirkung auf die Pflan- zenwelt 438, 510, 5ıt, 515, 519. Knoblauchöl 408. Koffein 41. Kokablätter 141, 142. Kokain 141, 142. Kokakauen 141, 142. Kokosnüsse 34. Kokosöl 398. „ Palme 34. Kolanüsse 107. Wein 107. „ -Zwieback 107. Kölnisches Wasser 403, 404, 420. > hs Lagerung 403. Koischitzky 138. Kompaßpflanzen 60. Komposite 177, 184, 269. Koniferen 64, 384. Königsfarn 244. Korallenbäume 534. Kork an Wunden 208. „ Abfälle, Verwendung 212. » Bildung 209. | „ -Eiche 204, 206, 207, 208 234, 238, 278, 463. „ -Eichenwälder 204, 206. )) „ -Gewinnung 205, 207. „ Handel 214. „ kambium 209. „ männlicher 205. Su Steiner 212. „ -Stopfen 211. 565 Korkteppich 212. » Verwendung im Altertum 212, 202. „ weiblicher 205, 209. Kornblumen 186, 485. Kornelkirsche 425. Korsika 3. Kranz der Rechtfertigung 84. Altertum bei Trink- eelasen 171,. 172,.416. Kreidezeit 514. Kränze im Kresse, stengelumfassende 337. Kreuzblüter 337, 340, 341. Kreuzdorn 94, 328, 444, 447, 507 s. a. Rhamnus alaternus. Krokus 425. Kronwicke 337, 445, 507. Kumarin 383, 384. Kümmel 387. Kunstgärtnerei von Winter 37. Kürbisblüten 406. L. ' Labdanum 162. Lacerta viridis 260. Lack, japanischer 92. ' Ladanum 162. Laelia anceps 102. La Mortola s. Mortola. Lampyris noctiluca 372. Lamouret 326. Lanaloöl 385. | Laranja 71. Lathyrus clymenum 269, = odoratum 438. Laubfrösche 274. Laubhüttenfest 28, 29, 67. Laurentius Bonhomme 258. Laurineen 83. Laurus nobilis 29, 259*, 486. Laurustin 507. Lavagna 465. 5066 Lavandou 210. Lavandula officinalis 402. . spica 402. > stoechas 158, 164, IgI, | 195; ‚210, 236, 244} 265*, 343, 401. n vera 402. Lavatera maritima 51. Lavendel 158, IQI, 195, 200, 2IO, 236, 244, 266, 343, 383, 4901 s.a. Lavan- dula. „ "Öl ,A01, 402. Leben in den Meerestiefen 320. Lebensbaum 459. Leberblümchen 524. Lebewesen im Quartär 519. Lecanium ilicis 168. Leeidien. 173. Lecoy de la Marche 231. Leech, Stephen 500. Le Gendre 78. Legrand d’ Aussy 134, 136, 137, 140, 146. Lehwald, Fanny 436. Leibniz 419. Lemaitre, Frederic 238. Lemongrasöl 386, 400. Lentiscus s. Pistacia. Lentisken 160, 292, 295, 445. e -Baum 160, Lentisques, Col des 245. Le Paradou s. Villa, Lepidium draba 337. Lepidodendren 512. Lepidus, Aemilius 263. Lerina, :Insel 284, 289. Lerinische Inseln 153, 273, 279, 299. Lero, Insel 288. Leucadendron argenteum 122. Leuchtbakterien 373, 374. Leuchten des Meeres 371, 376. Leuchtende Fische 373. 7 Pilze 372 5: Wesen 372. Leuchtendes Fleisch 373, 374. Leuchtturm von Antibes 153, 192. Leuchtturm bei Agay 243. 7 von Dramont 248. Mr „» Portofino 535. Leukoion 291. Levante, Riviera di, Geologie 469. „ Grenze 470. ‚„ Pflanzen 469. ” ” ” „ Levanto 470. Leveque, Col 256. Levisticum 399. Levkojen 39, 182, 184, 186, 29I, 417, 474, 485 s. a. Matthiola. Liatris odoratissima 384. Licht, Absorption im Wasser 318. Entwicklung 375. in den Meerestiefen 318. LE) „» Licht, sterilisierende Wirkung 309. Liebstöckel 399. Ligurier, Pflanzenkenntnis der 446. Ligurische Küste, frühere Zustände 432, 433- Lilien 230, 231790072 „ . in der Geschichte as 222: Limetten. 73, 74,70 930%: Limodorum abortivum 268, 277*. Limonade 68. Limonadiers 68. Limonen 68, 74. 3 saure 73. 5 süße 73. Linalool 385. LinnE 141, 233,7304, 352 Linoleum 212. Lion de mer 227. » „femme z2n Lippmann, E. von 138. Lippia citriodora 400. Liquidambar-Arten 108. ki orientale 108. Litchi 89. Livistona-Arten 35. raustalis 32, 35, 37. Br deeipiens; 35. Lodoicea seychellarum 98. Lodoicea seychellarum-Kultur 98, 99. Longo, B. 350. Lonicera implexa 241, 283*, 295, 445, 507. Loniceren 295, 445. Lopezie, mexikanische 46. Lopezia miniata 46. Lorbeer 79, 80, 81, 82 s. a. Laurus. „ edler 82. „» Aberglaube 79, 80, 81. „ Aspergillen 80. Lorbeerbäume 176. ” -Früchte 80, 486. „ -Haine 8o. > Kultus 79, Se. . Reibholz 81. „ Symbol 80. » Wälder 82. » Zweige 486. Lotophagen 93. Lotos im Altertum 93. Lotos blauer 84. » kyrenäischer 93. kbyseher: 93. » Pflanze der Inder 93. Lotus Loup, ornithopodioides 172, 289*. Schlucht des 379. Löwenmaul s. Antirrhinum. Lucius Plancus 412. er Blociis ‚412. Ludwig XII. 467. a; XII 201, 413,421. 