10 ie Sera) 252 * \ ANNE y 4 ET . lt neee 97 N BAHR N I 9 Wanne — f a F var ie Ya , 1 vn I Lie np 15 N N } . N 1 i 5 ; 25 8525 17, . Her F N ’ 7 1 1 2 ** N ira . 7 5 . N. aaa ' ; 0 H Lan 125 5.555 lle ara 655 Nn „ I ene ; 2 9452 Kun - | „ EBin fen Wie er ed en e eee ERKENNE . } N H 7 eien, er 4 Sante 5 „ Aare ak h | j \ Y ö Weise Ann ya u 9 Ark. Seren | Sa ** 1 % i eh 5 75 ser * 5 105 * 5 r ENT N „ A ’ 10 * M * N 4 7 j 1 115 | MERRILL, 19. n 2 DONE a * TRIER N 17 Nein 1 Win vr * 9 0 de un vie y 1 N 4 e je 19 ꝗ . een 111 „hi ke J ya N 14 5 ‘ ö 15 N + fi 0 1 Ya 29 h 7 N. N r NA > 8 1 in ‘ Ä i ; t s x y H 5 N Asen / b 1 ar 1220 SER 1 85 0 7 99 % 6 1 enn 84, 47 Deren . 7 532 —— 7A 7 ur INA 17171 e aa Kb nne } 8 4 are r N 8 8 1 * A 1949570 5 vr al — \ > 2 1 7 r Finn . Wan var tere 8 4 95 I N Se EEE Et en md “ir 7 . 4 7 1 1 e inen 7 4 17 He 1 ee 2 tr! vera Fer . 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Schmidt, 7 Doppeltafeln und 4 einſeitigen Tafeln nach Photographien und einer Kartenbeilage Bibliographiſches Inſtitut Leipzig und Wien 1920 Id 5 14 7 Alle Rechte dom Verlege r vorbebatte opyright 1915 by Bibliographisches Institut, Leipzig * A 9 5 5 x se, Vorwort. Das Bild, das der vorliegende Band des Tierlebens von der Inſektenwelt gibt, kann kein ſo vollſtändiges und bis in Einzelheiten ausgeführtes ſein, wie es dem Leſer durch die folgenden Bände für die höheren Gruppen des Tierreichs vor Augen geführt wird. Hierzu ſind bei den Inſekten der Reichtum an Arten und die Mannigfaltigkeit der Lebenserſcheinungen gar zu gewaltig, um ſo mehr als in dieſem Bande auch noch die den Inſekten nächſtverwandten Gruppen, die Tauſendfüßler und Spinnentiere, Berückſichtigung finden müſſen. Gewiß iſt es zu bedauern, daß unter dieſen Umſtänden manche häufige und bemerkenswerte Art aus Mangel an Platz nicht genannt werden konnte und vieles, was ſicherlich eine eingehendere Beſprechung verdient hätte, nur mit knappen verallgemeinernden Worten ſich andeuten ließ. Aber auch in der vorliegenden Geſtalt dürfte der Inſektenband wenigſtens das Wichtigſte ent⸗ halten und vielleicht eine hinlängliche Vorſtellung von dem Rieſenreiche der Landkerfe und der bunten Fülle des Lebens, das ſich dort in den mannigfachſten Formen abſpielt, geben können. Hinſichtlich der Verteilung des Stoffes ſei bemerkt, daß anatomiſche und morphologiſche Eigenſchaften nur in dem Maße Erwähnung fanden, wie es für das Verſtändnis notwendig erſchien. Statt deſſen ſind in dieſem Bande, den ich in Gemeinſchaft mit meiner Frau be⸗ arbeitet habe, die Lebensweiſe der Inſekten und, ſo weit es möglich war, auch die Beziehungen dieſer Tiere zur übrigen Lebewelt überall in den Vordergrund geſtellt worden, wie es ja dem Sinne des Geſamtwerkes entſpricht. Dem übereinſtimmenden Wunſche des Herrn Heraus⸗ gebers und des Verlagsinſtituts, möglichſt alle wichtigeren Hauptfamilien durch Nennung eines oder mehrerer Vertreter anzuführen, haben wir dabei, jo gut es ging, Rechnung zu tragen geſucht, haben dagegen geglaubt, uns in der Beſchreibung der Tierarten auf das Not⸗ wendigſte beſchränken zu können. Der „Brehm“ iſt kein Beſtimmungswerk, und ſo ſollen die hervorgehobenen Merkmale bei den einzelnen Tierarten und Tiergruppen nur zur allgemeinen 85 Kennzeichnung dienen und dem Leſer gewiſſe leicht verſtändliche Anhaltspunkte geben, keines⸗ wegs aber erſchöpfende wiſſenſchaftliche Beſchreibungen ſein. Die ſyſtematiſche Gliederung der Klaſſen, Ordnungen und ſonſtigen Abteilungen iſt nach Möglichkeit mit dem gegenwärtigen Stande der Kenntniſſe in Einklang gebracht worden, und bei der Darſtellung aller Vorgänge, die das geiſtige Leben der Kerfe betreffen, wurden die für die jetzige Auflage des „Tierlebens“ maßgebenden Richtlinien beachtet. Auf dieſe Weiſe iſt es zu erklären, daß ſich der vorliegende Inſektenband nicht unweſentlich von dem der vorhergehenden Auflage unterſcheidet, welcher vor mehr als zwei Jahrzehnten erſchien und der Feder eines unſerer kenntnisreichſten Ento⸗ mologen, des verſtorbenen Profeſſors der Zoologie an der Univerſität Halle Ernſt Taſchen⸗ berg, entſtammte. Waren wir auch trotz aller durch die Fortſchritte der Wiſſenſchaft bedingten Umänderungen beſtrebt, den bisherigen Charakter des Werkes möglichſt beizubehalten und das Neue an das Frühere anzupaſſen, ſo blieben doch nur ſehr wenige Stellen, die unver⸗ ändert aus der vorigen Auflage übernommen werden konnten. Hiermit ſoll jedoch nicht etwa gejagt jein, daß das neue Gewand, in dem der Inſektenband dem Leſer nunmehr entgegen— tritt, auch in jeder Beziehung ein beſſeres iſt: lag doch gerade in der früheren teilweiſe behag⸗ lichen Breite und ſtimmungsvollen Wiedergabe von Natureindrücken ein eigener Reiz, auf VI 5 Vorwort. De den wir manchmal nur ungern und nur im Hinblick auf den zugemeſſenen Raum verzichtet haben, um ſtatt deſſen lieber die Ergebniſſe neuerer Forſchungen wiedergeben zu können. Die wiſſenſchaftliche Benennung der in dieſem Bande behandelten Tiere iſt zwar im großen und ganzen unter Berückſichtigung des Prioritätsgeſetzes durchgeführt worden, ohne daß wir uns jedoch dazu entſchließen konnten, dieſes Geſetz ſtreng durchzuführen und beiſpiels⸗ weiſe ſtatt Apis mellifica Apis mellifera oder ſtatt Chironomus Tendipes zu ſagen, zumal neuerdings das Beſtreben, althergebrachte und eingebürgerte Namen ohne Rückſicht auf die Priorität beizubehalten, immer mehr Anklang zu finden ſcheint. In zweifelhaften Fällen ſind manchmal beide Namen, ſowohl der ältere als auch der mehr gebräuchliche, aufgeführt, ander⸗ ſeits wurde gelegentlich auch der Name der Untergattung in Klammern hinzugefügt. Dabei geben wir aber gern zu, in dieſer Hinſicht nicht ſtreng konſequent verfahren zu ſein; ſo haben wir beſonders bei Käfern und Schmetterlingen Namen verwendet, die durch die neuere ſyſte⸗ matiſche Literatur bereits in weiteren Kreiſen Verbreitung gefunden haben, während wir ſonſt vielfach lieber die alten, ſeit langem bekannten Benennungen wählten. Der Bilderſchmuck hat eine erhebliche Bereicherung erfahren. Dem ausdrücklichen Wunſche des Verlagsinſtituts, möglichſt viele Figuren aus der vorhergehenden Auflage oder doch Repro⸗ duktionen aus anderen Werken zu benutzen, ſuchten wir dabei tunlichſt entgegenzukommen, doch konnte durch bewährte Künſtlerhand auch eine große Anzahl neuer Abbildungen hinzu⸗ gefügt werden, darunter Darſtellungen, wie die der Ibisfliege oder des Winterhaftes, die in gleicher Naturwahrheit bisher wohl noch nirgends zu finden waren. Auch die Mehrzahl der kolorierten Tafeln iſt neu. Einige von dieſen waren, als wir die Bearbeitung des Textes übernahmen, bereits vollendet, die übrigen wurden auf unſere Anregung hin von den Kunſt⸗ malern H. Morin und P. Flanderky hergeſtellt, wobei der Herr Herausgeber die Einzelheiten der Ausführung in kunſtſinniger Weiſe überwacht hat. Die Bearbeitung der tiergeographiſchen Karte lag nicht in unſern Händen; mit ihr war Herr Dr. Theodor Arldt in Radeberg betraut. Die leider notwendig gewordenen nachträglichen Streichungen und Kürzungen im Manu⸗ ſkript hat das Bibliographiſche Inſtitut durch dementſprechende Vorſchläge in jeder Hinſicht zu erleichtern verſucht. Da es aber trotzdem nicht möglich war, den Umfang des Inſektenbandes auf den der übrigen Bände der jetzigen Auflage zu verringern, ſo iſt in ſehr dankenswerter Weiſe von dem Verlagsinſtitut eine Vermehrung des Textes um eine Anzahl von Druckbogen uber den urſprünglich feſtgeſetzten Umfang hinaus zugeſtanden worden. Zum Schluß ſprechen wir auch an dieſer Stelle allen jenen unſeren herzlichen Dank aus, deren Hilfe wir bei der Durcharbeitung des Textes in Anſpruch genommen haben, es ſind dies beſonders die Beamten und wiſſenſchaftlichen Hilfsarbeiter an der entomologiſchen Abteilung des Kgl. Zoologiſchen Muſeums in Berlin, die uns mancherlei wertvolle Winke und wichtige Hinweiſe zuteil werden ließen. Auch Notizen, die von Herrn Alexander Reichert in Leipzig geſammelt waren und uns vom Verlagsinſtitut zur Verfügung geſtellt 3 haben uns gute Dienſte geleiſtet. Berlin, im Oktober 1915. R. Heymons. e l 8 Er 8 0 * 10 1 0 ) x es) h N a A WN VRR a Dr ea a Da ER ba Se Ara ih Ei id! * I 1 * 2 N N nenne F v 4 A a Eh a 7 * N) N ur Kater . N . 1 Sul an EL ARE, EN N 1 ee 1 3 1 - BER N . fr 1 7 Pr] e LIT OHREN BEER RR LW n A 1455 7 N 0 nt. 1 n er N * vn P 1 N n Ar Inhalts⸗überſicht. Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit . Inſekten. Vielfüßler 0 | Erſte Klaſſe: Doppelfüßler (Diplopoda). Erſte Unterklaſſe: Tauſendfüßler 1. Ordnung: Proterandria. 1. Unterordnung: Bandfüßler (Polydes- moidea). Seite Familie: Polydesmidae Erg Polydesmus: P. complanatus L., Ab⸗ geplatteter Bandfüßlenr 21 Orthomorpha: O. gracilis C. K. 22 2. Unterordnung: Saftfüßler (Lysiopetaloi- dea, Callipodoidea). f Familie: Lysiopetalidae 22 Lysiopetalum: L. carinatum ER 22 Apfelbeckia: A. lendenfeldi Verh. 22 3. Unterordnung: Chordeumoidea. Familie: Chordeumidae. . . 2... Familie: Oraspedosomidae 23 OCraspedosoma: C. simile Verh. . 23 4§. Unterordnung: Schnurfüßler 3 Familie: Julidae Er u Julus 37: REN N RES: Sandſchnurfüßler 2 R J. londinensis Leuch. 24 J. guttulatus Gerv., beau. Som er < 24 Zweite Unterklaſſe: Pinſelfüßler n Polyxenus: P. lagurus L., Pinſelfüßler Lophoproetus: L. lucidus Cal. 27 Seite 3 (Chilognatha). Seite J. helveticus Verh., eg Be füßler - . 24 Familie: en 8 25 Familie: Spirobolidae RS, 25 5. Unterordnung: Colobognatha. Familie: Saugfüßler (Polyzonidae) . 25 Polyzonium: P. germanicum Br., Deut- ſcher Saugfüßler 1:26 2. Ordnung: en Familie: Saftkugler (Glomeridae). 25 Glomeris. 26 G. marginata put, Gekundeter Saft⸗ kugler g 26 G. pustulata BE 5 Geſprenkelter Saft⸗ fugler . # ER G. montivaga B Bergſaftkugler 26 Spelaeoglomeris: S. racovitzae Silv. 26 Familie: Stäbchenkugler (Gervaisiidae) 27 Familie: Rieſenkugler (Sphaerotherii- da e) . SER 27 Sphaerotherium: 8. . White . 27 Sphaeropoeus: S. hercules Br., Herkules⸗ fugler . VC 27 28 VIII Inhalts⸗Überſicht. Zweite Klaſſe: Wenigfüßler eee | Familie: Anker e dane SER e RE Familie: r S ñß De a Fame: Furypauropodid ase. ne Dritte Klaſſe: Zwergfüßler me Familie: Scolopendrellidae ; 2 rg Scolopendrella: S. immaculata Nb ſtolopenber r ee Vierte Klaſſe: Hundertfüßler (Chilopada) Erſte Unterklaſſe: Rückenatmer Be Familie: Spinnenläufer Sceutigeridae) y VVV Scutigeennn4,dng . S. forceps Hari... 8. coleoptrata L. ñm ß i Zweite Unterklaſſe: 5 Seitenatmer (Pleurostigmophora). 1. Ordnung: Anamorpha. Seite Seite Unt N Crat 1 h S. eingulata Latr., Gürtelſkolopender. 33 niet ermaung en BB S. morsitans L., Biſſiger Skolopender 34 Familie: Craterostigmidae Rey 8. gigantea L., Rieſenſtolopender . . 34 Unterordnung: Steinläufer Gitnobio Alipes: A. grandidieri Luic., e morpha). | penbar a. 37.225 3 8 Familie: Lithobiidae . . . 3832 Cryptops: C. hortensis Leah. 34 Lithobiulns z 32 Unterordnung: Geophilomorpha. L. matulicii Verl.. 32 Familie: Erdläufer (Geophilidae). . . 34 L. forficatus L., B Siehnläufen. 2 82 Himantarium: H. gabrielis LE. 34 2. Ordnung: Epi . Geophilus: G. longicornis Leach, Lang- eine: > ha fühleriger Erdläufer "2... 35 Unterordnung: Rieſenläufer (Scolopendro- | ‚Scolioplans . . .2..2.2.2.2.2. 8 morpha). S. crassipes C. K. 35 Familie: Scolopendridaee 38383 S. maritimus DER, Meresedtäufe 35 Scolopendra. . . 3633. Orya: O. barbarica Mein. „ 35 Sechsfüßler, Juſekten (Hexapoda, Te Erſte Unterklaſſe: Halbinſekten (Anamerentoma). Einzige 8 es Slam: Familie: Acerentomidae . 8 4 RE N a ee muRRle, Kosentomidae . sr. st ul a 2 U Br: } Be Be 4. Ordnung: Inhalts⸗Überſicht. IX Zweite Unterklaſſe: Echte Inſekten (Holomerentoma). Erſte Sektion: Apterygoten (Apterygota). Erſte Gruppe: Urinſekten (Thysanuroidea). 1. Ordnung: Doppelſchwänze (Di- plura). Seite Familie: Campodeidaee 45 Campodea F C. staphylinus Westw. 3E C. cookei Pack... . re Lepidocampa: L. weberi ERBE 34 Familie: Projapygidae. 47 Projapyx: P. stylifer Cook. . . 47 Anajapyx: A. vesiculosus Siv. . . . 47 Familie: Japygidaeee 47 Japyx. . . ee a e FFV J. megalocerus Silo. 48 2. Ordnung: Springſchwänze (Collem- bola). 1. Unterordnung: Gliederſpringſchwänze (Arthropleona). Familie: Poduridae . . . 49 Podura: P. aquatica L., maehen ſchwänzchen 49 Tetrodontophora: T. RE Wag. 49 Anurida: A. maritima Gert. 49 Aphorura: A. armata Tullb. . . 2....49 Familie: Entomobryidae . . . 3 80 Isotoma: I. saltans Ag., Gletſcherſloh 350 Entomobrya: E. nivalis L. 50 e 2 er ee >80 Seite Ga N Er er ir C. colurus Börn. . . 3 2. Unterordnung: e ee (Sym- phypleona). Familie: Neelidae. . . „„ Megalothorax: M. minimus win.. RE Familie: Springböcke (Sminthuridae) . 51 Sminthurus: S. fuscus TI lub. 51 Sminthurides: S. penicillifer Schäfer . . 51 3. Ordnung: Zottenſchwänze (Thysa- nura). Familie: Felſenſpringer ee 51 Machilis 3 ; RER U. M. alternata 2 „FFV M. polypoda L. 52 Halomachilis: H. maritimus eich, Ren ſprngens 53 Familie: Fiſchchen „ 53 Ctenolepisma: C. ciliata Duf., Wimper⸗ CTT ö Nicoletia: N. subterranea 2 ee, 53 Lepisma: L. saccharina L., et den, Zuckergaſete 53 Thermobia: Th. 8 Puck. „ Acrotelsa: A. collaris .. 54 Lepismina: L. emiliae ES. 54 Atelura: A. formicaria L., Suropäie Ameilenfihhen: . . » . - 54 | Zweite Sektion: Pterygoten (Pterygota). Zweite Gruppe: Waſſerhafte (Amphibiotica). Eintagsfliegen (Ephe- merida). Ephemera: E. vulgata L., Gemeine Ein⸗ „„ WE RR Polymitareys: P. virgo Ol, Weißwurm, 227... E ı) Palingenia: P. longicauda Fi u goos “ — 61 Eedyurus: E. 1 Pi et. 2 Caenis: C. harrisella C... 62 Binoculus: B. foliaceus Four t. 62 Chloeon: C. dipterum Zeach . . . 63 * X | 2: Inhalts⸗Überſicht. 5. Ordnung: Libellen (Odonata). 1. Unterordnung: Gleichflügler (Zygoptera). Seite Familie: Caloptersygidae . . »....66 Calopter . .; . 3 C. virgo L., Gemeine Se IE C. splendens Harr. . . 66 Familie: Sclankfun e en 67 Lestes: L. viridis Vand., Grüne e 67 Agrion: A. puella L. 67 1 u ptera). Familie: Teufelsnadeln (Aeschnidae) . 67 Aeschna: A. grandis L., 8 . 2. Unterordnung: mungen 8 7 67 Familie: Libellulidae VTV Dritte Libellula . : L. nt. Vierfleckige Libelle 68 L. depressa L., Plattbauc h. 69 Cordulia . u N C. aönea L. „Goldjungfer e C. metalliea, Lind, ‚ Metalljungfer . . 69 6. Ordnung: Uferbolde (Plecoptera). ee nee Perle; 132% 70 2 5 e Curt, S P. maxima Scoop. „ Unterordnung: bub, Capnia: C. nigra Picot. 530 Nemura Lair. . Taeniopteryx: T. maura Walk. ar ae Gruppe: Geradflügler (Orthoptera). 7. Ordnung: Eierpaketler (Oothe- caria). Familie: Schaben (Blattidae) . . 71 Blattella: B. germanica L., Deutſche Shabe 72 Blatta: B. orientalis L., Orientaliſche Schabe 74 Periplan eta et) P. americana L. Ünreltonifige Ecübe 76 P. australasiae F., Indiſche Schabe . 76 Ectobia: E. nN 2 ER Schatte ; 778 Sphecophila: S. pol ie Shelf. „„ Prosoplecta: P. coceinella Sauss.. . . 77 Eustegasta: Eu. buprestoides Walk. . . 77 Panchlora: P. viridis Burm. . . . 77 Phlebonotus: P. pallens Serv. 77 Familie: Fangſchrecken (Mantidae) . . 77 Mantis: M.religiosa L., Europäiſche Gottes⸗ anbeterin . Sphodromantis: 8. 8 Thumb. „„ Hymenopus: H. coronatus Ol., Kronenfang⸗ ſchret es. 79 Idolum: I. diabolicum 8 Teuſelsblume 80 Empusa: E. egena Card. 80 Eremiaphila: E. turcica Westw. . . . 80 8. Ordnung: Geſpenſtſchrecken (Phas- moidea). 1. Unterordnung: Areolata. Bacillus: B. rossii F. 3 Autolyca: A. bogotensis Stal. . 3 Anisomorpha: A. buprestoides Stal.. . . 83 Phasma: P. putidum Bates. 83 Prisopus: P. flabelliformis Sauss.. . . 83 Pbyllium: Ph. siceifolium Serv., Wandeln⸗ des Blatt: 2. Unterordnung: Anareolata. Cyphocrania: C. gigas L. 83 Diapheromera: D. femorata Say. . 83 Graeffea: G. coccophaga New. 84 Podacanthus: P. wilkensoni M. . RER... Euryacant˖a a... 84 9. Ordnung: Springſchrecken (Salta- toria). Familie: Laubſchrecken, e Pecik 8 3 Unterfamilie: Callimeninae. . . 387 Dinarchus: D. dasypus III. 87 Unterfamilie: Heterodinae . . . 87 Eugaster: Eu. guyoni Serv. 87 Unterfamilie: ee Gnu. pigerinae) 87 Ephippiger: E. er m. . Unterfamilie: Phaneropterinae . .-. . 88 Barbitistes: B. serricauda F. 88 Eurycorypp bn Unterfamilie: Meconeminae 89 Meconema: M. thalassinum Deg., Eichen⸗ ſchrefrt e rn N Unterfamilie: Decticinune 89 Decticus: D. verrucivorus L., Warfen⸗ beißen! t.... Unterfamilie: D ee Locusta : . * 90 L. Ai 55 Grünes Heupferb 90 eren e L. caudata ir, Gefümänstes. Der Seite 100 pferd : 90 L. cantans Füssl,, Burttitherfeupferb-, 90 Unterfamilie: Stenopelmatinae . ur a Troglophilus: T. neglectus Krauß . 91 Diestramena: D. marmorata De Haan 91 Familie: Grillen (Achetidae) . 9 Gryllus . ; 91 G. campestris 25 Feldgrille 91 G. domesticus L., Heimchen, Hausgrille 92 Nemobius: N. silvestris F., Waldgrille. 92 Unterfamilie: Pflanzengrillen (Oecanthinae) 93 Oecanthus: Oe. pellucens Scop., Wein⸗ hähnchen 93 Unterfamilie: Maulwurfsgrillen Gib pinae). 8 93 Gryllotalpa: G. N Z., "Gemeine Maulwurfsgrille £ 93 Unterfamilie: ee Oiyrmecophi linae) . 1 94 Myrmecophila: M. acer vorum Pie 94 Familie: Heuſchrecken, ee akt didae) . . 94 Unterfamilie: Ninas ER 97 Tryxalis: T. nasuta L. „Naſenſchrecke 97 Stauronotus: St. maroccanus Thunb., 0 Marokkaniſche Wanderheuſchrecke 97 Stenobothrus Fisch., Heuſprengſel 98 Gomphocerus: G. rufus L. 98 Unterfamilie: Oedipodinae 98 Pachytilus . 5 98 P. migratorius L., aaa Wan⸗ heuſchrecke. 98 P. danicus L., dgl. 98 Psophus: P. stridulus L., Schnarrheu⸗ ſchrecke. > e 100 Oedipoda: Oe. en 3 5 0 Sphingonotus: S. coerulans L. 100 - Unterfamilie: Pyrgomorphinae . 100 Zonocerus: Z. elegans Thunb., Bunte Stinkſchrecke 100 : Vierte Korrodentien 12. Ordnung: Termiten ene, Familie: Mastotermididae . 118 Familie: Protermitidae . 118 Calotermes: C. flavicollis F., ‚ Geisha Termite 118 Familie: Mehotörmitidse: i 5 118 Leucotermes: L. lucifugus 2 eis ſcheue Termite . . er 118 Familie: Metatermitidae. 119 Eutermes . 119 Inhalts⸗Überſicht. XI Seite Unterfamilie: Acridiinae 100 Schistocerca: S. peregrina Oliv., lars tiſche Wanderheuſchrecke 100 Pachytilus: P. migratorioides Deich 101 Aoeridium: A. aegyptium L. 102 Unterfamilie: Dornſchrecken (Tettiginae) . 102 Tettix: T. subulatus L. 102 Scelimena: S. producta Serv., af dornſchrecke 102 10. Ordnung: Ohrwürmer (Derma- ptera). 1. Unterordnung: Echte Ohrwürmer (Der- maptera genuina). 1. Tribus: Protodermaptera. Familie: Diplatyidae . ET 103 Diplatys: D. longisetosa War; 103 Familie: Anisolabidae. 103 Anisolabis: A. maritima Bor. 104 Familie: Labiduridae . 103 Labidura:-L. riparia Pall., ne 104 Foreipula: F. decolyi Burr. : 104 2. Tribus: Paradermaptera. Familie: Apachyidae EB 104 3. Tribus: Eudermaptera. Familie: Forficulidae : 104 Forficula: F. auricularia L. ‚Gemeine che wurm 104 Chelidurella: ch. N Cen, Waldohrwurm . erg Familie: Labiidae : 107 Labia: L. minor L., Zwergohrwuem 107 2. Unterordnung: Hemimeroidea. Hemimerus: H. talpoides Walk.. 107 Arixenia: A. esau K. Jord. 107 11. Ordnung: Embien (Embiidina). Embia: E. ramburi R. K. 108 Oligotoma: O. michaeli M. Lachl. . 109 Gruppe: (Corrodentia). 13. Ordnung: Rindenläuſe, Bücher⸗ läuſe (Copeognatha). Familie: Psocidae . . Amphigerontia: A. bifasciata Tatr. „Zwei⸗ bindige Rindenlaus RN RE Familie: Caeciliidae Caecilius: C. piceus Kolbe Archipsocus: A. recens Ender!. . Familie: Thyrsophoridae - Thyrsophorus: Th. metallicus Ender V. XII : ; Seite Familie: Staubläuſe (Troctidae). 121 Troctes 121 5 divinatorius Müll, Staublaus 121 T. corrodens Heym. . 121 T. silvarum Kolbe 121 Familie: Atropidae 121 Atropus: A. pulsatoria L., Bücherlaus 121 14. Ordnung: Pelzfreſſer (Mallophaga). 1. Unterordnung: Amblycera. Familie: Gyropidae. 124 Gliricola: G. gracilis Nitzsch 125 Gyropus: G. ovalis Nitzsch 12⁵ Familie: Menoponidae. 125 Menopon ; 125 M. longitarsus Pins, 125 M. extraneum Piag. . 125 M. pallidum Nitzsch . 125 Trinotum . . 2 125 T. luridum Nitzsch, Entenfederling : 125 T. conspurcatum Nitzsch . 125 T. lituratum Nitzsch . 126 Familie: Laemobothriidae . 126 Laemobothrium . 126 L. titan Piag. . 126 L. giganteum Piag. . 126 Familie: Physostomidae . 126 Physostomum . 126 2. Unterordnung: Ischnocera. Familie: Trichodectidae. 126 Trichodectes . 126 T. latus Nitzsch 126 T. pilosus Nitzsch 126 T. scalaris Nitzsch 127 Familie: Lipeuridae : 127 Lipeurus: L. baculus Nitzsch, Tad federling . 127 Familie: Goniodidae 127 Goniodes : 127 G. faleicornis Nitzsch 127 G. colchicus Den. 127 G. stylifer Nitzsch 127 Familie: Docophoridae 127 Inhalts-Überſicht. BE 15. Ordnung: Läuſe (Anoplura). Seite Familie: Pediculidae . 128 Pediceulus . . 128 P. capitis Nitrscb, Kopſtaus 128 P. affinis Mjöb. : 130 P. vestimenti Mitzsch, Kleiderlaus 130 Phthirius: P. pubis L., er AR 130 Pedicinus @err. . 130 Familie: R 130 Haematopinus 130 H. piliferus Burm., Hundelaus 130 H. suis L., Schweinelaus 130 Familie: Haematomyzidae . 131 Haematomyzus: H. proboseideus Nag, 5 Elefantenlauns 130 Familie: e Behinophthirit 2 dae) en 301 Echinophthirius . 131 Familie: Schuppenläuſe (Gepidophthi- riidae). : 131 Antarctophthirius: 4 er Enderl. 131 Arctophthirius: A. trichechi Boh. 131 16. Ordnung: Frauſenſlügler, Blasen- füßler (Thysanoptera). 1. Unterordnung: Bohrblaſenfüßler (Tere- brantia). Familie: Thripsidae 132 Physopus . . 132 Ph. primulae Hal, Biemefsafenfuh, 132 Ph. nicotianae Hinds. \ 132 Thrips: T. tabaci Lind. 133 Limothrips 133 L. denticornis Hal. 5 133 L. cerealium Hal., Getreideblaſenfuß 138 Heliothrips: H. haemorrhoidalis Bouche, „Schwarze Fliege“ 3 Familie: Aeolothripidae. 134 Aeolothrips: A. fasciatus Hal. 134 2. Unterordnung: Röhrenblaſenfüßler (Tubu- lifera). Fünfte Gruppe: Wanzenartige Inſekten (Hemipteroidea). 17. Ordnung: Schunbelferfe (Rhyn- chota). 1. Unterordnung: Wanzen (Heteroptera). 1. Tribus: Waſſerwanzen (Cryptocerata). Familie: Pelogonidae . Mononyx: M. indicus Atk. 137 137 Familie: Phloeothripidae r 134 Phloeothrips: P. ar Mats., Mason. i fuß 134 Onychothrips: 0. 1 Urel : 134 Familie: Ruderwanzen n 137 Corixa g 3 187 O. geoffroyi Teach 2 137 C. striata L., Geſtreifte Duberwange. 137 C. mercenaria Say 8 137 C. femorata Leach 137 Micronecta: M. minutissima L. A e er e RR — Inhalts⸗Überſicht. XIII f 5 Seite x Seite Familie: Skorpionswanzen (Nepidae) . 138 Familie: Langwanzen (Lygaeidae) . 145 Nepa: N. cinerea L., Grauer Waſſerſkorpion 138 Lygaeus: L. equestris L., Bunte Ritter⸗ Ranatra: R. linearis L., Stabwanze 138 wanze IT TAB a Familie: . ; 138 Blissus: B. 5 Say. 2 146 Belostoma . 138 | Familie: Feuerwanzen Pyrrhocoridae) 146 B. indicum Lep. et Serv. 138 Pyrrhocoris: P. apterus L., e B. niloticum Lap. 5 189 Feuerwanze. 5 146 Sphaerodema: S. molestum Duf. 139 Dysdercus . 146 Zaitha: Z. fluminea Say FE 139 D. suturellus H. Sch., Vaumwollfärber 146 Familie: ended 139 D. nigrofasciatus Stal. f 147 Naucoris: N. cimicoides L., Gemeine Oxycarenus: O. 1 Cost. 147 Schwimmwanze 139 Familie: Stelzenwanzen (Berytidae) 147 Familie: Notonectidae . 140 Neides: N. tipularius L., Schnafenwanze. 147 Notonecta: N. glauca L., Ructenſchwimmer 140 Familie: Netzwanzen (Tingidae) . 147 Monanthia: M. echii N. 147 2. Tribus: Fühlerwanzen, Landwanzen (Gymno- Laccometopus: L. teucrii Host. 147 cerata). Familie: Rindenwanzen (Aradidae). 147 Familie: Schildwanzen (Pentatomidae) 140 Aradus: A. cinnamomeus Ps. 147 Dolycoris: D. baccarum L., Beerenwanze. 141 Familie: Waſſerläufer (Ger ride, 148 Palomena: P. prasina L., Grüne Stink⸗ Hydrometra 148 wanze N 141 H. stagnorum L. „Leichläufer 148 Eurydema . 141 H. lacustris L. ER 148 E. oleraceum L., Kohlwanze 141 Gerris F., Waſſerläufer 148 E. festivum . 3 142 Velia: V. currens F., Gemeiner Bachläufer 148 E. ornatum . ; 142 Halobates: H. germanus Buch., Meere3- Murgantia: M. Mistriontes Hahn, Soil läufer — 149 keinwanze 142 Familie: Uferwanzen (Konnthfidae).. 149 Calidea: C. Nen Seal. * 142 Salda F.. S. saltatoria L., Gemeine Ufer- Pentatoma: P. rufipes L., nabend wanze . Baumwan ze . . 142 Familie: 8 5 5 149 Unterfamilie: Asopin ue 142 Carcinocoris: C. binghami Glam, Krebs⸗ Picromerus: P. bidens L. 142 wanze 8% . Unterfamilie: Tetyrinae 142 Phymata : 149 Graphosoma: G. italicum Mall, Stret⸗ > Syrtis: S. crassipes F. 150 Er fenwanze . . 142 Familie: Schreitwanzen, i Furygaster. 142 (Re duviidae)- 3 E. nigrocucullata Gele Goltenfollen- Conorhinus 9 150 wanze 2 TAN C. sanguisuga Lec., Kegelnaſe 150 E. maura L. : 143 C. megisthus Burm. . 150 Aelia: A. acuminata L. ‚Spigling . 143 Opisieoetus: O. personatus L., . f Elasmostethus: E. griseus L. 143 Kotwanze 150 Phloea Lep. 2 143 Rhinocoris: R. and 5 Rote Word⸗ Unterfamilie: Coptosominae . 144 wanze . 0 150 Unterfamilie: Edessinae 144 Phonoctonus: Ph. Bi Be 150 Elapheozygum : 144 Familie: Kammwanzen (Polyetenidae) 150 Unterfamilie: Tesseratominae > 144 | Familie: Hauswanzen (Cimicidae) . 151 - Aspongopus: A. nepalensis Westw. . 144 Cimex \ 151 Familie: Lederwanzen (Coreidae) 144 C. leetularius L. „Bettwanze 5 ; 151 Syromastes: S. marginatus L., Saumwanze 144 C. pipistrelli I Fledermauswanze 152 — Chorosoma: Ch. schillingi Schumm. 144 C. columbarius Jen., Taubenwanze . 152 Diiactor: D. bilineatus F. 144 C. hirundinis Jen., Schwalbenwanze 152 Hormambogaster: H. expansus Karsch. 144 Familie: Blumenwanzen (Anthocori- Phyllomorpha: Ph. laciniata Vill. . 145 dae). 153 XIV Inhalts- berſicht g Seite Anthocoris: A. gallarum-ulmi Gew. . . 153 Lyetocoris: L. campestris F.. 153 Familie: Blindwanzen (Capsidae) 153 Sahlbergella: S. singularis en Kakao⸗ wanze 153 Calocoris: C. Se V., Seihäfleige Schönwanze 153 Myrmecoris: M. rain Sahib. Nane wan zzz 8 2. Unterordnung: Pflanzenſauger (Homo- ptera). * Tribus: Zikaden, Zirpen (Cicadina). Familie: Fulgoridae 156 Laternaria: L. phosphorea L., N ſiſcher Laternenträger 156 Pseudophana: P. europaea L., Europäiſcher Laternenträger. 156 Cixius: C. nervosus L., Gerippte Minier⸗ ma 1 Flata: F. rubra 95 Purpurzikade SR 2:7 Phromnia: P. marginella Oliv.. . 157 Liburnia: L. fureifera Horv.. . . 157 Delphax: D. saccharicida Westw. . . 157 Perkinsiella: P. saccharieida Kirk. . . 187 Tettigometra: T. obliqua Pane. 158 Familie: Buckelzirpen e 159 Centrotus: C. cornutus L., Dornzikade. 159 Familie: Cercopidae . . . 159 Triecphora: T. vulnerata III., Blutzifade . 160 Philaenus . . . 160 P. spumarius L., Biefenfehouumgitabe 160 Pi linestus . Aphrophora . . . „ A. alni Fall., Erlenzitade 122 161 A. salieis de Geer, Weidenſch umz lade 161 A. cörticea Germ., e chaumzikade. 161 t yen FETT FRE Familie: Obesttaben Erika e Ledra: L. aurita L., Ohrzikade 161 Familie: Jassidae. . . 62 Tettigonia: T. viridis L., Grüngiepe 51082 Cicadula: C. sexnotata Fall., Zwergzikade 162 Typhlocyba: T. rosae L., Roſenzikade . 162 Familie: Singzikaden (Cicadidae) . 163 Pomponia: P. imperatoria Westio., Kaiſer⸗ R SE Eee len re ae FE Tibicina . . 164 85 pen L. Seen 3 . 164 T. tredecim il. Walsh. . T. haematodes Scop., Lauer . 166 Tettigia: T. orni L., Eſchenzikade . . 165 Cicadetta: C. montana Scop., Bergzikade. 165 2. Tribus: Blattflöhe Gp Psylla l P. pyrisuga Hörst, wiege 5 P. pyricola Fürst. i P. mali Schmidt, Apfelfauger . P. alni L. Euphyllura: E. rn Cost, Hildener Trioza: T. urticae L., Neſſelſauger Livia: L. juncorum L., Binſenfloh. 3. Tribus: Mottenläuſe 5 Familie: Aleurodidae . Aleurodes . A. eitri Ril. Fu; 8 A. brassicae Walk., Kohlmottenlaus. A. fragariae Walk., Erdbeermottenlaus. A, olivinus Silv., Olivenmottenlaus . 4. Tribus: Pflanzenläuſe (Aphidina). Familie: Blattläuſe (Aphididae) Unterfamilie: Aphidinae 2 Macrosiphum: M. rosae L., Roſenblatt⸗ klaus Phyllaphis: P. fagi 7% Bugenbitius Aphis. A. saliceti Kalt, Weidenblattlaus A. padi L., Vogelkirſchenlaus A. avenae J., Haferlaus . Myzus: M. 88 L., Johannisbeerlaus Rhopalosiphum: R. persicae Sulz., Pfir- ſichblattlaus. £ Phorodon: P. humuli She, Sobfenfans Hyalopterus: H. pruni F., a blattlaug . . 3 Unterfamilie: Lachninae Lachnus L. grossus Kalt, Fichtenrindenlaus L. pinicola Kalt. ir Unterfamilie: Pemphiginae Tetraneura . a T. ulmi Deg., Ulmengallaus T. caerulescens Pass. Schizoneura S. lanuginosa Htg, Vaubolela S. pyri Goeth. i Bar 8. lanigera Htg., Blutlaus Familie: Afterblattläuſe(Chermesidae) Chermes: Ch. abietis L., Fichtengallaus Cnaphalodes: C. strobilobius Kalt. . Phylloxera: P. en Reb⸗ f 108: 2% Familie: Schildläuſe Cascidse) Unterfamilie: Palaeococcinae .' Braunflügelige Urſchildlaus. Orthezia: O. urticae L., Neſſelröhrenlaus Seite 166 166 166 166 167 167 167 167 168 168 168 168 168 169 169 174 169 171 171 171 171 172 174 174 174 174 174 174 174 175 15. 175 175 175 175 175 176 176 177 177 179 179 182 183 Palaeococeus: P. fuscipennis Burm., 183 183 11 iin 82 Seite Be Unterfamilie: onöphläbinse: h 183 u Icerya: I. ee Wollſackſchild⸗ E laus 184 8 Lophococcus: L. maximus Sand, Rieſen⸗ 5 ſchildlaus. f 184 £ Unterfamilie: Margarodinae . 184 5 Margarodes: M. polonicus L., wenge . Koſchenillelaus : 184 Anterfamilie: Coceinae c 185 3 P Pseudococcus . 188 = P. adonidum L., Kaffeelaus 188 . P. eitri Risso, Orangenlaus 188 >= Eriococcus: E. mannifer Lahr, Manna⸗ De. ſcildlaus. us Anterfamilie: Daetylopiinae . 5 186 4 g Dactylopius: D. coccus Costa, Cie e- Koſchenillelaus Wer 186 Unterfamilie: Hemicoceinae . 187 Kermes, Kermes⸗Schildlaus 187 K. vermilio Planch. . 187 K. ilicis L. 187 3 = 18. Ordnung: Großflügler (Megalo- 3 ptera). Familie: Corydalidae . ; 192 Acanthocorydalus: A. kolbei Weele . 191 Familie: Sialidae. 5 192 E: Sialis . . 192 28. lutaria F., Schlammfiege a 192 S. fuliginosa Pict. DER 193 19. Ordnung: Kamelhalsſliegen Gun. phidiinae). Rhaphidia: R. ophiopsis Schm., Schlangen⸗ äugige Kamelhalsfliege - 194 20. 8 Landhafte (Planipen- = nia). FTDamilie: Florfliegen, . Be: sopidae) . 195 Chrysopa 195 - f Ch. r Wesm. 195 Ch. perla L., Gemeine Florfliege . 195 Familie: Fanghafte (Mantispidae) . 196 Mantispa: M. styriaca 2 or: : Fanghaft f 196 ae Climaciella: C. grandis 5. Bea 196 Fymphrasis: S. myrapetrella Westw. . 196 Familie: Ameifenlöwen (Myrmeleoni- dae) ; 197 Sechſte Gruppe: Netzflügler (Neuropteroidea). Inhalts⸗Überſicht. Unterfamilie: Tachardiinae Tachardia . . T. Iacca Kerr, Aſiatiſche Lackſchildlaus T. larreae Comb., Nordamerikaniſche Lackſchildlaus. Unterfamilie: Lecaniinae . Lecanium: L. corni Bouche. . . . Pulvinaria: P. betulae L., Wollausſchei⸗ dende Baumſchildlaus. Ericerus: E. pe-la Car., Wachsſchildlaus. 5 Ceroplastes: C. ceriferus Sat, diſche Wachsſchildlaus. Unterfamilie: Diaspinae Lepidosaphes: L. ulmi L., Komma laus f i Aspidiotus . . A. perniciosus ne Sam- def Schildlaus i A. hederae Sign., Oleanderſchildlaus Aulacaspis: A. pentagona Targ., Maul- beerbaumſchildlaus. ae, State Oſtin⸗ Myrmeleon. g M. formicalynx F., Ungefledter Ameien⸗ we M. formicarius L., Gefleckter Ameiſe enlöwe Formicaleo: F. tetragrammicus F., er fühleriger Ameiſenlöwe 2 Palpares, Rieſenhafte P. voeltzkowi Kolbe. P. libelluloides Dalm. . Acanthaclisis: A. oceitanica Pill. Familie: are RE rer: phidae) Ascalaphus - A. macaronius Scoop. A. libelluloides Schaf. A. longicornis L. Familie: Fadenhafte Somopteridae) Nemoptera: N. bipennis I. ‘= Nemopistha 5 Familie: Osmylidae. Osmylus: O. chrysops L. Familie: Sisyridae Sysira: S. fuscata F., Braune Schwan fliege oh 8 Familie: Taghafte (Hem einn Familie: Staubhafte eee da e) ; Aleuropteryx 25 a Conwentzia: C. psociformis Cur . XV Seite 187 187 187 188 188 188 188 189 189 189 189 189 189 191 190 197 197 199 199 199 199 199 199 199 199 199 199 199 20⁰ 200 200 200 200 201 201 201 202 202 202 XVI Inhalts⸗Überſicht. Siebente Gruppe: Schmetterlingsartige Inſekten (Lepidopteroidea). 21. Ordnung: Schnabelhafte (Panor- pata, Mecaptera). Seite Familie: Panorpidae 203 Panorpa 203 P. communis . Storpionsfliege 203 P. klugi Me Lachl. 5 203 Familie: Mückenhafte (Gittelde 204 Bittacus: B. tipularius L. e 204 Familie: Winterhafte (Boreidae) . 205 Boreus: B. hiemalis L.. g 205 22. Ordnung: Waſſermotten, Köcher⸗ fliegen (Trichoptera). Familie: Rhyacophilidae 208 Rhyacophila: R. vulgaris Piet. 208 Glossosoma: G. vernale Pict. 208 Familie: Philopotamidae 208 Philopotamus: P. variegatus Scop., wc. wafjermotte . 3 208 Familie: Phryganeidae 5 209 Phryganea: P. b L., 85 affe motte. RR ; 209 Neuronia 209 N. clathrata Kol. 209 N. regina McLachl. . 209 Familie: Molannidae 209 Molanna: M. angustata Curt. 209 Familie: Leptoceridae. 209 Leptocerus. 210 L. senilis Burm. . 210 L. aterrimus Steph. 210 Triaenodes: T. bicolor Curt. 210 Familie: Limnophilidae . 210 Limnophilus . 210 L. rhombicus L. 210 L. fla vicornis F. Ber ; 210 Grammotaulius: G. atomarius 7. $ 210 Stenophylax Kol. 2 211 Enoicyla: E. pusilla Burm. . 211 Familie: Sericostomatidae . 211 Silo: S. nigricornis Pict. 211 Goera: G. pilosa F. 211 23. Ordnung: Schmetterlinge (Lepi- doptera). 1. Unterordnung: Jugatae. Familie: Micropterygidae 3 Micropteryx: M. calthella L.. 216 216 - Seite Familie: Eriocephalidae. 216 Eriocephala: E. sparmanella Bosc. 216 Familie: Wurzelfalter (Hepialidae) 217 Hepialus: H. hecta L., N falter . e Charagia: Ch. i Soott. 217 Zelotypia: Z. stacyi Scott. 217 2. Unterordnung: Frenatae. 1 Tribus: Kleinſchmetterlinge (Mierofrenatae, Stemmatoncopoda). Familie: Holzbohrer (Cossidae) 217 Cossus: C. cossus L., Weidenbohrer 217 Zeuzera: Z. pyrina L., Blauſteb. 219 Familie: Glasflügler „ N Sesiidae). 219 Aegeria: Ae. öpite rules cı. Hornifens ſchwärmer 5 219 Sesia. ö 220 8. b 1 5 Wolfsmilchglas⸗ flügler 220 S. formicaeformis ep 5 Weidenglas⸗ flügler. 221 Bembecia: B. hylaeiformis Be. Hiebe 8 glasflügler . ; 220 Familie: Schildmotten 0 f Cochlidiidae) . F 221 Cochlidion: C. limacodes Hun, Euro⸗ a päiſcher Affelipinner . ; . 221 Natada: N. velutina Coll. 222 Familie: Echte Motten (Tineidae) 222 Unterfamilie: Nepticulinae 222 Nepticula: N. centifoliella Zell., woe miniermotte . RER 222 Unterfamilie: Tischeriinae. 223 Tischeria: T. complanella Hb., Eichen⸗ 5 miniermotte 223 Unterfamilie: Motten im engeren Shan (Tineinae) 223 Tinea . : 223 T. granella L., No i 223 T. pellionella L., Pelzmotte 224 Trichophaga: T. bapel L., Tapete motte . ; 224 Tineola: T. biseliella r Kleider⸗ motte . i 224 Adela: A. viridella Z, Grüner Langfühler 225 Unterfamilie: Siöträgermoiten (Coleo- phorinae). 225 N TE a a RP er 7 vg * * za My 7 = 2 8 0 R 5 = - Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. Inhalts- Uberſicht 8 TE XVII Seite Seite Coleophora: C. laricella Hon. „Lärchen⸗ Carpocapsa 238 miniermotte . 8 225 C. pomonella L. „Apfelwickler 238 Unterfamilie: . Ayponomen- C. saltitans Weste. R 239 tinae) . A Grapholitha: G. funebrana Ty. laune. i Hyponomeuta . N 226 wickler „238 H. malinellus ., fete Bin Familie: Zünsler „ l 239 motte . . 226 Pyralis: P. farinalis L., Mehlzünsler . 239 H. cognatellus Hb. 227 Ephestia: E. kühniella Zell., Mehlmotte . 240 Unterfamilie: Cemiostominae. 227 Galleria: G. mellonella L., Wachsmotte 240 Cemiostoma 297 Aphomia: A. sociella L. Bas 241 C. seytella Z. h 227 Coreyra: C. cephalonica Stt. . W 0 242 C. coffeella Staint., Kaſſeemotte 297 Bradypodicola: B. hahneli Sp, Faultier⸗ Unterfamilie: Lyonetiinae. 227 ſchmetterling 242 Lyonetia: L. clerkella L. 227 Pachypodistes: P. goeldü Hampe. . 242 Unterfamilie: Oenophilinae 228 Schoenobius: Sch. gigantellus Schiff. . 243 Unterfamilie: Phyllocnistinae 228 Seirpophaga: 8. praelata Scop., 1110 Unterfamilie: Graeilariinae i 228 Zünsler ; 243 Gracilaria: G. syringella F. Fliedermotte 228 Nymphula: N. 8 2 244 Unterfamilie: Gelechiinae . 228 Paraponyx: P. stratiotata 245 Gelechia: G. gossypiella Saund., 1 Cataclysta: C. lemnata L. 245 wollmotte 228 Acentropus: A. niveus Curt. 245 Zaratha: Z. cramerella 85 Kalabmotte 228 | Familie: Castniidae. . 245 Unterfamilie: Laverninae (Momphinae) 229 Familie: Dickkopffalter dere 245 Limnaecia: L. phragmitella Staint., Rhopalocampta: R. forestan Crum. 246 Rohrmotte ae 2 Augiades: A. comma L. „Strichfalterchen. 246 Cosmopteryx: C. seribaiella 2. 229 2. Tribus: Großſchmetterlinge (Macrofrenatae, Unterfamilie: Yuccamotten (Proxodinae) . 229 . Harmoncopoda). Pronuba: P. yuccasella Riley 229 1. Familienreihe: Opisthoneura. Familie: Sackſpinner (Psychidae) 230 Familie: Bärenſpinner (Aretiidac) . . 246 Pachytelia: P. unicolor Hufn., Einfarbiger Palustra Bur. 947 Sackſpinner. 230 Arctia: A. caja L., e Bir 247 Fumea: F. casta Pall., Rauchſackſpinner - 230 | Rhyparia: R. purpurata L. ER 247 Psyche: P. viciella Schiff., Se 230 | \ Callimorpha : 1 247 Apterona . : l 230 C. dominula L. Juggfer 1 RE A. crenulella Bra. 232 122 e e e Poda, ie Familie: Epipyropidae 1505 232 Flagge 247 Epipyrops: E. barberiana Dyar . 232 | Familie: Widderchen e ne 247 Agamopsyche Pertins . . b3232 Zygaena: Z. filipendulae L., Steinbrech⸗ Threnodes Perkins . > widderchen 248 Familie: Geiſtchen n 232 Familie: Erzfalter n b 248 Orneodes: O. hexadactyla 85 N Etrusa: E. raja Moore. 248 geijtchen . . . 233 Familie: Glucken cee e 248 Familie: Wickler (Tortrieida e) 233 Dendrolimus . ; e 249 Argyroploce Hb., Spatzendreckchen 233 D. pini L., Giefernfbiriner “ 249 Cochylis: C. ambiguella Hb., Einbindiger D. segretatus Bilr., Oſtaſiatiſcher K Ken Traubenwidler . 233 ſpinner 251 Polychrosis: P. botrana af. 5 Betrug Malacosoma: M. ra Riigeilpinnek 251 Traubenwidler. . . 4 295 Gonometa: G. postica WIk. 251 Tortrix . 5 235 Lasiocampa; L. staudingeri Baker. 251 T. viridana L., Eichenwicler 1 235 Familie: Lymantriidae 8 251 T. buoliana Schiff., Kieferntriebwickler . 236 Lymantria . . 252 Retinia: R. resinella L, e I. dispar L., Schwammſpinner 2 252 wickler a 237 L. monacha L., Nonne. 253 XVIII Stilpnotia: S. salicis L., Weidenſpinner Dasychira: D. pudibunda L., Rotſchwanz Euproetis: E. chrysorrhoea L., Goldafter Porthesia: P. similis Fuss, Schwan. Orgyia: O. antiqua L., Schlehenſpinner Familie: Hypsidae 2 Familie: Sichelflügler (Drönanidhe) Drepana: D. falcataria L., Weißer Sichel⸗ flügler 5 e Familie: Gallidulidae 8 Familie: Endromiidae. 5 Endromis: E. versicolora L., Birkenſpinner Familie: Eulen (Noctuidae). Acronycta: A. aceris L., Ahorneule Mamestra, Gemüſeeulen M. brassicae L., Kohleule . M. persieariae L., Flöhkrauteule. Hadena: H. basilinea F., Duedeneule . Plusia, Goldeulen P. gamma L., Gamma Agrotis, Erdeulen A. pronuba L., Erdfahl. A. segetum Schiff., Saateule . Senta: S. maritima Tausch., Rohreule. Heliophila: H. unipunctata Haw. . Charaeas: Ch. graminis L., Graseule. Heliothis: H. armigera Hb. Panolis: P. griseoyariegata Goeze, Sort. eule Scopelosoma: 8. Zabel n 5 Erastria: E. scitula Rr. Catocala, Ordensbänder C. fraxini L., Blaues Ordensband C. nupta L., Rotes Ordensband . C. elocata Esp. ; Erebus: E. agrippina Cram., Nieſeneule a Familie: Agaristidae . Familie: Wollrückenſpinner (Gn phoridae). re Thyatira: T. batis L. Nee Familie: ae 2 Syntomis: S. phegea L. le \ Trichura Hübn. 2. Familienreihe: Enantioneura. 3 A. Heterocera. Familie: Zahnſpinner (Notodontidae) Lophopteryx: L. camelina L., Kamelſpinner Phalera: P. bucephala L., Mondvogel Dicranura: D. vinula L., Großer Gabel- ſchwanz . 8 Cerura: C. furcula ., Buchengabelſchwchz Stauropus: S. fagi L., Buchenſpinner . Anaphe: A. infracta Walsh. . Seite 256 256 Inhalts⸗Überſicht. Familie: Prozeſſionsſpinner (Thau- metopoeidae, e 5 Thaumetopoea T. processionea L., Eichenprozeſſtons ſpinner T. pinivora Tr. „Kiefernprpge tense T. pithyocampa Schiff., e fionsipinner . Er RE Familie: Epicopiidae . . . Epicopeia West... Familie: Federmotten (Prerophoridde) Aciptilia: A. pentadactyla L. Familie: Perophoridae \ Familie: Spinner Bene Bombyx: B. mori L., Seidenſpinner Familie: Bram 8 Brahmaea: B. vallichii Gray Familie: Lemoniidae 1 Familie: Striphnopterygidae pterodidae). Striphnopteryx: S. edulis Boisd. Familie: Ceratocampidae N Citheronia: C. regalis F., Walnußmotte a Familie: „„ W dae) ; ER Rhescyntis: R. BR Pe Samia: S. cecropia L. Copiopteryx: C. ein Cram. Ludia Wallgr. 8 0 Attacus: A. atlas L., Allas 2 Philosamia: P. ms ee Witanidus ſpinner x Antheraea , A. pernyi Guer., ; Ehmeſiſcher Seiden⸗ ſpinner A. yamamai Guer., dunner Seiden ſpinner e Epiphora: E. pan Ga, : Saturnia S. pyri Schiff., Großes Naefe e S. spini Schiff., Mittleres Nachtpfauenauge S. pavonia L., Kleines eee Familie: Uraniidae.. N Chrysiridia: C. croesus Gi Nyetalemon Dalm. ; Familie: Spanner (Geo Amphidasis: A. betularia L. N Biston a or B. hirtarius du. Kirsche panne B. pomonarius Hb. Kt Sr Hibernia a H. defoliaria al, Großer Froſtſpanner 8 H. aurantiaria Ep., N EN ſpanner 0 u- = F N n = 14 * De rad Be 10 2 „ 3 \ N i In halts⸗-Überſicht. Seite Cheimatobia . 2 281 Ch. boreata Hb., Kleiner den 281 C. brumata LJ. 282 Abraxas: A. 1 55 Sake ſpanner 282 Bupalus: B. . I Aerea 283 Familie: Schwärmer (Sphingidae) . 283 Acherontia: A. atropos L., eh / 284 Smerinthus iR 285 S. ocellata L., Abend n ee 285 S. populi L. END 286 Sphinx 5 286 S. convolvuli er Windig t 286 8. ligustri L., Liguſterſchwärmer. 287 S. nerii L., Oleanderſchwärmer 287 Deilephila: D. euphorbiae L., Wolfsmilch⸗ ſchwärmer 287 Hyloicus: H. EUR Kiefernſchwärmer 287 Hemaris: H. fuciformis L., Hummelſchwär⸗ mer J B. Wen Familie: Nymphalididae. 288 Unterfamilie: Danaidinae . 288 Danaida . 25 288 D. chrysippus . Ehryſippusfalter 288 D. archippus L., Monarch. 288 Hestia F. : 289 Unterfamilie: Neotropinae (ecken iti 289 Hamadryas Boisd. 289 Unterfamilie: Ithomiinae . 289 Unterfamilie: Augenfalter e 289 Erebia: E. glacialis Se 7 SEE falter 289 Hetaera: H. piera 5 0 289 Satyrus: S. semele L. „Roſtbinde 290 Pararge: P. aegeria L. „Ringaugenfalter 290 Coenonympha: C. pomphilus , Kleiner ö Heufalter. 8 20 Melanitis 290 M. ismene . Neismetering 290 M. leda L. 2 8 290 Unterfamilie: Morphoninae 290 Morpho F. g 291 Unterfamilie: Brassolinae . 291 Unterfamilie: Heliconinae . 291 Heliconius 5 291 H. melpomene L. 291 H. rhea Crum. 291 Unterfamilie: Erycininae . ; 291 Nemeobius: N. lucina L., Sainvürfel falter . 3 201 Unterfamilie: ene 291 Libythea: L. celtis L. V. 291 Unterfamilie: Nymphalinae . Argynnis, Perlmutterfalter A. paphia L., Silberſtrich A. chariclea Schneid. var. aretica Z. Agraulis Boisd. . f Melitaea F., Schedenfalter . Acraea . 2,68 Vanessa, Edflügler V.io L., Tagpfauenauge . atalanta L., Admiral . cardui L., Diſtelfalter 8 ee ee . prorsa L. Limenitis: L. populi L., Großer Eisvogel Abatura. A. iris L., 5 Großer ( Schillerfalter A. ilia L., Kleiner N Hypolimnaas x H. misippus L. i H. inaria Cram. H. aleippoides Cram. Callima: C. inachis Boisd. Unterfamilie: Braga (Lycaeninae) . Pentila Westw. Mimacraea But. Zephyrus: Z. quercus L., Eichenfchiler chen Callophrys: C. 175 10 Brombesfalen chen i Chrysophanus. C. virgaureae L. „Dukatenfalter 5 C. phlaeas L., Beureögläen Lycaena L. EM. Rott. L. arion L. L. argus 145 antiopa L., Trauermantel . . polychloros L., Großer Fuchs. . urticae L., Kleiner Fuchs . levana L., Netzfalter Amblypodia: A. amantes 775 Tarucus: T. theophrastus F.. Liphyra: L. brassolis Westi. Spalgis: S. epius Westw. . Familie: Papilionidae. Unterfamilie: Weißlinge (Pieridinae) Pieris falter . Gonepteryx P. brassicae 2 Großer Kohlweißling P. rapae L., Kleiner Kohlweißling Aporia: A. crataegi L., Baumweißling Euchloe: E. cardamines L., Aurora⸗ G. rhamni L., Zütronenfulter G. cleopatra L. II* 299 299 300 300 301 301 301 302 XX Seite Delias: D. eucharis Br. 302 Hebomoia: H. glaucippe L. 302 Pseudopontia: P. paradoxa Feld. . 302 Unterfamilie: Papilioninae 3002 neee 302 P. machaon L. Se 302 P. podalirius 150 „Segelfalter . 303 P. aristolochiae . 304 P. polymnestor parinda Oram. . 304 P. dardanus Brown. 304 Inhalts⸗Überſicht. . Seite Parnassius, Alpenf alter. 303 P. imperator Oberiitw. 3003 P. charltonius Gra / 2303 P. apollo L., Apollofalter .. 803 P. delius Esp., Alpen apollo 304 P. mnemosyne L., Schwarzer Apollo 304 Lühdorfia: L. puziloi Ersc .. 303 Eurycus Bsd.. . . . . 303 Troides: T. N Staud. 04 Achte Gruppe: 5 | | a Fliegenartige Inſekten (Dipteroidea). 24. Ordnung: Zweiflügler (Diptera). 1. Unterordnung: Spaltſchlüpfer (Orthor- rhapha). 1. Tribus: Mücken (Nematocera). Familie: Pferdemücken, Erdſchnaken I ipulid ase) nn I OO T. oleracea L., Große Roptfenate l T. maculosa Meig. 1 „ 310 T. paludosa Meig., Sumpfſchnake ld T. fulvipennis Deg. 310 Ctenophora: C. Ae Sunne. ficke! l 310 Trichocera 0 T. hiemalis D. G. Winterſchnake e Limnophila Macg., Teichmücke 311 Phalacrocera: Ph. replicata Schumm.. . 311 Familie: Faltenmücken e A) 311 Ptychoptera: P. e 15 ‚ Goette Faltenmücke 311 Familie: Stechmücken, Bafierfänaten (Caulicidae) 2,07, all | Culex a 25 C. pipiens L., Gemelne Stechmücke „ C. annulatus L., Geringelte Stechmücke. 313 Stegomyia: S. fasciata F. 314 Anopheles, Malariamückeen 314 A. maculipennis Meg. 314 A. costalis Loo 314 Corethra, Büffelmücken: C. Pane 315 Familie: Zuckmücken (Chironomidae) . 315 Tersestes: T. torrens To ms. . 816 Ceratopogon Meg. 316 Chironomus: Ch. N Federmücke 316 Helene „ H. deep 7 08 e H. rosinicole Ki f. 88 Wahn K N 000 Clunio: C. adriaticus Schin. . . . Bar 317 Erethmoptera: E. browni. . . 317 Familie: eee @sy- chodidae) . . 317 Psychoda: P. 0 Curt, Sechs⸗ fleckige Schmetterlingsmücke . 317 ! Phlebotomus: P. papatasii Scoop. . 817 Familie: Gallmücken (Cecidomyidae) . 317 Hormomyia: H. fagi Htg., Buchengallmücke 318 Miastor: M. metroloas Mein. 318 Diplosis: D. aphidomyza Rd. 318 Cecidomyia: C. destructor Sa., Seifenitfiege 318 Familie: Pilzmücken (Mycetophilidae) 319 Sciara, Trauermücken: S. militaris Now., Heerwurmtrauermücke 319. Familie: Haarmücken e „90 Biblio. 4.54% NEE B. marei L., Märzfliege . DE, 99921 B. hortulanus L. Borkenbaarmiike 321 Familie: Kribbelmücken, ee IE RUE: VS 321 Simulium: 8. e Schönk,, Ro lumbatſcher Mücke 322 Familie: Netzmücken 1 323 Blepharocera: B. capitata Low . . 323 Apistomyia: A. elegans Bg. 323 Liponeura: L. einerascens Leer. 324 Familie: Pfriemenmücken Rp 324 Rhyphus: Rh. fenestralis Fr Wanne pfriemenmücke 324 2. Tribus: Orthorrhaphe Fliegen RER Familie: Waffenfliegen (Stratiomyi- Gad) a ee 6 ee Stratiomys: S. chamaeleon L., e leons fliege 324 Familie: Sämepfenftiegen Leptitide) 325 Leptis . . . 325 Ta VVV L. ine ,, Er a re n ae F D / La ae in DIN = ? E > e — m. ” | han ar ae a FE a Inhalts⸗Überſicht. Atherix: A. ibis F., Bee 5 Vermileo Macg. . Familie: Coenomyidae Coenomyia: C. ferruginea F. Familie: Xylophagidae ; Xylophagus: X. ater F., Se arze Holz e Familie: en Viehfliegen (Taba- nidae) . E Tabanus: T. aa 45 edi Rinder⸗ bremſe Haematopota: H. Murialis L. een Chrysops: C. caecutiens L., aa bremie ‘ - : Familie: e Nemestrina Latr. Megistorrhynchus: M. 7 Wieden Hirmoneura: H. obscura Meig.. . . . Familie: Wollſchweber (Bombyliidae) . Bombylius. f / B. major L., Großer Wollſchweber B. discolor Mik . B. fugax Wiedm., Flüchtiger Woll chweber Anthrax: A. morio L., Trauerſchweber Familie: Acroceridae . RE Sphaerogaster Zetterst. Ogeodes Latr. \ Astomella: A. lindeni e Acrocera 2 A. sanguinea Latr. 5 A. trigramma Löw. . Familie: Scenopinidae } Scenopinus: S. fenestralis L., Bae Fenſterfliege 5 Familie: Stilettfliegen Were Thereva: T. annulata F. ; Familie: F (Asilidae) Laphria: L. gibbosa 15 Asilus: A. crabroniformis L., 1 artige Raubfliege Dioctria: D. oelandica L. ela 95 bichtsfliege . Familie: N (Empidas); Empis . a E. tesselata V., Gewürfelte Zonfige 5 E. borealis . } E. poplitea Löw . -. . 2... Hilara . 2 ö H. maura F. H. sartor Beck : Familie: . Dolichopo- didae) . SIT; 5 Argyra Macg. Morbftiegen Seite 326 326 326 326 326 326 327 327 327 328 328 328 328 328 328 329 329 329 329 329 329 330 330 330 330 330 330 330 330 330 330 331 331 331 332 332 332 332 332 334 333 333 333 334 334 Familie: Lonchopteridae Lonchoptera: L. lutea Panz. . XXI Seite 334 334 2. Unterordnung: Deckelſchlüpfer (Cyelor- rapha). 1. Tribus: Aschiza. Familie: %% Syrphus S r S. vitripennis Meig. Helophilus: H. trivittatus F., 3 ſchwebfliege Volucella . 8 V. bombylans L., Summeirömebfiege ä V. pellucens L. 5 Eristalis, Miſtbienen E. tenax L. ) E. arbustorum L. Microdon: M. devius L. Familie: Pipunculidae Familie: Platypezidae Familie: Phoridae k Hypocera: H. incrassata N i "Side Budelfliege . Trineura: T. aterrima Fab. ‚Kabinen Budelfliege . \ Apocephalus: A. BERN 0 1 Amin köpfer N x Puliciphora Dahl, Siobfliege . Termitoxenia: T. heimi Wasm. . Termitomyia Wasm. ; Unterfamilie: Thaumatoxeninae Thaumatoxena: T. wasmanni red. et Börn. . Familie: Braulidae . Braula: B. coeca Nitzsch, Biekenionig ! 2. Tribus: Schizophora. 1. Familienreihe: Holometopae. Familie: Dickkopffliegen e Unterfamilie: Myopinae i Myopa: M. buccata L. Dalmannia: D. punctata F. Unterfamilie: Conopinae Conops: C. scutellatus Meig.. Familie: Grünaugen (Chloropidae) Chlorops } g C. taeniopus 11 Gelbe Halanfliege 5 C. nasuta Schrk., Kleine ae Osecinis: O. frit L., Fritfliege. Familie: Taufliegen Drosophilidae) . Drosophila : 8 D. ampelophila Löw D. fenestrarum Fall., Kleine arte 338 340 334 335 335 336 336 336 336 336 336 336 336 337 337 338 338 339 339 339 339 340 340 341 341 341 342 342 342 342 342 343 343 343 344 343 344 344 344 344 XXII D. funebris F., Große Eſſigfliege. D. rubrostriata Beck ie Familie: Bohrfliegen (Trypsin ) Rhagoletis: R. cerasi L., Kirſchfliege . Platyparea: P. ee Er fliege . 346 Familie: Ne diftiegen (Psilidae) . 346 Psila: P. rosae F., Möhrenfliege 346 Familie: Geomyzidae . 346 Familie: Agromyzidae 346 Agromyza. . 347 Familie: Borboridae f 99 647 Sphaerocera: S. subsultans F. 347 Familie: Diopsidae. 847 Familie: Celyphidae N 347 Celyphus . . . e 347 Familie: Ei „ Ephydra: E. riparia Fall. . . 2 347 Familie: Sepsidae . 348 Piophila: P. casei L., Käſ ER 348 | Familie: Dungfliegen (Scatophagidae) 349 Scatophaga: S. stercoraria L., Gemeine Dungfliege . 349 2. Familienreihe: Schizometopae. Familie Blumenfliegen(Anthomyidae) 350 Homalomyia: H. canicularis L., Kleine d Stubenfliege ; 350 Hylemyia: H. antiqua Mag Zwiebelſliege 350 Chortophila: C. brassicae Bouche, Kohl⸗ fliege . 9999 Aricia: A. e Fall. 350 Familie: Muscidae 350 Musca: M. domestica L., RER Stuben fliege . 351 Calliphora . 352 C. erythrocephala Ai, Blaue ene fliege . Ä 352 C. vomitoria L. . 353 Protocalliphora: P. neue „Age 353 Pollenia: P. rudis F. „„ Lucilia, Goldfliegen . 353 L. caesar L. 353 L. sericata Meig.. 354 L. silvarum Meig., Waldgoldfliege, Krb⸗ tenfliege 35⁴ Auchmeromyia: A. Inteola Walk. 1 Inyo⸗ fliege . j : e Cordylobia . . 354 C. murium Don., Geſchwulſtſliege bi Mänſe g 354 C. anthropophaga Gr ünb., mender freſſerfliege . \ 354 Seite 344 344 345 345 Inhalts⸗Überſicht. Bengalia: B. latro Meg. 3 Muscina: M. stabulans Fall., Stallſliege ; Familie: Stechfliegen (Stomoxyidae) Stomoxys: S. calcitrans L., Gemeine Stech⸗ fliege, ee Glossina G. palpalis R. D, Schlaftrantheitsfliege 5 G. morsitans Westw., Tſetſefliege Familie: Steigen 0 88 Sarcophaga 5 ER S. carnaria L., Gemeine Fleiſchfliege S. affinis Fall. 1 2 Familie: Tachinidae ‚Naupenfliegen 8 Unterfamilie: W 2 i Echinomyia: E. fera L. ‚Dolce 0 Unterfamilie: Dexiinae. i Dexia: D. rustica F. Parasetigena: P. segregata Boni Compsilura: C. coneinnata Meig. Panzeria: P. rudis Full. Sturmia: S. sericaria Corn. N Familie: Daſſelfliegen (Oestridae) . Hypoderma ; H. bovis L., Daſſelſliege des Rindes H. actaeon Br., Hautbremſe des Rotwildes H. diana Br., Hautbremſe des Rehwildes Dermatobia: D. cyaniventris Macg. Cephenomyia: C. stimulator Meig., Rachen⸗ bremſe des Rehwildes Rhinoestrus: R. purpureus Br., Rochen bremſe des Pferdes Oestrus: Oe. ovis L., ehh e des Schafes 5 Gastrophilus: G. e Dig, Wag bremſe des Pferdes Familie: Lausfliegen ide Hippobosca: H. equina L., Pferdelausfliege Lipoptena: L. cervi L., Hirſchlausfliege Melophagus: M. ovinus L., Schaflausfliege Sternopteryx: S. hirundinis L., Schwalben⸗ lausfliege ; „ Familie: Streblidae. 5 Familie: Fleder mats fiche Spin⸗ nenfliegen (Nyeteribiidae).. Cyelopodia: C. greffi * 25. Ordnung: Flöhe (Aphaniptera) Familie: Pulicidae . 369 Pulex: P. irritans L., Weneeh 369 Ctenocephalus . . . 5 C. canis Curt., Hande 370 C. felis Bouche, Katzenfloh. 370 Holopsyllus: H. glacialis Taschb. . . 370 FF RER EA HA WENDE DE 2 De DE > a al m Ze u Archaeopsylla: A. erinacei N Igel⸗ fohr N ER Ceratopsyllus: 0. sciurorum Sehe Eich⸗ hörnchenfloh or Xenopsylla: X. cheopis Rothsch, Ratten RB . Familie: . 5 ; Ctenopsyllus: C. musculi Dug., Mäuſefloh Inhalts⸗Uberſicht. Seite 370 370 370 370 370 Neunte Gruppe: 1. Unterordnung: Raubkäfer, Gierkäfer x‘ (Adephaga). Familie: Sandkäfer (Cieindelidae) . 374 Cieindela 3 374 C. campestris L., debate 374 C. hybrida L. 2 375 C. hybrida mare La 375 | C. quadrilineata F. 375 C. roseiventris Chevr. 375 Mantichora: M. herculeana KI. 376 Archicollyris: A. longicollis Fabr., 0 bhalſiger Sandkäfer „ 3 Collyris: C. bonelli Guer. . 376 3 Tricondyla: T. cyanea Dej. 376 \ Pogonostoma Kl. F 377 Familie: Laufkäfer (Cerebidse 377 Unterfamilie: Carabinae . . 378 Carabus . ; 378 C. hortensis L., Gartenlauftäfer 379 C. auratus L., Goldſchmied. 379 C. auronitens F., Gebirgsgoldhenne. 380 C. coriaceus L., Lederlaufkäfer . 380 Calosoma 380 C. sycophanta L, bauen 0 380 C. serutator F. Br } 380 C. inquisitor L. 381 C. reticulatum F. 381 Unterfamilie: Harpalinae . . . . 381 Brachynus, Bombardierkäfer 5 381 B. crepitans L. 382 Elaphrus: E. riparius L., uferlauſtäfer 382 Pseudophonus: P. pubescens Müll. 383 Zabrus: Z. tenebrioides Goeze, Getreide- lauffäfer . 383 Scarites, Fingerkäfer. 383 S. gigas Schiödte, Siefenfürgerläter 384 S. procerus Dej. 5 384 Mouhotia: M. gloriosa Cast. 384 Pasimachus 5 384 Dyschirius, Handkäfer 384 Deckflügler (Coleopteroidea). 26. Ordnung: Käfer (Coleoptera). XXIII Seite Familie: 5 a 370 Hystrichopsylla: H. talpae Curt., Maul- wurfsfloh — * 371 Familie: a : 371 Familie: Sandflöhe Dermatophilidae) 371 Dermatophilus: D. penetrans L., Sandfloh 371 Familie: Vermipsyllidae. ur 372 Vermipsylla: V. alacurt Schimk. 372 Anophthalmus: A. dalmatinus Mill., Dalmatiniſcher Höhlenkäfer 384 Trechus Gairv. 384 Mormolyce: M. buy oes ae Ge ſpenſtlaufkäfer „ Familie: Amphizoidae. 385 Familie: Schwimmkäfer Dytiscidae) | 385 Dytiscus 386 D. marginalis L., Gelbrandtäfer. 386 D. latissimus L., Breiter Gelbrand . 388 Acilius. A. sulcatus L., Furchenſchwimmer 388 Hydroporus, . 389 H. halensis F. ; Ä 389 H. griseostriatus Deg. 2 389 Familie: Waſſertreter 7 390 Cnemidotus: C. caesus Duft. 390 Familie: Hygrobiidae (Pelobiidae). 390 Hygrobia: H. tarda Herbst 390 Familie: Taumelkäfer (Gyrinidae) . 390 Gyrinus: G. natator L., Taumelfäfer . 391 Orectochilus: O. villosus Müll. . 391 Unterfamilie: Enhydrinae . 391 Familie: Rhysodidae 392 Rhysodes: R. sulcatus F. le 392 Familie: Fühlerkäfer (Paussidae) 392 Protopaussus Gestro 392 Cerapterus: C. horsfieldi West. 392 Pentaplatharthrus Westw. 392 Paussus. ; 5 392 P. favieri Fairm. 392 P. tureicus Friv. . 392 2. Unterordnung: Vielfreſſer . 1. Familienreihe: Kurzflüglerartige (Staphy- linoidea). Familie: e e dae) 8 Staphylinus S. caesareus Cederh. „Goldſtreifiger Mo- derkäfer ; S. olens Müll., Staten der Modertäfer 3 Paederus: P. riparius L., Uferkurzflügler 393 394 394 394 394 Inhalts⸗Uberſicht. XXIV Seite Myrmedonia . 895 M. funesta Grav. . 395 M. laticollis Märk. . 395 Lomechusa: L. strumosa Grau., Großer Büſchelkäfer. 395 Atemeles e ene A. emarginatus Payk 397 A. paradoxus Grav. . 397 A. pubicollis Bris. 397 Doryloxenus . 397 D. lujae Wasm., Ameiſ 5 397 D. transfuga Wasm., Überläufer. 398 Discoxenus Wasm. . 398 Termitodiscus Wasm. . 5 398 Spirachtha: S. eurymedusa Schiödte . 398 Familie: Pselaphidae . 0 398 Unterfamilie: Clavigerinae (Reufenkäfer) . 398 . Claviger: C. testaceus is Gelber Keulenkäfer i 399 Familie: Aaskäfer Silphidae). 401 Necrophorus: N. vespillo L., Gemeiner Totengräber } 401 Silpha . . . 25 403 S. atrata L., edman linke Aas⸗ a käfer 950 403 S. opaca L. Koh 403 Xylodrepa: X. e Li Vier- punktiger Aaskäfer . 403 Familie: Punktkäfer (Clambidae). 404 Familie: Leptinidae 8 404 Leptinus: L. testaceus Müll. . . 404 Familie: Flohkäfer, Biberkäfer . psyllidae) 5 404 Platypsyllus: P. . Rits, 404 Familie: Se 404 Familie: Sphaeriidae g 404 Familie: Ptiliidae „ 404 Nanosella fungi Motscùꝶ ). 372 Familie: Scaphidiidae. 405 Familie: Stutzkäfer (Histeridad. 405 Hister: H. fimetarius Herbst, Miſtſtutzkäfer 405 Hetaerius: H. ferrugineus Oliv., Ameiſen⸗ ſtutzkäfer. 405 2. Familienreihe: Verſchiedenhörnler (Diver- sicornia). Familie: Weichkäfer (Cantharidae) . Unterfamilie: Cantharinae k Cantharis: C. fusca L., Soldatenkäfer ; Unterfamilie: Lycinae . Lygistopterus: L. sanguineus 1 95 Chlamydolycus: C. trabeatus Guer. Unterfamilie: Leuchtkäfer (Lampyrinae) 406 406 406 407 407 408 408 Seite Luciola: L. italica L., e 8 Leuchtkäfer 409 Phausis: P. splenäitinie Te: Kleiner Leuchtkäfer 409 Lampyris: L. RN, 77 ‚GroherSauit käfer 8 „ Photinus: Ph. hytalis L. 410 Unterfamilie: Malachiinae . g 410 Malachius: M. aeneus L., Ciao Zipfelkäfer 5 410 Familie: Buntkäfer (Getida 411 Clerus: C. formicarius L., eh Buntkäfer . 411 - Triehodes, Juientüfer T, 1 55 Bienenwolf. Be 411 Familie: Corynetidae . 412 - Necrobia: N. ruficollis TF. „ GR Familie: Schnellkäfer i Brachylacon: B. murinus L., Mäuſegrauer Schnellkäfer. 8 414 Elater: E. eee ee Blutroter Schnelle käfer 3 414 Agriotes: A. 1 2, Santfjnellfäfer 414 Pyrophorus: P. noctilucus L., Cucujo. 415 Familie: Prachtkäfer (Buprestidae). 415 Sternocera: St. orientalis Hbst. . 415 a C. mariana L., Großer Kie⸗ a . fernprachtkäfer g 416 Poecilonota: P. rutilans ., der käfer 416 Agrilus: A. Wente F., Smeitetige Prachtkäfer 416 Familie: D NS 416 Hylecoetus: H. dermestoides L. 416 Lymexylon: L. navale L., Werftfäfer . 418 Atractocerus: A. brevicornis L. 418 Familie: Bostrychidae 418 Bostrych is; 418 B. monachus F. 418 B. capucinus 8 418 Ligniperda: L. muricata . 418 Familie: Klopfkäfer (Anobiidae) . 418 Xestobium: X. rufo-villosum Deg., Bunter Klopfkäfer 5 419 Anobium g 419 A. pectinax L., Troßtopf 419 A. paniceum L., Brotbohrer . 420 A. emarginatum Duft. . 420 A. plumbeum II. 420 A. nigrinum Sturm . 420 A. abietis F. 420 Familie: Diebskäfer (Ptinidae) 420 Ptinus: P. fur L., Kräuterdieb 413 420 Niptus: N. hololeueus Fald., Pe gelber Diebskäfer Familie: Speatäfer eres Dermestes . D. lardarius 55 Gmeiner Spedlafer D. bicolor F. 3 D. vulpinus F. 1 . Attagenus: A. pellio L., Pelzkäfer > Anthrenus . Rd A. museorum L., Rabinetttäfer A. claviger Er. A. scrophulariae L. 9 Familie: Pillenkäfer rte Byrrhus L. Familie: Kolbenwaſſerkäfer Mydrophi- lidae) E Hydrophilus: H. os. Grofer Scr zer Kolbenwaſſerkäfer. . Spercheus: S. emarginatus Schall. . Cercyon Leach. Sphaeridium: S. serial 1 Familie: Byturidae i N Byturus: B. tomentosus F., Känberrtäfer Familie: Glanzkäfer (Nitidulidae) Meligethes: M. aeneus F., Rapskäfer Glischrochilus: G. quadripustulatus L., Vierpunktiger Rindenglanzkäfer Er Familie: Ostomidae. 5 Tenebrioides: T. mauritanicus = Brot „„ Familie: Cucujidae . Cucujus F. > ; Uleiota: U. planata = Rindenblattkäfer i Silvanus: S. surinamensis F., Getreide⸗ ſchmalkä fer Familie: Erotylidae. Erotylus: E. histrio F. Unterfamilie: Cryptophaginae Unterfamilie: Atomariinae Familie: Mycetophagidae Familie: Lathridiidae. . Lathridius . L. minutus L.. L. bergrothi Reitt. Familie: Marienkäfer (Goesinellidae) 5 Unterfamilie: Coceinellinae Coceinella . 5 0 C. septempunctata 25 Siebe nt ; C. repanda Thunb. . N Novius: N. cardinalis Muls. RR Cryptolaemus: C. montrouzieri Muls. . Chilocorus: Ch. kuwanae Silv. Rhizobius: R. lophantae Blaisd. Inhalts⸗Überſicht. Seite 421 421 421 422 422 422 423 423 423 . 423 424 424 424 425 495 427 427 428 428 428 428 428 428 428 429 429 429 429 429 430 430 430 430 430 430 430 430 430 430 431 431 431 433 432 432 433 433 XXV . } Seite Unterfamilie: Epilachninae 433 433 Lasia: L. vigintiquattuorpunctata L. 8 0 3. Familienreihe: mer a). Familie: Pyrochroidae \ Pyrochroa: P. coceinea L., aha Veuerfäfer . Familie: Schwarz käfer (Tenebrionidae) Tenebrio: T. molitor L., Mehlkäfer. Blaps: B. mortisaga L., Totenkäfer. Tribolium: T. navale F., Maiskäfer Gnathocerus: G. cornutus F., 5 8 8 15 käfer Pimelia, Feiſttäfer: P. alles Geoffr. . Akis: A. baccarozzo Schr. Zopherus: Z. bremei Guer, Zopherosia White Familie: Trietenotomidae . Autocrates: A. aeneus Parr. Familie: Blaſenkäfer Beloidan) Melo& i M. RER ss " Sltäfer 8 l Sitaris: S. muralis Forst., Rotſchulteriger Bienenkäfer. 5 Lytta: L. vesicatoria L., Spanische Fliege Epicauta ’ RE ARE E. vittata F. - E. pennsylyanica Dey. . E. tenuicollis Fall. E. rouxi Cest. 9 Nemognatha: N. lutea Lec. Familie: Fächerkäfer bipwborideg Metoecus: M. paradoxus L. Rhipidius: R. pectinicornis Thunb. 4, Sanıilienzeibe: cornia). Familie: Hirſchkäfer (Lucanidae). Eurytrachelus: E. bucephalus Pert Chiasognathus: Ch. granti Stepn. Lamprima Latr. . Rn Nicagus: N. obscurus Zee. Aesalus: Ae. scarabaeoides Panz. .. Lucanus: L. cervus L., Hirſchkäfer. Dorcus: D. parallelopipedus L., Balfen- ſchröter Systenocerus: S. n Rehſchröter Sinodendron: S. cylindricum, Baumſchröter Familie: Zuckerkäfer (Passalidae) Phoronaeus: P. rusticus Perch., Zuckerkäfer Proculus Kaup Ungleichfüßler (Hetero- 433 433 433 434 435 435 435 436 436 436 Blatthornkäfer (Lamelli- 446 447 447 447 447 447 447 449 449 449 450 450 450 XXVI Familie: Skarabäiden (Searabaeidae) Unterfamilie: Erdkäfer (Troginae) Trox: T. sabulosus L., Erdkäfer. Philharmostes: Ph. integer Kolbe . Unterfamilie: Miſtkäfer e . Geotrupes . G. stercorarius L., e Roßtäfer G. sylvaticus L., Waldmiſtkäfer G. vernalis L., Frühlingsmiſtkäfer Ceratophyes: C. eee L., . miſtkäfer ; 79 Bolboceras: B. unicorne ‚Sehr. Odontaeus: O. armiger Scop. . Lethrus: L. apterus Laxm. F Unterfamilie: Dungkäfer (Aphodiinae) . Aphodius . N A. alpinus Scop., Alpendungkäfer A. luridus F. A. nemoralis Er., Walddungkäfer A. fimetarius L. A. nitidulus F. A. niger Panz. A. troglodytes Hubb., bullen käfer > A. porcus F. Euparia Cerv. . Corythoderus . Unterfamilie: Kotkäfer Corrinae) Onthophagus . : O. vacca L. . O. trochiscobius Kol, Copris C. Iunaris I „Mondkäfer C. . 15 an Mondo käfer Ä Phanaeus M. L. ’ Heliocopris, Elefantentottäfer: H. e f sus Bat., Koloßkäfer Sisyphus: S. schaefferi L., Kleiner Pillen⸗ dreher. 3385 Scarabaeus: S. sacer L., Selig Pillen⸗ dreher. i Ateuchus: A. AR ER F. Unterfamilie: Maikäfer (Melolonthinae) Melolontha . M. melolontha L., Gee Mai⸗ käfer M. hippocastani F., beiteten Mai Ä käfer 9 Polyphylla: P. tullo F., Walter 0 Amphimallus: A. solstitialis L., Juni⸗ käfer Lachnosterna Hope . Seite 451 451 451 452 452 452 452 453 454 454 454 454 455 456 456 456 456 456 456 456 457 457 457 457 457 457 457 457 457 457 457 458 458 459 459 Auhalts-Überjigt. Unterfamilie: Rutelinae Phyllopertha: P. horticola 25 Kleiner Roſenkäfer Anomalla . A. aenea Se Suite A. vitis F. ar TE Anisoplia A. segetum Hbst., Getreidelaubtäfer.. A. austriaca Hbst. 5 A. tempestiva Ev. Cotalpa: C. lanigera L., Goldſmith Beetle Plusiotis Burm., Metallkäfer 5 Unterfamilie: Rieſenkäfer (Dynastinae) . Dynastes: D. hercules L., . Megasoma . i OR M. actaeon L., Aktäonkäfer M. lep ! Oryctes O. nasicornis L., Nashornkäfer O. rhinoceros L., e hornkäfer g 5 Unterfamilie: Roſenkäfer (Cetoninae) Goliathus: G. druryi M.-L., Goliathkäfer Dicranorrhina: D. chi L., Gabel⸗ naſe De ’ 5 Cetonia . C. aurata L., e Roſenkäfer C. speciosissima San C. cuprea F. 8 Unterfamilie: Pinſelkäfer (krichindc) Osmoderma: O. eremita ep Juchten⸗ käfer, Eremit ; Trichius: T. fasciatus L., Cebänderter Pinſelkäfer Cyelidius: C. elongatus 9. 5. Familienreihe: phaga). Familie: Bockkäfer (Cerambycidae) . Unterfamilie: Breitböcke (Prioninae). Prionus: P. coriarius L., Gerber, ar bod i Ergates: E. faber 255 ie Unterfamilie: Spondylinae Spondylis: S. Dee Waldbod- fäfer 0 Unterfamilie: Gern A » Cerambyx: C. cerdo L., Großer Sicen bod a Aromia: A. WN Moſchusbock Hylotrupes: H. bajulus L., Hausbock Tetropium: T. castaneum L., Syn der Fichtenbod . Phymatodes: Ph. testaceus F. Ver⸗ änderlicher Schönbod . \ 470 e (Phyto- 470 472 472 472 473 473 473 473 473 474 474 474 0 ee Inhalts-Überſicht. Callidium: C. violaceum L., Blauer Scheibenbock. . g Neecydalis: N. major L., Weſpenbock. Unterfamilie: * (Lepturini) . Leptura... : L. maculata Dodo, Sefetten Soma A h,ruhrs bis 3 Rhagium t Rh. inguisitor Z. 1 Rh. bifasciatum F., eder ha giumkäfer. . Rh. mordax Deg. . . Rh. sycophanta Schr. ar Clytus: C. arietis L., Widderkäfer Unterfamilie: Weberböcke (Lamiinae) Acroeinus: A. longimanus L. Dorcadion, Erdböde . D. carinatum Pall. 5 D. fuliginator L., Grauer Erdbock Lamia: L. textor L., Weberbod . Acanthocinus: A. aedilis L., Zimmer- bock, Schreiner Anthores: A. leuconotus 5 Oſtafri⸗ kaniſcher Kaffeebock. Bixadus: B. sierricola White . Saperda . f S. carcharias 5 Großer Wappelbot S. populnea L., Aſpenbock Familie: Blattkäfer . Sagrini . Ne Sagra S. buqueti . er S. purpurea Licht. . : . ». Orsodacna: O. cerasi L. Donacini . ; Haemonia: H. 8 F. et Donacia: D. crassipes F., Dickbeiniger Schilfkäfer Criocerini . Crioceris 8 C. lilir Scop., Lienhähnchen 5 C. asparagi L., Spargelhähnchen C. duodecimpunctata L., Zwölfpunk⸗ tiges Spargelkäferchen. Clytrini. Clytra: C. n diam tiger Sackkäfer EEE cc ĩ˙ ˙» ker else Melasoma x M. populi L., Roter Pappelblattkäfer. = M. tremulae F., Roter e Chrysomela. 1 * 4 Seite 475 475 475 475 475 475 476 476 476 476 476 476 477 477 477 477 477 477 477 477 478 478 478 478 479 479 479 479 482 482 482 XXVII Seite .. Ze A C. graminis L. „ Chrysochlora: C. gloriosa F. 0 Leptinotarsa: L. decemlineata Say, Kolorado käfer 483 Galerueini . ' 485 Galerucella: G. luteola Au ‚Uhmentäfer 485 Flohkäfer, Erdflöhe (Haltieini) . . 485 Phyllotreta. . . . 486 P.nigripes Fab. Schnee er ek ſenerdflo h 486 P. nemorum L., Seiseiige Erd- floh. 5, 486 Haltica: H. 1 755 Kohlerdfloh 486 Diamphidia: D. Be Per., Fun Büren: cr, a x 486 Schildkäfer Cast TE FTF Cassida . . . 486 C. nebulosa 25 Nebeliger Salone 486 r FE 487 Desmonota: D. variolosa Weber 3487 Omoplata: O. pallidipennis Bon. . 487 Familie: Samenkäfer(Lariidae, Bruchi- dae) 3j TR sa Laria . . 8 L. pisorum 75 Erbſenkäfer. 488 L. rufimana Boh., Bohnenkäfer . . 488 L. lentis L., Linſen käfer. 488 6. Familienreihe: Rüſſelträger (Rhyneho- phora). Familie: Maulkäfer (Anthribidae) . . 489 Platystomus: P. albinus L., Weißfleckiger r U ED Anthribus.. . . u A. variegatus Geoffr. TR A. fasciatus Forst. e Physokermes: P. abietis Modeer Fe Araeocerus: A. fasciculatus Deg., 8 rr „ 489 Familie: Sangfäfer Grenthidee): „489 Amorphocephalus: A. coronatus Germ. 490 Brenthus: B. anchorago . 490 Familie: Spitzmäuschen rien 490 Apion: A. pomonae F., Obſtſpitzmäuschen 490 Familie: Afterrüßler es 490 Rhynchites 490 Rh. pubescens ꝰłù. . 4390 Rh. interpunctatus Steph., Zweigſtecher 490 Rh. alliariae Pal. 43591 Rh. cupreus L., Pflaumenbohrer . . 491 Rh. betulae L., N 8 C ! 493 XXVII Inhalts⸗Überſicht. Seite Seite Byctiscus: B. betulae L., Rebenſtecher. 491 Ceutorrhynchus: C. sulcicollis Germ., Apoderus: A. coryli L., Haſeldickkopf⸗ Kohlgallenrüßler 502 käfer ; 492 Baris: B. coerulescens Scop., daes Attelabus: A. eee 105 Sic zahnrüßler { 33 wickler 493 Familie: Oossonidae 503 Familie: Echte Ruſſeltäfer Caronlio- Rhynchophorus: R. palmarum . Batman nidae) . . . 494 bohrer . 503 Unterfamilie: Hyleblinae hr 494 Sphenophorus: 8. obscurus Boisd. 503 Hylobius: H.abietis L. ‚Shine 494 | Calandra r ; 503 Unterfamilie: Pissodinae . . 495 C. granaria L., Korntäfer 5 503 Pissodes. 495 C. oryzae L., Reiskäfer. 505 P. notatus F. Kleiner Kiefernrüſſelkäfer 495 Familie: Borkenkäfer Cpidae) 505 P. piniphilus Hobst., N Unterfamilie: Baſtkäfer (Hylesininae) . 509 Rüſſelkäfer N 496 Hylastes: H. ater Payk., ati Kie⸗ P. pini L., Kieſernbeſtandsrüſſeltäfer 496 fernbajtfäfer . ee ©) P. piceae III., Tannenrüſſelkäfer 496 Hylesinus . 509 P. harcyniae Hbst., Harzrüſſelkäfer 496 H. panel Großer Kiefernmark⸗ 8 Aleides: A. brevirostris Bol., Stamm⸗ käfer 509 ringler 497 H. minor Htg., Kleiner Kiehn Unterfamilie: Verſtectrüßler (ppi . käfer 512 chinae) j 497 H. fraxini F., Kleiner Eschenbaſttäfer 512 Cryptorrhynchus: C. ede 2. len H. crenatus F., Großer Eſchenbaſtkäfer 512 würger 497 Dendroctonus, Baumtöter: D. un Unterfamilie: Nußbohrer Palaninae) 497 Kug., Riejenbajtläfer . Eee Dia Balaninus . . 498 Unterfamilie: 8 (ecnpiogase \ B. nacum L. Sefeinußhahrer 8 498 rinae). ; 513 B. glandium Marsh., Großer Eichel⸗ Scolytus. 513 bohrer 498 S. ratzeburgi 0 Binfenfpfintfäre 513 B. turbatus @yll., Kleiner Ecchelbohten 498 8. pruni Rtzb., Großer Splintkäfer Unterfamilie: Blütenſtecher (Anthonominae) 498 S. rugulosus Rtzb., Kleiner Splintkäfer Anthonomus . 498 Unterfamilie: Ipinae . 514 A. pomorum L., Apfelblüttenſtecher 498 ISB 514 A. grandis Boh., Baumwollkapſelkäfer 498 1 6 L. ec 514 Unterfamilie: Springrüßler (Orchestinae) 499 I. chalcographus L., Kupferſtecher 516 Orchestes: O. fagi L., e 499 I. micrographus Deg., Furchenflüge⸗ Cionus, Blattſchaber . 8 499 liger Fichtenborkenkäfer Ar} C. ini Leg., Eſchenblattſchaber. 500 Trypodendron: T. lineatum Olv., Ge⸗ C. scrophulariae L., Braunwurz⸗Blatt⸗ ſtreifter Nutzholzborkenkäfer 516 ſchaber. e ee Xyloterus: X. domesticus L., Buchen⸗ C. gibbifrons Tiesto. 500 Nutzholzborkenkäfer Lixus: L. paraplecticus L., Stange Xyleborus: X.dispar F., nude vat N bohrer. y ; 501 bohrer. 516 Hydrotimetes: H. 7 8 Kolbe 5 501 Unterfamilie: Seer 517 Unterfamilie: Blattrüßler n 501 Unterfamilie: Platypinae . l Phyllobius Schönh. . : 502 Platypus 517 Polydrosus Germ. 502 P. compositus Bei 1 517 Unterfamilie: Dickmaulrüßler Genn. P. eylindrus F., Gemmer Gihententier 517 chinae) RR RR 502 Otiorrhynchus. 8 502 5 * 5 5 O. niger F., Sonaten Rüſſelkäfer 502 e Fächerflügler (Strep O. Iigustici L., Liebſtöckelnäſcher . 502 siptera). Unterfamilie: Verborgenrüßler (Ceutor- Xenos: X. vesparum Rossi. 517 rhynchinae). 502 | Stylops: S. melittae Kirby / 517 sie 518 518 Inhalts⸗Überſicht. Zehnte Gruppe: | Welpen und Immen (Hymenopteroidea). 28. Ordnung: Hautflügler (Hymeno- ptera). 1. Unterordnung: Pflanzenweſpen (Sym- phyta, Chalastogastra). Familie: Holzweſpen, en 15 en (Sirieidae) Sirex S8. gigas L., Fichten⸗ Br Sriefenbolsineibe S. juvencus L., iefernholzwefpe . Xeris: X. spectrum L., Tannenholzweipe . Paururus Konow PS Tremex Jur. Xiphydria Latr., Scwertweipen. Familie: Oryssi dae Oryssus: O. abietinus Scop. $ Familie: Blattweſpen(Tenthredinidae) Unterfamilie: Keulenblattweſpen (Cimbi- einae). ; Cimbex: C. e dba. Trichiosoma: T. lucorum L. Jet Abia: A. sericea L. Unterfamilie: Bufpornbtttmepen Lophy rinae) . 5 Lophyrus: L. pini Er Sifenbufähorn blattweſpe 9 Unterfamilie: A Hylotoma: H. rosae L., Roſenblattweſpe; Bürſtenhornweſpe. Ma Unterfamilie: Tenthredininae ‚ Rhogogastera: Rh. viridis L., Grüne Blattweſpe Hoplocampa: H. W Christ, Mia menblattweſpe 8 Eriocampoides 5 E. limacina Retz., Kirſchblattweſpe E. annulipes K7ug, Ringelfüßige Blatt⸗ „ Pteronus: P. e Gelbe Stade beerweipe . Craesus: C. e AN Ei Breit⸗ füßige Birkenblattweſe Pontania: P. proxima Lep., Gemeine Weidenblattgallenweſpe ö Unterfamilie: Geſpinſtblattweſpen, Kotſack⸗ blattweſpen (Pamphiliinae) . ö Pamphilius. N P. stellatus Christ., Singen weipe . 8 g P. campestris L. Seite 521 522 522 523 523 523 523 523 524 524 524 524 524 525 526 526 526 527 527 528 528 528 529 529 529 529 530 530 530 531 531 531 Seite P. erythrocephalus L., N Ge⸗ ſpinſtweſpe N i A P. hypotrophicus Htg. 532 P. flaviventris Retz., Geſellige Birnblatt⸗ weipe . x 532 P. inanitus Pl., ) 532 Familie: Halmweſpen (Cephidae). 532 e C. pygmaeus L., Getreidehalm⸗ weipe . 533 Janus: J. A ., „Ben eweſſe 533 XXIX 2. Unterordnung: Stechweſpen (Apoerita). Familie: Echte Schlupfweſpen, Ichneu⸗ monen (Ichneumonidae) . Unterfamilie: Ichneumoninae. Ichneumon: I. pisorius L. Unterfamilie: Cryptinae a ; Mierocryptus: M. basizonus Grau, Ä Hemiteles: H. areator Panz. . Mansa: M. pulchricornis Tosg. Pezomachus: P. zonatus Först. . Unterfamilie: Pimplinae Rhyssa: Rh. persuasoria L. Ephialtes: E. manifestator L. Pimpla . P. instigator . P. oculatoria F. Unterfamilie: Ophioninae . ü Exochilum: E. circumflexum L. el weſpe 1 95 . Unterfamilie: h de 1905 Exenterus: E. marginatorius Fabr. Familie: Agriotypidae Agriotypes: A. armatus Walk. . Familie: Braconidae Bracon F. a Iphiaulax Först. . a Rhammura: Rh. filicauda e Unterfamilie: Microgasterinae Apanteles . A. glomeratus L., ehen A. fulvipes Hal. A. congestus Nees ; Gruppe: Rundmäuler (Oyelostumi). Bracon F. } 2585 e e e H. hiehetor Say Wh Gruppe: Exodontes . ser Dacnusa Hal. A re Alysia: A. r N a 536 537 537 537 537 537 538 5385 538 538 539 539 539 539 540 540 540 540 541 541 542 542 542 542 542 542 542 543 543 — 543 544 544 544 544 544 XXX Gruppe: ee e (Flexiliventres) g 3 Aphidius Familie: Erzweſpen (Chaleididae) Phlebopenes: Ph. splendidulus Perty . Unterfamilie: Toryminae . 3 Torymus: T. regius Nees . Unterfamilie: Chaleidinae . Smicra: S. sispes L., Geſtielte Scene weipe . 3 Unterfamilie: Zehrweſpen (teren Pteromalus: P. puparum L., ur zehrweſpe. N 5 Unterfamilie: Encyrtinae. Ageniaspis: A. fuscicollis Dahn. Litomastix Thoms. Prestwichia: P. aquatica 2 8 Unterfamilie: Eurytominae h ; Isosoma: I. tritici Fitoh, Joint worm Unterfamilie: Feigenweſpen (Agaoninae) . Blastophaga: B. psenes Westw., Sr weipe . 1 Familie: Proctotrupidae Gerphidag. Helorus - ; Le H. anomalipes Kae H. paradoxus Prov. Unterfamilie: Scelioninae . Teleas: T. laeviusculus Rtzb. Unterfamilie: Platygasterinae Platygaster . P. herricki Park. . f Polygnotus: P. minutus Lind. ; Unterfamilie: Zwergweſpchen (Mymarinae) Anagrus: A. subfuscus Först. 8 Familie: Gallweſpen (Cynipidae) Diplolepis: D. disticha Hart. Andricus A. foecundatrix Htg. A. pilosus Adl. Unterfamilie: Ibaliinae . R Ibalia: I. leucospoides Hochw. Unterfamilie: Figitinae i Figites: F. scutellaris Rossi . Unterfamilie: Anacharitinae . Anacharis: A. typica F. „ Unterfamilie: Charipinae (Allotriinae). Unterfamilie: Cynipinae ; Diplolepis: D. quereus folii L., Geh Eichengallweſpe. ; Spathegaster: S. taschenbergi Schlechtd, Saphonocrus: S. connatus Hart. Biorrhiza: B. pallida Ol. Cynips Seite Inhalts⸗-Überſicht. C. aptera C. quercus calicis Sa Knoppern⸗ gallweipe . 5 C. gallae-tinctoriae ON, Färbergalt- weipe . Andricus: A. cerri 8 Serrgaumepe Rhodites Rh. rosae Gir., weipe . Rh. eglanteriae g Diastrophus: D. rubi Bouche, Bomber gallweſpe. Synergus e S. vulgaris Hig. S. pallicornis Hart. S. tscheki Mayr . Aulacidea . ; A. hieraci L. A. sabaudi Hig. A. scorzonerae bin, Aylax . A. papaveris Boris - 8 A. glechomae L., Gundermann Gall⸗ weipe . > ; Familie: Goldweſpen Chrysididae) Chrysis . 5 Rt Ch. ignita L., Senergoihinaine Ch. shanghaiensis S iti Ch. bombycida Mocs. Unterfamilie: Heteronychinae Hedychrum: H. nobile Scop. . Unterfamilie: Holonychinae . Allocoelia Moes. . Parnopes: P. grandior Pull. Familie: Bethylidae ni Dicrogenium: D. rosmarus Staln. Kae Unterfamilie: Bethylinae . ie Goniozus: G. audouini esto. Laelius: L. trogodermatis Ash. Unterfamilie: Cleptinae (Diebsweſpen). Cleptes: C. semiaurata L., e Diebsweipe . I ea Familie: Trigonaloidae . » . .. Trigonalos: T. hahni Spin. Familie: Hungerweſpen (Evaniidae) Unterfamilie: Echte nee 557 niinae) 2 Evania: E. ber . Brachygaster: B. minutus C0. Unterfamilie: Schmalbauchweſpen (Gaster ruptioninae) Gasteruption: G. affectator L, Gicht⸗ weipe . D 1 Roſengall⸗ 5 Inhalts⸗Überſicht. XXXI Seite Seite Familie: Ameiſenweſpen (Mutillidae) . 566 Pepsis . 576 Mutilla. x 566 P. formosa Bi Sptunelldter 577 M. europaea L., Cpaiſhe Yneiien- Salius: S. aviculus Sauss. 578 weſpe 566 Priocnemis Schiödte f 578 M. rufipes F., ER Xineifenncpe 567 | Familie: Faltenweſpen, an Welpen Myrmosa: M. melanocephala F. 567 (Vespidae) 3 578 Familie: Thynnidae 567 Unterfamilie: Masarinae . 578 Thynnus F. — 567 Celonites: C. abbreviatus Vill. . 578 Methoca: M. ichneumonoides Zatr. 567 Unterfamilie: Lehmweſpen (Eumeninae) . 578 Familie: Sapygidae .- . 568 Raumes } ii 579 Polochrum: P. repandum Spin... 568 E. coarctata L. , Pillenweſpe 579 Sapy ga: S. quinquepunctata F. 568 E. pomiformis Rossi, Apfelförmige Familie: Dolchweſpen (Scoliidae) 568 Pillenweſpe 0 Triscolia: T. procera ZU. . 568 E. areuatus F. ; 579 Scolia 568 E. dimidiatipennis Sauss. . 579 S. flavifrons E., Nolting dolce. 568 Symmorphus: S. murarius L., Mau er- S. haemorrhoidalis F. 5 569 weſpe . 579 Dielis: D. formosa G ] r. 569 Synagris { 580 8 T. femorata F. wangen. = S. spiniventris mi 9. 580 eipe . Familie: abweſben Sphegidas, Or 15 „ a 30 bronidae). Be 570 78 a Sphex 570 ee Vespinae ar 8. lobatus F. f ET 15 9 8 0 n S. maxillosus F., e ee h 570 P. gallicus L., Gallſche Bee 8 Ammophila: A.sabulosaZ., Gemeine Sand⸗ P. biglumis E. 8 ; 581 weibe . : 2 571 Apoica: A. pallida Ol. . 582 Bembex x 572 Vespa 582 B. rostrata F., Kreisel ie Wirbelweſpe 572 V. erabro E., Hornifje 583 B. spinolae Len. 3 V. eincta F., Indiſche Gürtelweſpe 583 Monedula zu 573 V. germanica F., Deutſche Weipe . 584 M. signata L. 573 V. vulgaris L., Gemeine Weſpe 585 M. surinamensis Deg. . : 573 V. media Deg., Mittlere Weſpe 585 Mellinus: M. arvensis L. „Glattweſpe > 574 V. saxonica F., Sächſiſche Welpe . 585 Cerceris, Knotenweſpen ; 574 V. rufa L., Rote Weſpe a 3 0. l L., Sandknotenweſpe. 574 Pseudovespa: P. austriaca Panz., Oſter⸗ C. tuberculata Pill. 574 reichiſche Weipe . 585 C. bupresticida Dy ., Brachtfäfertöter 574 Chartergus: Ch. chartarius Ou. 585 Philanthus: Ph. triangulum F., Euro- g Polybia: P. scutellaris White 585 paäiſcher Bienenwolf . . . 574 Nectarina Shuck. . 586 Crabro L., Silbermundweſpen 574 Familie: Bienen (Apidae) 586 Trypoxylon, Töpferweſpen : 575 Urbienen (Proapina) P 587 T. figulus L., Gemeine zöpfernche 575 Prosopis F., Maskenbienen 587 I. attenuatum Smith . 575 Sphecodes Latr. . 588 Sceliphron . 575 Beinſammler (Podilegina) 988 8. destillatorius In, Wer Senner Colletes, Seidenbienen: C. cunicula- töter . . : 575 rius L. VT S. javanum Lep. . 575 Halietus: H. quadricinctus F., Vier⸗ Familie: Wegweſpen (Pom = i li i a; a A gürtelige Schmalbiene \ 589 Psammocharidae) 7 855 575 Andrena, 5 Erdbienen: 1 5 Pompilus . N » 575 albicans Müll. 590 P. viaticus L., F Wegweſpe a 575 Panurgus Pun . 591 P. quadripunctatus F. org 576 Dasypoda: D. ae Pane, Sole P. quinquenotatus Sa. 576 biene. 8 591 XXXII Seite A. m. unicolor Latr., ee Seite Xylocopa, Holzbienen 591 Biene 615 X. nigrita F. r 592 A. dorsata F., Nen 615 X. latipes Dr., Indiſche Felzbiene 592 A. florea F., Zwerghonigbiene 615 X. violacea L., Blaue Holzbiene 592 Familie: Ameiſen (Formieidae) 615 Euglossa Latr. . 593 Unterfamilie: Ponerinae 629 Eucera, eee E. longioor- Myrmecia: M. . Sm., Rote Bull- nis L. NT 593 doggameiſe . 620 Anthophora, . 593 Harpegnathus: H. e er 1 629 A. acervorum L., 1 594 Lobopelta: L. elongata Buckl. 629 A. parietina F. ; 594 Ponera: P. contracta· Latr. 629 Bauchſammler (Gastrilegina) 595 Unterfamilie: Treiberameiſen (Dorylinae) . 629 Osmia, Mauerbienen . 595 ’ Dorylini. . 629 O. papaveris Latr., Klanchmehn⸗ Dorylus: D. une 88 Shuck. 629 mauerbiene . 595 Eeitonini . . I O. rubicola Fr., ee e 595 Unterfamilie: Myrmieinae. RE ER O. bicolor Schrk. 595 Mymia ... ER 631 O. bicornis L. 596 M. rubra L., Ge Knotenameife . 631 Anthidium Wollbienen: A. a 597 M. laevinodis Nyl. 631 Megachile, Blattſchneiderbienen 597 M. ruginodis Nl. 8 631 M. pluto F. Sm. . 595 M. rubida Latr. \ 631 M. centuncularis L. 1 597 Monomorium: M. pharacnisZ., Pharao⸗ f Chalicodoma: Ch. muraria F., Mörtel⸗ Ameiſee 8 biene W 598 Atta: A. cephalotes 5 Saul 5 Schmarotzerbienen 600 Trachymyrmex: T. septentrionalis Nomada F.. x 600 M’Cook . ; 632 Coelioxys, Kegelbienen . 601 Pogonomyrmex: P. Wabern Sm, | C. ducalis Sm. . 602 Ernteameife . RR C. quadridentata L. . 602 Myrmicaria Saund ; 638 C. rufescens Lep. . : 602 Tetramorium: T. e 1 638 Melecta: M. armata Panz., RER! 602 Unterfamilie: Dolichoderinae 633 Stelis: St. nasuta Latr.. 602 Dolichoderus: D. quadripunetatus L. 633 Staatenbildende Bienen 5 602 Tapinoma: T. erraticum Latr. 634 * Unterfamilie: Bombinae, e 1 602 Unterfamilie: Camponotinae x 634 Bombus . 603 Formica . 634 B. terrestris L., e 604 F. rufa L., Rote Waldameiſe 634 B. terricola Kirby . 605 F. sanguinea Latr., Blutrote Wald- B. lapidarius L. Sen 605 ameiſe 635 B. agrorum F. e 606 F. fusca L., Sar e Ameiſe A 635 B. pascuorum RE Feuerhummel 606 Lasius En 635 Psithyrus, 5 606 L. ee Glängenfehmane 1 P. vestalis Foure. . 607 Holzameiſe 635 Unterfamilie: Meliponinae . 607 L. niger L., Seen Wege 635 Melipona. 607 L. flavus F., Bernſteingelbe Ameiſe . 636 M. nigra Lep. 608 Camponotus . 636 Trigona . 607 C. ligniperda ER Rohan T. duckei Fr. 607 C. herculaneus L., Rieſenameiſe 637 T. molesta Puls. 607 C. pubescens 7. 637 T. helleri Fr. \ 608 C. femoratus F. 637 Unterfamilie: Apinae, Staetzagenbe C. senex Sm. 0 638 ſtaatenbildende Bienen 5 608 Oecophylla: Oe. smaragdinn. V., Sbic⸗ Apis ; 608 ragdameiſe . . 637 A. mellifica L., Honigbiene 608 Polyrhachis 638 A. m. mellifica L., 1 m P. bicolor F. Sm. . 638 nigbiene i 615 P. argentea Mayr 688 Inhalts⸗Überſicht. 61 632 686 Inhalts⸗Überſicht. XXXIII. 1 Spinnenterſe (Chelicerata), E. ECEtrſte Klaſſe: Rieſenkerfe (Gigantostraca). 3 wen h Ordnung: Xiphosura. | * Limnlus, Pfeilſchwanzkrebſe: L. polyphemus L., Königstrabbe . SER 2 641 * Se = Zweite Klaſſe: Spinnentiere (Arachnoidea). . 1. ung; Skorpione (Scorpionida). Seite Fare . 647 Be: B. oceitanus A cen 3 647 * B. australis L., ee 647 = Euscorpius . . 5 . 648 3 Eu. italieus . 648 E Eu. carpathicus L. 648 2 Ordnung: Piendoftorpione (Posnde- 2 Scorpionida). oO bisium: O. muscorum C. L. Koch, Moos- florpion + ; 648 = Chelifer 649 Be Ch. eimicoides F, Wanzenſtorpion 649 3 Ch. caneroides L., Bücherſkorpion 649 13 5 Skorpionſpinnen (Pedi- F . 5 e ; | palpa). — 1 Unterordnung: Skorpionſpinnen (Uro- * pysi). . 3 Famile; Fadenſkorpione (Telyphoni- 2 dae) 649 . 2b 1 5 N Langſchwän⸗ i Be ziger Fadenſkorpion 650 Familie: Schizonotidae . 650 2. Unterordnung: Geifeljforpione (Am- blypysi). Tarantula: T. palmata Herbst . 650 3. Unterordnung: Palpigraden [Palpigradi). KE oenenia: K. mirabilis Grassi 651 3 4. Ordnung: RR en). Familie: Galeodidae . . . ., 652 2 Galeodes Be 2 652 E 3 G. araneoides Pall. 22652 F: G. caspius Bir. 6352 Familie: Solpugidae 653 3 8 Rhagodes: Rh. melanus Ol. . 653 Familie: Hexisopodi dae 653 Brehm, been 4. u I. Band. 5. Ordnung: Echte Spinnen (Araneida). Familie: Liphistii dae 657 1. Unterordnung: Vierlungler (Tetrapneu- mones). Familie: Vogelſpinnen, N (Aviculariidae) . . . 657 Avicularia: A. avicularia L., eine Vogelſpinne \ 657 Selenocosmia: S. 3 Walck., Jar vaniſche Bogelipinne . > » » 657 Familie: Atypidaee 658 Atypus: A. piceus Sulz. 688 Nemesia E N. sauvagei Dorth. N N. meridionalis Costa e |; Familie: Hypochilidae . . . 659 2. Unterordnung: Zweilungler (Dipneu- moues). Familie: Dysderidae 659 Segestria: S. senoculata L., Kellerſpinne 659 Stat 689 St. taenaria Schäte,, Fee 9859 St. schiödtei Thor. . . 659 Familie: e (Argiopidao) 660 Araneus 5 660 A. diadematus a. e 660 A. quadratus . ? 660 Tetragnatha: T. NE Lange Strickerſpinne 861 Zilla C. L. Koch, Winkelradnetzpinne 1661 Gasteracantha Sund., Stachelſpinnen 662 Nephila Leach, Seidenſpinnen 662 Familie: . Ginyphüir da e) 662 Linyphia: L. — a. 902 Familie: Mieryphantidae 662 Erigone: E. atra Bl., Schwarze Glücksſpinne 662 Familie: Kugelſpinnen . 662 Theridium 33669 II XXXIV Seite Th. enten N., Geſtreifte e 662 Th. eximium Keys. . 663 Th. nodiferum Sim. . 663 Latrodectes . . . 663 L. tredecimguttatus F., „Malmignatte 663 L. lugubris Rossi, Karakurt 663 L. scelio Tor., Katipo . 664 Familie: Pholcidae 664 Pholcus: Ph. phalangioides Fed, f 664 Familie: Trichterſpinnen (Agalenidae) 664 Tegenaria: T. domestica L., Hausſpinne. 664 Agalena: A. er Clerck, e i ſpinne i 665 | Desis Walck. x 665 Familie: Ar 5 665 Argyroneta: A. 1 Walck., „Waffe 3 ſpinne 665 Familie: Gio nis 1 x 667 Chiracanthium: Ch. nutrix Walck,, Wort fingerſpinne. 666 Clubiona: C. pallidula Olerck, Atlasſpinne 667 Agroeca: A. brunnea Blackw., Braune Agroecajpinne . x 667 Sphecotypus: S. niger Fort 668 yrmecium: M. fuscum F. Dahl 668 Familie: Thomisidae, Krabbenſpinnen 669 Misumena: M. vatia Gercgg, 669 Xysticus: X. viaticus C. L. Loch 670 Diaea: D. dorsata F. 670 Familie: Springſpinnen (Baltieiaän:. 670 Epiblemum: E. scenicum GI., Harlekins⸗ Hüpfſpinne , 670 Familie: Wolfſpinnen (Gyeosidao) 234 Lyco ses 2 1 L. saccata L., Sackſpinne 5 1 L. arenicola Seudd. g 672 L. tigrina M. C. : 672 Tarentula: T. e Duf., Tarantel 672 Trochosa: T. singoriensis Lamm. 672 Familie: Pisauridae 672 Pisaura . 672 Dolomedes: D. Ambrinis ch, Gerandete Jagdſpinne 3 Familie: Psechridae 673 Fecenia E. S. 673 Familie: Eresidae 673 Eresus: E. niger Pet. BR 673 Stegodyphus: St. gregarius 2 673 6. Ordnung: Afterſpinnen (Phalan- gida). 1. Unterordnung: Palpatores. Familie: Phalangidae 674 Phalangium: Ph. Kae L., Gemeiner Weberknecht. 674 Inhalts⸗Überſicht. Seite Familie: Trogulidae 675 Familie: Ischyropsalidae i 675 Ischyropsalis: J. helwegi C. L. 25 675 Familie: Nemastomatidae . RER, 676 = Nemastoma: N. lugubre Madl, 670 2. Unterordnung: Laniatores. Br Familie: Gonyleptidae a 676 7. Ordnung: Milben A I. Familienreihe: Gamasiformes. Famnie: Holothyridae .-. u 6708 Holothyrus: H. braueri Thon 9675 Familie: e (Gamasidae). 677 Gamasus 5 8 678 8 G. crassipes L., Gene Käfermilbe 678 G. fucorum Deg., e 8 678 Loelaps. ; 5 . laevis AMCC 8576 Bee L. marginatus C. L. Koch . Antennophorus . 5 = A. uhlmanni Hall. 1.1079, a Dermanyssus:D. balls di, Bogemie 679 Familie: Uropodidae 5 6 Uropoda: U. obnoxia Reuter. 679 Familie: Zecken (Ixodidae) > 679 Unterfamilie: Kodin ee 680 Ixodes: I. ricinus L., Holzbock 2.00 Boophilus: B. annulatus Say, Ben 680 Unterfamilie: Argasinaae 5 58 Argas 681 A. persicus Fisch, Perſiche Wanze en 1 americanus Pack., SEN 88 A. reflexus F. 682 Ornithodorus: O. uodhaks a: 682 2. Familienreihe: To ET Familie: Laufmilben (Trombidiidae) . 682 Sericothrombium: S. holosericeum L., Ge⸗ i meine Samtmilbe Allothrombium: A. e He, Thrombidium: Th. tinctorium L., er = milbe . & a re Familie: Pen 5 Tetranychus . RN T. telarius Gach., Blatifpinmmilbe SR, T. altheae v. Hanst., Hopfenſpinnmilbe Familie: Moosmilben (Bryöbiigke) . Bryobia. .,.. f B. ribis Tom., Rote Stachetbeermelbe 8 B. pratensis Garn. melee. milbe . . Familie: Tarsonemidae EEE 1 Pediculopsis: P. graminum Reut., Gras- halmmilbe . S > x Seite Familie: Waſſermilben (Hydracari- * nidae) . e 684 Be; Hydrarachna: =. geographien 0. 7. Müll, 684 Fxlais Zatr. . . 53 * n L. "Koch ER 1 Unionicol˖a 685 IVD. erassipes Müll., Bideinige Taf = er a 685 D.. bonzi Cap., Muſchelmilbe. 685 3 Familie: Meeresmilben (Halacaridae) 685 E © Rhombognathus. , ... 685 - Halixodes: H. chitonis Bruck, „Scheer i 1 milbe. 685 1 elbe; Krätzmilben e a Familie: Hornmilben (Oribatidae) . . 685 HJHermannia: H. picea C. K. 685 Familie: Sarcoptidae 686 Bi: Unterfamilie: Käſemilben (Tyrogiyphinae) 686 Tyroglyphus: T. siro L., e Käſe⸗ W 686 3 Aleurobius: A. farinus Gier, Mehfmilbe 686 1 " Glyeiphagus, Süßmäuler 686 EB G. domesticus de Geer, Hausmilbe . 687 ae: ne ee 687 * Pyenogonum: P. littorale Str., Uferaſſel⸗ ſpinne 23 891 Inhalts⸗Überſicht — Analges: A. passerinus de Geer, Vogel- hautmilbe Megninia: M. cubitalis 1 Huhner⸗ milbe . : Falculifer: F. Tostratus Buchh, Landen: milbe »:.22- Unterfamilie: Öytalichinae: 0 Cytolichus: C. nudus Viz., eufhaanib Unterfamilie: Sarg Sarcoptes 72: S. mutans Rob., Fußmilbe des Huhns S. scabiei L., Krätzmilbe des Menſchen Familie: Haarbalgmilden . (Demode- cidae) . r Demodex: D. Wienern . boar ö balgmilbe ee - 2 4. See Eriophyiformes. Familie: Gallmilben (Eriophyidae) Eriophyes a E. piri Pagst., Birnblattgaumilbe q E. vitis Land., Blattgallenmilbe des Wein⸗ jtod3 . Phyllocoptes: Ph. Ye Nal, facher milbe . er Aſſelſpinnen (Pantopoda, n 0 0 Nymphon: N. grossipes . Colossendeis: C. colossea Us. Ben. III“ XXXV Seite 687 687 687 687 687 687 687 687 688 689 689 689 690 690 690 690 691 691 Verzeichnis der Abbildungen. Farbige 9 Braſiliſche Libellen * Kronenfangſchrecke . Teufelsblume Sa x Wandelndes Blatt und Wandelnder Aſt ; Heufchreden der Wüſte. Schwarm von Wanderheuſchrecken in Sale. Oſtafrika Blüten⸗ und Baum (mit Deckblatt) Südamerikaniſche Kleinzirpen Deutſche Netzflügler. Afrikaniſche Baumwollſchädlinge (mit der blatt) Deutſche Samer als woe one (mit Deckblatt) Europäiſche Nachtfalter Seidenſpinner x Europäiſche Tagfalter Tropiſche Tagſchmetterlinge : Blütenbeſuchende Fliegen (mit Deckblatt) Käfer im braſilianiſchen Urwalde Goliathkäfer En Indiſche Prachtweſpen. Javaniſche Spinnen Schwarze Tafeln. Der Abgeplattete Bandfüßler und ſein . . Javaniſcher Rieſenſkolopender Ausſchlüpfende Libelle. Deutſche Libellen Europäiſche Wanderbehe Blick in die Königszelle der Kriegeriſchen Termite Deutſche Waſſerwanzen 2% Ausſchlüpfende Siebzehnjährige Zitade Acanthocorydalus Kolbei Ameiſenlöwe bei der Anlage ſeines Sand- trichters. Tagſchmetterlinge Heerwurm f Eine Fliegentraube, gebildet ER har bei * Eiablage es zn! der Sr fliege. ; . 113 137 165 — 191 198 301 320 326 Pillendreher bei der Arbeit 5 Geißelſtorpia:ee 8 N Seb wichtiger und ee: am Schluß Amerikaniſcher Spinnenläufer 8 5 Langfühleriger Erdläufer, einen Bi = Totengräber bei der Neben . = 5 i 3 > Hirſchkäfer und Heldbod . . . .. Herhilesläfer, u. 0 ed Blattrollender Trichterwickler. e Fraßſtücke von Borkenkäfern I = ee Fraßſtücke von Borkenkäfern — u Belpenueher u an Weberameiſen und Sinfonien „ Pfeilſchwanzkrebbk ls 6 1 e . RE = ....0 en B 60 7 artenbeilage. ae Juf ekten und e ug De, Abbildungen i im Gert. Verdauungsorgane u und Nervenſpſtem der au. chenſchabte 8 Facettenauge eines Inſektes us dem ein el Er herausgeſchnitten ea Ta ee, Zwitter eines Schwammſpinners ee = ; Sandſchnurfüßler 5 Gerandeter Saftkug ler. Pinſelfüßler Eu Mundwerkzeuge des Stolopenbers . ee 2 Brauner Steinläufer 2 Skolopenderweibchen, ſeine Eier behütend. überwältigend . Kauende Mundteile einer Feldgrille 37 Laufbein der Küchenſchabe, Schwimmbein des . Gelbrandläfers und Grabbein der Mau wurfsgrille ER Flügelgeäder in der Sopotßelifen Grundform 55 und beim Schmetterling BT Er Zwei Halbinſekten, Acerentomon Br in EHE Eosentomon transitorium. . 2 Doppelſchwänzchen und dealer Lichtſcheuer Japyx . . a BVBiaſſerſpringſchwänzchen 49 Sͤchneeſpringſchwänzchen 49 . Waſſerſpringböcke REN 50 Küſtenſpringenru 52 Dfenfiſchchen 54 Anmeeiſenfiſchchen, zwei ſic fütternden Yneien die Nahrung fortſchnappend . . 54 Münnchen der Gemeinen Eintagsfliege 56 Larve und Imago der Gemeinen e 58 2 Gemeines Uferaas 60 Prosopistoma foliaceum . ö 5 62 Larve der Glänzenden Schönjungfer 8 65 Liibellenlarven und Gemeiner Plattbauch. 68 Perla cephalotes nebſt Lare. 70 Deutſche Schabe und e Schabe 73 4 Küchen ſchabe 75 3 Europäiſche Gottesanbeterin ae ihr Eitoton 78 Roſſis Geſpenſtſchrecke 82 * Zirpendes Männchen des doiſdadefede 85 Dinarchus dasypus = 86 Snttelträgerſchrecke 88 Warzenbeißer m 89 Grünes Heupferd 90 Feeldgrille. 5 92 Maulwurfsgrille. BE EHE 93 = Gomphoeerusrufs ....... 95 = Naſenſchrecke | 97 3 Europäiſche Wonderfefäreten . 99 Gemeiner Ohrwurm r 10⁵ Huiemimerus talpoides . s 2 107 Ezmbia ramburi mit ihrem Geſpinſt. 108 Die verſchiedenen Kaſten bei den Termiten 111 Turmnmeſt von Eutermes pyriformis 115 Z3oeibindige Rindenlaus i 12⁰ Staublaus 333 121 2 Haarling des Hundes 123 Haarling des Meerſchweinchens 188 danſedering 127 Kopflaus rer 1128 ie 130 Tabalblaſenfu 133 Kopf einer Schildwanze 135 Vorderflügel einer Schildwanze. 136 AJVndiſche Rieſenwanzz 139 Weibchen von Elasmostethus 3 ban CTelirier bewachend } 143 Diactor bilineatus-. . 145 Meeresläufer 149 Bettwanze 152 Gerippte Minierzikade 5 Suoptifgee La- ternenträger . 157 Paurpurzikade und ihre Larve. 5 188 = See 5 — ass Kr . 159 En Verzeichnis der Ab bildungen. Seite 173 XXXVII Seite „Kukuksſpeichel“ der EN 3 160 Erlenzikade und ihre Larve g 161 Ohrzikade 162 Larve des Birnblattflohes 166 Weibchen des Birnblattflohes . 167 Blattläuſe in verſchiedenen Altersſtufen Ulmengallaus 8 175 Kolonie von Blutläuſen 176 Ananasgalle der Fichtengallaus. ; 177 Ungeflügeltes und Run ne her Fichtengallaus 2 178 Neſſelröhrenlaus. Bi 183 Polniſche Kofchenillefaus . RE 185 Kolonie von echten Koſchenilleläuſen 186 Kommaſchildlaus 189 Kommaſchildlaus 190 Schlammfliege und ihre Entwickelung 192 Florfliege und ihre Entwickelung 195 Ameiſenjungfer ei 197 Ameiſenlöwe 197 Afrikaniſches Fadenhaft 200 Braune Schwammfliege 8 201 Winterdaft ... a 204 Laichmaſſen von Köcherfliegen 206 Larven von Köcherfliegen . 206 Larven von Köcherfliegen . 207 Rautenfleckige Köcherfliege . 210 Kopf eines Schmetterlings : 212 Nyctipao walkeri mit ausgefäten Bft haaren 8 i 214 Weiden bohrer 218 Horniſſenſchwärmer und feine Entwicklung. 220 Raupe von Natada velutina . ; 221 Roſenminiermotte 5 222 Kleidermotte und ihre Enwickelung. 224 Apfelbaumgeſpinſtmotte und ihr Gefpinftneit . 226 Weibchen der Yucca-Mötte, Blütenſtaub ein⸗ ſammelnd . a et a Sackſpinner : 231 Einbindiger und Betreuer Traubenwickler und ihre Entwickelung ; 234 Harzgalle des Kiefernharzgallenwicklers 236 Apfelwickler und ſeine Entwickelung 237 Carpocapsa saltitans und Teufelsbohne 239 Wachsmotte und ihre Entwickelung. 241 Pachypodistes goeldii . 243 Steinbrechwidderchen 248 Der Kiefernſpinner, ſeine Sintwittung ſowie einige ſeiner Feinde . 3250 Ringelſpinner und ſeine Eukericelung 251 Schwammſpinner und ſeine Entwickelung. 252 Nonne und ihre Entwickelung 254 Rotſchwanz 0 257 XXXVIII Goldafter und ſeine Entwickelung Schlehenſpinner und ſeine Entwickelung Zeichnung des Eulenflügels Hausmutter . Rotes Ordensband nebſt Raupe. Weißfleck 1 0 Trichura caudata ; Großer Gabelſchwanz nebſt anden 100 Raupe des Buchenjpinner . g Anaphe infracta Eichenprozeſſionsſpinner Maulbeerſpinner nebſt Raupe 0 Koton . Ailanthusſpinner nebſt 1 und Kokon Birkenſpanner Großer, Orangegelber u. . Kleiner Froſtſpünner Stachelbeerſpanner nebſt a und ee . Kiefernſpanner Totenkopf Abendpfauenauge Kiefernſchwärmer nebſt lern A Raupe Großer Eisvogel, Dukatenfalter, Feuervögel⸗ chen, Bläuling, AR und 1 würfelfalter . 3 Baumweißling und feine Entwicklung Schwalbenſchwanz . Weibchen von Parnassius b EM Aftertaſche. Kopf einer weiblichen Stechmücke 2 8 einandergelegten Mundteilen Rüſſel der Stubenfliege Flügelgeäder einer Bremſe Männchen der Kohlſchnake. Phalacrocera replicata . : Larve von Phalacrocera replicata . : Geringelte Stechmücke und ihre Entwickelung Anopheles maculipennis . Heſſenfliege und eine von ihr e Gerſtenpflanze. Gartenhaarmücke Gnitze > Larve und Puppe En Fim innen Netzmücke ; Liponeura cinerascens, Reihe a Puppe Schnepfenfliege . e Weibchen der Künderbtemſe Megistorrhynchus longirostris . Ogcodes zonatus : Laphria gibbosa Gewürfelte Tanzfliege . Männden der ae ind b Geringe Stilettfliege 8 Syrphus pyrastri Dicke Buckelfliege. Seite 258 259 260 262 267 268 268 270 271 272 274 277 280 281 282 283 285 286 287 294 301 302 303 305 306 807 310 310 311 313 315 318 320 321 322 323 324 325 327 328 330 331 333 334 335 339 Verzeichnis der Abbildungen. — Termitenflige . . » » Bienenlaus Gelbe Halmfliege Eſſigfliege Spargelfliege . Diopsis apicalis . Salzfliege und ihre Entwidelung „ Käſefliege und ihre Entwickelung. 349 Gemeine Dungfliege ; 349 Gemeine Stubenfliege, Kleine Stubenfige er GStehfliege. » . 2457 900 Maden von Se 8 351 Blaue Schmeißfliege und ihre Entwidlng 353 Schlafkrankheitsfliege 8 55 356 Tſetſefliege er 86 Gemeine Sleifcffiege uns Heere 357 Naupenfliege . a 359 Daſſelfliege des Rindes 8 1 Erde 362 Daſſellarven an der u des mn Schaflausfliege 2 5 0 Nycteribia blasi . . . 8 366 Menſchenfloh nebſt Larve 5 wb 869 Feldſandkäfer nebſt Lars 8 375 Langhalſiger Sandkäfer 376 Gartenlaufkäfer, e eee Gaube. 879 Bombardierkäfer. e Uferlauftäfer . TER, 382 Getreidelaufkäfer nebſt Lade e Fingerkäfe r?! 5 Geſpenſtlaufkä fer 384 Gelbrandkäfer ee 386 Larven des Gelbrandkäfers . . 388 Waſſertreter nebſt Lawe- . . » 2.2 390 Taumelkäfer VFC Pauſſus käfer 393 Stinkender Moderkäfer. 5 394 Büſchelkäfer, von einer Ameiſe gefüttert 395 Spirachtha eurymedusa . 398 Gelber Keulenkäfer, von Ameiſen geliebtoft - 399 Heimiſche Totengräber nebſt Larve vom Ge⸗ BR, meinen Totengräber . 402 Schwarzglänzender u. Biepuntige rare 403 Miſtſtutzkäfer. x 405 Ameiſenſtutz käfer 405 Gemeiner Weichkäfer 407 Chlamydolycus trabeatus . 408 Kleiner und Großer 8 und were Ent- | wickelung 409 Ameiſenartiger Buntläfer RE 5 Bienenwolf ; 412 Blutroter ne: und > Deuter net Larven 3 414 Cucujo. 414 N er * 2 IR — 2 V 2 2 R er EEE \ renn n — Verzeichnis der Abbildungen. Großer Kiefernprachtkäfer Buchenſtumpf mit Fraßgängen und Vohr⸗ löchern von Hylecoetus dermestoides . Bunter Klopfkäfer Gemeiner Diebskäfer Gemeiner Speckkäfer nebſt e Er Puppe Kabinettkäfer und ſeine Entwickelung. Großer ſchwarzer Kolbenwaſſerkäfer und ſeine Entwickelung F Getreideſchmalkäfer und ine Entwickelung Siebenpunkt und ſeine Entwickelung Feiſtkäfer und Mehlkäfer Totenkäfer Zopherus bree Autocrates aeneus . Olkäfer. Triungulinus- „Larven von n Melos ER baeus‘ . . Entwickelungsſtadien des weed Bie. nenkäfers i Spaniſche Fliege. Fächerkäfer Jugendſtadien des Fächerkäfers Neſtbau des Waldmiſtkäfers Männchen des 5 Rebſchneider 5 . Dungfäfer . Spaniſcher Mondhornkäfer beim n affen f. ner Brutpillen . Kleiner Pillendreher. l Gemeiner Maikäfer und ſeine Entwicelung Walker Gartenlaubtäfer x > Gabelnaſe, Gemeiner Roſentäfer und Gebän⸗ derter Pinfelläfer. . Weibchen des Gerbers und bene des d mermanns Waldbockkäfer NVioſchusbock und Weſpenbock Veränderlicher Schönbock und Sefeiter Schmalbod . Rhagium inquisitor und ie wiege ; Weberbock, Zimmerbock, an Aſpenbock Sagra buqueti 3 Spargelkäferchen und feine aa Vierpunktiger Sackkäfer und feine Larve Roter Pappelblattkäfer und ſeine Cierhäufchen Larven des Roten Pappelblattkäfers Koloradokäfer mit Larven und Eierhaufen am Kartoffelkraut Larve von Cassida viridis. Miinchen des Weißfleckigen Maufties XXXIX Seite Obſtſpitzmäuschen 490 Haſeldickkopfkäfer und Eichenblattroller. 492 Brauner Fichtenrüßler . 2 ver MR Weißpunktrüſſelkäfer und feine Entwitetung 496 Haſelnußbohrer nebſt Larve 0 498 Buchenſpringer 5 499 ie und: feine dpa. gehäufe . . 500 Schwarzer Rüſſelkäfer 501 Palmenbohrer 503 Kornkäfer g 504 Leitergänge des abheben fe in 1 Tan⸗ nenholz . > 507 Großer Waldgärtner 10 Männchen von Xenos vesparum 517 Triungulinus⸗Larve einer Strepſiptere. 518 Mundteile der Honigbiene. : . 519 Vorder⸗ und Hinterflügel einer Blattweſpe 520 Männchen und Weibchen der Rieſenholzweſpe 522 Keulenblattweſpe und ihre Entwickelung 525 Gemeine Kiefernblattweſpe und =. Entwicke⸗ lung. 5 8 Be 526 Roſenblattweſpe 527 Kirſchblattweſpe nebſt e ; 529 Gelbe Stachelbeerweſpe und ihre Larve 530 Pamphilius campestris und Kieferngeſpinſt⸗ weſpe und deren Kotſäcke 531 Getreidehalmweſpe nebſt Larve 533 Vorderflügel von Ichneumon pisorius . 536 Weibchen von Rhyssa persuasoria beim Hin⸗ eintreiben des Legebohrers in das sa 538 Pimpla instigator . 0 539 Entwickelung der Sichelweſpe 540 Agriotypes armatus 541 Weibchen von Rhammura Alicands 542 Kokons von Apanteles glomeratus und Ge⸗ ſpinſte von Apanteles congestus. 543 Blattlausweſpe beim Anſtechen einer Blattlaus 544 Geſtielte Schenkelweſpe. 4 546 Prestwichia aquatica . 547 Männchen und Weibchen der See 548 Eierweſpchen und Telenomus ovulorum . 550 Polygnotus-Weſpen in einer Puppe der Heſſen⸗ fliege. 5 551 Weibchen der Zwergweſpe RE ent 551 Verſchiedene Gallen von Gallweſpen 554 Schmarotzergallweſpe 555 Gemeine Eichengallweſpe und Üre Galläpfel 556 Gemeine Roſengallweſpe und ihre Galle 559 Feuergoldweſpe, um die Neſter der Pillenweſpde ſchwärmend ö 561 Laelius trogodermatis ER ſeine Larven 564 Hungerweipe . -. 565 u XL Verzeichnis der Abbildungen. Seite Gichtweſe - „ Europäiſche Ameſenweſpe. . 566 Rotſchenkelige Rollweſpe und Weibchen 755 a Sapyga quinquepunctata 569 Gemeine Sandweſpe, eine Raupe von Sphinz ligustri zu ihrer Höhle ſchleppend . . 571 Wirbelweſpe, Grabweſpe und Sandknotenweſpe 573 Mauerſpinnentöter und fein Net . . 575 Gemeine Wegweſpe und N quadri- punctatus 576 Javaniſche Vogelſpinne, von einer großen ® \ lius⸗Weſpe angegriffen. 577 Synagris cornuta am Neſt . 580 Poliſtesweſpen bei ihrem Neſt. 581 Weibchen, Wabenſtück, Larve und 9 1 5 Horniſſe 4 584 Samt dein ich bei Bienen e DE Lehmwabe der Viergürteligen Schmalbiene . 589 Blaue Holzbiene an ihrer Niftftätte. . . . 592 Langhornbiene und Hofenbiene . . . 593 Wand⸗Pelzbiene (mit Neſtbauten), Regelbiene und Trauerbiene 594 Zweifarbige Mauerbiene bei her 8 eines Schutzbaues für ihr in einem leeren Schneckenhaus untergebrachtes Neſt .. 596 Gemeine Blattſchneiderbiene und ihr Neſtbau 598 Bauten der Mörtelbiene 599 Schmarotzerbiene an der dufte bun A drena ovina EL TOR Neſt der Steinhummel . 1 603 Honigbiene: Drohne, Königin, Arbeitsbiene 609 Die gewöhnlichen drei Stände der Ameiſen . 617 Gegenſeitige Fütterung bei der Schwarzbrau⸗ nen Ameiſe 620 Gewölbe im Neſt der ge ſe Myrmede: cystus melliger mit „Honigtöpfen“ . .. 621 Kurzflügelkäfer, von einer Blutroten Raub⸗ ameiſe beunruhige i 627 Weibchen der Treiberameife Bont . 630 Drei verſchieden große Arbe der Blattſchnei⸗ derameiſe 632 Ein von Vlattſchneideramelſen zerſtörtes Blatt 633 Arbeiterin der n mit ſpinnender . 637 Weibchen der ep von ber Seite ee „ 145: a4: ve. au me OR Afrikaniſcher Storpion . un Italieniſcher Skorpion Bücherſkorpion { ee Langſchwänziger Fadenſtorpion : Koenenia mirabilis . ; Galeodes orientalis i Gemeine Walzenfpinne . 3 Weibchen von Atypus piceus am Fer 2 Teil feiner Neſtröhre a Neſt von Nemesia meridionalis mit de Sinne Weibliche Kreuzſpinne N Männchen der Langgeſtreckten Sichen Weibchen der Geſtreiften Kugelſpinne, bei 55 nem Eierſäckchen N TER Malmignatte 5 ; Haisfpane 2... : Waſſerſpinne i Braune Agröcaſpinne mit Neſt io Eierkokons Zwei ameiſenähnliche Spinnen (Sphecotypus niger und Myrmecium fuscum) nebſt der Ameiſe Neoponera unidentata ae Umherſchweifende Krabbenſpinne = 5 Harlekins⸗Hüpfſpinne Weibchen der Sackſpinne mit dem Cierſad. Männchen der Apuliſchen Tarantel. Gerandete Jagdſpinne Eierlegendes Weibchen des e Weber 8 knechtss 0 Gehäuſeſchnecke Männchen des W Gongleptus 676 Gemeine Käfer milde Eine Lasius-Ameife, mit Milben beſeht Holzbock ; 1 Rinderzecken auf der Haut Ad Stierss = Gemeine Samtmilbe er Gemeine Käſemilbe 5 i 5 Ein von dem Weibchen der Krübmülbe in der menſchlichen Haut hergeſtellter a Weibchen der Krätzmilbe 7 Gallmilbe des Weinjtods . 3 - Haarbalgmilben, in einem Haarbalg ftedenb . Blätter des Weinſtocks, von Gallmilben be ; fallen 2 Uferaſſelſpnn e Nymphon grossipes 8 Fr ee SEE . 1 EIS 3 Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit. Recht verſchiedenartige Geſtalten ſind es, die in dieſem Bande an uns vorüberziehen werden. Schlangenartige Vielfüßler, die unter geſchmeidigen Krümmungen am Boden dahingleiten, hart gepanzerte Meeresungetüme, giftgeſchwollene Skorpione nebſt liſtigen Spinnen und vor allem die faſt unüberſehbaren Scharen des munteren, lebensfrohen Inſektenvolkes in ihren bunten Farben und mannigfachen Lebensgewohnheiten. Glieder⸗ füßler, „Arthropoden“ nennt der Zoologe alle dieſe Tierformen und bringt ſie, zuſammen mit den in einem anderen Bande des „Tierlebens“ behandelten Krebstieren, in einem eigenen großen Kreiſe von Tieren unter, die wir an beſtimmten Eigenſchaften, beſonders an der Gliede⸗ rung ihres Körpers und an dem Vorhandenſein von paarigen, gegliederten Beinen, erkennen. Die Gliederfüßler bilden eine ſehr alte Gruppe. Bis weit in die nebelgraue Ferne ſiluriſcher Zeiten, mithin der älteſten Erdperioden, aus denen man Leben kennt, läßt ſich ihr Urſprung verfolgen. Ringelwürmer oder dieſen ähnliche Tiere dürften ihre Stamm⸗ formen geweſen ſein, aber weit über die Stufe der Würmer haben ſich die Gliederfüßler erhoben, die bereits eine viel vollkommenere Bauart erworben haben. IBV.n ihrer Haut gelangt ein äußeres Skelett zur Entwickelung, das die ganze Oberfläche des Körpers bedeckt und faſt immer reich gegliedert iſt, indem es durch zahlreiche kerbartige Eiinſchnitte in einzelne Ringel und Spangen zerlegt wird, die gegeneinander bewegt werden können. Schon Ariſtoteles war dieſe Art der Gliederung aufgefallen, fo daß er alle Tiere, denen dieſe Bauart eigen iſt, Entoma nannte, ein Name, den wir mit Kerbtiere, Kerfe oder 3 Kerftiere wiedergeben können, und aus dem man weiterhin die Bezeichnung Entomologie für die Wiſſenſchaft von den Kerfen abgeleitet hat. * Von den Würmern unterſcheiden ſich die Kerfe durch die Art ihrer Gliederung. Zwar fügt ſich ihr Körper wie bei jenen aus einer Anzahl aufeinanderfolgender Ringel, Segmente oder Metameren zuſammen, aber die einzelnen Ringe ſind nie ganz gleichartig oder homonom wie bei den meiſten Würmern, ſondern untereinander ſtets mehr oder weniger ungleichartig. Recht einfach find noch die Vielfüßler gegliedert, bei denen zwar die vorderſten Körperringel zur Bildung des Kopfes untereinander verſchmolzen find, aber der auf den Kopf folgende Rumpf ſich noch aus lauter untereinander faſt gleichförmigen Ringen zuſammenſetzt. Bei den übrigen Kerfen kommt es gewöhnlich auch am Rumpfe durch Umbildung von beſtimmten Körperringen zur Entſtehung beſonderer Abſchnitte, die je nach ihrer Lage als Bruſt oder Hinterleib bezeichnet werden. Häufig ſind auch verſchiedene Rumpfſegmente untereinander verwachſen, oder die vorderen von ihnen vereinigen ſich mit dem Kopf, jo daß die Körper⸗ giliederung bei den Kerfen ſich überaus mannigfach geſtaltet. Noch in einem anderen Merkmal unterſcheiden ſich die Kerfe von den Würmern, ö nämlich durch den Beſitz von jeitlichen gegliederten Anhängen, den Gliedmaßen oder Er 5 4 Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit. Extremitäten. Von dieſen iſt urſprünglich an jedem Körperſegment ein Paar angebracht, ſo daß eigentlich die Zahl der Gliedmaßenpaare der Zahl der Körperringe entſpricht, was aber durchaus nicht immer der Fall zu ſein braucht, weil gar nicht ſelten verſchiedene Gliedmaßen verkümmert ſind oder fehlen. Die Gliedmaßenpaare ſind die Bewegungsapparate für die Kerfe, es ſind Beine, die in ihrer urſprünglichen Bauart wohl zweiſpaltig waren und in einen äußeren und einen inneren Gabelaſt endigten, wobei ſie wahrſcheinlich anfänglich nur zum Umherkriechen auf dem Boden gedient haben mögen. Man ſtaunt aber, was die Natur aus dieſen Extremitäten alles hervorgebracht hat. Manchmal ſind aus den Beinen große Zangen geworden, wie beim Skorpion, der mit ſeinen mächtigen Greifſcheren die Beute packt, oder es ſind, wie bei den Inſekten und Vielfüßlern, aus dem vorderſten Extremitätenpaar Fühler entſtanden, denen das Spüren und Wittern obliegt. Bei den Schwimmkäfern dienen die Hinterbeine zum Rudern, beim Floh zum Springen, in anderen Fällen können die Beine zum Klettern, zum Hervorbringen von Tönen oder zu vielerlei Verrichtungen anderer Art benutzt werden. Am wichtigſten aber iſt, daß die am Munde gelegenen Gliedmaßenpaare von allen Kerfen zum Freſſen oder Beißen benutzt werden oder anderweitig die Aufnahme der Nahrung zu beſorgen haben und hierfür in ganz beſonderer Weiſe als Kiefer oder Mundwerkzeuge um⸗ geſtaltet ſind, was bei keinem Ringelwurm vorkommt. Das äußere Skelett, an das ſich die vielen zur Bewegung des Körpers und ſeiner An⸗ hänge dienenden quergeſtreiften Muskeln anfügen, beſteht aus Chitin, einer ſtickſtoffhaltigen, mehr oder weniger ſtarren und feſten Subſtanz, die auch gegen verſchiedene chemiſche Ein⸗ flüſſe ziemlich widerſtandsfähig iſt und daher dem Tier gleichzeitig als Schutzmantel dienen kann. An manchen Stellen ſenkt ſich das Chitin in den Körper ein und kann damit auch ein Innenſkelett bilden. Das Chitin iſt eine kutikulare Bildung und entſteht als Ausſcheidung einer unter ihm gelegenen zelligen Hautſchicht, der Hypodermis. Von Zeit zu Zeit kommt es zu einer Häutung: dann platzt am Vorderende, gewöhnlich in der Mittellinie, die ftarre, ſpröde Chitinſchicht auf, und aus dem klaffenden Riß arbeitet ſich das Tier hervor, bedeckt mit einer neuen, freilich ſchon vorher gebildeten, aber zunächſt noch ganz weichen und nach⸗ giebigen Chitinhaut, während die alte Haut abgeworfen wird. Solche Häutungen finden periodiſch ſtatt, manchmal ſelbſt noch beim ausgewachſenen Tier, gewöhnlich aber, wie z. B. bei den meiſten Inſekten, nur in der Jugendzeit, ſolange der Körper wächſt und zunimmt. Bei den jungen Tieren muß die alte unnachgiebige Chitinhaut, die den Leib umſchnürt und ihm keine Ausdehnung mehr geſtattet, in beſtimmten Zeiträumen abgeſtreift werden, damit der weiche, ſchwellende Körper ſich vergrößern kann. So pflegt im allgemeinen bei den Kerfen mit den Häutungen auch ein äußerlich wahrnehmbares Wachstum verbunden zu ſein, das alſo bei dieſen Tieren nicht allmählich vor ſich geht, ſondern gewöhnlich nur zeitweiſe in der kurzen Friſt ftattfinden kann, ſolange die neue, nach dem Abwerfen der alten Haut zutage getretene Chitinſchicht noch weich und nachgiebig iſt. Die oft noch mit Haaren, Schuppen oder Dornen beſetzte Chitinſchicht iſt von ſehr ver⸗ ſchiedener Dicke, zuweilen bildet ſie nur ein zartes, feines Häutchen, kann aber anderſeits auch zu einem förmlichen Panzer werden, wie z. B. bei gewiſſen in den Wüſten Südafrikas heimiſchen Rüſſelkäfern der Gattung Brachycerus Oliv., deren dickes, faſt ſteinhartes Chitin ſich ſelbſt mit aller Anſtrengung kaum von einer ſtarken Nadel durchbohren läßt. Im Chitin haben häufig gelbe, rote oder braune Farbſtoffe ihren Sitz, während in anderen Fällen ö bald die Hypodermisſchicht Pigment enthält, bald die Farbſtoffe der inneren Organe oder 5 | 1 se 3 dir . Alz Den r — — * urn PER de e S P an den Prachtkäfern bewundern, Muskeln. Dabei ſind auch die Kraftleiſtungen der Muskeln ſehr von 1 m Weite ausführen und Allgemeines. 5 der Gewebsflüſſigkeiten durch das Chitin hindurchſchimmern und damit die Körperfärbung bedingen. Außer den Pigmentfarben, die auf der Gegenwart beſtimmter chemiſcher Ver⸗ bindungen (Karotine und andere) beruhen, kommen Strukturfarben vor, die dann ent⸗ ſtehen, wenn das Licht unter verſchiedenen Winkeln von der Körperoberfläche zurückgeworfen wird, ſei es deswegen, weil zwei verſchieden gefärbte Chitinlagen, eine tiefere dunkle und eine durchſichtige oberflächliche Schicht, übereinander liegen, oder weil das Chitin außen mit feinen Rillen und Leiſten verſehen iſt, an denen ſich die e brechen. Der ſchillernde Glanz der Schillerfal- ter, der bunte Schimmer, den wir ſowie überhaupt alle metalliſchen Farben, ſämtliche blauen und viele grüne Farbentöne ſind der⸗ artige Strukturfarben oder Ober⸗ flächenfarben. a Die Zahl der Muskeln iſt im Vergleich zu derjenigen bei | den Wirbeltieren ſehr beträcht⸗ | IR 0 lich, hat doch nach Lyonet die Raupe des Weidenbohrers nicht weniger als 40061 verſchiedene bedeutend, denn ein ſo kleines Tier wie der Menſchenfloh kann mit ſeinen Hinterbeinen Sprünge vermag angeblich das Achtzig⸗ fache ſeines eigenen Körperge⸗ wichtes zu ziehen. 25 > ee Der den Körper vom Kopf Zen — bis zum Hinterende durchziehende e und . der Küchenſchabe. Bg Bauchmark, BI = Blindjäde des Mitteldarms, Cer S Aſterraif (Cercus), Ed Darmkanal zerfällt in drei Enddarm, Ge = Gehirn, Kr = Kropf, did — Nitteldarn, Mm — Muskel⸗ 2 ; 3 magen GKaumagen), Mp = Malpighiſche Gefäße (Nierenkanälchen), Sp = aufeinanderfolgende Abſchnitte: Speicheldrüſe, St = Stigma (Atemlod). Vorderdarm, Mitteldarm und Enddarm, von denen der erſte und der letzte inwendig mit Chitin ausgekleidet ſind, während der Mitteldarm eine mehr drüſige Beſchaffenheit beſitzt. Der Vorderdarm iſt bisweilen kropfartig erweitert und kann ſich bei den Inſekten, die harte Stoffe genießen, hinten zu einem ſogenannten Muskelmagen oder Kaumagen umgeſtalten, der inwendig zum Ber- kleinern der Nahrung, nach Anſicht anderer Forſcher aber zum Zurückhalten gröberer Beſtandteile, mit vielen Chitinzähnen ausgeſtattet iſt. Die Ernährungsweiſe iſt ſehr ver⸗ ſchieden. Außer Fleiſchfreſſern, Aasfreſſern, Humusfreſſern und Kotfreſſern gibt es nament⸗ lich Pflanzenfreſſer, die beſonders ſaftige, weiche Pflanzengewebe verſchiedenſter Art ge- 5 nießen. Auch Holzfreſſer fehlen nicht, wie uns die in alten Möbeln hauſenden Klopfkäfer (Anobien) beweiſen, die ſich mit ausgetrocknetem Holz begnügen, wobei ſie freilich den 6 Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit. eigentlichen Holzſtoff (Zelluloſe) nicht verdauen, ſondern nur den eingetrockneten Inhalt der Holzzellen verwerten. Die der Nahrung in der Regel beigemiſchte Speichelflüſſigkeit dient nicht nur zur Verflüſſigung und beſſeren Verdauung des Futters, ſondern verhütet auch bei den blutſaugenden Inſekten das Gerinnen des aufgeſogenen Blutes und verhin⸗ dert damit die ſonſt unvermeidliche Verſtopfung der Saugorgane. Zwiſchen Darm und Körperwand bleibt ein Raum übrig, die Leibeshöhle, die zum 2 3 großen Teile von einem eigenartigen, meiſt weißlich ausſehenden „Fettkörpergewebe! erfüllt iſt, das zur Aufſpeicherung von Fett und ähnlichen Reſerveſtoffen dient und der Schauplatz von Stoffwechſelvorgängen verſchiedener Art iſt. Dort, wo Mitteldarm und Enddarm ineinander übergehen, münden in der Regel lange Harnſchläuche, die Malpighiſchen Gefäße, ein, die nach 3 Art von Nieren die Ausſcheidung von Harnſäure und ähnlichen ſchädlichen Stoffen beſorgen. Die Tätigkeit des in der Mittellinie des Rückens gelegenen ſchlauchförmigen Herzens läßt ſich bei manchen Raupen und anderen zarthäutigen Inſekten ſchon mit bloßem Auge beobachten. In kurzen Zeitabſtänden ſehen wir, wie ſich das Herz zuſammenzieht und dabei das Blut, das durch ſeitliche, ſegmental verteilte Spaltöffnungen eingetreten iſt, nach vorn in ein Gefäß, die Aorta, treibt, das ſich in der Verlängerung des Herzens bis in den Kopf hinein erſtreckt. Beſſer als bei den Inſekten iſt das Gefäßſyſtem bei den Vielfüßlern ent- wickelt, zumal bei den Hundertfüßlern, bei denen außer einem vorderen, ſich verzweigen⸗ den Kopfgefäß paarige, ſich ſegmentweiſe wiederholende, veräſtelte Seitengefäße und ein längsverlaufendes Bauchgefäß vorkommen. Manchen ſehr kleinen Arten, wie beiſpielsweiſe gewiſſen Milben, fehlen Herz und Blutgefäße vollkommen. Das Blut iſt eine farbloſe, ſeltener a grün, gelb oder rot gefärbte Flüſſigkeit, in der weißliche Zellen enthalten ſind. Die Atmung geſchieht im allgemeinen mit Hilfe des aus vielen röhrenförmigen Ka⸗ nälen beſtehenden Tracheenſyſtems, das inwendig mit einer elaſtiſchen, gewöhnlich ſpiralig verdickten Chitinſchicht ausgekleidet iſt und an der Oberfläche mit paarigen, meiſt ſegment⸗ weiſe ſich wiederholenden Atemlöchern, „Stigmen“, beginnt. Von jedem Stigma führt ein 2 ſtarker, dickwandiger Gang ins Innere und verzweigt ſich baumartig in immer dünner und enger werdende Luftröhren oder „Tracheen“, welche die eingeatmete Luft zu den einzelnen Organen leiten und ſich ſchließlich in äußerſt zartwandige Endröhrchen auflöſen. Beim Aus⸗ atmen gelangt die verbrauchte Luft durch die Stigmen wieder nach außen, die gewöhnlich verborgen angebracht ſind oder Klappen und ähnliche Schutzeinrichtungen haben, damit ſie nicht durch Schmutz und Staub verſtopft werden können. Manche winzige Inſekten, wie zr B. die meiſten Springſchwänzchen, bleiben ohne Tracheenſyſtem und atmen einfach durch die Haut, während viele im Waſſer lebende Inſekten keine Stigmen haben, ſondern ſtatt deſſen Tracheenkiemen, dünnwandige Hautausſtülpungen mit Tracheen im Innern beſitzen, welche die Atmung unter Waſſer möglich machen. Unter Blutkiemen verſteht man zartwandige Haut⸗ | ausſtülpungen, die feine Tracheen, ſondern nur Blut im Innern enthalten und zur Atmung in feuchter Luft dienen. Sie kommen beſonders bei Arten von einfachem Körperbau vor, liegen dann gewöhnlich im Körper eingezogen und treten wie kleine ſackförmige Bläschen erſt beim Gebrauch hervor. Echte Kiemen werden wir bei den Rieſenkerfen kennen lernen, die an ihren Hinterleibsbeinen blattförmige Anhänge zur Atmung im Waſſer haben. Vom Bau der ſogenannten Lungen ſoll noch hernach bei den Spinnentieren die Rede ſein. Das Gehirn, ein weißes, oberhalb des Schlundes gelegenes Knötchen, ſetzt ſich aus einem Vorderhirn, Mittelhirn und Hinterhirn zuſammen und iſt, um mit zur Straſſen zu reden, der Sitz der „höheren, das Verhalten der Tiere beſtimmenden Funktionen“, die von een et Tue; Allgemeines. 7 anderen auch als Ausdruck einer geiſtigen Tätigkeit (Verarbeitung der Wahrnehmungen, Wille uſw.) gedeutet werden. Die geringere oder vollkommenere Ausbildung des Gehirns hängt daher aufs engſte mit der jeweiligen Begabung zuſammen. Das Gehirn des Mai⸗ käfers, eines zweifellos recht unbegabten Inſektes, bildet nur ¼ soo der Körpermaſſe, das der Arbeitsbiene dagegen 4 derſelben. Ebenſo haben bei den Bienen und Ameiſen die Arbeiterinnen, die allerlei ſchwierige Handlungen ausführen müſſen, ein viel größeres und viel komplizierter gebautes Gehirn als die Männchen, die ſich nicht um den Neſtbau und die Aufzucht der Brut zu bekümmern brauchen. Die Zahl der Bauchmarkganglien ſtimmt im allgemeinen mit der Zahl der Körper⸗ ſegmente überein. Freilich kommt es gar nicht ſelten zu einer Verſchmelzung einiger oder mehrerer Bauchganglien untereinander, und bei manchen Inſekten kann ſogar das ganze — — ; ee 8 Facettenauge eines Inſektes, RR sei ein Zeit Prang gefchuirten i ſt. 5 Zinfenartige Chiunfacette, 2) Kegel, 8) und 4) Pigment, 5) Sehzelle, 6) Sehſtäbchen. Aus Heſſe und Doflein, „Tierbau und Tierleben“, Bd. 1, Leipzig und Berlin 1910. Bauchmark „konzentriert“ und zu einer einheitlichen Maſſe verſchmolzen ſein, ebenſo wie dies auch bei den Spinnen der Fall iſt. Die Bauchganglien enthalten ſelbſttätige Zentren für Atmung, Bewegung und andere wichtige Lebenstätigkeiten, ſo daß Inſekten mit un⸗ beſchädigtem Bauchmark manchmal noch lange Zeit nach furchtbaren Verſtümmelungen Leben zeigen können; ließen ſich doch an geköpften Ameiſen noch 45 Tage nach ihrer Ent⸗ hauptung einzelne Bewegungen wahrnehmen. Außer dem Zentralnervenſyſtem und den von ihm ausgehenden peripheren Nerven iſt ſowohl bei Vielfüßlern als auch bei Inſekten noch ein beſonderes Eingeweidenervenſyſtem nachgewieſen worden, das namentlich aus einem unpaaren Stirnganglion und paarigen Schlundganglien beſteht. An den beiden ſeitlichen zuſammengeſetzten Augen kann man oft ſchon ohne Ver⸗ größerungsglas eine ſehr große Zahl zierlicher, ſechsſeitiger Feldchen oder Facetten erkennen. Soviel Felder vorhanden ſind, aus ſo vielen Einzelaugen ſetzt ſich das Facetten⸗ auge zuſammen. An jedem Einzelauge laſſen ſich folgende Teile unterſcheiden: außen die aus Chitin beſtehende linſenartige Facette, weiter nach innen ein lichtbrechender, mit ſeiner Spitze nach innen gerichteter Kegel, der bei Schmetterlingen, Hautflüglern und vielen Käfern einen durchſichtigen Kriſtallkörper einſchließt, endlich eine röhrenförmige Gruppe 8 Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit. von Sehzellen mit ihren Stäbchen, die eine lichtempfindende Netzhaut bilden. Der dunkle Pigmentmantel, der jedes dieſer Einzelaugen umhüllt, dient dazu, alle ſchräg eindringenden Lichtſtrahlen abzublenden, ſo daß nur ungefähr ſenkrecht einfallende Strahlen die Netzhaut reizen können. So kommt auf dieſe Weiſe in jedem Facettenauge ein verkleinertes aufrechtes Geſamtbild zuſtande, das ſich als ſogenanntes Appoſitionsbild ähnlich wie ein Moſaik aus den in den vielen Einzelaugen entſtandenen Wahrnehmungen zuſammenfügt. Von einigen Inſekten können auch noch ſchräg in das Auge eingedrungene Lichtſtrahlen empfunden werden, wodurch dann ſogenannte Superpoſitionsbilder zuſtande kommen, die allerdings oft nur ein ſehr unklares Sehen ermöglichen. Dem Facettenauge fehlen Lider, und vor allem geht ihm vollſtändig die lebendige Beweglichkeit des Wirbeltierauges ab. Schein⸗ bar gleichgültig und teilnahmlos glotzt daher das Inſekt mit ſeinen beiden großen, ſtarren 6 Chitinaugen in die Welt, mit denen es aber, auch wenn es ſich ſelbſt nicht rührt, doch recht gut alles wahrnimmt, was ſich in ſeiner Nachbarſchaft regt, ſo daß es immer raſch auf ä etwaige herannahende Feinde oder auf die ſich nähernde Beute aufmerkſam wird. Viele Inſektenlarven und faſt ſämtliche Vielfüßler und Spinnenkerfe haben ſtatt der Facettenaugen nur einfache ſeitliche Punktaugen (Stemmata), an denen ſich außer der einen Lichtſchutz darſtellenden Pigmenthülle meiſt eine lichtbrechende Linſe, eine Schicht ſtäbchenhaltiger Sehzellen und oft noch dazwiſchen eingeſchloſſene Glaskörperzellen unter⸗ ſcheiden laſſen. Nach demſelben Prinzip ſind auch die einfachen Stirnaugen oder Ozellen gebaut, die auf der Kopfmitte ſitzen und ganz beſonders den guten Fliegern unter den In⸗ ſekten zukommen. In ihrer Leiſtungsfähigkeit ſind die einfachen Augen ſehr verſchiedenartig. Manche ermöglichen nur eine Wahrnehmung der Richtung, von der das Licht kommt, andere ein Erkennen von Bewegungen, noch andere eine deutliche Unterſcheidung von Formen. Zahl reichen verſteckt lebenden oder in Höhlen vorkommenden Kerfen fehlen die Augen vollkommen. Viel beſſer als der Geſichtsſinn pflegt bei Vielfüßlern und Inſekten der Geruchsſinn entwickelt zu fein, der hauptſächlich feinen Sitz an den Fühlern hat, die gewöhnlich reich mit winzigen Sinnesorganen in Geſtalt von mikroſkopiſch kleinen Kolben, Flaſchen, Zapfen oder Gruben ausgeſtattet ſind. Mit den Fühlern können die Inſekten die ihnen zuſagende Nah⸗ rung wittern, mit ihnen erkennen Ameiſen und Termiten Freund und Feind und finden den Weg zu ihrem Neſt. Wenn Inſektenmännchen in wildem Fluge durch die Luft jagen, um ihre Artgenoſſinnen zu ſuchen, fo werden fie in der Regel durch den Geruchsſinn auf die Spur des Weibchens geführt, ebenſo wie eine Schlupfweſpe, die unter fortwährenden zittern⸗ den Bewegungen ihrer Fühler einen Baumſtamm unterſucht, mit aller Sicherheit die im Holz ſteckende Käferlarve ausfindig machen kann, in die ſie dann ihr Ei verſenlt. Hierzu kommt, daß die freie Lage der Geruchswerkzeuge an den beweglichen Fühlern es vielen Inſekten ge⸗ ſtattet, die Gegenſtände von verſchiedenen Seiten her abzuriechen und mit dem Geruch gleich⸗ zeitig auch Raumvorſtellungen zu verbinden, ſo daß man bei dieſen Tieren vielleicht nicht mit Unrecht von einem beſonderen „Geruchsformſinn“ und „Geruchsortsſinn“ geſprochen hat. Auch an dem Vorhandenſein eines Geſchmacksſinnes läßt ſich wenigſtens bei vielen Inſekten kaum zweifeln, weil ſie eine ganz ausgeprägte Vorliebe für beſtimmte Speiſen zeigen. Es gibt monophage Arten, beiſpielsweiſe gewiſſe Raupen, die überhaupt nur eine einzige Nährpflanze annehmen und lieber verhungern, als daß ſie ſich entſchließen, zu einer andern Koſt überzugehen. Andere find polyphag und gehen an verſchiedenartige Nahrung mit gleichem Behagen heran. Bienen ſchmecken einen geringen Zuſatz von Glyzerin zum Honig ſofort heraus. Ameiſen, die im allgemeinen weniger wähleriſch ſind, ſah man Allgemeines. 9 allerdings mit Kochſalz und Soda vermengten Honig ebenſogern wie reinen Honig freſſen. Beſtimmte Organe, die am Eingange der Mundhöhle und an den Mundteilen gefunden ſind, ſcheinen der Sitz des Geſchmacksvermögens zu ſein. Als Apparate des Taſtſinnes kommen allerlei Haare, Schuppen und Borſten in Be⸗ tracht, die vom Körper abſtehen oder ſich auf den Beinen, Flügeln oder ſonſtigen Anhängen erheben und an ihrem Grunde mit Nervenfaſern verbunden ſind. Derartige Haare können nicht nur ſchon bei der leiſeſten Berührung eine Taſtempfindung vermitteln, ſondern dienen auch zur Wahrnehmung von Luftwellen und feinen Erſchütterungen der Umgebung. Ein Hörſinn, der dieſem „Erſchütterungsſinn“ zweifellos ſehr nahe ſteht, iſt ſchon bei vielen Inſekten nachgewiesen worden. Wenn man den eigentümlichen ſingenden hohen Ton, den manche Mücken, wenn ſie gemeinſam in der Luft ſchwärmen, von ſich geben, und der ungefähr gleich d oder e iſt, mit lauter Stimme ſingt oder ihn auf der Violine angibt, ſo kann man ſehen, daß der ganze Schwarm ſofort in große Aufregung und Verwirrung gerät. Wie toll wirbeln dann die Tiere durcheinander und ziehen ſofort alle an die Stelle, von der der Ton ausging. Ebenſo zeigen auch Grillen, Heuſchrecken und verſchiedene andere Inſekten oft eine ganz unverkennbare Erregung, ſobald der Zirpton ihrer Gefährten in der Nähe erſchallt. Kein Zweifel alſo, daß alle dieſe Inſekten wirklich hören. Das Hör⸗ vermögen ſcheint ſich jedoch im allgemeinen darauf zu beſchränken, daß die Inſekten nur beſtimmte, für ſie wichtige Geräuſche, wie z. B. das Zirpen und Schrillen ihrer Artgenoſſen, wahrnehmen, während ſie Trompetenſtößen, Vogelgezwitſcher oder anderen ihnen fremd⸗ artigen und für ſie natürlich auch gleichgültigen Tönen gegenüber taub bleiben. Als Sitz dieſes Hörvermögens ſind die ſogenannten Chordotonalorgane ermittelt worden, die an verſchiedenen Körperteilen gelegen ſein können, und von denen noch bei den Heuſchrecken und Grillen beſonders die Rede ſein wird. Bei den Spinnen, Skorpionen und ihren Verwandten kommen am Körper und ſeinen Anhängen beſondere Haare, die ſogenannten Hörhaare, vor, die zweifellos auch zur Auf- nahme von Schallwellen dienen. Noch mannigfache Ehriesoramme anderer Art hat man außer den hier genannten gefunden, die ſicherlich von wichtiger Bedeutung ſein werden, ohne daß ſich aber immer vorläufig ſo recht ſagen läßt, welchen Zwecken ſie eigentlich dienen. Wenn auch die Natur den Kerftieren eine eigentliche Stimme verſagt hat, ſo iſt doch bei ihnen die Fähigkeit, Töne hervorzubringen, viel verbreiteter, als man wohl gewöhnlich anzunehmen pflegt. Die Lautäußerungen können dabei auf ſehr verſchiedenem Wege zuſtande kommen. Der im Holz eingeſchloſſene Klopfkäfer pocht, indem er ſich auf ſeine Beine ſtützt und mit ſeinem harten Körper wuchtig gegen das Holz ſchlägt, das für dieſe Turnübungen einen prächtigen Reſonanzboden abgibt. Anders entſteht das Summen der Hummeln, der Bienen, zahlreicher Fliegen und ihrer Verwandten. Bei ihnen wird der tiefe, brummende Baß oder der feine ſingende Summton nicht, wie man früher glaubte, durch Vibration beſonderer an den Luftlöchern angebrachter Plättchen bewirkt, ſondern kommt teils durch Bewegung der Flügel, teils, nach Prochnow, durch Schwingungen der elaſtiſchen Chitin- wand der Bruſt zuſtande. In den meiſten Fällen werden aber die Töne durch Reibung von harten Chitinteilen gegeneinander hervorgerufen, wie dies bei dem Schrillen der Heu⸗ ſchrecken und Grillen und dem Zirpen vieler Käfer, Wanzen, Hautflügler und anderer Arten der Fall iſt, die zu dieſem Zweck an beſtimmten Körperſtellen beſondere Zirpapparate oder Stridulationsorgane haben. Mit dieſen Apparaten können die Tiere oft ungemein ſchrille, durchdringende Töne hervorbringen wie die rn und Singzikaden, die weithin vernehmbar 10 Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit. ſind, und zwar ſind in dieſem Falle die Muſikanten immer Männchen, die ihre Töne als 5 Lockmittel benutzen, um die Weibchen heranzurufen. Die ſonſtigen Lebensäußerungen geſtalten ſich ſehr mannigfach. Wenn wir die Kerfe 8 er beobachten, jo treffen wir hierbei auf viele fremdartige und überrajchende Züge, die es jeden. falls zunächſt recht ſchwer machen, die pſychiſchen Fähigkeiten dieſer Tiere richtig einzu- ſchätzen. Die bewunderungswürdigen, kunſtvollen Neſtbauten vieler Hautflügler und Termiten, die ſorgfältige Arbeit des Trichterwicklers, der bei ſeinem Brutgeſchäft die Blätter immer in einer ganz beſtimmten Weiſe anſchneidet und dabei komplizierten Geſetzen der Mechanik Rech nung trägt, die Freundſchaften und Feindſchaften der Ameiſen, ihre Kriegszüge und Sklaven⸗ = jagden, die ſorgfältige Pflege, die fie ihren Kindern und Haustieren zuteil werden laſſen, können uns ebenſo wie vieles andere leicht zu der Meinung bringen, daß die Inſekten hoch⸗ ei begabte Weſen find, die bei ihren verſchiedenen Handlungen genau jo wie der Menſch mit einem gewiſſen Nachdenken und mit Überlegung zu Werke gehen. Daher fehlt es auch durch⸗ aus nicht an Schriftſtellern, die wahre Wunderdinge von der Schlauheit der Inſekten zu 1 erzählen wußten, die fie als intelligente Geſchöpfe, als mathematiſche Genies hingeſtellt haben und uns ſogar die Ameiſenſtaaten als nachahmungswürdige Muſter ſozialer in richtungen preiſen wollten. Betrachten wir jedoch das Tun und Treiben dieſer Tiere vom menſchlichen Standpunkt aus, ſo läßt ſich anderſeits gewiß nicht leugnen, daß ſich die In⸗ ſekten in manchen Dingen auch geradezu erſtaunlich dumm benehmen und Handlungen 4 ausführen, die uns äußerſt unzweckmäßig und ſinnlos erſcheinen. Unbeirrt flattern die Nachtmotten immer wieder zum todbringenden Licht, an dem fie ſich ſchon einmal ihre Flügel verſengt haben, quälen ſich Weſpen und Fliegen an irgendeinem beliebigen Fenſter ab, ohne 3 4 eine geöffnete Tür in ihrer Nähe zu bemerken, durch die ſie ohne Mühe ins Freie gelangen a könnten, ſetzen ſich Stubenfliegen auf einen geleimten Stab, ohne ſich im geringſten durch das traurige Schidjal ihrer in Todesnöten dort hängenden Artgenoſſen warnen zu laſſen. Sogar Inſekten, deren Geſchicklichkeit man oft rühmen hört, wiſſen ſich manchmal bei irgendeiner geringfügigen Störung nicht mehr zu helfen. So ſind manche Raupen, wenn man ſie daran 5 hindert, ihr Geſpinſt in der üblichen Weiſe anzufertigen, vollkommen ratlos und überhaupt nicht mehr imſtande, ſich in normaler Weiſe zu verpuppen. Bethe ſtellte einmal Ameiſen auf eine Probe. Über einer viel begangenen Ameiſenſtraße hängte er ein Schälchen mit Honig ſo niedrig auf, daß die Ameiſen ohne Mühe hinzukommen konnten; ſie ſtellten ſich dann auch bald in hellen Haufen ein, um ſich an der leckeren Speiſe gütlich zu tun. In den nächſten Tagen wurde das Honigſchälchen etwas höher gehängt. Die Tiere kamen wieder, ſtreckten und reckten ſich, ſo gut es ging, und konnten gerade noch zur Honigquelle gelangen. Allmählich wurde aber dann das Schälchen höher und höher angebracht, bis die Ameiſen = ſchließlich nicht mehr hinaufgelangen konnten. Nun wäre es für die Tierchen ſicherlich eine kleine Mühe geweſen, einige Erdkrümchen herbeizuſchleppen und ſich auf dieſe Weiſe einen erhöhten Standpunkt zu verſchaffen, von dem ſie den Honig wieder hätten erreichen können. Jedes vernünftige Weſen wäre gewiß auf einen ſo naheliegenden Ausweg gekommen, die Ameiſen jedoch waren hierzu nicht imſtande und nahmen fortan unter ir Honigſchälchen ihren Weg, ohne ſich um dieſes weiter zu bekümmern. Von verſchiedenen Seiten ſind ſinnreiche Verſuche gemacht 9 aus denen hervor⸗ geht, daß die Ameiſen ihre Neſtangehörigen an einem beſonderen Geruch erkennen, dem Neſtgeruch, der allen Bewohnern eines und desſelben Ameiſenneſtes eigentümlich iſt. Ameiſen, die den gleichen Neſtgeruch haben, ſtehen miteinander auf freundſchaftlichem Fuße; 99 in x Va . ee a 4 al TR He a De nd Allgemeines. 11 Ameiſen aus einem anderen Neſte dagegen, denen ein abweichender Neſtgeruch anhaftet, werden an dieſem ſofort als Fremde erkannt und wie Feinde behandelt, mit den Kiefern gepackt, gezauſt oder anderweitig mißhandelt. Bethe nahm nun einmal einen intereſſanten Verſuch vor. Er badete Ameiſen im Blute von Ameiſen aus einem fremden Neſt und konnte dadurch erreichen, daß die ſo behandelten Tiere, denen jetzt der fremde Neſtgeruch anhaftete, von ihren eigenen Gefährten nicht mehr erkannt, ſondern ganz wie Feinde behandelt und wütend angegriffen wurden. Ebenſo gelang es, Ameiſen durch Baden im Blut von Ameiſen einer fremden Kolonie ſo umzuwandeln, daß ſie in dieſer freundliche Aufnahme fanden. | Nun dürfen wir aber aus ſolchen und ähnlichen Verſuchen durchaus noch nicht folgern, daß die Inſekten immer nur auf beſtimmte Reize und Sinneseindrücke hin bald dieſe oder jene Handlungen ſozuſagen rein automatiſch wie Maſchinen ausführen. Das wäre voll⸗ kommen falſch. Wasmann beiſpielsweiſe, der die eben erwähnten Verſuche nachgeprüft hat, konnte ſie zwar im allgemeinen beſtätigen, hat aber gleichzeitig herausgefunden, daß die Ameiſen, wenn ſie ihren mit dem Blute von anderen Ameiſen benetzten Gefährten be⸗ gegnen, ſich immer nur vorübergehend täuſchen laſſen und ſchließlich doch bald dahinter kommen, daß die maskierten Fremdlinge in Wirklichkeit Feinde ſind, ebenſo wie ſie um⸗ gekehrt in den veränderten Neſtgenoſſen ihre Freunde erkennen. Die Inſekten ſind eben durchaus nicht, wie von gewiſſer Seite einmal behauptet worden iſt, einfach Reflexmaſchinen, ſondern die „Reflertheorie” hat ſich bei genauen, ſtreng ſachlich durchgeführten Unterſuchungen als eine arge Täuſchung herausgeſtellt, ſie iſt ſogar genau ebenſo unberechtigt wie die oben erwähnten Phantaſien gewiſſer Schriftſteller, die den Inſekten allerhand wunderbare intellek⸗ tuelle Fähigkeiten andichteten und ihnen Eigenſchaften zuſchreiben wollten, die einem Men⸗ ſchen alle Ehre machen würden. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Wir können jedenfalls ſagen, daß in den Lebensäußerungen der Vielfüßler, Inſekten und Spinnentiere Inſtinkt⸗ handlungen eine große Rolle ſpielen, erblich gewordene, feſt eingewurzelte Tätigkeiten, die auf äußere oder innere Reize hin mit überraſchender Regelmäßigkeit und Sicherheit ausgeführt werden. So kommt es, daß Inſekten oder Spinnen, die einer und derſelben Art angehören, ſich auch ſämtlich faſt ganz übereinſtimmend benehmen und beim Freſſen, beim Aufſuchen ihrer Schlupfwinkel, beim Spinnen ihrer Kokons, der Fürſorge für ihre Nachkommenſchaft und bei vielen ähnlichen Gelegenheiten ganz dieſelben Gewohnheiten zeigen. Unzweifelhaft herrſchen hierbei auch bei den Vielfüßlern und niederen Inſekten noch Inſtinkthandlungen einfacherer Natur vor, während viele Käfer, Hautflügler und andere hochorganiſierte Inſekten kompliziertere Inſtinkthandlungen vollbringen können, die durch ihre außerordentliche Zived- mäßigkeit, Sicherheit und Genauigkeit geradezu Staunen erregen und ein würdiges Öegen- ſtück zu der gleichfalls ſo wunderbaren Vollkommenheit der körperlichen Organiſation ſind. Inm übrigen haben die eingehenden Forſchungen von Forel, Wasmann und anderen neueren Beobachtern erwieſen, daß ſich die Lebensäußerungen der Inſekten durchaus nicht in einer ſchablonenmäßigen Ausführung von inſtinktiven Tätigkeiten erſchöpfen, ſondern daß dieſe Tiere ſehr wohl imſtande ſind, ihre Handlungen individuell innerhalb gewiſſer Grenzen abzuändern. Dieſe Fähigkeit iſt unzweifelhaft allen Kerfen, wenn auch in ſehr verſchieden vollkommener Weiſe, eigen. Bei Tauſendfüßlern und Urinſekten bleibt der ſelbſtändigen Tätigkeit des Gehirns augenſcheinlich ein bedeutend engerer Spielraum ge⸗ ſteckt als bei Käfern, Grabweſpen und beſonders bei den ſtaatenbildenden Inſekten, die ſehr wohl beſtimmte Wahrnehmungen machen können und perſönlich ihr Handeln dem— entſprechend einzurichten wiſſen, mithin auch mancherlei Dinge zu lernen vermögen. 12 Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit. So müſſen bei den Weſpen, Bienen und anderen Hautflüglern die jungen Tiere ſich immer erſt allmählich eine gewiſſe„Ortskenntnis“ aneignen und die Umgebung ihres heimat⸗ lichen Neſtes kennen lernen, damit ſie ſich ſpäter dort zurechtfinden können. Ameiſen be⸗ handeln, wie wir oben geſehen haben, alle fremden Tiere, die zu ihnen in das Neſt hinein⸗ kommen, als Feinde. Wenn ſie aber einmal die Erfahrung machen, daß beſtimmte in das Neſt zu ihnen gekommene fremde Käfer, trotzdem ſie nicht den vorſchriftsmäßigen Neſtgeruch beſitzen, gewiſſe ihnen angenehme Eigenſchaften haben, ſo behandeln ſie dieſe Käfer, die ſie im erſten Augenblick vielleicht wütend angefallen haben, fortan als ihre guten Freunde. Bienen ſollen ſelbſt ein gewiſſes Zeitgedächtnis haben, ſah doch Forel die Tierchen zu ganz beſtimmten Stunden ſeinen Frühſtückstiſch beſuchen, nachdem ſie an We e er dort zur ſelben Zeit Süßigkeiten zu finden gewohnt waren. . Sogar ein Mitteilungsvermögen iſt in vielen Fällen zweifellos 0 Die einfachſten Anfänge davon erkennen wir in der Übertragbarkeit von „Stimmungen“, wie ſich beiſpielsweiſe bei Wanderheuſchrecken die hohe Erregung der wandernden Tiere ſehr ſchnell allen Heuſchrecken der gleichen Art, die das durchwanderte Gebiet bewohnen, mitteilt und ſie veranlaßt, ſich dem gemeinſamen Zuge anzuſchließen. v. Buttel⸗Reepen macht darauf aufmerkſam, daß der Ton eines Bienenſchwarms auf andere Völker oft ſo anſteckend wirkt, daß manchmal Nachbarvölker ſich gleichfalls in die Luft ſchwingen, die noch gar nicht ſchwarm⸗ reif ſind. Beobachtungen ähnlicher Art hat man bei Termiten gemacht. Falls eine auf dem Boden dahinziehende Marſchkolonne der ſchwarzen Wandertermite, Eutermes monoceros Kön., an einem Punkte geſtört wird, jo pflanzt ſich, wie Eſcherich ſchildert, die Unruhe in wenigen Sekunden blitzſchnell in der ganzen Marſchkolonne fort. Auch Mitteilungen ein⸗ gehenderer Natur ſind möglich. Wenn die blutroten ſklavenhaltenden Ameiſen einen Beute⸗ zug ausführen wollen, ſo werden zunächſt immer einige wenige Ameiſen vorausgeſchickt, die die Lage eines zum Überfall geeigneten fremden Neſtes auskundſchaften und dann heim⸗ kehren, um ſpäter der ganzen auf Raub ausgehenden Kriegsmacht als Führer zu dienen. In manchen Fällen iſt es ſogar möglich geweſen, die Art der Verſtändigung zu ermitteln. Bei den Bienen ſind es hauptſächlich ſummende oder hellere ſingende Töne, durch welche ein beſonderer Erregungszuſtand, beiſpielsweiſe Unruhe, von der einige Tiere ergriffen ſind, in ganz kurzer Zeit allen Inſaſſen des Stockes übermittelt wird. Ameiſen pflegen in ſolcher Lage dagegen gewöhnlich ihre Fühler zu benutzen, um den Kopf einer Gefährtin mit | ſanften Schlägen zu bearbeiten, ihn zu „betrillern“. Man hat dies als eine Art Zeichenſprache aufgefaßt, was aber entſchieden zu weit geht, denn wir dürfen nicht vergeſſen, daß doch nur Gefühlszuſtände, nicht etwa, wie beim Menſchen, Worte und Begriffe übertragen werden. Die Fortpflanzungsdrüſen ſind im Rumpf, bei den Inſekten und Spinnentieren im Hinterleib gelegen. Die männlichen Drüſen ſtehen mit den Samenleitern (Vasa deferentia), die weiblichen mit den Eileitern (Ovidukten) im Zuſammenhang. Die Geſchlechtsgänge mün⸗ den dann entweder direkt nach außen oder gehen zunächſt in beſondere unpaarige oder auch paarige, mit Chitin ausgekleidete Endabſchnitte über. An den ausführenden Gängen ſitzen meiſt noch außer Drüſen verſchiedener Natur gewiſſe Anhangsgebilde, unter denen beim Weibchen beſonders die Samentaſche (Receptaculum seminis) und die Begattungstaſche Bursa copulatrix) zu nennen ſind, während ſich gewöhnlich bei den Männchen beſondere Samenblaſen (Vesiculae seminales) entwickelt zeigen. Der Endabſchnitt des männlichen Ausführungsganges ſetzt ſich oft in ein vorſtülpbares Begattungsorgan fort. Die bei den Tauſendfüßlern paarige, bei den Hundertfüßlern und den meiſten Inſekten unpaarige Allgemeines. 13 Geſchlechtsöffnung trägt in ihrer Umgebung ſehr oft äußere Geſchlechtsanhänge, die zur Übertragung des Samens, als Legeapparate oder für ähnliche Zwecke verwendet werden. Von der Regel, daß die Geſchlechter getrennt ſind, ſcheinen nur die Termitoxenien ausgenommen zu ſein, flugunfähige kleine Fliegen, die in Termitenneſtern hauſen und nach Wasmann immer zwitterig ſind. Als Abnormitäten hat man außerdem hin und wieder auch zwitterige Käfer, zwitterige Schmetterlinge (ſ. die Abbildung) und andere hermaphro⸗ ditiſche Inſekten beobachtet, die in mehr oder weniger vollkommener Weiſe beiderlei Ge⸗ ſchlechtswerkzeuge enthalten können und oft als ſogenannte halbierte Zwitter auf der einen Körperhälfte männlich, auf der andern weiblich gebaut ſind. Die Begattung wird in ſehr verſchiedener Weiſe vollzogen. Oft beſteht ſie nur in einer ganz flüchtigen Berührung der Geſchlechter, während in anderen Fällen Männchen und Weibchen ſtundenlang miteinander vereint bleiben, wie bei den Bandfüßlern (Polydesmiden), deren Umarmung ſo innig iſt, daß man die Pärchen während ihrer etwa 48 Stunden dauern⸗ den Kopulation ruhig aufnehmen und mit Chloroform übergießen kann, ohne daß ſie von⸗ einander laſſen. Gewöhnlich geht die Begattung auf feſtem Boden, bei den meiſten Ameiſen und der Honigbiene aber in der Luft, bei den Schwimm⸗ käfern im Waſſer vonſtatten. Die Übertragung des Samens findet gewöhnlich in der Weiſe ſtatt, daß eine Kapſel, die Samenpatrone (Spermatophore), in der die mikroſkopiſch kleinen Samenelemente eingeſchloſſen ſind, in die weibliche Offnung ge⸗ ſchoben oder ihr angehängt wird, von welcher der Samen meiſt erſt in eine Samentaſche hinein⸗ gelangt, um dort bis zur weiteren Verwendung aufgeſpeichert zu bleiben. Die Eier ſind von ſehr verſchiedener Größe und Geſtalt. Ihre äußere, aus einer chitinähnlichen Subſtanz beſtehende Schale bleibt entweder glatt oder iſt mit Rippen oder allerlei Anhängen ver⸗ ſehen, während das Innere von einer dotterhaltigen SR erfüllt wird. Schale und Eidotter fehlen nur in jeltenen Fällen. Die Befruchtung der Eier findet nicht bei der Begattung, ſondern erſt bei ihrer Ablage ſtatt, wenn die Eier im Endabſchnitt der ausführenden Gänge an der Samentaſche vorbei⸗ gwitter eines Schwammſpinners. gleiten. Bei vielen Inſekten hat man Parthenogeneſis, die Entwickelung unbefruchteter Eier, nachweiſen können. Die Parthenogeneſis tritt entweder, wie bei Honigbienen, Blattläuſen und anderen, regelmäßig ein, oder ſie kommt nur ausnahmsweiſe bei ſolchen Inſekten vor, die ſich gewöhnlich durch befruchtete Eier fortpflanzen. Aus unbefruchteten Eiern entſtehen in manchen Fällen immer nur Tiere von einem und demſelben Geſchlecht. So entwickeln ſich unbefruchtete Bieneneier zu Männchen (Drohnen), und die unbefruchteten Eier der Geeſpenſtſchrecken ergeben, wie es ſcheint, immer nur weibliche Tiere. Eine Abart der Parthenogeneſis iſt die Pädogeneſis, die Zeugung im Kindesalter, von der intereſſante Fälle bei Zweiflüglern vorkommen. N. Wagner in Kaſan machte zuerſt die Entdeckung, daß gewiſſe Gallmücken (Miastor) ſchon als Larven imſtande ſind, Nachkommenſchaft zu erzeugen, indem ſie wieder neue Larven gebären. Hier ſehen wir alſo, daß ein jugend⸗ licher Organismus, der ſeiner ganzen Einrichtung nach noch gar nicht befruchtet werden kann, ſich auf parthenogenetiſchem Wege fortzupflanzen vermag. Ahnliche Fälle von Pädo⸗ geneſis find auch ſonſt im Inſektenreiche feſtgeſtellt, fie wurden beiſpielsweiſe bei gewiſſen 14 Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit. Käferlarven aus der Familie der Mikromalthiden und ebenſo auch bei beftimmten Mugen = puppen der Gattung Chironomus beobachtet. Die Eier entwickeln ſich zuweilen ſchon im Mutterleibe, ſei es in den Gef chlechtsdrüſen, ſei es in den ausführenden Gängen, doch kommt es gewöhnlich zur oviparen Vermehrungs⸗ weiſe, bei der die Eier in unentwickeltem Zuſtande abgelegt werden. Eine vivipare Fort⸗ pflanzung durch Gebären entwickelter Nachkommen hat man bei den Skorpionen, bei vielen Pflanzenläuſen, manchen Zweiflüglern, gewiſſen Käfern und einigen niederen Inſekten ff geftellt. Bei der blauen Schmeißfliege, Calliphora erythrocephala Meig., kann ſowohl das eine wie das andere ſtattfinden. Gewöhnlich legt die Mutterfliege Eier. Wird ſie aber bei der Eiablage zufällig geſtört, ſo fliegt ſie davon und bringt die übrigen Eier, die ſie in ihrem Körper zurückbehalten hat, einige Zeit ſpäter gleich als lebende Junge zur Welt. Nur in ſeltenen Fällen werden die Eier ohne jede Fürſorge und Vorkehrungen von dem Muttertiere abgelegt, denn in der Regel ſucht dieſes ſchon inſtinktiv diejenigen Plätze aus, an denen die Eier am beſten geſichert ſind und die ausſchlüpfende Nachkommenſchaft ihr Ge⸗ deihen zu finden vermag. So verſenkt das Heimchen ſeine länglichen glashellen Eier mit Hilfe f einer langen Legeröhre in enge Ritzen und Spalten, in denen ſie ſich ungeſtört ausbilden können, während die leichtbeſchwingte Libelle ihre Eier dem Waſſer, dem Lebenselement für die Libellenlarven, anvertraut und das eierlegende Schmetterlingsweibchen wieder unter Tauſenden von verſchiedenen Pflanzen gerade das Gewächs zu finden weiß, das den Raupen ſpäter als Nährpflanze dienen kann. Die Fürſorge geht aber oft noch weiter. Das Weibchen des Stengelbohrers, Rhynchites conicus III., das ſeine Eier einzeln in junge Triebe von Obſtbäumen verſenkt, ſchneidet hernach, wenn es ein Ei abgelegt hat, immer den Trieb etwas unterhalb an, ſo daß er trocknen und abfallen muß und die aus dem Ei entſtehende Larve ihre Nahrung an der welkenden Subſtanz findet, die ihr viel bekömmlicher als das friſche, ſaftſtrotzende Gewebe iſt. Oft wird künſtlich ein ſicherer Aufbewahrungsraum für die Eier geſchaffen. Beim großen ſchwarzen Kolbenwaſſerkäfer ſpinnt das Weibchen, um ſeine Eier zu bergen, ein ſchwimmendes, wie ein kleines Schiffchen ausſehendes Gehäuſe, während viele Hautflügler Meiſter im Errichten ſolider Erdbauten ſind. Ganz neue Formen kann die Brutpflege dadurch annehmen, daß das Muttertier in irgendwelche nähere Beziehungen zu ſeinen Nachkommen tritt. Bei den Erdläufern unter den Hundertfüßlern und bei den Maulwurfsgrillen unter den Inſekten liegen dieſe Verhältniſſe noch ganz einfach. Das Weibchen bleibt, wenn es ſeine Eier abgelegt hat, bei dem Eierhaufen und hütet und beſchützt ihn, bis die Jungen ausſchlüpfen, die ſich dann ſelbſt weiterhelfen und ihr Futter ſuchen müſſen. Bei vielen Hautflüglern beſchränkt ſich die Fürſorge aber nicht auf die Eier, ſon⸗ dern es werden auch die Jungen, ſei es von ihrer Mutter, ſei es von anderen eigens zur Kinderpflege beſtimmten Weibchen, mit Nahrung verſorgt, geſchützt und ſauber gehalten und überhaupt mit aller Sorgfalt großgezogen. Bei der nachembryonalen Entwickelungsperiode oder Larvenzeit, die die j jungen, eben zur Welt gekommenen Tiere durchlaufen müſſen, bis fie wieder ihren Eltern gleichen, laſſen ſich zwei verſchiedene Hauptarten unterſcheiden: die anamorphe Entwickelung (Anamerie) und die epimorphe Entwickelung (Holomerie). Erſtere können wir bei den meiſten Taufend- N füßlern beobachten; ſie beſteht darin, daß das junge Tierchen noch mit einer unvollſtändigen | Zahl von Körperringen und Beinpaaren zur Welt kommt. Wenn es aber wächſt und ſich häutet, ſo nimmt bei jeder Häutung die Zahl der Segmente und Beine zu, bis ſchließlich beim erwachſenen Tier die für die betreffende Art gültige Höchſtzahl erreicht iſt. Anders bei Allgemeines. 5 15 der epimorphen Entwickelung. Hier iſt das Junge im allgemeinen bereits von vornherein | im Beſitz feiner ſämtlichen Gliedmaßen, und es findet daher eine nachträgliche Zunahme der Koörperringe nicht mehr ſtatt, obwohl auch bei dieſer Entwickelungsweiſe nicht unerhebliche Veränderungen im Körperbau noch eintreten können. 5 Der ganze Zeitraum vom Ei bis zum fertigen fortpflanzungsfähigen Zuſtand wird als Generation bezeichnet und iſt von verſchiedener Zeitdauer. Im allgemeinen herrſchen bei den Inſekten, dem Kreislauf der Jahreszeiten entſprechend, einjährige Generationen vor. Eine mehrjährige Generation beſitzt der Maikäfer, denn bei ihm dauert es in der Regel vier volle Jahre, bis aus dem Ei wieder ein fertiger Käfer entſtanden iſt. Die längſte be⸗ kannte Generationsdauer hat eine amerikaniſche Zikade, die von Linns die Siebzehnjährige genannt worden iſt, weil ihre Entwickelung faſt 17 volle Jahre in Anſpruch nimmt. Ander⸗ ſeits gibt es Inſekten, die in einem Jahre zwei und mehr Generationen haben. Gar nicht ſelten hängt auch die raſchere oder langſamere Aufeinanderfolge der Generationen nur von äußeren Einflüſſen, wie Temperatur und Nahrung, ab. Sind die äußeren Bedingungen günſtig, ſo kann das ganze Jahr hindurch in kurzen Zeiträumen Generation auf Generation folgen, wie dies in geheizten Räumen bei der Vermehrung der Mehlmotte und auch bei mancherlei anderem unliebſamen Hausungeziefer der Fall iſt. Der Einfluß der Außenwelt gibt ſich zuweilen auch darin zu erkennen, daß die aufeinanderfolgenden Generationen bei einer und derſelben Art je nach der Jahreszeit ver⸗ ſchiedenartig ausfallen, eine Erſcheinung, die als Saiſondimorphismus bezeichnet wird. Unſer einheimiſcher Landkartenfalter, Araschnia levana L., liefert hierfür ein Beiſpiel, denn ſeine erſte, im Frühling fliegende Brut, die „Wintergeneration“, deren Entwickelung in die kältere Jahreszeit fällt, ſieht ganz anders aus als die folgende, im Juli und Auguſt fliegende „Sommergeneration“, die ſich unter dem Einfluß größerer Sonnenwärme ausbilden kann. Ahn⸗ lich wie in unſeren Breiten durch Sommer und Winter, ſo kann in den Tropenländern durch die beiden als Trocken⸗ und Regenzeit unterſchiedenen Jahresperioden Saiſondimorphis⸗ mus herbeigeführt werden. Erſcheinungen ähnlicher Art werden wir bei dem Generations⸗ wechſel oder der Heterogonie gewiſſer Gallweſpen kennen lernen, bei denen gleichfalls zwei ver⸗ ſchieden ausſehende und in andersartigen Gallen ſich entwickelnde Generationen regelmäßig miteinander abwechſeln. Noch komplizierter geſtaltet ſich die Heterogonie vieler Pflanzen⸗ läuſe, indem es hier zu einer Aufeinanderfolge mehrerer verſchiedener Generationen kommt. Bemerken wir ſchon bei Betrachtung der Organiſation der Kerfe auf Schritt und Tritt die überaus ſinnreiche Geſtaltung der einzelnen Körperteile und die zweckmäßige Einrichtung der verſchiedenen Organe, ſo verſtärkt ſich dieſer Eindruck noch weſentlich, wenn wir einmal die lebenden Inſekten in freier Natur betrachten. Staunend ſehen wir da, wie vortrefflich zumeiſt alle dieſe Tiere in ihre natürliche Umgebung ſich einfügen, wie gut ſie an letztere „angepaßt“ find. Wir brauchen nach ſolchen Anpaſſungen nicht lange zu ſuchen, 3 überall finden wir fie. - Zahlreiche Raupen, Heuſchrecken, Wanzen, Blattläuſe und andere En Inſekten, die in dem grünen Blätterwald der Bäume und Büſche leben oder im Graſe ſitzen, find entweder vollkommen grün oder doch wenigſtens vorherrſchend grün gefärbt, ſo daß fie ſchwer fichtbar werden. Die Beſucher von Blumen und Blüten prangen ſehr oft in lebhaften Farben, und bei den Bewohnern dürrer, vegetationsloſer Landſtriche und Wüſten herrſcht wieder ein eintöniges graubraunes oder rötlichbraunes Kolorit vor, das mit der Färbung des öden, ſonnenverbrannten Steppenbodens übereinſtimmt. Hiermit iſt es aber nicht genug, denn zur Übereinſtimmung in der Farbe, die oft der Nachbarſchaft bis in 4 = Er 8 Ein Blick auf den Bau und das Leben der Geſamtheit. Einzelheiten des Tons und der Zeichnung gleicht, geſellt ſich häufig eine ebenſo auffallende Ahnlichkeit in Form und Geſtalt. Ein prächtiges Beiſpiel hierfür bieten die auf der Farben⸗ tafel bei S. 83 dargeſtellten Stabſchrecken und „Wandelnden Blätter“, die ſelbſt ein ge⸗ übtes Auge kaum zu entdecken vermag, wenn fie regungslos im Pflanzendickicht ſitzen. Wieder andere Inſekten ſind Verſtellungskünſtler, ſie maskieren ſich, bedecken den Körper mit Pflanzenſtücken oder, wie die Larven gewiſſer Raubwanzen, mit Sand und Staub, ſo daß ſie wandernden Schmutzklümpchen gleichen. Im übrigen iſt aber keineswegs allen Inſekten eine ſolche Schutzfärbung oder ſchützende Geſtalt eigen, im Gegenteil, es gibt viele Arten, die im grellen Farbenſchmuck frei und offen ſich zeigen und ohne weiteres damit die Blicke auf ſich lenken. Die Marienkäferchen, viele buntgefärbte Baumwanzen und Haut⸗ flügler gehören hierhin und führen uns die „Trutzfärbung“ vor Augen, denn die meiſten dieſer ſozuſagen herausfordernd gezeichneten, in lebhaften „Warnfarben“ prangenden Arten ſind in irgendeiner andern Weiſe geſchützt. Die Marienkäfer bilden wegen ihres ſcharf riechenden Blutes ungenießbare Biſſen für verſchiedene Inſektenfreſſer, die Wanzen ſind durch ihren ekelhaften Geſtank geſchützt, und wie wenig ratſam es iſt, die grell gefärbten ö Weſpen und Horniſſen anzurühren, weiß jedermann zur Genüge. Oft kommt es auch vor, daß harmloſe, ungeſchützte Inſekten das bunte auffallende Aus⸗ ſehen ganz anderer Arten annehmen, die, ſei es durch ihren Giftſtachel, ſei es durch beſondere Körperbeſchaffenheit, gegen feindliche Angriffe im großen und ganzen geſichert find. Solche „Nachahmer“ ſegeln alſo gewiſſermaßen unter falſcher Flagge und täuſchen eine geſchützte Art vor, während ſie doch in Wirklichkeit ganz harmlos ſind, ein Verhalten, das man als Mimikry bezeichnet. Zu den nachahmenden oder mimetiſchen Arten kann beiſpielsweiſe die Schweb⸗ fliege, Volucella bombylans L., gerechnet werden, die auf der Farbentafel „Deutſche Fliegen“ abgebildet iſt und bei flüchtigem Hinſehen leicht einmal mit der ſtachelbewehrten Stein⸗ hummel, Bombus lapidarius L., verwechſelt werden kann, die auf dem gleichen Bilde an einer Blüte ſaugend dargeſtellt wurde. Ebenſo verhält es ſich mit dem buntgefärbten ſüdameri⸗ ee kaniſchen Korallenbock, Poecilopeplus corallifer Sturm, der ſicherlich für jeden inſektenfreſſen ⸗ den Vogel einen prächtigen Leckerbiſſen abgeben würde, aber in ſeinem Ausſehen in ganz auffallender Weiſe einem ebenſo farbenreichen Angehörigen der mit den Bockkäfern in keiner Weiſe verwandten Gattung Erotylus gleicht, welcher ſeines widrigen Saftes und Geruches wegen gemieden wird. So wie wir ſie auf der Farbentafel dargeſtellt ſehen, wurden die beiden Arten, der Korallenbock und der Erotylus, von Ohaus im braſiliſchen Urwald dicht beieinander gefunden, und man wird annehmen können, daß dem Korallenbock ſeine Ahn⸗ lichkeit zum Vorteil gereicht, indem er gleichfalls von Inſektenfreſſern gemieden wird. Noch viele andere Beiſpiele von Mimikry kennt man, darunter auch ſolche, bei denen man genau weiß, wie wichtig die täuſchende Nachahmung ſein kann. So gibt es gewiſſe ameiſen⸗ ähnlich ausſehende Käfer, die ſich immer in den Wohnungen von Ameiſen einquartieren. Die Ameiſen laſſen ſich in dieſem Falle durch die Mimikry täuſchen. Weder mit den Augen noch mit Hilfe des Taſtſinnes gelingt es den anfangs recht mißtrauiſchen Ameiſen, die fremden Gäſte von ihren eigenen Stammesgenoſſen zu unterſcheiden, und da ſie auch mit dem Ge⸗ ruchsſinn nichts Verdächtiges finden, ſo können die betreffenden Käfer, ohne feindliche Angriffe von ſeiten der Ameiſen befürchten zu müſſen, es ſich in deren Behauſung bequem machen. Sicherlich iſt von Unberufenen manches als täuſchende Nachahmung beſchrieben wor⸗ den, was einer genaueren Prüfung nicht ſtandhält, aber wenn dadurch auch die Mimikry⸗ hypotheſe wohl zum Teil etwas in Mißkredit gekommen ſein mag, ſo haben wir doch anderſeits Allgemeines. 17 gerade im Inſektenreiche genug Fälle von zweifelloſer Mimikry vor Augen, bei denen die nachahmende Art von ihrer täuſchenden Ahnlichkeit auch wirklich Nutzen hat. Natürlich iſt der Schutz durch Mimikry kein durchaus vollſtändiger, denn alle die verſchiedenen hier erwähnten Anpaſſungen haben nicht etwa die Bedeutung, jedes einzelne Individuum unter allen Um⸗ ſtänden vor jeder Nachſtellung zu bewahren, ſondern ſie können nur die Verfolgung durch Feinde erſchweren und kommen auf dieſe Weiſe der geſamten Art zugute. Im übrigen darf auch keineswegs behauptet werden, daß nun alle Eigenſchaften, jede Farbenzuſammen⸗ ſtellung, oder alle Dornen und Zacken, die wir am Körper eines Inſektes bemerken, auch von beſonderer Wichtigkeit und von Bedeutung für die betreffende Art ſein müſſen. Das geht ent⸗ ſchieden zu weit, gibt es doch bei jedem Inſekt eine Fülle von Merkmalen, die für die Lebens⸗ bedürfniſſe ganz gleichgültig oder nebenſächlich ſind. Überall aber ſehen wir den Einfluß des Daſeinskampfes, dem die Kerfe wie ſämtliche andere Tiere unterworfen ſind, und der, wenn er auch gleichgültige Eigenſchaften beſtehen läßt, doch fortwährend dahin wirkt, daß Nützliches weiter vervollkommnet wird, wogegen er alles weſentlich Fehlerhafte und Un⸗ vollkommene, ſobald es den Fortbeſtand der Tierart gefährdet, unerbittlich austilgt. Von den mannigfachen Beziehungen, die die Kerfe und beſonders die Inſekten zur übrigen Lebewelt haben, wird in dieſem Bande noch wiederholt die Rede fein, und an zahl- reichen Beiſpielen wird ſich zeigen, welches unentbehrliche Glied im Naturganzen dieſe im allgemeinen ſo kleinen und unanſehnlichen Tiere ſind. Der emſigen Tätigkeit der Inſekten, die geſchäftig von Blüte zu Blüte eilen und damit die Befruchtung vollziehen, verdanken g zahlreiche Gewächſe ihren Beſtand, und ohne das Zutun dieſer kleinen Beſucher würde in kurzer Zeit ſich die ganze Vegetation der Erde durchgreifend ändern, was natürlich auch für die geſamte Tierwelt von einſchneidender Bedeutung wäre. Inſekten bilden die Nahrung einer großen Menge von Lebeweſen, und Inſekten ſind es wieder, die mit ihren gefräßigen Kiefern den Pflanzenwuchs zerſtören, die Abfälle und abgeſtorbenen Reſte zugrunde gegangener Organismen beſeitigen, tieriſches Leben der verſchiedenſten Art vernichten und damit fort⸗ dauernd zur Erhaltung des nötigen Gleichgewichts in der Natur beitragen. i Unter dieſen Umſtänden hat auch der Menſch alle Urſache, ſich näher mit den Kerfen zu befaſſen, ſieht er ſich doch ſozuſagen auf Schritt und Tritt von ihnen umgeben. Inſekten ſind es, die über ſeine Gärten und Felder herfallen, die oft genug die Arbeit des Menſchen zunichte machen und nicht allein häufig Leben und Geſundheit von Haustieren und anderen nützlichen Tieren bedrohen, ſondern auch vor der Perſon des Menſchen ſelbſt nicht Halt machen, dem ſie teils direkt als Paraſiten, teils indirekt als Überbringer von Krankheiten läſtig und gefährlich werden können. Welche gewaltige Macht die Welt der Kerfe dem Menſchen gegenüber be⸗ deutet, zeigt ſich wohl am eindringlichſten bei dem gelegentlichen Maſſenauftreten von Schäd⸗ llingen, die nicht ſelten ſchon furchtbare wirtſchaftliche Kataſtrophen zur Folge gehabt haben. An nützlichen Arten iſt ebenfalls kein Mangel: die Honigbiene und Seidenraupe ſind Lieferanten wichtiger Produkte, und manche räuberiſch lebenden Inſekten und Schmarotzer, die andere Inſekten befallen, haben ſich als wichtige, ja mehrfach ſogar als ganz unentbehr⸗ liche Bundesgenoſſen für den Menſchen im Kampfe gegen Schädlinge aller Art erwieſen. Aber nicht nur wiſſenſchaftliche Fragen und wirtſchaftliche Intereſſen ſind es, die zur Be⸗ ſchäftigung mit den Kerfen hinführen, auch die Freude an den vielen farbenprächtigen Ge⸗ ſtalten und der Genuß, den die Beobachtung ihrer ſeltſamen Lebenserſcheinungen gewährt, Kragen N bei, dieſen Tieren immer neue Freunde und Liebhaber zu eee Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 2 Vielfüßler (Myriopoda). Am Anfang der landbewohnenden Kerftiere finden die vielfüßigen Geſchlechter der Hundertfüßler, Tauſendfüßler und Verwandten ihren natürlichen Platz, ſind doch alle dieſe Tierformen noch von verhältnismäßig recht einfacher Bauart. Nie laſſen ſich an ihrem Rumpfe verſchiedene Teile wie Bruſt und Hinterleib unterſcheiden, ſondern immer ſehen wir auf den Kopf einen mehr oder minder langgeſtreckten und gleichförmig gegliederten Rumpf folgen, der entſprechend der großen Zahl ſeiner Segmente mit vielen gleichartigen Bein⸗ paaren ausgeſtattet iſt. Niemals zeigen ſich auch am Körper dieſer Tiere Flugwerkzeuge angebracht, ſo daß alle Vielfüßler in den Augen des Volkes zu dem „Gewürm“ gehören, das an den Boden gebannt iſt und an der Erde kriechend ſich ſeine Nahrung ſuchen muß. Die hier hervorgehobenen Eigenſchaften, insbeſondere die Vielfüßigkeit, genügen nun aber durchaus nicht, um die Gruppe der Vielfüßler auch im Sinne unſerer jetzigen wiſſen⸗ ſchaftlichen Syſtematik einheitlich und natürlich erſcheinen zu laſſen. Im Gegenteil, es hat ſich, wenn wir die Organiſation genauer berückſichtigen wollen, ſogar als notwendig heraus⸗ geſtellt, die Gruppe der Vielfüßler in nicht weniger als vier verſchiedene Klaſſen zu zerlegen, ſo daß wir hier nur aus praktiſchen Gründen, und hauptſächlich der beſſeren Überſichtlichkeit halber, den alten, jetzt eigentlich gar nicht mehr gültigen Namen „Myriopoda“ beibehalten. An die vier Klaſſen der Vielfüßler läßt ſich dann ungezwungen als fünfte Klaſſe die große Klaſſe der Sechsfüßler (Hexapoda) oder Inſekten anreihen, die mit den Vielfüßlern mancherlei wichtige Eigenſchaften teilen. Ein ſolches gemeinſames, äußer⸗ lich leicht ſichtbares Kennzeichen, das ſowohl allen Vielfüßlern, als auch den Inſekten zu⸗ kommt, iſt das eine Paar von Fühlern oder Antennen, das nur in verſchwindend wenigen Ausnahmefällen vermißt wird und vorn oder ſeitlich am Kopf angebracht iſt. Fühlerkerre (Antennata oder Atelocerata) werden daher jetzt die Vielfüßler und Inſekten zuſammen⸗ genommen genannt, um damit hervorzuheben, daß fie in vieler Hinſicht zuſammen gehören | und jedenfalls in einem ſehr weſentlichen Gegenja zu den übrigen Kerfen, beſonders den Spinnenkerfen (Chelicerata), ſtehen, denen eigentliche Fühler gänzlich 7 Erſte Klaſſe: Doppelfüßler Oiplopoda). Erſte Unterklaſſe: Tauſendfüßler (Chilognatha). Der Name Tauſendfuß darf nicht wörtlich genommen werden, denn leine unter den vielen hierhergehörenden Arten von Bandfüßlern, Saftfüßlern, Schnurfüßlern und ihren Verwandten bringt es wirklich bis zu tauſend Füßen, ſo daß der Name nur ein Hinweis auf Allgemeines, 19 die große Menge von Beinchen bei dieſen Tieren fein ſoll. Da die vielen nahe der Mittel- linie des Bauches entſpringenden Beinchen viel zu kurz und ſchwach ſind, um eine raſche Vorwärtsbewegung zu erlauben, ſo ſieht man den Tauſendfuß nicht ſo geſchwind wie viele andere Tiere dahinrennen, ſondern im allgemeinen mit einer gewiſſen Bedächtigkeit und behäbigen Ruhe ſeine Straße ziehen und alle ſeine Beinchen dabei in der Weiſe nacheinander in Bewegung ſetzen, daß von ihnen förmliche Wellen gebildet werden, die langſam von a nach vorn weitergleiten. 8 Die Tauſendfüßler oder Chilognatha werden mit den ſpäter noch zu Ahenden Pinſelfüßlern zur Klaſſe der Doppelfüßler oder Diplopoda vereint, an denen wir immer eine ſehr eigentümliche Verwachſung der Rumpfſegmente beobachten. Je zwei und zwei aufeinanderfolgende Segmente verſchmelzen nämlich, wie wir an dem mehr oder minder lang⸗ geſtreckten Rumpf der Tauſendfüßler ohne Mühe feſtſtellen können, miteinander und werden damit zu einem äußerlich einheitlichen Doppelſegment, an dem daher auch nicht ein, ſondern zwei Beinpaare ſitzen. Nur die erſten vier Rumpfſegmente machen ebenſo wie das letzte Körperſegment eine Ausnahme, da ſie niemals verwachſen und daher auch ſtets nur mit höch⸗ ſtens je einem Beinpaar ausgeſtattet ſind. Die Zahl der Doppelringe und dementſprechend auch die Zahl der Beinpaare kann bei manchen Arten recht ſtattlich ſein; am größten iſt ſie bei einem rieſigen, auf den Seychellen lebenden Tauſendfuß, Spirostreptus seychellarum . Desj.: er wandert auf 139 Beinpaaren einher, die an 75 Rumpfringen angebracht find. E- An dem verhältnismäßig großen Kopf der Tauſendfüßler entſpringen vorn, weit von⸗ 2 einander entfernt, zwei kurze Fühler, während rechts und links je eine Gruppe Heiner Punkt⸗ augen ſitzt, die ihrem Bau nach zum ſcharfen und genauen Sehen allerdings ziemlich untaug⸗ lich ſind und bei manchen Arten gänzlich fehlen. Das Sehvermögen ſpielt bei den Tauſend⸗ Ffüßlern überhaupt niemals eine große Rolle. Hinter den Fühlern findet ſich aber bei dieſen Tieren zuweilen noch ein anderes, ſeiner Bedeutung nach vorläufig im allgemeinen noch rätſelhaftes paariges Sinnesorgan, das ſeinem Entdecker zu Ehren den Namen Tömösvary⸗ ſches Organ führt. An den Mundteilen unterſcheiden wir ein Paar mächtiger ſeitlicher Kinnbacken, die von den großen, in der Regel zum Beißen dienenden und aus mehreren Stücken zuſammengeſetzten Vorderkiefern (Mandibeln) gebildet werden. Hinter ihnen folgt die Kieferunterlippe (Gnathochilarium, Hypostoma), ein merkwürdiges, im weſentlichen aus zwei ſeitlichen Hälften und einem Mittelſtück beſtehendes Gebilde, deſſen Zuſammen⸗ ſetzung im einzelnen ſo kompliziert iſt, daß man lange meinte, es wären zwei Kiefernpaare an ſeinem Aufbau beteiligt. Die Kieferunterlippe entſteht indeſſen nur durch Verwachſung eines einzigen, den Mittelkiefern entſprechenden Maxillenpaares, während ein zweites Maxillenpaar (Hinterkiefer), ſoviel wir wiſſen, allen Tauſendfüßlern fehlt. Die Tauſendfüßler ſind vorwiegend nächtliche Tiere, das grelle Tageslicht meiden ſie im allgemeinen und ziehen es vor, erſt bei Einbruch der Dunkelheit ihrer Nahrung nachzu⸗ gehen, die hauptſächlich aus vegetabiliſchen Stoffen verſchiedener Art, modernden Pflanzen⸗ teilen, weichen Früchten, Knollen oder ſaftigen Wurzeln beſteht. An trockenen Orten vermißt man fie, denn eine gewiſſe Feuchtigkeit iſt für alle Arten ein wichtiges Lebensbedürfnis. Unter den verſchiedenen Schutzmitteln, die die Natur den Täuſendfüßlern verliehen hat, iſt in erſter Linie die harte, Kalkſalze enthaltende Chitinhaut zu nennen, die manchen räuberiſch lebenden Tieren gegenüber ein undurchdringlicher Schutzpanzer iſt. Hierzu kommt, daß die meiſten Tauſendfüßler die Gewohnheit haben, ſich ſofort bei drohender Gefahr zuſammenzurollen, m. fie ihre vielen zarten, an der Bauchſeite gelegenen Beine ſchützen, während ſie dem 6. 2 * 20 Tauſendfüßler: Allgemeines. Bandfüßler. Störenfried nur die hart gepanzerte Rückenſeite als Angriffsfläche darbieten. Damit iſt es a aber nicht genug, denn unter der Rückenhaut find bei den meiſten Arten noch bejondere Wehrdrüſen gelegen, deren meiſt paarige Offnungen Saftlöcher oder Foramina repugnatoria genannt werden und ſich bei gewiſſen blaß gefärbten Tauſendfüßlern ſchon mit bloßem Auge 3 1 in Geſtalt einer langen Doppelreihe von dunkeln Flecken erkennen laſſen. An dieſen Stellen werden bisweilen im gasförmigen Zuſtande, meiſt aber als Säfte beſondere Stoffe aus⸗ geſchieden, die ſich gewöhnlich durch einen eigentümlichen, oft ſcharfen, ſtechenden Geruch auszeichnen. Nimmt man einen unſerer gewöhnlichen Erdtauſendfüßler der Gattung Julus in die Hand, jo wird man ſehr bald dieſen Geruch wahrnehmen. Beſonders ſchlimm ſcheint letzterer bei dem Stinktauſendfüßler, Pachyiulus foetidissimus Mur., zu fein, von welchem ſein Entdecker Muralewicz ſagt: „Das Tier verbreitet einen ſcharfen Knoblauchgeruch. Die Exemplare, welche mehrere Jahre in Spiritus gelegen hatten, ſtrömten einen ſolchen Geruch aus, daß ihre Unterſuchung nicht wenig Mühe verurſachte.“ Bei gewiſſen Tauſendfüßlern riecht der Wehrſaft ſtark nach Bittermandelöl, und mit Hilfe chemiſcher Unterſuchungen konnte in der Tat der Nachweis geführt werden, daß in dem Drüſenſaft dieſer Tiere die giftige Blauſäure enthalten iſt. Bei dem in Nordamerika heimiſchen Polyzonium rosealbum Cook hat der von den Wehrdrüſen ausgeſchiedene Stoff den brennenden Geſchmack und Geruch des Kampfers, einer Subſtanz, die ſonſt nirgends im Tierreich vorkommt. Mit dem Wehrſaft unſerer heimiſchen Julus⸗Arten hat man Verſuche gemacht, indem man ihn unter 0 die Haut von Mäuſen einſpritzte, und die Folge war, daß die ſo behandelten Nager ſehr bald unter Lähmungserſcheinungen eingingen. Die giftigen Stoffe ſcheinen aber hauptſächlich innerlich zu wirken, äußerlich auf der unverletzten Haut des Menſchen bleiben ſie jedenfalls . unſchädlich, ſo daß man ohne jede Gefahr lebende Tauſendfüßler anfaſſen kann. Die Be⸗ deutung der Wehrſäfte liegt ſicherlich in der Abſchreckung der Feinde, ſie machen die Tauſend⸗ füßler wenn auch nicht für alle, ſo doch für viele andere Tiere zu ganz ungenießbaren Biſſen. Der lange, ſchlauchförmige Darm nimmt bei den Tauſendfüßlern an der Grenze ſeines mittleren und hinteren Abſchnittes ein Paar Malpighiſcher Gefäße als Ausſcheidungsorgane auf. Zur Atmung dienen röhrenförmige Tracheen, die von erweiterten, mit Chitin aus⸗ gekleideten taſchenförmigen Einſenkungen, den Stigmentaſchen, ausgehen, deren Offnungen wir ſeitlich neben den Beinen finden können. Bei vielen Tauſendfüßlern gibt es noch At⸗ mungsorgane anderer Natur, die freilich immer nur in ſehr feuchter Luft verwendet werden. Sie beſtehen aus zartwandigen, gewöhnlich eingeſtülpten Säckchen (Ventralſäckchen), die neben den Hüften der Beine gelegen ſind. Wenn das Blut von innen her in ſolche Säckchen eindringt, ſo werden dieſe ausgeſtülpt, treten als kleine, dünne, blutgefüllte Blaſen hervor N und können dann in der feuchten Umgebung genau wie Kiemen wirken. Die langgeſtreckten Geſchlechtsdrüſen münden bei den Tauſendfüßlern ſehr weit vorn, nämlich an der Bauchſeite zwiſchen dem zweiten und dritten Beinpaar aus. An den paarigen Mündungen, die dort gelegen ſind, kommen beim Männchen manchmal kleine rutenförmige Anhänge vor, doch werden zur Übertragung des Samens nicht etwa dieſe Anhänge, ſondern in beſonderer Weiſe umgeſtaltete Beine benutzt, die Begattungsfüße, Kopulationsfüße oder Gonopoden genannt werden und ſich durch eigentümlich hakenförmige oder hornartig ge⸗ krümmte Geſtalt auszeichnen. Die Begattungsfüße ſind gewöhnlich gleichfalls ziemlich weit vorn (Proterandria), in der Regel am ſiebenten Rumpfringe angebracht, feltener (Opisthandria) ganz hinten am vorletzten Körperringe. Da der Same von den Geſchlechtsöffnungen natür⸗ lich nicht ohne weiteres zu den in allen Fällen weiter hinten gelegenen Kopulationsfüßen Polydesmidae. 21 kommen kann, fo muß das Männchen ſich vor der Begattung ſtets mehr oder weniger ſtark zuſammenrollen, wenn es ſeine Kopulationsfüße mit Samen füllen will. Die jungen Tauſendfüßler kommen beim Aufbrechen der Eiſchale erſt in einem ſehr unfertigen Zuſtande zur Welt, es ſind dann zunächſt weißliche hilfloſe Weſen mit erſt wenigen Körperringen und höchſtens erſt drei Beinpaaren, hinter denen allerdings manchmal einige weitere Paare von Beinanlagen ſchon unter der Haut verborgen ſtecken, um dann bei der folgenden Häutung zutage zu treten. Solange der Tauſendfuß nicht ausgewachſen iſt, erſcheint bei jeder Häutung eine Anzahl neuer Körperringe und Beinpaare, die regel⸗ mäßig hinten zwiſchen dem letzten beintragenden Ring und dem Afterring eingeſchoben werden, bis bei der letzten Häutung ſchließlich alle Beine vorhanden ſind und die Ent⸗ wickelung oder „Anamorphoſe“ mit dem gleichzeitigen Eintritt der Geſchlechtsreife ihr Ende findet. Bei manchen Bandfüßlern bedarf es freilich nach der Bildung aller Beine und Ringe erſt noch einer abermaligen Häutung, bevor das endgültige Stadium mit der Fort⸗ pflanzungsfähigkeit erreicht iſt, ein etwas abweichender Entwickelungsgang, der von Verhoeff den Namen „Hemianamorphoſe“ erhalten hat. Die Tauſendfüßler ſind eine uralte Tiergruppe. Einige gut erhaltene Abdrücke in der Steinkohle liefern den Beweis, daß ſogar ſchon im Dämmerlicht der Steinkohlenwälder ſchwerfällige Myriopoden bedächtig am Erdboden umhergekrochen ſein müſſen. Manche dieſer älteſten Tauſendfüßler hatten allerdings noch keine Doppelringe; bei anderen Arten jener Zeit bahnte ſich bereits eine Verſchmelzung der Körperringe zu je zwei und zwei an, wobei aber meiſt, wie bei dem foſſilen Pleuroiulus, noch eine feine Trennungslinie ſicht⸗ bar bleibt, und endlich gab es Arten, die unſeren heutigen im Körperbau bereits glichen. Wir können von den zahlreichen Arten der Jetztzeit, die auf der ganzen Erde verbreitet ſind, nur einige der bemerkenswerteren namhaft machen. 1. Ordnung: Proterandri ia. Die Proterandria ſind Tauſendfüßler mit vorn am ſiebenten Rumpfringe befindlichen, ſeltener auch noch am vorhergehenden oder nachfolgenden Ringe entwickelten Kopulations⸗ füßen. Die Tracheen ſind unverzweigt. 1. Unterordnung: Bandfüßler (Polydesmoidea). Die Bandfüßler (Polydesmoidea) find in den meiſten Fällen bandförmig geſtreckte und von oben nach unten abgeplattete Tauſendfüßler, bei denen die Zahl der Rumpf⸗ ſegmente 20, ſeltener nur 19 beträgt. An den Rumpfringen ſtehen meiſtens ſeitliche Kiele vor. Alle hierhergehörenden Arten ſind blind. Beim Männchen iſt das vordere Beinpaar des ſiebenten Ringes zu Begattungsfüßen umgewandelt und mit einer tiefen Rinne zur Aufnahme des Samens verſehen. Zu den bekannteſten europäiſchen Bandfüßlern aus der Familie der Polydesmidae gehört der Abgeplattete Bandfüßler, Polydesmus complanatus L., der an vielen Orten Deutſchlands, z. B. bei Bonn am Rhein, im unteren Neckartal, bei Hamburg und in Schleſien, häufig iſt und ebenſo in Schweden, Dänemark, Frankreich, in der Schweiz und ſelbſt auf den Azoren gefunden wurde. Die rötlichgrauen, etwa 24 mm langen Bandfüßler dieſer Art leben unter Steinen oder modernden Blättern und halten ſich manchmal in ganzen Geſellſchaften beieinander in hohlen Weidenſtämmen auf, die ſie gern als Winterquartier benutzen. Etwa einen Monat nach der ſehr innigen, oft über 48 Stunden währenden 22 Tauſendfüßler Bandfüßler. Saftfüßler. ohordeumeides. Schnurfüßler. Begattung, bei der das Männchen ſein Weibchen mit den Beinen von der Bauchſeite her umklammert, baut dieſes ein kunſtvolles glockenförmiges Neſt aus Erde, und zwar auf einer feſteren Unterlage von Steinen, Blättern oder Holz (j. die beigeheftete Tafel). Vom Rath hatte Gelegenheit, die Entſtehung dieſes Neſtes in allen Einzelheiten zu beobachten. Zu⸗ ſammengekrümmt, ſo daß Kopf und Schwanzende ſich berühren, dreht das Weibchen ſich zunächſt auf einem Fleck fortwährend im Kreiſe, bis ringsum ein kleiner Ringwall von Erde aufgetürmt wird, der durch die Beimengung von Drüſenſaft bald eine gewiſſe Feſtigkeit bekommt. Iſt der Erdwall einige Millimeter hoch geworden, ſo beugt das Tierchen ſeinen Vorderkörper nach dem umwallten Innenraum und läßt die Eier eines nach dem anderen E aus den vorn am Rumpf gelegenen Öffnungen hervorquellen. In etwa fünf Viertelftunden 2 find ſämtliche Eier abgelegt und bilden zuſammen einen Ring, wobei ſie durch eine klebrige Maſſe zuſammengehalten werden. Hierauf ſetzt das Weibchen den Neſtbau fort, erhöht den Erdwall zu einem glockenförmigen Gehäuſe und krönt zum Schluß das ganze Werk mit einer kleinen, etwa 3 mm hohen Röhre, die an der Spitze eine Offnung hat, damit Luft zu den im Inneren der Neſtglocke befindlichen Eiern gelangen kann. In den heißen Ländern, zum Teil auch ſchon in den Subtropen, hat Oma (Paradesmus) gracilis C. K. feine Heimat, derjenige Bandfüßler, in deſſen Wehrdrüſenſaft die giftige Blauſäure (Zyanwaſſerſtoffſäure), von der oben die Rede war, nachgewieſen worden iſt. Neuerdings iſt es gelungen, dieſen Blauſäureerzeuger, der mit exotiſchen Pflanzen gelegentlich in Gewächshäuſer eingeſchleppt wird, auch im Schloßgarten in Karlsruhe zu finden, wo die ſich zerſetzenden Beſtandteile eines Kompoſthaufens ihm genügend Nahrung ö und Wärme boten, um die ungünſtige Jahreszeit im Freien zu überdauern. 2. Unterordnung: Saftfüßler (Lysiopetaloidea oder Callipodoidea). Der zylindriſche oder von oben etwas abgeplattete Körper ijt bei den Saftfüßlern (Lysiopetaloidea oder Callipodoidea) vorn und hinten verſchmälert und beſteht aus ſtets zahlreichen, meiſt mehr als 30 Rumpfſegmenten. Die paarigen Wehrdrüſen ſind wohlent⸗ wickelt und beginnen am fünften Rumpfſegment. Augen ſind vorhanden. Beim Männchen iſt das erſte Beinpaar des ſiebenten Ringes zu Begattungsfüßen umgeſtaltet und mit rinnen⸗ artigen Samenkanälen verſehen. Zur Hauptfamilie der Lysiopetalidae gehören verhältnismäßig lebhafte, 5 liche Saftfüßler mit ziemlich langen Fühlern und meiſt wohlentwickelten Augen. Wenn die Tiere beunruhigt werden, ſo rollen ſie ihren langen Körper wie eine Uhrfederſpirale ein und ſcheiden dabei aus ihren Wehrdrüſen große Maſſen von milchweißem Saft ab, den ſogar manche weit von ſich ſpritzen können. Von verſchiedenen Arten kann es als ſicher gelten, daß ſie ſich nicht von Pflanzenkoſt ernähren, ſondern räuberiſch leben. In Deutſchland gibt es keine Saftfüßler, ſie fehlen überhaupt in ganz Mitteleuropa. In Südeuropa ſind ſie bereits vertreten, und im ſüdlichen Dalmatien gehört Lysiopetalum carinatum Brandt keineswegs zu den ſeltenen Arten. Einer der merkwürdigſten Saftfüßler iſt die blinde Apfelbeckia lendenfeldi Verh., die | in unterirdiſchen Klüften und Höhlen des Kalkgebirges der Herzegowina hauſt und dort im tiefſten Dunkel zwiſchen feuchten Stalaktiten und Tropfgeſtein umherwandert. Der gänzliche Mangel an Pflanzenkoſt dort unten bringt es mit ſich, daß natürlich auch dieſer Höhlenſaft⸗ füßler zu einem Raubtier werden mußte. Man hat geſehen, wie er heißhungrig über lebende Höhlenſpinnen hergefallen iſt, und es iſt anzunehmen, daß er wohl mit der gleichen Gier Der Abgeplattete Bandfüßler und fein Neitbau. Nach Photographien von H. Main, London. 3 4 Die Abbildungen 2—8 ſtellen aufeinanderfolgende Stadien des Neitbaues dar. Vgl. den nebenstehenden Text. RRR er ) 5 f \ 4 N 5 Br, gr - Lysiopetalidae, Chordeumidae. Craspedosomidae. Julidae. 23 ermattete Schmetterlinge, Fliegen oder ähnliche Inſekten, die fich gelegentlich durch einen man Bufan! in ſein düſteres Schattenreich verirren mögen, zerfleiſchen wird. 8. Unterordnung: Chordeumoidea (Ascospermophora). Das wichtigſte Merkmal, das den Chordeumoidea oder Ascospermophora, verſchieden⸗ artig geſtalteten, geſtreckten, zylindriſchen oder mit feitlichen Kielen verſehenen Tieren, zu⸗ kommt, iſt erſt in neuerer Zeit durch Verhoeff ermittelt worden; es beſteht darin, daß Ventralſäckchen, die doch urſprünglich Atmungsorgane ſind, eine beſondere Bedeutung be⸗ kommen haben und beim Männchen zur Aufnahme des Samens dienen. Wenn letzterer in Form von zähen, ſtangenartigen Paketen hervorquillt, ſo gelangt er in die Säckchen und bleibt in ihnen aufbewahrt, bis er ſpäter mit den Begattungsfüßen, an denen ſich keine Samenrinnen vorfinden, übergeführt wird. Als Begattungsfüße werden beim Männchen gewöhnlich beide Beinpaare des ſiebenten Ringes benutzt, ſeltener nur eins von ihnen, bisweilen aber auch noch das zweite Paar des ſechſten oder das erſte Paar des achten Ringes. Die in Europa und Nordamerika verbreiteten Chordeumidae, bei denen zwei ſamen⸗ tragende Ventralſäckchen vorhanden ſind, ſehen manchmal über und über wie mit kleinen Tauperlchen bedeckt aus, infolge einer giftigen, wachsartigen Drüſenausſchwitzung, die längs der Rückenränder an beſonderen Haarborſten hervorperlt und ſicherlich für dieſe Tiere, denen N fehlen, eine wichtige Schutzeinrichtung bildet. Von den Craspedosomidae, deren Männchen zwei Paare ſamengefüllter Ventral⸗ ſäckchen beſitzen, nennen wir Craspedosoma simile Verh., eine 15—20 mm lange, heller oder dunkler braun gefärbte Art, die Feuchtigkeit liebt und zwiſchen Erlengeſtrüpp in dem naſſen Torfmoos der Sümpfe und Brüche Norddeutſchlands zu finden iſt. Bei den Craſpedoſo⸗ miden ſind auch Spinndrüſen nachgewieſen worden, die bei anderen Diplopoden zum Teil ebenfalls vorkommen und am hinteren Leibesende an beſonderen Spinngriffeln ausmünden. Der Spinnſtoff, der dort abgeſondert wird, iſt beſonders für die jungen Tiere wichtig. Sie benutzen ihn, wenn ſie ſich häuten wollen, und ſpinnen ſich in einen Kokon ein, in dem ſie während der Zeit der Häutung geborgen ſind. Auch das erwachſene Weibchen umgibt ſeine Eier mit einem ſchützenden Geſpinſt. 4. Unterordnung: Schnurfüßler (Juloidea). Bei den Schnurfüßlern (Juloidea), Tauſendfüßlern, deren zylindriſcher, keine Seitenkiele tragender Körper aus einer ſehr großen, im einzelnen wechſelnden Zahl von Segmenten beſteht, ſind die Wehrdrüſen in ununterbrochenen Reihen vom fünften oder ſechſten Segment an entwickelt. Ventralſäckchen fehlen. Beim Männchen ſind beide Bein⸗ paare des ſiebenten Ringes zu Begattungsfüßen geworden, und das hintere iſt mit rinnen⸗ förmigen Samenkanälen verſehen. | Aus der artenreichen, im gemäßigten Europa, Aſien und Nordamerika verbreiteten Familie der Julidae machen wir zunächſt den Sandſchnurfüßler, Julus sabulosus L. (Schizophyllum; Abb., S. 24), namhaft, der über das ganze mittlere Europa verbreitet iſt und in Deutſchland zu den häufigſten Arten gehört. Er glänzt ſtark, iſt dunkelbraun bis ſchwarz gefärbt, nach den Beinen zu meiſt heller, und mit zwei gelben Längsſtreifen am Rücken gezeichnet. Die letzte Rückenplatte läuft in ein ſchräg nach oben gebogenes Spitzchen aus. Das Männchen mißt etwa 20—40, das Weibchen 30 — 46 mm. An Baumſtämmen, NEISSE PR FAR ie ic 24 Zaufendfüßler: Schnurfüßler. Colobognatha. Opisthandria. namentlich ſolchen, die mit Flechten bewachſen find oder eine rauhe Borke haben, ſteigt unſer Sondſchnurfüßler ohne beſondere Schwierigkeit in die Höhe, und gar nicht ſelten ſieht man ihn daher an Aſten und Zweigen umherklettern. Bei Störungen läßt er ſich zu Boden fallen und rollt ſich geſchwind wie eine Uhrfeder ſpiralig zuſammen oder ſucht, indem er ſich auf dem Boden plötzlich umwirft und auf dem glatten Rücken vorwärts gleitet, mög⸗ lichſt raſch ſeinen Verfolgern aus dem Geſichtskreis zu kommen. Zur Nahrung dienen ihm abgefallene Blätter und andere faulende Vegetabilien. Daß er kein Verächter von Pilzen iſt, lernte der Zoologe vom Rath kennen, der einmal 40 Tausendfüßler de Art 1 einem einzigen fauligen Champignon fand, 1: Der gleichmäßig ſchwärzlichbraune, mit etwas hellerem Kopf ausgeſtattete Julus londinensis Leach (Cylindroiulus) iſt beſonders im weſtlichen Europa und auch im nord⸗ weſtlichen Deutſchland verbreitet, wurde aber von Verhoeff auch an verſchiedenen Stellen der Provinz Brandenburg gefunden. Felder und Acker bilden den Aufenthalt dieſes Tauſend⸗ füßlers, der durch Befreſſen von Kartoffelpflanzen ſchon wiederholt läſtig geworden iſt. Zu den ſchädlichen Arten zählt aber namentlich der Getupfte rotbrauner Flecke geſchmückt iſt. Seine Heimat ſcheint gleichfalls Weſteuropa zu ſein, und zwar ſoll er, nach Verhoeff, aus Frankreich ſtammen. In Deutſchland kommt er lediglich auf kultiviertem Bo⸗ 8 den, auf Feldern und in Gärten vor, wo er mitunter in großen Sandſchnurfüßler, Juus Mengen auftritt und empfindlichen Schaden anrichten kann. Die te nn Tiere zerſtören Keimlinge, freſſen keimende Samen aus, benagen Rüben und andere weiche Pflanzenwurzeln und bohren ſich in Erd⸗ beeren ein, deren ſaftiges Fleiſch ſie ſehr zu ſchätzen ſcheinen. Doch haben dieſe Getupften Schnurfüßler auch für menſchliche Exkremente eine ſeltſame Vorliebe, die, vom hygie⸗ niſchen Standpunkte betrachtet, keineswegs unbedenklich iſt, denn nachweislich können Eier von Spulwürmern und anderen menſchlichen Paraſiten, die dieſe Tauſendfüßler mit ihrer ekelhaften Nahrung verſchlingen, ihren Körper unverändert und völlig lebensfähig paſſieren. Haben nun Schnurfüßler derartige Wurmeier aufgenommen, und freſſen dann ſpäter ſolche Tiere an Salat, Erdbeeren und abgefallenem Obſt, oder kriechen ſie an an⸗ deren für die Tafel des Menſchen beſtimmten Früchten und Pflanzen umher, ſo ſtreuen ſie natürlich überall mit ihren Entleerungen die Wurmeier aus und tragen 5 zur Ver⸗ breitung von Wurmkrankheiten be. | Daß die ſehr artenreiche Familie der Schnurfüßler, die namentlich im gemäßigten Europa, Aſien und Nordamerika viele Vertreter hat, auch im Hochgebirge nicht fehlt, beweiſt uns der Schweizer Schnurfüßler, Julus helveticus Verh., den man als echten Alpen⸗ bewohner am Daubenſee noch in 2000 m Höhe gefunden hat. Die Fortpflanzung der Schnurfüßler ſcheint, nach vom Rath, in Deutſchland hauptſäch⸗ lich im Frühjahr und Spätherbſt vor ſich zu gehen, während ſie im wärmeren Südeuropa in die Winterszeit fällt. Wenn das Männchen ſeine Begattungsfüße mit Samen gefüllt hat, nähert es ſich einem Weibchen und umklammert dasſelbe von der Bauchſeite her mit allen Beinen ſeines Vorderkörpers, gleichſam als ob es ſein Weibchen umarmen wollte. Sit die Vereinigung vollzogen, die bei den Schnurfüßlern aber ſo wenig innig iſt, daß die Tiere bei Schnurfüßler, Julus guttulatus Gerv. (Typhloblaniulus), ein augenloſer, fadendünner, nur 10—18 mm langer Tauſendfüßler, deſſen weißlicher Körper jederſeits mit einer Längsreihe hübſchern Spirostreptidae. Spirobolidae. Saugfüßler. Saftkugler. 25 der geringſten Störung voneinander laſſen, fo bringt 4—5 Wochen ſpäter das Weibchen ſeine Eier in einem kleinen Erdneſt unter, das oben einen kurzen ſchornſteinförmigen Aufſatz hat. N Wahre Rieſenformen gibt es in den heißen Ländern. Es ſind Tauſendfüßler, die den eben geſchilderten Schnurfüßlern äußerlich gleichen, ſich aber namentlich durch abweichende Bauart der Kieferunterlippe unterſcheiden und eine Länge von über 20 em erreichen. Man findet dieſe zu den Familien der Spirostreptidae und Spirobolidae geſtellten Arten am Boden, wo ſie unter Wurzeln und moderndem Holz ſich verbergen und nur im Dunkeln hervorkommen. Wenn ſolche Rieſenſchnurfüßler im Dämmerlicht mit ihren vielen Beinchen am Boden dahingleiten und über den Weg kriechen, ſo kann man ſie leicht für kleine Schlangen halten, und es ſollen daher mitunter die Pferde vor ihnen ſcheuen. Die größte hierher⸗ gehörige Art und gleichzeitig die an Körperlänge größte Form unter allen Tauſendfüßlern ſcheint Spirostreptus seychellarum Desj. zu ſein, der im weiblichen Geſchlecht eine Länge von 28 cm bei faſt 2 cm Breite erreicht. 5. Unterordnung: Colobognatha. Die Kolobogn athen (Colobognatha) unterſcheiden ſich von anderen Tauſendfüßlern dadurch, daß an ihrem kleinen Kopfe die Mundteile, beſonders die Vorderkiefer, mehr oder minder verkümmert find und mit der Oberlippe zuſammen einen Saugapparat bilden. Die Segmentzahl ſchwankt bei den Kolobognathen zwiſchen 30 und 108. Wehrdrüſen und Ventral⸗ ſäckchen kommen vor. Unter den verſchiedenen hierhergehörenden Gruppen intereſſiert uns namentlich die Familie der Saugfüßler (Polyzonidae), zu welcher der etwa 13 mm lang werdende, etwas abgeplattete Deutſche Saugfüßler, Polyzonium germanicum Br., gehört. Er iſt ungefähr 50gliederig und ſehr weich, oberſeits glatt und hell roſtfarben, unten weiß⸗ lich. Die Augen ſind in zwei Gruppen zu je dreien am Kopfe angebracht. Von der ge⸗ nannten deutſchen Art, die man unter Laub oder im Mulm finden kann, iſt es bekannt, daß das Weibchen im Frühjahre aus Humus und Erdteilchen ſich ein kleines Neſtkämmerchen baut, in das es über 60 rundliche, anfangs weißliche, ſpäter dunkel werdende Eier hineinlegt. Mit ſeinem platten Körper rollt es ſich kranzförmig zuſammen, umklammert den Eierhaufen mit den Beinchen und wartet, bis die Jungen zum Vorſchein kommen. Die Saugfüßler können aus ihren Saftlöchern einen milchigen Saft ausſcheiden, der ſich zu zähen, klebrigen Fäden ausziehen läßt und im Geruch bei der hier geſchilderten deut⸗ ſchen Art an das Aroma grüner Walnußſchalen erinnert. Obwohl beide Geſchlechter einen derartigen Milchſaft von ſich geben, ſcheint er doch beſonders wichtig für die Weibchen zu ſein, die ihn zur Abwehr in großen Mengen hervorquellen laſſen, wenn ſie ſich in ihrem | N beunruhigt fühlen. 2. Ordnung: Opisthandria. Das wichtigste Merkmal der Opisthandria beſteht in der Lage der männlichen Be⸗ a gattungsfüße, die hinten am vorletzten Leibesringe angebracht find. Die Tracheen ſind ver- zweigt. Die Arten machen ſich das bewährte Prinzip des Einkugelns zunutze und können ihren kurzen, breiten, hochgewölbten, aus höchſtens 20 Segmenten zuſammengeſetzten Körper ähn⸗ lich wie Gürteltiere oder Rollaſſeln zu einer Kugel zuſammenrollen. Wehrdrüſen ſind meiſt vorhanden und münden in einer mittleren Längsreihe von Saftlöchern auf dem Rücken aus. Die in Europa und im Malaiiſchen Archipel verbreiteten Saftkugler (Glomeridae) 26 Tauſendfußler: Opisthandria. Pinſelfüßler. haben einen aus 12—13 Ringen beſtehenden Rumpf, an dem der zweite Ring weſentlich größer als die übrigen iſt. Zwiſchen den ſechsgliederigen, dicht beieinander entſpringenden Fühlern und den Augen iſt an jeder Kopfſeite ein großes, hufeiſenförmiges Sinnesorgan angebracht, das, nach Verhoeff, zum Hören dient. Die Saftkugler ſind harmloſe Tierchen, die hauptſächlich am Boden unter Steinen oder abgefallenem Laub zu finden ſind; von den deutſchen Arten nennen wir den Gerandeten 3 Saftkugler, Glomeris marginata ill., der in den Buchenwaldungen der deutſchen Mittel- gebirge ſehr verbreitet ift, ebenſowenig aber in den Buchenwäldern der Ebene auf Lehm⸗ boden fehlt und von uns beiſpielsweiſe in der Mark Brandenburg bei Rheinsberg und Zechlin geſammelt wurde. Auch aus Skandinavien iſt dieſe Form bekannt. Ihre Nahrung beſteht hauptſächlich in modernden Blättern, und da die Tiere ſehr gefräßig ſind, ſo können ſie an manchen Orten, wo ſie häufig vorkommen, durch ihre Gefräßigkeit nicht unweſentlich ü zur raſchen ae der alten, am Waldboden liegenden Laubmaſſen beitragen. Außer der genannten gibt es in Deutſch⸗ ſächlich durch abweichende Färbung unterſchie⸗ etwas ungemein Vorſichtiges. Langſam krie⸗ chen die Saftkugler mit ausgeſtreckten Fühlern weiter, rollen ſich aber ſofort, wenn ſie etwas Verdächtiges bemerken oder beunruhigt werden, zu einer etwa erbſengroßen Kugel zuſammen, die ringsum ſo eng und feſt zuſammenſchließt, daß von den vielen dünnen Beinchen des Tieres keines mehr ſichtbar iſt. Auch wenn Gerandeter Saftkugler, Glomeris marginata iu. die eigentliche Störung ſchon vorüber iſt, ver⸗ Natürliche Größe. 0 a harrt unſer Kugler noch einige Zeit regungslos in ſeiner Stellung, bevor er es wagt, ſich aufzurollen und die Wanderung fortzuſetzen. Die Eiablage haben wir in Mitteldeutſchland, im Deiſtergebirge, im Juni beobachten können. Will das Weibchen ſeine Eier abſetzen, ſo verfertigt es ſich aus feuchter, lehmiger Erde kleine hohle Kapſeln, die bei der in Rede ſtehenden Art einen Durchmeſſer von etwa 4 mm haben, und ehe dieſe Kapſeln völlig geſchloſſen werden, wird in jede ein weißes, kugeliges Ei ge⸗ legt; doch werden bisweilen auch größere, biskuitförmige Doppelkapſeln gebildet, die zwei oder gar drei Eier enthalten. Nicht alle Saftkugler halten ſich im Dunkeln am Waldboden auf. In Südeuropa gibt N es einige Arten, die auch das Tageslicht nicht ſcheuen und an Felſen umherkriechen. Der Geſprenkelte Saftkugler, Glomeris pustulata Zatr., beſteigt trotz feiner Schwerfällig⸗ keit Kräuter und frißt mit beſonderer Vorliebe den Pollen aus den Blüten heraus. Da Feuchtigkeit eines der wichtigſten Lebenserforderniſſe der Saftkugler ift, jo können wir es weiter ſehr gut verſtehen, daß manche Arten, die im Mittelmeergebiete zu Hauſe ſind, die Gewohnheit haben, während der heißen Sommermonate ſich in ein kleines Kämmerchen in den Erdboden zurückzuziehen, um dort einen richtigen Sommerſchlaf zu halten. Der Bergſaftkugler, Glomeris montivaga Faes, wurde in der Schweiz weit oberhalb der Baumgrenze zwiſchen Rhododendrongeſtrüpp gefunden. In den Höhlen der Pyrenäen traf man eine unterirdiſch lebende blinde Art, Spelaeoglomeris racovitzae Silv,, an. land noch verſchiedene ſehr ähnliche, haupt⸗ 3 dene Arten. Alle zeigen in ihren Bewegungen 1 ne - * * Die von Verhoeff unterſuchte Entwicke⸗ Felſenſpringern als ziemlich verwickelt zungsfähigen Zu⸗ — ſtande gibt es eine ganze Reihe von rus, Praematurus, Pseudomaturus), die * ** D Felſenſpringer. Fiſchchen. ö 53 Küſtenſpringer, Halomachilis maritimus Zeach., kommt an den Geſtaden des Atlantiſchen Ozeans ſowie der Nord- und Oſtſee vor, wo er innerhalb der Brandungszone an Fels⸗ blöden umherkriecht und ſtellenweiſe, wie an den Steinmolen von Kuxhaven und Warne- münde, durchaus nicht ſelten iſt. Bei den Fiſchchen (Lepismatidae) ift der Körper von weißen oder filberig ſchim⸗ mernden Schüppchen beſetzt. Der Leib iſt faſt immer abgeflacht, vorn am breiteſten, hinten ſpitz zulaufend und daher manchmal faſt dreieckig geformt. Die oben halsſchildartig verbreiterte Vorderbruſt iſt länger als die beiden folgenden Bruſtringe, während der langgeſtreckte Hinterleib wie bei den Felſenſpringern mit drei Schwanzborſten endigt, die aber nicht zum Springen benutzt werden, weil die Fiſchchen Schnelläufer find, die im Falle der Gefahr ſich lieber ihren kräftigen Beinchen anvertrauen, mit denen ſie ungemein raſch davonhuſchen können. Styli an den Beinhüften kommen nicht mehr vor und fehlen größtenteils auch an den Bauchringen. Ventralſäckchen können vorhanden fein, fehlen aber in vielen Fällen vollſtändig. Die Mehrzahl der in vielen Arten über die ganze Erde verbreiteten Fiſchchen gehört den wärmeren Ländern an. So iſt in Italien, Spanien, Griechenland und anderen Mittel- meergebieten das Wimperfiſchchen, Ctenolepisma ciliata Duf., häufig. Die Tierchen, die durch gefiederte Kopfborſten, durch Borſtenkämme an Bruſt und Hinterleib und weiß⸗ lich gelbe bis bräunliche Färbung ausgezeichnet ſind, halten ſich dort unter Steinen, ab⸗ gefallenem Laub oder Baumrinde verborgen und huſchen eiligſt davon, wenn ſie durch Aufdecken ihrer Schlupfwinkel plötzlich geſtört werden. Die vollſtändig ſchuppenloſen und blinden Nicoletia⸗Arten verſtecken ſich gewöhnlich ziemlich tief im Erdboden. Sie ſind in mancher Hinſicht einfacher gebaut als die Lepisma- Arten und beſitzen auch Ventralſäckchen. Nicoletia subterranea Sdv. iſt eine aus Italien bekannte Art. Verſchiedene Arten haben ſich in Wohnungen eingebürgert und ſind zu Hausgenoſſen des Menſchen geworden, wie der Zuckergaſt oder das Silberfiſchchen, Lepisma saccha- rina L., das aus allen Weltgegenden bekannt iſt, tagsüber aber in Ritzen und engen Spalten dumpfiger Räume verborgen ſteckt, ſo daß ſich ſeine Gegenwart wenig bemerkbar macht. Nur zufällig, beim Offnen von alten Schränken und Schubladen oder beim Ab⸗ löſen einer alten Tapete und ähnlichen Gelegenheiten bekommt man wohl einmal dieſe zarten weißlichen Schuppenträger zu Geſicht, die bei einem ſolchen unvermuteten Ereignis ſchleunigſt davonrennen. Ihr ſchlanker, bis 1 em langer Körper iſt abgeplattet, die ſeit⸗ lichen Schwanzfäden find ungefähr fo groß wie der mittlere. Der achte und neunte Baud)- ring tragen je ein Paar von Styli. An jeder Kopfſeite befinden ſich zwölf Einzelaugen, die zuſammen einem Facettenauge entſprechen, Ventralſäckchen fehlen. Im Dunkel der Nacht wagen ſich die Fiſchchen aus ihren Verſtecken, naſchen, wo ſich ihnen nur irgend Gelegenheit bietet, und ſtatten dabei gern den Vorräten der Speiſekammer ihre übrigens meiſt ganz bedeutungsloſen Beſuche ab, oder nagen an Papier, Lederwaren und Wollſtoffen und zerfreſſen, wie dies bei ſtarker Vermehrung der Tierchen ſchon vor⸗ gekommen iſt, an Büchern, die in vernachläſſigten Bibliotheken ſtehen, die Einbände und aufgeklebte Etiketten. Zur Fortpflanzung, die bei den Fiſchchen während der ganzen wär⸗ meren Jahreszeit vor ſich geht, ſchiebt das Weibchen ſeine Eier mit Hilfe der Legeröhre in Dielenritzen und Spalten. Das auskriechende, ſchneeweiß gefärbte junge Fiſchchen hat im erſten Lebensſtadium einen kleinen braunen, zahnartigen Stachel auf ſeiner Stirn, mit dem es ſeine Eiſchale zerſprengt hatte. 54 Urinſekten: Zottenſchwänze. Waſſerhafte: Eintagsfliegen. Ein anderes, in Häuſern heimiſches Fiſchchen, Thermobia domestica Pack., ſiedelt ſich ſeines großen Wärmebedürfniſſes wegen mit Vorliebe in der unmittelbaren Nähe von Ofen oder in Backſtuben an. In den Bäckereien Amſterdams, in denen dieſe kleinen harm⸗ loſen Tierchen häufig ſind, heißen ſie daher allgemein „Ovenvogeltjes“, Ofenvögelchen. In werdende Fiſchchenart mit ſpitzem, dreieckigem zehnten Rücken⸗ ring, die auch in Häuſern vorkommt und ſich dort durch ihr Nagen und Freſſen an Büchern ſchon öfters recht unliebſam be⸗ merkbar gemacht hat. Eine Reihe von Lepismatiden iſt bekannt, 15 ihr Heim als Gäſte in den Kolonien von Ameiſen aufſchlagen und dort in den Neſtern ihrer arbeitſamen und kriegeriſchen Wirte allerlei Vorteile, namentlich Schutz vor Feinden und gegen die Unbilden der äußeren immer ziemlich gleichmäßig temperierten, geräumigen Wohnung, in der ſie nie unter zu großer Trockenheit oder zu großer Feuchtigkeit a ax cn Abfällen und Nahrungsreſten aller Art pflegt in einem Amei- lende Pac. Von oben gesehen. ſenneſt kein Mangel zu fein. So verſteht man es ſehr gut, wie den tropiſchen Ländern werden unſere Zuckergäſte hauptſächlich durch Acrotelsa collaris F. erſetzt, eine größere, bis 18 mm lang Natur genießen. Das Wichtigſte aber iſt, daß ſie in der fremden, zu leiden haben, auch ſtets eine wohlgedeckte Tafel finden, denn Nach Photographie von H. Main vorteilhaft 68 für die betreffenden Lepismen fers 3 daß fe 5 f in London. ſich als Hausgenoſſen (Synöken) bei den Ameiſen einquartiert haben. Schwieriger iſt es ſchon, über den Verkehr zwiſchen dieſen Fiſchchen und ihren Wirts⸗ ameiſen etwas Sicheres zu ermitteln. Einige intereſſante Mitteilungen verdanken wir Eſcherich, dem Monographen dieſer > der bei einer hochbeinigen, roten Wüſtenameiſe (Myrmecocystus viaticus F.), die in den ſonnendurchglühten nordafrika⸗ niſchen und aſiatiſchen Steppen heimiſch iſt, eine liae Esch., fand. Es iſt merkwürdig, daß die raub⸗ luſtigen Wüſtenameiſen, die weit und breit über alles andere Getier ſchonungslos herfallen, von den in ihren Neſtern hauſenden Lepisminen ſo gut wie gar keine — = . Notiz nehmen. Freilich macht es nach Eſcherich den Ameifenfifhhen, Atclura formicaria Heya, Eindruck, als ob dieſe Lepisminen ein etwas ſchlechtes e dee lachen nge deen wen, Gewiſſen hätten. Sie halten ſich meiſt im Sande vor ihren Wirten verborgen und kommen nur hier und da hervor, huſchen flink mit blitzſchnellen Bewegungen zwiſchen den hochbeinigen Ameiſen herum, um bald da, bald dort umherzuſchnuppern, ach etwas Ur zu erhaſchen und dann ſchleunigſt wieder zu verſchwinden. Ahnlich verhält es ſich mit den Europäiſchen Amen chchen, Atelura formi- caria Heyd. Wie Janet feſtſtellte, können zwar dieſe Fiſchchen in künſtlichen Neſtern auch ganz gut ohne Ameiſen am Leben erhalten werden, wenn man ihnen von Zeit zu Zeit etwas Zucker, Honig, Eigelb oder ähnliche Nahrung reicht. In der freien Natur kommen aber die Ateluren nur als Gäſte in den Kolonien von Ameiſen, einige Arten auch in ſolchen von Ter⸗ miten vor. Die genannte europäiſche Art wurde von Janet zuſammen mit der Ameiſenart — gelbliche, etwa 5 mm lange Art, die Lepismina emi- * * * 1 zZ Mr „ ͤ r r r * Fe, Sn PN „ . * Pe * Fiſchchen. d | 55 — Llͤsasius mixtus Nyl. in Gefangenſchaft gehalten. Es zeigte ſich dabei, daß die Ameiſen ihren Be: Hausgenoſſen gegenüber ſich auch manchmal feindſelig verhielten und ſie zu erhaſchen ſuchten. Die Angriffe mißlangen freilich faſt regelmäßig, denn ſobald die Situation einiger⸗ maßen bedrohlich wurde, brachten die Ateluren es mit fabelhafter Geſchmeidigkeit und Ge⸗ wandtheit fertig, ihren Verfolgern zu entrinnen. Beſonders merkwürdig war das Be- nehmen der Ameiſenfiſchchen, wenn zur Fütterung friſcher Honig in das Neſt gebracht wurde. Gierig fielen die Ameiſen über die leckere Speiſe her und gingen dann nach ihrer Gewohn— heit bald dazu über, ihre hungerigen Genoſſinnen, die bislang noch mit anderen Arbeiten beſchäftigt waren, zu füttern. Sobald nun der ſüße Futtertropfen aus dem Munde einer Ameiſe hervorkam und in den einer anderen Ameiſe hinübergelangen ſollte, ſtellte ſich die Atelura ein und ſchnappte blitzſchnell den Tropfen weg, noch bevor ihn die hungerige Ameiſe 3 = auffangen konnte. Hierauf ſuchte der Miſſetäter ſchleunigſt das Weite, übte aber bei der nächſten Gelegenheit bei einem anderen Ameiſenpaare wieder den gleichen Frevel aus, bis er ſich genug von der ſüßen Honigſpeiſe zuſammengeſtohlen hatte. Für dieſes ſonderbare diebiſche 3 | Gebaren des Ameiſenfiſchchens hat Janet die Bezeichnung Myrmekokleptie eingeführt. | Zweite Sektion: Pterygoten (Pterygota). Im Gegenſatz zu den artenarmen Apterygoten ſteht die gewaltige Formenfülle der Pterygoten (Pterygota) mit ihren langen Reihen von Familien, die in zahlreichen ver⸗ ſchiedenen Ordnungen untergebracht werden. Zu ihnen gehört die Hauptmaſſe des Inſekten⸗ reiches, alles, was im entwickelten Zuſtande Flügel trägt oder Reſte und Andeutungen von ſolchen hat, ſo daß die Pterygoten ohne weiteres eine höhere und vollkommenere Stufe im Vergleich zu den Urinſekten einnehmen. Aber auch diejenigen flügelloſen Inſekten werden zu den Pterygoten geſtellt, von denen man annehmen darf, daß ſie von geflügelten Arten herſtammen, und daß bei ihnen die Flügelloſigkeit nicht mehr wie bei den Urinſekten und Vielfüßlern eine urſprüngliche Eigenſchaft iſt, ſondern ſich erſt infolge beſonderer Lebens⸗ umſtände ausgebildet hat. Aus dieſem Grunde müſſen beiſpielsweiſe auch viele flügelloſe Paraſiten, wie die Läuſe und Flöhe, ihren Platz in dieſer Sektion finden. 5 2 Zweite Gruppe: | Waſſerhafte (Amphibiotica). 4. Ordnung: Eintagsfliegen (Ephemerida). Die Eintagsfliegen, Hafte (Ephemerida), mit denen wir die lange Reihe der flügel⸗ tragenden Inſekten beginnen, find zartleibige, vergängliche Tierchen, die ſylphengleich an ſchönen Sommerabenden oder warmen Tagen am Waſſerrande auf- und niederſchweben und zuzeiten in ungeheuren Mengen, zahlloſen weißen Schneeflöckchen ähnlich, in wirbelndem Danz die Luft erfüllen. In ihrem Bau haben fie noch fo viel mit den niederſten Inſekten⸗ gruppen gemeinſam, daß fie beinahe verdienen, als geflügelte Urinſekten bezeichnet zu werden. Die Haut bleibt immer zart und dünn. Der ſchlanke Körper trägt am Hinterende wie bei den Thyſanuren drei Schwanzfäden, einen mittleren und zwei ſeitliche, von denen erſterer freilich bisweilen verkümmert oder bei manchen Männchen überhaupt fehlt. Die langen Schwanzfäden, die in der Luft gehoben und geſenkt werden können, kommen den 56 Waſſerhafte: Eintagsfliegen. Eintagsfliegen beim pendelnden Auf- und Niederſchweben ſehr zuſtatten. Zum Fliegen und a = 4 Schweben iſt der ganze Organismus der Ephemeriden überhaupt vorzüglich eingerichtet. Der deutlich abgeſetzte Kopf trägt nur kurze, borſtenförmige, aus zwei Grundgliedern und einer kleinen Endgeißel beſtehende Fühler, die beim Fluge nicht hinderlich ſind. Außer zwei oder drei Stirnaugen ſind ſeitliche Facettenaugen vorhanden, die in ihrer feineren Bauart den Augen der Apterygoten noch recht nahe ſtehen und beſonders bei den Männchen, die ihre Weibchen im Fluge erſpähen müſſen, von ſo anſehnlicher Größe ſind, daß ſie manchmal faſt die ganze Kopfoberfläche einnehmen. Das Wichtigſte aber iſt, daß im männlichen Geſchlecht die Augen in ihrem oberen und unteren Teile meiſtens eine ganz verſchiedene Bauart haben, wie dies gewöhnlich auch ſchon äußerlich zu ſehen iſt. Bei den Männchen von Chloeon Leach. und Leptophlebia Westf. ſind die beiden verſchiedenen Augenteile ſogar in der Mitte vollkommen voneinander getrennt, ſo daß dieſe Tiere dann ſtatt zweier vier Facettenaugen, zwei obere und zwei untere, bekommen. Die unteren Augen oder un⸗ teren Augenhälften weichen beim Männchen in ihrer durch ihre Größe und abweichende Färbung aus, ſie ſtehen meiſt turbanartig vom Kopfe ab und heißen des⸗ wegungen im ſchwachen Dämmerlichte vorzüglich geeig⸗ net ſind. Männchen mit Turbanaugen erkennen beim Männchen der Gemeinen Eintagsfliege. niederſchwebenden Weibchen trotz des ſchlechten Lichtes, wenn ſie ſich ihnen von unter her nähern. Die Reihe der bei den Eintagsfliegen vorkommenden merkwürdigen Sinnesapparate iſt hiermit noch nicht erſchöpft, denn im Inneren des Kopfes hat man noch ein anderes ſehr ſonderbares Gebilde, das ſogenannte Palménſche Organ, gefunden, das bei beiden Geſchlech⸗ tern vorkommt und aus einer Kugel von konzentriſch geſchichteten Chitinlamellen beſteht, welche mit vier großen Tracheenſtämmen im Zuſammenhang ſind. Möglicherweiſe mag es ſich hierbei um ein Organ des Gleichgewichtsſinnes handeln, welches es den Tieren möglich macht, ihren Flug ſo zu regeln, daß ſie bei ihren Bewegungen in der Luft nicht in die Gefag des Umkippens kommen. Die Vorderbruſt bleibt klein. An Mittel⸗ und Hinterbruſt ſind die beiden Flügelpaare eingelenkt, welche die Eintagsfliegen in der Ruhe ſteil aufwärts gerichtet tragen, genau wie dies die uralten Paläodictyopteren in der Steinkohlenzeit zu tun pflegten. Die an⸗ nähernd dreieckig geſtalteten Vorderflügel übertreffen an Größe ſtets die Hinterflügel, die bei manchen Arten außerordentlich klein bleiben und einigen, wie der Gattung Chloeon Zeach. und Caenis Steph., ſogar vollſtändig fehlen. Das Flügelgeäder iſt reich entwickelt, die vielen Längsadern ſind netzartig durch zahlreiche Queradern verbunden. Die meiſt mit vier oder fünf Fußgliedern ausgeſtatteten Beine leiſten beſonders beim Anklammern an Schilfhalme oder ähnliche Gegenſtände gute Dienſte. Bei den Männchen ſind die Vorderbeine meiſt Struktur nicht von den Augen der Weibchen ab. Die 2 oberen Augen zeichnen ſich aber bei den Männchen wegen Turbanaugen. Ihre Bedeutung liegt, da in ihnen die früher erwähnten ſogenannten Superpoſitionsbilder zuſtande kommen, darin, daß ſie zwar kein ſcharfes Sehen ermöglichen, wohl aber zur Wahrnehmung von Bes 1 Hochzeitsfluge ihre des Abends im Halbdunkel auf- und * 4 74 2 * Reel A f u * . 1 1 2 dr * N 8 . r D Ellen a Zn ld huedl 7 A U u ZU 0u Zn Amin Jr ar 5 ä a 2 eee enn / 1 En ER a : 4 Allgemeines, 57 erheblich verlängert, werden beim Ruhen fühlerartig nach vorn ausgeſtreckt und beim Hoch- zeitsfluge zur Umklammerung des Weibchens benutzt. Zum Feſthalten des Weibchens dienen auch die beiden gegliederten Haltezangen, die das Männchen an der Bauchplatte des neunten Hinterleibsringes trägt. Am Hinterrande desſelben Ringes ſind die paarigen, mit kurzen ſchlauchförmigen Begattungsanhängen verſehenen Geſchlechtsöffnungen gelegen. Die gleich- falls paarigen weiblichen Offnungen befinden ſich an der Bauchſeite zwiſchen dem ſiebenten und achten Ringe und ſtehen mit paarigen Samenbehältern in Verbindung, die allerdings bisweilen durch einen unpaaren Behälter erſetzt ſind oder fehlen. Da das ſprichwörtlich kurze Leben der Eintagsfliegen im geflügelten Zustande nur der Liebe geweiht iſt, ſo brauchen dieſe Tiere keine Nahrung und haben nur weichhäutige, zu winzigen Rudimenten gewordene Mundteile. Der Darmkanal enthält bei den fertigen Ein⸗ tagsfliegen niemals Nahrung, ſondern iſt ſtets in ſeinem mittleren Abſchnitt mit Luft oder einem ähnlichen Gasgemenge erfüllt. Hiermit erklärt es ſich, daß der Leib der Eintags⸗ fliegen im geflügelten Zuſtande ballonartig prall aufgetrieben iſt. Schon ſtärkere Muskel⸗ bewegungen des Tieres, der leiſeſte Druck von außen auf den Körper genügen dann, um beim Weibchen ſofort die Eiermaſſen hervorquellen zu laſſen. Die weibliche Eintagsfliege ſucht zur Ablage der Eier ein in der Nähe befindliches Gewäſſer auf, ſenkt ſich mit geſpreizten, emporgehobenen Schwanzborſten auf den Waſſer⸗ ſpiegel nieder, bei deſſen Berührung die zahlreichen, aus dem Hinterleibe hervorgequollenen kleinen Eier ſich ſofort ablöfen und zu Boden ſinken. In dieſer Weiſe entledigen ſich wenigſtens die gemeine Eintagsfliege, Ephemera vulgata L., und Siphlurus lacustris Ein. ihres Eier- vorrates. Die Weibchen anderer Arten, wie z. B. die von Baetis Zeach., tauchen vollſtändig mit fächerartig zuſammengelegten Flügeln unter und legen im Waſſer ihre Eier an die Unterſeite von Steinen ab. Die Entwickelung geht immer im Waſſer vonſtatten. Winzige zarte, an das Urinſekt Campodea erinnernde Larven mit zwei langen Schwanzfäden am Hinterende entſchlüpfen den Eiern und atmen in ihren erſten Lebensſtadien hauptſächlich durch die Körperhaut, obwohl zeitweilig auch durch den After in den Enddarm Atemwaſſer aufgenommen werden kann. Wenn ſpäter aber zu den beiden ſeitlichen auch noch ein dritter mittlerer Schwanzfaden hinzukommt, ſo entwickeln ſich an den vorderſten Hinterleibsringen paarige, mit Tracheen verſorgte Kiemenanhänge, die durch Muskeln bewegt werden können. Die Geſtalt der in den Grundzügen ganz ähnlich wie Beine gebauten Tracheenkiemen iſt eine ſehr verſchiedenartige. In den meiſten Fällen ſitzen dem beweglichen Grundteile zwei blattförmige Anhänge, ein äußerer und ein innerer, auf. Bei anderen Arten ſind die gleichfalls zweiäſtigen Kiemen mit langen fadenartigen Fortſätzen verſehen, während bei gewiſſen, in trübem, ſchlammigem Waſſer ſich aufhaltenden Larven die vorderen Tracheen⸗ kiemen zu einem Paar von Deckeln umgeſtaltet ſind, die ſich über die folgenden Kiemen⸗ blätter ſchützend hinüberlegen, um ſie vor Verunreinigung zu bewahren. Viele Arten, wie z. B. die Larven von Chloeon, haben die Gewohnheit, ihre Kiemenblättchen zeitweilig in leb⸗ hafte, vibrierende Bewegungen zu verſetzen, um immer friſches Atemwaſſer zu bekommen. Von den übrigen Merkmalen dieſer Larven ſei hier noch der kräftigen kauenden Mundteile gedacht, die die Tiere benutzen, um räuberiſch von kleineren Inſekten oder von organiſchen Reeſten ſich zu ernähren. An den Oberkiefern haben manche im Schlamm wühlende Larven, z. B. die der Gattung Ephemera L., ein Paar langer hornartiger Anhänge, die ſicher beim Hervorholen der Beute aus dem Boden von Wichtigkeit ſein dürften. Der Darmkanal iſt bei den Eintagsfliegenlarven immer gut entwickelt. Die Fühler bleiben kurz. Außer zwei 58 Waſſerhafte: N flachen Facettenaugen ſind in der Regel drei Punttaugen 1 Das Wache i Herz ſetzt ſich hinten in drei Gefäße fort, welche die Schwanzfäden durchziehen. Die Eintagsfliegenlarven find in ſüßen Gewäſſern aller Art ſehr verbreitet. Ganz flache 8 findet man in toſenden Gebirgsbächen, wo ſie unter Bachkieſeln verſteckt die Bauchſeite ihres Leibes der Unterſeite des Steines zuwenden und auf Beute lauern, andere in Teichen und Seen, wo ſie ſich geſchickt mit ihrem geſchmeidigen Körper zwiſchen dem grünen Pflanzen⸗ gewirr bewegen, während wieder andere, wie die bereits erwähnten Ephemera⸗Larven, tief f eingegraben im Bodenſchlamm von Flüſſen haufen. Das häufige, oft ſogar maſſenhafte Vorkommen der Ephemeridenlarven in den verſchiedenartigſten Gewäſſern macht es erklär⸗ lich, daß f ie als Ban: für Süßwaffefiihe von nicht zu unterſchätzender Bedeutung find. 8 i an ER RR Die ausgewachſenen Larven oder Nym⸗ Be. phen können ſchon mit Hilfe ihrer an der Bruſt gelegenen Atemlöcher Luft ſchöpfen, wie wir dies jedenfalls von Siphlurus Ealn. und einigen anderen Arten wiſſen. Wiederholt er⸗ fläche, bis ſie ſchließlich an einem Halm oder heriges Element verläßt. Mit einem Male platzt die Nymphenhaut in der Mittellinie des Rückens auf, und ein geflügeltes, zum Luft⸗ leben befähigtes Inſekt kommt zum Vorſchein. Burm., mit ihrem leicht gewordenen Körper plötzlich wie Korkſtöpſel an die Waſſeroberfläche haut geſchlüpfte geflügelte Stadium iſt bei Larve und aus der darunter befindlichen Subimago- Haut geſchlüpfte Imago der Gemeinen Eintagsfliege— den Ephemeriden eine ſogenannte Subimago, eine der Imago im allgemeinen ſchon ſehr ähn⸗ liche, aber in der Regel noch nicht vermehrungsfähige Form, die wir etwa mit dem Pjeudo- = maturusſtadium der Felſenſpringer vergleichen können. Bei genauerem Zuſehen laſſen ſich bei den Eintagsfliegen ganz beſtimmte Unterſchiede zwiſchen Subimago und Imago herausfinden, denn erſtere kennzeichnet ſich durch opake Färbung und milchig getrübte 3 Flügel im Vergleich zu der meiſtens mit helleren oder durchſcheinenden Flügeln ausgeftat- teten Imago, auch liefern die feine Behaarung der Flügel ſowie deren Beſatz mit kleinen Franſen weitere Erkennungsmerkmale für die Subimago. Die Subimago nimmt keine Nahrung zu ſich, ihr Leben währt nur kurze geit oft nur wenige Minuten, längſtens einige Tage. Alsdann platzt ihre Haut auf, und die Subimago häutet trotz des Beſitzes ihrer Flügel, ein bei den Inſekten ganz außergewöhnlicher Fall, um zur Imago zu werden. Gelegentlich kommt es freilich vor, daß dieſe Häutung mißlingt, denn ſie iſt die ſchwierigſte von allen, weil eben auch die Flügel mitgehäutet werden müſſen. Hierbei kann es dann leicht geſchehen, daß das Inſekt mit einem Flügel oder einer Schwanz⸗ borſte in der Subimago-Haut ſteckenbleibt und elend zugrunde gehen muß, wenn es ſich nicht N ne rene ſcheint die Nymphe daher an der Waſſerober⸗ = Stein am Uferrande emporklettert und ihr bis⸗ Bei anderen Arten kriechen die Nymphen nicht ans Ufer, ſondern ſteigen, wie bei Palingenia empor, wo dann ſofort die Häutung zum geflir gelten Inſekt erfolgt. Das aus der Nymphen⸗ rohen 6 Men Gemeine Eintagsfliege. 59 befreien kann. Da die Subimagines der meiſten Eintagsfliegen träge, flugunluſtige Tiere ſind, jo geht dieſe letzte wichtige Häutung ſehr oft an einem Schilfſtengel oder am Uferrande an irrgendeinem Gegenſtande vonſtatten, den die Subimago ſich zum Ruheſitz auserkoren hatte. In anderen Fällen ſind die Subimagines aber flüchtige Tiere, die, kaum aus der Nymphen⸗ haut entſtanden, davonflattern, um an irgendeinem beliebigen entfernteren Orte ſich zu häuten. Zimmer hält es ſogar für wahrſcheinlich, daß die Subimagines des Gemeinen Ufer- aaſes, Polymitareys virgo Oliv., es fertig bringen, im Fluge ſich ihrer Haut zu entledigen, und auch Taſchenberg glaubt, eine ähnliche Beobachtung einmal gemacht zu haben. Der Name Eintagsfliege iſt ſelbſt dann, wenn wir ihn auf das endgültige fertige Lebensſtadium beſchränken, keineswegs immer wörtlich zu nehmen, denn wenn es auch oft vorkommt, daß die in den Abendſtunden entſtandene geflügelte Ephemeride nach kurzem Lie besrauſch ermattet zu Boden ſinkt und nicht mehr den grauenden Morgen erlebt, ſo liegen doch anderſeits Beobachtungen vor, daß die Imago ein Alter von zwei bis drei Tagen erreichen kann, wie dies, nach Drenkelfort, bei Siphlurus lacustris Eatn. gewöhnlich der Fall iſt. Es gibt ſogar Arten, deren Lebensdauer noch erheblich länger währen kann. In den flüchtigen Spielen unſerer Eintagsfliegen, die jahraus, jahrein meiſt zu einer ganz beſtimmten Periode des Jahres an ſtehenden oder fließenden Gewäſſern ſich zu- ſammenfinden, um ihre gemeinſchaftlichen harmloſen Reigentänze aufzuführen, haben wir wohl die älteſten Liebestänze vor Augen, die es in der Inſektenwelt überhaupt gegeben hat, Liebesreigen, die vielleicht ſchon in ganz übereinſtimmender Weiſe die karboniſchen Ureintagsfliegen (Protephemeridae) im ſchweigſamen Dämmerlicht der Steinkohlen⸗ wälder am Rande der damaligen, von hohen kandelaberartigen Schachtelhalmen und an⸗ deren Sumpfgewächſen umrahmten Gewäſſer aufgeführt haben. Jedenfalls lebten bereits in der Steinkohlenzeit geflügelte eintagsfliegenähnliche Inſekten, die den heutigen Eintags⸗ fliegen ſo ähnlich waren, daß ſie aller Wahrſcheinlichkeit nach bereits genau die gleiche Lebens⸗ weiſe wie dieſe hatten. Es waren ſicherlich die Vorfahren unſerer jetzigen Arten, obwohl ſie in gewiſſer Hinſicht auch noch an die bereits früher erwähnten Urflügler, die Palaeodic- tyoptera, erinnerten, denen ſie ebenfalls noch nahegeſtanden haben. In der Gegenwart ſind Eintagsfliegen aus allen Erdteilen beſchrieben, doch müſſen wir uns hier darauf beſchränken, einige der häufigſten europäiſchen Arten namhaft zu machen. Die Gemeine Eintagsfliege, Ephemera vulgata L., die in Deutſchland Ende Mai oder Anfang Juni zu erſcheinen pflegt, gehört zu den gebßeren Arten. Der Körper hat reich⸗ lich eine Länge von 17—19 mm, ohne Einrechnung der Schwanzborſten, die beim Weibchen ebenſolang, beim Männchen beinahe doppelt ſo lang wie der Leib ſind. Der Bruſtrücken iſt ſchwarz, die braunen Hinterleibsringe tragen oben dunklere Striche. Die dunkel geaderten Flügel ſind braun, mit ſchwarzen Fleckenzeichnungen verziert. Einen eigentümlichen Reiz gewährt es, an einem ſtillen Mai⸗ oder Juniabend dieſe zarten Weſen, beſtrahlt vom Golde der untergehenden Sonne, ſich in der Luft wiegen zu ſehen. Es iſt ein unaufhörliches Auf und Nieder, denn kaum mit ein paar Flügelſchlägen emporgeſtiegen, läßt ſich der leichte Körper wieder eine kurze Strecke herabſinken. Der Tanz in luftiger Höhe ift ein Hochzeits⸗ reigen, doch gibt es in ihm nur männliche Tänzer. Plötzlich nähert ſich ein Weibchen. Im Augenblick haben es die Männchen mit ihren großen Augen erſpäht, und ſofort ſtürzen ſich mehrere von ihnen auf das Weibchen, das raſch mit einem der Tänzer davonfliegt, während die übrigen, leer ausgegangenen das frühere Spiel weiterführen. Da das Ephemera- Männchen nicht die Gewohnheit hat, von unten kommend ſein Weibchen zu ſuchen, ſo 2 F TE BE u, 0 RER, 3 7 60 Waſſerhafke: Eintagsfliegen. verſtehen wir, daß es im Gegenſatz zu anderen Arten auch keine Turbanaugen braucht. Die Larven leben im Bodenſchlamm von Flüſſen verborgen und graben lange Röhren aus, was ihnen ihr vorn verlängerter, in einen zweiſpitzigen Bohrſtachel auslaufender Kopf und die kräftigen Vorderbeine erleichtern. Am Hinterleibe ſind ſieben Paare größtenteils mit langen Franſen beſetzter Tracheenkiemen angebracht, die ſich über den Rücken hinüberlegen. Gemeines Uferaas, Polymitareys virgo Ol. Sehr bekannt iſt auch der Weißwurm oder das Uferaas, Polymitareys virgo Ol., eine an den vier ſchneeweißen Flügeln und drei weißen Schwanzborſten kenntliche Art. Die Facettenaugen ſind weit voneinander getrennt, die Körperlänge beträgt etwa 16 mm. Verborgen und unbeachtet leben die Weißwurmlarven in ungeheueren Maſſen im ſchlam⸗ migen Boden eines Fluſſes eingegraben, bis die Zeit zu ihrer Verwandlung gekommen iſt. An einem warmen Sommerabend iſt dann mit einem Male wie durch einen Zauberfchlag - der fertige Weißwurm da. Auf der ganzen Waſſerfläche und überall in der Nachbarſchaft des Fluſſes ſieht man dieſe weißen Hafte wie ein dichtes Schneegeſtöber in der Luft wirbeln, rn e * 9 „ W * r Uferaas. Spaargoos. 61 ſie umſchwärmen zu Tauſenden und aber Tauſenden in der Nähe ſtehende Laternen oder dringen ſogar durch offen ſtehende Fenſter in Häuſer und erleuchtete Wohnräume ein. Die meiſten dieſer Tierchen ſinken ſchon nach kurzem Liebestaumel nieder, ſtürzen maſſenweiſe in das Waſſer oder fallen ermattet auf die Erde, wo ihre weißen Leichen den Boden manch⸗ mal wie eine Schneeſchicht bedecken. Das gleiche merkwürdige Schauſpiel pflegt ſich auch noch an den nächſten Abenden zu wiederholen, jedoch bereits in ſtark abgeſchwächter Weiſe, dann aber bleiben die Hafte aus und ſind bis zum nächſten Jahre vollſtändig verſchwunden. Aus den Hunderttauſenden von Eiern, die die nächtlichen Schwärmer in das Waſſer gelegt haben, entſtehen die im Grundſchlamme hauſenden Larven, von denen oben die Rede war. Das Erſcheinen des Weißwurms läßt ſich ebenſo wie das vieler anderer Eintagsfliegen bei normalen Witterungsverhältniſſen faſt aufs Datum mit ziemlicher Beſtimmtheit voraus⸗ fägen, jo genau pflegen dieſe Tiere alljährlich ihre Erſcheinungszeit einzuhalten, ſofern nicht gerade ungewöhnliche Witterungsverhältniſſe den Verlauf ihrer Entwickelung aus⸗ nahmsweiſe um einige Tage beſchleunigen oder verlangſamen. Die getrockneten Hafte kommen vielfach in den Handel, denn ſie geben einen ausgezeichneten Angelköder ab. Wegen ihres plötzlichen Erſcheinens in großen Mengen find auch die „Spaargoos“ oder 3 „Spargänſe“ berühmt, wie man in Weſtfalen die größte deutſche Ephemeridenart Palin- genia longicauda Oliv. nennt. Ihre Körperlänge beträgt etwa 2,5 cm. Die beiden Schwanz⸗ borſten werden beim Männchen 7 em lang. Die bräunlichen Flügel ſind von ſchwärzlichen Adern durchzogen. Dieſe ſtattliche Art zeigt ſich alljährlich an der Lippe bei Hamm in Weſt⸗ falen, an der Maas in Belgien und erſcheint als „Theißblüte“ an der Donau und Theiß in Ungarn. Immer ſind es nur wenige Tage im Frühjahr, bei Hamm meiſt nur drei aufeinander⸗ folgende Tage, an denen dieſe Ephemeridenart ſchwärmt. Alsdann kommen die im Schlamm ſteckenden Larven an die Waſſeroberfläche, um ſich zu Subimagines zu verwandeln. Aus der berſtenden Larvenhaut ſteigen die geflügelten Tiere empor, von denen die Männchen an das Ufer fliegen, um dort auch noch ihre Subimago⸗Haut abzuſtreifen, während die Weibchen angeblich ſchon als Subimagines fertig ſind und bei dieſer Art demnach keine weitere Häu⸗ tung mehr durchzumachen brauchen. Vom Leben der Spargänſe hat Cornelius im Jahre 1848 eine hübſche Schilderung geliefert, die ihrer Anſchaulichkeit wegen hier wiedergegeben ſein mag. In der Erwartung, das Schwärmen der Tierchen zu Geſicht zu bekommen, hatte ſich unſer Gewährsmann mit einigen Begleitern am 19. Juni gegen 7 Uhr abends nach einem heißen, ſchwülen Tage an das Ufer der Lippe begeben. Dort hatte auch, wie er erzählt, „einer der Fiſcher an einer andern als der gewöhnlichen Stelle bereits drei Stück unſeres Tieres gefangen. Dies belebte die ſchon geſchwächte Hoffnung wieder. In kurzer Zeit erſchien auch an unſerm Platze das erſte Stück; auf dieſes und auf ein zweites, drittes, viertes und fünftes wurde noch mit Stöcken und Netzen wie auf eine große Seltenheit gefahndet. Aber nun ſollte ſich die Szene bald zum größten Erſtaunen verändern. Nach wenigen Minuten wuchs die Zahl der erſcheinenden Tiere dermaßen, daß an kein Zählen mehr zu denken war; denn es erhoben ſich nun fortgeſetzt Dutzende, ja Hunderte von Flügeln zugleich über dem Waſſer. Mit der wachſenden Menge der Tiere ſtieg auch das Jubelgeſchrei der immer zahl⸗ reicher hinzuſtrömenden Leute, die ihren Beutel zu füllen ſtrebten oder auch ſchon mit den gefangenen Tieren ihr Glück im Angeln verſuchten. Jetzt wurde die Maſſe der aus dem Waſſer auftauchenden Tiere immer dichter und dichter, endlich war die Oberfläche des Fluſſes faſt gänzlich damit bedeckt, und es entſtand von den vielfachen Bewegungen und Anſtren⸗ gungen, ſich von der Hülle zu befreien und aus dem Waſſer zu erheben, ein Geräuſch, wie 62 Waſſerhafte: Eintagsfliegen. Libellen. wenn das Waſſer am Sieden geweſen wäre, oder ein Geplätſcher und Geziſche wie bei | ſanftem Regen. Noch ſchwebten die meiſten Tiere entweder dicht über dem Waſſer oder erhoben ſich nur wenige Fuß über demſelben; einige, um an das Ufer zu fliegen und daſelbſt am Schilfe oder an den Gräſern die zweite Häutung zu überſtehen; andere, um als ſchon völlig ausgebildetes Inſekt ihr kurzes Lichtleben in luſtiger Luftfahrt und Paarung zu ge⸗ nießen, während immerfort neue Scharen aus dem Waſſer hervorkamen. Es iſt ein erſtaun⸗ liches Gewirre und Geſchwirre, ein bewunderungswürdiges Schauspiel der Natur! Erhöht wird aber die Herrlichkeit der Erſcheinung, wenn nun der ungeheure Schwarm ſich nach oben ausbreitet und immer höher in die Luft ſteigt. Denn während jetzt viel Weibchen ruhig auf dem Waſſer liegen und zahlreiche Männchen über demſelben hinwegfliegen, die Ober⸗ fläche mit ihren ſchönen gelben Schwanzborſten berührend, ſteigt bei weitem die größere Zahl immer höher und höher und ſegelt in durchkreuzenden Bahnen durch die Luft, bis zur Höhe von 80100 Fuß in gleicher Dichtigkeit, immer ſich möglichſt über dem Fluſſe haltend. Viele ſcheinen an folgen, manchmal zanken ſich viele Männchen um eine Gattin und men, der in das Waſſer hinabzufallen droht. Dieſe ſteigen auf, jene kommen wieder herunter, und der ganze Schwarm ſchwebt wie eine leichte graue Wolke, aus der Schneeflocken herabfallen, über dem Fluſſe. Daß dabei eine große Anzahl von Tieren auf die umliegen⸗ den Wieſen und Acker fällt, läßt ſich leicht denken. Ja dieſe ſind oft jo damit überſät, daß man Hunderte ohne große Mühe auflieſt. — Etwas nach 8 Uhr hatte das ganze Schauſpiel den Kulminations⸗ Ne Wenne der Fahrt allein ſich zu ergötzen, andere ſieht man ein Weibchen ver⸗ f geraten in der Hitze des Streits zu einem großen Klumpen zuſam⸗ * f ö \ = 2 a — 1 ia E m 75 Wr PR 25 BT * 2 5 N A a a g ; enen punkt erreicht. Nun wurden der aus dem Waſſer hervorkommen⸗ 2 Prosopistoma foliacenm den Tiere immer weniger, und gegen 9 Uhr ſah man keine fich met Fourer. Nach Trägardh und e friſch entwickeln. Auch die Vollkommenen verminderten ſich, und der Tidskr.“, 1911. o die Aus⸗ Schwarm wurde lichter, zugleich brach aber auch die Dunkelheit ſtrömungsöffnung des Atem⸗ waſſers. immer mehr herein, welche die N erſchwerte und zuletzt unmöglich machte.“ An fließendem Waſſer iſt namentlich in gebirgigen Gegenden Mitteleuropas ae | m: fluminum Pict. (Heptagenia) nicht ſelten zu finden, eine aus flachgedrückten Larven, wie ſie oben erwähnt wurden, hervorgehende, bis 11 mm lang werdende Eintagsfliege mit durch⸗ ſichtigen, dunkel geaderten Flügeln, zwei langen Schwanzborſten und fünfgliederigen Hinter⸗ = füßen, deren erſtes Glied fo lang wie das zweite iſt. Die räuberiſch lebenden Eedyurus- 9 Larven halten fich in Bächen unter Steinen verborgen. An ihren Tracheenkiemen find je ein blattförmiger Teil und ein verzweigter Fadenanhang zu unterſcheiden. Die Larven der ſehr 3 zarten zweiflügeligen, hinten mit drei Schwanzborſten verſehenen Eintagsfliege Caenis harri- sella Ct. bewohnen namentlich träge dahinfließende, ſchlammige Gewäſſer. Bei ihnen bildet das zweite Kiemenpaar auf dem Hinterleibsrücken einen Deckel, unter dem die folgenden Kiemen verſteckt liegen. Sehr merkwürdig ſieht die als Prosopistoma bekannte, richtiger aber als Binoculus foliaceus Fourer. zu bezeichnende Ephemeridenlarve aus, die anfangs ſogar für einen Krebs gehalten worden iſt. Sie iſt ganz flach und ſaugt ſich in Flüſſen : an Steinen jo feſt, daß fie in der ſtärkſten Strömung leben kann. An der Rückenfläche ihres breiten Bruſtabſchnittes bildet ſich, geſchützt von den großen Flügelſcheiden, eine faſt ee Eedyurus. Prosopistoma. Chloeon. 63 vollſtändig abgeſchloſſene Atemkammer aus, in welcher fünf Kiemenpaare verſteckt ſitzen. Nur durch zwei kleine Löcher findet das Atemwaſſer Zutritt in die Kammer, die es hinten durch eine enge Offnung wieder verläßt. Dieſe eigentümliche Larve iſt in der Garonne bei Toulouſe, in der Seine und im Rhein gefunden worden. Ahnliche Larven kennt man auch aus einigen außereuropäiſchen Strömen. Bewohner des ſtehenden Waſſers pflanzenreicher Seen und Teiche, auch in beträcht⸗ licher Höhenlage, ſind die mit ſieben blattförmigen Tracheenkiemen verſorgten Larven von Chloeon dipterum Leach. Das mit zwei zarten Flügeln verſehene Tier beſitzt im aus⸗ gebildeten Zuſtande nur zwei Schwanzborſten und wird ohne dieſe etwa 5—10 mm lang. Über die Lebensweiſe dieſer Art teilt Bernhard folgendes mit: „Im allgemeinen dürften die Monate Juli und Auguſt die Hauptſchwärme aufweiſen. Ab und zu ſteigt eines der Weibchen in ſchräg aufwärts gerichtetem Flug über den Schwarm der tanzenden Männchen hinweg in die Höhe. Sofort ſtürzen ſich dieſe in größerer Anzahl auf das Weibchen. Schließ⸗ lich gelingt es einem Männchen, den Thorax des über ihm befindlichen Weibchens mit den langen Vorderbeinen zu umklammern. Das Pärchen erhebt ſich darauf in dieſer Stellung hoch in die Lüfte und entſchwindet gewöhnlich dem Auge. Etwa nach 10 Minuten ſteigt es her⸗ nieder und trennt ſich voneinander. Das Weibchen begibt ſich nun nicht alsbald zum nächſten Teich, um die Eier abzulegen, ſondern ſucht einen geſchützten Ort auf, um dort 10—14 Tage in Ruhe ohne Nahrungsaufnahme zu verharren, bis in den befruchteten Eiern ſich die Embryonen zu ſelbſtändig im Waſſer lebensfähigen Larven entwickelt haben. Dann erſt begibt es ſich zum Waſſer, um dort die Larven zu gebären und kurz darauf zu verenden.“ 5. Ordnung: Libellen (Odonata). Das Leben und Treiben der Libellen (Odonata) beobachten wir am beſten an einem 2 a ſchönen Sommertage am Ufer eines Flüßchens oder eines ftillen Weihers, wo hohes Schilf, Weidengebüſch und üppig wuchernde Sumpfpflanzen den im Sonnenlicht glitzernden Waſſer⸗ ſpiegel umrahmen. Dort ſchwirren im eiligen Fluge große Libellen dicht bei uns vorüber, ſo ſchnell, daß das Auge ihnen kaum zu folgen vermag, andere buntfarbige Arten jagen in kühnen Bogen über den offenen Waſſerſpiegel dahin, und vorn am Uferrande an den auf- rechten Schilfhalmen und Binſen wiegen die ſchlanken „Seejungfern“, wie ſie im Volks⸗ munde heißen, ihre blauen oder grünlichen zarten Leiber. Unter den vielen dahinſchwebenden oder zu kurzer Pauſe an Pflanzen ſich niederlaſſenden Libellen ſind zwei Hauptformen, die ſich in Körperbau, Haltung und in ihren Bewegungen ſcharf unterſcheiden. Die einen, die man an dem verhältnismäßig langſamen, flatternden Fluge erkennt, haben einen äußerſt ſchmalen, faſt ſtabförmigen Leib und ungefähr gleichartige Vorder⸗ und Hinterflügel, ſo daß ſie Gleichflügler oder Zygoptera genannt werden. Die anderen, die durch überaus ſchnelle, reißende Flugbewegungen ſich auszeichnen, ſind robuſter gebaut, haben im Vergleich zu den ſchmalen Vorderflügeln ziemlich breite Hinterflügel und führen den Namen Ungleichflügler oder Anisoptera. In der Ruheſtellung beim An⸗ klammern an einen Halm klappen die Gleichflügler ihre vier Flügel nach oben, ſo daß die Ei Oberſeiten der Vorderflügel ſich berühren, während die Ungleichflügler ihre Flügel meiſtens flach nach den Seiten ausgebreitet halten. Die älteſten Libellen, von denen man Kunde hat, die Anisozygoptera, die zur Liaszeit die Flußränder und Seeufer wohl in ganz ähnlicher Weiſe belebt haben, wie es unſere heutigen „Waſſerjungfern“ tun, vereinigten noch in ſich die Merkmale der beiden jetzigen Unterordnungen, die erſt in der ſpäteren Juraperiode zur 64 : 8 Waſſerhafte: Libellen. ſcharfen Trennung gekommen ſind. Gegenwärtig ſcheint nur noch die merkwürdige japanische Epiophlebia Calv. als Mittelform zwiſchen Gleichflüglern und Ungleichflüglern zu ſtehen. Welche ausdauernden Flieger die Libellen ſind, geht daraus hervor, daß man ſie oft in weiter Entfernung von ihren Brutplätzen ſehen kann. Auf der Inſel Helgoland iſt beiſpiels⸗ weiſe keine einzige Libelle heimiſch, und doch zählt Keilhack nicht weniger als 28 Arten auf, die dort im Laufe der Zeit beobachtet worden ſind und alle vom Feſtlande her über die Nord⸗ ſee gekommen fein müſſen, wobei fie mindeſtens 40 km Waſſer zu überfliegen hatten. Die Libellen leben ausnahmslos räuberiſch. Namentlich die ungeſtümen Ungleich⸗ 3 flügler ſpielen im Reiche der Kerftiere etwa die Rolle der Falken unter den Vögeln. In raſendem Fluge holen ſie ihre Opfer ein, packen ſie in der Luft, nehmen ſich aber meiſt nicht einmal die Mühe, den Raub an einem ſicheren Ort zu verzehren, ſondern fangen ſofort an zu freſſen und zerſtückeln die Beute im Fluge, ſo daß oft ganze Körperteile, abgetrennte Flügel, der Kopf oder die Beine eines ergriffenen Käfers oder einer Fliege zu Boden fallen, während die mörderiſche Libelle, noch ehe ſie ihre Mahlzeit beendet hat, im Dahinjagen ſchon wieder nach neuen Schlachtopfern Ausſchau hält. Auch die langſameren Gleichflügler laſſen ſich manche kleine Fliege und manches Mücklein ſchmecken, das ſie unverſehens e und in aller Stille auf dem nächſten Blatt verſpeiſen. Die Natur hat die Libellen für ihr Räuberhandwerk in geradezu vorzüglicher Weiſe f Er ausgerüſtet. Der halbkugelige oder querwalzige Kopf ift frei auf einem dünnen Halſe an⸗ geheftet und läßt ſich leicht nach allen Richtungen drehen und wenden. Mit den beiden großen Facettenaugen beherrſcht die Libelle ein ſehr weites Feld, in dem ſich ihren Blicken kaum etwas Wichtiges entziehen kann. Auf der Kopfoberſeite ſind drei Punktaugen an⸗ gebracht. Die Fühler, die als Riechorgane bei dieſen behenden, raſch dahinfliegenden Tieren keine wichtige Rolle ſpielen können, ſind kurz und borſtenförmig. Um ſo kräftiger ſind die Mundteile gebaut. Ihr wichtigſter Beſtandteil ſind die Vorderkiefer, zwei mächtige, von der Oberlippe überdeckte Zangen, die mit mehreren ſpitzen Zähnchen bewaffnet ſind und zum = Zerreißen der Beute dienen. Die Vorderbruſt bleibt klein, Mittel- und Hinterbruft ftehen, wie man an ihren Seitenteilen ſehen kann, ſchräg, ſo daß die Flügel nach hinten, die Beine nach vorn gerückt ſind, und die Hüften der Hinterbeine noch vor die Einlenkungsſtelle der Vorderflügel zu ſtehen kommen. Die mit dreigliederigen Füßen ausgeſtatteten Beine ſind dünn und zart und als Gehwerkzeuge gänzlich ungeeignet. Die Libelle benutzt ihre Beine auch nur zum Anklammern an Halme und Blätter oder gebraucht fie, um die Beute zu halten, die ſie mit den Füßen zum Munde führt. Vorder⸗ und Hinterflügel können bei den Libellen niemals gefaltet oder fächerartig zuſammengelegt werden. Die Einzelheiten des Flügelgeäders, die für die Beſtimmung der Libellenarten von großer Wichtigkeit ſind, müſſen wir aus Mangel an Raum unberückſichtigt laſſen. Es ſei nur erwähnt, daß aus der Flügelwurzel ſechs Längsadern entſpringen, daß in der Nähe der Flügelſpitze am Vorderrande ein durch abweichende Färbung ausgezeichnetes Flügelmal gelegen iſt, und daß ein ſogenanntes Flügeldreieck vorkommt, ein von ſtärkeren Adern umrahmtes Feld, welches im erſten Drittel der Flügel zwiſchen der vierten und fünften Längsader ſeinen Platz hat. Der Hinterleib endigt bei beiden Geſchlechtern mit zwei eigentümlichen, griffel⸗ förmigen oder blattartig abgeplatteten Anhängen, die den Afterraifen anderer Inſekten ähnlich ſehen, aber doch Bildungen beſonderer Art ſind. Bei den männlichen Ungleich⸗ flüglern, die übrigens noch einen dritten ähnlichen unpaaren Fortſatz zu haben pflegen, dienen dieſe Anhänge als Klammerorgane zum Feſthalten des Weibchens. Bei den Männchen . . . Me Te ad elek Ai Se 5 a Er Sans a a 2 Var Braſiliſche Libellen. 1) Chalcopteryx rutilans Ramb. — 2) Hetaerina pudica Hagen ꝙ — 3) Euthore fasciata Hagen & — 4) Thore boliviana M. I. S. a ER EA ei Allgemeines. Be 65 3 3 der Gleichflügler kommen aber außer den genannten beiden Anhängen weiter bauch⸗ wärts noch zwei kurze untere Haltezangen vor. Während die ſamenbereitenden Drüſen wie bei anderen Inſekten hinten an der Bauchſeite des neunten Hinterleibsringes münden, iſt der Begattungsapparat des Männchens vorn an der Bauchſeite des zweiten Hinterleibs⸗ ringes gelegen, an einer Stelle, die ſich ſchon äußerlich als blaſenartige Verdickung erkennen läßt. Das Männchen muß daher immer erſt ſeinen Leib ſtark zuſammenkrümmen, um den Begattungsapparat mit Samen zu füllen. Die Paarung läßt ſich bei den Libellen häufig be⸗ che Offnung mit dem oben geſchil⸗ die Vereinigung, die entweder im Andere Arten, die keinen derartigen obachten. Im raſcheſten Fluge jagt das Männchen hinter einem Weibchen her, holt es ein und verſteht es, dasſelbe mit den Hinterleibsanhängen ſo feſt oben an der Vorderbruſt zu umklammern, daß es ſich nicht losmachen kann. Hierauf biegt das Weibchen ſeinen geſchmei⸗ digen Hinterleib nach vorn, bis die am achten Bauchringe gelegene weib⸗ derten, am Grunde des männlichen Hinterleibes befindlichen Begattungs⸗ apparat in Berührung kommt. Iſt Fluge oder nach dem Niederſetzen der Tiere ſtattfindet, vollzogen, ſo wird das Weibchen wieder freigelaſſen. 2 Die Libellenweibchen beſitzen häufig einen kurzen, ſpitzigen Lege⸗ ſtachel, mit dem ſie Waſſerpflanzen anritzen, um ihre Eier hineinzulegen. Legeapparat haben, fliegen in tän⸗ zelndem Fluge über den Waſſerſpiegel und laſſen dabei ihre Eier in das 3 5 Waſſer fallen oder ſetzen in letzteres Larve ber glänzenden Schönfungfer, Calopteryx splendens a ga llertige Lai ch lumpen 8855 Laich⸗ s = Harr., beim Fangen der Beute. ſchnüre ab, die bei der ſtattlichen, an norddeutſchen Landſeen ſtellenweiſe nicht ſeltenen Epitheca bimaculata Charp. ſogar eine Länge von über 30 em haben. Sehr eigenartig ſehen die Larven aus, die echte Waſſertiere find und mit den fertigen Libellen noch gar keine Ahnlichkeit haben. Kopf, Bruſt und Hinterleib laſſen ſich zwar ſchon a unterſcheiden. Die Flügel aber, die in dem erften Stadium überhaupt fehlen, ſitzen als ganz unſcheinbare, bei den Häutungen ſich erſt nach und nach vergrößernde Anhänge auf dem Rücken. Zur Atmung dienen Kiemen, die meiſt als Darmkiemen oder Schwanzkiemen ent⸗ wickelt ſind und nur bei wenigen tropiſchen Gattungen ähnlich wie bei den Eintagsfliegen fſeeitlich an den Hinterleibsringen ſitzen. Die Darmkiemen ſind im Maſtdarm gelegene, reich mit Tracheen ausgeſtattete Hautfalten, die durch periodiſches Einziehen und Ausſtoßen eines 3 kleinen Waſſerſtromes durch den After mit Sauerftoff verſorgt werden. Schwanzkiemen werden die drei langen, meiſt blattförmig geſtalteten Anhänge genannt, die am Hinterende der Gleichflüglerlarven ſitzen. Auch die Libellenlarven ſind Räuber. Zum Überwältigen der Beute. die aus verſchiedenem kleinem Waſſergetier, aus Flohkrebschen, Inſektenlarven oder ſogar aus jungen Fiſchchen beſteht, dient hauptſächlich die Unterlippe, ein eigentümliches, Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 9 66 Waſſerhafte: Libellen. in zwei Zangen endigendes, als Fangmaske bezeichnetes Gebilde, das in der Ruhe aufatmen: 2 geklappt iſt und maskenartig von unten her den Mund bedeckt. Wenn die meiſt unbeweg⸗ lich lauernde Larve ein Opfer erſpäht hat, ſo ſchnellt ſie ihre Maske plötzlich weit vor und erfaßt mit den Zangen die Beute, die beim Einklappen der Maske den Kiefern zugeführt und zerſtückelt wird. Die reife Larve oder Nymphe verläßt das Waſſer, kriecht an einem Schilf⸗ ſtengel, an einem am Waſſer ſtehenden Baumſtamm oder einem ähnlichen Gegenſtand empor, klammert ſich dort mit ihren Beinen feſt und wartet, bis die ſpröde werdende Haut trocknet. Schließlich platzt oben am Mittelrücken die Nymphenhaut auf, Bruſt und Kopf der fertigen Libelle erſcheinen, die Beine folgen nach, bis die Metamorphoſe, die uns die bei⸗ geheftete Tafel vor Augen führt, beendet iſt. Die fertige, zunächſt noch weichhäutige Libelle bedarf aber erſt einiger Zeit, ehe ſie ganz ausgefärbt und hinlänglich feſt geworden iſt, daß ſie ſich ihren Flügeln anvertrauen und den umherfliegenden Gefährten beigeſellen kann. | Aus Europa find gegen 120 verſchiedene Libellenarten bekannt, zahlreichere aus waſſerreichen Gebieten der Tropenländer, wo es farbenprächtige Geſtalten von wunderbarer Schönheit gibt (ſ. die Farbentafel bei S. 65). In Deutſchland hat man etwa 77 verſchie⸗ dene Arten gefunden, von denen einige ſehr weit verbreitet ſind. So kommt Anax par- thenope Selys in ganz Mittel- und Südeuropa und in Aſien bis Kaſchmir, Anax imperator Leach. von Schweden und dem Uralgebirge an bis zum Kap der Guten Hoffnung vor. 1. Unterordnung: Gleichflügler (Zygoptera). Die Gleichflügler (Zygoptera) ſind ausgezeichnet durch einen langen, dünnen ſtab förmigen Hinterleib, durch ihre faſt gleichartig geſtalteten Vorder- und Hinterflügel und den breiten hammerförmigen Kopf, der an den Seiten zwei weit voneinander getrennte Augen trägt. Die Larven haben drei blattförmige Schwanzkiemen und beſitzen eine flache Maske. Bei den Calopterygidae verengern ſich die engmaſchigen Flügel allmählich nach der Wurzel hin. Die Klammerorgane am Hinterende ſind kurz und zangenförmig. Die ſchlanken, langbeinigen Larven zeichnen ſich durch ſiebengliederige Fühler aus, die den Kopf an Länge übertreffen, und deren Grundglied fo lang iſt, wie die ſechs übrigen zufammen. Außer den Schwanzkiemen ſind bei ihnen meiſt noch innere Darmkiemen vorhanden. An langjam fließenden oder ſtehenden, von Schilf und Röhricht umrahmten Gewäſſern Mitteleuropas werden wir die Gemeine Seejungfer, Calopteryx virgo L., kaum vergebens ſuchen. Ihre ſtahlblau glänzenden Männchen gehören zu den ſchönſten Inſekten und gewähren einen prächtigen Anblick, wenn ſie mit ausgebreiteten, tiefblauen Schwingen umherflattern. Die | Weibchen ſehen beſcheidener aus, denn ihr metalliſch ſmaragdgrüner Körper trägt durchſichtig braune Flügel mit weißem Male, wie auch beim Männchen die nur bei auffallendem Lichte blau ſchimmernden Flügel eine braune Grundfarbe haben. Bei einer verwandten Art, Ca- lopteryx splendens Harr. (Abb., S. 65), find die Flügel des Weibchens durchſichtig grünlich, während die gleichfalls durchſichtigen Flügel beim Männchen in der Mitte eine blaue Querbinde tragen. Bei beiden Arten findet man gelegentlich Weibchen, deren Körper ſeinen friſchen Glanz eingebüßt hat, weil er von einer dünnen, angetrockneten Schmutzkruſte überzogen iſt, ein ſicheres Zeichen, daß ſolche Weibchen zum Eierlegen ſchon das Waſſer aufgeſucht hatten. Dazu müſſen ſie gewöhnlich mit ihrem ganzen Körper untertauchen. Vorſichtig ſteigen ſie an einer Pflanze hinunter, ſchlitzen mit Hilfe des kurzen, ſpitzigen Legeſtachels, den fie am hinteren Körperende haben, das unter Waſſer befindliche Pflanzengewebe auf und ſchieben ihre durchſichtigen, länglichen Eier einzeln in die mit dem Legeſtachel gemachten Löcher De ad Zu 7 r Na f N R rr „ Nusſchlüpfende Libelle. Aus C. O. Bartels, „Auf frischer Tat“, Biologische Bilderserien, Zweite Sammlung. Stuttgart, Schweizerbart, 1911. er RT. 7 t N E n e IE 153 n Pin es] 7 3 4 Eine Libellenlarve verläßt das Waſſer (1), kriecht an einem Pflanzenitengel empor (2), ihre Rückenhaut platzt (3), die junge Libelle arbeitet fich aus der Tarvenhaut hervor (4, 5), hängt fich an die leere Larvenhaut an (6) und ftreckt und feſtigt fich allmählich (7, 8). vgl. auch den nebenstehenden Text. E43 a 3 4 3 1 Seejungfern. Schlankjungfern. Teufelsnadeln. ö 67 hinein. Die Stengel des Tauſendblattes, Myriophyllum, ſind oft über und über mit klei⸗ nen, ſich bräunlich färbenden Einſtichen bedeckt, die das Calopteryx⸗Weibchen gemacht hat. Zu den Schlankjungfern (Agrionidae) gehören die zierlichen Libellen der Gattung Lestes Leach., die ſchmälere, an der Wurzel deutlich geſtielte Flügel mit weiten, zum Teil fünf- eckigen Maſchen beſitzen. Ihre ſchmalen, langbeinigen Larven, bei denen das Fühlergrund- glied kurz bleibt, können ſich mit ihrem geſchmeidigen Körper geſchickt durch das dichteſte Pflanzengewirr hindurchſchlängeln. Dem franzöſiſchen Abbé Pierre verdanken wir inter⸗ eſſante Mitteilungen über die Eiablage der Grünen Rohrjungfer, Lestes viridis Fand. Das Männchen packt mit ungeſtümem Griff ſein Weibchen und fliegt vereint mit ihm zum Uferrande hin, an eine Stelle, an der Zweige von Weiden oder ähnlichen Pflanzen ſich weit über den Waſſerſpiegel herniederneigen. Dort hängen ſich die beiden Tiere an einen dünnen Aſt an, in den das Weibchen mit gekrümmtem Hinterleibe ſeine Eier verſenkt, ohne während⸗ deſſen vom Männchen losgelaſſen zu werden. An der Stelle aber, an der die Eier unter die Rinde gelangt waren, ſchwillt der Zweig bald darauf in Form einer Galle an. Die jungen Larven, die ſich ſpäter aus der Galle hervorarbeiten, müſſen ſich in das Waſſer fallen laſſen, um in das Element zu kommen, in dem ſie Nahrung finden und heranwachſen können. Unter den Schlankjungfern, die bei ſchönem Wetter zierlichen Nadeln gleich am Schilf oder zwiſchen den Gräſern in der Nähe des Waſſers lautlos umherſchweben, iſt gewöhnlich auch die Gattung Agrion F. vertreten, die ſich von vorhergehenden durch ihre geſtielten, vorwiegend quadratiſche Zellen enthaltenden Flügel unterſcheidet. Zu den häufigſten Arten in ganz Deutſchland gehört Agrion puella L., mit ſchlankem Leib, der beim Männchen himmel⸗ blau, beim Weibchen dunkel erzgrün iſt. Die Agrionlarven ähneln den Leſteslarven, ſind jedoch durch eine kürzere, hinten nur bis zu den Mittelhüften reichende Fangmaske unterſchieden. 2. Unterordnung: Ungleichflügler (Anisoptera). Zu den Ungleichflüglern (Anisoptera) werden im allgemeinen kräftigere Libellen⸗ arten gerechnet, die auf den erſten Blick an dem mehr halbkugeligen Kopf und beſonders den großen Augen zu erkennen ſind, deren einzelne Facetten bisweilen ſchon dem unbewaffneten Auge ſichtbar werden. Die Flügelpaare ſind ungleichartig, die Hinterflügel am Grunde meiſtens deutlich breiter als die Vorderflügel. Die Larven aller Ungleichflügler atmen nur mit inneren Darmkiemen und bedürfen daher keiner äußeren Schwanzkiemen, deren Stelle von drei ſtachelartigen Klappen eingenommen wird, die den Eingang zum After verſperren. Die größten und bunteſten Arten gehören in Europa zur Familie der Teufelsnadeln, Aeschnidae, erkennbar an dem Flügeldreieck, das in Vorder- und Hinterflügeln gleich- geſtaltet iſt. Bei der Gattung Aeschna F. ſtoßen die Augen auf der Scheitelmitte in einer Linie zuſammen. Der Körper iſt vorherrſchend blau und gelb gezeichnet. Die Teufels⸗ nadeln ſind ungeſtüme Flieger, wahre Beherrſcher der Lüfte, die meiſt einzeln ihr Jagd⸗ revier durchſtreifen, neugierig auch wohl einen Augenblick vor dem weißen Netz, das der Sammler in der Hand hält, ſchweben, aber in dem entſcheidenden Moment, wo dieſer zum Schlage ausholt, auch ſchon blitzſchnell wieder verſchwunden find. Die langgeſtreckten häß⸗ lichen Larven (Abb., S. 68), bei denen das dritte Fühlerglied nur halb ſo lang wie das vierte iſt, haben kleine Stacheln an den Seiten des Hinterleibes und eine flache helmförmige Maske; ſie halten ſich vorzugsweiſe am Boden der Gewäſſer auf. Die Große Teufels— nadel, Aeschna grandis L., hat keinen dunkeln Fleck auf der Stirn. Die Bruſtſeiten zieren 1 5 * 68 ET Waſſerhafte: Libellen. Uferbolde. zwei gelbliche Binden. Die Rückenmitte iſt zwiſchen den gelblichen Flügeln ebenſo wie die Hinterleibsringe blau gefleckt. In der Schweiz iſt dieſe ſchöne Libellenart noch in 1200 m Höhe gefunden worden. Ihre Eier werden wie bei anderen Aeschna⸗ Arten in ſchwimmende Pflanzenteile oder am Uferrande in Wurzelwerk eingeſenkt. Bei der Familie der Libellulidae iſt die Längsachſe des Dreiecks in den Votberſtügen 5 4 rechtwinklig, in den Hinterflügeln aber parallel zur Längsachſe des Flügels geſtellt. Eine Legeröhre fehlt. Unter den vielen hierhin gehörenden europäiſchen Arten iſt die Vierfleckige Libelle, Libellula quadrimaculata L., eine der häufigſten. Jeder ihrer vier Flügen hat außer dem länglichen dunkeln Male in der Nähe der Flügelſpitze noch einen kleinen ſchwarzen N Fleck in der Mitte des Vorderrandes Die Hinterflügel ſind am Grunde dunkel Se Die . 1) Larvenhaut einer Aeschna nach dem Ausſchlüpfen der Teufelsnadel; 2) Aeschna-Larve mit vor⸗ — geſtreckter Maske; 3) Gemeiner Plattbauch, Libellula depressa L.; 4) Larve einer Libellula mit vorgeſtreck⸗ } ter Maske; 5) Larvenhaut einer W ö ee Ey Vierfleckige Libelle iſt es, der man auch den Namen Wanderlibelle ie Hat, weil man gerade bei ihr ſehr häufig das Fortwandern in ungeheuren Schwärmen beobachtet hat, 2 obwohl ſolche Wanderungen gar nicht ſelten auch von anderen a wie Aeschna-Atten ER 4 und Agrion-Arten ausgeführt werden. ö Die wandernden Libellen erſcheinen nicht immer in he geſchloſſenen Zugen, ſondern mitunter ſind es nur einzelne Tiere oder kleine Gruppen, die, alle in gleicher Richtung 5 fliegend, in Abſtänden aufeinander folgen. Von der eigentlichen Urſache des Wanderns = weiß man noch nichts Beſtimmtes. Mangel an Nahrung oder das Suchen nach günſtigen Plätzen zur Eiablage können kaum der Grund ſein, weil hieran in der Gegend, aus der die Tiere kommen, gewöhnlich kein Mangel zu ſein pflegt. Federley hat e aber feſtgeſtellt, daß die reiſeluſtigen Libellen, unter denen man gewöhnlich Tiere beiderlei Geſchlechts beobachtet, durchweg von jugendlichem Alter ſind, was um ſo bemerkenswerter iſt, als gerade junge Inſekten vielfach einen ungeſtümen Bewegungsdrang beſitzen, der ſie zu unruhigem umher⸗ 85 5 flattern und Fliegen treibt. So mag es wohl kommen, daß, wenn an einem ſchönen Tage Maſſen von jungen Libellen ziemlich gleichzeitig ihren Larvenhäuten entſchlüpfen, ſich die Tiere zuſammenſcharen und ſich ihre Erregung mehr und mehr ſteigert, bis der Schwarm Gaga a Be DL . 1 4 | = 4 : 3 £ 3 4 2 Deutſche Libellen. N 9 0 1 RR | Vierfledige Libelle. Plattbauch. Goldjungfer. Metalljungfer. 69 ſchließlich im Höhepunkte der allgemeinen Aufregung in ungewiſſe Fernen davoneilt. Auch ſuggeſtibe Wirkungen mögen hierbei im Spiele ſein, denn man hat geſehen, daß alle im durch⸗ wanderten Gebiete wohnenden Libellen der gleichen Art auf und davon ſtürzen, um ihren wandernden Gefährten ſich anzuſchließen. Eine ſehr häufige einheimiſche Art iſt der Plattbauch, Libellula depressa L., bei der der ſchwarze Fleck in der Mitte des Vorderrandes der Vorderflügel fehlt, die Hinterflügel am Grunde eine dreieckige braune Stelle haben und der platte Hinterleib beim Männchen eine blaue Bereifung bekommt. Auch dieſe Art hat ſchon oft große Wanderzüge gebildet. Durch einen ſchönen, metalliſchgrün glänzenden Leib zeichnet ſich die Goldjungfer, Cordulia aönea L., aus. Hinter jedem Facettenauge hat fie eine Erweiterung. Die Stirn iſt ganz grün, während bei der ſehr ähnlichen Metalljungfer, Cordulia metallica Lind., ſich ein gelber Streifen zwiſchen den Augen befindet. Beide Arten ſind ausdauernde Flieger. Die letztgenannte iſt, nach Tümpel, faſt ausſchließlich „an Torfgewäſſern zu finden, deren Ufer ſie ſelten verläßt. Unermüdlich fliegt ſie, ohne ſich zu ſetzen, am Ufer hin und her. Man erbeutet häufig Männchen, während Weibchen ſelten zu fangen ſind“. 6. Ordnung: Uferbolde (Plecoptera). Die duſterbraun oder eintönig gelblichgrün gefärbten Uferbolde (Plecoptera), auch Perliden genannt, wählen ihren Ruheplatz gewöhnlich an Baumſtämmen oder Felſen in der Nachbarſchaft von Flüſſen oder ſchäumenden Gießbächen. Zum Fluge entſchließen ſie ſich ſelten, die größeren Arten immer nur für kurze Zeit, und nur bei wenigen kleineren Formen iſt ein Umherſchwärmen in der Luft beobachtet worden. Die Uferbolde ſind auf einer ein⸗ fachen Organiſationsſtufe verbliebene Inſekten, die eigentlich in keiner Hinſicht beſonders auf- fallende Merkmale beſitzen und nach Handlirſch ungefähr ſeit der Permzeit in ziemlich un⸗ veränderter Form exiſtieren. An dem abgeflachten Kopf ſind die beißenden Mundwerkzeuge nach vorn gerichtet. Die Mittelkiefer, deren Laden getrennt bleiben, tragen fünfgliederige, die Unterlippe dreigliederige Taſter. Die langen borſtenförmigen, vor oder unter den Augen entſpringenden Fühler ſind vielgliederig. Außer den zuſammengeſetzten Augen laſſen ſich drei, ſeltener zwei Punktaugen nachweiſen. An dem Bruſtabſchnitt fällt der breite, deutlich abgeſetzte Vorderrücken auf. Mittel⸗ und Hinterbruſt tragen die häutigen vieladerigen Flügelpaare, die in der Ruhe nach hinten geſtreckt und flach auf den Leib gehalten werden. Abgeſehen da- von, daß bei den Weibchen die Flügel häufig größer als bei den Männchen ſind, kommen bei manchen Arten neben normalflügeligen Männchen auch mikroptere Männchen vor, d. h. - Männchen, die ganz ſtark verkürzte oder verkümmerte Flügel haben. Die ſchlanken Beine haben dreigliederige Füße, zwiſchen deren Endkrallen ein Haftlappen angebracht iſt, der den Tieren das Feſthalten an Steinen und Pflanzenteilen erleichtert. Der zehngliederige Hinter⸗ leib trägt am Ende zwei lange Afterraife, die bei einigen Arten allerdings bis auf ein kurzes Grundglied verkümmert ſind. Beim Männchen iſt gewöhnlich die Bauchplatte des neunten, beim Weibchen aber in der Regel diejenige des achten Bauchringes als „Subgenitalplatte“ verlängert. Die Paarung wird, ſoweit wir wiſſen, im Sitzen vollzogen. Ein ganzes Klümp⸗ chen von ſchwärzlichen, an einem Ende mit einem Gallertklümpchen beſetzten Eiern pflegt dann ſpäter das Perlaweibchen auf ſeiner ſchaufelförmig verlängerten Platte mit ſich herum zu tragen, bis es den Eierklumpen ſchließlich in das Waſſer fallen läßt. Fließendes, ſauerſtoffreiches Waſſer ſcheint für die Larven der Uferbolde ein wichtiges Lebensbedürfnis zu ſein. Man findet ſie daher beſonders in Bächen und kleinen Flüſſen. 70 Waſſerhafte: Uferbolde. Geradflügler: Gierpafetter. Dort be fie verſteckt unter Steinen, an denen ſie mit ihren kräftigen Beinen behende umherlaufen können, falls fie nicht ausnahmsweiſe auch von ihrem Schwimmvermögen einmal Gebrauch machen, wobei ihnen der geſchmeidige Hinterleib mit den beiden langen, am Ende befindlichen Schwanzfäden gute Dienſte als Steuer leiſtet. Ihrer Natur nach ſind die Larven der Uferbolde Räuber, die ganz beſonders Eintagsfliegenlarven freſſen, aber auch anderes Getier nicht verſchonen. Das Tracheenſyſtem iſt während der Larvenperiode noch geſchloſſen, die Atmung im Waſſer muß alſo durch die Körperhaut oder mit Hilfe tracheenreicher Hautkiemen vonſtatten gehen, die bei den Larven der Gattung Perla Geoffr. als zarte büſchelartige Fäden an der Bruſt und am Grunde der Schwanzborſten ſitzen. Die reife Larve verläßt das Waſſer, kriecht am Uferrande empor und unternimmt manchmal eine ziemlich mühſame e auf dem Lande, bis ſie ſich irgendwo an einem Stein oder Mittellinie des Vorderrückens auf, und das ge⸗ flügelte Inſekt kommt zum Vorſchein, welches ſich und Lebensweiſe kann man die Uferbolde mit einem gewiſſen Rechte die Amphibien unter den wie Nemura variegata Pict. ſelbſt im geflügel⸗ ten Zuſtande immer auf den vom Waſſer trie⸗ von brauſenden Waſſerfällen und toſenden Gieß⸗ Larve. Perla N Curt. mit ausgen 1 N herſpritzt und die Luft ſtändig von Waſſerſtaub erfüllt ift. Solche Arten find wahre Doppel⸗ atmer, die Luft und Waſſer atmen und dabei außer ihren Tracheen auch noch kleine, ſchlauchähnliche, an der Unterſeite der Vorderbruſt angebrachte Kiemenſchläuche verwenden. Die eine Unterordnung der Uferbolde (Subulipalpia) iſt durch pfriemenförmige, zu: geſpitzte Taſter ausgezeichnet. Zu ihnen gehört die ſtattliche Perla cephalotes Curt. mit braunen Flügeln und zwei langen Schwanzborſten, bei der die Entfernung der hinteren ER einem Baumſtamm mit geſpreizten Beinen feſtſetzt. Alsdann platzt ihre Haut längs der fenden Felſen in unmittelbarſter Nachbarſchaft bächen aufhalten, wo der ſchäumende Giſcht um⸗ — Punktaugen voneinander kaum ein Drittel der Länge ihres Abſtandes vom Innenrande der Facettenaugen beträgt, während bei der nahe verwandten, namentlich an größeren Flüſſen 88 vorkommenden Perla maxima Scop. die Entfernung der hinteren Punktaugen voneinander annähernd ihrem Abſtande von den Facettenaugen gleich iſt. Beide Arten ſind in Deutſch⸗ land verbreitet und, wie die Mehrzahl der Uferbolde überhaupt, im Frühjahr zu finden. Eine zweite Unt teroldnung dieſer Bolde (Filipalpia) iſt durch gleichartige fadenförmige Taſter ausgezeichnet. Von den hierhin zu ſtellenden Arten ſei die in Gebirgsgegenden vorkommende, düſter gefärbte, bis 10 mm große Capnia nigra Piet. genannt, deren Männchen ſtark ver⸗ kürzte Flügel hat. Bei dieſen Tieren iſt die Widerſtandsfähigkeit gegen Kälte ganz erſtaun⸗ lich, ſie fühlen ſich bei einer Temperatur von wenigen Grad über Null, bei der die übrige Inſektenwelt erſtarrt iſt, vollkommen wohl und behaglich. Ahnliches ſcheint auch für ver⸗ ſchiedene der durch ſtark verkürzte Afterraife ausgezeichneten Arten der Gattung Nemura Latr. und ihre Verwandten zu gelten, denn Taeniopteryx maura Walk. (Nemura glacialis \ von feiner Geburtsſtätte, dem Waſſer, niemals weit entfernt. Mit Rückſicht auf Entwickelung Inſekten nennen. Sogar Arten gibt es, die ſie rg 3 r , BE re TE ST RE RP EEE | cz © 8 . W 8 3 n r — — E a 8 . Perla. Capnia. — Schaben. i 71 Pict.) wurde auf den nordamerikaniſchen Strömen ſchon in den erſten Monaten des Jahres, in Spalten des aufbrechenden Eiſes ſitzend, bei der Paarung gefunden. Dritte Gruppe: Geradflügler (Orthoptera). | 7. Ordnung: Eierpaketler (Oothecaria). Die Gruppe der Eierpaketler (Oothecaria) iſt nicht einheitlich, ſondern umfaßt zwei ſehr verſchiedenartige Haupttypen, einmal häßliche, in Schlupfwinkeln verſteckt lebende Schaben mit langen Laufbeinen, flachgedrücktem Leib und nach unten gebogenem Kopf, und zweitens Fangſchrecken, die hoch erhobenen Hauptes ſtolz dazuſitzen pflegen, wie in ruhigem Selbſtvertrauen auf ihre zu meſſerſcharfen Waffen umgewandelten Vorderbeine. So wenig dieſe Inſekten äußerlich einander gleichen, ſo kann es doch keinem Zweifel unterliegen, daß Schaben und Fangſchrecken aus ein und demſelben Stamme hervorgegangen und nahe Verwandte ſind. Es ſind Inſekten mit kauenden Mundwerkzeugen und meiſt fadenförmigen Fühlern, die Vorderbruſt iſt bei ihnen frei beweglich, Mittel- und Hinterbruft bleiben einander ziemlich ähnlich. Die dem Hinterleibe flach aufliegenden Flügel ſind reich geadert, die vorderen oft lederartig hart, die hinteren bisweilen fächerartig faltbar. Die mit fünfgliederigen Füßen endigenden Beine zeichnen ſich durch große, frei vorſtehende Hüften aus, und das Ende des zehngliederigen Hinterleibes trägt ſtets ein Paar von Afterraifen. Die Eierpaketler ernähren ſich von tieriſchen oder pflanzlichen Stoffen. An ihrem Darm ſind immer ein wohlentwickelter Kropf und ein Kaumagen zu unterſcheiden, während in den Anfang des Mitteldarms, wie uns die Abbildung auf Seite 5 zeigt, ein Kranz eigen⸗ tümlicher blindſackförmiger Anhänge einmündet. Die Zahl der Malpighiſchen Gefäße nimmt im Laufe des Lebens zu, und zwar haben die jungen Tiere ihrer anfangs nur vier, die er⸗ wachſenen dagegen eine große Zahl. Eine wichtige Übereinſtimmung zwiſchen Schaben und Fangſchrecken liegt darin, daß die Weibchen ihre Eier niemals einzeln ablegen, ſondern immer eine größere Zahl von ihnen mit einem erhärtenden Drüſenſaft umhüllen, ſo daß Eikapſeln oder „Eierpakete“ von mitunter anſehnlicher Größe zuſtande kommen. Die Jungen gleichen beim Ausſchlüpfen ſchon im weſentlichen den erwachſenen Tieren und werden ihnen bei den folgenden Häutungen durch allmähliche Entwickelung der Flügel und Geſchlechts— anhänge immer ähnlicher. Zur Familie der Schaben (Blattidae) gehören große oder mittelgroße Inſekten, die mit ihrem immer von oben nach unten abgeflachten Körper ſich leicht unter Steinen bergen oder in allerlei Ritzen und Spalten einzwängen können. Der Kopf iſt nach unten gekrümmt und wird von der großen, halsſchildartigen Vorderbruſt mehr oder weniger vollſtändig be- deckt. Die merkwürdige Stellung des Kopfes bringt es mit ſich, daß der Scheitel nach vorn, die Stirn nach unten, die Mundwerkzeuge aber beinahe nach hinten gewendet ſind. Wie viele andere Dämmerungstiere beſitzen die Schaben, die faſt alle eine nächtliche Lebensweiſe führen, große Facettenaugen. Ausnahmen gibt es nur bei den Nocticola- Arten, ſonderbaren, unterirdiſch lebenden Schaben, welche von Bolivar aus Höhlen der Phi⸗ lippiniſchen Inſeln beſchrieben wurden, und die ſtets verkümmerte Augen haben oder blind ſind. Stirnaugen ſind nur ſelten vorhanden. Ausdauernde Flieger finden wir unter den Schaben nicht, viele Arten ſind überhaupt flugunfähig und haben nur verkürzte Flügel oder 72 . Geradflügler: Eierpaketler. ſind flügellos, dagegen kommen gar nicht ſelten am Rücken des Hinterleibes eigentümliche Drüſenſäcke vor, die beiſpielsweiſe bei den allbekannten großen Orientaliſchen Schaben in einem Paare zwiſchen der fünften und ſechſten Rückenplatte des Hinterleibes ausmünden und mit ihren Ausſcheidungen den unangenehmen Geruch verurſachen, der dieſe Tiere ſo ganz beſonders widerwärtig macht. Andere Arten, wie die Deutſche Schabe, haben zwar eben⸗ : falls Stinkdrüſen, doch find letztere nicht jo ſtark entwickelt und kommen nur beim Männchen vor. Die weiblichen Schaben beſitzen an der Bauchſeite des Hinterleibes eine ſackartige Bruttaſche, die von unten her durch die ſehr große ſiebente Bauchplatte (Subgenitalplatte) bedeckt wird, durch Einſtülpung der achten und neunten Bauchſpange zuſtande kommt und zur Aufnahme des Eierpakets dient, das die reifen Schabenweibchen eine Zeitlang mit ſich herumſchleppen. Die männlichen Schaben tragen an der neunten Bauchplatte, die bei ihnen die Geſchlechtsöffnung überdeckt, in der Regel ein Paar kurzer Griffel (Styli). Für den Naturforſcher iſt die Familie der Schaben eine der intereſſanteſten, und zwar deswegen, weil ſie zu den älteſten des ganzen Inſektenreiches gehört. In dem feuchtwarmen Waldesdunkel der Steinkohlenzeit trieben ſich zwiſchen Sigillarien und Rieſenfarnen ganze Scharen von Urſchaben (Problattoidea) umher und bildeten damals die Hauptmaſſe der Inſektenwelt. Die Wälder ſchwanden dahin, um ſich im Laufe der Zeit in Kohle zu ver⸗ wandeln, und mit ihnen ſtarben auch ganze Gruppen von Urſchaben aus, wie die ſonderbaren Mylacridae, deren zierliche Flügelabdrücke, die man in der Steinkohle mitunter finden kann, eine geradezu täuſchende Ahnlichkeit mit Blättchen von Farnwedeln haben. Das Ge⸗ ſchlecht der Schaben hat ſich aber doch noch in den ungeheuren, ſeit der Steinkohlenperiode verfloſſenen Zeiträumen bis auf den heutigen Tag erhalten, wobei die Grundform dieſer Inſekten ſich ſo wenig verändert hat, daß wir die häßlichen, langbeinigen Schaben der Jetzt⸗ zeit mit ihrem abgeplatteten Körper als direkte Abkömmlinge jener Urſchaben betrachten können. Die frühere herrſchende Stellung im Inſektenreiche haben die Blattiden freilich längſt verloren, denn verglichen mit der ungeheuren Fülle der inzwiſchen hinzugekommenen Inſektenarten, bildet die heutige Gruppe der Schaben nur noch ein beſcheidenes Über⸗ bleibſel aus alten Zeiten. An Artenzahl ſind die gegenwärtigen Schaben am reichſten in den ſchattigen, feuchtwarmen Tropenwäldern vertreten, in deren Dämmerlicht fie ſich genau wie ihre Urvorfahren noch am wohlſten zu fühlen ſcheinen. Dort kommen auch die Rieſen des Geſchlechts vor, wie die in Ekuador und Peru heimiſche Megaloblatta longipennis Walk., die vom Kopf bis zur Flügelſpitze 9,5 em mißt und als größte Art gilt. Man darf die Schaben getroſt zu den am beſten bekannten Inſekten zählen, denn zu ihnen gehört das übel berüchtigte Ungeziefer, das ſo gern in Küchen, Backſtuben und Woh⸗ nungen Unterſchlupf ſucht und ſich dort in kurzer Zeit ebenſo unheimlich raſch vermehrt, wie es ſchwer wieder zu vertreiben oder auszurotten iſt. Der Norddeutſche kennt dieſe Tiere unter dem Namen Schwaben, der Süddeutſche nennt ſie Preußen, in vielen Gegenden Deutſchlands find fie aber auch im freundlichen Hinblick auf die lieben Nachbarn zur Rechten 4 und Linken als Ruſſen und Franzoſen bekannt, während fie in Rußland allgemein den Namen Pruſſaki (Preußen) führen. Nicht weniger als vier verſchiedene Arten von dieſen unwillkommenen Hausbewohnern haben ſich im mittleren Europa angeſiedelt. 5 Die Deutſche Schabe oder Kleine braune Hausſchabe, Blattella germanica L. Chyllodromia), iſt die kleinſte dieſer Arten. Warum Linn ſeinerzeit die Liebenswürdig⸗ keit gehabt hat, dieſes Ungeziefer durch Verleihung des Artnamens germanica gerade den germaniſchen Völkern zuzueignen, ſteht nicht feſt, denn die e Schabe dürfte aller Li 1 0 * 7 a 4 or DE 1 — 3 Fer ne 1 err 4 N . ; 4 = 4 ans Nan „a wre EEE N ha Al e nn a a a A ac, MER Deutſche Schabe. 73 Wahrſcheinlichkeit nach ſeit den älteſten Zeiten mit den Menſchen zuſammenwohnen und gewiß ſchon die erſten primitiven Hütten der aſiatiſch⸗europäiſchen Urſtämme bevölkert haben. Gegenwärtig iſt aber die Deutſche Schabe ſchon längſt nicht mehr auf die Alte Welt beſchränkt, ſondern durch den internationalen Verkehr in alle Erdteile und alle Zonen ge⸗ langt, ja ſogar in den entlegenſten Niederlaſſungen an den unwirtlichen Geſtaden des Nörd⸗ lichen Eismeeres hat ſich das Schabenvolk ſchon eingeniſtet. Die Deutſche Schabe iſt etwa 11—13 mm groß und lichtbraun, mit zwei ſchwärzlichen Längsbinden auf dem gelblichen Halsſchild. Der wie bei allen Schaben nach unten und hinten geneigte Kopf trägt lange, fadenförmige Fühler, die zur Reinigung häufig durch den Mund gezogen werden. Die Beine ſind lang und ſtachelig behaart zum raſchen Dahinrennen, aber * auch zu kurzen Sprüngen geeignet. Im übrigen verſtehen es die Tiere meiſterlich, ihre Beine 1) Deutſche Schabe, Blattella germanica L., ein Männchen und ein Weibchen; ) Lappländiſche Schabe, Ectobia lappo- 3 niea L. Alle in natürlicher Größe. 5 an den Leib anzuziehen und ſich in enge Ritzen einzuzwängen. Der flache Hinterkörper * wird bei beiden Geſchlechtern von den Flügeln überdeckt, die jedoch anſcheinend zum Fliegen niemals benutzt werden. Bei den Weibchen iſt der Hinterleib hinten breit, bei den Männchen ſchmäler, hinten zugeſpitzt und an der neunten Bauchplatte mit zwei kurzen Griffeln verſehen. Das lichtſcheue Völkchen der Schaben wagt ſich erſt nachts aus ſeinen ſicheren Verſtecken hervor, in denen es tagsüber Schutz vor Licht und Zugluft ſuchte. Solche Zufluchtsſtätten ſind Ritzen und Spalten am Boden oder an den Wänden, namentlich Fugen von Küchen⸗ herden und Waſſerleitungen, in denen es an behaglicher Wärme und Feuchtigkeit nicht fehlt. Lautlos kommen ſie bei Einbruch der Dunkelheit heraus, eine nach der anderen, vorſichtig die langen Fühler bewegend, groß und klein, jung und alt, Männchen und Weibchen, ein ganzes Heer, das ſich gierig über alles Genießbare hermacht. Prüfend wird alles betaſtet und alles irgendwie Schmackhafte mit den ſtarken Kiefern bearbeitet. Brot, Käſe, Kartoffeln und die verſchiedenſten ſonſtigen Eßwaren finden ohne weiteres Beifall, falls der Hunger aber groß iſt, werden auch Büchereinbände, Papier, alte Stiefel, Lederzeug und Kleider nicht verſchmäht und mehr oder weniger befreſſen, fo daß die hungerigen Schaben mitunter erheb- lichen Schaden anrichten. Wenn aber unvermutet die Tritte eines nahenden Menſchen den Boden erſchüttern oder eine ſonſtige Störung kommt, ſo huſcht das nächtliche Diebesgeſindel davon und eilt mit den langen Beinen ſchleunigſt in die ſicheren Schlupfwinkel zurück. — 74 Geradflügler: Eierpaketler. — Für die Vermehrung wird bei der Deutſchen Schabe eigentlich immer geſorgt, denn an Küchenherden und ähnlichen Orten, an denen es an Wärme nicht fehlt, kann man zu allen Jahreszeiten Weibchen antreffen, die am Hinterende eine längliche, an den Enden abgeſtutzte gelbbraune Eikapſel mit ſich herumſchleppen. In einer ſolchen Kapſel ſind etwa 30—36 flache Eier in zwei Schichten nebeneinander untergebracht. Nach etwa 2 Wochen machen ſich an den Seitenflächen der Kapſeln grünliche Flecke bemerkbar, die von den im Körper der jungen Tierchen ſteckenden Dotterreſten herrühren. Bald darauf fällt die reife Eikapſel von der Mutterſchabe ab und platzt oben in der Mitte an der gerieften Naht der Länge nach auf, ſo daß die inzwiſchen entwickelten jungen Schaben heraus können. Nach den Beobach⸗ tungen des finniſchen Forſchers Siltala müſſen letztere im ganzen ſechs verſchiedene Stadien durchlaufen und ebenſo oft ſich häuten, ehe ſie zu ausgewachſenen Schaben werden. Bei jeder Häutung platzt die alte dunkle Chitinhaut in der Mittellinie des Rückens auf, ſo daß ein klaffender Riß entſteht, aus dem ſofort der weiche, noch ausdehnungsfähige Körper hervorquillt. Der Bruſtrücken erſcheint hierbei immer zuerſt, bald darauf kommt auch der Kopf zum Vorſchein, bis dann mit dem übrigen Körper auch die Fühler und Beine vorſichtig aus dem alten Futteral herausgezogen werden können. Durch Verſchlucken und Einatmen von Luft bläht ſich das friſch gehäutete, anfangs mit Ausnahme der ſchwarzen Augen ganz weiß ausſehende Tier auf, wird dabei zuſehends größer und bekommt unter dem Einfluß der | Luft nach und nach ſeine dunkle Färbung. Die Große ſchwarze Küchenſchabe, die Srientanför Schabe oder der Kaker⸗ lak, Blatta orientalis Z. (Periplaneta), übertrifft die Deutſche Schabe an Größe um das Doppelte. Sie iſt nahezu ſchwarz gefärbt. Das etwas breitere Weibchen hat nur kleine, ſchuppenartige Überrefte von Flügeln. Bei dem ſchlankeren Männchen laſſen die roſtbraunen Oberflügel die hinterſten Körperringe unbedeckt. Weitere Unterſchiede find die beiden kurzen Griffel, die beim Männchen zwiſchen den gegliederten Afterraifen oder Cerei an der neunten Bauchplatte ſitzen, dem Weibchen, das nur ein Paar Afterraife hat, aber fehlen. Letzteres zeichnet ſich dagegen durch eine in der Mitte weichhäutige Genitalklappe aus, die von der breiten ſiebenten Bauchplatte nach hinten geht und zum Feſthalten des Eierkokons dient. Hinſichtlich ihrer Gefräßigkeit und der ſonſtigen Lebensgewohnheiten ſtimmen die orientaliſchen Schaben mit der oben gejchilderten deutſchen Art überein, teilen aber nur ſelten ihre Schlupfwinkel mit ihr. Des Abends, beſonders nach Eintritt der Dunkelheit, zeigen ſie ſich in Küchen und an Backöfen und Heizungen gelegenen Räumlichkeiten. Be⸗ tritt man zu dieſer Zeit einen von ihnen bewohnten Platz, ſo ſieht man ſie in allen Größen, zwiſchen der einer kleinen Bettwanze und der Länge von 26 mm. „Die plötzliche Erſcheinung von Licht“, ſagt Taſchenberg, „jagt ſie weniger in Schrecken als das unerwartete Geräuſch des Eintretenden; eine vorbeiſummende Fliege, eine plötzlich vorüberlaufende Kelleraſſel, ein Heimchen können ſie gleichfalls außer Faſſung und zum Ausreißen bringen.“ Die Fortpflanzungszeit fällt nach unſeren Beobachtungen in die Zeit vom Juni bis zum September, mag aber vielleicht in der Nähe von Ofen und Heizanlagen auch zu anderen Perioden ſtattfinden. Das Weibchen ſchwillt dann merklich an, und bald ſehen wir an ſeiner Hinterleibsſpitze einen anfangs weißlichen, ſpäter aber ſich bräunenden Eierkokon hervor⸗ quellen, der jedoch nur ſo lange am Körper der Schabenmutter hängt, bis der Kokon voll⸗ kommen geſchloſſen und überall eine dunkel kaſtanienbraune Farbe angenommen hat. Dies pflegt im Laufe von wenigen Tagen der Fall zu fein, und die Kapſel, in der alsdann noch faſt ganz unentwickelte Eier, gewöhnlich in jeder Hälfte 8, im ganzen alſo 16, gelegen find, N ww. > 2 Deutſche Schabe. Orientaliſche Schabe. 75 fällt dann einfach zu Boden, ohne daß ſich die Mutter weiter um deren Schickſal kümmert. Die Angabe Pertys, daß es ein Jahr dauert, bis die Kleinen aus der Kapſel ſchlüpfen, dürfte im allgemeinen kaum zutreffen. Taſchenberg hat ſchon Bedenken dagegen geltend gemacht, und nach neueren Ermittelungen dauert es nahezu 3 Monate bis zum Ausſchlüpfen der Jungen. Daß die Küchenſchabe, die man auch häufig „Schwabe“ oder „Käfer“ nennen hört, 6 Küchenſchabe, Blatta orientalis L. Annähernd natürliche Größe. tatſächlich aus dem Morgenlande ſtammt, iſt keineswegs erwieſen. Wir wiſſen aber, daß es ihr ſchon längſt gelungen iſt, ſich in allen Erdteilen einzubürgern, daß ſie auf Schiffen keine Seltenheit iſt, und daß ihre harten Eierpakete ſich vorzüglich dazu eignen, mit Warenſen⸗ dungen und Packmaterial überall hin verſchleppt zu werden. Zuverläſſige Nachrichten über ihr Vorkommen in Europa reichen nach Taſchenberg jetzt etwa 170 Jahre zurück. Zur Vertilgung der kleinen Hausſchaben und der großen Küchenſchaben werden meiſt mit gutem Erfolge vergiftete, zuckerhaltige Brocken benutzt, die in der Nähe der Ritzen und 76 Geradflügler: Eierpaketler. 5 2 Spalten, in denen das Ungeziefer ſeine Schlupfwinkel hat, ausgelegt werden. Empfohlen werden Miſchungen von Arſenik, Mehl und Zucker, von Borax und Zucker oder von Phosphat⸗ paſte und Sirup. Auch die Neigung der Tiere, naſſe Stellen aufzuſuchen und gern Bier zu lecken, kann man ſich zu ihrer Vernichtung zunutze machen. Am beſten geſchieht dies in der Weiſe, daß man mit Bier gefüllte Schalen oder ähnliche Behälter auf den Boden ſtellt und den . Zugang zum Rande den Schaben möglichſt leicht macht. Letzterẽ pflegen dann zu kommen, trinken, werden berauſcht oder vom Dunſt der Flüſſigkeit betäubt, fallen hinein und ertrinken. Die Heimat der noch größeren Amerikaniſchen Schabe, Periplaneta americana L., ſind die tropiſchen und ſubtropiſchen Länder Amerikas. In der Lebensweiſe und Fort⸗ pflanzungsart gleicht die in beiden Geſchlechtern langgeflügelte Amerikanerin ihrem etwas kleiner bleibenden orientaliſchen Vetter. In Europa wurde fie zuerſt in den größeren Hafen⸗ ſtädten beobachtet, in die fie offenbar durch den Schiffsverkehr mit Waren eingeſchleppt worden iſt. Obwohl man ſie jetzt ſchon aus allen Erdteilen und auch bereits aus vielen Binnenſtädten kennt, ſo iſt ſie doch im allgemeinen in Deutſchland und anderen mitteleuro⸗ päiſchen Ländern bedeutend ſeltener als die beiden vorher beſchriebenen Arten. Wie ſchädlich die amerikaniſchen Schaben mitunter werden können, hat ſich in recht unangenehmer Weiſe einmal im Schatzamt zu Waſhington gezeigt, wo ihren vereinten Kräften zahlreiche wertvolle Einbände einer im dortigen Erdgeſchoß aufbewahrten Bibliothek zum Opfer gefallen ſind. Die Indiſche Schabe, Periplaneta australasiae V., iſt leicht an ihrer bunteren Fär⸗ bung zu erkennen. Der in der Mitte ſchwarze Halsſchild iſt weißgelb gerandet, und am 5 Grunde der großen, bei beiden Geſchlechtern den Körper überragenden braunen Flügel⸗ decken befindet ſich je ein ſchmaler, weißgelber Längsfleck. Die Larven ſind rötlichbraun, haben aber oberſeits an den Seitenrändern der Bruſt⸗ und Hinterleibsringe helle, gelbliche Flecke. An Größe ſteht dieſe Art der Amerikaniſchen Schabe kaum nach. Sie iſt urſprüng⸗ lich im nisch ane Gebiet zu Haus und wie ihre Verwandten jetzt ſchon in allen Erdteilen verbreitet. In Deutſchland iſt ſie nicht häufig, hat aber doch in Berlin und einigen anderen Städten in Gewächshäuſern durch Abfreſſen der zarten Triebe und Blütenteile von Orchideen und anderen Pflanzen hier und da Schaden angerichtet. Die verſchiedenen als Ungeziefer in Häuſern und Wohnungen vorkommenden Schaben⸗ arten fühlen ſich bei genügender Wärme auch im Freien wohl. Im Süden huſchen nachts a die großen Kakerlaken oder Amerikanischen Schaben über die Straßen, und in Gärten oder Feldern kann man in den Tropen unter Baumwurzeln und Steinen ganze Geſellſchaften der Indiſchen Schabe finden. Auch in den Wäldern Mitteleuropas leben verſchiedene kleinere Blattidenarten, von denen die Lappländiſche Schabe, Eetobia lapponica L. (Abb., S. 73), die bekannteſte iſt. Das glänzend ſchwarze, mit langen, dünnen Beinen und langen gelblich⸗ braunen Flügeln verſehene Männchen iſt ein zartes, bei heißem Wetter ungemein flüchtiges und behendes Inſekt, das ſich auf Geſtrüpp und Buſchwerk umhertreibt. Das Weibchen, deſſen kurze Flügeldecken den Hinterleib nur unvollkommen bedecken, iſt flugunfähig und lebt am Boden. Im hohen Norden ſiedelt ſich die Lappländiſche Schabe in Häuſern an und ſoll dort durch Befreſſen getrockneter Fiſche und Beſchädigen anderer Vorräte läſtig fallen. Weſentlich abweichende Lebensgewohnheiten haben ſich bei manchen Schaben der Tropenländer herausgebildet. Da find zunächſt die Schaben der Gattung Rhienoda Brunn. zu nennen, die auf Java, aber auch in anderen Gebieten der Tropenregion, heimiſch ſind und ihren Aufenthalt am Ufer von Bächen haben, in denen die flügelloſen Weibchen und die Larven beiderlei Geſchlechts, wie beobachtet wurde, ſchwimmen und gewandt tauchen können. ) eier — 2) u. 3) corve — 4) Erwachienes Tier. Amerikaniſche, Indiſche, Lappländiſche Schabe. — Fangſchrecken. 77 Im tropiſchen Amerika gibt es anderſeits eine Schabe, Sphecophila polybiarum Shelf., die ſich unbekümmert in den Neſtern von Polybia pygmaea Sauss. einquartiert, einer kleinen Weſpenart, die als äußerſt kriegeriſch bekannt iſt, jo daß es kaum ein anderes Tier wagen darf, ſich ihren Neſtern zu nähern. Gewiſſe Blattiden gehören zu den Nachahmern, wie die auf den Philippinen gefundene Prosoplecta coccinella Sauss., die man bei flüchtiger Be⸗ trachtung mit manchen Marienkäfern oder Coccinellen verwechſeln kann, während eine an⸗ dere, im tropiſchen Weſtafrika heimiſche Schabenart, Eustegasta buprestoides Walk., mit ihrem metalliſch grünglänzenden Körper, der auf den Flügeldecken vier große gelbrote Flecke hat, an Prachtkäfer erinnert. Auch in der Fortpflanzungsweiſe gibt es manches Bemerkenswerte. Der amerikaniſche & Gelehrte Riley hat zuerſt feſtgeſtellt, daß es auch lebendig gebärende Schaben gibt, denn bei einer grasgrünen, im tropiſchen Amerika weitverbreiteten Art, Panchlora viridis Burm., beobachtete er, daß die Eier, die in dieſem Falle nur von einem ganz unvollkommenen Kokon umhüllt werden, ihre ganze Entwickelung in der Bruttaſche der Mutter durchlaufen, aus derem Hinterende die Jungen nachher herausſpazieren. Die Weibchen einer anderen, auf Java und Ceylon vorkommenden Art, Phlebonotus pallens Serv., bilden zwar vollſtändige Eierkokons, nehmen aber dann ihre Jungen in einem Brutraum auf, der ſich zwiſchen ihren hochgewölbten Flügeldecken und dem napfförmig ausgehöhlten Hinterleibsrücken befindet. Die Fangſchrecken oder Gottesanbeterinnen (Mantidae) ſind verhältnismäßig große, heuſchreckenähnliche Inſekten, die nur in ſüdlichen Ländern und in von beſonders mildem Klima begünſtigten nördlicheren Erdſtrichen vorkommen. Ihr ſchlanker, etwas abgeflachter Körper iſt nicht ſehr feſt chitiniſiert, ſondern bleibt namentlich am Hinterleibe ziemlich weich⸗ häutig. Die faſt immer ſtark verlängerte Vorderbruſt, die häufig mit ſeitlichen, lappen⸗ artigen Verbreiterungen verſehen iſt, gibt dem Tier ein recht ſonderbares Ausſehen. Da der frei vorſtehende, mit zwei Fühlern, zwei großen Facettenaugen und in der Regel auch mit drei Stirnaugen ausgeſtattete Kopf ſehr beweglich mit der Vorderbruſt verbunden iſt, ſo können die Fangſchrecken ihren Kopf beliebig nach allen Richtungen drehen und wenden Ei: und find ſomit imſtande, ohne ſich vom Platze zu rühren, alle Vorgänge in ihrer Nähe auf- 2 IB Fe merkſam mit den Augen zu verfolgen. Diejes ſonderbare Benehmen der Fangſchrecken im Verein mit ihrer ungewöhnlichen Körpergeſtalt verleiht ihnen ein gewiſſes liſtiges und ver- ſchmitztes Ausſehen, das man bei anderen Inſekten, zumal bei ihren nächſten Verwandten, den plumpen Schaben, vergeblich ſuchen wird. i Die Flügel legen ſich in der Regel über den ganzen Hinterleib hinüber und werden in der Ruhelage gewöhnlich ſo getragen, daß der Oberflügel der einen Seite den anderen Ober⸗ flügel und die beiden Unterflügel überdeckt. Einige Arten, wie das langgeſtreckte, mit ſeinem ſtabförmigen Körper an Geſpenſtſchrecken erinnernde Weibchen der ſüdafrikaniſchen Pyrgo- mantis singularis Gerst., haben nur ganz kurze Flügelrudimente und ſind flugunfähig. Die übrigen, mit wohlentwickelten großen Flügeln verſehenen Fangſchrecken ſind aber gleichfalls ſchlechte Flieger, die ihre Flugwerkzeuge nur wenig benutzen, jedenfalls nie ausdauernd fliegen. Die vier ſchlanken hinteren Beinpaare leiſten beim Umherklettern im Bodengeſtrüpp oder im Geäſt von Bäumen und Sträuchern gute Dienſte und können in einigen Fällen auch zum Springen benutzt werden, wie die von der Künſtlerhand Morins lebenswahr ausgeführte Farbentafel zeigt, auf der die Larve des indiſchen Hymenopus coronatus gerade im Begriff ſteht, einen gewaltigen Satz von einem Blatt zu einem etwas höher befindlichen Zweige 78 Geradflügler: Cierpaketler. 45 auszuführen. Die wichtigste Eigentümlichkeit der Fangſchrecken beſeeht in der Umbildung der beiden Vorderbeine zu zwei mächtigen Fangarmen, die die Fangſchrecken gewöhnlich hoch emporgerichtet halten, ſo daß ihre Stellung etwas an die eines Betenden erinnert, der flehentlich beide Arme zum Himmel emporhebt. Dieſes fromme Gebaren hat den Fang⸗ ſchrecken den Namen Gottesanbeterinnen eingetragen, eine Bezeichnung, die ſich in ver⸗ ſchiedenen europäiſchen Sprachen wiederfindet, aber im ſonderbaren Widerſpruch zu der un⸗ erſättlichen Raubgier und Mordluſt der Fangſchrecken ſteht. Die Europäiſche Gottesanbeterin, Mantis religiosa L., gehört zu 9 Formen, bei welchen der hintere Teil der e eine erhabene Längsleiſt trägt. Bei⸗ den Geſchlechtern kommen wohlent⸗ nete Weibchen über 7 em errei⸗ chen. Das ſchlan⸗ chen wird etwa man graubraune Stücke, ſeltener ſolche von hellgelb⸗ licher Färbung. Die Farbe braucht aber bei ein und demſelben Tier nicht immer die gleiche zu bleiben, ſie kann im Laufe des Lebens von Grün zu Braun oder umgekehrt abändern, doch ſind die jüngſten Stadien wohl ſtets bräunlich gefärbt. Über die Urſachen der verſchiedenen Färbung bei den Fangſchrecken ſind wir noch im unklaren, ſo viel dürfte aber feſtſtehen, daß größere oder geringere Feuchtigkeit oder Temperaturunterſchiede keine dauernden Umänderungen der Europäiſche Gottes anbeterin, Mantis religiosa L., und ihr Eikokon. . Größe. wickelte Flügel zu. Das durch ſeinen plumpen Hinter⸗ leib gekennzeich⸗ kann die ſtattliche Körperlänge von ker gebaute Männ- 4 Bem groß. Die Körperfarbe iſt verſchieden. In der Regel findet 3 oder grasgrüne 5 d Farbe verurſachen, wie auch die Farbe der Umgebung ohne Einfluß auf die Tiere bleibt. En, Die Europäiſche Gottesanbeterin ift im ganzen ſüdlichen Europa weit verbreitet. Sie liebt trockene, ſonnige, mit Geſtrüpp und niederem Gebüſch bedeckte Orte. Im ſüdweſtlichen Deutſchland hat man die Gottesanbeterin an verſchiedenen Stellen gefunden, z. B. im s Elſaß, bei Frankfurt a. M. und in Baden bei Freiburg. Auch im Staate Neuyork hat ſie ſich eingebürgert, wahrſcheinlich durch europäiſche Gewächſe verſchleppt. Die Gottesanbeterin klettert gewandt mit ihren langen Beinen an Ranken und Zweigen umher oder ſitzt minuten⸗ lang unbeweglich und wartet mit aufgerichteten Fangarmen auf den Moment, wo ein Käfer⸗ chen oder eine Fliege ahnungslos in ihre Nähe kommt. Gierig wendet die Räuberin ihren S 8 ar CR TE EN! e RT BE N a d T HEHE F 2 8 5 3 N W N * RR N „ ne ED Mech BE 5 DN 4 8 5 0 Europäiſche Gottesanbeterin. Kronenfangſchrecke. 