1 BEIV. 280, 281, 326, 421. R VE: .382. 567 Ludwig X VIII 326. Luftklarheit 312. Lunaria biennis 341. Luni 468. Lykurg 418. M. Macanlay 137. Macchia 157, 158, 444, 446, 458, 470, 483, 507. ı Maceration s. Mazeration. Macroglossa stellatarum 174. Madonna del Capo s. Madonetta. Er della Costa 476. Guardia 480. Ruota 26. „ „ ” Madonnetta 456, 500, 50I, 503, 506, 533, 534, 535, 536. Magra 470. Maiglöckchenduft 385. Makis 157—171, 173, 176, 177, t81, 184, 210,236, 243, 252.,...200,:.268,.7272, 282, 313, 327, 328, 332, 451, 490. Makis am Cap d’Antibes 158. ».r ‚bei, Mentone 342. Mala citria 64. Malherbe 196. Mal-Infernet 243, 245. en Schlucht 246. 3 Vegetation des 243, 244. Malpay 232, 234, 236—238, 240. Malvastrum capense 174. Malven 51, 174 s. a. Lavatera. Mammut 520. » Bäume 60, 516. Mandarinen 72, 74. ;5 deren Einführung 72. a -Öl 386, 395. .; -Strauch 72. Manggabaum 90. 568 Mangifera indica 90. Mangostana 88. Maquis s. Makis. Marco Polo 147. Marcus Terentius Varro 132. Margherita, Santa 456. Marguerite, Ile Sainte 153, 273. 278, 284, 288, 293, 298. Margueriten 44, 485. Marie-Antoinette 421. Markgraf 121, 138, 141. Maronen 210. Marrons de Lyon 210. Martial, Epigramm 419. Martin, Cap 48, 327, 369. Fischfang 330. Hotel: 327,331. Mondschein 332. Nordsturm 333. Strand 327. ya » Vegetation. 328. Märzbecher 425. Maske, eiserne 279. Massa 468. Massier 278. Mastix 160, 161. Mastixkauen 161. Mastix-Pistazie 160. Mate 107, 133, 135: Mattarana 468. Matthiola incana 291, 295*. Matthiolus von Siena 93. Mattioli, H. A. 280, 291. Pierandrea 362. ” Matratzen-Seegras 316. Maupassant, Guy de 220, 323, 334. Maure, la. 274, 275. Maurengebirge 213, 229, 278. n Geologie 203. ” Örographie 203. Maurettes 200. Mäusedorn 169, 525. Maxime, Sainte- 204, 220. Maximus, Sankt 285. Mazeration 388, 393. „ mit flüssigem Fett 388, 393- Medicago 'arborea 174, 177, 313. Medusen, leuchtende 373. „ „Züge 455- Meer, seine Färbung 365. „ Ursachen der Färbung 365. »» Wechsel der Stimmung 429. Meeresalgen 252 s. a. Algen... „» "Bakterien 373. -Bewohner, leuchtende 371, 372. -Färbung 318. „. »Leuchten 371,976: -Pflanzen 314, 315, 317. Meerstrandsnarzisse 295. Melissa officinalis 387. Melisse 387, 400. Mentha piperita 387. Menthol 385, 409. Mentone 38, 363, 369. x Friedhof 50, 336, 340. Garten der Casa Copley 45, 337- Kloster Annonciade 342. Ölivenhaine im Vollmond 363,8; R Pflanzenreichtum 336 — 342, .369. En vom Pont St. Louis 44, 47, 335*. Re Villa Le Paradou 339. Mescal 305. Mescla, La 489. Mesembrianthemen 123. Mesembryanthemum acinaciforme 175, 314. ie edule 175, 328. Mespilus japonica 100. Metopium 414. Michelet, über das Meer 431. Micrococcus phosphoreus 374. Migränestifte 385. Millin, Aubin-Louis 199, 222, 223. Mimikry 123. Mimosen 56, 185. Mimusops Schimperi 84. Minnenhöfe der Provence 201. Miolan-Carvalho 230. Mirabilis longiflora 406. Mispeln, japanische 99. ; Busgal 132, 193, 215, 226, 238; 253. Mittagsblume 123, 175, 314, 328, 340. Mittelmeer, Färbung 365. 3» Gezeiten 368. r Salzgehalt 368. ss Seebäder 368. seine Nemperatur 368. x seine Tiefe 368. Molisch, Hans 373. Monaco 150, 329. Mönchspfeffer 216 s. a. Vitex. Mond, nach Plinius 364. Mondschein 332,363, 364,528, 529. Moneglia 468. Mont Agel ı51, 331. » Boron 489, 490. = 1Gros 312. „ Saint-Honorat 487. Vial 487. Vinaigre 229, 234 ‚236, 238, 261. Monte Bellenda 52. „». Caggio 4,483. = #1, Castello.-461. u Nero-4. „» di Portofino 442. Monte-Carlo 149, 150, 329. Montefino 506, 523. 569 Montefino, Sonnenuntergang 526. Monte di Portofino von Nervi aus 495". Montpensier, Duchesse de 140. Morgan, John Pierpont 380. Moricandia arvensis 128, 301*. Moringa arabica 414. Mortola, La, Besuchstage 51. Blütenfülle im Früh- jahr 54. Bodenbeschaffenheit 53- Garten 51,70, IITT, 2. 283, 303, 353, 405. Palazzo Orengo 52, „ „ ER 2) 112, 122: Pergola 125. Pflanzenreichtum 52, 53- Schlingpflanzen 126. Witterungsverhält- nisse 52, 53. r ‚» Zypressen, von 127: Moschus 383, 386, 410. 412. Mougins 276. Möven bei Saint-Raphaöl 327. Mumienkränze 84. Musa sapientun 47. Musc Baur 386. Muscari comosum IS. Muskatbaum 145. -Früchte 1435. „= -Nub 740. Muskatnußmonopol 144. „ Myoporum 187, 188. Myristica fragrans 145. Myrobalanon 414. Myrrhe 108, 109, 414. „ der Ägypter 108. Myrrhenharz 108. Myrtaceen 89. 79 Myrte 29, 80, 157-159, 170, 200, 266, 294, 328, 505, 507. N. Nachtkerzen 46. Nachtschatten-Arten 94. Nachtschatten, brasilianischer 46. Nachtviole 292, 406. Nadelhölzer 176, 510, 512, 516. 5 in La Mortola Iıı. Nagarunga 71. Naphelium-Arten 89. Napoleon 149, 326, 422, 501. Napoule, Golfe de la 262. Narang 71. Naranja 71. Naranzi 71. Narcissus jonquilla 392. r poeticus 232. sr tazettal 18.3077, 527. Nardus indica 401. „ Atalica 401. Narkissos 232. Narzissen 183, 485. Nasca 440, 461 s. a. Inula. Nashörner 520. Natterkopf 46, 340. Nebeg 94. Nelken 5, 183, 485. » Genueser 438. Nelkenöl 384. Nelumbium speciosum 93. Nero 418. Nero, Capo 475, 482, 483. Nero s. Monte. Neroliessenz 393, 394. „ Öl 393, 394, 403- », -Portugalöl 394. Nervi 427, 431. „, Blumenzucht 438. „ Eden-Hötel 427. Nervi, Entwicklung 437. » : Klima a3 „ Meer bei’429. ‚„ ältere Schilderungen 436. Strandfelsen 435. „ Strandpromenade 427, 428, 435. „ Vegetation 435, 436, 438. Windschutz 435. Nigrum hispanicum 212. Nitophyllum punctatum 313*, 321, 323; Nizza 151, 152, 484, 486, 489. „ Blumenmarkt 484, 485. „ Palmsonntag 486. Nolinen 123. Nordsturm am Cap Martin 333. Notre-Dame de la Garde s. Antibes. Nummulitenkalk 53. Nymphaea alba 406. „ coerulea 84. Br lotos 93. O. Observatoire bei Cannes 273. ie „ Nizza 312, Octavian, Turm des 149. Oenotheraceen 46. Öl für Salben 389, 412. „. -Bliege 5. „ -Gewinnung 10. Ölbaum 8, 13, 130, 131, 170, 474. " Blütezeit 8. Bodenverhältnisse 14. Düngung 14. „ Früchte 8, + paläontologische Funde 14. Stämme 8. Strauchform 170. x Ursprung 14. > Verbreitung 13, 14. u. Ölbaum, Zucht 9, To. Ölbäume, alte 492. 3. als Grenzmarken 13. Olbia 200. Öle, ätherische 60, 70, 386, 387, 40I, 402, 400. AR 35 als Gifte 409. „ ‚fette 386. „ Oxydation der 409. Gleander 215, 216, 474. Oleaster 170, 460. Olibanum 108. Oliven 9, 48. 7 Ernte 9. Er Hame 8, 129,339, 343: Jagd auf Vögel 14. = „ im Voilmond 8, 363. Bro, 11,12. Ollioules 187. Oneidium bifolium 102. E) ’) r pulvinatum 102. Ophrys Bertolonii 16, 319*. Opuntia ficus indica 489, 490. r monacantha 489. - tunicata 124. Opuntien 53, 54, I22, 124, 130— 132, 321, 474, 489. Geringe 39, 47. 70, 71 74, 75 76,, 130. zy Name 71. 3 von Jericho 72. R -Zedrate, Kombination 76. Orangen und Zitronen auf demselben Stamm veredelt 77. Orangen-Bäume am Ätna 72. in Hyeres195— 197, 200. 22 Blüten 393, All, 474. in Grasse 394, 411. der 393, 41. 61386, 393,394,403. „ 2 „ 9” 2 EN Parfümerie ” „ 971 Orangenblütenwasser 393, 394. 2 Ole 305. „» Schalen 395. Orchideen 16, 40, 102, 268, 343, s. a. Ophrys u. Serapias. Orengo, Palazzo s. Palazzo. Origanum Smyrnaeum 8o. Ornano, Cuneo d’ 326. Ospedalettı 482. Östeospermum moniliferum 177. Österluzeifalter 245. Östwind 226, Oxalis cernua 325*, 359. Befruchtung 361, 362. >] 9’ Schlafbewegungen 360. „ >) Ozon 409. D. | Padina pavonia 321, 33 1*. Paganini 296, 297. Palazzo Orengo 52, 122. % ;»ı Aussicht ‚124. Palm 30. Palmarosaöl 398, 399. Palmen. 