79 Kopf nach der Richtung hin, von der die erhoffte Beute naht, verfolgt das Opfer unabläſſig mit den Augen, ſchleicht unter Umſtänden auch vorſichtig, geradezu katzenartig heran und lauert auf den Zeitpunkt, in dem die Fangarme mit Erfolg verwendet werden können. Mit einem Male haut ein Fangarm zu und klemmt das unglückliche Opfer zwiſchen den beſtachel⸗ ten Oberſchenkel und die meſſerartig eingeſchlagene, mit ſcharfen Stachelzähnen bewehrte Schiene ein. Ein Entrinnen iſt nun nicht mehr möglich. Erforderlichenfalls hilft aber der andere Fangarm noch einmal nach, dann wird die Beute gemächlich zum Munde geführt und verſpeiſt. Iſt dies geſchehen, ſo reinigt die Gottesanbeterin ihre Fangarme, zieht die langen Fühler durch den Mund und putzt ſich, bis ſie, auf neue Beute lauernd, die frühere Stellung wieder einnimmt. Beim Nahen des Menſchen flüchten die Gottesanbeterinnen meiſtens nur langsam und ſind daher im allgemeinen leicht zu fangen. Mit der Hand ergriffen, ſetzen ſie ſich aber zur Wehr und ſchlagen wütend mit ihren Fangwerkzeugen auf die Finger ein, wobei große aus⸗ ländiſche Arten angeblich die Haut durchdringen können. Gewiſſe tropiſche Mantiden ſollen, wie es heißt, ſogar auf kleine Vögel und Eidechſen Angriffe unternehmen, und Tomala ſah, wie Reuter mitteilt, ſelbſt einmal unſere europäiſche Mantis religiosa eine Eidechſe von 8 em Länge fangen und verzehren. Von der Wildheit und Mordgier der Fangſchrecken wiſſen überhaupt alle zu berichten, die dieſe merkwürdigen Inſekten in der Gefangenſchaft oder im Freien beobachtet haben. Daß das Männchen nach kaum vollzogener Vereinigung mit dem größeren Weibchen von dieſem gepackt und nach und nach aufgefreſſen wird, iſt gar nichts Außergewöhnliches und ſcheint auch bei der Europäiſchen Gottesanbeterin die Regel zu ſein. Im engen Terrarium iſt es überhaupt nur unter beſonderen Vorſichtsmaßregeln möglich, Männchen und Weibchen zuſammenzubringen. Przibram, der mit der Agyptiſchen Gottes⸗ anbeterin, Sphodromantis guttata Thunb. (Hierodula), Verſuche machte, jagt, daß er dem Weibchen immer erſt die beiden Fangarme zuſammenbinden mußte, um dem liebeſuchenden ſchwächeren Männchen das traurige Schickſal zu erſparen, von ſeiner Auserwählten ſchon beim allererſten Annäherungsverſuche getötet und verſpeiſt zu werden. Alle Fangſchrecken ſcheiden beim Ablegen ihrer Eier eine ſchaumige Drüſenmaſſe aus; dieſe bekommt unter dem Einfluß der Luft bald Feſtigkeit und erſtarrt zu einem je nach der Art mehr länglichen oder rundlichen Kokon, der gewöhnlich an einem Stein oder Zweig be- feſtigt iſt. Im Inneren der hart gewordenen, etwa blätterteigartigen Maſſe ſind zahlreiche Eier in regelmäßigen Reihen angeordnet, während in den äußeren Teilen des Kokons Luft⸗ kammern enthalten ſind. Bei der Europäiſchen Gottesanbeterin überdauern die Kokons den Winter, bei tropiſchen Arten dagegen die Trockenperiode. Die Jungen ernähren ſich in den erſten Lebensſtadien von zarten, kleinen Inſekten, namentlich von Blattläuſen, und wachſen nach und nach, bei der oben erwähnten ägyptiſchen Fangſchrecke unter 10, bei der Euro⸗ päiſchen Gottesanbeterin unter 7—8 Häutungen, zum fertigen Tiere heran. Die Kronenfangſchrecke, Hymenopus coronatus Ol., iſt eine prächtige Art von zart gelblichweißer Farbe, mit großen, lappenförmigen Erweiterungen an den Beinen. Oben auf dem Kopf ſitzt eine Art Krone, beſtehend aus drei zackenartigen Erhebungen. Von letz⸗ teren ſteht die eine genau in der Kopfmitte, während die beiden anderen an den Kopfſeiten angebracht ſind und an ihrer Oberfläche faſt vollſtändig von den Fazettenaugen bedeckt wer⸗ den, die auf dieſe ſeitlichen Kopfzacken hinaufgerückt ſind. So ſieht die Kronenfangſchrecke, die im weſtlichen Java auf Blütenſträuchern allerorten zu finden iſt, merkwürdig genug aus. Von den eigentümlichen ſpringenden Larven, die ohne Mühe 20—30 cm weite Sätze machen, 80 Geradflügler: Eierpaketler. Geſpenſtſchrecken. war bereits oben die Rede. Sie ſind weiß oder rötlich gefärbt und halten ſich gern auf blühen⸗ den Sträuchern auf, ohne jedoch gerade Blüten von entſprechender Farbe zu bevorzugen. In Deutſch-Oſtafrika kommt die Teufelsblume, Idolum diabolicum Sauss., vor, eine der ſonderbarſten Fangſchrecken, die mit ihrem unſcheinbaren grünlichen Körper kaum zu ſehen iſt, wenn ſie ſich zwiſchen den Blättern irgendeines Strauches verbirgt, um dort auf Beute zu lauern. Das Tier hat hierbei die Gewohnheit, ſeine beiden am Grunde ver⸗ breiterten und prächtig gefärbten Fangarme hoch emporzuſtrecken, die, in dieſer Weiſe zu- ſammengehalten, ganz den Eindruck einer ſchönen, bunten Blüte machen. Wehe aber der unglücklichen Fliege oder dem harmloſen Schmetterling, die ſich verleiten laſſen, dieſer ſo 3 verführeriſch ausſehenden Blume einen Beſuch abzuſtatten. Sie find rettungslos verloren, denn der Räuber, der nur auf ihr Näherkommen wartet, weiß ſie mit ſicherem Griffe zu packen, während er Weſpen, Bienen oder durch widrige Säfte geſchützte Schmetterlinge wohlweislich verſchmäht. In der felſenzerklüfteten Umgebung von Saida im Orangebiete beobachtete Voſſeler eine andere blumennachahmende Fangſchrecke, Empusa egena Charp., die, auf einem Stein ſitzend, eine grünlichweiße, an den Rändern und am Grunde roſarote Windenblüte ſo täuſchend nachahmte, daß er das Tier, wie er ſagt, beſtimmt überſehen hätte, wenn es ruhig ſitzengeblieben wäre. „Die Beine waren weit geſpreizt, der Kopf und Thorax nach unten gerichtet, etwa als Stiel der Blüte, die zart gefärbten und leicht geäderten Flügel über dem ſchräg in die Höhe gerichteten Hinterleib leicht auseinandergefaltet. In dieſer 8 Stellung fing das Tier bei jeder Annäherung an, den Hinterleib und die Flügel hin und her zu bewegen, offenbar, um eine vom Wind geſchaukelte Blume vorzutäuſchen.“ Einige Mantiden haben noch nicht die geſtreckte verlängerte Vorderbruſt der übrigen Arten und erinnern in ihrem Körperbau daher mehr an Blattiden. Wir erwähnen von dieſen abweichenden Formen die merkwürdige Eremiaphila turcica Westw., eine graubraune Fang⸗ ſchrecke, die auf dem ſonnendurchglühten, trockenen Wüſtenſande Agyptens lebt. | 8. Ordnung: Geſpenſtſchrecken (Phasmoidea). In den Geſpenſtſchrecken (Phasmoidea) tritt uns ein wahres Rieſengeſchlecht ent⸗ c gegen, das in ſeiner ungeſchlachten Schwerfälligkeit unwillkürlich an die längſt ausgeſtorbenen Paläodiktyopteren der Steinkohlenperiode erinnert und mit ſeinen abenteuerlichen Körper⸗ formen gar nicht mehr ſo recht in unſere heutige Inſektenwelt hineinpaſſen will. Zu den 5 Geſpenſtſchrecken gehören die größten Inſekten der Jetztzeit. Manche Arten, z. B. Weibchen aus den Gattungen Palophus Westw. und Phryganistria Stab., erreichen die für Landkerfe | höchſt ungewöhnliche Körperlänge von 476 m, während die zu den kleinſten ihres G e⸗ ſchlechtes gehörenden Männchen von Abrosoma Redtb. oder Anisomorpha Gray mit 1½ bis 2 em Körperlänge doch auch noch keineswegs unanſehnlich zu nennen ſind. Alle Geſpenſtſchrecken ſind Pflanzenfreſſer mit kauenden Mundteilen. An dem ſehr verſchiedenartig geſtalteten, bald wie ein Binſenhalm ſchlanken, bald wie ein Pflanzenblatt . flachen und breiten Körper ſitzt ein beweglicher Kopf mit zwei zuſammengeſetzten Augen und öfters noch 2—3 Punktaugen, die jedoch den flugunfähigen Arten meiſt fehlen. Die Fühler find verſchiedenartig geſtaltet. Die Vorderbruſt iſt ſtets kurz, die Mittelbruſt kann jeher lang werden, während Hinterbruſt und erſter Hinterleibsring ſich ſo eng aneinanderfügen, daß letzterer gewiſſermaßen noch einen zur Bruſt gehörigen Beſtandteil bildet. Dieſer erſte, als Medianſegment bezeichnete Hinterleibsring pflegt bei den geflügelten Formen länger oder 4 wenigſtens ebenſo lang zu fein wie die Hinterbruft, während bei den ungeflügelten Formen een Enn 8 = Fe) ne [SV] m = u ti c * * * sur: * fi e eee 9 1 ne “er IE; Y 1 _ Teufelsblume. Roſſis Geſpenſtſchrecke. 81 das Längenverhältnis zwiſchen den beiden Teilen recht verſchieden iſt. Die manchmal ſtark entwickelten und mit einem reichen Aderſyſtem verſehenen Flügel ſpielen bei den Geſpenſt⸗ ſchrecken im allgemeinen keine große Rolle, abgeſehen davon, daß auch an flügelloſen oder nur mit kurzen, verkümmerten Flügeln verſehenen Arten kein Mangel iſt. Die langen, fünfgliederige Füße tragenden Beine dienen nur zum langſamen, bedächtigen Schreiten. In ihrem ganzen Benehmen laſſen ſich die trägen Geſpenſtſchrecken vielleicht noch am eheſten mit Faultieren vergleichen. Stundenlang ſieht man ſie faſt regungslos im Ge⸗ ſtrüpp oder Geäſt hängen, bis ſchließlich einmal wieder etwas Leben in den großen Körper kommt, was namentlich nachts der Fall iſt. Dann werden bedächtig die beiden langen Vorder⸗ beine wie Greifhände ausgeſtreckt, langſam folgt der Rumpf mit den übrigen Beinen nach, und iſt dann ein Blatt gefunden, ſo wird es ganz gemächlich mit den Kiefern gepackt und vom Rande her allmählich verſpeiſt. Viele Geſpenſtſchrecken, beſonders die ſchlanken, wie ein Pflanzenhalm ausſehenden Arten, haben die Gewohnheit, in der Ruhe ihre beiden Vorder⸗ beine nach vorn ausgeſtreckt zu halten und ſie dabei ſo dicht an den Kopf anzulegen, daß ſie ihn vollkommen einſchließen. Da die Vorderbeine zu dieſem Zweck am Grunde etwas auswärts gekrümmt ſind, fo iſt in der geſchilderten Stellung vom Kopf überhaupt nichts mehr zu ſehen, und Vorderbeine und Rumpf ſehen wie ein einziger langer Stab aus. Der Hinterleib trägt am Ende zwei ungegliederte Raife. Beim Männchen verbirgt die neunte Bauchplatte die Geſchlechtsöffnung, beim Weibchen iſt die achte Bauchplatte als „Lamina subgenitalis“ löffelförmig verlängert und dient zum vorübergehenden Feſthalten der großen Eier. Sobald eines derſelben ausgereift iſt, quillt es aus dem Körper hervor, hängt eine kurze Zeit an dem löffelförmigen Vorſprung und fällt dann zu Boden. Das Weib⸗ chen verwendet jedenfalls, von wenigen Arten abgeſehen, die ihre Eier an Stengel oder Blätter kleben, auf die Eiablage nicht die mindeſte Sorgfalt, es läßt die Eier einfach herab⸗ fallen, unbekümmert darum, ob es ſich dicht über dem Erdboden oder hoch oben im Wipfel eines tropiſchen Waldrieſen befindet. Der Sturz aus beträchtlicher Höhe ſchadet aber den Eiern nichts, weil ſie eine überaus harte Schale haben. Von Geſtalt ſind ſie ſehr verſchieden und gleichen im Ausſehen oft weit mehr Pflanzenſamen als Inſekteneiern. Von dem inneren Bau der Geſpenſtſchrecken ſind beſonders das Vorkommen eines Kropfes am Vorderdarm ſowie die eigentümliche Bildung des Mitteldarms erwähnenswert, der in ſeiner hinteren Hälfte mit vielen langen, dünnen Blindſchläuchen beſetzt iſt. Die Zahl der Malpighiſchen Gefäße iſt groß. Über die Abſtammung der Geſpenſtſchrecken ſind wir noch ſehr im unklaren. Handlirſch meint, ſie auf langbeinige, heuſchreckenähnliche Formen, die Chresmodidae, zurückführen zu können, die in der Juraperiode lebten und mutmaßlich auf der Oberfläche ſtehender Gewäſſer herumliefen. Die heutigen Arten zerfallen in zwei große Unterabteilungen, die Areolata, deren Mittel- und Hinterſchienen auf der Unterſeite ein am hinteren Ende befindliches, deutliches dreieckiges oder ovales Feld beſitzen, und die Anareolata, bei denen dieſes Feld fehlt. 1. Unterordnung: Areolata. Den Areolata gehört eine der bekannteſten Stabſchrecken an, der in ganz Südeuropa und Nordafrika verbreitete Bacillus rossii F. (domesticus), ein in beiden Geſchlechtern vollkommen flügelloſes Tier von grüner oder gelblicher Färbung. Im Gegenſatz zu den Weibchen, die eine Größe von 10 em erreichen können und ſtellenweiſe auf Geſtrüpp und Buſchwerk ſehr häufig vorkommen, ſind die etwas kleiner bleibenden Männchen ſelten und Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 6 82 Geradflügler: Geſpenſtſchrecken. T werden nur hin und wieder einmal gefunden. In Deutſchland wird Bacillus rossii von Lieb⸗ f habern oft in Gefangenſchaft gehalten; er ſtellt keine großen Anſprüche, iſt mit Blättern von Roſen, Brombeeren und anderen Pflanzen zufrieden und läßt ſich auch leicht zur Fort⸗ pflanzung bringen, die in der Regel allein ohne Anweſenheit von Männchen auf partheno⸗ genetiſchem Wege erfolgt. Aus den BO er Walen er = — —— — Roſſts Gefvenrlärens, Bacillus rossii F. ange Größe, Eiern gehen, ſoviel man weiß, ſtets nur weibliche Tiere hervor, und zwar hat man auf dieſem | Wege ſchon mehr als 20 aufeinanderfolgende Generationen von Weibchen zuchten können. Ahnliches iſt auch von vielen anderen Geſpenſtſchrecken bekannt. Eine zweite, ebenfalls bei anderen Stabſchrecken wiederkehrende Eigentünlichleit unſeres Bacillus iſt die Fähigkeit, verlorengegangene Gliedmaßen wieder zu erſetzen, wenig⸗ ſtens ſo lange, wie ſich das Tier noch häuten kann. Beine werden gewöhnlich ſchon bei der nächſten Häutung erſetzt, dann aber nur mit vier Fußgliedern ſtatt der urſprünglichen fünf. 4 Wandelndes Blatt und Wandelnder Ait. I) Phyllium siccifolium L. & — 2) Phyllium siccifolium L. & — 2) Cyphocrania gigas I. — 4) Larven von Phyllium siccifolium J. — 5) €ier von Cyphocrania gigas L. Stabſchrecken. Wandelndes Blatt. 83 Bei Bacillus iſt an den Vorderecken der Vorderbruſt je eine Drüſe vorhanden, von der ein beſonderer Saft ausgeſchieden wird. Bei manchen tropiſchen Arten gewinnen dieſe Vorderbruſtdrüſen als Stinkdrüſen eine wichtige Bedeutung zum Abſchrecken von Feinden. So lebt in Südamerika eine verhältnismäßig kleine, nur 2—3,5 em lange Art, Autolyca bogotensis Stal., mit verkümmerten Flugwerkzeugen, die aus dieſen Drüſen eine ſcharfe, milchige Flüſſigkeit ungefähr fußweit ausſpritzen kann. Eine verwandte nordamerikaniſche Art, Anisomorpha buprestoides Stal., ſoll nach Art der Bombardierkäfer einen ſcharfen Dampf ausſtrömen laſſen, der auf der menſchlichen Haut unangenehm brennend wirkt, und von dem in den Urwäldern Braſiliens heimiſchen, mit langen Fühlern und langen Unter⸗ flügeln verſehenen Phasma putidum Bates wird ſogar berichtet, daß er die ganze Umgebung mit ſeinem Drüſenſaft derartig verſtänkert, daß man es in ſeiner Nähe kaum aushalten kann. Zu der im tropiſchen Amerika durch mehrere Arten vertretenen Gattung Prisopus Serv. gehören ganz ſonderbare Stabſchrecken mit großen Deckflügeln, langen Unterflügeln und breiten, mit Wimperhaaren beſetzten Beinen. Sehr eigenartig iſt auch ihre Lebensweiſe. Tagsüber ſitzen ſie nämlich unter Waſſer und halten ſich in Gebirgsbächen verborgen, wobei ihnen ihr flacher, unterſeits tief ausgehöhlter Leib ſehr zuſtatten kommt, mit dem ſie ſich bequem an Steine andrücken können. In dieſer Lage können fie, wie man an P. flabelli- formis Sauss. beobachtet hat, ſtundenlang ziemlich unbeweglich verharren. Erſt nachts ver⸗ laſſen die Prisopus gewöhnlich ihre naſſe Ruheſtätte, kommen heraus und ſollen dann mit⸗ unter auch von ihren Flügeln Gebrauch machen und an den Bachrändern fliegen. Sehen alle bisher beſprochenen Geſpenſtſchrecken wie wandelnde Pflanzenhalme oder lebendige Aſte aus, ſo verdienen verſchiedene andere, die alle eine flache, breitgedrückte Form und vorherrſchend grasgrüne Farbe haben, mit vollſtem Rechte Wandelnde Blätter zu heißen. Zu den häufigſten Arten gehört das in Oſtindien und den benachbarten Inſeln heimiſche dürre Wandelnde Blatt, Phyllium siccifolium L., das wir auf der beigehefteten Farbentafel dargeſtellt finden. Wer Gelegenheit hatte, dieſe ſchwerfälligen grünen Tiere, deren Männchen ſich nur zeitweiſe einmal in die Luft ſchwingen, lebend zu ſehen, wird es auch recht gut verſtehen können, daß die Eingeborenen in manchen Gegenden Indiens feſt davon überzeugt ſind, die Phyllien wüchſen auf den Bäumen und ſeien aus wirklichen Blättern entſtanden, die dann Beine bekommen hätten und daher laufen könnten. Auch die großen, graubraunen Eier ſehen bei Phyllium eigenartig genug aus, weil ſie mit ihren rippenartigen Vorſprüngen in auffallender Weiſe gewiſſen Pflanzenſamen gleichen. Merkwürdig iſt dabei, daß ſogar die harte, dicke Schale dieſer Eier in ihrer Struktur an gewiſſe pflanzliche Rinden⸗ gewebe erinnert. Die aus den Eiern auskriechenden jungen Phyllien ſind anfangs noch nicht grün, ſondern wie der Eidotter rötlich gefärbt. 2. Unterordnung: Anareolata. Aus der zweiten Gruppe der Geſpenſtſchrecken können wir die ſtattliche Cyphocrania gigas L. namhaft machen, die auf der Farbentafel zuſammen mit dem Wandelnden Blatt abgebildet iſt. Die durch ihre blattförmigen Raife ausgezeichnete Art wird bis 17 cm lang und iſt im ganzen indiſchen Gebiet verbreitet. Dem gleichen Verwandtſchaftskreiſe gehören einige andere Stabſchrecken an, die zeitweilig als Pflanzenſchädlinge hervorgetreten find. Dies gilt beiſpielsweiſe für die im Süden Nordamerikas und in Mexiko verbreitete Diapheromera femorata Say., welche ſchon mitunter in ſolchen Maſſen an Eichen aufgetreten : 6* 84 Geradflügler: Springſchrecken. iſt, daß die Tiere kaum ein grünes Blatt mehr übriggelaſſen haben. Die Eier aber, welche die Weibchen bei ſolchen Gelegenheiten auf den harten Erdboden hinunterfallen ließen, ſollen dann zeitweilig das Geräuſch praſſelnder Regentropfen verurſacht haben. Während die genannte Diapheromera in Nordamerika auch ſchon den Gartenroſen mitunter übel mit⸗ geſpielt hat, jo wird auf den Südſeeinſeln Graeffea coceophaga Newp., eine Stabſchrecke mit kurzen, ſchuppenförmigen Oberflügeln und roſaroten, ſtark verkürzten Unterflügeln, zu einem argen Schädling an Kokospalmen. Ebenſo ſind in Auſtralien ſchon manchmal meilen⸗ weit alle Eukalyptusbäume durch den mit breiten Flügeln und ſehr langen Endraifen ver⸗ ſehenen Podacanthus wilkensoni M. L. kahl gefreſſen worden. Schließlich mögen auch noch die ſtattlichen flügelloſen Euryacantha-Arten erwähnt werden, die an den Schenkeln und Schienen der Hinterbeine mit langen, ſpitzigen Dornen bewehrt ſind. Es ſind lichtſcheue Tiere, die ſich auf Neuguinea und einigen Inſeln der Südſee in der Urwaldregion im ſumpfigen Dickicht der Sagopalmen oder an ähnlichen feuchten, ſchattigen Stellen an Baumäſten und Schlinggewächſen aufhalten. Wenn man ſie aber dort fangen will, ſetzen ſich die Männchen zur Wehr und ſollen ſich, wie behauptet wird, dadurch verteidigen, daß ſie mit ihren dicken, ſtacheligen Hinterbeinen recht unangenehme Schläge austeilen. 9. Ordnung: Springſchrecken (Saltatoria). Von verſchwindend wenigen Ausnahmen abgeſehen, find die Springſchrecken (Salta- toria) landbewohnende Inſekten, die mit ihren kräftigen kauenden Mundteilen teils räuberiſch von anderen Kerftieren leben, teils ſich von weichen Pflanzenſtoffen oder Sämereien ver⸗ ſchiedener Art ernähren. Die drei Bruſtringe find bei ihnen deutlich geſondert. Mittel- und Hinterbruſt tragen die beiden Paare von Flügeln, deren vorderes zu pergamentartigen oder lederähnlichen Decken (Tegmina) umgeſtaltet iſt, während das reich geaderte hintere Flügel⸗ paar zarthäutig bleibt. Das Flugvermögen ſteht aber im allgemeinen auf keiner hohen Stufe, denn wenn wir von den flugtüchtigen Wanderheuſchrecken abſehen, die bei ihren Reiſen oft weite Landgebiete und Meeresteile überfliegen, ſo ſind die Springſchrecken im Fliegen verhältnismäßig wenig ausdauernd und begnügen ſich meiſt damit, nur ziemlich kurze Strecken mit heftigen flatternden Flügelſchlägen zurückzulegen. Viele benutzen ihre 8 Flügel hauptſächlich als fallſchirmartige Einrichtungen, anderen Arten, bei denen die Flügel verkümmert ſind oder fehlen, geht das Flugvermögen gänzlich ab. An den Mund⸗ teilen fällt neben der deutlichen Ausbildung der klappenartigen Oberlippe die kräftige Ent⸗ wickelung der Vorderkiefer auf. Die Mittelkiefer haben fünfgliederige, die Unterlippe hat dreigliederige Taſter. Am Ende des zehngliederigen Hinterleibes ſind zwei gegliederte, ſpießförmige oder zapfenartige Raife angebracht. Zwei weitere kurze, ungegliederte Fort⸗ ſätze, die ſogenannten Griffel oder Styli, können beim Männchen an der neunten Bauch⸗ platte entwickelt fein. Die Weibchen haben einen aus drei Paaren von Geſchlechtsanhängen beſtehenden Legeapparat, der entweder kurz bleibt oder eine dünne, lange, am Hinterende weit vorſtehende Legeröhre bildet. Die Beine ſind nicht gleichmäßig geſtaltet, denn das dritte Paar uber die beiden vorderen ſtets an Länge und enthält in der Regel in den verdickten Oberſchenkeln eine kräftige Sprungmuskulatur. Das Sprungvermögen kommt den Tieren nicht nur, wenn ſie auffliegen wollen, zum Abſtoßen vom Boden zuftatten, ſondern ift für fie vor allem ein wichtiges Mittel, um ſich bei Gefahr raſch in Sicherheit bringen zu können. Oft genug genügt ſchon ein kleiner Satz, um den Springer wie mit einem Zauberſchlage verſchwinden zu laſſen, weil es wegen nn nenne ee ER re rt = ſpäter, wenn die Flügel hervorkommen, Laubſchrecken. 85 der Seen Schutzfärbung, die die meijten Arten haben, gewöhnlich gar nicht leicht iſt, den Flüchtling in der ähnlich gefärbten Umgebung wieder zu entdecken. An Verteidigungseinrichtungen fehlt es den Springſchrecken nicht. Einige Arten be⸗ nutzen ſogar ihr eigenes Blut zum Abſchrecken der Feinde, andere ſuchen ſich im Notfalle durch Beißen zu wehren. Am häufigſten wenden unſere Tiere aber die Methode der Selbſt⸗ verſtümmelung an und überlaſſen ihrem Angreifer, von dem ſie ſich gepackt fühlen, ein Bein, um ſelbſt in ſchleuniger Flucht das Weite zu ſuchen. Das Abbrechen der Beine kann um ſo leichter erfolgen, als zwiſchen Hüfte und N 1 Schenkelring faſt immer nur eine ganz lockere Verbindung beſteht. Sind die Sprungbeine ganz verloren gegangen, ſo werden ſie meiſt nicht wieder erſetzt, waren aber nur die Füße abgebrochen, ſo werden ſie, ebenſo wie abgebrochene Fühler, zwar bei der nächſten Häutung ergänzt, erſcheinen jedoch zunächſt im⸗ mer erſt mit einer etwas verringerten Zahl von Gliedern. Die aus den Eiern ſchlüpfenden Jugendformen oder Larven ſind an⸗ fangs noch vollſtändig flügellos. Auch erſcheinen dieſe anfangs nur wie kleine Stummelchen, die ſich dann erſt nach und nach bei jeder folgenden Häutung vergrößern, bis ſie ſchließlich beim fer⸗ tigen Tier das endgültige Ausſehen er⸗ langen. Bei den Larven ſind die Flü⸗ gelanlagen immer derartig geſtellt, daß die Unterflügel die Oberflügel bedecken, 1 a während ſich beim ausgewachſenen Tiere Zirvendes Man Sen Ze . ee das entgegengeſetzte Lageverhältnis fin⸗ det. Außer den Flügeln fehlt bei den Larven anfangs auch immer der Legeapparat, der bei den Weibchen ebenfalls erſt nach und nach zur Entwickelung gelangt. Man kennt echte Springſchrecken erſt aus der Liaszeit, in der die merkwürdigen Elca- nidae und Locustopsidae gelebt haben, heuſchreckenartige Formen von niederer Organi⸗ ſation, die von Zirporganen noch keine Spur beſaßen. Häufiger werden die Funde in den ſpäteren Juraſchichten und namentlich in den Ablagerungen der Tertiärzeit, in der es ſchon eine Fülle den heutigen zum Teil recht naheſtehender Arten gab. Die jetzigen Spring⸗ ſchrecken laſſen ſich in drei Familien unterbringen, die von verſchiedenen neueren Forſchern freilich ſchon wieder als eigene Ordnungen angeſehen werden. Die Laubſchrecken oder Säbelſchrecken (Locustidae, Tettigonidae), haben lange, fadenförmige, den Kopf ſtets an Länge übertreffende, mehr als dreißiggliederige Fühler und viergliederige Füße. Der Kopf ſteht ſenkrecht und trägt ein Paar großer Facettenaugen, Mi. 86 | Geradflügler: Springſchrecken. während Punktaugen häufig fehlen. Die kräftige, frei bewegliche Vorderbruſt iſt oben manch⸗ mal mit einer Längsleiſte oder einem helmartigen Fortſatz verſehen. Die Flügel werden vom Männchen nicht nur zum Fliegen, ſondern auch als Muſikinſtrumente benutzt. So iſt z. B. bei den bekannten großen grünen Heupferden der Gattung Locusta Deg. an der Unterſeite des linken, in der Ruhelage oben befindlichen Flügels, und zwar unten am Grunde desſelben, eine dicke, breite Ader als Schrillader ausgebildet und trägt einen Firſt mit kräftigen queren | Chitinleiſten. Am Grunde der rechten Flügeldecke bemerken wir jtatt deſſen (. Abb., ©. 85) eine dünnhäutige, ringsum von kräftigen Adern umſäumte Stelle, den „Spiegel“, neben dem eine ſcharfe Chitinſchneide angebracht iſt. Werden die Decken beim Zirpen gehoben und gegeneinander bewegt, ſo gleitet die Schrillader über die Schneide und verſetzt dieſe ſamt dem Spiegel in tönende Schwingungen. Bei ge Arten kommt ein ſolcher Stridulations⸗ apparat nicht nur dem Männ⸗ chen, ſondern auch dem Weib⸗ chen zu, manche andere Ar⸗ ten hingegen ſind in beiden Geſchlechtern ſtumm. Die ſtimmbegabten Männchen machen von ihrem Zirpver⸗ mögen bisweilen am Tage, gewöhnlich aber erſt bei ein⸗ brechender Dunkelheit oder bringen hierbei durchdrin⸗ N e gende, ſchrille, andere leiſe, e a EN 0 ee ‚imebende, faſt einſchmei⸗ Dinarchus dasypus I. Verkleinert. 5 ö chelnde Töne hervor oder laſſen, wie es im Süden ge⸗ wiſſe Arten tun, von hohen Baumwipfeln herab einen faſt melodiſch zu nennenden rhythmiſchen Geſang erſchallen, der dann weithin die laue, von würzigen Blumendüften erfüllte Luft durch⸗ klingt. Sehr bekannte Sangeskünſtler dieſer Art ſind in den wärmeren Teilen Nordamerikas die Katydids, Platyphyllum concavum Harr. (Pterophylla camellifolia F.), die in ſtillen Sommernächten, im Buſchwerk und auf Bäumen ſitzend, geradezu unermüdlich ihre kurze, durch die engliſchen Worte „Katy-did-she-did“ wiederzugebende Strophe wiederholen. Der Geſang der Männchen iſt ein Mittel, um die Weibchen anzulocken, die auch ſehr wohl imſtande ſind, die lockenden Zirptöne ihrer Gefährten zu vernehmen, mit anderen Worten alſo, zu hören. In der Regel beſitzen beide Geſchlechter am Grunde der Vorder⸗ ſchienen eigene Hörorgane (tympanale Organe) mit zwei ovalen, als Trommelfell bezeich⸗ neten Häutchen, die ſeltener ganz frei liegen, meiſt jedoch von je einer Chitinfalte über⸗ deckt ſind, ſo daß nur eine enge Spalte den Zugang zum Trommelfell bildet. Unter dem Trommelfell ſpaltet ſich der Hauptſtamm der das Vorderbein durchziehenden, blaſenartig erweiterten Trachee in zwei Aſte, deren einem komplizierte Sinnesorgane anliegen, die mit Endblaſen und Hörſtiften ausgeſtattet ſind. Der ganze Apparat kann, ſeinem Bau nach zu urteilen, nur zur Wahrnehmung von Schallwellen dienen und wird durch einen be⸗ ſonderen, vom erſten Bruſtganglion ausgehenden Hörnerv verſorgt. Der ſonſtige anato⸗ miſche Bau bietet bei den Laubſchrecken wenig Bemerkenswertes. Der Darm iſt mit einem nachts Gebrauch. Einige “mg snyeJoueur snöeydureg (e — 7 HSD ergowarg uoa 30107 (e — 2, jung ves rang “1gudynug (i "an dp uapanpinay Laubſ chrecke n: Dinarchus dasypus. Blutſpritzer. Sattelträgerſchrecken. 87 Kaumagen verſehen, die Malpighiſchen Gefäße ſind zahlreich. Die Legeröhre, die dem Weibchen eigen iſt, läßt ſchon erraten, daß die Eier bei den Laubſchrecken in vorſorglicher Weiſe untergebracht werden; ſie werden von den Weibchen entweder in den Erdboden ein⸗ geſenkt oder in Rindenſpalten, Zweige, Blätter oder ſogar in Gallen eingeſchoben. Ein Vertreter aus der Unterfamilie der Callimeninae iſt der träge Dirarchus dasy- - pus III. (Abb., S. 86), der in den von der Sonne durchglühten Steppengebieten des ſüdöſtlichen Europas heimiſch iſt. Dieſes dunkel erzglänzende, dickleibige, auf Diſteln lebende Tier mit ſeinen verkümmerten Flügeln und zum Springen gänzlich untauglichen Hinterbeinen hat nichts von der Beweglichkeit ſeiner meiſten Familienangehörigen und macht ſelbſt dann, wenn es beunruhigt wird, kaum Miene, ſeinen Angreifern zu entfliehen. Schwerfällig bleibt es ſitzen und begnügt ſich damit, aus zwei engen, hinten an der Vorderbruſt gelegenen Offnungen ziemlich erhebliche Quantitäten eines hellen, bernſteingelben Saftes abzuſondern, der nichts anderes als das eigene Blut iſt, mit dem der Feind abgeſchreckt werden ſoll. Sehr viel vollkommener iſt die Fähigkeit der freiwilligen Blutausſcheidung zu Ver⸗ teidigungszwecken bei einigen Heterodinae zur Ausbildung gelangt. Ein Virtuos in dieſer Hinſicht iſt beſonders der in den Wüſten und Steppen Nordafrikas lebende Eugaster guyoni x Serv., den uns Voſſeler als eine wahre wandernde Blutſpritzbatterie ſchildert. Auf dem öden, von der Sonnenhitze ausgedörrten graubraunen Boden, wo kaum noch die kümmerlichſte Vegetation fortkommt, iſt ein ſolcher Eugaster weithin zu ſehen in ſeinem glänzend blau⸗ ſchwarzen, mit brennend ziegelroten Flecken geſchmückten Farbenkleid. Wenn aber eine hungrige Varanuseidechſe oder ein anderer Feind Appetit auf den farbenprächtigen Wüſten⸗ bewohner bekommt und es wagen ſollte, ihm zu nahe zu kommen, ſo wird er, wie unſere Farbentafel zeigt, mit einem Male überſchüttet mit Blutſtrahlen, die der Eugaster aus be⸗ ſonderen, an der Spitze ſeiner Hüften gelegenen Offnungen bis auf einen halben Meter Entfernung hervorſchießen laſſen kann. Der Eugaster verſteht dabei recht geſchickt zu zielen und vermag, falls der Angreifer noch nicht gleich von der erſten Ladung genug haben ſollte, noch eine zweite oder gar noch eine dritte, dann freilich ſchon weſentlich ſchwächere Spritz⸗ ladung ſeines widerlichen Blutes zu entſenden. Die Sattelträgerſchrecken (Ephippigerinae), die in beiden Geſchechtern ein Zirp⸗ organ an ihren ſtark verkürzten Vorderflügeln tragen, ſind vorzugsweiſe ſüdliche Formen, die im Mittelmeergebiet durch mehrere Arten vertreten werden. Eine von ihnen, Ephippiger ephippiger F. (vitium Serv.; Abb., S. 88), iſt auch in Deutſchland heimiſch und kommt am Mittelrhein und in den benachbarten warmen, ſonnigen Flußtälern vor, in die ja ſo manche ſüdliche Tiere ihren Einzug gehalten haben. Wie es heißt, wurde unſere Art dort zuerſt im Jahre 1856 durch L. v. Heyden entdeckt und ſcheint daſelbſt an verſchiedenen Orten nicht ge⸗ rade ſelten zu ſein. In den Herbſtmonaten, im September und Oktober, machen ſich die Scheeresſchliffer oder Herbſtmooke, wie ſie im Volksmunde genannt werden, bemerkbar. Der metalliſch klingende, etwa wie „ze tſchipp“ lautende Ruf verrät den mit mehr als körper⸗ langen, grünen Fühlern ausgeſtatteten Sänger, der ſich auf Geſtrüpp und Gebüſch und ganz beſonders gern auf Nadelhölzern verbirgt und dort trotz ſeiner anſehnlichen Größe von etwa 2—3 em nur wenig auffällt. Der Kopf iſt graugrün, der Hinterleib oben dunkelgrün, unten heller gefärbt. Fliegen kann das Tier nicht, denn die Hinterflügel fehlen ihm ganz, und von den bräunlichen Vorderflügeln iſt gerade nur der Grundteil mit dem Zirpapparate vorhanden. 88 Geradflügler: Springſchrecken. Der ſattelförmige, hinten ziemlich breite und dabei aufwärts gebogene Halsſchild bedeckt 8 noch zum Teil die Vorderflügel. Auch das Weibchen kann zirpen, läßt aber ſeinen ſchrillen, dem Lockruf des Männchens ähnlichen Ton nur dann einige Male hintereinander erſchallen, wenn es ſich in Gefahr glaubt. Die Nahrung der Sattelſchrecke beſteht aus Blättern, vorzugs⸗ weiſe aus Eichenlaub, obwohl man bei Tieren, die in Terrarien eingesperrt waren, hier und da auch Kannibalismus beobachtet hat. = Echte Pflanzenſchrecken find diePhaneropterinae, lange, ſchlankbeinige Tiere, die auf Gebüſch und Blumen ſich OUT: Sie ſitzen oft völlig frei auf den oberſten Zweigſpitzen, ſind aber immer wegen ihrer ausgezeich⸗ neten Schutzfärbung ſchwer zu bemer⸗ — ö EEE N x halten. Hierher gehört Barbitistes ser- Walde auf Himbeeren und anderem Geſträuch lebt. Der Kopf iſt grün, die Vorderbruſt gleichfalls grün mit zwei gelben Streifen; die ſehr kurzen, beim Männchen rotbraunen, beim Weibchen geſtreift; der grüne Hinterleib trägt bräunliche Flecke und die gekreuzten Afterraife des Männchens zeigen ſchön rote Farbe. In der üppigen Tropenwelt be⸗ gegnen wir einer ganzen Reihe von grasgrünen, blattähnlichen Phaneropte⸗ rinen, die als Bewohner des grünen Blätterwerks ſtändig auf Bäumen und Sattelträgerſchrecke, Ephippiger ephippiger F. Vergrößert. Sträuchern leben und ſich dabei ſo vor⸗ züglich an ihre Umgebung angepaßt zeigen, daß ſelbſt ein geübtes Auge fe kaum im Freien erkennen kann. Eine dieſer Arten, die glänzend ſaftgrüne, mit einigen weißlichen Zeichnungen und Linien geſchmückte Eury- corypha Stal., hat Voſſeler in Oſtafrika beobachtet. Er ſah die Tierchen nur äußerſt ſelten einmal von ihren Flügeln oder Sprungbeinen Gebrauch machen und ſagt, daß ſie im Notfall ruhig auf ihrem Strauche ſitzenbleiben, was für ſie vorteilhaft iſt, da ihr blattartiges Aus⸗ ſehen fie in der Tat fo gut wie unſichtbar macht. Das Merkwürdigſte aber iſt, daß bei Eury- corypha aus den in Pflanzenblätter abgelegten Eiern Larven hervorgehen, die in ihren erſten drei Lebensſtadien noch ganz und gar nicht blattähnlich find, ſondern im Gegenteil wie kleine ſchwarze Ameiſen ausſehen, ſo daß man ſie früher, ehe der Zuſammenhang bekannt war, unter dem Namen Myrmecophana fallax Brunn. als „Trugameiſen“ beſchrieben hat. Während des Myrmecophana-Stadiums ſind es muntere, lebhafte Tierchen mit ameiſen⸗ artigen Bewegungen, die ſich ganz offen zeigen, an Zweigen und Trieben umherlaufen und az | ken, zumal fie ſich gewöhnlich bei jeder Beunruhigung völlig regungslos ver⸗ ricauda F., eine der farbenprächtigſten Laubſchrecken Deutſchlands, die im grünlichen Vorderflügel ſind außen gelb nne 1 1 „3 rere > * E N a { | } a a A N A Bar Di ea rn Dee a ic a W 1 * AN * geln, die es frei⸗ rr x * * Zaubf reden: Phaneropterinen. Eichenſchrecke. Warzenbeißer. 89 gern in Blüten hineinkriechen, um dort Staubgefäße und andere zarte Teile zu freſſen. Erſt im vierten Stadium, wenn die Larven größer geworden ſind, kommen an ihnen allerlei rote und grüne Farbentöne zum Vorſchein. Gleichzeitig ändert ſich das Benehmen, die Tierchen werden langſam und bedächtig und nehmen dann, wie Voſſeler ermittelte, ſchon während der beiden letzten Stadien des Larvenlebens ganz das täuſchend ähnliche blattartige Ausſehen der erwachſenen Eurycorypha-Schreden an. Eine eigene Gruppe bilden die zarten Meconeminae, ſtumme Laubſchrecken mit ver- kümmerten Zirpapparaten, bei denen die an den Vorderſchienen gelegenen beiden Trommel⸗ felle frei zutage treten. Ihre erſten beiden Fußglieder ſind ſeitlich gefurcht. Die Eichen⸗ ſchrecke, Meconema thalassinum Deg. (varium), ein in den Laubwäldern des mittleren Europas häufiges Inſekt, gehört hierher, ein zartes, 10—14 mm langes Tierchen von hell⸗ grüner Farbe, ERS 8 T Sr langen, ſpröde n,, 2.000 a 5 leicht abbrechen 88 ei den Fühlrr nnn 8 A und wohlent⸗ wickelten Flü⸗ PR lich zum Fliegen niemals zu be⸗ nutzen ſcheint. Das Leben dieſes grünen Baum⸗ bewohnersſpielt ur ERSTE TER = er ſich faſt ganz Warzenbeißer, Dectieus verrneivorus L. Natürliche Größe. hoch oben in den Wipfeln und Baumkronen oder im hohen Buſchwerk ab, und nur gelegentlich kommt es vor, daß ein ſtarker Sturmwind im Sommer die erſt mit unvollkommenen Flügelanſätzen und noch im Larvenzuſtande befindlichen Eichenſchrecken aus ihrer luftigen Höhe herunterſchleudert, und man dann die Tierchen am nächſten Stamm wieder emporklimmen ſieht. Im Herbſt er⸗ ſcheinen die fertigen Männchen und Weibchen. Beide zeigen ſich häufig an Stämmen und Alten, und zwar ſieht man fie ganz beſonders an der rifjigen Rinde alter Eichbäume ſitzen, in die die Weibchen, ſo gut es geht, ihre ſäbelförmige Legeſcheide einzuzwängen ſuchen, um ihre Eier dort abzuſetzen. Manche weibliche Eichenſchrecke muß dieſes Vorhaben mit dem Leben büßen, wenn ſie von der anſtrengenden Arbeit ermattet und es ihr nicht mehr ge⸗ lingen will, die feſtgeklemmte Legeſcheide aus der Rinde wieder herauszuziehen. Andere Weibchen gehen klüger zu Werke und vertrauen ihre Eier Gallen an, beſonders den brüchig gewordenen alten, an den Zweigenden ſitzenden Schwammgallen von Biorrhiza pallida Ol. Als Vertreter der Decticinae, bei denen die Haftlappen am erſten Gliede der Hinter⸗ füße frei vorragen, mag uns der Warzenbeißer, Decticus verrucivorus L., dienen, eine ſtattliche, 25—45 mm meſſende, ziemlich plump gebaute, vorherrſchend grün oder braun gefärbte Laubſchrecke, die über das ganze nördliche und mittlere Europa verbreitet iſt und auf Wieſen und Kleefeldern manchmal in großen Mengen umherſpringt. Die Vorderſchienen haben an der oberen Außenkante vier Dornen, die Hinterſchienen tragen auf der Unterſeite 90 Geradflügler: Springſchrecken. vier Enddornen, die Vorderbruſt hat oben eine Mittelkante. Mit Hilfe der nur mäßig auf⸗ wärts gebogenen Legeröhre verſenkt das Weibchen ſeine länglichen, weißlichen Eier in Maul⸗ wurfshügel oder bringt ſie an ähnlichen Stellen, wo der Boden locker iſt, unter. Die Jungen pflegen ſich im Laufe des nächſten April aus der Erde hervorzuarbeiten und leben wie die Erwachſenen vorzugsweiſe von Inſektenkoſt. Die ausgebildeten Tiere ſind imſtande, ſich in recht energiſcher Weiſe durch Beißen zu verteidigen, und laſſen dabei einen braunen Saft ausfließen, der, wie der Volksglaube behauptet, Warzen zum Verſchwinden bringen fol. Ebenſo bekannt wie der Warzenbeißer iſt eine andere einheimiſche, in ganz Deutſchland verbreitete Art, das große Grüne Heupferd, Locusta viridissima L. (Tettigonia), eine PR E — chhlank gebaute Laubſchrecke, die im Hochſommer und Herbſt ausgewachſen iſt und eine Körperlänge von reich⸗ lich 3,5 em erreichen kann. Unterſchenkeln bedornten Hinterbeinen und den bor⸗ ſtenförmigen langen Fühlern iſt dieſes ſtattliche Inſekt recht auffallend, trotz ſeiner Oberflügel und in der Mit⸗ tellinie des Vorderrückens der Hinterleib. Die Heu⸗ ſchrecke benutzt ſie keineswegs nur als Fallſchirm, ſondern fliegt, wie Wanach beobach⸗ Grünes Heup fe rd, Locusta viridissima L. Natürliche Größe. chen Schmetterlingen, weite Strecken, ſogar! in ſtark aufſteigender Flugbahn“. Beim Weibchen bleibt die hinten weit vorſtehende Legeröhre kürzer als die Flügel. Wie bei allen Locustinae (Tettigoninae) ragen die am erſten Gliede der Hinterfüße befindlichen Haftlappen nicht frei hervor. Das Grüne Heupferd ernährt ſich hauptſächlich von anderen Inſekten und verläßt im 5 fertigen Zuſtande oft die Wieſen und Felder, auf denen es ſeine Jugendzeit verbracht hat, um in Baumwipfel hinaufzuſteigen; von dort läßt das Männchen am Tage, beſonders aber = in der Dunkelheit, gern fein eintöniges, nur aus den Zirptönen zick zick beſtehendes Liedchen erſchallen. Mit der eben genannten Art können zwei andere einheimiſche grüne Heupferde leicht verwechſelt werden, nämlich einmal das hauptſächlich im Süden vorkommende Ge⸗ ſchwänzte Heupferd, Locusta caudata Cap., das, abgeſehen von der ſehr langen Lege⸗ röhre des Weibchens und anderen weniger auffallenden Unterſcheidungsmerkmalen, ſchwarz . bedornte Hinterſchenkel beſitzt, und zweitens das Zwitſcherheupferd, Locusta cantans Füpt. (Abb., S. 85), das ſich durch feine gedrungene Geſtalt und die kurzen, den Hinterleib Mit ſeinen langen, an den in Braun übergeht. Die Flügel ſind viel länger als tete, „oft mit flatterndem Flügelſchlag, ähnlich man⸗ grünen Schutzfarbe, die ge: wöhnlich nur am Grunde der ene * 2 ns E >. z - k - = 2 3 3 g 2 E- = 4 ö E . 2 ; % J KLlaubſchrecken: Heupferde. Grillen: Feldgrille. 91 nicht überragenden Flügeldecken auszeichnet und auch aus Norddeutſchland von verſchiedenen Stellen bekannt iſt. Wer ſich näher mit dieſen Tieren beſchäftigt, wird alle dieſe Arten auch ſchon an ihrem andersartigen Geſang unterſcheiden können. Schließlich gibt es unter den Laubſchrecken auch manche blaß oder gelblichbraun ge- färbte, lichtſcheue Tiere, die zeitlebens verborgen unter abgefallenen Blättern und Steinen hauſen oder ſogar Höhlenbewohner ſind. Dieſe zur Unterfamilie der Stenopelmatinae gerechneten Dunkeltiere ſind alle vollkommen flügellos, bleiben ohne Zirpapparate und ohne Hörorgane, haben ſtatt deſſen aber ſehr lange Taſter und Raife und namentlich außerordentlich lange Fühler, die gar nicht ſelten den Körper um das Mehrfache ſeiner Länge übertreffen. In den Höhlen des Karſtgebietes kommt aus dieſer Gruppe Troglophilus neglectus Krauß vor, eine ſonderbare Laubſchrecke, die ſich namentlich im Dämmerlichte der Höhleneingänge aufhält, um dort auf kleine, gleichfalls unterirdiſch lebende oder durch Zufall in die Tiefe gelangte Kerfe zu lauern. Eine verwandte oſtaſiatiſche Art iſt das Japaniſche Heimchen, Diestramena marmorata De Haan, ein bräunlich marmoriertes Tier, das bis gegen 2 cm lang wird und neuerdings gar nicht ſelten mit ausländiſchen Gewächſen in europäiſche Warm⸗ häuſer gelangt, wo es ſich bei Tage unter Mulm und allerlei Abfällen verborgen hält, nachts aber zum Vorſchein kommt und Keimlinge oder modernde Pflanzen befrißt. Die Grillen (Achetidae, Gryllidae), ſind kenntlich an den höchſtens dreigliederigen, bisweilen ſogar nur zweigliederigen Füßen. Mit den Laubſchrecken, deren nächſte Verwandte ſie find, ſtimmen ſie im anatomiſchen Bau im weſentlichen überein. Wie dieſe haben ſie zwei vielgliederige, fadenförmige, nur ſelten kurz und zehngliederig bleibende Fühler ſowie Zirpeinrichtungen und Hörapparate, die mit denen der Laubſchrecken in der Hauptſache über⸗ einſtimmen. Am Hinterende tragen die Grillen beiderlei Geſchlechts zwei mehr oder minder lange, ſpießartige Raife, die mit Sinneshaaren beſetzt find. Die Weibchen haben, mit Aus- nahme einiger weniger Arten, eine grätenartig vorſtehende, dünne, gerade Legeröhre. Grillen, die bereits alle weſentlichen Merkmale der heutigen Arten beſaßen, hat es ſchon zur Liaszeit gegeben. Einer der ſchönſten Funde aus jener Epoche wird im Zoologiſchen Inſtitut in Roſtock aufbewahrt. Es iſt der Abdruck einer im oberen Lias in Mecklenburg entdeckten Grille, Proto- gryllus dobbertensis Geinitz, und zwar eines Männchens mit einem wunderſchön entwickelten Zirpapparat, woraus ganz unzweideutig hervorgeht, daß ähnlich wie heutzutage die Grillen ſchon damals ihr eintöniges Liedchen erſchallen ließen. Die Feldgrille, Gryllus campestris L. (Liogryllus; Abb., S. 92), hat ihre Wohnplätze in ganz Europa auf dürren Heiden, ſandigen Feldern und an ſonnigen Abhängen. Dort gräbt ſie ſich im lockeren Boden Röhren in die Erde, um bei nahender Gefahr hineinzuflüchten oder regneriſche und rauhe Tage darin zu verbringen. Jede Röhre wird nur von einer einzigen Grille bewohnt. Kommt eine zweite, jo gibt es oft erbitterte Kämpfe, die der Beſiegte ge- wöhnlich mit dem Leben bezahlen muß, während der Sieger ſich die Leiche des überwun⸗ denen Gegners ſchmecken läßt. Das erwachſene Männchen ſteckt gern ſeinen Kopf aus dem Eingangsloch heraus, das gewöhnlich unter einem Grasbüſchel etwas verſteckt liegt, wagt ſich aber wenigſtens tagsüber nicht weit hinweg, ſo daß es ſtets raſch wieder hineinſchlüpfen Tann, wenn die Tritte eines nahenden Menſchen den Boden erſchüttern. Will das Männchen dem in der Nachbarſchaft wohnenden Weibchen, um es herbeizulocken, ein Ständchen bringen, ſo ſetzt es ſich hin, hebt die Flügeldecken und ſpreizt und ſchließt ſie unter lautem Zirpen in raſcher Aufeinanderfolge. Bei einer näheren Unterſuchung findet man an der Unterſeite 92 Geradflügler: Springſchrecken. der rechten Flügeldecke etwa ein Drittel ihrer Länge vom Grunde entfernt eine vorragende ſchräge Schrillader, die querüber mit etwa 130 —140 kleinen Stegen beſetzt iſt. Wenn letztere gegen eine gegenüberliegende, wie eine Schneide unterſeits vorſtehende ſtarke Ader der linken Flügeldecke gerieben werden, jo kommt der überaus laute, ſchrille Ton zuſtande. Beim Zirpen wechſelt das Tier übrigens mit der Bewegung ab, indem es die Töne eine Zeitlang beim Schließen und dann wieder beim Offnen der Flügel hervorbringt. Zum Schluß legt es die Decken zuſammen, wobei die ſchallenden Schwingungen der Flügel ſchwinden und der letzte Ton viel ſchwächer als die übrigen ausfällt. Weiche Pflanzenteile bilden die Hauptnahrung der Feldgrillen, die aber an ihren natür⸗ lichen, für die Bodenkultur ohnehin meiſtens wertloſen Wohnplätzen ſo gut wie keinen Schaden anrichten können. Fliegen oder andere Inſekten, die der Grille gelegentlich anheim⸗ fallen, dienen dazu, ihren Mahlzeiten etwas mehr Abwechſelung zu verleihen. Die länglichen Eier werden einfach in den Erdboden verſenkt und entlaſſen ſchon etwa 14 Tage ſpäter die jungen Larven, welche im Laufe des Jahres unter mehreren Häutungen heranwachſen, über⸗ wintern und erſt im kommenden Früh⸗ erwachſenen Feldgrillen ſind leicht an ihrem dicken, rundlichen Kopfe, dem | TER N außer den beiden gegliederten Raifen Feldgrille, Gryllus campestris L. Links Männchen, aus dem Bau ſchenkel 175 und beim Weibchen uin an den zugehörigen Schienen rot ſowie an der Wurzel der braunen Flügeldecken gelblich. Das Heimchen oder die Hausgrille, Gryllus domesticus L. (Acheta), bleibt kleiner und zierlicher und iſt von vorherrſchend gelblichbrauner Farbe. Die Gräten der Hinterflügel ragen über den Körper hinaus und vermehren damit ſcheinbar die Zahl der üblichen Hinter⸗ leibsanhänge noch um zwei weitere. Im geſelligen Beiſammenſein, in den nächtlichen Aus⸗ brüchen aus ſeinen Verſtecken, der Ernährungsweiſe und dem Aufſuchen der Wärme er⸗ innert das Heimchen, wie Taſchenberg mit Recht hervorhebt, lebhaft an die Küchenſchaben, 1 mit denen es ſich nicht ſelten in trautem Verein in Backſtuben, Mühlen, Brauereien und ähnlichen Orten unter alten Brettern, Dielen und in ſonſtigen möglichſt warmen Schlupf⸗ winkeln anſiedelt. Schädlich werden die Heimchen kaum, auch das eintönige, melancholiſche Gezirp eines einzelnen Heimchens wirkt nicht gerade unangenehm, wohl aber können die vielſtimmigen unaufhörlichen Konzerte der wetteifernden Männchen den Menſchen zur Ver⸗ zweiflung bringen. In der ſonſtigen Lebensweiſe ſtimmt das Heimchen mit der Feldgrille im großen und ganzen überein, wobei wir nur bemerken möchten, daß die Vermehrung bei erſterer Art, wenn es an genügender Wärme nicht fehlt, ohne Unterbrechung das ganze Jahr hindurch ſtattfinden kann. Eine andere Grille iſt in den Wäldern Mitteleuropas ſehr ver⸗ breitet, es iſt die Waldgrille, Nemobius silvestris F., deren dunkelbrauner, mit einigen helleren Flecken verzierter Körper nur etwa eine Länge von 10 mm erreicht und ganz kurze Vorderflügel hat. Die Hinterſchienen tragen ſechs längere Dornen. Unter Moos und jahr das fertige Stadium erreichen. Die breiten, faſt quadratiſchen Vorderrücken und dem plumpen, faſt drehrunden Hin⸗ 1 58 terleib zu erkennen, der beim Weibchen ſich noch in die lange, ſtabförmige Lege- herausſchauend, rechts Weibchen. Natürliche Größe. b röhre fortſetzt. Die Farbe iſt glänzend ſchwarz, an der Unterſeite der Hinter⸗ Grillen: Feld-, Haus- und Waldgrille. Weinhähnchen. Maulwurfsgrille. 93 abgefallenem Laube verborgen, laſſen die männlichen Waldgrillen an ſchönen Sommertagen unermüdlich ihr feines Zirpen ertönen. Die kleinen Sänger find aber bei ihrer verſteckten Lebensweiſe durchaus nicht leicht zu entdecken und verſtehen es auch ſehr gut, ſich bei jeder Gefahr durch raſches Rennen und Hüpfen ſchleunigſt in Sicherheit zu bringen. Zu den Pflanzengrillen (Oecanthinae) gehört das Weinhähnchen, Oecanthus pellucens Scop., eine beſonders im Mittelmeergebiet, aber auch noch in Deutſchland vorkom⸗ mende zarte, ſchlank gebaute Grille von hellgelber Färbung, bei der die Hinterſchenkel kaum verdickt ſind. Im Gegenſatz zu den obengenannten Grillen lebt das Weinhähnchen auf Sträuchern, Kräutern und Blumen, gar nicht ſelten auch auf Reben und Obſtbäumen, und ernährt ſich dort von kleinen Raupen und Blattläuſen. Seine Eier legt es in zarte Triebe ab, die infolgedeſſen welken und abſterben. ; Die Maulwurfsgrillen (Gryllotalpinae) bilden eine von den übrigen Grillen ziem- lich abweichende Gruppe, deren beſondere Eigentümlichkeiten mit der grabenden Lebens⸗ weiſe und dem Aufenthalt im Eid- boden im engſten Zuſammenhang ſtehen. Hinter dem kräftigen Kopfe folgt eine auffallend große, hart gepanzerte Vorderbruſt von läng⸗ lich⸗eiförmiger Geſtalt, die dem ganzen Körper etwas Krebsartiges gibt. Die nach vorn gewendeten Vorderbeine ſehen wie ein Paar Maulwurfsfüße aus, ſie ſind zu typiſchen Grabbeinen geworden, kurz und ſchaufelartig verbreitert und an den erſten beiden Fuß „ | ; gliedern mit zahnartigen Fort⸗ > Maulmürfägritie, Grylotalpa vulgaris L. Natürliche Größe. ſätzen verſehen. Während die Vor⸗ derflügel den größten Teil des Hinterleibes unbedeckt laſſen, reichen die häutigen Hinter⸗ flügel weit nach hinten und legen ſich mit ihren grätenartigen Endſpitzen zwiſchen die beiden, am Hinterende vorſtehenden ſpießartigen Raife. Am Kopf ſtehen außer den Fühlern zwei lange, nach unten herabhängende Kiefertaſter. Von Sehorganen beſitzen die Maulwurfs⸗ grillen außer den dunkeln Facettenaugen zwei glänzende, am Scheitel ſitzende Punkt⸗ augen. Eine ſeidenglänzende, filzartige Behaarung ſchützt den Körper gegen Benetzung mit Waſſertröpfchen und leiſtet daher bei der unterirdiſchen Lebensweiſe gute Dienſte. Ein Legeapparat fehlt den Weibchen. Die Gemeine Maulwurfsgrille, die Werre oder der Erdkrebs, Gryllotalpa vulgaris L. (Curtilla), kommt in ganz Europa vor und iſt auch im weſtlichen Aſien, im Himalajagebiete und in Agypten zu Hauſe. Dürre Gegenden mit lockerem Boden ſagen ihr ganz beſonders zu, obwohl ſie ſelbſt in unmittelbarer Nähe des Waſſers nicht fehlt. Tagsüber hält ſie ſich vorzugsweiſe in ihren etwa fingerdicken Gängen auf, die manchmal unter der Erdoberfläche ſo flach dahinſtreichen, daß der Boden in Form einer geſchlängelten Linie aufgeworfen iſt, während ſie in anderen Fällen tiefer in den Erdboden eingegraben werden und von oben nicht mehr ſichtbar ſind. Die Maulwurfsgrille iſt ein Allesfreſſer. Zahlreiche 94 Geradflügler: Springſchrecken. unterirdiſch lebende Inſekten und Larven, wie Drahtwürmer und Engerlinge, werden von ihr verſpeiſt, ebenſowenig aber zarte Keimlinge und Wurzeln verſchmäht, ſo daß die Maul⸗ wurfsgrille in Pflanzungen und Gartenbeeten zu einem argen Schädling wird. Dabei läßt ſie ſich wenig ſehen, denn ſcheu und vorſichtig wie alle Grillen, zieht ſie ſich bei der ge⸗ ringſten Störung, beiſpielsweiſe bei der durch herannahende Tritte verurſachten Erſchütte⸗ rung, ſchleunigſt in die Tiefe zurück. Sie gräbt ſich auch ſogleich wieder ein, wenn man ſie aus der Erde hervorgeholt oder bei ihren abendlichen Flügen niedergeſchlagen hat. Von der Flugfähigkeit machen die Maulwurfsgrillen beſonders in dunkeln, ſchwülen Nächten Gebrauch, ſurren dann ungeſtüm umher und fliegen dabei gern zum Licht. Zufällig in das Waſſer geratene Tiere retten ſich durch andauerndes Schwimmen wieder ans Land. Die Männchen laſſen, ſolange die Sonne nicht über dem Horizont ſteht, einen leiſen, zir⸗ penden Ton hören, den man mit dem entfernten Schwirren des e Capri. mulgus europaeus I., verglichen hat. Sehr merkwürdige Tiere ſind die Ameiſengrillen 83 es ind! leine, e nur bei Ameiſen lebende, behende Grillen mit kräftigen Sprungbeinen und von gedrungener Geſtalt, von denen bereits mehrere Arten aus verſchiedenen Weltteilen bekannt ſind. An Nahrung fehlt es dieſen Grillen bei den Ameiſen nicht. Sie ſtehlen die von ihren fleißigen Wirten eingebrachte Beute, drängen ſich geſchwind hinzu, wenn zwei Ameiſen ſich gegen⸗ ſeitig füttern, um ihnen die Speiſe vom Munde wegzuſchnappen, oder erdreiſten ſich ſogar, die Ameiſen in der unverſchämteſten Weiſe anzubetteln. Man hat auch beobachtet, daß die Grillen manchmal damit beſchäftigt ſind, die Ameiſen abzulecken. Gelegentlich kommt es wohl vor, daß die Ameiſen von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und dieſe für ſie gänzlich unnützen Hausgenoſſen angreifen, doch hilft ihnen dies in der Regel wenig, denn die flinken Grillen bringen ſich in einem ſolchen Falle meiſt durch ſchleuniges Davonlaufen oder große Sprünge eiligſt in Sicherheit. Solche Beobachtungen ſind beſonders an der in Deutſchland verbreiteten, 3—4 mm langen, bräunlichgelben Myrmecophila acervorum Pans. gemacht worden, die bei verſchiedenen Ameiſenarten vorkommt und die Eigentümlichkeit beſitzt, ſich, ſoviel man weiß, immer parthenogenetiſch durch unbefruchtet bleibende Eier zu vermehren. Während Laubſchrecken und Grillen nahe Verwandte ſind, ſteht die Familie der Heuſchrecken oder Sprengſel (Acrididae, neuerdings auch Locustidae genannt), mehr abſeits. Der gedrungene, ſeitlich gewöhnlich etwas zuſammengedrückte Körper trägt einen großen, wenig beweglichen, vorn ſenkrecht abfallenden Kopf mit zwei kurzen Fühlern, die niemals Körperlänge erreichen, meiſt nur wenig länger als der Kopf ſind und höchſtens aus 25 Gliedern beſtehen. Die Facettenaugen ſind groß. Punktaugen fehlen in der Regel. Die kräftigen kauenden Mundteile eignen ſich beſonders zum Abweiden und Abfreſſen grünet | Pflanzenteile. Die Füße find dreigliederig. Zur Sommerszeit hören wir überall bei ſchönem Wetter auf Wieſen und dürren Heiden die charakteriſtiſchen raſſelnden oder zirpenden Töne des Heuſchreckenkonzerts, die der Ein⸗ geweihte ſehr wohl von dem Geſang der Laubſchrecken oder Grillen zu unterſcheiden weiß. Beim Näherkommen verſtummen die Muſikanten, denn die Tierchen zirpen nur, ſolange ſie ungeſtört ſind. Gelingt es, ſie bei ihrer Tätigkeit zu beobachten, ſo kann man ſehen, daß die keulenförmig verdickten Schenkel des dritten Beinpaares beim Zirpen gehoben und gewöhn⸗ lich an beiden Seiten zugleich gegen die Flügeldecken bewegt werden. An der Innenſeite der Schenkel ſpringt eine verdickte Leiſte vor, die eine Längsreihe kleiner, zapfenförmig een erm Grillen: Ameiſengrillen. Heuſchrecken (Allgemeines). 95 geſtalteter Zähnchen trägt, und an der Flügeldecke ragt eine kantig vorſtehende Längsader vor. der geſchilderte Zirp⸗ apparat zu, aber faſt im⸗ Organe liegen bei den erſten Hinterleibsring, an ſogenannte Trommelfell. Sobald das Tier mit den Hinterſchenkeln gegen ſeine Flügeldecken reibt, ſtreicht die gezahnte Schrilleiſte über die vorſtehende Flügelader hinweg und erzeugt dabei Schwingungen, die = durch die trockenen, als Reſonatoren wirkenden Flügeldecken noch erheblich verſtärkt werden, ſo daß je nach der Art ein entweder mehr ſchwirrender, raſſelnder oder knarrender Ton zu⸗ ſtande kommt. Die Höhe dieſes Tones iſt hierbei von der Geſchwindigkeit abhängig, mit der die vielen Zähnchen der Schrillader über die Flügeldecken gleiten. Bei den größeren Heu⸗ ſchreckenarten, deren Zähnchen in erheblicheren Abſtänden ſtehen, ſind die Zirptöne im all⸗ gemeinen tiefer als bei den in der Regel heller zirpenden kleineren Arten. Auch dem Weib⸗ chen kommt ſehr häufig mer in weniger volllom- | mener Weiſe. Die Hör⸗ a. organe oder tympanalen Heuſchrecken jederſeits am dem ſich bei den größeren Arten ſchon mit bloßem Auge ein weißliches Häut⸗ chen erkennen läßt, das Es überſpannt einen bla ſenartigen Hohlraum, an den das Nervenendorgan ſich anfügt. Vom inneren Bau Gompbosorns rufas-z, L. Biipendes Männer inte) beim Anloden des Weib⸗ der Heuſchrecken ſei nur chens (rechts). Natürliche Größe. erwähnt, daß ein Kau⸗ magen fehlt oder nur unvollkommen entwickelt iſt, während Malpighiſche Gefäße in großer Zahl vorhanden ſind. Das Weibchen ſucht zur Eiablage eine geeignete Stelle am Boden auf, die nicht zu feucht und nicht zu ſtark bewachſen ſein darf, und höhlt dort mit ſeinem kurzen, griffelförmigen Legeapparat ein Loch aus, legt eine ganze Anzahl von Eiern hinein und übergießt ſie mit einem ſchaumigen Drüſenſaft. Der die Eier umhüllende, anfangs etwa wie geſchlagenes Hühnereiweiß ausſehende Saft bildet beim Erſtarren zuſammen mit benachbarten anbackenden Erdteilchen eine harte Kruſte, jo daß auf dieſe Weiſe im Erd⸗ boden ein ziemlich feſtes, zuſammenhängendes Eierpaket zuſtande kommt. a Wenn man auch Heuſchrecken ſchon hier und da einmal an toten Tieren, an Kot oder anderen Subſtanzen freſſen ſah, können wir doch alle als echte Pflanzenfreſſer bezeichnen. Gelegentlich fallen ſie auch in großer Zahl über Kulturgebiete her und richten gewaltige Verwüſtungen an. Am gefährlichſten ſind in dieſer Hinſicht zweifellos die Wanderheuſchrecken, die faſt immer in dürren Gegenden, in Steppen oder Wüſten ihre Heimat haben und ſich dort in manchen Jahren in geradezu unglaublicher Weiſe vermehren. Mit der Maſſe der Tiere, die Pa: in einem 18 Falle auf verhältnismäßig engem Raume zuſammendrängen 96 Geradflügler: Springſchrecken. müſſen, wächſt aber die Erregung derſelben. Namentlich bei heißem Wetter werden die Heuſchrecken immer unruhiger und können dann unter Umſtänden ſich mit einemmal zur gemeinſamen Fortwanderung entſchließen, ganz gleichgültig, ob bei ihnen Nahrungsmangel herrſcht, oder ob der urſprüngliche Wohnort noch immer Futter genug bietet. Wie von einen geheimnisvollen Macht getrieben, ſcharen ſich die Tiere dann mehr und mehr zuſammen und drängen alle gemeinſam nach einer beſtimmten Richtung weiter, wobei auch ſämtliche Heu⸗ ſchrecken der gleichen Art, die ſie unterwegs treffen, ſich ihnen wie auf ein verabredetes Zeichen anſchließen, ſo daß der Zug lawinenartig raſch anwächſt, bis er ſchließlich, alles ver⸗ wüſtend und verheerend, in andere Gegenden einfällt, in denen dann die hungrigen Scharen alles Grün vom Erdboden vertilgen. Solche Heuſchreckenzüge beſtehen entweder nur aus Hüpfern, jugendlichen, unreifen Tieren, die noch flugunfähig ſind und ſich daher nur laufend oder ſpringend weiterbewegen können, oder ſie ſetzen ſich aus geflügelten, ausgewachſenen Heuſchrecken zuſammen, die fliegend durch die Luft dahinziehen. In beiden Fällen betätigt der Wanderzug ſtets große Ausdauer. Hinderniſſe, wie Mauern, die den Hüpfern bei ihrem Zug im Wege ſtehen, werden haſtig überklettert, Waſſerläufe werden durchſchwommen, und wenn auch Hunderte von Hüpfern bei einem ſolchen Wagnis umkommen, ſo ſetzen die übrigen Wanderer doch unbeirrt ihren Weg fort. Fliegende Heuſchreckenſchwärme können gewaltige Entfernungen zurücklegen. Züge der afrikaniſchen Wanderheuſchrecken ſind ſchon wiederholt aus dem Inneren Afrikas bis an die Geſtade des Mittelmeeres vorgedrungen und haben dabei Strecken von 1500 2000 km zurückgelegt. Ebenſo iſt Melanoplus spretus Thom, eine bekannte nordamerikaniſche Wanderheuſchrecke, gar nicht ſelten von den trockenen und heißen Hoch⸗ ebenen des Felſengebirges in gewaltigen Mengen bis zum Miſſiſſippi und nach Texas gezogen, wobei die Tiere ein Gebiet von ungefähr 2800 km Länge durchqueren mußten. Von der enormen Menge der Heuſchrecken, aus denen ein ſolcher Schwarm ſich zuſammenſetzt, kann man ſich nur ſchwer eine Vorſtellung machen. Nach Mitteilungen von Reh wurde in Argen⸗ tinien einmal ein rieſenhafter Zug der ſüdamerikaniſchen Schistocerca paraensis Burm. be- obachtet, deſſen Länge etwa 100 km betrug und deſſen Breite auf 20 km geſchätzt wurde. Schwärme von noch gewaltigerer Ausdehnung ſollen aber ſchon wiederholt in Afrika geſehen worden ſein. Daß dort, wo derartige Mengen von gefräßigen Tieren hernach einfallen, um ihren Hunger zu ſtillen, ſo gut wie nichts mehr von der Vegetation in Feldern und Gärten übrigbleibt, iſt ſelbſtverſtändlich, und oft genug ſind dann in den heimgeſuchten Ländern Hungersnöte zum Ausbruch gekommen, die Tauſende von Menſchen dahingerafft haben. Von einem Nutzen der Heuſchrecken läßt ſich angeſichts der durch ſie verurſachten un⸗ geheuren Verwüſtungen kaum reden. Höchſtens beſteht ein gewiſſer Nutzen darin, daß ſie in manchen Ländern den Menſchen als Speiſe dienen, beiſpielsweiſe in Arabien. Bei den Beduinen ſollen die Heuſchrecken namentlich ſeitens der ärmeren Bevölkerung gegeſſen wer⸗ den, und zwar in geröſtetem Zuſtande, nachdem man aber wohlweislich die harten Flügel und ſtacheligen Beine vorher entfernt hat. In früheren Zeiten war der Heuſchreckengenuß jedenfalls viel verbreiteter, namentlich im alten Aſſyrien, wo Heuſchrecken als Leckerbiſſen galten und daher bei feſtlichen Gelegenheiten auch auf die Tafel der Vornehmen kamen. Als Beweis hierfür kann uns ein von Delitzſch wiedergegebenes Relief gelten, das aus der Zeit Sardanapals ſtammt und die Vorbereitungen zur königlichen Tafel darſtellt, denn dort können wir Diener ſehen, die damit beſchäftigt ſind, außer Rebhühnern, Haſen und allerlei leckeren Früchten auch lange Stäbe herbeizutragen, an denen die zum es e 5 een Heuſchrecken in ganzen Bündeln hängen. ile ed han een N Heuſchrecken: Naſenſchrecke. Marokkaniſche Wanderheuſchrecke. 97 Viele zur Unterfamilie der Tryxalinae gehörige Arten ſind an ihrem kegelförmigen Kopfgipfel zu erkennen. In Italien begegnet uns die Naſenſchrecke, Tryxalis nasuta L., ein ſchlankgebautes Tier, das ſofort durch feinen dünnen, 3,5; —6,5 em Länge erreichenden braunen oder grünen Körper auffällt, ſich an ſonnigen Abhängen und im Dünengebiet längs der Meeresküſten umhertreibt und mit den langen Hinterbeinen gewaltige Sätze machen kann. Die Art bewohnt das ganze Mittelmeergebiet, iſt öſtlich bis Aſien verbreitet und erreicht am Südabhange der Alpen ihre Nordgrenze. Andere Tryxalinen haben nicht den weit vor⸗ ſtehenden Kopfgipfel, ſtimmen aber mit den Naſenheuſchrecken darin überein, daß bei ihnen ebenfalls Stirn und Kopfſchwiele in ſpitzem Winkel zuſammenſtoßen. Wir nennen hier die Marokkaniſche Wanderheuſchrecke, Stauronotus maroccanus Thunb. (Dociostaurus), eine etwa 2—3 cm lange, in der Körpergröße aber recht wandelbare Art von rötlicher oder braungelber Grundfarbe mit braungefleckten Flügeldecken und Hinterſchenkeln und jederſeits mit einer winklig nach innen gebogenen weißen oder gelben Linie am Halsſchild. Die Marokkaniſche Wanderheu⸗ a ſchrecke iſt nicht nur im ganzen Nordafrika nördlich von der Pe 5 Wüſtenzone von Marokko bis Agypten verbreitet, ſondern kommt im ganzen Mittemeer- gebiet von Portugal bis zur m Balkanhalbinſel und Klein⸗ aſien vor. In Italien, Sizi⸗ lien, Ungarn und beſonderrs = 3 auf Zypern ſind die Marokka⸗ Naſenſchrecke, Tryxalis nasuta L. Natürliche Größe. niſchen Wanderheuſchrecken wiederholt in ungeheuren Mengen, alles weit und breit verwüſtend und verheerend, auf⸗ getreten. Am ſchlimmſten hatte aber Nordafrika zu leiden. In Algerien zeigten ſich bei⸗ ſpielsweiſe die Tiere im Jahre 1866 in ſolchen ungeheuren Mengen, daß im nächſten Jahre eine furchtbare Hungersnot ausbrach, an der nach den damaligen Schätzungen etwa 20000 Menſchen zugrunde gegangen ſein ſollen. Die Eigentümlichkeit der Marokkaniſchen Wanderheuſchrecke, im Larvenzuſtande in 1 großen Zügen über den Boden dahinzuwandern, macht es möglich, dieſe Tiere ſehr wirkſam durch die Methode des „Treibens“ zu bekämpfen. Etwa 50 m lange und 85 cm breite Lein⸗ wandſtreifen werden in Zickzacklinien mit Hilfe von Pfählen ſenkrecht aufgeſtellt, und wenn an den Innenwinkeln tiefe Gruben gegraben ſind, ſo treibt man die Heuſchreckenzüge gegen die Leinwand, bis die Tiere in die Fanggruben fallen, in denen ſie durch Übergießen mit Waſſer oder durch Zerſtampfen zu Tauſenden getötet werden können. In Zypern gelang es, mit dieſem Mittel in einem Zeitraum von fünf Jahren, von 1882—87, mit einem Koſten⸗ aufwand von 1113000 Mark der Heuſchreckenplage ſo weit Herr zu werden, daß man ſich ſeit dieſer Zeit mit einer Überwachung der Heuſchrecken, die jährlich nur noch eine geringe, Summe erfordert, begnügen kann. Ebenſo haben die Franzoſen in Nordafrika die geſchilderte Methode der Heuſchreckenbekämpfung mit beſtem Erfolge zur Anwendung gebracht. Neben⸗ her hat freilich auch noch das planmäßige Einſammeln der von den Tieren in den Boden abgelegten Eierpakete gute Dienſte geleiſtet. Der Raum fehlt uns hier, auch noch die große Zahl der verſchiedenen kleinen, zu den Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 7 . 98 5 i Geradflügler: Springſchrecken. Tryxalinae geſtellten Grashüpfer zu berückſichtigen, die in unſerer Heimat ebenſo wie in anderen Ländern allenthalben Feldraine, Wieſen oder dürre Hänge bevölkern, aber ohne wirtſchaftliche Bedeutung ſind. Überall vernehmen wir bei uns im Sommer das Raſſeln . ‚und Zirpen der Heuſprengſel (Stenobothrus Fisch), die in einer ganzen Reihe von Arten in Mitteleuropa verbreitet find. Auch die Arten der Gattung Gomphocerus T’hunb., fennt- 2 lich an ihren an der Spitze meiſt keulenförmig angeſchwollenen Fühlern, ſind nicht jelten. Ein Pärchen von Gomphocerus rufus L. ſehen wir oben auf S. 95 abgebildet. Eine zweite Unterfamilie wird von den Oedipodinae gebildet, bei denen der ſtark abwärts gebogene Kopfgipfel allmählich in die Stirnſchwiele übergeht. Die Vorderbruſt 8 bleibt wie bei den Tryxalinen ohne Fortſatz. Die Europäiſche Wanderheuſchrecke gehört hierher, eine Bezeichnung, die ee | nicht ganz einwandfrei ift, weil es ſich, genau genommen, um zwei verſchiedene Arten han⸗ delt, die früher ſehr oft miteinander verwechſelt worden ſind: Pachytilus migratorius L. und Pachytilus danicus TL. (cinerascens F.). Die erſte Art iſt eine olivengrüne oder bräunliche, im männlichen Geſchlecht 35—48 mm, im weiblichen 42—55 mm lange Heuſchrecke, deren vorn und hinten abgerundeter Halsſchild ſeitlich eingeſchnürt iſt und einen ſchwachen Mittel⸗ kiel hat. Die Hinterſchenkel ſind oben nur ſchwach geſägt, die Hinterſchienen gelb oder blaß fleiſchrot. Die zweite Art iſt gewöhnlich mehr grünlich gefärbt, ihr hinten zugeſpitzter Hals⸗ ſchild iſt ſeitlich nicht eingeſchnürt. Die Hinterſchenkel ſind oben ſtark gefägt, die Hinterſchienen gewöhnlich rot. Die Männchen erreichen eine Länge von 33—36 mm, die Weibchen von 37—60 mm. Die Heimat von P. migratorius iſt das ſüdöſtliche Europa nebſt den angrenzen⸗ den Teilen Aſiens, obwohl dieſe Art auch an verſchiedenen Orten Deutſchlands, z. B. in Oberſchleſien und in der Rheinprovinz, ſtändig zu finden iſt, allerdings gewöhnlich nicht in ſolchen Maſſen, daß ſie bei uns Schaden anrichten kann. P. danicus iſt beſonders in der Mittelmeerregion zu Hauſe, findet ſich aber gleichfalls in Deutſchland und kommt auch noch in vielen anderen Ländern, in ganz Europa und Aſien mit Ausnahme des hohen Nordens, ſogar in Auſtralien, Polyneſien und Japan vor. Die Heuſchreckenplage, unter der namentlich in früheren Jahrhunderten Deutſchland wiederholt ſchwer zu leiden hatte, iſt ſtets von einer der beiden genannten Arten verurſacht worden, ohne daß man aber aus den Berichten immer entnehmen kann, um welche Art es ſich in jedem einzelnen Falle gehandelt hat. Soviel ſteht aber feſt, daß die Schwärme immer aus den eintönigen, von der Bodenwirtſchaft ſeinerzeit noch unberührten Steppenländern am Schwarzen und Kaſpiſchen Meere hergekommen ſind und entweder, von dort über Polen und Galizien ziehend, in Schleſien und Brandenburg einfielen und teilweiſe durch Deutſch⸗ land hindurch bis nach England gelangten, oder durch die unteren Donauländer über Sieben⸗ bürgen und Ungarn nach Oſterreich und Bayern bis in die Schweiz oder ſogar nach Frank⸗ reich vordrangen. So heißt es ſchon in einer Chronik vom Jahre 1569: Gros Heuſchrekken aus Littaw zogen, Durch Pohlen in die Schleſi flogen, Von dannen in das Land zu Meißen, Die Kräuter freſſen und zerbeißen. Gewelige Züge brachen, wie Redtenbacher ſchildert, in den Jahren 169396 aus der Walachei und Ungarn in ganz Oſterreich bis nach Deutſchland ein; nach den zahlreichen Be⸗ richten glichen ſie ſchwarzen Wolken und das von ihnen erzeugte Geräuſch dem Toſen eines in die Tiefe ſtürzenden Stromes. In Breslau und Gotha ließ man zur Erinnerung an dieſe Europäilche Wanderheuſchrecken. re Aa Te Kar NR e . Heuſchrecken: Europäiſche Wanderheuſchrecke. 99 — ſchrecklichen Ereigniſſe ſogar vier verſchiedene Denkmünzen ſchlagen. Reich an Invaſionen war auch das 18. Jahrhundert. 1730—32 wurden Brandenburg und Preußen heimgeſucht. 1749 erſchienen die Heuſchrecken in der Nähe von Budweis, beſonders bei den Dörfern Hlinz und Gutwaſſer, in ſolchen Mengen, daß angeblich ſogar armdicke Baumäſte unter ihrer Laſt zuſammenbrachen und die Sonne wie durch eine Wolke verfinſtert wurde. Man läutete den ganzen Tag mit allen Glocken, ſchoß mit Kanonen und Flinten, zündete Feuer unter den Bäumen an, aber ohne beſonderen Erfolg; erſt am dritten Tage zogen die Schwärme ab. In den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts ſind mehrfach große Heuſchreckenſchwärme in Deutſchland erſchienen. 1864 traten ſie wieder an der unteren Donau auf und gelangten 71. dl. A9 Europäiſche Wanderheuſchrecken: Pachytilus migratorius T. (ſitzend), nebſt Larve, und Pachytilus danicus T. (fliegend). = Natürliche Größe. nach England und Schottland. 1873, 1874 und beſonders 1875 fielen abermals einzelne Schwärme in Deutſchland ein, traten aber freilich nicht annähernd in ſolchen ungeheuren Maſſen wie 1879 und 1880 in Südrußland auf. In Eliſabethpol find in erſterem Jahre die Heuſchrecken am 20. April in ſolchen Mengen erſchienen, daß nicht bloß die Straßen und Gaſſen ungangbar waren, ſondern ſelbſt die Häuſer geſchloſſen werden mußten; die Bad- öfen waren ſo voll von Inſekten, daß kein Brot gebacken werden konnte, Kanäle und Waſſer⸗ läufe ſo angefüllt, daß man das nötige Waſſer durch Filtrieren gewinnen mußte. 1880 wiederholte ſich das Schauſpiel. Im Diſtrikt Gori waren täglich 20000 Menſchen mit der Vernichtung der Heuſchrecken beſchäftigt, zwiſchen Tiflis und Poti konnten aber die Eiſen⸗ bahnzüge wegen der Heuſchreckenmaſſen nicht verkehren, und die Donſchen Steppen waren ſo kahl gefreſſen, als ob eine Feuersbrunſt über ſie hinweggefegt wäre. Unter den einheimiſchen Odipodinen, die ihr Wohngebiet nicht verlaſſen und wirt⸗ ſchaftlich unwichtig ſind, gibt es mehrere recht auffallende Formen. Eine häufige einheimiſche Art von dunkelbrauner Farbe und mit blutroten Hinterflügeln, die trockene, ſpärlich i f 7 * 100 Geradflügler: Springſchrecken. bewachſene Orte liebt, macht ſich durch das laute Geräuſch bemerkbar, mit dem ſie ſich im heißen Sonnenſchein vom Boden erhebt, um unter flatternden Bewegungen eine kurze Strecke in der Luft zurückzulegen. Man hat ſie die Schnarrheuſchrecke, Psophus stridu- lus L., genannt. Ihr ſchnarrendes Geräuſch, das auch für einige andere Heuſchrecken eigen⸗ tümlich iſt und als Schreckeinrichtung gedeutet wurde, wird durch die raſche Bewegung der Hinterflügel beim Fluge hervorgerufen. Ebenſo häufig iſt an etwa den gleichen Orten im ganzen mittleren Europa eine andere Art, Oedipoda coerulescens L., die beim Fliegen immer ihre prächtig blauen, mit einer breiten ſchwarzen Querbinde geſchmückten Hinterflügel zeigt und gleichfalls ſonnige Abhänge, trockene Waldränder und überhaupt alle diejenigen Stellen bewohnt, an denen auch die rote Schnarrheuſchrecke zu finden iſt, während ſie ſaftige Wieſen meidet. Die Vorderbruſt hat bei Oedipoda Lalr. eine rauhe, körnige Oberfläche und beſitzt einen deutlich ausgeprägten Mittelkamm. Eine andere Heuſchrecke mit blauen Hinterflügeln, die ſich an ſonnigen Plätzen und ſteinigen Hügeln aufhält, iſt Sphingonotus coerulans L., eine Art, die hauptſächlich in Südeuropa und in den wärmeren Gebieten Mitteleuropas vor⸗ kommt, aber ſelbſt aus Schleſien bekannt iſt und neuerdings auch an verſchiedenen Stellen der Mark Brandenburg nachgewieſen wurde. Die im Vorderteile ſtark eingeſchnürte Vorder⸗ bruſt bleibt bei dieſer Gattung faſt ganz ohne Mittelliel. Die Pyrgomorphinae ſind Heuſchrecken, die vorzugsweiſe die wärmeren Gebiete der Alten Welt bewohnen, und an deren kegelförmigem Kopfe der Scheitel zwiſchen den Augen vorſpringt, die Stirn aber ſtark zurückflieht. Die Vorderbruſt iſt flach, hinten mit ſcharfen Ecken, die Deckflügel, wenn vorhanden, ſind ſchmal und zugeſpitzt. Die Bunte Stinkſchrecke, Zonocerus elegans T’hunb., auf dem farbigen Bilde der Baumwollfeinde bei ©. 228 ver⸗ gegenwärtigt uns dieſe Unterfamilie. Verſucht man eine ſolche Stinkſchrecke mit der Hand zu greifen, ſo kann das Tier, wie Voſſeler mitteilt, „auf der Mitte des Rückens eine klare, widerwärtig riechende Flüſſigkeit abſondern, die in ſtarkem Strahl nach vorne oder nach hinten geſchleudert wird, je nachdem das Tier erfaßt wurde. Dieſer Saft iſt ein ſehr wirkſames Verteidigungsmittel“. In Oſtafrika ſind die Stinkſchrecken ſehr verbreitet, ernähren ſich hauptſächlich von Unkräutern, kommen aber in der Steppe gelegentlich in ſolchen Mengen auf Bäumen vor, daß man ihren Kot herabrieſeln hört. In den Plantagen fallen ſie über Gemüſe, Tabak, Maniok und andere Nutzpflanzen her und werden bisweilen in den Baum⸗ wollfeldern recht läſtig. Ihrem ſandfarbenen Außeren können die zwei anderen Unterfamilien angehörenden Wüſtenheuſchrecken Pamphagus marmoratus Burm. und Eremobia cisti F. vertrauen, die mit dem Blutſpritzer Eugaster zuſammen auf der Farbentafel bei S. 87 dar⸗ geſtellt ſind. Sie pflegen bei Annäherung eines Feindes regungslos ſitzenzubleiben. In der Unterfamilie der Acridiinae begegnen wir Formen mit kurzem Kopf, bei denen der Stirngipfel nicht vorragt und unmittelbar vor den Augen ohne irgendwelche Querleiſte in die Stirnſchwiele abfällt, während die Vorderbruſt mit einem kegelförmigen oder zapfen⸗ artigen Fortſatz verſehen iſt. Die Agyptiſche Wanderheuſchrecke, Schistocerca peregrina Oliv. (gregaria), erreicht in beiden Geſchlechtern eine Körperlänge von ungefähr 48 60 mm und zeichnet ſich durch einen flachen, nach hinten plötzlich verbreiterten Halsſchild aus, an dem man einen deutlich ausgeprägten Mittelkiel und drei deutliche Querfurchen ſieht. Die Farbe wechſelt, iſt bald roſarot, bald braunrot oder intenſiv gelb. Die Deckflügel haben dunkle Flecke, die Hinterflügel bleiben farblos. Die Agyptiſche Wanderheuſchrecke zeigt ſich über einen großen Teil Afrikas und Aſiens verbreitet und iſt diejenige Art, der die berüchtigten BET). Schwarm von Wander S — 2 — S = oO 1 S un — = u a — — 5 * , re De EEE au ag BAR 2 , F 5 * deuſchrecken; Schnarrheuſchrecke. Bunte Stinkſchrecke. Agyptiſche Wanderheuſchrecke. 101 Verwüſtungen zur Laſt fallen, von denen Nordafrika, Deutſch-Oſtafrika und Indien von Zeit zu Zeit heimgeſucht werden. Auch in Amerika fehlt die Agyptiſche Wanderheuſchrecke nicht, ja man muß ſogar ſagen, daß eigentlich ihr Vorkommen in der Alten Welt recht merk⸗ würdig iſt, weil ſämtliche übrigen Schistocerca-Arten, die gleichfalls dazu neigen, zeit⸗ weilig große, verheerende Schwärme zu bilden, ihre Heimat in Amerika haben. Aluͤoer die Lebensweiſe der Agyptiſchen Wanderheuſchrecke hat Voſſeler eingehende Be⸗ obachtungen gemacht und teilt, nach La Baume, hierüber folgendes mit: „Die Larven be⸗ ginnen ſchon im erſten Stadium zu wandern, und zwar beinahe vom erſten Lebenstage an; in geſchloſſenen Zügen marſchieren ſie mit ungemeiner Lebendigkeit vorwärts. Mit Sonnen⸗ untergang wird die Wanderung eingeſtellt; die Übernachtung geſchieht meiſt in dicht ge⸗ drängten Scharen. Die Marſchrichtung wurde meiſt willkürlich eingeſchlagen, längere oder kürzere Zeit beibehalten und ohne erkennbare Urſache geändert; nur ausnahmsweiſe wurde längere Zeit hindurch ſtets dieſelbe Richtung verfolgt.“ Eine Abwehr der fliegenden Wander⸗ ſchwärme hat ſich bisher immer als faſt unmöglich erwieſen, die Bekämpfung muß alſo auch bei dieſer Art ſich vorzugsweiſe gegen die wandernden Scharen der Hüpfer wenden. Noch eine andere Wanderheuſchrecke wird für Deutſch-Oſtafrika und ebenſo auch für Togo gefährlich, der im ganzen tropiſchen Afrika verbreitete Pachytilus migratorioides - Reich., eine braune, dunkel gefleckte, in beiden Geſchlechtern 45—48 mm lange Heuſchrecke, deren glatter, ſeitlich ſtark eingeſchnürter Halsſchild einen abgerundeten, halbkreisförmigen Hinterrand hat. Volkens beobachtete ihr Auftreten am Kilimandſcharo und ſchreibt hierüber: „Wie wir noch dabei ſind, die Zelte aufzuſchlagen, und der Koch das Eſſen bereitet, kommt vom Süden aus der Ebene herauf wie vom Winde getrieben eine braune, im Sonnenlicht glitzernde Dunſtwolke. Was ſie uns brachte, konnte uns nach den Erfahrungen der letzten Tage nicht zweifelhaft ſein: Heuſchrecken, Millionen von Heuſchrecken. Vor etwa zwei Wochen, als wir noch auf der Station weilten, waren die erſten gekommen, alle in dichten Schwärmen von Weſten nach Oſten ziehend. Kleine Züge waren uns dann auf der Tour begegnet, ſo noch heute auf den Bergwieſen bei einer Höhe von 2500 m. Wir hatten die Mengen be⸗ wundert, aber was bedeuteten ſie den Heerſcharen gegenüber, die jetzt auf uns zurückten. In einer Schicht, die vom Erdboden an wenigſtens die Höhe eines dreiſtöckigen Hauſes erreichte, umſchwirren uns die fingerlangen, braungelben Unholde in ſo dichten Maſſen, daß jeder Stockhieb Dutzende zu Boden ſchmetterte. Ein kniſterndes Geräuſch, von den kurzen Flügelſchlägen hervorgebracht, erfüllt die Luft, dabei ein Flimmern und Glitzern, ein fort⸗ währendes Anprallen der Ermatteten unter ihnen gegen unſer Geſicht, unſere abwehrend geſchwungenen Hände. Wir gaben den Kampf bald auf, zogen uns ins Zelt zurück und ſahen von hier aus, wie der Zug ſich volle zwei Stunden in durchaus gleichbleibender Stärke vor⸗ überſchob. Die Phantaſie erlahmt, wenn ſie ſich der Zahl nach die Mengen von Individuen vorzuſtellen verſucht, die einen einzigen derartigen Schwarm zuſammenſetzen. „Woher kommen ſie, fragt man ſich, und wohin gehen fie? Das erſtere wurde uns beantwortet, als wir Mitte April einen Ausflug in die Steppe bei Kahe unternahmen. Buch⸗ ſtäblich wateten wir dort ſtrichweiſe bis zu den Knöcheln in einer braunen, kribbelnden und wibbelnden Maſſe, die aus nichts anderem als aus eben dem Ei entſchlüpften, noch flügel⸗ loſen Heuſchrecken beſtand. Zwei Wochen ſpäter ſetzte ſich dieſe Maſſe in Bewegung, benutzte alle Pfade, die in das Kulturland des Kilimandſcharo hinaufführten, als Heerſtraße, ſchob ſich Tag für Tag, von etwa 9 Uhr morgens bis zum Sinken der Sonne, wie ein in Adern aufgelöſter Strom bergaufwärts und vernichtete in unglaublich kurzer Zeit alle Pflanzungen 102 Geradflügler: Springſchrecken. Ohrwürmer. der Eingeborenen bis auf das letzte Blatt. Auffällig dabei war mir, daß auch, nachdem die erſt nur hüpfend ſich fortbewegenden Jungen ihre Flügel bekommen hatten und nun im Mai von neuem große Schwärme bildeten, ſowohl die wilde Vegetation von ihrer Freßgier ſo gut wie verſchont, als auch alles durchaus unberührt blieb, das aus europäiſcher Saat gezogen war. Kartoffeln, Erbſen, Stangenbohnen, Kohl, Salat und dergleichen ſtand in unſerem Stationsgarten unverſehrt, während ein mit einbezogenes Maisfeld in einer einzigen Nacht ſo abgefreſſen wurde, daß man am Morgen nichts als die blanke Erde ſah.“ Eine im Mittelmeergebiet häufige, aber keine Wanderzüge bildende Heuſchrecke iſt Acridium aegyptium L. (Locusta tartarica), eine ſtattliche, graubraun gefärbte Art, bei der die ausgewachſenen Weibchen eine Länge von faſt 7 em erreichen können. Die Flügel überragen den Körper, und die Mittelkante des Halsſchildes iſt von drei Querfurchen durch⸗ ſetzt. Bei heißem Wetter laſſen ſich dieſe Tiere, die neuerdings gar nicht ſelten mit Ge⸗ müſe nach Deutſchland eingeſchleppt werden, leicht aufſcheuchen und können dann, von Wan zu Baum flatternd, ziemlich weite Strecken in der Luft zurücklegen. Einer anderen Unterfamilie gehören wieder die unſcheinbar gefärbten Dornſchrecken (Tettiginae) an, deren ſtark entwickelter Halsſchild hinten in einen langen, den Hinterleib meiſt überragenden Fortſatz übergeht. Sie ſind Liebhaber feuchter Standorte und ſiedeln ſich gern an Sumpfrändern und auf naſſen Wieſen an, wo in Deutſchland beſonders Tettix subulatus L. (Acrydium) verbreitet iſt, eine Heine, düſter gefärbte, 8—9 mm lange Schrecke, die in Pommern auch ſchon gelegentlich auf benachbarte Saaten überging und durch Befreſſen zarter Getreide⸗ und junger Kiefernpflänzchen hier und da ſchädlich wurde. Auf Java gibt es eine Waſſer⸗ dornſchrecke, Scelimena producta Serv., die an Gebirgsbächen vorkommt und mit Hilfe ihrer am Ende verbreiterten Hinterſchienen ganz geſchickt ſchwimmen und zu den in der Tiefe wachſenden Waſſerpflanzen gelangen kann, die ihr, wie es heißt, zur Nahrung dienen. 10. Ordnung: Ohrwürmer (Dermaptera). Die Ohrwürmer (Dermaptera), die eigentlich überall im Rufe verabſcheuungswür⸗ diger Tiere ſtehen, haben ihre Unbeliebtheit hauptſächlich den beiden am hinteren Körperende befindlichen Zangen zu verdanken, in denen man gefährliche Werkzeuge zu ſehen vermeint. In Wirklichkeit ſind die Ohrwurmzangen aber viel zu ſchwach, um den Menſchen ſchaden zu können, und die alte unſinnige Fabel, derzufolge die Ohrwürmer mit Vorliebe in das menſchliche Ohr kriechen und das Trommelfell zerſtören ſollen, bedarf keiner Widerlegung. Die Zangen der Ohrwürmer ſind vom Standpunkt der vergleichenden Forſchung weiter nichts als Raife oder Cerei, die ja den meiſten niederen Inſekten eigen find, nur daß ſie ſich eben bei den Ohrwürmern zu einem Paar harter, ungegliederter, oft geweihähnlicher Fortſätze umgeſtaltet haben, die bei einigen Arten, zumal bei den Männchen, ſogar länger als der übrige Körper ſind. Für die Ohrwürmer ſind die Zangen wichtige Waffen, die ſie anderen Tieren gegenüber oft mit beſtem Erfolge, ſei es zur Verteidigung, ſei es zum Angriff, benutzen. Verhoeff ſetzte einſt eine Tetragnatha⸗Spinne zu einer im Terrarium befindlichen Geſellſchaft des gewöhnlichen Ohrwurms. Einige Männchen gingen ſofort auf die Spinne los, bäumten den Hinterleib in die Höhe und ſchleuderten ihn mit den Zangen von oben und ſeitwärts wuchtig gegen die Spinne, die, von den ſcharfen Zangenſpitzen ſchwer getroffen, ermattet liegen blieb. Alsdann fielen die Räuber über ſie her, biſſen ihr die Beine ab und fraßen fie mit vereinten Kräften in etwa 34 Stunde bis auf einige dürftige Überreſte auf. nnn Ye 5 Heuſchrecken: Dornſchrecken. Echte Ohrwürmer. 103 Auch gegenſeitig bekämpfen ſich die Ohrwürmer mit den Zangen, namentlich wenn die Männchen ihre Nebenbuhler von dem begehrten Weibchen abzudrängen ſuchen. Den Weib⸗ chen aber, die in ihren ſchwächeren Zangen weniger wirkſame Waffen beſitzen, leiſten jene ausgezeichnete Dienſte, wenn ſie im Erdboden ein kleines Neſtkämmerchen zum Unterbringen der Eier aushöhlen. Es iſt möglich, daß einige Arten ihre Zangen auch zum Entfalten der Flügel gebrauchen können, bei den meiſten Ohrwürmerx iſt dies aber ſicherlich nicht der Fall. Der Kopf iſt bei den Ohrwürmern beweglich eingelenkt und trägt kräftige, nach vorn gerichtete kauende Mundteile, die zur Aufnahme tieriſcher und pflanzlicher Koſt geeignet ſind. Die Fühler ſind fadenförmig, die ſeitlichen Facettenaugen immer gut entwickelt, Stirnaugen fehlen dagegen ſtets. Am Bruſtabſchnitt fällt die freie, deutlich abgeſetzte Vorderbruſt auf. Neben vielen vollſtändig flügelloſen Ohrwurmarten kommen geflügelte vor, deren Ober⸗ flügel immer zu kurzen, lederartig harten Decken umgeſtaltet ſind, während die auffallend großen, fächerförmig zuſammengefalteten Hinterflügel unter den Deckflügeln verſteckt ſitzen. Die verhältnismäßig kurzen Beine ſind mit kleinen, weit voneinander entfernten Hüften und dreigliederigen Füßen ausgeſtattet, ſie ermöglichen eine nicht gerade ſchnelle, laufende Bewegungsweiſe und können auch vielfach zum Erklettern von Bäumen, Sträuchern und Blüten benutzt werden. Der geſchmeidige Hinterleib ſetzt ſich aus zehn dachziegelartig ſich N deckenden Ringen zuſammen. Am Darm iſt die ſtarke Entwickelung von Kropf und Kau⸗ magen ein Beweis, daß die Tiere von feſter Nahrung leben und dabei oft harte, unverdau⸗ liche Teile verſchlingen. Die Zahl der Malpighiſchen Gefäße beträgt bei den jungen Tieren vier, nimmt aber ſpäter zu und ſcheint durchſchnittlich zwölf zu ſein. Im übrigen bietet die Bauart der Ohrwürmer noch manche urſprüngliche Züge. So beſitzen die Dermapteren eigentümliche, möglicherweiſe als Ausſcheidungsorgane dienende, an den Mittelkiefern aus⸗ mündende Kopfdrüſen und haben zwei große, am Grunde der Cerci ſich öffnende Drüſen⸗ ſäcke, die wenigſtens bei den Jugendformen dort noch vorzukommen pflegen, Merkmale, in denen dieſe Tiere ganz mit gewiſſen Urinſekten übereinſtimmen. Die Jungen entwickeln ſich ohne Ruheſtadium nach mehreren Häutungen direkt zur vollkommenen Form. In der Erd⸗ geſchichte treten die Dermapteren erſt verhältnismäßig ſpät auf. Sie fehlen in den paläozoi⸗ ſchen und meſozoiſchen Formationen, und Handlirſch vermutet, daß ſie ſich etwa in der Kreide⸗ zeit von grillenartigen oder laubſchreckenähnlichen Urformen abgezweigt haben mögen. 1. Unterordnung: Echte Ohrwürmer (Dermaptera genuina). Aus der Tribus der Protodermaptera, die die urſprüngliche Bauart noch am deutlichſten haben, verdienen die in den Tropen der Alten und Neuen Welt vorkommenden Diplatyidae genannt zu werden, bei denen die Augen weit hervortreten und deren erſtes Fühlerglied ſo kurz iſt, daß es noch nicht bis zum Hinterrande der Augen reicht. Ihre Larven haben ſtatt der Zangen fadenförmige, gegliederte Raife und ſehen daher ſo wenig wie Ohrwürmer aus, daß die Larve der indiſchen Diplatys longisetosa Westw. ſeinerzeit von Weſtwood unter dem Namen Dyscritina als ein ganz anderes Inſekt beſchrieben wurde. Die Umwandlung der bei Dyseritina überkörperlangen Schwanzfäden in Ohrwurmzangen geht bei der letzten Häutung vonſtatten, mit der aus dem Grundgliede der beiden Schwanzfäden die Zangen entſtehen und der ganze übrige Teil der Schwanzfäden einfach abgeworfen wird. Während die meiſten Protodermapteren in den Tropenländern zu Hauſe ſind, haben ſich die uferbewohnenden Anisolabidae und Labiduridae, vermutlich durch zufällige * 104 | Geradflügler: Ohrwürmer. Verſchleppung begünſtigt, auch in den gemäßigten Zonen anſiedeln können. Von den erſteren nennen wir die ſchwarzbraune, vollkommen flügelloſe Anisolabis maritima Bor., die ſehr weit verbreitet iſt und die wir in Italien und anderen Mittelmeerländern leicht unter Steinen finden können. Unter den Labiduridae iſt der vorherrſchend gelblichbraune, etwa 2 em lang werdende Uferohrwurm, Labidura riparia Pall., in verſchiedenen Varietäten faſt über die ganze Erde verbreitet und auch in Deutſchland nicht ſelten. Seine großen Zangen, die beim Männchen eine Länge von ungefähr 1 cm erreichen, weiß er geſchickt zum Fangen von Schaben und anderen kleinen Tieren zu benutzen. Man findet den Uferohrwurm nicht nur in der Nähe des Meeres und an den Ufern ſüßer Gewäſſer, ſondern gelegentlich auch weitab vom Waſſer auf Sandboden im Binnenlande. Dort leben, nach Ramme, beide Geſchlechter einzeln in unregelmäßig nach unten verlaufenden Gängen, die meiſt 30—40 om tief ſind, gelegentlich aber auch bis zu einer Tiefe von 2 m hinabreichen. Auch die Larven ſitzen einzeln in ihren Gängen und kommen wie die Erwachſenen nur nachts an die Oberfläche. Eine ver⸗ wandte indiſche Art, Foreipula decolyi Burr., kann auch unter Waſſer aushalten: in Ge⸗ birgsbächen verbirgt ſie ſich unter Steinen und ſoll ſogar ein guter Schwimmer ſein. Der Tribus der Paradermaptera gehören die ſonderbaren, in den Tropen der Alten Welt verborgen unter Baumrinde lebenden Apachyidae an, die mit ihrem ſtark von oben nach unten abgeflachten Körper und den ſeitlich daran ſitzenden e . den Eindruck machen, als ob ſie künſtlich flachgedrückt wären. 5 Zur dritten Tribus, den Eudermaptera, werden diejenigen Ohrwürmer geſtellt, die von der urſprünglichen Bauart am meiſten abweichen. Die Familie der Forficulidae mit unſerem Gemeinen Ohrwurm, Forficula auricularia L., gehört hierher. Das etwa 11 bis 15 mm lange, in ganz Europa häufige Tier iſt an dem dunkeln, ſeitlich heller gefärbten, quadratiſchen Halsſchilde zu erkennen. Die Farbe iſt dunkelbraun, Beine und Flügel bleiben gelblichbraun. Die Zangen ſind beim Männchen geweihartig gekrümmt, bei den Weibchen und den Larven aber faſt gerade. Der Ohrwurm liebt Geſelligkeit, ſo daß ſeine Schlupf⸗ winkel, enge Ritzen und Spalten, in die er ſich mit ſeinem geſchmeidigen Körper geſchickt einzwängt, manchmal erſtaunlich reich bevölkert ſind. In der Regel trifft man bei einer ſolchen Ohrwurmgeſellſchaft Männchen von verſchiedenem Ausſehen an. Man findet Großmännchen mit kräftigem Körper und ſehr langen Zangen und anderſeits Kleinmännchen von geringerer Größe, deren Zangen ganz kurz ſind. Bald überwiegt die eine, bald die andere Form, die auch durch allerlei Übergänge verbunden ſein können. Der eigentümliche Geruch der Ohr⸗ würmer, den man leicht wahrnimmt, wenn man die Tiere zwiſchen den Fingern hält, rührt von paarigen Hautdrüſen her, die am Hinterleibsrücken am zweiten und dritten Ring ausmünden und einen ſcharfen Saft abſondern. Das Flugvermögen ſcheint dieſen Ohr⸗ würmern zu fehlen, denn obwohl ſie große und gut entwickelte Unterflügel haben, ſo hat man doch noch niemals mit Beſtimmtheit einen Ohrwurm dieſer Art fliegend geſehen. Weit verbreitet iſt in Deutſchland auch noch ein anderer, ähnlicher Vertreter aus dem Ohrwurmgeſchlecht, Chelidurella acanthopygia @ene, der Waldohrwurm, wie ihn Verhoeff nannte, weil er hauptſächlich in Wäldern lebt. An den Beinen iſt bei ihm das zweite Fuß⸗ glied lappenförmig verbreitert, und beim Männchen berühren ſich die beiden Zangenhälften am Grunde nicht, wie dies beim gewöhnlichen Ohrwurm der Fall iſt. Ein weiterer Unter⸗ ſchied im Vergleich zu letzterem beſteht darin, daß der Waldohrwurm keine Unterflügel beſitzt. Echte Ohrwürmer: Uferohrwurm. Gemeiner Ohrwurm. Waldohrwurm. 105 Von den beiden genannten Arten iſt unzweifelhaft der Gemeine Ohrwurm, Forficula auricularia, für uns von größerer Bedeutung, er kommt am häufigſten vor, findet ſich haupt⸗ ſächlich in Gärten und Feldern ein und liebt offenbar vom Menſchen kultiviertes Gelände. Wenn wir den Ohrwurm aber weitab von Gärten und Kulturſtätten finden, ſo ſind es meiſt Chauſſeen und Wege, längs deren er ſich an Bäumen und unter Steinen angeſiedelt hat. In der Auswahl der Nahrung iſt der Ohrwurm nicht beſonders wähleriſch, er nimmt ſowohl weiche pflanzliche wie tieriſche Koſt. Abgefallene ſüße Früchte, wie Birnen und Pflaumen, namentlich ſolche, die beſchädigt ſind und bei denen der Inhalt zutage getreten iſt, bilden für ihn Leckerbiſſen. Auch tote Inſekten, zumal wenn ſie ſchon von anderen Tieren angefreſſen waren oder verletzt ſind, locken ihn an. Selbſt lebende kleine Tiere, wie Blattläuſe, können unſerem Ohrwurm zum Ofper fallen, ſeine Hauptnahrung bilden jedoch, wie Lüſtner durch Unter⸗ ſuchungen des Magen⸗ i inhaltes ermittelte, zarte Pflanzenſtoffe, beſonders Pilzſporen und Blütenteile. So kennt, nach Taſchen⸗ berg, auch der Gärtner den Ohrwurm ſchon längſt als Zerſtörer ſei⸗ ner beſten Nelken und Georginen und ſucht den ungebetenen Gaſt durch Anbringen künſt⸗ licher Schlupfwinkel anzulocken und abzu⸗ fangen. Beliebt iſt der | 1 2 3 1 Gemeiner Ohrwurm, Forficula auricularia L. 1) Weibchen mit Eiern, 2) Großmännchen, Ohrwurm nirgends. 3) Kleinmännchen. Etwas vergrößert. Dem Kinde wird der Genuß der Beeren verleidet, wenn ein Ohrwurm nach dem anderen aus dem Dunkel der dicht gedrängten Weintrauben herausſpaziert, und die Köchin wirft entrüſtet den Blumen⸗ kohl von ſich, wenn beim Abputzen und Zergliedern des Kopfes der braune Unhold mit ſeinen drohenden Zangen an das Tageslicht kommt. An einem ſchönen Herbſttage, im September oder Oktober, kann man die Ohrwürmer mit ihren Liebesangelegenheiten beſchäftigt ſehen, wobei wir ſie mehreremal beobachtet haben. Sind viele Ohrwürmer beiſammen, ſo geht es ohne Streit und Zank gewöhnlich nicht ab. Un⸗ gemein drollig ſieht es aus, wenn zwei eiferſüchtige Ohrwurmmännchen, die um den Beſitz eines Weibchens aneinander geraten ſind, plötzlich, ohne den geringſten Verſuch zu machen, ſich mit den Kiefern zu packen oder zu beißen, beide kehrtmachen und nun von hinten her wütend mit den Zangen gegeneinander losgehen. Gefährliche Folgen hat der Zweikampf allerdings nicht; denn wir haben jedenfalls nie geſehen, daß bei einer ſ olchen Gelegenheit einer der Gegner Verletzungen davongetragen hätte, ſondern das ſchwächere oder zufällig gerade ungünſtiger ſtehende Männchen wird einfach beiſeite geſchoben und räumt gewöhnlich bald gutwillig das Feld, während der Sieger ſich dem Weibchen nähert. Männchen und Weibchen hängen dann oft über zwei Stunden mit der Bauchſeite ihrer Hinterleibsſpitzen zuſammen. 106 Geradflügler: Ohrwürmer. Embien. Die Fortpflanzung der Ohrwürmer iſt beſonders deswegen intereſſant, weil es bei ihnen zu einer Brutpflege kommt. Eine ſolche iſt bei unſerer Forficula auricularia ſchon ſeit langer Zeit bekannt, iſt aber auch ſchon bei einigen ausländischen Arten, bei Anisolabis und anderen, beobachtet worden. Zeitig im Frühjahr, meiſt im Februar oder März, ausnahms⸗ weiſe auch ſchon in den vorhergehenden Wintermonaten oder im Sommer, gelingt es einmal, eines unſerer Ohrwurmweibchen beim Behüten ſeiner Eier zu überraſchen. Man muß das Tierchen hierzu in ſeinem Verſteck aufſuchen. Es ſitzt unter einem Stein oder Holzſtück, gern an einem der Sonne ausgeſetzten, nach Süden gelegenen Abhang in einem kleinen Erd⸗ kämmerchen verborgen neben einem Haufen von rundlichen, weißlichen Eiern, die es an wenigen aufeinanderfolgenden Tagen dort abgelegt hat. Ein bei Münden im Februar gefundenes Weibchen bewachte 56 Eier, und die Höchſtzahl der letzteren ſoll, nach Verhoeff, 66 ſein. Manchmal kommt es vor, daß der Niſtplatz doch nicht günſtig gewählt war, denn plötzlich eindringende Näſſe oder in der Nachbarſchaft wuchernde Pilze können Gefahr bringen. Dann läuft die Ohrwurmmutter davon, ſucht in der Nähe ein beſſeres Verſteck und trägt, wie wir mehrfach beobachtet haben, ein Ei nach dem anderen von ſeinem friſchen Gelege mit dem Munde, zwiſchen Kiefer und Oberlippe, hinüber, bis es alle Eier oder doch wenigſtens die meiſten wieder beiſammen hat. Beſchädigte oder ſchlecht gewordene Eier werden von der Mutter aufgefreſſen oder beiſeite geſchoben, die übrigen aber wiederholt beleckt und dabei wahrſcheinlich von anſitzenden Pilzſporen gereinigt. Eine ſolche Pflege ſcheint ſehr wichtig zu fein, denn falls die Entwickelung nicht ſchon recht weit fortgeſchritten war, wollte es uns nie gelingen, aus den der Mutter weggenommenen Eiern Junge zu erziehen. Unter der mütterlichen Obhut dauert es bei einer Durchſchnittstemperatur von etwa 10—12° etwa 5—6 Wochen, bis in den Eiern die jungen Ohrwürmer entſtanden ſind, die ſich ohne Beihilfe der Mutter befreien und zu dieſem Zwecke vorn am Kopf einen ſpitzigen braunen Stachel, den „Eizahn“, haben, mit dem ſie die harte Eiſchale zerbrechen. Gleich beim Ausſchlüpfen findet auch ſchon die erſte Häutung ſtatt, und der nun überflüſſig gewor⸗ dene Eizahn wird dann mit der Haut zuſammen abgeſtreift. Die Mutter kann ſich aber auch jetzt noch nicht von ihrer Nachkommenſchaft trennen, ſondern bleibt bei ihren Jungen, die ſich alle eng um ſie ſcharen oder mitunter auch auf ſie hinaufkriechen und die von ihr, ſolange ſie noch klein ſind, durch drohendes Spreizen der Zangenhälften verteidigt werden, wenn man das Familienleben ſtört. Nach Verhoeff überleben beim Gemeinen Ohrwurm die Weibchen die ganze Brutpflegperiode, während bei dem Waldohrwurm die Weibchen ſpäteſtens eine Woche nach dem Auskriechen der Kleinen ſterben. Wie Verhoeff meint, kommen bei Forficula im Laufe des Jahres zwei aufeinanderfolgende Bruten, eine im Frühjahr und eine zweite im Sommer, zuſtande, doch haben wir dies durch unſere Beob⸗ achtungen in der Berliner Gegend bisher noch nicht beſtätigt gefunden. Im Laufe des Sommers fanden wir gewöhnlich nur die ſchon mehr oder weniger weit entwickelten ſchwärzlichen Jungen, die kleiner als die erwachſenen Tiere ſind, keine oder erſt ſchuppen⸗ förmige Flügelanſätze beſitzen und in beiden Geſchlechtern noch einfache, ungekrümmte Zangen haben. Häufig trifft man ganze Geſellſchaften von ſolchen jungen Ohrwürmern unter abgehobener Baumrinde oder unter einem Stein beiſammen und findet darunter auch graue oder ſchneeweiße Stücke, die ſich vor kurzem erſt gehäutet haben. Vier ſolcher Häu⸗ tungen pflegen während des Sommers ſtattzufinden, dann ſind die Jungen herangewachſen und zu fertigen Ohrwürmern geworden; 1 mögen vereinzelte Spätlinge auch noch als Larven den Winter überdauern. | he? ala A ee bis 1,5 em großen Hemimeren manchmal zu Dutzenden umher⸗ nach ähnlicher Nahrung abzufuchen, kehren aber immer bald wieder Bea erinnert Hemimerus kaum an einen Ohrwurm. Der flache, mit Echte Ohrwürmer: Zwergohrwurm. Hemimerus talpoides. 107 Zu den Eudermapteren gehören auch die in ſyſtematiſcher Hinſicht erſt ſehr ungenügend durchgearbeiteten Labiidae, von denen wir hier die Heinfte deutſche Ohrwurmform, den Zwergohrwurm, Labia minor L., nennen, ein Tierchen, deſſen Halsſchild länger als breit iſt, das ſonſt aber mit ſeiner Körperlänge von etwa 5—6 mm wie eine Miniaturausgabe des Gemeinen Ohrwurms ausſieht und am Tage oder in den Abendſtunden bei warmem Wetter zuweilen lebhaft umherfliegt. Überwinternde Zwergohrwürmer hat man unter Heidekraut und Moos gefunden. 2. Unterordnung: Hemimeroidea. An die echten Ohrwürmer ſchließen wir ein eigentümliches Inſekt an, den Hemimerus talpoides Walk., deſſen ſyſtematiſche Stellung den Gelehrten ſchon viel Kopfzerbrechen ge⸗ macht hat. Das gelbbraune, äußerlich etwas an eine Küchenſchabe 7 erinnernde Tier lebt als Hautbewohner auf der im tropiſchen Br 7X en Afrika verbreiteten Hamſterratte, Cricetomys, in derem Fell die krabbeln, ohne daß der phlegmatiſche Nager ſich ſonderlich um ſeine unruhige Bewohnerſchaft bekümmert. Die Hemimeren tun ihm auch nichts zuleide, ſie ſaugen kein Blut, ſondern begnügen ſich damit, kleine, abgeſtoßene Hautſchüppchen ſowie Pilzſporen 9 oder organische Schmutzteilchen zu verzehren, die fie in dem Haar- pelz der Ratte finden, und unternehmen, wenn letztere ſchläft, au manchmal kleine Exkurſionen, um die Nachbarſchaft der Lagerftätte | zu dem wärmeſpendenden Körper ihres Wirtes zurück. Im Außeren « kräftigen, breiten Beinen verſehene Körper trägt keine Spur von ö Flügeln und hat hinten ſtatt der Zangen ein Paar borſtenähnlichen i ö EEE a Raife, die bei beiden Geſchlechtern übereinſtimmend ausſehen. Hemimerus iſt vollſtändig blind; Augen kann er entbehren, denn ſie 0 würden ihm bei der lichtſcheuen Lebensweiſe der im Verborgenen ſich aufhaltenden Ratte gar nichts nützen. Die Weibchen legen n Start vagen. keine Eier, ſondern bringen gleich ziemlich große Junge zur Welt. Von Jordan iſt kürzlich noch ein anderes, merkwürdiges, ohrwurmähnliches Inſekt be⸗ ſchrieben worden, Arixenia esau K. Jord., das auf einer Fledermausart im Malaiiſchen Archipel gefunden wurde und in gewiſſem Sinne eine Mittelſtellung zwiſchen den Hemi⸗ meroiden und den echten Ohrwürmern einnimmt. A - 11. Ordnung: Embien (Embiidina). Die Heimat der Embien (Embiidina) find. die tropiſchen und ſubtropiſchen Gegen- den. In Ländern, die, wie Deutſchland und das ganze mittlere und nördliche Europa, ein rauheres Klima haben, fehlen die Embien gänzlich. Dieſe zarten, nur etwa 5—18 mm groß werdenden Inſekten verlangen Wärme und Feuchtigkeit. Sie leben daher hauptſächlich auf ozeaniſchen Inſeln und an Meeresküſten, nicht gerade unmittelbar am Strande, ſondern dort, wo der Boden bereits von Landpflanzen bewachſen iſt, beiſpielsweiſe an den nach dem Meere 108 Geradflügler: Embien. Korrodentien: Termiten. zu gelegenen ſonnigen Bergabhängen, die von den feuchten ſalzhaltigen Seewinden be⸗ ſtrichen werden. Falls die Embien paſſende Verhältniſſe finden, kommen ſie auch weiter landeinwärts vor, denn man hat ſie ſogar in Oaſen der Sahara und in den ER des tropiſchen Amerika noch bis zu etwa 2000 m Höhe gefunden. Die äußere Körperform der Embien erinnert ein wenig an die der Ohrwürmer. Die Mundteile ſind am Vorderende des deutlich abgeſonderten Kopfes angebracht und dienen als Kauwerkzeuge. Die vor den Augen eingelenkten Fühler ſind ſchnurförmig oder faden⸗ förmig. Die Facettenaugen ſind bei den geflügelten Männchen groß und oft ſtark gewölbt, 5 bei den Weibchen und Larven bleiben ſie klein und flach. Auf den Kopf folgt ein ſchmaler, langgeſtreckter, aus drei Bruſtringen und zehn deutlichen Hinterleibsringen beſtehender Leib, der am Ende zwei kurze, zweigliederige Raife trägt. Beim Männchen iſt der Raif der linken Körperhälfte in der N zu einem Klammerorgan e An den mit dreigliederigen Füßen ausgeſtatteten derſte Beinpaar auf, deſſen erſtes, blaſen⸗ förmig erweitertes Fioußglied bei bei⸗ den Geſchlechtern ein Spinnorgan enthält. Flugwerkzeuge feh⸗ len zahlreichen Arten gänzlich, bei ande⸗ den ausgewachſenen weiblichen Embien iſt aber das Vorkommen Embia ramburi R. K mit ihrem Geſpinſt. N von Flügeln noch niemals in einwandfreier Weiſe feſtgeſtellt worden. Die zarten, läng⸗ lichen, mit wenigen Adern ausgeſtatteten Flügel können nicht gefaltet werden und decken ſich in der Ruhelage gegenſeitig. - Die geflügelten Männchen ſchwirren im Dunkeln umher und werden wie jo viele nächt⸗ liche Inſekten vom Lichte angezogen. Am Tage ſieht man dagegen die Embien ſelten, denn ſie halten ſich dann faſt immer unter Steinen oder Pflanzen verborgen und verkriechen ſich augenblicklich, wenn ihre Schlupfwinkel etwa zufällig aufgedeckt werden. Unſere Abbildung zeigt die im Mittelmeergebiete verbreitete Embia ramburi R. K., die an ſonnigen, ſpärlich bewachſenen Orten im Gebiete der italieniſchen Riviera nicht ſelten iſt, ſo daß man dort unter Steinen oder abgefallenen dürren Olivenblättern nicht lange nach ihr zu ſuchen braucht. Ihre Gegenwart verrät ſich durch bläulichweiße, unregelmäßig röhrenförmige Seiden⸗ geſpinſte, die unter Steinen den Boden überziehen oder an Blätter und Erdteilchen an⸗ geſponnen ſind. Die kleine, 7—8 mm lang werdende, braune Embie ſteckt in dem dünnen Geſpinſt, man ſieht ſie hindurchſchimmern und kann beobachten, wie ſie bei der geringſten Beunruhigung mit gleicher Gewandtheit in ihrer Geſpinſtröhre vorwärts oder rückwärts gleitet. Das Wohngeſpinſt iſt für alle Embien von großer Bedeutung, denn einmal ver⸗ hindert es raſche Schwankungen des Feuchtigkeitsgrades, gegen welche unſere Tierchen ſehr Beinen fällt das vor⸗ = ren kommen fie. nur Männchen zu, bei den Embia ramburi. Oligotoma michaeli. 109 empfindlich find, und zweitens bildet es ein Schutznetz gegen kleine Käfer, Ameiſen, Hundert⸗ füßler und ähnliche Feinde. Freiwillig wagen ſich die Embien nur ſelten aus ihrem ſicheren Hauſe heraus und ſtrecken nur von Zeit zu Zeit vorſichtig aus dem offenen Ende ihrer Röhre den Kopf hervor, um nach etwas Genießbarem zu ſuchen, fahren aber blitzſchnell wieder zurück, ſobald ſie etwas Verdächtiges bemerken. Zur Nahrung dienen den Embien hauptſächlich weiche Pflanzenteile, Blüten, Blatt⸗ reſte, Mulm und ähnliches. Die Männchen, die längere und ſchmalere Vorderkiefer haben, ſcheinen im fertigen Zuſtande überhaupt nichts mehr zu freſſen. Auch als Schädlinge hat man Embien bereits kennen gelernt. Die in Oſtindien heimiſche und bisweilen in europäiſche Gewächshäuſer eingeſchleppte Oligotoma michaeli M. Zachl. hat durch Befreſſen von Orchi⸗ deenwurzeln Schaden angerichtet. Wie Voſſeler und Friederichs bei zwei Arten feſtgeſtellt haben, kommt bei den Embien Brutpflege vor. Die Mutter ſpeichert nämlich einen kleinen Vorrat von zernagten Pflanzenreſten und Blütenteilen im Wohngeſpinſt auf, damit die aus⸗ kriechenden zarten Jungen gleich etwas zu freſſen vorfinden. Der Körperbau der Embien deutet darauf hin, daß es noch tiefſtehende Inſekten ſind, die unter den Schaben oder Termiten ihre nächſten Verwandten haben mögen. Die bisher bekannten Arten werden von Krauß, dem neueſten Monographen dieſer Inſekten⸗ ordnung, in vier Familien untergebracht, auf deren Unterſchiede wir hier nicht eingehen können. Ausgeſtorbene Embienarten hat man im Bernſtein des Samlandes gefunden. Vierte Gruppe: Korrodentien (Corrodentia). 12. Ordnung: Termiten (Isoptera). Die Termiten (Isoptera) bilden eine eigene, herkömmlich zu den Korrodentien ge⸗ ſtellte Ordnung, die wir aber vielleicht am eheſten an die ſchabenartigen Inſekten anreihen könnten, denn gewiſſe niedere Termiten, wie die auſtraliſchen Maſtotermitiden, von denen unten noch die Rede ſein wird, ſtimmen im Flügelbau in gewiſſer Hinſicht mit den aus⸗ geſtorbenen Urſchaben der Steinkohlen⸗ und Permzeit überein. Auch ſonſt ſpricht manches dafür, daß Schaben und Termiten Verwandte ſind und vor vielen Millionen von Jahren einmal aus gemeinſamen Stammformen entſtanden ſein mögen. Gerade wie nun viele der heutigen Schaben gern geſellſchaftlich in großen Scharen beieinander wohnen, ſo iſt auch den Termiten das geſellige Weſen in hohem Maße eigen. Bei ihnen geht es aber weiter, denn die Termiten hauſen nicht wie die Schaben in zügel⸗ loſen Scharen und Horden zuſammen, ſondern leben in wohlorganiſierten Staaten, die aus zahlreichen, ja mitunter aus vielen Millionen von Individuen beſtehen und ſich in gewiſſem Sinne mit den volkreichen Kolonien der Ameiſen vergleichen laſſen. In den heißen Ländern, in denen die meiſt durch weißliche Färbung ausgezeichneten Termiten überall wohlbekannt ſind, pflegt man ſie deswegen auch wohl „weiße Ameiſen“ zu nennen, wobei wir aber keines⸗ wegs überſehen dürfen, daß zwiſchen Termiten und Ameiſen in jeder anderen Beziehung doch ſehr erhebliche Unterſchiede beſtehen. Die Termiten ſind durch einen länglichen, deutlich gegliederten, aber nicht in der Mitte eingeſchnürten Körper ausgezeichnet. Bruſt und Hinterleib ſind ziemlich weich und dünn⸗ häutig und laſſen in der Regel den weißen Leibesinhalt durchſchimmern. Der harte, gelblich 110 Korrodentien: Termiten. oder braun gefärbte Kopf trägt kauende Mundteile und ein Paar fadenförmiger, aus einer wechſelnden Zahl von Gliedern beſtehender Fühler. Zwei zuſammengeſetzte Augen ſowie zwei Punktaugen können vorhanden ſein, ſind allerdings auch oftmals verkümmert oder fehlen gänzlich. Die an den drei deutlich voneinander getrennten Bruſtringen befindlichen Beine ſind untereinander gleichartig und enden meiſt mit viergliederigen, ſeltener, wie bei den auſtraliſchen Maſtotermitiden, noch mit ſehr einfach gebauten fünfgliederigen Füßen. Der zehngliederige Hinterleib trägt hinten zwei Raife, die gewöhnlich kurz bleiben. Die Entwickelung geht bei den Termiten ähnlich wie bei anderen niederen Inſekten vor ſich, denn die aus den Eiern ſchlüpfenden Jugendformen oder Larven A ſchon in ı ben wichtigſten äußeren Merkmalen den Erwachſenen. Beim Offnen eines Termitenneſtes ſtoßen wir auf ein ungeheures Gewimmel von Tieren, die aber keineswegs alle übereinſtimmend ausſehen. Wir können uns auch bald davon überzeugen, daß es ſich dabei nicht nur um die Unterſchiede von jung und alt oder um die Verſchiedenheiten zwiſchen Männchen und Weibchen handelt, weil auch die erwachſenen Ter⸗ miten beiderlei Geſchlechts im Körperbau in ſo verſchiedenen Formen auftreten, daß man bei dieſen Tieren geradezu von beſonderen Bevölkerungsklaſſen oder Kaſten ſprechen kann, die für das ſoziale Gemeinweſen von großer Bedeutung ſind. An der Spitze des Staats⸗ weſens ſteht in der Regel ein „König“ und eine „Königin“, d. h. ein männliches und ein weib⸗ liches Geſchlechtstier, die an den beiden hinteren Bruſtringen vier kurze Flügelſtummel tragen, ein Zeichen, daß fie früher einmal zwei Flügelpaare beſeſſen hatten, die fie ſpäter bis auf die erwähnten kurzen Stümpfe wieder eingebüßt haben. Zeitweiſe ſind im Termiten⸗ ſtaate auch vollſtändig geflügelte Tiere, und zwar dann gewöhnlich in großen Mengen vor⸗ handen: alles zukünftige Könige und Königinnen, die aber nicht fortpflanzungsfähig ſind, ſolange ſie ihre vier großen Flügel noch beſitzen, die von wenigen, zum Rande ausſtrahlen⸗ den Adern durchzogen ſind. Die große Maſſe der Bevölkerung im Termitenreiche ſetzt ſich aus „Soldaten“ oder gewöhnlich aus „Arbeitern“ und Soldaten zuſammen, die zwar keine Nach⸗ kommenſchaft erzeugen können, im übrigen aber tüchtige Bürger ſind, fleißig und recht⸗ ſchaffen ihre Dienſte dem Staatsweſen widmen und daher weſentlich zum Gedeihen desselben beitragen. Dem Geſchlecht nach können die Termitenarbeiter und Termitenſoldaten ſowohl Männchen als auch Weibchen ſein, immer ſind es aber Tiere, bei denen die Fortpflanzungs⸗ werkzeuge unentwickelt geblieben ſind. Die Unterſchiede zwiſchen Arbeitern und Soldaten ſind gering. Sie beſtehen nur darin, daß erſtere kleinköpfig ſind, letztere aber einen gewal⸗ tigen Kopf mit kräftigen Vorderkiefern haben. Die übrigen Inſaſſen, die man in einem Termitenneſte antrifft, ſind Larven, die ſtets in den verſchiedenſten Größen und in er⸗ heblicher Zahl vorkommen. Während die Larven im jüngſten Stadium bei ein und der⸗ ſelben Art noch alle untereinander gleichartig ausſehen, machen ſich an ihnen ſchon nach der erſten Häutung gewiſſe Unterſchiede bemerkbar. Manche Larven bekommen nämlich Flügel⸗ anſätze, die ſich bei jeder folgenden Häutung vergrößern und nach der vierten Häutung im ſogenannten Nymphenſtadium zu langen Flügelſcheiden werden, ſo daß dann bei der nächſten oder fünften Häutung ſolche Nymphen ſich zu den obenerwähnten geflügelten Termiten um⸗ geſtalten. Im Gegenſatz hierzu gibt es andere Termitenlarven, die niemals Flügelanſätze bekommen und meiſt ſchon nach der vierten Häutung oder ſogar noch früher zu ausgewachſe⸗ nen, natürlich vollſtändig flügelloſen Arbeitern oder Soldaten werden. Den Arbeitern liegen wichtige Pflichten ob. Wird an irgendeiner Stelle das Neſt 8 ſchädigt, ſo ſind ſie es, die die Reparaturarbeiten ausführen müſſen. Ganze Kolonnen von n i 7 Kia * . 4 f Mg ANNE AT NR Kaſten und Arbeitsteilung. | 111 Arbeitern kommen dann herbei und bringen die Sache wieder in Ordnung. Die Arbeiter ſind es auch, die die Nahrung herbeiſchaffen: keine kleine Leiſtung, wenn man ſich vorſtellt, daß eine oft nach Millionen zählende Bevölkerung verproviantiert werden muß. Die Arbeiter übernehmen ferner die Reinhaltung des Neſtes, vor allem aber die Pflege des Königspaares Hund die Behandlung der abgelegten Eier, aus denen wieder neue Staats⸗ bürger herangezüchtet werden. Auch bei feindlichen Störungen, nament⸗ lich wenn der Staat von kleineren Tieren, etwa von Ameiſen, beläſtigt wird, rücken in der Regel Arbeiter⸗ maſſen heran und ſorgen für Abwehr. Die Soldaten dagegen ſind in erſter Linie für den Wach⸗ und Polizei⸗ dienſt im Inneren da, obwohl auch ſie manchmal ins Feld rücken müſſen, wenn ein beſonders gefährlicher Geg⸗ ner naht. An den Neſteingängen, die fortdauernd bewacht werden, ſtehen einzelne Soldaten als Poſten, und zwar ſo, daß ſie ihren großen, harten Kopf nach außen wenden, den weichen Leib aber im Eingang ver⸗ borgen halten. Sobald ein ſolcher Wachtpoſten irgend etwas Verdäch⸗ tiges wahrnimmt, macht er ſofort eine Meldung. Der Termitenforſcher Eſcherich, an deſſen Beobachtungen wir uns hier hauptſächlich halten, tötete einſt einen Arbeiter von Euter- mes monoceros Kön. und legte ſeine Leiche in der Nähe eines auf Poſten ſtehenden Soldaten nieder. „Dieſer wurde ſofort darauf aufmerkſam, kam hinzu und taſtete eine Weile aufgeregt mit den Fühlern an dem zerquetſchten Kameraden herum. Dann verſchwand er eiligſt in dem dunkeln Gang, und ERFREUT 0 TORE | | | | 4 \ 5 | | 3 Die verſchtedenen Kaſten bei den Termiten. a) Junges Weib⸗ chen von Termes spinosus Latr., b) Weibchen von Termes gilvus Hug., e) entflügeltes Männchen (König) von Hodotermes ochraceus Burm., d) Soldat von Termes spinosus Latr., e) Soldat von Capritermes speeiosus Hav., f) Arbeiter von Hodotermes ochraceus Burm., g) Na⸗ ſenſoldat von Eutermes tenuirostris Desn. Nach Desneux, aus K. Eſcherich, „Die Termiten oder Weißen Ameiſen“, Leipzig 1909. unmittelbar darauf kamen vier Soldaten ſchnurſtracks hervorgeſtürzt zu dem Toten.“ Wir ſehen hieraus, daß die Termiten ſehr wohl imſtande ſind, ihre Erregung den Neſtgenoſſen zu übermitteln. Bei manchen Termitenarten geben die Soldaten in der Weiſe Alarm, daß ſie mit ihrem harten Kopf wie beſeſſen auf den Boden aufſchlagen, wodurch ein klopfender oder raſſelnder Ton entſteht, der als Warnſignal für die ganze Bevölkerung dient. Oft hat man geſehen, daß ſich die Soldaten im Ernſtfall mit wahrer Todesverachtung auf den Feind ſtürzen und ungeſtüme Maſſenangriffe machen, die mitunter ſelbſt für den Menſchen EEE IE EU 112 Korrodentien: Termiten. recht unangenehm werden können. Eſcherich berichtet von einem derartigen Erlebnis, das er in Eritrea beim Offnen eines Neſtes der Kriegeriſchen Termite, Termes bellicosus Smith, hatte. Beim Hineinfaſſen in das Neſt fielen die großköpfigen Soldaten mit ihren ſcharfen Kiefern derartig über ſeine Hand her, daß ſogleich das Blut aus zahlreichen Schnittwunden hervorquoll, die ihm von den wie raſend ſich gebärdenden Tieren beigebracht waren. Bei den Termiten der Gattung Eutermes Heer kommen ganz ſonderbar ausſehende Soldaten vor. Man hat ſie „Naſenträger“ oder Nasuti genannt, denn ihr Kopf geht vorn in einen langen, naſenartigen Fortſatz aus. An der Spitze der Naſe ſind Drüſenöffnungen belegen. Wird ein ſolcher Naſenſoldat angegriffen, ſo beißt er nicht, ſondern trommelt mit ſeiner langen Naſe auf dem Feinde herum und ſchmiert ihn gehörig mit ſeinem Naſenſekret ein, bis der Gegner genug hat und es vorzieht, das Feld zu räumen. Auch die Soldaten von Capritermes Wasm. (Abb. e auf S. 111) können mit ihren großen, unſymmetriſch gebauten Vorderkiefern nicht beißen, ſtoßen aber mit ihnen blitzſchnell unter den Gegner und ſchleu⸗ dern ihn unverſehens mit einem gewaltigen Ruck weit hinweg. Vorſichtiger ſind beſtimmte, als Wachtpoſten aufgeſtellte Soldaten, die die Neſteingänge der ſüdamerikaniſchen Eutermes saltans Wasm. zu bewachen haben. Nähert ſich dieſen Poſten, die mit ſehr langen Vorder⸗ kiefern ausgeſtattet ſind, ein Feind, ſo beißen ſie nicht etwa, ſondern ſchließen nur plötzlich ihre gewaltigen Kinnbacken, was eine doppelte Wirkung hat: einmal entſteht dabei ein knackendes Geräuſch, das die Kameraden im Neſtinneren warnt, und zweitens bekommt der ganze Soldat einen ſo tüchtigen Ruck, daß er gleich mehrere Zentimeter weit rückwärts fliegt und ſich nun zunächſt einmal für ſeine Perſon ſelbſt in Sicherheit gebracht hat. Eines der wichtigſten und aufregendſten Ereigniſſe bei dem Termitenvolk iſt der Augen⸗ blick, in dem die Maſſen von geflügelten Geſchlechtstieren das heimatliche Neſt verlaſſen, um eine waghalſige Luftreiſe in ungewiſſe Fernen anzutreten. In dichten Scharen kommen ſie aus den Neſtöffnungen hervorgequollen und erheben ſich oft zu Hunderttauſenden in die Luft, dunkle Wolken bildend, die, im Lichte der Sonnenſtrahlen geſehen, aus Millionen von glitzernden Silberplättchen zu beſtehen ſcheinen; ein Schauſpiel, das nach dem Berichte von Augenzeugen einen wunderbaren Eindruck machen ſoll. Nicht immer geſchieht das Schwärmen freilich am Tage. Manche Termitenarten benutzen die Dämmerſtunden oder die Nacht zum Ausfliegen. So erzählt Bates, der das Schwärmen der Termiten im Amazonasgebiet be⸗ obachtete, daß es am Morgen geſchehe, bei bedecktem Himmel, oder an trüben, feuchten Abenden. In letzterem Falle haben die Lichter der menſchlichen Wohnungen für die Ter⸗ miten wie für ſo viele des Abends fliegenden Kerfe eine beſondere Anziehungskraft. Myria⸗ denweiſe dringen ſie durch Tür und Fenſter ein, erfüllen die Luft mit einem raſſelnden Ge⸗ räuſch und bringen die Lampen zum Verlöſchen. In allen Fällen, mag das Schwärmen bei Tag oder Nacht vor ſich gehen, bedeutet es ein gefährliches Unternehmen, denn Hunderte oder Tauſende der Schwärmer gehen regelmäßig zugrunde. Am Tage werden ſie von Vögeln, nachts von Fledermäuſen erhaſcht oder fallen ſpäter beim Herunterflattern dem auf der Erde lauernden heimtückiſchen Raubzeug, Spinnen, Kröten und mancherlei anderem Getier, zum Opfer. Andere ſind glücklicher, und wenn ſich beim wirbelnden Reigen in luftiger Höhe Männchen und Weibchen zuſammengefunden haben, ſo fällt das Pärchen, deſſen Ver⸗ einigung ſich aber noch nicht vollzog, auf den Boden nieder. Die Schwingen, die den Tieren fortan nicht mehr notwendig ſind, werden von ihnen jetzt an einer ſchon vorher ſichtbaren Bruchſtelle unter heftigen, ſchüttelnden Bewegungen bis auf kurze, ſtummelförmige Reſte abgeſtoßen, und Männchen und Weibchen unternehmen alsdann zuſammen auf dem rer > . en 1 Nec Blick in die Königszelle der Kriegeriſchen Termite. nach K. Eſcherich, „Die Termiten oder Weißen Ameifen“, Leipzig 1909. \ WE ES 3 3 * — 3 . Fortpflanzung. 113 Erdboden eine längere oder kürzere Wanderung, die man in poetiſcher Weiſe „Liebesſpazier⸗ gang“ genannt hat. Das Ziel der gemeinſamen Wanderung iſt das Aufjuchen eines Nift- platzes im morſchen Holz oder im Boden, in dem ſich das Pärchen ein wohnliches Neſt⸗ kämmerchen herrichtet. In dieſem verbringen ſie zunächſt eine „Brautzeit“ und hauſen zuſammen, bis es ſchließlich zur hochzeitlichen Vereinigung kommt. Die Eier, die das Termitenweibchen ſpäter legt, entwickeln ſich zu Arbeitern und Soldaten, welche für den Ausbau des Neſtes ſorgen und alle ſonſtigen Verrichtungen übernehmen, während das elterliche Paar, das jetzt als König und Königin bezeichnet werden kann, ſich ganz dem ſtaatserhaltenden Fortpflanzungsgeſchäft widmet. Die beigeheftete Tafel läßt uns einen Einblick in die innerſten Geheimniſſe eines Ter⸗ mitenſtaates tun. In der tief im Neſt gelegenen Königskammer von Termes bellicosus ruht ein plumpes, mehrere Zentimeter langes Weſen, die Königin. Ihr Hinterleib iſt infolge des Heranreifens der Eier unförmig angeſchwollen und hat das Ausſehen einer dicken weißen Wurſt angenommen. Die ſchmalen, braunen Bänder, die man an letzterer ſieht, find die weit auseinandergezogenen Segmentſpangen. Kopf und Bruſt erſcheinen nur noch wie ein unanſehnlicher Anhang an dem mächtig vergrößerten Hinterleib. Ein ſolcher Klumpen kann ſich natürlich gar nicht mehr bewegen, und die Königin iſt vollkommen außerſtande, ihre Be⸗ hauſung zu verlaſſen. Sie iſt, nach Eſcherich, „umgeben von einer großen Anzahl von Ar⸗ beitern, von denen ein Teil karuſſellartig um ſie herumläuft, während andere damit be⸗ ſchäftigt ſind, ihren mächtigen, weißen Leib zu putzen. Eine beſonders maſſenhafte Anſamm⸗ lung von Arbeitern befindet ſich an den beiden Enden des Rieſenleibes, vor allem vorn um die Kopf⸗ und Bruſtregion. Mit großer Geſchäftigkeit lecken da die einen an den Beinen und Fühlern, an der Bruſt und am Kopf herum, während die anderen direkt an den Mund⸗ teilen ſich aufhalten und ihrer unbeweglichen, hilfloſen Königin beſtändig Nahrung darreichen. Auch am Hinterende ſpielt ſich ein lebhaftes Treiben ab. Eine Anzahl Arbeiter iſt hier ver⸗ ſammelt und damit beſchäftigt, die Gegend des Afters und der Geſchlechtsöffnung zu belecken und zu betaſten. Da erſcheint plötzlich ein Ei, ein Arbeiter ſtürzt darauf los, ergreift es mit den Mandibeln und läuft aus dem Gedränge heraus. Dann bleibt er einige Zeit ſtehen, hebt den Kopf etwas in die Höhe und ſchiebt das Ei unter ſteter Berührung mit den Taſtern zwiſchen den Mundteilen mehrfach hin und her, was wohl die Reinigung bedeutet. Nach wenigen Sekunden ſchon läuft er mit ſeinem Ei weiter und ſchafft es durch eine der engen Türen aus dem königlichen Gemach in die umliegenden Kinderſtuben.“ An Fruchtbarkeit ſtellt die rieſige Termitenkönigin alle anderen Tiere, vom Band⸗ wurm etwa abgeſehen, weitaus in den Schatten. Eſcherich berichtet, daß bei der Kriege⸗ riſchen Termite die Königin im allgemeinen etwa alle 2 Sekunden ein Ei legt, im Laufe des Tages alſo ungefähr 30000 Eier liefert, eine Tätigkeit, die Tag und Nacht, Sommer und Winter vonſtatten zu gehen ſcheint und möglicherweiſe während des ganzen, auf etwa 10 Jahre zu veranſchlagenden Lebens einer ſolchen Termitenkönigin ohne Unterbrechung fortgeführt wird. Von keinem anderen Tiere iſt eine ſolche fortwährende, ſozuſagen ganz maſchinenmäßige Produktion von Eiern bekannt. Die Arbeiter, die die von der Termiten⸗ königin gelegten Eier packen und ſie Stück für Stück einzeln in Empfang nehmen, um ſie zur weiteren Pflege fortzutragen, werden beaufſichtigt, „und zwar durch eine ganze Reihe kleiner Soldaten, welche da und dort unter denſelben verteilt ſind und die Säumigen an ihre Pflicht erinnern. Dies tun ſie in recht unzweideutiger Weiſe, indem ſie mit ihren großen Köpfen kräftige, ſchnell aufeinanderfolgende zitternde Schläge auf den Körper der Anzutreibenden Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 8 114 Korrodentien: Termiten. abgeben.“ Einige große Soldaten ſtehen zur Verteidigung in Abſtänden am Rande der Kammer, den zur Abwehr bereiten Kopf nach außen gewendet. Auch den König ſehen wir auf der Abbildung: mit geſpreizten Beinen und geſenktem Kopfe hält er ſich an der Seite ſeines Rieſenweibes. Die Arbeiter ſorgen für ihn ebenfalls, indem ſie ihn putzen und be⸗ lecken und ihm von Zeit zu Zeit Nahrung reichen. Wenn etwa der König oder die Königin ſterben oder durch irgendeinen unglücklichen Zufall zur Fortpflanzung ungeeignet werden, ſo müſſen Erſatztiere beſchafft werden, damit das Gemeinweſen nicht verfällt, ſondern fortdauernd Nachwuchs von neuen Staatsbürgern erzeugt werden kann. Beſondere Larven oder Nymphen, die im Gegenſatz zu den oben⸗ erwähnten, Flügel bekommenden Nymphen erſt ganz kurze Flügelanſätze haben und „Nym⸗ phen der zweiten Form“ heißen, werden in einem ſolchen Falle zu Erſatzkönigen oder Erſatz⸗ königinnen ausgebildet. Dieſelben behalten zwar dauernd ein gewiſſes unfertiges und lar⸗ vales Ausſehen bei, ſind aber im Gegenſatz zu den Arbeitern und Soldaten imſtande, ſich fortzupflanzen. Ausnahmsweiſe können auch aus gewöhnlichen Arbeiterlarven fortpflan⸗ zungsfähige Erſatztiere, ſogenannte Arbeiterkönige oder Arbeiterköniginnen, erzogen werden, die als gynäkoide Arbeiter oder ergatoide Individuen mehr oder weniger das Außere von Arbeitern haben, aber doch die wichtige Eigenſchaft der Vermehrungsfähigkeit beſitzen. Unter Umſtänden können ſogar Soldatenlarven herangezüchtet werden, die zum Fortpflanzungs⸗ geſchäft geeignet ſind, und ſchließlich kommt es auch vor, daß die Termiten, wenn ihnen ihr Königspaar verloren gegangen iſt, geflügelte Tiere einfach am Ausſchwärmen verhindern und ſie zum Erſatz heranziehen. Solche Erſatztiere ſind von echten Königen oder Königinnen durch bleichere Farbe und unregelmäßig abgeriſſene Flügel zu unterſcheiden. Als Baumeiſter leiſten die Termiten Außerordentliches, obſchon die Baukunſt bei den verſchiedenen Arten natürlich ſehr verſchiedene Grade der Vollkommenheit erreicht. Wie mächtige Heuſchober ſehen die Neſter der im tropiſchen Afrika heimiſchen Kriegeriſchen Ter⸗ miten aus, deren ſtaatliche Einrichtungen wir oben kennen gelernt haben. Es ſind ſteile, hügelförmige Erdbauten von gelblicher bis rotbrauner Farbe, die 2—3 m Höhe erreichen können. Mit den üblichen Werkzeugen iſt einem ſolchen Erdneſt, das durch eine ſteinharte äußere Kruſte geſchützt iſt, kaum beizukommen: es bedarf oft ſtundenlanger Arbeit, ehe ſich 5 der Termitenhügel zertrümmern läßt, und häufig hat man ſogar ſchon Pulver und Dynamit zu Hilfe nehmen müſſen, um ſolche Termitenbauten zu beſeitigen, die jahrzehntelang allen Unbilden der Witterung, tropiſchen Regengüſſen, Stürmen, herniederpraſſelnden Baum⸗ ſtämmen oder ſonſtigen Naturereigniſſen ſtandzuhalten vermögen. Die gewaltigſten Ter⸗ mitenneſter find aus Auſtralien bekannt. Eutermes pyriformis Frogg. errichtet dort turm⸗ artige Rieſenbauten von über 6 m Höhe und etwa 1½ m Durchmeſſer am Grunde. Dieſe außen mit tiefen Längsfurchen verſehenen Termitentürme ſind nur äußerlich mit einer harten Erdkruſte bedeckt und beſtehen im Inneren aus einer ſchokoladenfarbenen, gleichfalls ſehr harten, aber aus Holz verfertigten Maſſe. In Nordauſtralien, im Kimberley⸗Diſtrikt, ſtehen ſolche Termitentürme von Eutermes pyriformis, die größten tieriſchen Bauwerke, die man kennt, in ſolchen Mengen beieinander, daß die Landſchaft dort in gewiſſen Gegenden ein ganz merkwürdiges Ausſehen bekommt und man geradezu von Termitenſtädten ge⸗ ſprochen hat. Eine Höhe von nur etwa 60 em erreichen die ſonderbaren, wie ſchwarze Hut⸗ pilze ausſehenden Erdbauten von Cubitermes fungifaber Sjöst., die in den von Feuchtigkeit triefenden Urwäldern Kameruns aufrecht auf dem Waldboden ſtehen. Wie die Termiten bauen, hatte Eſcherich auf Ceylon zu beobachten Gelegenheit. Wenn 8 2 “ in u R . 7 Bauten. 115 die Tierchen ihren Neſthügel vergrößern wollen, tun fie dies bei möglichſt feuchter Witterung und warten daher immer die Regenzeit ab, in der die Atmoſphäre aufs reichlichſte mit Waſſer⸗ dampf geſättigt iſt. Viele Hunderte von Arbeitern ſind dann gleichzeitig bei dem großen Werk beſchäftigt. Sie kommen alle aus der Tiefe des Neſtes hervor, und jeder von ihnen bringt ein Klümpchen Erde angeſchleppt, das er zwiſchen den Kiefern hält. Oben angelangt, ver⸗ teilen ſich die Arbeiter. Einige laufen hierhin, andere N und laden unter ftändigem Wippen des Kopfes ihre Bürde ab. Ein Erd⸗ klümpchen wird an das andere angefügt und jedesmal ein braunes, aus dem Mund oder Vor⸗ derdarm ſtammendes Flüſſigkeitströpfchen da⸗ zwiſchengeſpien. Dieſe Flüſſigkeit hat die Eigen⸗ ſchaft, beim Eintrocknen wie Zement zu wirken, und erklärt die ungewöhnliche Feſtigkeit, die das Bauwerk nach dem Trocknen annimmt. Das Merkwürdigſte aber iſt, daß die Termiten über⸗ aus planvoll und zweckmäßig arbeiten. Sie be⸗ gnügen ſich nicht damit, wie andere Tiere das Baumaterial einfach höher und höher aufzutür⸗ men, ſondern errichten zunächſt, manchmal ſchon im Laufe einer einzigen Nacht, eine Anzahl zier⸗ licher Spitztürme und Pfeiler, alſo gewiſſermaßen erſt ein Gerüſt, das aber ſchon von vornherein den Umfang des zu errichtenden Neubaues er⸗ kennen läßt. Nachträglich werden dann die übrig⸗ gebliebenen Räume zwiſchen den einzelnen Ge⸗ rüſtpfeilern ausgefüllt und damit ein Maſſivbau hergeſtellt, der ſchließlich noch von außen ſorg⸗ fältig geglättet und abgeputzt wird. Andere Termitenarten verwenden nicht Erde, ſondern Holz als Bauſtoff, das ſie zu einer kartonartigen Maſſe verarbeiten, oder es wird, wie bei den „gemiſchten Neſtern“, Erde und Holz zuſammen benutzt. Das Rohmaterial wird in ſolchen Fällen K 5 gewöhnlich erſt zernagt, verſchluckt und nachher, Turmneſt von Eutermes l Fock mit Drüſenſäften durchſetzt, ausgeſpien, oder es de Fra zen Amel dee 400 9. paſſiert den ganzen Darmkanal und geht hinten N als längliches Kotklümpchen wieder ab, das dann gleich einen prächtigen Bauſtein bildet. So können Termiten ſich auch hoch oben in den Wipfeln rieſiger Bäume umfangreiche Woh⸗ nungen anlegen. In den afrikaniſchen Urwäldern gewähren ſolche kugeligen Baumneſter, die die Größe eines Menſchenkopfes und darüber erreichen, einen ſeltſamen Anblick. Ge⸗ ſpenſtig hängen dieſe kohlſchwarzen, als „Negerköpfe“ bezeichneten Neſter in dem Geäſt, ohne daß man ſelbſt bei näherer Betrachtung äußerlich irgend etwas von ihrer Bewohner⸗ ſchaft bemerken kann. Von jedem Neſt führt aber ein gedeckter Korridor in den Baum i hinein, in dem die Termiten ihre Gänge angelegt haben. Das von ihnen gefreſſene und durch den After wieder ausgeſchiedene Holz hat das Baumaterial für das Neſt geliefert, das = 8* 116 Korrodentien: Termiten. demnach nicht an den Baum heran, ſondern eigentlich aus dem Baum heraus gebaut worden iſt, ſo daß das ganze Neſt, wie Fritz Müller nach Unterſuchung von ſüdamerikaniſchen Baum⸗ termiten ſich einmal draſtiſch geäußert hat, im weſentlichen weiter nichts iſt als der gemein⸗ ſame Abtritt des Termitenvolkes. Im übrigen benutzen die Termiten ſolche Baumneſter aber ganz beſonders als Brutſtätte für die Eier und als Aufenthaltsort für ihre Larven. Die verſchiedenen Eigentümlichkeiten der von Termiten hergeſtellten Bauwerke haben wir hiermit noch keineswegs alle kennengelernt, denn oft bringen dieſe Tierchen in ihren Neſtern ein Syſtem von weiten Schächten an, die oben auf beſonderen ſchornſteinartigen Erhebungen ausmünden, damit es im Inneren des Neſtes nicht an der nötigen Luftzirkulation mangelt. Ein ſolcher Ventilationsapparat iſt beſonders den großen Bauten beſtimmter Ter⸗ mitenarten eigen, in denen außer der ſchon oben erwähnten Königszelle und den labyrinth⸗ artigen, zum Aufenthalt für die Termiten beſtimmten Gängen noch eine große Zahl von kammerartigen Hohlräumen enthalten ſind, die man Pilzkammern nennt, weil ſie einem Pilzgarten zur Aufnahme dienen. Letzterer beſteht aus einer ſehr ſonderbaren, ſchwammigen Maſſe, die im friſchen Zuſtande weich iſt, nach dem Trocknen aber hart und ſpröde wird. Der Pilzgarten iſt gewöhnlich von zahlloſen Larven bevölkert, ſo daß die Pilzkammern geradezu die Kinderſtuben für die Termiten ſind. Seiner Natur nach iſt der Pilzgarten weiter nichts als ein Miſtbeet im großen Maßſtabe, denn er beſteht aus zahlloſen rundlichen Körperchen, den Exkrementen der Termiten, die einen vorzüglichen Dünger für die Pilz⸗ kulturen bilden. Den Termiten kommt es dabei aber nur auf den ſogenannten Termitenpilz, Volvaria eurhiza, an, den ſie allein züchten, während ſie alle anderen Pilze, die etwa zufällig im Pilzgarten ſich anſiedeln, ſorgfältig wieder entfernen. Wenn die Myzelien des Termiten⸗ pilzes das ganze Beet durchſetzt haben, ſo entſtehen an ihnen eigentümliche Zellgruppen, die Sphären oder Ambroſiazellen, die eine nahrhafte Koſt für die Termitenlarven bilden. Für andere Termitenarten ſind Flechten oder Holz die Hauptnahrung. Die Vorliebe für Holzſtoffe aller Art iſt es auch, die die Termiten in den heißen Ländern zu einer ſo ge⸗ fürchteten Plage für den Menſchen werden läßt. Heimlich, auf unterirdiſchen oder ſorgſam überdeckten Pfaden kommen ſie in langen Kolonnen angezogen, dringen in die Häuſer ein, höhlen dort die Balken und Pfoſten, die Möbel, Bücher und ſonſtiges Hausgerät von irgend⸗ einer verdeckten Stelle her im Inneren aus, ſo daß von dem Schaden zunächſt gar nichts zu ſehen iſt, bis ſich die Sachen beim Anfaſſen plötzlich in Zunder verwandeln oder die morſchen Balken die Tragkraft verlieren und zuſammenbrechen. In den Wohnungen ver⸗ ſchonen dieſe Eindringlinge meiſt überhaupt nichts, was nicht aus Stein und Eiſen beſteht, alles andere, Leder, Fleiſch, Papier und andere Dinge, fällt ihren ſcharfen Kiefern zum Opfer. D'Escayrae de Lauture verbreitete ſich in ſeiner „Reife durch den Sudan“ ausführ⸗ lich über die dortigen weißen Ameiſen, die „Arda“ genannt werden und etwa die Größe unſerer gewöhnlichen Waldameiſen haben. In einer Nacht zerſtörten ſie einen großen, kar⸗ tonierten Atlas und das Futteral eines Fernrohrs zur Hälfte. Die Zerſtörung des erſteren, an dem ſich von oben keine Beſchädigung erkennen ließ, wurde erſt bemerkt, als man ihn zum Nachſchlagen aufnahm, dann zeigte ſich, daß die Ardas von unten eingedrungen waren und, um zum Atlas zu gelangen, den Boden des Gemachs und eine Erdbank hatten durch⸗ bohren müſſen. Forbes fand bei der Beſichtigung feines Zimmers, das während einer Ab⸗ weſenheit von wenigen Wochen verſchloſſen geblieben war, einige Möbel zerſtört. Er entdeckte eine Menge von Gängen, die nach gewiſſen Bildern an der Wand hinführten und deren Gläſer ſehr dunkel erſchienen, während die Rahmen wie mit Staub bedeckt waren. Als er Nahrung. Schaden. Sinnesleben. Termitengäſte. 117 jedoch verſuchte, letzteren abzuwiſchen, war er erſtaunt, die Gläſer an die Mauer angeklebt zu finden und nicht mehr eingerahmt, ſondern völlig umgeben mit einem von den Weißen Ameiſen herrührenden kleiſterartigen Sekret. Die hölzernen Rahmen, die Hinterbretter und der größte Teil des Kupferſtichs waren vollſtändig aufgezehrt, und das Glas wurde nur noch durch das Sekret an der Wand feſtgehalten. Die ſtolze Reſidenz des Generalgouverneurs 8 in Kalkutta, welche der Oſtindiſchen Geſellſchaft ungeheure Summen gekoſtet hatte, iſt durch Zerſtörung von Termiten ihrem Einſturze nahe geweſen und mußte abgebrochen werden. Auch in einem britiſchen Linienſchiff, dem „Albion“, hatten ſich die Termiten derartig ein⸗ gebürgert, daß man das Schiff auseinanderſchlagen mußte. Schlimm erging es angeblich auch einem Araber, der bei Burnu auf einem Termitenneſte, ohne es zu ahnen, einſchlief und des Morgens nackt aufwachte, denn alle ſeine Kleider waren von den Termiten zerfreſſen, i Von dem Sinnesleben der Termiten weiß man bisher wenig, ſo viel ſteht aber feſt, daß Geruchsempfindungen eine große Rolle ſpielen. Eſcherich beobachtete einmal einen Wanderzug einer völlig blinden Art, der ſchwarzen indiſchen Termite, Eutermes monoceros Kön. Auf dem ganzen Wege, den die Tierchen zurücklegten, hinterließen fie kleine Tröpfchen einer dunkeln Afterflüſſigkeit, die nach ihrem Eintrocknen als feſte Spuren zurückblieben und den Termiten als Wegweiſer dienten, ſo daß ſie ſpäter mit ihrer Hilfe den Heimweg wieder⸗ finden konnten. Untereinander erkennen ſich die Termiten ähnlich wie Ameiſen daran, daß allen Tieren desſelben Neſtes ein übereinſtimmender Geruch, der ſogenannte Neſtgeruch, anhaftet, der bei Termiten, die aus anderen Neſtern ſtammen, abweichend iſt. Wenn nun eine Termite ſo unvorſichtig iſt, in das Neſt eines fremden Volkes einzudringen, ſo erregt ſie dort ſogleich wegen ihres ungewöhnlichen Geruches Verdacht, und es dauert meiſt nicht lange, bis der unglückliche Fremdling in Stücke geriſſen wird. Auch anderen Tieren gegenüber pflegen ſich die Termiten aus dem gleichen Grunde feindlich zu verhalten, von einigen wenigen Tierarten abgeſehen, die man Termitengäſte oder Termitophile nennt und die in dem Termitenſtaate nicht nur mehr oder weniger unbehelligt leben können, ſondern dort oft eine gaſtliche Heimſtätte und ſorgfältige Pflege finden. Beiſpiele von ſolchen Termitengäſten werden wir beſonders bei den Käfern und Zweiflüglern kennenlernen. Die zuvorkommende Behandlung, die die Termiten manchen ihrer Gäſte zuteil werden laſſen, beruht ebenſo wie die Pflege, die ſie ihrer eigenen Königin angedeihen laſſen, keines⸗ wegs auf perſönlicher Zuneigung oder Wertſchätzung. Holmgren hat vielmehr mit ſeiner Exſudattheorie gezeigt, daß in allen dieſen Fällen die Termiten nur auf beſondere Haut⸗ abſonderungen aromatiſcher Natur lüſtern ſind, denn er konnte beobachten, daß es den Ter⸗ mitenarbeitern, die man unaufhörlich an ihrer Königin herumputzen ſieht, deren Leib ſie fortwährend belecken und reinigen, nur um dieſe Hautausſcheidungen zu tun iſt. Wird aber die Königin alt oder vermag ſie bei geſchwächter Geſundheit nicht mehr genug Hautſekrete zu liefern, ſo beißen die Arbeiter in ihrer Gier in den Körper ein und reißen der unglücklichen Königin ganze Fetzen Haut aus dem Leibe, wohl der beſte Beweis, wie wenig hier von Achtung gegen das Staatsoberhaupt oder ähnlichen menſchlichen Empfindungen die Rede ſein kann. Auch die gaſtlich aufgenommenen Termitenfreunde werden nur ihrer Hautabſon⸗ derungen wegen gepflegt und beſitzen wegen der ſtarken Entwickelung ihrer Drüſenorgane ähnlich wie die Termitenkönigin meiſt einen dicken, blaſenartig aufgetriebenen Hinterleib. Betrachten wir jetzt die Hauptgruppen, die es bei den Termiten gibt, ſo zeigt ſich, daß keineswegs alle Arten ſo vollendete Baukünſtler ſind oder ſo ſeltſam vergrößerte Königinnen 118 Korrodentien: Termiten. Ninden- und Bücherlauſe. haben, wie wir ſie in der vorſtehenden Überſicht kennengelernt haben. Vielmehr laſſen ſich auch bei den Termiten niedere, auf einer einfachen Stufe ſtehengebliebene, und höher diffe⸗ renzierte Formen unterſcheiden. Alle haben entweder in heißen en oder in den Subtropen ihre Heimat. Die einfachſten Termiten ſind unzweifelhaft die bereits eingangs Ae Masto- termitidae, die freilich nur in einer Art aus Auſtralien bekannt find. An den Arbeitern und Soldaten kann man bei ihnen ſogar noch Merkmale einer geſchlechtlichen Trennung erkennen. Zu den Protermitidae werden Termiten geſtellt, die ebenſowenig wie die Maſto⸗ termiten eine Fontanelle beſitzen, d. h. auf der Kopfmitte an der Vereinigung der Kopfnähte eine beſondere, durch Drüſen ausgezeichnete oder mit einer eigenen Platte bedeckte Stelle haben, während ſie in anderen Merkmalen ſich ſchon als weiter entwickelte Formen zu er⸗ kennen geben. Hierher gehört die im Mittelmeergebiete verbreitete Gelbhalſige Termite, Calotermes flavicollis F., in deren Kolonien außer dem König eine kleine, unſcheinbare Königin vorkommt, die niemals den ungeheuerlichen Leibesumfang erreicht, der für die Weibchen der Eutermes-Arten jo kennzeichnend iſt. Wie wir durch den italieniſchen Forſcher Graſſi wiſſen, iſt die Königin bei den Gelbhalſigen Termiten auch noch imſtande, ſich ſelbſt an allen notwendigen Arbeiten im Neſte zu beteiligen. Gehen König und Königin zugrunde, ſo wird ein Erſatzkönigspaar herangezüchtet. Arbeiter fehlen. Die Bürger der kleinen, höch⸗ ſtens 400 —500 Inſaſſen zählenden Calotermes-Kolonie find daher, von den Larven ab- geſehen, ſämtlich Soldaten, die durchſchnittlich 7—9 mm lang werden, gelblichweiß ſind und einen bräunlichen Halsſchild ſowie einen gleichfalls bräunlichen, auffallend langen, vier⸗ eckigen Kopf haben. Die Geflügelten, die man vom Juli bis Oktober findet, zeichnen ſich durch dunkelbraune Färbung aus, die nur am Munde, den Fühlern, Beinen und am erſten Bruſtringe in einen helleren, gelblichen Ton übergeht. Die Neſter ſind bei dieſer in ganz Italien häufigen Art ſehr einfach, ſie beſtehen lediglich aus einem Gewirr unregelmäßig ver⸗ laufender Gänge, die im toten Holz alter Baumſtämme oder in Pfoſten ausgehöhlt werden. Unter den Mesotermitidae, die ſich gewöhnlich durch eine Fontanelldrüſe aus⸗ zeichnen und am Klauenendglied ihrer Füße keinen Haftlappen beſitzen, können wir als europäiſche Art die im ganzen Mittelmeergebiete heimiſche und durch den Handelsverkehr inzwiſchen ſchon in viele andere Länder verſchleppte Lichtſcheue Termite, Leucotermes lucifugus Rossi, namhaft machen. Bei dieſer Art bleiben die blaſſen, ſtrohfarbenen Soldaten kleiner als bei der obengenannten Gelbhalſigen Termite, ſie erreichen nur eine Länge von 4—5 mm und beſitzen die Eigenſchaft, durch Reiben ihres Kopfes gegen die Vorderbruſt einen zirpenden Warnton von ſich geben zu können. In den großen, oft aus vielen Tauſenden von Individuen beſtehenden Kolonien der Lichtſcheuen Termite gibt es auch Arbeiter, die ſich von den Soldaten durch ihren mehr rundlichen Kopf und durch kürzere Vorderkiefer unterſcheiden. Dagegen läßt ſich nur höchſt ſelten ein Königspaar auffinden, an deſſen Stelle hier ganz regelmäßig Erſatzindividuen treten. Die Lichtſcheuen Termiten ſind ſchon häufig ſchädlich geworden. In Italien und Südfrankreich zerſtören ſie Obſtbäume und zerfreſſen in den Gärten Wurzeln und Stengel der verſchiedenſten Pflanzen, abgeſehen davon, daß ſie auch manchmal in die Häuſer eindringen und dort durch ihre heimliche Minierarbeit allerlei Unheil herbeiführen. In Rochelle haben ſie ſchon verſchiedene Häuſer dem Einſturz nahegebracht, und dort kam es auch einmal vor, daß in einem Gaſthauſe mitten während des Frühſtücks ſämtliche Gäſte durch den von Termiten zerfreſſenen Fußboden in den Keller hinabſtürzten. 5 Gelbhalſige Termite. Lichtſcheue Termite. 119 Die am höchſten entwickelten Termiten, die Eutermes⸗Arten und ihre Verwandten, werden von Holmgren zu den Metatermitidae geſtellt, bei denen eine Fontanellplatte vorhanden iſt, eine Fontanelldrüſe aber, wie es ſcheint, immer fehlt. Von den Lebensgewohn⸗ heiten der hierhin gehörenden Formen iſt bereits oben mehrfach die Rede geweſen. 13. Ordnung: Rindenläuſe, Bücherläuſe (Copeognatha). d Den Namen Copeognatha oder Meißelkiefler hat man den Rindenläuſen ebenſo wie den mit ihnen verwandten Bücherläuſen und Staubläuſen mit Rückſicht auf die eigentümliche Bauart ihrer Mundteile gegeben, an denen außer zwei kräftigen, ſeitlich gegen⸗ einander wirkenden Vorderkiefern und der kleinen Unterlippe zwei taſtertragende Unterkiefer ausgebildet ſind, deren Innenladen die Form von je einem ziemlich langen, meißelartigen Stab haben. Die beiden Meißel ſind gewöhnlich tief im Kopfinneren geborgen, können aber mit ihrem Vorderende, das mit ſpitzen Zähnchen bewehrt iſt, hervorgeſtoßen werden und dienen dann zum Abſplittern und Loslöſen von kleinen Nahrungsteilchen. Flechten, Algen, verſchiedene Roſt⸗ und Schimmelpilze bilden die hauptſächliche Koſt der freilebenden Arten von Rindenläuſen, während die übrigen, in Wohnräumen vorkommenden Bücherläuſe und Staubläuſe die verſchiedenſten organiſchen Stoffe angreifen, wobei ſie gelegentlich ſchon in alten, vernachläſſigten Inſektenſammlungen verheerend aufgetreten find oder ſich an Buch⸗ weizengrütze und ähnlichen mehlhaltigen Produkten unliebſam bemerkbar gemacht haben. Das Fliegen ſpielt im Leben der Rindenläuſe keine große Rolle. An warmen Sommer⸗ tagen breiten ſie wohl einmal ihre vier großen, zarthäutigen, von einigen winkelig geknickten Längsadern durchzogenen Schwingen aus und werden von den Luftſtrömungen, wie es ſcheint faſt ohne ihr Zutun, zu anderen Orten getragen, in der Regel ſieht man ſie aber mit dachförmig ſteil aufgeſtellten Flügeln an ihren Wohnplätzen ſitzen. Viele Arten bleiben voll⸗ kommen ungeflügelt oder tragen nur kurze, ſtummelförmige Reſte von Flügeln. Der Bau der Bruſt hängt von der Entwickelung der Flugwerkzeuge ab. Bei den Geflügelten iſt die Vorderbruſt klein, während die ſehr große und kräftige Mittelbruſt ſich eng an die Hinterbruſt anſchließt. Bei den ungeflügelten Arten, deren Vorderbruſt immer gut ausgebildet iſt, ſind die drei Bruſtringe untereinander gleichmäßiger gebaut. Die Beine tragen zwei⸗ oder drei⸗ gliederige Füße. Der meiſt aus zehn Ringen und einem kurzen Endſegment beſtehende Hinterleib beſitzt keine Raife, iſt aber öfters mit kleinen Anhängen an der Geſchlechtsöffnung verſehen. An dem einfach gebauten Darm hat man vier Malpighiſche Gefäße nachgewieſen. Viele Rindenläuſe können an ihren Mundteilen einen feinen Spinnfaden hervorquellen laſſen, und verſchiedene Arten ſtellen ſogar zierliche Geſpinſtſchleier her. Ludwig hat bei⸗ ſpielsweiſe aus der Umgebung von Greiz derartige, von Stenopsocus stigmaticus Imh. et Labr. angefertigte Geſpinſte beſchrieben, die ſich an den Blattunterſeiten von Flieder⸗ büſchen und Laubbäumen ausbreiteten und, mit bloßem Auge betrachtet, wie ein dichter weißlicher Schimmelüberzug ausſahen, während das Vergrößerungsglas ein Gewirr ſich regellos kreuzender Fäden erkennen ließ. Derartige Geſpinſte dienen als Schutznetze, welche die an der Blattunterſeite lebenden Tierchen beim Herabfallen auffangen und vor dem verhängnisvollen Sturz in die Tiefe bewahren ſollen. Die Rindenläuſe leben entweder einzeln oder halten ſich in größeren Scharen kolo⸗ nienweiſe beieinander auf. Von Psocus longicornis F. wird berichtet, daß die Jungen das Beſtreben haben, ſich herdenartig eng zuſammenzudrängen. Scheucht man ſie aus⸗ einander, ſo vereinigen ſie ſich alle ſchon nach kurzer Zeit wieder. Die Jugendformen 120 Korrodentien: Rinden⸗ und Bücherläuſe. erkennen wir daran, daß bei ihnen die Flügel fehlen oder erſt unvollkommen entwickelt ſind, und daß ſie in der Regel auch noch eine geringere Zahl von Fußgliedern und Fühler⸗ gliedern als die Erwachſenen haben, mit denen die Jungen aber N im Ausſehen und der Lebensweiſe ſchon übereinſtimmen. Die zarte, weichhäutige Beſchaffenheit, die faſt allen Rindenläuſen eigen iſt, macht es erklärlich, daß ſich Reſte von ihnen aus früheren Erdperioden kaum erhalten haben. Nur im Bernſtein kommen verſchiedene Einſchlüſſe vor und werfen ein intereſſantes Streiflicht auf die Verbreitung der Rindenläuſe, die im Tertiär doch weſentlich von dem heutigen Vor⸗ kommen verſchieden war. So find aus dem ſamländiſchen Bernſtein mehrere Arten der Gattung Epipsocus Hag. beſchrieben worden, die ſich heutzutage nur in den heißen Ländern, in In⸗ dien und im tropiſchen Amerika, heimiſch fühlt, während ſie damals auch noch in Deutſch⸗ land zu Hauſe geweſen iſt. Solche und ähnliche | Funde im Bernſtein genügen aber nicht, um uns auch eine Vorſtellung von der Herkunft der Rin⸗ denläuſe und ihrer Abſtammung von anderen Inſekten zu geben, denn die Arten aus dem wandtſchaftsbeziehungen der Rindenläuſe zur übrigen Inſektenwelt ſo gut wie nichts Genaueres wiſſen, und es iſt vorläufig nur eine Vermutung, wenn Handlirſch meint, daß dieſe Tiere wohl von ſchabenartigen Inſekten herſtammen. tete ſogenannte Zweibindige Rindenlaus, Zwetdin die e Le Begeben. hat, an den großen glashellen Flügeln meiſt aber nur undeutliche Zeichnungen beſitzt. Die Tierchen halten fich einzeln oder geſellig vom Frühſommer bis zum Herbſt auf Baum⸗ äſten und Stämmen auf, beſonders ſolchen, die mit Flechten bewachſen ſind. Den 3 i überdauern ſie im Eizuſtande. Unter den naheſtehenden, gleichfalls mit zweigliederigen Füßen ausgeſtatteten Cae- ciliidae iſt Caecilius piceus Kolbe erwähnenswert. Von dieſer auch in Deutſchland nicht ſeltenen Art kennt man ſogar zwei verſchiedene Formen: in Wäldern nämlich, wo die Tiere auf Bäumen leben, ſind ſie mit langen, rauchbraunen Flügeln verſehen, während ſie in ſumpfigen, moorigen Gebieten, wo ſie auf Heidekraut und ähnlichen niederen Gewächſen ſitzen, im weiblichen Geſchlechte nur mit kurzen, untauglichen Flügelſtummeln ausgeſtattet ſind. Eine im indiſchen Gebiete verbreitete Art, Archipsocus recens Enderl., hauſt, nach Jacobſon, geſellſchaftlich in zarten, dichten, weißen Geſpinſten, die, bis 1m groß, auf Java an Baumrinde hängen oder an Zäunen befeſtigt find. Es ſei noch erwähnt, daß Bird bei | Singapur ebenfalls rieſige Geſpinſte dieſer Art beobachtet hat, die an Bäumen ſaßen und eine Breite von 15—30 m bei einer Höhe von 1—8 m erreichten. Bernſtein ſind kaum von den heutigen verſchie⸗ den. Daher kommt es, daß wir von den Ver⸗ Die bekannteſte Familie iſt die der Pso- cidae, zu der die in Deutſchland ſehr verbrei⸗ Amphigerontia bifasciata Latr., gehört, die, wie ihre Familienangehörigen, zweigliederige Füße n 2 rr 1 0 x 88 ae 13.23 2 N ch r ” e = * ** . * Sofas bevölkerten. Psocidae. Thyrsophoridae. Troctidae (Staublaus). Atropidae (Bücherlaus). 121 Die in Südamerika heimiſchen Thyrsophoridae ſind von allen übrigen Kopev⸗ gnathen durch die Geſtalt des verlängerten dritten und vierten Fühlergliedes unterſchieden, welche viel ſtärker und dichter behaart ſind als die übrigen Glieder. Thyrsophorus metallicus Enderl., eine in Peru lebende Rindenlaus, deren dunkle, prächtig blauviolett ſchillernde, nur amt Randmal gelb gezeichnete Vorderflügel eine Spannung von 2, 5 em erreichen, iſt die größte bis jetzt bekannte Art der ganzen Ordnung. Ohne die verſchiedenen, in neueſter Zeit beſchriebenen, zum Teil aber erſt ſehr wenig bekannten Familien ſämtlich aufzuzählen, ſei hier nur noch der eigentlichen Staubläuſe gedacht, die im ausgewachſenen Zuſtande immer drei Fußglieder haben. Die in den ver⸗ ſchiedenſten Weltgegenden heimiſche Staublaus, Troctes divinatorius Müll., veranſchau⸗ licht die Familie der mit gezähnten Fußklauen ausgeſtatteten Troctidae. Das kleine, etwa 1 mm lange, weißliche Tierchen iſt in Wohnungen heimiſch und hält ſich zwiſchen er in altem Holz, Herbarien und Inſektenſammlungen auf und wurde ſelbſt u in alten Bienenwaben beobachtet. Auch auf Möbeln ſieht man wohl ge⸗ legentlich eine ſolche Staublaus raſch umherrennen oder ſich durch kleine Sprünge mit ihren verdickten Hinterbeinen in Sicherheit bringen. Hier und da iſt es ſogar zu einer Maſſenvermehrung von Staubläuſen gekom⸗ men, ſo daß dieſe Tiere dann zu vielen Tauſenden alte Matratzen und Auch die Hausfrau hat gelegentlich Veranlaſſung, nähere Bekannt⸗ ſchaft mit den Troctes⸗Läuſen zu machen. So traten einmal in der Küche eines Berliner Haushalts in einem irdenen Gefäß, das zur Aufbewahrung JJJJJJJJJJJJ%%%%% bon Trocten eueuten, nun auf, die ſich von der mehligen Subſtanz der Buchweizengrütze ernährten 1 und letztere allmählich in krümelige, ſtaubartige Maſſen verwandelten. In N ihrem Benehmen zeigten dieſe als Troctes corrodens Heym. beſchriebenen Tierchen große Ahnlichkeit mit den Bücherläuſen, ſie waren überaus lichtſcheu, huſchten ruckweiſe vorwärts und konnten ſich auf kleine Strecken rückwärts bewegen oder kleine Sprünge ausführen. Gegen Trockenheit erwieſen ſich aber unſere Tierchen als überaus empfindlich. Die weißlich glänzen⸗ den Eier wurden ohne beſondere Vorkehrungen ſeitens der Weibchen abgelegt und waren von einer ſchleimigen Außenſchicht bedeckt, an der Schmutzteilchen der Umgebung und Mehl⸗ partikelchen hängenblieben. Die ausgeſchlüpften Jungen entwickelten ſich raſch und waren in etwa 4-6 Wochen wieder herangewachſen. Auch im Freien können wir Troctes-Arten begegnen. So iſt in unſeren Kiefernwäldern an geſchlagenem Holz, an Zäunen oder an der Borke abgeſtorbener Bäume Troctes silvarum Kolbe häufig, ein bräunliches, kaum I mm langes Tierchen, das bis zum hohen Norden, z. B. bis Lappland, hinauf vorkommt. ö | | Unter den Atropidae, die an ihren ungezähnten Klauen zu erkennen ſind, verdient die Bücherlaus, Atropus pulsatoria L., erwähnt zu werden, ein weißliches oder ſchwach gelbliches Tierchen, das eine Länge von 2 mm erreicht und ein Paar ſehr kurzer, ſchuppen⸗ förmiger Flügelſtummel trägt. Wurmſtichige Möbel, beſonders alte Polſterſeſſel, Bücher und vernachläſſigte Inſektenſammlungen ſind die beliebteſten Aufenthaltsorte der Bücher⸗ laus, die trotz ihrer geringen Größe einen ziemlich lauten Klopfton hervorbringen kann, wenn ſie mit dem Kopf auf Papier oder eine ähnliche feſte Unterlage kräftig aufſchlägt. 122 Korrodentien: Pelzfreſſer. Von der Fortpflanzung weiß man, daß die Bücherlaus ihre Eier nicht ohne weiteres ablegt, ſondern immer je drei oder vier von ihnen eine Zeitlang in einem e taſchenartigen Behälter in ihrem Körper mit ſich herumträgt. i 14. Ordnung: Pelzfreſſer (Mallophaga). Die Pelzfreſſer, Federlinge oder Haarlinge (Mallophaga) find lichtſcheue In⸗ ſekten, die im Außeren viel Ahnlichkeit mit Tierläuſen haben und auf der Haut oder zwiſchen den Haaren und Federn von Warmblütern, von Säugetieren, ganz beſonders aber von Vögeln leben. Es ſind verhältnismäßig kleine, vollkommen flügelloſe Inſekten von ab⸗ geflachter Geſtalt. Ihr Chitinſkelett iſt im allgemeinen ziemlich ſtark entwickelt, jo daß ihnen ihre Wirte, wenn ſie mit dem Schnabel nach ihnen hacken oder etwa durch Kratzen ſich ihrer zu erwehren ſuchen, nicht viel anhaben können. Der Kopf ſteht bei dieſen Schmarotzern frei vor. Augen find meiſt vorhanden, nach Mjöberg „als Heine, ſtärker lichtbrechende r⸗ hebungen an den Kopfſeiten“. Stirnaugen fehlen immer, und bei den Meerſchweinchen⸗ bewohnern, den Gyropiden, fehlen Augen überhaupt gänzlich. Die Fühler ſind, wie in der Regel bei derartigen Hautbewohnern, kurz und ſetzen ſich aus fünf, teilweiſe auch nur aus vier oder drei Gliedern zuſammen. In der Bildung der Fühler geben ſich häufig Geſchlechts⸗ & 8 unterſchiede kund. So ſind bei vielen männlichen Federlingen die Fühler mit Dornen und Fortſätzen verſehen, die als Greiforgane benutzt werden. „Ich ſelbſt habe“, ſagt Mjöberg, dem die ausführlichſten Beobachtungen in neuerer Zeit über dieſe Inſekten zu verdanken ſind, „bei Goniodes falcicornis N., einem auf dem Pfau lebenden Federling, beobachtet, wie bei der Kopulation zuerſt das Männchen unter das Weibchen kriecht und dann mit ſeinen kräftigen Fühlern entweder die Vorderbeine, die Fühler oder die Kopfſeiten des Weibchens umfaßt.“ Die Mallophagen fügen ihren Wirten keinen nennenswerten Schaden zu, denn gar nicht ſelten ſind Vögel oder auch Säugetiere von dieſem Ungeziefer geradezu maſſenhaft bevölkert, ohne daß ihr Geſundheitszuſtand dadurch auch nur im geringſten beeinträchtigt er⸗ ſcheint. Offenbar hängt dies damit zuſammen, daß die Pelzfreſſer im Gegenſatz zu den echten Läuſen nicht ſtechen und nicht Blut ſaugen können, ſondern ſich damit begnügen, die Haare oder Federn ihrer Wirte anzufreſſen und loſe, oberflächliche Hautſchüppchen nebſt talgartigen Ausſcheidungen und anderweitigen Ausſchwitzungen der Haut zu verzehren. Die am Kopf nach vorn gerichteten Mundteile ſind dieſer Ernährungsweiſe entſprechend gebaut. Die Vorderkiefer ſind kräftig und zum Beißen geeignet, die Mittelkiefer klein, gewöhnlich mit einem viergliederigen Taſter verſehen, der indeſſen auch fehlen kann, während die Unter⸗ lippe einen kurzen, eingliederigen Taſter oder auch keinen ſolchen zur Seite ihrer Kauladen trägt. Beim Abreißen der Hautſchüppchen mit den Vorderkiefern kann es wohl vorkommen, daß auf der Haut des Wirtes unter Umſtänden kleine blutrünſtige Stellen entſtehen, die es erklärlich machen, daß man im Darm von Mallophagen auch gelegentlich ſchon Reſte von aufgenommenem Blut gefunden hat. Regelmäßig von Blut mögen ſich aber vielleicht die eigenartigen, auf Singvögeln lebenden Phyſoſtomiden ernähren, die ſich mit ihren Mund- teilen feſt an die Haut anſaugen können und bei denen der Schlundkopf wie eine Pumpe zum Aufſaugen von Flüſſigkeiten eingerichtet iſt. | Die Vorderbruft bleibt bei den Mallophagen frei, Mittel- und Hinterbruft find gewöhn⸗ lich zu einer einheitlichen Partie verſchmolzen und bleiben daher nur ſelten voneinander | getrennt. Die Beine find in der Regel kurz, bei manchen Haarlingen, z. B. den Trichodec- tiden, noch zum Laufen geeignet, dienen aber doch hauptſächlich nur zum Feſthalten und Allgemeines. 123 Anklammern, fo daß ſich an ihrem Ende meiſt zwei ſehr gut entwickelte Klauen vorfinden und gewöhnlich auch Haftlappen an der Unterſeite der Fußglieder vorkommen. Iſt nur eine Klaue vorhanden, ſo pflegt dieſe um ſo größer und kräftiger zu ſein. Nur ſelten fehlen die Klauen gänzlich, werden in einem ſolchen Falle aber immer durch einen um ſo kräftigeren Haftlappen erſetzt. Die Zahl der Fußglieder beträgt bei den Mallophagen höchſtens zwei. An dem zehngliederigen Hinterleib iſt die erſte Bauchplatte und oft auch die erſte Rücken⸗ platte verfümmert, und am Darm verdient das häufige Vorhandenſein von zwei blindſack— artigen Ausſtülpungen ſowie das Vorkommen von vier langen Malpighiſchen Gefäßen er⸗ wähnt zu werden. Die Atemöffnungen verteilen ſich gewöhnlich paarweiſe auf die Mittel⸗ bruſt und das zweite bis ſiebente Hinterleibsſegment und ſind ſtets an der Rückenſeite der genannten Ringe gelegen. Wird ein Säugetier oder ein Vogel von zahlreichen Mallophagen bewohnt, ſo können wir an den Federn oder Haaren gewöhnlich auch längliche, weißliche Gebilde, und zwar oft in großen Mengen, haften ſehen, es find die Eier, die von den Mallo- phagenweibchen feſt angekittet werden. Die auskriechenden Jungen gleichen den Erwachſenen in den e Merkmalen und entwickeln ſich ohne Ruheſtadium. Bemerkenswert iſt auch die Färbung der Mallophagen, denn biefe ſtimmt i in vielen Fällen geradezu auffallend mit derjenigen ihrer Wirte überein. So kommen auf dem Waſſerhuhn, Fulica atra L., zwei verſchie⸗ dene Mallophagenarten vor, Laemobothrium atrum V. und Lipeurus luridus N., die beide faſt vollkommen ſchwarz find wie das Gefieder des 7 * . . . „ li d 8 = Vogels, in dem fie leben. Ornithobius bucephalus Gieb., ein Bewohner 5 10 des Schwans, iſt dagegen, abgeſehen von einigen winzigen, mit bloßem ac Denn (uh. Auge gar nicht ſichtbaren Fleckchen, vollkommen ſchneeweiß. Auf dem des Acterbauamts“, Perlhuhn kommen Mallophagen verſchiedener Familien und Gattungen „ vor: Lipeurus numidianus Mjöb., Goniodes numidae Mjõb. und Goniocotes nigromaculatus M;jöb., bei denen ſich die Farbe immer nur aus Schwarz und Weiß zuſammenſetzt. Am merkwürdigſten iſt aber in dieſer Hinſicht ein Federling, Physostomum sulphureum N., der auf dem Pirol, Oriolus galbula L., vorkommt und ſchwefelgelb gefärbt iſt, eine Farbe, die von keinem anderen Mallophagen bekannt iſt. Bisher wurden ſchon etwa 1500 Arten von Mallophagen beſchrieben; unſere Kenntniſſe ſind aber trotzdem, wie Mjöberg verſichert, noch ſehr unvollkommen, „wenn man bedenkt, daß wir von den bisher etwa 15000 beſchriebenen Vogelarten nur etwa 800 Arten Mallophagen kennen, d. h. von nur etwa 5 Prozent aller Vögel. Nun iſt es ja ſo, daß in der Regel jede Vogel⸗ ſpezies mehr als eine Mallophagenart, bisweilen bis zu fünf, ja acht, beherbergt. Wenigſtens zwei dürfte man auf jeden Vogel berechnen können, ich ſage jeden, denn aller unſerer Er⸗ fahrung nach dürfte wohl keine Vogelart permanent frei von Mallophagen ſein.“ Der Menſch bleibt von Mallophagen verſchont, dagegen kommen ſie auf Säugetieren vor, wenn auch in ſehr viel geringerer Artenzahl als bei Vögeln. Sie fehlen den Waltieren, den Elefanten und Fledermäuſen, wenigſtens ſind ſie auf letzteren noch nie gefunden worden, und zwar, wie Mjöberg vermutet, wohl deswegen, weil die Mallophagen ſehr die Wärme lieben, die Fledermäuſe aber, wenigſtens in unſeren Breiten, während des Winters in Erſtarrung fallen und aus dieſem Grunde für Pelzfreſſer unbewohnbar werden. Auch der Igel, der im nördlichen Europa, z. B. in Schweden, einen langen Winterſchlaf hält, bleibt dort frei von Mallophagen, während er in Italien von dieſen Plagegeiſtern gar nicht ſelten heimgeſucht wird. 124 Korrodentien: Pelzfreſſer. Der Tod des Wirtes ift für ſolche Hautbewohner geradezu eine Kataſtrophe. Viele Arten, wie die auf Vögeln lebenden Liotheiden, bemühen ſich in einem ſolchen Falle, ſchleu⸗ nigſt den erkaltenden Leichnam zu verlaſſen und ſuchen ihr Heil in der Flucht, um vielleicht in der Nachbarſchaft irgendwo einen paſſenden Erſatz zu finden; andere verbleiben hartnäckig auf dem toten Körper, bis fie ſelbſt zugrunde gehen. Verſuche haben gezeigt, daß künſtlich von ihren Wirten getrennte Federlinge oder Haarlinge im allgemeinen nur kurze Zeit aus⸗ halten und gewöhnlich ſchon im Laufe weniger Tage ſterben. Immerhin gelang es Mjöberg, mehrere Exemplare von Docophorus platyrhynchus N., die von einem Steinadler ſtammten, faſt 14 Tage in einer Glasröhre nebſt einigen Federn eingeſchloſſen lebendig zu halten. „Faſt alle Mallophagen nützen ſehr begierig jede Gelegenheit zur Uberwanderung und Verbreitung aus. Man braucht z. B. nur dicht an die Federn zu kommen, um ſehr oft Mallophagen auf ſich ſelbſt zu erhalten.“ Damit erklärt es ſich, daß auch Mallophagen auf Tieren gefunden werden, die gar nicht ihre eigentlichen Wirte find. So beherbergen z. B. oft Raubvögel Mallo⸗ phagen von Singvögeln, die ihnen zur Beute gefallen ſind. Auch auf Inſekten, und zwar Lausfliegen, die ſelbſt Hautſchmarotzer ſind, hat man ſchon Mallophagen gefunden. Die Stammformen der Mallophagen dürften wohl Pſoziden oder dieſen ähnliche In⸗ En ſekten geweſen fein; wenigſtens können wir uns, wie Handlirſch bemerkt, ganz gut vorſtellen, daß Pſoziden, die ja oft von allerlei organiſchen Reſten und Abfällen leben, ſich zunächſt in Vogelneſtern einquartierten und ſich dann allmählich daran gewöhnten, auf den Vögeln ſelbſt ihren Wohnſitz zu nehmen. Tatſache iſt jedenfalls, daß Vogelneſter, in denen Neſt⸗ junge ſitzen oder noch vor kurzem geweſen ſind, oft ein wahres Gewimmel von Mallo⸗ phagen beherbergen. Auch noch in den tieferen Schichten des Neſtes hauſen ſolche und ſcheinen dort in den Federn und maſſenhaften Hautabſonderungen der Jungen überreiche Nahrung zu finden. Die Mallophagen der Vögel ſind, nach Mjöberg, die urſprünglichen, diejenigen von Säugern dagegen von jenen abzuleiten. Nach Kellogg gibt es eine ganze Reihe europäiſcher und nordamerikaniſcher Vögel, die auf den beiden Seiten des Ozeans in zwar ähnlichen, aber doch immerhin ganz deutlich unterſcheidbaren Arten leben, während die auf ihnen hauſenden Hautbewohner in der Alten und in der Neuen Welt auch nicht die geringſten Unterſchiede zeigen. In dieſem Falle haben ſich alſo die Mallophagen als die weniger veränderlichen erwieſen. Dem Einfluß der Außenwelt kaum ausgeſetzt, haben ſie ſich nicht umgeſtaltet und ſind im Laufe der Zeit, in denen ihre gefiederten Wirte ſich in verſchiedene Arten zerſpalten haben, wanne die gleichen geblieben. 1. Bebe Amblycera. Die Amblyzeren bilden die einfachere Gruppe unter den Mallophagen. Der Kopf x iſt bei ihnen immer horizontal nach vorn ausgeſtreckt. Die Fühler ſind mehr oder minder deutlich mit einem Endknopf verſehen, aber bei beiden Geſchlechtern übereinſtimmend ge⸗ baut. Die Kiefertaſter ſetzen ſich aus vier Gliedern zuſammen, und die Trennungslinie zwiſchen Mittel- und Hinterbruſt iſt noch bei vielen Arten deutlich. i Die meiſten Amblyzeren ſind ziemlich flinke Tiere, ſie laufen viel umher und wandern leicht vom Wirtstier ab. Man braucht z. B. nur den Finger in das Federkleid eines von vielen Mallophagen dieſer Gruppe beſiedelten Vogels zu ſtecken, ſo kriechen dieſe Schma⸗ rotzer, die ſich übrigens auf dem Menſchen nicht anſiedeln können, ſogleich auf ihn herauf. Die Gyropidae leben nur auf Säugetieren, beſonders auf ſüdamerikaniſchen. Sie haben teils gedrungene, teils ſchmale, ſchlanke Geſtalt und eine ſchuppige Chitinbedeckung. kleinen Schmarotzer bevölkert, dieſe halten ſich immer dicht an der Haut zur Nahrung dienenden Hautſchüppchen wie mit Sicheln ab. Gyropus in allen Erdteilen zahlreiche, durchgehends auf Vögeln lebende Vertreter Gyropidae. Menoponidae. 8 125 Der mit viergliederigen Fühlern ausgeſtattete Kopf iſt an den Seiten nach hinten ſtark winkelig vorgezogen. An der Bruſt laſſen ſich nur zwei Ringe deutlich erkennen, und die ein⸗ oder zweigliederigen Füße ſind niemals zweiklauig, ſondern haben gewöhnlich nur eine, dafür aber ſehr große und kräftige Klaue, die der Quere nach gefurcht iſt. Ein ſehr häufiger und bekannter Schmarotzer des Meerſchweinchens gehört hierher, Gliricola gracilis N., ein kleines, blaßgelbes Tierchen von langgeſtreckter Geſtalt mit dunkleren Querbinden auf dem Hinterleibe. Augen fehlen, und ebenſo fehlen an den nur mit einem = Tarſalglied verſehenen Beinen die Fußklauen, die durch einen ſehr kräftigen Haftlappen erſetzt werden. Zahme und wilde Meerſchweinchen werden oft von großen N dieſer ihres Wirtes auf und löſen mit ihren zwiſchen Ober- und Unterlippe ver⸗ borgenen Kiefern, die ſie beim Gebrauch vorſchieben können, die ihnen ovalis N., gleichfalls ein häufiger Meerſchweinchenbewohner, unterſcheidet ſich von der vorigen Art durch die viel breitere und mehr gedrungene Körpergeſtalt. Die Farbe iſt gelblichweiß, Kopf und Bruſt bräunlich. Das wichtigſte Unterſcheidungsmerkmal beſteht aber in den kräftigen Beinen, die mit je einer langen, gebogenen Klaue bewaffnet ſind. Zahme Meer⸗ ſchweinchen kann man durch fleißiges Waſchen mit Waſſer und Seife von dem ebengenannten Ungeziefer befreien. Bemerkenswert iſt die artenreiche Familie der Menoponidae, die hat. Nur zwei Arten ſind als Ausnahmen bekannt: Menopon longitar- sus Piag., eine ziemlich anſehnliche Form, die auf dem Rieſenkänguruh vorkommen ſoll, und Menopon extraneum Prag., die das Meerſchwein⸗ derten meer, chen bewohnt. Kennzeichnend für die Menoponiden ift, nach Mjöberg, der 5 are N. Start charakteriſtiſch geſtaltete Kopf, er ift „fait gleichförmig dreieckig und an (dg. des 3 den Schläfen ſtark erweitert; der Vorderkopf iſt bisweilen durch eine ats“, Waſhington 1896). mehr oder weniger ſtarke Augenbucht vom Hinterkopf abgeſetzt. Die Mundteile ſind weit vorn gelegen. Die Fühler ſind viergliederig, mehr oder weniger keulenförmig, in tiefen Gruben verſteckt.“ Die Augen ſind meiſt zweigeteilt. f Ein häufiger Schmarotzer von Haushühnern iſt Menopon pallidum V., ein 1 bis 1½ mm langer ſtrohgelber Federling, der ſich durch große Beweglichkeit auszeichnet. Mit erſtaunlicher Geſchwindigkeit laufen dieſe Menopon zwiſchen den Federn herum und kriechen ſofort auf den Menſchen über, wenn dieſer ein mit ſolchem Ungeziefer behaftetes Huhn in den Händen hält. Von den Hühnern gehen die Menopon-Federlinge auch gern an andere Tiere heran, und Osborn rät ausdrücklich, Hühner, die viel von Federlingen ge⸗ plagt ſind, von Pferden fernzuhalten, weil dieſes Ungeziefer leicht von den Hühnerſtällen aus in benachbarte Pferdeſtälle dringen und ſchon öfters die Pferde nachts ſtark beläſtigt und beunruhigt haben ſoll. Der Entenfederling oder die Entenlaus, Trinotum luridum N., kommt nicht nur auf Enten vor, ſondern iſt überhaupt auf Schwimmvögeln ſehr verbreitet, erreicht eine Länge von 4—5 mm und beſitzt dunklere Querflecke auf der Rückenſeite der Hinterleibsringe. Etwas größer wird Trinotum conspurcatum N., eine Art, die beſonders Gänſe und Schwäne 126 ö Korrodentien: Pelzfreſſer. Läuſe. bewohnt. Dieſelben Wirte hat auch Trinotum lituratum V., eine faſt weiße Art, die kleiner bleibt und ſich durch gedrungene Geſtalt auszeichnet. Der Familie der Laemobothriidae gehören die Rieſen unter den Mallophagen an. Es ſind meiſt dunkel gefärbte Federlinge, die ſich durch ihren vorn gerade abgeſtumpften oder ausgerandeten, an den Seiten oft eigentümlich aufgetriebenen Kopf auszeichnen. Die vier⸗ gliederigen Fühler ſtecken in tiefen Gruben. Als Vertreter ſeien das über 1 em lange Laemo- bothrium titan Piag. mit faſt quadratiſch geſtaltetem Kopf und das ungefähr ebenſo große 5 Laemobothrium giganteum Prag. genannt, bei welchem der Kopf nach vorn merklich ver⸗ ſchmälert iſt. Beide Arten leben auf Buſſarden, Milanen, Falken und anderen Raubvögeln. Die Physostomidae ſind ebenfalls ziemlich große Mallophagen, die oben ſchon als mutmaßliche Blutſauger erwähnt worden ſind. Der vorn abgerundete oder abgeſtumpfte Kopf hat nach hinten vorſpringende Hinterecken. Die Augen liegen weit hinten, die Fühler ſitzen wieder in tiefen Gruben, und die ſchwach chitiniſierten Mundteile ſind allem Anſchein nach zum Saugen geeignet. Man hat die ſeltenen Arten der hierher gehörenden Gattung Physostomum N. auf Lerchen, Ammern und anderen Singvögeln gefunden. Es ſind träge, langſame Tiere, die ſich dicht an der Haut ihres Wirtes aufhalten. 2. Unterordnung: Ischnocera. Die Iſchnozeren ſind im allgemeinen nicht mehr auf einer ſo urſprünglichen Stufe ver⸗ blieben wie die Amblyzeren. Der Kopf iſt bei ihnen in der Regel mehr vertikal geſtellt. Die Fühler ſind fünfgliederig, in manchen Fällen auch nur dreigliederig. Kiefertaſter fehlen, Mittel- und Hinterbruft find meiſt verſchmolzen. In ihren Bewegungen find die Iſchnozeren ziemlich träge. Langſam kriechen ſie auf den Federn oder an den Haaren herum, und viele ſaugen ſich, wenn ſie berührt werden, mit der Oberlippe an den Federn feſt. Die Familie der Trichodectidae umfaßt nur Säugetierbewohner. Es find mäßig große Pelzfreſſer, entweder mit kurzem, gerundetem oder mehr oder weniger herzförmig geſtaltetem Kopf und dreigliederigen Fühlern. Die Mundteile ſind an der Kopfunterſeite weit nach hinten gerückt und weiſen zwei kräftige, der Quere nach geſtreifte oder gefurchte Vorderkiefer auf, die zuſammen eine zum Umfaſſen der Haare dienende Zange bilden. Von den zahlreichen weitverbreiteten Arten machen wir den auf S. 123 abgebildeten Haar⸗ ling des Hundes, Trichodectes latus N. (canis), namhaft, der gewöhnlich für eine „Hundelaus“ angeſehen wird. Er wird kaum länger als 1 mm, iſt ziemlich breit und flach, mit kurzem, vorn ſchwach gebuchtetem Kopf und kurzen Beinen, an denen ſtark gekrümmte Krallen ſitzen. Dieſer Haarling, der auf den verſchiedenſten Raſſen des Haushundes vorkommen kann, hauptſächlich natürlich verwahrloſte Hunde, und zwar oft in Gemeinſchaft mit der ſpäter noch zu erwähnen⸗ den echten Hundelaus, bevölkert, iſt beſonders bekanntgeworden, als Melnikow im Jahre 1869 feſtſtellte, daß er den Hunden als Zwiſchenträger des Hundebandwurms (Dipylidium cani- num JL.) gefährlich werden kann. Obwohl der gewöhnliche Zwiſchenwirt dieſes Bandwurms der Hundefloh zu fein ſcheint, jo kann ſich doch auch in der Leibeshöhle des Trichodectes die zugehörige Bandwurmfinne entwickeln, und wenn dann ein Hund, der von Haarlingen be⸗ läſtigt wird, beim Hineinbeißen in das Fell zufällig einen finnigen Trichodectes verſchluckt, jo bekommt er den Bandwurm. Auf Pferden und Eſeln, beſonders in der Mähne, an der Schwanz⸗ wurzel und in den Haarbüſcheln der Fußgelenke, lebt Trichodectes pilosus V., eine Art mit rere N N N Laemobothriidae. Trichodectidae. Lipeuridae. Goniodidae. Docophoridae 127 völlig gerundeter Stirn. Ihr Vorkommen in Deutſchland ift, nach Schömmer, „ſelten, da das Pferd dasjenige unſerer Haustiere iſt, das am verſtändnisvollſten gehalten und gepflegt wird. Am meiſten findet er ſich entlang der ruſſiſchen Grenze, hier ſogar bei Militärpferden.“ Die Rinder werden von Trichodectes scalaris V. beläſtigt, deſſen Lieblingsſtellen ſich zwiſchen den Hörnern, am Hals hinter dem Bug und an der Schwanzwurzel befinden. Die Lipeuridae zeichnen ſich durch längliche, ſchmale Geſtalt und längliche Kopfform aus. Die Oberlippe, die zum Anſaugen an Federn dient, iſt blaſenförmig aufgetrieben. Die fünfgliederigen Fühler ſind bei Weibchen und Männchen verſchieden und bei letzteren be⸗ ſonders am dritten Gliede in Fortſätze oder Haken ausgezogen, mit denen das Männchen ſein Weibchen feſthalten kann. Raubvögel und Schwimmvögel ſcheinen die meiſten Arten zu beherbergen, aber auch andere Vögel werden von Lipeuriden geplagt. Zu den bekann⸗ teſten Formen gehört der Taubenfederling, Lipeurus baculus V., er wird ſchon von Linné, Geoffroy und anderen älteren Autoren erwähnt, die ihm den Namen „Pediculus columbae“ (Taubenlaus) beilegten. Bemerkenswert für dieſen etwa 2 mm langen, ſehr häufigen Bewohner unſerer Haustauben iſt ſein überaus * langgeſtreckter Körper. An den Goniodidae, die faſt ausſchließlich auf Hühnerbögeln vorkommen, fällt die faſt immer ſehr breite und gedrungene Geſtalt auf. Der meiſt kurze Kopf iſt bei den beiden Geſchlechtern häufig verſchieden geformt. Auch die Fühler N weichen bei Männchen und Weibchen voneinander ab. Der Bruſtabſchnitt iſt Tauben⸗ gut ausgebildet, die Vorderbruſt meiſt nach hinten erweitert, die Hinterbruſt krrentius, Lipeurus ſehr kräftig. An den Beinen iſt die geringe Entwickelung der Füße bemerkens⸗ a wert. Goniodes falcicornis N. lebt auf dem Pfau, Goniodes colchicus Den. auf großert. dem Faſan, und Goniodes stylifer N. ift ein häufiger Bewohner von Truthühnern. "ran Unter den Docophoridae treffen wir neben kurzen, gedrungenen auch viele ſchmale, parallelſeitige Formen an. Am Kopf, deſſen Hinterecken gewöhnlich gerundet ſind, ſitzt ein Paar fünfgliederiger, bei Männchen und Weibchen faſt ausnahmslos ganz übereinſtimmend gebauter, einfacher Fühler. An der Bruſt, die nicht beſonders kräftig entwickelt iſt, laſſen ſich deutlich nur zwei Ringe unterſcheiden. 15. Ordnung: Läuſe (Anoplura). Die Läuſe (Anoplura) wurden bisher und werden von vielen Forſchern noch jetzt für nahe Verwandte der Schnabelkerfe gehalten und mithin an die Sippſchaft der wanzenartigen Inſekten, unter denen es ja auch an widerwärtigem Ungeziefer nicht fehlt, angegliedert. Wir ſchließen jedoch uns ganz den Auffaſſungen von Handlirſch und Mjöberg an, denen zufolge die Anopluren den Mallophagen am nächſten ſtehen, ſo daß alſo die beſonderen Eigentümlichkeiten in der Bauart der Läuſe nur als weitergehende Anpaſſungen an eine ſchmarotzende Lebensweiſe anzuſehen ſind. Aus dieſem Grunde tragen wir auch kein Be⸗ denken, die Läuſe ungeachtet ihrer ſaugenden Mundteile zu den Korrodentien zu ſtellen. | Die Läufe bilden keine artenreiche Gruppe. Wenigſtens kennt man bis jetzt nicht mehr als einige 60 Arten, die in etwa 16 verſchiedene Gattungen geſtellt werden und ausſchließlich bei Säugetieren vorkommen. Meiſt iſt es ſo, daß eine Säugetierart nur von einer beſtimmten 128 Korrodentien: Läufe. Sorte von Läuſen geplagt wird, doch macht ſchon der Menſch in dieſer Hinficht eine unrühm⸗ liche Ausnahme, denn nicht weniger als drei verſchiedene Arten von Läuſen können ſich auf verſchiedenen Stellen ſeines Körpers anſiedeln. Das Schaf kann mit zwei Arten aufwarten, denn auf ihm kann erſtens Haematopinus ovillus Oram. feinen Wohnſitz aufſchlagen, eine Laus, die nur die mit dicker Wolle bekleideten Teile heimſucht, und zweitens Haematopinus = pedalisOsb. (Linognathus), eine Art, welche, nach Osborn, nur die nackten oder nur mit dünner Wolle bedeckten Beine beſiedelt. Ahnlich wie beim Menſchen teilen ſich alſo beim Schaf die Paraſiten in verſchiedene Wohnplätze, und Mjöberg hat eigentlich ganz recht, wenn er meint, daß bei dieſen beiden Läuſearten wohl unwillkürlich ein Vergleich zwiſchen einer „Waldform“ und einer 1 Kr nahe liegt. „Die Beine find in verſchiedener Weiſe zum Feſt⸗ f halten ausgebildet. Oft ſind die Tibien an der inneren Ecke mit einem Chitindorn verſehen, ſo daß bei eingeſchla⸗ gener Klaue hier ein geſchloſſener Ring entſteht, der die chien (Haftlappen), jene dünnwandigen Tarſalanhänge, die in der einen oder der anderen Form faſt bei allen Anopluren vorkommen.“ 2 Den Bau der Läuſe veranſchaulicht ſehr put die zur Familie der Pediculidae gehörende menſchliche Kopf⸗ laus, Pediculus capitis Nützsch (cer vicalis). Der ab- geplattete Körper dieſes häßlichen Paraſiten iſt, wie bei allen Lausarten, ganz flügellos, erreicht beim Männ⸗ chen eine Länge von kaum 2 mm und beim Weibchen bis gegen 3 mm. Die Fühler find fünfgliederig. Die bei f a TER der Kopflaus ſeitlich am Kopf ſtehenden großen, ſchwar⸗ amg bien l Pedienlas caplis en, zen Augen ſind bei anderen Arten oft verkümmert oder den Ces) ont vergrößert. Aach Seife fehlen. Von den Mundteilen ift äußerlich nichts zu jehen, ind Je 11, ehe und Berlin 1d. —erſt dann, wenn die Laus Appetit verſpürt und Blut | ſaugen will, kommen einige, bis dahin im Kopfinneren Haare zwiſchen ſich einſchließt. Dazu kommen die Ony⸗ = verborgen geweſene Teile zum Vorſchein. Zunächſt wird der Anfangsteil des Nahrungs- kanals, der Munddarm, ausgeſtülpt, ein röhrenförmiger Rüſſel, der feſt auf die Haut an⸗ geſetzt wird. Er ſpannt mit feinen kleinen, in die Haut eingreifenden Häkchen die anzuſau⸗ gende Fläche etwas auseinander. In dieſem Augenblick tritt ein Bohrſtachel hervor, der bisher in einer beſonderen Taſche verborgen war, und durchdringt die Haut bis zu den tie⸗ feren, blutführenden Schichten, wobei das aufgeſogene Blut an ihm entlang in den Nah⸗ rungskanal ſtrömt. Der Bohrſtachel iſt der einzige Teil, der ſich mit den Mundwerk⸗ zeugen anderer Inſekten vergleichen läßt. Er dürfte der Unterlippe entſprechen, während die übrigen Kieferpaare den Läuſen fehlen, doch ſoll nicht verſchwiegen werden, daß in der Deutung des Bohrapparates bei den Läuſen bis jetzt noch gewiſſe Meinungsverſchieden⸗ heiten beſtehen, und daß Enderlein bei der Schweinelaus auch ein Paar kleiner Vorderkiefer beſchrieben hat. Die ſechs an den nur undeutlich getrennten Bruſtringen ſitzenden Beine ſind für die Kopflaus wichtige Apparate zum Klettern und Anklammern, mit ihnen ſteigt ſie langſam und bedächtig im Haarwald umher und hält ſich dabei an den Haaren feſt, indem ſie das Haar mit ihren krallenförmigen Fußgliedern umgreift, die ſich gegen einen daumen⸗ ähnlichen Vorſprung des vorhergehenden Beingliedes einſchlagen laſſen. Der Hinterleib ſetzt Kopflaus. 129 ſich aus neun, oft nur undeutlich getrennten Ringen zuſammen. Am Darm fällt ein großer, zweilappiger Magen auf. Die Zahl der Harngefäße beträgt vier. Die Läufe find eierlegende Tiere. Bei der Kopflaus wird das Vermehrungsgeſchäft in der Weiſe erledigt, daß die weibliche Laus nach und nach etwa 50—60 Eier oder „Niſſe“, wie ſie im Volksmunde genannt werden, einzeln in der an nebenſtehender Figur wieder⸗ gegebenen Weiſe an Haare ankittet. Jedes Ei hat am freien Ende ein kleines Deckelchen, das von der jungen Laus beim Auskriechen in die Höhe gehoben und abgeſprengt wird. Da es an Nahrung und Wärme, die die Kopfhaut ja immerwährend in reichem Maße ſpendet, nicht fehlt, ſo ſind die Wachstumsbedingungen für die Läuſe außerordentlich günſtig, und das hoffnungsvolle junge Tierchen, das in Körperbau und Benehmen ebenſo wie in ſeiner Leidenſchaft für das Blutſaugen von vornherein den Eltern gleicht, vermag ſchon in etwa 2—3 Wochen wieder zu einer vermehrungsfähigen Laus heranzureifen. Wir werden gewiß Knortz beiſtimmen können, wenn er bei der Schilderung der Inſekten in Sage, Sitte und Literatur von der Kopflaus meint, daß an ihrer Wiege die Grazien gerade nicht geſtanden haben. „Als plebejiſches Geſchöpf hält ſie ſich vorzugsweiſe auf den un⸗ gekämmten und ungewaſchenen Köpfen wandernder Handwerksburſchen, fahrender Bettler und gefühlloſer Bauernrüpel auf. Die Soldaten ſucht ſie nur zur Zeit des Krieges heim, da dieſe alsdann Beſſeres zu tun haben, als Läuſe zu töten.“ Im übrigen ſteht aber feſt, daß auch Menſchen, die es keineswegs an der nötigen Reinlichkeit fehlen laſſen, durch einen unglücklichen Zufall leicht einmal Läuſe bekommen können. Jedenfalls führt die Kopflaus ihren Namen mit Recht, denn ſie ſiedelt ſich faſt immer auf dem Kopfe an und findet ſich nur ſelten an anderen Körperſtellen. Je wirrer, ſchmutziger und vernachläſſigter das Kopfhaar iſt, um ſo üppiger gedeiht dieſes widerliche Ungeziefer, das bei Berührung des Haares oder Wechſel der Kopfbedeckung leicht von einer Perſon zu einer anderen übertragen werden kann. Kinder werden erfahrungsgemäß leichter als Erwachſene befallen. Das Bohren und Saugen der Läuſe ruft ein läſtiges Jucken hervor, das dem von ſolchen Bewohnern Geplagten Ver⸗ anlaſſung zu häufigem Kratzen gibt. Hierbei entſtehen leicht blutrünſtige Stellen, die unter Umſtänden für Tuberkelbazillen und andere Krankheitskeime günſtige Eingangspforten ſind, ſo daß das Ungeziefer ſchon allein aus hygieniſchen Gründen immer bekämpft werden muß. Reinlichkeit und Kurzhalten des Haares können bereits in gewiſſem Sinne als Gegenmittel gelten; wirkſamer ſind Waſchungen des Kopfes mit Sublimatlöſungen oder Petroleum oder die Einwirkung des (feuergefährlichen!) Schwefeläthers unter einer den Kopf bedeckenden - Kappe und nachheriges Auskämmen des Haares, wodurch mit Sicherheit etwaige un⸗ erwünſchte Anſiedler vertrieben werden. In manchen Ländern ſucht man auch dem lieben Nächſten durch emſiges Abſuchen, ſo gut es geht, Abhilfe zu verſchaffen, und die hierbei glücklich zur Strecke gebrachte Jagdbeute wandert, wie der Forſchungsreiſende Moſzkowfki erzählt, bei den Eingeborenen Neuguineas ebenſo wie bei einigen anderen Wilden ohne weitere Umſtände regelmäßig in den Mund. Kopfläuſe dürften ſchon ſeit den älteſten Zeiten das Menſchengeſchlecht heimgeſucht haben und ſind entſprechend den Hauptraſſen des Men⸗ ſchen in verſchiedene Varietäten oder Abarten zerfallen, die in Größe und Färbung gering⸗ fügige Unterſchiede zeigen, ſo daß es z. B. ganz gut möglich ſein ſoll, die großen und dunklen Kopfläuſe der Hottentotten von den kleineren und blaſſeren Läuſen der kaukaſiſchen Raſſen oder von denen der Auſtralneger mit einiger Sicherheit zu unterſcheiden. Mjöberg macht auch darauf aufmerkſam, daß die Kopfläuſe von Paramaribo⸗Indianern ſehr große Ahnlich⸗ keit mit den von ihm beſchriebenen und auf amerikaniſchen Affen vorkommenden Läuſen Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 9 i 130 Korrodentien: Läuſe. Blaſenfüßler. der Art Pediculus affinis Mjôb. zeigen. So haben fie z. B. die ſehr charakteriſtiſchen dunkleren Zeichnungen auf den Hinterleibstergiten (Rückenſchilden) gemeinſam. Eine der Kopflaus ſehr naheſtehende Art von Ungeziefer ſind die Kleiderläuſe, welche vorzugsweiſe Menſchen befallen, denen es an der notwendigen Reinlichkeit mangelt. Die Kleiderlaus, Pediculus vestimenti Vitesch (corporis), ift anſehnlicher als die Kopflaus, denn das Männchen erreicht eine Länge von 3 mm, und das Weibchen kann ſogar bis 4,25 mm meſſen. Abgeſehen von ihrer bedeutenderen Größe unterſcheidet ſich die Kleider⸗ laus noch durch ſpärlichere Beborſtung ſowie durch etwas andere Ablage ihrer Eier von der Kopflaus, hält ſich auch weniger an den Haaren, als hauptſächlich an der Innenſeite der Kleidung auf, an deren Nähte und Rauhigkeiten ſie ihre Eier abſetzt. Bei ſtarker Ver⸗ mehrung kommen die Kleiderläuſe oft an die Oberfläche und können dabei leicht durch Abſtreifen zu anderen Perſonen gelangen. Leeuwenhoek will berechnet haben, daß eine einzige weibliche Laus im Laufe von 8 Wochen es bis zu 5000 Nachkommen bringen kann. Tatſache iſt jedenfalls, daß die Läufe, wenn die geeigneten Bedingungen vorhanden find, wie im Kriege oder in vernachläſſigten Gefängniſſen, leicht überhandnehmen, ſo daß ſie ſchließlich in grauenerregenden Maſſen den ganzen Körper bedecken. Dabei können, wie die Erfahrungen der Neuzeit gelehrt haben, ſehr wahrſcheinlich auch gefährliche Krankheiten, beſonders das Fleckiieber, durch Läuſe auf den Menſchen übertragen werden. a Noch eine dritte Art von Läuſen, die häßlichſte von allen, kann den Filglaus, rums Menſchen befallen, die Filzlaus oder Schamlaus, Phthirius pubis L., pubis L., vergrößert. die mit Ausnahme des Hauptes alle ſtärker behaarten Körperteile be⸗ wohnt. Das widerliche Tier legt ſich mit geſpreizten Beinen platt der Haut an, bohrt ſich tief mit ſeinem Kopfe ein und verurſacht ein unerträgliches Jucken. An dem gedrungenen, faſt quadratiſchen, 1—1,5 mm langen, weißlichen Körper ſind Bruſt und Hinterleib nur undeutlich geſchieden. Letzterer iſt am fünften bis achten Ringe mit je einem Paar ſeitlich vorſtehender, behaarter Fleiſchzapfen beſetzt. Die Filzlaus befeſtigt ihre Eier an Haare; ihre Jungen haben anfangs nur dreigliederige, die Erwachſenen fünfgliederige Fühler. Außer den Menſchen werden auch die Affen von Pedikuliden heimgeſucht. Häufiger als die Gattung Pediculus L. iſt allerdings bei ihnen die Gattung Pedicinus Gerr., deren Fühler dreigliederig bleiben. Eine ganze Reihe von Arten kommt hierin Betracht, die hauptſächlich Meerkatzen und Paviane plagen. Unter den Bewohnern anderer Säugetiere ſpielen aber namentlich die Haematopi- nidae eine Rolle, Läuſe, die ihre Beine ebenfalls als Klammerapparate zum Feſthalten ER an den Haaren benutzen können, bei denen jedoch im Gegenſatz zu den bisher erwähnten Formen der Rüſſel ſehr lang iſt und die Augen verkümmert ſind oder fehlen. Auf dem Haus⸗ hund lebt die echte Hundelaus, Haematopinus piliferus Burm., eine gelblichgraue, 2 m lange, am Hinterleib unten fein behaarte Laus, die aber nicht eben häufig iſt. Beſondere Größe iſt der Schweinelaus, Haematopinus suis L., eigen, einer bräun⸗ lichen Laus von 3—4,5 mm Länge, die auf zahmen und wilden Schweinen ſich aufhält. Auf den indischen Elefanten hat man die Elefantenlaus, Haematomyzus probosci- deus Piag., gefunden, eine rötlichbraune Laus, deren Lieblingsſitz die dünneren, von den großen Ohren des rieſigen Vierfüßlers bedeckten Hautſtellen ſind. Der Kopf iſt bei dieſer Laus in einen langen, ſpießartigen Fortſatz verlängert, an deſſen Spitze ſich die Mundöffnung befindet. Greifhaken an den Beinen zum Umklammern der Haare fehlen der Elefantenlaus — Kleider-, Filz⸗, Hunde, Schweine-, Elefantenlaus. Robbenläuſe. Schuppenläuſe. 131 und würden ihr auch wenig nützen, weil beim Elefanten das Haarkleid rückgebildet iſt. Wäh⸗ rend die Elefantenlaus die einzige Vertreterin der Haematomyzidae iſt, kennt man bereits mehrere Arten von den ſonderbaren Robbenläuſen, die die Familie der Echinophthi- riidae bilden. Die Robbenläuſe ſind auffallend plumpe, dicke Tiere, deren Körper über und über mit kurzen, ſtachelartigen Dornen bedeckt iſt. Der Kopf iſt vorn nicht verlängert, Augen fehlen, und an den kurzen Füßen iſt die Schiene mit einem daumenartigen Greiffortſatz ver⸗ ſehen. Auf Seehunden leben verſchiedene Arten der Hauptgattung Echinophthirius, am intereſſanteſten find aber einige Robbenläuſe, die zuerſt bei Gelegenheit der wiſſenſchaftlichen Südpolarexpeditionen auf den Bewohnern der antarktiſchen Meere gefunden worden ſind. Es ſind die Schuppenläuſe (Lepidophthiriidae), plumpe, gedrungene Läuſe, mit braun geringelten Fühlern und feſtverwachſenem Kopf und Thorax. Antarctophthirius ogmorhini Enderl. iſt eine von dieſen Formen, fie wurde an der Küſte des antarktiſchen Feſtlandes vom Seeleoparden (Ogmorhinus leptonyx Blainv.) abgeleſen und gilt, von einigen Urinſekten abgeſehen, als dasjenige Inſekt, das am weiteſten im Süden erbeutet worden iſt. Der Körper dieſer merkwürdigen Laus iſt an ſeiner Ober⸗ und Unterſeite von zahlreichen winzigen, mit einem Stielchen befeſtigten, dünnen Schüppchen bedeckt, die zum Feſthalten eines kleinen Luftvorrates dienen, ſo daß die Laus unbehindert atmen kann, wenn ihr Wirt ſich in die eiſigen Fluten des Polarmeeres ſtürzt, um tauchend und ſchwimmend ſeiner Beute nach⸗ zujagen. Eine im Norden vorkommende verwandte Art, Arctophthirius trichechi Boh., die gleichfalls ein dichtes Schuppenkleid trägt, hält ſich an der Schnauze des Walroſſes auf. 16. Ordnung: Franſenflügler, Blaſenfüßler (Thysanoptera). Die Franſenflügler oder Blaſenfüßler (Thysanoptera) ſind winzige Inſekten, an deren geſtrecktem, geſchmeidigem Körper die Hinterleibsringe beweglich bleiben. Als größter Blaſenfuß gilt der in Neuholland gefundene Idolothrips spectrum Hal. mit faſt 1 em Länge; ungefähr ebenſo große Arten kommen auch in Neuguinea vor, während die überwiegende Zahl der übrigen Blaſenfüßler höchſtens eine Körperlänge von 1—4 mm erreicht. An der Oberſeite des Kopfes befindet ſich ein Paar ſechs⸗ bis neungliederiger Fühler, ſeitliche Fa⸗ cettenaugen ſowie gewöhnlich drei Mittelaugen (Punktaugen). Der ganz an die Unterſeite des Kopfes getretene Mundkegel, der im weſentlichen aus der miteinander verwachſenen Ober⸗ und Unterlippe beſteht, umſchließt außer zwei zu Stechborſten umgewandelten Vorderkiefern noch den ſogenannten unpaaren Mundſtachel, der weiter nichts iſt als der zu einem Stechorgan umgewandelte Mittelkiefer (Maxille) der einen Körperhälfte. Freie, zwei⸗ bis dreigliederige Mittelkiefertaſter und zwei⸗ oder viergliederige Unterlippentaſter ſind vor⸗ handen. An die freie Vorderbruſt ſchließen ſich die miteinander verſchmolzenen Mittel⸗ und Hinterbruſtringe an, an denen vier ſehr ſchmale, am Rande mit langen Franſen beſetzte Flügel ſitzen, die freilich bei manchen, unter Rinde oder unter Raſen lebenden Arten ver⸗ kümmert ſind oder fehlen. Sonderbarerweiſe können bei den flügelloſen Formen aber doch hier und da normalflügelige Weibchen als Ausnahmen auftreten, deren Aufgabe es zu ſein ſcheint, andere Wohnorte aufzuſuchen, damit die Art ſich weiter verbreiten kann. Mit den kurzen Beinchen können die meiſten Franſenflügler ziemlich raſch laufen, einige vermögen ſogar zu ſpringen. Die Füße ſind meiſtens zweigliederig und tragen zwiſchen den beiden Endklauen eine rundliche Haftblaſe, die zu dem Namen „Blaſenfüßler“ Veranlaſſung gab und dem Tierchen beim Klettern an Blütenteilen und Blättern ausgezeichnete Dienſte leiſtet. Am Hinterleibe laſſen ſich zehn Ringe erkennen, von denen der letzte röhrenförmig verlängert 9 * 132 | Korrodentien: Blaſenfüßler. fein kann. Das Atmungsſyſtem iſt wenig entwickelt, denn außer zwei Stigmenpaaren an der Bruſt hat man nur je ein Stigmenpaar am zweiten und achten Hinterleibsringe nach⸗ weiſen können. Der Darmkanal bildet eine Schlinge und nimmt vier Malpighiſche Gefäße auf. Die aus den Eiern entſtehenden Jungen gleichen den Alten in Bau und Lebensweiſe und ſollen bei den geflügelten Arten ihre Flügelſtummel nach der vierten Häutung bekom⸗ men. Hierauf findet nochmals eine Häutung ſtatt, nach der die Larve ein puppenähnliches Ausſehen bekommt, keine Nahrung mehr zu ſich nimmt und geringere Beweglichkeit beſitzt. Wenn dann aber nach einiger Zeit die Haut zum letztenmal abgeworfen wird, ohn das fertige Inſekt zum Vorſchein. Die richtige Stellung der Blaſenfüßler im Inſektenſyſtem zu ermitteln, iſt eine der ſchwierigſten Aufgaben für den Syſtematiker. Vielfach hat man geglaubt, fie mit Rücksicht auf ihre Mundteile, die ja nicht zum Kauen und Nagen, ſondern mehr zum Saugen dienen, an die mit Saugwerkzeugen ausgerüſteten Schnabelkerfe anſchließen zu müſſen, doch ſpricht hiergegen ihre im übrigen weſentlich verſchiedene Bauart. Börner bringt die Blaſenfüßler mit den Rindenläuſen (Copeognatha) in Zuſammenhang; Handlirſch iſt geneigt, ſie von orthopterenartigen Formen abzuleiten. So hat faſt jeder eine andere Meinung, und da dieſe iſoliert ſtehenden Inſekten, die wir zu den Orthopteren nicht mehr rechnen können, wohl zweifellos von Formen mit kauenden Mundteilen herſtammen, ſo mögen ſie hier am ungezwungenſten in der zuſammengewürfelten Gruppe der Korrodentier ihren Platz finden. In der Erdgeſchichte treten ſie zum erſtenmal im Tertiär auf, haben aber, wie Handlirſch vermutet, wahrſcheinlich auch ſchon zur Kreidezeit gelebt. 3 1. Unterordnung: Bohrblaſenfüßler (Terebrantia). Die Weibchen dieſer Gruppe haben eine Legeröhre. Die Oberflügel ſind mit einer ER Ringader ſowie zwei Längsadern verſehen. Die wichtigſte Familie ift die der Thripsidae, die an ihren ſechs⸗ bis achtgltederigen . Fühlern und dem nach abwärts gerichteten Legeapparate zu erkennen ſind, der den Weibchen dazu dient, ihre Eier in die Gewebe der Nährpflanze einzuſenken. Verbreitung und Vor⸗ kommen ſind bei dieſen winzigen, in der Regel ſchwärzlich oder bräunlich gefärbten Tierchen ungemein mannigfaltig. Der zierliche, höchſtens 1,5 mm lange, dunkelbraune, geflügelte Priemelblaſenfuß, Physopus primulae Hal., findet ſich ſchon in den Blüten der erſten Frühlingsblumen und bleibt in beiden Geſchlechtern ein eifriger Blütenbeſucher bis in den Auguſt hinein. Von derartigen, immer flugluſtigen Blumenfreunden gibt es noch eine große Zahl, ſie nützen den betreffenden Pflanzen als Fremdbeſtäuber durch Übertragen von Blüten⸗ ſtaub, während die geringen Mengen von Pollen und Nektar, die ſie als Eutgelt a i ver⸗ zehren, keine Rolle ſpielen. Zu den Physopus-Arten, die achtgliederige Fühler, am Hinterende ihres Körpers keine x Dornen, wohl aber hinten längere, dünne Borſten haben und im erwachſenen Zuſtande, wenn ſie beunruhigt werden, wie kleine Flöhe ſpringen können, gehört auch eine Art, die in Amerika als Feind der Tabakpflanze beſchrieben iſt: Physopus nicotianae Hinds., ein gelbliches, 1 mm langes Tierchen, das ſich in großen Mengen auf Tabakblättern einfindet. Da dieſe Blaſenfüßler hauptſächlich längs der Längsrippen und Blattadern ſaugen, ſo wer⸗ > den die Tabakblätter längs der Adern mißfarbig, und es kommt ein Krankheitsbild zuſtande, das die Amerikaner „white veins“, „weiße Adern“, nennen. Als Vertreter der Gattung Thrips L., die ſiebengliederige Fühler hat, machen wir den = : 5 braune, nur 1,3 mm meſſende Tierchen mit achtgliede⸗ rigen Fühlern. Die Männchen bleiben bei beiden Arten Priemel⸗, Tabak-, Getreideblaſenfuß. „Schwarze Fliege“. 133 europäiſchen Tabakſchädling, Thrips tabaci Lind., namhaft, bräunlich gefärbte, kaum 1 mm meſſende Tierchen, die nebſt ihren helleren Larven hauptſächlich längs der Unterſeite der Tabakblätter ſich anſiedeln und dort durch ihr Saugen ganz ähnliche Beſchädigungen hervor⸗ rufen wie die ebengenannte amerikaniſche Art, ſo daß in Bulgarien die von ihnen verurſachte Krankheit ebenfalls „weiße Adern“ (belata shila) heißt. Der Tabakthrips iſt übrigens keines⸗ wegs auf Tabak beſchränkt, ſondern befällt auch Tomaten, Kartoffeln, Kohl ſowie verſchiedene andere Pflanzen und wurde in Amerika beſonders an Zwiebeln („onion thrips“) beobachtet. Andere Arten ziehen als Wohnſitz Gräſer vor, wie Limothrips denticornis Hal., der an einem kleinen Fortſatz des dritten Fühlergliedes zu erkennen iſt und durch fein Saugen an Wieſengräſern und Getreide eine vollſtändige oder teilweiſe Weißährigkeit hervorrufen kann. Der in weiteſten Kreiſen bekannte Getreideblaſenfuß, Limothrips cerealium Hal., deſſen drittes Fühlerglied einfach bleibt, ſoll dagegen an der Entſtehung der Weißährigteit angeblich unbeteiligt bleiben, obwohl er gleichfalls häufig in 1 gefunden wird. In der Praxis ſind dieſe beiden Arten ſicherlich ſehr oft miteinander verwechſelt worden, und ſo ſei auch hier ihre Lebensweiſe gemeinſam behandelt. Es ſind ſchwarz⸗ flügellos und zeichnen ſich auch durch das Fehlen von Punktaugen aus. Die Weibchen haben vier lange, ſchmale, die mit Dornen beſetzte Hinterleibsſpitze nicht ganz erreichende Flügel. Zwiſchen den erwachſenen Tieren find an den befallenen Pflanzen auch die kleinen gelblichen Larven gewöhnlich maſſenweiſe zu ehen. zanatotafensus, Trips tabaci Lina Den Hauptaufenthalt des Getreideblaſenfußes ehe deren el bilden, nach Puppel, die Blattſcheiden ſämtlicher Ge⸗ h treidearten, hinter denen er fich feſtſetzt und vermehrt. Böſe wird der Schaden, wenn es den Tieren gelingt, die zarten, jungen Blütenteile anzugreifen. Auch die Ahren ſelbſt, nicht nur am grünen, ſondern auch am reifen Getreide, zeigen ſich häufig von Thripſen beſetzt. „In alten Stoppeln und Gräſern haben die Tiere überwintert. Der Frühlings⸗ ſonnenſchein lockt ſie hervor, und bei ſtiller, warmer Luft fliegen ſie zu dem treibenden Roggen. Für die erſte Generation — oder Generationen, denn man findet ſie in den ver⸗ ſchiedenſten Altersſtufen — finden ſie hier Unterkunft. Sobald Weizen, Gerſte und Hafer in den Halm ſchießen, werden dieſe Fruchtgattungen wahrſcheinlich von den befruchteten Weibchen aufgeſucht, und ſchließlich, bei fortſchreitender Reife, bietet ihnen die Weizenähre und die Haferriſpe Wohnungsgelegenheit.“ In Gewächshäuſern wird den Gärtnern manchmal ſchwere Sorge bereitet durch die „Schwarze Fliege“, wie ein ſchwärzlicher, etwas über 1 mm langer Blafenfuß heißt, der oft in ungeheuren Maſſen auftritt und i in der Wiſſenſchaft den Namen Heliothrips haemor- rhoidalis Bouche führt. Die letzten Leibesringe dieſes ſchwarzbraunen Tierchens ſind rötlich gefärbt, während Fühler, Flügel und Beine gelblich ausſehen. Verſchiedenartige Gewächſe, beſonders aber Orchideen, Azaleen und Farnarten, werden von dieſen Schwarzen Fliegen heimgeſucht, die ſich am liebſten an den Blattunterſeiten anſiedeln und die ſogenannte „Schwindſucht“ der von ihnen befallenen Pflanzen herbeiführen. Leider find die Schädlinge recht ſchwer zu vertreiben. Sie ſind in Warmhäuſern in allen Erdteilen zu finden und kommen 134 Korrodentien: Blaſenfüßler. Schnabelkerfe: Wanzen. in Florida, Kalifornien und anderen warmen Ländern auch im Freien vor, wo fie die Mango⸗ bäume, Orangen- und andere Fruchtbäume oft völlig ihrer Blätter und Früchte berauben. Von der durch neungliederige Fühler und eine nach oben gekrümmte Legeröhre aus⸗ gezeichneten Gruppe der Aeolothripidae ſei nur Aeolothrips fasciatus Hal. feiner ab- weichenden Ernährungsweiſe wegen genannt. Wie Reuter und andere feſtgeſtellt haben, leben die Larven dieſer Art nämlich nicht von Pflanzenſäften, ſondern ſind Räuber, die andere Thyſanopteren oder Pflanzenläuſe ausſaugen. 2. Unterordnung: Röhrenblaſenfüßler (Tubulifera). Die Weibchen bleiben ohne Legeröhre und müſſen daher ihre Eier oberflächlich an die Nährpflanzen ablegen. Der Hinterleib iſt bei beiden Geſchlechtern röhrenförmig verlängert. Das Flügelgeäder iſt rückgebildet. Von den zu dieſer Abteilung gehörenden Phloeo- thripidae machen wir den Reisblaſenfuß, Phloeothrips oryzae Mats., namhaft, der durch die umfangreichen Verheerungen bekanntgeworden iſt, die er bei Bamagata im nörd⸗ lichen Teile der japaniſchen Hauptinſel an Reispflanzen verurſacht hat. Der Schädling er⸗ ſcheint alljährlich in zwei Bruten. Die Tiere der erſten Brut ſaugen an den jungen Reis⸗ blättchen und bringen dieſelben zum Einrollen oder Welken, die der zweiten Brut führen dagegen das Abſterben der Ahre herbei. Eine auſtraliſche Art, Onychothrips tepperi Del, kommt in rundlichen, etwa kirſchkerngroßen, gelblichen Gallen vor, die an kleineren Zweigen der im ſüdlichen und inneren Auſtralien verbreiteten Acacia aneura ſitzen. Wie Uzel mit⸗ teilt, ſind dieſe Gallen manchmal förmlich vollgepfropft von den kleinen, ſchwarzbraunen Blaſenfüßchen, die jung und alt in den verſchiedenſten Entwickelungsſtadien dichtgedrängt beieinander haufen, aber durch eine kleine, ſchlitzkörmige Offnung am Grunde der Galle ins Freie gelangen können. Ahnliche, durch Blafenfüßler verurſachte ee ee ſind auch aus verſchiedenen anderen Weltgegenden beſchrieben worden. Fünfte Gruppe: Wanzenartige Inſekten (Hemipteroidea). 17. Ordnung: Schnabelkerfe (Rhynchota). 8 Die an bunten, wechſelnden Geſtalten überreichen Wanzen, das behende Völkchen der Zikaden und das große Heer der Pflanzenläuſe ſind es, die der Syſtematiker alle miteinander zur Ordnung der Schnabelkerfe (Rhynchota) vereinigt. So verſchieden auch alle dieſe Inſekten an Größe, an Geſtalt und in der Lebensweiſe ſein mögen, ſtimmen ſie doch immer in einem ſehr wichtigen Merkmal, dem Bau ihrer Mundteile, der Hauptſache nach miteinander überein. Die Mundteile der Schnabelkerfe beſtehen gewöhnlich aus einem Schnabel oder Rüſſel, der mit der Unterlippe anderer Inſekten ſamt ihren Unterlippentaſtern verglichen werden kann, meiſt gegliedert iſt und ein Futteral für vier Saug⸗ und Stechborſten bildet, die in ſeinem Inneren vor- und rückwärts gleiten können. Von den paarigen Vorder⸗ und Mittelkiefern iſt äußerlich nichts zu erkennen, weil ſie bei den Schnabelkerfen nicht frei an der Außenwand des Kopfes ſitzen, ſondern tief in das Innere eingeſenkt ſind. Sie erzeugen im Inneren des Kopfes die vier langen, nur aus Chitin beſtehenden, grätenartigen Stech- und Saugborſten, die den Schnabel ſeiner ganzen Länge nach durchziehen, an ſeiner Spitze aber durch einen Aeolothripidae. Phloeothripidae: Reisblaſenfuß. 135 eigenen Mechanismus hervorgeſtoßen und dann wieder zurückgezogen werden können. Die beiden ſeitlichen, den Vorderkiefern (Mandibeln) angehörenden Stechborſten ſind dazu ge⸗ eignet, mit ihren ſcharfen, oft Widerhäkchen tragenden Spitzen die Gewebe einer Pflanze oder die Haut eines Tieres zu durchbohren und damit eine kleine Wunde herzuſtellen, in welche ſich das mittlere, den Mittelkiefern (Maxillen) entſprechende Paar von Saugborſten einführen läßt. Dieſes Paar hängt in der Mittellinie ſehr feſt aneinander und umſchließt dabei zwei enge Längskanäle. Durch den oberen Längskanal kann mit Hilfe einer eigenartigen Saug⸗ und Druckpumpe, der ſogenannten „Wanzenſpritze“, etwas Speichelflüſſigkeit in die Wunde eingeſpritzt werden, während der untere Längskanal des mittleren Borſtenpaares ein Saug⸗ rohr iſt, durch welches das Inſekt gewiſſermaßen wie durch einen langen Strohhalm ſeine Nahrung, Blut oder pflanzliche Flüſſigkeiten, einzieht. Bei keiner anderen Inſektenordnung kehrt eine ſo eigenartige Bauart der Mundteile wieder, wie wir ſie ſoeben bei den Schnabelkerfen kennengelernt haben. So ſtehen letztere ganz für ſich, und wir würden ſchwerlich etwas über den Urſprung der Rhynchoten ſagen können, wenn nicht ein glücklicher Fund aus der Vorzeit aus der Verlegenheit geholfen hätte. In Birkenfeld im unteren Rotliegenden der Permformation iſt es nämlich gelungen, ein höchſt merkwürdiges foſſiles Inſekt, Eugereon boec- kingi Dohrn, zu entdecken, an dem beſonders ein langer Rüſſel auffällt, von ganz ähnlicher, wenn auch noch etwas einfacherer Bauart, als ihn unſere heutigen Schnabelkerfe beſitzen. Im übrigen ſah das Tier aber noch gar nicht wie ein Schnabelkerf aus, ſondern glich mit ſeinen großen, netzartig geaderten Flügeln ganz den Urflüglern oder Paläodiktyopteren. Man darf hiernach wohl kaum daran zweifeln, daß Eugereon ſozuſagen noch in der Mitte zwi⸗ A) Kopfeiner Schildwanze (Pentatoma). B) Vergrößerter Durchſchnitt in der Höhe der Oberlippe. Ant Fühler, Mx Maxille, Md Mandibel, Ol Oberlippe, UI Unterlippe, Aug Facettenauge. Aus K. Eſcherich, „Die Forſtinſetten Mitteleuro⸗ pas“, Bd. I, Berlin 1914. ſchen den Schnabelkerfen und den Urflüglern ſtand, vielleicht eine Art Bindeglied zwiſchen beiden war, und ſomit kann uns dieſes berühmte Foſſil auch wohl als Beweis dafür gelten, daß die ſaugenden Schnabelkerfe von Paläodiktyopteren oder doch von ähnlichen, mit Kau⸗ werkzeugen ausgerüſteten Inſekten herſtammen. Die heutigen Schnabelkerfe, die in der allmählichen Entwickelung der Flügel noch mit den niederen Inſektengruppen übereinſtimmen und nur ſelten bereits echte Larven und puppenähnliche Ruhezuſtände haben, umfaſſen zwei Hauptgruppen, die Wanzen (Hetero- ptera) und die Pflanzenſauger (Homoptera). 1. Unterordnung: Wanzen (Heteroptera). Zu den Wanzen (Heteroptera) werden Inſekten gerechnet, die ihren vorn am Kopf entſpringenden, im Ruhezuſtande nach unten und hinten gekrümmten Rüſſel teils zum Auf⸗ ſaugen von pflanzlichen Säften, teils von Blut benutzen. Hinter dem Kopf folgt bei den Wanzen eine freie Vorderbruſt, die in ihrem Rückenteile ähnlich wie bei den Käfern eine Art Halsſchild bildet. Die Beine haben meiſt dreigliederige Füße. Zu den wichtigſten Merkmalen dieſer Tiere gehört aber der Bau der Flügel, deren vorderes und hinteres Paar voneinander 136 i Schnabelkerfe: Wanzen. ſehr verſchieden ſind. An den meiſt zu ſogenannten Halbdecken oder Hemielytren umgewan⸗ : delten Vorderflügeln unterſcheidet man in der Regel einen lederartig feſten Grundteil und eine an der Spitze gelegene häutige Membran. In dem Grundteil ſind durch Furchen mehrere Abſchnitte voneinander geſchieden, hauptſächlich ein breiteres, dem Vorderrande anliegendes Stück, das Corium, und ein ſchmalerer, dem Hinterrande ſich anfügender Teil, der Clavus, zu denen ſich in manchen Fällen, z. B. bei den Blindwanzen, noch ein der Membran anliegen⸗ des, oft abweichend gefärbtes Keilſtück, der Cuneus oder Appendix, geſellt. Abgeſehen von den Furchen, kommen in den Halbdecken auch noch Adern vor, die ſich mit den Flügeladern anderer Inſekten vergleichen laſſen. Die Hinterflügel bleiben ſtets zarthäutig. Viele Wanzen haben nur verkürzte Flügel oder ſind flügellos. Afterraife fehlen am Hinterleib immer, dagegen haben die weiblichen Tiere am achten und neunten Bauchring gewöhnlich je ein Paar von kurzen Geſchlechtsanhängen, die als Legeapparat dienen. An dem einfach gebauten Darm fehlen ein Saug⸗ und Kaumagen, und an dem verkürzten Bauchmark fällt uns die ſtarke Zuſammendrängung und Verſchmelzung der Ganglien auf. Am bemerkenswerteſten ſind wohl diejenigen Organe, welche die Wanzen in einen ſo übeln Ruf gebracht haben: die cor Wanzen einen gewiſſen Schutz gegen feindliche Angriffe ge⸗ währen. Man hat beobachtet, daß Eidechſen ſich vor Ekel Halbdecke Borderflügen einer ſchüttelten, wenn ſie allzu eifrig eine ſtinkende Wanze gebiſſen säyirbwanze (endet un, deen. hatten, und ſich dann wohl hüteten, andere Wanzen anzu⸗ cor Corium, elv Clavus, mbr Mem⸗ a x bran. Aus Judeich u. Nitſche, „Lehr⸗ di 1 11 : 1 buch der Mitteleuropälſchen Forſtinſek⸗ packen. Solche zur Verteidigung dienenden Drüsen ſind bei tentunde“, Bd. II. Wien 1805. den Jugendformen an der Rückenſeite des Hinterleibes ge⸗ legen, während bei den erwachſenen Wanzen gewöhnlich zwei andere große, an der Bauchſeite zwiſchen den Hüften des mittleren und hinteren Beinpaares mündende Drüſen in Tätigkeit treten. Der bekannte Wanzengeruch, der von den Ausſchei⸗ dungen dieſer Drüſen herrührt, wirkt auf das menſchliche Geruchsorgan durchaus nicht bei allen Wanzenarten ſo abſtoßend und unangenehm wie bei der Bettwanze und manchen Beerenwanzen. Die im Sommer auf unſeren Wieſen häufige Bräunliche Blindwanze, Adelphocoris seticornis F., erinnert im Geruch an reife Birnen, und auch unter den aus⸗ ländiſchen Wanzen ſoll es manche geben, die ſogar ganz angenehm duften. Viele Wanzen haben keine oder nur unvollkommene Stinkdrüſen, aber gerade ſolche Arten ſind dann oft in anderer Weiſe geſchützt, durch täuſchende Anpaſſung an ihre Um⸗ gebung, für die es in der Gruppe der Wanzen überhaupt zahlreiche Beiſpiele gibt. Die auf der farbigen Tafel dargeſtellte Halmwanze, Chorosoma schillingi Schm., gleicht einem dürren Grashalme, und die dunkelbraune Larve des dort abgebildeten Reduviolus lativen- tris Bo,. (Nabis) ahmt mit ihren beiden hellen Flecken am Hinterleibsgrunde eine Ameijen- taille nach und gleicht daher jo ſehr den ſich in ihrer Nähe aufhaltenden ſchwarzen Lasius- Ameiſen, daß ſie anſcheinend nicht einmal von den Ameiſen ſelbſt erkannt wird und jeden⸗ falls unbehindert die von den Ameiſen ſonſt fo ritterlich beſchützten Blattläuſe aussaugen kann. 1. Tribus: Waſſerwanzen (Cryptocerata). Das wichtigſte Merkmal der hierher gerechneten Arten beſteht in der Lage der ziemlich kurzen Fühler, die an der Unterſeite des Kopfes verſteckt ſitzen, ſo daß man ſie, wenn man das Tier von oben betrachtet, gewöhnlich gar nicht wahrnehmen kann. Zweifellos hängt Stinkdrüſen. Es ſind dies wichtige Einrichtungen, die den * or | 3 Deutſche Waſſerwanzen. 55 8 Waſſerwanzen: Pelogonidae. Ruderwanzen. Br 137 dieſe Eigenschaft eng mit der Lebensweiſe dieſer Tiere zuſammen, die ihr Leben faſt ſämtlich im flüſſigen Element verbringen. Frei hervorſtehende Fühler würden jedenfalls beim Umher⸗ ſchwimmen im Waſſer recht hinderliche Anhängſel ſein. Die hauptſächlich in den wärmeren Ländern vorkommenden, durch einen kurzen und breiten Körper und vorquellende Augen ausgezeichneten Pelogonidae (Galgulidae) können allerdings noch kaum als Waſſerwanzen gelten, denn ihre dünnen Hinterbeine ſind weniger zum Schwimmen als zum raſchen Laufen geeignet. Von einigen Arten, wie von der in Aſſam und Sikkim häufigen Mononyx indicus Atk., ſteht es bereits feſt, daß fie ſich nicht im Waſſer, ſondern auf feuchtem Erdreich unter Steinen aufhalten; man findet aber die hier genannte Art vorzugsweiſe in der Nähe von Bewäſſerungsanlagen und in den Niede⸗ rungen, jedenfalls an Orten, die zeitweiligen Überſchwemmungen ausgeſetzt find. Echte Waſſertiere ſind dagegen die weitverbreiteten Ruderwanzen (Corixidae), deren wichtigſtes Merkmal in dem kurzen, wenig oder gar nicht hervortretenden, ungegliederten Schnabel beſteht. Ihre Vorderfüße ſind abgeplattet und an der Kante mit Wimperhaaren beſetzt, tragen aber keine Endklauen. Von dieſen gewandten Schwimmern, die im Waſſer mit nach oben gewendetem Rücken dahinſchießen, beherbergen auch die deutſchen Gewäſſer eine Anzahl verſchiedener Arten. Wir erwähnen hier Corixa geoffroyi Leuch. (Macrocorixa), den größten einheimiſchen Vertreter der durch viergliederige Fühler ausgezeichneten Haupt⸗ gattung Corixa Geofſr. Das in Gräben und Teichen nicht ſeltene, auf der Tafel dargeſtellte Tier hat einen länglichen, an der Unterſeite etwas abgeplatteten Körper, der oben glänzend braun gefärbt und mit helleren und dunkleren Querlinien verſehen iſt. Beim Ausruhen halten ſich dieſe Wanzen unter Waſſer mit ihren langen Mittelbeinen an Pflanzen feſt, ſteigen aber von Zeit zu Zeit empor und nehmen zwiſchen Hinterkopf und Vorderbruſt friſche Atemluft, die ſich unter ihren Deckflügeln und an dem behaarten Bauche verteilt, mit ſich in die Tiefe hinab. Die Ruderwanzen ſind behende, gierige Räuber, die beſonders unter den im Waſſer lebenden Inſektenlarven, den Eintagsfliegenlarven und kleineren Libellenlarven, ganz ge⸗ waltig aufräumen, im Winter ſogar noch unter der Eisdecke umherjagen, in warmen Som⸗ mernächten aber gern ihr Wohngebiet verlaſſen und zu anderen Gewäſſern hinüberfliegen. Viele Ruderwanzen können zirpen. Beim Männchen der Geſtreiften Ruderwanze, Corixa striata L., werden die ſcharfen, kurzen, dem Geräuſch des Meſſerwetzens ähnlichen Töne durch gleichmäßiges Reiben der Vorderfüße am Schnabel hervorgebracht, während ein anderer, mehr ſingender Ton entſteht, wenn die Füße abwechſelnd raſch hintereinander über den Schnabel geſtrichen werden. Selbſt ganz kleine Ruderwanzen, wie die winzige, nur etwa 1 mm lange Micronecta minutissima L. (Sigara), die in Gebirgsbächen und anderen klaren Gewäſſern in ganz Deutſchland vorkommt, können ſehr vernehmlich zirpen. Da nur die Männchen Töne hervorbringen, dürften dieſe zur Anlockung der Weibchen dienen. f Während die Ruderwanzen in den europäiſchen Ländern zu wenig zahlreich ſind, um eine nennenswerte wirtſchaftliche Bedeutung zu beſitzen, werden in gewiſſen Gegenden Mexikos dieſe Wanzen zu vielen Hunderttauſenden mit Netzen gefiſcht und nach dem Trocknen tonnenweiſe als nahrhaftes Vogelfutter in den Handel gebracht. Der Inhalt einer ſolchen Tonne iſt auf 250 Millionen Individuen berechnet worden. Die betreffende Art, die den wiſſenſchaftlichen Namen Corixa mercenaria Say führt, meiſt aber noch mit einer anderen Ruderwanze, Corixa femorata Leach., vergeſellſchaftet iſt, wird auch von den Eingeborenen gern verzehrt. In beſonders gutem Rufe ſtehen jedoch ihre Eier, die man von Waſſerpflanzen 138 f Schnabelkerfe: Wanzen. ES y \ oder von eigens zu dieſem Zweck in das Waſſer verſenkten Reiſigbündeln abſtreift, um fie dann, mit Mehl zuſammengeknetet, in rohem Zuſtande zu genießen, ſofern ſie nicht, in Waſſer gekocht, ein als „Waſſerweizen“ bezeichnetes Gericht bilden ſollen. Ganz übel ſcheint die von den Ruderwanzen gelieferte Eierſpeiſe nicht zu ſein, denn ein franzöſiſcher Reiſender hat ihren Geſchmack ſogar mit dem des Kaviars verglichen, wobei allerdings nicht verſchwiegen werden ſoll, daß dieſes enthuſiaſtiſche Urteil von anderer Seite nicht beſtätigt werden konnte. Im Gegenſatz zu den lebhaften Ruderwanzen tragen die Skorpionswanzen (Nepi- dae) ein mehr bedächtiges Weſen zur Schau. Es ſind heimtückiſche Räuber, die mit ihren langen, zu zwei mächtigen Fangarmen umgewandelten Vorderbeinen und dem langen, ſtachelähnlichen Schwanzanhang am Hinterende nicht ſehr vertrauenerweckend ausſehen. Der Schwanzanhang dient aber nicht zum Stechen, ſondern iſt ein Atemrohr, deſſen Spitze die im flachen Waſſer am Uferrande ſitzende Skorpionswanze zur Oberfläche bringt, um bequem Luft ſchöpfen zu können. In Geſellſchaft anderer deutſcher Waſſerwanzen ſehen wir auf der Tafel den Grauen Waſſerſkorpion, Nepa einerea L., der regungslos mit fangbereit ausgeſtreckten Vorderbeinen auf allerlei kleines Waſſergetier lauert und ſelbſt junge Fiſchchen nicht verſchmäht. Da die Flügel den lebhaft mennigroten Hinterleibsrücken überdecken und der im übrigen eintönig graubraun gefärbte, flachgedrückte Körper eine Schmutzkruſte trägt, ſo hält es ſchwer, einen Waſſerſkorpion in ſeiner natürlichen Umgebung zu bemerken. Im Frühjahr ſenkt das Weibchen ſeine weißlichen Eier in modernde Pflanzen⸗ = teile ein, ſo daß nur das mit fieben ſtrahlenartigen Fortſätzen verſehene Vorderende des Eies hervorragt. Die breiten Larven haben noch ein bedeutend kürzeres Atemrohr als der vollkommene Waſſerſkorpion. In ſtehenden Gewäſſern Deutſchlands kommt auch die Stabwanze, Ranatra linearis L., vor, ein merkwürdiges Tier, das wie der Waſſerſkor⸗ pion nur im ſeichten Waſſer ſich aufhält und dort im Gewirr von faulenden Pflanzenteilen und Halmen mit ſeinen langen, dünnen Beinen und dem ſtrohhalmförmigen Körper kaum ſichtbar iſt. Die länglichen Eier haben zwei lange Eiſtrahlen und werden in Fe i modernde Pflanzenteile eingeſenkt. Nicht in Deutſ chland, wohl aber in wärmeren Gegenden der Alten und der Neuen Welt ſind die Belostomidae zu Hauſe, deren Hinterſchienen abgeplattet und mit Schwimm⸗ haaren beſetzt ſind. Zu dieſer Familie gehören Wanzen von teilweiſe ſehr anſehnlicher Größe, wie das in Südaſien verbreitete Belostoma indicum Lep. Serv., deſſen Körperlänge etwa 8 em beträgt. Die Beloſtomiden ſind ungeſtüme Flieger, die zur Nachtzeit gern ihr flüſſiges Element verlaſſen und die elektriſchen Lampen in den Straßen tropiſcher Städte ſurrend umſchwärmen. Manners beobachtete die indiſchen Belostoma-Wanzen beim Freſſen. Er ; ſah, wie eine dieſer großen Wanzen eine junge, an der Oberfläche eines Teiches dahin⸗ rudernde Kröte (Bufo melanostictus) griff, ſich von unten an fie feſtklammerte und ihr dann den verhängnisvollen Stich in der Nähe der Hinterbeine beibrachte, worauf die Kröte ſehr bald matt wurde. Auch Fiſche von reichlich doppelter Größe ſollen häufig dieſen kräftigen Räubern zum Opfer fallen. In früheren Erdperioden kam die Gattung Belostoma Latr. noch ſehr viel weiter nörd⸗ lich vor und reichte in Europa bis in die Gegend des Bodenſees. So kennt man ſie aus den miozänen Ablagerungen von Oningen und konnte auch ſchon im Oberjura Bayerns gut er⸗ haltene Reſte von ihr aufweiſen. Ganz ſind aber die ſtattlichen Belostoma⸗Wanzen doch nicht aus Europa verſchwunden, denn als Überreſte oder Relikte früherer Zeiten haben ſie ſich —— RRR Nor n 7 x N “ x 5 8 Waſſerwanzen: Skorpionswanzen. Beloſtomiden. Schwimmwanzen. i 139 noch bis jetzt im Südoſten, in Griechenland und Dalmatien, erhalten. Als Beiſpiel liegt uns gerade eine große Belostoma⸗Wanze vor, Belostoma niloticum Zap., die bei Raguſa in dem merkwürdigen, in unmittelbarer Nähe des Adriatiſchen Meeres aus den Karſtfelſen hervor⸗ quellenden Omblafluß gefangen iſt. Auch im Skutariſee ſollen Belostoma-Wanzen leben. Die Familie der Beloſtomiden verdient unſer Intereſſe auch deswegen, weil bei ihr vielfach eine ſehr eigentümliche Brutpflege ausgebildet iſt. Die Weibchen der genannten indiſchen Art heften zwar ihre Eier einfach in Klumpen an Waſſerpflanzen an, die Weibchen anderer Arten, z. B. die der indiſchen Sphaerodema molestum Duf. und der amerikaniſchen Insifäe Aefenmane, Belostoma indieum Lep. erb. 4/5 natürlicher Größe. Zaitha fluminea Say, kleben aber das ganze Eierpaket auf den Rücken des Männchens, welches dieſe Bürde bis zum Ausſchlüpfen der Jungen geduldig mit ſich tragen muß. Nahe verwandt ſind die Schwimmwanzen (Naucoridae), von denen in unſeren heimiſchen Gewäſſern die Gemeine Schwimmwanze, Naucoris cimicoides L. (Abb. auf der Tafel bei S. 137), lebt, ein 11—13 mm langes, etwas abgeflachtes Inſekt von eiförmigem Umriß, das ſich ſchwimmend zwiſchen Waſſerpflanzen umhertummelt und in warmen Sommernächten gelegentlich Flüge unternimmt. Die Wanze hat eine grünlich⸗ braune, ſchwach gewölbte Rückenfläche, die am Schildchen und den Flügeldecken am dunkelſten iſt. Die kurzen, in ein klauenartiges Fußglied auslaufenden Schienen der Vorderbeine laſſen ſich gegen die dicken, unterſeits filzig behaarten Schenkel wie die Klinge eines Taſchenmeſſers gegen ihren Stiel einſchlagen und bilden das Fangwerkzeug für den Räuber. Der breite Kopf bleibt ohne Nebenaugen und trägt unter den Facettenaugen die viergliederigen Fühler. Die walzenförmigen, an einem Ende ſchräg abgeſtutzten Eier Werden im Frühjahr in die ae von Waſſerpflanzen geſenkt. 140 Schnabelkerfe: Wanzen. Auch die nächſte Familie, die Notoneetidae, hat einen in Deutſchland ſehr häufigen Vertreter, den Rückenſchwimmer, Notonecta glauca L., der mit ſeinen langen, ſtark be⸗ haarten Hinterbeinen weit ausholend im Waſſer umherrudert, ſich dabei aber nicht wie das übrige im Waſſer lebende Inſektenvolk benimmt, ſondern ſeine Schwimmkünſte, Bauch oben, 2 mit nach unten gewendeter Rückenfläche ausübt. Die gewölbte Rückenſeite zeigt bei ihm die | helle Schutzfärbung, die ſonſt die Bauchfläche vieler Fiſche und anderer ſchwimmender Wafjer- tiere hat, denn Kopf und Vorderrücken ſind beim Rückenſchwimmer weißlich und die mit wenigen dunkeln Flecken beſetzten Flügel hell bräunlichgelb, während die beim Schwimmen nach oben gewendete flache Bauchſeite dunkel bleibt. Wie bei anderen Familienangehörigen ſind die Fühler viergliederig und die Vorderbeine ganz am Hinterrande der Vorderbruſt eingelenkt. Der Rückenſchwimmer iſt ein arger Räuber, der auf kleine Fiſchchen und Inſekten Jagd macht, ſeinesgleichen nicht verſchont und oft rückſichtslos von ſeinem Stechrüſſel Ge⸗ brauch macht, wenn er vom Menſchen gefangen wird. Wer ihn einmal ungeſchickt angefaßt und ſeinen ſchmerzhaften Stich verſpürt hat, wird unſeren Fiſchern ganz recht geben, wenn ſie den Rückenſchwimmer „Waſſerbiene“ nennen. Von Zeit zu Zeit ſieht man den Rückenſchwimmer zur Oberfläche kommen, was ihm nicht die geringſte Mühe koſtet, da er ſtändig von einer Lufthülle umgeben und daher leichter als das Waſſer iſt, ſo daß er ſofort wie ein Korkſtöpſel in die Höhe ſteigen muß, wenn er nicht gerade umherrudert oder ſich mit ſeinen bekrallten Vorder⸗ und Mittelbeinen an Waſſer⸗ pflanzen anklammert. Emporgekommen, hängt er ſich mit ſeinem Hinterende an den Waſſer⸗ ſpiegel, klappt dort zwei Anhänge weit auseinander und öffnet dabei eine von langen, im Kreiſe ſtehenden Haaren umſäumte Luftkammer; in ihr wird ein kleiner Vorrat von friſcher Atemluft feſtgehalten, die in das am Grunde der Atemkammer gelegene letzte Stigmenpaar einſtrömen kann. Während ſo die am hinteren Leibesende des Rückenſchwimmers gelegenen Atemlöcher zum Einatmen dienen, werden umgekehrt die großen, an der Bruſt gelegenen Stigmen lediglich zum Ausſtoßen der verbrauchten ſauerſtoffarmen Atemluft verwendet. Die ausgeatmete Luft iſt aber nicht nutzlos, ſondern bleibt am Körper hängen und verleiht dem Tiere die obenerwähnte Leichtigkeit unter Waſſer. Die Fortpflanzung erinnert an die der Schwimmwanzen, denn die weiblichen Rückenſchwimmer ſchlitzen mit ihrem kurzen Legeappa⸗ rat Waſſerpflanzen auf und ſenken in die Stengel ihre gelblichweißen, länglichen Eier ein. 2. Tribus: Fühlerwanzen oder Landwanzen (Gymnocerata). Hierher gehört die Mehrzahl derjenigen Wanzen, die ihre Wohnſtätten auf dem Erd⸗ boden, auf Pflanzen oder Tieren haben oder ſich auf der Oberfläche des Waſſers tummeln, nicht aber im Waſſer ſelbſt leben. Die Fühler ſtehen bei allen Arten frei am Kopfe hervor. An die Spitze dieſer umfangreichen Gruppe, von der nur die wichtigſten Familien namhaft gemacht werden können, ſtellen wir die in allen Weltteilen verbreiteten Schild: wanzen (Pentatomidae), von denen mindeſtens ſchon 4000 Arten aus den verſchiedenſten Weltgegenden bekannt ſind. Faſt durchweg handelt es ſich um anſehnliche, häufig auch durch hübſche Färbung ausgezeichnete Tiere. Der Kopf ſteckt bis zu den Facettenaugen in der Vorderbruſt und trägt oben zwei Punktaugen. Die etwas unterhalb der ſeitlichen Kopf⸗ ränder entſpringenden Fühler ſind drei- bis fünfgliederig. Der Schnabel iſt immer gut ent⸗ wickelt und ſetzt ſich gewöhnlich aus vier Gliedern zuſammen. Ein wichtiges Kennzeichen bildet das Schildchen, das bei dieſer Familie durch ſeine Größe auffällt und bei zuſammengelegten Flügeln die Membran berührt, ſo daß es meiſt die ganze vordere Hälfte des Hinterleibes von Waſſerwanzen: Rückenſchwimmer. Fühlerwanzen: Schildwanzen. 141 oben bedeckt. Bei einigen Arten reicht es ſogar noch weiter und kann ſich bis zum hinteren Kör⸗ perende erſtrecken. Die Schildwanzen halten ſich auf den verſchiedenartigſten Gewächſen auf, viele z. B. an Sträuchern und Bäumen, andere an Gräſern und Kräutern oder auf Dolden. Zu den häufigſten Schildwanzen, denen man in Wald und Garten begegnet, gehört die Beerenwanze, Dolycoris baccarum L., ein olivenbraunes Tierchen mit behaartem Körper, weißgelber Schildchenſpitze, ſchwarz und gelb geringelten Fühlern und ebenſo ge⸗ färbten Hinterleibsſeiten. Nach der Überwinterung, die am Boden unter Steinen oder in ähnlichen Schlupfwinkeln vor ſich geht, werden die Beerenwanzen im Frühling durch den warmen Sonnenſchein hervorgelockt und fliegen lebhaft umher. Sie finden ſich dann häufig auf Kirſchbäumen, Himbeer⸗ und Stachelbeerſträuchern, aber auch auf vielen anderen Ge⸗ wächſen ein. Von einem nennenswerten Schaden, den die Beerenwanzen anrichten, kann man nicht reden, wohl aber können dieſelben durch ihren abſcheulichen Geruch mitunter recht läſtig fallen. Die Eier werden bei der Beerenwanze in den erſten Frühlingsmonaten, in kleinen, ſcheibenförmigen Gelegen aneinander gereiht, an Blätter b Die Jungen ſind im Hochſommer ſchon wieder herangewachſen. Eine ganz ähnliche Lebensweiſe wie die Beerenwanze führt auch die allgemein bekannte Grüne Stinkwanze oder „Faule Grete“, Palomena prasina T., ein Tier von ungefähr 11% cm Länge. Die Oberſeite und die Beine ſind grün gefärbt, der häutige Teil der Deckflügel iſt ſchwarzbraun und die Unterſeite meiſtens rötlich. Beſonders häufig iſt dieſe Art auf den verſchiedenſten Gartengewächſen, namentlich auf dem Beerenobſt, das ſie mit der widerlich riechenden Abſonderung der Stinkdrüſen verunreinigt. Die grünlichen Eier werden in moſaikartigen Gelegen auf Pflanzenteilen befeſtigt. Das einzelne Ei läßt ſich in der Form am beſten mit einer Keſſelpauke vergleichen. Oben befindet ſich ein feſt aufſitzender flacher Deckel, an deſſen Rande ringsum eine Anzahl von kurzen, haarförmigen Fortſätzen angebracht iſt, welche der Zuführung von Luft dienen und verhüten ſollen, daß der von der feſten Eiſchale umgebene Embryo erſtickt. Wie bei anderen Pentatomiden, kommt auch bei Palomena ein eigentümlicher Apparat (Eiſprenger) vor, den der fertig entwickelte Embryo auf dem Kopfe trägt und der zum Offnen der Eiſchale dient. Der Eiſprenger hat die Form eines J. Dort, wo die drei Schenkel zuſammentreffen, findet ſich ein winziger Zahn, der das Offnen beſorgt. Die beiden oberen Schenkel liegen genau an dem Deckelrand. Bei fort⸗ geſchrittenem Wachstum des Embryos wird der winzige Zahn immer mehr gegen den Saum des Deckels gepreßt, die ſeitlichen beiden Schenkel verhindern ein Abrutſchen, und der dritte Schenkel dient als Hebebaum. Schließlich durchbricht der Zahn die Hülle, die Luft hat Zutritt, die Tracheen des Embryos füllen ſich mit Luft, dadurch dehnt ſich der Körper ſtark aus, und der Deckel löſt ſich nunmehr vollſtändig. Verläßt nun das junge Tier das Ei, ſo wird der Eiſprenger als überflüſſig abgeſtreift. Erſt nach fünf Larvenſtadien iſt die Wanze fertig ausgebildet. Sie überwintert, um im nächſten Jahr ſich wieder fortzupflanzen. Sehr eigenartig iſt es, daß die meiſten überwinternden Tiere zur Herbſtzeit ihre Farbe wechſeln und ſchokoladenbraun werden. Vielleicht liegt es hier ähnlich wie bei der herbſtlichen Umfärbung der Blätter, wo ſich der grüne Farbſtoff (Chlorophyll) in braunen (Erythrophyll) umändert. Die Kohlwanze, Eurydema oleraceum L. (Strachia), zeichnet ſich, wie ihre Gattungs⸗ verwandten, durch ſchöne, metalliſch glänzende Färbungen aus. Ihr Körper iſt flachgedrückt, die beiden Endglieder der fünfgliederigen Fühler gleich lang, das zweite Glied iſt länger als das dritte, der Halsſchild vorn mit einem Querwulſt verſehen. Das Tier iſt grün oder blau metallglänzend und entweder mit auffallenden weißen oder mit blutroten Flecken gezeichnet; 142 Schnabelkerfe: Wanzen. es ſitzt gern auf Kohlarten oder auf Blüten, wie unſere Farbentafel zeigt. Die Kohlwanze gehört in Europa zu den ſchädlichſten Arten. Es ſind Fälle vorgekommen, wo dieſe Tiere zu Tauſenden auf Kohlfeldern aufgetreten ſind und die ganze Ernte vernichtet haben. Auch Rüben, Rettiche, Radieschen und andere kultivierte Kreuzblütler werden, namentlich wenn ſie noch jung ſind, durch das Saugen oft ſo ſehr geſchwächt, daß erhebliche Ernteausfälle zu beklagen ſind. Es gibt bei uns auch einige naheverwandte Arten, Eurydema festivum und ornatum, die an Farbenpracht die Kohlwanze noch übertreffen, aber an Schädlichkeit nicht hinter ihr zurückſtehen. Die ſehr bunten, zinnoberrot und ſchwarz gefleckten Tiere trifft man ſehr oft auf Feldern an, wo ſie an wilden Kreuzblütlern, z. B. Hederich, ihre Ent⸗ wickelung durchmachen und dann bei Nahrungsmangel gelegentlich ſcharenweiſe auf benach⸗ barte Feldfrüchte überwandern und nicht einmal die importierte Kartoffel verſchonen. Auch Amerika beſitzt eine ganz ähnliche bunte Art, Murgantia histrionica Hahn, die den Namen Harlekinwanze (The harlequin bug) bekommen hat, wahrſcheinlich aus Mexiko oder Zen⸗ tralamerika ſtammt und in den Vereinigten Staaten zu den läſtigſten Schädlingen an Kohlarten und unter Umſtänden auch an anderen Garten- und Feldgewächſen gerechnet werden muß. Zu den Schädlingen gehört auch die prächtig gefärbte, dunkelblau und rot gezeichnete Wanze Calidea bohemanni Stal., die im ganzen tropiſchen Afrika vorkommt und in unſeren Kolonien ſich durch Saugen an Baumwollpflenzen unangenehm bemerkbar macht. Sie iſt nebſt ihrer Larve auf der Farbentafel bei S. 228 abgebildet. Die Rotbeinige Baumwanze, Pentatoma rufipes L., iſt eine dunkelbraune Wanze, die in ihrer gelbroten Schildchenſpitze ein ſehr auffallendes Merkmal beſitzt. Die Beine ſind rötlich und der Halsſchild jederſeits in einen ſtumpfen Fortſatz verlängert. Die in ganz Mittel⸗ europa verbreitete Rotbeinige Baumwanze lebt auf Sträuchern und Bäumen, an denen fie im Sommer oft paarweiſe zu finden iſt, in der eigentümlichen Stellung, wie ſie die Farben⸗ tafel zeigt. Wir treffen ſie auch manchmal damit beſchäftigt, eine kleine Raupe oder ein ähn⸗ liches weichhäutiges Inſekt auszuſaugen, und ſo mag es wohl gekommen ſein, daß ſie vielfach als nützliches Tier gilt, ein Ruf, den ſie indeſſen ſchwerlich verdient, denn ſie ſcheint ſich immer nur an tote Raupen heranzumachen und iſt im übrigen auch ſchon wiederholt i in den Obſt⸗ gärten durch Anſaugen von Pflanzen recht läſtig gefallen. Wirklich nützliche Wanzen ſind dagegen die durch die Beweglichkeit ihres Schnabels ausgezeichneten und vorherrſchend räuberiſch lebenden Asopinae, wie Pieromerus bidens L., eine in ganz Europa verbreitete Schildwanze, deren Halsſchild jederſeits in einen ſpitzen Dorn d ausgezogen iſt, und die, nach den Beobachtungen von Schumacher, durch eifrige Vertilgung von Raupen und anderem Ungeziefer ſehr ſegensreich in den Obſtgärten wirkt. Schildwanzen mit ſtark vergrößertem Schildchen find die Tetyrinae. Das Schildchen reicht bei ihnen bis zur Hinterleibsſpitze und läßt nur ſeitlich einen ſchmalen Teil der Halb⸗ decken frei, der bei ihnen allein ſtärker chitiniſiert iſt. Eine der auffallendſten europäiſchen Wanzen gehört hierher, die Streifenwanze, Graphosoma italicum Müll. (lineatum), die in einigen Exemplaren die weiße Dolde rechts auf der Farbentafel belebt. Wir erkennen dieſes hübſche Tier an der blutroten Farbe, die oberſeits von ſchwarzen Längsſtreifen, unterſeits von ſchwarzen Punkten unterbrochen wird. Die Streifenwanze iſt ein ſüdliches Tier. In Italien, der Südſchweiz und in Süd⸗ tirol kommt ſie ſtellenweiſe auf Doldenblüten außerordentlich häufig vor, in Deutſchland findet ſie ſich hauptſächlich im Südweſten, fehlt aber in den rauheren Gebieten. Mehr ver⸗ breitet iſt bei uns eine andere, naheſtehende Art, die Hottentottenwanze, Eurygaster BY 55 VE PER Aueſchen 1 1 bene ifk x 149 je 9 5 5 W Blüten- und Baumwanzen. : Sügterwähgen: Schildwanzen. 143 nigrocucullata Goeze (hottentotta), die mit ihrer gewölbten Rückenſeite und dem abgeflachten Bauch einen beinahe ſchildkrötenartigen Eindruck macht. Sie iſt von gelblicher, ſchwarz⸗ brauner oder ſchwarzer Färbung, wird 11—13 mm lang und hat eine helle, kielartig er- habene Mittellinie auf dem Schildchen. Auf der farbigen Tafel iſt eine ſehr naheſtehende, etwas kleinere Art, Eurygaster maura L., dargeſtellt, der die erhabene Linie auf dem Schild⸗ chen fehlt. Beide Arten halten ſich auf Geſtrüpp und Gräſern auf, verſtecken ſich auch gern am Boden und ſind nicht ohne wirtſchaftliche Bedeutung; zumal die letztgenannte Art kommt oft ſcharenweiſe auf Getreideähren vor und richtet dort durch ihr Saugen an den weichen, milchigen Körnern erheblichen Schaden an. Eine andere ſchädliche Getreide wanze iſt der Spitzling, Aelia acuminata L., eine lang⸗eiförmige, vorn zugeſpitzte Wanze von hell ockergelber Farbe mit drei dunkeln Längs⸗ ſtreifen über dem Rücken, von denen der mittelſte am deutlichſten iſt. Nach der Überwinterung geht der Spitzling zeitig ſeinem Brutgeſchäft nach und hält ſich im Frühjahr hauptſächlich, ebenſo wie die junge Brut, am Boden auf. Die größer gewordenen Larven und die ausgewachſenen jungen Wanzen finden ſich aber dann mit Vorliebe auf Gräſern und Ge⸗ treide ein und können dabei durch ihr Saugen an den Ahren unge⸗ mein läſtig fallen. Ein durchdringender Wan⸗ „„ : zengeruch, der mehrere Schritte N ET ET I weit zu ſpüren iſt, verrät die Ge⸗ N von e L., ſeine Eier be⸗ genwart einer anderen einheimi⸗ ö ſchen, bunt gefärbten, oben graugelblichen oder rötlichen, ſchwarz punktierten Baumwanze, Elasmostethus griseus L., die manchmal ſcharenweiſe auf Birkenlaub vorkommt und Brut⸗ pflege übt; das Weibchen hält nämlich treue Wache bei ſeinem Eiergelege, bekümmert ſich aber nicht mehr, wie öfters behauptet worden iſt, um die auskriechenden J Jungen, die viel⸗ mehr ſehr bald die Mutter verlaſſen und ſich zerſtreuen. Wenn bei dieſer Art die mütterliche Fürſorge ſich nicht gerade ſehr weit erſtreckt, ſo kommt es zu einer direkten Brutpflege bei der ſüdamerikaniſchen Gattung Phloea Lep., ſehr flachen, eigenartigen Tieren, die einem Stück Rinde gleichen und auch an Baumſtämmen leben. Die Mütter tragen bei dieſen Arten den ganzen Nachwuchs auf der Unterſeite mit ſich, und es wird ſogar behauptet, daß ſie auch die Jungen nähren, indem ſie einen Teil der Nahrung über die flache Unterſeite des Leibes rieſeln laſſen. Noch andere merkwürdige Fälle von Brutpflege gibt es bei amerikaniſchen Wanzen, denn bei der Gattung Ghilianella Spin., die allerdings in eine andere Gruppe, zu den Raubwanzen, Reduviiden (S. 150), gehört, tragen die Weibchen die Jungen in der Weiſe mit ſich herum, daß die letzteren ihre langen, dünnen Hinterleiber um die Bruſt der Mutter ſchlingen, ein trautes Familienbild, das ganz an das Mutterglück der Surinamratte erinnert. Die größte Farbenpracht und den größten Formenreichtum erreichen die Schildwanzen naturgemäß in den Tropen. Aus der großen Artenfülle wollen wir nur einige beſonders 144 Schnabelkerfe: Wanzen. auffallende Formen erwähnen, jo die glatten, halbkugeligen Coptosominae, die ſtark an Marienkäfer erinnern, die ſüdamerikaniſchen Edessinae, bei denen der Halsſchild an den Seiten in ſehr verſchiedener Weiſe dornartig fortgeſetzt ift, die Gattung Elapheozygum aus Deutſch⸗Oſtafrika, bei der das Männchen einen geweihartigen Kopfſchmuckbeſitzt, der durchaus an ein Rehgehörn erinnert, während das Weibchen ganz unſcheinbar geſtaltet iſt, ein ſehr be⸗ . zeichnende3 Beiſpiel für ſexuellen Dimorphismus. Dem Menſchen wird keine Art aus dieſer Familie gefährlich. Die Schildwanzen ſind faſt durchweg harmloſe Tiere, deren Nahrung in Pflanzenſäften beſteht. Auch die tropiſchen Formen machen davon keine Ausnahme; nur die Intenſität des Geruchs der Stinkdrüſen erreicht gelegentlich einen ſehr hohen Grad. Heißt es doch, daß ihr Geſtank bei empfindlichen Perſonen momentan einen ſtarken Brechreiz auslöſe. Beſonders die großen Vertreter der Tesseratominae von den Sundainſeln ſind in dieſer Hinſicht berüchtigt, denn wenn man ſich ihnen unvorſichtig nähert, können ſie ihr ſcharfes und ſtinkendes Bruſtdrüſenſekret auf eine Entfernung von mehreren Metern von ſich ſpritzen. Wenig empfindlich gegen Wanzengerüche ſcheinen die Bewohner von Aſſam zu ſein. Sie ſtellen nämlich gewiſſen großen Baumwanzen, Aspongopus nepalensis Westw., nach und verwenden ſie als Würze, um ihre Reisſpeiſen ſchmackhafter zu machen. Die Lederwanzen (Coreidae) bilden keine kleine Familie, rechnet man doch zu ihnen mindeſtens etwa 1500 Arten. Das kleine, dreieckige Schildchen reicht nicht bis zur Mitte des Hinterleibes. Die Fühler ſind viergliederig und entſpringen oberhalb der Linie, die die Mitte des Facettenauges mit der Schnabelwurzel verbinden würde. Nebenaugen ſind in der Regel vorhanden. Gelbbraune oder dunkelbraune Farbentöne ſind vielen Arten eigen und geben den Tieren häufig ein lederartiges Ausſehen. Eine der bekannteſten europäiſchen Lederwanzen iſt die Saummanze, e marginatus L., ausgezeichnet durch einen ziemlich viereckigen Kopf mit vorſpringenden, nach innen bovrichlig erweiterten Fühlerhöckern und voneinander entfernt ſtehenden Nebenaugen. Das zweite und dritte Fühlerglied dieſer Wanze, die wir mitten auf der Dolde auf unſerer Farbentafel dargeſtellt ſehen, ſind lang und dünn, das vierte bleibt kurz und dick. Die den Körper hinten etwas überragenden Halbdecken laſſen die vorſpringenden Seitenteile des Hinterleibes unbedeckt. Die Körperfarbe iſt rötlichgrau und erſcheint durch feine, ſchwarze Punktſtriche dunkler. Der Hinterleibsrücken iſt rot und die Flügeldecken bronzeglänzend. Gern treibt ſich das bei heißem Wetter ziemlich flugluſtige Inſekt auf Sauerampfer (Rumex) umher oder iſt auf Gebüſch zu finden; es iſt auch durch ſeinen eigentümlichen aromatiſchen Geruch bekannt, der etwas an Borsdorfer Apfel erinnert. Die breite, behäbige Wanzengeſtalt, die doch den meiſten Arten eigen iſt, hat das merkwürdige Chorosoma schillingi Schumm. ganz eingebüßt, das wir auf der farbigen Tafel unten an einem dürren Pflanzenhalm ſitzen ſehen. Das Tierchen iſt gelbbraun, hat lange, rötliche Fühler, oben auf dem dunkeln Hinterleib einen hellen Längsſtreifen und ſieht faſt ſelbſt wie ein Stück von einem vertrockneten Grashalm aus. Von den farbenprächtigen Lederwanzen, die das tropiſche Amerika beherbergt, kann die in Panama und Kolumbien lebende Wanze Diactor bilineatus F. als Beiſpiel dienen. Vorderrücken und Schildchen prangen in ſatter, tiefgrüner Farbe und ſind mit zwei hell⸗ gelben Längsbinden gezeichnet. Am auffallendſten iſt aber eine blattartige Erweiterung an den Hinterſchienen, die purpurviolett gefärbt und mit grellroten Flecken beſetzt iſt. Unter der afrikaniſchen Tropenſonne hat ſich der merkwürdige Hormambogaster ex- pansus Karsch ausbilden können, bei dem das dritte Fühlerglied ſcheibenförmig verdickt ift. Fühlerw anzen: Lederwanzen. Langwanzen. 145 Das Tier iſt zwar vorherrſchend unſcheinbar braun gefärbt, hat aber einen brennendroten Hinterleibsrücken und trägt gelbe Unterflügel. Dieſe lebhaften Farben zeigt die Wanze aller- dings nur, wenn ſie ihre Flügel ausbreitet und ſich in die Luft erhebt. Im Sitzen oder Kriechen auf dem Boden legen ſich dagegen die braunen Oberflügel ſchützend über die grellen Farben hinüber, und der Hormambogaster ſieht dann mit feinen ſeitlich vorſtehenden, ge⸗ zackten Hinterleibsrändern jedem beliebigen dürren Blatte zum Verwechſeln ähnlich. Der höchſte Grad von Blattähnlichkeit wird unter den Lederwanzen aber wohl von den Phyllomorphinen erreicht, von denen wir die in Südeuropa zwiſchen abgefallenem dürren Laube am Boden umherkriechende Phyllomorpha laciniata Fell. nennen. An der Oberſeite iſt der Leib dieſer gelblichbraunen Wanze wie ein Napf ausgehöhlt und zeigt ſich an ſeinen Rändern mit ſo ſeltſamen Zacken, Dornen und Stacheln beſetzt, daß man im erſten Augen⸗ blick wirklich zweifelhaft ſein kann, ob man über⸗ haupt ein Inſekt und nicht vielmehr irgendein vertrocknetes Pflanzen⸗ ſtückchen vor Augen hat. Im übrigen verdienen dieſe Wanzen auch noch ihrer eigentümlichen Brutpflege wegen unſer Intereſſe, denn als ge⸗ eignetſten Ort, um ihre Eier abzuſetzen, wäh⸗ len die Phyllomorpha- Weibchen den Hinter⸗ leibsrücken des Männ⸗ chens und überlaſſen letzterem neidlos die weitere Mühe. So muß dann alſo das Männchen auf ſeinem ausgehöhlten Rücken die koſt⸗ bare Bürde, die allerdings daſelbſt durch die vielen überſtehenden Haare und Stacheln recht gut feſtgehalten wird, mit ſich herumſchleppen, bis die Jungen ausſchlüpfen. Diaetor bilineatus F. Natürliche Größe. Zwei Merkmale kennzeichnen die Langwanzen (Lygaeidae) beſonders, der tiefe Ur⸗ ſprung der Fühler und die Art des Flügelgeäders. Zieht man eine Linie von der Augen⸗ mitte bis zur Anſatzſtelle des Schnabels, ſo entſpringen die Fühler unterhalb dieſer Linie. Das Flügelgeäder aber iſt dadurch ausgezeichnet, daß nur vier oder fünf einfache, unver⸗ zweigte Längsadern in der Membran entwickelt ſind. Im übrigen kommen bei den Lygäiden außer den Facettenaugen auch noch Stirnaugen vor. Die Erſcheinung der „Mikropterygie“, die auch bei anderen Inſektenfamilien beobachtet wird, iſt bei den Langwanzen durchaus nichts Seltenes, denn wir können bei manchen Arten ebenſowohl ausgewachſene Individuen mit wohlentwickelten Flügeln finden, wie ſolche, deren Flügel aus unbekannten Urſachen ganz kurz und unbrauchbar geblieben ſind. Die auffälligſte europäiſche Langwanze iſt die Bunte Ritterwanze, Lygaeus eque- stris L., die, gleichfalls auf der Tafel bei S. 142 abgebildet, an ſonnigen Frühlingstagen Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 10 146 Schnabelkerfe: Wanzen. n oft in ganzen Geſellſchaften beieinander am Boden oder auf Kräutern ſich aufhält. Ihre lang⸗ elliptiſche, glanzloſe Rückenfläche iſt blutrot und ſchwarz gefärbt; die ſamtſchwarze, weiß um⸗ ſäumte Flügelmembran ſchmücken ein großer weißer Mittelfleck und kleinere weiße Pünktchen. Zu den Lygäiden gehören auch gefährliche Schädlinge. Einer der wichtigſten iſt Blissus leucopterus Say, die berüchtigte „‚chinch bug! der Amerikaner, eine kleine, etwa Zum lange ſchwärzliche, aber mit weißlichen Flügeln verſehene Wanze, die von Zentralamerika bis Kanada verbreitet iſt und ſich durch außerordentliche Fruchtbarkeit auszeichnet. Es heißt, daß im Frühling jedes Weibchen etwa 500 Eier dicht oberhalb des Erdbodens an Grashalme legen ſoll. Die Jungen wachſen ſo raſch heran, daß ſie im Hochſommer abermals Eier er⸗ zeugen können und mithin im Laufe des Jahres zwei Bruten zuſtande kommen. Die beſten Bedingungen finden die chinch bugs in den weiten, fruchtbaren, von Kornfeldern wogenden Ebenen der Vereinigten Staaten. Dort können ſie ſich in geradezu unglaublicher Weiſe ver⸗ mehren. In allen Lebensſtadien ſaugen ſie an den Halmen von Weizen, Mais und anderen Grasarten, ſchwächen die Pflanzen oder führen deren Abſterben herbei und ſchädigen die Ernte damit auf das empfindlichſte. Obwohl die Wanzen von Zeit zu Zeit durch ein gewal⸗ tiges Maſſenſterben, das durch einen Pilz (Sporotrichum globuliferum) verurſacht wird, zu Tauſenden dahingerafft werden und auch von ſeiten des Menſchen energiſche Gegenmaß⸗ regeln ergriffen werden, ſo iſt doch der Schaden, den dieſe Tiere der amerikaniſchen Land⸗ wirtſchaft zufügen, ein rieſiger und wird jährlich auf 20 Millionen Dollar veranſchlagt. Die Feuerwanzen (Pyrrhocoridae) bilden eine ziemlich kleine Gruppe, die ſich von den Langwanzen namentlich durch das Fehlen der Stirnaugen unterſcheidet. Die Flügel⸗ membran iſt gewöhnlich von einer größeren Zahl, meiſt von acht, Längsadern durchzogen. Die Flügelloſe Feuerwanze, Pyrrhocoris apterus L., eine der gemeinſten euro⸗ päiſchen Wanzen, iſt durch ihre charakteriſtiſche blutrote und ſchwarze Farbe, durch das Fehlen der Membran an den Flügeldecken und durch den Mangel von Unterflügeln genügend ge⸗ kennzeichnet (l. die Tafel bei S. 142). Als Ausnahmen werden allerdings auch bei der Feuer⸗ wanze manchmal Individuen beobachtet, die eine Membran an den Deckflügeln oder ſogar normal entwickelte Unterflügel beſitzen. Scharenweiſe kann man dieſe in einigen Gegenden Deutſchlands „Soldaten“, „Franzoſen“ oder auch „Feuerkäfer“ genannten Wanzen in Park⸗ anlagen, auf Friedhöfen und ähnlichen Orten am Grunde alter Linden oder Rüſtern ſitzen oder am Gemäuer umherſpazieren ſehen. Die weißglänzenden Eier werden in den Erdboden gelegt, und Larven ſind ſchon vom April an in den verſchiedenſten Größen zwiſchen den er⸗ wachſenen Tieren zu finden. Die kleineren haben zunächſt einen ganz roten Hinterleib und ſchwarze Flügelanſätze und erlangen, wenn ſie fünf aufeinanderfolgende Stadien durchlaufen haben, nach einer abermaligen Häutung ihre vollkommene Größe und Ausfärbung. Schäd⸗ lich werden die Feuerwanzen nicht. Sie mögen wohl, wie behauptet wird, hier und da ein⸗ mal an Baumwurzeln ſaugen, begnügen ſich aber hauptſächlich damit, die Säfte von toten Inſekten, abgefallenen Früchten und modernden Reſten verſchiedener Art aufzunehmen. Der Baumwollfärber, Dysdereus suturellus H. Sch., iſt eine geflügelte, lebhaft rot und ſchwarz gefärbte Feuerwanze, die in Weſtindien und den Südſtaaten Nordamerikas verbreitet iſt und ſich von den Säften verſchiedener Pflanzenarten ernähren kann. In Florida tritt ſie vielfach als Schädling auf Orangenkulturen auf, verdankt aber ihren ſchlimmen Ruf hauptſächlich dem Umſtande, daß ſie ſich mit ihren Larven in allen Stadien maſſenhaft auf den Baumwollplantagen einfindet und dort an den Baumwollkapſeln ſaugt, die infolgedeſſen 6 7 — Fühlerwanzen: Feuer-, Stelzen, Netz-, Rindenwanzen. 147 verkümmern und nicht aufſpringen können. Hiervon abgeſehen, kommt es leicht vor, daß beim Ginnen oder Preſſen der Baumwolle ſolche Wanzen mit zerquetſcht werden und mit ihrem roten Safte in die Baumwolle häßliche Flecke bringen, die ſich nur äußerſt ſchwer wieder entfernen laſſen. In unſeren afrikaniſchen Kolonien gibt es ganz ähnliche Rotwanzen, die den Baumwollbau genau in gleicher Weiſe ſchädigen. Es ſind gleichfalls verſchiedene Dysdercus-⸗Arten mit geſtrecktem, gelblichem oder gelbrotem, hübſch gezeichnetem Körper, wie ihn der Dysdercus nigrofasciatus Stal. beſitzt, den wir in mehreren Exemplaren nebſt feinen Larven auf der Farbentafel „Baumwollſchädlinge“ bei S. 228 ſehen. Da das Abſammeln dieſer Wanzen zeitraubend und ſchwierig iſt, ſo hat man neuerdings ſich entſchließen müſſen, die Wanzen anzuködern, und zwar benutzt man dabei mit beſtem Erfolge friſche, aufgeſchnit⸗ tene Früchte des Affenbrotbaumes, an denen die Rotwanzen außerordentlich gern ſaugen. Von den ähnlichen Schädlingen, die für die Baumwollkulturen in Betracht kommen, nennen wir noch Oxycarenus hyalipennis Cost., eine kleine, nur 3 mm lange, dunkelbraune bis ſchwarze Wanzenart, die in die bereits geöffneten a eindringt und dort die Baum⸗ wolle mit 2 Exkrementen beſudelt. Die Stelzenwanzen (Berytidae) jind Tiere mit mehr oder minder dürrem, lang⸗ geſtrecktem Körper, die mit ihren langen, dünnen Beinen, deren Schenkel an der Spitze keulenförmig verdickt ſind, wie auf Stelzen langſam im Graſe umherkriechen. Die Fühler entſpringen unterhalb einer Linie, die ſich von der Augenmitte zum Vorderende des Kopfes ziehen läßt. Ein charakteriſtiſcher Vertreter dieſer Familie iſt die Schnakenwanze, Neides tipularius L., die in Deutſchland den ganzen Sommer hindurch unter Wacholder, Heidekraut und anderem Geſtrüpp behutſam umherſtolziert und ſelbſt das Ausſehen eines vertrockneten Halmes hat. Die etwa 10 mm lange Schnakenwanze iſt von lichtgrauer Färbung, beſitzt ein za körperlanger, dünner Fühler und einen kegelförmig vorſpringenden Kopf. Die Netzwanzen⸗ (Tingidae) ſind kleinere Arten, die leicht an der eigenartigen Stur der Deckflügel zu erkennen ſind. Dieſe ſind in der Regel glasartig und durchſichtig und werden von einer großen Zahl von Nerven durchzogen, die untereinander netzartig ver⸗ bunden ſind und ihnen eine wabenartige Struktur verleihen. Auch die Seiten des Hals⸗ ſchildes ſind oft verbreitert und haben dieſelbe Struktur. Bisweilen iſt dieſe Erweiterung vollkommen nach oben umgeſchlagen. Der Kopf beſitzt meiſtens einige Dornfortſätze, ſeine Oberſeite wird in der Regel von einem kapuzenförmigen Fortſatz bedeckt. Eine der gewöhn⸗ lichſten Arten iſt die grau gefärbte Monanthia echii WI/f., die man in großer Zahl auf fait jeder Echium-(Natterkopf⸗) Staude antreffen kann. Manche Netzwanzen find als Gallen⸗ bildner bekannt. So erzeugt z. B. Laccometopus teucrü Host. an dem Blütenſtand vom Gamander (Teucrium) blaſenartige Gallen, in denen man nach dem Offnen die ſchwerfällige dunkelbraune Netzwanze mit ungemein ſtark keulenförmig verdickten Fühlern findet. Unter der Rinde abgeſtorbener Bäume trifft man die düſter gefärbten Rindenwanzen (Aradidae). Ihr Körper iſt plattgedrückt, die viergliederigen Fühler haben an ihrem Grunde einen zahnartigen Fühlerhöcker. Bei oberflächlicher Betrachtung können dieſe Tiere leicht mit Bettwanzen verwechſelt werden, ſie unterſcheiden ſich aber durch die Deckflügel, die dem Körper ganz flach anliegen. Die Nahrung der Rindenwanzen beſteht in dem Saft von Pilzfäden, die ſich unter der Rinde ausbreiten. Eine Art, Aradus cinnamomeus Pz., kommt 10 * 148 Schnabelkerfe: Wanzen. auf lebenden jüngeren Kiefern vor und erzeugt, wenn ſie in Menge auftritt, durch Saft⸗ ſtockung an den Aſten knollenförmige, riſſige, von Harz triefende Anſchwellungen. Der glitzernde Waſſerſpiegel ruhiger Gewäſſer bildet die Tummelſtätte der Waſſer⸗ läufer (Gerridae), die lauernd mit ihren langen, dünnen Beinen auf der Oberfläche ſtehen oder raſch über das kriſtallene Element dahinrennen und dabei fleißig Ausſchau halten, ob ſie nicht ein kleines Waſſertier oder irgendein Landinſekt, das auf das Waſſer gefallen iſt, finden und ausſaugen können. Dieſe flinken Tiere ſind ſämtlich mit großen, vorſtehenden Augen und frei vorgeſtreckten, viergliederigen Fühlern ausgerüſtet, während die Flügel in verſchiedenartiger Weiſe entwickelt ſind. Stinkdrüſen kommen vor, und der unangenehme, durchdringende Geruch ihrer Ausſcheidungen macht ſich ſofort bemerkbar, wenn man eine der größeren Arten fängt und in die Hand nimmt. Der in Europa weit verbreitete nadeldünne Teichläufer, Hydrometra stagnorum L. (Limnobates), deſſen Körper wenigſtens zehnmal ſo lang wie breit iſt, erreicht eine Länge von 9 12mm, hat einen vorn keulenförmig verdickten Kopf ohne Nebenaugen, lange Beine, deren Mittel- und Hinterhüften in der Mitte weit voneinanderſtehen, und iſt mit Ausnahme des roſtfarbenen Kopfgrundes und der Halsſchildwurzel ſowie der bräunlichgelben Beine ſchwarz⸗ braun gefärbt. Der Teichläufer, von dem eine langflügelige und eine kurzflügelige Form bekannt iſt, lebt am Rande ſtehender oder langſam fließender Gewäſſer, an von Feuchtigkeit triefenden, von Moos überwachſenen Felſen oder auch auf der Waſſerfläche ſelbſt und ernährt ſich von allerlei winzigen Inſekten, die er mit ſeinen Vorderbeinen feſtzuhalten weiß. Die kräftiger gebauten Waſſerläufer (Gerris F.) ſind ungefähr in einem Dutzend Arten in Europa verbreitet und zeichnen ſich durch die verkürzten Vorderbeine, den hinten verlängerten, über das Schildchen hinwegreichenden Vorderrücken und den überall gleich⸗ breiten, oben platten, unten ſtark gewölbten Vorderrücken aus. Man trifft ſie manchmal in ganzen Geſellſchaften beieinander auf ſtehenden Gewäſſern oder auf ſtillen Buchten von Bächen und Flüſſen. Zwiſchen den erwachſenen Tieren, die entweder große lederartige oder nur ganz kurze Flügel haben, tummeln ſich auch Larven in verſchiedener Größe umher, die an dem abweichenden Bau des Bruſtabſchnittes zu erkennen ſind. Eigentümlich iſt dieſen Tieren die ruckweiſe Bewegung, mit der ſie, nur auf die beiden hinteren Beinpaare geſtützt, geſchickt vorwärts rennen. Vom Uferrande auf das Waſſer geſtürzte Käfer, Fliegen oder Raupen bilden neben kleinerer Beute die Nahrung. Die Eier werden vom Weibchen reihen⸗ weiſe an Pflanzen gekittet und mit einem Sekret umhüllt. Wohl ſelten, ſagt Wilke, hat jemand eine Gerris fliegen ſehen. Sie ſcheinen meiſtens während der Nachtzeit zu fliegen. Oft findet man auf vereinzelten Waſſerlachen, die durch Regengüſſe entſtanden ſind, eines Morgens eine Anzahl Hydrometren. „Ich habe an einem heißen Sommertage ungefähr 20 dieſer Wanzen von der Spezies Hydrometra (Gerris) la- custris L. gefangen und in ein ziemlich kleines Glas geſperrt, fo daß ihnen nicht viel Raum und Luft zur Verfügung ſtand. Das Glas wurde feſt verſchloſſen; Waſſer war nicht darin. In dieſer Gefangenſchaft blieben ſie ungefähr 10 Stunden. Als ich nach Ablauf dieſer Zeit das Glas öffnete und die Gefangenen auf die Fenſterbank ſchüttete, breiteten ſie in dem⸗ ſelben Augenblick ihre Flügel aus und flogen davon.“ Bei den durch mehr gedrungenen, kurzen Körper ausgezeichneten Bachläufern der Gattung Velia Latr. berühren die Facettenaugen den Vorderrand des Halsſchildes, Nebenaugen fehlen, der Schnabel iſt dreigliederig. Der Gemeine Bachläufer, Velia eurrens F., iſt — W CV f FBiuühlerwanze n: Waſſerläufer. Uferwanzen. Phymatiden. 149 am Bauche einſchließlich ſeines umgebogenen Seitenrandes orangegelb, nur die Ecken der Ringe nebſt den kegelförmigen Afterſpitzchen wie der übrige Körper ſchwarz. Die Hinter⸗ ſchenkel ſind dick und unten mit mehreren Zähnen bewehrt. Dieſe zierlichen Wanzen leben beſonders auf Bächen und können 8 ziemlich raſch unter gleichmäßigen Bewe⸗ gungen vorwärts laufen. Zu den Gerriden gehört auch das ein⸗ zige Inſekt, das auf hoher See zu exiſtieren vermag. Es iſt der Meeresläufer, Halo- bates Esch., von dem mehrere Arten den ruhigen Waſſerſpiegel tropiſcher Meere be⸗ wohnen, auf dem ſie gelegentlich ſelbſt auf hoher See weitab vom Lande zu finden ſind. Walker ſah Halobates-Wanzen ſich auf den re Indiſchen Ozean in einer Entfernung von Mesrestäufer, Halobates ET Buch. 500 Meilen von der nächſten Küſte umhertum⸗ meln. Halobates germanus Buch. iſt eine der bekannteſten Arten, ein kleiner grauer, unten ſilberweiß behaarter, langbeiniger Meeresläufer, der bei ſtarkem Winde manchmal maſſen⸗ weiſe von den tückiſchen Wellen an die ſandigen Küſtenſtriche Oſtindiens getrieben wird, aber auf dem Trockenen ſich jo gut wie hilflos zeigt. Die Eier werden an treibenden Tang oder an die Schalen der ſchwimmenden Janthina⸗ Schnecken gelegt. Die Uferwanzen (Acanthiidae, Saldidae) ſtehen gewiſſermaßen in der Mitte zwi⸗ ſchen den Waſſerläufern und den Bewohnern des feſten Bodens, denn ihre Aufenthaltsorte ſind in der Regel weder der freie Waſſerſpiegel, noch das trockene Land, ſondern feuchte Orte, ſchlammige Uferränder an Landſeen und Meeresküſten oder der ſchwankende Moorboden. Ihr gewölbter Körper trägt einen verhältnismäßig kurzen und breiten Kopf mit großen, vorſtehenden Facettenaugen, zwiſchen denen Punktaugen ihren Platz finden. Der lange, etwas gekrümmte Schnabel liegt dem Körper nicht dicht an. Zur Hauptgattung Salda F. gehören durchweg kleinere, etwas abgeflachte Wanzen, die man mit großer Geſchwindigkeit über den weichen Grund laufen oder ſpringen ſieht, wobei ſie eine erfolgreiche Jagd auf kleine Zweiflügler eröffnen, die ſich auf dem moraſtigen Boden einzufinden pflegen. Eine der größten und häufigſten deutſchen Arten iſt die Gemeine Uferwanze, Salda salta- toria L. (Acanthia), ein oberſeits ſtumpf ſchwarz gefärbtes, 4-6 mm meſſendes Tierchen. Die Phymatidae bilden eine kleine Gruppe von räuberiſch lebenden, meiſt kräftig gebauten, mittelgroßen Wanzen, von denen es nur wenige Arten im ſüdlichen und mittleren Europa gibt, während die meiſten aus Amerika und einzelne auch aus anderen Erdteilen bekanntgeworden ſind. Die Tiere packen ihre Beute mit den Vorderbeinen, an denen die Schenkel auffällig verdickt ſind. Die fein gezähnte und etwas gekrümmte Schiene können dieſe Wanzen wie die Schneide eines Meſſers mit Gewalt gegen den Schenkel einklappen, und bei der indiſchen Krebswanze, Careinocoris binghami Sharp, bewegt ſich die Schiene ſogar gegen einen beſonderen Fortſatz des Schenkels, ſo daß wir hier eine wahre Krebs⸗ ſchere vor Augen haben. Die Vorderfüße bleiben auffallend ſchwach und ſind bei den Phymata-⸗Arten weiter nichts als Heine, unanſehnliche Anhänge, die an der Außenſeite der Schienen in einer kleinen Rinne verborgen werden können. Angeſichts ſolcher vorzüglich 150 Schnabelkerfe: Wanzen. entwickelter Raubwaffen dürfen wir uns nicht wundern, daß es ausländiſche Phymatiden gibt, die fich nicht fürchten, ſelbſt mit jo wehrhaften Inſekten wie Honigbienen anzubinden, und letztere ausſaugen können. Die im ſüdlichen Deutſchland auf Gräſern und Blüten nicht ſeltene, auch in Thüringen noch vorkommende Syrtis erassipes F., eine etwa 8 mm lange Wanze von bräunlicher Farbe, iſt allerdings nur imſtande, ſich von kleineren Bienenarten zu ernähren, und verſchmäht es auch nicht, verſchiedene Käferchen und Blattläuſe anzugreifen. Selbſt an Blattweſpenlarven ſah man ſie ſaugen. Der hinter den vorſtehenden Augen halsartig verengerte Kopf und eine quere Ein⸗ ſchnürung des Vorderbruſtringes ſind die beiden ins Auge ſpringenden Kennzeichen der 5 Schreit⸗ oder Raubwanzen (Reduviidae). Die peitſchenförmigen Fühler beſtehen bei ihnen aus vier Gliedern, deren Zahl ſich bei einigen Arten allerdings durch weitere Zerteilung erhöhen kann. Auf dem Scheitel ſind zwei Punktaugen angebracht, und der pfriemförmige, meiſt kurze, dreigliederige Schnabel ſteht frei vom Körper ab, ohne eng an die Bruſtunter⸗ ſeite angepaßt zu ſein. Alle dieſe Tiere gehen trotz ihrer langen Beine nur langſamen und gemeſſenen Schrittes, halten ſich am Tage gern verborgen und ſchweifen vorzugsweiſe im Dunkeln umher, um anderen Inſekten nachzuſtellen. Unter den ausländiſchen Arten gibt es einige, die wegen ihrer Vorliebe für Blut von Menſch und Tier berüchtigt ſind. Zu ihnen gehört die „Große Bettwanze“ oder die Kegelnaſe, Conorhinus sanguisuga Lec., die in Mexiko und im Süden der Vereinigten Staaten vorkommt, ſich nachts in die Häuſer ichleicht, die Schlafenden überfällt und wegen ihres äußerſt ſchmerzhaften Stiches ſehr ge⸗ fürchtet wird. Der Menſch hat jedenfalls alle Veranlaſſung, den nächtlichen Beſuchen der Kegelnaſen gegenüber auf der Hut zu ſein, denn wie jüngſt feſtgeſtellt wurde, kann mit dem Stiche einer Art von braſiliſchen Kegelnaſen, Conorhinus megisthus Burm., eine gefährliche Trypanoſomenkrankheit dem menſchlichen Körper eingeimpft werden. Weitverbreitet ſowohl in der Neuen wie in der Alten Welt iſt die Gemeine Kot⸗ wanze, Opisicoetus personatus L. (Reduvius), die gleichfalls gelegentlich in die Häuſer kommt, ſich aber damit begnügt, Jagd auf andere Inſekten zu machen, die ihrem Stiche raſch erliegen. Sie heißt Kotwanze, weil ihre Larve die Gewohnheit hat, den ganzen Körper mit Sandkörnchen und Staub zu bedecken und ſich in dieſer Maskerade, einem wandelnden Schmutzklümpchen gleichend, langſam und ruckweiſe an ihre Opfer heranzuſchleichen. 8 Die ſchönſte deutſche Art aus dieſer Familie iſt entſchieden die Rote Mordwanze, Rhinocoris iracundus L. (Harpactor; ſ. die Tafel bei S. 142). Unbeweglich lauert ſie auf kleine, harmloſe Fliegen und Hautflügler, die die Blüte beſuchen wollen und ſtatt deſſen von den mächtigen Fangarmen der Mordwanze in Empfang genommen werden. Ein arger Räuber iſt auch der hübſche Phonoctonus fasciatus Beauv. (Taf. „Afrikaniſche Baumwollſchädlinge“ bei S. 228), der in ſeiner Färbung eine geradezu auffällige Ahnlich⸗ keit mit den ſchädlichen Rotwanzen der Gattung Dysdercus hat. Würden nicht der anders gebaute Kopf und vorn die beiden langen Raubbeine den wahren Charakter des Phonoc- tonus erraten laſſen, ſo wäre es kaum möglich, ihn bei flüchtigem Hinſehen von den pflanzen⸗ ſaugenden Rotwanzen zu unterſcheiden. So ſchleicht ſich dieſer Wolf im Schafspelz unerkannt an die Dysdercus-Herde heran und iſt von zuverläſſigen Beobachtern auf den Baumwoll⸗ feldern ſchon wiederholt beim Ausſaugen von Rotwanzen betroffen worden. — An die Reduviiden ſchließen wir die Kammwanzen (Polyetenidae) an, bie zu echten Paraſiten geworden find und ſich ausnahmslos einer ſchmarotzenden Lebensweise Fühlerwanzen: Naub-, Kamm⸗, Hauswanzen. 151 ergeben haben. Es ſind Tiere von höchſt merkwürdigem Ausſehen; bei flüchtiger Betrachtung wird ſie überhaupt niemand für Wanzen halten, und ſo ſind ſie auch wirklich lange Zeit für Läuſe oder für ſonderbare Fliegen angeſehen worden, bis erſt Speiſer im Jahre 1894 ihre Natur als echte Wanzen in ganz einwandfreier Weiſe feſtgeſtellt hat. Die Polykteniden ſind ſelten, man kennt nur etwa ein Dutzend Arten, die in Afrika, im ſüdlichen Aſien und in den warmen Gebieten Amerikas vorkommen und ſämtlich auf Fledermäuſen ſchmarotzen. Am ganzen Körperbau der Polykteniden kann man, wie Horvath hervorhob, ſo recht den Einfluß der ſchmarotzenden Lebensweiſe erkennen. So iſt der Kopf nicht nur wie bei vielen paraſi⸗ tären Inſekten vollkommen augenlos, ſondern auch in zwei gegeneinander bewegliche Ab⸗ ſchnitte geteilt. Die Folge davon iſt, daß die Wanze ihren vorderen Kopfteil, der ein Paar kurze, viergliederige Fühler und einen kurzen, dreigliederigen Rüſſel trägt, beim Saugen ungemein feſt an die Haut des Wirtes anzupreſſen vermag. Mittel- und Hinterbeine find lang, die Vorderbeine kurz, aber dafür ungewöhnlich kräftig, ſo daß ſich das Tier vorzüglich mit ihnen anklammern und im Pelz der Fledermaus feſthalten kann. Da die Polykteniden nicht zu fliegen brauchen, haben ſie nur ein Paar verkümmerter und am Grunde miteinander verwachſener Deckflügel. Ganz beſonders find aber für die Kammwanzen die Stachelkämme (Ktenidien) erwähnenswert, ſtarke, in Querreihen ſtehende Borſten, die ſicherlich das Feſt⸗ halten in den Haaren ungemein erleichtern und in ganz ähnlicher Weiſe auch bei vielen Flöhen und anderen im Fell von Säugetieren ſchmarotzenden Inſekten vorkommen. — Als Hauptvertreter der Hauswanzen (Cimicidae), die ſich namentlich durch Ver⸗ kümmerung der Flügel und durch das Fehlen der Stirnaugen auszeichnen, kann die Bett⸗ wanze, Cimex lectularius L. (Abb., ©. 152), gelten. Die Fühler dieſes dunkelbraunen bis 8 gelblichbraunen, fein behaarten Blutſaugers ſind viergliederig, das zweite Fühlerglied bleibt kürzer als das dritte, welches faſt um die Hälfte länger als das vierte iſt. Der Schnabel, der in eine Kehlrinne eingelegt werden kann, ſetzt ſich aus drei Gliedern zuſammen. Zu den Seiten des Schildchens befinden ſich zwei Heine Schuppen, die nichts anderes als Überreſte von Ober⸗ flügeln darſtellen. Unterflügel fehlen der flugunfähigen Bettwanze vollſtändig, dafür ver⸗ ſteht ſie es meiſterhaft, überall Schlupfwinkel zu finden und ſich mit ihrem flachen, abgeplat⸗ teten Leibe in Ritzen und Spalten einzuzwängen, eine Eigenſchaft, der ſie zum größten Teile ihre weite Verbreitung zu verdanken hat, denn erfahrungsmäßig wird dieſes Ungeziefer hauptſächlich mit Betten und ſonſtigem Hausgerät von Ort zu Ort verſchleppt und iſt daher auch überall auf der ganzen Erde zu finden, ſoweit Menſchen wohnen. Nach Amerika ſollen die Bettwanzen erſt von den europäiſchen Koloniſten eingeſchleppt worden ſein, während die Indianer von dieſen Tieren angeblich vorher noch nichts wußten. In der Alten Welt iſt die Bettwanze aber jedenfalls ſchon ſeit den älteſten Zeiten bekannt. Griechiſche und römiſche Schriftſteller erwähnen ſie mehrfach, und man wird annehmen dürfen, daß die primitiven Hütten und in Felshöhlen gelegenen Zufluchtsſtätten der europäiſch⸗aſiatiſchen Ureinwohner bereits von dieſem widerlichen Ungeziefer reichlich bevölkert waren. Die Bettwanzen ſcheuen das Licht. Erſt in der Dunkelheit wagen ſie ſich aus ihren ſicheren Verſtecken hervor, die ſie hinter Tapeten, in den Fugen von Bettſtellen oder in Spalten von Wänden gefunden haben, und ſchleichen ſich an den ſchlafenden Menſchen heran, falls ſie nicht, von den Ausdünſtungen des Schläfers angelockt, ſich einfach von der Zimmer⸗ decke auf ihn herabfallen laſſen. Hat die Wanze aber ihren Blutdurſt geftillt, jo zieht ſie ſich ebenſo geräuſchlos, wie ſie kam, wieder in einen verborgenen Winkel zurück. Die Bettwanzen 152 Schnabelkerfe: Wanzen. vermögen lange zu hungern. Leunis hatte ein Weibchen in einer gut verſchloſſenen Schachtel eingeſperrt, und als er dieſe nach 6 Monaten öffnete, fand er das Tier nicht nur am Leben, ſondern auch noch von einer Schar von Nachkommen umgeben. Die weibliche Bettwanze legt hinter Tapeten oder in ſonſtigen Schlupfwinkeln 6—50 weiße, längliche Eierchen ab. Die Jungen ſchlüpfen nach 8 —10 Tagen aus, ſind anfänglich noch weißlich und müſſen ſich im ganzen fünfmal häuten, ehe ſie völlig ausgewachſen ſind und ſelbſt wieder Nachkommen⸗ ſchaft erzeugen können. Die Schnelligkeit der Entwickelung hängt dabei teils von der Wärme ab, teils auch von der Möglichkeit, Nahrung zu gewinnen. Im günſtigen Fall kann die ganze Entwickelung ſchon im Laufe von 7 Wochen beendet ſein, doch muß die junge Wanze un⸗ bedingt vor jeder Häutung wenigſtens einmal Gelegenheit gehabt haben, Blut zu ſaugen. Schwer iſt es, die Bettwanzen, dieſes läſtigſte allen Ungeziefers, wieder auszurotten, wo es ſich einmal eingeniſtet hat. Wie wenig das einfache Ausweißen der Zimmer hilft, davon, ſagt Taſchenberg, „überzeugte ich mich während meiner Studienzeit in Berlin. In der ſehr ſauberen, blanken Werkſtatt eines Buchbinders ſah ich ein Wänzchen mit weiß übertünchtemm Rücken wohlgemut einherſpazieren. Eine Beimiſchung von Eiſenvitriol unter den Kalk wirkt ſchon beſſer, nachdem zuvor alle Ritzen rein ausgekratzt, mit Eiweiß und Inſektenpulver, Mineralöl oder Atznatronlauge ausgepinſelt und dann verſtrichen worden ſind. Dergleichen Mittel, mit großer Energie angewendet, können, wenn nicht ſehr ungünſtige Verhältniſſe obwalten, jeden in ſeiner Wohnung end⸗ lich vor dieſem läſtigen Ungeziefer ſicherſtellen, keinen Reiſenden aber ſchützen, welchen ſein Unſtern in ein von Wanzen bewohntes Nachtlager Bettwanze, C. führte. Für dieſen Fall ſoll, wie mir von verſchiedenen Seiten verſichert „ . wurde, das Brennenlaſſen des Lichtes die Blutſauger von dem Schläfer zurtühälten 8 Außer den Bettwanzen können auch einige ſehr ähnliche, bei Tieren vorkommende Arten in den menſchlichen Wohnungen oder doch in deren Nähe beobachtet werden. Da ift zunächſt die Fledermauswanze zu nennen, Cimex pipistrelli Jen., die ſich nur wenig von der Bett⸗ wanze unterſcheidet, aber ein kürzeres Schildchen und kürzere Fühler hat, an denen, nach Reuter, das zweite Glied faſt kürzer bleibt als das dritte. Man hat die Fledermauswanze in England entdeckt, aber auch in Deutſchland, Holland, der Schweiz und in Rußland gefunden. Sie hält ſich auf Fledermäuſen und in deren Schlupfwinkeln, hohlen Bäumen, Mauerlöchern und ähnlichen Orten auf, wo die Fledermäuſe ihre Schlafſtätten haben. Die Taubenwanze, Cimex columbarius Jen., bleibt etwas kleiner als die Bettwanze, von der ſie auch in der Foühlerbildung etwas abweicht, indem das zweite und dritte Glied gleichlang find, das dritte aber um ein Drittel länger als das vierte wird. Dieſe Art iſt ſchon häufig auf Taubenſchlägen gefunden, ſcheint aber nur Tauben zu befallen und auf den Menſchen nicht überzugehen. Die Schwalbenwanze, Cimex (Oeciacus) hirundinis Jen., wurde gleich der vorhergehen⸗ den Art zuerſt in England beobachtet und iſt ſeitdem in den verſchiedenſten Teilen Europas gefunden worden. Von der Bettwanze iſt ſie unterſchieden durch längere, ſeidenartige Be⸗ haarung, durch den nur ſchwach ausgeſchweiften Vorderrand des Halsſchildes und durch die Fühler, an denen die Endglieder nicht viel dünner als die vorhergehenden ſind. Die Schwal⸗ benwanze kommt nicht nur bei der Mehlſchwalbe und Turmſchwalbe, ſondern auch bei der Uferſchwalbe und vermutlich ſogar beim Mauerſegler vor und ſoll, nach Horvath, ſelbſt mit⸗ unter die Neſter des Hausſperlings beſiedeln, der ja allerdings gern in Schwalbenneſtern brütet. Letztere ſind oft von ungeheuren Mengen dieſer Wanze bevölkert. So hat Reiber Fühlerw anzen: Haus, Blumen-, Blindwanzen. a 153 beobachtet, daß die am Straßburger Münſter befindlichen Turmſchwalbenneſter von ſolchen Wanzen förmlich austapeziert waren, und manche von den jungen Schwalben durch die Stiche der Wanzen entkräftet zugrunde gehen mußten. Die Schwalbenwanze dürfte auch den Menſchen nicht immer verſchont laſſen, dringt aber doch nur ausnahmsweiſe in Häuſer, und Reuter macht denn auch in einer kürzlich gegebenen Zuſammenſtellung mit Recht auf die erſtaunliche Widerſtandskraft der Schwalbenwanzen aufmerkſam, die nach dem Fortzug ihrer Wirte wohl in der Regel in den verlaſſenen Neſtern zurückbleiben und dort, der Winter⸗ kälte preisgegeben, monatelanges Faſten aushalten müſſen. Die zarten Blumenwanzen (Anthocoridae) unterſcheiden ſich von den Zimiziden durch wohlentwickelte Flügel. Im übrigen ſind ſie im Beſitz von Punktaugen, und das dritte und vierte Glied ihrer Fühler werden zuſammen nicht zweimal ſo lang wie die beiden erſten Glieder. Wohl alle Angehörigen dieſer Gruppe ſind Räuber. Die in Deutſchland häufige Anthocoris gallarum-ulmi Gew. lebt beſonders auf Ulmen und ſtellt dort eifrig den Pem- phigus⸗Läuſen nach, die jo oft mit ihren häßlichen Gallen die Blätter verunzieren; man kennt in dieſer Familie auch eine Art, Lyctocoris campestris F., welche Reuter zufolge dann und wann auch Warmblüter angreift und in Vogelneſtern öfters angetroffen wird. Das wichtigſte Merkmal der Blindwanzen (Capsidae) liegt in der eigentümlichen Geſtaltung der Halbdecken, bei denen an der Spitze des Koriums ein kleines, als Cuneus bezeichnetes Feldchen ſich abgliedert. In der Membran ſind meiſt zwei Flügelzellen zu er⸗ kennen. Der Name Blindwanze ſoll nur andeuten, daß Punktaugen in der Regel fehlen, denn die Facettenaugen pflegen gut ausgebildet zu ſein. An den viergliederigen Fühlern iſt das Grundglied häufig erweitert. Die Blindwanzen ſind ziemlich weichhäutige Wanzen, die in zahlreichen Arten in allen Erdteilen verbreitet ſind, ſich oft von Pflanzenſäften ernähren und vielfach zu den Schädlingen gerechnet werden müſſen. In Kamerun wird die Kakaowanze, Sahlbergella singularis Hagl., zu einer großen Plage in den Plantagen, ſie bringt dort durch ihr fortwährendes Saugen die Kakaobäume zum Abſterben oder verurſacht ein krankhaftes Hervorwuchern von Waſſerreiſern und ſchwächt damit die Pflanzen ſo ſtark, daß der Ertrag erheblich zurückgeht. Von den einheimiſchen Blindwanzen zeigt uns die Tafel bei S. 142 die Sechsfleckige Schönwanze, Calocoris sexguttatus F., die zwar ohne wirtſchaftliche Bedeutung iſt, aber zu den vielen hübſch gezeichneten Arten gehört, denen wir im Freien begegnen. | Als abweichende Form unter den europäiſchen Blindwanzen verdient ſchließlich noch die zierliche Ameiſenwanze, Myrmecoris gracilis Sahlb., genannt zu werden, eine kleine Wanze, die in einer ſo täuſchenden Weiſe Ameiſen gleicht, daß erſt eine genaue Betrachtung des Tierchens Aufſchluß über ſeine wahre Natur geben kann. Ihr Hinterleib iſt hinten genau wie bei den Ameiſen angeſchwollen, der Körper in der Mitte eingeſchnürt, von den verküm⸗ merten Flügeln iſt kaum etwas zu ſehen. Auch in Färbung und Körperhaltung gleicht das Tier den Ameiſen, mit denen es zuſammen lebt. So iſt eine rötliche Farbenvarietät der Ameiſenwanze in den Haufen der roten Waldameiſe zu finden, während eine bräunliche Abart ihr Heim bei der braunſchwarzen Formica fusca Latr. hat. a 2 2. Unterordnung: Pflanzenſauger (Homoptera). Alle nicht zu den Wanzen gehörenden Schnabelkerfe können wir als Pflanzenſauger (Homoptera) bezeichnen, weil ſie tieriſche Stoffe als Nahrung verſchmähen und ſich nur von 154 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Pflanzenſäften ernähren. Es ſind ſämtlich Landinſekten, die viele übereinſtimmende Züge in ihrer ganzen Bauart haben, ſo daß wir in ihnen zweifellos eine allerdings ſehr große, aber doch natürliche Inſektenabteilung vor Augen haben, die ſcharf von den Wanzen unterſchieden iſt. Wichtig iſt namentlich, daß Halbdecken bei den Pflanzenſaugern niemals vorkommen. Ihre Vorder- und Hinterflügel ſind gewöhnlich ziemlich übereinſtimmend gebaut, meiſt beide von weichhäutiger Beſchaffenheit, obgleich es bei den Zikaden auch Arten mit feſteren Ober⸗ flügeln gibt. Während bei den Wanzen der Saugapparat vorn an der Spitze des Kopfes anſitzt, nimmt der Schnabel der Pflanzenſauger ſeinen Urſprung entweder hinten und unten an der Kehlpartie des Kopfes, wie dies bei den Zikaden (Auchenorrhyncha) der Fall iſt, oder er rückt wie bei den Pflanzenläuſen noch weiter nach hinten und verwächſt dann mit der Vorderbruſt (Stenorrhyncha). Im Körperbau zeigen ſich mancherlei Verſchiedenheiten. Wie bei den meiſten Inſekten können wir auch bei den Pflanzenſaugern einfacher gebaute von bereits vollkommener eingerichteten Formen unterſcheiden. Bei jenen iſt der Darm noch ziemlich gerade oder doch nur verhältnismäßig wenig gewunden, bei dieſen wird er ſo lang, daß er bereits eine richtige Schleife im Körper bildet. Die Arten mit langem, ſchleifen⸗ förmigem Darm ſind natürlich am beſten an die ſaugende Lebensweiſe angepaßt, dem bei ihnen kann der Pflanzenſaft am gründlichſten ausgenutzt werden. ER Eine weitere Eigentümlichkeit dieſer Homopteren, die aller Wahrſcheinlichkeit nach mit der Verwertung ihrer an Stärkeſubſtanzen reichen Pflanzennahrung in enger Beziehung ſteht, wurde erſt in jüngſter Zeit klargelegt. Es hat ſich nämlich herausgeſtellt, daß im Körper, wie es ſcheint, aller Zikaden und Pflanzenläuſe Maſſen winziger Pilzzellen leben, die im Hinter⸗ leibe in der Nachbarſchaft des Darmes in einem beſonderen Organ eingelagert ſind und beim Stoffwechſel eine wichtige Rolle ſpielen. Sie werden von Generation zu Generation weiter vererbt, denn bevor das Weibchen ſeine Eier ablegt, geht in jedes Ei eine kleine Zahl dieſer hefeartigen Zellen über, die ſich ſpäter im Körper des jungen Tieres vermehren. 1. Tribus: Zikaden, Zirpen (Cicadina). Solange die Jahreszeit es zuläßt, verbringen die Zikaden (Cicadina) ihr fröhliches Daſein auf Bäumen, Sträuchern, Gräſern und Kräutern. Bald hier, bald dort ſenken ſie ihre Stechapparate in die Baumrinde oder in weiche grüne Gewebe, um die Pflanzenſäfte zu trinken. An Größe ſind ſie ſehr verſchieden. Im allgemeinen überwiegen die kleinen, unſcheinbaren Formen, die man meiſt „Kleinzirpen“ zu nennen pflegt, doch fehlt es auch nicht an ſtattlichen, großen Arten, die zum Teil mit Stimmapparaten ausgerüſtet ſind und dann ſo recht eigentlich den Namen „Zirpen“ oder „Singzikaden“ verdienen. Die auf⸗ fallendſten und größten Vertreter finden wir wie ſo oft in den heißen Gebieten der Erde. Die Javaniſche Singzikade, Tosena fasciata F., ein prächtiges Tier mit grasgrüner Vorderbruſt, vermag beiſpielsweiſe mit ihren dunkelbraumſchwamzen von einer hellen Quer⸗ binde durchzogenen Vorderflügeln über 14 em zu ſpannen. An Farbenſchönheit können viele Zikaden mit den Schmetterlingen wetteifern, an bizarren Körperformen und ſonder⸗ baren Geſtalten ſind ſie ihnen aber entſchieden überlegen. Der gelegentlich blaſig aufgetriebene Vorderkopf trägt ſeitlich ein Paar großer Facetten⸗ augen, hinter denen oft noch zwei oder drei an der Oberſeite des Kopfes angebrachte kleine Punktaugen ſtehen. Die kurzen Fühler ſetzen ſich aus zwei mehr oder weniger verdickten Grundgliedern und einer feinen, mehrgliederigen Geißel zuſammen, an deren Unterſeite kleine Sinnesorgane in Geſtalt winziger, napfförmiger Grübchen von Hanſen aufgefunden u Zikaden: Allgemeines N 155 worden ſind. Der Schnabel iſt dreigliederig. Die Beine ſind kräftig, und das hinterſte, mit kräftigen Schenkeln ausgerüſtete Beinpaar bildet Sprungbeine, die es den Tierchen erlauben, zu hüpfen und ſich in der Bedrängnis vor ihren Verfolgern durch ziemlich weite Sätze in Sicherheit zu bringen. Vom Flugvermögen machen die Zikaden im allgemeinen wenig Ge⸗ brauch, doch gibt es auch Arten, die ſich am Tage in großen Mengen wolkenartig in die Luft erheben oder, wie die Zuckerrohrzikade Perkinsiella, nachts umherfliegen und dann dem Licht zuſtreben. Die vier Flügel werden im Ruhezuſtande meiſt dachförmig getragen, ſie ſind in der Regel mit einem gut entwickelten Geäder verſehen und untereinander ungefähr alle gleich glasartig durchſichtig, oder die vorderen dunkler und derber als die hinteren. Oft ſind die Flügel in verſchiedener Weiſe getönt und bisweilen mit lebhaften Farben geſchmückt. Die weiblichen Zikaden haben am Hinterleibe eine kurze Legeröhre, mit der ſie Stengel oder andere Pflanzenteile aufſchlitzen können. Dort werden die Eier geborgen und können verhältnismäßig ſicher ihre Entwickelung durchlaufen. Die jungen Zikadenlarven gleichen im allgemeinen den Erwachſenen, haben aber anfangs noch keine Flügel, die erſt im Laufe der aufeinanderfolgenden Häutungen allmählich zur Ausbildung kommen. Bisweilen führen die Larven eine andere Lebensweiſe als die fertigen Tiere, dann pflegen ſie aber auch ein ſtärker abweichendes Ausſehen zu haben und können im Beſitze von beſonderen Larven⸗ organen ſein, die die erwachſenen Tiere nicht mehr haben. Die Zikaden leben oft geſellig und kommen manchmal in großen Scharen auf ihren Nährpflanzen vor. Auf Teneriffa hatten wir Gelegenheit, die im ſüdlichen Europa ſehr verbreitete und häufige Tamariskenzikade, Athysanus stactogalus Am., zu beobachten, eine kleine, grau⸗ grüne Zikadenart, die dort milliardenweiſe die zierlich gefiederten Zweige ihrer Nährpflanzen bevölkerte und auf ſämtlichen Tamarix⸗Bäumen bei Orotava zu finden war. Bei jeder Störung, beim Berühren eines Zweiges oder ſchon beim Näherkommen hüpften gleichzeitig Hunderte von den kleinen grünen Springern davon, während ſie, in Ruhe gelaſſen, ihre Stechapparate einſenkten, um die Pflanzenſäfte zu trinken. Die natürliche Folge der faſt unabläſſigen Saugtätigkeit beſteht darin, daß die Tierchen auch ein ziemlich reichliches Quan⸗ tum von flüſſigen Exkrementen ausſcheiden müſſen, was in der Weiſe vor ſich geht, daß die Zikade von Zeit zu Zeit einen gewöhnlich waſſerklaren, klebrigen Flüſſigkeitstropfen aus ihrem After ſpritzt. In dem eben erwähnten Falle der Tamariskenzikade ging die Abſonderung der flüſſigen Ausſcheidungen ſeitens der vielen Sauger in ſo ergiebigem Maße vonſtatten, daß die buſchigen Tamariskenzweige vor Näſſe buchſtäblich trieften und im Bereiche dieſer Pflanzen der ganze Erdboden wie mit Waſſer beſpritzt erſchien. Hiernach ſcheint es ſchon ziemlich glaubwürdig, was manche Reiſende von den ſogenannten Regenbäumen zu erzählen wiſſen, die in den heißen Ländern vorkommen. So gibt es in Mexiko Bäume, von denen die Eingeborenen behaupten, daß es mitunter ſelbſt bei ganz trockenem, heiterem Wetter unter ihnen regnen ſolle, und Krieger hat auch ſchon Näheres von einem derartigen „Negen- baum“ berichtet, unter den er ſich bei ſeinem Aufenthalte in Mexiko von Einheimiſchen führen ließ. Hellſter Sonnenſchein herrſchte, und ein tiefblauer, wolkenloſer Himmel breitete ſich über dem Wipfel des rieſigen, einzelnſtehenden Baumes aus, unter dem von Regen keine Spur zu bemerken war. Zweifelnd und zunächſt noch ungläubig lächelnd, nahm unſer Ge⸗ währsmann mit ſeinen Begleitern unter dem Baume Platz, als plötzlich die erſten Tropfen fielen und bald ein förmlicher Sprühregen herabkam, deſſen Tropfen klatſchend auf die großen Blätter ſchlugen und ſchließlich die ganze Vegetation unter dem Baume benetzten. Die Ur⸗ heber des ſeltſamen Regens waren viele Hunderte ſchwer zu entdeckender kleiner graugrüner 156 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Zikaden, die kolonnenweiſe, dicht gedrängt, an allen dünneren Aſten des Baumes ſaßen und wie auf Kommando gleichzeitig ihre flüſſigen Ausſcheidungen von ſich gaben. Recht ergiebig ſcheinen auch die Leiſtungen einer madagaſſiſchen, auf Bäumen lebenden Zikadenart, Aphro- phora goudoti Benn., zu ſein, die als Larven und als fertige Tiere große wäſſerige Flüſſig⸗ keitstropfen aus dem After abſcheiden. Goudot erzählt, daß er an einem warmen Tage im Laufe einer halben Stunde eine Flaſche „Waſſer“ von etwa 60 dieſer Inſekten erhalten konnte. Durch ihre ausgedehnte Saugtätigkeit an Kulturpflanzen werden manche Zikadenarten recht läſtig. Auch in Europa haben wir mehrere ſchädliche Zikaden zu verzeichnen, die aller⸗ dings umfangreiche Verwüſtungen des Pflanzenwuchſes glücklicherweiſe nur in ſeltenen Aus⸗ nahmefällen verurſachen. Schlimmer ſieht es in dieſer Hinſicht in anderen Ländern aus. In den Tropen haben namentlich die Zuckerrohrkulturen oft furchtbar unter kleineren Zikaden zu leiden, die in ungeheuren Scharen auftreten und die Anpflanzungen vollkommen zugrunde richten können. Das hiſtoriſche Land der Zikadenverheerungen ſind jedoch die japaniſchen Inſeln, von denen ſchon mehr als 30 verſchiedene Zikadenarten bekannt ſind, welche die für die dortige Bevölkerung ſo wichtigen Reispflanzen heimſuchen. In der japaniſchen Geſchichte ſtehen als beſonders bemerkenswerte Ereigniſſe etwa 18 verſchiedene Perioden von Hungers⸗ not verzeichnet, deren Urheber dieſe unſcheinbaren Reiszikaden geweſen ſind, welche manch⸗ mal in dichten Schwärmen nebelwolkenähnlich über die Felder fliegen und weit und breit alles verwüſten. „Unka“, der in Japan allgemein bekannte, volkstümliche Ausdruck für die Zikaden, iſt unter dieſen Umſtänden ein ſehr übelberüchtigtes Wort, es bedeutet wörtlich etwa Nebel oder Wolke. Auch mit Staubwolken werden die Zikaden verglichen und führen daher in manchen Gegenden den Namen Fujinſhi. Nach Matſumura, einem japaniſchen Entomologen, der dieſe für ſein Heimatland ſo überaus wichtigen Inſekten gründlichſt ſtudiert hat, ſind im Jahre 1897, als die Zikaden wieder einmal eine große Landplage in Japan bildeten, mehr als ein Drittel der Reisfelder ruiniert worden, wodurch ein Geſamtverluſt entſtand, der ſich auf 70 Millionen Jen (faſt 300 Millionen Mark) bezifferte. Foſſile Zikaden kennt man aus dem Lias. Sie gehören ſämtlich der auch jetzt noch be⸗ ſtehenden Familie der Fulgoridae an, die die niedrigſten Formen umfaßt, weil der Darm bei ihnen erſt eine unvollkommene Schlinge bildet. Die Fühler ſind bei den Fulgoriden unter⸗ halb der Augen oder in einer Ausbuchtung des inneren Augenrandes eingelenkt. Ihr zweites Grundglied iſt länger und dicker als das erſte und an ſeiner Unterſeite mit Sinnesorganen beſetzt. Unter den abenteuerlichen Geſtalten, an denen es in der Gruppe der Fulgoriden nicht fehlt, kann als eine der bekannteſten der Surinamenſiſche Laternenträger, Laternaria phosphorea L. (Fulgora), gelten, deſſen unförmiger, blaſenartig aufgetriebener Kopf eine gewiſſe Ahnlichkeit mit einer Laterne hat, ſo daß man dem Tiere früher ſogar ein Leucht⸗ vermögen zuſchrieb, das es in Wirklichkeit gar nicht beſitzt. Die faſt zweilappigen Unterflügel des grünlichgelben, etwa 8 em lang werdenden Laternenträgers ſind je mit einem großen, ſchwarzen Augenfleck verziert. Durch Wachsausſchwitzungen bekommt der Körper ſtellenweiſe eine kreideweiße Färbung. Der Europäiſche Laternenträger, Pseudophana europaea I., erreicht nur eine Länge von 8,75 mm und iſt ein grasgrünes Tierchen mit kegelförmig vortretendem Kopf und durchſichtigen, grüngeäderten Flügeldecken. Man kennt dieſe Art ſchon aus verſchiedenen Teilen Deutſchlands, trifft ſie aber am häufigſten im Süden und Südweſten unſeres Vaterlandes, wo ſie an warmen, ſonnigen Abhängen nicht ſelten iſt. Verbreiteter in Deutſchland iſt die Gerippte Minierzikade, Cixius nervosus L. se a re T 4 Zikaden: Fulgoridae. 157 Das 6—8 mm lange, braun gefärbte, an den Kopfrändern gelbe und an den durchſichtigen Flügeln braun gefleckte und punktierte Tierchen hat einen ſchmalen, mit Nebenaugen ver⸗ ſehenen Scheitel und eine rautenförmige, hochumrandete, von einer Längsleiſte halbierte Stirn, während die Fühler wie zwei kleine Knöpfchen unter den glotzenden Facettenaugen hervortreten. Die Weibchen ſcheiden am Hinterende kleine Flöckchen einer wachsartigen, weißen Maſſe ab, die ſich leicht abwiſchen läßt. Solche Wachsausſcheidungen können bei den Larven mancher ausländiſcher Fulgoriden einen ganz erſtaunlichen Umfang annehmen. Die Larve der auf S. 158 abgebildeten madagaſſi⸗ ſchen Purpurzikade, Flata rubra Sign., ſchleppt hinter ſich ein langes Büſchelrieſiger, ſchneeweißer, von ihrem Hinterleibe abgeſonderter Wachsfäden, welche dieſe überaus träge und langſame Larve ſo gut wie unkenntlich machen und daher wohl auch zu ihrem Schutze beitragen mögen. Ganz anders ſieht die Purpurzikade im fertigen Zuſtande aus. Dann iſt ſie ein bewegliches Tier, das dieſer Schutzeinrichtung nicht mehr bedarf, dafür aber f in ſeltener Schönheit prangt und mit den breiten, — III purpurroten Oberflügeln und den kriſtallhellen, ä von roſa Adern durchzogenen Hinterflügeln zu den ſchönſten Inſekten gehört. In Oſtaſien gibt es angeblich gewiſſe Flata⸗Arten, deren Larven zur Gewinnung des Wachſes von den Chineſen gezüchtet werden. Das Wachs einer indiſchen Art, Phromnia marginella Olw., ſoll aber in Garhwal ſeiner narkotiſchen Eigenschaften wegen als Genußmittel ſehr geſchätzt ſein. Die zum Verwandtſchaftskreis der Gattung 5 | Delphax F. gehörenden Fulgoriden haben im Ge⸗ Seesen Minte a a iger 2a 888 genfaß zu den bisher genannten Arten einen genen Jae ngen vr Aufertmen Sporn am Grunde der Hinterfüße. Uns inter⸗ eſſieren hier dieſe Tierchen deswegen, weil manche Schädlinge zu ihnen gehören, wie Liburnia furcifera Horv. (Delphax), ein unſcheinbares, 4—5 mm langes, vorherrſchend bräunlich gefärbtes Inſekt mit vier durchſichtigen Flügeln und gelblichen Flügeladern, das unter den japaniſchen Kleinzirpen, welche Reiskulturen befallen, als ſchlimmſter Feind gilt. Eine verwandte Art, Delphax saccharicida Westw., hat in Weſtindien wiederholt Ver⸗ heerungen in den Zuckerrohrpflanzungen angerichtet. Perkinsiella saccharicida Kirk. iſt eine kleine, nur 4—6 mm lange Fulgoride, die auf den Hawaiiſchen Inſeln das Zuckerrohr befällt. Ihre Heimat ſind freilich nicht dieſe Inſeln, ſondern höchſtwahrſcheinlich Auſtralien, doch wurden jene kleinen Zikaden ſchon Ende des 19. Jahrhunderts, und zwar, wie man annimmt, um das Jahr 1897, nach Hawai verſchleppt, haben ſich dort in kurzer Zeit rieſig vermehrt und raſch über die ganze Inſelgruppe ver⸗ breitet. Wie es heißt, ſind ſie inzwiſchen auch ſchon auf Java als Schädlinge aufgetreten. Haben die Perkinsiella-Zikaden das Zuckerrohr befallen, jo halten fie ſich vorzugsweiſe auf den Blättern auf und legen dort auch ihre Eier ab, die zu mehreren nahe der Mittelrippe — 158 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. unter die Oberhaut geſchoben oder in Halmknoten und unter die Blattſcheiden eingeſenkt werden. Die Einſtiche, an denen ſich ſolche Eiablagen befinden, färben ſich bald rot und find das erſte Zeichen des Befalles durch den Schädling. Kaum drei Wochen ſpäter ſind aus den Eiern die kleinen Zikadenlarven entſtanden, die ſcharenweiſe am Grunde der Blätter und an den ee jaugen, bis jie nach etwa fünf Wochen erwachſen find und ſich dann mehr zerſtreuen. Die Larven ſind es auch, die den Haupt⸗ ſchaden verurſachen, denn an den von ihnen beſetzten Pflanzen vergilben oder vertrocknen die Blätter, und die beim Saugen gemachten Stichwunden bilden Ein⸗ gangspforten für allerlei ſchädliche Pilze, durch welche die ſchon geſchwächten Pflanzen vollkommen zugrunde a gerichtet werden. Welchen gewaltigen Umfang die Verheerungen annehmen können, hat ſich beſonders der durch die Perkinsiella - Zikaden herbeigeführte Schaden auf 12 Millionen Mark berechnet worden iſt, ſo daß damals etwa der zehnte Teil der geſamten dortigen Zuckerrohrernte vernichtet wurde. Angeſichts dieſer Gefahr taten ſich die Zuckerrohrpflanzer zu ener⸗ giſcher Abwehr zuſammen. Eine eigene Verſuchs⸗ ſtation wurde begründet, um die Lebensverhältniſſe des Schädlings, ſeine Feinde und die beſten Wege zu »ñſeiner Vernichtung aufs genaueſte zu erforſchen, und mit Hilfe der reichlich zuſammengebrachten Mittel unter⸗ nahmen zwei Entomologen, Koebele und Perkins, eine Reiſe nach Auſtralien, der mutmaßlichen Heimat der Perkinsiella, und führten von dort eine ganze Anzahl von den natürlichen Feinden dieſer Zikade nach den Hawaiiſchen Inſeln ein. Einige Arten, beſonders ge⸗ wiſſe winzige Schmarotzer aus der Unterfamilie der Mymarinen (Paranagrus und Ootetrastichus beatus Perk.),. haben ſich auch in der Tat raſch eingebürgert und beſtens bewährt, ſo daß auf den Hawaiiſchen In⸗ purpurztköde, Plata rubra gion, und tore ſeln ſchon im Jahre 1906 der größte Teil der Zikaden⸗ dN we G Larve. eier von den kleinen Schmarotzerweſpen infiziert war und die Zikadenplage ſeitdem ſtark zurückgegangen iſt. In Deutſchland hat ſich als Getreideſ chädling gelegentlich Tettigometra obliqua Pans. bemerkbar gemacht, eine Art, die aber außer Roggen, Weizen und Hafer auch andere Pflanzen befällt und im Herbſt nach der Gele gewöhnlich an verſchiedenes Buſchwerk über⸗ zugehen ſcheint. Die Tierchen erreichen eine Länge von etwa 3,5 mm, find von graubrauner Farbe, auf den Oberflügeln mit einer ſchiefen dunkeln Binde verſehen. Das Schildchen trägt einen deutlichen roſtroten Fleck und die Stirn drei undeutliche rotgelbe Streifen. Sehr eigentümlich iſt das freundſchaftliche Verhältnis, das zwiſchen den Tettigometra⸗Zikaden und gewiſſen grauen und ſchwarzen Ameiſen, Formica cinerea Mayr und Lasius niger L., beſteht, welche nicht ſelten ihre Neſter gerade am Grunde von ſolchen Getreidehalmen haben, die auf den Hawaiiſchen Inſeln gezeigt, wo im Jahre 1903 = Südamerikaniiche Kleinzirpen. Stark vergrößert. 1) Sphongophorus ballista Germ. — 2) Hemiptycha punctata F. — 3) Combophora besckei Germ. — 4) Heteronotus clavatus Pert. — 5) Oeda inflata F. — 6) Lycoderes tintinnabuliferum Less. Sträuchern und im Geſtrüpp aufhält, zu den häufigſten Arten. Wenn weil es irgendeinem beliebigen Vorſprung an der Rinde oder einem Dornzikaden im Jahre 1882 in der Gegend von Trieſt den Weinreben Zikaden: Fulgoridae. Buckelzirpen. Cercopidae. 159 ſich von den Zikaden bevölkert zeigen. Letzteren tun, wie Torka beobachtete, die Ameiſen nichts zuleide, ſie dulden ſogar, daß die Zikadenweibchen zu ihnen ins Neſt hineinkommen und dort unten am Halm oder an einer freigelegten Wurzel der Getreidepflanze ihre Eier⸗ häufchen ablegen. Die aus den Eiern entſtehenden Zikadenlarven werden aber von den Ameiſen gehütet, im Neſt gelegentlich von einer Stelle zu einer anderen, beſſeren, geſchleppt und oft von Ameiſen umdrängt. Wie ſich gezeigt hat, iſt es den Ameiſen hierbei um die ſüßen, zuckerhaltigen Ausſcheidungen zu tun, welche die en, von ſich geben und die für die Ameiſen e * Die Budelzirpen en edge), bei denen die beiden Stirnaugen zwiſchen den Facettenaugen angebracht ſind, zeichnen ſich durch ſonderbare Geſtalten aus. Beſonders fällt an ihnen eine buckelartige, nach hinten gerichtete Verlängerung des Halsſchildes (Pro⸗ notum) auf, die manchmal ſo groß wird, daß ſie von oben den ganzen Hinterkörper bedeckt. In Europa gehört die Dornzikade, Centrotus.cornutus L., die ſich auf dieſes graubraune Tierchen regungslos auf einem Zweig ſitzt, jo iſt es, von welcher Seite man auch immer kommen mag, nur ſchwer zu bemerken, Pflanzendorn zum Verwechſeln ähnlich ſieht, denn nicht allein hinten läuft bei dieſer Art der Halsſchild in einen ſpitzigen, faſt bis an das Kör⸗ perende reichenden Dornfortſatz aus, ſondern iſt außerdem noch rechts und links mit je einem ſeitlichen Zacken beſetzt. Wachtl hat berichtet, daß die ſchädlich geworden ſeien und überhaupt dort den Namen „Weinteufel“ führen ſollen, und ebenſo iſt von verſchiedenen auf Java und Sumatra Dornzikade, Cen- vorkommenden Centrotus-Arten bekannt, daß fie allerlei Kulturpflanzen 5 re ze befallen und die jungen Triebe und Schößlinge teils durch Saugen, beſonders aber durch die bei der Eiablage gemachten Einſchnitte zum Abſterben bringen. Ihr hauptſächliches Verbreitungsgebiet haben die Buckelzirpen in den heißen Erd⸗ ſtrichen. Sehr reich an ihnen iſt das tropiſche Amerika, wo im Pflanzengewirr auf Ranken und Zweigen Kleinzirpen aus dieſer Gruppe leben, bei denen die Maskerade ſchon bis ins Übertriebene geſteigert iſt. Es ſieht ſo aus, als ob hier die Natur ihrer Laune mal ſo recht habe die Zügel ſchießen laſſen, denn irgendwelchen beſonderen Nutzen dürften die ſonder⸗ baren Körperfortſätze, die Zacken, Dornen und blaſenartigen Auftreibungen, wohl ſchwer⸗ lich für dieſe Tierchen haben, obwohl ſie ihnen natürlich auch nicht zum Nachteil gereichen werden. Einige der auffälligſten von ſolchen Knoten⸗ und Blaſenzikaden ſind im vergrößerten Maßſtabe auf der farbigen Tafel dargeſtellt worden. Bei den Cercopidae trägt die Vorderbruſt keine Anhänge. Der Kopfſcheitel iſt ab⸗ gerundet oder jederſeits in eine ſtumpfe Spitze vorgezogen. Die unter dem Scheitelrande zwiſchen den Augen entſpringenden Fühler haben zwei kurze Grundglieder und ein drittes, mit mehreren Sinnesgrübchen verſehenes Glied, das in eine mehr oder weniger deutlich gegliederte Borſte ausgezogen iſt. Zwei Mittelaugen ſind vorhanden. Die abgerundeten Hinterſchienen ſind außen mit zwei oder drei Dornen und am Ende mit einem Dornenkranz beſetzt. Eine der ſchönſten einheimiſchen Zikaden iſt die in Mittel⸗ und Weſtdeutſchland häufige 160 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Blutzikade, Triecphora vulnerata III. (Cercopis sanguinolenta), die lebhaft rot und ſchwarz gefärbt iſt und auf Kräutern und Stauden lebt. Die mit ihr verwandten Schaum⸗ zikaden erzeugen die als „Kuckucksſpeichel“ bekannten kleinen, ſchaumigen Ballen und Klümp⸗ chen, die man oft an Pflanzen haften ſieht. Eine der häufigſten Arten, deren Schaummaſſen an Blättern und Stengeln verſchie⸗ dener Kräuter hängen, iſt die Wieſenſchaumzikade, Philaenus spumarius L. (Ptyelus), ein im fertigen Zuſtand nur 5—6 mm langes Tierchen. Sein ſtumpfwinkeliger Scheitel iſt an der Spitze gewöhnlich mit 85 kleinen, nahe aneinanderſtehenden, ſchwarzen Flecken verſehen, unter denen zwei unregelmäßige, oft zuſammenfließende Querflecke ſicht⸗ bar werden. Die Fühler ſind gelb mit Ausnahme ihres dritten, ſchwarz gefärb⸗ ten Gliedes. Die wechſelnde Färbung der Ober⸗ und Unterſeite des Körpers hat bei dieſer Art ſchon zur Aufſtellung einer gan⸗ zen Reihe von Varietäten Veranlaſſung gegeben. Die Wieſenſchaumzikade beſitzt ein großes Verbreitungsgebiet und iſt nicht nur aus Europa, Mittelaſien, Sibirien und Japan bekannt, ſondern hat ſich auch in Nordamerika heimiſch gemacht. Nicht ſelten iſt bei uns auch Philaenus linea- tus L., welche kleine, an Gräſern ſitzende Schaumklümpchen erzeugt. Beim Zer⸗ teilen der klebrigen Schaummaſſe entdeckt man eine oder mehrere feuchtglänzende Zikadenlarven, die, im Schaum verborgen, vor den Nachſtellungen von Ameiſen und anderen Feinden geſichert ſind. Der Schaum trocknet erſt ein, wenn die Larven = ihre volle Größe erlangt haben und feine. Auduenfpeiäet der mielenfänumittabe ber, Nahrung mehr zu ſich nehmen. Das jer- tige Inſekt, das ſich nach fünf Häutungen aus der letzten Larvenhaut hervorarbeitet, bildet keinen Schaum mehr; es führt umher⸗ ſpringend oder fliegend ein unſtetes Leben und bedarf des Schutzmittels nicht, das die ſeß⸗ hafte, an einer und derſelben Stelle ſaugende Larve nötig hat. Über die Art und Weiſe, wie die Schaummaſſe entſteht, haben erſt Beobachtungen aus neuerer Zeit, namentlich von Sule, genauen Aufſchluß gegeben. Hiernach rührt die waſſerklare Grundſubſtanz, der Hauptbeſtandteil des Schaumes, von der Afterflüſſigkeit, d. h. von den flüſſigen Exkrementen der Larve, her, in denen beſondere Fermentſtoffe ent⸗ halten ſind. Sobald dieſe Flüſſigkeit über den Körper des immer kopfabwärts ſitzenden Tierchens ſtrömt, kommt ſie am ſiebenten und achten Hinterleibsringe mit Wachs, das dort von der Haut abgeſondert wird, in Berührung, und es wird dadurch die Zerſpaltung des Wachſes und die Entſtehung einer Art Seifenlöſung herbeigeführt. Sehr bald erhält letztere auch ihr ſchaumiges Gefüge, und zwar einfach dadurch, daß das Tierchen beim Ausatmen in großen Schaumklumpen an Weidenbüſchen auf, deren Triebe 27 Be Fa Aal TR REES Zikaden: Wieſenſ chaumzikade. Erlenzikade. Ohrzikade. 161 immer die verbrauchte Luft hineinperlen läßt. So dauert es nicht lange, bis die Larve voll- kommen von der Schaummaſſe eingehüllt wird. Will die Larve aber friſche Luft ſchöpfen, ſo kann ſie dies nur in der Weiſe tun, daß ſie zeitweilig ihre Hinterleibsſpitze mit den dort gelegenen Atemöffnungen an die Oberfläche der Schaummaſſe bringt. Von anderen Schaumzikaden aus dem europäiſchen Gebiete nennen wir die 9—11 mm lange, bräunliche Erlenzikade, Aphrophora alni Fall., deren Larven in großen Schaum⸗ haufen leben, die unten an den Stengeln oder an Wurzeln von Rubus⸗Arten und Ranunculus repens zu finden ſind. Die ausgewachſenen Zikaden kommen hauptſächlich auf Erlen, häufig aber auch auf Weiden und Pappeln vor und ſind an zwei großen weißen Flecken kenntlich, die durch eine ſchief verlaufende dunkelbraune Binde getrennt ſind. Die ungefähr ebenſo große, gleichfalls bräunliche, aber doch etwas ſchlanker gebaute Weidenſchaumzikade, Aphrophora salicis de Geer, iſt einfarbig oder höchſtens mit einem undeutlichen weißen ee = auf jeder Flügeldecke geſchmückt. Ihre Larven halten ſich geſellig infolge ihres Saugens vergilben und welk werden. Auch durch Ablage der Eier, die von den Weibchen gruppenweiſe unter die Rinde von Weidentrieben geſchoben werden, kann die Weiden⸗ ſchaumzikade ihre Nährpflanzen ſchädigen. Eine dritte, ſeltenere, durch das in der Mitte vertiefte Schildchen ausgezeichnete Aphro⸗ Phora-Art, die Rindenſchaumzikade, Aphrophora corticea Germ., hält ſich im fertigen Zuſtande an Nadelbäumen auf und ſcheint ihre Entwickelung, eingehüllt in Schaumklumpen, an erz ie beerpflanzen zu durchlaufen. Erlenzitabe, Aphrophora Sehr intereſſante Ptyelus⸗Larven kommen in Auſtralien F. mat en samen Begröfert auf Eukalyptusbäumen vor. Die Tiere ſitzen dort in eigentüm⸗ | lichen, feſten Gehäuſen aus kohlenſaurem Kalk, der in größerer Menge auch im Safte jener Bäume in gelöſtem Zuſtand enthalten iſt. So dürfte an der Urſprungsquelle des Kalkes kein Zweifel ſein, denn offenbar nehmen die Zikaden beim Aufſaugen des Baumſaftes den Kalk zu ſich und ſcheiden ihn mit ihren flüſſigen Exkrementen wieder aus, wo er dann an der Luft erſtarrt. Solche Kalkgehäuſe können bis zu 1,5 em Länge erreichen, fie find von verſchiedener Geſtalt, meiſt kegelförmig, zuweilen aber auch wie Schneckenhäuſer gewunden. Oben hat die Wohnung eine kleine Offnung, damit die kopfabwärts darinſteckende Larve zum Atemholen ihre Hinterleibsſpitze hervorſtrecken kann, und ebenſo iſt unten ein ſpalt⸗ förmiger Längsſchlitz angebracht, der es der Larve erlaubt, ihren Saugapparat hindurch⸗ zuſtrecken und ihn zum Saugen in die Rinde einzubohren. Durch ſonderbare Umgeſtaltung von Kopf und Vorderbruſt ſind die Ohrzikaden (Scaridae) ausgezeichnet, deren blattartig erweiterte Hinterſchienen an der unteren Hälſte mit Dornen beſetzt ſind, während die lederartigen Oberflügel von einem Netzwerk vor⸗ ſpringender Adern durchzogen find. Die auf S. 162 abgebildete Ohrzikade, Ledra aurita L., iſt eine der ſeltſamſten Erſcheinungen in der deutſchen Kerftierwelt. Der Kopf dieſes 13 bis 18 mm langen dunkelgrünen, bräunlich oder ſchwärzlich gefleckten und daher ſchmutzig er⸗ ſcheinenden Tieres iſt vorn in eine breite Platte verlängert. An den beiden Hinterrands⸗ ecken des Halsſchildes ragen aber zwei ohrförmige, ſchief nach außen gebogene Anhänge empor. In der Umgebung Berlins haben wir im Juni die Ohrzikaden ausgewachſen und Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. uU 162 Schnabelkerfe: Pilangenjauger. 8 als große Larven in Erlenbrüchen gefunden, wo ſie ſich mit ihrem flachen Kbrper en eng an S die ſchwarzgrünen Stämme anſchmiegten und daher leicht zu überſehen waren. Eine ſehr artenreiche, von den Entomologen lange Zeit hindurch mit Umecht vernach⸗ läſſigte Familie iſt die der Jassidae, deren Kennzeichen in den vor und zwiſchen den Facetten⸗ augen entſpringenden kurzen, dreigliederigen Fühlern beſteht, während die vierkantigen Schienen der Hinterbeine nur mit einer einfachen Dornenreihe beſetzt find. Die Jaſſiden gehören zu den häufigſten Kleinzirpen. Auf jeder Wieſe kommen zahlreiche Arten von dieſen in der Regel unſcheinbar gefärbten, graugrünen Tierchen vor, die zu vielen Hunderttauſenden an den Blättern und Halmen ihr unbeachtetes, aber doch nicht unwichtiges Daſein verbringen. Osborn, 5 1 Zeit ungefähr ebenſoviel Pflanzenſubſtanz wie durch eine weidende Kuh zerſtört werden kann. Wir nennen von dieſen Wieſenbewohnern nur ſehr verbreitete, 6—9 mm lange Grünzirpe, Tet- tigonia viridis L., deren gelblicher Hinterkopf außer den beiden Punktaugen zwei große ſchwarze Flecke trägt, während Bruſt und Flügel eine ſchöne blau⸗ faſſung zeigen. Von den landwirtſchaftlich ſchäd⸗ notata Fall. (Jassus), genannt werden, die im Mai und Juli gelegentlich ſchon zu Milliarden von benach⸗ barten Wieſen auf die Sommerſaaten übergegangen Dursttabe, Loara aurlia Z., unb ihre Bare iſt, Hafer⸗ und Gerſtenfelder völlig verwüſtete und ſelbſt an Futter⸗ und Zuckerrüben, an Kartoffeln, x Lupinen und anderen Kulturpflanzen arge Verheerungen angerichtet hat. Die befallenen an einem Erlenſtamm. Vergrößert. Pflanzen bekommen bald eine rötliche Färbung und werden trocken, ſo daß ſtark heim⸗ geſuchte Felder wie von Feuer verſengt ausſehen. In einzelnen Fällen ſind auch die Winterſaaten noch im Herbſte von dieſen Tierchen befallen worden, die alljährlich in zwei Bruten erſcheinen und nach einigen Beobachtungen es ſogar bis zu drei Bruten bringen. Die Zwergzikaden find etwa 3—3,5 em lang, von gelblicher Farbe mit ſchwarzen Zeich⸗ nungen und dachförmig über den Hinterleib geſchlagenen Flügeln. Die Eier werden unter die Oberhaut der Pflanzen eingeſchoben, und die ſchwarzbraunen Larven, die durch ihr Saugen ebenſo wie die erwachſenen Zikaden ſchaden, können ihre Entwickelung in etwa 4 Wochen durchlaufen. Die Überwinterung erfolgt in allen Stadien. An Roſen, ſeltener an Spalierobſt beobachtet man während des ganzen Sommers bis in den Spätherbſt hinein die kleinen Roſenzikaden, Typhlocyba rosae L. Sie erreichen nur eine Länge von etwa 3 mm; es ſind blaßgelbe oder grünliche, ſprungbereite Tierchen, die ſich am liebſten an den Blattunterſeiten aufhalten, wo jung und alt beieinander, namentlich längs der Mittelrippen, ſitzen und durch ihr Saugen weiße Flecke und Tupfen an den Blättern hervorrufen, die ein amerikaniſcher Kenner dieſer Zikaden, hat bee rechnet, daß durch die Scharen winziger Jaſſiden auf einer beſtimmten Fläche Weideland in der gleichen eine der auffallendſten Formen, die in Mitteleuropa grüne oder grasgrüne Färbung mit gelblicher Ein⸗ | lichen Zikaden mag die Zwergzikade, Cicadula se reer Zikaden: Jassidae. Singzikaden. 163 mitunter ſogar ganz weißſcheckig werden können. Die Eier der Roſenzikade werden in Triebe oder in Rindenritzen eingeſchoben und überwintern. Die Singzikaden (Cicadidae) ſind eine beſonders den wärmeren Ländern an⸗ gehörende, etwa 1100 Arten umfaſſende Familie mit den größten Vertretern unter allen Schnabelkerfen. Drei kleine Punktaugen ſitzen bei ihnen wie glänzende Glasperlchen oben auf der Scheitelmitte. An den zierlichen Fühlern laſſen ſich aber zwei dicke Grundglieder und eine feine, fünfgliederige Geißel unterſcheiden, die an der Unterſeite ihrer beiden erſten Glieder Sinnesorgane trägt. Die in der Ruhelage dachförmig geſtellten Flügel ſind meiſt glashell, von ſchwärzlichem Geäder durchzogen, bisweilen allerdings auch dunkelbraun ge⸗ färbt, ſo daß manche der größeren Arten mit ausgeſpannten düſteren Flügeln etwas Fleder⸗ mausartiges im Ausſehen haben. Die Singzikaden ſind hauptſächlich Bewohner warmer Länder, aber an den Baumwuchs gebunden, ſo daß ſie in den Steppen und Wüſten fehlen, während ſie in bewaldeten Gebieten oft in ungeheuren Mengen vorkommen. Beſonders reich ſind ſie im ſüdlichen und öſtlichen Aſien vertreten, wo die Rieſen der ganzen Zunft der Zikaden ihre Heimat haben. Wohl die größte von den dort lebenden Arten iſt die Kaiſerzikade, Pomponia imperatoria Westw., die ſich auf Borneo, Sumatra und den benachbarten Inſeln findet, und deren plumper, dicker, brauner Körper eine Länge von etwa 6,5 em erreicht, mit ausgebreiteten Flügeln aber etwa 18 em ſpannt. Diie auffallendſte Eigenſchaft dieſer Zikaden iſt zweifellos das Singvermögen. Im Gegenſatz zu vielen Heuſchrecken, die ihr Konzert vornehmlich in den Abendſtunden anſtimmen, ſcheint umgekehrt die vom wolkenloſen Himmel herunterſtrahlende Sonnenglut auf die Zi⸗ kaden anregend zu wirken und ſie zu lautem Zirpen anzuſpornen. Dies gilt beſonders für viele tropiſche Arten, wie wir auf den Bermudasinſeln zu beobachten Gelegenheit hatten. Treten wir dort in der regenloſen Dürrezeit, Schutz vor den Sonnenſtrahlen ſuchend, in ein Waldgebüſch, fo herrſcht vielleicht in den erſten Augenblicken lautloſe Stille, plötzlich dringen aber weithin ſchrillende Töne aus einem Baumwipfel, und faſt im ſelben Moment fallen ſchon Dutzende von anderen verborgenen Sängern ein, ſo daß mit einem Male der ganze Wald gellt von durchdringendem Geſchrill, das einige Sekunden andauert, plötzlich aber gleichzeitig abflaut oder verſtummt, um unmittelbar hernach wieder geradezu mit elementarer Gewalt aufs neue loszubrechen und in dieſer Weiſe ſtundenlang fortgeſetzt wird. Nur ſchwer gelingt es, die ſich geſchickt an Zweige und Aſte andrückenden und bei Gefahr ſofort an deren entgegengeſetzte Seite flüchtenden Sangeskünſtler zu erblicken, die ſämtlich männlichen Ge⸗ ſchlechts find. Der Singapparat befindet ſich bei ihnen am Grunde des Hinterleibes; dort bemerkt man rechts und links je einen von der Hinterbruſt ausgehenden Deckel (Operculum), unter dem eine dünne, irisartige Haut ausgeſpannt iſt. Zwiſchen ihr und der Irishaut der anderen Körperhälfte entſpringen zwei ſtarke Muskeln, die jederſeits durch einen dünnen Chitinſtab mit einer gewölbten Trommelhaut verbunden ſind. Bei den Zuſammenziehungen der Muskeln werden die beiden Trommelhäute in Schwingungen verſetzt, und es entſtehen hierbei laute, ſchrille Töne, deren Schall durch den große Hohlräume enthaltenden und gewiſſermaßen als Reſonanzboden wirkenden Hinterleib des Tieres ſehr bedeutend verſtärkt wird. Auch im Altertum waren die Singzikaden wohlbekannt, beſonders bei den alten Grie⸗ chen, die fie „Tettiges“ nannten. Ahnlich, wie man heutzutage Stubenvögel hält, um ſich an ihrem Geſange zu erfreuen, hielt man damals Zikaden in kleinen Binſenkäfigen. Unter den vornehmen Damen Athens war es, nach Milde, Brauch, eine goldene Zikade als Haarſchmuck 11 164 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. zu tragen, und eine auf einer Harfe ſitzende Zikade galt als Sinnbild der Muſik. Anakreon widmete ihnen ſeine 43. Ode, die von Ramler in folgender Weiſe wiedergegeben wird: „Glücklich nenn' ich dich, Zikade! Und die Sterblichen verehren Daß du auf den höchſten Bäumen, Dich, des Sommers holden Boten; Von ein wenig Tau begeiſtert, Und es lieben dich die Muſen, 8 Ahnlich einem König, ſingeſt. Und es liebt dich Phöbos ſelber; Dein gehöret all' und jedes, Er gab dir die klare Stimme; — 5 Was du in den Feldern ſchaueſt, Auch das Alter dich nicht dränget, Was die Jahreszeiten bringen; Seher, Erdgeborene, Sänger, Dir ſind Freund die Landbewohner, Leidenlos, ohn' Blut im Fleiſche — Weil du keinem lebſt zuleide. Schier biſt du den Göttern ähnlich!“ Recht unhöflich klingt aber der Ausſpruch des Renarchos aus Rhodos: „Glücklich leben die Zikaden, Denn ſie haben ſtumme Weiber.“ Virgil ſeufzte über ihre Töne, die durch das Gebüſch „gellen“, und ein Berichterſtatter aus ſpäterer Zeit, Shaw, ſchreibt: „In den heißen Sommermonaten verurſachen beſonders vom Mittag an bis gegen Abend die Zikaden ein ſo unbändiges Gezirp und einen ſo unangenehmen Lärm, daß die Ohren davon gellen. Sie ſind in dieſer Hinſicht die läſtigſten und unverſchämteſten Kerfe, welche, auf einem Zweige ſitzend, oft 2 oder 3 Stunden ohne Aufhören quarren und das Nachdenken oder die kurze Ruhe ſtören, denen man ſich in dieſen heißen Himmelsſtrichen (Berberei) um dieſe Stunden zu überlaſſen pflegt. Die Tettix der Griechen muß einen weſentlich anderen, ſanf⸗ teren und ohne Zweifel melodiſcheren Laut gehabt haben, ſonſt könnten Homers vortreff⸗ liche Redner, welche man mit den Zikaden verglichen hat, nichts anderes als laute, ſchwatz⸗ hafte Schreier geweſen ſein.“ Taſchenberg bemerkt hierzu: „Es gilt hier genau dasſelbe, was bereits früher von unſeren heimiſchen Grashüpfern geſagt wurde: jede Art ſpielt ihre Weiſe auf, von der Menge der Muſikanten, der zeitweiligen Stimmung und der muſikaliſchen Bildung des Hörers hängt der Eindruck ab, welchen das Konzert auf ihn hervorbringt.“ Die Lebensgeſchichte der Zikaden iſt vorläufig am beſten von der nordamerikaniſchen Siebzehnjährigen Zikade, Tibiecina septemdecim L., bekannt, von der ſchon die In⸗ dianer behaupteten, daß ſie alle 17 Jahre erſcheinen ſoll. Wie die Forſchungen amerikaniſcher Gelehrter erwieſen haben, iſt dies tatſächlich richtig und trifft wenigſtens für die weiten, öſtlich von den Rocky Mountains gelegenen, mit Laubhölzern beſtandenen Gebiete zu, wo jedes ſieb⸗ zehnte Jahr einen Zikadenſommer bringt, in dem es von Zikaden wimmelt, ähnlich, wie ſich bei uns die Maikäferjahre periodiſch wiederholen. In den ſüdlichen Staaten iſt unter dem Einfluß günſtigerer klimatiſcher Bedingungen die Entwickelungsdauer abgekürzt und wird zu einer 13jährigen, fo daß es dort eine beſondere 13jährige Raſſe, Tibieina tredecim Nil. Walsh., gibt, die in einzelnen Gebieten auch zuſammen mit der 17jährigen Hauptraſſe vorkommt. Dieſes berühmte Inſekt, die „seventeen year locust“ oder „‚periodical cicada“, wie es in Amerika heißt, erreicht eine Länge von etwa 3,8 — 3,9 em mit einer Flügelſpannung von etwa 8 em, iſt ſchwarz mit roten Zeichnungen am Hinterleib, mit orangeroten Augen und am Grunde der farbloſen Flügel rot gefärbten Flügeladern ſowie rotem Flügelvorderrand. Die Größe iſt nicht immer die gleiche, denn gelegentlich treten Zwergformen var. cassinii Fisher auf, die ſich mit den normalgroßen Tieren nicht paaren können. Im erwachſenen Zuſtande halten ſich die Zikaden in den Baumkronen auf, ſaugen bald hier, bald dort an Zweigen und Trieben verſchiedener Laubhölzer, ohne damit aber merk⸗ lichen Schaden anzurichten, und führen das Leben in luftiger Höhe, das weniger der Nah⸗ rungsaufnahme als dem Geſange und der Liebe gewidmet iſt, etwa 5—6 Wochen hindurch. Ausichlüpfende Siebzehnjährige Zikade. Nach Photographien von Doubleday, Page u. Co. in Neuyork. 1. Die reife Carve klettert an einem Baum 2. Ihre Rückenhauf platzt mit einem Längs- empor und verankert fich an einer geeigneten riſſe auf. Stelle. 3. Aus der Larvenhülle arbeitet fich der noch 4. Diefer beugt fich zunächit horizontal nach ungefärbte Körper der Zikade allmählich hervor. rückwärts. 5. Durch drehende und pendelnde Bewegungen ſchiebt fich das junge Tier immer weiter aus der Larvenhülle heraus. 7. Die Flügel wachien, trocknen und erhärten an der £uft. 6. Schließlich ift auch der Hinterleib frei ge- worden. 8. Das fertige Tier erklimmt die Spitze eines Zweiges und beginnt feinen Zirpgeſang. A Ah 2, 1 Zikaden: Siebzehnjahrzikade. Eſchenzikade. Bergzikade. 165 Inzwiſchen benutzen ſchon die Weibchen ihre ſtarke Legeröhre, um dünne Zweige der Länge nach aufzuſchlitzen und in den ſo hergeſtellten Spalt ihre länglichen weißen Eier einzuſchieben. Aus den Eiern werden nach weiteren 6—7 Wochen weißliche, anfangs faſt ameiſenartig aus⸗ ſehende Larven, die ſich zu Boden fallen laſſen oder ſchon unten aus den brüchig gewordenen, vom Winde herabgeſchleuderten Zweigen hervorkriechen und ſich mit ihren zu Grabfüßen umgebildeten Vorderbeinen oft metertief in das Erdreich einbohren. Dort ſaugen fie an Baumwurzeln und wachſen dabei ſo langſam heran, daß ſie erſt im ſiebzehnten Jahre ihre volle Größe erlangt haben. Während dieſer Zeit häuten ſie ſich nur viermal, und Jahre ver⸗ gehen immer, bevor eine ſolche Larve von einer Häutung zur nächſtfolgenden ſchreitet. Die reifen, manchmal auch „Nymphen“ oder „Puppen“ genannten Larven bohren ſich dann wieder aus dem Erdreich hervor, wobei ſie unter Umſtänden an der Oberfläche förmlich einen kleinen Erdkegel aufwerfen, kriechen aus deſſen Spitze heraus und klimmen an irgendeinem benach⸗ barten Baumſtamm langſam empor, um ſich an deſſen Rinde anzuklammern. Bald hernach platzt ihre bräunliche Haut in der Rückenmitte auf, und die geflügelte, anfangs noch weiß gefärbte Zikade kommt zum Vorſchein (f. die Tafel). Die leeren, braunen Puppenhülſen der Zikaden ſieht man aber noch lange an Stämmen und Baumäſten hängen. Leider ſteht zu befürchten, daß die Amerikaner ſich des Naturſchauſpiels, das ein Zikadenjahr mit ſeinen Tauſenden und Abertauſenden ſangesfroher Inſekten bietet, nicht mehr lange zu erfreuen haben werden, denn die fortſchreitende Kultur, die Verwüſtung der Wälder und nicht zum geringſten die Ausbreitung des europäiſchen Sperlings in Amerika, der ein eifriger Vertilger der Siebzehn⸗ jährigen Zikade iſt, dezimieren die Scharen dieſer Inſekten derartig, daß es aller Wahrſchein⸗ lichkeit nach in nicht ſehr ferner Zeit zu ihrer faſt völligen Ausrottung kommen wird. Singzikaden gibt es auch in Europa. Im Mittelmeergebiete lebt die noch bei Wien gefundene Eſchenzikade, Tettigia orni L., die auch als Mannazikade bekannt iſt, weil ihr Stich an der Manna⸗Eſche (Fraxinus ornus) gelegentlich die Ausſchwitzung des ſüßen, zuckerhaltigen Baumſaftes verurſachen ſoll, der im verdickten, eingetrockneten Zuſtande zur Manna wird. Der graubraune Körper iſt bei dieſer Zikade gelb gefleckt und weißlich behaart. Die zweizähnigen Vorderſchenkel ſind ſchwach entwickelt, jeder Vorderflügel hat auf durch⸗ ſichtigem Grund elf braune Punkte. „Wer einmal im Sommer oder Herbſtin Südtirol weilte“, jagt Hüeber, „wird ſich des lebhaften Geſangs der Zikaden, von den Tirolern ‚Tichigallen‘ genannt, wohl erinnern; wahrſcheinlich glückte es ihm dabei nie, das betreffende Inſekt nur zu Geſicht zu bekommen, geſchweige denn zu fangen, da ſich die graue Schutzfarbe der Zikade kaum von den gleichfarbenen Weinbergpfählen abhebt, und da das ſcheue Tier bei jedem Annäherungsverſuch nicht bloß verſtummt, ſondern auch raſch und geräuſchlos flüchtet.“ Eine in ganz Deutſchland verbreitete, auf Laub⸗ und Nadelholz vorkommende Sing⸗ zikade iſt die Bergzikade, Cicadetta montana Scop., ein mit Einrechnung der Flügel nur etwa 23—28 mm langes Tierchen, das namentlich in Süddeutſchland zu Haufe iſt, aber auch noch im ſüdlichen Skandinavien gefunden wird. Nach Hüeber bewohnt unſere heimiſche Sing⸗ zirpe am liebſten Eichbäume, läßt aber ihren Geſang auch von Kirſch⸗ und Pflaumenbäumen, ja ſelbſt von Brombeergebüſch ertönen, findet ſich aber immer nur an den ſonnigſten Plätzen und an ſüdlich gelegenen Hängen. Letzner traf im Jahre 1884 die Bergzikade in Schleſien im Oswitzer Walde an, wo das Tier an den Stämmchen der etwa 3—4 m hohen Birken⸗ ſträucher ſaß, den Kopf bald auf⸗, bald abwärts gerichtet. Immerhin muß die Art als ſelten angeſehen werden. Hüeber ſagt ganz mit Recht, daß dieſes Inſekt noch ſchwerer lebend zu fangen ſei als ſeine flüchtigen ſüdlichen Genoſſen, und „mancher Entomologe bekommt ſein [2 166 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Lebtag kein ſolches Tier lebendig zu Geſicht, das man in ſeltenen Fällen an einem naßkalten Morgen erſtarrt am Boden finden kann“. Den Geſang dieſer Zikaden ſchildert Hüeber folgendermaßen: „Wenn dieſe Singzirpen ſich in größerer Geſellſchaft vorfinden, ſo ver⸗ ſchmelzen die lauten Töne der ſingenden Männchen ſo ineinander, daß nur ein einziger, ununterbrochener Ton durch die Luft getragen wird, weil jeder einzelne der vielen Sänger ſtets nur ein und denſelben gleichhohen Ton hervorbringt, und zwar gibt jedes Männchen dieſen Ton in ſchneller Aufeinanderfolge etwa 10—12mal von ſich und wiederholt dann dieſen eintönigen Triller nach kurzer Unterbrechung immer wieder von neuem.“ = | Im Gegenſatz zu Cicadetta Am., bei der drei Dornen an den Vorderſchenkeln vor⸗ kommen, iſt eine andere deutſche, bisher allerdings erſt im Südweſten beobachtete Art von Singzikaden, Tibicina haematodes Scop., ein ſtattliches, mit den Flügeln 45 mm meſſendes Inſekt, an den Vorderſchenkeln nur mit zwei Dornen ausgeſtattet. In den fränkiſchen Wein⸗ bergen am Main ſind die Zikaden dieſer Art unter dem Namen „Lauer“ bekannt. 2. Tribus: Blattflöhe (Psyllina). Die Blattflöhe (Psyllina) erinnern in ihrem Körperbau an die Zikaden. Die zarten, kleinen Tierchen halten ſich auf Blättern, grünen Trieben, Blüten oder an Baumrinde auf und bewegen ſich mit ihren dünnen, mäßig langen, in zwei Fußgliedern endigenden Beinen ſchreitend weiter, können aber auch ſpringen. Die langen, fadenförmigen Fühler beſtehen meiſt aus zehn Gliedern. Der Kopf trägt außer den beiden zuſammengeſetzten Augen noch drei Stirnaugen. Die vier Flügel ſind durchſichtig und haben ein ſpärlich entwickeltes Geäder. Der aus zehn Ringen beſtehende Hinterleib läßt beim Männchen deutlich die Geſchlechtsanhänge erkennen; der Darm bildet eine Schlinge. Eine der wichtigſten Arten unter den Blattſtohen iſt der Birnſauger, Psylla pyrisuga Först., ein unanſehn⸗ liches, 2,5 bis gegen 4 mm langes Inſekt mit zwei kleinen Stirnhöckern, deren Grund rötlich und deren Spitze weißlich gefärbt iſt. Nach der Überwinterung in Rindenritzen find die Birnſauger ſchon im erſten Frühjahr zur Stelle, paaren ſich und heften ihre orangeroten, geſtielten und mit einem langen flopes, Pavila pprlesle Put. Star: Anhange verſehenen Eier an die Unterſeite junger Blätt⸗ Wee 5 chen oder an Blüten und Zweige. Die nach 1—2 Wochen ausſchlüpfenden gelblichen Jungen ſaugen ſich an zarte Triebe an, ſind flach und breit und erreichen nach mehreren Häutungen das ſogenannte Nymphenſtadium, in dem ſie auffallend große, ſchuppenartige Flügelſcheiden haben. Der Schädling, der bei genügender Wärme mehrere Bruten im Jahre haben kann und durch ſein Saugen Triebe und Zweige zum Abſterben bringt, iſt im ganzen ſüdlichen und mittleren Europa verbreitet. Eine verwandte Art, Psylla pyricola Först., richtet alljährlich in Amerika in den ausgedehnten Obſtzüchtereien großen Schaden an. Am ſchlimmſten haben die Birn⸗ ſauger im Jahre 1891 im Staate Maryland gehauſt, wo ſie viele Tauſende wertvoller Birn⸗ bäume ertraglos machten. Die von Pilzfäden durchſetzten Exkrementmaſſen der Birnſauger bedeckten die Stämme von oben bis unten als zähe, klebrige Schicht, die ſich nur mühſam durch Abwaſchen und Abkratzen von den Bäumen wieder entfernen ließ. Der Apfelſauger, Psylla mali Schmadt, der dem 3 ſehr nahe ſteht, bleibt Blattflöhe. Mottenläufe 167 durchſchnittlich etwas kleiner, die Färbung ift grüngelblich, der Rücken des Weibchens rot. In der Lebensweiſe beſteht der wichtigſte Unterſchied darin, daß die Überwinterung bei dieſer Art im Eizuſtande ſtattfindet. Die im Frühjahr ausſchlüpfenden Jungen ſaugen gern an den Blütenknoſpen und zerſtören dieſelben oder befallen junge Blättchen, die infolge⸗ deſſen weiße Flecke und ein welkes Ausſehen bekommen. Im Mai oder Juni ſind die Larven ſchon ausgewachſen und vermehren ſich, ſo daß bereits im Hochſommer eine zweite Brut entſtanden iſt, deren Tiere im Spät⸗ herbſt nach der Eiablage ſterben. An jungen Erlentrieben zeigen ſich die in weiße wollige Wachsfäden eingehüllten Larven von Psylla alni L., die beſonders im Frühling manchmal in dicken Klumpen in den Blattachſeln zuſammenſitzen. Die Lar⸗ ven des im Mittelmeergebiete ſchädlich wer⸗ denden Olivenſaugers, Euphyllura oli- vina Cost., hüllen die blütentragenden Oli⸗ venzweige bisweilen ganz mit dem weißen | An Flaum ihrer Wachsausſcheidungen ein. Weibchen des BirnblattfloHes, Paylia pyrieola Fürst. Gallenerzeuger find unter den einheimiſchen er begeben nc e, de ort 10s. Arten der Neſſelſauger, Trioza urticae L., der Blattgallen an Brenneſſeln hervorruft, ſowie der Binſenfloh, Livia juncorum L. Letzterer iſt ein etwa 2,25 mm meſſendes braunes, an Kopf und Mittelleib roſtgelbes Tier- chen, das in der Mitte weiße, an der Spitze ſchwarze Fühler hat. Der Binſenfloh hält ſich in den Blüten verſchiedener Binſenarten auf und überwintert, nach Taſchenberg, unter Laub. Nach der Paarung im Frühjahr beginnt das Weibchen „im Mai mit dem Legen der Eier, braucht lange Zeit dazu, die denſelben entſchlüpften Larven entwickeln ſich ſehr lang⸗ ſam, ſo daß die jüngeren in den Mißbildungen der Binſen überwintern“. 3. Tribus: Mottenläuſe (Aleurodina). Die Mottenläuſe (Aleurodina) führen wir hier, der neueren Syſtematik folgend, als eigene Tribus auf, während ſie früher mit den Schildläuſen vereinigt wurden. Es ſind ſämtlich mit feinem, weißem Wachsſtaub mehlig bepuderte zarte, kleine Tierchen, die im fertigen Zuſtande in beiden Geſchlechtern vier verhältnismäßig große Flügel haben, deren vordere von zwei, deren hintere gewöhnlich nur von einer Längsader durchzogen werden. Der Kopf trägt außer zwei nierenförmigen, aus einer getrennten oberen und unteren Hälfte beſtehenden Facettenaugen zwei Punktaugen. Die Fühler ſind ſiebengliederig, und die zweigliederigen Füße enden mit zwei Krallen. Ziemlich kompliziert iſt die Entwicke⸗ lung, denn es laſſen ſich bei den Mottenläuſen vier verſchiedene Larvenſtadien unter- ſcheiden. Im erſten Stadium können ſich die mit dreigliederigen Fühlern verſehenen Larven noch frei bewegen und kriechen mit ihren kurzen, mit eingliederigen Füßen aus⸗ geſtatteten Beinen langſam umher. Während der drei folgenden Stadien geht aber die Bewegungsfähigkeit den Larven verloren, die jetzt eine ſtark abgeflachte Geſtalt annehmen, ſich feſtſaugen und nur noch eingliederige Fühler haben, während ihre winzigen Beinchen wie bei Aleurodes Latr. in einen kleinen Saugnapf, bei anderen Arten in eine kleine “ i 168 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Kralle endigen. Das letzte von dieſen bewegungsunfähigen Larvenſtadien Wan bei den Mottenläuſen meiſt als Puppe bezeichnet. 2 Zu der einzigen Familie der Aleurodidae gehören mehrere Schädlinge, unter denen die ſogenannte „Weiße Fliege“ oder Orangenfliege, Aleurodes citri Rel. How., wohl einer der wichtigſten iſt. Das kleine weiße, kaum 1,5 mm lange und mit auägelreiieler Flügeln 2,3 mm ſpannende Inſekt zeigt ſich beſonders in Gewächshäuſern an den Blättern von Orangen, Zitronen und anderen Citrus⸗Arten, kommt in den großen Orangenkulturen in Kalifornien und anderen ſüdlichen Ländern auch im Freien vor und kann leicht zu einer großen Plage werden. Auch andere tropiſche Gewächſe, wie Gardenia jasminoides, Melia und Kaffee, werden gelegentlich befallen. Die beiden Geſchlechter laſſen ſich leicht unter⸗ ſcheiden, denn beim Männchen trägt der ſchmale, hinten mit Klammereinrichtungen verſehene Hinterleib ein Büſchel von weißen Wachsfäden. Die Lebensgeſchichte der Weißen Fliege ſpielt ſich nach den Unterſuchungen amerikaniſcher Forſcher folgendermaßen ab. Die Tierchen überwintern im letzten Larvenſtadium, pflegen aber ſchon zeitig im Frühjahr, etwa im April, ihren Reifezuſtand zu erlangen und ſich fortzupflanzen. Jedes Weibchen legt hierbei un⸗ gefähr 25 glänzende kleine, geſtielte Eier an die jungen Blätter der Nährpflanzen ab. Zwei Wochen ſpäter kommen die jungen, zunächſt noch ſehr lebhaften Larven zum Vorſchein, werden aber bald ſeßhaft und durchlaufen ihre weitere Entwickelung in einer feſten Haut oder „Puppenhülſe“, die zum Schluß faſt vollkommen durchſichtig wird, ſo daß man im Inneren das fertige Inſekt mit ſeinen Flügeln, Beinen und ſonſtigen Körperanhängen ſchon ganz deutlich erkennen kann. Werden die Weißen Fliegen durch mildes Klima begünſtigt, wie beiſpielsweiſe in Florida, fo kommen im Laufe des Jahres drei Bruten zuftande. Die Heimat von Aleurodes eitri ſcheint Aſien zu fein, beſonders Indien und die warmen Gebiete von China und Japan, in denen das Inſekt bisher aber noch niemals in ausgedehntem Maße als Schädling hervorgetreten iſt, wahrſcheinlich weil es dort zur Genüge durch ſeine natürlichen Feinde in Schach gehalten wird. Fehlen letztere aber, wie dies in unſeren Warm⸗ häuſern und in Amerika der Fall iſt, ſo nehmen die Weißen Fliegen bald in unheimlicher Weiſe überhand. Man hat ſie ſchon in ſolchen Maſſen auftreten ſehen, daß die Blätter, und zwar ganz beſonders die Blattunterſeiten, an denen dieſes Ungeziefer ſich ganz beſonders anzuſiedeln liebt, dick wie mit weißem Mehl beſtreut ausſahen, und in Florida hat man ſchon an einem einzigen Blatte bis zu 20000 Eier dieſes Schädlings gezählt. Die befallenen Pflanzen ver⸗ kümmern und kränkeln, werden aber nicht allein durch das Saugen der Aleurodes geſchwächt, ſondern auch ganz beſonders durch Rußpilze geſchädigt, die auf den maſſenweiſe ausgeſchie⸗ | denen Entleerungen der Schädlinge wuchern. Der Fruchtertrag geht unter Diese} Umſtänden raſch zurück und die eingeernteten Früchte ſind geſchmacklos und minderwertig. In Florida, in deſſen ausgedehnten Orangenkulturen dieſes Ungeziefer ganz beſonders arg gehauſt hat, iſt neuerdings ein eigenartiges Verfahren erſonnen worden, das wenigſtens den Vorzug hat, eine radikale Vertilgung der verhaßten Weißen Fliegen zu ermöglichen, denen mit ſonſtigen Bekämpfungsmitteln nur ſchwer beizukommen iſt. Man überſpannt dort ganze Bäume oder kleine Baumgruppen mit einem rieſigen, allſeitig feſt ſchließenden Leinwandzelt und bringt unter dieſem Blauſäuredämpfe zur Entwickelung, die in kurzer Zeit alles Getier, was ke in dem umſchloſſenen Raume aufhält, mit unfehlbarer Sicherheit töten. Unter den europäiſchen Arten ſaugen die Kohlmottenlaus, Aleurodes brassicaeWalk., 3 und die Erdbeermottenlaus, Aleurodes fragariae Walk., im Sommer an der Unterſeite von Kohl⸗ oder Erdbeerblättern; dieſe Arten ſowie die im Mittelmeergebiet ſehr verbreitete Mottenläuſe. Blattläufe. 169 Oliv enmottenlaus, Aleurodes olivinus Silv., werden faſt immer von kleinen Schmarotzer⸗ weſpen ſo ſtark dezimiert, daß 25 nicht in beſorgniserregender Weiſe überhandnehmen können. 4. Tribus: Pflanzenläuſe (Aphidina). Die Blattläuse, Afterblattläuſe und Schildläuſe, die wir hier, Börner folgend, als Pflanzenläuſe (Aphidina) zuſammenfaſſen, ſind kleine Inſekten, bei denen der Bruſt⸗ abſchnitt nicht ſo feſt und einheitlich wie bei den übrigen Gruppen von Pflanzenſaugern gebaut iſt. Der Kopfſchild iſt für ſich chitiniſiert und durch weichere Haut mit den übrigen Hartteilen des Kopfes verbunden. Die Mittelhüften ſtehen weiter auseinander als die Vorderhüften. Auch die Hinterhüften ſind deutlich voneinander getrennt. Im übrigen ſind aber alle Beinpaare untereinander ziemlich gleichartig und können zum Springen nicht benutzt werden. Die Fühler ſind fadenförmig, ihre beiden Schaftglieder meiſt knopfförmig geſtaltet. Kaum haben die Strahlen der wärmenden Frühlingsſonne das erſte zarte Grün in der Natur hervorgezaubert, ſo ſiedeln ſich auf den noch gar nicht einmal fertig entfalteten Blättern auch ſchon Blattläuſe (Aphididae) an. Anfangs find es immer nur ganz wenige, ſehr bald nimmt aber ihre Zahl zu, und nicht lange dauert es, ſo ſitzen die Läuſe mit ihren häßlichen, plumpen, grünen, gelblichen oder ſchwärzlichen Leibern geradezu ſcharenweiſe auf den Gewächſen. Der Ausdruck „Blattlaus“ iſt dabei für dieſe Art von Ungeziefer kaum aus⸗ reichend, denn Blattläuſe kommen nicht nur auf Laubblättern verſchiedenſter Art vor, ſie befallen auch Nadeln von Koniferen, bewohnen Baumrinde, fühlen ſich auf Stengeln, Halmen oder Blüten von Gräſern und Kräutern wohl oder ſiedeln ſich ſogar im Dunkeln unterirdiſch auf Wurzelwerk an, ſo daß es eigentlich kaum einen Teil an phanerogamen Gewächſen gibt, der gegen ihre Angriffe ganz geſichert wäre. Unter den baumartigen Pflanzen bleiben nur wenige vollkommen von Blattläuſen verſchont, wie der Flieder und der Hartriegel (Cornus mas). Farnen, Schachtelhalmen wie überhaupt allen Kryptogamen fehlen die Blattläuſe gänzlich. Die Aphididen find langſame Tiere, die mit ihren ſchlanken Beinen bedächtig umher⸗ ſpazieren können, in der Regel aber ſtill ſitzen und ihren dünnen, meiſt viergliederigen Schnabel zum Saugen anſetzen. Ihre Fühler beſtehen gewöhnlich aus ſechs Gliedern, wobei ſich der ſchmale, borſtenförmige Endteil des letzten Fühlergliedes ſcharf abzuſetzen pflegt. Die Facettenaugen ſind groß und drei Punktaugen in der Regel auf dem Scheitel ſichtbar. Die Trägheit der Blattläuſe und ihre geringe Neigung, zu anderen Plätzen ſich zu bewegen, haben eine gewiſſe Geſelligkeit zur Folge, denn die Jungen entfernen ſich nicht weit von den Alten, ſondern vermehren ſich meiſt wieder an Ort und Stelle, und ſo dauert es denn gewöhnlich nicht lange, bis eine kleine Blattlauskolonie zuſtande gekommen iſt, deren Ent⸗ ſtehung wir in ihren Einzelheiten vielleicht am beſten bei der Roſenblattlaus, Macro- siphum rosae L. (Siphonophora), verfolgen können. N Jeder Roſenzüchter kennt dieſes häßliche Ungeziefer. Beſonders an den Triebſpitzen und Knoſpen unſerer Gartenroſen oder auch auf den Blättern ſelbſt halten ſich dieſe Schäd⸗ linge auf. In ganzen Scharen hauſen ſie dort beiſammen, alles ziemlich dickleibige, aber dünn⸗ beinige längliche Tiere von verſchiedener Größe. Die Jungen, die überall zwiſchen den Alten ſitzen, ſind kleiner und plumper als die Erwachſenen; die Fühler ſind bei ihnen erſt fünf⸗ gliederig, bei den Alten ſechsgliederig. Von dem langen, am hinteren Kopfrande ent⸗ ſpringenden Schnabel werden die Saugborſten tief in das zarte Pflanzengewebe eingebohrt, um die Zellſäfte aufzupumpen und in die Speiſeröhre zu befördern, eine Tätigkeit, die die Lebensaufgabe der Blattläuſe bildet und der ſie ſich daher mit größter Ausdauer hingeben. 170 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Hinter den Fühlern hat je ein dunkles Höckerchen ſeinen Platz, das mit Hilfe einer Lupe ſich ganz gut als Facettenauge zu erkennen gibt. Auch die drei auf dem Scheitel ſtehenden Punkt⸗ augen find leicht zu bemerken. Am auffallendſten find aber zwei bei der Roſenblattlaus be⸗ ſonders ſtark entwickelte, bei vielen anderen Aphididen gleichfalls vorkommende hörnchen⸗ artige Fortſätze, die Rückenröhren (Corniculae), die auf dem ſechſten Hinterleibsringe ſitzen. Sie ſind beweglich, ſtehen gewöhnlich aufgerichtet und dienen der Laus, wie wir ſpäter ſehen werden, zur Verteidigung. Schließlich iſt auch noch das Schwänzchen zu erwähnen, ein klei⸗ ner, etwas ſäbelförmig gebogener, an der Hinterleibsſpitze entſpringender Fortſatz, der die Roſenblattläuſe im ausgewachſenen Zuſtande kennzeichnet, bei den Jungen im erſten Lebens⸗ ſtadium aber noch fehlt und ſich erſt im Laufe der ſpäteren Stadien allmählich entwickelt. Wer ſolche Roſenblattläuſe beobachtet, wird zwei verſchiedene Varietäten unter ihnen finden können, dunkelgrüne und braune, die ſich aber beide in ihrer Fortpflanzung überein⸗ ſtimmend verhalten. Sie kommen im Frühjahr aus überwinterten Eiern, und zwar ſchlüpft aus jedem ſolchen Ei eine winzige Laus, die unter günſtigen Umſtänden ſchon im Laufe von etwa 10 Tagen nach viermaliger Häutung ausgewachſen iſt und nun zur Stammutter (Fundatrix) einer neuen Blattlauskolonie wird. Die Stammutter iſt gänzlich ungeflügelt, ihre Sinnesorgane ſind weniger ausgebildet als bei ihrer künftigen Nachkommenſchaft, und ſelbſt der innere Körperbau ſteht bei der Stammutter inſofern auf einer unvollkommenen Stufe, als eine Samentaſche zur Aufnahme von Samen und Kittdrüſen zum Ankleben von Eiern fehlen. Dieſe Organe ſind aber für die Stammutter deswegen entbehrlich, weil ſie als jungfräuliche Mutter Nachkommenſchaft erzeugen kann. Ihre lebend zur Welt gebrachten Jungen wachſen raſch heran und können ebenfalls ſchon wieder nach 10 Tagen zu neuen jungfräulichen Müttern einer zweiten Blattlausgeneration heranreifen, die ſich in genau der gleichen Weiſe wie ihre Stammutter vermehren, von der ſie ſich körperlich nur wenig unter⸗ ſcheiden. So folgt der zweiten Generation bald eine dritte Blattlausgeneration, und es kann während der ganzen wärmeren Jahreszeit Brut auf Brut von jungfräulichen, lebendig ge⸗ bärenden Müttern aufeinanderfolgen. Im Laufe der Zeit tritt in der Vermehrung aber doch eine gewiſſe Anderung ein, dark es bilden fich, und zwar bisweilen ſchon an den jungen Nachkommen der Fundatrix oder erſt an denen ſpäterer Bruten, bei einigen Individuen Flügelanſätze aus, die ſich bei jeder Häutung vergrößern und ſchließlich zu zwei großen Flügelpaaren werden. Damit entſtehen alſo geflügelte Läuſe in größerer oder geringerer Zahl, die mit vier durchſichtigen, ſpärlich geaderten, in der Ruhe dachförmig getragenen Flügeln ausgeſtattet ſind. Die Geflügelten, gleichfalls jungfräuliche Mütter wie ihre ungeflügelten Schweſtern, benutzen die Flugwerk⸗ zeuge, um zu anderen Roſenſtöcken hinüberzufliegen, und ſetzen dort das Vermehrungs⸗ geſchäft fort. Wenn die neunte Brut, die Generation der Sexuparen, ſich ausgebildet hat, ſo pflegt auch der Herbſt herangerückt zu ſein, und es kommen andersartige Nachkommen zur Welt, die zur zehnten oder Geſchlechtsgeneration werden, bei der man ungeflügelte, mit Samentaſche und Kittdrüſen ausgeſtattete Weibchen und geflügelte Männchen unterſcheiden kann. Bald nach der Begattung legen die Weibchen ihre befruchteten, anfangs grünlich⸗ gelben, ſpäter ſchwärzlichen Eier in Rindenritzen oder in der Nähe von Blattknoſpen ab. Dieſe gegen den Froſt ſehr widerſtandsfähigen, überwinternden Eier ſind wieder die ſo⸗ genannten Latenz oder Wintereier, von denen wir oben ausgegangen waren. Der Generationswechſel iſt keineswegs bei ſämtlichen Blattläuſen übereinſtimmend, 2 obwohl die parthenogenetiſche Vermehrung mittels jungfräulich erzeugter, lebend zur Welt — Blattläuſe: Allgemeines. | 171 gebrachter Nachkommen bei allen Arten die gewöhnliche Fortpflanzungsart iſt, bis ſchließlich immer wieder einmal eine durch befruchtet abgelegte Eier ſich vermehrende Geſchlechts— generation zuſtande kommt. Bei der Weidenblattlaus z. B., Aphis saliceti Kalt., gibt es eine Raſſe, bei der die Stammütter gleich die geſchlechtlichen Tiere gebären können, ſo daß in dieſem Falle der ganze Entwickelungszyklus überhaupt nur aus zwei Generationen beſteht. Gewöhnlich ſchieben ſich aber zwiſchen die erſte oder Stammuttergeneration und die letzte oder Geſchlechtsgeneration noch eine oder mehrere parthenogenetiſche Bruten ein, wie bei der Roſenblattlaus, deren Entwickelungszyklus im ganzen aus zehn Bruten beſteht, während andere Arten fünf, ſieben oder eine andere Anzahl von Generationen beſitzen. Bei manchen Blattläuſen ſpielt ſich der ganze Entwickelungsverlauf wie bei der Roſen⸗ blattlaus innerhalb Jahresfriſt ab, bei anderen Arten dauert es länger. Die Ruheperiode der Wintereier findet nicht immer ſchon beim Eintritt des Frühlings ihr Ende, ſondern oft dauert es ſogar bis in den Sommer hinein, ehe die Fundatrix aus dem Winterei ſchlüpft. Eigentlich, kann man ſagen, hat alſo jede Blattlausart ihren eigenen Generationszyklus, der für ſie unter gewöhnlichen Verhältniſſen auch immer am paſſendſten und zweckmäßigſten iſt. Außere Ein⸗ flüſſe, wie Kälte, Trockenheit oder Nahrungsmangel, haben, wie neuere Verſuche gezeigt haben, keinen weſentlichen Einfluß auf den Entwickelungsgang, vielmehr ſind es uns unbekannte innere Urſachen, die bei den Blattläuſen dahin führen, daß mit einem Male Geflügelte auftreten, oder daß es zu irgendeiner Zeit zur Bildung von Geſchlechtstieren und Dauereiern kommt. Wenn die Roſenblattlaus nur Roſen, ſowohl Gartenroſen als auch wilde Roſen, mög⸗ licherweiſe auch noch Skabioſen und ähnliche Kardengewächſe bevölkert, ſo gibt es anderſeits viele Blattläuſe, die ihren Entwickelungskreislauf immer auf zwei verſchiedenen Pflanzen vollenden und daher gezwungen ſind, zeitweilig eine Wanderung (Migration) von der einen Pflanzenart zur anderen zu unternehmen. Namentlich die auf Sträuchern und Bäumen vorkommenden Blattlausarten, die ihre Nahrung dem Weichbaſt oder Phloém der Holz⸗ gewächſe zu entziehen pflegen, gehören zu ſolchen Wanderern. Im Frühjahr können dieſe Blattläuſe im Überfluß leben, weil alsdann der Weichbaſt ſehr nahrungsreich ift, im Sommer dagegen, wenn die vegetativen Prozeſſe des Baumes ſtark eingeſchränkt werden, gibt es für ſie nur wenig zu holen, bis erſt im Herbſt wieder die Nahrungsquellen reichlicher fließen. So erklärt es ſich, daß die auf Holzpflanzen angeſiedelten Lauskolonien beim Beginn des Sommers regelmäßig in eine üble Lage geraten. Manche Arten halten trotzdem aus, müſſen aber ihre Vermehrung ſtark einſchränken, wie dies die Buchenblattläuſe, Phyllaphis fagi L., tun, deren kleine, von bläulichweißen Wachsabſonderungen bedeckte Kolonien im Frühjahr maſſenweiſe auf der Unterſeite von Buchenblättern zu finden ſind, während den ganzen Sommer hindurch kaum noch etwas von dieſen Tieren zu ſehen iſt, weil immer nur ganz wenige Buchenblattläuſe aushalten und die warme Jahreszeit überdauern. Zahlreiche andere Blattlausarten ziehen es dagegen vor, die Holzgewächſe beim Anfang des Sommers zu verlaſſen und lieber andere Pflanzen aufzuſuchen, an denen ſie keine Not zu leiden brauchen. Die Vogelkirſchenlaus, Aphis padi L., die an den Blattunterſeiten des wilden Birnbaums oder an Trieben von Vogellirſchen ſitzt, iſt ein Beiſpiel hierfür. Als Nachkommen der Stammutter entſtehen bei dieſer Art zunächſt mindeſtens drei Generationen jungfräulicher, lebendig gebärender Weibchen, grüne, bläulich bereifte Tierchen, die un⸗ geflügelt ſind und ihr Leben auf den Blättern und Trieben verbringen. Gegen Ende Mai kommen aber geflügelte Weibchen zum Vorſchein, die die Bäume verlaſſen und zu den ober⸗ irdiſchen Teilen von Hafer, Riſpengras oder anderen Gräſern hinüberfliegen und dort 172 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. geflügelte oder ungeflügelte Nachkommen erzeugen, die ſich fo weſentlich von ihren auf Bäumen lebenden Vorfahren unterſcheiden, daß man ſie ſogar ſeinerzeit für eine beſondere Art ge⸗ halten und als „Haferläuſe, Aphis avenae F.“, bezeichnet hat. Etwa in der zweiten Hälfte des Auguſt oder am Anfang September ſind ſtets Geflügelte an den Gräſern zu finden, die ſogenannten Sexuparae, deren Aufgabe darin beſteht, zu den Vogelkirſchen oder wilden Birnbäumen zurückzufliegen und dort Nachkommen hervorzubringen, die zu den ungeflügelten Weibchen der Geſchlechtsgeneration werden. Die geflügelten Männchen, welche zu dieſer Generation gehören, kommen als Nachkommen der noch an den Gräſern zurückgebliebenen Tiere zur Welt und ſuchen ihre Weibchen an den oben bezeichneten Bäumen. Haben dann die Weibchen in Riſſen und Spalten der Baumrinde ihre befruchteten Wintereier abgelegt, ſo kommen aus dieſen im nächſten Frühjahr wieder neue Stammütter zum Vorſchein. Es gibt wenige Tiere, die an Fruchtbarkeit die Blattläuſe übertreffen. Wegen des Fehlens von Männchen iſt hier das Fortpflanzungsgeſchäft weſentlich vereinfacht und kann ohne weiteres gleich unmittelbar nach Eintritt der Geſchlechtsreife beginnen, ſo daß Brut auf Brut raſch aufeinander folgt und die Vermehrung in geradezu unheimlicher Weiſe fort⸗ ſchreitet. Buckton, ein hervorragender engliſcher Aphidenkenner, hat ſich einmal die Mühe genommen, auszurechnen, wie viele Nachkommen eine einzige Blattlaus im Laufe von 300 Tagen haben könnte, ſofern alle ihre Kinder und Kindeskinder am Leben blieben und ſich immer ungehindert vermehren würden. Buckton iſt hierbei zu der ungeheuerlichen, leichter in Ziffern als in Worten auszudrückenden Zahl von 17000000 000000 000 000000 00 O00 000 gekommen. In Wirklichkeit liegt es allerdings weſentlich anders, denn die Vermehrung ſchreitet gar nicht, wie bei obiger Berechnung angenommen war, immer in gleichmäßiger Weiſe fort, vielmehr wiſſen wir durch exakte Beobachtungen an Roſenblattläuſen, daß ſich die Zahl der Geborenen von Brut zu Brut bis zum Auftreten der Geſchlechtsgeneration ver⸗ | ringert. So kann die Fundatrix der Roſenblattlaus noch bis zu 77 Junge haben, die Roſen⸗ läuſe der neunten Generation vermögen dagegen höchſtens nur noch 12 Nachkommen zur Welt zu bringen. Im übrigen ſorgt die Natur auch ſchon noch in anderer Weiſe ſehr aus⸗ giebig dafür, daß die Bäume nicht in den Himmel wachſen, denn wenige Tiere werden von ſo zahlreichen Feinden bedroht wie gerade die Blattläuſe. Da ſtellen ſich Blattlauslöwen, Syrphidenlarven, Ohrwürmer, Marienkäfer und ihre Larven nebſt Spinnen und mancherlei anderem Getier ein, das die wehrloſen Blattläuſe als gute Leckerbiſſen betrachtet, nicht zu ver⸗ geſſen die kleinen Schmarotzerweſpchen, deren Angriffen gleichfalls zahlloſe Aphiden zum Opfer fallen. So fehlt es nie an einer ſehr reichlichen Dezimierung des Nachwuchſes, abgeſehen davon, daß auch elementare Kataſtrophen, wie plötzliches Vertrocknen der Nährpflanzen, häufig mit einem Schlage den völligen Untergang ganzer Kolonien von Läuſen herbeiführen. Gegen ihre vielen Verfolger und Feinde ſind die Blattläuſe ziemlich ſchutzlos. Immer⸗ hin haben ſie aber doch ein gewiſſes Verteidigungsmittel in den beiden, den meiſten Arten zukommenden und bereits oben erwähnten Rückenröhren. Aus der Spitze dieſer Röhren kann eine wachsartige Maſſe von klebriger Beſchaffenheit abgeſondert werden, mit der die Blattlaus, wenn ſie von einem Raubinſekt angegriffen wird, ihrem Feinde Kiefer und Kopf zu beſchmieren ſucht. Andere Blattläuſe ſichern ſich gegen feindliche Nachſtellungen durch Abſonderung eines dichten, wolligen Flaums von Wachsfäden. | An den von Blattläuſen bevölkerten Pflanzen bietet ſich in der Regel Gelegenheit, die eigentümliche Erſcheinung des Honigtaues zu beobachten. Alle Zweige und Blätter, manchmal auch der ganze Boden unter den Pflanzen ſehen wie von Tau benetzt aus und Blattläuſe: Allgemeines. 173 werden von einer glänzenden, klebrigen, zuckerhaltigen Schicht, dem Honigtau, überzogen, der, wie Büsgen zuerſt in einwandfreier Weiſe feſtgeſtellt hat, von den flüſſigen Exkrementen der Blattläuſe herrührt. Es iſt nicht ſchwer, die den Honigtau liefernden Blattläuſe bei ihrer Tätigkeit zu beobachten. Vorſichtig hebt die Blat. laus, wenn ſie ſich ihrer Ausſcheidungen entledigen will, den Hinterleib und ſpritzt, um ſich nicht ſelbſt zu beſchmutzen, den zuckerhaltigen Tropfen in mög⸗ lichſt weitem Bogen hinweg, ſo daß der Blattlaus⸗ honig auch noch auf Gegenſtänden zu finden iſt, die verhältnismäßig weit von der Kolonie entfernt ſind. Der Honigtau bildet einen Leckerbiſſen für zahlreiches Getier. Allerlei Fliegen und Weſpen naſchen gern an ihm, am eifrigſten ſind aber die Ameiſen, die unermüdlich die ſüßen Ausſcheidungen auflecken, um ſie in ihrem Kropf als geſchätzte Speiſe heimwärts zu tragen. Die Ameiſen wiſſen auch ſehr wohl die Urſprungsquelle des Honigs zu entdecken und begnügen ſich nicht damit, ihn von den Blättern abzunehmen, ſondern machen ſich an die Blattläuſe ſelbſt heran. Durch ſanftes Strei⸗ cheln und liebevolles Preſſen des Hinterleibes er⸗ muntern ſie die Laus, recht häufig einen ſolchen ſüßen Tropfen aus dem After zu entleeren, der dann von den Ameiſen, die ſchon darauf warten, ſofort mit Wohlbehagen aufgeſchlürft wird. Einige Blattläuse, wie beiſpielsweiſe gewiſſe, an der Rinde von Pappeln, Weiden und Eichen lebende Stoma- phis⸗Arten, find aber ebenſo wie manche Wurzel⸗ läuſe bereits derartig an den Ameiſenbeſuch ange⸗ paßt, daß ſie ihre Exkremente gar nicht mehr von ſich ſpritzen, ſondern im Gegenteil rings um den After einen Kranz von Härchen haben, der dazu ge⸗ eignet iſt, den Flüſſigkeitstropfen feſtzuhalten, da⸗ mit er den Ameiſen nicht verloren gehen kann. Es gibt manche Blattläuſe, die von den Ameiſen ihrer ſüßen Ausſcheidungen wegen dauernd in fürſorglicher * e Weife behltet und förmlich als Nutvieh in beſon; grad In rene ee deren „Ställen“ gehalten werden, wie dies für faugend und von Ameiſen beſucht. Vergrößert. Aus Stomaphis⸗Arten gilt, über deren Kolonien die Dien Bd ei uns Berl 101. braunen Lasius-Amteijen, Lasius brunneus L., kunſt⸗ volle Erdgewölbe errichten. In ganz ähnlicher Weiſe werden auch gewiſſe Wurzelläuſe von den bernſteingelben Ameiſen, Lasius flavus F., gepflegt, die ſich ſogar der von den Läuſen gelegten Eier annehmen, um daraus „Jungvieh“ zu erziehen. Auch die frei auf Bäumen oder anderen Pflanzen lebenden Blattlausarten haben immer von den Ameiſenbeſuchen einen gewiſſen Vorteil, denn die flinken, mutigen Ameiſen, die die Annäherung anderer > 174 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Tiere nicht dulden, bilden die ſicherſte Schutzwehr gegen Kokzinellen, Blattlaustöwen und viele andere Feinde, die den lake gefährlich werden können. Zur Unterfamilie der Aphidinae werden außer den bekannten Roſenläuſen und ver⸗ wandten Arten, deren Lebensgeſchichte oben auseinandergeſetzt wurde, viele andere in Gärten oder auf Feld und Flur häufige Blattläuſe geſtellt, von denen wir nur einige der wichtigeren einheimiſchen Arten herausgreifen. Auf dem Roten Johannisbeerſtrauch ſiedeln ſich an den Blattunterſeiten die Kolonien der Johannisbeerlaus, Myeus ribis L., an und verurſachen durch ihr Saugen Verunſtaltungen der Blätter, die an der Oberſeite wie oder gelbe blaſige Stellen bekommen. Die Pfirſichblattlaus, Rhopalosiphum persicae Sulz., gehört zu den Wanderläuſen. Den ganzen Sommer hindurch ſind ihre Kolonien auf Nelken, Fuchſien, Tulpen, Narziſſen, Spargel und anderen Gewächſen zu finden, an denen die grasgrünen oder gelben weiblichen Läuſe in mehreren aufeinanderfolgenden Bruten leben. Im Oktober treten geflügelte Weibchen von ſchwarzbrauner Färbung und grünem Hinterleibe auf, die zu Pfirſichbäumen fliegen, an deren Zweigen die befruchteten Weibchen der Geſchlechts⸗ generation ihre Eier abſetzen. Ein häufiger Schädling der Hopfenkulturen iſt die Hopfenlaus, Phorodon umu Schr., die in ganzen Scharen ihren Aufenthalt an der Unterſeite von Hopfenblättern nimmt. Das Saugen der Läuſe hat dort Wachstumsſtörungen zur Folge, die befallenen Pflanzen bleiben nämlich kleiner, haben wenige oder mitunter gar keine Seitentriebe, und ihre Blätter pflegen mehr oder weniger eingekräuſelt und zuſammengefaltet zu ſein. Bei ſtarkem Auf⸗ treten der Hopfenlaus macht ſich ſpäter ein erheblicher Ausfall des Ernteertrages fühlbar. Da der Hopfen zu den Pflanzen gehört, bei welchen die oberirdiſchen Teile beim Eintritt von Froſtwetter abſterben, ſo ſind die Hopfenläuſe gezwungen, ihre Sommerwohnung im Herbſt mit einem beſſeren Standquartier zu vertauſchen. Geflügelte Sexuparen treten dann auf, Weibchen, die unbefruchtet bleiben und zu Pflaumenbäumen fliegen, um dort eine Ge⸗ ſchlechtsgeneration zur Welt zu bringen, die teils von männlichen, teils von befruchtungs⸗ fähigen weiblichen Tieren gebildet wird. Ein Teil der Männchen pflegt übrigens ſchon auf der Hopfenpflanze zu entſtehen und gemeinſam mit den Sexuparen zu Pflaumenbäumen zu fliegen, an denen ſpäter auch die Wintereier abgelegt werden. | Zu den gelegentlich wandernden Arten gehört die Pflaumenblattlaus, Hyalo- pterus pruni F., eine grüne, weiß beſtäubte Laus mit braunen Rückenröhren, die in großen Geſellſchaften an den Unterſeiten von Pflaumenblättern lebt, aber auch an jungen Trieben und Fruchtſtielen von Pflaumen⸗ und Aprikoſenbäumen ſich aufhält. Sie vermehrt ſich außer⸗ ordentlich raſch und kann die Pflanzen unter Umſtänden derartig ſchwächen, daß ſie ihre Früchte nicht zur Entwickelung bringen können. Manchmal ſpielt ſich der ganze Entwicke⸗ lungskreislauf dieſer Art auf den obengenannten Bäumen ab, manchmal leben aber die Sommergenerationen des Schädlings auf einer „Zwiſchenpflanze“, als welche man das Schilfgras, Phragmites communis, hat ermitteln können. Die Lachninae, deren letztes Fühlerglied keine borſtenartige Verlängerung beſitzt und bei denen die Rückenröhren höchſtens in Form kleiner Höckerchen angedeutet ſind, gehören zu den wahren Baumläuſen, denn ſie halten ſich vorzugsweiſe auf Holzgewächſen verſchie⸗ dener Art auf. Wir nennen die große, plumpe Fichtenrindenlaus, Lachnus grossus Kalt., eine ſchwarze, an Fichten oft maſſenweiſe an Zweigen und Aſten ſitzende Laus. An N ’ Saugen die Blattjpreite Blattläuſe: Aphidinae. Lachninae. Phemphiginae. 175 jüngeren Fichtentrieben pflegt ſich auch eine kleine, bräunliche Art mit gelben Fühlern, Lach- nus pinicola Kalt., aufzuhalten, deren Geſchlechtstiere im Gegenſatz zu den meiſten anderen Blattläuſen mitunter ſchon mitten im Sommer gefunden worden ſind. Eine merkwürdige Unterfamilie von Blattläuſen bilden diePhemphiginae, bei denen die Geſchlechtstiere mit ihrem ganz verkümmerten Saugapparat keine Nahrung mehr zu ſich nehmen können, ſo daß ihre einzige Lebensaufgabe in der Fortpflanzung beſteht. Dieſer Gruppe gehört die Ulmengallaus, Tetraneura ulmi Deg., an. Ihre Tätigkeit verrät ſich durch bohnengroße, etwas abgeplattete Gallen von grüner, ſpäter aber rötlichbrauner Farbe, die in manchen Jahren maſſenweiſe auf der Oberſeite von Ulmenblättern ſitzen. Die Ent⸗ wickelung einer ſolchen Blattgalle wird immer durch eine ungeflügelte Stammutter herbei⸗ geführt, die ſich im Früh⸗ jahr als junges Tier an der Blattunterſeite zwi⸗ ſchen zwei Blattrippen anſetzt und mit ihrem an der betreffenden Stelle zu ſo ſtarker Entwickelung treibt, daß ſich das Blatt⸗ gewebe ſackartig ausſtülpt und damit zu einer hohlen Galle wird, in deren In⸗ neren die Stammutter 0 . Ulmengallaus, Pa, He ne es a re links aus Blatt⸗ findet. Etwa im Juni haben die Nachkommen ihre Flügel erlangt, verlaſſen die reifen, ſich nunmehr öffnenden Gallen und fliegen zu Gräſern, an denen ſie alsbald Nachkommen gebären, die als dritte, ungeflügelt bleibende Generation an Graswurzeln ſaugen und wohl identiſch ſein dürften mit der als Tetraneura caerulescens Pass. beſchriebenen Art von Graswurzelläuſen. Die vierte Generation entwickelt ſich erſt gegen Ende des Sommers und beſteht abermals aus geflügelten Weibchen, den Sexuparen, die von den Gräſern zur Ulme zurückwandern, um dort Geſchlechtstiere zu erzeugen, Männchen und Weibchen, von denen letztere ihre befruchteten Wintereier einzeln in die Spalten und Riſſe der Ulmenrinde legen. Aus den Wintereiern gehen ſpäter wieder neue Stammütter hervor. Dieſer regelmäßige Gene⸗ rationswechſel der Ulmenläuſe kann allerdings dadurch gewiſſe Abänderungen erleiden, daß im Herbſt nicht alle Läuſe als Sexuparen von den Gräſern zur Ulme fliegen, ſondern daß an den Graswurzeln einige ungeflügelte Weibchen zurückbleiben, die in ihren unter⸗ f 2 > 1; 4 irdiſchen Verſtecken fo gut geſchützt find, daß ſie dort den Winter überdauern und im nächſten Frühjahr eine Reihe aufeinanderfolgender Generationen von ungeflügelten Graswurzel⸗ läuſen als Nachkommen haben können. Mißbildungen ſehr eigentümlicher Art ruft auch die Beutelgallenlaus der Ulme, Schizoneura lanuginosa Htg., hervor, die an den Seitentrieben beutelförmige, ſamtartig behaarte Gallen erzeugt. Eine ſolche Galle bildet ſich aus mehreren Blattanlagen, die ſich 1 176 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. einkrümmen und mit ihren Rändern verwachſen, ſo daß eine große, hohle, unregelmäßige Blaſe entſteht, die ſich im Inneren von zahlreichen Läuſen bevölkert zeigt. Gallen dieſer Art ſieht man nicht ſelten. In manchen Jahren treten ſie geradezu maſſenhaft an Alleebäumen auf oder verunzieren die Rüſtern, die in Gärten und Parkanlagen ſtehen, beſonders im Herbſt und Winter, wo die Gallen als vertrocknete, ſchwarz gewordene, faſt morchelartig ausſehende Gebilde noch lange in den Zweigen hängenbleiben. Die Beutelgallenlaus gehört wahr⸗ ſcheinlich auch zu den wandernden Arten, ſie wurde von Mordwilko in Zuſammenhang mit Schizoneura pyri Goeth. gebracht. Von einem Maſſenauftreten der Ulmenblattläuſe, das ſich in Schleſien im Jahre 1907 verſchiedentlich bemerkbar machte, berichtet Groſſer: „Im Auguſt und September ſchwärmten die geflügelten Individuen der auf Ulmus⸗Arten lebenden Schizoneura ulmi und lanuginosa in ungeheuren Mengen, ſo daß ſie bisweilen zu Hunder⸗ ten des Abends in die ge⸗ öffneten Fenſter ſelbſt der Großſtadt eindrangen.“ Zu den Pemphi⸗ ginen iſt auch die berüch⸗ tigte Blutlaus, Schizo- neura lanigera Hig., zu rechnen, einer der gefähr⸗ llichſten Schädlinge, mit denen der Obſtbaumzüch⸗ ter zu kämpfen hat. Die Blutlaus, die wahrſchein⸗ lich ihre eigentliche Hei⸗ mat in Amerika hat, ſie⸗ Kolonie von Blutläuſen, „ Htg., a m 8 eines Apfel⸗ lee gelegentlich aber auch Birnbäume, Quitten oder Weißdorn befallen. Als Erkennungsmerkmal dient nicht nur die blutrote Körperflüſſigkeit, die man beim Zerquetſchen dieſer Läufe hervorquellen fieht, ſondern namentlich auch die weiße Wachsausſcheidung, die wie ein dichter Flaum den Rücken jeder einzelnen dieſer rötlichgelben Läuſe bedeckt und an den Stellen, an denen die Blut⸗ läuſe kolonienweiſe eng gedrängt zuſammenſitzen, große Flocken bildet, die wie weiße Watte⸗ bäuſchchen Aſte und Zweige umhüllen. Nur die ganz jungen Läufe haben ebenſo wie die auf der Wanderſchaft befindlichen Blutläuſe keine ſchützende Wachshülle. Den Winter überdauern die Blutläuſe als junge Larven hinter Borke oder im Boden verborgen. Im Frühjahr ſaugen ſie an einer paſſenden Stelle, wachſen heran und vermehren ſich, ſo daß bald eine neue Blutlauskolonie entſteht. In dieſer ſitzen viele unbefruchtet bleibende, flügelloſe Weibchen beiſammen, von denen jedes etwa 20 lebende Junge gebären kann, die ſich, wenn ſie ausgewachſen ſind, wieder in gleicher Weiſe weitervermehren, ſo daß die Zahl der Läuſe raſch zunimmt. Ende Juni oder Anfang Juli treten die erſten geflügelten Weibchen auf, die zu anderen Obſtbäumen fliegen, ſich dort feſtſetzen, in der geſchilderten Weiſe weitervermehren und damit die Entſtehung neuer Blutlausherde hervorrufen. Im Herbſt aber erzeugen ſie geflügelte Blutläuſe, die eine andere Aufgabe haben, denn es ſind die Sexu⸗ paren oder Mütter der Geſchlechtsgeneration; dieſe bringen nur wenige, durchſchnittlich Blattläuſe: Blutlaus. Afterblattläuſe: Fichtengallaus. 177 5—7, Junge zur Welt, denen außer den Flügeln auch der Saugapparat fehlt, und die teils honiggelbe Weibchen, teils kleine grünliche Männchen ſind. In Nordamerika hat man be- obachtet, daß die Weibchen ihre befruchteten Eier an Ulmen legen, an deren Blättern die aus einem ſolchen Ei entſtehende Stammutter ebenſo wie ihre Nachkommen in der Tochter⸗ und Enkelgeneration Gallen hervorrufen. Dann aber treten geflügelte Tiere auf, die wieder die Rückwanderung zu den Obſtbäumen unternehmen. Die Blutläuſe gehören zu den ge⸗ fährlichſten Schädlingen. Da ſie beim Saugen ihre Stechwerkzeuge bis tief in die Kambium⸗ ſchicht vorſchieben, ſo ſtören ſie die normale Entwickelung des Holzes und bedingen die Ent⸗ ſtehung von krankhaften, beulenförmigen Anſchwellungen und Verdickungen, an denen die Rinde riſſig wird und platzt. Die traurigen Folgen ihres Saugens laſſen nicht lange auf ſich warten. Der Fruchtanſatz unterbleibt, die verunſtalteten Zweige und Aſte ſterben nach und nach ab, bis ſchließlich der ganze, von Blutläuſen heimgeſuchte Baum zugrunde geht. Die winzigen Afterblattläuſe (Chermesidae) zeichnen ſich vor den ſchlank gebauten 3 Blattläuſen durch gedrungenere Körpergeſtalt, durch kurze Fühler und kurze Beine Ihre mit Riechgrübchen reich beſetzten Fühler ſind höchſtens fünfgliederig, die Beine a zweigliederige, mit zwei Endkrallen ver⸗ ſehene Füße. Rückenröhren kommen bei den Afterblattläuſen nicht vor. Die Weibchen brin⸗ gen niemals lebende Junge zur Welt, ſondern legen Eier, die bei mehreren aufeinanderfolgen⸗ den Generationen unbefruchtet abgeſetzt wer⸗ den, bis ſchließlich wieder einmal Männchen auf⸗ treten, deren Weibchen befruchtete Eier legen. Beider Fortpflanzung der Afterblattläuſe kommt es alſo ähnlich wie bei den Echten Blattläuſen zu einem Generationswechſel, der hier aber noch ö . viel verwiceltere Formen annimmt, „%% a LT ee Zur Hauptgattung Chermes L. werden Afterblattläuſe geſtellt, die ſämtlich auf Nadelhölzern leben. Der von ihnen bevorzugte Baum iſt die Fichte, auf der die meiſten Arten, wenn auch gewöhnlich nur in beſtimmten Generationen, vorkommen, und die daher überhaupt wohl als die urſprüngliche Wirts⸗ pflanze aller Chermes- Läufe gelten kann. Die Fichtengallaus, Chermes abietis L., iſt die Erzeugerin jener außerordentlich häufigen, eigentümlich ſchuppigen, ananasähnlichen Gallen, die an Fichtenzweigen, beſon⸗ ders von jüngeren, frei ſtehenden Bäumen, ſitzen, anfangs grün ausſehen, ſpäter rötliche Ränder bekommen und zum Schluß, wenn ſie vertrocknen, ſchwarz werden. Falls ſich zahl- reiche ſolcher Fichtengallen an einem Baum ausbilden, ſtören ſie das normale Wachstum der Pflanze erheblich, viele der von ihnen beſetzten Seitentriebe ſterben ab, andere krümmen ſich, und die Fichte bekommt hierdurch ein häßliches, ſtruppiges Ausſehen. Die Urheberin jener Gallen, von denen wir oben zwei an einem Fichtenzweige dargeſtellt ſehen, iſt eine unſcheinbare junge Laus, die ſich im Herbſt am Grunde einer Triebknoſpe anſiedelt, um dort, geſchützt durch einen weißlichen Wachsflaum, zu überwintern. Erſt im Frühjahr, wenn die Fichtenknoſpen zu ſchwellen beginnen, erwacht das Tierchen zu neuem Leben, ſaugt und kann bereits gegen Ende April oder Anfang Mai zur Stammutter (Fundatrix) einer ganzen Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 12 178 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Reihe verſchiedenartiger aufeinanderfolgender Generationen werden. Dieſe Stammutter, die unbeweglich, von weißlicher Wachswolle eingehüllt, gleichſam wie in einem Watte⸗ bäuſchchen verborgen, ihr Leben verbringt, iſt ein dunkelgrünes, flügelloſes Tierchen von nur etwa 1,5 mm Größe, das ſich aber durch große Fruchtbarkeit auszeichnet und etwa 100—150 Eier legen kann. Infolge des Saugens der Stammutter wird die Entwickelung der oben geſchilderten Galle eingeleitet, denn die Nadelanlagen der Triebknoſpe können ſich an der betreffenden Stelle nicht mehr in gewöhnlicher Weiſe entfalten, ſondern verwan⸗ deln ſich in breite, ſchuppenförmige Gebilde, die Gallenſchuppen. Letztere bilden die Zu⸗ fluchtsſtätten für die Jungläuſe, die bald aus den von der Stammutter abgelegten Eiern hervorgehen und unbehelligt ſaugen können, während die Stammutter abſtirbt. Das Saugen der Jungläuſe hat aber eine weitere Verbreitung der Gallenſchuppen zur Folge, die Galle wird immer größer und ſchließt ſich bei weiterem Wachstum völlig, ſo daß die Jungläuſe dann unter den cee nee zellenartigen Räumen, den Gallenkammern, eingeſchloſſen n ſitzen. In dieſen Kammern reifen die Jungläuſe im Laufe weniger Wo⸗ chen zu geflügelten Gallenläuſen (Cellares) heran, welche die zweite Generation im Entwickelungskreis⸗ lauf der Fichtengallaus bilden. | | Die Gallenläuſe dieſer zweiten gebeten geftugetie -Menberer) 1 125 N Ba => . eibchen der Fichtengallau ermes abietis a ergrößert. Na men „Wan erer igran es) be⸗ < 1 „Gartenfeinde und Gartenfreunde“, Berlin. kannt, enen ſo bald Hochſommer die Galle eintrocknet und ihre Kammern ſich durch Aufplatzen öffnen, machen die hervor⸗ kriechenden Gallenläuſe von ihren Flügeln Gebrauch und ſchwingen ſich in die Luft, um zu einer ſogenannten Zwiſchenpflanze, in dieſem Falle zur Lärche, bei anderen Arten zu anderen Nadelhölzern, zu wandern. Eine ſolche wandernde Gallenlaus kann auch in ganz treffender Weiſe als zweihäuſige Gallenlaus (Cellaris dioeca) bezeichnet werden, weil ſie ja nacheinander zwei verſchiedene Wirtspflanzen, anfangs die Fichte und ſpäter die Lärche, bewohnt. Auf letzterer werden von dem Tierchen ungefähr 40 intenſiv grün gefärbte, unbefruchtete Eier abgelegt. Die aus dieſen ſchlüpfenden jungen Läuſe, die Nachkommen der Gallenläuſe, machen ſich über die Nadeln der Lärche her, ſaugen an ihnen und werden, nachdem ſie ihre Winterquartiere an der Rinde bezogen haben, im kommenden Frühjahr zu ungeflügelten Läuſen einer dritten Generation, die man Emigranten (Virginogeniae) nennt. Die Emigranten ſind an den Lärchen nicht ſchwer zu finden, denn ſowohl die über⸗ winternden, noch im jugendlichen Zuſtande befindlichen, als auch die erwachſenen Emigrans⸗ läuſe werden wieder von einem dichten, weißen Wachsflaum eingehüllt, der ſie ſchon aus weiterer Entfernung kenntlich macht. Aus den unbefruchtet abgelegten Eiern der Emi⸗ granten gehen als vierte Generation abermals geflügelte Läuſe, die Sexuparae, hervor, die als junge, grünliche Tierchen zwar ihre Entwickelung auf der Lärche durchmachen, dann aber, wenn ſie ausgewachſen ſind, davonfliegen, irgendeine Fichte aufſuchen und ſomit alſo wieder zur urſprünglichen Art von Wirtspflanzen zurückkehren, auf der ſeinerzeit ihre Groß⸗ eltern geboren wurden. Die unbefruchteten, an Fichten abgelegten Eier der Sexuparen liefern eine fünfte Generation, die Geſchlechtsgeneration, die aus den Sexuales, teils männlichen, teils weiblichen flügelloſen Läuſen, beſteht. Aus dem befruchteten Ei, das ein Weibchen — Afterblattläuſe: Fichtengallaus. Reblaus. 179 dieſer letzten Generation abgelegt hat, ſchlüpft wieder eine Junglaus, die zu einer neuen Stammutter werden kann. Der langwierige Kreislauf hat ſich geſchloſſen, der bei der Fichten⸗ gallaus zu ſeiner Vollendung zweier voller Jahre bedarf. Der hier in den Grundzügen angegebene Entwickelungsgang unſerer Fichtengallaus wird nun aber in Wirklichkeit dadurch noch verwickelter, daß ſowohl auf der Fichte als auch auf der Lärche noch Entwickelungsreihen beſonderer Art ſich abzweigen können. Nicht alle Nachkommen der oben geſchilderten Stammutter werden nämlich zu „zweihäuſigen“ Gallen⸗ läuſen, die ſpäter zur Lärche hinüberfliegen, denn wenn wir eine Fichtengalle öffnen, ſo ent⸗ decken wir unter den Inſaſſen zweierlei Arten von Galläuſen. Die einen zeichnen ſich durch rotbräunliche Färbung aus und werden tatſächlich zu den diöziſchen, zur Lärche gelangenden Wanderern, die wir oben kennen gelernt haben. Die anderen dagegen ſind mehr gelblich gefärbte Galläuſe, die zwar ebenfalls mit Flügeln verſehen ſind, aber als „einhäuſige“ (monöziſche) Läuſe von ihren Flugwerkzeugen keinen Gebrauch machen, ſondern dauernd auf der Fichte bleiben und auf dieſer ihre unbefruchteten, meiſt hellgelben Eier abſetzen. Aus dieſen Eiern entſtehen ſpäter gleich wieder junge Stammutterläuſe, die im nächſten Frühjahr die Bildung neuer Fichtengallen verurſachen. Ein ähnlicher Kreislauf iſt auch auf der Lärche zu beobachten. Ein Teil der von der Emigrans⸗Mutter abgelegten Eier liefert nämlich keine Sexuparen, ſondern gelbliche Läuſe, die, ſolange ſie jung ſind, zunächſt kurze Zeit an den Lärchennadeln ſaugen, ſich dann aber an die Rinde anſetzen und hier, ohne ſich für längere Zeit in irgendeiner Weiſe zu verändern, auch noch den ganzen Winter als ſo⸗ genannte Winterlatenzlarven (Hiemalis⸗Larven) überdauern. Sobald fie dann im nächſten Frühjahr wieder zu neuem Leben erwachen, entwickeln fie ſich wieder zu ungeflügelten Emi- grans⸗Läuſen, die im Ausſehen nicht von ihrer Mutter unterſchieden find. Außer den obenerwähnten, ananasförmigen Gallen trifft man auf Fichten, und zwar ganz beſonders an den Zweigen kleiner, kümmerlicher Stämmchen, rundliche, kleine Fichten⸗ gallen von hellgrüner oder weißlicher Färbung an, die von einer ähnlichen Chermes⸗Laus, Cnaphalodes strobilobius Kalt., herrühren. Bei dieſer Art ſpielt ſich der Entwickelungsgang wieder in ganz übereinſtimmender Weiſe teils auf der Fichte, teils auf der Lärche ab, nur wird die Lebensgeſchichte inſofern noch verwickelter, als die Nachkommen einer auf der Lärche lebenden Emigrans-Mutter ſogar dreierlei verſchiedene Entwickelungsmöglichkeiten beſitzen. Sie können nämlich entweder, ganz wie es dem oben geſchilderten typiſchen Ent⸗ wickelungsverlaufe entſpricht, zu geflügelten, zu Fichten überſiedelnden Sexuparen werden, oder ſie können, ähnlich wie wir es ſoeben auch ſchon bei der Fichtengallaus kennen gelernt haben, als Winterlatenzlarven auf der Lärche zurückbleiben, um im nächſten Frühjahr wieder zu neuen ungeflügelten Emigrans⸗Läuſen zu werden, oder ſie können ſich ſchließlich auch zu ungeflügelten, ſchwärzlich ausſehenden Sommerformen (Aestivales) umgeſtalten, die in einen dichten Wachsklumpen eingehüllt ſind und ſich weſentlich von den erzfarbenen, bei dieſer Art nur mit ſpärlichen Wachsfäden beſetzten Emigransformen unterſcheiden. Die Nachkommen⸗ ſchaft der Aestivalis⸗Mütter kann dann teils wieder zu neuen Sommerformen werden, teils auch die Form von Winterlatenzlarven annehmen und damit wieder Emigrans-Läuſe ergeben. Die Reblaus, Phylloxera vastatrix Planchon, auch als Viteus vitisfolii Tuch neuer- dings bezeichnet, iſt kein europäiſches Inſekt. Ihre Heimat befindet ſich in den geſchützten Tälern des nordamerikaniſchen Felſengebirges und in den fruchtbaren Niederungen an den großen Strömen im Süden der Vereinigten Staaten, wo verſchiedene, wild wachſende Rebenarten gedeihen, die wohl von jeher von der Reblaus bewohnt werden. In Amerika i 12* 180 | Schnabelkerfe: Wangenfnge wurde die Reblaus auch entdeckt und im Jahre 1853 durch den amerikanischen S | logen Fitch in die Wiſſenſchaft eingeführt, doch lenkte dieſes unanſehnliche, winzige Inſekt erſt die Aufmerkſamkeit auf ſich, als es, nach Europa verſchleppt, in den ſechziger Jahren des 19. Jahrhunderts die europäiſchen Weinſtöcke befiel, denen es ungleich gefährlicher wird als den amerikaniſchen Rebenarten. Bei der Reblaus kommt es zu einem Generationswechſel komplizierter Art, der aber, wie die neueren Beobachtungen und Verſuche von Graſſi und Börner gezeigt haben, nur dann einen regelrechten Verlauf nehmen kann, wenn die Rebläuſe ſich in mildem, ſüdlichem Klima befinden und Gelegenheit haben, zur Gallenbildung geeignete, am beſten amerikaniſche Reben zu beſiedeln. In einem derartigen Fall, wie er beiſpielsweiſe in Italien und anderen Län⸗ dern Südeuropas leicht zuſtande kommt, ſchlüpft aus einem befruchteten Reblausei, dem ſogenannten Winterei, das im Hochſommer oberirdiſch an einem Weinſtock abgelegt worden iſt, im Frühjahr eine winzige weibliche Laus hervor, die als „Fundatrix“ zur Stammutter zahlloſer Nachkommen wird. Die Stammutter begibt ſich nicht in die Erde, ſondern ſetzt ſich als junges Tier auf der Oberſeite eines Weinblattes feſt und ſaugt dort ſo lange, bis an jener Stelle an der Blattunterſeite eine hohle Galle hervorwächſt, in deren Innerem ſie ihren Wohnſitz nimmt. Die in der Blattgalle hauſende Stammutter bleibt vollkommen flügellos, fie erreicht eine Länge von höchſtens 1 mm und legt im Inneren der Galle unbefruchtete Eier ab. Aus letzteren werden Jungläuſe, die nach vier Häutungen zu flügelloſen, ihrer Mutter ſehr ähnlichen, kaum 34 mm großen Weibchen auswachſen; dann zerſtreuen ſich letztere auf dem Weinblatt und erzeugen dort nach dem Vorbilde ihrer Mutter abermals neue Blatt⸗ gallen, in denen ſie ebenfalls unbefruchtete Eier abſetzen, ſo daß ſich der geſchilderte Entwicke⸗ lungsverlauf mehrfach wiederholen kann. Im ſüdlichen Europa hat man ſchon bis zu zwölf aufeinanderfolgende Generationen ſolcher Gallenläuſe beobachten können, während in dem kühleren Klima Deutſchlands bis jetzt nur vier Gallenlausgenerationen im Freien bei künſt⸗ lichen Verſuchen weitergezüchtet werden konnten. Die Vermehrung geht jedoch nicht nur in der geſchilderten Weiſe vonſtatten, denn ſchon die Fundatrix kann zweierlei Arten von Eiern legen. Aus der einen Sorte von Eiern entſtehen die beſchriebenen Gallenläuſe (Gallicolae), aus der anderen Sorte gehen dagegen Läuſe hervor, die zwar ebenfalls ungeflügelt bleiben, ſich aber von vornherein durch etwas kräftigere Bauart auszeichnen, einen längeren Rüſſel und ein eingeſchnittenes drittes Fühlerglied haben. Man nennt ſie „Wurzelläuſe“ (Radici- colae), weil ſie die oberirdiſchen Teile des Rebſtockes verlaſſen, in den Erdboden eindringen und die Wurzeln beſiedeln, an denen ſie ihre unbefruchteten Eier abſetzen. Kann es unter den Nachkommen der Fundatrix bereits einzelne Wurzelläuſe geben, ſo zeigen ſich ſolche bei den folgenden Generationen regelmäßig, und zwar nimmt mit jeder Generation die Menge der neuentſtehenden und in den Boden wandernden Wurzelläuſe zu, während ſich die Zahl der auf den Blättern zurückbleibenden Gallenläuſe verringert. Beſonders ſtark wird die Abwanderung von den Blättern zu den Wurzeln gegen Ende des Sommers, weil dann die welkenden Weinblätter den Rebläuſen nicht mehr als Wohnſitz dienen können. So kommt es, daß zum Schluß gar keine Rebläuſe mehr auf den Blättern zurückbleiben. Unter künſt⸗ lichen Bedingungen, in Warmhäuſern, iſt es freilich gelungen, die Gallenläuſe jahrelang weiterzuzüchten, wenn man ihnen immer wieder neue, friſch ausgetriebene Reben gab. Den Gallenläuſen gegenüber befinden ſich die im ſchützenden Erdboden hauſenden Wurzelläuſe unter weſentlich günſtigeren Verhältniſſen. Im Erdreich macht ſich der Wechſel der Jahreszeiten bei weitem nicht ſo ſtark geltend, und ſo ſehen wir, daß die Wurzelläuſe Afterblattläuſe: Reblaus. 181 jahraus, jahrein, unzählige Generationen hindurch, immer neue Wurzeln der Rebe beſiedelnd, ſich mittels unbefruchteter Eier weitervermehren können. Die Wurzelläuſe ſind auch die am längſten bekannten Formen der Reblaus, es ſind die ſogenannten Reblausammen, wie ſie früher ihrer jungfräulichen Vermehrungsweiſe wegen genannt wurden, und gleichzeitig die- jenigen Läuſe, die den Rebſtock am empfindlichſten ſchädigen. Gerade wie nun die ober⸗ irdiſchen Gallenläuſe eine verſchiedenartige Nachkommenſchaft haben, ſo kann dies auch bei den Wurzelläuſen der Fall ſein. In der Regel werden zwar die meiſten aus den Eiern einer Wurzellaus entſtehenden Jungläuſe wieder zu neuen Wurzelläuſen, unter Umſtänden können ſolche Jungläuſe aber auch Flügelanſätze bekommen und als ſogenannte „Nymphen“ an das Tageslicht emporſteigen, wo ſie ſich zu geflügelten Rebläuſen (Alatae oder Sexuparae) ver⸗ wandeln, die durch vier große, in der Ruhe dem Körper flach aufliegende Flügel ausgezeichnet ſind. Die geflügelten Rebläuſe treten zu gewiſſen Jahreszeiten, beſonders im Hochſommer, auf und bilden dann manchmal ganze Schwärme, die vom Winde oft meilenweit entführt und in entfernte Gegenden verweht werden, womit ſie zur Verbreitung der Reblausplage weſentlich beitragen. Wie alle früheren Generationen, ſo ſind auch die geflügelten Rebläuſe ſämtlich unbefruchtet bleibende Weibchen, die aber Eier von zweierlei Größe abſetzen können, nämlich große Eier, aus denen befruchtungsfähige weibliche Tiere, und kleine Eier, aus denen männliche Rebläuſe entſtehen. Männchen und Weibchen dieſer Geſchlechtsgeneration (Sexuales) ſind wieder flügellos und haben einen rückgebildeten Darm und verkümmerte Mundteile. Das an ſeiner Oberfläche mit feinen Grübchen bedeckte Winterei, welches das befruchtete Weibchen an die oberirdiſchen Teile des Rebſtockes ablegt, läßt dann im nächſten Frühjahr wieder eine neue Stammutter aus ſich hervorgehen. In Deutſchland, wo die Rebläuſe unter der Ungunſt eines verhältnismäßig rauhen Klimas zu leiden haben, geſtaltet ſich die Lebensgeſchichte weſentlich einfacher. Die Bildung von Blattgallen, die übrigens das Gedeihen des Rebſtockes nur unweſentlich ſchädigen, unter⸗ bleibt oder kommt höchſtens ganz ausnahmsweiſe einmal zuſtande. Gallenbildungen an den Weinblättern rühren daher in Deutſchland faſt niemals von der Reblaus, ſondern von Gallmilben oder von Gallmücken her. Auch die Schwärme geflügelter Rebläuſe ſind in den nördlichen Grenzgebieten des Weinbaues nur ſelten zu beobachten, und ebenſo pflegt die Entſtehung von Geſchlechtstieren und damit auch die Ablage befruchteter Wintereier in Deutſchland durch die Witterungsverhältniſſe faſt regelmäßig vereitelt zu werden. Der deutſche Winzer hat es alſo eigentlich nur mit den Wurzelläuſen, den gefährlichſten Formen der Reblaus, zu tun, die ſich Jahr fiir Jahr im Erdboden in unabläſſig neuen Bruten weiter vermehren. Durch das Saugen der Wurzelläuſe entſtehen an den für die Ernährung fo wich⸗ tigen zarten Faſerwurzeln krankhafte gallenartige Anſchwellungen, die man Nodoſitäten nennt. Ahnliche beulenförmige Verdickungen, die Tuberoſitäten, kommen bei ſtärkerer Ver⸗ mehrung der Reblaus auch an den älteren, ſtärkeren Wurzeln zuſtande, gehen nach einiger Zeit in Fäulnis über und bedingen ſtets das Eingehen des befallenen Rebſtockes. Kein Land, in dem Weinbau getrieben wird, iſt auf die Dauer von der Reblausplage verſchont geblieben. Am ſchlimmſten ſind die Verheerungen wohl in Frankreich geweſen, das vor der Reblausinvaſion etwa 2½ Millionen Hektar Weinbauland beſaß, infolge der Reblausplage aber 1½ Million Hektar einbüßte. In Deutſchland wurde die Reblaus zuerſt im Jahre 1874 in einer Rebſchule auf dem Gute Annaberg bei Bonn feſtgeſtellt. Seitdem iſt ſie wiederholt und an den verſchiedenſten Orten aufgetreten, doch iſt es mit Hilfe ſehr energiſcher und umfaſſender Gegenmaßregeln glücklicherweiſe immer gelungen, dem allzu 182 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. weiten Umſichgreifen der Reblausplage Schranken zu ziehen. In Deutſchland mit an⸗ nähernd 130000 Hektar Weinland fielen bis 1913 der Reblaus 853 Hektar zum Opfer, wobei Elſaß⸗Lothringen allein mit faſt 275 Hektar beteiligt iſt. In Preußen iſt die Krankheit bereits deutlich im Abnehmen begriffen; nur an der Nahe tritt ſie zur Zeit noch ziemlich heftig auf. Jedem Gärtner und Pflanzenfreunde ſind die rundlichen oder länglichen Gebilde wohl⸗ bekannt, die wie kleine Schildchen regungslos an Rinde oder Pflanzenblättern ſitzen, ſich unmerklich nach und nach vermehren und den Gewächſen Saft und Kraft entziehen. Es ſind Schildläuſe (Coceidae), entſchieden die ſeltſamſten Geſtalten nicht nur in der formenreichen Abteilung der Schnabelkerfe, ſondern unter den Inſekten überhaupt. Die ſchildförmigen, manchmal auch faſt kugeligen oder andersartig geſtalteten, i in der Regel aber gar nicht mehr wie Tiere ausſehenden Weſen ſind ſämtlich Weibchen. Beim Ab⸗ löſen des weiblichen Schildes findet man oft an der Unterſeite zahlreiche winzige, gelbliche oder graue Körperchen, die nichts anderes als die Nachkommenſchaft der Mutterlaus ſind. Obwohl die Mutterlaus in der Regel eierlegend iſt, fehlt es auch nicht an Schildlausarten, die, wie das an Oleander, Efeu und Zimmerpflanzen häufige Lecanium * 2 gleich lebende Junge zur Welt bringen. Die jungen Schildläuſe beiderlei Geſchlechts ſehen! in ihren erſten Lebensſtadien beinahe wie winzige Milben aus. Sie ſind zunächſt noch ziemlich beweglich, können mit ihren ſechs kurzen Beinchen langſam umherkriechen und haben zwei Punktaugen, mehrgliederige Fühler ſowie einen gut entwickelten Saugrüſſel. Wenn die Jungen ihre Mutter verlaſſen und eine geeignete Stelle an der Nährpflanze gefunden haben, an der ſie ihre Saugborſten einſenken, ſo ſchlägt die Entwickelung bei beiden Geſchlechtern ſo verſchiedene Wege ein, daß wir ſie geſondert betrachten müſſen. Die weiblichen Larven, die im allgemeinen drei bis fünf Häu⸗ tungen durchlaufen, bevor ſie erwachſen ſind, bekommen niemals Flügel, ſondern bleiben eigentlich zeitlebens auf einer larvenartigen Stufe ſtehen. Die Geſtalt, die ſie hierbei an⸗ nehmen, iſt ſehr verſchieden. Im einfachſten Falle behalten die Weibchen ihre mit ein⸗ gliederigen Füßen ausgeſtatteten Beine von Jugend an bei und ſind daher imſtande, an ihren Nährpflanzen umherzuſpazieren. Solche Weibchen, die wir als die urſprünglichſten Ver⸗ treterinnen der ganzen Familie anſehen können, haben genau wie die Larven noch zwei einfache Augen und ſind mit kurzen, höchſtens elfgliederigen Fühlern ausgeſtattet. Ihnen gegenüber ſteht nun die große Mehrzahl der Schildlausweibchen, die niemals die Stätte wieder verlaſſen, an der fie einmal als junge Larven ihre Stechborſten in das Pflanzen⸗ gewebe einſenkten. Bei allen dieſen unbeweglich werdenden Weibchen verkümmern die Beine oder gehen vollkommen verloren, da ſie ja fortan doch nur einen überflüſſigen Luxus bilden würden. Statt deſſen ſehen wir, daß bei den feſtgeſogenen Weibchen der Körper mehr oder weniger anſchwillt, daß er flach und breit oder bei anderen Arten hoch gewölbt wird, und wenn dann hierzu, wie dies in der Regel der Fall iſt, auch noch wachsartige Aus⸗ ſchwitzungen kommen, oder der Rücken gar von ſchildartigen Bildungen, deren Natur unten noch geſchildert werden ſoll, bedeckt wird, ſo iſt die Maskierung vollkommen und die u, 5 Schildlaus einem Inſekt ſo unähnlich wie möglich geworden. Die männlichen Larven ſcheiden ſtets eine aus Wachs beſtehende Hülle aus, die man mit einem Kokon verglichen hat, und in deren Innerem mehrere durch Häutungen geſonderte Ruheſtadien aufeinanderfolgen, die zum Teil ſehr an das Puppenſtadium höherer Inſekten erinnern. Da bei den männlichen Schildläuſen wenigſtens zwei Larvenſtadien und ein bis 2 — RE ͤ N 3 Te — — 8 N dee > r . . S childläuſe: Palaeococeinae. Monophlebinae, 183 zwei Puppenſtadien zu unterſcheiden ſind, ſo läßt ſich mit einem gewiſſen Recht ſagen, daß dieſe Tiere ſchon eine „vollkommene Entwickelung“ haben. Zum Schluß arbeitet ſich das fertige Männchen aus der Wachshülle hervor, ein zartes, in der Regel zweiflügeliges Weſen, mit einem Paar kleiner, ſchwingerähnlicher Anhänge an Stelle der Hinterflügel, rückgebil⸗ deten Mundteilen, einem Paar meiſt zehngliederiger Fühler und gut entwickelten Augen. Bei der auf verſchiedenen Holzpflanzen lebenden Ahornſchildlaus, Phenacoceus aceris Sign., beobachtete Löw ungeflügelte Männchen, bei einer ganzen Anzahl anderer Schild⸗ lausarten ſind aber die Männchen vorläufig noch unbekannt. Die einfachſten Kokziden haben noch gar keine Ahnlichkeit mit den Schildläuſen, wie wir fie ſonſt regungslos an Pflanzenblättern und Zweigen angeheftet zu ehen gewohnt ſind. Es ſind ziemlich große, weichhäutige Inſekten mit etwas abgeflachtem Körper und ſechs kurzen Bein⸗ chen, wie die von Burmeiſter beſchriebene Braun⸗ flügelige Urſchildlaus, Palaeococcus fuscipennis (Leachia), die wir in manchen Sommern in den Kiefernwäldern in der Umgebung Berlins in großen Mengen beobachtet haben, und die auch von anderen Teilen Deutſchlands und aus Frankreich bekannt iſt. Die bräunlich fleiſchfarbenen, bis reichlich 6 mm lan⸗ gen Palaeococcus-Weibchen ſieht man langſam mit ihren ſchwarzen Beinchen an den Baumſtämmen umherſpazieren, wo ſie ihre Eier in Rindenſpalten ablegen. Die Männchen haben lange, dünne, zehn⸗ gliederige Fühler und zeichnen ſich durch zwei auf⸗ fallend große, düſter gefärbte Vorderflügel aus. Die Hinterflügel ſind bei ihnen zu zwei kleinen Schwingkölbchen umgeſtaltet. 5 a 5 2 > die > ſelröhrenlaus, Orthezia ie EM ke ee BAM. 8 (Dorthesia), iſt gleichfalls eine von dieſen niederen, 8 zu den Palaeococcinae geſtellten Arten, die in beiden Geſchlechtern ihre Bewegungs⸗ fähigkeit behalten. Sie iſt in ganz Deutſchland verbreitet und kommt im Sommer manch⸗ mal in erſtaunlichen Mengen auf Brenneſſeln vor, hält ſich, nach Kirchner, aber auch als Schädling an verſchiedenen Wieſenpflanzen auf. Bei den Weibchen iſt der ganze Körper mit Ausnahme der Fühler und Beine von einer ſchneeweißen Röhre umgeben, die aus langen, ſtengelartigen Wachsabſonderungen beſteht. Man ſieht die Tierchen ſchon von weitem, denn mit ihrer wächſernen Schutzhülle heben ſie ſich als weiße Klümpchen deutlich von dem dunkeln Grün der Neſſeln ab, an deren Blättern und Stengeln ſie ſitzen. Die zugehörigen Männchen haben neungliederige, borſtenförmige Fühler und ein Paar Flügel nebſt Schwing⸗ kölbchen; am Hinterende tragen ſie ein Büſchel weißer Wachsfäden. Bei den Monophlebinae behalten die Weibchen mit ihren wohlentwickelten Beinen auch noch zeitlebens eine gewiſſe Beweglichkeit. Das hinterſte Körperſegment iſt bei ihnen wenig von dem vorhergehenden verſchieden, und die Fühler ſetzen ſich aus elf Gliedern zu⸗ ſammen, während die mit gut ausgebildeten Facettenaugen verſehenen Männchen nur zehn⸗ gliederige Fühler haben. Ein ſehr bekannter Schädling gehört hierhin, die Wollſackſchildlaus 184 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. (cottony EN scale), Icerya purchasi Mask., die bei 10 8 Vermehrung die Zweige und Aſte der von ihr beſiedelten Pflanzen mit dicken, wolligen Kruſten überzieht. e 5 2 e Das einzelne Weibchen, das etwa eine Länge von 1 cm erreicht, iſt oberſeits von einem weißlichgrauen Wachsflaum eingehüllt und hat hinter ſich einen großen, von ſchneeweißen, längsgeſtellten, parallelen Wachsfäden überdeckten Eierſack, in dem ſich 400—600 Eier be⸗ finden. Die roten, geflügelten Männchen ſind ſelten, und für Süditalien kann es ſchon als ziemlich wahrſcheinlich gelten, daß die Weibchen ſich meiſt parthenogenetiſch fortpflanzen. Die Icerya-Läuſe ſollen aus Auſtralien oder Neuſeeland ſtammen; von Bedeutung ſind ſie erſt geworden, als ſie um das Jahr 1868 durch einen Zufall nach Kalifornien verſchleppt wurden und dort, begünſtigt durch das milde Klima, ſich in ungeheurer Weiſe vermehrten und in den dortigen Orangen- und Zitronenkulturen die fürchterlichſten Verheerungen ver⸗ urſachten. Ungeachtet aller Gegenmaßregeln, mit denen man die Schildläuſe zu vertreiben ſuchte, griff damals das Unheil in kurzer Zeit dermaßen um ſich, daß der Anbau von Orangen und anderen Fruchtbäumen in Kalifornien der völligen Vernichtung durch die Icerya⸗Läuſe anheimzufallen drohte, bis eine Art von Marienkäferchen, Novius cardinalis Muls., zum Retter in der Not wurde. Die aus Auſtralien nach Kalifornien eingeführten Käferchen ver⸗ mehrten ſich rapid und brachten es fertig, unglaubliche Mengen von den ſchädlichen Läuſen zu vertilgen. Schon nach 1%, Jahren war die Plage jo gut wie beſeitigt, und die Icerya⸗Läuſe haben ſeitdem in Kalifornien keine Bedeutung mehr gewinnen können. Auch an einigen anderen Orten, in Agypten, Syrien und Süditalien, wo es der durch den Handelsverkehr leicht verſchleppten Icerya purchasi gelungen ift, feſten Fuß zu faſſen und ſich als Schädling an verſchiedenen Kulturgewächſen bemerkbar zu machen, hat man ſeitdem das Ungeziefer mit Hilfe von Marienkäferchen erfolgreich in Schranken halten können. Zu den Monophlebien gehört auch die größte aller bisher bekanntgewordenen Schüldlaus⸗ 8 arten, die Rieſenſchildlaus, Lophocoëcus maximus Saund., die in Südafrika vorkommt und auf den Aſten von Bradjustagia randii ſitzt. Ihre ſtark gewölbten, braunglänzenden, mit weißem Wachs bepuderten Schilder erreichen eine Höhe von Lem und eine Länge von faſt Z em. Unter den zur Unterfamilie der Margarodinae gehörenden Arten, bei denen auch die weiblichen Larven ſich mit einer kapſelartigen Ausſcheidung umgeben und in deren Innerem eine Art von Puppenſtadium durchlaufen, gibt es manche, denen wir einen gewiſſen Nutzen zuerkennen müſſen. Im tropiſchen Amerika und in Südafrika kommen beiſpielsweiſe an Pflanzenwurzeln kugelige Margarodes⸗Kapſeln von anſehnlicher Größe vor, die durch einen prächtigen goldenen oder ſilbernen Glanz ausgezeichnet ſind. Sie heißen „Erdperlen“ und ſtellen eine zur Anfertigung von Armbändern und ähnlichen Schmuckgegenſtänden ſehr begehrte Handelsware dar, die ſich die Eingeborenen durch um:; graben der Erde zu verſchaffen wiſſen. In Europa lebt ebenfalls eine intereſſante Form aus dieſer Gruppe, die Polniſche Koſchenillelaus, Margarodes polonicus L. (Porphyrophorus), die wenigſtens in früheren Zeiten ihres roten Körperſaftes wegen hoch im Preiſe ſtand. Die Art iſt weit verbreitet und ſtellenweiſe in Norddeutſchland, Rußland, Ungarn und Schweden, namentlich in Gegen⸗ den mit lockerem, ſandigem Boden, nicht ſelten, wie beiſpielsweiſe in der Mark Brandenburg, in der die Polniſche Laus ſchon mehrfach durch ihr Saugen an Wurzeln von Nelken und ähn⸗ W lichen Gartenpflanzen ſchädlich wurde. Das rote Männchen hat neungliederige, ſchnur⸗ förmige Fühler, am Vorderrande bis über die Mitte behaarte Flügel, kurze Schwinger und TON Bar TE Fe 18 x r ER I — n 7 die Läuſe von Weibern und Kindern geführt worden ſind. Hinterende fehlt ihnen, dafür haben Schildläuſe: Margarodinae. Coceinae, 185 einen langen Fadenſchopf am Hinterende. Dem halbkugeligen, gegen 4 mm groß werdenden Weibchen kommen kurze, achtgliederige Fühler und ziemlich breite Vorderbeine zu. Im Larvenzuſtande werden beide Geſchlechter von dünnen, kugeligen Kapſeln umſchloſſen, worin ſie, den Schnabel in die Wurzel der Nährpflanze eingebohrt, unbeweglich ruhen. Nach etwa 14 Tagen öffnen ſich die Kapſeln, zunächſt ſolche, aus denen männliche Larven, und etwas ſpäter auch andere, aus denen fertige Weibchen zum Vorſchein kommen. Die männliche Larve umgibt ſich alsbald mit einer wolligen Wachsmaſſe, in der ſie noch ein puppenartiges Ruheſtadium durchlaufen muß, ehe ſie zur geflügelten Form wird. Die Polniſchen Koſchenilleläuſe bildeten, ehe die echte Koſchenille in Aufnahme kam, einen für Färbereizwecke ſehr geſchätzten Handelsartikel. In den ſlawiſchen Ländern wurden der Leibeigenen in großen Mengen geſammelt und ſollen, nach Taſchen⸗ berg, einem polniſchen König allein an Zollabgaben 6000 Gulden ein⸗ gebracht haben. Es heißt ſogar, daß damals aus Podolien allein jährlich etwa 1000 Pfund polniſche Koſchenille, jedes zu einem Werte von 810 polniſchen Gulden, aus⸗ Bei den Coceinae (Pseudo- coceinae) finden wir mehr oder we⸗ niger beweglich bleibende Weib⸗ chen, die verſchiedenartig gebaut und von recht verſchiedener Größe ſein können. Eine Längsſpalte am 413 ſie aber dort in der Regel ein Paar RED: 2 a ſeitlicher, borſtentragender Vor⸗ Polniſche Koſchenillelaus, Margarodes . in angelt r Br er u Sn HL manetE Has Räbsplienge verdienen die in Warmhäuſern oft zu einer böſen Plage werdenden „Mehlläuſe“ (mealy bugs) erwähnt zu werden, bei denen der Körper über und über von Wachsausſcheidungen bedeckt wird und daher wie bepudert oder mit weißem Mehl beſtreut aussieht. Hierhin gehören die bekannte Kaffee⸗ laus, Pseudococcus adonidum L. (Dactylopius longispinus Targ.), die an Kaffee⸗ ſträuchern, an Dracaena, Musa, Cycas und vielen anderen tropiſchen Gewächſen lebt, ſowie die Orangenlaus, Pseudococeus eitri Risso, welche Orangen, Zitronen, aber auch Kaffee, Tabak, Baumwolle ſowie Triebe, Blätter und Früchte noch zahlreicher anderer Pflanzen befällt. Die reifen Weibchen ſehen bei der erſtgenannten Art merkwürdig genug aus, von jeder Körperhälfte gehen bei ihnen nämlich 17 aus weißem Wachs beſtehende Strahlen aus, die wie ein langer Stachelkranz den kleinen, in der Mitte gelegenen Leib umrahmen. Die hinterſten Strahlen ſind am n und pflegen die Körperlänge um mehr als das Doppelte zu übertreffen. 186 Schnabelkerfe: Pflanzenjauger. Die Mannaſchildlaus, Eriococcus mannifer Ldgr. (Gossyparia mannifera Hardw.). hat ihre Heimat in Syrien, Arabien, Kleinaſien und Agypten, ift aber auch aus der Umgebung von Konſtantina in Algier bekannt und lebt auf der Manna⸗Tamariske, Tamarix mannifera. An den Stellen, an denen die Tiere, ihre Stechborſten tief in die Rinde eingeſenkt, ſaugen, träufelt ein dicker, zuckerhaltiger Saft herab, der aber nicht etwa aus der Stichwunde her⸗ vorſickernder Pflanzenſaft iſt, ſondern von den Ausſcheidungen der Läuſe ſelbſt herrührt. An der Luft trocknet der Saft ein, erſtarrt zu einer feſten Maſſe und wird dann als Manna in den Handel gebracht. Wie es heißt, ſollen die Iſraeliten bei ihrer Heimkehr von Agypten — ſſich hauptſächlich von dieſer Manna ernährt haben. Den Dactylopiinae, deren Weibchen im fertigen Zuſtande we⸗ niger als zehn Fühlerglieder und keinen Borſtenkranz an der einfach bleibenden Afteröffnung haben, gehört als bemerkenswerteſte Art die Echte Koſchenillelaus, Dac- tylopius coccus Costa (Coccus cacti L.), an, deren Nährpflanze die urſprünglich in Mexiko heimiſche Fackeldiſtel, Opuntia coccinellifera, iſt. Bei der ſtarken Vermehrungs⸗ fähigkeit der Koſchenilleläuſe iſt es nichts Seltenes, daß die breiten, fleiſchigen Opuntienblätter über und über von einem dicken, weißen, wolligen Flaum überzogen wer⸗ den, der nichts anderes iſt als die ſchützende Wachshülle, unter der die e abet Wanted sehen Die ar debe het Fünen fißen die großen Weib: chen verborgen; jedes hat zwar für ſich eine wollige Wachshülle abgeſondert, dieſe fließt aber mit denen benachbarter Tiere zu⸗ ſammen. Die Lebensgeſchichte der Koſchenillelaus iſt ziemlich genau bekannt. Man weiß, daß die weiblichen Läuſe Eier legen, aus denen ſchon nach kurzer Zeit die kleinen Lärvchen aus⸗ ſchlüpfen. Dieſe häuten ſich und laufen zunächſt lebhaft umher, ehe ſie ſich anſaugen. Die weiblichen, von Wachsfäden bedeckten Larven haben etwa innerhalb zweier Wochen unter mehrmaligen Häutungen ihre volle Größe erlangt. Die männlichen Larven ſitzen nicht unter der gemeinſamen Wachswolle, ſondern ſtecken einzeln in je einer flachen, aus weißen Wachs⸗ fäden beſtehenden, hinten offenen Röhre. Das fertige Männchen, das von karminroter Farbe iſt, hat zwei getrübte Flügel, zehngliederige Fühler und zwei lange Schwanzborſten. Die wichtigſte Eigentümlichkeit der Koſchenillelaus iſt unzweifelhaft der prachtvolle rote Farbſtoff, der in ihrer ganzen Leibesflüſſigkeit enthalten iſt. Beim Zerdrücken einer lebenden Laus quillt ſofort der purpurähnliche Saft hervor und färbt die Hände oder die Läuſe ſaugen. Unter den dickſten E r 2 en 8 . f 91 7 ' Schildläuſe: Dactylopiinae. Tachardiinae. 187 mit ihm in Berührung gekommenen Gegenſtände intenſiv rot; er läßt ſich auch leicht durch Alkohol oder andere Flüſſigkeiten aus friſchen oder getrockneten Koſchenilleläuſen ausziehen. Daher wurden früher Koſchenilleläuſe für die Farbſtoffgewinnung in großem Maßſtabe ge⸗ züchtet. Man pflanzte Opuntien, ſorgte dafür, daß ſie von Koſchenilleläuſen beſiedelt wurden und erntete dann von Zeit zu Zeit einfach durch Abkratzen von den ſtacheligen Blättern die großen Weibchen ein, die gedörrt wurden und in getrocknetem Zuſtande in den Handel kamen. Das Geſchäft erwies ſich als ungemein lohnend. Aus Mexiko konnten ſeinerzeit jährlich etwa 880000 Pfund Koſchenille im Werte von 71, Millionen holländiſchen Gulden nach Europa verſandt werden. Später wurde die Koſchenillekultur auch in anderen Ländern, auf einigen weſtindiſchen Inſeln, in Spanien, Algier und namentlich auf Teneriffa, eingeführt, wo die Koſchenillezucht einen gewaltigen wirtſchaftlichen Aufſchwung mit ſich brachte. Um ſo ſchlimmer war dann freilich der Rückſchlag, als infolge der Erfindung der bedeutend billigeren Anilinfarben die Koſchenille mit einem Male ſo gut wie völlig entwertet und vom Weltmarkt verdrängt wurde. Unter den farbſtoffliefernden Schildläuſen find auch die Kermes⸗Schildläuſe, Ker- mes vermilio Planch. und Kermes ilicis L., zu nennen, die früher unter den Namen Kermes⸗ beere, Alkermes, Karmeſinbeere in den Handel kamen und hauptſächlich dazu verwendet wur⸗ den, den Kopfbedeckungen von Türken und Griechen ihre beliebte rote Farbe zu geben. Man zog den ſchönen roten Saft durch Übergießen mit Eſſig aus den Schildläuſen aus und ſoll dieſe Manipulation ſchon im Altertum ſehr gut verſtanden haben, wo dieſe Tiere bereits wohlbekannt waren und den Namen Coccos phoenillos führten. Die mehr oder weniger kugeligen, zu den Hemicoceinae geſtellten Kermesſchildläuſe leben in Kleinaſien und Süd⸗ europa auf der zumeiſt buſchartig wachſenden Kermeseiche, Quercus coccifera, deren älteſte, entkräftete Büſche gewöhnlich am ſtärkſten befallen ſind. In der Regel bildet ſich nur eine Brut im Jahre aus. Die überwinterten weiblichen Kermesläuſe, die Anfang März noch kleiner als ein Hirſekorn ſind, erreichen im April annähernd den Umfang einer Erbſe und damit ihre volle Größe. Ende Mai findet man 1800 — 2600 Eier unter der toten Hülle, dem Über⸗ reſt der bald nach dem Legen zugrunde gegangenen Mutterlaus. In dieſer Jahreszeit wird noch jetzt die Kermes von Hirten, Kindern oder Weibern geſammelt, die ſich eigens für dieſe Arbeit die Nägel lang wachſen laſſen und es im Abkratzen der Tiere zu ſolcher Fertigkeit bringen, daß ſie unter Umſtänden an einem Tage zwei Pfund Kermes ſammeln können. Bei den Tachardiinae iſt das Hinterende der Weibchen ſchwanzförmig verlängert und trägt am Ende die von einem Borſtenkranze umgebene Afteröffnung. Die hierhingehörige Aſiatiſche Lackſchildlaus, Tachardia lacca Kerr, hat noch heutzutage eine wichtige Be⸗ deutung, weil von ihr faſt der geſamte im Handel befindliche Schellack herſtammt. Der Schellack wird hauptſächlich in den ausgedehnten Waldgebieten von Indien, Aſſam und Burma gewonnen, obwohl die Lackſchildlaus keineswegs allein auf dieſe Länder beſchränkt iſt, ſondern auch in Ceylon, Siam und im ſüdlichen China gefunden wird. Stellenweiſe find, die Lackſchildläuſe in dieſen Gegenden ſehr häufig und ſind auch nicht etwa auf beſtimmte Bäume beſchränkt, ſondern können Schellack aus dem Safte von mindeſtens 60 verſchiedenen baumartigen Gewächſen bereiten. Der Entwickelungsgang der Lackſchildläuſe gleicht dem anderer verwandter Arten. Die erſte Aufgabe der jungen Läuſe, die ihre Mutter verlaſſen haben, iſt die, eine günſtige Stelle an irgendeinem Aſte oder Zweige zu finden, an der ſie ihre Stechborſten einſenken können. 188 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Dort ſaugen ſie die Pflanzenſäfte nach Herzensluſt ein, verdauen ſie und ſcheiden die dabei in ihrem Körper entſtehenden überſchüſſigen Produkte durch beſondere röhrenförmige Gänge aus. Wenn die ausgeſchiedene dünne Flüſſigkeit unter dem Einfluß der warmen Luft er⸗ ſtarrt, jo geſtaltet fie ſich zu einer klebrigen, zähen, harzigen Maſſe um und bildet nach und nach einen dicken Panzer, welcher die weibliche Larve vollkommen einſchließt. Da die Aſte aber in der Regel von vielen nebeneinander ſitzenden Schildläuſen beſiedelt werden, ſo fließen die Harzausſcheidungen benachbarter Tiere zuſammen, und es dauert nicht lange, bis der ganze Aſt von einer dicken, kruſtenartigen Lackmaſſe eingehüllt wird, aus der durch einen einfachen Reinigungsprozeß der verkäufliche Schellack gewonnen wird. Lackſchildläuſe ſind auch in Amerika zu finden. Es heißt ſogar, daß ſchon die Indianer es verſtanden haben, die harzigen Produkte der Nordamerikaniſchen Lackſchildlaus, Tachardia larreae Comb., zum Verſchönern ihrer Hausgeräte zu verwenden. Zu den Lecaniinae werden Schildläuse gestellt deren he gut wie bewegungsunfähige, meiſt aber noch mit Fühlern und Beinen verſehene Weibchen in der Regel unförmig an⸗ ſchwellen und zu gewölbten, manchmal faſt kugelig geſtalteten Gebilden werden. Der tiefe Raum, den ein ſolches Schildlausweibchen an der Unterſeite umſchließt, dient zur Aufnahme der Eier. Am Hinterende findet ſich eine Längsſpalte, an deren Grunde der von zwei drei⸗ eckigen, ſchuppenartigen Klappen bedeckte After gelegen iſt. i Schildläuſe dieſer Art können wir häufig an Haſelnußſträuchern, an Robinien, an ‚Stachelbeer- und Johannisbeerſträuchern und noch an vielen anderen Pflanzen finden. An Zweigen und Aſten ſieht man dort braunglänzende, kugelige, beerenartige Gebilde ſitzen, es ſind die Weibchen, die im reifen Zuſtande derartig blaſenförmig angeſchwollen ſind. Hebt man das ſtark gewölbte Schild eines ſolchen beerenähnlichen Weibchens in die Höhe, ſo kann man im Sommer an der ausgehöhlten Unterſeite die zahlreiche Nachkommenſchaft darunter finden, die ſpäter die Mutter verläßt, ſich zerſtreut und an Trieben überwintert. Die kugeligen Schilder der vertrockneten Weibchen bleiben aber noch lange an den Zweigen hängen. Früher war man der Meinung, daß an verſchiedenen Gewächſen verſchiedene Arten ſolcher Schildläuſe lebten, und unterſchied hiernach eine Johannisbeerſchildlaus, Lecanium ribis, eine Akazienſchildlaus, Lecanium robiniae, eine Haſelſtrauchſchildlaus, Lecanium coryli, und verſchiedene andere; ſie gelten aber jetzt alle nur als verſchiedene Erſcheinungs⸗ formen ein und derſelben Art, welche den Namen Lecanium corni Böuche führen muß. Unter den zahlreichen Lecanium-Irten, die als Schädlinge für uns von Wichtigkeit ſind, iſt die Wollausſcheidende Baumſchildlaus, Pulvinaria betulae L., auch Reben⸗ ſchildlaus genannt und von Newſtead ſogar unter dem Namen P. vitis beſchrieben, ein ſehr weit verbreitetes, in ganz Europa, Nordafrika und Nordamerika vorkommendes Inſekt, das ebenſo wie die vorige Art ungemein polyphag iſt, auf Birken und verſchiedenen anderen Bäumen und Sträuchern lebt und häufig auch auf die Rebſtöcke übergeht. Im letzteren Falle kann der Schaden recht empfindlich werden, denn wenn die Reben ſtark befallen ſind, ſo gedeihen ſie ſchlecht, und die Trauben können dann nur unvollkommen zur Ausreifung kommen. Das Weibchen hat bei dieſer Art ein hoch gewölbtes, etwa 8 mm langes und 5 mm PER EA RE al De ne a ge” en En >. e breites, braunes Schildchen mit einigen ſchwärzlichen Querſtrichen. Das Schildchen ſitzt einer weißen, wolligen Wachsausſcheidung auf, die unterſeits von dem Weibchen ausgeſchieden wird und wie ein Sack die Nachkommenſchaft einſchließt. Die ſehr kleinen, ziegelroten Männ⸗ chen haben zwei den Körper an Länge viermal übertreffende Schwanzborſten. bewegungsunfähige Weſen, an denen auch die Freer R Schildläuſe: Lecaniinae. Diaspinae. 189 Zu den nützlichen Lekanien gehört die in China und Japan an verſchiedenen Pflanzen lebende Oſtaſiatiſche Wachsſchildlaus, Ericerus pe-la Char., die ebenſo wie die Dft- indiſche Wachsſchildlaus, Ceroplastes ceriferus And., eine reine, weiße Wachsmaſſe ab- ſondert. In den europäiſchen Ländern kommt das aſiatiſche Schildlauswachs allerdings nicht zur Verwendung, weil es in zu geringen Quantitäten gewonnen wird, als daß es für den Export in Frage kommen könnte. Anders iſt es in der Heimat dieſer Schildläuſe. Die Aſiaten benutzen das Schildlauswachs teils zur Herſtellung von Wachskerzen, die beſonders bei dem religiöſen Kultus eine Rolle ſpielen, teils verwenden ſie es zur Herſtellung von verſchieden⸗ artigen, angeblich heilkräftigen Medizinen. Chemiſche Unterſuchungen haben übrigens er⸗ geben, daß das Schildlauswachs in ſeiner . dem reinen 7 en allzu fern ſteht. An Güte ſoll es aber letzteres — ö noch übertreffen und bei der Verbrennung — etwa das Zehnfache an Leuchtkraft entwickeln. In der Unterfamilie der Diaspinae haben die Weibchen im fertigen Zuſtande ihre Beine vollkommen eingebüßt. Es ſind ober⸗ ſeits von einem Rückenſchild bedeckte, gar nicht mehr wie Inſekten ausſehende, vollkommen Fühler bis auf dürftige Reſte verſchwunden ſind. Das etwas gewölbte, ſchützende Rücken⸗ dach, deſſen Ränder der Unterlage aufliegen, E N N wird von wachsartigen Drüſenausſchwitzungen gommaſchildlaus, e 7855 L., Männchen, gebildet und enthält auch noch zwei bei den Weibchen 5 et Rad wenn beiden Larvenhäutungen abgeworfene Haut⸗ i bälge. Da aber auch an der Bauchſeite eine dünne Wachsſchicht, der Bauchſchild, abgeſondert wird, ſo ſteckt der Körper der Diaſpinenweibchen, genau genommen, in einem geſchloſſenen Säckchen, durch welches nur die langen, tief in das pflanzliche Gewebe eingeſenkten Stech⸗ borſten hindurchtreten. Unter den vielen in wirtſchaftlicher Hinſicht wichtigen Arten iſt die Kommaſchildlaus, Lepidosaphes ulmi L. (Mytilaspis pomorum), erwähnenswert, deren . längliche, bis über 4 mm lange, ſchwarzbraune Rückenſchilder miesmuſchelähnlich geformt ſind und die abgeworfenen Larvenhäute an dem ſchmalen Ende tragen. Als Heimat der Kommaſchildlaus gilt Kleinaſien und Europa, gegenwärtig iſt ſie aber ſchon überall in den gemäßigten Zonen der Alten und Neuen Welt ſehr verbreitet. Sie befällt die verſchieden⸗ artigſten Bäume und Sträucher, ſiedelt ſich aber mit beſonderer Vorliebe auf Obſtbäumen an. Die Zweige und Aſte werden manchmal von einer förmlichen Kruſte bedeckt, die aus vielen Taufenden ſolcher kleinen Muſchelſchildchen beſteht (Abb., S. 190). In dieſer Weiſe heimgeſuchte Bäume verkümmern, ganze Aſte ſterben manchmal ab, oder die Pflanze geht überhaupt ein, wodurch namentlich an Spalierobſt oft großer Schaden hervorgerufen wird. Auch an Nadelhölzern und auf Eichenblättern ſind ſchon Kommaläuſe, und zwar an den Blättern beſonders Männchen, beobachtet worden. Der gefährlichſte Obſtſchädling in dieſer Gruppe iſt aber die San⸗ Joſeé é⸗Schildlaus, Aspidiotus perniciosus Comst. (Aonidiella). Zuerſt in Kalifornien gefunden, hat ſich dieſe Schildlaus über Nordamerika bis Kanada verbreitet, iſt in Südamerika bis Chile vorgedrungen 190 Schnabelkerfe: Pflanzenſauger. Netzflügler: Großflügler. und hat ebenſo wie in dieſen Ländern auch in Japan, in China und auf den Hawaiiſchen Inſeln geradezu verheerend auf den Obſtbau gewirkt. Die San⸗Joſé⸗Schildlaus kann ſich auf den verſchiedenſten Fruchtarten anſiedeln. Man hat ſie ſchon auf allen möglichen Obſt⸗ bäumen und ſelbſt auf Walnußbäumen gefunden, ja ſogar Stachel⸗ und Johannisbeeren und Erdbeeren ſind gefährdet. Der gewaltige Schaden, den ſie verurſacht, hängt aufs engſte mit ihrer erſtaunlichen Vermehrungsfähigkeit zuſammen. Das lebendiggebärende Weibchen bringt durchſchnittlich etwa 400 Junge zur Welt, die ihrerſeits nach etwa 4—5 Wochen ſchon wieder ausgewachſen ſind und ſich vermehren können, ſo daß in der Regel wenigſtens vier Bruten im Laufe eines Jahres aufeinanderfolgen. Die Nachkommenſchaft, die ein einziges i Weibchen im Laufe eines Sommers haben kann, iſt auf 3000 Millionen Individuen geſchätzt worden. Einer ſolchen Maſſenvermehrung können die befallenen Pflanzen ſelbſtverſtändlich nicht lange ſtandhalten, ſondern müſ⸗ ſen, da ihnen der Saft durch die Schild⸗ läuſe entzogen wird, rettungslos zu⸗ grunde gehen. Angeſichts der böſen Erfahrun⸗ gen, die man namentlich in Amerika mit der San⸗Joſé⸗Schildlaus gemacht hatte, erregte es naturgemäß in Deutſchland ein gewiſſes Aufſehen, als Ende der neunziger Jahre des 19. Jahr⸗ hunderts die gefürchteten Schildläuſe 8 auch in Hamburg an eingeführtem Fer ampqerikaniſchen Obft gefunden wurden. 151 RE ulmi L. a) Weibchen von unten Schon ſah man den ſchlimmen Feind mit Rücken⸗ und geöffnetem Bauchſchild und Eiern, b) desgleichen von im Lande Kommaſchildläuſe Und aller⸗ oben, c) Zweig mit weiblichen Läuſen, d) Männchen, e) Zweig mit männ⸗ Eger Si : Fr 5 lichen Läuſen. Nach Howard, „The Insect Book“, New Pork 1905. lei ähnliche einheimiſche Schildlaus⸗ arten, die man hier und da in Obſt⸗ ſchulen fand, gerieten vielfach unſchuldigerweiſe in den Verdacht, die gefährlichen Ameri⸗ kaner zu ſein, während die deutſche Reichsregierung die drohende Einſchleppung durch ſtrenge Einfuhrverbote zu verhindern ſuchte. Glücklicherweiſe haben ſich die damals ge⸗ hegten Beſorgniſſe als übertrieben herausgeſtellt, denn das rauhe mitteleuropäiſche Klima ſagt der San-Joſé-Laus ſo wenig zu, daß ihre dauernde Einbürgerung in Deutſchland wohl nicht zu befürchten ſteht. Die San⸗Joſé⸗Schildlaus ſieht einigen anderen verwandten Arten zum Verwechſeln ähnlich und kann daher als ſolche immer nur von einem geſchulten Entomologen mit Sicher⸗ heit erkannt werden. Wir begnügen uns mit dem Hinweis, daß die weiblichen Schilder kreis⸗ | rund find, einen Durchmeſſer von 12 mm haben und ſchwärzlich, in der Mitte aber etwas heller ausſehen. Der unter dem Schilde verborgene Körper iſt hinten etwas verſchmälert und von gelber Farbe. Eine böſe Plage bildet auch Aulacaspis pentagona Targ. 1 eine Art, die in Italien und anderen Ländern mit mildem Klima ſehr verbreitet iſt und nächſt der San⸗Joſe⸗Laus 2 5 S N E = a} 2 > =) — =) — — = {as} © < Schildläuſe: Diaspinae. Acanthocorydalus kolbei. 191 als gefährlichſter Schädling unter den Schildläuſen gilt. Die zitronengelben Weibchen ſitzen unter ihren rundlichen, rötlichgelben, etwa 2 mm langen Schildern verſteckt und kommen oft in ſolchen Maſſen vor, daß ſie ſich gegenſeitig überdecken und eine dicke Kruſte entſteht, welche die Rinde vollſtändig einhüllt. Zwiſchen den weiblichen Schildern und in deren Nach⸗ barſchaft finden ſich auch längliche, weiße, kaum 1 mm lange Gebilde mit drei feinen Längs⸗ fielen an der Oberſeite, die Kokons, aus denen die gelben, zweiflügeligen Männchen hervor⸗ gehen. Schildläuſe dieſer Art kommen an den verſchiedenſten Kulturgewächſen und mild- wachſenden Pflanzen vor, werden aber in Italien ganz beſonders den für die Seidenbauzucht ſo wichtigen Maulbeerbäumen ſchädlich, ſo daß das Ungeziefer dort allgemein unter dem Namen Maulbeerbaumſchildlaus (Coceiniglia del gelso) bekannt iſt. Die Urheimat des Schädlings, der auch in Amerika, Indien und Ceylon ſehr verbreitet iſt, dürfte Japan ſein. Die Bekämpfung iſt ſchwierig. Viel Nutzen ſcheint namentlich in Italien eine winzige, zu den Pteromalinen gehörende Schlupfweſpe, Prospaltella berlesei How., zu ſtiften, die ein italieniſcher Inſektenforſcher, Berleſe, aus Nordamerika eingeführt und in verſchiedenen Teilen Italiens mit Erfolg künſtlich verbreitet hat. Zum Schluß ſei noch aus dieſer Gruppe ein anderer läſtiger Schädling, die Oleander⸗ ſchildlaus, Aspidiotus hederae Sign. (nerii), genannt, die mit ihren kleinen, auſter⸗ förmigen, gelblichen Schildern ſehr häufig die Oleander und Palmen ſowie berſchiedente Zimmerpflanzen beſiedelt. Sechſte Gruppe: Netzflügler (N europteroidea). 18. Ordnung: Großflügler (Megaloptera). Die Großflügler (Megaloptera) ſind urjprüngliche-Snjekten, die in dem reich ent- wickelten Geäder ihrer umfangreichen, einander gleichartigen Vorder⸗ und Hinterflügel und einigen anderen Merkmalen noch ganz an die alten, längſt ausgeſtorbenen Paläodiktyopteren erinnern. Wie dieſe haben ſie fadenförmige Fühler, große Facettenaugen, kräftige, nach vorn gerichtete kauende Mundteile, eine freie Vorderbruſt, übereinſtimmend gebaute Mittel⸗ und Hinterbruſt ſowie gleichförmige Beine mit fünfgliederigen Füßen. Die Großflügler bilden eine artenarme Gruppe, der nur düſter gefärbte, ſchwerfällige, plump gebaute In⸗ ſekten angehören, die ſich in unſerer heutigen Inſektenwelt beinahe etwas fremdartig aus⸗ nehmen. Alle Arten verbringen ihre Jugendzeit als Larven im Waſſer und entfernen ſich auch im fertigen Zuſtande niemals weit von ihrer Geburtsſtätte, ſondern halten ſich am Uferrande in der Nähe von Gewäſſern auf. Die Larve, die an den Hinterleibsringen eine Anzahl paariger, in der Regel zu Kiemen umgewandelter Gliedmaßen hat, durchläuft eine vollſtändige Verwandlung und wird zu einer Puppe mit deutlichen Beinen und großen Flügelſcheiden, die nur kurze Zeit in einer kleinen Erdhöhle zu ruhen braucht. Ign den Tropen gibt es unter den Großflüglern wahre Rieſenformen, die zu den größten Inſekten der Jetztzeit gehören. So lebt im weſtlichen China ein ganz vorſintflutlich aus⸗ ſehendes Rieſeninſekt mit plumpem, ungeſchlachtem Körper und vier braunen, reich geäderten Flügeln, der Acanthocorydalus kolbei Wheele, der mit ausgebreiteten Flügeln über 16 cm ſpannt. Ahnliche mächtige Formen, deren Männchen mit gewaltigen, frei vorſtehenden, ſäbelförmig gekrümmten Vorderkiefern ausgeſtattet ſind, kommen in verſchiedenen Arten in Amerika vor. Die Tafel zeigt uns von dieſen gigantiſchen Tieren ein an Bambushalmen 192 Netzflügler: Großflügler. Kamelhalsfliegen. ar träge am Waſſer ſitzendes Pärchen in annähernd natürlicher Größe. Die großen, räuberiſchen | Larven aller dieſer zur Familie der Corydalidae gerechneten Großflügler halten fich in Flüſſen und Bächen unter Steinen auf und haben an der Unterſeite ihres Hinterleibes Büſchel von Kiemenfäden, die ihnen zur Atmung dienen. In Deutſchland wird die Gruppe der Großflügler nur durch beſcheidenere, der Familie der Sialidae angehörende, unanſehnliche Arten vertreten, von denen die in ganz Mittel⸗ europa verbreitete Schlammfliege oder Waſſerflorfliege, Sialis lutaria F. (flavi- latera), eine der häufigſten iſt. Das düſter gefärbte Inſekt zeigt ſich in den erſten Frühlings⸗ Schlammfliege, Sialis lutaria F, nebſt Larve und Puppe ſowie Als rostegs (am Blatt int. Bergeöfert. wochen, hauptſächlich im Mai, iſt aber je 05 den klimatiſchen Berhältniffen oft auch ſchon im April oder noch im Juni zu finden und verſchwindet dann wieder für den übrigen Teil des Jahres. Träge ſitzt das Tier mit dachförmig geſtellten Flügeln auf Schilf, Pflanzen⸗ ſtengeln, Baumſtämmen oder Planken an ſtehenden oder langſam fließenden Gewäſſern und entſchließt ſich am Tage nur bei heißem Sonnenſchein zu einem kurzdauernden Fluge. An jeder Seite des breiten Kopfes ſpringt ein Facettenauge vor. Punktaugen fehlen. Die Vorderbruſt iſt breit, und die vier braunen, von dunklen Adern durchzogenen, blattförmigen Flügel überragen den Leib. Sind die Schlammfliegen erſchienen, ſo 19 auch bald an Schilfblättern, Rohrhalmen und anderen Pflanzen, beſonders aber ſolchen, die im Waſſer ſtehen oder vom Ufer aus über letzteres ſich neigen, ſamtartige, braune Flecke auf, die über 1m im Durchmeſſer haben können. Es ſind die Eiergelege unſeres Inſekts, die aus zahlreichen, paliſadenartig eng an⸗ einandergeklebten, länglichen Eiern beſtehen. Jedes Ei iſt mit ſeinem unteren Pol an der Unterlage befeſtigt und läuft an ſeinem freien Ende in ein kleines Spitzchen aus. Auch an Schlammfliege. 193 Pfählen und Holzwerk am Ufer kann man ſolche Eiergelege finden. Nach etwa 14 Tagen kommen kleine, weißliche Larven zum Vorſchein, die, wenn ſie ſich aus den Eiern hervor⸗ arbeiten, meiſt ſogleich in das Waſſer hinabfallen. Regen oder Tau mögen wohl auch oft das Hineingleiten der jungen Larven ins Waſſer begünſtigen, die im Trocknen bald zugrunde gehen müſſen und ſich nur im flüſſigen Element weiterentwickeln. Die Sialis-Larven ſehen merkwürdig aus. Ihr Hinterende läuft in einen langen, dünnen, feinbehaarten Schwanzfaden aus, an deſſen Grund oben an der Rückenſeite die Afteröffnung gelegen iſt, und an den erſten ſieben Hinterleibsringen beſitzen ſie ebenſo viele Paare von ſeitlichen, im jüngſten Larvenſtadium noch ungegliederten, ſpäter aber geglie⸗ derten, ziemlich langen Fortſätzen, die durch ſchwache Muskeln etwas bewegt werden können und oft über den Rücken hinübergelegt werden. Dieſe mit Tracheen reich verſorgten An⸗ hänge find Kiemen, es find die Atmungsorgane der Sialis⸗Larven, die fi) am Grunde auf⸗ halten oder in den weichen, oberflächlichen Schlammſchichten wühlen. Zur Unterſtützung der Atmung führen die Larven mit ihrem Hinterleibe häufig peitſchenſchlagartige Auf⸗ und Niederbewegungen aus und lenken dadurch immer wieder neues Waſſer zu den Kiemen hin. Die drei Beinpaare, die an den deutlich getrennten, kräftig chitiniſierten Bruſtringen ſitzen, machen es der Larve leicht, ſich ziemlich raſch weiterzubewegen und ihrer Beute nachzugehen, die ſie mit den kräftigen, zangenartigen, vorn an dem großen, braunen Kopf angebrachten Kiefern packt. Ihre Fühler ſind kurz und an den Kopfſeiten iſt je eine Gruppe von Punkt⸗ augen angebracht. Allerlei kleine Waſſertiere, Krebstierchen und Inſektenlarven fallen den räuberiſchen und ungemein gefräßigen Sialis⸗Larven zum Opfer. R. Schmidt berichtet, daß in einer Zuchtſchale drei dieſer Larven einmal binnen 4 Tagen 100 der bekannten roten Chirononus- Larven verzehrt haben. Gleich vielen Schlammbewohnern ſind auch die Sialis- Larven ungemein widerſtandsfähig. In genügend feuchter Umgebung halten namentlich die älteren Larven auch außerhalb des Waſſers längere Zeit aus, und ebenſo ſtellen ſie auch an die Beſchaffenheit des Waſſers ſelbſt äußerſt geringe Anſprüche, hat man ſie doch ſchon wiederholt im Bodenſchlamm ſalziger Gewäſſer gefunden. R. Schmidt macht darauf auf⸗ merkſam, daß in einem Graben in Salzkotten in Weſtfalen Sialis⸗Larven noch bei einem Salzgehalt von 6,002 — 7,319 g pro Liter Waſſer lebten. Im Spätherbſt und Winter ſind die meiſten Larven bereits ausgewachſen. Sie verlaſſen dann beim Herannahen des Früh⸗ lings das Waſſer und verwandeln ſich in dem weichen, feuchten Erdreich des Uferrandes zu einer eingekrümmten Puppe, der ſchon der Schwanzanhang und die Kiemenfäden fehlen, die aber ſtatt deſſen zwei Paar großer Flügelſcheiden und lange Fühler hat. Die Puppenruhe dauert nicht lange, ſchon nach 8—14 Tagen entſteht aus der Puppe das fertige Inſekt. Eine ſehr ähnliche, meiſt etwas düſterer gefärbte Art mit geringfügigen Abweichungen im Flügelgeäder und gewiſſen Unterſchieden am hinteren Körperende iſt Sialis fuliginosa Pict., die gleichfalls in Deutſchland nicht ſelten gefunden wird. Andere Sialis⸗Arten find auch aus Aſien und Nordamerika bekannt. 19. Ordnung: Kamelhalsfliegen (Rhaphidiina). Die nur wenige Arten umfaſſende Ordnung der Kamelhalsfliegen (Rhaphidiina) ſteht trotz mancher bemerkenswerter Unterſchiede im Körperbau den Großflüglern verhältnis⸗ mäßig nahe. Die Kamelhalsfliegen ſind in allen ihren Lebensſtadien Landbewohner, deren Körpergröße ziemlich gering bleibt und im Durchſchnitt nur wenig mehr als 1 cm beträgt. Das auffallendſte Merkmal beſteht in der langen, gewöhnlich etwas aufrecht getragenen Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 13 W 194 Netzflügler: Kamelhalsfliegen. Landhaſte. Vorderbruſt, an der vorn ein kleiner, beweglicher, mit Facettenaugen und meiſt auch mit drei Stirnaugen ausgeſtatteter Kopf ſitzt. Der verlängerte Vorderkörper macht es den räu⸗ beriſch lebenden Kamelhalsfliegen leicht, die ſich nahende Beute mit den ſcharfen, nach vorn gewendeten Kiefern zu packen. Die vier großen, untereinander gleichartigen, zarthäutigen Flügel werden in der Ruhe dachförmig getragen. Das Hinterleibsende iſt beim Weibchen mit einer langen Legeröhre verſehen. Die Verwandlung iſt vollkommen. Auf unſerer Farbentafel iſt unter den deutſchen Netzflüglern einer dieſer kleinen Räuber, die Schlangenäugige Kamelhalsfliege, Rhaphidia ophiopsis Schm., dargeſtellt. Ihre Larve iſt ein behendes, langgeſtrecktes Tierchen mit drei kurzen Beinpaaren, hartem, faſt quadratiſchem Kopf, gleichfalls hartem, quadratiſchem Vorderbruſtring und weichem, hinten verſchmälertem Leib. Sie vermag ſich mit ihrem ſchlanken Körper ohne Schwierigkeit in die engſten Spalten und Fugen einzuzwängen, ſo daß ſie ſehr gut an die Lebensweiſe unter morſchen Baumrinden angepaßt iſt und dort eifrigſt auf die kleinen Lebeweſen Jagd machen ö kann, die ſich an ſolchen Stellen einzufinden pflegen. Bei Beunruhigung flüchtet die Rha- phidia-Larve und verſteht es, hierbei ungefähr ebenſo ſchnell rückwärts wie vorwärts zu laufen. Unter Rinde oder in morſchem Holze erfolgt auch die Verpuppung. Im Puppen⸗ ſtadium ruht das Inſekt nur kurze Zeit und gewinnt merkwürdigerweiſe noch vor der Ver⸗ wandlung ſeine Beweglichkeit wieder, ſo daß man die reife Puppe der Kamelhalsfliege munter auf ihren Beinen umherlaufen ſehen kann. 20. Ordnung: Landhafte (Planipennia). Die Landhafte (Planipennia) ſind mit wenigen Worten nicht leicht zu kennzeichnen. Sehr verſchiedenartige Tiere gehören hierhin. Einige übertreffen an Körpergröße mit ihrem langgeſtreckten Leib und den vier mächtigen, oft bunt gefleckten und durch viele Adern reich gegitterten Flügeln die ſtattlichſten Libellenarten an Größe, andere Arten ſind zarter und von zierlicher Statur, mit glashellen oder braunen Gitterflügeln, während noch andere winzig klein bleiben und überaus feine, wie mit weißem Mehlſtaub bepuderte Flügel haben, die das ſchwach entwickelte Geäder kaum erkennen laſſen. Bei der Mehrzahl der Landhafte iſt das Flügelmal nur wenig deutlich, die Unterrandader verläuft bis zur Nähe der Flügel⸗ 5 ſpitze und iſt mit der Randader durch viele Queradern verbunden. Die nach unten gewen⸗ deten Mundteile ſind bei den fertig entwickelten Landhaften kauend. Die Vorderbruſt iſt ſtets frei, Mittel- und Hinterbruſt ſind nur unvollkommen miteinander verwachſen und gleich⸗ artig. Das wichtigſte Merkmal gibt ſich aber in der übereinſtimmenden Bauart der Larven zu erkennen, die bei den Planipennien im Gegenſatz zu allen anderen niederen Inſekten⸗ larven keine kauenden Mundteile, ſondern zwei ſpitzige, weit vorſtehende Saugzangen be⸗ ſitzen. Jede Saugzange beſteht aus einem in die Länge gezogenen Vorder⸗ und Mittel⸗ kiefer, die ſich zur Bildung eines Saugrohres aneinandergelegt haben. Mit den beiden Saugzangen wird die Beute gepackt und ihr das Blut und die Körperſäfte ausgeſogen, die der Larve als Nahrung dienen. Letztere gelangt durch die beiden Saugröhren gleich in die Mundhöhle hinein, während die kleine, zwiſchen den beiden Zangen gelegene Mundöffnung nur noch zum Ausſtoßen etwaiger unbrauchbarer Stoffe zu dienen ſcheint. Mittelkiefertaſter fehlen. Die Unterlippe beſteht aus zwei taſtertragenden Hälften. | Zur Verpuppung baut ſich die Larve einen Kokon, ein rundliches oder tonnenförmiges Geſpinſt, das fie aus feinen weißlichen oder bräunlichen Fädchen verfertigt, die ihr aus dem After hervorquellen und von einigen zu Spinndrüſen umgewandelten Malpighiſchen Röhren Deutſche Netzflügler. ) Schmetterlingshaft, Ascalaphus macaronius Scop. — 2) u. 3) Florfliege, Chrysopa septempunctata Wesm. — 4) u. 7) Skorpionsfliege, Panorpa communis I. — 5) Mückenhaft, Bittacus tipularius I. — 6) Steiriſcher Sanghaft, Mantispa styriaca Poda — 8) Schlangenäugige Kamelhalsfliege, Rhaphidia ophiopsis Schm. ee 7 N en * er 7 Kamelhalsfliege. Florfliege. er 195 geliefert werden. Der Mitteldarm iſt bei dieſen Larven wie ein Sack gebaut und hinten ge- ſchloſſen, ſo daß die aufgeſogene flüſſige Nahrung wohl durch die Speiſeröhre hinein kann, hinten aber keinen Ausweg findet. Daher müſſen die unverdaulichen Überreſte der Mahl⸗ zeiten im Mitteldarm als harte Klumpen aufgeſpeichert bleiben, bis aus der Puppe das fertige Inſekt entſtanden iſt und Mittel- und Enddarm miteinander in offene Verbindung gekommen ſind. Dann kann endlich eine Entleerung ſtattfinden, und die erſte Tätigkeit des aus der Puppe geſchlüpften neuen Tieres beſteht daher gewöhnlich darin, daß es ſich ſchleunigſt ſeiner während der Jugendzeit angeſammelten Exkrementmaſſen entledigt. Zu den bekannteſten Landhaften in den gemäßigten Breiten gehören die Florfliegen oder Goldaugen (Chrysopidae), zarte Tierchen, deren ſchlanker, meiſt lichtgrüner oder gelblicher Leib von vier großen, reich geaderten, a oder in Regenbogenfarben glänzenden Flügeln umſchleiert wird, während der Kopf mit zwei großen, wie Perlen hervorquel⸗ lenden, braunen oder bräunlich — funkelnden Augen geſchmückt iſt. Die feinen, fadenförmigen, an der Spitze nicht verdickten Fühler bilden ein weiteres wichtiges Kennzeichen dieſer zierlichen Goldaugen, von denen eine große einheimiſche Art, Chry- sopa septempunctata Wesm., auf der Farbentafel dargeſtellt wurde. . 9 1 Eine der haufigsten beutfchen Digg essen Foal Gegen, belebt auge Arten iſt wohl die Gemeine Nach Marlatt, aus Howard, „The Insect Bock“, New York 1905. Florfliege, Chrysopa perla L., die glashelle, grün geaderte Flügel und einen grasgrünen Leib hat, deren grüne Färbung aber im Herbſt durch eine gelbliche erſetzt wird. Wie vielen ſeiner Verwandten, iſt dieſem hübſchen Inſekt ein widerlicher Geruch eigen. Die Florfliegen ſind den ganzen Sommer hin⸗ durch auf Gebüſch und auf den verſchiedenſten Gewächſen anzutreffen, an denen man auch ihre eigentümlichen Eiergelege finden kann. Bei der Ablage der Eier drückt das Weibchen ſeine Hinterleibsſpitze auf ein Blatt oder an einen Zweig oder ähnlichen Gegenſtand und läßt dann, während es den Leib allmählich hebt, ein raſch ſteif werdendes, aus Drüſenflüſſigkeit beſtehendes, weißes Fädchen hervorquellen, das ſie oben mit einem ovalen, grünen Ei krönt. Die langgeſtielten Chrysopa-Eier, die gewöhnlich zu mehreren beieinanderſtehen, ſehen bei- nahe wie kleine Moospflänzchen oder Pilze aus und ſind anfangs auch wirklich als Pflanzen unter dem Namen „Ascophora ovalis“ beſchrieben worden. Wenn ſich ſpäter die Eiſchale öffnet, ſo kommt eine ſchlanke, bräunlich gefärbte Larve mit zwei langen, ungezähnten Saug⸗ zangen zum Vorſchein, die mit vollem Rechte unter dem Namen Blattlauslöwe bekannt iſt, weil ſie ihre Opfer ganz beſonders unter den Blattläuſen ſucht, ſie anſpießt und ausſaugt. Zur Verpuppung ſpinnt ſich die erwachſene Larve an einem Blatte zwiſchen Aſtchen oder ähnlichen Gegenſtänden einen feſten, kugeligen Kokon von bräunlicher Färbung. Bei einigen Chrysopa-⸗Arten haben die Larven auch die Gewohnheit, ihren Körper mit den ausgeſogenen Häuten der Beute zu bedecken, ähnlich wie wir dies noch bei den Larven der Taghafte kennen 13* 196 Netzflügler: Landhafte. lernen werden. Die erwachſenen Florfliegen überwintern. Unter der abgehobenen Borke alter Baumſtämme oder in Schlupfwinkeln ähnlicher Art findet man ſie manchmal in ganzen Geſellſchaften beiſammen, und ebenſo ſtellen ſich ſehr häufig Florfliegen in Veranden und Wohnräumen ein, um dort geſchützte Plätzchen zur Überwinterung zu ſuchen. Sehr merkwürdig geſtaltet find die Fanghafte (Mantispidae), die mit ihrer ver⸗ längerten Vorderbruſt und den zu kräftigen Fangapparaten umgewandelten Vorderbeinen ganz an die früher beſprochenen Gottesanbeterinnen erinnern. Ebenſo wie dieſe treiben ſie ſich auf Geſtrüpp und Buſchwerk umher und machen von ihren beiden, zum Rauben ge⸗ eigneten und durch beſonders große Hüften ausgezeichneten Vorderbeinen Gebrauch, wenn lie ein kleines Inſekt erſpäht haben. Wir nennen aus dieſer Familie das Steieriſche Fanghaft, Mantispa styriaca Poda, ein braungelbes, violettbraun geflecktes Tierchen, das, von der Kopfſpitze bis zum Hinterende der zuſammengelegten Flügel gemeſſen, eine Länge bis zu 2 cm erreicht. Dieſes Fanghaft kommt in Steiermark und an anderen Orten des ſüd⸗ lichen Oſterreichs, ebenſo auf Korſika, in Griechenland und verſchiedenen anderen Ländern Südeuropas an ſonnigen Stellen auf Geſtrüpp und Buſchwerk vor, fehlt aber, wie ſo manche ſüdlichen Tiere, auch in Deutſchland nicht, wurde von Stein ſogar in einem Stück bei Berlin ; gefunden und iſt auch aus der Gegend von Deſſau bekannt. Dort wurden bereits mehrere Exemplare erbeutet, die ſich wie anderwärts im Juli zeigten. Wie Roſenbaum mitteilte, ſaßen die Tiere des Morgens frei an den Büſchen, verbargen ſich aber zur Zeit der größten Mittagshitze unter Blättern. Ihre Nahrung beſteht aus Fliegen. Brauer hielt ein Weibchen des Steieriſchen Fanghaftes mit Fliegenkoſt 14 Tage am Leben, dann legte es gegen 300 ge⸗ ſtielte, roſenrote Eierchen an Pflanzen und andere Gegenſtände ab. Im September ſchlüpfen die Jungen aus, geſtreckte, mit ſechs ziemlich langen Beinen ausgeſtattete Lärvchen, die über⸗ wintern, ohne irgendwelche Nahrung zu ſich zu nehmen. Auch im nächſten Frühjahr faſten ſie noch weiter, denn ihr ganzes Sinnen und Trachten geht dahin, eine Wolfsſpinne, Lykoſide, zu finden, die ihren Eierſack mit ſich herumſchleppt. Iſt es der Mantispa⸗Larve gelungen, ſich an eine ſolche Spinne heranzumachen, jo bohrt fie fich, ohne von der Mutterſpinne irgendwie daran 1 gehindert zu werden, in deren Eikokon ein und wandelt ſich in demſelben zu einer zweiten plumpen, kurzbeinigen Larvenform um. Da die dotterreichen Spinneneier Nahrung im Überfluß liefern, ſo kann ſich die Larve nunmehr gehörig mäſten und reichlich für das voran⸗ gegangene lange Faſten entſchädigen; dabei kommt ihr auch noch der Schutz der ahnungsloſen Mutterſpinne zugute, die nach wie vor treu den Eierſack behütet, in den ſich der Mörder ihrer Nachkommenſchaft eingeſchlichen hat. Schließlich ſpinnt ſich die Mantispa⸗Larve im Eierſack der Spinne einen Kokon und verpuppt ſich innerhalb der abgeworfenen letzten Larvenhaut. Mantiſpiden kommen in den wärmeren Gebieten in allen Erdteilen vor. Manche zeichnen ſich durch anſehnliche Größe aus, wie die in Deutſch⸗Oſtafrika vorkommende Clima- ciella grandis Er., bei der die Vorderflügel bis 5 cm ſpannen. Die im tropiſchen Amerika verbreiteten Arten der Gattung Symphrasis Hag., kleine Tiere mit ſchwachen Fangarmen, die im Gegenſatz zu den bisher genannten Formen ungeteilte Hüften haben und äußerlich etwas an Taghafte erinnern, ſchmarotzen nicht bei Spinnen, ſondern durchlaufen ihre Ent⸗ wickelung in Weſpenneſtern. So ift Symphrasis myrapetrella Westw. in größerer Anzahl aus Polybia-Neſtern erzogen worden, und Brauer hat darauf aufmerkſam gemacht, daß die Symphrasis-Weibchen, die eine nach dem Rücken umgebogene Legeröhre haben, letztere ſicherlich ſehr gut zur Ablage der Eier in den Weſpenwaben benutzen können. Fanghafte. Ameiſenlöwen. a 197 Die Ameiſenjungfern, Ameiſenlöwen (Myrmeleonidae) haben mit ihrem langen, ſchmalen Leib und den vier großen, netzförmig gegitterten Flügeln eine gewiſſe oberfläch⸗ liche Ahnlichkeit mit Libellen, von denen ſie aber im Körperbau weſentlich verſchieden ſind und ſich auch äußerlich leicht durch die an der Spitze verdickten ah re ee Der Ungefleckte Ameiſenlöwe, Myrmeleon N formicalynx F., ein im ausgebildeten Zuftande großes, düſter gefärbtes, libellenähnliches n⸗⸗ ſekt mit vier durchſichtigen, ungefleckten Flü⸗ geln, hat Fühler, die kürzer als Kopf und Bruſt zuſammen bleiben, während das erſte Fußglied ſo lang wie die Sporne der Vorderſchienen iſt. Während der Sommermonate kommt der Ameiſenlöwe in ganz Deutſchland hauptſächlich in Nadelholzwaldungen vor und ſitzt tagsüber meiſt mit dachförmig zuſammengelegten Flü⸗ geln unbeweglich an Baumſtämmen, obwohl er ſich auch zu einem langſamen, taumelnden Fluge aufraffen kann, was namentlich in den Abendſtunden, gelegentlich allerdings auch hh bei hellem Sonnenſchein geſchiehht . An unbewachſenen, trockenen, möglichſt . der Sonne ausgeſetzten Stellen hat ſeine Larve, EE =. bie eigentlich den Namen Ameiſenlöwe haupt- aden von S. Mete 1 gonn. Aae Gee ſächlich verdient, ihre Wohnung. Das Heim befindet ſich oft unter dem Schutze vorſtehender Baumwurzeln und beſteht aus einem kleinen, in den lockeren ſandigen Boden gegrabenen Trichter, in deſſen Grunde ſich die Larve verſteckt hält und mit emporgeſtreckten Zangen auf Beute lauert. Jeden Trichter hält eine einzige Larve beſetzt. Ameiſen oder andere kleine Inſekten, die dem Sand⸗ trichter zu nahe kommen und in ihn hinabrutſchen, werden ſofort er⸗ griffen und ausgeſogen. Bisweilen verſucht das hinabgleitende Opfer wohl noch, unter verzweifelten Anſtrengungen den Trichterrand wieder zu gewinnen und zu entkommen, dann aber ſchleudert der Ameiſen⸗ löwe eine Ladung lockeren Sandes empor, um mit den herunterrie⸗ ſelnden Sandkörnchen die Beute zu ſich herab in die Tiefe zu ziehen. Befördern wir den Ameiſenlöwen ans Tageslicht, ſo zeigt es ſich, ä | daß es ſich um eine kurze, gedrungene, hinten kegelförmig vrjünge Larve handelt, an der der halsartig verſchmälerte Vorderbruſtring vn aremeieon.. Mas. und die ſtarke Behaarung auffallen. An dem großen, nahezu herzför⸗ e ö migen Kopf ſitzen je ſieben Augen und zwei Fühler, welche die Länge der Lippentaſter nicht erreichen. Die Beine enden mit zwei großen Krallen. Im lockeren Erdreich pflegt der Larve die Anlage ihres Sandtrichters keine Schwierig⸗ keit zu machen. „Platt an den Boden angedrückt, ſenkt“, wie Redtenbacher ſchildert, „der Ameiſenlöwe die Spitze ſeines Hinterleibes in den lockeren Sand, fixiert dieſelbe vermöge der zahlreichen Borſten und Dornen, und durch eine kräftige Kontraktion der Bauchmuskeln rutſcht der Leib ſtoßweiſe ein kleines Stück nach rückwärts, worauf ſich das Spiel von neuem — rt ee N 198 Netzflügler: Landhafte. wiederholt. Daß in der Tat dieſes abwechſelnde Krümmen und Strecken des Hinterleibes das wichtigſte Moment bei der ſtoßweiſen Rückwärtsbewegung iſt, beweiſt ſchon der von Oken angeführte Umſtand, daß durch ein Abſchneiden der Füße dieſe Bewegung keineswegs unmöglich gemacht wird. Ohne Zweifel haben daher die Beine hierbei nur eine unter⸗ geordnete Bedeutung, ihre Aufgabe, namentlich die der vorderen, iſt es vielmehr, dem Körper nach jedem Ruck eine kleine Wendung nach links oder rechts zu geben. Nach einiger Zeit, oft ſchon nach einer halben Minute eifriger Arbeit, erſcheint als Reſultat der kombinierten Bewegung ein kleinerer oder größerer ringförmiger Graben, der gleichzeitig die äußere Grenze der künftigen Behauſung bildet. Beine und Hinterleib ſind es übrigens nicht allein, welche bei der Arbeit angeſtrengt ſind; den wichtigſten Teil derſelben hat vielmehr der Kopf zu beſorgen. Da der von dem Hinterleib wie von einer Pflugſchar aufgewühlte Sand einen Wall am äußeren und inneren Rande des Grabens bildet, handelt es ſich darum, den auf der inneren Seite gelegenen Sand, der bereits die Form eines ſehr niedrigen Kegelſtutzes bildet, zu beſeitigen. Zu dieſem Zwecke bringt das dem Mittelpunkt des Kreiſes zugewendete Bein nach jedem Ruck des Körpers ein Häufchen des nach innen gelegenen Sandes auf die gekreuzten Kiefer, das dann durch eine raſche, kräftige Bewegung des Kopfes wie mit einen Schaufel nach aufwärts und außen bis auf 20 cm Entfernung über den Rand des Trichters hinausgeſchleudert wird. Dieſe Wurfbewegungen folgen ſo raſch und mit ſolcher Vehemenz aufeinander, daß ein wahrer Sprühregen von Sand entſteht. Sobald der erſte Kreis voll⸗ endet iſt, beſteht die weitere Arbeit nur in einer Wiederholung des früheren; da der auf⸗ geworfene Sand ſtets von dem zentralen Kegelſtutz genommen wird, ſo nimmt derſelbe ziemlich raſch an Größe ab, bis ſchließlich nur mehr ein Sandkegel übrigbleibt, der auch auf dieſelbe Weiſe entfernt wird. Da ferner das Tier während ſeiner Bewegung nach rück⸗ wärts durch das Aufwerfen des Sandes nicht bloß immer tiefer, ſondern gleichzeitig längs der äußeren Böſchung des ringförmigen Grabens mehr und mehr gegen das Zentrum des⸗ ſelben ſinkt, ſo bildet der von der Hinterleibsſpitze beſchriebene Weg eine kegelförmige Spi⸗ rale, an deren Spitze angelangt, die Larve ſich ſeitwärts bis zu den Kiefern in den Sand vergräbt.“ Stellen ſich Steinchen oder andere Hinderniſſe der Arbeit ſtörend in den Weg, ſo weicht, wie Redtenbacher ſah, die Larve aus; in anderen Fällen hat man aber auch be⸗ obachtet, daß der Ameiſenlöwe kleine Steinchen während des Baues auf den Kopf genommen und weggeſchleudert hat. Die Größe der Trichter wechſelt. Man findet ganz kleine Trichter von wenigen Millimetern Durchmeſſer, anderſeits auch ſolche, die bis zu 8 om Umfang und 5 em Tiefe haben. Die Größe des Tieres und die Beſchaffenheit des Bodens ſind dabei nicht allein maßgebend dafür, ob der Trichter größer oder kleiner ausfällt, denn Redtenbacher konnte ſich davon überzeugen, daß Ameiſenlöwen, die lange gefaſtet hatten und daher recht hungerig waren, immer umfangreichere Trichter als ihre wohlgenährten Genoſſen anlegten. Natürlich ſpielt die Bodenart aber doch immer eine gewiſſe Rolle, und falls das Terrain, ” das die Larve zur Anlage des Trichters ſich gewählt hat, als gar zu ungünſtig ſich erweiſt, ſo gibt das Tier nach mehreren fruchtloſen Bemühungen überhaupt die Arbeit auf und ver⸗ ſucht an einer anderen Stelle ſein Glück. Die ausgeſogenen Häute ſeiner Opfer ſchleudert der Ameiſenlöwe aus dem Trichter hinaus, damit ſie ihm nicht im Wege ſind. Sind die Larven ausgewachſen, ſo graben ſie ſich zur Verpuppung unter ihrem Trichter in den Boden ein und ſpinnen einen kugeligen, weißen, ziemlich feſten Kokon, an deſſen Außenwand Sandkörnchen der Umgebung hängenbleiben. Eine zweite in Deutſchland verbreitete Art, die wir an den braungefleckten Flügeln Aus C. O. Bartels, „Auf frischer Tat“, Biologische Bilderserien. Zweite Sammlung. Stuttgart, Schweizerbart, 1911. 1. Auf der Suche nach einem geeigneten platz. 2. und 3. Heritellung des Grabens, die durch ein Steinchen geſtört wird. 4. Das Steinchen iſt herausgeſchleudert und der Trichter nach Befeitigung des Sandkegels fertig. 55 N LS: 2 x ee 5 BER Ameiſenlöwen. Rieſenhafte. Schmetterlingshafte. 199 erkennen, iſt der Gefleckte Ameiſenlöwe, Myrmeleon formicarius L., deſſen Larven gleichfalls in Trichtern leben. Anderſeits gibt es auch Ameiſenlöwen, deren Larven, ohne Trichter anzufertigen, ſich einfach im Sandboden verbergen und imſtande ſind, gewandt vor⸗ wärts und rückwärts zu laufen. Zu ihnen gehört der in Südeuropa verbreitete, in Deutſch⸗ land aber ebenfalls gefundene Langfühlerige Ameiſenlöwe, Formicaleo tetragrammi- cus F., bei dem die Fühler länger als Kopf und Bruſt find und die erſten drei Fühlerglieder zuſammengenommen die Länge der Vorderſchienen ungefähr erreichen. Nahe Verwandte der Ameiſenlöwen bilden die zur Gattung Palpares Ramb. geſtellten Rieſenhafte, deren im Geäder abweichende Flügel meiſtens mit dunkeln Flecken und Zeich⸗ nungen geſchmückt ſind. Die Rieſenhafte ſind vorzugsweiſe Bewohner heißer, trockener Steppengegenden. Am Tage halten ſie ſich meiſt unbeweglich und legen dabei ihre großen Flügel dachförmig über dem langgeſtreckten Leib zuſammen; bei einbrechender Dunkelheit flattern ſie faſt lautlos mit großen Flügelſchlägen umher und kommen dann, vom Lichtſchein angelockt, bisweilen in die Häuſer geflogen. Eine der ſchönſten Arten iſt der in Madagaskar vorkommende Palpares voeltzkowi Kolbe, auf deſſen dunkeln, ſtahlblau glänzenden Hinter⸗ flügeln ſich einige helle Flecke leuchtend abheben. Im ſüdlichen Europa lebt Palpares libellu- loides Dalm., mit durchſichtigen, braun gefleckten Flügeln. Eine andere Art, Acanthaclisis oceitanica Pill., mit langen, hakigen Endſporen an den Schienen und wenig gefleckten, weiß⸗ lichgrauen, braun geaderten Flügeln, iſt aus Oſtpreußen bekannt und wurde auch ſchon in der Mark Brandenburg, bisher unſeres Wiſſens allerdings nur in einem einzigen Exemplar, erbeutet. Letzteres ſaß, laut Mitteilung des Sammlers, Dr. Arnold Schultze, in der Gegend von Wittſtock am Tage ruhig mit dachförmig geſtellten Flügeln an einem Baumſtamm und machte, aus einiger Entfernung geſehen, ungefähr den Eindruck eines Kiefernſchwärmers. Dem Verwandtſchaftskreiſe der Rieſenhafte ſind noch die zierlichen Schmetterlings⸗ hafte (Ascalaphidae) zuzuzählen, die in zahlreichen Arten die wärmeren Gebiete der Erde bewohnen. Man erkennt ſie am leichteſten an den in der Regel ſehr langen, am Ende knopf⸗ förmig verdickten Fühlern, worin ſie an unſere Tagfalter erinnern. Das wichtigſte und aus⸗ nahmslos zu findende Merkmal beſteht aber in der ſehr kurzen und ſtark verbreiterten Vorder⸗ bruſt. Südeuropa wird von einigen farbenprächtigen Schmetterlingshaften bewohnt. Der auf unſerer Tafel bei S. 194 abgebildete, mit ſchwarzen und gelben oder mit ſchwarzen und weißen Flecken auf den Flügeln geſchmückte Ascalaphus macaronius Scop. flattert auch ſchon in Süddeutſchland bei heißem, ſonnigem Wetter auf blumenreichen Wieſen, dabei entweder ſeinesgleichen oder die aus kleineren Inſekten beſtehende Nahrung ſuchend. Die Flugzeit des Ascalaphus fällt, nach Werner, in Niederöſterreich größtenteils in den Monat Juli, ob⸗ wohl auch Anfang Auguſt und Ende Juni vereinzelte Exemplare ſich zeigen können. „Die Stellen, an denen es fliegt, ſind durchwegs ſonnig, vollkommen baumfrei und von größerer Ausdehnung, doch ſowohl ebene Sumpfwieſen als auch Bergabhänge mit niedrigem, ſpär⸗ lichem Buſchwerk. An ſolchen geeigneten Orten ſchwirren ſie oft in größerer Anzahl um⸗ her, aus dem Graſe, an dem ſie ruhig und ſchwer ſichtbar ſitzen, die wenig gefleckten und nur ſchwach gelben Vorderflügel nach Eulenart über die lebhaft gefärbten Hinterflügel ge⸗ legt, pfeilſchnellen Fluges in einem Winkel von etwa 40 — 500 aufſteigend und nach längerem oder kürzerem Fluge plötzlich wieder ſich niederlaſſend und dadurch für das ungeübte Auge vollkommen verſchwindend.“ Zwei andere, ähnlich gefärbte Arten, Ascalaphus libelluloides Schaff. und Ascalaphus longicornis L., kommen ebenfalls in Süddeutſchland vor. 200 | Netzflügler: Landhafte. Die Eier werden reihenweiſe an Pflanzenſtengel gekittet. Die Larven haben bei den Schmetterlingshaften ſeitliche Fortſätze an den Hinterleibsringen und bauen ſich im Gegen- ſatze zu den Larven der Ameiſenlöwen, denen fie ſonſt ziemlich ähnlich ſehen, keine Trichter. Die zierlichen Fadenhafte (Nemopteridae) haben ihre eigentliche Heimat in Afrika, obwohl einzelne Arten dieſer oft bunt gefleckten Inſekten, die bei flüchtiger Be⸗ trachtung kaum den Eindruck von a 1 5 auch ſchon in Südeuropa leben. Nur das vordere Flügelpaar iſt in ähnlicher Weiſe wie bei anderen Netzflüglern ge- baut, das hintere aber zu einem Paare langgeſtiel⸗ ter, den Körper gewöhn⸗ lich um das Mehrfache ſei⸗ ner Länge überragender Balancierſtangen gewor⸗ den, die nur an ihrem Ende als Reſte der Flü⸗ gelſpreite ein kleines, bun⸗ tes Fähnchen tragen. Eine ſüdeuropäiſche, in Anda⸗ luſien häufig fliegende Art iſt Nemoptera bipennis III. (lusitanica). Zwei feine, ſchwarze, fadenförmige Fühler zieren den nach unten ſchnabelartig verlän⸗ gerten Kopf. Die brei⸗ ten Vorderflügel ſind auf durchſcheinendem gelben Grunde mit vielen brau⸗ nen Flecken und Punkten „5 . geſchmückt, und die lang⸗ Afritantſches Fabenhaft, Nemopistha hennini Nav. Etwas verkleinert. | geſtielten Hinterflügel tra⸗ = gen am Ende eine ſchmale, lanzettförmige, braun und weiß derte Erweiterung. Von dem Tun und Treiben der Fadenhafte weiß man ebenſo wie von ihrer Entwickelung noch ſo gut wie nichts. Die beiden großen, ſeitlich am Kopf angebrachten, vorquellenden Facettenaugen laſſen auf eine vor⸗ wiegend nächtliche Lebensweiſe der erwachſenen Tiere ſchließen, und von einigen auffallen⸗ den, großen afrikaniſchen Arten, wie Nemopistha, wird auch erzählt, daß ſie im Dunkel der Nacht wie andere nächtliche Inſekten, vom Lichtſchein angelockt, gern zur Lampe fliegen. Wenn die zuletzt genannten Inſekten Bewohner heißer, trockener Länder ſind, ſo lieben umgekehrt die Osmylidae Schatten und Feuchtigkeit. Der in Deutſchland häufige Osmylus chrysops L. (maculatus F.) zeichnet ſich durch ſchwarzbraunen Körper und glänzend braun⸗ roten Kopf mit dunkeln Augen und Fühlern aus. Die durchſichtigen, großen, dachförmig a EN nl ee re "IE 8 ö f Fadenhafte. Osmylidae. Sisyridae, Taghafte. 201 getragenen Flügel ſind mit verſchiedenen dunkeln Flecken und Zeichnungen bunt ausgeſpren⸗ kelt. Dieſer hübſche, mit ausgebreiteten Flügeln etwa 4 em meſſende Netzflügler ruht zur Sommerszeit tagsüber auf Baumſtämmen und Blättern an lichten Plätzen im Walde, in deren Nähe ein plätſchernder Bach oder ein kleines Flüßchen angenehme Kühle ſpenden. Die Osmylus-Larve, die eine Länge bis zu 2 cm erreicht, beſitzt zwei faſt Sn rn Saugjangen und hält ſich am Waſſerrande oder im Waſſer unter Steinen auf, geht aber zur Ver⸗ puppung in das feuchte Erdreich des Ufers hinein. Noch ſtärker iſt die Vorliebe für das feuchte Element bei den kleinen, düſter gefärbten Sis y- ridae ausgeprägt, an deren braunen, ungefleck⸗ ten Flügeln die in den Vorderrand einmünden⸗ den Queradern unver⸗ zweigt ſind. Ihre Lar⸗ ven leben vollkommen unter Waſſer, aber nicht frei, ſondern als Schma⸗ rotzer im Kanalſyſtem oder auf der Oberfläche von Süßwaſſerſchwäm⸗ men und an Moostier- a chen, deren Körperſäfte ſie mit ihren feinen Zan⸗ gen ausſaugen. Mit den langen, fünfgliederigen Bauchfüßen, die paar⸗ weiſe an der Unterſeite der erſten ſieben Hinterleibsringe angebracht find, erinnern die Sisyra-Larven noch ſtark an die Larven der Großflügler. Unſere Abbildung zeigt die in e häufige Braune Schwammfliege, Sisyra fuscata FV. — ern a 80 egen fliege, Sisyra fuscata F., An ihre . Etwas ümgräßere Einige Worte feien auch noch über die Taghafte (Hemerobiidae) hinzugefügt, von denen eine ganze Reihe von Arten auch im mittleren Europa vorkommt. Es handelt ſich vorherrſchend um kleine Netzflügler von düſterer Färbung ohne Nebenaugen, mit faden⸗ förmigen Fühlern und bräunlichen und grauen Flügeln, an denen die in den Vorderrand mündenden Queradern verzweigt ſind. Ihre Larven leben ganz nach Art der oben geſchil⸗ derten Blattlauslöwen und ſaugen wie dieſe allerlei kleines Getier aus. Hierbei haben die meiſten Hemerobiidenlarven die Gewohnheit, die ausgeſogenen Häute ihrer Opfer auf ihrem 202 Netzflügler: Landhafte. — Schnabelhafte. Rücken mit ſich herumzuſchleppen, ſo daß die Überreſte ihrer Mahlzeiten zuſammen mit kleinen Holzſtückchen, Moosteilchen und ähnlichen zuſammengeleſenen Gegenſtänden ein förmliches Dach über ihrem Leibe bilden. Infolge dieſer ſonderbaren Maskerade machen die Larven ganz den Eindruck von Schmutzklümpchen und gleichen einem Tier ſo wenig, daß ſie der Aufmerkſamkeit ihrer Feinde nn entgehen können. x Den Hemerobien ſtehen auch die kleinſten Netzflügler, die Staubhafte (Conioptery- gidae) jehr nahe, bei denen Körper und Flügelpaare von einer entweder weißen, mehligen oder braunen Staubſchicht dicht bedeckt ſind, ſo daß ſie wie gepudert ausſehen. Der leicht abwiſchbare Staub beſteht aus zahlloſen, mikroſkopiſch kleinen, eingerollten, loſen Plättchen, die wahrſcheinlich weiter nichts als eine erhärtete Drüſenabſonderung ſind. An den Mund⸗ werkzeugen dieſer kleinen Staubflügler laſſen ſich ein Paar winziger Vorderkiefer, ein Paar mit fünfgliederigen Taſtern verſehener Mittelkiefer und eine deutlich zweiteilige Unterlippe mit dreigliederigen Lippentaſtern unterſcheiden. Die langen, perlſchnurförmigen Fühler ſind ſtruppig behaart, die großen Facettenaugen wölben ſich vor, und Nebenaugen fehlen. An den fünfgliederigen Füßen iſt das vierte Glied ſchaufelförmig, während für die beſtäubten Flügel die ſchwache Entwickelung des Geäders und das Fehlen eines Flügelmals bemerkens⸗ wert ſind. Bei der Gattung Aleuropteryx Löw. hat Enderlein an der Unterſeite der erſten fünf Hinterleibsringe paarige, ausſtülpbare Säckchen nachgewieſen. Die Larven ſehen wie kleine Blattlauslöwen aus, find meiſt mit roſenfarbenen oder bläulich⸗ſchwärzlichen Zeich⸗ nungen geſchmückt und ſcheinen ſich vorzugsweiſe von Pflanzenläuſen zu ernähren. In Nord- und Mitteleuropa iſt aus dieſer Gruppe beſonders Conwentzia psociformis Curt. häufig, bei der die faſt farbloſen Flügel mit weißem Mehlſtaub beſtreut ſind. Kopf und Hinterleibsſpitze find hellbraun, die Fühler faſt jo lang wie die Vorderflügel. Wer darauf achtet, kann dieſe Tierchen den ganzen Sommer hindurch an Blättern und Zweigen, nament⸗ lich auf Eichengebüſch, finden, wo ſie träge mit dachförmig geſtellten Flügeln zu ſitzen pflegen. Bei warmem Wetter fliegen ſie gelegentlich gleich winzigen weißen Pünktchen in der Luft umher. Die Larve hält ſich an Baumrinde auf und überfällt andere Inſekten, beiſpielsweiſe kleine Zikaden, in deren Hinterleib ſie ſich oft vollkommen einfrißt. Iſt die Larve aus⸗ gewachſen, ſo verfertigt ſie ſich mit weißen, aus ihrem After hervorkommenden Fäden ein flaches, kreisrundes Geſpinſt, in dem ſie überwintert, und verpuppt ſich erſt im folgenden Frühjahr. Solche weißen, gewöhnlich an der riſſigen Borke alter Laubbäume befeſtigten Überwinterungsgeſpinſte der Staubhafte ſehen gewiſſen flachen Spinnenkokons ungemein ee und ſind tatſächlich ſeiner Zeit irrtümlich als letztere beſchrieben worden. Siebente 1 | Schmetterlingsartige Inſekten (Lepidopteroidea). 21. Ordnung: Schnabelhafte (Panorpata, Mecaptera). Die Schnabelhafte (Panorpata, Mecaptera), die früher mit Rückſicht auf ihre netz⸗ förmig geaderten Flügel mit der Gruppe der eigentlichen Netzflügler vereinigt wurden, bilden nur eine kleine, wenige Arten umfaſſende Ordnung, welche in der Jetztzeit gewiſſer⸗ maßen wie ein Überreſt einer vergangenen, längſt dahingeſchwundenen Inſektenwelt er⸗ ſcheint. Die zarten, mittelgroßen oder kleinen Schnabelhafte haben einen nach unten — Staubhafte. Skorpionsfliege. 93 203 deutlich ſchnabelartig verlängerten Kopf, der an ſeiner Spitze die kurzen, als Beißwerkzeuge dienenden Vorderkiefer trägt. Ein Paar langer, vielgliederiger Fühler entſpringt hoch oben an der Stirn vor oder zwiſchen den Facettenaugen. Die kleine Vorderbruſt bleibt frei, Vorder⸗ und Hinterflügel, deren Längsadern durch zahlreiche Queradern verbunden werden, ſind untereinander ähnlich und erlauben einen ziemlich raſchen, aber nicht ausdauernden Flug. Randader und Unterrandader bleiben einfach, die folgenden Längsadern geben Gabel⸗ äſte ab. Bei einigen Arten ſind nur verkümmerte Flügel vorhanden. Am Darm finden wir einen Kaumagen, ſechs Malpighiſche Gefäße und kräftig entwickelte Speicheldrüſen. Sehr eigenartig ſehen die mit kauenden Mundteilen ausgeſtatteten Larven aus, die einen geſtreckten, raupenartigen Körper und außer drei Paaren von Bruſtbeinen in der Regel noch paarige Beinſtummel an den Hinterleibsringen haben. Im Lias fanden ſich die Flügel⸗ abdrücke von foſſilen Urſchnabelhaften, Orthophlebüdae, die, nach Handlirſch, als Vorläufer der jetzigen Arten gelten können, anderſeits aber auch eine bemerkenswerte Ahnlichkeit mit den ſpäter zu ſchildernden Waſſermotten zeigen. An Büſchen und Sträuchern bietet ſich während des ganzen Sommers Gelegenheit, ein ſehr häufiges und in ganz Europa verbreitetes Schnabelhaft aus der Familie der Panorpidae kennen zu lernen, denn dort zeigt ſich gewöhnlich das Gemeine Skorpions— haft oder die Skorpionsfliege, Panorpa communis L., ein flüchtiges, ſchlankes, lang⸗ beiniges, buntgefärbtes Inſekt mit vier großen, geſcheckten Flügeln, das ſich in beiden Ge⸗ ſchlechtern auf unſerer Farbentafel bei S. 194 dargeſtellt findet. Dem Menſchen gegenüber ſind die Skorpionsfliegen gänzlich harmlos. Scheinbar drohend tragen die Männchen ihr verdicktes, einen Klammerapparat bildendes Hinterende, ähnlich wie der Skorpion ſeinen Giftſtachel, emporgehoben; die Weibchen halten ihr dünnes, pfriemenförmig zugeſpitztes Hinterleibsende ausgeſtreckt. Der Schnabel am Kopf wird teils von dem dreieckigen Kopf⸗ ſchild, teils von den verlängerten Mittelkiefern und der mit ihnen verwachſenen Unterlippe gebildet. Die Mittelkiefertaſter ſind fünfgliederig, die Unterlippentaſter . die kleinen, ſchmalen Vorderkiefer aber mit zwei Zähnchen verſehen. Die Panorpen treiben ſich an Gebüſchen und Hecken umher, an Stellen, an denen der Boden nicht zu trocken iſt. Bisweilen ſieht man, wie die Tiere ihre Flügel langſam wippend auf und nieder bewegen. Im Fluge legen ſie immer nur kurze Strecken zurück, ſie ſuchen ſich regelmäßig ſchon bald wieder einen Stützpunkt und ſind daher im allgemeinen nicht ſchwer zu erbeuten. Sie gelten als Räuber; nach Kirby und Spence fallen ſie lebende Inſekten an, und Lyonnet ſah angeblich eine Panorpa communis etwa zehn Angriffe auf eine Libelle von ungefähr gleicher Größe machen, bis es dem Angreifer ſchließlich gelang, ſein Opfer zu Boden zu drücken und mit dem Schnabel zu bearbeiten. Neuere Beobachtungen geben jedoch ein etwas anderes Bild von der Lebensweiſe der Panorpen. Davis ſchreibt, daß die von ihm in Gefangenſchaft gehaltenen Exemplare niemals feindſelig gegen andere lebende Inſekten los⸗ gingen, und der japaniſche Entomologe Miyake jagt, daß die von ihm als Futter vorgelegten Raupen und Maden nur angefallen wurden, wenn fie tot oder verletzt waren, und zwar namentlich dann, wenn bereits an einer Stelle der Körperſaft hervorgefloſſen war. So mag es ganz gut möglich ſein, daß die Panorpen unter Umſtänden einmal lebende Tiere angreifen, ihre hauptſächliche Nahrung ſcheinen aber doch wohl tote und zerfallende Inſekten zu bilden. In der Gefangenſchaft laſſen ſich die Panorpen übrigens auch recht gut mit rohem Fleiſch, mit durchſchnittenen Apfeln und Kartoffeln füttern. Miyaké, der feine Beobachtungen an der japaniſchen Panorpa klugi Me.Lachl. machte, ſah dieſe Art auch an Blütenſäften ſaugen, * 204 Schnabelhafte. Köcherfliegen. wobei die Tiere ſo rückſichtslos zu Werke gingen, daß die Blütenblätter der überfallenen Blumen (Silene armeria) zu Boden fielen und die Blüten völlig zerſtört wurden. Nach den Mitteilungen desſelben Forſchers leben die Panorpen ziemlich lange. In der Gefangenſchaft halten ſie über einen Monat aus, im Freien wahrſcheinlich noch länger. Die Eier werden in den Erdboden in kleine Spalten und Löcher verſenkt. Etwa 8 Tage ſpäter ſchlüpfen raupenförmige Larven aus mit kräftigen, kauenden Mundteilen, kurzen Fühlern und großen, ſeitlichen Augen, die bei Panorpa klugi aus je 28 Punktaugen beſtehen. Von den übrigen 13 haarig bewarzten Leibesringen führen die drei vorderſten kräftiger chitini⸗ ſierte Bruſtfüße, die acht folgenden fleiſchige, kegelförmige Bauchfüße. Am zehnten Hinter⸗ leibsring kann an der Bauchſeite ein vierzackiger Fortſatz vorgeſtülpt werden, der die Fort⸗ bewegung 11 Die Zahl der Luftlöcher beträgt neun Paare, die ſich auf den erſten Bruſtring und die erſten acht Hinter- leibsringe verteilen. Die Panorpa- Larven ſind ziemlich träge. Sie halten ſich in der Erde verſteckt und leben in Spalten oder in Gängen, die ſie ſich ſelbſt in den Boden graben, und deren Tiefe von der Beſchaffenheit des letz⸗ teren abhängt, die aber oft über 4 m hinabreichen. Nach ſieben Häutungen iſt die Larve, wie wir wenigſtens für Panorpa klugi annehmen können, aus⸗ gewachſen, geht tiefer in die Erde und verwandelt ſich zur Puppe, bei der die letzten Leibesringe in beiden Ge⸗ Winterhaft, Boca hiemalis L. Vergrößert. ſchlechtern nach der Rückenſeite hin — umgebogen ſind. Die Puppe ruht regungslos im Erdboden, kann aber bei Störungen Abwehrbewegungen ausführen und ſcheint kurz vor dem Ausſchlüpfen der fertigen Skorpionsfliege bis zur Oberfläche empor⸗ zuſteigen. Da durchſchnittlich etwa 9—10 Wochen für den ganzen Entwickelungsgang ge⸗ nügen, jo werden vom Erſcheinen der erſten Skorpionsfliegen Anfang Mai zwei Pr ſehr gut a von deren zweiter teils Larven, teils Puppen überwintern. Die Mückenhafte (Bittacusidae) ſtehen trotz ihrer ſelſamen Körpergeftalt den Schnabelhaften ſehr nahe. In Südeuropa iſt der auch in Deutſchland gefundene Bittacus tipularius L. heimiſch, ein ſchlankes, mit langen, dünnen Mückenbeinen und langen, ſchmalen, gelblichen Flügeln ausgeſtattetes, etwa 26 wm langes Inſekt. Der ſchnabelförmige Kopf trägt fadenförmige Kiefertaſter, Fühler und Nebenaugen. Die in eine Kralle auslaufen⸗ den Beine haben lange Schienendornen. Zitternd und unſtet fliegen die Mückenhafte während der Dämmerung umher, hängen ſich mit den langen Vorderbeinen an ein Aſtchen und fangen mit den hinteren Beinen Inſekten. „Man trifft ſie gewöhnlich“, ſagt Reuter nach Beobachtungen an amerikaniſchen Arten, „an feuchten Stellen, an einem Grashalm u hängend, in einer Stellung, als ob fie ſchliefen. Gewöhnlich baumelt das eine oder andere der ſtark verlängerten Beinpaare in der Luft hin und her. Während dieſes geheuchelten Schlummers iſt das Inſekt gleichwohl voller Aufmerkſamkeit. Sobald ſich eine Fliege nähert, FPV Müdenhafte, Winterhafte. et 205 wird das Beinpaar jo lang als möglich ausgeſtreckt, und wenn die Fliege vorbeifliegt, wird ſie mit einem raſchen Ruck der gezahnten Ferſen, die ſich um die Fliege ſchlingen und das gefangene Tier zum Munde führen, ergriffen. Das Inſekt bohrt jetzt den lang ausgezogenen Kopf oft bis an die Augen in die Fliege hinein und ſaugt ſie aus.“ Die Mückenhafte bilden eine artenarme Familie, ſind aber gleich den en in den wärmeren Gebieten aller Erdteile verbreitet. Wenn die Natur in tiefem Winterſchlafe liegt, Eis und Schnee den erſtarrten Boden decken, pflegen die kleinen Winterhafte (Boreidae) zu erſcheinen. Am leichteſten können wir dieſe unſcheinbaren Tierchen an ſonnigen Tagen bemerken, wenn ſie bei gelindem Froſt oder eintretendem Tauwetter auf der weißen Schneedecke ſitzen, von der ſich ihr bräunlicher oder dunkel metalliſch glänzender Körper deutlich abhebt. Der in den norddeutſchen Kiefer⸗ heiden nicht ſeltene, etwa bis 4,5 mm lange Boreus hiemalis L. kriecht dann langſam und hochbeinig am Boden umher, ſtellt ſich bei Beunruhigung tot oder macht mit ſeinen langen Hinterbeinen einen kleinen Sprung, um ſeinen Verfolgern zu entgehen. Schnabelgrillen (Gryllus proboscideus) nannte Panzer dieſe kleinen Hüpfer, die mit ihrem Sprungvermögen in der Tat etwas an junge Grillen erinnern. Fliegen können ſie nicht, denn die Flügel werden beim Männchen nur durch zwei kurze pfriemenförmige, aufwärts gebogene, beim Weibchen durch zwei kurze, anliegende Anhänge erſetzt. Das Weibchen hat eine lange, etwas aufwärts gebogene Legeröhre. Von Ende Oktober bis in den März hinein ſind dieſe in Europa und Nordamerika durch einige wenige Arten vertretenen Winterhafte anzutreffen; bei Beginn der wärmeren Jahreszeit verſchwinden ſie. Ihre raupenähnlichen Larven leben jetzt unter der Bodendecke und unterſcheiden ſich von den Panorpa-Larven, denen ſie ähn⸗ lich ſehen, beſonders durch das Fehlen der Bauchfüße. 2 22. Ordnung: Waſſermotten, Köcherfliegen (Trichoptera). Die Köcherfliegen oder Waſſermotten (Trichoptera) find Inſekten von motten⸗ artigem Ausſehen, die in der Ebene wie im Gebirge, an ſtehenden wie an fließenden Ge⸗ wäſſern nicht zu den Seltenheiten gehören. Wir erkennen ſie an den fadenförmigen Fühlern und dem geſtreckten, ſchmalen Körper, deſſen Beine mit fünfgliederigen Füßen verſehen ſind. Der ziemlich kleine, bewegliche Kopf trägt außer den beiden ſeitlichen, meiſt vorquellenden, großen Facettenaugen häufig drei Punktaugen. Die Vorderbruſt bildet nur einen ſchmalen Ring. Die ſtark entwickelte Mittelbruſt und die etwas kleinere Hinterbruſt dienen zur Ein⸗ lenkung der beiden Flügelpaare, die im Ruhezuſtande wie bei vielen Schmetterlingen ſich dachförmig über den Leib legen. Körper und Flügel ſind meiſt düſter gefärbt, während leb⸗ hafte Zeichnungen zu den Ausnahmen gehören. Schuppen kommen nur ſelten auf den Flügeln vor. Statt deſſen bedeckt letztere ein Haarkleid, welches das Geäder mehr oder weniger undeutlich macht. Auch Körper und Beine ſind mit Haaren, niemals mit Schuppen bekleidet. Das zur Unterſcheidung der Arten wichtige Flügelgeäder beſteht vorzugsweiſe aus Längsadern, die nur durch wenige Queradern verbunden ſind. An den Mundteilen läßt ſich ein Paar verkümmerter Vorderkiefer nachweiſen. An den Mittelkiefern fallen namentlich die Taſter auf, die beim Weibchen faſt immer fünf⸗ gliederig ſind, während bei den Männchen die Zahl der Taſterglieder innerhalb dieſer Fa⸗ milien eine geringere bleibt. Die Unterlippe iſt zu einem eigenartigen breiten, ſchaufel⸗ förmigen Schöpfrüſſel (Haustellum) geworden, der in der Mitte eine zur Mundöffnung 206 Köcherfliegen. führende Längsrinne trägt. Viel iſt darüber geſtritten worden, ob die Waſſermotten über⸗ haupt irgendwelche Nahrung zu ſich nehmen oder nicht. Die lange, bei einigen Arten mehrere Wochen währende Lebensdauer im Mottenzuſtande ſpricht aber dafür, daß dieſe Tiere von ihren zum Aufſchlürfen von Flüſſigkeiten ſehr geeigneten Mundteilen Gebrauch zu machen verſtehen. Der finniſche Gelehrte Siltala hat auch zwei Arten, Phryganea striata L. und a i Iimnophilus rxhombicus den Blüten der Spier⸗ ſtaude (Spiraea latifo- lia) gefunden und ſah ſie dort Blütenſtaub oder Honig lecken. Gelegent⸗ lich konnte man auch Waſſermotten beobach⸗ ten, die ihren Durſt mit | Tautröpfchen löſchten. Laichmaſſen von Köcherfliegen. Aus Ulmer, „Unſere Waſſerinſekten“, Leipzig 1911. a Im übrigen liegen i erſt wenige Mitteilungen über die Lebensweiſe der fertigen Waſſermotten vor, denn als geflügelte Inſekten bieten dieſe in der Nähe des Waſſers gewöhnlich träge ruhenden Tiere nur wenig Anziehendes. Aufgeſcheucht, rennen ſie eine kurze Strecke eiligſt davon oder fliegen haſtig zu einem an⸗ deren, nicht weit entfernten Ruheplatz. Gewiſſe Arten werden nachts vom Licht angezogen, einige ſieht man am Tage in leichtem hüpfendem Fluge über den Waſſerſpiegel dahinſchweben, oder man erblickt ſie bei warmem, windſtillem Wetter in kleinen Schwärmen in der klaren Luft, in der ſie nach Art von Mücken oder Eintagsfliegen tanzen. Die Eier werden von den weiblichen Waſſermotten in einem zuſammenhängenden, flachen Gelege feſtgekittet, oder ſie werden in Form ziemlich großer, gallertiger Laichmaſſen ab⸗ geſetzt, in der Regel an einem Stein oder an einer Pflanze unterhalb des Waſſerſpiegels, bisweilen aber auch, wie bei Glyphotaelius Steph., oberhalb desſelben oder in der Nähe a des Ufers, gewöhnlich aber fo, daß die auskriechenden Jungen 0 Masenfcrnige Lade von Lana. ohne große Mühe in das flüffige Element gelangen können. Pag baus, e f Bei den Larven laſſen ſich zweierlei verſchiedene Formen ſere Waſſerinſekten“, Leipzig 1911. Uunterſcheiden, einmal kampodeoide Larven, die in ihrer äußeren Form ein wenig an das Urinſekt Campodea erinnern, und zweitens eruziforme Larven, die ſchon eher Schmetterlingsraupen gleichen. Jene ſind im weſentlichen die urſprünglicheren, ſie leben frei im Waſſer oder ſpinnen ſich höchſtens ganz einfache Gehäuſe. Anders die raupenförmigen Larven, die kunſtvolle Wohngehäuſe oder Köcher bauen und mit ſich herumſchleppen. Derartige Köcher können aus den ver⸗ ſchiedenſten Stoffen beſtehen, ſie werden bald aus Pflanzenteilchen zuſammengekittet, bald aus miteinander verklebten Steinchen hergeſtellt oder mit Muſchelſchalen und Schnecken⸗ häuschen bekleidet. Der kleine Baumeiſter ſteckt im Köcher verborgen und ſtreckt aus der vorn gelegenen Offnung nur, wenn er freſſen oder weiterkriechen will, den abwärts gekrümmten I., an den ſtark duften⸗ Allgemeines, 91 207 Kopf und die Beine etwas hervor. Mit Gewalt gelingt es nur ſchwer, eine ſolche Köcher⸗ fliegenlarve aus ihrem Gehäuſe herauszuziehen, denn fie kann ſich im Inneren mit ihren am letzten Leibesringe befindlichen kurzen Nachſchiebern oder mit vorſtehenden, am erſten Hinterleibsring angebrachten Zapfen ungemein feſthalten. Lange, dünne Kiemenfäden, die am Hinterleibe angebracht ſind, machen die Atmung unter Waſſer möglich. Die kampodea⸗ ähnlichen Larven ſind demgegenüber viel einfacher gebaut. Ihr Kopf iſt gerade nach vorn ge⸗ richtet. Sie haben keine vorſtehenden Zapfen, aber dafür beinartige längere Nachſchieber. Köcherfliegenlarven von beiderlei Bauart kommen in den verſchiedenſten Gewäſſern vor, in Teichen und Landſeen, in flachen Tümpeln und Moorlöchern, auch in den eiskalten Larven von Köcherfliegen. 1) Larvengehäuſe von Molanna e Curt.; 2) Larve von Grammotaulius atomarius F., 8) von Limnophilus rhombicus L., 4) von Limnophilus flavicornis F., 5) von Triaenodes bicolor Curt.; 6) Puppengehüuſe von Leptocerus aterri is Steph., an einem Volzſtuc ekt Zu S. 209 und 210) Etwas vergeößen Quellen und ſchäumenden Gießbächen der Hochgebirge. Sogar im ſchwach ſalzigen Waſſer ä der nördlichen Oſtſee, an den Küſten des Finniſchen und Bottniſchen Meerbuſens hat man einzelne Arten gefunden, die ſonſt das Süßwaſſer bewohnen, und ſelbſt aus dem Ozean kennt man ſchon eine Art, die an den Küſten Neuſeelands lebende Philanisus plebeius Walk. Die Köcherfliegenlarven ernähren ſich zum großen Teile von Waſſerpflanzen. Die in Nordeuropa weit verbreitete Agraylea multipunctata Curt. frißt die verſchiedenſten Süßwaſſerpflanzen und nimmt in der Oſtſee mit Braunalgen (Fucus) vorlieb. Phryganea-Arten haben an Waſſerkreſſe Schaden getan und ſind im Süden auf überſchwemmten Reisfeldern den jungen Reispflanzen gefährlich geworden. Andere ziehen tieriſche Koſt vor und räumen tüchtig unter den kleinen Flohkrebschen und ähnlichem Süßwaſſergetier auf. Manche ſind Alles⸗ freſſer. Wie Siltala berichtet, wurde in Finnland eine Brücke von Köcherfliegenlarven (Hydropsyche Pict.) ſchwer beſchädigt; die Tiere hatten die unter Waſſer befindlichen Teile angenagt und in das Kiefernholz Löcher bis zu 8 em Tiefe gefreſſen. Zum Schluß ver- wandeln ſich die Larven zu freien Puppen mit abſtehenden Gliedmaßen, aber die Art der 208 Köcherfliegen. Verpuppung iſt recht verſchieden. Trichopterenlarven, die in raſch dahinſtrömenden Bächen leben, verpuppen fich in einem lockeren Geſpinſt oder in einem allſeitig geſchloſſenen Kokon, in welchem ſie als Puppe unbeweglich ruhen. Die köchertragenden Larven vieler anderer Waſſermotten, die in Teichen oder ähnlichen ſtehenden und ziemlich ſauerſtoffarmen Ge⸗ wäſſern vorkommen, befeſtigen den Köcher an einem Stein oder an einer Pflanze und ver⸗ ſchließen ihn an beiden Enden nur durch eine ſiebartig durchbrochene Geſpinſtmembran, durch die das Waſſer zu der im Inneren gelegenen, mit Kiemenfäden ausgeſtatteten Puppe ſtrömen kann. Von einer beſchaulichen Puppenruhe iſt bei ihnen aber keine Rede, die Puppe muß in ihrem Köcher fortwährend hin und her ſchwingende Bewegungen machen, damit dauernd ein Zuſtrom friſchen Waſſers durch die Siebmembranen an ihre Kiemen gelangt. Falls ſich aber die Siebe durch Schmutzteilchen verſtopft haben, die der Waſſerſtrom mitgeriſſen hat, reinigt die Puppe ihre Wohnung mittels ſtarrer Borſten, von denen ſie eine Anzahl vorn am Kopf, an den Mundteilen und am hinteren Körperende beſitzt. Die reife Puppe verläßt ihr Gehäuſe und ſchwimmt zur Waſſeroberfläche, um ſich dort zu häuten, oder kriecht ans Ufer, um auf dem Lande nach Sprengung der Puppenhaut das fertige Inſekt zu liefern. Die Verwandlung geht bei den verſchiedenen Arten zu verſchiedenen Jahreszeiten vor ſich. Sie kann ſelbſt dann ſtattfinden, wenn die Natur noch ganz unwirtlich iſt. Killias er⸗ zählt, daß er auf der Höhe des Flüelapaſſes Tauſende von Köcherfliegen, Acrophylax zerberus Br., ſah, die offenbar erſt vor kurzem ſich verwandelt hatten, aber bereits in der Paarung begriffen waren, obwohl die Seen noch mit Eis bedeckt waren und ringsum fuß⸗ hoher Schnee lag, und der Schweizer Zoologe Sſcholke! weiß . von den Phryganeen⸗ arten des Hochgebirges zu berichten. Trichopteren hat man in allen Erdteilen gefunden, ſie fehlen nur wenigen im Welt⸗ meer iſolierten Inſelgruppen, wie den Hawaiiſchen Inſeln, zu denen ſie ihres ſchwachen Flugvermögens wegen noch nicht gelangt ſind. Sehr einfach gebaute Köcherfliegen find die Rhyacophilidae; ſie Gaben in beiden = Geſchlechtern fünfgliederige, nur ſchwach behaarte Mittelfiefertafter, an denen das letzte Glied einfach bleibt. Punktaugen ſind vorhanden, die Flügel haben längliche Form. Die fertigen Motten zeigen ſich hauptſächlich in Gebirgsgegenden, denn ihre Larven können nur im kalten, ſauerſtoffreichen Waſſer raſch dahinſchießender Bäche oder unter brauſenden Waſſer⸗ fällen gedeihen. Man fand die Larven der gelblichbraunen Rhyacophila vulgaris Piet. unter Steinen. Die Larven der zarten, goldig braun ſchimmernden Glossosoma vernale Pict. kleben aus groben Sandkörnchen ihr locker zuſammengefügtes Gehäuſe, das vorn und dein | eine Offnung hat und zur Verpuppung an einem Stein befeſtigt wird. Durch ein verlängertes, gegliedertes leßtes Taſterglied an den ſchwach behaarten Mittelkiefern find die Philopotamidae ausgezeichnet. Punktaugen find vorhanden. Die Vorderſchienen tragen ſelten mehr als zwei Sporne. Die Hauptgattung Philopotamus Leuch. zeigt ſich in Europa und Nordamerika weit verbreitet. Unter den europäiſchen Arten verdient die Bachwaſſermotte, Philopotamus variegatus Scop., genannt zu werden, die ſich wie viele verwandte Arten durch prächtig gefärbte, auf dunklem Grunde mit leuchtenden goldigen Flecken geſchmückte Vorderflügel auszeichnet. Die Tierchen halten ſich immer an raſch fließen⸗ den Bächen auf, ſitzen ſtill an Felſen und Steinen oder ſchwärmen im Sonnenſchein, wobei ihre Flügel wundervoll glitzern. Die kampodeaähnlichen Larven bauen keine Köcher, ſondern ſpinnen unter Waſſer dort, wo die Strömung gerade am reißendſten zwiſchen den Steinen Bay. r Rhyacophilidae, Philopotamidae. Phryganeidae. Molannidae. Leptooeridae 209 hindurchſchießt, trichterförmige Fangnetze, durch deren lockeres Gewebe der Waſſerſtrom geht, ſo daß allerlei vom Waſſer mitgeriſſene Schmutzteilchen oder kleine, lebende Tiere an den Geſpinſtfäden hängenbleiben und den Larven der Bachwaſſermotte zur Beute fallen. Eine der wichtigſten Familien unter den Waſſermotten iſt die der Phryganeidae, nach der manchmal die ganze Ordnung genannt wird. Zu den Phryganiden gehören zahlreiche Arten, zum Teil von anſehnlicher Größe, bei denen die Männchen immer viergliederige, die Weibchen fünfgliederige Mittelkiefertaſter haben. In der Form der Taſter unterſcheiden ſich die beiden Geſchlechter nicht. Punktaugen ſind ſtets vorhanden. Eine der bekannteſten euro⸗ päiſchen Formen iſt die vom Mai bis zum Hochſommer nicht ſeltene Große Waſſermotte, Phryganea grandis L., bei der die braunen, unregelmäßig gefleckten Flügel bis 6 em ſpannen. Die Große Waſſermotte hält ſich an ſtehenden oder langſam fließenden Gewäſſern, an pflanzen⸗ reichen Teichen oder an ſtillen? von hohem Schilf und Röhricht umrahmten Buchten von Flüſſen und Landſeen auf. In der Abenddämmerung werden die am Tage trägen Motten munter, flattern unruhig umher und kommen nicht ſelten in Häuſer und Wohnräume geflogen. Die von den Weibchen abgelegte glasklare, zahlreiche grüne Eier enthaltende Eiermaſſe iſt kranzförmig und wird an Waſſerpflanzen, beiſpielsweiſe an der Unterſeite von Seeroſen⸗ blättern, befeſtigt. Die raupenförmigen Larven kriechen in tütenförmigen Gehäuſen umher, die ſich aus kleinen Pflanzenſtengeln und ähnlichen Pflanzenteilen in Form einer links ge⸗ wundenen Spirale zuſammenfügen. Gelegentlich kommt es aber vor, daß die Larven ſich keine Köcher bauen, ſondern irgendein beliebiges Stück eines hohlen Schilfſtengels gleich als fer⸗ tigen Wohnraum beziehen. Durch bunt gefärbte, glänzende und in der Regel unbehaarte Vorderflügel zeichnen ſich die Arten der in Europa, Aſien und Nordamerika verbreiteten Gattung Neuronia MeLeach. aus. An ſtehenden Gewäſſern Deutſchlands findet ſich im Früh⸗ jahr Neuronia clathrata Kol., eine 9—11 mm ſpannende Art, deren gelbe Vorderflügel netzartige ſchwarze Zeichnungen tragen. Die japaniſche Neuronia regina Lachl. läßt ſich mit ihren grellen, gelbrot gezeichneten Vorderflügeln und ſchwarzblau iriſierenden Hinterflügeln den ſchönſten Ordensbändern (Catocala) unter den Schmetterlingen an die Seite ſtellen. Die Molannidae haben in beiden Geſchlechtern fünfgliederige, ſtark behaarte Mittel⸗ kiefertaſter mit ungegliedertem Endglied. Nebenaugen fehlen. Die Zahl der Vorder⸗ ſchienenſporne beträgt zwei. Die hierhin gehörenden Inſekten können uns weniger ihrer Färbung wegen intereſſieren, die meiſtens eintönig bleibt, als wegen der vielfach ſehr ſonder⸗ baren Bauart der Larvenköcher. An den ſeichten, ſandigen Ufern norddeutſcher Landſeen finden ſich die zerbrechlichen Gehäuſe der Molanna angustata Curt. (Abb., S. 207, Fig. 1). Sie ſind aus Sandkörnchen zuſammengekittet und haben eine ganz merkwürdige breite, einem flachen Schild ähnliche Geſtalt. Der in der Mitte in einer engen Wohnröhre ſtecken⸗ den Larve dienen verſchiedenartige Pflanzen und Inſekten zur Nahrung. Die Eier, die die fertige Motte, ein unſcheinbares, braunes, nächtliches Inſekt, ablegt, ſind im Hochſommer in Geſtalt kugeliger, etwa 1 cm im Durchmeſſer haltender Gallertklumpen in der Nähe des Uferrandes gleichfalls im flachen Waſſer zu finden. Unter den Leptoceridae, die lange, dünne, die Vorderflügel gewöhnlich um mehr als das Doppelte an Länge übertreffende Fühler und zottig behaarte, bei beiden Geſchlechtern fünfgliederige Mittelkiefertaſter haben und der Punktaugen entbehren, mag eine zarte, in Deutſchland weit verbreitete Waſſermotte, Leptocerus senilis Burm., genannt werden, deren Drehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 14 210 Köcherfliegen. — Schmetterlinge. Männchen bis 28 mm ſpannen, während die Weibchen etwas kleiner bleiben. Die Färbung iſt unſcheinbar. Die Vorderflügel ſind bräunlichgelb bis graugelb, die Hinterflügel grauſchwarz mit dunkleren Adern. Die Larven dieſer Art leben in etwas gekrümmten, tütenförmigen Gehäuſen von grünlicher Färbung und ſind Paraſiten unſerer Süßwaſſerſchwämme, in deren Körper ſie ſich tiefe Gänge und Löcher ausfreſſen. Der Darm pflegt bei dieſen Larven große Mengen von den kieſeligen Skelettnadeln des Schwammes zu enthalten, ein ſicheres Zeichen, daß das Schwammgewebe tatſächlich ihre Nahrung bildet. Bei anderen Leptocerus- Arten leben die Larven frei. Die ſchwach gekrümmten, kegelförmigen, aus Sandkörnchen feſt zuſammengekitteten Gehäuſe von Leptocerus aterrimus Steph. (Abb., S. 207, Fig. 6) ſind oft in den gleichen Gewäſſern anzutreffen, in denen auch die obengenannte Art lebt. Stille Buchten von Sümpfen und Teichen, in denen der Boden von weichen, verweſenden Pflanzenreſten bedeckt iſt, dienen den Larven der gleichfalls in ganz Deutſchland verbreiteten Rautenfleckige Köcherfliege, Limnophilus rhombieus L. 1) Larve, 2) Larvenköcher, 3) Puppe, 4) und 5) Imago. Etwas vergrößert. Triaenodes bicolor Curt. zum Aufenthalt. Sie bauen ſich dort enge, 2—3 cm lange, tüten⸗ förmige Wohnröhren aus ſpiralig zuſammengefügten Pflanzenſtückchen (Abb., S. 207, Fig. 5) und können, in ihren Köchern ſteckend, in ſenkrechter Stellung im Waſſer umherſchwimmen. Bei den zahlreichen Arten der Limnophilidae haben die Vorderſchienen nie mehr als einen Sporn. Die Fühler, die ungefähr die Länge der Vorderflügel zu haben pflegen, beſitzen ein verdicktes Grundglied. Die Weibchen haben fünfgliederige, die Männchen zwei⸗ bis dreigliederige, ſchwach behaarte, aber niemals beſchuppte Mittelkiefertaſter. Punktaugen ſind vorhanden. Zu dieſer Gruppe gehören viele der bekannteſten Köcherfliegen, deren Ge⸗ häuſe in Tümpeln und Teichen zu finden ſind. Von den deutſchen Arten nennen wir Limno- philus rhombicus L., deſſen Larven in der Regel zahlreiche kurze Pflanzenſtückchen quer oder ſchief zuſammenfügen und zum Bau ihrer großen Köcher verwenden (Abb., S. 207, Fig. 3), während die Larven von Limnophilus flavicornis F. allerlei winzige Schneckenſchalen und kleine Muſcheln, manchmal ſogar ſamt ihren lebenden Inſaſſen, in das Wohngehäuſe einkitten, ſo daß ſie gelegentlich eine ganze Konchylienſammlung mit ſich herumſchleppen (Abb., S. 207, Fig. 4). Durch beſondere Größe find die Köcher von Grammotaulius atomarius F. aus⸗ gezeichnet, die aus dachziegelähnlich aneinandergeſetzten Schilfſtengelſtücken beſtehen und eine Länge von 8 em erreichen können (Abb., S. 207, Fig. 2). Alle dieſe und viele ähnliche in ſtehenden Gewäſſern lebende Larven bauen nur leichte, dünnwandige Köcher. Anders „ | | | | au — Rennen e a 5 . Pal J Limnophilidae. Sericostomatidae. 211 diejenigen, die, wie Stenophylax Kol., nur im ſtrömenden Waſſer von Bächen und kleinen Flüſſen leben. Ihre Larven pflegen gröbere Quarzkörner und kleine Steinchen zum Bau zu benutzen, damit die Gehäuſe genügend beſchwert ſind und nicht in Gefahr kommen, vom Waſſer fortgeſpült zu werden. Intereſſant iſt ihrer Lebensweiſe wegen die kleine Enoicyla pusilla Burm., die im September und Oktober in verſchiedenen Gegenden Deutſch⸗ lands zu finden iſt, und deren rauchbraune Vorderflügel beim Männchen über 10 —15 mm ſpannen, während die flugunfähigen Weibchen nur ſchuppenartige Reſte von Flügeln haben. Dieſe Tierchen bilden eine Ausnahme unter den Waſſermotten, denn es ſind, ſoviel man bis jetzt weiß, nebſt einigen verwandten Arten die einzigen, deren Entwickelung ſich ganz auf dem Lande, oft fern vom Waſſer, abſpielt. Die Laichklümpchen werden zwiſchen Moos auf dem feuchten Waldboden abgeſetzt. Nach Ritſema dauert es etwas über einen Monat, bis die Larven zum Vorſchein kommen, die einen kaſtanienbraunen Kopf und ebenſo ge⸗ färbte Vorderbruſt haben und wie kleine Räupchen zwiſchen Moos oder an feuchten Felſen umherkriechen, wobei ihr Körper in einem bis 7 mm langen, hauptſächlich aus Sandkörnchen beſtehenden, ſchwach gekrümmten, kegelförmigen Gehäuſe verborgen iſt. Die letzte Familie, Sericostomatidae, deren ſtark behaarte Fühler ſo lang oder länger als die Vorderflügel ſind, während ſich die Männchen durch dicht behaarte oder be⸗ ſchuppte, manchmal maskenartig umgeſtaltete, dreigliederige Mittelkiefertaſter auszeichnen und ſich weſentlich von den mit fünfgliederigen Taſtern ausgeſtatteten Weibchen unter⸗ ſcheiden, ſind immer nur in der Nähe von fließendem Waſſer zu finden, das ihren Larven als Aufenthaltsort dient. Viele Arten, wie die in den deutſchen Gebirgen verbreitete Silo nigricornis Pict. oder die auch in der Ebene gefundene Goera pilosa F., beſchweren ihre Larvengehäuſe durch Einkitten eines oder auch einiger weniger größerer Steinchen. Gar nicht ſelten fallen ſie den Angriffen einer noch ſpäter zu erwähnenden eee der Gattung Agriotypus, die unter Waſſer tauchen kann, zum Opfer. 23. Ordnung: Schmetterlinge (Lepidoptera). Die älteſten Schmetterlinge ſcheinen Zeitgenoſſen der ungeſchlachten Rieſenſaurier ge⸗ weſen zu ſein, denn ſie lebten, ſoviel man weiß, in der Juraperiode, alſo in einer Epoche, in der eine einförmige, blumenloſe Vegetation den ſpärlichen Schmuck unſerer Erde bildete. Alle dieſe älteſten, jetzt zur Familie der Palaeontinidae gerechneten Schmetterlinge waren noch Tiere von einfacher Bauart, ſie glichen im Ausſehen Motten und konnten ihre Mundteile nicht oder höchſtens erſt unvollkommen zum Saugen benutzen. Anders wurde es dann in jenen milden, ſonnenreichen, den Übergang zur Tertiärzeit bildenden Zeiträumen, in denen wie mit einem Zauberſchlage eine Fülle neuer Lebeweſen entſtand und Blütengewächſe zum größten Teile die Stelle der bisherigen Schachtelhalme und Bärlappe einnahmen. Damals hielt zuſammen mit der bunten Blumenfülle auch die farbenfrohe Falterwelt ihren Einzug auf Erden, wovon noch viele Schmetterlingsflügel oder ſogar vollſtändige Falter, die, vom träufelnden Baumharz umſchloſſen, in Bernſteinſtücken ſich erhalten haben, Zeugnis ab⸗ legen. So können wir uns jetzt ein Bild davon machen, wie das Schmetterlingsleben in der älteren Tertiärzeit, im Oligozän, ausgeſehen haben mag. Allerlei Bläulinge gab es da⸗ mals ſchon, bunte Papilionen, verſchiedene Weißlinge, Schwärmer, Eulen und viele andere Arten, die gewiß genau wie in der Jetztzeit ſich im Sonnenglanze wiegten oder im nächtlichen Dämmerſchein umherſchwebten und Blüten umgaukelten, um ſich an Honig zu erlaben. 14 * 212 Schmetterlinge. Wie vorzüglich die Schmetterlinge gerade für den Blumenbeſuch eingerichtet find, davon legen ihre Mundteile Zeugnis ab. Der wichtigſte Beſtandteil iſt an dieſen der Saug⸗ rüſſel, ein langes, aus zwei ſeitlichen Hälften beſtehendes Rohr, das gewöhnlich ſpiralig ein⸗ gerollt getragen wird, beim Gebrauch aber ausgeſtreckt und in Blüten eingeführt werden kann, wobei feine, an der Spitze des Rohres befindliche Sinnesborſten es dem Schmetterling er⸗ möglichen, die im Blüteninneren verſteckten, nahrungſpendenden Honigquellen zu entdecken. Die Länge des Saugrüſſels wechſelt. Arten mit längerem Rüſſel können natürlich Blüten mit tieferem Kelche beſuchen als ſolche mit kurzem Saugrohr. Am vollkommenſten ſind in dieſer Hinſicht die meiſten Schwärmer ausgerüſtet, vor allem die braſiliſche Protoparce albiplaga Walk., deren Rüſſel in geſtrecktem Zuſtande über 25 em mißt, fo daß es dieſem Schwärmer gar keine Mühe macht, mit ſeinem Rieſenſaugrohr bis zu den Nektarien zu ge⸗ langen, die in den mächtigen Blüten der tropiſchen Orchi⸗ deen ſo tief verborgen ſitzen, daß ſie keinem anderen grö⸗ ßeren Inſekt zugänglich ſind. Dagegen hat der europäiſche er der gleichen Gruppe der Schwärmer angehört, nur einen ganz kurzen Saugrüſſel. Einige Schmetterlinge haben ſogar einen vollſtändig verkümmerten und zur Nah⸗ rungsaufnahme untauglich gewordenen Saugapparat und ſind daher im Falterzuſtande zu dauerndem Faſten ver⸗ urteilt. Am freien Ende trägt der Schmetterlingsrüſſel hast 8 emetterkings von bisbveilen einige als Saftbohrer bezeichnete Borſten zum vorn und von der Seite geſehen. Anritzen des Pflanzengewebes oder manchmal auch zum Ant Fühler, O1 Oberlippe, Mx Grundteil des = 5 Mitteltiefers (Maxilleh, Ma ſtummelförmiger Anbohren von ſüßen Früchten, deren hervorquellender date have) Mel Saugrüſſe. aus Saft vom Falter aufgeſogen wird. Die beiden halbrohr⸗ Be. 5 3 „ förmigen Hälften des Rüſſels laſſen ſich mit den beiden Innenladen der Mittelkiefer anderer Inſekten vergleichen. Die Außenladen bleiben ebenſo wie die Mittelkiefertaſter verkümmert, wenn wir von ge⸗ wiſſen Kleinſchmetterlingen und einigen Noktuiden abſehen, deren große Mittelkiefertaſter als Nebentaſter oder Nebenpalpen bezeichnet werden. Die Unterlippe iſt bei den Schmetter⸗ lingen weiter nichts als ein unſcheinbares Anhängſel; am Grunde neben dem Rüſſel ragen ſeitlich die beiden Palpen oder Hinterkiefertaſter, große, reich mit Sinnesorganen aus⸗ geſtattete und gewöhnlich buſchig behaarte oder beſchuppte Anhänge, hervor. Die Oberlippe ſtellt gewöhnlich nur ein kleines, dürftiges Plättchen dar, und als Vorderkiefer ſind höchſtens noch zwei kleine, unſcheinbare Stummel vorhanden, die zum Beißen völlig untauglich ſind, ſo daß es den Schmetterlingen unmöglich wird, feſte Nahrung zu ſich zu nehmen. Ausnahmen von dieſer Regel gibt es nur unter den niederſten mottenartigen Kleinſchmetterlingen. Am zottig behaarten oder beſchuppten Kopfe ſitzen ſeitlich zwei meiſt halbkugelförmig vorquellende Facettenaugen und am Scheitel zuweilen noch zwei Punktaugen, die aber ihrer verſteckten Lage wegen ſchwerer zu bemerken ſind. Die Fühler ſind verſchiedenartig. Bei den echten Tagſchmetterlingen (Rhopalocera) find fie lang und am Ende keulenartig verdickt, bei der Mehrzahl der Schmetterlinge (Heterocera) haben fie ein fadenförmiges oder borſten⸗ förmiges Ausſehen oder können auch ſeitliche Zähnchen und Aſte tragen, ſo daß ſie kammartig gefiedert erſcheinen. Sehr häufig zeichnen ſich namentlich die Männchen durch ſtark ge⸗ krümmte oder buſchig gefiederte Fühler aus, während die Weibchen fadenförmige oder # Totenkopfſchmetterling, Acherontia atropos L., obſchon cc Allgemeines, 213 ſchwächer gefiederte haben. Die Beſtandteile der drei Bruſtringe kann man zwar noch er- kennen, doch ſind ſie alle miteinander verwachſen. Der einen ſchmalen Halskragen (Collare) bildende Vorderbruſtring trägt oben manchmal zwei breite flache Anhänge (Patagia). An Mittel- und Hinterbruſt ſind die beiden Flügelpaare eingelenkt, deren vorderes an feinem Grunde von einem Paar kurzer dreieckiger, ſchuppenähnlicher, gewöhnlich auch noch mitlangen Schuppen beſetzter Gebilde (Scapulae oder Tegulae) bedeckt ſein kann. Die ganze Bruſt iſt bei den Schmetterlingen von einem aus ſtarken Haaren und Schuppen beſtehenden Pelz eingehüllt, der in der Mitte des Halskragens zuweilen einen dichten Schopf bildet. Die Flügel ſind in Form und Größe ſehr verſchieden. Bei den beſten Fliegern, den Schwärmern, die in gewandtem, ſicherem Fluge pfeilſchnell durch die Luft dahinſchießen, ſind ſie ſtets ſchmal und geſtreckt und die vorderen erheblich größer als die hinteren. Die taumelnd umherflatternden Tagfalter haben dagegen ausnahmslos breite Flügel, deren beide Paare ungefähr von gleicher Größe ſind. Bei einigen niedrig ſtehenden Schmetterlings⸗ familien kommt am Hinterrande der Vorderflügel ein kleiner, nach vorn umgeſchlagener Lappen (Jugum) vor, der ſich in ganz ähnlicher Weiſe auch ſchon bei den Waſſermotten findet und zum Feſthalten der Hinterflügel dient. Er fehlt den meiſten übrigen Schmetterlingen und wird bei ihnen gewöhnlich durch eine kräftige Haftborſte (Frenulum) erſetzt, die vorn an der Wurzel der Hinterflügel entſpringt und die Aufgabe hat, dieſe letzteren an den Vorder⸗ flügeln zu befeſtigen. An den Flügeln läßt ſich ein von der Wurzel bis zur Flügelſpitze reichen⸗ der Vorderrand, ein der Anſatzſtelle des Flügels gegenüberliegender Außenrand und ein dem Vorderrande gegenüberliegender Innenrand unterſcheiden. Das Geäder iſt in Vorder⸗ und Hinterflügeln ziemlich gleichförmig. An den Vorderflügeln kann man in der Regel zwölf, an den Hinterflügeln meiſt acht Längsadern unterſcheiden, die herkömmlich, wenn⸗ gleich in wenig berechtigter Weiſe, vom Innenrande aus gezählt werden. Sie gehen meiſt aus vier Hauptadern hervor: der Innenrandader (Dorſalader oder Ader 1), die oft doppelt oder dreifach iſt, der hinteren Mittelader (Subdorſalader), der vorderen Mittelader (Subkoſtalader) und endlich der Vorderrandader (Koſtalader), deren jetzige wiſſenſchaftliche Bezeichnungen wir auf S. 40 angegeben finden. Zwiſchen den beiden Mitteladern iſt die große Mittelzelle gelegen, die entweder gegen den Außenrand offen oder durch eine Querader abgeſchloſſen iſt. Farbenglanz und Schönheit der Schmetterlingsflügel rühren von mikro⸗ ſkopiſch kleinen Chitinſchüppchen her, die auch Leib und Beine wie feiner Staub bedecken. Bei jeder unſanften Berührung des Falters, ja ſogar ſchon bei längerem Umherflattern in der Luft geht dieſe zarte Beſchuppung wieder verloren: der Schmetterling iſt „abgeflogen“ und ſieht dann häßlich und mißfarben aus. Die Schüppchen, die mit längeren oder kürzeren Stielen loſe in die Haut eingepflanzt ſind, decken ſich, hier enger, dort weiter ſtehend, wie die Ziegel auf einem Dache und können von außerordentlich verſchiedener Größe, Form, Farbe und Beſchaffenheit ſein. An vielen Stellen gehen ſie in Haare über, namentlich am Flügelrande, wo oft lange, als Franſen bezeichnete Haare ſtehen. Fehlt aber die Schuppen⸗ kleidung, jo werden die Flügel wie bei den Glasflüglern (Ageriiden) durchſichtig, oder es kommen an den ſchuppenloſen Stellen die eigentümlichen „Glasfenſter“ zuſtande, durch welche zahlreiche Saturniiden und Syntomididen ausgezeichnet ſind. Die Beine haben in der Regel fünfgliederige Füße mit verlängertem erſten Fußglied; Mittel- und Hinter⸗ ſchienen pflegen mit je zwei Endſporen und zwei Mittelſporen verſehen zu ſein. Von den inneren Organen iſt beſonders der Darm bemerkenswert, der bei den Schmet⸗ terlingen immer fo eingerichtet ift, daß er mit einem Male gleich recht viel Nahrung aufnehmen 214 Schmetterlinge. en kann. Zu dieſem Zweck erweitert ſich der Vorderdarm bei den Motten und einigen anderen niederen Schmetterlingen kropfartig. Bei den echten Tagfaltern und verſchiedenen anderen höheren Schmetterlingen hat ſtatt deſſen die enge Speiſeröhre einen großen, geſtielten, blaſenförmigen Anhang, den ſogenannten Saugmagen; er kann beim Saugen prall gefüllt werden und dient zur vorläufigen Aufnahme der eingeſogenen Flüſſigkeit, die erſt nach und nach von dieſem Behälter aus in den Mitteldarm gelangt. Man kann nicht ſagen, daß die geiſtigen Fähigkeiten bei den Schmetterlingen beſonders hoch entwickelt ſind. Hunger und Liebe beherrſchen als die beiden wichtigſten Triebfedern die verſchiedenen Inſtinkttätigkeiten der Falter ſo gut wie vollkommen, ohne daß es zu ſo komplizierten Vorgängen wie Brutpflege und ähnlichem kommt. Immerhin verdient aber doch der untrügliche, ſichere Inſtinkt unſere Bewunderung, mit dem der Schmetterling in der weiten Natur die nah⸗ rungſpendenden Blumen oder der männliche Falter ſein Weib⸗ chen findet. Beim Zuſam⸗ mentreffen der Geſchlechter ſpielt ſicherlich der Geruchs⸗ ſinn die Hauptrolle. Fabre berichtet von einem Weibchen des großen Nachtpfauenauges, Saturnia pyri Schiff., das er in ein Käſtchen eingeſperrt hatte, und zu dem in acht Näch⸗ ten etwa 150 Männchen aus ö weiten Entfernungen ange⸗ i flogen kamen, die trotz des CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCu das Weibchen auch an ganz verſchiedenen Stellen, an die man es abſichtlich gebracht hatte, aufzufinden verſtanden. Zahlreichen männlichen Schmetterlingen ſind eigentümliche Duftorgane eigen, die an ver⸗ ſchiedenen Körperſtellen gelegen ſein können. Bei dem Rübenweißling, Pieris napi L., rührt der eigenartige, an Meliſſengeiſt erinnernde Geruch von beſonderen, auf der ganzen Flügeloberſeite verſtreut ſtehenden, federbuſchähnlichen Schüppchen her. An den Vorder⸗ flügeln der Satyriden ſtehen ebenſo wie beim Brombeerfalter, Callophrys rubi L., be⸗ ſondere Duftſchuppen gruppenweiſe beiſammen und bilden ſogenannte Duftflecke. Ge⸗ waltige Büſchel von hellgelben Dufthaaren kann die afrikaniſche Eule Nyetipao walkeri Bull. an ihren Hinterflügeln hervortreten laſſen. Hier ſtecken ſie für gewöhnlich in tiefen Taſchen verborgen, um nur beim Gebrauch hervorgeſtülpt zu werden, damit ſich der Riech⸗ ſtoff nicht allzu ſchnell verflüchtigt, eine Einrichtung, die auch manchen anderen Schmetter⸗ lingen zukommt. Der Duft ſelbſt iſt je nach der Art von verſchiedenartigſter Beſchaffen⸗ heit. Von den Duftapparaten, die in den zu Klumpfüßen umgewandelten Hinterbeinen des Wurzelſpinners gelegen ſind, geht ein aromatiſcher, an friſche Walderdbeeren erinnern⸗ der Geruch aus. In anderen Fällen meint man, den Geruch von Vanille, von Biſam oder Opium wahrzunehmen, oder die Geruchsnerven werden wie bei dem Bläuling Thecla athys Esp. durch einen unangenehmen, an Fledermäuſe erinnernden Geſtank enttäuſcht. Allgemeines. 215 Vielfach iſt der von den Duftorganen ausgehende Geruch zu ſchwach, um für den Menſchen wahrnehmbar zu ſein. ä Die Schmetterlingslarven nennt man Raupen, ſie zeichnen ſich faſt immer durch lang⸗ geſtreckte, walzenförmige Geſtalt aus, haben einen rundlichen Kopf, drei Bruſtringe und einen langen, in der Regel aus elf Ringen zuſammengeſetzten Hinterleib, deſſen letzte Ringe aber nicht immer deutlich ſind. Am Kopfe ſtehen außer einem Paar dreigliederiger Fühler kräftige beißende Mundwerkzeuge ſowie gewöhnlich ſechs Paare von ſeitlichen Punktaugen. An einer kleinen Offnung an der Unterlippe münden Spinndrüſen aus. Außer den drei Bruſtringen, die je ein Paar kurzer, mit Endklauen verſehener Beine tragen, kommen an dem langen Hinterleibe noch ſogenannte Bauchfüße vor. Meiſt gibt es von dieſen fünf Paare, von denen die vorderen ſich auf den dritten bis ſechſten Hinterleibsring verteilen, während das hinterſte Paar, die Nachſchieber, am letzten Leibesring ſitzt. Gelegentlich iſt die Zahl der Bauchfüße aber verringert, wie z. B. bei den meiſten Spannerraupen, die außer den Nachſchiebern nur noch das vorletzte, am ſechſten Hinterleibsringe befindliche Bauchfuß⸗ paar haben, und ausnahmsweiſe können ſich auch, wie bei den amerikaniſchen Megalo- pygidenraupen, ſieben Bauchfußpaare entwickelt zeigen. Raupen, die im Inneren von Pflanzen oder in Geſpinſten leben, haben dagegen oft nur noch verkümmerte oder gar keine Bauchfüße. Niemals ſind die Bauchfüße am Ende mit Klauen verſehen, ſondern gewöhnlich gehen ſie in eine halbmondförmige oder hufeiſenförmige, mit Häkchen bewaffnete Erweite⸗ rung aus, die zum Anklammern an Zweige und Blätter dient. Solche Füße heißen Klammerfüße, Pedes semicoronati. Bei anderen, mehr verborgen lebenden Raupen tragen die Bauchfüße als Pedes coronati oder Kranzfüße ſtatt deſſen einen kreisförmigen oder ge⸗ ſchloſſenen Kranz von kleinen Häkchen. Das Leben der Raupen ſpielt ſich ziemlich einförmig ab. Freſſen und Verdauen bilden, wie bei den meiſten anderen Inſektenlarven, ihre Hauptbeſchäftigung, die eigentlich nur von kurzen, durch die Häutungen bedingten Pauſen unterbrochen wird. Die Nahrung iſt faſt ſtets pflanzlicher Natur, ſie beſteht gewöhnlich aus grünen, chlorophyllhaltigen Pflanzen⸗ teilen. Einige Raupen bohren allerdings auch im Holze, andere ernähren ſich von Früchten oder zehren von tieriſchen Stoffen. Bei den Eulenſchmetterlingen wird von Mordraupen die Rede ſein, die als richtige Raubtiere andere Raupen überfallen, während die Raupen der mottenähnlichen Epipyropiden ſich an Zikaden anklammern und deren Exkremente freſſen. Die Schmetterlingspuppen ſind ſogenannte Mumienpuppen, Pupae obtectae, an denen man zwar Flügel, Fühler, Rüſſel und Beine ſchon in ihren Umriſſen mehr oder weniger deutlich erkennen kann, ohne daß dieſe Teile aber vom Körper deutlich geſondert ſind. Nur unter den niederen mottenartigen Schmetterlingen gibt es Puppen mit teilweiſe frei ab⸗ ſtehenden Körpergliedmaßen. Im einfachſten Falle ruhen die Schmetterlingspuppen ohne weitere Schutzeinrichtung an irgendeinem geborgenen Platze, in anderen Fällen macht die verpuppungsreife Raupe von ihrem Spinnvermögen einen mehr oder minder ausgiebigen Gebrauch und ſtellt ſich ein ſchützendes Geſpinſt oder einen feſten zuſammengeſponnenen Kokon her, in welchem ſie ſich zur Puppe umwandelt. Die Körpergröße der Schmetterlinge wechſelt. Wahre Rieſen gibt es unter den tropiſchen Faltern, von denen manche mit ausgebreiteten Schwingen alle anderen Inſekten an Körpergröße weit überragen und zu den größten Gliedertieren überhaupt zu zählen ſind. Hierbei dürfen wir freilich nicht überſehen, daß der Leib der Schmetterlinge, die eigentliche Körpermaſſe alſo, im Vergleich zu den mächtigen Flügeln immer ziemlich klein bleibt. Als 216 Schmetterlinge. größter Schmetterling gilt der im tropiſchen Amerika lebende Eulenſchmetterling, Erebus agrippina Cram. (Thysania), der mit ausgebreiteten Schwingen bis 27 em mißt. Solchen gewaltigen Tieren ſteht anderſeits das ganze große Heer unſcheinbarer Motten und anderer winziger Kleinſchmetterlinge gegenüber, die freilich niemals zu ſolchen faſt mikroſkopiſchen Dimenſionen herabſinken, wie ſie bei gewiſſen Käfern und Hautflüglern vorkommen. Da es ein allſeits anerkanntes Schmetterlingsſyſtem nicht gibt, ſo folgen wir hier dem Vorſchlage von Comſtock und ſondern die niederſten Familien als Unterordnung der Jugatae von der umfangreichen, die Hauptmaſſe der Schmetterlinge umfaſſenden Unterordnung der Frenatae ab. Für letztere verwenden wir die Einteilung in Kleinſchmetterlinge und Großſchmetterlinge, indem wir allerdings zu den Kleinſchmetterlingen, ohne auf die ſehr wechſelnden Größenverhältniſſe Rücksicht zu nehmen, im Sinne von Karſch haupt⸗ ſächlich diejenigen Arten rechnen, deren Raupen Kranzfüße haben, während die höheren, im Raupenzuſtande meiſt mit anderen Bauchfüßen ausgeſtatteten Formen zu den Groß⸗ ſchmetterlingen geſtellt werden ſollen. 1. Unterordnung: Jugatae. Die Jugatae find die niederſten jetzt exiſtierenden Schmetterlinge und umfaſſen nur wenige, an Arten arme Familien. Vorder⸗ und Hinterflügel ſind bei ihnen in Größe, Form und Aderung einander noch ſehr ähnlich. Die Vorderflügel tragen einen vom Grunde des Hinterrandes entſpringenden kleinen lappenförmigen Anhang (Jugum), der die Auf⸗ gabe hat, Vorder- und Hinterflügel während des Fluges zuſammenzuhalten. Die Mund⸗ teile haben ſehr einfachen Bau und können bei einigen Arten ſogar noch als Beißwerk⸗ zeuge benutzt werden. Zu dieſen niederſten Schmetterlingen gehören die Micropterygidae. Mieropteryx calthella L. iſt ein in Deutſchland nicht ſeltener, bis Südeuropa verbreiteter Kleinſchmetter⸗ ling, der mit feinen goldig glänzenden, in ausgebreitetem Zuſtande bis 9 mm meſſenden Flügeln in der Frühlingsſonne ſchwärmt und die auf ſchwankendem Moorboden ſtehenden Sumpfdotterblumen (Caltha palustris) und Blüten des Hahnenfußes (Ranunculus) beſucht. Die kleinen Falter fahnden dort nicht etwa nach Honig, denn ein Saugapparat fehlt ihnen noch vollſtändig; ihre Nahrung iſt der Blütenſtaub, deſſen Körner ſie mit den Mittelkiefer⸗ taſtern ablöſen und ganz nach Art kauender Inſekten mit Hilfe der beißenden Vorderkiefer verzehren. Die unſcheinbare Micropteryx-Raupe lebt frei an Moos, hat außer den Bruſt⸗ füßen acht Paare von Bauchfüßen an den erſten acht Hinterleibsringen und ein fanden ee liches Gebilde an der Unterſeite des neunten und zehnten Ringes. Bei den Eriocephalidae, die verkümmerte und zum Freſſen untaugliche Vorder⸗ kiefer haben, läßt ſich inſofern ein gewiſſer Fortſchritt bemerken, als ſie einen kurzen Rüſſel beſitzen, der es dieſen durchweg kleinen und unanſehnlichen Schmetterlingen bereits geſtattet, an blühenden Weiden, Schlehen und anderen Blüten zu ſaugen. Die zierliche, in ganz Mittel- europa verbreitete Eriocephala sparmanella Bosc. fliegt mit ihren goldgelb und violettblau geſcheckten Flügeln zur Nachtzeit umher und ruht tagsüber an Eſpen⸗ oder Birkenſtämmen; als gelbweiße Raupe frißt ſie in Birkenblättern, die hierdurch große braune Flecke bekommen, an denen man den ſchwärzlichen Raupenkot durchſchimmern ſieht. In manchen Jahren nimmt der von dieſen Raupen verurſachte Fraß ſolchen Umfang an, daß die friſche grüne Frühlingsbelaubung an den Birken ſich weit und breit in ein häßliches Braun verwandelt. Micropterygidae. Eriocephalidae, Wurzelfalter. Holzbohrer. 217 An die eben beſprochenen niederſten Kleinſchmetterlinge müſſen jetzt mit Rückſicht auf ihren Körperbau unmittelbar die früher zu den Spinnern gerechneten Wurzelfalter (Hepialidae) angereiht werden. Es ſind unzweifelhaft noch ſehr einfache Schmetterlings⸗ formen mit verkümmerten und unbrauchbaren Mundteilen und ohne Nebenaugen. Ihre mit Kranzfüßen verſehenen bleichen Raupen leben entweder äußerlich an Pflanzenwurzeln oder bohren in ſolchen und verwandeln ſich ſchließlich immer in der Erde zur Puppe. In Deutſchland iſt unter anderen Arten beſonders der Heidekrautwurzelfalter, Hepialus hecta L., verbreitet; ſeine ſchmalen, rotbraunen Vorderflügel ſind beim Männchen mit vielen ſilberweißen, beim Weibchen mit grauen Flecken geſchmückt. An warmen ſtillen Sommer⸗ abenden ſchweben die Männchen, die in den kolbig erweiterten Schienen ihrer Hinterbeine ein Duftorgan enthalten, unter eigentümlichen auf und nieder pendelnden Bewegungen geräuſchlos im Dämmerlicht über den Erdboden dahin und ſollen durch ihren Duft die Weibchen zu ſich heranlocken. Hepialiden von zum Teil rieſiger Größe kommen im auſtraliſchen Gebiete vor, wo bei⸗ ſpielsweiſe die prächtige Charagia ramsayi Scott. lebt, deren Weibchen, wenn ſie ihre ſatt⸗ grünen, über und über mit leuchtenden ſilberglänzenden Flecken beſäten Vorderflügel ausbrei⸗ ten, über 10,5 em ſpannen. Noch gewaltiger iſt die in Neuſüdwales verbreitete Zelotypia stacyi Scott., ein Schmetterling mit gelbbraunen Vorderflügeln, die einen Augenfleck mit weißem Kern und ſchwarzem Halbmond enthalten und beim Weibchen 24 em Spannweite haben. 2. Unterordnung: Frenatae. Zu den Frenatae werden ſämtliche Schmetterlinge geſtellt, die kein Jugum mehr beſitzen und bei denen Vorder⸗ und Hinterflügel vielfach durch ein vom Vorderrande der Hinter⸗ flügel ausgehendes Frenulum zuſammengehalten werden; dieſes pflegt beim Männchen aus einer dicken, kräftigen Borſte, beim Weibchen dagegen aus mehreren ſchwächeren Borſten zu beſtehen. In anderen Fällen greifen einfach der vorſpringende Vorderrand der Hinter⸗ flügel und der umgeſchlagene Hinterrand der Vorderflügel ineinander, oder es können Haft⸗ einrichtungen anderer Art vorhanden ſein. Die Hinterflügel haben ſtets eine geringere Zahl von Adern im Vergleich zu den Vorderflügen. 1. Tribus: Kleinſchmetterlinge (Microfrenatae, Stemmatoncopoda). Den Namen Kleinſchmetterlinge, Microfrenatae, Stemmatoncopoda, wollen wir hier, wie ſchon oben erwähnt wurde, nicht wörtlich nehmen. Wir verſtehen hierunter nicht nur die Kleinmotten, Wickler und Zünsler, ſondern auch verſchiedene andere Gruppen, zum Teil ſogar bunte Tagfalter oder Nachtſchmetterlinge von beträchtlicher Größe, die aber ſämtlich dem gleichen Verwandtſchaftskreiſe angehören. Die Raupen haben bei allen Arten, ſoweit ſie nicht fußlos ſind, geſchloſſene Hakenkränze an ihren Bauchfüßen. Die erſte Familie bilden hier die Holzbohrer (Cossidae), plump gebaute Schmetter⸗ linge von meiſt recht anſehnlicher Größe. Früher zu den Großſchmetterlingen geſtellt, werden ſie allgemein zur Gruppe der niederen Kleinſchmetterlinge gerechnet, ſeitdem es ſich gezeigt hat, daß ſie mit den letzteren ihrer ganzen Bauart nach übereinſtimmen. Der Saugrüſſel fehlt ihnen, die Fühler ſind beim Männchen mehr oder weniger deutlich gekämmt und die Hinterflügel durch eine Haftborſte ausgezeichnet. Unter den europäiſchen Holzbohrern iſt der bekannteſte der Weidenbohrer, Cossus cossus L. (Abb., S. 218); er führt ſeinen deutſchen Namen nach dem Baume, welcher von den 218 Schmetterlinge. Raupen vorzugsweiſe befallen wird. Weidenbohrerraupen können aber auch in Obſtbäumen, in Pappeln, Erlen, Eichen, Linden und anderen Holzgewächſen hauſen, und pflegen gewöhnlich zu mehreren beiſammen den gleichen Stamm zu bewohnen. In den Anlagen um Göttingen rodete man, laut Taſchenberg, im Dezember 1836 drei je faſt einen Fuß im Durchmeſſer haltende Trauerweiden aus, in denen beim „ des Holzes nicht weniger als 100 le 1 1 Weidenbohrerraupen gefunden wurden. Die jungen Raupen freſſen zunächſt dicht Tiefe ein und nagen dabei in der Längs⸗ richtung des Holzes röhrenförmige Gänge aus, die gewöhnlich ziemlich parallel mit⸗ einander verlaufen, während ſich unten eine zum Auswerfen des Kotes beſtimmte Offnung befindet. Das Wachstum der mit Apfeln füttern laſſen, iſt ſo lang⸗ ſam, daß die Tiere erſt nach zwei Jahren ihre volle Größe von durchſchnittlich gem Länge und faſt 2 cm Breite erlangt haben. Aus beſonderen, am Grunde der Vorder⸗ kiefer gelegenen Drüſen können die Cos- sus⸗Raupen einen öligen Saft abſcheiden, der zwar nicht das Holz angreift, ſich aber durch ſehr ſtarken Geruch auszeichnet, welcher noch lange nach dem Anfaſſen der Raupe an den Händen haften bleibt und oft auch ganz deutlich in der Nach⸗ barſchaft eines von Weidenbohrerraupen bewohnten Baumes zu ſpüren iſt. Die ſchöne roſenrote, der Raupe nur zur Jugendzeit eigene Färbung wird nach und nach mit einer ſchmutzigen Fleiſch⸗ farbe an den Seiten, am Bauch und den Gelenkeinſchnitten vertauſcht, während die Rückenflächen der Ringe braun, Nacken und Kopf ſchwarz werden. Die ausge⸗ wachſene Raupe verpuppt ſich entweder dicht unter der Rinde ihres Fraßbaumes, oder verläßt ihn, um ſich in der Nähe ein ſchützen⸗ des Verſteck im Erdboden aufzuſuchen. Im erſteren Falle benutzt ſie gewöhnlich abgenagte Holzſpänchen, um ſich daraus einen Kokon von länglich⸗eiförmiger Geſtalt zu bauen, wäh⸗ rend dieſer im letzteren Falle aus Erde verfertigt wird. Die braune Puppe iſt an den Leibes⸗ ringen mit ſtarken Dornenkränzen verſehen und hat auch am Hinterende jederſeits einen Weidenbohrer, Cossus cossus L. Natürliche Größe. ſtarken und mehrere ſchwächere Dornen, mit deren Hilfe fie ſich ſpäter aus dem Kokon oder aus dem Stamm, unter deſſen Rinde ſie ſaß, hervorſchiebt. Hiernach platzt die Puppenhaut auf, damit der Falter ausſchlüpfen kann. Im fertigen Zuſtande iſt der Weidenbohrer ein — unter der Rinde, dringen aber ſpäter in die Raupen, die ſich in Gefangenſchaft leicht 5 ge ae Holzbohrer. Glasflügler. 219 plumper Schmetterling mit grau und braun gewäſſerten, von ſchwärzlichen Querlinien durch- zogenen Vorderflügeln, die beim Weibchen im ausgebreiteten Zuſtande bis 9,5 em meſſen, beim Männchen etwas kleiner bleiben. Beide Geſchlechter ſitzen tagsüber mit dachförmig ge⸗ ſtellten Flügeln an Baumſtämmen und ſind hier nur ſchwer zu erkennen, weil ſie ſich kaum von der Rinde abheben. Beim Weibchen endet der grauweißlich geringelte Hinterleib mit einer vorſtreckbaren Legeröhre, die zum Hineinſchieben der Eier in Rindenſpalten dient. Ein anderer auffallender Schmetterling unter den einheimiſchen Arten aus der Familie der Holzbohrer iſt das Blauſieb, Zeuzera pyrina L., feine Flügel find weiß und mit zahl⸗ reichen ſtahlblauen Flecken geſchmückt, die auf den Vorderflügeln ſtärker hervortreten, auf den Hinterflügeln mit Ausnahme der Randflecke dagegen matter ſind. Im Juni oder Juli er⸗ ſcheint dieſer in Mittel- und Südeuropa ſehr verbreitete Falter, der aus Japan und Korea ebenfalls bekannt iſt und ſich auch ſchon in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, in die er eingeſchleppt wurde, verbreitet hat. Die Eier werden von den Weibchen einzeln oder zu wenigen verteilt an die Rinde verſchiedener Laubhölzer gelegt, wobei dünne Stämm⸗ chen und Aſte bevorzugt werden. Oft werden Obſtbäume zur Eiablage benutzt, aber auch ebenſogern Ahorn, Linden, Buchen, Birken, Eſchen, Eichen oder andere Bäume aufgeſucht. Die jungen Räupchen freſſen anfangs platzweiſe unter der Rinde und ſtoßen dabei ihren Kot durch eine untere Offnung aus, ſpäter geht aber die Raupe in die Tiefe und höhlt einen bis 20 em aufſteigenden Gang im Inneren aus. Nach zweimaliger Überwinterung verpuppt ſich die meiſt gelbe, ſchwarzgefleckte, ſchwarzköpfige und mit ſchwarzem Nackenſchild ver⸗ ſehene, bis 5cm lange Raupe in der Nähe der Auswurfsöffnung, aus der ſich zum Schluß die braungelbe Puppe noch etwas vorſchiebt, bevor der Schmetterling ausſchlüpft. Die Glasflügler (Aegeriidae, Sesiidae) bilden keine beſonders artenreiche Familie, gehören aber zu den intereſſanteſten Erſcheinungen der Schmetterlingswelt, weil es bei ihnen viele Formen gibt, die in täuſchender Weiſe Inſekten aus anderen Ordnungen gleichen. Kennzeichnend für die Seſien iſt die geringe Entwickelung der Flügelbeſchuppung, die ſich vorzugsweiſe auf den Flügelrand und die Flügeladern zu beſchränken pflegt, ſo daß die durchſichtige Flügelmembran immer in größerer oder geringerer Ausdehnung zum Vorſchein kommt und den Glasflügler einem Schmetterling recht unähnlich macht. Wenn hierzu, wie es häufig der Fall iſt, noch gelbe oder rote Körperzeichnungen treten, ſo kann man einen ſolchen Glasflügler ziemlich leicht mit einer Weſpe oder einem anderen ſtacheltragenden Haut⸗ flügler verwechſeln, was für den Schmetterling, wenn er Verfolgungen ausgeſetzt iſt, vielleicht einmal von Vorteil ſein mag, obgleich der Schutz, den das Tier im Kampf ums Daſein hier⸗ durch hat, ſicherlich nicht beſonders hoch zu veranſchlagen ſein dürfte. Sehr hübſch iſt die Weſpenähnlichkeit, die gerade oft als Beiſpiel für die Mimikry⸗ hypotheſe dient, beim Horniſſenſchwärmer, Aegeria apiformis CI. (Abb., S. 220). Der Kopf des Horniſſenſchwärmers iſt gelb, die dunkelbraune Bruſt und der ebenſo gefärbte Hinterleib tragen zitronengelbe Zeichnungen, die allerdings bei dieſer in Europa und Aſien weit verbreiteten und jetzt auch in Südamerika eingebürgerten Schmetterlingsart je nach den verſchiedenen Gegenden etwas variieren. Bei dem jungen, eben erſt aus der Puppe geſchlüpften Schmetterling ſind die Flügel noch nicht glasartig, ſondern zunächſt noch mit bräunlichen Schuppen bekleidet, die aber ſo loſe angeheftet ſind, daß ſie ſchon vom Luft⸗ zuge abgeſtreift werden, wenn der Schmetterling zum erſtenmal ſeine Schwingen ge⸗ braucht und in ungeſtümem Fluge durch die Luft dahinſtürmt. Erſt durch den Verluſt der 220 Schmetterlinge. Schuppen werden die Flügel durchſichtig mit Ausnahme des Randes und der Rippen, die ihre braune Beſchuppung beibehalten. ö Man findet den Horniſſenſchwärmer in der heißen Jahreszei de Mai bis Ende Juli. Tagsüber ruht er an Baumſtämmen oder fliegt lebhaft Sonnenſchein umher, wobei er einen auffälligen ſummenden Ton von ſich gibt, ſo daß man wirklich im erſten Moment an das Schwärmen einer gefährlichen Horniſſe glauben könnte. Die Eier werden im Juni und Anfang Juli in geringer Höhe über dem Erdboden an junge Pappeln abgelegt, oft an ſolchen Stellen, an denen der Stamm irgendeine kleine Verwundung zeigt. Die nackte, weiße, braunköpfige Raupe bohrt ſich ein, frißt anfangs unterhalb der Rinde, höhlt ſich dann aber ſtammaufwärtsgehend einen über 20 cm lang werdenden Gang im Holze aus. Hiernach wendet ſie ſich um und frißt einen Seitengang bis an die Oberfläche des Stammes, eine Tätigkeit, die im ganzen viel Zeit erfordert, ſo daß die Raupe immer erſt beim Heran⸗ nahen des zweiten Winters am Ende des Seitenganges angelangt iſt. Dort verpuppt ſie ſich im nächſten Frühling in einem aus zernagten Holzteilchen hergeſtellten Gehäuſe, aus Horniſſenſchwärmer, Aegeria apiformis Cl., nebſt Larve, Puppe in ihrem Lager und Puppenhülſe. Natürliche Größe. dem ſich ſpäter die Puppe etwas vorſchiebt, um den Schmetterling ins Freie gelangen zu laſſen. Die Raupen des Horniſſenglasflüglers kommen oft zu mehreren, mit Cossus⸗Raupen und anderen Holzfreſſern vergeſellſchaftet, im gleichen Stamme vor, den ſie dann vereint zerſtören. Ihre Arbeit, die ſich äußerlich durch den an der Auswurfsöffnung hervortreten⸗ den krümeligen Kot verrät, hat zur Folge, daß die befallenen Bäume oder Aſte über kurz oder lang eingehen oder, ihres Haltes beraubt, vom Winde umgebrochen werden. Glasflügler ſind aus allen Weltteilen bekannt und ſcheinen als Raupen ausnahmslos in Pflanzenſtengeln, Baumſtämmen oder Sträuchern zu leben. Von den europäiſchen Arten hält ſich der zierliche, vorherrſchend blauſchwarz und gelb gefärbte Wolfsmilchglasflügler, Sesia empiformis Esp., im Jugendzuſtande in den Wurzeln der Wolfsmilch auf, während die Raupe des Himbeerglasflüglers, Bembecia hylaeiformis Lasp., anfangs die Wur⸗ zeln, ſpäter die Stämmchen von Himbeerſträuchern bewohnt. Der Himbeerglasflügler trägt nicht wie die Angehörigen der Gattung Sesia F. an der Spitze ſeiner kurzen, fadenförmigen Fühler ein kleines Haarbüſchelchen und wurde deswegen wie auch anderer kleiner Unter⸗ ſchiede wegen zur Gattung Bembecia Hb. geſtellt. Er zeichnet ſich durch einen blauſchwarzen, gelbgeringelten Hinterleib aus und hat hinten einen gelben Afterſchopf. Die Vorderflügel ſind bei ihm beſonders am Vorderrand und am Außenſaum breit braun beſtäubt. Die ganze Schönheit des farbenreichen Schuppenkleides der Seſien kommt am beſten im Sonnenglanze zur Entfaltung, in dem ihr kleiner Körper förmlich zu ſtrahlen und zu funkeln ſcheint. Reichert berichtet hiervon: „Ich fand bei Gautzſch eine Copula von Seſien. Die Tiere ſaßen in der heißeſten Sonnenglut dicht auf ein Blatt gedrückt, ſie breiteten die ** BEN: = es El A Glasflügler. Schildmotten. 221 längeren Schuppenbündel an Seite und Ende des Hinterleibes ſoviel wie möglich aus und gewährten hierdurch ein ſo farbenprächtiges Bild, daß ich glaubte, eine mir noch unbekannte Art vor mir zu haben. Nach der Tötung war ich enttäufcht, als ich die häufige Sesia formicae- formis Esp. erblickte.“ Die letztgenannte Art, der kleine Weiden- oder Ameiſenglas— flügler, gehört zu den hübſcheſten unſerer einheimiſchen Seſien. Die Mittellinie der Vorder⸗ flügel und deren Vorderrand ſind blauſchwarz, am meiſten fällt aber an den Vorderflügeln das breite mennigrote Saumfeld auf, während der blauſchwarze Hinterleib am vierten Ringe leuchtend rot gefärbt iſt. Unterſeits ſind auch der fünfte und beim Männchen oft auch der ſechſte Ring rot. Der Schmetterling erſcheint im Mai und Anfang Juni. Seine Raupe legt in Stämmen und Aſten von Weiden einen etwa 10 em langen Gang an. Eigenartige Schmetterlinge ſind die namentlich im indiſchen Gebiete reich vertretenen, aber auch in Europa, Afrika und Nordamerika verbreiteten Schildmotten (Limacodidae, Cochlidiidae). Der plumpe, kurze Körper dieſer erſt bei einbrechender Dunkelheit munter werdenden, Bäume : und Sträucher um- ſchwärmenden Mot⸗ ten trägt abgerun⸗ dete Flügel, deren hintere kürzer als die vorderen zu ſein pfle⸗ gen. Die Taſter ſind kurz und werden vor⸗ geſtreckt oder auf⸗ recht getragen. Das Männchen hat in der Regel kammförmige Fühler. Im Falter⸗ zuſtande bieten die Schildmotten für e , Raupe von Natada velutina Kol. Nach Maxwell⸗Lefroy un owlett, „Indian uns aber weniger Insect Life“, Kalkutta und Simla 1909. Intereſſe als im a Raupenſtadium, in dem ſie oft recht ſonderbar geſtaltet ſind und manchmal gar keine Ahn⸗ lichkeit mit anderen Schmetterlingsraupen haben. So kann beiſpielsweiſe die Raupe des Europäiſchen Aſſelſpinners, Cochlidion limacodes Hufn., bei flüchtigem Hinſehen etwa für eine Nacktſchnecke gehalten werden. Das Tierchen iſt auffallend kurz und breit, hat einen hochgewölbten Rücken und kann ſich mit ſeinen zu Saugwülſten umgewandelten Bauchfüßen nur ganz langſam weiter bewegen. Hierzu kommt eine ausgezeichnete Schutz⸗ färbung, denn der nackte, haarloſe Körper iſt oberſeits grün mit ſchmalen gelben Längs⸗ ſtreifen, ſo daß es einigermaßen ſchwierig iſt, eine ſolche grüne Aſſelraupe auf dem Eichen⸗ laub, auf dem ſie lebt, zu bemerken. Im Herbſt ſind die Raupen erwachſen, fallen zu Boden und ſpinnen an der Erde zwiſchen abgefallenen Blättern einen harten, braunen, tönnchenartigen Kokon, in dem ſie überwintern und ſich im nächſten Frühling verpuppen. Im Juni erſcheint hernach der fertige Aſſelſpinner, ein kleiner, unanſehnlicher, brauner Schmetterling, der in den deutſchen Eichenwaldungen durchaus nicht ſelten iſt. er a | | | 5 „ | 222 Schmetterlinge. Unter den ausländischen Schildmotten gibt es viele, die nicht nackte aſſelförmige Raupen haben, ſondern bei denen letztere mit Dornen oder mit ſtachelartigen Borſten bewehrt find. Die Raupe der indiſchen, an Mangoblättern lebenden Natada velutina Koll. (Abb., S. 221) iſt mit ganzen Büſcheln von ſtarren, nach verſchiedenen Richtungen weit ab⸗ ſtehenden Haaren beſpickt, die, wenn ſie mit der bloßen Haut in Berührung kommen, ein äußerſt unangenehmes Neſſeln hervorrufen. Unzweifelhaft haben wir in den Schildmotten noch ſehr einfache Schmetterlingsformen vor Augen. Blütenbeſucher gibt es unter ihnen noch nicht, weil ihr unvollkommen entwickelter Rüſſel das Honigſaugen an den Blumen noch gar nicht möglich macht. Dabei iſt es auch von Intereſſe, daß einer der älteſten foſſilen Schmetterlinge, die zu den ſchon oben erwähn⸗ ten Urmotten (Palaeontinidae) gehörende, in der Juraformation bei Stonesfield in Eng⸗ eine unverkennbare Ahnlichkeit mit unſeren heutigen Schildmotten hat. Wieder ein anderer Formenkreis motten⸗ artiger Schmetterlinge tritt uns in den eigent⸗ lichen oder Echten Motten (Tineidae) ent- gegen, die wir hier der Einfachheit halber als eine große Familie anſehen wollen. Aus⸗ nahmslos kleine, zarte Tierchen mit langen, ſchmalen, meiſt etwas zugeſpitzten Flügeln, die am Rande lange franſenartige Haare tragen, gehören hierhin. Je ſchmaler die Flügel ſind, um ſo länger pflegt im allgemeinen der Franſenbeſatz zu ſein, deſſen Zweck darin be⸗ 6— 5 2.05 fteht, die Flügelfläche zu vergrößern, damit bee weren een der anette ee die Tragfögig eit der Flaged erde wink. ban gen Bst! {anne In e ae Mine Rumpf und Kopf ſind bei den Motten mit Binnenthal, „die Koſenſchädlinge⸗, Stuttgart 1908. Haaren und Schuppen dicht bedeckt. Rechts und links am Kopf ſchaut aber aus dem Haarpelz ein Paar großer dunkler Augen hervor, während die kleinen, nur ſelten fehlenden oder verkümmerten Nebenaugen oben unter den Kopfhaaren gewöhnlich ganz verſteckt ſitzen. Die Fühler ſind fadenförmig und haben häufig ein etwas erweitertes Grundglied. Zu den winzigſten Motten gehören die Nepticulinae, zarte Weſen mit abſtehend be⸗ haartem, keine Nebenaugen tragendem Kopf und kurzen, die Nebentaſter nicht an Länge er⸗ reichenden Fühlern. Als Beiſpiel mag die Roſenminiermotte, Nepticula centifoliella Zell., dienen, deren Raupen braune geſchlängelte Gänge ausfreſſen und mit dieſen oft genug die Blätter unſerer Gartenroſen verunzieren. Es handelt ſich um richtige Minengänge, denn da die Raupe nur das innere grüne Blattgewebe zerſtört, bleiben die dünne Ober⸗ und Unterhaut des Roſenblattes unverſehrt und laſſen deutlich einen ſchwarzen Mittelſtreifen durchſchimmern, der von dem im Inneren des Minenganges abgelagerten Raupenkot her⸗ rührt. Am Ende des Kotſtreifens ſitzt auch der kleine Minenkünſtler, ein unſcheinbares, bern⸗ ſteingelbes Räupchen; es entwickelt ſich ſpäter zu der obengenannten, höchſtens 6 mm land gefundene Palaeontina oolithica Butler Echte Motten: Nepticulinae, Tischeriinae, Motten im engeren Sinne. 223 ſpannenden Motte, deren dunkle Vorderflügel einen hellen ſilberglänzenden Querſtreifen tragen. Die Erſcheinungszeit der Roſenminiermotte fällt teils in das Frühjahr, teils in den Hochſommer, weil jährlich zwei Bruten zuſtande kommen. Unter den Tischeriinae, deren Fühlergrundglied deutlich verdickt iſt oder ein ſeit⸗ liches Haarſchöpfchen trägt, intereſſiert uns beſonders die Eichenminiermotte, Tischeria complanella Hb., ein von den Mittelmeerländern bis nach Skandinavien und tief in das aſiatiſche Rußland hinein verbreiteter Kleinſchmetterling mit ſchwach glänzenden, dotter⸗ gelben Vorderflügeln, deren Spannweite etwa 12 mm beträgt. Das Werk ſeiner Raupe verraten auffallende große blaſige Flecke, die in manchen Jahren ungemein häufig auf⸗ treten und ſich deutlich von der tiefgrünen Farbe der Eichenblätter abheben. Die blaſen⸗ artige, innen ausgehöhlte Stelle beherbergt die Minierraupe, die das Blattgrün ausgefreſſen und die farbloſe Ober⸗ und Unterhaut des Blattes ſtehengelaſſen hat, mit Ausnahme einer kleinen ſchlitzkörmigen Offnung, die es ihr ermöglicht, den Kot nach außen zu befördern. Bisweilen kommt nur eine rundliche Blaſenmine, etwa von der Größe eines Zehnpfennig⸗ ſtückes, auf einem Blatte vor, mitunter können aber auch mehrere benachbarte Minen zu einer einheitlichen, faſt die ganze Blattfläche bedeckenden Blaſe zuſammenfließen. Die Raupen verpuppen ſich ſchließlich in den welken, abgefallenen Blättern. Die Unterfamilie der Motten im engeren Sinne (Tineinae) umfaßt außer vielen gleichgültigen, im Freien vorkommenden Arten auch manche unerwünſchte Hausgenoſſen, die ſich häufig in unſeren Wohnungen einquartieren. Die Kornmotte, Tinea granella L., gehört zu dem allerwärts verbreiteten Ungeziefer, das ſich in Magazinen breit macht und Getreidevorräte befällt. Man findet den bis 13 mm ſpannenden Schmetterling im Juni allerdings auch hier und da im Freien, feſt ſitzend und dach⸗ artig mit den Flügeln ſeinen Leib bedeckend. Silberweiß und dunkelbraun geſcheckt iſt das vordere lanzettförmige Flügelpaar. Die langen Franſen ſind dunkelfleckig, die Hinterflügel einfarbig, glänzend weißgrau, während die fadenförmigen ſchwarzen Fühler ungefähr zwei Drittel der Vorderflügellänge haben und die nach vorn gerichteten Taſter wenig über den Stirnſchopf hervorragen. Die Kornmotten ſchwärmen nachts. Auf den Speichern ſucht das Weibchen Körner von Weizen, Roggen, Gerſte und anderen Getreidearten, um an jedes Korn ein bis zwei ſeiner Eier abzulegen, während es dieſe im Freien an morſcher Baumrinde unter⸗ bringt. Nach zehn bis vierzehn Tagen kriechen gefräßige Räupchen aus, deren charakteri⸗ ſtiſche kleine, an den benagten und zuſammengeſponnenen Körnern hängende Kothäufchen gegen Ende Juli ſich gewöhnlich deutlich zeigen. Die Raupen oder „weißen Kornwürmer“, wie ſie wohl im Gegenſatz zu anderen Getreideſchädlingen heißen, begnügen ſich nicht mit einem Korn, ſondern naſchen immer an mehreren, die ſie mit Spinnfäden verbinden, um ungeſtört unter deren Schutz die Körner von außen anzufreſſen. Sie ſind beinfarben, am Kopf und Nackenſchild dunkler, haben 16 Füße und ſind Ende Auguſt oder Anfang September mit einer Länge von etwa 10 mm ausgewachſen. Nun erſcheinen ſie auch äußerlich auf den Getreidehaufen, überall ſeidenartige Geſpinſtfäden zurücklaſſend, und ſuchen in ausgehöhlten Körnern oder in Dielenritzen und Spalten geeignete Stellen zur Verpuppung. In dem Ge⸗ ſpinſte, das kleine abgenagte Teilchen der Umgebung zu enthalten pflegt, verharrt die Raupe bis zum Frühling, um ſich dann in eine bräunlichgelbe Puppe zu verwandeln. Die Kleider- und Pelzmotten niſten ſich in unſeren Wohnungen, in Kleider⸗ magazinen und Speicherräumen ein und wiſſen dort mit einer wirklich ſtaunenswerten 224 Schmetterlinge. Geſchicklichkeit Kleider, Pelzwaren, Federhüte oder Wollenſtoffe aller Art ausfindig zu machen, um ihre Eier daran abzuſetzen. Gefüllte Kleiderſchränke, Sofas, Kiſſen und Polſtermöbel bieten herrliche Brutſtätten für die Motten, die ſich aber auch ebenſogut mit ausgeſtopften Tieren, Fellen und ähnlichen Dingen begnügen. Die Urheber des Zerſtörungswerkes, das bald hernach beginnt, ſind nicht etwa die geflügelten Motten ſelbſt, ſondern deren Nachkommen, madenartige, weißliche, mit dunklerem Kopfe ausgeſtattete Raupen, die mit ihrem ſtarken Freßapparat Stoffe und Pelzwerk zerſtören und durchlöchern und ſich dabei aus abgenagten Stoffteilchen und Geſpinſtfäden kleine ſackartige Gehäuſe verfertigen, in denen ſie wohnen und ſich ſchließlich zu einer gelblichen Puppe verwandeln. Die fertigen Motten, die gebrauchs⸗ unfähige Vorderkiefer und einen verkümmerten Saugrüſſel beſitzen, haben nur die einzige Aufgabe, Nachkommenſchaft zu erzeugen. Das Schwärmen findet bei den Motten haupt⸗ ſächlich in der warmen Jahreszeit während der Dunkelheit ſtatt, wobei die Motten auch gern aus offenſtehenden Fenſtern oder Bodenluken ins Freie fliegen und von dort wieder in andere Gebäude eindringen können. Vereinzelte bekommt man auch zu anderen Jahres⸗ zeiten zu Geſicht, ja in geheizten Räumen wird man ſelbſt mitten im Winter die Motten nicht ganz vermiſſen. In zoologi⸗ ſcher Hinſicht handelt es ſich bei dieſen Plagegeiſtern nicht um eine, ſondern um mehrere ver⸗ ſchiedene Arten, die ſich mit⸗ Kleidermotte, Tineola biselliella H x ) Motte, b) Raupe, c) Geſpinſt⸗ 15 1 n BER röhre ber Re mit e Badia: Bergrößert bereinten Kräften das Eigentum des Menſchen zu zerſtören. Ab⸗ geſehen von der Tapetenmotte, Trichophaga tapetiella L., deren gelblichweiße Vorder⸗ flügel am Grunde dunkelbraun gefärbt ſind und einen kleinen grauen Fleck an der Spitze tragen, kommen namentlich die Pelzmotte, Tinea pellionella L., und die gewöhnlich als Kleidermotte bezeichnete Tineola biselliella Humm. in Betracht, alles Arten, die ebenſo wie in den Ländern der Alten Welt auch in Amerika weitverbreitet ſind. Die beiden letztgenannten Mottenarten ähneln einander außerordentlich: beide haben glänzende, bräunlichgelbe Vorderflügel, unterſcheiden ſich aber beſonders darin, daß bei der Kleider⸗ motte Mittelkiefertaſter fehlen und bei der Pelzmotte vorhanden ſind. Von Tineola bisel- liella, von der man in Deutſchland in der Regel ſehr viel mehr Weibchen als Männchen findet, wurde feſtgeſtellt, daß die Vermehrung auch mittels unbefruchteter Eier vor ſich gehen kann. Aus den winzigen weißen Eiern, von denen jedes Mottenweibchen etwa 60 Stück an wollene Kleider, Pelzſachen oder ähnliche Stoffe abſetzt, kommen nach zwei bis drei Wochen Räupchen zum Vorſchein, die ſich aus Haaren oder Gewebsfaſern ihre röhrenförmigen Gänge bauen. Wie Sitowſky nachweiſen konnte, zieht die Raupe tie⸗ riſche Wolle der Baumwolle vor und verſchlingt ziemlich lange Haare, ohne ſie erſt zu zerbeißen. Das Rätſel, wie die Mottenraupe es fertigbringt, ohne Waſſer und weitere Koſt ausſchließlich von dem trockenen harten Horngewebe zu leben, erklärt ſich damit, daß die Tierchen die ſeltene Fähigkeit beſitzen, Hornſtoff mit ihren alkaliſchen Verdauungs⸗ ſäften in lösliche Eiweißſtoffe zu verwandeln und ſich damit eine leicht verdauliche Nah⸗ rung zu verſchaffen. Die Entwickelung geht unter dieſen Umſtänden ziemlich raſch r eee ner 9 * 2 Echte Motten: Motten im engeren Sinne. Sackträgermotten. 225 vonſtatten, ſo daß die Kleidermotte in Europa und Nordamerika durchſchnittlich zwei Bruten jährlich zuſtande bringt. Im Freien können wir an Gebüſch und Sträuchern gar nicht ſelten zierliche, oft bunt gezeichnete Motten ſehen, die unſere Aufmerkſamkeit durch ihre überaus langen, die Vorder⸗ flügel an Länge weit übertreffenden Fühler in Anſpruch nehmen. Es ſind Arten der Gattung Adela Latr., unter anderen der Grüne Langfühler, Adela viridella Z., ein an Kopf und Beinen zottig ſchwarz behaartes, in ganz Europa vorkommendes Tierchen mit wundervoll metalliſch dunkelgrün ſchillernden Vorderflügeln, von deſſen Leben Taſchenberg die folgende hübſche Schilderung gab. „An einem und dem anderen von der Nachmittagsſonne beſchiene⸗ nen, das Grün des jungen Laubes in wunderbarem Zauber zurückwerfenden Eichenbuſche habe ich Hunderte dieſer Mottchen auf und ab tanzen ſehen, wobei ſie ihre langen Fühler ſenkrecht in die Höhe halten, die beim Weibchen die Flügellänge merklich, beim Männchen mehr als um das Doppelte überragen und gleich Silberfädchen, getragen von den herrlich glänzenden Flügeln, fortwährend auf und nieder gehen. Es iſt entſchieden der Hochzeits⸗ reigen, welchen dieſe Tierchen in lautloſer Stille nur nach dem Takte der Farbentöne auf⸗ führen; denn ab und zu begibt ſich ein Weibchen mit weit ausgebreiteten Flügelchen auf eins der Blätter und winkt mit den Fühlern nach rechts und links. Es bleibt aber un⸗ beachtet und fliegt nach kurzer Zeit der Ruhe wieder auf, um ſich von neuem unter die muntere Schar zu miſchen, welche jo dicht gedrängt, als es die langen Fühler geſtatten, ihr Auf- und Abwogen unterhält. Kurze Zeit ruht dann auch ein Männchen, und in dieſer Weiſe geht das luſtige Spiel weiter, bis ſchließlich nach dem Scheiden der Sonne unter dem weſtlichen Himmel der Knäuel ſich löſt und die einzelnen Pärchen zwiſchen dem würzigen Laube verſchwinden. In manchen Jahren trifft man dieſe Motten ſehr häufig und dann an den ſonnigen Nach⸗ mittagsſtunden in der eben geſchilderten Weiſe, ſonſt träge an dem Laube ſitzend und die Fühler in gemeſſenem Takte wiegend, oder in Geſellſchaft anderer Brüder und Schweſtern und der verſchiedenſten Kerfe an blühenden Weidenkätzchen, der um dieſe Jahreszeit am reichlichſten fließenden Honigquelle, ihr kurzes Daſein friſtend.“ Im Raupenzuſtande find - die Adela⸗Mottchen, die ſo fröhlich im Sonnenglanze ihre Lebensfreuden genießen, ganz un⸗ ſcheinbare kleine Weſen, die am Waldboden hauſen und, in einem kleinen braunen Sack ſteckend, unter abgefallenem Eichen⸗ oder Buchenlaub ein unbeachtetes Daſein führen. Ahnliche Lebensgewohnheiten haben auch die Sackträgermotten (Coleophorinae), deren Raupen gleichfalls in einem kleinen ſackartigen Futteral leben, aus dem ſie nur ihren Kopf und die Bruſtfüße herausſtrecken. Mit dieſem Sack ſpazieren ſie an ihrer Nährpflanze umher, den im Sack ſteckenden Hinterleib ſteil in die Höhe richtend, wobei ihnen der mit ſtarken Borſten ausgeſtattete letzte Hinterleibsring gute Dienſte zum Feſthalten im Sack leiſtet. Das Material für ihre Säckchen bilden ausgefreſſene Pflanzenteile oder Blattſtückchen, die feſt durch Geſpinſtmaſſe zuſammengewebt werden. Kein Uneingeweihter wird in einem derartigen bräunlichen oder weißlichen Säckchen, das regungslos an einem Zweige oder einem Blatte hängt, irgendwelches Leben vermuten, bis plötzlich das merkwürdige Gebilde Beine hervorſtreckt und zu wandeln anfängt. Ein hierher gehörender, als Forſtſchädling in Betracht kommender Sackträger iſt die Lärchenminiermotte, Coleophora laricella Hbn. Sie iſt ſeidenglänzend, aſchgrau, an den Franſen etwas matter, und hat lange, aufgerichtete, bis zur Fühlerwurzel reichende Taſter. Im Juni oder ſchon in der zweiten Hälfte des Mai ſieht man die Motten ihre Nährpflanzen, die Lärchen, umſchwärmen oder an deren Zweigen Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 15 226 . a Schmetterlinge. mit vorgeſtreckten Fühlern und ziemlich flach anliegenden Flügeln aufgeregt umherlaufen. Während dieſer Zeit bringen die Weibchen ihre Eier unter. Das auskriechende Räupchen frißt ſich ſogleich in eine Nadel ein und höhlt den oberen Teil aus. Ihr Werk wird gegen Ende September bemerkbar, denn dann bekommen die von den Raupen ausgefreſſenen eine gelbweiße Färbung und knicken um. Noch bevor der Winter hereinbricht, wird die ausgehöhlte Nadelſpitze abge⸗ biſſen und damit in ein ſackarti⸗ ges Futteral umgewandelt, in ſich mit der Sacköffnung zur Überwinterung an einem der ſpinnt. Im kommenden Früh⸗ mals auf die Weide: Knoſpen werden ausgehöhlt, Blüten angefreſſen, hauptſächlich aber Nadeln ausgefreſſen, bis der anſchwellende Raupenkörper gleich um das Doppelte ver⸗ größert, eine friſch ausgefreſ⸗ ſene Nadel an das alte Ge⸗ Die Apfelbaumgefpintmotte, e pendmest malinellus Z., und ihr BR Natürliche Größe. 5 mit dieſem in der Längsrich⸗ tung vereinigt. Die Lärchen⸗ minierraupe iſt meiſt ſchon vor Mitte Mai ed und wandelt ſich im Inneren ve | feſtgeſponnenen e ar Puppe um. Von der Lebensweise der Sei pinjtmotten, Hyponomeutinae, bei denen die kurzen, fadenförmigen Taſter anliegend beſchuppt ſind, kann uns die Apfelbaumgeſpinſtmotte, Hyponomeuta malinellus Z., ein Beiſpiel geben. Es iſt dies ein etwa 20 mm ſpannendes Mottchen mit weißer Bruſt und oberſeits atlasglänzenden weißen Vorderflügeln, die zwölf ſchwarze Punkte in drei Längsreihen ſowie einige kleinere Pünktchen vor der Flügelſpitze tragen. Die dunkelgrauen, an der Wurzel weißlichen Hinterflügel haben lichtgraue Franſen, und der Hinterleib iſt von grauer Farbe. Ende Juli oder Anfang Juli erſcheint der kleine Falter, hält ſich tagsüber ruhig ſitzend an Stämmen und Aſten auf und fliegt nachts oder in Spitzenteile der Lärchennadeln 5 welchem das Räupchen eine Weile umherſpaziert, bis es Kurztriebe der Lärche ein⸗ ; jahr gehen die Räupchen aber- dur die reichliche Nahrung in dem alten ſackartigen Fut ⸗ teral keinen rechten Platz mehr findet. Nun wird das Haus php äuſe angelegt und durch Weg⸗ b Re . beißen der trennenden Wände L Echte Motten: Geſpinſtmotten. Cemiostominae. Lyonetiinae. 227 der Abenddämmerung umher. Bald hernach zeigen ſich an der glatten Rinde von Apfelbäumen kleine Eierhäufchen, umgeben von einem gelblichen Drüſenſchleim, der ſpäter zu einer runz⸗ ligen braunen Schicht erhärtet, und etwa vier Wochen ſpäter ſind ſchon aus den Eiern kleine Räupchen geworden, von deren Gegenwart freilich wenig zu bemerken iſt, da ſie alle bei⸗ ſammen unter der braunen Schutzſchicht, die ſie durch Geſpinſte und abgeworfene Häute ver⸗ ſtärken, friedlich ſitzen bleiben und überwintern. Im nächſten Frühjahr wandern ſie fort, höhlen und freſſen zunächſt benachbarte junge Blättchen aus und ziehen dann nach den Aſt⸗ gipfeln hin, um dort ein gemeinſchaftliches Neſt anzulegen. Schon von weitem ſieht man dann an dem befallenen Baume ganze Gruppen von Blättern und Zweigen überſchleiert von großen weißlichen Geſpinſten, in denen die ſchwarzköpfigen, gelben, oben etwas bräunlichen und mit vielen ſchwarzen Warzen bedeckten Raupen in ganzen Geſellſchaften zuſammen hauſen und die von ihnen zuſammengeſponnenen Blätter zerfreſſen und ſkelettieren. Die Raupen find ſehr lebhaft, fie können ſich im Neſte vor- und rückwärts bewegen und laſſen ſich bei Gefahr raſch an einem Faden hinab, um in ſchleunigem Laufe zu entfliehen. Zum Schluß ſpinnt ſich jede Raupe zur Verpuppung einen kleinen dichten weißen Kokon, ſo daß dann das Neſt ganze Klumpen von ſenkrecht nebeneinanderſtehenden Puppenkokons enthält. Die Apfelbaumgeſpinſtmotten können den Obſtertrag weſentlich ſchmälern, zumal wenn ſie in größeren Mengen auftreten, wie dies beſonders in heißen, trockenen Sommern zuweilen der Fall iſt. Glücklicherweiſe haben ſie aber wie alle Geſpinſtmotten ziemlich ſtark unter den Angriffen von Schmarotzerweſpen zu leiden und erſcheinen daher ſelten in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren in großer Menge. In Südeuropa wird die Apfelbaum⸗ geſpinſtmotte auch den Mandelbäumen gefährlich. In Deutſchland gibt es noch mehrere Arten, die auf Pflaumenbäumen und verſchiedenen Sträuchern und Büſchen vorkommen. Häufig iſt beſonders Hyponomeuta cognatellus Hb. an Pfefferhütchen (Evonymus), deſſen Zweige und Aſte von den Raupen nicht ſelten vollſtändig entblättert und gänzlich überſponnen werden. Gewiſſe Hyponomeutinen kommen i im e auch bohrend in Knoſpen, Trieben und Früchten vor. | Unter den Cemiostominae kann Cemiostoma scytella Z. an Obſtbäumen gelegent⸗ lich recht läſtig werden, denn ihre Räupchen höhlen runde Minen etwa von der Größe eines Pfennigſtückes aus, die man oben an der Blattoberſeite als dunkle häßliche Flecke hervor⸗ treten ſieht. Iſt die Zeit der Verpuppung herangekommen, ſo verläßt die Raupe ihre Mine und ſtellt ſich ein weißliches Geſpinſt her, das ſie in der warmen Jahreszeit an Blättern, ſpäter aber, wenn der Herbſt herannaht, an Baumrinde befeſtigt. Schon zeitig im Frühjahr laſſen ſich die kleinen Motten der eben erwähnten Art ſehen, bei denen der Flügelgrund mit einem prächtigen ſilberglänzenden Fleck geſchmückt iſt. In der Regel bleibt es nicht bei dieſer einen Brut, denn im Laufe des Sommers kommt gewöhnlich noch eine zweite und manchmal ſo⸗ gar noch eine dritte Generation zur Ausbildung. Apfel-, Birnen⸗ und Pflaumenbäume haben, wenn der Schädling, wie es gar nicht ſelten der Fall iſt, in größeren Mengen auf⸗ tritt, am meiſten zu leiden und können durch die Blattminen ſo geſchwächt werden, daß der Obſtertrag weit hinter den Erwartungen des Gärtners zurückbleibt. Ein naher Verwandter dieſer Art iſt die berüchtigte Kaffeemotte, Cemiostoma coffeella Staint., die in ganz ähn⸗ licher Weiſe in den tropiſchen Gebieten die Blätter von Kaffeeſträuchern heimſucht. Einen anderen ſehr verbreiteten Obſtſchädling haben wir unter den Lyonetiinae zu verzeichnen, der freilich nicht beſonders große Bedeutung erlangt, es ift Lyonetia clerkella J. 18 228 Schmetterlinge, Die Raupe legt hier in den Blättern von Obſtbäumen, bisweilen auch von Birken, von Sorbusarten oder anderen Laubhölzern einen außerordentlich deutlichen, geſchlängelten, allmählich breiter werdenden Gang an, der, von der Mittelrippe ausgehend, unter der Ober⸗ fläche des Blattes verläuft, bis zur Nähe des Randes ſich erſtreckt und dann wieder zurückführt. Auch in dieſem Falle verläßt ſchließlich die Raupe ihre Mine und ſucht ſich an der Blattunter⸗ ſeite oder an der Rinde ein Verſteck, um ſich dort zu ve An die 0 philinae und die im Raupenzuſtande als fleißige Blattminierer be⸗ kannten Phyllocnistinae ſchließen ſich die Gracilariinae an, zu denen die Flieder⸗ motte, Gracilaria syringella F., gehört, einer unſerer häufigſten Kleinſchmetterlinge. Wenn die Blätter der Fliederbüſche ſchon im Laufe des Sommers ihr Grün verlieren und ein braunes mißfarbiges Ausſehen bekommen, fo ift dies das ſicherſte Zeichen, daß der Schäd⸗ ling ſich eingeſtellt hat, der in manchen Jahren in ſolchen Maſſen aufzutreten pflegt, daß die Fliederbüſche von oben bis unten wie verdorrt und welk ausſehen. Die Fliedermotte iſt ein zierlicher Kleinſchmetterling mit gelblich olivenbraunen, weiß gezeichneten Flügeln, ſie ſchlüpft im Mai aus der während des Winters im Boden ruhenden kleinen Puppe, und die Weibchen bringen ihre Eier an Blattknoſpen unter, die von den Raupen ausgefreſſen wer⸗ den. Im Juli oder Auguſt iſt eine zweite Brut von Fliedermotten entſtanden, von denen jetzt die Eier an die Blattunterſeiten von Flieder, von Eſchen, von Evonymus und anderen Sträuchern untergebracht werden. Wenn die Raupen auskommen, ſo dringen ſie ſofort in die Blätter ein und freſſen in ihnen große blaſige braungefärbte Minen aus, die meiſtens ſo umfangreich werden, daß ſie ſich über einen großen Teil der Blattfläche ausdehnen. Haben die Räupchen zum Schluß ihre Mine verlaſſen, ſo gehen ſie dazu über, das Blatt, das fie mit Hilfe einiger Spinnfäden zuſammenrollen, auch noch oberflächlich zu befreſſen. Andere wichtige Schädlinge gehören zu den Gelechiinae, Motten mit geſtreckten Vorderflügeln und breiten Hinterflügeln, bei denen das mittlere Taſterglied abſtehend be⸗ ſchuppt zu ſein pflegt und eine Längsfurche hat. Wir nennen hier die Baumwollmotte, Gelechia gossypiella Saund., eine etwa 8 mm lange, graue Motte mit graugelben, ſchwarz⸗ braun gefleckten Vorderflügeln, die ihre Heimat in Indien hat, aber gegenwärtig auch nach Oſtafrika verſchleppt worden iſt, wo ſie den Baumwollbau in empfindlicher Weiſe ſchädigt. Iſt es den Mottenweibchen gelungen, ihre Eier einzeln an den Blättern, Stengeln oder an den jungen, noch unreifen Kapſeln von Baumwollpflanzen unterzubringen, ſo freſſen die auskriechenden, braunköpfigen, anfangs weißlichen, ſpäter aber rötlichen Raupen zunächſt äußerlich an den genannten Teilen, bohren ſich jedoch hernach in die unfertigen Kapſeln ein, zerſtören und beſchmutzen die Wolle und dringen bis zu den Samen vor, die ſie aus⸗ freſſen (ſ. die beigeheftete Farbentafel „Afrikaniſche Baumwollſchädlinge“). Hiermit wer⸗ den die roten „Kapſelwürmer“, wie die im Inneren der Baumwollkapſeln hauſenden Raupen ihrer fleiſchroten Farbe wegen genannt werden, überaus läſtig, denn die befallenen Kapſeln bleiben im Wachstum zurück und liefern ganz minderwertigen Ertrag. Da die Verpuppung im Inneren der Kapſeln vor ſich geht, ſo können die Schädlinge auch leicht durch die eingeernteten Kapſeln weiter verbreitet werden. Auf den Sundainſeln werden die Pflanzer durch eine verwandte Art, die Kakaomotte, Zaratha cramerella Sn., ger ſchädigt, deren Raupen in ähnlicher Weiſe in die jungen Kakaofrüchte eindringen und die richtige Entwickelung derſelben verhindern. & S 2 — — 2 — > — — — 8 se) — 8 = 8 2 2 2 22 Die Raupe IP Sortbusarten allmählich breiter werdenden Gang an, der, von der Mittelrippe ausgehend, unter der Ober⸗ 4 2 fläche des Bla Auch in dieſen ſeite oder an An die kannten Phy motte, Grad die Blätter d braunes mißf ling ſich eing die Fliederbi iſt ein zierlich fie ſchlüpft in die Weibchen bri den Im Jiſli SHmetrertinge gt hier in den Blättern von Dpfi6iumen, bischen 1 bon Dr en ae oder anderen Laubhölzern einen außerordentlich deutlichen, geſchlängelten, Re tres verläuft, bis zur Nähe des Randes fich erſtreckt und dann wie der zurückführt. n Falle verläßt ſchließlich die Raupe ihre Mine und ſucht ſich a an der ai 1155 f der Rinde ein e um ſich dort zu verpuppen. 7 1 5 ph ben und die im Raupenzuſtande als bete 2 Blame be. f llocnistinae ſchließen fich die Gracilariinae an, zu denen die 5 ilaria syringella F., gehört, einer unſerer häufigſten Kleinſchmetterlt nge. er Fliederbüſche FIR im Laufe des Sommers ihr Grün verlier arbiges Ausſehen bekommen, jo iſt dies das ſicherſte Zeichen, daß eſtellt hat, der in manchen Jahren in Man 2 re pile ſche von oben bis unten wie en er Kleinſchmetterlj chmee jetzt die Eier Sträuchern die Blätter g Haben die das 5 mit austriechend en an Kapſeln ble bringen i ıter, "pie von den Raupen Ba li oder A don Fliedermotten entſtanden, von dene an die B von Eſchen, von Evonymus und anderen utergebracht werden. wem die Raupen b ſo 5 ſie a in © — 5 n, braunköpfigen, anfangs weißlichen, ſpäter aber Ali en den genannten e jedoch hernach 9 85 n Le e wie ie im Shmeren der 1 1 fleiſchroten Farbe we annt werden, überaus läſtig, d en im Wachstum zu liefern ganz minderwertige i der Sapfen vor ſich geht, fo können die S linge d ch leicht t verbreitet werden. 1925 Br ite werden richtige ht wickeln derſelben verhindern. A — = — — 5 — Ss B = 8 [se] 8 5 1 — S — 2 do um 5 * echte Motten: Sledernelle. Baumwollmotte. Rohrmotte. Yucca-Motten. 229 Die in Deutſchland hier und da an ſtehenden Gewäſſern vorkommende Rohrmotte, Limnaecia phragmitella Staint., wird zur Gruppe der La verninae (Momphinae) ge- rechnet; ſie iſt freilich ihrer ſehr unſcheinbaren Färbung wegen nur wenigen bekannt. Um ſo auffallender ſind dafür die von ihren Raupen herrührenden Beſchädigungen an den großen ſchwarzen Rohrkolben von Typha latifolia, an denen, wie auf unſerer Farbentafel „Deutſche Schmetterlinge als Waſſerbewohner“ bei S. 243 ſichtbar iſt, der weiße flockige Inhalt hervor⸗ quillt. Meiſt ſind mehrere Raupen, oft bis zu 30, die gemeinſam den befallenen Kolben bewohnen, an dem Zerſtörungswerk beteiligt. Auch die zierlichſte unter den auf dieſer Tafel abgebildeten Mottenarten, Cosmopteryx scribaiella Z., deren Raupen in Rohrblättern (Phragmites) minieren, iſt hier zu nennen, gehört aber einer eigenen Gruppe von Motten an. Sehr ſonderbare Tiere ſind die Qucca-Motten, Prodoxinae, die in verſchiedenen Teilen Mexikos und im Süden der Vereinigten Staaten verbreitet ſind, wo ihre Nährpflanzen, die zu den lilienartigen Gewächſen gehörenden Yuccapflanzen, gedeihen. Zur Zeit, wenn dieſe Pflanzen ihre Blüten zur Entfaltung bringen und die prächtigen gelb⸗ weißen Yuccablumen, eine jede, wie es heißt, nur für eine einzige Nacht, ſich öffnen, erſcheint die Pronuba yuccasella Riley, eine unterſeits graue, oberſeits ſilberweiß ſchillernde Motte, deren Weibchen nicht nur im Gegenſatz zu anderen Schmetterlingsarten einen Legebohrer hat, ſondern auch noch mit einem anderen wichtigen Werkzeuge, nämlich mit ſtarken gekrümmten, auf den Mittelkiefertaſtern angebrachten Haken, ausgeſtattet iſt. Kaum iſt ein ſolches Pronuba⸗Weibchen in das Innere m eo einer der großen Yuccablüten eingedrungen, jo kriecht es an einem ee e Staubfaden in die Höhe und ſchabt mit feinen Taſterhaken den klebri⸗P sammemd. Nach Riten, gen Blütenſtaub ab, ſich ein kleines Klümpchen daraus zuſammen⸗ 5 are ballend, das es unten am Kopf mit den Taſtern feſthält. Beladen mit größert. dieſer koſtbaren Bürde, fliegt es jetzt ſchnell zu einer anderen Yuccablüte hin, bohrt dort ſeine ſpitze Legeröhre tief in den Stengel ein und legt etwa 7—8 winzige Eier zwiſchen die Keimzellen der Pflanze. Hiermit hat das Mottenweibchen ſeine Arbeit aber noch nicht beendet, denn gleich darauf klettert es wieder eilfertig an dem Stempel derſelben Blume, der es eben ſeine Eier anvertraute, in die Höhe, bis es oben die trichterförmige Narbenöffnung erreicht hat. Dort ſtopft es das vorher eingeſammelte Pollenklümpchen ein, mit dem die Keimzellen der Puccablüten befruchtet werden, jo daß ſich ſpäter neue Yucca- ſamen bilden, die den aus den Motteneiern entſtandenen Heinen Pronuba-Räupchen zur Nahrung dienen. Wie wunderbar vollendet die Anpaſſung in dieſem Falle iſt, lehrt auch die Genügſamkeit der Mottenraupen, die nur eine geringe Anzahl von den vielen Samen einer Blütenkapſel verzehren, damit immer noch genug übrigbleiben, um die Puccapflanze nicht etwa ausſterben zu laſſen. Riley und andere amerikaniſche Beobachter haben feſtgeſtellt, daß die Befruchtung der Puccapflanzen in der freien Natur nur in der geſchilderten Weiſe, immer mit Hilfe von Pronuba-Motten, nicht aber auf irgendeinem anderen Wege ſtatt⸗ findet, der beſte Beweis, daß die Motten geradezu unentbehrlich für die Vermehrung der Yuccapflanzen find, ebenſo wie anderſeits natürlich auch die Yuccapflanzen die notwendige Vorausſetzung für die Exiſtenz der Motten bilden. Damit haben wir hier das hochintereſſante EEE 230 Schmetterlinge. Schaufpiel vor Augen, daß je eine ganz beſtimmte Art von Inſekten und Pflanzen wechſel⸗ ſeitig ſo vollkommen aufeinander angewieſen ſind, daß die eine ohne die andere gar nicht mehr beſtehen kann. Schon die geringſte Veränderung in der Lebensweiſe müßte in dieſem Falle für beide verhängnisvoll werden; ſollten beiſpielsweiſe die Mottenweibchen es etwa verlernen, nach der Eiablage das eingeſammelte Pollenklümpchen in die Narbenöffnung einzuſchieben, jo könnte nicht allein die Yuccapflanze keinen Samen mehr erzeugen und müßte ausſterben, ſondern es würden damit auch die Yuccamotten ihre dba 2 85 = lieren und ihrerſeits ſelbſt rettungslos dem Untergange preisgegeben ſein. Die Sackſpinner (Psychidae) ſind mottenartige, unanſehnliche Schmetterlinge von geringer Größe und mit düſter gefärbten, oft nur unvollkommen beſchuppten Flügeln, denen die Kunſt des Sackſpinnens, die verſchiedenen Kleinſchmetterlingen zukommt, in ganz be⸗ ſonders hohem Maße eigen iſt. Schon die jungen Räupchen verſtehen zu ſpinnen und ſich nach dem Verlaſſen der Eiſchale je ein ſackartiges, aus Spinnfäden beſtehendes Häuschen zu verfertigen, das anfangs als Wohnquartier ausreicht. Sobald aber das Wachstum des Inſaſſen die Erweiterung des Seidenhäuschens notwendig macht, wird letzteres unter Ein⸗ weben von allerlei fremden Gegenſtänden vergrößert, wobei faſt jede Art von Sadjpinnern ihre eigene Methode befolgt, ſo daß es bei einiger Übung gar nicht ſchwer iſt, ſchon allein nach Form und Zuſammenſetzung des Sackes den Baumeiſter zu erkennen. Wir ſehen in der nebenſtehenden Figur die derben Säcke des in Deutſchland häufigen Einfarbigen Sack⸗ ſpinners, Pachytelia unicolor Hufn., die bei männlichen und weiblichen Raupen verſchieden ſind. In dem vorderen Teil des großen männlichen Sackes ſind allerhand Blattſtückchen und ähnliche größere Pflanzenabfälle eingewoben, während beim Weibchen der kleiner bleibende Sack eine mehr gleichmäßige Oberfläche hat. Die kurzen, ſtruppigen, aus längsgeſtellten Grasſtückchen beſtehenden Säcke des Rauchſackſpinners, Fumea casta Pall., find gleich falls ungemein charakteriſtiſch und kommen hauptſächlich in Wäldern vor. Plumpe, graue, mit quer gelagerten Stengelteilchen bekleidete Röhren ſind für den Wickenſackträger, Psyche viciella Schiff., kennzeichnend und finden ſich auf Wickenarten, von denen feine Raupen freſſen. Am kunſtvollſten ſehen vielleicht die aus zuſammengewebten Erdkrümchen und Sandkörnchen beſtehenden Säcke der Gattung Apterona Mill. aus, die ſpiralig gewunden ſind und bei gewiſſen ausländiſchen Arten jo täuſchend Schneckenhäuſern gleichen, daß ſie allzu eifrige Konchylienſammler irrtümlicherweiſe ſchon manchmal ihrer Kollektion mit Stolz einverleibt haben. Bei allen Sackträgermotten hat der Sack zwei Offnungen, eine weitere Wee aus der der Bewohner ſeinen Vorderkörper herausſtreckt, und eine engere hintere, die zum Aus⸗ ſtoßen des Kotes beſtimmt iſt. Die Raupe iſt bei den Sackſpinnern eigentümlich gebaut. Alle Körperteile, die das Tierchen zur Fortbewegung braucht oder die beim Freſſen hervor⸗ geſtreckt werden müſſen, ſind gut entwickelt, ſo daß ſich alſo Kopf, Beine und Vorderkörper wohlausgebildet zeigen, während der dauernd im Sack verborgene Hinterleib nackt und weich bleibt und ſtatt der Bauchfüße nur kleine, mit Hakenkränzchen ausgeſtattete Wärzchen trägt. Die meiſten Pſychidenraupen verlaſſen zur Verpuppung ihre Futterpflanze und ſpinnen ſich mit der Mündung ihres Sackes an einem Baumſtamm oder ähnlichem Gegen⸗ ſtande feſt. Die geſtreckte, mit Borſtenkränzen ausgerüſtete Puppe des Männchens arbeitet ſich dann vor dem Ausſchlüpfen des Schmetterlinges bis etwa zur Hälfte aus dem Hinterende des Säckchens hervor, während die beiderſeits ſtumpf abgerundete Puppe des Weibchens Sadjpinner. ah | 23] beim Auskriechen des Schmetterlinges gewöhnlich am Grunde des Gehäuſes ſteckenbleibt. Bei der Hauptgattung Psyche Schrk. und den ihr naheſtehenden Formen ſchlüpft das Weib- chen aber überhaupt nicht mehr aus der Puppenhülle, ſondern begnügt ſich damit, ſeinen Körper aus letzterer etwas hervorzuſtrecken. Männchen und Weibchen ſind bei den Sackträger⸗ motten äußerlich ſehr verſchieden, denn im Gegenſatz zu den Männchen mit ihrem zottig behaarten Leib, doppelt gekämmten Fühlern und meiſt eintönig gefärbten, bisweilen etwas durchſcheinenden Flügeln find die Weibchen immer mehr oder weniger rückgebildet und voll- ſtändig flugunfähig. Bei dem obengenannten Einfarbigen Sackſpinner hat das Männchen 1 4 8 . Sackſpinner: J Wickenſackträger, Psyche viciella Schif.;-2)Pachytelia unicolor Zufn., männlicher Sack; 3) Pachy- telia unicolor Hufn., weiblicher Sack; J Männchen des Einfarbigen Sackträgers, Pachytelia unicolor Hufn.; 5) Rauchſackſpinner, Fumea casta Pall.; 6) Männchen, 7) Weibchen der Apterona erenulella Brd. Natürliche Größe. — düſter braune, mit gelben Franſenſpitzen verſehene Flügel und Endſporne an den Hinterbeinen. Wenn ſolche Männchen in niedrigem Fluge haſtig über den Boden dahinſchweben, ſo können wir ſicher ſein, daß fie ſich auf der Suche nach ihren madenförmigen, plumpen, im Sackeſtecken⸗ den Weibchen befinden, bei denen Augen, Fühler und Beine ſtark verkümmert ſind. Beim Rauchſackſpinner hat das Weibchen gegliederte Beine, kriecht aus ſeinem Sack heraus und klammert ſich außen an dieſen an, um auf das Herankommen eines Männchens zu warten. Zu den intereſſanteſten Zügen in den Lebensgewohnheiten der Sackſpinner gehört das häufige Vorkommen von Fortpflanzung mittels unbefruchteter Eier (Parthenogeneſis). Falls zufällig einmal ſich kein Männchen einſtellen will, ſo kann das Weibchen trotzdem ent⸗ wickelungsfähige Eier ablegen, wie dies ſchon bei verſchiedenen Arten feſtgeſtellt worden iſt. Bei einigen Sackträgermotten iſt die Parthenogeneſis ſogar zur Regel geworden, und die Weibchen pflegen ſogleich nach ihrer Entwickelung zus der Puppe unbefruchtete Eier abzuſetzen, ohne erſt auf ein Männchen zu warten. So iſt es beiſpielsweiſe bei der kleinen, 232 Schmetterlinge. in ſchneckenhausähnlichen Säckchen ſteckenden Apterona crenulella Brd., die ſich wenig⸗ ſtens in Mitteleuropa faſt immer auf parthenogenetiſchem Wege vermehrt. Lange Zeit ſind von dieſer Art überhaupt nur die früher als A. helix beſchriebenen Weibchen bekannt geweſen, bis es Klaus im Jahre 1866 gelungen iſt, zum erſtenmal auch Männchen zu züchten. Soviel wir wiſſen, entſtehen bei allen Sackträgermotten aus den unbefruchteten Eiern immer nur weibliche Tiere. Dem Verwandtſ chaftskreiſe der Motten und Sackſpinner laſſen ſich am beſten die Epi- pyropidae angliedern, eine Heine Familie mit wenigen Arten, die ihre Heimat hauptſäch⸗ lich im auſtraliſchen Gebiet haben, und über deren merkwürdige Lebensgewohnheiten erſt Forſchungen der neueren Zeit Aufſchluß gebracht haben. Man wußte zwar ſchon früher, daß | die Raupen von Epipyrops barberiana Dyar auf kleinen Zikaden leben, konnte ſich aber doch nicht recht vorſtellen, was fie dort eigentlich treiben, bis es gelang, auf den Zuckerrohr⸗ feldern der Hawaiiſchen Inſeln den Zuſammenhang zu ermitteln. Als Schädlinge kommen dort Tauſende kleiner, munterer Delphax⸗Zikaden vor, von denen viele mit einer kleinen, aſſelförmigen Raupe der Gattung Agamopsyche Perkins oder Threnodes Perkins behaftet find. Die Agamopsyche⸗ Schmetterlinge find kleine, etwa 6—10 mm ſpannende Epipyro⸗ piden mit dunkeln, oft metalliſch ſchimmernden Vorderflügeln, verkümmerten Mundteilen und bei beiden Gef chlechtern doppelt gekämmten Fühlern. Ihre Eier werden häufchenweiſe an abgeſtorbene Pflanzenreſte gelegt. Die Räupchen ſind, wenn ſie ausſchlüpfen, ſchlank gebaut, laufen nach hinten zugeſpitzt aus und haben lange Bruſtbeine, während ſie zunächſt noch keine Hinterleibsfüße beſitzen. Auf irgendeine Weiſe bringt es nun eine ſolche Raupe fertig, eine Zikade zu erklettern, auf deren Rücken ſie ſich feſtſetzt. Iſt ihr dies gelungen, ſo ändert ſich bei der nächſten Häutung die Geſtalt der Raupe. Sie ſieht jetzt ganz flach aus, bekommt einen kleinen, zurückziehbaren Kopf, die Bruſtbeine werden kurz, und am Hinterleibe laſſen ſich vom dritten bis ſechſten Segment kleine, mit einem vollſtändigen Haken⸗ kranz verſehene Bauchfüße erkennen, die zum Feſthalten auf der Zikade dienen. Außerdem fällt es auf, daß die Raupe von einer eigentümlichen wolligen oder wachsartigen Maſſe, vielleicht einer Ausſchwitzung der Zikade, bedeckt wird, ſo daß ſchließlich die Raupe, nachdem fie vollkommen eingehüllt iſt, beinahe doppelt fo groß erſcheint, wie fie in Wirklichkeit ift. Dabei iſt die Raupe ſtets mit ihrem Kopf dem Hinterende der Zikade zugewendet und ver⸗ harrt geduldig in dieſer Stellung, bis aus der Afteröffnung der Zikade eine Ausſcheidung in Geſtalt eines honigſüßen Flüſſigkeitstropfens hervordringt, der ihre Nahrung bildet. So wird alſo die Zikade von der Raupe nicht nur als Reitpferd, ſondern gleichzeitig auch als eine Art milchender Kuh benutzt. Beſonders günſtig iſt hierbei, daß ſich die Zuckerrohrzikaden einer recht regen Verdauungstätigkeit zu erfreuen haben und ihre Ausſ cheidungen in nicht zu langen Zwiſchenräumen von ſich geben können, ſo daß der kleine Reiter auf ihrem Rücken keine Not zu leiden braucht. Schließlich verläßt die Raupe aber doch freiwillig ihren nahrhaften Poſten, verpuppt ſich zwiſchen Blättern und wandelt ſich zu einem Schmetterling um. Wir wollen nicht verſchweigen, daß die Ernährung der Agamopsyche-Raupen nach Anſicht einiger Beobachter möglicherweiſe doch eine andere ſein mag, denn manche halten dieſe Raupen für echte Paraſiten, welche von den Körperſäften der von ihnen befallenen Zikaden zehren ſollen. 5 Die Geiſtchen (Orneodidae) erkennen wir daran, daß jeder Flügel bis faſt zum Grunde in ſechs federartige Lappen zerſchliſſen iſt, was dieſen zarten Schmetterlingen eine * Epipyropidae. Geiſtchen. Wickler. 233 gewiſſe oberflächliche Ahnlichkeit mit Federmotten verleiht, während ſie ſich im übrigen ſchon an den Verwandtſchaftskreis der Zünsler anſchließen. Wir nennen nur das zierliche, in Europa, Kleinaſien und Nordamerika verbreitete, etwa 13 mm ſpannende Geißblatt— geiſtchen, Orneodes hexadactyla L., bei dem das letzte dünne Taſterglied dem vorletzten an Länge gleich iſt. Die hell gelbgrauen Flügelſtrahlen ſind durch mehrere dunklere Quer⸗ binden wie gewürfelt, die Vorderflügel werden von zwei Querbinden durchzogen, von denen die äußere mit einem einfachen dunkeln Fleck am Vorderrande beginnt. Die Raupen leben bei dieſer Art in den Blüten von Lonicera perielymenum und bohren ſich dort in den unteren Röhrenteil ein. Die Verpuppung erfolgt in der Erde oder in Rindenritzen. Zu den Wicklern (Tortrieidae) werden mittelgroße bis kleine Schmetterlinge ge⸗ rechnet, die i in Körperform und Flügelbildung eine gewiſſe Sonderſtellung einnehmen. Man erkennt ſie leicht an ihren breiten, faſt vierſeitigen Vorderflügeln mit ſteilem Außenrande und kurzem Saum, die vorſpringende Schultern, eine wurzelwärts gegabelte Innenrand⸗ rippe und noch elf weitere Rippen haben. Häufig ſind die Vorderflügel metalliſch glänzend oder bunt gezeichnet, die zeichnungsloſen breiten Hinterflügel mit einer Haftborſte verſehen. Die einfachen borſtenförmigen Fühler haben ein dickes Grundglied. Nebenaugen ſind vor⸗ handen. Die Wickler pflegen hauptſächlich am Abend oder nachts zu fliegen, obwohl wir ſie auch hier und da am Tage im Gebüſch oder im Graſe flattern ſehen, weil ſie ſich von ihren Ruheplätzen, an denen ſie mit flach dachförmig geſtellten Flügeln ſitzen, im allgemeinen leicht aufſcheuchen laſſen. So zeigt ſich wohl beim Durchſtreifen des Unterholzes gelegent⸗ lich eines der kleinen Spatzendreckchen, Argyroploce Hb., deſſen taumelnden Flug wir einige Augenblicke verfolgen können, bis es plötzlich wie mit einem Zauberſchlage verſchwun⸗ den iſt. Nur ein geübtes Auge wird dieſen kleinen Wickler dann wiederfinden, der ſich inzwiſchen ruhig auf irgendein in der Nähe befindliches Blatt geſetzt hat und nun, ohne ſich zu regen, mit der ſchwarzweißen Färbung ſeiner dachförmig geſtellten Flügel genau wie ein kleines Klümpchen Vogelkot ausſieht. Ahnliche Falle von ſchützender Färbung ſind bei den Wicklern durchaus nicht ſelten. Die Wicklerraupen haben außer den Bruſtfüßen fünf Paar von mit Hakenkränzen aus⸗ geſtatteten Bauchfüßen, kurze ſpärliche Härchen am Körper auf kleinen, punktförmigen, leicht zu überſehenden Warzen und in der Regel ein dunkleres, ſtärker chitiniſiertes Halsſchild ſowie eine gleichfalls dunklere Afterklappe. Ihre Namen verdanken ſie der Gewohnheit, benachbarte Blätter mit Geſpinſtfäden zuſammenzuwickeln und ſich auf dieſe Weiſe ſichere Verſtecke zu verſchaffen, in denen ſie ungeſtört und den Blicken ihrer Feinde verborgen nach Herzensluſt freſſen können. Andere Wicklerraupen leben bohrend in verſchiedenen Pflanzenteilen oder kommen in Früchten vor, pflegen aber dann zur Verpuppung immer ihren Weideplatz zu verlaſſen, während die zwiſchen Blättern ä ſich meiſtens gleich an Ort und Stelle verpuppen. Unter den praktiſch wichtigen Arten mag an erſter Stelle der Einbindige Trauben⸗ wickler, Cochylis ambiguella Hb. (Conchylis; Abb., S. 234), einer der ſchlimmſten Feinde unſerer Winzer, genannt ſein. Die Flugzeit der leinen, etwa 12 mm ſpannenden Trauben⸗ wickler, deren hell ſtrohgelbe Flügel eine breite, gegen den Innenrand verengte, dunkelbraune, bleigrau eingefaßte Mittellinie ſowie am Innenrande einige braune oder ſchwärzliche Flecke tragen, fällt in die zweite Hälfte des April oder in den Mai. Zu vielen Hunderten ſchwärmen dann bei warmem windſtillen Wetter die kleinen Schmetterlinge in den Weinbergen umher, F Re at AL a ha Anl ER dr a a en ER, Fe a ee e 234 ö Schmetterlinge. wobei ſich die Geſchlechter zuſammenfinden. Aus den winzigen Eiern, die die Weibchen wäh⸗ rend dieſer Zeit an Blütenknoſpen oder an Vorblättchen von Rebenblüten unterbringen, ſchlüpfen fleiſchfarbene, an Kopf, Halsſchild und Bruſtfüßen glänzend ſchwarze Raupen aus, die jedem deutſchen Winzer unter dem Namen Heuwürmer bekannt ſind und die unangenehme Eigenſchaft haben, die Rebenblüten anzubohren, ſie zu zerfreſſen und miteinander zu ver⸗ ſpinnen. Etwa gegen Ende Juni verpuppen ſich die inzwiſchen herangewachſenen Heuwürmer entweder oberirdiſch an einem Blatte oder der Rinde in einem mit Abnagſeln vermiſchten e ner ee pERkemirFErahoeT eg 1 A ie Al Ein binder an e EEE Hb., BER 988 und Pan B ai 1 eke n Traubenwickler, Polychrosis botrana Schiff, nebſt Larve und Puppe; C Rebenblüten mit Raupen beider Arten (Heuw e D Traube mit Sauerwürmern. A bis Bi etwa 10mal vergrößert, C und D annähernd natürliche Größe. Aus Heſſe und Doflein, „Tierbau und Tierleben“, Band II, Leipzig und Berlin 1914. Geſpinſt oder verkriechen ſich zun Verpuppung in Ritzen und Fugen, die ſie hauptſächlich an den zum Feſtbinden der Reben verwendeten Stützpfählen finden. Im Juli hat ſich ſchon die zweite Generation von Traubenwicklern herangebildet, deren Weibchen jetzt ihre Eier an unreife Weinbeeren oder deren Stielchen legen. Die bald darauf zum Vorſchein kommen⸗ den jungen Räupchen heißen „Sauerwürmer“, ein Name, den ſie nach einigen deswegen führen, weil ſie die noch harten und ſauren Weinbeeren zum Schauplatze ihrer Tätigkeit machen, nach anderen, weil es zu einer ſauren Gärung in den von ihnen beſchädigten Beeren kommt. Jedenfalls bohren ſich die Sauerwürmer, die etwas rötlicher als die Heuwürmer ausſehen, in die noch unreifen Beeren ein, freſſen ſie teilweiſe aus und gehen dann gleich an benachbarte Beeren über, die ſie in gleicher Weiſe beſchädigen, eine verderbenbringende Arbeit, mit der ſie bis zur Zeit der Weinleſe beſchäftigt ſind. Im Spätherbſt verpuppen ſich ſchließlich die Sauerwürmer oberirdiſch an geſchützten Stellen. 3 Wickler: Traubenwickler. Eichenwickler. 235 Nächſt der Reblaus iſt der Traubenwickler der gefährlichſte Feind des Weinbaues in Deutſchland. Im Jahre 1713 trat dieſer Schädling zuerſt auf der Inſel Reichenau auf, 1801 wurde er genau beſchrieben und damit in die Wiſſenſchaft eingeführt, und ſeitdem hat er ſich mehr und mehr ausgebreitet, wobei freilich zu beachten iſt, daß er nicht in jedem Jahre in gleicher Menge erſcheint, weil ſeine Entwickelung ſehr leicht durch die Witterung beeinflußt wird. Herrſcht im Frühjahr warmes, trockenes Wetter, ſo wird die Rebblüte oft ſo gefördert, daß der Heuwurm nicht allzuviel Schaden anrichten kann, tritt dagegen zu dieſer Zeit naſſe, kühle Witterung ein, ſo werden die Blüten gehemmt, und der Schaden nimmt größeren Um⸗ fang an. Schlimm ſind beſonders die Verheerungen in Deutſchland im Jahre 1897 geweſen, wo im Moſeltal, das beſonders ſtark heimgeſucht wurde, der Verluſt allein etwa 30 Millionen Mark betrug. In Frankreich iſt im Jahre 1891 der Schaden auf 100 Millionen Frank ge⸗ ſchätzt worden. Abwehrmaßregeln ſind ſchwierig. An vielen Orten werden im Frühjahr, wenn die Schmetterlinge ſchwärmen, Schulkinder in die Weinberge geſchickt, um mit Kleb⸗ fächern, Blechplatten, die an einem Holzſtiel befeſtigt und mit Raupenleim beſchmiert ſind, die umherflatternden Traubenwickler abzufangen. Tauſende werden oft an einem einzigen Tage auf dieſem Wege zur Strecke gebracht, aber einen durchgreifenden Erfolg hat das Mittel nicht, weil doch allzuviel Schmetterlinge den Nachſtellungen entgehen. Lichtfallen, die man konſtruiert hat, um nachts die ſchwärmenden Traubenwickler anzulocken, haben ſich als gänzlich nutzlos erwieſen, ſo daß das Beſpritzen mit Tabaklöſungen und ähnlichen Mitteln gegen die Heuwürmer, das freilich rechtzeitig und gründlich durchgeführt werden muß, borläufig immer noch als beſtes Mittel im Kampf gegen dieſen Schädling gelten muß. Auch die ſorgfältige Reinigung der Rebſtöcke und Stützpfähle, an denen die Puppen ihre Zuflucht ſuchen, hat ſich ſehr bewährt. Der Traubenwickler iſt weit verbreitet. Nicht allein in ganz Südeuropa und Mitteleuropa nördlich etwa bis Dänemark kommt er vor, ſondern auch aus Kleinaſien, Indien und Japan iſt er bekannt. Seine Raupen ſind auch keineswegs auf Reben angewieſen, ſondern können ihre Entwickelung ebenſogut an wildem Wein, an Flieder und vielen anderen Pflanzen durchlaufen. In Südeuropa ſcheint der Traubenwickler den Angriffen von Schmarotzerweſpen weit ſtärker als bei uns ausgeſetzt zu ſein, ſo daß dort der Schaden im allgemeinen weniger fühlbar wird. Eine ähnliche Lebensweiſe führt der Bekreuzte Traubenwickler, Polychrosis botrana Schiff., der auf feinen. olivenbraunen Vorderflügeln eine breite weißliche, am Innenrande bleigraue Binde vor und einen ſtark geſchwungenen bleigrauen, weißlich ge⸗ ſäumten Querſtreifen hinter der Mitte hat. Über die Herkunft des Bekreuzten Trauben⸗ wicklers, der ſich neuerdings mehr und mehr ausbreitet und als wichtiger Rebenſchädling bemerkbar macht, herrſchen noch Meinungsverſchiedenheiten. In der Regel heißt es, daß dieſe im allgemeinen die Wärme liebende Art aus dem Süden ſtammen und daher bei uns vorzugsweiſe Weingärten in geſchützten Lagen heimſuchen ſoll. Da aber die Raupen des Bekreuzten Traubenwicklers auch noch an einer ganzen Reihe einheimiſcher wild wachſender Pflanzenarten leben, ſo iſt es doch ſehr leicht möglich, daß es ſich um ein im ſüdlichen und weſtlichen Deutſchland urſprünglich heimiſches Inſekt handelt, das nur gern die gute Ge⸗ legenheit wahrnimmt, auf Reben überzugehen, wenn ſolche in der Nachbarſchaft angepflanzt werden. Der Bekreuzte Traubenwickler bringt es in Deutſchland gewöhnlich bis zu drei Bruten, in Südfrankreich zuweilen bis zu vier Bruten im Jahre. Die Raupen der erſten Brut leben in den Geſcheinen, die der zweiten und dritten Brut als Sauerwürmer in den Beeren. Der Eichenwickler, Tortrix viridana L., hat eine ſchön grüne Farbe des Vorderkörpers 236 Schmetterlinge. und der Vorderflügel, während Hinterleib und Hinterflügel glänzend grau ſind. Alte Eichen⸗ beſtände haben erfahrungsgemäß am meiſten unter dem Eichenwickler zu leiden, deſſen aus überwinterten Eiern entſtandene Räupchen ſchon ſo zeitig auf dem Platze ſind, daß ſie bereits im Mai mit ihrer Tätigkeit beginnen können. Sie bohren ſich zunächſt in die eben aufbrechenden Knoſpen ein, leben aber ſpäter frei zwiſchen Blättern, die von ihnen zerfreſſen und durch Geſpinſte zuſammengezogen werden. In manchen Jahren hauſen die ſchwarz⸗ grünen Wicklerraupen in ſolchen Mengen in den Baumwipfeln, daß man ihren Kot förmlich Z er Seyeyahrsisiehr Hoc iin 3 ihre Geſpinſtfäden zur Zleceit der Verpuppung Kontraſt mit der la⸗ pracht die Eichen ihre kahlen entblätterten gen es aber bald dar⸗ auf zu einer neuen Belaubung. Die Verpuppung erfolgt carauf flattern in rung, manchmal aber N a — \ in geradezu wolken⸗ Sarsgalte des Wirrernbakzgalichwiäieeh Retinia resinella Z., natürliche Größe. 2 Darunter Raupe, Puppe und Schmetterling, N . artigen ee umher. Der Kieferntriebwickler, Tortrix buoliana Schiff, Hat lebhaft fuchsrote Vorder⸗ flügel mit weißen, en zende Zeichnungen, während die Hinterflügel einfach rötlich⸗ grau ſind. Im Juli, wenn die Maitriebe der Kiefern bereits verholzt ſind, fliegt dieſer kleine Wickler während der Abendſtunden in den jungen Beſtänden und legt ſeine Eier an die Trieb⸗ ſpitzen zwiſchen die Knoſpen ab. Noch im Herbſt ſchlüpfen die Räupchen und benagen die Knoſpen, an denen infolgedeſſen etwas mehr Harz austritt. Erſt im folgenden Mai macht ſich aber der ſchädliche Einfluß der Raupen ſtärker geltend, die in der Jugend dunkelbraun ausſehen, ſpäter etwas heller werden und einen ſchwärzlichen Kopf, ein ſchwärzliches, fein geteiltes Nackenſchild und dunkle Bruſtfüße haben. Der Trieb beginnt ſich nämlich dann nach der Seite zu krümmen, an der die Raupe unter einer Harz⸗ und Geſpinſthülle die Rinde und das junge Holz angefreſſen hat. Solche Triebe gehen zugrunde. Iſt der Endtrieb zerſtört, ſo wie Spinnweben von den Bäumen herab⸗ hängen. Traurig rek⸗ ken dann in ſeltſamem chenden Frühlings⸗ | Kronen empor, brin⸗ Ende Mai oder Anm fang Juni, und bald der Abenddämme⸗ auch ſchon am Tage, 4 die kleinen grünen Schmetterlinge oft i 7 4 g 7 Fi Wickler: Kieferntriebwickler. Kiefernharzgallenwickler. 237 übernimmt einer der Seitentriebe die Rolle desſelben und veranlaßt, wenn er in einem großen Bogen emporwächſt, die allen Forſtleuten wohlbekannte, an manchen Kiefernſtämm⸗ chen zu beobachtende Erſcheinung der ſogenannten Poſthornbildung, die aber als Urſache durchaus nicht immer den Kieferntriebwickler zu haben braucht. Ende Juni verwandelt ſich die Raupe in eine ſchmutzig gelbbraune Puppe, die im Juli wieder den Schmetterling liefert. Der düſter ſchwarzbraun gefärbte Kiefernharzgallenwickler, Retinia resinella L. (Evetria), deſſen dunkle Vorderflügel von ſilberglänzenden Wellenlinien durchzogen find, 1 1 Eur —— — —v—ͤ— — —— — Apfelwickler, Carpocapsa pomonella L. a) Schmetterling, b) Raupe, e) Puppe, d) wurmſtichiger Apfel, halb durchſchnitten, mit darinſitzender Obſtmade, e) Puppe unter der Rinde, 0 ruhender Falter, rechts darüber eine leere Puppenhülſe. Schwach ; vergrößert. ſchwärmt an ſchönen Maiabenden in den Kiefernheiden. Wenn die Weibchen ihre Eier einzeln unterhalb der Quirlknoſpen an Kiefernzweige abgeſetzt haben, kommen Räupchen zum Vor⸗ ſchein, von denen ſich jedes, wie Büsgen beobachtete, zunächſt eine weißliche Geſpinſtdecke, gewiſſermaßen ein ſchützendes, durch Harz und Kot verſtärktes Zeltdach, verfertigt, um unter deſſen Schutz verborgen die Rinde des Zweiges anfangs oberflächlich zu benagen. Dann geht die Raupe in die Tiefe, frißt in dem Mark und veranlaßt damit einen ſtarken Harzausfluß in Form einer weißlichen Harzgalle. Nach der Überwinterung frißt die Raupe weiter, neues Harz ſtrömt aus, ſo daß die Galle allmählich immer größer wird, bis ſie ſchließlich den Umfang einer Walnuß erreicht. Offnen wir eine derartige Harzgalle, fo laſſen ſich innen zwei kammer⸗ artige, durch eine Scheidewand abgegrenzte Räume unterſcheiden, entſprechend der Bildung der Galle in zwei aufeinanderfolgenden Jahren. Eine der Kammern pflegt ganz mit dem 238 Schmetterlinge. 8 krümeligen Kot der rötlichbraunen, etwa 11 mm langen, ſchwarzköpfigen Raupe gefüllt zu ſein, die ſich erſt nach einer zweiten Überwinterung in der Harzgalle zur Puppe verwandelt. Zum Schluß wollen wir noch der ſogenannten Apfel- oder Obſtmade gedenken, einer gleichfalls ſechzehnfüßigen, blaß roſaroten oder gelblichroten, am Bauche lichteren Raupe mit lang beborſteten Wärzchen und grauem Nacken⸗ und Afterſchilde. Die Obſtmade iſt das Jugendſtadium des Apfelwicklers, Carpocapsa pomonella L. (Abb., S. 237), eines Schädlings, der, wie der Name ſchon beſagt, in erſter Linie Apfel heimſucht und daher auch in allen Ländern der Erde zu Hauſe iſt, in denen Apfelbäume kultiviert werden. Gelegentlich werden auch Birnen und Quitten vom Apfelwickler befallen, und in Amerika hat man ebenſo wie in Auſtralien ſogar die Erfahrung machen müſſen, daß nicht einmal Pfirſiche, Pflaumen, Nüſſe und andere Früchte verſchont blieben. Die winzigen, waſſerklaren Eierchen werden einzeln an jungen Früchten oder wohl gelegentlich auch an zarten Trieben und Blättern unter⸗ gebracht. Das Räupchen frißt in ſeinen erſten Lebenstagen äußerlich am Fruchtkelch oder benagt zuerſt nur die oberen Blattſchichten, ſucht jedoch hernach immer eine junge unreife Frucht auf, um ſich in deren Inneres einzubohren. Dem Räupchen oder der „Obſtmade“ iſt es dabei aber gar nicht um das zu jener Zeit noch harte und ſaure Fruchtfleiſch zu tun, da das Ziel ihrer Wanderung ſtets das innere Gehäuſe iſt, deſſen unreife Kerne ihr zur Nah⸗ rung dienen. Der „wurmſtichige“, von einer Obſtmade befallene Apfel läßt äußerlich an der Einbohrungsſtelle ein ſchwarzes Fleckchen oder ein kleines, von ausgeſtoßenem krümeligen Raupenkot herrührendes Klümpchen erkennen. Die Obſtmade iſt ſo gefräßig, daß ihr eine Frucht als Nahrung nicht genügt, und ſie immer den zerſtörten Apfel bald wieder verläßt, um ſich in andere einzubohren, die von ihr in gleicher Weiſe zerfreſſen werden. Nach etwa vier Wochen iſt die Raupe ausgewachſen und läßt ſich an einem langen Geſpinſtfaden zur Erde herab, falls ihr nicht dieſe Arbeit dadurch erſpart bleibt, daß fie mit der angeſtochenen Frucht ſchon vorher zu Boden fällt. Die Verpuppung erfolgt entweder unten am Stamm am Erdboden zwiſchen Moos und Flechten oder in Bohrlöchern von Borkenkäfern in einem kleinen weißen, dichten Geſpinſt. Der fertige, im nächſten Frühjahr erſcheinende Schmetter⸗ ling iſt nur für ein geübtes Auge zu entdecken, weil er es geradezu meiſterhaft verſteht, ſich tagsüber an die ähnlich gefärbte dunkle Baumrinde anzudrücken. Seine bleigrauen Vorder⸗ flügel ſind von feinen, geſchlängelten, braunen Querlinien durchzogen und haben nahe am Rande einen großen ſammetſchwarzen, kupferrot ſchimmernden Spiegelfleck. Beſſer als im deutſchen Klima gedeiht der Apfelwickler in wärmeren Ländern, in denen er es häufig | zu zwei oder ſogar noch zu mehreren Bruten im Laufe eines Jahres bringen kann. Die günſtigſten Bedingungen liefern ihm aber die Vereinigten Staaten von Nordamerika und Auſtralien, Länder, in denen die Obſtkultur ja in denkbar größtem Maßſtabe betrieben wird. Dort iſt der aus Europa eingeſchleppte und als codling moth bekannte Apfelwickler zu einer furchtbaren Plage geworden. Seine Bekämpfung wird in Nordamerika durch beſondere Landesgeſetze vorgeſchrieben und ſoll jährlich mehr als 3 Millionen Dollar erfordern. In manchen Jahren fällt auch bei uns die Pflaumenmade recht läſtig, eine röt⸗ liche, dunkelköpfige, nur ſehr ſpärlich behaarte Raupe, die in Pflaumen lebt und ſich von dem Fruchtfleiſch ernährt, das ſie oft faſt bis zur Hälfte in ekelhafte Kotkrümel verwandelt. Ende September läßt ſich die Pflaumenmade zu Boden fallen und überwintert in einem weißlichen Geſpinſt, aus dem im nächſten Frühjahr der Pflaumenwickler, Grapholitha funebrana Tr., hervorgeht. Dieſer kleine braune, in der Nähe der Flügelſpitze an den Vorderflügeln aſchgrau gefärbte Wickler bringt ſeine Eier zunächſt an den Trieben von Wickler: Apfelwickler. Pflaumenwickler. Tanzende Bohnen. Zünsler. 