25,,28, 47, 130, 131. Rn: -Blätter 112. „ ın@Cannes.,307. = ‚in AGrasse2379: 25 im Kunsthandwerk 37. 7 von Hyeres 197. „ von La. Mortolarrr2, Palmsonntag 27, 28, 486. Palmenwedel 27, 28, 486. Pampasgras 446. Panamaholz 100. Pancratium maritimum 295. Pantaleone, San 465. Papilio podalirius 182. Papilionaceen 46, 54. Pappel, euphratische 29. Paradiesapfel 29, 66. Paraggi, Kastell 509. 33% Parfüme in Frankreich 420. Geschichte 412. ” Luxus 417, 418, 420. Mißbrauch 416. Ursprung 382. 5 Verwendung 411. Parfümfabriken 387. „„ Gewinnung 386, 389, 396, 401. „5 Indhistrie 2382, 408, 422. Parfümieren im Altertum 412, 413. Pasqua 137. Passerina hirsuta 166, 341*. Patchouli 383, 387. Paul III. 457. Pelargonien 5, 39, 44, 48, 58, 174, 474. Pelargonium capitatum 400. 7 odoratissimum 58,399. - radula 58, 400. Penisola 499, 500, 502. Penzig, Otto 443, 346 —449. Pergola 46, 125, 339. Persea der Ägypter 83, 84. „ gratissima 83. Persimmon 85. Petite-Afrique 492. Petitgrainöl 394. Petroläther in der Parfümerie 390, 392, 393, 40I, 406. Petroniotal 468. Petronius 418, 419. Peutingersche Tafel 263. Peyssonnelia squamaria 321, 347*. Pfahlrohr, s, a. Canna 117, 118, Pfeffer 90, 146. Pfeffer-Baum 49, 90, 336. „ Geschichte 146. „ +Minze: 387; 399. Pfefferbäume, südamerikanische 174. Pfefferminzöl 404. Pflanzen, als Wertmesser des Klimas 438. | -Kenntnis 446. Einwirkung der Witte- der L.igurier 2) „ rungsverhältnisse 522. Pflanzliches Leben im Meere 314, 315, 317. Pfriemenstrauch 243. Pfropfen, Herstellung 205, 211. ' Pfropfhybride, Angaben über solche 75.77. Phaedranthus 339 Phaseolus vulgaris 439. Phillyrea 267, 343. 5 angustifolia 169, 267, 343, 3537 - Phillyreen 267. Phoenix canariensis 32, 34. dactylifera 31, 32. buccinatorius 45, ’ Phosphoreszierende Wesen 373. Photinia serrulata 100. Phyllodien 56, 186. Phyllostachys 113. Pian Carparo 483. Pic d’Aurele s. Aurele. Pic, Grand 254, 261. Pierlas 297. Pietre Strette 444, 524. Pietro de Rovereto, San 465. Pigeonnier 242. Pilae marinae 317. Pimpernuß 92. Pinie' 13T. „ besonders große 218. Pinienwald am Golf-Juan 190. Pinus canariensis 176. Pinus maritima 177, 234. Piper 'betle 34: „ nigrum 91. Pischarpinanas 87. Pistacia lentiscus 158, 160, IQI, 246; 266,295, 338, 359*, 445, 469, 507. en terebinthus 91. Rzevera. 92. Pistazien 158, Iyı, 236, 266, 328, 507. „Baum 92. ‚ Mandeln 92. Pithecoctenium muricatum 126. Pittosporum 174,176, 187,188, 442. 5 tobira 58, 313. Piuma s. Villa. Plage d’Aurele s. Aurele. Plankton 366, 373. Platanen 80. Platterbse 269. Platycerium aleicorne 103. Eimus323,724, 30,63, 65, 77, Pers 132, 150, 167, 10°.0217, 291, 412, 413, 430, 439. = über Ampelodesmos tenax 508. die Erde 429. Feigenkultur 351. den Mond 364. Olivenernte 9. Parfüme und Salben 401, 402, 418. Veilchen wurzelstock 391. Wein’ 18, 22: Zypressen 459. und lIris- Plutarch 418. Poggi, G. 456. Pogostemon Patchouli 387. Pointe de l’/Islette 172, 313. Pois de senteur 438. Polianthes tuberosa 406. Pollio Romilius 18. Polo, Marco 147, 148. Polsterwälle 316. Polygala myrtifolia 174. Polygalaceae 174. Poma aurantia 71. Pomade 412. Pomade, Herstellung im kleinen 396. Pomarancza 71. Pomeranzen 70, 71, 74- Pomeranzen-Baum, Alter seiner Kul- tur 70. sein ätherisches Öl 70. bitterer 68, 70. süßfrüchtiger 70. „ >>} ” „ &E) „ ER} ’„, als Unterlage bei Veredlungen 70. 013095: Pompelmusbaum 70. Pompelmusen 68, 74, 395. ı Pomponiana 195, 203. Pont Saint-Louis 44, 47, 50, 336. Schlucht 50. , „7 ' Populus euphratica 29. ı Porphyr, blauer 242. ae roter 227, 242. Porphyre des Esterels 228, 242. 