239 Pflaumenbäumen unter, in denen die Raupen der erſten Brut leben und ihre Entwickelung ziemlich raſch durchlaufen, ſo daß ſchon im Sommer eine zweite Generation entſteht, von der die Eier jetzt direkt an die Pflaumen untergebracht werden. Dem Verwandtſchaftskreis der Obſtmaden gehört noch ein merkwürdiger ausländiſcher Wickler an, der die Veranlaſſung zu dem früher viel beſtaunten Wunder der tanzenden Boh— nen gibt. Letztere ſind freilich keine echten Bohnen, ſondern die harten, graubraunen Frucht⸗ kapſeln beſtimmter baumartiger, in Mexiko vorkommender Wolfsmilchgewächſe der Gattung Sebastiana, deren kugelrunde Früchte ſich aus drei unter Winkeln von 120 aneinander- gefügten Kapſeln zuſammenſetzen, von denen jede eine gewölbte Außenſeite und zwei ebene, unter einem ſtumpfen Winkel zuſammenſtoßende Innenſeiten hat. Teufelsbohnen hat man ſolche Kapſeln genannt, weil ſie mitunter ein höchſt eigentümliches, zunächſt ganz unerklärlich erſcheinendes Benehmen zeigen. Manche Bohnen, die man anfangs ganz ruhig auf ihrer gewölbten Seite liegen ſieht, fangen nämlich plötzlich, und zwar ohne jede äußere Urſache, an zu wackeln. Andere werfen ſich mit einem Male von der einen ebenen Seite auf die andere hinüber oder machen gar einen kleinen Luftſprung. Beſonders munter werden die Kapſeln in der Wärme. Dann tollen und rollen ſie alle wild durcheinander, ſo daß man in der Tat an einen Teufels⸗ ſpuk glauben könnte. Der kleine Zauberkünſtler ſitzt aber in der tanzenden Kapſel verborgen. Es iſt eine weißliche, mit dunklem harten Kopf ausgeſtattete Wicklerraupe, die man erſt beim Offnen der Kapſel zu Geſicht bekommt. Die Innenwand ihrer Behauſung hat ſie ſorgfältig mit ſeidenartigem Geſpinſt austapeziert und führt ER nun von Zeit zu Zeit in der engen Wohnung akrobatiſche Kunſt⸗ wer e Schmetterling, 5 ſtücke aus, indem ſie ſich mit ihrem Hinterkörper feſthält und mit dem 3 5 . 8 Kopf an die Wand anſchlägt, ſo daß die Kapſel in ihrer Gleichgewichts⸗ N lage geſtört und in eine rollende oder hüpfende Bewegung verſetzt wird. Laſſen wir die Tanz⸗ bohnenraupe unbehelligt in ihrem Gefängnis, ohne dieſes zu öffnen, ſo verpuppt ſie ſich ſchließlich, nachdem ſie zuvor noch ein kleines rundes Deckelchen aus der Kapſelwand genagt hat. Letzteres drückt die reife Puppe mit ihrem Kopfe heraus und ſchiebt ſich aus der jo ent⸗ ſtandenen Offnung etwas hervor, damit der unſcheinbare Kleinſ chmetterüng der den Namen Carpocapsa saltitans Westw. führt, ins Freie gelangen kann. Die Zünsler (Pyralidae) büuden eine ſehr artenreiche Familie. Neben vielen kleinen mottenartigen Schmetterlingen finden wir auch anſehnliche Formen unter ihnen, die man kaum ihrer Größe nach für Kleinſchmetterlinge halten möchte. Alle zeichnen ſich durch ſchlanken Körperbau und dünne lange Beine aus. Der Saugrüſſel iſt bei ihnen meiſt gut ent⸗ wickelt, die Augen ſind nackt, Mittelkiefertaſter und Unterlippe in der Regel deutlich. Die drei⸗ eckigen, bisweilen langen und ſchmalen Vorderflügel haben elf oder zwölf Adern, von denen die vierte und fünfte dicht nebeneinander oder aus einem gemeinſamen Stiele entſpringen. An den Hinterflügeln, die eine Haftborſte beſitzen, fällt auf, daß die ſiebente und achte Ader teilweiſe miteinander verſchmolzen ſind oder dicht nebeneinander verlaufen. Die nackten oder nur ſpärlich behaarten Raupen haben fünf Paare von Bauchfüßen mit Hakenkränzen. f Der Mehlzünsler, Pyralis farinalis L., deſſen Raupen an Vorräten von Getreide, Zwieback und Mehlprodukten aller Art ſchädlich werden können, iſt im entwickelten Zuſtande 240 Schmetterlinge. an ſeiner bunten Färbung zu erkennen: zwei zarte weiße, unregelmäßig verlaufende Quer- linien grenzen auf den olivenbraunen Vorderflügeln ein breites, mehr gelblich gefärbtes Mittelfeld ab. Die grauen Hinterflügel ſind dunkel gefleckt, Nebenaugen fehlen. Viel wichtiger als Mehlſchädling iſt die Mehlmotte, Ephestia kühniella Zell,, ein etwa 10 mm langer Zünsler, deſſen etwa 25 mm ſpannende bleiglänzende Oberflügel mit unregelmäßigen ſchwarzen Flecken und Wellenlinien geziert ſind. Die Mehlmotte iſt noch nicht ſeit langem bekannt. Sie wurde erſt im Jahre 1877 auf einer Mühle in Sachſen von dem Obermüller Kühn gefunden, dem zu Ehren ſie jetzt ihren wiſſenſchaftlichen Namen führt, und hat ſich ſeit ihrer Entdeckung raſch zu einer furchtbaren Plage entwickelt, unter der die Mühleninduſtrie Europas und Nordamerikas ſchwer zu leiden hat. Mit Mehlprodukten aller Art oder alten leeren Säcken wird ſie leicht von Ort zu Ort verſchleppt und läßt ſich, wenn es ihr erſt einmal gelungen iſt, irgendwo feſten Fuß zu faſſen, ohne gründliches Ausſchwefeln aller von ihr beſiedelten Räumlichkeiten nicht wieder ausrotten. Beim Umherſchwärmen, das nachts ſtattfindet, kommen Männchen und Weibchen ſchon kurze Zeit nach dem Aus⸗ ſchlüpfen aus der Puppe zuſammen, worauf dann jedes Weibchen durchſchnittlich etwa 50 | bis 100 kleine weißliche Eier einzeln an Mehlprodukte, an mit Mehlſtaub bepuderte Wände, Dielen oder Säcke ankittet. Grünlich⸗ oder rötlichweiße, braunköpfige, auf dem Körper mit vier Längsreihen einzeln ſtehender, längerer Härchen beſetzte Raupen kommen dann zum Vorſchein, die im ausgewachſenen Zuſtande eine Länge von 1,5 cm erreichen, ungemein gefräßig ſind, Mehl, Gries, Kleie und ähnliche Subſtanzen zerſtören und auch von Jugend auf ſich durch ein äußerſt ſtark entwickeltes Spinnvermögen auszeichnen, ſo daß ihre langen, krümeligen Unrat enthaltenden Geſpinſte in allen Richtungen die von ihnen bewohnten Mehlvorräte durchſetzen und dieſe damit völlig unbrauchbar machen. Vor der Verwandlung werden die Mehlmottenraupen unruhig, verlaſſen ihre bisherigen Wohnſtätten und wandern umher, auch dann noch überall zähe, weiße Geſpinſtſchleier zurücklaſſend, bis fie in irgend⸗ einem Winkel oder in einer Fuge ein paſſendes Plätzchen gefunden haben. Dort ſpinnt ſich jede Raupe in ein kleines loſes Säckchen ein, um zu einer gelblichen, ſpindelförmigen Puppe zu werden. Das unaufhörliche Spinnen trägt ganz beſonders dazu bei, die Mehlmotten zudem verhaßteſten Ungeziefer in Mühlen zu machen. Wenn fie überhandnehmen, was in unglaublich kurzer Zeit geſchehen kann, ſo dauert es nicht lange, bis alle Gegenſtände überſponnen, die Rohre und Siebe verſtopft ſind und das Gangwerk der Maſchinen zum Stillſtand kommt. Die Wachsmotte, Galleria mellonella L., ift ein anderer, düſter graubraun gefärbter, in verſchiedenen Erdteilen verbreiteter Zünsler, der ſich bei uns vom Frühling an bis zum Herbſt, hauptſächlich aber während des Hochſommers ſehen läßt. Die Vorderflügel ſind am Innenrande ledergelb, rotbraun gefleckt, die Hinterflügel beim Männchen grau, bei dem etwas größeren Weibchen weißlich. Für die beinfarbene, an Kopf und Nackenſchild kaſtanienbraune Raupe iſt Wachs ein überaus wichtiger Nahrungsbeſtandteil, dem das Tierchen, wie aus Verſuchen hervorgeht, durch chemiſche Zerſpaltung nicht nur das für ſeinen Körper nötige Fett, ſondern auch noch Waſſer zu entnehmen vermag. Von chemiſch reinem Wachs können freilich auch die Wachsmottenlarven auf die Dauer nicht leben, da ſie als Zutaten noch irgend⸗ welche ſtickſtoffhaltige organiſche Reſte, etwa abgeworfene Chitinhäute oder Überbleibjel toter Inſekten, brauchen, an denen aber in ihren Brutſtätten, alten, verlaſſenen Hummelneſtern, oder bei ſchwachen, faulbrütigen oder durch Krankheit dezimierten Bienenvölkern kein Mangel zu ſein pflegt. Wenn es den Wachsmotten erſt einmal gelungen iſt, ſich in einem Bu 2 Zünsler: Mehlmotte. Wachsmotte. Aphomia sociella. g 241 Bienenſtock einzuniſten, ſo iſt letzterer bald verloren. Die über die Wachszellen herfallenden Raupen ruhen dann nicht eher, bis der ganze ſtolze Wabenbau in Trümmer ſinkt und ſchließ— lich nichts weiter übrigbleibt als krümelige Geſpinſtſchleier und Puppenhülſen, die nebſt verſchiedenem Ungeziefer den Boden bedecken. Eine verwandte Motte, Aphomia sociella L., zeichnet ſich durch verſchiedenartige Fär⸗ bung in beiden Geſchlechtern aus. Beim Männchen ſind die braunen Vorderflügel nach der Wurzel hin rötlichweiß, beim Weibchen gleichfarbig braun. Die grünlichgrauen Raupen . Galleria mellonella L. a) a „ b) Raupe, c), d) Puppe im ER e) zerſtörte Bienenwabe, von oben und von der Seite geſehen. Etwas vergrößert. haben einen rötlichen Kopf, dunkle Punktwarzen ſowie einen braunen Nacken- und Afterſchild und kommen geſellſchaftlich in den Neſtern von Hummeln und Weſpen vor. Über ihre Lebens⸗ weiſe teilt Reichert Näheres mit, dem es gelang, eine Anzahl Falter der genannten Art aus einem Neſte der Vespa saxonica F. zu züchten. Das Neſt, deſſen Volk ſchon im Abſterben begriffen zu ſein ſchien, als es am 23. Juli 1905 im Walde gefunden wurde, enthielt nur noch einige wenige Arbeiterweſpen, einige Männchen und eine Weſpenkönigin nebſt einer Anzahl kleiner Mikrolepidopteren⸗Raupen. Nachdem das Neſt eingetragen war, dauerte es nicht lange, bis die Raupen die noch vorhandene Brut, beſtehend aus Puppen und Larven der Weſpen, verzehrt hatten. Futter in Geſtalt von anderen Weſpenlarven war nicht gleich zu beſchaffen, und ſo wurden die hungrigen Raupen mit anderen Inſekten gefüttert. Vom 1. Auguſt an kamen die friſch mit Ather getöteten Raupen der folgenden Schmetterlingsarten Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 16 her F 8 . . 242 f Schmetterlinge. auf die Speiſekarte: 3 Raupen von Sphinx ligustri L., 2 von Dieranura vinula L., 6 von Vanessa urticae L., 1 von Agrotis segetum Schiff, 1 von Phalera bucephala L., 1 von Amphidasis betularia L., 1 von Mamestra persicariae L., 1 von Mamestra pisi 15 1 von Deilephila euphorbiae 15 1 von Smerinthus ocellata L, 4 von Hadena unanimis Tr., 1 Cimbex Larve und 1 Raupe von Boarmia crepuscularia Hb. Die Agrotis- und Hadena- Raupen waren halb erwachſen, die übrigen aber erwachſen, und hierzu kamen auch noch einige Heuſchrecken und große Tachinenfliegen. Stets fielen die Aphomia-Raupen gierig über das ihnen vorgelegte Futter her und vertilgten beiſpielsweiſe eine Raupe des Liguſterſchwärmers bis auf die ſtärker chitiniſierten Teile im Laufe eines einzigen Tages. Dann ſchien aber auch ihre Tatkraft erſchöpft zu ſein, und als Reichert ihnen Mitte Auguſt friſche Waben von Vespa vulgaris L. mit Inhalt vorlegte, wurden letztere nicht mehr angerührt, da die Raupen, viel⸗ leicht begünſtigt durch das reichliche Futter, inzwiſchen ſchon ausgewachſen waren und ſich einzuſpinnen begannen. Am 3. September befanden ſich die jetzt gelblichweiß gewordenen Raupen bereits ſämtlich in ihren äußerſt feſten Geſpinſten. Letztere waren ſpiralförmig und lagen dicht zuſammengedrängt mit ihren Längsſeiten aneinandergeſponnen im Waben⸗ material. Am 20. April des folgenden Jahres ſchlüpfte aus den im Zimmer überwinterten Puppen die erſte Aphomia sociella. Die Entwickelung der übrigen dehnte ſich auf ziemlich lange Zeit aus, denn von dem genannten Datum bis zum 27. Juni kamen, faſt immer in den ſpäten Nachmittagsſtunden, 20 Männchen und 26 Weibchen zum Ausſchlüpfen. Nicht alle Galerien ſind im Raupenzuſtande Bewohner von Neſtbauten. Eine unſeren Wachsmotten nahe ſtehende ſüdeuropäiſche Art, Coroyra cephalonica Sci., entwickelt ſich in trockenen Früchten und wird gelegentlich mit Korinthen nach Deutſchland eingeführt. Einzig in ſeiner Lebensweiſe ſteht der ſüdamerikaniſche Faultierſchmetterling, Bradypodicola hahneli Sp., da, ein Zünsler, der ein Bewohner lebendiger Faultiere iſt. Zwar wußte ſchon Weſtwood, daß im Fell der letzteren gelegentlich kleine Schmetterlinge leben, doch gelang es erſt Spuler, eines ſolchen Pelzbewohners, der am Amazonas im Fell eines Faultieres gefunden war, habhaft zu werden und hat ihn dem Sammler zu Ehren unter obigem Namen beſchrieben. Nicht lange hernach berichtete Dyar von einem ähnlichen Fall: in Panama kamen aus dem Fell eines zweizehigen Faultieres, Choloepus hoffmanni Pirs., das von einem Baum herabgeſtürzt war, eine ganze Menge kleiner Schmetterlinge hervor⸗ geflattert, ſuchten aber ſchon ſehr bald wieder in dem ſchützenden Pelz Zuflucht und gehörten, wie ſich hernach herausſtellte, auch der obengenannten Art an. Die Faultierſchmetterlinge ſind kleine, nur etwa 17—18 mm ſpannende Zünsler mit abgeflachtem, glänzend dunkelbraun behaartem Körper, breiten, flachen Schenkeln und Hüften an den Vorderbeinen und kurzem Rüſſel. Man wird vielleicht annehmen dürfen, daß die Raupen, die jedenfalls auch auf dem Faultier leben, echte Schmarotzer ſind und ſich von der Haut oder Haaren ernähren, anderſeits iſt es aber auch ganz gut möglich, daß ſie von grünen Algen leben mögen, die, wie berichtet wird, in dem Pelz der Faultiere, begünſtigt durch die tropiſche Luftfeuchtigkeit, manchmal in ſolchen Mengen vegetieren, daß die Faultiere dadurch eine grünliche Färbung bekommen ſollen. In den Wipfeln ſüdamerikaniſcher Waldbäume hat noch ein anderer Zünsler, Pachy- podistes goeldii Hamps., der von Hagmann bei Para in Braſilien gefunden worden iſt, ſeinen Wohnſitz, allerdings nicht bei Faultieren, ſondern in den Baumneſtern von Ameiſen. Die Raupen halten ſich bei dieſer Art in den aus einer papierartigen Maſſe verfertigten Neſtern der Ameiſe Dolichoderus gibboso-analis For. auf, fie nagen ſich aus der Neſthülle Stückchen heraus und bauen ſich davon kleine Wohngehäuſe, an denen ſie ſchließlich nur eine enge . s * er N „ > ; * « x . . + % N 5 4 ar % u. N N. \ T Deutiche Schmetterlinge als Walierbewohner. Zünsler: Faultierſchmetterling. Pachypodistes goeldii. Schoenobius gigantellus. 243 vordere Offnung frei laſſen, gerade weit genug, um daraus ihren Kopf hervorſtrecken zu können, wenn ſie von der Papiermaſſe des Neſtes freſſen wollen. Hat ſich eine ſolche Raupe in ihrem Gehäuſe verpuppt, ſo ſchlüpft im Ameiſenneſt ein merkwürdiger Schmetterling aus der Puppe hervor. Er iſt von lebhaft weinroter Farbe, hat im männlichen Geſchlecht eine Spannweite von etwa 44, im weiblichen von etwa 56 mm und iſt anfangs über und über mit ungefähr 3 mm langen, goldgelben, ſenkrecht nach allen Seiten vom Körper, den Beinen und Flügeln abſtehenden Haaren beſetzt, ſo daß von der eigentlichen Körperfarbe dieſes in jo ſonderbarer Weiſe mit Haaren beſpickten Tieres zunächſt überhaupt gar nichts zu ſehen iſt. Die Haare ſitzen aber ganz loſe. Flattert der Schmetterling umher, ſo dauert es keine halbe Stunde, bis das ganze ſchöne Haarkleid dahin iſt. Offenbar ſtellt letzteres nur eine Schutz⸗ einrichtung gegen die Ameiſen dar, denn dem jungen Schmetterling, der alsbald aus dem Neſt hinaus will, um draußen die Freuden ſeines Daſeins zu genießen, dürfte es ſehr leicht paſſieren, daß er von den Ameiſen angefallen wird. Trotz ihrer ſchar⸗ fen Beißzangen können aber ſeine Angreifer recht wenig bei ihm aus⸗ richten, denn beim Zupacken erwiſcht jede Ameiſe weiter nichts als „ein Bündel Haare, die der Schmetterling fahren läßt und dadurch Zeit gewinnt, den Kiefern ſeiner Angreifer zu entfliehen“. Andere Geſtalten unter den Zünslern, die wohl gleichfalls einer näheren Betrachtung wert ſind, zeigen ſich auch in unſeren Breiten in der Nachbarſchaft von Gewäſſern. Eine der größten Arten unter ihnen ſehen wir auf der Farbentafel „Deutſche Schmetterlinge 4 als Waſſerbewohner“ dargeſtellt. Es ift das Männchen von Schoeno- Paehypodistes zoel- dii Hamps. mit ſeiner bius gigantellus Schiff., deſſen abweichend gefärbtes Weibchen wir anfänglichen Behaa⸗ etwas höher ſchweben ſehen. Die Raupen bohren im Röhricht, in scharfen. mas G. Hag⸗ jungen Trieben von Phragmites, die hierdurch welk werden und in de 1007. der Nähe des Waſſerſpiegels abbrechen. Wenn die Raupe das Rohr inwendig bis auf die Wurzel hinunter zerſtört hat, ſtellt ſie ſich aus einem abgebiſſenen Halmſtück ein kleines röhrenförmiges Gehäuſe her, um ſich darin, wie wir es auf dem Bilde ſehen können, auf dem Waſſer treiben zu laſſen. Auf dieſem Wege gelangt der kleine Schiffer bald zu einem anderen Rohrhalm, kriecht an ihm mitſamt der als Schiffchen be⸗ nutzten Wohnröhre in die Höhe, ſpinnt ſeine Röhre an und bohrt ſich in den neuen Halm ein. Ganz ähnlich lebt auch der Weiße Zünsler, Scirpophaga praelata Scop., den wir rechts im Vordergrunde des Farbenbildes dargeſtellt finden, und deſſen Lebensweiſe uns Stephan nach den Beobachtungen von Rehfous folgendermaßen ſchildert: „Das Weibchen des Züns⸗ lers legt die Eierchen, die es mit einer Schutzdecke aus grauem Filz überzieht, an die Stengel von Binſen (Seirpus palustris), und zwar etwa 60 — 70 em über dem Waſſer⸗ ſpiegel. Die Lärvchen freſſen zunächſt die Eiſchale und zerſtreuen ſich dann auf die Nachbar⸗ pflanzen, die ſie mittels eines vom Winde getragenen Spinnfadens erreichen. Fallen hierbei auch etliche ins Waſſer, ſo ſchadet das weiter nichts; denn die mit einer fettigen Haut be⸗ gabten Tierchen haben unter der Näſſe nicht zu leiden und können ſich, falls ſie nicht eine Beute der Fiſche werden, leicht retten. Einige Zentimeter über dem Waſſer bohren ſie ſich in das Mark ihrer Futterpflanze ein und beginnen nun ihren Schmaus. Innerhalb zweier Wochen verſtehen ſie es, einen meterlangen Gang herzuſtellen, d. h. ſich bis zum Rhizom hinabzufreſſen. Ende Auguft ſchicken fie ſich an, im Wurzelknollen ihr Winterquartier herzuſtellen, indem ſie länglichrunde, ihrer Körpergröße angepaßte Zellen herausnagen. 16 * 244 Schmetterlinge. Als ob die Larve wüßte, daß im Augenblick, wo das Waſſer infolge des Wegbrechens des oberen Stengelteiles in dieſen eindringt, es auch in jene Zelle dringen würde, verſchließt ſie ihre Kammer nach oben mit einem weißen, ſeidenartigen, undurchläſſigen Deckel. Hiermit iſt der erſte Abſchnitt des rätſelvollen Lebensganges vollendet. Während dieſer Zeit, alſo der erſten Jugend, halten ſich ſtets mehrere Larven in einem Stengel auf, gewöhnlich drei oder = vier, man hat jedoch ſchon ihrer neun beiſammen gefunden. „In ihrem Winterverlies erfolgt die zweite Häutung der Raupe. Das anfangs ſchwarz, dann weißlich gefärbte Kleid wird jetzt olivengrün. Im April, wenn die Schoſſen wieder zu wachſen beginnen, erwacht ſie und verläßt ihr Quartier, indem ſie ſich umdreht und den Deckel öffnet. So gelangt ſie ins Waſſer. Nur in geringer Entfernung von ihrer Winterwoh⸗ nung ſucht ſie ſich eine neue Schoſſe, klettert daran in die Höhe und bohrt ſich wiederum ein, um in dritter Lebensphaſe wieder im Marke freſſend abwärts zu ſteigen. In dieſem Stadium iſt die Larve ſtets allein in ihrer Frühlingsſchoſſe, da dieſe für einen zweiten Koſtgänger nicht genügend Nahrung bieten kann. Ihr bewunderungswürdiger Inſtinkt ſagt der Raupe, ob eine Schoſſe noch frei oder ſchon beſetzt iſt. Das zu wiſſen, iſt freilich für ſie eine Lebensfrage. w, Wieder im Wurzelſtock angelangt, kehrt das Tierchen, das inzwiſchen natürlich be- deutend gewachſen iſt, um und frißt ſich nochmals ein Stück aufwärts. Ungefähr ½ m unter dem Waſſerſpiegel nagt es einen Bogengang nach der Außenwand, von der es nur ein dünnes Häutchen übrigläßt, kehrt abermals um und richtet 1—2 em vom vorbereiteten Schlupfloche ein Lager für die Verpuppung her. (Ein ſolcher Frühlingsgang maß 2 m ab- wärts, 1,12 m aufwärts, alſo 3,12 m — gewiß eine Rieſenleiſtung für ein ſo winziges Tierchen!) Der Kokon wird in der Weiſe gebildet, daß die Raupe ihren Gang auf die Länge von 3—4 cm vom Deckel an mit Seide auskleidet und ihn unten und oben hori⸗ zontal abdeckelt. Auch dieſe Seidenkammer iſt für das Waſſer abſolut undurchdringlich. Die Puppe iſt, wie die meiſten der im Inneren von Pflanzenteilen lebenden Arten, am Ende mit kleinen Dornen bewaffnet, die vor dem Ausſchlüpfen des Schmetterlings den Deckel des Kokons einſtoßen. Die dünne, zarte Wand, die den jungen Falter noch von der Außenwelt trennt, wird von dieſem ſelbſt geöffnet. Im Waſſer angelangt, kriecht der Zünsler am Stengel empor und härtet an der Luft ſeine Flügel.“ Andere weiße Arten mit gelben oder braunen, in Schlangenlinien bemalten Flügeln, die tagsüber an Schilfhalmen und Binſen ruhen, führen bei einbrechender Dämmerung in taumelndem Fluge ihre geiſterhaften, lautloſen Reigentänze über dem ſchwarzen Waſſer⸗ ſpiegel aus. Nymphula nymphaeata L. gehört hierher, deren gleichfalls auf dem Farben⸗ bilde bei S. 243 dargeſtellte Raupe wir vom Herbſt bis zum folgenden Frühling am Waſſer finden. Sie lebt nur in ihren erſten Stadien eingebohrt, ſchneidet aber ſpäter aus den Blät⸗ tern der gelben oder weißen Waſſerroſe oder des Froſchbiſſes oder ähnlichen Gewächſen ein elliptiſches, flach gewölbtes Stück aus und ſpinnt es mit dem Rande an das Blatt irgendeiner Waſſerpflanze an. So entſteht ein flaches Gehäuſe, deſſen Decke von dem Blatt, deſſen Boden von dem herausgeſchnittenen Stück gebildet wird, das Luft enthält und der Raupe, die es inwendig mit Geſpinſt austapeziert, von nun an als ſichere Wohnung dient. Sollte die Raupe ſchließlich aber nicht mehr genügend Nahrung finden, ſo ſchneidet ſie einfach ringsum die Decke ihres Wohnraumes aus dem Blatt heraus, trennt damit ihr ganzes Gehäuſe ab und läßt ſich in ihm auf dem Waſſer weitertreiben, wie wir es auf der Farbentafel ſehen, auf der ein benachbartes Seeroſenblatt auch noch den charakteriſtiſchen länglichrunden, von der Raupe gemachten Ausſchnitt hat. Erſt bei Beginn der kalten Jahreszeit verläßt die Fünster: Weiper Zünster, Nymphula, Paraponyx. Castniidae, Dickkopffalter. 245 n Raupe das unwirtlich werdende Gewäſſer und ſpinnt ſich in ihrem Wohn⸗ gehäuſe zur Überwinterung oberhalb des Waſſerſpiegels ein. Während die Nymphula-Raupe, mit Ausnahme ihrer erſten Lebenszeit, in der ihr nur die Haut als Atmungsorgan dient, ein geöffnetes Luftröhrenſyſtem beſitzt, ſo iſt bei der verwandten Paraponyx stratiotata L. die Anpaſſung an das Waſſer noch einen Schritt weiter gegangen. Die grünliche oder gelbliche Paraponyx-Raupe iſt eine echte Waſſerraupe, die unterhalb des Waſſerſpiegels zwiſchen verſponnenen Blättern von Krebsſchere (Stratiotes aloides), Waſſernuß (Trapa natans) und anderen Waſſergewächſen lebt. Ihr Rücken iſt von vorn bis hinten mit büſchelförmigen, in drei Längsreihen ſtehenden Kiemenfäden beſetzt, die ſie durch heftige auf und nieder gehende Körperbewegungen mit friſchem Atemwaſſer ver⸗ ſorgt. Den Winter über ruht die Raupe an ihrer Futterpflanze und verpuppt ſich ſchließlich daſelbſt in einem waſſerdichten Geſpinſt. Den weißlichen, mit dunkeln Flecken und Zeich⸗ nungen geſchmückten Schmetterling, der immer in nächſter Nähe des Waſſers zu finden iſt, ſehen wir im Vordergrunde des farbigen Bildes ſchweben. Nahe mit ihm verwandt iſt die kleine, an ſtehenden Gewäſſern häufige weißliche Cataclysta lemnata L., deren oliven⸗ farbene Raupe ſich gern an der Unterſeite von Teichlinſen aufhält. Am vollkommenſten iſt unter den deutſchen Schmetterlingen Acentropus niveus Curt. an das Waſſer angepaßt. Seine grünlichgelben Raupen halten ſich in kleinen, aus zuſammen⸗ geſponnenen Blattſtückchen beſtehenden offenen Gehäuſen auf, in denen ſie ganz von Waſſer umgeben jind. Sie haben keine offenen Stigmen, beſitzen auch keine Kiemenfäden, ſondern atmen einfach durch die Körperhaut. Aus den geſchloſſenen, mit Luft gefüllten Puppen⸗ geſpinſten ſchlüpfen nach etwa 25 Tagen ſehr verſchiedenartig aussehende Tiere hervor. Ein Teil davon ſind Männchen, die, wie wir auf der Farbentafel ſehen, mit ihren durch⸗ ſcheinenden, milchig grauweiß beſchuppten Flügeln in raſchem Zickzackfluge während der Abenddämmerung oder in den Nachtſtunden über die Waſſerfläche dahinſchweben, tags⸗ über aber an Pflanzen dicht am Waſſerſpiegel ruhen und dabei fo feſt ſitzen, daß man fie mit der Pflanze zuſammen untertauchen kann, ohne daß ſie davonfliegen. Ein anderer Teil der aus den Puppengeſpinſten hervorgegangenen Schmetterlinge ſind Weibchen, häßliche, bräun⸗ lich beſtäubte Tiere, mit verkümmerten Schwingen, die unter Waſſer an Pflanzen herum⸗ kriechen und nur zur Paarung ihren Hinterleib aus dem Waſſer hervorſtrecken. Dieſer merk⸗ würdige Waſſerſchmetterling kommt in vielen Gewäſſern Mitteleuropas vor und findet ſich in zwei Generationen im Mai oder Juni und im Auguſt. Den bisher genannten niederen mottenartigen Schmetterlingen reihen ſich die Cast- niidae an, große, auffallende, in den heißen Gebieten Amerikas und Auſtraliens heimiſche, in einer Art neuerdings auch in Madagaskar nachgewieſene Schmetterlinge, die mit ihren bunten, lebhaften Farben und den an der Spitze mitunter knopfartig verdickten oder haken⸗ förmig gekrümmten Fühlern ganz wie Tagfalter ausſehen. Die Caſtnienfalter fliegen am Tage wild und ungeſtüm umher und lieben Hitze und Trockenheit. Ihre Raupen ſind in Bromeliazeen und Orchideen gefunden worden, höhlen auch zum Teil im Mark von Palmen, die ſie damit zum Abſterben bringen, und verpuppen ſich in einem Kokon. x Richtige Tagtiere find weiter die Dickkopffalter (Hesperiidae), die ſich ebenfalls in der warmen Sonne auf Wieſen und lichten Plätzen im Walde tummeln. Früher wegen ihrer an der Spitze angeſchwollenen oder keulenförmig verdickten Fühler zu den echten Tagſchmetterlingen (Rhopalocera) gerechnet, wurden ſie ſpäter, als man auf die vielen 246 Schmetterlinge. Unterſchiede zu dieſen aufmerkſam wurde, in eine eigene Gruppe (Grypocera) geſtellt finden aber ihren natürlichen Platz bei den bisher erwähnten Schmetterlingsfamilien, unter denen es ja verſchiedene bunte Tagfalter gibt. Sie fallen durch plumpen, dicken Körperbau auf, tragen Haarlocken an den Vorderſchienen und haben kurze, dicke Fußklauen. Ihre Raupen, die ge⸗ wöhnlich zwiſchen zuſammengeſponnenen Blättern leben, verwandeln ſich in lockeren Ge⸗ ſpinſten zu langgeſtreckten, abgeſtumpften Puppen. Die größte Formenfülle kommt in den heißen Ländern, hauptſächlich im tropiſchen Amerika, vor, wo es Hejperiiden von wunder⸗ barer Farbenpracht, mit ſeltſamen Fenſterflecken oder langgeſchwänzten Hinterflügeln gibt. Im äquatorialen Afrika zählt Rhopalocampta forestan Oram. in verſchiedenen Gebieten zu den gemeinſten Arten. Dort flattern dieſe Schmetterlinge in ganzen Scharen im grellen Sonnenlichte um blühende Bäume und ſind ſtellenweiſe ſo gewöhnlich, daß ſie ſozuſagen zum dortigen Landſchaftsbilde gehören und ihm geradezu ſein charakteriſtiſches Ausſehen i geben. Die europäiſchen Arten, die etwa die mittlere Größe der Bläulinge zu haben pflegen, dafür aber unterſetzter und eintöniger gefärbt ſind, ſtimmen im Benehmen ziemlich überein. In ziemlich raſchem Fluge erſcheint ein ſolcher Dickkopffalter, läßt ſich zum Saugen auf einer Blume oder dem Boden nieder, ſperrt dabei die Hinterflügel weit auseinander und hebt die vorderen in die Höhe. Eine der bekannteſten Arten, das auf S. 294 dargeſtellte Strich⸗ falterchen, Augiades comma L., welches ſich im Juli und Auguſt in ganz Deutſchland zeigt und ſelbſt auf den höchſten Alpenwieſen nicht fehlt, iſt oberſeits braungelb, unten grün⸗ lichgelb. Männchen und Weibchen weichen in der Zeichnung ab. Erſteres hat einen dunkel⸗ braunen Saum, fünf lichtere Flecke und eine ſchwarze, durch einen ſilberglänzenden Längs⸗ ſtrich geteilte, mit Duftſchuppen beſetzte Mittelſchwiele auf den Vorderflügeln. Beim Weib⸗ chen zieht eine Reihe rotgelber Flecke über die Flügel. Die grüne, in ſchwarzpunktierte Raupe lebt auf der Kronwicke und an Gräſern. N 2. Tribus: Großſchmetterlinge (Macrofrenatae, Harmoncopoda). Die Großſchmetterlinge (Macrofrenatae, Harmoncopoda), bei denen große und anſehnliche Formen im allgemeinen überwiegen, kleine Arten aber durchaus nicht ganz fehlen, können als die höheren und vollkommeneren Vertreter der ganzen Ordnung gelten. Ihre meiſt frei an den Nährpflanzen oder am Boden lebenden Raupen haben in der Regel Klam⸗ merfüße und beſitzen nur noch in ſeltenen eee geſchloſſene Hakenkränze. 1. Familienreihe: Opisthoneura. Bei den hierher gerechneten Familien ſteht die fünfte Ader in den Vorderflügel i im Zuſammenhang mit der hinter ihr befindlichen vierten Längsader oder doch wenigſtens in urſprünglicher Beziehung zu ihr. Wir nennen an erſter Stelle die Bärenſpinner (Arctiidae), zu denen viele auf fallend bunt gefärbte Schmetterlinge gehören, an deren Hinterflügeln die achte Längsader aus der ſiebenten entſpringt. Eine Haftborſte iſt immer vorhanden. Der Saugrüſſel pflegt hochentwickelt zu fein, die Fühler ſind beim Männchen kurz gekämmt. Die Bärenraupen haben in der Regel einen dichten, zottigen Haarpelz, kommen meiſt auf Kräutern und anderen niederen Gewächſen, gewöhnlich dicht am Boden, vor und zeichnen ſich durch Lebhaftigkeit und verhältnismäßig raſche Bewegungen aus. Der Name „Bär“ trifft gewiß weniger die ziemlich plumpe, ungeſchickte Geſtalt der Falter, als die Raupen mit ihrem dichten Haarpelz, der viele andere Tiere und beſonders die meiſten inſektenfreſſenden Vögel abhält. Gegen die ö © a 1 1 = 2 Dana TE AT ene r ˙ ET Ar ar ED a nnn De * . r S Ur Ya” . Bärenſpinner. Widderchen. 247 Angriffe von Schmarotzerweſpen nützt freilich auch der beſte Haarpelz nichts, und daraus, daß die Arktiiden von Schmarotzerinſekten zum Teil ziemlich ſtarkheimgeſucht werden, erklärt es ſich wohl, daß trotz der verhältnismäßigen Häufigkeit der Bärenraupen die Falter im allgemeinen durchaus nicht beſonders zahlreich auftreten. Die Verpuppung geht teils in der Erde, teils oberhalb der Erdoberfläche, und zwar im letzteren Falle gewöhnlich in einem weichen Ge⸗ ſpinſt, vonſtatten. Nicht alle Arktiidenraupen leben am Boden. Im tropiſchen Amerika kommen mehrere Sumpfbärenſpinner der Gattung Palustra Bur. vor, deren Raupen ſich in Gräben und langſam fließenden Gewäſſern auf Waſſerpflanzen aufhalten, mitunter aber auch als gute Schwimmer unter aalartigen, ſchlängelnden Krümmungen ſich frei durch das Waſſer bewegen. Zur Atmung tragen dieſe Waſſerraupen eine ſilberig glänzende, zwiſchen den langen Zottenhaaren ihres Rückens hängende Luftmaſſe mit ſich herum, müſſen freilich zur Erneuerung des Luftvorrates von Zeit zu Zeit emporſteigen und ihr Hinterleibsende über die Waſſeroberfläche bringen. In Europa iſt einer der bekannteſten Bärenſpinner der durch ganz Aſien bis Japan ver⸗ breitete Braune Bär, Arctia caja L., deſſen Raupe uns vom Auguſt an begegnet und ſich wieder vom Anfang des Mai an auf den verſchiedenartigſten Kräutern, Pflanzen oder Sträu⸗ chern zeigt. Kenntlich iſt die erwachſene Raupe an den ſchwarzen, grau beſpitzten Haaren, die eben nur die Körperhaut durchſchimmern laſſen, wobei das ſchwarze Haarkleid ſeitlich und an den Bruſtringen durch ein fuchsrotes erſetzt wird. Die erwachſene Raupe verfertigt ſich unter Zuhilfenahme ihrer Haare ein großes, loſes, eingewebte Haare enthaltendes Ge⸗ ſpinſt, in dem die ſchwarze, gedrungene Puppe eine Ruhe von nur wenigen Wochen unter dürrem Laube oder an Kräutern hält. Der tagsüber verſteckt lebende, in warmen Sommer⸗ nächten umherfliegende Schmetterling iſt von lebhafter Färbung; die weißlichen Zeichnungen ſeiner Vorderflügel ſtehen auf ſamtartig rotbraunem Untergrunde, Kopf und Mittelleib ſind ebenfalls rotbraun, der Hinterleib und die ſchwarzgefleckten Hinterflügel dagegen zin⸗ noberrot. In Südeuropa gehört der Braune Bär zu den Schädlingen, weil ſeine Raupen dort den Weinreben manchmal recht gefährlich werden können, wie beiſpielsweiſe in der Umgebung von Montpellier, wo gelegentlich ſchon der Ernteertrag durch a: um ein Zehntel bis ein Fünftel geſchmälert worden it. Einige Bärenſpinner fliegen ausnahmsweiſe im Sonnenſchein umher, wie z. B. der Purpurbär, Rhyparia purpurata L., ein hübſcher Bärenſchmetterling mit gelben, grau⸗ braun gefleckten Vorderflügeln und Pürpurroten, mit großen, ſchwarzen Tupfen bedeckten Hinterflügeln, der in ganz Nord⸗ und Mitteleuropa mit Ausnahme des nordweſtlichen Ge⸗ bietes, in Dalmatien, der Balkanhalbinſel und Aſien bis Japan verbreitet iſt. Die Raupen überwintern, ſind im Herbſt und Frühjahr an verſchiedenen Pflanzen, wie Wegerich, Schaf- garbe, Ginſter, Salweide, zu finden und verpuppen ſich in einem gelbbraunen, mit Haaren untermiſchten Geſpinſt. Auch die Jungfer, Callimorpha dominula L., ein grellgefärbter, meiſt mit ſtahlblauen, weiß und gelb gefleckten Vorderflügeln und blutroten, ſchwarz ge⸗ fleckten Hinterflügeln geſchmückter Schmetterling, liebt das Tageslicht. In Europa und dem angrenzenden Aſien iſt dieſe Art in mehreren verſchiedenen Farbenvarietäten verbreitet, ähnlich wie die gleichfalls ſehr buntgefärbte Spaniſche Flagge, Callimorpha quadripunc- taria Poda, die am Tage ſich gern ſaugend an Blüten aufhält. Das Entzücken jedes Naturfreundes bilden die Widderchen (Zygaenidae), bunt⸗ gefärbte Falter, die am häufigſten in den heißen Ländern ſind, aber auch in den nördlichen 248 Schmetterlinge, Zonen nicht ganz fehlen. Dünne, biegſame, vor der Spitze meiſt etwas angeſchwollene 5 Fühler, die ſich beim Männchen und Weibchen nicht weſentlich unterſcheiden, ſind ihnen ebenſo wie ein langer Saugrüſſel eigen. Die Hinterflügel find mit Haftborſten verſehen, der Hinterleib iſt plump. „Blutströpfchen“ nennt man viele der hierhingehörenden einheimiſchen Arten, im Hinblick auf die großen blutroten oder gelben Tupfen und Flecke, die ſie auf den Vorderflügeln haben. Es ſind alles eifrige Blütenbeſucher, die manchmal zu mehreren an einem Blütenköpfchen ſaugen und ziemlich ſchwerfällig davonfliegen, wenn ſie nichts mehr finden. Sie ſitzen auf den Blüten ſo harmlos, oft in der Paarung zu zweien in entgegen⸗ Mühe erhaſchen laſſen. Das Steinbrechwidderchen, Zy- flügeln. Die Raupen, die Wegerich neben verſchiedenen Kleearten und anderen nie⸗ deren Pflanzen, wie Löwenzahn, Mauſe⸗ öhrchen uſw., freſſen, ſind, wie bei den chen etwas in den erſten Körperring zu⸗ rückzuziehen. Nach der Überwinterung, die in die Höhe und verfertigen ſich ein glän⸗ zendes, ſtrohgelbes, längliches Geſpinſt, aus dem der Schmetterling beim Auskriechen Steinbrechwidder chen, Zygaena filipendulae T. Natür⸗ die Puppenhülſe weit herauszieht. Re Mit den Zygänen ſind nach Anſicht mancher Forſcher auch die Erzfalter (Chalcosiidae) verwandt, die ihre Heimat in den heißen Ländern der Alten Welt, beſonders im indomalaiiſchen Gebiete, haben. Manche von dieſen am Tage fliegenden Schmetterlingen gleichen in auffallender Weiſe den großen Tagfaltern, andere ſchließen ſich im Flügelſchnitt mehr unſeren Zygänen an. Neben vielen wirklich harmoniſch gefärbten oder wunderbar metallglänzenden Tieren gibt es verſchiedene, bei denen die bunten Farben denn doch in etwas gar zu verſchwenderiſcher Fülle zu⸗ ſammengekleckſt ſind, ſo daß man ſie auch beim beſten Willen nicht mehr ſchön finden kann. Geradezu als eine Geſchmacksverirrung erſcheint uns die indiſche Etrusa raja Moore mit himmelblauem Hinterleib, grasgrünem Vorderkörper und grasgrünen Vorderflügeln, die von einer ſchrägen Reihe großer, rotgelber, zum Überfluß himmelblau eingefaßter Flecke durchzogen werden, während die Hinterflügel mit Ausnahme eines breiten, blaugrünen Hinterrandſtreifens allerlei gelbe und ſchwarze Zeichnungen zeigen. Die Glucken (Lasiocampidae) find eine ziemlich iſoliert ſtehende Schmetterlings⸗ geſetzter Richtung, daß ſie ſich immer ohne gaena filipendulae L., hat ſechs karminrote Flecke auf den dunkel blaugrünen Vorder⸗ meiſten einheimiſchen Arten, lichtgelb, rei⸗ ö henweiſe ſchwarz gefleckt, weichhaarig und haben die Gewohnheit, ihr kleines Köpf⸗ in ziemlich erwachſenem Zuſtande ſtattfin⸗ det, ernähren ſie ſich noch einige Wochen hindurch, kriechen dann an einem Stengel 7 familie und bilden daher für den vergleichenden Syſtematiker, der überall nach Verwandt- 2 5 = 3 E77 2 2 ö x * e eee eee ee e eee Wioderden. Erzfalter. er Kiefernſpinner. 249 ſchaftsbezjehungen ſucht, eine harte Nuß. Alle Arten Kind Nachtſchwärmer, ſchlafen am Tage an Baumſtämmen und anderen Gegenſtänden aus und haben ihren deutſchen Namen wohl deswegen bekommen, weil ſie oft beim Sitzen einen Streifen ihrer Hinterflügel über den Vorderrand der Vorderflügel hervortreten laſſen, wobei ſich die Flügel etwa wie die einer Gluckhenne ausbreiten. Trotz des gelegentlich etwas abweichenden Aderverlaufes in den Flügeln ſtimmen die Laſiocampiden in folgenden Merkmalen überein. Die kurz gefranſten, breiten Hinterflügel haben keine Haftborſten. Die zwiſchen viertel und halber Vorderflügel⸗ länge ſchwankenden Fühler ſind bei beiden Geſchlechtern zweireihig gekämmt und haben beim Männchen lange, beim Weibchen meiſt ſehr kurze Zähnchen. Punktaugen fehlen. Soweit in Europa und Aſien die Kiefer, Pinus silvestris, gedeiht, dürfte der Kieſern⸗ ſpinner, Dendrolimus pini L., wohl nirgends zu den Seltenheiten gehören. Obwohl ſeine Farben, bei denen Grau und Braun in den verſchiedenſten Miſchungen überwiegen, recht veränderlich ſind, iſt er doch an einem weißen Mondfleckchen auf den Vorderflügeln und einer dahinter befindlichen unregelmäßigen, ſchmaleren oder breiteren, rotbraunen Querbinde 8 leicht kenntlich. Er erſcheint immer erſt im Hochſommer, gewöhnlich um Mitte Juli, ſitzt tagsüber träge, mit dachförmig geſtellten Flügeln an Kiefernborke, auf der er ſeiner ſchützen⸗ den Färbung wegen kaum ſichtbar iſt, und ſchwärmt nachts umher, wobei es vorkommen kann, daß die umherfliegenden Schmetterlinge den Wald verlaſſen. Taſchenberg erzählt, daß er einmal eine Geſellſchaft von ungefähr acht Kiefernſpinnern beiderlei Geſchlechts an der U Glocke eines Kirchturmes geſehen hat, in einer Gegend, in der ſtundenweit keine Kiefern wuchſen. Auch Ratzeburg gedenkt einiger Fälle, die auf ſolche Wanderungen hinweiſen, welche aber doch immer nur als Ausnahmen gelten müſſen. Die lauchgrünen, ſpäter grau werdenden, mit Vorliebe an dünne Zweige, ſeltener an Baumrinde und Nadeln gelegten Eier entlaſſen zwei bis drei Wochen nach ihrer Ablage die Raupen, die erſt in ſpäteren Stadien die charakteriſtiſche, auf unſerer Figur wiedergegebene Zeichnung gewinnen, bei denen Braun und Grau die beiden Hauptfarben bilden. Die Ein⸗ ſchnitte des zweiten und dritten Ringes haben ſogenannten Spiegel, je einen ſtahlblauen Samtfleck, welcher aber erſt dann zu ſehen iſt, wenn die Raupe beunruhigt wird und die in unſerer Abbildung (S. 250) wiedergegebene bockende Abwehrſtellung einnimmt. Das junge Räupchen begibt ſich ſofort auf die Nadeln, beſchabt ſie anfangs, vertilgt ſie aber ſpäter eine nach der anderen bis zum Stumpf herunter. Sobald die einbrechende Winterkälte dem Fraß ein Ende ſetzt, ſuchen die Raupen den Boden auf, um dort unten ſichere Quartiere unter der l 2 4 2 ſchützenden Moosdecke, im allgemeinen noch im Bereiche des Baumes, an dem ſie bisher ge⸗ freſſen hatten, zu beziehen. Das Erwachen aus dem langen Winterſchlaf findet im nächſten Frühling ſtatt, wenn die Bodentemperatur wenigſtens 4—5° C beträgt. Je wärmer die Luft iſt, um ſo ſchneller klettern die Kiefernſpinnerraupen am Stamm in die Höhe und fallen, oben angelangt, mit neuer Kraft über die Nadeln her, wodurch ſie den für den Forſtmann ſehr viel unangenehmer werdenden „Frühlingsfraß“ hervorrufen. Von der Gefräßigfeit dieſer Raupen bekommt man eine Vorſtellung durch die neuerdings von Eckſtein vorgenommenen Berechnungen, denen zufolge jede einzelne Raupe durchſchnittlich etwa 800 Nadeln ver⸗ braucht, bis ſie ihre Reife erlangt hat und ſich im Juni oder Juli in einem länglichen, watte⸗ artigen, einige eingewobene blaue Raupenhaare enthaltenden Kokon verpuppen kann. In der Entwickelung des Kiefernſpinners fehlt es im übrigen nicht an mancherlei Abweichungen von dem herkömmlichen Verlauf. Gewiſſe Raupen wachſen nämlich raſcher, andere langſamer heran, ſo daß ſie ſchon in recht verſchiedener Größe überwintern. Manche Raupen häuten 250 { Schmetterlinge. ſich viermal, andere müſſen bis zu ſieben Häutungen durchmachen. In Schweden pflegen die Kiefernſpinnerraupen zweimal zu überwintern, in Deutſchland iſt die einmalige Überwinte⸗ rung die Regel, doch ſind in beiden Ländern auch manchetlei Ausnahmen beobachtet worden. > As N Kiefernſpinner, Dendrolimus pini L. 1) Männchen, 2) Weibchen, 3) Eier, 4), 5) Raupen, 6) Puppengeſpinſt ſowie einige ſeiner Feinde: 7) der Puppenräuber nebſt 8) Larve, 9) die Sichelweſpe und 10) die Apanteles⸗Weſpe des Spinners. Alles natürl. Größe. Der Kiefernſpinner iſt ein höchſt gefährlicher Schädling, der namentlich in den ſechziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Brandenburg und den angrenzenden öſtlichen Provinzen arg gehauſt hat und viele tauſend Hektar der prächtigſten alten Kiefernbeſtände völlig vernichtete. Glücklicherweiſe hat man ſeitdem ein verhältnismäßig einfaches Mittel kennengelernt, um derartige Schäden zu verhüten. Sobald es ſich nämlich bei dem im Winter vorgenommenen “ * ene eee e D. ı * 1 . ' * ern 2 * r nene gende Falter in Form Sträuchern und Bäumen. 8 Glucken: Kiefernſpinner. Ringelſpinner. Lymantriidae. 251 Probeſammeln herausſtellt, daß die Raupen in bedrohlich großer Zahl ihre Verſtecke im Wald⸗ boden bezogen haben, wird ſeitens der Forſtverwaltung das Leimen des ganzen Beſtandes angeordnet und Stamm für Stamm in etwa Bruſthöhe mit einem Ringe von zähem klebrigen Raupenleim umgeben, der den im Frühling aufſteigenden Raupen den Weg zuͤr Baumkrone verſperrt. Einzelne Tiere verſuchen wohl, die Leimbarriere zu überklettern, bleiben aber in der klebrigen Maſſe hängen und kommen elend darin um, während die meiſten Raupen unterhalb des Leimringes dem Hungertode preisgegeben ſind. Energiſche Abwehrmaßregeln hat in den letzten Jahren auch der Oſtaſiatiſche Kiefernſpinner, Dendrolimus segregatus Bllr., nötig gemacht, der die Aufforſtungen der deutſchen Reichsregierung! im Kiautſchougebiete bedroht. Der in ganz Europa verbreitete Ringelſpinner, Malacosoma neustria L., iſt von licht ockergelber Farbe und hat auf den Vorderflügeln ein breites, dunkles, von helleren Linien eingefaßtes Querband. Seine Eier kittet dieſer an Sommerabenden in Garten und Wald flie⸗ eines harten feſten Ringes b um dünne Zweige von Die Eierringe überwin⸗ tern. Die hellblauen, braun⸗ und gelbſtreifigen, an Obſtbäumen oft ſehr 7 ſchädlich werdenden au-: pen, die zwei ſchwarze Flecke auf ihrem blau⸗ weibchen d des Ringelſpinners, Malacosoma neustria L., ſeine Eierringe, Raupen grauen Kopf haben, und und Puppe. Natürliche Größe. ihrer bunten Färbung : x wegen auch wohl Livreeraupen heißen, leben bis etwa zur dritten Häutung geſellig bei⸗ einander und pflegen ſilberglänzende Fäden auf dem Wege zu hinterlaſſen, der von ihrer Ruheſtätte zu den Fraßplätzen führt. Die . findet in einem mehlig beſtäubten, länglichen Kokon ſtatt. Ausländiſche Glucken zeichnen ſich zum Teil durch auffallende Geſchlechtsverſchiedenheit aus. So iſt das Weibchen der ſüdafrikaniſchen Gonometa postica WIk. ein großer plumper, pelzig behaarter Schmetterling, während das zierliche, zwergartige Männchen, das ver- kürzte, hinten wie abgeſchnitten ausſehende dreieckige Hinterflügel hat, kaum den vierten Teil der Körperlänge des Weibchens mißt. Umgekehrt iſt es bei der in Algerien heimiſchen Lasiocampa staudingeri Baker, zu derem großflügeligen braunen Männchen ein unanſehn⸗ liches, plumpes, ſtummelflügeliges Weibchen gehört. Zu den Lymantriidae wird eine ganze Reihe zum Teil recht ſtattlicher ſpinnerartiger Schmetterlinge geſtellt, die einen dicht behaarten Körper, einen kurzen oder verkümmerten Saugrüſſel haben und auch im Flügelgeäder und ſonſtigen Eigentümlichkeiten überein⸗ ſtimmen. Nicht mit Unrecht führen dieſe Tiere den Namen Lymantria (Verwüſterin), denn ihre ſechzehnfüßigen, mit auffallenden Pinſeln oder Haarbüſcheln oder bunt behaarten 3 252 Schmetterlinge. Warzen geſchmückten Raupen find mitunter arge Schädlinge, die in Wald und Garten die fürchterlichſten Verheerungen anrichten können. Ein Hauptvertreter der Gattung Lymantria Hb. iſt der in Mittel⸗ und Südeuropa == überall verbreitete Schwammſpinner, L. dispar L., bei dem beide Geſchlechter von f verſchiedenartigem Ausſehen ſind, daß man ſie kaum für zuſammengehörig halten möchte. Das kleinere, mit langen Kammzähnen an den Fühlern ausgeſtattete Männchen iſt graubraun und hat einige mehr oder weniger ausgeprägte IR Zackenbinden auf den Vorderflügeln. Das Weibchen iſt dagegen von ſchmutzigweißer Farbe mit ſchwarzen Binden auf den Vorderflügeln. Im Hoch⸗ ſommer, Ende Juli oder im Münnchen abends zuweilen wie ein Schatten an uns vor⸗ 3 Augenblicke wieder in der Dunkelheit zu verſchwinden, Ruhen ſo wenig feſt, daß es oft ſchon bei der geringſten Weibchen, dem ein ausge⸗ ſprochen phlegmatiſches Tem⸗ perament eigen iſt. Träge hockt es an Baumſtämmen Schwammſpinner, Lymantria dispar L. Oben links Männchen, unten links Weibchen bei der Eiablage, daneben ein fertiger Eierſchwamm. Rechts unten ein teln oder Stoßen auf den Weibchen mit ausgebreiteten Flügeln, in der Mitte erwachſene Raupe und Puppe. Boden hinabwerfen, als daß a es fortfliegt, was freiwillig nur bei einbrechender Dunkelheit in ſchwerfällig taumelnder Weiſe geſchieht. An Blumen ſind weder Männchen noch Weibchen zu ſehen. Die „Schwämme“, gelblichgraue, flache Eiergelege, die oft bis 400 rundliche Eier enthalten und an Baumrinde oder ähnliche Ge⸗ genſtände angekittet werden, kommen dadurch zuſtande, daß das eierlegende Weibchen eine ſchleimige Maſſe ausſcheidet, in der die Härchen feines braunen Afterpolſters hängenbleiben. Die jungen, im Frühling aus den überwinterten Eierſchwämmen ausſchlüpfenden Räupchen verſtreuen ſich bald zur Nahrungsſuche, freſſen vorzugsweiſe nachts und ſammeln ſich gern an Aſtgabeln oder der Unterſeite dicker Zweige, wenn ſie vor den heißen Sonnen⸗ ſtrahlen oder vor Näſſe Schutz ſuchen. Die Schwammſpinnerraupen find keine Koſtverächter. Das grüne Laub der verſchiedenſten Waldbäume, Blätter von Obſtbäumen und Sträuchern Bi 8 — rg Nl Ni 20 * Ja FE 17 —WWFTVTTWWTTTTTVTTTTWTWTTTTTETTTTTTTTWW Ta En ein plumper Schmetterling Auguſt, find die Schwamm ſpinner zu finden. Als un⸗ geſtümer Flieger huſcht das über, um ſchon im nächſten und ſitzt ſelbſt am Tage beim Störung zum Auffliegen ge⸗ | bracht wird. Anders das oder Wänden und läßt ſich manchmal eher durch Schüt⸗ Por N TE N re . es NR EN Org oe Lymantriidae: Schwammſpinner. Nonne. 253 ſagen ihnen ebenſo zu wie Roſen und die verſchiedenſten Zierpflanzen. Selbſt Kiefern und andere Nadelbäume bleiben mitunter nicht verſchont. Bei maſſenweiſem Vorkommen können die Schwammſpinnerraupen furchtbare Verwüſtungen anrichten und nicht nur weit und breit die Obſternte vernichten, ſondern auch ganze Wälder kahl freſſen. Wir erkennen dieſe Schädlinge an ſechs Längsreihen großer, auf dem Rücken befindlicher Knopfwarzen, von denen die auf dem erſten bis fünften Leibesringe ſtehenden Mittelwarzen blau, auf dem ſechſten bis elften Ringe aber rot gefärbt ſind. Zur Verpuppung zieht die Raupe einige Fäden zwiſchen den Blattüberreſten ihres letzten Weideplatzes oder zwiſchen Rindenriſſen und wird zu einer braunſchwarzen, mit rötlichen Haarbüſchelchen beſetzten Puppe, die am Hinterende ein kleines, zapfenartiges Schwänzchen hat. N Große Verheerungen durch den Schwammſpinner gehören in Europa glücklicherweiſe zu den Seltenheiten. Hier und da werden wohl einmal einzelne Waldteile kahl gefreſſen, doch die meiſte Veranlaſſung, ſich vor dieſem Schädling zu hüten, haben im allgemeinen die Obſtzüchter; fie müſſen ihn durch rechtzeitiges Übertünchen oder Abkratzen feiner auffallenden Eierſchwämme in Schach halten, während im Walde ſchließlich die Mutter Natur ſelbſt immer wieder als Helferin einzutreten pflegt und durch Schmarotzerweſpen und Schmarotzerfliegen dafür ſorgt, daß das Ungeziefer nicht gar zu ſtark überhandnimmt. Viel ſchlimmer ſieht es in den Vereinigten Staaten aus, wohin der Schwammſpinner gegen Ende der ſechziger Jahre des 19. Jahrhunderts durch einen unglücklichen Zufall verſchleppt worden iſt. Dort fehlten alle ſeine natürlichen Feinde, ſo daß der verhaßte, als gypsy moth bezeichnete Eindringling ſich völlig ungehindert ausbreiten und in geradezu unheimlicher Weiſe über⸗ handnehmen konnte, ohne daß der Menſch mit ſeinen Mitteln etwas Nennenswertes da- gegen auszurichten vermochte. Am furchtbarſten hat der Schwammſpinner in Maſſachuſetts und den angrenzenden öſtlichen Staaten gehauſt, wo die Bäume in manchen Gegenden weit und breit von den Eierſchwämmen buchſtäblich eingehüllt wurden, und nicht nur der ganze Obſtbau zugrunde ging, ſondern auch die Wälder enorm zu leiden hatten. Wenn es neuer⸗ dings gelungen iſt, dem Übel einigermaßen zu ſteuern, ſo iſt dies das Verdienſt der ameri⸗ kaniſchen Staatsentomologen unter ihrem rührigen Leiter Howard, die unter unſäglichen Anſtrengungen und großen Koſten die natürlichen Feinde des Schwammſpinners, allerlei Schmarotzer und Raubinſekten, in großen Maſſen aus Europa eingeführt und glücklich in Amerika zur Einbürgerung gebracht haben. Dem Schwammſpinner ſteht als nächſter Familienangehöriger die Nonne, Lymantria monacha L. (Abb., S. 254), würdig zur Seite, ein hübſcher Schmetterling mit reinweiß gefärb⸗ ten Oberflügeln, die von vielen ſchwarzen zackigen Binden durchzogen werden, während die Hinterflügel einfach weißlichgrau gefärbt find. Auch faſt Schwarze Abarten (var. eremita) ge- hören nicht zu den Seltenheiten, kommen beſonders bei den Männchen vor und ſcheinen im Laufe der letzten Jahrzehnte überhaupt an Häufigkeit zugenommen zu haben. Die Geſchlechter unterſcheiden wir, wie bei vielen anderen Schmetterlingen, an den beim Männchen feder⸗ buſchartig ausſehenden, beim Weibchen kurz gezähnten, fadenförmigen Fühlern. Der mehr oder weniger deutliche, ſchön roſenrot gefärbte Hinterleib endigt beim Männchen in einem Haarbüſchel, geht aber beim Weibchen in eine vorſtreckbare Legeröhre aus, mit der die glän⸗ zenden, etwas abgeplatteten Eier häufchenweiſe unter Rindenſchuppen und Baumflechten geſchoben werden. Die erſten Nonnenfalter laſſen ſich gewöhnlich Ende Juli oder im Auguſt ſehen, ſitzen tagsüber regungslos an Baumſtämmen, leicht erkennbar an ihren dachartig zuſammengelegten Flügeln, die zuſammen mit dem Vorderkörper ein weißliches, von der 254 : Schmetterlinge dunkeln Rinde ſich abhebendes Dreieck bilden. Im Gegenſatz zu den ziemlich trägen Weibchen werden die unruhigeren Männchen an warmen Tagen oft ſchon durch einen ſich nähernden Wanderer aufgeſchreckt und flüchten in taumelndem Fluge zu einem anderen Baum. In den Abendſtunden erwacht die Lebensluſt. Männchen und Weibchen wirbeln zuſammen in unruhigen Tänzen durcheinander, während die Pärchen zur Vereinigung wieder einen Stamm aufſuchen und ſtundenlang aneinanderhängen. Die kleinen Nonnenräupchen, die in der Regel erſt Ende April oder Anfang Mai des nächſten Jahres auskriechen, halten ſich in den erſten Lebenstagen, ſoweit ſie aus demſelben Eierhäufchen ſtammen, alle hübſch beiſammen, ſitzen zunächſt auf den leeren Eiſchalen und ziehen auch ſpäterhin, wenn ſie zur Nahrungsſuche emporſteigen, gemeinſam in kleinen 7 7 4 5 — 7 6 N N I Yu 45 1 Nonne, Lymantria monacha L. I) u. 2) Männchen, 3—5) Weibchen, 6) Raupenſpiegel, 7) Raupe, 8) Puppe. Natürliche Größe. Familien oder „Spiegeln“. Bei ihren Wanderungen zu den im friſchen Grün prangenden Baumkronen wiſſen die Raupen etwaige Hinderniſſe geſchickt zu überwinden. Vorſtehende Zacken, Riſſe und Sprünge in der Rinde oder glatte Partien, die ihren Füßen keinen rechten Halt gewähren, werden mit feinen, ſilberglänzenden Fädchen überſponnen. Finden die Raupen ihren Weg aber völlig verſperrt, etwa durch einen Leimring, der zur Abwehr rings um den Stamm gezogen wurde, ſo ſammeln ſie ſich unterhalb des Ringes an und ſpinnen dort, bis dichte weißliche Schleier entſtehen, die dem Forſtmann unter dem Namen „Nonnen⸗ ſchleier“ bekannt ſind. Von ihrem Spinnvermögen machen die jungen Nonnenräupchen auch häufig dann Gebrauch, wenn ſie ſich beunruhigt fühlen. Sie ſpinnen dann ab und laſſen ſich aus jeder beliebigen Höhe an einem langen Faden herunter. Oft genug kommt es hierbei vor, daß die herabbaumelnden Raupen vom erſten beſten Luftzug erfaßt und auf einen benachbarten Baum verweht werden, ſo daß das Abſpinnen auch zur weiteren Verbreitung der Raupen dient. Nicht zutreffend iſt es aber, daß die jungen Räupchen für ihre Luftreiſen noch beſonders beſchaffene Haare haben, denn ihre angeblich ballonartig hohlen Borſten ſind 3 7 1 5 N E 9 1 2 1 45 — ir f ae Lymantriidae: Nonne. 255 in Wirklichkeit nur am Grunde blaſig aufgetriebene Drüſenhärchen. Die Auswahl der paſſen⸗ den Nahrung bereitet den Nonnenraupen wenig Schwierigkeiten. Im erſten Lebensſtadium freſſen ſie allerdings gern Pollenkörnchen von Kiefernblüten oder zarte junge Fichtennadeln, ſpäter kommen beliebige ältere Nadeln, Laubblätter der verſchiedenſten Art und im Notfall ſogar Blätter von Heidelbeeren oder Preiſelbeeren an die Reihe, während eigentlich nur Blätter von Erlen, Kaſtanien und Obſtbäumen ſowie Gräſer verſchont bleiben. Die Nonnen⸗ raupe gilt als Verſchwender. Bald hier, bald dort frißt ſie Löcher in ein Blatt, und oft genug zerſtört ſie ein Blatt dicht unten am Stiel oder beißt die Nadel am Grunde durch, ſo daß das meiſte ungenutzt zu Boden fällt und die Raupe weit mehr Pflanzenſubſtanz zerſtört, als ſie zur Ernährung braucht. Der Nahrungsverbrauch iſt, nach Eſcherich, bei den älteſten Raupen am größten, in den letzten Tagen ihres Larvenlebens allein vertilgen ſie mehr als während ihrer ganzen früheren Lebenszeit. Schon im Juni oder Juli findet man Raupen, die ent⸗ weder nach vier oder nach fünf Häutungen ausgewachſen ſind, ſo daß man bei der Nonne „Vierhäuter“ und „Fünfhäuter“ zu unterſcheiden pflegt. Auf grünlichgrauem oder auch auf ſchwärzlichem Grunde tragen ſie ſechs Längsreihen von dunkeln behaarten Warzen, am neunten und zehnten Ringe befindet ſich je ein kleines rotes, ausſtülpbares Wärzchen. In der Mittellinie des Rückens iſt in der Regel ein dunkler, auf dem zweiten Ringe meiſt herz⸗ förmig erweiterter Längsſtreifen ſichtbar. Die bronzeglänzenden, büſchelig weiß behaarten Puppen ruhen, mit einigen Geſpinſtfäden befeſtigt, an Baumrinde. 8 Die eigentliche Heimat der Nonne bilden die ausgedehnten Wälder im Oſten und Norden Europas und des angrenzenden Aſiens, obwohl fie über ganz Europa verbreitet ift und auch in den waldigen Teilen des Mittelmeergebietes nicht fehlt. In Deutſchland kann die Nonne in den meiſten Jahren keineswegs als häufig gelten. Nur zu gewiſſen Zeiten, wenn die äußeren Umſtände ihre Vermehrung begünſtigt haben, die Zahl ihrer natürlichen Feinde aber gering iſt, vermehren ſich die Nonnen ſtärker und können ſogar manchmal in geradezu unglaublicher Weiſe überhandnehmen. Wie Schneeflocken tanzen dann in der Dämmerung die weißen Falter umher und ruhen tagsüber, wie man ſchon beobachtet hat, mitunter in ſolchen Mengen an den Stämmen, daß von der Rinde kaum noch etwas zu ſehen iſt. In warmen, klaren Sommernächten ſcharen ſich aber die ſchwärmenden Falter hoch über den Baumwipfeln im milden Mondſcheinglanze zuſammen und bilden dichte, wolkenartige Maſſen, die zuweilen als rieſige Wanderſchwärme mit einem Male auf und davon ziehen. Solche Nonnenzüge können dann in meilenweiter Entfernung in Gegenden niederfallen, die bisher von der Nonnenplage glücklich verſchont geblieben waren. Seltener kommt rechtzeitig ein Naturereignis dem Menſchen zu Hilfe, wie im Jahre 1856, wo die ſchwärmenden Nonnen in den ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen von einem plötzlichen Gewitterſturm erfaßt und alle mit⸗ einander aufs Meer hinausgetrieben wurden. Bald hernach bedeckten dann viele Millionen ertrunkener und von den Wellen angeſpülter Falter die ganze kurländiſche Küſte von Libau bis Windau, wobei ihre Leichen einen 15 em hohen und 70 km langen Wall bildeten. Wehe aber dem Walde, in dem die gefräßige Nachkommenſchaft ſolcher Mengen zur Welt kommt; hier iſt die Vernichtung des Beſtandes ſo gut wie gewiß, falls nicht unerwartet Epidemien unter den Raupen ausbrechen oder ihre Feinde, beſonders die Raupenfliegen (Tachinen), das Übel rechtzeitig eindämmen können. Die größten Nonnenverheerungen, von denen die Geſchichte zu berichten weiß, fanden während der Jahre 1845—67 ſtatt. Die Nonnen, denen ſich ſpäter auch noch Borkenkäfer zugeſellten, hauſten damals beſonders ſchlimm in den weſt⸗ lichen Teilen Rußlands und griffen von dort auf Oſtpreußen über, ſo daß ſchließlich die von i 256 | Schmetterlinge den Verwüstungen betroffene Fläche einen Umfang gewann, der das ganze Königreich Preu⸗ ßen an Ausdehnung übertraf. Bei den Nonnenkalamitäten, die in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Oſtpreußen herrſchten, war die Zahl der Raupen ſo groß, daß ſich die Wipfel junger Kiefern und Fichten, wie berichtet wird, unter der Laſt klumpenweiſe daran ſitzender Raupen bogenförmig krümmten und der Raupenkot ununterbrochen gleich einem ſtarken Regen von den Bäumen herabrieſelte, bis keine grüne Nadel und klein Blatt mehr zu ſehen war, ſoweit das Auge reichte. In Preußen mußten damals etwa 34 Millionen Feſtmeter vorwiegend älteren Fichtenholzes und in Rußland über 100 Millionen Feſtmeter eingeſchlagen werden. Ende der achtziger Jahre hatte Süddeutſchland, beſonders Württem⸗ berg und Bayern, unter der Nonne ſtark zu leiden, die auch noch in der neueſten Zeit nament⸗ lich in Sachſen und Schleſien wieder viel Schaden anrichtet. Kahl gefreſſene Laubhölzer können die verlorengegangenen Blätter wieder erſetzen und ſich erholen, während von der Nonne ihrer Nadeln vollkommen beraubte Kiefern und namentlich Fichten rettungslos verloren ſind. Unter den Krankheiten, von denen die Nonnenraupen zuweilen heimgeſucht werden, iſt die Polyederkrankheit eine der wichtigſten. In den Geweben der erkrankten Raupen treten große Mengen eigentümlicher, mikroſkopiſch kleiner, polyederförmiger Körperchen auf, über deren eigentliche Natur vorläufig noch keine Klarheit herrſcht. Solche Raupen drängen ſich nach den oberſten Zweigen und Wipfeln der Bäume zuſammen, hören auf zu freſſen und hängen bald hernach tot mit ihren gleichfalls abgeſtorbenen Genoſſen in den Baum⸗ kronen. Da die Krankheit überaus anſteckend iſt, ſo bildet das Auftreten dieſer „Wipfelkrank⸗ heit“ immer ein ſicheres Zeichen, daß der Nonnenfraß in der betreffenden Gegend bald ſein Ende finden wird. Der Weidenſpinner, Stilpnotia salicis L., iſt ein atlasglänzender weißer Schmetter⸗ ling mit einer eigentümlichen ſchwarzen und weißen Ringelung an Schienen und Füßen, die ihm auch den Namen Ringelfuß eingetragen hat. Er iſt in ganz Deutſchland verbreitet, fliegt in warmen Sommernächten und legt ſeine in weißlichen, bald erhärtenden Drüſen⸗ ſchaum eingebetteten Eier in flachen, ſcheibenförmigen Haufen an Baumrinde oder andere Gegenſtände. Im nächſten Frühjahr, bisweilen ſogar noch im Herbſt, kommen mäßig be⸗ haarte Raupen mit roten Warzen aus, die an einer ſchwefelgelben oder weißen Fleckenreihe in der Mitte des braungelben Rückens kenntlich ſind; ſie leben auf Pappeln oder Weiden, die von ihnen gelegentlich vollſtändig kahl gefreſſen werden. Ende Mai ſieht man dann die an einigen Geſpinſtfäden befeſtigten, glänzend ſchwarzen, gelb gefleckten und mit gelben Haar⸗ büſchelchen beſetzten Puppen an den Stämmen oder Blättern der Futterpflanzen hängen. Der Rotſchwanz, Kopfhänger, Streckfuß, Dasychira pudibunda L., oder, wie man ſeinen wiſſenſchaftlichen Namen wörtlich überſetzen müßte: „der verſchämte Woll⸗ fuß“, iſt ein heller und dunkler graubraun und weiß gezeichneter ſpinnerartiger Schmetter⸗ ling, der in der Farbe des Grundtons und der Zeichnung mancherlei Abänderungen unter⸗ liegt. Er iſt, mit Ausſchluß des hohen Nordens, weitverbreitet, findet ſich in Nord⸗ und Mittel⸗ europa und pflegt bei uns Ende Mai oder im Juni zu erſcheinen. In großen, dichtgedrängten einſchichtigen Haufen werden die Eier an die Rinde von Laubbäumen, vorzugsweiſe von Rot⸗ buchen, abgelegt, denn Buchenbeſtände bilden das eigentliche Wohngebiet dieſes Schmetter⸗ linges. Etwa drei Wochen nach der Ablage kommen die Räupchen zum Vorſchein, fallen zunächſt über die leeren Eiſchalen her und begeben ſich dann auf die Weide. Sie gehören zu den Bürſtenraupen, ſind grünlichgelb oder rötlich mit hellgefärbtem Kopf und beſonders durch den „Schwanz“, einen am hinteren Körperende befindlichen, ſchräg nach aufwärts eee DPD 1 Rotſchwanz war über den ganzen Waldkörper zunächſt nur da, wo größere Maſſen vereinigt Lymantriidae: Weidenſpinner. Rotſchwanz. Goldafter. 257 gerichteten zipfelförmigen Haarbüſchel von fuchsroter Farbe gekennzeichnet. In der Jugend ſpinnen die Rotſchwanzraupen bei jeder Beunruhigung ab; ſind ſie größer geworden, ſo laſſen ſie ſich fallen und rollen ſich ſpiralig ein, bäumen aber ſogleich wieder auf, wenn die Gefahr vorüber iſt. Die Verpuppung findet im Herbſt unter Laub in der Bodendecke ſtatt, wo die Raupe ſich ein lockeres, mit Haaren vermiſchtes Gewebe anfertigt und in dieſem noch ein zweites feſteres Geſpinſt herſtellt, das die dunkelbraun gefärbte Puppe durchſcheinen läßt. Die Rotſchwanzraupen ſind polyphag. Sind ſie zwar auch in erſter Linie als Buchen⸗ ſchädlinge bekannt, ſo gehen ſie doch an die verſchiedenartigſten anderen Laubhölzer und Sträucher heran. Nach einem ſchon von Taſchenberg mitgeteilten Bericht des Oberförſters Fickert auf Rügen, wo die Raupe ſeit 200 Jahren hauſt, kam der ſtärkſte Fraß im warmen Sommer 1868 zuſtande, in dem ſämtliche Buchen der ei 2 einer Fläche von mehr als 2000 ha ſchon Ende Auguſt vollſtändig entlaubt = j a NR AAA waren. Nach der Buche kamen Ahorn, Eiche, Haſel und ſämtliche kleine Geſträuche, zuletzt Eſpe, Erle, Lärche, Birke an die Reihe; ſelbſt die Ränder der Fichtennadeln wurden befreſſen, dagegen Eſchen gänzlich verſchont, während bi einem früheren Fraße die Eſchen vor den Erlen und Birken in Angriff genommen wurden. Der der Stubnitz verbreitet; auffällig wurde ſein Fraß waren; von ſolchen Stellen breitete ſich der Fraß allmählich ringförmig aus und griff ſchnell um ſich, denn ſobald das Laub anfing, lichter zu werden, genügten acht Tage, um 100 — 200 ha vollkommen kahl erſcheinen zu laſſen. Die Stämme waren jetzt N ö dicht bedeckt mit auf und ab kriechenden 1 5 ee er die vergeblich nach Nahrung ſuchten und zuletzt ö maſſenhaft am Boden umkamen. Dabei war an manchen Orten, namentlich dort, wo zwei Fraßringe zuſammenſtießen, die Anhäufung ſo groß, daß man die Raupen geradezu ſcheffelweiſe ſammeln konnte. Der Goldafter, Euproctis chrysorrhoea L. (Abb., S. 258), iſt gleich dem vorigen ein einfarbig weißer, jedoch nicht ſo ſtark glänzender Schmetterling mit ungeringelten Beinen, der am leichteſten an ſeiner braunen, beſonders beim Weibchen goldig ſchimmernden Afterwolle zu erkennen iſt In ganz Europa weit verbreitet und in Deutſchland nirgends ſelten, fliegt er in den Monaten Juni, Juli und auch noch im Auguſt während der Abendſtunden, verbirgt ſich aber tagsüber hauptſächlich an der Unterſeite von Blättern, an die das Weibchen ſeine mit Haaren aus dem Hinterleibsſchopf untermiſchten Eier in einem kleinen Gelege, einem ſogenannten „kleinen Schwamm“, abſetzt. Nach 15—20 Tagen, alſo Ende Juli oder ſpäter, kriechen die Räupchen aus, benagen die Blätter ihrer nächſten Umgebung und ſpinnen dann bald ein Neſt, das ſchließlich immer größer und bemerkbarer wird, je mehr die Bäume beim Herannahen der rauhen Jahreszeit ihr Laub verlieren. Nach der Überwinterung in dieſen „großen Raupenneſtern“ fallen die Raupen im nächſten Jahre ſofort über die Knoſpen und jungen Blättchen her, ziehen ſich bei ſchlechtem Wetter anfangs noch immer wieder in das Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 17 258 = | Schmetterlinge. alte Neſt zurück oder ſpinnen fich ſogar ein neues, das fie aber endgültig verlaſſen, wenn fie größer geworden ſind. Die erwachſene Raupe iſt dunkelbraun, ſtark grau behaart, hat vom vierten Leibesring an je einen weißen Seitenfleck und trägt außer zwei roten, etwas geſchlän⸗ gelten Rückenſtreifen je eine ziegelrote Warze mitten auf dem neunten und zehnten Ringe. Beim Anfaſſen ſolcher Raupen, die ſich in der erſten Hälfte des Juni in einem loſen, durch⸗ ſcheinenden Geſpinſte zwiſchen Blättern und Zweigen verpuppen, iſt Vorſicht am Platze, weil die Raupenhaare ziemlich ſtark neſſelnd wirken und Entzündungen in der Haut hervor⸗ Aueh können. Die 3 werden in erſter Linie dem Obſtbau gefährlich. Wenn Es bon ihnen die Knoſpen zerfreſſen und die f Blätter mehr oder weniger zerſtört ſind, ſo kann von einem Fruchtertrag keine Rede mehr ſein. Der Gartenbeſitzer hat alſo alle Urſache, dieſes Ungeziefer nicht unbeachtet zu laſſen, das durch rechtzeitiges Abſchnei⸗ den oder Ausbrennen der überwinternden Raupenneſter bekämpft werden muß, wo⸗ bei es ſich empfiehlt, nicht nur den Baum⸗ kronen, ſondern auch benachbartem Buſch⸗ werk oder Hecken einige Aufmerkſamkeit zu ſchenken, die gelegentlich wahre Brut⸗ ſtätten von Goldafterraupen ſind. Unge⸗ fähr ſeit dem Jahre 1890 iſt der Goldafter nach den Vereinigten Staaten von Nord⸗ amerika verſchleppt worden, wo er als brown tail moth eine ähnliche verhängnis⸗ volle Rolle ſpielt, wie der oben geſchilderte Schwammſpinner. Dem Goldafter zum Verwechſeln ähnlich ſieht der Schwan, Porthesia similis Füssl. (auriflua), der Aber in den Hinterflügeln eine Ader we⸗ A 5 niger beſitzt und auch wohl Heller Gold⸗ . ere after genannt wird, weil die Afterbehan- rung bei ihm lichter goldgelb iſt. In der Lebensweiſe gleicht er faſt ganz der vorigen Art, die Raupen überwintern aber nicht in gemeinſamen Neſtern, ſondern einzeln nach der erſten oder zweiten Häutung, jede für ſich in bräunlichen kleinen Geſpinſten am Boden oder in Rindenritzen. Ein anderer Schädling aus dieſer Gruppe, der in Europa und Aſien verbteltele Schlehenſpinner, Orgyia antiqua L., verdient hauptſächlich wegen der auffälligen Ver⸗ ſchiedenheit zwiſchen Männchen und Weibchen genannt zu werden. Das Männchen iſt roſt⸗ braun, hat buſchige Fühler und je einen weißen, dem Hinter⸗ und Außenrande genäherten Fleck an den Vorderflügeln, während das graugelbe, plumpe, dicke Weibchen nur ganz un⸗ anſehnliche Flügelreſte hat und ſo träge iſt, daß es ſich gewöhnlich nicht weit von ſeinem flach⸗ gewölbten Puppengeſpinſt entfernt, auf dem es ſogar oft ſeine abgeplatteten Eier abſetzt. Sehr ſonderbar ſehen die Raupen mit ihren vier gelben, bürſtenartigen Haarbüſcheln auf den mittleren Leibesringen aus, zu denen noch drei lange Haarpinſel, zwei vorn weit vorſtehende ger Se a SET Saugrüſſel, die vielfach an unſere ein- tagsüber ruhend an Stämmen oder Aſten Vorderflügel. Der ſchlanke, ſchmale Kör⸗ f Lymantriidae: Schlehenſpinner. Hypsidae. Sichelflügler. Callidulidae. Endromiidae. 259 ſeitliche und ein mittlerer hinten auf dem elften Leibesring kommen. Dieſe Bürſtenraupen leben auf Laub- und Nadelhölzern und find mitunter an Obſtbäumen, Kiefern und Fichten ſchädlich geworden. Ihre Entwickelung iſt eine verſchiedene; manche Raupen häuten ſich dreimal, andere viermal, und endlich gibt es auch Raupen, die fünf Häutungen durchmachen müſſen, bevor ſie die Verpuppungsreife erlangen. Dementſprechend nimmt die Entwickelung bei den einzelnen Tieren auch eine verſchiedene Zeitdauer in Anſpruch, offenbar eine ſinn⸗ reiche Einrichtung, durch welche einer allzu ſtarken Inzucht erfolgreich vorgebeugt werden kann. An die eben erwähnten ſpinnerartigen Schmetterlinge pflegt man meiſt die nur in den heißen Ländern der Alten Welt vorkommenden er en Br bunt gezeichnete Falter mit gut entwickeltem 5 u BEN, heimiſchen Bärenſpinner erinnern. Die Sichelflügler (Drepanidae) halten ſich auf und werden als echte Nachttiere erſt bei einbrechender Dämmerung munter. Wir erkennen die meiſten von ihnen leicht an einer eigentümlichen, kleinen ſichelför⸗ migen Verlängerung an der Spitze der per trägt einen verhältnismäßig breiten Kopf, die Augen ſind unbehaart. Die Raupen ſehen ſehr ſonderbar aus. Sie haben auf dem Rücken meiſt höckerförmige Erhebungen und beſitzen nur ſieben Fuß⸗ paare, da ihr letzter, in eine Spitze aus⸗ laufender und gewöhnlich emporge krümmt getragener Leibesring ohne Nachſchieb ere —— bleibt. Man kennt von dieſer Familie Se Line, Orga ana 7, Den ändern einige hundert in verſchiedenen Weltteilen vorkommende Arten. In Deutſchland iſt der Weiße Sichelflügler, Drepana . eine der häufigſten, deren gelbliche Vorderflügel von ſchwärzlichen ne de cen werden. Seine oben braunrote, unten grünliche Raupe lebt auf Erlen und Birken. Die haupt⸗ ſächlich das indiſche Gebiet bewohnenden Callidulidae gleichen im allgemeinen Tagfaltern, lieben den Sonnenſchein und zeichnen ſich durch lebhafte bunte Farben aus, können aber hier keine weitere Berückſichtigung finden. Wir reihen ihnen als Vertreter der Endromiidae den in Deutſchland weitverbreiteten Birkenſpinner, Endromis versicolora L., an, der bis zum nördlichen Norwegen gefunden wird und zeitig im Frühjahr in Bnlenſchlägen fliegt. Er iſt ein ſtattlicher Schmetterling, der leicht an ſeinen großen zimmetbraunen, buntgeſcheckten, mit weißen Flecken und ſchwarzen Linien geſchmückten Flügeln zu erkennen iſt und aus einer grünen, durch weißliche ſchräge Striche ausgezeichneten Raupe entſteht, die nicht nur Bir⸗ kenblätter, ſondern auch Laub von Haſelnußſträuchern, Linden und anderen Bäumen befrißt. Die Eulen (Noctuidae) mit ihren nach vielen Tauſenden zählenden Arten bilden eine ungeheuer umfangreiche Familie mit zum Teil noch unverkennbaren Anklängen an die 17* 260 Schmetterlinge. Zünsler, laſſen fich aber faſt alle an ihrem übereinſtimmenden Bau und den ſtets wieder⸗ kehrenden Zeichnungsanlagen der Flügel leicht als zuſammengehörig erkennen. Der Körper bleibt in der Regel von mittlerer Größe, iſt im allgemeinen kräftig, ohne gerade plump ge⸗ nannt werden zu können, hinten etwas zugeſpitzt und dicht behaart, zumal an Mittel⸗ und Hinterleib, die nicht ſelten durch förmliche Haarſchöpfe ausgezeichnet ſind. Die borſtenförmi⸗ gen Fühler ſind gewöhnlich bewimpert und tragen bei den Männchen einiger Arten Kamm⸗ zähne. Der Saugrüſſel iſt meiſt wohlentwickelt, die Beine ſind kräftig. Von der den Eulen⸗ ſchmetterlingen eigentümlichen, mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Flügelzeichnung kann die untenſtehende Figur eine Vorſtellung geben. e In den gemäßigten Breiten ſind die Eulen größtenteils Nacht⸗ und Dämmerungstiere, werden erſt beim Einbrechen der Dunkelheit munter, fliegen mit oft deutlich hörbarem Ge⸗ räuſch umher und ſtillen ihren Durſt an ausfließendem Baumſaft oder ſenken ihren Rüſſel in Blütenkelche, um Honig zu ſchlürfen. Auf dem beigehefteten farbigen Nachtfalterbilde ſehen wir zwei Eulen, die präch⸗ tige, grüne Jaſpiseule, Jaspidea celsia L., die in ſandigen Gebieten Europas verbreitet iſt, und die braune, hübſch ge⸗ zeichnete, mehr im ſüdlichen Europa vorkommende Bandeule, Grammodes algira L., eifrig mit dem Saugen an Blüten | beſchäftigt. Die Vorliebe der Eulen für derartige Näſchereien 8 a 2 9 ur i lu 85 u A iſt jo groß, daß man fie leicht durch eine mit wenigen Tropfen rand, D Vorderwintel, E Hinterwintel, Eſſigäther verſetzte Zuckerlöſung anködern kann. Freiſtehende, bel, an vocberer, ap hinterer Querfueir, am Waldrande oder an Wegen befindliche Bäume, an hand⸗ i großen Stellen mit Köder beſtrichen, ergeben in warmen, Nach v. Heinemann, „Die Schmetter⸗ windſtillen Frühlings⸗ und Herbſtnächten, wenn der Blüten⸗ unge Deegan, 180. reichtum nicht allzu groß ift, die beſte Ausbeute. Schwieriger geſtaltet ſich der Fang dieſer nächtlichen Umhertreiber am Tage, denn wenigſtens in unſeren Breiten pflegen die meiſten Eulen dann unbeweglich in tiefem Schlummer mit dachartig geſtellten Flügeln an Stämmen oder anderen Gegen⸗ ſtänden zu ſitzen, gewiſſermaßen im Vertrauen auf ihre ſchützende Färbung, die ſie in der Regel der mit Moos oder Flechten bewachſenen Rinde ſo ähnlich macht, daß es nur dem einigermaßen geübten Blick gelingt, fie zu entdecken. In anderen Erdſtrichen haben die Eulen freilich vielfach ein weſentlich anderes Benehmen. In den Tropen beiſpielsweiſe ſind die meiſten Eulen Tagtiere und ſcheuen ſich ebenſowenig, im hellen Sonnenlicht umherzu⸗ fliegen wie die Eulen, die in den baumloſen Einöden der arktiſchen Gebiete am Tage oder im Scheine der Mitternachtsſonne die ſpärlichen Blüten der dortigen Flora ſuchen. ar Die Eulenraupen find in der Regel nackt, ſeltener, wie z. B. bei den Pfeileulen (Acro- nyctinae), mit Dornen und Haaren beſetzt, leben meiſt ziemlich verſteckt und verpuppen ſich, abgeſehen von einigen Ausnahmen, die ſich an den Nährpflanzen oder an dürrem Laube auf der Erde einſpinnen, unter der Erdoberfläche in einer kleinen Höhlung oder einem zerbrech⸗ lichen, aus Erdteilchen zuſammengeleimten Kokon. Wir beginnen mit der Ahorneule, Acronycta aceris L., deren weißgraue Vorder⸗ flügel dunkelgelblich oder bräunlich beſtäubt und von welligen Querlinien durchzogen ſind. Die Hinterflügel ſind weißlich, der graue Leib iſt dicht behaart. Auffallender als dieſe in ganz Mitteleuropa häufige und bis in das zentrale Aſien hinein verbreitete Eule wird ihre lang⸗ behaarte, im ausgewachſenen Zuſtande bunt gefärbte Raupe. Sie iſt gelb, mit weißgelben Europäiſche Nachtfalter. 1. Sphinx convolvuli I. — 2. Aciptilla pentadactyla Z. — 3. Sphinx nerii Z. — 4. Jaspidea celsia J. — 5. Grammodes algira Z. — 6. Sphinx ligustri I. ws ER A — 5 . . * 5 Eulen: Ahorneule. e Goldeulen. 261 Haaren bekleidet und trägt neben weißen, ſchwarz umſäumten Rückenflecken große Büſchel von gelbroten Haarborſten. Dieſe Raupe verbirgt ſich nicht, ſondern zeigt ſich frei auf Blättern von Ahorn, Roßkaſtanien, Eichen, Pappeln und anderen Laubbäumen, hat aber die Eigen⸗ tümlichkeit, bei jeder Beunruhigung ſich plötzlich zuſammenzurollen und drohend ihre roten Haarbüſchel zu ſpreizen, wobei die hellen Rückenflecke mit einem Male grell hervorleuchten. Die Verpuppung findet in einem feſten zuſammengeleimten Geſpinſt ſtatt, aus dem nach der Überwinterung im Mai oder Juni der Schmetterling entſteht. Im Süden bringt es die Ahorneule jährlich zu zwei Bruten. Eine ganze Reihe von Gartenſchädlingen enthält die Gattung der Gemüſeeulen, Mamestra Hübn., die behaarte Augen und borſtenförmig behaarte Taſter haben. Die Kohleule, Mamestra brassicae Z., iſt eine Eule mit rötlich braungrauen Vorderflügeln mit ſaumwärts weiß eingefaßtem Nierenfleck und weißlichen Wellenlinien. Die heller oder dunkler grünen, mit hellen Längsſtreifen geſchmückten Raupen freſſen an Kohl, Salat und anderen Gartengewächſen, dringen oft als ſogenannte „Herzwürmer“ tief bis in das Innere der Kohlköpfe ein und wachſen ſo raſch heran, daß jährlich zwei bis drei Bruten zuſtande kommen können. Nicht minder häufig iſt die Flöhkrauteule, Mamestra persicariae L., ſie hat violettſchwarze Vorderflügel, an denen der weiße, gelblichgekernte Nierenfleck ſehr auffällig gegen den dunkeln Grund abſticht. Ihre grünliche Raupe findet ſich im Herbſt auf den verſchiedenſten Gewächſen häufig in Gärten und verrät ſich, nach Taſchenberg, be⸗ ſonders an den Georginen durch den auf den großen Blättern ſich anſammelnden Kot. Sie lebt keineswegs verſteckt und zeichnet ſich durch das leiſtenartige Hinterende des vor⸗ letzten Ringes aus, von dem an der Körper ſchräg nach hinten abfällt. Die ſchwarzbraune Puppe überwintert in der Erde. Nackte Augen haben die zahlreichen Arten der Gattung Hadena Schrank., von denen wir nur die Queckeneule, Hadena basilinea F., erwäh⸗ nen, eine bräunlichgraue, unſcheinbare, mit undeutlichen Wellenlinien und Makeln ver⸗ ſehene Eule, deren Lebensweiſe Taſchenberg folgendermaßen ſchildert: „Nach der Paarung legt das Weibchen mehrere Eier an Grasſtengel und Blätter, von welchen ſich die Raupe ſpäter ernährt, dieſelben bei Nacht von oben an abfreſſend, während ſie ſich am Tage unten verborgen hält. Dieſe Gräſer können auch die angebauten Getreidearten Roggen und Weizen ſein. Für dieſen Fall freſſen ſie ſich in die noch weichen Körner ein. Solange es ihnen der Raum geſtattet, verbergen ſie ſich in der Ahre und ſind ſchwer zu finden, weil ihre Farbe zurzeit kaum von der Umgebung abweicht. Die Raupen, welche manchmal in großer Menge vorkommen, hat man, nachdem ſie aus dem Getreide beim Einfahren des⸗ ſelben herausgefallen waren, an den Hauswänden der Straßen ſitzen ſehen, durch welche die Erntewagen gefahren ſind, ebenſo an den Wänden und auf dem Boden der Scheu— nen. Sie haben ſich mit Weißbrot, nach der Überwinterung mit junger Saat und Gras füttern laſſen. Wenn man ſie nicht ſtört, würden die in den Garben verbliebenen an den Körnern weiterfreſſen, bis ſie in winterliche Erſtarrung verfallen, im Frühjahr das Geſchäft fortſetzen, einzelne wohl auch das Gras im Freien aufſuchen und ſich Anfang Mai ver⸗ puppen.“ Die hier geſchilderten Raupen ſind nackthäutige, braune, walzenförmige Tiere mit drei hellen Rückenlinien und ſchwarzen Punkten auf dem Körper. Prächtige Eulen ſind die zur Gattung Plusia O. geſtellten Goldeulen, die über alle Erdteile verbreitet und auch in Europa zahlreich vertreten ſind. Sie zeichnen ſich größtenteils 262 f Schmetterlinge. durch metalliſch glänzende Flecke auf den Vorderflügeln aus und haben meiſt ſichelförmig gekrümmte, emporgerichtete Taſter. Beim Ruhen ſitzen ſie mit ſteil dachförmigen Flügeln. Den kleinköpfigen, nach vorn verjüngten Raupen fehlen die vorderſten Bauchfüße, ſo daß die Bewegungsweiſe ſpannerartig wird und die Tiere gern mit buckelig emporgezogenem Vorder⸗ körper ruhen. Sie leben frei an Kräutern und fertigen ſich an den Futterpflanzen ein lockeres Geſpinſt, in dem die mit einer ſtark verlängerten Rüſſelſcheide verſehene Puppe nur kurze Zeit ruht. Das Gamma, die Ypfiloneule, Plusia gamma L., iſt an den Vorderflügeln durch einen ſilberglänzenden Fleckin Form des griechiſchen Buchſtabens Gamma ausgezeichnet, findet ſich im ganzen paläarktiſchen Gebiet und iſt auch aus Nordamerika bekannt. „Das Gamma“, ſagt Taſchenberg, „begegnet uns in Feld und Wald, auf Wieſen und in Gärten, im e nicht minder wie am frühen und path Abend in ſcheuem und haſtigem 5 b Fluge und ſaugt geſchäftig an allen möglichen Blumen Ho⸗ nig. Wird es in ſeiner Ruhe geſtört (denn es ſitzt bei Tage auch ſtill unter einem Blatte), ſo fährt es auf, ſetzt ſich aber bald wieder nieder, und noch unſchlüſſig, ob es weiter fliegen ſoll, zittern die Flügel krampf⸗ haft, und die Fühler bleiben vorgeſtreckt; erſt wenn es ſich ſicher fühlt, legt es letztere an den höckerigen Bruſtkaſten, jene dachartig über den braun⸗ grauen Hinterleib.“ Die gelb- en‘ grüne bis graugrüne, der Länge Haus mutter, Agrotis pronuba L. Natürliche Größe. nach weißgeſtreifte Raupe be⸗ frißt die verſchiedenſten Kräu⸗ ter und iſt einige Male auch auf Kleefeldern und Leitfewern, nach Taſchenberg in Oſt⸗ preußen auch an Hanf, Raps und Hülſenfrüchten ſchädlich aufgetreten. Die Gruppe der Erdeulen wird durch die ſehr artenreiche Gattung Agrotis O. ver⸗ treten, zu der kräftige, mittelgroße Arten mit am Ende gedornten Vorderſchienen gehören. Die Augen ſind nackt, der Saugrüſſel ſtark entwickelt, Kopf und Mittelleib anliegend be⸗ haart. Die meiſten dieſer Erdeulen halten ſich bei Tage am Boden oder an Pflanzen ver⸗ ſteckt und legen dabei die Flügel wagerecht übereinander, um erſt nachts munter zu werden und an Blüten und ſüßen Säften zu naſchen. Ihre trägen, ſechzehnfüßigen, nackten, am Boden lebenden Raupen ſind faſt ſämtlich düſter gefärbt, befreſſen Kräuter und Gräſer und verpuppen ſich ſchließlich in der Erde ohne Geſpinſt. Das Erdfahl oder die Hausmutter, Agrotis pronuba L., das ſich bei ſeinen nächt⸗ lichen Flügen zur Sommerszeit ſehr oft in unſere Veranden und Wohnungen verirrt, iſt leicht an ſeinen ockergelben, eine ſchmale ſchwarze Saumbinde tragenden Hinterflügeln zu erkennen. Nach der wechſelnden Färbung der bald helleren, bald dunkleren Vorderflügel und ihrer entſprechend ſtärker oder ſchwächer hervortretenden Zeichnung werden verſchiedene n , Eulen: Goldeulen. Erdeulen. Rohreulen. Heliophila unipunctata. 2863 Abarten dieſer Eule unterſchieden, die wohl zu den häufigſten Deutſchlands gehört und im ganzen paläarktiſchen Gebiete, mit Ausnahme des hohen Nordens, vorkommt. In nördlichen Gegenden hat das Erdfahl nur eine, in Deutſchland gewöhnlich zwei, im Süden bis zu drei Bruten im Jahre. Die ſchmutzigbraune, eine helle Rückenlinie tragende Raupe lebt an Veilchen oder verſchiedenen Kräutern und Gräſern. Die Saateule, Agrotis segetum Schiff., zählt zu den Weltbürgern. Mit Ausſchluß des hohen Nordens iſt ſie nicht nur in ganz Europa und Aſien zu Hauſe, ſondern auch von Amerika und Südafrika bekannt. Von den klimatiſchen Verhältniſſen hängt es dann ab, ob ſie eine oder mehrere Bruten im Jahre hat. Ihre braunen bis graugrünlichen Raupen, deren glänzende Haut am Nackenſchilde bedeutend dunkler iſt, können in der mannigfachſten Weiſe in Feld und Garten ſchädlich werden. Sie freſſen an Rüben, Kohlarten, Kartoffeln, an Erbſen, Getreide und Gräſern, ohne ſich viel blicken zu laſſen, weil fie tagsüber immer unter Steinen und Erdſchollen oder flach unter der Erde an den Wurzeln ihrer Nährpflanzen ſitzen und nur nachts herauskommen. Junge Pflanzen werden bis zum Grunde abgeweidet, in Rüben und Kartoffeln aber Löcher gemacht, von denen aus ſie manchmal ganz ausgehöhlt werden. Wenn ſich die Raupe in einer leichtzerbrechlichen Erdhöhle in eine gedrungene, gelblichrote, in zwei kurze Dornſpitzchen endigende Puppe verwandelt hat, ſo ſchlüpft nach einer Ruhezeit von ungefähr vier Wochen der unanſehnliche, bis über 4 em ſpannende Schmetterling aus, deſſen graubraune, beim Männchen mehr gelbliche Vorderflügel mit einigen dunkeln Flecken und Zeichnungen geſchmückt find. . Eine ſehr verſteckte Lebensweiſe iſt auch den meiſten Rohreulen (Leucaniinae) eigen- tümlich, eintönig gefärbten, vorherrſchend graugelben, wie trockenes Schilfrohr ausſehenden Schmetterlingen mit unbehaarten Augen, vorſtehendem Stirnſchopf, gewölbtem, glatt⸗ wolligem Mittelleibsrücken und geſtrecktem Hinterleib. Ihre blaßgefärbten, bisweilen mit dunkeln Warzen oder Längslinien geſchmückten Raupen halten ſich faſt ſämtlich in Pflanzen, vielfach in Rohrhalmen und Riedgräſern auf. Die Schmetterlinge, die ſich nie weit von ihren Geburtsſtätten entfernen, müſſen zum Teil im Röhricht und Schilf aufgeſucht werden. Die Farbentafel bei S. 243 zeigt die Rohreule, Senta maritima Tausch, neben einem links be- findlichen braunen Rohrhalm ſitzend, der von ihrer Raupe bewohnt war; dieſe lebt räube⸗ riſch von anderen im Rohre vorkommenden Inſekten. An die Rohreulen ſchließt ſich die Gattung Heliophila Hb. an, von der eine urſprünglich amerikaniſche, jetzt aber über viele Länder verbreitete Art, Heliophila unipunctata Haw., eine gewiſſe Berühmtheit erlangt hat, weil ihre beſonders in den ausgedehnten Ebenen öſtlich des Felſengebirges und in Kanada häufigen Raupen von Zeit zu Zeit in geradezu ungeheuern Mengen auftreten und weit und breit den geſamten Graswuchs zerſtören. Getreide, allerlei Kräuter und verſchiedene niedrige Pflanzen fallen dann den hungrigen Scharen zum Opfer, die ſchließlich ſo ziemlich alles Grün vom Erdboden verſchwinden laſſen. Iſt das meiſte ver⸗ tilgt, ſo wandern die Raupen weiter und marſchieren wie Soldaten in großen geſchloſſenen Maſſen, eine Eigentümlichkeit, die ihnen die Bezeichnung army worm, amerikaniſcher Heer⸗ wurm, eingetragen hat. Das Weibchen legt bei dieſer Art gegen 700 Eier an die Unter⸗ ſeite der Blattſcheiden von Gräſern ab. Die Raupen halten ſich tagsüber unter Erdſchollen verborgen und kommen nur nachts zum Vorſchein, um ihren Hunger zu ſtillen. Da ſie ſchon nach etwa vier Wochen zur Verpuppung in die Erde gehen und bereits nach weiteren zwei Wochen die fertigen Schmetterlinge erſcheinen, ſo können je nach den Witterungsumſtänden 264 Schmetterlinge. drei bis ſechs Bruten im Laufe eines Sommers zuftande kommen, was das zeitweilig jo unheimliche Überhandnehmen der Schädlinge verſtändlich macht. N Auch in Europa fehlt es nicht an Eulenraupen, die in einzelnen Jahren maſſenhaft auftreten und dann in kurzer Zeit die ſchönſte Wieſenpracht in eine öde Wüſtenei verwandeln können. Die Graseule, Charaeas graminis L., iſt ein ſolcher Feind, der allerdings haupt⸗ ſächlich im Norden Europas verbreitet iſt, aber auch in Deutſchland nicht fehlt und im Süden namentlich als Gebirgsbewohner in den Pyrenäen, dem Schweizer Jura, den Alpen und Oſtkarpathen vorkommt. Die hübſche, etwa 31 mm ſpannende Eule iſt gelbgrau bis rötlich⸗ braun gefärbt mit drei weißlichen Makeln und ſchwarzgrauen, nach dem Grunde zu etwas helleren Hinterflügeln, die wie die Vorderflügel weißlichgelbe Franſen am Rande haben. Vom Juli bis in den September hinein finden ſich dieſe Eulen, die auch tagsüber umher⸗ ſchwärmen und ihre Eier zerſtreut in kleinen Häufchen am Grunde von Graspflanzen ab⸗ ſetzen. Die etwa 14 Tage ſpäter erſcheinenden Räupchen halten ſich am Tage verborgen und gehen nachts auf Nahrung aus. Da fie, wie Krieghoff ſchildert, „in höchſt verſchwenderiſcher 5 Weiſe Blätter und Stengel nur am Grunde anfreſſen und dadurch das Abſterben der Gras: pflanze verurſachen, ſo kann man ſich vorſtellen, welche erſtaunliche Mengen von ihnen zer⸗ ſtört werden. Im Jugendzuſtande und bis zur Überwinterung, welche unter Moos und Steinen ſtattfindet, bedürfen die Räupchen jedoch nur wenig Nahrung, jo daß der durch ſie angerichtete Schaden im Herbſte kaum bemerkt wird; erſt wenn die Raupen nach der Über- - winterung und nach mehrmaligen Häutungen mit zunehmendem Wachstum größerer Futter⸗ mengen bedürfen, machen ſie ſich in kurzer Zeit durch Vernichtung ganzer Wieſenflächen bemerklich.“ Im Juni ſind die nackten, braunen, am Rücken mit drei helleren Längslinien geſtreiften Raupen erwachſen und verpuppen ſich flach unter der Erde an Graswurzeln. Von der Schädlichkeit dieſer Raupen weiß Taſchenberg zu erzählen: „Bei Bremen hatten ſie in einer Nacht zwei Morgen Wieſen verwüſtet und ſaßen ſo gedrängt beieinander, daß auf dem Raume einer ausgebreiteten Hand zwölf und mehr Stück gezählt werden konnten. In der Harzburger Gegend zeigten fie ſich 1816 in unglaublichen Mengen. Die an ihren Weideplätzen vorbeiführenden Wege wurden ſchlüpfrig und kotig, und handhoch füllten ſich die Wagengleiſe. Das Jahr darauf fraßen ſie mehr denn 3000 Waldmorgen Wieſe gänzlich ab, da man nichts gegen ſie getan, ſondern die Zeit mit Beratungen hatte hingehen laſſen.“ In Grönland, Island, Schottland, Rußland und Skandinavien find die Verheerungen der Wieſen durch Graseulenraupen ſeit altersher berüchtigt, und in Finnland ſind ſie mitunter auf naheliegende Acker übergewandert und haben Hafer und Gerſte angegriffen. Nach einem ſolchen Maſſenauftreten iſt aber oft beobachtet worden, daß die Raupen im folgenden Jahre faſt völlig verſchwunden waren, offenbar waren fie dann größtenteils den Nachſtellungen von Schmarotzerinſekten zum Opfer gefallen, unter denen nach den Beobachtungen von Krieghoff verſchiedene Ichneumonarten und Tachinen die ORION und Fuppen mitunter in erſtaunlichen Mengen zum Abſterben bringen. 3 Nicht minder berühmt oder, vielleicht beſſer geſagt, berüchtigt iſt eine andere Eule, die wir nebſt ihrer Raupe auf der bunten Tafel „Afrikaniſche Baumwollſchädlinge“ bei S. 228 dargeſtellt finden. Das Tier führt den Namen Heliothis armigera Hb., den man neuer⸗ dings durch Chloridea obsoleta F. zu erſetzen ſucht, iſt aber in den Vereinigten Staaten von Nordamerika jedem Farmer und jedem Beſitzer von Baumwollkulturen einfach als boll worm oder cotton boll worm bekannt. Es handelt ſich um einen ſehr wichtigen Schädling, Eulen: Graseule. Heliothis armigera. Kieferneule. 265 der aber keineswegs auf Nord⸗, Mittel- und Südamerika beſchränkt iſt, ſondern auch in Afrika, in Indien, Auſtralien und Oſtaſien vorkommt und auch in Südeuropa und vereinzelt ſelbſt in Deutſchland nicht fehlt, obwohl er bei uns keine Rolle ſpielt, ſondern nur in Ländern mit mildem ſüdlichen Klima von wirtſchaftlicher Bedeutung wird. Die Heliothis-Eulen fliegen am Tage und in der Nacht, die Eiablage ſcheint jedoch hauptſächlich vor ſich zu gehen, wenn die Dämmerung hereinbricht. Dann ſchwärmen die Weibchen maſſenhaft in den Baum⸗ wollkulturen und bringen ihre zahlreichen gelblichweißen kugeligen Eierchen einzeln und ver⸗ ſtreut, bald hier, bald dort an der Oberſeite von Blättern, an Blüten, Knoſpen und Kapſeln unter. Die erſte Nahrung des jungen, 2—8 Tage ſpäter auskriechenden Räupchens be⸗ ſteht in der Eiſchale, dann begibt es ſich auf die Wanderſchaft, nagt von den zarten Blättern und Trieben, ſucht aber weiter, bis es eine Blüte oder Kapſel findet, und bohrt ſich ſofort in letztere ein. Hat die Raupe eine Knoſpe oder Blüte getroffen, ſo fallen bald deren zerſtörte Teile zu Boden, und der Miſſetäter wandert, weitere Nahrung ſuchend, von dannen. Man kennt einen Fall, in dem eine einzige, noch nicht vollſtändig ausgewachſene Heliothis⸗Raupe a nacheinander 18 kleine Baumwollkapſeln nebſt verſchiedenen Blüten und Blütenknoſpen zer⸗ freſſen hat. Ganz große und beinahe ausgewachſene Raupen befreſſen die Kapſeln, wie wir auf der Farbentafel ſehen, nur äußerlich, meiſt dringen aber die Raupen vollkommen in die Kapſel ein und hauſen hernach als „Kapſelwürmer“ längere Zeit im Inneren. Die Farbe der Raupen iſt ſehr verſchieden, bald braun, bald grünlich oder rötlich, geſtreift oder ge⸗ fleckt oder ohne alle Zeichnungen. Immer laſſen ſich dann die ausgewachſenen Larven zum Schluß auf den Erdboden hinab, in dem in einer kleinen, wenige Zentimeter unter der Oberfläche gelegenen Höhlung die Verpuppung vonſtatten geht. Im Süden der Vereinigten Staaten, in Texas, hat man jährlich fünf aufeinanderfolgende Bruten von dieſem Schädling beobachtet, der zu den ſchlimmſten Feinden der Baumwolle gehört und deſſen Bekämpfung ſich überaus ſchwierig geſtaltet, weil das als Gegenmittel übliche Beſprengen der Pflanzen mit giftigen Löſungen nur wirkt, ſolange die Raupen wandern, nicht aber, wenn ſie im Inneren der Kapſeln hauſen. Außer an Baumwolle können die in Rede ſtehenden Heliothis- Raupen auch noch an vielen anderen Kulturgewächſen, beſonders an Mais, Getreide, To⸗ maten und Tabak, Schaden anrichten. 5 Unter den forſtſchädlichen Eulen ift die wichtigſte Art die Forleule oder Kieferneule, Panolis griseovariegata Goeze (piniperda Panz.), die in Europa und Aſien weitverbreitet ift und ein hübſches, bunt gezeichnetes Schuppenkleid beſitzt. Trotzdem iſt es durchaus nicht leicht, die Forleule im Freien zu ſehen, wenn ſie, wie ſie mit Vorliebe zu tun pflegt, ruhig mit dach⸗ förmig geſtellten Flügeln auf dem Zweig oder Aſt eines Kiefernbaumes ſitzt, deſſen rötlich⸗ grauer Rindenfarbe ſie aufs beſte angepaßt erſcheint. Die rötlichbraunen Vorderflügel zeigen feine braunrote, weißgeſäumte Querbinden und weiße, innen olivenbraune Makeln. Die Hinterflügel ſind düſter graubraun, die Augen behaart, und die kurzen Taſter ſitzen in der wolli⸗ gen Behaarung faſt ganz verſteckt. Wir finden die Kieferneule im März oder April im Walde hauptſächlich in ſogenannten Stangenhölzern, jüngeren, etwa 25—50jährigen Kiefern⸗ beſtänden. In der Berliner Gegend ſahen wir ſie dort einmal am Tage im hellſten Sonnen⸗ ſchein in größerer Menge fliegen, und man weiß, daß ſie auch gern am Waldrande zur Tageszeit blühende Weidenkätzchen aufſucht, um Honig zu naſchen. Die grünlichen, brot⸗ förmig abgeplatteten Eier werden, wie ſchon Ratzeburg beobachtete, in einer Reihe hinter⸗ einander zu 4—8 an die Unterſeite von Kiefernnadeln geklebt. 10 — 20 Tage jpäter, 266 Schmetterlinge. durchſchnittlich etwa im Mai, kommen die Forleulenraupen aus, die von Ende Mai bis zum Juli wohl in keinem deutſchen Kiefernwald fehlen, obwohl man auch ſie ihrer ſchützenden Färbung wegen nur zu leicht überſieht. Die Raupen ſind grün, haben einen bräunlichen Kopf und am Leibe helle, weißlichgelbe Längsſtreifen, die die grüne Grundfarbe unter⸗ brechen und das zwiſchen den Nadeln ſitzende Tier faſt unſichtbar machen. Solange die Räupchen noch jung ſind, ſpinnen ſie eifrig und laſſen ſich gelegentlich an einem Faden herab; ihre Fortbewegung iſt zunächſt noch ähnlich wie bei Spannerraupen, weil anfangs die beiden vorderſten Bauchfußpaare noch ganz kurz ſind, ſpäter aber werden die Forl⸗ eulenraupen deutlich ſechzehnfüßig und bewegen ſich dann auch wie die meiſten anderen Schmetterlingsraupen. Ihre Nahrung beſteht in Knoſpen und Nadeln und in zarten Kie⸗ ferntrieben, die ſie durch Befreſſen zum Abſterben bringen. Im Juli ſind die Raupen mit einer Länge von 35 mm meiſt ſchon ausgewachſen, fie kommen nun herab, um ſich unter Moos in einer kleinen Höhlung in eine anfangs grüne, ſpäter aber dunkelbraune Puppe zu verwandeln, die im Erdboden überwintert und an ihrem kurzen, mit zwei feinen Borſten N und zwei geraden Dornen verſehenen Aſftergriffel kenntlich iſt. Die Forleule müſſen wir zu den gefährlichſten Kiefernſchädlingen rechnen, weil ihre Raupen ſich nicht mit Nadeln allein begnügen, ſondern auch Knoſpen und Triebe zerſtören, ſo daß eine von Eulenraupen kahl gefreſſene Kiefer ſich nicht wieder erholen kann, ſondern rettungslos zugrunde geht. So iſt es mehrfach zu großen Kalamitäten gekommen, und bei dem furchtbaren Eulenfraß, der im Jahre 1869 in Oſt⸗ und Weſtpreußen wütete, gingen Tauſende von Hektaren Kiefernbeſtand verloren. Glücklicherweiſe hat gerade dieſer ſchlimme Waldverderber ſtark unter allerhand Schmarotzerinſekten zu leiden, die in der Regel eine allzu ſtarke Vermehrung der Forleulen wirkſam verhindern. Man kennt allein etwa 30 ver⸗ ſchiedene Schlupfweſpen, die hauptſächlich in der Forleulenpuppe zur Ausbildung gelangen. Ausgeſprochen räuberiſche Neigungen betätigen die Raupen der einheimiſchen Scope⸗ losoma satellitium L., ſchlimme Mordgeſellen, die man nicht mit anderen Raupen zuſammen im Zuchtkaſten einſperren darf, da ſie ſogar über ihresgleichen herfallen und auch in der freien Natur morden, wo nur irgendeine Gelegenheit ſich ihnen bietet. Manche Mordraupen können hierdurch nützlich werden, wie beiſpielsweiſe die im Süden auf Lorbeer, Feigen, Roſen und anderen Gewächſen vorkommende Raupe von Erastria scitula Rbr., die in Europa wohl die einzige, ausſchließlich von Fleiſchkoſt lebende Art iſt und mit großem Eifer eine den Olivenbäumen ſchädliche Schildlaus, Lecanium oleae Bern. (Saissetia), vertilgt. „Schon bald nach der erſten Häutung überfällt dieſe Raupe“, wie Gauckler ſchildert, „die Schildläuſe, frißt ein Loch in die Schale und verzehrt dann den ganzen Inhalt. Nach 8—10 Tagen ver⸗ birgt ſich die Scitula⸗Raupe in einer leergefreſſenen Schildlaus und ſchleppt dieſes ſonderbare Gehäuſe mit ſich herum wie eine Schnecke ihr Haus, um in dieſer Maskierung bequemer auf neue Opfer Jagd zu machen. Im weiter fortgeſchrittenen Stadium ihres Wachstums heftet die Raupe die Häute mehrerer von ihr ausgefreſſener Schildläuſe mit einem Faden zuſammen und fertigt ſich ſo eine ſchützende Hülle.“ g Die farbenprächtigſten und größten europäiſchen Eulen ſind die Ordensbänder (Catocala Schrk.), die auch in Nordamerika durch viele ſchöne Arten vertreten werden. Ihre Vorderflügel ſind immer düſter gefärbt und ſtimmen in Farbenton und Zeichnung derartig mit Baumrinde überein, daß es ſchwierig, ja oft faſt unmöglich iſt, ein am Tage in ſeiner ge⸗ wöhnlichen Haltung mit flach dachförmig ausgebreiteten Flügeln daſitzendes Ordensband zu - Ada Ze * DDD N Bm Eulen: Ordensbänder. Rieſeneule. Agaristidae, 8 267 bemerken. In dieſer Stellung iſt nämlich nichts von den Hinterflügeln zu ſehen, die faſt immer mit prächtigen roten, gelben oder blauen Farben geſchmückt ſind. Unter den europäiſchen Arten erreicht das Blaue Ordensband, Catocala fraxini L., deſſen ſchwarze Hinterflügel von einer breiten, lichtblauen Querbinde durchzogen werden, mit einer Spannweite von über 10cm die ſtattlichſte Größe. Die übrigen Arten führen auf ihren gelben oder roten Hinter- flügeln außer einer ſchwarzen Saumbinde eine mehr oder weniger gezackte, dunkle Mittel⸗ binde, wie das Rote Ordensband, Catocala nupta L., eine der häufigſten deutſchen Arten, die ſich durch die faſt rechtwinklig gebrochene Mittelbinde auf ſeinen blutroten Hinterflügeln von einer zweiten, ſehr ähnlichen Art, C. elocata Esp., unterſcheidet. Unſere einheimiſchen Ordensbänder ſind ſämtlich naſchhafte nächtliche Umhertreiber, die man leicht anködern kann. Ihre graubraunen Raupen ſchmiegen ſich am Tage an Aſte und Zweige, ſind daher ſchwer zu finden und werden unter Rinde, Moos oder dürrem Laub zu ſchlanken, bläulich bereiften Puppen. Die Überwinterung findet im Eizuſtande ſtatt. \ In den Urwäldern Braſiliens ift die ſchon oben (S. 216) ihrer Größe wegen erwähnte Rieſeneule, Erebus agrippina Oram., heimiſch, deren gewaltige Flügel mit dunkeln Flecken und Wellenlinien auf weißlichgrauem Grunde gezeichnet ſind. Es iſt ein überaus ſcheues Tier, das ſich ſchon durch das leiſe Knacken von Zweigen eines heranſchleichenden Menſchen beunruhigt fühlt, ſo daß, nach Honrath, die Indianer ein Blasrohr benutzen ſollen, um die Rieſeneule wie einen Vogel zu erlegen. Von den Noktuiden ſind die Agaristidae kaum zu trennen, eine kleine Gruppe eulen⸗ artiger, namentlich in den heißen Ländern der Alten Welt lebender Schmetterlinge, die ander⸗ ſeits auch wieder mancherlei enge Beziehungen zu den Arktiiden haben. Im Gegenſatz zu den düſteren nächtlichen Eulen ſind die meiſten Agariſtiden ausgeſprochene Tagtiere, die ſich im hellen Glanze der Tropenſonne am wohlſten fühlen. Als eifrige Blütenbeſucher umſchwirren ſie dann blühende Sträucher und Blumen und zeigen ſich auch im Außeren ganz an die farbenfrohe Troßennatur angepaßt, denn ihre Flügel find oft mit prächtigen metallglänzen⸗ den Flecken geſchmückt oder tragen lebhafte bunte Zeichnungen wie bei den Bärenſpinnern. 268 Schmetterlinge. Auch die Wollrückenſpinner (Cymatophoridae) dürften wohl dem Verwandtſchaftskreiſe der Eulenſchmetterlinge angehören, wenngleich hier und da noch andere Anſichten laut ge⸗ worden ſind. Wir nennen als Beiſpiel die Roſeneule, Thyatira batis L., deren Bruſt wollig behaart iſt, während die bei vielen anderen Familienmitgliedern vorkommenden Haar⸗ hübſche Falter, deſſen olivenbraune Vorderflügel rundliche, roſarot ſchimmernde Flecke tragen, iſt in ganz Europa nicht ſelten, tritt alljährlich in zwei Bruten auf und kommt im ee namentlich auf Himbeeren vor. Die Syntomididae wurden früher allge⸗ mein mit den Zygänen vereinigt, denen ſie jeden⸗ falls an auffallenden bunten Farben nichts nach⸗ geben. Sie beſitzen einen wohlentwickelten Saug⸗ bei den Männchen kommen zweiſeitig gekämmte Fühler vor. Eine häufige deutſche Art, der Weißfleck, Syntomis phegea L., iſt ein blau⸗ ſchwarzer, weiß gefleckter Schmetterling mit Weiß fleg, Syntomis phegen L. Natttige Größe. einem gelben Ringe am Hinterleibe. Punktaugen fehlen. Die ſchlanken Fühler ſind nach vorn rr . nicht verdickt. Wo dieſes hübſche Tier vorkommt, pflegt es häufig zu ſein und benimmt ſich W | a rg büſchel an den Hinterleibsſeiten fehlen. Der rüſſel und haben Haftborſten an den Hinterflügeln, faſt wie ein Widderchen, nur daß es beim Saugen auf Blüten die Flügel ein wenig ge⸗ = hoben trägt. Die überwinternde Raupe nährt ſich von Löwenzahn, Wegerich oder ähn⸗ lichen Pflanzen und iſt dicht mit grau⸗ — braunen Haaren bekleidet, die ſie ſpäter in ihr lockeres Geſpinſt für die braune, nur wenige Wochen ruhende Puppe einwebt. Verwandte Schmetterlinge finden ſich in allen Erdteilen, am zahlreichſten aber in den heißen Gebieten Amerikas, in verſchiedener Arten vorkommen. Ihre barſtem Farbenſchmuck, haben kriſtallhelle 25 Stellen oder blitzen wie Gold, ſo daß ſie Trichura ee u 1885 Sharp, „Inseets“, das Entzücken jedes Inſektenliebhabers i bilden, dem es vergönnt iſt, dieſe farben⸗ frohen Geſtalten lebend im Sonnenglanze zu ſchauen. Auch ſeltſame Formen entdeckt ein ſcharfer Beobachter unter ihnen, die man anfangs gar nicht für Schmetterlinge, ſondern eher für giftige Weſpen halten möchte, ſo ſehr ſtimmen ſie in Färbung und Körperhaltung, in Zeichnung und Benehmen mit den gefürchteten Stachelträgern überein. Selbſt die Weſpentaille findet ſich manchmal nachgeahmt, denn es gibt Syntomididen mit tief ein⸗ geſchnürtem Hinterleibe, ja bei den ſüdamerikaniſchen Arten der Gattung Trichura Zübn. Flügel prangen hierbei vielfach in wunder⸗ denen die Syntomididen in Hunderten | Wollrückenſpinner. Syntomididae Zahnſpinner: Gabelſchwanz. 269 wird ſogar ein drohender Stachel vorgetäuſcht durch einen dünnen, aus langen Haaren be⸗ N Anhang, der am hinteren Körperende des Falters ſitzt. 2. Familienreihe: 5 Die fünfte Längsader in den Vorderflügeln gehört zum Syſtem der vor ihr befindlichen Fa rs A. Heterocera. Die Heterocera find größtenteils Nachtfalter mit verſchiedenartig geformten Flügeln. Die Notodontidae, düſter gefärbte Nachtſchmetterlinge mit Saugrüſſel und einer Haftborſte an den Hinterflügeln, heißen Zahnſpinner mit Rückſicht auf einen bei vielen Arten am Unterrande der Vorderflügel vorkommenden zahnartigen Zacken, der unter anderen deutlich bei dem in Deutſchland während der Frühlingsmonate nicht ſeltenen Kamelſpinner, Lophopteryx camelina L., entwickelt ift, einem Schmetterling, der in der Ruheſtellung feine hellen Unterflügel mit Ausnahme eines dunkeln Haarbüſchelchens ſo geſchickt unter den braunen Vorderflügeln zu bergen weiß, daß er einem welken, eingekerbten Blatt täuſchend ähnlich ſieht. Die grüne Raupe frißt auf Laubhölzern, beſonders Birken und Linden. Auch der jedem Sammler wohlbekannte Mondvogel, Phalera bucephala L., kann mit feinen rötlichgrauen, ſilberweiß beſtäubten Oberflügeln leicht, wenn er mit nen gelegten Flügeln ruht, für ein Stück Rinde gehalten werden. Der große, rundliche hellgelbe Fleck am Ende der Vorderflügel macht aber bei etwas näherer Betrachtung dieſes Tier auf den erſten Blick kenntlich. Die ſechzehnfüßige dunkle, mit feinen gelben Längs⸗ und Quer⸗ linien gezeichnete und auf dem dunkeln Kopf mit einer förmigen hellen Figur geſchmückte Raupe frißt an Linde, Eiche, Weide und verſchiedenen anderen Laubhölzern. : Wenn wir aus dieſer Familie auch noch einige andere einheimiſche Arten nennen, ſo geſchieht es hauptſächlich, um auf die Raupen aufmerkſam zu machen, die bei einigen Arten höchſt merkwürdig ausſehen. Da ſind zunächſt die Gabelſchwanzraupen der Gattung Harpyia O. zu nennen. Eine ſolche, die dem Großen Gabelſchwanz, Dieranura (Har- pyia) vinula L., angehört, iſt im ausgewachſenen Zuſtande auf der Abbildung auf S. 270 dargeſtellt. Sie iſt dann grasgrün gefärbt, hat einen dicken, braunen, rot gerandeten, mit zwei ſchwarzen Strichen gezeichneten Kopf und einen graubraunen Streifen längs des Rückens, der in der Mitte ſtark erweitert iſt. Das letzte Paar der Bauchfüße, die ſogenannten Nachſchieber, ſcheint zu fehlen, in Wirklichkeit iſt es aber hier zu einem Paar langer, dünner, nach hinten etwas emporgerichtet getragener Schwanzſpitzen geworden, aus denen die Raupe, wenn ſie beunruhigt wird, je einen weichen hochroten Faden hervortreten laſſen kann, den ſie willkürlich wieder einzuziehen vermag. Offenbar iſt das plötzliche Ausſtoßen der roten Fäden ein Manöver, mit dem etwaige Feinde mitunter eingeſchüchtert werden können, zumal die ganze Raupe mit ihrer ſonderbaren Geſtalt und auffallenden Farbe ſchon von vorn⸗ herein wenig vertrauenerweckend aussieht. Überdies pflegt das Tier in gereiztem Zuſtande auch den dicken Kopf etwas einzuziehen und läßt dabei zwiſchen dieſem und dem erſten Bruſtring einen übelriechenden Saft austreten. Raupen ſolcher Art finden ſich im Sommer auf Weiden und Pappeln. Sie ſchlüpfen aus gewölbten, anfangs fleiſchfarbenen, ſpäter kaſtanienbraunen, in der Mitte vertieften Eiern, die meiſt einzeln an der Blattoberſeite ſitzen, ſehen anfangs ſchwarz aus mit rötlichen Schwanzſpitzen und verwandeln ſich ſchließlich in einem feſten, aus zuſammengeleimten Holz⸗ und Rindenteilchen beſtehenden Gehäuſe, das * 270 155 Schmetterlinge. am Stamm befeſtigt wird. Die walzige, dicke Puppe iſt dunkelrotbraun, der Schnelteninng aber, der aus ihr entſteht, ift ein plumpes Tier mit geſtreckten weißgrauen Vorderflügeln, die nur mit dunkleren grauen Zackenlinien bedeckt ſind, aber keine größeren dunkeln Flecke haben, wie dies beiſpielsweiſe bei dem Buchengabelſchwanz, Cerura furcula O. (Har- pyia), der Fall iſt. Die Hinterflügel ſind weißlichgrau. Die fratzenhafteſte Erſcheinung unter allen einheimiſchen Raupen iſt ſicherlich die des Buchenſpinners, Stauropus fagi L., eines graubraunen, mit weißlichen verwaſchenen Zickzacklinien und ſchwärzlichen Fleckchen gezeichneten Schmetterlings, der ſich im Mai oder Juni in unſeren Buchenwaldungen zeigt und zum Teil ſchon in Süddeutſchland, jedenfalls aber in Südeuropa zwei Bruten jährlich hat. Mitten auf dem Rücken trägt die braune Raupe Höcker, hinten beſitzt ſie zwei keulenförmige Schwanzanhänge, das Merkwürdigſte 1) Großer Gabelſchwanz, Dieranura vinula L., 2) ſeine Raupe in verſchiedenen Größen, 9) Puppengeſpinſt an 8 Stamme; 4) Raupe des Buchenſpinners, Stauropus fagi L., in Drohſtellung. Natürliche Größe. an ihr ſind aber die langen, dünnen Beine a am b e und hinteren Bruſtring, die wir ſonſt bei Raupen gar nicht zu ſehen gewöhnt ſind. Die Stauropus⸗Raupen kommen auf Buchen, Eichen, Obſtbäumen und anderen Laubhölzern vor; werden ſie beunruhigt, ſo richten ſie drohend Vorder- und Hinterende empor. Im Herbſt ſind fie ee und berufe ſich an der Erde in einem weißen dichten Geſpinſt. Die Raupen der den Zahnſpinnern naheſtehenden, aber ſchon zu den Prozeſſions⸗ ſpinnern überleitenden afrikaniſchen Gattung Anaphe Boisd. leben geſellig und ſpinnen ſich in Baumäſten oft weit über kopfgroß werdende Neſter. Eine Art, an die ſich in wirtſchaft⸗ licher Hinſicht neuerdings große Hoffnungen knüpfen, iſt Anaphe infracta Walsh., ein hübſcher Schmetterling, der im männlichen Geſchlecht eine Flügelſpannung von 33—42 mm, im weiblichen von 45—58 mm hat. Die Flügel find gelblichweiß, die vorderen mit dunkel ſchokoladenbraunen Querbinden und Streifen geſchmückt, die hinteren am Innenrande gelb⸗ lich behaart. In weiten Gebieten des tropiſchen Weſt⸗ und Oſtafrikas ift dieſe Anaphe-Art heimiſch, man kennt ſie aus den Steppen und hat ſie in Kamerun und im ſpaniſchen Guinea auch im dichteſten Urwald gefunden. Das Weibchen ſetzt an die Unterſeite von Blättern der Futterpflanzen ein Häufchen von etwa 200300 Eiern ab und überdeckt das ganze Gelege, Aſtgabel oder in einer Höhlung hellbrauner Farbe, ſozuſagen Zahnſpinner: Buchenſpinner. Anaphe infracta. Prozeſſionsſpinner. 271 in ähnlicher Weiſe wie wir dies bei den Prozeſſionsſpinnern noch kennen lernen werden, mit losgelöſten Haaren und Schuppen ſeines Hinterleibes. Eine der häufigſten Futterpflanzen iſt ein baumartiges Wolfsmilchgewächs, Bridelia micranta, eine überaus anſpruchsloſe Pflanze, die in mehreren Spielarten in der ganzen afrikaniſchen Tropenzone verbreitet iſt, doch werden auch noch verſchiedene andere Sträucher und Bäume von den Anaphe-Raupen bewohnt. Erwachſen, ſind letztere von völlig dunkelbrauner Farbe mit dunklem Kopf, gelb⸗ lichen Beinen und langen weißlichen, leicht abbrechenden Haaren, die beim Eindringen in die menſchliche Haut, beſonders beim Europäer, ein unangenehmes Jucken oder gar Ent⸗ zündungen hervorrufen, während Schwarze ſich weniger empfindlich zeigen. In der Lebens⸗ weiſe iſt die Anaphe-Raupe, wie A. Schultze ſchildert, „ein Nachttier und lebt in Geſellſchaften oder Familien. Am Tage ruht die Raupenfamilie am unteren Ende der Stämme, wo ſie infolge der weißen Behaarung weithin ſichtbare Flecke bildet. Des Abends ſteigt ſie ge⸗ meinſam zum Fraße in die Zweige. Ein beſonderes Schutzgeſpinſt wie die Prozeſſionsſpinner ſcheinen die Anaphe-Raupen nicht anzufertigen, obſchon 5 empfindlich gegen direkte Son⸗ nenbeſtrahlung ſind.“ Sind . die Raupen groß geworden, ſo ändert ſich ihr Benehmen, ſie fangen an zu ſpinnen und legen ſich alsdann etwa in einer ein gemeinſames Neſt von f 21 Anapheinfracta Walsh. a) Männchen, b) Weibchen. ER Arnold TER einen großen Familienko kon, „Die wichtigſten Seidenſpinner Afrikas“. The African Silk Corporation Ltd. (o. J0. an, in dem zur Verpuppung : jede Raupe für ſich noch einen Einzelkokon ſpinnt. Zum Bau des großen gemeinſamen Neſtes tun ſich wahrſcheinlich mehrere gleichalterige Raupenfamilien zuſammen, denn man hat Anaphe⸗Neſter von erſtaunlichem Umfang gefunden. Im königlichen zoologiſchen Muſeum zu Berlin wird ein wie ein Lampion geformtes Neſt aufbewahrt, das einen Durch⸗ meſſer von 30 em hat. Ein ſolches Neſt wiegt mit lebendem Inhalt 3½ kg und kann bis gegen 1000 Inſaſſen beherbergen. ü Die Neger ſchätzen die Anaphe ſchon längst, nicht allein, weil ſie ſowohl die Raupen als auch die Puppen in geröſtetem Zuſtande mit Wohlbehagen verſpeiſen, ſondern vor allem, weil ſie ſeit altersher die feſte, aus drei verſchiedenen Hüllen beſtehende Wand des Neſtes zur Herſtellung von Zeugſtoffen und Geweben zu verwenden wiſſen. Neuere Verſuche haben gezeigt, daß ſich von den Geſpinſten der Anaphe⸗Raupen eine Seide gewinnen läßt, die der vom echten Seidenſpinner herrührenden an Güte kaum nachſteht und ſie an Halt⸗ barkeit und Elaſtizität noch erheblich übertrifft. Da die Aufzucht der Anaphe-Raupen, die allerdings den Angriffen verſchiedener Schmarotzerinſekten wie die meiſten Raupen aus⸗ geſetzt ſind, keine beſonderen Schwierigkeiten zu machen ſcheint, ſo iſt es ganz gut möglich, daß die Anaphe⸗Seide in der Seideninduſtrie einmal Bedeutung gewinnen wird. Übrigens iſt außer der genannten Anaphe-⸗Art inzwiſchen auch ſchon eine Reihe anderer, an die ſich ähnliche Hoffnungen knüpfen, aus Afrika bekanntgeworden. Die Prozeſſionsſpinner (Thaumetopoeidae, Cnethocampidae), unſcheinbare, ziemlich kleine Schmetterlinge mit verkümmertem Saugrüſſel, die im Ausſehen entſchieden 272 Schmetterlinge. etwas Spinnerähnliches beſitzen, bewohnen ganz Europa mit Einſchluß der Mittelmeer⸗ länder und find in einer Art auch in Indien zu finden. Ihre Fühler find, beſonders bei den Männchen, deutlich doppelreihig gekämmt. Nebenaugen fehlen. Der plumpe, ſtark behaarte Leib trägt hinten einen Schopf, die Afterwolle, die beim Weibchen große, zum Überdeden der Eiergelege dienende Schuppen verbirgt. Der Eichenprozeſſionsſpinner, Thaumetopoea processionea L., iſt im allgemeinen in Weſteuropa häufiger als im Oſten und ſoll in Rußland ebenſo wie im Nordoſten der deut ſchen Tiefebene überhaupt fehlen. Bald nach der Schwärmzeit, die in die warmen Auguſt⸗ und Septembernächte fällt, kann man an glattrindigen Aſten und jungen Eichenſtämmchen die flachen, bis zu etwa 200 weißliche Eierchen enthaltenden Gelege finden, in denen es = Se —— Eichenprozeſſionsſpinner, Thaumetopoea processionea L. Annähernd natürliche Größe. ſich erſt nach der Überwinterung, wenn das zarte junge Grün an den Eichen hervorſprießt, zu regen beginnt. Graue, langhaarige, dunkelköpfige Raupen kommen dann zum Vorſchein, die durch zwei Eigentümlichkeiten berühmt geworden ſind: erſtens ſind dieſe Raupen giftig und daher mit Recht gefürchtet und gemieden, und zweitens haben ſie die merkwürdige Gewohnheit, in langen Prozeſſionen umherzuwandern. Die Neigung hierzu betätigen ſchon die jungen Raupen, die anfangs, ſoweit ſie aus demſelben Gelege ſtammen, familienweiſe, ſpäter in größeren Geſellſchaften beſonders nachts von dem gemeinſamen Ruheplatz, an dem ſie ſich tagsüber verbergen, zu Zweigen und Blättern und wieder zurück zu wandern pflegen. Später, wenn ſie größer geworden, werden ihre Prozeſſionen auch am Tage ſichtbar. Vorn marſchiert eine Raupe, unmittelbar hinter ihr kommen zwei, im nächſten Gliede ſchließen ſich drei oder vier Raupen an, und ungefähr ebenſoviel bilden auch die folgenden Glieder. So kommt eine lange Kette von Raupen zuſtande, die ſich langſam und gleichmäßig weiter⸗ 5 bewegt. Den Weg, den das voranmarſchierende Tier einſchlägt, nehmen auch alle übrigen, doch iſt dabei von einer einheitlichen Leitung keine Rede, denn nimmt man das Vordertier weg, ſo tritt irgendeine andere beliebige Raupe an die Spitze. Welche Ausdauer dieſe F 2 Be 0 1 84 1 ; | Z SEHEN re To re re : FE 10 N * | x . T 2 = a * 2 u 3 Prozeſſionsſpinner. Epioopiidae. 273 Tiere bei ihren Prozeſſionen entwickeln, geht aus einer Beobachtung von Fabre hervor, der Prozeſſionsraupen auf dem Rande einer großen Schüſſel von 1,35 m Durchmeſſer wan⸗ dern ließ. Sieben Tage hindurch, nur während der kühlen Nächte ſtill ſitzend, marſchierten ſeine Raupen fortwährend geduldig im Kreiſe und ſollen Babe nicht weniger als 335mal die Runde gemacht Haben. Bei ihren Wanderungen hinterlaſſen die jungen Räupchen feine Geſpinſtfäden und ſpinnen auch fleißig auf dem gemeinſamen Ruheplatze, an dem bald ein aus zahlloſen Fäden beſtehendes Neſt zuſtande kommt, das ſpäter, durch Kot und abgeworfene Häute mehr und mehr ausgebeutelt, ſchließlich als ein oft meterlanger, ſchmutzig graugelber Klumpen in den kahlgefreſſenen Zweigen hängt. Im Neſt findet auch die Verwandlung der Raupen in eiförmigen Puppengehäuſen ſtatt. Wenn dann drei Wochen ſpäter die unſcheinbaren Falter ausgeſchlüpft ſind, deren gelblichbraune Vorderflügel beim Männchen von dunkleren, beim Weibchen mehr verwaſchenen Querbinden durchzogen werden, ſo täuſchen die im Geſpinſt⸗ neſte zurückgebliebenen, eng zuſammengedrängt ſtehenden leeren Kokons faſt das Ausſehen einer großen Bienenwabe vor. i Viel unangenehmer als durch ihren Kahlfraß, der ſich an den Eichen erfahrungsmäßig faſt nie in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren wiederholt, werden die Prozeſſionsraupen durch ihre giftigen Eigenſchaften. Der Giftſtoff hat ſeinen Sitz in winzigen, kaum Y, mm langen, ſpitzigen Härchen, die auf den ſogenannten Spiegeln, kleinen vierteiligen Feldchen am Rücken des vierten bis elften Leibesringes, ſo loſe eingepflanzt ſind, daß ſie bei der leiſeſten Berührung abfallen und oft ſchon durch einen Lufthauch fortgeführt werden. So wird es erklärlich, daß die Gifthärchen beim Anfaſſen von Prozeſſionsraupen leicht in die Haut dringen können, was auch bei Berührung von Raupenneſtern oder beim Anfaſſen von Holz, auf dem Prozeſſionsraupen ſich früher aufgehalten haben, geſchehen kann. Ja ſogar eine Wanderung durch einen von Prozeſſionsraupen bevölkerten Wald hat mitunter böſe Folgen, wenn die vom Winde verwehten und in der Luft umherfliegenden Gifthärchen in Augen und Atemwege gelangen. Ein unerträglicher Juckreiz ſtellt ſich ein, und ſpäter bilden ſich an der entzündeten Stelle ſchmerzhafte Bläschen und Puſteln, die erſt nach längerer Zeit heilen. In derſelben Weiſe wie der Menſch haben auch Tiere zu leiden: das Vieh erkrankt, wenn es Futter bekommt, das mit den Haaren von Prozeſſionsraupen in Berührung gekommen iſt, und das Wild meidet die von dieſen Raupen een Wal⸗ dungen und wandert hinweg. Den Kiefernprozeſſionsſpinner, Thaumetopoea pinivora Tr., der im Nordoſten des deutſchen Flachlandes, in Südſchweden und in den ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen verbreitet iſt, erkennen wir leicht an einer nackten, hahnenkammähnlichen Kopfleiſte. Seine Raupen bauen keine Neſter, ſondern hocken einfach auf den von ihnen befreſſenen Kiefernzweigen und verpuppen ſich ſchließlich im Waldboden; die Eier werden, von dachziegelartig ge⸗ lagerten Schuppen eingehüllt, um ein Nadelpaar gelegt. Eine dritte Art, deren große, ſackförmige Neſter in Italien oft auf Pinien und Seekiefern zu ſehen ſind, iſt der Pinien⸗ pf ozeſ ſionsſpinner, Thaumetopoea pithyocampa Schiff. Die Epicopiidae, große, im Flügelſchnitt an Papilioniden erinnernde Schmetter⸗ linge, brauchen nur kurz erwähnt zu werden, da der einzigen Gattung Epicopeia Westw. nur wenige, im indiſchen Gebiete und Oſtaſien bis Japan verbreitete Arten angehören, alles Falter mit ſchmächtigem, dunklem, rotgeflecktem Leibe und mit grellen roten und gelben Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 18 274 Schmetterlinge. Flecken auf den düſter gefärbten Flügeln. Ihre auf Bäumen lebenden Raupen ſind merk⸗ würdigerweiſe über und über mit weißen, fadenartigen Wachsausſchwitzungen bedeckt. Von den Federmotten, den zierlichen Pterophoridae, ſehen wir die ſchneeweiße, oben nur mit ſpärlichen ſchwarzen Schüppchen beſetzte Aciptilia pentadactyla L. auf unſerem Nachtfalterbilde bei S. 260 dargeſtellt. Die ſchmalen Flügel ſind wie bei den meiſten Arten | dieſer Familie zerſchliſſen und beſtehen daher aus mehreren ſchmalen, federartig behaarten Lappen, von denen wir bei der erwähnten Gattung an den Vorderflügeln zwei, an den mit einer Haftborſte ausgeſtatteten Hinterflügeln drei zählen. Wenn das Federmottchen ſich ſetzt, ſo faltet es ſeine Flügel derartig zuſammen, daß ſie mehr oder weniger wagerecht vom Körper abſtehen und dem Tierchen faſt das Ausſehen einer kleinen Schnake geben. Die ſechzehnfüßige, an den Bauchfüßen Hakenkränze tragende Raupe iſt bei unſerer in Deutſch⸗ land, Oſterreich und der Schweiz häufigen Art vom September an bis in den Mai hinein an Convolvulus-⸗Arten zu finden. Die ausſchließlich auf Amerika beſchränkten Perophoridae gleichen, ſoweit das 2 Ausſehen der Schmetterlinge in Betracht kommt, ſchon ganz den Bombyziden, leben jr doch als Raupen in eigentümlichen, e aus e e ver⸗ fertigten Gehäuſen. g Der Familie der Spinner 1 im ſtrengen wiſſenſchaftlichen Sinne ge⸗ hören nur ganz wenige in den Tropen vorkommende Arten an, mit denen wir uns kaum zu beſchäftigen brauchten, wenn zu ner oder Maulbeerſpinner, Bom- byx mori L., gehörte. Der Seiden⸗ ſpinner iſt ſehr beſcheiden gefärbt. Seine Grundfarbe bildet ein ſchmutzi⸗ ges Weiß. Nur die Fühler ſind geſchweift ſind, ſieht man einige dunklere Querlinien verlaufen. Aus anfangs dunkle, bald aber weiß werdende, hinten mit einem Horn bewehrte Raupen aus, deren Lieb⸗ lingskoſt Maulbeerblätter find. Wenn ra => die Seidenraupen nach vier Häu⸗ Maulbeerſpinner, st Raupe und Kokon. Etwas tungen ausgewachſen ſind, ſpinnen fie ſich in einem länglich-eiförmigen, ziemlich feſten, außen von lockeren Geſpinſtfäden umhüllten Kokon ein, der je nach der Raſſe von verſchiedener Farbe ſein kann, ſchneeweiß, gelblich oder grünlich ausſieht oder im ſchwärzlich gekämmt, und über die etwa 40 mm ſpannenden Flügel, deren vordere am Außenrande etwas den etwa 300500 mohnkorngroßen 5 Eiern des Seidenſpinners kommen ihnen nicht einer der wichtigſten x ‚Schmetterlinge, der Seidenſpin⸗ Federmotten. Perophoridae. Spinner. Brahmaeidae. Nachtpfauenaugen. 275 prachtvollſten Rotgelb erſcheint und durchſchnittlich ſchon 2—3 Wochen ſpäter den kurzlebigen Falter entläßt. Zur Seidengewinnung werden zunächſt die Puppen in den Kokons durch ſiedendes Waſſer getötet, hierauf das äußere, lockere Seidengewebe entfernt und dann der Seidenfaden, aus dem die Kokonwand beſteht, mit Hilfe von Maſchinen abgehaſpelt. Der Seidenſpinner ſtammt aus China. Seine Wichtigkeit für den Menſchen ſoll, wie Perty mitteilt, nach den chineſiſchen Annalen 2600 Jahre v. Chr. von Si⸗Ling⸗Chi, der Ge⸗ mahlin des Kaiſers Hoangti, entdeckt worden ſein, die zuerſt eine ſachgemäße Zucht des In⸗ ſektes eingeführt hat. Lange Zeit hindurch war dann die Ausfuhr des Seidenſpinners von China bei Todesſtrafe verboten, bis es zwei chriſtlichen Mönchen unter der Regierung des Kaiſers Juſtinianus im Jahre 555 n. Chr. gelang, Eier des Seidenſpinners zu entwenden und in ausgehöhlten Stöcken nach Konſtantinopel zu bringen. Damit fand der Seidenbau auch in Europa Eingang, wo er gegenwärtig beſonders in den Mittelmeerländern in hoher Blüte ſteht. Unter den verſchiedenen Krankheiten, denen die Seidenraupe unterworfen iſt, kann die überaus anſteckende Fleckenkrankheit (Pébrine, Gattina) als eine der gefährlichſten gelten. Ihr Erreger iſt ein mikroſkopiſch Heiner tieriſcher Paraſit (Nosema bombyeis Naeg.), der, von der Raupe als winzige Spore mit der Nahrung aufgenommen, ſich raſch vermehrt, Millionen neuer, mit dem Kote abgehender Sporen bildet und ſchließlich den Tod der Raupe herbeiführt. Nur wenige Raupen, die von ſolchen Paraſiten befallen ſind, bleiben am Leben und können ſich zu fortpflanzungsfähigen Schmetterlingen entwickeln, tragen aber dann, da ſie durch und durch von den Krankheitskeimen durchſetzt ſind und aus ihren Eiern ſtets wieder kranke Raupen hervorgehen, nur zur weiteren Verbreitung der gefährlichen Seuche bei. Von den Brahmaeidae, großen, düſter gefärbten Nachtſchmetterlingen, die in Afrika und Aſien zu Hauſe ſind und in nördlicher Richtung etwa bis Japan hinaufreichen, machen wir nur Brahmaea vallichii Gray namhaft, einen ſtattlichen, mottenartigen Schmetterling mit dunkel olivenbraunen Flügeln, der überall in den ſchattigen Wäldern des Himalajagebietes zu finden iſt. Auch die folgenden Familien beanſpruchen nur wenig Intereſſe, wie die durch auffallend große Vorderfußkrallen ausgezeichneten, nur in der paläarktiſchen Zone und im Mittelmeergebiete in einigen Arten verbreiteten Lemoniidae und die Striphnoptery- gidae (Eupterotidae), zu denen die ſtattliche, düſter gefärbte Striphnopteryx edulis Boisd. gehört, deren große, fette Raupe in Afrika von den Negern als ein ganz beſonderer Lecker⸗ biſſen betrachtet wird. Große plumpe, ſpinnerartige Nachtfalter mit vorherrſchend rotbraun und gelb gefärbten Flügeln und beim Männchen nur in der Wurzelhälfte der Fühler ent⸗ wickelten Kammzähnen treffen wir auch bei den hauptſächlich in Amerika verbreiteten Cerato- campidae an. Zu ihnen wird die in Nordamerika ſehr verbreitete Walnußmotte, Cithe- ronia regalis F., gerechnet, ein an den Hinterflügeln und am Körper dunkelbraun gefärbter Schmetterling, der auf den grauen Vorderflügeln mit rotbraunen Rippen und gelben Flecken geſchmückt iſt. Die Raupe ſieht mit ihren großen blauſchwarzen Hörnern ziemlich abſchreckend aus, iſt aber ganz harmlos und frißt an Nußbäumen und Nadelhölzern. Prächtige Schmetterlinge mit ungewöhnlich großen, oft kühn geſchwungenen Flügeln gibt es bei den Nachtpfauenaugen (Saturniidae) und ihren Verwandten. Wahre Rieſen⸗ geſtalten finden wir unter ihnen, die freilich noch größer erſcheinen, als ſie in Wirklichkeit ſind, weil der Leib im Vergleich zu den mächtigen, auch in der Ruhe immer ausgebreitet ge⸗ haltenen Flügeln eher klein zu nennen iſt. Einer der größten Saturniiden und nahezu einer 18* 276 | Schmetterlinge. der größten Schmetterlinge überhaupt ift Rheseyntis mortü Perty mit einer Flügelſpannung von 19 em, wobei auch die Entfernung von der Spitze der Vorderflügel bis zum hinterſten Ende der Hinterflügel ungefähr ebenſoviel beträgt. Die hübſchen ſamtartigen, rötlich⸗ braunen bis graubraunen Flügel werden bei dieſem braſilianiſchen Rieſenſchmetterling nicht nur von einer außen weißen, innen ſchwarzen Querbinde durchzogen, ſondern enthalten auch = noch je ein ſchuppenloſes Glasfenſter, das übrigens auch ſehr vielen anderen Saturniiden zukommt, wie wir beſonders deutlich bei dem ſchönen, auf der Farbentafel abgebildeten amerikaniſchen Seidenſpinner, Samia cecropia L., ſehen. Nicht minder prächtig iſt der in Surinam vorkommende, braun und gelb geſcheckte Copiopteryx semiramis Cram., der an ſeinen Hinterflügeln zwei fadenartige, am Ende verbreiterte Schwänze hat, die die ganze Körperlänge des Tieres reichlich um das Dreifache übertreffen (ſ. die Tafel bei S. 301, Fig. 5). Auch kleine, unſcheinbare Formen gibt es in dieſer hauptſächlich im tropiſchen Amerika verbreiteten Familie, wie gewiſſe afrikaniſche Ludia⸗Arten, die, an Zweigen und Baumäſten ſitzend, vertrockneten Blättchen zum Verwechſeln ähnlich ſehen. Eine Haftborſte an den Hinterflügeln fehlt allen der bisher beſchriebenen, etwa 400 Arten. Die doppelt gekämmten Fühler haben beim Männchen einen beinahe blattförmigen Umriß. Die Taſter ſind, ebenſo wie der verkümmerte Rüſſel, tief unter den Kopfhaaren verborgen. Beim Atlas, Attacus atlas L., der in Indien, dem ſüdlichen Oſtaſien und auf den Inſeln des Malaiiſchen Archipels keineswegs zu den ſeltenen Schmetterlingsarten gehört, ſind Größe und Farbe erheblichen Schwankungen unterworfen. Bei den größten Stücken ſind die Spitzen der am Vorderrande kühn nach außen geſchwungenen Vorderflügel 24 em von⸗ einander entfernt, bei anderen, kleineren, beträgt die Flügelſpannung nur 17 em, ohne daß dieſe Unterſchiede mit dem Geſchlecht etwas zu tun haben. Die vier großen Flügel ſind bei Männchen und Weibchen übereinſtimmend von rötlich ockergelber bis dunkelrotbrauner Grundfarbe, mit je einem großen dreieckigen Glasfenſter verſehen und mit ſchön geſchwunge⸗ nen ſchwarzen, weißen und gelben Zeichnungen geſchmückt. Die Raupen ſind nicht wähleriſch, auf Ceylon findet man ſie oft auf Lorbeer⸗ und Kampferbäumen, aber auch auf anderen Gewächſen, und in Europa laſſen ſie ſich mit Zweigen von Berberitzen, Apfelbäumen, Weiden, Weißbuchen und verſchiedenen Sträuchern großziehen. Zur Verpuppung ſpinnt ſich jede Raupe einen großen birnförmigen, mit einem dünnen Stiel befeſtigten Kokon. Einige Saturniiden kommen als Seidenerzeuger in Betracht und liefern eine durch Abhaſpeln ihres Kokons gewonnene Geſpinſtſeide, die in der Heimat der Tiere ſchon ſeit langem mannigfache Verwendung findet. Da iſt zunächſt der auf Seite 277 ebenſo wie auf der Farbentafel dargeſtellte oſtaſiatiſche Ailanthusſpinner, Philosamia cynthia Drury, zu nennen, ein hübſcher, 13—15 em ſpannender Schmetterling, bei dem die ſamtartige, olivenbraune Grundfarbe in anmutiger Weiſe von weißen Binden unterbrochen iſt. Die Hinterränder der mondförmigen Glasfenſter ſind gelblich und die beiden in der Nähe der Spitze der Vorderflügel gelegenen Augen außen ſchwarz; am Hinterteile fallen in Längs⸗ reihen ſtehende zierliche weiße Haarbüſchelchen auf. Prächtig ſehen die ſmaragdgrünen, von weißen Hautabſonderungen bereiften Raupen aus, die mit himmelblauen Warzen bedeckt ſind, einen goldig ſchimmernden Kopf, goldgelbe Füße und ein gelbes Hinterende haben. In Indien, China und Japan, der Heimat des Schmetterlings, findet man ſie auf dem Götter⸗ baume, Ailanthus glandulosa, aber auch auf einigen anderen Bäumen, in Europa haben ſie ſich mit Fliederblättern ernähren laſſen und Laub von Cinnamomum camphora und Eleo- dendron orientale gefreſſen. „Im Herbſt 1864“, ſagt Taſchenberg, „als die frühen Nachtfröſte Seidenipinner. 1) Maulbeeripinner, Bombyx mori Z., nebit €iern, Raupe und Geſpinſten — 2) Amerikaniicher Seidenipinner, Samia cecropia Z. — 3) Chinefifcher Seidenſpinner, Antheraea pernyi Guer. — 4) Rilanthusipinner, Philosamia cynthia Drury. ba Eu A . Eu a >: WEITER F 7 5 N 3 Nachtpfauenaugen: Atlas. Ailanthusſpinner. Chineſiſcher Seidenſpinner. 277 eintraten, welche beide erſtgenannten Futterpflanzen zugrunde richteten, geriet ich in die größte Verlegenheit, indem ich viele hundert Raupen mühſam bis über die dritte Häutung, viele bis zur vierten gebracht hatte. Die letzteren ließen ſich teilweiſe durch die Blätter des Eſſigbaumes (Rhus typhina), welche mit denen des Götterbaumes einige Ahnlichkeit haben und weniger ſtark vom Froſte gelitten hatten — täuſchen; ſie fraßen dieſelben, und ich erhielt einige 30, allerdings dürftige Puppengehäuſe. Dieſelben wurden über Winter in einem kalten Zimmer aufbewahrt, und vom 12. Mai des nächſten Jahres an erſchienen einige Schmetter⸗ linge, welche eben nicht zu den größten gehörten. Wird durch erniedrigte Temperatur das Ailanthusſpinner, Philosamia eynthia Drury, nebſt Raupe und Kokon. Natürliche Größe. Ausſchlüpfen nicht verzögert, ſo dauert die Puppenruhe nur wenige Tage über drei Wochen. Die Eier brauchen ungefähr 14 Tage, bis die Räupchen daraus hervorbrechen, wenn man ſie nicht abſichtlich durch möglichſt niedrige Temperatur daran hindert.“ 8 Der im nördlichen China und der Mandſchurei heimiſche, gleichfalls auf der Tafel ab⸗ gebildete Chineſiſche Seidenſpinner, Antheraea pernyi Guer., ſpannt 13—15 em und hat ledergelbe Flügel, durch die je eine fein weiße, nach innen ſchmal braun eingefaßte hin⸗ tere und eine faſt nur braune, mehr gebogene vordere Querbinde zieht. Ein ſchmal dunkel eingefaßter, unterbrochen weiß geringter runder Fenſterfleck ſchmückt jeden Flügel. Von den Chineſen wird dieſe Art auf kurzen, buſchig gehaltenen Eichen, Quercus mongolica, gezüchtet. Die Sommergeneration erſcheint in der zweiten Hälfte des Juli, und zwar ſchlüpfen die Tiere, wie Mell mitteilt, nachmittags gegen Sonnenuntergang aus. Iſt ein Weibchen be⸗ fruchtet, ſo wird es mit einem Grashalm an einem Eichbuſch feſtgebunden und legt dort 100200 Eier. Am dritten Morgen aber wird es befreit und in einen Korb geſetzt, in dem es 278 Schmetterlinge die wenigen Lebenstage, die ihm noch beſchieden find, verbringt und mitunter noch eine An⸗ zahl von Eiern legt. Die nach 11—12 Tagen ausſchlüpfenden Raupen häuten ſich viermal und freſſen bis Herbſt, ſpinnen ſich aber dann in geſtielten Kokons ein. Dieſe Kokons ſind es, die zur Gewinnung der ſogenannten Schantungſeide dienen. Werden ſie aber nicht hierzu, ſondern als Zuchtkokons verwendet, ſo erſcheinen die Falter, wenn die Chineſen im nächſten Jahre ihr Gräberfeſt feiern, alſo etwa Anfang April. Jetzt werden die befruchteten Weibchen nicht an die Bäume, ſondern in große Körbe mit Gras und Zweigen gebracht, weil man die Eier zunächſt künſtlich kühl halten muß, damit die kleinen Räupchen nicht eher ſchlüpfen, als bis die Eichen ausgeſchlagen haben. Ende Juni ſind die Raupen dieſer Brut ſchon erwachſen, ſpinnen ſich ein und können daher im Juli wieder die zweite oder Sommerbrut ergeben. Ein wichtiges Erfordernis zum Gelingen der Zucht iſt die ſtändige Beaufſichtigung der im Freien an den Eichenbüſchen lebenden Raupen durch Wächter, die beſonders die inſekten⸗ freſſenden Vögel abhalten müſſen. Deshalb hallt es, wie Mell ſchildert, „zur Zuchtzeit in den Hügeln von Schießen und Peitſchengeknall. Auch rote Fahnen werden ausgehängt. Ferner müſſen die Wächter achtgeben, wenn die Tiere einen Buſch kahlgefreſſen haben, und müſſen ſie dann, ehe die Raupen anfangen, nach neuer Nahrung ſuchend auseinander zu laufen, nach einer anderen Eiche bringen. Zuweilen muß auch der ganze Haufe in Körben zu einem anderen Hügel getragen werden. Ein Wächter kann in einem Frühling etwa 4000 und im Herbſt gegen 5000 Raupen beaufſichtigen. Die erſten Körbe mit Kokons werden gegen Ende Oktober verſchifft; der größte Verſand erfolgt Mitte November, von da nimmt er in den Dezember hinein wieder ab.“ Der Japaniſche Seidenſpinner, Antheraea yamamai @uer., ſieht dem Gehen ähnlich, iſt aber in der Grundfarbe, die von Hellgelb bis zum Braun übergehen kann, mehr veränderlich und hat auch kleinere Glasfenſter. In der Lebensweiſe gleichen die beiden Arten einander, denn auch beim japaniſchen Schmetterling leben die grünen, grünköpfigen und an den Seiten der vorderen Rückenhöcker mit Silberfleckchen geſchmückten Raupen vorzugsweiſe an Eichen. Alle dieſe hier genannten Seidenſchmetterlinge ſind auch nach Europa eingeführt worden, und es hat fich herausgeſtellt, daß fie in manchen Gegenden Deutſchlands ſogar ganz gut im Freien fortkommen können. Leider haben ſich indeſſen die großen Hoffnungen, die man urſprünglich auf ſie geſetzt hatte, in keiner Weiſe verwirklichen wollen, denn es hat ſich gezeigt, daß die Zucht in unſeren Breiten wirtſchaftlich in keiner Weiſe lohnend iſt. Die afrikaniſchen Saturniiden weichen der Lebensweiſe nach in der Mehrzahl von ihren aſiatiſchen, europäiſchen und amerikaniſchen Verwandten ab, weil ſie ſich nicht in einem Kokon einſpinnen, ſondern einfach ohne jedes Geſpinſt in einer kleinen Erdhöhle verpuppen. Es gibt aber auch Ausnahmen. In den ausgedehnten eintönigen, nur mit lichtem Buſchwald beſtandenen Steppenländern ſüdlich der Sahara leben verſchiedene große violettbraune, weiß oder olivengrau gezeichnete Falter der Gattung Epiphora Wallgr. mit großen Glasfenſtern in ihren vier Flügeln, an denen der 8⸗förmig geſchwungene Außenrand und die ſtark gerundete Spitze der Vorderflügel bemerkenswert ſind; die Verpuppung geht hier in flaſchenförmigen oder eiförmigen weißlichen, dichtgewebten Kokons vonſtatten, die zur Seidengewinnung ſehr geeignet find. Eine dieſer Arten, Epiphora bauhiniae @uer., ein prächtiger violettbrauner, graubraun getönter und weiß gezeichneter Schmetterling, iſt im Senegalgebiet beſonders häufig und kommt in einer Abart, var. damarensis Schultze, auch im Damaraland in Deutſch⸗ Südweſtafrika vor. Die Raupe gehört zu den ſchönſten der ganzen Saturniidenfamilie, ſie iſt hellgrün, mit mennigrotem Kopf und mit türkisblauen, zinnoberroten Flecken und Zapfen r e ee BETEN a le 1 N r ˙—˙¾ . ˙ Ur KEITH EN „ r Rt Pr Re ST dia ra En ES Zar, TW Nachtpfauenaugen. Uraniidse, Spanner. 279 und weißen und ſchwarzen Zeichnungen bedeckt, ſo daß ſie überaus farbenprächtig erſcheint. Wie Schultze mitteilt, kommen die Raupen alljährlich in zwei Bruten an verſchiedenen Zizyphus- Arten vor, die in Afrika ſehr verbreitet find und oft undurchdringliche Dorngebüſche bilden. „Von den im Juli ſich verpuppenden Raupen ergibt ein kleiner Teil bereits nach drei Wochen die Falter, die ſofort zur Fortpflanzung ſchreiten und die zweite Brut erzeugen. Die anderen Puppen überdauern die Trockenzeit zuſammen mit den Puppen der zweiten Brut; manche Kokons können faſt ein Jahr lang hängen, ehe ſich aus ihnen der Falter ent⸗ wickelt. Wenn in der Trockenheit die Zizyphus⸗Büſche größtenteils laublos daſtehen, fallen die an ihnen hängenden Kokons weithin auf, mehr aber noch an den abgeſchlagenen Zweigen, die zum nächtlichen Einfangen der Viehherden verwandt werden. So ſind die Kokons leicht zu finden, und ſo iſt es auch zu erklären, daß in den letzten Jahken viele Tauſende davon, die für Schmetterlingsliebhaber beſtimmt waren, aus dem Senegalgebiet exportiert wurden.“ Von einheimiſchen Arten, die zur Seidengewinnung alle gänzlich ungeeignet ſind, gehört der größte europäiſche Schmetterling, das Große Nachtpfauenauge, Saturnia pyri Schiff., in dieſe Familie. Statt der Glasfenſter trägt es auf jedem Flügel einen veilchen⸗ blau beſtäubten, farbig umrandeten Augenfleck. Außerdem werden noch das Mittlere Nachtpfauenauge, Saturnia spini Schiff., und das bei uns beſonders häufige Kleine Nachtpfauenauge, Saturnia pavonia L., unterſchieden, deren grüne Raupen ungeſtielte Warzen und in der Regel ſchwarze Querbinden beſitzen. Sie häuten ſich, nach Stephan, in unſeren Gebieten viermal, in ſüdlicheren Gegenden fünfmal und verpuppen ſich in feſten birnförmigen Gehäuſen, deren bald hellere, bald dunklere Farbe der Einwirkung geringerer oder größerer e zugeſchrieben wird. 5 Die auf die heißen Länder beſchränkte kleine Gruppe der Uraniidae, große tag⸗ ſchmetterlingsähnliche Tiere mit breiten Flügeln, aber fadenförmigen Fühlern, ſei nur er⸗ wähnt, weil es hier Falter von geradezu auserleſener Farbenpracht gibt, wie die oſtafrikaniſche Chrysiridia (Thaliura) eroesus Gerst., deren ſamtſchwarze Flügel mit purpurgoldenen und ſmaragdgrünen Zeichnungen geſchmückt ſind. Man braucht nicht gerade zu den enthuſiaſtiſch veranlagten Naturen zu gehören, um vom Glanze eines ſolchen Kröſusfalters entzückt zu ſein, den manche Bewunderer ſogar für den ſchönſten aller Schmetterlinge erklärt haben. Während der Hinterrand der Hinterflügel bei ihm mit ſchönen weißen Zacken verziert iſt, verlängern ſich bei anderen Uraniiden die Zacken und können zu rieſigen Schwänzen werden, wie bei den indiſchen Arten von Nyotalemon Dalm., die in Flügelform und Bewegungen ganz den Eindruck unſerer Schwalbenſchwänze machen. Bei den Spannern (Geometridae) müſſen wir uns wieder mit einer Kennzeichnung in allgemeinen Umriſſen begnügen, weil der erdrückende Formenreichtum eine einigermaßen erſchöpfende Schilderung hier unmöglich macht. Man kann ſagen, daß die meiſten Arten einen ſchlanken, ſchmalen Leib und verhältnismäßig breite, in Farbe und Zeichnung mehr oder minder übereinſtimmende Flügelpaare haben, die den Tieren im Ausſehen etwas Tagſchmetterlingsartiges geben. Der Kopf iſt klein, der Rüſſel gewöhnlich nur ſchwach ent⸗ wickelt. Nebenaugen fehlen meiſt. Die Spanner meiden in der Regel das Sonnenlicht und warten lieber für ihre taumelnden, flatternden Flüge den Dämmerſchein der Abendſtunden ab. Da ihren Raupen gewöhnlich alle Bauchfüße mit Ausnahme der Nachſchieber und des vorletzten Paares fehlen, bewegen ſie ſich immer in ganz eigentümlicher Weiſe fort. Beim 280 Schmetterlinge. Kriechen heftet ſich nämlich die Raupe zunächst mit den Bruſtfüßen feſt, krümmt ihren Leib ein, ſetzt die Nachſchieber hinter die Bruſtfüße, läßt letztere wieder los, ſtreckt den Leib aus, um vorn wieder Halt zu ſuchen, und bewegt ſich in dieſer Weiſe „ſpannend“ weiter. Die Puppen ruhen entweder im Boden oder an Blättern und Zweigen, gewöhnlich in einem leichten Geſpinſt. Nur bei einigen Arten ſind die Puppen ee einen rings um den Leib geſchlungenen Faden befeſtigt. Der Birkenſpanner, Amphidasis betularia L., iſt einer unſerer größten einheimi⸗ ſchen Spanner; mit feinen ziemlich geſtreckten Vorderflügel mißt er im ausgebreiteten Zu⸗ RR bis etwa 5,5 em. Die kreideweiße Grundfarbe iſt bei ihm über und über mit ſchwarzen U un Pünktchen und Sprenkeln beſät, die ſtellenweiſe, beſonders am Vorderrande der Vorderflügel, fließen. Man kennt auch eine Mill.) aus England, Holland land. Das Männchen bleibt klei⸗ ner und hat einen ſchlankeren Leib als das Weibchen; ſeine Fühler ſind, abgeſehen von der Spitze, deutlich doppelt gekämmt. Die Raupen ſind beim Birken⸗ e ſpanner in der Farbe verſchie⸗ Ey © 1... den, man findet gelblichgrüne, * 77 * 5 ar ſieht die Raupen an Eichen, e e Dan betularia L. Natürliche Gehe Birken, Pappeln, Linden, Pla⸗ tanen und anderen Laubhölzern, rötlichen Luftlöchern und hellen Seitenflecken. Auch die Futter⸗ aber auch an Ginſter, Beifuß und Heidelbeeren. Wie viele andere Spannerraupen haben | die Tiere dabei die Eigentümlichkeit, ſich, wenn fie beunruhigt werden, mit ihren hinteren Bauchfüßen an einem Zweige feſtzuhalten und den übrigen Körper ſtarr in die Luft zu ſtrecken, ſo daß man ſie in dieſer Stellung leicht überſehen und für irgendeinen beliebigen dürren Zweig halten kann. Im September oder Oktober ſind die Raupen erwachſen und verwandeln ſich noch vor Ablauf des Winters in einer kleinen Höhlung im Erdboden zur Puppe. Der im Mai oder Juni ſchlüpfende Schmetterling hält ſich tagsüber mit halb klaffenden Flügeln gewöhnlich ruhend an Baumſtämmen auf. In der Gattung Biston Leach gibt es eine ganze Reihe von Arten, deren Raupen an Laubhölzern leben und zum Teil an Obſtbäumen ſchädlich werden können. Die Flügel ſind beim Männchen ſchmal, beim Weibchen oft verkümmert; der Kopf bleibt klein und ſteckt tief in der wollig behaarten Bruſt. Beim Kirſchenſpanner, Biston hirtarius Cl., wird die weißliche Grundfarbe durch ſchwärzliche Beſtäubung und ſchwarzbraune Querbinden mehr zu Flecken und Linien zufammen- _ ſchwarze Abart (doubledayaria und dem nordweſtlichen Deutſch⸗ braune oder graue Stücke mit pflanzen wechſeln, denn man ee A . 1 — 5 2 * ange: * a er 9 = Ken 1 An EN Br Spanner: Birkenſpanner. Kirſchenſpanner. Froſtſpanner. 281 oder weniger verdrängt. Beide Geſchlechter ſind vollkommen geflügelt, die grauen oder braunen Raupen freſſen an den verſchiedenſten Laubhölzern, ſuchen beſonders Steinobſt⸗ bäume heim und ſind im Unterelſaß und in Bayern auch ſchon an Hopfen ſchädlich geworden. Bei Biston pomonarius Hb. hat nur das Männchen weißlichgraue, durchſchimmernde, mit dunkleren Linien geſchmückte Flügel, während ſich das ſchwarze, durch eingemiſchte orange⸗ farbene Schuppen rötlich geſprenkelte Weibchen, das im April oder Mai an Eichen oder Obſtbäumen ſitzt, mit kurzen Flügelſtummeln begnügen muß. Der in ganz Europa verbreitete Große Froſtſpanner, Hibernia defoliaria GI., zeigt ſich erſt ſpät im Jahre, im Oktober oder November, wenn die meiſten Inſekten ſchon ie 8 0% * e 10 Großer Froſtſpanner, Hibernia defoliaria Ol., I) Männchen, 2) Weibchen, 3) Raupe. — Orangegelber Froſtſpanner, Hibernia aurantiaria Esp., 4) Männchen, 5) Weibchen. — Kleiner Froſtſpanner, Cheimatobia boreata Hb., 6) Männchen, a 7) Weibchen, 8) Raupe. Natürliche Größe längſt ihre Winterquartiere aufgeſucht haben. Taumelnd fliegt bei Anbruch der Dunkelheit das Männchen umher mit ſeinen großen, zart beſchuppten Flügeln von hell ockergelber Grund⸗ farbe und ſucht ſein flügelloſes, gelb und ſchwarz geſchecktes Weibchen, das gegen Abend an Baumſtämmen in die Höhe kriecht und nach der Paarung ſeine Eier an Knoſpen legt. Im nächſten Frühjahr fallen die jungen Räupchen in erſter Linie über Knoſpen her, gehen ſpäter auch an Blätter und werden Laubbäumen, und zwar ganz beſonders Obſtbäumen, ſehr ſchäd⸗ lich. Die erwachſene Raupe iſt auf dem Rücken braunrot, an der Bauchhälfte ſchwefelgelb und hat dort vor jedem Ringe einen rotbraunen Strich. Die Verpuppung findet bei den Froſtſpannerraupen in der Erde ſtatt, wo ſie mit einigen Fädchen eine kleine Höhle ausſpin⸗ nen und ſich zu rötlichbraunen, ſpitzig endigenden Puppen verwandeln. Die gleiche Lebens⸗ weiſe hat auch der Orangegelbe Froſtſpanner, Hibernia aurantiaria Zsp., der ſich mit dem Großen Froſtſpanner gleichzeitig zeigt. N Ein ebenſo gefährlicher Schädling iſt der Kleine Froſtſpanner, Cheimatobia boreata 282 Schmetterlinge. Hb., das Männchen mit rötlich gelbgrauen, mit verwaſchenen dunkleren Wellenlinien ge- zeichneten Vorderflügeln und helleren Hinterflügeln, das Weibchen mit weißlichen, von einer braunen Querbinde durchzogenen Flügelſtummeln, die etwa dreiviertel Körperlänge haben, ſowie die ſehr ähnliche Art, Cheimatobia brumata L., bei der die Vorderflügel des Männ⸗ chens dunkler ſind und die ſehr kurzen Flügelſtummel des Weibchens nur etwa halbe Körper⸗ länge erreichen. Beide Arten erſcheinen ſchon beim Auftreten der erſten Nachtfröſte und ſind je nach den Witterungsumſtänden und dem Klima von Mitte Oktober an bis in den Januar hinein zu finden. Während die Männchen bei Anbruch der Dunkelheit taumelnd umher⸗ fliegen, kriechen die Weibchen verhältnismäßig ſchnell und behend an Bäumen in die Höhe und warten auf das Nahen eines Freiers. Die mohnkorngroßen, anfangs gelblichgrünen, ſpäter bräunlich werdenden Eier werden an Knoſpen und in Rindenritzen gelegt. Die Weib⸗ chen ſind ſehr fruchtbar, ſollen ſie doch bis zu 350 Eier abſetzen, eine Arbeit, mit der man ſie noch im März beſchäftigt gefunden hat. Die grünlichen Raupen, die bei Cheima- tobia boreata ſchwarzköpfig ſind, bei Cheimatobia brumata einen grünen Kopf aus, zerfreſſen Knoſpen und Blätter ver⸗ = Opftbäumen auch die jungen Früchte und können dadurch im Wald und im Garten viel Unheil anrichten. Um die Bäume gegen den Froſtſpannerfraß, ſowohl gegen =, \ 5 = = = x . Sa Sn den ſeitens des Großen Froſtſpanners als N Ar auch gegen den der kleineren Arten, zu t . eo. 2 ee Hatlelche Gröhe: e hebt Nee ſchützen, bringt man am beſten im Herbſt vor Eintritt der Fröſte rings um den Stamm Leimringe an, die den Weibchen nach ihrem Ausſchlüpfen aus der im Boden ruhenden Puppe das Aufſteigen auf den Baum und damit die Eiablage an letzterem unmöglich machen. i Der Harlekin oder Stachelbeerſpanner, Abraxas grossulariata L., iſt, wenn wir vom ſüdlichen Spanien und Griechenland abſehen, über ganz Europa und öſtlich bis Sibirien und Japan verbreitet. Unter den einheimiſchen Arten gehört er entſchieden zu den auffallend⸗ ſten Spannern. Seine Vorderflügel ſind rein weiß mit vielen rundlichen ſchwarzen Flecken geſchmückt, die teilweiſe zu zwei unvollkommenen Querbinden zuſammenfließen, an denen das Weiß durch Dottergelb erſetzt iſt. Die weißen Hinterflügel ſind ebenfalls ſchwarz gefleckt und der Leib ſchwarz und gelb gezeichnet. Bei Tage ſitzt der Harlekin, nach Taſchenberg, nicht ſo zwiſchen Gebüſch oder in Hecken wie mancher andere Schmetterling verſteckt, „weil er ſich nicht ſo eng an die Blätter anſchmiegt und auch weniger beſtimmt die Blattunterſeiten als Ruheplatz bevorzugt. Mit einbrechender Dunkelheit beginnt er ſeine taumelnden, geiſter⸗ haften Umflüge, bei denen die beiden Geſchlechter ſich aufſuchen und finden. Das befruchtete Weibchen legt im Auguſt feine ſtrohgelben Eier in kleinen Gruppen zwiſchen die Blattrippen verſchiedener Holzgewächſe, namentlich der Stachelbeer⸗, Johannisbeerſträucher, der Pflau⸗ ö men- und Aprikoſenbäume unſerer Gärten, des Schleh- und Kreuzdorns außerhalb derſelben. Späteſtens bis zu der erſten Hälfte des Septembers kriechen die Räupchen aus, häuten ſich vor dem Winter noch ein- oder zweimal und fallen mit dem Laube oder vor ihm herunter, haben, zeichnen ſich Durch Spinnvermögen ſchiedener Laubhölzer, benagen an den re; = ; ® N | die Männchen. Bald hier, bald dort geln zu ruhen und dann wieder fort⸗ geführt wird, bis ſich die Pärchen 2 Spanner: Stachelbeerſpanner. Kiefernſpanner. Schwärmer. 289. um ſich am Boden ein Verſteck zu fuchen. Aus dem Winterſchlaf erwacht, ſuchen fie die Futter⸗ pflanze auf, und ſind ſie recht zahlreich, ſo bleibt kein Blatt an ihr“, da ſie ſchon mit dem Fraß beginnen, ehe noch die Blätter zur vollen Entwickelung gekommen ſind. Die Raupen, die man jedoch meiſt nur vereinzelt, ſeltener in größerer Anzahl an ihren Futterpflanzen findet, ſind ähnlich wie der Schmetterling ungemein auffällig, oben weiß mit viereckigen ſchwarzen Querflecken, unten gelb und ſeitlich mit einem dottergelben, von ſchwarzen Flecken begleiteten Streifen. Die Verpuppung findet im Mai oder Juni an einem Blatt, einem Stengel, einem in der Nähe befindlichen Zaun oder einem ähnlichen feſten Gegenſtand ſtatt, wo die mit einigen Fäden befeſtigte Puppe nur wenige Wochen ruht. Beim Kiefernſpanner, Bupalus piniarius L., fällt die Schwärmperiode in die warme Frühlingszeit. Ohne ſich im mindeſten durch den hellen Sonnenſchein ſtören zu laſſen, flattern die Falter hauptſäch⸗ lich in 20 —70jährigen, namentlich auf dürrem Sandboden ſtehenden Beſtänden umher, beſonders eifrig ſieht man ſie taumelnd umherflattern und nach kurzem Fluge ſich auf einen Zweig oder am Stamm niederſetzen, um für einige Augenblicke mit auf: geſtellten zuſammengeklappten Flü- zueilen, ein Spiel, das ſo lange fort⸗ zuſammengefunden haben. Das dunkle Männchen mit buſchigen Füh⸗ Kiefernſpanner, Bupalus piniarius L., 1) Männchen, 2) Weibchen, lern trägt auf den weißgelben Flü⸗ - 8) Raupe. Natürliche Größe geln umfangreiche ſchwarzbraune Zeichnungen, von denen die helle Grundfarbe bis auf einzelne unregelmäßige Flecke und Strahlen verdrängt wird. Das Weibchen, das fadenförmige Fühler beſitzt, iſt dagegen roſt⸗ rot oder rotgelb gefärbt und klebt oben in den Baumwipfeln ſeine hellgrünen Eier in zier⸗ lichen Längsreihen an die Unterſeite von Kiefernadeln an. Die ſchlanken, grünen Raupen, die drei weiße Rückenſtreifen und zwei gelbe, ſich bis auf den Kopf fortſetzende Seitenlinien haben, befreſſen die Nadeln vom Rande her und können, wenn ſie einmal in großen Mengen auftreten, ganze Beſtände vernichten, wie dies in Deutſchland im Laufe der letzten Jahr⸗ zehnte wiederholt vorgekommen iſt. Die Tätigkeit der Raupen währt bis zum Oktober, dann ſieht man ſie an langen Fäden von den Bäumen herabbaumeln, im Begriffe, zum Boden abzuſpinnen, obwohl einzelne noch bis in den November oder Dezember hinein in den Baumwipfeln aushalten. Schließlich werden aber auch dieſe wenigen Nachzügler von den eiſigen Winterſtürmen heruntergeworfen und verpuppen ſich gleich den übrigen unter Moos und Streu. Die anfänglich grüne, ſpäter braun werdende, hinten in einen zugeſpitzten n Aftergriffel auslaufende Puppe überwintert ohne Geſpinſt. Die Schwärmer (Sphingidae) dürften den Eulenſchmetterlingen nicht gar zu fern ſtehen, bilden im übrigen aber doch eine recht gut abgegrenzte, etwa 800 Arten umfaſſende 284 8 f Schmetterlinge. Gruppe. Der Leib iſt bei dieſen ſchlanken, kräftig gebauten Tieren von einem dichten Hadr- pelz eingehüllt. Die Vorderflügel ſind ſchmal und länger als die verhältnismäßig breiten Hinterflügel. Nebenaugen fehlen. Am Kopf ſitzen meiſt ein langer Saugrüſſel und ein Paar abgeflachter, in eine feine Spitze auslaufender Fühler. Die Lebensluſt erwacht bei den Schwärmern, die tagsüber meiſt an Stämmen oder in irgendeinem Verſteck in tiefem Schlummer ruhen, in der Regel erſt abends, wenn ſich die Schatten der Dämmerung hinab⸗ ſenken. In pfeilſchnellem Fluge ſauſen dann dieſe ſicheren Flieger durch die Luft, ſchweben ſummend einige Augenblicke vor einer Blüte, in die ſie den langen Rüſſel einführen, huſchen gleich darauf zu einer benachbarten Blume, um dort ebenfalls zu naſchen, jagen aber bei der geringſten Störung ſogleich davon. Für die Blütenbeſtäubung haben daher die Schwärmer meiſt große Bedeutung. Fr. Müller beobachtete einmal ein Exemplar des am Tage fliegen⸗ den Taubenſchwanzes, Macroglossa stellatarum L., wie es hurtig von Blüte zu Blüte eilte und es fertig brachte, in nicht ganz 4 Minuten 108 Veilchen zu beſuchen. Dabei war ſeine Rüſſelſpitze, wie man ſchon in einer Entfernung von einigen Schritten deutlich ſehen konnte, über und über von weißem Pollen bedeckt, ſo daß das Tierchen in der kurzen Zeit auch ſicherlich alle dieſe vielen Blüten befruchtet hat. a 5 Die langgeſtreckten, ſechzehnfüßigen, vielfach buntgefärbten Schwärmerraupen tragen auf dem Rücken des vorletzten Ringes ein nach hinten gekrümmtes, bisweilen allerdings nur durch eine kleine knopfartige Erhebung angedeutetes Horn und gehen zur Verpuppung in die Erde, in der ſie ſich ein Lager ausglätten oder mitunter eine kleine Höhle ausſpinnen. Nur ausnahmsweiſe, wie bei der amerikaniſchen Gattung Madoryx Boisd., findet die Ver⸗ puppung in einem loſen, oberirdiſch an der Futterpflanze befeſtigten Kokon ſtatt. In den Tropen, in denen es die Schwärmer zu ihrem größten Formenreichtum gebracht haben, gibt es Arten von auffallender Größe, wie den braſilianiſchen Coeytius antaeus Drury, einen Rieſen mit merkwürdigen glashellen Fenſtern in ſeinen am Grunde rotgelb behaarten Hinterflügeln und düſter gefärbten, über 18 cm ſpannenden Vorderflügeln. 8 Vielen Arten hat das gute Flugvermögen zu einer ſehr weiten Verbreitung verholfen, EN jo daß z. B. der Linienſchwärmer, Deilephila lineata F., in einigen einander ſehr nahe: ſtehenden Unterarten ebenſo in Amerika wie in Auſtralien, Aſien, Afrika und in Südeuropa zu Hauſe iſt und ſich in warmen Sommern gelegentlich bis Deutſchland perfliegt. Ausdauernd fliegende Schwärmer, die ſich als ſüdeuropäiſche Gäſte zuweilen bei uns einfinden, ſind auch der Oleanderſchwärmer, Sphinx nerii L., und der Große Weinſchwärmer, Choero- campa celerio L., die beide zuweilen ſogar noch in Norddeutſchland ihre Eier abſetzen. Der Totenkopf, Acherontia atropos L., trägt als Wappen eine helle, totenkopfähn⸗ liche Zeichnung auf ſeinem düſter behaarten Mittelleib. Er hat tiefbraune, mit Schwarz und Gelb untermiſchte Vorderflügel und ockergelbe, mit zwei ſchwarzen Querbinden ver⸗ zierte Hinterflügel und gehört zu den wenigen Arten, die Töne hervorbringen. In die Hand genommen oder anderweitig beunruhigt, vermag er einen eigentümlichen, pfeifenden Ton von ſich zu geben, der an das Piepen einer Maus erinnert. Über die Urſache des Tones ſind die Meinungen ſehr geteilt. Als widerlegt kann jetzt die Anſicht gelten, daß der Ton etwa beim Einziehen oder Ausſtoßen von Luft aus dem Saugmagen hervorgebracht wird, a auch iſt die Annahme, daß er durch Reibung der Rüſſelhälften gegeneinander entſteht, neuer⸗ dings in Zweifel gezogen worden, und zwar durch Prochnow, der es für wahrſcheinlich hält, daß der Ton in einer kleinen, im Kopfe befindlichen Lufthöhle zuſtande kommt. Die ſtattliche, bis 15 cm meſſende, buntgefärbte Totenkopfraupe lebt an Kartoffelkraut ſowie verſchiedenen Stein oder an einer 3 rr Rn. a nn { 2 AR 5 * * * erleuchtete Wohnräume eindringt. Nie hat man liebt er dagegen ſehr ruch zu widerſtehen, der c Schwärmer: Totenkopf. Abendpfauenauge. 285 anderen Gewächſen und wird in mehreren Zentimetern Tiefe in einer mit Speichelflüſſigkeit ausgekitteten Erdhöhle zu einer rotbraunen Puppe. Die Heimat des Totenkopfes, der ſich in einer nahe verwandten Abart im indiſchen Ge⸗ biete findet, ſind die Mittelmeerländer. Alljährlich kann man die Beobachtung machen, daß dieſe kräftigen Tiere Südeuropa verlaſſen, nach Norden ziehen und bis Deutſchland kommen, wo ſie ſich gar nicht ſelten fortpflanzen. Man hat auch feſtgeſtellt, daß die Raupen ſich bei uns bis zur Verpuppung weiterentwickeln und ſogar wieder neue Schmetterlinge zu liefern vermögen, doch ſcheint es ziemlich fraglich, ob ſie er dauernd bei uns N können, denn die meiſten in Deutſch⸗ land beobachteten Tiere ſind ſicherlich immer wie⸗ der neue ſüdliche Zuzüg⸗ ler. Der Totenkopf ruht am Tage. Mit dachför⸗ mig über den Körper ge⸗ legten Flügeln ſitzt er unbeweglich auf einem Mauer, um erſt nachts umherzuſchwärmen, wo⸗ bei er gar nicht ſelten durch offene Fenſter in den Totenkopf an Blu⸗ men ſaugend gefunden. Den von wunden Bäu⸗ men ausfließenden Saft und vermag ebenſowenig dem ſüßlichen Honigge⸗ Totenkopf, Acherontia 7 E. 4% natürlicher Größe. 2 von Bienenſtöcken aus⸗ geht. Tollkühn dringt er ein und ſtiehlt Honig, abe ſich um die aufgeregten und erboſten Bienen ſonderlich zu bekümmern. Zwei ſolcher Räuber wurden gleich nach ihrem Beſuch bei den Bienen unterſucht, ſie hatten in ihrem Saugmagen ungefähr je einen halben Tee⸗ löffel Honig. Seine nächtlichen Einbrüche in Bienenſtöcke können dem Totenkopf übrigens mitunter auch einmal ſchlecht bekommen, denn wenn auch die meiſten Stiche durch den dichten Pelz abgehalten werden, ſo ſind doch Fälle bekannt, in denen der Schmetterling ſeine Naſchſucht mit dem Leben büßen mußte und von den Bienen erſtochen wurde. Das Abendpfauenauge, Smerinthus ocellata L. (Abb., S. 286), einer der bekann⸗ teſten deutſchen Schwärmer, fliegt im Mai und Juni und iſt an ſeinen am Rande ausgezackten Vorderflügeln, ganz beſonders aber an zwei großen dunkeln Augenflecken auf den Hinter⸗ flügeln zu erkennen. Als Raupe lebt es auf Weiden, Pappeln und Obſtbäumen. In ſeiner gewöhnlichen Ruheſtellung verhält ſich das Abendpfauenauge vollkommen unbeweglich. 286 se Schmetterlinge. Häufig hängt es ganz frei an Weidenzweigen und ſieht dabei einer Gruppe welker Blätter außerordentlich ähnlich, wie ſchon der alte Röſel von Roſenhof wußte, der in ſeinen im Jahre 1746 erſchienenen Inſektenbeluſtigungen hierüber ſagt: „Durch dieſe Stellung betrügen ſie unſere Augen dergeſtalt, daß man ſie bey ohngefährer Erblickung, öfters vor ein verwelcketes Blat, als vor einen Papilion anſiehet, und daher am Tage, da ſie ſonſt am leichteſten zu erhaſchen wären, ihrer hundert überſiehet, ehe man einen davon erkennet.“ Bei der ge⸗ ringſten Beunruhigung nimmt unſer Schmetterling aber ſofort eine eigentümliche Haltung an: alle vier Flügel ſpreizt er dann mit einem Male auseinander und läßt dabei drohend die dunkeln Augenflecke auf den rötlichen Unterflügeln hervortreten, von denen vordem nichts ſichtbar geweſen war, wodurch er manche Angreifer abzuſchrecken vermag. Sehr intereſſant iſt in a er ein a von N der verſchiedene inſektenfreſſende Singvögel — nennen im Käfig mit Abendpfauenaugen ziuſammengebracht hatte, um zu lingen gegenüber benehmen wür⸗ den. „Ein Schwarzkopf ging tapfer | mit dem Schnabel nach ihm; drohend wurde das Auge vorge⸗ ſcchoben, der Vogel flog erſchrocken auf, flatterte noch längere Zeit älngſtlich im Käfig hin und her und ſchte mit ſichtlichen Zeichen der Fiurcht zu entkommen; er berührte das Ungetüm nicht wieder. Auch a Abendpfauenauge, BEE ocellata L., links Spender Schmetter⸗ die beiden Rotkehlchen und die ling, rechts derſelbe in Trutzſtellung, von der Seite gejehen. Nach Japha („Spengels Zoologiſche Jahrbücher“, Bd. 27, 19090). Nachtigall hackten ein einziges Mal nach ihrem Pfauenauge und ergriffen augenblicklich die Flucht, als dieſes feine Trutzſtellung einnahm. Der Sproſſer allein (Lusciola philomela), welcher ſehr zahm war und ſeit Jahren mit allerlei Inſekten, auch großen Schmetterlingen und Spinnen gefüttert wurde, ließ ſich nicht beirren, packte das Pfauenauge, zerhackte und verzehrte es. Ganz der gleiche Verſuch wurde mit Linden⸗ ſchwärmern gemacht, mit dem Erfolg, daß dieſe von allen Vögeln ohne weiteres ergriffen, zerhackt und verzehrt wurden. Nur bei der Nachtigall geriet der ſchon ziemlich zerzauſte Lindenſchwärmer bei einem Fluchtverſuch zufällig in die Nähe des noch am Boden des Käfigs ſitzenden Pfauenauges; dieſes fing wieder an zu wippen und IE Auge zu zeigen, worauf der Vogel augenblicklich die Flucht ergriff.“ Wie von anderen Schwärmern, kennt man auch vom Abendpfauenauge viele Baſtarde mit verwandten Arten. Am leichteſten kommt es zu Kreuzungen zwiſchen ihm und dem Pappel⸗ ſchwärmer, Smerinthus populi L., deſſen graubraune Vorderflügel von dunkeln Wellen⸗ linien durchzogen werden, und deſſen Hinterſlügel eine roſtrote Behaarung am Grunde zeigen. Auf unſerem Farbenbilde bei S. 260 ſehen wir einen anderen dieſer Nachtſchwärmer, den Windig, Sphinx convolvuli L., gerade damit beſchäftigt, den langen Rüſſel in eine Blüte zu tauchen. Die in der Färbung wechſelnden bräunlichen oder grünlichen Raupen haben gelbe Schrägſtreifen, hinten ein gelbes, ſchwarzſpitziges Horn und finden ſich im (ſehen, wie fie ſich den Schmetter⸗ auf den Schmetterling los und hieb Serre eee r Schwärmer: Pappel, Winden-, Liguſter⸗, Oleander⸗, Wolfsmilch⸗, Kiefernſchwärmer. 287 Sommer an der Ackerwinde (Convolvulus arvensis). Dasſelbe Bild führt uns auch den Rainweiden⸗ oder Liguſterſchwärmer, Sphinx ligustri L., vor Augen, der ſich in den Abenditunden mit ſtarkem Geſumm an honigreichen Blumen einſtellt. Seine Raupe lebt an Fliederbüſchen oder anderen Pflanzen wie Liguſter, Schneeball und Spierſtaude; ſie iſt durch grünliche Färbung, ſeitliche, vorn dunkle, hinten weiße Schrägſtreifen ſowie ein ober⸗ ſeits und an der Spitze ſchwarzes Rückenhorn ausgezeichnet. Unter den europäiſchen Schwärmerarten iſt der Oleanderſchwärmer, Sphinx nerii L. (Daphnis), einer der prächtigſten. Die Vorderflügel find grasgrün bis dunkelgrün getönt und reich mit weißen, roſenroten und violetten Zeichnungen geſchmückt. Die violettgrauen Hinterflügel haben einen breiten grünen Saum und eine weißliche, gebogene Querlinie. Der grüne Körper ift gleichfalls mit weißen Linien verziert. Abweichungen von der üblichen, auf der Tafel bei S. 260 dargeſtellten Färbung kommen vor, ſind aber ſelten. Die Raupe iſt Kiefernſchwärmer, Hyloicus pinastri L., nebſt Eiern und Raupe. Natürliche Größe. in der Jugend gelblich und hat zunächſt ein langes, aufrechtes, ſchwärzliches Horn, ſpäter aber wird ſie grün, hat am dritten Bruſtringe ſeitlich einen weißen, dunkelgerandeten Doppelfleck und trägt nur noch ein ganz kleines, gekrümmtes gelbliches Horn. Obwohl ſie hauptſächlich auf Oleander lebt und ſich dort beſonders gern an den Blüten aufhält, wird ſie doch auch an dem verwandten Immergrün (Vinca) gefunden und wurde auch an der Kornelkirſche (Cornus mas) beobachtet. Der Oleanderſchwärmer iſt im ſüdlichen Europa zu Hauſe, wo er jährlich zwei Generationen haben ſoll, findet ſich auch in Afrika und iſt in Kleinaſien und Oſtindien keine ſeltene Erſcheinung. Wie bereits oben geſagt, gehört er zu den Zugvögeln unter den Schmetterlingen und verfliegt ſich in warmen Sommern von Südeuropa weit hinauf nach Norden, ſo daß man ihn auch in England, in Schweden und Finnland zu ſehen bekommen kann. Der Wolfsmilchſchwärmer, Deilephila euphorbiae L., hat graugelbe, dunkel ge⸗ zeichnete Vorderflügel und prächtig roſenrote, mit ſchwarzer Wurzel und ſchwarzer Quer⸗ binde vor dem Saume geſchmückte Hinterflügel. Der Kiefernſchwärmer, Hyloicus pinastri L., iſt ein in unſeren Kiefernwäldern wohl nirgends fehlender Schmetterling mit unſcheinbaren grauen, von einigen ſchwarzen Strichen und Flecken durchzogenen Vorder⸗ flügeln und grauen Hinterflügeln. Seine grün und braun gefärbten, mit hellen Seitenſtreifen geſchmückten Raupen freſſen hauptſächlich an Kiefern, kommen aber auch an Fichten und Lärchen vor und gehen im Herbſt in den Boden, um im Puppenzuſtande unter der Moos⸗ decke zu überwintern. Der Hummelſchwärmer, Hemaris fuciformis L., treibt ſich auf 288 e 5 blumenreichen Wieſen umher, wobei er bald die auf ſeiner Flügelmitte anfangs e RE Schüppchen verliert und damit einem Glasflügler ähnlich wird. B. Rhopalocera. Die A ſind echte Tagfalter mit keulenförmigen, an der Spitze were a Fühlern. Ihre Flügel haben keine Haftborſten. Die größte Familie unter dieſen Tagſchmetterlingen ſind die Nymphalididae, große, meiſt bunt gefärbte, oben und unten häufig verſchieden gezeichnete Schmetterlinge, die man in allen Erdteilen trifft, hauptſächlich aber in Afrika, wo ungefähr der dritte Teil der geſamten Tagfalterfauna zu ihnen gehört. Allen Arten gemeinſam iſt die mehr oder minder weit⸗ gehende Verkümmerung der nach unten eingekrümmt getragenen Vorderbeine, denen beim Weibchen mindeſtens die Fußklauen fehlen, während ſie beim Männchen gewöhnlich über⸗ haupt nur noch aus ein oder zwei dornloſen Gliedern beſtehen. Zum Anklammern ſind ſolche Vorderbeine natürlich ganz untauglich, ſie dienen auch nur als Putzfüße, und die Falter benutzen ſie, um mit ihnen gelegentlich zur Reinigung über den Kopf zu wiſchen. Die Raupen ſind gewöhnlich mit allerlei ſeltſamen Zacken und Dornen beſetzt. Die Puppen hängen mit dem Kopf nach unten, können ebenfalls Dornen und Zacken haben, die ihnen manchmal ein ganz phantaſtiſches Ausſehen Beben, und see ſich auch 5 durch prächtige Gold⸗ und Silberflecke aus. . Wir beginnen mit der ziemlich gleichförmigen artenarmen Gruppe der Danaidinae, Schmetterlingen, die wie Überbfeibfel einer alten, größtenteils ausgeſtorbenen Stammgruppe von Tagfaltern erſcheinen, mit ihrer erſt unvollkommenen, keulenförmigen Verdickung am Fühlerende und der noch ſehr einfachen Flügelzeichnung, die vorzugsweiſe den längs gerich⸗ teten Adern folgt. Weitere Merkmale beſtehen beim Weibchen in der Verkümmerung der Vorderbeine, die zu ungegliederten oder faſt ungegliederten keulenförmigen Zapfen um⸗ geftaltet find. Vorder- und Hinterflügel haben geſchloſſene Flügelzellen. Die Flügelform iſt meiſt länglich, ſeltener rundlich, niemals aber ſpitz, und nie kommen Schwanzbildungen vor. Die Danaidinen ſind Kinder der heißen Länder und zeigen ſich hauptſächlich im indo⸗ malaiiſchen Gebiete. Die Menge der dort im hellen Sonnenſchein fliegenden und blühende Fe Bäume umgaukelnden Falter ift geradezu erſtaunlich. Fruhſtorfer erzählt, daß er fie auf Ceylon und Lombok manchmal zu Tauſenden in vernachläſſigten, von blühendem Unkraut überwucher⸗ 5 ten Dorfgärten fliegen ſah. Vögel brauchen dieſe Falter nicht zu fürchten, denn alle Danai⸗ dinen werden wegen ihrer ſcharfen Säfte von Inſektenfreſſern verſchmäht. Die Männchen tragen große, rechts und links im Hinterleib gelegene Duftorgane. Von den großen Haarpinſeln, die die Männchen am Hinterende hervorſtoßen können, ſoll ein geradezu penetranter Geruch ausgehen. In Europa fehlen die Danaidinen, wenn wir von einer noch im Mittelmeer⸗ gebiete lebenden Art, dem leuchtend rotgelben, beſonders an der Spitze ſeiner Vorderflügel mit weißen Flecken geſchmückten Chryſippusfalter, Danaida chrysippus L., abſehen, der hauptſächlich das ſüdliche und öſtliche Aſien bewohnt und auch in ganz Afrika zu finden iſt. Auffallend weit verbreitet iſt der in Nord⸗ und Südamerika heimiſche Monarch, Danaida archippus L., ein großer, rotgelber Schmetterling mit dunkeln Flügelrippen und hellen Flecken in den ſchwarzen Flügelrändern. Dem Menſchen folgend, hat er ſich auf faſt ſämtlichen Inſeln des Indiſchen Ozeans eingebürgert, kommt, anſcheinend immer weiter nach Weſten vordringend, jetzt ſchon in Auſtralien und auf Java vor und gehört auf den Samoainſeln I N A ˙ ren en e . nnn K W * . e r fr — . 5 — 7 — 3 — T ag falter: Danaidinae. Neotropinae. Augenfalter. 289 bereits zu den gemeinſten Arten. Dank der weiten Verbreitung ſeiner Nährpflanzen, der Asklepiadazéen, ſowie begünſtigt durch ein überaus ſtarkes Flugvermögen und geſchützt durch feine Ungenießbarkeit, ſcheint dieſer Schmetterling überall fein Fortkommen zu finden, Den ſeltſamſten Geſtalten unter den Danaidinen begegnen wir im indomalaiiſchen Gebiete. Es ſind die Arten der Gattung Hestia F., große Schmetterlinge mit weißlichen, durchſcheinenden, dunkelgefleckten Flügeln, die niemals den Wald verlaſſen und vielfach in ganzen Geſellſchaften auf kleinen Waldblößen unter lautloſen Flügelſchlägen umher⸗ gaukeln, wobei ſich ihre großen weißen Leiber geradezu geſpenſtig von den dunkeln Stämmen abheben. „Geiſter“ heißen fie in Indien, „Papierſchnitzel“ werden fie dagegen von den Eingeborenen auf Java genannt, weil ſchon ein mäßiger Windſtoß dieſe ſchlechten Flieger wie loſe Blätter mit ſich fortführt. Bei den Neotropinae (Mecnanitinae) haben die Vorderbeine der Weibchen, im Gegenſatz zu denen der Danaidinen, wohlentwickelte, wenngleich bisweilen etwas verkürzte Füße. Mit Ausnahme einer Gattung, Hamadryas Boisd., die das auſtraliſche Gebiet be- wohnt, kommen alle übrigen, wie der Familienname andeutet, im neotropiſchen Gebiete, in den heißen Gegenden Amerikas vor, wo ſie teils den ſchattigen Urwald, teils mehr lichte, der Sonne ausgeſetzte Plätze bevölkern. Von dem Reichtum, den es dort an Neotropinen gibt, kann man ſich kaum einen Begriff machen. Selbſt ganz kleine, kaum durch Berge oder Hügel⸗ ketten voneinander abgegrenzte Waldgebiete in Braſilien beherbergen, nach Wallace, be⸗ ſondere, ihnen eigene Arten, während wenige Kilometer entfernt ſchon wieder abweichende Arten fliegen. Die Raupen haben bei dieſen Faltern keine Fortſätze auf dem Rücken und halten ſich vorzugsweiſe auf Nachtſchattengewächſen (Solanazeen) auf. An den ſich eng an⸗ ſchließenden Ithomiinae, gleichfalls tropiſch-amerikaniſchen Schmetterlingen, fällt an den Hinterflügeln der Männchen beſonders die überaus ſtarke Entwickelung der Duftapparate auf, durch welche das Flügelgeäder manchmal faſt ganz verwiſcht wird. f Die artenreiche Unterfamilie der Augenfalter (Satyrinae) können wir am ſicherſten an den am Grunde blaſig aufgetriebenen Adern der Vorderflügel erkennen, von denen wenigſtens immer die vorderſte oder Randader verdickt iſt. Außerdem ſind die meiſt heller oder dunkler braun gefärbten Flügel faſt immer mit einigen blinden oder gekernten Augen⸗ flecken geſchmückt. Die Vorderbeine ſind bei beiden Geſchlechtern verkümmert. Die mäßig langen, dicht abſtehend behaarten Taſter werden aufgerichtet getragen. Die meiſten Augen⸗ falter erreichen nur mittlere Größe und leben namentlich in den gemäßigten Zonen der Alten. Welt in größter Artenzahl. Einige Formen kommen im hohen Norden vor, andere ſind dagegen den Alpen und übrigen hohen Gebirgen eigen. Zu letzteren gehört der faſt einfarbig dunkle, tief ſchwarzbraune Eismohrenfalter, Erebia glacialis Esp., der nur eine undeutliche, roft- farbene Querbinde auf den Vorderflügeln trägt und in der Schweiz, in den einſamſten Gegen⸗ den des Hochgebirges, auf öden, nur von ſpärlichem Pflanzenwuchs bedeckten Schutthalden fliegt. Ein Gegenſtück zu den vielen düſter gekleideten Arten, die vorzugsweiſe im Gebirge oder den arktiſchen Breiten ihre Heimat haben, bilden einige Satyrinen des tropiſchen Ame⸗ rikas mit faſt glashellen, kaum behaarten Flügeln, an denen ſich nur eine dunklere Rand⸗ beſchuppung erkennen läßt. Einer von dieſen zart beſchwingten Faltern iſt Hetaera piera L., ein lieblicher Bewohner der ſchattigen Waldgebiete des Amazonenſtroms, von dem Seitz berichtet, daß er ſich gern im Waldinneren auf ſchmalen Pfaden niederläßt, beim Herannahen Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 19 290 Schmetterlinge 2 eines Menſchen aber in neckiſchem Fluge dicht über dem Boden dahinſchwebt, ſich wieder vor dem Wanderer auf den Pfad ſetzt, dort aufgeſcheucht, abermals etwas weiterfliegt und ſo dieſes Spiel längere Zeit fortführt. Statt der fehlenden Nachſchieber haben die Raupen der Augenfalter an ihrem ver⸗ dünnten Hinterende zwei Schwanzſpitzchen; ihr Körper iſt glatt oder runzelig, ſehr häufig ſamtartig behaart, mit helleren oder dunkleren Längsſtreifen, ſie leben meiſt an Gräſern, ſitzen an ihnen aber tagsüber faſt immer ſehr verſteckt. Ihre Puppen finden ſich flach unter der Erde oder unter Steinen; ſeltener ſind ſie am Hinterende befeſtigt oder werden von einem zarten Geſpinſt umſchloſſen. Unter den vielen deutſchen Arten, die ſich auf Wieſen, Schutthalden oder lichten Stellen im Walde tummeln, iſt die ziemlich ſcheue und gewandte Roſtbinde, Satyrus semele L., häufig, die auf den graubraunen Vorderflügeln zwei, auf den Hinterflügeln einen Augenfleck trägt. Ihre bräunliche, längsgeſtreifte Raupe verwandelt ſich nach der Überwinterung im Mai zu einer plumpen, in einem lockeren Erdkokon ruhenden Puppe. Eine andere Art, der Ringaugenfalter, Pararge aegeria L., hat oben auf ſeinen braunen Vorderflügeln un⸗ regelmäßige Flecke, die bei der in Südeuropa heimiſchen Stammform rotgelb, bei der in Deutſchland verbreiteten Abart Pararge egerides Staud. ſtatt deſſen bleichgelb gefärbt ſind. Die Vorderflügel tragen einen, die Hinterflügel drei kreisförmige, gekernte ſchwarze Augen⸗ flecke. Die Augen ſind im Gegenſatz zu denen der vorigen Gattung behaart. Bei den lieblichen, der Gattung Coenonympha Hb. angehörenden Wieſenvögelchen ſind die drei vorderen Adern angeſchwollen. Recht häufig iſt der ockergelbe Kleine Dan falter, Coenonympha pamphilus L. Von ausländiſchen Satyrinen verdient wegen ſeines Saiſondimorphismus der Reis⸗ ſchmetterling, Melanitis ismene Cram., genannt zu werden. In Oſtindien ſieht man ihn während der Trockenzeit überall im Schatten großer einzeln ſtehender Bäume ſpielen; ſeine deutlich ausgezackten Flügel ſind oben eintönig braun gefärbt, mit Ausnahme eines ſchwarzen, zwei rote und weiße Makeln enthaltenden Fleckens an der Vorderflügelſpitze. Der ruhende Falter wendet ſtets die ſchwärzlich-graubraune Flügelunterſeite nach außen, ſo daß er einem der vielen vertrockneten ſtaubigen Blätter, wie ſie in der Dürreperiode überall maſſenweiſe vorkommen, zum Verwechſeln ähnlich ſieht. Die graugrüne Raupe frißt nachts an Reis und anderen Gräſern, ruht aber am Tage in einer eigentümlich eingekrümmten Stellung. Bei dieſer Art gibt es zwei Bruten in der Trockenzeit, ferner kommen auch in der Regenperiode des Jahres zwei Bruten zuſtande, aber in abweichender Form, Melanitis leda L. genannt. Die gewöhnlich etwas kleiner bleibenden Ledafalter haben undeutlichere Flügelzacken, dafür iſt aber bei ihnen die braune Flügelunterſeite viel lebhafter getönt und mit einigen leuchtenden, ſchwarzen, weiß gekernten, gelb umringten Augenflecken geſchmückt. So haben wir hier ein hübſches Beiſpiel von Saiſondimorphismus vor Augen, bei dem die zur Trockenzeit vorkommenden Ismenefalter in ihrem eintönigen Kolorit mit det ſtaubigen Dürre vertrockneter Pflanzen harmonieren, während die zur Regenzeit lebenden Leda⸗ ſchmetterlinge mit ihren ſchillernden Augenflecken ſich ebenſo trefflich in die an verdunſtenden Tauperlen und glitzernden Regentropfen reiche Farbenpracht der Tropenvegetation einfügen. Die Morphoninae ſind große tropiſche Falter, zum Teil wahre Rieſengeſtalten mit prächtig ſchillerndem blauem Farbenglanz, die teils das indiſche Gebiet bewohnen, teils die heißen Gebiete Amerikas beleben, in Afrika aber gänzlich vermißt werden. Sie liefern die e * 8 50 5 3 Tagfalter: Morphoninae. Brassolinae. Heliconinae. Erycininae. Libytheinae. 291 ſchönſten Prunkſtücke für Sammlungen, beſonders die mit ſehr kleinen, pinſelartigen Vorder⸗ beinen ausgeſtatteten Männchen, die in den leuchtendſten azurblauen Farben glitzern, wäh⸗ rend die Weibchen gewöhnlich ſtumpfer und einfacher gefärbt ſind. Abgeſehen davon, daß eine geſchloſſene Mittelzelle an den Hinterflügeln ausnahmslos fehlt, fällt es auf, wie klein und ſchmächtig der Leib bei dieſen Tieren im Vergleich zu den mächtigen Schwingen bleibt. Betrachten wir einen Morphofalter von der Unterſeite, ſo iſt von ſeinem Leib überhaupt nichts zu ſehen, weil er ganz von zwei tiefen Auskehlungen aufgenommen wird, die ſich oben am Innenrande der Hinterflügel befinden. Die der Hauptgattung Morpho F. zugehörigen Arten kommen nur in den Tropen⸗ waldungen Amerikas vor. Bezaubernd ſchön ſehen dieſe großen prächtigen Falter aus, wenn ſie an lichten Waldſtellen, beſtrahlt vom Sonnenglanze, ihre blauen Schwingen funkeln laſſen und hoch oben, ohne ſich je auf den Erdboden niederzulaſſen, zwiſchen den Baumwipfeln in wellenförmigen ſchwankenden Flugbahnen auf und nieder gaukeln. Nur wenige Mor⸗ phoninen halten ſich auch in geringer Entfernung am Waldboden auf. Dort ſieht man ſie dann wohl nach einem heftigen Gewitterguß eifrig die zurückgebliebenen Waſſertröpfchen trinken oder an abgefallenen Früchten lecken. Die Raupen leben bei einigen Arten geſellig und können dann dicke, in den Baumäſten hängende Klumpen bilden. Einige Morphoraupen ſind auch wegen der giftigen Beſchaffenheit ihrer Hautdornen gefürchtet. Die nur im tropiſchen Amerika vorkommenden Brassolinae ſtehen den Morphoninen ſehr nahe, haben eine geſchloſſene Mittelzelle an den Hinterflügeln, meiſt ſchöne Augenflecke an der Flügelunterſeite, ſollen aber im Gegenſatz zu ihren Verwandten tagsüber ruhen und erſt gegen Abend munter werden. Überaus häufige Tagfalter in den amerikaniſchen Tropen⸗ ländern find die Heliconinae. Sozuſagen überall ſieht man fie dort umherſpielen, beinahe ſämtlich durch rotgelbe und ſchwarze Farben ausgezeichnet, ſo daß bei dieſer Gruppe eine geradezu überraſchende Eintönigkeit herrſcht, die durch den übereinſtimmenden Flügelſchnitt und das gleiche Benehmen der Tiere noch erhöht wird. Die Männchen haben lange, ungeglie⸗ derte, die Weibchen viergliederige Vorderfüße. Eine Eigentümlichkeit aller Heliconierfalter iſt ihr höchſt unangenehmer Geruch. Dieſe wichtige Eigenſchaft, die ſie für Vögel und die meiſten anderen Inſektenfreſſer zu widerlichen Biſſen macht, kommt ihnen ſicherlich im Daſeinskampfe zugute und erklärt wohl zur Genüge die Häufigkeit mancher Arten, die ſich, wie Heliconius melpomene L. und H. rhea Cram., bisweilen zu ganz gewaltigen Schwärmen anſammeln und in tanzendem Fluge ähnlich wie Mücken gemeinſam auf und nieder ſchweben. Nur kurz ſei auf die Erycininae aufmerkſam gemacht, die beſonders in vielen präch- tigen Arten die Urwälder Braſiliens beleben, aber auch in der Alten Welt nicht fehlen. Die einzige deutſche Art, der Hain würfelfalter, Nemeobius lucina L. (Abb., S. 294), hat an der ſchwarzen Flügeloberſeite rotgelbe Flecke und im männlichen Geſchlechte, wie ſeine Familienangehörigen, völlig verkümmerte Vorderbeine. Die Libytheinae, kenntlich an den auffallend langen Taſtern, ſind in Deutſchland nicht vertreten. Eine europäiſche Art aus dieſer namentlich im indoauſtraliſchen Gebiete, zum Teil auch in Afrika und Amerika verbreiteten Gruppe, Libythea celtis L. F., reicht aber vom Mittelmeergebiete bis nach Südtirol und hat gezackte dunkle Flügel mit rotgelben Flecken. Die Nymphalinae, zu denen viele unſerer häufigſten Tagfalter gehören, zeichnen ſich an Vorder⸗ und Hinterflügeln durch offene, höchſtens von unvollkommenen Queradern 19 * 292 Schmetterlinge. abgegrenzte Zellen aus. Das Männchen hat ungegliederte, dornenloſe Fuße, das weben vier- oder fünfgliederige krallenloſe Füße an den Vorderbeinen. Allbekannt ſind die Argynnis⸗Arten, Perlmutterfalter genannt wegen der farben⸗ ſchillernden Unterſeite ihrer Hinterflügel, die in der Regel perlmutterglänzende Flecke oder Striemen aufweiſt, während mancherlei ſchwarze Zeichnungen den orangeroten Grund auf der Oberſeite bedecken. Die hübſchen Schmetterlinge bewohnen lichte Laubwälder, beſuchen dort am Boden ſtehende Blüten und tummeln ſich auf Wieſen und Feldrainen umher. Unſer größter Perlmutterfalter, der mindeſtens 6cm ſpannende Silberſtrich oder Kaiſer mantel, Argynnis paphia L., führt im Saumfelde ſeiner orangeroten Flügel drei Reihen ſchwarzer Flecke. Die Vorderflügel haben im Wurzelfelde nahe dem Vorderrande dunkle, wellige Querlinien, und außerdem ſchwellen beim Männchen die ſchwarzbeſchuppten Rippen zu einem ſchwielenförmigen Duftapparate an. Auf der grünen Unterſeite ſchimmern drei violettglänzende Silberſtreifen. Die gelbbedornte braune Raupe, über deren Rücken eine geteilte, gelbbraun eingefaßte Längslinie läuft, lebt in Wäldern an Veilchen, Neſſeln und Himbeergeſträuch, kommt beſonders in der Ebene vor und überwintert in ziemlich jungem Zuſtande. Obwohl die Gruppe der Perlmutterfalter vorzugsweiſe in den gemäßigten Zonen zu Haufe iſt, fehlt fie auch nicht auf hohen Bergen oder im Norden. In Grönland ſah van⸗ hoeffen Argynnis chariclea Schneid. var. aretica Z., einen gelbroten Perlmutterfalter, von Ende Juni bis Anfang Auguſt auf feuchten, ſonnigen Hügeln und moorigen Wieſen ſo ſorg⸗ los umherfliegen, daß es ohne Mühe gelang, viele von dieſen zierlichen Faltern zu erbeuten, die merkwürdigerweiſe alle gar kein Verlangen nach Nahrung zu haben ſchienen, wenigſtens nie ihre Rüſſel in Blüten ſenkten. Im tropiſchen Amerika wird Argynnis vermißt und durch die nahe verwandte Gattung Agraulis Boisd. erſetzt. Die Scheckenfalter, Melitaea F., bilden eine andere artenreiche, in Deutſchland isch verſchiedene häufige Schmetterlinge vertretene Gattung mit braunroten, unterſeits helleren Flügeln, die dunkle Fleckenreihen oder Binden tragen. Ihre durch behaarte Fleiſchzapfen ausgezeichneten Raupen leben auf Kräutern und überwintern in gemeinſamen Geſpinſten. Waldränder und Wieſen bieten dieſen Schmetterlingen die liebſten Tummelplätze. Den Scheckenfaltern ſteht die Gruppe der Acraea-Arten nahe, zu der unanſehnliche Tagſchmetterlinge von einförmiger Färbung gehören, die in Afrika, wo ſie in reichlich hundert Arten vorkommen, zu den gemeinſten Tagfaltern gehören. Alle dortigen Akräen, die auch in Indien und Amerika durch einige naheſtehende Gattungen vertreten werden, ſcheinen | durch ihre widerlichen Säfte geſchützt zu fein, fie werden von Inſektenfreſſern gemieden und liefern Vorbilder für verſchiedene Tagſchmetterlinge anderer Familien, von denen ſie in 4 Farbe, Flügelſchnitt und Benehmen mehr oder minder naturgetreu nachgeahmt werden. Die Eckflügler, Vanessa F., zeichnen ſich oft durch ſchönen Metallglanz aus. Die Flügelform mag das in der gemäßigten Zone der Alten Welt überall häufige, von Japan und Korea bis England und Nordſpanien vorkommende Tagpfauenauge, Vanessa io L., veranſchaulichen, das auf unſerer Farbentafel im Vordergrunde wiedergegeben iſt, in dem Augenblick, wo es ſich gerade flüchtig auf den Boden beim Anzuge eines Gewitters nieder⸗ gelaſſen hat. Die glänzend ſchwarze, fein punktierte Dornenraupe lebt geſellig auf der Brenn⸗ neſſel und auf Hopfen. Der prachtvolle Admiral, V. atalanta L. (Pyrameis), der ſich gleich⸗ falls auf unſerer Farbentafel dargeſtellt findet, einer der prächtigſten einheimiſchen Falter, iſt ſamtſchwarz, weißgefleckt und mit einer ſchönen zinnoberroten Binde geſchmückt. Seine buntſcheckige Dornenraupe lebt einzeln in leicht eingeſponnenen Blättern von Brenneſſeln Europäiſche Tagfalter. ı) Zitronenfalter, Gonepteryx rhamni I. — 2) Bläuling, Lycaena Bellargus Rott. — 3) Admiral, Vanessa atalanta I. — 4) Tagpfauenauge, Vanessa io I. — 5) Bläuling, Lycaena arion I., dunkle Varietät aus Südtirol. Tagfalter: Nymphalinae (Perlmutterfalter, Scheckenfalter, Eckflügler). 293 und Diſteln. Der weitverbreitete, auch in Nordafrika und Nordamerika vorkommende Falter, der jährlich zwei Bruten hat, überwintert gewöhnlich im fertigen Zuſtande, ſeltener als Puppe. Ein Allerweltsbürger iſt der Diſtelfalter, V. cardui L. (Pyrameis; Tafel „Tagſchmetter⸗ linge“ bei S. 301, Fig. 6). Südamerika und einige kleine Inſelgruppen ausgenommen, be⸗ herbergen ihn alle Teile der Erde, ſo daß man ihn ebenſowohl in den heißeſten Tropengegen⸗ a den als auch während der kurzen Sommerwochen im hohen Norden finden kann. Er fliegt auf Gebirgen und in der Ebene und hat unter allen dieſen verſchiedenartigen Lebensbedingungen kaum nennenswert abweichende Lokalformen ausgebildet. Seine Flügel ſind lebhaft gefärbt, die vorderen auf ſchwarzbraunem Grunde an ihrer Spitze weißgefleckt und in der Mitte nach dem Grunde zu mit großen fleiſchfarbenen Flecken geſchmückt. Die Raupen ernähren ſich vor⸗ zugsweiſe von Diſteln und Brenneſſeln. Ende Mai erſcheinen bei uns oft ſchon die erſten friſchen Falter, von denen im Laufe des Jahres noch eine zweite und manchmal ſogar noch eine dritte Brut zuſtandekommt. Die befruchteten Weibchen überwintern. Wiederholt hat man ge⸗ waltige, aus vielen Millionen fliegender Diſtelfalter beſtehende Wanderzüge beobachten können. An der breiten, lichtgelben Einfaſſung ſeiner ſamtartigen ſchwarzen Flügel gibt ſich ſchon von weitem der Trauermantel, V. antiopa L., zu erkennen, der in ganz Europa verbreitet iſt und ſich in lichten Gehölzen, Parkanlagen und Gärten umhertummelt, wobei er ſich gern auf dem Boden niederſetzt. Im Raupenzuſtande lebt er geſellig an Weiden, Pappeln und Birken, an die das überwinternde Weibchen ſeine Eierhäufchen ziemlich hoch oben ab⸗ zulegen pflegt. Der Große Fuchs, V. polychloros L., trägt am Vorderrande der braunen Vorderflügel zwei größere ſchwarze Flecke, hinter denen noch einige kleinere auf der Flügel⸗ fläche ſtehen, während die Hinterflügel nur vorn einen Fleck haben. Der Saum iſt bei beiden Flügelpaaren dunkel. Die gelbbedornte, ſchwarzbraune Raupe mit drei gelben Streifen über dem Rücken lebt geſellig auf Kirſchbäumen, Weiden und einigen anderen Laubhölzern. Der Kleine Fuchs oder Neſſelfalter, V. urticae L., einer der häufigſten unſerer heimiſchen Schmetterlinge, von dem ähnlich wie beim Diſtelfalter große Wanderzüge be⸗ kannt ſind, iſt oberſeits ziegelrot mit drei ſchwarzen Vorderrandflecken an den Vorderflügeln und vielen zierlichen blauen Mondfleckchen in den dunkeln Flügelſäumen. Die ſchwarze, ſeitlich gelbgrüne, längsgeſtreifte Dornenraupe kommt jährlich in zwei Bruten geſellig auf Brenneſſeln vor, die ſie manchmal ganz kahl abweidet. Der Neſſelfalter iſt nicht in ſeinem ganzen Verbreitungsgebiet von übereinſtimmendem Ausſehen. In Sardinien und Korſika tritt er unter dem Einfluß des milden ſüdeuropäiſchen Klimas in der als Ichnusa bezeich⸗ neten Varietät auf, bei der die dunkeln Zeichnungen ſtärker zurücktreten, die ſchwarzen Randbinden ſchmäler ſind und die ſchwarzen Vorderrandflecke kleiner bleiben. Umgekehrt iſt es im hohen Norden, wo die Neſſelfalter in einer dunkeln Varietät, Polaris, vorkommen und viel breitere und ausgedehntere ſchwarze Färbungen als bei der mitteleuropäiſchen Hauptform haben. Sicherlich iſt es nur die verſchiedene Temperatur im Norden und Süden, welche die abweichende Färbung des Falters verurſacht, denn wenn man Puppen unſeres gewöhnlichen Neſſelfalters abſichtlich der Wärme (34—380 C) ausſetzt oder künſtlich tieferen Temperaturen (0 bis 100 C) eine Zeitlang preisgibt, jo entſteht aus dieſen Puppen nicht unſer bekannter Neſſelfalter, ſondern im erſteren Falle die ſüdeuropäiſche Ichnusa, im letzteren aber die nordiſche Varietät Polaris. Sehr große Hitze oder ſehr große Kälte wirken aber beide in übereinſtimmender Weiſe als ſtarker Reiz und bedingen die Entſtehung einer ſonderbaren, als Vanessa ichnusoides bezeichneten Abänderung, die in freier Natur nur hin und wieder einmal gefunden worden iſt. 294 | Schmetterlinge. Der Netzfalter oder die Landkarte, Vanessa levana L. (Araschnia), der im Früh⸗ ling und Sommer eifrig an allen Wieſenblumen naſcht, hat eine gewiſſe Berühmtheit erlangt, weil man bei ihm ſo recht deutlich zu ſehen bekommt, wie ſehr die Farben und Zeichnungen bei den Schmetterlingen durch die äußere Temperatur beeinflußt werden können. Er bringt es jährlich zu zwei aufeinanderfolgenden Bruten, die aber je nach der Jahreszeit ſo verſchieden Sr S 8 — 5 ä SI N 5 SL N 7) Re EN! ES S 1) Weibchen des Großen Eisvogels, Limenitis populi L.; 2) und 3) Männchen und Weibchen des Dukatenfalters, Chrysophanus virgaureae L. (S. 297); 4) Feuervögelchen, Chrysophanus phlaeas L. (S. 297); 5) Bläuling, Lycaena bellargus Rott. (S. 297); 6) Strichfalterchen, Augiades comma L.; Weibchen (S. 246); 7) Hainwürfelfalter, Nemeobius lueina L. (S. 291). Natürliche Größe. : gefärbt find, daß ein ausgeſprochener Saiſondimorphismus zuſtandekommt. Zeitig im Frühjahr, im April oder Mai, erſcheinen die erſten Netzfalter. Es ſind Tiere, die aus über⸗ winterten Puppen hervorgehen und ſich immer, von wenigen weißlichen Stellen abgeſehen, durch viele rotgelbe Flecke und Binden auszeichnen, durch welche die eigentliche tieſſchwarze Grundfarbe auf den Flügeln faſt vollſtändig verdrängt wird. Aus den von dieſer ſogenannten Winterform, V. levana L., abgelegten Eiern kommen bald darauf ſchwarze, dornige Raupen, die an Brenneſſeln leben und ſich ſchon im Laufe des Sommers verpuppen. So kann ſich etwa im Juli oder Auguſt aus den Sommerpuppen die zweite Brut, die Sommerform, ER ER a Tagfalter: Nymphalinae (Edflügler, Eisvogel, Schillerfalter, Hypolimnas), 295 V. prorsa L., bilden, bei der die Falter mit Ausnahme einer aus weißen Flecken zufammen- geſetzten, Vorder⸗ und Hinterflügel durchziehenden Querbinde faſt völlig ſchwarz gefärbt ſind. Die aus den Eiern jener Sommerbrut ſchlüpfenden Raupen ſind im Herbſt ausgewachſen und können daher wieder als Puppen den Winter überdauern. Dorfmeiſter hat zuerſt herausgefunden, daß die früher für ganz verſ chiedene Arten ge⸗ haltenen V. levana und V. prorsa in Wirklichkeit nur zwei verſchiedene, von der Jahreszeit abhängende Erſcheinungsformen ein und derſelben Schmetterlingsart ſind. Die erſtere von ihnen bildet nach Weismann die eigentliche Stammform, während letztere ſpäter, wahr⸗ ſcheinlich ſogar erſt nach dem Ablauf der Eiszeit, entſtand, als die Winter wieder kürzer wurden und die klimatiſchen Verhältniſſe Mitteleuropas die Entſtehung einer zweiten, ſich unter dem Einfluß der Sommerwärme entwickelnden Brut möglich machten. Daher gelingt es jetzt auch immer leicht, V. prorsa in die Stammform zurückzuverwandeln. Sobald man näm⸗ lich Sommerpuppen, aus denen eigentlich V. prorsa ſchlüpfen ſollten, einige Zeit hindurch im Eisſchrank künſtlich niederen Temperaturen ausſetzt, bildet ſich ſtatt der Sommerform V. levana aus, während es umgekehrt viel ſchwieriger iſt, aus Winterpuppen auf künſtlichem Wege durch Wärme Sommerformen zu erzielen. Wer ſich mit derartigen Temperatur- experimenten abgibt, wird übrigens mitunter auch einmal Zwiſchenformen züchten können, die hier und da ſogar im Freien gefangen werden und unter dem Namen V. porima bekannt ſind. Zu den größten europäiſchen Tagſchmetterlingen zählt der Große Eisvogel, Limenitis populi L. Ein Bewohner lichter Laubwälder, tummelt er ſich meiſt in größeren Höhen über dem Boden oder ſenkt ſich hinab, um an Pfützen und feuchten Stellen zu ſaugen, wobei wir ihn an ſeiner tief braunſchwarzen, vor dem Außenſaume mit gelbroten Flecken geſchmückten Oberſeite erkennen. Außerdem haben die Vorderflügel weiße Flecke und die Hinterflügel beim Weibchen eine weiße Binde. Die Taſter ſind abſtehend behaart. | Der Große Schillerfalter, Apatura iris L., iſt im männlichen Geſchlecht ebenſo wie der Kleine Schillerfalter, A. ilia L., auf der Flügeloberſeite durch ſeinen prachtvoll blau oder violett ſchillernden Glanz ausgezeichnet. Beide Arten zeigen ſich in Deutſchland im Juni und Juli an Waldrändern oder in lichten Gehölzen. Man ſieht ſie dort raſtlos hin und her ſchweben und kann ſie auch ohne allzu große Mühe erbeuten, beſonders die erſtgenannte Art, die ſich leicht anködern läßt und dabei merkwürdigerweiſe eine ganz ausgeſprochene Vor⸗ liebe für Limburger Käſe verrät. Die Fühlerkeule iſt beim Schillerfalter etwas breitgedrückt, die ſpitz auslaufenden Taſter beſchuppt. Die dornenloſen grünen, hinten zugeſpitzten Raupen tragen vorn zwei nach oben gerichtete ai und leben an Weiden und Pappeln. Von anderen, ausländischen, Nymphalinen verdienen beſonders die Hypolimnas-Falter unſer Intereſſe wegen ihrer polymorphen, in ganz verſchiedene Färbungen gekleideten Weib⸗ chen. Hypolimnas misippus L., ein im tropiſchen Afrika weitverbreiteter, wenn auch keines⸗ wegs häufiger Schmetterling, liefert hierfür ein Beiſpiel. Während die Männchen beim Miſippusfalter nur unbedeutend unter ſich abweichen, können bei dieſer Art aus den Eiern, die ein und derſelbe Mutterſchmetterling legt, weibliche Nachkommen entſtehen, die ſo grund⸗ verſchieden ausſehen, daß man ſie früher für beſondere Arten gehalten und unter einer ganzen Anzahl eigener Namen beſchrieben hat. Es ſcheint faſt, als ob die erſtaunliche Veränderlich⸗ keit der weiblichen Miſippusfalter zum Teil vielleicht damit zuſammenhängt, daß ſie zu den mimetiſchen Schmetterlingen, den „Nachahmern“ gehören, die im Ausſehen gewiſſen häu⸗ figen und wegen ihrer giftigen Säfte angeblich gegen mancherlei Verfolgungen geſchützten 296 he Schmetterlinge. Danaidinenfaltern gleichen. Hierbei kann man beobachten, daß die verſchieden gefärbten Miſippusweibchen immer verſchiedene Danaidinenarten zum Vorbilde haben. So erinnert die typiſche, rötlichgelbe Weibchenform von H. misippus L. ſehr an die geſchützte Art Da- naida chrysippus L., die anders gefärbte Weibchenform, H. inaria Oram., bei der die weißen Fleckchen auf den Vorderflügeln ſo gut wie völlig fehlen, läßt ſich mit Danaida dorippus Kl. vergleichen, und die als H. aleippoides Oram. beſchriebenen Weibchen, bei denen das Rot⸗ gelb der Hinterflügel größtenteils durch Weiß verdrängt iſt, finden ihr e in der ganz ähnlich gefärbten Danaida alcippus Cram. Ein geradezu klaſſiſches Beiſpiel von Blattähnlichkeit liefert uns die Gattung Callina Hüb., die in verſchiedenen Arten in Indien und Afrika verbreitet ift. So iſt beiſpielsweiſe die indiſche C. inachis Boisd., wenn fie in ihrer üblichen Stellung mit ſteil emporgerichteten und zuſammengeklappten Flügeln ſich auf einen Zweig niedergelaſſen hat, nur mit großer Mühe von einem abgeſtorbenen Blatt zu unterſcheiden, da ſie dieſes faſt bis in alle Einzelheiten nachahmt (Tafel „Tagſchmetterlinge“ bei S. 301, Fig. 7). Die graugelbliche oder rötlich⸗ braune Unterſeite der Flügel, die der Falter beim Ruhen nach außen wendet, unterſcheidet ſich in nichts von dem charakteriſtiſchen Farbenton welker oder modernder Blätter. Einige ſchwärzliche Stellen tragen dazu bei, dieſe Ahnlichkeit zu erhöhen, weil ſie kleinen Pilzflecken 75 N f N ; . F | a gleichen, die auf toten Blättern gewöhnlich vorkommen. Da glaubt man ferner die Mittel⸗ = tippe und die von ihr ausſtrahlenden ſeitlichen Blattrippen zu ſehen, ſie werden durch das Flügelgeäder der Kallima vorgetäuſcht, während das kurze, in der Fortſetzung der ſcheinbaren Blattmittelrippe gelegene Schwänzchen der Hinterflügel einem wirklichen Blattſtiel zum Ver⸗ wechſeln ähnlich ſieht. Dieſen täuſchenden Eindruck ruft der Schmetterling aber nur hervor, wenn er beſonders gegen Nachſtellungen geſchützt ſein muß, nämlich, wenn er ſich zum Aus⸗ ruhen geſetzt hat. Anders iſt es beim Umherfliegen in der Luft, wo er ſeine Verfolger nicht zu fürchten braucht, alsdann zeigt er ſtolz die prächtig tiefblau glänzende Oberſeite ſeiner Flügel, von denen das vordere Paar mit einer grellen, rotgelben Querbinde geſchmückt iſt. Den Namen Bläulinge oder Himmelsfalter (Lycaeninae) führt eine Gruppe von Tagſchmetterlingen mit farbenprächtigen, gewöhnlich in lieblichem Blau ſchimmernden Flügeln. Die Flügeloberſeite iſt bei dieſen munteren, zarten, in allen Erdteilen vorkommenden Faltern gewöhnlich viel lebhafter als die Unterſeite gefärbt, ſo daß der Schmetterling, wenn er ſich mit emporgeklappten Flügeln zur Ruhe niedergeſetzt hat, ſich nicht fo leicht durch feine bunte Farbe verraten kann. Auch ganz unſcheinbare Bläulinge fehlen nicht, wie Arten der Gattung Pentila Westw., die in ihrem bräunlichgrauen, eintönigen Kleide ganz dem troſt⸗ loſen, gelblichgrauen afrikaniſchen Steppenboden gleichen, über dem ſie in gaukelndem Fluge dahinſchweben. Andere, wie die gleichfalls afrikaniſche Mimacraea Buz., ſtimmen mit ihrer bunten, ſich vorzugsweiſe aus Rotgelb und Schwarz zuſammenſetzenden Farbe in auf⸗ fallender Weiſe mit den in ihrem Wohngebiete häufigen Acraea⸗Faltern überein. Der Heine Kopf trägt bei den Lyzäninen nackte oder behaarte Augen von länglicher Form. Die Vorder⸗ füße ſind beim Männchen ungegliedert, ſichelförmig und mit einem Endhaken verſehen, während ſie beim Weibchen gegliedert bleiben und Endklauen haben. Das in ganz Europa häufige Eichenſchillerchen, Zephyrus quercus L., fällt im Freien weniger ins Auge als die meiſten ſeiner Verwandten, weil es ſich gern hoch in den oberſten Spitzen von Eichen⸗ gebüſch aufhält, wo es mit zuſammengeklappten Flügeln ſich niederſetzt oder auf den von der Sonne beſchienenen Blättern umherſpaziert. Wie ſchön dieſe Zephyrusweibchen ſind, . e a u A u E U = Tagfalter: Bläulinge. 297 zeigt ſich erſt, wenn ſie ihre ſamtbraunen Schwingen ausbreiten, auf deren vorderem Paare oben zwei Flecke in prächtigem Azurblau erglänzen. Das Männchen iſt einfarbig ſchwarzbraun, bei ſchräg auffallendem Lichte violett ſchimmernd und trägt in dieſem Falle ſomit ausnahmsweiſe ein viel beſcheideneres Gewand als ſein zugehöriges Weibchen. Von den nächſtverwandten Arten ſei das kleine Brombeerfalterchen, Callophrys rubi L., genannt, das man zwar leicht bemerkt, wenn es im Frühling mit ausgebreiteten (lade braunen Flügeln um Brombeerbüſche ſpielt oder grünes Ginſtergeſtrüpp umſchwärmt, deſſen Jagd aber doch auf Schwierigkeiten ſtößt, weil es gewöhnlich gerade im entſcheidenden Augenblick mit einem Male wieder verſchwunden iſt. Währenddeſſen hat ſich der kleine Falter raſch mit zuſammengeklappten Flügeln unbeweglich auf ein Blatt niedergelaſſen und iſt nun, da er die lebhaft grün gefärbten Flügelunterſeiten nach außen wendet, kaum noch von einem der vielen grünen Blättchen zu unterſcheiden. Der Dukatenfalter, Chrysophanus vir- gaureae L. (Abb., ©. 294), der die ebengenannte Art an Größe etwas übertrifft, ſchimmert im männlichen Geſchlecht in ſo feurigem kupferroten Glanze, daß wir ihn wohl unbedenklich Bu den ſchönſten einheimiſchen Faltern rechnen dürfen. Hübſch iſt auch das etwas kleinere Feuervögelchen, Chrysophanus phlaeas L. (Abb., S. 294), mit feinen rotgoldenen, ſchwarz⸗ gefleckten und ſchwarzgeſäumten 9 während die ſchwarzbraunen Hinterflügel eine rotgoldene Randbinde haben. i Die eigentlichen Bläulinge, Lycaena F., zeichnen ſich als Männchen faſt immer uch blauen Glanz aus, während die Weibchen eintöniger, vorherrſchend braun gefärbt ſind und nur ſeltener blaue Färbungen tragen. So kleidet ſich das auf der Farbentafel bei S. 292 ab⸗ gebildete Männchen des Bläulings L. bellargus Rott. (Abb., S. 294) oberſeits in ein wunder⸗ volles Himmelblau, während ſich ſein dunkelbraunes Weibchen mit ſpärlicher blauer Be⸗ ſtäubung begnügen muß. Die graubraune Unterſeite iſt bei dieſer Art mit ſchwarzen, weiß⸗ umrandeten Flecken geſchmückt, wie wir an dem fliegenden Falterchen der Abbildung auf S. 294 erkennen können. Ahnlich iſt es bei einer anderen Art, L. arion L., von der ſich eine dunkle Varietät auf unſerer Farbentafel der europäiſchen Falter bei S. 292 dargeſtellt findet, während wir auf der Tafel bei S. 304 die prächtige, in Ceylon fliegende Amblypodia amantes He. ſehen. Die gedrungenen, ſtark gewölbten Raupen leben bei den Lyzänen haupt⸗ ſächlich an Schmetterlingsblütlern und ſtehen vielfach in freundſchaftlichen Beziehungen zu Ameiſen. Die im Frühjahr und Hochſommer dicht am Boden an Ginſter, Klee und anderen Pflanzen freſſende Raupe von L. argus E. ſieht man ſehr oft von einer ganzen Ameiſen⸗ ſchar umringt, die ſich mit ihren Köpfen alle an ſie herandrängen und ſie mit den Fühlern betaſten oder mit ſanften Schlägen berühren. Ahnliches iſt von vielen anderen Lyzänenraupen bekannt. Manche ſieht man überhaupt faſt nie ohne ihre beſondere Ameiſenſchutzwache, und einige halten ſich manchmal ſogar, wie die ebengenannte Art, in Ameiſenneſtern auf. In Sizilien, Südſpanien und Nordafrika kommt Tarucus theophrastus F. vor, eine Art, die auch aus Arabien bekannt iſt und in Vorderindien ſogar zu den gemeinſten Bläu⸗ lingen gehört. Dort fliegt ſie in ganzen Scharen, und an den Büſchen und Bäumen von Zizyphus jujuba, an die die Weibchen ihre Eier ablegen, ſitzen dieſe zierlichen, am Hinter⸗ rande der Hinterflügel mit einem kleinen Schwänzchen geſchmückten Schmetterlinge nicht ſelten in dichten Haufen beiſammen. Den flachen, grünen Theophrastus-Raupen, die ſpäter die Blätter ſo gründlich zerſtören, daß die befallenen Bäume ſehr oft vollkommen kahl ge⸗ freſſen werden, wenden Ameiſen ihr reges Intereſſe zu. Gewöhnlich ſieht man die Raupen von Ameiſen förmlich umlagert, und wenn die Raupen hernach verpuppungsreif geworden 298 Schmetterlinge. jind, fo kommen die Ameiſen, packen die Raupen und ſchleppen fie mit ſanfter Ge⸗ walt, aber ohne ihnen irgendein Leid anzutun, vom Baume herunter in ihr am Grunde des Stammes gelegenes Neſt hinein und decken nun die Raupen ſorgfältig mit Erde zu. Holt man dann eine ſolche Bläulingsraupe oder die vielleicht ſchon daraus entſtandene Puppe wieder hervor, ſo dauert es nicht lange, bis ſie von den Ameiſen nochmals mit Erde bedeckt oder in die tiefen Teile des Neſtes in Sicherheit gebracht wird. Ja, es heißt ſogar, daß die Ameiſen auch den jungen Schmetterlingen von Tarucus theophrastus, wenn fie aus den Puppen hervorkommen, ihre Hilfe angedeihen laſſen und ihnen beiſpielsweiſe vor⸗ ſorglich auf die Beine helfen, wenn ſie etwa beim Ausſchlüpfen das Gietchgeswußt verloren haben und auf den Rücken gefallen ſind. Wie bei anderen Gelegenheiten handeln aber auch in dieſem Falle die Nun en keines⸗ wegs als uneigennützige Freunde, ſondern nehmen ſich der Raupen nur deswegen ſo liebe⸗ voll an, weil ſie ſie als eine Art Nutzvieh gebrauchen können, das ihnen willkommene Speiſe liefern ſoll. Alle dieſe myrmekophilen, zu den Ameiſen in freundſchaftlichen Be⸗ ziehungen ſtehenden Bläulingsraupen haben nämlich am Rücken ihres ſiebenten Hinter⸗ leibsringes, und zwar in der Mitte des Hinterrandes, einen kleinen Querſpalt, aus dem ſie a ein kleines Wärzchen hervortreten laſſen können. Von letzterem wird offenbar ein honig⸗ artiger, den Ameiſen ſehr wohlſchmeckender Stoff abgeſondert, denn man hat wieder⸗ holt beobachtet, daß die Ameiſen, ſobald ſie eine ſolche Raupe entdeckten, alles andere im Stich ließen und ſich auch nicht im geringſten mehr um die ſonſt von ihnen ſo geſchätzten Blattläuſe kümmerten, um ſich ſtatt deſſen ganz der Raupe zu widmen. Man ſah, wie ſie ſich eifrig um die honigſpendende Raupe ſcharten, ſie betaſteten und unaufhörlich mit ihren langen Fühlern ſo lange betupften, bis die Raupe ſich bewogen fühlte, einen der begehrten Sekrettropfen aus ihrer Rückenwarze zu ſpenden, der dann auch ſofort von den Ameiſen gierig aufgeleckt wurde. Merkwürdigerweiſe ſind alle Lyzäninenraupen, die das eben⸗ erwähnte Sekretorgan haben, nebenbei auch im Beſitze von zwei auf dem achten Hinterleibs⸗ ſegment befindlichen Zäpfchen (Tuben), die ſeitlich hinter den Atemlöchern vorgeſtreckt wer⸗ den können, und von denen, wie Thomann vermutet, vielleicht ein beſonderer Duft ausgehen mag, der zum Anlocken der Ameiſen beſtimmt iſt. 5 Im übrigen ſind durchaus nicht alle bei Ameiſen lebenden Lyzäninenraupen als eigent⸗ liche Ameiſenfreunde zu bezeichnen. Geradezu als Feind von Ameiſen muß die im indo⸗ auſtraliſchen Gebiete vorkommende Lyzänine Liphyra brassolis Westw. angeſehen werden, über deren Lebensweiſe gerade in neuerer Zeit bemerkenswerte Beobachtungen gemacht ſind. Das eierlegende Schmetterlingsweibchen, das die aus zuſammengeſponnenen Blättern verfertigten Baumneſter der Weberameiſe, Oecophylla smaragdina F., aufzufinden weiß, legt in deren Nachbarſchaft ſeine Eier an Stengel und Blätter ab, ſo daß hernach die aus⸗ ſchlüpfenden Räupchen leicht in das Ameiſenneſt eindringen können. Die Liphyra⸗Raupen haben die gleiche aſſelförmige Geſtalt wie andere Lyzäninenraupen, ſind dabei aber un⸗ gemein ſtark abgeplattet und ſeitlich mit ſcharfem vorſpringendem Rande verſehen. Hierzu kommt, daß die ganze Rückenſeite und die angrenzenden Seitenteile des Bauches wie ein feſtes Schild gepanzert ſind, ſo daß man kaum die Einſchnitte zwiſchen den Körperſegmenten erkennen kann. Nur die Mitte der Bauchſeite, wo die Bruſtfüße und die am Ende mit faſt kranzförmig angeordneten Haken ausgeſtatteten Bauchfüße angebracht ſind, bleibt bei dieſen Raupen weichhäutig, wird aber durch die vorſpringenden, mit Haaren beſetzten harten Körper⸗ ränder hinreichend gegen alle etwaigen Angriffsgelüſte der Ameiſen geſichert. Ebenſowenig Tagfalter: Bläulinge. Weißlinge. 299 vermögen die Ameiſenkiefer den Kopf einer ſolcher Raupe zu packen, denn letzterer kann erforderlichenfalls ganz unter das Rückenſchild heruntergezogen werden. So haben die Liphyra⸗Raupen eine förmliche Panzerrüſtung an und können es wagen, im Neſt ihrer Wirte unbeſorgt umherzuſpazieren und die Ameiſenlarven auszuſaugen, wozu ihre Mund⸗ teile eigens eingerichtet ſind. Die Verpuppung, die im Neſt der Wirtsameiſen ſtattfindet, iſt inſofern merkwürdig, als hierbei die letzte Larvenhaut nicht, wie es doch ſonſt faſt all⸗ gemein geſchieht, von der reifen Raupe abgeſtreift wird, ſondern erhalten bleibt und eine ſchützende Hülle um die Puppe bildet. Nicht minder merkwürdig ſieht der friſch geſchlüpfte Schmetterling aus, der an ſeinem ganzen Leib, an den Vorderflügeln, Beinen und Fühlern über und über mit ganz loſe ſitzenden Schüppchen bedeckt iſt, die, ſobald das Tier ſich be⸗ wegt, in ganzen Wolken davonſtieben und anſcheinend klebrig ſind, ſo daß die Ameiſen, wenn ſie einem ſolchen Schmetterling zu nahe kommen, eine ganze Weile zu tun haben, um ſich von den an ihnen hängengebliebenen Schuppen wieder zu befreien. Ungemein drollig ſoll es, wie Dodd beſchreibt, ausſehen, wenn die Ameiſen bei einem Angriff auf einen Liphyra-Schmetterling immer ſofort in die größte Beſtürzung und Aufregung ge⸗ raten und ſich alle Mühe geben müſſen, um durch Schütteln und Putzen die unangenehmen Schuppen wieder loszuwerden. Mittlerweile findet aber dann der Schmetterling, ganz wie wir dies oben (S. 243) bei Pachypodistes geſehen haben, genügend Zeit, um var Angreifern zu entrinnen und in das Freie zu gelangen. Die eben genannten Liphyra-Raupen find nicht die einzigen Fleiſchfreſſer unter den Lyzäninen, denn die frei lebenden, kurz und plump gebauten Raupen einer indiſchen Art, Spalgis epius Westw., die über und über mit einer dicken, mehligen, an den ſteifen Raupen⸗ haaren hängenden Wachsausſcheidung bedeckt ſind und daher wie mit Puder beſtreut aus⸗ ſehen, freſſen Schildläuſe und halten ſich an Zweigen und Aſten auf, die von derartigem Ungeziefer befallen ſind. Auch die Raupen einiger verwandter Arten, die man in Indien und im äquatorialen Afrika gefunden hat, ſind als Blattlausvertilger bekannt. Die Familie der Papilionidae umfaßt Tagfalter, bei deren beiden Geſchlechtern die Vorderbeine ſtets wohlentwickelt ſind. Ihre Puppen ſind nicht allein am Hinterende angehängt, ſondern werden außerdem, ähnlich wie bei den Bläulingen, auch noch in der Leibesmitte durch einen gürtelartigen Querfaden befeſtigt. Die Weißlinge (Pieridinae), eine der am weiteſten verbreiteten Schmetterlings⸗ gruppen, ſind an ihren in der Regel weißen oder gelben, oft allerdings auch teilweiſe ſchwärz⸗ lichen oder manchmal ſogar bunt gefärbten Flügeln zu erkennen, an denen die Mittelzellen deutlich geſchloſſen ſind. Die hinterſte Ader der Vorderflügel bleibt ſtets ohne Seitenaſt. Der Große Kohlweißling, Pieris brassicae L., iſt einer unſerer häufigſten Schmetter⸗ linge. Das ganze Jahr hindurch, vom Frühling bis in den Herbſt hinein, treiben ſich dieſe weißbeſchwingten, weithin ſichtbaren Falter umher und flattern überall in Feld und Garten, wobei ſie ſich bald hier, bald dort auf Blüten niederlaſſen oder in neckiſchem Liebesſpiele ſich gegenſeitig umwirbeln und verfolgen. Die Vorderflügel ſind an der Spitze ſchwarz und haben beim Weibchen außerdem noch zwei ſchwarze Mittelflecke und einen ſchwarzen, keil⸗ förmigen Wiſch am Hinterrande. Die Hinterflügel tragen am Vorderrande einen kleinen ſchwarzen Fleck. Die Flügelunterſeite iſt gelblich, nach innen zu grau beſtäubt. Wie ſehr die Entwickelung vom Klima abhängig iſt, zeigt ſich am beſten daran, daß der Kohlweißling in Deutſchland im allgemeinen jährlich in zwei Bruten auftritt, während er es im ſüdlichen 300 Schmetterlinge. Italien bis zu vier Bruten im Jahre bringt. Die gelben Eier werden zum Teil einzeln, meiſt aber in kleinen Häufchen beiſammen aufrechtſtehend an Kohlköpfe oder Blätter verwandter Pflanzenarten geklebt, an denen die Raupen ihre Nahrung finden. Letztere ſind grünlich mit ſchwärzlichen Flecken und gelblichen Längsſtreifen und kriechen zur Verpuppung gern an benachbarten Zaunlatten, Hauswänden oder ähnlichen Gegenſtänden in die Höhe, an denen man bald darauf die kantigen, bräunlichgrauen, mit ſchwärzlichen und gelben Flecken be⸗ deckten Puppen finden kann, die bei der letzten Brut überwintern. Der Kohlweißling hat viele Feinde unter der Inſektenwelt. Ein ganzes Heer von Raupenfliegen und Schlupfweſpen iſt fortwährend tätig, um Kohlweißlingsraupen heim⸗ zuſuchen und ihre Eier an oder in ihnen unterzubringen. Außer den ſpäter noch zu ſchildern⸗ den Schmarotzerweſpen Apanteles glomeratus Reinh., deren gelbe Kokons klümpchenweiſe an den Verpuppungsſtätten auf eingegangenen Weißlingsraupen ſitzen und den kleinen Proktotrupierweſpen, Pteromalus puparum Swed., die ſich aus den Puppen der Weißlinge herausbohren, machen ſich auch noch die winzigen Mymarinen, Polynema ovulorum Hal., nützlich, die ihre Entwickelung in den Eiern des Kohlweißlings durchlaufen. Schlimm kann es aber werden, wenn dieſe verſchiedenen Feinde einmal ganz oder größtenteils verſagen i und außerdem vielleicht noch beſondere Witterungseinflüſſe dazukommen, welche die Ver⸗ mehrung der Weißlinge begünſtigen. Dann dauert es nicht lange, bis die Kohlraupen in geradezu unglaublichen Mengen alles verwüſtend und verheerend die Felder bedecken oder ſogar zu einem Verkehrshindernis werden, wie Dohrn erzählt, der bei einer Reiſe von Brünn nach Prag eine Unterbrechung der Eiſenbahnfahrt erlebt hat, weil ſein Zug auf offener Strecke mit einem Male nicht mehr vorwärts konnte. „Da ſah ich denn“, berichtet Dohrn, „den allerdings ebenſo unvermuteten als unglaublichen Grund der Lähmung eines Eiſen⸗ bahnzuges in voller Fahrt. Was einem Elefanten, einem Büffel nicht gelingen würde, etwa den Fall ausgenommen, daß ihre zerſchmetterte Leiche den Zug aus den Schienen gebracht hätte, das hatte die unbedeutende Raupe von Pieris brassicae durchgeſetzt“; denn Kohlweißlingsraupen hatten einige benachbarte, von ihnen ſchon vollſtändig kahlgefreſſene Kohlfelder verlaſſen und ſich in ungeheuren Scharen gerade quer über den Bahnkörper hin⸗ weg auf die Wanderſchaft begeben, wo ſie ſchließlich die Räder des heranbrauſenden Zuges mit ihren zerquetſchten Leibern zum Stillſtand brachten. Ein getreuer Begleiter des eben geſchilderten Kohlweißlings iſt der Kleine = weißling, Pieris rapae L., der ſich feit 1860 auch in Nordamerika eingeniſtet hat. ſpannt durchſchnittlich 4,5 em und gleicht feinem großen Vetter, jedoch iſt das . an der Vorderflügelſpitze matter und weniger ausgedehnt, und der ſchwarze Wiſch am Innenrande fehlt dem Weibchen meiſt, während das Männchen öfters einen ſchwarzen Fleck auf der Oberſeite hat. Die ſchmutziggrüne, wegen ihrer dichten und kurzen Behaarung faſt ſamtartig ausſehende Raupe, die auf dem Rücken und an den Seiten mit je einer feinen, zuweilen unterbrochenen Längslinie gezeichnet iſt, befrißt Kohlarten und Reſeda und verpuppt ſich gelegentlich auf ihren Futterpflanzen, jagt aber gewöhnlich zur Ver⸗ puppung andere Orte auf. Der Baumweißling oder Heckenweißling, Aporia crataegi L., der leicht an ſeinen ſchwarzen Flügelrippen zu erkennen iſt, fliegt im Juni und Juli. Aus den gelben, flaſchen⸗ förmigen, häufchenweiſe abgelegten Eiern ſchlüpfen die kleinen Räupchen im Hochſommer oder Herbſt aus, befreſſen die Blätter und ſpinnen ſie einzeln oder zu mehreren zuſammen, ſo daß ſeidenglänzende Geſpinſte, ſogenannte kleine Raupenneſter, entſtehen, die man namentlich Tagſchmetterlinge. 24 — . N FE TEERRT| 1. Raupe des Schwalbenichwanzes, Papilio machaon J. 2. Schwalbenſchwanz, Papilio machaon I. Nach Photographie. Nach Photographie. 3. Baumweißling, Aporia crataegi L., nebſt Puppen. 4. Schachbrettfalter, Melanargia galatea J. Nach Photographie. Nach Photographie. 5. Semiramisfalter, Copiopteryx semiramis Cram. 6. Diitelfalter, Vanessa cardui I. Nach Photographie von H. Main in London. Nach Photographie. 7. Callima inachis Boisd. Nach Photographie von F. M. Duncan in London. Oben mit ausgebreiteten Flügeln von oben gesehen, unten mit zusammengeklappten Flügeln an einem Blatt sitzend. Tagfalter: Weißlinge. | 301 in Weißdornbüſchen und Obſtbäumen verſchiedener Art hängen fieht und die den Raupen als Überwinterungsquartiere dienen. Im nächſten Frühjahr führen die unten blaugrauen, oben mit ſchwarzen und braunen Längsſtreifen beſetzten Raupen den Fraß fort, zerſtören die Knoſpen und weiden Blätter und Blüten ab, wodurch der Obſtbau großen Schaden erleidet. Der Schmetterling, der aus der gräulichen, ſchwarz gezeichneten und gelb gefleckten Puppe (Abb. 3 auf der beigehefteten Tafel) nach etwa zwei Wochen ausſchlüpft, hat die Eigentüm⸗ lichkeit, gleich nach dem Ausſchlüpfen ſeinen während der Puppenzeit angeſammelten Harn in Form eines großen blutrot gefärbten Flüf- ſigkeitstropfens zu entleeren. Handelt es ſich nur um einige wenige Falter, ſo fallen die ro⸗ ten Tröpfchen nicht weiter auf. Wenn aber bei maſſenhaftem Auftreten die ziemlich gleichzeitig ausſchlüpfenden Schmetterlinge alle mitein⸗ ander ihren Saft ausſpritzen, ſo benetzen die roten Tropfen überall Blätter und Zweige, beſpritzen unten auch noch den ganzen Erdboden und rufen damit die Erſcheinung des „Blut⸗ regens“ hervor, der in früheren Zeiten, als der Aberglaube noch in ſchönſter Blüte ſtand, die Veranlaſſung zu den ſonderbarſten Vorſtel⸗ lungen gegeben hat. Der Heckenweißling war früher in Deutſchland ſehr häufig, iſt aber ſeit einigen Jahrzehnten aus unbekannten Gründen ſehr viel ſeltener geworden und wird jetzt in vielen Gebieten überhaupt nicht mehr gefunden. Unter den Pieridinen gibt es manche, bei denen das Weiß durch Gelb oder Orange erſetzt iſt, wie bei unſerem Aurorafalter, 5 Euchloe cardamines L., deſſen Männchen 329 neben der ſchmalen, ſchwarzen Spitze ſeiner Vorderflügel in feurigem Orangerot prangt; Ri die Unterſeite der Hinterflügel trägt bei bei- Paummeißting, e . den Geſchlechtern baumartige Zeichnungen in moosgrüner Farbe. Die ſchlanke, lichtgrüne Raupe des Aurorafalters hat weißgrüne Rückenſtreifen und an den Seiten ſchwarze Pünktchen; ſie lebt an verſchiedenen Kreuzblütlern. Ein willkommener Frühlingsbote iſt der auf der Farbentafel bei S. 292 abgebildete Zitronenfalter, Gonepteryx rhamni L., der ſchon frühzeitig nach der Überwinterung von den wärmenden Sonnenſtrahlen aus ſeiner Erſtarrung hervorgelockt wird und ſich dann als einer der erſten Schmetterlinge draußen herumtummelt. Die grünen, an den Seiten mit einem weißen Streifen verſehenen Raupen freſſen an Kreuzdorn und Faulbäumen (Rham- nus cathartica und frangula) und verwandeln ſich in eckige, grüne, ſeitlich hell geſtreifte und roſtbraun gefleckte Puppen; die neuen Falter ſchlüpfen im Juli oder Auguſt aus, ſetzen ihre Eier aber erſt nach der Überwinterung ab. Im Mittelmeergebiete wird der im ganzen 302 Schmetterlinge. gemäßigten Europa verbreitete Zitronenvogel durch eine etwas größere, ſehr ähnliche Art, Gonepteryx cleopatra L., erſetzt. Von ausländiſchen Pieridinen ſehen wir zwei bunte indiſche Arten, Delias eucharis Dr. und Hebomoia glaucippe L., auf der Farbentafel „Tropiſche Schmetterlinge“ bei S. 304. Die meiſten ausländiſchen Arten erinnern in ihrem vorherrſchend weißen Gewande und ihrem übereinſtimmenden Benehmen an unſere heimiſchen Weißlinge, doch fehlt es nicht ganz an abweichenden Geſtalten. Eine der merkwürdigſten iſt wohl die in Weſtafrika vorkommende Pseudopontia 1 Feld, ein h mit wi durchſichtigen abgerundeten Flügeln, 3 i a nn ohne Endknopf an den Fühlern und jo abweichendem Geäder, daß man ſogar eine Zeitlang Zweifel gehabt hat, ob dieſer Falter überhaupt zu den Tag⸗ ſchmetterlingen gehört. ö Ritter (Equites) wurden von Linné die prächtigſten aller Tagfalter genannt. Es ſind die Papilioninae im heutigen Sinne, die der Syſtematiker gewöhnlich an die Spitze des Schmet⸗ terlingsſyſtems ſtellt. Die eigentliche Heimat dieſer Falter bilden die heißen Länder der Erde, in denen ſie vielfach in rieſenhaften Geſtalten und geradezu wunderbarer Farbenpracht vorkom⸗ men. In den gemäßigten Breiten tre⸗ ten ſie ſtark zurück, beleben aber in einigen Arten ſelbſt noch die arktiſchen Gebiete und die einſamen Gefilde des Hochgebirges. Bei allen Papilioninen gibt die hinterſte Ader der Vorderflügel (Ader 1) nach hinten einen kurzen Sei⸗ tenaſt ab. Die Mittelzellen ſind ſtets deutlich abgegrenzt. Die Fühler ver⸗ dicken ſich allmählich nach der keulenförmigen Spitze hin und zieren wie ein Paar aus elaſtiſchem Fiſchbein beſtehender Stäbchen den nicht beſonders großen Kopf. f Zu dieſer Gruppe gehört der allgemein bekannte Schwalbenſchwanz, Papilio machaon L., der, abgeſehen vom höchſten Norden, faſt ganz Europa bewohnt, durch Rußland und Sibirien bis Japan verbreitet iſt und auch in den Bergen des Himalaja fliegt. Unter den Schmetterlingen der deutſchen Fauna iſt er einer der ſtattlichſten. Seine ſchwefelgelben Flügel ſind von ſchwarzen Flecken und Adern durchſetzt. Die Hinterflügel, die mit einer blau beſtäubten Binde und einem roſtbraunen Fleck geſchmückt ſind, laufen in ein kleines Schwänz⸗ chen aus (Abb. 2 auf der Tafel bei S. 301). Obwohl der Schwalbenſchwanz in äußerſt raſchem Fluge dahinſegeln kann, gaukelt er doch meiſt langſam über dem Boden oder naſcht hier und da an Blüten. Er tritt alljährlich in zwei Bruten auf. Die dicke, grüne Raupe (Tafel, Fig. D), deren ſchwarze Querbinden mit roten Punkten beſetzt ſind, lebt auf Möhren, Peterſilie, Schwalbenſcwanz, Papilio machaon L. Verkleinert. r eigen, der in der Regel an ihrem Hin⸗ Tagfaltet: ie Shwelenfömen, ea), 303 Paſtinak oder anderen Umbelliferen und kann dicht hinter dem Kopfe zwei gelbe Zapfen, die „Nackengabel“, von der ein ſtarker Geruch ausſtrömt, hervortreten laſſen. Der Segel⸗ falter, Papilio podalirius L., liebt blumenreiche, ſonnige Hänge, an denen er in Mittel⸗ europa und im Mittelmeergebiete ſtellenweiſe durchaus nicht ſelten iſt. Seine ſtrohgelben Flügel ſind ſchwarz geſtreift. Die langgeſchwänzten Hinterflügel haben an ihrem ausgezackten Saum blaue Monde auf ſchwarzem Grunde. Die gelbgrüne, mit weißgelben Längslinien und ſeitlichen Schrägſtrichen geſchmückte Raupe lebt beſonders an Schlehen. Auf den blumenreichen Wieſen und Hängen der Hoch- und Mittelgebirge tummeln ſich die prächtigen Alpenfalter der Gattung Parnassius Latr., die begehrteſten Zierden unſerer Liebhaberſammlungen. Es ſind Schmetterlinge, die in verſchiedenen Arten und Raſſen in den europäiſchen Gebirgsländern verbreitet ſind und ebenſo in den Gebirgen Aſiens bis tief nach Zentralaſien hinein gefunden werden. Die Hinterflügel bleiben bei ihnen im Gegenſatz zu denen der Schwalben⸗ 4 ſchwänze und ihrer Verwandten unge- ſchwänzt. Die Grundfarbe iſt Weiß, wird aber durch Schwarz und häufig durch rote Flecke und Zeichnungen in abwechſelungsreicher Weiſe unterbro⸗ chen. Den Parnaſſierweibchen iſt ein eigentümlicher, taſchenartiger Anhang terleibsende ſichtbar iſt. Linné machte bereits auf dieſe „Aftertaſchen“ bei den weiblichen Apollofaltern aufmerkſam, Gebilde, welche auch von jpäteren Be⸗ obachtern häufig erwähnt werden. Erſftt 8 SER, v. Siebold erkannte aber die wahre Na⸗ Weibchen von Parnassius charltonius Gray, von unten ges tur dief er Anh än ge und ſt ellte f eft, daß ſehen. Darunter gen deal en von der Seite ſie nichts mit dem Hautſkelett des N Schmetterlings zu tun haben, ſondern erſt während der Begattung entſtehen und von dem erhärtenden Sekret des männlichen Falters herrühren, weshalb ſie immer nur bei befruch⸗ teten Weibchen vorhanden ſind. Die Farbe dieſer „Aftertaſchen“ wechſelt bei den einzelnen Arten; meiſt ſind ſie dunkel, bisweilen auch hellgelb oder weiß. Sehr groß ſind ſie bei einigen prächtigen Arten, die Kaſchmir, Tibet und andere Gebiete Zentralaſiens bewohnen, wie Parnassius imperator Oberth. und P. charltonius Gray, bei denen ſie graugelb und faſt wie ein Schneckenhaus geformt ſind. Aftertaſchen kommen übrigens auch bei der im Amurgebiet fliegenden Lühdorfia puziloi Ersch. und bei einigen anderen aſiatiſchen Arten der Gattung Lühdorfia Crüg. ſowie bei der im auſtraliſchen Gebiete heimiſchen Gattung Eurycus Bod. vor, Formen, die in der Regel zur Gruppe der Papilio⸗Arten geſtellt werden. Dem ſchönen Gotte des Lichtes und der ſtrahlenden Sonne nach benannt iſt der prächtigſte unter den Par⸗ naſſiern, der Apollofalter, Parnassius apollo L., deſſen weiße, am Rande glasartig durch⸗ ſcheinende Vorderflügel mit ſchwarzen Flecken geſchmückt ſind, während die Hinterflügel zwei blutrote, ſchwarz umſäumte Augenflecke tragen. Die Fühler haben eine ſchwarze Spitze. In den Alpen, in Tirol, im Schwarzwald, dem fränkiſchen Jura, der Eifel und anderen Gebirgsgegenden können wir je nach der Lage vom Mai bis zum Auguſt die ſchönen Falter 304 Schmetterlinge, ſchweben ſehen, die je nach der Gegend, in der ſie N in 1 Besch Lokalformen auf⸗ treten. Die oben angegebenen Farben wechſeln bei den europäiſchen Apollofaltern über⸗ haupt ſo ſtark, daß man ſich ſchon veranlaßt ſah, eine ganze Reihe von europäiſchen Varie⸗ täten aufzuſtellen, bei denen beiſpielsweiſe zum Teil auch an den Vorderflügeln Rot auf⸗ treten oder das Rot durch Gelb erſetzt ſein kann. Durch die unvernünftige Habgier der Sammler ſind die Apollofalter in Schleſien leider ſchon ganz ausgerottet worden, und an vielen anderen Orten Deutſchlands ſind ſie bereits ſehr ſelten. Die Raupe iſt ſamtſchwarz, fein behaart, mit zwei Reihen roter Flecke und ſtahlblauen Wärzchen am Rücken. Sie lebt an der Fetthenne und ſoll nur während der heißeſten Stunden des Tages freͤſſen. Die Ver⸗ puppung erfolgt am Boden in einem lockeren Geſpinſt. Der Alpenapollo, Parnassius delius Zsp., fliegt in den ſüdlichen Hochalpen und iſt auch vom Ural bekannt. Die Flügel⸗ zeichnung weicht ab, und die Fühler ſind ſchwarz und weiß geringelt. Gleichfalls in den Alpen, aber auch im Rieſengebirge, im Harz und der Schwäbiſchen Alb zeigt ſich der Schwarze Apollo, P. mnemosyne L., der kleiner bleibt, keine roten Augenflecke, weniger Schwarz auf den Vorderflügeln und ganz ſchwarze Fühler hat. Von der Schönheit tropiſcher Papilioninen gibt die Farbentafel eine Vorſtellung, bie den im indiſchen Gebiete weitverbreiteten prächtigen Papilio aristolochiae F. und den ſtattlichen Papilio polymnestor parinda Oram. aus Ceylon zeigt, der gerade zu einer Regen⸗ pfütze herniederflattert, an der er ſeinen Durſt löſchen will. Die Gattung Troides Hübn. (Ornithoptera Boisd.) umfaßt mit die ſchönſten und auffallendſten Schmetterlinge, Falter, die hauptſächlich im indomalaiiſchen Gebiete ihre Heimat haben und in beiden Geſchlechtern oft ſehr verſchieden ſind. Das Weibchen des auf Neuguinea lebenden Troides paradiseus Staud. ift düſter gefärbt mit ſchwarzen, grauen und weißen Farbentönen. Das Paradiseus- männchen, das ebenfalls auf der Tafel von unſerem Künſtler Morin außer den obengenannten Papiliofaltern naturgetreu dargeſtellt wurde, bleibt dagegen kleiner als ſein Weibchen, hat geſchwänzte Hinterflügel und ſchimmert in grünen und goldigen Farben. Auch bei den ausländiſchen Papilioniden gibt es manche Arten, die ſich durch auf- fallende Vielgeſtaltigkeit (Polymorphismus) ihrer Weibchen auszeichnen, wie uns z. B. Papilio dardanus Brown zeigt, ein ſtattlicher Schmetterling von außerordentlich weiter Verbreitung, den man in ganz Afrika von Abeſſinien bis zum Kap der Guten Hoffnung finden kann. Die mit zierlichen Schwänzen an den Hinterflügeln geſchmückten Männchen bleiben im Ausſehen überall einander gleich; ihre Farbe und Körperform ſind in dem ganzen weiten Verbreitungsgebiet immer nahezu dieſelben, wenn wir von kleinen Ande⸗ rungen in der ſpärlichen ſchwarzen Zeichnung auf dem gelblichweißen Grunde abſehen. Anders verhält es ſich mit den Weibchen. In Abeſſinien ſind ſie wie die Männchen ge⸗ ſchwänzt und ſtimmen als Raſſe antinorii Oberth. auch ſonſt ungefähr mit den Männchen überein, ſo daß wir in jenem afrikaniſchen Berglande höchſtwahrſcheinlich noch die eigent⸗ lichen Stammformen des Papilio dardanus vor Augen haben. In allen übrigen Gebieten Afrikas verhält es ſich dagegen anders, denn die Weibchen ſind hier ihren Männchen ganz unähnlich geworden und gleichen im Ausſehen weit mehr gewiſſen, zu den Danaidinen ge⸗ rechneten Schmetterlingsarten. Letztere find aber, wie wir oben ſahen, geſchützl, ſie bleiben ihrer widrigen Säfte wegen von Inſektenfreſſern gemieden, und wir werden daher gewiß annehmen dürfen, daß dieſer Schutz auch den ihnen ähnlichen Papilio-Weibchen zugute kommt, die wie ſo oft in der Natur im Intereſſe der Arterhaltung beſſer geſichert ſein müſſen als ihre Männchen. Tatſache iſt jedenfalls, daß in den verſchiedenen Gebieten m 1 5 Tropiſche Tagichmetterlinge. 1) Amblypodia amantes Heu. — 2) Papilio aristolochiae F. — 3) Delias eucharis Dr. — 4) Papillio polymnestor parinda Cram. — 5) Hebomoia glaucippe I. — 6) Troides paradiseus Staud. — 7) Sternocera orientalis Hbst. Allgemeines. 305 Afrikas ungefähr drei oder vier verſchiedene und unter beſonderen Namen beſchriebene Weibchenformen von Dardanus leben, die immer gerade einer in dem betreffenden Ge- biete häufig vorkommenden Danaidinenart ähnlich ſehen. Achte Gruppe: Fliegenartige Inſekten (Dipteroidea). 24. Ordnung: Zweiflügler (Diptera). Schlank gebaute, zarte Mücken, Schnaken und Gnitzen, gedrungene, kräftige Bremſen und Fliegen ſind die Hauptformen, die bei dem munteren Völkchen der Zweiflügler ODiptera) unter den mehr als 40000 bisher beſchriebenen Arten in verſchiedenen, einander aber doch immer ähnlichen Geſtalten wiederkehren. Alle dieſe Inſekten ſind an einigen ins Auge fallenden Merkmalen leicht zu erkennen. u m 420 wichtigſten iſt unſtreitig das Vorhandenſein nur eines den Vorderflügeln entſprechenden Flügelpaares, während die Hinterflügel zu kleinen, \ Bi ſtecknadelähnlichen, geftielten und am Ende geknöpften Gebilden, den 9 5 Schwingern oder Halteren, umgewandelt ſind. eg An dem deutlich abgeſetzten, frei beweglichen Kopf unterſcheiden | wir bei den Zweiflüglern die oberhalb der Fühler gelegene Partie als N Stirn und Scheitel, die darunter befindliche, bis zu den Mundteilen reichende als Untergeſicht. Die Fühler ſind verſchiedenartig. Bei den Mücken ſind ſie vielgliederig und manchmal ſo reich mit langen Haaren = beſetzt, daß fie einem Paar zierlicher kleiner Federbüſche gleichen. An⸗ ders bei den Fliegen, bei denen ſie immer kurz bleiben und nur von drei “ Gliedern, deren letztes das größte iſt, gebildet werden. Ein ſcharfer Ge⸗ genſatz zwiſchen Mücken und Fliegen gibt ſich aber doch in der Fühler⸗ bildung nicht kund, denn das dritte große Endglied der Fliegenfühler Kopf einer weib⸗ trägt noch eine ſogenannte Fühlerborſte (Arista), die oft deutlich ge⸗ ringelt iſt und ſich mit dem Endabſchnitt eines vielgliederigen Mücken⸗ fühlers vergleichen läßt. Als leichtbeſchwingte, flüchtige Inſekten, die unſtet von Ort zu Ort eilen, brauchen die Zweiflügler im allgemeinen einen gut entwickelten Geſichtsſinn und haben daher zwei große Facet⸗ tenaugen, die bei den Männchen nicht ſelten faſt die ganze Kopfober⸗ fläche einnehmen. Auch Punktaugen, die in Dreizahl auf dem Scheitel ſtehen, werden nur ſelten vermißt. 5 Zum Aufſaugen der flüſſigen, hauptſächlich aus pflanzlichen oder tieriſchen Säften beſtehenden Nahrung dient ein vorſtehender Saug⸗ lichen Stechmücke Cu- lex), von oben geſehen, mit auseinandergelegten Mundteilen. C Clypeus, P Palpus (Maxillartaſter), Lr Labrum (Oberlippe), Mx Maxillen, Md Mans dibeln, Hyp Hypopha- rynx, Lb Labium (Unter- lippe), Lbl Labellen (Un⸗ terlippentaſter). Aus K. Grünberg, „Die blut⸗ ſaugenden Dipteren“, Jena 1907. oder Stechrüſſel, der in der Regel mit zwei als Labellen bezeichneten lappenartigen Er⸗ weiterungen endigt. Dieſer Rüſſel entſpricht der Unterlippe anderer Inſekten; die Labellen ſind die Unterlippentaſter und werden auch noch häufig zum Taſten oder Fühlen benutzt, wie 3. B. die Stechmücken erſt vorſichtig mit den Labellen die Haut betupfen, ehe ſie den Rüſſel feſt zum Saugen anſetzen. Bei den Stubenfliegen haben die Labellen freilich eine andere Bedeutung. Hier ſind es breite Saugkiſſen, die das Tier an die Nahrung anlegt, um mit ihnen verflüſſigte Teile der Nahrung aufzuſaugen. Wichtige Apparate liegen im Rüſſelinnern Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 20 306 | Zweiflügler. verborgen, ſie beſtehen aus einem langgeſtreckten, von einem engen Speichelgange durch⸗ ſetzten, unpaaren Fortſatz der unteren Mundwand (Hypopharynx) und der gleichfalls lang⸗ geſtreckten, rinnenförmigen, unpaaren Oberlippe (Labrum). Zwiſchen dieſen beiden unpaaren Anhängen befindet ſich ein röhrenförmiger Hohlraum, das Saugrohr, durch welches das Inſekt ſeine Nahrung wie durch einen Strohhalm einſchlürft. Vorder⸗ und Mittelkiefer (Mandibeln und Mapillen) fehlen zahlreichen Dipteren. Soweit dieſe Teile aber entwickelt ſind, bilden ſie ſpitzige, ſtilettartige, in der Regel zum Stechen geeignete Borſten. Die Vorderkiefer fehlen merkwürdigerweiſe ſämtlichen männlichen Zweiflüglern. Vorder⸗ und Mittelkiefer ſind außerdem bei den Weibchen aller echten Fliegen und Schwebfliegen rückgebildet oder höchſtens nur noch als unbrauchbare Rudimente nachweisbar. Die Mittelkiefertaſter (Palpen) bilden zwei mit Borſten oder Haaren beſetzte Anhänge und ſind am Grunde des Rüſſels oder vorn am Kopf ſichtbar. An dem einheitlichen Bruſtabſchnitt läßt der erſte der drei Bruſtringe von oben meiſt nur die Schulter⸗ beulen ſehen, während der zweite als Träger des Flügel⸗ paares am ſtärkſten ausgebildet iſt. Das Schildchen tritt an ihm ſtets deutlich hervor und überdeckt meiſt den Hinterrücken. Die geſamte, von den drei Bruſtringen gebildete Rückenpartie nennt man den Rückenſchild. Die Zahl der äußerlich erkennbaren Hinterleibsringe beträgt gewöhnlich vier bis acht, doch können ſich bei genauer Unterſuchung ſogar zehn Ringe nachweiſen laſſen. Die letzten nehmen beim Weibchen mehr oder weniger an der Bildung des Legeapparats teil, der oft eine fernrohr⸗ | „ñ˖aartig ausziehbare Legeröhre iſt, während bei dem Männ⸗ alfa ber Stab, u: 3% er en chen ſich am Hinterleibsende vielfach komplizierte und 1 Labium (Unterlippe), Hyp Hypepharynx, auffallende Klammerapparate vorfinden. Die Beine lupe), v Lolerum, In Marillen, Kk Kopf. tragen fünfgliederige Füße, deren langes erſtes Glied var, e Ferſe (Metatarsus) heißt. Am Ende befinden ſich zwei Krallen und unter ihnen zwei ſohlenartige Haftläppchen (Pulvillen), zu denen ſich als Fortſatz des Krallenendgliedes manchmal noch ein drittes Haft⸗ läppchen geſellt. Die wichtige Bedeutung dieſer Haftläppchen führen uns die Stubenfliegen oft genug vor Augen, wenn ſie das Kunſtſtück fertigbringen, an glatten Wänden und Fenſter⸗ ſcheiben mit derſelben Sicherheit wie an beliebigen rauhen Flächen umherzuſpazieren. Die glashellen, bisweilen getrübten oder buntgefleckten Flügel ſind oft mit mikro⸗ ſkopiſch kleinen, ſeltener auch ſchon mit Hilfe des bloßen Auges ſichtbaren Härchen oder Schüppchen beſetzt. Die wichtigſten Adern ſind Längsadern, von denen die erſte, vorn am Flügelrande verlaufende oder ringsum ſich erſtreckende als Costa bezeichnet wird. Die zweite Ader, Subcosta, bleibt kurz und mündet ſtets vor der Spitze in den Vorderrand. Die dritte Ader, der Radius, entſpringt neben der zweiten und iſt in der Regel in mehrere Aſte geteilt. Die vierte, die Media, umſchließt mit ihren Aſten oft eine geſchloſſene Zelle, die Diskoidalzelle, an deren Bildung auch noch die fünfte Längsader, der Cubitus, beteiligt ſein kann. Die folgenden beiden Adern, die Analis und Axillaris, bleiben kurz und ſind oft verfüimmert. Von den Queradern iſt außer der kurzen, zwiſchen Costa und Subcosta gelegenen Koſtalquerader beſonders die faſt allen Zweiflüglern zukommende vordere . Allgemeines. 307 Querader, die Radius und Media verbindet, zu beachten ſowie noch eine hintere Querader, die zwiſchen Media und Cubitus gelegen iſt. Hinter den Flügeln ſtehen die ſchon eingangs erwähnten Schwinger oder Schwing⸗ kölbchen, die bei einer Gruppe von Fliegen noch durch ein einfaches oder doppeltes Schüpp⸗ chen (Squama) von oben her geſchützt werden. Sie fehlen nur ganz wenigen, durch Schma⸗ rotzertum oder andere Umſtände flügellos gewordenen Zweiflüglern, während alle übrigen ſie beſitzen, woran wir ſchon erkennen können, daß es ſich bei den Schwingern um hoch⸗ wichtige, zur Regulierung des Fluges unumgänglich notwendige Apparate handeln muß. Eine Fliege, der man die Schwinger auf einer oder auf beiden Körperſeiten abnimmt, fällt bald hilflos zu Boden, denn ohne Schwinger verliert ſie die Steuerung beim Fluge und iſt völlig außerſtande, die geeigneten Wendungen in der Luft auszuführen. An der Körperbedeckung der Zweiflügler iſt die äußere Haut ſehr dünn; nie trifft man ſo hart gepanzerte Formen wie unter den Käfern an. Dagegen iſt der Körper oft mit ſtarken Borſten oder feinen Haaren bedeckt, die zur Unterſcheidung vieler Arten wichtig ſind. Die Larven der Zweiflügler, | | jo verjchiedenartig ſie auch immer ſein mögen, ſtimmen wenigſtens darin alle überein, daß ſie keine ge⸗ gliederten Beine haben. Die Zwei⸗ flüglerlarven ſind fußloſe, in der Regel wurmartige Maden, die ſich nur wühlend oder bohrend durch Flügelgeäder einer Bremſe, Tabanus tropieus L. Ax Axillaris, Stredungen der Krümmungenihres Aa Ant Os Cab a ae m aan en Suter, den fa. ganzen Körpers vorwärtsbewegen N können. Manche am Boden im Schlamm oder in anderen Subſtanzen lebende Maden haben auch Stützorgane in Form von Kriechſchwielen, oder ſie beſitzen ſtummelartige Hautfortſätze oder kleine Stachel an den Leibesringen, die beim Kriechen der Made beſſeren Halt geben ſollen. Die Körpergliederung iſt ſehr verſchiedenartig. Die einfachſten Zweiflügler, die Mücken und ihre Verwandten, haben im Larvenzuſtande einen wohlausgebildeten Kopf mit Fühlern, Kieferpaaren und gewöhnlich auch mit Augen leuzephale Larven). Bei den Larven der Schnaken oder Tipuliden (hemizephale Larven) iſt nur noch der vordere Abſchnitt des Kopfes als harte, feſte Kieferkapſel mit den Mundteilen deutlich abgeſondert. An den Larven aller echten Fliegenarten dagegen (azephale Larven) iſt es gar nicht mehr möglich, einen geſon⸗ derten Kopfteil zu unterſcheiden, ſo daß derartige Maden äußerlich betrachtet ganz auf der einfachen Organiſationsſtufe der „kopfloſen“ Würmer ſtehen. Die Wurmähnlichkeit ſolcher Fliegenmaden iſt ſogar um ſo größer, als wir noch ein anderes wichtiges Kennzeichen der Kerbtiere bei ihnen vermiſſen, die zu Kiefern umgeſtalteten Kopfanhänge. Statt ihrer kommen nur zwei vorſtreckbare Mundhaken vor, die mit einem komplizierten Schlundgerüſt in Zuſammenhang ſtehen. In einigen Fällen, wie bei den Larven der Lausfliegen, können ſogar noch die beiden Mundhaken ſchwinden. Von großer Wichtigkeit iſt die weitere Entwickelung der Larven, denn ſie gibt uns, wie der geniale Inſektenkenner F. Brauer gelehrt hat, eine vorzügliche Handhabe zur natür⸗ lichen Einteilung der Zweiflügler in zwei große Hauptgruppen. Bei der einen Gruppe, den Orthorrhapha, platzt die Haut der reif gewordenen Larve auf dem Rücken in Form einer förmigen Spalte auf, ſobald im Inneren die Puppe entſtanden iſt. Letztere iſt eine ö f 20* 308 Zweiflügler: Mücken. Mumienpuppe (Pupa obtecta), die gelegentlich, wie bei den Mücken, die Fähigkeit hat, frei im Waſſer herumzuſchwimmen, meiſt aber am Boden ruht. Nur in ſeltenen Fällen, z. B. bei den Waffenfliegen, wird die Mumienpuppe von der letzten Larvenhaut umſchloſſen, und erſt die Fliege ſprengt die letztgenannte Hülle in Form eines förmigen Spaltes, um das Freie zu gewinnen. Bei der zweiten Hauptgruppe, den Cyolorrhapha, hebt ſich die letzte Larvenhaut bei der Verpuppung ringsum ab und erſtarrt zu einem harten, feſten Tönnchen, das die im Inneren ruhende freie Puppe (Pupa libera) vollſtändig einſchließt. Wenn dann aus der Puppe die Fliege entſtanden iſt, ſo bahnt ſich letztere in der Weiſe einen Ausweg, daß ſie von dem vorderen Ende des Tönnchens einen kleinen, kreisrunden Deckel abſtößt. Man braucht nicht jedesmal die Entwickelung zu verfolgen, um feſtzuſtellen, ob ein Zweiflügler zu den Spaltſchlüpfern, Orthorrhaphen, oder Deckelſchlüpfern, Zyklorrhaphen, gehört, denn letztere beſitzen dauernd an ihrem Kopf eine eigentümliche, halbkreisförmige oder bogenförmige Furche, die Stirnſpalte, die vorn am Kopf mit zwei abwärtsziehenden Schenkeln oberhalb der Fühlerwurzeln verläuft und dieſe umgreift, wobei eine etwas er⸗ habene Partie zwiſchen Fühlergrund und Stirnſpalte, die Stirnſchwiele (Lunula), mehr oder weniger deutlich ſichtbar iſt. Bei der jungen Fliege iſt die Stirnſpalte keine Furche, ſondern noch eine wirkliche Spalte, aus der eine weichhäutige, aus dem Kopf hervorquellende Blaſe heraustritt. Bei den meiſten Zyklorrhaphen dient die Blaſe dazu, um von dem vor⸗ deren Ende des Puppentönnchens das kleine, obenerwähnte Deckelchen abzuſprengen und damit eine Offnung zu ſchaffen, welche der Fliege das Ausſchlüpfen ermöglicht. Bei einigen Arten, die mit ihrem ganzen Kopf das Deckelchen abſtoßen, kommt dieſe Blaſe freilich nur in rudimentärer Form vor. Dagegen fehlen allen orthorrhaphen Zweiflüglern nicht nur die Kopfblaſe, ſondern auch die Stirnſpalte und die Stirnſchwiele vollſtändig. Das geiſtige Leben der Zweiflügler ſteht auf einer ziemlich tiefen Stufe. Nirgends a treffen wir ſo hoch ausgebildete Inſtinkte wie bei den Hautflüglern und bei vielen Käfern. Nie bekümmert ſich ein Fliegen⸗ oder Mückenweibchen um die aus ſeinen Eiern entſtandene oder lebend zur Welt gebrachte junge Brut, nie errichten Zweiflügler kunſtvolle Bauten oder Neſter, und ebenſowenig gründen ſie ſtaatliche Gemeinweſen. Nur ein gewiſſes geſelliges Beieinanderleben kann auch bei einigen Zweiflüglern vorkommen, wie z. B. bei manchen Arten im Madenſtadium. Heerwurmlarven ſcharen ſich in ungeheuren Maſſen zuſammen und unternehmen gemeinſame Wanderungen. Mit irgendwelchen ſozialen Trieben hat dies aber nichts zu tun, denn jedes Tier iſt unabhängig, iſt nicht auf ſeine Reiſegefährten an⸗ gewieſen, und nur ein allen innewohnender eigentümlicher Kontaktinſtinkt läßt die wandern⸗ den Heerwurmmaden ſich eng zuſammendrängen, ſo daß beim erſten Anblick ein planmäßig organiſierter Zug vorgetäuſcht wird. Die Beziehungen der Zweiflügler zur Blütenwelt ſind ſehr verſchedener Natır Die niederſten Gruppen, die Mücken und ihre Verwandten, kommen als Blumenbeſucher über⸗ haupt noch nicht oder doch ſo gut wie nicht in Betracht. Unter dem großen Heer der kurz⸗ rüſſeligen Fliegen gibt es allerdings zahlreiche, die ſich gern im hellen Sonnenſchein auf Blumen herumtreiben. Die meiſten von ihnen benehmen ſich dort aber recht ungeſchickt und dumm. Sie laſſen ſich leicht durch allerlei bunte Flecke oder glänzende Stellen täuſchen und verſtehen es meiſtens noch gar nicht, die Nektarquelle mit Sicherheit zu finden. Am beſten ſind die Schwebfliegen und die langrüſſeligen Wollſchweber angepaßt, welche unermüdliche Blumenbeſucher ſind und, wie nachgewieſen wurde, in unſeren Breiten zur Beſtäubung der Blütenpflanzen mehr beitragen als alle Zweiflügler der übrigen Familien zuſammen. se P ˙²˙·.m ü 63 * Pferdemuücken. 309 Im großen Getriebe des Naturganzen haben die Zweiflügler und ihre Larven eine nicht zu unterſchätzende Bedeutung als Feinde der verſchiedenartigſten Pflanzen, als wich⸗ tige Paraſiten von Menſch und Tier und als Krankheitsträger, während anderſeits die ge- fräßigen Larven zahlreicher Fliegenarten die raſche Vernichtung allerlei faulender und ver⸗ weſender Stoffe, modernder Pflanzenreſte und tieriſcher Leichen, beſorgen und damit eine ſtille, vom Menſchen meiſt nur wenig beachtete, unermüdliche Tätigkeit ausüben, die in wirt⸗ ſchaftlicher und hygieniſcher Hinſicht von nicht zu unterſchätzender Wichtigkeit ift: Die Zweiflügler ſind über die ganze Erde verbreitet und finden ſelbſt in ganz unwirt⸗ lichen Gebieten manchmal noch genügend Exiſtenzmöglichkeiten. In Grönland kommen Mücken und Fliegen nicht allein in einer geradezu erſtaunlichen Individuenmenge vor, ſon⸗ dern ſie übertreffen dort auch an Artenzahl alle übrigen Inſektenabteilungen zuſammen⸗ genommen. Bei der belgiſchen antarktiſchen Expedition hat man ſogar im äußerſten Süden noch zwei flugunfähige Mückenarten entdeckt, Belgica antarctica Jacobs und Jacobsiella magellanica Jacobs, ſonderbare Tierchen mit kurzen, kümmerlichen Flügelſtummelchen, die auf einer einſamen, faſt ganz unter ewigem Eis und Schnee bedeckten, dem antarktiſchen Feſtland vorgelagerten Inſel ihr Leben friſten. In der Erdgeſchichte ſehen wir Zweiflügler zum erſtenmal im Lias erſcheinen. Merk⸗ würdige ſchnakenartige Tiere hat es damals gegeben, die eine gewiſſe Ahnlichkeit mit unſeren heutigen Tipuliden hatten und, wie überhaupt alle älteren Vertreter von Zwei⸗ flüglern, der Gruppe der Orthorrhaphen angehört haben, mit der wir 1 8 der einfachſten unſere Überſicht beginnen wollen. 1. Unterordnung: Spaltſchlüpfer (Orthorrhapha). 1. Tribus: Mücken (Nematocera). Die Bierdemücen oder Erdſchnaken (Tipulidae) ſind ſehr langbeinige, Kante Mücken von verſchiedener Größe, deren Kopf immer mehr oder minder ſchnauzenförmig vor⸗ geſtreckt iſt. Die fadenförmigen Fühler ſetzen ſich aus 14—16 Gliedern zuſammen, und an den viergliederigen Taſtern kann das Endglied peitſchenförmig verlängert ſein. Nebenaugen fehlen meiſt. Auf der Oberſeite der gewölbten Bruſtpartie liegt eine V förmige Querfurche. Die langen Beine brechen ſo leicht ab, daß dieſe Inſekten beim Fangen faſt immer beſchädigt werden und in den Sammlungen vollkommene, ſechsbeinige Exemplare faſt zu den Selten⸗ heiten gehören. Reich entwickelt iſt das Geäder der in der Regel großen und langen Flügel, ein Hinweis darauf, daß die Erdſchnaken unter den Zweiflüglern der Jetztzeit zu den urſprüng⸗ lichſten gehören. Die Große Kohlſchnake, Tipula oleracea L., iſt ein großes, langbeiniges, vollkommen harmloſes Inſekt, deſſen ſchmaler, 22—26 mm meſſender Leib gelblichgraue Farbe und auf der Oberſeite des Mittelleibes einige dunklere Längsſtriemen hat. Unruhig tanzt dieſe Erdſchnake mit ihren langen, dünnen Spinnenbeinen niedrig über den Boden dahin, beſonders auf Wieſen, Feldern und Gartenland. Nach dem wippenden Auf und Nieder ſenkt das Weibchen mit ſeiner ſpitzigen Legeröhre die länglichen Eier einzeln in den lockeren Boden. Die ſchon nach wenigen Tagen ausſchlüpfenden Larven ſind walzenförmige Maden von aſchgrauer Färbung, haben eine harte Kieferkapſel mit beißenden Kiefern und ent⸗ wickeln ſich in der Erde, von Wurzeln und zerfallenden Pflanzenreſten lebend. Auf Wieſen und Ackern machen ſich die durch die Larven ſolcher Erdſchnaken hervorgerufenen Be⸗ ſchädigungen oft genug bemerkbar, aber es ſteht noch durchaus nicht feſt, daß gerade die 310 Zweiflügler: Mücken. Larven der eben erwähnten Großen Kohlſchnake die ſchlimmſten Übeltäter ſind. Viel wich⸗ tiger ſcheinen wenigſtens in Norddeutſchland zwei andere Arten zu ſein, eine etwas kleinere mit dunkeln i am u und drei glänzendſchwarzen Strichen auf dem Rückenſchild, Tipula (Pachyrrhina) maculosa Meig., und die Sumpfſchnake, Tipula paludosa Meig., deren gelbliche Flügel am Vorderrande einen bräunlichen Längsſtreifen aufweiſen. Als ſchädlich für das Wieſenland gilt beſonders letztere von verweſenden Pflanzenſtoffen beſchränken, und in die Tiefe hinabziehen, um ſie dort in aller Frühjahr oder in den Anfang des Sommers; dann entſtehen geſtreckte, an den Hinterleibs⸗ ringen mit kleinen Dornen beſetzte bräunlichgraue Puppen, die ſich zum Schluß etwas aus dem Erdreich hervorſchieben, um die fertigen Schna⸗ Männchen der ähnlichen Tipula fulvipennis Deg. Männchen der Kohlſchnake, Tipula fulvipennis Deg. Eine der ſchönſten einheimiſchen Tipu⸗ Natürliche Größe. liden iſt die Schwarze Kammücke, Cteno- phora atrata L., deren ſchwarzglänzender, wie lackiert ausſehender Körper beim Weibchen am Hinterleibsgrunde gelbrot gefärbt iſt. Die Beine ſind gleichfalls rot und haben beim Männ⸗ chen, deſſen buſchige Fühler drei Reihen von ee tragen, ſchwarze Schenkelſpitzen. Beim Weibchen ſetzt ſichder Hinter⸗ leib in eine ſäbelförmige Legeröhre fort; es bringt ſeine Eier in mo⸗ derndem Pappel- oder Lindenholz oder in alten Erlenſtubben unter, den kann. Im Herbſt, wenn die erſten Nachtfröſte eintreten, er⸗ Gattung Trichocera Meig. In ganzen Scharen ſieht man dann dieſe kleinen, langbeinigen Mücken Phalaerocera‘replicata Schumm. Vergrößert. . tagsüber bei ſchönem Wetter in der Luft auf und nieder ſchweben, namentlich in Gärten, auf Wieſen und im Walde unter freiſtehenden Bäumen. Sie ſind an ihren in der Ruhe flach aufliegenden, mit kurzer Axillarader verſehenen Flügeln zu erkennen, haben an ihrem kugeligen, freiſtehenden Kopf große, nackte Seitenaugen nebſt fein be⸗ haarten, borſtenſörmigen Fühlern und beſitzen kurze Endſporne an den Schienen. Das in denen man die Larven oft fin⸗ ſcheinen die Winterſchnaken der Art, deren Larven ſich nicht auf das Verzehren ſondern in Erdlöchern ſteckend, wie Schiemenz beobachtete, auch junge Graspflanzen abbeißen Ruhe zu vertilgen. Der Hauptſchaden fällt in das ken zu entlaſſen. Unſere Abbildung zeigt ein 5 * maſſenhafte Auftreten der Tierchen hängt damit zuſammen, daß ihre Larven überall in ziemlich anſehnliche, gelb oder ſchwarz gefärbte Tiere mit großen, ge- ſchaftskreiſe Phalacrocera replicata Schumm. nennen, eine 13—16 mm i Pferdemücken. Faltenmücken. Stechmücken. 311 verweſenden Pflanzenſtoffen geeignete Entwickelungsmöglichkeiten finden. Eine häufige einheimiſche Art iſt die Winterſchnake, Trichocera hiemalis D. G., mit einer 8 länge von etwa 5 mm. Die blaſſen Flügel ſind grau durchſcheinend. Der bräunlichgraue Rückenſchild hat zwei hellere Längsſtriemen. Dieſe Mück⸗ chen ſpielen oft mitten im Winter an milden Tagen in der Luft. Eine Anzahl Erdſchnaken durchlaufen ihre Entwickelung entweder unmittelbar am Uferrande im naſſen Erdreich oder ſogar im Waſſer, wie beſonders die Teichmücken (Limnophila Mac.). Dies find zum Teil wöhnlich ungefleckten Flügeln und kurzen, viergliederigen, nicht peit⸗ ſchenförmig verlängerten Taſtern. Wir können aus dieſem Verwandt⸗ lange, ſchwarzbraune Teichmücke mit graubraunen, am Vorderrande mit einem dunkleren Längsfleck gezierten Flügeln, die im Frühjahr auf naſſen Wieſen bei uns nicht ſelten iſt, und deren grün oder gelb gefärbte Larve Larve von Pha- auf verſchiedenen Waſſermooſen lebt, von denen fie ſich ernährt. Man laerocera re- muß ſchon ein ziemlich ſcharfes Auge haben, um eine ſolche Phalacro- " Sersesper cera-Larve in ihrer natürlichen Umgebung zu entdecken, denn der um Moosſtengel gekrümmte Körper ſtarrt buchſtäblich von langen, pfriemenförmigen oder gegabelten Fortſätzen, die den ganzen Rücken des Tierchens bedecken und letzteres im grünen Moosraſen faſt völlig verſchwinden laſſen. Die Faltenmücken (Ptychopteridae) haben mit den bisher beſprochenen Schnaken und Teichmücken große Ahnlichkeit und unterſcheiden ſich von ihnen hauptſächlich nur durch Einzelheiten des Flügelgeäders, ganz beſonders durch das faſt regelmäßige Fehlen der Dis⸗ koidalzelle. An dem großen, ſchlanken, meiſt ſchwarz gefärbten Körper ſitzen lange, dünne Beine. Die Flügel ſind in der Regel braun geſcheckt. Eine der häufigſten einheimiſchen Arten iſt die Gefleckte Faltenmücke, Ptychoptera contaminata L., ein hübſches, 710 mm langes, am Hinterleibe mit zwei roſtgelben Binden und an der Bruſt mit einem rotgelben Schildchen geſchmücktes Inſekt, das auf Gebüſchen und Gras, an Graben⸗ und Teichrändern nicht ſelten iſt. Die Flügel haben zwei braune Halbbinden. Sehr ſeltſam iſt die bis 7 em lange Larve der Faltenmücke, die gewöhnlich mit ihrem dünnen, durchſcheinenden Körper, den Kopf nach unten gerichtet, im Bodenſchlamm des Waſſers ſteckt. Das nach oben gewendete Hinterende ihres Körpers ſetzt ſich in einen langen, dünnen Schwanzanhang fort, der oft zwei Drittel bis drei Viertel der geſamten Körperlänge erreicht und weiter nichts iſt als das Atemrohr, das je nach Bedarf fernrohrartig verlängert oder eingezogen werden kann. Obwohl die Larve ſomit imſtande iſt, durch die beiden am Ende des Atemrohres gelegenen Atemlöcher Luft zu ſchöpfen, hat ſie doch außerdem noch die Möglichkeit, unter Waſſer mit zwei ſteifen Tracheenkiemen zu atmen, die bauchwärts am Grunde ihres Atemrohres angebracht ſind. Ein dünner Leib, lange, feine Beine und Taſter und vielgliederige lange Fühler kenn⸗ zeichnen die Sippſchaft der Mücken im engeren Sinne, Stechmücken oder Waſſerſchnaken (Culicidae), die in einer großen Menge von Arten über alle Länder der Welt verbreitet ſind. Es ſind außerordentlich zarte Inſekten. Ihr zierlicher Leib wird von zahlloſen kleinen, mit Hilfe eines Vergrößerungsglaſes ſichtbaren Schüppchen oder Härchen bekleidet. Ebenſolche Schüppchen ſitzen auch an den Körperanhängen, an den Beinen, Fühlern und — 312 Zweiflügler: Mücken. Taſtern und kommen ſelbſt auf dem reich entwickelten Geäder der Flügel vor, denen ſie bisweilen ein geflecktes oder buntſcheckiges Ausſehen geben. Der Mückenkopf trägt keine Stirnaugen, wohl aber zwei große, ſeitlich vorquellende Facettenaugen und ein Paar großer Fühler, an deren Bau ſich leicht die beiden Geſchlechter unterſcheiden laſſen. Bei den Männchen ſind nämlich die fünfzehngliederigen Fühler mit in Wirteln ſtehenden langen Haaren bedeckt, ſo daß ſie wie Federbüſche ausſehen, bei den Weibchen bleiben die vierzehn⸗ gliederigen Fühler fadenförmig und tragen nur einige ſpärliche Härchen. Die männlichen Mücken ſind harmloſe Tiere, die gar keine Nahrung brauchen oder höchſtens mit Pflanzenſäften vorliebnehmen, jedoch nicht ſtechen können, weil in ihrem Rüſſel, von einigen wenigen Ausnahmen abgeſehen, keine Stechapparate enthalten ſind. Um ſo blutdürſtiger ſind die mit ſtechenden Mundteilen ausgerüſteten Weibchen, deren wich⸗ tigſte Nahrung das warme Blut von Vögeln oder Säugetieren iſt. Das Blutſaugen iſt das Werk weniger Augenblicke. Wenn es der Mücke gelungen iſt, erſt einmal ihren Rüſſel an⸗ zuſetzen, jo gleiten die lanzettförmigen, an der Spitze mit Widerhäkchen beſetzten Vorder⸗ und Mittelkiefer raſch wie eine Säge auf und nieder, bis die Oberhaut durchbohrt und ein kleines Gefäß in der Tiefe getroffen iſt. In die feine, punktförmige Wunde ſpritzt jetzt die Mücke ein Tröpfchen ihrer Speichelflüſſigkeit, was offenbar ein Gerinnen des Blutes ver⸗ hütet, und nun trinkt ſie mit vollen Zügen, bis ihr Saugmagen gefüllt iſt. Alsdann fliegt ſie geräuſchlos davon zu irgendeinem ungeſtörten, gegen den Luftzug möglichſt geſchützten Ort, um ſich dort der Ruhe hinzugeben und in ſtiller Muße das Genoſſene zu verdauen. Die unangenehmen Folgen des Mückenſtiches, eine juckende Rötung oder eine vorübergehende Anſchwellung der verletzten Stelle, verurſacht durch das winzige, in das Hautgewebe ein⸗ gedrungene Speicheltröpfchen, treten bald ein. So harmlos an und für ſich der einzelne Mückenſtich ſein mag, ſo bedenklich oder geradezu gefährlich können doch die Mücken werden, wenn, wie dies in manchen Gegenden vorkommt, ganze Scharen der blutdürſtigen Plage⸗ geiſter über den Menſchen herfallen, ihn unabläſſig mit ihren Stichen martern und das arme Opfer ſchließlich in einen Zuſtand der völligen Erſchöpfung bringen. Es gibt gewiſſe tropiſche Gebiete in Südamerika und Südaſien, die wegen der furchtbaren Moskitoplage geradezu verrufen ſind, ſo daß das Reiſen daſelbſt zu einer entſetzlichen Pein wird. Unter derartigen Moskitos ſind nicht etwa beſtimmte Arten von Blutſaugern zu verſtehen, ſondern Stech⸗ mücken, die zum großen Teil ſogar genau den gleichen Gattungen angehören wie die Mücken in unſeren gemäßigten Breiten. Nicht minder arg als in den heißen Ländern pflegt übrigens die Mückenplage in den Tundren und ſumpfigen Niederungen im hohen Norden Aſiens und Nordamerikas zu ſein, denn während der kurzen Sommerwochen wird die Luft dort von Milliarden von Stechmücken erfüllt, die in dieſen menſchenleeren und tierarmen Einöden ſich geradezu ſcharenweiſe auf die wenigen größeren Lebeweſen ſtürzen, deren ſie habhaft werden können. Eine wiſſenſchaftliche Expedition, die Anfang der ſiebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts unter Leitung von Dr. Beſſel in jenen arktiſchen Regionen tätig war, mußte ihre Beobachtungsſtation an der Davisſtraße aufgeben, weil die ungeheuren Mücken⸗ ſchwärme den Expeditionsteilnehmern ſchließlich den Aufenthalt im Freien und damit die Fortführung ihrer Arbeiten buchſtäblich unmöglich machten. Stechmücken gibt es nicht überall, ſie fehlen gänzlich in waſſerloſen Steppen und Wüſten und kommen ebenſowenig in gebirgigen Ländern mit raſch fließenden Gewäſſern vor, weil allen Stechmücken als Brutſtätte ſtehendes Waſſer unentbehrlich iſt. Eine der bekannteſten europäiſchen Arten iſt die Benteine Stechmücke, Culex Stechmücken. * 313 pipiens L., die glashelle Flügel und zwei dunklere Längsbinden oben auf dem gelbbraunen Mittelleib hat. Ebenſo häufig iſt bei uns auch die etwas größere Geringelte Stechmücke, Culex annulatus F., mit deutlich dunkelbraun und weiß geringelten Beinen und drei bis fünf braunen Punktflecken auf den Flügeln. Wie bei allen Culex-Arten, haben die Weibchen nur ganz kurze, ſtummelförmige, dreigliederige Taſter, während die Culex⸗Männchen lange, viergliederige, oft büſchelförmig behaarte Taſter beſitzen. Zur Eiablage nimmt das Mückenweibchen ebenſogern mit trübem, ſchmutzigem wie mit klarem, ſtehendem Waſſer vorlieb. Sumpflöcher und Pfützen, Teiche, ſtagnierende Gräben aller Art oder ſelbſt das faulige Waſſer in einer Regentonne ſind daher gleich günſtige Stätten. Hier legt das Weibchen über 100 ſeiner länglichen, walzenförmigen Eier eines ES . ee Le WAR EEE RT — re — End Geringelte Stechmücke, Culex annulatus F., und b ehre entwidelung. A Laich, 10 50 51, B einzelne Eier, vergrößert 241, Ba Schwimmbecher an deren Unterende, vergrößert 16081, C Larve, D Puppe, E Imago. C bis E vergrößert 351. Nach Voſſeler. Aus K. Lampert, Das Leben der Binnengewäſſer“, 2. Auflage, Leipzig 1910. dicht . das andere an die Waſſeroberfläche ab, ſo daß die Eier wie Paliſaden neben⸗ einander aufrechtſtehen und ein zuſammenhängendes kleines, oberſeits etwas napfförmig ausgehöhltes Floß bilden, das auf dem Waſſer ſchwimmt. Schon nach 16—24 Stunden ſind in der Regel Larven in den Eiern entſtanden, die fie an deren unterem Pol verlaſſen. Die Mückenlarven gelangen damit ſogleich in ihr Lebenselement, das Waſſer, hinein. Am Bruſtabſchnitt ihres langgeſtreckten Körpers haben die Larven einige büſchelförmige Borſten⸗ bündel und am vorletzten Hinterleibsring ein langes Atemrohr. Die obenſtehende Abbildung zeigt uns ihre Lieblingsſtellung, in der ſie, kopfabwärts gerichtet, mit dem Atemrohr un⸗ beweglich am Waſſerſpiegel hängen, ſo daß ſie bequem Luft ſchöpfen können. Die leiſeſte Störung genügt aber ſchon, um die Mückenlarven in die Flucht zu treiben. Schleunigſt laſſen ſie los und ſinken alle in die Tiefe unter, um freilich ſchon nach kurzer Zeit wieder emporzuſteigen und ihr Atembedürfnis in der geſchilderten Stellung aufs neue zu befrie⸗ digen. Die Ernährung macht wenig Schwierigkeiten, denn die Stechmückenlarven begnügen ſich mit allerlei zerfallenen Pflanzenreſten und anderen organiſchen Stoffen, an denen im Waſſer kein Mangel zu ſein pflegt. Jede Larve macht drei Häutungen durch, bis ſie ihre volle Größe von durchſchnittlich 8,75 mm erlangt. Bei der vierten Häutung, die im all⸗ gemeinen etwa 8 Tage nach der Geburt erfolgt, kommt die Puppe zur Ausbildung, die an 314 x Zweiflügler: ne ihrem gedrungenen, hochgewölbten Bruſtabſchnitt leicht zu erkennen iſt. Vorn an der Bruſt entſpringen zwei wie kleine Hörnchen ausſehende Atemröhren, mit denen ſich die Mücken⸗ puppen ebenfalls an den Waſſerſpiegel anhängen, obwohl ſie unter kräftigen ſchlagenden Bewegungen gleichfalls vorübergehend untertauchen können. Das Puppenleben pflegt nur kurze Zeit, etwa 2—3 Tage, zu währen, dann platzt oben die Haut, und es arbeitet ſich eine neue Stechmücke hervor, die ſich zunächſt an die ſchwimmende Puppenhülle anklammert, bis ihre Flügel genügend erhärtet ſind und ſie ſich in die Lüfte ſchwingen kann. Außer der Gemeinen Stechmücke, die in ganz Europa, in Nordamerika und in Nord⸗ afrika vorkommt, gibt es noch eine ſehr große Zahl nahe verwandter Arten in allen Ländern der Welt. Die Lebensweiſe iſt immer ſehr ähnlich. Gewiſſe Arten werden aber den Men⸗ ſchen nicht allein durch Stechen und Blutſaugen unangenehm, ſondern ſpielen auch als Krankheitsüberträger eine verhängnisvolle Rolle, wie die in den Tropenländern der ganzen Welt verbreitete Stegomyia fasciata F., die das Gelbfieber und eine gefährliche Wurm⸗ krankheit, die Filarioſe, dem menſchlichen Körper einimpfen kann. Eine ebenſo große Be⸗ deutung haben ferner die zur Gattung Anopheles Meig. gehörenden Mückenarten. Ihr Hauptmerkmal beſteht in den langen, viergliederigen Taſtern, die bei beiden Geſchlech⸗ tern die Länge des Stechrüſſels erreichen, beim Weibchen dünn und ſtabförmig und beim Männchen an den beiden verdickten Endgliedern ſtark behaart ſind. Bei einiger Übung gelingt es auf den erſten Blick, Culex und Anopheles zu unterſcheiden. Anopheles ſtellt nämlich beim Ausruhen, etwa beim Sitzen an der Wand eines Zimmers, ihren Körper ſo, daß Rüſſel und Leib ungefähr eine gerade Linie bilden; die Mücke ruht dabei auf den beiden vorderen Beinpaaren, die langen Hinterbeine frei nach hinten ausgeſtreckt. Die Culex-Mücke ſtützt fi) in ganz derſelben Weiſe auf Vorder⸗ und Mittelbeine und hebt auch das letzte Beinpaar in die Höhe, bei ihr ſtellt ſich aber der Rüſſel ſchräg zum Körper, ſo daß er mit dieſem einen deutlichen Winkel bildet. Die Anopheles⸗Mücken ſind die ge⸗ fürchteten Malariamücken, weil in ihrem Körper die Keime (Sporozoiten) des menſch⸗ lichen Malariaparaſiten zur Ausbildung gelangen können, während die Entwickelung dieſer Paraſiten bei den Stechmücken der Gattung Culex nicht ſtattfindet. Beim Stich eines Anopheles⸗Weibchens, das Malariakeime beherbergt, gelangen dieſe in das Blut und ver⸗ urſachen beim Menſchen den Ausbruch des Wechſelfiebers oder der Malariakrankheit. Man kennt zahlreiche Arten von Anopheles. In Nordamerika und in ganz Europa, vom Mittel⸗ meergebiet bis nach Lappland hinauf, kommt eine ziemlich große, 6—8 mm lange Art vor, Anopheles maculipennis Meig., deren braune Schüppchen dunkle Flecke auf den Flügeln bilden. In der Norddeutſchen Tiefebene iſt dieſe Art namentlich in manchen Gegenden von Oldenburg und Friesland durchaus nicht ſelten. In Italien iſt ſie ſehr verbreitet, maſſen⸗ weiſe kommt ſie im Gebiete der römiſchen Campagna vor, einer Gegend, die von jeher wegen der Malaria verrufen iſt. Auch die tropiſche perniziöſe Malaria wird durch Anopheles- Arten übertragen. In Kamerun und anderen Teilen Weſtafrikas geſchieht dies nament⸗ lich durch einen kleinen, 5—6 mm langen Moskito, den durch feine ſtark gefleckten Flügel ausgezeichneten Anopheles costalis Zw. In der Lebensweiſe gibt es bei Anopheles nur geringfügige Unterſchiede im Vergleich zur Gemeinen Stechmücke. Das Anopheles-Weibchen verſtreut feine Eier einzeln auf die Waſſeroberfläche. Die Larven, die ſtatt eines langen, unpaaren Atemrohres am Hinterleib nur zwei kurze Atemfortſätze haben, kommen nie in trüben, ſchlammigen Pfützen vor, ſon⸗ dern entwickeln ſich in klaren, ſtehenden, pflanzenreichen Tümpeln und Teichen. Fließendes Stechmücken. Zuckmücken. 315 Gewäſſer meiden ſie dagegen immer, wie denn auch Gebirgsgegenden mit ihren raſch dahinſchießenden Bächen und Flüſſen ſo gut wie vollſtändig malariafrei ſind, während die ſumpfigen Niederungen, Flußufer und Küſtengebiete, in denen die Anopheles ihre beſten Brutſtätten haben, auch regelmäßig am meiſten von der Malaria verſeucht ſind. Anopheles- Mücken hat man bisweilen ſogar an ganz ungewöhnlichen Orten beobachtet. Beim Bau des Panamakanals mußte ein meilenlanges Urwaldgebiet überwunden werden. Das Blätter⸗ dach war ſo dicht, daß kaum ein Regentropfen hindurchkommen konnte und ſtehendes Waſſer am Boden daher gänzlich fehlte. In dieſer Gegend meinte man wenigſtens vor den ſchrecklichen Moskitos ſicher ſein zu können, da es den Tieren doch hier offenbar an Brutplätzen gänzlich fehlte. Leider erwies ſich dieſe Hoffnung bald genug als IS Die Moskitos ftellten ſich in großen Scharen ein, fielen ftech- luſtig über die Menſchen her und verurſachten bald darauf den Ausbruch einer verheerenden Malaria⸗Epidemie unter den an jener Strecke tätigen Arbeitern. Die zunächſt ganz rätſelhaft erſcheinende Herkunft der Stechmücken konnte bald darauf aufgeklärt werden. Nicht am Boden, ſondern hoch oben in den Wipfeln hatten die Tierchen ihre Brutſtätten, denn in den epiphytiſchen Bromeliazeen, die die tropiſchen Urwaldrieſen bis zur Krone überwuchern, bleibt nach den täglichen ſtarken Gewittergüſſen immer gerade noch genug Waſſer zurück, um den Anopheles- Larven ein ungeſtörtes Daſein zu ermöglichen. Harmloſer als die eben beſprochenen Arten ſind die Büffelmücken (Corethra Meig.), unter denen es keine Blutſauger mehr gibt. Der Rüſſel bleibt bei ihnen kürzer als die Fühler, die bei einer unſerer häufigſten einheimiſchen Arten, der Corethra plumicornis F., im männlichen Geſchlecht CC zwei vorn am Kopfe ſitzende zierliche, blaßgelbe Feder⸗ Vergrößert. Aus R. Heſſe und F. Dof⸗ büſche bilden. Am intereſſanteſten ſind aber die Corethra- zart, en Bd. II, Larven, die fiſchchenähnlich frei im Waſſer in wagerechter Stellung ſtehen und dabei durchſichtig glashell wie das Waſſer ſelbſt ſind, ſo daß man ſie kaum erkennen kann. An ihrem Körper befinden ſich zwei Luftbehälter, die als Gleich- gewichtsorgane dem Tierchen ſein Schweben im Waſſer möglich machen. Zur Oberfläche braucht es nicht emporzuſteigen, denn da das Tracheenſyſtem vollkommen geſchloſſen iſt und auch ſonſtige Atmungsorgane fehlen, jo findet die Atmung einfach durch die Körper- haut ſtatt. Die Fortbewegung iſt ein ruckweiſe erfolgendes Weiterſchnellen; die Nahrung beſteht hauptſächlich in kleinen Krebstierchen, die mit Hilfe der ſchnabelartig nach unten ge⸗ bogenen Fühler eingefangen werden. Die Zuckmücken (Chironomidae) ſind nahe Verwandte der Stechmücken und ihnen daher im Außeren ziemlich ähnlich. Es find gleichfalls langbeinige, zarte Tiere mit hoch⸗ gewölbtem, kapuzenförmig vorgezogenem Bruſtabſchnitt und ſchlanken Beinen. Beim Aus⸗ ruhen haben viele Zuckmücken die ſonderbare Gewohnheit, daß ſie ihre Vorderbeine erheben und wie Fühler vor ſich ausgeſtreckt halten. Punktaugen fehlen. Die zuſammengeſetzten Augen ſind nierenförmig, die Fühler beim Männchen faſt immer ſtark buſchig oder pinſelförmig 316 | Zweiflügler: Mücken. behaart. Der Rüſſel iſt meiſt ſehr kurz, bisweilen vollkommen verkümmert. Unter dieſen Umſtänden erklärt es ſich leicht, daß nicht nur die männlichen, ſondern auch die meiſten weiblichen Zuckmücken harmlos ſind und kein Blut ſaugen können. Nur wenige Ausnahmen gibt es von dieſer Regel, wie beiſpielsweiſe die Zuckmücke Tersestes torrens Thoms., die in Neumexiko Pferde arg beläſtigen ſoll, und Arten der Gattung Ceratopogon Meig., die an Raupen, Schmetterlingen und Mücken ſaugend beobachtet wurden. Manche unſerer ein⸗ heimiſchen Zuckmücken tanzen an warmen, windſtillen Tagen in der Luft und bilden dabei beſonders in den Nachmittags- und Abendſtunden große Schwärme. Dieſe Schwärme be⸗ ſtehen faſt immer nur aus Männchen, die in dichten Maſſen langſam auf und nieder ſchweben, ſo daß ſie oft wie dunkle Wolken, mitunter wie hohe Rauchſäulen ausſehen. Eine der be⸗ kannteſten Zuckmücken iſt die Federmücke, Chironomus plumosus L., deren hell gelblicher oder grünlicher Mittelleib oben drei graue Streifen trägt. Die milchweißen Flügel haben einen ſchwarzen Punkt nahe der Mitte des Vorderrandes. Die Körperlänge beträgt 10 bis 12 mm. Die im Waſſer lebenden, wurmförmig geſtreckten, zwölfringeligen Larven haben eine rote Färbung; ſie rührt von der Blutflüſſigkeit her, in der man den gleichen Blutfarb⸗ ſtoff (Hämoglobin) aufgefunden hat, der bei den Wirbeltieren die Färbung der roten Blut⸗ körperchen bedingt. Die Chironomus⸗Larven tragen am vorletzten Körperringe vier lange, riemenförmige Fortſätze und haben am letzten 1 8 außer zwei kräftigen Fußſtummeln noch vier fadenförmige Atemanhänge. Eine große Zahl von Zuckmückenlarven ſind Schlammbewohner und daher von einem Fachmann einmal mit Recht als „Schmutzfinken erſten Ranges“ bezeichnet worden, denn ſie wühlen behaglich im weichen Boden von Pfützen und Gräben und fühlen ſich manchmal ſelbſt in dem tintenſchwarzen, ſtinkenden Brei vollſtändig wohl, der den Grund fauliger, die Luft weithin verpeſtender Abzugskanäle bedeckt, in denen kein anderes Tier es mehr aus⸗ halten kann. Im großen und ganzen zeichnen ſich die Chironomidenlarven überhaupt durch ein weitgehendes Anpaſſungsvermögen an die verſchiedenartigſten Aufenthaltsorte aus. Die Larve von Helea myrmecophila Egg. fand man in Ameiſenhaufen, die von H. resinicola Kieff. im ausgeſchwitzten Harz von Kiefern, die von H. latipalpis Kieff. unter Kiefernrinde. Die überwiegende Mehrzahl der Chironomidenlarven ſind freilich Waſſerbewohner, die ſich in fließenden oder ſtehenden Gewäſſern von verſchiedenartigſter Beſchaffenheit aufhalten. Bei manchen Arten wühlen die Larven nicht im Bodenſchlamm, ſondern leben frei im Waſſer. Andere minieren in Blättern von Waſſerpflanzen, noch andere ſtellen ſich aus Schlammteilchen kleine Gehäuſe her, in denen ſie ſich aufhalten. Die hier herrſchende un⸗ geheuere Mannigfaltigkeit in der Lebensweiſe läßt ſich mit wenigen Worten gar nicht er⸗ ſchöpfen. Im Haushalte der Natur haben die Larven der Zuckmücken eine große Bedeutung, da ſie in manchen Gewäſſern in geradezu unglaublichen Mengen vorkommen. Thumms konnte einmal beim Ausſchlämmen von 12 Litern Bodenſchlamm nicht weniger als 3 Liter | reine Mückenlarven gewinnen. Solche Maſſen geben natürlich wieder zahlloſen anderen Tieren Nahrung und ermöglichen ihnen die Exiſtenz. Man hat feſtgeſtellt, daß von den 24 wichtigſten Arten von Wildfiſchen in Deutſchland nicht weniger als 12 zu gewiſſen Zeiten und in beſtimmten Gemäffern beinahe ausſchließlich von Zuckmückenlarven ſich ernähren, und man verſteht es hiernach ſehr wohl, daß der verdienſtvolle Süßwaſſerbiolog Schiemenz die Menge der im Grundſchlamm von Teichen und Seen lebenden Chironomidenlarven geradezu als Gradmeſſer für die wirtſchaftliche Ertragsfähigkeit des betreffenden Ge⸗ wäſſers anſieht. Auch an das ſalzige Meereswaſſer haben ſich gewiſſe Chironomiden ar 5 Zuckmücken. Schmetterlingsmückeu. Gallmücken. 317 gewöhnt, denn wie Reuter mitteilt, friſten Larven aus der Unterfamilie der Clunioninae auf Algen, die am Meeresboden wachſen, ihr Leben. „Eine Art, Clunio adriaticus Schin., iſt auch als Imago in Kolonien von Mytilus minimus unter dem Meereswaſſer beobachtet worden. Schließlich trifft man in den zur Zeit der Ebbe zurückbleibenden Waſſerpfützen an der Küſte Kaliforniens Larven einer dort auf der Waſſerfläche umherlaufenden, mit nur kurzen und ſteifen nervenloſen Flügelrudimenten verſehenen ee Mücke, Kretfimoptera browni.“ 5 Die Schmetterlingsmücken (Psychodidae) ſind kleine, plump gebaute, meiſt düſter gefärbte Mücken, deren Flügel eine dichte, mitunter beinahe wollige Behaarung tragen. Ihre Larven haben einen deutlich geſonderten, mit Augenflecken ausgeſtatteten Köpf und bei einigen Arten auch Kiemenanhänge am Hinterende, die ihnen das Atmen unter Waſſer ermöglichen. Gewäſſer aller Art, fließende wie ſtehende, namentlich aber ſolche, die reich an ſich zerſetzenden organiſchen Stoffen nebſt der ſich dort immer einfindenden mikroſko⸗ piſchen Lebewelt ſind, werden von ihnen bewohnt. In den Kläranlagen der Berliner Rieſel⸗ werke wimmelt es beiſpielsweiſe von Larven der Sechsfleckigen Schmetterlingsmücke, Psychoda sexpunctata Curt., die dort in ungeheuren Scharen in den Filtern an Koks⸗ ſtücken leben. Die Schmetterlingsmücken entſtehen aus freien, vorn mit zwei langen Atem⸗ röhren ausgeſtatteten Puppen und ſitzen träge, mit dachförmig geſtellten Flügeln, winzigen Schmetterlingsmotten ähnlich, an Wänden und Fenſtern von Aborten, Ställen oder Wohn⸗ räumen. Im Freien, wo man dieſe Tierchen gleichfalls ſehr verbreitet findet, fallen ſie weniger auf. Sie halten ſich dort beſonders in der Nähe von ſchlammigen Pfützen, Gräben und Gewäſſern, an Zweigen und Blättern benachbarter Pflanzen auf. Trotz ihrer Klein⸗ heit ſind die Weibchen einiger zur Unterfamilie der Phlebotominae geſtellten Schmetterlings⸗ mückenarten arge Blutſauger, die den Menſchen mit ihren ſchmerzhaften Stichen faſt zur Verzweiflung bringen können. Zu den gefährlichſten Arten gehört der in Italien und anderen Gebieten Südeuropas verbreitete Phlebotomus papatasii Scop., eine unſchein⸗ bare Schmetterlingsmücke, die das ſogenannte Papataſiifieber auf den Menſchen überträgt, und zwar offenbar in der Weiſe, daß beim Stich ein noch unbekannter, winziger Paraſit in den menſchlichen Körper gelangt. Wie Graſſi jüngſt nachwies, findet die Papataſiimücke in den Häuſern der ärmeren italieniſchen Bevölkerung oft ausgezeichnete Brutſtätten, denn da die Larven nicht im Waſſer leben, ſondern in allerlei ſchmutzigen Winkeln vorkommen, können ſie in unſauberen Wohnungen ſehr gut gedeihen. Die Gallmücken (Cecidomyidae), gleichfalls zarte, kleine Mückchen, haben breite, ſtumpfe, häufig behaarte, am Rande immer lang bewimperte Flügel, die von 3-5 Längs⸗ adern durchzogen ſind, während die Querader fehlt. Der Rüſſel iſt kurz und dick. An den Fühlern folgt auf die beiden kurzen Grundglieder eine Geißel, deren einzelne Glieder oft eigentümliche knotenartige Anſchwellungen haben und wirtelartig behaart ſind. Beim Weib⸗ chen ſetzt ſich der ſiebengliederige Hinterleib in eine dünne Legeröhre fort, beim Männchen trägt der neunte Hinterleibsring eine Haltezange am Ende. Die meiſten Gallmücken legen ihre Eier in Pflanzen ab und verurſachen damit die Entſtehung von Wucherungen oder Gallen, in denen die Larven ihre Entwickelung durchlaufen. Über Form und Größe der Mückengallen läßt ſich keine Regel aufſtellen, ſie ſind denkbar verſchiedenartig und kommen auch an den verſchiedenſten Pflanzen und Pflanzenteilen vor. Im allgemeinen ſind aber 318 Zweiflügler: Mücken. die Gallen viel auffallender als ihre Erzeuger, die winzigen Gallmücken. Die Larven der Gallmücken find meiſtens gelblich oder rötlich gefärbt, beſitzen eine kleine Kieferkapſel und tragen vorn an der Bauchſeite oft ein kleines, vorſtreckbares Chitinſtäbchen, die ſogenannte Bruſtgräte, deren Geſtalt zur Unterſcheidung der Larven verwendet wird. f Eine häufige Mückengalle kann man an den Blättern der Rotbuche finden. Es handelt ſich um zwiebelförmige, harte Gallen, die anfangs grünlichgelb ſind, ſpäter aber rötlich und bräunlich werden und oft zu mehreren auf einem Blatte ſitzen. In manchen Jahren treten ſie geradezu maſſenweiſe auf den Buchenblättern auf. Offnet man eine ſolche Galle, ſo findet man eine weite, glattwandige Höhle darin, in der eine unſcheinbare, kleine weiße Larve hauſt. Im Herbſt beim Abfallen des Buchenlaubes gelangen die Gallen auf den Erdboden und löſen ſich dabei von dem Blatte. In der am Boden liegenden Galle findet die Verpuppung i der Larve Statt, und im nächſten Frühjahr ſchlüpft die zarte Buchengallmücke, Hormomyia fagi Htg., aus. Wie es viele Gallweſpen gibt, die keine Gallen⸗ erzeuger ſind, ſo gilt dies auch für die Gallmücken. Unter ihnen gibt es ſogenannte Einmieter, d. h. Gallmücken, die ihre Eier in den von anderen Gallmückenarten er⸗ zeugten Gallen unterbringen, ferner Gallmückenlarven, die vollkommen frei leben, wie die in Schmutz und fauligen Stoffen vorkommenden Larven von Miastor metroloas Mein., die ſich pädogenetiſch vermehren. Andere Larven ſind echte Raub⸗ tiere, wie die Larven von Diplosis aphidomyza Rud., die ihre Opfer unter Blattläuſen ſucht, ſie über⸗ fällt und ausſaugt. Alle dieſe eee egen o e en e e, Gründen zu ben Gallmüden ge- zählt werden. ö Eine der berüchtigtſten Mücken aus dieſer Familie, die keine eigentlichen Gallen ver⸗ urſacht, iſt Cecidomyia destructor Say., der man in Nordamerika den Namen Heſſenfliege (hessian fly) gegeben hat, weil dort die Anſicht allgemein verbreitet ift, daß dieſes Infekt durch heſſiſche Truppen nach Amerika gekommen ſei und während des Jahres 1776 oder 1777 im Stroh, das die Soldaten mit ſich führten, eingeſchleppt wurde. Ob dies der Wahrheit entſpricht, läßt ſich heutzutage unmöglich entſcheiden. Soviel dürfte aber feſtſtehen, daß die Heſſen⸗ fliege aus der Alten Welt ſtammt, wo ihre eigentliche Heimat ſich im ſüdlichen Aſien, der Urheimat des Weizens, befinden dürfte. Mit der Ausbreitung des Getreidebaues hat ſich auch die Heſſenfliege ganz naturgemäß ein allmählich größer werdendes Verbreitungsgebiet erobert und iſt daher gegenwärtig nicht nur in den meiſten europäiſchen Staaten zu finden, ſondern hat ſich auch in Nordamerika und neuerdings ſogar ſchon in Neuſeeland eingeniſtet. An warmen, windſtillen Frühlingsabenden, Ende April oder Anfang Mai, kommen dieſe zarten Mücken zum Vorſchein und begeben ſich ſogleich an das Fortpflanzungsgeſchäft. Die Eier werden an junges Getreide, an Weizen, Roggen, Gerſtenpflanzen oder andere Grasgewächſe gelegt, und zwar nicht hoch oberhalb des Erdbodens an die Oberſeite eines „vergrößert, und eine ur ihr ans Arten müſſen aus anatomiſchen 7 Gallmüden. Pilgmüden | 319 Blättchens oder unmittelbar an den Halm oder in die Blattſcheide. Schon wenige Tage her- nach ſchlüpfen die kleinen, ſchlanken rötlichen Larven aus, die ſich in dem erſten Lebensſtadium durch ziemliche Beweglichkeit auszeichnen. Sie gleiten abwärts, dringen zwiſchen Halm und Blattſcheide ein und ſetzen ſich dort feſt, um in ein zweites Larvenſtadium überzugehen. In dieſem feſtgehefteten Stadium ernährt ſich die Larve durch Anſaugen des Halmes; ſie verliert hierbei ihre Gliederung, wird plump und eiförmig, wobei der weiße Leibesinhalt immer deutlicher durch die farbloſe Chitinhaut ſchimmert. Schließlich hebt ſich die Haut wie eine glasartige, harte Kapſel ab, während ſich der Körper im Inneren zuſammenzieht. Hier⸗ mit iſt das dritte Stadium erreicht, in dem die Puppe zur Ausbildung gelangt. Letztere liegt bei der Heſſenfliege nicht frei, ſondern ruht, ähnlich wie bei den echten Fliegen, in der abgehobenen, letzten Larvenhaut. In England pflegt man das Puppenſtadium der Heſſen⸗ fliege als flax seed zu bezeichnen, denn es iſt in der Tat in Form und Größe einem Lein⸗ ſamen recht ähnlich. Während die Puppenhülſen noch maſſenweiſe an den Getreidehalmen ſitzen, geben ſich an den letzteren ſchon die böſen Folgen zu erkennen, die das Saugen der Larven gehabt hat. Oberhalb des erſten oder zweiten Knotens, d. h. oberhalb der Stelle, wo die Larve geſogen hat, fängt der Halm an, zu vergilben und trocken zu werden. In⸗ folgedeſſen hat es auch in der Ahre an Saft und Kraft gefehlt, um die Körner zur Entwicke⸗ lung zu bringen. Außerdem iſt der Halm an der beſchädigten Stelle ſpröde und brüchig geworden. Ein kräftiger Sommertegen oder einige ſtarke Windſtöße, die das Getreide durch⸗ wogen, knicken oder brechen den dürren Halm um. Ein Feld, das ſtark von der Heſſenfliege heimgeſucht wurde, ſieht dann fürchterlich aus, maſſenweiſe liegen die Halme am Boden, und man könnte meinen, daß eine Viehherde den Acker zertrampelt oder ein heftiger Hagel⸗ ſchlag alles vernichtet habe. In Deutſchland und anderen Ländern mit gemäßigtem Klima hat die Heſſenfliege zwei Bruten. Gegen den Herbſt, im Auguſt und September, erſcheinen daher abermals Mücken, die nun ihre Eier an die Pflänzchen der Winterſaat ablegen. Die ausgewachſenen Larven ſaugen jetzt tief unten in der Nähe der Wurzel und verurſachen damit eine gallenartige Auftreibung oder führen das Eingehen des ganzen Pflänzchens herbei. Die Pilzmücken (Mycetophilidae), deren nackte, walzenförmige Larven in der Regel in Pilzen leben, vervollſtändigen die Reihe dieſer unanſehnlichen, kleinen Zweiflügler. Sie haben einen hochgewölbten Bruſtabſchnitt, lange Hüften und Schienenendſporne. Die vielgliederigen Fühler können ſtark verlängert ſein. Der Rüſſel bleibt immer kurz. Meh⸗ rere Arten, wegen ihrer dunkel getrübten Flügel Trauermücken (Sciara Meig.) genannt, haben dünne, fein behaarte, ſechzehngliederige Fühler ſowie dreigliederige Taſter. Die Heerwurmtrauermücke, Sciara militaris Now., iſt eine ſchwarze, an den Beinen bräun⸗ lichgelb gefärbte Mücke, deren Weibchen 4—4,5 mm lang werden, während die ſchlanker ge- bauten Männchen nur 2,6— 3,5 mm erreichen. Ihre bis 11 mm langen, ſpindelförmigen Larven, an denen ein kleiner, ſchwarz glänzender Kopf auffällt, leben im Waldboden und haben einen glasartigen Körper, durch den der Darminhalt dunkel ſchimmert. Dieſe Larven ſind es, welche in früheren Zeiten zu allerlei abergläubiſchen Vorſtellungen Veranlaſſung gegeben haben, wenn ſie ſich einmal in großen Mengen als Heerwürmer bemerkbar machten. Einer der erſten Berichte über den Heerwurm ſtammt aus dem Jahre 1603. In Schleſien erſchien damals, wie es heißt, ein merkwürdiger Spuk: eine ſchreckliche Schlange, aus zahlloſen Würmern beſtehend, kroch zum Entſetzen der ganzen Bevölkerung durch den Wald. Die Chroniſten haben es auch in der Folgezeit noch öfters für ihre Pflicht gehalten, 320 | Zweiflügler: Mücken. getreulich das Auftreten des Heerwurms zu verzeichnen, der hauptſächlich in den ſächſiſchen Herzogtümern, in Thüringen und Hannover geſehen wurde und in der Regel als Vorbote von Krieg oder Mißwachs, ſeltener als glückbringendes Ereignis galt. Auch in unſeren Tagen iſt der Heerwurm keine ſeltene Erſcheinung. Faſt alljährlich kann er in dieſer oder jener Gegend Deutſchlands oder in den Nachbarländern beobachtet werden, doch pflegen kaum noch die Zeitungen darüber zu berichten, denn die Heerwurmzüge haben ihren früheren unheimlichen Nimbus längſt eingebüßt. Aus den überwinternden Eiern, die die Weibchen jener Trauermücken in den Waldboden gelegt haben, entſtehen im Frühling die oben ge⸗ ſchilderten glaſigen, ſchwarzköpfigen Ma⸗ den, die oft zu vielen Tauſenden in den modernden Blättermaſſen von Laubwäl⸗ dern oder in der Nadelſtreu vorkommen, ohne dort im geringſten bemerkt zu wer⸗ den. Sie halten ſich für gewöhnlich ſehr verborgen und ernähren ſich von ver⸗ weſenden Pflanzenteilen, die ſie zerfreſſen und in feine, krümelige Exkremente ver⸗ wandeln. Zu gewiſſen Zeiten ändert ſich jedoch ihr Benehmen, denn die Maden fangen an, ſich mit einem Male zuſam⸗ menzuſcharen und werden jetzt auch auf der Oberfläche des Waldbodens ſichtbar, über den ſie in langer Kolonne dahin⸗ wandern. Ein Heerwurmzug iſt hiermit entſtanden, der freilich ſonderbar genug ausſieht. Viele Hunderte oder Tauſende 5 bleicher Maden gleiten dicht gedrängt, ein 85 oft weit über meterlanges, ſchmales Band Ba ücke, bie hortulanus . Oben Weibchen, unten e a e ee Männchen. : hin. Je nach den Bodenverhältniſſen er- leidet der Zug mancherlei Abweichungen, geringe Hinderniſſe werden über] chritten, größere verurſachen eine vorübergehende Spaltung, bisweilen verſchwindet ein Teil unter dem Laube und läßt eine Zeitlang das Ganze unter⸗ brochen erſcheinen. Ein gewaltſamer Durchbruch, etwa durch die Hufe eines Pferdes oder durch die Räder eines Wagens verurſacht, ſchließt ſich bald wieder. Ebenſo ordnen ſich die in Terrarien gebrachten Maden bald wieder zu einer zuſammenhängenden Kolonne an. Bis⸗ her iſt es noch nicht ermittelt, welche Urſachen es eigentlich ſind, die die Larven auf die Wan⸗ derſchaft treiben. Futtermangel kann es unmöglich ſein, dagegen ſcheint manches dafür zu ſprechen, daß die Larven davonwandern, um günſtige Stätten zur Verpuppung aufzusuchen. Die Haarmücken (Bibionidae) führen ihren deutſchen Namen mit Rückſicht auf die Körperbehaarung, die bei den meiſten Arten deutlich ſichtbar iſt. Es ſind kräftige Mücken von faſt fliegenartigem Ausſehen mit hochgewölbter Bruſt und ſtarken Beinen. Die Fühler bleiben kürzer als der Mittelleib, ſind aber, wie ſich freilich erſt bei näherer Betrachtung zeigt, aus 9—12 kleinen Gliedern zuſammengefügt. Der Rüſſel iſt kurz. Die Märzfliege, A KH MM 0 Km Mio, > eff lt ” f | 5 . N 0 \ 0 2 > 5 Mi 2 Mi A N | 1 , BEIN Al) 667% 0 Ku 0 6 JM N N Math 1 ö 0 N N 1 SS — => == SS ZZ 79 DH HN} 77 ö ® 3 17 4 3 5 Al Fe SR ae ee OA» Va u ul a * * —— „ * 7 — . ee 83 1 Ro EIER ee . E. Haarmücken. Kribbelmücken. 321 Bibio marei L., die in den Frühlingsmonaten maſſenweiſe bei uns in Gärten, Park⸗ anlagen und Laubwäldern erſcheint, träge auf Pflanzen oder am Boden ſitzt oder auch lang⸗ ſam in die Luft emporſchwebt, um mit herabhängenden Beinen wieder zu ſinken, iſt ein charakteriſtiſcher Vertreter dieſer Familie und gehört auch zu den bekannteſten Zweiflüg⸗ - lern. Der in beiden Geſchlechtern tiefſchwarze, 11—13 mm lange Körper und die großen, glashellen oder ſchwach getrübten, am Vorderrande braun gefärbten Flügel kennzeichnen zur Genüge dieſe Art, die, wie alle Angehörigen der Gattung Bibio Geoffr., kräftige, haken⸗ artige Endſporne an den Vorderſchienen beſitzt. Ebenſo häufig iſt die Gartenhaarmücke, Bibio hortulanus L., mit ſchwarzen Männchen und rotgelben Weibchen, die gleichfalls im Frühjahr erſcheint. Etwa 8 Tage nach der Begattung legt das Weibchen an Kompoſthaufen oder an Gartenerde etwa 100 —150 Eierchen, aus denen im Laufe des Sommers walzen⸗ förmige Larven zum Vorſchein kommen, die im erwachſenen Zuſtande eine Länge von 15 mm erreichen, einen dunkeln Kopf und quer verlaufende Borſtenreihen an ihrem ſchmutzig graubraunen Körper haben. Sind dieſe Larven, wie es oft der Fall iſt, maſſenweiſe in den Feldern oder Beeten vorhanden und fallen ſie dann über die Pflanzenwurzeln her, ſo können ſie empfindlichen Schaden an Gartengewächſen verſchiedenſter Art N Sie über⸗ wintern und verpuppen ſich bei ee des Frühlings. Die Kribbelmücken oder Gnitzen (Simuliidae) gehören zu den leinften Mücken, machen ſich aber wegen der empfindlichen Stiche ihrer blutdürſtigen Weibchen oft in recht unangenehmer Weiſe bemerkbar. Die breiten Flügel überragen das Hinterende des ge⸗ drungenen Körpers. Von den Flügeladern ſind nur die vorderen kräftiger entwickelt, die hinteren kaum als zarte Linien erkennbar. An den gewöhnlich geſcheckten Beinen ſind die Schenkel verdickt und ein erſtes Fußglied beſonders lang. Kurze, elfgliederige Fühler, dünn auslaufende, viergliederige Taſter, ein zum Stechen eingerich⸗ teter Rüſſel find als weitere Eigentümlichkeiten zu nennen. Als Aufenthaltsorte wählen dieſe win⸗ zigen Tierchen vorzugsweiſe die Nachbarſchaft fließender Gewäſſer. Ulmer weiß von ſolchen Gnitzen zu basichten) mit denen er einmal in dem Orte Braunlage im Harz unliebſame Bekanntſchaft machen mußte. „Ich ſtand“, erzählt er, „gegen Abend in dem Fluß⸗ ER Br bett des Ulrichswaſſers, das ſich dort mit der War⸗ Gnige, Simulium hirtipes Fries. Start vergrößert. men Bode vereinigt, und wendete einige Steine ede e Ta um, um allerlei Waſſergetier zu ſammeln. Plötzlich fühlte ich am Kinn, an den Backen, an der Stirne, ſelbſt auf dem vom Hute geſchützten Kopf ein unangenehmes Kribbeln. Natürlich griff ich ſofort mit beiden Händen zu, um die Urheber dieſes abſcheulichen Gefühls zu packen oder wenigſtens zu vertreiben. Nichts konnte ich greifen; ich nahm den Hut ab, nichts war zu ſehen. Das Kribbeln und Jucken wurde all⸗ mählich zu einem unerträglichen Stechen und Brennen, und mit größter Eile ſprang ich auf das Ufer hinauf; es war tatſächlich nicht möglich, ſich drunten länger aufzuhalten. Da die Dunkelheit mir den Anblick der Quälgeiſter verwehrte, lief ich ins Haus hinein und bei der Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 21 3 322 2 Zweiflügler: Mücken. angezündeten Lampe konnte ich denn auch im Hute einige der winzigen Mücken bemerken.“ Die Fortpflanzung der Gnitzen iſt bekannt. Im fließenden Waſſer heften die Weibchen an Steine, Pflanzen, Holz oder ähnliche feſte Gegenſtände ihre Eier an, die oft in mehreren Lagen übereinander wie eine dicke braune Schicht die Unterlage bedecken. Die nach wenigen Tagen ausſchlüpfenden und raſch heranwachſenden Larven ſehen merkwürdig genug aus. Im Waſſerſtrom ſitzen ſie ſcharenweiſe beiſammen, angeheftet mit dem keulenförmigen Hin⸗ terende, und halten ihren weichen Leib aufgerichtet, an deſſen Vorderende ſich ein ſtark chitiniſierter Kopf mit den Freßwerkzeugen und einem merkwürdigen Wimperapparate be⸗ findet. Letzterer beſteht aus zwei ſeitlichen, auf beſonderen Fortſätzen angebrachten Borſten⸗ kränzen, jeder mit etwa 50 gekrümmten Borſtenhaaren. Iſt dieſer Wimperapparat in Tätig⸗ keit, ſo werden allerlei Schmutzteilchen und winzige, im Waſſer lebende Organismen in den Mund hereingeſtrudelt, an dem auch zwei kräftige, zum Packen oder zum Zerkleinern größerer Beute geeignete Kiefer angebracht ſind. Ein Paar von Fühlern und jederſeits zwei Augen vervollſtändigen die Ausrüſtung dieſer und eines am erſten Bruſtringe befindlichen, gleichfalls mit Haken verſehenen Haftorgans ſich langſam wie Blutegel weiterbewegen können. Hierbei ſuchen ſie ſich zunächſt mit den Bruſthaken ein⸗ zukrallen, krümmen dann den ganzen Körper bogenförmig ein, an, laſſen vorn los, ſtrecken ſich aus und ſuchen mit den Bruſt⸗ haken weiter vorn wieder neuen Halt. Um aber auch auf glatten Flächen in der geſchilderten Weiſe vorwärts zu kommen, über⸗ ſpinnen die Simulienlarven mit Hilfe eines an der Unterlippe FI = aausmündenden Spinnapparates ihren Weg mit einem Netze feiner = Geeſpinſtfäden. Recht ſonderbar ſehen auch die gleichfalls a) Larve und b) Puppe von Si- mulium. Start vergeöfert. Nac aus Spinnſubſtanz hergeſtellten, eigentümlichen tütenförmigen Folſom, „Entomology‘, Phil Puppengehäuſe aus. Es find flache gelbliche oder bräunliche Gebilde, die der Länge nach unter Waſſer an einem Stein oder delphia 1906. einer ähnlichen Unterlage angekittet ſind und an dem einen Ende, welches immer dem Waſſerſtrom entgegengeſetzt iſt, offen bleiben. Aus dieſer Offnung ſtreckt die im Inneren liegende Puppe ihren harten Kopf hervor, der zwei Büſchel langer Kiemenfäden trägt. Die berüchtigtſte europäiſche Art unter den Gnitzen iſt die Kolumbatſcher Mücke, Larven, die übrigens auch mit Hilfe eines hinteren Hakenkranzes ſetzen den hinteren Hakenkranz unmittelbar hinter den Bruſthaken Simulium columbaczense Schönh.; ſie wird von einem Dorfe im ſerbiſchen Diſtrikte Paſſaro⸗ 3 witz jo genannt, wo fie der Aberglaube der Bevölkerung aus einer Felshöhle ſtammen läßt, in welcher angeblich Ritter St. Georg den Lindwurm erlegt hat. In Wirklichkeit haben dieſe Mücken, die im Flußgebiet der unteren Donau Ende April oder Anfang Mai zu erſcheinen pflegen, ihre Brutſtätten in raſch dahinſtrömenden Gebirgsbächen oder Flüßchen. Dort ent⸗ ſtehen ſie an beſtimmten Tagen aus ihren an Steinen und Felſen angekitteten Puppen⸗ gehäuſen, und zwar alle ungefähr gleichzeitig. Wenn ſich dann die weiblichen Mücken im Dunkel der Nacht oder in den erſten Morgenſtunden zu vielen Hunderttauſenden zufammen- ſcharen, ſo ſieht man beim Tagesanbruch gewaltige Schwärme dieſer winzigen Gnitzen wie graue Nebelwolken an den Bergabhängen oder über den Flußtälern ſchweben. Die höherſteigende Sonne pflegt dieſe Wolken wieder zu zerſtreuen, gelegentlich aber erhebt ſich in der Morgenkühle ein ſtarker Wind und treibt die Schwärme oft meilenweit in das = Erſtickung infolge der vielen in die Atem⸗ N i 4 u 2 * — N Kribbelmücken. Netzmücken. 323 Land hinaus. So kommt es, daß die Kolumbatſcher Mücken plötzlich weitab von ihren Ge- burtsſtätten in den Niederungen erſcheinen und in ungeheuren Scharen mit einem Male ſtechluſtig über Menſchen und Vieh herfallen. Rinder, Pferde, Schafe und Schweine find beſonders gefährdet. Zu Tauſenden und aber Tauſenden kriechen ihnen die Gnitzen in Naſe, Ohren und Maul, ſtechen und ſaugen Blut, bis die armen, ſich wie raſend gebärdenden Opfer vor Erſchöpfung tot zuſammenbrechen. In den Donauländern ſind die von Zeit zu Zeit auftretenden Schwärme der Kolumbatſcher Mücke eine wahre Landplage. Beſonders häufig werden einige Diſtrikte in Serbien und in Ungarn heimgeſucht. Im Jahre 1880 wurden bei Kubin in Ungarn binnen 4 Stunden 400 Schweine, 80 Pferde und 40 Rinder von den Mücken getötet. Der Tod tritt beim Vieh nach neueren Unterſuchungen nicht etwa durch wege eindringenden Gnitzen ein, ſondern ſoll durch die Menge giftiger Stiche und den da⸗ durch hervorgerufenen ſtarken Nervenreiz und ee lege werden. Die Netzmücken (Blepharoceridae) find auffallend langbeinige Mücken mit ſehr großen Flügeln, in denen ein jonderbares Netzwerk von feinen ſcharfen Linien zwiſchen den eigentlichen Flügeladern ausgebildet iſt. Recht ungewöhnlich find ihre Sehorgane, denn abgeſehen von den drei großen Punkt⸗ augen, mit denen der Scheitel gekrönt it, 7 BAER u zerfällt jedes der beiden zuſammengeſetzten N Se x 2 Augen in zwei deutlich abgegrenzte Teile, FTF einen oberen und einen unteren, von denen jenes aus ſehr großen, dieſes aber aus ſehr kleinen Facetten beſteht. Dieſe merkwür⸗ dige Bildung befähigt die Tiere einmal zum ſcharfen Sehen mit ihrem unteren klein⸗ facettierten Augenteil am Tage und ſetzt ſie zweitens in den Stand, ſelbſt im tiefſten Wald⸗ ſchatten oder im dämmernden Zwielicht der Abendſtunden und in der Nacht mit ihren großen oberen Augenfacetten noch genug Lichtſtrahlen aufzunehmen, um ſich zurechtzu⸗ finden. Eine ſolche Einrichtung muß für die Weibchen beſonders wichtig ſein, welche im Gegenſatz zu den Männchen gut entwickelte Oberkiefer haben und meiſt eifrige Räuber zu ſein pflegen. Kellog, der die Weibchen der nordamerikaniſchen Blepharocera capitata Zoew beobachtete, ſagt, daß ihre Hauptbeſchäftigung in einer lebhaften Jagd auf allerlei kleinere Zweiflügler beſtand, die ſie im Fluge erhaſchten, um ſie nachher auf einem Blatte zu zer⸗ fleiſchen und auszuſaugen. Daß aber die Blepharozeridenweibchen nicht immer räuberiſch leben, geht aus den Beobachtungen von Schnuſe und Hetſchko hervor, die auf Korſika eine Art, die Apistomyia elegans Big., in beiden Geſchlechtern friedlich nebeneinander Honig ſaugend auf Kompoſitenblüten beobachtet haben. Die ſehr eigenartigen, ſtark abgeplatteten Larven der Blepharozeriden ſitzen in kalten, raſch dahinſchießenden Gebirgsbächen feſtgeſogen an Steinen und benutzen hierzu merkwürdige 21* Neymüde, 3 einerascens Ler. Vergrößert. 324 Zweiflügler: Mücken. Fliegen. ſeitliche paarige Fortſätze, die an der Unterſeite je eine Saugſcheibe tragen. Wir bilden hier die Larven und Puppen von Liponeura einerascens Ler. ab, die mit Vorliebe in Bächen mit | einer Waſſertemperatur von nur etwa 5-90 Cleben. In dem Gletſcherbach bei Schluderbach fand Hetſchko die Unter⸗ ſeite größerer Steine mit derartigen Larven und Puppen dicht beſetzt. Die Reihe der langfühlerigen Mücken beſchließen wir mit den Pfrie⸗ menmücken (Rhyphidae), von denen die Fenſterpfriemenmücke, Rhy- phus fenestralis Scop., ſich nicht ſelten in unſeren Wohnungen und Glasveranden an den Scheiben einfindet. Sie hat ! etwa die Größe der Gemeinen Stech⸗ iN einerascens: a) Larve von Be, b) Larve 958 müde, iſt aber leicht an den langen, e geen 109. („Wiener entomol. pfriemenförmig zugeſpitzten, 16gliede⸗ rigen Fühlern zu erkennen. Die Flügel haben braune Punkte und einen braunen Fleck an der Spitze. Die ſchlanken, wurm⸗ förmigen Larven der Pfriemenmücke halten ſich im modernden Holz oder fauligen Früchten auf und ſind auch in Kuhdünger und ſchlammigem Waſſer gefunden worden. 2. Tribus: Orthorrhaphe Fliegen (Brachycera). Die Waffenfliegen (Stratiomyidae) bilden eine umfangreiche Familie nackter oder nur ſpärlich behaarter Fliegen von verſchiedener Größe, die ſich oft durch bunte Farben auszeichnen und gelbe oder grüne Zeichnungen auf dunkelm Grunde tragen. Die Facetten⸗ augen ſind groß, die Nebenaugen immer deutlich, die dreigliederigen Fühler mit geſtrecktem und deutlich geringeltem Endglied verſehen und mit kürzerem oder längerem Endgriffel an letzterem. Das Schildchen iſt, von wenigen Ausnahmen abgeſehen, mit ſpitzigen Dornen bewaffnet. Auch die Bruſtſeiten können derartige Dornen tragen. Die Bewehrung mit Dornen hat Veranlaſſung gegeben, dieſe friedfertigen und harmloſen Fliegen, die weder ſtechen noch Blut ſaugen können, Waffenfliegen zu nennen. Ihr Hinterleib pflegt ziemlich breit zu ſein, ſo daß ſeine Seitenränder, wenn die Waffenfliege mit nach hinten gelegten Flügeln ruht, ſeitlich hervorſtehen und nicht von den Flügeln bedeckt werden. Die Ent⸗ wickelung findet entweder im Erdreich oder im Waſſer ſtatt. Die auf der Farbentafel bei S. 336 abgebildete Chamäleonsfliege, Stratiomys chama eleon L., iſt eine in ganz Mitteleuropa verbreitete, lebhaft gefärbte Art. Der Kopf iſt an den dicken, etwas leiſtenartig hervortretenden Backen gelb, ebenſo das Geſicht mit Aus⸗ ſchluß einer ſchmalen, ſchwarz glänzenden Längsſtrieme. Die Facettenaugen berühren ſich beim Männchen auf dem Scheitel. Das Endglied der vorgeſtreckten Fühler erſcheint fünf⸗ ringelig und iſt etwas breitgedrückt. Der gekniete, fleiſchige Rüſſel wird in der Ruhe eingezogen getragen, ſeine kleinen Taſter ſind zweigliederig. Stechwerkzeuge fehlen. An dem gelb ge⸗ färbten Schildchen ſind zwei ſpitzige Dornen wie kleine Spieße ſchräg nach hinten gerichtet. Den breiten Hinterleib verzieren gelbe Zeichnungen. Man findet die Chamäleonsfliege förmigen Windungen, das Schwanzende nach oben, den Kopf nach unten, ſchlängeln ſie ſich auf und nieder und Waſſer geſtattet. Das Vorderende trägt außer einem Paar Pfriemenmücken. Waffenfliegen. Schnepfenfliegen. 5 325 ebenſowohl im Gebirge als auch in der Ebene, vorzugsweiſe aber in der Nähe von Ge- wäſſern. Ein mit Schilf umſtandener Teich, ein ſchlammiger Graben, deſſen Uferböſchungen von reicher Vegetation eingefaßt werden, ſind die für ihre Eiablage beſonders günſtigen Plätze. Dort werden an einen Schilfhalm oder an das Blatt einer über den Waſſerſpiegel ſich neigen⸗ den Pflanze einige hundert Eier dicht gedrängt in einem zuſammenhängenden Häufchen an⸗ geklebt. Die aus den Eiern ſchlüpfenden Larven gelangen in das Waſſer, in deſſen ſchlam⸗ migem Boden ſie ihre Entwickelung durchlaufen. Die erwachſene Stratiomys⸗Larve iſt vorn und hinten zugeſpitzt, ihr zwölfringeliger, an den Seiten ſtark abgeflachter Körper iſt bräun⸗ lich erdgrau gefärbt und paßt ſich daher vorzüglich der ſchmutzigen Umgebung an. An der Schwanzſpitze liegt eine Atemöffnung, umgeben von einem Kranz zierlich gewimperter Härchen, die ſich ſtern⸗ artig ausbreiten oder derartig zuſammenlegen können, daß ſie einen kleinen kugeligen Raum umſchließen. In ihren Bewegungen haben dieſe Larven viel Ahnlichkeit mit den obenerwähnten Larven der Stechmücken. In 8⸗ oder C⸗ hängen oft auch ſenkrecht mit ausgebreitetem Schwanz⸗ ſtern an der Oberfläche. Sobald ſie untertauchen, nimmt letzterer die erwähnte Kugelgeſtalt an und ſchließt ein ſil⸗ berglänzendes Luftbläschen ein, einen Vorrat zum Atmen, der dieſen Larven einen längeren Aufenthalt unter dem ſeitlicher Augen eine ſchnabelartige, ſchwarze Kieferkapſel mit zwei gezähnten und gewimperten Fortſätzen, die ſich in fortwährender Bewegung befinden. Die reife Larve verläßt das Waſſer und ſucht am Uferrande ein geſchütztes Plätzchen, falls die Verpuppung nicht, wie es auch manch⸗ mal der Fall iſt, innerhalb des Waſſers zwiſchen Pflan⸗ zen vor ſich geht. Schnepfenfliege, Leptis strigosa Meig., Diͤe leicht an ihrer ſchlanken, zierlichen Bauart zu in Ruheſtelung . BEER IR erkennenden Schnepfenfliegen (Leptididae) find meiſt kleinere oder höchſtens mittelgroße Fliegen mit oft ſtark gefleckten Flügeln. Der halbkugelige Kopf iſt ſchmaler als der Bruſtabſchnitt. Das Endglied der dreigliederigen Fühler trägt eine lange Endborſte oder einen Griffel. Die langen, dünnen Beine enden wieder mit drei Haft⸗ läppchen an den Füßen. Eine der häufigſten deutſchen Arten iſt Leptis strigosa Meih., eine ſpärlich behaarte, langbeinige, mittelgroße Fliege mit ſcheckigen Flügeln, deren rotgelber Hinterleib in der Mitte eine Reihe ſchwarzer Rückenflecke und rechts und links dunkle, bis⸗ weilen miteinander verſchmelzende Seitenflecke beſitzt. Der Rückenſchild des Weibchens iſt rotgelb, der des Männchens oben grau mit zwei helleren Längsſtriemen. Die etwa 10—12 mm lange Fliege treibt ſich während des Sommers auf Gebüſchen umher oder ſitzt träge an Baumſtämmen und lebt wie ihre Verwandten von kleinen Inſekten, die ſie fängt und ausſaugt. Dem Menſchen oder anderen Warmblütern tut ſie nichts zuleide. Eine andere Schnepfenfliege von mehr gedrungener Körpergeſtalt hält ſich in der Nähe 3 Zweiflügler: Fliegen. von Flüſſen und Bächen auf. Es iſt die in Mitteleuropa verbreitete, aber nicht beſonders häufige Ibisfliege, Atherix ibis F., deren glashelle Flügel von drei vom vorderen Rande aus⸗ gehenden undeutlichen braunen Querbinden durchzogen werden. Das Männchen ift kenntlich an ſeinem braungelben, ſchwarz gefleckten Hinterleib, der beim Weibchen ſamtſchwarz und nur an den Hinterrändern der Bauchringe grau gefärbt iſt. Im Mai oder Juni finden ſich die Atherix⸗Weibchen am Uferrande an einem ſich über das Waſſer neigenden Baumzweige ein. An einer Stelle des Zweiges klammern ſie ſich an, legen dort ein Klümpchen Eier ab, bleiben hierauf aber am Zweig hängen und ſterben. Andere Weibchen kommen an den gleichen Ort, legen ihre Eier an die Leichen ihrer Vorgängerinnen und bleiben wie dieſe ſterbend hängen. So entſteht an jener Stelle, indem immer neue Fliegenweibchen hinzukommen, deren Leichen an dem Platze verbleiben, ein Klumpen toter Fliegen, der ſchließlich wie eine Traube vom Zweig herunterhängt und aus einiger Entfernung geſehen faft den Eindruck eines Bienen⸗ ſchwarmes macht, aus dem das Leben entflohen iſt. Derartige Gebilde fanden wir vor einigen Jahren im Juni am Ufer der Werra, wo an einer kurzen Strecke an überhängenden Weiden⸗ zweigen eine ganze Anzahl Fliegenklumpen hingen, von denen der größte reichlich die dop⸗ pelte Fauſtgröße beſaß. Unterſucht man einen ſolchen Klumpen, ſo wird man bald ſehen, daß ſich neues Leben in der toten Maſſe regt. Die aus den Eiern entſtehenden Atherix-Larven ſchlüpfen aus und laſſen ſich, nachdem ſie vielleicht anfangs von den Leichen ihrer Mütter gezehrt haben mögen, ins Waſſer gleiten, in welchem ihre weitere Entwickelung ſtattfindet. Andere Leptidenlarven entwickeln ſich in der Erde. Die Larve der auf Wieſen nicht ſeltenen Leptis lineola F. wurde von Ratzeburg aus dem Hinterleib eines eben verendeten Maikäfers gezogen. Wieder andere Gewohnheiten haben die „Wurmlöwen“, wie man die Larven der zur Gattung Vermileo Macg. gehörenden Schnepfenfliegen nennen kann, die ſich die bewährte Fangmethode des Ameiſenlöwen aneignen und in kleinen, trichterförmigen Sandgruben vergraben auf ihre Beute lauern. Sind dieſe Sandtrichter auch nicht ſo regel⸗ mäßig wie beim Ameiſenlöwen, ſo erfüllen ſie doch auch hier ihren Zweck, denn vorüber⸗ laufende Inſekten rutſchen leicht hinein und werden vom Wurmlöwen, der ſich ſofort wie eine Schlange um ſein Opfer ringelt, mit den Kiefern gepackt und ausgeſogen. Nur kurz erwähnen wir hier die in Europa und Norbamerita verbreiteten Coeno- myidae, deren Schildchen zwei kleine, nach hinten gerichtete Dornen trägt. Die einzige zu ihnen gehörende europäiſche Art iſt Coenomyia ferruginea F., eine plumpe, träge, roſtbraune Fliege, die am Hinterleib mit weißen Seitenflecken geſchmückt iſt. Ihre bräunlichgelben Flügel haben roſtgelbe Adern. Die Larve hält ſich nicht im Waſſer, ſondern in moderndem Holz oder in der mulmigen Erde an alten Baumſtümpfen auf und ſtellt dort anderem Getier nach. Die in ihrem Außeren und ihren Bewegungen etwas an Schlupfwespen erinnernde Schwarze Holzfliege, Xylophagus ater F., kommt in lichten Laubholzwaldungen vor. Mit ihren langen, dünnen Beinen rennt ſie dort an Baumſtämmen hin und her. Der langgeſtreckte Körper iſt glänzend ſchwarz, die Flügel find von einer bräunlichen Querbinde durchzogen, und das letzte Glied der nach vorn gerichteten Fühler iſt aus acht Ringen zu⸗ ſammengeſetzt. Ein im Verhältnis zur Bruſt ziemlich großer Kopf, die gegabelte dritte Längsader und ein ungedorntes Schildchen ſind weitere Eigentümlichleiten; ſie kommen auch anderen Arten der weitverbreiteten Xylophagidae zu, deren Larven räuberiſch unter Rinde leben oder ſich in mulmigem Holz aufhalten. Ba. + Eine Fliegentraube, gebildet aus den bei der Eiablage geitorbenen Weibchen der Ibisfliege. 2 Coenomyidae. Xylophagidae. Holzfliegen. Bremſen. 327 Die in etwa 2000 Arten über die ganze Erde verbreiteten Bremſen oder Vieh⸗ fliegen (Tabanidae) gehören zu den ſchlimmſten Blutſaugern, die mit ihrem zudring- lichen Weſen an heißen Tagen Menſch und Tier unaufhörlich beläſtigen. Ihre Stiche find faſt immer ſchmerzhaft und haben nicht ſelten tagelang andauernde Anſchwellungen zur Folge. Gewiſſe ausländiſche Tabaniden ſcheinen auch als Krankheitsüberträger für größere Haustiere eine verhängnisvolle Rolle zu ſpielen, und für eine innerafrikaniſche, in der Gegend von Timbuktu vorkommende kleine Art, Tabanus sudanicus Gas., iſt es ſchon erwieſen, daß ſie Blutparaſiten übertragen kann. Die fliegenartige, kräftige Geſtalt macht die Bremſen auf den erſten Blick leicht kennt⸗ lich. Die großen, breiten Flügel überragen den Hinterleib. Der ſcheibenförmige Kopf trägt ein Paar auffallender, großer Facettenaugen, die beim Männchen oben auf der Scheitel⸗ mitte ganz oder faſt ganz zuſammenſtoßen. Oft ſind die Augen bunt gefärbt und mit purpur⸗ roten, grünen oder blauen Binden verziert, die beim lebenden Tier prächtig ſchillern. Das Endglied der dreigliederigen Fühler iſt mit einem verſchiedenartig geformten, 5 mehr⸗ gliederigen Endgriffel ausgeſtattet. Der Stechrüſſel bleibt ent⸗ weder kurz oder kann, wie bei der in den Tropenländern verbrei⸗ teten Gattung Pangonia Latr., eine bedeutende Länge erreichen und den Körper ſogar an Länge noch übertreffen. Dieſer lange Rüſſel kommt den Pangonien ſehr zuſtatten, wenn ſie die dicke Haut von Büffeln oder anderen großen Tieren durchbohren wollen, was namentlich an den Flanken oder an der Bauchſeite geſchieht. N Bei den echten Bremſen (Tabanus L.) iſt der kurze Rüffel geisgen der Ninderbremſe, an ſeiner Spitze mit einem Paare verbreiterter Endlappen (La⸗ 8 8 Kopf. bellen) verſehen. Die eigentlichen Stechwaffen liegen wie im⸗ mer im Rüſſelinneren verſteckt, ſie beſtehen außer dem unpaaren Hypopharynx aus kräf⸗ tigen, dolchförmigen Vorder⸗ und Mittelkiefern, die beim Durchbohren der Haut merk⸗ liche Verletzungen hinterlaſſen. Wie es bei den Zweiflüglern die Regel iſt, ſtechen und ſaugen nur die Weibchen, während die Männchen keine Blutſauger ſind, ſondern ſich mit Blumenſäften begnügen oder auch wohl einmal am Schweiß von Tieren trinken. Alle Bremſen ſind gewandte, ſichere Flieger, die pfeilſchnell durch die Luft ſauſen und mit raſchen, reißenden Bewegungen ihr Opfer umſchwärmen. Ihre Flügel ſind demgemäß ſehr kräftig. Die Randader umſäumt den ganzen Flügelrand. Die dritte Längsader gabelt ſich und der obere Aſt hat manchmal einen rückwärts gerichteten Anhang. Aus der Mittel- zelle ſtrahlen drei Längsadern nach dem Rande. Eine Eigentümlichkeit dieſer Familie ſind drei Haftläppchen an den Beinen. i Die Gemeine Rinderbremſe, Tabanus bovinus L., gehört zu den ſtattlichſten ein⸗ heimiſchen Fliegen. Sie hat unbehaarte Augen, hellgelbe Schienen und dreieckige, helle Rückenflecke an dem düſter gefärbten Hinterleib. Die Larve lebt räuberiſch in lockerem, feuchtem Erdreich und bohrt ſich in Käferlarven oder andere Inſektenlarven ein, um deren Inneres auszufreſſen, ſo duß von den Opfern nur die leere Haut übrigbleibt. An dem zugeſpitzten Vorderende der Larve befindet ſich eine feſte Kieferkapſel mit zwei haken⸗ förmigen, nach unten gebogenen Vorderkiefern. Der langgeſtreckte, elfringelige Leib trägt ſtummelartige Fleiſchwarzen, die das Fortkriechen unterſtützen. Die Verpuppung findet nach der Überwinterung im Frühjahre ſtatt. Die Regenbremſe, Haematopota pluvialis L., ſticht den Menſchen beſonders an 328 Zweiflügler: Fliegen. heißen, ſchwülen Tagen. Sie hat ſchwarzgraue, hell marmorierte Flügel, in der oberen Hälfte purpurſtrahlende Netzaugen, keine Nebenaugen und keine Enddornen an den Hinterſchienen. Beim Männchen iſt das erſte Fühlerglied dick angeſchwollen, beim Weibchen lang und dünn. Das Endglied iſt bei beiden Geſchlechtern pfriemenförmig und an der Spitze dreiringelig. Die Farbentafel bei S. 336 zeigt uns auch eine bunte, auf einer Blume ſitzende Tabanide, die Goldaugenbremſe, Chrysops caecutiens L., die aber keineswegs nur ein harmloſer Blütenbeſucher iſt, ſondern Menſch und Tier an heißen Tagen mit ihren empfindlichen Stichen ſehr zu beläſtigen pflegt. Sie hat dunkle Flügelbinden, pfriemenförmige Fühler und mit End⸗ ſpornen verſehene Hinterſchienen. Die Larve hält ſich bei den Chrysops-Arten im Waſſer auf. An die Bremſen ſchließen ſich die Nemestrinidae an. Bei den großen Fliegen der im Mittelmeergebiet in mehreren Arten verbreiteten Gattung Nemestrina Latr. haben die glas⸗ feiner Queradern, das mit dem ſonſtigen Aderſyſtem der Zwei⸗ flügler nichts zu tun hat. An merkwürdigen Arten iſt dieſe Fa⸗ milie reich; ſo hat der in Südafrika heimiſche Megistorrhynchus longirostris Wiedm. einen ganz ungewöhnlich langen, dünnen Rüſſel, der den ganzen Leib des Tierchens um das Vielfache ſeiner Länge übertrifft. Der Spitzenteil der braun gefleckten Flügel läßt das erwähnte zierliche Gitterwerk deutlich erkennen. Im übrigen erinnert die Megistorrhynchus⸗Fliege ſchon ganz an die gleich zu erwähnenden Wollſchweber, mit denen ſie wohl auch in der Lebensweiſe ſchon ziemlich übereinſtimmen dürfte, denn der lange Rüſſel dient gewiß nur zum Saugen von Honig, wenn das Tierchen ſchwebend in der Luft vor tiefen Blütenkelchen verweilt. Hirmoneura obscura Meig. iſt eine mittelgroße, wenig behaarte, ſchwarzbraune Fliege, die hauptſächlich in Südeuropa heimiſch, aber noch bis Niederöſterreich hinauf gefunden wird. Von dieſen ſeltenen Fliegen, die man hier und da auf Blüten f i erbeuten kann, ſind auch bereits einige Entwickelungsſtadien be⸗ ect e, ne: fanntgeworden. So weiß man, daß die Tiere ihre Eier in Tan⸗ nenholz unterbringen und zu dieſem Zweck Stellen benutzen, die von alten, von Käfern herrührenden Bohrgängen durchſetzt find. Die Larven machen aber durchaus nicht ihre Entwickelung im Holz durch, ſondern laſſen ſich zu Boden fallen und bohren ſich in der Erde in Larven oder Puppen des Sonnenwendkäfers (Amphimallus solstitialis L.) ein, die von ihnen ausgefreſſen werden. Die Wollſchweber (Bombyliidae) haben wir ſchon oben (S. 308) als eifrige Blüten⸗ beſucher kennengelernt. Sie bilden eine umfangreiche Familie mit über 1400 in den ver⸗ ſchiedenen Weltteilen vorkommenden Arten, die meiſt durch dichte, pelzige Behaarung aus⸗ gezeichnet ſind. Ihr Rüſſel iſt lang, dünn und gerade nach vorn ausgeſtreckt, das dritte Fühlerglied, das meiſt mit einem Endgriffel oder Borſtenkranz verſehen iſt, iſt ungeringelt. hellen, dunkel geaderten Flügel im Spitzenteil ein Majchenwert Nemestrinidae, Wollſchweber. Acroceridae, 329 Punktaugen find vorhanden, die Taſter find Hein und nur ein- bis zweigliederig. Die Woll⸗ ſchweber ſind überaus gewandte Flieger. Oft halten ſie ſich ſekundenlang mit raſchen Flügel⸗ ſchlägen an einer Stelle ſchwebend in der Luft und ſchießen dann im nächſten Augenblick blitzartig davon, ſo daß es kaum möglich iſt, ihnen mit den Augen zu folgen. „Sie gleichen“, ſagt Müller, „an Geſchwindigkeit der Flügelbewegung den Schwärmern (Sphingidae) unter den Schmetter⸗ lingen, den ſmaragdgrünen und azurblauen Euglossa⸗Arten Braſiliens unter den Bienen, den Kolibris unter den Vögeln.“ Das Saugen geſchieht im Fluge; frei in der Luft vor einer Blume ſchwebend, ſenken ſie ihren Rüſſel ein, ſchlürfen ein wenig Honig und eilen dann da⸗ von. Sonnige Abhänge oder blumenreiche, lichte Stellen im Walde ſind ihre Lieblingsplätze. Die zur Gattung Bombylius L. gehörenden Wollſchweber haben durch ihren dicken, gedrungenen, pelzig behaarten Körper eine gewiſſe Ahnlichkeit mit hummeln. Auffallend ift bei ihnen die Länge des Rüſſels. Bei dem Großen Wollſchweber, Bombylius major L., der an ſeinem gelblichbräunlichen, an Bruſt⸗ und Bauchſeiten aber ſchneeweißen Haarkleide kenntlich iſt, mißt der Rüſſel bis 10 mm, und bei Bombylius discolor Mik, deſſen Hinter⸗ leib hinten ſchwarz behaart iſt, wird der Rüſſel ſogar bis 12 mm lang. Dieſen beiden in Mitteleuropa nicht ſeltenen Schwebern macht es daher keine Mühe, zu dem tief geborgenen Honig der Schlüſſelblume zu gelangen, und ebenſo verſtehen ſie es, ſich die Honigquelle des Veilchens, des Immergrüns und vieler Lippen⸗ und Schmetterlingsblüter zu erſchließen. Für die wechſelſeitige Befruchtung der Blumen hat aber die ganze Gruppe der Wollſchweber trotz des eifrigen Blütenbeſuches nicht die Wichtigkeit erlangen können wie etwa die Hum⸗ meln oder viele andere blütenbeſuchende Inſekten. Die Wollſchweber ſind hierfür zu un⸗ regelmäßige Gäſte; in manchen Jahren find fie ziemlich häufig, in anderen ſtellen fie ſich dagegen nur ſpärlich ein, und hierzu kommt, daß ſie auch von recht ſchwankender Körper⸗ größe ſind. Alle dieſe Unregelmäßigkeiten hängen damit zuſammen, daß die Wollſchweber im Larvenzuſtande in anderen Inſekten ſchmarotzen, wobei ihre Entwickelung natürlich leicht durch verſchiedenartige Umſtände beeinflußt werden kann. Aus dieſen Gründen erklärt es ſich wohl, daß die Botaniker keine einzige Blüte uten; die ſich in beſonderer Weiſe an den Beſuch von Bombyliiden angepaßt hätte. = Auf der Farbentafel bei S. 336 ift außer dem Flüchtigen Wollſchweber, Bombylius fugax Wiedm., der mit weit vorſtehendem Rüſſel ſich eben der Blüte genähert hat, noch eine andere hübſche einheimiſche Bombyliidenart, der Trauerſchweber, Anthrax morio L., dar⸗ geſtellt. Dieſe tiefſchwarze, nur vorn am Rückenſchild und am Grunde des Hinterleibes fuchs⸗ rot behaarte Fliege hat einen kurzen Rüſſel und iſt leicht an der eigenartigen Färbung ihrer Flügel zu erkennen, an denen ſich die dunkle Wurzelhälfte ſcharf und unvermittelt von dem glashellen Spitzenteil abhebt. Der Trauerſchweber hält ſich am liebſten in lichten Wal⸗ dungen mit trockenem Boden auf, ſetzt ſich von Zeit zu Zeit auf einen von der Sonne be⸗ ſchienenen Stein oder den kahlen Erdboden zum Ausruhen oder ſaugt gelegentlich an einer feuchten Stelle, um ſich zu erquicken. Seine Eier bringt der Trauerſchweber, wie es ſcheint, hauptſächlich bei verpuppungsreifen Larven von Hautflüglern und Schmarotzerfliegen unter. Giraud zog die Larven von Anthrax morio aus den Neſtern von Osmia- und Megachile- Bienen ſowie aus den Neſtern der Lehmweſpe Odynerus parietum L., und Eſcherich erhielt Trauerſchweber aus Tachinentönnchen. Die Acroceridae find ſehr ſonderbar geſtaltete Fliegen, bei denen der kleine, faſt ganz aus den beiden Facettenaugen beſtehende Kopf unter dem buckelförmig gewölbten 830 N Zweiflügler: Siegen. Bruſtabſ Sn verſteckt ſitzt. Der Hinterleib iſt blaſig aufgetrieben. Die Flügel bleiben ziem⸗ a lich klein und die Halteren ſitzen meiſt unter großen Flügelſchüppchen verborgen. Die Mund: bildung iſt verſchieden, manchmal kommt, wie bei der Gattung Sphaerogaster Zeiterst., ein langer Rüſſel vor, in anderen Fällen ſind aber, wie bei Ogcodes Latr., die Mundteile ver⸗ kümmert. Man kennt nur eine geringe Zahl von Arten, die im Larvenzuſtande, ſoviel wir wiſſen, ſämtlich bei Spinnen ſchmarotzen. F. Brauer hat die Larve der Astomella lindeni Erich. beſchrieben, die in der ſüdeuropäiſchen Tapezierſpinne, Cteniza ariana Koch, lebt. Spinnen dieſer Art waren auf der Inſel Korfu geſammelt und in ein Glas eingeſperrt worden, in dem ſich bald hernach eine Astomella⸗Fliege zeigte. Gleichzeitig hiermit wurde aber auch eine ö der Spinnen tot gefunden, und neben ihrem hohlgefreſ⸗ jenen Hinterleib, der an der rechten Seite eine weite, =] andere Arten, Acrocera sanguinea Latr. und A. tri- gramma Loew, ſind von C. Koch aus den ſchön orange⸗ nur die Buckelige Fenſterfliege, Scenopinus fene- stralis L., zu nennen, eine ſchmale, nackte, etwas bucke⸗ lige Fliege von 3—6 mm Länge, die im Sommer mer umherzurennen pflegt. Die etwas rauchig ge⸗ trübten Flügel haben ein dunkelbraunes Geäder. Das Ogeodes zonatusBrichs, Start berbrößert. den halten ſich in Häuſern, in ſtaubigen Winkeln oder Dielenritzen und gelegentlich auch in Roßhaarmatratzen und Teppichen auf. Selbſt in trockenem Mehl hat man dieſe unter ſchlangenartigen Krüm⸗ mungen dahingleitenden Larven ſchon mehrfach gefunden; ſie ſind Räuber, die gern allerlei anderem Getier nachſtellen, das ſich in vernachläſſigten Mehlvorräten anzuſiedeln pflegt. Unter anderem verzehren fie gern die Puppen des ſchädlichen Getreideſchmalkäfers, Silvanus surinamensis L., wahrſcheinlich aber auch noch vieler anderer Mehlſchädlinge und fallen, wie man gleichfalls beobachtet hat, unter Umſtänden ſogar über matte Stubenfliegen her. Mit den Stilettfliegen (Therevidae), die ſich durch einen langen, kegelförmigen Hinterleib auszeichnen, beginnt die Reihe der im fertigen Zuſtande räuberiſchen Arten. Ihr Körper iſt meiſt dicht behaart, oft ſamtſchwarz oder bräunlich oder auch, wie bei der beſonders im nordöſtlichen Deutſchland nicht ſeltenen Thereva annulata F., ſilberweiß ſchimmernd (Abb., S. 334). An dem halbkugeligen Kopf, der etwa die Breite der Bruſt hat, ſtoßen beim Männchen die Augen in der Mittellinie zuſammen. Die Fühler ſind nach vorn gerichtet, ihrem langen, kegelförmigen Endglied ſitzt ein ſehr kurzer Endgriffel auf. Dieſe Fliegen lauern gewöhnlich, unbeweglich an Blättern oder auf dem Boden ſitzend, auf Beute. Irgendein * runde Offnung darbot, lag noch die leere Puppenhülle, aus der ſich die Fliege hervorgearbeitet hatte. Zwei gelben Kokons der Tegenaria agilis gezogen worden. Als Vertreter der Scenopinidae haben wir eilfertig und geſchäftig an den Fenſtern unſerer Zim⸗ dritte Fühlerglied trägt wie bei allen Familiengenoſſen weder einen Griffel noch eine Endborſte. Dieſe Fliege iſt in ganz Europa und Nordamerika häufig. Ihre fadenartig dünnen, bis 18 mm langen, weißlichen Ma⸗ D Scenöpinidae. Stilettfliegen. Raubfliegen. 331 kleines Inſekt, eine kleinere Fliege oder ein Mückchen, das ſich dem Räuber nähert, wird von ihm mit Hilfe der langen, dornigen Beine gepackt und erbarmungslos ausgeſogen. Sehr merkwürdig, faſt wie Würmer, ſehen die dünnen weißen Larven der Stilettfliegen aus, die mit ihrem langen, aus 20 Ringen beſtehenden Körper unter ſchlangenartigen Krümmungen durch moderige Erde oder durch das morſche Holz faulender Baumſtümpfe dahinkriechen. Die Raub⸗ oder Mordfliegen (Asilidae), auch wohl Habichts⸗ oder Wolfsfliegen genannt, ſind in allen Ländern verbreitet und bilden die artenreichſte Familie unter den orthorrhaphen Fliegen. Die vielen volkstümlichen Bezeichnungen laſſen ſchon auf die aus⸗ nahmslos räuberiſche Lebensweiſe der Angehörigen dieſer Familie ſchließen, die wir leicht an der tiefen Einſattelung der Stirn inmitten der großen ſeitlich vorquellenden Augen erkennen können. Der in der Regel nach vorn oder ſchräg nach unten gerichtete e enthält Sa einem Paar rudimentärer Vorderkiefer zwei wohlent⸗ wickelte Mittelkiefer und einen Hypopharynx. Der Körper iſt bei den Raubfliegen, unter denen es viele ſtattliche, große Arten gibt, faſt immer geſtreckt und kräftig gebaut. Die langen Flügel, die den Hinterleib oft überragen, haben eine gegabelte dritte Längsader. Die Raubfliegen lieben es, an Baumſtämmen, Zäunen oder auf Blüten oder auch an der Erde auf Beute zu lauern und ſich dann plötzlich auf ein heran⸗ nahendes fliegendes Inſekt zu ſtürzen, das ſie im Fluge erhaſchen und mit den Beinen feſthalten, um es nach⸗ her mit aller Gemächlichkeit an einem Ruheplatz aus⸗ * ä zuſaugen. Andere Raubfliegen umkreiſen mit raſchen, Fe ae ee 7 reißenden Bewegungen weidendes Vieh, Rinder und kein, ne 7 Pferde, und eröffnen dort eine erfolgreiche Jagd auf allerlei Fliegen, die das Vieh umſchwärmen. Die Larven halten ſich in der Erde oder in morſchem Holz auf und bohren ſich dort in Inſektenlarven ein, die von ihnen ausgefreſſen werden. Die beiſtehende Abbildung zeigt uns Laphria gibbosa L., eine der größten ein⸗ heimiſchen Arten mit etwa 20— 26 mm Körperlänge. Das Tier iſt ſchwarz, vorn am Untergeſicht fällt ein „Bart“ von blaßgelben Haaren auf, und den Hinterleib bedeckt, mit Ausnahme der erſten drei ſchwarzen, dünn behaarten Ringe, ein dichter Filz weißgelber Härchen. Man findet die ſtattliche Fliege an Holzſchlägen und Waldrändern und kann ſie oft überraſchen, wie ſie ein geraubtes 8 oder einen anderen Käfer fort⸗ ſchleppt, den ſie ausſaugen will. Sonnige Feldwege und dürren Heideboden wählt die in ganz Europa bis tief nach Aſien hinein verbreitete Horniſſenartige Raubfliege, Asilus crabroniformis L., gleich- falls eine anſehnliche, in der Größe etwa zwiſchen 15—24 mm ſchwankende Fliege, die leicht an ihrer auffallenden Zeichnung kenntlich iſt. Ihre dunkle Grundfarbe geht am Kopf, den Schulterbeulen, einigen Rückenſtriemen, den Beinen von den Schenkeln abwärts in Gelb⸗ braun über und wird an den hinteren Ringen des Hinterleibs durch ein leuchtendes Gelb erſetzt. Die drei erſten Hinterleibsringe ſind ſamtſchwarz, und die gelblichen Flügel haben an der Spitze und am Hinterrande einige dunklere Fleckchen. Das dritte Fühlerglied trägt, wie bei allen Angehörigen der Gattung Asilus L., im Gegenſatz zu der vorhin genannten CR e en ES Bi ER ET, ee Sr IE . S Ar 5 . * 332 Zweiflügler: Fliegen. Gattung, eine zweigliederige Endborſte. Wenige Schritte vor unſeren Füßen ſummt die Horniſſenartige Raubfliege mit ſtarkem Geräuſch unerwartet in jähem Fluge auf, ſtreicht flach über den Boden hin und ſetzt ſich wieder an Pflanzen oder auf dem Erdboden nieder, um auf Beute zu lauern. Gegen Abend ruht ſie gern an Baumſtämmen. Beim Anfaſſen kann ſie, wie Taſchenberg ſchildert, eine ekelerregende Flüſſigkeit ausſcheiden. Von anderen größeren Raubfliegen wiſſen wir, daß ſie beim ungeſchickten Anfaſſen auch mitunter von ihren Mundwerkzeugen Gebrauch machen und ihren Angreifer empfindlich ſtechen. Zu weit würde es führen, noch die vielen kleineren Arten dieſer Gattung zu nennen, die überall an Buſchwerk, auf Wegen, an ſandigen Hängen oder im Walde dem Raube nachgehen. So mag hier die etwa 15 mm meſſende Oländiſche Habichtsfliege, Dioctria oelandica L., die Reihe der Raubfliegen beſchließen, ein ſchlank gebautes, in ganz Europa mit Ausnahme ſeines ſüdweſtlichen Teiles verbreitetes Inſekt, das im Sommer auf Buſchwerk oder, wie auf unſerer Farbentafel bei S. 336, an Blüten ſich aufhält. Lauernd ſitzt dieſer glänzend ſchwarze, mit rußbraunen Flügeln ausgeſtattete Räuber auf ſeinem Beobachtungspoſten, einem Blatt oder dergleichen, jederzeit bereit, ſich auf e kleine Fliege oder ein anderes in die Nähe kommendes Inſekt zu ſtürzen. Die Tanzfliegen (Eimpidae) find teils mittelgroße, teils kleinere, meiſt ſtumpf ge⸗ färbte Zweiflügler mit ziemlich kleinem Kopf, an deſſen Oberſeite die Facettenaugen beim Männchen aneinanderſtoßen können. Der Rüſſel iſt abwärts gerichtet, die Bruſt hochgewölbt, der Hinterleib lang, beim Männchen mit ſtarken Klammereinrichtungen verſehen. Die kräf⸗ tigen, ziemlich langen Beine können recht verſchiedenartig ſein; bisweilen ſind ſie ſtark verlängert oder auch an den Schenkeln und am erſten Fußgliede der Hinterbeine ſtark ver⸗ dickt; ſie leiſten den räuberiſch lebenden Fliegen, unter denen es allerdings auch einige gibt, die Pflanzenſäfte nicht verſchmähen, beim Packen ihrer aus kleineren Inſekten beſtehenden Beute gute Dienſte. Die Larven hat man in der Erde, unter moderndem Laube und im Mulme von alten Baumſtämmen gefunden. Die Gewürfelte Tanzfliege, Empis tesselata F, wegen ihres gerade nach unten vorſtehenden Rüſſels zuweilen auch Schnepfenfliege ge⸗ nannt, eine der häufigſten einheimiſchen Arten, kann uns eine Vorſtellung von den in Rede ſtehenden Tieren geben. Das langbeinige, bräunlichgraue Inſekt treibt ſich während des ganzen Sommers im Gebüſch, auf Unterholz und Geſtrüpp umher und ſitzt auch oft auf Doldenblüten. Auf dem Rückenſchilde finden ſich drei ſchwarze Striemen, die Wurzel der hellbraunen Flügel iſt gelblich, und auf dem Hinterleibe ſchillern würfelartige lichtere Flecke. Beim Männchen, deſſen Augen auf der Scheitelmitte zuſammenſtoßen, läuft der walzen⸗ förmige Hinterleib in einen verdickten Klammerapparat aus. Das Liebesleben geht bei den Empis⸗Fliegen in einer höchſt eigentümlichen Weiſe von⸗ ſtatten, über die in neuerer Zeit Howlett und Hamm nähere Mitteilungen gemacht haben. Erſterer beſchreibt den Vorgang bei Empis borealis L., einer Fliege, die kleiner als die Ge⸗ würfelte Tanzfliege bleibt und an ihren großen, breiten, bräunlich getrübten Flügeln kenntlich iſt. Sie iſt eigentlich eine nordiſche Art, die aber als Relikt der Eiszeit auch in Deutſchland vor⸗ kommt und beiſpielsweiſe in der Umgebung Berlins nicht allzu ſelten iſt, wo ſie ſich auf mit Kiefern und Birken beſtandenem Heideboden in der Nähe von Brüchen und Sümpfen umher⸗ treibt. Zur Paarungszeit, im Juni, tanzen, wie Howlett ſchildert, die Weibchen im Sonnen⸗ ſchein umher, und nicht lange dauert es, ſo finden ſich die Freier ein, die Männchen, von denen jedes ein Hochzeitsgeſchenk mitbringt in Geſtalt eines friſch gefangenen und unbeſchädigten — Tanzfliegen. 333 Inſekts, etwa einer kleinen Eintagsfliege, einer Perlide oder einer Mücke, die das Männchen vorſichtig zwiſchen den Mittelbeinen feſthält und ſeinem ausgewählten Weibchen darbietet. Willig nimmt das Empis⸗Weibchen die Gabe entgegen, was eigentlich um ſo merkwürdiger iſt, als die Weibchen dieſer Art ſonſt niemals Blut ſaugen noch ſich Inſekten fangen. Jetzt macht das Weibchen aber doch eine Ausnahme, fliegt vereint mit ſeinem Männchen zu einem Blatt, Zweig oder ähnlichen Gegenſtand, hängt ſich dort mit dem Männchen an und ver⸗ zehrt während der Paarung ſein Hochzeitsmahl. Ganz Ahnliches hat Hamm bei verſchiedenen anderen Empidenfliegen, unter anderen auch bei der Gewürfelten Tanzfliege, beobachtet, nur mit dem Unterſchiede, daß bei letzterer die Männchen mit 25 Beute ſtürmiſch hin und her fliegen, bis ſie ein Weibchen entdeckt haben. Hinter dieſem jagen ſie dann her, und wenn es einem Männchen gelungen iſt, das Weibchen zu gewinnen, ſo übernimmt letzteres das geraubte Inſekt und ſaugt es während der Paarung aus. Der Name Tanzfliege kommt mit vollem Rechte den Hilara⸗Arten zu, kleinen oder höchſtens mittelgroßen, ſchlan⸗ ken Fliegen, die gern an ſchattigen Stellen über dem Waſſer ſpielen. In kreiſenden Bewegungen tanzen ſie un⸗ ermüdlich über einem Bache oder einem kleinen, im Waldes⸗ dunkel liegenden Tümpel, wobei ſich oft ganze Schwärme dieſer Tierchen zu gemeinſamem Tun zuſammenfinden und manchmal ſo niedrig fliegen, daß ſie beim Dahinſchweben beinahe den Waſſerſpiegel mit ihren zarten Beinchen be⸗ rühren. Andere führen ihre Tänze an irgendeiner lichten Stelle im Walde oder unter dem ſchützenden Blätterdache eines einzeln ſtehenden großen Baumes aus; dort wallen beſonders an ſchönen Tagen gegen Abend, wenn die glitzern⸗ den Sonnenſtrahlen durch das Blätterdach fallen, ganze Schwärme dieſer zarten Tierchen auf und nieder. PR x Sehr ſonderbar ift, daß bei einigen Arten von Tanz- e be , ken Be fliegen die Männchen ſpinnen können. So laſſen die tan⸗ zenden Männchen der Hilara maura F. aus ihrem Munde weißlichgraue, dünne Geſpinſt⸗ fäden austreten, mit denen ſie kleine, zarte Inſekten im Fluge umſtricken, ſie wehrlos machen und durch die Luft davontragen, wahrſcheinlich auch um die Beute den Weibchen zu über⸗ bringen. Einen recht merkwürdigen Gebrauch von dem Spinnvermögen macht Hilara sartor Beck, eine Art, die im Alpengebiete vorkommt und dort bei ſchönem ſonnigen Wetter ihre munteren Lufttänze im Waldesſchatten ausführt: die Männchen ergreifen ihre Geſpinſte mit Mittel- und Hinterbeinen und breiten fie wie kleine weißliche Schleierchen in der Luft aus. Wenn hunderte ſolcher kleiner Schleierträger im wirbelnden Reigen in der Luft ſpielen, ſo gewähren ihre kleinen, etwa 2 mm großen, in der Sonne wie Opal glänzenden Schleierchen einen wunderbaren Anblick, und es ſieht faſt ſo aus, als ob zahlloſe kleine weiße Schnee⸗ flöckchen im Sonnenglanz auf und nieder ſchwebten. Welchen Zweck dieſe Luftſchleierchen haben, iſt noch nicht völlig ſicher feſtgeſtellt. Vielleicht ſollen ſie zum Anlocken der Weibchen dienen, oder ſie mögen das Schweben und Dahingleiten dieſer zarten Zweiflügler im Luft⸗ ſtrom erleichtern. Wie große Ballons ſehen die aus Spinnſubſtanz verfertigten Ballen aus, 334 Zweiflügler: Fliegen. welche die Männchen einer nordamerikaniſchen Art, Empis poplitea Zoew, mit ſich herum⸗ ſchleppen. Nach Aldrich und Turley ſind dieſe Ballen dazu beſtimmt, die Aufmerkſamkeit der Weibchen zu erregen, aber da man in den Ballen eingeſchloſſene kleine Fliegen gefunden hat, ſo mögen ſie vielleicht auch nur zum Transport der für das Weibchen beſtimmten Beute dienen. An ſchattigen, feuchten, von hohem Pflanzenwuchs bedeckten Plätzen im Walde und auf Geſtrüpp und Gebüſch, das den Uferrand zwiſchen ſchattenſpendenden Bäumen bedeckt, treiben ſich im Sommer Hunderte vorwiegend metalliſch grüner, ſchlanker, hübſcher langbeiniger Fliegen herum, von denen wir eine im untenſtehenden Bilde dargeſtellt ſehen. Es ſind die Langbeinfliegen (Dolichopodidae), leicht kenntlich an ihren mit zwei Haftläppchen endigenden, meiſt gelb gefärbten Beinen, an dem in der Regel ſtark beborſteten Körper und den großen, beim Männchen oft zuſammenſtoßenden Augen an den Seiten des halb⸗ ä kugeligen Kopfes. Der verſchiedenartig geformte, oft ſeitlich zuſammengedrückte Hinterleib trägt bei den Männchen an ſeinem Ende gewöhnlich auffallend ſtark hervortretende Klammerorgane. Den Beobachter erfreuen dieſe Fliegen durch ihr munteres, neckiſches Weſen, denn bei heißem eilen geſchäftig von Blatt zu Blatt, von Zweig zu Zweig und machen dabei Jagd auf andere AIUItnſekten, vorwiegend auf kleinere Zweiflügler. Männchen der Langbeinf liege, BER claviger Andere Dolichopodiden, wie die ſcheuen, weiß⸗ . aan E, gtd, deres The glänzenden Arten der Gattung Argyra Macg., halten ſich in unmittelbarer Nähe des Waſſers, an he im Bachbett liegenden, von Feuchtigkeit benetzten Steinen oder dem feuchten Uferſchlamm auf und fahren dort wie kleine blitzende Silberfünkchen hin und her. | Die Lonchopteridae find zarte, kleine, zum Teil ſogar winzige Zweiflügler, die an feuchten Stellen im Walde oder an Waldbächen vorkommen, wo ſie gern an der Unterſeite von Blättern ruhen oder auf naſſen Steinen umherſitzen. Man erkennt ſie an den lanzettförmig zugeſpitzten Flügeln, die nur ganz am Grunde Queradern haben. Die ſeltſamen Larven find neuerdings von Meijere näher unterſucht worden. Es ſind ſtark abgeplattete aſſelartige Tierchen, die bei Lonchoptera lutea Pans. hinten zwei lange, fadenförmige Anhänge haben, im ausgewachſenen Zuſtande nur 4 mm lang find und in ihrer Färbung fauligen, am Waldboden liegenden Blättern gleichen, unter denen ſie iht Leben verbringen. 2. Unterordnung: Deckelſchlüpfer (Cyelorrhapha). 1. Tribus: Aschiza. Die Aschiza ſind zyklorrhaphe Fliegen mit meiſt unvollkommener Stirnblaſe. An Schwebfliegen (Syrphidae), die eine der umfangreichſten Familien unter den Zweiflüglern bilden, ſind ſchon mehrere tauſend Arten aus den verſchiedenen Gebieten der Welt beſchrieben worden. Es ſind zum großen Teil auffallende, bunt gezeichnete Fliegen, die durch ihre Häufig⸗ keit und ihr munteres Weſen nicht wenig zur Belebung der Natur beitragen. Schwebfliegen Wetter ſind ſie faſt fortwährend in Bewegung, | Langbeinfliegen. Lonchopteridae. Schwebfliegen. 335 umſchwirren die Blumen im Garten, beſuchen die Doldengewächſe im Walde und gehören zu den gewöhnlichſten Zweiflüglern auf Wieſen und Feldern. Sie fehlen überhaupt wohl nirgends, wo irgend die warme Sonne ſcheint und Blütenpflanzen gedeihen. Von der äußeren Geſtalt der Schwebfliegen läßt ſich nichts Allgemeines ſagen, denn neben großen plumpen, dicken Fliegen ſtehen zierliche Geſtalten mit feinem, ſtiftchenartigem Körper. Das gemeinſame Merkmal aller dieſer Fliegen beſteht in der überzähligen Längsader (Vena spuria), d. h. einer Ader, die, ohne mit dem übrigen Aderſyſteme vereinigt zu ſein, die vordere Querader durchſchneidet und zwiſchen dritter und vierter Längsader ſich einſchiebt. Die Schwebfliegen gehören zu den vollkommenſten Fliegern unter den Inſekten. Sie haben beſonders die Eigenſchaft, ſekundenlang frei i in der Luft an einer Stelle rüttelnd zu ſchweben, um dann plötzlich blitzſchnell davonzueilen. Beim Schweben werden die Flügel über⸗ aus raſch auf und nieder bewegt, der wagerecht ſtehende Körper dabei aber ſo gerichtet, daß der Kopf gegen den Luft⸗ ſtrom gewendet iſt. Gewiſſermaßen un⸗ willkürlich ſtellt ſich alſo die Fliege hierbei gegen den Wind, eine Eigentümlichkeit, die man als Anemotropismus bezeichnet hat, und die ſich vergleichen läßt mit der entſprechenden Stellung eines im Waſſer ſtehenden Fiſches, der auch immer ſeinen Kopf dem Strom entgegenwendet. Eine der häufigſten Schwebfliegen iſt Syrphus pyrastri L., eine in Mittel⸗ europa und Nordamerika vorkommende, 12 mm lange, ſchwarzſtahlblau glänzende = Fliege mit weißlichen, mondförmigen ge 6 g Flecken Br den Hinterleibsſeiten. Die Syrphus pyrastri L. a) Larve beim 1 Bertilgen von n Blatifäufen, dunkeln Fühler enden mit einem ovalen b) Puppengehäuſe, e) Fliege. Vergrößert. Gliede, das an der Wurzel eine nackte Borſte trägt. Die glashellen Flügel enthalten eine faſt gerade, dritte Längsader, während die vordere Querader in die vordere Hälfte der Mittelzelle mündet. Wie alle Schwebfliegen, braucht auch dieſe Art Sonnenſchein zu ihrem Wohlbefinden. In lautloſem Fluge ſchießen dann dieſe Tiere durch die Luft dahin, ſchweben einige Augenblicke unter einem Zweig oder vor einer Blüte, oder laſſen ſich plötzlich auf ein Blatt nieder, um flink, wie ſie kamen, ihr munteres Spiel zu erneuern. An trüben, rauhen Tagen ruhen ſie aber träge und matt an einem Zweig oder Baumſtamm. Das Weibchen legt ſeine Eier einzeln an Blätter, auf denen Blattläuſe hauſen. Die grünlichgrauen, braun gefleckten Maden ſind an dem mit zwei dunkeln Mundhaken bewehrten Vorderende zugeſpitzt, am Hinterende, das zwei Luftlöcher trägt, da⸗ gegen breiter gebaut. Ihr Körper iſt ungemein geſchmeidig und dehnbar, ſie können ihn bald lang ausſtrecken, bald wieder ſtark zuſammenziehen und machen von dieſer Fähigkeit Gebrauch, um ſich blutegelartig fortzubewegen. Hierbei halten fie ſich mit den hinten befindlichen Fleiſch⸗ warzen feſt, das Vorderende ſucht währenddeſſen weit ausgeſtreckt taftend und prüfend nach einem Halt und zieht, ſobald ein Stützpunkt gefunden iſt, den hinten wieder frei gemachten 336 | Zweiflügler: Fliegen. Körper nach. Man findet dieſe Schwebfliegenlarven gewöhnlich zwiſchen Blattläuſen oder doch wenigſtens in der Nähe von ſolchen. Wenn die Syrphus⸗Larve Hunger verſpürt, fo ſpießt ſie einfach mit ihren Mundhaken eine Blattlaus auf, zieht dann, wie Meigen ſchildert, den Mundapparat in den erſten Leibesring und dieſen in den zweiten zurück, ſo daß die unglück⸗ liche Laus in die ſo gebildete Vertiefung zu ſitzen kommt wie ein Pfropf im Halſe einer Flaſche. Das Opfer iſt hiermit gänzlich hilflos geworden, hat meiſt die Beine nach oben gewendet und kann ſeinem Feinde nicht mehr entwiſchen, der unter ſchluckenden und pumpenden Bewegungen den flüſſigen Körperinhalt der Laus ausſchlürft. Es macht einen höchſt eigentümlichen Ein⸗ druck, dieſe vollkommen unſchuldig ausſehenden Syrphus⸗Larven unter den Blattläuſen zu beobachten und zu ſehen, wie eine nach der anderen erbarmungslos aufgeſpießt wird, während die übrigen Blattläuſe friedlich daneben ſitzen, ohne zu ahnen, welch fürchterlicher Feind unter ihnen hauſt. Eine einzige Syrphus⸗Larve kann den völligen Untergang einer blühenden Blattlauskolonie herbeiführen. Blattläuſe bilden jedenfalls die Hauptnahrung. Gelegentlich hat man aber auch geſehen, daß weiche Käferlarven und Blattweſpenlarven die Opfer gebildet haben. Die ausgewachſene Syrphus⸗Larve wandelt ſich in ein bräunliches oder grünliches Gehäuſe von der Form eines fallenden Tropfens oder einer Träne um. In dieſem harten Tönnchen entſteht dann die Puppe. Allmählich färbt ſich das Gehäuſe dunkler, von dem dicken Ende hebt ſich ein kleiner Deckel ab, und die neugeborene Fliege kriecht hervor. Unter den blütenbeſuchenden Fliegen auf der Farbentafel ſind mehrere einheimiſche Syrphidenarten abgebildet, oben auf der Blüte die hübſche Sonnenſchwebfliege, Helo- philus trivittatus F., ein häufiges Inſekt mit hellgelben Längsſtreifen auf der Bruſt und bunt gezeichnetem Hinterleib, tiefer unten der zierliche Syrphus vitripennis Meig. Zu den auffallendſten gehören die Arten der Gattung Volucella Geofr. Von ihnen ſehen wir die Hummelſchwebfliege, Volucella bombylans L., abgebildet, die beſonders in der links unten im Bilde dargeſtellten Varietät mit ihrem pelzigen, ſchwarz behaarten, hinten fuchs⸗ roten Körper der Steinhummel, Bombus lapidarius, zum Verwechſeln ähnlich ſieht, während in der Mitte die hübſche Volucella pellucens I. ſitzt, deren Hinterleib am Grunde hellgelb gefärbt iſt. Letztere Art iſt ein Weſpenfeind, denn ihre ſtachligen Larven ernähren ſich von Weſpenlarven. Reichert erzählt, daß er einſt eine halberwachſene Volucella⸗Larve beobachten konnte, die geſchickt durch verſchiedene Zellen eines Weſpenneſtes wanderte, jede unterſuchend, bis fie an eine von einer fetten Larve beſetzten Zelle kam. Hier drängte fie ſich zwiſchen Larve und Zellwand ein, bis die überfallene Weſpenlarve in ihrer Not einen Tropfen der zu⸗ letzt genoſſenen Nahrung von ſich gab. Die erwachſenen Volucella⸗Larven ſuchen ſich in der Erde unterhalb des ausgeſtorbenen Weſpenneſtes ihr Winterquartier. Die fertigen Fliegen, die eifrige Blütenbeſucher ſind, erſcheinen im Hochſommer. Einer anderen Gruppe von Schwebfliegen gehören die Arten der Gattung Eristalis F. an, kräftige Fliegen von gedrungenem Körperbau, deren glashelle Flügel eine tiefe, nach hinten gerichtete Einbuchtung der dritten Längsader beſitzen, während die vordere Querader ungefähr in der Mitte der Mittelzellen mündet. Die ſehr weit verbreiteten und häufigen Eristalis⸗Fliegen, von denen wir zwei häufige einheimiſche Arten, Eristalis tenax L. und Eristalis arbustorum L., auf der farbigen Fliegentafel ſehen, gehören zu den fleißigſten Be⸗ ſuchern der Doldengewächſe. Sie führen den wenig poetiſchen Namen Miſtbienen, denn wenn es auch im fertigen Zuſtande reinliche, ſaubere Inſekten ſind, die in Größe und Färbung viel Ahnlichkeit mit Bienen oder Hummeln haben, ſo verleben ſie ihre Jugendzeit alle als häß⸗ liche Maden an ſchlammigen, feuchten Orten, in Miſtjauche oder in Abtritten. Man nennt ſie a 24 2 2 l * Pr T* 45 + Blätenbefuchende Fliegen. S ee pe — Blütenbeſuchende Fliegen. 9882 rasch 3 ae - 2 8 Schwebfliegen. Pipunculidae, | 337 dann „Rattenſchwanzmaden“, weil der dunkle, ſchmutzig grau gefärbte, bis 20 mm lange Körper hinten in einen langen, ſchwanzartigen Anhang ausgeht, der etwas zuſammengezogen werden kann, aber immer den Körper an Länge übertrifft. Der Schwanz iſt ein Atemrohr, welches die im Schlamme liegende Made zur Oberfläche emporſtreckt, um friſche Luft zu bekommen. An der Bauchſeite des Larvenkörpers ſind ſieben Paare kurzer Fußſtummel vorhanden, die der Made zum Weiterkriechen auf dem Boden dienen. Zur Verpuppung ſucht die Rattenſchwanzmade, oft auf meterweiten Wanderungen, trocknere Stellen auf. Der eigentümliche Schwanzanhang bleibt auch noch der ſtark querfaltigen, harten Puppe, wenngleich in ſtark verkürztem Zuſtande. Wohl die ſonderbarſten Larvenformen unter den Schwebfliegen enthält die Gattung Microdon Meig. In feuchten Laubwäldern unter der morſchen Rinde alter Baumſtümpfe kommen dieſe ſeltſamen, faſt kreisrunden, oberſeits hochgewölbten Weſen vor. Ihre braune Rückenſeite iſt mit einer harten, von einem Gitterwerk erhabener Leiſten überzogenen Haut bedeckt und trägt, dem Hinterende genähert, eine kleine Erhebung, auf der die Atemlöcher angebracht ſind. Die flache, fleiſchige Unterſeite des Körpers iſt weißlich. Von irgendeiner Gliederung iſt keine Spur zu ſehen. So gleichen dieſe Larven, die ihr erſter Entdecker für Nacktſchnecken hielt, in der Tat bei flüchtigem Zuſehen weit eher gewiſſen Mollusken als Fliegen⸗ maden. Die Mierodon-Larven find träge Tiere, die mit ihrer flachen Bauchſeite an Holz oder Rinde angeſogen haften und gewöhnlich in den Neſtern von Ameiſenarten, die ſich ihre Gänge in alten Baumſtümpfen anlegen, zu finden ſind oder doch in der Nähe von Ameiſenkolonien unter morſcher Rinde, ſeltener an Stellen, an denen es keine Ameiſen gibt, vorkommen. Man pflegt ſie daher zu den „Ameiſengäſten“ zu zählen, doch macht es viel mehr den Eindruck, als ob die Ameiſen mit dieſen ſonderbaren Weſen nichts Rechtes anzufangen wiſſen, fie vielleicht, ſelbſt wenn ſie als Hausgenoſſen bei ihnen wohnen, gar nicht bemerken und ſich aus dieſem Grunde auch nicht um ſie bekümmern. Die Microdon⸗Puppe unterſcheidet ſich in der Form kaum von der Larve und entläßt eine träge Fliege, die ſich am Boden im Graſe und auf Blättern umhertreibt, ſpäter aber ihre Eier wieder in der Nähe von Ameiſenkolonien unter⸗ zubringen ſucht. Unter den wenigen, hierhingehörigen Arten iſt Microdon devius L. in Deutſchland eine der häufigſten, eine dunkel egräne Syrphide mit gelblichen Beinen und mit zwei Heinen Dornen am Schildchen. | - Bon der Familie der Pipunculidae ſind mindeſtens ſchon etwa 80 verſchiedene Arten bisher beſchrieben, obwohl damit ſicherlich erſt ein geringer Bruchteil der vielen in allen Erd⸗ teilen verbreiteten Formen bekanntgeworden iſt. Die Pipunkuliden leben im Larvenzuſtande als Schmarotzer und ſind durchweg düſter gefärbte, unanſehnliche Zweiflügler, deren Größe durchſchnittlich nur etwa 2—4 mm beträgt. An den Beinen haben fie breite Fußlappen. Die Weibchen beſitzen einen ſteifen, etwas gebogenen und ſtets vorgeſtreckt gehaltenen Legeſtachel. Das Merkwürdigſte ſind aber die beiden großen Facettenaugen, die faſt die ganze Oberfläche des überaus beweglichen, auf einem dünnen Stiel ſitzenden Kopfes bedecken. Dank dieſer Einrichtung vermögen unſere Pipunkulidenfliegen ringsumher zu blicken und können dabei leicht auf andere in ihrer Nähe befindliche Inſekten aufmerkſam werden, was beſonders für die Weibchen wichtig ſein dürfte. Dieſe ſtellen nämlich, wenn ſie ihre Eier ablegen wollen, kleinen Zikaden nach, und ſie entdecken ſehr geſchickt ſelbſt ſolche, die verborgen an der Unter⸗ ſeite von Blättern und Halmen ſaugen, obwohl ſie im übrigen keineswegs wähleriſch zu Werke gehen, ſondern ihre Eier Zikaden verſchiedener Arten anvertrauen. Außerlich ſieht eine befallene Zikade, in deren Innerem ſchon eine aus dem abgelegten Ei entſtandene Pipunkulidenlarve Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. f 22 338 | Zweiflügler: Fliegen. hauſt, ganz geſund aus, und nichts deutet darauf hin, daß ſie bereits in ihrem Leibe einen ſo gefährlichen Gaſt beherbergt, der die ganzen Eingeweide nach und nach aufzehrt. Später, wenn die vorn zugeſpitzte Schmarotzerlarve, die eine kleinere vordere und eine größere hintere Atemöffnung beſitzt, ihr Werk vollendet hat, bricht der hohlgefreſſene Zikadenkörper zwiſchen Bruſt und Hinterleib auf, und die Pipunkulidenlarve kriecht hervor, um ſich am Erdboden oder auch an der Wohnpflanze der Zikade zu verpuppen. In Deutſchland fällt die Tätig keit der Pipunkulidenfliegen, die bei uns ebenſo wie im ganzen mittleren Europa in einer Reihe verſchiedener Arten verbreitet ſind, wirtſchaftlich nicht ins Gewicht; anders iſt es in den Ländern, in denen, wie wir oben geſehen haben, die kleinen Jaſſuszikaden und ihre Ver⸗ wandten eine Geißel für die Zuckerrohrplantagen und Reisfelder find. Hier können die kleinen Schmarotzerfliegen ſegensreich wirken und dürfen, wenn ſie auch nicht imſtande ſind, beim Maſſenauftreten von Zikaden den Verwüſtungen Einhalt zu tun, doch immerhin im Kampfe gegen die ſchädlichen Zikaden als willkommene Verbündete begrüßt werden. An die Pipunkuliden ſchließt ſich noch die kleine Gruppe der Platypezidae an, un⸗ 8 anſehnliche kleine Fliegen mit breiten Flügeln, die ſich vorzugsweiſe an ſchattigen Plätzen auf Blättern aufhalten und durch die ſtark abgeflachten verbreiterten Hinterbeine der Männchen ausgezeichnet find. Recht unanſehnliche Fliegen find die Phoridae, kleine, düſter gefärbte Tiere, die oft mit ſonderbarer Haſt an Blättern, Holz und gelegentlich auch an Fenſterſcheiben umherrennen. Ihr Flugvermögen iſt wenig entwickelt. Sie fliegen jedenfalls ohne Ausdauer, und manche Arten ſind ſogar gänzlich flügellos. Der Kopf iſt geſenkt und kurz, der Bruſt⸗ kaſten hoch gewölbt und der Hinterleib abſchüſſig, jo daß der ganze Körper ein buckeliges Aus: ſehen bekommt. Der Kopf trägt kurze, warzenförmige Fühler, deren große Rückenborſte hoch aufgerichtet iſt, die durch verlängerte Hüften und breitgedrückte Schenkel ausgezeichneten Beine ſind kräftig. Die Flügel haben außer der Randader zwei Längsadern, von denen die hintere einige blaſſe, ſchräge Aſte zum Flügelhinterrande entſendet. Ob die Phoriden an dieſer Stelle ihren paſſenden Platz im Dipterenſyſtem einnehmen, iſt ziemlich zweifelhaft, fie werben ſogar manchmal zu den Orthorrhaphen gerechnet. Die Dicke Buckelfliege, Hypocera incrassata Meig. (Phora), ift glänzeitb der Hinterleib matt grau, fein erſtes Glied weiß gerandet. Die Augen find jehr fein behaart, die Flügel glashell. An den pechſchwarzen Beinen, deren vordere von der Vorderhälfte der Schenkel an gelblich ſind, fällt die kräftige Borſtenbewehrung beſonders an den Hüften ins Auge. Man hat dieſe Buckelfliege auch als Faulbrutfliege bezeichnet, weil ſie früher mit Un⸗ 5 F ehe recht für den Urheber der Faulbrut bei den Honigbienen gehalten worden iſt. Bei der Faul⸗ = brut handelt es fih um eine durch beſtimmte Bazillusarten hervorgerufene Infektionskrank⸗ heit, die äußerſt anſteckend iſt und Bienen und Bienenlarven raſch dahinrafft. Die toten Bienenlarven in den Waben gehen in Fäulnis über, es bildet ſich ein übelriechender brauner Brei, der zuſammen mit zerfloſſenem Honig herabträufelt und als dicke, ſchmierige Maſſe, viele Bienenleichen enthaltend, den Boden des Stockes bedeckt. Wenn es ſoweit gekommen, ſtellen ſich als ungebetene Gäſte allerlei Inſekten ein, die, ohne von den noch am Leben be⸗ findlichen matten Bienen gehindert zu werden, in den Stock dringen, um die günſtige Gelegen heit zum Schmauſe für ſich und ihre Nachkommenſchaft auszunutzen. Unter den Eindringlingen pflegt ſich auch meiſt unſere Buckelfliege zu befinden, die auf ſolche Weiſe in den Verdacht geraten iſt, der Urheber des ganzen Unheils zu fein. Auch in Weſpenſtaaten, die ihren Höͤhe⸗ punkt ER haben und in Verfall begriffen find, kann man dieſe Fliegen oder ar 6 W Nr „ern 4 ſcheinung wurde eine winzige Fliege ermittelt, die den Namen Ameiſenköpfer, Apocephalus per- auf und überfällt ſie, um heimtückiſch ein winziges Platypezidae. Phoridae, 339 Larven finden. Reichert beobachtete fie in ſehr großer Anzahl in einem Neſt von Vespa vulgaris. „Der Neftinhalt war im Aussterben begriffen, und zwiſchen den faulenden und ſchimmelnden Überreften des Weſpenvolkes ſchienen ſich die gut genährten Larven ſehr wohlzufühlen. Ich hatte bisher immer nur die überwinternden Puppen oder die Fliegen in den Neſtern vor⸗ gefunden. Die Imagines der Phoriden, kleine, tiefſchwarz gefärbte Tierchen, ſind von außer⸗ ordentlicher Beweglichkeit; ſie verſtehen ſo ſchnell zu laufen, daß ſie ſich, wenn ſie verfolgt werden, lieber auf ihre Beine als auf ihre Flügel verlaſſen.“ Auch viele andere Phoriden ſuchen gern die Stätten der Verweſung auf, weil es dort Nahrung für ihre Brut gibt, ſo namentlich die Kohlſchwarze Buckelfliege, Trineura aterrima Fab., die auf Kirchhöfen nicht ſelten iſt, und deren Larven bei Ausgrabungen oft in großen Maſſen in den Särgen gefunden werden. Eine merkwürdige Phoride lernten die amerikaniſchen Forſcher Fox und Pergande kennen, als ſie in die Nähe eines Ameiſenneſtes kamen. Zu ihrem Erſtaunen bemerkten ſie dort zwiſchen munten umherlaufenden Ameiſen auch einzelne Köpfe von Ameiſen, die ebenfalls umherkrochen und ſich über den Boden bewegten, obwohl doch von dem zu⸗ gehörigen Rumpf oder von Beinen keine Spur zu entdecken war. Als Urſache dieſer ſeltſamen Er⸗ gandei Cog., erhalten hat. Sie lauert den Ameiſen Ei auf dem Nacken einer Ameiſe abzulegen. Die aus dem Ei kriechende Apocephalus⸗Larve bohrt fi alsdann vom Hinterhauptsloch aus in den Ameiſeenn f Dicke Buckelfliege, Hypocera inerassata eig. kopf ein, frißt letzteren nach und nach inwendig aus 5 und beißt ihn ſchließlich von dem Rumpf ab, ſo daß die Ameiſe, welche das tragiſche Geſchick hatte, von einer ſolchen Fliege überfallen zu werden, damit buchſtäblich enthauptet wird. Der Larve dient die hohle, abgetrennte Schädelkapſel fortan nur noch als Wohngehäuſe, das ſie mit ſich herumſchleppt. Schließlich verpuppt ſie ſich in ihrer Behaͤuſung, und 2—3 Wochen ſpäter erſcheint die Fliege. Mehrere Arten von Buckelfliegen treiben ſich ſtändig auf dem Erdboden herum und haben das Fliegen ſchon ganz verlernt; ihre Flügel ſind daher ſtark verkümmert oder fehlen vollſtändig. Bisweilen ſehen ſolche flügelloſe Phoriden faſt wie Flöhe aus, ſo daß eine Gat⸗ tung ſogar Flohfliege, Puliciphora Dahl, getauft worden iſt. Die Flohähnlichkeit darf uns aber nicht etwa täuſchen und zu der Meinung führen, daß hier eine engere Verwandtſchaft zwiſchen Flöhen und Fliegen vorliegt, denn daß die Buckelfliegen mit jenen ſpringenden Blut⸗ ſaugern etwas zu tun haben, iſt wenigſtens vorläufig noch nicht erwieſen. Von Erdbewohnern zu Termitengäſten iſt nur ein kleiner Schritt, und ſo iſt es nicht zu verwundern, daß manche Phoriden das Bürgerrecht in Termitenſtaaten erwerben konnten und als mehr oder weniger gern geſehene Gäſte bei den „Weißen Ameiſen“ hauſen. Die obere Abbildung auf S. 340 zeigt uns eine der hierhingehörenden Arten. Es iſt die Termitoxenia bheimi Wasm., die in Südindien in den Neſtern von Termes obesus Ramb. lebt und ſich durch ihren dicken, merkwürdig blafig aufgetriebenen Hinterleib auszeichnet, eine Eigentüm⸗ lichkeit 1 die bei vielen Termitengäſten zu beobachten iſt. Daß es ſich bei dieſer 22 * 340 3 Bweifligten: Sieden Fliege um einen „echten“ Gaſt handelt, der von den Termtten freundschaftlich behandelt wird, lehren ſchon ohne weiteres die gelben Härchen erkennen, die an dem Hinterleibe der Termitoxenia ſitzen. An dieſen Härchen (Trichomen) werden aromatische Stoffe abgeſondert, die den Termiten ſehr angenehm ſind, ſo daß ſie die Fliege gern belecken. Statt der Flügel trägt unſere Termitoxenia zwei kurze, henkelartige Anhänge, die ſicherlich auch nicht ohne Bedeutung fein werden, und zwar nimmt man an, daß die Termiten ihren unbeholfenen Fliegengaſt wohl gelegentlich an den Henkeln packen 8 und ihn einfach wie einen Krug im Neſt hin und her transportieren, wenn ſie ihn einmal an einem andern Ort haben möchten. Soviel man bisher beobachtet hat, halten ſich die Termitoxenien gewöhnlich an der Stelle auf, wo die Termiten ihre Eier aufbewahren. Dort it jedenfalls ihr Lieblingsplatz, und zwar dürften hierbei 1 8 a 1 wohl egoiſtiſche Gründe im Spiele ſein, denn es ſcheint, = 128 5 ö daß die Termitoxenien die Eier der Termiten als will⸗ kommene Speiſe betrachten und ſie ausſaugen. Die — /i! Vermehrung dieſer termitophilen Fliegen geſtaltet ſich rern glue ee Yon ſehr ſonderbar: wie Wasmann zuerft feftftellte, und wie auch durch neuere Beobachtungen von Aßmuth beſtätigt wird, ſind nämlich die Arten von Termitoxenia Wasm. ebenſo wie die der nahe ver⸗ wandten Termitomyia Wasm. Zwitter und unterſcheiden ſich hiermit von ſämtlichen anderen Inſekten, bei denen das Zwittertum doch immer nur eine ſeltene Ausnahmeerſcheinung iſt. Die Termitoxenien legen Eier, die Termitomyien aber ſollen bereits vollſtändig fertige Fliegen zur Welt bringen, die ſich daher auch nicht mehr zu häuten brauchen und ſich überhaupt nur durch den etwas kleineren (ſtenogaſtren) Hinterleib von den älteren fortpflanzungs⸗ fähigen, dickleibigen (phyſogaſtren) Fliegen unterſcheiden. So⸗ mit kommt hier der einzig daſtehende Fall zuſtande, daß die Verwandlung oder Metamorphoſe, eine der wichtigſten Eigen⸗ tümlichkeiten höherer Inſekten, gänzlich unterdrückt worden iſt. Das Sonderbarſte, was die ſchöpferiſche Natur an termitophilen Zweiflüglern hervorgebracht hat, ſind aber un⸗ ſtreitig die Thaumatoxeninae, die wir als eine eigene Unterfamilie der Phoridenfliegen betrachten können. Bei der in i g den Neſtern großer pilzzüchtender Termitenarten vorkommen⸗ eee e den Thaumatoxena wasmanni Bred. et Börn. iſt nicht nur die Fliegenähnlichkeit völlig verloren gegangen, ſondern man kann ſogar recht ſehr in Zweifel geraten, zu welcher Inſektengruppe denn eigentlich das bizarr geſtaltete Weſen gehört. Als das Tier entdeckt wurde, glaubte man zunächſt, eine merkwürdige Wanze gefunden zu haben, und hat daraufhin ſogar eine eigene Unterordnung von Wanzen gegründet, die aber wieder eingezogen wurde, als durch ſpätere Unterſuchungen die Fliegennatur der Thaumatoxena mit aller Sicherheit erwieſen werden konnte. Der ab⸗ gerundete Körper dürfte für die Thaumatoxena ein wichtiges Schutzmittel bilden, um fie bei etwaigen Angriffsgelüſten ihrer Wirte ziemlich unverwundbar zu machen. Jedenfalls ſteht es feſt, daß dieſe Fliege bei den Termiten durchaus kein gern geſehener Gaſt ſein kann. 1 | | Phoridae. Braulidae. Dickkopffliegen. 341 An die Buckelfliegen haben wir auch die merkwürdigen flügel⸗ und ſchwingerlos ges wordenen Braulidae anzureihen, zu denen die Bienenlaus, Braula coeca Nitzsch., gehört, ein breites, lausartiges, wenig über 1 mm langes Tier von rotbrauner Farbe, deſſen Kopf kurze dreigliederige, in tiefe Gruben eingeſenkte Fühler trägt. Das Inſekt iſt nicht etwa, wie der wiſſenſchaftliche Name vermuten läßt, blind, ſondern hat ein Paar kleiner, hinter den. Fühlern gelegener Seitenaugen von einfacher Bauart. Die kräftigen Beine tragen kammartige, gezähnte Fußklauen, die zum Feſthalten auf dem Körper ihrer Wirte geeignet ſind. Die Bienen⸗ laus lebt meiſt einzeln auf Arbeitern oder Drohnen der Honigbiene und kommt gelegentlich auch in größerer Zahl auf Bienenköniginnen vor. Nach Leuckart ſoll die Bienenlaus nicht lebende Junge zur Welt bringen, ſondern ihre Eier in die Zellen von Bienenwaben legen. 2. Tribus: Schizophora. Die Schizophora ſind zyklorrhaphe Fliegen mit faſt immer gut entwickelter Stirnblaſe. Der Formenkreis der Muskarien oder Eigentlichen Fliegen, welcher dieſe Abteilung bildet, iſt eine Rieſengruppe, die allein mehr Arten als alle übrigen Familien der Zweiflügler zuſammengenommen umfaßt und daher von den Syſtematikern in viele einander zum Teil ſehr naheſtehende und oft nur ſchwer abzugrenzende Familien zerlegt worden iſt. N Alle zu den Muskarien im weiteren Sinne gerechneten Fliegen haben dreigliederige Fühler, an denen die beiden Grundglieder faſt immer kurz bleiben, während das ſtark ver⸗ größerte dritte Glied auf ſeiner Rückenfläche eine Borſte trägt. Der Rüſſel kann ſehr ver⸗ ſchiedenartig geſtaltet ſein. Er beſteht aus Unterlippe, Oberlippe und Hypopharynx. Vorder⸗ kiefer fehlen immer. Auch die Mittelkiefer ſind faſt ausnahmslos ſtark verkümmert, und nur ihre Taſter haben ſich als eingliederige Anhänge an der vorderen Seite des Kopfkegels er halten. Das Flügelgeäder iſt ziemlich einfach, denn alle Längsadern bleiben unverzweigt. Unter den Flügeln ſitzt oft noch ein ſogenanntes Flügelſchüppchen, ein zartes, häutiges Ge⸗ bilde von gelblicher oder weißer Färbung, das den darunter eingelenkten Schwinger von oben her ſchützend bedeckt. Fliegen, die derartige Flügelſchüppchen haben, werden als Calyptera bezeichnet, die übrigen, denen die Schüppchen fehlen, Acalyptera genannt. Die Larven der Muskarien find weißliche, elfringelige Maden, denen ein deutlicher Kopfabſchnitt fehlt. Sie verpuppen ſich ſtets in einem dunkeln, harten Tönnchen, das nichts anderes als die abgehobene und ſtarr gewordene Haut der reifen Larve iſt und eine freie weißliche Puppe von weicher Beſchaffenheit umſchließt. Mit Hilfe der oben geſchilderten Stirnblaſe ſprengt die aus der Puppe hervorgehende Fliege an dem einen Ende des Tönnchens einen kleinen Deckel ab und ſchafft auf dieſem Wege eine kreisrunde Offnung, durch die ſie ins Freie gelangt. Wir teilen die Muskarien in der jetzt üblichen Weiſe in zwei Familienreihen ein. 1. Familienreihe: Holometopae. Bei den Holometopen iſt die Stirn in beiden Geſchlechtern breit. Ein großer Reich⸗ tum verſchiedener Fliegenarten gehört hierher. Wenn es auch gelingt, in dieſer Fülle von Formen einige beſtimmte Verwandtſchaftsgruppen und zuſammengehörige Familienkreiſe herauszufinden, ſo gehen doch die Anſichten über die Zahl der abzugrenzenden Familien zur Zeit noch weit auseinander, ſo daß wir uns hier darauf beſchränken müſſen, nur einige der wichtigſten Abteilungen zu nennen. Leicht zu erkennen ſind die Didtopffliegen (Conopidae); ihr auffallendſtes Merk⸗ mal iſt wohl der dünne, weit hervorragende Rüſſel, der bei den meiſten Arten deutlich — 342 Zweiflügler: Fliegen. gekniet iſt. Kaum bei einer anderen Zweiflüglergruppe gibt es einen Rüſſel von jo ausgeprägter = Geſtalt; er ift für uns ſchon ein Hinweis, daß die Dickkopffliegen eifrige Blütenbeſucher find, die ihren Rüſſel fleißig zum Saugen benutzen. Wie ſo viele andere Blütenbeſucher kleiden ſich die Konopidenfliegen zumeiſt in bunte, lebhafte Farben, ſie ſind kahl, zum Teil wie die eigentlichen Konopinen von ſchlanker Bauart, aber mit auffallend großem Kopf, zum Teil wie die Angehörigen der Unterfamilie der Myopinen von mehr flacher Geſtalt, aber dann erſt recht mit ſtark blaſig aufgetriebenem Geſicht. Bei jenen gehen die dreigliederigen Fühler in einen ſogenannten Endgriffel aus, bei dieſen haben ſie eine rückenſtändige Fühlerborſte. Die Facettenaugen ſind nackt, Munktggen fehlen. Sehr eigentümlich iſt der geſtreckte, beim Männchen vorn verengerte, beim Weibchen mehr walzenförmige Hinterleib, der an der Spitze mehr oder weniger nach unten umgebogen zu ſein pflegt und bei den Weibchen einen horn⸗ artigen, oft weit vorgeſtreckten Legeapparat beſitzt. Im übrigen unterſcheiden ſich die Weibchen durch geringere Länge der Haftläppchen und Fußklauen oder durch verhältnismäßige Kürze des fünften Hinterleibsringes vom anderen Geſchlecht. Unter den Myopinae begegnen wir, nach Speiſer, der Gattung Myopa F. häufig im Frühling an blühenden Weiden. „Da ſitzen dieſe plumpen und meiſt ziemlich trägen Fliegen an den Kätzchen oder auch ausruhend in eigentümlicher Stellung an den Spitzen der Zweige. Sie erinnern dann gewiſſermaßen durch ihre lebhafte Färbung und dieſe eigentümliche Haltung mit ganz nahe zuſammengerückten Beinen an die Schmarotzerbienengattung Nomada. Die häufigſte Art, M. buccata L., hat ihren Namen von den ganz auffallend breit unter die Augen herabreichenden, nufachideien weißen Backen, die außerdem noch mit einem weißen dichten Barte bedeckt find. Etwas ſpäter im Frühjahre treten die Dalmannia⸗Arten auf, die bei uns N in Oſtpreußen noch erſt aufgefunden werden ſollen; fie fliegen zwiſchen Gras und Kraut dicht am Erdboden hin und beſuchen die Blüten der kleinen niedrigeren Gewächſe wie Ehrenpreis und dergleichen. Die häufigſte, ſicherlich auch bei uns nicht ſeltene Art, D. punctata F., iſt durch ihre hell ſchwefelgelbe Farbe mit wenig ſchwarzen Zeichnungen ſehr auffallend.“ Die Conopinae, die Angehörigen der Gattung Conops L. und ihre Verwandten, find hübſche, meiſt mit gelblichen oder rötlichen Zeichnungen auf ſchwarzem Grunde geſchmückte Fliegen, die ſich ſpäter im Sommer, beſonders im Juli, gern auf Blütendolden einfinden. In der Färbung und in der ſchlanken Bauart erinnern ſie etwas an Weſpen, und auch die Farbe ihrer Flügel, an denen ein dunklerer Vorderrandſtreifen zu erkennen iſt, trägt, wie Speiſer bemerkt, mit zu dieſer Täuſchung bei, denn die Flügel, die das Tier, wenn es auf der Blüte umherkriecht, ganz nach Weſpenart nach hinten etwas geſpreizt trägt, ſehen faſt genau wie die zuſammengefalteten Vorderflügel einer wirklichen Weſpe der Gattung Odynerus > aus. Wir werden gewiß annehmen dürfen, daß den Conops⸗Fliegen ihre e mit den ſtachelbewehrten Hautflüglern mitunter recht nützlich werden kann. Im Larvenzuſtande ſind die Konopiden Schmarotzer. Man weiß, daß ſie dre Entwickelung im Hinterleibe verſchiedener Hautflügler, namentlich von Hummeln und Weſpen, bisweilen auch in Heuſchrecken durchlaufen. Dohrn beobachtete einmal mehrere Conops⸗Fliegen, die ſich lauernd am Eingange eines Weſpenneſtes aufhielten und fort und fort auf die einfliegenden Weſpen ſtießen mit der offenkundigen Abſicht, ihre Eier an die Weſpen abzulegen. Es handelte ſich etwa um ein Dutzend Conops scutellatus Meig., die den Neſteingang der Vespa vul- garis umſchwärmten. Stürzte ſich eine Fliege auf eine heimkehrende Weſpe, jo dauerte die Berührung der beiden Tiere, falls ſie überhaupt zuſtande kam, höchſtens etwa eine Viertel⸗ ſekunde, „denn die Weſpe ſuchte ihren Angreifer zu erfaſſen, und dieſer zog ſich ſofort zurück. Nee F r Warmn * 1 2 > 75 Fühler und Beine bleiben kurz. Der fünfringelige Hinterleib Dicktkopffliegen. Grünaugen. 343 In dieſer kurzen Zeit muß ſich die Eiablage vollziehen. Die Weſpen ſcheinen die Gefahr zu kennen, denn ſie beantworten die Verſuche der Conops, dicht an den Eingang zu gelangen, mit wütenden Angriffen, ſetzen aber die Verfolgung höchſtens 2 m weit fort. Die Geſchicklich⸗ keit der Conops im Ausweichen iſt außerordentlich groß; nie bemerkte ich, daß fie von einer Weſpe erreicht wurden, trotzdem die Angriffe und Gegenangriffe ohne Unterbrechung geſchahen, und ich mindeſtens eine Stunde lang vor dem Neſte ſtand.“ Von der Lebensgeſchichte der Konopiden wiſſen wir, daß ihre weißen weichen Maden ziemlich groß werden, ſo daß ſie ſchließlich den ganzen Hinterleib des Wirtes erfüllen, in dem ſie ſich nachher verpuppen. Iſt dann die neue Conops⸗Fliege entſtanden, jo verſchafft fie ſich in ſehr eigenartiger Weiſe den Ausweg. Sie hebt nämlich, wie man öfters an von Conops- Larven ausgefreſſenen Hummeln beobachtet hat, von innen her die ganze erſte obere Chitin⸗ ſpange am Hinterleibe in die Höhe und ſpaziert dürch die ſo entſtandene weite Offnung hinaus. In einem Falle ift auf dieſe Weiſe ſogar einmal ein Conops aus einer Hummel hervor⸗ gekrochen, die ſich ſchon ſeit Monaten aufgeſpießt in einer Inſektenſammlung befunden hatte. Alle folgenden holometopen Fliegen, die wir hier nennen, unterſcheiden ſich von den Dickkopffliegen durch das Fehlen der Flügelſchüppchen. Die Grünaugen (Chloropidae), unanſehnliche Fliegen, die als Larven an Pflanzen ſaugen, und von denen manche Arten in großen Mengen aufzutreten pflegen, können trotz ihrer geringen Größe für den Land⸗ wirt recht wichtig werden. Die breite Stirn iſt höchſtens am 5 Scheitel beborſtet und hinten mit drei Nebenaugen beſetzt. iſt von gedrungen eiförmiger Geſtalt. Eine der wichtigſten Ar⸗ ten iſt die Gelbe Halmfliege, Chlorops taeniopus Meig., eine 3—4 mm lange Fliege von glänzend gelber Farbe, bei der Fühler, Stirndreieck und Punktaugen ebenſo wie einige Seide Halmfliege, Chlorops täenio- 5 ig., daneben K in der Sei Zeichnungen an der Bruſt und vier Querbinden am Hinterleidbe ier e 8 ſchwarz ſind. Die Flügel ſind glashell. Die Gelbe Halm⸗ fliege, welche alljährlich in zwei Bruten auftritt, erſcheint zuerſt im Mai inch belegt die oberen Blätter von Weizen⸗ oder Gerſtenpflanzen mit ihren Eiern. Wenn die ausſchlüpfenden Maden von der Blattſcheide ausgehend weiterfreſſen und im Halm ſich ihre ſchmutzigbräunlichen Fraß⸗ gänge anlegen, ſchwillt der Halm mit den ihn umgebenden Blattſcheiden an und vermag keine oder doch nur eine unvollſtändige Ahre zu entwickeln. Im Juni oder Juli pflegt dieſe als „Gicht“ oder „Podagra“ des Weizens bezeichnete Krankheitserſcheinung, welche übrigens auch an Gerſte beobachtet werden kann, ſchon ſehr deutlich bemerkbar zu werden. Nach der Ver⸗ puppung, die am unterſten Ende des Fraßganges vor ſich geht, kommt bald eine zweite Brut von Fliegen zum Vorſchein, und zwar legen jetzt die etwa im Auguſt erſcheinenden Tierchen - ihre Eier an die Winterſaaten ab. Auch bei dieſer leiden die jungen Pflänzchen durch das Nagen der Maden, ſie kränkeln, ſchwellen zwiebelartig an oder ſterben ab, während die Larven erſt nach der Überwinterung im nächſten Frühjahr reif ſind und ſich zu Puppen verwandeln. Die Fritfliege, Oseinis frit L., iſt eine kaum 3 mm lange glänzende, ſchwarze, metalliſch ſchimmernde Fliege, die in der Regel drei Bruten jährlich zuſtande bringt. Die Maden der erſten Brut (Frühlingsgeneration) kommen in den unteren Halmteilen des Sommer: getreides vor und befallen vorzugsweiſe Hafer und Gerſte, die der zweiten Brut (Sommer⸗ generation) halten ſich im Hochſommer zwiſchen den Getreideſpelzen auf, wo ſie an den noch 2 344 N Zweiflügler: Fliegen. milchigen Körnern ſaugen, obwohl man ſolche Larven auch gar nicht ſelten in den Halmen verſchiedener wild wachſender Grasarten antreffen kann. Die Maden der dritten Brut (Winter: generation) zeigen ſich im Spätherbſt und haben ihren Wohnſitz in den Halmen der Winter: ſaat oder auch wieder in denen wild wachſender Grasarten. Neben der zuvor genannten Halmfliege iſt die Fritfliege einer der wichtigſten Getreideſchädlinge. Alle unſere einheimiſchen Getreidearten, Weizen, Roggen, Gerſte und Hafer, können von ihr befallen werden, wobei beſonders zu beachten iſt, daß die von den Maden im Sommer befallenen Getreidekörner in völlig normal ausgebildeten Riſpen und Ahren ſitzen, ſo daß äußerlich zunächſt noch gar nichts von der Beſchädigung wahrzunehmen iſt und es ſich gewöhnlich erſt bei der Ernte zeigt, daß die Körner leicht und leer ſind. Solche Körner heißen in Schweden frit (leichte Ware), ein Name, den Linne für die wiſſenſchaftliche Bezeichnung dieſes Schädlings verwendet hat. Manche Chlorops-Arten, die wirtſchaftlich gleichgültig find, erſcheinen gelegentlich in ungeheuren Mengen. So ſtiegen, nach Taſchenberg, im Spätſommer 1857 vom Dache eines Hauſes in Zittau dichte Wolken auf und glichen ſo täuſchend aufwirbelndem Rauche, daß man mit Spritzen und Waſſer herbeieilte, um das vermeintliche Feuer zu löſchen. Die genauere Unterſuchung ergab, daß Millionen der Kleinen Grünaugenfliege, Chlorops nasuta Schrk., aus einer durch einen abgebrochenen Ziegel entſtandenen Dachlücke hervorgedrungen waren und den Irrtum veranlaßt hatten. Die gleiche Fliegenart erſchien damals auch an anderen Stellen der Stadt in rieſigen Maſſen teils an der Außenſeite von Häuſern, teils - ſogar im Inneren von Wohnräumen. Auch die Taufliegen (Drosophilidae), kleine Zweiflügler, bei denen die breite Stirn auf der Mitte und am Scheitel lang beborſtet iſt, finden ſich manchmal in unglaublichen Mengen zuſammen. Melichar teilt einen derartigen Fall mit, den er in Wien im Oktober 1900 zu beobachten Gelegenheit hatte. „Im Garten ſtand ein offenes Faß, in welches das herabgefallene, wurmige oder angefaulte Obſt geſammelt wurde. Im Auguſt war das Faß zur Hälfte mit Obſt gefüllt, das ſchon in Gärung begriffen war, ſo daß beim Vorübergehen der ſtechende Geruch deutlich wahrzunehmen war. Ende Auguſt ſah ich um das Faß herum einige kleine Fliegen ſchwärmen, die ſich als Drosophila ampelophila Zöw. erwieſen. Ihre Zahl wurde jedoch von Tag zu Tag größer, und anfangs Oktober war dieſe Drosophila jo maſſen = haft, daß von der Offnung des Faſſes ſich förmlich eine Säule von ſchwärmenden und tanzenden Fliegen erhob, welche noch dichter wurde, wenn man über das Faß eine Handbewegung ausführte, wodurch die unzähligen, auf dem gärenden Obſt ſitzenden Dipteren aufgeſcheucht wurden.“ Auch in Speiſekammern und Kellern kommen Drosophila⸗Fliegen durchaus nicht ſelten vor, ſo beſonders die Kleine und die Große Eſſigfliege, Drosophila fenestrarum Fall. und D. funebris F., die ſich überall dort einſtellen, wo ſich Stoffe in ſaurer Gärung befinden, ſeien es nun Früchte oder eingemachte Fruchtſäfte, Wein, Bier, Eſſig oder ähnliche Sub⸗ ſtanzen, an denen die Fliegen ihre Eier abſetzen. Aus den Unterſuchungen von Henneberg geht aber hervor, daß die Maden der Taufliegen nicht nur von der gärenden Flüſſigkeit leben, ſondern vor allem an den ſich dort entwickelnden Hefepilzen, Schimmelſporen und ähnlichen niedrigen Lebeweſen ihre Nahrung finden. Bei anderen Arten hat man die Larven in faulenden Pflanzen, in Pilzen, im ausfließenden Wundſaft von Bäumen beobachtet, und die Larven der Drosophila rubrostriata Beck. wurden kürzlich ſogar in mit Formollöſung gefüllten, feſt verſchloſſenen Blechgefäßen an den darin konſervierten Naturalien angetroffen. Als fertige Zweiflügler zeichnen ſich die Taufliegen durch einen eigenartigen ſchwebenden 28 8 * 8 r 2 2 7 e „ Taufliegen. Bohrfliegen. 345 Flug aus und pflegen ſich dann plötzlich und unvermittelt auf irgendeinen Gegenſtand, ein Blatt oder dergleichen, fallen zu laſſen. Ergreift man aber ein ſolches Tierchen mit den Fingern, jo fühlt es ſich kühl an. Die gewöhnliche Eſſigfliege, Drosophila funebris F., iſt eine 3 bis 4 mm lange Fliege mit braunrotem Kopf, rötlicher Bruſt und gelblichen Beinen, während der dunklere Hinterleib gelbe, beſonders beim Weibchen deutliche Querbinden trägt. Durch Howard wiſſen wir, daß dieſe Art neben anderen Taufliegen auch als Verbreiter des Typhus zu beachten ift: die Tierchen ſetzen ſich nämlich gern auf Exkremente, und finden fie hernach Zu— tritt zu Vorratskammern und Wohnräumen, ſo laſſen ſie ſich mit Vorliebe auf Marmelade, Fruchtſäften oder ähnlichen Speiſen nieder, die dabei von ihnen verunreinigt werden. Bei den hübſchen Bohrfliegen (Trypetidae) läuft der weibliche Hinterleib in eine lange gegliederte Legeröhre aus, mit der die Eier in verſchiedene Teile lebender Pflanzen, Eſſigfliege, Drosophila funebris F. Etwas vergrößert. z. B. in den Fruchtboden von Diſteln, gelegt werden, damit ſich die Larven von den Samen oder dem Fruchtfleiſch ernähren können. Die Kirſchfliege, Rhagoletis (Spilographa) cerasi L., gehört hierher, eine 4 mm lange, glänzend ſchwarze Fliege mit gelben Zeichnungen an der Bruſt, gelbem Schildchen, gelben Beinen und glashellen, den Hinterleib überragenden Flügeln, die drei kaſtanienbraune Querbinden haben. Die beiden erſten Binden ſind verkürzt, während die dritte, vollſtändige, vorn zu einem gleichbreiten, etwas über die vierte Längsader reichenden Saum erweitert iſt. Die Flugzeit der Kirſchfliegen fällt in die Monate Mai bis Juni. Wenn die Kirſchen ſich rot zu färben beginnen, legt das Weibchen je ein Ei, ſelten mehrere, an die Anſatzſtelle des Stieles, ſo daß ſich die gelblichweiße Made in die Frucht einbohren kann, wo ſie zwiſchen Kern und Stielgegend ſitzt und das Fruchtfleiſch durch ihr Saugen in eine jauchige Maſſe verwandelt. Die reife Made, die ihre Entwickelung übrigens auch in den Beeren des Sauerbaums (Berberis) und in denen von Lonizeren durchlaufen kann, läßt ſich zu Boden fallen und verwandelt ſich in der Erde in eine ſchwefelgelbe Tönnchenpuppe, aus der nach der Überwinterung im nächſten Frühjahr wieder eine neue Fliege entſteht. Die Kirſchfliege kommt in ganz Europa mit Ausnahme der nördlichſten Gebiete vor. 346 Zweiflügler: Fliegen. Eine naheſtehende Art iſt die Spargelfliege, Platyparea poeciloptera Schr., eine 4,5— 5,5 mm lange bräunliche Fliege mit hellgrauen Hinterleibsbinden, rötlichgelben Beinen und braunen Zickzackſtreifen über den Flügeln, die in Mittel⸗ und Südeuropa weitverbreitet iſt und im Mai oder Juni zu erſcheinen pflegt, um die Eier gewöhnlich gleich zu mehreren hinter die Schuppen junger Spargelköpfchen zu legen. Vierzehn Tage oder drei Wochen 8 tes ſchlüpfen die Maden aus, die ſich ſogleich in den Stengel einbohren und allmählich ihre Gänge bis zur holzigen Wurzel der Spargelpflanze Verpuppung findet erſt im Spätſommer im unterſten Teil des Stengels ſtatt. Auch hier entläßt die überwinternde DR im Drau EDER Jahre die Fliege 3 Unter den ſchlankbeinigen Nadtfliegen (Psilidae) g Spie 50 Möhrenfliege, Psila rosae F., eine glänzend ſchwarze, E at Kopf von 4—5.mm lange Fliege mit gelben Beinen und großem rötlichgelben Kopf. Das aus ganz Europa bekannte Inſekt erſcheint in zwei Bruten im m Frühjahr und im Hochſommer. Nachdem die Eier an die Wur⸗ treiben, die infolgedeſſen verkrüppelt und faul wird. Die fehlt es gleichfalls nicht an Schädlingen. Wir nennen die zeln von Möhren oder doch wenigſtens in deren Nachbarſchaft untergebracht ſind, bohren ſich u die jungen Maden in die Möhren ein und freſſen ihre gewundenen Gänge aus, wodurch die Möhren ſehr bald „wurmfaul“ . „eiſenmadig“ werden. 5 Die Geomyzidae und-Agromyzidde find unanſehnliche, meift ſehr kleine Fliegen 5 mit kurzen Fühlern, deren genauere, hier nicht weiter zu erörternde Merkmale im Flügel: geäder, der Beborſtung und ähnlichen Einzelheiten liegen. Im Larvenzuſtande minieren dieſe Zweiflügler faſt ſämtlich und freſſen ihre Gänge bald in Halmen, bald in Stengeln, a hauptſächlich aber doch in Blättern der verſchiedenartigſten Gewächſe aus. Einige wenige Larven kennt man auch, die räuberiſch von Pflanzenläuſen leben. Wie wertvoll es unter Umſtänden ſein kann, wenn ſich jemand die Mühe nimmt, die Lebensweiſe ſolcher kleinen Fliegen genau zu erforſchen, dafür iſt wohl das beſte Beiſpiel die merkwürdige Art der Be⸗ kämpfung der Lantana auf den Hawai⸗Inſeln. Die Lantana iſt eine zu den Verbenazeen gehörende Pflanze, die als Ziergewächs 1858 von Mexiko nach Honolulu gebracht wurde. Dort gedieh dieſe Pflanze prächtig. Gewiſſe Vögel, die Mynahs, zerſtreuten ihre Samen, und da es den Lantana-⸗Pflanzen an natürlichen Feinden gänzlich fehlte, jo breiteten fie ſich mehr und mehr auf Koſten der übrigen Vegetation aus. Um 1900 waren die Lantana zu einer wirklichen Plage geworden. Sie wucherten jetzt allenthalben und erſchwerten die Kulturen, beſonders aber den Bau des Zuckerrohres in erheblicher Weiſe. Da verfiel Koebele, ein ameri⸗ a kaniſcher Entomolog, auf einen glücklichen Gedanken, er ſuchte in Mexiko, dem Urſprungs⸗ lande der jo läſtig gewordenen Lantana-Pflanze, nach den natürlichen Feinden der letzteren und fand auch wirklich verſchiedene, darunter beſonders eine Agromyza⸗Art, die im Larven⸗ zuſtande die Lantana-Samen zerſtört. Die betreffenden Inſekten wurden nunmehr in leben⸗ dem Zuſtande nach Honolulu geſchickt, und es gelang, ſie dort ſeit dem Jahre 1902 ein⸗ zubürgern. Der Erfolg ſcheint nicht ausgeblieben zu ſein: erſt vor einiger Zeit berichtete Silveſtri, der die Umgebung von Honolulu beſuchte, daß er auf weiten Strecken überall blatt a und blütenloſe, abgeftorbene Lantana⸗ Pflanzen geſehen habe. Auch von anderer Seite . + r Nacktfliegen. Geomyzidae. Agromyzidae, Borboridae. Diopsidae. Celyphidae. 347 wird beſtätigt, daß die Lantana⸗Plage jetzt als überwunden gelten kann, und zwar ſollen das Hauptverdienſt hieran ihre natürlichen Feinde, in erſter Linie die kleinen Agromyza⸗Fliegen, haben, die glücklicherweiſe nur an Lantana leben können, während ſie andere Pflanzen und insbeſondere Kulturgewächſe unberührt laſſen. Die Larven der Borboridae kommen frei in Dung oder in verweſenden Pflanzen⸗ teilen vor. Als Vertreter dieſer Familie mag uns Sphaerocera subsultans F. dienen, eine kleine, von ewiger Unruhe beſeelte ſchwarze Fliege mit glashellen Flügeln, die ſich laufend oder in kurzen, ſprungartigen Flugbewegungen gelegentlich an Fenſtern umhertreibt und beſonders durch ihre verdickten, kräftigen e auffällt, bei denen das al Fußglied breiter und kürzer als das zweite iſt. Die R die ihre Vertreter in Afrika und im ce Aſten haben, zeichnen ſich durch eine ganz ungewöhnliche Kopfform aus. Ihre Facettenaugen ſind weit von der Stirn entfernt an der Spitze zweier langer ſeitlicher Stiele angebracht, ſo daß man unwillkürlich an die Augenſtiele erinnert wird, wie ſie dem Flußkrebs und vielen anderen Krebſen eigen ſind. Um eigentliche Augenſtiele handelt es ſich bei unſeren Fliegen aber nicht, ſondern nur um die in ganz ungewöhnlicher Weiſe ſtielartig verlängerten, nicht abgegliederten und unbeweglichen Seitenteile des Kopfes, an deren kolbig verdickten Enden nicht allein das Auge der betreffenden Kopfhälfte ſitzt, ſondern auch noch einer r der beiden 1 kurzen Fühler angebracht iſt. : EN ee Diopsis apicalis Dalm. Vergrößert. Nach \ Sharp, „Inseets“, London 1899. Recht merkwürdige deopif che Fliegen find weiter die in der indomalaiiſchen Region vorkommenden Celyphidae, deren Hauptmerkmal i in 5 rieſig vergrößerten, den ganzen Hinterleib und zum Teil noch die glashellen Flügel überragenden Schildchen liegt. Profeſſor Morin, dem auf Java einſt eine Celyphus⸗Fliege abends zur Lampe flog, erzählt, daß er im erſten Moment einen buntſchillernden Käfer vor Augen zu haben glaubte, bis er erſt bei genauerer Betrachtung die Fliegennatur des eigenartigen Ankömmlings herausfand. Die Ephydridae ſind ſehr kleine graue, zuweilen auch grün oder blau glänzende Fliegen, bei denen die Augen gewöhnlich ſtark hervorgequollen ſind, während die Stirn ſich bei beiden Geſchlechtern durch erhebliche Breite auszeichnet. Ihre Larven halten fi im Waſſer auf. So unſcheinbar die hierhergehörenden, faſt durchweg winzigen Zweiflügler ſind, ſo haben doch auch ſie ihren beſtimmten Platz in der Lebewelt und bilden einen wichtigen Beſtandteil der am Waſſerrande vorkommenden Inſektenfauna. Zu Millionen tummeln ſich dieſe kleinen Fliegen gelegentlich an Teichen, Tümpeln, Gräben, Sümpfen und Seen umher; auch am Meeres⸗ ſtrande fehlen ſie nicht, und ſelbſt die öden Geſtade brakiger oder ſalziger Binnengewäſſer werden von gewiſſen Arten bevölkert, deren Larven ſich manchmal noch in Waſſer wohlfühlen können, das ſo ſtark von Salzen durchſetzt iſt, daß kein anderes Tier mehr darin aushalten kann. Nach R. Schmidt, dem ſehr wertvolle Beobachtungen über die Salzwaſſerfauna Weſt⸗ falens zu verdanken find, ift Ephydra riparia Fall. (Caenia halophila Heyd.; Abb., S. 348), 348 3bweiflügler: Fliegen. eine metalliſch olivengrün glänzende Fliege mit zarter gelblichbrauner Beſtäubung und vor⸗ herrſchend ſchwärzlichen Beinen, geradezu eine Charakterform für Salzwaſſer. „Die Larven leben vorzugsweiſe in den Solkaſten und Leitungsrinnen der Gradierwerke zwiſchen dem zumeift aus Diatomeen beſtehenden Bodenſchlamm, der den Larven ſicher als Nahrung dient.!“ 5 Haben die Larven ihre Reife erlangt, ſo verankern ſie ſich mit Hilfe ihres letzten haken⸗ förmigen Paares von ſtummelförmigen Leibesfortſätzen an kleinen Holzſtückchen, Grashalmen oder am Uferrande und wandeln ſich zu der auf unſerer Abbildung dargeſtellten Puppen⸗ form um. Nach Diruf finden ſich ſolche Puppen in Kiſſingen manchmal in derartigen Mengen, daß durch ſie die Röhren und Pumpen in den Solkaſten verſtopft werden können, und die Arbeiter, welche das Reinigen zu beſorgen haben, die Tiere nicht gerade mit liebevollen Aus⸗ ö drücken zu bezeichnen pflegen. Von den a berichtet Schmidt, daß fie meiſt in großen Maſſen am Rande des Waſſers ſitzen. weit fort, ſondern ſetzen ſich gleich wieder die Ephydridenfliegen gleichfalls zu be⸗ ſtimmten Jahreszeiten in ungeheuren fen ſich dort in ſolchen Maſſen am Ufer⸗ bilden. Die dortigen Indianer pflegen ſich das Maſſenauftreten dieſer kleinen Setsfieas, Nee le ui Km de Bam in ue, Ausſchlüpfen der Fliegen werden ge Entfernung der harten Tönnchenhaut zur Herſtellung einer Speiſe benutzt, die, wenn wir den Be⸗ richten amerikaniſcher Forſchungsreiſender Glauben ſchenken wollen, gar nicht ſo übel ſchmecken ſoll. Übrigens nicht nur gegen Salz, ſondern auch gegen andere chemiſche Einflüſſe ſind die Ephydra-Larven ungemein widerſtandsfähig. Nach Thienemann können fie in 40prozentigem Formol noch 40 Minuten leben, und in abſolutem er Be fie faſt J Stunde aus. Scheucht man ſie auf, ſo fliegen ſie nicht nieder. Die länglichen Eier werden frei x a ins Waſſer abgelegt und ſinken zu Boden. ae In Utah, dem Gebiete der großen Salzſeen von Nordamerika, erſcheinen Mengen, und ihre Puppentönnchen häu- rande an, daß ſie zentimeterhohe Bänke Zweiflügler zunutze zu machen: die Lar⸗ ven oder die Puppentönnchen vor dem ſammelt, an der Sonne gedörrt und nach ee eee enen e, kane, glängenbe Fliegen, die mit Vorliebe ihre Nahe kommenſchaft fauligen Stoffen anvertrauen. Käſe, der zur warmen Sommerszeit irgendwo aufbewahrt wird und ſeine Düfte in recht aufdringlicher Weiſe in die ganze Nachbarſchaft ſendet, wirkt beſonders anlockend auf die Käſefliege, Piophila casei L., deren hinzufliegen⸗ des Weibchen ſeine etwa 30 Eier teils einzeln, teils in kleinen Häufchen beiſammen gleich an den Käſe oder doch möglichſt in deſſen Nähe legt. Die auskriechenden Larven wiſſen jeden⸗ falls, auch wenn der Käſe eingewickelt oder in einem Behälter aufbewahrt iſt, durch die engſten Spalten hindurch ſich Zutritt zu verſchaffen, jo daß der Käſe ſchon am nächſten Tage von den weißen, vorn etwas zugeſpitzten Maden bevölkert wird, die während der heißen Zeit bereits binnen einer Woche ihr ganzes Wachstum beendet haben BEN. Die e zeichnen N Nn err eee e ud die Darmwand verletzen und dadurch Blutungen oder Ent: Käfefttege, Piophila casetL. (a), nebſt Exkremente von Menſch und Tier in der Nähe befinden. Ephydridae. Sopsidae Dungfliegen. 349 ſich durch ungewöhnliche Lebhaftigkeit aus. Bei der geringſten Störung hüpfen ſie in mun⸗ teren Luftſprüngen am Schauplatz ihrer Tätigkeit oder in deſſen Nachbarſchaft umher und finden ſchließlich auch irgendwo ein geeignetes Plätzchen, an dem ſie ſich in ein kleines gelbliches Puppentönnchen verwandeln. Die akrobatiſchen Kunſtſtücke der Käſemade kommen in der Weiſe zuſtande, daß das Tierchen ſein Vorderende unter die Spitze des Hinterendes biegt und dann durch plötzliches Strecken ſeines Körpers mit einem Male wie eine Feder emporſchnellt, wobei es bis zu einer Höhe von 20 em ſpringen kann. Krauße berichtet, daß eine 6 mm lange Made teils kriechend, teils ſpringend in fünf Minuten einen Weg von 21 cm, in der Luftlinie gemeſſen, zurücklegte und hierbei nicht weniger als 46 Sprünge ausführte. Die Käſe⸗ fliege iſt übrigens bei ihrer Entwickelung nicht durchaus auf . Käſe angewieſen, auch in Schinkenfett vermögen ſich ihre bis. 7 10 em lang werdenden Maden zu entwickeln, und ſo iſt es nicht zu verwundern, daß ſie beim unvorſichtigen Verzehren von nicht mehr einwandfreiem Käſe oder Schinken wohl ein mal in lebendem Zuſtande in den Körper des Menſchen hinein *. gelangen können. Dort werden fie mitunter zu recht un ? angenehmen Gäſten, wenn ſie mit ihren ſpitzigen Mundhaken Larve (b) und Puppe (e). Vergr. Nach Ho⸗ zündungen hervorrufen. Auch in tieriſchen und menſchlichen ward, obe lsscet ho, New ork!1805. Leichen ſind Piophila⸗Larven nicht ſelten, und Reuter erzählt, daß er mit Salz gefüllte Säcke ſah, in denen Maden der Käſefliege zu vielen Hunderten lebten und ihre ganze Umwandlung vom Ei bis zur Puppe durchmachten. Zerfallende pflanzliche und tieriſche Stoffe bieten den Maden der Dungfliegen (Scato- phagidae) willkommene Aufenthaltsſtätten. Die Gemeine Dungfliege, Scatophaga stercoraria L., iſt in Deutſchland nirgends ſelten, wo ſich Den länglich ovalen, etwas abgeflachten Hinterleib dieſer Fliege bedeckt ein dichter gelblicher Haarpelz. Der rötliche Vorderrand der Flügel trägt in der Mitte ein kleines ſchwarzes Fleckchen. An tieriſchem oder menſchlichem Kot oder in deſſen Nachbarſchaft weiß die Dungfliege ihre Nahrung zu finden. Sie lebt, wie durch zuverläſſige Beobachtungen feſtgeſtellt iſt, wenigſtens zum Teil räuberiſch und dürfte, wie Girſchnern — u vermutet, wohl ganz beſonders den kleinen, ſich oft ſcharen⸗ Gemeine Dungfiisge, Ferme. weiſe am Kot aufhaltenden Borboriden nachſtellen, von denen auf Seite 347 die Rede war. Aber ſelbſt größere Beute fällt ihr zum Opfer, denn der erwähnte Beobachter ſah eine ſolche Dungfliege, die eine der noch zu erwähnenden glänzen⸗ den Lucilia⸗Fiegen umklammert hielt und gerade im Begriffe war, fie mit ihrem Saugrüſſel zu bearbeiten. An Kot bringen die Dungfliegen auch ihre Eier unter, und die ſich aus letz⸗ teren entwickelnden weißlichen „Würmer“, die oft zu Hunderten die weiche Kotmaſſe be⸗ völkern, können nicht als ganz unwichtig angeſehen werden, da ſie doch ſehr weſentlich zur raſchen Zerſtörung derartiger Subſtanzen beitragen. 350 Zweiflügler: Fliegen. 2. Familienreihe: Schizometopae. Bei den Schizometopae läßt die dreiteilige, beim Männchen ſchmalere, beim Weibchen breitere Stirn einen mittleren Abſchnitt und zwei Seitenteile unterſcheiden. Bei den Blumen⸗ fliegen (Anthomyidae) hat die vierte Längsader einen annähernd geraden Verlauf Die hierhergehörende ſogenannte Kleine Stubenfliege oder Hundstagsfliege, Homalomyia canicularis L., ein häufiger Bewohner unſerer Häuſer, ſtimmt im Ausſehen und in ihrer Geſtalt ungefähr mit der Gemeinen Stubenfliege überein, hat aber nur etwa die halbe Größe wie dieſe. Die Beine find ſchwarz, der Rückenſchild ift ſchwärzlichgrau, beim Männchen mit drei dunkleren undeutlichen Längslinien. Der dunkle, grau ſchillernde Hinterleib iſt beim Bra am Grunde gelblich und hat eine mehr oder weniger deutliche ſchwarze Rückenlinie. Die Kleine Stubenfliege hat im allgemeinen kein zudrin⸗ liches Weſen. Sie zieht aber oft unter Kronleuchtern und ähnlichen hängenden Gegenſtänden in der Luft ihre Kreiſe, kronen ihre Liebestänze auszuführen pflegen. Die merk⸗ wir eine auf S. 351 abgebildet ſehen, leben bei der Kleinen Stubenfliege in den Häuſern oder draußen im Freien im Schmutz und in allerlei zerfallenen organiſchen Überreſten. a) Gemeine Stubenfliege, Muse 8 = 28 domestica ., beim Reinigen der Menſchen, ‚jo bleiben fie dort am Leben und find recht un⸗ Vorderbeine, b) dieſelbe, ſaugend; O Kleine Stufen te Home, ruhige Inſaſſen, die durch ihre Bewegungen und wohl auch myia canicularis E. Id) Stechfliege, durch ihr Bohren an der Darmwand ſehr beunruhigende Er⸗ Stomoxys eee L. Vergrößert. Auch in Kohl und anderem Gemüſe und in Hummelneſtern hat man fie gefunden. Gelangen ſolche Larven, wenn fie zufällig mit Speiſen verſchluckt werden, in den Körper des 4 ſcheinungen hervorrufen, bis fie wieder hinausbefördert wer: 1 ähnlich wie ihre im Freien lebenden Verwandten unter Baum⸗ würdig geſtalteten, etwas abgeplatteten, an den Körperſeiten und am Rücken mit Dornen beſetzten Maden, von denen e ene 3 x 4 * * * aan mne den. Andere Blumenfliegen, die nur im Freien vorkommen, werden im Larvenzuſtande in Gärten und Feldern ſchädlich. Die Made der 6,5 mm langen, dicht grau beſtäubten Zwie⸗ belfliege, Hylemyia antiqua Meig. (Phorbia ceparum Meig.), gräbt ihre Fraßgänge in Zwiebeln. Die aſchgraue, am Rückenſchild mit ſchwarzen Längsſtriemen gezeichnete Kohl⸗ fliege, Chortophila brassicae Bouchié, entwickelt ſich in Strünken und Wurzeln von Kohl und Raps. Aus der großen Schar anderer Blumenfliegen heben wir nur noch eine auf⸗ fallende Art, Aricia erratica Fall., hervor, eine bis über 12 mm große plumpe Fliege mit gelben Beinen, olivenbraunen Schillerflecken am Hinterleibe und faſt glashellen a die ſich oft auf Nate de Dolden und Blättern umhertreibt. Alle zur Familie der Museidae gerechneten Fliegen find an einer Eigentümlichkeit en . Geäders, der ſogenannten Spitzenquerader, zu erkennen. Letztere kommt dadurch zuftande, daß die vierte Längsader der Flügel keinen geraden Verlauf hat, ſondern in ihrem äußeren Teil entweder winklig abgeknickt iſt oder wenigſtens einen ſtarken Bogen beſchreibt, ſo daß der in den Spitzenteil des Flügels einmündende Endabſchnitt dieſer Ader beinahe quer verläuft. 0 Die Fühlerborſte iſt bei den Musziden immer beiderſeits bis zur Spitze hin mit feinen Pi Fliegen mehr oder weniger beſudelten Speiſen und Ge⸗ weibchen legt ſeine weißen länglichen Eier an faulige Gedeihen von Fliegenmaden ganz beſonders günſtig zu Blumenfliegen. Muscidae: Stubenfliege. 354 Fiederchen beſetzt. Die Gemeine Stubenfliege, Musca domestica L., bedarf keiner näheren Beſchreibung, denn jeder kennt ſie zur Genüge und weiß, wie läſtig ſie mit ihrem aufdringlichen Weſen werden kann. Die Stubenfliege iſt Kosmopolit und kommt faſt in allen vom Menſchen beſiedelten Ländern vor. Sie fehlt freilich noch in Grönland, hat es aber bereits fertig gebracht, ſich in den Behauſungen und dürftigen Hütten im kalten Lapp⸗ land und Alaska einzuleben. Je weiter man nach Süden kommt, um ſo häufiger werden die Stubenfliegen. Wärzze und Schmutz ſind ihre beiden wichtigſten Lebensbedingungen, und wenn ſich, wie es ja nicht ſelten der Fall iſt, dieſe beiden Faktoren miteinander vereinigt finden, ſo ſteht auch dem fröhlichen Gedeihen und der maſſenweiſen Vermehrung der Stuben⸗ fliegen kaum noch etwas im Wege. Wer einmal das Vergnügen gehabt hat, zur Sommerzeit Südeuropa zu bereiſen und ſich dabei in gewiſſen kleinen Städten Süditaliens aufzuhalten, in denen die einfachſten hygieniſchen Einrichtungen manch⸗ mal noch nicht einmal dem Namen nach bekannt ſind, der wird wiſſen, was die Fliegenplage dort zu bedeuten hat. Ganze Schwärme erheben ſich auf Schritt und Tritt von den Abfällen und Kehrichthaufen, die auf der Straße liegen. In den Häuſern ſind aber Wände und Tiſche ſchwarz von Fliegen, und es gehört ſchon eine gewiſſe, ſagen wir Gleichgültigkeit dazu, um ſich die von den tränke ſchmecken zu laſſen. Re Das am breiteren Hinterleib erkennbare Fliegen Stoffe aller Art, namentlich an Pferdedung, der für das ſein ſcheint. Wenige Stunden ſpäter ſchlüpfen bereits die maden von Stubenfliegen: a) von Muses - domestica L., b) von Homalomyia canicula- Maden aus, vorn zugeſpitzte, weiße, wurmartige Weſen, Hs E. Vergrößerk. die raſch heranwachſen, ſich zweimal häuten und ſchon nach etwa 4—5 Tagen ausgewachſen ſein können. Hierauf erſtarrt ihre äußere Haut zu einem braunen geringelten Tönnchen, welches die Puppe umſchließt; ſchon am zehnten Tage, . von der Eiablage an gerechnet, kann die neue Fliege daraus zum Vorſchein kommen. Da jedes einzelne Fliegenweibchen etwa 100 — 120 Eier abſetzt und wenigſtens im Süden etwa 12—13 aufeinanderfolgende Bruten im Laufe eines Sommers zuſtande kommen, ſo darf uns das Überhandnehmen dieſer Plagegeiſter in ſolchen Gegenden nicht wundernehmen. Unter kühleren Himmelsſtrichen, wie beiſpielsweiſe in Deutſchland, geht die Vermehrung der Stubenfliege allerdings nicht ganz ſo ſchnell vonſtatten; immerhin pflegen die Fliegen auch hier um günſtige Brutſtätten nicht verlegen zu ſein, und man ſagt, daß ein einziger Pferdeſtall unter Um⸗ ſtänden genügt, um einen ganzen Stadtteil mit Stubenfliegen zu verſorgen. Bei kaltem Wetter ſind die Fliegen wie die meiſten anderen Inſekten träge und unluſtig, im Dunkeln verhalten ſie ſich ſtill, Wärme und Licht erhöhen ihre Beweglichkeit und Unter⸗ nehmungsluſt. Dann ſtreifen ſie umher, treffen ſich mit ihresgleichen, und mit ſtürmiſchem Geſumm finden ſich bei ſolchen Gelegenheiten Männchen und Weibchen für einige Augen⸗ blicke zuſammen. Aber auch nach dem Hinſetzen ſind die Fliegen nicht ganz müßig, denn dann heißt es Toilette machen und den Körper von unterwegs herangekommenen Staub⸗ teilchen reinigen. Dabei werden die Vorderbeine oder die Hinterbeine ausgeſtreckt und tüchtig 352 | Zweiflügler: Fliegen. gegeneinander gerieben, um die Fußglieder zu putzen, dann kommt der Kopf an die Reihe, und die Fliege fährt gleichzeitig mit den Vorderbeinen mehrmals über Scheitel, Augen und Mund hin, genau wie ein Menſch, wenn er mit ſeinen beiden Händen das Geſicht wäſcht, und ſchließlich werden auch die Flügel nicht vernachläſſigt, ſondern durch Überſtreichen mit den Hinterbeinen die anhaftenden Schmutzteilchen abgebürſtet. „Manchmal ſchien es mir 4 doch“, bemerkte Perty, „daß unſere Stubenfliegen nicht ohne alles Gedächtnis ſeien, eine mehrmal nacheinander gejagte wird ſcheuer, nimmt ſich mehr in geht; aber nach ſehr kurzer Zeit iſt dies freilich vergeſſen.“ > Die Stubenfliege iſt ein naſchhaftes Weſen, das an die verſchiedenſten Nahrungsmittel . geht. Zuckerhaltige Flüſſigkeiten, Honig, Fruchtſäfte und ähnliches, ſcheinen ihr beſonders zu munden, aber ebenſowenig ſind harte Stoffe, wie trockenes Brot und Zucker, vor ihren Beſuchen ſicher. Wir ſehen ja oft genug eine Fliege damit beſchäftigt, ein Stückchen Zucker emſig mit den breiten Endlappen ihres Rüſſels zu betupfen. An der Innenfläche dieſer Rüſſel⸗ lappen verlaufen tiefe, mit Speichel gefüllte Rinnen, die beim Betupfen an den Zucker an⸗ gepreßt werden. Hierbei löſt ſich immer etwas Zucker in dem Speichel auf, und die Fliege ſaugt nachher die zuckerhaltige Speichelflüſſigkeit ein. Ebenſo gierig iſt die Stubenfliege nach Hautabſonderungen und kleinen Schweißtröpfchen, die ſie namentlich bei ſchwülem Wetter gern von der menſchlichen Haut abtupft. Ihre ſo unangenehm werdende Zudringlichkeit, die ſie oft auf die gleiche Stelle zurückkehren läßt, von der man ſie eben verjagt hat, iſt zum guten Teil auf dieſe Leidenſchaft zurückzuführen. Stechen kann die Stubenfliege nicht, ſie iſt ſomit als fertiges Inſekt nicht imſtande, den Menſchen irgendwie zu verletzen, wohl aber kann ſie ihm in anderer Hinſicht ſehr gefährlich werden. Der mit Haaren reich beſetzte Fliegenkörper hat ſich nämlich als ein ausgezeichnetes Transportmittel für allerlei Bakterien und Krankheits⸗ keime erwieſen und trägt zur Verbreitung derartiger Keime weſentlich bei. So hat man Typhus⸗ und Peſtbazillen, Choleravibrionen, Tuberkelbazillen und viele ähnliche Kleinlebeweſen auf Fliegen gefunden. Noch bedenklicher kann es werden, wenn die Maden der Stubenfliege auf irgendeinem Wege, etwa durch verunreinigte Speiſen, in den Körper des Menſchen ge⸗ langen. Sie können dann im Darm oder in anderen inneren Organen längere Zeit weiter⸗ leben und dabei mehr oder minder ſchwere Krankheitserſcheinungen verurſachen, die der Mediziner unter dem Namen Myiaſis kennt. Der berühmte italieniſche Anatom Francesco Redi hat ſchon im Jahre 1684 hierüber geſchrieben und berichtet, daß lebende Fliegenmaden aus dem Körper von Kindern abgegangen ſind. Letztere pflegen ſich erfahrungsmäßig ganz beſonders leicht ſolche ekelhafte Paraſiten zuzuziehen, obwohl man auch ſchon wiederholt Fliegen⸗ maden bei Erwachſenen beobachtet hat. Die Maden, die den Menſchen befallen, brauchen übrigens keineswegs nur von der Stubenfliege herzurühren, ſondern es kann ſich ebenſogut auch um die Larven der gleich zu erwähnenden blauen Brummfliege oder anderer in der Nach⸗ barſchaft des Menſchen häufiger Muszidenarten handeln. Manchmal iſt es auch ſo, daß Fliegenmaden nicht durch Mund oder Naſe in das Körperinnere hineinkommen, ſondern von außen her indie Haut ſich einbohren und dann En und tiefer dringen, wobei ſie ſogar ſehr bösartige Verletzungen verurſachen können. Nahe verwandt mit unſerer Stubenfliege iſt die in unſeren Wohnungen häufige Brummfliege oder Blaue Schmeißfliege, Calliphora erythrocephala Meig., die an ihrer ſchönen ſtahlblauen Färbung und den roten, ſchwarz behaarten Backen zu erkennen iſt. Man hat fie zur Gattung Calliphora Rob. geſtellt, weil bei ihr im Gegenſatz zur Gat⸗ tung Musca I., der unſere Stubenfliege angehört, an der Innenſeite der Mittelſchienen — Be ee F bu 9 in Musoidae: Stubenfliege. Schmeißfliege. Azurfliege. Goldfliegen. 353 abſtehende Borſten angebracht ſind. Sie iſt eine der häufigſten Fliegen. Gewöhnlich ſtellt ſie ſich ſehr bald ein, wenn ſie aus der Ferne Fleiſch wittert, um ihre länglichen weißen Eier, Schmeiß genannt, daran abzuſetzen, und hat die Gewohnheit, an heißen Tagen, wenn ſie, von draußen kommend, Zutritt zu Wohnräumen gefunden hat, wild im Zimmer umherzuſtürmen und mit aller Wucht gegen die Fenſter zu ſauſen. Ebenfalls häufig, aber doch etwas ſeltener als dieſe Art iſt Calliphora vomitoria L., bei der die ſchwarzen Backen rötlich behaart ſind. Die Calliphora⸗Fliegen find durchaus nicht beſonders kurzlebig. Weinland konnte ſolche Fliegen während des Sommers mit Zuckerwaſſer, Brot und Waſſer bis zu 35 Tagen in Gefangenſchaft halten und vermutet, daß die Lebensdauer dieſer Fliegen bei günſtigen Be: dingungen noch beträchtlich länger währen mag. Die Larven entwickeln ſich gewöhnlich in faulendem Fleiſch. Bouché fand fie auch in altem Käſe, ebenſo können ſie in tieriſchen Abfällen verſchiedener Art vorkommen, und R. Schmidt beobachtete die Larven von Calliphora vomi- toria in den Leitungsrinnen eines Gradierwerkes. Es reiht ſich hier die hübſche Azurfliege, Protocalliphora azurea Fall., an, ausgezeichnet durch ſchönen violetten oder grünlichen Glanz am Hinterleibe und bräunliche Längsſtreifen auf dem metalliſch ſchillernden Bruſtrücken. Ihre Jugendzeit verbringen die Azur⸗ fliegen, ſoweit wenigſtens die bisherigen Beobachtungen reichen, in den Neſtern von Schwalben, Sperlingen, Bachſtelzen, Ammern oder anderen einheimiſchen Singvögeln. Häßliche Maden ſind es B uni dann, die an den nackten Körpern oder unter den Flügeln der ppora erythrocephala Meig., ver- größert, nebſt Larve und Puppe in Neſtjungen wie Blutegel ſaugen und die armen Tierchen ſchwächen natürlicher Größe. oder ſogar bis zu Tode martern, ohne daß die alten Vögel ihre Brut von dieſen ſchrecklichen Peinigern befreien. Die Verpuppung findet im Neſt ftatt. Aus ſolchen Puppen konnten wir vor einiger Zeit die ſchon im Auguſt ausſchlüpfenden, im all⸗ gemeinen als ſelten geltenden Azurfliegen in großer Zahl erhalten. Beborſtete Mittelſchienen beſitzen auch die Pollenia⸗Arten, die an der deutlichen Be⸗ haarung ihres Mittelleibes zu erkennen ſind. Dieſe Fliegen tummeln ſich ſchon beim Heran⸗ nahen des Frühlings an den erſten warmen Tagen während der Mittagsſtunden draußen in der Sonne und finden ſich auch oft in Häuſern, namentlich Pollenia rudis F., eine ſchwärzliche, die Stubenfliege an Größe noch übertreffende, am Mittelleibsrücken graugelb behaarte Fliege. Allgemein bekannt ſind weiter die Goldfliegen der Gattung Lueilla Rob., deren Körper im prächtigſten Goldgrün oder Blau ſchillert. Lucilia caesar L., eine der gemeinſten ein⸗ heimiſchen Arten, zeigt ſich nicht nur oft am Fenſter, ſondern häufig, ui wir auf dem farbigen Fliegenbilde jehen, im Freien; auch liebt fie es, ſich an Exkremente von Tier und Menſch zu ſetzen. Wie die anderen obengenannten Arten hat die Goldfliege überdies noch die ekelhafte Gewohnheit, ihre Eier gern an Fleiſch oder an offene Wunden und Geſchwüre zu legen, in die ſich ihre raſch heranwachſenden Maden tief einbohren. Einen beſonders entſetzlichen Fall dieſer Art aus neuerer Zeit, der genauer unterſucht wurde, hat Henneberg mitgeteilt. Im Jahre 1902 wurde eine Landſtreicherin, ein verwahrloſtes, etwa zwanzigjähriges Mädchen, in gänzlich erſchöpftem Zuſtande in einem Chauſſeegraben in der Umgebung Berlins gefunden. Das Geſicht war ſtark geſchwollen, und unter dem ſchmutzigen, verklebten Kopfhaar ſaßen zahlreiche dicke Maden, die die Kopfhaut angefreſſen und ſich zum Teil bereits ganz tief bis Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 23 354 Zweiflügler: Fliegen. zum Schädelknochen eingebohrt hatten. Obwohl die Unglückliche bald nach ihrem Auffinden in das Königliche Charitékrankenhaus gebracht wurde, jo war es doch bereits zu ſpät, denn ſchon bald nach der Einlieferung erlag ſie den Folgen einer von den verunreinigten Kopf⸗ wunden ausgegangenen Blutvergiftung. Die herausgezogenen Larven wurden aber weiter gezüchtet und entwickelten ſich zu der obengenannten ſchönen goldgrünen Cäſarfliege. Eine ähnlich metalliſch grün oder blau ſchillernde Fliege, Lucilia sericata Meig., deren Bruſt oben eine braunrote mittlere Längsſtrieme beſitzt, wird beſonders den jungen, auf der Weide befindlichen Schafen gefährlich. Die Maden dringen nämlich durch die Haut ein, und zwar manchmal in ſolchen Mengen, daß das Fell der armen Tiere förmlich wie ein Sieb durchlöchert ausſieht, und gar nicht ſelten gelangen die Larven hierbei ſogar bis in die tieferen Muskelſchichten oder in die Bauchhöhle. So kann man hier von einer förmlichen Fliegen⸗ krankheit der Lämmer reden, die bisher hauptſächlich in Holland und neuerdings auch in Neu⸗ jeeland beobachtet worden iſt, wohin die Fliegen augenſcheinlich verſchleppt worden find. In Laubwäldern und lichten Gehölzen Deutſchlands und des mittleren Europas treibt eine andere prächtige, im männlichen Geſchlecht blaugrün, im weiblichen mehr kupferfarbig ſchillernde Art ihr Unweſen, die Waldgoldfliege oder Krötenfliege, Lucilia silvarum Meig. (bufoni- vora Mon.), ein Tierchen, das durch zwei ſtarke Borſten am zweiten Hinterleibsringe aus⸗ gezeichnet iſt. Dieſe Fliege überfällt Erdkröten, um an den Naſenlöchern ihre Nachkommen⸗ ſchaft unterzubringen. Die arme Kröte geht in dieſem Falle einem traurigen Schickſal ent⸗ gegen, denn die Fliegenmaden zerfreſſen ihr bei lebendigem Leibe nach und nach die ganze vordere Kopfpartie, gehen dabei tiefer und tiefer bis auf die Kopfknochen und zerſtören häufig ſelbſt die Augen, bis die ſchrecklichen Peiniger ausgewachſen ſind, ſich wieder herausbohren, zu Boden fallen und auf oder in der Erde zu Tönnchenpuppen werden. Auch Fröſche werden befallen. Portſchinſky jagt, daß im Jahre 1898 die Grasfröſche in der Umgebung von St. Petersburg ſo ſtark unter Fliegenlarven zu leiden hatten, daß ſie faſt gänzlich ausſtarben. Er nimmt aber an, daß die Fliegenweibchen ihre Eier nicht immer an den Froſchkörper legen, ſondern daß die unglücklichen Batrachier ſich gewöhnlich durch Verſchlucken eiertragender 1 Fliegenweibchen infizieren, worauf dann die Maden vom Magen aus weiterdringen. Eine mittelafrikaniſche Fliege iſt die Inyofliege, Auchmeromyia luteola Walk., die ſich im Geſtrüpp, an Wegen und an Straßen umhertreibt. Dabei dringt ſie oft in die Hütten von Eingeborenen ein und legt dort ihre Eier auf den trockenen Lehm⸗ oder Sandboden ab. Die Larven, die bald hernach zum Vorſchein kommen, kriechen aber nachts die am Boden ſchlafenden Neger an und ſaugen an ihnen Blut. Gleichfalls im tropiſchen Afrika iſt die Geſchwulſtfliege der Mäuſe, Cordylobia murium Dön., heimiſch. Auch fie legt ihre Eier an den Boden, und ihre Larven wiſſen irgendeine Gelegenheit wahrzunehmen, um Ratten oder Mäuſe anzukriechen, bohren ſich alsdann in die Bauch- oder Schenkelhaut der Tiere ein und wachſen in großen daſſelbeulenartigen Geſchwülſten heran, die die unglücklichen Nager zweifellos arg peinigen. Ganz ähnlich dürfte die Lebensgeſchichte der Menſchenfreſſer⸗ fliege, Cordylobia anthropophaga Grünb., fein, ebenfalls einer afrikaniſchen Fliege, deren Larven nicht nur verſchiedene Haustiere, wie Hunde, Katzen, Ziegen ſowie Affen und wahr⸗ ſcheinlich auch andere freilebende Tiere, ſondern ſehr oft auch den Menſchen ſelbſt befallen, ſich in der Haut anſiedeln und durch ihre Gegenwart dort recht unangenehme und unter Un ſtänden ſogar ſehr bösartige Blutgeſchwüre verurſachen. echt merkwürdige Lebensgewohnheiten hat eine in Java vorkommende, etwa 810 mm große, bräunlich gefärbte Fliege, Bengalia latro Meig., die ein wahres Raubritterleben führt. W Museidae. Stechfliegen. i 355 Wie Jacobſon beobachtete, ſtellt ſich die Fliege in der Nähe einer Ameiſenſtraße auf Poſten, und zwar dort, wo die Ameiſen einer ſehr häufigen und biſſigen Art, Pheidologeton diver- sus Jerd., in langen Zügen vorbeimarſchieren und ihre Beute, allerhand geraubte Inſekten oder Sämereien, in den Kiefern davonſchleppen. Geſchickt weiß die Fliege auf einem Steinchen, einem am Boden liegenden welken Blatt oder einem ähnlichen erhöhten Gegenſtand ihren Beobachtungsplatz zu wählen, von dem ſie recht gut die vorbeiziehende Ameiſenkolonne über⸗ ſehen kann. Plötzlich ſpringt die Fliege auf, ſtürzt ſich behende mitten in die Ameiſenſchar hinein, packt eins der Beuteſtücke, das die Ameiſe, die es trug, verdutzt im erſten Schreck zu Boden fallen läßt, und ſchleppt blitzſchnell ihren Raub, ehe ſie daran gehindert werden kann, wie es ſcheint mit dem Rüſſel davon. Stellt ſich heraus, daß die Beute pflanzlicher Natur war, ſo läßt die Fliege, die ſich nur von Fleiſchkoſt ernährt, das Stück wieder fallen. Hat die Fliege aber ein Räupchen oder ein ähnliches Tier der Ameiſe abgenommen, dann bringt ſie ihre Beute in Sicherheit, um ſich weitab von den gefährlichen Ameiſen den guten Braten ſchmecken zu laſſen. Nur ſelten ſtößt die Fliege bei ihren plötzlichen Überfällen auf unerwartete Schwierig⸗ keiten; es kann aber vorkommen, daß die Ameiſe ihre Beute nicht gutwillig fahren läßt, ſondern ſich verzweifelt daran feſtbeißt. Dann wird die hartnäckige Ameiſe einfach von der Bengalia⸗ fliege mit in die Höhe gehoben und erforderlichenfalls mehrmals hintereinander mit dem Beute⸗ ſtück zuſammen aus der Luft herabfallen gelaſſen, bis ihr ſchließlich Hören und Sehen ver⸗ geht und ſie dann doch gezwungen iſt, der Fliege den Raub zu überlaſſen. ; Als letzte Muszine ſei noch die Stallfliege, Muscina stabulans Fall., namhaft ge⸗ macht, die im Gegenſatz zu den bisher genannten Arten nicht eine winklig geknickte, ſondern nur bogenförmig zur dritten abbiegende vierte Längsader hat. Die Stallfliege treibt ſich häufig in Wohnungen, beſonders an den Fenſtern, herum, übertrifft die Stubenfliege nur wenig an Größe, hat aber braune Beine, abgeſehen von den teilweiſe ſchwarzen Schenkeln und den ſchwarzbraunen Füßen. Die Schildchenſpitze iſt gelblich. 2 Die Stechfliegen (Stomoxyidae) ſind an dem vorſtehenden, wagerechten oder ſchräg nach unten gerichteten langen dünnen Rüſſel zu erkennen. Beide Geſchlechter ſaugen Blut und benutzen zum Stechen den im Rüfjel verborgenen, vorſtreckbaren, borſtenförmigen Hypopharynx. Die auf S. 350 dargeſtellte Gemeine Stechfliege oder der Wadenſtecher, Stomoxys calcitrans L., kann leicht mit der Stubenfliege verwechſelt werden, mit der zuſammen ſie ſich häufig in unſeren Wohnungen einſtellt. Abgeſehen von dem vorſtehenden Stechrüſſel zeichnet ſich aber die Stechfliege durch mehr gedrungenen Körperbau aus und pflegt auch ihre Flügel mehr geſpreizt als die Stubenfliege zu halten. Wenn dagegen behauptet wird, ſchon die ver⸗ ſchiedene Stellung, die die beiden Fliegenarten beim Ausruhen an einer Wand einnähmen, erlaube es, Stechfliegen und Stubenfliegen zu unterſcheiden, indem jene immer mit nach oben gewendetem Kopf, die Stubenfliegen dagegen kopfunten daſäßen, ſo iſt das doch wohl ziemlich fragwürdig; denn an einer Hauswand haben wir ſelbſt zahlloſe Wadenſtecher in den verſchieden⸗ ſten Stellungen ſitzen ſehen, ohne daß ſich dabei in der Haltung der Fliegen irgendeine Regel feſtſtellen ließ. Die Entwickelung geht beſonders im Kuhdünger vonſtatten, in dem man die milchweißen, hinten abgerundeten, kegelförmigen Stechfliegenlarven oft in großen Mengen findet. Der gleichen Gruppe wie die über die ganze Erde verbreiteten Stomoxys-Arten gehören auch die Stechfliegen der Gattung Glossina Wiedem. an, deren dünner, weit vorſtehender, borſtenförmiger Rüſſel an Länge den Kopf um mehr als das Doppelte übertrifft. Die weib⸗ lichen Gloſſinen legen nicht Eier, ſondern bringen lebende weiße, am Hinterende mit Hornhäkchen ü 2 - 2 23 * 356 Zweiflügler: Fliegen. 2 verſehene Maden zur Welt, die bereits jo weit entwickelt find, daß ſie ſich, ohne Nahrung zu ſich zu nehmen, ſchon innerhalb weniger Stunden nach ihrer Geburt in ſchwarze Tönnchen⸗ puppen verwandeln. Die Heimat der Gloſſinen iſt das tropiſche Afrika, wo ihre verſchiedenen Ar⸗ ten ganz beſtimmte, faſt nur in⸗ nerhalb der beiden Wendekreiſe gelegene Gebiete bewohnen. Die Seeküſten bleiben im allgemeinen frei von den Glossina-⸗Fliegen, und im Gebirge in Höhen von über 1200 m werden dieſe Tiere ebenfalls nicht mehr angetroffen. Die Schlafkrankheitsfliege, Glossina palpalis R. D., iſt im weſtlichen Afrika vom Senegal bis zum Kongo verbreitet und kommt auch in den Gebieten des Albert⸗ und Viktoriaſees vor. Sie erreicht eine Länge von 8—9 mm, hat ſchwarzbraune Fühler, ſchwarze Hinterfüße und etwas längere Flügel als unſere Stubenfliege. 7 £ RE Die Bruft iſt gelblichbraun, grau Schlaftranthettsftiege, Glossina palpalis R. P. Wergröfert. Deitäubt, der Hinterleib oben vor⸗ wiegend ſchwarz mit brauner Mit⸗ telſtrieme und dreieckigen braunen Randflecken. Die Fliege liebt feuchte, ſchattige Aufenthalts⸗ orte und hält ſich namentlich an den Ufern von Flüſſen und Seen auf, die mit dichtem, un⸗ l Pflanzengewirr und Buſchwald bewachſen ſind. Dort ruht ſie während der heißen Tagesſtunden unter dem Schutz des Blätter⸗ daches, ſchwärmt aber lebhaft umher, wenn die Sonne nicht mehr hoch am Himmel ſteht, ſo daß nachts und während der Abend- und erſten Morgenſtunden Säuge⸗ tiere der verſchiedenſten Art ebenſowenig wie der Menſch vor ihren Stichen ſicher ſind. Die Fliegen ſind dabei ungemein zudringlich, kehren, wenn ſie verſcheucht wer⸗ den, oft zur gleichen Stelle wieder zurück und ſollen nicht einmal Krokodile und andere größere Kriechtiere a d verſchonen. Beide Geſchlechter ſaugen Blut, und es wiertsiiiege, ee ans heißt, die Männchen ſeien häufiger als die Weibchen. Haben ſich die Fliegen prall vollgeſogen, ſo ſuchen ſie einen geſchützten Ort auf und geben ſich der Verdauung hin, die aber bei der warmen Tem⸗ peratur ziemlich raſch vonſtatten geht, ſo daß die Tiere im allgemeinen ſchon nach einer Pauſe von 48 Stunden wieder zu neuen Taten bereit ſind. Die Beſiedelungsfähigkeit des tropiſchen Afrikas wird durch die Palpalisfliegen ſehr ſtark herabgeſetzt, denn ſie ſind die Stechfliegen: Schlaſtrantheits-, Tſelſefliege. Fleiſchfliegen. 357 Zwiſchenwirte von mikroſkopiſchen Blutparaſiten (Trypanoſomen) und können mit ihrem Stich die Schlafkrankheit übertragen, durch welche ganze Landſtriche entvölkert worden ſind, und gegen die jede ärztliche Kunſt ſich bisher noch als machtlos erwieſen hat. Eine verwandte ähnliche Art, die Tſetſefliege, Glossina morsitans Westw., wird in ähnlicher Weiſe Pfer⸗ den, Maultieren, Rindern, Ziegen, Hunden und anderen Vierfüßern verhängnisvoll und macht in vielen Gegenden des tropiſchen Afrikas das Halten ſolcher Haustiere unmöglich. Im Gegenſatz zur Schlafkrankheitsfliege hat die Tſetſefliege hauptſächlich im trockenen, von lichtem Buſchwald beſtandenen Gelände ihre Wohnplätze. Die Fleiſchfliegen (Sarcophagidae) gehören zu den häufigſten Fliegen und ſtehen mit ihren vielfach Abſcheu und Ekel erregenden Gewohnheiten den oben beſprochenen Musziden kaum nach. Zu erkennen ſind alle Arten an der nur im Grundteile . Fühlerborſte, deren Spitzenteil nackt bleibt. Die Gemeine Fleiſchfliege, Sarco- phaga carnaria L., iſt in ganz Mitteleuropa vom Frühling an bis zum Herbſt im Freien an Ex⸗ krementen und auf Blu⸗ men nirgends ſelten und findet ſich auch häufig in den Wohnräumen an Fenſtern ein. An Größe ziemlich erheblich ſchwans⸗ kend, zeichnet fie ſich durch ziegelrote Augen und große, plumpe Haftlappen an ihren Füßen aus. Der weißlichgraue Rückenſchild hat dunklere Längsſtrie⸗ men, der Hinterleib iſt mit dunkeln und hell ſchillernden, würfelartigen Flecken bedeckt. Im übri⸗ gen iſt das Tier aber von mehreren anderen, ſehr ähnlichen Arten nicht gaz e 25 leicht zu unterſcheiden. a) Gemeine FFF und e) Igelfliege, Echi- Die Fleiſchfliege iſt leben⸗ diggebärend und bringt weißliche Maden von kegelförmiger Geſtalt, mit zwei ſchwarzen Mund⸗ haken am zugeſpitzten vorderen Ende, zur Welt. An dem breiten, etwas ausgehöhlten Hinter: ende fallen zwei dunkle, harte Atemplatten auf. Da Fleiſch im friſchen oder verweſenden Zuſtande den Larven hauptſächlich zur Nahrung dient, ſo muß die Mutterfliege nach geeig⸗ neten Stellen ſuchen, an denen ſie ihre Nachkommenſchaft unterbringen kann. Irgendwo ſpürt 358 Zweiflügler: Fliegen. ſie ein totes Tier oder ein Stück Fleiſch in Küche oder Speiſekammer auf, das nicht genügend gegen den Zutritt von Fliegen geſchützt wird, und beehrt es mit einem kurzen Beſuche. Bald darauf wimmelt es dort von den ekelhaften Fleiſchmaden, die, ungeſtört gelaſſen, ſchon in wenigen Tagen heranwachſen, um ſich ſchließlich in irgendeinem Winkel oder flach unter der Erde in einem ſchwarzbraunen geringelten Tönnchen zu verpuppen. Wenn ſich den Fleiſch⸗ fliegen Gelegenheit bietet, verſchonen fie auch lebende Tiere nicht und ſpritzen ihre Larven an offene Wunden von Menſch und Tier. Andere Sarkophagiden hat man in toten Schnecken und toten Inſekten gefunden, während manche wiederum als echte Paraſiten ihre Entwicke⸗ lung im Körper lebender Inſekten durchlaufen, wie Sarcophaga affinis Fall., die Wachtl aus den an Weiden lebenden Geſpinſtmottenraupen von Hyponomeuta rorellus Hb. und Zetterſtedt aus denen von H. padellus L. erzogen haben. a — Bei den Raupenfliegen (Tachinidae) iſt das Schmarotzertum zu einer ſtändigen Ein⸗ richtung geworden. Ihre Larven hauſen immer in lebenden Gliedertieren, und zwar nament⸗ lich in Schmetterlingsraupen. Einige kommen auch in Afterraupen, in Heuſchrecken, Käfern und Aſſeln vor. Körperform und Größe unterliegen bei dieſer ungemein artenreichen Familie ziemlich weitgehenden Schwankungen. Es ſind viele ſtattliche Fliegen darunter, die an Größe die Brummfliege übertreffen, aber auch Arten, die im Ausſehen an die Stubenfliege erinnern oder erheblich kleiner und ſchlanker als dieſe bleiben. Die Färbung iſt meiſt düſter oder dunkel mit rötlichen Flecken. Lebhaft metalliſchblau oder grün ſchillernde Fliegen fehlen zwar bei den Raupenfliegen nicht, ſind aber doch in der Minderzahl. Zu erkennen ſind die meiſten Arten an der völlig nackt bleibenden Fühlerborſte ſowie an den einzelnſtehenden ſtarken Borſten, die am Hinterleibe ſitzen und der Fliege ein ſtruppiges Ausſehen geben. Die Spitzenquerader iſt deutlich erkennbar. Eine häufige einheimiſche, mit vielen Stachelborſten bewehrte Art iſt die Igelfliege, Echinomyia fera L. (Abb., S. 357), eine plumpe, 7—12 mm lange Fliege mit durchſcheinend roſtgelbem Hinterleib, der in der Rückenmitte einen ſchwarzen Längsſtreifen hat. Fühler und Beine ſind roſtgelb. Zahlreiche andere, im allgemeinen nicht leicht zu unter⸗ ſcheidende Arten von Raupenfliegen, die ſich bei uns überall im Freien umhertummeln, werden, wie die Echinomyien, wegen ihrer nackten Fühlerborſte in der Unterfamilie der Tachiinae zuſammengefaßt, während die Dexiinae Raupenfliegen mit behaarter Fühlerborſte find, z. B. Dexia rustica F., eine 8—10 mm lange, etwas geſtreckte Fliege mit gelblichen Schildchen und ſchwärzlichen Rückenſtreifen auf dem gelblichen Hinterleib. Im Sommer treibt ſich dieſe Art bei uns beſonders an Waldrändern und Hecken umher. Raupenfliegen ſind ſchon in den erſten Frühlingstagen, wenn ſich das Inſektenleben zu regen beginnt, auf dem Platze. Bei ſonnigem Wetter ſchwirren ſie über den Boden dahin oder treiben ſich auf Büſchen und Sträuchern umher, beſonders an Stellen, an denen ſich Raupen aufhalten. Im nächſten Augenblick läßt ſich die Fliege für einen Moment auf dem Rücken der Raupe nieder und fliegt gleich darauf wieder weiter. Gewöhnlich hat ſie es dann ſchon fertiggebracht, eines oder gleich mehrere ihrer weißen länglichen Eier an ihr Opfer anzukitten. Bei einem Schwammſpinnerfraß in der Umgebung Berlins hatten wir Gelegenheit, Tachinen⸗ fliegen bei ihrer Arbeit zu beobachten. An einem von der Sonne beſchienenen Baumſtamm ſaßen etwa zwanzig halberwachſene Raupen, von denen die meiſten bereits kleine weiße Fliegen⸗ eier auf ihrem Rücken ſitzen hatten. Plötzlich erſchien eine Fliege und ſtürzte auf eine einzeln⸗ ſitzende Raupe los, die noch kein Ei trug. Die Raupe bäumte ſofort auf, hielt ſich mit ihren Bauchfüßen feſt und machte mit dem Vorderkörper ſo heftige ſchlagende Abwehrbewegungen, — Raupenfliegen. . z 359 daß die Fliege abgeſchreckt wurde und verſchwand. Schon im nächſten Augenblick war fie aber wieder da und wiederholte den Angriff, jedoch abermals ohne Erfolg, ſo daß ſie wieder abziehen mußte und ſich für einen Moment an den Baumſtamm ſetzte. Das wiederholte ſich noch ein⸗ bis zweimal, bis die Raupe bei einer allzu heftigen Bewegung etwa aus Meterhöhe zu Boden ſtürzte, wohin ihr die Fliege ſofort folgte, um dann endgültig zu verſchwinden. Die Raupe, die bald hernach an dem Stamm wieder in die Höhe kletterte, hatte nunmehr aber an ihrem Rücken ebenfalls ein Paraſitenei kleben. Verfolgen wir das Schickſal eines ſolchen Tachineneies weiter, ſo dauert es gewöhnlich nicht ſehr lange, bis eine winzige weiße Made daraus entſteht, die ſich durch die Haut bohrt und damit in die Leibeshöhle der Raupe gelangt, von deren Körperſäften ſie ſich ernährt. Eine Raupe, die eine oder mehrere ſolcher Tachinenlarven in ihrem Leibe beherbergt, ſieht äußerlich ganz geſund aus und benimmt ſich zunächſt auch noch ganz wie eine beliebige andere Raupe, bis ſpäter mit einem Male eine Kataſtrophe ein⸗ tritt. Die Raupe wird matt und ſchlapp, und aus ihrem ſterbenden oder toten Körper kommt der Paraſit, oder es. kriechen und winden ſich die unheimlichen Gäſte gleich zu mehreren hervor; ſie haben die Eingeweide der Raupe in eine ſchmierige braune Maſſe verwandelt und verpuppen ſich gleich J = ch Sn Aus krie chen = Br Naupenfliege, Tachina. 1 5 worten ne, mit mehreren Nachbarſchaft ihres Opfers. In manchen Fällen gibt es für die mit Tachineneiern belegten Raupen noch eine Rettung, nämlich dann, wenn die betreffende Raupe gerade kurz vor einer Häutung ſteht und zuſammen mit der alten Haut die daranklebenden gefährlichen Paraſiteneier noch rechtzeitig abſtreifen kann, bevor die Larven zum Ausſchlüpfen kommen und ſich einbohren. So kommen bei einer häufigen einheimiſchen Tachinenart, Parasetigena segregata Rond., welche Schwammſpinner⸗ raupen und andere Schmetterlingsraupen befällt, im Durchſchnitt etwa 20 Prozent der mit Eiern belegten Raupen mit dem Leben davon, weil ſie ſich rechtzeitig häuten. Der amerika⸗ niſche Entomolog Fernald ſammelte einſt 235 Raupen, von denen jede auf ihrem Rücken eines oder mehrere weiße Tachineneier trug. Er züchtete dieſe Raupen weiter und konnte zu ſeiner Überraſchung feſtſtellen, daß im ganzen nur neun Raupen an Tachinoſe zugrunde gingen, während es allen übrigen Raupen gelang, ſich noch rechtzeitig von den Schmarotzern zu befreien und zu Schmetterlingen weiter zu entwickeln. Hieraus läßt ſich erſehen, welch eine ungeheure Menge von dieſen Raupenfliegen fort und fort im Eiſtadium zugrunde geht, ohne die eigent⸗ liche Beſtimmung erfüllen zu können, ein ſprechendes Beiſpiel für die Unvollkommenheit ſo mancher Einrichtungen in der Natur. Die Tachinen behaupten trotzdem ihren Platz in der Reihe der Lebeweſen, indem ſie alle derartigen Verluſte durch ihre erſtaunliche Fruchtbar⸗ keit wieder wettmachen. Freilich gehen dieſe Fliegen mit ihrem Reichtum an Eiern häufig recht unzweckmäßig um, denn wenn die Tachinenweibchen, wie es ſehr oft geſchieht, viele, 360 Zweiflügler: Fliegen. manchmal ſogar 30 oder mehr Eier an eine einzige Raupe ablegen, anſtatt fie auf verſchie⸗ dene Raupen zu verteilen, ſo fehlt es bald an Nahrung, und es können ſich nicht mehr alle Nachkommen gleichgut entwickeln, ſondern diejenigen, die zu kurz gekommen ſind, werden dann im Gegenſatz zu ihren großen Geſchwiſtern zu ganz kleinen, unanſehnlichen Fliegen. Auf dieſe Weiſe ſucht man ſich wenigſtens die ſtarken F zu erklären, en bei zahlreichen Tachinen zu beobachten find. In der Lebensgeſchichte der Tachinen gibt es mancherlei Verſchiedenheiten. Nicht immer werden die Eier äußerlich an die Raupenhaut gelegt, ſondern bei einigen Arten von der Mutterfliege gleich in das Leibesinnere der Raupe hineingeſchoben. Andere Tachinen ſind lebendiggebärend und bringen ihre Maden auf der Raupe unter oder ſchieben dieſe, wie Compsilura concinnata Meig., ein häufiger Paraſit verſchiedener einheimiſcher Schmetterlings⸗ arten, mit Hilfe eines komplizierten Legeapparats in die Raupen hinein, oder ſetzen nur, wie Panzeria rudis Fall., ihre Nachkommen in der Nähe einer Raupe, in dieſem Falle einer Kieferneulenraupe, ab, jo daß die Maden leicht die Raupe ankriechen können. Sturmia (Crosso- cosmia) sericaria Corn., eine in Japan und Kleinaſien verbreitete Tachine, bringt ihre Eier an den Blättern des Maulbeerbaums unter. Sobald dann eine Seidenraupe kommt und die winzigen Eier zuſammen mit dem Blatte verzehrt, ſo ſchlüpfen in ihrem Darm die Tachinen⸗ larven aus, die ſich bald danach durch die Darmwand bohren und damit in die Leibeshöhle kommen, in der ſie ſich in üblicher Weiſe weiterentwickeln, bis ſchließlich der Tod der Raupe eintritt. Die Tachinen haben drei verſchiedene Larvenſtadien. Im erſten atmen die im Leibes⸗ innern ihres Wirtes ſteckenden Larven nur durch die Haut, im zweiten und dritten brauchen ſie aber Luft, um ihr Atembedürfnis zu befriedigen. Waren die Larven von außen ein⸗ gedrungen, ſo macht das keine Schwierigkeiten, ſie ſind dann meiſt mit ihrem Hinterende in der Körperhaut der Raupe ſteckengeblieben und können dort ohne weiteres mit ihren am “= hinteren Körperende befindlichen Stigmen friſche Luft ſchöpfen. Sind dagegen die jungen Larven ganz in das Leibesinnere der Raupe hineingekommen, ſo bohren ſie ſpäter von innen her die Raupenhaut oder einen großen Tracheenſtamm ihres Wirtes an, ſtecken ihr Hinter⸗ ende durch die Offnung und verſchaffen ſich auf dieſem Wege die nötige Atemluft. Wirtſchaftlich ſind die Tachinen von großer Bedeutung. Abgeſehen von der zuletzt ge⸗ nannten Sturmia⸗Art, die natürlich wegen der Vernichtung von Seidenraupen als ſchädlich gelten muß, ſind die meiſten Raupenfliegen nützlich und leiſten dem Menſchen im Kampfe gegen Raupenplagen wertvolle Dienſte. Wenn in unſeren Wäldern die Nonnenraupen, die Kieferneulenraupen und wie alle dieſe ſchlimmen Baumfrevler heißen, ſich nicht ins Un⸗ gemeſſene vermehren können, jo iſt dies hauptſächlich der ſtillen, unermüdlichen Tätigkeit der Tachinen zu verdanken, die jahraus, jahrein die Zahl der Schädlinge dezimieren und ſelbſt im Falle einer Maſſenvermehrung der Raupen in der Regel dafür ſorgen, daß über kurz oder lang die Menge der Schädlinge bald wieder auf das übliche Maß eingeſchränkt wird. Aus verſchiedenen Unterſuchungen geht hervor, daß es namentlich freilebende Inſektenlarven, vor⸗ zugsweiſe alſo die oberflächlich an ihren Nährpflanzen ſitzenden Raupen ſind, die den Tachinen zum Opfer fallen, während Larven, die ſich mehr verborgen halten uud verſteckt leben, über⸗ wiegend von den ſpäter zu beſprechenden Schlupfweſpen oder Ichneumonen heimgeſucht werden. Daher iſt den Tachinen gerade das Hauptverdienſt an der Vertilgung der Nonnen⸗ raupen und mancher anderer Forſtſchädlinge zuzuſchreiben. Pfeffer, der Zuchtverſuche mit den Raupen der an Weißdornhecken und Schlehenbüſchen oft in ungeheuren Mengen lebenden Geſpinſtmotte, Hyponomeuta padellus L., ausführte, zog aus 3000 Puppen dieſer Art Raupenfliegen. Daſſelfliegen. 361 818 Tachinen und 135 Schlupfweſpen oder andere Schmarotzer, von letzteren mithin nur 4,5 Prozent, von den Raupenfliegen aber 27,3 Prozent. Bei den Daſſelfliegen (Oestridae) zeigt ſich das Schmarotzertum entſchieden in feiner häßlichſten Form. Dieſe Fliegen ſuchen ihre Opfer nicht unter den Inſekten, ſondern ſind in ihren Jugendzuſtänden ſämtlich Bewohner von Säugetieren, ſuchen hauptſächlich Huftiere heim, verſchonen aber auch Raubtiere, Nager und Affen nicht und gehen zuweilen ſelbſt auf den Menſchen über. Heimtückiſch machen ſie ihre Angriffe. Man ſagt, daß das Wild ebenſo wie Pferde und Rinder die Daſſelfliegen ſofort als Feinde erkennen und beim Herannahen eines ſolchen Inſekts inſtinktiv in tollſter Flucht davonſtürmen, um ſich in Sicherheit zu bringen. Dieſes „Bieſen“, wie man das plötzliche wilde Davonjagen der weidenden Tiere nennt, hat den Daſſelfliegen auch den Namen Biesfliegen verſchafft, braucht aber gewiß nicht immer nur von letzteren verurſacht zu ſein, ſondern kann auch gelegentlich durch Stechfliegen oder andere Umſtände veranlaßt werden. 2 Außerlich bieten die Daſſelfliegen wenig Bemerkenswertes. Es find robuſt gebaute Fliegen, die ſich von den gewöhnlichen Fliegenarten namentlich dadurch unterſcheiden, daß ihre Mundteile ſtark verkümmert ſind, wie denn auch die Daſſelfliegen im fertigen Zuſtande keine oder vielleicht nur äußerſt wenig Nahrung zu ſich nehmen können. Man hat zwar Schaf⸗ daſſelfliegen auch ſchon auf Blumen gefunden, in der Regel ſitzen ſie aber träge an Baum⸗ ſtämmen, an der Außenſeite von Viehſtällen und ähnlichen Orten, falls ſie nicht Turmſpitzen, Baumkronen, Wildkanzeln oder ähnliche hochgelegene Punkte in jähem reißenden Paarungs⸗ fluge umkreiſen, was in den heißeſten Tagesſtunden zu geſchehen pflegt. Alle dieſe Fliegen ſind im allgemeinen ſehr kurzlebig, paaren ſich bald nach der Geburt, pflanzen ſich fort und treten dann wieder vom Schauplatz des Lebens ab, ſo daß ſie ſämtlich zu den Fliegenarten gehören, die man nur ſelten zu ſehen bekommt. Flügelſchüppchen fehlen ihnen. Ihre Larven ſind weiße oder gelbliche, elfringelige Maden, die auch unter dem Namen „Engerlinge“ bekannt ſind, denn ähnlich wie der Engerling des Maikäfers im Erdreich ſitzt, ſo ſtecken die weißen Daſſelmaden in der Haut oder halten ſich in inneren Organen auf. Das Vorderende einer ſolchen Larve iſt mit Bohrhaken bewaffnet, mit denen ſie ſich feſthält oder je nach Bedarf weitergräbt und ſich Nahrung ſchafft. An dem abgeſtutzten Hinterende fallen zwei ſchwarze Atemplatten auf, deren ſinnreicher Bau es der Made möglich macht, ſelbſt tief im Inneren der Eingeweide eines großen Säugetieres ihr Atembedürfnis zu befriedigen. Man kann immer drei verſchiedene Larvenſtadien unterſcheiden. Im dritten Stadium ſucht ſich die ausgewachſene Larve einen Ausweg und wandelt ſich, nachdem ſie ihren Wirt verlaſſen hat und ins Freie gelangt iſt, durch Abheben und Starrwerden ihrer äußeren Haut genau wie die übrigen Fliegen in ein Tönnchen um, in dem die Puppe ruht. Aus dem Tönnchen kommt durch Ab: ſprengen eines runden Deckelchens ſpäter die Fliege zum Vorſchein. f Die Hautbremſe oder Daſſelfliege des Rindes, Hypoderma bovis L. (Abb., S. 362), iſt ſchwarz, an Schienen und Füßen rotgelb, der Körper dicht behaart, am zweiten und dritten Hinterleibsringe ſchwarz, an der Spitze gelb, ſonſt weiß oder grauweiß. Auf dem Rücken⸗ ſchilde treten einige ſtumpfe Längsleiſten deutlich hervor. Über die Art und Weiſe, wie dieſe in manchen Gegenden Deutſchlands keineswegs ſeltene Fliege ihre Eier ablegt, ſind wir noch im unklaren. Man wird aber vielleicht annehmen können, daß die Eier mit Hilfe der vorſtreck— baren Legeröhre, die das Weibchen beſitzt, zunächſt an den Haaren eines Rindes untergebracht werden, und daß ſie dann von dort etwa durch Auflecken in den Mund des betreffenden 862 Zweiflügler: Fliegen. Tieres kommen. Die jüngſten Larven kann man jedenfalls häufig in der Haut der Schlund⸗ wand finden. Das Merkwürdigſte iſt nun, daß die Daſſellarven im Körper des Rindes recht unruhige Gäſte ſind und häufig große Reiſen unternehmen. So hat man junge Daſſellarven ſchon wiederholt im Inneren des Wirbelkanals und in anderen Organen angetroffen, wobei es nur zu verwundern iſt, daß die Rinder unter dem Bohren und Wühlen der wandernden Larven gar nicht zu leiden ſcheinen. Später werden die Larven ſeßhaft und ſuchen ſich als Wohnſitz das Unterhautzellgewebe hauptſächlich am Rücken aus. Von nun an werden ſie ſehr läſtig, denn dort, wo eine Larve ſich angeſiedelt hat, entſteht eine beulenförmige, ſpäter nach außen durchbrechende eiternde Verdickung, eine Daſſelbeule. Im Inneren der Beule ſitzt die Larve und ſtreckt ihr hinteres Ende mit den Atemplatten hervor, um Luft zu ſchöpfen. Zum Schluß kriecht die reife Made heraus, was namentlich in den frühen Morgenſtunden zu geſchehen pflegt, fällt zu Boden und wird zur Tönnchenpuppe, die je nach Umftänden 4—6 Wochen zu ihrer Ent⸗ wickelung bedarf. In wirtſchaftlicher Hinſicht ſind die Rinder⸗ daſſelfliegen nicht gleich⸗ gültig. In den Schlacht⸗ häuſern gilt das von ihnen befallene Vieh als minderwertig, weil das Fleiſch in der Umgebung der Daſſelbeulen eine blutige, unappetitliche vo lau bs nas, mel an t 0 en e der e auch Jas del ae ſolchen Rindes iſt zum Teil entwertet, denn dort, wo ſich Daſſelbeulen in der Haut befunden haben, bleiben ſpäter beim Gerben rundliche Löcher zurück, die, wenn ſie zahlreich ſind, dem Leder ein Ausſehen geben, als wäre mit Schrot darauf geſchoſſen worden. Gelegentlich durchlaufen die Larven der Rinderdaſſelfliegen ihre Entwickelung ſogar im menſchlichen Körper, wo ſie dann haupt⸗ ſächlich in der Haut ſich feſtſetzen, ausnahmsweiſe aber auch im Auge ihren Wohnſitz nehmen können. Skandinavien iſt dasjenige Land, in dem das Vorkommen von ſolchen Daſſel⸗ larven beim Menſchen bisher am häufigſten beobachtet worden iſt. An den Armen, im Nacken oder an verſchiedenen anderen Stellen, an denen ſich die Larven gerade angeſiedelt haben, kommen dann, wie aus den Berichten der dortigen Arzte hervorgeht, auch beim Men⸗ ſchen richtige Daſſelbeulen zur Entwickelung, die oft einen operativen Eingriff nötig machen. Eine ſüdamerikaniſche Art von Daſſelfliegen, Dermatobia cyaniventris Macg., ein hübſches ſtahlblaues Inſekt mit bräunlichem Kopf, iſt geradezu berüchtigt, weil es ſeine Eier mit ganz beſonderer Vorliebe an Menſchen unterbringt. Die Hautbremſen des Wildes ſind ziemlich große, am Hinterleibe vorn und hinten weißlich oder gelb behaarte Fliegen, deren Weibchen die Eier an Haare kleben. Die bald hernach ausſchlüpfenden Larven entwickeln ſich zu feiſten weißlichen Maden. Dieſe unſeren Jägern wohlbekannten „Hautengerlinge“ des Wildes nehmen beſonders am Rücken im Unter⸗ hautzellgewebe ihren Wohnſitz und rufen dort umfangreiche Daſſelbeulen hervor, durch welche Daſſelfliegen. 363 die umſtehenden Haare auseinandergedrängt werden und die Haut ein ſtruppiges Anſehen bekommt. Im März oder April pflegen die ausgewachſenen Larven die Haut zu verlaſſen, was namentlich in den frühen Morgenſtunden geſchehen ſoll, und fallen herab, um ſich in der Bodendecke des Waldes in Tönnchenpuppen zu verwandeln. In manchen Revieren hat das Wild ziemlich arg unter dieſen Plagegeiſtern, von denen es verſchiedene Arten gibt, zu leiden. Am bekannteſten find die Hautbremſe des Rotwildes, Hypoderma actaeon Br., und die Hautbremſe des Rehwildes, Hypoderma diana Br., beides Fliegen, deren Flugzeit in den Mai oder Juni fällt. Bei einer anderen Gruppe von Daſſelfliegen entwickeln ſich die Larven nicht in der Haut, ſondern ſiedeln ſich im Schlund oder in den Luftwegen, beſonders der Najen- und Rachenhöhle, an. Auch hier fehlt es nicht an Arten, die das Wild heimſuchen, ſo die Rachenbremſe des Rehwildes, Cephenomyia stimulator Meig., eine etwa 13 mm lange Daſſelfliege mit außen gelbhaarigen Schenkeln, bei der die gelbliche Hinterleibsbehaarung in der Mitte und an den Seiten teilweiſe ins Fuchsrote übergeht. Die Schwärmzeit fällt in den Sommer. An heißen, ſonnigen Tagen umſpielen dann dieſe Fliegen zu mehreren in pfeilſchnellem Fluge die Ausſichtstürme oder ähnliche hochgelegene Punkte im Walde oder in deſſen Nähe, ſetzen ſich für kurze Augenblicke in der prallen Sonne nieder, fliegen wieder auf und finden ſich dabei zur Begattung zuſammen. Wahrſcheinlich ſchon bald darauf ſuchen die Weibchen das Wild zu überfallen und ſpritzen bei ihren plötzlichen Angriffen die jungen, bereits im Mutterleibe aus⸗ gekommenen Larven in die Naſenöffnungen des Opfers ein. Iſt dies gelungen, ſo kriechen die Larven in den Naſengängen aufwärts, um ſich hinten im Rachen, am weichen Gaumen oder am Grunde der Zunge des Wildes anzuſiedeln und dort heranzuwachſen, bis ſie ſpäter reif geworden ſind, auf demſelben Wege wieder zurückwandern und ſich in der Bodendecke verpuppen. Die Rachenengerlinge können dem Wild ſehr gefährlich werden. Die befallenen Stücke huſten und ſchnaufen, gehen in der Ernährung zurück und können, wenn durch zahl⸗ reiche Schmarotzer die Atemwege verſtopft werden, ſogar an Luftmangel eingehen. 8 Den Menſchen ſcheinen die Rachenbremſen des Wildes nicht anzugreifen, wohl aber tut dies die in den mittelaſiatiſchen Steppenländern ſehr verbreitete Rachenbremſe des Pferdes, Rhinoestrus purpureus Br., die mitunter den Menſchen plötzlich anfliegt, wobei fie die üble Gewohnheit hat, ihm, ehe er es verhindern kann, ihre Eier ins Auge zu ſpritzen. Bei den Nomadenſtämmen, beſonders den Kirgiſen, die ihre Pferdeherden in jenen Gegenden treiben, ſind derartige Fälle gar nicht ſelten, und ein erheblicher Prozentſatz der ſchweren Augenerkrankungen, unter denen die Leute dort leiden, iſt auf die Gegenwart von Oſtriden⸗ larven im Augapfel zurückzuführen. In der Stirnhöhle durchläuft die Naſenbremſe des Schafes, Oestrus ovis 25 ihre Entwickelung, eine braune, faſt nackte Fliege, deren Hinterleib durch feine Seidenhärchen wie gewürfelt erſcheint. Stirn und Rückenſchild ſind durch ſchwarze Wärzchen rauh, und die Flügel haben eine Spitzenquerader. Man findet dieſe Fliegen im Auguſt und September in der Nähe von Schafweiden in Mauerlöchern, an Hauswänden oder an Baumſtämmen, wo ſie ſo ſtill ſitzen, daß ſie ſich ohne Mühe mit der Hand greifen laſſen. Das befruchtete Weibchen bringt ſeine Eier an den Naſenlöchern von Schafen unter. Auch hier arbeiten ſich die her⸗ vorſchlüpfenden weißen Lärvchen in der Naſe in die Höhe, ſetzen ſich in der Stirnhöhle mit ihren Bohrhaken an, werden dick und fett und ernähren ſich vom Schleim, deſſen Abſonde⸗ rung durch ſie vermehrt wird. Solche Maden, die ſogenannten „Grübler“, ſind im Kopfe der Schafe gar nicht ſelten, man kann ſie dort in verſchiedenen Größen bis zu 7 oder 8 Stück 364 Zweiflügler: Fliegen. antreffen und hat beobachtet, daß ſie dort 9 Monate verbringen. Dann gehen ſie auf dem⸗ ſelben Wege wieder zurück, laſſen ſich herausnieſen, bohren ſich ſenkrecht in die Erde und wandeln ſich in eine Tonnenpuppe um, der nach 7 bis 8 Wochen wieder eine neue Fliege entſchlüpft. Ein alter Aberglaube iſt, daß die Oſtruslarven etwas mit der Drehkrankheit der Schafe zu tun hätten. Dies iſt durchaus unrichtig, denn nicht die in der Stirnhöhle ſitzenden Fliegenlarven, ſondern im Gehirn befindliche Bandwurmfinnen ſind an der Drehkrankheit ſchuld. Die Magenbremſe des Pferdes, Gastrophilus intestinalis Deg., gehört in Europa zu den häufigſten Arten. Die bräunlichgelbe, mehr oder weniger rotfarbene, ſtark behaarte, 12—16 mm lange Fliege hat zwei ziemlich große, trübe, mit brauner Querbinde und am Ende mit zwei kleinen braunen Fleckchen geſchmückte Flügel. Die Stirn iſt bräunlich, die Mittelbruſt iſt vorn gelbbraun, hin⸗ ten ſchwarz behaart, an der Unterſeite Das Weibchen hat hinten eine weit vorſtreckbare, glänzend ſchwarze Lege⸗ wohnheit, an heißen Tagen Türme, Ausſichtsgerüſte und ähnliche hochge⸗ legene Stellen zu umſchwärmen. Nach A. ſeine Arbeit. Flüchtig und unſtet um⸗ ſchwärmt es bei ſonnigem Wetter die Pferde, die es auf der Weide oder auf dem Acker oder auf Straßen überfällt, klammert ſich an ein Haar und kittet e raſch ein oder mehrere birnförmig ge⸗ Daſſellarven der Magenbremſe, dicht gedrängt nebeneinander ſtaltete, an dem ſtumpfen Ende mit eueren t de u Bahnen 1860 inen Dedeldien verſehene Eik bavası f Iſt dies geſchehen, ſo eilt die Fliege davon, kehrt aber bald wieder zu einem Pferde zurück und ſucht ihr Geſchäft fortzuſetzen, ſolange noch der Eiervorrat reicht. Nie hat man geſehen, daß die Magenbremſen den Pferden in den Stall folgen, ſie machen ihre Angriffe nur im Freien und wählen zur Eiablage ganz be⸗ ſonders die Haare am Vorderkörper oder an den Vorderbeinen des Pferdes, jedenfalls an ſolchen Stellen, die das Pferd mit ſeinen Lippen erreichen kann. Etwa vierzehn Tage ſpäter ſind aus den Eiern kleine Larven entſtanden, die, wie wir durch Portſchinſky wiſſen, zum größten Teil den Verſuch machen, in die Haut des Pferdes einzudringen. Durch den juckenden Reiz wird das Pferd veranlaßt, an den betreffenden Stellen ſich zu beißen oder zu belecken, und es nimmt bei dieſer Gelegenheit die jungen Fliegenlarven auf, die hernach verſchluckt werden und ſich in ſeinem Magen anſiedeln. Nach zweimaliger Häutung gewinnt die im Magen befindliche, an⸗ fangs fleiſchrote, ſpäter ſich aber gelbbraun verfärbende Larve die hier abgebildete Geſtalt. Sie iſt etwas niedergedrückt, elfringelig und mit kleinen Dornenkränzen am Körper verſehen. Ihre beiden Atemöffnungen liegen hinten in einer Querfurche verſteckt, während am Vorderende zwei zum Feſthalten dienende Bohrhaken ſitzen. Die im Magen, ſeltener im Schlunde feſtgehefteten Larven liegen, größere und kleinere, gewöhnlich in großer Zahl, nicht ſelten in förmlichen Neſtern, aber mit gelbweißen Haaren bedeckt. röhre. Mit den meiſten anderen Daſſel⸗ fliegen teilt die Magenbremſe die Ge⸗ der Paarung geht das Weibchen an l R Daſſelfliegen. Lausfliegen. 365 oft bis zu 50 —100 Stück beiſammen. Sie ſaugen wie Blutegel an der Schleimhaut, erzeugen dadurch anfangs Grübchen und nach und nach größere Höhlungen, die eine eiterähnliche Flüſſig⸗ keit abſondern. Später, wenn die Larven den Magen wieder verlaſſen, pflegen die beſchädigten Stellen wieder zu vernarben. Haben die Maden, die ziemlich raſch wachſen und bisweilen auch ihren Aufenthaltsort ändern, durchſchnittlich etwa 10 Monate lang ihr Unweſen im Magen getrieben, jo verlaſſen fie das gequälte Tier im Laufe des Mai oder der folgenden Sommer: monate mit den Auswürfen. Auf dem langen Wege durch die Därme, den ſie, unterſtützt von den periſtaltiſchen Bewegungen derſelben, in verhältnismäßig kurzer Zeit zurücklegen, ſcheinen ſie die letzte Entwickelung des Larvenſtadiums durchzumachen, dagegen hat es nur in äußerſt ſeltenen Fällen gelingen wollen, aus ſolchen Larven Fliegen zu erziehen, die dem Magen zu⸗ grunde gegangener Pferde entnommen wurden. Auf dem Boden angelangt, gräbt ſich die Larve ſenkrecht ein, bis das Ende ihres Leibes von Erde bedeckt iſt, kehrt ſich um, ſchrumpft ein und wird zum harten Tönnchen, an dem die Atemröhren vorn wie zwei kleine Ohren hervortreten. Zur Ausbildung der Fliege ſind bei einigermaßen günſtigen Witterungsverhältniſſen durchſchnittlich ſechs Wochen ausreichend. Ahnlich wie bei anderen Arten kann es auch bei der Magenbremſe gelegentlich vorkommen, daß ſie, anſtatt wie gewöhnlich ihre Eier an Pferdehaare zu ſetzen, einmal den Menſchen anfliegt und unbemerkt ihre Eier an deſſen Körper, und zwar meiſt an die Füße oder nackten Unterſchenkel, legt. In dieſem Falle ſuchen ſich die Larven immer in die Haut einzubohren und freſſen dort geſchlängelte Gänge von mehreren Zentimetern Länge aus. Die Laus fliegen (Hippoboseidae) endlich gehören zu den merkwürdigſten Zwei: flüglern, ſie leben ſämtlich auf Warmblütern und tragen in ihrem ganzen Körperbau die Folgen des Schmarotzertums unzweideutig zur Schau. Die typiiche Fliegengeſtalt iſt mehr oder weniger verſchwunden und hat einer lausähnlichen Form Platz gemacht, ſo daß einige Arten urſprünglich gar nicht für Fliegen, ſondern für richtige Tierläuſe gehalten werden konnten. Auch die ungemein zähe, lederartige Beſchaffenheit der Haut, namentlich an Kopf und Bruſt, iſt ſehr auffallend. Die Haut iſt ſehr widerſtandsfähig, ſo daß es tatſächlich eine gewiſſe Mühe macht, eine Lausfliege zwiſchen den Fingern zu zerdrücken. Die kurzen, kräftigen Beine ſtehen weit auseinander, ihre Schenkel ſind flachgedrückt, die kurzen Füße enden mit kräftigen, zum Anklammern geeigneten Klauen. Am Körper kommen häufig auch kammartige Dornen vor, die das Feſthalten an den Haaren oder Federn der Wirte weſentlich begünſtigen. Augen und Flugwerkzeuge ſind bei vielen Lausfliegen verkümmert oder geſchwunden. Am ſonderbarſten iſt jedoch die Vermehrungsweiſe, die den Lausfliegen den freilich nicht ganz wörtlich zu nehmen⸗ den Namen der Puppengebärenden (Pupipara) eingetragen hat. Die weibliche Lausfliege bringt nämlich in beſtimmten Zeiträumen immer je eine einzige Larve in ihrem Körper zur Entwickelung. Dieſe Larve wird im Mutterkörper mit dem Sekrete beſonderer Drüſen, ſo⸗ genannter Milchdrüſen, ſo lange ernährt, bis ſie ſchließlich als fette, weiße Made ſchon in faſt fertigem Zuſtande geboren werden kann. Bald nach der Geburt, bei der Schaflausfliege etwa 12 Stunden darauf, findet ſchon die Umwandlung der Made zur Tönnchenpuppe ſtatt. Man hielt früher eine derartige Fortpflanzungsweiſe für etwas ganz Ungewöhnliches und glaubte daher, daß die Lausfliegen von allen übrigen Zweiflüglern weſentlich verjchieden.feien. In⸗ zwiſchen hat man aber auch ſchon echte Fliegen, wie die Gloſſinen, kennengelernt, die ſich ganz ähnlich wie Lausfliegen vermehren, und auch aus anderen Gründen läßt ſich jetzt nicht mehr daran zweifeln, daß Lausfliegen und echte Fliegen ſehr nahe Verwandte ſind und erſtere nicht die Sonderſtellung verdienen, die man ihnen früher immer einräumte. 366 n Zweiflügler: Fliegen. Flöhe. Die Pferdelausfliege, Hippobosca equina L., gehört zu den geflügelten Arten in der Familie der Hippoboseidae. Ihre langen Flügel, die fie zeitlebens behält, ragen weit über den 9 hinaus. Der Körper iſt glänzend roſtgelb, auf der Scheibe des Mittelrückens kaſtanienbraun, am Schildchen blaßgelb. Neben⸗ augen fehlen, der kurze Rüſſel endet ſtumpf. Die Pferdelausfliege lebt auf Pferden, Eſeln und Maul⸗ tieren, iſt auch an Rindern und Haſen beobachtet worden und hält ſich beſonders gern am Bauch oder an anderen haararmen Stellen auf. Bei der Hirſchlausfliege, Lipoptena cervi L., die auf Hirſchen und Rehen lebt, aber auch öfters den Men⸗ ſchen im Walde anfliegt, brechen die Flügel im ſpä⸗ teren Lebensalter an der Wurzel ab. Die Schaf⸗ lausfliege oder „Schafzecke“, Melophagus ovi- ar mus I., hat als Überrefte von Flügeln nur noch Scaflausfliege, Melophagus ovinus Z. Start ein Paar winziger Knöpfchen, und ſelbſt die Schwin⸗ 8 i blutſaugenden ger ſind bei ihr verkümmert. Die auf Schwalben und Mauerſeglern nicht ſeltene Schwalbenlaus⸗ . fliege, Sternopteryx hirundinis L., zeichnet ſich allerdings durch ſchmale, ſichelförmige Flügel aus, dürfte aber wohl trotzdem zum Fliegen kaum befähigt ſein. Taſchenberg erzählt, daß er einmal einen Segler fing, der ermattet zur Erde gefallen war und ſich greifen ließ. Nicht weniger als 24 Stück der genannten Lausfliege ſaßen an ſeinem Körper, und zwar ausſchließlich ſchwarz ſchimmernde, hinten ſtark angeſchwollene Weibchen, die alle dem W offenbar bereits ſehr nahe waren. r I; Eine ähnliche Gruppe von Lausfliegen, die Streblidae, beſteht aus Arten mit frei bee N Kopf, die namentlich aus dem tropiſchen Amerika bekannt ſind und hauptſächlich auf Fledermäuſen, zum Teil auch an Äh a Vögeln ſchmarotzen. Ausſchließ⸗ Jllliche Fledermausbewohner find die Fledermausfliegen oder Spin⸗ nenfliegen (Nycteribiidae), merkwürdige, ungeflügelte, lang⸗ beinige Tierchen, die äußerlich ganz ſpinnenartig ausſehen. Ihr harter Körper iſt flachgedrückt, der Kopf becherförmig, frei beweglich And in eine tiefe Aushöhlung der DDberſeite des Mittelleibes rück⸗ waärts einſchlagbar. Die Augen | * | find punftförmig. oder fehlen gänz⸗ weer dierte Zt hc be, Jen ka east, „Ole fh; die zweiglieberigen, finger förmigen Fühler ſitzen unter dem Kopfrande verborgen. Der fadenförmige Saugrüſſel zeichnet ſich durch ein Paar ſehr großer Taſter aus, die Schwingkolben ſind an der Ac angeheftet und 5 mit einer 25 8 2 * . 0 A en r vu BT ö N Na 7 Lausfliegen. Streblidae. Fledermausfliegen. 367 kugeligen, knopfförmigen Anſchwellung. Verſchiedene Arten dieſer meiſt nur 2,25— 4,5 mm langen, ledergelb gefärbten Schmarotzerfliegen leben auf verſchiedenen Fledermäuſen. Steckt man mehrere von dieſen merkwürdigen Tieren in ein Glas, an deſſen Wänden ſie nicht haften können, ſo ſuchen ſie, nach Taſchenberg, ſich aneinander feſtzuhalten und zappeln dabei ſo lebhaft, daß es beinahe ſcheint, als flögen ſie im Kreiſe umher. Auch die überaus zähe, feſte Körper⸗ beſchaffenheit iſt bei den Fledermausfliegen merkwürdig und bildet für ſie zweifellos einen wichtigen Schutz. Von Cyelopodia greffi X., einer ſolchen Schmarotzerfliege, die in Weſt⸗ afrika auf großen Nachthunden lebt, ſagt Grünberg, daß es nach den vorliegenden Berichten faſt unmöglich ſei, das Tier zwiſchen den Fingern zu zerdrücken. „Sobald man glaubt, es vollſtändig zerrieben zu haben, rennt es mit ungeſchwächter Behendigkeit davon.“ 25. Ordnung: Flöhe (Aphaniptera). Allgemein bekannt iſt das Schmarotzergeſchlecht der Flöhe (Aphaniptera), die von allen Blutſaugern unter den Inſekten ſicherlich die volkstümlichſten ſind. Ein jeder weiß ſogar aus eigener Erfahrung von dieſen behenden braunen Springern, die, von Blutdurſt beſeelt, ihre verwegenen Angriffe auf den Menſchen machen, keinen Stand verſchonen, hoch und niedrig, jung und alt heimſuchen und uns ſogar an den verborgenſten Stellen des Körpers beläſtigen, bei dem Verſuche aber, ihrer habhaft zu werden, meiſt doch immer wieder mit einer geradezu erſtaunlichen Geſchicklichkeit zu entrinnen wiſſen. Selbſt Schriftſteller und Dichter hat es ges geben, die es nicht für unter ihrer Würde hielten, die luſtigen Streiche und Taten des Flohes in mehr oder minder poetiſcher Weiſe zu verherrlichen. Der Menſch iſt es jedoch nicht allein, der unter dieſen ſtechluſtigen Beſuchern zu leiden hat, denn noch viele andere Warmblüter, Säuger und Vögel, ſind mit Flöhen verſchiedenen Ausſehens oft reich geſegnet, ſo daß die Zahl der bisher bekannten Floharten ſich ſchon auf rund 400 beläuft, während wahrſcheinlich noch weit mehr Arten der Entdeckung und Beſchreibung harren. Über den Urſprung der Flöhe wiſſen wir herzlich wenig. Flöhe hat es wahrſcheinlich ſchon vor der Entſtehung der Säugetiere und ſicher vor der des Menſchengeſchlechts gegeben, aber von welchen anderen Inſekten fie herſtammen mögen, iſt ungewiß. Am wahrſcheinlich⸗ ſten iſt es noch, daß die Flöhe aus Zweiflüglern entſtanden ſind, und daß dabei niedere, mückenartige Formen, die vielleicht unſeren heutigen Bibioniden oder Myzetophiliden nahe⸗ ſtanden, den Ausgangspunkt gebildet haben. Überreſte von Flöhen aus früheren Erdperioden kennt man nicht. Nur in Bernſtein iſt einmal ein Floh gefunden worden, Palaeopsylla klebsiana Dampf. Wahrſcheinlich hat dieſer Bernſteinfloh, der uns beweiſt, daß auch die Tierwelt des Bernſteinwaldes von Schma⸗ rotzerinſekten bereits geplagt war, ſeinerzeit auf mausähnlichen oder maulwurfsähnlichen Säugern gelebt. Es iſt aber ſehr leicht möglich, daß die Flöhe noch vor der Bernſteinperiode exiſtiert haben, und daß ſie in den Zeiten, als es noch keine Säugetiere und Vögel auf der Erde gab, Kaltblüter befallen haben; wird doch von einem heutigen auſtraliſchen Floh, Echidno- phaga ambulans Ol., behauptet, daß er auf Schlangen vorkomme, und ſelbſt an behaarten Raupen, ja ſogar an Stubenfliegen hat man hungrige Flöhe gelegentlich ſchon ſaugen geſehen. Abgeſehen von der vollkommenen Flügelloſigkeit, zeichnen ſich die Flöhe im Körperbau durch eine ganze Reihe beſonderer Eigentümlichkeiten aus, die ihre Stellung in einer eigenen Inſektenordnung vollkommen rechtfertigen. Der deutlich abgeſetzte, verhältnismäßig kleine Kopf trägt keine Facettenaugen, ſondern höchſtens drei Stirnaugen. Die vielgliederigen kurzen 868 Flöhe. Fühler können in grubenförmige Vertiefungen eingelegt werden, damit ſie beim Umherkriechen zwiſchen Haaren und Federn nicht hinderlich ſind. Die drei Bruſtringe, deren vordere beide mit je einem Paar von Luftlöchern ausgeſtattet ſind, bleiben unverſchmolzen. Der Hinterleib iſt zehn⸗ gliederig, wobei aber der erſte Ring bauchwärts verkümmert iſt und ſich in ſeinem Rückenteil an die Hinterbruſt angeſchloſſen hat. Am zweiten bis achten Abdominalring liegt je ein Stigmen⸗ paar. Eine beſondere Anpaſſung an das Schmarotzertum iſt auch die ſeitliche Abplattung des Flohkörpers, die es dieſen Hautbewohnern möglich macht, durch den dichteſten Haarpelz oder durch das Federkleid ihres Wirtes, auf dem ſie leben, ſich geſchmeidig hindurchzuzwängen. Der Beſatz des Körpers mit vielen nach hinten gerichteten ſpitzen Borſten oder kräftigen Stacheln verleiht dem Floh auch bei den kühnſten Bewegungen und Wendungen genügenden Halt. Aus dem gleichen Grunde ſind auch die kräftigen, mit weit vorſtehenden Hüften verſehenen Beine bei den Flöhen reichlich mit Stacheln beſetzt. Vor allem jedoch bringt es der Floh fertig, mit den ſtark entwickelten, zu einem Paar von Springwerkzeugen gewordenen Hinterbeinen ſeine Opfer mit kühnem Satze anzuſpringen. Seinen flinken Sprungbeinen hat der Floh auch oft genug ſein Leben zu verdanken, wenn er ſich ſchleunigſt vor den Verfolgern retten muß. „Glücklich drum preiſ' ich den lockren Geſellen, 8 Pulex, den Turner im braunen Trikot, Wenn er in Sprüngen, verwegenen, ſchnellen, Himmelhoch jauchzet friſch, fromm, frei und froh.“ Die Stechwaffen des Flohes find paarige, ſäbelförmige, ſcharfe Klingen, die in beiden Ge. ſchlechtern, Männchen und Weibchen, gleich entwickelt ſind und von einigen für Vorderkiefer, von anderen für die Innenladen der Mittelkiefer gehalten werden. Hierzu kommt noch ein unpaares, lang ausgezogenes, ſcheidenförmiges Gebilde, das an ſeiner Unterſeite rinnenartig ausgehöhlt iſt und vielleicht der Oberlippe oder dem Epipharynx entſpricht. Zuſammen mit den paarigen Stechwaffen bildet es einen Kanal, durch den der Floh das Körperblut ſeines Wirtes einſaugt. Die ſeitlich vorſtehenden Mittelkiefer ſind einfache Chitinſtücke, an denen ſchlanke, gegliederte, fühlerähnliche Taſter ſitzen. Eine kleine Unterlippe trägt gleichfalls ge gliederte, lange Taſter, die als Scheide für den Stechapparat dienen. Vom inneren Bau erwähnen wir nur das Fehlen eines Saugmagens. Die Flöhe gehören zu den Inſekten mit vollkommener Verwandlung. Aus den weiß⸗ lichen Eiern, die die Flohweibchen in der Regel an ſolchen Stellen unterbringen, wo es an zerfallenden Abfallſtoffen und tieriſchen Reſten nicht mangelt, entſtehen geſtreckte, wurmförmige, weißliche Maden, die keine Beine haben, beißende Mundteile beſitzen und ſich, wenn ſie aus⸗ gewachſen ſind, einen rundlichen Kokon ſpinnen, in den gewöhnlich allerlei Schmutzteilchen der Umgebung eingewoben werden, und in deſſen Innerem die freie Puppe ruht. Bei manchen Floh⸗ arten, z. B. bei den Hühnerflöhen, kommen auch Puppen vor, die ungeſchützt, ohne in einen Kokon eingeſchloſſen zu ſein, an dem Aufenthaltsorte der Larven ihre Ruhezeit durchmachen. Nicht alle Tiere werden von Flöhen heimgeſucht, ſo daß alſo keineswegs jedes Säugetier, wie man früher einmal meinte, ſeine beſondere Art von Flöhen beherbergt. Nicht nur die im Waſſer lebenden Wale und Robben, ſondern faſt ausnahmslos auch die flüchtigen Huftiere bleiben verſchont, während Raubtiere, Nager, Inſektenfreſſer und Fledermäuſe viel unter Flohſtichen leiden müſſen. Es kommen alſo beſonders ſolche Tiere in Betracht, die eine beſtimmte Lagerſtätte für ſich oder ihre Jungen benutzen. Unter den Vögeln ſind es namentlich Meiſen, Schwalben und ähnliche Neſthocker, in deren Neſtern die Flöhe und ihre Nachkommen oft ausgezeichnet gedeihen, abgeſehen davon, daß auch bisweilen das zahme Hausgeflügel von Flöhen ſtark heimgeſucht wird. Allgemeines. Pulicidae: Menſchenfloh. 369 Den Lebenslauf der Flöhe können wir am beſten an dem bekannteſten Vertreter der Familie der Pulicidae, dem Menſchenfloh, Pulex irritans L., verfolgen, einem Aller: weltsbürger, der mit Ausnahme der arktiſchen Gebiete in keinem Lande der Erde vermißt wird. In unſeren Breiten kann der Menſch zu allen Jahreszeiten, nicht nur in den heißen Monaten, wo allerdings die Flöhe, wie die meiſten Inſekten, am tatenluſtigſten ſind, ſon⸗ dern auch mitten im Winter, die Bekanntſchaft dieſer munteren braunen Springer machen, die es gut verſtehen, ſich überall ein warmes Plätzchen zu ſichern und, wenn nicht direkt am Körper ſelbſt, ſo doch in der Kleidung oder in Betten Unterſchlupf zu finden. Zur Fort⸗ pflanzung ſucht das Flohweibchen Dielenritzen oder ſchmutzige Ecken und vernachläſſigte Winkel auf und legt dort ungefähr vier bis ſechs weißliche, länglichrunde, etwa 0,7 mm lange Eierchen ab. Die Vorliebe für derartige Brutſtätten hat ſicherlich zu dem weitverbreiteten Volksglauben Anlaß gegeben, daß die Flöhe aus mit Harn begoſſenen Sägeſpänen ent⸗ ſtehen ſollten. So lächerlich uns die N von der Selbſterzeugung der Flöhe bei unſeren heutigen Kenntniſſen von den Inſekten und ihrer Entwickelung er⸗ ſcheinen mag, ſo iſt doch immerhin ſoviel daran richtig, daß nicht allzu trockener Stuben⸗ kehricht dem Gedeihen „% der Flohlarven, die 1 11 Menſchenfloh, Pulex irritans L. (e), nebſt Larve (a) und ER (b). Vergrößert. Nach durchſchnittlich etwa 5 x Osborn (Abh. der Entomol. Abt. des Ackerbauamts der Ver. St.). bis 6 Tage nach der | Ablage der Eier zum Vorſchein kommen, am förderlichſten iſt. Eine neugeborene Floh: larve iſt ein weiß glänzendes, madenartiges Tierchen von kaum 2 mm Länge, mit bräun⸗ lichen Kiefern und mit einem merkwürdigen „gelbbraunen Flecklein“ oben an ſeinem Kopf, das ſchon Roeſel von Roſenhof auffiel, in deſſen „Inſekten⸗Beluſtigungen“ (1749) der „ſo bekannte als beſchwerliche Floh“ in einem eigenen Abſchnitt ausführlich beſchrieben wurde. Wie ſich ſpäter herausgeſtellt hat, iſt der kleine gelbbraune Fleck ein ſpitziger, aus Chitin beſtehender Eizahn, der ſich ſchon beim Embryo innerhalb des Eies bildet. Mit Hilfe dieſes Zahnes bringt es die junge Larve fertig, die harte Schale des Eies zu durchbrechen und ſich den Weg ins Freie zu bahnen. Am Hinterende hat die Flohlarve zwei Nachſchieber, die ihr ebenſo wie die ſeitlichen Borſten zur Stütze dienen, wenn ſie ſich fortbewegen will, was in ziemlich raſchen, an die Kriechbewegungen der Raupen erinnernden Krümmungen geſchieht. Bei Beunruhigung rollen ſich die Larven etwas ſpiralig zuſammen und warten einige Zeit, bis die Störung vorüber iſt. Die Flohlarven ſchaden dem Menſchen nicht, ſie ſaugen kein Blut, ſondern ernähren ſich von organiſchen Überreſten, die ſie an ihren Aufenthaltsorten finden. Nach etwa vierzehntägigem Larvenzuſtande findet die Verpuppung in einem rund⸗ lichen, allerlei Schmutzteilchen enthaltenden Geſpinſt ſtatt. Zwölf bis vierzehn Tage darauf kommt der Floh zum Vorſchein, deſſen Entwickelungszeit durch Wärme etwas beſchleunigt, durch niedere Temperaturen dagegen verlangſamt werden kann und im Sommer etwa vier, im Winter ſechs Wochen erfordert. Ebenſo wie der Menſchenfloh leicht auf Hunde, Katzen, Ratten und Hühner übergeht, ſo — — — — 1 kann anderſeits auch der Menſch gelegentlich von verſchiedenen Tierflöhen geplagt werden. In Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. £ 24 370 Flöhe. der Regel ſtammen ſolche Schmarotzer von dem treueſten Gefährten des Menſchen, dem Hunde, aber auch die ſehr ähnlichen Katzenflöhe ſowie Hühnerflöhe und andere finden am Menſchen⸗ blut oft genug Geſchmack. Der Hundefloh, Ctenocephalus canis Curt., der vom Menſchen⸗ floh durch die ſtarken, vorn an der Unterſeite des Kopfes und am Hinterrande der Vorderbruſt angebrachten Stachelkämme unterſchieden iſt, verbringt ſein Leben gewöhnlich auf Hunden oder auf Katzen. An die Haare des Wirtstieres klebt auch das Weibchen des Hundeflohes ſeine 2 Eier an, befeſtigt ſie allerdings nur ſo loſe, daß ſie außerordentlich leicht abgeſtreift werden können, was dann naturgemäß ganz beſonders häufig an den Lagerſtätten der Hunde geſchieht. Der Katzenfloh, Ctenocephalus felis Bouche, der auch auf den Hund übergeht, iſt dem Hundefloh ſo ähnlich, daß er lange Zeit gar nicht als beſondere Art unterſchieden worden iſt. Sein Kopf iſt länger und ſchmäler, ein Kennzeichen, das beſonders bei dem Weibchen deutlich iſt und durch einige Unterſchiede in der Beborſtung, der Zahl der Dornen und im Bau des Geſchlechtsapparates vervollſtändigt wird. Beide Floharten haben für die Hunde und Katzen als Zwiſchenträger eines Bandwurms (Dipylidium caninum L.) eine gewiſſe Bedeutung, ganz ähnlich wie dies für den bereits früher erwähnten Haarling des Hundes gilt. In manchen Gegenden wird der Menſch viel mehr von Hundeflöhen und Katzenflöhen = als von Menſchenflöhen heimgeſucht, z. B. in den ſüdlichen Gebieten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, anſcheinend aber auch in einigen Teilen Deutſchlands. Jedenfalls konnte Hilger, der ſich im Großherzogtum Baden aus Theatern, Konzertſälen, Kaſernen, Schulen und ähnlichen, viel von Menſchen beſuchten Orten im Laufe der Zeit 2036 Flöhe verſchaffte, ſich davon überzeugen, daß nur die kleinere Hälfte ſeiner Gefangenen Menſchenflöhe waren, die größere Hälfte aber Hundeflöhe, nämlich nicht weniger als 1071 Stück. Ein arktiſcher Floh, der in Grönland und Labrador die Schneehaſen peinigt, iſt Holo- psyllus glacialis Taschb. Stark geplagt von Flöhen find in unſeren Breiten gewöhnlich der Igel, der in der Tiefe feines Stachelkleides oft zu vielen Dutzenden den Igelfloh, Archaeo- psylla erinacei Bouche, wohnen hat, und das Eichhörnchen, auf dem der Eihhörnden: floh, Ceratopsyllus sciurorum Schr., vorkommt. Wenn dieſe letztgenannten Floharten auch ſamt und ſonders für den Menſchen ziemlich gleichgültig ſein können, ſo haben ſich doch anderſeits die Mediziner veranlaßt geſehen, neuer⸗ dings gewiſſen Tierflöhen ihre Aufmerkſamkeit zuzuwenden, beſonders beſtimmten Rattenflöhen, die von Ratten oder ähnlichen Nagern auch gern einmal auf den Menſchen übergehen und in dieſem Falle leicht gefährliche Krankheiten übertragen können. So hat ſich herausgeſtellt, daß der in Indien und Afrika häufige Rattenfloh, Xenopsylla (Pulex) cheopis Rothsch., oft auf peſtkranken Ratten vorkommt und die Beulenveſt nicht nur von Tier zu Tier, ſondern auch auf den Menſchen weiter verbreiten kann. Peſtbazillen, die der Floh mit dem Blute peſtkranker Ratten irgendwo einſaugt, paſſieren nämlich unverändert ſeinen Darmkanal und werden hernach mit den Exkrementen des Flohes in völlig lebensfähigem Zuſtande wieder ausgegeben. Wenn nun hierbei, was ſehr leicht geſchehen kann, die Bazillen in Flohſtiche oder in zufällige kleine Hautwunden des Menſchen gelangen, ſo werden die Menſchen, die gerade einen ſolchen Floh bekommen haben, gleichfalls von der Peſt befallen. Eine weitere Flohfamilie bilden die Ctenopsyllidae, ausgezeichnet durch die kamm⸗ artige Anordnung der Borſten an den Hinterſchienen. Zu ihnen gehört der kleine gelbbraune, auf Hausmäuſen, Feldmäuſen und Ratten gefundene Mäuſefloh, Ctenopsyllus musculi Dug. Unter den ſtark beſtachelten Hystrichopsyllidae iſt der größte europäiſche Floh zu nennen, n Pulicidae. Ctenopsyllidae, Hystrichopsyllidae. Ischnopsyllidae. Sandflöhe. 371 | der Maul wurfsfloh, Hystrichopsylla talpae Curt. Dieſer Rieſenfloh, der eine Körper- länge von über ½ em erreicht, nimmt ſeinen Wohnſitz hauptſächlich auf Maulwürfen, zu⸗ weilen aber auf anderen kleinen Säugern, wie Feldmäuſen, und wird gelegentlich ebenſo wie andere Flöhe auch außerhalb ſeiner Wirte frei am Boden unter Steinen oder in alten Mauſe⸗ löchern angetroffen, wo er ſeiner Größe wegen leicht die Aufmerkſamkeit auf ſich lenkt. Die Ischnopsyllidae umfaſſen mehrere merkwürdige Fledermausbewohner und Vogelparaſiten. Mehr Intereſſe verdienen die Sandflöhe (Dermatophilidae), deren wichtigſter Vertreter der Sandfloh oder Chigger, Dermatophilus (Sarcopsylla) penetrans L., iſt. Der Sandfloh hat ſeine eigentliche Heimat in den heißen Gegenden Amerikas, iſt jedoch in dieſem Erdteil noch etwas über den eigentlichen Tropengürtel hinaus verbreitet und kommt etwa zwiſchen dem 29. Grad ſüdlicher und dem 30. Grad nördlicher Breite vor. Im Jahre 1872 ſind die Sandflöhe nach Weſtafrika verſchleppt worden. Das engliſche Schiff „Thomas Mitchell“ ſoll ſie, mit Ballaſt von Rio de Janeiro kommend, nach Afrika hinübergebracht haben. Als das Schiff, deſſen Mannſchaft arg von Sandflöhen geplagt wurde, Ambris anlief, ging das Ungeziefer auf die Küſtenbevölkerung über, die bald in entſetzlicher Weiſe zu leiden hatte. In dem kurzen Zeitraume von 25 Jahren haben ſich dann die Sandflöhe von der Weſtküſte aus, den Karawanenſtraßen und ſonſtigen Verbindungswegen folgend, durch das ganze äqua⸗ toriale Afrika bis zur Oſtküſte hin verbreitet. Die Männchen und die noch unbefruchteten Weibchen des Sandflohes ernähren ſich wie andere Flöhe von Blut. Ihre Körperfarbe iſt, von dem dunkeln, durchſcheinenden Darminhalt abgeſehen, gelblich. An Größe gleichen die beiden Geſchlechter zunächſt einander, fie meſſen durchſchnittlich 1 mm und können ſpringen. Der verhältnismäßig große Kopf iſt auf der oberen und vorderen Seite eckig, das letzte Fühler⸗ glied hat keinen Einſchnitt, die Bruſtringe bleiben ſehr ſchmal. f Gefährlich ſind beim Sandfloh nur die befruchteten Weibchen, die ſich beim Menſchen gewöhnlich in die Füße einbohren und ihren Wohnſitz dabei vorzugsweiſe unter den Nägeln der Zehen ſuchen. Von Tieren werden beſonders Affen, Hunde, Schafe und Schweine befallen, und zwar bei ihnen namentlich die Schnauze und die Umgebung des Auges. Das anfangs ganz unanſehnliche Flohweibchen vergrößert ſich, nachdem es ſich einmal eingebohrt, ſchon im Laufe von wenigen Tagen, ſein Hinterleib ſchwillt mehr und mehr an, bis er ſchließlich die Größe einer kleinen Erbſe erlangt, einen Durchmeſſer alſo von einem halben Zentimeter und mehr ge= winnt, wobei natürlich die befallene Körperſtelle überaus ſtark gereizt wird. Ein unerträglicher Schmerz ftellt ſich ein, und es erfolgt eine Entzündung, die beim Menſchen leicht in eine gefähr- liche Eiterung übergeht, falls nicht rechtzeitig für Entfernung des Flohes und gründliche Reis nigung der Wunde Sorge getragen wird. Wird die Wunde vernachläſſigt, ſo pflegen die Folgen ſehr ernſt zu ſein, es kommt dann gewöhnlich zum Verluſte von Zehen oder ſogar zum Tode. Am ſchlimmſten hat die Negerbevölkerung zu leiden, die, wenn ſie auf ſich allein angewieſen iſt, der furchtbaren Sandflohplage ganz ratlos und verzweifelt gegenüberſteht. Nach Baumann find am Victoriaſee ganze Negerdörfer durch den Sandfloh entvölkert worden, und aus den Be- richten Stuhlmanns geht hervor, daß ſeinerzeit auf der deutſchen Station Bukoba in Oſtafrika häufig faſt der dritte Teil der eingeborenen Mannſchaft marſchunfähig war, ſo daß man deshalb ſchon die Aufgabe der Station ernſtlich in Erwägung ziehen mußte. Das gewaltige Größen⸗ wachstum des weiblichen Sandflohes nach ſeinem Einniſten in der Haut hängt mit der Entwicke⸗ lung und dem Heranreifen der Eier zuſammen. Wird das Sandflohweibchen nicht geſtört, ſo bleibt es in der Haut ſitzen, bis nach und nach ſeine reifen Eier alle nach außen gelangt ſind. | 24* 372 Käfer. Die gleiche Lebensweiſe wie die Sandflöhe führen auch die Vermipsyllidae, unter denen Vermipsylla ala kurt Schimk. in Zentralaſien, in den Tälern des Tian⸗Schan⸗Gebirges, auf Rindern, Schafen, Kamelen und Pferden vorkommt und den dortigen Kirgiſen, deren ganzer Reichtum in Huftieren beſteht, wohlbekannt iſt. Auch hier bohren ſich die Flohweibchen in die Haut der Tiere ein, ſchwellen an und erlangen ſchließlich im vollgeſogenen Zuſtande einen Umfang bis zu 1 em und damit eine Größe, die von keiner anderen Flohart erreicht wird. Es heißt, daß Füllen, die von mehreren Vermipsylla-Flöhen befallen werden, jo ge⸗ ſchwächt werden, daß ſie an Blutverluſt und Entkräftung zugrunde gehen können. Neunte Gruppe: Deckflügler (Coleopteroidea). 26. Ordnung: Käfer (Coleoptera). Zu den Käfern (Coleoptera) werden Inſekten gerechnet, die kauende Mundteile, ö eine freie, nicht verwachſene Vorderbruſt haben, zu Decken (Elythren) umgewandelte Vorder⸗ flügel beſitzen und eine vollkommene Verwandlung durchlaufen. Dieſe kurze Kennzeichnung läßt freilich nichts von der ſchier unerſchöpflichen Formenmannigfaltigkeit und den vielen Verſchiedenheiten in Bau und Lebensweiſe erraten, die es bei den Käfern gibt. Zu den Käfern gehören die an Volumen und Gewicht größten Inſekten, denn ſo gewaltige, maſſige Formen, wie den Elefantenkäfer, Megasoma elephas Fabr., oder den Rieſengoliathkäfer, Goliathus giganteus Zam., finden wir in den übrigen Ordnungen des Inſektenreiches nicht. Mit Rückſicht auf die Körperlänge kann der Rieſenbock aus Cayenne, Titanus giganteus L., der leider infolge blinder Sammelwut ausgerottet wurde und jetzt nur noch in wenigen Stücken in Sammlungen zu finden iſt, als größter Käfer gelten. Seine Länge beträgt ohne Einrechnung der beim Männchen gewaltig entwickelten, weit vorſtehenden Vorderkiefer über 14 cm. Solchen Rieſen unter den Käfern ſtehen anderſeits winzige Zwerge gegenüber, die kaum mit unbewaffnetem Auge ſichtbar ſind. Als kleinſter aller Käfer gilt eine in Nord⸗ amerika vorkommende Art von Haarflüglern, e fungi Motsch., ein aa der es nur zu einer Körperlänge von 0,25 mm bringt. Der Kopf iſt bei den Käfern ſehr verſchieden geſtaltet, bald frei beweglich und durch einen dünnen Hals mit der Vorderbruſt vereint, bald tief in einen Ausſchnitt der letzteren eingeſenkt, wodurch er an Beweglichkeit verliert. Der Kopf trägt ein Paar Facettenaugen, die nur in ſeltenen Fällen ganz fehlen. Stirnaugen kommen nur wenigen Käfern zu. Die Fühler ſind nicht nur in Bauart und Größe, ſondern auch hinſichtlich ihrer Einlenkungs⸗ ſtelle am Kopf geradezu erſtaunlich mannigfaltig. Am häufigſten iſt bei den Käferfühlern die Gliederzahl 11 zu finden, anderſeits kennt man aber auch Käfer, die nur zwei Fühlerglieder, und ſolche, die deren über 60 haben. Die verbreiterten Endglieder der Fühler bilden häufig eine Keule. Manchmal ſpringen die einzelnen Fühlerglieder eckig vor (geſägte Fühler) oder bilden ſeitliche Fortſätze (gekämmte und gefiederte Fühler). Die Vorderkiefer ſind als Beißorgane entwickelt, ſofern ſie nicht etwa, wie beim männ⸗ lichen Hirſchkäfer, zur Nahrungsaufnahme unbrauchbar werden. Die Mittelkiefer haben ein⸗ bis viergliederige Taſter und verſchmolzene oder getrennte Laden. Die Hinterkiefertaſter (Unterlippentaſter) find in der Regel dreigliederig. Die Innenladen der Hinterkiefer pflegen gewöhnlich zu einem mittleren, oft als „Zunge“ bezeichneten Fortſatz zu verſchmelzen, an den ſich rechts und links die beiden Außenladen als „Nebenzungen“ anfügen können. Allgemeines. 8 373 Der freie Vorderbruſtring bildet in ſeinem großen Rückenteile den für die Käfer ſehr kennzeichnenden „Halsſchild“. Hinter dem Halsſchild iſt in der Regel ein kleines, ſchon der Mittelbruſt zugehörendes „Schildchen“ zu erkennen, das ſich am Grunde zwiſchen beide Flügeldecken einſchiebt. Die harten Flügeldecken ſind Schutzorgane, oft förmliche Panzer⸗ platten, die ſich über den weicheren Rücken des Hinterleibes legen und auch noch die vorderen Paare der dort an den Seiten gelegenen Luftlöcher bedecken. Nur das hinterſte Ende des Hinterleibsrückens bleibt zuweilen als Afterſtück oder Pygidium frei und iſt dann mit hartem Chitin bekleidet. In einigen Ausnahmefällen bleiben die Decken ſo kurz, daß die Mehrzahl der Hinterleibsringe von oben her ſichtbar iſt. Die unter den Decken verborgenen Hinter⸗ flügel, dünnhäutige, von wenigen kräftigen Adern durchzogene Gebilde, ſind die eigent⸗ lichen Flugorgane, deren Fehlen oder Verkümmerung, wie dies gelegentlich vorkommt, den Käfer daher ſtets fluguntüchtig machen. Die Beine ſind bei den Käfern je nach der Lebensweiſe außerordentlich verſchieden⸗ artig gebaut. Bei den Waſſerkäfern kommen Schwimmbeine vor, flache Gliedmaßen, die durch ſtarke ſeitliche Borſtenwimpern noch mehr verbreitert werden. Zu Grabbeinen ſind manchmal die Vorderbeine umgewandelt, die immer durch ſchwache oder verkümmerte Füße und durch breite, am Außenrande gezähnte Schienen ſowie durch dicke, kurze Schenkel ausgezeichnet ſind. Die Hinterbeine können zu Sprungwerkzeugen umgewandelt ſein und beſitzen dann verdickte Schenkel zur Aufnahme der kräftigen Springmuskeln. Die Zahl der Fußglieder iſt bei den Käfern verſchieden. Sie ſchwankt zwiſchen drei und fünf und wurde früher als überſichtliches Einteilungsprinzip für die Klaſſifikation der Käfer benutzt. Leider hat ſich aber gezeigt, daß hierbei ein ganz gekünſteltes Syſtem zuſtande kommt, das auf Wiſſenſchaftlichkeit keinen Anſpruch erheben kann. Der Hinterleib fügt ſich breit an den Bruſtabſchnitt an. Bruſt und Hinterleib ver⸗ wachſen ſo innig miteinander, daß der erſte Bauchring die Gelenkpfannen für die Hinter⸗ hüften bilden hilft. Auf den erſten und den gleichfalls meiſt verkümmerten zweiten Ring folgen meiſt noch ſechs freie Bauchringe. Auf der Rückenſeite ſind in der Regel nur acht Hinterleibsringe deutlich zu unterſcheiden, und Raife am e kommen bei den Käfern im fertigen Zuſtande gar nicht mehr vor. Der innere Bau iſt bei dieſen Inſekten ungemein A ach der Darm oft weit über körperlang und dann, wie bei den Miſtkäfern, in viele Schlingen gelegt, in anderen Fällen dagegen, wie bei den Laufkäfern der Gattung Carabus, faſt gerade. Bei letzteren iſt der Mitteldarm ſeiner ganzen Länge nach äußerlich mit kurzen Zotten bedeckt, bei anderen Käfern wiederum bildet dieſer Darmabſchnitt ein glattes Rohr. Die Speiſeröhre hat bei den Meloekäfern eine kropfartige Erweiterung, die bei verwandten Käferarten fehlt. Das Nervenſyſtem iſt bald langgeſtreckt, bald zu wenigen Bauchmarkknoten zuſammengedrängt. Die Zahl der Malpighiſchen Gefäße iſt gewöhnlich ſechs oder vier. Die Larven ſind bei den Käfern in Bauart und Lebensweiſe jo außerordentlich ver- ſchieden, daß wir hier von einer zuſammenfaſſenden Beſchreibung lieber Abſtand nehmen und das Wiſſenswerteſte erſt bei den einzelnen Gruppen bringen wollen. Die Käferpuppen ſind faſt ausnahmslos freigliederige Puppen mit deutlich abgeſonderten, vom Körper ab⸗ ſtehenden Gliedmaßen. Die Geſamtzahl der bisher beſchriebenen Käferarten wird auf etwa 300000 ver⸗ anſchlagt. Über die Herkunft der Käfer und ihren Zuſammenhang mit anderen Inſekten⸗ ordnungen herrſcht leider noch ein tiefes Dunkel, denn wenn es nach Meinung mancher 374 : Käfer. Forſcher auch nicht unwahrſcheinlich ift, daß die Käfer von ſchabenähnlichen Urformen ab- ſtammen mögen, ſo fehlen vorläufig doch eigentlich noch alle Beweiſe hierfür. Die älteſten ſicher feſtgeſtellten Käfer ſtammen aus den älteren Schichten der meſozoiſchen Formation, aus dem Lias. Dieſe Liaskäfer haben aber mit den gegenwärtigen Arten erſt ſo wenig Übereinſtimmendes, daß es bisher nicht einmal gelingen wollte, ſie in irgendwelche unſerer heutigen Käferfamilien einzureihen. In der Tertiärzeit erſcheint dann ſozuſagen mit einem Schlage eine große Fülle verſchiedener Käfer, die bereits bekannte Formen haben und daher ohne viel Mühe bei den heutigen Familien und Gattungen unterzubringen ſind. Für die Einteilung der Käfer nehmen wir hier im weſentlichen das Syſtem des Wiener Entomologen Ganglbauer an, das auf gründlichen Unterſuchungen über die natürlichen Verwandtſchaftsbeziehungen beruht und ſich neuerdings auch in immer weiteren Kreiſen Bahn zu brechen ſcheint. Von dieſem Syſtem weichen wir freilich inſofern ab, als wir in Übereinſtimmung mit Kolbe die Gruppe der Rhynchophoren oder der Rüſſelkäfer im wei⸗ teren Sinne an das Ende des ganzen Käferreichs bringen. a 1. Unterordnung: Raubkäfer, Gierkäfer (Adephaga). Die Unterflügel der Gierkäfer (Adephaga) haben ein ziemlich gutentwickeltes Geäder, . das mit einer oder zwei Queradern zwiſchen der Mittelader (Medialader) und ihrem Aſt verſehen iſt. Die Larven ſind bewegliche, ſechsbeinige Tiere mit zweigliederigen Füßen. Die Sandkäfer (Cicindelidae) ſind mit wenigen Ausnahmen ſchlankbeinige, lebhafte, das Sonnenlicht liebende Tiere. Bunte Färbungen und hübſche Zeichnungen herrſchen bei ihnen vor, ſo daß manche Arten zu den ſchönſten Inſekten gehören und nicht nur durch ihr munteres Weſen, ſondern auch durch ihr Außeres unſer Auge erfreuen. Den eigentlichen Laufkäfern ſtehen ſie bereits ſehr nahe. Als durchgreifendes Unterſcheidungsmerkmal kann nur gelten, daß bei den Sandkäfern die Breite des Kopfſchildes dem Abſtand der Fühler voneinander gleich iſt, bei den Laufkäfern aber ſchmaler als dieſer bleibt. Auch ſind bei den Sandkäfern die vorn am Kopf entſpringenden Fühler höher als der Urſprung der Vorder⸗ kiefer eingelenkt, und die innere Lade des Mittelkiefers trägt bei ihnen faſt immer einen beweglichen Zahn. Ihre Larven leben nicht frei, ſondern halten ſich in der Regel in ſelbſt⸗ gegrabenen Erdröhren auf. Die Gattung Cieindela L. gehört der einen Hauptgruppe von Sandkäfern an, bei der der Zahnfortſatz an den Mittelkiefern ſtets vorhanden, der Kopf an ſeinem Grunde aber nicht halsartig eingeſchnürt iſt. Eine der häufigſten deutſchen Arten, der Feldſandkäfer, Cieindela campestris L., ein mittelgroßer grüner Käfer, zeigt ſich bei ſon⸗ nigem, warmem Wetter ſchon vom Frühling an im Freien. Dürre, ſandige Gegenden, leicht bewachſener Heideboden oder trockene, lichte Plätze im Walde ſagen ihm am meiſten zu. Dort iſt der muntere Käfer häufig und auch leicht bei ſeiner Tätigkeit zu beobachten. Raſch am Boden dahinrennend oder kurze Strecken in niedrigem Fluge zurücklegend, ſtellt er ſeiner Beute, Zweiflüglern und anderen weichhäutigen Inſekten, nach, die er mit den langen, ſtark gezahnten Vorderkiefern überwältigt. Sein Körper iſt metalliſch grün, die Fühlerwurzel und die behaarten Beine ſchimmern kupferrötlich, fünf kleine Flecke am Außenrande jeder Decke, ein größerer hinter der Mitte der Scheibe ſowie mindeſtens die Spitze des großen Kopf⸗ ſchildes ſind weiß. In der Zeichnung der Flügeldecken kommen ebenſo wie in der Grundfarbe, die mitunter kupferig oder ſchwärzlich wird oder ſogar in Blau übergehen kann, Abweichungen vor. Trockene, ſandige Plätze ſind auch die Wohnorte ſeiner Larven. Man kann dort am Boden kleine kreisrunde Löcher finden, die je in eine etwa federkieldicke, nahezu ſenkrecht bis über a r t e r e 9 Sandkäfer. f 375 40 em in die Tiefe gehende Röhre führen. Jede Röhre wird von einer einzelnen Larve be- wohnt, deren eigentümlichen Bau uns die untenſtehende Abbildung vor Augen führt. Kopf und Vorderbruſtring ſind ſtark chitiniſiert und dunkel metallglänzend. An der Rückenſeite des fünften Hinterleibsringes erhebt ſich ein höckerartiger Vorſprung, der zwei kräftige, nach vorn gerichtete Dornen trägt, mit deren Hilfe die Larve ſich nicht nur in ihrer Wohnröhre feſt⸗ halten, ſondern auch mit großer Geſchwindigkeit herauf⸗ und hinabklettern kann. Gewöhnlich lauert ſie oben am Eingange der Röhre auf kleine, harmlos in die Nähe kommende Inſekten und ähnliche Beute. Hat ſie mit ihren großen, zangenförmigen Helen ein Opfer erwiſcht, ſo zieht ſie es in die Tiefe, zerbeißt es und ſaugt den Saft aus, befördert aber die unbrauchbaren Überreſte ſpäter wieder aus ihrer Röhre hinaus. Die Verpuppung findet im Hochſommer oder Herbſt am Grunde der Wohnröhre ſtatt. Eine andere in ganz Mitteleuropa verbrei⸗ tete und in Deutſchland ebenfalls ſehr häufige Art iſt Cicindela hybrida L. mit kupferfarbenen Flügel⸗ decken, die mit weißen Mondflecken und je einer nach innen erweiterten gebogenen weißen Quer⸗ binde geſchmückt ſind, während die ſehr ähnliche Abart, C. hybrida maritima Latr., die ihre Jagd⸗ gebiete an unſeren Meeresküſten in den Sanddünen und dem davorgelagerten trockenen Sandſtreifen hat, ſich dadurch unterſcheidet, daß die weiße Quer⸗ binde rechtwinklig nach hinten verlängert iſt, die Hinterfüße weſentlich kürzer als die Hinterſchienen ſind und die Adern an den Hinterflügeln ein blaſſes, durchſcheinendes Ausſehen haben. Noch andere Arten von Sandkäfern gibt es bei uns in Deutſchland, durchweg flinke, gewandte Räuber, die ſämtlich Sonnenlicht und Wärme lieben VVV und in der Lebensweiſe mit der oben geſchilderten im der Wohnröhre figende Larve. Etwas vergrößert. Form übereinſtimmen. Je weiter wir nordwärts gehen, um ſo ſpärlicher werden dieſe hübſchen Tierchen. Der kalte, lichtarme Norden ſagt ihnen nicht mehr zu, und man kennt überhaupt nur eine Art, unſere Cicindela campestris L., die noch innerhalb des nördlichen Polarkreiſes zu finden iſt. Anders iſt es im Süden. Dort überraſchen uns die Zizindelen durch Häufigkeit und Artenfülle, und dort jagen ſie be⸗ ſonders zahlreich an feuchten Gebieten, an Sumpfrändern, Flußufern und an den Meeres⸗ küſten umher, wo fie reiche Beute an den Mengen von Fliegen und anderen kleinen In⸗ ſekten finden, die es an ſolchen Orten gibt. Zum Teil ſind ſie von wunderbarer Farbenpracht. In Indien wird die hübſche Cicindela quadrilineata F. als Schmuck verwendet, und zwar benutzt man dort ihre Flügeldecken zur Verzierung verſchiedener Korbgeflechte. Die In⸗ dianer in Mexiko haben dagegen für eine andere Art, Cicindela roseiventris Chevr., eine mehr praktiſche Verwendung gefunden und gebrauchen ſie bei der Herſtellung einer Art Schnaps, was damit zuſammenhängen mag, daß es in den heißen Ländern eine ganze Menge von Zizindelen gibt, die ſich durch angenehme aromatiſche Düfte auszeichnen. 278 | Käfer. Im Gegenſatz zu den buntgefärbten, lichtfrohen Cieindela-Arten ſtehen die tieſſchwarzen Arten der Gattung Mantichora F., die die heißen, trockenen Steppen und Wüſten Afrikas bewohnen. Es ſind die Rieſen der ganzen Familie mit einer Körperlänge, die bei einigen Arten, wie Mantichora herculeana Kl., 7 em übertrifft. Männchen und Weibchen, beſonders aber erſtere, ſind mit einem Paar großer, zangenartiger, weit vorſtehender Vorderkiefer ausgeſtattet, die ihnen kein vertrauenerweckendes Außeres geben; von der Lebensweiſe weiß man nichts, doch ſind es höchſtwahrſcheinlich nächtliche Räuber, die ſich tagsüber ſämt⸗ lich in ihren Schlupfwinkeln verborgen halten. Bei der zweiten Hauptgruppe von Sandkäfern iſt der Kopf hinten halsartig ein⸗ geſchnürt, wie bei dem hier abgebildeten Langhalſigen Sandkäfer, Archicollyris longi- collis Fabr., einem ſchlank gebauten, mit Ausnahme ſeiner roten Schenkel blauſchwarzen Käfer, der mit manchen verwandten Arten Indien und die Sunda⸗Inſeln bewohnt. Ein Zahnfortſatz am Mittelkiefer kommt in dieſer Gruppe ebenfalls meiſtens vor. Die Collyris- Käfer zeichnen ſich alle durch außerordentliche Flinkheit aus. In der brennendſten Glut der tropiſchen Sonne ſchwärmen ſie im raſchen Fluge um die farbenprächtigen Blüten von Bäumen und Sträuchern und machen Jagd auf allerlei kleinere Käfer und Zweiflügler. Nur ſchwer gelingt es, ihrer habhaft zu werden. Selbſt bei trübem Wetter, wenn ſie an den Zweigen ſich ausruhen, entſchlüpfen ſie noch häufig dem Sammler, denn wenn ſie beim Abklopfen der Büſche zu Boden fallen, ſpringen fie manchmal auch in der Rückenlage noch durch raſches Dff- g nen der Flügel empor und fliegen wieder davon, ohne ſich, wie andere Sanghalfiger Sand- Inſekten es tun, mit Hilfe der Beine erſt auf dem Boden umzuwenden. i Im Botaniſchen Garten zu Buitenzorg auf Java hatte Konings⸗ berger Gelegenheit, die intereſſante Beobachtung zu machen, daß die Larven gewiſſer Zizindeliden in dünnen Baumzweigen hauſen und ſich dort im weichen Mark Gänge aushöhlen. Zweigbewohner ſolcher Art gibt es in den Gattungen Collyris F. und Tricondyla Latr., und auf Java können die Larven von Collyris bonelli G er., die gewöhnlich etwa griffeldicke Blütenzweige von Coffea arabica und Coffea liberica beſiedeln, durch Beſchädigung der Kaffeebäume mitunter immerhin recht merklichen Schaden anrichten. Die Käfer, hübſche dunkelblaue Tiere mit ſchönem Metallglanz, der bei C. bonelli mehr in das Grünliche ſpielt, während Tricondyla cyanea Dej. beinahe ſchwarz iſt, haben einen großen Kopf mit kräftigen Mundteilen und fallen hauptſächlich durch ihre großen vorquellen⸗ den Augen auf. Es iſt, nach van Leeuwen, der ihre Lebensgeſchichte näher unterſuchte, ein ſchöner Anblick, wenn man dieſe prachtvollen Käfer behende auf den Blättern umherlaufen ſieht. Überaus ſcheu, huſchen fie gleich bei der geringſten Beunruhigung weg oder fliegen davon. In der Gefangenſchaft ließen ſich aber dieſe wilden Geſellen in geräumigen Glas⸗ behältern wider Erwarten doch recht gut halten und blieben bei einer Fütterung mit Ameiſen und Blattläuſen wochenlang am Leben. „Die Ameiſen greifen ſie nur an, wenn ſie nichts anderes finden können, die Läuſe aber freſſen ſie ſofort. Letztere werden ausgeſogen und die leeren Häute wieder weggeworfen.“ Die Weibchen zeichnen ſich durch einen beſonderen, an der Hinterleibsſpitze gelegenen Legeapparat aus, der ſie befähigt, dünne Zweige anzuſtechen und ihre Eier in letztere hineinzuſchieben, worauf dann der Stichkanal wieder mit Bohrmehl ſorgfältig zugeſtopft wird. Die jungen Larven, deren Vorderbeine zu richtigen Grabbeinen umgeſtaltet ſind, ſtellen ſich im Inneren des Zweiges einen nach oben führenden, mehrere . n rn Sandkäfer. Laufkäfer. 377 Zentimeter langen Gang her und ſchaffen das Bohrmehl wieder hinaus, ſo daß auf dieſe Weiſe immer eine Verbindung mit der Außenwelt bleibt. Dann faßt die Larve an der Eingangsöffnung Poſten und lauert dort auf Beute, um ſich aber bei jeder Gefahr ſofort blitzſchnell in das Innere des ſchützenden Ganges zurückzuziehen. „Läuft eine kleine Raupe, eine Ameiſe oder ein anderes Inſekt über die Offnung, dann werfen die Larven ihren Kopf ſchnell nach vorn und kommen gleichzeitig ein kleines Stück aus der Offnung heraus; dabei werden die Mandibeln zugeſchlagen, und man hört ein kurzes Knipſen. Darauf ziehen die Tiere ſich ſogleich zurück; auch wenn ſie nichts erhaſcht haben, tun ſie dasſelbe. Kleine Tiere werden in den Bohrgang mit hineingezogen und dort ausgeſogen, größere Inſekten bleiben einfach vor der Offnung; dann kann man beobachten, wie ſie allmählich ſchlaffer werden.“ Auch die Verpuppung findet im Inneren des Ganges ſtatt, deſſen Mündung vorher durch einen kleinen, aus dem Munde der Larve ausgeſchiedenen Sekretpfropfen ver⸗ ſchloſſen wird. In der Mitte dieſes Pfropfens bleibt aber ein waer Kanal übrig, durch den die Puppe die nötige Luft erhält. Für dieſe Zweigbewohner unter den Zizindeliden paßt der Name „Sandkäfer⸗“ natürlich recht wenig, und ebenſowenig iſt er zutreffend für die in Madagaskar verbreitete, durch das Fehlen von Zahnfortſätzen an den Mittelkiefern ausgezeichnete Gattung Pogo- nostoma Klug., deren hochbeinige Arten nur im Walde vorkommen und dort an glatten Stämmen hoher Bäume ungemein geſchwind in eleganten Schraubenwindungen entlang rennen. Dieſe Schnelläufer fliegen nur höchſt ſelten und ſind überhaupt derartig dem Aufenthalt an Stämmen angepaßt, daß ſie ſo gut wie hilflos ſind, wenn ſie durch irgend⸗ einen Zufall einmal auf den Erdboden kommen. Daher iſt es gar nicht ſchwer, die flüchtigen Renner mit Hilfe eines kleinen Kunſtgriffes zu erbeuten. Man muß nur raſch mit beiden Armen oberhalb des Tieres den Baumſtamm umgreifen und kann dann, mit geſchloſſenen Armen allmählich niedergehend, das flinke Tier ohne Mühe vor ſich hinabtreiben, bis es auf den Erdboden gelangt iſt, wo es nicht mehr zu entwiſchen vermag. Die Laufkäfer (Carabidae) ſtehen den Sandkäfern nahe und find gleich ihnen ſchnell⸗ füßige, mit langen, ſchlanken Beinen ausgeſtattete Tiere. Die unterſcheidenden Merkmale zwiſchen beiden Familien geben ſich namentlich in dem anderen Urſprung der elfgliederigen Fühler zu erkennen, die bei den Laufkäfern nicht zwiſchen, ſondern hinter den Grundteilen der Vorderkiefer entſpringen. Der Kopfſchild erſtreckt ſich nicht ſo weit ſeitlich und läßt die Anſatzſtelle der Fühler daher unbedeckt. An der Innenlade der Mittelkiefer kommt ein beweglicher Zahn nur ſelten vor. Die kräftigen, nach der Spitze zu hakenförmig gekrümmten Vorderkiefer deuten auf eine räuberiſche Lebensweiſe hin, die die meiſten Arten, beſonders die größeren und kräftigeren, führen, während einige auch an Aas gehen und manche, wie der Getreidelaufkäfer, Zabrus tenebrioides Goeze, ſogar mit Pflanzenkoſt vorliebnehmen. Die Art und Weiſe, wie dieſe Käfer ihre hauptſächlich aus Kerfen, Schnecken und Würmern beſtehende Beute überwältigen, hat etwas Katzenartiges. Sie ſtreichen einzeln, die meiſten zur Nachtzeit oder in der Dämmerung, umher. Die großen, vorquellenden Facetten⸗ augen genügen dabei zur Orientierung im ſchwachen Dämmerlicht, während die Nahrung mit den Taſtern oder den fadenförmigen Fühlern geſucht wird, die ſpürend und witternd hin und her bewegt werden. Die Mehrzahl der Laufkäfer hält ſich bei Tage unter Steinen oder in ähnlichen Schlupfwinkeln verborgen. Bei einer derartigen Lebensweiſe können die Flug⸗ werkzeuge natürlich nur von untergeordneter Bedeutung ſein, und in der Tat ſind ſie bei 378 Käfer. zahlreichen Arten verkümmert, während einige allerdings ihr Flugvermögen beibehalten haben und gelegentlich ſehr wohl davon Gebrauch zu machen verſtehen. Friſch eingefangene Lauf⸗ käfer geben häufig aus dem Munde einen übelriechenden bräunlichen Saft von ſich, der ein erbrochenes, aus dem Mitteldarm ſtammendes Drüſenſekret mit beigemiſchtem Darminhalt iſt. Außerdem ſind paarige, hinten neben dem After ausmündende Analdrüſen vorhanden, deren ſcharfer, oft eigenartig riechender Saft zu Verteidigungszwecken abgegeben wird und nebenbei wohl auch noch eine gewiſſe Rolle für das Zuſammenfinden der verborgen lebenden Tiere während der Begattungszeit ſpielt. a ; Die den Sandkäfern eigenen bunten Farben kommen zwar ausnahmsweise auch bei Laufkäfern vor, doch ſind bei den meiſten Mitgliedern dieſer letzteren Familie Halsſchild und Flügeldecken meiſt ziemlich eintönig, ſchwärzlich, grün, blau, kupferrot oder bronzebraun gefärbt. Die Decken reichen in der Regel bis zur Spitze des Hinterleibes, der an der Unter⸗ ſeite 6, ſeltener 7—8 freie Bauchringe erkennen läßt. Oft umfaſſen die Decken ſeitlich den Leib, ſehr häufig find auf ihrer Oberſeite vertiefte Längsrinnen und Reihen von Punkten oder Grübchen angebracht. Die Geſchlechtsunterſchiede ſind an den Vorderbeinen zu er⸗ kennen. Im Gegenſatz zu den Weibchen ſind bei den männlichen Käfern einige Glieder der Vorderfüße, und zwar meiſt die 3—4 erſten, erweitert und an ihrer Sohlenfläche mit einem bürſtenartigen Haarbeſatz verſehen, ein Merkmal, das auch noch an den Mittelfüßen ausgeprägt ſein kann. Unter dem Mikroſkop bietet eine ſolche Haarſohle ein überraſchendes Bild: viele Hunderte feiner Haargebilde ſieht man dort an jedem Gliede dicht gedrängt nebeneinander. Manche ſehen wie kleine geſtielte Kelche aus oder gleichen mit kurzen Stielchen feſtgehefteten Glocken. Es handelt ſich um Hafthaare, die zum Anſaugen dienen, eine Einrichtung, die es dem Männchen möglich macht, ſein Weibchen während der Paarung feſtzuhalten. Die ge⸗ ſtreckten Larven ſind bei den Laufkäfern ſechsbeinig, am neunten Hinterleibsringe mit zwei Anhängen und am Hinterende mit langer Afterröhre verſehen. An jeder Seite des Kopfes ſitzen ſechs Augen. In der Lebensweiſe ſtimmen die Larven mit den erwachſenen Käfern überein. Ihre Vorderkiefer dienen meiſt nur zum Feſthalten und Verwunden der Beute, nicht zum Zerbeißen derſelben, die Mundöffnung dagegen zum Ausſaugen. Die Laufkäfer bilden eine der größten Käferfamilien. Die Zahl der bisher beſchriebenen Arten wird auf etwa 10000 geſchätzt. Unter allen Zonen, in allen Erdteilen ſind ſie ver⸗ treten, ſelbſt in die kälteſten Gegenden und auf hohe Berge bis an den Rand der ewigen Schneefelder und des Gletſchereiſes dringen ſie vor. Unter dem Steingeſchotter am Gletſcher⸗ rande hauſen beiſpielsweiſe mehrere hochalpine Arten der Gattung Trechus Clairv., die geradezu Charaktertiere in dieſer äußerſten Zone des tieriſchen Lebens ſind. Andere Lauf⸗ käferarten kommen nur in der Ebene, einige nur an den Meeresküſten und gewiſſe ſogar nur unterirdiſch in Grotten und Höhlen vor. Im allgemeinen läßt ſich ſagen, daß dieſe in ihrer Verbreitung und Lebensweiſe ſo verſchiedenartige Käferfamilie ihren größten Formenreich⸗ tum nicht in den üppigen Tropenländern, ſondern im Gegenteil in den gemäßigten und kalten Erdſtrichen entfaltet. Vielleicht hängt dies damit zuſammen, daß die zahlreichen kriegeriſchen Raubameiſen und Termiten, die die heißen Länder bevölkern, dort eine allzu gefährliche Konkurrenz für die Laufkäfer bilden. Die wichtigſte Unterfamilie ift die der Carabinae, bei der die Vorderſchienen auf der Innenkante keinerlei Ausſchnitt beſitzen und unterſeits bis zur Spitze gefurcht oder leicht ausgebuchtet ſind. Der Gattung Carabus L. gehören ſtattliche Laufkäfer an, deren Se ia eite Laufkäfer: Gartenlaufkäfer. Goldſchmied. 379 durchſchnittliche Körpergröße 2 cm gewöhnlich noch etwas übertrifft. Der vorgeſtreckte Kopf bleibt merklich ſchmäler als der Halsſchild, die quere Oberlippe iſt einfach oder doppelt ge⸗ buchtet, die Vorderkiefer ſind glatt, die Fühler am Grunde nicht zuſammengedrückt. Nur ſelten bleiben die Flügeldecken glatt, in der Regel haben ſie eine eigentümliche Struktur von längsgerichteten Punktreihen, Kettenſtreifen oder parallelen Längsrippen. Die Unter⸗ flügel verkümmern in den meiſten Fällen. 5 Hochintereſſant iſt die Art und Weiſe, wie die Carabus⸗Arten ihre vorzugsweiſe aus weichhäutigen Tieren, wie Schnecken und Regenwürmern, beſtehende Beute überwältigen. Durch kräftige Biſſe wird das unglückliche Opfer wehrlos gemacht und am Entweichen verhindert, dann aber nicht etwa verſchlungen, ſondern der Räuber bricht ſeinen Magenſaft W N By £ 8 = < — e N 1 2 3 1) Gartenlaufkäfer, Carabus hortensis L.; 2) Puppenräu der, Glesoms sycophanta L.; 3) Gold henne, Carabus E auratus L., nebſt Larve. Alle in natürlicher Größe. darüber aus, deſſen Fermentſtoffe die Weichteile der Beute raſch zerſetzen und zu einem Brei verflüſſigen, ſo daß der Käfer nachher nur die ſchleimige Nährmaſſe aufzuſchlucken braucht. Auch kleinere Wirbeltiere, wie Molche, werden in derſelben Weiſe angefreſſen, und Ramme berichtet, daß Feldmäuſe, die von ihm in Krain in Klappfallen gefangen waren, von den nächtlicherweile umherſtreifenden Lederlaufkäfern gar nicht ſelten, beſon⸗ ders am Kopf, ſtark angegangen wurden, wobei ſich die ganze Umgebung der Fraßſtelle in eine breiige Maſſe verwandelte. Der Gartenlaufkäfer, Carabus hortensis L. (Euporocarbus), lebt häufiger im Walde und an Feldrainen als in Gärten. Seine feingeſtreiften Flügeldecken tragen je drei Reihen flacher Grübchen, die ſich durch ihren hübſchen, kupferigen oder goldigen Glanz von dem mattſchwarzen Untergrund abheben. Der Goldgrüne Laufkäfer oder Goldſchmied, Carabus auratus L. (Autocarabus), iſt auf Wieſen, in Parkanlagen, Gärten und Feldern in ganz Deutſchland weitverbreitet, fehlt aber in dürren, ſandigen Gegenden. Er gehört zu den ſtark gerippten Arten, auf jeder Decke erheben ſich drei Rippen in gleicher Weiſe wie die Naht und laſſen feingerundete Zwiſchenräume zwiſchen ſich. Die Unterſeite des Käfers iſt glänzend ſchwarz, die Oberſeite erzgrün. Die Beine und die Wurzel der ſchwarzen Fühler 380 Käfer. ſind rot. Im hellen Sonnenſchein ſtreift der Käfer im Graſe oder auf Wegen umher und macht Jagd auf Beute. Die Gebirgsgoldhenne, Carabus auronitens F. (Chrysocarabus), ähnelt der vorigen Art in der Färbung, der goldgrüne Glanz iſt aber lebhafter, Naht und Rippen der Flügeldecken ſind ſchwarz. In den deutſchen Mittelgebirgen gehört dieſer Käfer, der ſeine Winterquartiere in modernden Stöcken ſucht, nicht zu den Seltenheiten. Da es zu weit führen würde, noch die zahlreichen anderen Carabus⸗Arten namhaft zu machen, ſo ſei hier nur noch des größten in Deutſchland vorkommenden Vertreters der ganzen Familie gedacht, des ſchwarzen Lederlaufkäfers, Carabus coriaceus L. (Procrustes), deſſen ſtark gewölbte Oberſeite mattſchwarz und lederartig gerunzelt iſt. Seine Länge beträgt 30 bis 40 mm. Er führt hauptſächlich eine nächtliche Lebensweiſe, kommt aber auch manchmal an warmen Sommertagen bei trübem, regneriſchem Wetter aus ſeinem Verſteck, um Schnecken und Würmer zu ſuchen. Die Gattung Calosoma Weber unterſcheidet ſich von Carabus L. durch die oberfeits gerun⸗ zelten Vorderkiefer und das auffällig verkürzte zweite Fühlerglied, das ebenſo wie das dritte zuſammengedrückt iſt. Der Puppenräuber oder Raupentöter, Calosoma sycophanta L. (Abb., S. 379), hat, wie die meiſten feiner Gattungsgenoſſen, wohlentwickelte Unterflügel und einen ſeitlich gerundeten Halsſchild ſowie breite Flügeldecken. Er gehört zu den ſchönſten ein⸗ heimiſchen Käfern; ſeine Grundfarbe iſt ſtahlblau, während die geſtreiften, mit je drei Punkt⸗ reihen verſehenen Flügeldecken grünlich und purpurgoldig ſchimmern. Die Mundteile und Fühler, mit Ausnahme ihrer helleren Spitze, ſind ebenſo wie die kräftigen Beine glänzend ſchwarz. Der Puppenräuber iſt im ganzen mittleren Europa verbreitet, fehlt auch in Italien und anderen Mittelmeerländern nicht und hält ſich ebenſowohl im Nadelholzwalde wie in Laubwäldern auf. Obwohl er imſtande iſt, von ſeinen gutentwickelten Unterflügeln Gebrauch zu machen und davonzufliegen, ſo ſieht man ihn am Tage bei hellem Sonnenſchein doch gewöhnlich geſchäftig an Baumſtämmen und Aſten umherlaufen und dort eine eifrige Jagd auf Schmetterlingsraupen veranſtalten. Hierbei greift er aber nicht, wie ſo manche andere Raubinſekten, nur die kleinen Spannerraupen, die Raupen der Forleule und ähnliche weich⸗ häutige Larven an, ſondern fällt mit Vorliebe über Nonnenraupen, Kiefernſpinnerraupen und ſelbſt über die ſtark behaarten Raupen der Prozeſſionsſpinner her. Die verzweifelten Abwehrbewegungen ſeiner Opfer, die, wenn ſie ſich angegriffen fühlen, wütend hin und her ſchlagen, ſchrecken ihn nicht im mindeſten. Mit ſeinen ſtarken Kiefern gelingt es dem Syko⸗ phanten ohne Mühe, in kürzeſter Zeit ſein Opfer wehrlos zu machen, das er dann gleich an Ort und Stelle zerfleiſcht und verzehrt. Ebenſo geſchickt iſt er im Aufſpüren von Puppen, die er ſich auch mit Behagen ſchmecken läßt, ſo daß er ſeine deutſche volkstümliche Bezeich⸗ nung „Puppenräuber“ mit vollem Rechte führt. Man hat berechnet, daß der Puppenräuber im Sommer ſeines erſten Lebensjahres etwa 200—800 ausge wachſene Schwammſpinnerraupen vertilgen kann, und daß nach aber⸗ maliger Überwinterung ſogar 300 —400 Raupen dieſer Art nötig find, um feinen Appetit zu befriedigen. Er iſt daher einer der nützlichſten unſerer einheimiſchen Käfer, der wegen der Vertilgung einer gewaltigen Menge forſtſchädlicher Raupen überall Schonung und Schutz verdient. Die praktiſchen Amerikaner haben ſeine Wichtigkeit ſchnell erkannt und es ver⸗ ſtanden, den europäiſchen Puppenräuber auch in der Neuen Welt heimiſch zu machen, als es ſich für ſie darum handelte, die in den dortigen Wäldern ſo überaus läſtig gewordene Schwammſpinnerplage zu bekämpfen. Zwar gibt es auch in Amerika Calosoma-Arten, aber dieſe, wie Calosoma scrutator F., haben ſämtlich die Eigentümlichkeit, ihre Beute ET Sa 72 en ˙ 11 ̃²— A1 ZT P = E ? - Er | 5 3 . Laufkäfer: Gebirgsgoldhenne. Lederlaufkäfer. Puppenräuber. Bombardierkäfer. 381 immer nur am Boden zu ſuchen, wodurch ſie natürlich auch nicht annähernd ſo nützlich werden können wie der europäiſche Puppenräuber, der die Bäume ſelbſt von Ungeziefer ſäubert. Unſer europäiſcher Sykophant hat ſich in den öſtlichen Gebieten der Vereinigten Staaten ſchnell eingebürgert und erfüllt dort vollauf die auf ihn geſetzten Erwartungen. Amerikaniſche Entomologen ſind es auch geweſen, die die Lebensweiſe unſeres Puppen⸗ räubers erforſcht haben. Nach ihren Beobachtungen pflegt der Käfer eine Lebensdauer von etwa drei Jahren zu haben und begibt ſich zur Überwinterung in den Boden. In jedem Jahre legt der weibliche Käfer etwa 100 Eier und vereinigt ſich wiederholt mit einem Männ⸗ chen. Nach dem kurzen, nur wenige Tage währenden Eizuſtande erſcheint die ſechsbeinige Larve, deren plumper, in der Mitte ziemlich breiter, vorn und hinten verſchmälerter Körper tief ſchwarz gefärbt iſt. In der Fähigkeit des Kletterns und in der Raubgier ſteht die Ca- losoma-Larve, wie uns auch die Abbildung auf S. 250 zeigt, ihren Eltern nicht viel nach. Sie verbringt einen guten Teil ihres Lebens auf den Bäumen, macht dort ſogar zum Teil ihre Häutungen durch und eröffnet eine lebhafte Jagd auf Raupen und Puppen, wobei ſie aber die Schmetter⸗ linge ſelbſt meiſt verſchont. Ihr Nah⸗ rungsverbrauch iſt ein ziemlich anſehn⸗ licher, denn wie durch Verſuche ermittelt wurde, hat jede Ca- 5 . losoma- Larve etwa Bombardierkäfer, Brachynus erepitans L. Vergrößert. 40 ausgewachſene i Schwammſpinnerraupen oder etwa 80—90 kleinere Raupen nötig, um die Reife zur Ver⸗ puppung zu bekommen. Die Puppenruhe findet in der Erde in einer kleinen Höhlung ſtatt und dauert etwa zwei Wochen. Von anderen einheimiſchen Puppenräubern nennen wir noch den kleineren, oben braunbronzefarbenen, am Halsſchilde und den Flügeldecken grünlich gerandeten Calosoma inquisitor L., der nicht nur an Stämmen, ſondern auch an Buſchwerk aller Art und Ge⸗ ſträuch ſeiner Beute nachgeht, und den hauptſächlich im Oſten und Norden Deutſchlands in beſtimmten Gegenden auf Sandboden lebenden Puppenräuber, Calosoma reticulatum F., deſſen Halsſchild faſt doppelt ſo breit wie lang iſt, und deſſen bronzegrüne Flügeldecken tief netzartig gerunzelt ſind. Eile a vn % er ua — er 4 Für die Unterfamilie der Harpalinae iſt es kennzeichnend, daß die Vorderſchienen an ihrer Innenkante einen ovalen, bald ſtärkeren, bald ſchwächeren Ausſchnitt tragen, hinter dem ein Dorn ſteht. Hierhin gehört eine außerordentliche Fülle mittelgroßer oder kleiner, vorherrſchend ſchwarz, bräunlich oder grünlich, bisweilen auch metalliſch glänzender Lauf- käfer, von denen wir nur wenige namhaft machen können. Die Bombardierkäfer, Brachynus Weber, ſind durch hinten breit abgeſtutzte 382 | Kafer. Flügeldecken und durch einen gedrungenen, etwas abgeplatteten Körper ausgezeichnet, der beim Männchen acht, beim Weibchen ſieben deutliche Hinterleibsringe trägt. Die Bombardier⸗ käfer halten ſich gern geſellig unter Steinen an ſonnigen Stellen auf und können unter hör⸗ barem Knall ein kleines Dunſtwölkchen mit ihrem hinteren Körperende abfeuern. Von dieſer artilleriſtiſchen Fähigkeit machen fie jedoch nur im Notfalle mit Hilfe ihrer rechts und links neben dem After ausmündenden Analdrüſen zu Verteidigungszwecken Gebrauch. Die ge⸗ nannten Drüſen bilden eine chemiſch noch nicht genau bekannte Säure, die der ſalpetrigen Säure oder der Butterſäure nahezuſtehen ſcheint. Sobald dieſe Subſtanz aus dem Körper ausgeſtoßen wird und mit der Luft in Berührung kommt, bildet ſich exploſionsartig ein kleines bläuliches, ſich raſch wieder verflüchtigendes Wölkchen, das auf der menſchlichen Haut ein brennendes Gefühl verurſacht. Sehr drollig ſieht es aus, wenn man durch Aufheben eines Steines eine darunter verborgen lebende Geſellſchaft von Bombardierkäfern in ihrer Ruhe ſtört. Puffend und knatternd rennen ſie eiligſt nach allen Richtungen durcheinander, und da jeder Käfer mehrmals hintereinander ſeine freilich allmählich ſchwächer werdenden Detonationen von ſich geben kann, ſo nehmen die Salven ſobald kein Ende. Man kann ſich denken, daß andere Tiere ſchleunigſt die unheimliche Nach⸗ barſchaft der Bombardierkäfer verlaſſen werden, falls ſie etwa zufällig in ihre Nähe gekommen ſind. Dieſe inter⸗ eſſanten Käfer kommen in allen Ländern mit Ausnahme von Auſtralien vor und find in den wärmeren Gegenden aͤrten⸗ reicher als im Norden. Ihre Färbung iſt meiſt bunt. Die N. großen, bis über 17 mm langen Arten haben oft auf ſchwar⸗ a droben. zem Grunde zierliche gelbe Zeichnungen, die kleineren, mit⸗ teleuropäiſchen haben wohlentwickelte Flügel und ſind vor⸗ herrſchend ſchwarz und ziegelrot, auf den Flügeldecken aber blau und grünlich ſchimmernd gefärbt. Zu den bekannteſten deutſchen Arten gehört der etwa 6—9 mm lange Bra- chynus crepitans L. (Abb., S. 381); Kopf, Halsſchild und Beine ſind ziegelrot, die ſeicht gerieften, nur fein punktierten Flügeldecken dunkelblau. Der Uferlaufkäfer, Elaphrus riparius L., iſt ein munteres Tierchen, das ſich tags⸗ über nicht unter Steinen oder in ähnlichen Schlupfwinkeln verborgen hält, ſondern den Sonnenſchein liebt und behend über den feuchten Uferrand dahinrennt oder ſich auf dem ſchlammigen Boden austrocknender Pfützen und auf naſſem Wieſengelände umhertreibt, während man ihn an trocknen Stellen immer vergebens ſuchen wird. Wenn er ſich verfolgt ſieht, ſo bringt er es gewöhnlich mit unglaublicher Geſchwindigkeit fertig, in irgendeiner kleinen Bodenſpalte zu verſchwinden oder ſich raſch unter einem faulenden Schilfſtengel oder in einem ähnlichen Schlupfwinkel zu verbergen. Die Bezeichnung „Raſchkäfer“, die der Uferlaufkäfer gleichfalls führt, iſt für dieſes flinke Kerlchen daher gar nicht übel gewählt. Der erzgrüne Körper der hier genannten Art, die in Deutſchland noch einige nahe Verwandte hat, iſt mit dichtſtehenden Punkten und jede Flügeldecke mit vier Reihen violetter, ein⸗ geſenkter Warzen verziert. Beim Männchen ſind die vier erſten Glieder der Vorderfüße etwas erweitert. Man hat zwei verſchiedene Tonapparate beobachtet, der eine, von Landois be⸗ ſchrieben, iſt am vorletzten Hinterleibsringe gelegen; hier iſt die Rückenſeite in drei Felder geteilt, von denen die beiden ſeitlichen am Hinterrande je eine etwas gebogene und ge⸗ zähnelte Leiſte tragen. Mit dieſen Leiſten reibt der Käfer gegen eine erhabene, ſtark geriefte 5 Ader, die ſich auf der Unterſeite ſeiner Flügeldecken befindet. Der andere, von Prochnow . . i | | j . ⁵—— — . 9 rr nn a käfern gehören der Gattung Zabrus Clairv. an, für die Laufkäfer: Uferlaufkäfer. Getreidelaufkäfer. Fingerkäfer. 383 aufgefundene und noch beſſer zur Lauterzeugung geeignete Apparat befindet ſich an der Beuge der ſtärkſten Unterflügelrandader, die dort mit Rillen verſehen iſt und gegen die ſcharfe Kante des dritten und vierten Hinterleibsringes gerieben werden kann. Beide Apparate kommen beim Offnen der Flügel und Flügeldecken in Tätigkeit. Zu den Lauffäfern, die gelegentlich maſſenweiſe auftreten und mitunter, vielleicht aus Not bei plötzlichem Nahrungsmangel oder auch aus anderen Gründen, zu Pflanzenfreſſern werden, gehört eine in Deutſchland ſehr verbreitete und häufige pechſchwarze Art mit gelb⸗ roten Fühlern, Taſtern und Beinen, der etwa 15 mm lange Pseudophonus pubescens Müll. Für gewöhnlich lebt zwar dieſer an ſeinen ſeidig glänzenden, graugelb behaarten Flügel⸗ decken leicht kenntliche Käfer wie die meiſten ſeiner Verwandten räuberiſch, hat ſich aber auch ſchon zu wiederholten Malen in Gärtnereien recht unliebſam bemerkbar gemacht. In ganzen Scharen kamen dann die Käfer nachts aus ihren Verſtecken hervor und fielen über Keimlinge und weiche Pflanzenteile her, fanden aber meiſt ganz beſonders an Erdbeeren Geſchmack und richteten dadurch zuweilen recht empfindlichen Schaden an. Die gefährlichſten Pflanzenſchädlinge unter den Lauf⸗ namentlich der gedrungene Körperbau ſowie das Vorhan⸗ denſein von zwei Enddornen, einem größeren und einem kleineren, an der Spitze der Hinterſchienen kennzeichnend iſt. Der Getreidelaufkäfer, Zabrus tenebrioides Goeze, ein ſchwarzer, unten dunkelbrauner Käfer von etwa 15 mm Länge und mit einer feinen Längslinie in der Mitte ſeines < E Halsſchildes, iſt in den öſtlichen Teilen Europas, namentlich Gerreibetuuftäfer 5 in Oſterreich⸗Ungarn, in Rußland ſowie in Preußen, Poſen und Sachſen wiederholt in ganz ungeheuren Maſſen aufgetreten. Tagsüber war von den Käfern freilich nichts zu ſehen, dann ſaßen ſie alle unter Erdſchollen und Steinen verborgen. Bei einbrechender Dunkelheit wurden ſie aber munter und kletterten an den Halmen empor, klammerten ſich mit den Mittel⸗ und Hinterbeinen an den Ahren feſt und verzehrten, nachdem ſie mit den Vorderbeinen die Spelzen auseinandergebogen hatten, die unreifen milchigen Körner. Wie Breiter berichtet, ſah ein Roggenfeld in der Grafſchaft Bentheim zur Fraßzeit der Käfer vom Abend bis zum folgenden Morgen von obenher geradezu ſchwarz aus, weil auch nicht eine einzige Ahre frei von den Freſſern war. In der Gefangenſchaft befindliche Getreidelaufkäfer verſchmähten auch Fleiſchkoſt nicht und gingen an Raupen und andere Inſekten heran. Die Larven halten ſich in der Erde verſteckt, graben ſich ſenkrechte, bis 20 cm tiefe Röhren in den Boden und werden ebenfalls ſchädlich, da ſie die Gewohnheit haben, nachts, wenn ſie hervorkommen, die zarten Blättchen der jungen Getreidepflanzen zu zerkauen und auszuſaugen, wodurch dann ſehr charakteriſtiſche, kleine Knäuel entſtehen, die bald austrocknen und überall wie dürre Pfröpfchen den Boden des befallenen Ackers bedecken. Die Fingerkäfer, Scarites F., bilden eine eigenartige, in mancher Hinſicht auf 5 urſprünglicher Stufe verbliebene Gruppe von Laufkäfern. Halsſchild und Hinterkörper werden bei ihnen durch eine tiefe, halsartige Einſchnürung voneinander getrennt, an der oben das Schildchen gelegen iſt. An den Fühlern ſetzt ſich das lange Grundglied ſcharf gegen die übrigen Fühlerglieder ab. Am großen Kopf fallen die beiden kräftigen, weit vorſtehenden Vorderkiefer auf, während die Vorderbeine zum Graben eingerichtet ſind und an der Außen⸗ ſeite ihrer Schienen kräftige Zacken ſowie an der Spitze meiſtens einen längeren, fingerartigen 384 Käfer. Dorn tragen. Zu den ſchönſten und größten Arten dieſer Gruppe gehört die prächtige, an den Körperſeiten goldig ſchillernde, ſonſt ſchwarz gefärbte Mouhotia gloriosa Cast., die Fingerkäfer, Sca- rites procerus Dej. Man muß dieſe in Hinterindien heimiſch iſt und den Pasimachus-Arten des tropiſchen Amerikas naheſteht. Der Rieſenfingerkäfer, Scarites gigas Schrödte, bewohnt die Waldgebiete des tropiſchen Afrikas und hält ſich vermutlich im modernden Holz auf. In Mittel- und Nordeuropa vermiſſen wir die Gattung Scarites F., die aber noch im ganzen Mittelmeergebiete vertreten iſt. Unſere Abbildung zeigt den ſchwarzen ſüdeuropäiſchen Scarites pro- cerus Dej., einen gefräßigen, mit kräftigen Kiefern ausgeſtatteten Räuber, der wie verſchiedene verwandte Arten in der Nähe der Meeresküſte ſenk⸗ rechte Röhren in den Sand gräbt und ſich in ihnen tagsüber verſteckt hält. An die ſonderbaren Fingerkäfer ſchließen ſich eng die Handkäfer oder Dyschirius⸗Arten an, von denen mehrere auch in Deutſchland vorkommen. kleinen Käferchen an Gewäſſern oder an der Meeresküſte ſuchen. Sie haben ſämtlich die Gewohnheit, ſich in den feuchten Boden einzugraben. Die verborgene Lebensweiſe vieler Laufkäfer, die ſich gern unter Steinen oder in der Geſpenſtlaufkäfer, Erde verſtecken, hat bei manchen Arten zu einer Anpaſſung an den Aufenthalt in Grotten und Höhlen geführt, in denen die Tiere dann dauernd in völliger Finſter⸗ nis leben. Die Gattung Anophthalmus Sturm liefert hierfür hübſche Beiſpiele. Zu ihr gehören Arten, die im Alpen⸗ gebiet unter Steinen leben, und ſolche, die nur unterirdiſch vorkommen und aus europäiſchen und amerikaniſchen Höh⸗ len bekannt ſind. Der Dalmatiniſche Höhlenkäfer, Anophthalmus dalma- tinus Mill., wird etwa 5—6 mm lang und hat noch das gelbbraune Kolorit zahlreicher oberirdiſcher Laufkäfer bei⸗ behalten, ohne die fahle, gelblichweiße Färbung anzunehmen, die ſo viele andere Höhlentiere auszeichnet. Der Aufenthalt im Dunkeln hat aber doch ſeine Wir⸗ kungen ausgeübt, denn unſer Höhlen⸗ käfer entbehrt nicht nur der Unterflügel, 2 8 ſondern iſt auch völlig blind. Ihm fehlen ee en, Sud ſomit zwei wichtige Organe, die ihm bei der unterirdiſchen Lebensweiſe keinen Nutzen mehr 30 konnten, aber noch vielen ſeiner oberirdiſchen, unter Steinen hau⸗ ſenden Verwandten aus der Gattung Trechus Clairv. zukommen. Ein weiteres ſchönes Beiſpiel von Anpaſſung an eine beſondere Lebensweiſe zeigt uns der obenſtehend abgebildete Geſpenſtlaufkäfer, Mormolyce phyllodes Hagenb., ein ganz merkwürdiges Weſen, das mit ſeinem überaus flachen und breiten Körper zunächſt a ee due rt u * 8 Laufkäfer. Amphizoidae Schwimmkäfer. 385 überhaupt gar nicht wie ein Laufkäfer ausſieht. Die Mormolyce erreicht ungefähr eine Länge von 8 em. Die Oberflügel ſind ſtark verbreitert und ragen ſeitlich weit über die Körper⸗ ränder hinaus. Die Farbe iſt düſter, Fühler und Beine ſind ſchwarz, das übrige pechbraun und nur die dünnen, durchſcheinenden Ränder etwas lichter gefärbt. Dieſes abenteuerlich ausſehende Tier hält ſich verſteckt, ſitzt unter der trockenen abgehobenen Borke morſcher, am Boden liegender alter Baumſtämme verborgen, und hierbei kommt ihm auch ſein flacher Körper ſehr zuſtatten, mit dem es ſich leicht unter die Rinde einzwängen kann. Innerhalb der Laufkäferfamilie gibt es ſchon einige Arten, die ihre Wohnſitze immer nur an feuchten Stellen oder am Uferrande haben. Bei den nächſtverwandten Familien geht die Gewöhnung an das naſſe Element noch einen Schritt weiter, ſo daß die Käfer zu richtigen Waſſertieren werden, die nicht mehr am Ufer, ſondern im Waſſer ſich aufhalten, ohne dabei freilich die nahe Verwandtſchaft zu den landbewohnenden Karabiden zu ver⸗ leugnen. Sehen wir von der artenarmen, nur in Aſien und Nordamerika vertretenen Familie der Amphizoidae ab, ſo ſind als wichtigſte Gruppe die eigentlichen Schwimm⸗ käfer Dytiscidae) zu nennen, die ſowohl in ihren fadenförmigen elfgliederigen Fühlern als auch im Bau ihrer Mundteile und der zweigliederigen und taſterähnlich geſtalteten Außen⸗ lade der Mittelkiefer unverkennbar an Laufkäfer erinnern. Ihre Geſtalt iſt allerdings eine andere; ſie iſt der Fortbewegung im flüſſigen Medium angepaßt und daher in der Regel mehr oder minder von oben nach unten abgeplattet, ebenſo ſind die Hinterbeine zu Schwimm⸗ beinen umgeſtaltet und tragen an Schienen und Füßen ſtarre ſeitliche Borſten. Es iſt ein Vergnügen, dieſe Käfer im Waſſer ſich tummeln zu ſehen. Mit kräftigen, ruhigen Stößen rudern ſie wie geübte Schwimmer unter gleichzeitiger Bewegung ihrer beiden Hinterbeine ſicher und gewandt umher, den Kopf dabei ſchräg nach unten neigend. Von Zeit zu Zeit müſſen ſie emporſteigen, um ihr Atembedürfnis zu befriedigen. Dabei ſtrecken ſie die Hinterleibsſpitze über den Waſſerſpiegel, nehmen etwas atmoſphäriſche Luft unter die Flügeldecken auf und eilen mit dem friſchen Vorrat raſch wieder in die Tiefe hinab, wobei meiſtens ein kleines, ſilberglänzendes Luftperlchen an der Hinterleibsſpitze des Käfers haften bleibt. Die Dytisziden ſind außerdem gute Flieger. Sie machen von dem Flug⸗ vermögen in der Regel dann Gebrauch, wenn ihre Wohngewäſſer austrocknen, verlaſſen bisweilen aber auch aus anderen Gründen in warmen Sommernächten ihr Revier, ſchwirren durch die laue Luft und fallen in entferntere Gewäſſer ein. Nicht ſelten findet die Wander⸗ fahrt ein unrühmliches Ende in Regentonnen, in den Waſſerbehältern von Gaſometern und ähnlichen, zum dauernden Aufenthalt ungeeigneten Orten, oder man ſieht die Wanderer am nächſten Morgen hilflos und halb betäubt weit vom Waſſer entfernt irgendwo auf dem Rücken liegen, oft in der Nähe von Glasſcheiben oder ſpiegelnden Teerflächen, die den fliegenden Käfer wie eine blinkende Waſſermaſſe angezogen hatten. Zur Überwinterung ziehen ſich die Tiere in den Bodenſchlamm des Gewäſſers zurück, ſofern fie nicht am Ufer⸗ rande Schlupfwinkel unter Moos und Wurzelwerk aufjuchen. Alle Schwimmkäfer leben räuberiſch, die größeren Arten greifen auch Fiſche an und werden hierdurch ſchädlich. Die ſonſtigen Eigentümlichkeiten werden wir am beſten bei dem als Hauptvertreter genauer zu ſchildernden Gelbrandkäfer kennenlernen. Hier ſei nur noch erwähnt, daß die Schwimm⸗ käferfamilie in weit über 1500 Arten über die ganze Erde verbreitet iſt und ebenſowohl die Gewäſſer des Binnenlandes wie die der Meeresküſten, die Teiche der Ebene wie die des Hochgebirges bevölkert. Die Schwimmkäfer heißer Länder ſind an Farbenreichtum den Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. | 25 386 f Käfer. europäiſchen Arten nicht überlegen. Schwarz und Braun, bei den größeren Arten wohl auch Olivengrün mit oder ohne gelbliche Zeichnungen bilden den einzigen Farbenſchmuck dieſer Tiere. Der in ganz Europa verbreitete Gelbrandkäfer, Dytiscus marginalis L., gehört zu den ſtattlichſten Arten. Die Abbildung zeigt einen dieſer Käfer im Augenblicke des Luft⸗ holens und läßt auch den eigentümlichen Geſchlechtsunterſchied zwiſchen Männchen und Weibchen erkennen. Der männliche Käfer iſt durch Verbreiterung der erſten drei Fußglieder an den Vorder- und Mittelfüßen ausgezeichnet. Die Sohlenfläche dieſer Glieder trägt eine große Zahl winziger, geſtielter, chitinöſer Saugnäpfchen, von denen an jedem Mittelfuß etwa 1500 und an jedem Vorderfuß etwa 150175 vorhanden find. Außer den kleinen Näpfchen ſind an jedem der beiden ſcheibenförmig erweiterten Vorderfüße noch zwei größere, gleich⸗ falls geſtielte e angebracht. Dieſe zahlreichen . wirken ohne Zuhilfe⸗ nahme von Muskeln, le⸗ füße feſt gegen irgend⸗ eine glatte Fläche, etwa Aquariums, anzudrücken und bleibt dann ſofort infolge der Saugwirkung Gelbrandkäfer, Dytıscus marginalis L. Links Männchen Luft holend, rechts Weib⸗ ; 3 N chen bei der Eiablage. Schwach verkleinert. Füße oder ſeine Kiefer zu den Haftfüßen macht der Käfer zum Feſthalten ſeiner Beute und ganz beſonders auch dann Ge⸗ brauch, wenn er ſein Weibchen packen will, dem ſolche Haftorgane fehlen. Ein weiterer Unter⸗ ſchied zwiſchen Männchen und Weibchen kommt teilweiſe noch durch die vers chiedenartige Bau⸗ art der Flügeldecken zuſtande. Bei vielen weiblichen Käfern ſind die Decken nämlich in ihrer Grundhälfte ſtark längsgefurcht, während ſie bei den männlichen Käfern immer glatt ſind. Anderſeits gibt es auch Weibchen, die ich im Bau der Flügeldecken nicht von den Männchen | unterſcheiden. Über die Bedeutung des Dimorphismus, der Zweigeſtaltigkeit bei den weib⸗ lichen Gelbrandkäfern, ſind recht verſchiedene Meinungen geäußert worden. Hat man doch auch hier wie anderwärts gemeint, nach beſonderen Zweckmäßigkeitsgründen ſuchen zu müſſen, und gejagt, die gerippten Flügeldecken dienten in dieſem Falle dazu, das Feſthalten der Männ⸗ chen auf dem Rücken des Weibchens zu erleichtern, eine Anſicht, die grundfalſch ift, erſtens weil die Haftſcheiben nur an glatten Flächen kleben und zweitens weil die Männchen das Weibchen gar nicht an den Decken, ſondern am Halsſchilde packen. Wir können aber, ohne uns allzuſehr in das ſpekulative Gebiet zu begeben, mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß die Weibchen, die gefurchte Decken haben, dem urſprünglichen Zuſtande näher ſtehen, denn im Flügelbau erinnern ſie noch am meiſten an ihre laufkäferartigen, auf dem Lande lebenden Verwandten, die gleichfalls ſehr häufig durch längsgerippte Flügeldecken ausgezeichnet find. diglich dank der Elaſtizität ihres Chitins, ganz äfn lich wie Schröpfköpfe: der männliche Käfer braucht nur feine Haft- Hilfe nehmen muß. Von gegen die Glaswand eines 2 hängen. Er hängt nun ſogar ſo feſt, daß er zum Freimachen die übrigen rn nn Schwimmkäfer: Gelbrandfäfer. 387 Wenn wir den ſchönen, oben olivgrünen, mit ſchmalem gelben Rande verzierten, unten bräunlichgelben Gelbrandkäfer aus dem Waſſer herausfiſchen, fo fällt die trockene Beſchaffenheit ſeiner Oberfläche auf, die unbenetzbar bleibt. Zahlreiche, in der ganzen Körperhaut verteilte Firnisdrüſen find die Urſache hiervon und erhalten mit ihrem Sekrete die Oberfläche des Käfers dauernd ölig. Den weißen Saft dieſer Drüſen kann man am deutlichſten am Halsſchilde ſehen, wo er häufig in größeren Mengen abgeſondert wird. Anderer Natur iſt die braune Flüſſig⸗ keit, die die gefangenen Schwimmkäfer zu ihrer Verteidigung aus dem After von ſich geben. Der Gelbrand ſteht als arger Räuber in ſchlimmem Rufe. Unter der übrigen Tierwelt ſeines Gewäſſers hauſt der ſtarke, gefräßige Käfer in furchtbarer Weiſe. Er überwältigt Waſſer⸗ inſekten aller Art und zermalmt ſie mit ſeinen kräftigen Kiefern, wobei er in ſeiner Gier ganze Chitinſtücke mit verſchlingt, die er ſpäter wieder auswürgt. Ebenſo fällt er ſchonungslos über Kaulquappen und junge Fiſchbrut her und greift ſogar ausgewachſene Molche und große Fiſche an, denen er ungeachtet ihres verzweifelten Sträubens tiefe Löcher in den Leib frißt. Das Fortpflanzungsgeſchäft kann beim Gelbrand zu verſchiedenen Jahreszeiten, im Frühjahr oder im Herbſt, vor ſich gehen. Unruhig ſtreifen dann die paarungsluſtigen Männ⸗ chen im Waſſer umher, bemerken aber, wie aus den Beobachtungen von Blunck hervorgeht, die Weibchen immer erſt, wenn ſie ſich ihnen ſchon bis auf 20—30 em genähert haben. | Jetzt bemächtigt ſich des Männchens eine gewiſſe Aufregung, die Fühler, mit denen es das Weibchen zuerſt gewittert, ſpielen hin und her, es jagt in raſchen Schwimmbewegungen weiter, um ſich dann plötzlich, wenn es in Sehweite des Weibchens gekommen iſt und letz⸗ teres erblickt hat, blitzſchnell von oben her darauf zu ſtürzen und das Weibchen feſtzuhalten. Die Haftſcheiben ſeiner Vorderbeine preßt das Männchen dabei an die ſeitlichen Rand⸗ partien des weiblichen Halsſchildes, wobei die Krallen den Bruſtrand umklammern. Die weit nach hinten ausgeſtreckten Mittelbeine umgreifen mit ihren Krallen den Seitenrand der Flügeldecken beim Weibchen. Die Hinterbeine dagegen bleiben frei, mit ihnen kann das Männchen rudern, und unter wilden Schwimmſtößen ſtürmen jetzt die feſt miteinander verankerten Tiere durch das Waſſer. Hierbei bleibt das Männchen aber nicht untätig, | ondern ſucht ſein Weibchen, das ſich zunächſt noch recht ſpröde und ablehnend verhält, zu gewinnen, wozu es als Verführungsmittel ziemlich laute, tickende oder klopfende Töne verwendet, die es in Ermangelung beſonderer Zirpeinrichtungen ſo zuſtande bringt, daß es an ſeinen Hinterbeinen den Oberſchenkel über die Vorderkante des Schenkelringes ſpringen läßt. Solchen Locktönen vermag das Weibchen nicht zu widerſtehen, es gibt ſich dem Männchen hin, und erſt nach ſtunden⸗ oder ſogar tagelang währender Vereinigung trennen ſich die beiden Tiere wieder voneinander. ü | Wenn im Frühjahr die Schneeſchmelze eingetreten ift und die Waſſerpflanzen zu treiben beginnen, nimmt auch die Legezeit des Gelbrandes ihren Anfang, die etwa im Juni ihr Ende zu finden pflegt. Das Weibchen ſucht friſche Waſſerpflanzen auf, klammert ſich an einen Stengel mit Hilfe ſeiner Vorder⸗ und Mittelbeine an, beißt ſich auch wohl noch mit den großen Vorderkiefern feſt und ſtützt ſich währenddeſſen auf die Krallen ſeiner nach unten ausgeſtreckten Hinterbeine. Dann kommt am hinteren Körperende ein ſäbelartiger Lege⸗ apparat zum Vorſchein, mit dem die Pflanze aufgeſchlitzt und ein längliches weißes Ei hineingeſchoben wird. Nach und nach wird auf dieſe Weiſe eine ganze Anzahl von Eiern, in jedem Einſchnitt aber immer nur eins, untergebracht. Wie wichtig für die Entwickelung der Nachkommenſchaft der Aufenthalt der Eier in dem grünen, chlorophyllhaltigen Pflanzen⸗ gewebe iſt, zeigt ſich darin, daß die Eier, die die Dytiscus⸗Weibchen im Aquarium einfach 25 * 388 Kaüäfet auf den Boden fallen laſſen, ſelbſt bei Anwendung aller Sorgfalt faſt ausnahmslos zugrunde gehen. In den Pflanzenſtengeln kann ſich ihre Entwickelung aber ungeſtört vollziehen. Winzig kleine Larven wimmeln ſpäter im Waſſer umher, die nach 4—5 Tagen etwa 10 mm lang ſind. Auf der untenſtehenden Abbildung ſehen wir ſolche Schwimmkäferlarven im ausgewachſenen Zuſtand. An dem geſchmeidigen Körper ſitzen vorn am Kopf zwei ge⸗ krümmte, ſpitzige Saugzangen, die den Vorgerkeſengt entſprechen und der Länge nach von einem Kanal durchzogen ſind. Die Dytiscus⸗Larve lebt ebenſo räuberiſch wie der fertige Käfer. Allerlei Inſekten⸗ larven, Waſſeraſſeln, Kaulquappen und ſogar junge Fiſchchen fallen ihr zum Opfer. Die nadelſcharfen Saugzangen werden in die Beute eingeſchlagen und dabei in letztere eine braune, aus dem Verdauungskanal der Schwimmkäferlarve ſtammende Flüſſigkeit ein⸗ geſpritzt. Hierdurch wird das Opfer in kürzeſter Zeit wehrlos gemacht, denn die Flüſſigkeit, in der ein eiweißlöſendes Fer⸗ ment enthalten iſt, verwandelt die Kör⸗ pergewebe ſehr raſch in einen flüſſigen Brei. Der Räuber hat es jetzt bequem. Er braucht nur mit ſeinen Saugzangen den Nährbrei einzuſchlürfen und läßt von den ausgeſogenen Inſekten und Aſſeln weiter nichts als die leere Haut übrig. Zur Atmung ſteigt die Schwimmkäfer⸗ larve an den Waſſerſpiegel und nimmt Luft ein. Im fertigen Zuſtande verläßt Larven des Gelbrandkäfers, Dytisens marginalis L. oder in einer kleinen Erdhöhle zur Puppe \ Etwas verkleinert. um, deren Entwickelungsdauer von der Jahreszeit abhängt; im u Sommer entſteht aus der Puppe ſchon nach etwa drei Wochen ein neuer Käfer, während die erſt im Herbſt zur Verwandlung gelangten Puppen überwintern. durch das geöffnete letzte Stigmenpaar Bi fie aber das Waſſer und wandelt ſich am feuchten Uferrand unter Raſenſtücken Außer dem Gelbrandkäfer kommen noch mehrere verwandte Arten in Deutſchland 85 vor, die an Leibesumfang aber alle von dem Breiten Gelbrand, Dytiscus latissimus L., übertroffen werden. Der breite Schwimmkäfer, der ſtattlichſte Waſſerbewohner aus dieſer Gruppe, iſt ungewöhnlich flach und breit und ringsum am Halsſchild ebenſo wie an ſeinen Flügeldecken gelb gerandet. Er gilt im allgemeinen als ſelten, hauptſächlich wohl deswegen, weil er ſich weniger in kleinen Gewäſſern zeigt. In den großen fiſchreichen Seen der nord⸗ deutſchen Tiefebene wird er aber zur Winterzeit, wenn die Netze unter dem Eiſe hervor⸗ geholt werden, manchmal zu vielen Hunderten gefangen. Von den vielen kleineren Schwimmkäfern führen wir den in ſtehenden Gewäſſern Deutſchlands häufigen Furchenſchwimmer, Acilius sulcatus L., an; ſein Unterſchied im Vergleich zur Gattung Dytiscus L. beſteht in ungleichen Krallen an den Hinterfüßen, deren obere feſt bleibt, während bei Dytiscus die beiden ziemlich gleichgroßen Endkrallen beweglich find. Die Acilius⸗Männchen haben eine deutliche, ſcheibenförmige Erweiterung an den Vorderfüßen, die Weibchen führen auf den vier Zwiſchenräumen zwiſchen ihren N we“ e Schwimmkäfer: Gelbrand. Furchenſchwimmer. Zwergſchwimmkäfer. 389 wenigen, die ganze Länge der Flügeldecken durchziehenden Riefen zottige Behaarung und haben auch je ein Haarbüſchelchen rechts und links am Ende der queren gelben Mittellinie ihres Halsſchildes. Der Körper iſt oben ſchwarzbraun, unten l mit Ausnahme einiger gelblicher Flecke am Bauche. Die Lebensgeſchichte der Furchenſchwimmer, die in neuerer Zeit hauptſächlich durch die Beobachtungen von Blunck bekanntgeworden iſt, erinnert ſehr an die des Gelbrandes. Im Sommer oder Herbſt verläßt der Furchenſchwimmer ſein dünnwandiges, im feuchten Erdreich befindliches, etwa kirſchgroßes kugeliges Puppenhaus und beginnt, wenn er den Winter im Waſſer, in Teichen oder Tümpeln überdauert hat, etwa im März mit ſeinem Fortpflanzungsgeſchäft, das ſich bei ihm bis in den Frühſommer fortſetzen kann. Die Eier werden nicht in Waſſerpflanzen eingeſenkt, ſondern dicht oberhalb des Waſſerſpiegels in Holzteilen, zwiſchen Graswurzeln oder unter Baumrinde verſteckt. Die auffallend klein⸗ köpfigen und durch einen ſchlanken Halsteil ausgezeichneten Larven können mit ihren ſchwachen Mundteilen größeren Tieren nicht gefährlich werden. Ihre Hauptnahrung bilden, wenigſtens in den erſten Lebensſtadien, kleine Planktonkrebschen, deren Körperſäfte ſie ausſaugen. Weſenberg⸗Lund ſah, wie dieſe Larven auch kleinen, an Waſſerpflanzen um⸗ herkriechenden Muſchelkrebschen nachſtellten und eins nach dem andern ſozuſagen von den Pflanzen abpflückten. Auch dicht unter der Oberfläche des Waſſers ſollen ſich dieſe kleinen Räuber gelegentlich aufhalten und, wenn ſich ihnen Gelegenheit bietet, ein aus der Luft herniederſchwebendes kleines Inſekt packen, es raſch zu ſich in die kühle Flut hinabziehen und es dort nachher in aller Gemächlichkeit ausſaugen. Die kleinſten Schwimmkäfer von durchſchnittlich kaum 4,5 mm Länge gehören ber Gattung Hydroporus Clairv. an und find daran kenntlich, daß an den beiden vorderen Bein⸗ paaren nur vier Fußglieder deutlich ausgebildet ſind. Dieſe Gattung iſt die umfangreichſte der ganzen Familie. Mehr als 250 Arten ſind ſchon beſchrieben worden, und zwar haupt⸗ ſächlich aus Europa und Nordamerika. Viele von ihnen zeichnen ſich durch dunklere Fär⸗ bungen auf hellem Grunde aus und bekommen dadurch ein ſcheckiges Außere, wie der in ganz Europa verbreitete Hydroporus halensis F., der auf dem Halsſchilde zwei ſchwarze Makeln und auf den Flügeldecken teilweiſe zuſammenfließende, dunkle Längsbinden hat. Die Zwergſchwimmkäfer haben noch mehrere Vertreter im Hochgebirge, wo ſie teils die flachen, von der Sonne leicht erhitzten Tümpel und offenen Waſſerlachen, teils die in tiefen Felsſchründen verſteckt liegenden eiskalten Waſſerbecken bewohnen. In letzteren lebt z. B. der bräunlichgelbe, auf den Flügeldecken ſchwarz längsgeſtreifte Hydroporus griseostriatus Deg. (Deronectes), ein echt alpines Käferchen, das in den Hochalpen nicht ſelten iſt, ebenſo aber auch die nur wenige Wochen hindurch auftauenden Gewäſſer im hohen Norden Europas bevölkert. Außer dieſer Art gibt es noch manche andere Schwimmkäfer von ähnlicher Ver⸗ breitung, die ebenfalls im Hochgebirge und in den arktiſchen Zonen vorkommen, während ſie in allen dazwiſchen gelegenen Gebieten entweder ganz fehlen oder doch nur ſtellenweiſe zu finden ſind. Wir werden wohl nicht fehlgehen, wenn wir die eiſigen Gewäſſer in der Nähe von Gletſchern und Schneefeldern als die Heimat dieſer Tierchen anſehen, die ſich zur Eiszeit vermutlich über ganz Mitteleuropa ausbreiteten, dann aber ſpäter, als das Klima ſich änderte und die Gletſcher dahinſchmolzen, ihren Rückzug teils in das unwirtliche Hoch- gebirge, teils in die nordiſchen Sumpfregionen angetreten haben. So werden die kleinen Schwimmkäfer für den Naturforſcher recht intereſſant. Wie an ſo manchen höheren Tieren, 3. B. Schneehaſen oder Schneehühnern, läßt ſich auch an ihnen ſehen, daß dereinſt vor 390 g Käfer. ö = vielen Tauſenden von Jahren die Tierwelten, die jetzt auf die Hochalpen und den hohen Nor⸗ den beſchränkt ſind, noch miteinander in unmittelbarer Verbindung geſtanden haben müſſen. Die Waſſertreter (Haliplidae) find in mancher Hinſicht weniger vollkommen als die Schwimmkäfer an den Aufenthalt im Waſſer angepaßt. Es ſind kleine, räuberiſch lebende Käferchen mit meiſt grob punktzerker Oberſeite. Die fadenförmigen Fühler beſtehen nur aus zehn Gliedern. Das hüften ſind zu großen, nach hinten ver⸗ längerten Platten umgeſtaltet. Die Hin⸗ terbeine ſind Schwimmbeine, werden aber nicht gleichzeitig zu Schwimmſtößen dieſer Waſſertreter, Cnemidotus caesus Duft., ein blaßgelbes Käferchen, das ober⸗ Schildchen ift nicht ſichtbar. Die Hinter- benutzt, ſondern abwechſelnd tretend be⸗ wegt. Auf unſerem Bilde ſehen wir einen ſeits einige dunklere Flecke trägt, gerade im Begriffe, an einer Waſſerpflanze em⸗ paorzukriechen. An den gleichen Aufent⸗ haltsorten in ſtehenden oder langſam Waſſertreter, Cnemidotus caesus Duft., und ſeine Larve. 1 : = j er fließenden Gewäſſern leben auch die zu gehörigen Larven der Waſſertreter, die ſich von Schwimmkäferlarden weſentlich unterſcheiden. Die Cnemidotus⸗Larve hat keine Atemlöcher, trägt aber am hinteren Körperende zwei lange, gegliederte Schwanzanhänge und iſt am Körper mit nicht weniger als 22 Paaren langer, fadenförmiger gegliederter Kiemenanhänge beſetzt, die ihr ein recht ſonderbares Ausſehen geben. An die Schwimmkäfer reihen ſich die Hygrobiidae (Pelobiidae) an, die in Europa nur durch eine in Teichen und ſchlammigen Gräben heimiſche Art, Hygrobia tarda Herbst, vertreten ſind. Der rötlichbraune, bis 10 mm lange, ſtark gewölbte Käfer iſt durchaus nicht immer träge, wie der wiſſenſchaftliche Artname vermuten läßt, ſondern vermag ziemlich raſch unter ſtrampelnden Bewegungen feiner Hinterbeine zu ſchwimmen. Einer der Haupt⸗ unterſchiede gegenüber den Schwimmkäfern beſteht in der Abtrennung der Hinterbruſt von den Hinterhüften durch eine quer verlaufende Linie. Letztere ſind nicht plattenförmig er⸗ weitert. Durch Reibung der Hinterleibsſpitze gegen die Unterſeite der Flügeldecken kann dern Käfer einen zirpenden Ton von ſich geben. Seine Larve, deren Vorderkiefer noch nicht von einem Saugkanal durchzogen find, trägt an der Unterſeite fadenförmige Kiemen. Die Käfer der beiden letztgenannten Familien ſind unſcheinbare Tierchen, die in der Regel nur der Sammler mit ſeinem geübten Blick in ihren Schlupfwinkeln zu finden weiß. Anders liegt es bei den Taumelkäfern (Gyrinidae), die dem gleichen Verwandtſchafts⸗ kreiſe angehören, und die oft genug an ſchönen Tagen auf der ruhigen Waſſerfläche eines Teiches oder der ſtillen Bucht eines Baches ihre glitzernden Kreiſe ziehen. Ihr dunkler, glänzender Körper ſchimmert im Sonnenſchein wie poliertes Metall. Bald gruppiert ſich die kleine Geſellſchaft an einem Punkte, bald beſchreibt der eine Käfer einen größeren Kreis, 5 ee — — . ernten 1 1 En 1 eee l ſind die kurzen, elfgliederigen Fühler gebaut. Das Wurzelglied iſt groß, das | Waſſertreter. Hygrobiidae Taumelkäfer. 391 der b welle folgt, ein dritter vollendet den Bogen in der entgegengeſetzten Aung, ein vierter zeichnet andere Kurven und Spiralen, und ſo kommen ſie einander im wechſelnden Spiele bald näher, bald jagen ſie auseinander. Bei jeder Störung zerſtreuen ſich die kleinen Schwimmer aber blitzſchnell, und es dauert dann immer geraume Zeit, bis ſie ſich wieder zum alten Spiele vereinigen. An rauhen, unfreundlichen Tagen iſt von ihnen überhaupt nichts zu ſehen, weil ſie ſich am Uferrande oder auf dem Grunde des Waſſers verborgen halten. Unter Waſſer klammert ſich der Taumelkäfer in der Regel nur mit den Mittelbeinen feſt, ſtreicht zeitweiſe mit den Vorderbeinen putzend über Kopf und Vorderkörper, kann aber auch das vordere Beinpaar zum Klettern oder zum Feſthalten benutzen. Gleich den Schwimmkäfern können die Taumelkäfer fliegen. Sie kriechen zu dieſem Zwecke an einer Uferpflanze empor, lüften die Flügeldecken und bewegen den Hinterleib lebhaft auf und nieder, bis ſie ſich ſchwirrend mit einem Male in die Luft erheben. Der hier dargeſtellte Taumelkäfer, Gyrinus natator L., gehört zu den häufigſten Arten. Wie bei allen Gyrinus⸗ Arten iſt der ovale Körper an der Bauchſeite etwas flach⸗ gedrückt, oberſeits ſtärker gewölbt, die abgeſtutzten Flügeldecken laſſen das Se unbedeckt. Die aus freien, kegelförmigen Hüften entſpringenden Vorder⸗ beine ſind armartig verlängert. Mittel- und Hinterbeine find durch Ver⸗ breiterung der Schienen und Füße zu förmlichen Floſſen geworden und werden alle vier beim Schwimmen als Ruder benutzt. Sehr ſonderbar zweite ohrförmig und am Rande bewimpert, während die übrigen folgen⸗ den Glieder ganz klein bleiben und eng zuſammengedrückt find. Ungewöhn⸗ zaumertäfer, lich iſt auch der Bau der Augen, die durch einen breiten Querſtreifen volf- Syrinus natator Z. Vergrößert. kommen in eine obere und eine untere Hälfte zerteilt werden, ſo daß der 5 am Waſſerſpiegel feine Kreiſe ziehende Käfer gleichzeitig mit den oberen Augenteilen in die Luft, mit den unteren aber in das Waſſer ſchauen und ſowohl die von oben wie von unten nahende Beute oder ihm drohende Gefahren ſchnell bemerken kann. Die Gyrinus⸗Larven haben einen ſchmalen, geſtreckten Körper. Ihre mäßig langen Beine ſind zweiklauig, der neungliederige Hinterleib endigt in einer Afterröhre. Die wichtigſte Eigentümlichkeit der Taumelkäferlarve ſind aber die ſchmalen, bewimperten Kiemenanhänge, die an den erſten acht Ringen der Hinterleibsſeiten in je einem Paar, am neunten Hinter⸗ leibsring in zwei Paaren angebracht ſind. Die Vorderkiefer ſind durchbohrt. Die Ver⸗ puppung findet in einem kleinen, beiderſeits zugeſpitzten Gehäuſe ſtatt, das eine pergament⸗ artige Beſchaffenheit beſitzt und an einer Waſſerpflanze oder am Uferrande befeſtigt wird. Die Familie der Taumelkäfer iſt in mehr als 300 Arten über den größten Teil der Erde verbreitet. Außer verſchiedenen Arten der in ſtehenden Gewäſſern vorkommenden Gattung Gyrinus L. finden wir in Europa in raſch fließenden Bächen den Orectochilus villosus Müll., der leicht an dem unterſeits längs der Mitte behaarten letzten Leibesring erkennbar iſt. In den heißen Erdſtrichen leben zum Teil recht ſtattliche Taumelkäfer, wie beiſpielsweiſe An⸗ gehörige der Unterfamilie der Enhydrinae, die an Körpergröße unſeren mittelgroßen europäiſchen Schwimmkäfern 3 ſind. a Auf karabidenartige Shäkmnionnen laſſen ſich außer den Waſſerkäſern auch noch mehrere andere Familien zurückführen, mit denen wir die Reihe der adephagen Käfer be⸗ ſchließen wollen. Einige beanſpruchen unſer Intereſſe nur in geringem Maße, wie die kleine 392 | Käfer. Gruppe der Rhysodidae, zu denen geſtreckte, hart chitiniſierte Käferchen gehören, die unter Baumrinden oder in morſchem Holze leben. In Deutſchland ſind ſie ſelten, aber immerhin durch den braungefärbten Rhysodes sulcatus F. vertreten. Kennzeichnend ſind die ſehr kurzen, perlſchnurförmigen, elfgliederigen Fühler. Der Kopf iſt am Grunde kragen⸗ artig abgeſchnürt und an der Stirn mit zwei tiefen Längsrinnen verſehen. Bemerkenswerter find die Fühlerkäfer (Paussidae), die mit ihren großen, löffel⸗ ähnlichen Fühlern recht ſonderbar ausſehen. Mit Ausnahme der einfachſten Formen, wie Protopaussus Gestro, die noch elfgliederige Fühler haben, find bei den Pauſſiden nur zwei Fühlerglieder entwickelt, ein kurzes Grundglied und ein enorm vergrößertes Endglied, das bei den vollkommenſten Formen auf der einen Seite ganz ähnlich wie eine Ohrmuſchel ausgehöhlt iſt. Die Flügeldecken laſſen das hinterſte Leibesende unbedeckt, das dafür einen wirkſamen Schutz in einem Bombardierapparat beſitzt. Wenn die Paussus⸗Käfer gereizt werden oder in Not geraten, ſo pflegen ſie von ihrem Bombardiervermögen ausgiebigen Gebrauch zu machen, das auf denſelben Einrichtungen wie bei den Brachynus⸗Arten beruht. Rechts und links neben dem Enddarm iſt nämlich je ein Drüſenſack gelegen, der mit Gas oder mit einer flüſſigen Ausſcheidung gefüllt iſt, die der Käfer exploſionsartig entweichen laſſen kann. Loman ſtellte feſt, daß in den Drüſenausſcheidungen von Cerapterus horsfieldi Westw. freies Jod enthalten iſt, während der Drüſenſaft bei den Arten von Pentaplatharthrus Westw. die menſchliche Haut für mehrere Tage blutrot färben kann. Eigentümliche Haar⸗ büſchel, die die Fühlerkäfer an ihrem Körper tragen, ſind ein Zeichen dafür, daß bei ihnen die Lebensweiſe manches Bemerkenswerte haben muß. | Zur Zeit der Bernſteinbäume waren die Paussus⸗Käfer auch noch in unſeren Breiten vorhanden, in denen damals wohl noch ein erheblich milderes Klima herrſchte; heute ſind ſie hauptſächlich auf die Tropenländer beſchränkt, in denen zum Teil recht anſehnliche Arten leben. Dort ſchwärmen ſie nachts umher und fliegen häufig an das Licht, halten ſich aber tagsüber gewöhnlich in Ameiſenneſtern verſteckt, wo man auch die beiden europäiſchen Arten, den in Südfrankreich, Spanien und Nordafrika heimiſchen Paussus favieri Fairm. und den in Kleinaſien ſowie den angrenzenden öſtlichen Mittelmeergebieten lebenden Paussus turcicus Friv., am leichteſten erbeuten kann. Die letztgenannte Art, einen etwa 6 mm langen, braun- gefärbten Käfer, fand Eſcherich in den Kolonien von Pheidole pallidula N., einer beſonders kleinen Ameiſenart. Dort ſaß der Käfer träge und phlegmatiſch in einem der Neſtgänge von zahlreichen Ameiſen dicht umdrängt, die ſich eifrigſt abmühten, den im Verhältnis zu ihnen rieſigen Fremdling von allen Seiten möglichſt gründlich abzulecken, eine Tätigkeit, an der die Ameiſen offenbar ganz beſonderen Geſchmack fanden, denn wie andere Ameiſengäſte ſon⸗ dern auch die Paussus⸗Käfer an ihren Haarbüſcheln ätheriſche Säfte ab, die den Ameiſen überaus angenehm ſind. Nicht immer bleibt es bei dieſem harmloſen Belecken, oft ſah Eſcherich nämlich auch, wie die Ameiſen mit einem Male den Käfer an ſeinen großen Füh⸗ 5 lern packten und ihn wie einen Hund an den Ohren weiterzerrten, eine ſchnöde Behand⸗ lung, die ſich der Paussus aber gutmütig gefallen ließ, ohne Miene zu machen, ſeine kleinen Plagegeiſter abzuſchütteln. Letztere ſchienen übrigens mit dem Weiterzerren des Käfers auch keineswegs eine böſe Abſicht zu verbinden, ſondern wollten ihn, da ſie ihn eben als ihren Schützling betrachteten, nur genau wie ihre Brut behandeln, die ſie ja auch von Zeit zu Zeit bald an dieſe, bald an jene Stelle ihres Neſtes ſchleppen. | Die Beziehungen zwischen den Fühlerkäfern und den Ameiſen können freilich auch 1 Larven verzehrt ſind. Nachdem er nun fünf Arbeiter⸗ Rhysodidae. Fühlerkäfer. Kurzflügelkäfer. 393 ein andersartiges Ausſehen gewinnen. Als Eſcherich einſt einen arabiſchen Paussus in ein Neſt ſeiner Wirtsameiſen, ebenfalls einer Pheidole-Art, ſetzte, ſtürzten die Ameiſen ſogleich von allen Seiten erbittert auf den ungeſchlachten Eindringling los, der ſie an Körpergröße um ein Vielfaches überragte, und gaben ſich alle nur erdenkliche Mühe, ihn durch heftiges Beißen und Kneifen zu vertreiben. Aber auch hier ließ ſich der Paussus nicht aus ſeiner Ruhe bringen, er ſetzte langſam ſeinen Weg im Neſte fort, bis ſich die Ameiſen ſchließlich beruhigten und an ſeine Gegenwart gewöhnt wurden. Nur hier und da, ſchildert Eſcherich, ſind einige von den Ameiſenarbeitern noch mißtrauiſch, packen den Paussus⸗Käfer an, laſſen ihn aber immer ſofort wieder los und tun ihm auch nichts zuleide, obwohl er ſich in bedenklicher Weiſe mehr und mehr dem im Neſtinnern gelegenen Raum nähert, in dem die Ameiſen ihre Brut aufbewahren. „Bald ſieht man ihn mitten unter der Brut ſitzen, eifrig die Eier und Larven betaſtend. Da auf einmal hält er inne, er hat das Richtige gefunden — eine mittelgroße Arbeiterlarve! Sofort ſtößt er ſeine ſpitzen, ſchma⸗ - len Kiefer in den ſaftſtrotzenden Leib, und in etwa 10 Sekunden iſt von der Larve nur noch die leere Haut übrig, der ganze Inhalt iſt ausgetrunken. Jetzt ruht der Käfer ein wenig aus. Bald aber geht's an eine zweite, bald an eine dritte Larve uſw., jo daß in etwa 2 Minuten nicht weniger als fünf mittelgroße larven verſpeiſt, bekommt er Appetit für eine da⸗ nebenliegende große Weibchenlarve. Fünf kleine und eine große Larve in etwa 3 Minuten, fürwahr eine tüchtige Leiſtung! Man ſah es dem Vielfraß auch an, denn das Abdomen hatte mächtig an Ausdeh⸗ VVV nung gewonnen und überragte die Spitzen der Tlü- _ fſelſchaft von Pheidole-Ameijen. Vergrößert. geldecken um ein gutes Stück.“ Die Fühlerkäfer ſind alſo Bruträuber ſchlimmſter Art, die das Ameiſenvolk, indem ſie deſſen Nachkommenſchaft vernichten, in ſchwerſter Weiſe ſchädigen, und doch ſehen wir, daß die Ameiſen, die doch anderen Tieren gegenüber ſich in der Regel ſo feindlich verhalten, dieſen Käfern nichts Ernſtliches zuleide tun, ſondern unbekümmert „ſolche Scheuſale in ihrer Mitte dulden“. Die Urſache hiervon beruht nicht etwa, wie man vermuten könnte, in der Furcht der Ameiſen vor einem Bombardement ſeitens der Käfer, denn nie ſah man die Paussus-Käfer den Ameiſen gegenüber von ihrer Bombardierfähigkeit Gebrauch machen, ſondern einzig und allein darin, daß die Ameiſen ſo vernarrt in die aromatiſchen Ausſcheidungen der Käfer ſind. 2. Unterordnung: Vielfreſſer (Polyphaga). Das Geäder der Unterflügel ift bei den Vielfreſſern (Polyphaga) ſtärker rückgebildet als bei den Adephaga, wie dies namentlich im Fehlen der den letzteren eigentümlichen Queradern zum Ausdruck kommt. Die Larven ſind ſehr verſchiedenartig ee und teils mit eingliederigen Füßen verſehen, teils beinlos. 1. Familienreihe: Kurzflüglerartige (Staphylinoidea). Das auffallendſte Merkmal der Kurzflügelkäfer (Staphylinidae) beſteht in den Flügeldecken, die, von wenigen Ausnahmen abgeſehen, ſo ſtark verkürzt ſind, daß ſie den * 394 Käfer. | % & größten Teil des Hinterleibes unbedeckt laſſen. Letzterer erlangt dabei eine außerordentliche Beweglichkeit und kann infolge der freien Verbindung feiner Ringe leicht nach verſchiedenen Richtungen gedreht oder emporgekrümmt werden. An der Hinterleibsſpitze befindet ſich bei einigen größeren Arten eine Verteidigungseinrichtung in Geſtalt zweier weißlicher Zapfen, die unter dem Hinterrande der achten Rückenplatte hervortreten können und eine übel⸗ riechende Abſonderung ausſcheiden. Die Zahl der Fühlerglieder beträgt meiſt 11, die der Fußglieder in der Regel 5, gelegentlich aber auch weniger. Die Kurzflügler, die in mehr als 10000 Arten in allen Erdteilen verbreitet ſind, halten ſich vorzugsweiſe am Boden auf. Viele leben im Miſt, an Aas, in holzigen Schwämmen oder in Pilzen, während andere ſich in Blüten herumtummeln und Honig oder Pollen naſchen. Beſonders eifrige Blütenbeſucher find die in Gebirgsgegenden vorkommenden Anthophagus-Arten, lebhafte, im Sonnenſchein fi Tiere, die im Gegenſatz zu den meiſten übrigen Käfern Stirnaugen haben. Einige b Kurzflügler werden wegen ihrer räuberiſchen Neigung nützlich, wie dies namentlich für gewiſſe Arten aus den Gattungen Quedius Steph. 4 eindringen, um deren Brut zu überfallen. Die Larven der Staphy⸗ liniden haben einen geſtreckten Körper mit wohlentwickelten, in eine Endkralle auslaufenden Beinen. An ihrem neunten Hinterleibsring ſitzt ein Paar meiſtens zweigliederiger Anhänge. Die Larven der größeren Arten leben räuberiſch und laſſen ſich daher in der Ge⸗ fangenſchaft mit Fleiſch aufziehen. Die Puppe ruht gewöhnlich! in einer kleinen Erdhöhle. Aus der großen Fülle der Arten greifen wir zur näheren Be⸗ ei 5 trachtung nur einige der häufigeren einheimiſchen heraus. Der o Goldſtreifige Moderkäfer, Staphylinus caesareus Cederh., iſt hotogral te von . maln vorherrſchend ſchwarz gefärbt, Kopf und Halsſchild find erzgrün, letz⸗ i terer ſchwarz behaart. Die Fühler, die behaarten Beine und die Flügeldecken ſind braunrot. Durch goldgelbe, anliegende Seidenhaare entſtehen auf dem Hinterleibe lichte Flecke und der helle Kragenſaum am Halsſchild. Zuſammen mit man⸗ chen verwandten und ähnlichen Arten hält ſich dieſer Käfer beſonders in Wäldern auf, in denen man ihn oft am Boden mit erhobenem Hinterleibe umherlaufen ſieht. Nach Taſchen⸗ berg klettert er auch an Buſchwerk. i | 8 Der Stinkende Moderkäfer, Staphylinus olens Müll. (Ocypus), gehört zu den größten mitteleuropäiſchen Arten. Mit Ausnahme der roſtbraunen Fühlerſpitze iſt er nr ſchwarz, mit feinen Härchen bedeckt. Unterflügel find vorhanden. N Von den vielen buntgefärbten, rot und dunkel gezeichneten Arten nennen wir den und Homalota Munk. gilt, die in die Bohrgänge von Borkenkäfern Uferkurzflügler, Paederus riparius L., der ſich gern am Rande ſtehender oder langſam | fließender Gewäſſer aufhält, bisweilen an Pflanzen emporklettert oder in kleinen Geſell⸗ ſchaften in ſeinen Schlupfwinkeln unter Steinen oder Holz zu finden iſt. Der Käfer iſt rot, nur der Kopf ſamt den Fühlerſpitzen, die Knie, die beiden hinterſten Bruſtringe und die Schwanzſpitze ſind ſchwarz, während die grobpunktierten Flügeldecken dunkelblau ſind. Die Vorliebe der meiſten Staphyliniden für den Erdboden und ein gewiſſes ſchmieg⸗ ſames Anpaſſungsvermögen haben dieſen Käfern eine Reihe ganz neuer Exiſtenzmöglich⸗ keiten erſchloſſen. So konnten beiſpielsweiſe gewiſſe Arten in die Erdneſter oder Kolonien von Ameiſen gelangen und ſich dort mehr oder minder eingewöhnen. Solche Käfer ſind 2 u i ſteckt. Gehen dort viele Ameiſen Kurzflügelkäfer: Moderkäfer. Uferkurzflügler. Myrmedonien. Büſchelkäfer. 395 damit zu „Gäſten“ geworden und haben fortan ihr dauerndes Heim bei ihren Wirten, den Termiten oder Ameiſen, und ſind außerhalb von deren Neſtern kaum oder überhaupt nicht mehr zu finden. Wohl beinahe in jedem großen, volkreichen Ameiſenhaufen leben irgend⸗ welche Käfer dieſer Art als Gäſte. Im Vergleich zu ihren freilebenden Verwandten weichen ſie ſtets in beſtimmten körperlichen Merkmalen ab. Sie ſind eben immer in gewiſſer Hin⸗ ſicht angepaßt an das Zuſammenleben mit ihren Wirten und daher auch imſtande, zu den Ameiſen oder Termiten in beſtimmte Beziehungen zu treten. Dieſe Beziehungen ſind freilich ſehr verſchiedener Natur und bilden eigentlich alle nur denkbaren Abſtufungen zwi⸗ ſchen grimmer Todfeindſchaft, gleichgültigem Nebeneinanderleben und faſt zärtlicher Zu- neigung zwiſchen den Wirten und ihren Käfergäſten. Den Ameiſen verhaßte Eindringlinge ſind die Myrmedonien, von denen im deutſchen Faunengebiete zwei Arten, Myrmedonia funesta Grav. und Myrmedonia laticollis Mär., in den Neſtern der Schwarzglänzenden Holzameiſe, Lasius fuliginosus Latr., ſich aufhalten. Da zwiſchen den Myrmedonien und ihren Wirtsameiſen ein offe⸗ ner Kriegszuſtand herrſcht, ſo laſſen ſich jene möglichſt wenig blicken und halten ſich lieber in ſchwer zugänglichen Neſtwinkeln oder draußen am Eingange ver⸗ aus und ein, ſo rühren ſie ſich nicht vom Platze und lauern lieber | BT auf Den gen Agenda o ds ages gefüneee Gee en ſie eine einzelne Ameiſe meuch⸗ lings überfallen können, die ſie dann i in Stücke reißen und verzehren. Die Ameiſen ſcheinen dieſe heimtückiſchen Gegner zu kennen und dringen ſofort von allen Seiten wütend mit geöffneten Kiefern auf die Käfer ein, ſobald ſie einen entdecken. Dies iſt aber nur ſehr ſelten der Fall, denn die ſchwarzglänzende, mit der der Ameiſen übereinſtimmende Schutz⸗ färbung läßt die Myrmedonien durchaus nicht auffällig erſcheinen. Überdies haben die Käfer, nach Wasmann, auch noch die Gewohnheit, immer mit nach oben aufgerolltem Hinter⸗ leib umherzulaufen, wodurch ſie kürzer erſcheinen als fie find, und auch in der Körper- form unterſcheiden ſie ſich nur recht wenig von Ameiſen. | Die ſchon zur Tertiärzeit vorhandene Gattung Myrmedonia Er. darf allem Anſchein nach wohl als Stammform für einige andere Käfer der Jetztzeit gelten, die ſich körperlich bereits ſo vorzüglich an die Ameiſen angepaßt haben, daß die Ameiſen ſolche Arten durchaus nicht mehr als Feinde, ſondern als gern geſehene Hausgenoſſen und Freunde betrachten. Auf obenſtehender Figur iſt einer dieſer Ameiſenfreunde aus der in Rede ſtehenden Käfer⸗ gruppe abgebildet: der in den Kolonien unſerer einheimiſchen blutroten Raubameiſen lebende Große Büſchelkäfer, Lomechusa strumosa Grav., ein ſtämmiges Käferchen von ge⸗ drungener, unterſetzter Geſtalt, das ſich durch einen breiten, ſeitlich aufgebogenen Halsſchild auszeichnet. In Größe und Färbung zeigt der Gaſtkäfer eine bemerkenswerte Ahllichkeit mit ſeinen Wirten. 5,5—6,5 mm beträgt feine durchſchnittliche Länge, und das entſpricht auch ungefähr derjenigen der Sanguinea⸗Arbeiter, die nur wenig größer werden. Die Farbe iſt bei der Lomechusa ein glänzendes Rotbraun, das ſich auch bei verſchiedenen anderen 396 Käfer. Ameiſengäſten wiederfindet. Ahnlich wie nun aber der Rücken der Raubameiſen hellrot, Kopf und Hinterleib dagegen dunkler ausſehen, jo ſind auch beim Lomechusa-Käfer die Flügeldecken heller, mehr in das Gelbrote ſpielend, gehalten, während der übrige Körper dunkler bleibt. Daher iſt es ſelbſt für einen geübten Beobachter gar nicht leicht, eine zwiſchen ihren Wirtsameiſen ſitzende Lomechusa zu entdecken, denn die weſentlichen Verſchieden⸗ heiten zwiſchen dem breitgebauten Käfer und ſeinen ſchlank gebauten Wirten treten ver⸗ hältnismäßig wenig hervor, weil der Käfer durch die beiden tiefen Gruben an den Hals⸗ ſchildſeiten mit ihren ſpiegelnden Lichtreflexen weſentlich ſchmäler erſcheint, als er iſt. Sicherlich trägt dieſe Ameiſenähnlichkeit ſehr dazu bei, daß die Ameiſen an ihrem Käfergaſt Gefallen finden und daher geneigt ſind, ihn als einen der ihrigen zu betrachten und bei ſich in ihrem Heim zu dulden. Was aber am meiſten an dem kleinen Käfergaſt auffällt, ſind große Büſchel von goldgelben Härchen, die ſeitlich an den Hinterleibsrändern ſtehen. Von dem ſtark entwickelten Drüſengewebe, das unter dieſen als Trichome bezeichneten Haarbüſcheln gelegen iſt, werden Säfte ausgeſchieden, die den Ameiſen überaus angenehm ſchmecken. So kommen denn die Ameiſen und werden nicht müde, ſtundenlang ihren Käfergaſt wie liebkoſend zu betaſten und an ſeinen ſeitlichen Haarbüſcheln zu zupfen und zu belecken, um die wohlſchmeckenden Stoffe zu bekommen. „Trotz alledem“, ſagt Schmitz, „wäre der Büſchelkäfer kein echter Gaſt, wenn er nicht auch die Ameiſenſprache' gründlich verſtände. Die wichtigen Zeichen, die ſich die Ameiſen mit den Fühlern gegenſeitig geben und welche Aufforderung zur Fütterung, zum Neſtwechſel, Warnung vor einer Gefahr, Anregung zur Flucht, Beſchwichtigung uſw. bedeuten, muß natürlich auch ein echter Gaſt, der mit den Ameiſen in engem pfychiſchen Verkehr ſteht, empfangen und geben können. Darum ſind die Fühler des Büſchelkäfers ſehr beweglich, lang und dünn, zwar nicht ellenbogenförmig geknickt, aber doch ebenſo biegſam und geſchmeidig wie dieſe, weil aus becherförmigen, geſtielten und perlſchnurartig anein⸗ andergereihten Gliedern beſtehend. Von dieſen wohlgeformten Verkehrsorganen ſieht man den Büſchelkäfer zweckentſprechend Gebrauch machen, um damit die Ameiſenfühler zu be⸗ rühren, zu kreuzen, auf dem Kopf und Rücken einer Ameiſe zu trillern und wie ſchmeichelnd die Wangen derjenigen Ameiſe zu ſtreicheln, von der er gefüttert werden will.“ Für unſeren Lomechusa-Käfer iſt es um fo wichtiger, daß er ſich den Ameiſen verſtändlich machen kann, als er das ſelbſtändige Freſſen bereits ganz verlernt hat und mit ſeinen verkümmerten Mund⸗ teilen, an denen beſonders die Rückbildung der Unterlippe auffällt, hierzu auch gar nicht imstande iſt. So läßt ſich der Käfer, wenn er Hunger verſpürt, immer von den Ameiſen päppeln und muß, falls er etwa von ihnen getrennt wird, unweigerlich verhungern, ſelbſt wenn er die ſchönſte Honigſpeiſe in ſeiner unmittelbaren Nähe hat. Das Vermehrungsgeſchäft, das bei den Lomechusa noch nicht in allen ſeinen Einzel⸗ heiten bekannt iſt, findet im Ameiſenneſt ſtatt. Dort findet man auch die ſechsbeinigen Lomechusa-Larven, die zwiſchen den Ameiſenlarven liegen und ſich wie dieſe von den mit der Fürſorge für die Nachkommen betrauten Ameiſenarbeitern pflegen und füttern laſſen. Im Gegenſatz zu den erwachſenen Käfern find aber die Lomechusa-Larven auch ſehr wohl imſtande, ſich ſelbſt paſſendes Futter zu verſchaffen, und finden beſonders Geſchmack an den Eiern der Ameiſen und deren Larven, die ſie oft in ſolchen Maſſen vertilgen, daß dadurch der ganze Fortbeſtand einer von Lomechusa-⸗Gäſten beſiedelten Ameiſenkolonie in Frage geſtellt werden kann. Auch bei der naheverwandten Gattung Atemeles Steph. treffen wir Ameiſenkäfer, Kurzflügelkäfer: Büſchelläfer. Atemeles. Ameiſenreiter. 397 die gleichfalls mit ſeitlichen Trichombüſcheln ausgeſtattet ſind. Es ſind mehrere ähnliche, bei uns verbreitete Arten, die alle etwas ameiſenähnlich ausſehen und in der Körperhaltung und ihrem Fühlerſpiel auch ein ameiſenartiges Benehmen beſitzen. Zum Unterſchiede von den Lomechusa-Käfern haben die Atemeles aber kein ſtändiges Quartier bei ein und der⸗ ſelben Ameiſenart, ſondern finden ihre Unterkunft teils in den Neſtern der Ameiſengattung Formica L., teils wohnen fie bei den Kartonameiſen der Gattung Myrmica Zair. und ſind ſowohl hier als auch dort gern geſehene Beſucher. An warmen Frühlingstagen trifft man ſie unterwegs, dann wandern ſie zu den Formica-Ameiſen, in deren Haus ſie ihr Fortpflan⸗ zungsgeſchäft erledigen und die erſten Sommermonate verleben. Im Hochſommer oder Herbſt verlaſſen aber die friſch entwickelten Käfer die gaſtliche Sommerwohnung wieder und ziehen zu irgendeiner benachbarten Kolonie von Myrmica⸗Ameiſen hinüber, um in deren Heim den Winter zuzubringen. Bei dieſer etwas unruhigen, vagabundierenden Lebens⸗ weiſe iſt für die Atemeles⸗Käfer nicht nur der Umzug gefährlich, bei dem fie allerlei Raub⸗ inſekten unterwegs in die Hände fallen oder anderweitig verunglücken können, ſondern auch der Augenblick, wenn ſie um Aufnahme bittend vor einem fremden Ameiſenneſt, beſonders einem ſolchen der kriegeriſchen Formica-Ameijen, erſcheinen. Die verſchiedenen Atemeles- Arten verſuchen dabei ihr Heil bei verſchiedenen Arten von Formica. So ſtellt ſich Atemeles emarginatus Payk bei der ſchwarzbraunen Formica fusca L. ein, Atemeles paradoxus Grav. begibt ſich zu der rotbärtigen, als Formica rufibarbis F. bezeichneten Raſſe derſelben, und Atemeles pubicollis Bris. pilgert zu den roten Waldameiſen hin. Iſt erſt die Aufnahme gelungen, die den Käferchen durch ihre Ameiſenähnlichkeit und ihr einſchmeichelndes Be- nehmen erleichtert wird, und die ſie ſchließlich trotz anfänglich oft recht unfreundlicher Be⸗ handlung dank den aromatiſchen Abſonderungen ihrer Haarbüſchel auch wohl immer durch⸗ zuſetzen wiſſen, dann können ſie ſich das Leben bequem machen. Sobald ein ſolcher Atemeles- Käfer Hunger verſpürt, ſtellt er ſich der erſten beſten Ameiſe, die einen gefüllten Kropf hat, in den Weg und bettelt ſie mit trillernden Fühlerſchlägen genau ſo an, wie es eine hungrige Ameiſe tun würde. Und der Käfer hat Erfolg, denn die Ameiſe ſpendet ihm die gewünſchte Speiſe, was um ſo wichtiger iſt, als die Atemeles⸗Käfer mit en verkümmerten Mund⸗ teilen gar nicht mehr ſelbſtändig freſſen können. Welche Bedeutung es für die Ameiſenkolonie hat, wenn ſich ſolche Gaſtfreunde der hier geſchilderten Art bei ihr eingefunden haben, davon ſoll noch in dem Abſchnitt über die Ameiſen die Rede ſein. Hier mögen ſtatt deſſen nur noch einige wenige ausländiſche Käfer⸗ arten erwähnt werden, die gleichfalls mit Ameiſen oder Termiten zuſammen leben und bei denen das Gaſtverhältnis zum Teil recht ſonderbare Formen angenommen hat. Der Ameiſenreiter, Doryloxenus lujae Wasm., hat ſeinen Wohnſitz bei den afri⸗ kaniſchen Wanderameiſen, den raubgierigen, kriegeriſchen Dorylinen, die ausgedehnte Beute⸗ züge unternehmen, bei denen ſie weit und breit alles lebende Getier überfallen. Bei dieſen Wanderungen muß unſer Käfer wohl oder übel ſeine Wirte begleiten, er macht aber die langen, beſchwerlichen Märſche nicht zu Fuß mit, wozu er mit ſeinem ſchwächlichen Körper gar nicht imſtande wäre, ſondern als Reitersmann feſtgeklammert auf dem Rücken einer der Wanderameiſen. Hierfür iſt er ſehr geſchickt, denn ſtatt der verkümmerten Füße trägt er eigentümliche Haftorgane an ſeinen Beinen, mit denen er ſich vorzüglich feſthalten kann. Merkwürdigerweiſe hat man ganz ähnlich gebaute Gäſte auch bei Termiten gefunden, die keine Wanderzüge unternehmen. Heim und Aßmuth entdeckten zuerſt im Neſte einer oſtindiſchen Termitenart, Termes obesus Ramb., einen von Wasmann als Überläufer, € 398 ; Käfer. Doryloxenus transfuga Wasm., bezeichneten Kurzflügelkäfer, der gleichfalls an den Beinen die eben erwähnten Haftorgane beſitzt, die für ihn jedoch ganz zwecklos ſind, da er ſein Leben bei ſeßhaften, in ihren Neſtern bleibenden Termiten verbringt. Nach Wasmann liefert uns jener Überläufer aber ein hochintereſſantes Beiſpiel dafür, wie durch Umwandlung aus einem Ameiſengaſte ein Termitengaſt entſtanden iſt. Wenn nämlich die räuberiſchen Dorylus-Ameifen bei ihren Beutezügen Termitenkolonien überfallen und ausplündern, jo wird es gewiß einmal vorkommen, daß einige ihrer kleinen Doryloxenus-Reiter abgeſtreift werden, im Termitenneſte zurückbleiben und damit Gelegenheit finden, ſich an das Zu⸗ ſammenleben mit Termiten anzupaſſen. Auf dieſem Wege dürfte gewiß der in Rede ſtehende Überläufer, Doryloxenus transfuga, entſtanden fein. Er hat von früheren Zeiten her noch die für ſeine Vorfahren ſo wichtigen Haftorgane beibehalten und nur durch Verlagerung des Kopfes an die Unterſeite und eine etwas glänzendere Färbung neue Anpaſſungen an ſeine Termitenwirte erworben. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß ſich ſolche Umwand⸗ lungen von urſprünglich bei e lebenden Kurzflüglern zu Termitengäſten in ver⸗ ſchiedenen Zeiten vollzogen haben. Die ſon⸗ derbaren, faſt ſcheibenförmigen Termitengäſte, Discoxenus Wasm. und Termitodiscus Wasm., dürften hierfür ſprechen, denn fie ſcheinen offen⸗ bar von ſolchen Dorylinengäſten herzuſtam⸗ organen umgewandelt waren. 5 a f a b i Von der Blaſenleibigkeit (Phyſogaſtrie) Spirachtha N Schiödte. Start RE die vielen mit Termiten zuſammenwohnenden der Bag EB e BR „ Inſekten eigentümlich iſt, liefert die ſonderbare er Spirachtha eurymedusa Schrödte ein Beiſpiel. Dieſe Mißgeſtalt unter den Kurzflügelkäfern verdient auch noch deswegen unſer Inter⸗ eſſe, weil das Tier zu den wenigen Käferarten gehört, die nicht eh ſind, 9 lebende Junge zur Welt bringen. a Die Pselaphidae ſind winzige Käferchen, die den Kurzflüglern naheſtehen. Ahn⸗ lich wie bei dieſen ſind ihre Flügeldecken zu kurz, um den Hinterleib ganz bedecken zu können, deſſen 5—6 Ringe aber nicht frei beweglich bleiben, ſondern untereinander verwachſen. Die perlſchnurförmigen Fühler enden mit einer keulenartigen Anſchwellung. Die Kiefer⸗ taſter ſind ſehr lang. An den Füßen zählt man drei, ſeltener zwei Glieder, deren letztes eine oder zwei Klauen trägt. Die Körpergröße beträgt ſelten mehr als 3 mm. Eine in Kolumbien vorkommende Art, Arctophysis gigantea Reit., iſt mit 6,5 mm Länge ſchon als Rieſin anzuſehen. Die Tierchen leben verſteckt unter Moos, abgefallenen Blättern, Baum⸗ rinden und Steinen und laſſen ſich am leichteſten durch Ausſieben von Laub erbeuten. Manche kommen in Höhlen, einige auch in Ameiſenneſtern vor, wie die u! ber Getting Batrisus Aube, die den Milben nachſtellen. Die zur Unterfamilie der Clavigerinae geſtellten Keulenkäfer ind ſämtlich zu echten Ameiſengäſten geworden. Ihr Körper iſt dementſprechend abweichend gebaut und am Grunde des Hinterleibes ſowie häufig auch noch an den Flügeldecken ähnlich wie bei gewiſſen Kurzflüglerarten mit gelben Haarbüſchelchen beſetzt, an denen aromatiſche Abſon⸗ derungen flüchtiger Natur ausgeſchieden werden. Die Mundwerkzeuge ſind pinſelförmig * men, bei denen die Füße noch nicht zu Haft⸗ . Z ˙ — der Rudelsburg, und be⸗ bei Eisleben waren ſchon Kurzflügelkäfer: Ameiſenreiter. Pselaphidae: Keulenkäfer. 399 verlängert und dienen zum Auflecken flüſſiger Nahrung. Der unten abgebildete Gelbe Keulenkäfer, Claviger testaceus Preyßl., ift in manchen Gegenden Deutſchlands nicht ſelten. Er wird bis 2,5 mm groß und iſt, wie die übrigen Angehörigen dieſer Unterfamilie, blind, weil es in den unterirdiſchen Gängen des Ameiſenneſtes doch nichts zu ſehen gibt. Von verwandten Arten iſt er durch eine ſchmale, tiefe Grube auf dem erſten Hinterleibsringe zu unterſcheiden. An den einklauigen Füßen ſind die beiden erſten Glieder ſo kurz, daß man ſie lange überſehen hat. Der etwas glänzende, faſt kugelige Hinterleib iſt an der Spitze behaart, hat an den Seiten einen feinen Rand und läßt nur am Bauche die fünf ihn zu⸗ ſammenſetzenden Ringe erkennen. Das Männchen unterſcheidet man vom Weibchen durch einen kleineren Zahn an der Innenſeite von Schenkel und Schienen der Mittelbeine. Der Gelbe Keulenkäfer hält ſich in den Neſtern von Lasius⸗Ameiſen auf und kommt anſcheinend am häufigſten in den Kolonien der Bernſteingelben Ameiſe, Lasius flavus F., vor. Nach Krüger, dem die neueſten Unterſuchungen über unſeren Keulenkäfer zu verdanken ſind, iſt dieſer merkwürdige Amei⸗ 8 ſengaſt in der Umgebung von Leipzig ziemlich häu⸗ fig. Bei Köſen, unweit ſonders am Salzigen See 1 Mitte April die erſten Stücke zu finden. Im Mai und Juni trifft man ſie | 2 > dort in Paarung an, ſpä⸗ Gelber Keulenkäfer, Claviger testaceus Preyßl., vergrößert. ter werden ſie aber wieder ſeltener. Um feſtzuſtellen, was die Keulenkäfer bei den Ameiſen eigentlich treiben, hatte ſeinerzeit ſchon Müller, weiland Paſtor zu Waſſersleben bei Wernigerode, einige von dieſen Käfern zuſammen mit Ameiſen und Ameiſenbrut in ein Terrarium eingeſetzt. Schon am nächſten Tage waren, wie dieſer treffliche Beobachter mitteilt, die Gefangenen dort häus⸗ lich eingerichtet: „Die Ameiſen verrichteten unbeſorgt ihre gewohnten Geſchäfte; einige ordneten und beleckten die Brut, andere beſſerten am Neſte und trugen Erde hin und her; andere ruhten aus, indem ſie ohne alle Bewegung ſtill und faſt ſtundenlang auf einer Stelle verweilten; andere ſuchten ſich zu reinigen und zu putzen. Dies letzte Geſchäft ver⸗ richtete jede Ameiſe an ſich ſelbſt, ſo weit es ihr möglich war, dann aber ließ ſie ſich (gerade wie es von den Bienen in ihren Stöcken zu geſchehen pflegt) von einer anderen an den Körperteilen reinigen, die ſie mit Mund und Füßen ſelbſt nicht zu erreichen vermochte. Die Keulenkäfer liefen indes entweder zutraulich und unbeſorgt zwiſchen den Ameiſen umher, oder ſie ſaßen in den Gängen, die meiſt an den Wänden des Glaſes entlang führten, ruhig und in einer Weiſe, welche andeutete, daß alles mit ihren gewohnten Verhältniſſen voll⸗ kommen übereinſtimmte. Indem ich nun den Bewegungen meiner Gefangenen einige Zeit hindurch unverrückt mit den Augen gefolgt war, wurde ich mit einem Male zu meiner größten Verwunderung gewahr, daß, ſooft eine Ameiſe einem Keulenkäfer begegnete, fie ihn mit den Fühlern ſanft betaſtete und liebkoſte und ihn, während er dies mit ſeinen Fühlern erwiderte, mit ſichtlicher Begierde auf dem Rücken beleckte. Die Stellen, wo dies geſchah, waren jedesmal zuerſt die am äußeren Hinterwinkel der Flügeldecken emporſtehenden gelben 400 Käfer. Haarbüſchel. Die Ameiſe öffnete ihre großen Kinnbacken ſehr weit und ſog alsdann mit den übrigen Mundteilen den ganz davon umſchloſſenen Haarbüſchel mehrere Male mit großer Heftigkeit aus, beleckte dann noch die ganze Vorderfläche des Rückens, beſonders deſſen Grube. Dieſes Verfahren wurde ungefähr alle 8—10 Minuten bald von dieſer, bald von jener Ameiſe, ja oft mehrmals hintereinander an dem nämlichen Käfer wiederholt, vorausgeſetzt, daß er mehreren Ameiſen begegnete, doch ward er im letzten Falle nach kurzer Unterſuchung ſogleich freigelaſſen. Um meine Gefangenen nicht verhungern zu laſſen und möglichſt lange beobachten zu können, mußte ich natürlich daran denken, ihnen irgendein angemeſſenes Futter zu reichen. In dieſer Abſicht befeuchtete ich die Wände des Glaſes nahe dem Boden ſowie einige Moosſtengel mittels eines Haarpinſels mit reinem Waſſer, mit durch Waſſer verdünntem Honig und legte außerdem noch einige Zuckerkrümchen und Stückchen zeitiger Kirſchen an andere Stellen, damit jeder nach Belieben das ihm Dien⸗ lichſte wählen könne. Eine Ameiſe nach der anderen, wie ſie in ihrem Laufe an eine befeuchtete Stelle kam, hielt an und leckte begierig, und bald waren ihrer mehrere verſammelt. Einige Keulenkäfer kamen zu ebendieſen Stellen, gingen aber über dieſelben hinweg, ohne den geringſten Anteil zu nehmen. Jetzt brachen einige geſättigte Ameiſen auf, ſtanden auf dem Wege ſtill, wenn ihnen dieſe oder jene Ameiſe begegnete, welche die Speiſe noch nicht gefunden hatte, fütterten die hungerigen und gingen weiter, um dasſelbe mit der unten im Glaſe befindlichen Brut zu tun. Ich war ſchon darauf bedacht, für die Keulenkäfer eine andere Nahrung zu erſinnen, weil ſie die vorhandene nicht berührten, als ich einen derſelben einer vollgeſogenen Ameiſe begegnen und hierauf beide ſtill ſtehen ſah. Ich verdoppelte meine Aufmerkſamkeit, und nun bot ſich meinen Blicken ein ebenſo ſeltſames wie unerwartetes Schauspiel dar. Ich nahm deutlich wahr, wie der Keulenkäfer aus dem Munde der Ameiſe gefüttert wurde. Kaum konnte ich mich von der Wirklichkeit des Geſchehenen überzeugen und fing ſchon wieder an zu zweifeln, ob ich auch recht geſehen haben möchte, als ſich un⸗ mittelbar an drei, vier und mehr Stellen dieſelbe Beobachtung beſtätigte. Einige dieſer Fütterungen wurden unmittelbar an der Wand des Fläſchchens vorgenommen, ſo daß ich durch eine viel ſtärker vergrößernde Linſe den ganzen Hergang aufs deutlichſte beobachten konnte. Jedesmal, wenn eine geſättigte Ameiſe einem noch hungernden Käfer begegnete, lenkte dieſer, gerade als wenn er, die Speiſe witternd, Futter von ihr begehrte, Kopf und Fühler aufwärts, nach dem Munde jener hin, und nun blieben ſie beide ſtill ſtehen. Nach vorhergegangenem gegenſeitigen Berühren und Streicheln mit den Fühlern, Kopf gegen Kopf gewendet, öffnete der Käfer den Mund, ein gleiches tat die Ameiſe und gab aus ihren weit hervorgeſtreckten inneren Mundteilen jenem von der ſoeben genoſſenen Nahrung, welche er gierig einſog. Beide reinigten alsdann ihre inneren Mundteile durch wiederholtes Ausſtrecken und Einziehen derſelben und ſetzten ihren begonnenen Weg weiter fort. Eine ſolche Fütterung dauerte gewöhnlich 8—12 Sekunden, nach welcher Zeit die Ameiſe in der Regel die Haarbüſchel des Käfers auf die oben angegebene Weiſe abzulecken pflegte. Auf dieſe Art wurden alle in meinem Gläschen befindlichen Keulenkäfer jeden Tag mehrere Male, ſooft ich ihnen friſches Futter und Waſſer gab, welches letztere den Ameiſen eins der wich⸗ tigſten Bedürfniſſe iſt, regelmäßig gefüttert, und nie ſah ich einen Käfer etwas von der in dem Fläſchchen befindlichen Nahrung: Honig, Zucker und Obſt, anrühren, ausgenommen, daß ſie zuzeiten die an der inneren Wand des Glaſes niedergeſchlagenen Waſſerdünſte ableckten.“ Auch ſpätere Beobachter haben nur beſtätigen können, daß die Keulenkäfer von den Ameiſen in freundſchaftlicher Weiſe aufgenommen werden. Wie ſo viele andere zur Kurzflügelkäfer: Keulenkäfer. Aaskäfer: Totengräber. 401 Gruppe der ſymphilen Inſekten gehörenden Käfer wird ein ſolcher Claviger von den Ameiſen wegen ſeiner aromatiſchen, an den gelben Haarbüſcheln oder Trichomen abgeſonderten Aus⸗ ſcheidungen ſehr geſchätzt und in jeder Weiſe gepflegt. Sie beſchäftigen ſich, wie Schmitz ſchildert, „gern mit ihm und tragen ihn im Neſte umher, wobei ſie ihn häufig an den ſtarken ſechsgliederigen Fühlern packen; ſie laſſen ſich auch gern gefallen, wenn er auf ihren Rücken ſteigt und ſo durch die unterirdiſchen Kammern und Gänge reitet. Erhellt man plötzlich ein Neſt, das ſich unter einem Stein befindet, ſo werden die Keulenkäfer zu allererſt, noch vor der Ameiſenbrut, in Sicherheit gebracht.