5 -Säulen 235. Porto-fin 455, 456. Portofino 446, 455, 495”, 496, 527, n Bergkegel 500. r Castello San Giorgio 499. Kastell von Paraggi 509. 55 Kirche von San Giorgio 497, 498. R Kloster Cervara 453,456, 457. © -Kulm 3235. Leuchtturm 535. ir Madonna del Capo 456, 505.933 534955 = Penisola 499, 500, r Vegetation 496, 507, 527. 374 Portofino,\ illa Carnarvon 530, 531. r- Vollmond 528, 529. 5 Vorgebirge 428, 442, 495*. Portogallo 70. Porto Venere 470. Portus Delphini 455, 497. Posidonia oceanica 316, 317. Potamogetonaceen 316. Potpourri 402. Pox, Ferdinand 63. Pregnani, Pater 280, 281. Primel»52;, Primeurs von Hyeres 198. Primula acaulis 525. Pritchardia fılifera 32. Prometheus 283. Prosper Alpinus 135. Proteaceen 122. Provence 225. Provincia Romana 225. Prozessionsraupe 178. Pseudo-Nardus 401. Psidium-Arten 84. Psoralea bituminosa 365*, 461. Pteridium aquilinum 244. Pteronia incana 57. Ptychotis Ajowan 385. Puget-Theniers 487, 489. Pulque 305. Punica granatum 78, 79. Q. Quercus coccifera 168, 371*, 469. 2 ilex s. a. Eiche und Stein- eiche, 167,168, 176, 204, 215, 237, 377*, 443; 444, 460, 479, 481, 507. Quillaja Saponaria 100. Quinoapflanze 141. Quitten 71. R. Rafflesia Arnoldi 293. Rafflesiaceen 293. Ranunculus asiaticus 183. Ranunkeln 182, 183. Rapallo 456, 465. se -Chiavari, Bergstraße 464. Raphael, Saint- 204, 22I, 225— 229, 242, 245. Raute 295. Regnard 147. Reinach, Salomon 150. Reichemberg, Suzanne 230. Reise, erste I. IE zweite 193. dritte 271. 3... „VIErLEeRZ3E% „ .. Sunftez425% „'. sechste 495. Reispapier 109. Reizmittel, ihr Ursprung 132. Reizstoffe 132. Remo, San s. San Remo. Renoncules des fleuristes 183. »„ Pivoines ou d’Afrique 183. Reseda 5, 182, 184, 186, 392, 399, 401, 411. „» Duft 401. Revalenta arabica 440. Rhamnus 81, 94, 343. 5 alaternus 164, 165, 328, 343, 383*,444,447,507. Rhinoceros Merckii 520. Rhipsalis 103. Rhodocera cleopatra 182. Rhododendren 107. Rhus succedanea 92. „ vernicifera 92. Ricinus communis 369. Richelieu 279, 326. Riesennatterkopf 79. Riomaggiore 471, 472. Rittersporn 233. Riviera, Bewohner der 521. „ Klima 509. „ Geologische Vorgänge 510. » Witterungsverhältnisse 193. Rizinusbaum 369. Ol 370. Roccabruna 38, 42, 148, 329. Roccolo 448, 449. Rohr, spanisches 114. „ -Zucker 119. Roja, Tal 276. Rolandine 352. Romaine blanche 183. Romerages 300. Romero Santo 402. Romolotal 475. Roquetaillado-Tunnel 275. Rosa anemoneflora 45. Rosa „» Banksiae 125. anemonoides 338. „, Ssempervirens 445. Rosa sinica 45, 338. Rosen, Felix 460. Rosen 39, 45, 49, 50, 184, 272, 335, 338, 397, 417, 474, 485. | | Sainte Agnes s. Agnes. „, in der Parfümerie 392, 397, 411. Rosenäpfel 89, 143. „ Felder 399. „ Kultur 399. „ 01383, 397—399, 404, 409. „ -Olgewinnung 398. „ Parfüm 398. „ -Pomade 397. „ Sträucher 44. ER) 23 Rosifloren 100. immergrüne 445. Rosmarin 5I, 158, 163, 200, 266, 328, 378, 391”, 401, 445, 503, 504. 5 -Blüte 1359. 575 Rosmarin als Symbol 504. ” -Öl 163, 401, 403, 404 Rosmarinus officinalis 391* s. a Rosmarin. Rousseau 467. Route de la Corniche 148. Roux, Cap 250, 253—256, 258. Abhänge 261. „ ” ı Rovere, Maria della 467. ı Rübenzucker 121. Ruscus aculeatus 169, 525. Ruta 442, 455. Ruta bracteosa 295, 328. Ruten-Cactaceen 103. „ Kraut 96. S. Saccharum 118. 