“ Krüger hat kürzlich ermittelt, daß bei den Keulenkäfern in der Oberlippe beſonders ſtark entwickelte Drüſen liegen, deren Ausſcheidungen wahrſcheinlich ein Geruch entſtrömt, welcher dem Ameiſenneſtgeruch gleicht. Damit würde dann alſo jedesmal die Ameiſe, wenn ſie im dunkeln Neſt einem Keulenkäfer begegnet oder ihn füttert, natürlich ſehr in der Meinung be⸗ ſtärkt werden müſſen, eine ihrer Neſtkameradinnen und nicht einen fremden Gaſt vor ſich zu haben. Im übrigen hat ſich herausgeſtellt, daß der Keulenkäfer keineswegs ganz darauf an⸗ gewieſen iſt, ſich immer von den Ameiſen füttern zu laſſen. Er vermag nämlich auch ganz gut ſelbſtändig zu freſſen und hält ſich deswegen wohl auch mit beſonderer Vorliebe zwiſchen der Ameiſenbrut auf, wo er bald hier, bald da einmal einen Futtertropfen wegſchnappen kann, der eigentlich für eine Ameiſenlarve beſtimmt war. Unter Umſtänden ſcheut er ſich auch gar nicht, einmal eine Ameiſenlarve ſelbſt anzugreifen und ſie aufzufreſſen, ebenſo wie er ſich auch ganz gut ohne Ameiſen in Gefangenſchaft halten läßt, wenn man ihm totgedrückte friſche Fliegen zu freſſen gibt. Von eigentlichen räuberiſchen Neigungen kann man aber bei den Keulenkäfern wohl kaum reden, denn hauptſächlich begnügen ſie ſich wohl damit, an ſchon vorher verletzten oder beſchädigten Tieren, beſonders ſolchen, aus denen Blut hervor⸗ gekommen iſt, zu lecken und zu freſſen, und ſo dürften ſie auch der Ameiſenbrut unter nor⸗ malen Verhältniſſen eigentlich kaum nennenswerten Schaden zufügen. Bei den Aaskäfern (Silphidae) iſt der äußere Bau ſehr verſchiedenartig. Die gewöhn⸗ lich elfgliederigen Fühler werden gegen die Spitze hin allmählich dicker oder tragen einen ſcharf abgeſetzten Endknopf; die Zunge iſt zweilappig, und die Flügeldecken reichen meiſt bis zur Hinterleibsſpitze. Durch die frei heraustretenden kegelförmigen Hüften der vier vorderen Beine und durch die ſechs beweglichen Bauchringe unterſcheiden ſich die Angehörigen dieſer Familie von anderen fünfzehigen Käfern mit keulenförmigen Fühlern. Der Name Aaskäfer läßt ſchon auf eine wenig anſprechende Lebensweiſe ſchließen. In der Tat haben viele Arten eine ausgeſprochene Vorliebe für Leichen von Wirbeltieren und zehren teils ſelbſt von ihnen, teils ſetzen ſie ihre Eier daran ab. Andere Aaskäfer ziehen Pilze vor, wie manche Arten von Liodes Latr., die ganz beſonders unterirdiſchen Pilzen, und zwar am liebſten den Trüffeln, nachgehen. Obwohl die Familie der Aaskäfer den größten Reichtum an Formen nicht in den heißen Erdſtrichen, ſondern in den gemäßigten Zonen zur Entfaltung bringt, ſo nennen wir hier doch nur einige der bemerkenswerteren einheimiſchen Arten. Der Gemeine Totengräber, Necrophorus vespillo L. (Abb., S. 402), iſt an dem gold⸗ gelb behaarten Halsſchild, dem gelben Fühlerknopf und den zwei orangefarbenen Binden der die letzten Leibesringe unbedeckt laſſenden Flügeldecken zu erkennen. Die Grundfarbe iſt ſchwarz. An den kräftigen Beinen ſind die Hinterſchenkel gebogen, die vier erſten Glieder der Vorder⸗ und Mittelfüße beim Männchen erweitert. Der Käfer kann einen zirpenden Ton erzeugen, indem er den Rücken des fünften Hinterleibsringes mit ſeinen zwei Leiſten an den Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 26 402 Käfer. Hinterrändern der Decken reibt. Liegt irgendwo ein Aas, ſo kommt auch bald der Toten⸗ gräber mit ſtarkem Geſumme herbeigeflogen, wobei er ſeine emporgeklappten Flügeldecken dachartig aufgerichtet trägt. Bald geſellen ſich dem erſten Ankömmling weitere Käfer bei, die man alsdann an ihrer Beute, etwa einem toten Maulwurf oder einer toten Maus, geſchäftig umherkrabbeln ſieht. Nicht lange, ſo dringen ſie in die Tiefe und wühlen das Erdreich unter der Leiche mit ihren Beinen fort, bis dieſe allmählich einſinkt, während ſich ringsum ein kleiner Erdwall bildet. Bisweilen gerät die Arbeit auch ins Stocken, ein Steinchen in der Tiefe iſt im Wege. Mit vereinten Kräften wird aber auch dieſes Hindernis unterwühlt, bis der tote Körper völlig von der Erdoberfläche verſchwunden iſt. Im lockeren Boden können die Totengräber die Leichen bis zu 30 cm Tiefe oder ſogar noch tiefer einſcharren, bei hartem, ſteinigem Erdreich begnügen fie ſich dagegen mit einer mehr oberflächlichen Beſtattungs⸗ weiſe. Von der Kraft und Ausdauer dieſer Tiere legen die Mitteilungen von Gleditſch Zeugnis ab, demzufolge vier Totengräber in 50 Tagen nicht weniger als zwei Maulwürfe, Heimiſche Totengräber nebſt Larve vom Gemeinen Totengräber, Neerophorus vespillo L. Natürliche Größe. vier Fröſche, drei kleine Vögel, zwei Grashüpfer und dazu noch die Eingeweide eines Froſches und zwei Stücke Rindsleber begruben. „Die Tätigkeit der Totengräber“, ſchildert Bartels in ſeinen Naturbeobachtungen „Auf friſcher Tat“, denen die Abbildungen auf der beigehefteten Tafel entnommen ſind, „wirkt überraſchend, weil ſie ſozuſagen in aller Heimlichkeit vor ſich geht. Die Käfer, die vorherrſchend nächtliche Tiere ſind, vermeiden es ſichtlich, ihren Platz unter dem Kadaver zu verlaſſen. Nur ſelten erſcheint einer der Gräber, meiſt ein Männchen, an der Oberfläche, umkreiſt die Leiche, wühlt auch wohl in ihren Federn oder Haaren um⸗ her, um alsbald wieder in der Erde zu verſchwinden. Von dieſem gelegentlichen Erſcheinen abgeſehen, läßt nichts die Anweſenheit der Totengräber erkennen, als hin und wieder eine eigentümliche Bewegung der Leiche, die eine Folge der gegen ſie geführten Stöße iſt und meiſt dann einſetzt, wenn einer der Käfer ſich an der Oberfläche hat blicken laſſen. Es macht den Eindruck, als ob der Kadaver von Zeit zu Zeit wieder Leben bekommt, was be⸗ ſonders dann recht merkwürdig ausſieht, wenn ſich die Bewegung — infolge der Bearbei⸗ tung eines einzelnen Körperteils durch die Käfer — auf dieſen allein beſchränkt.“ Die ſonderbaren Gewohnheiten der Totengräber haben ſchon von jeher zu allerlei Er⸗ zählungen und Deutungen Veranlaſſung gegeben, die freilich einer ſtrengen wiſſenſchaftlichen Prüfung nicht immer ſtandhalten. So gehört es durchaus in das Reich der Fabel, daß Totengräber bei der Arbeit. Aus C. O. Bartels, „Auf frischer Tat“, Biologische Bilderserien. Zweite Sammlung. Stuttgart, Schweizerbart, 1911. 4 Eine tote Kohlmeife verfinkt durch die unterirdiſche Wühlarbeit der Totengräber langſam in der Erde. Zwiſchen den Aufnahmen ı und 4 liegen etwa 3 Stunden. Vgl. auch den nebenstehenden Text. Zee NEE 5 a — — — — ER Aaskafer. 403 die Totengräber einen in die Erde geſteckten Stab, an deſſen oberes Ende eine in der Luft ſchwebende tote Maus gebunden iſt, abſichtlich zu Fall bringen, um die Beerdigung vornehmen zu können. Richtig iſt es dagegen, daß die Totengräber gelegentlich rein inſtinktiv eine kleine Leiche eine Strecke weit fortſchieben, ſofern ſich der Beſtattung an Ort und Stelle allzu große Schwierigkeiten in den Weg ſtellen. Der Zweck der mühevollen Arbeit des Toten⸗ gräbers iſt erreicht, wenn die Eier an dem eingeſenkten Kadaver abgelegt ſind. Schon nach etwa 14 Tagen kommen aus ihnen ſchmutzigweiße Larven mit ſechs ſchwachen Beinchen und viergliederigen Fühlern hervor und zehren von den ſich zerſetzenden Subſtanzen. Die ausgewachſene Larve geht etwas tiefer in die Erde, höhlt ſich dort ein kleines Kämmerchen aus und wandelt ſich darin zu einer anfangs weißen, ſpäter dunkel werdenden Puppe um. Zur Gattung Silpha Z. gehören abgeflachte Käfer mit breitem, den Kopf von oben bedeckendem Halsſchild. Die elfgliederigen Fühler verdicken ſich allmählich nach der Spitze hin zu einer drei⸗ bis fünfglie⸗ derigen Keule. Die Innenſeite des Mittelkiefers trägt einen Haken. Die Mittelkiefertaſter ſind wie bei den Totengräbern länger als die Unterlippen⸗ taſter. Eine der- befannteften = hierhingehörenden Arten iſt der Schwarzglänzende Aas— käfer, Silpha atrata L. (Phos- phuga), der ſich auf Feldern und Wegen, unter Steinen und Erdſchollen aufhält, wo er Bee BERN fi von Tebenben und loten Seeger ene ie. Akten Schnecken und ähnlichem Getier ernährt. Der Körper iſt glänzend 1 der grobpunktierte Halsschild überragt den Grund der Flügeldecken, die am Außenrande ſtark aufgebogen ſind und außer der leiſtenartig erhabenen Naht je drei ſtumpfe Längskiele tragen. dort ſeine vorzugsweiſe aus nackthäutigen Raupen beſtehende Beute zu ſuchen. Silpha-Arten können unter Umſtänden zu Schädlingen werden. Beſonders bekannt in dieſer Hinſicht iſt Silpha opaca L. (Blitophaga), ein oberſeits goldbraun behaarter ſchwar⸗ zer Käfer, an dem beſonders die große, den Kopfſchild an Umfang übertreffende Ober⸗ lippe bemerkenswert iſt. Seine ſchwarzen, aſſelartig abgeplatteten, mit ſeitlich vorſtehenden gelben Rückenſchildern ausgeſtatteten Larven haben ſich bei gelegentlichem Maſſenauftreten ſchon wiederholt ſehr unangenehm bemerkbar gemacht, ſind oft zu Tauſenden über die Runkelrübenfelder hergefallen, haben dort alles kahl gefreſſen und unter Umſtänden auch andere Kulturgewächſe, wie Klee und Bohnenarten, arg heimgeſucht. Zu den nützlichen Arten gehört der Vierpunktige Aaskäfer, Xylodrepa quadripunctata L., der unterſeits ſchwarz und oben gelbbraun gefärbt iſt, mit Ausnahme der ſchwarzen Scheibe des Halsſchildes, des ſchwarzen Schildchens und der vier großen runden ſchwarzen Flecke, die auf den beiden Flügeldecken ſtehen. Er klettert gut und ſteigt auf Bäumen und Buſchwerk umher, um ſich 26* 404 Käfer. Außer den unſcheinbaren, in faulenden Pflanzenteilen lebenden Punktkäfern (Clambidae) mit hochgewölbtem Körper, den ſie aſſelartig einrollen können, gehören auch die Leptinidae zum Verwandtſchaftskreis der Aaskäfer, von denen ſie ſich durch das große viereckige Kinn unterſcheiden, das zwei nach hinten gerichtete Dornen trägt. Die einzige europäiſche, auch in Nordamerika nachgewieſene Art iſt Leptinus testaceus Mall,, ein gelbliches, wenig über 2 mm langes Käferchen, das unter moderndem Laub und im Mulm lebt, aber auch in Neſtgängen von Mäuſen und unterirdiſchen Neſtern von Hummelarten erbeutet wurde, die ihren Bau in Mauſelöchern angelegt hatten. Das Vorkommen an ſolchen Orten legt immerhin die Vermutung nahe, daß der Leptinus⸗Käfer oder ſeine Larve möglicherweiſe als Schmarotzer in Mausneſtern lebt. Echte Hautbewohner find die merkwürdigen Flohkäfer oder Biberkäfer (Platy- psyllidae), von denen man bisher allerdings nur eine Art, Platypsyllus castoris Rits., kennt, ein ganz merkwürdiges Tier, das im Jahre 1868 durch van Bemmelen im Pelz eines im Zoologiſchen Garten von Amſterdam verendeten amerikaniſchen Bibers entdeckt wurde. Damals iſt man zuerſt ſogar ſehr im Zweifel geweſen, ob dieſes etwas über 2 mm lange Tierchen überhaupt ein Käfer ſei, denn der Platypsyllus gleicht im Ausſehen weit eher einem Floh oder einer kleinen Küchenſchabe als einem Verwandten der Aaskäfer, denen er aber, wie die nähere Unterſuchung ſchließlich ergab, doch unzweifelhaft am nächſten ſteht. Der breite, ſchildförmige Kopf trägt hinten wie bei vielen Flöhen und ähnlichen Pelz⸗ bewohnern einen kräftigen Stachelkamm. Augen fehlen gänzlich. Die Fühler können, um beim Kriechen zwiſchen den Haaren nicht hinderlich zu ſein, in zwei Vertiefungen der Vorder⸗ bruſt eingelegt werden; ſie ſind ſehr eigentümlich gebaut und beſtehen aus einem langen, zylindriſchen erſten Gliede, auf das ein kurzes, tief ausgehöhltes zweites Glied folgt, welches den aus 7—8 verſchmolzenen Endgliedern beſtehenden Fühlerknopf aufnimmt. Die Vorder⸗ kiefer ſind verkümmert, Unterkiefer und Unterlippe mit Taſtern verſehen. Die ſechsbeinige, etwas geſtreckte blinde Larve des Biberkäfers hält ſich gleichfalls im Pelz des Wirtstieres auf. Der Biberkäfer bewohnt nicht nur die verſchiedenen Raſſen des amerikaniſchen Bibers, die von Texas, Kalifornien, Alaska und der Hudſonbai bekannt ſind, ſondern wurde von Friedrich auch auf den deutſchen Bibern gefunden, die im Gebiete der Mittelelbe Bien Wohnſitz haben, und iſt ebenſo von den Bibern der Rhone bekannt. An dieſe ſeltſamen Hautbewohner reihen ſich einige andere Käferfamilien an, die wir nur kurz erwähnen wollen, weil zu ihnen ſehr unſcheinbare Formen gehören. Da ſind zunächſt die kleinen, unter Baumrinde und an verweſenden Stoffen aller Art vor⸗ kommenden Schimmelkäfer (Corylophidae), deren Kopf ganz vom Halsſchild be⸗ deckt wird oder wenigſtens tief in letzterem eingeſenkt iſt und mit dreigliederiger End⸗ keule ausgeſtattete Fühler trägt. Ferner find es die Sphaeriidae, ſehr kleine, faſt halb⸗ kugelig gebaute Käferchen, die verſteckt am Waſſerrande leben, und endlich unter allen dieſen Zwergen die winzigſten, die Ptiliidae, deren größte Arten kaum 1,5 mm Länge erreichen, während die meiſten von ihnen dem unbewaffneten Auge nur gerade noch als kleine Pünktchen erſcheinen. Die wichtigſten, freilich nur mit Hilfe des Mikroſkops erkenn⸗ baren Eigentümlichkeiten dieſer Käfer, zu denen auch die bereits obenerwähnte Nanosella, die kleinſte aller Käferarten, gehört, ſind die nur ganz undeutlich dreigliederigen Füße und namentlich der ſonderbare Bau der Unterflügel, die zu langen, ſchmalen, faſt fadenförmigen, artig harter Chitinbedeckung. Der Kopf ſteckt tief im Halsſchild einer Gruppe gehört, bei welcher der Kopf unter einen nach vorn Punktkäfer. Leptinidae. Flohkäfer. Schimmelkäfer. Sphaeriidae. Stutzkäfer. 405 am Rande mit langen Wimperfranſen beſetzten Gebilden geworden find, jo daß dieſe Ziverg- käferchen auch Haarflügler (Trichopterygiden) genannt werden. Wer für dieſe winzigen, über die ganze Erde verbreiteten Tierchen Intereſſe hat, wird fie am leichteſten beim Durch- ſieben von Lauberde oder beim Abkätſchern von Gras erbeuten. Andere Arten halten ſich in den dunkeln Neſtgängen von Ameiſenkolonien auf, wo ſie, von den Ameiſen gänzlich un⸗ beachtet gelaſſen, ihrer hauptſächlich aus Pilzſporen beſtehenden Nahrung nachgehen. Eigen⸗ tümlich iſt die Bewegungsweiſe der Ptilien. Sie haben nämlich die Gewohnheit, ſehr ſchnell ſtoßweiſe eine kurze Strecke vorwärts zu rennen, bleiben aber dann eine Zeitlang wie angewurzelt ſtehen und laufen dann plötzlich wieder mit größter Geſchwindigkeit weiter. Die kahnförmig geſtalteten Scaphidiidae, die nicht gekniete Fühler beſitzen, find behende, namentlich an Pilzen ſich aufhaltende Käferchen, die ihren größten Formenreichtum in den Tropen ent⸗ falten. Mehr Beachtung verdienen die ſich hier anſchließenden Stutzkäfer (Histeridae), gedrungene, breitgedrückte, ja bisweilen A i i | > Miftftugtäfer, Hister fimo- vollkommen platte Käfer mit außerordentlich feſter, faſt panzer 1 und trägt kurze, elfgliederige, knieförmig gebrochene Fühler, die an der Spitze in einen Endknopf ausgehen. Die Flügeldecken ſind am Ende abgeſtutzt und laſſen die hinterſten Rückenplatten unbedeckt. Die Vorderſchienen ſind an der Außenkante meiſt mit Zähnchen bewehrt und können daher zum Graben und Wühlen in der Erde oder in weichen Stoffen benutzt werden. Der Gang der Stutzkäfer iſt ſchwerfällig, bedächtig; bei Gefahr ſtellen ſie ſich tot, drücken die Beine platt an den Körper und können auch meiſt ihre Füße i in rinnen⸗ förmige, an den Schienen angebrachte Vertiefungen legen, ſo daß dann von Beinen an dem regungslos daliegenden Käferchen kaum etwas zu ſehen iſt. Von den mitteleuropäiſchen Stutzkäfern iſt oben der Miſtſtutzkäfer, Hister fimetarius Herbst, abgebildet, der zu vorſpringenden Fortſatz der Vorderbruſt zurückgezogen werden kann. Die Hinterſchienen ſind an der Außenſeite mit zwei Dornen⸗ reihen bewehrt, der 5—7 mm lange Körper iſt ſchwarz, die Flügel decken aber wie bei einigen verwandten Arten mit roten Flecken Ameifenftugtäfer, Hetac- rius ferrugineus Oliv. Stark geſchmückt. Er lebt vorzugsweiſe auf trockenen ſandigen Triften vergrößert. Nach Schmitz, und begegnet uns gelegentlich auch auf einem Feldwege in ſchwer⸗ {her Säner, Regensburg 1908. fälliger Gangart. Sein eigentliches Arbeitsfeld bilden Kuhfladen. Wer ſich die Mühe nimmt, die obere angetrocknete Schicht eines ſolchen abzunehmen, kann in den weichen, tieferen Lagen den genannten Stutzkäfer und feine Larven finden, die ſich mit Behagen in die breiige Maſſe einbohren. Durch gedrungene, faſt quadratiſche Körpergeſtalt iſt der Ameiſenſtutzkäfer, He- taerius ferrugineus Oliv., ausgezeichnet, ein kaum über 2 mm langes und faſt ebenſo breites, glänzend braunes Käferchen mit feingeſtreiften Flügeldecken und verdickten Halsſchildſeiten, deſſen Körper oberſeits mit kleinen, aufrechtſtehenden Härchen beſetzt iſt. Bei verſchie⸗ denen deutſchen Ameiſenarten, Formica fusca und anderen, iſt dieſer Stutzkäfer ein gern geſehener Gaſt. Durch Wasmanns und Viehmeyers Beobachtungen hat ſich herausgeſtellt, 406. . daß die Ameiſen ihrem Gaſtfreund im allgemeinen zwar wenig Beachtung ſchenken, aber doch gelegentlich kommen, um den kleinen Käfer anhaltend und eifrigſt zu belecken, was dieſem ein ganz beſonderes Behagen zu gewähren ſcheint. Bisweilen verſucht der Hetaerius ſelbſt, die Aufmerkſamkeit ſeiner Wirte auf ſich zu lenken. Breitſpurig ſtellt er ſich auf ſeine Hinterbeine und reckt ſeinen kleinen Körper kerzengerade in die Höhe. Meiſt kommt dann bald eine Ameiſe, nimmt ihn ins Maul und trägt ihn, ohne ihn zu beſchädi⸗ gen, eine Strecke weiter. Wasmann hat auch beobachtet, daß die Ameiſen mit dem He. taerius geradezu ſpielen, ihn mit den ſcharfen Kiefern packen und wieder hinſetzen, ihn. gleich darauf abermals haſchen, ihn hin und her wenden, ein einigermaßen gefährlich aus⸗ ſehender Zeitvertreib, der an das Spiel von Katze und Maus erinnert, in Wirklichkeit aber harmlos iſt, weil der hart gepanzerte Käfer ſo leicht keinen Schaden nimmt. Die Hetärien ernähren ſich von toten Ameiſen, verſchiedenen Futterreſten und können, wie Wasmann feſtſtellte, im Ameiſenſtaate bei ihrem angenehmen, von keinen Feinden und keinerlei äußeren Gefahren bedrohten Leben ein Alter von mehreren Jahren erreichen. 2. Familienreihe: Verſchiedenhörnler (Diversicornia). Die zu den Diverſikorniern gehörenden Käfergruppen laſſen ſich ſchwer mit wenigen Worten kennzeichnen, denn es ſind Tiere von ſehr wechſelnder Bauart und abweichender Größe, die ſchon äußerlich in der Geſtalt der Fühlhörner, im Bau der Füße, ebenſo wie in der Geſtalt ihrer Larven die mannigfachſten Verſchiedenheiten aufweiſen. Wir beginnen unſere Überſicht, in der wir nur die wichtigſten Familien berückſichtigen, mit den Weichkäfern (Cantharidae), die durch mehr oder minder geſtreckte Geſtalt und lederartig weiche, bieg⸗ ſame Flügeldecken gekennzeichnet ſind. Die vorragenden Vorder⸗ und Mittelhüften ſind walzenförmig. Die Schienen haben keine Längskanten, können aber dick und abgeflacht ſein. Die Unterfamilie der Cantharinae wird in Mitteleuropa beſonders durch zahlreiche Arten der Gattung Cantharis L. (Telephorus Deg.) vertreten. Die ſchlanken, langbeinigen Käfer, die, wie alle Arten dieſer Unterfamilie, durch eine nicht ſichtbare Oberlippe ge⸗ kennzeichnet ſind, halten ſich auf Sträuchern, Gräſern, Kräutern oder am Boden auf, ſind ſtellenweiſe ſehr häufig und werden ihrer bunten, uniformartigen Farben wegen auch wohl Soldatenkäfer genannt. Der in ganz Deutſchland verbreitete Gemeine Weichkäfer oder Soldatenkäfer, Cantharis fusca L., der einen gelbroten Halsſchild beſitzt und ſamt⸗ ſchwarze Flügeldecken hat, in ſeiner Färbung im übrigen aber etwas variiert, iſt ein auf⸗ fallender, lebhafter Käfer, der gleich ſeinen Gattungsgenoſſen vorzugsweiſe vom Raub kleinerer Inſekten lebt, gelegentlich aber auch an jungen, zarten Trieben nagt. Seine ſechs⸗ geinige, geſtreckte Larve hält ſich verſteckt am Boden auf und hat eine feine, ſamtartige Behaarung, die nur die vordere Hälfte des flachen, ein Paar Augen und kräftige Beiß⸗ werkzeuge tragenden Kopfes frei läßt. Die Cantharis⸗Larven überwintern unter Steinen und Laub oder Baumwurzeln, kriechen aber gelegentlich auch, namentlich bei beginnender Schneeſchmelze, als ſogenannte Schneewürmer maſſenweiſe über die Schneedecke dahin, auf der ſie ihrer dunkeln Färbung wegen ſehr auffallen. Ob die Larven, wie man meinte, immer durch eindringendes Waſſer hervorgetrieben werden, ſei dahingeſtellt. Remer teilt jedenfalls mit, daß im November 1902 in verſchiedenen Teilen der Provinz Schleſien die Schneewürmer in großen Mengen erſchienen ſeien, ohne daß ein beſonderer Grund erſicht⸗ lich war, der ſie zum Verlaſſen ihrer Winterquartiere bewogen haben konnte. In früheren Zeiten, als man ſich die Herkunft der Schneewürmer auf natürlichem Wege noch gar nicht Weichkäfer: Gemeiner Reichen 407 zu erklären vermochte, glaubte man in ſolchen Fällen ein Wunder vor Augen zu haben und meinte, daß die Würmer vom Himmel herabgeſchneit ſeien. Die Cantharis-Larven find Räuber und gelten daher im allgemeinen als nützlich. Taſchenberg ſah ſie Regenwürmer und Schnakenlarven verzehren und ſich mit ihren Kie⸗ fern ſo feſt einbeißen, daß ſie an der Beute hängenblieben, wenn man dieſe in die Höhe hob. Wie Remer berichtet, waren auf einem Roggenſchlage im Oktober und Anfang No⸗ vember zahlreiche Ackerſchnecken aufgetreten. Im November erſchienen Schneewürmer und nahmen an Zahl fortwährend zu, während die Ackerſchnecken ſich in gleichem Maße verringerten. Es iſt nicht unmöglich, meint unſer Gewährsmann, daß die Cantharis- Larven die Ackerſchnecken gefreſſen haben. Die Larven dürften aber nicht immer nur nützlich ſein, denn unſer Beobachter gibt anderſeits auch einen Bericht wieder, in dem es heißt, daß dieſe Larven die ganz 5 Keimlinge einer Weizenſaat ausgefre ſſen und bedeutenden Schaden verurſacht hät⸗ ten. Das Verhalten der Larven in der Gefangenſchaft lehrte, daß dieſe Mitteilung ſehr wohl auf richtiger Be⸗ obachtung beruht haben kann. Die Larven erhielten anfangs nur Fleiſch⸗ koſt, die ſie begierig annahmen. Auch Stubenfliegen und Marienkäferchen wurden bis auf die Chitinteile verzehrt. Nach einigen Tagen wurden ihnen auch aufgequollene und eben auskei⸗ mende, alſo im Zuſtande einer friſchen 5 RU: NM Ausſaat befindliche Weizenkörner dar⸗ : Gem er Weichkäfer, Cantharis fusea L. Etwas vergrößert. geboten, die in der Tat auch angenom⸗ men wurden, und zwar begannen die Schneewürmer jedesmal an der Weichen Stelle des Keimlings und fraßen von da, die harte Schale vor ſich aufſtülpend, in das Endoſperm hinein. In dieſer Weiſe würden allmählich eine große Anzahl von Weizen⸗ und ebenſo von Roggenkörnern verzehrt, obwohl gleichzeitig auch Fleiſchkoſt geboten wurde. Gerſte und Hafer blieben durch ihre Spelzen geſchützt. Schon nach den erſten Tagen der Gefangen⸗ ſchaft bohrten ſich die Würmer in den Sandboden des Kulturgefäßes ein und kamen dann regelmäßig zur Nahrungssuche aus ihren Löchern hervor. Anfang Januar fiel es auf, daß ein Teil der ausgelegten Körner ſpurlos verſchwand. Die Unterſuchung der Schlupf⸗ winkel ergab, daß die Larven Körner in den Boden herabgezogen und dort in Paketen bis zu acht Stück aufgeſtapelt hatten, gerade als ob Vorratskammern angelegt werden ſollten. Während die Larven bis dahin nur am Tage ſich vorwiegend im Boden aufhielten und abends und morgens ſehr lebhaft waren und die herumliegenden Körner eifrig hin und her ſchleppten, wurden ſie um dieſe Zeit träger und hielten ſich ſchließlich ganz ſtill in ihren Löchern, deren Zugang mit loſe aufgegrabenem Boden bedeckt war. — Am 5. März erſchien der erſte farbige Käfer, dem bald andere folgten, die alle derſelben Sr Can- tharis (Telephorus) fusca L., angehörten. Zu der Unterfamilie der Lyeinae, die zu ihren Vertretern viele brennendrot ge- färbte Arten zählt, gehört der im Frühjahr in unſerem Gebiete häufige Lygistopterus 408 Käfer. sanguineus L., ein ſchwarzer, flacher, geſtreckter Käfer von etwa 6—12 mm Länge mit roten, fein längsgerippten Flügeldecken und ebenſo gefärbten Halsſchildſeiten. Der Käfer treibt ſich auf den Blüten von Umbelliferen und Kompoſiten umher oder kriecht auf faulenden Baumſtümpfen, in denen die Larven ihre Entwickelung durchlaufen. In den Tropen fehlt es auch in dieſer Unterfamilie nicht an ſonderbar geſtalteten Arten. In Weſtafrika, in Guinea und dem Kongogebiet begegnen wir dem Chlamydolycus trabeatus Guër., einem ober⸗ ſeits gelbroten Käfer mit ſchwarzen Flecken an der Spitze und oft auch am Grunde ſeiner ee Das e 55 die 1 Entwickelung der Deckflügel, die beſonders f N beim Männchen in der Regel weit den Kör⸗ perrand überragen und dem Tier damit eine breite, faſt ſcheibenförmige Geſtalt geben. Die Weibchen, die nicht die übermäßig verbreiter⸗ ten Flügeldecken haben, ſind geſtreckt, und auch unter den Männchen laſſen ſich mitunter Exemplare finden, die ſich in der Körperform den Weibchen nähern oder mit ihnen über⸗ einſtimmen. Die Weibchen kann man hoch oben in den Blüten von Bäumen und Sträu⸗ chern ſitzen ſehen, die Männchen aber ſchweben umher und ſollen mit ihrem breiten, flachen Körper oft vom Luftzuge erfaßt und weiterge⸗ führt oder ſogar in die Höhe getragen werden. Bei der Unterfamilie der Lampyrinae oder Leuchtkäfer iſt im Gegenſatz zu den vorigen die Oberlippe ſichtbar. Der Kopf ſitzt tief im Halsſchilde und trägt beim Männchen ein Paar großer, kugelig vorquellender Augen. Die Flügeldecken klaffen hinten. Die Weibchen, p 8 | die in ihrem ganzen Körperbau mehr oder min- Wannen Natiklihe Gehe der von den Männchen abweichen, haben in der Regel ein madenförmiges, larvenartiges Ausſehen und nur kleine Augen. Ihre Flügel ſind meiſt verkümmert. Die intereſſanteſte Eigenſchaft dieſer Käfer iſt zweifellos ihr Leuchtvermögen. Im Dunkel der Nacht laſſen fie von ihrem Körper ein oft weithin ſichtbares Licht ausgehen, das je nach der Art ein glühen⸗ des, gleichmäßiges Glimmen oder ein ſtrahlendes, raſches Aufblitzen iſt. Das Licht iſt bei den verſchiedenen Arten auch von verſchiedener Farbe, es kann blendendweiß oder von grün⸗ lichem oder bläulichem Schimmer ſein. Über die feineren Vorgänge beim Leuchten ſind wir leider im einzelnen immer noch nicht genügend unterrichtet. So viel ſteht aber feſt, daß beim Leuchten eine ſehr lebhafte Zerſetzung von Stoffteilchen ſtattfindet, ohne daß es hier⸗ bei zu einer nachweisbaren Wärmeentwickelung kommt. Die Lichteffekte des Leuchtkäfer⸗ chens gehen dabei immer nur von einigen beſtimmten Körperſtellen aus, an denen das Fettkörpergewebe ſich zu beſonderen, mit Tracheen reich verſorgten Leuchtorganen um⸗ geſtaltet hat. Leuchtorgane ſolcher Art kommen aber nicht nur den fertigen Käfern zu, ſon⸗ dern treten in der Regel auch ſchon bei den Larven und Puppen in Tätigkeit. Ja, von 1 , . Jr ͤ ˙ͤvTT1K1é1é F ER u HERE ER Rn F Weichkäfer: Chlamydolycus trabeatus. Leuchtläfet. 409 unſerem großen einheimiſchen Leuchtkäfer, Lampyris noctiluca L., leuchten ſogar bereits die Eier, wobei das Licht vom Eidotter ausgeht. Manche Arten ſollen nur in der Nacht im wachen Zuſtande leuchten, wie der Italieniſche Leuchtkäfer, Luciola italica L., der tagsüber, wenn er ſchläft, ſelbſt in dunkler Umgebung kein Licht entſendet. Bei dieſem Käfer ſteht das Leuchten nachweisbar unter dem Einfluß des Nervenſyſtems. In anderen Fällen geht aber das Leuchten ganz gleichmäßig und unaufhörlich vonſtatten, wie z. B. an den Puppen unſerer einheimiſchen Leuchtkäferarten. In Deutſchland gibt es mehrere Arten von Leuchtkäfern. Der Kleine Leuchtkäfer, Phausis splendidula L., deſſen hintere Halsſchilddecken abgeſtumpft ſind, iſt im männ⸗ lichen Geſchlecht ein 8—10 mm langes, graubraunes, geflügeltes Käferchen, mit zwei glas⸗ artig durchſcheinenden Fenſterflecken auf dem Halsſchild, die ſich vorn manchmal zu einem gemeinſchaftlichen Fleck vereinigen. Das wurmartige, gelblichgraue Weibchen hat an der Rückenſeite der Mittelbruft je ein kleines, blattförmiges Läppchen als Überreft von Flügel⸗ Kleiner Leuchtkäfer, Phausis splendidula L. 1) Männchen von der Rücken⸗ und Bauchſeite, 2) Weibchen, 3) Larve; Großer Leuchtkäfer, Lampyris noctiluca L. 4) Männchen, 5) Weibchen, 6) Larve. 1, 2 und 4 vergrößert. decken. An warmen, dunkeln Juniabenden, wenn kaum ein Lüftchen die laue Luft durch⸗ dringt, führen die Leuchtkäfermännchen zauberhafte nächtliche Spiele auf, die an die Traum⸗ gebilde vom Lande der Feen und Elfen erinnern. Hunderte von Feuerfünkchen zittern durch die dämmernden Schatten der Nacht und glitzern bald hier, bald dort im lautloſen, feyrigen Tanz auf. Iſt es gelungen, einen der kleinen Feuergeiſter zu erhaſchen, jo läßt ſich leicht feſtſtellen, daß das Licht aus zwei großen, flachen Leuchtorganen hervordringt, die an der Bauchſeite des Hinterleibes als weißliche Flecke an zwei aufeinanderfolgenden Ringen ſichtbar ſind. Die flugunfähigen Weibchen, die als Johanniswürmchen oder Glüh⸗ würmchen beſcheiden im Graſe oder im Bodengeſtrüpp verborgen ihr Licht glimmen laſſen, haben ganz ähnliche Leuchtorgane, außerdem aber noch an den Seiten des erſten bis ſechſten Hinterleibsringes eine Reihe aufeinanderfolgender Leuchtapparate. Dem Großen Leuchtkäfer, Lampyris noctiluca L., fehlen im männlichen Ge⸗ ſchlecht die Fenſterflecke auf dem gleichmäßig braunen Halsſchilde. Während das geflügelte Männchen nur eine Größe von 11—12 mm erreicht, wird das flügelloſe Weibchen bei dieſer Art 16—18 mm lang; es iſt von graubrauner Farbe, ſchimmert aber an den Rändern ſeiner Rückenringe gelblich oder roſenrot. Beim Weibchen geht das Licht, das zwei quer⸗ verlaufende Streifen bildet, von je einer großen, bauchwärts am ſechſten und ſiebenten Hin⸗ terleibsringe gelegenen Leuchtplatte aus. Außerdem kommen noch zwei aus der Larvenzeit 410 Käfer. übernommene Organe im achten Bauchringe hinzu, die aber nur als kleine, glänzende Punkte erſcheinen, und ſchließlich können auch noch kleine, in Form, Lage und Zahl wech⸗ ſelnde Leuchtflecke an der Bauchfläche des fünften Hinterleibsringes gelegen ſein. Das Lampyris-Männchen leuchtet weit ſchwächer als ſein Weibchen, denn es ir nur die zwei Leuchtorgane am hinteren Leibesende. Als Schreckmittel zum Fernhalten von Felnden dürfte das Lich unſerer Leucht⸗ käfer oder Johanniswürmchen wohl kaum von beſonderem Werte ſein, dagegen dient es zweifellos bei den erwachſenen Tieren zum Anlocken des anderen Geſchlechtes; liegen doch, nach Bongardt, die Weibchen von Lampyris noctiluca abends ſtets auf dem Rücken und ſind, ſobald ſich ihnen Männchen nähern, nach Kräften bemüht, den Hinterleib mit den Leuchtorganen emporzuſtrecken, wodurch ihr Licht ſelbſt aus weiter Ferne wahrzunehmen iſt. Nach der Flugzeit der Männchen aber fand Bongardt die Weibchen immer in natir- licher Lage und auch nicht mehr wie früher hauptſächlich an Abhängen in der 8 des Waldrandes, ſondern mehr verborgen im Innern des Waldes. f Haben die Leuchtkäfer ihre kugelrunden Eier dem Erdboden anvertraut, ſo entwickeln ſich aus letzteren langgeſtreckte, etwas abgeplattete, ſechsbeinige Larven, deren auffallend kleiner Kopf gewöhnlich unter dem vorderſten Bruſtring verſteckt ſitzt. Der letzte Leibes⸗ ring kann zum Nachſchieben vorgeſtreckt werden und dient, nach Taſchenberg, auch zum Reinigen des Körpers von anhaftenden Schmutzteilen. Die Leuchtkäferlarven ſind Räuber. Mit ihren ſpitzigen Kiefern greifen ſie kühn kleine Gehäuſeſchnecken oder Nacktſchnecken an, die oft vielmals größer als ſie ſelber ſind. Trotzdem gelingt es ihnen, die Beute zu über⸗ wältigen, und zwar in der Weiſe, daß ſie aus den von einem feinen Kanal durchbohrten Vorderkiefern ihren Mitteldarmſaft in die Wunde einfließen laſſen, der auf das Opfer, wie Vogel ermittelte, lähmende und zerſetzende Wirkungen ausübt. f 2 Von wunderbarer Schönheit find die Lichteffekte, die in den Tropenländern von Leuchtkäfern hervorgerufen werden. Irrwiſche, Vagar lume, heißen in Braſilien unſere kleinen Lichtkünſtler, die vom Oktober an erſcheinen und nachts während der ganzen Regen⸗ zeit die Luft mit ihrem zauberhaften Glanze erfüllen. Ganz eigenartig iſt, nach Ohaus, das Schauſpiel, wenn dann im Dunkel der Nacht die Flußufer und Bergabhänge wie auf einen geheimen Impuls oder auf ein unſichtbares Signal hin mit einem Male in Tauſen⸗ den und aber Tauſenden von blitzenden Lichtern erſtrahlen, die merkwürdigerweiſe ebenſo plötzlich, wie ſie aufflammten, alle miteinander wieder verſchwinden, um in mehr oder weniger regelmäßigen Zwiſchenräumen wiederzukehren, eine Erſcheinung, die oft ſtunden ° lang ſich wiederholt. Ein periodiſches blitzendes Aufleuchten iſt verſchiedenen tropiſchen Leuchtkäfern eigen. Oft haben auch die leuchtenden Männchen die Eigentümlichkeit, ge⸗ meinſam rhythmiſch auf und nieder zu ſchweben, wie dies ſchon v. Oſten⸗Sacken bei einer nordamerikaniſchen Art, der lightning bug, Photinus pyralis L., beobachten konnte. Den Malachiinae kommt im Gegenſatz zu den Kantharinen eine deutlich ſichtbare Oberlippe zu; auch ſind ſie durch lange dünne Beine ſowie einen platten Kopf und Halsſchild ausgezeichnet. Der Erzfarbene Zipfelkäfer, Malachius aeneus L., iſt mit ſeiner Länge von 6—7 mm der größte einheimiſche Vertreter ſeiner in zahlreichen Arten in Europa und den angrenzenden Teilen Aſiens und Afrikas verbreiteten Gattung. Er iſt glänzend erzgrün, am Vorderkopfe goldgelb, an den Vorderecken des Halsſchildes und an den Flügel⸗ decken mit Ausnahme eines breiten, grünen Nahtfleckes ſcharlachrot. Beim Männchen ift färbt. Die roſenrote Larve lebt ſehr Weichkäfer: Zipfelkäfer. Buntkäfer: Ameiſenkäfer. Bienenwolf. 411 an den frei zwiſchen den Augen entſpringenden Fühlern das dritte Glied an der Spitze in einen nach unten gekrümmten Haken verlängert. Das Merkwürdigſte an dem Käfer it aber, daß er, ebenſo wie ſeine Verwandten, rote, mit Drüſen reichbeſetzte, weiche Haut- zipfel an den Seiten ſeiner Bruſt hervorſtülpen kann, ſobald er beunruhigt wird, etwa wenn man ihn anfaßt oder reizt. Die Zipfelkäfer lieben den Sonnenſchein, treiben ſich auf den Wieſen auf Kräutern und Blumen umher und leben räuberiſch von anderen Inſekten, wodurch die genannte Art, die, nach Taſchenberg, unter anderem den Larven des Raps⸗ käfers nachſtellen ſoll, nützlich wird. Die ſechsbeinigen Malachius⸗Larven endigen hinten in zwei fleiſchige Spitzchen, ſind auch Räuber, machen eine zweimalige Überwinterung durch und ſitzen verborgen, beiſpielsweiſe hinter Baumrinde oder in alten Strohdächern. Die Buntkäfer (Cleridae) fallen durch hübſche Zeichnungen und Reichtum an bunten Farbenzuſammenſtellungen auf. Die Fühler endigen bei ihnen mit einer drei⸗ gliederigen, knopfartigen Endkeule oder ſind geſägt. Die Fußglieder ſind mit Ausnahme des letzten herzförmig. Der Ameiſenartige Buntkäfer, Clerus formicarius L. (Thanasimus), gehört zu den bekannteſten Ver⸗ a tretern dieſer weitverbreiteten Fa⸗ milie. An abſterbenden, von Un⸗ geziefer zerfreſſenen Nadelholzſtäm⸗ men oder an geſchlagenem Holz läuft er emſig wie eine Ameiſe auf und ab und ſtellt hauptſächlich Bor⸗ kenkäfern nach. Hat er einen er⸗ wiſcht, ſo hält er ihn mit den Beinen feſt und verſpeiſt ihn. Halsſchild und Wurzel der Flügeldecken bis zur vorderen der beiden weißen Quer⸗ binden ſowie die Unterſeite ſind bei Ameiſenartiger Buntkäfer, Clerus formicarins 25 a) von oben ge⸗ ſehen, b) beim Fangen eines Borkenkäfers. Stark vergrößert. Nach Hopkins, dem ſonſt ſchwarzen Käfer rot ge⸗ „Bull. U. S. Departm. Agrieulture“, Waſhington 1909. verſteckt unter der locker gewordenen Rinde von kranken oder eingehenden Bäumen, dringt dabei häufig in die Gänge von Borkenkäfern ein und mordet dort deren Larven und Puppen oder vertilgt die junge, noch nicht ausgefärbte Käferbrut. Sind ſomit der Ameiſenartige Buntkäfer und ſeine Larve nützliche Tiere, die mancherlei Ungeziefer, das den Wald be⸗ droht, vertilgen, ſo darf doch ihre Bedeutung nicht überſchätzt werden. Ihr Vorkommen enthebt den Forſtmann nicht der Mühe, alles zur Brut von Borkenkäfern geeignete Holz rechtzeitig zu entrinden oder zu beſeitigen. 0 Etwas kräftiger geſtaltet ſind die Immenkäfer, Trichodes Herbst, meiſt ſtark be⸗ haarte, dunkelblaue oder grünſchimmernde Käfer mit roten, blau gebänderten oder um⸗ gekehrt mit blauen, rotgebänderten Flügeldecken. Der zylindriſche Halsſchild verengt ſich nach hinten, die Form der Flügeldecken iſt die gleiche wie bei den Buntkäfern. Die meiſten Arten kommen auf der nördlichen Halbkugel in dem paläarktiſchen Gebiete vor und ſtellen ſich auf Blumen ein, beſonders auf Dolden, um Jagd auf andere, kleinere Inſekten zu machen, ohne jedoch dabei vegetabiliſche Koſt ganz zu verſchmähen. Der Gemeine Immenkäfer oder Bienenwolf, T. apiarius L. (Abb., ©. 412), 412 Käfer. von durchſchnittlich 12 mm Länge, ift glänzend ſchwarzblau, dicht punktiert und rauh⸗ haarig. Die grobpunktierten Flügeldecken ſind mit Ausſchluß der Spitze und zweier Quer⸗ binden, deren vordere gelegentlich fehlen kann, hochrot gefärbt. Man findet ihn von Mai bis Juli an den angegebenen Stellen in Deutſchland nirgends ſelten. Die Larve, die der des Ameiſenartigen Buntkäfers ſehr ähnlich ſieht, aber etwas gedrungener iſt, hält ſich namentlich in den Neſtern verſchiedener wilder Bienenarten auf, kommt aber auch bei der Honigbiene, beſonders in ſchwachbevölkerten, unſauberen Stöcken, vor und ernährt ſich dort von Larven, Puppen und mattgewordenen Bienen. Aßmus teilt hierüber folgendes mit: „In Ruß⸗ land trifft man die Larven vom Juli bis zum Mai des nächſten Jahres auf dem Boden unreinlich gehaltener Klotzbauten, wo ſie ſich wie die Ohrwürmer und Wachsmottenraupen in den Spalten verborgen halten und gelegentlich aus ihnen hervor⸗ kommen, um die von den Arbeitsbienen auf den Boden her⸗ Bienenwolf, Trichodes apia- f N 1 i | Pi 1 larven und Bienennymphen zu freſſen. Die Bienen und Bienen nymphen weiden ſie nur aus, die Bienenlarven aber verzehren untergeworfenen halbtoten oder toten Bienen ſowie Bienen⸗ ſie gänzlich. Ein weiteres Heraufkriechen in den Bienenbau, um etwa dort der Bienen⸗ brut nachzuſtellen, habe ich an ihnen nicht beobachten Enten, bezweifle aber durchaus nicht, daß es geſchehen könnte. Iſt die Trichodes⸗Larve aber einmal im Bau der Bienen in eine Bruttafel gelangt, dann möchten wohl die Bienen die Larve ſchwerlich heraus⸗ holen. Denn nachdem die Larve ſich in eine verdeckelte Brutzelle hineingebiſſen hat, ſo bohrt ſie ſich gleich weiter ſeitwärts längs den Zellböden in die Brut hinein und macht förmliche Gänge nach allen Richtungen, jedoch ohne etwa erſt eine Bienennymphe zu ver⸗ zehren, ſondern preßt ſich unter den Bienennymphen, er 15 zu verletzen, hindurch und beginnt erſt ihren Fraß im Zentrum.“ Zu den naheverwandten Corynetidae, die ſich von den Buntkäfern durch den an den Seiten gerandeten Halsſchild und ein ſehr kleines vorletztes Fußglied unterſcheiden, ge⸗ hört Necrobia ruficollis F., ein 4-6 mm langes, dunkelblaues Käferchen, das an der Bruſt, am Grunde der Flügeldecken ſowie an der Baſis der Fühler und Beine rot iſt. Nicht nur im Freien, ſondern auch in Gräbern, in Kellern und Vorratsräumen, in denen in Verweſung begriffene oder getrocknete tieriſche Subſtanzen lagern, kommt der Käfer und ſeine Larve vor. Letztere ernährt ſich räuberiſch von den an den genannten Orten lebenden Fliegen⸗ maden und ähnlichem Getier. Die Verpuppung kann, wie O. Taſchenberg beobachtete, in leeren Fliegentönnchen vonſtatten gehen, in deren Innerem die reife Käferlarve ſich ein zartes Puppengehäuſe ſpinnt. Intereſſanter als die wenig appetitliche Lebensweiſe iſt aber eine hiſtoriſche Begebenheit, bei welcher der genannte Käfer eine wichtige Rolle ſpielte. Es war zur Zeit der franzöſiſchen Revolution, als der ſpäter ſo berühmt gewordene Natur⸗ forſcher Latreille infolge ſeiner Weigerung, der Regierung einen Eid zu leiſten, in den Kerker geworfen wurde und dem ſicheren Tode entgegenſah. Er würde verloren geweſen ſein, wenn nicht zufällig ein kleiner, ihm unbekannter Käfer, der an der Wand feines Gefängnifjes umherkroch, ſeine Aufmerkſamkeit erregt hätte. Latreille fing den Käfer, der ſich hernach als unſere Necrobia ruficollis erwies, und ſandte ihn, in einen Korkſtöpſel eingeſchloſſen, an Bory de Saint-Vincent, der hierdurch Kenntnis von Latreille und ſeinem traurigen Geſchick erhielt und ſich erfolgreich für die Befreiung des jungen Gelehrten verwandte. Corynetidae. Schnelltäfer. 413 — Die Schnelltäfer oder Schmiede (Elateridae) bilden eine ſehr artenreiche, in allen Erdteilen verbreitete Familie. Ihr Körper iſt geſtreckt, der tief in den Halsſchild ein⸗ gelaſſene Kopf abwärts geneigt und von unten meiſt durch eine Art Bruſtlatz, die ver⸗ längerte Vorderbruſt, bedeckt. Die Oberlippe iſt deutlich. Die elf- bis zwölfgliederigen Füh⸗ ler ſind vor den Augen eingelenkt. Die Gelenkpfannen für die Hüften der beiden vorderen Beinpaare ſind offen, diejenigen des letzten Beinpaares ſitzen dagegen unter blattartigen Schenkeldecken verſteckt. Die Zahl der Fußglieder beträgt fünf. Die Beine ſind ſo kurz, daß ſie den Boden gar nicht oder kaum berühren, wenn der Käfer einmal das Unglück ge⸗ habt hat, auf ſeine gewölbte Rückenſeite zu fallen. Ein Wiederaufrichten mit Hilfe der Beinchen iſt dann ausgeſchloſſen, und ohne erſt fruchtloſe Verſuche mit dieſen zu machen, benutzt der Schnellkäfer, um ſich aus der unbequemen Lage zu befreien, den Schnellapparat, den wir ſogleich noch genauer kennenlernen werden. Man hört ein knipſendes Geräuſch, und mit einem plötzlichen Ruck ſchnellt ſich der Käfer in die Höhe, fällt im Bogen herab und kommt dann meiſtens wieder in die gewünſchte Bauchlage, wiederholt aber andern⸗ falls mehrmals hintereinander ſein Manöver, bis es ihm ſchließlich gelungen iſt, wieder auf die Beine zu kommen. Der Körper iſt für das Emporſchnellen bei den Elateriden in ganz beſonderer Weiſe eingerichtet. Die polſterartig gewölbte Vorderbruſt, in der kräftige Muskeln gelegen ſind, geht hinten an der Bauchſeite in einen kurzen Stachel aus; die Mit⸗ telbruſt hat aber am Vorderrande eine Grube, in die der Stachel hineinpaßt. Zum Empor⸗ ſchnellen macht der Käfer ſeinen Rücken hohl, ſtemmt Halsſchild und hinteres Körperende gegen die Unterlage, preßt den Stachel mit aller Gewalt gegen den Vorderrand der Grube und läßt dann mit einem Male den Stachel in letztere einſchnappen. Hierbei prallt er mit dem Grunde feiner Flügeldecken kräftig gegen die Unterlage an und wird durch den Gegen- ſtoß in die Höhe geworfen. Wenn man einen Schnellkäfer mit dem Rücken auf die flache Hand legt, ſo kann man ihn leicht zu ſeinem Kunſtſtück veranlaſſen, und ebenſo kann man die Bewegung des Halsſchildes und das Einſchnappen des Stachels in die Bruſtgrube be⸗ obachten, wenn man den Käfer zwiſchen den Fingern feſthält, wobei er dann unter fort⸗ währendem Knipſen verzweifelte Anſtrengungen macht, um wieder loszukommen. Die Elateridenlarven ſind langgeſtreckte, walzenförmige oder etwas abgeplattete Tiere, deren harter, gelblich oder braun gefärbter Körper ſechs kurze Beinchen trägt. In ihrem Außeren haben dieſe als „Drahtwürmer“ bekannten Larven eine gewiſſe Ahnlich⸗ keit mit dem Mehlwurm, der Larve des ſpäter zu beſprechenden Mehlkäfers. Wer beide nebeneinander betrachtet, bemerkt aber ſofort einen weſentlichen Unterſchied in der Bil⸗ dung und Stellung des Kopfes. Beim Mehlwurm iſt der gewölbte Kopf mit einer Ober⸗ lippe verſehen, und die Mittelkiefer haben nur eine einfache Lade. Der Kopf der Schnell⸗ käferlarven iſt dagegen flachgedrückt, meiſt auf dem Scheitel ausgehöhlt und mit gezäh⸗ neltem Vorderrande ausgeſtattet. Den Mundteilen fehlt eine Oberlippe, während die Mittelkiefer eine zweigliederige Außenlade und eine kleine Innenlade tragen. Der letzte Leibesring, der entweder zugeſpitzt iſt oder in zwei Dornen ausgeht, liefert wichtige Unter⸗ ſcheidungsmerkmale für die verſchiedenen Arten von Schnellkäferlarven. Letztere ſind Allesfreſſer. In der Humuserde verſteckt oder im mulmigen Holze lebend, bohren ſie ſich in die verſchiedenartigſten abgeſtorbenen oder auch in lebende Pflanzenteile ein, von denen ſie ſich ernähren. Hutpilze, ſaftige Wurzeln und Knollen von Kräutern und Gartengewächſen aller Art, Keimlinge und Wurzeln von Bäumen und Sträuchern werden von ihnen benagt und mehr oder minder zerfreſſen, ſo daß die Drahtwürmer mitunter an Kulturgewächſen 414 argen Schaden anrichten. Ebenſowenig verſchmähen ſie tote Tiere. Im Notfalle greifen ſie auch lebende Inſektenlarven an h fallen als Kannibalen gegenſeitig übereinander 8 her. Die Abbildung zeigt einen Drahtwurm, der mit der Larve des Feuerkäfers zuſammen eingeſperrt war, dieſe aber getötet und ſich tief in ſie hineingefreſſen hat. Die Larvenperiode währt ziemlich lange, bei manchen Arten ſicherlich mehrere Jahre. Die ziemlich leb⸗ hafte Puppe ruht dagegen nur kurze Zeit. Links oben Blutroter Schnellkäfer, later sanguineus ., darunter zwei Draht⸗ Der Mäuſegraue 5 würmer (Elateridenlarven), von denen ſich der eine in eine Larve des Feuerkäfers ein⸗ A . 5 gebohrt hat (nach einer Skizze von Reichert gezeichnet). Rechts oben Feuerkäfer, Schnellkäfer, Brachyla- Pyrochroa coceinea L., een ſich unter Baumrinde 1 San Mmurinus- 2. gehört zu | > den häufigiten einheimifches Arten und iſt durch zwei tiefe Rinnen an der Unieriehte des Halsſchildes ausgezeichnet, die zur Aufnahme der Fühler dienen. Der breite, flachgewölbte, etwa 12—17 mm lange e iſt mit kurzen, weißlichen und bräunlichen Härchen bedeckt und hat in erwachſenem Zuſtande gelegentlich dadurch geſchadet, daß er die Blütenſtiele von Roſen benagte und junge Eichentriebe befreſſen hat. Mehrere deutſche Ar⸗ N ten haben prächtig rote Flügeldecken, z. B. der Blutrote Schnellkäfer, Elater sanguineus L, deſſen Larven in morſchen Kieferſtöcken hauſen. Von den ſchädlichen Arten iſt namentlich der Saatſchnellkäfer, Agriotes lineatus L., zu nen⸗ nen, der auf Feldern, Wieſen und Wegen nicht | ſelten ift. Der etwa 9 mm lange Käfer hat einen annähernd quadratiſchen, gewölbten Halsſchild, der hinten jederſeits in eine Spitze ausläuft. Auf jeder Flügeldecke zählt man acht Reihen ſchwarzer Punktſtreifen. Die ganze Oberſeite des Käfers und die Beine erſcheinen durch Behaarung gelb⸗ lichgrau, auf der Unterſeite dagegen ſchimmert die ſchwarze Grundfarbe ſtärker hindurch. Nach der Überwinterung und Paarung legt das Weibchen Cucujo, Pyrophorus noctilueus L., mit großen Leuchtſlecken am Halsschild. ſeine Eier am Erdboden oder in die Erde in der | Nähe von Pflanzenwurzeln ab. Die Agriotes- Larve, deren hinterſter Leibesring in ein ſtumpfes Spitzchen ausgeht und oberſeits an ſeinem Grunde je zwei ſchwarze ovale Eindrücke beſitzt, wird, wie übrigens auch manche andere Drahtwürmer, durch Benagen der zarten Gras- und Getreidepflanzen ſchädlich, die haupt⸗ ſächlich unterirdiſch beſchädigt und zerfreſſen werden. * BERN SL AL Bee — ü! ů e !! . Schnellkäfer. Prachtkäfer. 415 Im tropiſchen Amerika gibt es Elateriden, die ähnlich unſeren heimiſchen Johannis⸗ würmchen im Dunkeln leuchten können. Man erkennt die großen oder mittelgroßen „Feuer⸗ fliegen“, die meiſt düſter braun gefärbt und dicht graugelb behaart ſind, leicht an einem aufgetriebenen, wachsgelben Fleck in der Nähe jeder Hinterecke des Halsſchildes, von wel⸗ chem aus ſich im Leben das magiſche Licht verbreitet. Überdies beſitzen fie noch ein kräf⸗ tiges Leuchtorgan an der Bauchfläche unten am Grunde des Hinterleibes. Am bekann⸗ teſten iſt der auf den weſtindiſchen Inſeln lebende Cucujo, Pyrophorus noctilucus L., deſſen im Erdboden hauſende Larve an den Wurzeln des Zuckerrohrs gelegentlich jchäd- lich werden ſoll. Von dem bauchwärts gelegenen Leuchtorgan geht ein rotes Licht aus, das nach den Beobachtungen von Schöffer aber nur zu ſehen iſt, falls der Käfer fliegt. „Wenn ein ſolcher Käfer 10 em vom Erdboden entfernt fliegt, gibt das Licht einen hellen Schein von 5—10 em Durchmeſſer auf dem Boden.“ Das bläulich⸗grünliche Licht, das der Käfer von den Seiten ſeines Halsſchildes erſtrahlen läßt, iſt zwar etwas ſchwächer, aber immerhin noch ſo ſtark, daß man dabei im Dunkeln ohne jede Schwierigkeit leſen oder den Uhrzeiger erkennen kann. Der Cucujo wird daher oft als lebende Lampe benutzt. Man hält ihn zu dieſem Zwecke in kleinen Käfigen, füttert ihn mit Zuckerrohr und kann ihn bei dieſer Behandlung lange Zeit hindurch gebrauchsfähig erhalten. Die Eingeborenen ſtecken auch für nächtliche Wanderungen mehrere ſolcher Käfer in kleine geflochtene Behälter oder in ausgehöhlte, mit Löchern verſehene Flaſchenkürbiſſe und haben dann eine Laterne, die kein Wind auslöſchen kann, deren Licht aber vollkommen genügt, um den Weg zu finden. Echte Sonnenkinder find die Prachtkäfer (Buprestidae). Die heißen, ſonnen⸗ durchglühten Tropenländer ſind ihre eigentliche Heimat: dort kommen nicht nur die meiſten, ſondern auch die ſchönſten Arten vor, die in den wundervollſten Metallfarben erglänzen und im wahrſten Sinne des Wortes den Namen Prachtkäfer verdienen. Eine der ſchönſten Arten, deren ſchillernder Glanz ſich freilich nur unvollkommen wiedergeben läßt, iſt die auf Ceylon lebende, zuſammen mit tropiſchen Schmetterlingen auf der Farbentafel bei S. 304 abgebildete Sternocera orientalis Hbst. In den gemäßigten Zonen fehlen die Bupreſtiden zwar nicht, doch wird ihre Artenzahl nach Norden hin immer geringer, und die Käfer ſind im allgemeinen weniger auffallend, obwohl ſie faſt alle ein metalliſch glänzendes Kleid tragen. Die Prachtkäfer zeichnen ſich durch einen geſtreckten, von oben nach unten etwas flachgedrückten Körper aus. Der kleine Kopf ſteckt bis zu den Augen im vorderen Bruſt⸗ ringe und iſt mit ſchwachentwickelten Mundteilen ſowie einem Paare kurzer, elfgliederiger Fühler ausgerüſtet. Der Halsſchild ſchließt ſich eng und unbeweglich an die ungefähr ebenſo breiten Flügeldecken an. Von den verwandten Elateriden unterſcheiden ſich die Prachtkäfer nicht nur durch den Mangel eines Schnellapparates, ſondern auch durch das Fehlen einer häutigen Verbindung zwiſchen dem letzten und dem vorletzten Bauchringe. Sonneliebend und wärmebedürftig, halten ſie ſich mit Vorliebe an lichten Hängen und Waldesrändern auf. Dort kann man bei heißem, ſonnigem Wetter am beſten ihr Leben und Treiben beobachten. Da das Holz die Geburtsſtätte der meiſten Arten iſt, ſitzen die Käfer gern an Klaftern und Baumſtämmen, oder man trifft fie an Blüten, die fie beſuchen, um Pollen zu freſſen, denn anderweitige Nahrung pflegen ſie mit ihren ſchwachen Mundteilen nicht aufzunehmen. Bei Beunruhigung laſſen ſie ſich mit angezogenen Beinen zu Boden fallen oder fliegen ſchnell davon, wobei es ihnen ſehr zuſtatten kommt, daß ſie ihre nur der Länge nach zuſammengelegten Hinterflügel raſch entfalten können. Das Weibchen legt die Eier 416 Käfer. einzeln oder in geringer Zahl in der Regel an anbrüchigem, ſeltener an geſundem Holze ab. Einige Arten ſuchen Stengel und Wurzelknoten niederer Gewächſe oder Blätter zur Eiablage auf. Die weißlichen, walzenförmigen Larven ſind zumeiſt auf den erſten Blick ausgezeich⸗ net durch den großen, verbreiterten Vorderbruſtring, in den der wagerecht ſtehende Kopf wie in einen mächtigen Halskragen teilweiſe zurückgezogen werden kann. Am Kopf iſt nur der vorderſte Teil derb chitiniſiert, alle übrigen Körperteile ſind mit Ausnahme des Hals⸗ ringes weich und fleiſchig und bleiben ohne feſtere Chitinbedeckung. Wenn die Entwickelung in einem Stamm oder Baumaſt ſtattgefunden hat, ſo verläßt der aus der Puppe ent⸗ ſtandene Käfer das Holz, indem er durch die Rinde ein elliptiſch geformtes Flugloch nagt. Der Große Kiefernprachtkäfer, Chalcophora mariana L., iſt braun erzfarben und weiß beſtäubt, mit fünf Längsſchwielen auf dem Vorderrücken und drei glatten, ſtumpfen Längsrippen auf jeder Flügeldecke; er gehört zu den größten europäiſchen Arten, denn er mißt 26—30 mm. Er lebt in den Kiefernwäldern der norddeutſchen ſandigen Ebenen, iſt aber nicht ſchädlich, weil ſeine Larve nur in alten Kiefernſtöcken und in den Stämmen ab⸗ Art iſt unzweifelhaft der ſmaragdgrüne, an den Außenrändern kupferrote Lindenpracht⸗ käfer, Poecilonota rutilans F. Die Flügel- decken ſind mit ſchwarzen Querſtricheln und Fleckchen beſät und der Rücken des Hinterlei⸗ bes ſchön ſtahlblau, ſo daß der fliegende Käfer im Sonnenglanze einen herrlichen Anblick ge⸗ Lroßer Kies dero, Aaclelche Oba. währt. Seine Entwickelung durchläuft der 10—14 mm lange Lindenprachtkäfer in den Aſten alter Lindenbäume, in deren Rinde und Splintholz die Larve unregelmäßig gewun⸗ dene, mit Bohrmehl angefüllte Gänge nagt. Der artenreichen Gattung Agrilus Curt. ge⸗ hören ſchmale, geſtreckte Formen mit einem großen Zahn am Grunde der Fußklauen an. Eine der größten Arten iſt der in Deutſchland an Eichen nicht ſeltene Zweifleckige Prachtkäfer, Agrilus biguttatus F., der eine Länge von etwa 10 mm erreicht. Er iſt blaugrün oder goldgrün, und die Flügeldecken tragen in der Nähe der Naht je einen weiß⸗ lichen Haarfleck. Die Agrilus-Larven find am hinteren Körperende zangenförmig geſtaltet, freſſen unregelmäßig geſchlängelte, nach und nach breiter werdende Gänge unter der Rinde aus und können dadurch junge Bäume zum Eingehen bringen. Langgeſtreckte, annähernd walzenförmige, weichhäutige Käfer mit ziemlich kurzen, fadenförmigen, gekämmten oder geſägten Fühlern ſind die Lymexylonidae, unter denen in Deutſchland Hylecoetus dermestoides L. zu den häufigſten Arten gehört, ein am ganzen Körper feinbehaarter Käfer, deſſen langgeſtreckter, walzenförmiger Körper etwa 5—Gmal länger als breit iſt. Der ziemlich große, rundliche, mit kleinen ſchwarzen Augen und faden⸗ förmigen, elfgliederigen, auf der unteren Seite ſtark geſägten Fühlern ausgeſtattete Kopf wird etwas geſenkt getragen. Die Flügeldecken können die häutigen Unterflügel und den Leib nicht vollſtändig bedecken. Während die Weibchen ſtets einfarbig ockergelb bis rötlich⸗ gelb gefärbt ſind, iſt die Färbung bei den Männchen wechſelnd, beſonders können die Flügel⸗ decken bald gelblich, bald ſchwarz oder gefleckt, z. B. gelb mit ſchwarzer Spitze, ſein. Ein geſtorbener Bäume frißt. Die ſchönſte deutſche Larven, und warten den warmen Son⸗ ſchlechter teils fliegend, teils an Stäm⸗ antrifft, wobei die Männchen aufgeregt Tiere, die keinerlei Nahrung zu ſich zu Lymexylonidae: Hylecoetus dermestoides. 417 beſonders auffallender Geſchlechtsunterſchied liegt im Bau der Kiefertaſter (Maxillarpalpen), die beim Weibchen viergliederig ſind und nichts Ungewöhnliches erkennen laſſen, beim Männ⸗ chen dagegen eine ſehr eigentümliche Geſtalt haben. Sie ſind zwar auch hier viergliederig, aber die erſten drei Glieder ſehen ſchüſſelförmig aus, beſonders das zweite und dritte, und letzteres entſpringt aus einer Höhlung des zweiten Gliedes. Das Merkwürdigſte iſt jedoch ein beſonderer Anſatz des zweiten Gliedes, denn er iſt mit nicht weniger als 20 Paaren von zweizeilig angeordneten Seitenäſten verſehen, die ſich mit zahlloſen Sinneshaaren beſetzt zeigen. Nach Germer bringen es die Männchen allein mit Hilfe ihrer ſonderbaren Kiefer⸗ taſter fertig, die Weibchen aufzuſpüren und ſich mit ihnen zuſammenzufinden, ſo daß beim Hylecoetus dieſen Taſtern die Rolle zu⸗ | kommt, die fonft die Fühler zu haben pflegen. Der Käfer entwickelt ſich in alten Baumſtümpfen, beſonders in den Wurzelſtöcken von Buchen, die wir in den Weſergebirgen und im Thüringer Walde vielfach von ſeinen Larven ' zer⸗ freſſen fanden. | Wie Germer ſchildert, verbleiben die Käfer, wenn ſie ſich von ihrer Pup⸗ penhülle befreit haben, erſt noch einige FF Tage im Holz, in den Fraßgängen der nenſchein ab, in dem man beide Ge⸗ men und Baumſtümpfen umherlaufend ihre hocherhobenen Palpen weit aus⸗ einanderbreiten. Es ſind kurzlebige — — Buchenſtumpf mit Fraßgängen und Bohrlöchern von Hylecoetus nehmen jcheinen, denn Germer fand aermestoiaes L. Oben der weibliche, unten der männliche Käfer. ihren Darmkanal i immer nur von einer ; Natürliche Größe. Rechts unten männlicher Kiefertafter in * Vergrößerung. klaren, durchſichtigen Flüſſigkeit gefüllt. Nach vollzogener Paarung läuft das Weibchen eilfertig er und taſtet mit ſeiner Legeſcheide alte Baumſtümpfe ab, um ſeine walzenförmigen, weißgelben, etwa 1,5 mm langen Eier ent⸗ weder einzeln oder in kleineren und größeren Haufen abzulegen. Berindete Stellen werden bevorzugt, alte Fraßgänge dagegen nicht zur Eiablage benutzt. Nach etwa 10—14 Tagen er⸗ ſcheinen die Larven, die eine Länge von etwa 2,2 em erreichen und einen ſehr kleinen Kopf mit kräftigen Vorderkiefern haben. Die Vorderbruſt, in die der Kopf förmlich eingezogen werden kann, iſt an der Rückenſeite kapuzenförmig aufgetrieben und leiſtet den Larven gute Dienſte, wenn fie ſie an die Wand ihrer Gänge anpreſſen, um beim Weiterkriechen dort Halt zu ge⸗ winnen. Auch am Hinterende haben die Larven einen wichtigen Hilfsapparat. Anfangs, bei der jungen Larve, iſt das letzte Körperſegment hinten ſcheibenförmig abgeſtutzt, mit zwei Dor⸗ nen und Höckern verſehen und am Rande mit einer Chitinmauer umgeben, die Ahnlichkeit mit den Zinnen eines Turmes hat. Später aber, wenn ſie älter werden, wird es zu einer langen doppelzinkigen Gabel, die zum Hinausſchaffen des N aus den Fraßgängen dient. Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 27 1 d Rufer Sehr intereſſant iſt die Ernährungsweiſe der Hylecoetus⸗Larven. Sie freſſen nämlich keineswegs Holz, ſondern ernähren ſich nach den Beobachtungen Negers von Ambrofia, d. h. von den Sporen eines feinen Pilzraſens, der die Wände ihrer Gänge im Inneren des Holzes auskleidet. Der Ambroſiapilz, deſſen Sporen nach Neger wahrſcheinlich vom Mutter⸗ käfer hinzugebracht und bei der Eiablage an geeigneter Stelle ausgeſät werden, gehört einer beſonderen Art an und iſt als Endomyces hylecoeti beſchrieben worden. Bekannter als Hylecoetus iſt der Werftkäfer, Lymexylon navale L., der feinen auf den Schiffswerften eine große Rolle ſpielte. „Bewunderungswürdig, daß ein ſo elender Wurm für fo viele Tauſend Taler Schaden tun kann“, ſchrieb Linne, der auf der Admirali⸗ tätswerft bei Gotenburg Gelegenheit hatte, ſich mit eigenen Augen von der unheilvollen Tätigkeit des Werftkäfers zu überzeugen. Der weibliche Käfer legt ſeine Eier in Spalten und Ritzen gefällter oder ſtehender ſtarker Eichenſtämme, aber nur an ſolchen Stellen, an denen die Rinde bereits entfernt iſt. Die auskriechenden, wurmförmig geſtreckten, kurz⸗ beinigen Larven haben eine ſtark gewölbte Vorderbruſt und durchwühlen den Stamm, in⸗ dem ſie geſchlängelte Gänge ausfreſſen, die das Holz für den techniſchen Gebrauch wertlos machen. Der in Eichenwaldungen vorkommende, aber von dort leicht auf Holzlagerplätze verſchleppte Werftkäfer wechſelt ſehr in feiner Größe. Das Männchen unterſcheidet fich wieder durch ſeine komplizierter gebauten Mittelkiefertaſter von dem weiblichen Käfer, es iſt ſchwarz, hat aber gelben Hinterleib, gelbe Beine und einen ebenſolchen Fleck vorn an der Naht der Flügeldecken; das Weibchen iſt gelblich oder rötlich und beſitzt einen ſchwarzen Kopf und ſchwarze Flügeldeckenſpitzen. In neuerer Zeit, in der Stahl und Eiſen die wich⸗ tigſten Materialien für den Schiffbau geworden ſind, hat der Käfer ſeine Bedeutung für die Werften verloren und ſcheint auch anderweitig nicht u in nennenswerter Weiße als Schädling hervorgetreten zu ſein. In den Tropen gibt es Lymexyloniden von e Größe; Fühler und Mittel | kiefertaſter zeichnen ſich bei ihnen oft durch ungewöhnliche Größe und auffallende Bauart aus, beſonders bei den Männchen, zuweilen auch bei den weiblichen Käfern. Die Tiere führen wahrſcheinlich eine vorwiegend nächtliche Lebensweiſe und fliegen, wie Atractocerus brevicornis L., deſſen Weibchen eine Länge bis zu 4 om erreichen, nachts gern zum Licht. Holz oder Pflanzenſtengel werden als Brutſtätten auch von den Bostrychidae (Apatidae) aufgeſucht, an deren fünfgliederigen Füßen das erſte Glied ſehr kurz und oft nur unvollſtändig von dem nächſtfolgenden geſondert iſt. Von den namentlich in den Tropen vorkommenden ſtattlichen Arten ſind ſchon manche als Zerſtörer von Nutzbäumen bekannt⸗ geworden, wie Bostrychus monachus F. (Apate), der mit ſeiner Bohrtätigkeit in den Sten⸗ geln von Reis, Bambus und Kakaopflanzen in Deutſch⸗Oſtafrika Schaden anrichtet. Die größte europäiſche Art, B. capucinus L., ein ſchwarzer Käfer mit ziegelroten Flügeldecken und rotem Bauch, brütet in altem Eichenholz und wird beſchuldigt, in Kroatien Faßdauben zerſtört zu haben. In den Tropen gibt es Apatiden von recht ſtattlicher Größe, wie den etwa bis 3,5 cm langen Ligniperda muricata F., einen auffallend grobgerunzelten ſchwar⸗ zen Käfer mit gelbbraunem Stirnſaum. Sehr ähnliche Arten wie in Afrika kommen auch in Südamerika vor. Aus dem tropiſchen Aſien und Auſtralien ſind nur verhältnismäßig wenige Arten beſchrieben worden. Die Klopfkäfer (Anobiidae) bohren als Larven hauptſächlich in trockenem Holze und verurſachen damit das Wurmſtichigwerden von alten Möbeln und Holzſchnitzereien, von Tatigkeit der Larven. Manche Käfer aus dieſer Gruppe haben die Eigen- - Bostrychidae. Klopfkäfer. 419 Balken und ähnlichem Holzwerk. Es find ſämtlich unanſehnliche Tiere mit vor den Augen entſpringenden, meiſt in drei dünne, lange Endglieder auslaufenden Fühlern und fünf⸗ gliederigen Füßen. Ihr Leben ſpielt ſich größtenteils im Verborgenen ab, denn die Klopf⸗ käfer und ihre Larven, die als weißliche, eingekrümmte, engerlingartig ausſehende, mit ſechs kurzen Beinchen verſehene Maden unter Schonung der Oberfläche unregelmäßige Gänge im Inneren ausfreſſen, bis ſie ſich je zu einer weißlichen Puppe verwandeln, verlaſſen bis zu ihrer vollſtändigen Ausbildung nicht das Holz oder ihre ſonſtigen Wohnſtätten. Erſt der Paarungstrieb pflegt die jungen, aus den Puppen entſtandenen Käfer hinauszutreiben; eins oder das andere der Käferchen nagt dann durch die oberflächliche Schicht ein kleines kreisrundes Flugloch, durch das ihm auch manche ſeiner Kameraden ins Freie folgen. Da die begatteten Weibchen mit Vorliebe wieder in die alten Fluglöcher hineinkriechen und an ihrem Rande oder im Inneren ihre Eier abſetzen, ſo wird ein einmal befallenes Holz⸗ ſtück oder Möbel immer wieder heimgeſucht, bis die darin hauſenden „Holzwürmer“ das Holz vollſtändig in eine morſche, krümelige Maſſe verwandelt haben. Außerlich iſt aber, abgeſehen von den Fluglöchern, nichts von dieſem Zerſtörungswerke zu ſehen, und nur das aus den Löchern herabgerieſelte Bohrmehl verrät die geſchäftige ſchaft, durch Aufſchlagen mit dem Kopf auf Holz oder eine ähnliche feſte Unterlage ziemlich laute, klopfende Töne zu erzeugen, die an das gleich⸗ mäßige Ticken einer Uhr erinnern. In der Stille der Nacht iſt das Ticken am deutlichſten vernehmbar, und die Klopftöne werden dann von aber⸗ gläubiſchen Leuten für ein Anzeichen eines bevorſtehenden Todesfalls gehalten. Den verſteckt lebenden Käferchen, die vielfach als „Toten⸗ Dunter Klopftäfer, Xestobium rufo-villo- uhren“ im Volke bekannt find, iſt aber das Klopfen ein Signal für das sum Peg. Vergröfert. gegenſeitige Zuſammenfinden. Der Bunte Klopfkäfer, Xestobium rufo-villosum Deg. hen F.), zeigt ſich vereinzelt im Freien an entrindeten Stellen alter Bäume, vorzugsweiſe alter Eichenſtämme, kommt aber hauptſächlich in Häuſern in Pfoſten und Balken vor. Durch die unterwärts nicht ausgehöhlten Seiten des Halsſchildes und eine feine Punktierung am Körper und Flügeldecken unterſcheidet er ſich von anderen Arten. Außerdem zeichnet er ſich durch drei⸗ eckige Fußglieder und eine oberſeits graugelbe Sprenkelung auf braunem Grunde aus. Taſchenberg jagt von ihm: „Das Klopfen des Käfers zur Paarungszeit iſt öfters beobach⸗ tet worden, ſo ſtörte mich am 15. und 16. April ein Käfer durch ſein lautes Klopfen in meinem Zimmer an einer beſtimmten Stelle und ließ ſich nach mehrmaligem vergeblichen Nach⸗ ſuchen ſchließlich unter etwas gelöſter Tapete über dem Fenſter erwiſchen. Entſchieden hatte das Stoßen gegen die ſteife freiſtehende Tapete einen ſo lauten Ton zur Folge gehabt.“ Der Trotzkopf, Anobium pertinax L., lebt, nach Taſchenberg, als Larve in alten dürren Zweigen von Efeu, Eſchen und anderen Gewächſen, beſonders aber in Möbeln und in ſonſtigem Holzwerk unſerer Häuſer. Gegenſtände aus Eichenholz ſollen, nach Nördlinger, vorzugsweiſe angegriffen werden. Der Käfer iſt ſchwarz oder ſchwarzbraun, hat den Seiten⸗ rand und die Ecken des Halsſchildes abgerundet, beſitzt eine rautenförmige Vertiefung an der Wurzel des letzteren, beiderſeits davon ein gelbes Haarfleckchen und tiefe Punktſtreifen auf den Flügeldecken. Seinen Namen führt er, weil er bei jeder Beunruhigung die Bein- chen anzieht und ſich mit größter Hartnäckigkeit tot ſtellt, eine Eigenſchaft, die auch ſeinen Verwandten zukommt. 27* 420 Käfer. Der Brotbohrer, Anobium paniceum L. (Sitodrepa), ift ein 2—3 mm langes, röt⸗ lichbraunes, ziemlich fein und dicht behaartes Käferchen mit gleichmäßig gewölbtem, vorn etwas verengertem Halsſchilde. Er gehört zu den international verbreiteten Schädlingen, kommt in Amerika und ganz Europa vor und iſt in unſeren Wohnhäuſern und Magazinen keineswegs ſelten. Er lebt nicht von Holz, ſondern entwickelt ſich im Inneren von trockenen, mehlhaltigen Stoffen aller Art, beſonders in Zwieback, altem Brot, in Sämereien und Wur⸗ zeln. Dieſe werden von den weißen, etwas gekrümmten, kurzbeinigen Larven, die an ihrem bräunlichen Kopf ſchwarze, nach unten gerichtete Mundteile haben, in gleicher Weiſe zerſtört, wie es die obengenannten holzbewohnenden Arten tun. In den Proviantämtern ſind die Brotbohrer auch an Gemüſekonſerven gegangen; Speiſer hat ſie ſogar einmal in Paprika gefunden, und in Herbarien haben ſie nicht einmal Giftpflanzen, wie Belladonna und Schierling, verſchont. Die Anobien kommen keineswegs nur in geſchloſſenen Räumen vor, ſondern leben in vielen verſchiedenen Arten auch draußen im Walde, wo es ihnen an Brutgelegenheit nicht fehlt. Anobium emarginatum Duft. (Microbregma) entwickelt ſich dort in der dicken Borke alter Fichtenbäume, Anobium plumbeum II. (Xestobium) brütet in anbrüchigen Aſten von Buchen, Birken und anderen Laub- und Nadelholzbäumen, Anobium nigrinum Sturm (Er- nobius) hauſt in Kieferntrieben, und Anobium abietis F. (Ernobius) iſt als Zerſtörer von Fichtenzapfen bekannt. Nur einige der häufigſten einheimiſchen Arten haben wir hier ge⸗ nannt, um damit die Vielſeitigkeit der kleinen Anobienkäfer zu veranſchaulichen. Dieſe ge⸗ hören übrigens zu den älteſten Baumbewohnern. Schon in den Bernſteinwäldern müſſen ſie ihr Unweſen getrieben haben, denn man findet gar nicht ſelten die Käferchen im Bern⸗ ſtein eingeſchloſſen und hat dort auch feines Holzmehl, offenbar das Erzeugnis 5 zer⸗ ſtörenden Tätigkeit, nachweiſen können. f : Die Diebskäfer (Ptinidae) find gedrungene, langbeinige Geſellen mit fadenförmigen oder ſchwach geſägten Fühlern, die nicht weit voneinander auf der Stirn zwiſchen den Augen entſpringen. Die Hinterhüften bleiben voneinander entfernt und haben keine Schenkel⸗ decken. Die Füße find fünfgliederig. Der Gemeine Diebskäfer oder Kräuter— dieb, Ptinus fur L., iſt ein bräunlicher, 2—4 mm langer Käfer, der in Wohn⸗ häuſern und Magazinen lebt, ſich haupt⸗ ſächlich zur Nachtzeit aus feinen Schlupf⸗ winkeln hervorwagt und langſam an den Wänden umherklettert. Das Weibchen hat einen eiförmigen, das Männchen einen mehr geſtreckten Körper. Der faſt a 8 f - kugelige, hinten eingeſchnürte Halsſchild Berne Diesstäfer, Ps tr eos Weibchen, rechts ift bei beiden Geſchlechtern mit zwei bis zur Mitte ſich erſtreckenden gelbbehaarten Längsbinden verſehen. In ihrer Nahrung ſind die Diebskäfer nicht gerade wähleriſch und auch um Brutſtätten keineswegs verlegen. Ihre eingekrümmten weißlichen, ſechsbeinigen Larven, die einen braunen, augenloſen, mit kurzen Fühlern ausgeſtatteten Kopf haben, leben in Zwieback, Brot, mehlhaltigen Produkten, Sämereien, getrockneten Pflanzen und en] Be Diebskäfer. Speckkäfer. . 421 Herbarien, ebenſo in Gemüſekonſerven und Spezereien aller Art. Leder jagt ihnen eben⸗ falls zu; in Magazinen haben ſie an Schuhwaren und Lederzeug aller Art ſchon wieder⸗ holt großen Schaden angerichtet. Ptinus⸗Larven hat man ſogar in Büchſen, in denen roter Pfeffer aufbewahrt wurde, gefunden und feſtgeſtellt, daß ihnen dieſe ſcharfe Koſt voll⸗ ſtändig zur Entwickelung genügt. Unter den verſchiedenen verwandten Arten, die ebenſo wie der gemeine Diebskäfer in Vorratsräumen und Sammlungen ſchädlich werden, verdient noch der Meſſinggelbe Diebskäfer, Niptus hololeucus Faldm., erwähnt zu werden. Der langbeinige Käfer mit ſeinem kugelig abgerundeten Halsſchild und dem eiförmigen, von den gewölbten Flügel⸗ decken überkleideten Hinterkörper ähnelt faſt einer kleinen Spinne. Er fällt durch das meſſing⸗ gelbe, dicht anliegende, ſeidenartige Haarkleid auf, das aber leicht abgerieben wird und dann die ſchwarze Grundfarbe durchſchimmern läßt. Der Meſſingkäfer iſt ſeit dem Jahre 1835 bekannt, und zwar wurde er zuerſt aus dem nördlichen Kleinaſien beſchrieben. 1838 fand man ihn in London, und im Anfang der vierziger Jahre ſoll er mit Drogen aus Südruß⸗ land nach Dresden gekommen ſein. Für Württemberg wird er zum erſten Male 1874 aus Wildbad erwähnt. Durch zufällige Verſchleppung iſt ſeine Verbreitung jedenfalls ſehr be⸗ günſtigt worden, und gegenwärtig tritt er in Deutſchland an manchen Orten, beiſpielsweiſe in Berlin, viel häufiger auf als ſeine zur Gattung Ptinus im engeren Sinne gehörenden Genoſſen aus der Diebszunft, mit denen er in ſeiner heimlichen Lebensweiſe und den nächt⸗ lichen Raubzügen auf alles Genießbare übereinſtimmt. In Nahrungsverlegenheit dürfte unſer Diebskäfer jedenfalls nicht ſo leicht kommen, denn eine hübſche Menge von Dingen iſt es, die, nach Speiſer, für ihn genießbar ſind: Badeſchwämme, alte Knochen, Vogelflügel, Federn, Bürſten, Garn, Wollwaren, Lederwaren, altes Brot, Kleiſter, Kleie, Schnupf⸗ tabak, Teeproben, Zigarren, Belladonnablätter und Spiegelbelag, doch dürfte dies ſicher⸗ lich nur eine kleine Auswahl aus ſeiner reichhaltigen Speiſenkarte ſein. Man kann den Käfer das ganze Jahr hindurch finden, und ſeine Vermehrung ſcheint an keine beſtimmte Zeit gebunden zu fein. Das Weibchen legt etwa 15—20 Eier, und da die Entwickelung von der Eiablage bis zum Käfer durchſchnittlich etwa 126 Tage erfordert, ſo können die Tiere bei genügender Wärme und hinreichender Nahrung mindeſtens zwei Bruten im Jahre zuſtande bringen. An einigen Orten iſt er in geradezu ungeheueren Mengen aufgetreten. Taſchenberg ſchreibt von einer ſolchen Maſſenvermehrung, die in Quedlin⸗ burg in Speicherräumen beobachtet wurde, und nach einem Berichte des Freiherrn von Rüpplin iſt der Käfer im Jahre 1910 zu vielen Tauſenden in einem Wohnhauſe in Konſtanz erſchienen. Zu den unerwünſchten Hausgenoſſen gehören auch die in allen Erdteilen verbreiteten Speckkäfer (Dermestidae). An ihrem geſtreckten oder ovalen Körper iſt der Kopf mehr oder minder ſenkrecht geſtellt und kann oft bis an die Augen unter den Halsſchild eingezogen werden. Die kurzen, am Ende keulenförmig verdickten Fühler ſind unter dem Stirnrande, etwas vor und zwiſchen den Facettenaugen, eingelenkt und endigen mit einer Keule. Als beſondere Eigentümlichkeit kann aber das einfache unpaare Stirnauge gelten, das bei den Angehörigen dieſer Familie mitten auf der Stirn ſitzt, bisweilen allerdings verkümmert iſt oder ſogar, wie bei der Hauptgattung Dermestes L., fehlt. An den kurzen Beinen ſind die Füße mit fünf Gliedern verſehen. Die Vorderhüften ſtehen entweder deutlich zapfenartig vor oder ſind quer und nicht hervortretend geſtaltet. Die Dermeſtiden treiben ſich teils auf 422 & Käfer. Blüten umher, teils ſind ſie an Aas oder in Vorratsräumen und Häuſern anzutreffen. Der Gemeine Speckkäfer, Dermestes lardarius L., wurde durch den internationalen Handel längſt über alle Erdteile verbreitet. Er erreicht eine Länge von 7—9 mm, iſt oberſeits ſchwarz und am Grunde der Flügeldecken mit einer breiten, hinten zackigen, gelblichgrauen Quer⸗ binde verſehen, die einige ſchwarze Punkte trägt. Auf dem Halsſchilde ſtehen einige kleine gelbliche Flecke. Der Speckkäfer iſt in Speiſekammern, Wohnräumen oder Bodenverſchlägen, in denen er günſtige Brutſtätten für ſeine Nachkommenſchaft findet, ein häufiger Gaſt. Seine Larve, die die doppelte Länge des Käfers erreicht, iſt leicht an ihren langen, nach hinten gerichteten, braunen Haaren zu erkennen, ſowie an zwei kurzen, gekrümmten End⸗ dornen, die ſie an dem verſchmälerten Hinterende trägt. Sie iſt ziemlich behende und kann mit ihren ſechs Beinchen unter Zuhilfenahme des ausſtülpbaren Afters ſich recht gewandt ruckweiſe oder rutſchend weiterbewegen. Speck, Schinken, gedörrtes Fleiſch, Käſe, allerlei Naturalien, ebenſo Tierfelle, Bälge und Pelzwerk bilden die Aufenthaltsorte der Speck⸗ käferlarven, die übrigens auch auf Tauben⸗ ſchlägen und im Freien an toten Tieren zu finden ſind. An Käſe oder Speck leben ſie oberflächlich und dringen erſt kurz vor der Verpuppung mehr in die Tiefe. Von der Entwickelung wiſſen wir, daß unter geeigne⸗ ten Umſtänden ſchon fünf Wochen nach der Ablage der Eier erwachſene Larven vorhan⸗ den ſein können, die als Puppen nur wenige Tage ruhen, ſo daß eine ganze Brut ſich im Laufe von ſechs Wochen ausbilden kann, vor⸗ | ) ausgeſetzt, daß es an Wärme und Nahrung Lene Speckkäfer, Dermestes lardarius L. a) Larve, nicht mangelt. Wenige Sommerwochen ER e er delete, Wafpingen zee. reichen unter dieſen Umſtänden hin, um eine | ſtolze Naturalienſammlung in einen Haufen trauriger, von krümeligen braunen Exkrementen durchſetzter Überreſte zu verwandeln. Koſt⸗ bares Pelzwerk und Bälge werden von den gefräßigen Speckkäferlarven durchlöchert und entwertet, ebenſo bedürfen Schinken und Speck in den Vorratskammern ſteter Aufſicht, denn die Erfahrung hat gezeigt, daß ein einfaches Einſchlagen in Papier keineswegs genügende Sicherheit bietet, weil die Käfer ihre Eier auf die Hülle legen und die auskriechenden Sade durch die kleinſten Spalten ſich hindurchzuzwängen verſtehen. In Deutſchland gibt es eine ganze Reihe von Dermeſten, alle von ähnlichem Au ſehen, faſt immer auf der Rückenſeite mauſegrau oder ſchwarz, unten aber durch anliegende Behaarung kreideweiß gezeichnet. Man findet ſie im Freien vorzugsweiſe unter Aas. Eine auf der Rückenſeite einfarbig ſchwarze, unterſeits und an den Beinen rötlichbraune Art, der Dermestes bicolor F., ſtellt ſich nebſt dem gewöhnlichen Speckkäfer gern auf Tauben⸗ ſchlägen ein, vergreift ſich aber dort, wie feſtgeſtellt wurde, im Larvenzuſtande mitunter ſogar an lebenden jungen Tauben. Dieſe können ſich nicht retten. Die Larven kriechen ſie an, freſſen ihnen förmliche Gänge unter den Flügeln aus und fügen ihnen ſolche Verletzungen bei, daß die armen Vögel eingehen. Dermestes vulpinus F. wurde einmal in größeren Mengen in Fäſſern gefunden, die Salmiak enthielten. Wahrſcheinlich waren die Käfer während eines Schiffstransports eingedrungen, ſie hatten ſich in die oberflächlichen Ca NT Speckkäfer: Gemeiner Spedfäfer. Pelzkäfer. Kabinettkäfer. 423 Schichten des Salmiaks eingebohrt und ließen ſich in Ibterem, wie Verſuche en ſogar Monate hindurch bei beſtem Wohlſein halten. Der Pelzkäfer, Attagenus pellio L., gleicht in der Körperform dem Speckkäfer, ift aber oberſeits weniger gewölbt und erteicht auch nur eine Länge von 45,5 mm. Seine Farbe iſt ſchwarzbraun mit Ausnahme eines ſilberweißen Haarpünktchens in der Mitte jeder Flügeldecke. Im Gegenſatz zu Dermestes kommt bei der Gattung Attagenus Muls. ein auf der Kopfmitte ſitzendes Stirnauge vor, ähnlich wie bei einigen anderen Gattungen, von denen ſich aber die Pelzkäfer durch einen von der Vorderbruſt nicht verdeckten Mund und nahe beiſammenſtehende Mittelbeine unterſcheiden. Der Pelzkäfer treibt ſich im Freien = umher und ſchlägt feine Sommerwohnung gern in den Blüten des Weißdorns, der Spier- ſtaude, der Doldenpflanzen und anderer Gewächſe auf. Er friſtet dort ein harmloſes Da⸗ ſein, tut den übrigen Blumenbeſuchern nichts zuleide und iſt oft über und über mit Blüten⸗ ſtaub bepudert. Wenig willkommen iſt er aber, wenn er ſich in unſeren Wohnräumen und Vorratskammern einſtellt, wo er ziemlich häufig vorkommt und beſonders an den Fenſtern zu ſehen iſt, an denen er vergebliche Anſtrengungen zu machen pflegt, um ins Freie zu kommen. Beim Anfluge an die Scheiben hat der Pelzkäfer nicht ſelten das Mißgeſchick, auf den Rücken zu fallen, und quält ſich dann auf dem Fenſterbrett ab, bis es ihm gelingt, wieder auf ſeine kurzen Beinchen zu gelangen. Dabei ſtemmt er ſich meiſt auf ſeine Flügel⸗ decken, die er wie zum Fluge etwas hebt, und dreht den Körper hin und Het, bis er ſchließ⸗ lich das Übergewicht bekommt und ſich umwenden kann. 5 Die Schädlichkeit des Pelzkäfers unterliegt keinem Zweifel. Gefräßig ſind beſonders ſeine ſechsbeinigen Larven, die denen der Speckkäfer ziemlich ähnlich ſehen, aber keine Haken am hinteren Körperende, auf dem Rücken gelbbraune, kurze, nach hinten gerichtete Haare und am Hinterende noch einen Schopf längerer Haare beſitzen. Stoßweiſe ſieht man die Pelzkäferlarven vorwärts rutſchen und dabei den vorderen Körperteil etwas nach unten einziehen. Ihre Wohnſtätten bilden beſonders Tierfelle, rohe und verarbeitete, Pelzwerk, Polſtermöbel, wollene Teppiche und ähnliche Dinge, was aber nicht ausſchließt, daß man ſie auch an anderen Sachen, in Naturalien, Konſerven und in Amerika ſogar in Mehl⸗ vorräten gefunden hat. Ein Dritter im Bunde ift der Kabinettkäfer, Anthrenus museorum L. (Abb., S. 424), ein kleiner rundlicher, unten grau behaarter, oben dunkelbrauner Käfer mit drei un⸗ deutlichen, aus graugelben Härchen beſtehenden Binden über den Decken, die oft etwas ab⸗ gerieben ſind. Seine Fühler ſind achtgliederig, die beiden letzten Glieder zu einem Endknopf verdickt. Der Kopf kann faſt vollſtändig von der Vorderbruſt aufgenommen werden, ſo daß nur die Oberlippe frei bleibt. Ein Punktauge ſteht auch bei ihm auf dem Scheitel. Das hübſche, etwa 2,25 mm lange Käferchen ift nicht ſelten, treibt ſich auf Blumen umher und ſtellt ſich häufig in Häuſern ein, in denen es in geheizten Räumen ebenſo wie einige ähnlich ausſehende, gleichfalls buntbehaarte Artgenoſſen das ganze Jahr hindurch zu finden iſt. Sehr merkwürdig ſehen die etwa bis 5 mm lang werdenden Anthrenus-Larven aus. Ihr ganzer Rücken iſt mit einem wahren Arſenal der verſchiedenartigſten, zum Teil wieder noch mit Zacken und Spießen bewehrten Haare und Borſten beſetzt, die beſonders an den Kör⸗ perſeiten in ganzen Büſcheln beiſammen ſtehen; auch am Hinterende pflegt ſich ein längeres Haarbüſchel vorzufinden. Stört man eine ſolche Larve etwa dadurch, daß man ihr mit einer Nadelſpitze zu nahe kommt, fo benimmt fie ſich, wie dies bei der Larve von Anthrenus claviger Er. zu beobachten ift, faſt wie ein kleiner Igel und ſträubt ihr Borſtenkleid, das 424 \ Käfer. | er ihr wohl als Schutzmittel gegen die unerwünſchte Annäherung von Staubläuſen, Milben und anderem Getier manchmal recht gute Dienſte leiſten mag. Die Larven von Anthrenus Sgrophularıae L. find ſchwerer zum Haarſträuben zu bringen, immerhin gelang es Vogler manchmal, dieſe Wirkung ſchon da⸗ durch zu erzielen, daß er die Tiere plötzlich aus der Dunkelheit ans Licht brachte oder ſie anderweitig reizte. Eins der Tierchen brachte er auf eine dünne Glastafel; hierüber ſchien es ſich aber ganz beſonders zu ärgern, denn auf der glatten Fläche wollte das Davonlaufen nicht mehr gelingen, und ſo hielt es die Büſchel anhaltend die langen Schwanzhaare ſchüttelte. Felle und Pelzwerk jagen den An- threnus⸗Larven beſonders zu, und für Naturalienſammlungen gehören dieſe Larven daher zu den ſchlimm⸗ ſten Feinden, die es gibt. An aus⸗ geſtopften Säugetieren werden die Haare ſtellenweiſe weggefreſſen, und threnus-Larven die Federſchäfte und die eingetrockneten Hautteile an den Beinen. Ebenſo verſtehen ſie es, mit unglaublicher Geſchicklichkeit in Inſektenkäſten einzudringen, in denen gabinetttäfer, Anthrenns museorum L., und feine Entwicklungs⸗ durch den Zerfall der Inſekten und ſtadien (oben Larve, unten Puppe), beim Zerſtören eines genadelten, in oi 8 “Ar einer Sammlung befindlichen Inſekts (Tipula). Stark vergrößert. kleine, am Boden liegende Häufchen brauner Staubkrümel bemerkbar macht. Schließlich verpuppen ſich die Larven am Schauplatz ihrer Taten oder in deſſen Nachbarſchaft, wobei die gleichfalls mit Haaren beſetzte Puppe in der En legten Larvenhaut liegenbleibt. Die Pillenkäfer (Byrrhidae) haben faſt 0 che einen hochgewölbten, rundlich . ovalen Körper und daher in ihrer Geſtalt eine gewiſſe Ahnlichkeit mit dem kunſtvoll ge⸗ drehten Erzeugnis des Apothekers. Die größten Vertreter der in allen Erdteilen verbrei⸗ teten Familie gehören der Gattung Byrrhus L. an, von der eine der häufigſten europäiſchen Arten den Namen Pilula, „Pille“, trägt. Dieſer Käfer ſieht tatſächlich kaum wie ein Inſekt aus, wenn er ſich tot ſtellt und die kurzen Beinchen an den Körper anzieht. Die platten Beine ſchließen ſo dicht an den Leib an, die Schienen paſſen ſo gut mit ihrem Innenrande in eine Furche der Schenkel, die fünfgliederigen Füße ſo ſchön zwiſchen Schiene und Leib, daß man von Gliedmaßen nichts erkennt. Dazu kommt, daß auch der Kopf tief in den geſträubt, wobei es gleichzeitig noch an Vogelbälgen zernagen die An- ſich ihre Tätigkeit dann ſehr ſchnell er EI ER ERS a ne a en ee Pc nt BER ee eee P * u fa 4 — D Pillenkäfer. Kolbenwaſſerkäfer. 425 Halsſchild eingelaſſen iſt und die ſchwach keulenförmigen Fühler unter dem Seitenrande des letzteren verſteckt werden. Die durch anliegende, ſamtartige Behaarung ausgezeichneten, oft bräunlich oder grünlich gefärbten oder ſchwarzen Pillenkäfer ſind harmloſe Moosfreſſer. Man findet ſie oft in Geſellſchaften beieinander in der Ebene ebenſowohl wie im Gebirge. Viele Arten haben keine oder nur verkümmerte Flugwerkzeuge, einige halten ſich am Ufer ſtehender Gewäſſer auf. Die Larven leben in der Erde und haben einen dicken, walzen⸗ förmigen, gekrümmten des mit ſechs kurzen Beinchen. Die Kolbenwaſſertäfer (Hydrophilidae) haben ihr auffallendſtes Merkmal in den an der Spitze kolbig verdickten, ſechs⸗ bis neungliederigen Fühlern, die unmittelbar vor den Augen eingelenkt ſind. Das erſte Fühlerglied iſt mehr oder weniger deutlich ſchaftartig verlängert, die kolbige, ſtets behaarte Endkeule wird von den drei bis fünf letzten Gliedern ge⸗ bildet. Die Vorderkiefer zeichnen ſich durch eine breite, zum Zermahlen geeignete Kau⸗ fläche aus, während die Mittelkiefer viergliederige Taſter tragen, welche die Fühler nicht ſelten an Länge weit übertreffen. Die meiſt mit fünfgliederigen Füßen verſehenen Beine ſind oft mit Schwimmhaaren beſetzt. Die Familie der Kolbenwaſſerkäfer enthält eine ſtatt⸗ liche Artenzahl, die auf reichlich tauſend beziffert werden kann. Wir finden ſie in allen Zonen und treffen ſie in verſchiedenſter Größe an, bald als winzige Käferchen von knapp 1 mm Größe, bald als plump gebaute Rieſen, die zu den größten Vertretern der mittel- europäiſchen Käferwelt zu rechnen find. Der Name Waſſerkäfer iſt dabei keineswegs für alle Arten paſſend, denn namentlich unter den kleineren Hydrophiliden gibt es eine ganze Reihe, die nur Ufertiere ſind, ohne eigentlich Waſſerbewohner zu ſein, und ſogar ſolche, die ganz auf dem Lande leben und nur Feuchtigkeit lieben. Die größte und bekannteſte unter den deutſchen Arten iſt der Große Schwarze Kolbenwaſſerkäfer, Hydrophilus piceus L. (Hydrous; Abb., S. 426), ein plumper Käfer von grünlich pechſchwarzer Farbe, der eine Länge von 3,2 —4,8 em ekteicht. An der Unter⸗ ſeite ſeines Körpers liegt ein ſcharfer Kiel, der von dem Mittel- und Hinterbruſtbein gebildet wird und wie eine ſcharfe Lanzenſpitze über die Hinterhüften hinausragt. Der Käfer ſucht ſeinen Aufenthalt am liebſten im ſtehenden Waſſer ſtiller Weiher und pflanzenreicher Gräben, in denen man ihn unter abwechſelnder Benutzung ſeiner beiden mit Schwimmhaaren be⸗ ſetzten Mittel- und Hinterbeine recht geſchickt umherrudern ſehen kann; dabei erſcheint ſeine ganze Bauchfläche ſilberglänzend, weil er an der dort befindlichen feinen Behaarung ſtändig einen Luftvorrat mit ſich herumträgt. Sobald ihn die Atemnot treibt, ſteigt er zur Ober⸗ fläche empor und biegt einen der kolbenförmigen Fühler in der Weiſe ein, daß das erſte Glied der Fühlerkeule über den Waſſerſpiegel emporragt, das Ende der Keule aber unter Waſſer bleibt und die Vorderbruſt berührt. Hierbei wird an dem eingekrümmten behaarten Fühler unter zitternden Bewegungen friſche Atemluft zur behaarten Bauchfläche hingeleitet. „Zu⸗ weilen“, ſagt Meguſar, „kann man beobachten, daß das Tier von der ſoeben beſchriebenen charakteriſtiſchen Stellung des Fühlers abſieht und nur nach vorausgegangenem Seitwärts⸗ drehen des Kopfes den Fühler in ausgeſtrecktem Zuſtand faſt ſenkrecht zum Waſſerſpiegel ziemlich weit in die Luft ragen läßt und dabei ſchaukelnde Bewegungen ausführt... Höchſt intereſſant iſt die Verteidigungsart der Hydrophiliden. Die großen Arten beſitzen bekannt⸗ lich lange und ſpitzige Bruſtſtacheln. Greift man ſie an oder pocht man auf ihren Rücken, ſo verfallen ſie in eine Art Starrkrampf, werfen die mittleren und hinteren Extremitäten mit einer unglaublichen Behendigkeit unter zitternder Bewegung der äußerſten Tarſusglieder 426 | W nach vorne und führen eine ruckweiſe Bewegung nach bine aus, ſo daß ſie zuweilen u; unvorſichtigen Fangen mit der Hand empfindlich verletzen können.“ Der Kolbenwaſſerkäfer ernährt ſich von Pflanzenkoſt. Fadenalgen und weiche Waſſer⸗ pflanzen anderer Art bilden ſeine gewöhnliche Speiſe, doch hat man die Beobachtung gemacht, daß die Käfer in Aquarien auch Fleiſchnahrung nicht verſchmähen, und daß ſie im Freien auch recht gern bei guter Gelegenheit Fiſchfleiſch und Froſchfleiſch verzehren. Da die kleineren Arten unter den Hydrophiliden ſich vorzugsweiſe von tieriſchem Aas er⸗ nähren und nur zum Teil auch noch faule Vegetation und weiche Waſſerpflanzen freſſen, ſo wird man wohl annehmen können, daß der große Kolbenwaſſerkäfer, ſobald er einmal Großer Schwarzer Alben . piceus L., ſein Eierſchiffchen und bu. Larve. Natürliche Größe. ſeine vegetarianiſchen Neigungen ablegt und zur Fleiſchtoſ übergeht, damit im weſentlichen nur in die Sitten ſeiner Vorfahren zurückfällt. Der Geſchlechtsunterſchied gibt ſich beim Kolbenwaſſerkäfer an den Vorderfüßen zu erkennen. Beim Männchen iſt das Klauenglied des erſten Beinpaares breit gedrückt und beilförmig, beim Weibchen weicht es in ſeiner Form von den übrigen Gliedern nicht weſent⸗ lich ab. Im Frühjahr trifft das befruchtete Weibchen ſeine Vorbereitungen für die Eiablage und geht dabei ſehr eigenartig zu Werke. Mit dem Rücken nach unten, klammert es ſich am Waſſerſpiegel an ein ſchwimmendes Blatt, das es mit den Vorderbeinen an ſeinen Bauch drückt, und läßt dann am Hinterleibsende weißliche Fäden hervortreten, die zu einem breiten, am Blatte befeſtigten Geſpinſte ſich vereinigen. Iſt dieſes fertig, ſo wendet ſich der Käfer um und fertigt eine zweite Geſpinſtplatte an, die mit der erſten an den Rändern ver⸗ einigt wird. In den hiermit entſtandenen, an einem Ende zunächſt noch offenen Sack legt das Weibchen etwa 50 Eier und ſchließt darauf das Gehäuſe, das in ſeinem oberen Teile Luft enthält, wobei noch ein langer, gekrümmter, nach oben gerichteter hornartiger Fort⸗ ja aufgeſetzt wird. In 4-5 Stunden iſt das Werk vollendet und ſchaukelt wie ein kleiner — ä ü Kolbenwaſſerkäfer. 427 Nachen auf der Oberfläche des Waſſers. Ein Kentern des Eierſchiffchens iſt ausgeſchloſſen, weil dieſes oben leichter iſt und ſich daher immer von ſelbſt wieder aufrichtet, falls es einmal umſtürzt. Die nach etwa 16—18 Tagen ausſchlüpfenden Hydrophilus-Larven haben eine ge⸗ ſtreckte ſpindelförmige Geſtalt, nehmen bald eine ſchwärzliche Farbe an und beſitzen außer ihren drei kurzen Beinpaaren ein Paar gegliederter Anhänge am Hinterende. Rengel hat ihre Ge⸗ wohnheiten beobachtet. Zeigen die Larven im engen Aquarium, wo es oft an Futter mangelt und die Verhältniſſe überhaupt unnatürliche ſind, leicht einmal kannibaliſche Neigungen und morden ſich gegenſeitig, ſo benehmen ſie ſich im Freien viel friedlicher und führen gar nicht ſelten harmloſe Spiele auf. Im allgemeinen halten ſich die Hydrophilus⸗Larven nicht be⸗ ſonders verborgen. Verhältnismäßig langſam und gemächlich bewegen ſie ſich im Pflanzen⸗ dickicht oder am Boden des Gewäſſers, wenn ſie ihrer Beute nachgehen. Während die Larven der großen Schwimmkäfer blitzſchnell ihre Angriffe vornehmlich auf frei ſchwimmende Tiere, in erſter Linie auf Larven von Inſekten und Amphibien, unternehmen, ſo gehen die Larven des Kolbenwaſſerkäfers hauptſächlich an kriechende, langſam bewegliche Tiere, ganz beſonders an Waſſerſchnecken heran. Junge Larven ſuchen ſich Heine, zarte Schneckchen aus, ältere da⸗ gegen fallen ſelbſt die kräftigen großen Poſthornſchnecken an, in deren Gehäuſe ſie nicht ſelten bis zur Hälfte hineinkriechen. Rengel hält es ſogar nicht für ausgeſchloſſen, daß die Hydro- philus⸗Larven gelegentlich einmal auch Landſchnecken oder Regenwürmer freſſen mögen, denn wiederholt ſah er dieſe Larven das ſeichte Waſſer verlaſſen, um eine kleine Landpartie am feuchten Uferrande zu unternehmen, und ſich nachher in ihr Element zurückbegeben. Die Vorderkiefer find bei der Hydrophilus⸗Larve ganz unſymmetriſch, denn der rechte iſt viel länger und ſpitziger als der linke, der gewöhnlich an den Mund angepreßt gehalten wird. Will nun die Larve eine Schnecke erbeuten, ſo verſucht ſie zunächſt, wie Meguſar beobachtete, letztere „mit den Mandibeln an der Schale zu packen; iſt ihr dies geglückt, ſo wirft ſie die Schnecke auf den Rücken und hält ſie mittels des rückwärts gekrümmten Hinterleibes feſt, dann beißt ſie die Schale ununterbrochen durch, bis ſie zu dem Weichkörper gelangt, verbeißt ſich mit der rechten Mandibel in dieſen, während ſie mit der linken die Schale weiter zerſtört“. Saugen kann die Larve mit ihren Kiefern nicht, da dieſe im Gegenſatz / Bekandel F Adee eel dz En N 2 ai 3X < zu denen der Dytiscus⸗Larve keinen Saugkanal im Inneren enthalten, ſondern, wie in den Regel bei den Inſekten, geſchloſſen ſind. Um das Blut und die Körperſäfte ihrer Beute zu trinken, muß die Larve ihren Mund dicht an die Wunde heranbringen, was nach Schmidt⸗Schwedt immer oberhalb des Waſſerſpiegels geſchehen ſoll, während Rengel ſich davon überzeugen konnte, daß die Nahrungsaufnahme für gewöhnlich unter Waſſer ſtatt⸗ findet. Die fertige Larve iſt nach drei Häutungen ausgewachſen, verläßt einige Zeit hernach das Waſſer und wandert oft beträchtliche Strecken über Land, bis ſie im feuchten Erdreich in einer meiſt ſelbſtbereiteten Höhlung ſich zur Puppe umwandelt. Gegen Ende des Som⸗ mers kriecht der Käfer aus, der an ſeiner Geburtsſtätte die nötige Erhärtung und ſeine Ausfärbung abwartet, ehe er das Waſſer aufſucht. Nicht bei allen Hydrophiliden werden Eierſchiffchen der geſchilderten Art gebildet. Das Weibchen von Spercheus emarginatus Schall., einem 6—7 mm langen, oberſeits gelblichbraunen, mit einigen ſchwarzen Flecken gezeichneten Waſſerkäferchen, das in ſchlammigen Gräben und ſtehenden Gewäſſern vor⸗ kommt, klebt ſich ſeinen Eierkokon an die Hinterbeine an und ſtolziert, ihn an die Bauchſeite haltend, umher, bis die Jungen ausſchlüpfen. Andere begnügen ſich damit, ihr Eierſäckchen in feuchter Erde oder in naſſen Miſthaufen abzuſetzen, wie die Arten der Gattung Cereyon Leach., von denen manche am Uferrande, andere in faulenden Pflanzenteilen oder im Miſte 428 | 5 Käfer, haufen, und das ſchwarz und rot gezeichnete Sphaeridium scarabaeoides L., das ſich 72 5 gar nicht an das Waſſer hat gewöhnen können und nn mit Stußfäfern und anderem Getier in friſchem Rindermiſt lebt. Zu den Byturidae gehört der Himbeerkäfer, Byturus tomentosus F., ein etwa 4 mm langer, dicht gelbgrau behaarter Käfer, der ſich durch elfgliederige, am Ende keulig verdickte Fühler und durch lappenartige Erweiterungen am zweiten und dritten Fußgliede auszeichnet. Der im allgemeinen wenig auffallende Käfer iſt im Frühjahr auf den Blüten verſchiedener Rubus-Arten, namentlich von Himbeeren und Brombeeren, nicht ſelten, an denen er durch Befreſſen der Stempel und Fruchtböden ſchadet, ſo daß die Beerenbildung ſpäter beeinträchtigt wird. Aus den Eiern, die das Weibchen in die noch wenig entwickelte Frucht legt, gehen gelbe, langgeſtreckte Larven hervor, deren letzter Ring zwei aufrecht⸗ ſtehende, braunrote Dornen trägt. Es ſind die allbekannten Himbeermaden, die gewöhnlich gerade in den ſchönſten Himbeeren freſſen und dem Menſchen den Genuß dieſer Früchte gründlich verekeln können. Aus der reifen Beere bohrt fich ſchließlich die Larve hervor, ver puppt ſich in einem ſicheren Verſteck und liefert im nächſten Frühjahr den neuen Käfer. Eine ungeheuer vielſeitige Familie ift die der Glanzkäfer (Nitidulidae), die unter den verſchiedenſten Verhältniſſen vereinzelt oder auch ſcharenweiſe vereinigt vorkommen. Man findet ſie auf allerlei Blumen, hinter Baumrinde, an ausfließendem Baumſaft, in Pilzen, an getrockneten Früchten und tieriſchen Leichen. Dieſer Mannigfaltigkeit entſpricht auch eine große Verſchiedenheit in der Körperform. Im allgemeinen ſind die elfgliederigen, ſeltener ſcheinbar zehngliederigen Fühler unter dem Seitenrande der Stirn vor den Augen eingefügt und beſitzen eine meiſt dreigliederige Keule. Die Flügeldecken bekleiden den ganzen Hinterleib oder laſſen den Rückenteil des ſiebenten Hinterleibsringes als Afterplatte (Pygidium) frei. Lappenartige Erweiterungen an den Fußgliedern fehlen. N Der Rapskäfer, Meligethes aeneus F., iſt ein kleines, in der Regel erzgrünes, 1/5 bis kaum über 2,5; mm Xanges Käferchen, das ſich nach der Überwinterung im Frühjahr oft maſſenweiſe auf blühendem Raps, Rübſen und anderen Kreuzblütlern einfindet, von Knoſpen und Blütenteilen ernährt und bei warmem Sonnenſchein lebhaft umherſchwärmt. Nachdem die Weibchen ihre länglichen, weißen Eier in Blütenknoſpen eingeſchoben haben, entſtehen in letzteren ſechsbeinige, kleine Larven mit warzenartigen Nachſchiebern, die das Innere der Knoſpen und Blüten zerſtören und in vorgerückterem Alter die jungen Schoten befreſſen. Zur Verpuppung läßt ſich die Rapskäferlarve zu Boden fallen, geht flach unter die Erde und fertigt ein loſes Puppengeſpinſt an. Die neuen Käfer ſind ſchon Ende Juni oder im Juli fertig, pflanzen ſich aber erſt im kommenden Jahre fort. Auch räuberiſch lebende Nitiduliden fehlen nicht. Unter der Rinde von Borkenkäfern befallener Kiefern erſcheint häufig ein 3—6,5 mm langer, etwas geſtreckter und abgeplatteter, glänzendſchwarzer Käfer mit keulen⸗ förmigen Fühlern, der auf jeder Flügeldecke zwei gelbrote Flecke trägt. Es iſt der Vier⸗ punktige Rindenglanzkäfer, Glischrochilus quadripustulatus L. (be), der gern in die Gänge von Borkenkäfern kriecht und deren Brut nachſtellt. Die Ostomidae ſtehen den Glanzkäfern nahe, ſie unterſcheiden ſich von ihnen beſonders durch den abweichenden Bau der Fühler und das ſehr kleine erſte Fußglied. Wir würden dieſe Familie kaum zu erwähnen brauchen, wenn nicht zu ihnen ein häufiger Bewohner parallelſeitiges, ſtark abgeflachtes Käferchen von J ͤ K Fo Ps 8 2 * 7 Byturidae. Glanzkäfer. Ostomidae. Cucujidae, 429 von Getreideniederlagen und Bäckereien, der Brotkäfer, Tenebrioides mauritanicus L., gehörte. Er hat einen geſtreckten, flachen, zwiſchen Halsſchild und Flügeldecken ſtark ein⸗ geſchnürten Körper von 6—11 mm Länge. Seine Farbe iſt Schwarzbraun bis Schwarz, an der Unterſeite ſowie an Fühlern und Beinen Braunrot. Die vor den nierenförmigen Augen eingelenkten Fühler ſind elfgliederig, die Flügeldecken punktiert geſtreift. Durch den Handel iſt der Käfer bereits über die ganze Welt verbreitet und kommt nicht nur im Mehl und Getreide und mehlhaltigen Produkten, ſondern auch in Apothekerwaren und im Freien unter der Rinde und im Holze rotfauler Laubhölzer vor. Die ſechsbeinigen Larven ſind langgeſtreckt und mit Ausnahme des braunen Kopfes und Nackenſchildes von ſchmutzig⸗ weißer Farbe. Am letzten Körperringe haben ſie ein braunes, in zwei zangenförmige Haken endigendes Plättchen. Der Brotkäfer und ſeine Larve, die oft in großen Mengen auftreten und in Bäckereien und Getreideniederlagen ungemein läſtig fallen können, er⸗ nähren ſich nicht nur von den obengenannten Stoffen, ſondern greifen auch andere Ge⸗ treideſchädlinge an und zerfleiſchen ſich in der Gefangenſchaft ſogar gegenſeitig. Die Cucujidae bilden eine ſehr artenreiche, über alle Erdteile verbreitete Käfer⸗ familie. Von den beſonderen Merkmalen erwähnen wir, daß die elfgliederigen Fühler unter dem Seitenrande der Stirn eingefügt ſind, daß die Vorder⸗ und Mittelhüften klein und kugelig, die Mittelfühler dagegen walzenförmig geſtaltet und am Hinterleib fünf freie, nicht miteinander verwachſene Bauchringe ausgebildet ſind. An den Füßen laſſen ſich faſt ausnahmslos fünf Glieder unterſcheiden. Die überwiegende Mehrzahl der Kukujiden hält ſich unter der trockenen abgeſtorbenen Rinde alter Bäume oder in den Bohrgängen von Holzinſekten verſchiedener Art auf, ſo z. B. die Vertreter der Hauptgattung Cucujus F., von der einige ſeltene, durch prächtige ſcharlachrote Farbe ausgezeichnete Arten unter Laub⸗ und Nadelholz⸗ rinde in den Gebirgswaldungen Mitteleuropas vor⸗ kommen. Nicht ſelten iſt in Deutſchland der Rin⸗ denplattkäfer, Uleiota (Brontes) planata L., ein etwa 5 mm Länge, braunſchwarzer Farbe und mit ſehr langen Fühlern. Das Männchen trägt an ————ů— ſeinen Vorderkiefern je ein dünnes, ſichelförmiges 4) Akter, v Kuppe, d) Larne. Ales ft v robbe Horn. Der Käfer kommt beſonders unter Eichen⸗ Aus „Bulletin . of. Agrienlture‘, rinde vor und geht räuberiſch anderen Inſekten f nach. Andere Kukujiden ſtellen ſich in Häuſern und Proviantämtern an Vorräten ein und müſſen zu den Schädlingen gerechnet werden, wie der in allen Ländern verbreitete Getreideſchmalkäfer, Silvanus surinamensis F., ein geſtrecktes, ſchmales, flaches Käfer⸗ chen von 3 mm Länge, das auf ſeinem dunkelbraunen Körper eine feine, gelblichgraue Be⸗ haarung trägt. Ein wichtiges Erkennungsmerkmal liefert der Halsſchild, der oben drei feine Längsleiſten und an den Seiten je ſechs kleine Zähnchen hat. In geradezu ungeheuren Mengen bevölkern die Getreideſchmalkäfer mitunter aufgeſpeicherte Vorräte von Roggen, Weizen, Gerſte, Mais, Reis, Gries und ähnliche mehlhaltige Stoffe und kommen ſelbſt in Apothekerwaren und getrockneten Früchten vor. Ebenſo wie die Käfer zehren auch ihre gelblichweißen, ſechsbeinigen Larven an allen dieſen Stoffen, verſchmähen indeſſen 430 Käfet. Fleiſchnahrung keineswegs und freſſen mitunter die Larven und Puppen anderer Getreide⸗ ſchädlinge ſowie auch deren Exkremente und abgeworfene Chitinhäute. ER = Für die Erotylidae find die vor oder zwiſchen den Augen 0 08 elfgliede⸗ rigen, mit zwei- bis viergliederiger Keule ausgeſtatteten Fühler kennzeichnend. Die Vorder⸗ hüften find kugelig oder quer oval, die Hinterhüften quer, und die Flügeldecken bekleiden den ganzen Hinterleib. Dieſe ſehr artenreiche Familie iſt über alle Erdteile verbreitet. Herrſchen in den gemäßigten Zonen die kleinen unſcheinbaren Arten vor, die beſonders den Unterfamilien der Cryptophaginae und Atomariinae angehören, jo gibt es in den Tropen viele auffallende bunte Formen, die ſich wie der auf unſerer farbigen Käfer⸗ tafel bei S. 450 dargeſtellte braſiliſche Erotylus histrio F. durch widerliche Körperſäfte oder entſprechenden Geruch auszeichnen. Pilze und faulende Pflanzenſtoffe bilden die Hauptnahrung der meiſten Arten. | An faulenden Pflanzenreſten, unter alter Baumrinde oder in Ameiſenneſtern hält ſich die Mehrzahl der unanſehnlichen, zu den Familien der Mycetophagidae und La- thridiidae geſtellten Käferchen auf, die ſich hauptſächlich von Pilzen ernähren. Wir nennen nur die Gattung Lathridius Herbst, von der aus Mitteleuropa gegen 90 Arten bekannt ſind, durchweg kleine Käfer mit getrennten Vorderhüften, mehr oder minder deutlich ge⸗ furchter Stirn, deutlichem Schildchen und elfgliederigen, mit zwei⸗ oder dreigliederiger End⸗ keule ausgeſtatteten Fühlern. Lathridius minutus L. und verwandte Arten treten oft in großen Mengen in feuchten Wohnungen und Kellerräumen auf und ernähren ſich dort von dem feinen Pilzraſen, der die Wände überzieht. Von einem derartigen Vorkommnis hat Lühe berichtet: „In einer nicht unterkellerten Parterrewohnung eines freiſtehenden kleinen Hauſes an der Peripherie der Stadt Königsberg waren bereits vor einigen Jahren einmal Inſektenlarven an den Wänden eines Zimmers fo zahlreich aufgetreten, daß beſondere Maß⸗ nahmen zu deren Bekämpfung notwendig wurden. Zu näherer Unterſuchung waren jene Inſekten damals nicht gelangt, und nachdem das Zimmer neu tapeziert worden war, war die Plage völlig beſeitigt, ohne wiederzukehren. In dem vergangenen Sommer wurde nun in derſelben Wohnung ein anderes Zimmer tapeziert. Die feuchte Witterung dieſes Jahres war der Austrocknung dieſes Zimmers wenig günftig, zumal dasſelbe, jedem Sonnenſtrahl entzogen, nach Norden liegt. Es ſtellte ſich daher Schimmelbildung ein, und alsbald traten auch wieder kleine Käfer in geradezu ungeheuren Mengen an den Wänden auf. Nachdem ich von dieſem Vorkommnis Kenntnis erhalten hatte, wurde auf meine Veranlaſſung gegen Ende November ein Zählungsverſuch gemacht, und hierbei wurden auf einer Wandfläche von 1 m Höhe und 60 cm Breite nicht weniger wie 130 Stück gezählt, ohne Rückſicht auf die verſchiedenen Stände des Käfers, von denen jedoch die Larven verhältnismäßig am zahl⸗ reichſten und die Puppen am wenigſten häufig waren. Bei dem Eintritt kühlerer Witterung und der dadurch bedingten ſtärkeren Heizung nahm die Zahl der Käfer, die durch ihre ſich nach jeder Reinigung der Wände bald wieder erneuernde Menge den Einwohnern natür⸗ lich außerordentlich läſtig fielen, allmählich ab.“ Die Käfer gehörten in dieſem Falle ver⸗ ſchiedenen Lathridius-Arten, beſonders Lathridius bergrothi Reit, an. Die Marienkäfer oder Sonnenkälbchen (Coccinellidae) bilden eine artenreiche, in allen Zonen verbreitete Käferfamilie. Ihr kleiner Körper iſt annähernd halbkugelig a Jah u an n e N DR De RR ſpiel für die ganze rotylidae. Mycetophagidae. Lathridiidae Marienkäfer. 431 geformt, bisweilen etwas geſtreckt und auf der gewölbten Rückenſeite in der Regel mit roten oder gelben Farben geſchmückt. Die Augen ſind groß und meiſt ſehr fein facettiert. An den Füßen laſſen ſich meiſt nur drei Glieder deutlich unterſcheiden, weil das vorletzte Glied der in Wirklichkeit viergliederigen Füße verſteckt ſitzt und nur bei einigen Arten deutlich hervor⸗ tritt. Die ſechsbeinigen Larven ſind oft bunt gefärbt, ſie leben frei und ſind auf dem Rücken meiſt mit Dornen und Zacken beſetzt. Es gibt wenige Käfer, die ſich in einem ſo hohen Maße der Wertſchätzung und Zu⸗ neigung des Menſchen zu erfreuen haben, wie dies für die Kokzinellen gilt. Die vielen volks⸗ tümlichen Namen, wie Marienkäfer, Herrgottskäfer, Gottesſchäflein, laſſen hierauf ſchon ſchließen, und die altgermaniſche Bezeichnung freya⸗fugle, Freia⸗Vöglein, iſt ein Zeichen, daß dieſe Käferchen ſchon ſeit alter Zeit im Schutze der Gottheit ſtehen. Man kann auch wirklich ſagen, daß die Marienkäfer Schutz und Schonung ſeitens des Menſchen verdienen, denn die meiſten ſind nützliche Fleiſchfreſſer, die ſich lebhaft an der Vertilgung allerlei kleiner Pflanzenſchädlinge ee Der Siebenpunkt, Coccinella septempunctata L., eine der häufigſten und ee größten unter den europäiſchen Ar⸗ ten, kann als Bei⸗ Gruppe dienen. Er gehört zur Unterfamilie der Coceinellinae, bei Siebenpunkt „ Coceinella septempunetata Z.: Larven, Puppen und Käfer. Natürliche Größe. denen das zweite Aus Ritſema⸗Bos, „Tieriſche Schädlinge und Nützlinge“, Berlin 1891. Fußglied deutlich gelappt iſt und die Wangen ar am inneren Augenrande eine aſtförmige Verlängerung 9 5 Von der ſchwarzen Grundfarbe weichen zwei weißgelbe Stirnflecke und die weißgelben Ecken des Halsſchildes ab ſowie die ſchönen mennigroten Flügeldecken, die zuſammen mit ſieben ſchwarzen Flecken geſchmückt ſind. Die ſiebenpunktigen Marienkäfer ſind nach der Überwinterung ſchon vom erſten Frühling an zu finden und gehen bald an das Fort⸗ pflanzungsgeſchäft. Der weibliche Käfer bringt ſeine ſchmutziggelben Eier in Häufchen von 10—12 Stück dort unter, wo eine Blattlauskolonie in der Nähe iſt, damit es den Larven nicht an der nötigen Nahrung mangelt. Unter Vertilgung zahlreicher Läuſe, die von den anfangs ganz ſchwarzgefärbten Larven ausgeſogen werden, wachſen letztere raſch heran, häuten ſich mehrere Male und bekommen eine bläulichſchiefergraue Färbung, wäh⸗ rend die Seiten des erſten, vierten und ſiebenten Ringes ebenſo wie eine Längsreihe zarter Rückenpunkte rot werden. Zur Verwandlung heftet ſich die Larve mit ihrer Schwanz⸗ ſpitze feſt und krümmt ſich ein. Schließlich platzt die Haut, und die Puppe, die auf der zu⸗ rückgeſchobenen Larvenhülle mit dem Hinterende hängenbleibt, ſchiebt ſich hervor. Der fertige Käfer entſteht ſchon nach wenigen Tagen, er iſt anfangs noch weich und bleich und bekommt ſeinen Farbenſchmuck erſt während der allmählichen Erhärtung im Laufe der näch⸗ ſten Tage. Ein freies, ungebundenes Leben von verhältnismäßig langer Dauer iſt nun dem Marienkäferchen beſchieden, denn die Sorge um Vermehrung ſtellt ſich in der Regel erſt nach der Überwinterung im folgenden Jahre ein. Zunächſt heißt es Nahrung aufſuchen. Bietet die nächſte Nachbarſchaft nichts Geeignetes, ſo ſchwirrt der Käfer davon und fliegt 432 Käfer. auf Stauden, Sträucher oder Bäume, beſonders ſolche, an denen Blattläuſe hauſen, denen er eifrigſt nachſtellt. Furchtbar hauſt der Siebenpunkt beiſpielsweiſe unter den auf Brenn⸗ neſſeln lebenden Neſſelröhrenläuſen (Orthezia urticae Siyn.), ebenſo ſoll es vorkommen, daß die auf Lilien hauſenden ſchädlichen Larven des Lilienhähnchens (Crioceris Iilii Scop.) und in den Weinbergen der Sauerwurm (Cochylis ambiguella Hb.) ihr Leben laſſen müſſen. Wenn aber Meißner als Beweis für die Mordluſt der Marienkäferchen mitteilt, daß die Larven nicht einmal die weichen wehrloſen Puppen der eigenen Art verſchonen, ſo dürfen wir nicht überſehen, daß derartige Fälle von Kannibalismus doch bisher faſt nur an ge⸗ fangenen Marienkäfern beobachtet worden ſind und ſich in freier Natur wohl nur ganz aus⸗ nahmsweiſe dann einmal ereignen dürften, wenn zufällig einmal eine Larve auf eine ver⸗ letzte Kokzinellenpuppe ſtößt, die ſie bequem ausſaugen kann. Amerikaniſche Entomologen ſind auf den Gedanken gekommen, die K Kokzinelliden bei der Bekämpfung großer Inſektenſchäden zu verwenden und ſie als Hilfstruppen in den Dienſt des Menſchen zu ſtellen. Der erſte Verſuch dieſer Art wurde unternommen, als in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts die kaliforniſchen Obſtzüchter über fürchterliche Verheerungen ganz beſonders in den Orangen- und Zitronenkulturen klagten, die eine aus Auſtralien eingeſchleppte gefährliche Schildlaus, Icerya purchasi Mask., anrichtete. Es hätte nicht viel gefehlt, ſo wäre damals die geſamte kaliforniſche Obſtkultur durch das immer weiter greifende Übel über kurz oder lang in Frage geſtellt worden, wenn es nicht gelungen wäre, eine auſtraliſche Art von Marienkäfern, Novius cardinalis Muls., von der man wußte, daß fie Schildläufen eifrigſt nachſtellt, nach Kalifornien zu verpflanzen. Nicht lange dauerte es, ſo hatten ſich dort dieſe Käferchen auf Koſten der ſchädlichen Schildläuſe in geradezu enormer Weiſe vermehrt und die Anpflanzungen ſo gut wie völlig von dem Ungeziefer befreit. Nach dieſem beiſpiellos glänzenden Erfolge wurden auch Marienkäferchen als Polizei zu Hilfe geholt, als auf den Hawaiiſchen Inſeln eine der ſchrecklichſten Juſektenverheerungen ausbrach, von denen die Geſchichte zu berichten weiß. Hier lag die Sache noch erheblich ſchlimmer als in Kalifornien, denn nach jener abgeſchiedenen Inſelgruppe waren alle Arten von tropiſchen und ſubtropiſchen Kulturgewächſen eingeführt worden, die auf dem frucht⸗ baren jungfräulichen Boden, begünſtigt durch das herrlichſte Klima der Welt, anfangs präch⸗ tig gediehen und die reichſten Erträge abwarfen. Im Laufe der Zeit vermehrten ſich aber auch die mit den Nutzpflanzen unabſichtlich importierten Schädlinge, deren Zahl, durch keine natürlichen Feinde in Schranken gehalten, ſich ſchließlich ins Ungemeſſene ſteigerte, ohne daß menſchliche Hilfe imſtande war, dem Übel Einhalt zu tun. So erklärte es ſich, daß Ende der achtziger Jahre das Land weit und breit mit verwüſteten Feldern und mit abſterbenden Sträuchern und Bäumen bedeckt war. Die Kaffeeplantagen wurden von der Schildlaus Pulvinaria psidii Mask. zerſtört, die Orangenbäume und Kaſuarinen ſtarrten von den klebrigen Ausſcheidungen der Icerya⸗Schildlaus, und fo weit das Auge reichte, zeigte ſich in den vordem jo fruchtbaren Gefilden ein Bild ſchrecklichſter Verwüſtung. Rettung brachte erſt die Einführung natürlicher Feinde, die unter gewaltigen Koſten, zu denen die Farmer bereitwillig beitrugen, von ſachverſtändigen amerikaniſchen Entomologen aus Auſtralien, China, Japan und Ceylon herbeigeholt wurden. An erſter Stelle zeichneten ſich wieder Marienkäferchen durch unermüdliche Vernichtung von Schildläuſen aus. Namentlich der ſchon obengenannte Novius cardinalis Muls. und eine andere auſtraliſche Art, Crypto- laemus montrouzieri Muls., die ſich raſch auf den Hawaiiſchen Inſeln einbürgerten, haben dort in kurzer Zeit ganze Diſtrikte von dem gefährlichen Ungeziefer völlig geſäubert. Gute a Marienkäfer. Feuerkäfer. Schwarzkäfer. 433 Dienſte gewährte auch die indoauſtraliſche Coccinella repanda Ihunb., die jetzt auf der gan⸗ zen Inſelgruppe heimiſch geworden iſt. Dem amerikaniſchen Vorbilde iſt inzwiſchen auch Italien gefolgt durch Einführung verſchiedener ausländiſcher Kokzinelliden zur Bekämpfung einer ſchlimmen, durch Diaspis pentagona Targ. verurſachten Schildlausplage, unter der verſchiedene Nutzpflanzen, beſon⸗ ders aber die Maulbeerbäume in manchen Gegenden Italiens ſehr zu leiden haben. Zu dieſem Zweck hat man ſich aus Japan Chilocorus kuwanae Silv. geholt, aus Auſtralien wurde Rhizobius lophantae Blaisd. herübergebracht, und dieſe nebſt einigen anderen aus⸗ ländiſchen Kokzinellen, die gleichfalls durch die entomologiſche Station in Portiei eingeführt und in verſchiedenen Provinzen Italiens künſtlich verbreitet wurden, haben ſich bereits vor⸗ züglich bewährt. Die fremden Käferchen vermehren ſich ungemein geſchwind, fallen mit einem wahren Heißhunger über die Diaspis⸗Schildläuſe ebenſo wie über deren Larven und Eier her und unterſtützen damit in wirkſamſter Weiſe die Tätigkeit der ſchon früher in Italien vorhandenen einheimiſchen Kokzinellidenarten. Zum Schluß ſei noch erwähnt, daß es auch pflanzenfreſſende Kokzinelliden gibt, die zu den durch mehrſpitzige Vorderkiefer ausgezeichneten Epilachninae gehören. In Frank⸗ reich und Oſterreich iſt die auf dem Rücken roſtrote, meiſt mit ſchwarzen Flecken auf Hals⸗ ſchild und Decken verſehene Lasia vigintiquattuorpunctata L. (Subcoccinella globosa Schneid.) ar Befreſſen der Blätter von Klee, Wicken und Nelken ſchädlich geworden. 3. Familienreihe: Ungleichfüßler (Heteromera). Die Heteromeren haben an Vorder⸗ und Mittelfüßen je fünf, an den Hinterfüßen je vier Glieder. Wir müſſen uns aus Mangel an Platz wieder darauf beſchränken, einzelne der wichtigſten Familien zu nennen. i Einer der auffallendſten ungleichfüßigen Käfer i in der heimiſchen Fauna ift der zu den Pyrochroidae gehörende Scharlachrote Feuerkäfer, Pyrochroa coccinea L., der in den Sommermonaten am Waldesrande auf Holz und Buſchwerk oder Blüten feine Beute ſucht. Der bei warmer Witterung flugluſtige, ziemlich weichhäutige, ſchwarze Käfer verrät ſich durch die brennendrote Farbe ſeiner ſamtartig behaarten Flügeldecken und ſeines Hals⸗ ſchildes. Wie bei den übrigen Familienangehörigen, iſt auch beim Feuerkäfer, den wir auf der Abbildung auf Seite 414 ſehen, der Kopf hinten halsartig verengert. Sein vorletztes Fußglied iſt breit. Merkwürdig ſehen auch ſeine flachen, braunen, ſechsbeinigen Larven aus, die oft in größerer Zahl in alten Laubholzſtubben unter der morſchen Rinde, die ihnen als Nahrung dient, beiſammen leben. Auf den langen achten Hinterleibsring folgt ein kurzer neunter, der hinten zwei kräftige, zum Feſthalten und Weiterſchieben dienende Dornen trägt. Die Schwarzkäfer (Tenebrionidae) bilden eine der umfangreichſten Familien des ganzen Käferreiches, denn die Zahl der bisher beſchriebenen Arten wurde kürzlich auf 10266 geſchätzt, doch nimmt man an, daß etwa erſt ein Viertel der tatſächlich vorhandenen Arten bekannt ſei. Wie ſo oft entwickelt ſich bei ihnen die größte Formenmannigfaltigkeit in den heißen Ländern. Sehr reich iſt auch das Mittelmeergebiet, in dem es eine ganze Reihe auf- fallender Arten gibt, die dem gemäßigten Europa fehlen. Die Tenebrionen ſind zum über⸗ wiegenden Teile düſter gefärbt. Ein eintöniges trauriges Schwarz oder ein düſteres Schwarzbraun rechtfertigt den Namen Schwarzfäfer, doch haben ſie nicht alle dieſes me⸗ lancholiſche Gewand, denn bei manchen kommen auch weiße Zeichnungen vor, und aus den Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 28 434 * 5 Käfer. Tropen kennt man Tenebrioniden mit prächtigſtem Metallglanz und oft ſehr grellen Farben⸗ zuſammenſtellungen. Die ſeitlich vor den Augen eingelenkten Fühler beſtehen meiſt aus elf ſchnurförmig aneinandergereihten Gliedern. Die Gelenkpfannen für die Vorderhüften ſind hinten geſchloſſen. Letztere berühren ſich in der Regel nicht. Die Fußklauen find einfach. Die Lebensweiſe der Tenebrionen iſt recht verſchiedenartig. Das Flugvermögen fehlt häufig, denn zahlreiche Arten haben keine Unterflügel oder beſitzen in der Nahtlinie mit⸗ einander verwachſene Deckflügel. Solche Tiere können ſich natürlich nur ſchreitend weiter⸗ bewegen. Manche halten ſich gern unter Baumrinde auf oder klettern an Stämmen umher. Viele Schwarzkäfer führen auch eine ausgeſprochen nächtliche Lebensweiſe und bergen ſich tagsüber in Schlupfwinkeln, um erſt in der Dunkelheit hervorzukommen. Die langen, walzenförmigen Larven der Schwarzkäfer ſind in der Regel von harter Körperbeſchaffenheit und beſitzen an dem gewölbten Kopf eine deutliche Oberlippe. Die Überwinterung geſchieht bei ihnen meiſt im Larven⸗ oder Puppenzuſtande. Einer der häufigſten Schwarzkäfer, deſſen Bekanntſchaft wir überall leicht in Bäcke⸗ reien, Mühlen und Wohnhäuſern machen können, iſt der Mehlkäfer oder Müller, Lene brio molitor L., ein 14—16 mm langer, oberſeits pechſchwarzer, unterſeits dunkel rotbrauner Käfer mit geſtrecktem, etwas abgeflachtem Körper, deſſen Kopf bis zu den nierenförmigen Augen in den Hals⸗ ſchild zurückgezogen iſt. Die längsgeſtreiften, den Hinterleib vollſtändig bedeckenden Flügeldecken haben etwa die gleiche Breite wie der Halsſchild. Ebenſooft wie den Käfer, oder vielleicht noch häu⸗ 1) Feiſtkäfer, Pimelia sulcata Geofr.; 2) Mehl figer als ihn, findet man ſeine Larve, den ſogenann⸗ en a n ö) feiner Larve, ten Mehlwurm, ein walzenförmiges, geſtrecktes Trotz ſeiner kurzen Beinchen kann ſch der Mehlwurm ziemlich ſchnell vorwärts bewegen und ſucht den Fingern, die ihn ergreifen wollen, durch plötzliche, ſchlängelnde Bewegungen raſch wieder zu entſchlüpfen, ein Manöver, das oft von Erfolg gekrönt iſt. Im Sichdurch⸗ zwängen durch enge Spalten und Ritzen iſt der Mehlwurm Meiſter, zumal ihm bei ſeiner Fortbewegung ſehr zuſtatten kommt, daß der letzte Leibesring unten zwei warzenförmige Nachſchieber und oben zwei feine, braune Spitzchen trägt. Die Mehlwürmer leben nicht nur im Mehl, ſondern gedeihen auch an allerlei tieriſchen Abfällen in Häuſern oder im Freien, und im Miſt von Taubenſchlägen, wo gar mancherlei für ſie abfällt, kann man ſie häufig finden. Für inſektenfreſſende Vögel ebenſo wie auch für Eidechſen und andere Terrarienbewohner bilden die Mehlwürmer auserleſene Leckerbiſſen. Ihre Zucht macht keine Schwierigkeiten. Am beſten bringt man zu dieſem Zwecke eine Anzahl Larven in einen alten, breiten Kochtopf mit etwas Kleie, vertrocknetem Brot und alten Lumpen und deckt ihn zu, damit die aus⸗ Weſen mit hartem, gelblich glänzendem Körper. \ geſchlüpften Käfer nicht entweichen, ſondern ihre Eier an dem ihnen angewieſenen Orte wieder abſetzen. Auch das Hineingeben von Obſtreſten oder gelegentliches Anfeuchten iſt zu empfehlen. Beſonders fruchtbringend ſoll ſich die Aufzucht geſtalten, wenn von Zeit zu Zeit die Leiche eines kleinen Säugers oder Vogels dargereicht wird. Die Verpuppung geht in irgendeinem dunkeln Winkel vonſtatten, wegen des Sauerſtoffbedürfniſſes der Puppe aber immer dort, wo es an friſcher Luft nicht ganz mangelt. In den Zuchtbehältern ſieht man daher die Mehlwurmpuppen meiſt ziemlich oberflächlich liegen, ſie ſind weich, von Schwarzkäfer: Mehlkäfer. Totenkäfer. Maiskäfer. Vierhornkäfer. 435 weißer Farbe und hinten mit zwei braunen Schwanzſpitzen verſehen. Jeder Hinterleibsring erweitert ſich ſeitwärts zu einem dünnen, viereckigen Vorſprunge mit braun gezahntem Rande. Nach einigen Wochen erſcheint der Käfer; anfangs gelb, allmählich dunkelbraun werdend, gewinnt er namentlich des Abends Lebendigkeit, fliegt umher und kommt auch oft durch offenſtehende Fenſter in Häuſer, ſo daß man ihn hernach zuweilen in Räumlich⸗ keiten findet, wo er ſich bisher noch nie blicken ließ. Unter dem lichtſcheuen Geſindel, das ſich erſt im Dunkeln aus ſeinen Verſtecken her⸗ vorwagt und nachts in Speiſekammern, Kellern und dumpfigen Räumen alter Häuſer ſein Unweſen treibt, pflegt auch der Totenkäfer, Blaps mortisaga L., nicht zu fehlen, ein plum⸗ per Käfer von der Größe eines Carabus, deſſen verwachſene Flügeldecken hinten in eine ſchwänzchenartige Spitze ausgehen. Wenn der tiefſchwarze Käfer, gravitätiſch und lautlos über den Fußboden ſchreitend, zur mitternächtlichen Stunde unvermutet in einem Wohnraum erſcheint, ſo mag er abergläubiſchen Menſchen als Vorbote des Todes gelten. Bei näherer Betrachtung ſtellt ſich der nächtliche Spukgeiſt aber als ein ſehr harm⸗ loſes Tier heraus, an dem höchſtens ein eigentümlicher, ſcharfer Ge⸗ ruch ſich unangenehm bemerkbar macht. Bei beiden Geſchlechtern kom⸗ men Stinkdrüſen am After vor, deren Ausſcheidungen dieſen Geruch verbreiten. Das Blaps⸗Männchen hat außerdem noch einen beſon⸗ deren Duftapparat an der Bauchſeite zwiſchen dem erſten und zweiten Hinterleibsringe, wo ein Beſatz braungelber Drüſenhaare entwickelt iſt. Die Blaps⸗Larve ſieht dem Mehlwurm ähnlich, wird aber etwas größer, iſt heller und geht hinten in ein einfaches Spitzchen aus. Dumpfig ge⸗ wordene, in Kellern oder dunkeln, ſchlecht gelüfteten Räumen lagernde Vorräte von Mehl oder Kleie ſagen dieſen Larven am meiſten zu. . ER Unter den Schädlingen, die ſich an mehlhaltigen Produkten aller Art einfinden und beſonders in Mühlen und Mehlmagazinen läſtig fallen, iſt auch der Maiskäfer, Tribolium navale F. (ferrugineum F.), zu nennen, der beſonders in den Ver⸗ einigten Staaten vielfach arge Verwüſtungen angerichtet hat. Der Käfer, der auch in Deutſch⸗ land ſehr verbreitet iſt und mit Mais, Getreide und verſchiedenartigen Mehlprodukten leicht von Ort zu Ort verſchleppt werden kann, erreicht eine Länge von 33,5 mm. Die Fühler ſind mit einer dreigliederigen Endkeule verſehen, der Halsſchild iſt breiter als lang und die Flügeldecken find mit feinen Punktſtreifen bedeckt. Aus den weißlichen Eiern, die in Ritzen oder Spalten von Mehlbehältern abgelegt oder an Mehlſäcken untergebracht werden, entſtehen mehlwurmähnliche Larven, die aber ſelbſt im ausgewachſenen Zuſtande - wejentlich kleiner als Mehlwürmer bleiben, gelblich oder fahlrötlich gefärbt find und an den Seiten ihres walzenförmigen Hinterleibes lange Haare haben. Der letzte Leibesring iſt hinten mit zwei Dornen bewehrt. Eine ähnliche Lebensweiſe führt der Vierhorn⸗ käfer, Gnathocerus cornutus F., der mit dem Maiskäfer in der Größe ungefähr über⸗ einſtimmt. Der Kopf ſteckt bei ihm bis zu den halbkugelig vorſtehenden Augen im Hals⸗ ſchild und beſitzt an jeder Seite oberhalb der Fühler eine lappenartige Erweiterung, die beim Männchen ziemlich ſtark entwickelt iſt und bei dieſem faſt wie ein kleiner Geweih⸗ anſatz ausſieht. Beſonders fallen beim Männchen jedoch zwei nach vorn gerichtete, ſpitzige, hornartige Anhänge an den Vorderkiefern auf, und endlich hat das Männchen auch noch auf ſeinem Scheitel zwei kurze, dreieckige Hörnchen, ſo daß der Käfer mit gutem Rechte ſeinen Namen führt. Ebenſo wie ſeine weißlichen Larven hält er ſich bei uns hauptſächlich in 5 5 28*+ 436 Käfer. Mehl, Gries, Reis, Brot, Zwieback und ähnlichen Subſtanzen auf; in den heißen Gebieten Amerikas, mutmaßlich ſeiner urſprünglichen Heimat, wird der Käfer aber auch im Freien gefunden und verbirgt ſich dort unter Baumrinde. 5 Im Mittelmeergebiete begegnen wir den plumpen Feiſtkäfern (Pimelia F.), die jo genannt ſind, weil an ihnen alles gedrungen und maſſig erſcheint. Das Endglied der Taſter iſt ſtark geſtutzt, die gebuchtete Oberlippe vorſpringend, das dritte Glied der kurzen Fühler ä auffallend lang, die Vorderſchienen dreieckig erweitert, die übrigen zuſammengedrückt und f vierkantig. Langſam und ſchwerfällig mliechen die Pimelien, die ſich vorzugs- weiſe von Pilzen und anderen weichen vegetabiliſchen Stoffen zu ernähren ſcheinen, am Boden umher. Sehr be⸗ kannt iſt die auf S. 434 dargeſtellte Art, Pimelia sulcata Geoffr., die in den ſandigen Dünendiſtrikten bei Viareggio und anderwärts an den italieniſchen Küften in großer Zahl zu finden iſt. Seltſam ſehen auch die Akiskäfer aus, die ebenfalls in mehreren Arten Süd⸗ a europa bewohnen. Es ſind meiſt kohl⸗ E ſchwarze, langbeinige Geſellen mit tief 3 ausgehöhltem, ſeitlich verbreitertem Halsſchild und verwachſenen Flügel⸗ decken. Die Akis baccarozzo Schr. können wir in Süd⸗ und Mittelitalien an altem Ge⸗ mäuer unter Steinen und in ähnlichen Schlupfwinkeln entdecken, in denen dieſes lichtſcheue Geſindel tagsüber verborgen ſitzt. N a Ei Steppenbewohner ſind die geſtreckten und gedrungenen Zopherus- Arten mit grob ge⸗ runzeltem, bei der auſtraliſchen Gattung Zopherosia White oft faſt warzig erſcheinendem Körper. Zwiſchen dem Gemäuer uralter Ruinen in Pukatan wandert der ſchwarze, bis 3,5 em lange, an den Decken oben kreideweiß gefärbte Zopherus bremei Guer. umher, der von den eingeborenen Frauen an ein Kettchen gelegt zur Abwehr böſer Geiſter lebendig an der Bruſt getragen werden ſoll. Taſchenberg beſchreibt einen ſolchen Talisman, den er lebend zu ſehen bekam, und deſſen Halsſchild und Flügeldecken mit verſchiedenfarbigen, ſamt⸗ ähnlichen Stoffen, dunkel, rot, lichtgrün, ſo ſorgfältig überklebt waren, als ob es die natür⸗ lichen Farben des Käfers ſeien. Um den Leib des Tieres war aber ein zarter Reif aus Gold⸗ blech gelegt, und hieran ein feines goldenes Kettchen befeſtigt. | Zopherus bremei Guér. Vergrößert. An die Tenebrioniden reihen ſich einige merkwürdige Käfer an, die durch weit vorſtehende zangenartige Vorderkiefer ſowie durch lange, jedoch mit drei kurzen Endgliedern ausgeſtattete Fühler ausgezeichnet ſind und die indiſche und malaitfche Region bewohnen. Wir nennen von dieſen vielfach als eine beſondere Familie, Trictenotomidae, aufgefaßten Formen den in den Wäldern Vorderindiens am Südabhange des Himalajagebirges vorkommenden Autocrates aeneus Parr., einen mächtigen Käfer von reichlich 6,5 em Körperlänge und über 1 em vorſtehenden Kiefern. Faſt wie ein Prionide ſieht dieſer Käfer mit ſeinen langen Fühlern 1 und dem breiten, metalliſch grünlich ſchillernden Leib aus, obwohl er im Körperbau den ſteht er mit dem = nach vorn ver⸗ Letzterer bleibt Schwarzkäfer: Feiſtkäfer. Zopherus. Trietenotomidae. Blaſenkäfer. 437 / Tenebrioniden ſehr nahe ſteht. Der Autokrat ift ein ſchwerfälliges Tier; er hält ſich mit Vorliebe an alten morſchen Bäumen auf, in denen ſich auch ſeine Larve entwickeln ſoll. Unter den Meloidae begegnen wir vielen buntgefärbten, prächtig gezeichneten Arten, die ſicherlich zu den auffallendſten Erſcheinungen in der ganzen Käferwelt gehören. Es ſind mittelgroße oder kleinere Tiere mit hinten häufig etwas verbreitertem Körper und von mehr oder minder weicher Beſchaffenheit. Der Kopf iſt in ſeiner gan⸗ zen Ausdehnung frei ſichtbar und hinter den ge⸗ ſchwollenen Schläfen und dem gewölbten Scheitel hals⸗ artig einge⸗ ſchnürt; mittels einer ſtielförmi⸗ gen Verbindung ſchmälerten Halsſchild in Zu⸗ ſammenhang. auch am Hin⸗ terrande ſchmä⸗ ler als zuſam⸗ men die beiden biegſamen, ſehr oft hinten klaf⸗ fenden oder die N 2 | Hinterleibsſpitze = = Antoorates aoneus Parr. Nattetige Größe nicht erreichen⸗ den Flügeldecken. Die zapfenartig vorſtehenden Vorderhüften ſtehen nahe aneinander. Die Fußklauen ſind in der Regel tief bis zum Grunde geſpalten oder gezähnelt. Die hierhingehörenden Arten, unter denen wir neben vielen plumpen Formen mit hochgewölb⸗ ten Flügeldecken auch zierliche Tiere von geſtreckter Bauart antreffen, heißen Blaſen⸗ käfer, Vesicantia, weil ſich in ihrem Körper ein Stoff befindet, der auf der menſchlichen Haut ſtarke, blaſenziehende Wirkungen ausübt. Dieſer als Kantharidin bezeichnete Stoff bleibt nicht etwa, wie man früher meinte, an beſtimmte Organe der Käfer gebunden, ſon⸗ dern iſt in ihrem Blut enthalten und . daher ihren ganzen Körper. Damit ſind 438 Käfer. die Blaſenkäfer im Beſitze eines wichtigen Schutzes und werden von vielen anderen Tieren ihrer ſcharfen Säfte wegen verſchmäht. So haben wir uns ſelbſt davon überzeugen können, daß die großen, räuberiſchen, in den Steppen Turkeſtans jagenden Walzenſpinnen (Galeodes caspius Bir.) auch im hungrigen Zuſtand ſich hartnäckig weigerten, die dort vorkommenden rotgelben und ſchwarz gebänderten Blaſenkäfer (Mylabris cincta Ol.) anzugreifen, während ſie über beliebige andere in ihren Käfig gebrachte Käfer meiſt ſofort herfielen und ſie zer⸗ fleiſchten. Den Walzenſpinnen war offenbar der Geſchmack oder Geruch jener Mylabris- Käfer doch allzu widerwärtig. Freilich iſt, wie überall in der Natur, das Schutzmittel auch hier kein abſolutes, denn Eſcherich fand im Magen eines ſchwarzſtirnigen Würgers (Lanius minor) einmal einen Blaſenkäfer, Melos proscarabeus L., den der Vogel ohne weiteres ver⸗ zehrt hatte, und es heißt, daß für Igel, Hühner, Truthühner und Fröſche das Kantharidin überhaupt wirkungslos ſein ſoll. Um ſo gefährlicher vermag es freilich anderen Tieren, wie Enten, Kaninchen, Hunden oder Katzen, zu werden, für die alle das Kantharidin, ſobald es in den Verdauungskanal oder gar direkt in das Blut gelangt, ein äußerſt heftiges Gift darſtellt. Ebenſo ſollen Rinder ſchwer erkrankt ſein, nachdem ſie mit Blättern zuſammen die unten noch zu erwähnenden, zu den Blaſenkäfern gehörenden „Spaniſchen Fliegen“ gefreſſen hatten. Auch auf den menſchlichen Organismus, und zwar beſonders auf das Nierenſyſtem, wirkt das Kantharidin ſehr ſtark ein, was ſchon den alten Griechen und Römern bekannt war, die aus dieſem Grunde die Meloidenkäfer für Heilzwecke nutzbar machten. Der be⸗ rühmte griechiſche Arzt Hippokrates iſt es geweſen, der den im Körper der genannten Käfer enthaltenen Stoff zum erſtenmal als Medikament in die mediziniſche Wiſſenſchaft ein⸗ geführt hat. Er empfahl ein Gemiſch, Karikon genannt, zur Heilung von ſchmutzigen Ge⸗ ſchwüren und wußte auch bereits von der harntreibenden Wirkung des Kantharidins, das ſpäter in ähnlicher Weiſe von dem römiſchen Arzt Aretäus Cappadox, der unter dem Kaiſer Trajan lebte, und ſeinem Zeitgenoſſen Dioskorides verwendet worden iſt. Ebenſo haben Galenus und Aetius den Heilſtoff vielfach empfohlen, der ſchließlich ſogar in den Ruf kam, ein Univerſalmittel gegen die verſchiedenſten Krankheiten zu ſein. Das iſt das Kantharidin nun aber durchaus nicht, vielmehr bildet es auch für den Menſchen ein gefährliches Gift und kann, innerlich gebraucht, bei unvorſichtiger Anwendung leicht zu lebensgefährlichen Erkrankungen führen. Ja ſogar das Fleiſch von mit Kantharidin vergifteten Tieren ſoll gefährlich ſein. Kobert führt als Beweis hierfür den Bericht eines franzöſiſchen Militär⸗ arztes in Algier an, demzufolge mehrere dort ſtationierte Soldaten nach dem Genuß von Froſchſchenkeln plötzlich ſchwer erkrankten. Bei näherer Unterſuchung dieſes Falles konnte man an den weggeworfenen Froſchleibern noch feſtſtellen, daß die betreffenden Fröſche zu⸗ vor eine ziemlich große Anzahl von Blaſenkäfern gefreſſen hatten. Unter dieſen Umſtänden iſt es ſehr verſtändlich, daß man heutzutage bei dem Gebrauch kantharidinhaltiger Mittel große Vorſicht walten läßt, und während in früherer Zeit die aus dem Körper von Blaſen⸗ käfern gewonnenen Stoffe zur Herſtellung von allerhand gefährlichen „Liebestränken“ und ſonſtigem Unfug dienten, dem manches Menſchenleben zum Opfer gefallen iſt, macht die heutige Heilkunde von derartigen Käfern nur noch einen ſehr beſcheidenen Gebrauch, denn die „ſpaniſchen Fliegen“ dienen jetzt höchſtens noch zur Bereitung e Pflaſter und einiger ähnlicher, äußerlich angewendeter Mittel. Die der Hauptgattung Melos L. angehörenden Maiwürmer oder Olkäfer ſind plumpe, dunkelblaue oder metalliſch glänzende Käfer, deren oft ſtark verkürzte Flügeldecken am Grunde mehr oder minder übereinandergreifen, hinten aber auseinanderklappen. Der Blaſenkäfer: Olkäfer. 439 ſchwarze, bläulich ſchimmernde, bis über 3 em lange Olkäfer, Melos proscarabaeus L. (Proscarabaeus), iſt in Deutſchland nebſt einigen verwandten Arten ſchon zeitig im Jahre zu finden. In der Regel erſcheinen dieſe ſchwerfälligen Tiere, die langſam am Boden um⸗ herkriechen, am zahlreichſten im Mai und verſchwinden dann wieder während der folgen- den Wochen. Ihre Nahrung beſteht aus jungen weichen Gräſern, Ranunkeln, Löwenzahn, Veilchen und ähnlichen Pflanzen, an denen man ſie morgens und gegen Abend eifrig freſſen ſieht. Dabei umklammern ſie die Futterpflanze mit den langen Beinen, ziehen ſie mit einem ihrer Vorderbeine zum Munde heran und halten dann und wann in der Mahlzeit inne, um ſich mit den Vorderbeinen zu putzen. Beim Anfaſſen eines Olkäfers kann man ſich leicht von der obenerwähnten Schutzeinrichtung überzeugen, denn der Käfer läßt zu Olkäfer, Melos proscarabaeus L. Links Weibchen, rechts Männchen. Vergrößert. ſeiner Verteidigung aus den Kniegelenken große, gelbe, ölartige Blutstropfen hervorquellen, deren widriger Geſchmack und giftige Beſchaffenheit den Feind abſchrecken ſollen. Man hat geſehen, daß Eidechſen alle Zeichen des Abſcheus und Ekels zu erkennen gaben, wenn ſie beim Zupacken Blut eines Olkäfers in den Mund bekommen hatten. Im Frühjahr laſſen ſich die Olkäfer leicht bei der Paarung beobachten. Das Männchen thront dabei auf dem Rücken des Weibchens und benutzt ſeine mit Sinnesborſten reich aus⸗ geſtatteten und in der Nähe der Mitte etwas eingefalzten Fühler, um die Fühler des Weib⸗ chens zu umſchlingen und ſie auf⸗ und niedergleitend zärtlich zu ſtreicheln. Bald nach der im Frühjahr erfolgten Paarung fällt das kurzlebige Männchen einem frühen Tode anheim, während das Weibchen zunächſt noch ſein Brutgeſchäft zu beſorgen hat. Mit Hilfe der Kiefer werden Erdteilchen und Sandkörnchen aus dem Boden geſcharrt und mit den Beinen fort⸗ geſchoben, bis eine kleine Grube entſteht, in welche die länglichen gelblichen Eier eingebettet werden. Nach etwa 4-6 Wochen kriechen langgeſtreckte, kaum über 2 mm große Lärvchen hervor, die mit Rückſicht auf ihre drei Fußklauen Triungulinen genannt werden. Ihre erſte Sorge iſt, die nächſten Kinder Floras aufzuſuchen, die weißen und gelben Anemo⸗ nen, die Dotterblumen, Ranunkeln oder andere Blüten und hoch oben in der Blume ihr 440 | Käfer. luftiges Heim aufzuſchlagen. Wir ſehen einen ſolchen Triungulinus in der untenſtehenden Figur abgebildet. Am Kopf befindet ſich jederſeits ein Auge und ein viergliederiger Fühler, deſſen letztes Glied borſtenähnlich geſtaltet iſt. Der ſchlanke Körper trägt ſechs Beine, die in drei Klauen ausgehen, von denen die mittlere die längſte iſt. Der Hinterleib endigt mit zwei langen und zwei kurzen Borſten. In der Regel findet man nur einen ſolchen Triungulinus in der Blüte, gelegentlich ſitzen dieſe Larven dort aber auch ſcharenweiſe zuſammengedrängt. Um Blütenduft und Honig iſt es ihnen indeſſen nicht zu tun, denn die Triungulinus⸗Larve hat die Blume nur als Beobachtungspoſten gewählt, um ſtets ſprungbereit auf die Annähe⸗ rung irgendeiner honigſuchenden Biene zu warten. Kommt eine ſolche ahnungslos zur Blüte geſchwirrt, fo ſtürzt ſich der Triungulinus mit kühnem Sprunge auf die Biene und klammert ſich in ihrem Haarpelz mit ſeinen ſcharfen Klauen feſt. Die einzeln lebenden, wilden Bienen“, die Arten von Andrena, Anthophora, Chalicodoma und andere, ſind daher im Frühjahr gar nicht ſelten mit einer Triungulinus⸗Larve beſetzt, die wie eine Laus in ihrem Pelze ſitzt und deswegen früher auch Pediculus melittae, Bienenlaus, ge⸗ nannt wurde. Durch den kleinen auf ihrem Rücken im mindeſten ſtören. Sie vollenden ihren Neſtbau, füllen die Neſtzelle mit Honig und legen in die fertige Zelle ihr Ei ab. Blitzſchnell gleitet aber in dieſem Augenblick die Triungulinus⸗Larve von ihrem ſicheren Sitz herunter, ſpringt auf das Ei und läßt ſich von der Biene, die dieſen Vorgang aanr nicht bemerkt, in die Neſtzelle einſchließen. Links ein Triungulinus von Melos proscarabaeus, Hierauf beginnt für unſeren Triungulinus, der ſich ſtark vergrößert. en 5 zunä chſt einmal dur ch Verzehren des Bieneneies für das vorangegangene lange Faſten entſchädigt, ein herrliches, bequemes Leben in © ſicheren Bienenzelle. Nur in dem gelegentlich vor⸗ kommenden Falle, daß nicht ein, ſondern mehrere Triungulinen in die gleiche Neſtzelle ge langt ſind, gibt es Schwierigkeiten, denn dann ſcheint immer nur einer von ihnen das Bienenei zu freſſen und damit zu weiterer Entwickelung befähigt zu werden, während ſeine Kameraden zugrunde gehen. Der durch die Mahlzeit geſtärkte Triungulinus wandelt ſich bald darauf mittels einer Häutung in eine zweite, weſentlich abweichend ausſehende, weichhäutige Larve um, die eigens für den Genuß der klebrigen Honigmaſſe gebaut iſt. Augen, die in der dunkeln Bienenwohnung doch nutzlos fein würden, fehlen der jetzt enger lingsähnlich geſtalteten Larve, ebenſo find die am Hinterende früher vorhanden geweſenen langen Borſten verloren gegangen. Wenn die Larve nach einigen durch Häutungen ver⸗ urſachten Unterbrechungen den Honig verzehrt hat, ſo geht ſie in ein ſehr ſonderbares drittes Entwickelungsſtadium über, das Scheinpuppe (Pseudochrysalis) genannt wird. Der Kör⸗ per der Scheinpuppe, die in der der Länge nach aufgeplatzten Larvenhaut ruht und keine Nahrung mehr zu ſich nimmt, iſt eingefrümmt. An dem maskenähnlichen Kopf befinden ſich einige Erhabenheiten als Andeutungen der Mundteile. Frieſe fand die Scheinpuppe von Melo& nicht mehr in den Neſtzellen von Anthophora- Bienen, ſondern außerhalb in ſitzenden Triungulinus laſſen ſich die Bienen nicht s den benachbarten Lehmſchichten, in welche die reifen, engerlingsartigen Larven vor ihrer Verwandlung gewandert waren. Später platzt die Haut der Scheinpuppe längs des Rückens Blajenkäfer: Olkäfer. Rotſchulteriger Bienenkäfer. 441 auf, und eine vierte Entwickelungsform erſcheint, die der engerlingsartigen zweiten Larven⸗ form ähnelt, aber ſchon nach kurzer Zeit zur echten Puppe wird. Der Rotſchulterige Bienenkäfer, Sitaris muralis Forst. (humeralis F. ), gehört hauptſächlich der ſüdeuropäiſchen Käferwelt an, kommt aber noch im ſüdweſtlichen Deutſch⸗ land vor, iſt in der Umgebung von Straßburg zu Haufe und wurde auch bei Frankfurt am Main gefunden. Leicht kenntlich iſt dieſer bis 1 em lange Sitaris⸗Käfer. Er iſt ſchwarz, an den Schultern gelbrot, hat fadenförmige Fühler und vom Grunde an klaffende, am Rande ausgeſchweifte, nach hinten verſchmälerte und ſtumpf zugeſpitzte Decken, welche die wohlentwickelten Unterflügel nur unvollſtändig verbergen. Über ſeine Lebensgeſchichte, die zuerſt durch die Unterſuchungen des franzöſiſchen Entomologen Fabre bekanntgeworden iſt, hat Frieſe in neuerer Zeit berichtet. Letzterer konnte beobachten, wie die Sitaris⸗Käfer in der Straßburger Gegend bei einer Art von Pelzbienen, Anthophora fulvitarsis Br., ſchma⸗ rotzen, die dort in ſteilen Lößwänden tiefe, faſt horizontal verlaufende Gänge eingraben und an deren Enden niſten. Das Sitaris- Weibchen weiß ſehr wohl dieſe verborgenen Niſtplätze der Bienen aufzuſpüren und bringt in vorſorglicher Weiſe ſeine Eier gleich in Häufchen von 200—300 Stück in der Nähe der Ausmündungen jener Niſtgänge unter. Schon im Herbſt, etwa im September, zeigen ſich die kleinen ſchwarzen Triungulinus⸗Lärv⸗ chen, die klumpenweiſe beiſammen zwiſchen den leeren Eiſchalen überwintern, ohne die 8 geringſte Nahrung zu ſich zu nehmen. Frieſe » erſte, v) zweite, ch dritte Larvenform, e) Scheinpuppe, gelang es, ſolche Larven bei winterlichen e l . Ades e re Ausgrabungen zu wiederholten Malen in der Erde zu finden; die Tierchen verhielten ſich regungslos und ſchienen völlig erſtarrt zu ſein. Sobald aber im nächſten Frühling die Pelzbienen vom warmen Sonnenſchein aus dem Heim, in dem ſie geboren ſind, hervorgelockt werden, ſind auch unſere Triungulinen ſchon auf dem Poſten und klammern ſich ſofort im Haarpelz der einzeln nacheinander aus den Neſtröhren hervorkriechenden Bienen feſt. Da nun zuerſt immer die männlichen Bienen ſich ins Freie begeben und erſt ſpäter die Weibchen folgen, ſo iſt es klar, daß die Bienen⸗ männchen auch am ſtärkſten von den Triungulinen befallen werden müſſen. Für letztere iſt dies keineswegs günftig, denn nur diejenigen Triungulinus⸗Larven haben Ausſicht auf weiteres Fortkommen, denen es gelang, auf eine weibliche Biene zu gelangen, und Frieſe iſt daher der Meinung, daß vermutlich während der Begattung der Bienen die Triun⸗ gulinen vom Männchen auf das Weibchen hinüberklettern möchten. Der übrige Entwicke⸗ lungsverlauf gleicht dann ſehr dem von Melos. Unbekümmert um den kleinen zudring⸗ lichen Gaſt, der ihren Rücken beſtiegen hat, fliegt die Pelzbiene von Blüte zu Blüte, ſammelt, wenn ſie weiblichen Geſchlechts iſt, fleißig Nektar und Pollen und baut ihr Neſt. Erſt in dem Augenblick, wo die Biene ihr Ei in die mit Honig angefüllte Neſtzelle gleiten läßt, ent⸗ ſchließt ſich der Triungulinus, ſeinen bisherigen Platz zu verlaſſen, und ſpringt mit gewal⸗ tigem Satz auf das friſch gelegte Bienenei. Wehe, wenn der Sprung mißlang oder das 1 Tierchen abgleitet und in den zähen, klebrigen Honigbrei hineingerät, dann iſt die Larve . RD —i i.. ˙ͤ m̃r;?j ꝗ N ẽůgÿT.Oů̃ 442 | Käfer. verloren und geht zugrunde. Hat ſie ſich aber glücklich an dem oben auf der Honigmaſſe ſchwimmenden Bienenei angeklammert, ſo iſt ihre Zukunft geſichert: in aller Gemütsruhe verzehrt ſie zunächſt den Inhalt des Eies und wandelt ſich dann in eine zweite Larve um, die ſich mit ihrem weißen, engerlingsähulich geſtalteten Körper ohne Gefahr auf dem Honig⸗ brei bewegen und von ihm ernähren kann. So nimmt die engerlingsartige Larve raſch an Größe zu und geht nach einigen Häutungen gegen Ende September in das Stadium der Scheinpuppe über, die orangerot gefärbt iſt, eine Länge von etwa 16 mm bei einer Breite von 1 cm hat und noch von der zarten, durchſichtigen Larvenhaut des vorhergehenden Stadiums umſchloſſen wird. Die Scheinpuppe überdauert den zweiten Winter und ruht, bis im folgenden Juni in der roten Scheinpuppenhülle ſich das vierte Stadium, die ſogenannte dritte Larvenform, ausgebildet hat, welche ſich, ohne die rote Hülle zu verlaſſen, bald zur wirklichen Puppe verwandelt. Im Auguſt etwa iſt aus letzterer wieder ein neuer Käfer entſtanden, deſſen Entwickelung ſomit zwei Jahre in Anſpruch genommen hat. Die merkwürdige Verwandlungsgeſchichte, die wir ſoeben von Melos und Sitaris kennen⸗ gelernt haben, findet ſich in ganz ähnlicher Weiſe auch bei den übrigen Meloiden wieder. Spaniſche Fliege, Lytta vesicatoria L. e Größe. Sie hat von Fabre den Namen Hypermetamorphoſe erhalten, weil ſie die ubliche Verwand⸗ lung oder Metamorphoſe anderer Inſekten noch durch Einſchiebung eines ſcheinbaren zwei⸗ ten Puppenſtadiums übertrifft. Das Stadium der Scheinpuppe iſt in Wirklichkeit jedoch nur ein ruhendes Larvenſtadium, in dem es zu keiner Nahrungsaufnahme kommt. Allem Anſchein nach iſt die Ausbildung der Scheinpuppe weiter nichts als eine Anpaſſung an die ungünſtige Jahresperiode. Unſere Melos-Stäfer verbringen den Winter im Scheinpuppen⸗ zuſtande, in den heißen Ländern überdauern aber die Meloiden in dieſem Ruhezuſtande die furchtbare nahrungsloſe Periode der Trockenzeit, wenn die erbarmungslos herunter⸗ glühende Sonne alles Leben zum Erlöſchen gebracht hat. Zum Schluſſe ſei noch der Spaniſchen Fliege, Lytta vesicatoria L. „gedacht, von deren kantharidinhaltigen Körperſäften ſchon oben die Rede war, und die daher auch gegen⸗ wärtig noch beſonders im Süden, wo ſie am häufigſten vorkommt, in größeren Mengen geſammelt, gedörrt und für Heilzwecke verwendet wird. Schon aus weiterer Entfernung pflegen die Spaniſchen Fliegen ihre Gegenwart zu verraten, und zwar durch einen ſcharfen, ſtechenden Geruch. Kommt man näher, ſo findet man gewöhnlich eine ganze Geſellſchaft der bis 20 mm langen, ſchön metalliſch grünen Käfer, die beiſammen auf einem Eſchenbuſc, einer Syringe oder Rainweide ſitzen und damit beſchäftigt ſind, deren Blätter nach und nach kahl abzuweiden. Die Eier werden gewöhnlich im Monat Juni, und zwar, wie Eſche⸗ rich ermittelte, nach Art der meiſten Meloiden in den Boden in Haufen von etwa 50 200 Blaſenkäfer: Spaniſche Fliege. Lytta. Epicauta. 443 Stück gelegt. Vier Wochen ſpäter laſſen ſich die kleinen Triungulinus⸗Lärvchen ſehen, die anfangs einfarbig gelb find, ſchon nach 1—2 Tagen aber an Kopf und Vorderbruſt braun werden, während die übrigen Segmente mit Ausnahme der beiden hinterſten, die gelb bleiben, eine ſchwarze Färbung gewinnen. Das erſte Thoraxſegment iſt ebenſo lang wie breit, die übrigen breiter als lang. „Dieſer kleine Dreiklauer geht, nachdem er dem Ei ent⸗ ſchlüpft, einen ganz anderen Weg als ſeine Verwandten (Meloé, Sitaris); nicht Blüten ſucht er zu erklimmen, um dort eine honigſammelnde Biene zu überfallen; nein im Gegen⸗ teil: er ſtrebt der finſteren Erde zu, vergräbt ſich hier und bleibt mehrere Tage, bis ſein Skelett die nötige Härte bekommen, untätig liegen. Erſt wenn ihn der Hunger plagt, macht er ſich auf die Wanderung und ſucht die Neſter mehrerer unter der Erde bauender Bienen 23 N ä Fücherkäfer, Metoecus paradoxus L., am Eingang eines unterirdiſchen Weſpenneſtes. Vergrößert. (Zu S. 444.) Si auf“, deren Honig haltende Zellen ihm die nötige Nahrung liefern. Die weitere Entwicke⸗ lung vollzieht ſich wieder im Zeichen der Hypermetamorphoſe: der Triungulinus wandelt ſich in eine zweite Larve um, die nur einklauige Beine hat, einfarbig grauweiß gefärbt iſt und ſchließlich im Erdboden zur Pseudochrysalis wird. Letztere ruht bis zum nächſten oder manchmal ſogar bis zum übernächſten Frühjahr in der Erde, dann erſcheint die der zweiten Larve ſehr ähnliche dritte Larve; etwa 10 Tage ſpäter kommt es zur Verpuppung, und nach weiteren 10—14 Tagen iſt der neue Käfer fertig. Afrika iſt reich an vielen prächtigen, meiſt dunkelblau gefärbten Lytta⸗Käfern, auch in Amerika fehlen ſie nicht und kommen dort in den verſchiedenſten Färbungen vor. Ebenſo wie die Lytta⸗Arten gelegentlich maſſenweiſe erſcheinen, gilt das gleiche für die ſehr nahe⸗ ſtehende Gattung Epicauta Redl., zu der ſchlank gebaute, oft buntgefärbte Käfer gehören, die in verſchiedenen Arten in Südoſteuropa, Aſien und Amerika verbreitet ſind und ſchon mehrfach auf den Feldern großen Schaden angerichtet haben. Epicauta vittata F. und pennsylvanica Deg. weiden die Blätter von Kartoffelpflanzen ab und Haufen in den öſt⸗ lichen Gebieten der Vereinigten Staaten manchmal ebenſo ſchlimm wie die eigentlichen potato beetles oder Koloradokäfer, von denen unten die Rede ſein wird, während Epicauta 444 Käfer. tenuicollis Fall. und rouxi Oest. in Indien gelegentlich Verheerungen an Reis, Mais und ſonſtigen Getreidearten verurſachen. In einer Hinſicht weichen die Epicauta⸗Arten von denen der Gattung Lytta ab. Erſtere ſind nämlich, ſoweit man bisher ihre Entwickelung kennengelernt hat, nicht Schmarotzer von Bienen, ſondern durchlaufen ihre Hypermeta⸗ morphoſe in den im Boden befindlichen e von Heuſchrecken. Unter den ausländiſchen Meloiden find ferner die amerikaniſchen Nemognatha⸗Arten beachtenswert, eifrige Blütenbeſucher und Honigſauger mit einem wahren „Schmetter⸗ lingsrüſſel“ zum Saugen, der durch Verlängerung ihrer rillenförmig ausgehöhlten Kiefer⸗ laden entſtanden, aber nicht einrollbar iſt. Bei der nordamerikaniſchen Nemognatha lutea Leo. erreicht dieſes Saugrohr die Länge des Körpers und befähigt ihren b auch aus f tiefen Blütenkelchen Honig zu naſchen. Die Fächerkäfer (Rhipiphoridae) dürfen namentlich ihrer 0 Entwicke⸗ lungsweiſe wegen unſer Intereſſe beanſpruchen. Der ſenkrecht geſtellte Kopf ſteht ge⸗ wöhnlich mittels einer ſtielartigen Verbindung mit der Vorderbruſt in Zuſammenhang. Die Flügeldecken find häufig verkürzt oder Haffend, jo daß ſie dann die Unterflügel nur teil⸗ weiſe bedecken können. Die elfgliederigen, vor den Augen eingelenkten Fühler ſind beim Weibchen in der Regel geſägt, beim Männchen fächerförmig oder wedelförmig gebaut. Dieſe N im Süden verbreitete Familie hat auch im mitteleuropäiſchen Gebiete mehrere N Vertreter, von denen wir den in ganz Deutſchland vorkommenden, aber als en geltenden ſonderbaren Weſpenneſtbewohner Metoecus Paradoxus L. nennen. Wir ſehen dieſen Käfer, der ein Schmarotzer der gemeinen Weſpe iſt, aber auch bei anderen Weſpenarten gefunden wurde, auf Seite 443 abgebildet. Der etwa 8—12 mm lange Metoecus- Käfer iſt ſchwarz, an den ſtumpfkantigen Seiten des Halsſchildes ſowie am kielartig zugeſchärften Bauche gelbrot. Beim Männchen ſind die Sen ganz 2 oder teilweiſe gelb gefärbt. Jugenbfabien bes Fägertäfers, Meie- Im Auguſt oder September haben die in den eus paradoxus L.: links erſte Larvenform, rechts > Larve beim Austritt aus der Weſpenlarve. Start Weſpenneſtern entſtandenen Käfer ihre Entwickelung . ee, vollendet, verlaſſen, wie Reichert ſchildert, das bis⸗ herige Heim und wandern aus dem Neſteingang hinaus, um im Freien ihre Eier abzuſetzen. Man wird annehmen dürfen, daß die aus⸗ ſchlüpfenden jungen Metoecus-Larven, die zu ihrer weiteren Entwickelung eine Weſpen⸗ larve aufſuchen müſſen, ihr Ziel in Ahnlicher Weiſe wie die Meloidenlarven zu erlangen 5 ſuchen. Wie dieſe klammern ſie ſich wahrſcheinlich an geflügelte Inſekten, in dieſem Falle alſo an Weſpen, an und laſſen ſich zu deren Neſtern tragen. Beobachtet wurde dies freilich noch nicht, doch ſcheinen die ſchaufelförmig verbreiterten Füße der jungen Metoecus⸗Larve Haftorgane zu ſein. Im Neſt angelangt, bohrt ſich die Metoecus⸗Larve ſofort in eine Weſpenlarve ein und zehrt zunächſt, ohne lebenswichtige Organe zu verletzen, von deren Leibesinhalt, wandert aber ſchließlich wieder hervor und ſaugt nun von außen an ihrem Opfer. Sie hat inzwiſchen das madenförmige Ausſehen angenommen, das uns die obenſtehende Abbildung zeigt. In einer Größe von 6 mm häutet ſich die Larve noch⸗ mals, verzehrt nunmehr die Weſpenlarve vollſtändig und verpuppt ſich in deren Zelle. Fächerkäfer. 445 Die Lebensdauer der Käfer ſcheint immer nur eine ſehr kurze zu fein, im Freien werden ſie jedenfalls nur ſehr ſelten gefunden, während ſie ſich aus den Erdneſtern von Weſpen oft⸗ mals in großer Menge erziehen laſſen; ſo kamen aus einem Weſpenneſt, das Reichert bei Connewitz ausgrub, 118 Metoecus⸗Käfer aus, die zum überwiegenden Teile weiblichen Ge— ſchlechts waren. Eine andere einheimiſche Art, Rhipidius pectinicornis Thunb. (Symbius blattarum Sund.), durchläuft ihre Entwickelung im Inneren von Schaben. Das Männchen ein 3—4 mm langes, ſchwarzbraunes Käferchen, iſt als große Seltenheit hier und da an alten Bäumen gefunden worden, während das Weibchen, ein larvenartiges ungeflügeltes Weſen, im Körper von Schaben ſteckt. 4. Familienreihe: Blatthornkäfer (Lamellicornia). Der franzöſiſche Entomologe Latreille hat ſchon im Jahre 1817 herausgefunden, daß — Hirſchkäfer, Zuckerkäfer, Maikäfer, Miſtkäfer und ihre Verwandten zuſammengehörig find - und trotz mannigfacher Verſchiedenheiten in Größe, Ausſehen und Lebensweiſe eine natür⸗ liche Einheit bilden. Alle dieſe zur Familienreihe der Lamellikornier (Blatthornkäfer) ge⸗ ſtellten Käfer beſitzen nämlich eine wichtige Übereinſtimmung in der Bildung der Fühler, die außer dem Schaft eine am Ende keulenartig verdickte Geißel unterſcheiden laſſen. Im einfachſten Falle ſind die letzten Fühlerglieder nur angeſchwollen, in der Regel zeichnen ſie ſich aber durch blattähnliche Erweiterungen, ſogenannte Lamellen, aus. Bisweilen ſtehen die Fühlerlamellen in Abſtänden voneinander, ſo daß damit eine „geſägte“ Keule zuſtande kommt, in den meiſten Fällen liegen die Lamellen jedoch in der Ruhelage flach aufeinander, und die Fühlerkeule wird dann zu einer „geſchloſſenen“, deren einzelne blattförmige La⸗ mellen man dann zu ſehen bekommt, wenn das Tier ſie auseinander ſpreizt. Auch die Larven ſind bei allen Lamellikorniern übereinſtimmend gebaut. Es ſind ſämtlich Engerlinge, d. h. weiche, weißliche, faſt madenartige Tiere mit hartem, bräunlichem, in der Regel augenloſem, fühlertragendem Kopf und mit drei Beinpaaren an den Bruſtringen, von denen freilich das letzte gelegentlich verkümmern kann. Der Hinterleib iſt bei den Engerlingen in ſeinem End⸗ teile manchmal ſackförmig angeſchwollen und oft etwas glaſig durchſichtig, ſo daß der Darm⸗ inhalt dunkel hindurchſchimmert. Am hinteren Körperende befindet ſich die Afteröffnung, die bald rundlich iſt, bald eine Längsſpalte bildet, und deren Form bei der Unterſcheidung der Engerlinge eine gewiſſe Rolle ſpielt. Dabei iſt der deutlich geringelte, ſeitlich mit braunen Atemlöchern verſehene Leib mehr oder weniger gekrümmt, die Bauchſeite hohl, die Rücken⸗ ſeite gewölbt, ſo daß es einem ſolchen Engerling oftmals Mühe macht, auf dem Bauche zu kriechen, und er in der Regel auf der rechten oder auf der linken Seite liegt. So unbeholfen er aber in ſeiner ſeitlichen Körperlage auf hartem Boden oder auf feſter Unterlage iſt, kann er ſich doch im nachgiebigen Erdreich ausgezeichnet einwühlen oder in weichen PRanahgen und tierischen Stoffen mit Leichtigkeit bohrend weiterbewegen. An ſonderbaren und bizarren Geſtalten iſt bei den Lamellikorniern kein Mangel, zu⸗ mal unter den männlichen Käfern, die bei vielen Arten an ihrem Kopf oder an der Vorder- bruſt in langen, ſpießartigen Fortſätzen, kühn geſchwungenen Hörnern oder gar zackigen, geweihartigen Anhängen einen höchſt ſeltſamen Schmuck beſitzen, der den weiblichen Käfern entweder ganz fehlt oder ihnen doch im allgemeinen in einer viel unvollkommneren Form zukommt. Der Kopfſchmuck der Männchen iſt aber nicht allein bei den verſchiedenen Arten ungemein mannigfach geſtaltet, ſondern bisweilen ſelbſt bei Männchen ein und derſelben Art in ganz verſchiedener Größe entwickelt. So kann man Hirſchkäfermännchen mit großem 446 Käfer. und mit kleinem Geweih finden, und man kennt männliche Nashornkäfer mit großem Kopf⸗ horn und ſolche, die an Stelle des Horns nur ein winziges, kaum ſichtbares Spitzchen haben. Mit der wechſelnden Größe der Hörner und Geweihe ſchwankt in ſolchen Fällen gewöhnlich auch die Körpergröße des betreffenden Tieres, ſo daß alſo die größten Individuen zugleich die ſtärkſten Hörner beſitzen, während die kleinſten folche oft kaum angedeutet zeigen. Dieſe Unterſchiede werden bei manchen ausländiſchen Blatthornkäfern ſo bedeutend, daß man die größten und die kleinſten Männchen mit ihrem ganz verſchieden entwickelten Kopf⸗ ſchmuck kaum für Angehörige der gleichen Art halten möchte, wenn es nicht die mannig⸗ faltigſten Übergänge gäbe, die die extremen Formen miteinander verbinden. Im allge⸗ meinen ſcheint manches dafür zu ſprechen, daß es immer ein gewiſſer Kraftüberſchuß iſt, der bei den männlichen Käfern in einer beſonders ſtattlichen Größe und mächtigen Ent⸗ faltung der Kopffortſätze zum Ausdruck kommt, während umgekehrt die Weibchen, die ja von vornherein dazu beſtimmt ſind, einen großen Teil ihrer Kraft zum Hervorbringen von Eiern zu verwenden, ſich immer mit einem viel beſcheideneren Ausſehen begnügen müſſen und daher keine Kopfanhänge haben. Immerhin ſind wir aber über die Urſachen doch noch nicht völlig im klaren, denn wenn man früher meinte, daß ſchon allein der Überfluß oder der Mangel an Futter während der Larvenzeit darüber entſcheiden ſollten, ob große Männ⸗ chen mit ſtattlichen Hörnern oder kleine mit verkümmertem Kopfſchmuck zuſtande kommen, ſo hat ſich das doch als ein Irrtum herausgeſtellt. Ohaus hat dies einmal ſehr hübſch be⸗ weiſen können durch einen Zuchtverſuch, den er mit Larven einer braſilianiſchen Miſtkäfer⸗ art unternahm. Alle dieſe Larven hatten ſo reichliches Futter von gleicher Art zur Ver⸗ fügung, daß keine einzige ihren gewaltigen Nahrungsvorrat aufzehren konnte. Die Larven verpuppten ſich, als aber hernach die Käfer erſchienen, da zeigte es ſich, daß die Männchen, trotzdem ſie als Larven alle in gleichem Überfluß gelebt hatten, doch nur zum Teil mit großen, zum Teil aber mit kleinen Kopfhörnern ausgeſtattet waren. f N Die Hörner oder Geweihe, die den männlichen Lamellikorniern ein ſo ſtattliches, 1 5 haftes Ausſehen geben, dienen bisweilen wirklich als Waffen. Wenn es dem Männchen des Herkuleskäfers gelungen iſt, zwiſchen ſein Kopfhorn und ſein großes, vom Vorderrücken aus⸗ gehendes Horn einen Finger einzupreſſen, fo vermag es dieſen bis aufs Blut zuſammen⸗ zudrücken. Auch der männliche Hirſchkäfer kann mit ſeinen kräftigen geweihartigen Kiefern tüchtig zwicken, und benutzt daher das Geweih beim Kampf mit ſeinen Nebenbuhlern, ver⸗ wendet es, nach den Beobachtungen von Weber, freilich auch als ſtützende Unterlage, wenn er ſich auf ſeinem Weibchen feſthält. Im ganzen ſind dies aber Ausnahmen, denn meiſt können die Männchen von ihren Hörnern, Zacken oder ſonſtigen Kopfanhängen keinen Ge⸗ brauch machen, ſo daß letztere im allgemeinen ohne jeden Nutzen für das Tier zu ſein ſcheinen. Die Hirſchkäfer (Lucanidae) ſind faſt ſämtlich ftattliche Käfer, die am leichteſten an den meiſt vorſpringenden, geweihähnlich geſtalteten großen Vorderkiefern der Männ⸗ chen zu erkennen ſind, während die Weibchen kleine, nur wenig vorſtehende Vorderkiefer haben. Entſprechend der größeren oder geringeren Entwickelung ihrer Kiefer zeichnen ſich die Männchen gewöhnlich auch mehr oder minder durch ſtattlichere Größe, namentlich durch ſtärkere Entwickelung des Kopfes und der Vorderbruſt den Weibchen gegenüber aus. Die Oberlippe iſt in der Regel klein und undeutlich. Mittelkiefer und Unterlippe pflegen mit Bi | pinſelförmig behaarten Lappen verſehen zu fein, die zum Aufſchlürfen von Pflanzenſäften geeignet ſind. Die Fühler ſind deutlich knieförmig geknickt und beſtehen aus einem langen Be Bir. EM 8 Hirfchkäfer und Heldbock. Hirſchkäfer. 5 447 Schaftglied und der Geißel. Die Endkeule hat zumeiſt das Ausſehen eines kleinen Kammes, weil die an einer Seite befindlichen lamellenartigen Erweiterungen der letzten Fühlerglieder in kleinen Abſtänden ſtehen. Die Flügeldecken bekleiden den ganzen Hinterleib. Die ſchlanken Beine tragen fünfgliederige Füße, die quergeſtellten Vorderhüften ſtoßen aneinander. Die Larven leben bei den Angehörigen dieſer Familie in mulmiger Erde oder in morſchem Holze. Man kennt etwa 750 Arten, die über alle Erdteile verbreitet ſind. Ihren größten Formenreichtum entfaltet die Familie im indiſchen Gebiete. Dort leben Arten von ge⸗ waltigen Dimenſionen, wie der mächtige, auf Java vorkommende Eurytrachelus bucepha- lus Pert. Verhältnismäßig ſpärlich find die Lukaniden in Afrika vertreten. Während die meiſten Arten düſter ſchwarzbraune, höchſtens gelbliche Farbentöne zur Schau tragen, fallen die Chiaſognathinen, die im auſtraliſchen Gebiete und in Südamerika ihre Heimat haben, durch metalliſchen Glanz auf. In Chile lebt Chiasognathus granti Steph., der mit ſeinen ſtark verlängerten, faſt beinartig dünnen Vorderkiefern einen höchſt bizarren Eindruck macht. Auſtraliſche Arten der Gattung Lamprima Latr. wetteifern an Farbenpracht mit den ſchön⸗ ſten, metalliſch glänzenden Prachtkäfern. Als einfachſte Lukaniden ſind aber vielleicht manche Aſalinen anzuſehen, zu denen viele kleine Arten gehören, unter denen ſich der nordamerikaniſche Nicagus obscurus Zee. und der auch in Deutſchland vorkommende Aesa- lus scarabaeoides Panz. im Ausſehen nicht allzu weit von manchen Skarabäiden entfernen. Zu den Lukaniden gehört der größte aller deutſchen Käfer, der Hirſchkäfer oder Feuerſchröter, Lucanus cervus L., der über das ganze mittlere und weſtliche Europa verbreitet iſt und in einigen Abarten auch noch in Kleinaſien und Syrien vorkommt. Männ⸗ chen und Weibchen unterſcheiden ſich weſentlich. Die männlichen Hirſchkäfer tragen an ihrem hartgepanzerten breiten Kopf ein ſtattliches Geweih, das aus zwei langen, etwas ge⸗ bogenen, am Ende gegabelten und an der Innenſeite je mit einem großen Zahn beſetzten Zangen beſteht. Die Weibchen, die durchſchnittlich etwas kleiner als die Männchen bleiben, haben an Stelle des Geweihs nur zwei kurze, vorn etwas vorſtehende, kräftige Vorder⸗ kiefer. Beide Geſchlechter ſind mattſchwarz gefärbt, die Flügeldecken ſind braun, und das Geweih glänzt gleichfalls in ſchön kaſtanienbrauner Färbung. An Größe dürfen ſich unſere Hirſchkäfer getroſt mit ſo manchen Rieſenformen der tropiſchen Käferwelt meſſen, denn die Männchen, von der Oberlippe bis zum Ende der Flügeldecken gemeſſen, können annähernd 6 cm erreichen, eine Länge, die durch das Ge⸗ weih noch einen Zuwachs von etwa 2,6 em gewinnt. Sammelt man eine größere Zahl von Hirſchkäfern, ſo wird man freilich bemerken, daß keineswegs alle die hier angegebenen Maße erreichen, denn es finden ſich oft wahre Zwergformen darunter, die nur eine Körperlänge von 2—2,5 em beſitzen, und bei denen auch das Geweih entſprechend kürzer bleibt und weit weniger entwickelt iſt. Solche „Rehkäfer“ (L. capreolus Füssl.), wie man ſie früher wohl nannte, bilden freilich keine eigene Art, ſondern ſind verkümmerte Stücke, von denen alle möglichen Zwiſchenſtufen und Übergänge zu den großen, normal entwickelten Tieren hinüberleiten. Das Geweih iſt es beſonders, das den Hirſchkäfern ein ſtolzes, gewiſſermaßen ritterliches Ausſehen verleiht und ſie in den Augen der Liebhaber und Sammler zum Edel⸗ wild unſerer heimiſchen Inſektenwelt ſtempelt. Die Geweihzangen ſind die verlängerten Vorderkiefer, es ſind die Waffen, mit denen die männlichen Käfer ſich verteidigen und ſich gegenſeitig befehden. Löcher oder eingebohrte Stellen an Kopf, Bruſt oder den Flügel⸗ decken, die man an den eingefangenen Männchen oft genug zu ſehen bekommt, laſſen er⸗ raten, wie erbittert es bei den Kämpfen mitunter zugeht, und welche Kraft die Streiter 448 Käfer. in ihren Geweihzangen beſitzen. An den übrigen, verhältnismäßig ſchwach entwickelten : Mundteilen intereſſieren beſonders die beiden Mittelkiefer und die kleine Unterlippe; fie ſind ausgeſtattet mit langen, pinſelförmig behaarten Laden zum Auflecken von Flüſſigkeiten, der einzigen Nahrung dieſer Käfer. Betrachtet man den Kopf eines Hirſchkäfers genauer, ſo fallen ſeine Haarpinſel ſofort auf. In der Mitte zwiſchen den ſeitlich ſtehenden Taſtern ſieht man dieſe gelbbraunen Büſchelchen, die bereits die Aufmerkſamkeit des berühmten Naturforſchers Swammerdamm erregt haben, der in ſeiner „Bibel der Natur“ (deutſche Überſetzung vom Jahre 1752) ſehr hübſch darüber ſchreibt: „Nichts aber iſt an dieſem fliegen⸗ den Hirſche ſo anmerklich als ſein Schnäuzgen, Schnäbelgen oder Zünglein, womit er ſeine Nahrung einnimmt. Solche iſt eine honighafte Flüſſigkeit, die aus den Eichenbäumen her⸗ vorſiepert. Als ich einſt dieſem Käfer ein wenig Honig auf einer Meſſerſpitze vorhielt, ſo lief er mir nach wie ein klein Hündgen und ſog ihn mit ſeiner Schnauze ſehr begierig ein.“ Die Hirſchkäfer ſind in Eichenwäldern zu Hauſe, in denen alte knorrige Stämme ihr trotziges Haupt emporrecken und morſch gewordene Baumſtubben blitzgetöteter oder ander⸗ weitig zugrunde gegangener Eichen im Boden ſtecken. Dort trifft man ſie im Juni. An warmen Abenden ſchwirren ſie mit wildem Geſumme umher, namentlich die Männchen, die ſich dann auf der Suche nach einem Weibchen befinden. Wie verſeſſen die männlichen Hirſchkäfer auf ihre Weibchen ſind, hat Haaber beſchrieben, der ein lebendes Weibchen eines Hirſchkäfers an einem Baumſtamm befeſtigte und im Laufe von 1½ Stunde nicht weniger als 75 anfliegende Männchen fangen konnte. An heißen Tagen ſieht man die Hirſchkäfer oft an den Stämmen umherklettern und kann leicht feſtſtellen, welche Anziehungskraft auf ſie die Stellen ausüben, an denen ausfließender Baumſaft hervorſickert, denn an ihm findet man oft eine ganze Geſellſchaft von Hirſchkäfern, die ſich an der ſüßlichen, gärenden Flüſſig⸗ keit gütlich tut. Einen anziehenden Bericht über das Benehmen der Hirſchkäfer bei der⸗ artigen Gelagen verdanken wir Chop, der ſich, wie Taſchenberg ſchildert, an einem warmen Juninachmittag in dem kühlenden Schatten einer altersſchwachen Eiche in einem Garten zu Sondershauſen niedergelaſſen hatte, als ein eigentümliches Geräuſch ſeine Aufmerkſam⸗ keit in Anſpruch nahm. Ein leiſes, in kurzen Zwiſchenräumen wiederkehrendes Knacken oder Knirſchen ließ ſich vernehmen, als ob kleine dürre Zweige zerbrochen würden. Kurz darauf fiel ein ſchwärzlicher Gegenſtand vom Baum in das Gebüſch unter ihm; er erwies ſich bald darauf als ein Hirſchkäfer, der dann an der rauhen Borke wieder emporzukriechen ſtrebte, um zu ſeinen in einer Höhe von reichlich 4,5 m am Stamme verſammelten Gefährten zu gelangen. Als im Laufe von einer halben Stunde nach und nach elf weitere Hirſchkäfer beiderlei Geſchlechts herabgefallen waren und der knirſchende Laut ſich noch immer ver⸗ nehmen ließ, holte Chop eine Leiter herbei, um die auffällige Erſcheinung näher zu unter- ſuchen. Ein ſeltſames Bild war es, das fich ihm jetzt bot. Auf einer Fläche von etwa 32 gem war von der alten Borke Saft herabgefloſſen. Zu dieſem leckeren Mahle hatte ſich eine ſehr gemiſchte Geſellſchaft von Kerfen zu Gaſte geladen. Große Ameiſen kletterten ge⸗ ſchäftig auf und nieder, naſchhafte Fliegen aller Art ſaßen in gedrängten Haufen beiſammen, und auch die Horniſſe ſchwärmte grimmig ſummend um den Stamm. Die augenfälligſten Gäſte aber, ſowohl nach der Zahl als nach ihrer ſonſtigen Beſchaffenheit, waren unzweifel⸗ haft die Hirſchkäfer. Es wurden deren 24 Stück gezählt, die bereits gefangenen nicht ein⸗ gerechnet. Sie ſpielten augenſcheinlich die wichtigſte Rolle bei dieſem Gaſtmahle und ſchienen trotz der ſüßen Speiſe nicht beſonders guter Laune zu ſein; denn ſelbſt die kühnen Horniſſen ſcheuten ſich, den plumpen Geſellen und deren gewaltigen Zangen zu nahe zu kommen, u nne R Ferne er „ ) 1 Hirſchkäfer. 449 und hielten ſich in reſpektvoller Entfernung. Um jo wütendere Kämpfe fochten die Käfer untereinander aus, und zwar rangen mindeſtens zwei Dritteile derſelben zuſammen. Da auch die Weibchen mit ihren kurzen, kräftigen Zangen ſich zornig verbiſſen hatten, ſo lag der Grund wohl nicht in der Eiferſucht, ſondern in dem wenig idealen Futterneide. Be⸗ ſonders intereſſant waren die Kämpfe der Männchen. Die geweihartigen Kiefer bis an das Ende ſchief übereinander geſchoben, ſo daß ſie über den Halsſchild des Gegners hinweg⸗ ragten und die Köpfe ſelbſt ſich dicht berührten, zum Teil hoch aufgebäumt, rangen ſie er⸗ bittert miteinander, bis den einen der Streiter die Kräfte verließen und er zur Erde hinab⸗ ſtürzte. Hin und wieder gelang es auch einem geſchickteren Fechter, ſeinen Gegner um den Leib zu faſſen, mit dem Kopfe hoch aufgerichtet ließ er ihn dann einige Zeit in der Luft zappeln und ſchließlich in die Tiefe ſtürzen. Das Knirſchen rührte von dem Schließen der Kiefern her; von den gebogenen Seitenwulſten des Kopfſchildes in die mittlere Einbiegung abgleitend, verurſachten ſie jenes vernehmbare Knacken. Indes ſah ſich der Kampf grimmiger an, als er in Wirklichkeit war; denn Verwundungen wurden nicht beobachtet, außer einem leichten Biſſe in einem Kiefer. Die Annäherung des Beobachters ward nicht beachtet: die Kämpfer ſtritten weiter, die Sieger leckten gierig. Nur wenn der Atem ſie unmittelbar be⸗ rührte, zeigten ſie ſich beunruhigt. Dagegen wirkte das leiſeſte Geräuſch, wie das Knacken eines Zweiges, ſofort auf die ganze Geſellſchaft. Sie richteten ſich ſämtlich raſch und hoch auf und ſchienen eine Weile zu lauſchen. Ahnliches geſchah, wenn einer der Gefallenen von unten heraufſteigend ſich wieder näherte; auch in dieſem Falle richteten ſich die Männ⸗ chen auf und gingen dem Gegner etwa eine Spanne lang mit weit geöffneten Kiefern kampfgierig entgegen. Gegen Abend ſummte allmählich der größte Teil der Käfer davon, vereinzelter und ſchwächer tönte aber noch das Knacken von oben herab, als der Beobachter abends 8 Uhr den Garten verließ. N Die rundlichen, 2,25 mm großen Eier werden bei den Hirſchkäfern an morſchem Eichen⸗ holz in die Erde gelegt, von deren Humusteilchen ſich die Larven anfangs ernähren, bis fie ſpäter, wenn ſie größer geworden find, das faulige Holz ſelbſt angreifen. Erſt im fünften Jahre ſind die Larven ausgewachſen und erreichen dann die ſtattliche Länge von 10—11 cm. Ihre Geſtalt iſt walzenförmig. Der After bildet eine Längsſpalte. Die viergliederigen Fühler haben ein ſehr kurzes Endglied, und die drei Bruſtringe ſind mit kräftigen einklauigen Beinen ausgeſtattet. Im fünften Sommer verpuppt ſich die Larve in einem fauſtgroßen feſten Gehäuſe, das bei der männlichen Puppe, die ſchon ein langes, bauchwärts umgeboge⸗ nes Geweih erkennen läßt, größer als bei der weiblichen iſt. Im ſechſten Sommer erſcheinen die Käfer, die ſich mit Zuckerwaſſer leicht ernähren und ohne Mühe mehrere Wochen hin⸗ durch in Gefangenſchaft halten laſſen. Die übrigen deutſchen Lukaniden bleiben kleiner. Wir nennen von ihnen den Bal⸗ kenſchröter, Dorcus parallelopipedus L., einen plumpen, flach gewölbten, vorn und hin⸗ ten faſt gleichbreiten Käfer von mattſchwarzer Farbe, der ſeine Entwickelung in morſchen Eichen- oder Buchenſtämmen durchläuft. Der Rehſchröter, Systenocerus caraboides L., zeichnet ſich durch bläulichen oder erzgrünen metalliſchen Glanz aus. Die Augen ſind bei ihm im Gegenſatz zu den beiden vorigen Gattungen ungeteilt, ſeine Entwickelung iſt meiſt ſchon im Auguſt beendet, doch kommen die Käfer gewöhnlich erſt nach der Überwinterung zum Vorſchein und ſind dann vom Frühjahr bis in den Herbſt hinein in Ei chen⸗ und Buchen⸗ wäldern zu finden. Sehr eigenartig ſieht auch der Baumſchröter oder Kopfhornſchröter, - Sinodendron cylindricum L., aus, ein glänzend ſchwarzer Käfer von 12—16 mm Länge mit Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 29 450 Käfer. narbig punktierten, unregelmäßig gefurchten Flügeldecken und mit einem im männlichen Geſchlechte deutlichen, im weiblichen nur kurzen, knopfartigen Horn auf dem Kopfe. Als Larven ſind auch die Kopfhornſchröter Bewohner faulender Laubbäume und halten ſich beſonders in alten Stämmen von Buchen, Eichen, ER und zahmen Kaſtanien auf. Die Zuckerkäfer (Passalidae), anſehnliche ſchwarze oder braune, meiſt etwas glänzende Käfer von länglicher, etwas abgeplatteter oder höchſtens ſchwach gewölbter Geſtalt, ſind im allgemeinen leicht an der taillenartigen Einſchnürung zu erkennen, die den Halsſchild von dem durch die Flügeldecken vollſtändig bekleideten Hinterkörper trennt. Die Fühler ſind am Ende wie bei den Hirſchkäfern kammartig geſtaltet und die frei vorſtehende Oberlippe beweglich. Oben haben die an den Seiten bisweilen behaarten Flügeldecken meiſt zehn deutliche Längs⸗ furchen. Die Heimat der Zuckerkäfer bilden die Tropenländer Amerikas und der Alten Welt, in denen ſie in morſchen, mulmigen Bäumen bisweilen in großen Mengen beieinander hauſen. Ohaus erlebte bei einer Sammelreiſe in Braſilien, daß im Urwalde plötzlich ein etwa 75 em dicker Baum von 20 m Höhe über den Weg ſtürzte. Beim Niederfallen brach der Stamm auf, die Rinde ſplitterte ab und Hunderte von Zuckerkäfern nebſt ihren Eiern, Larven in allen Stadien und Puppen fielen heraus, die den Stamm im Inneren durch ihren Fraß vollſtändig ausgehöhlt hatten. Natürlich kam bei dieſem Zuſammenbruch gleichzeitig = = noch ein buntes Gewimmel von anderem Getier zum Vorſchein, beſonders Schaben, unter denen namentlich die Gattung Polyzosteria ein ſtändiger Begleiter der Paſſaliden ſein ſoll. Auf unſerem Farbenbilde ſehen wir einen ſolchen Käfer, den Phoronaeus rusticus Perch., dargeſtellt, wie er ſich gerade aus einem von Lianen erdroſſelten, BETEN und am Boden liegenden Urwaldſtamm hervorarbeitet. Nach Ohaus, dem wir mancherlei wertvolle Beobachtungen über die Lebensweiſe der Zuckerkäfer verdanken, ſcheinen es ſämtlich lichtſcheue Geſellen zu fein. Von ihm in Ge- fangenſchaft e Exemplare wagten ſich jedenfalls nie bei hellem Sonnenſchein her⸗ vor, ſondern wurden immer erſt abends oder bei trübem Wetter munter, kamen dann aus ihren Verſtecken hervor und krochen unter fortwährendem Zirpen, einen eigentümlichen a f aromatiſchen Duft ausſtrömend, im Käfig umher. Der Charakter der Gefangenen war dabei keineswegs friedlich zu nennen, denn bald gab es unter ihnen allerlei Raufereien. Die Käfer ſuchten ſich gegenſeitig mit ihren ſtarken Vorderkiefern zu packen, zerrten ſich hin und her und balgten ſich ohne erſichtlichen Grund oft ſo miteinander u daß enge = Beine und Fühler ſchließlich den Kampfplatz bedeckten. Das Zirpen, das die Zuckerkäfer ertönen laſſen, ſobald ſie in Weed Weiſe erregt ſind, bringen ſie mit Hilfe eines eigenartigen Schrillapparats zuſtande, der jüngſt von P. Schulze näher beſchrieben worden iſt. Am Ende der Unterflügel befindet ſich eine beſonder⸗ mit vielen Dörnchen und Zapfen beſetzte Platte, die, wenn die Käfer ihren Hinterleib in kurzen Stößen bewegen, mit einem am Rücken des fünften oder ſechſten Hinterleibsringes gelegenen harten Chitinbügel in Berührung kommt, wodurch der Ton hervorgerufen wird. Sehr intereſſant iſt es, daß es Paſſaliden mit verwachſenen Flügeldecken und verkümmer⸗ ten, zum Fliegen gänzlich untauglichen Unterflügeln gibt, die trotzdem ſehr gut zirpen können, indem ihre zu zwei dünnen, ſchmalen Streifen gewordenen Unterflügel am Ende eine breite, mit vielen Zäpfchen beſetzte Zirpplatte haben, wie ſich deutlich bei den rieſigen, zum Teil über 7 em langen, im tropiſchen Amerika verbreiteten Arten der Gattung Pro- culus Kaup. zeigt. Ungemein laut find die von den Tieren hervorgebrachten Töne. Ohaus \ 6 Käfer im braſilianiſchen Urwalde. 1) Acrocinus longimanus I. — 2) Schildkäfer, Omoplata pallidip s 9, feine Larven deckend — 3) Brenthus anchorago I. — 4) Erotylus histrio F. — 5) Zuckerkäfer, Phoronaeus rusticus Perch. — 6) Poecilopeplus corallifer Sturm. ren 75 ee, Nate 2 » 12 K N 5 \ “ . Zuckerkäfer. Blatthornkäfer: Erdläfer. 451 ſagt, daß er, ohne die Käfer vorher zu Geſicht zu bekommen, oft auf ſie aufmerkſam wurde, wenn er ihr ſchrilles Zirpen aus dem Inneren eines zerfreſſenen morſchen Baumrieſen er⸗ ſchallen hörte. Im Zimmer kann ihr Konzert mitunter ſogar recht unangenehm werden, wovon unſer Gewährsmann ſich auch einmal überzeugen mußte, denn als er einſt einen friſch eingefangenen ſüdamerikaniſchen Zuckerkäfer, Phoronaeus rusticus Perch., in eine Porzellandoſe geſperrt, nachts auf ſeinem Waſchtiſch ſtehen hatte, vollführte der Gefangene mit ſeinem unaufhörlichen ſchrillen Gezirp einen ſolchen Höllenlärm, daß an Einſchlafen nicht zu denken war und der Ruheſtörer ſchließlich aus dem Zimmer entfernt werden mußte. Auch die Larven zirpen recht vernehmbar, wenngleich nicht ſo laut wie die erwachſenen Käfer. Bei den Larven ſetzt ſich der Schrillapparat aus einer Anzahl eigentümlich gebauter Höcker zuſammen, gegen die das zu kurzen Stummeln umgewandelte dritte Beinpaar ge⸗ rieben wird. Läßt ſchon die allgemeine Verbreitung der Zirpeinrichtungen darauf ſchließen, daß 'die Töne für die Tiere von beſonderer Bedeutung ſein müſſen, jo wiſſen wir jetzt, daß das Zirpen in engem Zuſammenhang mit der ſorgfältigen Pflege ſteht, die dieſe Käfer ihrer Nachkommenſchaft angedeihen laſſen. Die hartſchaligen, vom Mutterkäfer in das Fraßmehl eines Bohrganges abgelegten kugeligen Eier werden von beiden Eltern bewacht, bis die Jungen zum Vorſchein kommen, die dann auch mit den Eltern vereint bleiben und von ihnen wiederholt mit fein zerkauter Holzmaſſe gefüttert werden. Da die Paſſalidenlarven gar nicht mehr ſelbſtändig freſſen können, ſondern, von ihren Eltern getrennt, in kurzer Zeit zugrunde gehen, ſo iſt dieſe Fütterung auch durchaus notwendig, und es erklärt ſich, daß man ſtets die ganze Paſſalidenfamilie in hübſcher Eintracht zuſammen findet: voran die beiden Eltern, Männchen und Weibchen, meiſt eng zuſammengedrängt, hinter ihnen die Sprößlinge, deren Zahl meiſt gering iſt. Eine ſolche Familie bleibt aber nicht an einem Platze, ſondern ar⸗ beitet ſich immer weiter durch den morſchen Baum hindurch, in der Weiſe, daß die beiden Eltern mit ihren ſtarken Kiefern das Holz zerſchroten und den Weg bahnen, auf dem ihnen die Kinder folgen. Hierbei hört man die Tierchen unaufhörlich zirpen, damit ein etwa auf Abwege geratenes Familienmitglied wieder herangelockt wird und keines von den Kindern verloren geht. Nach Jahresfriſt ſind die Paſſalidenlarven in der Regel ausgewachſen und können ſich nun im Fraßgange verpuppen, wobei ſie den benachbarten Mulm zu einem = länglichen brüchigen Kokon verkleben. Auch jetzt ſollen die Elternkäfer noch in der Nähe der Puppenkokons verbleiben, wofür jedenfalls ſpricht, daß man ſie öfters ee noch mit den Jungkäfern zu ſammenſitzend gefunden hat. Die Skarabäiden (Scarabaeidae) umfaſſen Tiere von meiſt gedrungener Ge⸗ ſtalt, die zum Teil in Dung und Miſt ſich aufhalten, zum Teil an Bäumen und Sträuchern und auf Blumen leben oder am Erdboden und im modernden Holze zu finden ſind. Die Fühler haben ein kurzes Schaftglied und eine einſeitig geblätterte, häufig fächerförmig ent⸗ wickelte Endkeule. Die Füße ſind fünfgliederig, die Vorderbeine namentlich beim Weib⸗ chen zum Graben geeignet. Skarabäiden ſind auf der ganzen Erde verbreitet, unter den Lamellikorniern bilden ſie die an Artenzahl bedeutendſte Familie, welche ſchon in eine ganze Anzahl von Unterfamilien zerlegt worden iſt. Ein kurzer, die Vorderkiefer nicht bedeckender Kopfſchild, zehngliederige Fühler und fünf freie Bauchringe kennzeichnen die | chwerfälligen Erdkäfer (Troginge). Als häufige Art zeigt ſich in den ſandigen Ebenen des mittleren Europas der bis Lappland verbreitete Erd⸗ käfer, Trox sabulosus L., ein plumper, grauſchwarzer, am Erdboden ſich umhertreibender 29 * 452 FREE Käfer. Geſell, deſſen bauchig erweiterte Flügeldecken mit Punktſtreifen verſehen find. Durch Reiben der Hinterleibsſeiten gegen die rauhen Ränder der Flügeldecken kann dieſer Käfer ſo laut zirpen, daß ſein Ton, wie Darwin berichtet, einmal irrtümlich für das Piepen einer Maus gehalten wurde. Der genannte Erdkäfer und ſeine Verwandten, die ſämtlich ein düſteres ſchwarzes oder grauſchwarzes Kolorit und eine runzelige oder höckerige Oberſeite zur Schau tragen, treffen noch keine beſondere Fürſorge für ihre Nachkommenſchaft. Sie ſind Aas⸗ . freſſer, und auch ihre Larven findet man meiſt unter Aas und an allerlei tieriſchen Abfällen. Zur Verwandlung höhlt ſich die Larve im Boden einen kleinen länglichen Raum aus, in dem ſie ſich verpuppt. Einige Arten, wie z. B. der kleine in Oſtafrika lebende Erdkäfer Phil- harmostes integer Kolbe, können ſich ähnlich wie Aſſeln zuſammenkugeln. N Die Miſtkäfer (Geotrupinae) nehmen in gan Hinſicht ſchon eine höhere Stufe als die Erdkäfer ein, denen ſie noch darin gleichen, daß ihr Kopfſchild die Vorderkiefer an bedeckt läßt. Im übrigen fügt ſich der Bauch bei den Geotrupinen aus ſechs Ringen zuſam⸗ men, die Augen werden durch einen Fortſatz der Wangen geteilt, die Fühler ſind elfgliederig, und an den Vorderſchienen fällt auf, daß ihr Vorderrand mit breiten, ſägeartigen Zähnen bewehrt iſt. Der Körperbau iſt plump, die Körperbedeckung hart und feſt, oft wie ein eherner Panzer, prächtig ſtahlblau oder grün ſchimmernd. Viele Miſtkäfer können zirpen. Männ⸗ chen und Weibchen der Geotrupes-Arten rufen die Töne durch Bewegungen des Hinter⸗ leibes hervor und reiben dabei den ſcharfen, leiſtenartig vorſpringenden Hinterrand des dritten Bauchringes gegen eine an der Hinterſeite der Hinterhüften befindliche geriefte Schrill Leiſte. Verhoeff machte darauf aufmerkſam, daß dieſe Käfer ihre muſikaliſchen Fähig⸗ keiten aber auch noch auf andere Weiſe betätigen können. An mehreren Rückenplatten des Hinterleibes haben ſie nämlich beſondere, mit ſpitzen, ſteifen Härchen beſetzte Felder, die beim Reiben gegen die hintere Flügeldeckenunterfläche in Schwingungen geraten, wodurch ein ſauſendes Geräuſch hervorgerufen wird, das zur Verſtärkung des Zirptones beiträgt. Tagsüber halten ſich die Miſtkäfer verborgen oder marſchieren ſchwerfällig und lang⸗ ſam am Erdboden einher, verſuchen auch wohl ein Hindernis durch Klettern zu überwinden, was ihnen freilich nur ſelten gelingt. Mit Einbruch der Dunkelheit, beſonders an warmen, windſtillen Abenden, erwacht in ihnen aber ein ſtürmiſcher Tatendrang. Mit ſchnurrendem, ſummendem Fluge durchſauſen ſie die Luft und ſuchen die Stätten auf, die ihnen Nahrung oder günſtige Brutgelegenheiten bieten. Ein am Boden ausgebreiteter friſcher Kuhfladen, ein Haufen Roßäpfel und Hinterlaſſenſchaften ähnlicher Natur locken ſie an; denn wenn auch manche Arten, wie der gemeine Waldmiſtkäfer, den Hunger gelegentlich mit Pilzen ſtillen, oder ſie wohl auch mitunter am Safte gefällter Baumſtämme lecken, jo bilden doch die Exkremente größerer Tiere ihre wichtigſte Nahrung. Die Miſtkäfer haben hierbei die Gewohnheit, dieſe für ſie ſo wichtigen Stoffe in röhrenförmige Gänge einzutragen, welche ſie in den Boden graben, damit ſie ſich dort dem ungeſtörten Genuſſe hingeben und in aller Ruhe ihr Mahl verzehren können. Ihrer eigenartigen Vorliebe für Exkremente wegen können die Miſtkäfer als nützliche Tiere gelten. Bei ihrer unappetitlichen Arbeit ſchaffen ſie nicht unerhebliche Quantitäten ſolcher Stoffe von der Oberfläche fort und bringen ſie als fruchtbringendes Material im Erdboden unter. Ohaus beobachtete, daß ein auf einem Stoppelfelde liegender großer Haufen Roßäpfel, deſſen Umfang auf reichlich J m ge- ſchätzt werden konnte, im Laufe einer einzigen Nacht bis auf geringe Reſte verſchwand. Beim Nachgraben zeigte es ſich, daß Große Roßkäfer, Geotrupes stercorarius L., die ee 4 > z lichen, zur Gattung Geotrupes Latr. gehörenden Miſtkäfern je von einem Pärchen gemeinſam unternommen der Brutpillen dienen. Bau des in ganz Deutſchland häu⸗ ter einem Haufen menſchlicher Ex⸗ dem über einen halben Meter lan⸗ Blatthornkäfer: Miſtkäfer. 453 Heinzelmännchen waren, die dieſe fleißige Arbeit ausgeführt hatten. Nicht weniger als 92 von ihnen hatten ſich zu gemeinſamem Tun eingefunden und waren noch in der Tiefe beim Schmauſe verſammelt. Bei kühlem, windigem Wetter bleiben die Käfer dann oft tagelang bei ihren unterirdiſchen Vorräten ſitzen, an warmen, ſchönen Abenden laſſen ſie aber manch⸗ mal ihre Mahlzeit im Stich und flie⸗ gen wieder nach friſchem Futter aus. Sehr viel Intereſſantes bietet die Brutarbeit, die bei den gewöhn⸗ wird. Unverdroſſen graben die bei⸗ den Käfer unmittelbar unter einem Kothaufen oder in geringer Ent⸗ fernung von dieſem einen Gang in die Tiefe, der faſt ſenkrecht hinab⸗ geht. Von dieſem Hauptgange zweigt ſich eine Anzahl kürzerer, blind endigender, ſtollenartiger Seitengänge ab, die zur Aufnahme Abgebildet ſehen wir hier den figen Waldmiſtkäfers, Geotru- pes sylvaticus L., der leicht an ſeinen etwas geſtreiften, in den Zwiſchenräumen ſchwach gerunzel⸗ ten, blauſchwarzen Flügeldecken zu erkennen iſt. Es iſt ein richtiges Bergwerk, das der Waldmiſtkäfer im Mai oder Juni am liebſten un⸗ kremente anzulegen pflegt. Von gen Hauptgang gehen mehrere bis zu 18cm lange, am Ende etwas er⸗ weiterte Seitenſtollen ab, in welche Männchen und Weibchen das 2 5 wee 5 Ban ante 55 gebenden ae ah, material eintragen. Mit feinen ER breiten Vorderbeinen nimmt der Käfer Kotpartitel ab oder nimmt Papierſtückchen, Rinden⸗ und Erdteilchen, die von der Exkrementmaſſe durchtränkt ſind, auf, ſchleppt die Laſt, die er in ſeinen Vorderbeinen wie auf Armen trägt, rückwärts kriechend den Hauptgang hinunter und ſpeichert die Bürde in einem Seitenſtollen auf. Dort wird Schicht auf Schicht gelagert, bis der Stollen mit einer förmlichen Miſtwurſt gefüllt iſt, die man „Brutpille“ nennt. Im dick⸗ ‚Ren Teile der wurſtartigen Pille, etwa 1,52 em von dem unteren Ende derſelben entfernt, 454 75 ; Käfer. iſt ein Heiner Hohlraum, die Eikammer, gelegen, in dem ein weißes Ei ruht, das der weibliche Käfer dort untergebracht hat. Drei bis vier Wochen hernach entſteht aus dem Ei ein Enger⸗ ling, der von der Brutpille zehrt, bis die kalte Jahreszeit anbricht. Nach der Überwinterung frißt er die Brutpille von innen her reichlich bis über die Hälfte aus, glättet die Innen⸗ wände mit dem eigenen Kot und ſtellt ſich damit eine feſtwandige Puppenwiege her, in der er ſich etwa im Juni oder Juli verpuppt. Nach drei⸗ bis vierwöchentlicher Puppen⸗ ruhe, alſo etwa in der erſten Hälfte des Auguſt, erſcheinen die neuen Waldmiſtkäfer, die ſich aber erſt nach der Überwinterung im nächſten Frühjahr fortpflanzen. 8 Ganz entſprechend iſt die Lebensweiſe des ſchon obengenannten, in Deutſchland weit verbreiteten Großen Roßkäfers, Geotrupes stercorarius L., deſſen Flügeldecken je 14 deutliche Punktſtreifen tragen. Als Material für ſeine Brutpillen benutzt dieſer Käfer mit Vorliebe Pferdemiſt. In ſandigen und moorigen Heidelandſchaften des mittleren und nörd⸗ lichen Europas iſt der Frühlingsmiſtkäfer, Geotrupes vernalis L., keine ſeltene Erſchei⸗ nung. Er iſt an ſeiner ſchön ſtahlblau glänzenden, glatten Körperoberfläche zu erkennen, ſo daß er immer wie friſch poliert ausſieht. Als Brutmaterial trägt dieſer Käfer, der ſich viel am Tage umhertreibt, Kotpillen von Schaf⸗ und Wildmiſt ein. Beim Dreihorn oder Dreizackmiſtkäfer, Ce- ratophyes typhoeus L., iſt der Halsſchild des Männchens mit drei nach vorn gerichteten Hörnern verziert. Die Flügeldecken ſind etwas flacher als bei den bisher genannten Arten, von rein ſchwarzer Farbe und ſtarkem Glanze wie der übrige Körper. Dürre Triften, auf f denen Schafe weiden, ſandige Wege in den Geſtellen, über die das Munchen des Dreizag⸗ Rotwild wechſelt, ſowie der dürre, von Kaninchenbauten zerwühlte bees Mate ge Heideboden ſind die beliebteſten Aufenthaltsorte dieſes in der nord⸗ deutſchen Tiefebene im Frühjahr ſtellenweiſe ſehr häufigen Käfers. Er geht den . der genannten Säuger nach, die von ihm zerſtückelt und zum Her⸗ ſtellen der Brutpillen verwendet werden. Die Eikammer iſt beim Dreihorn aber nicht im Inneren der Miſtpille gelegen, ſondern wird 1—2 cm von deren Ende entfernt mitten im Erdreich angelegt, ſo daß ſich bei dieſer Art die junge Larve erſt durch den Boden hindurch⸗ arbeiten muß, um zu der ſchmackhaften Miſtnahrung zu kommen. Wenn, wie es ganz den Anſchein hat, die jungen Larven in ihren erſten Lebenstagen hier wirklich Bodenfreſſer ſind, bevor ſie zu den Brutpillen gelangen und zu Miſtfreſſern werden, ſo haben wir in dieſem Falle offenbar noch einen intereſſanten Anklang an die früheren Gebräuche bei den Vor⸗ fahren der Miſtkäfer vor Augen. Erdnahrung ſcheint jedenfalls die urſprüngliche Koſt aller Lamellikornierlarven geweſen zu ſein, wie wir ja auch bei den Hirſchkäfern und Mai⸗ käfern ſehen, die ſich anfangs mit Humus begnügen und erſt ſpäter, wenn ſie größer ge⸗ worden ſind, zu andersartiger Koſt übergehen. Während die Geotrupes-Arten namentlich in den nördlichen gemäßigten Gegenden der Alten und Neuen Welt vertreten ſind und nur wenige von ihnen bis in die eigentliche Tropenzone hineinreichen, kommen die Arten der Gattung Bolboceras Kirb., bei denen die Fühlerkeule durch Einſchachtelung einzelner Glieder abweichend geſtaltet iſt, vorzugsweiſe in den heißen Ländern vor. Bolboceras unicorne Schr., ein roſtroter, 12—15 mm langer Käfer, der im männlichen Geſchlecht ein kleines unbewegliches Stirnhorn trägt, findet ſich auch noch in Süddeutſchland, eine andere Art, der mit beweglichem Stirnhorn verſehene Odontaeus armiger Scop. (mobilicornis F.), iſt auf Waldwieſen in ganz Deutſchland verbreitet. Blatthornkäfer: Miſtkäfer. 455 Als Verwandter unſerer Miſtkäfer muß auch der großköpfige Zwiebelhornkäfer oder Rebſchneider, Lethrus apterus Zaxm. (cephalotes Pall.), gelten, den feine eigenartige Fühlerbildung auszeichnet. Bei ihm ſind nämlich die letzten beiden Fühlerglieder in das dritt- letzte abgeſtutzte Glied eingelaſſen, ähnlich wie das Innere einer Zwiebel in ihren Schalen ſteckt. Die großen Vorderkiefer tragen beim Männchen je einen langen, nach unten gewen- deten Zahn. Der Rebſchneider iſt ein ſchwarzer, durch dichte und feine Punktierung matt er⸗ ſcheinender Käfer mit ſehr kurzen, zuſammen beinahe eine Halbkugel bildenden Flügeldecken, der die trockenen, ſandigen Gegenden des ſüdöſtlichen Europas bewohnt. Da er ſich nicht, wie ſeine Verwandten, mit Miſt begnügt, ſondern als Proviant für ſeine Nachkommen⸗ ſchaft friſche Pflanzenteile einträgt und ſeinen Bedarf beſonders gern mit Weinblättern zu decken pflegt, jo iſt er den ungariſchen und ſüdruſſiſchen Winzern als Schädling wohlbekannt. Wenn im erſten Frühjahr die Strahlen der Sonne den Boden durchwärmt und die Knoſpen an den Reben zum Austreiben gebracht haben, fängt die verderbenbringende Tätigkeit dieſer Nebſchneider, Lethrus apterus Lam. Links Männchen, rechts Weibchen. Natürliche Größe. Käfer an. Trotz ihrer Schwerfälligkeit klettern ſie bald hier, bald dort an den Stöcken empor und ſchneiden mit den ſcharfen Kiefern die zarten Triebe von den Reben ab, ſammeln aber an anderen Stellen, an denen der Erdboden nur Gras und Kräuter trägt, die jungen Blätter des Löwenzahns (Taraxacum officinale), Gras und ähnliche Pflanzenteile ein. Mit ihrer Beute beladen, begeben ſie ſich dann rückwärts kriechend in kreisrunde Löcher, die ſchon vorher von ihnen in den Boden gegraben waren und den Zugang zu den unterirdiſchen Brutkammern bilden. Letztere liegen ſehr verſteckt. Von jedem Eingangsloch führt zunächſt ein ſchräger, etwa 25—30 em langer Gang in die Erde, um dann mit einem Male 50 oder 60 em tief in ſenkrechter Richtung röhrenartig abzufallen. Vom unteren Ende der Röhre A nnn er 1 zweigen ſich etwa ſechs bis acht annähernd taubeneigroße Kammern ab, die zur Aufnahme der geſammelten Pflanzenteile dienen. Aus letzteren wird ein großer, rundlicher Futter⸗ ballen hergeſtellt, der faſt die ganze Brutkammer ausfüllt, bald aber welk wird und ſchließ⸗ lich in Verweſung übergeht. Während noch das Weibchen unten mit ſeiner Brutarbeit be⸗ ſchäftigt iſt und je ein Ei im Inneren eines Futterballens unterbringt, hält das Männchen draußen an der Eingangspforte Wache, eiferſüchtig dabei jedem fremden Käfer den Zu⸗ tritt in das unterirdiſche Heim verwehrend. Jeder Bau wird nur von einem einzigen Käfer⸗ paare bewohnt. Falls aber doch ein fremder Rebſchneider es wagen ſollte, ſich zu nähern und in die Wohnung einzudringen, ſo entſpinnt ſich ſofort zwiſchen dem Ruheſtörer und 456 Käfer. dem auf Posten ſtehenden Männchen eine heftige Balgerei, die ungemein drollig anzusehen iſt, weil die feindlichen Käfer wütend übereinander herfallen und ſich erbittert bekämpfen. Nach Beendigung des Brutgeſchäfts entwickelt ſich in jedem Futterballen eine Larve, die von den zerfallenen Pflanzenſtoffen zehrt, bis ſie nach etwa drei Monaten ausgewachſen iſt und ſich verpuppt. Die kurze Puppenruhe iſt zwar gewöhnlich ſchon im September beendet, doch kommen die neu entſtandenen Käfer immer erſt im folgenden Frühjahr zum Vorſchein. Bei den Dungkäfern (Aphodiinae) iſt der Kopfſchild vorn und an den Seiten ver⸗ breitert, ſo daß er von oben geſehen die Vorderkiefer überdeckt. Sie haben hiermit gegen⸗ über den früher genannten Blatthornkäfern einen Fortſchritt im Körperbau erreicht, der freilich bei ihnen noch keine wichtige Rolle ſpielt. Im übrigen zeichnen ſich die Dungkäfer durch ungefähr walzenförmige Körpergeſtalt aus. Die Flügeldecken ſind hinten gerundet und bekleiden den Hinterleib, an dem ſechs Bauchplatten zu erkennen ſind. Die Hinter⸗ ſchienen tragen am Ende zwei Sporne, die Vorderſchienen außen meiſt drei Zähne. Die £ Augen find ungeteilt, höchſtens ausgerandet, die Fühler neungliederig. Die in zahlreiche Gattungen und Untergattungen zerlegte Gruppe iſt in mehreren Hunderten von Arten faſt über die ganze Erde verbreitet. Am zahlreichſten ſind ſie in der nördlichen gemäßigten Zone, in der allein die Gattung Aphodius ZZ. in etwa 274 Arten vorkommt. Auch im hohen Norden werden die Dungkäfer nicht vollſtändig vermißt. In Grönland und einigen anderen arktiſchen Gegenden fehlen ſie allerdings ebenſo wie alle übrigen Blatthornkäfer, dagegen lebt ſchon auf Island der Alpendungkäfer, Aphodius alpinus Scop., der aber nicht nur im Norden vorkommt, ſondern auch im Alpengebiet an der Schneegrenze gefunden wird und dort, wie ſo viele andere Tiere, als ein Relikt der Eiszeit gelten kann, in der er wahr⸗ ſcheinlich noch in ganz Mitteleuropa vorkam. Andere Arten bevölkern wieder die heißen = Länder und manche, wie der in Deutſchland allenthalben häufige Aphodius luridus F., ſind ſo weit verbreitet, daß ſie ebenſowohl im tropiſchen Afrika wie innerhalb des ap \ lichen Polarkreiſes zu finden find. Das Leben und Treiben der Dungfäfer läßt ſich an ſchönen Frühlings⸗ und Seiner tagen leicht beobachten. An Straßen und Wegen fliegen fie manchmal zu Dutzenden im Sonnenſchein umher, um den friſchen Kot von Pferden, Rindern und anderen Säugetieren oder vom Menſchen zu ſuchen und ſich eifrigſt auf die für ihre Sinnesorgane ſo einladend duftende Maſſe zu ſtürzen und ſich einzuwühlen. Sie ſind hierbei ziemlich flink und können bei heißer Witterung im Notfalle durch Entfalten ihrer Flügel raſch wieder entfliehen, falls ſie es nicht vorziehen, durch ſchleuniges Verkriechen ihr Heil in der Tiefe zu ſuchen. Die Eier werden dem Kothaufen anvertraut, der von den Larven ſchließlich in den ver⸗ ſchiedenſten Richtungen durchfreſſen und durchlöchert wird. Die Verpuppung findet ent⸗ weder an Ort und Stelle oder in der Erde unterhalb der eingetrockneten Exkrementmaſſe ſtatt. Die Geſchmacksrichtungen ſind bei den Dungkäfern recht verſchieden. Manche Arten ſind genügſam und nehmen als Brutmaterial mit dem erſten beſten Kothaufen vorlieb, den ein gütiges Geſchick ihnen beſcherte. Andere Arten ſind wähleriſch. Von den häufigeren europäiſchen Formen geht der ſchwarz glänzende Walddungkäfer, Aphodius nemora- lis Er., bei dem der erſte Streifen der Flügeldecken vor der Spitze furchenartig vertieft iſt, nur an Wildloſung. Der gemeine, durch rote oder gelbliche Flügeldecken ausgezeichnete Aphodius fimetarius L. teilt mit dem großen Roßkäfer die Vorliebe für Pferdedung, während der etwas kleinere Aphodius nitidulus F., bei dem Kopf und Halsſchild hell roſtrot gefärbt * EN Blatthornkäfer: Dungkäfer. Kotkäfer. 457 ſind, nicht eher ruht, bis er Schafdung gefunden, auf dem er mit manchen anderen Art— genoſſen zuſammentrifft. Einige wenige Arten verzichten ganz auf Kot und durchlaufen, wie Aphodius niger Panz., ihre Entwickelung in ſchwarzer, fetter Humuserde. Sie betätigen hiermit wohl noch das urſprünglichſte Verhalten innerhalb der ganzen Gruppe, denn das Aufſuchen von Kot ſetzt immerhin bereits etwas höher entwickelte Inſtinkte voraus. Einige Dungkäferarten haben die Fähigkeit erlangt, unterirdiſch liegende Exkremente aufzuſpüren. In Erdhöhlen Floridas lebt der ſeltſame, blaſſe, honiggelb gefärbte Höhlen- dungkäfer, Aphodius troglodytes Hubb., und findet daſelbſt ſein Fortkommen an Kothaufen von Landſchildkröten, welche gleichfalls dort im Verborgenen hauſen. Auch der in Deutſch⸗ | land verbreitete Aphodius porcus F. geht gern in die dunkle Tiefe und weiß mit großer ; Findigkeit die unterirdischen Brutkammern des Großen Roßkäfers aufzuſpüren, um feine Eier an die langen, wurſtförmigen Miſtpillen des großen Familiengenoſſen zu legen, die ſeinen Larven überreiche Nahrung bieten. Zu Ameiſengäſten ſind die im heißen Amerika verbreiteten Dungkäfer der Gattung Euparia Cerv. geworden, die ſich wahrſcheinlich von den Exkrementen der Ameiſen und allerlei Abfallſtoffen ernähren, an denen im Ameiſenneſte kein Mangel iſt. Die im tropiſchen Amerika und Indien heimiſchen Corythoderus-Arten haben es dagegen verſtanden, ſich in Termitenneſtern einzubürgern. An gelben Haarbüſcheln ſcheiden ſie aromatiſche Stoffe ab, die den Termiten ſo angenehm ſind, daß ſie dieſe ſchwerfälligen Dungkäfer nicht nur gern bei ſich dulden, ſondern ihnen ſogar bereitwilligſt den Aufenthalt in dem heiligſten Raume des 3 ganzen Termitenreiches, in der e e ae Dungkäfer, Apho- Bei den Kotkäfern (Coprinae) haben die Hinterſchienen i e e genſatze zu den Dungkäfern nur je einen Endſporn; der vorn erweiterte, meiſt halbkreisförmige Kopfſchild iſt am Aenrande oft gezähnt. Die Augen werden mehr oder weniger vollkommen durch eine Leiſte geteilt. Die einfachſte Stufe nehmen hier die Kotkäfer im engeren Sinne, die in mehreren Hundert Arten auf der ganzen Erde verbreiteten Angehörigen der Gattung Onthophagus Latr., ein, die oft ſcharenweiſe die Kothaufen von Pflanzenfreſſern bevölkern. Die Weibchen dieſer Kotkäfer graben unter den Haufen röhren⸗ förmige Gänge in die Tiefe und ziehen in dieſe einen pfropfenförmigen Klumpen von Kotmaſſe hinein, in deſſen Mitte ein kleiner Hohlraum ausgehöhlt und ein Ei abgelegt wird. Die nach einigen Tagen auskommende Larve iſt allſeitig von Miſt umgeben und zehrt von den Wänden ihres Gefängniſſes. Bei vielen Arten, wie bei dem erzgrünen, glänzenden, mit gelblichen Flügeldecken ausgeſtatteten Onthophagus vacca L., trägt das Männchen am | Kopf ein Stirnhorn. Auch das Schmarotzertum findet feine Vertreter, denn der in Arme⸗ nien vorkommende Onthophagus trochiscobius Kol. ſucht die von den Pillendrehern der Gattung Gymnopleurus ZZ. verfertigten Dungpillen auf und bringt an dieſen ſeine Eier unter. Ahnliches iſt auch von verſchiedenen anderen Arten bekanntgeworden. Zur Hauptgattung Copris Geoffr. gehört der in faſt ganz Deutſchland verbreitete und ſtellenweiſe nicht ſeltene Mondhornkäfer, Copris lunaris L., ein glänzend ſchwarzer Käfer, der die Größe eines ſtattlichen Roßkäfers hat. Der Halsſchild fällt vorn ſteil ab und das . Männchen iſt mit einem langen ſpitzen Kopfhorn geſchmückt, welches beim Weibchen ſehr viel Kurzer bleibt. Beide Ehegatten höhlen mit vereinten Kräften eine große ovale Kammer, deren Länge bis zu 15 cm und deren Höhe bis 6 cm beträgt, in der Erde aus. Steinchen, 458 Wurzelreſte oder ähnliche Gegenſtände, die der Arbeit hinderlich ſind, werden durch einen zur Oberfläche führenden Gang hinausbefördert, bis die unterirdiſche Kinderſtube ſchön ge⸗ glättet iſt. Nunmehr heißt es Proviant herbeiholen, zu dem friſche Kuhfladen oder Pferde⸗ dünger herhalten müſſen. Maſſenweiſe wird der Dung eingetragen, der aber immer noch ſo friſch ſein muß, daß er ſich in der Brutkammer ohne Schwierigkeit weiter bearbeiten und kneten läßt. Offnet man jetzt die Kammer, ſo findet man zwei Käfer darin, Männchen und Weibchen, beide eifrig damit beſchäftigt, einen großen, faſt das ganze Innere der Kam⸗ mer ausfüllenden Dungballen abzurunden und, wenn dies geſchehen, auch noch die Wände 5 5 der Kammer inwendig mit Dung auszutapezieren. Dann wird der große Ballen in mehrere Stücke zerteilt und zu 7—8 eiförmigen Pillen geformt, die in der Brutkammer ähnlich wie die Eier in einem Vogelneſte beiſammen liegen. An jede dieſer Brutpillen legt das Weib⸗ chen eins ſeiner Eier ab und ſchützt es d einen von Dungſtoff gebildeten Deckel. Eine ſehr ähnliche Lebensweiſe zeigt auch der im ſüdweſt⸗ lichen Europa und noch im Elſaß gefundene Spani⸗ ſche Mondhornkäfer, Copris hispanus Z. Auch hier bemühen ſich Männ⸗ chen und Weibchen um das Eintragen und Formen eines großen, aus Schaf⸗ dung gebildeten Brutbal⸗ lens, aus dem das Weib⸗ chen, wie uns die Abbildung b förmige Brutpillen verfer⸗ Spaniſcher Mondhornkäfer, Copris hispanus L., beim Herſtellen ſeiner Brut⸗ : KEN: 1 Br pillen. Nach Kolbe („Aus der Natur“, Jahrgang 1, 1906). 8 tigt, die Je. mit einer Erd⸗ kruſte umkleidet werden. Von prächtig gefärbten Kotkäfern wird Amerika beſonders in ſeinen heißen Gebieten bevölkert. Dort iſt die Gattung Phanaeus M. L. in weit über 100 meiſt wundervoll me⸗ zeigt, ſpäter mehrere birn⸗ - talliſch blau, grün, goldig oder rot ſchillernden Arten verbreitet, die im männlichen Geſchlecht = noch dazu oft mit bizarren Kopfhörnern oder mit Zacken und Höckern am Halsſchilde ge⸗ 5 ſchmückt find. Man findet die Phanaeus-Arten wie unſere heimiſchen Miſtkäfer an Exkre⸗ menten von Tier und Menſch, obwohl die meiſten auch gern an Aas gehen, das neben Miſt ihre Lieblingsſpeiſe bildet. Wenn wir von einer argentiniſchen Art abſehen, die auch ihre Nachkommenſchaft mit Aas verſorgt, ſo wird als Brutmaterial von dieſen Käfern ausſchließ⸗ lich Miſt, und zwar beſonders Miſt von großen Wiederkäuern, benutzt. Sie graben einen Stollen in die Erde, der ſich unten zu einer Brutkammer erweitert, tragen ein Quantum Miſt ein und formen daraus eine Pille, an deren zugeſpitztem Ende in einer kleinen, luft⸗ erfüllten Eikammer ein Ei ſeine Unterkunft findet. Wie ſorgfältig die Phanaeus⸗Käfer bei ihrer Arbeit zu Werke gehen, geht aus Beobachtungen von Ohaus hervor, denen zufolge die Käfer nicht nur die ganze Pille ringsum mit einer dicken, ſchützenden Lehmſchicht bekleiden, ſondern auch die Eikammer außen noch mit einer beſonderen poröſen Tonlamelle ver⸗ ſchließen, ſo daß immer genügend Luft zum Ei gelangen kann. Iſt dieſe Arbeit getan, ſo bei einer Breite von 4 cm. & ausgebildet, von denen es eine Reeihe verſchiedener Arten gibt, die faſt alle ihre Heimat im Sü⸗ | Blatthornkäfer: Kotkäfer (Pillendreher). 8 459 N wird ſchließlich noch die Brutkammer und der von ihr nach oben führende Gang mit Erde vollgeſtopft, wobei jedoch immer einige Miſtbrocken mitgegeben werden, damit der künftige, in der Brutpille neu entſtehende Käfer gleich, wenn er herauskommt, etwas zu freſſen findet und nur den Miſtbrocken nachzugehen braucht, um den Ausweg zur Oberfläche zu finden. Die größten Kotkäfer der Welt find die rieſigen Elefantenkotkäfer (Heliocopris Hope), die im äquatorialen Afrika und ſüdlichen Aſien vorkommen. Sie ſuchen die Exkre⸗ menthaufen von Elefanten, Giraffen, Kamelen, großen Antilopen und ähnlichen großen Säugetieren auf und tragen gewaltige Mengen von Dung in ihre unterirdiſchen Brut⸗ höhlen ein. Dort wird dann die eingeſammelte Maſſe in mehrere große, birnförmige Pillen zerlegt, die vom Männchen, das in der Brutkammer ſitzenbleibt, bewacht werden. Als größten ſeines Geſchlechts machen wir hier den afrikaniſchen Koloßkäfer, Heliocopris colos- sus Bat., namhaft, einen dicken, plumpen Käfer mit ſchwarzglänzenden, längsgefurchten Flügeldecken, einem Stirnhorn im männlichen Geſchlecht und einer Körperlänge von gegen 7 Inſtinkte ganz ſonderbarer Art haben ſich endlich bei den Pillendrehern(SisyphusLatr.) den, jedenfalls aber immer in heißen, ſonnendurchglühten Ge⸗ bieten haben. Der langbeinige Kleine Pillendreher, Sisy- > | phus schaefferi L., iſt in Süd⸗ Kleiner Pillendreher, Sisyphus schaefferi L. Natürliche Größe. curopa weitverbreitet und findet ſich auch noch im ſüdlichen und mittleren Deutſchland. Männchen und Weibchen bemühen ſich, ein paſſendes Stück Dung, das ſie aus einem Kothaufen herausgeholt haben, ſo lange zu preſſen und zu formen, bis es zu einer kugeligen Pille geworden iſt. Iſt ihnen dies gelungen, ſo ſuchen beide Ehegatten ihr Eigentum ſchleunigſt in Sicherheit zu bringen. Eilig rollen und ſchieben ſie ihre Kotpille weiter, oft ſo, daß der weibliche Käfer rückwärts kriechend ſich an der Pille feſthält, während das Männchen, gleichfalls rückwärts ſchreitend, mit ſeinen langen Hinterbeinen von hinten her die Kotpille weiterſtößt. Nachdem dieſe an einem geeigneten Platze ſorgfältig eingeſcharrt iſt, ſetzt das Weibchen ein Ei daran ab und bedeckt dieſes noch mit einem beſonderen Kotaufſatz, jo daß die anfänglich kugelige Pille hierdurch birnförmige Geeſtalt annimmt. Eine derartige Brutpille liefert genügend Nahrung, um die aus dem Ei ſchlüpfende Larve für ihre ganze Entwickelungsdauer mit Futter zu verſorgen. f Am berühmteſten ift der Heilige Pillendreher, Scarabaeus sacer L. (Ateuchus), der als Sinnbild des Sonnengottes in den religiöſen Vorſtellungen der alten Agypter eine große Rolle geſpielt hat. Auf Denkmälern wurde der Käfer häufig dargeſtellt, und ſteinerne Nachbildungen von ihm legte man dem einbalſamierten Toten auf die Bruſt, um als Für⸗ ſprecher bei den Richtern des Totenreichs zu dienen. Ebenſo trugen die Soldaten der römiſchen Kaiſerzeit als Amulette kleine, in Stein geſchnitzte Nachbildungen des Käfers (Skarabäen) 460 Käfer. an einer Schnur um den Hals, die Schutz gegen Verwundungen gewähren follten. Der Heilige Pillendreher hat einen halbkreisförmigen, ſechszackigen Kopfſchild und entbehrt ſo gut wie vollſtändig der Füße an den Vorderbeinen; dieſe endigen vielmehr mit den fingerförmig gezahnten Vorderſchienen. Der ſchwarze, mattglänzende Käfer iſt deutlich abgeflacht. Seine Heimat ſind die Länder des ſüdlichen Europas, Nordafrikas und Mittel⸗ aſiens, in denen er in mehreren Abarten vorkommt. Haufen von Kamelmiſt, Pferdekot, Kuhdünger oder auch menſchliche Exkremente liefern ihm Nahrung, ſo daß der Käfer we⸗ niger in meuſchenleeren Steppen und Wüſten als an Karawanenſtraßen und in der Nähe von Ortſchaften und Anſiedelungen zu finden iſt, vorausgeſetzt, daß es dort dürren, lockeren Boden gibt. An den Stätten ſeines Vorkommens findet man ihn ſchon von den frühen Morgenſtunden an in emſiger Tätigkeit. Haben die Pillendreher einen Kothaufen entdeckt, zu Se ſie oft in j irkenbeit Fluge aus weiter Entfernung angeſchwärmt kommen, ſo entwickelt ſich dort ein lebhaftes Ge⸗ tümmel. Eifrig ſind ſie bemüht, mit den Vorderbeinen und dem Kopfſchilde Kotpartikel abzutrennen und größere oder kleinere Kugeln daraus zu formen. Jetzt gilt es, dieſe ſchleu⸗ nigſt wegzuſchaffen und vor den futterneidiſchen Gefährten in Sicherheit zu bringen. Bald ſieht man einen, bald zwei Käfer mit dem Fortrollen ihrer Kotpillen beſchäftigt, wie wir in Viareggio an dem ſüdeuropäiſchen Ateuchus semipunctatus F. wiederholt zu beobachten Gelegenheit hatten. Der Käfer, der die Pille rollt, ſchreitet dabei eilends rückwärts, ſchiebt mit den Hinter- und Mittelbeinen die Kotpille vor ſich her und benutzt die kräftigen, zackigen Vorderbeine zum Abſtoßen. Sind zwei Käfer mit dem Fortrollen beſchäftigt, ſo kann man ſicher ſein, daß ſie verſchiedenen Geſchlechts ſind, und zwar iſt es dann faſt immer ſo, daß das in der Regel größere und kräftigere Männchen rückwärts ſchreitend die Kugel weiter rollt, während das Weibchen in kurzem Abſtande vorwärts gehend hinterdrein folgt. Den Weg, den das Männchen genommen, weiß das Weibchen an der im Sande hinterlaſſenen Spur zu finden, auch wenn das Männchen einmal plötzlich um einen Grasbüſchel biegt oder im Eifer, wie dies gelegentlich vorkommt, mit feiner Laſt einen kleinen Abhang herunterkollert. Rollt etwa bei einem ſolchen unvorhergeſehenen Unfall die Kugel weiter, jo ſuchen Männ⸗ chen und Weibchen nach ihrem verlorengegangenen Eigentum und ſetzen dann, wenn ſie es wiedergefunden haben, unverdroſſen den Marſch fort. Nicht immer geht es aber dabei ohne ernſtere Störung ab. Oft kommt ein anderer Käfer herbei und ſucht ſich in den Beſitz der Kugel zu ſetzen. Iſt der Ankömmling ein Weibchen, ſo gibt es meiſt nur einen kurzen Aufenthalt, denn ſobald das Männchen bemerkt hat, daß es ſich um ein Weibchen handelt, regt es ſich nicht weiter auf und fährt mit ſeiner Arbeit fort. Inzwiſchen kommt aber das erſte Weibchen herbei, und zwiſchen den beiden Nebenbuhlerinnen gibt es jetzt eine Balgerei, um deren Ausgang ſich das Männchen gar nicht kümmert, ſondern ruhig ſeine Pille weiter rollt. Anders iſt es, wenn ein zweites Männchen herankam und die Pille zu erobern ſucht, dann geraten ſogleich die beiden Männchen aneinander in der Weiſe, wie es uns die Tafel zeigt. Hoch auf den beiden Hinterbeinen aufgerichtet drängen die beiden Kämpen grimmig gegeneinander und ſuchen ſich mit den ſtarken Armen zu faſſen, bis einer der Streiter den Halt verliert und hintenüber auf den Rücken fällt. Noch aber iſt der Kampf nicht ent⸗ ſchieden, die Kämpfer halten ſich feſt umſchlungen, und Sieger bleibt, wem es gelingt, die Beine des Gegners zwiſchen den Vorderarmen ſo zuſammenzupreſſen, daß dem Feind die Luſt zu weiteren Taten vergeht. Bei dieſer Rauferei gehen die Käfer ſich mit ſolchem In⸗ grimm zu Leibe, daß man das Chitin knacken und knirſchen hört. Dann i der Beſiegte BL Eng, 88 Pillend eher bei der Arbeit. ER ee Blatt ho rnkäfer: Kotkäfer (Pillendreher). Maikäfer. 461 mutlos von dannen, und der Sieger rollt die Kugel weiter, neben welcher das Weibchen während des ganzen, oft über eine Minute dauernden Kampfes gleichgültig gewartet hat. 3 Manchmal aber geht auch der Sieger zum Schluß leer aus, wenn nämlich das Weibchen die Geduld verlor und ſelbſt die Kugel weiter rollte, oder wenn noch ein drittes Männchen nahte und während des Zweikampfes die Pille für ſich in Anſpruch nahm und raſch von dannen ſchaffte. So iſt das Geſchäft des Pillenrollens reich an dramatiſchen Zwiſchenfällen. Iſt aber alles gut gegangen, ſo legt das Männchen an irgendeinem ihm paſſend erſcheinen⸗ den Platz die Miſtkugel beiſeite, höhlt raſch daneben ein Loch, ſchafft eilig den lockeren Sand aus dem in den Boden gegrabenen Gang, holt dann von draußen die Miſtpille, neben der das Weibchen währenddeſſen Wache gehalten hat, ſchiebt ſie in den Gang und ver⸗ ſchwindet mit dem Weibchen zuſammen in der Tiefe. Die in einem kammerartig erweiter⸗ ten Raume eingetragene Pille dient entweder den Käfern zum unterirdiſchen Schmauſe oder findet als Brutpille Verwendung und wird in letzterem Falle von dem Weibchen mit einem Ei belegt und zu einem Gebilde von birnförmigem Ausſehen umgeſtaltet. Die zur Unterfamilie der Melolonthinae geſtellten Maikäfer und ihre Verwandten ſtimmen alle darin überein, daß ſie ſich im Larvenzuſtande als Engerlinge faſt nur von Pflanzenwurzeln ernähren, als fertige Inſekten aber Blätter oder zarte Triebe verzehren. Dieſe Lebensweiſe bringt es mit ſich, daß es unter ihnen eine ganze Reihe von wichtigen Pflanzenfeinden und Kulturſchädlingen gibt. Die zahlreichen Arten der durchſchnittlich gleichmäßig braunen, graubraunen oder ſchwarzen, jeltener metalliſch gefärbten Käfer ähneln - einander im Außeren oft mehr als bei den übrigen Unterfamilien und müſſen erſt auf ihre genaueren Merkmale unterſucht werden, um genau unterſchieden zu werden. Im all⸗ gemeinen iſt der Kopfſchild ſeitlich einfach und nicht ausgerandet. Ihre Fühler find ſieben⸗bis zehngliederig, die Füße tragen zwei meiſt unbewegliche, gleichartige, in der Regel gezähnte oder geſpaltene Klauen. Die Spitze des Hinterleibes, deſſen Ringe meiſt untereinander ver⸗ wachſen, bleibt von den Flügeldecken unbekleidet. Die Luftlöcher liegen am Hinterleib in einer Reihe und werden dabei gewöhnlich mit Ausnahme des letzten von den Flügeldecken verdeckt. Die Zahl der bisher beſchriebenen Arten darf auf etwa 4000 geſchätzt werden. An den zur Hauptgattung Melolontha F. gehörenden Maikäfern iſt es nicht ſchwer, den Unterſchied zwiſchen Männchen und Weibchen herauszufinden. Denn bei jenen iſt die Fühlerkeule viel größer und beſteht aus ſieben Blättchen, bei dieſen weſentlich kleiner und nur ſechsblätterig. Da die Flügeldecken den Hinterleib nicht völlig überdecken, ſo tritt hinten das griffelförmig nach unten gebogene Afterſtück frei hervor. Die dreieckigen, kreideweißen Flecke an den Seiten des Hinterleibes und die braunen Flügeldecken kennzeichnen im übrigen den Maikäfer zur Genüge. Die Farbe des Halsſchildes wechſelt. Man findet Käfer mit ganz ſchwarzem Schilde, ſolche mit ganz oder in der Mitte dunkelrot gefärbtem und 5 endlich ſolche mit weißlichem, grau behaartem Halsſchilde. Dies alles find Variationen, denen ein beſtimmter ſyſtematiſcher Wert nicht zukommt. Unter dem Namen Maikäfer werden aber mindeſtens zwei verſchiedene Käferarten zuſammengefaßt, die in ganz Europa verbreitet jind: der Gemeine Maikäfer, Melolontha melolontha L., und der Roßkaſta— nien⸗Maikäfer, Melolontha hippocastani F. Die Unterſchiede zwiſchen beiden find ge⸗ ring. Beim gewöhnlichen Maikäfer ift das Afterſtück gleichmäßig und allmählich nach dem Ende zu verſchmälert, beim Roßkaſtanien⸗Maikäfer aber am Ende etwas knopfförmig ver⸗ breitert. Bei jenem ſind die Flügeldecken einfarbig rotbraun, bei dieſem iſt ihr Seitenrand 462 | Käfer. ſchwarz, überdies läßt ſich am dritten Fühlergliede des Männchens vorn ein kleiner Zahn nachweiſen, der dem Gemeinen Maikäfer fehlt. In der Lebensweiſe haben beide Arten ſoviel Übereinſtimmendes, daß wir ſie ge⸗ | nr meinſam behandeln können. Auch ihre Verbreitung iſt im weſentlichen die gleiche, nur liebt der Roßkaſtanien⸗Maikäfer beſonders ſandige Gegenden und iſt daher nur dort zu Hauſe, wo es dürren, lockeren Boden gibt. Wenn auch die Flugzeit der Maikäfer im allgemeinen in oder in Gegenden mit rauhem Klima ihr ſchiebt. An warmen, windſtillen Aben⸗ deren Blätter ihnen willkommene Speiſe kätzchen von Kiefern werden als Nah⸗ rung nicht immer verſchmäht. Das plumpen Käfer einige Schwierigkeiten, nötig. Feſt ſtemmt er ſich auf feine Auftreten bis zum Juli oder Auguſt ver⸗ Freſſen geht vorzugsweiſe nachts vor ſich. In der Morgenkühle oder bei trü- bem, kaltem Wetter ruhen die Maikäfer mit angezogenen Beinen in ſchlafartigem Zuſtande auf den Bäumen und können dann leicht herabgeſchüttelt werden. Das Auffliegen bereitet dem ſchwerfälligen, den Monat Mai fällt, ſo können doch die Tiere durch warme Witterung ſchon im April aus den Winterquartieren hervor⸗ gelockt werden, während ſich im Gebirge den umfliegen die Käfer mit ſurrendem - Geräuſch die Wipfel von Laubbäumen, bieten. Auch Nadeln von Lärchen, a ſelbſt junge Fichtentriebe und Blüten⸗ er hat hierzu erſt gewiſſe Vorbereitungen . Beine und bewegt im Takte Leib und = Fühler auf und nieder, er „zählt“, wie Gemeiner Mattäfer, Melolontha melolontha L. Lints Mänt es heißt. Dieſes Zählen bezweckt das chen, fliegend und ſich aus der Erde hervorarbeitend, rechts Weibchen. Unten Larve (Engerling) und Puppe. Natürliche Größe. Einpumpen eines Vorrates von Luft, 2 die durch ſeitlich am Körper gelegenen Atemöffnungen in die Luftröhren ſtrömt und von dort in beſondere ſackförmige Erweite⸗ rungen gelangt, von denen nach den Unterſuchungen von Landois etwa 550 im Körper enthalten ſind. Erſt wenn dieſe kleinen Luftbehälter für die bevorſtehende Reiſe ſämtlich oder größtenteils mit Luft gefüllt ſind, iſt der Käfer zum Fluge befähigt, breitet Deckflügel | und Unterflügel aus und ſchwirrt davon. Die weiblichen Käfer ſieht man gelegentlich in W Fluge. über den Erdboden a hinwegſtreichen und trockene, möglichſt ſpärlich bewachſene Stellen ſuchen, an denen ſie ſich 20—25 em tief eingraben, um ihre weißlichen, hanfkorngroßen Eier unterzubringen. Jedes Weibchen beſitzt von letzteren etwa 60 —70 und legt ſie nach und nach in Häufchen von 10-30 Stück im Boden ab. Gegen Ende der Mailäferflugzeit werden die mit der — Blatthornkäfer: Maikäfer. 463 Eiablage beſchäftigten Weibchen, die ſchließlich im Erdboden an Erſchöpfung zugrunde gehen, immer ſeltener. An den Bäumen treiben ſich dann noch vereinzelte Männchen um⸗ her, bis auch dieſe an Altersſchwäche ſterben, ſofern ihnen nicht durch die zahlreichen Feinde ſchon ein früherer Tod bereitet wird. In der Erde regt ſich aber bald neues Leben. Vier Wochen etwa nach der Eiablage erſcheinen die Maikäferengerlinge, an deren langbehaarten Beinen im Gegenſatz zu anderen Engerlingsarten das hinterſte Paar am längſten iſt und nur ganz kurze Endklauen trägt, während die Klauen der beiden vorderen Paare lang und ſichelförmig ſind. Ein weiteres Erkennungszeichen bilden die viergliederigen Fühler, die ſo lang wie der Kopf ſind und deren vorletztes Glied nach unten zahnförmig über das letzte hinausragt. In ihrem erſten Lebensjahre ſind die Maikäferlarven in ihren Anſprüchen recht beſcheiden, bleiben, ſoweit ſie demſelben Gelege entſtammen, anfangs alle beiſammen und ernähren ſich vorzugsweiſe von kleinen Humusteilchen. Nach der Überwinterung wächſt ihr Appetit, ſie zerſtreuen ſich im Boden und befreſſen Wurzeln von allerlei Gewächſen, von Kräutern, Gräſern und Holzpflanzen, zunächſt immer an die feinſten Wurzeln herangehend. Wenn fie aber nach zwei oder drei weiteren Überwinterungen zur vollen Größe herangereift ſind, ſo macht ſich der von ihnen angerichtete Schade ſchon ſehr bemerkbar. Starke Wurzeln werden von den Engerlingen oft völlig ihrer Rinde beraubt und ſehen dann wie geſchabte Rüben aus. In den Forſtkulturen ſterben die ſorgſam gehegten jungen Kiefern und Fichten gruppenweiſe ab. Nicht minder klagen der Landmann und Gärtner, denen durch Enger⸗ lingsfraß die Feld⸗ und Gartengewächſe zerſtört werden. Verfolgen wir den Entwickelungs⸗ gang dieſes gefährlichen Schädlings weiter, ſo zeigt ſich, daß der Engerling, der übrigens unter Umſtänden auch einmal ſeinesgleichen anfällt, durchſchnittlich im Auguſt des dritten auf ſein Geburtsjahr folgenden Jahres ſich eine kleine Höhle im Erdboden ausglättet und in das Puppenſtadium übergeht. Schon wenige Wochen darauf, etwa im November, iſt aus der Puppe ein neuer Käfer entſtanden, der aber im Erdboden ruht, bis ihn die wärmende Sonne im nächſten Mai aus ſeinem Winterverſteck hervorlockt. Nur wenn die Verpuppung in den oberen Erdſchichten vor ſich ging, ſo läßt ſich wohl der eine oder andere Jungkäfer gelegentlich auch ſchon an einem warmen Wintertage zu einem vorzeitigen Ausfluge bewegen. Die Entwickelung vom Eiſtadium bis zum fertigen Maikäfer erfordert im allgemeinen 4 Jahre, dauert aber unter milden Himmelsſtrichen, wie im ſüdweſtlichen Deutſchland und in Frankreich, beim Gemeinen Maikäfer nur drei Jahre, während die Entwickelung des Roßkaſtanien⸗Maikäfers in dem rauheren Klima Dänemarks und Oſtpreußens 5 Jahre be⸗ anſprucht. Die Entwickelungsdauer bedingt die Erſcheinung der Flugjahre beim Maikäfer. Falls nämlich die Maikäfer in einer Gegend aus irgendwelchen Urſachen ſich einmal beſonders ſtark vermehrt haben, ſo wird im allgemeinen nach 4 Jahren wiederum eine ſehr große Zahl von Käfern zu erwarten ſein, und in regelmäßigen Abſtänden von 4 zu 4 Jahren wer⸗ den dann abermals Maikäferjahre kommen müſſen, in denen dieſe Schädlinge maſſenweiſe erſcheinen, während in den Zwiſchenjahren nur vereinzelte Käfer zu finden find. Solche Flugjahre gelten jedoch immer nur für ein ziemlich eng begrenztes Gebiet, denn wenige Kilometer entfernt kann oft ſchon ein anderes Flugjahr gültig fein. Die Flugjahre ſetzen ſich im übrigen auch nicht ins Endloſe fort, ſondern finden, wenn auch häufig erſt nach Jahr⸗ zehnten, ein natürliches Ende, weil die Käferzahl durch Ungunſt der Witterung oder durch allerlei Feinde doch mit der Zeit immer wieder auf das normale Maß herabgedrückt wird. Die ſtattlichſte deutſche Art in der Gruppe der Maikäfer iſt der Walker, Polyphylla fullo F. (Abb., S. 464), ein prächtiger Käfer von ſchwarzbrauner Farbe, der an Form unſerem 464 Käfer. gewöhnlichen Maikäfer gleicht, ihn an Größe aber weſentlich übertrifft. Seine rötlichbraunen Flügeldecken ſind mehr oder weniger mit weißen Flecken und Flocken bedeckt und ſehen oft wie mit Mehl beſtreut aus, weil an verſchiedenen Stellen zahlreiche weiße, ſchuppenartige Härchen zuſammenſtehen, die indeſſen auch leicht abgerieben werden können. Das Männ⸗ chen bleibt etwas kleiner und ſchmächtiger als das Weibchen, hat aber zwei verhältnismäßig rieſig entwickelte, mit langen Lamellen ausgeſtattete Blatthornfühler. Beim Umherfliegen in der Dämmerung machen die Männchen von ihren mit Sinnesorganen reich ausgeſtatteten Rieſenfühlern Gebrauch. Suchend und ſpürend ſtrecken ſie ſie dann von ſich und ſpreizen die langen Blätter der Fühlerkeule, ſo weit es nur geht. Noch eine andere Eigenſchaft zeichnet den Walker ſeinen Verwandten gegenüber aus, er kann nämlich laut und vernehmlich zirpen. Hierzu benutzt er eine auf der Rückenſeite des vorletzten Hinterleibsringes angebrachte ſcharfe Querleiſte, die gegen einige unterſeits an den Unterflügeln mit Reibleiſten verſehene ſtarke e e wird. Das ern das bei geſchloſſenen Flügeldecken vonſtatten geht, ten ein Ausdruck beſonderer Erregung, und der Käfer läßt daher auch ſofort ſeine Töne er⸗ ſchallen, wenn er ſich irgendwie beunruhigt fühlt. Klopft man kräftig an einen Baum oder Strauch, auf dem eine Anzahl Walker, wie ſie tagsüber zu tun pflegen, regungslos an den Zweigen feſtge⸗ klammert ſitzen, ſo verraten die Käfer, wie ſchon Altum erzählt, ſogleich ihre Anweſenheit und fan⸗ gen ſo laut an zu zirpen und zu zwitſchern, als wenn ſich oben ein ganzes Neſt voll junger Vögel befände. Leiſere Töne als die eben erwähnten kann der Walker dadurch hervorbringen, daß er den Hinterleib gegen den Hinterrand ſeiner Flü- geldecken hin und her gleiten läßt. i Die Heimat des Walkers ſind dürre, fan: dige Gebiete, in denen er im Juni oder Juli zu erſcheinen pflegt. In den ſandigen Gegen⸗ den Ungarns und des ſüdöſtlichen Europas iſt er ungemein zahlreich, in Deutſchland kommt Walker, Polyphylla fullo I. Natürliche Größe. iſt beim Walker wie gewöhnlich bei den Inſek⸗ er in den Dünengebieten der Oſtſee ſtellenweiſe außerordentlich häufig vor, wird aber auch im übrigen Deutſchland, wenngleich meiſt nur an einigen ganz beſtimmten Ortlichkeiten von ſandiger, ſpärlich bewachſener Bodenbeſchaffenheit, gefunden. Hat der Walker träumend und teilnahmlos den ganzen Tag verſchlafen, ſo erwacht ſein Tatendrang, wenn ſich bei mildem, warmem Wetter die Schatten der Dämmerung herabſenken. Nicht nur daß die Käfer vor⸗ zugsweiſe nachts an verſchiedenen Laub- und Nadelhölzern, beſonders an Schwarzföhren und Kiefern, freſſen, ſondern auch der Hochzeitsflug findet immer erſt bei Einbruch der Dunkel⸗ heit ftatt, und mit ſauſendem, ungeſtümem Fluge durcheilen dann die gewöhnlich viel zahl⸗ reicheren Männchen die laue Luft, um die mehr ſtillſitzenden Weibchen zu entdecken. Die Weibchen bohren ſich bald nach der Begattung in den weichen Sandboden ein und legen dort etwa 20—30 große weißliche Eier. Die Engerlinge des Walkers, die die Wurzeln der ver⸗ ſchiedenſten Pflanzen befreſſen, ſind in Deutſchland ſchon öfter ſchädigend an Kiefern und Birken aufgetreten und haben beſonders in den Dünengebieten die Anpflanzungen des Sandhafers (Elymus arenarius) und des Sandrohrs (Ammophila arenaria) bedroht. 3 Blatthornkäfer: Walker. Junikäfer. Gartenlaubkäfer. Julikäfer. 465 Wenn die längſten Tage des Jahres herannahen, erſcheinen auch die Junikäfer oder Sonnenwendkäfer, Amphimallus solstitialis L. (Rhizotrogus), die trotz ihrer gleich- mäßigen hellbraunen Färbung an ihrem Ausſehen ſofort als nahe Verwandte unſeres Mai⸗ käfers zu erkennen ſind, ihm aber an Größe nachſtehen. Ihre Körperlänge beträgt nur 15-17 mm, ein Aftergriffel fehlt, die mit je vier Längsleiſten beſetzten Flügeldecken ſind behaart. An warmen Sommerabenden betätigen ſich die Sonnenwendkäfer als ungeſtüme Flieger, die dem Wanderer manchmal wild gegen das Geſicht ſtürmen oder gegen Laternen und Lampen prallen. Schädlicher als die kurz⸗ lebigen Käfer, die an Blättern freſſen und Getreideblüten benagen, werden die Larven durch Zerſtören von Graswurzeln. | Die hier genannten Maikäferarten feh⸗ len in Amerika. Statt ihrer gibt es dort eine ganze Reihe verſchiedener „May-beetles“ oder »„eockchafers“, die unſeren Maikäfern ähnlich ſind, im weſentlichen die gleiche Lebensweiſe führen und als Engerlinge, „white grubs“, auf Ackern und Getreidefeldern ſchädlich werden, ſo daß ſie für die dortige Landwirtſchaft mitunter von recht erheblicher Bedeutung ſind. Dieſe amerikaniſchen Verwandten unſeres Maikäfers a der es Lachnosterna Hope an. | Die Gruppe der Rutelinae entfaltet ihre größte Formenfülle in den Ländern des tropiſchen Aſiens und Amerikas, in denen es auffallend viele ſtattliche und prächtig gefärbte Arten gibt. Von den Melolonthinen ſind ſie leicht durch die Ungleichheit ihrer Fußklauen zu unterſcheiden, von denen die eine länger und dicker als die andere iſt, während bei den Melolonthinen beide Klauen von übereinſtim⸗ e * mender Bauart ſind. Die hinterſten Luftlöcher Gartentaudtäfer, been e liegen nicht in der Verbindungshaut zwiſchen Rücken und Bauchringen, ſondern ſind an letzteren weiter nach unten gerückt, ſo daß ſie von den Flügeldecken nicht bedeckt werden. Der Kopfſchild iſt nicht ausgerandet. Der Kleine Roſenkäfer oder Gartenlaubkäfer, Phyllopertha horticola L., iſt ein 9—11 mm langes, glänzend blaugrünes, ſtark behaartes Käferchen mit dunkelbraunen oder ſchwarzen Flügeldecken, das in Deutſchland ſehr verbreitet iſt und in manchen Jahren in großen Mengen auftritt. Im Freien iſt der Gartenlaubkäfer auf allerlei Buſchwerk zu finden, in Gärten hält er ſich am liebſten an Weißdorn, Roſen, Zwergobſt ſowie verſchie⸗ denen Ziergewächſen auf und kann durch Befreſſen der Blätter und Zerſtören von Blüten Rund Trieben ſchädlich werden. Die Larve lebt im Boden und befrißt die Wurzeln von Grasarten und Kohl, kommt aber auch an verſchiedenen anderen Gewächſen, wie Nadel⸗ hölzern und Roſen, vor. Der Julikäfer oder Grüne Maikäfer, Anomala aenea Deg., Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 8 a 30 466 | ee ee iſt ein ſchwach glänzender, 12—15 mm langer, unten dunkelgrüner, oben mit kahlen, ge⸗ | wöhnlich gelben, aber grünlich ſchillernden Flügeldecken geſchmückter Käfer, der bisweilen auch wohl in ganz grünem oder dunkelblauem Gewande erſcheint und in ſeiner Färbung über⸗ haupt ziemlich wechſelt. Ahnlich wie die obengenannten Gartenlaubkäfer ſcheuen die haupt⸗ ſächlich in ſandigen Gegenden verbreiteten Julikäfer durchaus nicht das Tageslicht, es ſind lebhafte Geſellen, die beſonders mittags bei heißem Sonnenſchein umherfliegen, ſich aber bei kühlem, trübem Wetter verſteckt halten oder in den Boden eingraben. Im ſüdlichen Europa wird der Julikäfer, beſonders aber eine ihm ſehr naheſtehende, am Grunde des Halsſchildes gerandete Art, Anomala vitis F., die oft in großen Mengen auftritt, durch Zer⸗ ſtören von Blättern und Trieben in den Rebengärten ſchädlich. Für den Landwirt kommt der Getreidelaubkäfer, Anisoplia segetum Abst., in Betracht, ein in Deutſchland na⸗ mentlich wieder in ſandigen Gegenden ſtellenweiſe nicht ſeltenes, 10 —12 mm langes Käfer⸗ chen mit metalliſch mattgrünem Kopf und Halsſchild und gelbbraunen, um das Schildchen vielfach mehr oder weniger dunkel gefärbten Flügeldecken. Die Getreidelaubkäfer finden ſich auf Getreide oder wildwachſenden Grasarten ein, befreſſen dort die Staubträger und benagen die noch milchigen Körner. An reifendem Roggen machen ſich dieſe Käfer bei maſſenweiſem Auftreten manchmal recht unangenehm bemerkbar. Wichtiger werden noch einige etwas größere, hauptſächlich im Süden verbreitete Arten, wie Anisoplia austriaca Hbst. und Anisoplia tempestiva Ev., die in den fruchtbaren Weizengeländen Mittelungarns nach Sajd mitunter in ſchier unglaublichen Maſſen auftreten. „Die Weizenähren neigen ſich vom Gewichte der an ihnen zu Halbdutzenden hängenden Käfer tief gegen den Boden und richten ſich erſt dann wieder empor, wenn ſie leer ſind, d. h. wenn die Samenkörner im unerſättlichen Magen der Käfer verſchwunden ſind und dieſe die Ahre verlaſſen haben.“ 8 In den Vereinigten Staaten Nordamerikas werden die Rutelinen durch einen ſehr bekannten Käfer, den Goldſmith Beetle, Cotalpa lanigera L., vertreten, der unterſeits weißlich behaart iſt, oben aber nackt bleibt und dort an ſeinen blaßgelben Flügeldecken in prachtvollem goldigen Glanze ſtrahlt. Der hübſche Käfer wird dem Obſtbau ſchädlich, er befrißt Triebe, Blätter und Blüten von Birnen und Pfirſichen und anderen Obſtbäumen und ſührt eine nächtliche Lebensweiſe. Um aber tagsüber nicht durch ſein ſtrahlendes, glän⸗ zendes Ausſehen aufzufallen, wendet er einen eigentümlichen Kniff an, zieht mit ſeinen ſcharfen Krallen zwei oder drei benachbarte Blätter zuſammen und verſchafft ſich damit eine Schutzhülle, die ihn ebenſo gegen das grelle Tageslicht wie gegen die Blicke etwaiger Feinde birgt. Der Glanz der Goldſchmiedkäfer iſt aber gar nichts gegen das wahrhaft blen⸗ dende, blitzende Außere der zentralamerikaniſchen Metallkäfer der Gattung Plusiotis Burm. Wie funkelnde, blank polierte Gold- oder Silberſtücke ſehen die meiſten hierhin⸗ gehörenden Arten aus, die ausnahmslos eine nächtliche Lebensweiſe führen und als ſo große Seltenheiten gelten, daß der Liebhaber auch gern ein SE opfert, um ER prächtigen Tiere a ſeine ene zu erwerben. Die Rieſenkäfer (Dynastinae), die in der gleichmäßigen Ausbildung ihrer Klauen von der vorigen Gruppe abweichen, zeichnen ſich durch querverlaufende eingeſenkte Vorder⸗ hüften aus. Die Oberlippe wird im Gegenſatz zu den nahe verwandten Rutelinen und Melolonthinen vollſtändig durch den Kopfſchild bedeckt. Die faſt immer zehngliederigen = Fühler enden in einem dreiblätterigen, bei beiden Geſchlechtern übereinſtimmenden end? knopf. Zu den Dynaſtinen gehören die größten und maſſigſten aller Blatthornkäfer, die —— —̃—x . GN D e Herkuleskäfer. | = Blatthorntäfer: Getreivelaubtäfer. Goldsmith Beetle. Herkuleskäfer. Nashornkäfer. 467 Rieſen des ganzen Käfergeſchlechts. Als Männchen ſind dieſe ſtattlichen Tiere faſt immer mit Hörnern und Spießen bewehrt, während die Weibchen, die ſich zur Eiablage in Mulm oder morſches Holz einbohren, einen derartigen Schmuck nicht beſitzen, der ihnen beim Graben auch nur hinderlich ſein würde. Die tropiſchen Teile Südamerikas und Zentral⸗ amerika bilden die eigentliche Heimat der Rieſenkäfer. Einige ſehr große Arten gibt es auch im indiſchen Gebiete, und kleinere Formen kommen zerſtreut in allen Erdteilen vor. Einer der gewaltigſten Dynaſtinen iſt der im tropiſchen Amerika lebende Herkules⸗ käfer, Dynastes hercules L., deſſen Männchen mit Einrechnung ſeiner nach vorn gewen⸗ deten, großen Hörner über 15 em lang wird. Beſonders groß iſt das obere, vom Halsſchild nach vorn gehende, ſchwach nach unten gekrümmte Horn, das, faſt körperlang, unten mit einer gelben Haarbürſte und nahe der Mittellinie mit zwei Seitenzähnen ausgeſtattet iſt, während das untere, vom Kopf entſpringende Horn, das mehrere Zähne trägt, kürzer bleibt und etwa nur zwei Drittel der Länge vom oberen Horn erreicht. Die beiden Hörner ſind wie der Körper glänzend ſchwarz, die Flügeldecken aber mit ſchwarzen Flecken auf oliv⸗ grünem Grunde gezeichnet. Ganz anders ſieht das Weibchen aus, das etwas über 9 em lang wird. Die Hörner fehlen ihm gänzlich, und der mattſchwarze, runzelige Körper iſt dicht mit bräunlichen Filzhaaren bedeckt. Einen nicht minder gewaltigen Eindruck macht der in Guayana heimiſche Aktäonkäfer, Megasoma actaeon L., ein Rieſe von mattſchwarzer Farbe, der am Halsſchild zwei mächtige, nach vorn gerichtete Baden hat, während der Kopf ein großes, nach oben gerichtetes und an der Spitze gegabeltes Horn trägt. Die ungeheuer dicken und fetten Engerlinge, die in faulendem Holze leben, bei Megasoma elephas F. in Palmen vorkommen, werden von den Indianern als beſondere Leckerbiſſen betrachtet. In Deutſchland find die Dynaſtinen durch den Nashornkäfer, Oryctes nasicornis L., vertreten, deſſen Männchen ein unpaares, nach hinten gekrümmtes Horn mitten auf dem Kopfe und drei Höcker auf dem Wulſte des vorn vertieften Halsſchildes beſitzt. Die Größe iſt ſehr ſchwankend, man kennt Exemplare von reichlich 3,7 cm Länge, anderſeits aber auch ſehr viel kleinere Stücke mit kaum angedeutetem Kopfhorn und undeutlichen Hals⸗ ſchildhöckern im männlichen Geſchlecht. Die Farbe des Käfers, deſſen Flügeldecken von 8 feinen Punktreihen durchzogen werden, iſt rötlichbraun bis ſchwarzbraun, ſpielt aber auf der Unterſeite immer in Rot über. Der Nashornkäfer iſt in Gewächshäuſern, Gärten und in Gerbereien in den Eichenlohen nicht ſelten; dort finden ſich auch ſeine fetten Larven am Puppen, die ſich im Walde im Mulm hohler Eichen entwickeln. In den heißen Ländern werden verſchiedene Oryctes⸗Arten ſchädlich. Beſonders gilt dies für den Kokospalmen⸗Nashornkäfer, Oryctes rhinoceros L., der im indiſchen Ge⸗ biete verbreitet iſt. Seine mächtigen Larven, die im ausgewachſenen Zuſtand eine Länge von 12 cm und eine Dicke bis zu 3 em erreichen: kommen in alten Baumſtümpfen und mit Pflanzenſtoffen durchſetzten Erdhaufen vor. Noch häufiger findet man fie aber in Kokos⸗ palmen, deren Inneres ſie völlig aushöhlen, bis der erſte beſte Windſtoß den morſchen Baum umwirft. Die weiblichen Käfer legen ihre Eier unmittelbar in den Stamm, in den ſie zu dieſem Zwecke tiefe Löcher . An das Rieſengeſchlecht der Dpnaftinen reiht fich würdig die Gruppe der Roſenkäfer (Cetoninae) an, unter denen wieder viele Arten durch ungewöhnliche Größe ausgezeichnet oder mit ſeltſamen Verzierungen geſchmückt find, während andere das Auge durch ihren herrlich 5 Metallglanz feſſeln. Die eigentliche Heimat dieſer prächtigen Käfer iſt 30 * 88 > Käfer. gleichfalls in den heißen Zonen gelegen, obwohl es auch in den gemäßigten Breiten an Arten, 8 die in ſchönem Farbenſchmuck ſtrahlen, nicht fehlt. Alle Cetonien lieben Wärme und Licht, fliegen im heißen Sonnenſchein zu Blumen und Blüten, um dort die Staubfäden oder andere zarte Teile zu zerfreſſen, oder beſuchen blutende Baumſtämme, an deren ausfließen⸗ dem Saft ſie ſich laben. Der gedrungene Körper iſt mäßig abgeplattet, die Flügeldecken laſſen das Hinterende unbekleidet. Der Kopfſchild iſt an den Seiten vor den Augen aus⸗ gerandet. Die Vorderkiefer bleiben im Gegenſatz zu den Dynaſtinen an der Spitze häutig und unter dem Kopfſchilde verſteckt. Die pinſelförmig behaarten Mittelkiefer ſind häufig verlängert und zum Lecken geeignet. Ein wichtiger Unterſchied im Vergleich zur folgenden Gruppe beſteht darin, daß die ſogenannten Schulterblätter, d. h. die Seitenteile der Mittel- bruſt, von oben her ſichtbar ſind, weil die Flügeldecken jederſeits vor dem Grunde einen 8 N 5 Gabelnafe, B smithi M.-L.; 2) 1 Roſenkäfer, Cetonia aurata L.; 3) Gebänderter Pinſel⸗- käfer, Trichius fasciatus L. Natürliche Größe. > kleinen Ausſchnitt haben. Wollen die Käfer fortfliegen, fo freden 5 5 . aus > dieſen Ausſchnitten hervor und erheben ſich mit geſchloſſenen Deckflügeln in die Luft. Die Larven findet man ähnlich wie die der Rieſenkäfer in mulmigem Holz oder in der Erde. Im farbigen Bilde ſehen wir die mächtigen Goliathkäfer, Goliathus druryi M. L., in den brennenden Strahlen der afrikaniſchen Sonne hoch oben zwiſchen Baumwipfeln 5 x ſchwärmen und ſich an Palmenblüten klammern, um dort Nahrung zu ſuchen. Die beiden Geſchlechter ſind leicht zu unterſcheiden, denn die Männchen haben einen gabelartigen Kopf⸗ fortſatz, der den Weibchen fehlt. Der Goliathkäfer, der in mehreren, einander ſehr ähnlichen Arten im tropiſchen Afrika lebt, galt ſeinerzeit bei den Sammlern als größte Seltenheit. Eine kleinere, gleichfalls in Afrika heimiſche Cetonie iſt die ſonderbare Gabelnaſe, Diera- 5 norrhina smithi M.-L., die wir auf dem Textbilde dargeſtellt ſehen. In Deutſchland iſt der Gemeine Roſenkäfer oder Goldkäfer, Cetonia aurata L., ſehr verbreitet, ein hübſcher, goldgrüner Käfer, der einige weiß beſchuppte und vertiefte | Querſtriche auf der hinteren Hälfte ſeiner Flügeldecken hat und unterſeits einen Mittelbruſt⸗ fortſatz erkennen läßt, der vorn mit einer kugeligen Verdickung endet. Mit lautem Geſumme fliegt der etwas täppiſche, ungeſchickte Käfer an heißen Sommertagen zu blühenden Sträu⸗ chern und Stauden und wühlt ſich dort förmlich in die Blüten ein, oder er ſucht alte Bäume N jan) — 2 — — 1 =” O2 — 8 2 E Blatthornkäfer: Goliath, Rojen-, Juchten-, Pinſelkäfer. 469 auf, um ſich an dem hervorſickernden Safte gütlich zu tun. Auch unter den Schädlingen „ muß die Cetonia aurata, dieſe häufigſte unter unſeren einheimiſchen Arten, aufgeführt werden, denn die Käfer lieben es, Gartenroſen zu beſuchen, und können durch Zerfreſſen und Zer⸗ ſtören der zarten Blütenteile, zumal wenn ſie in größeren Mengen auftreten, recht läſtig fallen. Die Larven, weiße, braunbehaarte, braunköpfige Engerlinge mit drei ziemlich kurzen Beinpaaren, halten ſich, nach Dufour, in faulem, vermorſchtem Holz und alten mulmigen Baumſtrünken auf. Bei der Fortbewegung legen ſie ſich auf den Rücken und rutſchen, wie wenigſtens bei anderen Cetonia⸗Arten beobachtet iſt, mit dem Bauch nach oben durch Zu⸗ ſammenziehungen ihrer Körpermuskeln weiter. Zur Verpuppung ſtellt ſich die Larve einen innen geglätteten, aus Erde oder Mulm zuſammengekitteten Kokon her, in dem auch der junge, aus der Puppe entſtandene Käfer bleibt, bis er ausgefärbt iſt. Eine prächtige Cetonie, die ſchönſte unter unſeren einheimiſchen Arten, iſt die große, in alten Eichenbeſtänden vorkommende Cetonia speciosissima Scop. (aeruginosa), die zur Untergattung Potosia Muls. gezählt wird. In lebhaften goldgrünen Glanze funkelt dieſer ſtattliche, ſich meiſt nur vereinzelt zeigende und bei den Sammlern daher als ſelten an⸗ geſehene und ſehr begehrte Käfer. Seine Larve lebt, nach Reichert, im Mulm alter Eichen, hält ſich aber nicht unten in Baumſtümpfen auf, ſondern ſitzt im Gegenteil hoch oben im Stamm oder in dicken Aſten alter zopfdürrer Bäume, die von oben her abzuſterben beginnen. Ein anderer Angehöriger der Untergattung Potosia, bei welcher der obenerwähnte Fortſatz der Mittelbruſt ſich am vorderen Ende breit abgerundet zeigt, iſt die dem gewöhn⸗ lichen Roſenkäfer ſehr ähnliche Cetonia cuprea FV. (floricola Herbst). Ihre Larven ſiedeln ſich in Ameiſenhaufen an und ſitzen in den tieferen Schichten der Haufen unſerer roten Waldameiſe (Formica rufa L.), oder halten ſich in den Neſtern der Wieſenameiſe (Formica pratensis Deg.) auf. Da ſie ſich dort von Neſtbeſtandteilen ernähren, ſo iſt es nicht ſchwer, ſie auch künſtlich mit ſolchen zur Aufzucht zu bringen, zumal ſie bei etwaigem Nahrungs⸗ mangel ihre eigenen Exkremente nicht verſchmähen. „Das Verhältnis der Larven zu den Agmeiſen iſt“, wie Wasmann mitteilt, „jedenfalls kein gaſtliches. Es iſt aber auch kein eigent⸗ lich feindliches.“ Gewöhnlich bleiben die Cetonia⸗Larven ganz unbehelligt, und nur, wenn ſie ſich allzu dreiſt hervorwagen und den Ameiſen in den Weg kommen, werden ſie von letzteren angegriffen, zumal dann, wenn die Ameiſen in irgendeiner Weiſe ſchon gereizt ſind, wie dies etwa bei Störung ihres Neſtes vorkommt. Bei den an die Cetonien ſich anſchließenden Pinſelkäfern (Trichünae) haben die Flügeldecken hinter den Schulterecken keinen Ausſchnitt, ſo daß dieſe Tiere beim Fluge ge⸗ zwungen ſind, ihre Decken emporgehoben zu tragen. Der größte europäiſche Käfer aus dieſer Gruppe iſt der Juchtenkäfer oder Eremit, Osmoderma eremita Scop., ein breiter, metal- liſch glänzender, ſchwarzbrauner Käfer von 26—33 mm Länge mit lederartig gerunzelten Flügeldecken. Beim Männchen hat der ausgehöhlte Kopf an jeder Seite einen ſpitzen Höcker, während beim Weibchen der Kopf einfach gewölbt iſt. Der durch einen eigentümlichen Geruch ausgezeichnete Juchtenkäfer hält ſich beſonders an alten Weiden, Eichen und an⸗ deren Laubbäumen auf, in deren morſchem Holz ſeine Larven ihre Entwickelung durch⸗ laufen und ſehr oft hoch oben im Stamm oder in faulig gewordenen dicken Aſten zu Dutzen⸗ den beieinander hauſen. Der Gebänderte Pinſelkäfer, Trichius fasciatus L., ein ſchwar⸗ zer, an Kopf und Halsſchild zottig gelb behaarter, unten und hinten weißlich behalt Käfer mit gelben, ſchwarzgebänderten Flügeldecken, iſt beſonders in den Gebirgen und Vorbergen 470 8 Käfer. des mittleren und ſüdlichen Deutſchlands zu Hauſe, obwohl man ihn auch aus der Ebene, beiſpielsweiſe aus der Gegend von Leipzig, kennt. Die Gebänderten Pinſelkäfer kommen von Juni bis Auguſt auf Wieſenblumen, mit Vorliebe auf der Kratzdiſtel (Cirsſum), auf Knautia und blühenden Brombeeren vor und ſenken ſich, ähnlich wie die Cetonien unbeweg⸗ lich ſitzend, mit ihrem Körper möglichſt tief in die Blüte ein, um dort die zarten Teile zu zer⸗ freſſen und zu benagen. Die Larven leben in faulenden Laubhölzern verſchiedener Art und gehen bei der Herſtellung ihres Puppengehäuſes mit großer Sorgfalt zu Werke. Nicht genug damit, daß der Kokon, der zunächſt noch in ſeiner Mitte ein rundliches Loch hat, in⸗ 5 wendig ſäuberlich geglättet wird, wird er auch äußerlich hübſch glatt gemacht und dann die noch bis zuletzt übriggebliebene Offnung durch eine pfropfenartige Maſſe verſchloſſen. Andere Arten von den beſonders im tropiſchen Amerika ſehr verbreiteten Käfern dieſer Unterfamilie bürgern ſich in Baumneſtern oder Erdwohnungen von Termiten ein, wobei es aber den Anſchein hat, daß ſie dort keineswegs gerade gern geſehene Gäſte ſind, denn ſtets ſind ſie im Beſitze beſonderer Schutzeinrichtungen für den offenbar gar nicht ſo außer⸗ gewöhnlichen Fall, daß ihre Wirte einmal das Hausrecht wahren und handgreiflich werden ſollten. Einer dieſer Pinſelkäfer ift Cyolidius elongatus Ol., deſſen Larven Ohaus in den Kolonien braſilianiſcher Termiten fand. Wie gepanzert erſcheint dieſer ſchwarze, an ſeinem herzförmigen Halsſchilde erkennbare Käfer, ſo daß an ſeinem ganzen Körper die Termiten⸗ kiefer keinen einzigen Angriffspunkt finden. Die an ihren Grundgliedern verbreiteten Fühler können unterhalb des Kopfſchildes in Vertiefungen eingelegt werden, die ſich durch die harten Fühlergrundglieder verſchließen laſſen. Nur die zarten Mundteile erſcheinen, wenn einmal Gefahr drohen ſollte, zunächſt noch gefährdet zu ſein. Aber auch ſie kann der Käfer ſchützen, denn er hat ein bewegliches, hart gepanzertes Kinn, das er im Notfalle wie ein Viſier von unten her über die ganze Mundpartie vorſchieben kann. So ausgerüſtet, vermag unſer Käfer allen feindlichen Angriffen gewiß mit größter Gemütsruhe entgegenſehen. Viele ſeiner Verwandten haben Schutzeinrichtungen ähnlicher Art, die ihnen den Aufent⸗ halt bei Ameiſenvölkern geſtatten. 5. Familienreihe: Pflanzenfreſ ſer (Phytophaga). i Die Zahl der zu den phytophagen Käfern gerechneten Familien iſt zwar gering, dafür ſind letztere aber reich an Arten, die ſich in der Regel an nur vier deutlich entwickelken Fußgliedern erkennen laſſen. 16 Die Bockkäfer (Cerambyeidae) ſind hauptſächlich an ihren langen Fühlern zu er⸗ kennen, die wie zwei große Hörner vorn am Kopfe ſitzen und den Körper manchmal an Länge weit übertreffen. Die Länge der Fühler beruht auf einer Streckung der einzelnen Glieder, von denen elf, bisweilen auch zwölf zu unterſcheiden find. Bei manchen Arten ſind auch die einzelnen Fühlerglieder knotig verdickt oder tragen buſchige Haarwirtel, die | den bizarren Eindruck, den ſchon ohnehin ein ſolcher Käfer mit feinen langen Fühlern macht, noch weſentlich erhöhen. Im ganzen genommen, kann man wohl ſagen, daß die Bockkäfer ein ſtattliches, anſehnliches Geſchlecht bilden. Finden wir doch unter ihnen ſogar wahre Rieſenformen, die zu den mächtigſten Käfergeſtalten gehören, während Die kleinen, unan⸗ ſehnlichen Böcke in der Minderzahl ſind. Durchweg ſind die Böcke Pflanzenfreſſer von friedſamer Natur. Nur zur Verteidigung machen die größeren Arten von ihren natürlichen Waffen, den kräftigen Vorderkiefern, Ge⸗ brauch, mit denen ſie empfindlich kneifen können. Ein braſilianiſcher Bock, Onychocerus pr E 5 9 „ re e . c u ae 15 » 2 - N F. a N“ f i Bockkäfer. 471 scorpio F., ſoll in ſolchen Fällen ſogar ſeine Fühler, deren letztes Glied in einen ſpitzigen Endſtachel ausläuft, zum Stechen benutzen. Der Kopf iſt bei den Bockkäfern entweder ſchwach nach vorn geneigt, wie bei den Zerambyzinen, oder der Stirnteil fällt vorn ſenkrecht und ſteil ab, wie bei den Lamiinen. Die Fühler, deren erſtes Glied immer ſehr lang iſt, deren zweites kurz bleibt, ſind in der Nähe der Augen eingelenkt oder entſpringen in einer Aus⸗ randung, die die Augen in der Regel an ihrer Innenſeite haben. Die geſtreckten Flügeldecken verbergen den ganzen, aus fünf beweglichen Bauchringen zuſammengeſetzten Hinterleib, doch kommen auch Arten vor, bei denen ſie verkürzt ſind, ſo daß die großen Unterflügel ſichtbar werden. Die Beine, deren Schenkel oft verdickt ſind, tragen ſcheinbar viergliederige Füße, < x N D Weibchen des berbers, Prionus coHarfas E 9 Männchen des Zimmermanns, Ergates faber L. Natürliche Größe. die in Wilcke aber a ſind, weil das kurze lee Glied leicht überſehen wird. Im allgemeinen ſind die Böcke bewegliche Käfer, die im Sonnenſchein und an warmen ſchwülen Tagen zu Blüten und Blumen fliegen oder blutende Stellen an Baumſtämmen auffuchen, während andere zu ihren Umflügen, die dann hauptſächlich der Paarung gelten dürften, die Abendſtunden abwarten. Durch Reiben des hinteren Vorderrückenrandes am Mittelrücken können viele Arten ein eintöniges, zirpendes Geräuſch von ſich geben, das nicht nur ausgeſtoßen wird, wenn der Käfer ſich in Not befindet, eg vielfach auch ein Mittel bildet, um das andere Geſchlecht herbeizulocken. Die Larven der Bockkäfer ſind mit Ausnahme des Kopfes von Reicher Beſchaffenheit und durch die bleiche, weißliche Färbung ausgezeichnet, die den meiſten im Dunkeln hauſen⸗ | den Inſektenlarven eigen iſt. Sie leben größtenteils unter Baumrinde oder im Holze, ob⸗ wohl einige auch in Stengeln und Wurzeln krautartiger Gewächſe vorkommen oder ihre Entwickelung im Erdboden durchlaufen. Außerlich haben ſie eine gewiſſe Ahnlichkeit mit Prachtkäferlarven, von denen ſie ſich aber durch das Vorhandenſein deutlich ausgebildeter Lippentaſter unterſcheiden. Augen ſind entweder gar nicht vorhanden oder in Ein- bis 12 ier, er nn Fünfzahl als Heine Pünktchen an den Seiten des harten bräunlichen Kopfes zu erkennen. Die Mundteile ſind kräftig. Von den drei Bruſtringen iſt die Vorderbruſt am größten und ſchließt oft wie ein wulſtiger Halskragen den ganzen Hinterkopf ein. Beine fehlen den Bockkäferlarven entweder ganz oder ſind nur als kurze, einklauige Stummel entwickelt, die jedoch zur Fort⸗ bewegung keine Rolle mehr ſpielen, denn die Bockkäferlarve ſchiebt ſich unter wurmartigen ze Krümmungen ihres weichen Leibes weiter, wobei ihr häufig längliche oder femmelförmige Haftſcheiben gute Dienſte leiſten, die nicht nur an drei Bruſtringen, ſondern auch an den erſten ſieben Hinterleibsringen ſowohl an der Rücken⸗ wie an der Bauchſeite entwickelt ſein können ie und der Larve bei ihren Kriechbewegungen den nötigen Halt geben. | Die Breitböde Kolbe für den älteften Zweig des ganzen Ver⸗ wandtſchaftskreiſes an⸗ die Fünfgliederigkeit der Füße noch deutlich er⸗ kennbar iſt und die Füh⸗ ler noch nicht wie bei den übrigen Arten an der Stirn, ſondern un⸗ ter deren vorſtehendem Waldbock, Spondylis buprestoides L., an einen alten Kiefernſtumpf; links das duo⸗ eee entſprin⸗ a loch des Käfers. Etwas vergrößert. b gen. Die Seiten der f Vorderbruſt ſind ſcharf gerandet. Den Breitböcken fehlt noch das Vermögen, durch Reiben der Vorderbruſt gegen die Mittelbruſt zu zirpen. Ein ſtattlicher, in den deutſchen Nadelholzwäldern nicht ſeltener Käfer iſt der Gerber oder Sägebock, Prionus coriarius L. (Abb., S. 471), ein pech⸗ braunes, bis 4 em langes Tier, deſſen doppelt jo breiter wie langer, runzelig punktierter Halsſchild jederſeits drei Zähne trägt. Dieſer träge Bock erſcheint im Sommer und hält ſich gewöhnlich ziemlich regungslos an den Stämmen alter Bäume oder an Baumſtümpfen auf. Morin beobachtete ihn, wie er grüne Haſelnüſſe annagte, um zum Kerne zu ge⸗ langen. Wenn es zu dämmern beginnt, wird der Sägebock lebendiger und fliegt ſchwer⸗ fällig und brummend umher, bis Männchen und Weibchen ſich zuſammenfinden. Die Eier werden an mulmiges Holz gelegt, in dem dann auch die Larven leben. Der Sägebock iſt nicht ſtumm, wie man früher meinte, denn wenn ihm auch der bei den Bockkäfern übliche Tonapparat fehlt, ſo kann er doch durch Reiben einer an den Hinterleibsſchienen befind⸗ lichen Leiſte gegen den Rand der Flügeldecken einen ziemlich lauten Zirpton hervor⸗ bringen. Eine verwandte Art, der „Zimmermann“, Ergates faber L., iſt gleichfalls auf der Abbildung (S. 471) zu ſehen. 1 8 (Prioninae) werden von geſehen. Sie gelten gewiſſermaßen als „Ur⸗ böcke“, weil bei ihnen Bockkäfer: Gerber. Zimmermann. Waldbock. Eichenbock. Moſchusbock. 473 Die Gruppe der Spondylinae findet in den Kiefernforſten Mitteleuropas im Wald— bockkäfer, Spondylis buprestoides L., einen häufigen Vertreter. Dieſer Käfer ſieht kaum wie ein „Bock“ aus, denn ſeine perlſchnurförmigen Fühler ſind kurz, ſeine Füße deutlich fünf⸗ gliederig. Der 14—20 mm lange, etwas glänzende, ſchwarze Käfer iſt walzenförmig und hat kräftige vorſtehende Vorderkiefer, mit denen er ſehr empfindlich kneifen kann. Der gewölbte Halsſchild iſt an den Seiten abgerundet und die mit zwei Längsleiſten verſehenen Flügeldecken ſind dicht runzelig punktiert. Die violettrötlich durchſcheinende Larve des zur Sommerszeit an ſchönen Tagen viel im Walde umherfliegenden Käfers hat ſechs kurze Bruſtfüße und kommt oft in großer Anzahl in Kiefernſtöcken vor, in denen ihr die Spechte eifrig nachſtellen. | Zur Unterfamilie der Dee inne werden dieſenigen Bockkäfer geſtellt, deren ſchräg nach vorn gerichteter Kopf hinten nicht halsartig verlängert iſt und deren Halsſchild keinen ſcharfen Seitenrand beſitzt. Bei tropiſchen Böcken dieſer Gruppe funkelt der Körper nicht ſelten im prächtigſten Metallglanz, aber auch unter den einheimiſchen Arten gibt es viele, die den Sammler durch Farbenpracht und lebhafte Zeichnungen erfreuen. Die Vorder⸗ hüften können verſchieden geformt ſein, ſind bei den deutſchen Arten aber meiſt kugelig oder kegelförmig. Der geſchilderte Zirpapparat iſt vorhanden. Die Fühler ſtehen meiſt in einem Ausſchnitt der Augen. Die ſtattlichſte hierhingehörende europäiſche Art iſt der Große Eichenbock, Heldbock oder Spießbock, Cerambyx cerdo L. heros Scop. ), eiit ſchwarzer Käfer, deſſen Länge bis zu 5 cm betragen kann. Der grob gerunzelte Halsſchild iſt jeder⸗ ſeits in einen kräftigen Dorn vorgezogen, und die pechbraunen, hinten rotbraunen Flügel⸗ decken ſind gegen die Spitze hin verengert. Die Larven, die ſich in alten Eichen entwickeln, leben anfangs unter der Rinde, freſſen aber ſpäter breite, geſchlängelte und mit Fraßmehl vollgefüllte Gänge von quer⸗elliptiſchem Durchmeſſer tief in das Holz hinein. Wenn dieſe großen, bis 8 cm lang werdenden Larven, deren Ausbildung 3—4 Jahre zu beanſpruchen ſcheint, fortdauernd in einem Eichbaum hauſen und das Holz zerfreſſen, ſo macht ſich ihre Tätigkeit doch ſchließlich geltend, ſie rauben dem Stamme ſeinen Halt und können mit der Zeit ſogar den kräftigſten Baumrieſen im Walde gefährlich werden. Den Eichenbock kann man zwar ſchon in den Wintermonaten als fertigen Käfer im Holze ſteckend antreffen, doch verläßt er ſein ſicheres Heim nicht vor Eintritt des warmen Juniwetters. Am Tage iſt er vorſichtig, prüfend ſtreckt er wohl die Spitzen ſeiner langen Fühler aus dem Flugloch heraus, wartet aber in der Regel erſt die Nachtzeit zum Umherſchwärmen ab. Der Moſchusbock, Aromia moschata L. (Abb., S. 474), gehört gleichfalls zu den auf- fallenderen einheimiſchen Arten. Gewöhnlich ſtahlblau an Fühlern und Beinen, iſt er auf der gerunzelten Oberſeite metalliſch grün, weshalb er manchmal von Unkundigen mit der eben⸗ falls grün gefärbten „ſpaniſchen Fliege“ verwechſelt wird. Seine Farbe wechſelt übrigens nicht unerheblich, denn man kennt verſchiedene Varietäten, bei denen das Grün in Blau, in Kupferrot oder in Schwarz übergeht. Der Halsſchild trägt je einen Seitendorn, die ab⸗ geflachten Flügeldecken ſind mit je zwei ſchwachen Längsrippen verſehen. Die Larve bohrt in alten Weiden, beſonders in Kopfweiden, und alten Wurzelſtöcken von Korbweiden, deren Holz ſie oft in Gemeinſchaft mit dem Pappelbock, dem Weidenbohrer und anderem Getier gründlich zerſtört. Im Sommer kommen die fertigen Käfer zum Vorſchein, halten ſich an unfreundlichen Tagen verſteckt im Laube oder ſitzen im Mulm mit nach hinten dem Rücken angedrückten Fühlern, während man ſie bei warmem ſonnigen Wetter, die nach vorn ge⸗ richteten Fühler lebhaft hin und her wiegend, an Stämmen und Zweigen umherſpazieren 474 : Käfer. ſieht. Dabei finden ſich an alen anbuithigen Weiden, an denen he Saft herborſſcert, manchmal ganze Geſellſchaften von Moſchusböcken zuſammen. Seltſam iſt der ſtarke, moſchus⸗ artige, nicht unangenehme Geruch, den die Tiere von ſich geben können. In Labehuken im Kreiſe Preußiſch⸗Stargard wird, nach Treichel, der Moſchusbock lebend in die Tabaksdoſe getan, um dem Tabak einen „angenehmen Geruch“ zu verleihen. Nach einigen Tagen ſchon hat der Käfer ſeinen Zweck erfüllt und kann fortgeworfen werden. Zwei an der Bauch⸗ fläche der Hinterbruſt am Grunde der Hinterhüften ausmündende „Moſchusdrüſen“ ſind es, deren flüchtige Ausſcheidungen den Geruch verurſachen; ſie ſollen, nach Smirnoff, Salol enthalten, einen Stoff, der offenbar im Körper des Käfers als Zerſpaltungsprodukt des mit dem Weidenſaft aufgenommenen Glykoſid⸗Salizins entſteht. Füttert man einen ſolchen Bock nur mit Zuckerwaſſer, ſo verlieren ſeine Drüſenabſonderungen ſehr bald ihre | ſaure Reaktion und büßen auch den eigenartigen Geruch ein. Der Hausbock, Hylotru- pes bajulus L., iſt sein pech⸗ ſchwarzer oder brauner, 8 bis breitem, ſeitlich gerundetem, oſt zottig grauweiß behaartem und heiten ausgezeichnetem Hals⸗ ſchild. Die Flügeldecken haben einige bindenartige, weißlich be⸗ haarte Flecke. Der Hinterleib iſt im weiblichen Geſchlecht in eine Legeröhre verlängert. In Deutſchland iſt der Hausbock. 20 mm langer Bockkäfer mit durch zwei glänzende Erhaben⸗ Moſchusbock, Aromia moschata L. Günks), und ed n Noeydals überaus häufig, ſeine Larve ent⸗ ee major L. (rechts). Natürliche Größe. 5 wickelt ſich im Nadelholze, ſogar in ſolchem, das ſchon zu Balken und anderen Gegenſtänden verarbeitet worden iſt, ſo daß Hausböcke gar nicht ſelten in Häuſern und Wohnräumen zum Ausſchlüpfen kommen. a Der Zerſtörende Fichtenbock, Tetropium castaneum L. (luridum), iſt ein 141,5 m langer Bockkäfer mit abgerundetem Halsſchild, ziemlich kurzen Fühlern und „weigeteilten b Augen, der in feiner Färbung ziemlich veränderlich ift und bald völlig ſchwarz, bald mit braunen Flügeldecken oder braunen Beinen erſcheint. Fichtenwälder bilden in Deutſchland ſein Hauptverbreitungsgebiet, obwohl der auch im europäiſchen Rußland und Aſien vor⸗ kommende Käfer in Kiefern und Lärchen ebenfalls brüten kann. Stämme von 60—100 Jahren, namentlich ſolche, die noch völlig geſund und ſaftſtrotzend ausſehen, ſagen ihm am Bo 5 meiſten zu und werden von den weiblichen Käfern von unten an nach und nach bis oben hinauf mit Eiern belegt. Die Larven freſſen geſchlängelte, mit Bohrmehl gefüllte Gänge unter der Rinde und führen damit das Abſterben des Baumes herbei. Die reif gewordene Larve nagt ſchließlich einen hakenförmigen Gang in das Holz hinem und verpuppt ſich am Grunde ihres mit Bohrmehl geſchloſſenen Hakenganges. Weniger Intereſſe für den Forſtmann hat der Veränderliche Schönbock, Phyma- "1 todes testaceus F. (Callidium variabile L.), der in ſehr verſchiedenartigen Färbungen a ſind gelbrot. Die Spitze * Bockkäfer: Gaus, Fichten, Schön-, Scheiben-, Weſpen⸗, Schmalbock. 475 1 Meiſt ſind die Flügeldecken blau oder violett, der K Körper im übrigen roſtgelb, Bruſt und Scheitel ſchwarz, während der faſt kreisrunde Halsſchild einige glatte, glänzende Er⸗ habenheiten zeigt. Die Larven entwickeln ſich in abgeſtorbenem Laubholz. Der Blaue Scheibenbock, Callidium violaceum L., ift im Vergleich zur vorigen Art etwas unter- ſetzter und plumper gebaut, wird, nach Taſchenberg, bis 16 mm lang und hat einen an den Seiten gerundeten Halsſchild, der an Breite von den platten Flügeldecken etwas übertroffen wird. Die Oberſeite iſt runzelig punktiert und meiſt dunkelblau gefärbt. Die Entwickelung des Blauen Scheibenbockes, der auch nach Nordamerika verſchleppt worden iſt und ſich dort bereits eingebürgert hat, erfolgt unter der Rinde trockener Nadelhölzer. Der große, ſchwarz und gelbrot gezeichnete, goldig behaarte Weſ⸗ penbock, Necydalis ma- jor L., erhält durch ſeine ſtark verkürzten Flügel⸗ decken und die dadurch frei ſichtbar werdenden dünnhäutigen Unterflü⸗ gel ein weſpenähnliches Ausſehen. Die Körper⸗ farbe iſt ſchwarz, Fühler, Beine, Flügeldecken und beim Männchen die erſten beiden Hinterleibsringe 2 1 2 * 2 30 85 * der Hinterſchenkel iſt dunkler, und die Fühler ſind ; beim Männchen nur GR Grunde gelb. Der Beränderlider Schönbock, Phymatodes testaceus F. (ei), und Gefledter Weſpenbock hält ſich an SHeskogc, Leptura maculata Poda (links). Natürliche Größe. Buſchwerk und nament⸗ : lich an alten verwitterten, burſchen Han emen, Weiden, Pappeln, Eichen und Obſt⸗ bäumen auf, die auch von ſeinen Larven bewohnt werden. Die Schmalböcke (Lepturini) bilden eine ſehr beſtimmt abgegrenzte Gruppe mit hin⸗ ter den Augen verengertem halsartigen Kopf, der ſich nach vorn mehr oder weniger ſchnauzen⸗ artig verlängert, und rundlichen Augen, vor und zwiſchen denen die ziemlich kurzen Fühler ſtehen. Die zapfenartig vortretenden Vorderhüften ſind einander ſehr genähert. Die Schmal⸗ böcke fliegen lebhaft im Sonnenſchein umher und finden ſich nicht nur auf Holz, ſondern oft auch an allerlei blühenden Kräutern und honigreichen Dolden. Der Gefleckte Schmalbod, Leptura maculata Poda; deſſen gelbe, an der Spitze etwas ausgeſchnittene Flügeldecken mit vier ſchwarzen Zackenbinden gezeichnet ſind, gehört zu den eifrigen Blütenbeſuchern, während ſich Leptura rubra L. vom Hochſommer bis zum Herbſt überall in unſeren Kiefernwäldern um⸗ hertreibt. Die letztgenannte Art, die ſich in abgeſtorbenen Kiefern entwickelt, ſieht in beiden Geſchlechtern verſchieden aus: das Männchen hat ſchwarzen Halsſchild und gelbbraune Flügeldecken, das etwas größere Weibchen in der Regel roten Halsſchild und rote Decken. 476 3 Käfer. Bewohner von abgeſtorbenen Bäumen ſind auch die Arten der Gattung Rhagium F., zu denen einer der häufigſten einheimiſchen Nadelholzböcke, Rhagium inquisitor L. (inda- 25 gator F.), gehört. Der Käfer hat am Halsſchild jederſeits einen ſpitzigen Dorn, ſeine gelb⸗ lichen Flügeldecken ſind ſcheckig grau behaart und mit je drei Längsrippen ſowie zwei mehr oder weniger deutlichen Querbinden verſehen. Die flache Larve frißt unter der Rinde ab⸗ ſterbender Bäume 1—2 em breite, geſchlängelte Gänge, die mit braunem Bohrmehl feſt vollgeſtopft werden. Zur Verpuppung ſtellt ſich die khagium⸗Larve eine große, flach⸗ovale Puppenwiege her, die ſie rings mit einem Kranze von weißlichen, ausgenagten Holzſpän⸗ chen umgibt. Ahnlich lebt der Zweibindige Rhagiumkäfer, Rhagium bifasciatum F., der zwei gelbliche Binden auf ſeinen ſchwarzen, hinten und ſeitlich braunen Flügeldecken hat und ein Nadelholzbewohner iſt, während andere Rhagium-Arten, wie Rhagium mor- a dax Deg. und Rhagium syco- phanta Schr., ſich in Laubholz entwickeln. Für den Forſtmann bleiben alle Rhagium- Arten ohne praktiſche Bedeutung. Reich an farbenprächtigen verbreitete Gattung Olytus Zaxch. Es ſind langbeinige, mit ziem⸗ lich kurzen Fühlern ausgeſtattete Böcke, flink im Laufe und beim holz ſitzen und ſich meiſt an bunten, Arten iſt die über die ganze Erde Sonnenſchein ſtets bereit zum Fluge, die gern auf blühenden Sträuchern oder gefälltem Laub⸗ vorherrſchend gelben Zeichnungen Rhagium 1140181065 L. und ſeine unter Datein befindliche RZ erfennen laſſen. Die Fühler, die > wiege mit dem Flugloch des Käfers. Vergrößert. oft nur halbe Körperlänge er⸗ reichen, entſpringen zwiſchen dem Augenausſchnitt und einer ſenkrecht davor herablaufen⸗ den Stirnleiſte am ſtark gerundeten Kopfe, der nicht tief genug im Halsſchilde ſteckt, um mit dem Hinterrande der Augen den Vorderrand des Halsſchildes zu berühren. Die Flügeldecken ſind in der Form verſchieden, bald walzig, bald nach hinten verengert und flachgedrückt, die Schenkel nach der Spitze hin häufig keulenförmig angeſchwollen. Eine der verbreitetſten deutſchen Arten iſt der gemeine Widderkäfer, Clytus arietis L., mit kugeligem Halsſchild, nach vorn allmählich verdickten Schenkeln und an der Spitze abgerun⸗ deten, walzigen Flügeldecken. Das 10 bis reichlich 15 mm lange Käferchen iſt ſchwarz, Fühler und Beine ſind rot, die vorderſten wenigſtens von den Schienen an; goldgelb, durch dichte, anliegende Behaarung, ſind die Endränder des Vorderrückens, das Schildchen, vier Binden auf den Flügeldecken nebſt den Hinterrändern der Bauchringe ſowie einiger Flecke an der Bruſt. Auf gefälltem Laubholz treiben ſich bei heißem, ſonnigem Wetter noch einige andere, gleichfalls bunt gezeichnete, mit gelben oder weißen Binden auf dun⸗ kelm Grunde geſchmückte Clytus-Arten umher, die wohl ſämtlich ihre Entwickelung unter der Rinde abgeſtorbener Laubbäume durchlaufen und in ähnlichen Formen auch in Amerika und anderen Erdteilen zu finden ſind. 55 Bockkäfer: Rhagium⸗ Widderkäfer. Weber⸗, Erdböcke. Zimmerbock, Kaffeebock. 477 Die Weberböcke (Lamiinae) haben eine ſenkrechte Stirn. Das letzte Taſterglied iſt oval oder zugeſpitzt, aber nicht abgerundet. Die Vorderſchienen find an der Innenſeite ſchräg gefurcht, die Mittelſchienen meiſtens auswendig mit einer ähnlichen Furche verſehen. Die Larven haben einen in der Längsrichtung geſtreckten Kopf und keine Bruſtfüße, die höchſtens durch winzige Stummelchen angedeutet werden. Lamiinen kommen in allen Erd⸗ teilen vor, eine der auffallendſten exotiſchen Arten iſt der bunte, auf der Farbentafel bei Seite 450 abgebildete Acrocinus longimanus L. Die Erdböcke Dorcadion Dalm.), flügelloſe Bockkäfer von gedrungener Geſtalt mit ziemlich kurzen Beinen und kurzen, die Körperlänge nicht erreichenden Fühlern, tragen am Körper ein kurzhaariges, ſamtähnliches Kleid, das häufig hübſch gezeichnet iſt. Die Erd⸗ böcke erſcheinen meiſt im Frühjahr, kriechen am Boden umher und verſtecken ſich bei un⸗ freundlichem Wetter unter Steinen, während ihre frei im Erdboden hauſenden Larven nach Art von Engerlingen die verſchiedenſten Pflanzenwurzeln befreſſen. Die in der Regel von den Wurzeln verſchiedener Unkräuter lebende Larve des Dorcadion carinatum Pall. geht gelegentlich maſſenweiſe an Getreidewurzeln, wodurch im Jahre 1900 im ruſſiſchen Gouvernement Cherſon den Winterſaaten nicht unerheblicher Schaden zugefügt wurde. Im weſtlichen Deutſchland kommt der Graue Erdbock, Dorcadion fuliginator L., vor, der kalkreichen Boden liebt und in der Rheinprovinz ſtellenweiſe nicht ſelten iſt. Die Flügel⸗ decken werden bei ihm von einem ſchmutzig weißen Haarfilz bekleidet. In Thüringen und am Harz ift dieſe Art in einer dunkeln Lokalraſſe als „ſchwarzer Erdbock“ verbreitet. Zur Hauptgattung Lamia Fabr. gehört der europäiſche Web erbock, Lamia textor L. (Abb., S. 478), ein ſchwarzer, glanzloſer, fein anliegend gelblich hehaatter Bock, deſſen Halsſchild an jeder Seite einen ſpitzen Höcker trägt. Die dicken Beine ſind durch einen Höcker an der Außenſeite der Mittelſchienen ausgezeichnet. Der träge Käfer iſt am Wei⸗ dengebüſch zu finden. Seine Larve, bie { in der me von Weidenzweigen lebt, wird in Weidenhegern ſchädlich. Sehr viel auffallender iſt der in ganz Deutſchland häufige Zimm erbock oder Schrei⸗ ner, Acanthocinus aedilis L. (Abb., S. 478), bei dem die Fühler beim Männchen fünfmal ſo lang, beim Weibchen 1%, 2mal ſo lang wie der Körper werden. Im übrigen iſt der graubraune Bock ziemlich unanſehnlich. Der Halsſchild hat an der Seite einen Dorn, auf der Scheibe vier kleine, gelb behaarte Höckerfleckchen. Die Flügeldecken laſſen undeutlich erhabene Längsrippen erkennen. Beim Weibchen ſteht hinten die Legeröhre vor. Die Larve des Zimmerbocks wird nicht ſchädlich, weil ſie nur in abgeſtorbenem Kiefernholz oder in alten Stöcken vorkommt. Mit Bauholz oder Brennholz werden Larven oder Puppen des Zim⸗ merbocks gar nicht ſelten in Wohnhäuſer verſchleppt, in denen dann die Käfer ſpäter zum Vorſchein kommen. Im Walde iſt der Zimmerbock vorzugsweiſe im Mai und Juni an ge⸗ fällten Kiefernſtämmen, an Zäunen und alten Stöcken zu finden. Unter den ausländiſchen Böcken dieſer Gruppe machen wir den Weißen Kaffee⸗ bohrer oder Oſtafrikaniſchen Kaffeebock, Anthores leuconotus Pasc. (Herpetophygas fasciatus F), namhaft, der den Kaffeeplantagen in Oſtafrika gefährlich wird. Der etwa 25 bis 29 mm lange Käfer hat eine längliche Geſtalt. Seine ſchimmelartig weißgelben Flügel⸗ decken ſind am Grunde blau und zeigen hinter der Mitte eine braune Binde. Da die Eier an die Rinde von Kaffeeſtämmchen gelegt werden, ſo iſt es der Larve leicht, ſich ins Innere zu bohren und einen ſenkrechten, von oben nach unten führenden Gang auszufreſſen, wobei ſie an dickeren Sträuchern von Strecke zu Strecke kleine, nach außen führende Luftlöcher 478 Käfer. „ anlegt. In Wurzelteile angelangt, bohrt ſie ſich in unregelmäßigen Gängen weiter und nagt unter der Rinde rings um den Stamm herum, was den unvermeidlichen Tod der befallenen Kaffeepflanze zur Folge hat. Die ausgewachſene Larve verpuppt ſich ſchließlich i im Wurzel⸗ abſchnitt in einem kleinen, mit Bohrmehl ausgefüllten Kämmerchen. In Weſtafrika tritt eine ähnliche Art, Bixadus sierricola White, ebenſo verheerend auf Kaffeeplantagen auf. Der Große Pappelbock, Saperda carcharias L., wird bis 3 em lang, iſt graugelb, filzig behaart und mit dunkeln körnigen Erhabenheiten auf den Flügeldecken verſehen. Man findet den trägen, in ganz Deutſchland verbreiteten Käfer im Juni und Juli an verſchiedenen Pappelarten und Weiden. Die Weibchen legen ihre Eier in Rindenriſſe unten am Fuße des Stammes. Die Larven leben anfangs unter der Rinde, freſſen aber ſpäter im Holz 4 5 2 * WI f | 2 : 2 | e 1) Weberbock, Lamia textor L. 2) und 3) Männchen und Weibchen des Zimmerbockes, Acanthoeinus aedilis L. 4) Großer Pappelbock, Saber earcharias L., auf den Gängen ſeiner Larve; 5) Aſpenbock, Saperda ae L., und bie von ſeiner Larve an der Zitterpappel erzeugten Gallen. N ge und verraten ihre Gegenwart durch die unten an einem Loch ausgeſtoßenen groben Bohr⸗ ſpäne. Der Aſpenbock, Saperda populnea L., der nur eine Länge von 10—12 mm er⸗ reicht, iſt grau behaart, auf dem Halsſchilde mit drei gelben Längslinien ſowie auf den Flügeldecken mit gelben Flecken gezeichnet. Er erſcheint in Deutſchland im Mai und Juni an Zweigen und Blättern von Zitterpappeln, an deren Zweigen und Stämmchen das Weib⸗ chen ſeine Eier unterbringt, falls es nicht zu dieſem Zwecke Weiden oder andere Pflanzen aufſucht. Bevor das Ei abgeſetzt wird, frißt der weibliche Aſpenbock in die Rinde eine huf⸗ eiſenförmige, nach oben offene Furche ein, an deren unterem Ende eine kleine, zur Auf⸗ nahme des Eies beſtimmte, grubenförmige Vertiefung hergeſtellt wird. Dieſe mühevolle Arbeit hat den Erfolg, daß die umnagte Rindenpartie in ihrer Ernährung geſchwächt wird und alsdann für die jugendliche Larve ein beſſeres Futter bildet als die benachbarten ſaft⸗ ſtrotzenden Rindenteile. Später geht die Larve in die Tiefe und frißt einen aufſteigenden Gang mitten in der Markröhre des Zweiges, der bei Zitterpappeln infolgedeſſen eine gallen⸗ artige, knotige Anſchwellung bekommt. Derartige Gallen ſind für Zitterpappeln ungemein S a a N AR Pe Ze a ee ee u ice er en) T Bey ” ** 7 8 Bockkäfer: Pappel“, Aſpenbock. Blattkäfer: Sagra buqueti. 479 charakteriſtiſch und kommen in manchen Jahren ſo häufig vor, daß kaum ein Stämmchen zu finden iſt, das nicht in der geſchilderten Weiſe verunſtaltet iſt. Gallen, die in der Mitte ein kreisförmiges Loch beſitzen, zeigen an, daß der im Inneren entſtandene Käfer bereits das Weite geſucht hat. Da, nach Boas, die Entwickelung des Aſpenbockes 2 Jahre in An⸗ ſpruch nimmt, ſo erklärt es ſich, daß er ſich immer in Zeiträumen von 2 zu 2 Jahren in ie Mengen zu zeigen pflegt. Nahe verwandt mit den Böcken find die Blattkäfer (Chrysomelidae), eine ſehr artenreiche, in allen Weltteilen verbreitete Familie, die an bunten und in prächtigen Metall⸗ farben ſchillernden Arten außerordent⸗ d lich reich iſt. Es find kleine bis höch⸗ ſtens mittelgroße Käfer mit meiſt nack⸗ tem oder nur ſpärlich und teilweiſe behaartem Körper. Ihre Leibesform iſt vorherrſchend oval, die Rückenſeite mehr oder weniger gewölbt. Einige Blattkäfer, die wie die Schilfkäfer und viele Sagrinen von mehr geſtreckter Geſtalt ſind, ſehen Bockkäfern zum Verwechſeln ähnlich und können als Übergangsformen gelten. Der ziemlich kleine, meiſt nach unten gerichtete Kopf ſitzt bei den Blattkäfern oft im Hals⸗ ſchilde teilweiſe verborgen. Eine Ober⸗ lippe iſt vorhanden. Die Fühler blei⸗ ben ziemlich kurz und erreichen ſehr ſelten mehr als die halbe Körperlänge. An den vier deutlich ausgebildeten Fußgliedern iſt unten eine filzig Sohle vorhanden, die es den Käfern leiht!!! I EU rn macht, an den Pflanzen umherzuklet⸗ N e buqueti Less. Natürliche Größe. tern, die ihnen zur Nahrung dienen. Zahlreiche Arten von Blattkäfern ſind an ganz beſtimmte Nährpflanzen gebunden, viele leben an Kulturgewächſen und können zu ſchlimmen Schädlingen werden. Auch die Lar⸗ ven der Blattkäfer ſind durchweg Pflanzenfreſſer und kommen meiſt an den gleichen Nähr⸗ pflanzen wie die erwachſenen Tiere vor; im Ausſehen und in der e der Larven beſtehen aber große a Die Sagrini, ein buntes Gemiſch von x Formen, bewohnen hauptſächlich die heißen Erd⸗ ſtriche und haben noch am wenigſten das charakteriſtiſche Ausſehen von Blattkäfern. Einige ſehen Bockkäfern ähnlich, andere ſind kaum von den Samenkäfern zu trennen. Die Vorder⸗ bruſt iſt in einen ſchmalen, hohen, zwiſchen den vorſtehenden Vorderhüften gelegenen Kiel verlängert. Zu den prächtigſten Sagra⸗Arten gehört die auf Java vorkommende, faſt die Größe eines mittelgroßen Carabus erreichende Sagra buqueti Less. mit mächtigen gekrümmten, einen zahnartigen Fortſatz an der Innenſeite tragenden Hinterſchenkeln. Ihre Farbe iſt 480 | Käfer. prachtvoll metallgrün, und längs der Naht ſieht man ein breites, purpurviolett glänzendes Band verlaufen. Eine etwas kleinere, aber gleichfalls wundervoll purpurgoldig oder grün ſchillernde Art, Sagra purpurea Licht., die geſellig an Bataten lebt, wird in China ſchäd⸗ lich, wo ihre Larven in großer Zahl geſellig in den Knollen vorkommen. In Europa, Aſien und Amerika wird die Gruppe durch die Gattung Orsodacna Latr. vertreten, von denen Orsodacna cerasi L., eine oben kahle, hellgelbe, unten dunkle und > behaarte Art, in ge⸗ birgigen Gegenden auf Dolden zu finden ift. 2 Das Kennzeichen der Donaciini beiteht in der ungewöhnlichen Länge des erſten Hin⸗ terleibsringes, der an Größe die folgenden Ringe zuſammengenommen erreicht oder ſogar übertrifft. Die Vorderbruſt iſt nicht kielartig erweitert. Die fadenförmigen oder borſten⸗ förmigen Fühler entſpringen, einander etwas genähert, vor den Augen und erreichen un⸗ gefähr die halbe Körperlänge oder übertreffen letztere noch etwas. Die Aufenthaltsorte der Donaziinen ſind Waſſerpflanzen, an denen ſie ihre Eier entweder einzeln oder in kleinen Gelegen beieinander unterbringen. Die Arten von Haemonia Zatr. leben unter Waſſer und klammern ſich ſo feſt an ihre Nährpflanzen an, daß es Mühe macht, fie abzulöſen. Hae- monia zosterae F., ein 4-6 mm langes, bränmliches Käferchen, iſt in brackigem Waſſer ü der Nord- und Oſtſee ſowie im Kaſpiſchen Meere an Ruppia maritima gefunden worden. Zur Hauptgattung der Schilfkäfer (Donacia F.) gehört der Dickbeinige Schilfkäfer, Donacia crassipes F., ein 9—11 mm langer, metalliſch grün ſchillernder, plump gebauter Käfer, der in ganz Norddeutschland häufig iſt. Halsſchild und die tief punktiert geſtreiften Flügeldecken ſind kahl, kupferig, violett oder ſchwarzgrün ſchillernd, die Unterſeite ſilberig behaart, und die Hinterſchenkel haben beim Männchen zwei, beim Weibchen einen Zahn. Auf den breiten, ſchwimmenden Blättern der gelben und weißen Seeroſen ſieht man die Käfer oft, ſie fliegen im Sonnenſchein von einem Blatt zum anderen, ſo daß Männchen und Weibchen ſich leicht zuſammenfinden können. Kleine, in die Seeroſenblätter genagte, rundliche Löcher verraten die Stellen, an denen ſich die Eiablagen befinden. Durch das Loch hatte das Weibchen den Hinterleib geſteckt und an die Blattunterſeite im Halbkreis um den Rand des Loches ſeine milchweißen Eier gelegt. Wenn man aus der Tiefe eines Weihers oder Teiches die plumpen Rhizome der Seeroſen herauszieht, ſo kann man ſie manchmal mit Dutzenden von Donacia-Larven beſetzt finden, ſechsbeinigen, feiſten, weißen „Würmern“, die hinten am achten Ringe ihres zehngliederigen Hinterleibes zwei braune, etwas nach vorn und auswärts gebogene, ſpitzige Dornen haben, die in der Ruhe dem Hinter⸗ leibe dicht anliegen. So wunderbar es erſcheint, es fehlt den Tieren in dem von Fäulnis⸗ produkten aller Art durchſetzten Bodenſchlamm keineswegs an friſcher, ſauerſtoffhaltigen Atemluft, die fie ſich auf eine ganz ſonderbare Weiſe zu verſchaffen verſtehen. Die Donacia- Larven bohren nämlich mit ihren ſpitzen Dornen das Pflanzengewebe an, bis ſie einen der großen luftführenden Wurzelkanäle aufgeſchlitzt haben, aus dem dann ſofort die Luft hervorquillt, an den Dornen entlang gleitet und von den beiden großen, am Grunde der Dornen gelegenen Atemöffnungen aufgenommen werden kann. Auch die Verpuppung findet in der dunkeln, ſicheren Tiefe ſtatt, und zwar ruht die Puppe in einem bräunlichen, innen weißen, eiförmigen, luftgefüllten, feſten Geſpinſt, das an eine Pflanzenwurzel an⸗ gekittet iſt und mit den Luftgängen der letzteren in Verbindung ſteht. Die Oriocerini haben im Vergleich zu den Schilfkäfern kürzere, faſt perlſchnurförmige Fühler, die durch die ganze Breite der Stirn voneinander getrennt ſind. Ein hübſches, zu Blattkäfer: Schilfkäfer. Lilien- und Spargelhähnchen. 481 dieſer Gruppe gehörendes Käferchen, das etwa 6—8 mm große Lilienhähnchen, Crioce— ris lilii Scop., iſt im ganzen mittleren Europa verbreitet und in Gärten auf weißen Lilien nicht ſelten. Der Halsſchild und die fein punktiert geſtreiften Flügeldecken ſind ſchön zinnober⸗ rot und ſehen wie lackiert aus, während der übrige Körper ſchwarz bleibt. Wenn man das Lilienhähnchen in die Hand nimmt, ſo gibt es ziemlich laute Zirptöne von ſich. Dabei zieht es ſeinen Hinterleib aus und ein und reibt eine in der Mitte unterbrochene und gerillte Rückenleiſte am letzten Leibesringe gegen die Flügeldecken. Schenkling berichtet, daß die Lilien⸗ hähnchen auch dann zirpen, wenn ſie ganz unbehelligt auf Pflan⸗ zen ſitzen, ſo daß die Töne wohl zur Anlockung in der Paarungs⸗ zeit dienen mögen. Nahe verwandt iſt das bunte Spargel⸗ käferchen oder Spargelhähnchen, Crioceris asparagi L., das etwas kleiner bleibt. Sein Körper iſt glänzend blaugrün; der faſt walzenförmige Halsſchild ſowie der Saum der Flügeldecken ſind rot und letztere außerdem mit je drei, teils unter ſich, teils mit dem Saume zuſammenfließenden, weißgelben Flecken gezeichnet. Schon vom erſten Frühjahr an befrißt das Spargelhähnchen die Blättchen und Stengel der Spargelpflanzen und ruft damit ein Spargeltäfergen, Crioceri asparagi L., und ſeine Larve. Zerſtörungswerk hervor, an dem ſich im Laufe des Sommers Etwas vergrößert. Nach Ta ſchen⸗ auch die dunkelgrünen, mit ihrem eigenen ſchwarzen Kot über⸗ denen 186. ſchmierten Larven beteiligen, ſo daß wir hier einen recht be⸗ merkenswerten Schädling vor Augen haben. Sehr verbreitet iſt auch das Zwölfp unktige Spargelkäferchen, Crioceris duodecimpunctata L., deſſen rotgelbe Flügeldecken je ſechs ſchwarze Flecke tragen. Die Larven der im Hochſommer auftretenden zweiten Brut ſollen ſich bei dieſer Art vorzugsweiſe von den Beeren der er ernähren. Nach- ſtellungen wiſſen die Spargelkäfer geſchickt zu entgehen. Will man ſeiee fangen und greift man von oben zu, jo laſſen fie ſich ſofort zu Boden fallen, wo ſie wegen ihrer Klein⸗ heit ſchwer zu ſehen ſind. Kommt man aber von unten und will nun mit ausgebreiteten Händen ein ſol⸗ ches Käferchen beim Herabfallen auffangen, ſo bleibt, wie Schuſter e Sackkäfer, Clytra quadripunctata L., nebſt ſeiner im beim Zwölfpunktigen Spargel⸗ Kotſack steckenden Larve. Vergrößert. (Zu S. 4820 hähnchen beobachtete, letzteres ruhig auf der Spargelpflanze ſitzen. Versucht man das Tierchen von der Seite zu haſchen, ſo kann man ſicher ſein, daß es ſich nach der entgegengeſetzten begibt und ſich dort im ge⸗ eigneten Augenblick unverſehens zu Boden fallen läßt. Ebenſo weichen die Käferchen, die zweifellos ein recht gutes Sehvermögen haben, ſehr geſchickt auch allen ſonſtigen Be⸗ wegungen aus, ſobald man ſich mehr nähert, als ihnen lieb iſt. Zu den Clytrini, bei denen der erſte Bauchring ſehr groß, die beiden folgenden klein, die hinterſten aber untereinander verſchmolzen ſind, gehört der in Deutſchland häufige Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band 31 482 Käfer. - „ Vierpunktige Sackkäfer, Clytra quadripunctata L. (Abb., S. 481), der glänzend ſchwarz, unten fein grau behaart ift und eine Länge von 7—11 mm erreicht. Jede feiner gelbroten, glänzenden Flügeldecken iſt mit zwei auffallenden ſchwarzen Flecken gezeichnet, von denen der kleinere vordere mitunter fehlt. Die Clytra⸗Larve lebt nicht frei, ſondern ſitzt in einem ſchwärzlichen, ſackartigen, hinten geſchloſſenen Gehäuſe, aus dem ſie nur manchmal ihren Vorderkörper hervorſtreckt, und das von ihr ganz nach Bedarf immer weiter vergrößert wird, wobei die Larve als Baumaterial ihren eigenen Kot verwendet. Die Larve des Vier⸗ punktigen Sackkäfers hält ſich in den Haufen der Roten Wald⸗ ameiſe auf. Werden die Ameiſen zudringlich, ſo zieht ſie ſich ein⸗ fach in die Tiefe ihrer ſchützenden Kotwohnung zurück. Falls ſich aber die Ameiſen dazu verleiten laſſen, in den vermeintlich leeren Kotſack ihre Eier zu tragen, ſo kommt, wie Eſcherich beobachtete, die Larve bald hervor und läßt ſich die Ameiſeneier munden. Die Chrysomelinae ſind durch einen mehr oder weniger eiförmigen Körperumriß und durch gleichartige Entwickelung der Bauchringe ausgezeichnet. Ihre in der Regel lebhaft gefärb⸗ ten Larven leben frei an den Nährpflanzen und verpuppen ſich meiſt im Boden. Der Rote Pappelblattkäfer, Melasoma populi L. (Lina), iſt in ganz Europa verbreitet und kommt auf Wei⸗ Roter Pappelblattkäfer, Melasoma populi L., EEE Cierhüuſchen. g ; 1 * Nach Photographie von Fr. Scheidter in München. den und Pappeln vor. Die 9 bis 12 mm langen Käfer find ſchwärz⸗ 3 lich oder grünlichblau und haben rote, nach hinten etwas verbreiterte Flügeldecken, deren äußerſte Spitze ſchwarz bleibt. Bei einer naheſtehenden Art, dem Roten Eſpenblattkäfer, Melasoma tremulae F., der etwas kleiner bleibt, aber die gleiche Lebensweiſe führt, haben die Flügeldecken keine ſchwarze Spitze. Wenn die Blätter zu grünen beginnen, erwachen dieſe Blattkäfer aus ihrem Winterſchlaf, ſteigen aus der Erde oder aus ihren Verſtecken in der Nähe des Bodens empor und kleben bald darauf ihre gelben Eier in Häufchen von 100—150 Stück an die Blattunterſeiten. Die ausſchlüpfenden Larven und die Käfer befreſſen als⸗ dann die Blätter, die von ihnen durchlöchert und ſchließlich bis auf die Rippen vollkommen ſkelettiert werden. Die reifen Larven ſind ſchmutzig weiß, Kopf, Halsſchild, die Beine, mehrere Punktreihen hinter ihnen ſowie die ſtark behaarten Warzen glänzend ſchwarz. Bei jeder Beunruhigung führen dieſe Larven ein ſeltſames Manöver aus: aus zwei Längsreihen 5 © eV! & ee Ne Blattkäfer: Sad-, Pappelblatt⸗, Eſpenblatt-, Koloradokäfer. 483 von ſchwarzen, über den Rücken hinziehenden Warzen laſſen ſie dann je einen großen Flüfjig- keitstropfen hervorquellen, den ſie bald darauf wieder einziehen. Dieſe Drüſenflüſſigkeit, die wohl zum Abſchrecken von Feinden gute Dienſte leiſten mag, beſitzt einen unangenehmen, an Bittermandelöl erinnernden Geruch und enthält, nach Claus, Salizylſäure, die angeb⸗ lich von dem in den Pappelblättern befindlichen Salizyl herrührt. Wenn die erwachſene Larve ſich mit ihrem Hinterende an ein Blatt angeheftet hat, ſtreift ſie die letzte . ab und wird zu einer ſchmutzig a weißen, auf dem Rüden ſchwarz E gefleckten Puppe, die zum Teil noch von der zurückgeſchobenen Larvenhaut umgeben iſt. Die neuen Käfer kommen im Hoch⸗ ſommer zum Vorſchein und kön⸗ nen es unter günſtigen Umſtän⸗ den noch zu einer zweiten Brut im gleichen Jahre bringen. Der Hauptgattung Chry- somela L. gehören viele präch⸗ tige, in feurigen Metallfarben glänzende Arten an, die ſich meiſt auf ganz beſtimmten Nähr⸗ pflanzen aufhalten, von denen auch ihre walzigen, etwas bucke⸗ ligen, nicht mit behaarten War⸗ zen an den Seiten verſehenen Larven freſſen. So lebt die lebhaft goldglänzende, auf den Flügeldecken blau geſtreifte C. fastuosa L. beſonders an Hohl⸗ zahn (Galeopsis), die größere, ziemlich runzelige, kupferig ſma⸗ VVV / ne Hochintereſſant iſt die Fort⸗ ö pflanzung bei einigen prächtig gefärbten Arten der Gattung Chrysochlora Hope (Orina).- Wie der franzöſiſche Entomolog Perroud beobachtete, legen die auffallend dicken Weib⸗ chen keine Eier, ſondern gebären lebende Junge, eine Erſcheinung, die unter den Käfern ſehr ungewöhnlich iſt. Hierbei iſt die Fruchtbarkeit bei C. gloriosa F. und einigen verwandten Arten ziemlich groß. Einmal oder zweimal am Tage erblicken gleich hintereinander 3—6 Junge das Licht der Welt, dann folgen einige Ruhetage, nach denen an einem Tage wieder meh⸗ rere Nachkommen geboren werden. Die 2 mm großen, anfangs farbloſen, aber ſchon nach etwa einer Stunde ausgefärbten Larven ſollen bereits eine Minute nach ihrer Geburt damit beginnen, ein Loch in das Blatt zu freſſen, auf dem die Mutter ſie geboren hatte. Der Koloradokäfer oder Amerikaniſche Kartoffelkäfer, Leptinotarsa decem- lineata Say. (Doryphora; Abb., S. 484), ähnelt in feiner Körpergeſtalt den geſchilderten 31* 484 Käfer. Pappelblattkäfern, von denen er ſich jedoch durch abweichende Färbung leicht unterſcheidet. Die Flügeldecken ſind mit zehn ſchwarzen Längsſtreifen verziert. Auf dem Kopf befindet ſich ein dreieckiger ſchwarzer Fleck. Der Halsſchild trägt zehn oder mehr unregelmäßige ſchwarze Flecke, auch die Unterſeite und die Beine ſind mehr oder minder ſchwarz gefleckt. Die dicke, ſtark glänzende Larve iſt ſchmutzig gelb, am Kopf, dem Hinterrande des Halskragens und den Beinen pechſchwarz; an den Seiten ziehen zwei Reihen ſchwarzer runder Punkte entlang, die * ER 8 ug 5 . — — eee Kolorabotäfer, Leptinotarsa decemlineata L., mit Larven und Eierhaufen am Kartoffelkraut. Natürliche Größe. Oben eine Puppe, von der Bauch⸗ und der Rückenfläche geſehen. Vergrößert. N am zweiten und dritten Körperringe merklich Heiner find oder dort fehlen. Der Koloradokäfer überwintert in der Erde, ſtellt ſich aber, ſobald die Kartoffeläcker grün geworden ſind, auf den Pflanzen ein, ernährt ſich von Kartoffelblättern und leimt ſeine dottergelben, länglichen Eier in Scheiben von 35—40 Stück an die Blattunterſeiten. Die nach 14 Tagen bis 3 Wochen ausſchlüpfenden Larven wachſen ſchnell heran, ſuchen nach dreimaliger Häutung den Erd⸗ boden auf und verpuppen ſich. Die neuen Käfer einer zweiten Generation kommen nach etwa 10—14tägiger Puppenruhe zum Vorſchein. Zwei Bruten im Jahre bilden die Regel, F r RL al Far FF BE ie ee ze ‚ * 2 2 W — 1 1 > 4 Blattkäfer: Koloradokäfer. Ulmenkäfer. Erdflöhe. 485 doch iſt in einigen Gegenden Amerikas auch noch eine dritte Brut beobachtet. Käfer und Larven ſind gleich ſchädlich, denn beide zerfreſſen die Blätter der Kartoffelpflanzen, die nach Zerſtörung ihrer Aſſimilationsorgane keine oder nur unvollkommene Knollen anſetzen. Wenn man berückſichtigt, daß ein Weibchen des Koloradokäfers etwa 700 Eier legt und ſchon in der zweiten Generation 200000, in der dritten aber bereits 80 Millionen Nach⸗ kommen haben kann, ſo verſteht es ſich, daß von einem rationellen Anbau der Kartoffel bald gar keine Rede mehr iſt, wenn es nicht gelingt, rechtzeitig dem Übel zu ſteuern. Der Wiſſenſchaft iſt der Koloradokäfer ſeit dem Jahre 1824 bekannt, als Schädling hat er aber erſt im Jahre 1865 Aufmerkſamkeit erregt. Als Urheimat des Käfers gelten die Abhänge des Felſengebirges im Staate Kolorado. Dort ſoll er ſich urſprünglich von wild⸗ wachſenden Kartoffelarten, namentlich Solanum rostratum, ernährt haben, beim Anbau der Kartoffelpflanze (Solanum tuberosum) aber ſofort auf dieſes ihm weit beſſer mundende Kulturgewächs übergegangen ſein. Nach Anſicht Towers ſtammt der Koloradokäfer dagegen eigentlich aus Mexiko und iſt erſt beim Übergang auf die Kartoffelpflanzen aus einer dort einheimiſchen Art durch Umwandlung entſtanden. Wie dem auch ſei, ſo ſteht jedenfalls feſt, daß der Koloradokäfer, dem Kartoffelbau folgend, nach Nordoſten und Oſten über ein gewaltiges Ländergebiet bis zu den Küſten des Atlantiſchen Ozeans ſich mit einer Geſchwin⸗ digkeit ausgebreitet hat, die in der Geſchichte der Inſektenkunde faſt beiſpiellos daſteht. Im Jahre 1859 war der Käfer noch 100 Meilen weſtlich von Omaha in Nebraska entfernt. 1865 überſchritt er den Miſſiſſippi und brach in den Staat Illinois ein, den er, Walſh zufolge, in mehreren getrennten, gewaltigen Heerſäulen durchzog. 1870 hatte er ſich bereits in Indiana, Ohio, Pennſylvanien, Maſſachuſetts und im Staate Neuyork eingeniſtet. Auch nach Europa iſt er verſchleppt worden. In Deutſchland hat man den ſchlimmen Eindring⸗ ling zuerſt auf einem Kartoffelfelde bei Mülheim am Rhein im Jahre 1877 gefunden und ihn ſpäter auch in Oſtfriesland und bei Torgau, zuletzt im Jahre 1914 bei Stade feſtgeſtellt; glücklicherweiſe hat er bei uns aber bisher nirgends Fuß faſſen können, denn mit Hilfe ſehr energiſcher Maßregeln iſt es in allen Fällen gelungen, ihn bald wieder auszurotten. 5 Zu den Galerueini, deren Fühler dicht beieinander vorn auf dem Stirnteil des Kopfes entſpringen, gehört der Ulmenkäfer, Galerucella luteola Müll., der beſonders in Frank⸗ reich, Süddeutſchland und Oſterreich verbreitet ift, aber auch im Mittelmeergebiet vorkommt. In Amerika, wohin dieſer Käfer verſchleppt wurde, hat er ſich zu einer ſchlimmen Plage ent⸗ wickelt, denn er ſpielt in den Vereinigten Staaten den Ulmen in übelſter Weiſe mit. Da der Ulmenkäfer in Amerika kaum natürliche Feinde hat, ſo hat man jetzt kleine europäiſche Schlupfweſpen (Tetrastichus xanthomelaenae Rond.) aus Frankreich nach den Vereinigten Staaten eingeführt und hofft, mit Hilfe dieſer kleinen Hautflügler, welche die Eier der Ulmenblattkäfer zerſtören, die Plage mit der Zeit einſchränken zu können. Bei den Flohkäfern oder Erdflöhen (Halticini) ſind die Fühler ebenfalls dicht bei⸗ einander auf der Mitte der Stirn eingefügt. Die kleinen, mehr oder minder eiförmigen Käferchen haben verdickte Hinterſchenkel, denen ſie ihre große Sprungfertigkeit zu verdanken haben. Sie halten ſich vorzugsweiſe auf verſchiedenartigen Kräutern und Stauden auf, freſſen in die Blätter Löcher hinein und ſchaben das Blattgrün ab. Kohl, Raps, Rüben, Kreſſe und andere Kulturgewächſe oder Unkräuter in Garten und Feld werden manch— mal zu Tauſenden und aber Tauſenden von dem Schwarzbeinigen Kreſſenerdfloh, ˖ 486 Käfer. Phyllotreta nigripes Fab. (lepidii Koch), bevölkert, einem oberſeits dunkel metalliſchgrünen, : fein punktierten Erdfloh, der in Mitteleuropa zu den ſchädlichſten Arten gehört. Andere Erd⸗ flöhe haben ſchwarze Flügeldecken mit breiten, gelben Längsbändern, wie der Gelbſtreifige Erdfloh, Phyllotreta nemorum L., der gleichfalls die verſchiedenſten Kreuzblütler befällt. Seine Weibchen kleben ihre kleinen gelbgrünen Eier einzeln an die Unterſeite von Blättern, in denen die Larven ſpäter Minengänge ausfreſſen. Die Verpuppung geht im Erdboden vor ſich. Der Kohlerdfloh, Haltica oleracea L., eine metalliſch blaugraue Art, über deren Halsſchild hinter dem Vorderrande quer ein Eindruck verläuft, frißt, nach den Beob⸗ achtungen von Heikertinger, gar nicht an Kohlblättern, ſondern bewohnt den Vogelknöterich (Polygonum aviculare). Unter den ausländiſchen Haltizinen können wir auch auf eine in mancher Hinſicht den obenerwähnten Galeruzinen naheſtehende giftige Art aufmerkſam machen, die in Südafrika in der Kalahariwüſte vorkommt und für die dortigen Bewohner von einer gewiſſen Bedeutung iſt. Dem Afrikareiſenden Livingſtone war bereits die Exiſtenz ſolcher Tiere bekannt, denn er wußte zu berichten, daß die Buſchmänner in jenen Gegenden im Beſitze eines furchtbaren Pfeilgiftes ſind, das ſie, wie er ſchildert, aus „kleinen Raupen“ bereiten. Raupen ſind es freilich nicht, ſondern, wie ſich ſpäter herausgeſtellt hat, handelt es ſich um die Larven des Pfeilgiftkäfers, Diamphidia simplex Per., die von den Kaffern zur Herſtellung einer mörderiſchen Waffe benutzt werden. Der 7—10 mm lange Pfeilgiftkäfer iſt von eiförmiger Geſtalt, hat auf gelblichem Grunde ſchwarze Fleckenzeichnungen am Halsſchilde und oft auch auf den Flügeldecken und hält ſich ebenſo wie ſeine Larven auf einem in den dortigen Steppen ſehr verbreiteten Giftſtrauch (Commiphora africana) auf, von deſſen Blättern die Tiere leben. Alle ſeine näheren Verwandten, die auf verſchiedenen anderen, aber ungiftigen Pflanzen vorkommen, find giftlos, und fo kann es wohl kaum zweifelhaft fein, daß der äußerſt giftige, im Körper des Pfeilgiftkäfers nachgewieſene Eiweißſtoff ſeinen Urſprung in der giftigen Pflanzenkoſt haben muß. Die Wirkſamkeit des Giftes iſt nach dem Berichte von Afrikareiſen⸗ den eine außerordentliche. Sobald der mit dem Safte von Diamphidia⸗Larven beſchmierte Pfeil in den Körper dringt, iſt das Opfer, Menſch oder Tier, rettungslos verloren. Starke Zuckungen treten ein, und ſelbſt große Vierfüßer ſollen raſch dem Gift erliegen. Die Fühler der Schildkäfer (Cassidini) entſpringen ebenfalls dicht beieinander, wäh⸗ rend der Halsſchild ſo groß iſt, daß er den Kopf, von oben geſehen, völlig bedeckt. Zuſammen mit den Flügeldecken gibt der große Halsſchild dem oben gewölbten, unterſeits flachen Kör⸗ per ein ſchildartiges Ausſehen. Grün, gelblich oder rötlichgrau ſind die häufigſten Farben, und beim lebenden Käfer iſt die Oberſeite bisweilen mit ſchönen goldigen oder ſilberigen Streifen geſchmückt, die jedoch nach dem Tode beim Eintrocknen des Käfers bald verblaſſen. Die breitgedrückten, ſeitlich mit Dornen bewehrten Larven leben frei auf ihren Futterpflanzen und haben hinten eine Schwanzgabel, die ſie ähnlich wie der Skorpion ſeinen Stachel nach oben und vorn umgebogen zu tragen pflegen. An der Schwanzgabel befeſtigt die Larve ihre ausgetrockneten Exkremente, die ſie als Schirm benutzt und fortdauernd über ihren Rücken hält, ſo daß die Schildkäferlarven infolge dieſer eigenartigen Maskerade ſehr unauffällig wer⸗ den und eher Schmutzklümpchen als Inſekten gleichen. Der Nebelige Schildkäfer, Cassida nebulosa L., kommt nicht nur auf Unkräutern (Chenopodium, Atriplex), ſondern auch auf Zuckerrüben vor, an denen er in Deutſchland bei maſſenweiſem Auftreten ſchon gelegentlich ſchädlich geworden iſt. Er iſt 5—7 mm lang, oberſeits roſtbraun und unregelmäßig ſchwarz Omoplata pallidipennis Boh., ſitzen, unter abgeworfenen Larvenhäuten bedeckten, Blatttäfer: Erdflöhe. Schildkäfer. Samenkäfer. 487 gefleckt. Die Flügeldecken haben Längsrippen und Punktſtreifen. Wenn die Käfer ihr Winterverſteck verlaſſen haben, ſetzt das Weibchen ſeine Eierhäufchen an die Blattunterſeiten ab, die ſpäter von den gewöhnlich in größeren oder kleineren Geſellſchaften beieinander leben⸗ den Larven bevölkert werden. Letztere nagen Löcher in die Blätter, befreſſen dieſelben ſpäter aber auch vom Rande her und heften ſich ſchließlich zur Verpuppung mit dem Hinter⸗ ende feſt. Von den etwa 8 Tage ſpäter auskommenden Käfern werden die Blätter in ähn⸗ licher Weiſe wie von den Larven zerſtört. Häufig ſieht man auch die oben grasgrün gefärbte Cassida viridis L. (equestris F.). Unter den tropiſchen Caſſidinen ſind viele von großer Schönheit; eine metal⸗ b liſchgrüne braſilianiſche Art, Desmonota variolosa Weber, wird ſogar häufig wie ein Edelſtein gefaßt und als Schmuckſtück getragen. Auf einer Forſchungsreiſe in Braſilien hatte Ohaus Gelegenheit, einen Einblick in das Familienleben gewiſſer tropiſcher Schildkäfer tun zu können. An dem Blatte einer Paſſiflore fand er re⸗ gungslos einen weiblichen Schildkäfer, deſſen Körper gegen 20 Larven ſich zu⸗ ſammengeſchart hatten, die alle die Köpfe unter der Mutter bargen, ihre von den emporgehobenen Hinterenden aber rings⸗ um weit hervorſtreckten. In dieſer Stel⸗ lung verblieben ſie und ließen es ſich ge⸗ fallen, daß der Zweig abgeſchnitten, nach Hauſe gebracht und ins Waſſer geſteckt wurde. Erſt gegen Sonnenuntergang wurden die Larven mit einem Male i 3 ee munter, liefen nun auseinander und zern 4e phie don b. Maln in Sn. ſtreuten ſich über die Blätter, an denen ſie ihren Hunger ſtillten. Sobald aber der Morgen graute, krochen die Larven ſämtlich wieder unter den ſchützenden Schild ihrer Mutter zurück, um ſich dort wie Küchlein unter der Henne zu bergen. Auf unſerer farbigen Tafel bei S. 450 wurde nach den perſönlichen Angaben von Ohaus die erwähnte Geſellſchaft abgebildet, die dem Beobachter zufolge in der freien Natur einen recht merkwürdigen Eindruck machte, ſo daß das Ganze in einiger Entfernung eher einem Klümpchen Vogelkot als einer Inſektenfamilie glich. Die Samenkäſer (Lariidae, Bruchidae), find kleine, etwas abgeplattete Käfer⸗ chen von ovalem Umriß, deren nach unten gerichteter, hinter den großen nierenförmigen Augen ein wenig eingeſchnürter Kopf vorn ſchnauzenförmig verlängert iſt. Die elfgliede⸗ rigen Fühler ſind nicht knieförmig gebrochen. Die 5 geht in Samen vor ſich. 488 8 Käfer. Im ganzen genommen bildet die Familie der Lariiden einen Übergang von den Blatt⸗ käfern zur nächſten großen Familienreihe, den Rüſſelträgern. Hierfür ſpricht nicht nur die Bauart der Käfer, ſondern auch die ihrer Larven, denn die aus dem Ei ſchlüpfende Samen- käferlarve hat zunächſt ähnlich den Blattkäferlarven noch drei kurze Beinpaare. Wenn aber die augenloſe weiße Larve in das Innere eines Samens eingedrungen iſt, häutet ſie ſich und verliert bei dieſer Gelegenheit die für ſie überflüſſig gewordenen Beinchen, ſo daß ſie fortan den fußloſen, madenähnlichen Larven ähnelt, die wir bei den folgenden Käfergruppen kennenlernen werden. Der Erbſenkäfer, Laria pisorum L. (Bruchus), iſt ſchwarz, dicht mit graugelblichen und weißen anliegenden Haaren bekleidet und am Halsſchild ſowie in der Mitte jeder Seite mit einem durch die Behaarung verſteckten Zähnchen verſehen. Jede Flügeldecke trägt eine aus weißen Fleckchen zuſammengeſetzte Querbinde, das Hinterende zwei eiförmige ſchwarze Flecke. Die vier erſten Glieder der keulenförmigen Fühler ſind rotgelb. Jeder dieſer Käfer hat in einer Erbſe ſeinen Urſprung genommen und iſt aus einer ſolchen unter Hinterlaſſung eines großen, kreisrunden, ſcharfrandigen Loches hervorgeſchlüpft. Das Ausſchlüpfen aus den Erbſen findet vorzugsweiſe im Frühjahr ſtatt, kann aber in geſchütz⸗ ten Vorratsräumen, in denen Erbſen aufbewahrt werden, auch ſchon im Herbſt oder Winter erfolgen. Wenn im Frühling die Erbſenfelder in Blüte ſtehen, ſtellen ſich die Käfer auf ihnen ein, ſei es nun, daß ſie mit der Ausſaat dahin gelangt ſind, ſei es, daß ſie, durch den warmen Sonnenſchein gelockt, von den Vorratsräumen dorthin geflogen ſind. Die Käfer⸗ chen paaren ſich, und das Weibchen legt ſeine Eier an die ſehr junge Hülſe oder, genauer geſagt, an den durch das Abblühen eben ſichtbar gewordenen Fruchtknoten, und zwar in der Regel je ein Ei an einen ſolchen. Die erſte Aufgabe des jungen Lärvchens beſteht darin, ſich in die Hülſe einzufreſſen und die zarte Haut einer jungen, eben angelegten Erbſe zu durchbohren, um in deren Inneres zu gelangen. Die Erbſe läßt ſich hierdurch in ihrer Ent⸗ wickelung nicht ſtören, denn die geringfügige, beim Einbohren entſtandene Verletzung ver⸗ narbt völlig, jo daß die Erbſe ſamt der in ihrem Inneren hauſenden Larve heranwachſen und vollſtändig ausreifen kann. Nur in Ausnahmefällen, wenn die jugendliche Erbſe doch zugrunde geht, genügt eine Erbſe nicht für die Entwickelung der Larve, und letztere iſt dann gezwungen, ſich innerhalb der Hülſe eine zweite aufzuſuchen. Reife, mit Puppen oder Käfern beſetzte Erbſen ſind äußerlich immer daran zu erkennen, daß ſie an der Oberfläche eine ſchwärzlich ſchimmernde, ſcheibenförmige Stelle haben, die den Platz verrät, an dem der Schädling ſitzt und ſpäter durch Abſprengen eines kreisrunden Deckelchens die Erbſe ver⸗ laſſen wird. Der Erbſenkäfer iſt in Deutſchland ſeit dem Jahre 1753 bekannt. Als ſeine Urheimat gilt Nordamerika, doch hat er ſich jetzt längſt in allen Erdteilen eingebürgert. Eine ganz ähnliche Lebensweiſe haben der mutmaßlich aus Perſien ſtammende Bohnenkäfer, Laria rufimana Boh., der feine Entwickelung in Gartenbohnen und Pferde⸗ bohnen durchläuft, der Linſenkäfer, E lentis L., der ſich in Linſen entwickelt, wa verſchiedene andere Samenkäfer. 8 6. Familienreihe: Rüſſelträger Ae Die Rhynchophoren oder Rüſſelträger, deren Urſprung wohl bei baattkäferähn⸗ lichen Formen zu ſuchen iſt, zeichnen ſich ſämtlich durch Verlängerung des Vorderkopfes aus, der bei den eigentlichen Rüſſelkäfern zu einem förmlichen Rüſſel wird. Bei allen hierhin gehörenden Käferarten, die auch in ihrem inneren Bau viel Übereinſtimmendes zeigen, ſind die Chitinplatten an Kopf und Vorderbruſt je zu einem ae Ganzen verſchmolzen. Samenkäfer: Erbſenkäfer. Maulkäfer. Langkäfer. 489 Die Larven ſind ausnahmslos blinde, fußloſe, bauchwärts eingekrümmte weiße Maden mit gelblichem oder bräunlichem Kopf. Die einfachſte Familie unter den Rhynchophoren iſt die der Maulkäfer (Anthribidae), bei denen der Vorderkopf ſich in einen kurzen, breiten, aber nicht durch eine Querfurche abgegrenzten Rüſſel verlängert. Eine deutlich ab⸗ geſetzte Oberlippe ift vorhanden. Die Mittelkiefer tragen fadenförmige, viergliederige Taſter, die gleichfalls fadenförmigen Taſter der Unterlippe ſind dreigliederig, die breiten, mehr oder weniger vorſtehenden Vorderkiefer am Grunde gezahnt. An den nicht gebrochenen, am Ende bisweilen ſchwach verdickten Fühlern unterſcheidet man elf Glieder. Unter tropiſchen Arten finden wir Männchen mit weit über körperlangen Fühlern, ſo daß man die Tiere faſt für Bockkäfer halten könnte. Die Maulfäfer halten ſich beſonders an Baumrinde, an Schwämmen oder auf blühenden Sträuchern auf. Unſere Abbildung zeigt den Weißfleckigen Maulkäfer, Platystomus albinus L., der ſchneeweiße Zeichnungen auf rehbraunem Grunde trägt. Der or der lebte Bruſtring und der Hinterleib ſind gleichfalls weiß. An der Wurzel x des breiten ſenkrechten Rüſſels ftehen die nierenförmigen Augen, vor denen die faſt fadenförmigen Fühler ein⸗ gelenkt ſind, die beim Weibchen nur halbe Körperlänge erreichen. Der auf blühenden Sträuchern nicht allzu ſeltene Anthribus variegatus Geoffr., ein ſchwarzer, dicht punktierter, gedrungener Käfer mit braun beſprenkelten Flügeldecken, lebt bei Schildläuſen und ſchmarotzt unter anderem in den weiblichen Fichtenquirlſchildläuſen, Physokermes abietis Modeer, die oft zu Hunderten als 7 kleine, braune, erbſenartige Körperchen Zweige und Aſte junger Fichten bedecken. Ebenſo hat man den nahe verwandten Anthribus fasciatus Forst aus Schildläuſen des Bergahorns und der Hainbuche erzogen. Neben ſolchen als nützlich anzuſehenden Maulkäfern gibt es auch viele, die ihre Ent⸗ wickelung in Samen durchmachen und damit ſchädlich werden können. Ein Beiſpiel iſt der Kaffeekäfer, Araeoeerus fasciculatus Deg., der aus Indien ſtammen ſoll, ſich aber über alle Küſtenländer verbreitet hat, in denen er ein tropiſches oder wenigſtens ſubtropiſches Klima findet. Auch in die großen Handelszentren Deutſchlands und Nordamerikas wird der Kaffeekäfer alljährlich mit Waren eingeſchleppt, vermag ſich aber dort nicht weiter zu vermehren. Er iſt bei heißem Wetter ſehr lebendig, fliegt gut, läuft behende und macht 2—3 cm hohe Sprünge. Zur Nahrung dienen ihm harte Pflanzenſamen, in die er ſich einbohrt, und in denen man auch ſeine Larven finden kann. Kaffeebohnen, von denen er angeblich die feineren, wertvolleren Sorten bevorzugt, höhlt er ſchließlich derartig aus, daß unter der Schalenhaut nichts als eine krümelige Maſſe übrigbleibt. In ähnlicher Weiſe werden Kakaobohnen, die Samenkapſeln der Baumwolle, Palmenſamen, Muskatnüſſe, Ingwer⸗ wurzeln und ſelbſt getrocknete Früchte zerfreſſen, ja ſogar in den äußerſt giftigen Samen der Brechnuß (Strychnus) hat ſich der Kaffeekäfer viele Generationen hindurch züchten laſſen. Unter den Mitgliedern der Langkäfer (Brenthidae) ſind recht ſonderbare Geſtalten anzutreffen. Es ſind in der Regel braune oder rötlichbraune Käfer mit neun⸗ oder elf⸗ gliederigen Fühlern und mit geradem, nach vorn ausgeſtrecktem Rüſſel, deren Körper in ungewöhnlicher Weiſe in die Länge gezogen zu ſein pflegt. Die Männchen zeichnen ſich 490 Käfer. oft durch vergrößerte Vorderkiefer oder gezähnte und erweiterte Vorderſchienen und Vorder⸗ ſchenkel aus. Man findet die Langkäfer hinter Baumrinden, unter denen ſie ſich gern ge⸗ ſellig aufhalten. Eine Art von ihnen, Amorphocephalus coronatus Germ., gehört dem ſüdlichen Europa an, die meiſten kommen in den Tropen vor. Der auf der Farbentafel bei S. 450 dargeſtellte, in Braſilien häufige Brenthus anchorago L. gibt von ihnen eine Vorſtellung, wobei freilich zu bemerken iſt, daß Bee bei Br Form der re des Männchens eine ungewöhnliche SE erreicht. Die Apionidae haben einen kleinen, birnförmigen, hinten verdickten, vorn aber ver⸗ ſchmälerten und in einen ziemlich langen, dünnen Rüſſel auslaufenden Körper. Spitz⸗ llleinen Käferchen wegen ihrer vorn zu⸗ geſpitzten Geſtalt. Ihre Fühler ſind nicht kleiden den eiförmigen Hinterleib vollkom⸗ Arten über die ganze Erde verbreitet. und hier und da bei maſſenweiſem Auf⸗ treten ſchädlich werden. Die Larven boh⸗ ren in Stengeln und Samen. Das Obſt⸗ ſpitzmäuschen, Apion pomonae F., ein 5 ſchwarzes, etwa 3,5 mm langes Käferchen | ji Me 155 mit blauen, punktiert geſtreiften Flügel⸗ Es ggg decken, deſſen kegelförmiger Halsſchild eine DSNfpigmäuSgen, hegte met be, vertiefte Mittelrinne aufweist, frißt an Blütenknoſpen und jungen Trieben von Obſtbäumen und verſchiedenen anderen Laubhölzern. Die Larve entwickelt ſich in den Samen der Zaunwicke. Die Aſterrüßler (Rhynchitidae) ſtehen der vorigen Familie in ihrer Bauart nahe, äußerlich namentlich inſofern, als bei ihnen die Fühler ebenfalls nicht knieförmig gebrochen ſind; doch bleiben die drei letzten unbeweglichen Hinterleibsringe frei und werden nicht von den Flügeldecken bekleidet. Umſtändlich und ſorgfältig ſind die Vorbereitungen, die viele von ihnen für das Wohl und Gedeihen der Nachkommenſchaft treffen. Recht einfach iſt die Brutpflege noch bei den „Holzbohrern“, beiſpielsweiſe dem ſtahlblauen, etwa 5 mm langen Rhynchites pubescens T. Im Mai oder Juni wählt das Weibchen zur Eiablage holzige Eichenzweige, bohrt mit den Freßwerkzeugen ein Loch und ſchiebt das Ei hinein, ſo daß die auskriechende Larve ſich von dem Mark ernähren kann. Eine viel mühevollere Arbeit haben ſchon die „Triebbohrer“ zu verrichten, zu denen der etwa 3 mm lange Zweigſtecher, Rhynchites interpunctatus Stephi, gehört. Der Käfer iſt tiefblau gefärbt, ſtellenweiſe grün ſchimmernd und dunkel behaart. Beine und Rüffel find mäuschen nennt man in Deutſchland dieſe = gebrochen. Die gewölbten Flügeldecken be⸗ men. Die Apioniden ſind in zahlreichen Allein in Deutſchland kommen mehr als 100 Arten vor, die ſich nach der Über- winterung auf den verſchiedenartigſten Gewächſen einſtellen, an denen ſie nagen . y . 3 N r ler ad Be in Ar a ri u _r ” 5 wr Pr7 vr “ 1 Spitzmäuschen. Afterrüßler: Pflaumenbohrer. Rebenſtecher. 491 ſchwarz. Der hinten etwas erweiterte Halsſchild ift grob punktiert. Die Flügeldecken find tief punktſtreifig. Der in ſeinem grünblauen Gewande wenig auffallende Käfer ſtellt ſich im Mai und Juni auf den verſchiedenſten Laubhölzern ein. Man findet ihn auf Vogel⸗ beeren, Traubenkirſchen, Weißdorn oder in Gärten auf Birnbäumen, Pflaumen Kirſch⸗ und anderen Obſtbäumen. Bald hier, bald dort wird etwas genaſcht und der Rüſſel dabei in Triebe oder in Blüten⸗ und Blattſtiele eingeſenkt, bis das Weibchen ſein Brutgeſchäft ausübt. Hierzu wählt es an einem jungen Triebe oder an dem Pfropfreis eines Obſtbaumes eine paſſende Stelle unterhalb der Spitze aus und macht dort zunächſt einen „Einſtich“, indem es mit den Freßwerkzeugen eine kleine Einkerbung hervorbringt. Iſt dieſe Stelle bezeichnet, ſo ſteigt das Weibchen an dem Triebe empor, frißt nahe der Spitze des Schoſſes eine bis auf das Mark gehende Vertiefung, legt ein Ei und ſchiebt dieſes mit dem Rüſſel bis auf den Grund des Loches. Bisweilen werden in einen Trieb auch zwei Eier gelegt. Nach Erledigung dieſer mühſamen und zeitraubenden Arbeit gibt ſich der Mutterkäfer aber noch nicht der Ruhe hin, ſondern kehrt um und klettert wieder zu der früheren Stelle zurück, an der er den erſten Einſtich hervorgebracht hatte. Hier wird jetzt die Einkerbung entweder durch Nagen ſo weit vertieft, daß der Trieb umknickt und ſchon beim erſten beſten Windſtoß abbrechen muß, oder der Trieb wird völlig durchnagt und fällt dann ſogleich zu Boden. Das vertrocknende Mark des jungen, der Vernichtung preisgegebenen Triebes dient dann der kleinen, etwa binnen einer Woche ausſchlüpfenden Larve als Speiſe. Die Verpuppung findet in der Erde ſtatt. Mit der genannten Art ſoll der früher für eine eigene Art gehaltene und als Rhynchites alliariae Payk. bezeichnete „Blattrippenſtecher“ identiſch ſein, der ſich in Obſtſchulen durch Entblättern junger Obſtbäume öfters recht unliebſam bemerkbar macht. In dieſem Falle werden die Eier nicht in Triebe, ſondern in Stielen oder in den Mittelrippen von Blättern untergebracht. Da der Käfer hierbei jedesmal den ! am Grunde annagt, muß das Blatt natürlich bald welken und abfallen. „Fruchtbohrer“ werden andere Arten genannt, weil ihre Larven nicht in Trieben und Blättern leben, ſondern in unreifen Früchten die Entwickelung durchlaufen. Von ihnen ſei als Beiſpiel der hübſche Pflaumenbohrer, Rhynchites cupreus L., genannt, der ſich als Larve von jungen Pflaumen, Kirſchen, Vogelbeeren und ähnlichen Früchten nährt. Er iſt kupferig erzfarben, auf dem Rücken etwas lichter, ſchwach grau behaart, hat einen ſchlan⸗ ken Rüſſel und kräftige Punktſtreifen auf den Flügeldecken. Haben die Pflaumen etwa die Größe einer Mandel erreicht, ſo ſchneidet das Weibchen den Stiel halb durch, ſucht an der Frucht eine paſſende Stelle zum Unterbringen eines Eies, bohrt ein flaches Loch, erweitert es möglichſt unter Schonung der Oberhaut, legt das Ei hinein, ſchiebt es mit dem Rüſſel zurecht und drückt die Oberhaut wieder auf die Wunde. Hierauf begibt es ſich an die halb durchfreſſene Stelle des Stieles zurück und nagt dort weiter, ſo daß die unreife Pflaume über kurz oder lang zu Boden fallen muß. Einige andere Rhynchites⸗Arten gehören zu den „Blattwicklern“, denn ihre Weibchen beſorgen das Brutgeſchäft in der Weiſe, daß ſie ein oder mehrere Blätter zu einer kunſtvollen Rolle zuſammenwickeln, wie dies der Rebenſtecher, Byotiscus betulae L. (Rhynchites betuleti F.), tut. Letzterer iſt blau, bisweilen goldgrün glänzend und unbehaart. Der Rüſſel erreicht nicht die Länge von Kopf und Halsſchild zufammengenommen. Die Stirn ift flach ausgehöhlt, und die Flügeldecken ſind mit unregelmäßigen Punktſtreifen bedeckt. Der Käfer erſcheint im Frühjahr auf den verſchiedenſten Laubhölzern, wie Buchen, Pappeln, Weiden und Birken; in den Gärten ſucht er die Obſtbäume und in den Weinbergen die Reben heim. „E 492 = Käfer. Bald hier, bald dort benagt er zunächſt Blätter und Triebe, bis das Zortpftanzungsgefähät > beginnt. Das Weibchen fticht zu dieſem Zwecke die jungen Schoſſe an und rollt den ganzen Blätterſchopf zu einem langen, zigarrenförmigen Wickel zuſammen. Hierbei werden die Blattſtiele durchbiſſen bis auf einen, der gewöhnlich nur halb durchgenagt wird. Iſt dieſe Arbeit getan, ſo begibt ſich das Weibchen in das Innere des bald welk werdenden Wickels und bringt in ihm etwa 3—10 Eier unter. Die Verpuppung der Larven, die ſich dank der Fürſorge der Mutter von der welkenden Blattſubſtanz ernähren können und von dem ſchäd : lichen Saftſtrom bewahrt bleiben, geht ſpäter in der Erde vonſtatten. Der Käfer wird hauptſächlich den Weinreben gefährlich, deren große Blätter genügen, um je aus einem einen Wickel zu verfertigen. Da der Käfer in manchen Jahren maſſenweiſe auftritt und nicht nur durch Zerſtörung von Weinblättern, ſondern auch durch Zernagen der jungen Traubenſtiele Schaden anrichtet, kann ſich der von u verurſachte Verluſt an der Wein- ernte unter Umſtänden auf reichlich neun Zehntel des Geſamtertrages be⸗ ziffern. Valéry⸗Mayet, Profeſſor an der Wein ſchule von Montpellier, achtziger Jahren im De⸗ partement Hérault in einem Umkreiſe von meh⸗ reren Kilometern faſt Weinbergen zu Wickeln ! Px§Ëů Aumgeformt waren, ſo daß EE FE ER N SE pie den Sonnenſtrahlen Haſeldickkopfkäfer, Apoderus coryli L. (links), und Eichenblattroller, Attelabus i 1 eureulionides TL. (rechts), mit ihren Blattwickeln. Vergrößert. ſchutzlos preisgegebenen Trauben verdorrten. Noch kunſtvoller als der Rebenſtecher gehen einige andere Blattwickler zu Werke, die beim Anſchneiden der Blätter nach einem ganz beſtimmten Syſtem verfahren. Ein ſehr häufiger Käfer aus dieſer Gruppe iſt der Haſeldickkopfkäfer, Apoderus coryli L., ein oben roter, ſonſt vorherrſchend ſchwarzer, 6,5 bis faſt 9 mm langer Blattwickler, deſſen Halsſchild vorn zuſammengeſchnürt iſt und einen wulſtig verdickten Hinterrand beſitzt. Der ſchwarze Kopf iſt hinter den Augen halsartig verengt. Im April oder Mai läßt ſich der in ganz Mittel⸗ europa gemeine Käfer auf Haſelſträuchern oder auf Buſchwerk von Eichen, Buchen und Hain⸗ buchen blicken und ſtillt dort ſeinen Hunger durch Benagen der Blätter und jungen Triebe. Schaden von irgendwelcher Bedeutung wird hierdurch nicht angerichtet. Die Anweſenheit des Käfers macht ſich an den von ihm bewohnten Pflanzen erſt dann bemerkbar, wenn das Brutgeſchäft beginnt und die eigentümlichen Blattwickel hergeſtellt werden, die man ſpäter oft zu Hunderten an den Zweigen hängen ſieht. Zu jedem Wickel wird ein Blatt benutzt. Das Weibchen ſchneidet mit ſeinen ſcharfen Kiefern ſenkrecht zur Mittelrippe in die Blattſpreite ein, geht weiter und weiter, durchtrennt auch die Mittelrippe und noch ein kleines Stück von der anderen Hälfte der Blattfläche und wickelt hierauf den ſo entſtandenen Lappen, der durch Welken bald ſchlaff wird, in der Weiſe ein, daß die Mittelrippe in der Längsachſe liegt. f . teilt mit, daß in den ſämtliche Blätter in den Blattrollender Trichterwickler. Aus C. O. Bartels, „Auf frischer Tat“, Biologische Bilderserien. Zweite Sammlung. Stuttgart, Schweizerbart, 1911. Der Käfer durchnagt bogenförmig die beiden Hälften eines Birkenblattes bis zur Mittelrippe (1—3) und rollt, nach- dem der losgelöſte Blatteil zu welken begonnen hat (4), erſt die rechte Blattieite von innen her zuſammen (5--7), dann die linke Blatthälfte in entgegengeſetzter Richtung um die entitandene Tüte herum (8—12). Vgl. auch den nebenstehenden Text Afterrüßler: Haſeldickkopfkäfer. Eichenblattroller. Trichterwickler. 493 Der durch Umſchlagen oben und unten verſchloſſene, feſt zuſammengerollte Wickel iſt dann mit dem ſtehengebliebenen Grundteil des Blattes nur noch durch den Rand der einen Blatt- hälfte verbunden. Offnet man den Wickel, ſo findet man in ihm ein, bisweilen auch zwei bis drei bernſteingelbe Eierchen. Die dottergelben Larven finden an der welkenden Blatt⸗ ſubſtanz reichliche Nahrung und verwandeln das Innere des Wickels allmählich in ſchwarzen, fadenförmigen Kot. Die geſamte Entwickelung der Larve geht ebenſo wie die Verpuppung im Inneren des Wickels vor ſich, der mit dem abſterbenden Blatt gewöhnlich ſchon vorzeitig zu Boden fällt. Etwa zwei Monate nach der Ablage des Eies iſt wieder ein neuer Käfer entſtanden, der aber in der Regel erſt im folgenden Jahre zur Fortpflanzung ſchreitet. Der Eichenblattroller, Attelabus curculionides L. (nitens Scop.), fällt durch ſeine mehr gedrungene Körperform auf. Der Kopf iſt hinter den Augen kaum eingeſchnürt, der faſt wie poliert ausſehende Halsſchild halbkugelig. Flügeldecken, Halsſchild und meiſt auch die Fühlerwurzeln ſind rot, der übrige Körper bleibt glänzend ſchwarz. Das Weibchen geht bei der Herſtellung ſeiner Wickel, die kürzer als bei der vorigen Art bleiben, eigentlich noch kunſtvoller zu Werke, denn es macht zwei ſenkrechte Einſchnitte, und zwar in jede Blatthälfte einen. Die beiden Einſchnitte treffen genau an der Mittelrippe zuſammen, doch wird letz⸗ tere dabei nicht durchtrennt, ſondern bleibt als Verbindungsſtrang zwiſchen dem Röllchen und dem am Blattſtiel verbliebenen Blattreſt übrig, ſo daß auch hier die Mittelrippe in die Längsachſe des Wickels fällt. Faſt immer werden Eichenblätter in der geſchilderten Weiſe gewickelt, ſeltener die Blätter von Erlen oder echten Kaſtanien. In jedem Wickel findet man nur ein Ei. Die Larve verpuppt ſich nicht im Wickel, ſondern verläßt dieſen nach der Über⸗ winterung und verpuppt ſich im Erdboden. Ein noch größerer Künſtler iſt der ſchwarze, nur 3,5—4,5 mm 115 Birkenſtecher oder Trichter wickler, Rhynchites betulae L., der ſchmale, tütenförmige Röllchen an⸗ fertigt, zu deren Herſtellung er ein junges Blatt von einer Birke, Buche, Erle oder Haſel verwendet. Sein Verfahren, das auf der beigehefteten Tafel wiedergegeben iſt, weicht dabei weſentlich von dem der bisher genannten Blattwickler ab, denn die vom Trichter⸗ wickler gemachten Einſchnitte find nicht gerade, ſondern ungefähr Sförmig gebogen. Der erſte Einſchnitt, den der Käfer macht, führt vom Rande der rechten Blatthälfte bis zur Mittelrippe; letztere wird aber nicht durchtrennt, ſondern nur leicht verletzt. Dann begibt ſich der Käfer zur gegenüberliegenden linken Blatthälfte und führt dort gleichfalls vom Rande her einen Schnitt in etwas flacherem Bogen zur Mittelrippe, der dort in kleinem Abſtande von dem erſten Einſchnitt endigt. Es hat ſich nun herausgeſtellt, daß dieſe beiden vom Käfer gemachten Einſchnitte immer in einem ganz beſtimmten geometriſchen Ver⸗ hältnis zur Krümmung des Blattrandes ſtehen, denn das Verhältnis der erſten Schnitt⸗ kurve zur äußeren Blattgrenze iſt dem einer Evolvente zur Evolute gleich, während der Ver⸗ lauf der zweiten Kurve von dem der erſten abhängig iſt. Aus ganz beſtimmten mechaniſchen Gründen muß gerade dieſe Art der Schnittführung als die unbedingt paſſendſte und zweck⸗ mäßigſte gelten, weil der Wickel bei dieſer Konſtruktion die größte Feſtigkeit und Halt⸗ barkeit bekommt und weil das Zuſammenrollen auf dieſem Wege auch mit der geringſten Kraftanſtrengung für den Käfer verbunden iſt. d Wenn der Käfer ſeine beiden Einſchnitte gemacht hat, ſo beginnt er mit dem Auf⸗ rollen an der rechten Blatthälfte, um welche die ünke Hälfte wie eine Dede herumgewickelt wird. Der fertige Wickel ſieht etwa wie ein Trichter aus und ſteht mittels der im Inneren verlaufenden Mittelrippe mit dem noch ſtehengebliebenen Grundteile des Blattes in 494 = Käfer Zuſammenhang. In einer Stunde etwa iſt das ganze Werk vollbracht. Ehe aber der Trichter am unteren breiten Ende zugebogen wird, kriecht das Weibchen in das Innere und legt dort in kleine, ausgenagte Vertiefungen 2—4 Eier hinein. Bald erwachen die in den Eiern ent- ſtehenden Wickelkinder zum Leben und arbeiten Gänge nach allen Richtungen, die das völlige Abſterben und Vertrocknen der Blattmaſſe noch beſchleunigen. Dann kommt gewöhnlich der Wind, bricht den vertrockneten Wickel ab und ſchleudert ihn hinunter, ſo daß die reife Brut leicht den Weg zum Erdboden finden kann, in dem die Verpuppung ſtattfindet. Die neuen Käfer pflegen im nächſten Frühjahr immer ſchon ſehr zeitig auf dem Platze zu ſein. Die Echten Rüſſelkäfer (Curculionidae) bilden eine Rieſenfamilie, die zwar neuerdings noch weiter aufgeteilt wird, hier aber aus praktiſchen Gründen noch in ihrem weiteren Umfange beibehalten werden mag. Kennzeichnend für ſie ſind namentlich die knie⸗ förmig gebrochenen Fühler, die aus einem langen Schaft und aus einer Anzahl winklig dazu ſtehender Geißelglieder beſtehen und am Rüſſel in einer Grube oder Furche zu ent⸗ ſpringen pflegen. Der Rüſſel, das bekannteſte Merkmal der Familie, iſt in Form und Länge weitgehenden Schwankungen unterworfen. Die kurzen, beißenden Mundteile ſind an der Rüſſelſpitze gelegen. An den Füßen läßt ſich außer vier deutlich ausgebildeten Gliedern in der Regel noch ein verſtecktes fünftes Glied nachweiſen. Bei vielen Arten iſt der Körper von kleinen Schüppchen beſetzt. Neben zahlreichen einfarbigen oder düſter gefärbten Rüſſel⸗ käfern fehlt es auch nicht an bunten und mekalliſch deen Arten, die zum Teil von wundervoller Schönheit ſind. Die Hylobiinae haben einen verhältnismäßig langen, etwas gebogenen Rüſe, der gegen das freie Ende hin verdickt iſt. Die Vorderhüften ſtoßen in der Mittellinie zuſammen. Die Schienen haben an der Spitze einen ſtarken Haken. Hierhin gehört einer der gefähr⸗ lichſten Feinde der Nadelholzwaldungen, der in ganz Europa verbreitete und häufige Fich⸗ tenrüſſelkäfer, Hylobius abietis L., den der deutſche Forſtmann ſchlechthin unter dem Namen „Rüſſelkäfer“ oder „großer Er Rüſſelkäfer“ kennt. f Die Grundfarbe dieſes bis 14 mm großen oder kleiner bleibenden Käfers iſt ein düſteres, ſtumpfes Braun. Die Flügeldecken ſind kettenartig geſtreift, punktiert und mit einigen roſt⸗ gelben quer verlaufenden bindenartigen Zeichnungen und Flecken verſehen, die durch ſchuppen⸗ artige Haare hervorgerufen werden und bei alten, abgeriebenen Tieren oft unanſehnlich ſind. Der Halsſchild iſt längsriſſig gerunzelt. Mit ihren am Grunde getrennten Fußklauen und den an der Spitze der Schienen ſitzenden Enddornen können ſich die trägen Käfer gut an Zweigen und Stämmchen feſthalten, ſo daß ſie ſelbſt von den ſtärkſten Windſtößen nicht von den Bäumen herabgeworfen werden und es auch Schwierigkeiten macht, ſie von der Hand wieder loszubekommen, wenn ſie ſich an die Finger anklammern. Die größte Lebhaftigkeit und Lebensluſt fällt bei unſerem Rüſſelkäfer in die Zeit, wenn er eben ſeine Fortpflanzungs⸗ fähigkeit erlangt hat: dann macht er bei günſtiger Witterung auch einmal von ſeinen Flug⸗ werkzeugen Gebrauch, während er ſich ſpäter lieber auf ſeine Gehwerkzeuge verläßt, mit denen er natürlich nur verhältnismäßig kurze Strecken zurückzulegen vermag. Nach der Paarung dringt der weibliche Käfer in den Erdboden, ſucht abſterbende oder tote Wurzeln von Kiefern und Fichten auf und nagt in deren Rinde kleine Löcher, die mit einzelnen Eiern belegt werden. Ausgezeichnete Brutſtätten ſolcher Art findet der Käfer auf den weiten Schlagflächen, wie ſie von Zeit zu Zeit durch die Axt des Forſtmannes in den Wal⸗ dungen entſtehen. Die nach etwa 14 Tagen auskommenden Larven freſſen unter der Rinde in die Rinde oder freſſen letztere platz⸗ diges Ausſehen geben, dem das Ver⸗ meln kann, bildet das wichtigſte Mittel, PR de Sg r n EINEN UN Echte Rüſſelkäfer: Fichten-, Weißpunktrüſſelkäfer. 495 der Wurzel allmählich an Breite zunehmende Gänge, die furchenartig in das Splintholz ein⸗ greifen und von den ausgeſchiedenen Exkrementen wie mit feinem Bohrmehl vollgeſtopft ſind. Schließlich höhlt ſich jede Larve eine hakenförmig in das Holz eingreifende Vertiefung aus und verwandelt ſich in dieſer zur Puppe. So wenig die Larven, die ihr Leben in toten Wurzeln verbringen, in wirtſchaftlicher Hinſicht in Betracht lommen, ſo gefährlich werden die ausgebildeten Käfer, die in den Nadel⸗ holzkulturen eine höchſt verderbenbrin⸗ gende Tätigkeit ausüben. Maſſenweiſe fallen ſie über die jungen Kiefern⸗ und Fichtenſtämmchen her, nagen Löcher weiſe vollſtändig ab und rufen damit Verletzungen hervor, die den Stämm⸗ chen durch das hervordringende und erhärtende Harz ein häßliches, grin⸗ gilben der Nadeln und das Abſterben der beſchädigten Pflanzen folgt. Ne⸗ benbei benagen die Rüſſelkäfer auch Knoſpen und gehen zuweilen ſogar an Laubhölzer heran. Das fleißige Ab⸗ fangen der Käfer, die man unter aus⸗ gelegten Rindenſtücken oder in eigens dazu hergeſtellten, die Kulturen um⸗ gebenden Käfergräben in Mengen ſam⸗ um die jungen Kiefern und Fichten vor dieſem ſchlimmen Feind zu ſchützen. Gefährliche Nadelholzfeinde gibt es ferner unter den Pissodinae, die den eben genannten Käfern ziemlich ähnlich ſehen, ſich aber durch die in der Mitte getrennt bleibenden Vorderhüften und Brauner e . abietis L., 18900 der Käfer die ungefahr in der Stlfjelmikte ein. e ehen e er gelenkten Fühler unterſcheiden. Der in unſeren Kiefernwäldern überall häufige Kleine Kiefernrüſſelkäfer oder Weißpunkt⸗ rüſſelkäfer, Pissodes notatus F. (Abb., S. 496), eine etwa 5—7,5 mm lange Art, hat eine rotbraune Grundfarbe, die auf der Oberſeite durch einige von hellen Schüppchen gebildete Zeichnungen unterbrochen iſt. Auf dem runzelig gekörnten Halsſchilde ſtehen vier weiße Punkte. Die Flügeldecken tragen zwei rotgelbe Binden, von denen die vordere an der Flügelnaht unterbrochen iſt, während die hintere durchgehende meiſtens außen gelb, innen weiß iſt. Schon vom erſten Frühjahr an ſind die Weißpunktrüßler auf den Kiefernkulturen zu finden, ſenken hier und dort ihren Rüſſel in die Rinde der jungen Pflanzen und rufen damit zahlreiche kleine, nadelſtichartige Wunden hervor, die anfangs kaum ſichtbar ſind, 496 Käfer. nachher aber infolge von Harzausfluß wie kleine weiße Flecke erſcheinen. Die Käfer halten ſich gewöhnlich an jungen, 412 jährigen Pflanzen auf, verſchmähen jedoch in Ermangelung dieſer auch ältere, bis 30jährige Kiefern nicht und ſtillen gelegentlich, wenn auch nur aus⸗ nahmsweiſe, ihren Hunger an Fichten und Lärchen. Die durch den Käferfraß hervor⸗ gerufenen Verletzungen ſind indeſſen zu geringfügiger Natur, als daß ſie den betroffenen Pflanzen weſentlich ſchaden könnten. Gefährlich wird der Käfer nur im Jugendzuſtande, wenn ſeine Larven unter der Rinde junger Kiefern ſtammabwärts verlaufende Gänge ausnagen, die den Saftſtrom unterbinden, ſo daß die Bäumchen eintrocknen müſſen. Zur Verpuppung gräbt ſich jede Larve eine eiförmige Vertiefung in das Holz, eine ſogenannte Puppenwiege, die mit weichen, abgenagten Holzſpänchen vorſorglich ausgepolſtert wird. In dieſer Wiege färbt ſich auch der junge, aus der Puppe entſtandene Käfer aus, der dann ſeine Ge⸗ burtsſtätte durch ein kreisrundes Flugloch verläßt. Die eben genannte Pissodes-Art iſt leider nicht die einzige, die als Schädling für den deut⸗ ſchen Wald zu verzeichnen iſt. Viel Unheil richtet auch der Kiefernſtangen-Rüſſelkäfer, Pisso- des piniphilus Hbst., an, ein nur 4—5 mm meſ⸗ ſendes Käferchen von roſtbrauner Grundfärbung, das auf jeder Flügeldecke einen großen rötlichgelben Schuppenfleck hat. Glatte, dünnrindige Kiefern⸗ ſtämme, hauptſächlich alſo Stangenhölzer, im Alter von etwa 30—40 Jahren werden mit Vorliebe be⸗ fallen, namentlich dann, wenn die Bäumchen durch vorangegangenen Raupenfraß oder aus anderen Gründen bereits etwas geſchwächt waren. Die Larvengänge nehmen unter der Rinde einen ge⸗ ſchlängelten Verlauf, und die Verpuppung findet Weißpunktrüſſelkäfer, Pissodes notatus F.; N N 187 0 i f a) Käfer, b) Puppe, c) Larve, d) Stamm einer jungen e eiförmigen, in das Holz genagten und mit Kiefer mit Puppenlagern. a) bis e) vergrößert. Aus einem Spanpolſter ausgekleideten Puppenwiege u ſchel, „Di ädli d 2 2 4 7 . f Henſche See, Döſcbaun, ſtatt. Ganz ähnlich leben der etwas größere, an ſeinen grobpunktierten, hinter der Mitte mit einer gelben Querbinde gezeichneten Flügeldecken erkennbare Kiefernbeſtandsrüſſelkäfer, Pissodes pini L., der hauptſächlich unter der dicken Borke älterer Kiefernſtämme brütet, ſo⸗ wie der Tannenrüſſelkäfer, Pissodes piceae III., der Tannen angreift. Auch Fichten bleiben nicht verſchont, ſondern fallen häufig dem Harzrüſſelkäfer, Pissodes harcyniae Hbst., zum Opfer, einem 5—7 mm langen, mattſchwarzen Käferchen, bei dem die oberſeits zerſtreut ſtehenden weißlichen Schüppchen zwei mehr oder weniger deutliche Querbinden auf den Flügeldecken bilden. Ratzeburg war es zwar ſchon bekannt, daß der im allgemeinen als ſelten angeſehene Harzrüſſelkäfer zu den Forſtſchädlingen zu zählen iſt, größeres Aufſehen erregte der Käfer aber erſt, als er Ende der fünfziger und Anfang der ſechziger Jahre des letzten Jahrhunderts in verſchiedenen Teilen des Harzes, beſonders in den Revieren bei Echte Rüſſelkäfer: Pissodes- nen Stammringler. Erlenwürger. 497 gelerfed, Lautenthal, Harzburg, Oker und Seeſen, in gewaltigen Mengen auftrat und in den Fichtenbeſtänden umfangreiche Verwüſtungen anrichtete. 50 —100jährige Bäume hatten am meiſten zu leiden, aber nicht allein kränkelnde, unterdrückte Stämme, ſondern auch kern⸗ geſunde, kraftſtrotzende Fichten ſind damals in großer Zahl von dem Käfer zugrunde ge⸗ richtet worden, der ebenſo wie die obengenannten Arten ſeine Eier in die Rinde ſchiebt, und deſſen Larven unter der Rinde ihre Gänge anlegen, ſo daß die Saftzirkulation un⸗ möglich wird und die Bäume dürr werden müſſen. Der Harzrüſſelkäfer iſt natürlich nicht allein auf den Harz beſchränkt, ſondern überall in den Fichtenwaldungen der deutſchen Mittel⸗ gebirge verbreitet, jedoch glücklicherweiſe ohne in der Regel großen Schaden anzurichten. In den ſchon gute Erfolge zeitigenden Baumwollfeldern unſerer afrikaniſchen Kolo⸗ nien macht ſich zuweilen der Stammringler, Alcides brevirostris Boh., recht unan⸗ genehm bemerkbar, ein düſter gefärbter kleiner Käfer, der mit anderen Baumwollfeinden zu⸗ ſammen auf der farbigen Tafel bei S. 228 dargeſtellt iſt. Dieſer Rüßler arbeitet ganz nach der bewährten Methode, die wir beim Stengelbohrer kennengelernt haben, er ſchneidet eine lebende Pflanze an, führt dadurch deren Abſterben herbei und ſorgt damit für ſeine Larven, die ſich beſſer im welkenden Pflanzengewebe als im Saftſtrom entwickeln können. Wir ſehen ein Weibchen des Stammringlers gerade bei ſeiner Tätigkeit; rings um den Stamm einer Baumwollſtaude, etwa 10 —20 em über dem Erdboden, hat es Rinde und Splint zerbiſſen und oberhalb dieſer Stelle eines oder mehrere ſeiner glänzend gelben Eier untergebracht. Iſt die Arbeit beendet, ſo genügt meiſt ſchon ein kräftiger Windſtoß, um die ganze Pflanze oberhalb der Ringelung quer abzubrechen, und ein in dieſer Weiſe ſtark be⸗ troffenes Baumwollfeld ſieht dann, wie im Jahre 1905 aus dem oſtafrikaniſchen Bezirke Lindi berichtet wurde, wie künſtlich gekappt aus. a Die Verſtecktrüßler (Cryptorrhynchinae) ſind imſtande, ihren Rüſſel in einer in der Mitte der Vorderbruſt verlaufenden tiefen Längsrinne zu verbergen. Die Vorderhüften ſind voneinander entfernt. Der Erlen wür ger, Cryptorrhynchus lapathi L., iſt der einzige europäiſche Vertreter der ſehr artenreichen, namentlich in Südamerika verbreiteten Gattung. Der 7—9 mm lange, höckerige Käfer hat ein dichtes, ſchwarz, braun und rötlichweiß gefärb⸗ tes Schuppenkleid. Am letzten Drittel der Flügeldecken iſt er kreideweiß. Er hält ſich haupt⸗ ſächlich an Weiden, aber auch an Erlen auf, ohne jedoch durch ſein Freſſen an der Rinde beſonders ſchädlich zu werden. Im Mai ſind die Erlenwürger am zahlreichſten, aber auch zu anderen Jahreszeiten kommen ſie vor und ſind ſelbſt bis in den Oktober hinein noch ver⸗ einzelt zu finden. Die Legezeit, die in das Frühjahr fällt, kann ſich bisweilen bis tief in den Sommer hinein ausdehnen. Das befruchtete Weibchen legt ſeine Eier an die Rinde, unter der die Larve zunächſt einen flachen Raum aushöhlt. Später geht die Larve tiefer in das Holz hinein, frißt einen gerade aufſteigenden Gang und verpuppt ſich am oberen, haken⸗ förmig umgebogenen Ende desſelben. Der Erlenwürger, der ſeit den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts auch nach Nordamerika verſchleppt iſt, führt ſeinen Namen mit Recht, denn die jungen Erlenſtämmchen werden durch den Larvenfraß ſo beſchädigt, daß bei ſtarkem Auftreten des Schädlings ganze Beſtände zugrunde gehen können. Noch gefährlicher wird der Käfer in den Weidenhegern, in denen die Ruten welken und unbrauchbar werden. N Die Nußbohrer (Balaninae) zeichnen ſich durch einen langen, gekrümmten Rüſſel aus, der die Geſamtlänge von Kopf und Halsſchild übertrifft und namentlich beim Weibchen Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 32 498 Käfer. oft länger als der ganze Körper wird. Die Beine ſind kräftig, die Fußklauen am Grunde f geſpalten. Die meiſten Arten entwickeln ſich in Früchten, einige auch in Gallen. Der in Europa ſehr verbreitete Haſelnußbohrer, Balaninus nucum L., iſt von Mai bis Juli auf Haſelnußſträuchern anzutreffen. In die noch ganz weiche Schale junger Nüſſe bohrt das Weibchen ſeinen Rüſſel und ſchiebt in das jo hergeſtellte Loch je ein Ei hinein. Das Loch vernarbt wieder, die junge Nuß wird aber jetzt von einer weißen, braunköpfigen Larve be⸗ wohnt, die den Kern größtenteils in ſchwarze Kotkrümel verwandelt, bis ſie ſich im Herbſt durch ein großes Bohrloch einen Ausweg ſchafft, um ſich in der Erde zu verpuppen. Eine ganz entſprechende Lebensweiſe führen der Große und der Kleine Eichelbohrer, Ba- laninus glandium Marsh. (venosus) und B. tur- batus @yll., die hauptſächlich in Eicheln, bis⸗ weilen aber auch in Haſelnüſſen vorkommen. a AP das Fühlerpaar eingelenkt trägt. Die Augen 1 “ ſind vorſtehend, das Schildchen groß und er- in dieſer Gruppe wieder zu verzeichnen ſind, mag der in ganz Europa verbreitete Apſel⸗ blütenſtecher, Anthonomus pomorum L., 1 MM M 90 Il Da Haſelnußbohrer, Balaninus nucum * nebſt Larve. Apfelblütenſtecher zeitig im Frühjahr auf dem Platze, ſo daß er die Pa 0 ſchon r hat, wenn die Obſtbäume blühen. Das Weib⸗ chen ſticht alsdann Fruchtknoſpen von Apfelbäumen an und ſchiebt eines ſeiner Eier hinein, von denen es einen Vorrat von etwa 30 Stück beſitzt. Die Larve zerſtört die inneren Blütenteile, und zwar beſonders den Fruchtknoten, ſo daß die Blüten braun werden und wie verbrannt ausſehen, was in manchen Gegenden e Veranlaſſung gab, ia | Schädling den Namen „Brenner“ zu geben. a Der nahe verwandte mexikaniſche Baumwollkapſelkäfer, der „Cotton bol wee vill, Anthonomus grandis Boh., gehört in Amerika zu den gefährlichſten Schädlingen der Baumwolle. Der Käfer hat ſich im Laufe der Zeit über ganz Texas verbreitet und iſt bis in die weſtlichen Teile von Louiſiana vorgedrungen. Er legt nach der Überwin⸗ terung ſeine Eier einzeln in die Blütenkapſeln der Baumwolle, die hauptſächlich von den Larven und zum Teil auch durch die Käfer ſelbſt zerſtört werden Die Amerikaner haben berechnet, daß der Schädling, wenn man ihn, ohne Gegenmaßregeln zu ergreifen, gewähren ließe, durchſchnittlich etwa die Hälfte der ganzen Baumwollernte zerſtören und damit einen Geſamtverluſt herbeiführen würde, der jährlich auf 230 Millionen Dollar beziffert werden müßte. In Amerika hat man aber die Hände nicht in den Schoß gelegt, ſondern hat eine beſondere entomologiſche Sektion ins Leben gerufen, um ſeine Lebensgewohnheiten Die Blütenſtecher (Anthonominae) | haben einen langen, wenig gebogenen, walzen⸗ förmigen Rüſſel, der vor oder nahe der Mitte haben. Aus der Schar der Schädlinge, die auch hervorgehoben werden. Er erreicht eine Länge von 4,5 mm, Beine und Fühler ſind roſtrot, Halsſchild und Flügeldecken pechbraun, letztere mit einer verwaſchenen, grauen Querbinde Natürliche „rohe: Käfer auch SER verſehen. Nach der Überwinterung iſt der Z Echte Rüſſelkäfer: Haſelnußbohrer. Blütenftecher. Springrüßler. Blattſchaber. 499 genau zu erforſchen und hiernach die beſten Methoden ſeiner Bekämpfung bis in alle Ein⸗ zelheiten feſtzuſtellen. Die Springrüßler (Orchestinae) ſind an ihren ſtark verdickten, zum Springen ein⸗ gerichteten Hinterſchenkeln zu erkennen. Die Vorderhüften ſind einander genähert. Zu den bekannteſten deutſchen Arten gehört der Buchenſpringer, Orchestes fagi L. Das ohne den Rüſſel 2,5 mm meſſende Käferchen iſt ſchwarz und mit feiner, gleichmäßiger, grau ſchim⸗ mernder Behaarung bedeckt. Fühler und Füße tragen gelbliche Farben. Die lang-eiförmigen Flügeldecken bekleiden die b vollkommen und a gleichmäßig ee Anfang Mai ſtelltt! 0 ſich der Käfer nach „ der Überwinterung auf den eben auf- brechenden Blät⸗ tern der Rotbuche ein, um ſich zu er⸗ nähren und ſein Brutgeſchäft aus⸗ zuführen. Zu er⸗ ſterem Zwecke nagt er kleine Löcher in die Blätter, zur Er⸗ reichung des zwei⸗ ten ſchiebt das Weibchen hart an der Mittelrippe und in der Nähe des Blattgrundes e e Busen] pringer, Orchestes fagi L. An den Blättern feine vun: und Larvenminen. wählt es hierzu unbenagte Blätter und beſchenkt jedes dc meiſt nur mit einem gelblich⸗ weißen Ei. Die nach kaum 8 Tagen ausſchlüpfende Larve frißt zwiſchen Ober- und Unter⸗ haut des Blattes eine geſchlängelte Mine, die nach dem Blattrande zu allmählich breiter wird und gewöhnlich in der Nähe der Blattſpitze endigt. Hier angelangt, erweitert die in⸗ zwiſchen erwachſene Larve die Mine und wird in einem durchſcheinenden Geſpinſt zur Puppe. Aus letzterer kommt durchſchnittlich von Mitte Juni ab der Käfer zum Vorſchein. Leider iſt es bisher noch nicht gelungen, in wirkſamer Weiſe dieſen Schädling zu bekämpfen, der in manchen Jahren in ſo ungeheuren Mengen auftritt, daß die Buchen mit ihren zer⸗ ſtörten Blättern wie erfroren ausſehen und bereits im Sommer ganz braun ſind. Die Blattſchaber (Cionus Oaixv.) find kleine, gedrungene, fast kugelige Käferchen, die meiſt hübſch gezeichnet ſind und oft moſaikartig lichte, regelmäßige Haarfleckchen auf dunklerem Untergrunde haben. Am Grunde oder auf der Mitte der Flügeldecken ſitzt häufig ein runder, ſamtartiger Nahtfleck. Der walzenförmige Rüſſel legt ſich an die Bruſtunter⸗ ſeite an, die Augen ſind an der Stirn einander genähert, und die Geißel der gebrochenen Fühler, die dem Schaft an Länge ungefähr gleichkommt, ſetzt ſich aus fünf Gliedern 32* 500 Käfer. zuſammen. Das Schildchen iſt deutlich und das Männchen von ſeinem Weibchen durch ein längeres letztes Fußglied und ungleiche Klauen unterſchieden, indem die innere die äußere an Länge übertrifft, ein Geſchlechtsunterſchied, der an den Vorderbeinen am auffallendſten iſt. Die Larven ſehen merkwürdig aus. Sie ſind fußlos und von einem ſchleimigen, ober⸗ ſeits am letzten Hinterleibsring abgeſonderten Überzug eingehüllt, unter deſſen Schutz ſie oberflächlich die Blätter oder Blütenteile ihrer Nährpflanzen befreſſen. Unſere einheimiſchen Arten halten ſich beſonders auf der Königskerze (Verbascum) und Skrophularien auf. Der Eſchen-Blattſchaber, Cionus fraxini Deg. (Stereonychus), findet ſich nach der Über⸗ winterung im Boden auf den Eſchen ein und ſchreitet bald zur Fortpflanzung. Aus den Eiern, welche die Weibchen an die Blattunterſeiten legen, entſtehen grünlichgelbe, ſchwarz⸗ köpfige, von einem zähen, klebrigen Schleim bedeckte Larven, die ihren Aufenthalt haupt⸗ ſächlich an der Unterſeite der Blätter ſuchen, die von ihnen unter Schonung der Blatt⸗ rippen und der VVV Epidermis befreſſen werden. Zur Verpuppung, die ent⸗ : weder an den Blättern, meiſt aber in der Bodendecke ſtattfindet, zieht ſich die Larve zuſammen, und der erhärtende Schleim bildet um ſie eine tönnchenartige Hülle. Nun geht die Entwickelung raſch von⸗ ſtatten, jo daß es der etwa 3—3,5 mm lange, rotbraune Käfer, der mit grauen Schüppchen beſetzt iſt und auf dem Hals⸗ ſchilde ſowie auf den Flügeldecken einen | großen, dunkeln Fleck hat, zu mehreren Braunwurz⸗ Vlattſchaber, a serophulariae L., nebſt Generationen im Jahre bringen kann, wie eg, rn eh Größe. Dbm dies jedenfalls im Süden der Fall ift, wo die Käfer außer Eſchen auch Olbäume heinfnchen: Der Braunwurz-Blattſchaber, Cionus serophulariae L., pflegt fein Leben in zahlreichen Geſellſchaften auf der Braunwurz (Scrophularia nodosa) zu verbringen. Die 3 ö 4—5 mm langen Käferchen find ſchwarz und dicht beſchuppt, Bruſtſeiten und Vorderbruſt ſchneeweiß, die Flügeldecken dunkel ſchiefergrau, die Zwiſchenräume der Streifen ſamt⸗ 8 ſchwarz und weiß gewürfelt und die Naht mit einem großen vorderen und hinteren ſchwarzen Samtfleck verſehen. „Am 17. Juli“, ſagt Taſchenberg, „fand ich einzelne zur Verpuppung reife, bräunlichgrüne Larven neben bereits in ein glaſiges Gehäuſe eingeſponnenen, welche ſich in der Weiſe ankleben, wie obige Abbildung vergegenwärtigt. Ungefähr 3 Wochen mochten vergangen ſein, als von den erſten die Käfer zum Vorſchein kamen. In einem früheren Falle, als mir jene zierlichen Gebilde noch nicht bekannt waren, lernte ich ihre Erzeuger auch nicht kennen, ſondern aus den kleinen Blaſen entwickelten ſich nur winzige Schlupfweſpen (Chrysocharis Först.), der Familie der Pteromalinen angehörig.“ An einer anderen kleinen, in Südeuropa vorkommenden Art hat Sahlberg eine ſehr merkwürdige Beobachtung gemacht. Im Frühjahr fand er bei einem Aufenthalt in der Nähe von Raguſa unter abgefallenem Laub kleine rundliche, halb durchſichtige Kokons, die die Fähigkeit hatten, nach Art der „hüpfenden Bohnen“ kleine Luftſprünge zu machen und auf dem Tiſch, auf den das Laub zur Unterſuchung der in ihm lebenden kleinen Tierarten ausgebreitet worden war, munter umhertanzten. Es waren, wie ſich zeigte, Kokons von Cionus gibbifrons Kiesw. (Stereonychus), die aber noch keine Puppen, ſondern Larven =: Echte Rüſſelkäfer: Blattſchaber. Stengelbohrer. Blattrüßler. 501 enthielten. In jedem dieſer Kokons, die ſich durch eine außerordentlich elaſtiſche Beſchaffen⸗ heit ihrer Wand auszeichneten, lag eine ſtark eingekrümmte Larve. Streckte ſich die Larve aus, ſo wurde der Kokon gedehnt, und wenn das Tier dann gleich darauf wieder ſeine ein⸗ gekrümmte Lage annahm, ſo zog ſich auch der Kokon gummiartig ſo raſch zuſammen, daß er dabei gegen die Unterlage drückte und in die Höhe ſprang. Der Stengelbohrer, Lixus paraplecticus L., ein ſchmaler, 12 15mm langer Rüßler, den wir am Waſſerrande, an pflanzenreichen Ufern von Gräben und Sümpfen finden, iſt von einer gelben Aus⸗ ſchwitzung bedeckt, die free. lich leicht abgerieben wer⸗ den kann, ſo daß dann die beſcheidene, braungraue Grundfarbe des Käfers zum Vorſchein kommt. Dort treffen wir ihn im Früh⸗ jahr in Paarung, obwohl Taſchenberg einmal auch noch Ende September die feſt aufeinanderſitzenden Pärchen erbeutet hat. Das Lixus⸗ Weibchen verſenkt ſeine Eier in die dicken, hohlen Stengel des Waſſer⸗ fenchels oder Pferdeküm⸗ mels (Oenanthe phellan- drium) und einiger ähn⸗ licher Pflanzen und ſteigt zu dieſem Zweck auch onne Gefahr unter den Waſſer⸗ ſpiegel hinab. Die meiſten Larven entwickeln ſich einn 5 BR: zeln in den Internodien TE Schwarzer Rüſſelkäfer, Otiorrhynchus niger F. er vergrößert. der Pflanze. Bemerken wir an den Stengeln aber kreisrunde Löcher von der Größe eines Schrotkornes, ſo iſt dies ein ſicheres Zeichen, daß der Käfer bereits ausgeſchlüpft iſt. Argentinien iſt die Heimat eines anderen kleinen, kaum über 3 mm großen Rüßlers, Hydrotimetes natans Kolbe, der, wie aus den hübſchen Beobachtungen von Franck hervorgeht, unter kurzen, ruckweiſen Schwimmſtößen, zu denen das mittlere Beinpaar benutzt wird, unter Waſſer tauchen und ſchwimmen kann. Unter Waſſer findet auch die Kopula und Eiablage ſtatt, während die Käfer * der Fortpflanzungszeit vermutlich nicht unter Waſſer leben. Die Blattrüßler (Phyllobiinae) find kurzrüſſelige Käfer mit ſtumpf vorſpringenden Schulterecken an den Flügeldecken. Unterflügel ſind vorhanden. Die Käfer, die in der Regel ein aus metalliſch glänzenden, grünen Schüppchen beſtehendes Kleid tragen, kommen auf Bäumen und Sträuchern vor und ſind in Europa in zahlreichen Arten verbreitet, die Blätter 502 Käfer. und Knoſpen befreſſen. Großenteils gehören fie zur Gattung Phyllobius Schön. und haben eine ganz kurze, gerade Fühlerfurche, teils zählen fie zur Gattung Polydrosus Germ., die durch eine gegen den Unterrand des Rüſſels herabgebogene Fühlerfurche ausgezeichnet iſt. Die Dickmaulrüßler (Otiorrhynchinae) haben einen kurzen, breiten Rüſſel, einen hinter den Augen kaum verlängerten Kopf und kurzen Halsſchild; auch ſind die Tiere flug⸗ unfähig, weil ihnen Unterflügel fehlen und die Decken an der Naht in der Regel miteinander verwachſen ſind. Der in mitteleuropäiſchen Gebirgswaldungen häufige Schwarze Rüſſel⸗ käfer, Otiorrhynchus niger F. (Abb., S. 501), iſt ein gedrungener ſchwarzer Käfer mit faſt kahlen, punktiert geſtreiften Flügeldecken und roten Beinen unter Ausnahme der Füße, eines Teiles der Schenkel und gewöhnlich auch der Knie, die ſchwärzlich bleiben. Nachdem die Weibchen ihre Eier in den Boden von Fichtenkulturen oder jüngeren Fichtenbeſtänden ab⸗ gelegt haben, kommen ſchmutzig weiße, fußloſe Larven mit braungelbem Kopf aus, die bis zu 12 mm Länge erreichen und über die zarteren Fichtenwurzeln herfallen, deren Rinde fie 'hn⸗ lich wie Engerlinge befreſſen und ſchließlich völlig abſchaben. In den Nadelholzkulturen wer⸗ den dieſe Larven ungemein ſchädlich, denn es kommt gar nicht ſelten vor, daß die jungen Bäumchen nach Zerſtörung ihrer Wurzeln in großen Mengen trocken werden und dahin⸗ ſterben. Die Verpuppung geht im Erdboden in einer ausgeglätteten Höhlung vonſtatten. In Deutſchland kommt noch eine Reihe anderer Otiorrhynchus⸗Arten vor, die durch Benagen von Trieben und Knoſpen an Bäumen und Weinſtöcken ſchädlich werden, jo der Liebſtöckel⸗ näſcher, Otiorrhynchus ligustici L., eine ſchwarze, grau geſchuppte Art mit gekieltem Rüſſel und feingekörnten, kaum geſtreiften Flügeldecken. Der Käfer, der an Knoſpen und Trieben der verſchiedenſten Pflanzen frißt, iſt wiederholt an Pfirſichbäumen, an Weinreben, Spargel, Zuckerrüben und anderen Gewächſen läſtig geworden. Zu Tauſenden befällt er manchmal Luzernefelder. Bei einem derartigen Maſſenauftreten im Gouvernement Jekaterinoſlaw konnte Waſſiliew beobachten, daß dieſe Schädlinge ausnahmslos weiblichen Geſchlechts waren, aber die Fähigkeit hatten, ſich Fee ee weiter zu e Die in Europa, Aſien ud Nordamerika verbreiteten Ne g CSutdr N chinae) gehören mit zu den kleinſten und unanſehnlichſten Rüßlern. Die Vorderbruſt trägt eine Furche, das Schildchen bleibt undeutlich. Wir nennen von ihnen den Kohlgallenrüßler, Ceutorrhynchus sulcicollis Germ., ein 3 mm langes, ſchwarzes Käferchen, das unten dicht weiß beſchuppt iſt und einen fadenförmigen, an die Bruſt anlegbaren Rüſſel hat. Er iſt ein Beiſpiel dafür, daß es auch in der Ordnung der Käfer an gallenerzeugenden Arten nicht fehlt, und darf gleichzeitig unſer Intereſſe als landwirtſchaftlicher Schädling beanſpruchen, der gelegentlich ein Kümmern oder Abſterben von Kohl, Raps und ähnlichen Pflanzen herbeiführt. Schon in der erſten Hälfte des Mai pflegen ſich die Gallenrüßler einzuſtellen, um ihre Eier an den unteren Stengelteilen oder Wurzeln unterzubringen. Sind die Larven entſtanden, ſo bilden ſich an den befallenen Gewächſen harte, kugelige, bis haſelnußgroß werdende gallenartige Anſchwellungen, in deren Innerem die weißen Larven gewöhnlich zu mehreren hauſen. Nach Beendigung ihrer Entwickelung bohren ſie ſich nach außen und dringen in das benachbarte Erdreich ein, um ſich dort in lleinen rundlichen Kokons zu ver⸗ puppen, aus denen etwa 4 Wochen ſpäter ſchon wieder neue Käfer hervorgehen können. Dem gleichen Verwandtſchaftskreiſe gehören die Mauszahnrüßler (Baris Germ.) an. Der Rapsmauszahnrüßler, Baris coerulescens Scop., iſt oberſeits grünlich, bisweilen Echte Rüſſelkäfer: Dickmaulrüßler. Verborgenrüßler. Mauszahnrüßler. Cossonidae. 503 bläulich glänzend und bringt ſeine Eier in den Stengeln von Raps und Rübſen unter, in denen die Larven bohren und ſich ſpäter verpuppen. Den Übergang von den Rüſſelkäfern zu den unten zu beſprechenden Borkenkäfern bilden die Cossonidae. Nur ſchwer find fie von erſteren zu trennen, mit denen fie im Vorhanden⸗ ſein eines Rüſſels übereinſtimmen, während ſie ſich von ihnen durch die Bildung der Fühler⸗ keule, die meiſtens ungegliedert bleibt, unterſcheiden. Anderſeits ſtehen einige Koſſoniden gewiſſen Borkenkäfern bereits ganz nahe. Ihr Hauptverbreitungsgebiet ſind die heißen Länder, wo die Rieſen der Familie vorkommen, während in Europa nur einige unſcheinbare Arten hinter Baumrinde ein verſtecktes Daſein führen oder eingeniſtet auf Kornböden und Speicherräumen ihr Unweſen treiben. Unſere Abbildung zeigt den Palmenbohrer, Rhyn- chophorus palmarum L., einen ſtattlichen, etwas abgeplatte⸗ 1 ten Käfer von glänzend ſchwarzbrauner Färbung, deſſen \ Ji — Flügeldecken die Hinterleibsſpitze nicht bedecken. Die fetten, weißen, faſt fingerlang werdenden madenförmigen Larven hauſen gewöhnlich maſſenweiſe beieinander in Palmenſtäm⸗ men, deren Mark ſie aushöhlen, ſo daß die Bäume eingehen. In Surinam und einigen anderen tropiſchen Ländern Ameri- kas weiß man die Schädlinge aber doch nutzbringend zu ver⸗ wenden. Die Larven werden geſammelt, körbeweiſe auf den Markt gebracht und gelten, entweder über dem Feuer an⸗ geröſtet oder in heißem Waſſer gedämpft, bei den Eingeborenen als Leckerbiſſen. Es heißt ſogar, daß ſelbſt Europäer, wenn ſie erſt einmal den begreiflichen Widerwillen gegen dieſe wenig appetitliche Speiſe überwunden haben, den Palmenbohrer⸗ larven Geſchmack abzugewinnen wiſſen. Mit geriebenem man z. ae Gref. Brot, Salz und Pfeffer zubereitet, ſollen ſie gar nicht übel ſein. Unter den Koſſoniden gibt es eine ganze Anzahl, die Zuckerrohr befallen, in welchem übrigens auch der Palmenbohrer gelegentlich beobachtet wurde. Aus der Reihe dieſer auf Zuckerrohrplantagen bisweilen recht gefährlich werdenden Schädlinge machen wir den auf den Hawai⸗Inſeln vorkommenden Sphenophorus obseurus Boisd. namhaft, deſſen Ver⸗ heerungen dort einmal einen derartigen Umfang angenommen haben, daß der eingeborene König Kalakaua ſich hilfeſuchend an die Vereinigten Staaten von Nordamerika wandte und zur Bekämpfung dieſes für ſein Land ſo gefährlichen Feindes um Entſendung eines ſachverſtändigen Entomologen bat. Nicht alle Koſſoniden leben in der geſchilderten Weiſe. Manche bohren als Larven in den Stengeln von Bananen, noch andere leben i in unmittel⸗ barer Nähe der tropiſchen Küſten in feuchten Balken und Holzwerk. Unter den Schädlingen des lagernden Getreides iſt der wichtigſte der Kornkäfer oder Kornkrebs, Calandra granaria L. (Sitophilus; Abb., S. 504), ein 3—4 mm langer, ſchwar⸗ zer, im jugendlichen Zuſtande bräunlichrot gefärbter Käfer von überaus harter Körper⸗ beſchaffenheit. Der Halsſchild iſt mit länglichen Grübchen bedeckt, die Flügeldecken ſind ge⸗ ſtreift und die Unterflügel zu kleinen unbrauchbaren Reſten verkümmert. Wie ſo viele von den in geſchloſſenen Räumen auftretenden Schädlingen iſt auch der Kornkäfer in Deutſch⸗ land urſprünglich nicht heimiſch. Wenn auch ſein Urſprungsland nicht genau feſtſteht, kann es wohl kaum einem Zweifel unterliegen, daß es in den wärmeren Himmelsſtrichen der . ER 504 i Käfer. Alten Welt, in denen der Getreidebau zuerſt betrieben wurde, zu ſuchen iſt. Längſt hat ſich freilich der Käfer mit der fortſchreitenden Kultur über ganz Europa ausgebreitet, und der Handelsverkehr hat ihn auch bereits in alle außereuropäiſchen Kulturſtaaten geführt. Auf ſeine Herkunft aus Ländern mit milderem Klima deutet beſonders eine Eigentümlichkeit hin, die der Käfer in Deutſchland hat. Er ſcheint nämlich außerſtande, ſich in unſeren Breiten in der freien Natur zu vermehren. Nicht etwa, daß er bei uns überhaupt nicht im Freien vorkäme; im Gegenteil, er iſt ſogar ſehr häufig außerhalb von Gebäuden zu beobachten, und ohne jeden Schaden kann unſer Käfer auch den härteſten Winter im Freien überdauern. Die Kornkäfer ſuchen dann beizeiten irgendeinen Schlupfwinkel auf, verfallen dort in einen Starrezuſtand und laſſen alle Unbilden der Witterung über ſich ergehen, um erſt im Früh⸗ jahr, ſobald die Außentemperatur auf etwa 120 C geitiegen iſt, zu neuem Leben zu erwachen, ſo daß man ſie dann oft maſſenweiſe an den Außenwänden von Getreideſpeichern oder Mühlen ſitzen ſieht. Ihre Paarung und Fortpflanzung ſcheint aber nie an derartigen Orten vor ſich zu gehen, ſondern die Käfer dringen, normalerweiſe wenigſtens, auf irgendeinem Wege durch Ritzen oder Spalten wieder in das Innere der ſchützenden Räume vor, um ſich dort erſt zu vermehren. und Fugen, im aufgeſpeicherten Korn oder in lagernden Getreidekörner auf, um feinen Eiervorrat abzuſetzen, in⸗ en A dem es in einzelne Getreidekörner mit Hilfe ſeiner Mund⸗ größert. werkzeuge je ein Loch bohrt und in dieſes alsbald immer nur ein winziges Ei hineinlegt. Obwohl der Kornkäfer verſchiedenartiges Brutmaterial benutzt, kann er doch bis zu einem gewiſſen Grade als wähleriſch bezeichnet werden. Roggen und Weizen dürfte er am liebſten befallen, aber auch Gerſte, Hafer, Reis, Hirſe, Buchweizen, Mais und viele andere Sorten mehlhaltiger Körner werden heimgeſucht. Sehr große Körner, z. B. Mais, werden dabei vielfach mit zwei Eiern belegt und dementſprechend ſpäter auch von zwei Larven bewohnt. Wohl noch wichtiger als die Art der Körnerfrucht iſt die Beſchaffenheit derſelben. Etwas dumpfiges, erhitztes Korn wird viel ſtärker befallen als Getreide, das an kühlen, zugigen Orten lagert; ebenſo pflegen die Käfer lockere Getreidehaufen vorzuziehen, während ſie Korn, das in übereinander⸗ geſchichteten Säcken feſt zuſammengepreßt iſt, verſchont laſſen. | Die aus dem Ei auskriechende Larve iſt ein kurzes, gedrungenes, e Tier, das mit Ausnahme des bräunlichen Kopfes weiß gefärbt iſt und keine Beine beſitzt, die zweck⸗ | los fein würden, weil die Kornkäferlarve ihre ganze Entwickelung in einem einzigen Ge⸗ treidekorn durchmacht. Sie ernährt ſich dort auf Koſten des mehligen Inhalts, der nach und nach, meiſt im Laufe von 4 Wochen, völlig verzehrt wird, ſo daß dann ſchließlich nur noch die leere Hülſe des Getreidekorns übrigbleibt, innerhalb deren die Verpuppung vor ſich geht. Nach ein- bis zweiwöchentlicher Puppenruhe kommt der junge Käfer zum Vorſchein. Dieſer wird ſchon nach kurzer Zeit wieder fortpflanzungsfähig, und es können daher im Laufe eines Sommers mehrere Generationen aufeinander folgen. Unter unſeren Getreideſchädlingen gehört der Kornkäfer jedenfalls mit zu denjenigen, die ſich am ſtärkſten vermehren. Da jedes Kornkäferweibchen nach und nach ungefähr 150 Eier ablegen ſoll, und da es nur wenige Wochen dauert, bis aus den Eiern wieder neue Käfer entſtanden ſind, ſo hat man berechnet, In den meiſten Fällen findet übrigens auch ſchon die Über- 5 4 winterung in geſchloſſenen Räumen, in allerlei Winken 4 Säcken ftatt. Nach erfolgter Paarung ſucht das Weibchen = Cossonidae: Kornkäfer. Reiskäfer. Borkenkäfer. 505 daß die Nachkommenſchaft eines einzigen Paares von Kornkäfern im Laufe eines Jahres etwa 600—10000 Individuen beträgt. Eine weitere in ökonomiſcher Hinſicht ins Gewicht fallende Eigentümlichkeit des Kornkäfers ift feine Langlebigkeit. Während zahlreiche Inſekten nach der Begattung raſch hintereinander ihre Eier ablegen und alsdann ſterben, dauert es beim Kornkäfer immer viele Wochen, ehe er ſeinen Vorrat von Eiern abgeſetzt hat. Damit ſteht es natürlich in engſtem Zuſammenhang, daß er fortdauernd Nahrung zu ſich nehmen muß. Der Kornkäfer ſchadet ſomit nicht allein als Larve, ſondern ganz beſonders auch als erwachſenes Inſekt. Als Larve wird von ihm immer nur ein einzelnes Korn zerſtört, als ausgebildeter Käfer frißt er aber bald hier, bald dort Körner an und höhlt ſie teilweiſe oder ſogar ganz aus und benutzt die leeren oder faſt leer gefreſſenen Körner auch mit beſonderer Vorliebe, um ſich darin zu verbergen. Das vom Käfer befallene Getreide iſt alſo als Saat⸗ gut in den meiſten Fällen ganz unbrauchbar, aber auch für Mühlenzwecke iſt es durchaus minderwertig, denn aus „wurmigem“, d. h. vom Kornkäfer befallenem Getreide hergeſtelltes Mehl iſt von grauer Färbung, von bitterem Geſchmack, ſeine Backfähigkeit iſt herabgeſetzt, und überdies kann es noch geſundheitsſchädliche Eigenſchaften haben. Ein naher Verwandter iſt der häufig in Deutſchland aus Südamerika, Indien oder anderen warmen Ländern eingeſchleppte Reiskäfer, Calandra oryzae L. (Sitophilus), der auf jeder ſeiner Flügeldecken zwei rötliche Fleckchen trägt, und deſſen Halsſchild mit vielen kleinen, rundlichen Grübchen bedeckt iſt. Der Reiskäfer würde ſicherlich nicht die bedeutende Rolle in wirtſchaftlicher Hinſicht ſpielen, wenn er in ſeiner Ernährung allein auf Reis an⸗ gewieſen wäre, wie ſein Name vermuten ließe. In Wirklichkeit dienen aber außer Reis auch Weizen, Gerſte, Roggen, Buchweizen und viele andere Körnerfrüchte dem Tier als Nahrung und Brutmaterial. In den wärmeren Klimaten pflegt der Käfer die Körnerfrüchte direkt. auf dem Felde aufzuſuchen und bereits im Freien ſeine Eier in die betreffenden Körner abzuſetzen; dies wird ihm dadurch weſentlich erleichtert, daß er im Gegenſatz zum Kornkäfer wohlentwickelte Unterflügel hat und daher leicht von Feld zu Feld fliegen kann. Hiervon abgeſehen, iſt die Lebensweiſe die gleiche wie beim Kornkäfer. Die Reiskäferlarven ent⸗ wickeln ſich in ganz entſprechender Weiſe einzeln im Inneren von Reiskörnern oder Ge⸗ treidekörnern, zehren den Mehlkörper auf und verpuppen ſich ſchließlich in der leeren Hülſe. Die ausgebildeten Käfer beſchädigen durch Anfreſſen eine große Zahl von Körnern und greifen unter Umſtänden auch Zwieback, Keks und ähnliches an. Die wirtſchaftliche Bedeutung des Reiskäfers iſt in Deutſchland geringer als beim Kornkäfer, weil die Reiskäfer in unſerem Klima nur ausnahmsweiſe den Winter zu überdauern vermögen, ſie gehen in ungeheizten Räumen regelmäßig zugrunde, ohne ſich weiter zu vermehren, und auch in geheizten Räu⸗ men ſcheint ihre Lebensenergie bald nachzulaſſen. Die Tiere pflegen alſo bei uns nur vor⸗ übergehend vorzukommen und verſchwinden gewöhnlich bei Eintritt der kälteren Jahreszeit ohne weiteres Zutun, ſo daß ihre dauernde Einbürgerung nicht zu befürchten ſteht. In der Familie der Borkenkäfer, Ipidae (Scolytidae), hat der Formenkreis der Rüſſelträger wohl ſeine eigenartigſten Vertreter zur Entwickelung gebracht. Unanſehnlich und ſchmucklos ſind freilich alle hierhingehörenden, vorherrſchend braun oder ſchwärzlich gefärbten Käferchen, die kaum Andeutungen eines Rüſſels erkennen laſſen, und deren knie⸗ förmig gebrochene Fühler am Ende keulenförmig verdickt ſind. Die meiſten Arten meſſen nur wenige Millimeter, und die größte Art, ein braſilianiſcher Rieſenborkenkäfer, Phloeo- trupes grandis Er., bringt es auch nur bis zu einer Länge von 15 mm. Ungeachtet ihrer ER FF 8 9 Ar zur 2 — * ee 506 Käfer. geringen Größe ſind die Borkenkäfer aber mit hochentwickelten Inſtinkten begabt, ſo daß wir dieſe Tierchen, unter denen viele als Zerſtörer von Bäumen eine hervorragende ökono⸗ miſche Bedeutung beſitzen, nicht mit Stillſchweigen übergehen können. Ihre Brutſtätten ſuchen fie faſt ausnahmslos an den verholzten Teilen von Bäumen, im Holz oder unter der Rinde, und nur wenige Arten vermehren ſich, wie der Kleewurzel⸗ käfer, Hylastinus trifolii Mill., in den Wurzeln des Wieſenklees und anderer Schmetter⸗ lingsblütler oder brüten, wie der Dattelbohrer, Coccotrypes dactyliperda F, in Frucht⸗ kernen. Beim Anfliegen an den Brutbaum finden ſich gewöhnlich die beiden Geſchlechter zuſammen, entweder paarweiſe, wie beim Großen Kiefernmarkkäfer, Hylesinus piniperda L., oder es geſellen ſich, wie beim Buchdrucker, Ips typographus L., und anderen Arten, mehrere Weibchen und ein Männchen zueinander. Raſch durchbohren die Käfer die Rinde und dringen dabei mit ihrem ganzen Körper in das Innere des Stammes, wobei die Ein⸗ | gangspforte als rundes Bohrloch oder Anflugloch erhalten bleibt. Sit dieſe ſchwere An- fangsarbeit gelungen, die bei manchen Arten von den Männchen, bei anderen vom Weib⸗ chen ausgeführt wird, ſo hat ſtets das letztere für den weiteren Ausbau der gewählten Brut⸗ ſtätte zu ſorgen. Der weibliche Käfer führt dieſe Aufgabe aus, indem er mit Hilfe ſeiner Freßwerkzeuge einen oder mehrere Gänge ausgräbt, die je nach der Art des Käfers in ganz beſtimmter Richtung verlaufen. Beim Großen und Kleinen Ulmenſplintkäfer, Scolytus geoffroyi Goeze und multistriatus Marsh., führt der von dem Mutterkäfer hergeſtellte Gang als ſenkrechter „Lotgang“ parallel zur Längsachſe des Stammes unter der Rinde in die Höhe (j. die Tafel, Fig. 3 u. 5). Beim Eichenſplintkäfer, Scolytus intricatus Ratz., ſchlägt dagegen der Muttergang eine wagerechte Richtung ein und verläuft als „einarmiger Wagegang“ ſenk⸗ recht zur Richtung der Holzfaſern (f. die Tafel, Fig. 4). Bisweilen wird von der Eingangs⸗ ſtelle aus, wie beim Eſchenbaſtkäfer, Hylesinus crenatus V, ein „doppelarmiger Wagegang“ angelegt, der aus zwei in der Mitte vereinigten wagerechten Gängen beſteht, wobei dann der Käfer abwechſelnd bald den einen, bald den anderen Fraßgang fördert, bis das Werk vollendet iſt. Waren aber gleich anfangs dem Männchen mehrere Weibchen durch dasſelbe Eingangs⸗ loch gefolgt, ſo ſtellt ein jedes dieſer Weibchen für ſich einen geſonderten Gang her, und es können damit eigentümliche, ſternförmige Fraßfiguren zuſtande kommen, wie dies bei der Tätigkeit des Zweizähnigen Kiefernborkenkäfers, Ips bidentatus Hbst., und vieler anderer Borkenkäfer in ſchöner Weiſe ſichtbar wird. Jede Borkenkäferart arbeitet ſomit nach einem beſonderen Schema, ſie hat ſozuſagen ihren eigenen Bauſtil, an dem mit größter Zähigkeit feſtgehalten und von dem nur dann einmal etwas abgewichen wird, wenn unerwartete Stö⸗ rungen eintreten, etwa dann, wenn benachbarte Fraßgänge ſich zu nahe rücken und damit notwendig gewiſſe Unregelmäßigkeiten eintreten müſſen. Während der weibliche Käfer noch damit beſchäftigt iſt, ſeinen Gang, einen ſogenannten Hauptgang oder „Muttergang“, anzu⸗ legen, ſorgt er immer ſchon fleißig für Nachkommenſchaft und legt ſeine Eier ab, und zwar in der Regel in der Weiſe, daß er in den Gang in regelmäßigen Abſtänden von Strecke zu Strecke kleine, niſchenförmige Vertiefungen nagt und in jeder ein Ei unterbringt. Nicht lange hernach erſcheinen die Larven, weißliche, bauchwärts gekrümmte, fußloſe Maden mit bräun⸗ lichem, augen- und fühlerloſem Kopf, von denen in den meiſten Fällen jede für ſich von ihrem Entſtehungsorte aus einen etwas geſchlängelten, allmählich breiter werdenden „Larvengang“ ausfrißt, an deſſen Ende fie ſich ſchließlich in einer erweiterten Puppenwiege verpuppt. Der aus der Puppenwiege hervorgehende Jungkäfer bohrt ſich aber ſpäter meiſtens gleich an Ort und Stelle durch ein ſenkrecht die Rinde durchſetzendes Ausflugloch nach außen. Fraßſtücke von Borkenkäfern J. T f — nn — — Ta —— —ę—ʒ — 1. und 2. Rinde eines vom Birkeniplintkäfer, Scolytus ratzeburgi Jans., befallenen Birkenſtammes. von außen, 2 von innen geliehen. Originale im Kgl. Zoologischen Museum in Berlin. 3. Cotrechter Muttergang mit davon ausgehenden Lar- vengängen des Großen Ulmeniplintkäfers, geoffroyi Goeze. Scolytus "udytupj2ß -utd s2Blamzu2ApIs saula zjoy spp ut ‘dag snydeızoryur sdj Seip -udydoquanpıs u2B1jaßngjuaıpans s?p u2ındıygvıs 2BIwıojuıs}g 9 DPu1rauazyny -uupdjuaum uuf sep "unJag uf wInasnw UOYISIZ0700Z ISA un eius — uva ohezusuuf adp up "ysıoy smernsnjnur smAlodg uaBupßuaaın 7 uapuoy2ßsnp uoapp up put Bupßisynyyg 12P21407 s TIEFER BR sz pn buen uus uv usbupbusaiog uses .-2B uajun wou pun usqo ıppu mu b snyesinur snAjoas ‘saajoyyuudı -udipig sop Bupßaßom 1oBrwavum '+ Borkenkäfer: Allgemeines. i 507 Die aus Muttergang und Larvengängen ſich zuſammenſetzenden Fraßfiguren ver⸗ laufen bei der überwiegenden Mehrzahl der Borkenkäfer, den ſogenannten Rindenbrütern, in den ſaftführenden Schichten des Baumes an der Grenze zwiſchen Holz und Rinde. Man bekommt dieſe durch ihre Regelmäßigkeit überraſchenden und manchmal wie zierliche Schnitze— reien erſcheinenden Figuren leicht zu Geſicht, wenn man von einem trocken gewordenen, durch Borkenkäfer getöteten Stamm oder Aſt die morſche Rinde ablöſt und nun den frei⸗ gelegten Holzkörper oder die Unterſeite der Rinde betrachtet. Die Borkenkäfergänge ſind dann entweder ſtärker in die Innenſeite der Borke eingegraben, oder greifen mehr in die oberflächliche Holzſchicht ein, in der Regel aber ſind ſie ſowohl am Holz als an der Rinde ſichtbar. Da gerade in den unter der Rinde befindlichen Gewebsſchichten die meiſten Ei⸗ weißſubſtanzen und e Nührſtoffe aufgeſpeichert . ſo brauchen die Larven der Rindenbrüter . Sr keine Not zu lei⸗ den, ſondern fin⸗ den Nahrung in Hülle und Fülle. Anders it es dagegen bei einer Anzahl von ern c Borkenkäferarten, | SI — — Se den Ambrojia h FR käfern, die man Holzbrüter nennt, N weil die von ihnen hergeſtell⸗ ten Fraßgänge im GE pa SER EN x Inneren des Hol- rin m e TT zes gelegen ſind. : Von einem röhrenförmigen ber den der Mutterkäfer durch die Rinde hindurch in ſenkrechter Richtung bis tief in den harten Holzkörper hinein angelegt hat, zweigen ſich nach einem beſtimmten Syſtem je nach der Art des Käfers in verſchiedenen Richtungen ver⸗ laufende Brutröhren ab, die zur Ablage der Eier dienen. Unſere Abbildung zeigt die Fraß⸗ figur eines ſolchen Holzbrüters, des geſtreiften, in Nadelhölzern vorkommenden Nutzholz— borkenkäfers, Trypodendron lineatum Oliv. (Tomicus), eines walzenförmigen, ſchwar— zen, etwa 3 mm langen Käferchens, bei dem die Beine, Fühler, der Grund des Halsſchildes und die ſchwarzgeſtreiften Flügeldecken gelblichbraun ſind. Die im weißen Splintholz an⸗ gelegten ſchwarzen Brutgänge ſind bei dieſem Käfer unter dem Namen „Leitergänge“ be⸗ kannt. Am Grunde des Eingangsſtollens zweigen ſich hier zwei annähernd horizontal verlaufende, den Jahresringen im Holz ungefähr folgende Brutröhren ab, an deren Ober⸗ und Unterſeite in regelmäßigen Abſtänden die je mit einem Ei belegten Eierniſchen an⸗ gebracht werden. Die Larven des Nutzholzkäfers begnügen ſich damit, ganz kurze Gänge auszufreſſen, welche ähnlich wie die Sproſſen einer Leiter angeordnet ſind und gerade hin⸗ reichen, um den Körper der Larve zu beherbergen und ſpäter auch die Puppe aufzunehmen. Die Jungkäfer benutzen in dieſem Falle die Brutröhren, um durch den a und das urſprünglich angelegte Bohrloch ins Freie zu gelangen. = — RT BE ᷣͤ ee a TEE 508 1 Käfer. Die Anlage der Fraßfigur im Inneren des harten Splintholzes hat für die Holzbrüter den weſentlichen Vorteil, daß ſich ihre Brut ungefährdet durch die Nachſtellungen des Spech⸗ tes und vieler anderer Feinde in der ſicheren Tiefe entwickeln kann. Dagegen gibt das an ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen arme Holz ein ſchlechtes Nährmittel ab und kann überdies im Darm ſo ſchlecht ausgenutzt werden, daß immer viele Holzteilchen den Körper wieder un⸗ verbraucht verlaſſen müſſen. Eſcherich beobachtete einmal Holzbrüter, welche gierig die Ex⸗ kremente ihrer eigenen Genoſſen verſchlangen, um ſie abermals als Speiſe zu benutzen. Die junge Brut braucht aber für ihr Gedeihen eine nahrhaftere Koſt, und ſo ſind der Ge⸗ ſtreifte Nutzholzkäfer ebenſo wie viele andere Holzbrüter zu Pilzzüchtern geworden. Die ſchwarze Farbe der inwendig wie mit einer glühenden Nadel ausgebrannt erſcheinenden Brutröhren rührt von einem feinen Pilzbelag her, der als dichter Raſen die Gänge au kleidet und mikroſkopiſch feine Fäden nach allen Richtungen weit in das Holz entjendet, um ihm die Nährſtoffe zu entziehen. Die aufgeſogenen Nährſubſtanzen werden von den Pilzen zum Teil zur Bildung von Fruchtkörpern (Konidien) verwendet, zum Teil aber in beſon⸗ deren, Ambroſia genannten Zellenhäufchen aufgeſpeichert, die von den Käfern und ihrer Brut gefreſſen werden und bei manchen Arten ſogar die einzige Nahrung bilden. Es hat ſogar den Anſchein, daß die Ambroſia nur unter dem Einfluß der Käfer entſtehen kann und gewiſſermaßen ein Züchtungsprodukt der letzteren darſtellt. Von den verſchiedenen Arten der Ambroſiakäfer wird bald dieſe, bald jene beſondere Sorte von Pilzen kultiviert. Der Geſtreifte Nutzholzkäfer züchtet beiſpielsweiſe in ſeinen Gängen den bekannten Blaufäule⸗ erreger des Nadelholzes, um deſſen Ambroſia als Nahrung zu gewinnen. Auch für Ausſaat der Pilzſporen iſt geſorgt, denn ehe die Jungkäfer ausſchwärmen, bleiben die Fortpflan⸗ zungskörper der in der elterlichen Wohnung wuchernden Pilze an dem behaarten Körper hängen, ſo daß die ausfliegenden Käfer mit Sporen beladen ſind und die Keimzellen der Pilze jedesmal gleich in ihr neu zu begründendes Heim mitnehmen können. x Die Borkenkäfer fuchen für die Brutzwecke die verſchiedenſten Bäume auf. Der Buch⸗ drucker, Ips typographus L., brütet faſt ausſchließlich in Fichten. Der ungefähr ebenſo große Kiefernmarkkäfer, Hylesinus piniperda L., entwickelt ſich faſt ſtets unter der dicken Borke von Kiefern. Nadelhölzer werden überhaupt bevorzugt. Nach Nüßlin werden die Kiefern von etwa 26 Arten, die Fichte von etwa 14 Arten und die Tanne von 4 Arten heim- geſucht. Unter den Laubhölzern ſind Eiche und Ulme bevorzugt, beide mit je 7 Arten, dann folgt die Eſche mit 3 Arten. Alle übrigen Nadel- und Laubhölzer haben höchſtens 2 Arten, öfters ſogar nur eine Art. Jedoch ſind die genannten Zahlen inſofern nicht vollſtändig, als es noch außerdem Borkenkäferarten gibt, welche mehr oder weniger polyphag leben, und als manche einer Holzart zugewieſene Spezies auch gelegentlich an einer anderen vorkommen kann. Die Borkenkäfer wiſſen hierbei faſt immer die für ihre Brutzwecke beſonders geeig neten Bäume als ſolche herauszufinden, denn in der Regel bevorzugen ſie als „ſekundäre Schädlinge“ die kümmernden oder abſterbenden Bäume, zumeiſt Todeskandidaten, die ohne⸗ hin dem Untergange früher oder ſpäter entgegengehen und deren Ende ſie nur beſchleunigen. Kraftſtrotzende, völlig geſunde Bäume bleiben gewöhnlich verſchont. Bei maſſenweiſem Auf⸗ treten der Borkenkäfer kann es freilich auch einmal anders kommen. Alle kränkelnden Bäume ſind dann raſch von den Scharen der nach Brutgelegenheit ſuchenden Käfer beſetzt, für die neuen Ankömmlinge iſt bald nichts mehr übrig, und der bitteren Not gehorchend, ſind ſie gezwungen, zu „primären Schädlingen“ zu werden und ganz geſunde Bäume anzu⸗ fallen. Die erſten kühnen Angreifer erſticken bei ihrem Einbohrungsverſuche im ausfließenden Borkenkäfer: Kiefernbaſtkäfer. Großer Kiefernmarkkäfer. 509 Harz oder kommen im Baumſaft um, aber immer neue Käfer folgen, bis der Baum den ſich ſtetig wiederholenden Angriffen nicht mehr ſtandhalten kann und erliegt. Auf dieſem Wege kann eine ungewöhnlich ſtarke Vermehrung insbeſondere der rindenbrütenden Borken⸗ käfer zu großen Kataſtrophen führen, und oft genug find ſchon ausgedehnte prächtige Wal- dungen dem Zerſtörungswerke dieſer unſcheinbaren Inſekten zum Opfer gefallen. Weniger ſchädlich werden im allgemeinen die Holzbrüter, die die ſaftführenden Schichten des Baumes nicht zerſtören und damit deſſen Lebenskraft nicht unmittelbar bedrohen, dafür aber durch ihre Brutarbeit das Holz für den techniſchen Gebrauch wertlos machen. Die einfachſte Gruppe unter den Borkenkäfern iſt die Unterfamilie der Baſtkäfer (Hylesininae), die noch am meiſten an die oben geſchilderten Koſſoniden erinnern. Es find walzenförmige Käferchen, deren ſeitlich abgerundeter Halsſchild den Kopf von oben geſehen nur teilweiſe bedeckt und bei denen die Bauchringe des Hinterleibes gleichmäßig hinterein⸗ ander angeordnet ſind, ohne einen ſteilen Abfall zu bilden. An den Beinen iſt das dritte Fußglied meiſt zweilappig. Die Mehrzahl der Hyleſinen beſorgt, von einigen Ausnahmen, wie dem obengenannten Kleewurzelkäfer, abgeſehen, ihr Brutgeſchäft in Bäumen. Der Schwarze Kiefernbaſtkäfer, Hylastes ater Payk., ein langgeſtreckter, walzenförmiger Käfer mit ſchwarzen, ſtark punktiert geſtreiften Flügeldecken, kommt ſchon zeitig im Früh⸗ jahr aus ſeinem Winterverſteck hervor und wählt flach ſtreichende, abgeſtorbene Kiefern⸗ wurzeln als Brutmaterial. In dieſen ſtellen die Mutterkäfer, um ihre Eier abzuſetzen, vor⸗ wiegend längsgerichtete, etwas geſchwungene Gänge her, doch kommt bei dieſer Art ein regelmäßiges Fraßbild noch nicht zuſtande, weil die ſpäterhin von den Larven angelegten Gänge ganz wirr nach den verſchiedenſten Richtungen durcheinander laufen. So gleich⸗ gültig das Brutgeſchäft des Schwarzen Kiefernbaſtkäfers für den wirtſchaftlichen Betrieb des Forſtmannes iſt, ſo werden doch die Käfer ſelbſt, und zwar beſonders die neu zur Entwicke⸗ lung gekommenen, ſchädlich, indem ſie ſich in den Kulturen über die jungen, etwa 3—10⸗ jährigen Kiefernſtämmchen hermachen, deren Rinde zerfreſſen und unterhöhlen, ſo daß die Pflanzen welken und abſterben. Fleißiges Abſammeln der Käfer an ausgelegten Rinden⸗ ſtücken oder das Abfangen in Fanggräben, wie ſie gegen den Großen Rüſſelkäfer gebraucht werden, ſchützen die Kiefernkulturen am beſten gegen dieſe Schädlinge. In allen Kiefernwäldern des nördlichen und mittleren Europas und Aſiens iſt ebenſo wie im Mittelmeergebiete der Große Kiefernmarkkäfer, Hylesinus piniperda L. (Mye- lophilus; Abb., S. 510), zu Hauſe. Im ausgereiften Zuſtande hat er dunkel ſchwarzbraune Färbung; hellere oder gar ſtrohgelb ausſehende Stücke find jung und erſt vor kurzem aus der Puppe erſtanden. Die Körperlänge beträgt etwa 4—4,5 mm. Der weitläufig punk⸗ tierte Halsſchild iſt vorn ſchmaler als hinten. Die Fühlergeißel iſt ſechsgliederig mit vorn zugeſpitzter Keule, die Flügeldecken fein punktiert längsgeſtreift und die zwiſchen den Punkt⸗ ſtreifen befindlichen Zwiſchenräume hinten mit Höckerchen beſetzt, mit Ausnahme des von der mittleren Nahtlinie an gerechneten zweiten Zwiſchenraumes, der hinten glatt bleibt. Kleine weiße oder gelbliche, trichterförmige Gebilde aus ausgefloſſenem Harz, die an manchen Kiefernſtämmen ſitzen, ſind ein untrügliches Zeichen, daß der betreffende Baum bereits den Angriffen des Großen Markkäfers ausgeſetzt war. Sehr zeitig im Frühjahr, in Norddeutſchland im März oder April, in wärmeren Lagen oft ſogar ſchon im Februar, erwachen dieſe Käfer aus ihrem Winterſchlaf, fliegen als „Frühſchwärmer“ im Walde umher und bohren ſich, nachdem die Pärchen ſich zuſammengefunden und zu einem geeigneten 510 Käfer. Baum gelangt ſind, in den Stamm ein, dort, wo die Kiefer von dicker Borke bedeckt iſt. Von dem ſtets unter einer Rindenſchuppe verſteckt ſitzenden Bohrloch aus wird unterhalb der Borke ein einfacher, gerader Gang angelegt, deſſen Anfangsteil ähnlich wie die Krücke eines Spazierſtockes umgebogen iſt, ſo daß man in dieſem Falle von einem Krückengang zu reden pflegt. Wenn nicht ſchon die 1 . die verborgene Bohr⸗ tätigkeit verraten, ſo Minierarbeit aus dem Eingangsloch herausbe⸗ förderte Holzmehl dar⸗ auf hin, daß ein ſolcher Krückengang im Ent⸗ ſtehen begriffen iſt. Das Bohrmehl beſteht aus durcheinandergemiſchten braunen und weißen Holzteilchen, denn der Gang, der vorzugsweiſe in der braunen Rinde verläuft, greift etwas auch in den weißen Splint ein, von dem gleichfalls Partikelchen llosgenagt werden. Off⸗ net man einen ſolchen in der Anlage begriffe⸗ nen Krückengang, ſo iſt je ein Männchen und ein Weibchen darin an⸗ zutreffen. Am ſtehen⸗ den Stamm führt der von dem weiblichen Kä⸗ fer ausgenagte Gang — = iung nach oben, fo daß Großer Waldgärtner oder Kiefernmarkkäfer, Hylesinus piniperda Z. Links 1 Arın! SER vom Käfer ein ausgefreſſener Trieb, rechts verunſtaltete Kiefern. der krückenförmige An 2 fangsteil mit dem Ein⸗ gangsloch ſich ſtets am unteren Ende befindet (Fig. 1 der Tafel bei S. 514). An einem gefällten oder durch den Sturm umgeworfenen, am Boden liegenden Baumſtamm kann dieſer vom Weibchen angelegte „Muttergang“ auch jede beliebige andere Richtung am Stamme einſchlagen. Nur langſam führt das Weibchen ſeine mühevolle Arbeit aus, oft⸗ mals muß es längere Pauſen eintreten laſſen, wenn bei rauhem regneriſchen Wetter die Körperkräfte nachlaſſen. Rüſtiger ſchreitet bei warmer günſtiger Witterung das Werk fort, und währenddeſſen bringt der Mutterkäfer auch ſchon nach und nach in kleinen, von Strecke zu Strecke ausgenagten Vertiefungen ſeine glänzenden weißlichen, mit bloßem Auge noch deutet doch das bei der immer in lotrechter Rich⸗ Borkenkäfer: Großer Kiefernmarkkäfer. 511 recht gut erkennbaren Eier unter, deren Geſamtzahl auf etwa 50 geſchätzt werden kann. Iſt der Gang in der geſchilderten Weiſe der ganzen Länge nach mit Eiern ausgeſtattet, ſo verlaſſen Männchen und Weibchen ihr Bauwerk, ſchlüpfen durch das anfänglich her⸗ geſtellte Bohrloch wieder ins Freie und fliegen, falls ſie nicht vorzeitig vom Tode ereilt werden, bei ſonnigem Wetter hoch hinauf in die ſchwankenden Wipfel der Kiefern, um dort nach Herzensluſt zu freſſen und wieder friſche Kräfte zu gewinnen. Inzwiſchen iſt in dem verlaſſenen Brutgange neues Leben entſtanden. Aus jedem Ei ſchlüpfte eine weißliche Larve hervor, die unter der ſchützenden Borke in den tiefen, nahrungsreichen Schichten der Rinde weiterfrißt und dabei für ſich einen vom Muttergang abgehenden geſchlängelten Larvengang anlegt. Mit dem fortſchreitenden Wachstum der Larve wird auch der von ihr hergeſtellte Gang immer breiter und breiter, bis ſich die ausgewachſene Larve ſchließlich eine rundliche Höhlung, die Puppenwiege, ausnagt, in der ſie ſich zur Puppe verwandelt. Die Schnelligkeit des ganzen Entwickelungsverlaufes vom friſch abgelegten Ei bis zur Bildung eines neuen, fertigen Inſektes hängt ſehr weſentlich von den klimatiſchen Verhältniſſen und jeweiligen Temperatureinflüſſen ab. Im allgemeinen kann man wohl ſagen, daß durchſchnittlich etwa in der zweiten Hälfte des Juni oder Anfang Juli eine neue Generation von Jungkäfern entſtanden iſt, die ſich, ſobald ihre eee genügend feſt geworden, durch die Rinde nach außen durchfreſſen. Die Jungkäfer ſind noch nicht ſogleich fortpflanzungsfähig. Sie bedürfen erſt einer ausgiebigen Ernährung und ſuchen zu dieſem Zwecke die grünen, ſaftreichen Kieferntriebe auf, bohren ſich einige Zentimeter unterhalb der Spitze in einen ſolchen Trieb ein und höhlen ihn, die innere Markröhre ausfreſſend, der Länge nach aus. Iſt ein Trieb in der geſchilderten Weiſe zerſtört, ſo fällt bald ein zweiter dem hungrigen Käfer zum Opfer, und ſo wird dieſe Tätigkeit mit gelegentlichen, durch kühleres Wetter veranlaßten Unter⸗ brechungen fortgeſetzt, bis der Herbſt mit ſeinen rauheren Tagen und kühlen Nächten herein⸗ bricht. Nun verlaſſen die Käfer die Baumkronen und ſuchen ſich am Erdboden ein paſſendes Verſteck meiſt am Grunde einer alten Kiefer an oder unter der dicken Borke, ſind aber im nächſten Frühjahr immer zeitig zur Fortpflanzung wieder auf dem Platze. Nur in ſeltenen Fällen ſchreiten in Deutſchland die Jungkäfer noch im gleichen Jahre zur Vermehrung, ſo daß in dieſem Falle dann noch eine zweite Generation zuſtande kommt. Die Altkäfer, die wir nach Erledigung ihres Brutgeſchäftes die Baumwipfel aufſuchen ſahen, beſchädigen genau in der gleichen Weiſe wie die Jungkäfer die Kieferntriebe, um ihre verlorengegangenen Körperkräfte zu erſetzen, ſo daß man den Fraß der Altkäfer auch als „Regenerationsfraß“ bezeichnet hat. Es iſt feſtgeſtellt worden, daß bei günſtigen Witterungsverhältniſſen die Alt- käfer noch im gleichen Jahre zur Begründung einer zweiten Brut ſchreiten können. Der Große Kiefernmarkkäfer iſt einer unſerer ſchlimmſten Waldverderber. Gefähr⸗ licher noch als durch ſein Brutgeſchäft, zu dem er ja, wie die meiſten Borkenkäfer, vorzugs⸗ weiſe durch Raupenfraß beſchädigte oder anderweitig kränkelnde und abſterbende Bäume benutzt, wird er durch das von Jung⸗ und Altkäfern gemeinſam ausgeübte Aushöhlen der Kieferntriebe. Bleiben auch die beſchädigten Triebe oft noch einige Zeit an den Bäumen ſitzen, ſo ſind ſie doch kraftlos und werden ſchließlich von dem erſten beſten Windſtoß zu Boden geſchleudert. Die Kiefer verliert dadurch ihre regelmäßige Kronenbildung, hier und dort ragen ſpießartig die ſtehengebliebenen Zweigenden und Triebe hervor, und der Baum ſieht aus, als ob er ungeſchickt von einem Gärtner mit der Schere beſchnitten worden wäre. So hat der Markkäfer, der Urheber dieſes eigenartigen Zerſtörungswerkes, in forſtlichen 512 g Käfer. Kreiſen den Namen Waldgärtner erhalten. Für den Baum bedeutet der Verluſt ſo vieler ſaftſtrotzender Triebe eine erhebliche Schwächung, und der unanſehnliche Käfer kann daher bei maſſenweiſem Auftreten zu einer großen Kalamität werden. Der Kleine Kiefernmarkkäfer oder der Kleine Waldgärtner, Hylesinus minor Htg. (Myelophilus), ſtimmt in ſeinen Lebensgewohnheiten im allgemeinen mit dem Großen Markkäfer überein, von dem er ſich weniger durch ſeine durchſchnittlich etwas geringere Größe als vielmehr dadurch unterſcheidet, daß bei ihm auch der zweite Zwiſchenraum hinten am Ab⸗ ſturz der Flügeldecken mit Höckerchen bedeckt iſt. Die Kleinen Markkäfer ſchwärmen im Früh⸗ jahr und befliegen hauptſächlich die oberen Teile der Kiefernſtämme und die Aſte, Stellen, an denen der Baum mit rötlicher oder grünlicher Spiegelrinde bedeckt iſt. Dort legen ſich die Käfer typiſche, doppelarmige Wagegänge an und nagen ihr Fraßbild, das aus zwei von der Eingangsſtelle in entgegengeſetzter Richtung auseinandergehenden Gängen beſteht, tief 8 in das Holz ein. Die Larvengänge verlaufen annähernd ſenkrecht zum doppelarmigen Muttergang und enden in tiefen Puppenwiegen. Die forſtliche Bedeutung dieſes Schäd⸗ lings, der als fertiger Käfer ebenfalls über Kieferntriebe herfällt und ſie ausfrißt, iſt un⸗ gefähr die gleiche wie beim Großen Markkäfer. Fraßbilder von großer Regelmäßigkeit und Deutlichkeit bedecken nicht ſelten den ganzen Stamm oder die ſtärkeren Aſte von Eſchenbäumen. Man bekommt ſie zu Geſicht, wenn man die trocken gewordene Rinde ablöſt. Der freigelegte Holzkörper iſt dann oft über und über beſät mit zierlichen Figuren, die weit eher den Eindruck einer von kunſtgeübter Menſchenhand herrührenden Schnitzarbeit als des Werkes von Borkenkäfern machen. Bei genauerer Betrachtung gewahren wir aber die bekannten doppelarmigen Wagegänge, die die Tätigkeit des bunten Kleinen Eſchenbaſtkäfers, Hylesinus fraxini V, verraten (Fig. 4 der Tafel bei S. 514). Das etwa 3 mm lange Käferchen hat kurze, gedrungene, rundliche Geſtalt. Seine Oberſeite iſt mit helleren und dunkleren Schüppchen beſetzt und ſieht da⸗ her ziemlich buntſcheckig aus. Die Fühlergeißel iſt ſiebengliederig, die Endkeule länglich und | zugeſpitzt. Ein dem eben gejchilderten recht ähnliches Fraßbild erzeugt auch der etwa 5 mm lange, eintönig ſchwarze Große Eſchenbaſtkäfer, Hylesinus crenatus F. Seine doppel⸗ armigen Muttergänge bleiben verhältnismäßig kurz, die Larvengänge ſind dagegen ſehr lang und laufen häufig wirr durcheinander. Bei den Eſchenbaſtkäfern gehen die Altkäfer nach erledigtem Brutgeſchäft auf Nahrung aus, um wieder neue Kräfte zu gewinnen, ähnlich wie wir dies bei den Kiefernmarkkäfern geſehen haben. Zu dieſem Zwecke ſuchen ſie die Baumkronen auf, wo fie in der grünen Rinde lange unregelmäßige, oft 2cm lange Gänge ausfreſſen und damit eine Beſchädigung hervorrufen, die zur Entſtehung großer, krebs⸗ artiger, unter dem Namen Eſchenroſen bekannter Wucherungen führen kann. | Wohl die auffallendſten Erſcheinungen unter den Hyleſinen find die Baumtöter (Dendroctonus Er.), die in zahlreichen, wirtſchaftlich ſehr wichtigen Arten in Amerika ver⸗ breitet ſind, während in der Alten Welt der Rieſenbaſtkäfer, Dendroctonus micans Kug., zu finden iſt, ein länglicher, ſchwarzer, graugelb behaarter Käfer mit fünfgliederiger Fühler⸗ geißel, ovalen, nicht ausgerandeten Augen und punktiert geſtreiften Flügeldecken, der mit einer Länge von 8—9 mm alle übrigen einheimiſchen Borkenkäfer übertrifft. Der Rieſen⸗ baſtkäfer iſt ein Fichteninſekt, das man nur ausnahmsweiſe auch in anderen Nadelhölzern brütend gefunden hat. Etwa 20 —40 jährige, noch im Stangenholzalter befindliche Fich⸗ ten ſagen ihm beſonders zu, namentlich wenn er an den unteren Stammteilen etwas be⸗ ſchädigte Stellen findet, an denen er ſich am liebſten einbohrt. Merkwürdig iſt, daß der Borkenkäfer: Kleiner Kiefernmarkläfer. Eſchenbaſt⸗ und Rieſenbaſtkäfer. Splintkäfer. 513 Mutterkäfer, der einen unregelmäßigen Gang unter der Rinde anlegt, keine Eierniſchen nagt, ſondern alle ſeine Eier in einem Klumpen zuſammen abſetzt. Wie eine Kolonne gut geſchulter Arbeiter eng zuſammengedrängt und alle mit den Köpfen nach der gleichen Rich— tung gewendet, freſſen ſich dann die auskriechenden Larven vom Entſtehungsort aus in die benachbarten Rindenſchichten ein, immer gemeinſam weiter vordringend. Hierbei können natürlich nicht wie bei den bisher betrachteten Arten viele einzelne iſolierte Larvengänge zu- ſtande kommen, ſondern es entſteht bei dieſem einheitlichen „Familienfraß“ ein gemein⸗ ſamer Fraßraum, in deſſen Innerem, von Bohrmehl umgeben, ſich die Larven ſchließlich ver- puppen. Die neu entſtandenen Jungkäfer aber haben die Gewohnheit, bevor ſie an das Fortpflanzungsgeſchäft gehen, von dem gemeinſamen Familienraum aus noch lange, ein- zelne, fingerförmig veräſtelte Gänge in die Fichtenrinde zu nagen. In Deutſchland iſt der Rieſenbaſtkäfer hauptſächlich in den Fichtenwäldern des Erzgebirges und des Harzes ver⸗ breitet, kommt aber auch in manchen anderen Gegenden vor und muß als ſehr ſchädlich gelten, weil ſeine fortgeſetzten, durch ausgefloſſene große bräunliche Harztrichter ſich ver⸗ ratenden Angriffe gewöhnlich den Tod des Baumes herbeiführen. i Bei den Scolytinae 5 iſt der Hinterleib, von der Seite geſehen, in eigentümlicher Weiſe ſchräg nach hinten und oben abgeſtutzt. So verſchiedenartig auch die Fraßfiguren bei den einzelnen Scolytus⸗Arten geſtaltet find, haben letztere doch in biologi⸗ ſcher Hinſicht viel Übereinſtimmendes, ſo namentlich die Kurzlebigkeit der Altkäfer, die immer ſchon bald nach Erledigung ihres Brutgeſchäftes ſterben und daher keine zweite Brut mehr zuwege bringen können. Dagegen ſind die Jungkäfer alsbald nach ihrem Hervorkommen aus den Puppenwiegen unter ſonſt günſtigen Bedingungen faſt immer imſtande, ſofort an das Vermehrungsgeſchäft zu gehen, wodurch es ſich erklärt, daß bei uns in Deutſchland die meiſten Arten zwei aufeinanderfolgende Generationen im Jahre haben, ſofern die klima⸗ tiſchen Verhältniſſe es irgend zulaſſen. Der Birkenſplintkäfer, Scolytus ratzeburgi Jans. (Eecoptogaster), bildet freilich eine Ausnahme, da er mit großer Zähigkeit an einer einfachen Generation feſthält. Sein Fraßbild unter der Birkenrinde beſteht aus einem langen, aufrechten Muttergange mit ſich davon abzweigenden Larvengängen, wobei es beſonders auffällt, daß der Muttergang, abgeſehen von dem üblichen Eingangsloch, in ſeinem ganzen Verlaufe noch eine Anzahl ebenfalls unmittelbar nach außen führender Löcher hat, die von dem Käfer angeblich zur beſſeren Luftzirkulation hergeſtellt werden. So ſieht man dann in der weißen Birkenrinde nahezu ſenkrechte Reihen kreisrunder, dunkler Löcher, die über den lotrechten Muttergängen liegen und dem Eingeweihten auf den erſten Blick verraten, daß der Stamm von Splintkäfern heimgeſucht war (Fig. 1 und 2 der Tafel bei S. 506). Größere Bedeutung erlangen die Obſtbaumſplintkäfer, von denen es im mittleren Europa zwei Arten gibt. Der Große Splintkäfer, Scolytus pruni Rtzb., iſt glänzend ſchwarz, hat rotbraune Fühler und Beine, einen weitläufig fein punktierten Halsſchild und mit Punktſtreifen verſehene Flügeldecken. Seine Körperlänge beträgt 3,5—4,5 mm. Der Kleine Splintkäfer, Scolytus rugulosus Rtzb., erreicht nur die halbe Körperlänge des vorigen, hat an der Spitze hellere Flügeldecken und einen runzelig grob punktierten Hals⸗ ſchild. Beide Arten fallen in Gärten und Alleen über die verſchiedenſten Sorten von Obſt⸗ bäumen her und verurſachen das Abſterben der von ihnen beſiedelten Aſte oder ſogar des ganzen Stammes. Ihre Fraßfigur iſt leicht kenntlich, denn vom Bohrloch aus führt ein ſenk⸗ rechter Gang unter der Rinde in die Höhe, der beim großen Obſtbaumſplintkäfer zumeiſt Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 33 * o e nn 2 8 JJV 7 . NE 8 & BR TR Ha EN 8 5 Pe, ER er er 514 Käfer. mit einer kleinen, lappigen Erweiterung beginnt. Ebenſo wie die langen Larvengänge und die rundlichen Puppenwiegen iſt auch der Muttergang deutlich in das Holz eingegraben. Auch die Unterfamilie der Ipinae umfaßt eine Reihe wichtiger Schädlinge, die ſich ſchon auf den erſten Blick von den bisher betrachteten Arten unterſcheiden. Von oben ge⸗ ſehen wird der kugelige Kopf bei den Ipinen vom Halsſchilde bedeckt. Das dritte Fühler⸗ glied iſt nicht zweilappig, ſondern zylindriſch, und der Hinterleib iſt an ſeiner Unterſeite nie⸗ mals ſchräg nach oben abgeſtutzt. Dafür haben jedoch die Flügeldecken hinten ſehr häufig eine tiefe Aushöhlung, den ſogenannten Abſturz, deſſen Seitenränder in der Regel mit Zähn⸗ chen beſetzt find. Über die Verwüſtungen, die dieſe Käfer in den Wäldern angerichtet haben, liegen ſchon ſeit alters her Mitteilungen vor. Die Chroniken des 17. Jahrhunderts wiſſen zu erzählen von einer ſchrecklichen Wurmtrocknis, die in den Fichtenwaldungen der deutſchen Mittelgebirge wütete und die Gemüter damals in Aufregung ſetzte. Ganze Wälder wurden von der Trocknis ergriffen, und zu Hunderttauſenden verdorrten in den Forſten die Bäume. Über die Urſache freilich konnte man ſich damals noch nicht jo recht einig werden. Nach einer Schilderung aus dem Jahre 1699 wollte man „obſerviret haben, daß die ſchwartzen Roß⸗ käfer ſich an das Gehöltze feſt anhangen, mit dem Schwantz durch die Rinde bohren und ihren Unrath hineinſchmeißen. Daher große Maden mit ſchwartzen Köpffen wachſen, die ſich tieff ins Holtz hineinfreſſen.“ Die harmloſen Miſtkäfer ſind alſo damals für die Miſſetäter gehalten worden, aber jedenfalls ganz unſchuldig in Verdacht gekommen, denn der Urheber des Unheils kann ſicherlich niemand anders geweſen ſein als der gefährlichſte aller einheimiſchen Borkenkäfer, der Buchdrucker, Ips typographus L. (Tomicus). Durch ganz Europa von Frankreich bis Sibirien, von Lappland bis zu den Alpen iſt dieſer 4,5 5,5 mm lange, mit gelben zottigen Härchen bedeckte, rötliche bis pechbraune Schädling verbreitet, wenngleich er glücklicherweiſe gewöhnlich nur in ziemlich geringer Zahl in den Fichtenwäldern vorkommt. Er gehört zu den achtzähnigen Borkenkäfern. Jederſeits neben dem glanzloſen Abſturz ſeiner T punkt⸗ ſtreifigen Flügeldecken trägt er vier Zähne, deren dritter der ſtärkſte iſt. Nach den erſten milden Frühlingstagen fliegen einzelne Buchdrucker i in der Nähe ihrer Winterquartiere ziemlich träge und geräuſchlos umher und verkriechen ſich wieder, ſobald es kühler wird. Erſt warmer, anhaltender Sonnenſchein lockt ſie in größerer Zahl hervor, und wenn die Lufttemperatur eine Höhe von etwa 200 C erlangt hat, erheben ſich mitunter ganze Schwärme von ihnen hoch in die Luft. Kränkelnde, abſterbende Fichten von 80 bis 100 Jahren werden mit Vorliebe aufgeſucht, ganz geſunde Bäume in der Regel nur bei Maſſenvermehrung angegriffen. Stets erfolgt der erſte Befall hoch oben am Stamm unter⸗ halb der Krone, ſo daß die ſpäter folgenden Ankömmlinge ihre Plätze immer tiefer und tiefer wählen müſſen. Die Fichte dient als hauptſächlicher Brutbaum, nur ausnahmsweiſe werden auch Kiefern oder Lärchen angenommen. Iſt eine paſſende Stelle gefunden, ſo be⸗ ginnt das Männchen mit der Arbeit, bohrt ſenkrecht durch die Rinde ein Loch, worauf dar⸗ unter in der Tiefe ein kleiner, kammerartiger Raum angelegt wird, in dem die Paarung vor ſich geht, ſofern ſie nicht ſchon vor dem Anfluge vollzogen war. Jedem Männchen geſellen ſich gewöhnlich 2—3 Weibchen zu, von denen ein jedes für ſich einen lotrechten Muttergang ausfrißt. Dementſprechend gehen von dem kammerartigen Mittelpunkte zwei bis drei Mutter⸗ gänge aus, von denen entweder einer nach oben und einer oder zwei parallel nach unten führen, oder umgekehrt einer oder zwei nach oben und einer nach unten gewendet ſind. — 5 — — — — Ve 2 — [= So 2 N . S j — E =) £ —— —.— Ben] S Ua 2 1. Ein Stück Riefernrinde, von innen geſehen, mit zahlreichen Fraßgängen des Großen 2. Ein Stück Fichtenrinde, von innen geſehen, mit den Fraßgängen des Buchdruckers, Ips Kiefernmarkkäfers, Hylesinus piniperda I. typographus Z. . 5 — Ss — Dei 2 > = an 2 > 2 25 Ki — De} — = Ss — zZ = 8 * — = = — * n = = — = 2 — un Ss = un b 3. Sraßfigur des Kupferitechers, Ips chalcographus I. Original im Kgl. Zoologischen Museum in Berlin. Borkenkäfer: Buchdrucker. 515 Während die Weibchen mit dieſer Arbeit beſchäftigt ſind, iſt auch das Männchen nicht un⸗ tätig. Mit der am Hinterende ſeiner Flügeldecken befindlichen Aushöhlung nimmt es Teile des losgelöſten Bohrmehls auf und ſchiebt dieſe rückwärts kriechend bis zum Einflugloch, um dort ſeine Laſten ladungsweiſe hinauszubefördern. So ſorgt das Männchen für die Reinhaltung der Gänge und vereinigt ſich wiederholt mit den Weibchen, die inzwiſchen in der üblichen Weiſe ihre Eier in den Gängen abſetzen. Wenn dann ſpäter die ausſchlüpfenden Larven rechts und links ihre eng beieinander ſtehenden Gänge ausfreſſen, ſo entſteht an der Innenſeite der Rinde ein Bild von überraſchender Regelmäßigkeit (Tafel „Fraßſtücke von Borkenkäfern II“, Fig. 2), das wohl ſchon einſt den Bewohnern des alten Germaniens, die es ſicherlich oft ſtaunend betrachtet haben, wie eine geheimnisvolle, ihnen unverſtändliche Runenſchrift erſchienen ſein mag. Linné aber hat dann das Fraßbild mit den Lettern und Zeichen einer Druckſchrift verglichen und den kleinen Urheber deswegen „Buchdrucker“ genannt. Die unter der Rinde erzeugten Fraßfiguren ſind erſt vollſtändig, wenn am Ende der Larvengänge die erweiterten Puppenwiegen angelegt ſind, in denen man die Puppen und einige Zeit darauf die Jungkäfer antrifft. Letztere freſſen in der Umgebung ihrer Puppen⸗ wiegen, durchbohren aber bald darauf die Rinde, fliegen hinweg und liegen an anderen Bäumen dem Brutgeſchäft ob. Bei ungünſtiger Witterung verzögert ſich jedoch das Aus⸗ ſchlüpfen erheblich, und der Fraß unter der Rinde kann oft wochenlang oder monatelang dauern, ſo daß die Jungkäfer nicht ſelten lange, unregelmäßige, verzweigte Gänge aus⸗ nagen, ehe ſie das Freie aufſuchen. So hängt es beim Buchdrucker alſo lediglich von den klimatiſchen Verhältniſſen, von Gunſt oder Ungunſt der Witterung ab, ob in demſelben Jahre mehr als eine Generation zuſtande kommt. Die Altkäfer ſind nach Erledigung der anſtrengenden Brutarbeit immer ſehr ermattet und gehen daher größtenteils ſchon bald her⸗ nach zugrunde, obwohl ſie unter beſonders günſtigen Verhältniſſen nach einer Erholungs⸗ pauſe auch gelegentlich noch im gleichen Jahre eine zweite Brut begründen können. Der Buchdrucker hat nicht nur im Mittelalter, ſondern auch noch in neuerer Zeit wiederholt durch ſeine gewaltigen Waldverwüſtungen von ſich reden gemacht. Zu Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts herrſchten, wie wir einer von Nüßlin gegebenen Zu⸗ ſammenſtellung entnehmen, „große Waldverheerungen in den Fichtenwäldern Mittel⸗ deutſchlands. Dann begann wieder, insbeſondere im Harz 1772, eine Beſorgnis erregende Überhandnahme, die 1781—1783 ihr Maximum erreichte, und erſt gegen 1787 erloſch. Im Zellerfelder Forſtdiſtrikte wurden damals etwa 3 Millionen Stämme durch den Borken⸗ käfer zum Abſterben gebracht.“ Eine der ſchlimmſten durch den Buchdrucker veranlaßten Borkenkäferkalamitäten hat anfangs der 1870er Jahre im Böhmerwalde und im Bayeriſchen Walde gewütet. Un⸗ gewöhnlich ſchwere Stürme und große Schneebrüche waren die erſten Urſachen geweſen und gaben den Käfern in Tauſenden umgeſtürzter Bäume gute Gelegenheit zu reichlicher Vermehrung. Die ausſchwärmenden Scharen begnügten ſich jedoch bald nicht mehr mit liegenden Stämmen, ſondern fielen zu Millionen auch das geſunde Holz an, ſo daß Tauſende von Menſchen jahrelang zu tun hatten, um den Wald zu retten. Im Böhmerwald waren in vier Bezirkshauptmannſchaften 104100 ha befallen und mußten 2,7 Millionen Feſtmeter Holz von über 8000 von auswärts herangezogenen Arbeitern hergerichtet werden, was allein einen Aufwand von weit über 1 Million Gulden an Arbeitslöhnen erforderte. Faſt überall, wo der Buchdrucker feine verhängnisvolle Tätigkeit ausübt, ſtellt fich als ſein treuer Begleiter ein zierliches, höchſtens 2 mm langes, am Abſturz nur mit 6 Zähnchen 33 * 516 Käfer. — Facherftugter bewehrtes Käferchen ein, der Kupferſtecher, Ips (Pityogenes) chalcographus L. & wählt hauptſächlich die dünnrindigen Partien von Fichten in den oberen Stammteilen und Aſten aus, dis vom Buchdrucker mehr gemieden werden, gräbt allerdings auch häufig ſein zier⸗ liches, das Holz furchendes Fraßbild mitten zwiſchen den Gängen des Buchdruckers in die Rinde ein. Beim Kupferſtecher ſehen wir mehrere, etwas geſchwungene Muttergänge ſtern⸗ förmig auseinanderſtrahlen, wobei aber der gemeinſame, unter dem Bohrloch angelegte mittlere Raum, der die Strahlen des Sternes vereinigt, in der Regel im Inneren der Rinde verborgen bleibt und daher beim Ablöſen der letzteren nicht ſichtbar iſt (Tafel „Fraßſtücke von Borkenkäfern II“, Fig. 3). | Ein ſehr deutliches, tief in das Holz von Fichten eingeſchnittenes ſternförmiges Fraß⸗ bild (Tafel „Fraßſtücke von Borkenkäfern I”, Fig. 6) pflegt der Furchenflügelige Fichten⸗ borkenkäfer, Ips mierographus Deg., zu liefern, ein kleines, nur 1,5 mm langes Käferchen, das am Flügeldeckenabſturz nur einen zahnloſen, furchenartigen Eindruck hat und im weib⸗ lichen Geſchlecht leicht an ſeiner goldgelben Stirnbürſte kenntlich iſt. Nicht nur Rindenbrüter, auch viele Holzbrüter zählen zu den Ipinen, wie der oben bereits erwähnte Geſtreifte Nutzholzborkenkäfer, Trypodendron lineatum Oliv, der durch die Anlage ſeiner Leitergänge im Inneren von Nadelholzſtämmen das Holz techniſch entwertet. Ein naher Verwandter, der Buchen-Nutzholzborkenkäfer, Xyloterus do- mesticus L., ein etwa 3 mm langer Käfer, der keinen ſchwarzen Streifen in der Mitte der Flügeldecken hat und gewöhnlich gelbe Fühler und Beine beſitzt, legt gleichfalls Leitergänge an und befällt nicht nur Buchen, ſondern auch Eichen, Birken und andere Laubhölzer. Von ſonſtigen Holzbrütern führen wir noch den Ungleichen Holzbohrer, Xyle- borus dispar F., auf, der Eichen, Buchen und andere Laubhölzer, hauptſächlich aber Obſt⸗ bäume heimſucht. Auffallend iſt bei dieſer Art der weitgehende Geſchlechtsunterſchied, denn während das ſchwarze, mit rötlich gelbbraunen Fühlern und Beinen ausgeſtattete Weibchen reichlich 3 am mißt und feine, regelmäßig punktſtreifige Flügeldecken hat, iſt das zugehörige Männchen ein flugunfähiger, faſt kugeliger Knirps von höchſtens 2 mm Länge. Die gleich am Geburtsorte begatteten Weibchen fliegen davon und bohren ſich in Aſte und dünne Stämmchen ein, um dort zunächſt einen ſenkrecht in das Holz führenden Eingangsſtollen anzulegen. An deſſen Grunde werden nach rechts und links Brutröhren ausgefreſſen, die annähernd den Jahresringen des Baumes folgen, und von denen ſich unter rechten Winkeln abermals Gänge, die Brutröhren zweiter Ordnung, ungefähr in der Richtung der Holzfasern abzweigen. Dieſes ganze Syſtem von Gängen iſt das Werk des Mutterweibchens, das in den Brutröhren erſter und zweiter Ordnung ſeine Eier abſetzt. Die Larven des Ungleichen Holzbohrers nehmen keine Holznahrung zu ſich und freſſen ihrerſeits daher auch keine Gänge aus, ſondern hauſen gemeinſam in den von ihrer Mutter angelegten Röhren, wo ſie ſich nur von den an den Wänden wuchernden Ambroſiapilzen ernähren. Der Käfer ſelbſt iſt ein gefährlicher Schädling, weil er gewöhnlich vollkommen geſunde Obſtbäume angreift und an ihnen durch ſein Minierwerk ſo ſtarken Saftausfluß verurſacht, daß hernach faſt regelmäßig das Eingehen der befallenen Pflanzen zu beklagen iſt. Ein Obſtzüchter berichtet, daß ihm einmal von dieſen Käfern hintereinander 22 in Töpfen gezogene wertvolle Zwergapfelbäume und ein Pflaumenbaum getötet worden ſind. Aus anderen Mitteilungen wiſſen wir, daß der Ungleiche Holzbohrer an Chauſſeen angepflanzte Kirſchbäume in großer Zahl vernichtete und gelegentlich auch ſchlimm unter jungen Eichen und Ahornbäumen gewirtſchaftet hat, die zu Hunderten ſeinen Angriffen zum Opfer fielen. Borkenkäfer: Kupferſtecher. Nutzholzborkenkäfer. Holzbohrer. — Xenos. Stylops. 517 Zu den Holzbohrern, die die verſchiedenartigſten Laubhölzer angreifen, müſſen ferner die namentlich in Japan verbreiteten Scolyplatypinae gerechnet werden, bei denen der Kopf nicht unter dem Halsſchilde verborgen iſt, obwohl fie ſich ſonſt in vieler Hinſichgan die Ipinen anſchließen. Auch die echten, vorzugsweiſe in den heißen Ländern verbreiteten Pla- typinae, bei denen im Gegenſatz zu allen übrigen Borkenkäfern das erſte Fußglied⸗länger als die folgenden zuſammen iſt, ſind Holzbohrer. Sie greifen vorzugsweiſe ſtarke Laubbäume oder ältere Nadelholzſtämme an und treiben ihre Brutröhren tief in das Innere des Holzes hinein. Von dem im Süden der Vereinigten Staaten vorkommenden Platypus compositus Say. wird erzählt, daß ein Weibchen immer von mehreren Männchen begleitet iſt und daß letztere oftmals erbitterte Kämpfe untereinander ausfechten, wobei ſie von den Stacheln, die ſie am Ende ihrer Flügeldecken haben, Gebrauch machen. Pilzzucht iſt auch bei dieſer Gruppe von Borkenkäfern nachgewieſen, die in Deutſchland nur durch den anſehnlichen, etwa 5 mm langen Braunen Eichenkernkäfer, Platypus cylindrus F., vertreten find. 27. Ordnung: Fächerflügler (Strepsiptera). Die Fächerflügler (Strepsiptera) ſind ſehr unanſehnliche kleine Inſekten, die ſich viel⸗ leicht am engſten an die Rhipiphoriden und deren Verwandte unter den Käfern anſchließen, ſich aber ſo weſentlich von allen Käferarten unterſcheiden, daß ſie herkömmlich als eigene Ordnung aufgefaßt werden. Ihre Sonderheiten ſind ſicherlich als Anpaſſungen an eine ſchmarotzende Lebensweiſe zu erklären, denn alle Fächerflügler verbringen wenigſtens einen Teil ihres Lebens als Paraſiten bei Weſpen und Bienen, können aber auch in Grabweſpen, Ameiſen, Wanzen, Zi⸗ kaden und Geradflüglern ſchmarotzen und ſind über die ganze Erde verbreitet. In Deutſchland bietet ſich am leichte⸗ ſten Gelegenheit, die Bekanntſchaft von Xenos vesparum Rossi oder von Sty- lops melittae Kirby zu machen, von denen erſterer bei der Weſpe Polistes gallicus L., letzterer bei Bienen der Gattung Andrena F. ſchmarotzt. Die befallenen, „ſtylopiſierten“ Inſekten find äußerlich an einer gewiſſen unn Des 3 x , > Männchen von Xenos vesparum N Stark vergrößert. Nach regelmäßigkeit ihrer Hinterleibsringe pierce, aus Wyts man, „Genera Insectorume, Brüffel 1911. zu erkennen, an denen an einer oder mehreren Körperſtellen zwiſchen zwei etwas weiter Wende geſchobenen Ringen je ein bräunliches Körperchen hervorragt. An dieſer Stelle hat immer ein Stylopidenweibchen ſeinen Platz, ein madenartiges, blindes, fußloſes Weſen mit verkümmerten Mundteilen, das in der Puppenhaut ſteckt und deſſen Kopf und Bruſt zuſammen einen bräunlich chitini⸗ ſierten „Zephalothorax“ bilden, der frei nach außen vorragt, während der weiche Hinterleib im Körper des Wirtes verborgen iſt. An der Bauchſeite des Weibchens zwiſchen Kopf und Bruſt liegt die Brutöffnung, die in einen eigenen Raum, den zwiſchen Puppenhaut und Körper gelegenen und hinten bis zu den paarigen Geſchlechtsöffnungen reichenden, ſo— genannten Brutkanal führt. Regungslos wartet das Weibchen, bis eins der geflügelten f ß. Hk a 7 u ae 8 ee 518 Fächerflügler. — Hautflügler. Männchen naht und ſeine Eier befruchtet, die ihre Entwickelung im Körper der Mutter durchlaufen und ſchließlich zu kleinen „Triungulinen“ werden, welche durch die Brutöffnung den Weg ins Freie finden. Triungulinus⸗Lärvchen dieſer Art hat man äußerlich am Bienen⸗ körper an den Haaren gefunden, zwiſchen denen ſie langſam umherkrabbelten. Wie ſich aber das weitere Leben der Tierchen abſpielt, darüber herrſcht noch immer eine gewiſſe At = 3 r 2 Ft 5 3 3 Unklarheit. Wahrſcheinlich wird es wohl ſo ſein, daß ein ſolcher Triungulinus die ſtylopi⸗ 5 ſierte Biene, auf der er entſtand, möglichſt bald verläßt und bei nächſter Gelegenheit auf eine geſunde Biene hinüberzukommen ſucht, wobei ihm ſeine Sprungfertigkeit gute Dienſte leiſten mag. Jeden⸗ falls muß der Triungulinus auf irgendeine Weiſe in ein Neſt jeiner Wirtsinſekten, in dieſem Falle alſo in das von Andrena-Bienen, ge⸗ langen, da nur in deren Larven ſeine weitere Entwickelung vor ſich gehen kann. Im Neſt angelangt, bohren ſich die Triungulinen zu wenigen oder in der Einzahl in eine ſolche Larve ein und machen * ſich die Triungulinus⸗Larven dabei zunächſt zu madenartigen Jugend⸗ ſchlechter unterſcheiden kann. Die weiblichen Larven brauchen ſich nur wenig zu verändern, ſchieben ſich zum Schluſſe der Entwickelung Tri 11 ⸗Sarve ; 5 1} 1 einer Strepſtptere. Stark mit dem Vorderkörper vor und werden damit zu den oben beſchriebe⸗ vergrößert. Nach A. Rei- nen Weibchen. Aus den männlichen Larven gehen aber kleine, kaum chert („Entomologiſches Jahrbuch“ für 1014). wie Käfer geſtaltete Inſekten hervor, die in ihrem kurzen Leben mit den großen, fächerartig faltbaren Hinterflügeln lebhaft umherfliegen nun, ohne deren Leben zu gefährden, zugleich mit jener ihre weitere Entwickelung durch. Unter Verluſt ihrer Beine und Augen verwandeln formen, an denen man ſchon von der zweiten Häutung an die Ge⸗ und kleine ſtummelförmige Deckflügel, verkümmerte Mundteile, Kit entwickelte Fühler, ſeitliche Augen und getrennte Bruſtringe haben. Fragen wir uns nach dem Einfluß, den die eben erwähnten Schmarotet auf die von ihnen bewohnten Hautflügler haben, ſo iſt er keineswegs ein geringer, denn abgeſehen von den bereits hervorgehobenen Unregelmäßigkeiten an den Hinterleibsringen, die übrigens bei Vespa, nach R. du Buyſſon, nicht vorhanden ſein ſollen, hat man auch ſonſtige Abweichungen beobachtet, unter denen jedenfalls die vollkommene Fortpflanzungsunfähigkeit, welche die von ſolchen Schmarotzern wee a erleiden, die wchtigſte iſt. | Zehnte Gruppe: f Weſpen und Immen (Hymenopteroidea). 28. Ordnung: Hautflügler (Hymenoptera). Die Hautflügler (Hymenoptera) bilden eine der größten Ordnungen im Inſekten⸗ reiche. Zu ihnen gehören die Blattweſpen, Schlupfweſpen, Gallweſpen, Faltenweſpen und alle anderen weſpenartigen Tiere zuſammen mit den Bienen und Ameiſen, durch⸗ gehends Kerfe von lebhaftem Weſen und vielſeitigen Inſtinkten und Begabungen. Viele, wie die Schlupfweſpen und Bienen, ſind für die übrige Tier⸗ und Pflanzenwelt von großer Bedeutung, und nicht wenige geben, wie die geſchäftigen Ameiſen, dem ſinnenden Natur⸗ freund und Forſcher unerſchöpfliche Anregung zu Beobachtungen mannigfachſter Art. Allgemeines. ba 519 Der Name Hautflügler leitet ſich von den vier häutigen, faſt immer deutlich geaderten Flügeln her, die den Hymenopteren, von wenigen Ausnahmen abgeſehen, eigen ſind. Der Kopf iſt immer frei beweglich mit dem Bruſtabſchnitt verbunden; er trägt oben faſt ausnahms⸗ los drei Punktaugen, während ſeitlich rechts und links die beiden großen Facettenaugen an: gebracht ſind. Letztere können bei einigen Arten verkümmern, und die Arbeiter der Treiber— ameiſe liefern ein Beiſpiel, daß es unter den Hautflüglern auch gänzlich augenloſe Formen gibt. Die Fühler find äußerſt verſchiedenartig geſtaltet, bald faden⸗ oder borſtenförmig, bald, wie bei manchen Blattweſpen, mit keuligen Verdickungen am Ende beſetzt oder mit ſeltſamen fiederförmigen Anhängen, wie bei gewiſſen winzigen Schmarotzerweſpen. Die Mundteile be: ſtehen in der Regel aus zwei kräftigen, zangenförmigen, zum Beißen geeigneten Vorderkiefern und einem Paar taſtertragender Mittelkiefer. Auch eine Unterlippe iſt vorhanden, aber von ſehr verſchiedener Bauart, denn bei den einfacher gebauten Arten bleibt ſie kurz, wird aber bei vielen Blütenbeſuchern zu einem Saugapparat, der ſeine vollkom⸗ menſte Ausbildung bei den Hummeln und Honigbienen erreicht. Bei ihnen ſind die beiden Innenladen der Unter⸗ lippe miteinander zu einer langen, engen Röhre verwachſen, die das Inſekt tief in die Blütenkelche einführt, wenn es Nek⸗ tar ſchlürfen will. i Der Bruſtabſchnitt, 10 dem die meiſt ſtark entwickelten Flügelmuskeln = Ä gelegen find, zeichnet fi bei den Haut⸗ Mundteile der Honigbiene: 1) Kopf mit zuſammengelegten J7))))%%%%% nu hen Me a Sunmuten® Fan, 0 Co ſich aus drei miteinander verſchmolzenen tippe, Ok Oberkiefer, Un Unterkiefer, Kt Unterfiefertafter, Ul Unter- Ringen zuſammen. Der Vorderbruſt⸗ L ahne dag gender d der Lane, posmann ring iſt klein, läßt ſich am beſten von der Rückenſeite her erkennen und bildet dort den ſogenannten Halskragen. Am Mittelbruſt⸗ ring, der die Hauptmaſſe des ganzen Bruſtkaſtens darſtellt, ſind, von oben geſehen, meiſt zwei nach hinten ſich nähernde Längseindrücke, die Parapſidenfurchen, zu erkennen; ſie zerlegen die obere Wölbung des Bruſtkaſtens in drei Teile, von denen der mittlere hinten in das durch eine Querfurche abgeteilte Schildchen übergeht. Bei den zur Unterordnung der Apocrita ge rechneten Hautflüglern pflegt der erſte Hinterleibsring, das ſogenannte Medianſegment, von hinten her in die Bruſt einzuwachſen und mit letzterer ſo vollkommen zu verſchmelzen, daß man ſich daran gewöhnt hat, dieſes Segment bei der Zählung der Hinterleibsringe gar nicht mehr zu berückſichtigen. Sehen wir von dieſem Medianſegment ab, ſo kann ſich die Verbindung zwiſchen Bruſt und Hinterleib recht verſchieden geſtalten. Bei den niederen Hautflüglern, deren Weibchen einen Legebohrer haben, kommt eine ziemlich feſte Verbindung zwiſchen dieſen Körperteilen dadurch zuſtande, daß der „ſitzende Hinterleib“ ſich immer plump und breit an den Bruſt⸗ abſchnitt anfügt. Bei den echten Weſpen und bei vielen anderen ſtacheltragenden Hautflüglern bildet ſich dagegen zwiſchen Bruſt und Hinterleib in der Regel eine ziemlich enge, zierliche, taillenartige Einſchnürung oder ſogar ein dünner Stiel aus, der dem Hinterleibe eine große 520 ö ö Hautflügler. Beweglichkeit gibt. Zwiſchen geſtieltem und ſitendem Hinterleibe ſind bei den Hautflüglern auch noch alle möglichen Übergänge vorhanden. 4 Die Beine haben bei den Hautflüglern die gleichen Teile wie bei anderen Inſekten. Allerdings wird häufig auf das Vorhandenſein eines einfachen oder doppelten Schenkelrings Trochanter) bei den Hymenopteren hingewieſen, wonach letztere dann in zwei Gruppen, ſolche mit einem (Monotrocha) und ſolche mit zwei (Ditrocha) Schenkelringen, eingeteilt werden. Abgeſehen davon, daß der ſogenannte zweite Schenkelring ganz ähnlich wie ein zuweilen vor⸗ kommender dritter Schenkelring ſeinen Namen überhaupt nicht verdient, da es ſich dabei nur um den oberen abgeſchnürten Teil des Oberſchenkels Femur) handelt, läßt ſich obige Ein⸗ teilung ſchon deswegen nicht gut aufrechterhalten, weil gelegentlich monotroche und ditroche Arten zuſammen einer und derſelben Familie angehören, wie dies z. B. bei den Proktotrupiden der Fall iſt. An den Schienen haben die Hautflügler faſt regelmäßig Endſporen. Die Füße ſetzen ſich aus fünf, ſeltener nur aus vier oder weniger Gliedern zuſammen. Unter den Fuß⸗ Metatarſus, das längſte zu ſein; es gewinnt bei verſchiedenen Bienen eine wichtige Be⸗ deutung zum Einſammeln von Blütenſtaub. tiſche Unterſcheidung der Hautflügler von großer Bedeutung iſt, möge nebenſtehende Abbildung den Vorderflügel eines ſolchen In⸗ ſekts unter Angabe der gebräuchlichen Be⸗ Vorder- und Hinterflügel einer Blattweſpe (Allan- zeichnungen für die Flügeladern und die von tus). cos Vorderrandader (Costa), se Unterrandader (Subceosta), p Flügelmal, r Radialzellen, e Kubitalzellen, d Diskoidal zellen, ihnen umſchloſſenen Flügelzellen zeigen. Am m Medialzelle, sm Submedialzelle. Nach Enslin, „Deutſche Vorderrande des Flügels entſteht an der 4 5 Entomologiſche Zeitſchrift“, Berlin 1912. 2 ; | Vereinigung der Vorderrandader (Costa) und Unterrandader (Subcosta) das dunkle Mal (Pterostigma). Die von letzterem am Grunde des Flügels nach hinten ziehende Baſalader und ihre Fortſetzung grenzen die Medial⸗ zelle und Submedialzelle ab. An das Flügelmal ſchließen ſich am Flügelvorderrande eine oder mehrere Radialzellen an, hinter denen eine wechſelnde Zahl, meiſt 1— 4, Kubital⸗ zellen gelegen ſind, auf die weiter hinten die Reihe der Diskoidalzellen folgt. Die dieſe letzteren voneinander trennenden Queradern nennt man rücklaufende Adern (Nervi recur- rentes). In der Zahl und Anordnung der Adern kommen bei den verſchiedenen Arten die mannigfachſten Abweichungen vor; häufig iſt das ganze Geäder ſtark rückgebildet, und man⸗ chen winzigen Schmarotzerweſpen fehlt es ganz. Es gibt auch einige Hautflügler, wie die Arbeiter der Ameiſen, die Weibchen von Spinnenweſpen und manche Schmarotzerweſpen, die vollkommen flügellos bleiben. ö Se 22, Den Weibchen ift in diefer Ordnung in der Regel ein beſonderer Legeapparat eigen, deſſen Bau vielleicht am leichteſten bei den weiblichen Holzweſpen zu unterſuchen iſt. Der kräftige, am Hinterleibsende weit vorſtehende Legebohrer, mit dem die Tiere ihre Eier in Baumſtämme hineinbringen, beſteht hier aus zwei ſeitlichen Scheidenklappen, aus einer nach unten offenen, von zwei verwachſenen Hälften gebildeten Stachelrinne und zwei langen, gräten⸗ artigen Stechborſten, die in letzterer vor- und rückwärts gleiten können. Sobald das Holz von den Stechborſten angebohrt iſt, gleitet das Ei durch den Legeapparat in den Bohrkanal hinein und paſſiert dabei den zwiſchen Stachelrinne und Stechborſten gelegenen Raum. Aus gliedern pflegt das erſte, der ſogenannte Da das Flügelgeäder für die ſyſtema⸗ Allgemeines. — Holzweſpen und Schwertweſpen. 521 den gleichen Elementarteilen iſt auch der Legeapparat bei allen anderen Hautflüglern zu⸗ ſammengeſetzt, z. B. der kurze ſägeartige Bohrer, den die Blattweſpen zum Auffſchlitzen von Blättern und Stengeln verwenden, in denen fie ihre Eier unterbringen wollen, oder der Lege⸗ ſtachel, mit dem die weiblichen Schlupfweſpen fremde Inſekten anſtechen. Selbſt der gefürchtete Giftſtachel von Weſpen, Horniſſen und Bienen iſt ſeiner urſprünglichen Bedeutung nach weiter nichts als ein Werkzeug zum Eierlegen, er fügt ſich demgemäß im weſentlichen aus den gleichen Stücken wie ein Legebohrer zuſammen und kommt daher auch immer nur bei weiblichen Tieren vor, während die Männchen aller Hautflügler ſtachellos find. Der Giftſtachel ſteht gewöhnlich mit verſchiedenen Drüſen in Verbindung, von denen eine oder zwei Abſonderungen alkaliſcher Natur liefern, vielleicht zum Geſchmeidighalten der verſchiedenen Hartteile des Stachels, oder um die ausgeſchiedene Säure wieder zu neutraliſieren, welche von einer anderen Drüſe, der Giftdrüſe, herrührt. In dem Giftſtachel beſitzen die Hautflügler eine ſehr wichtige Waffe, denn ſo winzig das beim Stich zwiſchen Stechborſten und Stachelrinne hindurch in die Wunde fließende Tröpfchen Gift auch iſt, ſo lähmt und tötet es doch im allgemeinen andere Inſekten faſt unverzüglich. Auch der Menſch hat alle Urſache, ſich vor den ſchmerzhaften Stichen gewiſſer Hautflügler, beſonders der größeren Arten, wie Bienen und Weſpen, zu hüten, obwohl keines⸗ wegs alle Perſonen gleich empfindlich ſind, ſondern die Folgen eines ſolchen Stiches recht ver⸗ ſchieden ausfallen können. Gewöhnlich beſtehen ſie in nur einer vorübergehenden Schwellung des verletzten Körperteils, unter Umſtänden aber in heftigem Herzklopfen, Schweißausbrüchen oder Ohnmachtsanfällen, und in beſonders unglücklichen Fällen iſt es ſogar ſchon zum Tode von Menſchen infolge von Horniſſenſtichen oder Stichen von Honigbienen gekommen. An den Vergiftungserſcheinungen iſt nicht etwa die Ameiſenſäure oder irgendeine andere Säure ſchuld, ſondern Eiweißkörper, die in der Giftflüſſigkeit enthalten ſind. Die Hautflügler gehören zu den Inſekten mit vollkommener Verwandlung und haben Puppen mit frei ausgebildeten Gliedmaßen. 1. Unterordnung: Pflanzenweſpen er Chalastogastra). Die Unterordnung der Symphyta (Chalastogastra) umfaßt die Holzweſpen, Blatt⸗ weſpen und Halmweſpen und damit zweifellos die in körperlicher und geiſtiger Hinſicht ein⸗ fachſten aller Hautflügler. Ihre Mundwerkzeuge ſind nie in beſonderer Weiſe an das Honig⸗ ſaugen angepaßt, ſo daß die wenigen Blumenbeſucher, die es in dieſer Gruppe gibt, niemals beſondere Wichtigkeit für die Blütenbeſtäubung erlangen. Viele Arten ſcheinen im fertigen Zuſtande überhaupt nichts mehr zu freſſen, andere begnügen ſich mit Blattlausexkrementen und ähnlichen für ſie leicht zugänglichen ſüßen Säften, einzelne zehren auch von tieriſcher Koſt. Von dem immer gut entwickelten Flügelgeäder und der Benennungsweiſe der von den Adern umſchloſſenen Zellen mag die Abbildung auf S. 520 ein Bild geben. Bruſt und Hinterleib ſind bei allen hierher gehörenden Weſpenarten breit miteinander verwachſen, während die Weibchen immer einen Legeapparat haben, mit dem ſie ihre Eier in die Nährpflanzen bringen. Die Larven aber zeichnen ſich ſämtlich durch walzenförmige, geſtreckte Bauart aus, ernähren ſich ausnahmslos von Pflanzenkoſt und haben ſtets einen wohlentwickelten Darm. Die urſprünglichſten Formen der ganzen Unterordnung ſind die Holzweſpen und Schwertweſpen (Siricidae), die überhaupt einen der älteſten Zweige des ganzen Hautflügler⸗ geſchlechts darſtellen mögen. Es ſind durchweg robuſt gebaute Weſpen, die mit ihrem breit an⸗ ſitzenden Hinterleibe, dem weit vorſtehenden Legebohrer und ihrer oft recht anſehnlichen Körper⸗ größe noch unverkennbar an die erſten Hautflügler, die Urholzweſpen (Pseudosiricidae), 522 ö 5 Hautflügler. aus dem oberen Jurakalk und dem lithographiſchen Schiefer von Solnhofen erinnern. Nur im Flügelbau unterſcheiden ſich unſere jetzigen Holzweſpen in mancher Hinſicht von ihren aus⸗ geſtorbenen Vorfahren. Die Vorderbruſt der heutigen Holzweſpen iſt an der Rückenſeite immer hinten ausgeſchnitten oder ausgerandet. Die Vorderſchienen haben je einen Endſporn. Die Fühler find lang und vielgliedrig, mit Ausnahme eings auf Kuba lebenden Teredonia⸗Art, die nur kurze, ſpindelförmige, fünf- bis ſechsgliedrige Fühler hat. i Eine der bekannteſten Arten iſt die gelbe Fichten- oder Rieſenholzweſpe, Sirex gigas L., die in ganz Europa und in den nördlichen und gemäßigten Teilen Aſiens zu finden iſt, ſoweit es Fichtenwälder gibt. Ihre hauptſächliche Erſcheinungszeit fällt in die Sommer⸗ monate. Bei heißem ſonnigen Wetter ſchwirren dieſe ſchmucken, großen Tiere manchmal zu Dutzenden lebhaft und geräuſchvoll im Walde umher, beſonders an lichten, ſonnigen Stellen, wo friſch gefällte Bäume und geſchlagenes Holz liegen. Für den Menſchen ſind dieſe Weſpen | trotz des etwas gefährlichen Ein⸗ drucks, den ſie machen, vollkom⸗ denn ſtechen kön⸗ nen ſie nicht, ſo daß man ſie un⸗ beſorgt anfaſſen darf. Bleiben ſie ungeſtört, ſo hier, bald dort | auf Stämmen Männchen (links) und Weibchen (rechts) der Rieſenholzweſpe, Sirex gigas L. Natürliche Größe. oder Bäumen men harmlos, laſſen ſie ſich bald nieder, wo man fie ohne Mühe greifen kann. Bruſt und Kopf mit Ausnahme der langen, 17 — 30gliedrigen gelben Fühler ſind ſchwarz, beim Weibchen hat der hellgelbe, in einen kräftigen Bohrer auslaufende Hinterleib eine breite, violettſchwarze Binde auf dem zweiten bis fünften Ringe, während das Männchen eine rotbraune Hinterleibsbinde beſitzt und am erſten Ringe ſchwarz, am letzten dunkelbraun gefärbt iſt. Die Körperlänge wechſelt, ſie kann reichlich 4 em be⸗ tragen, doch zeigen ſich manchmal auch ganz kleine Holzweſpen, richtige Zwerge, die kaum eine Länge von 1,5 cm erreichen. N | Wenn ein glücklicher Zufall es fügt, ſo gelingt es wohl einmal, eine weibliche Holzweſpe bei der Eiablage zu überraſchen. Sie fliegt auf einen eben gefällten Stamm oder an eine ſtehende, aber bereits kränkelnde Fichte, mitunter auch auf einen anderen Nadelbaum, nimmt hochbeinig und mit geſenktem Kopfe Stellung, hebt den Hinterleib und treibt ihren langen Legebohrer ſenkrecht von oben durch die Rinde bis tief in das harte Holz hinein, um alsdann ein Ei in den Stichkanal gleiten zu laſſen. Wenn dieſe mühevolle, mehrere Minuten währende Arbeit getan iſt, wird das Werk an einer anderen Stelle wiederholt, bis ſämtliche Eier in der geſchilderten Weiſe untergebracht ſind. So wird alſo das Holz zur Geburtsſtätte der Larven, deren weitere Entwickelung ſich ebenfalls im dunkeln Inneren des Baumſtammes ab⸗ ſpielt. Die Larven der großen Holzweſpe und aller verwandten Arten ſind weiße, augenloſe Holzweſpen. 523 Maden, die nur ganz kurze Bruſtfüße, aber keine Hinterleibsbeine haben. Statt deſſen läuft bei ihnen der letzte Leibesring hinten in einen ſcharfen, harten Dorn aus, der zum Weiter⸗ ſchieben im Holze ſehr geeignet iſt. Die Holzweſpenlarven freſſen ſich buchſtäblich durch das Holz hindurch, wobei eine jede für ſich einen langen, gewundenen, allmählich breiter werden⸗ den Gang anlegt, den ſie hinter ſich mit weißen ſägemehlähnlichen Exkrementen vollſtopft. Wie lange die Larven im Holze leben, ſteht nicht genau feſt. Jedenfalls dürfte es immer ge⸗ raume Zeit, mindeſtens wohl zwei Jahre, dauern, bevor ſich eine ſolche Larve am Ende ihres Ganges verpuppen kann. Da die Fichtenholzweſpen wie alle anderen Holzweſpenarten nur ein⸗ gehende oder friſch gefällte Bäume mit ihren Eiern belegen, ſo gehören ſie nicht zu den eigent⸗ lichen Waldverderbern. Nur zu den techniſchen Schädlingen kann man ſie rechnen, weil das von ihren Larven zerfreſſene Holz für den techniſchen Gebrauch ſelbſtverſtändlich minderwertig oder überhaupt unbrauchbar wird. Gar nicht ſelten iſt es auch vorgekommen, daß friſches, von jungen Larven beſiedeltes Holz, ohne daß man von der kleinen Bewohnerſchaft etwas merkte, zu Brettern und Balken verarbeitet worden iſt. Die Larven laſſen ſich hierdurch in ihrer Entwickelung nicht im mindeſten ſtören, ſie freſſen ruhig weiter und verpuppen ſich im Holz, bis eines ſchönen Tages aus den Puppen die fertigen Inſekten entſtehen, die dann mit einem Male anfangen, mit ſtarkem Geſumm auszuſchwärmen und aus dem Fußboden oder dem Hausgebälk oder ſogar aus Möbelſtücken unter Hinterlaſſung kreisrunder Fluglöcher zum Vorſchein kommen, zum Erſtaunen der Hausbewohner, die dadurch meiſt in nicht geringe Beunruhigung und Beſtürzung verſetzt werden. Die ſchönſte einheimiſche Holzweſpe iſt die Kiefernholzweſpe, Sirex juvencus L. Paururus), ein hauptſächlich in Kiefern brütendes, im weiblichen Geſchlecht prächtig blau⸗ ſchwarzes, metalliſch ſchillerndes Inſekt, deſſen Männchen einen breiten rotgelben Gürtel in der Mitte des Hinterleibes hat. Bei heißem Wetter ſchwärmen auch die Kiefernholzweſpen leb⸗ haft umher und unternehmen dabei ihre Liebesflüge gern um hohe Bäume oder andere hoch⸗ gelegene Punkte. Speiſer berichtet, daß er an der Spitze des Berliner Rathausturmes zahlreiche Stücke gefangen habe, die den Turm umflogen. Auch von der Kiefernholzweſpe liegen be⸗ wunderungswürdige Beiſpiele von der Ausdauer und Kraft vor, mit der die Weſpen etwaige Hinderniſſe zu überwinden wiſſen, die ihnen beim Ausſchlüpfen im Wege ſtehen. In einem Falle waren Kiefernholzweſpen im Holze großer Kiſten zur Entwickelung gekommen, die zur Aufnahme von Artilleriemunition dienten. Als die Tiere ſich den Weg ins Freie bahnen wollten, fraßen ſich einige nach innen durch und ſtießen dabei auf die Geſchoſſe; ſie gingen aber auch an dieſe heran, wobei es ihnen gelang, die Oberfläche des harten metallenen Geſchoß⸗ mantels mit ihren ſcharfen Kiefern zu durchfurchen und zu zernagen. Ahnlich war es in der Münze zu Wien, wo einmal ein Behälter mit Metallöſungen ausgelaufen iſt, weil eine Weſpe, die in der äußeren Bretterverſchalung zur Welt gekommen war, den Weg nach innen ges nommen und hierbei die ſtarke Bleiwand des Behälters durchlöchert hatte. Ein dritter in Deutſchland vorkommender Nadelholzſchädling iſt die Tannenholzweſpe, Xeris spectrum L., die Fichten und Tannen befällt. Sie iſt in beiden Geſchlechtern gleich⸗ mäßig ſchwarzbraun gefärbt mit gelblichen Schläfenflecken und hellen Streifen jederſeits am Bruſtrücken. Als Gattungsmerkmal hat dieſe Form nur einen Endſporn an den Hinterſchienen, während Sirex L. und Paururus Konow zwei ſolche haben. Verwandte, zur Gattung Tremex Jur. gezählte Holzweſpenarten, die durch kürzere, höchſtens ſechzehngliedrige Fühler aus⸗ gezeichnet ſind, brüten in Laubhölzern, ähnlich wie die kleineren an ihrem ſeitlich ſcharfkantigen Hinterleibe kenntlichen Schwertweſpen, die der Gattung Xiphydria Latr. angehören. # 524 | Hautflügler. | | ae Von den in allen Weltteilen verbreiteten Oryssidae find nur wenige Arten bekannt, die eigentlich alle als ſelten gelten und auch in ihrer Lebensweiſe erſt wenig erforſcht ſind. Die elfgliederigen Fühler ſind ſehr tief, dicht über dem Munde, eingefügt. Der Körper iſt zylindriſch, und die Weibchen haben keine vorſtehende Legeröhre. Zu den europäiſchen Arten gehört Orys- sus abietinus Scop., mit glashellen Flügeln, die eine braune Querbinde und über dem Grunde der Radialzelle einen hellen Fleck haben. Die am Hinterleib in beiden Geſchlechtern ſchön rot „ gefärbten Weſpen entwickeln ſich, nach Konow, in den Zweigen von Erlen oder Rotbuchen. Die Blattweſpen (Tenthredinidae) bilden eine ſehr große Familie und umfaſſen die Hauptmaſſe aller zu den Symphyten gerechneten Hautflügler. Sie bewohnen die ganze Erde, ſoweit die Vegetation reicht; dabei iſt aber merkwürdig, daß ſie im Gegenſatz zu ſo vielen anderen Inſekten in den nördlichen gemäßigten Zonen in viel größerer Formenzahl vorkommen als in den Tropen und den ſüdlichen gemäßigten Erdſtrichen, die verhältnismäßig wenig Blatt⸗ weſpenarten beherbergen. Die Mundteile ſind kauend, werden aber auch oft zum Auflecken von allerlei ſüßen Säften benutzt, ſo daß wir Blattweſpen gar nicht ſelten auf Blüten an⸗ 5 treffen. Nach R. v. Binnenthal ſollen ſich auf den Dolden von Heracleum giganteum, einer in Gärten häufig als Zierpflanze gezogenen Umbellifere, verſchiedene Arten, darunter auch die gartenſchädlichen Roſenblattweſpen, oft ſo maſſenhaft anſammeln, daß es ganz leicht iſt, ſie dort eine nach der anderen mit der Pinzette abzufangen. Ja man hat ſogar empfohlen, ſchädliche Blattweſpen durch mit Sirup beſtrichene Brettchen anzuködern, um ſie dann leicht vertilgen zu können. Es begnügen ſich aber nicht alle dieſe Weſpen mit ſüßen Säften und weichen Pflanzenteilen, ſondern es gibt auch Räuber unter ihnen, die an kleineren Familien⸗ genoſſen und anderen Inſekten Geſchmack finden. Bei ſämtlichen Blattweſpen iſt der Kopf breiter als lang, die Fühler ſind drei⸗ 155 mehr⸗ gliedrig, und an den Vorderſchienen zeigen ſich ſtets zwei Endſporne ausgebildet. Die Weibchen haben einen kurzen, ſägeartigen Legeapparat. Sehr eigenartig ſind die Larven der Blatt⸗ weſpen, meiſt grünliche oder gelbliche, häufig bunt gefärbte weichhäutige Tiere von walzen⸗ — förmiger Geſtalt, die wegen ihrer Ahnlichkeit mit Schmetterlingsraupen Afterraupen genannt werden und wie jene ſich gewöhnlich frei auf ihren Nährpflanzen aufhalten, obwohl einige auch verborgen in Früchten, Gallen oder in Geſpinſten leben. Man erkennt ſie an ihrem kugeligen Kopf, der in der Regel jederſeits ein kreisrundes Larvenauge trägt. An dem langgeſtreckten Körper find außer den drei gegliederten Beinpaaren der Bruſt meiſt noch acht Paare von weichen Afterfüßen, am zweiten bis neunten Hinterleibsringe angebracht, entwickelt. Die Geſamtzahl der Fußpaare iſt daher bei den Blattweſpenraupen faſt immer größer als bei Schmetterlings⸗ raupen und beträgt in der Regel 11, kann aber in einigen Fällen auch geringer ſein. Die größten Blattweſpen finden ſich in der Unterfamilie der Keulenblattweſpen (Cimbieinae). Sechs- bis achtgliedrig und am Ende deutlich keulenförmig verdickt find ihre Fühler, der Kopf iſt hinter den Augen erweitert. Die in ganz Europa und Sibirien ver⸗ breitete Keulenblattweſpe, Cimbex femorata I., iſt in der Färbung recht veränderlich. Ein glänzendes Schwarz pflegt zu überwiegen, das aber an der Hinterleibsmitte häufig in Gelb oder Braungelb übergeht. An der Rückenſeite des erſten Hinterleibsringes befindet ſich immer eine tiefe, von einer weißlichen Haut ausgefüllte Ausrundung. Beide Geſchlechter, die an ihren ſtark verdickten Hinterſchenkeln kenntlichen Männchen und die mit einfachen Schenkeln ausgeſtatteten Weibchen, ſind träge Inſekten, die ſich im Frühjahr an Bäumen und Sträuchern aufhalten. Nachdem die Weibchen ihre Eier einzeln in Blätter eingeſchoben haben, Oryssidae. Blattweſpen: Keulenblattweſpe. N 525 erſcheinen im Laufe des Sommers die großen raupenförmigen grünen, am Kopfe gelblich ge— färbten Larven, über deren Rückenmitte ein dunkler Längsſtreifen zieht. Die Cimbex-Larven ſind ſchwerfällige Tiere. Mit ihren 22 Füßen können ſie ſich nicht ſchnell vorwärts bewegen und ſuchen daher bei plötzlichen Beunruhigungen auch niemals ihr Heil in der Flucht, ſondern rollen ſich tellerförmig zuſammen und ſpritzen ihrem Angreifer eine Ladung von grünlichem oder waſſerklarem Blut mit ziemlicher Kraft aus beſonderen, oberhalb der ſchwarzen ſeitlichen Atemlöcher gelegenen Offnungen entgegen. Birkenblätter ſcheinen dieſen Afterraupen das liebſte Futter zu ſein, doch nehmen ſie auch mit den verſchiedenſten anderen Laubblättern vor⸗ lieb und halten ſich beim Freſſen, das hauptſächlich des Nachts geſchieht, in einer eigentüm⸗ lichen reitenden Stellung auf dem Blattrande feſt. Später ſpinnt ſich jede Larve einen länglich— eiförmigen, dunkelbraunen, ziemlich feſten Kokon, der an Zweige oder ähnliche Gegenſtände Keulenblattweſpe, Cimbex femorata E. a) Larven, b) Männchen, e) Weibchen, d) Kokon. Natürliche Größe. längs angekittet wird und der ausgewachſenen Larve als Winterquartier dient, bis im Früh⸗ jahr die Verpuppung erfolgt. Die neu entſtandene Weſpe ſprengt beim Ausſchlüpfen das oberſte Ende ihres Kokons als kreisrundes Deckelchen ab. Durch Vertilgen von Blättern können hier und da die Afterraupen der großen Keulen⸗ blattweſpen eine gewiſſe Bedeutung erlangen. So fielen die großen, bläulichgrünen oder gelblichen Larven von Trichiosoma lucorum L., einer im fertigen Zuſtande mattſchwarzen, lang behaarten Art, im Sommer 1878 über die Birken längs der Berlin-Charlottenburger Chauſſee her und beraubten ſie ihrer Blätter völlig. Ebenfalls in den ſiebziger Jahren traten die Cimbex-Larven auf dem Gute Paunsdorf bei Leipzig in ſolchen Mengen auf, daß auf etwa 13 Hektar Waldbeſtand nicht nur ſämtliche Birken, ſondern teilweiſe auch noch die Eſpen, Haſeln und Eichen gänzlich entblättert wurden und die grünen Afterraupen hernach ſo maſſen— haft in den Zweigen hingen, daß der kahl gefreſſene Wald einen grünlichen Schimmer bekam. Im fertigen Zuſtande ſind alle Keulenblattweſpen unſchädlich, weil ſie ſich mit ſüßen Pflanzen⸗ ſäften als Nahrung begnügen. Einige haben allerdings die Gewohnheit, die Rinde von dünnen Baumzweigen in feinen Ringen oder Spiralen zu befreſſen, um den hervorquellenden Saft auflecken zu können, doch ſind die hierbei verurſachten Verletzungen ſo geringfügiger Natur, daß fie bald wieder vernarben. Während die größeren Arten von Keulenblattweſpen vorherrſchend ſchwarze, braune und 5 ae Hautflügler. gelbe Farbentöne haben, gibt es unter den kleineren auch prächtig metalliſch ſchillernde Tiere, ſo z. B. die hübſche, in Deutſchland nicht ſeltene Abia sericea L., deren Larve an verſchiedenen Kräutern, an Suceisa pratensis und an Erdbeeren, vorkommt. Die Weſpe iſt metalliſch goldgrün, ihre Fühler ſind gelb und über den Hinterleibsrücken zieht beim Männchen ein breiter ſamtſchwarzer Längsſtreifen hin. Die Buſchhornblattweſpen (Lophyrinae) haben eine gedrungene, kurze Körpergeſtalt und geſägte oder beim Männchen buſchig 1 Fühler, die niemals keulenförmig oder borſtenähnlich ſind. An den Flügeln wird die Radial⸗ zelle nie durch eine Quer⸗ ader geteilt, während die Zahl der Kubitalzellen vier beträgt. Unter den verſchie⸗ denen auf Nadelhölzern le⸗ benden Arten iſt beſonders die Gemeine Kiefern⸗ blattweſpe oder Kiefern⸗ buſchhornblattweſpe, Lophyrus pini L. (Di- prion), für den Forſtmann von Bedeutung, ein weit verbreitetes Inſekt, das im ganzen nördlichen und mitt⸗ leren Europa und Aſien in Kiefernwäldern lebt, auch in Italien und Spanien vor⸗ kommt und ſelbſt in Algier nur etwa 6—7 mm lange, vorherrſchend ſchwarz ge⸗ färbte Männchen hat große, ſtark gekämmte Fühler, die wie ein Paar dunkle Feder⸗ Gemeine Rieferunlatiweihe Lophyrus pini L. aus Laſchenberg, „Beat büſche ausſehen. Das Weib⸗ 5 Tr.,. An, 0 Gary Kae I At, ufkgaunıe Karkertine In 99 Puppe, h) Legeapparat des Welbchens. Alle Figuren 575 d vergrößert. 5 gelbbraune Farbentöne na⸗ mentlich an der Bruſt und in der Mitte des Hinterleibes vorherrſchen, iſt etwas größer und robuſter gebaut und läßt nur ein Paar feingeſägte Fühler erkennen. . Schon zeitig im Jahr an den erſten warmen, ſonnigen April⸗ oder Maiiagen ſchwärmen die Buſchhornweſpen in den Kiefernheiden umher und ſuchen dabei beſonders kuſſelige Be⸗ ſtände oder Beſtandsränder auf. Beim Ablegen ſeiner Eier geht das Weibchen ſorgfältig zu Werke, ſchlitzt mit dem Legeapparat eine harte vorjährige Kiefernadel der Länge nach auf und legt in den ſo erzeugten ſchmalen Spalt eine Reihe länglicher Eier, die dort durch Sägeſpänchen gefunden wurde. Das kleine, Blattweſpen: Buſchhornblattweſpen. Roſenblattweſpe. 527 und Kittſubſtanz befeſtigt werden. 14—24 Tage ſpäter find aus den Eiern 22füßige After⸗ räupchen entſtanden, deren grünliche oder bräunlichgelbe Grundfarbe mit verſchiedenen ſchwärz⸗ lichen Zeichnungen untermiſcht iſt; namentlich fällt je ein ſchwarzer, einem Semikolon nicht unähnlicher Fleck oberhalb eines jeden Bauchfußes auf. Die Afterraupen von Lophyrus lieben die Geſelligkeit. Gewöhnlich ſieht man ſie in großen, klumpenartigen Anſammlungen, die der Forſtmann „Bulken“ nennt, in den Kiefernzweigen hängen, ſie halten ſich dabei mit den Bauchfüßen an einer Nadel feſt und ſchlagen, ſobald ſie irgendwie beunruhigt werden, bisweilen aber auch ohne äußere Veranlaſſung, ziemlich heftig mit dem ganzen Vorderkörper nach oben. Beim Freſſen gehen ſie zunächſt immer an die fleiſchigen Teile der Nadeln und verſchonen im allgemeinen die harten Mittelrippen, die, vertrocknet an den kahlen Kiefernzweigen ſtehenbleibend, immer das ſicherſte Kennzeichen eines Lophyrus⸗Fraßes bilden. Die Verpuppung erfolgt nach fünfmaliger Häutung in einem länglichen braunen Kokon, der an einem Kiefernzweig, einer Nadel oder einem ähnlichen Gegenſtand angekittet wird. Gegen Ende Juli oder im Auguſt erſcheint ſchon eine zweite Generation von Weſpen, die durch Ab⸗ heben eines kreisrunden kleinen Deckelchens aus den braunen Kokons hervorkommen. Die Ablage der Eier geht wieder in der oben beſchriebenen Weiſe von⸗ . e e ſtatten, nur werden die Eier im Sommer zum Teil auch in dies⸗ jährigen, inzwiſchen feſtgewordenen Nadeln untergebracht. Auch das Verhalten der vom Auguſt bis Anfang Oktober auf den Kiefern lebenden Larven der zweiten Brut ſtimmt ganz mit dem der Früh⸗ lingsgeneration überein. Im Herbſt ſuchen ſich die ausgewachſeeee Tan nen Larven mit Vorliebe geeignete Verſtecke am Boden, um ſich Koſenbrattweſpe, Hylotoma ro- einzuſpinnen und in ihren Kokons den Winter zu überdauern. des Mannchens, Märkr vergütet Die Erfahrung hat gelehrt, daß namentlich ſchlechtwüchſige Nas 5 In⸗ jüngere Beſtände von den gelegentlich in ungeheuren Maſſen auftretenden Afterraupen völlig kahl gefreſſen werden können. Glücklicherweiſe fehlt es dieſem Schädling aber nicht an zahlreichen Feinden, unter denen namentlich die Paraſiten eine wich⸗ tige Rolle ſpielen, denn es gibt nach Silveſtri nicht weniger als 11 Arten von Schmarotzer⸗ fliegen und 47 Arten von Schmarotzerweſpen, die ſich auf Koſten von Lophyrus entwickeln können. So erklärt es ſich, daß man im Walde auch gar nicht ſelten leere Lophyrus⸗Kokons zu ſehen bekommt, deren Deckelchen nicht abgehoben iſt, die aber ftatt deſſen an einer Stelle ein kleines rundliches Loch haben, ein Zeichen, daß ſtatt der Lophyrus⸗Weſpe einer von ihren Schmarotzern aus dem Kokon hervorgekommen iſt. Die nicht nur in den gemäßigten Zonen verbreiteten, ſondern auch in heißen Ländern und namentlich in den afrikaniſchen Tropen durch eine verhältnismäßig ſtattliche Reihe von Arten vertretenen Hylotominae beſitzen nur dreigliedrige Fühler. Die beiden erſten Fühler: glieder bleiben kurz, während das letzte faſt die ganze Länge des Fühlers ausmacht. Der ge⸗ drungene Körper zeichnet ſich durch glänzende, vorherrſchend blauſchwarze oder gelbrote Farben aus. Die Flügel, deren Radialzelle immer ungeteilt bleibt, ſind bei vielen Arten ebenfalls dunkelblau gefärbt. Zu dieſer Gruppe gehört die Roſenblattweſpe oder Bürſtenhorn⸗ weſpe, Hylotoma (Arge) rosae L., wie ſie mit Rückſicht auf ihre beim Männchen bürſten⸗ artig kurz behaarten Fühler genannt wird. Die 7—10 mm große Weſpe iſt überwiegend gelb gefärbt, wobei allerdings der Kopf ſamt den Fühlern, der mittlere Teil des Bruſtabſchnittes und das Ende der Legeſcheide beim Weibchen immer ſchwarz bleiben. Alle Gärtner und 528 Hautflügler. Roſenzüchter kennen dieſe von Schweden über ganz Europa bis zu den Mittelmeerländern ver⸗ breitete Art, die einer der wichtigſten Feinde der Gartenroſen und der wilden Roſen iſt. Schäd⸗ lich werden in erſter Linie die im ausgewachſenen Zuſtande 15 — 20 mm langen, bläulich⸗ grünen oder oberſeits pomeranzengelb gefärbten Larven, die ſich auf Roſenblättern in den verſchiedenſten und häufig recht ſonderbaren Stellungen halten, wobei ſie ihren Hinterleib oft wie ein Fragezeichen krümmen und emporgeſtreckt tragen. Die Gefräßigkeit dieſer Afterraupen, die an jedem Körperringe mit Ausnahme des Hinterendes ſechs Paare glänzender, ſchwarzer, mit je einem Borſtenhärchen beſetzter Warzen haben, iſt, nach R. v. Binnenthal, geradezu enorm. „Man ſieht ſie zum Unterſchiede von anderen Arten, welche tagsüber häufig der Ruhe pflegen, fortwährend unter ſchier maſchinenmäßigem Auf- und Abbewegen des Kopfes an den Blättern nagen, deren Subſtanz unter dieſer raſtloſen Tätigkeit ſichtlich ſchwindet.“ So kann es leicht kommen, daß die Roſenſtöcke völlig kahl gefreſſen werden. Zur Verwandlung begeben ſich die Larven in die Erde und ſpinnen dort einen doppelwandigen Kokon, deſſen äußeres bräunliches Gewebe weitmaſchig iſt, während die innere ſolide Gewebsſchicht eine weißlichgraue Farbe hat. In der Regel geht das Einſpinnen der Afterraupen im Laufe des Juli vor ſich, ſo daß ſchon im Auguſt neue Weſpen einer zweiten Brut erſcheinen und ſich ſogleich an das Fortpflanzungs⸗ N geſchäft begeben. Bei der Eiablage macht das Weibchen mit ſeinem Sägeapparat in einen Roſentrieb zwei parallele Reihen von kleinen Einſtichen und bringt in jedem ein Ei unter. Ein derartig bearbeiteter Trieb ſieht aus, als ob etwa eine Steppſtichnaht daran angebracht wäre, was der Roſenblattweſpe in Gärtnerkreiſen den Namen „Nähfliege“ verſchafft hat. Die geſchilderte Verwundung hat zur Folge, daß ſich der Trieb bald hernach krümmt, ſchwarz wird und nicht weiter entwickelt. Die den Sommereiern entſchlüpften Afterraupen freſſen bis zum Herbſt und ſpinnen ſich zur Überwinterung in der Erde ein, um im Frühjahr wieder eine neue Weſpenbrut zu liefern. Die Unterfamilie der Tenthredininae umfaßt eine große Zahl von Arten mit läng⸗ lichem, geſtrecktem oder eiförmig abgerundetem Körper. Die ſieben⸗ bis elfgliedrigen, faden⸗ oder borſtenförmigen Fühler ſind oft am Grund oder in der Mitte etwas verdickt, haben aber nie eine keulenförmige Anſchwellung am Ende. An den Vorderflügeln laſſen ſich meiſt zwei Radialzellen unterſcheiden. Unter den vielen hierhergehörenden ſchmucken, ſchlank gebauten Weſpen mit langen, neungliedrigen Fühlern iſt eine in Deutſchland häufige Art die hübſche Grüne Blattweſpe, Rhogogastera viridis L. (Perineura scalaris Kl.), über deren grünen Hinterleibsrücken ſich gewöhnlich ein breiter, ſchwarzer Doppelſtreifen zieht. Dieſes muntere Inſekt hält ſich während des Sommers an Buſchwerk und Sträuchern auf, iſt ein Räuber und verſchmäht es nicht, bei günſtiger Gelegenheit andere Inſekten anzufallen und zu verſpeiſen. Die Pflaumenblattweſpe, Hoplocampa minuta Christ. (fulvicornis F.), iſt glänzend ſchwarz, Kopf und Bruſt ſind mit kleinen gelblichen Härchen beſetzt, die kurzen neungliedrigen Fühler und die Beine ſind mehr oder weniger rötlich braungelb, nur die Schenkelwurzel an den Hinterbeinen iſt immer ſchwarz. Das Weibchen ſucht Pflaumenblüten auf und verſteht es, ſeine Eier geſchickt in die Blütenkelche einzuſchieben, bis es nach und nach ſeinen geſamten Vorrat in dieſer Weiſe untergebracht hat. Die nach 8 —10 Tagen erſcheinende Larve bohrt ſich in den Kern der jungen Frucht ein, deſſen Inneres ihr als Nahrung dient. 5—6 Wochen ſpüter iſt ſie ausgewachſen, fällt mit der unreifen Pflaume zu Boden und bohrt ſich durch ein großes Loch heraus, um in die Erde einzudringen, in der fie in einem feſten, mit Erdklümp⸗ chen verunreinigten Geſpinſt überwintert. Die Verpuppung findet im März ſtatt, während 2 ͤ ²˙ Zr ek A Dean Blattweſpen: Grüne Blattweſpe. Pflaumenblatt-, Kirſchblattweſpe. Gelbe Stachelbeerweſpe. 529 die fertige Weſpe Ende März oder Anfang April zum Vorſchein kommt. So verborgen die gelbliche, hinten verdünnte, zwanzigfüßige und merkwürdigerweiſe ſtark nach Wanzen riechende Larve lebt, ſo verrät ſich doch ihre Gegenwart, weil äußerlich an der vorzeitig bläulich an⸗ gehauchten Pflaume immer eine kleine Harzträne oder ein ausgeworfenes Kotklümpchen ſicht— bar wird. Die Pflaumenblattweſpen können in manchen Jahren zu einer großen Plage werden; ſchon wiederholt iſt es vorgekommen, daß ſie in einer Gegend die ganze Pflaumen⸗ ernte völlig vernichtet haben. Nach Ferrant ſollen dieſe Weſpen Mirabellen, Reineclauden und die frühblühenden Zwetſchenarten allen anderen Steinobſtſorten vorziehen. Die Kirſchblattweſpe, Eriocampoides limacina Retz. (Eriocampa adumbrata Klug), iſt glänzend ſchwarz, nur an der Vorderſeite der Vorderſchienen blaßbraun gefärbt. An den in der Mitte getrübten Vorderflügeln iſt die Lanzettzelle durch eine ſchräge Querader geteilt. Etwa im Juni kriechen dieſe Weſpchen aus ihren mit Sand⸗ körnchen feſt durchwebten Gehäuſen hervor, die den Winter hindurch in der Nachbarſchaft von Obſtbäumen in der Erde verborgen waren. Haben die Tierchen ihr Fortpflanzungsgeſchäft auf einem Kirſch⸗, Birnen⸗, Pflaumen⸗, Aprikoſenbaum oder etwa auf einem Schlehen⸗ ſtrauch erledigt, ſo fallen uns im Sommer auf den Blättern dieſer Pflanzen eigentümliche Larven auf, welche beinahe eher kleinen Nackt⸗ ſchnecken als Afterraupen gleichen. Sie ſind ſchleimig, von einem zähen, tintenſchwarzen, klebrigen Saft überzogen und ſitzen einzeln oder in größeren Geſellſchaften beieinander auf der Blattoberſeite, die ſie der⸗ artig befreſſen, daß ſchließlich nur die braune Unterhaut zwiſchen den Blattrippen übrigbleibt. Bei ſtarkem Befall ſieht ein ſolcher Baum mit ſeiner braunen Blätterkrone wie verdorrt aus. Die zwanzigfüßigen ſchneckenartigen Larven, deren eigentliche Körperfärbung gelblichgrün iſt, machen vier Häutungen durch und gehen ſchließlich zum Einſpinnen in die Erde. Es gibt in Deutſchland noch mehrere verwandte Arten mit ſchneckenartigen, ſchleimigen Larven, die an verſchiedenen Gewächſen vorkommen. Häufig iſt in vielen Gegenden, beiſpielsweiſe bei Berlin, die Ringelfüßige Blattweſpe, Eriocampoides annulipes Klug, die glänzend ſchwarz iſt und am Grunde der Schienen und der Fußglieder ee ee > weiße Ringel hat. Die Larven, die in ihrem Schleimkleide [hmubig wergrößerh, nebſt Larven hellgrün ausſehen, bei dunkel durchſchimmerndem Darmkanal, bee gelten Black. Nach Ta- fallen in manchen Jahren in großen Mengen die Linden in Alleen eee und Anlagen und ſollen, nach Nördlinger, auch an Eichen vorkommen. Die Gelbe Stachelbeerweſpe, Pteronus ribesii Scop. (Nematus ventricosus Latr.; Abb., S. 530), iſt ein 6,5 mm großes Tierchen von rotgelber Grundfarbe. Der Kopf mit Ausnahme des Mundes, Fühler und Bruſtunterſeite ſowie drei Flecke auf dem Bruſtrücken ſind ſchwarz, und beim Männchen iſt der Bruſtrücken mit Ausnahme der Schultern ſogar vollkommen ſchwarz gefärbt. Die Hinterbeine ſind an der Schienenſpitze braun. Die Stachelbeerweſpen laſſen ſich zum erſtenmal in den Frühlingsmonaten ſehen, beſonders im April und Mai, treten aber ſpäter in einer zweiten Brut nochmals im Auguſt auf. Ihre häßlichen, vorwiegend ſchmutzig grün und gelblich gefärbten Larven leben während des ganzen Sommers an Stachelbeerſträuchern und auf Johannisbeerbüſchen, und zwar manchmal in ſolchen Mengen, daß die Zweige buchſtäblich von ihnen bedeckt werden. Ihr Kopf iſt ſchwarz, Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 34 530 Hautflügler. und zahlreiche glänzend ſchwarze borſtentragende Warzen, die am Körper in Längs⸗ und Querreihen ſitzen, geben den Tieren ein ziemlich auffallendes buntſcheckiges Anſehen. Sind die Afterraupen in Mengen erſchienen, ſo dauert es nicht lange, bis an den befallenen Sträuchern nur noch die Blattſtiele und ſtärkeren Blattrippen übrig ſind. Die Verpuppung erfolgt wiederum im Erdboden. Die Breitfüßige Birkenblattweſpe, Craesus (Nematus) septentrionalis L., iſt eine ſchwarz und rot gefärbte Weſpe, die ihren Namen führt, weil bei ihr die Schienenſpitze und das erſte Fußglied der Hinterbeine in ganz eigentümlicher Weiſe ſchaufelartig erweitert ſind. Die Weſpen erſcheinen etwa im Mai und ſchieben ihre Eier an den Blattunterſeiten ihrer Nährpflanzen längs der Rippen ein, wobei bis zu 150 Eier an ein Blatt abgelegt werden ſollen. Bald hernach kommen die grünlichen, vorn und hinten gelben Afterraupen zum Vorſchein, die ſchwarzköpfig ſind, ſechs Längsreihen ſchwar⸗ zer Rückenpunkte ſowie eine Längsreihe ſchwarzer Bauch⸗ flecken haben und hintereinander auf dem Blattrande reiten, wobei fie das Blatt nach und nach bis zur Mittelrippe ver: zehren. Oft richten die Raupen dabei den Hinterleib in die Höhe und ſehen dann wie eine Reihe von Fragezeichen aus. An Birkenblättern findet man ſie am häufigſten, aber auch Erle, Haſel und andere Pflanzen werden nicht verſchmäht. Die Gemeine Weidenblattgallenweſpe, Pontania proxima Lep. (Nematus gallicola Steph.), iſt eine un⸗ ſcheinbare, nur 3—4 mm lange ſchwarze Welpe, die neben anderen Pontania-Arten uns als Beiſpiel dafür dienen kann, daß es auch unter den Blattweſpen nicht an Gallenerzeugern fehlt. Ihre Afterraupen ſind in fleiſchigen, bohnenförmigen, grünen oder rotbackig werdenden Gallen zu finden, die auf der Ober⸗ und Unterſeite von Weidenblättern hervortreten. Wenn im Herbſt die Gallen mit den welkenden Blättern zu Boden fallen, bohren ſich die ausgewachſenen Larven heraus und ſpinnen ſich in der Erde in braunen Kokons zur Über⸗ winterung ein. SE Gelbe Stachelbeerweſpe, Pteronus ribesii Scop. (vergrößert), und ihre Larve. Nach Taſchenberg, „Praktiſche⸗Inſek⸗ 3 5 tenkunde“, Bremen 1879. | Die Geſpinſtblattweſpen oder Kotſackblattweſ— pen, Pamphiliinae (Lydinae), nehmen unter den Blatt⸗ weſpen eine gewiſſe Sonderſtellung ein, ſo daß der um die Syſtematik dieſer Hautflügler ver⸗ diente Paſtor Konow kein Bedenken trug, ſie zum Range einer eigenen Familie zu erheben. Der Rücken des Vorderbruſtringes iſt bei ihnen hinten abgeſtutzt oder ſchwach ausgerandet. Die dünnen Fühler ſind ſehr lang und beſtehen aus zahlreichen Gliedern, meiſt über 30. Auch die Larven der Pamphiliinen unterſcheiden ſich von den Afterraupen anderer Blattweſpen, da fie zwar ſechs gut ausgebildete Bruſtbeine, aber keine Bauchfüße haben, mit Ausnahme eines Paares dünner, gegliederter, an die Afterraife niederer Inſekten erinnernde Anhänge, die hinten an dem letzten Ring ihres langgeſtreckten Hinterleibes ſitzen. Dieſe Larven leben nicht frei, ſondern halten ſich in ſelbſt verfertigten, röhrenförmigen oder ſackartigen Geſpinſten auf, in denen ihr Kot hängenbleibt. Die Verpuppung geht in der Erde ohne Bildung eines Kokons vonſtatten. N in a el an Jan Bei Be 1 Ze BB ee 11 Blattweſpen: Birkenblattweſpe. Weidenblattgallenweſpe. Kotſackblattweſpen. 531 Zur Hauptgattung Pamphilius Latr. (Lyda F.), die, abgeſehen von den bereits an⸗ gegebenen Merkmalen, einen flachen, von oben nach unten zuſammengedrückten Hinterleib hat, gehören mehrere deutſche Arten, die an Nadelhölzern oder Laubbäumen ſchädlich werden, ſo vor allem die Kieferngeſpinſtweſpe, Pamphilius stellatus Christ. (pratensis F.), eine am Kopf mit verſchiedenen gelben Punkten und Flecken geſchmückte Weſpe, deren ſchwarzer Hinterleibsrücken an den breiten ſeitlichen Rändern rötlich gefärbt iſt. Ihre Larven ſuchen hauptſächlich 40 bis 100jährige Kiefern heim, die ſie durch Abweiden der Na⸗ deln, von unten nach oben fortſchrei⸗ tend, völlig kahl freſſen. Schlimm ſieht es in einem Waldrevier aus, in dem dieſes Unge⸗ ziefer überhandge⸗ nommen hat. Die Baumkronen mit ihren entnadelten Aſten und Zweigen und den maſſen⸗ weiſe darin hängen⸗ den, von rotbrau⸗ nen Kotmengen erfüllten Geſpinſt⸗ ſäcken gewähren einen überaus trau⸗ rigen Anblick. Der Forſtmann muß dann meiſt zur Axt * N ha — Er — 3 ** N R el — — ; . z 5 Br u nn Fü 9 N 8 — 8 x 3 — Bi Te RE I x x — re De are greifen, denn die 1) Kotſack, 2) fertiges Tier, 3) Larve von Pamphilius campestris L. 5) Kieferngeſpinſt⸗ der Nadeln beraub⸗ weſpe, Pamphilius stellatus Christ., 4) deren Kotſack. Nach Ratzeburg, „Die Forſtinſekten“, Berlin 1844. ten Bäume können ſich in der Regel nicht erholen. Im Auguſt, wenn der Larvenfraß in den Kiefernkronen ſein Ende erreicht, ſuchen die Schädlinge den Waldboden auf, graben ſich ein und verbringen in einem kleinen Erdkämmerchen den Winter. Merkwürderweiſe kommt es aber durchaus nicht immer im nächſten Frühjahr zur Verpuppung, ſondern die Larven bleiben in der Regel noch zwei volle Jahre hindurch unverpuppt im Erdboden liegen, ehe ſie ſich, gewöhnlich erſt nach einer dritten Überwinterung, verwandeln, um dann ſchon wenige Wochen hernach die Weſpe zu liefern. Ein derartiges, in ſeinen eigentlichen Urſachen noch nicht völlig geklärtes, jahrelanges Ruhen der ver⸗ puppungsreifen Larve, das man als „Überliegen“ bezeichnet, iſt auch bei vielen anderen Geſpinſt⸗ weſpen feſtgeſtellt worden, während bei Pamphilius campestris L., deren große Kotſäcke zu⸗ meiſt an jungen Kiefernpflänzchen vorkommen, eine einjährige Generation die Regel zu ſein ſcheint. i 34 * 992 Hautflügler. Die Rotköpfige Geſpinſtweſpe, Pamphilius erythrocephalus L. (Lyda), iſt eine prächtige ſtahlblaue, in Deutſchland nicht gerade häufige Weſpe, die ſich im weiblichen Ge⸗ ſchlecht durch einen ziegelroten Kopf auszeichnet, während beim Männchen der Kopf blau und vor dem Fühlergrunde gelb gefärbt iſt. Die Eier werden reihenweiſe an die Nadeln junger Weimutskiefern und gewöhnlicher Kiefern gelegt. Die Larven verfertigen in der Nähe des vorjährigen Quirls zu mehreren ein gemeinſames, außen glattes, im Inneren in einzelne Röhren abgeteiltes Geſpinſt, das nur wenig Kot enthält. Jede dieſer Geſpinſtröhren wird immer nur von einer Larve bewohnt. Ein wichtiger Fichtenſchädling iſt Pamphilius hypotrophicus Hig. (Lyda). Kopf und Bruſt dieſer 12 — 13 mm langen Fichtengeſpinſtweſpe find glänzend ſchwarz mit hellgelben Zeichnungen. Die Fühler, die Beine und der Hinterleib ſind größtenteils völlig gelb. Die Larven, die verſchieden gefärbt, anfangs aber meiſt grasgrün und dunkelköpfig ſind, ſpäter heller werden und eine deutliche „förmige ſchwarze Zeichnung auf der Stirn bekommen, halten ſich in großen gemeinſamen Geſpinſten auf, die maſſenweiſe Kot enthalten und wurſtförmig die Zweige umgeben, wobei jede Larve wieder ihre eigene Röhre bewohnt. Die ausgewachſenen Larven zeigen auch die oben erwähnte Erſcheinung des Überliegens im Erdboden. Die Puppen ſind teils goldgelb, teils grün. In älteren Fichtenbeſtänden iſt dieſe Art bisweilen geradezu verheerend aufgetreten. Baer teilt mit, daß im Jahre 1900 im Naſſauer Revier etwa 500 Hektar Fichtenwald von dieſer Geſpinſtweſpe lichtgefreſſen ſind. Zu den Obſtbaumſchädlingen gehört die Geſellige Birnblattweſpe, Pamphilius flavi- ventris Rete. (Neurotoma pyri Schr.), eine etwa 10 —12 mm lange Art mit ſchwarzem Mittelleib und breitem, flachem, beim Männchen gelbrotem, beim Weibchen geflecktem Hinter⸗ leib. Anfang Juni erſcheinen die Larven, die aus den reihenweiſe an die Blätter abgelegten Eiern ſchlüpfen, und ſpinnen ſich ein gemeinſchaftliches lockeres, aber ziemlich feſtes Neſt, das bald eine bräunliche Farbe annimmt und durch Kotballen verunreinigt wird. Im Inneren eines ſolchen Neſtes, das gewöhnlich in den Zweigen eines Birnbaumes hängt, aber auch an Pflaumenbäumen, Weißdorn oder Miſpeln vorkommen kann, hauſen gelbe glänzende Larven, die die eingeſponnenen Blätter vom Rande her befreſſen. Tritt Nahrungsmangel ein, jo ziehen die Larven weiter und bauen in der Nachbarſchaft ein neues Neſt, ſo daß man ſchon nacheinander ſechs Neſter von einer Larvengeſellſchaft hat gründen ſehen. Im Sommer ſind die Larven ausgewachſen, laſſen-ſich hinab und gehen zur Verpuppung mehrere Zentimeter tief in den Erdboden hinein. Die Roſengeſpinſtweſpe, Pamphilius inanitus Vell., iſt eine in beiden Geſchlechtern abweichend gefärbte Weſpe von etwa 10—11 mm Länge mit blaßgelben Beinen, etwas roſtbraun gefärbten Fußgliedern und je drei Seitendornen an Mittel⸗ und Hinterſchienen. Sonderbar iſt die Lebensweiſe ihrer Larven, die ſich einzeln in kegelförmigen, bei flüchtiger Betrachtung etwas an die Röllchen von Blattwickelkäfern erinnern⸗ den Gehäuſen verſteckt halten. Ein ſolches, eine Länge bis zu 5 cm erreichendes Blattgehäuſe iſt ein wahres Kunſtwerk, es fügt ſich aus zahlreichen einzelnen, ſich gegenſeitig dachziegel⸗ förmig deckenden Stückchen zuſammen, die die Larve vom Rande eines Roſenblattes abgetrennt und mit Spinnfäden vereinigt hat. Die etwa im Auguſt ausgewachſene Larve verläßt das Röllchen und begibt ſich ſofort in die Erde. Die Halmweſpen (Cephidae) haben einen ſchmalen, zylindriſchen, im Hinterleibs⸗ abſchnitt häufig ſtark zuſammengedrückten Körper. Die Vorderbruſt iſt hinten abgeſtutzt, und die langen vielgliedrigen Fühler ſind nach der Spitze hin gewöhnlich etwas verdickt. An den Blattweſpen: Kotſackblattweſpen. Halmweſpen. 533 Vorderſchienen iſt nur ein Endſporn erkennbar. In den Frühlingsmonaten erſcheint in ganz Europa, ſoweit der Getreidebau reicht, bis zu den Mittelmeerländern, in Syrien und im kaukaſiſchen Gebiet die kleine, zierliche, gelb und ſchwarz gefärbte, etwa 6—8 mm lange Getreidehalmweſpe, Cephus pygmaeus L., mit glänzend ſchwarzem Körper und gelb gefleckten Beinen, während der Hinterleib mit Querbinden von zitronengelber Farbe geſchmückt iſt. Mit ihren glashellen, von dunkeln Adern durchzogenen Flügeln fliegen dieſe kleinen Weſpen bei ſonnigem Wetter auf den Feldern umher oder beſuchen benachbarte Blüten, um dort Honig zu naſchen. Zur Fortpflanzung bohrt das Weibchen einen der oberſten Knoten von Roggen: oder Weizenhalmen an, ſchiebt ein Ei hinein und verfährt in der gleichen Weiſe mit anderen Halmen, bis etwa ein Dutzend Eier untergebracht ſind. Ungefähr 14 Tage ſpäter ſchlüpft die gelblichweiße Larve aus, die zunächſt tiefer in den Knoten eindringt, dann ihn durchfrißt und damit in das Innere der Halmröhre gelangt, die ihr von nun an als Wohnſtätte dient. Die dort abgelagerten krüme⸗ ligen Kotklümpchen beweiſen, daß ſie durch Befreſſen der Innenwand des Halmes genügend Nahrung findet, und ihre in der Halmröhre abgeworfenen Häute, mit der bräunlichen Kopfſchale daran, ſind ein Zeichen ihres Wachstums und Gedeihens. Auch äußerlich gibt ſich die Gegenwart der Halmweſpenlarve zu erkennen, denn wäh⸗ rend die geſunden Halme volle Ahren anſetzen und ſich zur Reifezeit neigen und biegen, bleiben die befallenen Halme kürzer und ſtehen mit ihren weißgelben Ihren kerzengerade aufgerichtet. Wenn die Zeit der Ernte heran⸗ naht, ſo pflegt auch die Larve unſerer Halmweſpe aus⸗ gewachſen zu ſein, ſie zieht ſich jetzt in den unteren Teil des Getreidehalms zurück und ſpinnt ſich in einen ſeiden⸗ artigen Kokon ein, überwintert in ihm und geſtaltet ſich im nächſten Frühjahr, etwa 14 Tage vor der Flugzeit der Weſpen, zur Puppe. Beim Mähen des Getreides 88 2 werden die Halmweſpenlarven gewöhnlich nicht in Mitt: nn leidenſchaft gezogen, weil fie alsdann ſchon fo tief unten 8 „ im Halme ſitzen, daß ſie in der Stoppel zurückbleiben und ihre Entwickelung vollenden können. Tiefes Unterpflügen der Stoppeln oder Heraus⸗ nahme aus dem Boden und Verbrennen derſelben werden daher als hauptſächliche Gegen⸗ maßregeln im Kampfe gegen dieſen Schädling empfohlen, der ſeit ſeiner Verſchleppung nach Nordamerika auch in den Vereinigten Staaten ſehr erhebliche Bedeutung für die dortige Landwirtſchaft erlangt hat. 3 Unter den baumſchädlichen Halmweſpen ift die in ganz Europa heimiſche Birntrieb- weſpe, Janus compressus F., ein Feind unſerer Obſtbäume. Schwarz und Rötlichgelb find auch hier wieder die vorherrſchenden Färbungen. Der Hinterleib iſt rotgelb, beim Männchen iſt gewöhnlich nur der Hinterleibsgrund, beim Weibchen auch die Umgebung des Afters ſchwarz. Die ſchwarzen Fühler ſind beim Männchen an der Unterſeite häufig rötlich, die Beine teils ſchwarz, teils gelb. An warmen Frühlingstagen, etwa um Mitte Mai herum, beſucht das Janus⸗Weibchen vorjährige Triebe, am liebſten von Birnbäumen, und legt in dieſe feine Eier 534 Hautflügler. ab. Im Inneren des Triebes führt die Larve ihr Zerſtörungswerk aus und zerfrißt die Mark⸗ röhre, ſo daß der Trieb welken und abſterben muß. Dann verfertigt ſich die Larve zur Überwinterung im Inneren der Markhöhle ein lockeres, ſeidenartiges Geſpinſt und verpuppt ſich im folgenden Frühjahr. Die fertige Weſpe aber durchnagt zum Schluß die dünne Rinden⸗ ſchicht, um den Weg ins Freie zu finden. i 5 2: Unterordnung: Stechweſpen (Apoecrita). Die lange Reihe von weſpenartigen Hautflüglern, die mit Rückſicht auf ihren mehr oder minder locker dem Bruſtabſchnitt angefügten Hinterleib zu den Apoexita geſtellt wird, umfaßt nicht nur die höchſtentwickelten Hymenopteren, ſondern darunter auch Arten, die wegen ihrer komplizierten Inſtinkte und geiſtigen Fähigkeiten als die vollkommenſten aller wirbelloſen Tiere gelten können. Die Vielſeitigkeit in dieſer Gruppe ift dabei jo ungeheuer, daß es un möglich iſt, Körperbau und Lebensweiſe dieſer Hautflügler erſchöpfend zu ſchildern. Nur i in großen Zügen vermögen wir hier einen Überblick zu geben. | Gewaltig ift zunächſt die an Artenzahl geradezu unüberſehbare Schar der na weſpen oder Schlupfweſpen, die in den verſchiedenartigſten Geftalten und Formen auftreten, und zu denen ſowohl die winzigſten Inſekten wie, unter Einrechnung des Legebohrers, auch die längſten Inſekten mit vollkommener Verwandlung gehören. In der freien Natur rechnen ſie zu den häufigſten Erſcheinungen. Jedem Inſektenkenner und namentlich jedem Schmetter⸗ lingszüchter ſind dieſe lebhaften, ſozuſagen von einer fortwährenden nervöſen Unruhe beſeelten Inſekten wohlbekannt, denn oft genug ſieht er ſie zu ſeinem Arger ſtatt des erhofften Falters aus einer Schmetterlingspuppe hervorkommen. Andere Arten ſchlüpfen freilich nicht aus Puppen, ſondern entſtehen ſchon aus den Raupen oder aus anderen Inſektenlarven, oder ſie können aus Inſekteneiern hervorgehen, und endlich fehlt es auch nicht an Schlupfweſpen, die : ſich aus dem ſterbenden Körper eines fertigen Inſekts, einer Spinne oder eines Vielfüßlers hervorarbeiten. Allen gemeinſam iſt aber die ſchmarotzende Lebensweiſe während der Larven⸗ zeit, denn gewöhnlich verſenkt ſchon die Mutterweſpe ihr Ei gleich in den Körper eines anderen Inſekts, und bald darauf entſteht dann aus dem Schmarotzerei eine weißliche, madenähnlich ausſehende Larve, die ſich als innerer Paraſit in dem fremden Organismus ernährt, dort heran⸗ wächſt und ſich in einem kleinen Kokon im Inneren des mittlerweile leergefreſſenen hohlen Körpers des Wirtstieres verpuppt. Gelegentlich bohren ſich auch ſolche Schlupfweſpenlarven, wenn ſie ausgewachſen ſind, aus dem Leibe des Wirts hervor und ſpinnen ſich draußen, meiſtens ſchon in der nächſten Nachbarſchaft, zur Verpuppung ein. Wenn aber die Mutterweſpe ihr Ei nicht in den Körper des Wirtsinſekts hineingelegt, ſondern es nur oberflächlich an ihm befeſtigt hat, ſo kann die auskriechende Schlupfweſpenlarve die Haut durchbohren und damit doch wieder zu einem Innenſchmarotzer werden, oder ſie bleibt auf der Oberfläche und ſaugt als äußerer Paraſit an der Haut ihres Opfers. Das Endergebnis iſt faſt immer das gleiche: faſt ſtets geht nämlich der Wirt zugrunde, während ſeine Schmarotzer, denn oft ſind es mehrere von ihnen, wieder zu neuen Schlupfweſpen werden. Nur ſehr ſelten vermag rs dem Para: ſiten auch noch der Wirt feine Entwickelung zu beenden. Auf den Körperbau der Schlupfweſpenlarven hat das Schmarotzerleben Rn Einfluß gehabt. Beine fehlen immer, da die Fortbewegung bei ſolchen Larven keine große Rolle jpielt und hinreichend durch Krümmungen des weichen Körpers bewerkſtelligt werden kann. Auch Augen gibt es nicht; dagegen find die beißenden Mundteile, die aus ſeitlich gegeneinander⸗ wirkenden Border: und Mittelkiefern nebſt einer kleinen Unterlippe beſtehen, gewöhnlich deutlich Schlupfweſpen: Allgemeines. | 535 erkennbar. Der Mitteldarm ſteht nicht mit dem Enddarm in offener Verbindung, ſondern bleibt hinten geſchloſſen. Dies hat zur Folge, daß alle etwaigen Überreſte in dem mittleren Darmabſchnitt aufgeſpeichert bleiben und es bis zum Ende der Larvenentwickelung zu gar keiner Darmentleerung kommen kann, offenbar eine ſinnreiche Einrichtung, um zu vermeiden, daß der Wirt durch die Ausſcheidungen des Paraſiten vergiftet wird und vorzeitig zugrunde geht. Die Atmung muß bei dieſen Larven zumeiſt in der ſauerſtoffhaltigen Blutflüſſigkeit des lebenden Wirts vonſtatten gehen und vollzieht ſich durch Tracheen, die unter der dünnen Körperhaut der Paraſiten verlaufen. Ein Atmungsorgan ſehr ſonderbarer Natur haben die Larven der kleinen Apanteles⸗Weſpen, Schmarotzerlärvchen, die im Leibesinnern von Schmetterlingsraupen hauſen und zur Atmung ihren Maſtdarm benutzen, den ſie nach außen hervorgeſtülpt als „Schwanzblaſe“ hervortreten laſſen, ſo daß er wie eine Kieme wirken kann. Das Schmarotzen iſt den Schlupfweſpen ſo in Fleiſch und Blut übergegangen, daß ſie nicht einmal ihre eigenen Zunftgenoſſen verſchonen, denn gar nicht ſelten wird eine Schlupf⸗ weſpenlarve von der Schlupfweſpe einer anderen Art angeſtochen, deren Larve dann als Schma⸗ rotzer zweiten Grades (Hyperparaſit) ſich in ihrem Körper entwickelt. Ja, auch der Schmarotzer zweiten Grades iſt ſeinerſeits durchaus nicht ſicher, denn er kann unter Umſtänden wieder einer Schmarotzerweſpe dritten Grades zum Opfer fallen; ſelbſt ein Schmarotzertum vierten und fünften Grades ſoll beobachtet worden ſein, obwohl derartige Fälle wohl noch genauerer Unterſuchung bedürfen. Jedenfalls handelt es ſich hier um ein wahres Mordgeſindel, dem ſicherlich im Naturganzen eine überaus hohe Bedeutung zukommt. Sind es doch hauptſächlich Schlupfweſpen, die ähnlich wie die früher beſchriebenen Raupenfliegen zur Erhaltung des notwendigen Gleichgewichts in Feld und Flur beitragen und dafür ſorgen, daß nicht irgend: eine Inſektenart ſich allzu breit machen und überhandnehmen kann. Bei Raupenkalamitäten kann man dies oft genug ſehen. Wenn es nämlich irgendwo zu einer ungewöhnlich ſtarken Vermehrung von Raupen oder Schädlingen ähnlicher Art gekommen iſt, ſo finden ſich gewöhn⸗ lich bald hernach auch deren natürliche Feinde, die Schlupfweſpen, in ſolchen Scharen auf dem Schauplatz ein, daß ihnen die meiſten Störenfriede zum Opfer fallen und damit über kurz oder lang das frühere Zahlenverhältnis wiederhergeſtellt wird. So gewinnen die Schlupf⸗ weſpen auch für den Menſchen praktiſche Bedeutung, wie man ſich denn auch ſchon ſeit langem bemüht hat, dieſe nützlichen Inſekten zu ſchützen und künſtlich zu verbreiten. Verſuche dieſer Art ſind in neuerer Zeit in beſonders großem Maßſtabe in Amerika unternommen worden, wo von europäiſchen Schmetterlingsarten der Schwammſpinner und Goldafter, die ohne ihre natürlichen Feinde in die Vereinigten Staaten eingeſchleppt wurden, zu einer geradezu furcht⸗ baren Plage geworden ſind. Die in Amerika urſprünglich einheimiſchen Schlupfweſpenarten verſagten den fremden europäiſchen Schmetterlingen gegenüber, ſie taten ihnen, von ver⸗ ſchwindend wenigen Ausnahmen abgeſehen, nichts zuleide, und ſo kam es, daß ſich dieſe Schädlinge immer weiter vermehren und ungehindert ausbreiten konnten, ohne daß es gelang, auf künſtlichem Wege dem Übel zu ſteuern. In dieſer Notlage entſchloß man ſich, aus Europa Hilfe zu holen, und neben anderen natürlichen Feinden ſind auch viele Hunderttauſende lebender Schlupfweſpen, die beim Schwammſpinner und Goldafter ſchmarotzen, nach Amerika gebracht worden, wo ſie ſich jetzt vermehren und überaus ſegensreich wirken. Die Schlupfweſpen ſtellen wir nicht ohne Grund an den Anfang der Unterordnung. Die ſonſtigen Arten von apokriten Hautflüglern, wie die ſpäter noch zu ſchildernden Gallweſpen, die Grabweſpen, Ameiſen und Bienen, ſtammen nämlich höchſtwahrſcheinlich ſämtlich von 536 Hautflügler. ſchlupfweſpenartigen Vorfahren ab und haben daher trotz vieler Verſchiedenheiten in der Lebens⸗ führung die gleichen Larvenzuſtände: blinde, fußloſe Maden mit ſackartig geſchloſſenem Mittel⸗ darm. Die wichtigſte Familie unter den Schmarotzerweſpen iſt die der Echten Schlupfweſpen oder Ichneumonen (Ichneumonidae), die in der ganzen Welt vorkommen, am artenreichſten und häufigſten aber in den nördlichen gemäßigten Zonen ſind. Ihr Name führt angeblich auf eine uralte Sage aus der Zeit des alten Agyptens zurück, der zufolge der Ichneumon, ein marderartiges Raubtier, ſchlafende Krokodile überfallen und in ihren Leib kriechen ſoll, um die Eingeweide zu freſſen. Etwas ähnliches gilt immerhin auch für die Ichneumonenweſpen, wenigſtens inſoweit als ſie im Larvenzuſtande im Leibe anderer Inſekten hauſen und deren Körperinneres verzehren. Ob aber der Name wirklich ſo entſtanden iſt, muß als zweifelhaft gelten, denn Ariſtoteles, der ſchon gewiſſe Inſekten Ichneumonen nannte, hat unter dieſem Namen wahrſcheinlich gar nicht unſere Schlupfweſpen, ſondern wohl Grabweſpen verſtanden. Die wichtigſte Eigentümlichkeit der Ichneumoniden beſteht in der Verſchmelzung der erſten Kubitalzelle mit der hinter ihr gelegenen erſten Diskoidalzelle zu einer gemeinſamen Diskokubital⸗ zelle, die gelegentlich allerdings noch einen kleinen Reſt des bei anderen Hautflüglern die beiden i Zellen trennenden Quernerven erkennen läßt. Die zweite Kubitalzelle iſt bei den Ichneumonen auffallend klein, ſie bildet die ſogenannte Spiegelzelle (Areola), die zwar einigen Arten fehlt, gewöhn⸗ lich aber vorhanden iſt, und auf deren Vorderflügel von ohne u mon pisorius L. x Radialzelle, ed Disko⸗ Form der Syſtematiker großen Wert . legt. Wichtig find auch die beiden Quer⸗ adern, welche die zweite Diskoidalzelle begrenzen helfen und rücklaufende Adern (Nervi recurrentes) genannt werden. Weitere Kennzeichen der Ichneumonen, bei denen es nur eine verhältnismäßig geringe Zahl flügelloſer Arten gibt, ſind die wenigſtens ſechzehngliedrigen, nicht geknieten Fühler, die beim Weibchen ſtärker eingerollt, beim Männchen etwas mehr ausgeſtreckt ſind. Der Bruſtabſchnitt iſt in der Regel länglich, der Rückenteil der Mittelbruſt kann durch zwei ſeitliche Längsfurchen (Parapſiden) dreiteilig werden, während die Hinterbruſt oben in verſchiedener Weiſe gefeldert iſt, alles Merkmale, die ſich die Syſtematik ebenſo zu⸗ nutze macht wie die Anordnung der Luftlöcher. Die Unterſeite des ſehr verſchieden geſtalteten Hinterleibes wird nur von einer weichen Haut gebildet, die nach dem Tode zuſammentrocknet, ſo daß die geſpießten Ichneumonen in den Sammlungen unten wie ausgehöhlt erſcheinen. Die Weibchen tragen einen Legebohrer, der alle Abſtufungen von einem winzigen, kaum her⸗ vorragenden Stachel bis zu einem weit über körperlangen Anhang zeigt. i Die Lebensgewohnheiten dieſer Tiere hat Habermehl geſchildert: „Die ausgebildeten Ichneumoniden ſind bei ſehr warmem und ſchwülem Wetter ungemein lebhafte Inſekten und im Fluge nicht leicht zu fangen. Nur die Ophionen haben ein trägeres Weſen. Die meiſten Ichneumoninen und Kryptinen zittern, wenn ſie ſitzen oder umherlaufen, ſtets lebhaft mit ihren Fühlern, ein Verhalten, das ihnen den Namen ‚Muscae vibrantes‘ eintrug. Niemals hört man die Ichneumonen weder im Fluge noch im Sitzen ſummen, ſie vermögen ſich alſo ihren Opfern geräuſchlos zu nähern. Mit Vorliebe beſuchen ſie blattlausreiches Buſchwerk, um die von den Blattläuſen abgeſonderten zuckerhaltigen Säfte aufzulecken. Beliebte Sammel⸗ punkte ſind z. B. die an Hecken und Grabenrändern überall in Deutſchland vorkommenden Hornſträucher (Cornus sanguinea), deren mit ſchwarzen Blattläuſen oft dicht beſetzte Blätter Echte Schlupfweſpen: Ichneumoninae. Cryptinae. 537 die Ichneumonen bisweilen in Menge anlocken. Im Walde halten fie ſich nach meinen Er: fahrungen am liebſten an den Blättern junger Eichen und Buchen auf, an denen ich indes immer vergeblich nach Blattläuſen ſuchte. Was die Ichneumonen hier feſſelt, vermag ich nicht zu ſagen.“ Doldenblüten beſuchen die Ichneumonen gern. „Auf anderen Blüten werden ſie ſelten angetroffen. Mangels deutlicher Ausrüſtungen für einen erfolgreichen Blumenbeſuch ſpielen ſie überhaupt keine große Rolle als Blütenbeſtäuber. Die einzige, regelmäßig von Ichneumonen aus den Gattungen Ichneumon L., Cryptus F. und Tryphon Grav. beſtäubte Blume iſt die zu den Orchideen gehörige Listera ovata.“ Auch von den Verteidigungs⸗ einrichtungen ſpricht Habermehl. „Werden die Weibchen der größeren Ichneumoninen mit den Fingern ergriffen, ſo verſuchen ſie augenblicklich, den Legebohrer als Stechwaffe zu verwenden, doch gelingt es nur den wenigſten, die Haut wirklich zu durchbohren. Recht empfindlich ſtechen die Weibchen von Ophion luteus, wie ich mehrfach erfahren habe. In der Tat wies auch Schiödte bei dieſer Schlupfweſpe ſowie bei Ichneumon annulator und Pimpla instigator Giftdrüſen nach, woraus hervorgeht, daß der Legeſtachel auch die Funktionen eines Giftſtachels übernehmen kann. Einige dieſer Inſekten, namentlich die größeren Arten der Gattung Pimpla, verbreiten ſchon in einiger Entfernung einen durchdringenden, an Teer erinnernden Geruch.“ Zur Unterfamilie der Ichneumoninae gehören nur geflügelte Arten mit fünfeckiger Spiegelzelle. Der erſte Ring des von oben nach unten abgeplatteten Hinterleibes iſt am Grunde ſtielförmig nach hinten erweitert. Seine Luftlöcher ſind weiter voneinander als vom Hinterrande dieſes Ringes entfernt. Der Legebohrer ragt wenig vor. Eine der größten deutſchen Arten iſt der 22—28 mm meſſende Ichneumon pisorius L., eine ſchlanke, hübſche Weſpe, an deren ſchwarzer Bruſt ſich das leuchtend gelbe Schildchen und je eine gelbe Linie an der Flügelwurzel deutlich abheben. Der Hinterleib iſt mit Ausnahme des Stielgliedes ſchmutzig rotgelb, und die Fühler find mit einem weißen Ring verſehen. Ichneumon pisorius treibt ſich vom Juni ab in unſeren Nadelwäldern umher. Das Weibchen ſticht dort größere Schwärmerraupen an und legt in jede ein Ei. Die Raupe wird von dem Schmarotzer in ihrem Leibe zunächſt ſo wenig beläſtigt, daß ſie ſich noch bis zur ee weiterentwickeln kann, dann aber zugrunde geht. Die Cryptinae auen in der Form der Spiegelzelle und in dem Vorhandenſein eines geſtielten, nach hinten erweiterten, geknickten erſten Hinterleibsringes mit der vorigen Unter⸗ familie überein, unterſcheiden ſich aber von ihr durch den längeren Legebohrer und durch die Lage der Luftlöcher, die am erſten Hinterleibsring einander näherſtehen als dem Hinterrande dieſes Ringes. Eine in Deutſchland häufige Art iſt Microeryptus basizonus Grav., ein kleines Schmarotzerweſpchen mit ſchwarzem Kopf und Bruſtabſchnitt und braunrotem, an der Spitze gewöhnlich dunkelm Hinterleib ſowie dunkeln, beim Weibchen in der Mitte weißen Fühlern. Man kann dieſe Art leicht aus den Tönnchen der Kiefernblattweſpe, Lophyrus pini I., erziehen. In den Larven dieſer Schmarotzerweſpe ſchmarotzt nun gelegentlich wieder eine andere Schlupfweſpe, nämlich die der nahe verwandten Gattung Hemiteles Grav. angehörende Art H. areator Pana, ein Schmarotzer, den man freilich, Taſchenberg zufolge, aus den ver: ſchiedenſten Kerfen ſchlüpfen ſehen kann, denn man hat ihn bereits aus der Raupe eines Sichelſpinners, aus Mottenraupen und aus den Larven des Speck- und des Pelzkäfers er⸗ zogen. Das unanſehnliche, 3,37 —4,17 mm lange Tier zeichnet ſich vielen ähnlichen Schlupf: weſpenarten gegenüber durch die nach außen ungeſchloſſene, der Anlage nach fünfeckige 538 Hautflügler. Spiegelzelle aus. Fadenförmige Fühler, drei dunkle Querbinden, die über die Flügel des Weibchens, zwei, die über die des Männchens ziehen, ſchwarze Flecke auf rotem Untergrunde an Kopf, Bruſtkehlen und zweitem Hinterleibsringe und rote Beine mit weißen Schienenſpitzen an den Hinterbeinen machen das zierliche Weibchen kenntlich. Von der Schönheit mancher ſchlankgebauter tropiſcher Eryptinen kann vielleicht die auf der beigehefteten Farbentafel in natürlicher Größe dargeſtellte Mansa pulchricornis Tosg. eine Vorſtellung geben, die wir in der oberen Hälfte des Bildes, nach einem Opfer ſpürend, ſchweben ſehen. Zu den Cryptinen gehört auch die Gattung Pezomachus Grav., bei der die Weibchen ſtets ungeflügelt bleiben. Es ſind kleine Tierchen, vielfach von der Größe und ungefähr von dem Ausſehen von Ameiſen, die im Sommer unruhig auf Blät⸗ tern, Zweigen oder am Boden umherlaufen, und die man bei flüchtigem Hinſehen leicht für Ameiſen halten kann. Die Pezomachus: Männchen blei⸗ ben teils ungeflügelt, teils ſind ſie geflügelt, wie bei Pezo- machus zonatus Först., einer Art, die Pfankuch aus den Ko⸗ kons der braunen Feldſpinne, Agroeca brunnea Blackw., erzog. Die hübſchen gelbroten Weibchen werden etwa 6 mm lang, haben hinten einen etwas vorſtehenden Bohrer und an der Oberſeite des zweiten, drit⸗ 5 2 8 ten und vierten Hinterleibs⸗ e von e N 85 beim Hineinkreiben des Legebohrers in 1 ringes je eine ſchwarze Quer⸗ TTTCCCVVVVVCCCCVCTCTCTCCCTTCTTCVTTVTCCCTCCTCCCCTT ARE ſcheinend viel ſelteneren Männ⸗ chen ſind düſter gefärbt. Die meiſten Pezomachus-Arten ſcheinen ſich in Ichneumoniden oder anderen Schmarotzern zu entwickeln und demnach Schmarotzerinſekten zweiten Grades zu ſein. Die Unterfamilie der Pimplinae iſt im allgemeinen durch den ſitzenden, von oben nach unten abgeplatteten, häufig höckerigen und mit Leiſten verſehenen Hinterleib ausgezeichnet. Ihr erſter Ring iſt nicht knieförmig gebogen, ſondern gerade und trägt die Luftlöcher ent⸗ weder vor der Mitte oder in ihr. Die Spiegelzelle iſt in der Regel dreieckig, kann aber auch ganz fehlen. Die Felderung des Hinterrückens tritt ſehr zurück, ſeine Luftlöcher ſind meiſt kreisrund und klein, ſeltener länglich. An dem außerordentlich langen Legebohrer des Weib⸗ chens, dem querrunzeligen Rücken des Mittelleibes und dem Fehlen von Ausrandungen an den Ringen des langen Hinterleibes ift die Gattung Rhyssa Grav. zu erkennen, die in etwa zwanzig Arten über die ganze Erde mit Ausnahme von Afrika verbreitet iſt und ihre Opfer unter den Holzweſpen ſucht. In den Nadelholzwäldern Deutſchlands iſt Rhyssa persua- soria L. keine ſeltene Erſcheinung. Man kann die Weibchen dieſer ſtattlichen Schlupfweſpe, deren dunkler Körper weißliche Zeichnungen trägt, dabei überraſchen, wie ſie ſich mit ihren langen, rotgelben Beinen feſt auf einen Baumſtamm ſetzen und ihren dünnen, einem langen Roßhaar ähnlichen Bohrer bis etwa 6 em tief in das harte Holz hineintreiben, um eine in Indifche Prachtweipen. 1) Mansa pulchricornis Tosg. — 2) Vespa cincta F. — 3) Eumenes arcuatus F. — 4) Triscolia proccra ill. — 5) Salius aviculus Sauss. — 6) Sphex lobatus F. Echte Schlupfweſpen: Cryptinae. Pimplinae. 539 dieſem ſteckende Holzweſpenlarve zu treffen. Taſchenberg erzählt, daß er am Vierwaldſtätter See zahlreiche Rhyssa-Weſpen um entrindete Fichtenſtämme ſchwärmen ſah. „Die eine hatte ſich feſt eingebohrt, und zwar bis zu der Tiefe, welche ſie überhaupt erreichen konnte; ich faßte ſie und verſuchte mit großer Vorſicht und nicht geringer Kraftanſtrengung, den Bohrer ohne Verletzung des übrigen Körpers herauszuziehen. Es gelang mir nicht, denn die letzten Leibes⸗ ringe riſſen früher ab, als der Bohrer in ſeiner vollen Länge zum Vorſchein kam.“ Die in etwa 80 Arten hauptſächlich aus Europa und Amerika bekannte Gattung Ephi- altes Grav. hat einen glatten Mittelleibsrücken, beſitzt aber in der Körperform und in der Länge des Legebohrers eine große Ahnlichkeit mit der vorigen Gattung, wie wir an Ephi- altes manifestator L. ſehen können, einer ſchwarzen Schlupfweſpe mit braunroten Flügel- ſchüppchen und mit Ausnahme der ſchwarzen Hinterfüße und Schienen braun gefärbten Beinen. Ratzeburg berichtet, daß er ſich oft an dem eigentümlichen Fluge und dem lang ausgeſtreckten Bohrer des Ephialtes⸗Weibchens ergötzt habe und ein ſolches einſt Mitte Juli eine halbe Stunde hindurch auf den Blät⸗ tern einer Akazie ſitzen und ſich im Winde wiegen ſah. Wie bei allen Arten dieſer 7 N Gattung treiben ſich die Weibchen in 7 N Wäldern umher. Eine Ephialtes⸗Puppe wurde von Ratzeburg aus einem alten Kiefernſtock gemeißelt, in welchem, den Gängen nach zu urteilen, die Larven von Chalcophora mariana L. gelebt hatten. Gewöhnlich hat man die genannte Art aus Bockkäfern erzogen, während ver⸗ Pimpla instigator F. Links Weibchen, die Raupe von Stilpnotia wandte Formen in Seſtenraupen und. ene de, Ser Pen Hure Gre Barune anderen Holzbewohnern ſchmarotzen. Zu den gemeinſten Ichneumonen im ganzen mitteleuropäiſchen Gebiete gehört Pimpla instigator F., eine ſchwarze Schlupfweſpe, die durch lebhaft gelbrote Schienen und Füße an den vier Vorderbeinen ausgezeichnet iſt, während am letzten Beinpaar nur die Schienen rot ſind. Der Bohrer hat kaum die halbe Länge des kräftigen Hinterleibes. Mit etwas erhobenen Flügeln ſpaziert unſere Pimpla⸗Weſpe an Baumſtämmen, auf Hecken und Lehmwänden oder an den verſchiedenſten anderen Orten in Feld, Wald und Garten umher und macht auf Schmetter⸗ lingsraupen Jagd. Ehe es ſich die ruhig daſitzende Raupe verſieht, erhält ſie einen Stich, raſch gleitet das Ei durch den Bohrer und wird trotz aller Abwehrbewegungen ihrem Körper ein⸗ verleibt, während die Übeltäterin mit wippendem Fluge entſchwindet, um in der Nachbarſchaft nach neuen Opfern zu fahnden. Im Spätherbſt ſuchen ſich die Pimpla⸗Weſpen wie viele andere Ichneumonen geſchützte Plätze unter Baumrinde oder ähnliche Verſtecke, in denen ſie gewöhnlich zu mehreren beieinander die rauhe Jahreszeit verbringen. Mit welcher Geſchicklich— keit die Pimpla⸗Weibchen von ihrem Legebohrer als Stoßwaffe Gebrauch machen, geht aus einer hübſchen Beobachtung des Ichneumonenforſchers Habermehl hervor, die wir hier wört⸗ lich folgen laſſen. „Am 21. Juni 1900, abends 61/2 Uhr, bei bedecktem Himmel, ſah ich im ſogenannten Roſengarten bei Worms, wie ſich ein Weibchen der Pimpla oculatoria F. von den von einem Ulmenblatt herunterhängenden Spinnfäden durch heftig zerrende Bewegungen zu befreien ſuchte, was dem Tierchen auch nach einiger Zeit gelang. Zu meiner großen e c nn 2 > 6 5 rt ae: Fi S 540 8 Hautflügler. Überraſchung flog die Schlupfweſpe jedoch ſofort wieder auf das Ulmenblatt zurück, wo ſie aber in demſelben Augenblick von einer kleinen Spinne (Theridium lineatum) wütend angefallen wurde. Bei näherem Zuſehen entdeckte ich dann auf der Unterſeite des Blattes die in einem lockeren Geſpinſte befindlichen Eier der Spinne, auf welche es die Schlupfweſpe offenbar abgeſehen hatte. Es entſpann ſich nun zwiſchen der ihre Eier bewachenden Spinne und der offenbar von Legenot getriebenen Schlupfweſpe ein höchſt dramatiſcher Kampf, bei dem ich die Ausdauer der Kämpfenden bewunderte. Unabläſſig ſuchte die Spinne ihre Giftklauen in die Weſpe einzuſchlagen, während dieſe mit ihrem Legebohrer auf die Spinne einſtach. Dabei konnte ich deutlich beobachten, wie die Stiche der Weſpe häufig fehlgingen und das Blatt durchbohrten. Immer wieder verſuchte die Spinne, ihren Gegner durch kräftige Biſſe und durch Umwickeln mit Spinnfäden unſchädlich zu machen, aber jedesmal gelang es der Schlupfweſpe, ſich wieder zu befreien. Endlich, nach etwa viertelſtündigem erbitterten Kampfe, ſchien die Spinne ermattet zu ſein. Während ſich dieſe nun nach dem abwärts umgebogenen Rande des Blattes zurückzog, eilte die Schlupfweſpe blitz⸗ ſchnell in das Geſpinſt mals raſch hinterein⸗ ander den Legebohrer in die Eier der Spinne hinein.“ Bei der Unter⸗ familie der Ophioni- Sichelweſpe, Exochilum eireumflexum L. I), 2) und 3) Larve in den drei aufeinander⸗ 2 7 folgenden Entwickelungsſtadien; 4) verpuppungsreife Larve; 5) Puppe; 6) fertiges Tier. ae fällt der ſtark ſeit⸗ lich zuſammengedrückte, geſtielte Hinterleib auf. Die Spiegelzelle iſt viereckig oder fehlt. Die in den eintönigen Kiefern⸗ waldungen des nördlichen und mittleren Europas und Aſiens häufige Sichelweſpe, Exo- chilum circumflexum L., iſt ein ſchmächtiges, vorherrſchend rötlichgelb gefärbtes Inſekt, das mit ſeinen bräunlich getrübten Flügeln Bäume und Gebüſche umſchwebt und dabei die langen Hinterbeine von ſich ſtreckt, die Fühler aber in die Höhe und den zuſammengedrückten Hinter⸗ leib nach unten richtet. Zeitweilig läßt ſich die Sichelweſpe auf ein Blatt nieder, um den Honigſaft, den eine Blattlaus ſpendete, zu naſchen oder an einem hängengebliebenen Regen⸗ tropfen zu ſaugen, begibt ſich aber bald wieder auf die Suche nach den Raupen des Kiefern⸗ ſpinners, die ſie mit je einem Ei belegt. Bei den Tryphoninae iſt der Hinterleib meiſt ſitzend und niedergedrückt, ſehr ſelten beim Weibchen etwas ſeitlich zuſammengedrückt. Die Spiegelzelle iſt meiſt dreieckig, ſeltener fehlt ſie. Der erſte Hinterleibsring, deſſen Luftlöcher in der Mitte oder vor ihr liegen, iſt niemals knieförmig gebogen. Im Gegenſatz zu den Pimplinen bleibt der Bohrer kurz oder verſteckt. Ein in Mitteleuropa ſehr verbreiteter Tryphonine iſt der 11 mm lange Exenterus mar- ginatorius Fabr., kenntlich an den gelben Hinterrändern der Hinterleibsringe, veränderlich gelber Zeichnung an Kopf und Bruſtkaſten auf ſchwarzem, durch Runzelung rauhem Unter⸗ grunde und ohne Enddorn an den Hinterſchienen. Die Weſpe fliegt vorzugsweiſe in auf der Unterſeite des Blattes und ſtieß mehr⸗ n Familie aufgeftellt hat. Die 5— 8 mm lange Echte Schlupfweſpen: Ophioninae. Tryphoninae. Agriotypidae. 541 Kiefernwäldern, in denen ſie den ſchon ziemlich ausgewachſenen Afterraupen der Kiefernblatt⸗ weſpe, Lophyrus pini L., nachſtellt. Iſt es ihr gelungen, eine Afterraupe zu finden, ſo heftet ſie ihr äußerlich ein Ei an. Nach einiger Zeit ſpinnt ſich die Afterraupe in gewohnter Weiſe ein und verfertigt ſich den an anderer Stelle (S. 527) geſchilderten braunen Kokon, den ſie aber in dieſem Falle nicht allein bewohnt, weil ſich inzwiſchen auch die Schmarotzerlarve ent⸗ wickelt hat. Letztere ſaugt nunmehr die Lophyrus⸗Larve vollſtändig aus, von der weiter nichts als die zuſammengeſchrumpfte Haut übrigbleibt. Der Schmarotzer ſpinnt ſich ſchließlich im Inneren des Lophyrus⸗Tönnchens ein eigenes Geſpinſt und verläßt das Tönnchen im näch⸗ ſten Frühjahr durch ein kleines, rundliches, ſeitwärts gelegenes Loch. Zu den Agriotypidae gehört nur eine Art, nämlich die aus verſchiedenen Teilen Deutſchlands und den angrenzenden Ländern bekannte Schlupfweſpe Agriotypes armatus Walk. In dem Vorhandenſein einer verſchmolzenen ie an den Se ſtimmt das Tier mit den Ichneumonen über _ BEE: ein, in der feſten Beſchaffenheit der Baudringe - ER . ö am Hinterleibe gleicht es den Brakonen, ff 25 daß es fich hier gewiſſermaßen um eine Über: gangsform handelt, für die man eine eigene Agriotypes⸗Weſpe iſt glänzend ſchwarz. Der zweite und dritte Hinterleibsring ſind oben miteinander verwachſen. Das Schildchen trägt einen großen, nach hinten gerichteten ſpitzen Dorn, während der eiförmig angeſchwollene — en Hinterleib am Grunde deutlich geftielt iſt. Die ak ven hat Dr Boffeler. Stark vergrbbert a8 Weibchen ſind leicht an ihrem kurzem Bohrer & Lampert, „Das . 2 uf: und an drei breiten, bräunlichen Querbinden zu erkennen, welche die glashellen Flügel durchziehen und beim Männchen viel weniger deut⸗ lich ſind. An ſonnigen, warmen Tagen ſchwärmen dieſe Weſpen manchmal ſcharenweiſe am Uferrande kleiner Flüſſe oder langſam fließender Gräben, denn im Waſſer ſucht das Weibchen ſeinen Wirt. Vorſichtig an Waſſerpflanzen ſich haltend, klettert es in die kühle Tiefe hinab, in der es oft 10 Minuten und länger verweilt, bis es auf dem Grunde die Larve einer Köcherfliege entdeckt hat, die dort ſcheinbar vor allen Feinden ſicher mit ihrem feſten, aus Quarzkörnchen und kleinen Steinchen gebauten Gehäuſe gemächlich umherkriecht. Gewöhnlich iſt es die Larve einer Goera oder einer verwandten Serikoſtomatidenart, in die das Agrio- types⸗Weibchen ſein Ei verſenkt. Bald darauf hauſt eine Agriotypes⸗Larve in den Ein⸗ geweiden des Köcherträgers, der meiſt noch Kraft genug findet, um ungefähr bis zur Ver⸗ puppung zu kommen und ſein ſteinernes Gehäuſe mit einem Deckel zu verſchließen, dann aber dem ſchlimmen Gaſte zum Opfer fällt. Die Agriotypes⸗Larve, die hiermit zum alleinigen Herrn im Haufe geworden ift, richtet ſich jetzt wohnlich ein, ſchiebt die häutigen Überbleibſel des Wirts in eine Ecke und ſpinnt zur Verpuppung im Inneren des Köchers einen Kokon, den ſie noch mit einem ſchmalen, bandförmigen, bis 3 em langen Fortſatz von horniger Be⸗ ſchaffenheit verſieht, der weit aus dem Köcher herausragt. Für die Entwickelung der Puppe ſcheint dieſer lange Anhang nicht ohne Bedeutung zu ſein, denn Müller überzeugte ſich, daß ſich nach dem Abſchneiden des Fortſatzes die Weſpe faſt niemals ausbilden kann. Iſt letztere * 542 Hautflügler. aber entſtanden, ſo ſprengt ſie den Kokon und öffnet das Gehäuſe der Köcherfliege durch Ab⸗ heben eines kleinen Deckelchens, um alsdann an die Waſſeroberfläche zu ſteigen und ihre umherfliegenden Gefährten aufzuſuchen. Bei der Beſtimmung der zu den Braconidae gerechneten Schlupfweſpen ziehen wir am beſten das Flügelgeäder zu 1 Weibchen von Rhammura filicauda Enderl. Etwas verkleinert. Rate. Die Vorderflügel haben ein Flügelmal, während, im Gegenſatz zu dem Verhalten der Ichneumonen, nur ein rücklaufender Nerv entwickelt iſt, ſo daß bei den Brakoniden auch nur eine einzige Diskoidalzelle vorkommt, die ſich nur ſehr ſelten mit der erſten Kubitalzelle vereinigt. Der zweite und dritte Hinterleibsring ſind meiſt nicht gelenkig mit⸗ einander verbunden, ſondern berühren ſich an der Rücken⸗ ſeite entweder unter Bildung einer Querfurche oder ver⸗ ſchmelzen dort miteinander. a In den Tropen fehlt es nicht an hübſch gefärbten Brakoniden von auffallender Größe, namentlich unter den afrikaniſchen Weſpen, von denen ſich viele, wie verſchiedene Arten von Bracon F. und Iphiaulax Först., durch einen leuchtend rot gefärbten Hinterleib und buntgefleckte Flügel auszeichnen. Eine der ſonderbarſten Erſcheinungen iſt aber die aus dem Norden Kameruns ſtammende Rhammura fili- cauda Enderl., bei der die Flügel mit dunkeln und bern⸗ ſteingelben Binden geſchmückt ſind, und die Weibchen hinten eine reichlich 12 em lange Schleppe in Geſtalt eines faden⸗ dünnen Legebohrers tragen. Solche Rieſenformen gibt es zwar nicht in der einheimiſchen Inſektenwelt, doch ſind unſere faſt immer kleinen, unſcheinbaren Brakonidenweſpen häufig von praktiſcher Bedeutung. Nützliche Arten finden ſich namentlich in der Unter⸗ familie der „Kleinbäuche“ oder Microgasterinae, die an ihrer langgeſtreckten, faſt bis zum Flügelrande reichen⸗ den Radialzelle kenntlich ſind, und bei denen die dieſe Zelle hinten begrenzende Radialader in ihrem äußeren Teile meiſt nur unvollkommen ausgebildet iſt. Der in ganz Europa verbreitete und auch bereits in Nordamerika heimiſch ge⸗ wordene Weißlingsſchmarotzer, Apanteles glomera- tus I., ſtellt den jungen, vor kurzem erſt aus dem Ei ge: ſchlüpften Weißlingsraupen, namentlich denen des Kohl⸗ weißlings, nach. An den von ihm angeſtochenen und gleich mit zahlreichen Eierchen belegten jungen Räupchen iſt äußerlich keine Verletzung ſichtbar, und auch in ihrem Benehmen unterſcheiden ſie ſich zunächſt noch in keiner Weiſe von ihren geſunden Gefährten. Erſt dann, wenn für die Raupen die Zeit der Verpuppung herannaht, fallen die von Paraſiten bewohnten Weißlingsraupen einem traurigen Schickſal anheim. Sie haben ge⸗ rade noch Kraft genug, die Kohlpflanze zu verlaſſen und an einem benachbarten Zaun, einer Femme WE Braconidae: Microgasterinae (Apanteles). 543 Wand oder einem Baumſtamm emporzukriechen, doch ſind ſie ſchon zu ſchwach, um ſich dort zur Puppe umzuwandeln; ſtatt deſſen brechen plötzlich aus dem ſich hilflos krümmenden und zuckenden Raupenkörper zahlreiche madenförmige Apanteles⸗Lärvchen hervor, oft weit über hundert, die, kaum ins Freie gelangt, ſchon zu ſpinnen anfangen und ſich in kurzer Zeit in länglichen gelben Kokons zur Puppenruhe völlig einſpinnen. Solche Klümpchen oder Häufchen von regellos angeordneten Apanteles⸗Kokons, die man gar nicht ſelten an Zäunen und Hauswänden in der Nähe von Gemüſegärten und Kohlfeldern hängen ſieht, bedecken den Körper der ſpäteſtens einige Tage nach dieſem Ereignis abſterbenden und eintrocknenden Kohlraupe und werden im Volksmunde irriger⸗ weiſe „Raupeneier“ genannt. Nach 10-14 Tagen öffnen ſich die Ko⸗ kons durch Abheben eines kleinen kreisrunden Deckelchens, und aus jedem ſchlüpft eine kleine, im In⸗ neren entſtandene Apanteles⸗Weſpe hervor. Sie iſt etwa 2,5 mm lang und glänzend ſchwarz mit gelb⸗ braunen Beinchen. Eine verwandte, gleichfalls ſehr weitverbreitete Art iſt Apan- teles fulvipes Hal. (nemorum Rate.), die ſich in ganz ähnlicher Weiſe in den Raupen zahlreicher verſchiedener Schmetterlinge ent⸗ wickelt, aber in weißen Kokons ver⸗ puppt (Abb., S. 250). Andere geſellig lebende Mikrogaſterinen⸗ larven fertigen ſich nach dem Ver⸗ laſſen ihres Wirts gemeinſame Ge⸗ ſpinſte an, die wie weiße oder gelb⸗ | 8 liche Wattebäuſchchen im Graſe, an Links: Kokons von Apanteles glomeratus L. an den Überreſten einer 2 4 Kohlraupe, daneben eine Schmarotzerweſpe der gleichen Art. Rechts: zwei Halmen oder Kräutern hängen. Geſpinſte von Apanteles congestus Nees. Vergrößert. Dieſe Geſpinſte enthalten, wie ges- nauere Unterſuchung lehrt, die vielen kleinen, länglichen Einzelkokons und meiſt auch noch Überreſte der Wirtsraupe. Apanteles congestus Mees, ein 4—5 mm langes, im weiblichen Geſchlecht nur mit kurzem Legebohrer verſehenes Weſpchen, iſt, nach Marſhall, eine der hier in Betracht kommenden Formen, deren Geſpinſte man häufig bei uns im Sommer an Gras⸗ halmen zu ſehen bekommt. Die Weſpenlarven dieſer Art, die bei einer Reihe verſchiedener Schmetterlingsraupen ſchmarotzen, verpuppen ſich in kleinen weißlichen Kokons, die alle ge⸗ meinſam, nach Nees oft bis zu 100, in einem lockeren, gelblichen Geſpinſte ruhen. Solche Geſpinſte ſind früher manchmal irrtümlich Spinnen zugeſchrieben worden, oder man glaubte, daß ſie von der Raupe vor ihrem Tode geſponnen ſeien, beides iſt natürlich nicht richtig. Der Gruppe der Rundmäuler (Cyclostomi), die durch eine kreisrunde Mundöffnung !.; a een N F * * S 544 5 Hautflügler. \ und tief ausgerandeten Kopfſchild ausgezeichnet find, gehört die Hauptgattung Bracon . an, für die eine deutlich ausgebildete, die Flügelſpitze meiſt erreichende Radialzelle kennzeichnend iſt. Zu den zahlreichen, zum Teil auch ökonomiſch wichtigen Arten gehört die kleine Schlupf⸗ weſpe Habrobracon hebetor Say, die ſich gelegentlich in Vorratskammern und in Mehl⸗ niederlagen zeigt, immer ein untrügliches Zeichen, daß ſich dort Mehlmotten oder ähnliche Mottenarten, deren Raupen den Mehlvorräten ſchädlich werden, eingeniſtet haben. Das dunkel⸗ braune, an dem gelben, mit dunkeln Augen verſehenen Kopf ſowie an dem meiſt hellen Hinter⸗ leibsgrunde und den blaßbraun gefleckten Beinen erkennbare Habrobracon-⸗Weſpchen ſucht die Mehlmottenraupen auf und bringt ihre Eier äußerlich auf der Raupe unter, an der die Habrobracon-Larve zunächſt als Außenparaſit lebt. Wie ein Blutegel haftet fie mit dem Vorderende an ihrem Opfer, dringt mit dem Kopf allmählich durch die Haut und führt ſchließ⸗ lich den Untergang der ſchlaffwerdenden Raupe herbei. i Durch ſehr ſonderbare Mundbildung ſind die Gattungen Alysia Latr. und Dacnusa Hal. nebſt ihren Verwandten ausgezeichnet. Die Vorderkiefer find nämlich bei ihnen fo kurz, daß fie ſich nicht berühren können, und ſtehen wie vertauſcht mit den gewölbten Seiten einander zu⸗ gekehrt, mit den ausgehöhlten nach außen, ſo daß aller Wahrſcheinlichkeit nach dieſe Weſpchen mit ihren Kiefern überhaupt gar nichts anfangen können. Als häufigen, in ganz Europa verbreiteten Ver⸗ treter dieſer als Exodontes bezeichneten Abteilung Blattlausweſpe beim Aue einer Blattlaus. nennen wir Alysia manducator Pang,, ein etwa Vergrößert. Nach Webſter, aus Ejgerid. „_ _- 3—6 mm langes, glänzend ſchwarzes Weſpchen mit braunrotem, kurz behaartem Körper. Der Hinterrücken iſt grob gerunzelt wie die Seiten des Bruſtkaſtens, der in ſeiner Länge nicht hinter dem eiförmigen, ziemlich flach gedrückten Hinterleib zurückbleibt. Die Manducator- Weſpen werden durch den Geruch von Aas und Dünger manchmal ſcharenweiſe aus weiten Entfernungen angelockt. Marſhall ſah dieſe kleinen Weſpen eine nach der andern ſich geradezu geierartig auf den Körper einer toten Saatkrähe herabſtürzen, um die im Kadaver wühlenden Fliegenmaden und die dort gleichfalls hauſenden Larven eines Kurzflügelkäfers, Creophilus maxillosus I., mit ihren Eiern zu belegen. Bogenförmig nach unten gerichtete Fühler, ein deutlich geſtielter lanzettförmiger Hinter⸗ leib, deſſen zweites und drittes Glied nicht miteinander verwachſen, und das in der Regel nur unvollkommen entwickelte Flügelgeäder kennzeichnen die zu den Flexiliventres gehörenden Blattlausſchmarotzer oder Aphidiinen. Inmitten einer Kolonie von grünen oder braunen Blattläuſen, die nach Herzensluſt ſaugen, ſitzt wohl auch einmal das eine oder andere Exemplar, das von einer Aphidius⸗Weſpe angeſtochen wurde: das unglückliche Opfer iſt leicht an ſeinem kugelig aufgedunſenen Leibe zu erkennen, es ſieht wie waſſerſüchtig aus und ſitzt unbeweglich mit ſteifen, geſpreizten Beinen zwiſchen ſeinen lebensfrohen, geſunden Gefährten. In dem geſchilderten Stadium iſt der Tod der angeſtochenen Blattlaus in der Regel bereits eingetreten. An dem mumifizierten, aufgeblaſenen Körper iſt manchmal auch ſchon ein kleines Loch er⸗ kennbar, nicht viel größer als ein Nadelſtich, ein Zeichen, daß der im Inneren entſtandene Aphidius⸗Schmarotzer ſchon aus der toten Hülle entflohen iſt. Man hat behauptet, daß die Blattläuſe die Aphidius⸗Weſpen, die ihnen ſo gefährlich werden, recht gut kennen, und will . Braconidae: Microgasterinae, Blattlausweſpen. Erzweſpen: Toryminae. Chalcidinae. 545 ſogar geſehen haben, daß die ganze Lauskolonie von geradezu paniſchem Schrecken ergriffen wird, wenn ein ſolcher Feind naht. Die phlegmatiſchen Blattläuſe laſſen ſich jedoch in Wirk— lichkeit in ihrer Gemütsruhe nicht ſo leicht ſtören, ſondern ſaugen ruhig weiter, wenn die Weſpe mit zitternden Fühlern ſich lüſtern heranſchleicht. „Den Teufel ſpürt das Völkchen nie, und wenn er ſie beim Kragen hätte.“ So hat die Weſpe leichtes Spiel. Feſt auf ihre Beine geſtützt, nimmt fie Stellung mit dem Kopf zur Blattlaus gerichtet, krümmt den geſchmei⸗ digen Hinterleib in kühnem Bogen nach unten und vorn, bis der Bohrer unter ihrem eigenen Kopf wieder zum Vorſchein kommt, und jagt die ſcharfe Waffe der Laus in den Leib. Letztere wankt, macht einige wackelnde Abwehrbewegungen und wiſcht mit den Hinterbeinen, hat dann aber regelmäßig das todbringende Paraſitenei ſchon in ihrem Leibe ſitzen. Die in allen Erdteilen verbreiteten Erzweſpen (Chaleididae) verdanken ihren Namen den ſchönen Metallfarben, die den meiſten Arten eigen ſind. Gewöhnlich ſchimmern die Tierchen prächtig grün, zuweilen tief blau oder rot goldig, obwohl es auch einige Arten gibt, die ſich in einfache, düſtere Farben kleiden. Würde es ſich nicht um ſo kleine Weſen handeln, ſo wären die hübſchen Erzweſpen ſicherlich ſchon längſt zu den begehrteſten Zierden von Liebhaberſammlungen geworden. Die größten und ſchönſten Arten ſind aus dem tropiſchen Amerika bekannt. Zu den auffallendſten gehört der in Paraguay heimiſche, einſchließlich des Legebohrers 2,7 em lange Pullebopenes splendidulus Pert, deſſen Kopf und Bruſt im prächtigſten Blau ſtrahlen, während der Hinterleib mit Ausnahme des ſchwarzgrünen Endes kupferrot ſchillert. Die höch⸗ ſtens dreizehngliederigen, knieförmig gebrochenen Fühler entſpringen bei den Erzweſpen ent⸗ fernt von den nicht ausgerandeten Augen und laſſen einige winzige Ringelglieder erkennen, die zwiſchen dem zweiten Fühlergliede und der Fühlergeißel eingeſchaltet find. Die Vorderbruſt reicht, von oben geſehen, nicht bis zur Anſatzſtelle der Flügel. Auf den Bau von Mittel- und Hinterbruſt legen die Syſtematiker großes Gewicht, während die Flügel zur Unterſcheidung der Arten kaum in Betracht kommen, weil ihr Geäder eigentlich nur aus der Unterrandader beſteht, und geſchloſſene Flügelzellen ebenſo wie ein Flügelmal immer vermißt werden. Häufige einheimiſche Erzweſpen ſind die zierlichen, grün, blau oder goldig ſchimmern⸗ den Arten der Unterfamilie der Toryminae, die größtenteils Schmarotzer gallenbewohnender Zweiflügler oder Hautflügler ſind. Ihre Fühler ſind dreizehngliederig, die Hinterſchenkel unten weder gezähnt noch geſägt und die Weibchen mit einem gewöhnlich weit vorſtehenden Lege— rohr ausgerüſtet. Die Abbildung auf S. 556 zeigt uns den ſchlanken, auf dem Rücken blau ſchillernden, mit rotgelben Beinchen geſchmückten Torymus regius Nees, der ſich leicht aus den bekannten Eichengalläpfeln erziehen läßt. Schon de Geer hat ein ſolches langſchwänziges To- rymus-⸗Weibchen beobachtet und geſchildert, wie ſich das Tierchen hochbeinig auf einen Gall⸗ apfel ſetzte und den Bohrer mehrmals hintereinander ſenkrecht einſtach, bis es ihm ſchließlich gelang, ſein Ei in die im Inneren der Galle verborgene Gallweſpenlarve zu verſenken. Als Vertreter der Ohaleidinae, die durch ſtark verdickte, unten gewöhnlich mit Zähn⸗ chen bewaffnete Hinterſchenkel und ſtark gekclmmte Hinterſchienen ausgezeichnet ſind, führt uns die Abbildung auf S. 546 eine hübſche, ſchwarz und gelb gezeichnete Art vor Augen, die etwa 6 mm große Geſtielte Schenkelweſpe, Smicra sispes L. Der dünne gelbe Hinterleibs⸗ ſtiel und die ſtarken Hinterſchenkel kennzeichnen dieſes Weſpchen, das an ſchilfumſäumten Ufer⸗ rändern ſchlammiger Gräben und ſtehender oder langſam fließender Gewäſſer ſein Wohn⸗ revier hat. Hier hält es ſich auf Uferpflanzen auf und findet Gelegenheit, die rundlichen, Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. i 35 540 f Hautflügler i 5 f 2 . Br an Schilfſtengel und Blätter abgelegten, ſchwarzen oder gelblichen Sierflumpen von a Fliegen aufzuſpüren, in die es ſeine eigenen Eier verſenkt, wie aus den Beobachtungen von W. Müller zu entnehmen iſt. Die im Schlamme hauſenden Stratiomys⸗Larven, die aus ſolchen infizierten Eiern hervorgehen, beherbergen alsdann in ihrem Leib als verderbenbringenden Para⸗ ſiten eine Smicra-Larve, die ſchließlich ihren Wirt tötet und allein zur Entwickelung kommt. Eine der artenteichſten Gruppen unter den Erzweſpen ſind die kleinen 820 pen (Pteromalinae), Tierchen, die ſo unanſehnlich ſind, daß man am beſten das Mikroſkop zu Hilfe nimmt, um ſie genau zu erkennen und zu beſtimmen. Ihre Merkmale beſtehen darin, daß die Hinterbeine nicht ungewöhnlich verdickt ſind, die Seitenteile der Bruſt durch Furchen geteilt werden und ſich nur ein Endſporn an den Schienen der Hinterbeine befindet. Die Zehrweſpen ſind ſehr verbreitet und kommen in ſehr verſchie⸗ denen Inſekten, beſonders in Rinden- und Holz⸗ heimiſchen Puppenzehrweſpe, Pteromalus pu- pen von Tagſchmetterlingen auf und ſchiebt, wenn es ihm gelungen iſt, eine junge, noch weichhäutige Körperringe. Bald hernach wühlen in den Ein: geweiden dieſer Puppe zahlreiche gefräßige Schma⸗ rotzerlarven, die die Weichteile des im Entſtehen Geſtielte Schenkelweſpe, Smiera sispes L., am . fe - 5 7 Eihaufen einer Stratiomys- Fliege. Vergrößert. zehren und ſchließlich nur die hart und mißfarbig werdende äußere Puppenhaut übriglaſſen. Sind dann in deren Innerem neue kleine Zehrweſpen entſtanden, ſo nagt jedes einzelne von den auskriechenden Tierchen, deren Zahl oft 50 oder mehr beträgt, für ſich ein kleines Loch durch die Puppenhaut, die damit ganz durchlöchert wird und hernach förmlich wie ein Sieb ausfieht. Sit ſchon die ſtarke Vermehrungsfähigkeit bei manchen Pteromalinen recht auffallend, jo grenzt die Fruchtbarkeit gewiſſer, zu den Eneyrtinae geſtellter kleiner Schmarotzer geradezu an das Rätſelhafte. Bugnion ermittelte, daß in einer einzigen Raupe der Geſpinſtmotte, Hyponomeuta cognatellus Hb., bis zu 129 Nachkommen der Erzweſpe Ageniaspis fusci- collis Dalm. enthalten fein können, und der um die Erforſchung dieſer winzigen Haut: flügler verdiente italieniſche Forſcher Silveſtri überzeugte ſich davon, daß im Leibesinneren eines einzigen Exemplars einer zur Gattung Plusia 0. gehörigen Eulenraupe manchmal ſogar über 2000 kleine Schmarotzerweſpen der Gattung Litomastix IMoms. zur Entwickelung gelangen. Das Wunderbarſte aber iſt, daß die in ſolchen ungeheuren Mengen ausſchlüpfenden kleinen Schmarotzer ſämtlich Geſchwiſter ſind, und daß ihre Mutter nur ein einziges winziges Ei zu legen brauchte, um dieſe vielhundertköpfige Kinderſchar mit einem Schlage in die Welt zu ſetzen, ein faſt an Hexerei grenzendes Reſultat, das freilich unmöglich wäre, wenn es nicht hier zu einer ganz außergewöhnlichen Keimvermehrung, Germinogonie, käme. Bei dieſen parum L., ſucht, wie Taſchenberg ſchildert, Pup⸗ Puppe zu finden, ſeine winzigen Eier zwiſchen deren begriffenen Schmetterlings allmählich völlig ver⸗ 2 et a: ö 1 89 i 4 · B 7 0 X a Kar ieh 4. ; 4. a et ra ar fäfern, zur Entwickelung, einige entſtehen auch in i Gallweſpen, in Schild- und Blattläuſen oder in Fliegenmaden. Das Weibchen der in ganz Europa z ni CR ; rk - EA Sek r 14 Freren { I nn = a Erzweſpen: Zehrweſpen. Encyrtinae. Eurytominae. Feigenweſpen. 547 Schlupfweſpen hat nämlich das Ei die Eigenſchaft, während ſeiner Entwickelung nach und nach in viele Stücke zu zerfallen, die wachſen und ſich abermals wiederholt teilen, bis ſchließ⸗ lich aus den vielen einzelnen Teilſtücken wieder je ein vollkommenes neues Tier wird. Daß es auch Waſſerbewohner unter den Erzweſpen gibt, erfuhr zuerſt der engliſche Naturforſcher Lubbock, der eines Tages zu ſeinem großen Erſtaunen in einem Süßwaſſer⸗ Aquarium zwiſchen Flohkrebschen und anderem Waſſergetier eine winzige Weſpe munter umher⸗ rudern ſah. Lange Zeit hindurch galt die Prestwichia aquatica Zubb., wie Lubbock dieſe Waſſerweſpe nannte, als große Seltenheit, bis man neuerdings dieſes Tierchen auch ziemlich häufig bei Berlin und in manchen anderen Gegenden Norddeutſchlands gefunden hat. Die Prestwichia⸗Weſpen find kleine, nur 0,5—1 mm lange Tierchen, die tagelang, ohne zur Oberfläche zu ſteigen, im Waſſer verweilen können und mit ihren langen, in dreigliederigen Füßen endigenden Beinen geſchickt ſchwimmen. Das N hat nur A ſchuppenförmige Vorderflügel, das Weibchen dagegen iſt mit einem a i Paar geſtielter, blattförmiger, am Rande mit langen Wimperborſten beſetzter Vorderflügel und zwei ſchmalen Hinterflügeln ausgeſtattet. Ihre Entwickelung machen die Tierchen zu mehreren in den Eiern von Waſſerwanzen und vielleicht auch von Waſſerkäfern durch. Enock fand einmal ein Ei einer Rückenſchwimmerwanze, in dem nicht weniger als 34 dieſer kleinen Schmarotzer zur Aus⸗ Prestwichia aquatica TLubb. Nach Brauer, bildung gekommen waren, die ſich ſchließlich an „Süßwafferfauna Deutſchlands, Heſt 7, Jena 1909. Stark vergrößert. einer Stelle ein kleines Loch durch die Schale N nagten und alle eins nach dem andern auf dieſem Wege ins Freie gelangten. Durch W. Müller wiſſen wir, daß die Preſtwichien auch ihre Winterquartiere unter Waſſer haben und die ungünſtige Jahreszeit in den leeren Eiſchalen von Waſſerkäfern verbringen. Einige Mitglieder der Familie der Erzweſpen ſind gewiſſermaßen aus der Art geſchlagen, weil ſie nicht in Tieren ſchmarotzen, ſondern in Pflanzen ihre Entwickelung durchlaufen, ſo die zur Gruppe der Eurytominae gerechneten Iſoſomen, die durch ſchmalen, geſtreckten Körperbau und die beim Weibchen nach der Spitze hin etwas angeſchwollenen Fühler aus⸗ gezeichnet find. Zu ihnen gehört der berüchtigte „Joint worm“ der Amerikaner, Isosoma 5 tritiei Fitch, ein unſcheinbares ſchwarzes Inſekt mit vier glashellen Flügelchen, das in den weiten, fruchtbaren Ebenen Nordamerikas, in denen wogende Weizenfelder, ſoweit das Auge reicht, ſich ausbreiten, zu einer ſchweren Plage werden kann. Im Frühjahr erſcheinen die fertigen Weſpen und bohren mit Hilfe ihres Legeapparates die Eier in befruchtetem oder unbefruchtetem Zuſtande in die jungen Getreidehalme. Die den Eiern entſchlüpfenden weißen madenartigen Larven freſſen im Inneren des Halmes, bis dieſer ausgereift und ſtrohhart geworden iſt. Die Überwinterung und Verpuppung der Larven findet darauf im Ackerboden ſtatt. Der durch den Joint worm verurſachte Schade iſt ein doppelter, erſtens bekommen die von ihm bewohnten Getreidehalme ſtarke Verkrümmungen und brechen leicht an der Fraß⸗ ſtelle ab, und zweitens werden die Pflanzen ſo geſchwächt, daß ſie einen erheblich geringeren Körnerertrag als die von dem Schädling verſchont gebliebenen liefern. Andere pflanzenbewohnende Erzweſpen können als nützlich gelten, wie die Feigenweſpen, Agaoninae, die in allen wärmeren Gebieten der Erde zu Haufe find. Die bekannteſte Art 35* 548 Hautflügler. iſt die in der Mittelmeerregion verbreitete Feigenweſpe, Blastophaga psenes Westw., welche die Befruchtung des Feigenbaumes, Ficus carica, vermittelt. Von letzterem laſſen ſich zwei Formen unterſcheiden: die zahme oder echte Feige (Ficus), die in ihren urnenförmigen Blütenſtänden nur weibliche Blüten (Samenblüten) mit langem Griffel und wohlentwickelter Narbenpapille trägt, und die wilde Feige oder Geißfeige (Caprificus), die im oberen Teile der Blütenurne, dicht unter der Offnung, männliche Blüten, im unteren Urnenteile dagegen weibliche „Gallenblüten“ enthält, deren Griffel kurz iſt und deren Narbenpapille verkümmert bleibt. Die Blütenſtände der Geißfeige ſind es, die von der Feigenweſpe bewohnt werden. Zeitig im Frühjahr beim Offnen einer der überwinterten Früchte (mammae) des wilden Feigen⸗ baumes trifft man oft eine ganze Menge ſeltſam geformter, kaum 1 mm meſſender Weſpchen im Inneren der fleiſchigen Fruchtmaſſe an. Sie ſind beiderlei Geſchlechts. Die flügelloſen hellgelben Männchen machen mit ihrem gedrungenen Körper und kurzen, dicken Beinen einen plumpen, faſt ſchildkrötenartigen Eindruck, während die ſchwarzen Weibchen mit gelbbraunem Kopf und kurzem Legebohrer am Hinterende ſchlanker ſind und ziemlich lange Flügel haben. Haben die ſchildkrötenartigen Männchen keine Veranlaſſung, die ihnen ein ſicheres Obdach ge⸗ währende Feigenurne zu verlaſſen, ſo iſt es anders mit den Weibchen, die nach der Befruchtung hinausſtreben, um geeignete Unterkunftsſtätten für ihre Eier zu ſuchen, dabei aber immer, da ſie beim Emporkriechen zur Urnen⸗ öffnung die zahlreichen männlichen Blüten paſſieren müſſen, über und über mit Blütenſtaub bepudert, ins Freie ge⸗ a , langen. Wenn ein ſolches Weibchen der Feigenweſpe, wie weſpe, Blastophaga psenes Westw. Ver⸗ es wohl in der Regel geſchieht, in eine der im Frühjahr beößert, Sic ten Neapel, 188. 3 neuentſtandenen Urnen (profichi) des wilden Feigen⸗ baumes gelangt, ſo hat der von ihm mitgeſchleppte Blüten⸗ ſtaub keine weitere Bedeutung, weil die weiblichen Blüten der Geißfeige ihrer verkümmerten Narbe wegen befruchtungsunfähig ſind. Um ſo beſſer ſind ſie dafür zur Unterbringung der Weſpenbrut geeignet. Die weibliche Weſpe ſticht die Blüten der Geißfeige mit ihrem Lege⸗ bohrer an und ſchiebt in jede ein Ei bis in die Fruchtknotenhöhle hinein. Infolgedeſſen entſteht bald aus der angeſtochenen Blüte eine kleine Galle, in der die Entwickelung der madenartigen Weſpenlarve ſtattfindet. So dauert es nicht lange, bis im Inneren der mit Gallenblüten gefüllten und inzwiſchen herangewachſenen Fruchturne ſich eine neue Genera⸗ tion von Weſpen ausgebildet hat, deren Weibchen dann abermals auswandern, um in die mittlerweile neuentwickelten Blütenſtände (mammoni) des wilden Feigenbaumes einzudringen, in denen ſich der geſchilderte Verlauf wiederholt. Der Gang der Dinge kann aber auch ein anderer ſein, denn die ausſchwärmenden, mit Pollen beladenen Weſpenweibchen finden bis⸗ weilen Gelegenheit, zu den zahmen Feigenbäumen hinüberzufliegen. Sie kriechen dort eben⸗ falls in die jungen, oben noch nicht geſchloſſenen Blütenſtände hinein und befruchten hier⸗ bei mit dem Blütenſtaub der Geißfeige die langgriffeligen Samenblüten des zahmen Bau⸗ mes. So wichtig dieſe kleinen Weſpen hiermit für die Beſtäubung der Pflanze werden, ſo haben doch anderſeits unſere Tierchen in dieſem Falle ihren eigentlichen Lebenszweck völlig verfehlt, denn nie gelingt es ihnen, die kurzen Legebohrer tief genug zwiſchen die langen Griffel der dicht ſtehenden Blüten einzuſenken, um unten ihre Eier im Fruchtknoten Erzweſpen: Feigenweſpen. Proctotrupidae (Serphidae). 549 unterzubringen. In den Früchten des zahmen Feigenbaumes kann ſich daher auch niemals eine neue Weſpenbrut heranbilden. Lange, ehe von Feigenweſpen und ihrer Tätigkeit als Blütenbeſtäuber etwas bekannt⸗ geworden war, war es üblich, mit den Feigenbäumen einen eigenartigen, bereits im klaſſiſchen Altertum gebräuchlichen Kunſtgriff vorzunehmen, der ſich, wie ſo mancher alte Brauch, ge— treu von Generation zu Generation weitervererbt und von den Bewohnern Süditaliens noch jetzt alljährlich ausgeübt wird. Der Zeitpunkt für dieſe als Kaprifikation bezeichnete Behand⸗ lung des Feigenbaumes iſt gekommen, wenn die wilden Feigenbäume reiche Früchte tragen. Ein wahres Volksfeſt bricht dann an. Jung und alt zieht hinaus, und unter Jubel und Geſchrei werden Zweige, die mit reifen Früchten behangen ſind, abgebrochen und mit geſchicktem Wurf in das Geäſt eines zahmen Feigenbaumes geſchleudert, in dem ſie ſich verfangen und hängenbleiben. Der Erfolg bleibt nicht aus, denn erfahrungsmäßig bekommen die zahmen Feigenbäume infolge der Kaprifikation ſüße Früchte, während ſie ohne dieſe Behandlung immer nur kleine, ungenießbare Feigen tragen. Der Grund hierfür liegt einfach darin, daß durch die Kaprifikation den aus den Geißfeigen ſchlüpfenden Weſpenweibchen bequeme Gelegenheit geboten wird, in die Blütenſtände des zahmen Baumes zu kriechen und letztere, welche ſich erſt nach der Befruchtung zu ſchmackhaften Feigen entwickeln können, zu beſtäuben. Wie wichtig dieſe Beſtäubung iſt, hat ſich namentlich bei der Smyrnafeige gezeigt, die in Kalifornien ein⸗ geführt wurde, ohne daß man daran dachte, die Kaprifikation auszuüben. Mehr als ein Jahr⸗ zehnt hindurch wollten dieſe kleinaſiatiſchen Feigenbäume in Amerika keine einzige genießbare Frucht liefern, bis man auf den Gedanken kam, die künſtliche Befruchtung einzuführen, mit der ſofort die glänzendſten Erfolge erzielt wurden. Seitdem hat man natürlich auch Sorge getragen, die nützlichen Blastophaga-⸗Weſpen dauernd in Amerika heimiſch zu machen. Es ſind jedoch nicht etwa alle Kulturſorten des Feigenbaumes wie die erwähnte Smyrnafeige auf Feigenweſpen angewieſen, denn in manchen Ländern gibt es ſogenaunte „jungfernfrüchtige“, parthenokarpe Feigenarten, die auch ſchon ohne Beſtäubung ſüße Früchte hervorbringen, jo daß es natürlich nicht nötig iſt, eine Kaprifikation mit ihnen vorzunehmen. Unter dem Namen Proctotrupidae, der nach Kieffer richtiger jetzt durch Serphidae erſetzt werden ſollte, werden zahlreiche kleine Schmarotzerweſpen zuſammengefaßt, von denen ſich ſchwer mit wenigen Worten eine Beſchreibung geben läßt, weil es ſich um ſehr verſchiedenartige Formen handelt. Manche haben eine unverkennbare Ahnlichkeit mit gewiſſen paraſitiſchen Gallweſpen, können mit ihnen aber wegen ihres abweichenden Flügelgeäders nicht ohne weiteres vereinigt werden; andere ſtehen den Bethyliden, einige den Chalzididen nahe, und wieder andere ließen ſich vielleicht an Dolchweſpen oder Ameiſenweſpen anreihen. So bilden die Proktotrupier eine bunt zuſammengewürfelte Inſektengruppe, die von manchen Forſchern ſchon wieder in verſchiedene eigene Familien aufgelöſt worden iſt. Zu den Proktotrupiern gehören die kleinſten Inſekten, die man überhaupt kennt. Ihre Färbung iſt im Gegenſatz zu den jo oft in ſchönem Farbenglanze erſtrahlenden Erzweſpen meiſt düſter und unſcheinbar. Die in der Regel vorhandenen Flügel ſind ſehr verſchiedenartig gebaut, häufig mit Randmal und Adern verſehen, in anderen Fällen aber ohne Mal und ohne jedes Geäder. Der Legebohrer entſpringt bei den Weibchen faſt immer an der Spitze des Hinterleibes. Proktotrupier ſind in allen Weltteilen gefunden worden, bisher aber aus entlegeneren Gebieten erſt jo unvollkommen bekannt, daß die jetzt ſchon ſehr ſtattliche Artenzahl ſich bei weiteren Forſchungen zweifellos noch um ein Vielfaches erhöhen wird. Sie ſchmarotzen 590 Hautflügler. bei den verſchiedenſten Inſekten, zuweilen ſogar bei Neuropteren, wie der ſonderbare Helorus anomalipes Panz., der von Förſter aus einer Puppe von Hemerobius L. erzogen wurde und, nach Schmiedeknecht, in Thüringen ziemlich häufig ſein ſoll. Das etwa 5 mm lange, ſchwarze 3 Weſpchen zeichnet ſich durch einen deutlich geftielten glänzenden Hinterleib aus. Der Kopf iſt breit und trägt ein Paar große Augen, die Fühler ſind 15gliederig und die Fußklauen gezähnt. Eine ſehr ähnliche Helorine, Helorus paradoxus Prov., hat man aus Nordamerika beſchrieben. Unter den Scelioninae find die kleinen, durchſchnittlich nur 1—2 mm langen Prokto⸗ trupier der Gattung Teleas Latr. Eiſchmarotzer mit in beiden Geſchlechtern zwölfgliederigen, von einem kleinen Vorſprung am Kopf entſpringenden Fühlern. Beim Männchen ſind letztere fadenförmig, beim Weibchen endigen ſie mit einer ſechsgliederigen Keule, und an den Hinterbeinen ſind die Schenkel, Schienen und die erſten Fußglieder beſonders im weiblichen Ge⸗ ſchlecht deutlich verdickt. In ſtarker Vergrößerung iſt hier viusculus Reb. beſchriebene Eierweſpchen abgebildet, Oendralimus pini L.) legt. In einem Schmetter⸗ lingsei entwickelt ſich aber nicht bloß immer eine Eier⸗ weſpe, ſondern es kommen oft viele, bis zu 13 oder ſogar die fertigen Weſpchen erhalten, ſo daß letztere ſicherlich mehrere Bruten im Jahre haben werden. Ratzeburg hatte einmal Gelegenheit, das Benehmen einer Teeleas- Weſpe zu beobachten, die gerade damit beſchäftigt war, ihre Eier in die des Ringelſpinners zu legen. Geſtützt 1 auf die hinteren Beine, die Vorderbeine und Fühler Be en Welle ae bewegend, ſchiebt das Weſpchen rhythmiſch den ) Telenomus ovulorum Bouche. 8) Eier eines Ringelſpinners, welche ein Teleas anſticht; Bohrer im Tempo eines langſamen Pulsſchlages auf elles fear onen Gee. und nieder, während der Vorderkörper durch Vor⸗ und Rückwärtsgehen den Takt ausführen hilft. Die Flügel entfalten ſich hierbei zuweilen, werden dann aber gleich wieder glatt auf den Körper zu⸗ rückgelegt. Faſt eine Viertelſtunde währt dieſe Arbeit, und währenddeſſen ſpazieren ſchon wieder andere Teleas⸗Weibchen träge auf dem Eierring umher, den fie prüfend mit ihren zierlichen Fühlern betaſten. f Eine ebenfalls ungemein artenreiche Gruppe winziger Schmarotzerweſpchen ſind die kleinen, in beiden Geſchlechtern meiſt mit zehngliederigen, geknieten und am Ende häufig keulenförmig angeſchwollenen Fühlern verſehenen Platygasterinae, deren Wirte häufig Larven von Gallmücken ſind. So hat Riley in Nordamerika aus den Larven der ſchädlichen Heſſen⸗ fliege, Cecidomyia destructor Say, den Platygaster herricki Park. erzogen, der ſomit ein Feind der Fliege und daher für den Menſchen nützlich iſt. In Rußland beobachtete Linde⸗ mann, der gleichfalls Unterſuchungen dieſer Art ausführte, daß die Larven der Heſſenfliegen das kleine, von Ratzeburg unter dem Namen Teleas lae- deſſen Weibchen ſeine Eier in die des Kiefernſpinners noch mehr darin vor. Bouche konnte im Auguſt aus friſch infizierten Schmetterlingseiern ſchon nach 14 Tagen Proctotrupidae: Eierweſpchen. Platygasterinae. Zwergweſpchen. Gallweſpen. 551 manchmal bis zu elf Schmarotzerlarven von Polygnotus minutus Lind. in ihrem Leibe beherbergen. Andere Platygaſterinen hat man aus Schildläuſen erzogen, und nach Kulagin kommen dieſe kleinen Schmarotzer auch bei verſchiedenen Hautflüglern vor. Das Hauptintereſſe verdienen die Platygaſterinen wegen der ſonderbaren Geſtalt ihrer Larven, die mit ihrem birnförmigen, nach hinten verjüngten Körper und den eigentümlichen Schwanzfortſätzen jehr merkwürdig ausſehen. Ganin, ihr Entdecker, nannte ſie zyklopsartige Larven, weil ſie gewiſſen Krebstierchen der Gattung Cyelops Müll, ähnlich ſehen. Im übrigen haben fie kleine Fühler: und Kieferpaare und werden ſpäter, wenn ſie ſich in die Länge ſtrecken, maden⸗ förmig, bis ſie in das Puppenſtadium übergehen. Eiſchmarotzer ſind auch die Zwergweſpchen, Mymarinae, zarte Schlupf⸗ weſpen mit ſchmalen, mehr oder weniger geſtielten, faſt fadenförmigen Flügeln, deren Rand dicht mit langen Wimperhaaren beſetzt iſt. Die Weibchen tragen einen kurzen Legebohrer und haben gewöhnlich keulenförmig verdickte Fühler. Die Mymarinen ſind ſo winzig, daß man ſie überhaupt nur dann bemerken kann, wenn ſich ihr dunkles Körperchen von dem helleren Untergrunde abhebt, aber ſelbſt dann erſcheinen ſie dem unbewaffneten Auge nur wie kleine graue Pünktchen. Ihre durchſchnittliche Größe beträgt 0,5 — 0,8 mm. Es gibt zahlreiche Infuſorien und Wurzelfüßler, deren einzelliger Körper beträchtlich größer wird, während in dem winzigen Leibe einer Mymarinenweſpe alle die verſchiedenen, aus zahlloſen Zellen beſtehenden Organe Platz finden müſſen, die ein hoch organiſiertes Inſekt zu ſeinem Leben und für ſeine Fortpflanzung braucht. Gehirn und Bauchmark Eine Anzahl von Poly- gnotus- Weſpen, die in einer Puppe der Heſſen⸗ fliege, Ceeido- myiadestruc- tor Say, ent⸗ ſtanden und noch nicht aus⸗ geſchlüpft ſind. Stark vergr. Nach einer im entomologi⸗ ſchen Staats⸗ mit den vielen von ihnen ausſtrahlenden Nerven, Augen und Riechzäpfchen, der fate 2 Darm nebſt mannigfachen Anhangsorganen, ein kompliziertes Muskelſyſtem, 50 Tracheen und Geſchlechtsorgane, alles iſt vorhanden, aber hier in geradezu win⸗ zigen Dimenſionen ausgebildet, ſo daß die Natur mit der Hervorbringung dieſer Liliputweſen eines ihrer bewunderungswürdigſten Meiſterſtücke an Miniaturarbeit . hat. Unſere Abbildung zeigt eine Art dieſer Zwergweſpchen, Anagrus subfuscus Först., die fi im Waſſer in Libelleneiern entwickelt, dann aber zur Ober⸗ fläche ſteigt und am Uferrande umherfliegt. Die hübſchen kugelrunden Galläpfel an den Eichen und viele andere Gallen, denen wir draußen im Freien begegnen, wo ſie an Blät⸗ tern und Blüten, an Knoſpen und Früchten, an Wurzeln, Rinde oder Stengeln der verſchie⸗ denſten Pflanzen ſitzen, ſind das Werk kleiner, als Weibchen der Zwergweſpe, Anagrus subfuscus Fürst. Stark vergrößert. Nach Brauer, „Süßwaſſerfauna Deutſch⸗ : lands“, Heft 7, Jena 1909. Gallweſpen (Cynipidae) bezeichneter Haut⸗ flügler. So unſcheinbar und winzig faſt alle dieſe Weſpchen ſind, ſo hat die Natur ſie doch mit eigentümlichen Kräften begabt, denn ſie ſind imſtande, an ihren Wirtspflanzen gallen⸗ artige Wucherungen zu erzeugen, die ihre Erzeuger ſtets um das Vielfache an Größe über⸗ treffen. Eine ſolche Galle iſt ſozuſagen die Kinderſtube, in der die Weſpen ihre Jugendzeit verleben und gewöhnlich friedlich und ungeſtört ihre ganze Entwickelung durchlaufen. Um den 552 Hautflügler. jungen Gallenbewohner zu Geſicht zu bekommen, müſſen wir die Galle, die keine äußere Off⸗ nung beſitzt, ſondern eine ringsum völlig geſchloſſene Kapſel darſtellt, durchſchneiden: dann zeigt ſich im Inneren die Gallenkammer, in der eine kleine weißliche, deutlich geringelte Gall⸗ weſpenlarve ſitzt, die mit ihren wohlentwickelten Mundteilen an der nährſtoffreichen, die Gallen⸗ kammer inwendig auskleidenden Gewebsſchicht ſaugt. Nicht alle Gallen enthalten nur eine Kammer, es gibt auch mehrkammerige mit vielen Gallenkammern, deren jede eine ſolche Weſpen⸗ larve beherbergt. Sind die Larven ausgewachſen, ſo verpuppt ſich jede in ihrer Kammer, ohne erſt ein Geſpinſt zu bilden, und wird zu einer neuen Gallweſpe, die ſich erſt ein Aus⸗ gangsloch durch die Gallenwand nagen muß, wenn ſie ins Freie gelangen will. Jede Art von Gallweſpen hält ſich an eine ganz beſtimmte Pflanzenart, an der ſie ihre Gallen hervorbringt, und zwar betätigen die Tierchen eine bemerkenswerte Vorliebe für Eichen, denn nicht weniger als etwa 90 Prozent aller Zynipiden kommen an verſchiedenen Eichen⸗ arten vor. Nächſtdem werden beſonders Ahorn, Vogelbeerbaum, wilde Roſen und Brombeeren heimgeſucht, unter den krautartigen Gewächſen aber find namentlich einige Korbblütler (Hiera- cium, Centaurea, Scorzonera), wilder Mohn, Königskerze und andere zu nennen, während Kryptogamen im allgemeinen, mit Ausnahme des Adlerfarns, verſchont bleiben. Ein geradezu bewunderungswerter ſicherer Inſtinkt läßt dieſe kleinen Weſpen nicht allein den Weg zur richtigen, für ſie gerade geeigneten Pflanzenart finden, ſondern macht es ihnen auch möglich, immer gerade den Teil der Pflanze zu entdecken, der zur Unterbringung ihrer Eier am paſſend⸗ ſten iſt. Die einzelnen Gallweſpenarten verhalten ſich hierin recht verſchieden: manche ver⸗ trauen ihre Eier Knoſpen, andere nur den Blättern an, wieder andere gehen nur an Wurzeln, Stengel oder Blüten uſw., weshalb es denn auch ſehr verſchiedene Formen von Gallen gibt (Blattgallen, Rindengallen, Stengelgallen, Wurzelgallen uſw.). Nur äußerſt ſelten kommt es einmal vor, daß eine Weſpe ſich irrt und ihr Ei ſozuſagen verſehentlich an einer falſchen Stelle oder in einer verkehrten Pflanze unterbringt und es damit jo gut wie ſicher dem Unter⸗ gange preisgibt. Die Gallweſpeneier ſehen ſehr merkwürdig aus. Sie ſind langgeſtielt und haben, um den haarfeinen Legebohrer paſſieren zu können, eine äußerſt zarte Schale, die wie ein dünnes Gummihäutchen dehnbar iſt. Der ſtielartige Anhang iſt nicht ohne Bedeutung, denn in dem Augenblick, in dem das Ei durch den Bohrer gleitet, zieht es ſich wie ein Faden in die Länge, wobei der flüſſige Ei-Inhalt vorübergehend in den Eiſtiel gepreßt wird. Das Ei gelangt gewöhnlich mitten in das von dem Bohrer angeſtochene lebende Pflanzengewebe hinein, obwohl ſich in manchen Fällen die Gallweſpe auch begnügt, ihr Ei vorſichtig zwiſchen die Schuppen einer Blatt- oder Blütenknoſpe einzuſchieben, ohne das Gewebe dabei im mindeſten durch einen Ein⸗ ſtich zu verletzen. Nie wird die bald darauf an der betreffenden Stelle entſtehende Galle allein durch den Stich der Mutterweſpe hervorgerufen, ſondern immer beginnt ſie ſich erſt unter dem Einfluß des in Entwickelung begriffenen Eies zu bilden oder kommt ſogar meiſt erſt durch Ein⸗ wirkung der aus dem Ei hervorgegangenen Weſpenlarve zuſtande. Über die eigentlichen Ur⸗ ſachen der Gallenbildung ſind wir wie bei ſonſtigen gallenerzeugenden Tieren noch ſehr im unklaren. Neben der bei den Zynipiden durch den Einſtich der Mutterweſpe oder die Larve herbeigeführten Verwundung ſpielt jedenfalls die ſtändige Beeinfluſſung der Pflanzenzellen durch die lebende Larve eine Rolle. So viel ſteht jedenfalls feſt, daß es dem Menſchen bisher noch auf keine Weiſe hat gelingen wollen, auf künſtlichem Wege Gallenbildungen hervorzurufen. Im fertigen Zuſtande ſind die meiſten Gallweſpen ſchwarze oder rötlich gefärbte Tierchen, deren kleinſte Arten kaum 0,75 mm meſſen, während die größten Arten es bis zu einer Körper⸗ länge von etwa 25 mm bringen können. Ihre niemals knieförmig gebrochenen Fühler ſind n Gallweſpen: Allgemeines. 553 fadenförmig und beſtehen aus 12 — 16, ſehr ſelten aus mehr Gliedern. Ein Paar ziemlich großer, eiförmiger oder länglicher Facettenaugen ſowie 3 Punktaugen ſind vorhanden. Der Mittelleib iſt hoch gewölbt, oft buckelig erhaben, der Hinterleib meiſt dick und eiförmig und an den Seiten ſtark zuſammengedrückt. Bei der Gattung Cynips T. und ihren näheren Ber: wandten tragen die Vorderfüße einen eigentümlichen bürſtenartigen Haarbeſatz, mit dem das Tierchen ſeine Fühler reinigen kann, wenn es ſich beim Herausnagen aus der Galle mit Nageſpänchen beſchmutzt hat. Kennzeichnend für die Gallweſpen iſt ferner das Flügelgeäder, an dem ein Randmal immer fehlt, obwohl eine Radialzelle, die entweder geſchloſſen oder offen bleibt, vorhanden iſt. Im erſteren Falle wird ſie am vorderen Flügelrande durch eine dicke Ader begrenzt, im letzteren Falle fehlt dieſe Ader. Wenn auch manche Arten, ſei es in einem, ſei es in beiden Geſchlechtern, ungeflügelt bleiben, ſo iſt es doch im allgemeinen nicht ſchwer, dieſe flügelloſen Gallweſpen an ihrer plumpen Geſtalt, dem ſeitlich zuſammengedrückten Hinterleib, der buckeligen Bruſt und den gewöhnlich nicht mehr als 16gliederigen Fühlern als ſolche zu erkennen. Wer ſich Gallweſpen verſchaffen will, tut am beſten, ſich die Tiere aus Gallen zu ziehen, wobei freilich mancherlei Mißerfolge und Enttäuſchungen nicht ausbleiben werden, denn ſtatt der erhofften Gallweſpen ſtellt ſich gar nicht ſelten eine muntere Geſellſchaft von Erzweſpen und ähnlichem kleinen Schmarotzergeſindel ein, die in der Galle gehauſt haben und dort auf Koſten der rechtmäßigen Galleninſaſſen herangewachſen ſind. Von ſolchen fremden Gäſten abgeſehen, liefern manche Gallen auch gar nicht ſelten beliebigen anderen Tieren bequeme Gelegenheit zum Unterſchlupf. Ameiſen, Grab⸗ und Schlupfweſpen, verſchiedene Käfer, Blattläuſe, Ohr⸗ würmer, Fliegenmaden und Schmetterlingsraupen ſchlagen in ihnen ihre Wohnung auf, einige Laubſchrecken halten gewiſſe weiche Gallen für beſonders geeignet, ihre Eier darin unter⸗ zubringen, und daneben fehlt es auch nicht an ſonſtigen Eindringlingen, ſo daß, wie Kieffer mit⸗ teilt, einmal aus einer einzigen großen Galle der Schwammgallweſpe, Biorrhiza pallida Ol. (Abb., S. 554, Fig. 3) nach und nach nicht weniger als 75 verſchiedene Inſektenarten in etwa 55000 Stücken, darunter 45 Arten Schmarotzer in etwa 2400 Stücken, herausgekommen ſind. Noch eine andere bemerkenswerte Erfahrung läßt ſich bei derartigen Zuchtverſuchen machen, denn es zeigt ſich, daß aus gewiſſen Gallen, beiſpielsweiſe aus den ſchönen rotbäckigen Eichen⸗ galläpfeln, immer nur weibliche Gallweſpen, nie aber Männchen ſchlüpfen. Der um die Er⸗ forſchung der Gallweſpen hochverdiente Entomolog Hartig nahm ſich einmal die Mühe, der⸗ artige Verſuche im großen Maßſtabe auszuführen und erhielt aus 28000 Gallen von Diplo- lepis disticha Hart., die er zuſammengebracht hatte, etwa 9—10 000 Weſpen, unter denen auch kein einziges Männchen war. Beobachtungen des Amerikaners Walſh, hauptſächlich aber die eingehenden Forſchungen von Adler in Deutſchland haben das Rätſel gelöſt. Wir wiſſen jetzt, daß bei vielen Gallweſpen ein Generationswechſel vorkommt, bei dem regelmäßig eine oder mehrere parthenogenetiſche (agame), nur aus Weibchen beſtehende Bruten von Weſpen mit einer getrenntgeſchlechtlichen Generation abwechſeln, die aus männlichen und weiblichen Tieren beſteht. Gallen werden von beiderlei Generationen erzeugt, ſehen aber bei der par⸗ thenogenetiſchen und getrenntgeſchlechtlichen Generation meiſtens ganz verſchiedenartig aus und ſitzen außerdem auch meiſt an ganz verſchiedenen Teilen der Pflanze. Beiſpiele für einen ſolchen Generationswechſel gibt es genug unter den einheimiſchen Eichengallen. So läßt er ſich deutlich bei den auf S. 554 abgebildeten, einer Hopfenfrucht nicht unähnlichen Gallen verfolgen, die an einem Eichenzweige ſitzen, anfangs grünlich und feſt geſchloſſen ſind und ſpäter braun werden, bis ſchließlich im Hochſommer die Gallenſchuppen wie die Blätter einer aufblühenden Roſe auseinandergehen und die ganze Galle dann bald darauf ſchwarz 554 Hautflügler. und häßlich wird. Sobald die „Eichenroſen“, wie dieſe Gallen im Volksmunde heißen, ſich öffnen, fällt aus ihnen je eine „Innengalle“, ein kleiner, holziger, die Gallenkammer um⸗ ſchließender Kern zu Boden, aus dem nach einer längeren Ruhepauſe zeitig im Frühjahr ein etwa 4 mm meſſendes ſchwarzes weibliches Weſpchen mit braunſchwarz glänzendem, vorn und hinten mehr oder weniger rötlich gefärbtem Hinterleibe entſteht. Weibchen dieſer Art gehören der parthenogenetiſchen Generation von Andrieus foecundatrix Htg. an. Sie ſuchen, ohne befruchtet ea.) knoſpen auf, in die fie ihre Eier ſenken. Wenn ſich hängenden Blütenkätzchen etwa 2 mm lange, zuge⸗ ſpitzt⸗eiförmige, weißlich behaarte Gallen von grü⸗ licher Farbe hängen, die einzeln oder zu mehreren an den Staubfäden ſitzen, pen der getrenntgeſchlecht⸗ lichen Generation ent⸗ ſchwarze Tierchen mit teil⸗ weiſe gelblichen Fühlern und Beinen, deren Weib⸗ — 1) Hopfenfruchtähnliche Gallen, aus denen die parthenogenetiſche Generation von entwickelt haben, ſo ſieht man an ihnen kleine, nur und aus denen im Juni die als Andricus pilosus Adl. bekannten Gallweſ⸗ ſtehen. Es ſind kleine zu werden, an den Eichen die männlichen Blüten⸗ hernach an den Bäumen die zierlichen, lang herab⸗ — ner, ſpäter aber bräun⸗ Andrieus foecundatrix Htg. entſteht. 2) Blütengallen, aus denen ſich die zugehörige chen kaum 2 mm meſſen, a getrenntgeſchlechtliche Generation (Andricus pilosus Adl.) entwickelt. 3) Schwamm⸗ galle der getrenntgeſchlechtlichen Generation von Biorrhiza pallida Ol. 4) Wurzel⸗ während die Männchen 8 gallen, aus denen parthenogenetiſche Weibchen (Cynips aptera Bosc.) ſchlüpfen. 5) Ein ir 25 ſolches flügelloſes, parthenogenetiſches Weibchen (vergrößert). noch kleiner bleiben. Wenn die befruchteten Weibchen dieſer Generation ihre Eier in Knoſpen verſenken, ſo rufen ſie damit wieder die hopfenfrucht⸗ ähnlichen Gallen hervor, von denen oben die Rede war. Ein ſolcher Generationswechſel, von dem wir unten noch weitere Beiſpiele kennen Br werden, kommt allerdings nicht bei allen Zynipiden vor. Ja es gibt ſogar Gallweipen, die 1 N Namen überhaupt keine Ehre machen, da ſie niemals Gallen erzeugen, ſondern ſich als ſogenannte Einmieter oder Inquilinen damit begnügen, ihre Eier in die von Gallweſpen⸗ larven bewohnten Gallen einzuſchmuggeln. Für die rechtmäßigen Beſitzer der Galle hat die Gallweſpen: Ibaliinae. Figitinae. = 555 Einquartierung von Inquilinenbrut meiſt höchſt unangenehme Folgen. Es gibt allerdings Fälle, in denen beiderlei Bewohner, die Larven der echten Gallweſpen und die Larven der Einmieter, friedlich nebeneinander in verſchiedenen Teilen der Galle hauſen und ungeſtört ihre Ent⸗ wickelung durchlaufen können. Dies ſind aber Ausnahmen, denn gewöhnlich iſt die Nach⸗ kommenſchaft der rechtmäßigen Gallweſpen bei Anweſenheit von Inquilinen verloren. Die gefräßige, ſchneller wachſende Inquilinenbrut entzieht nämlich den Gallweſpenlarven ſo viel Nahrung, daß letztere doch über kurz oder lang verkümmern und ſchließlich zugrunde gehen müſſen. Een, Eine dritte Gruppe von Gallweſpen bilden die Schmarotzer, die weder Erzeuger noch Bewohner von Gallen ſind, ſondern ganz nach der a Methode von Schlupfweſpen fremde Inſekten mit ihren Eiern belegen, da⸗ mit ſich ihre Brut in dieſen Wirtsinſekten ent⸗ wickelt. Zu dieſen Schmarotzern gehören die einfachſten Gallweſpen, die Ibaliinae, die in einigen Arten in Europa, Aſien und Nordame⸗ rika verbreitet ſind. Als nach dem ungewöhn⸗ lich heißen und trockenen Sommer 1911 eine beſonders ſtarke Vermehrung von allerlei ſchäd⸗ lichen Holzinſekten in den verſchiedenſten Gegen⸗ den Deutſchlands ſtattgefunden hatte, zeigte ſich im darauffolgenden Jahre die hier abgebildete Ibalia leucospoides Hochw. in den Kiefern: heiden der Umgebung Berlins in ziemlich erheb⸗ licher Zahl. Träge ſaßen dieſe in ihrer Körper⸗ länge zwiſchen 7—16 mm ſchwankenden, im all⸗ gemeinen ſonſt ziemlich vereinzelt auftretenden Ibalia⸗Weſpen an Holzſchlägen und Baum: ſtämmen, leicht kenntlich an ihrem ſeitlich ſtark zuſammengedrückten, kaſtanienbraun glänzenden Hinterleib, dem oben ſtark gerunzelten Bruſt⸗ abſchnitt und den etwas getrübten, deutlich ſchwarz FE geaderten Flügeln, die im Ruhezuſtande ſeitlich „FC „ aneinandergelegt den Hinterleib bedecken. Bei 5 : ſchönem Wetter krochen die Tierchen unter raſch auf und nieder wippenden Bewegungen des Hinterleibes umher oder umſchwärmten fleißig das Holz, um Brutgelegenheit zu ſuchen. Man weiß, daß die Ibalien den weißlichen, im Holze bohrenden Larven unſerer Holzweſpen, Siri⸗ ziden, nachſtellen, um ihre Eier einzeln in ſie einzuſenken, wobei man auch beobachtet haben will, daß eine von einer Ibalia⸗Weſpe angeſtochene Sirex⸗Larve ſich niemals tiefer in das Holz einbohrt, ſondern im Gegenteil immer in geringer Entfernung unterhalb der Rinde ver⸗ bleibt, ſo daß ſpäter die neue Schmarotzerweſpe ohne Mühe ins Freie gelangen kann. Auch die Figitinae ſind Schmarotzergallweſpen mit geſtrecktem, beim Weibchen wegen der etwas vorſtehenden Legeröhre ſpitz auslaufendem Hinterleib. Ihr Schildchen iſt runzelig, nicht gerieft, vorn meiſt mit zwei Grübchen verſehen. An dem ſitzenden Hinterleibe iſt der zweite Ring ſehr groß, wird aber nicht halb ſo lang wie die drei folgenden zuſammen und iſt auch ſtets kürzer als der dritte Ring. Die hinteren Ringe bleiben ſehr klein. Der glänzend 556 Hautflügler. ſchwarze, nur an den Vorderbeinen von den Knien abwärts rote Figites scutellaris Hassi iſt außer am Schildchen auch noch am Kopf und an den Bruſtſeiten runzelig gerieft. Dieſe Art ſcheint über ganz Europa verbreitet zu ſein und ſchmarotzt bei den Fleiſchfliegen der Gat⸗ tung Sarcophaga Meig., wie überhaupt alle zu dieſer Unterfamilie gehörenden Arten, joweit man bisher ihre Entwickelung kennen gelernt hat, im Larvenzuſtande in Fliegenlarven leben. Unter den Anacharitinae, deren Hinterleib immer deutlich geftielt iſt, und bei denen der zweite Hinterleibsring etwas länger als der dritte wird, ſind merkwürdigerweiſe einige Schmarotzer von Netzflüglern bekanntgeworden, die ſ ih im allgemeinen unter den Angriffen von — Schmarotzerinſekten nur ſehr wenig zu leiden haben. Die europäiſche Art, Ana- charis typica F., iſt bei⸗ ſpielsweiſe aus den Lar⸗ ven des Taghaftes, He- merobius nervosus F., erzogen worden. Die Charipinae (Allotriinae) galten lange als Blattlausſchma⸗ rotzer, weil man ſie öfters aus dem Körper von Blattläuſen ſchlüpfen ſah. Es iſt indeſſen ſehr wahr⸗ ſcheinlich, daß ſie Schma⸗ rotzer zweiten Grades 9 VVV ſind, die ihre Entwicke⸗ An der Unterfeite des Eichenblattes . Gallapfel von der 8 Eichengall⸗ lung in den Larven von weſpe, Diplolepis quereus folii L. Links unten ein ſolcher vergrößert und aufgebrochen 5 8 8 mit der im Inneren ſitzenden Gallweſpenlarve; darauf eine ſchmarotzende Erzweſpe (Tory- kleinen Brakonenweſpen mus regius Nees). Rechts oben ein parthenogenetiſches Weibchen von Diplolepis quer- 1811 cus folii, darunter Knoſpengallen, welche die getrenntgeſchlechtliche Generation liefern. (Aphidiinen) durchlaufen, | die ihrerſeits ſehr häufig in Blattläuſen hauſen. Die Charipinen find winzige, höchſtens 2 mm große Gallweſpchen mit glattem, faſt wie poliert erſcheinendem Körper. Die Fühler ſind fadenförmig. Bei vielen Arten ſchließt ſich die Radialzelle am Rande nicht und bei einigen ſind die Flügel ſogar nur als kurze Stummel ausgebildet. Die bei weitem wichtigſte und größte Unterfamilie iſt die der Cynipinae, zu der nicht nur alle echten gallenerzeugenden Gallweſpen, ſondern auch eine Anzahl von Einmietern ge⸗ hören. Der Körper iſt faſt immer runzelig. Der zweite Rückenſchild des Hinterleibes iſt ges wöhnlich am längſten, meiſt mindeſtens halb jo lang oder länger als die folgenden Rückenringe zus ſammengenommen. Die Gemeine Eichengallweſ pe, Diplolepis quercus folii L. (Cynips), entſteht aus den bekannten kugelrunden, ſchwammigen, ſaftreichen Galläpfeln, die ſo häufig an der Unterſeite von Eichenblättern an Blattnerven angeheftet ſitzen. Ein und dasſelbe Blatt iſt oft mit mehreren Galläpfeln beſetzt, die anfangs grün ſind, ſpäter gelblich oder „ Q a N nn ß 7²7—¼⁹ꝙ”B a . ]² Er de Gallweſpen: Anacharitinae. Charipinae. Cynipinae. 557 rotbädig werden, 1—2 cm, ja gelegentlich ſogar bis zu 3 em groß find und bei verſchiedenen Eichenarten (Quercus sessiliflora, pedunculata, pubescens und anderen) vorkommen können. Wenn die Herbſtſtürme Flur und Wald durchbrauſen und die knorrigen Eichen erzittern machen, werden die Galläpfel heruntergeworfen und fallen allein oder mit den welk gewordenen Blättern zuſammen zu Boden. Beim Offnen ſolcher Gallen kann man in ihnen etwa vom Oktober an eine kleine, 3—4 mm lange, am Hinterleib glänzend ſchwarz gefärbte Weſpe mit glashellen Flügeln und behaarten Fühlern finden, die ſich ſchließlich einen Gang von der im Inneren gelegenen Gallenkammer bis zur Oberfläche nagt und dann im November oder Dezember zum Vorſchein kommt und ausfliegt. Wie ſchon geſagt, ſind alle dieſe aus den Galläpfeln entſtehenden kleinen Weſpen Weibchen. An milden Wintertagen im Januar oder Februar kriechen unſere Weſpenweibchen träge an den noch unentwickelten Eichenknoſpen umher und ſtechen die eine oder andere Adventivknoſpe am unteren Stammteil alter Eichen, ſeltener an Aſten und dünnen Zweigen, an; dabei führen ſie ihren Stich von der Spitze her immer in gerader Richtung durch die Knoſpe, ſo daß das unbefruchtete Ei, das ſie jedesmal in den Stichkanal hineinſchieben, unterhalb der Blattanlage zu liegen kommt. Die dem Ei entſchlüpfende Larve gelangt in die Kambiumſchicht und erzeugt eine oberflächlich hervor- tretende eiförmige, filzige Galle von reichlich 3 mm Länge und dunkelvioletter Färbung; oft ſitzen mehrere ſolcher Gallen zuſammen. Schon im Mai oder Juni beißt ſich ſeitlich aus dieſen filzigen Gallen je ein in beiden Geſchlechtern vorkommendes, als Spathegaster taschen- bergi Schlechtd. bezeichnetes, nur 2— 3 mm großes ſchwarzes Gallweſpchen hervor, das roſtgelbe Beinchen und einen kurz geſtielten, beim Weibchen beinahe ſitzenden Hinterleib hat. Nachdem es an ſonnigen Tagen zur Paarung zwiſchen beiden Geſchlechtern gekommen iſt, ſucht ſich das befruchtete Zpathegaster⸗Weibchen die zarten jungen Eichenblättchen aus, um an deren Unterſeite mit ſeinem zierlichen, langen, geraden Legeſtachel in die Mittelrippe oder in die ſtärkeren Seitenrippen einzuſtechen und je ein Ei dabei abzulegen. Die in dieſer Weiſe bedachten Eichenblätter ſind es, die uns dann ſpäter im Sommer und namentlich im Herbſte durch die rotbäckigen, oft etwas höckerigen Galläpfel auffallen, obwohl letztere wohl manch⸗ mal auch unter Fortfall der getrenntgeſchlechtlichen Brut von parthenogenetiſchen Weibchen verurſacht werden mögen. Eingeſchrumpfte, an den Blättern hängenbleibende Galläpfel ſind faſt immer von Schmarotzern bewohnt, zu denen unter anderen die bereits erwähnte hübſche goldgrüne Erzweſpe, Torymus regius Nees, gehört. Auch mancherlei Einmieter kommen in unſeren Galläpfeln vor, unter ihnen namentlich die Zynipinen Synergus pallicornis Hart., Synergus tscheki Mayr und Saphonocrus connatus Hart. Überall in ganz Deutſchland verbreitete Gallen find auch die ſchwammigen, vielkamme⸗ rigen Gallen von Biorrhiza pallida Ol. (Teras terminalis F.), die bis fauſtgroß werden und an den äußerſten Spitzen, bisweilen allerdings auch ſeitlich an den Zweigen von Eich⸗ bäumen und Eichengeſträuch ſitzen. Die im erſten Frühjahr hübſch prall ausſehenden, an⸗ fangs bleichgrünen oder weißlichen Schwammgallen bekommen ſpäter rötliche Backen und er⸗ langen etwa im Juli ihre Reife. Aus vielen kleinen Löchern der bald hernach einſchrumpfenden und mißfarbig werdenden Schwammgallen bohrt ſich dann die im Inneren entſtandene, in beiden Geſchlechtern auftretende Weſpenbrut der obengenannten Art hervor. Die Männchen ſind ſtets geflügelt, die Weibchen können es ſein, haben aber häufig verkümmerte oder auch gar keine Flügel. Das vorn mit zwei Grübchen verſehene Schildchen iſt um ſo ſtärker ge⸗ wölbt, je beſſer die waſſerklaren, bräunlich geaderten Flügel entwickelt ſind, die beim Männ⸗ chen immer überkörperlang werden. Die Farbe iſt gelblich, der Hinterleib braun, an ſeinem 558 Hautflügler. Grunde rötlich gefärbt. Die befruchteten Weibchen haben die Gewohnheit, ſich tief in den Boden einzugraben und ihre Eier an den dünnen Wurzeln der Eiche unterzubringen, an denen dann kugelige, erbſengroße oder ſogar kirſchgroße, einkammerige Gallen zur Entwickelung gelangen, die oft in ganzen Klumpen ähnlich wie Weinbeeren zuſammenſitzen. In den kugeligen Wurzel⸗ gallen bildet ſich die parthenogenetiſche, nur aus vollſtändig flügelloſen Weibchen beſtehende und als Cynips aptera Bose. beſchriebene Generation aus. Die rötlichbraungelben bis über 5 mm langen Weibchen dieſer Generation, die mitten im Winter zur Entwickelung kommen, klettern ſelbſt bei Schnee und gelindem Froſtwetter mit ihren langen Beinen langſam am Eichen⸗ ſtamm in die Höhe, erklimmen die Aſte und Zweige und verſenken ihre unbefruchteten Eier in Endknoſpen oder ſeitliche Blattknoſpen, welche ſich dann im Laufe des kommenden Frühjahrs wieder zu den bereits oben geſchilderten ſchwammigen, vielkammerigen Gallen umwandeln. Wie unempfindlich dieſe flügelloſen Oynips⸗Weibchen gegen die Winterkälte find, davon hat Beyerinck ein hübſches Beiſpiel erzählt: „Während einer hellen Januarnacht (1881) bei — 6° wurden einige Aſtchen mit ruhig arbeitenden Weſpen in einem mit Waſſer gefüllten Trinkglas auf den Schnee ins Freie geſtellt; am folgenden Morgen hatten ſich einige der Tiere über den Schnee entfernt, andere verfolgten ihre Arbeit anſcheinend, ohne dieſelbe unter⸗ brochen zu haben. Ein einzelnes Individuum war ins Waſſer gefallen und eingefroren; nach dem Auftauen aber hat es, als wenn nichts geſchehen wäre, mit Eierlegen aufs neue begonnen.“ Allbekannt iſt der Gerbſtoffgehalt der Eichengallen. Wer ſich etwa dazu verleiten läßt, in einen der ſo appetitlich ausſehenden Eichengalläpfel hineinzubeißen, wird durch den außerordentlich herben, von Gerbſäure herrührenden Geſchmack recht unangenehm enttäuſcht werden. Der Gerbſtoffgehalt iſt bei den gewöhnlichen Eichengalläpfeln ziemlich bedeutend und beträgt etwa 32 Teile auf 100 Teile Trockenſubſtanz. Leider ſind die Galläpfel aber allzu wäſſerig und ergeben daher beim Dörren ſo wenig feſte Subſtanz, daß es ſich nicht lohnt, die Gallen einzuſammeln und in den Handel zu bringen. Günſtiger liegen die Verhältniſſe ſchon bei den dickwandigen, holzigen Gallen der Knopperngallweſpe, Cynips quereus calicis Burgsdf., die namentlich an Stieleichen ſitzen und zwiſchen Eichel und Eichelbecher hervorwachſen. Die Spitze der fettig⸗klebrigen Knopperngalle, die ſich oft abwärts krümmt und dabei den Becher umwallt, trägt ein Loch, von dem radienartig höckerige Falten ausgehen. Die Weſpen ſchlüpfen im Februar oder März des folgenden Jahres aus. In den ausgedehnten Eichenwaldungen des ſüdöſtlichen Europas, der eigentlichen Heimat der Knopperngallweſpen, pflegt man die Knoppern in großen Maſſen zu ſammeln, um fie zur Gerbſtoffgewinnung zu verarbeiten. Auch in Deutſchland iſt die Knopperngallweſpe beobachtet. Sie iſt im Park von 5 Wilhelmshöhe bei Kaſſel und an einigen Orten Süddeutſchlands zu finden, iſt auch in Schleſien nachgewieſen, kommt aber bei uns doch nicht häufig genug vor, um ſie wirtſchaftlich zu verwerten. Die Knopperngallweſpe tritt immer nur im weiblichen Geſchlecht auf und bildet höchſtwahr⸗ 3 ſcheinlich die parthenogenetiſche Generation zur Zerrgallweſpe, Andricus cerri Beyer, einem kaum 1,5 mm meſſenden ſchwarzen Weſpchen mit gelblichen Fühlern und Beinen, das in beiden Geſchlechtern bekannt iſt und dünnwandige eiförmige Gallen an den Blütenkätzchen der Zerreiche (Quercus cerris) hervorruft. Für die Färberei und Tintenfabrikation finden neben verſchiedenen anderen ſüdeuropäiſchen Galläpfeln beſonders die „levantiniſchen Galläpfel“ Ver⸗ 3 wendung, die in der öſtlichen Mittelmeerregion auf Quercus infectoria Ol. und einigen an⸗ deren Eichenarten entſtehen und durch die Färbergallweſpe, Cynips gallae-tinctoriae Ol., erzeugt werden. Es find große, kugelige, harte Gallen, die einen Durchmeſſer von etwa 1,5 bis 2 cm haben, rotbraun bis braungelb find und auf der Oberfläche warzige Höckerchen tragen. een Gallweſpen: Cynipinae. 559 Die Gemeine Roſengallweſpe, Rhodites rosae Gier., ſucht die Wildroſen heim, verſchont aber die kultivierten Edelroſen. Man findet von dieſer in ganz Europa und dem weſtlichen Aſien verbreiteten und auch ſchon aus Nordamerika bekannten Art faſt immer nur weibliche Tiere, die etwa eine Länge von 4 mm erreichen und ſich in der Regel durch un— befruchtete Eier fortpflanzen. An ihren faſt durchſichtigen, leicht gebräunten Flügeln iſt die dreieckige Radialzelle deutlich geſchloſſen. Die Beine und die vordere Hälfte des Hinterleibes des im übrigen ſchwarz gefärbten Körpers ſind gelbrot. Die zu den Seltenheiten gehörenden Männchen ſind faſt vollſtändig ſchwarz. Die Roſengallweſpe iſt die Erzeugerin jener ſonder⸗ Gemeine Roj 251415 eſpe, Rhodites rosae Gir., und die von ihr n Galle. Rechts eine durchſchnittene Galle, um die vielen Gallenkammern und die darin befindliche Weſpenbrut zu zeigen. baren, moosartigen, über und über mit langen grünen, roten oder gelben Faſern zottig be—⸗ wachſenen Roſengallen oder Bedeguare, die im Volke Roſenkönige oder Schlafäpfel heißen und in manchen Gegenden nachts zur Beförderung des Schlafes unter das Kopfkiſſen gelegt oder in Pulverform den Kindern gegen Würmer und Ruhr eingegeben werden. Wenn dieſe mit vielen dickwandigen Kammern im Inneren verſehenen Gallen, denen natürlich keinerlei heilkräftige Wirkung eigen iſt, ihren Reifezuſtand im Herbſt erreicht haben, ſo dauert es noch bis zum nächſten Frühjahr, bis ſich die kleinen Roſengallweſpen hervorarbeiten, mit denen dann gewöhnlich auch noch mancherlei andere Gallenbewohner zu erſcheinen pflegen, wie der Einmieter Periclistus brandti Ratzbg. und verſchiedene Schlupfweſpen aus den Familien der Serphidae und Braconidae, die gleichfalls ihre Entwickelung in den Bedeguaren durch— laufen. Eine andere Roſengallweſpe, Rhodites eglanteriae Zig., verurſacht hauptſächlich an den Blattunterſeiten von Wildroſen kugelige harte Gallen, die einen Durchmeſſer von 4—5 mm erlangen und grün oder rot gefärbt find. Ahnliche Gallen können freilich auch noch von einigen anderen Roſengallweſpen erzeugt werden. 560 Hautflügler. Die Brombeergallweſpe, Diastrophus rubi Bouche, ſteht in ihrem Körperbau den bisher erwähnten Arten von Gallweſpen nahe. Ihr gedrungener, beim Weibchen noch nicht 3 mm langer, beim Männchen ſogar ſtets kleiner bleibender Körper iſt glänzend ſchwarz, nur das faſt halbkugelige, an der Wurzel mit zwei Grübchen verſehene Schildchen unregelmäßig gerunzelt; die Beine find rötlichgelb. Dieſe nur in einer aus beiden Geſchlechtern beſtehenden Generation auftretende Gallweſpe erzeugt an Brombeerſtengeln dicke, oft wunderlich gekrümmte, außen mit buckelförmigen Erhöhungen bedeckte Anſchwellungen, aus denen im April des nächſten Jahres die Weſpchen maſſenhaft hervorkommen, ein jedes aus einem beſonderen Flugloch. Zur Gruppe der Aftergallweſpen oder Einmieter gehört die Gattung Synergus Hig. mit deutlich geſtreiftem Vorderkopf und undeutlich abgegrenztem Kopfſchild. Die Fühler ſind fadenförmig und ſetzen ſich bei allen europäiſchen Arten im männlichen Geſchlecht aus 15, im weiblichen aus 14 Gliedern zuſammen. An den Vorderflügeln iſt die kurze Radialzelle geſchloſſen. Alle Synergus:Arten bürgern ſich in den Gallen echter Gallweſpen ein. Der in Europa ſehr verbreitete, 2 — 3 mm lange, ſchwarze, mit rötlichgelben Beinen ausgeſtattete Synergus vulgaris Htg. iſt aus verſchiedenen Eichengallen erzogen worden. Zu den Ein⸗ mietern wurde früher auch die Gattung Aylax II th. geſtellt, jedoch mit Unrecht, denn wir wiſſen jetzt, daß die Aylax-Arten ſelbſt Gallenerzeuger find, obwohl fie nicht an Eichen, ſondern an verſchiedenen krautartigen Gewächſen ihre Gallen hervorbringen. Unter den europäiſchen Arten erzeugen beiſpielsweiſe Aulacidea hieracii L. und Aulacidea sabaudi Itg. Stengel⸗ anſchwellungen am Habichtskraut (Hieracium). Aulacidea scorzonerae Gir. ruft lange, vielkammerige Stengelanſchwellungen an Schwarzwurzeln hervor, während Aylax papaveris Perris in gallenartig vergrößerten und verunſtalteten Mohnkapſeln ſich entwickelt. Aus Schweden und Deutſchland iſt die Gundermann-Gallweſpe, Aylax glechomae L., be kannt. Sie iſt am vorderen Bruſtring behaart, am Mittelbruſtring fein gerunzelt, am Schild⸗ chen längsrunzlich und bringt am Gundermann (Glechoma hederacea) ſchöne rotgefärbte kugelige einkammerige Gallen hervor, die einen Durchmeſſer von 2 em erreichen und nicht nur recht appetitlich anzuſehen ſind, ſondern auch wirklich wohlſchmeckend ſein ſollen. Wahre Sonnenkinder ſind die Goldweſpen (Chrysididae). Bei trübem, kühlem Wetter läßt ſich keine einzige ſehen. Wenn aber die Strahlen der Sonne recht heiß herunter⸗ brennen, ſo kommen dieſe mit den prächtigſten Metallfarben geſchmückten, bald blau ſchimmern⸗ den, bald grün oder purpurgoldig glänzenden, äußerſt flüchtigen und behenden Hautflügler zum Vorſchein. Sie lieben ſämtlich die Wärme, und R. du Buyſſon beobachtete einmal eines dieſer Tierchen, Holochrysis hybrida L., welches ſich wiederholt gerade immer während der heißeſten Tagesſtunden auf einer Gießkanne ausruhte, die bereits von der Sonnenglut jo er⸗ hitzt war, daß man fie kaum noch mit den Händen anſaſſen konnte. In der Sonne gehen unſere Weſpchen auch ihrer Nahrung nach, beſuchen Umbelliferen und naſchen an ihnen oder anderen Blüten, an denen ſie eine leicht zugängliche Honigquelle finden, begeben ſich an Blätter und Zweige, um den ſüßen, von Blattläuſen herrührenden Honigtau abzulecken und ſollen es manchmal wagen, in noch unverſchloſſene, friſch mit Honig gefüllte Bienenzellen ſich einzuſchleichen, um, wie es heißt, Honig zu ſtehlen. Der harte, ſchillernde Panzer kann bei den Goldweſpen glatt ſein, iſt aber gewöhnlich von zahlreichen grübchenförmigen Vertiefungen bedeckt, ſo daß er grob punktiert ausſieht. Freilich hat, wie Biſchoff hervorhebt, „nur ein Teil der Arten Goldglanz, und zwar in der Hauptſache die paläarktiſchen Arten, während die amerikaniſchen Arten faſt ohne Ausnahme Gallweſpen: Cynipinae. Goldweſpen. 561 grün und die afrikaniſchen, ausgenommen die nordafrikaniſchen Arten und ein Teil der Arten aus dem Kapland ſowie von Madagaskar, blaugrün gefärbt ſind. In Auſtralien und auf den Südſeeinſeln herrſchen violette Formen vor, während ſich in den ſüdlichen Teilen von Aſien, beſonders in Indien, Arten finden, die eine grüne Grundfarbe haben mit goldigen Flecken an den Seiten.“ Der kurze Hinterleib, an dem nur wenige, gewöhnlich nur drei Ringe deutlich zu erkennen ſind, iſt in allen Fällen an ſeiner Unterſeite tief ausgehöhlt, ſo daß ſich die Tierchen bei Gefahr mit Leichtigkeit aſſelartig zuſammenkugeln können und dem Angreifer dann nur die harte Außenſeite ihres Körpers darbieten. Das Flügelgeäder iſt in der Regel zu unvoll⸗ ſtändig entwickelt, als daß es bei der Beſtim⸗ mung der Goldweſpen verwendet werden könnte. Die nahe beieinander vorn am Kopf entſprin⸗ genden Fühler find in beiden Gejchlechtern drei: zehngliederig, während die Weibchen durch eine 5 fernrohrartig vorſchiebbare Legeröhre, von der ſie auch als Abwehrwaffe zum Stechen Gebrauch zu machen verſtehen, ausgezeichnet ſind. Von den erſten warmen Frühlingstagen an bis in den September hinein kann man bei uns Goldweſpen ſehen. Zu den beliebteſten Aufenthaltsorten dieſer munteren Tierchen ge⸗ hören ſteile Lehmwände, Pfoſten oder altes Holzwerk, das von den Bohrgängen verſchiedener Inſekten durchſetzt iſt. In ſolchem Holz hatten früher vielleicht einmal Bockkäfer gebrütet, dann ſind Grabweſpen gekommen, haben die von den Käfern verlaſſenen Gänge mit Beſchlag belegt, um darin ihre Nachkommenſchaft aufwachſen zu laſſen, und mittlerweile ſtellen ſich auch ſchon unſere Goldweſpen ein, kriechen flink in die Bohrlöcher und unterſuchen, in welchen Gängen 825 5 die Grabweſpen ihre Niſtſtätten angelegt haben. Feuergoldweſpe, Chrysis ignita Z. (unten links), um die Oft wird nur der Vorderkörper in ein Loch ge "Messe vgl. ware "0, (ont. Bauch ſteckt, und im nächſten Augenblick kommt die Goldweſpe rückwärts ſchreitend ſchon wieder zum Vorſchein, ſchwirrt zu einem anderen Loch und verſchwindet in ihm ganz, um es einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Bei dieſer Arbeit pendeln die kleinen Fühler eifrig hin und her, und die Tierchen ſcheinen ſo ſehr von ihrer Tätigkeit in Anſpruch genommen zu ſein, daß ſie den Beobachter ganz dicht herankommen laſſen. Das Weibchen der in ganz Mittel- und Südeuropa häufigen Feuergoldweſpe, Chrysis ignita L. (Tetrachrysis), bemüht ſich, eins der aus Lehm gebauten, aber noch nicht ganz voll- endeten und daher noch unverſchloſſenen Neſter der Pillenweſpe, Eumenes coarctata L., zu finden. Wenn ihm dies gelungen, ſo vergewiſſert es ſich zunächſt immer ganz genau, ob die rechtmäßige Beſitzerin, mit der es ein Zuſammentreffen gern vermeiden möchte, vielleicht gerade ihr Bauwerk für kurze Zeit verlaſſen hat. Erſt wenn dies der Fall iſt, wagt ſich unſere Gold⸗ weſpe in das Innere des Neſtes, in dem das Eumenes-⸗Weibchen ſchon ein Ei abgelegt und als Proviant für die zu erwartende Nachkommenſchaft einige gelähmte Raupen aufgeſpeichert Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 86 N ea eee * f EN a ee ea ne EHEN ae a — r Be rl z An, 2 > . 562 Hautflügler. hat. Schleunigſt legt jetzt auch die Goldweſpe ihr Kuckucksei hinzu und ſucht dann das Weite. Wird ſie aber bei ihrer Tätigkeit von der unerwartet heimkehrenden Faltenweſpe überraſcht, ſo muß ſich die Goldweſpe ſchon auf eine unſanfte Behandlung gefaßt machen, denn das Eumenes-Weibchen packt den ungebetenen, ſich ängſtlich zuſammenkugelnden Eindringling mit den ſcharfen Kiefern und wirft ihn, ohne viel Federleſens zu machen, aus dem Hauſe hinaus. Meiſt geht aber alles gut, und ohne zu merken, daß während ſeiner Abweſenheit ein Beſucher dageweſen war, ſchließt das heimkehrende Eumenes⸗Weibchen fein Neſt in üblicher Weiſe, in dem nun neben dem eigenen ein Kuckucksei liegt. Stammt letzteres von der Feuergoldweſpe, fo ſoll es ſich jo raſch entwickeln, daß ſchon bald hernach eine Chrysis⸗Larve auskommt, die ſich zunächſt über das Eumenes⸗Ei hermacht und dann in aller Gemütsruhe nach und nach das Futter verſpeiſt, welches das Eumenes⸗Weibchen für ſeinen Nachkommen herbeigeſchleppt hatte. Bei anderen Goldweſpen iſt dagegen beobachtet worden, daß zuerſt die Wirtslarve entſteht und heranwächſt, bevor die Goldweſpenlarve ausſchlüpft, die dann den eingetragenen Proviant verſchmäht und nur die Wirtslarve ſelbſt angreift und verzehrt. Lamprecht zufolge beobachtete M. de Saint-Fargeau einmal ein Weibchen von Hedy- chrum (wahrſcheinlich eine Holopyga ovata Dahlb.), welches erſt in eine beinahe vollendete Zelle der Mauerbiene kroch, dann rückwärts herauskam und nun begann, ſeinen Hinterleib hineinzuſchieben, in der Abſicht, dort ein Ei niederzulegen. „In dieſem Augenblicke kehrte die Biene mit Blütenſtaub und Honig beladen zurück. Sie ſtürzte ſich ſofort auf die Goldweſpe, und es ſchien, als ob ſie dabei mit ihren Flügeln ein außergewöhnliches Geräuſch hervor⸗ brachte. Sie faßte ihre Feindin mit den Kinnbacken an, letztere kugelte ſich nach der Gewohn⸗ heit der Goldweſpen zuſammen, ſo daß nur die Flügel abſtanden. Die Biene, welche keinen anderen Angriffspunkt fand, biß die Flügel dicht am Körper ab und ließ dann die Goldweſpe zur Erde fallen. Darauf unterſuchte ſie mit einer gewiſſen Unruhe ihre Zelle, legte ihre Laſt nieder und entfernte ſich. Die Goldweſpe aber wickelte ſich auf, kroch geradewegs in das Neſt und legte nun ruhig ihr Ei in die Zelle.“ Im Larvenzuſtande ſind vermutlich alle Goldweſpen Schmarotzer, und zwar ſchmarotzen fie hauptſächlich bei ſolitären Weſpen (Odynerus Lalr., Eumenes F. und anderen), bei ver⸗ ſchiedenen Grabweſpen und bei ſolitären Bienen. Nur von zwei Arten, und zwar von der aſiatiſchen Chrysis shanghaiensis Smith und der ſüdafrikaniſchen Chrysis bombycida Mocs., iſt bisher feſtgeſtellt worden, daß ſie nicht Hautflügler, ſondern Schmetterlinge zu Wirten haben. Zu den Heteronychinae, Goldweſpen, die mehr oder weniger deutlich hervorragende Mundwerkzeuge und gezähnelte Klauen oder doch wenigſtens einen größeren, deutlich abgeſetz⸗ ten Zahn haben, gehört das hübſche Hedychrum nobile Scop. Der breite Hinterleib glänzt bei dieſer in Deutſchland nicht ſeltenen, 4,5 —8,75 mm langen Art auf dem Rücken goldigrot, am Bauche ſchwarz. Der gleichmäßig grob punktierte Mittelleib iſt beim Männchen grün oder blaugrün, während beim Weibchen Vorder: und Mittelrücken in der Regel 8 ganz u x rot find. Die Flügel find von der Mitte an getrübt. Die Mehrzahl der Goldweſpen gehört zu den Holonychinae, deren Fußklauen faſt 2 — ſtets einfach bleiben und bei denen der Hinterleib, falls die Klauen, wie bei Allocoelia Moes., ausnahmsweiſe gezähnelt ſind, nur aus zwei deutlich ſichtbaren Ringen beſteht. Eine der ſchönſten iſt die ſchmucke Parnopes grandior Pall., die bis 12 mm Körperlänge erreicht und, nach Schmiedeknecht, als eifriger Blütenbeſucher namentlich auf Skabioſen zu finden iſt. Kopf, Goldweſpen. Bethylidae: Bethylinae. 563 Bruſt und der erſte Hinterleibsring ſind prächtig malachitgrün, bisweilen kupferrot ſchillernd, der übrige Hinterleib dagegen fleiſchfarben. Es handelt ſich bei dieſer prachtvollen Goldweſpe um eine ausgeſprochen ſüdliche Art, die in den Mittelmeerländern ihre eigentliche Heimat hat, aber auch in Deutſchland vorkommt und ſogar in der Umgebung Berlins, bei Buckow, Chorin und im Arnswalder Kreiſe gefunden worden iſt. In letzterem Bezirke hat M. Müller unter den Männchen eine ziemlich ſtark ins Dunkle neigende Abart, var. iris Müll., entdeckt, „bei welcher die Oberſeite des bei der Stammform fleiſchfarbenen Abdomens hübſch metallblau ſchimmert“. Auch von der Kuriſchen Nehrung ſind ähnliche dunkle Farbenveränderungen bekannt, die mög⸗ licherweiſe unter dem Einfluß des nördlichen Klimas zuſtande kommen. Die Parnopes⸗Weibchen wiſſen mit großer Geſchicklichkeit die in den lockeren Sandboden gegrabenen Neſter der großen, ſpäter zu erwähnenden Wirbelweſpen, Bembex rostrata F., aufzuſpüren, die ihre Wirte find. Zu den Bethylidae rechnet man Hautflügler mit länglichem Kopf und meiſt nach vorn gerichteten Mundteilen, mit niemals knieförmig gebrochenen, gewöhnlich dreizehngliederigen Fühlern und kurzen, dicken, mit fünfgliederigen Füßen verſehenen Beinen. An den Hinterflügeln iſt nur in den wenigſten Fällen ein Geäder zu erkennen. Als weiteres Kennzeichen wird eine lappenförmige Erweiterung am Grunde der Hinterflügel angegeben, die aber andeutungsweiſe auch bei Goldweſpen vorhanden ſein kann. Flügelloſigkeit iſt bei den Bethyliden, namentlich im weiblichen Geſchlecht, keine ſeltene Erſcheinung. Dieſe für den Syſtematiker ſchwierige Familie, die Vertreter in allen Erdteilen hat, wurde zwar früher zu den Proktotrupiern ge⸗ ſtellt, findet aber gewiß richtiger ihren Platz in der Nähe der Goldweſpen und weiſt auch manche verwandtſchaftliche Beziehungen zu den Dolchweſpen auf. Während die meiſten europäiſchen Arten klein und unanſehnlich bleiben, kann als Rieſenform Dierogenium rosmarus Sidim. gelten, eine in Oſtafrika gefundene Bethylidenweſpe, bei der das ſchwarzglänzende braun⸗ flügelige Männchen eine Länge von 2,5 cm erreicht. Viele zur Unterfamilie der Bethylinae gerechnete Arten ſind Schmarotzer von Schmet⸗ terlingen, wie Goniozus audouini Westw., ein ſchwarzes, nur 4—5 mm meſſendes Inſekt mit durchſichtigen, ſchwach gebräunten Flügeln und gelbbraunen Fühlern, über deſſen Lebens⸗ wdweiſe hübſche Beobachtungen von Audouin vorliegen, dem Entdecker des Tierchens, das bis⸗ her nur aus Frankreich bekannt iſt. An einem Frühlingstage ſah Audouin eine Anzahl von dieſen flinken Weſpchen mit großer Lebhaftigkeit an Zweigen auf und nieder laufen, deren Knoſpen von Zünslerraupen aus der Familie der Pyraliden befallen waren. Der Zweck hier⸗ von wurde ihm bald klar, denn die Weſpen gingen auf die Raupen los und griffen ſie un⸗ geſtüm am Kopfende an, ohne ſich durch ihr Sträuben im geringſten abſchrecken zu laſſen. Einige Monate ſpäter glückte es unſerem Forſcher, an der gleichen Stelle eine ſolche Pyraliden⸗ raupe zu finden, an deren Leib äußerlich acht hellgrüne fußloſe Lärvchen ſaßen, die ſich mit ihrem Mundende tief in die Haut eingebohrt hatten. Im Verlaufe von wenigen Tagen waren dieſe kleinen Plagegeiſter bereits mit ihrem ganzen Vorderteil in den Körper der inzwiſchen ſchon ſtark zuſammengezogenen abſterbenden Raupe eingedrungen, ſie wurden dann immer dunkler und verließen ſchließlich die Raupe, um ſich in kleinen, ſchmutzigweißen Kokons ein⸗ zuſpinnen, aus denen hernach die oben beſchriebene Weſpenart zum Vorſchein kam. Andere Bethyliden ſchmarotzen bei Käfern, wie z. B. die ſchlankgebaute kleine, ſchwarz⸗ glänzende, mit vier zarten Flügeln ausgeſtattete Weſpe Laelius trogodermatis Ashm., ein wichtiger Feind der Dermeſten oder Speckkäfer, deren Larven in ausgeſtopften Tieren, in 36* ren * r 564 Hautflügler. Häuten, Pelzwerk und in Vorratskammern ſo häufig ihr unheilvolles Zerſtörungswerk voll⸗ bringen. Iſt es einem Laelius⸗Weibchen gelungen, eine der langbehaarten Speckkäferlarven aufzuſpüren, jo geht es ſofort zum Angriff über. Mit einem Satze ſpringt, wie Howard ſchildert, die Weſpe der Käferlarve auf den Rücken und klammert ſich dort trotz verzweifelten Sträubens und Zappelns ſeitens des Opfers feſt. Sobald dann die unglückliche Larve nur ein wenig mit ihren heftigen Bewegungen nachläßt, empfängt ſie auch ſchon ſeitens der Weſpe einen Stich, der ſie lähmt und bald zu weiterem Widerſtande unfähig macht. Noch traut aber die Weſpe ihrem Gegner nicht, ſie zerrt mit ihren Kiefern an ſeiner Haut, wie es den Anſchein hat, um ſich zu vergewiſſern, ob die Käferlarve auch wirklich ſchon kampfunfähig geworden iſt, und begibt ſich erſt, wenn dies der Fall iſt, in aller Ruhe an das Geſchäft der Eiablage. Wird ſie aber währenddeſſen durch eine zufällig ſich nähernde zweite Speckkäferlarve beunruhigt, jo ftürzt fie ſofort in der eben geſchilderten Weiſe auf den hinzugekommenen Störenfried los. Die Eier werden im befruchteten oder unbefruchteten Zuſtand einzeln oder zu mehreren ziemlich loſe an die Haut, und zwar immer an die untere Körper⸗ hälfte der Käferlarve, angeklebt. Die ausſchlüpfen⸗ den Weſpenlärvchen ſaugen und bohren ſich all⸗ mählich, in ganz ähnlicher Weiſe wie dies oben für die Goniozus⸗Larven beſchrieben wurde, mehr oder minder tief in die Haut ein, fallen jedoch ſpäter gewöhnlich wie vollgeſogene Blutegel ab und ver⸗ puppen ſich dann in ſeidigen weißen Kokons. Das Schickſal der gelähmten und von Laelius⸗Larven 1) Laeliustrogodermatis Ashm., ſtark vergrößert. angeſogenen Käferlarve iſt faſt immer ein trauriges, 2) Larve des Speckkäfers (Dermestes), mit Eiern der N 3 N x Laelius-Weſpe befegt. Stark vergrößert. 3) Ausgewach⸗ fie ſtirbt, und an ihrer eingeſchrumpften Haut laſſen Nah Howard, „Ihe Inseet Book New Yort 1005. ſich leicht die großen Bohrlöcher erkennen, die die mörderiſchen Weſpenlarven ihr beigebracht haben. Nur ſehr ſelten hat die Dermestes⸗Larve Ausſicht, mit dem Leben davonzukommen. Wenn nämlich die Mutterweſpe nicht mit genügender Sorgfalt verfährt, ſo kann es vorkommen, daß die Lähmung der Käferlarve unvollkommen iſt, und daß letztere noch die Kraft findet, ſich bald nach dem Angriff zu häuten. In dieſem Fall wird ſie beim Abwerfen der alten Haut auch von den anhaftenden gefährlichen Paraſiteneiern oder den eben erſt entſtandenen jungen Weſpenlarven glücklich wieder befreit. Nach dem Vorſchlage von Biſchoff tun wir am beſten, auch die kleine Gruppe der Diebs: weſpen, Cleptinae, die früher zu den Goldweſpen geſtellt wurden, in die Familie der Bethy⸗ liden einzureihen. Die Halbgoldene Diebsweſpe, Cleptes semiaurata L., iſt ein hüb⸗ ſches, 4—6 mm großes, im mittleren und ſüdlichen Europa verbreitetes Inſekt, deſſen ganzer Vorderkörper, Kopf und Bruſt, prächtig metalliſch grün oder blau gefärbt iſt, während der Hinterleib mit Ausnahme der letzten Ringe braunrot glänzend, wie poliert, erſcheint. Es iſt gelungen, dieſe zierliche Weſpenart, welche namentlich in den ſüdlichen Ländern eine ganze Reihe von Verwandten beſitzt, aus Blattweſpenkokons zu ziehen. Die kleine Familie der Trigonaloidae, ausgezeichnet namentlich durch lange, nicht gebrochene, vielgliederige Fühler, durch das Vorkommen von zwei oder manchmal ſogar von Bethylidae: Diebsweſpen. Trigonaloidae. Hungerweſpen. 565 drei ſogenannten Schenkelringen an den Hinterbeinen ſowie durch das Fehlen eines Legebohrers und Giftſtachels im weiblichen Geſchlecht, mag hier ihren Platz finden, obwohl fie Verwandt⸗ ſchaftsbeziehungen zu recht verſchiedenartigen Hymenopterenabteilungen hat und daher eben- ſogut an anderer Stelle ſtehen könnte. Die Trigonalos⸗Weſpen gelten alle als ſelten. Von der Lebensweiſe der einzigen in Deutſchland vorkommenden Art, des etwa 10 —12 mm langen, ſchwarz gefärbten Trigonalos hahni Spin., dürfte ſoviel feſtſtehen, daß es ſich um einen Para⸗ ſiten zweiten Grades handelt, denn nach den übereinſtimmenden Beobachtungen von Biſchoff und Reichert ſchmarotzt dieſe Weſpe in Schlupfweſpen der Gattung Ophion Grav., die ihrer: ſeits ebenfalls Schmarotzer ſind und ihre Entwickelung in verſchiedenen Schmetterlingen, namentlich aber in Eulen, wie in Agrotis latens Hb., durchlaufen. Auch von einer ameri⸗ kaniſchen Trigonaloide weiß man ſo gut wie ſicher, daß ſie ſich als Schmarotzer zweiten Grades aus Schmetterlingen ziehen läßt. In der großen Schar der verſchiedenen Schmarotzerweſpen fallen die Hungerweſpen (Evaniidae) leicht durch ihren ſonderbaren Körperbau ins Auge, denn bei ihnen fügt ſich der immer deutlich geſtielte Hinterleib nicht, wie es doch ſonſt die Regel iſt, an das Hinterende des Bruſtabſchnittes an, ſondern entſpringt hoch oben an der Rückenfläche des letzteren, während hinten an der Bruſt nur die kräftigen Hüften des letzten Beinpaares eingelenkt find. So kann es bei flüchtiger Betrach- tung faſt ſcheinen, als ob die Hunger⸗ weſpen garkeinen Hinterleib hätten. Die Echten Hungerweſpen, Evaniinae, i ſind von gedrungener Geſtalt, haben in beiden Geſchlechtern dreizehngliederige Fühler und einen kurzgeſtielten, ſeitlich ſtark zuſammengedrückten Hinterleib, der beim Weibchen in einen kurzen Legebohrer endigt. Unter den verſchiedenen Arten, die ſämtlich bei Schaben ſchmarotzen, iſt die 8—9 mm lange ſchwarze Evania appendigaster L. am weiteſten verbreitet, denn fie kommt, wie ihre Wirte, die orientaliſche und die amerikaniſche Schabe, faſt in allen vom Menſchen beſiedelten Gebieten der Erde vor. Eine verwandte kleine europäiſche Art, Brachy- gaster minutus Ol., an deren Vorderflügeln im Gegenſatz zur vorigen Art die Diskoidalzelle fehlt, zeigt ſich gelegentlich an Gebüſch oder im trockenen Graſe und iſt in den Alpen noch in einer Höhe von über 1000 m be⸗ obachtet worden. Sie ſchmarotzt nicht nur bei verſchiedenen freileben⸗ den Schabenarten, ſondern auch bei unſerer gemeinen Hausſchabe. Hungerweſpe, Evania appendigaster L. Vergrößert. 