5 officinarum 119. Sachsen, August von 78. Scaurus, Aemilius 263. Safran 425. Safrol 385. Sagopalmen 512. Saint-Victor, Paul de 279. Sainte-ampoule 19. e Beaume d’Honorat s. Hono- rat. Sake 86. Salato 396. Salbei 1ı9I, 401. Salben 389. Salben im Altertum 413—415. -Eichel 414. „ „ Gefäße 416. „ -Herstellungim Altertum 413, 414. -LuxusimAltertum416— 417, 418. -Mißbrauch im Altertum 416. rb) 576 Salicornia-Arten 188. Salicylaldehyd 384. Salicylsäuremethylester 384. Salmiakgeist 408. Salonius, Sankt 285. Salsola, Kali 188. # Soda 188. Salvatore, San 466. Salvia albocoerulea 58. »» horminoides 19I, 399*. Salvius Otho 418. Salzmelde 188. Samenpflanzen während der Erd- entwicklung 513. Sand, George 152, 194, 239. Sandarac 64. Sandelbaum 387, 393. „ Holz 379, 392. erg: San Remo 4, 473, 481, 484. Altstadt 475,476, 478, ER) Er) 484. # „» Madonna della Costa 476. n »» Vegetation 473, 474, 489. Santalum album 387. Sapindaceen 89. Sapotaceen 90. Sapoten 89, 90. Sarazenen 220, 222. Sarazenenfestung 219. Sarsaparille 171. Sasso 6. Saubohne 438. Sauerklee 359, 360. Saussure, Horace-Benedict de 239, 301. 7 Theodore de 194. Sauyaigo, D. 352. Scheffel-Palmen VII*, 26, 483. Schenkelwespen 346. Schilfpalme 114. „ Rohr 112. Schiller 467. Schinus molle 90, 9I, 336, 407*. Schlauchalgen 321. Schleifenblume 241. Schlingpflanzen in La Mortola 126. | Schmarotzer 293. Schmetterlingsblüten 162. Schneckenklee 174, 177. | Schneeball 58, 177, 240. Schneeglöckchen 425. Schnupfpulver 385. „ tabak 408. Schokolade 137, 140. A an Einführüng 140, I4I. als Heilmittel 141. = -Surrogat I4I. Schotenklee 172 s. a. Lotus. Schrader, Otto. 21, 63. Schröter, CI IT Schubert, G. HH. 240,397,7302 Schwertlilie 230, 231, 485. Sconna domestico 447. 2 selvatico 447. Scrophulariaceen 187. Sedum dendroideum 48. Seealgen s. Algen. Seealpen XIX#*, 4,6, 62,148. Seefahrt am Monte di Portofino 455. Seegras 316. -Kugeln 317. „, Seeigel, Eierstöcke, als Speise 216. Seelemann, Berthold 95. Seepflanzen 314. Seerosen 406. Seesturm 180, 431. Segelfalter 182. Segesta Tiguliorum 468. Seguier 134. Selaginella denticulata 343, 415*. Selim«L’'T35. Pe 0 Bar: Senecio angulatus 505. » Jacobaea 505. * micanoides 505. Sequoia gigantea 60. Sequoien 516. Serapias lingua 268, 433”. Serrano Franciso 144. Sestri! Levante 456, 458, 462, 463, 467, 469. Klima 458. Sant’ Anna 463. Telegrafo 461, 463. ei „ Villa Piuma 460, 463. Sevigne, Marquise de 137, 141. Shakespeare 504. Sicherheitslampen, lebende 375. Siegwurz 17. Silberbaum 122. Silphion 97, 98. Silphium 99. Sinaapfel 71. Sinus Sambracitanus 203, 213, 219. Siphoneen 321. Siphonophora 491. Smaragdeidechse 260. Smilax aspera 171, 241, 441*, 445, 460, 508. 2 Winde‘ 445. Smyrnium olusatrum 282, 449*. Soda 197. Sokrates 418. Solanaceen 45. Solaneen 94. Solanum acanthocarpum 94. Solanum anthropophagorum 95. ” jasminoides 46. H marginatum 95. ee melongena 95. Warszewiezii 95. Sonnen-Aufgang 3, 308. » Licht, Wirkung 308. „ -Röschen 162. ı Sonnenuntergang IQI, 192, U 298, 526, 537. Sophronitis grandiflora 103. Soursop 88. Spallanzani Lazzaro 311. Spanischer Flieder 407. Spanisches Rohr 114. Sparaxis 184. grandiflora 104. 2 tricolor 104. Spargel 168, 241, 445, 508 s. a. Asparagus. „ Kraut 168. Spartium junceum 162, 236, 457*, Bor Speyer, Otto 435. Spezereien 147. Spezia 442, 468—470, 472. Sphacellaria scoparia 321, 465”. Spiköl 402. Spornblume 128 s. a. Centranthus. Spritzgurke 294. Ssidr 94. Stahr, Adolf 436, 437. | Stechapfel, chilenischer 45. „. -Bichen 295: -Palme, immergrüne 48, 525. „Winde: 177, 24T7,. 441,700. 508, s. a. Smilax. Steckenkraut 96. Steineiche, immergrüne s. Quercus. ilex. Steineichen 377* s. Quercus ilex. Sterculia acuminata 107. Sterculiacee 54, 107, 139. Sternklee 269. Steven 2I. Stinkasant 97. Stinkfrucht 89. Stoechaden 195. Storax 108. Strada nazionale bei La Mortola 128. E. Strasburger, Streifzüge an der Riviera. 37 578 Strada romana bei Bordighera 6. Strandkiefern 177, 220, 234. Straßen, römische, im Esterelge- birge 235. Straßenbahnen, elektrische bei Nizza | 487,489. Streptosolen 49, 95, 339. > Jamesoni 45. Strohblumen 172. Styrax officinalis 108. Sumpfzypressen 516. Sweet-Alisson 340. Sweetsop 88. Sykomore 355. Sykomorenholz 355. Sykophanten 353. Syringa vulgaris 407. T. Tabaschir 116, 117, 119. Taggia 480, 484. Sein. TO, Tamarisken 368. Tamarix gallica 368. Tatarak 362. Taubenschlag 242. Taubenschwanz 174, 175. Taxodien 516. Tazetten ı8, 182, 183, 485, 527, s. a. Narcissus tazetta. Tee:182. „ seine Einführung 133, 134. Teebeerenstrauch 384. „Genuß 133. Tee, Paraguay- 135. „ Rosen 5. ‚„, "Strauch 105. Tein 107. Telegrafo 461, 463. Telephon aus Bambus 115. Tenda, Col di 276, 277. Teobromin s. Theobromin. Terebinthen 92. | Ternströmiaceen 105. Terpene 410. ; Terpentin, cyprisches 91. Terpentin-Pistazie 9I, 415. Tete de Chien 43, 48, 329. Tetrapanax (Aralia) papyrifer 109. Teucrium fruticans 173, 313. Thais polyxena 245. Theas, Francois de 380, 381. Thee’s. Tee. Theobroma 141. Theobroma cacao 139. Blütenstände 139. 5 „ "Erichtease: Theobromin 107, I4I. Theophrast 99, 29I, 357, 413. Thesmophorien 216. Thoranc 381. Thuja occidentalis 459, 559. Thuret, Garten 152, 189. Thymelaeaceen 166. ” EB ı Thymian 158, 164, 191, 378, 385, 401, 402, 416. „> Ol gas Thymol 385. Thymus vulgaris 164. Thyrsus 96. Tiefseefauna 320. Tigullien 455. © Golf von 497. Tillandsia usneoides 103. Tinee, La 488, 489. Tinctura Eucalypti 61. Tomate des Kannibalen 95. Tombarellı 382. Tomina 101. Tonkabaum 384. „» Bohnen 384. Tonquinol 386. Topin, Marius 279. Totenkopf 190, er Totenkränze 84. Tourrettes-sur-Loup 378. Trachycarpus excelsus 32, 33. Tramontana 458, 532, 533. Traubenhyazinthe 135. ‘ Travertin 53. 193", 243, 253. e =ekHinnd-s’Castor. Fischfang 251. Hötel 249. Pflanzenreichtum 243, 268. Treiberei, künstliche 426. Trayas, Le Trifolium stellatum 269. Trimalchio, Gastmahl des 418. Tritonien 104. Tropaeolum pentaphyllum 104. Tropetius, Sankt 213. Tropez Saint- 213, 214, 220, 238, 29I, 300. Fe HTotel" 216. Vegetation 215. »„ „» Troubadours 201. Tuiles sarrasines 220. Tuberose 186, 388, 406, 407. Tuffstein 53. Tulipa clusiana 17, 473*. HR praecox 17. Tulpen 17. Turbie, La 149— 151. Turris in via 149. U. Ubac des Escalles, Ravin de I’ 245. Ulven 315. Umbelliferen 96, 99. „Unedo“ 167. Ungarwasser 404. Urgesteinpflanzen 206. Urospermum Dalechampsii 269. Ursus spelaeus 520. Usnea barbata 103. N 9.29 V Valerian, Sankt 285. Valescure 229, 230. Vallauris 276, 277, 300. Vallecrocia-Tal 6. Vallis curans 230. Vanille 384, 387. Vanillin 384, 410. | Var, Schlucht des 377, 486, 488. Vartal 377, 486, 488. Vaubansches Fort Carr& 326. Veilchen 38, 51,186, 342, 411, 485. r bei den Alten 291, 342. „ . “Ernte-in Grasse 388, 392: -Felder bei Hyeres 198. m -Parfüm 388, 389, 392. » -Pomade 388, 390. » -Wurz 385, 386, 391. Vence 378. Ventimiglia I, 44, 335. Ventium 378. Venusgürtel 491. Venushaar 40 s. a. Adiantum. Veranius, Sankt 285. Verbena triphylla 400. Verbenaöl 400. Verde, Punta di Capo 478, 483. Vetiver 387. Vexiergurke 294. Via Aemilia 263. „‚Aurelia 52,'219,:230, 203,725; 434, 455, 464, 465, 471. „» Domitia 235. = ‚tlerculear 277. Vial s. Mont. | Viburnum tinus 58, 177, 240, 481”, 507. Vicia faba 438. Vico del Bottone 463. ı Vigie de Peyssarin 261. Villa Bertollo 468. Carnarvon 530, 531. 30r >>) 580 Villa des Lotus 307. » Fontmichel 380. Gropallo 436, 437. „ Le Paradou 339. „ Malvilan 380. - -Piuma 460; >403: „ Rosmarino 337. „ Roubaud 380. „„ San Valentino 46. „ Valetta 307. „ Vallombrosa 307. Villefranche-sur-Mer 490. Villemessant, de 155. Villepey, See von 22I, 247. Villette 281. Vinaigre s. Mont. Viola 29I, 417. Violette le Czar 198. „ de Parme 389. Virgil 77, 291. Vitex agnus-castus 215, 216, 489*. Vitis vinifera 20. Vogeljagd 14. Vögel, Vernichtung in Italien 448. Vogt, Karl 490. Voltaire 279. W. Wacholder 51, 170, 266, 507 S. a. Juniperus. 2" gemeiner 445. a -Sträucher 237. = Zedern- 444- Wachsblume 190. Wachspalme 36. Wahrzeichen von Saint Raphaäl 227. Waldmeister 384. Waldreben 220. Wallach, Otto 411. Wallace 116. Wartburg, O. 144. Washingtonia filifera 32, 33, 37- Fr filamentosa 33. »s gracilis 49. Washingtonien 32, 33, 36. Wasserdost, veilchenblauer 338: Wegdorn 81, s. a. Kreuzdorn u. Rhamnus. > immergrüner 164, 328. Weihrauch 108. Wein, im Altertum 21. Wein-Amphoren 25. -Bau: in Italien 23, 24. „. "=Geist,40% „» Kultur, Ausdehnung 20. 5 Plinius über 22. %- -Räuchern 21. „ „Raute 295,322 2 -Rebe 20. „. „Stock:18, 130. Blütezeit 20. paläontologische Be- funde 20. seine Kultur 24. Ursprung 20. Verbreitung 20, 2I. „ '»=Tonnen 25: Virgil über 22. -Zusätze im Altertum 2I, 22. Weißdorn 167. $ Wermut 399. Wigandia caracasana 44, 474. Wigandien 79, 339. Winde, mediterrane I9I. Wintergrünöl 384. Winter, Kunstgärtner 26, 52, 483. Winterling 425. Wistaria sinensis 337. Wiiterungsverhältnisse in den älte- ren Perioden der Erdentwicklung: SıT, 2 an der Riviera 193.) Witterungsverhältnisse, Einwirkung auf die Pflanzenwelt 522. Wohlgerüche 383, 386. Wolfsmilch 237 s. a. Euphorbia. „ Strauchartige 51. | „ -Bäumchen 165, 166, 507. Wunderbaum 369, 370. „» -Blumen 406. Wundklee s. Anthyllis. Wundkork 208. X. Xylocopa violacea 531, 532. Y. Yerba 107. Ylang-Ylang 386. Ysop 80. Nüceen 122, 189. 2. Zantedeschia aethiopica 356, 485. Zedern-Wacholder 444. Zedriaten 63, 74, 75, 76. Zellen, Entdeckung der 208. Zibet 333. | Ziegelsteine 220. Ziem, Felix 297. Zimmt 83, 146. „ Äpfel 87, 88. „ Baum 82, 387. | Zingiber officinale 147. Zistrosen 158, 159, 191, 236, 244, 267, 293, 343, 445, 490 s. a. Cistus. Ziststräucher 161, 162 s. a. Cistus. Zistusarten 162. Zitral 386. Zitronat-Zitrone 66. Zitrone, dickschalige 66. “ fäulniswidrige Eigenschaf- | ten 66, 69. 581 Zitrone, symbolische Bedeutung 69. Zitronelle 400. Zitronellöl 401. 39, 47, 48, 65, 66,74, 130, 4981. Zitronen Zitronen-Gärten 339. > -Handel 482. = und Orangen auf dem- selben Stamm veredelt 71. a5 -Kraut 400. » -O1 386, 395, 403. -Saft, Verwendung 68. Zitronenfalter 182. Zizyphus-Arten 92, 93, 94. > jujuba 94. Er lotus 92, 93, 94. er spina Christi 94. n vulgaris 94, 481. Zoagli 456, 464, 465. Zostera marina 316. Zucker aus Rüben 121. „» Fabriken in Deutschland ı 21. „ Produktion 120. -Raffinerie 120, 121. -Rohr 119, 120. -Anpflanzung 119. „ ” „ „ -Fortpflanzung 119. „» „» Verbreitung 119. -Verbrauch 121. Zürgelbaum 93. Zuurebesjes 85. Zwergpalime 32. Zypresse 39, 49, 92, 127, 130, 131,276, 187, 030 329, 339, 443, 459, 460, 474, 479. 5, im Altertum 459 5 als Symbol 459. Zypresse (Pyramiden-) 459. IE =.” BER. ARE 5 BE Berichtigungen. S. 55 ließ: Cassis statt Cassie. S. 95 ließ: Bokola statt Bokala. S. 108 ließ: Styrax officinalis statt St. officinale. Zwischen S. 157 und 243 steht öfters Maki statt Makis. S. 267 ließ: Cistus salvifolius statt C. salviifolius. # S. 337 ließ: Kronwicke statt Kornwicke. S. 343, 6. Zeile, nach dem Worte „Rhamnus“, ließ: S. 383 statt 283. ; S. 413, ıı. Zeile, ließ: Plinius statt Plinus. 519 fehlt auf der 4. Zeile von unten ab, nach dem > Worte ‚an‘: Anm. 32. = u Druck von Ant. Kämpfe in Jena. MHUINUE U re Ki ZN ZN Ze III 3 5185 00007 3 | AR A 5 , ; % I ö h Ir | £ j & a . z h ‚a ; Bj } j Kr MM: “ RW. \ : mE er Al Ta Er a % e f AuaN TB, % az a5 NEE ’ h 2) V u A ® N an , R z g # S % r sr ' EN ‚BB . r f} un, L h \ J ff} x . Lf is N‘ ee v y y \ £ Y (7 ") \ & . In r \ # Rh Ru i \ 2 s f\ E ; Pi ä : « e ; B- | 4 3 1) \ 4 N f} „ 4 u » vı f E# 38 2 | a x wu A ß - h \ 0 S J s % # . BE # \ : : t : vo } # I uniRi! 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