8 ; Fahrt 7 7 Gicht ‚Gasteruption aff Eine zweite Gruppe bilden die ſchlankleibigen Schmalbauch⸗ Je . Eias vergraben. weſpen, Gasteruptioninae, bei denen der dünne, am Ende meiſt keulenförmig angeſchwollene Hinterleib immer länger als die Bruſt ni: Die Fühler haben beim Weibchen 14, beim Männchen 13 Glieder. Die in ganz Europa verbreitete, vom nörd⸗ lichen Polarkreis bis Sizilien vorkommende und in den Alpen noch in der Region des ewigen Schnees gefundene Gichtweſpe, Gasteruption affectator L. (Foenus), ſchwebt bei ſonnigem Wetter in leichtem, graziböſem Fluge um Baumſtümpfe, Geſtrüpp und Buſchwerk und ſucht 566 Hautflügler. die Nefter von Urbienen (Prosopis F.) oder von den Töpfergrabweſpen (Trypoxylon figu- Ius L.) auf, in denen ihre Larven ſchmarotzen. Die Gichtweſpe iſt ein von der Seite ſtark zu⸗ ſammengedrücktes ſchwarzes, am Hinterleibe rot geflecktes Infekt von 8—12 mm Länge, bei dem der Bohrer etwa den vierten Teil der Hinterleibslänge erreicht. Gichtweſpen finden ſich auch gern auf Doldenblüten ein, emſig bemüht, dort etwas Honig zu naſchen, ſind aber dabei ſo ſcheu, daß ſchon ein kräftiger Windſtoß oder eine dunkle, vor die Sonne tretende Wolke genügen, um dieſe flüchtigen Gäſte faſt augenblicklich zu verſcheuchen. Die Ameiſenweſpen (Mutillidae) zeichnen ſich in der Regel durch auffallende Ver⸗ ſchiedenheit Dimorphismus) der beiden Geſchlechter aus, denn die geflügelten, weſpenähnlichen Männchen unterſcheiden ſich ſo ſtark von den ungeflügelten ameiſenähnlichen Weibchen, daß ihre eee ſic manchmal = dann mit Sicherheit feſtſtellen läßt, wenn es ge⸗ lingt, die Tiere einmal in der Vereinigung zu überraſchen. Geflügelte Weibchen ſind Aus⸗ nahmen und bisher nur bei den ſeltenen, in Turkeſtan heimiſchen Fedſchenkiinen bekannt, ungeflügelte Männchen kommen dagegen bei manchen auch in Südeuropa lebenden Myrmilla- Arten vor. Häufiger als die flüchtigen, ſich zu⸗ weilen auf Blüten einfindenden Mutillenmänn⸗ chen bekommt man ihre flügelloſen Weibchen zu Geſicht, die mit wahrhaft ameiſenartiger Be⸗ hendigkeit geſchäftig über den Erdboden dahin⸗ rennen. „Samtameiſen“, velvet ants, nennt man dieſe Tiere in den engliſchen Sprachgebieten, ein paſſender Ausdruck, weil der Körper ein 2 meiſt dicht anliegendes, ſamtartiges Haarkleid ‚ Guropäitas Ameenmeipe, Mut omopsen Z frägt, das oft in den buntesten Farben prangt. . In den amerikaniſchen Tropen, in denen die Mutillen ihren größten Formenreichtum entfalten, gibt es Arten von wunderbarer Schönheit, Tiere, bei denen der dichte Samtpelz mit goldenen oder ſilbernen Punkten gezeichnet oder mit purpurroten oder gelben Binden auf ſchwarzem oder tiefblauem Grunde verbrämt iſt, während andere einen einfarbigen zottigen Haarpelz von blutroter oder weißgrauer Farbe haben. Kennzeichen der Mutillen, die im Larvenzuſtande hauptſächlich in den Larven von Bienen, Grabweſpen und Faltenweſpen leben, bilden auch die geraden, nicht geknieten, beim Weibchen zwölfgliederigen, beim Männchen dreizehngliederigen Fühler und eine tiefe quere Einſchnürung, die an der Bauchſeite zwiſchen dem erſten und zweiten Hinterleibsringe ſichtbar iſt. Die Mittel⸗ hüften berühren ſich gegenſeitig. Die Europäiſche Ameiſenweſpe, Mutilla europaea L., iſt ein hübſches, 10 —14 mm langes Inſekt, das im weiblichen Geſchlecht einen grob punk⸗ tierten, ziegelroten Bruſtabſchnitt hat und auf dem ſchwarzen Hinterleibe mit mehreren ſilber⸗ weißen, hinten unterbrochenen Querbinden geſchmückt iſt. Das geflügelte Männchen ſchimmert ſchwarzblau und iſt ebenfalls mit weißen Querbinden verziert. Das Mutilla⸗Weibchen dringt in Hummelneſter ein und legt auf die Zellen der Hummeln ſeine Eier, ſo daß die aus dieſen hervorgehenden Larven an die Hummellarven gelangen und ſich von ihnen ernähren können. Wie gefährlich die Mutillen den Hummeln mitunter werden, geht daraus hervor, daß Drews Ameiſenweſpen. Thynnidae. | 567 aus einem über 100 Zellen enthaltenden Neſt von Bombus serimshiranus K. nur zwei Hummeln, aber dafür 76 Stück unſerer europäiſchen Mutilla erzog. Die Mutillenweibchen können zirpen und haben zu dieſem Zwecke fein gerillte Querleiſten, die ſich an der Rückenſeite zwiſchen dem erſten und zweiten Hinterleibsringe befinden, an⸗ deutungsweiſe aber auch an den folgenden Ringen ſich wiederholen können. Durch Bewegung der Hinterleibsringe gegeneinander entſteht der Ton, der nicht nur vom Weibchen unſerer europäiſchen Mutilla bekannt iſt, ſondern auch recht deutlich vernehmbar von den Weibchen kleinerer Arten, wie der flinken, in Mitteleuropa in Sandgegenden häufigen, nur 4—7 mm langen Rotbeinigen Ameiſenweſpe, Mutilla rufipes F., hervorgebracht wird, einer Art, die ſich durch ſchwarzen Kopf und braunrote Bruſt auszeichnet. Der erſte und zweite Hinter⸗ -Teibsring find hier am Ende weiß gewimpert, der dritte Ring hat eine weiße Binde. Die Hüften, die Unterſeite der Schenkel, der Grund der Schienen und Füße der ſonſt braun⸗ ſchwarzen Beine find rötlich. Zirpen können auch die Weibchen der Gattung Myrmosa Latr., die ſich von Mutilla durch einen quergeteilten Bruſtrücken e und in en durch Myrmosa melanocephala F. vertreten = Ahnlich wie bei den Mutillen ſind auch bei den I nnidse die Unterſchiede zwiſchen beiden Geſchlechtern ſo groß, daß ſich ihre Zuſammengehörigkeit ohne weiteres gar nicht er⸗ raten läßt. Die Weibchen ſind immer ungeflügelt und haben einen plumpen Körper mit deutlich dreigliederigem Bruſtabſchnitt und kräftigen, kurzen Beinen. Die kurzen Fühler ſind bei ihnen gekrümmt, die Facettenaugen bleiben klein, und Punktaugen fehlen faſt ſtets. Die Männchen dagegen ſind ſchlank gebaute Weſpen mit langen, fadenförmigen Fühlern und mit zwei wohlausgebildeten Flügelpaaren an ihrem aus verwachſenen Bruſtringen beſtehenden Mittelleibe, während die Facettenaugen bei ihnen immer groß ſind und Punktaugen ſtets vor⸗ kommen. Der weiteren räumlichen Verbreitung dieſer Tiere kommt es ſehr zuſtatten, daß die kräftigen, ſehr gut und ausdauernd fliegenden Männchen ihr Weibchen während der Paarung mit ſich fortſchleppen. Die geographiſche Verbreitung der Thynniden iſt eine ſehr eigentümliche. Die meiſten der etwa 300 Arten der Hauptgattung Thynnus F. ſind aus Auſtralien und aus Chile bekannt. In Südamerika reichen die Thynniden bis nach Patagonien hinüber, und die nördlichſte amerikaniſche Art ſoll in Kalifornien ihre Heimat haben. Thynniden kennt man ferner aus Neuguinea und den benachbarten Inſelgruppen, den Molukken und Celebes. In Europa fehlen ſie, wenn man ſich nicht entſchließt, die gewöhnlich zu den Mutillen gerechnete Gattung Methoca Latr. hierhinzuſtellen, die auch in Deutſchland durch Methoca ichneumo- noides Latr. vertreten wird, ein kleines, im weiblichen Geſchlecht flügelloſes, glattes, ſchwarzes, glänzendes Weſpchen mit dreiteiligem Bruſtabſchnitt, das einem Pezomachus ähnlich ſieht und braune Bruſt und braune Beine hat, während das ſchlanke, langgeſtreckte Männchen geflügelt iſt. Adlerz fand in Schweden Gelegenheit, das Treiben der Methoca⸗Weſpen zu beobachten. Auf einem Weg, den die räuberiſchen Larven von Sandkäfern (Zizindelen) mit zahlloſen Fang⸗ röhren förmlich durchlöchert hatten, ſah er eine Methoca⸗Weſpe umherſtreifen und ſich furcht⸗ los dem Eingang eines der Röhrengänge nähern. Raſch ſchnappte der Inſaſſe, die im Gange verborgene Larve, zu, um ſich die Beute zu holen; die Methoca war aber noch flinker, ent⸗ ſchlüpfte gerade noch rechtzeitig den gefährlichen Kiefern und verſtand es auch, den folgenden wütenden Angriffen ihres Feindes zu entgehen. Plötzlich änderte ſich das Bild, die Methoca ſtürzte vorwärts und ſprang von hinten auf den Kopf der Cicindela⸗Larve, die ſofort das Vorderteil der Methoca⸗Weſpe zu packen bekam. Hierauf ſchien indeſſen die Methoca nur 568 Hautflügler. gewartet zu haben, denn in dem Augenblick, in dem die Larve ihren Kopf nach oben bog, ver: ſetzte ihr auch die Weſpe mit voller Wucht einen Stich in die frei werdende Kehle oder zwiſchen die Vorderbeine, der ſofort die Lähmung des Opfers herbeiführte. Nachdem die Cieindela- Larve nunmehr widerſtandslos geworden, kroch die Methoca ganz in die Neſtröhre hinein, ver⸗ ſetzte dem überwundenen Gegner der Sicherheit halber noch einige weitere Stiche, legte dann an den gelähmten Körper ihr Ei und ſcharrte die Neſtröhre zu. Wie Adlerz beobachtete, ernährt fi die Methoca-Larve, die etwa 5— 10 Tage ſpäter aus dem abgelegten Ei eee von der Käferlarve und ſpinnt ſich ſchließlich in deren Sandröhre ihren Kokon. Zu der kleinen Familie der Sapygidae gehören ſchlank gebaute Weſpen mit dünnen, nicht zum Graben geeigneten, verhältnismäßig kurzen Beinen. Die Fühler, die ſo lang ſind wie Kopf und Bruſt zuſammengenommen, beſtehen beim Weibchen aus 12, beim Männchen aus 13 Gliedern. Die Augen ſind an der Innenſeite ausgerandet. Die Vorderbruſt iſt vorn ab⸗ geſtutzt, hinten ausgerandet, der Hinterleib bleibt ungeſtielt. Beide Geſchlechter ſind geflügelt und die Vorderflügel in der Regel mit drei Kubitalzellen verſehen, von denen die zweite und dritte je einen rücklaufenden Nerv aufnehmen. Bei allen Arten, deren Lebensweiſe man bisher kennengelernt hat, ſcheint es ſich um Schmarotzer von verſchiedenen Bienenarten zu handeln. Die größte europäiſche, in Südeuropa vorkommende, allerdings als ſelten geltende Art ift Polo- chrum repandum Spin., ein Inſekt, das bei Xylokopen, den unten noch näher zu beſchreiben⸗ den Holzbienen, ſchmarotzt und mit ſeinem ſchwarz und gelb geringelten Hinterleib etwas an unſere gewöhnlichen Faltenweſpen erinnert, deren Größe es reichlich beſitzt. An den Vorder⸗ flügeln, die nicht zuſammengefaltet werden können, ift die dritte Kubitalzelle ſehr groß. Die genannte Art iſt ein Schmarotzer der Holzbiene. Eine in Deutſchland nicht ſeltene kleinere Art iſt die etwa 9— 10 mm lange Sapyga quinquepunctata F., die in den Neſtern von Chalicodoma, Osmia und anderen Bienen ihre Entwickelung durchläuft. Sie iſt braunrot, auf dem Hinterleibe weiß gefleckt und hat an den ſchwarzen Beinen gleichfalls weiß gefleckte Schienen. In dem Vorhandenſein einer tiefen Querfurche an der Bauchſeite zwiſchen dem erſten und zweiten Hinterleibsringe ſtimmen die Dolchweſpen (Scoliidae) mit den Mutillen über ein, unterſcheiden ſich aber von ihnen durch die weite gegenſeitige Entfernung der Mittelhüften und das Vorkommen von Flügeln bei beiden Geſchlechtern. Die ziemlich kurzen Beine ſind kräftig, haben ſtarke Stacheln und ſind zum Graben in der Erde geeignet. Die Skolien ſind weit verbreitet und kommen hauptſächlich in den heißen Ländern vor, ohne doch in den gemäßigten Zonen ganz zu fehlen. Neben manchen unſcheinbaren Arten gibt es Dolchweſpen, die über 5 em lang werden und daher zu den größten ſtacheltragenden Hautflüglern gehören. Auf unſerer Farbentafel bei S. 538 iſt eine dieſer tropiſchen Rieſenſkolien dargeſtellt, ein 5 Weibchen der buntgefärbten javaniſchen Triscolia procera III., die, wie die meiſten Arten es gern tun, in unruhigem Fluge niedrig über dem Boden umherſtreift. Die auffallenden grellen Zeichnungen hat man als Warnfarben aufgefaßt, denn die großen Dolchweſpen können mit ihrem kräftigen Giftſtachel ſehr empfindlich ſtechen und ſind daher außerordentlich gefürchtet, ſollen aber, wie Fabre verſichert, der ſich Jahre hindurch mit der Erforſchung europäiſcher Arten befaßt hat, im allgemeinen doch ziemlich gutmütig ſein und nur im Notfalle von ihrer furcht⸗ baren Dolchwaffe Gebrauch machen, die ſie in der Regel nur zum Lähmen ihrer Beute benutzen. Die größte europäiſche Art iſt die ſchön gefärbte Rotſtirnige Dolchweſpe, Scolia flavifrons F., die im ganzen Mittelmeergebiete verbreitet iſt, nördlich bis Ungarn und in Sapygidae. Dolchweſpen. 569 Tirol bis in die Gegend von Bozen reicht. Von der ſchwarzen Grundfarbe heben ſich leuch— tend zwei gelbe bindenähnliche Doppelflecke auf dem zweiten und dritten Hinterleibsring ab. Beim Weibchen, das eine Länge von etwa 5 em erreicht, iſt der Kopf oben in der Regel gelb— rot, und ebenſo pflegen zwei rote Flecke auf dem Schildchen angebracht zu ſein. Eine früher als eigene Spezies aufgefaßte Varietät dieſer Art, Scolia haemorrhoidalis F., zeichnet ſich durch fuchsrote Behaarung am Hinterleibsende und an der Vorderbruſt aus. Fabre iſt es zuerſt gelungen, über die Lebensweiſe dieſer und anderer Skolienarten ins klare zu kommen. Es fiel ihm auf, daß die weiblichen Skolien oft bemüht find, ſich in lockeres Erdreich einzu⸗ graben und dort weiter zu wühlen. Bald gelang es ihm, den Zweck dieſer unterirdiſchen Spaziergänge zu ermitteln und zu beobachten, daß die Tiere dabei Engerlingen nachſtelleu. So ſpürt die Rotſtirnige Dolchweſpe die großen Engerlinge des Nashornkäfers (Oryctes nasi- cornis L.) auf. Sie ruht nicht eher, als bis fie ſich an einen ſolchen herangegraben hat und verſetzt ihm dann mit dem Stachel einen kräftigen Dolchſtich, der vollkommen genügt, um den unglücklichen Engerling faſt augenblicklich wehrlos zu machen und zu lähmen. Auf ſeinem Leibe heftet dann das Skolienweibchen eines ſeiner weißen Eier an und geht, ohne ſich im geringſten weiter um das hilfloſe Opfer zu be⸗ kümmern, wieder auf die Suche nach neuen Engerlingen aus. Bald hernach kommt eine madenartige Skolienlarve zur Welt, die anfangs noch die leere Eiſchale auf ihrem Rücken hängen hat und alsbald zu bohren anfängt, bis es ihr gelingt, ſich mit dem Kopfende durch die Haut des Engerlings zu zwängen, von deſſen Säften ſie ſich ernährt. Hierbei dringt ſie allmählich immer tiefer und tiefer ein, 1 F Pr . ER —— frißt Schließlich ſämtliche innere Organe auf und ſpinnt ſich Oben: Kotſchenkelige Holtwerde: 5 dann in der hohl gefreſſenen, ſackartig abſtehenden Haut bu temorata F. Unten: Weibchen von Sa⸗ pyga quinquepunctata F. Vergrößert. des Wirtes einen blutroten grobmaſchigen Kokon, in dem ſie ſich verpuppt, und aus dem im nächſten Sommer eine neue Dolchweſpe hervorgeht. In ganz ähnlicher Weiſe ſcheinen auch die meiſten anderen Skoliiden auf Koſten von engerlings⸗ ähnlichen Larven ſich zu entwickeln. Eine in Queensland beobachtete Dolchweſpe, Dielis formosa Guer., ſtellt aber, nach Frogatt, den weichen, im Boden lebenden Larven eines Vock⸗ käfers EX otrüpss australicus Zhoms.) in der oben beſchriebenen Weiſe nach. Von den unſcheinbaren Dolchweſpenarten Deutſchlands mag die Rotſchenkelige Roll: weſpe, Tiphia femorata F., als Beiſpiel dienen, ein ſchwarz glänzendes, nur 9—12 mm langes Tierchen mit braunroten Schenkeln und Schienen an Mittel- und Hinterbeinen, bei dem ſich der erſte Hinterleibsring auch an der Rückenſeite deutlich von dem zweiten durch eine tiefe Furche abſetzt. Die Rollweſpen ſind eifrige Beſucher blühender Dolden und lieben es auch ſehr, ihr Nachtquartier in den Blüten aufzuſchlagen. Ihre Entwickelung durchlaufen fie in den Engerlingen des Sonnenwendkäfers (Amphimallus solstitialis L.). Durch Vertilgung von ſchädlichen Engerlingen erweiſen verſchiedene Dolchweſpen dem Menſchen ſo wichtige Dienſte, daß man ſie zu den nützlichen Inſekten zählen muß, ſo z. B. verſchiedene Skolien, die in den Vereinigten Staaten vorkommen und mit anerkennenswertem Eifer den Maikäferengerlingen der Gattung Lachnosterna Hope nachſtellen, Schädlingen, die dort dem Ackerbau großen Abbruch tun und für die amerikaniſche Landwirtſchaft dieſelbe 570 f Hautflügler. Bedeutung haben wie hierzulande die Engerlinge unſerer einheimiſchen Maikäferarten. Auf den weſtindiſchen Inſeln hat man daher neuerdings verſuchsweiſe aus dem Staate Illinois nordameri⸗ kaniſche Skolien eingeführt und hofft damit die Lachnosterna⸗Plage wirkſam bekämpfen zu können. Die Grabweſpen, Sphegidae (Crabronidae), ſind muntere, flinke Inſekten, die an warmen, ſonnigen Tagen behende am Erdboden umherlaufen oder ſich an Holzwerk und Lehm⸗ wänden zu ſchaffen machen und ein unruhiges, lebhaftes Weſen zur Schau tragen. Auch Blüten beſuchen ſie gern, um Honig zu naſchen. Eins ihrer wichtigſten Kennzeichen beſteht in dem kurzen Vorderrücken, der, von oben geſehen, nicht bis an die Flügelwurzel reicht. In Ausſehen, Größe und Geſtalt kommen die mannigfachſten Unterſchiede vor, doch ſtimmen alle Grabweſpen im großen und ganzen in der Lebensweiſe überein, insbeſondere treffen bei allen die Weibchen für ihre Brut beſondere Vorkehrungen. Für jeden ihrer Nachkommen bereiten ſie ein Neſtkämmerchen, graben eine Höhlung in die Erde, ſuchen einen hohlen Stengel oder verwenden den alten verlaſſenen Bohrgang eines Käfers und tragen dort ein oder mehrere Inſekten ein, die ſie durch Stiche lähmen oder töten, legen ein Ei hinzu und überlaſſen dann die Beute der aus dem Ei entſtehenden Larve als Nahrung. Auf der Farbentafel bei S. 538 ſehen wir eine der prächtigſten tropiſchen Arten, den grünſchillernden Sphex lobatus F., dar⸗ n geſtellt. Von anſehnlichen einheimiſchen Vertretern können wir aber aus der gleichen Gattung den Heuſchreckenjäger, Sphex maxillosus F., namhaft machen, der in Südeuropa weit: verbreitet iſt, jedoch auch in Brandenburg, Schleſien und anderen Teilen Norddeutſchlands nicht fehlt. Die Grundfarbe dieſes ſtattlichen, eine Länge von gut 26 mm erreichenden In⸗ ſekts iſt ſchwarz. Der ſchöne Silberglanz, den Männchen und Weibchen vorn am Kopf zeigen, rührt von anliegenden weißen Härchen her. Weiße, wollige Haare ſitzen gleichfalls an dern Bauchſeite, und der Grund des Hinterleibs iſt in der Regel deutlich braun gefärbt. Auch die ſtacheligen Dornen an den langen Beinen dürfen nicht unerwähnt bleiben; ſie kommen den Tieren beim Graben zuſtatten und find beſonders beim Weibchen ſtark entwickelt. Beide Ge ſchlechter finden ſich oft auf Blumen ein und naſchen, nach Scholz, in den eintönigen nord: deutſchen Heiden gern an den duftenden Blüten des Thymians. Wenn aber die Brutzeit naht, hat das Sphex-Weibchen andere Sorgen. Es ſtellt ſich im ſandigen Boden ein Net her, beſtehend aus einer Röhre, die etwas ſchräg in die Erde gegraben wird, und von der fi) in etwa 4 — 6 em Tiefe zwei mehr eiförmig erweiterte Kammern abzweigen. Iſt dieſe Arbeit getan, ſo ſtreift das Weibchen beuteſuchend umher. Scholz brachte einmal eine große Laubſchrecke, ein Weibchen des Grauen Warzenbeißers (Platycleis grisea F.) in die Nähe eines ſolchen umherpirſchenden Sphex⸗ Weibchens. Kaum hatte dieſes die Beute gewahrt, ſo ſtürzte es ſich mit geradezu katzenartigem Sprunge auf die Laubſchrecke und packte ſie am Kopfe. „Das Opfer wehrt ſich tapfer, wird mehrfach in die Bauchſeite des Hinterleibs ges ſtochen, indem die Weſpe ihre Beute mit den gezähnten Mandibeln am Kopfe feſthält und ihren Hinterleib entſprechend krümmt. Trotzdem ſucht das geſtochene Tier zu entkommen. Der Heu: = ſchreckenjäger reitet auf ihm und gibt fich große Mühe, feine Bewegungen nach einer beftimmten Richtung zu lenken. Es gelingt ihm nicht jo bald, denn mehr als fünf Minuten können wir dieſem Widerſtreite der Kräfte zuſehen, bis die Schrecke, nun regungslos bis auf die Fühler geworden, keinen Widerſtand mehr leiſten kann.“ Hierauf beginnt der Transport zum Neſt, bei dem der Räuber ſeine Jagdbeute, die gewöhnlich viel ſchwerer und größer als er ſelbſt iſt, hinter ſich her zerrt und mit großer Ausdauer über den Boden bis zur nee = Röhre ſchleift, in welche die Heuſchrecke ſogleich hineingezogen wird. 2 iſt Schwarz. Das Ende des Hin⸗ ‚rs 22 8 r CGG Grabweſpen: Heuſchreckenjüger. Gemeine Sandweſpe. 571 Leichtere Beutetiere werden einfach im Fluge durch die Luft zum Neſt getragen. Jeden⸗ falls hat aber das Sphex⸗Weibchen immer ein ſchweres Stück Arbeit zu verrichten, denn nach Scholz ſind zwei große Heuſchrecken von dem Umfang eines ausgewachſenen Warzenbeißers nötig, um eine Brutkammer zu verproviantieren. In anderen Fällen werden Feldſchrecken (Stenobothrus biguttulus L.), in Südfrankreich dagegen Feldgrillen eingeſchleppt, und das Neſt immer erſt dann, wenn alle Brutkammern gefüllt ſind, geſchloſſen. Die Gemeine Sandweſpe, Ammophila sabulosa L., können wir an ihrem dünnen, zweigliederigen Hinterleibsſtiel erkennen, der hinten in den eigentlichen, kolbenförmig verdickten Hinterleib übergeht. An den Vorderflügeln ſind eine er und drei Kubitalzellen zu unter⸗ ſcheiden, von denen die zweite die beiden rücklaufenden Adern auf⸗ nimmt. Die vorherrſchende Farbe terleibsſtiels und der Grund des verdickten Hinterleibs ſind größ⸗ tenteils rot. Beim Weibchen ge ſchimmern die Bruſtſeiten und beim Männchen der Kopfſchild ſilberweiß. In trockenen, ſandigen Gegenden gehört dieſe ſchlanke, unruhige Weſpe zu den häufigen Erſcheinungen und ſtellt ſich oft auf blühendem Brombeergeſträuch oder an anderen Honigquellen ein, an denen ſich Männchen und Weibchen erlaben und häufig bei dieſer Gelegenheit zuſammenfin⸗ den. Freilich geht es nicht immer ohne Zank und Streit hierbei ab, . a 2 N ſondern es kommt manchmal zu Gemeine Sandweſpe, Ammophila sabulosa L., eine Raupe von Sphinx tüdtigen Raufesien der Mun shi Urs St rm, Audstas . . 0, Bel . chen untereinander. Als Niſt⸗ : ſtätte wählt ſich das Sandweſpenweibchen eine der Sonne ausgeſetzte Stelle mit lockerem Boden, etwa am Waldrande oder an einem Waldwege. Das Neſt beſteht aus einer ungefähr 2,5 em langen, ſchräg in den Boden hinabführenden Röhre, die ſich am unteren Ende keſſel⸗ förmig erweitert und oben eine Eingangsöffnung hat, welche aber von dem Weibchen, ſooft es auf Raub ausgeht, immer ſorgfältig verſchloſſen wird, um den Niſtplatz nicht zu verraten. Das Futter für die junge Brut ſind Raupen oder Afterraupen, die das Weſpenweibchen mit einem oder erforderlichenfalls mit mehreren kräftigen Stichen in den Leib lähmt. M. Müller ſagt: „Bisher konnte ich die Ammophila nur überraſchen, wie dieſelbe vorwiegend glatte Raupen, z. B. von der Forleule (Panolis piniperda Esp.), jüngere Raupen des Fichten⸗ ſchwärmers (Sphinx pinastri L.), Afterraupen von der Birkenblattweſpe (Trichiosoma luco- rum L.) herbeiſchleppte.“ Das Herantragen verurſacht ihr oft große Mühe; iſt es der Ammo- phila gelungen, ihre Beute durch den Stich widerſtandlos zu machen, ſo wird letztere mit den Vorderkiefern gepackt und weitergezerrt, wobei die Weſpe eine eigentümliche reitende Stellung 572 ; Hautflügler. auf ihrem Opfer einnimmt. Nun geht die beſchwerliche Reiſe durch dick und dünn über den mit Moos, Kräutern und Gras bewachſenen Boden weiter, oft in Zickzacklinien und in Um⸗ gehung allzu großer Hinderniſſe, bis der Niſtplatz wiedergefunden iſt, deſſen Lage ſich die Weſpe gemerkt hat. Ihrer Zufriedenheit über das glücklich erreichte Ziel gibt die Weſpen⸗ mutter, wie Scholz beobachtete, durch freudiges Summen Ausdruck, legt die Bürde beiſeite, ſcharrt den Neſteingang frei und trägt die Raupe ein, an der ſie bald darauf oberflächlich ihr Ei befeſtigt. „Sofort nach der Eiablage beginnt das Weibchen mit dem Zuſcharren. Beim Abſchließen des keſſelartigen Brutraums werden zunächſt größere Brocken, die es mit den Mandibeln hinzuträgt, benutzt. Zum Feſtrammen wird der Kopf benutzt. Hierauf folgt das eigentliche Einſcharren. Rückwärts zum Eingange ſtemmt ſich das Weibchen auf die Hinter⸗ beine und benützt anſcheinend auch die Mittel- und Vordertarſen zum Scharren. Der Sand wird nach der Eingangsöffnung geworfen, die ſich zuſehends füllt. Sodann wird immer wieder der Sand unter erſichtlicher Kraftanſtrengung mit dem Kopfe feſtgerammt. Zum Schluß ſcharrt das Weibchen kreuz und quer, ſich mehrfach drehend, über den Eingang, bis nichts mehr denſelben verrät, und fliegt davon.“ Wie ſehr die Weſpen darauf bedacht ſind, ihr Neſt unkenntlich zu machen, zeigen am deutlichſten einige amerikaniſche Arten, die, laut G. und E. Peckham, nach dem Verſchluß des Neſtes ein kleines Steinchen zwiſchen die Kiefer nehmen und damit wie mit einem Hammer eifrig den Boden über dem Neſteingang beklopfen und über ihn reiben, bis die Oberfläche glatt und die Neſtſtelle vollkommen verwiſcht iſt. . Eine der ſtattlichſten einheimiſchen Grabweſpen iſt die Kreiſelweſpe oder Wirbel⸗ weſpe, Bembex rostrata F., die mit ihrer robuſten Geſtalt und den allerdings ziemlich veränderlichen gelben wellenförmigen Querbinden und Flecken flüchtig an eine echte Falten⸗ weſpe erinnert. Sehr ſonderbar ſieht ihre Oberlippe aus, denn ſie iſt nach unten in einen langen Schnabel verlängert. Das Männchen läßt ſich an den unterſeits ausgehöhlten letzten Fühlergliedern erkennen und iſt an der Bauchſeite des Hinterleibs gezahnt. Beim Weibchen ſind die Fühler einfach und der Hinterleib bleibt unten glatt. ! Unſere bis etwa 25 mm lange Bembex rostrata ift, nach Müller, „ſo recht ein Inſekt der Küſten und Binnenlandsdünen, welches in den märkiſchen Sandgegenden beſonders gern die ſonnigen Blößen von Kiefernſchonungen bewohnt. Dort verrät es ſich an heißen Sommertagen gewöhnlich ſchon durch ſein ſtarkes Summen. Bisweilen kann man auch beobachten, wie das eifrige Tier oft in Gemeinſchaft nahe beieinander die halbkreisförmige Bruthöhle gräbt und dabei mit den ſchwingenden Flügeln den loſen Sand öfters ſo haſtig beiſeite wirbelt, daß eine De" BET VE N kleine Staubwolke entſteht.“ Der Neſtbau beginnt bei den Bembex-Weſpen im Juli. Eine 3 dürre, ſandige Stelle wird gleich von einer ganzen Anzahl Weibchen als Brutplatz in Beſchlag genommen, ſo daß dort eine förmliche Kolonie von Neſtern dicht beieinander entſteht, von denen jedes, wie Scholz berichtet, etwa einem Kaninchenbau im kleinen gleicht. „Der Neſteingang iſt oval, breiter als hoch. Das Weibchen benützt das Neſt als Aufenthalt nachmittags bei un⸗ 1 günſtigem Wetter und wahrſcheinlich auch während der Nacht. Das Männchen habe ich noch nicht im Neſt gefunden. Immer wird der Neſteingang verſchloſſen, es iſt am Neſtverſchluß durchaus zu erkennen, ob Frau Bembex zu Hauſe iſt oder nicht. Iſt erſteres der Fall, dann wurde der Eingang von innen verſchloſſen, die Eingangsöffnung erſcheint eingeſunken. Im letzteren Falle erſcheint der Eingang nur durch loſe aufgetürmte Sandmaſſen verſperrt. Das gilt natürlich nur bei trockenem Wetter, jeder Regenſchauer macht es immer dem menſchlichen Auge ſehr ſchwer, die Neſter aufzufinden.“ In die große Brutzelle, die ſich in der Tiefe von dem tunnelartigen Neſtgang abzweigt, gräbt die Bembex- Mutter Fliegen ein, begnügt ſich w Grabweſpen: Wirbelweſpe. Monedula. 573 aber nicht damit, etwas Futter zu bringen und ein Ei daran abzuſetzen, ſondern bringt auch der aus dem Ei entſtehenden Larve immer wieder neues Futter heran, bis die Larve aus— gewachſen iſt und ſich verpuppt. Für das Bembex⸗Weibchen bedeutet dies keine kleine Arbeit, denn wie gefräßig die Larven ſind, geht aus einer Beobachtung der Peckhams hervor, der zu— folge eine Larve der nordamerikaniſchen Bembex spinolae Lep. in fünf Tagen 43 Stuben⸗ fliegen und eine dicke Bremſe (Tabanus) auffraß. So iſt das Bembex⸗Weibchen eigentlich fortwährend beſchäftigt und kann im 5850 58 Lebens eig mehr als 5—6 J Junge W be Den beſonders in den trockenen Steppen⸗ gebieten der heißen Län⸗ der in vielen Arten verbrei⸗ teten Bembex-Weſpen ſteht die Gattung Mone- dula Latr. nahe, zu der gleichfalls viele prächtig gezeichnete, auffallende Formen gehören. Mone- dula signata L. ſoll für Reiſende in den Gegenden Amazoniens, die von den blutdürſtigen „Mutüca“ der Eingeborenen (der zu den Tabaniden gehören⸗ den Stechfliege Lepido- selaga crassipes F.) ge⸗ plagt ſind, eine wahre Wohltat ſein. „Daß ſie auf dieſe Fliege Jagd macht“, ſagt Bates, „be⸗ merkte ich zuerſt, als ich einmal an einer Sand⸗ bank am Rande des Wal⸗ des landete, um mir dort ein Mittagsbrot zu kochen. Das Inſekt iſt ſo groß d iN dj ° ur 2 Be 1) Wirbelweſpe, Bemben rostrata F. (verkleinert); 2) und 3) ran an ihren Neſteingängen. 4) Grabweſpe, Mellinus arvensis L., im Fluge eine erbeutete Fliege davontragend. 5) F pe, Orveris arenaria L. (vergrößert). wie eine Horniſſe, fieht aber einer Weſpe ſehr ähnlich. Ich ſtutzte nicht wenig, als aus der Schar, welche über uns ſchwebte, eine gerade auf mein Geſicht flog. Sie hatte eine Mutüca auf meinem Halſe erſpäht und ſchoß nun auf dieſelbe herab, ergriff die Fliege mit den vier vorderen Beinen und trug ſie fort, zärtlich dieſelbe an ihre Bruſt drückend.“ Die Gewohnheit, die Larven von Zeit zu Zeit mit friſch eingefangener Beute zu ver⸗ ſorgen, ift ähnlich wie bei der Gattung Bembex F. auch bei einigen Monedula-Arten, z. B. von Brethes bei Monedula surinamensis Deg., beobachtet worden. Es iſt immerhin bemerkens⸗ wert, daß ſolche Brutpflegeinſtinkte ſich ſchon bei Grabweſpen zeigen. Bilden ſie bei ihnen auch nur Ausnahmen, ſo ſind ſie doch intereſſant als erſte Anſätze zu der vollkommeneren Stufe des ſozialen Lebens, die wir bei den geſelligen Weſpen und Bienen kennenlernen werden. 974 Hautflügler. Eine ſehr häufige einheimiſche Grabweſpe ift die Glattweſpe, Mellinus arvensis L., eine ſchmucke, goldgelb und glänzend ſchwarz gezeichnete Weſpe mit hinten knotig verdicktem Hinterleibsſtiel, mit drei Kubitalzellen in den Vorderflügeln, von denen die erſte nahe am Ende die erſte „rücklaufende“ Ader, die dritte Kubitalzelle aber die zweite dieſer Adern aufnimmt. Die in allen Erdteilen verbreiteten und beſonders in den heißen Ländern artenreichen Knotenweſpen (Cerceris Lalr.) haben tiefe, ringförmige Einſchnitte zwiſchen den einzelnen knotig hervortretenden Hinterleibsſegmenten. An den Vorderflügeln iſt die mittlere Kubital⸗ f zelle geſtielt. Zwiſchen den Fühlern zieht eine Längsleiſte nach dem Geſicht herab, das ſich bei den kleineren Männchen oft durch gelbe Zeichnungen und goldiges Wimperhaar auszeichnet. Schwarze Körperfarbe und gelbe oder weiße Binden am Hinterleibe bilden das Kleid der meiſten Knotenweſpen, obwohl es in den heißen Ländern auch nicht an vorherrſchend rot oder rotgelb gefärbten Arten fehlt. In Deutſchland iſt die Sandknotenweſpe, Oerceris arenaria L., ein 11—17 mm langes Tierchen, das ſich vielfach auf Blüten ſehen läßt, jehr verbreitet. Die in den Boden gegrabenen, inwendig mit Speichel geglätteten Neſtröhren werden bei den verſchiedenen Cerceris-Arten mit verſchiedenen Inſekten verſorgt. Eine ziemlich große, 18—22 mm lange ſüdeuropäiſche Art, Cerceris tuberculata Fell., mit vorwiegend roſtroten Beinen und Fühlern, trägt faſt immer beſtimmte Rüſſelkäfer (Cleonus ophthalmicus Ross;) ein. Vor einem ſolchen Käfer ſtellt ſie ſich, wie Fabre beobachtete, hin, packt ihn mit den Kiefern und drückt ihn mit den Vorderbeinen, die ſie ihm auf den Rücken ſtellt, zu Boden, dann biegt fie raſch den Hinterleib vor und jagt dem hartgepanzerten Käfer ihren Giftſtachel in die dünne Verbindungshaut zwiſchen Mittel- und Hinterbruſt in den Leib. Allem Anz ſchein nach wird hierbei gerade der Bruſtknoten des Nervenſyſtems verletzt, denn wie vom Blitz getroffen ſtürzt der Käfer, der den verhängnisvollen Stich erhielt, auf den Rücken und iſt unfähig, ſich zu bewegen, jo daß ihn die Weſpe, die ihn mit ihrem mittleren Beinpaar umfaßt, ohne weiteres vom Boden aufheben und im Fluge zu ihrem Neſte tragen kann. Eine andere Art ſah Dufour in Frankreich ſeltene ſchöne Prachtkäfer erbeuten und nannte is darum den Prachtkäfertöter, Cerceris bupresticida Duf. Als eifriger Jäger iſt auch der Europäiſche Bienenwolf, Philanthus AR bekannt, der Honigbienen oder Sandbienen einträgt. „Lüſtern und gewandt, wie er iſt“, fällt er, Taſchenberg zufolge, „gleich einem Stößer von oben über die Beute her, welche nichts⸗ ahnend eifrig mit Eintragen beſchäftigt iſt, wirft ſie zu Boden und lähmt ſie, ehe ſie zur Gegen⸗ wehr ſich anſchicken kann.“ Den Raub unter ſich, fliegt der Bienenwolf dann zu ſeinem Neſte zurück, das ſich beſonders an ſandigen Hängen, häufig in der Nachbarſchaft von Bienenwoh⸗ nungen befindet. Die Größe der kräftig gebauten Räuber ſchwankt zwiſchen 12 und 16 mm. Für gewöhnlich tragen die Hinterränder der ſchwarzen Leibesringe gelbe, an den Seiten ſtark erweiterte Binden, während die Beine mit Ausnahme ihres ſchwarzen Grundes gelb ſind. An den kurzen Fühlern iſt die Geißel in der Mitte verdickt. Die erſte rücklaufende Ader mündet in die zweite und die zweite rücklaufende Ader in die dritte Kubitalzelle ein. Von den kleineren Grabweſpen ſeien noch die hübſchen Silbermundweſpen (Crabro L.) genannt, die in etwa 400 Arten über die ganze Erde verbreitet ſind und in der Regel eine ſilberglänzende Stirnbehaarung haben. An ihren Vorderflügeln iſt nur eine Kubitalzelle aus⸗ gebildet. Die Brut wird bei dieſen zierlichen Weſpen, bei denen ſchwarze und gelbe Farben⸗ töne vorherrſchen, in der Regel mit kleinen Zweiflüglern oder Blattläuſen verſorgt. Unanſehnliche kleine Grabweſpen mit tief am Innenrande ausgebuchteten Facettenaugen und geſtrecktem, keulenförmigem, beim kleineren Männchen ſtumpf, beim Weibchen ſpitz Dr eee \ ao a re u an Zi at j ii re 2 * ae, Grabweſpen: Glattweſpe. Knotenweſpen. Bienenwolf. Silbermundweſpen uſw. Wegweſpen. 575 endigendem Hinterleib find die bei uns in verſchiedenen Arten vorkommenden Töpfer- weſpen (Trypoxylon Latr.). Die Gemeine Töpferweſpe, Trypoxylon figulus L., ein ſchlankes, ſchwarzes, 6—12 mm langes Tierchen, zeigt ſich oft an Pfoſten, Balken und alten, der Rinde beraubten Baumſtämmen, deren Holz von Bockkäferlarven zerfreſſen iſt. Dort ſieht man die Töpferweſpen geſchäftig ein und aus eilen, denn ſehr bald haben die flinken Tierchen die Gelegenheit erſpäht und die verlaſſenen Bohrgänge zu Niſtplätzen erwählt. In anderen Fällen werden hohle Brombeerſtengel benutzt, oder das Weibchen nagt weiches Pflanzen⸗ mark aus, um ſich ſelbſt eine Neſtröhre zu ſchaffen, in der es ſeine Neſtzellen, eine hinter der anderen, anlegen kann. Jede Zelle wird hierbei von der nächſten durch eine dünne, aus herbei⸗ getragenem Lehm gebildete Zwiſchenwand getrennt und die letzte durch einen beſonders ſtarken Lehmdeckel abgeſchloſſen. Bei Trypoxylon attenuatum Smith ſollen, nach Borries, die Zwiſchen⸗ wände ſtatt aus Lehm aus zerkautem Pflanzenmaterial beſtehen, und Kleine hat in einem ver⸗ laſſenen Muttergang des unter Baumrinde brütenden Großen Kiefernmarkkäfers ſechs Kokons von der gemeinen Töpferweſpe gefunden, die gar nicht durch Scheidewände getrennt waren. In Südeuropa und beſonders häufig in den heißen Ländern bekommt man große, lang⸗ beinige Grabweſpen zu ſehen, die der Gattung Sceliphron a N Kl. angehören. Es find faſt ſämtlich grell gefärbte Tiere mit deutlich geſtieltem Hinterleibe. Die Schienen ſind bei ihnen kaum bedornt, und beide rücklaufende Adern mün⸗ den in die zweite Kubitalzelle. Der Mauerſpinnen⸗ töter, Sceliphron destillatorius II. (Pelopoeus), iſt glänzend ſchwarz, nur der lange Hinterleibsſtiel, die Flügel⸗ ſchüppchen, Hinterſchildchen, Fühlerſchaft und die Beine von den Schenkeln abwärts ſind gelb mit Ausnahme der ſchwarzen Schenkel- und Schienenſpitzen an den Hinter- — f beinen. Im Mittelmeergebiet iſt dieſes ſchmucke Tierchen . eee zu Hauſe, daß es aber auch weiter nördlich nicht fehlt, beweiſt das hier abgebildete, aus Erde gebaute Neſt, welches von dem Realſchulprofeſſor Zbotil bei Göding in Südmähren an einem Schornſtein angeklebt gefunden wurde. In den läng⸗ lichen Zellen, die man im Inneren ſieht, entwickelt ſich die mit Spinnen verſorgte Nachkommen⸗ ſchaft. In den Tropen find derartige Sceliphron-Nefter nicht ſelten, fie find immer aus Lehm oder Straßenſchmutz gebaut und kleben bald unter überhängenden Felſen, bald an Häuſern unter vorſtehenden Geſimſen und Dachſparren. Von Sceliphron javanum Ley. befindet ſich im Zoologiſchen Muſeum in Berlin ein Neſt, das rings um einen freihängenden Strick ans gelegt iſt, während ein anderes, aus Auſtralien ſtammendes, den Hals einer Flaſche bedeckt. Eingetragene Spinnen, die zu mehreren in den länglichen Zellen liegen, bilden auch bei den ausländiſchen Arten das Futter, mit dem das Sceliphron⸗Weibchen ſeine Nachkommen verſorgt. In Bauart und Lebensweiſe ſtehen die Wegweſpen (Pompilidae, auch Psammo- charidae genannt) den Grabweſpen ſehr nahe, unterſcheiden ſich aber durch die Geſtalt des Vorderrückens, der, von oben geſehen, bis zur Anſatzſtelle der Vorderflügel reicht. Die Beine find immer auffallend lang und dünn, die Behaarung iſt ſpärlich. Die Gemeine Wegweſpe, Pompilus viaticus L. (Abb., S. 576), iſt eine der häufigſten einheimiſchen Arten und ſchon im erſten Frühjahr auf blühenden Weiden zu finden. Dieſes unruhige, gewöhnlich unter hüpfenden Sprüngen und mit zitternden Flügeln an ſandigen Wegen eilig über den Boden dahinlaufende NET ik = e ee VE „ 2 Kr 7 RE a 576 Hautflügler. Inſekt erkennen wir leicht an der hübſchen roten Farbe der drei erſten Hinterleibsringe mit Ausnahme ihres braunſchwarzen Hinterrandes. Der übrige Körper, deſſen Länge etwa 10 bis 14 mm beträgt, iſt ſchwarz. Die Vorderflügel ſind bräunlich, die Beine bei den einheimiſchen Stücken meiſt ganz ſchwarz und die Vorderfüße mit langen, kammartigen Dornen beſetzt. Unter der vielgeſtaltigen Wegweſpengeſellſchaft, die unſere Gebiete bevölkert, ragt, wie M. Müller ſo hübſch zu ſchildern weiß, „eine Art durch bedeutende Größe und tropenprächtige Schönheit beſonders hervor, der Pompilus quadripunctatus F. Er iſt 1 7 cm lang, ſamt⸗ ſchwarz mit rötlichgelben Flügeln und an den Seiten des Hinterleibs mit gelben Streifen. In der Mark hat er eine weite Verbreitung, ohne jedoch häufig zu ſein; ſtets aber bleibt es ein Genuß, ihn genauer zu beobachten; kaum ein anderes heimiſches Inſekt trägt ein ſo lebhaftes Weſen zur Schau wie er. Die kleineren ſchlanken Männchen erſcheinen in günſtigen Sommern bereits in der zweiten Junihälfte, die erſten Weibchen einige Tage ſpäter, erfreuen ſich Ihnen fällt ja die Sorge für das Fortbeſtehen man an ſandigen Waldrändern und breiten Geſtellwegen uſw. wahrnehmen, wie die Weib⸗ chen nicht nur den Boden, ſondern auch Stamm und Strauch eifrig abſuchen, bis ſie - oft erſt nach längerem Kampfe durch ihren dann mühſam zu dem vorher gegrabenen ich ſolche gleichſam narkotiſierte Spinnenweib⸗ ige chen ſorgfältig auf und fand zu meinem N TREE Staunen, daß fie je nach der Menge und n pempilus auadripunetatus . Ntlıtipe Gebe. Wirkung des eingeſpritzten Weſpengiftes am längſten etliche 70 Tage, immer aber über 4 Wochen lebten. Anfangs rührten ſie trotz verſchiedener Verſuche meinerſeits kein Glied. 8 Nach etwa S—10 Tagen wurden die Beine ganz allmählich regſamer, bis die gelähmte Spinne endlich langſam hinſtarb, ohne jemals das Bewußtſein wieder erlangt zu haben.“ Die Pompilus-⸗Weibchen, die auch den Menſchen ſehr empfindlich ſtechen, ſobald man fie 1 greift, ſind ſämtlich Spinnenjäger. G. und E. Peckham beobachteten, daß die Weibchen des amerikaniſchen Pompilus quinquenotatus Say, wenn fie auf Beute auszogen, nur Spinnen einer ganz beſtimmten Epeira-Art nahmen, alle anderen aber unbehelligt ließen. War es dem Pompilus⸗Weibchen gelungen, eine Spinne zu überwältigen und wehrlos zu machen, jo wurde das Opfer im Fluge fortgeſchleppt, bis die umherſuchende Weſpe, nachdem ſie eine geeignete Niſtſtelle gefunden, die regungsloſe Spinne einſtweilen im Blattwinkel einer Pflanze aufhing oder einfach auf die Erde legte, ſich raſch eine Neſtröhre im Boden einſcharrte und dann die Spinne eintrug, um ihr Ei an deren Haut zu kleben. Spinnenjäger ſind gleichfalls, von wenigen Ausnahmen abgeſehen, auch die übrigen Ron: piliden, beſonders die riefigen, im tropiſchen Amerika heimischen Wegweſpen der Gattung Pep- sis F., bei denen ſich im weiblichen Geſchlecht an der Bauchſeite des zweiten Hinterleibsſegments dafür aber eines weſentlich längeren Daſeins. der Brut zu. Namentlich gegen Abend kann 8 endlich eine dicke Kreuzſpinne aufgeſpürt und Giftſtachel gelähmt haben, um die Scheintote Senkſchachte zu zerren. Wiederholt bewahrte ren E 2 ad Fan Ban a al ae an es r * * „ r — 1 [2 Wegweſpen. 577 ein quer verlaufender Eindruck findet, der beim Männchen, das ſich durch flachgedrückte Hinter: ſchienen auszeichnet, häufig fehlt. Die Pepsis⸗Weſpen find prächtige Inſekten, meiſt mit blauſchillernden Flügeln und tiefblauem Körper. Wie Burmeiſter berichtet, finden ſich „die allermeiſt ſehr großen Arten dieſer Gruppe gewöhnlich im hellen Sonnenſchein auf Schirm⸗ blumen, an denen ſie mit ihrem Zungenapparat unaufhörlich lecken und dabei ſich wenig ſtören laſſen, daher es nicht ſchwer hält, ſie mit dem Schöpfer zu fangen. Trifft man ſie fliegend im Freien an, ſo hat man mehr Mühe, ſich ihrer zu bemächtigen; denn ihr Flug iſt ungemein — — — — Javaniſche Vogelſpinne, Selenocosmia javanensis Walck., von einer großen Salius⸗Weſpe angegriffen. Natürliche Größe. ſchnell und dabei ohne alles hörbare Geräuſch. — Auf dem Boden laufen ſie ungemein ſchnell, wedeln dabei beſtändig mit den Fühlern, zucken mit den Flügeln und eilen ſtoßweiſe von Ort zu Ort, nach Beute ſuchend für ihre Brut, die hauptſächlich in großen Spinnen beſteht.“ Die mächtigen Pepsis⸗Weſpen ſchrecken dabei auch vor den ſtarken Vogelſpinnen nicht zurück. Freilich kommt es hierbei manchmal zu furchtbaren Kämpfen, wie McCoof ſchildert, der die Angriffe der in Texas vorkommenden Pepsis formosa Say beobachten konnte. Kaum hat eine ſolche unter dem Namen „Spinnentöter“ bekannte Pepsis⸗Weſpe eine Vogel⸗ ſpinne (Eurypelma hentzi E. Sim.) entdeckt, ſo umkreiſt ſie in raſchem Fluge die Spinne. Wütend bäumt ſich letztere auf, ſucht den gefährlichen Gegner abzuwehren, und wenn es ihr gelingt, den Feind mit den Giftklauen zu verwunden, ſo iſt er auch verloren. Meiſt aber pflegt doch die Pepsis die gewandtere zu ſein, blitzſchnell verſetzt ſie der Spinne einen Stich und Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 37 578 Hautflügler iſt auch im Augenblick wieder davon, um das Opfer weiter zu umſchwärmen. War die Spinne gut getroffen, ſo wird ſie raſch widerſtandslos, oft iſt aber ein zweiter oder gar noch ein dritter Stich nötig. Dann kommt die Weſpe zunächſt vorſichtig prüfend herbei und zerrt die ge⸗ lähmte Spinne in ein ſchon vorher in den Boden gegrabenes Loch, das ſie ſorgfältig ver⸗ ſcharrt, nachdem ſie zuvor noch ein Ei an ihre Beute gelegt hat. In ähnlicher Weiſe dürfte ſich gewiß der Kampf abſpielen, den uns die Abbildung auf S. 577 vor Augen führen ſoll. Hier iſt der Angreifer allerdings eine Weſpe aus der Gattung Salius F., die in der Alten Welt verbreitet iſt und ebenfalls viele anſehnliche, den Pepsis an Größe kaum nachſtehende Arten mit dunkelblau ſchillernden Flügeln umfaßt. In Indien lebt Salius aviculus Sauss., den wir in ſeinem bunten Farbenkleide auf der Farbentafel bei S. 538 abgebildet ſehen, wäh⸗ rend in Deutſchland aus dem gleichen Verwandtſchaftskreiſe nur kleinere, ſchwarz und rot 5 ; gezeichnete Wegweſpen der Gattung Priocnemis Schiödte vorkommen. Die Faltenweſpen oder Echten Weſpen (Vespidae) bilden eine der wichtigſten Familien unter den wehrhaften, ſtacheltragenden Hautflüglern. Während ſie ſich in ihren einfachſten Formen eng an das Geſchlecht der Grabweſpen anſchließen, vervollkommnen ſich bei anderen Arten die Inſtinkte der Brutpflege und des Neſtbaues, bis es ſchließlich zur Gründung großer, volkreicher, aus vielen Tauſenden von Individuen beſtehender Staaten kommt. Mehr als die gelben und ſchwarzen Farben, die den meiſten Faltenweſpen eigen find, in ähnlicher Weiſe freilich auch vielen anderen Hautflüglern zukommen, ſind beſtimmte Eigentümlichkeiten des Körperbaues kenn⸗ zeichnend für jene. Die Vorderflügel werden, von wenigen Ausnahmen abgeſehen, im Ruhe⸗ zuſtande der Länge nach eingefaltet getragen. Die beim Männchen dreizehngliederigen, beim Weibchen zwölfgliederigen Fühler ſind zwiſchen Schaft und Geißel knieförmig gebrochen. Die Augen ſind meiſt am Innenrande tief eingebuchtet und daher mehr oder weniger nierenförmig. Die Vorderbruſt iſt hinten tief ausgeſchnitten und der geſchmeidige Hinterleib immer ſehr be⸗ weglich an den Bruſtabſchnitt angefügt, ſo daß die Weſpenweibchen von dem Giftſtachel, den ſie an ihrer Hinterleibsſpitze haben, nach jeder beliebigen Richtung hin Gebrauch machen können. Von den drei Unterfamilien der Weſpen braucht die kleine Gruppe der Masarinae hier = nur kurz berückſichtigt zu werden. Es find Weſpen, die hauptſächlich in den warmen Ländern ihre Heimat haben und ſich beſonders durch ihre nach der Spitze hin verdickten Fühler und die Länge des Schildchens auszeichnen. Die Flügel können bei einer Reihe von Arten noch nicht der Länge nach eingefaltet werden. Eine auch in Deutſchland vorkommende Art iſt der nur 6—7 mm lange, gern an Gamander (Teucrium) und Fetthenne (Sedum) ſaugende Celonites abbreviatus Vill., ein munteres ſchwarzes Weſpchen mit unten ausgehöhltem Bauch, das ſich wie eine Goldweſpe einkugeln kann, an Kopf und Bruſt gelb gezeichnet iſt und auch am Hinterleib gelbe, an den Seiten ſich in Punkte auflöſende Querbinden hat. Die Lebens⸗ weiſe iſt ſehr ungenügend bekannt. Vielleicht ſind es Schmarotzer, aber angeblich werden die länglichen, ſehr zerbrechlichen, aus zerkauter Erde hergeſtellten Neſtzellen zu mehreren beiein⸗ ander an einem Zweig befeſtigt und enthalten Honig oder, nach Rudow, Inſektenlarven, die ſehr eng zuſammengepreßt liegen und der jungen Brut als Nahrung dienen. Bemerkenswerter iſt die Unterfamilie der Lehmweſpen (Eumeninae), deren zahlreiche Arten zwar gleichfalls hauptſächlich in den Tropen, und zwar beſonders in den heißen Ge⸗ bieten Amerikas, verbreitet ſind, aber auch in den gemäßigten Zonen viele Vertreter haben. , uhr * a r Sun Ana za De un leuunt na elle rn u El a ann id ans Bur7 9 1 Nr nne Wr Aa Dani n 8 Echte Weſpen: Masarinae. Lehmweſpen. 579 Ihre Fußklauen ſind einzähnig oder zweiſpaltig, die Mittelſchienen tragen ein oder zwei Sporne und die hinteren zwei dornförmige Anhänge, während der abgeſtutzte oder ausgerandete Kopf⸗ ſchild nicht zahnartig verlängert ift und die der Länge nach einfaltbaren Vorderflügel drei ge- ſchloſſene Kubitalzellen haben. Wie die Maſarinen ſind auch die Lehmweſpen ſogenannte einſame oder ſolitäre Weſpen, die noch ähnlich wie Grabweſpen leben und in ihre Neſtzellen Raupen oder andere Inſekten als Futter für ihre Larven eintragen. Wir nennen hier die in ganz Europa heimiſche, 11—14 mm lange Pillenweſpe, Eumenes coarctata L. (Abb., S. 561), die in verſchiedenen Farbenvarietäten vorkommt, ſchwarz und gelb gezeichnet iſt und einen faſt kugeligen Bruſtabſchnitt beſitzt. Der erſte Hinterleibsring iſt ſtielförmig, der zweite, ſchwach punktierte Ring glockenförmig erweitert. Es iſt ein ſchmuckes, munteres Tierchen, das ſich gern auf Blüten herumtreibt und oft an Thymian und Schirmblumen ſaugt; nicht ſelten ſieht man auch die aus Lehm gebauten Eumenes⸗Neſter, die, einzeln oder zu wenigen bei⸗ ſammen, an Steinen, dünnen Zweigen, Halmen oder unter der Rinde alter Bäume ſitzen. Jedes der etwa die Größe einer kleinen Haſelnuß erreichenden, dünnwandigen Bauwerke um⸗ ſchließt einen weiten Hohlraum und iſt an der Spitze mit einem kurzen, halsartigen Fortſatz verſehen, der den Verſchluß der Neſtzelle bildet. Bevor letztere aber geſchloſſen wird, trägt das Eumenes-⸗Weibchen Spannerraupen in fein Neft ein und legt ein Ei. Die Entwickelung er⸗ fordert Zeit, denn da die aus dem Ei entſtandene Larve überwintert, ſo erſcheint die neue Weſpe immer erſt im folgenden Jahre. Statt ihrer ſchlüpft aber gar nicht ſelten ein farben⸗ prächtiger Schmarotzer, eine ſchön grün ſchillernde Ohrysis ignita L. oder eine andere Art von Goldweſpen, aus, die ihre Kuckuckseier in die Eumenes⸗Neſter zu legen verſtehen, ſo⸗ lange dieſe noch nicht verſchloſſen find (vgl. S. 561). Eine andere in Deutſchland häufige Art führt den Namen Apfelförmige Pillenweſpe, E. pomiformis Rossi, und zeichnet ſich dadurch aus, daß bei ihr der zweite Hinterleibsring tief punktiert iſt. Manche ausländiſche Eumenes⸗Arten, auch der auf unſerer Farbentafel bei S. 538 abgebildete Eumenes arcuatus F., bauen nicht einzelne kugelige Erdzellen, ſondern fügen auf Stein, Holzwerk oder einer ähnlichen feſten Unterlage Zelle an Zelle dicht aneinander, ſo daß ein zuſammenhängendes Bauwerk entſteht, das an ſeiner freien Oberfläche noch mit Lehm über⸗ ſchmiert wird, bis dort eine einheitliche gewölbte Außenfläche zuſtande kommt. Im tropiſchen Afrika ift Eumenes dimidiatipennis Sauss. ein ſolcher Baukünſtler. Sein Neſt, das aus etwa zwölf pflaumengroßen, längs⸗ovalen, in zwei Reihen nebeneinander angeordneten Einzel⸗ zellen ſich zuſammenfügt, wird an Felſen oder ſenkrechte Hauswände angebaut und ſieht, wenn es fertig iſt, wie ein großer ovaler, flachgewölbter Erdfladen aus, der an die Wand geklatſcht iſt. Nicht minder kunſtvolle Bauwerke verſteht in unſerer Heimat die Mauerweſpe, Symmor- phus murarius L. (Odynerus), zu errichten, die ihre Wohnſtätten hauptſächlich an ſteilen Erd⸗ böſchungen oder in nicht zu harten Lehmwänden von Häuſern und Scheunen ſucht. Dort niſten die Tierchen oft in großer Zahl dicht beieinander, ſo daß förmliche Kolonien zuſtande kommen. Schwer iſt es nicht, die letzteren zu entdecken, denn ähnlich, wie wir dies noch bei gewiſſen Bienen kennenlernen werden, haben die Mauerweſpen die Gewohnheit, vor jedem Eingangsloch eine kleine, nach unten gekrümmte, aus bröckeliger Erdmaſſe beſtehende Röhre anzulegen, die etwa das Ausſehen eines winzigen Waſſerhahnes hat. Bricht man die Röhre ab, ſo wird das runde Eingangsloch ſichtbar, das in einen am Ende keſſelförmig erweiterten Gang hinein⸗ führt. In ihn werden unbehaarte Räupchen als Futter für die Nachkommen eingetragen. Das fertige Weſpchen hat einen ungeſtielten Hinterleib, iſt ſchwarz und gelb gezeichnet, aber nicht ganz leicht von verſchiedenen anderen, ähnlich ausſehenden Gattungsgenoſſen zu unterſcheiden. b 37 * 580 Hautflügler. Unter den tropischen Eumeninen gibt es viele große, durch lebhafte Farben geſchmückte Tiere, die mit ihren ſchwarzen, rotbraunen und gelben Zeichnungen zu den bunteſten Weſpen gehören. Auffallende und ſtattliche Inſekten dieſer Art find namentlich die Synagris⸗Weſpen, die im äqua⸗ torialen und ſüdlichen Afrika ihre Heimat haben. Sie zeichnen ſich durch einen ſpindelförmigen, am Grunde verdickten Hinterleib aus, haben verlängerte Vorderkiefer und eine lange Unterlippe mit dreigliederigen Hinterkiefertaſtern. Die Männchen, die manchmal ſeltſame Hörner und ſpieß⸗ artige Fortſätze am Kopf tragen oder lange, nach unten gebogene geweihähnliche Vorderkiefer haben, ſollen ziemlich ſtreitſüchtig ſein und gelegentlich nach Art unſerer Hirſchkäfer ſich packen und heftig untereinander kämpfen. Die Synagris⸗Weibchen aber beſitzen nach den Beobachtungen von Roubaud zum Teil viel kompliziertere Inſtinkte als unſere einheimiſchen Eume- nes- Arten. Letzteren ſteht in ihren Lebensgewohnhei⸗ ten Synagris spiniventris Illig. noch am nächſten, eine im tropiſchen Afrika weit⸗ mit blauſchillernden Flü⸗ geln und roter Hinterleibs⸗ ſpitze, die in ihre aus Lehm gebauten Neſtzellen Heſpe⸗ ridenraupen als Nahrung für die Nachkommenſchaft einträgt und hierauf das Neſt abſchließt. Dieſe Me⸗ thode hat, nach den Ermit⸗ telungen Roubauds, jedoch ſorge, gelegentlich zugrunde gehen muß, weil die eingebrachten Raupen gar nicht ſelten von Paraſiten, namentlich Tachinenlarven, bewohnt werden und dann als Larvenfutter natürlich untauglich ſind. Eine andere in den gleichen Gebieten verbreitete Art, Synagris calida Serv., ſorgt, unſerem Gewährsmanne zufolge, ſchon beſſer für die Nachkommenſchaft, denn die Mutter⸗ = weſpe bringt ihrer Brut Tag für Tag friſches Raupenfutter angeſchleppt, bis die Larven zu drei Vierteln ausgewachſen ſind. Hierauf trägt ihnen die Mutter noch eine letzte ausgiebige Mahlzeit heran und ſchließt das Neſt, in dem die Nachkommenſchaft wohl dann kaum noch von Nahrungsmangel bedroht ſein dürfte. Eine dritte Art, die auf unſerer Abbildung dar⸗ geſtellte Synagris cornuta L., füttert ihre Jungen aber ſchon ganz nach Art der geſelligen Weſpen mit einem aus zerkauten Inſekten beſtehenden Brei, ſo daß ihre Larven überhaupt nicht mehr in die Gefahr kommen können, ungeeignetes Futter zu erhalten. Die zur Unterfamilie der Vespinae gerechneten Faltenweſpen haben einfach bleibende un⸗ gezähnte Klauen und zwei Sporen an den Mittelſchienen. Die einfaltbaren Vorderflügel enthalten verbreitete ſchwarze Weſpe N 9 5 n den Nachteil, daß die Brut, Männchen (links) und Weibchen (rechts) von Synagris cornuta T. am Neſt. Natürl. Gr. trotz der mütterlichen Für⸗ f mee Ann eren Echte Wespen: Lehmweſpen. Polistes-Weſpen. 581 drei vollſtändige Kubitalzellen. Im Gegenſatz zu den bisher betrachteten ſolitären Formen handelt es ſich bei den Veſpinen um ſogenannte geſellige oder ſoziale Weſpen, die Staaten gründen und zu mehreren, oft ſogar zu vielen Tauſenden in einem gemeinſamen Neſt beieinander wohnen. Der Sprung von den einſamen zu den ſtaatenbildenden Weſpen iſt kein gar zu großer, denn die Triebfeder zur Gründung von Staatsweſen iſt der gleiche Inſtinkt der Brutpflege, der Fürſorge für die Nachkommenſchaft, den wir auch ſchon bei den einſamen Hautflüglern ausgebildet ſahen. Urſprünglich mag wohl die Weſpenmutter ähnlich wie bei den eben er⸗ wähnten Synagris⸗Weſpen ſich damit begnügt haben, die aus ihren Eiern entſtehenden Larven mit zerkautem Inſektenbrei zu füttern. Bei zahlreicher Nachkommenſchaft mußte ſich aber dieſe Arbeit in die Länge ziehen, und die Weſpenmutter war noch mit der Pflege der jüngeren Larven beſchäftigt, wenn die erſten ihrer Nachkommen ſchon zu neuen Weſpen geworden waren. So konnte es gewiß leicht kommen, daß die neu entſtandenen Weſpen nicht davon⸗ flogen, ſondern die mütterliche Wohnung gleich als Heim betrachteten und die ſich dort bietende Gelegenheit benutzten, um ihre ererbten Inſtinkte der Brutpflege zu betätigen und ſich der Pflege ihrer jüngeren Geſchwiſter zu widmen. Wir haben dann ſchon einen „Inſektenſtaat“ vor Augen: eine Weſpenmutter oder „Königin“, die von weiblichen Nach⸗ kommen oder „Arbeitern“ umgeben iſt, die bei der Mutter bleiben, in der Regel gar keine oder unbefruchtete Eier legen, und deren Aufgabe der Hauptſache nach a ee darin befteht, die von der Weſpenköni : eo gin erzeugte Brut heranzuziehen, Poliſtesweſpen, Polistes gallieus L., bei ihrem Neſt. Natürl. Größe, Verhältnismäßig wenig volkreiche einjährige Staaten werden von den Faltenweſpen der Gattung Polistes F. gegründet. Es ſind Weſpen mit ſpindelförmigem, am Grunde allmählich verdicktem Hinterleib und in der Mitte ſpitz nach unten vorgezogenem Kopfſchild. Von den zahlreichen Polistes-Weſpen, die aus allen Erdteilen bekannt ſind, lebt in Deutſchland nur eine Art, die Galliſche Weſpe, Polistes gallicus L., eine 10 —16 mm lange, ſchwarze Weſpe, die an Kopf und Bruſt reich gelb ge⸗ zeichnet iſt und mehrere gelbe Binden am Hinterleibe hat, die nach den Seiten zu allmählich breiter werden. Die Fühlergeißel iſt rötlichgelb, falls es ſich nicht um die Abart P. biglumis L. mit ſchwarzer Fühlergeißel handelt. Unter einem vorſpringenden Stein, an einer Zaunlatte oder einem ähnlichen Ort baut das Polistes⸗Weibchen ſein Neſt. Anfangs iſt dies nur eine einzige, nach unten offene, rundliche Zelle, bald aber wird dieſe ſechsſeitig, denn ringsum werden neue Zellen angeſetzt, die zuſammen eine oben mittels eines Stielchens befeſtigte Wabe bilden. Eine Umhüllung fehlt dem Neſte, das meiſt nur aus einer einzigen Wabe beſteht. * 2 R 5 2 ö 1 . RER K p er _ 582 N b Hautflügler. Als Bauſtoff dient eine graue, fließpapierähnliche Maſſe, die von zerkautem Holz oder ähn⸗ 5 lichen Subſtanzen, manchmal auch von Papier herrührt, wie denn Giraud einmal bei Wien ein blaugebändertes Polistes-Neſt fand, zu welchem die Weſpen das Baumaterial größten⸗ teils einem zufällig in der Nähe liegenden Stück blauen Papiers entnommen hatten. Das Neſt iſt die Heimat der Polistes⸗Weſpen, die gern an ihrer Neſtwabe ſitzen und ſogleich unruhig werden oder in der Nähe umherſchwirren, wenn man ſie ſtört, von ihrem Giftſtachel aber nur ſelten zur Abwehr des Feindes Gebrauch machen. Die offenen Zellen des Neſtes bergen längliche, weißliche Eier oder madenförmige Larven, die ſich kopfabwörts gerichtet in den Zellen feſthalten; die geſchloſſenen, mi mit vorgewölbtem weißem Deckel über⸗ ſpannten Zellen enthalten bereits reife, eingeſponnene Larven oder Puppen. In leeren Zellen kann man wohl auch hier und da etwas als Vorrat eingetragenen Honig finden, dieſer iſt aber nur für die erwachſenen Weſpen und nicht zur Fütterung der Larven beſtimmt, die immer mit zerkauten Inſekten verſorgt werden. An der Vermehrung ſind außer der Be⸗ gründerin des Neſtes, der befruchteten Polistes⸗Königin, auch ihre Nachkommen, die Arbeiter oder Hilfsweibchen, beteiligt, die ſich von der Königin im Ausſehen und zum Teil auch in der Größe ſo wenig unterſcheiden, daß man ſie nicht immer mit Sicherheit als Arbeitstiere er⸗ kennen kann. Die unbegattet bleibenden Hilfsweibchen ſind natürlich nur imſtande, unbefruch⸗ tete Eier in die Zellen des Neſtes zu legen, aus denen dann ſpäter auch immer nur Weſpen männlichen Geſchlechts hervorgehen. Einige junge, von letzteren befruchtete Weibchen ver⸗ mögen dann den Winter zu überdauern und bauen im nächſten Jahre wieder ein neues Neſt. Die Neſter der Polistes⸗Weſpen ſind unſcheinbare Gebilde, wenn wir ſie mit den rieſigen Bauten der Apoica pallida Ol. im tropiſchen Amerika vergleichen. Auch bei den Apoica- Weſpen beſteht das ganze Neſt nur aus einer einzigen, geſtielten, mit der flachen Unterſeite ſchräg nach unten gerichteten Wabe ohne jegliche Umhüllung. Eine ſolche Apoica⸗Wabe er⸗ langt aber recht ſtattliche Dimenſionen, ſie kann einen Durchmeſſer von über / m haben, ſetzt ſich aus vielen Hunderten kleiner, ſechseckiger Zellen zuſammen und hängt wie ein mäch⸗ tiger gelbbrauner Schirm, dem Stock und Krücke fehlen, im Geäſt eines Baumes. Die Er⸗ 2 bauer ſind ſchlank gebaute, blaßbräunliche Weſpen, die nach den Beobachtungen von H. Müller am Tage ruhen, nachts aber zu den Blüten fliegen, Honig ſaugen und arbeiten. a Die zur Gattung Vespa I. geſtellten Faltenweſpen haben einen kegelförmigen, am Grunde ſenkrecht abgeſtutzten Hinterleib und ſtimmen in der Lebensweiſe mit den Polistes- Weſpen im großen und ganzen überein, ſind aber im allgemeinen lebhafter und machen daher, wenn beunruhigt oder angegriffen, meiſt ſehr ſchnell von ihrem gefürchteten Giftſtachel Gebrauch. Von wenigen Ausnahmen abgeſehen, leben ſie in volkreichen einjährigen Staaten, bauen ihre Neſter, die ſich meiſt aus mehreren ſtockwerkartig übereinander liegenden Waben zuſammen⸗ fügen, aus zerkauten Holzfaſern und umgeben das Neſt zum Schutze gewöhnlich auch noch mit einer äußeren mantelartigen Umhüllung, die als Flugloch nur eine oder wenige Offnungen freiläßt. Die Weſpen ſind ein unruhiges Volk, überall fliegen ſie in der Nachbarſchaft ihres Neſtplatzes umher und ſuchen nach Futter. Zuckerhaltige Säfte und überhaupt Süßigkeiten l aller Art lieben fie ſehr. In den Gärten freſſen fie Stachelbeeren aus, nagen an reifm Obſt und naſchen in den Wohnungen und Verkaufsläden an Kuchen ah ſüßen Speiſen. Sehr gierig ſind ſie auch nach rohem Fleiſch, und der Inſektenjagd geben ſie ſich mit großem Eifer hin. Die Fliegen überfallen ſie, wie Schenck berichtet, „auf Blättern der Gebüſche und auf Blüten, beißen Flügel, Beine und Kopf ab und nehmen den Rumpf mit oder verzehren ihn auf der Stelle. — Schmetterlinge find auf Blüten ihren wütenden Angriffen ausgeſetzt; — e N Echte Weſpen: Polistes-Weſpen. Horniſſe. j 583 nachdem fie Flügel und Beine abgebiſſen haben, tragen fie den Rumpf fort; ſelbſt auf Spann⸗ brettern aufgeſpannte Schmetterlinge werden von Weſpen ganz aufgezehrt.“ Gar nicht ſelten dringen Weſpen in Wohnräume ein, fangen vom Fenſter oder von dem mit Speiſen bedeckten Tiſch Fliegen weg und eilen ſofort mit der raſch verſtümmelten, zuckenden Beute wieder davon. Die Fleiſchkoſt dient in erſter Linie zur Fütterung der Larven, die, den Kopf nach unten gerichtet, von den Arbeitsweſpen mit zerkauten Fliegen und ähnlichen Inſekten oder mit anderer wieder hervorgewürgter Fleiſchnahrung geatzt werden, ähnlich wie neſtjunge Vögel von den Alten. Aus der großen Menge von Weſpen, die bei einem Weſpenvolke herangezogen werden, bleiben im Herbſte nur einige wenige befruchtete Weibchen übrig, die das alte Neſt verlaſſen und im kommenden Frühjahr als „Königinnen“ ſich je wieder einen neuen Staat gründen. Zur Überwinterung graben ſich dieſe jungen befruchteten Weibchen, nach Meyer, „durchweg nicht jo tief in die Erde ein, wie gewöhnlich die Hummeln, wählen vielfach auch Schlupf— winkel in hohlen Bäumen, unter Baumrinde, in Mauerritzen, Felsſpalten, menſchlichen Wohnungen, Scheunen, Ställen uſw. Zum Anheften an die Unterlage bedienen ſie ſich meiſt nicht der Beine, ſondern der Mandibeln, mit denen ſie ſich ſo feſtbeißen, daß ſie bei nicht allzu feſtem Material, wie Papier, Baumrinde, ſehr oft ein Stück davon zwiſchen den Kiefern be⸗ halten, wenn man ſie losreißt. Die Extremitäten preſſen ſie dicht gegen den Leib, die Fühler nach unten, die ſorgſam zuſammengefalteten Flügel legen ſie nach der Bauchſeite hin zuſammen, die Hinterbeine darüber, und nehmen dadurch eine ſolche Stellung ein, daß die Extremitäten, beſonders die Flügel, während des Winterſchlafes vor Verletzungen geſchützt ſind.“ In dieſer ſonderbaren Haltung wurde beiſpielsweiſe ein Weibchen von Vespa germanica einmal in den Gardinenfalten eines Schlafzimmers entdeckt, in dem es ſein Winterquartier aufgeſchlagen hatte. Die am meiſten gefürchtete einheimiſche Weſpe iſt die Horniſſe, Vespa crabro L., die an Größe der auf der Farbentafel bei S. 538 dargeſtellten indiſchen Gürtelweſpe, Vespa cincta F., kaum nachſteht. Bei der Horniſſe iſt der Kopf hinter den Augen erweitert. Die Färbung ſetzt ſich vorzugsweiſe aus Braun und Gelb zuſammen, erweiſt ſich aber als etwas veränderlich, zumal wenn wir die einheimiſchen mit den ſüdeuropäiſchen Horniſſen ver⸗ gleichen, welche letzteren heller ſind und eine feine ſeidenartige Behaarung tragen. Im Frühjahr legt ein befruchtetes überwintertes Weibchen, die an ihrer bedeutenden Größe erkennbare „Horniſſenkönigin“, ein Neſt in einem hohlen Baumſtamm oder einer tiefen Mauerſpalte an, ſetzt Eier ab und füttert Nachkommenſchaft heran. Bei dieſer Tätigkeit wird ſie bald von ihren eigenen Sprößlingen, unbefruchtet bleibenden Weibchen oder „Arbeitern“, unterſtützt, ſo daß ſie von jetzt an ſich mehr und mehr dem Geſchäft des Eierlegens widmen, die zeitraubende und anſtrengende Fütterung der Jungen mit herangeſchleppten, zerkauten Inſekten aber ihren Arbeitern, die anfangs immer kleiner als ihre königliche Mutter ſind, überlaſſen kann. Im Hochſommer, wenn es Nahrung im Überfluß gibt, entſtehen größere Weibchen, die unbefruchtete Eier legen, aus denen immer nur männliche Nachkommenſchaft hervorgeht. Man kann dieſe männlichen Horniſſen, die beſonders im Nachſommer auftreten, leicht an dem Fehlen des Stachelapparats und beſonders an den langen, dreizehngliederigen Fühlern erkennen. Im Spätherbſt ſtirbt das ganze Horniſſenvolk allmählich aus, die Zellen, in denen keine neue Nachkommenſchaft mehr heranwächſt, zerfallen, und nur eine verhältnis⸗ mäßig geringe Anzahl großer Weibchen, die beim Umherſchwärmen von Männchen befruchtet worden ſind, überwintert und liefert die neuen Königinnen für das kommende Jahr. Die Neſter können bei den Horniſſen reichlich Kopfgröße erlangen und ſetzen ſich aus mehreren horizontalen Waben zuſammen, die ſtockwerkartig übereinander liegen und durch 984 ö Hautflügler. ſenkrechte Strebepfeiler miteinander verbunden ſind. Die Zellöffnungen der Waben ſind immer nach unten gewendet. Die oberſte Wabe iſt die älteſte, die unterſte wurde zuletzt her⸗ geſtellt, iſt alſo die jüngſte. Außen iſt der ganze Wabenbau von einer brüchigen Hülle um⸗ geben, die nur dann fehlt oder unvollſtändig iſt, wenn das Neſt ſich ohnehin ſchon an einem geſchützten Platze, etwa in einem hohlen Baum, befindet. Der Bauſtoff iſt zerkautes Holz, das zu einer holzpapierähnlichen Maſſe verarbeitet wird. An dem Neſt herrſcht ein fort⸗ währendes Kommen und Gehen von heimkehrenden und abfliegenden Horniſſen, das nur bei unfreundlichem Wetter eingeſtellt, ſonſt aber auch zur Nachtzeit nicht ganz unterbrochen wird. Die ausſchwärmenden Horniſſen gehen fleißig auf Inſektenjagd, teils um ſelbſt an Ort und Stelle die Beute zu verzehren, teils um dieſe in zerkautem Zuſtande für die Brut heimwärts a a) Weibchen der Horniſſe, Vespa erabro L., b) ein Wabenſtück mit gedeckelten und leeren Zellen, e) Larve, d) Puppe; o) und d) etwas vergrößert. zu transportieren. Den erwachſenen Horniſſen dienen auch Süßigkeiten als Speiſe. Andere machen ſich am Holz zu ſchaffen und nagen von lebenden Baumzweigen, namentlich von Eſchen und Erlen, ſtellenweiſe die Rinde ab, um Baumaterial zu bekommen. Für den Menſchen iſt die Nachbarſchaft des geſchäftigen Horniſſenvolkes immer eine etwas bedenkliche Sache, denn bei der geringſten Störung kann ſich der kriegeriſche Sinn der Tiere offenbaren, die ſich oft ſchon durch die ganz harmloſe Annäherung eines ahnungslos vorübergehenden Menſchen beunruhigt fühlen und nun ſofort in ganzen Schwärmen mit wütenden Stichen über den Störenfried herfallen. Je heißer das Wetter, deſto bösartiger und angriffsluſtiger ſind die Horniſſen, deren Stich ſehr ſchmerzhaft iſt und unter Umſtänden tagelange, ja mitunter ſogar wochenlang dauernde Nachwirkungen haben kann. Unter den kleiner als die Horniſſe bleibenden, vorherrſchend ſchwarz und gelb gefärbten Weſpen hat die Deutſche Weſpe, Vespa germanica F., die weiteſte Verbreitung, denn ſie kommt nicht nur in ganz Europa vor, ſondern iſt auch in vielen Teilen Afrikas und Aſiens zu Hauſe. Die Ausrandung der Augen iſt bei ihr ganz gelb. Gelb iſt auch der hintere Augenkreis, während der gelbe Kopfſchild einen oder drei ſchwarze Punkte trägt. Die lebhaften und ziemlich Weipenneliter. 1. Neit der Mittleren Weſpe, Vespa media Deg. 2. Geöffnetes Weſpenneſt mit feinem Wabenbau im Inneren. Verkleinert. Nach Photographie von K. Diederichs. € Verkleinert. Naeh Photographie von K. Diederichs. 3. Unterirdiſches Neit der Deutſchen Weſpe, Vespa germanica F. Verkleinert. Nach einem im Kgl. Zoologischen Museum in Berlin befindlichen Präparat. 4. neſt von Chartergus chartarius Oliv., ſtark verkleinert. TREE ..... RE TEN 5, Neit von Polybia scutellaris White, itark verkleinert. Links Außenansicht, Original im Kgl. Zoologischen Museum in Berlin ; rechts Durchschnitt, Original im Museum für Naturkunde in Hamburg.“ Links Durchschnitt, Original im Museum für Naturkunde in Hamburg; rechts Außenansicht, Original im Kgl. Zoologischen Museum in Berlin. — Echte Weſpen: Deutſche, Gemeine, Mittlere uſw. Weſpe. Chartergus. Polybia. 585 kriegeriſchen deutſchen Weſpen bilden große Völker, die durchſchnittlich aus etwa 3000 —5000 Individuen beſtehen. Ihre Neſter (ſ. die beigeheftete Tafel „Weſpenneſter“, Fig. 3) werden ge⸗ wöhnlich unterirdiſch angelegt und aus einem grauen löſchpapierähnlichen Stoffe gebaut, den ſich die Weſpen durch Zerkauen von verwittertem Holz herſtellen. Auch der weiche graue Mantel, der das Neſt äußerlich umhüllt, um andringende Bodenfeuchtigkeit abzuhalten, ſetzt ſich aus dem gleichen Material zuſammen. Gelegentlich hat man Neſter der deutſchen Weſpe von ganz ungewöhnlichen Größenverhältniſſen beobachtet, wie jenes Rieſenneſt, das in einem Orangen⸗ garten in Sizilien gefunden wurde und eine Länge von 1 m und eine Breite von 80 em bei einer Höhe von 25 cm erreichte. Die Lebensweiſe der Deutſchen Weſpe, die gern Süßigkeiten nachgeht, iſt im großen und ganzen die gleiche wie bei der Horniſſe. . Auch die Gemeine Weſpe, Vespa vulgaris L., bei der die Augenausrandung nur unten gelb gefärbt iſt und der gelbe Kopfſchild gewöhnlich einen zackigen ſchwarzen Mittelſtreifen trägt, gehört zu den unter der Erde niſtenden Arten, ſie gründet ihre Neſter am liebſten unter Baumwurzeln oder Steinen. Die Mittlere Weſpe, Vespa media Deg., eine große Art, bei der ſich im Gegenſatz zu den beiden vorhin genannten Arten zwiſchen dem Augenrande und dem Grunde der Vorderkiefer ein deutlicher wangenartiger Zwiſchenraum befindet, die Aus⸗ randung der Augen gelb gefärbt iſt und die Fühlergeißel unten braungelb ausſieht, baut längliche Neſter in Baumwipfeln (Tafel „Weſpenneſter“, Fig. 1), während die im Kopfbau übereinſtimmende Sächſiſche Weſpe, Vespa saxonica F., bei deren Weibchen die Aus⸗ randung der Augen nur zum kleinen Teil gelb iſt und der Kopfſchild zahnartig vorſpringt, ihre geſtielten Neſter frei unter Baumäſten und Dachſparren befeſtigt. Die Rote Weſpe, Vespa rufa L., die ſich durch die rötliche Färbung ihres Hinterleibsgrundes auszeichnet und zu den wangenloſen Arten gehört, iſt ihrem Weſen nach ruhiger und friedfertiger als ihre ſtechluſtigen Verwandten. Sie baut unterirdiſche Neſter und ſteht der Oſterreichiſchen Weſpe, Pseudo- vespa austriaca Panz., nahe, die aber im Gegenſatz zur Roten Weſpe einen beiderſeits zahn⸗ artig verlängerten Kopfſchild und kein Rot am Hinterleibe hat. Von der Oſterreichiſchen Weſpe kennt man nur Weibchen und Männchen, aber keine Arbeiter, ſie gründet auch kein eigenes Heim, ſondern lebt wahrſcheinlich in den Neſtern der Roten Weſpe als Schmarotzer. Auffallendere Weſpenbauten als unter den Arten der einheimiſchen Fauna gibt es in den heißen Ländern. Durch ungewöhnliche Länge zeichnen ſich die freihängenden Neſter von Chartergus chartarius Oliv. aus (Tafel „Weſpenneſter“, Fig. 4), einer ſchwarzen, etwa 10 bis 12 mm langen, am Hinterleibe mit gelben Querbinden geſchmückten Weſpe, die in den braſilianiſchen Urwäldern ſehr verbreitet iſt. Es macht faſt den Eindruck, als ob ſich dieſe Tierchen beim Errichten ihrer Bauten die vielſtöckigen amerikaniſchen Wolkenkratzer zum Vor⸗ bild genommen hätten, denn Wabe auf Wabe fügen ſie ſtockwerkartig aneinander, wobei ſie allerdings nicht höher hinauf, ſondern von oben nach unten weiter arbeiten, und umgeben das Ganze mit einem dicken weißlichgrauen, aus einer filzigen pappeähnlichen Maſſe beſtehenden Mantel, ſo daß ſchließlich eine ſeltſame weiße Rieſenwurſt zuſtande kommt, die geſpenſtig vom Aſte eines Urwaldbaumes herabhängt. Nicht minder ſonderbar ſind die über kopfgroß werdenden, annähernd kugeligen Neſter von Polybia scutellaris White, die in den gleichen amerikaniſchen Tropenwäldern mit ihrem ſtacheligen Mantel wie gewaltige Rieſenkaſtanien in den Wipfeln hängen (Tafel „Weſpenneſter“, Fig. 5). Solche Bauten von Chartergus und Polybia erhalten ſich Jahre hindurch und entſenden von Zeit zu Zeit ganze Schwärme von ausziehenden Weſpen, die gemeinſchaftlich an einer paſſenden Stelle ein neues Rieſenneſt errichten. Zum Schluß mögen noch die merkwürdigen Faltenweſpen der im tropiſchen und gemäßigten 586 . > Hautflügler. | 4 Amerika verbreiteten Gattung Nectarina Shuck. erwähnt werden, die gleichfalls in volkreichen mehrjährigen Staaten leben und dabei die Gewohnheit haben, als Nahrungsvorrat in ihren Neſtzellen Honig aufzuſpeichern. Der Weſpenhonig iſt ſeines angenehmen Geſchmacks wegen bei den Indianern ſehr beliebt, ſein Genuß aber zu gewiſſen Zeiten, namentlich dann, wenn die gif⸗ tigen Datura-Blüten ſich entfaltet haben, nicht ungefährlich, weil nun der Honig giftige Eigen⸗ ſchaften annimmt, die wohl ſicher von dieſen Blüten herrühren. An der Spitze des Nektarinen⸗ ſtaates ſtehen nicht eine, ſondern mehrere eierlegende Weibchen oder Königinnen, während die Bevölkerung von zahlloſen Arbeiterinnen gebildet wird, zu denen in der blumenreichen Zeit auch noch Männchen hinzukommen. Zur Gründung eines neuen Neſtes ſchwärmen aber Weibchen, von Arbeiterinnen begleitet, aus und ſiedeln ſich gemeinſam an einem anderen Orte an. Die Bienen (Apidae) ſtammen wie die Faltenweſpen von grabweſpenartigen Vorfahren ab, haben es aber weit beſſer als alle anderen Hautflügler verſtanden, die Blütenwelt ſich zunutze zu machen. Sie ſind zu wahren Blumenweſpen geworden. Geſchickt wiſſen ſie die Nektarquellen aufzufinden, und zehren nicht nur ſelbſt von der ſüßen Blütenſpeiſe, ſondern ſammeln auch faſt immer von dem Überfluß ein, um daheim die Brut mit Blumenſtaub, der oft durch Zutat von Honig vervollſtändigt wird, oder einem damit in ihrem Körper erzeugten Futterbrei zu verſorgen. Das wichtigſte Kennzeichen der Bienen, die mit mindeſtens 15000 Arten eine der größten Hautflüglerfamilien bilden, beſteht in einer Verbreiterung der Ferſe, des erſten Fußgliedes der Hinterbeine (Metatarsus). Auch das dichte Haarkleid macht es möglich, die meiſten Bienen auf den erſten Blick von den vorwiegend nackten oder doch nur ſpärlich behaarten Grabweſpen und Faltenweſpen zu unterſcheiden, obwohl es auch einige Bienenarten mit faſt nacktem Körper und weſpenähnlichem Ausſehen gibt. Die Fühler der Apiden ſind zwiſchen Schaft und Geißel knieförmig gebrochen und beſtehen beim Weibchen aus zwölf, beim Männchen gewöhnlich aus dreizehn, ſeltener auch nur aus zwölf Gliedern. Außer den großen Facettenaugen ſind drei Punktaugen auf dem Scheitel vorhanden. Die Flügel ſind immer gut entwickelt und haben ein deutliches Geäder. Die Mundteile aber zeigen, wenn wir von den beiden kräftigen, zangenförmigen, faſt immer zum Beißen, Graben oder Nagen geeigneten Vorderkiefern abſehen, eine ſehr verſchiedene Bauart. Bei allen Bienen, die ſich damit begnügen, Blumen mit frei zutage liegendem Honig aufzuſuchen, bleiben die Kiefer kurz, während andere Arten, die ſich auch die in tiefen Blütenkelchen verborgenen Nektarquellen zunutze machen, verlängerte Mundteile oder gar eine lange, als Saugrüſſel dienende Zunge haben, die hauptſächlich durch Streckung der Unterlippe und ihrer Innenladen zuſtande kommt. Bei den vollkommenſten Bienen iſt dieſe Zunge ſo lang, daß ſie im Ruhezuſtande zuſammen⸗ geklappt unter dem Kopf getragen werden muß. So offenbaren uns gerade die Mundwerk⸗ zeuge immer ſehr ſchön die wechſelſeitige Beziehung zwiſchen Lebensweiſe und Körperbau und erlauben es, von niedrig- und hochſtehenden Bienen zu reden, eine Unterſcheidung, die auch mit Rückſicht auf die den weiblichen Bienen eigentümlichen, bald einfacher gebauten, bald kunſtvolleren Sammeleinrichtungen getroffen werden kann. Die Sammeleinrichtungen ſind zur Verſorgung der Nachkommenſchaft notwendig, denn die junge Bienenbrut begnügt ſich nicht mit Honig oder wenigſtens nicht mit ihm allein, ſondern bedarf noch einer kräftigeren ſtickſtoffhaltigen Koſt, die die Mutterbienen in Geſtalt von Blütenpollen von den Blumen herholen. Zu dieſem Zweck haben die weiblichen Bienen in der Regel beſondere Sammelhaare, an denen der Blütenſtaub hängenbleibt und von denen er daheim im Neſt wieder abgeſtreift werden kann. Solche Sammelhaare können nicht nur an Bienen: Allgemeines. Urbienen. 587 verſchiedenen Körperſtellen angebracht ſein, ſondern ſich auch in ſehr verſchieden vollkommener Weiſe entwickelt zeigen. Die meiſten Bienen haben ihre Sammelhaare an den Hinterbeinen, bei anderen ſitzen ſie dagegen an der Bauchfläche des Hinterleibes. So laſſen ſich leicht die beiden großen Hauptabteilungen der „Beinſammler“ und „Bauchſammler“ unterſcheiden, die wir hier beibehalten, ohne auf die ziemlich verwickelten Verwandtſchaftsbeziehungen der Bienengattungen untereinander Rückſicht zu nehmen. Bienen ohne Sammeleinrichtungen oder mit erſt ganz un⸗ vollkommenen ſind die „Urbienen“, die im weſent⸗ lichen noch auf der Stüfe der Grabweſpen ſtehen⸗ geblieben ſind, und endlich iſt das zum Einſam⸗ meln von Blütenſtaub dienende Haarkleid ge⸗ ſchwunden bei den Weibchen der „Kuckucksbienen“ oder Schmarotzerbienen, die die Verſorgung ihrer Nachkommenſchaft fremden Bienen überlaſſen, in deren Neſter ſie ſich einſchleichen. Allen dieſen Einzelbienen oder ſolitären Bienen ſteht aber als höchſte Stufe die Abteilung der „ſtaatenbildenden oder ſozialen Bienen“ gegenüber, deren kompli⸗ zierte, aus Körbchen und Bürſte beſtehende Sam⸗ melapparate und deren ſtaatliches Leben unten genauer geſchildert werden ſollen. A. Urbienen (Proapina). Die niedrigſten Bienen find die Urbienen (Proapina), die ihren Vorfahren, den Grab⸗ weſpen, in jeder Hinſicht noch am ähnlichſten ge⸗ blieben ſind, wie ſich an dem noch ziemlich ſpär⸗ lich entwickelten Haarkleide und ihren fehlenden oder unvollkommenen Sammeleinrichtungen zeigt. Es gibt nur Männchen und Weibchen, die ſich mit ihren kurzen Mundteilen nur Blumen mit bequem erreichbarer Nektarquellezugänglich machen können. Zu den Urbienen gehört die Gattung der! Maskenbienen (Prosopis F.), die in Deutſch⸗ Sammeleinrichtungen bei Bienen: 1) Urbiene O ro- sopis) mit unvollkommenem Sammelapparat; 2) Bein⸗ land durch eine ganze Reihe ſchwer voneinander ſammler Dasypoda) mit Sammelhaaren (s) an den Hinter⸗ unterſch eidbarer Arten vertreten iſt. Es ſind alles beinen; 3) F mit Sammelbürſte (8) unanſehnliche Tierchen, die man Maskenbienen nennt, weil ſie ſehr häufig an der Vorderſeite des Kopfes gelbe und weiße Zeichnungen haben, die das Geſicht wie eine Maske entſtellen. Beſonders beim Männchen ſind ſolche Maskenzeich⸗ nungen meiſtens ſtark ausgebildet, während ſie ſich beim Weibchen vielfach nur auf kleine Punkte neben der Fühlerwurzel beſchränken. Die erſte Kubitalzelle iſt viel größer als die zweite. Die Zunge bleibt kurz und iſt an dem erweiterten Ende leicht ausgebuchtet. Die Maskenbienen zeigen ſich bei uns erſt im ſpäten Frühling, werden beſonders im Hochſommer häufig und ſind vereinzelt noch bis tief in den Herbſt hinein zu finden. Sie fliegen alle zu den verſchiedenſten Blüten ohne beſondere Auswahl, namentlich zu Dolden, beſuchen gern Reſeda, Glockenblumen und Geranien, ſind aber noch an keine einzige Blume irgendwie beſonders angepaßt. Ihre BE a ĩͤ 588 Hautflügler. Brutſtätten find ſehr mannigfacher Natur, denn die Prosopis- Weibchen legen ihre Neſtzellen bald in alten, von Bohrgängen durchſetzten Holzpfoſten, bald in Lehmwänden oder in dürren Brombeerſtengeln an. Da die Weibchen wegen des Fehlens von Sammelhaaren noch keinen Pollen einſchleppen können, ſo wird die Brut in der Weiſe verſorgt, daß die Mutterbiene Honig und Blütenſtaub verſchluckt und das Genoſſene als Larvenfutter wieder ausſpeit. So unvoll⸗ kommen dieſe Fütterungsmethode auch ſein mag, ſo bildet ſie doch immerhin einen Fortſchritt gegenüber der mühſamen Tätigkeit der Grabweſpen, braucht doch das Prosopis⸗Weibchen nicht mehr auf Inſektenraub auszugehen und ſich mit dem Heimſchaffen ſchwerer Jagdbeute zu plagen. Nur kurz ſei hier der Gattung Sphecodes Latr. gedacht, die den ſpäter zu erwähnenden Schmalbienen zweifellos auch körperlich ſehr naheſteht, aber im Gegenſatz zu dieſen keine Längsfurche auf dem fünften Hinterleibsringe des Weibchens hat und auch im männlichen Geſchlechte keinen verlängerten Kopfſchild aufweiſt. Die Sphecodes⸗Bienen find ſpärlich be⸗ haarte, ſchwarze, vielfach in der Hinterleibsmitte rot gefärbte Bienen, die in der Regel noch zu den Urbienen gerechnet werden, obwohl über ihre Lebensweiſe eigentlich noch eine gewiſſe Unklarheit herrſcht, denn zur Zeit ſteht es noch nicht mit genügender Sicherheit feſt, ob die Sphecodes- Weibchen ſich ein eigenes Neſt gründen. Man ſah fie nämlich öfters in Bauten von Halictus-Bienen ſchlüpfen, und ſo ſchien der Verdacht immerhin nahezuliegen, daß ſie dort nach Art der Schmarotzer ihre Eier unterbringen wollten. Sehr wahrſcheinlich iſt dies aber nicht, und da wir wiſſen, daß die Sphecodes⸗Weibchen an ihren Körperhaaren bereits ſelbſt etwas Pollen heimtragen, ſo dürfen wir vielleicht annehmen, daß die Weibchen nur gern die Gelegenheit wahrnehmen und in leer ſtehende Halictus⸗Bauten ſchlüpfen, um ſie 55 bequeme Niſtſtätten für ſich ſelbſt in Anſpruch zu nehmen. An die Urbienen ſchließt ſich das gleich näher zu ſchildernde große Heer der „einſam en“ oder Einzelbienen an, bei denen es ebenfalls nur Männchen und Weibchen, aber noch keine Arbeiter gibt. Die Mundwerkzeuge ſind bei ihnen ſehr verſchiedenartig, teils noch ganz kurz, teils ſchon zu hoher Vollendung entwickelt. Immer ſind aber beim Weibchen Sammeleinrich⸗ tungen vorhanden in Geſtalt von beſonders langen oder kräftigen Sammelhaaren, mit denen die Bienen den Blütenſtaub zuſammenkehren und in ihre Neſter eintragen. B. Beinſammler (Podilegina). Die Beinſammler (Podilegina) ſind Einzelbienen, die ihre langen Sammelhaare an den Hinterbeinen tragen. Sind die Haare an der Außenſeite der Hinterſchienen entwickelt, ſo ſpricht man von Schienenſammlern, treten hierzu noch längere, lockenähnliche Haarbüſchel an den Hinterſchenkeln, ſo haben wir es mit Schenkelſammlern zu tun. Schienenſammler und Schenkelſammler ſind aber nicht ſcharf voneinander zu trennen, weil es zwiſchen ihnen auch mancherlei Übergänge gibt. Auch körbchenartige Vertiefungen an den Hinterſchienen, die zum Eintragen befeuchteter Pollenklümpchen dienen, laſſen ſich ſchon in einzelnen Fällen beobachten. Die Arten der Seidenbienen (Colletes Latr.) beſitzen, ähnlich wie die Maskenbienen, eine kurze, vorn verbreiterte, ausgerandete Zunge, nähern ſich aber im übrigen doch ſchon unverkennbar den ſpäter zu erwähnenden Sandbienen. Wir erkennen die Seidenbienen an ihrem kegelförmigen, vorn abgeſtutzten, ſtark behaarten Hinterleib, deſſen dunkle Färbung häufig von hellen Haarbinden unterbrochen iſt. Die Radialzelle iſt wenig vom Flügelrande entfernt. Die erſte Kubitalzelle wird ſo lang wie die zweite und dritte zuſammen, die ungefähr gleiche Größe haben. Eine häufige einheimiſche Art, die ſchon im erſten Frühling die blühen⸗ den Weidenkätzchen befliegt, ift die pelzig behaarte Colletes cunicularius L., deren Weibchen I “ Bienen: Urbienen. Seidenbienen. Schmalbienen. 589 12—14 mm lang werden und im Ausſehen oberflächlich an Honigbienen erinnern. Die Colletes⸗Bienen legen ihre Neſtröhren im Erdboden oder in Lehmwänden an und haben dabei die Gewohnheit, ihre Gänge inwendig mit einer ſeidenartigen Maſſe auszutapezieren. Die Gattung der Schmalbienen (Halictus Latr.), deren zahlreiche Arten ſich nur äußerſt ſchwer voneinander unterſcheiden laſſen, ſteht bei den Syſtematikern im Rufe, eine der ſchwierigſten der ganzen Bienenfamilie zu ſein. Am ſicherſten erkennt man die Schmal⸗ bienen, ſofern ſie weiblichen Geſchlechtes ſind, an einer kleinen, kahlen, glatten Längsfurche, die die Tierchen mitten auf dem Rücken des fünften Hinterleibsrings haben, die Männchen aber an ihrem mehr oder minder ſchnauzenförmig verlängerten Kopf, der unterſeits am Kopf⸗ ſchildrande gewöhnlich auch noch weißlich gefärbt iſt. Die erſten Schmalbienen laſſen ſich ſchon zeitig im Frühjahr ſehen, es ſind ausnahmslos Weibchen, die im befruchteten Zuſtande überwintert haben und nun eifrigſt die Blüten des Hufſattichs (Tussilago farfara), der Frühlingstraube (Potentilla verna) oder des Löwenzahns (Leontodon taraxacum) befliegen, ſpäter ihre Beſuche aber auch noch vielen anderen Blumen, beſonders Diſteln und Kreuzblütern, zukommen laſſen. Von mehreren Arten wiſſen wir, daß die Nachkommen dieſer überwinterten Weibchen aus⸗ nahmslos wieder Weibchen ſind, die ſich natürlich wegen des Fehlens von Männchen dann auf parthenogenetiſchem Wege vermehren müſſen. Erſt die nächſte, aus unbefruchteten Eiern hervorgegangene Generation, die gegen Ende des Sommers zuſtande kommt, beſteht dann ſowohl aus männlichen als auch aus weiblichen Halictus⸗Bienen. Die Halictus⸗Weib⸗ chen lieben im allgemeinen die Geſelligkeit, denn fie über N 55 wintern vielfach in eigens hierzu in den Boden gegrabenen, Leomwade der Viergürteligen Schmal 5 8 ; a biene, Hali driei F. Etwas gemeinſchaftlichen Winterverſtecken und begründen auch ſehr bergrözert. Nach . u. Buttel⸗Reepen, gern ihre Niſtſtätten dicht beieinander, jo daß manchmal förm⸗ „eben und Meſen der Bienen“, Braun⸗ ſchweig 1915. liche Neſtkolonien zuſtande kommen, die ſich an ſteilen Lehm⸗ E abhängen oder im Erdboden, oft jogar auf Fußpfaden und vielbegangenen Wegen finden. Auch wer ſonſt nicht gerade gewöhnt iſt, auf das Inſektenleben zu achten, kann leicht auf eine ſolche Halietus-Kolonie aufmerkſam werden, die ſich entweder durch maſſenhaft aufgeworfene Erdhäufchen oder durch die zahlreich umherſchwärmenden Bienen zu verraten pflegt. Einen ſehr merkwürdigen Bau legt die Viergürtelige Schmalbiene, Halictus qua- dricinctus F., an, eine etwa 8 mm lange, dunkle Biene mit vier weißlichen Querbinden am Hinterleibe, von denen die beiden vorderen durchbrochen ſind. Das Weibchen höhlt in der Erde einen wabenähnlichen, bis zu 24 dicht beieinander liegende Zellen enthaltenden Bau aus und räumt dann in deſſen Umgebung die Erde hinweg, ſo daß die Wabe mit ihren horizontal liegenden Zellen ſchließlich ſo gut wie frei in einem unterirdiſchen Gewölbe hängt. Wenn wir bedenken, daß auf dieſe Weiſe die Neſtzellen von Luft umgeben ſind und alle ſchäd⸗ lichen Schimmelpilze, die größten Feinde der erdniſtenden Bienen, ferngehalten werden, ſo werden wir v. Buttel⸗Reepen recht geben, daß hier ſchon „ein gewaltiger Fortſchritt gegen⸗ über den anderen Bauten der Erdbienen“ vorliegt. Die obengenannte Bienenart ſteht aber noch in anderer Hinſicht auf einer höheren „Kulturſtufe“, denn wenn unſer Halictus⸗Weib⸗ chen mühſam ſeine Erdarbeit verrichtet und alle Zellen ſeiner Neſtwabe mit Eiern verſorgt hat, ſo geht es nicht, wie dies bei anderen Einzelbienen der Fall zu ſein pflegt, zugrunde, 590 | Hautflügler. ſondern bleibt Wache „ Halten auf ſeiner Wabe ſitzen und kann daher noch das Ausſchlüpfen ſeiner eigenen Nachkommen erleben. Der Gattung Andrena F., der artenreichſten aller Bienengattungen, die ihr Haupt⸗ verbreitungsgebiet in Europa und den nördlichen gemäßigten Teilen von Aſien und Nord⸗ amerika beſitzt, gehören die ſogenannten Sandbienen oder Erdbienen an. Die Zunge iſt bei ihnen am Ende lanzettförmig zugeſpitzt und wird niemals ſo lang, daß ſie im Ruhezuſtande eingeſchlagen werden muß. Von den drei geſchloſſenen Kubitalzellen erreicht die erſte faſt die Länge der beiden anderen zuſammen, die zweite iſt die kleinſte und nimmt den erſten rück⸗ laufenden Nerv faſt in ihrer Mitte auf, die dritte verengert ſich bedeutend nach oben und empfängt die zweite rücklaufende Ader hinter der Mitte. Die Sandbienen find Beinſammler. Die ganze Außenſeite der Hinterbeine bis zum Ende der Ferſe iſt, nach der Beſchreibung von Frieſe, „beim Weibchen mit dichten Sammelhaaren beſetzt. Die Hüfte beſitzt eine deutliche Haarflocke, und die Ferſen tragen immer eine förmliche Haarbürſte, ſo daß die Weibchen an allen dieſen Teilen dicht mit Blütenſtaub bedeckt heimkehren. Beim Männchen, das nicht ein⸗ ſammelt, fällt die Behaarung der Hinterbeine viel ſparſamer aus als beim Weibchen.“ Die Sandbienen gehören zu den häufigſten europäiſchen Bienen, ſie bilden, nach Taſchen⸗ berg, einen großen Teil der ſogenannten „wilden Bienen, welche die honigſpendenden Blumen beſuchen und durch ihre raſtloſe Tätigkeit unter traulichem Geſumme den blütenreichen Land⸗ ſchaften vom Frühling an einen beſonderen Reiz verleihen. Die Sandbienen beginnen den Reigen. Sie ſind es, welche im erſten Frühjahr wilden Fluges in Geſellſchaft der beſonneneren und ruhigeren Hausbiene um die Weidenkätzchen, blühenden Stachelbeerſträucher und andere Erſtlinge des jungen Jahres ſauſen und ſich lange beſinnen, ehe ſie ſich niederlaſſen, um ſchmauſend das Auferſtehungsfeſt der lebenden Schöpfung zu feiern.“ Auch ſpäter noch haben wir oft Gelegenheit, Sandbienen zu ſehen, ſie ſaugen gern an blühenden Johannisbeeren oder Berberitzenblüten, kommen im Flachland ebenſo wie auf den Bergen vor und fehlen nicht einmal im Hochgebirge, wo fie namentlich eifrige Beſucher von Campanula⸗Arten, Rho- dodendron und Saxifragen ſind. Die Neſter der Sandbienen ſind recht einfach. Sie be⸗ ſtehen aus einer Röhre (Abb., S. 601), die in der Regel im lockeren, ſandigen Erdreich an⸗ gelegt wird und in ſchräger Richtung etwa 10 — 30 em tief hinabführt. Am Grunde der unten noch manchmal verzweigten Neſtröhre werden rundliche Höhlungen ausgegraben und damit Neſtzellen geſchaffen, in welche das Sandbienenweibchen Pollen einträgt und ein Ei hinzulegt. Zuletzt wird jede Neſtzelle mit einem kleinen Deckel aus verkittetem Sande ver⸗ ſchloſſen. Von manchen Sandbienenarten ſteht es feſt, daß ſie alljährlich in zwei We einer Frühlings- und einer Sommergeneration, vorkommen. Eine der häufigſten Arten bei uns in Norddeutſchland iſt Andrena albicans Null, ein im weiblichen Geſchlecht 10—12 mm langes Bienchen mit weißlich behaartem Kopf, oben fuchsrot, mit unterſeits weiß behaartem Mittelleib und faſt nacktem, kräftig punktiertem Ab⸗ domen, deſſen Endſegment rötlichgelb behaart iſt. Das ungefähr ebenſo große, an den etwas längeren Fühlern leicht erkennbare Männchen iſt am Kopf braungelb behaart und beſitzt ein bräunlichrot behaartes Afterſegment. Beide Geſchlechter beſuchen, wie Alfken ſchildert, „im erſten Frühjahr vor allem Taraxum und Salix, ſpäter beſonders Crataegus, Sorbus und Viburnum und ſind auf den Blüten dieſer Pflanzen ſowohl ſaugend als auch Pollen ſam⸗ melnd tätig. Bemerkenswert iſt die Weiſe, wie die Weibchen auf den Blütenkörbchen von Taraxacum Pollen ſammeln: ſie liegen dabei auf einer Seite und wühlen, gleichſam wollüſtig im Kreiſe ſich fortbewegend, in der Blüte herum. Von Ende Mai an führen die Männchen Bienen: Sandbienen. Hoſenbiene. Holzbienen. 591 luſtige Spiele auf, indem fie niederes Geſträuch, Syringen- und Spiräengebüſch, in raſchem Fluge wieder und wieder umkreiſen. Sie haben dann den wichtigſten Zweck ihres Daſeins erfüllt, da ſie die Begattung der Weibchen vollzogen haben, und nun können ſie ſich dem Genießen hingeben. Aber auch dies währt nur kurze Zeit, denn im Juni findet man nur äußerſt ſelten noch ein abgeflogenes und kaum erkennbares Exemplar.“ Schenkelſammler finden wir bei den kahlen ſchwarzen Trugbienen der Gattung Panur- gus Panz., bei denen die Zahl der Kubitalzellen 2 beträgt. Bei ihnen find nicht nur Hinter⸗ ſchienen und Hinterferſen ringsum dicht mit Sammelhaaren beſetzt, ſondern auch Hinterſchenkel und Hinterhüften tragen unten lange Sammelhaare, an denen gleichfalls die von den Staub⸗ fäden abgeſtreiften Pollenkörner hängenbleiben und in das Neſt transportiert werden können. Die hiermit zuſtande kommende Sammeleinrichtung iſt nirgends jo ſchön wie bei der Hoſen⸗ biene, Dasypoda plumipes Panz., zu ſehen (Abb., S. 593), bei der das etwa 11—13 mm lange Weibchen an Hinterſchienen und Hinterferſen ringsum einen langen, buſchigen, fuchs— roten Haarbehang hat, ſo daß es ausſieht, als ob es ein Paar weiter Pluderhoſen trüge. Der Hinterleib iſt etwas niedergedrückt, kurz, ſchwarzhaartig und weiß gebändert, doch iſt die Behaarung bei dieſer in Europa weit verbreiteten Art ziemlich veränderlich und wird, nach Frieſe, im Süden heller, nach Norden zu, beſonders aber im Alpengebiete, dunkler. Das etwas kleiner bleibende Männchen beſitzt längere Fühler, hat ſchwächere Behaarung an den Hinterbeinen und beſucht gern Skabioſen, Habichtskräuter und Flockenblumen. Mit anderen Dasypoda⸗Arten ſtimmen die Hoſenbienen darin überein, daß fie an irgend⸗ einem günſtigen Platz geſellig beieinander niſten. Eine rieſige Dasypoda⸗Kolonie entdeckte Frieſe vor dem großherzoglichen Schloß in Ludwigsluſt, wo ſich zwiſchen den Steinen des Straßenpflaſters ſchätzungsweiſe mindeſtens 800 — 1000 Einzelnefter beieinander befanden. Nur wenigen iſt es bisher vergönnt geweſen, einen Einblick in das unterirdiſche Leben und Treiben zu tun, das ſich an einer ſolchen Stelle abſpielt. Einige Aufklärung hierüber haben Ausgrabungen von H. Müller gegeben. Hiernach legt jedes einzelne Bienenweibchen zunächſt einen langen, röhrenförmigen Gang an, der anfangs mehr wagerecht, dann aber in einigen Windungen bis zu 60 em Tiefe hinabführt. Unten auf dem Grunde des Ganges häuft dann das Bienchen eine Ladung Pollen nach der anderen an und muß jede Pollentracht eigens von den Blüten herbeiſchaffen. Sooft das Inſekt fortfliegt, um neuen Pollen zu holen, deckt es immer fürſorglich den ſchon herbeigebrachten Vorrat mit Sand zu. Die vollſtändige Pollen⸗ menge, die in etwa 5—6 Ernten eingeheimſt wird, beträgt etwa 10 — 23 eg, immerhin eine recht nennenswerte Leiſtung, wenn wir berückſichtigen, daß das Körpergewicht der Biene ſelbſt etwa nur 8 eg beträgt. Der Geſamtvorrat wird mit Nektar befeuchtet, eine Kugel daraus geformt, an dieſe ein Ei gelegt und der Gang mit lockerem Sande wieder vollgeſchüttet. In den Holzbienen (Xylocopa Latr.) treten uns die ſtattlichſten Mitglieder der Bienen⸗ familie entgegen. Es ſind plumpe, ungeſchlachte Geſtalten, zum Teil wahre Rieſenformen, die im Ausſehen etwas an Hummeln erinnern, aber noch nicht den vollkommenen Sammel⸗ apparat der letzteren beſitzen und einen mehr abgeflachten Körper mit kurzem anliegenden oder nur ſpärlich entwickeltem Haarkleide haben. Die Farben ſind häufig grell und lebhaft, auch die Flügel nicht ſelten dunkel ſtahlblau oder grünlich ſchillernd gefärbt. Die Radialzelle der Vorderflügel iſt beiderſeits zugeſpitzt und mit einem mehr oder weniger deutlichen Anhang verſehen. Die zweite Kubitalzelle iſt faſt dreieckig, die dritte ſo lang wie die beiden erſten Kubitalzellen zuſammen. Hinterſchienen und Ferſen tragen ein dichtes, zum Einſammeln von lockerem Pollen geeignetes, bürſtenartiges Haarkleid. Ihre Niſtſtätten ſuchen die Holzbienen in * erer 1 7 5 We 2 BER 592 Hautflügler. trockenem Holz, worin ſie lange, röhrenförmige Gänge ausnagen, die zur Aufnahme ihrer länglichen, in einer Reihe hintereinander liegenden Neſtzellen dienen. Das hauptſächliche Ver⸗ breitungsgebiet der Holzbienen ſind die heißen Länder, beſonders Afrika, wo es viele prächtige Arten gibt, die Weibchen oft blauſchwarz und mit ſchwefelgelben oder ſchneeweißen Haarbinden geſchmückt, während die zugehörigen Männchen, wie z. B. bei Xylocopa nigrita F., manchmal am ganzen Körper gleichmäßig gelbbraun behaart find. Bei der Indiſchen Holzbiene, Xylo- copa latipes Dr., einer großen, durch erzgrün ſchillernde Flügel ausgezeichneten Art, ſind die Männchen an den ſtark verbreiterten Schienen und Füßen ihrer Vorderbeine zu erkennen. Auch noch im mittleren Europa, hauptſächlich aber in den Mittelmeerländern kommen Holz⸗ bienen vor. Zu den häufigſten Erſcheinungen gehört dort die ſtattliche, prächtige Blaue Holz⸗ biene, Xylocopa violacea L., die in den öſterreichiſchen Küſtenländern, in Italien und Frank⸗ reich nirgends fehlt, ſoweit der Weinbau reicht, und ſelbſt in den klimatiſch begünſtigten Gegen⸗ den Deutſchlands, beiſpielsweiſe in der Rhein⸗ ebene, im Lahntal bis Gießen und im Untermain⸗ tal, heimiſch iſt und ſtellenweiſe dort durchaus keine Seltenheit bildet. Auch im Südoſten Deutſchlands fehlt das ſchöne Inſekt nicht, denn bei Breslau, Liegnitz und einigen anderen Orten der ſchleſiſchen Ebene iſt es nachgewieſen. Ja, es macht ſogar den Eindruck, als ob es die Neigung hat, in Deutſchland neuerdings mehr und mehr weiter nordwärts vorzudringen. Männchen und Weibchen überwintern, und wenn dann die warme Frühlingsſonne das Inſektenleben wieder hervorlockt, kommen auch unſere Holzbienen zum Vorſchein und umſummen Weidenkätzchen, Bie⸗ Blaue 18e, Xylocopa violacea L., nebſt bloß⸗ nenſaug und andere Blüten. Ihrer Größe wegen. gelegten Zellenröhren N letztere etwas von dem Unkundigen gewöhnlich für Hummeln gehalten, ſind ſie doch leicht kenntlich an der blauſchwarzen Farbe von Körper und Flügeln Das zweite Glied der Fühlergeißel iſt beim Weibchen ſo lang wie die drei folgenden zuſammengenommen. Beim Männchen ſind die Fühler vor ihrer Sförmig umgebogenen Spitze rotgelb gefärbt. Auch um morſche Baum: ſtämme, alte Pfoſten und ähnliches Holzwerk ſchwärmen die Bienen im Sonnenſchein eifrig umher, es ſind dies Weibchen, die unterſuchen wollen, ob es dort für ſie geeignete Niſtſtätten gibt. In den Weinbergen ſagen ihnen beſonders die Pfoſten und Latten zu, die die Winzer zum Anbinden der Reben verwenden. Die Biene nagt zunächſt in das trockene Holz ein rundes Eingangsloch, ſo weit, daß ſie bequem eindringen kann, und gräbt dann nach unten weiter, bis eine ſenkrechte Röhre zuſtande kommt, die oft über 30 em tief hinabreicht und zur Auf⸗ nahme der Zellen dient. Nun wird Honig, vermiſcht mit Blütenſtaub, auf den Boden der Neſtröhre eingetragen, ein Ei darauf gelegt und etwa in der Höhe, welche der Breite der Neſtröhre gleichkommt, ein Deckel aus konzentriſchen Ringen von zuſammengekneteten Säge⸗ ſpänen aufgeſetzt. Die erſte Zelle iſt hiermit geſchloſſen und damit auch ſchon der Boden für die zweite, höher gelegene Zelle gewonnen, die mit der gleichen Futtermenge und mit einem Ei ausgeſtattet wird, worauf dann die dritte Zelle in Angriff genommen werden kann. So PG Hinterferſen. Den Blütenſtaub tragen GGG Bienen: Holzbienen. Euglossa. Langhornbienen. Pelzbienen. 593 geht die Arbeit weiter, bis die ganze Neſtröhre von einer Reihe übereinander geſchichteter Zellen erfüllt iſt. Ahnlich wie es in Südeuropa alljährlich zwei aufeinanderfolgende Bruten von Holzbienen gibt, hat man dasſelbe auch in einigen Gegenden Deutſchlands beobachten können, beiſpielsweiſe im Mainzer Becken, das ja durch ſein mildes Klima berühmt iſt. Im Lahntal dagegen ſcheint jährlich nur eine Generation vorzukommen. Im tropiſchen Amerika hat die Bienengattung Euglossa Latr. ihre Heimat, deren Arten in funkelnden, metalliſch grünen, blauen oder goldigen Farben ſchillern und einen bezaubern⸗ den Anblick gewähren, wenn ſie im leuchtenden Glanze der Tropenſonne die Blüten umſpielen. Die Euglossa- Bienen ſind ſämtlich hochorganiſierte Bienen, wie ſich an ihrem weit über körperlangen Saugrüſſel zeigt. An der Außenſeite der Hinterſchienen be⸗ ſitzen ſie eine körbchenartige Vertie⸗ fung, in der Klümpchen von Blüten⸗ ſtaub oder Harzteilchen, welche die Weibchen beim Neſtbau verwenden wollen, heimwärts getragen werden. Bei europäiſchen Einzelbienen kommen Körbcheneinrichtungen nicht vor. Die höchſtſtehenden Arten ſind hier Schienenſammler mit kräftigem Borſtenbeſatz an Hinterſchienen und ſie aber auch niemals in trockenem Zuſtande ein, ſondern befeuchten die Pollenmaſſen mit Speichel oder au⸗ geſpienem Honig, ſo daß zuſammen⸗ geballte Klümpchen entſtehen, die, feſt zuſammengepreßt, wenig Raum be⸗ anſpruchen und daher leicht fort⸗ getragen werden können. In dieſe 7 Gruppe gehören die hübſchen L an 9 > 1) Männchen der Langhornbie ne „Eucera longicornis L.; 2) Weib⸗ hornbienen (Eucera Lair), die als den und e) Miungen ber e deb. 5 2 85 ausgeſprochene Steppenbienen ihre größte Mannigfaltigkeit an Arten und Individuen in Ungarn, Südrußland und Turkeſtan ent⸗ falten, aber auch im mittleren Europa nicht fehlen, wo Eucera longicornis L. bis England und Mittelſchweden verbreitet iſt. Die Langhornbienen zeigen ſich bei uns im Hochſommer, beſuchen eifrig die Blüten und ſaugen mit ihrem langen Rüſſel beſonders fleißig an den Blu⸗ men des Rosmarins, wobei ſie weſentlich zu deren wechſelſeitiger Beſtäubung beitragen. Die Männchen erkennen wir auf den erſten Blick an ihren rieſig verlängerten Fühlern, die Weib⸗ chen ſind von plumper Form und am Hinterleibe gewöhnlich mit hellen Querbinden geſchmückt. Die Pelzbien en (Anthophora Latr.), gleichfalls hochſtehende Bienen, leiten mit ihrer gedrungenen Geſtalt und der dichten, pelzigen Körperbehaarung unverkennbar zu den Hummeln Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. BR 38 N av IT. 994 . Hautflügler, über, denen ſie an Rüſſellänge keineswegs nachſtehen. Ihrem Semmel nach ſind die Pelzbienen ausgeprägte Schienenſammler, die aber noch trockenen Pollen eintragen. Ein Körb⸗ chen, das wir bei den Hummeln und anderen ſtaatenbildenden Bienen allgemein antreffen, finden wir bei ihnen noch nicht. Die größte Zahl von Pelzbienenarten iſt zwar in den wär⸗ meren Gegenden von Mittelaſien und den Mittelmeerländern verbreitet, als Blumenbeſtäuber ſpielen dieſe Bienen aber auch in der heimiſchen Flora eine immerhin beachtenswerte Rolle. In die roten und weißen, in Trauben ſtehenden Blumen des zeitig im Frühjahr in Gebüſchen und im Laubwalde blü⸗ henden Lerchenſporns gen außer den Honig⸗ zuführen, und die zeitig biene, Anthophora acervorum L., ſtattet Beſuche ab, daß ſie wohl kaum eine von ihnen unbefruchtet laſ⸗ ſen. Die Neſter werden weilen auch an graſigen 2 Abbildung zei Neſtbauten der Wand⸗Pelzbiene, Anthophora parietina F. Oben links eine Pelzbiene ſtehende f 5 9 zeigt mit vorgeſtrecktem Saugrüſſel, rechts zwei fliegende Tiere. Unten rechts Kegelbiene, Coe- den Grundriß eines lioxys rufescens Lep. fliegend), links davon Trauerbiene, Melecta armata Panz. (auf einem Neſtrohr ſitzend). Natürliche Größe. Neſtes von Anthophora parietina F. Der hori⸗ zontale Hauptgang, den die Biene in einer Lehmwand angelegt hat, teilt ſich in etwa 2 bis 3 em Tiefe in mehrere Aſte, von denen jeder zur Aufnahme von drei bis vier Zellen dient. Die Zellen ſind derartig angeordnet, daß jedesmal der Deckel einer Zelle gleichzeitig den Boden der folgenden bildet. Hat die Biene alle Zellen, eine nach der anderen, gefüllt und fertiggeſtellt, jo verſchließt fie der Sicherheit halber den Hauptgang noch durch einen beſon⸗ deren Lehmpfropfen. Das Merkwürdigſte aber iſt ein an der Außenſeite vor dem Bohrloch angebrachter, wie ein Waſſerhahn gekrümmter Vorbau, deſſen Bedeutung zwar noch nicht völlig klargelegt erſcheint, deſſen Herſtellungsweiſe aber Frieſe beobachten konnte. Als Ma⸗ terial hierzu benutzt das mit dem Bau beſchäftigte Bienenweibchen den zuerſt angefeuchteten und dann losgeſchabten Lehm aus dem Bohrloch, „indem ſie kleine Ballen mit den Vorder⸗ beinen und Kiefern formt und nun dieſen abgerundeten Ballen nach hinten unter ihrem Leibe hinweg transportiert und ihn mit den Hinterbeinen und dem beweglichen After an die äußere im Jahre fliegende Pelz⸗ dieſen Blüten 5 häufige (Corydalis cava) pfle- bienen nur Pelzbienen ihre langen Rüſſel ein⸗ bei den Pelzbienen ſehr oft an ſteilen Lehm⸗ wänden angelegt, bis⸗ a Böſchungen oder im ſpärlich bewachſenen Steppenboden. Die bei⸗ Bienen: Pelzbienen. Mauerbienen. 595 Lehmwand anklebt. Zu Anfang werden dieſe Klümpchen eng aneinandergelegt, um einen feſten Ring um die Offnung zu bilden, ſpäter werden ſie immer lockerer zuſammengefügt, bis ebenſo große Zwiſchenräume, wie die Klümpchen ſelbſt ſind, dazwiſchen liegen.“ 2 ©. Bauchſammler (Gastrilegina). Die folgenden Arten von Einzelbienen find Bauchſammler (Gastrilegina). An der Unterſeite ihres Hinterleibes haben die Weibchen eine mehr oder minder dichte Bürſte von langen Haaren, mit denen ſie den Blütenpollen von der Blume abfegen und zum Neſte bringen. Die * kurze, kräftige Haarbürſte, die ſich außerdem noch an den Hinterferſen befindet, wird beim Ein⸗ ſammeln nicht benutzt, ſondern dient nur dazu, um den heimgebrachten Pollen im Neſte von der Bauchbehaarung abzuſtreifen. Die Mundteile ſind bei allen Bauchſammlern hochentwickelt, wie ſich wieder hauptſächlich an der Länge der Zunge zeigt, die mitunter über körperlang wird. Die Vorderkiefer ſind kräftig, eignen ſich meiſt vorzüglich zum Graben und Bauen, wandeln ſich aber bei der 3,8 em langen Indiſchen Rieſenbiene, Megachile pluto F. Sm., zu zwei gewaltigen, weit vorſtehenden Zangen um. In den Vorderflügeln ſind zwei Kubitalzellen zu unterſcheiden. Der Gattung Osmia Pans. gehören die Mauerbienen an, die in zahlreichen Arten hauptſächlich die nördlich gemäßigten Zonen bevölkern, in Südamerika und Auſtralien aber vollkommen fehlen. Der Hinterleib iſt oval, der Körper dicht behaart und zuweilen von ſchöner metalliſcher, blaugrüner Farbe. Das Weibchen der Klatſchmohnmauerbiene, Osmia papaveris Latr., ein 10—11 mm langes ſchwarzes, gelbgrau behaartes Tierchen, gräbt ſich im Juni oder Juli eine flaſchenförmige, unten erweiterte Höhlung im ſandigen Boden als Neſtzelle aus, fliegt zu den leuchtend roten Blütenblättern des Klatſchmohns, ſchneidet aus ihnen Stücke heraus und tapeziert damit ſorgfältig die Wände ſeiner Zelle. Dann fliegt das Weibchen geſchäftig zur blauen Kornblume (Centaurea cyanus), holt von dort Blütenſtaub und Nektar und verſchließt, nachdem es ein Ei auf den Nahrungsballen gelegt hat, mit den oberen Mohnblättern das Neſt. Wenn es dann zum Schluß noch Erde und Sandkörnchen darüber geſcharrt hat, ſo wird es auch dem ſchärfſten Auge nicht mehr gelingen, die Niſtſtätte aufzufinden. Die aus Trieſt bekannte Brombeermauerbiene, Osmia rubicola Fr., zieht Brombeerſtengel als Behauſung vor und baut in ihnen eine lange Reihe von aufeinander⸗ * folgenden Zellen, die durch ſchmale Stückchen von Pflanzenmark voneinander geſchieden werden. Wenn in den Zellen neue Osmien entſtanden ſind, ſo kommen ſie alle eine nach der anderen aus dem oberen freien Ende der Stengelhöhle herausſpaziert; wenn aber, wie dies nicht ſelten vorkommt, eine oder die andere Zelle von einer Schlupfweſpe, Cryptus rubicola Br., an⸗ geſtochen war, ſo nimmt der Schmarotzer nicht den üblichen Ausgang, den die Bienen nehmen, ſondern nagt ſich ſelbſt ein Loch gerade durch den Stengel hindurch, um auf dem kürzeſten Wege das Freie zu gewinnen. Andere Osmien wiſſen ſich leere Schneckenhäuſer zunutze zu machen, kriechen hinein, legen ihre Zellen im Inneren des Gewindes an und verſchließen die Offnung des Schnecken⸗ hauſes mit einem aus zerkauter Pflanzenmaſſe hergeſtellten Deckel. Hiermit nicht genug, ſorgen ſie auch noch dafür, daß zwiſchen dem Deckel und der erſten Neſtzelle immer ein kleiner Luft⸗ raum übrigbleibt. Keiner Schlupfweſpe iſt es dann mehr möglich, mit ihrem Stachel bis 4 zu einer der Neſtzellen vorzudringen, falls ſie die Abſicht haben ſollte, dort ihre Kuckuckseier abzulegen. Die an ihrem ſchwarz behaarten Kopf und Mittelleib und rot behaarten Hinter⸗ körper leicht erkennbare Osmia bicolor Schl. (Abb., S. 596), die ſchon im März fleißig die 3 En bejucht, geht aber noch vorfichtiger zu Werke, denn fie ſchleppt nach Vollendung ihres 38 * ee Te N ̃ ̃ ͤůAV0uü! I RE EEE 596 Hautflügler. Neſtes Kiefernnadeln herbei und errichtet mit ihnen einen Schutzbau, der das Schneckenhaus völlig verdeckt. Hoffer hat das fleißige, in Nord⸗ und Mitteleuropa verbreitete Bienchen bei dieſer Arbeit beobachtet. „Es iſt ſehr anziehend, zuzuſchauen, wie das kleine, aber robuſte Tier die längſten Föhrennadeln durch die Luft trägt, Nadeln, die viermal länger ſind als das Tier ſelbſt. Aus dieſen baut es nun gerade ſo ein Gerüſt auf, wie der Menſch das Zeltgerüſt, alle Nadeln kreuzen ſich oben und werden durch den klebrigen Speichel des Tieres ſo feſt ver⸗ bunden, daß man das ganze Häufchen abheben kann, ohne daß es zerfällt. So ſchleppt ſie 20 —30 Nadeln zuſammen und gönnt ſich dabei nur ſehr wenig Ruhe. Eine arbeitete auf dieſe Weiſe mehr als anderthalb Stunden. Iſt das Grundgerüſt fer⸗ tig, ſo bringt ſie Hälmchen, Moos⸗ ſtückchen und ähn⸗ liches Geniſte her⸗ bei und verſteckt auf dieſe Weiſe das Schneckenhaus ſamt Inhalt voll⸗ ſtändig. Nach eini⸗ ger Zeit macht ſie es mit einem zwei⸗ ten, dritten uſw. geradeſo.“ „Von Osmia bi- cornis L.“, ſchreibt in Thüringen einſt Bweifarbige Mauerbiene, Osmia bicolor Schrk., bei der Herſtellung eines Schutzbaues für eine ganze Kolonie ihr in einem leeren Schneckenhaus untergebrachtes Neſt. Links das von den N Kiefern⸗ 1 nadeln befreite Schneckenhaus. Natürliche Größe. > dem Dachrohr eines Viehſtalles bei Eylau angelegt. Die Tierchen hatten die hohlen Rohrſtengel, ebenſo wie vorhin beſchrieben, zu ihren Zwecken hergerichtet.“ Oft genug kommt es aber, nach Schmiedeknecht, „auch vor, daß ſie eine falſche Wahl trifft und z. B. ein Schlüſſelloch als Eingang zu ihrer Wohnung benutzt. Ich habe dies oft in unſerem alten Gartenhauſe in Stadtilm beobachtet. So wurde mir ferner vor einigen Jahren mitgeteilt, daß ein Gaſt in dem allbekannten Gaſthauſe „Chryſo⸗ pras“ am Eingang in das Schwarzatal nach einer längeren Abweſenheit höchſt ungehalten auf den Wirt war, weil während dieſer Zeit das Schlüſſelloch in ſeinem Sekretär mit Lehm verklebt worden ſei.“ In einem anderen Fall, von dem Smith berichtet, entdeckte ein Osmia bicornis⸗Weibchen eine in einer Gartenlaube liegengebliebene Flöte, fand dieſe für ihren Neſt⸗ bau beſonders geeignet und baute flugs zehn ihrer Zellen hinein. ö Die Wollbienen (Anthidium F.) ſind über alle Erdteile verbreitet und fallen durch ihre bunten, gelben Zeichnungen auf dem dunkeln, ſpärlich behaarten oder faſt nackten Körper auf. Das Hinterende iſt bei den Männchen nicht nur oft mit eigentümlichen Zacken und Dornen Frieſe, „fand ich i r Bienen: Mauerbienen. Blattſchneiderbienen. 597 bewehrt, ſondern die Männchen können in der Regel auch ihren Hinterleib vollkommen nach unten umbiegen und auf dieſe Weiſe ihre ſpitzigen Waffen in recht erfolgreicher Weiſe zur Abwehr von Feinden verwenden. Die bekannteſte einheimiſche Art dieſer hauptſächlich in Südeuropa und in den wärmeren Ländern heimiſchen Gattung ift Anthidium manicatum I., ein hübſches Tierchen, das ſich hauptſächlich im Juni und Juli bei uns zeigt und beſonders Labiaten, Papilionazeen und Malvazeen beſucht. Sehr merkwürdig iſt die Art des Neſtbaues, die zu dem Namen Wollbiene Veranlaſſung gab. Hat das Bienenweibchen eine paſſende Niſt⸗ ſtätte, etwa eine hohle Stengelröhre oder einen Spalt, entdeckt, ſo ſchabt es mit den Kiefern die Wolle von ſtark behaarten Blättern ab und trägt die Pflanzenwolle mit den Beinen zur Auspolſterung der Neſtröhre ein. Wolle dieſer Art liefern beſonders die Blätter von Stachys, von Ballota nigra und Salvia. In dem eingetragenen Wollklümpchen bereitet die Biene eine Höhlung, ſchmiert ſie inwendig mit erhärtendem Schleim aus, füllt dann die Höhlung mit Futterbrei, legt ein Ei hinzu und ſchließt hierauf das Neſtchen wieder mit Pflanzenwolle ab. Von verſchiedenen ausländiſchen Anthidien iſt übrigens bekannt, daß ſie an Stelle von Pflanzen⸗ haaren Harz und Erdteilchen zum Neſtbau benutzen. Die Gattung Megachile Latr., nächſt den Sandbienen die artenreichſte Bienengattung, iſt über die ganze Erde verbreitet un) kommt beſonders in den Tropen in vielen zum Teil recht ſtattlichen Formen vor. Alle Arten find kenntlich an ihrem breiten, oben etwas ab⸗ geflachten Körper, zeigen ſich in unſeren Breiten zur wärmſten Zeit im Hochſommer und be⸗ ſuchen beſonders Korbblüter und Schmetterlingsblüter, um von erſteren Pollen, von letzteren Nektar zu entnehmen. Die Blattſchneiderbienen, die der Gattung Megachile im engeren Sinne angehören, haben die merkwürdige Gewohnheit, große Stücke aus Blättern von Bäumen und Sträuchern herauszubeißen und die geraubten Blatteile zur Herſtellung ihrer Neſtzellen zu verwenden. Im heißen Sonnenſchein während der Vormittagsſtunden gelingt es, wie zuverläſſige Beobachter ſchildern, am leichteſten, die Tierchen bei ihrer Arbeit zu überraſchen. Freilich muß man ſich ihnen vorſichtig nähern, ſonſt huſchen ſie im Nu davon. Verhält man ſich aber regungslos, ſo dauert es nicht lange, bis eines nach dem anderen wiederkommt. Den Hinterleib hoch aufgerichtet, ſetzt ſich bald hier, bald dort eines der geſchäftigen Tierchen auf ein Blatt, ſchneidet raſch mit den ſcharfen Kiefern ein rundes oder ovales Stück heraus und eilt, dasſelbe zwiſchen den Kiefern haltend, davon. Nun geht es eilig zum Niſtplatz zurück, den die Biene ſich ſchon vorher ausgeſucht hat, und der ſich etwa in einem hohlen Pflanzenſtengel oder in einem morſchen Baum befindet, in dem fie vielleicht irgendeinen alten Bohrgang einer — Wieidenbohrerraupe ausgenagt hatte, um ſich damit eine paſſende Neſtröhre zu ſchaffen. Heim⸗ wärts gelangt, weiß das Bienchen ſein Blattſtück geſchickt in die Neſtröhre einzuſchieben, da⸗ mit es dort die Seitenwand einer Neſtzelle bilden hilft. Nach Schenck ſind neun ſolcher ovalen Blattſtückchen notwendig, um die Seitenwand der Zelle herzuſtellen. Alle dieſe Stücke werden ſo aneinandergefügt, daß ſie feſt zuſammenhalten und wie zuſammengeleimt ausſehen. Vor⸗ her hatte die Biene bereits den Boden der Zelle fertiggeſtellt, der aus kreisrunden Blatt⸗ ſtückchen aufgebaut wird. Nun wird in die noch offene fingerhutförmige Zelle Blütenſtaub eingetragen, ein Ei hinzugeſetzt, die Zelle durch einen Deckel aus Blattſtückchen geſchloſſen und ſofort der Bau der nächſten Neſtzelle in Angriff genommen, bis etwa acht bis zehn ſolcher Zellen wie eine lange Walze in der Neſtröhre hintereinander liegen. Die Blattſchneiderbienen können mitunter recht ſchädlich werden. Megachile centuncu- Alaris L., eine der häufigſten europäiſchen Arten, eine etwa 10—12 mm lange, ſchwarze, 3 gelbbraun behaarte Biene, deren Weibchen unten an der Bauchſeite des Hinterleibes mit BagE = Hautflügler. einer ſchönen rotbraunen Sammelbürſte ausgeſtattet ſind, ſucht Roſenbüſche heim, wobei die Tierchen mit beſonderer Vorliebe zu irgendeinem beſtimmten Buſch fliegen und immer wieder zu ihm zurückkehren, um an ſeinen Blättern das Zerſtörungswerk auszuüben. So kann es kommen, daß man dann an dem betreffenden Strauch bald kein einziges unbeſchädigtes Blatt mehr findet. Die untenſtehende Abbildung zeigt ein von Blattſchneiderbienen bearbeitetes Roſenblatt mit kreisrunden und ovalen Ausſchnitten; oft ſieht man auch kurze keilförmige Einſchnitte, die dann zuſtande kommen, wenn die Biene beim Schneiden gestört worden war und ihre Arbeit nicht vollenden konnte. Gemeine Blattſchneiderbiene, Megächile centuncularis L. a) Weibchen, b) Männchen, c) Roſenblatt mit mehreren Aus⸗ ſchnitten und der arbeitenden Biene; d) ein Neft in einem Weidenſtamm; e) eine einzelne Zelle; 9 Deckelſtück; g), h) Seitenſtücke; i) ſenkrechter Schnitt durch eine Zelle mit dem am Boden liegenden Futterbrei; k) Puppengehäuſe. a) und b) vergrößert, e) bis k) in 3 Größe. a Baukünſtler, die es verſtehen, ſteinharte Bauwerke aus zuſammengekitteten Erd⸗ und Sandteilchen auszuführen, enthält die Untergattung Chalicodoma Lep. Die Mörtelbiene, Chalicodoma muraria F., iſt in Mittel⸗ und Südeuropa weit verbreitet, ſtellenweiſe auch im ſüdweſtlichen Deutſchland, z. B. in der Gegend von Straßburg ſehr häufig, wo beſonders Frieſe und Carriere Gelegenheit gehabt haben, ihre Lebensgewohnheiten genau zu beobachten. Die Mörtelbiene iſt eine der ſchönſten einheimiſchen Bienen. „Das Weibchen, mit Ausnahme der roſtroten Sammelbürſte ganz in ſchwarzen Samt gekleidet, die ſchwärzlichen Flügel mit ſchn violettem Schimmer, erreicht eine Größe von 15—20 mm, das kleinere und ſchlankere Männchen, 11—16 mm lang mit leicht bräunlichen, waſſerhellen Flügeln, iſt in braungelben oder rötlich glänzenden Pelz gehüllt, der nur am Ende des Hinterleibes, vom vierten Ringe an, ſchwärz⸗ lich gefärbt iſt. Ende April oder Anfang Mai, je nach der äußeren Wärme, erſcheinen zuerſt die Männchen, einige Tage ſpäter die Weibchen an Blüten fliegend, ſich kräftigend und be⸗ gattend. Abends verkriechen ſie ſich, oft mehrere zuſammen, in Spalten der von ihnen be⸗ 85 wohnten Mauer, aus denen ſie nach den kühlen Nächten des Frühlings erſt ſpät am andern | 3 F NMRA 9 r Bienen: Mörtelbiene. 599 Morgen durch die wärmenden Sonnenſtrahlen hervorgelockt werden. Die Männchen ſterben bald, nachdem ſie ihre Pflicht den Weibchen gegenüber erfüllt haben; für die Weibchen beginnt Anfang oder Ende Mai die mit ſo großer Energie betriebene Bautätigkeit.“ Ein günſtiger Platz an einer der Sonne ausgeſetzten Felswand oder Mauer iſt bald gefunden. „Die erſte Zelle wird möglichſt in einer Vertiefung, ungern auf der glatten Oberfläche der Quaderſteine angelegt, nie auf dem Zementmörtel der Mauerfugen. Als Bauſtoff dient zunächſt ein aus ſehr feinem Sande bereiteter Kitt, der in dünner, gleichmäßiger Lage auf den Stein aufgetragen wird, und mit welchem die Biene ſpäter aa die Innenſeite der Zelle, deren Rückenwand der Stein bildet, ausſtreicht. Bei dem weiteren Bau kommen gröberer Sand, ſpäter auch kleine Stein⸗ chen zur Verwendung. Der zwiſchen Kopf und Vorderfüßen eingeklemmt herangetragene Bauſtoff wird mit Drüſenſekret (Speichel) durchknetet und in Form beiderſeits zu⸗ geſpitzter, ungefähr 6 mm langer, in der Mitte 2 mm dicker Wülſte auf⸗ getragen. Nach außen ſtehen die Wülſte vor, auf der Innenſeite wer⸗ den ſie ſorgfältig geglät⸗ tet. Iſt eine Zelle fertig, ſo fliegt die Biene zu Blüten, beſonders denen . * des Hornklees (Lotus), Bauten der Mörtelbiene, . rg Links Weibchen, rechts Männchen. des Salbei (Salvia) oder der Eſparſette, ſtreicht den Pollen, den ſie dort einheimſt, von der Sammelbürſte in die Zelle und ſpeit aufgeſchlürften Nektar darüber, ſo daß ſich ein brauner, honigartiger Futter⸗ brei bildet, auf den ſie nun ihr Ei legt und die Zelle alsbald vermauert.“ Auf dieſe Weiſe wird Zelle an Zelle gefügt, alle ſenkrecht gejtellt, bis von ihnen etwa 57 vorhanden find, an die ſich gewöhnlich noch oben und unten, manchmal auch ſchräg von den Seiten einige mehr wagerecht liegende Zellen anſchließen, damit der ganze Komplex eine beſſere Abrundung erhält. Nie iſt aber die Arbeit als „Rohbau“ ſichtbar, denn kaum ſind die erſten Zellen vollendet, ſo beginnt auch bereits die Arbeit des Verkleidens. Die Zellen und etwaigen Vertiefungen zwiſchen ihnen werden nämlich ſtets noch mit einem Mörtel aus kleineren und gröberen Sandkörnchen und Steinchen überkleidet, bis das ganze Neſt eine gleich⸗ mäßig gewölbte Überdeckung erhält. „Nach Fertigſtellung dieſer Arbeit, die die Bienchen noch oft ſpät im Juli beſchäftigt, ſehen die Neſter etwa einem Häufchen gegen die Mauer geworfenem Kot täuſchend ähnlich, ſo daß ſelbſt die geübteſten Augen ſie noch oft überſehen.“ Die Ent⸗ wickelung der aus den Eiern entſtehenden Larven, die ihren Honigvorrat nach und nach en a ee F 600 Hautflügler. verzehren und ſich dann jede in ihrer Zelle in einem durchſichtigen Kokon einſpinnen, iſt bereits im Herbſte beendet, doch ſchlüpfen die jungen Bienen erſt im folgenden Jahre aus. Im Norden kann bei ungünſtiger Witterung die Entwickelungsdauer auf zwei Jahre verlängert werden, wie dies beiſpielsweiſe in Thüringen beobachtet worden iſt. D. Schmarotzerbienen. Die Schmarotzerbienen bilden keine einheitliche Gruppe, denn ganz verſchedene Einzel⸗ bienen haben die Gewohnheit angenommen, keine eigenen Neſter zu bauen, ſondern ſich in die Neſter fremder Bienen einzuſchleichen und ihre Eier in den Zellen ihrer „Wirte“ unter⸗ zubringen. In der Regel iſt es ſo, daß das Weibchen einer ſolchen Schmarotzerbiene oder Kuckucksbiene ſein Ei in die noch unfertige, aber ſchon mit Futter verſorgte Zelle legt. Kommt dann die Wirtsbiene zurück, ſo fügt auch ſie ihr Ei hinzu, und es ſind dann in der Zelle zwei Eier vorhanden. Von dieſen entwickelt ſich aber nur das Schmarotzerei weiter, während das Ei der Wirtsbiene oder die ſpäter daraus entſtehende Larve immer zugrunde gehen. Den Schmarotzerbienen, die ja der Sorge um die Heranbildung von Nachkommenſchaft enthoben ſind, fehlt ein Sammelapparat an Bauch und Beinen gänzlich. Hiermit nicht genug, pflegt auch das übrige Haarkleid am Körper mehr oder weniger rückgebildet zu ſein, und ſo kommt es, daß die meiſten der hierhin gehörenden Arten uns durch ihr kahles Außere über⸗ raſchen, das im Verein mit den häufig vorkommenden lebhaften gelben, roten oder blauen Farben den Tieren etwas Weſpenähnliches im Ausſehen gibt. Wer ein aufmerkſames Auge beſitzt, wird daher im Freien derartige Schmarotzerbienen ziemlich leicht bemerken. Unruhigen Fluges treiben ſie ſich an Lehmwänden und Kiesgruben oder ähnlichen Stellen umher, an denen Einzelbienen ihre Wohnungen haben, aber ebenſooft findet man ſie auch an Blüten, an denen ſie mit ihren hochentwickelten Mundteilen ſaugen. So ſind, wie Frieſe ſagt, die Schmarotzerbienen „ausgeſprochene Blumenfreunde geblieben, die des Nektars in ausgedehntem Maße bedürfen, um ihren anhaltenden Spionierdienſt erfolgreich leiſten zu können“. Wenn im Frühling die Sandbienen mit der Anlage ihrer unterirdiſchen Bauten be⸗ ſchäftigt ſind, zeigen ſich die Bienen der Schmarotzergattung Nomada F., hübſche, meiſt bunt gefärbte Tierchen, die mit ihrem kahlen, hinten zugeſpitzten Hinterleibe und ihren roten oder ſchwefelgelben Flecken und Querbinden eher wie Weſpen als wie Bienen ausſehen. Das Schildchen trägt zwei kleine Höcker. Die Vorderflügel ſind an der Spitze oft leicht getrübt. Die Radialzelle iſt lang. Von den drei Kubitalzellen iſt die erſte am größten, die zweite und dritte find ungefähr gleichgroß. Die Nomada⸗Bienen laſſen ſich gern auf Blüten ſehen, manche treiben ſich ſogar ſchon zeitig im Frühjahr auf Weidenkätzchen umher und beſuchen ſpäter Stachelbeerblüten und blühende Kräuter. Am Abend oder an unfreundlichen Tagen kann man ſie bisweilen überraſchen, wie ſie mit den Kiefern feſtgebiſſen, an einem dünnen Zweig oder einem Blättchen hängen und nun regungslos mit angezogenen Beinen und Fühlern den ganzen Körper frei herunterbaumeln laſſen, eine immerhin recht eigentümliche Art des Schlafens, die aber auch noch von einigen anderen Hautflüglern bekannt iſt. Haben ſie ſich ſchließlich genügend umhergetrieben und Gelegenheit gefunden, mit den Artgenoſſen anderen Geſchlechts Bekanntſchaften anzuknüpfen, ſo ſehen wir, wie die Weibchen an heißen, ſonnigen Tagen in unruhigem Fluge niedrig über den Erdboden dahinſtreichen. Sie wollen jetzt ihre Eier unter⸗ bringen und ſpüren zu dieſem Zwecke fremde Bienenneſter, meiſt die Erdneſter von Andrena- oder von Halietus-Arten oder auch von anderen Bienen, auf. Geſchickt weiß hierbei das No- mada- Weibchen ſich gewöhnlich gerade den Zeitpunkt zunutze zu machen, wenn die fremde * e EN”, FE 1 1 { 2 > @ 3 T 4 neee f * N Abr 60 N mäſtende Nomada⸗Larve wies den Schmarotzerbienen zu haſ⸗ 9 genteil, das Verhältnis zwi⸗ r ee ee Hana En ea INCH . Bienen: Schmarotzerbienen (Nomada. Coelioxys). 601 Wirtsbiene ihre bereits mit Futter verſorgte Neſtzelle noch einmal verlaſſen hat, um vielleicht das letzte herbeizuſchaffen, ehe ſie ihr Neſt endgültig ſchließt. In dieſem Augenblick kriecht die Nomada in die verlaſſene Zelle, legt geſchwind ihr Kuckucksei in die fremde Wohnung und entfernt ſich wieder, ſo daß die heimkehrende rechtmäßige Beſitzerin des Baues, ohne etwas Außergewöhnliches zu bemerken, unbekümmert auch ihr eigenes Ei hinzufügt und das Neſt in üblicher Weiſe verſchließt. Man darf ſagen, daß in einem ſolchen Falle die Brut der Wirtsbiene ſo gut wie immer verloren iſt, denn die aus dem Schmarotzereientſtehende Larve wächſt raſch heran und bean⸗ ſprucht dabei ſo viel Futter, daß für den anderen Zellen⸗ genoſſen, falls er überhaupt noch zur Entwickelung gelangt, nichts übrigbleibt. So muß der Nachkomme der Wirtsbiene zugrunde gehen, während die ſich von dem fremden Futter der zu einer neuen Biene wird. Man glaubte früher, daß die Wirtsbienen, die natürlich alle Urſache haben müßten, die ſich frech in ihre Neſter einſchleichen⸗ ſen, bemüht wären, mit allen Kräften dieſe gefährlichen Feinde von ihren Niſtplätzen fernzuhalten; aber nichts von alledem iſt der Fall. Im Ge⸗ ſchen den Wirtsbienen der Gattung Andrena und ihren * ale Nomada- Scmaropern it, e de ese deter . d. d ge mer ee wie verſchiedentlich beobachtet wurde, ein durchaus ungetrübtes oder, richtiger geſagt, vollkommen gleichgültiges. Carriere weiß hiervon zu berichten, er ſah einſt, wie eine heimkehrende Andrena ovina Kl. ihren Bau von einem fremden Nomada⸗ Weibchen beſetzt fand, das ſich während ihrer vorüber⸗ gehenden Abweſenheit eingeſchlichen hatte. Anſtatt nun ſofort über letzteres herzufallen, war⸗ tete die Andrena ganz ruhig am Neſteingange, bis der Fremdling wieder herausſpaziert kam, tat ihm nicht das geringſte zuleide und ging dann, als ob überhaupt nichts geſchehen wäre, ohne Argwohn in ihre Wohnung. Bei den Kegelbienen der Gattung OCoelioxys Latr. find die Weibchen ausgezeichnet durch den kegelförmigen, hinten ſpitz auslaufenden Hinterleib, die Männchen durch die ſpitzen Dornen, die ſie am Ende desſelben tragen. In Afrika ſind die Kegelbienen durch viele prächtig 602 | Hautflügler. blau gefleckte Arten vertreten, die größte ift die reichlich 2,5 cm Länge erreichende ſchwarze, am Kopf rotgelb behaarte Coelioxys ducalis Sm., die in Celebes und Formoſa zu finden iſt. Unſere deutſchen Arten, wie die am Hinterleibe ſeitlich weißlich gefleckte Coelioxys quadriden- tata L., fliegen, nach Rudow, „langſam mit hellem, pfeifendem Geſumme an Ballota, Ori- ganum, Echium, Skabioſen, Rubus. Eigenartig iſt ihr Verhalten während der Nachtruhe. Schon vor Sonnenuntergang ſetzen ſie ſich an Pflanzenſtengel dicht unter ſchützende Blüten⸗ ſtände, beißen ſich mit den Kiefern feſt, ſtrecken die Beine als Stütze nach vorn und den Hinter⸗ leib wagerecht nach hinten. In dieſer Lage ſind ſie leicht zu fangen, da ſie keine Flucht⸗ verſuche machen, wohl aber den Kopf ſitzen laſſen, wenn man ſie ſchnell abzunehmen verſucht. Man findet ſie als Schmarotzer von Erdbewohnern.“ Die Abbildung auf S. 594 zeigt uns Coelioxys rufescens Lep., die die Neſter der Pelzbiene, Anthophora parietina F., auf- ſucht, um dort ihre Eier unterzubringen. Bei der gleichen Art ſchmarotzt auch die ebene 2: dargeſtellte Trauerbiene, Melecta armata Pans. Nicht allein die erdbewohnenden Bienen haben unter den Beſuchen von Kuckucksbienen zu 4 leiden, auch die freien oberirdiſchen Neſtbauten anderer Arten werden heimgeſucht. So ſchützt ſelbſt die vollendete Baukunſt der Mörtelbiene deren Neſter nicht vor dem gefährlichen Schmarotzer⸗ geſindel, das es verſteht, ſich heimlich Zugang zu verſchaffen, bevor noch der Baumeiſter ſeine Ar⸗ beit beendet hat. Bei unſerer gewöhnlichen Mörtelbiene iſt es eine kleine, 5—8 mm lange Biene, Stelis nasuta Latr., ein rotbeiniges, ſchwarzes, am Hinterleibe weiß geflecktes Tierchen, deſſen verlängerter Kopfſchild ausgerandet iſt. Wie Carriere beobachtete, ſchleicht ſich die kleine Stelis in die Neſtzellen ein und legt ihre 8 winzigen Eier zierlich in zwei Reihen neben das Chali- codoma-Ei. „Dann flieht fie, ehe die Chalicodoma zurückkehrt. Verſpätet ſie ſich, indem ſie mit einer Flügelſpitze oder einem Fuße an dem zähen Futterbrei hängenbleibt, ſo wird ſie, wie ich einmal beobachtete, mit eingemauert — wie gern würde ich ſagen zur Strafe oder aus Rache“. Aber ich glaube, daß die Chalicodoma, welche zum Schutze ihrer Brut mit viel Kunſt, Kraft und Fleiß eine ſteinerne Burg erbaute, den Feind gar nicht als ſolchen erkennt.“ E. Staatenbildende Bienen. Die letzte große Hauptgruppe, die man hinſichtlich der Lebensweiſe bei den Apiden unter⸗ ſcheiden kann, umfaßt die ſtaatenbildenden oder ſozialen Bienen. Bei ihnen gibt es nicht nur wie bei den Einzelbienen Männchen und Weibchen, ſondern außerdem noch Scharen von 2 unbegattet bleibenden Hilfsweibchen oder Arbeitern, die genau wie bei den ſozialen Weſpen die Aufzucht und Pflege der Nachkommenſchaft hauptſächlich zu beſorgen haben. Die Ar⸗ beiter und die Weibchen, ſoweit letztere Blütenſtaub eintragen, ſind bei den ſtaatenbildenden Bienen immer im Beſitze eines ſogenannten Körbchens, d. h. einer vertieften, nackten, glänzen⸗ den Stelle an der Außenſeite der Hinterſchienen, die von längeren Haaren umgeben iſt und dazu dient, den an den Blüten geſammelten Pollen aufzunehmen, um ihn heimwärts zu 1 tragen. Wichtig iſt auch die „Bürſte“, eine ſtarke, an der Innenſeite der Ferſe befindliche Wee mit welcher der Pollen aus den e gekämmt werden 1 | Die Hummeln (Bombinae) find gewöhnlich ſchon auf den erſten Blick an ihrer plumpen, gedrungenen Geſtalt und dem bunten pelzigen Haarkleide zu erkennen. Die Vorderflügel enthalten eine zugeſpitzte oder abgerundete Radialzelle und drei untereinander ziemlich gleich⸗ 3 große Kubitalzellen, von denen die erſte gewöhnlich durch eine zarte, blaſſe Querader halbiert iſt. Das Verbreitungsgebiet der Hummeln erſtreckt ſich über die ganze nördliche gemäßigte 5 | TTV TEE. PD EREE Wr 9 Arenen 9 nee * aa 7 e * herigen Beobachtungen hervor⸗ Bienen: Schmarotzerbienen. Hummeln. 603 Zone von Aſien, Europa und Amerika. Von Nordamerika ſind einige Arten bis Südamerika vorgedrungen, in der Alten Welt finden die Hummeln dagegen ihre Südgrenze ſchon in Vorder⸗ indien und in der Mittelmeerregion. Im Vergleich zu den Neſtern der Honigbiene ſind die Hummelneſter wenig volkreich. Die Neſtanlage unſerer Hummeln der Gattung Bombus F. wird von einem überwinterten befruchteten Weibchen, der ſogenannten Königin, beſorgt, die verborgen im Boden, in irgend⸗ einem Verſtecke, den langen Winter im Schlafe verträumte und nun im Frühjahr erwacht. Fleißig fliegt fie zu den bunten Kindern Floras und ſchlürft mit ihrem langen Rüſſel den Nektar aus den Frühlings blu. men, wobei ſie ſich freilich ihre Arbeit auch zuweilen dadurch erleichtert, daß ſie mit den ſcharfen Kiefern Löcher in den Grund der Blüte beißt, um auf dieſem Wege von der Seite her bequemer zur duftenden Honig⸗ quelle zu kommen. Um dieſe Zeit hat die Hummelkönigin auch ſchon irgendeinen ver⸗ borgenen, zur Neſtgründung geeigneten Platz ausfindig ge⸗ macht. Den Neſtboden be⸗ ſtreicht ſie, wie aus den bis⸗ geht, zunächſt mit Wachs, trägt Pollen darauf, umgibt dieſen mit einem Ringwall von Wachs, legt einige Eier hinzu und ſchließt dann die A Wachszelle Neſt FR Sinn, Bombus Iapidarins Z. Die äufere Wachshülle 1 vollſtändig ab. Bei einer Zelle teilweiſe entfernt Links Königin, rechts Hilfsweibchen. Etwas abgeändert nach — enn dn ein bn der erſten, in der ſich bald die junge Brut regt, werden neue erbaut 15 in gleicher Weiſe mit Pollen und mehreren Eiern verſorgt. Das wächſerne Baumaterial, das bei den Hummeln ſchon eine gewiſſe Rolle ſpielt, wird von der Königin, wie überhaupt von den weiblichen Hummeln, in beſonderen Drüſen erzeugt und teils an der Bauch⸗, teils an der Rückenſeite des Hinterleibes ausgeſchwitzt. Die Hummelkönigin iſt ihren Kindern eine gute Mutter. Sie überläßt ſie nicht ſich ſelbſt, wie es alle Einzelbienen, ſoweit wir wiſſen, mit alleiniger Ausnahme der in den Tropen verbreiteten Gattung Allodape Lep., tun, ſondern öffnet nach einigen Tagen die angelegte Zelle ein wenig, reicht den jungen Larven Futter, verſchließt aber dann die Zelle wieder vor⸗ ſorglich mit Wachs. Die Larven wachſen bei wiederholten Fütterungen raſch heran und ſpinnen ſich ſchließlich in großen tonnenförmigen Kokons ein. Da die Reſte der urſprünglich angeleg⸗ ten und zwiſchendurch mehrfach ausgebeſſerten wächſernen Zellenhülle, die von den Kokons 604 Hautflügler. endgültig zerſprengt wird, von der Hummelkönigin entfernt werden, ſo trifft man beim Offnen von Hummelneſtern häufig gar keine Wachszellen mehr an, ſondern hat nur ein wirres, regel⸗ loſes Durcheinander von großen bräunlichen Kokons vor Augen. Die neuen Hummeln, die aus dieſen hervorgehen, ſind anfangs immer ſogenannte Arbeiter oder Hilfsweibchen, die ſich hauptſächlich durch geringe Größe auszeichnen, der Hummelkönigin aber im übrigen gleichen. Dieſe unbefruchtet bleibenden Arbeiter oder „kleinen Weibchen“ übernehmen fortan die Sorge für die Nachkommenſchaft, ſie führen die Bauarbeiten im Neſt aus und ſchaffen von den Blumen ſo viel Nahrung heran, daß die Königin ihre Eier ruhig in beliebige leere Zellen legen kann, weil die junge Brut doch ſchon von Anfang an gefüttert wird. Je zahlreicher die Arbeiter⸗ weibchen werden, deſto mehr Futter wird natürlich eingebracht, und die Hummeln fangen daher bald an, Honig aufzuſpeichern, damit ſie keine Not zu leiden brauchen, wenn etwa reg⸗ neriſches, kühles Wetter den Blütenbeſuch vorübergehend unmöglich macht. Zur Aufbewahrung des Honigs dienen teils alte leere Kokons, teils auch eigens zu dieſem Zwecke angefertigte große Honigtöpfe. Iſt dieſe Zeit des Überfluffes gekommen, jo bilden ſich Arbeiter heran, die immer größer und größer werden und ſchließlich dem Mutterweibchen an Größe gar nicht mehr nach⸗ ſtehen. Es iſt wahrſcheinlich, daß ſolche unbegattet bleibende Weibchen ſich im Neſte fort⸗ pflanzen, doch können aus ihren unbefruchteten Eiern nur männliche Hummeln werden. Die Hummeldrohnen, die beſonders gegen den Herbſt hin in größerer Zahl zur Ausbildung kommen, führen ein bequemes Leben, ſie bekümmern ſich nicht im mindeſten um das Geſamt⸗ wohl, bummeln viel auf den Blumen herum, ſammeln aber nichts, weil ihnen die hierzu nötigen Inſtinkte abgehen und ihnen auch der Sammelapparat, beſonders ein Körbchen, fehlt, be⸗ nutzen aber ſtatt deſſen jede Gelegenheit, um draußen oder gar zu Hauſe im eigenen Neſte Liebesabenteuer anzuknüpfen. Schließlich bleiben ſie ganz von ihrem Heim fort und über⸗ nachten in Blüten, bis man ſie an einem kühlen Morgen erſtarrt und tot am Boden findet. Im alten Heim geſtalten ſich die Verhältniſſe inzwiſchen immer trauriger, die Lebenskraft der alten Königin iſt erſchöpft, es beginnt an Futter zu mangeln, und nach und nach ſterben alle Bewohner an Entkräftung, mit Ausnahme einiger von den Männchen befruchteter großer Weib⸗ chen, die an einer geeigneten Stelle überwintern und hernach wieder zu neuen Königinnen werden. Die Hummelneſter, die der Schauplatz der eben geſchilderten Vorgänge ſind, haben nur einen oder wenige Zugänge und können ſich an den verſchiedenſten Orten befinden. Viele Hummel⸗ arten niſten unterirdiſch und gründen ihre Staaten im lockeren Erdboden oder unter Steinen, während andere oberirdiſch wohnen und ihr Heim in alten verlaſſenen Vogelneſtern, in hohlen Bäumen, unter dem Schutz von Hausdächern oder an ähnlichen Ortlichkeiten anlegen. Zu den ſeltſamſten Vorkommniſſen gehört der beſonders bei unterirdiſchen Hummelvölkern be⸗ obachtete „Hummeltrompeter“. Früh am Morgen, ehe noch das Hummelvolk aus dem nächt⸗ lichen Schlafe erwacht iſt, hat man ſchon mehrfach eine Hummel geſehen, die ſich an den Neſteingang ſtellte und mit raſchen, ſauſenden Flügelſchlägen einen lauten, ſummenden Ton von ſich gab. Fängt man den „Trompeter“ fort, ſo tritt eine andere Hummel an ſeine Stelle und übernimmt es, wie man früher meinte, mit ihrem Weckruf die Gefährten aufzumuntern. Wir müſſen uns hier aber vor Vergleichen mit menſchlichen Einrichtungen hüten. Die Hummeln bedürfen keines Signals zum rechtzeitigen Aufſtehen, und der Trompeter mit ſeinem lebhaften Flügelſchlagen ſorgt nur dafür, daß die während der Nacht ſchlecht gewordene Luft im Neſte durch friſche erſetzt wird. Ein ſolcher lebender Ventilator iſt auch von den Honigbienen bekannt und übt ſeine Tätigkeit, wenn es nötig iſt, auch am Tage aus. Die Erdhummel, Bombus terrestris L., iſt eine unſerer gemeinſten Arten. Samtſchwarz ‚ 4 WSF Nr FR Renee "a ee A ar) Bienen: Hummeln. 605 iſt ihre Farbe, und nur vorn an der Bruft und am zweiten Hinterleibsringe zeigt ſich je eine bald hellere, bald dunkle gelbe, quer verlaufende Binde, während das Hinterende ſchnee⸗ weiß gefärbt iſt. Wie bei anderen Hummeln gibt es aber in verſchiedenen Gebieten auch mannigfache Farbenvarietäten, von denen man bei der Erdhummel ſogar nicht weniger als 22 beſchrieben hat, und unter denen ſich neben weißafterigen Abarten auch ſolche mit roter oder ſchwarzer Behaarung am hinteren Leibesende finden. Die Erdhummel iſt weit verbreitet. Sie kommt nicht nur in ganz Europa bis zum Nordkap vor, ſondern iſt auch auf Island gefunden, lebt in Aſien bis Sibirien, Japan und Kaſchmir, in Nordafrika, auf Madeira und den Kanaren, ſie fehlt nicht einmal in Nordamerika, denn die von dort beſchriebene Bombus terricola Kirby iſt weiter nichts als eine Spielart unſerer gewöhnlichen Erdhummel. Zeitig im Frühjahr laſſen ſich die überwinterten Weibchen an ſonnigen Tagen draußen ſehen, manche fliegen ſchon im März; vom April an ſummen die Erdhummeln aber regelmäßig an den Blüten, ſoweit es das Wetter nur irgend erlaubt. Die Zahl der Blumen, die ſie locken, iſt groß. Im erſten Frühjahr finden ſich die Weibchen gern an blühenden Weidenbüſchen ein; und wenn im Juli oder Auguſt die Männchen erſcheinen, ſo trifft man letztere beſonders auf Diſteln, in deren Blütenköpfen ſie mit großem Behagen ſaugen. Die Arbeiter machen bei ihren Blütenbeſuchen fleißig von den kräftigen Vorderkiefern Gebrauch und nehmen ſich oft s gar nicht die Mühe, den Rüſſel von obenher einzuführen, ſondern ſchneiden einfach die Blüte an einer beliebigen Stelle von der Seite her an, ſelbſt dann, wenn ſie von obenher auch ganz gut zur Nektarquelle hätten reichen können. Das Neſt wird bei der Erdhummel, nach Frieſe und Wagner, in lockeres Erdreich gebaut, „und zwar recht tief, bis zu 1 m. Verlaſſene Mäuſe⸗ und Maulwurfsneſter werden dabei bevorzugt, weil in dieſen das für die Umhüllung des Neſtes notwendige Material, wie Laub, Wurzeln, Haſelnußſchalen, Kirſchkerne, Gräſer und Moosbüſchel, gleich vorrätig ift. So fand Hoffer in einem 1 m tiefen Neſte der var. lucorum an 50 Kirſchkerne.“ Die Neſter ſind mitunter ſtark bevölkert und zählen etwa 150 Arbeiter und bis über 100 junge Weibchen neben der alten Königinmutter und außer den Männchen als Inſaſſen. So große Neſter find aber in Norddeutſchland ſelten, und 30—40 junge Weib⸗ chen gelten hier für ein Erdhummelneſt ſchon als anſehnlich hohe Zahl. Die Steinhummel, Bombus lapidarius L. (Abb., S. 603), hat gleichfalls eine über⸗ aus weite Verbreitung in Europa und Aſien und gehört zu den häufigſten unter unſeren einheimiſchen Hummelarten. Sie kleidet ſich in Mitteleuropa in tiefes, ſamtartiges Schwarz, das jedoch am hinteren Leibesende durch Rot erſetzt wird. Bei den Männchen iſt gewöhnlich oben an der Vorderbruſt ein gelblicher Haarſaum ſichtbar, ebenſo wie in der Regel vorn am Kopf das Geſicht leuchtend gelb behaart zu ſein pflegt. Ein wichtiges Merkmal iſt ſchließlich noch ein kahler, rundlicher, am ſechſten Hinterleibsringe befindlicher Eindruck, der deutlich gegen die rote Behaarung abſticht und auch bei den verſchiedenen Varietäten der Steinhummel erkennbar iſt. Die großen, plumpen Weibchen der Steinhummel ſahen wir in der Berliner Gegend mitunter ſchon Ende März und im April fliegen, ſie beſuchen die Taubneſſeln (Lamium), den kriechenden Günſel (Ajuga reptans) und Gundermann (Glechoma), während die Männ⸗ chen ſich im Auguſt beſonders auf Diſteln und anderen Kompoſiten einfinden. Die befruch⸗ teten jungen Königinnen ſuchen ſchon zeitig die Winterquartiere auf, die, wie es heißt, immer in die lockere Erde eingegraben werden. Die Steinhummeln gehören zu den unterirdiſch niſtenden Arten; ihre Wohnſtätten legen ſie mit Vorliebe unter Steinhaufen oder im lockeren Erdreich, gelegentlich auch in Mauerſpalten an. Das größte Neſt, das bisher bekanntgeworden iſt, enthielt über 300 Inſaſſen. 606 Hautflügler. In der Ackerhummel, Bombus agrorum F., lernen wir eine weitere, bei uns ſehr häufige und gleich den anderen bisher genannten in Europa und Aſien weit verbreitete Art kennen. Sie fällt uns dadurch auf, daß der Kopf viel länger als breit iſt. Ihre Farbe iſt vorherrſchend gelblich, Kopf und Bruſt ſind mehr rotbraun oder braungelb behaart, während am Hinterleib ein helleres Graugelb vorherrſcht. An Farbenvarietäten, unter denen es aber niemals am Hinterende weiß behaarte Formen gibt, fehlt es auch bei dieſer Hummelart nicht, und eine beſonders prächtige Spielart iſt die Feuerhummel, Bombus pascuorum Scop., die in ganz Italien vorkommt, aber auch ſchon in Südtirol bei Bozen fliegt und oberſeits am ganzen Körper einen prächtigen feurig fuchsroten Samtpelz trägt. Die Weibchen werden bei der Ackerhummel nicht ſo groß wie bei der Erdhummel und Steinhummel, und unter den Arbeitern, die durchſchnittlich eine Länge von 12—15 mm erreichen, ſieht man ge⸗ legentlich wahre Zwerge, die faſt nur die Größe einer Stubenfliege haben. Zur Anlage ihrer meiſt oberirdiſchen Neſter weiß die Ackerhummel die verſchiedenſten Ortlichkeiten zu benutzen. Man fand ihre Neſter in den verlaſſenen Moosneſtern des Zaunkönigs und den alten Schlaf⸗ ſtellen des Siebenſchläfers. Man fand ſie an Hauswänden, in Scheunen und Stallungen, und weiß von einer Bäuerin, die beim Aufnehmen eines alten zerriſſenen Schafpelzes, der längere Zeit auf dem Dachboden gelegen hatte, zu ihrem Entſetzen die Erfahrung machen mußte, daß ein ganzes Hummelvolk in dem Pelz ſein Heim aufgeſchlagen hatte. Das Leben und Treiben der Hummeln, das wir hier mit Rückſicht auf die heimiſchen Ver⸗ hältniſſe kennengelernt haben, ſpielt ſich in anderen Ländern zum Teil in abweichenden Formen ab. Im hohen Norden, wo die Hummeln nicht nur in den Tagesſtunden ſammeln, ſondern auch den Schein der Mitternachtsſonne benutzen, um ihrer Nahrung nachzugehen, genügen die wenigen Sommerwochen nicht zur Staatengründung. Hier fehlen Hilfsweibchen, und die Hum⸗ meln leben wie die Einzelbienen getrennt für ſich. In Südeuropa unterſcheidet ſich das Hummel⸗ leben im Vergleich zu den heimiſchen Verhältniſſen dadurch, daß es auch während des milden Winters ungeſtört ſeinen Fortgang nehmen kann. Hemmend wirkt dort dagegen die dürre, blumenarme Sommerszeit, denn wie man an der rotafterigen Abart der Erdhummel, par. xanthopus, beobachtet hat, ſtirbt in Korſika das Hummelvolk im Auguſt und September zur Zeit der größten Hitze mit Ausnahme der jungen befruchteten Weibchen aus. Im feuchten tro⸗ 1 piſchen Südamerika, wo die Vegetation ſich jahraus, jahrein unverändert in üppiger Friſche er⸗ hält, kennt man anderſeits Hummelſtaaten, die Jahre hindurch ohne Unterbrechung fortbeſtehen. Die Schmarotzerhummeln (Psithyrus Lep.) ſtimmen zwar mit den Einzelbienen darin überein, daß es bei ihnen nur Männchen und Weibchen, jedoch keine Arbeiter gibt, gleichen aber im übrigen ſo ſehr den echten Hummeln der Gattung Bombus, daß an ihrer nahen Verwandtſchaft mit dieſen gar kein Zweifel ſein kann. Die Psithyrus⸗Weibchen haben keine Ferſenhenkel und keine Körbchen an den Schienen, die vielmehr außen wie beim Männ⸗ chen gleichmäßig gewölbt und behaart ſind. Die männlichen Psithyrus zeichnen ſich haupt⸗ ſächlich durch die häutige Beſchaffenheit ihrer Geſchlechtsteile den Bombus⸗Männchen gegen⸗ über aus, bei denen dieſe Teile immer hornig chitiniſiert find. Die Lebensweise der Schma⸗ 3 rotzerhummeln iſt am genaueſten durch Hoffer erforscht worden. Wir wiſſen, daß die großen Psithyrus-Weibchen in Bombus⸗Neſter eindringen und dort, obwohl ihnen manchmal ein recht unfreundlicher Empfang bereitet wird, bald ganz unbeachtet gelaſſen werden. Nun fühlen ſich die Eindringlinge ſicher, mäſten ſich ungehindert von den Vorräten, die die fleißigen Hummelarbeiter eingetragen haben, legen ihre Eier in die Neſtzellen der Hummeln und laſſen ihre Nachkommen im Hummelneſt aufwachſen, wenngleich manches dafür ſpricht, daß fie die letzteren noch ſelbſt ; | > 3 ö £ £ Bienen: Hummeln. Meliponen. 607 füttern. Psithyrus vestalis Foure., eine der häufigſten deutſchen, bei der Erdhummel ſchma⸗ rotzenden Arten, iſt ſchwarz, am Hinterleibe in der Regel weiß gefärbt und an der Vorderbruſt mit einer breiten gelben Querbinde verſehen. Die Flügel ſind ſchwärzlich getrübt. In den Tropen Amerikas und der Alten Welt gibt es eigentümliche, ſtachellos bleibende Honigbienen, die Meliponinae mit den beiden einander ſehr ähnlichen Gattungen Meli- pona Il. und Trigona Jur. Einzelne dieſer vorherrſchend ſchwarz oder rotbraun gefärbten Bienen übertreffen die Honigbiene an Größe, die meiſten bleiben aber kleiner, und die winzigſte Art, die ſüdamerikaniſche Trigona duckei Fr., ift mit einer Länge von nur 2 mm ſogar die kleinſte Biene der Welt und wird überhaupt meiſt nur ſo gefangen, daß ſie in die Augen des Menſchen fliegt, in die ſie, wie viele andere winzige Inſekten, ſich häufig verirrt. Alle Arten dieſer ſtachelloſen Bienen leben in Staaten, die im allgemeinen ſehr volkreich find und deren Individuenzahl ſich bei Trigona, nach v. Ihering, manchmal bis auf 100 000 belaufen kann. Unter den vielen Tauſenden weiblicher Meliponen, die in einem ſolchen Staate beieinander wohnen, und unter denen auch das ſchärfſte Auge keinen Unterſchied herauszufinden vermag, gibt es immer ein abweichend geſtaltetes Weibchen, die Königin, die allein imſtande iſt, Eier in befruchtetem Zuſtande abzulegen. Sie hat gewöhnlich einen größeren Leibesumfang und erheblichere Länge, ein Unterſchied im Vergleich zur übrigen Bevölkerung, der manchmal recht beträchtlich wird, beiſpielsweiſe bei Trigona molesta Puls., bei der die Königin 9 mm mißt, während die Arbeiter nur 4 mm Körperlänge haben. | Die Königin eines ſolchen ſtachelloſen Bienenvolkes widmet ſich ganz dem Geſchäfte des Eierlegens, ſie verläßt das Neſt niemals und würde hierzu auch gar nicht fähig ſein, weil ihre im Laufe der Zeit mehr oder minder beſchädigten Flügel gewöhnlich viel zu ſchwach ſind, um den durch Anſchwellung des Hinterleibes vergrößerten Körper zu tragen. Im Gegenſatz zur Königin ſtehen die unbefruchtet bleibenden Weibchen, die die Hauptmaſſe der Bevölkerung im Meliponenreiche bilden, aber nicht wie bei den Hummeln Hilfsweibchen, ſondern echte Arbeiter ſind, die ſich im Körperbau von der Königinmutter unterſcheiden. Sie beſitzen nämlich im Gegenſatz zur letzteren an der Außenſeite ihrer Hinterſchienen je eine kleine körbchenartige Vertiefung als Sammeleinrichtung. Die Arbeiter fliegen zu den Blüten, tragen im Körbchen Pollen heim oder bringen, wie die Melipona⸗Arten es zu tun pflegen, auf dieſelbe Weiſe auch Lehm angeſchleppt, um ihn im Neſt als Baumaterial zu verwenden. Den wichtigſten Bauſtoff liefern ſie aber ſelbſt in Geſtalt von Wachs, das ſie an der Rückenſeite ihres Hinter⸗ leibes ausſcheiden. Statt der fehlenden Wachszange ſind, nach H. Müller, die Meliponen „am Endrande der Schienen mit einem Kamm aus langen, gebogenenen Chitinzähnen ausgerüſtet“. Zu beſtimmten Jahreszeiten entſtehen im Meliponenneſt auch neue junge Königinnen ſowie Männchen, welche letztere jedoch im Herbſt, wenn die Befruchtungen vollzogen ſind, von den Arbeitern als nutzloſe Faulenzer betrachtet und mehr oder minder gewaltſam aus dem Neſte hinauskomplimentiert werden. Auch das Schwärmen hat man bei den Meliponen mehrfach be⸗ obachten können. Es hat ſich hierbei herausgeſtellt, daß nicht die alte Königin fortzieht, ſon⸗ dern daß immer die jungen Königinnen, umgeben von einem Teile des Volkes, die alte Wohnung verlaſſen, um ſich in der Nachbarſchaft ein neues Heim zu gründen. Die Bauten der Meliponen ſind ſo ungeheuer vielgeſtaltig, daß wir uns hier mit der Hervorhebung einiger ihrer wichtigſten Eigentümlichkeiten begnügen müſſen. Sehr häufig wird irgendein hohler Baum als Niſtſtätte benutzt, in deſſen Innerem ſich das aus mehreren ſchichtenweiſe übereinanderliegenden horizontalen Brutwaben beſtehende Neſt befindet. Jede 608 Hautflügler. Brutwabe jet ſich aus zahlreichen kurzen, ſechseckigen Wachszellen zuſammen, die alle in einer Schicht nebeneinander liegen und am unteren Ende geſchloſſen ſind. Sind die Zellen mit Pollen und ſäuerlichem Futterbrei gefüllt und von der Königin je mit einem Ei belegt worden, ſo werden ſie auch an dem oberen freien Ende zugedeckelt. Die Zellen, in denen Arbeiter oder Männchen heranwachſen, ſind alle von gleicher Größe, während die jungen Königinnen ſich manchmal in beſonderen großen „Weiſelwiegen“ heranbilden können. Der ſchwarzbraune, aus Wachs errichtete Wabenbau wird rings von einer mit vielen Gängen labyrinthartig durch⸗ ſetzten Wachshülle umgeben, die dem ſehr wärmebedürftigen Meliponenvolke Schutz gegen un⸗ erwünſchte Temperaturſchwankungen und auch gegen etwaige Feinde gewährt. Auch eine Anzahl großer, aus dunklem Wachs gebauter rundlicher Vorratstöpfe findet man im Meli- ponenneſte, die zur Aufſpeicherung von flüſſigem Honig benutzt werden. Ebenſo ſpeichern die Meliponen auch Vorräte von Pollen und Harz (Propolis) auf. Dort aber, wo das Neſt gegen den nicht als Wohnkammer benutzten Teil des hohlen Bauminnern angrenzt, wird es durch eine als Batumen bezeichnete Scheidewand abgeſchloſſen, die bei Melipona aus Lehm beſteht und mitunter eine Dicke bis zu 12 cm erreichen kann, während fie bei Trigona von dem Zerumen, einer aus Wachs und Pflanzenharz gemiſchten Maſſe, gebildet wird. Die Meliponen ſind ſehr eifrig darauf bedacht, das Eindringen fremden Getiers in ihre Neſter zu verhüten. Um dergleichen ungebetene Gäſte nach Möglichkeit fernzuhalten, pflegen ſie noch eine mehr oder minder lange enge, aus Wachs beſtehende Röhre zu bauen, die den einzigen Zugang zu ihrem Neſte bildet und ſtändig von einigen wacheſtehenden Arbeitern beſetzt iſt. Nachts aber wird die äußere Mündung der Zugangsröhre, das Flugloch, in der Regel noch durch eine beſondere Wachswand zugeſchloſſen. N Manche Meliponen wohnen nicht in Stämmen, ſondern bauen ſich ein großes, frei in den Aſten hoher Bäume hängendes Neſt, andere errichten, wie die braſilianiſche Trigona helleri Fr., nach v. Ihering, „zwiſchen den Blättern der auf Waldbäumen paraſitiſch lebenden Bromeliazeen ein kopfgroßes Neſt aus Lehm, Wachs und Pflanzenfaſern“, während noch andere ihr Heim im Erdboden aufſchlagen oder mit Termiten zuſammenwohnen. Die Meliponen ſind für den Menſchen nicht bedeutungslos. Zwar kann das von ihnen 0 erzeugte Wachs nicht verwendet werden, wohl aber bildet der Honig in der Heimat der Stachel⸗ loſen ein ebenſo beliebtes wie geſundes Genußmittel für den Menſchen, nur ganz wenige Melipona-⸗Arten ausgenommen, bei denen der Honig die unangenehme Eigenſchaft beſitzt, berauſchend zu wirken oder Übelkeit zu erregen. Welche Honigmaſſen in den Neſtern der ſtachelloſen Bienen gelegentlich aufgeſpeichert worden ſind, geht daraus hervor, daß aus den 5 Neſtern der ſüdamerikaniſchen Melipona nigra Lep. gar nicht ſelten bis zu etwa 15 Liter Honig gewonnen werden können. Die Honigernte hat allerdings ihre Schwierigkeiten, denn wenn es auch gewiſſe Meliponen gibt, die ſich ihrer Schätze ziemlich gutwillig berauben laſſen, ſo iſt doch bei den meiſten Arten ſchon die bloße Annäherung an das Neſt mit gewiſſen Ge⸗ F 3 fahren verknüpft. Wie kleine Teufelchen ſtürzen ſich dieſe ſtachelloſen Bienchen gleich zu Hun⸗ derten auf den Menſchen, dringen wie beſeſſen ſcharenweiſe in das Haar und unter die Kleidung und verurſachen durch ihr Krabbeln auf der Haut und durch ihre wütenden Biſſe ein ſo un⸗ erträgliches Jucken, daß nur die ſchleunigſte Flucht Rettung bringt. Die Honigbiene, Abe mellifica L., die wichtigſte Vertreterin der ſtacheltragenden ſtaatenbildenden Bienen (Apinae), iſt dem Menſchen ſchon ſeit den älteften Zeiten bekannt. Mannigfache Hinweiſe auf ſie finden ſich in den Götterſagen der Griechen, und wir werden n Bienen: Meliponen. Honigbiene. 609 annehmen dürfen, daß auch die barbariſchen Urvölker Aſiens und Europas ſchon frühzeitig gelernt haben, die Erzeugniſſe der Biene ſich zunutze zu machen. Schwieriger iſt die Frage nach der Herkunft dieſes nützlichen Inſektes zu beantworten. Nach einigen ſtammt die Honig⸗ biene aus Indien, v. Buttel⸗Reepen aber meint, daß ihre Urheimat in Mitteleuropa ſei, und kann ſich dabei auf die im Bernſtein des Samlandes gefundene Apis meliponoides Butt. berufen, die zur Oligozänzeit lebte und im Bau der Sammelapparate eine Mittelform zwiſchen Meliponen und Apinen bildete. Eine weitere Übergangsſtufe liefert die in der miozänen Mo⸗ laſſe bei Oningen in Baden entdeckte Apis adamitica Heer, die in der warmen Tertiärzeit wohl ſchon ganz nach Art unſerer jetzigen Honigbiene, deren unmittelbarer Vorläufer ſie zu ſein ſcheint, ihre Sammeltätigkeit ausgeübt haben dürfte. So mag ſich die Honigbiene wohl während einer günſtigeren klimatiſchen Periode in unſeren Breiten aus meliponenartigen Pre Du Fo 5 5 Sn * ee Honigbiene, mE mellifica L. 1) ER Männer), 9 Königin, 3) Anbeitsbiene. Wengert Die 3 Beine noch ide vergrößert, a) Körbchen, b) Bürſte. Urformen herangebildet haben, hat von dort aus weitere Gebiete der Alten Welt beſiedelt und iſt durch Zutun des Menſchen mittlerweile ſchon längſt nach Amerika und Auſtralien verpflanzt worden, wo ſie früher gefehlt hat. Von den Kennzeichen der Honigbiene ſei beſonders die auffallende Länge der Radial⸗ zelle, die ungefähr viermal ſo lang wie breit iſt, hervorgehoben. Die Facettenaugen ſind behaart. Die Hinterſchienen bleiben im Gegenſatz zu denen der Einzelbienen und Hummeln ohne Spo- ren, doch wird an der Abſtammung der ſporenloſen Apinae von den übrigen ſporentragen⸗ den Bienen kein Zweifel mehr möglich ſein, ſeitdem v. Buttel⸗Reepen bei den Puppen unſerer Honigbienen vorübergehende Spornanlagen nachgewieſen hat. Die Unterſchiede zwiſchen dem mit einer wohlentwickelten Samentaſche ausgeſtatteten, befruchtungsfähigen Weibchen, der „Königin“ oder dem „Weiſel“, den immer unbefruchtet bleibenden Weibchen oder Arbeits⸗ bienen und endlich den Bienenmännchen oder „Drohnen“ ſind an den obenſtehenden Abbildungen leicht zu erkennen. Die Königin iſt beſonders durch die Länge ihres Hinterleibes, das Fehlen von Sammeleinrichtungen, Verkümmerung der Wachsdrüſen und ihren verhältnismäßig kurzen Rüſſel ausgezeichnet. Die nur mit einer verkümmerten Samentaſche verſehenen und daher begattungsunfähigen Arbeitsbienen bleiben kleiner, haben dagegen einen langen Rüſſel, beſitzen Körbchen und Bürſte nebſt wohlentwickelten Wachsdrüſen an den vier letzten Bauch⸗ ringen des Hinterleibes und haben eine ſogenannte „Wachszange“, die aus dem Ferſenhenkel, einem Fortſatz am Metatarsus und einem Chitinkamm an dent gegenüberftehenden Ende der Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 39 610 Hautflügler. Schiene beſteht, eine Einrichtung, die jedoch keineswegs zum Abſchaben des Wachſes dient, das vielmehr von einigen Borſten der Ferſenbürſte abgenommen wird. Die Drohnen fallen durch plumperen Körperbau, die in der Kopfmitte zuſammenſtoßenden BE verkürzte Mundteile und das Fehlen jeglicher Sammelapparate auf. Um die Einrichtung des Bienenſtaates kennen zu lernen, gehen wir am beſten von einem Bienenſchwarm aus. Aus vielen Tauſenden von Arbeitsbienen, inmitten eine Königin, beſtehend, hat der Schwarm brauſend das Weite geſucht, ſetzt ſich vorübergehend feſt und nimmt, falls ihn nicht dann der Imker rechtzeitig in einem Bienenkorbe oder Bienenſtaate einheimſt, in irgend⸗ einem hohlen Baume oder einem anderen Verſteck ſeine dauernde Unterkunft. Die erſte Arbeit des Volkes im neuen Heim beſteht im Wabenbau. An die Decke ſich anklammernd und in langen Ketten ſich aneinanderreihend, drängen die Bienen das von ihnen ausgeſchwitzte und durch die erhöhte Temperatur, die naturgemäß bei dieſer angeſtrengten Tätigkeit herrſcht, weich gewordene Wachs mit ihren Köpfen gegeneinander, bis eine ſenkrecht von der Decke herab⸗ hängende Wachstafel oder Wabe entſteht. Eine ſolche Wabe ſetzt fi immer aus zahlreichen regelmäßigen ſechsſeitigen Zellen zuſammen, die lückenlos aneinanderſchließen und in zwei einander gegenüberſtehenden Schichten horizontal angeordnet ſind. Der erſten Wabe werden ſpäter immer noch mehrere zugefügt, wobei aber immer ſchmale Zwiſchenräume oder Waben: gaſſen zwiſchen den einzelnen Waben übrigbleiben, die zum Aufenthalte der Bienen dienen. Betrachten wir den Wabenbau der Biene genauer, ſo überraſcht uns die überaus ſinn⸗ reiche und ſparſame Ausnutzung des Wachsmaterials, da die Mittelwand zwiſchen den beiden einander gegenüberſtehenden Zellenſchichten nicht etwa eben iſt, ſondern der Boden jeder Zelle eine kleine pyramidenförmige Vertiefung hat und fede der drei Flächen der Pyramide gleich⸗ zeitig auch wieder eine der drei Flächen eines Zellenbodens von der gegenüberliegenden Schicht von Zellen bildet. Die Regelmäßigkeit der Bienenzellen, die alle, ſoweit ſie denſelben Zwecken dienen, genau von gleicher Größe ſind, hat Müllenhof wiſſenſchaftlich zu erklären verſucht und eine wichtige Arbeit darüber geſchrieben. Nach dieſer liegt, wie Dittrich hervorhob, „der Haupt grund für die Regelmäßigkeit der Bienenzelle und Wabe in der Eigenſchaft des Wachſes, bei der im Stock herrſchenden Temperatur vdn ca. 30 Grad weich, biegſam und elaſtiſch zu ſein, ſo daß dünne Häutchen desſelben ſich faſt wie Plateauſche Flüſſigkeitslamellen verhalten. Der zweite Faktor iſt das Arbeiten der Bienen in dichten Scharen, wodurch einmal eine hohe Tem⸗ peratur erzielt wird, andererſeits durch das gegenſeitige Ausweichen der gegeneinander und die entſtehende Wachsleiſte drängenden Bienen regelmäßige Flächen erzeugt werden können, welche 3 gegeneinander unter beſtimmten Winkeln geneigt find. Das Maß für die rhombiſchen Grund⸗ flächen ſowie für die Weite der Zellen geben der Kopf und der übrige Körper der Bienen. Müllenhof faßt dies mit den Worten zuſammen: Die Bienen geben durch ihre Köpfe das 3 Maß für die Größe der Prismen, den Druck ſowie die Temperatur, um das Material im höchſten Maße plaſtiſch zu machen, dagegen iſt die Anordnung des Materials zu Häutchen gleicher Stärke, die vollkommene Ebenung der Wände ſowie die Entſtehung der Winkel aus⸗ ſchließlich der Kontraktilität des Materials zuzuſchreiben.“ Müllenhof gebührt das Verdienſt, zum erſtenmal auf die für die Erklärung des Wabenbaues überaus wichtige plaſtiſche Be⸗ ſchaffenheit des Wachſes bei erhöhter Temperatur aufmerkſam gemacht zu haben, doch läßt ſich auf rein mechaniſchem Wege gewiß nicht alles verſtändlich machen. Von Buttel⸗Reepen hat denn auch mit vollem Rechte hervorgehoben, daß ſich die Bienen bei ihrem Zellenbau keineswegs rein maſchinenmäßig verhalten, ſondern noch eine beſondere ſelbſtändige Tätig⸗ keit entfalten müſſen, um das Ebenen und Glätten der Wände zu beſorgen. Ferner ſteht es 5. Acad 2 3 F J 3 3 E 3 Bienen: Honigbiene. 611 feſt, daß fie beim Bau ihrer Waben keineswegs immer dicht gedrängt arbeiten, und ſchließ⸗ lich ſind ſie, wie wir unten noch ſehen werden, auch ſehr wohl imſtande, Zellen abweichender Art, z. B. Drohnenzellen, zu verfertigen, bei denen ſie ſich ſchon unbedingt an ein anderes Maß halten müſſen, als es ihre eigenen Köpfe ſind. Iſt der Wabenbau in Angriff genommen, ſo heißt es, Nahrung herbeiholen. Tagsüber, ſolange die Witterung es erlaubt, fliegen die Arbeitsbienen fleißig zu den Blumen und kehren von dort, den Kropf mit Nektar gefüllt und mit „Höschen“ an den Hinterbeinen, d. h. Klümp⸗ chen zuſammengeballten Blütenſtaubs in ihren Körbchen tragend, zum Stocke heim. Be⸗ wunderung verdient beſonders die Sicherheit, mit der die ſchwer beladenen Bienen von einer oft weit entfernten blühenden Wieſe den Heimweg zum Stocke zu finden wiſſen. Die nötige Ortskenntnis muß ſich aber erſt jede einzelne Biene mit Hilfe ihres Geſichtsſinnes ſelbſtändig erwerben, ſie lernt nach und nach durch allmählich weiter geführte Ausflüge die Umgebung des Stockes kennen und kann ſich dann ſchließlich noch aus einer Entfernung von 6—8 km ohne Zaudern zurückfinden. Sehr anziehend iſt es, die Honigbienen bei ihrer Tätigkeit auf den Blüten zu beobachten, wenn ſie mit Einſammeln beſchäftigt ſind. Den am Ende des Staubfadens haftenden Pollen befeuchtet die Biene mit Speichel und bildet aus ihm mit Hilfe ihrer Kiefer kleine Klümpchen, die ſie nachher, wenn ſie zur nächſten Blüte weiterfliegt, an die Schienenbürſte bringt und von dort in die Körbchen befördert, bis aus ſolchen Pollen⸗ klümpchen die obenerwähnten Höschen zuſtande gekommen ſind. Da die Bienen bei jedem Aus⸗ fluge nur Blumen derſelben Art zu beſuchen pflegen, ſo beſtehen auch die Pollenhöschen aus gleichem Blütenſtaube. Die Biene begnügt ſich aber nicht mit dem Einſammeln von loſem Pollen, ſondern ſchneidet auch mit den Kiefern die kleinen Staubträger auf, wenn ſie ſich nicht ſchon von ſelbſt vorher geöffnet hatten, faßt ihren Inhalt mit den Vorderfüßen, ſchiebt ihn auf die Mittel⸗ beine und von dort ebenfalls in die Körbchen der Hinterbeine. Auch Harzteile von Nadelhölzern, von den Knoſpen der Pappeln, Birken und anderer Bäume löſt ſie los, um ſie im Körbchen einzuſammeln. Daß die Honigbiene bei ihrer eifrigen Arbeit, unermüdlich von Blüte zu Blüte eilend, die Befruchtung zahlreicher Pflanzen vermittelt, iſt eine bekannte Tatſache, hat man doch die Bienen nicht mit Unrecht als Heinzelmännchen des Land⸗ und Obſtwirtes bezeichnet. Wie wichtig ihre Tätigkeit iſt, zeigt ſich darin, daß, wenn man in einem Pfirſichtreibhaus zur Blütezeit ein Bienenvolk einftellt, ſchon nach ein bis zwei Tagen ſämtliche normal ausgebildeten Blüten ſicher befruchtet ſind. Den Blütennektar ſchlürfen die Bienen mit dem Rüſſel auf und verſchlucken ihn, um ihn nachher zu Hauſe in chemiſch kaum veränderter Form als Bienenhonig wieder auszu⸗ würgen. Ebenſo eifrig ſuchen ſich die ſammelnden Bienen Blattlaushonig, ſüße Pflanzen⸗ ſäfte oder fremden Bienenhonig zu verſchaffen. Ja, es gibt ſogar ſogenannte „Raubbienen“, d. h. Arbeitsbienen, die in ihrer Gier mutig in fremde Bienenſtöcke eindringen, um die dort aufgeſtapelten Honigvorräte zu plündern. Schwache Bienenvölker, die nicht mehr die genügende Widerſtandskraft beſitzen, um ſich der frechen Eindringlinge zu erwehren, haben oft furchtbar unter derartigen, gewöhnlich von irgendeinem benachbarten ſtarken Volke ausgehenden Räubereien zu leiden. Ein normales, in gutem Zuſtande befindliches Bienenvolk läßt ſich freilich dieſe unerbetenen Gäſte nicht gefallen, denn die Bienen eines Neſtes kennen ſich alle an ihrem übereinſtimmenden Geruch, und wenn fremde Bienen eindringen, ſo werden ſie augen⸗ blicklich an ihrem andersartigen Neſtgeruch bemerkt und zur ſchleunigen Umkehr gezwungen oder getötet. Aus dieſem Grunde iſt es auch nicht ohne weiteres möglich, zu einem weiſel⸗ loſen Volke eine neue Königin hinzuzuſetzen, und der Imker, der etwa einem verwaiſten Volke 39 * 612 Hautflügler. eine neue Königin geben will, muß dieſe zunächſt in ein kleines Drahthäuschen eingeſperrt in den Stock bringen, bis ſich die Bienen nach ein bis zwei Tagen an ihre Gegenwart gewöhnt haben und die neue Königin ohne Gefahr für ihr Leben freigelaſſen werden kann. Sind die Bienen mit ihrer Tracht heimgekehrt, ſo entledigen ſie ſich ihrer Schätze in ver⸗ ſchiedener Weiſe. Der Honig wird entweder an eine bettelnde Bienenſchweſter verfüttert oder in eine der als Vorratskammern dienenden Wachszellen abgegeben. Ein Teil des Honigs dient für den täglichen Gebrauch, das meiſte bleibt aber für künftige Zeiten in Zellen aufgeſpeichert, die nach der Füllung mit einem Wachsdeckel verſchloſſen werden. Aus den Höschen, die ſich die Bienen im Neſte abſtrampeln, wird das „Bienenbrot“ gebildet, das gleichfalls in beſonderen Zellen aufbewahrt wird. Die eingeſammelten harzigen Beſtandteile finden aber als Vorwachs (Propolis) Verwendung und dienen zum Verkitten von Ritzen und Fugen, zum Verkleinern des Flugloches oder zur Umhüllung fremdartiger Gegenſtände, die anderweitig ſich nicht gut beſeitigen laſſen. Heißt es doch, daß ſogar einmal eine auf dieſe Weiſe eingekapſelte tote Maus in einem Bienenſtocke gefunden worden iſt. Die Geſamtbevölkerung eines Bienenſtaates beziffert ſich bei mittelſtarken Völkern, wenn die Vermehrung gut im Gange iſt, auf etwa 20 — 30000 Köpfe, kann ſich bei ſehr ſtarken Völkern aber auch bis auf über 75000 belaufen. Noch haben wir nicht die Tätigkeit der inmitten ihrer Untertanen lebenden Bienenkönigin kennen gelernt, die zwar nie zum Sammeln das Heim verläßt, aber doch für das Geſamtwohl unentbehrlich iſt. Sie iſt keinen Augenblick allein, ſondern ſtändig von einer kleinen Schar von Arbeitsbienen umgeben, die ſozuſagen ihren Hofſtaat bilden, ſie von allen Seiten umdrängen, aber ſofort gleichſam reſpekt⸗ voll zurückweichen, ſobald ſie einige Schritte vorwärts macht, ihr Futter reichen und auch ſonſt erſichtlich in jeder Weiſe um ſie bemüht ſind. So könnte man meinen, bei den Bienen geradezu ein Bild von rührender Liebe zum Staatsoberhaupt vor Augen zu haben, wenn es ſich nicht gezeigt hätte, daß die Arbeitsbienen nur deswegen ihre Königin umſchmeicheln und ſie liebtojend belecken, weil fie auf die meliſſenartigen, vom Körper der Königin ausgehenden Aus⸗ dünſtungen erpicht find. Weit davon entfernt, irgend etwas Königliches an ſich zu haben, hat die Bienenkönigin auch nicht den geringſten Einfluß auf den Gang der Dinge im Bienenſtaate. Im Gegenteil, ſie bleibt immer von den Arbeitern abhängig, muß ſich von ihnen füttern laſſen und iſt überhaupt eigentlich weiter nichts als eine „Eierlegemaſchine“, die ſich mit Ausnahme der Wintermonate faſt fortwährend in Tätigkeit befindet. Im Höhepunkte ihrer Leiſtungsfähigkeit legt die Bienenkönigin täglich etwa 1000, nach einigen ſogar täglich 30005000 Eier. Un⸗ ermüdlich ſieht man ſie den Kopf in eine leere Zelle hineinſtecken, um ſich zu überzeugen, ob alles darin in Ordnung iſt, und ſich gleich darauf umdrehen und den Hinterleib hineinſtecken, wobei ſie jedesmal die Zelle beſtiftet, d. h. ein längliches weißes Ei ſenkrecht auf den Zellboden klebt. Die von der Königin gelegten Eier ſind zweierlei Art: die meiſten ſind befruchtet und ergeben Bienen weiblichen Geſchlechts, andere werden aber in unbefruchtetem Zuſtande ab⸗ gelegt und können ſich nur zu Drohnen entwickeln. Die Tatſache, daß die Bienenkönigin zweierlei Eier zu legen vermag, und daß die Parthenogeneſis immer zur Bildung von männ⸗ licher Nachkommenſchaft führt, wurde zuerſt durch den katholiſchen Pfarrer v. Dzierzon er⸗ mittelt und hat ſeitdem durch viele Beobachtungen Beſtätigung gefunden. Einmal in ihrem ganzen Leben wird die Bienenkönigin begattet und der aus vielen Tauſenden von Samen⸗ fädchen beſtehende Vorrat, den fie bei dieſer Gelegenheit empfängt und der in ihrer Samen⸗ blaſe aufgeſpeichert bleibt, muß für ihr ganzes ſpäteres, etwa fünf Jahre währendes Leben reichen. Da iſt äußerſte Sparſamkeit am Platze. Nur etwa 10—12 Samenfädchen werden Da n N Bienen: Honigbiene. 613 jedesmal verwendet und verlaffen den Gang der Samenblaſe, wenn ein Ei im Eileiter vorbei⸗ paſſiert und befruchtet werden ſoll, was dann auch ganz ſicher von einem der Fädchen geſchieht. Soll aber ein Drohnenei abgelegt werden, ſo erlaubt es eine beſondere Muskeleinrichtung im Eileiter, daß das Ei nicht wie gewöhnlich vorübergehend an die Mündung des Samenganges angepreßt wird, ſondern raſch vorbeigleitet und daher unbefruchtet abgehen muß. So können alſo ganz nach Bedarf befruchtete oder unbefruchtete Eier von der begatteten Bienenkönigin abgelegt werden. Iſt aber eine junge Bienenkönigin aus irgendwelchem Grunde einmal un⸗ begattet geblieben oder bei einer alten Königin der Samenvorrat bereits erſchöpft, jo können natürlich überhaupt nur unbefruchtete Eier zur Ablage kommen, die ſpäter alle zu Männchen werden, und es kommt damit zu der allen Imkern bekannten Erſcheinung der Drohnenbrütig⸗ keit. Drohnenbrütigkeit kommt auch regelmäßig dann zuſtande, wenn bei einem weiſelloſen Volke einige Arbeitsbienen das Fortpflanzungsgeſchäft übernehmen. In allen ſolchen Fällen führt aber die Entſtehung einer rein männlichen Bevölkerung immer raſch zum Ruin des ganzen Stockes, der aus Mangel an Arbeitsbienen rettungslos ſeinem Untergange entgegengeht. Die Drohnen ſind unbegabte, aber harmloſe, gutmütige Faulenzer, unfähig, ſelbſt zu arbeiten. Daheim laſſen ſie ſich füttern, fliegen nur bei ſchönem Wetter aus und bummeln ohne irgendwelche Anhänglichkeit an ihr eigenes Neſt gar 8 ſelten von Stock zu Stock, werden aber überall freundlich aufgenommen. Neben dem Herbeiſchaffen von Nahrung beſteht eine der wichtigſten Sorgen im Bienen⸗ ſtocke in der Aufzucht der jungen Brut, eine Aufgabe, die wieder allein den Arbeitsbienen zu⸗ fällt. Schon wenige Tage nach der Ablage eines befruchteten Eies regt ſich in der von der Königin beſtifteten Zelle eine junge Larve, deren hungriges Maul reichlich mit Futter ver⸗ ſorgt werden will. Die Arbeitsbienen flößen der Larve einen Futterbrei ein, der, wie neuere Unterſuchungen unzweifelhaft bewieſen haben, im weſentlichen aus den eiweißhaltigen Aus⸗ ſcheidungen der Kopfdrüſen von Arbeitsbienen mit einer je nach den Umſtänden ſtärkeren oder ſchwächeren Beimiſchung von Honig und Pollen beſteht. Nach ſechs Tagen iſt die Larve ſchon ſo groß, daß ſie die ganze von ihr bewohnte Zelle ausfüllt; ſie wird jetzt eingedeckelt, indem die Arbeiter die Ränder der bisher offenen Zelle mit einem Wachsdeckel verſchließen. Bald darauf verpuppt ſich die Larve, nachdem ſie ſich in der geſchloſſenen Zelle in einem feinen Häutchen eingeſponnen hat, und verwandelt ſich am 21. Tage, von der Ablage des Eies an gerechnet, zu einer neuen Arbeitsbiene. Die erſte Pflicht, die die jungen Arbeitsbienen übernehmen, beſteht in der Regel wieder in der Pflege und Aufzucht ihrer jüngeren Ges ſchwiſter, erſt ſpäter nehmen ſie gewöhnlich an den Arbeiten außerhalb des Stockes teil und werden zu „Feldbienen“. Die geſamte Lebensdauer einer Arbeitsbiene kann im Sommer auf etwa 6 Wochen veranſchlagt werden. Die beim Auskriechen einer jungen Biene frei gewordene Wachszelle wird nicht etwa abgetragen, ſondern ſogleich wieder zur Aufnahme eines neuen Eies inſtand geſetzt. Da aber das in der Zelle enthaltene Geſpinſthäutchen nicht entfernt wird, ſo erklärt es ſich, daß die mehrfach benutzten Zellen in den alten Brutwaben mit der Zeit etwas enger werden. In ganz entſprechender Weiſe wie bei den Arbeitsbienen geht auch die Entwickelung der Drohnen vor ſich, nur mit dem Unterſchiede, daß ſich letztere in beſonderen Drohnenzellen, größeren ſechseckigen Zellen, heranbilden, die von der Königin mit unbefruchteten Eiern be⸗ ſtiftet werden. Im Vergleich zu den Arbeiterlarven werden die Drohnenlarven mit einem etwas dickeren trüben Futterſaft verſorgt, der im Durchſchnitt mehr Eiweißkörper und Fett enthält als bei jenen. Die Geſamtentwickelung erfordert bei den Drohnen 24 Tage. 614 3 Hautflügler. Während die Arbeitsbienen nicht imſtande ſind, auf irgendeinem Wege das Geſchlecht der künftigen Bienen zu beeinfluſſen, ſo können ſie je nach Bedarf die weiblichen, aus befruch⸗ teten Eiern hervorgegangenen Larven entweder zu neuen Arbeitern oder zu Königinnen heran⸗ züchten. Das geeignete Mittel hierzu liefert ihnen der Futterfaft. Wenn nämlich eine Königin entſtehen ſoll, ſo wird die junge Larve ſchon von den erſten Tagen ihres Lebens an mit beſonders reichlichem „Königinnenfutter“ verſorgt und erhält ſtets als Larvennahrung einen dicken, kleiſterartigen Futterſaft, der ſich durch hohen Gehalt an Eiweißſtoffen aus⸗ 5 zeichnet. Die Aufzucht der neuen Königinnen, deren Geſamtentwickelung 16 Tage beanſprucht, geht im allgemeinen in beſonderen großen, rundlichen Zellen, den „Weiſelwiegen“, vonſtatten, die eigens für dieſen Zweck erbaut werden und von der Königin in Abſtänden von etwa einem Tage beſtiftet werden. Außerdem können die Bienen zur Aufzucht der Königinnen auch gewöhnliche Zellen benutzen, die ſie nachträglich zu Weiſelnäpfchen umgeſtalten. Mit dem Auftreten von neuen Königinnen, die nie zu mehreren gleichzeitig, ſondern immer nacheinander zur Entwickelung gelangen, ändert ſich das bisherige friedliche Verhältnis im Bienenſtocke, denn die alte Königin iſt ſehr eiferſüchtig, duldet keine Nebenbuhlerinnen und bemüht ſich, ihnen, wenn irgend möglich, den Garaus zu machen. Um dies zu verhüten, ſorgen die Arbeiter dafür, daß die neu entſtandene Königin zunächſt noch in ihrer Zelle eingedeckelt bleibt und eine Anzahl Arbeitsbienen ſich immer ſchützend mit ihren Leibern über ſie legen, ohne freilich verhindern zu können, daß die Gegenwart einer neuen Stammhalterin doch bald genug bemerkt wird. Eine immer zunehmende Unruhe entſteht, es entwickelt ſich ein wildes Durcheinander, brauſend lagert ſich bald eine große Menge Bienen vor dem Flugloche, an dem ſie wie ein langer „Bart“ herabhängen, bis ſchließlich die alte Königin, in den Tumult mit hineingezogen, umringt von Tauſenden ihrer Untertanen, die einen hellen Schwarmton von ſich geben, das alte Heim verläßt, und zugleich hiermit der Haupt⸗ oder We zu⸗ ſtande kommt, von deſſen Betrachtung wir oben ausgegangen waren. Nach dem Fortzuge des Hauptſchwarmes wird die erſtgeborene junge Königin befreit und macht ſich ſofort über die anderen Weiſelzellen her, um die darin noch eingeſchloſſenen Neben⸗ buhlerinnen zu töten. Falls aber das Volk zahlreich genug iſt und noch einen zweiten Schwarm zu bilden vermag, wird ſie an dieſer mörderiſchen Abſicht gehindert und fängt dann voller Wut an, laute Töne von ſich zu geben. Hierbei ſtemmt ſie, wie v. Buttel⸗Reepen beobachtete, „den Kopf auf die Wabe und läßt ein hellklingendes, langgedehntes Thüt, thüt‘ erſchallen; ſofort antwortet die reiffte der Eingeſchloſſenen mit einem kurzen, tiefen, Quak, qua, So geht dieſer Wechſelgeſang mit kurzen oder längeren Unterbrechungen ſtunden- oder tagelang fort.“ Bisweilen zieht die erſtgeborene neue Königin noch mit einem Nachſchwarm aus und überläßt der nächſten das Feld, die manchmal noch einen dritten Schwarm zuſtande bringt. Die zuletzt übriggebliebene tötet aber alle etwa noch übrigen Nebenbuhlerinnen und iſt dann wieder die alleinige Herrin im Reiche. Das Schwärmen iſt für den Bienenvater ein wichtiges Ereignis. Jetzt heißt es für ihn: gut aufpaſſen und den ganzen Bienenſchwarm rechtzeitig einfangen, um ihn in eine neue „Beute“, einen für die Unterkunft des Volkes geeigneten Behälter, zu bringen. „Schwarmbienen ſtechen nicht“, iſt, wie v. Buttel⸗Reepen mit Recht ſagt, „ein alter Imkerſatz. Daher auch die alte Fabel, daß die Bienen ihren Bienenvater kennen, weil zumeiſt der Nichtimker einem Bienenſtande nur zuzeiten ſich nähert, wenn es gilt, dem intereſſanten Schauſpiel eines Schwarmeinfanges zuzuſchauen. Sieht man dann den Bienenvater, oft unbeſchützt, ruhig und gelaſſen im dichteſten Schwarmtumult ſtehen, ohne daß feine Bienen ihn ſtechen, jo iſt een Reer Bienen: Honigbiene. Ameiſen. 615 der törichten Fabel wiederum neue Nahrung gewährt.“ Wie der „Deutſche Bienenfreund“ berichtet, ſtand ein etwa zehnjähriger Knabe „bloßköpfig und in Hemdärmeln nahe bei einem Bienenſtande, als eben ein Schwarm auszog. Nach einigem Hin⸗ und Herfliegen nahm die Königin ihren Sitz am Kopfe des Knaben, und raſch folgten Tauſende von Bienen. Der Vater des Knaben, die Sachlage ſofort erkennend, rief demſelben, der ſchon öfter beim Schwarm⸗ faſſen zugeſehen hatte, nur in aller Eile zu: Rühr dich nicht, Hansl! Mach den Mund und die Augen zu und ſchnauf durch die Naſe, ich werde den Schwarm gleich taufen und ein⸗ faſſen.“ Richtig gehorchte der Knabe, der Vater aber goß hübſch Waſſer über den von Bienen eingehüllten Kopf des Knaben, bog letzteren etwas nach vorn und ſtrich mit einem Federwiſch die ganze Geſellſchaft in einen untergehaltenen Strohkorb. Der Knabe hatte keinen Stich erhalten.“ — „Es ſteht mit Vorſtehendem nicht in Widerſpruch“, hebt v. Buttel hervor, „daß die meiſten Unfälle gerade durch Schwarmbienen verurſacht werden, da ängſtliches Schlagen oder zufälliges Zerdrücken auch die Schwarmbienen reizt, und ſticht erſt eine, ſo ſtechen gleich hunderte, gereizt durch den ſtrengen Geruch des Giftes.“ Befindet ſich ein Volk mit einer jungen, noch unbefruchteten Königin an der Spitze in ſeinem Heim, ſo vermag es ſich nur dann zu erhalten, wenn ſeine Königin unverſehrt von einem Hochzeitsfluge zurückkehrt, den ſie etwa im Laufe der nächſten zwei Wochen an einem ſchönen ſonnigen Tage zu unternehmen pflegt. Während dieſes Fluges ſtürzen ihr Drohnen nach, von denen eine die Begattung vollzieht, wodurch die Königin dann für die Dauer ihres Lebens mit einem Samenvorrate verſorgt iſt. Die Drohnen ſind aber am Ende der Fortpflanzungsperiode überflüſſig geworden. Wenn keine Königin mehr auf Begattung wartet und die Futterver⸗ hältniſſe ungünſtiger werden, ſo kommt es zur Drohnenſchlacht: die Arbeiterbienen fallen mit einem Male über die nutzloſen Faulenzer her, zerren ſie alle zum Stocke hinaus oder ſtechen ſie, ohne viel Umſtände zu machen, erbarmungslos ab. Von den verſchiedenen Raſſen der Europäiſchen Honigbiene, Apis mellifica melli- fica L., nennen wir außer der dunkeln ſtechluſtigen Deutſchen Heidebiene, var. lehzeni Butt., die auch in Deutſchland gut überwinternde, am Hinterleibsgrunde gelbbraun geringelte Italieniſche Biene, var. ligustica Spin., ſowie die jähzornige, ſtechluſtige Zypriſche Biene, var. cypria Pollm., die an ihrem gelben Schildchen zwiſchen den Flügeln zu erkennen iſt. Zur Unterart der „einfarbigen“ Afrikaniſchen Biene, Apis mellifica unicolor Latr., gehört die Agyptiſche Biene, var. fasciata Latr., die am Hinterleibsgrunde hellgelb ge⸗ färbt iſt, etwas kleiner als die europäiſchen Bienen bleibt, gleichfalls ſehr ſtechluſtig iſt und kleinere Zellen baut, ſowie die im tropiſchen Afrika verbreitetete Adanſonibiene, var. adan- soni Latr., mit rotgelbem Hinterleibsgrunde. In Indien lebt eine andere, etwas größere Art von Honigbienen, die Rieſenhonigbiene, Apis dorsata F., die eine einzige mächtige, mitunter 1 m breite und bis zu 70000 Zellen enthaltende Wabe verfertigt, die frei im Geäſt eines Urwaldbaumes aufgehängt oder unter vorſpringenden Teilen von Felſen und Gebäuden - 5 befeſtigt wird. Alle Stände entwickeln ſich bei ihr in gleichgroßen ſechsſeitigen Zellen, während die kleinſte Honigbiene, die ebenfalls in Indien verbreitete Zwerghonigbiene, Apis florea F., welche auch nur eine einzige frei hängende Wabe baut, außer den wen ſchon beſondere Weiſelwiegen und Drohnenzellen errichtet. Die Ameiſen (Formieidae) leben wie die Weſpen und Bienen in Kolonien oder ſtaatlichen Geſellſchaften, die dem Menſchen von jeher durch den ausgeſprochenen Gemeinſinn bewunderungswert erſchienen find, mit dem jedes einzelne Individuum ſich hingebend und 616 Hautflügler. uneigennützig dem Wohle des Ganzen unterordnet. Noch mehr verdienen aber das ſonſtige Tun und Treiben der Ameiſen und ihre Beziehungen zueinander und zu anderen Tieren unſere Beachtung, iſt doch hieraus zu erſehen, daß wir es bei den fleißigen Ameiſen mit geiſtig hochſtehenden Weſen zu tun haben, die zwar von menſchlicher Intelligenz himmelweit ent⸗ fernt ſind, aber unter den wirbelloſen Tieren unſtreitig zu den begabteſten gehören. In ihrem Außeren haben die Ameiſen, verglichen mit den bunt gezeichneten Weſpen oder Bienen, nur wenig Anziehendes, denn die etwa 5000 bisher beſchriebenen Arten, die nebſt den bei ihnen unterſchiedenen ungefähr 1200 Varietäten alle Erdgebiete von den Tropen bis zu den arktiſchen Breiten bewohnen, bleiben zum überwiegenden Teile klein und ſind faſt immer ſchmucklos gefärbt. Ihr wichtigſtes Merkmal iſt ein mit einer aufrechten Schuppe beſetzter eingliederiger oder aus zwei aufeinanderfolgenden Knoten beſtehender Hinterleibsſtiel, der von dem erſten oder den beiden erſten Hinterleibsringen gebildet wird, ſofern wir, wie üblich, das obengenannte Medianſegment unberückſichtigt laſſen. Der Kopf unterliegt bei den Ameiſen in ſeiner relativen Größe weitgehenden Schwankungen; an ihm wird die oberhalb des Mundes belegene Partie als Kopfſchild bezeichnet, über dem ſich ein kleines, meiſt ungefähr dreieckig geſtaltetes Stirnfeld befindet, während zwei ſeitliche, vom Kopfſchilde nach oben ziehende Linien die Stirnleiſten bilden. Zwei Facettenaugen ſind gewöhnlich vorhanden, drei auf der Stirn⸗ mitte gelegene Punktaugen kommen in der Regel den Geflügelten zu, fehlen aber den un⸗ geflügelten Arbeitern oder ſind bei ihnen verkümmert. Die Vorderkiefer ſind kräftig und an ihrer Kaufläche meiſt mit Zähnen verſehen, die Mittelkiefer tragen an den Innenladen ſtarke Borſten und befähigen die Ameiſen ebenſo wie die quergeriefte, ziemlich große Zunge zum Auflecken von flüſſiger oder halbflüſſiger Nahrung. Am Grunde der Unterlippe ſehen wir Speicheldrüſen ausmünden, und ſchließlich iſt auch noch eine Vertiefung, die ſogenannte Mundtaſche, erwähnenswert, die unterhalb des Hypopharynx gelegen iſt und bei den pilzzüchtenden Arten von beſonderer Bedeutung wird. Die geknieten Fühler fügen ſich aus einem meiſt deutlich verlängerten eingliederigen Schaft und einer mehr⸗ gliederigen, am Ende oft keulenförmig verdickten Geißel zuſammen. Der Bau des Bruſt⸗ abſchnittes liefert eine vorzügliche Handhabe, um die verſchiedenen Stände bei den Ameiſen zu unterſcheiden, denn er iſt bei den Geſchlechtstieren immer ſtärker gewölbt und anders gebaut als bei den flügelloſen Arbeitern, bei denen er unvollkommener entwickelt iſt. Der Hinterleib endigt bei den weiblichen Ameiſen mit einem Giftſtachel, der freilich dem Menſchen gegenüber eine ziemlich harmloſe Waffe bildet, wenn wir von der amerikaniſchen Pogono- myrmex barbatus Sm. und einigen ausländiſchen Ameiſen abſehen, die ihres giftigen Stiches wegen gefürchtet ſind. Wenn der Stachel aber fehlt, wie dies bei zahlreichen Ameiſen der Fall iſt, ſo bleibt doch gewöhnlich der zugehörige Giftapparat, beſtehend aus den Giftdrüſen und einer großen Sammelblaſe, erhalten, und das ſcharfe, an Ameiſenſäure reiche Sekret, das ſich in letzterer anſammelt, wird dann beim Gebrauche ausgeſpritzt, wie dies namentlich bei unſeren roten Waldameiſen leicht zu beobachten iſt, die zu den ſtachelloſen Arten gehören und ihre Giftſtrahlen bis zu einer Höhe von 60 cm ſchleudern können. Die verſchiedenen Stände oder Kaſten der Ameiſen ſtimmen im weſentlichen mit denen der übrigen ſtaatenbildenden Hautflügler überein. Die männlichen Ameiſen ſind geflügelte Tiere mit langen Fühlern, gut entwickelten Augen und ſchlankem, geſtrecktem Körperbau. Sie ſind kurzlebig und zeigen nichts von der außergewöhnlichen Begabung, welche die weiblichen Individuen auszeichnet. Die Königin iſt ein vollentwickeltes, geflügeltes Weibchen, das ſeine Flugwerkzeuge bald nach der Begattung aber wieder verliert. In dieſem ungeflügelten Ame iſen: Körperbau. Kaſten. 617 Zuſtande iſt es immer an der Größe und vollkommenen Entwickelung ſeines Bruſtabſchnittes zu erkennen. Ameiſenköniginnen können jahrelang leben und ſogar, wie Lubbock bei Formica fusca L. feſtſtellte, ein Alter von ungefähr 15 Jahren erreichen. Sie haben in der Regel den Inſtinkt, ſelbſtändig eine neue Kolonie zu gründen, und ziehen anfangs auch ſelbſt ihre Jungen auf, eine Tätigkeit, die ihnen aber ſpäter von den Arbeiterameiſen abgenommen wird, ſo daß ſie dann mehr oder weniger zu ſtumpfſinnig dahinvegetierenden Eierlegemaſchinen werden. Die Arbeiter ſind verkümmerte Weibchen, die in der Regel über keine oder nur über Reſte einer Samentaſche verfügen, nicht zur Fortpflanzung gelangen, flügellos ſind, einen kleineren, unvollkommeneren Bruſtabſchnitt als die Königinnen und gar keine oder höch⸗ ſtens ganz kleine Punktaugen haben. Dafür iſt aber ihr Gehirn viel beſſer ausgebildet als bei den Geſchlechtstieren, und im Zuſammen⸗ hange damit ſind auch ihre geiſtigen Eigen⸗ ſchaften immer hochentwickelt, ſo daß die Ar⸗ beiterameiſen zu den mannigfachſten Verrich⸗ tungen befähigt ſind. Außer Arbeitern gibt es bei manchen Ameiſenarten auch Soldaten, die ſich von den Arbeitern nur durch einen beſonders großen Kopf und große Kiefer unter⸗ ſcheiden und entweder die Aufgabe haben, im Falle der Gefahr zu kämpfen und den Staat zu verteidigen, oder auch beſtimmte Arbeiten in Friedenszeiten verrichten, beiſpielsweiſe Pflanzenſamen oder harte Inſektenkoſt zerklei⸗ nern. Die Arbeiter und Soldaten erreichen zwar nicht das hohe Alter der Königinnen, können aber doch bei manchen Arten, wie von den Arbeitern der Formica fusca L. bekannt iſt, ar 3 4 cel — ene rei Brände der . ge : ie Größe der Ameiſenarbeiter wechjelt. chen, W Weibchen A Arbeiter von Oamponotus ligniperda Latr. Wahre Rieſenarbeiter treten bei der im tro⸗ ae dn ee piſchen Südamerika heimiſchen Dinoponera grandis Guer. auf, ſchwarze, langgeſtreckte behende Ameiſen, die eine Länge von 3 em beſitzen. Anderſeits gehören die Arbeiter des in den warmen Gebieten weit verbreiteten Monomorium floricola Jerd. mit einer Körperlänge von kaum über 1 mm zu den Zwerg⸗ formen unter den Hautflüglern. Von dem eben geſchilderten Verhalten der einzelnen Kaſten zueinander gibt es Ausnahmen. So kennt man Ameiſengattungen wie Anergates For. mit flügelloſen weibchenähnlichen Männchen und ſolche wie Formicoxenus Mayr, die ſogenannte ergatoide, d. h. arbeiterähnliche flügelloſe Männchen haben. Bei manchen Arten kommen geflügelte Zwergweibchen (Mikrogynen) vor, die meiſt neben normalen Weibchen in derſelben Kolonie leben, auch gibt es Ameiſen, wie die Treiberameiſen, die ſogenannte dichthadoide Königinnen beſitzen, die ungeflügelte weibliche Ameiſen von geradezu rieſigen Dimenſionen ſind (Abb., S. 630). Es gibt Arbeiter mit un⸗ gewöhnlich großem Kopf (Makroergaten) und ganz kleine Arbeiter (Mikroergaten), die gewöhnlich 618 Hautflügler. die erſten Nachkommen der Königin find, Auch Übergänge zwiſchen Weibchen und Arbeitern fehlen nicht, denn man kann bisweilen ergatoide Weibchen finden, die Arbeitern ähneln, oder gynäkoide Arbeiter, die ſich fortpflanzen und im Ausſehen an Königinnen erinnern, wobei wahr⸗ ſcheinlich in erſterem Falle ſpärliches Futter während der Larvenzeit die Arbeiterähnlichkeit, im letzteren Falle aber reichliches Futter die Königinnenähnlichkeit veranlaßt hat. Wie ſehr jeden⸗ falls die Ernährung zur Larvenzeit einzuwirken vermag, zeigt ſich darin, daß, wenn die Ameiſen : 3 bei Anweſenheit gewiſſer Gaſtkäfer ihre Brut vernachläſſigen, krüppelhafte Ameiſenindividuen, ſogenannte Pſeudogynen, erzogen werden, und bei Anweſenheit von Wurmparaſiten ander⸗ weitig verkümmerte, ſogenannte mermithergate Arbeiter zuſtande kommen. Von der Fort⸗ pflanzungsfähigkeit der Ameiſenarbeiter liegen verſchiedene Beiſpiele vor, denn wenn die Ar⸗ = beiter auch in der Regel unfruchtbar bleiben, ſcheinen fie doch auch unter natürlichen Verhält⸗ niſſen nicht gar zu ſelten unbefruchtete Eier zu legen, aus denen gewöhnlich männliche Nach⸗ kommen, bisweilen aber auch neue Arbeiter hervorgehen. So iſt es möglich, daß ſich die be⸗ ſonderen Eigenſchaften der Arbeiter ungeſchwächt erhalten und weiter vererben können. Ein außergewöhnliches Treiben herrſcht im Ameiſenſtaate, wenn die Zeit des Schwärmens herannaht und die geflügelten Männchen und Weibchen ſich anſchicken, das dunkle Neſtinnere zu verlaſſen, um die Freuden der Liebe zu genießen. Dutzende oder gar Hunderte geflügelter Ameiſen krabbeln dann in wildem Getümmel auf der Oberfläche des Neſtes und laufen in deſſen Umgebung umher. Eilfertig ſuchen fie an Grashalmen.und ähnlichen erhöhten Gegen: ſtänden emporzuklettern, kriechen übereinander, fallen wieder herunter oder werden von den zahlreichen Arbeitern, die, von der allgemeinen Unruhe angeſteckt, ebenfalls in größter Auf⸗ regung umherrennen, gepackt und wieder in das Neſt zurückgezerrt, bis es ſchließlich doch der Mehrzahl der Geflügelten gelingt, ſich freizumachen und die Luftfahrt anzutreten. Dann finden = fie ſich oben zuſammen mit ihren geflügelten Altersgenoſſen aus anderen Ameiſenkolonien und feiern, hoch über dem irdiſchen Getriebe ſchwebend, die Hochzeit im Sonnenglanze. Die ge⸗ flügelten Ameiſen, die bei ſolchen Gelegenheiten zuſammenkommen, bilden manchmal ganz gewaltige Schwärme, die ſich beſonders an hoch gelegenen Punkten, Ausſichtstürmen oder Kirchturmſpitzen, anſammeln und aus der Ferne geſehen ganz den Eindruck dunkler wallender 5 Rauchwolken machen, ſo daß man ſchon öfters an Feuersgefahr geglaubt hat und die Feuer⸗ wehr herbeikam, in der Meinung, einen Brand löſchen zu müſſen. Nicht immer vereinigen ſich die Ameiſenpaare in der Luft, oft kommt es f ſchon vor ben Aufſtiege zur Begattung, und die Arbeiter ſuchen dann das auf dem Boden befruchtete Weib⸗ chen ſeiner Flügel zu berauben und es wieder in das Neſt zurückzubringen, damit es ſich dort durch Ablegen von Eiern betätigen kann. Bei einigen Arten findet die Begattung auch im Neſtinnern ſtatt, in der Regel aber doch im Fluge, ſo daß die Tiere dann ſchließlich teils noch vereinigt, teils ſchon wieder einzeln für ſich auf den Boden herunterfallen und gewöhn⸗ lich weitab von dem heimatlichen Neſte die Erde erreichen. Hier gehen die Männchen bald 5 zugrunde, während dem befruchteten Weibchen die Aufgabe zufällt, zumeiſt ohne fremde Lil = ein neues Neſt zu gründen. Die erſte Sorge eines ſolchen Weibchens iſt es, ſich ſeiner Flügel zu entledigen, die 1 los ſind, weil es doch keine weiteren Luftreiſen mehr unternimmt. Hat es dieſe Anhänge durch gewaltſames Abreißen oder durch Scheuern gegen den Boden entfernt, ſo ſucht es eine günſtige Stelle zum Neſtbau, gräbt eine kleine Höhlung unter einem Stein oder im morſchen Holz, ver⸗ birgt ſich darin und wartet nun geduldig, ohne irgendwelche Nahrung zu ſich zu nehmen, tage⸗ lang, wochenlang, bei manchen Arten ſogar monatelang, bis die Eier in ſeinem Leibesinnern a N a nn hr a) Zul AP aut Zn a a ae Du hs eee make Piz ala Hk n f ‘ Ameijen: Fortpflanzung. Neſtbau. 619 fo weit entwickelt find, daß fie abgelegt werden können. Wenn das Tierchen während dieſer langen Periode des Faſtens nicht nur ſein Leben zu friſten, ſondern auch noch den gewaltigen Kraftaufwand zu beſtreiten vermag, den das Heranreifen der Eier erfordert, ſo hängt dies damit zuſammen, daß ſeine in der Bruſt gelegene mächtige Flügelmuskulatur zerfällt und hier⸗ bei Nährſtoffe frei werden, die zur Erhaltung des Lebens dienen und vor allem auch der Ent⸗ wickelung der Eier zugute kommen. So kann die Mutter ſchließlich ein kleines Häufchen von Eiern ablegen, die ſie treu bis zum Ausſchlüpfen der Jungen bewacht, welche dann von ihr ebenfalls ſorgfältig gehegt und gepflegt und fleißig bis zur Verpuppung mit Speicheldrüſenſekret gefüttert werden. Bald darauf ſehen wir die Ameiſenmutter oder Königin von einer kleinen Schar junger Ameiſenarbeiter umgeben und haben damit dann den Ameiſenſtaat in ſeinen erſten Anfängen vor Augen. Die Arbeiter machen ſich ſogleich nützlich, fie ſchaffen Futter heran, bauen das Neſt und reinigen und füttern ihre Königin, die ſich von jetzt an ganz dem nützlichen Ge⸗ ſchäft des Eierlegens widmet. Die junge Brut, die ſich von nun an unter der Pflege der Arbeiter heranbildet, entwickelt ſich zu immer neuen Arbeiterameiſen, bis ſchließlich, wenn der Staat hinreichend volkreich geworden iſt, auch wieder neue Geſchlechtstiere entſtehen und aus dem Neſte die Scharen geflügelter Ameiſen ausſchwärmen, von denen oben die Rede war. Die Neſter, die den Ameiſenkolonien zur Wohnſtätte dienen, ſind je nach der Art von ſehr verſchiedener Beſchaffenheit. Auch die äußeren Umſtände haben auf den Neſtbau einen gewiſſen Einfluß, denn da die Ameiſen es ſehr gut verſtehen, ſich der jeweiligen Umgebung anzupaſſen, ſo ſehen wir die gleiche Art manchmal unter flachen Steinen, die bei der Sonnen⸗ beſtrahlung die Wärme auffangen, manchmal aber in morſchem Holz oder in hoch auf- getürmten Erdhügeln niſten. Außer den Erdneſtern werden Holzneſter unterſchieden, die die Ameiſen in lebendes oder totes Holz einfreſſen, ſowie kombinierte Neſter, die aus einem unter⸗ irdiſchen, in den Boden gegrabenen Erdbau und einem darüber geſchichteten kuppelartigen Haufen beſtehen, der aus zuſammengetragenen Nadeln, Holzſtückchen und ähnlichen Dingen aufgetürmt wird. Die großen Ameiſenhaufen unſerer roten Waldameiſe find von dieſer letzt- erwähnten Bauart. In alten Baumſtrünken oder hohlen Bäumen ſtellt ſich die in Deutſch⸗ land verbreitete, glänzend ſchwarze Holzameiſe, Lasius fuliginosus Latr., ihr dunkles, brüchiges Kartonneſt aus zerfauter Holzmaſſe her, ähnlich zahlreiche Cremastogaster-Arten in wärmeren Ländern. Von den Neſtern der Weberameiſen und den Niſtſtätten in Ameiſen⸗ pflanzen wird unten noch die Rede ſein. Der Ameiſenſtaat begnügt ſich nicht immer mit der Beſiedelung eines Neſtes, ſondern gründet häufig Zweigniederlaſſungen in der Nachbarſchaft, die mit dem Hauptneſt durch Straßen in Verbindung ſtehen, auf denen gewöhnlich ein reges Kommen und Gehen herrſcht. Ander⸗ ſeits gibt es auch vagabundierende Ameiſenvölker ohne dauerndes Heim, die bald hier, bald dort vorübergehend ihr Quartier aufſchlagen, ſowie Ameiſenarten, die in fremden Ameiſen⸗ bauten ſich niederlaſſen. Für die Herbeiſchaffung des Baumaterials haben die Arbeiter zu ſorgen. Andere Arbeiter ſtreifen teils einzeln, teils in ganzen Trupps in der Umgebung umher, um Proviant herbeizuholen. Die Nahrung iſt bei den verſchiedenen Arten ſehr verſchieden und kann aus mancherlei tieriſchen oder pflanzlichen Stoffen und ſüßen Säften beſtehen. Oft über⸗ fallen unſere Ameiſen eine Raupe, einen Käfer oder ein anderes Inſekt und zerren es mit vereinten Kräften nach dem Neſte. Die roten Waldameiſen machen ſich dadurch hervorragend nützlich, ſie ſäubern den Waldboden und die Bäume von allerlei ſchädlichem Ungeziefer und pflegen dies ſo gründlich zu beſorgen, daß bei Raupenkalamitäten ſämtliche in der Nähe von ö Ameiſenhaufen ſtehende Waldbäume von dem Fraße vollſtändig verſchont bleiben. Die 620 Hautflügler. Jagdbeute wird übrigens nicht immer heimgetragen, ſondern häufig ſogleich an Ort und Stelle zerlegt, wovon in unſeren Breiten die am Boden umherliegenden leeren Schalen von Hirſch⸗ käfern und anderen großen Inſekten Zeugnis ablegen. Die Ameiſen, die an dieſer Stelle ihren Schmaus gehalten haben, verwenden aber keineswegs alles für ſich, ſondern bewahren die aufgefreſſenen Fleiſchteile im Kropf auf, wo ſie, mit Speichel durchtränkt, bleiben, um, zu Hauſe wieder ausgewürgt, anderweitige Verwendung zu finden. Auch verſtehen es die Ameiſen, Flüſſigkeiten, Honig oder Blattlausſäfte zu transportieren, mit denen ſie ihren Kropf manchmal ſo ſtark füllen, daß die Hinterleibsringe dadurch förmlich auseinandergetrieben werden. Wenn ſolche vollgepfropften Ameiſen zu Hauſe angelangt ſind und von einer hungrigen Ameiſe an⸗ gebettelt werden, geben ſie bereitwillig von dem Überfluß ab und flößen auch den Larven, die ſelbſtändig keine Nahrung zu ſich nehmen können, den ausgewürgten Futterbrei ein. In den Mittelmeerländern leben die Ernteameiſen (Messor For.), eifrige Körner⸗ ſammler, die große Vorräte von Sämereien in ihrem Neſte anhäufen, um zur nahrungsarmen Zeit keine Not zu leiden. Derſelben eee begegnen wir bei gewiſſen Aphaenogaster- Arten, von deren Treiben Eſcherich be⸗ richtet, der in Eritrea ein unterirdiſches Neſt mit mehreren Ausgängen fand. „die letzteren waren hier nicht, wie es ſonſt beſonders in ſandigen Gegenden der Fall iſt, mit hohen Erdwällen (Kra⸗ tern) umgeben, ſondern mündeten ein⸗ fach auf der Oberfläche des Bodens, 8 der in ziemlichem Umkreis ganz flach Gegenſeitige Fütterung bei der Schwarzbraunen Ameiſe, For- mit dem ausgeworfenen Sand bedeckt mica fusca L. Aus le 88 Ameiſen und ihrer Gäſte“, war. Am Tage herrſcht hier Totenſtille, keine der fleißigen Körnerſammlerinnen läßt ſich vor dem Eingang blicken. Um ſo lebendiger wird es abends, wenn die Sonne unter⸗ gegangen iſt. In endloſen Maſſen ergießen ſich jetzt die Bewohner aus der größten Offnung, in Kolonnen zu dreien oder vieren, zunächſt alle denſelben Weg und dieſelbe Richtung ein⸗ ſchlagend. Erſt nachdem fie 30 — 40 m in geſchloſſenen Reihen marſchiert, zerſtreut ſich die Geſellſchaft, und die einzelnen Mitglieder gehen nun in verſchiedenen Richtungen auseinander zur Ernte; die einen ſuchen am Boden, die anderen erklettern die Gräſer, um oben die Samen zu holen, oder auch ganze Ahrenſtücke abzuſchneiden. Nach etwa 10 Minuten, nachdem die erſte Ameiſe die Wohnung verlaſſen, ſieht man bereits einige wieder zurückkehren auf derſelben Straße, auf der ſie gekommen und auf der immer noch andere ausziehen. Nach einer halben Stunde iſt die Zahl der Heimkehrenden ſchon viel größer als die der Ausziehenden, und nach ; weiteren zehn Minuten fieht man nur noch heimkehrende. Jede derſelben trägt eine Beute in den Kiefern, Samen der verſchiedenſten Art; ich ſtaunte über die Mannigfaltigkeit der ein = a geheimſten Früchte. Die einen führten winzige, die anderen im Verhältnis zu ihrer Körper⸗ größe ganz enorme Samen oder Zwiebeln mit ſich. Manche hatten ſich ſcheinbar getäuſcht und trugen an Stelle von Samen große Erdklümpchen oder Steinchen; dieſe Täuſchung war mir um ſo auffallender, als ich fie in kurzer Zeit ſechs- bis ſiebenmal bemerkte und fie alſo ziem⸗ lich häufig zu ſein ſchien. In dem Eingang des Neſtes ſtanden eine Reihe von Arbeitern, die Fühler nach vorn reſpektive nach oben ſtreckend und die Kiefer meiſt aufgeſperrt; es find | dies die Türwächter, die jede eintretende Ameiſe unterſuchen, bevor fie fie hereinlaſſen. Kurze 3 * $ 7 Ameiſen: Ernteameiſen. Honigameiſen. 621 Zeit, nachdem das Eintragen begonnen, ſah man auch ſchon wieder eine Anzahl Arbeiter mit leeren Hülſen aus dem Neſt herauskommen, um dieſelben eine Strecke weit vom Eingang fallen zu laſſen und ſofort wieder in eiligſtem Laufe zurückzukehren. Das Fallenlaſſen der Hülſen und Umkehren war ein kurzer Moment und machte den Eindruck eines unheimlichen Fleißes oder vielmehr einer fürchterlichen Haſtigkeit.“ Auch die Honigameiſen, die mehreren Ameiſengattungen angehören und in verſchiedenen Weltgegenden vorkommen, ſammeln Honigvorräte und bewahren ſie in lebenden Behältern auf. Das beiſtehende Bild läßt uns einen Blick in einen der unterirdiſchen Vorratsräume Gewölbe im Neſt der Honigameiſe Myrmecoeystus mit „Honigtöpfen“. Nach M'Cook. Aus R. Heſſe und F. Doflein, g „Tierbau und Tierleben“, Band II, Leipzig und Berlin 1914. von Myrmecocystus mexicanus Wesm., var. horti-deorum M' Cool, tun, einer an dürren, ſonnigen Abhängen in Mexiko und Kolorado verbreiteten Honigameiſe. An der Decke des Raumes ſind dicht beieinander die lebenden Töpfe angehängt, die weiter nichts als Arbeiter⸗ ameiſen ſind, die von dem zur nahrungsreichen Zeit eingebrachten Honig ſo viel eingetrichtert erhalten haben, daß ihr Hinterleib zu einer unförmlichen Blaſe angeſchwollen iſt. Dieſe armen Honigtöpfe haben jegliche Bewegungsfähigkeit verloren, fie müſſen regungslos Monate hindurch hängen, bis ihnen nach und nach der Honig während der nahrungsarmen Zeit von den übrigen Arbeitern wieder abgezapft wird. Zu den anziehendſten Zügen im Ameiſenleben gehört der rührende Eifer, mit dem die Arbeiter um die heranwachſende Brut beſorgt ſind. Wir brauchen nur ein beliebiges Ameiſen⸗ neſt aufzudecken, um zu ſehen, wie die Tierchen ſofort von allen Seiten herangeſtürzt kommen, in größter Eile mit den Kiefern Larven und Puppen aufnehmen und ſie ſchleunigſt in die ſichere dunkle Tiefe des Neſtes bringen. Einer ſolchen Störung bedarf es aber nicht, denn auch 622 Hautflügler. in den unbehelligt gelaſſenen Neftern find die Ameiſen fortwährend eifrig um die Nachkommen⸗ ſchaft bemüht, halten die Eier und die Larven je nach ihrer verſchiedenen Größe ſorgfältig ſortiert in getrennten Kammern und ſchleppen ſie bei Tag und bei Nacht in verſchiedene Stockwerke, bald hinauf, bald hinunter, immer an diejenigen Stellen, an denen die Brut die für ihr Ge⸗ deihen günſtigſte Wärme und Feuchtigkeit findet. Hiermit nicht genug, belecken die Ameiſen auch eifrig ihre Larven, um alle Unſauberkeiten, Schmutzteilchen, Pilzſporen und ähnliches von deren Körpern zu entfernen. So wachſen die Larven, mit Futter ſtets reichlich verſorgt, heran und wandeln ſich in Puppen um, die entweder frei liegen oder ſich in einem von der Larve vor⸗ her verfertigten kokonartigen Geſpinſt befinden. Iſt dann im Kokon eine neue, anfangs noch hell gefärbte Ameiſe entſtanden, ſo verrichten die Arbeiter noch Geburtshelferdienſte und helfen der neugeborenen Schweſter, durch Aufnagen des Kokons den Weg ins Freie zu finden. Andere Ameiſen, die nicht gerade mit Neſtbau, Futterholen oder mit der Jugendpflege beſchäftigt ſind, zeigen ſich oft in ſonderbaren Stellungen, ſie putzen ſich und reinigen ihre wichtigſten Körperanhänge, die Fühler, mit einem Putzapparate, den ſie an den Vorderbeinen haben, und der aus einer am erſten Fußgliede ſitzenden Haarbürſte nebſt einem zinkentragenden Sporn am Ende der Schiene beſteht. Der Reinlichkeitsſinn, den Eſcherich geradezu als eine Vorbedingung für das Geſellſchaftsleben der Ameiſen bezeichnet hat, iſt ſo ſtark bei dieſen Tierchen entwickelt, daß ſie auch nicht die kleinſte Unſauberkeit in ihrem Neſte dulden, alle Abfälle ſofort beiſeite ſchaffen, feuchte Stellen zuſchütten und modernde Reſte mit Erde bedecken. Auch tote Kameraden werden ſogleich fortgeſchafft oder mit Erde überdeckt, was phantaſie⸗ volle Beobachter ſchon zu der Meinung veranlaßt hat, daß die Ameiſen nach Menſchenart ihre Toten begrüben, während doch von einer pietätvollen Beſtattung gar keine Rede ſein kann, und die Tierchen nur den Inſtinkt betätigen, alle faulenden Stoffe in ihrer Nähe zu beſeitigen. Andere Ameiſen ſtehen in treuer Pflichterfüllung Poſten, halten aufmerkſam die Zugänge des Neſtes beſetzt und ſchlagen, wenn ſie etwas Verdächtiges bemerken, Alarm, worauf ſofort E die Kameraden in hellen Haufen von allen Seiten herangeſtürzt kommen. Ein Mitteilungs⸗ vermögen iſt den Ameiſen nämlich zweifellos eigen, zwar keine Sprache im menſchlichen Sinne, wohl aber die Möglichkeit, gewiſſe Erregungs⸗ oder Gemütszuſtände von einem Individuum zum anderen zu übertragen, was ſchließlich auf eine Art Verſtändigung hinausläuft. Dabei ſpielen die Fühler eine beſonders wichtige Rolle. Mit ſanften trillernden Schlägen bearbeitet die hungrige Ameiſe den Kopf einer Genoſſin, die einen gefüllten Kropf hat, und dieſe verſteht und ſpendet der hungrigen Gefährtin die gewünſchte Speiſe. Durch Fühlerſchläge gibt eine Ameiſe ihren Mitbürgerinnen kund, daß ſie irgendwo Futter gefunden hat, und veranlaßt ſie, ihr zu folgen. Man hat auch geſehen, daß eine Ameiſe einer aufgeregten Gefährtin ſanfte andauernde Fühlerſchläge verſetzte und ſie auf dieſe Weiſe zu beſchwichtigen ſuchte. So ge⸗ währt die „Fühlerſprache“ den Ameiſen die Möglichkeit, ſich Mitteilungen mannigfacher Natur zu machen. Auch Töne können ein Verſtändigungsmittel bilden, denn es gibt viele Ameiſen, die durch Reiben von Körperteilen gegeneinander zirpende Geräuſche erzeugen, die zum Teil ſogar für den Menſchen hörbar ſind und, wie Verſuche zeigen, von anderen Ameiſen derſelben Art ſofort empfunden werden. Alle Ameiſen, die ein und dasſelbe Neſt bewohnen, rasen ſich als Freunde an einem gemeinſamen, ihnen allen anhaftenden Geruch, dem Neſtgeruch, während Ameiſen aus fremden Neſtern einen andersartigen Neſtgeruch haben. So kommt es, daß fremde Ameiſen, ſelbſt wenn ſie nicht geſehen werden, etwa wenn es ihnen gelungen ſein ſollte, bis in das dunkle Neſtinnere zu gelangen, doch ſofort als Eindringlinge erkannt und wie Feinde behandelt werden. Ameiſ en: Brutpflege. Reinlichkeitsſinn. Geiſtige Fähigkeiten. Schlachten und Raubzüge. 623 Auch ſonſt ſpielt der Geruchsſinn im Ameiſenleben eine wichtige Rolle, hauptſächlich beim Zurechtfinden in der Umgebung des Neſtes, denn wenn eine Ameiſe nach beſchwerlicher Wande⸗ rung kreuz und quer durch Gras und Geſtrüpp oder an einem Stamm und an Aſten und Zweigen entlang Futter geholt hat, findet ſie doch mit aller Sicherheit wieder den Heimweg, indem ſie, mit den Fühlern witternd, ihrer eigenen Spur oder der ihrer Gefährtinnen in ent⸗ gegengeſetzter Richtung folgt. Man darf aber nicht etwa meinen, daß die Ameiſen blindlings immer nur auf beſtimmte Geruchseindrücke oder andere beſtimmte Reize hin rein mechaniſch gewiſſe Handlungen ausführen und etwa weiter nichts als willenloſe Reflexautomaten ſeien. Dies trifft ganz und gar nicht zu, denn wie viele andere Inſekten ſind auch die Ameiſen ſehr wohl imſtande, im Laufe ihres Lebens allerlei Erfahrungen zu ſammeln. Sie lernen beiſpiels⸗ weiſe ſich in anfangs fremder Umgebung bald mit Leichtigkeit zurechtzufinden, gewöhnen ſich in der Gefangenſchaft an die Finger, die ihnen Futter reichen, und zeigen deutlich genug ver⸗ ſchiedene Gemütsſtimmungen, ſo daß an dem Vorhandenſein eines gewiſſen Seelenlebens bei den Ameiſen gar kein Zweifel ſein kann. 5 Von Willenskraft und perſönlichem Mut legen die Ameiſen geradezu erſtaunliche Proben bei den Schlachten ab, die ſie zuweilen untereinander ausfechten. Die Veranlaſſung zu ſolchen Kämpfen bilden häufig Grenzſtreitigkeiten, denn wenn die Bevölkerung zunimmt, ſo kommen die furagierenden Arbeiter, die weiter und weiter ausgeſandt werden, leicht einmal in das Jagd⸗ gebiet eines fremden Volkes, und der Konflikt iſt da. Oft hauſen auch zwei Ameiſenvölker, die geſonderte Jagdgründe haben, dicht beieinander, aber doch durch eine Scheidewand getrennt, unter einem Stein. Fällt dann zufällig die Scheidewand etwa durch Aufheben des Steines, ſo gibt es ſofort eine Schlacht. Mit furchtbarer Erbitterung fallen die feindlichen Ameiſen über⸗ einander her, zerren, beißen und ſtechen ſich wütend oder beſpritzen ſich mit Gift, bis Tote und Verwundete die Walſtatt bedecken und ſchließlich eine der beiden Parteien wohl oder übel das Feld räumen muß. Seltener wird Friede geſchloſſen, und die Streiter gewöhnen ſich nach vorangegangenem Kampfe, verträglich beieinander zu wohnen. Gewiſſe Ameiſenarten, die in den gemäßigten und nördlichen Breiten vorkommen, organi⸗ ſieren von Zeit zu Zeit planmäßige Raubzüge gegen andere friedliche Völker, bei denen es ihnen aber nicht um Eroberung fremden Landgebietes, ſondern um Erlangung fremder Hilfs⸗ ameiſen oder Sklaven zu tun iſt. Zu den bekannteſten europäiſchen Sklavenjägern gehört die in Deutſchland verbreitete Blutrote Raubameiſe, Formica sanguinea Latr., eine leb: hafte, mutige Art, die in aufgetürmten Haufen oder unter Steinen, Wurzeln und Geröll niſtet. Die Zeit ihrer kriegeriſchen Unternehmungen iſt der Hochſommer. Dann ziehen ſie gewöhnlich an einem ſonnigen Vormittag in großen geſchloſſenen Kolonnen aus und marſchieren, ſoweit es die Bodenverhältniſſe zulaſſen, möglichſt raſch und ohne Umwege zu einem oft bis 50 oder 100 m weit entfernten Neſt einer anderen Ameiſenkolonie, deſſen Lage ſie offenbar vorher ſchon genau ausgekundſchaftet hatten. Das Neſt, das ſie überfallen wollen, gehört in der Regel entweder der ziemlich harmloſen und friedlichen Formica fusca L. oder einer ihr verwandten Art an. Wenn die erſten Blutroten das fremde Neſt erreicht haben, warten ſie, bis die Hauptmaſſe herangezogen iſt, damit die ganze Schar mit einem Male den Angriff machen kann. Die überfallenen Fusca⸗Ameiſen nehmen, wenn ſie die Annäherung ihrer Feinde rechtzeitig bemerkt haben, oft ſchon vorher Reißaus und ſuchen von ihrer Brut ſchleunigſt zu retten, was ſich retten läßt. In anderen Fällen kommt es zu einem verzweifelten Kampfe, der aber faſt immer mit dem Siege der entſchloſſen angreifenden Blutroten endigt, die ungeſtüm in das Neſtinnere eindringen, alle ſich zur Gegenwehr ſetzenden Fusca-Ameiſen 624 Hautflügler. niedermachen und bald darauf wieder zum Vorſchein kommen, jede eine geraubte Fusca⸗Puppe in den Kiefern haltend, um dann ſchleunigſt mit ihrer Beute wieder zurückzumarſchieren. Aus den geraubten Fusca-Puppen werden im Sanguinea⸗Neſte Fusca⸗Ameiſen erzogen, die als „Sklaven“ im Hauſe ihrer Herren wohnen und mit dieſen zuſammen eine ſogenannte gemiſchte Kolonie bilden. Die Zahl der Sklavenameiſen wechſelt. In manchen Sanguinea- Neſtern ſieht man zwiſchen den blutroten Herren überall die ſchwarzbraun gefärbten Fusca- Sklaven in großer Zahl umherlaufen, während andere Sanguinea⸗Völker ganz ohne Sklaven leben. Die Sklaven ſind aber bei den Ameiſen keineswegs arme geknechtete Weſen, ſondern fühlen ſich gleich mit ihren Herren, ſie beteiligen ſich an allen Arbeiten und Verrichtungen im Neſte, und da ſie das fremde Haus, in dem ſie aus der Puppe entſtanden ſind, ganz als eigenes Heim betrachten, ſo ſind ſie auch jederzeit bereit, es bei Gefahr, Schulter an Schulter mit ihren Herren kämpfend, mit dem gleichen Opfermute zu verteidigen. 8 5 Der Inſtinkt des Sklavenraubens, der in der ganzen übrigen Inſektenwelt ſeinesgleichen nicht findet, iſt nicht mit einem Male entſtanden, ſondern konnte ſich nur ſo heranbilden, daß die Art der Neſtgründung bei gewiſſen Ameiſen anders iſt, als oben beſchrieben. Schon bei der gewöhnlichen Roten Waldameiſe, Formica rufa L., die keine Sklaven hält, weicht die Koloniegründung ab, denn ſehr oft werden hier befruchtete Weibchen nach dem Hochzeitsfluge gleich von den Arbeitern irgendeiner Rufa-Kolonie aufgegriffen und in das Neſt geſchleppt, ſo daß die großen volkreichen Haufen der Roten Waldameiſe ähnlich wie die Neſter anderer Ameiſen in der Regel nicht eine, ſondern mehrere eierlegende Königinnen beherbergen. Wenn aber ein befruchtetes Weibchen der Roten Waldameiſe keine Gelegenheit gefunden hat, in ein Neſt ihrer eigenen Artgenoſſen zu kommen, ſo dringt es in ein Neſt einer verwandten häufigen Ameiſenart, der Formica fusca, ein, vermutlich in ein ſolches, in dem keine Königin vor⸗ handen iſt, und ſetzt es dort durch, daß ſie von den fremden Arbeitern aufgenommen oder adoptiert wird. Hiermit iſt dann eine „Adoptionskolonie“ oder ein gemiſchtes Neſt entſtanden, deſſen Inſaſſen aus einer Rufa⸗Königin und aus Fusca⸗Arbeitern beſtehen. Eine ſolche ge⸗ miſchte Rufa-Fusca⸗Kolonie vermag ſich natürlicherweiſe nicht auf die Dauer zu halten, denn die Rufa⸗Königin erzeugt fortdauernd Nachkommen, die Fusca-Arbeiter aber vermehren ſich nicht, ſondern ſterben allmählich aus, und ſo muß mit der Zeit aus der gemiſchten Kolonie eine einheitliche Kolonie von Rufa⸗Ameiſen werden. N Bei vielen Ameiſen, insbeſondere ausländiſchen Arten, iſt es Regel, daß die befruchtete Königin in ein fremdes Neſt eindringt. Hierzu wählt ſie mit Vorliebe das einer verwandten gutmütigen Art, die Königin der nordamerikaniſchen Formica rubicunda Em. beiſpielsweiſe das Neſt von Formica subsericea Say, und ſucht ſich dort der fremden Puppen zu bemäch⸗ tigen. Alle Subsericea⸗Ameiſen, die fi ihrem Vorhaben widerſetzen, tötet fie und züchtet ſich aus den geraubten Puppen Hilfsameiſen, mit deren Unterſtützung ſie ihre eigene Brut groß⸗ zieht. Es iſt nun ſehr erklärlich, daß die Nachkommen einer ſolchen Rubicunda⸗Königin leicht zu Sklavenräubern werden können, denn ſie haben ja von der Mutter die Neigung des Puppen⸗ raubes geerbt, und wenn dann in einer Rubicunda⸗Kolonie die als Hilfsameiſen nützlichen Sericea⸗Arbeiter nicht mehr in genügender Zahl vorhanden ſind, oder wenn ſich gerade eine günſtige Gelegenheit bietet, jo marſchieren die Rubicunda⸗Arbeiter genau wie die europäiſchen Blutroten Ameiſen eines ſchönen Tages in hellen Haufen aus und holen ſich aus irgendeinem fremden Sericea-Neſt Puppen, um ſich neue Hilfsarbeiter heranzuziehen. Die ſchlimmſten Sklavenjäger ſind die Amazonenameiſen, bei denen ſchon das Außere den kriegeriſchen Charakter erraten läßt. Die Amazonen haben nämlich ein Paar gewaltiger Ameiſen: Sklavenraub. Paraſitismus. Ameiſengemeinſchaften. 625 ſäbelförmiger Vorderkiefer, furchtbare Waffen im Kampfe gegen andere Ameiſen. Sie haben es jedoch ganz verlernt, dieſe großen Kiefer zum Freſſen zu benutzen, und müſſen ſich daher, ſelbſt wenn Futter in Hülle und Fülle vorhanden iſt, immer von fremden Hilfsameiſen füttern laſſen. Im Gegenſatz zu den eben genannten Arten, die auch ganz gut ohne Sklaven be⸗ ſtehen können, ſind daher die Amazonen auf die Sklavenjagd geradezu angewieſen. Bei den Beutezügen, die von der Europäiſchen Amazonenameiſe, Polyergus rufescens Latr., in der heißeſten Jahreszeit unternommen werden, legen dieſe kriegeriſchen Tiere einen geradezu er⸗ ſtaunlichen Wagemut an den Tag. Schon eine kleine Schar von Amazonen wagt es, am hellen Tage in ein dicht bevölkertes Neſt von Formica rufibarbis L. oder fusca L. einzudringen, und bringt es trotz der feindlichen Übermacht fertig, die fremden Puppen zu rauben. Wenn die Amazonen ohne Sklaven nicht mehr leben können, ſo ſteht es doch noch viel ſchlimmer um gewiſſe andere Ameiſenarten, die in völlige Abhängigkeit geraten ſind und, wie die Europäiſche arbeiterloſe Ameiſe, Anergates atratulus Schenk, förmlich als Paraſiten in den Neſtern ihrer Hilfsameiſen haufen. Ein ſolches Anergates⸗Weibchen wird, wenn es in eine Tetramorium⸗Kolonie eingedrungen iſt und ſich dort von dem fremden Volke hat adop⸗ tieren laſſen, bald ganz unförmig, ſein Hinterleib ſchwillt an, und unfähig, ſelbſt zu freſſen, muß es ſich von den Wirtsameiſen füttern laſſen, was dieſe allerdings um ſo lieber tun, als ſie ihrem neuen plumpen Neſtgenoſſen immer ungemein zugetan ſind. Sie ziehen ihn ſogar ihrer eigenen Königin vor, die bald nach dem Eindringen der Konkurrentin, wahrſcheinlich von ihren eigenen Untertanen ermordet, ihr Leben laſſen muß. So kommt es dann, daß nach und nach die urſprüngliche Tetramorium⸗Bevölkerung ſich verringert und ſchließlich aus Mangel an Nachwuchs ausſtirbt, während die fremde, nur aus einigen Männchen und Weibchen, nicht aber aus Arbeitern beſtehende Nachkommenſchaft der Anergates⸗Mutter heranwächſt. Da nun aber die Anergates durchaus darauf angewieſen ſind, ſich von ihren Wirtsameiſen füt⸗ tern zu laſſen, ſo ſind ſie mit dem Ausſterben der letzten Tetramorium⸗ ⸗Ameiſen ſelbſt ver⸗ loren und müſſen dem Untergange anheimfallen, ausgenommen einzelne befruchtete, junge Anergates⸗ Weibchen, die dem allgemeinen Verhängnis entgehen können, wenn ſie rechtzeitig wieder bei anderen Tetramorium⸗Kolonien Unterſchlupf finden. Ameiſengemeinſchaften anderer Art kommen mitunter dann zuſtande, wenn verſchiedene Ameiſenarten, ohne ſich gegenſeitig irgendwie zu ſtören, gleichberechtigt in demſelben Neſte beieinander wohnen (Parabioſe). So leben die kolumbiſchen Ameiſen Cremastogaster parabiotica For. und Dolichoderus debilis Em. als gute Kameraden friedlich zuſammen; ſie ziehen zwar ihre Bruten in getrennten Kammern auf, benutzen aber die gleichen Neſt⸗ öffnungen und zum Teil auch die gleichen, zu ihren Weideplätzen führenden Straßen und Wege. Weniger harmlos läßt ſich ſchon das als „Leſtobioſe“ bezeichnete Zuſammenleben der aus Europa, Aſien und Nordamerika bekannten Diebsameiſen (Solenopsis F.) mit ihren Wirten an. Jene ſind ausnahmslos winzige Ameiſen von blaßgelber Farbe, die ſich nie aus der Erde hervorwagen und auch wohl ſchwerlich mit ihren verkümmerten Augen mehr als hell und dunkel unterſcheiden können; und das lichtſcheue Geſindel liebt es nun ganz beſonders, ſich die Scheidewände zwiſchen den Neſtkammern größerer Ameiſenarten zum Wohnſitz zu wählen und dort ein Syſtem ſo enger Gänge anzulegen, daß keine fremde Ameiſe eindringen kann. In dieſen Schlupfwinkeln fühlen ſich die diebiſchen Zwerge vollkommen ſicher, ziehen dort ihre Brut auf, kommen aber zeitweilig heraus und ſtehlen alle Abfälle, die ſie in den Neſtkammern und Gängen ihrer großen Wirte erwiſchen können. Auch Eier und junge Larven rauben ſie letzteren weg und können dieſes einträgliche Diebsgeſchäft Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. N 40 626 Hautflügler. deswegen ungeſtraft ausüben, weil ſie ihrer winzigen Größe wegen von den anderen Ameiſen unbeachtet gelaſſen werden. In ganz ähnlicher Weiſe ſcheinen die afrikaniſchen und indiſchen Carebara-Ameiſen ihren Lebensunterhalt in Termitenneſtern zu finden, nur mit dem Unter: ſchiede, daß ſie dunkel gefärbte Geſchlechtstiere von ganz gewaltiger Größe haben, welche die winzigen gelblichen Arbeiter oft um mehr als das Zwanzigfache an Leibesumfang übertreffen. Im Gegenſatz zu den Diebsameiſen, die mitunter auch auf ganz ehrbare Weiſe, ohne fremde Ameiſen zu berauben, in ſelbſtändigen Kolonien leben, ſtehen die Gaſtameiſen, die nie ein eigenes Neſt haben, ſondern ſich immer bei fremden Wirtsameiſen einbürgern und ſozuſagen einen Staat im Staate bilden (Xenobiofe). Die bekannteſte europäiſche Gaſt⸗ ameiſe, Formicoxenus nitidulus Nyl., ift eine glänzend braunſchwarze Art von ſchlanker Geſtalt mit zwei Knoten am Hinterleibsſtiel; ſie hat ihr Heim in den Haufen der Roten Waldameiſe und wurde ſchon oben wegen ihrer flügelloſen Männchen genannt. Die For- micoxenus-Ameijen bilden kleine Kolonien, die oft aus kaum hundert Individuen beſtehen, und bleiben in der Körpergröße, die nur etwa 2,5 — 3 mm beträgt, ſehr erheblich hinter ihren Wirten zurück. Dieſe bekümmern ſich um dieſe Zwerge ſo gut wie gar nicht. „Nicht ſelten“, erzählt Wasmann, „erhält eine der Kleinen von einer Großen, die über ſie hinwegſtolpert, einen unabſichtlichen Fußtritt, der ſie auf die Seite wirft. Die Getroffene duckt ſich und ſcheint nicht an Rache zu denken. Dieſe unerſchütterliche Geduld iſt um ſo merkwürdiger, da Reizbarkeit und Zorn ſonſt zu den Hauptzügen der Ameiſen gehören.“ So iſt es dem ausgeſprochen nachgiebigen und ruhigen Charakter der Formicoxenus⸗Ameiſen zu verdanken, daß der Hausfriede niemals geſtört wird und daß ſich dieſe zwerghaften Gäſte ungeſtraft bei den Waldameiſen aufhalten können, in deren gleichmäßig temperiertem Heim ſie Schutz und wohl ſicherlich auch reichliche Nahrung finden. Jedenfalls ſind die Formicoxenus wie alle Gaſtameiſen durchaus an ihre Wirte gebunden, leben mit ihnen auf freundſchaftlichem Fuße, und wenn die Roten Waldameiſen, wie dies gelegentlich vorkommt, einmal ihre Haufen verlaſſen und ſich eine andere Unterkunft ſuchen, ſo machen die Formicoxenus⸗Gäſte den Um⸗ zug mit und marſchieren, ſich gegenſeitig und ihre Brut tragend, ſo gut es geht, hinterdrein. Außer fremden Ameiſen können auch allerlei Käfer und verſchiedene andere Tiere als mehr oder minder gern geſehene Gäſte in Ameiſenneſtern leben. Dieſe ſogenannten Myrme⸗ kophilen oder „Ameiſenfreunde“ müſſen ſehr wohl von verſchiedenen anderen, im Freien vorkommenden Tieren, die auch hier und da einmal rein zufällig und gelegentlich in Ameiſen⸗ bauten anzutreffen ſind, unterſchieden werden. Das Weſen der Myrmekophilen beſteht gerade darin, daß ſie immer bei Ameiſen ihr Heim haben und auch immer in beſonderer Weiſe an das Zuſammenleben mit dieſen angepaßt ſind, wodurch ſich mannigfache Beziehungen er⸗ geben, die erſt durch die muſtergültigen Forſchungen von Wasmann und anderen Beobachtern unſerem Verſtändnis erſchloſſen ſind. i Wirkliche Freundſchaftsbeziehungen haben ſich zwiſchen den Ameiſen und den „echten Gäſten“ oder Symphilen herausgebildet, zu denen beiſpielsweiſe verſchiedene Kurzflügler⸗ käfer aus den früher bereits erwähnten Gattungen Lomechusa und Atemeles, ebenſo die Keulenkäfer Claviger zu rechnen find (. S. 395, 397 u. S. 399), alles Gäſte, denen die Ameiſen ungemein zugetan ſind. Man kann oft genug ſehen, wie ſie einen ſolchen Gaſtkäfer zärtlich belecken und wie ſie ſich bei jeder Gefahr ängſtlich bemüht zeigen, nicht nur ihre eigene Brut zu retten, ſondern auch ihre Käfer in Sicherheit zu bringen. Den Ameiſen iſt es dabei um Haut⸗ abſonderungen zu tun, die alle Symphilen in Geſtalt von flüchtigen aromatiſchen Stoffen an beſonderen, in Büſcheln ſtehenden ſteifen Haaren (Trichomen) ausſcheiden und die für die Ameiſen Ameif en: Ameiſengemeinſchaften (Diebsameifen, Gaſtameiſen). Ameiſengäſte. 627 ein ſehr begehrtes Genußmittel, anſcheinend wohl narkotiſcher Natur, bilden, vielleicht ähnlich wie es etwa Kaffee oder Alkohol für den Menſchen ſind. Die Ameiſen ſind auch hierauf ſo erpicht, daß ſie manchmal ſtundenlang an ihren Gaſtkäfern herumputzen und ſie an den Haar⸗ büſcheln zupfen, um die aromatiſchen Abſonderungen zu erhalten, eine Behandlung, die ſich die Gäſte, die ſtets ihren Lebensunterhalt bei den Ameiſen finden, gern gefallen laſſen. Haben ſich ſolche Gäſte in einem Ameiſenneſt einquartiert, ſo mag dies für die Bewohner desſelben gewiß ein recht angenehmes und willkommenes Ereignis ſein, zum Vorteil gereicht es ihnen jedoch nie. Der einzige Gewinn, den die Ameiſen haben, beſteht in den wohlſchmecken⸗ den aromatiſchen Abſonderungen ihrer Gäſte; allein dieſe Genußmittel haben ſie gar nicht nötig und können ſie ebenſogut entbehren, genau wie etwa der Menſch auch ohne Alkohol zu leben vermag. Die Ameiſen aber ſind geradezu verſeſſen auf die ihnen dargebotene Leckerei und hegen und pflegen um derentwillen ihre lieben Gäſte in einer ſo ausgiebigen Weiſe, daß ſie bald ihre Pflichten, die ſie dem Gemeinweſen ene haben, darüber mehr oder minder vernachläſſigen. Am ſchlimmſten macht ſich dies bei den blutroten Sanguinea⸗Ameiſen geltend, die, wenn ſie Exemplare der oben ge⸗ ſchilderten Lomechusa⸗Käfer in ihrem Heim haben, ſich ihnen derartig widmen, daß ſie für nichts anderes mehr Sinn haben. Die Pflege erſtreckt ſich in dieſem Falle aber nicht nur auf die erwachſenen Käfer, ſondern auch auf deren Larven, und das kann natürlich nur auf Koſten der Ameiſenbrut geſchehen. So kommt es, daß . Kurzflügelkäfer, Dinarda dentata Grav., von einer dann keine neuen Ameiſenköniginnen mehr heran⸗ Blusroten Kaubameiſe, Formlea zanguines Lair, gezogen werden können, und daß auch bald die beunruhigt. nach Schmig, „Das Leben ber Ameiſen und ihrer Gäſte“, Regensburg 1906. vernachläſſigten Arbeiterlarven verkümmern und ſpäter nicht zu normalen Arbeitern, ſondern zu krüppelartigen Zwiſchenweſen zwiſchen Weibchen und Arbeitern werden. Solche Staatskrüppel, Pſeudogynen genannt und ſofort kenntlich an ihrem gelblichen, ſtark buckeligen Rücken, ſind zu allen Arbeiten im Neſt ſo gut wie unbrauch⸗ bar, und wenn bei zahlreicher Anweſenheit der Lomechusa-Käfer in einem Neſt die Mehr⸗ zahl der Ameiſen zu Pſeudogynen geworden iſt, ſo iſt damit das Schickſal der ganzen Ameiſen⸗ kolonie beſiegelt, die fortan mehr und mehr verfällt und ſchließlich zugrunde gehen muß. Gäſte anderer Art ſind die gleichgültigen Hausgenoſſen oder Synoeken und die feind— lichen Einmieter oder Synechthren, die in den Ameiſenneſtern höchſtens geduldet ſind oder ſogar jederzeit darauf gefaßt ſein müſſen, daß ihre Wirte über ſie herfallen und ſie töten. Neſt⸗ genoſſen dieſer Art dürfen die Aufmerkſamkeit ihrer Wirtsameiſen natürlich nur möglichſt wenig erregen, und ſo erklärt es ſich, daß wir gerade bei ihnen mancherlei Beiſpiele von Mimikry (S. 395— 397) und von der Ausbildung einer Trutzgeſtalt (S. 243) finden. Im erſteren Falle ſind die Gäſte ihren Wirten äußerlich möglichſt ähnlich, im zweiten Falle ſind ſie möglichſt unangreifbar, damit ihnen die Wirtsameiſen nichts anhaben können. Beides kommt manchmal auch miteinander vereint vor. Die bei verſchiedenen Arten von Formica-Ameiſen lebenden Kurz: flüglerkäfer der Gattung Dinarda Mann. ſtimmen in der Farbe mit ihren Wirten faſt immer ganz auffällig überein, ſo daß beiſpielsweiſe bei ſchwarzen Ameiſen dunkle, bei roten Ameiſen röt⸗ lich gefärbte Dinarda⸗Arten vorkommen, die ſich von den Wirtsameiſen nur wenig unterſcheiden. Jas die Ameiſen * doch einmal Verdacht ſchöpfen, fo verlaſſen ſich die Dinarda⸗Käfer 40* - 628 Hautflügler. auf ihre Trutzgeſtalt und laufen nicht etwa weg, ſondern preſſen ſich mit ihrem abgeflachten, vorn breiten, hinten zugeſpitzten Körper ſo feſt an den Boden an, daß die Ameiſen mit ihren Kiefern beim beſten Willen keine Angriffspunkte finden können und es immer ſchon nach einigen vergeblichen Anſtrengungen aufgeben, ſich mit dem unangreifbaren Fremdling abzumühen. Die unheimlichſten von allen Gäſten ſind die Paraſiten, namentlich Milben, die an den Ameiſen oder deren Brut ſaugen und gegen welche die Ameiſen immer vollkommen macht⸗ los zu ſein ſcheinen. Wenn die Milbenplage, wie es gar nicht ſelten vorkommt, überhand- nimmt, jo kann die ganze Ameiſenkolonie zugrunde gehen. Zum Schluß wollen wir hier auch noch der äußerſt einträglichen Beziehungen gedenken, die die Ameiſen zu ihrem Nutzvieh unterhalten, den Blattläuſen, Schildläuſen und Zikaden, als Lieferanten von ſüßen, zuckerhaltigen Ausſcheidungen, ſowie gewiſſen Bläulingsraupen, die, wie wir geſehen haben (S. 297), gleichfalls honigartige, von den Ameiſen ſehr geſchätzte Abſonderungen von ſich geben können. So kommt es, daß die Ameiſen aller dieſer Tiere, die nicht zu den eigentlichen Neſtgenoſſen zu gehören brauchen, ſich immer in freundſchaftlicher Weiſe annehmen und ſie ſozuſagen als Haustiere betrachten, die von ihnen immer möglichſt geſchützt und gepflegt werden. Am wichtigſten ſind für die Ameiſen die ſchon an anderer Stelle (S. 173) ausführlicher geſchilderten Blattläuſe, die von Zeit zu Zeit durch ſanftes Streicheln und Preſſen förmlich „gemolken“, d. h. zum Abgeben ihrer Ausſcheidungen veranlaßt werden. Es gibt ſogar einige Ameiſen, die für ihre Blattläuſe beſondere Bauten oder Ställe errichten, in denen ſie ihre Läuſe wie Kühe halten und in denen mitunter auch die Pflege und Auf⸗ zucht von Blattlauseiern nach allen Regeln der Kunſt betrieben wird. Ebenſo wie zur Tierwelt, ſo können die Ameiſen auch zu den Pflanzen in mannigfache Beziehungen treten. Am intereſſanteſten ſind wohl die ſogenannten Ameiſenpflanzen, von denen Schimper und Fritz Müller zu berichten wußten. Ameiſenpflanzen ſind beiſpielsweiſe die in den ſüdamerikaniſchen Tropen weit verbreiteten „Imbauba“ oder Zekropien mit ihren hohen, kandelaberartigen Stämmen, deren weite-Hohlräume von einer äußerſt biſſigen und mutigen Ameiſenart, den Aztefa-Ameifen, bewohnt werden. Die Ameiſen haben in den Zekropien nicht nur ihre Neſter, ſondern finden gleichzeitig an eigentümlichen, eiweißhaltigen, ſogenannten Müllerſchen Körperchen, die die Pflanzen hervorbringen, Nahrung. Ahnliche Ameiſenpflanzen find aus dem Malaiiſchen Archipel bekanntgeworden, wo die großen, ſaftigen Knollen von Myrmecodia in ihrem Inneren ein Labyrinth von engeren und weiteren Gängen enthalten, in denen es von Iridomyrmex-Ameijen wimmelt. Klopft man an eine ſolche Ameiſen⸗ pflanze, ſo hat das eine merkwürdige Folge, denn bei der Berührung ſtürzen ſofort Hunderte von den kleinen ſchwarzen Tierchen kampfbereit aus ihrer Wohnung und ſchrecken damit jeden von weiterer unberufener Annäherung ab. So ſcheinen die Ameiſen eine Art Sicherheitswache für die Pflanze zu bilden und gewiſſermaßen als Entſchädigung für die ihnen gewährte bequeme Wohnung der Pflanze durch Fernhalten anderer Weſen einen Dienſt zu erweiſen. Im großen und ganzen werden wir aber guttun, wenn wir dieſen Nutzen nicht gar zu hoch veranſchlagen. Bei neueren Forſchungen hat ſich nämlich ziemlich übereinſtimmend herausgeſtellt, daß alle Ameiſenpflanzen ganz gut auch ohne ihre kleinen ſechsbeinigen Bewohner gedeihen können, und von Wasmann, dem bekannten Ameiſenforſcher, rührt ſogar der draſtiſche Ausſpruch her, daß die Ameiſenpflanzen die Ameiſen ebenſowenig nötig haben „wie der Hund den Floh“. Die einfachſten Ameiſen, die den gemeinſamen, vielleicht bei dolchweſpenartigen Inſekten zu ſuchenden Vorfahren der Formiziden am nächſten ſtehen, ſind die in allen Erdteilen verbreiteten Ameiſen: Parafiten. Nutzvieh. Ameiſenpflanzen. — Ponerinae. Treiberameiſen. 629 Ponerinae, ausgezeichnet durch einen kräftigen Giftſtachel, durch einen faſt immer einglie⸗ derigen Hinterleibsſtiel und durch plattenförmig erweiterte Stirnleiſten, die den Fühlergrund bedecken. Hierher gehört die in Auſtralien heimiſche Rote Bulldoggameiſe, Myrmecia sanguinea F. Sm., nebſt ihren Verwandten; es find große, kräftige Ameiſen, die faſt alle eine Körperlänge von 2—2,5 cm erreichen und den Menſchen, der in ihre Nähe kommt, jo grimmig mit Stichen und Biſſen angreifen, daß ſich bis jetzt noch niemand gefunden hat, um ihre Lebens⸗ geſchichte genauer zu unterſuchen. Waſſer lieben die Bulldoggameiſen ſehr, ſie trinken es nicht nur gern, ſondern benutzen es, nach Barker, auch zum Baden und Schwimmen. Viele Ponerinen können ſpringen und tun dies mit Hilfe ihrer mächtigen Vorderkiefer, die ſie erſt weit aufſperren und dann mit einemmal unter deutlich hörbarem Geräuſch zuſchnappen laſſen, wobei die ganze Ameiſe weit zurückgeſchleudert wird. Der indiſche Harpegnathus cruentatus F. Sm. kann auf dieſe Weiſe wie ein Grashüpfer weite Sätze von Zweig zu Zweig machen. Blattlaushonig laſſen alle Ponerinen unbeachtet, ſie ſind ſämtlich Fleiſchfreſſer, die ſich faſt ausſchließlich von Inſektenkoſt ernähren. Die in Texas verbreitete Lobopelta elongata Buckl. frißt hauptſächlich Landaſſeln, andere Arten ziehen in großen, geſchloſſenen Kolonnen aus, um Raubzüge gegen Termitenſtaaten zu unternehmen. In Deutſchland werden die Ponerinen nur durch Ponera contracta Latr., eine unſcheinbare ſchwärzliche, in kleinen Kolonien lebende Ameiſe, vertreten. Die Unterfamilie der Dorylinae umfaßt die berüchtigten Treiberameiſen, deren wanderluſtige, kriegeriſche, in verſchiedenen Größen vorkommende Arbeiter blind ſind oder nur verkümmerte Augen haben. Die Stirnleiſten ſind einander genähert, ohne den Fühler⸗ grund zu bedecken. Die Weibchen der meiſten Arten ſind noch unbekannt; ſoweit man weib⸗ liche Treiberameiſen fand, ſind es flügelloſe Weſen von verhältnismäßig gewaltiger Größe (Abb., S. 630), die ihren Arbeitern ganz und gar nicht ähnlich ſehen und vielfach unter anderen Namen beſchrieben worden ſind. Beſſer bekannt als die oft bis 5 em langen Weibchen ſind die Männchen, die nachts in den Tropen manchmal maſſenweiſe zum Licht geflogen kommen. Sie find ebenfalls ſehr groß und werden bei Dorylus fimbriatus Shuck., nach Brauns, von den Arbeitern in ganzen Scharen gewaltſam aus dem Neſt herausgetrieben, ein Vorgang, der bei den ungeheuer volkreichen Kolonien oft mehrere Tage ohne Unterbrechung andauert. Von den Treiberameiſen gibt es zwei einander ſehr ähnliche Gruppen, die Dorylini in Afrika und Indien und die Eeitonini in den heißen Gebieten Amerikas. Fleiſchfreſſer find beide, und zwar „Raubtiere en miniature von ganz unverhältnismäßiger Gefräßigkeit und Wildheit“, wie ſich Voſſeler ausdrückt, der die Siafu, die oſtafrikaniſchen Treiberameiſen, in ihren Lebensgewohnheiten beobachtet hat. Die Plünderungszüge werden von der Umgebung eines Neſtes aus in großen geſchloſſenen Maſſen unternommen und erſtrecken ſich oft auf eine Entfernung von 100—200 m. „Wie aus dem Boden geſtampft, erſcheinen die kampfluſtigen Scharen, ergießen ſich zunächſt einem uferloſen Strome gleich über den Boden und die niederen Gewächſe, nach allen Seiten hin in dichtem Gewimmel den Boden bedeckend. Allenthalben wird's nun lebendig. Was an Grillen, Kakerlaken, Spinnen, Skolopendern, Raupen, Maden, kurz an kleinen und großen, wehrhaften und wehrloſen Lebeweſen ſich in der Erde, unter Steinen, im morſchen Holz oder in Gras und Buſch wohlgeborgen glaubte, fühlt ſich im Mo⸗ ment des Ausſchwärmens der Siafu wie von der Kriegstrompete alarmiert, ſucht in kopfloſer Flucht dem unerbittlichen Heer zu entrinnen, ſofern ſeine Natur Eile erlaubt. Ein blutiges, ſtilles Drama beginnt, dem an packender Lebhaftigkeit kaum ein anderes gleicht. Eine große Bärenraupe verliert das Vertrauen auf die Schutzdecke ihrer langen Brennhaare und rennt mit gekrümmtem 630 Hautflügler. Rücken den Wegrand entlang, von den Ameiſen wie von einer Meute blutdürſtiger Wildhunde verfolgt. Nun geht die Jagd eine ſteile Wand hinauf, die Jäger auf den Ferſen des Wildes. Die Raupe kollert herab, die Ameiſen verlieren einen Augenblick die Spur. Ehe das Wild wieder auf den Beinen iſt, ſitzen 10, 20 und mehr Siafu an den Haaren feſtgebiſſen, im Nu iſt es von Hunderten geſtellt, bedeckt, in Stücke zerſchnitten, die ſofort von einer entſprechenden Anzahl der unermüdlichen Jäger trotz aller Terrainſchwierigkeiten neſtwärts geſchleppt werden. Eine Grille verſucht die ganze Kraft ihrer ſehnigen Springbeine, um der ſchnell erkannten Gefahr zu entrinnen. Umſonſt! Sie wird umzingelt, an Beinen, Fühlern und Flügeln feſt⸗ 3 von Dutzenden ſcharfer Kiefer ſofort kunſtgerecht zerlegt, die Stücke folgen denen der Raupe. Der Biß ſelbſt der kleineren Formen iſt ganz unverhältnismäßig ſchmerzhaft und unangenehm, obgleich er nicht durch abgeſonderte Säuren Von Siafu zu Tode gebiſſen zu werden, muß eine der grauſamſten Todes⸗ arten ſein. Ihr verfallen gar häufig die Haustiere des Anſiedlers, be⸗ oft findet der Hühnerzüchter des Morgens von einer Henne mit Küchlein nur noch Federn und nackte Knochen vor. In Tanga ſoll vor wenigen Jahren ein erwachſener Leopard in einer Nacht getötet und ausgehöhlt worden ſein.“ Auch der Menſch muß aus dem Hauſe flüchten, wenn die Wanderameiſen anmarſchiert kommen, überläßt ihnen aber gern für einige Stunden ſein Heim, weil die mordluſtigen Geſellen alles, was ſich von aufzufinden wiſſen und bis auf das letzte Stück vertilgen. Zu einem großen Segen werden die hungrigen Scharen in Pflan⸗ zungen. Hat doch Voſſeler berechnet, daß ein Siafuvolk mit einer Be⸗ Weibchen der Trei⸗ berameiſe Dorylus bölkerung von etwa zwei Millionen binnen zehn Tagen rund 1600 000 d. Eſcertg. „de —Inſekten von einem Felde abſammelt und damit die Kulturen jo gründlich n von jeglichem Ungeziefer ſäubert, wie es auf anderem Wege gar nicht ge⸗ ſchehen kann. Angeſichts dieſes gewaltigen Nahrungsverbrauches ſehen ſich die Treiberameiſen freilich gezwungen, über kurz oder lang die von ihnen gänzlich ausgeplünderte Gegend zu verlaſſen und ſich an einer anderen Stelle ein neues Neſt anzulegen, das dann wieder für einige Zeit ihr Hauptquartier bilden kann. Sehr intereſſant iſt der Umzug dieſer wilden No⸗ maden. Mit aller Umſicht werden die Vorbereitungen hierzu getroffen, und wenn ein neuer Neſtplatz ausgekundſchaftet iſt, ſo wird eine Straße dorthin angelegt, gewöhnlich ein langer, unterirdiſcher Tunnel ausgegraben und an allen Stellen, an denen dieſer Weg oberflächlich führt, ſtarke Abteilungen von Soldaten aufgeſtellt. Dann ergießt ſich auf dieſem Wege ſtunden⸗ lang oder tagelang ohne Unterbrechung ein Strom von Auswanderern, die alle mit Puppen oder Larven beladen ſind. Sind ſie vorüber, ſo ſchwenken die vorher zur Deckung aufgeſtellten Sol⸗ daten ein und ſchließen ſich dem Zuge an. Natürliche Hinderniſſe gibt es für die wandernden Treiberameiſen kaum. Sie ziehen bergauf und bergab und ſollen ſogar, ſich kettenartig an⸗ einanderhängend, lebende Brücken bilden und auf dieſe Weiſe kleine Waſſerläufe überſchreiten. Eine ſehr umfangreiche, in allen Erdteilen verbreitete Unterfamilie bilden die Myrmi- einae, die ſich leicht an ihrem deutlich zweigliederigen Hinterleibsſtiel und den getrennten verſchärft wird, demgemäß auch nicht nachwirkt wie der anderer Ameiſen. ſonders die kleinen, wie z. B. Geflügel. Pferde, Eſel, Maultiere werden bei einem Überfall der Siafu raſend und müſſen freigelaſſen werden. Gar Ungeziefer im Hauſe befindet, auch in den verborgenſten Shtupfwinfeln Ameiſen: Treiberameifen. Knotenameiſe. Pharao-Ameife. 631 Stirnleiſten erkennen laſſen. Viele einheimische Arten gehören hierher. Eine der bekannteſten iſt die Gemeine Knotenameiſe, Myrmica rubra L., die am Hinterleibsrücken mit zwei glän⸗ zenden Knoten bewehrt iſt. An etwas feuchten Standorten, unter Wurzeln, Steinen, Moos oder an alten Baumſtümpfen und ähnlichen Stellen finden ſich ſehr häufig die Kolonien der glänzend rötlichbraunen, am Hinterleibsrücken gewöhnlich dunkler gefärbten Myrmica laevinodis Nyl. und Myrmica ruginodis Nyl., beide jetzt als Raſſen der eben genannten Knotenameiſe auf: gefaßt. Die Arbeiter ſind mit einem Giftſtachel am Hinterleibsende ausgerüſtet, mit Nm ſie freilich dem Menſchen gegenüber nichts ausrichten können. Auch die Königinnen, die die Ar⸗ beiter an Größe etwas übertreffen und in der Regel zu mehreren in einem Neſte ſind, haben einen ſolchen Stachelapparat. Haben wir das Neſt geöffnet, ſo bemerken wir auch die weißen Larven und die weißen oder bereits bräunlich gefärbten Puppen, wobei uns auffällt, daß letz⸗ tere im Gegenſatz zu vielen anderen Ameiſen nicht in einem Kokon eingeſchloſſen, ſondern „nackt“ find, Die Knotenameiſen haben auch eine Zirpeinrichtung und können durch Reiben einer fein gerieften, an der Rückenſeite des dritten Hinterleibsſegments befindlichen Platte, die gegen einen Fortſatz des vorhergehenden Segments bewegt werden kann, feine Töne hervorbringen, die ſelbſt für den Menſchen unter Umſtänden wahrnehmbar ſind. Größer als die ebengenannten Ameiſen, die eine Länge von etwa 4,5 —5,5 mm erreichen, wird Myrmica rubida Latr., die größte Knoten: ameiſe Deutſchlands, die 7—8,5 mm mißt und am Hinterrücken ftatt der beiden Dornen nur zwei ſtumpfe Höcker hat. Sie kommt bei uns hauptſächlich in Gebirgsgegenden vor. Nur in Häuſern zeigen ſich bei uns die aus dem Süden eingeſchleppten winzigen, kaum 2 mm langen Pharao-Ameiſen, Monomorium pharaonis L., naſchhafte Tierchen von gelblicher Färbung, die den Speiſekammern ihre Beſuche abſtatten und beſonders an Süßig⸗ keiten gehen. Wir laſſen hier am beſten Wasmann ſprechen, der ſich über dieſe ſchädliche Ameiſenart folgendermaßen äußert: „Die Hausameiſe iſt, obgleich ein winzig kleines Tierchen, die größte Ameiſenplage in den Haupthandelsſtädten der Erde. Linne, der fie im vorigen Jahrhundert als Formica pharaonis zuerſt beſchrieb, kannte dieſe ihre Bedeutung noch nicht; denn er wußte über ihren Wohnort nur anzugeben: habitat in Aegypto‘ (lebt in Agypten). Um ſo merkwürdiger iſt es, daß er ihr einen ſo treffenden Namen gab, der an die kleinen und doch ſo ſchweren Plagen erinnert, mit denen Gott einſt Pharao ſchlug. Dieſer Name ſollte ſich in ſpäteren Zeiten eigentlich bewahrheiten; denn erſt ſeit einem halben Jahrhundert hat ſich der menſchliche Handelsverkehr in der ehemals unbeachteten, rötlichen Ameiſe ſeine eigene Geißel großgezogen. Urſprünglich nur in tropiſchen und ſubtropiſchen Gegenden heimiſch, wurde Monomorium pharaonis ſeit den dreißiger Jahren allmählich in die großen Handels⸗ ſtädte der nördlichen Halbkugel durch Schiffe und Waren eingeſchleppt. In Europa hat ſie ſich bereits in Lyon, Paris, London, Amſterdam, Kopenhagen, Berlin und Aachen feſtgeſetzt; bis nach Abo und Helſingfors in Finnland, nach Kronſtadt und St. Petersburg in Rußland, ja ſelbſt bis nach Tobolſk in Sibirien iſt dieſe kleine, reiſeluſtige Handelsameiſe vorgedrungen. In Nordamerika hat ſie ſich ſchon um einige Jahrzehnte früher bemerkbar gemacht als in Europa. Die Warenlager großer Handelshäuſer und Handelsgeſellſchaften, Bäckerläden, Bade⸗ anſtalten, Spitäler und ähnliche öffentliche Gebäude ſind meiſt der Anfangs⸗ und der Zentralpunkt ihrer Niederlaſſungen; dort findet ſie Futter und feuchte Wärme in Fülle und vermehrt ſich zu Millionen. Sie genießt faſt alles, was auch der Menſch genießt. Mit dieſer Anpaſſungs⸗ fähigkeit des Urſprungsinſtinkts verbindet ſie eine unverwüſtliche Lebenszähigkeit, ſo daß ſie trotz ihrer ſüdlichen Herkunft auch bei uns den Winter überdauern kann, allerdings wahr⸗ ſcheinlich nur in geheizten Räumlichkeiten.“ 632 Hautflügler. Die der Gruppe der Atta-Ameijen angehörenden Pilzzüchter oder Blattſchneidenden Ameiſen ſind in den amerikaniſchen Tropenwäldern verbreitet und haben Arbeiter von ſehr verſchiedener Größe. Am bekannteſten ift die düſter braunſchwarz gefärbte Atta-cephalotes L., die Sauba, wie fie in ihrer Heimat heißt. Ihre ungeheuer volkreichen, mehrere Hundert⸗ tauſende von Individuen enthaltenden Kolonien bewohnen Haufen, die auf feuchtem ſchattigem Waldboden errichtet werden und nicht ſelten bis zu 2½ m Höhe erreichen ſollen. Die Sauba iſt geradezu berüchtigt wegen ihrer Plünderungszüge, die ſie von Zeit zu Zeit auf Bäume und Sträucher zu unternehmen pflegt. Tauſende von großen Atta⸗Arbeitern ziehen dann in langen Kolonnen aus und klettern, wenn ſie eine geeignete Pflanze gefunden haben, auf Aſte und Zweige, um Blätter zu ſchneiden. Das Zerſtörungswerk geht raſch vonſtatten, denn jede Ameiſe begnügt ſich damit, mit ihren ſcharfen Kiefern aus einem Blatt ein breites Stück von etwa 2 em Durchmeſſer herauszuſchneiden, nimmt das Blattſtück mit einem Ruck über den Kopf und ſteigt dann mit ihren in gleicher Weiſe beladenen Gefährtinnen wieder ab⸗ wärts. Unten angelangt, ordnen ſich die Scharen ſofort, um wieder heimwärts zu marſchieren. Ein Zug von derartig bepackten Atta- Ameiſen macht einen ganz ſonderbaren Eindruck, denn die geraubten Blattſtücke, die alle hoch emporgehoben getragen wer⸗ den, ſieht man ſich beim Marſche fort⸗ während wackelnd auf und nieder bewegen, ſo daß man faſt meinen könnte, daß die Tierchen alle Sonnenſchirme trügen. Der Drei verſchieden große Arbeiter der Blattſchneiderameiſe er ; 5 Atta cephalotes L. Natürliche Körperlänge 16 mm bis 5 mm. Nach Schade iſt mitunter gar nicht unbeträcht⸗ Sti 8 „ „Ametfen und Pflanzen“, aus „Die Naturwiſſenſchaften“, lich. Drangenz, Zitronen⸗, Mango⸗ 2 und Berlin 1913. Kaffeebäume werden von den Blattſchnei⸗ dern manchmal vollkommen entblättert, und in Paraguay haben die Beſitzer von Weingärten alle Veranlaſſung, die Sauba zu fürchten, weil es vorkommen kann, daß ſämtliche Reben in einer einzigen Nacht aller ihrer Blätter beraubt werden. Die in den gemäßigten Teilen Nord⸗ amerikas lebenden Ameiſen Trachymyrmex septentrionalis M’Cook begnügen ſich mit dem Einſammeln von Fichtennadeln und ſollen ebenfalls ungemein drollig ausſehen, wenn ſie alle zuſammen, eine jede mit ihrer nach hinten über den Kopf genommenen Nadel, wie ein Trupp Soldaten mit geſchultertem Gewehr einherziehen. Die eingetragenen Pflanzenmaſſen dienen den Ameiſen nicht zur Nahrung, ſondern werden von den großen Arbeitern zerkaut und zu einem breiigen Gemiſch verarbeitet, das zur Herſtellung unterirdiſcher Pilzgärten dient; ſolche find in jedem Atta-Neſte, ſei es in einem, ſei es in mehreren Neſträumen, zu finden. Ein derartiger Pilz⸗ garten iſt ein weicher, im Ausſehen an einen Badeſchwamm erinnernder Körper mit zahlloſen Hohlräumen im Inneren, die nicht nur der Ameiſenbrut und etwaigen Geſchlechtstieren, ſon⸗ dern auch zahlreichen Arbeitern zum ſtändigen Aufenthalte dienen. Bei näherer Unterſuchung zeigt ſich die zerkaute Blattmaſſe, welche die Grundlage des Pilzgartens bildet, von zahlloſen zarten Myzelfäden eines Pilzes (Rhozites gongylophora) durchſetzt, an denen man von Strecke zu Strecke kleine hervorgewucherte rundliche Köpfchen von eiweißhaltiger Beſchaffenheit ſieht, die Müller ihrer Form wegen „Kohlrabi“ genannt hat. Dieſe Kohlrabikörperchen find für die Atta- Ameiſen unentbehrlich, ſie bilden ihre einzige Speiſe, und um ſie jederzeit bekommen zu können, ſind die Tierchen zu Gärtnern geworden und haben eine förmliche unterirdiſche Gemüſezucht — von den Sauba-Ameiſen angerichtete rr ten düngen. Die zur Abgabe von Exkrementen nötige Ameiſen: Blattſchneidende Ameiſen. Ernteameiſe. Dolichoderinae. 633 angelegt, der ſie ſich mit größtem Eifer widmen. Fortwährend ſind Arbeiter damit beſchäftigt, die Pilze mit ihren eigenen Exkrementen zu düngen oder zufällig eingedrungene fremde Pilzſporen zu beſeitigen, damit nicht etwa andersartige Pilze aufkommen können. Dieſe wichtige Tätigkeit des Ausjätens wird aber nur von den kleinſten Arbeitern ausgeführt; dieſe verlaſſen niemals das Neſt, ebenſo wie die mittelgroßen Arbeiter, die ſich der Brut anzunehmen haben. Auch die Art und Weiſe, wie die Ameiſenpilze in eine neue Neſtkolonie gelangen, iſt jetzt aufgeklärt, denn wenn ein junges geflügeltes Atta⸗Weibchen das mütterliche Neſt verläßt, jo nimmt es ge⸗ wiſſermaßen als Mitgift aus dem heimatlichen Gemüſegarten immer eine kleine Portion von Pilzſporen mit, die es in ſeiner Mundtaſche aufbewahrt. So ausgerüſtet, begibt es ſich auf den Hochzeitsflug und kann dann ſpäter, wenn es ſich ein eigenes Neſt gründen will, ſogleich wieder einen neuen kleinen Pilzgarten anlegen. Hierzu muß das Weibchen die auf die Erde gebrachten Sporen zunächſt mit ſeinen eigenen Exkremen⸗ Nahrung verſteht das Atta⸗Weibchen ſich aber einfach dadurch zu verſchaffen, daß es die meiſten ſeiner eigenen Eier, die es gelegt hat, und zwar nach Huber etwa 90 Pro⸗ zent derſelben, wieder auffrißt. So kann der kleine Pilz⸗ garten ganz gut gedeihen, und wenn dann aus den er⸗ halten gebliebenen Eiern Larven entſtanden ſind, ſo können ſie von der Mutter ſogleich mit Kohlrabi gefüttert werden, bis nach einiger Zeit genügend Arbeiter herangezogen ſind, um die für die weitere Pilzzucht notwendigen 85 ter herbeizuholen. Eine angeblich ackerbautreibende Ameiſe iſt die Ernteameiſe, Pogonomyrmex barbatus F. Sm. var. molefaciens Buckl., eine in Texas heimiſche braunrote . Ameiſenart, die ihre kegelförmigen Erdneſter in dürren ein von Battfgneiberameifen jerförtes Blatt. Gegenden errichtet, wo der Boden nur ſpärlichen Gras⸗ te Aab, Bern 14d. wuchs zeigt, und die in den Ruf gekommen iſt, eine be⸗ ſtimmte Grasſorte, das Ameiſengras (Aristida foetida), anzubauen. Dies if arg übertrieben, denn wenn es auch richtig ift, daß die Pogonomyrmex⸗Ameiſen von Sämereien leben und ſich hauptſächlich von den Körnern des in jenen Gegenden beſonders häufigen Ameiſengraſes ernähren, ſo kann doch von einem Kultivieren oder gar von einem planmäßigen Ausſäen jener Grasart gar keine Rede ſein. Die Tierchen begnügen ſich vielmehr damit, genau wie viele andere Ernteameiſen es tun, einen unterirdiſchen Vorrat von Sämereien für die un⸗ günſtige Jahresperiode einzutragen, und haben genau wie viele andere Ameiſen auch die Gewohnheit, auf ihren Hügeln den Pflanzenwuchs zu vernichten, um ihr Neſt beſſer der Sonne ausſetzen zu können. Das bei den Neſtern zuweilen beobachtete Wuchern des Ameiſen⸗ graſes rührt nur von keimenden Körnern her, die die Ameiſen als unbrauchbar aus ihren Vorratskammern wieder hinausgeſchleppt haben. N Von den Dolichoderinae, die einen verkümmerten Stachel, einen eingliederigen Hinterleibsſtiel und einen kompliziert gebauten Kropfmagen haben, iſt eine Baumameiſe, Dolichoderus quadripunctatus L., in der heimiſchen Fauna vertreten. Sie iſt leicht an den vier weißgelben Flecken am Grunde des ſchwarzen Hinterleibes zu erkennen, niſtet auf Bäumen 634 Hautflügler. und lebt in kleinen Kolonien entweder unter der Rinde, meiſt aber im Inneren trocken ge⸗ wordener und hohl gefreſſener Zweige von alten Nußbäumen oder Kaſtanien. Eine andere Art, Tapinoma erraticum Latr., eine 2,5 — 3,5 mm ſchwarze und behaarte Ameiſe, iſt bei uns auf Wieſen und ſonnigen Plätzen ſehr verbreitet. Es ſind flinke Tiere, die bei Beunruhigungen aufgeregt mit emporgerichtetem Hinterleibe umherrennen, wobei ſie an der Hinterleibsſpitze einen eigentümlich riechenden Drüſenſaft ausſcheiden. Die Tapinoma⸗Ameiſen ernähren ſich beſonders von toten Inſekten, verſchmähen es auch nicht, einen toten Vogel, den ſie am Boden entdeckt haben, anzunagen und ſtellen ſich gern bei den Schlachten zwiſchen großen Ameiſen⸗ völkern ein, um nach Art der Schlachtfeldhyänen ſich über die Gefallenen und Verwundeten herzumachen und ſie als willkommene Beute davonzuſchleppen. : Die Unterfamilie der Camponotinae, bei denen der Stachelapparat fehlt, während die Kloakenöffnung rund iſt und nicht, wie bei den bisher genannten Gruppen, eine Längsſpalte bildet, umfaßt eine große Zahl einheimiſcher Arten. Die oben ſchon mehrfach erwähnte Rote Waldameiſe, Formica rufa L., gehört hierhin. Unter den heimiſchen Arten iſt fie diejenige, die die größten Neſter erbaut. Aus zuſammengetragenen Nadeln, Blattſtückchen, Harzkrümchen, Erdklümpchen und Holzteilchen errichtet fie hügelförmige Haufen, die eine anſehnliche Höhe erreichen können und unter Umſtänden einen Umfang von reichlich 15 m bei einer Höhe von etwa 1½ m erlangen. Solche Rieſenbauten, die gewöhnlich noch mit benachbarten Zweig⸗ kolonien im Zuſammenhang ſtehen, beherbergen eine Bevölkerung, die nach Millionen zählt. Der aufgetürmte Haufen bildet bei der Roten Waldameiſe nur einen Teil, und zwar den kleineren Teil des Neſtes, das im übrigen in die Erde eingegraben iſt und ein wahres Laby⸗ rinth von Gängen und Kammern enthält. An der Oberfläche des Haufens bemerkt man weitere Offnungen, das ſind die Tore, die in die dunkeln Straßen des Neſtinneren führen. Andere, breite Heerſtraßen, von einem Gewimmel fortwandernder und wieder heimkehrender, mit Beute oder Baumaterial beladener Ameiſen belebt, ziehen vom Neſte fort und laſſen ſich oft noch in weiter Entfernung vom Haufen am Waldboden erkennen. Ein wildes Getümmel von Ameiſen zeigt ſich aber unſerem Blicke, wenn wir die fleißigen Tierchen bei ihrer Arbeit ſtören, und beſonders, wenn ihr Bau beſchädigt wird. Dann kommen ſie in ganzen Scharen aus dem Neſt hervorgeſtürmt und ſpritzen nach allen Richtungen ihre Giftſtrahlen von ſich, wie Taſchenberg ſchildert, der an einem Sommernachmittag kurz vor Sonnenuntergang mit der flachen Hand auf einen ſolchen Ameiſenhaufen geklopft hatte: „Nachdem wir, meine mich be⸗ gleitenden Damen und ich, den aromatiſchen Hauch von meiner Hand eingeſchlürft hatten und uns im Weggehen nochmals nach den hörbar ſehr unangenehm berührten, erzürnten Tierchen umſahen, genoſſen wir das einzige Schauſpiel: Hunderte von ſilbernen Fontänen, beleuchtet durch die Strahlen der ſinkenden Sonne, ſprudelten von allen Seiten bis 62 cm in die gewürzige Luft und löſten ſich auf ihrem Rückwege in zarte Nebel auf. Eine Sekunde, und alles war vorüber, nur ein Gekniſter und Geniſtel zwiſchen dem aufgewühlten Bau⸗ material hörte man bei der feierlichen Abendſtille auf viele Schritte Entfernung, die fort⸗ dauernde Aufregung der ſo unfreundlich in ihren verbrieften Rechten beeinträchtigten Tiere.“ Daß die Roten Waldameiſen eine Art Forſtpolizei ſpielen und namentlich dem Nadelholzwald, in dem ſie hauptſächlich vorkommen, durch Vertilgung unzähliger ſchädlicher Inſekten nützen, wurde oben bereits geſagt. Aus dieſem Grunde iſt auch das mutwillige Zerſtören ihrer Haufen und beſonders das planmäßige Wegſammeln der länglichen weißen oder bräunlichen Puppen⸗ kokons, die unter dem Namen „Ameiſeneier“ ein beliebtes Vogelfutter ſind, verboten. RRR f . ’ - u BERLIN a 8 2 a Am eifen: Rote Waldameiſe. Blutrote Raubameiſe. Schwarzbraune Ameiſe uſw. 635 Die Blutrote Raubameiſe, Formica sanguinea Latr., ſieht der Roten Waldameiſe ſehr ähnlich, von der ſie ſich aber leicht durch ihren vorn halbkreisförmig ausgeſchnittenen Kopfſchild unterſcheiden läßt. Ihre Neſter beſtehen aus kleineren, flachen Haufen und befinden ſich oft nur in alten Stöcken oder zwiſchen Wurzelwerk und Steinen. Von den kriegeriſchen Eigenſchaften dieſer Raubameiſen, die gewöhnlich in ihren Neſtern dunkle Sklavenameiſen haben, war bereits oben die Rede. Die Schwarzbraune Ameiſe, Formica fusca L., zeichnet ſich gewöhnlich durch einfache ſchwarzbraune Farbe mit etwas heller braun gefärbten Beinen aus, iſt aber auch in einigen etwas anders gefärbten Raſſen bekannt. Die Schwarzbraunen ſind furchtſame Tiere, die im allgemeinen in wenig volkreichen Kolonien unterirdiſch oder unter Steinen hauſen, und in deren Neſtern wir leicht eine oder wenige größere Königinnen zwiſchen der Arbeiterbevölkerung finden. Gar nicht ſelten haben die Neſter unter den Plünde⸗ rungen der Blutroten Raubameiſen zu leiden, die ſich bei ihren Überfällen die Puppen der Schwarzbraunen Ameiſen wegholen. In einer ganzen Reihe verſchiedener Arten iſt bei uns die Gattung Lasius F. ver⸗ breitet, kenntlich an ihrem nur undeutlich begrenzten Stirnfeld und dem Fehlen oder dem ver⸗ kümmerten Zuſtande der Stirnaugen. Die größte unſerer Arten iſt die Glänzendſchwarze Holzameiſe, Lasius fuliginosus Latr., an der außer ihrem wie friſch ſchwarz lackiert er⸗ ſcheinendem Außeren ein eigenartiger Geruch auffällt, den man ſofort wahrnimmt, wenn man eins dieſer Tierchen zwiſchen den Fingern hält. Die vielbegangenen Straßen der Glänzend⸗ ſchwarzen Ameiſe, an denen ein fortwährendes Kommen und Gehen herrſcht, führen meiſt an einem Baumſtamm entlang oder über den Erdboden dahin zu einem benachbarten Stamm und leiten regelmäßig zu Blattläuſen, die irgendwo oben in der Baumkrone an Zweigen und Blät⸗ tern hauſen. Die Schwarzglänzenden ſind eifrige Blattlausverehrer. Blattlaushonig bildet ihre Hauptkoſt, doch verſchmähen dieſe Ameiſen daneben auch tieriſche Nahrung nicht, und man findet ſie daher auch manchmal damit beſchäftigt, einen Käfer oder Beute ähnlicher Art zu ſkelet⸗ tieren. Von dem Heim dieſer Tiere, das ſich meiſt am Grunde alter Bäume oder in Baum⸗ ſtümpfen befindet, war bereits die Rede, es ſetzt ſich aus einer brüchigen, ſchwarzbraunen Karton⸗ maſſe zuſammen, die ſich die Ameiſen aus zernagten Holzteilchen herzuſtellen wiſſen. Die Schwarze Wegameiſe, Lasius niger L., gehört zu den gemeinſten Ameiſen⸗ arten Deutſchlands. Sozuſagen überall, in Gärten, Feldern, auf Wieſen und im Walde, ſogar im Bereiche der Großſtädte, hat fie ihre Kolonien, die fie als geſchickter Erdarbeiter unter Steinen, in alten Baumſtrünken oder auch einfach im Erdboden anlegt. Häufig wird man auf die Gegenwart eines ſolchen Lasius⸗Neſtes durch einen kleinen, locker aufgetürmten Erd⸗ haufen aufmerkſam, der ſich mitunter bis zu einer Höhe von 30 em erhebt und dabei einen doppelt ſo großen Umfang haben kann, und manchmal ſieht man auch mit Erde gedeckte Gänge und Galerien ſich vom Neſte aus in die Umgebung erſtrecken. So ſchwer es im allgemeinen gelingt, die dicke, ihre Untertanen um das Vielfache an Körpergröße überragende Königin zu finden, da ſie tief im Neſtinneren hauſt, ſo leicht bietet ſich im Sommer einmal Gelegen⸗ 2 heit, das Gewimmel der geflügelten Geſchlechtstiere zu Geſicht zu bekommen, die ſich in ganzen Scharen zum Hochzeitsfluge aus dem Neſte hervordrängen. Die ſchwarzen Lasius- Arbeiter ſind als fleißige Beſucher von Blattläuſen bekannt und tragen nicht wenig dazu bei, daß dieſes Ungeziefer auf den von ihnen beſiedelten Pflanzen ſo üppig gedeiht: Bos bepflanzte zwei Beete gleichzeitig mit großen Bohnen (Vicia faba) und zäunte ſie ſorgfältig ein. Bei dem einen Beete, in dem ſämtliche Ameiſen vorher ausgerottet waren, wurde der Zaun in kurzen Zwiſchenräumen, faſt täglich, friſch geteert, jo daß keine einzige Ameiſe ihn überſchreiten und 636 Hautflügler. 8 ee von außen in das Beet hineinkommen konnte. In das andere Beet wurde dagegen eine ganze Kolonie von ſchwarzen Lasius-Ameiſen eingeſetzt. Nicht lange dauerte es, ſo fanden ſich in beiden Beeten Blattläuſe auf den Bohnen ein, aber ſchon nach einer Woche war die Zahl der Läuſe in dem mit Ameiſen beſetzten Beet merklich größer als in dem anderen, und etwa vier Wochen ſpäter waren im erſteren bereits ſämtliche Stengel von Läuſen beſetzt, ſo daß die Blätter ſchon anfingen, braune Stellen zu bekommen, während in dem ameiſenfreien Beete die meiſten Pflanzen blattlausfrei geblieben waren. Zum Schluß aber, als die Bohnen eingeerntet wurden, lieferte das ameiſenfreie Beet einen etwa dreimal ſo großen Ertrag wie das Beet, in dem die Schwarzen Wegameiſen hauſten, die es mit ihrer Blattlauspflege fertig bekommen hatten, daß ſich das Ungeziefer in ſo ſtarker Weiſe vermehren konnte. Die Bernſteingelbe Ameiſe, Lasius flavus F., bekommen wir trotz ihrer Häufigkeit ohne weiteres kaum zu ſehen, wir müſſen ſie erſt in ihren Schlupfwinkeln unter Steinen oder im Erdboden aufſuchen, denn die Tierchen führen faſt ganz ein unterirdiſches Leben. Wie bei vielen Höhlentieren iſt ihre Körperfarbe ein gleichmäßiges Blaßgelb. Punktaugen fehlen dieſen Dunkelbewohnern, und die zuſammengeſetzten Augen beſtehen nur aus etwa 80 Facetten, haben daher ungefähr achtmal weniger Facetten als bei den roten, frei im Tageslicht herum⸗ ſtreifenden Waldameiſen. Offnen wir vorſichtig ein Neſt der Bernſteingelben, ſo können wir beſonders in den tieferen Neſtgängen außer Ameiſen auch grünlichgelbe oder anderweitig ge⸗ färbte, flache träge Blattläuſe aus den Gattungen Forda und Paracletus finden, die unter⸗ irdiſch an Pflanzenwurzeln ſaugen. Dieſe Läuſe ſind die Milchkühe der Bernſteingelben Ameiſen und geben ihnen mit ihren Abſonderungen die faſt ausſchließliche Nahrung; ſie werden dafür nach beſter Möglichkeit gepflegt, ihre Eier geſammelt und bis zum Ausſchlüpfen gehütet. Die größte deutſche Ameiſenart, die Roßameiſe, Camponotus ligniperda Latr., iſt ſchwarz und im übrigen leicht an der hohen Einlenkung der Fühler zu erkennen, die vom Hinter⸗ rande des Kopfſchildes entfernt entſpringen. Bruſt, Stielchen, Beine und die vordere Hälfte des erſten Hinterleibsringes ſind rotbraun. Die großen Roßameiſen halten ſich im Walde auf, kommen im Gebirge und in der Ebene vor und können ſchädlich werden, wenn ſie einmal nicht wie gewöhnlich morſche Strünke und Wurzeln beſiedeln, ſondern ihre Neſtgänge in leben⸗ den Fichten oder anderen Nadelholzbäumen unter Zerſtörung des geſunden Holzes ausnagen. Hügel errichten die Roßameiſen nicht, ſondern hauſen, wie es Schmitz hübſch ſchildert, „in relativ verborgenen Neſtern, teils unter Steinen, teils im Holze, lebendem oder morſchem. Im Haushalt der Natur ſpielen ſie keineswegs die günſtige Rolle, die man von ihnen zu erwarten geneigt ſein könnte, etwa als Waldpolizei zur Bekämpfung des Inſektenſchadens, im Gegenteil machen ſie mit dem unzähligen Heer der Waldverderber gemeinſame Sache, teils durch das Zer⸗ freſſen von Baumſtämmen, teils durch ausgedehnte Blattlauskultur. Gegen den Menſchen benehmen fie ſich auffallend feige und verſuchen ihn kaum zu beißen, aber gegenüber ihresgleichen wiſſen ſie Recht und Eigentum zu ſchützen. Jede fremde Ameiſe und jedes andere Inſekt, das in die Wohnung der Roßameiſe eindringt, wird unbarmherzig geköpft. Gaſtfreundſchaft wird nicht geübt, nicht einmal der große Büſchelkäfer (Lomechusa), den ſonſt alle großen Ameiſenarten freundlich behandeln, wird von dieſen Unholden geduldet. In gänzlicher Vereinſamung, nur für ſich, für die Mitglieder ihrer Sippe und für ihre Weidetiere Gefühle der Anhänglichkeit hegend, bringen ſie ihr unnützes Leben zu.“ Auffallend ſind die erheblichen Größenunter⸗ ſchiede bei den Arbeitern der Roßameiſe, denn neben dickköpfigen großen Exemplaren, die eine Länge von 1⅛ cm erreichen, finden wir auch kleinköpfige ſchwach gebaute Stücke von ſehr viel geringerer Länge. Faſt möchte man hier wie bei manchen exotiſchen Ameiſen von einer Weberameiſen. an uo aıydesdojoyg YDeN "Ualppamıpınp uezudhgd USUPaNPII2A uva % smeioutef smouodue) uoa uaJıpBuagauy ul) e Ing u aydesZogoyg Yen "naag ‘soymbj sog ↄplpam ul szwnpg uayoy sul? 2uoay p ul 7 snyeJowo) smouodıme) uoa usyıpBuaauy "t Ameiſen: Bernſteingelbe Ameiſe. Roßameiſe. Camponotus femoratus. Smaragdameiſe. 637 großen Soldatenkaſte und einer kleinen Arbeiterkaſte reden, wenn nicht zwiſchen dieſen beiden Formen alle möglichen Übergänge vorhanden wären. Während die gewöhnliche Roßameiſe am Grunde ihres ſpärlich behaarten Hinterleibes rotbraun gefärbt iſt, gibt es auch noch eine ſehr ähnliche, hauptſächlich in Gebirgen vorkommende und oft nur als Raſſe aufgefaßte Art, die Rieſenameiſe, Camponotus herculaneus L., bei der der oben reichlich mit kurzen Här⸗ chen beſetzte Hinterleib ganz oder faſt ganz ſchwarz gefärbt iſt. Mehr auf den Süden beſchränkt, aber auch noch in einigen Gegenden Deutſchlands heimiſch iſt Camponotus pubescens F., bei der ſelbſt Bruſt und Beine ſchwarz ausſehen. Der in den Urwäldern Braſiliens lebende Camponotus femoratus F. legt die wunder⸗ baren, mit ſeltſamen Pflanzen bewachſenen Ameiſengärten an, die, wie durch Zauberhand hinaufgekommen, hoch oben in den Wipfeln rieſiger Waldbäume hängen (j. die beigeheftete Tafel). Solch ein ſchwebender, von der genannten oder auch von anderen Ameiſenarten her⸗ rührender Garten beſteht im weſentlichen aus locker zuſammengefügten Erdteilchen, die die Ameiſen eigens hinaufgetragen haben, um ſich in luftiger See eine . vieles andere Getier unerreichbare Wohnung zu gründen. In kur⸗ zer Zeit von Bromeliazeen und allerhand an⸗ deren merkwürdigen epiphytiſchen Pflanzen durchwuchert, gewährt der im Geäſt ſitzende Ameiſengarten mit ſeiner üppigen fremdartigen 77 > Vegetation einen Anblick, der ſich jedem, dern in die geheimnisvolle Wildnis jener Wälder : S e ————— EL eee ee eindringt und ein offenes Auge für deren Wunderwelt beſitzt, unauslöſchbar einprägt. So bewunderungswert auch jene fleißigen ö | | 1 1 Arbeiterin der Smaragbameife, Oecophylla smaragdina F., mit ſpinnender Larve. Zehnfach vergrößert. Nach Daf⸗ lein, „Oſtaſienfahrt“, Leipzig und Berlin 1906. Gartenarbeiter ſind, ſo werden ſie doch in der : kunſtvollen Anlage der Nefter noch weit übertroffen durch die Smaragdameiſen, Oeco- phylla smaragdina F., langbeinige flinke Ameiſen, die in den altweltlichen Tropen ver⸗ breitet ſind und an den afıtfantihen Küſten, ebenſo wie im indiſchen Gebiete, an vielen Orten zu den häufigſten Arten gehören. Unermüdlich ſtreifen die Arbeiter an Zweigen und Blättern von Büſchen und Bäumen umher, um lebende oder tote Inſekten als Beute einzutragen. Die großen grünlichen Weibchen erſcheinen in Indien im Juni und gründen neue Kolonien, die ihr Heim in einem aus Blättern kunſtvoll zuſammengeſponnenen Neſt haben. Wird die Kolonie aber größer, ſo legen die Ameiſen für den Bevölkerungsüberſchuß kleinere Nebenneſter an, ſo daß gewöhnlich auf einem von dieſen Ameiſen bewohnten Baum eine ganze Anzahl von zuſammengewebten Blattneſtern ſitzen, in denen man beim Offnen außer den Ameiſen ſehr oft auch noch Schildläuſe antrifft. Doflein jagt, es genügt ſchon ein Riß, den man in der Neſtwand anbringt, um ſogleich Maſſen von Weberameiſen aus dem Inneren hervor⸗ ſtürzen zu laſſen, die ſich zur Verteidigung ihres bedrohten Reiches anſchicken, während andere ſich ſofort in Reih und Glied aufſtellen, um unter Aufbietung aller Kräfte mit Kiefern und Beinen, ſo gut es geht, den klaffenden Spalt zuſammenzuziehen. Dann kommen wieder andere Arbeiter aus der Tiefe des Neſtes hervor, von denen jeder eine Larve, die einen langen Spinn⸗ faden an ihren Mundteilen herausquellen läßt, zwiſchen den Kiefern hält. Mit dieſen Larven fahren nun die Arbeiter wie mit Webeſchiffchen geſchwind kreuz und quer über den Riß, bis durch die zahlloſen feinen Spinnfäden der Spalt zuſammengeſponnen wird und der Schade damit wieder repariert iſt. Die Smaragdameiſen ſind alſo Weberameiſen, die ſich beim 638 Hautflügler: Ameiſen. — Spinnenkerfe. Neſtbau ihrer ſpinnenden Larven als Werkzeuge zu bedienen wiſſen. Morin, der auf Java das Leben und Treiben der Oecophylla⸗Ameiſen ſah und es uns auf der hier wiedergegebenen Tafel vor Augen führt, hat die Beobachtungen von Doflein vollauf beſtätigt gefunden. Er konnte hierbei auch verfolgen, wie die Ameiſen es anfangen, wenn ſie einen weiten Zwiſchen⸗ raum von einem zum anderen Blatt überbrücken wollen. „Waren zwei Blätter zu weit ent⸗ fernt, als daß eine Ameiſe allein den Raum übergreifen konnte, ſo ſtellte ſich zuerſt eine am Rand des unteren Blattes auf; die nächſte kletterte über ſie hinaus und wurde dann ſofort von der erſten mit den Kiefern um den Leib gefaßt; eine dritte und eine vierte kam dazu, und jo zählte ich ſchließlich bis fieben oder acht Oecophylla, deren vorderſte mit Kiefern und Beinen endlich den anderen Blattrand erfaßte. Ein ſo weiter Raum wurde aber nie überſponnen, ſondern durch kräftiges Ziehen und Ausſchalten von Zwiſchengliedern der Kette allmählich verengert, bis es den fleißigen Tierchen gelungen war, die Blätter nahe genug zuſammen⸗ zubringen. Reges Treiben herrſcht in der Umgebung des Neſtes; beſtändig laufen Ameiſen hin und her, probieren und hängen ſich wie zum Spiel oft irgendwo feſt, als wollten ſie ihre Kraft verſuchen. Im Verhältnis zu ihrer Kleinheit iſt dieſelbe auch bewunderungswert; denn ihrer acht bis zehn konnten regungslos in der gezeichneten Stellung ſtundenlang zwei große Blätter feſthalten, bis es den innen Arbeitenden gelungen war, dieſe zu verſpinnen.“ Die Oecophylla ſind nicht die einzigen Weberameiſen. Auch der ſüdamerikaniſche Camponotus senex F. Sm. ſpinnt ſich ſeine Blattneſter in ganz ähnlicher Weiſe wie die Oecophylla⸗Ameiſen zuſammen, und das gleiche gilt für eine in Java vorkommende Art, Poly- rhachis bicolor F. Sm., welche die Ränder eines der Länge nach zuſammengebogenen Palmen⸗ blattes verſpinnt. Anderſeits gibt es aber auch gewiſſe Ameiſen, bei denen nicht die Larven zum Spinnen benutzt werden, ſondern die Arbeiter ſelbſt es fertig bringen, ſich Geſpinſtneſter herzuſtellen, wie dies beiſpielsweiſe eine im indiſchen Gebiete verbreitete, ſilberig ſchimmernde Art, Polyrhachis argentea Mayr, vermag. Auch die Arbeiter mancher Myrmicaria⸗Arten verſtehen es, Blätter zuſammenzuheften, und dasſelbe ſoll die in Weſtafrika an Kaffeebäumen lebende Ameiſenart Tetramorium aculeatum Mayr tun. Spinnenferfe (Chelicerata). Die Spinnenkerfe (Chelicerata) haben mit den bisher geſchilderten Vielfüßlern und Inſekten wenig gemein. Sie bilden einen beſonderen Zweig für ſich, der am Stammbaum der Gliederfüßer ſicherlich ſchon in uralten Zeiten entſproß und deſſen Entwickelung in eigenen Bahnen nach einer ganz anderen Richtung als bei den übrigen Landkerfen vor ſich gegangen iſt. Ihr Körper fügt ſich nicht wie bei den Inſekten aus drei Stücken, ſondern nur aus zwei Hauptteilen zuſammen, einem vorderen, der Kopfbruſt (Zephalothorax), und einem hinteren, dem Hinterleib (Abdomen), die meiſt deutlich getrennt ſind und nur ſelten untereinander verſchmelzen. Die Kopfbruſt, die richtiger „Kopf“ genannt werden ſollte, weil ſie im weſentlichen das iſt, was wir bei den Inſekten und anderen Gliederfüßern als Kopf bezeichnen, trägt bei den Spinnenkerfen ſechs Paare von Gliedmaßen, von denen aber keins zu eigentlichen Fühlern oder Antennen geworden iſt. Das erſte Gliedmaßenpaar der Kopf⸗ bruſt bilden die beiden Kieferfühler oder Chelizeren (Mandibeln), die vor dem Munde oder ſeitlich oberhalb von ihnen angebracht ſind und entweder zum Packen und Feſthalten der Beute dienen oder anderweitig beim Freſſen oder Ausſaugen der Nahrung in Tätigkeit treten. Im einfachſten Falle haben die Chelizeren das Ausſehen von zwei ſcherenförmigen Greif—⸗ zangen, bei manchen Arten ſind ſie zu einſchlagbaren Klauen geworden und bei anderen bilden ſſie ſpitzige, dolchartige Stilette, die vorgeſtoßen und zurückgezogen werden können. Das darauf⸗ folgende zweite, neben oder hinter dem Munde gelegene Gliedmaßenpaar, das bei der Nah⸗ rungsaufnahme ebenfalls noch eine wichtige Rolle ſpielt, geſtaltet ſich bei den meiſten Spinnen⸗ kerfen zu den Kiefertaſtern (Maxillarpalpen, Pedipalpen) um, während die übrigen vier Glied⸗ maßenpaare der Kopfbruſt der Hauptſache nach Bewegungsorgane, alſo Beine, ſind. Der Hinterleib, den wir eigentlich, genau genommen, mit dem Rumpf anderer Kerfe vergleichen müſſen, iſt nur bei den einfachſten, noch im Waſſer lebenden Spinnenkerfen mit kurzen Bein⸗ paaren ausgeſtattet und ſetzt fi im übrigen aus einer wechſelnden, bald größeren, bald ge- ringeren Zahl getrennt bleibender oder untereinander verſchmolzener Segmente zuſammen. In der inneren Organiſation fehlt es den Spinnenkerfen nicht an mancherlei Sonder⸗ heiten. Vor allem iſt der Mitteldarm mit umfangreichen ſeitlichen Ausſtülpungen beſetzt, die man in ihrer Geſamtheit gewöhnlich wenig paſſend als „Leber“ zu bezeichnen pflegt, und die ſich wohl mit den ſogenannten Leberdrüſen der Krebſe vergleichen laſſen, aber bei Vielfüßlern und Inſekten nichts Entſprechendes haben. Als Ausſcheidungsorgane kommen bei einigen Spinnenkerfen Coxaldrüſen vor, gewundene, an den Hüften ausmündende Schläuche, während in der Regel die Ausſcheidung der Exkretſtoffe von einem Paar in den Enddarm einführender Malpighiſcher Röhren beſorgt wird; die Geſchlechtsöffnung liegt immer vorn am Grunde des Hinterleibes, genau genommen am zweiten Ringe desſelben. Im übrigen bilden dieſe Tiere keineswegs eine einheitliche Gruppe. Ihre einfachſten Vertreter, von denen es freilich in der Jetztzeit nur noch einzelne wenige Arten gibt, ſind krebs⸗ ähnliche Meeresbewohner, alle übrigen dagegen, von verſchwindend wenigen Ausnahmen 640 Rieſenkerfe. abgeſehen, echte Landkerfe. Dementſprechend find auch die Atmungsorgane von verſchiedener Bauart. Bei den im Meere lebenden Formen kommen flache, blattförmige Kiemen vor, bei den Landbewohnern dagegen Luftatmungsorgane, die entweder als ſogenannte Fächertracheen (Lungen) oder als echte Röhrentracheen, die denen der Inſekten gleichen, entwickelt ſind. Facettenaugen fehlen allen luftatmenden Spinnentieren. Vorn an der Oberſeite der Kopfbruſt ſind aber in der Regel Punktaugen angebracht, die vielen echten Spinnen ein ziem⸗ lich ſcharfes Sehen und Erkennen von Formen ſogar noch auf eine Entfernung von mehreren Zentimetern hin möglich machen. Sehr gut pflegt auch der Hörſinn entwickelt zu ſein, der im allgemeinen wohl weniger der Empfindung von verſchiedenartigen Tönen dient, ſondern eher das Bemerken der geringſten Erſchütterungen und feinſten Luftwellen ermöglicht und damit natürlich auch ein Wahrnehmen der Schallwellen geſtattet. Die Organe dieſes Sinnes 8 ſind beſondere, in kleinen grubenförmigen Vertiefungen des Chitins eingepflanzte Hörhaare oder Grübchenhaare (Trichobothrien), die oft in beträchtlicher Anzahl an den Beinen und ver⸗ ſchiedenen anderen Körperteilen angebracht ſind. Der Geruchsſinn ſpielt demgegenüber offen⸗ bar eine viel geringere Rolle. Ein ſo überaus feines Spür⸗ und Witterungsvermögen, wie es bei den Inſekten ſo häufig in hohem Maße ausgeprägt iſt, iſt bei den meiſten Spinnen⸗ tieren ſicherlich nicht vorhanden, was mit dem Fehlen der Fühler, den hauptſächlichen Trägern der Geruchswerkzeuge bei den Inſekten, im Zuſammenhang ſtehen mag. £ Das geiſtige Leben bewegt ſich bei den Spinnentieren im großen und ganzen in den gleichen Bahnen wie bei Vielfüßlern und Inſekten, und wieder ſind es die körperlich höher ſtehenden und vollkommeneren Formen, die die komplizierteſten Inſtinkte beſitzen. Bei Pfeilſchwanz⸗ krebſen und Skorpionen gibt es noch keine Kunſttriebe, wohl aber bei den hoch organifierten Spinnen. Als geborene Künſtler fertigen beiſpielsweiſe die Fangnetzſpinnen mit ſpielender Leichtigkeit ohne die geringſte Unterweiſung und ohne vorherige Übung Gewebe und Netze von ſtaunenswerter Regelmäßigkeit und ſolcher Feinheit an, daß der Menſch ſelbſt beim heu⸗ tigen Stande der Technik kaum ihnen etwas Ebenbürtiges an die Seite zu ſtellen vermag. Ebenſo läßt ſich die Vollkommenheit und Sicherheit der Inſtinkte in den ſinnreichen Vor⸗ kehrungen bewundern, die das Muttertier bei vielen Spinnen für das Wohl und Gedeihen ſeiner Nachkommenſchaft trifft. Damit ſoll aber keineswegs geſagt werden, daß die Spinnen und ihre Verwandten bei allen ihren Lebenstätigkeiten rein ſchablonenmäßig nach ererbten und angeborenen Inſtinkten zu Werke gehen, denn zweifellos iſt auch hier jedes einzelne Tier imſtande, ſeine Handlungen innerhalb gewiſſer Grenzen beliebig abzuändern, ebenſo wie es unter Umſtänden gewiſſe Erfahrungen ſammeln, alſo lernen kann. Die Spinnenkerfe ſind teils eierlegend, teils pflanzen ſie ſich durch lebendige Junge fort. Obwohl dieſe in der Regel ſchon von vornherein im großen und ganzen den Eltern gleichen, ſo müſſen ſie doch in einigen Fällen, wie bei den Milben, erſt eine Reihe verſchiedener ſtadien durchlaufen, bevor ſie die fertige Form annehmen. Erſte Klaſſe: Rieſenkerfe (Gigantostraca). In den ſiluriſchen Zeiten, einer Periode, aus der noch keinerlei Inſektenreſte bekannt ſind, gab es ein Rieſengeſchlecht von merkwürdigen krebsartigen, waſſerbewohnenden Tieren, die ſchon die wichtigſten Merkmale der heutigen Chelizeraten beſeſſen haben. Es waren hart EN BERN 9128 9285 2 2 — x N — — 2 5 — — — Pfeilſchwanzkrebſe. f 641 gepanzerte, ſchwerfällige Ungetüme, die zum Teil eine Körperlänge von 1½—2 m erreichen und ſomit als die größten Kerfe gelten müſſen, welche die Erde je hervorgebracht hat. Eine Vorſtellung von dieſen ſeit Millionen von Jahren ausgeſtorbenen Rieſenkrebſen (Gi- gantostraca) mag der mächtige Eurypterus fischeri Eichw. geben, von dem man verſchiedene vorzüglich erhaltene Verſteinerungen von der Inſel Oſel kennt, während andere Reſte in Gotland und in Podolien gefunden wurden. Eurypterus zeichnete ſich durch ein vorn abgerundetes Kopfbruſtſchild aus, an das ſich ein langer, deutlich geringelter, mit einem kräftigen Schwanz⸗ ſtachel endigender Rumpf (Hinterleib) anſchließt. Oben auf dem Kopfbruſtſchilde liegen außer zwei großen Seitenaugen zwei in der Mitte befindliche kleine Punktaugen, während unterſeits ſechs Gliedmaßenpaare entſpringen, deren letztes ein Paar kräftiger Ruderſchaufeln bildet. An der Unterſeite des Rumpfes waren blattförmige Gliedmaßen vorhanden, von denen das erſte Paar einen Deckel bildete, der die folgenden, wahrſcheinlich kiementragenden Paare überdeckte. Eine andere im Altrotfandftein von Schottland vorkommende Art iſt Pterygotus Ag., der den dortigen Steinbrechern als „Seraphim“ bekannt iſt, weil die großen, zu rieſigen Scheren um⸗ gewandelten Vordergliedmaßen ſich bei einiger Phantaſie mit Engelsflügeln vergleichen laſſen. Die Rieſenkrebſe hatten wohl ſämtlich ihren Aufenthalt im flachen Waſſer in der Nähe der Küften und Ufer. Die älteſten, im unteren Silur von Böhmen und Nordamerika ge: fundenen Tiere find ſicherlich noch ausnahmslos Meeresbewohner geweſen. In ſpäteren Zeiten ſcheinen ſich aber gewiſſe Arten an das brackige oder ſüße Waſſer angepaßt zu haben, denn in der produktiven Steinkohlenformation ſind die Reſte von ſolchen Rieſenkerfen zu⸗ ſammen mit Süßwaſſerfiſchen, Inſekten und Landpflanzen gefunden worden. Wie ein Über⸗ bleibſel aus jenen fernen paläozoiſchen Erdperioden ragt auch in unſere Zeit noch eine Gat⸗ tung von Rieſenkerfen hinein. Es ſind die zur Ordnung der Xiphosura geſtellten Pfeil⸗ ſchwanzkrebſe, Limulus Müll., die zum Teil noch die ſtattliche Länge von über / m erreichen können und mit ihrem ſtark gepanzerten, ungefügen Körper einen geradezu vorſintflutlichen Eindruck machen. An das große Kopfbruſtſ child, das oben zwei ſeitliche zuſammengeſetzte Augen und nahe der Mittellinie ein Paar kleiner Punktaugen trägt, ſchließt ſich ein ſeitlich mit Stacheln beſetzter, oberſeits ungegliederter und gepanzerter Hinterleib an, an deſſen Ende eim langer Schwanzſtachel beweglich eingelenkt iſt. Die ziemlich kurzen Gliedmaßen ſitzen alle an der Körperunterſeite. Das erſte Gliedmaßenpaar der Kopfbruſt ſind die vor dem Munde ſtehenden kurzen, ſcherenförmigen Kieferfühler. Die fünf folgenden Gliedmaßenpaare endigen zum Teil auch mit Scheren und tragen an ihrem Grunde Kaufortſätze, dienen aber auch gleichzeitig als Beine. Am Hinterleibe iſt das erſte Gliedmaßenpaar zu einem klappenartigen Deckel geworden, unter dem die übrigen fünf mit Kiemen verſehenen Beinpaare verſteckt ſitzen. Vom inneren Bau ſei nur das an der Bruſtunterſeite befindliche Innenſkelett erwähnt, ferner die großen, als Ausſcheidungsorgane dienenden Coxaldrüſen, die am fünften Beinpaar der Kopfbruſt ausmünden, während Malpighiſche Gefäße fehlen. Man kennt verſchiedene Arten von Pfeilſchwanzkrebſen, die in den Küſtengewäſſern des Stillen und Atlantiſchen Ozeans verbreitet ſind. In der Lebensweiſe ſcheinen ſie alle mit der an der Oſtküſte Nordamerikas häufigen „Königskrabbe“, dem Limulus polyphemus L., über⸗ einzuſtimmen, von deſſen Lebensgewohnheiten Lockwood zu berichten weiß. Die Tiere ſind, wie er ſchildert, auf ſchlickigem und ſchlammigem Grunde in einer Tiefe von 2—6 Faden unter dem Meeresſpiegel zu finden und verſtehen es ſehr gut, ſich in den weichen Boden einzu: wühlen. Hierbei biegen ſie den Vorderrand ihres großen Kopfbruſtſchildes nach unten, krüm⸗ men den Leib zwiſchen dieſem Schilde und dem Hinterleibsſchilde ein und zwängen und ſchieben Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 2 642 Spinnentiere. ſich geſchickt im Schlamm weiter, wobei fie den langen Hinterleibsſtachel zum Abſtoßen nach vorn benutzen und die Beine ihnen ausgezeichnete Dienſte zum Beiſeiteſchieben von Boden⸗ teilchen leiſten. Im Weitergraben und Wühlen iſt der Limulus, nach Lockwood, ein ſolcher Meiſter, daß er eigentlich verdiente, „Seemaulwurf“ genannt zu werden. Das Wühlen im Schlamm geſchieht auch genau wie beim Maulwurf zum Teil in der Abſicht, ſich zu verſtecken und zu verbergen, hauptſächlich aber zum Zwecke des Nahrungserwerbes, denn unſer Limulus iſt ein Fleiſchfreſſer, der aus dem Boden allerlei fette Ringelwürmer und ſchmackhafte dünn: ſchalige Mollusken zu ſeiner Nahrung hervorzuholen weiß. Allerdings kann es ihm dabei auch begegnen, daß er mit einem Bein zwiſchen die geöffneten Schalen einer großen im Meeres⸗ boden ſteckenden Muſchel gerät, die dann plötzlich ihr Gehäuſe zuſchnappen läßt, ſo daß der arme Wicht gezwungen iſt, das Schalentier wohl oder übel lange Zeit mit ſich herumzuſchleppen. Zur Not verſteht ein Pfeilſchwanzkrebs auch zu ſchwimmen, muß ſich dann aber umwenden und, die vielen paddelnden Beine nach oben gewendet, ſich unter unbeholfenen Stößen durch Einkrüm⸗ mungen des Hinterkörpers weiter bewegen. Hat der Limulus keinen Schlamm zur Verfügung, ſo kann er auch oberflächlich über den harten, kieſigen Boden ganz gut fortkriechen oder über Steine und ſonſtige größere Gegenſtände klettern, wobei ihn freilich manchmal das Mißgeſchick ereilt, daß er das Gleichgewicht verliert und auf ſeine gewölbte Rückenſeite fällt. Da die hilf- los emporzappelnden Beine viel zu kurz ſind, um dem ſchwerfälligen Tiere wieder emporhelfen zu können, ſo macht er dann vom Schwanzſtachel Gebrauch und ſtemmt ihn wie einen Hebel gegen den Boden, bis es ihm ſchließlich gelingt, ſich wieder aufzurichten. Der lange Schwanz iſt alſo für unſeren Limulus ein unentbehrliches Inſtrument, das für ihn, wie Lockwood ganz richtig ſagt, ſicherlich nicht minder wichtig iſt als der Alpenſtock für den Hochtouriſten. Zur Fortpflanzungszeit wandern die Pfeilſchwanzkrebſe in großen Mengen aus der Tiefe in die ſeichten Küſtenzonen, wobei ſie paarweiſe erſcheinen und die Männchen ſich auf dem Rücken des Weibchens feſthalten. Die Eier werden in flache, in den Sand geſcharrte Gruben gelegt. Die auskriechenden Jungen, die anfangs noch keinen Schwanzſtachel haben, erinnern in ihrem erſten Stadium im Ausſehen auffallend an die ausgeſtorbenen e 11 1 Klaſſe: Spinnentiere (Arachnoidea). Zu den Spinnentieren (Arachnoidea) werden nicht nur die eigentlichen Spinnen im engeren Sinne gerechnet, ſondern auch die Skorpione, die Milben, die langbeinigen Weber⸗ knechte oder Opilionen, die Walzenſpinnen und mancherlei ähnliches achtbeiniges Getier, ſo daß dieſe Klaſſe, wenn wir von den oben beſprochenen Pfeilſchwanzkrebſen abſehen, alles zu⸗ ſammen umfaßt, was es in der Jetztzeit an Chelizeren tragenden Gliedertieren gibt. Die Spinnentiere ſind Landkerfe. Sie bewohnen den Erdboden oder Verſtecke, llettern an Steinen, Felſen und Pflanzen umher, oder verbringen ihr Leben an Gewächſen oder in deren Innerem oder endlich als Paraſiten auf und in anderen Tieren. Man kennt nur wenige Ausnahmen, wie die Waſſerſpinne oder die Waſſermilben, die es verſtanden haben, auch im flüſſigen Element eine Heimat zu finden. Der Aufenthalt auf dem Trockenen iſt es ſonſt, der der ganzen Gruppe der Spinnentiere ihr beſonderes Gepräge gibt und jedenfalls auch die Urſache der verhältnismäßig geringen Größe aller hierhingehörenden Arten iſt, denn ſolche r en 3 w 4 3 25 Fi. * ic — 2 N * 11 Kieferfühler (Chelizeren, Mandi⸗ zu Kiefertaſtern (Maxillen oder cee ’ * 7 r 8 15 gen, doch ſchiebt ſich bei den Spinnen und ihren Verwandten zwiſchen dem Oberſchenkel (Femur) und der Schiene (Tibia) in Allgemeines. 5 643 Ungetüme wie die waſſerbewohnenden Rieſenkrebſe würden auf dem Trockenen gar zu ſchwer⸗ fällig ſein und ſind daher bei den Spinnentieren als Landbewohnern nicht mehr möglich. Man kann ſich ganz gut vorſtellen, daß in ſehr weit zurückliegenden Zeiten, vor vielen Jahrmillionen, die Vorfahren der Spinnentiere einmal Waſſerbewohner waren, weil noch jetzt im allgemeinen Bauplan des Körpers ſich eine gewiſſe Ahnlichkeit zwiſchen Spinnentieren und den im Waſſer lebenden Pfeilſchwanzkrebſen herausfinden läßt. Auch bei den Spinnen⸗ tieren iſt die Kopfbruſt mit ſechs Gliedmaßenpaaren ausgeſtattet, von denen das erſte Paar die beln) bildet, das zweite Paar aber Pedipalpen) geworden iſt. Dieſe beiden erſten Gliedmaßenpaare werden namentlich beim Packen der Beute oder ſonſt in irgend» -: einer Weiſe beim Freſſen verwen: n det und können je nach der Lebens⸗ weiſe recht verſchiedenartig geſtal⸗ tet ſein, bald mit zangenartigen Scheren, bald mit Klauen endigen, oder zu ſpitzigen Stoßwaffen wer⸗ den. Die übrigen Gliedmaßen⸗ paare des Zephalothorax ſind da⸗ gegen untereinander gewöhnlich ziemlich übereinſtimmend gebaut, es ſind mehrgliederige Beine, die faſt ausnahmslos in vier Paaren vorhanden ſind, ſo daß die Spin⸗ nentiere als achtbeinige Kerfe in einem gewiſſen Gegenſatz zu den ſechsbeinigen Inſekten ſtehen. FF Die aufeinanderfolgenden Gliede eines Spinnentierbeins führen die ' a — —— — i auf S. 38 für die Inſekten bereits Weibchen der Kreuzſpinne, von der Seite und unten geöffnet. ch Giftklauen (Chelizeren), p Kiefertaſter, 1—4 die vier Beinpaare des Kopfbruſtſtückes, a Augen, namhaft gemachten Bezeichnun⸗ g Bruſtganglienmaſſe, sp Spinndrüſen, w Spinnwarzen, ov Eierſtock, 1 Lungen⸗ ſack (geöffnet). (Zum Teil nach Pfurtſcheller, „Zool. Wandtafeln“, Leipzig.) der Regel ein beſonderes Knieglied (Patella) ein. Der Fuß iſt gewöhnlich zweigliederig und endigt mit Krallen. Das verlängerte erſte Tarſalglied wird als Metatarſus oder Ferſe bezeichnet. Am Hinterleibe, der von ſehr verſchiedener Größe iſt und als gegliederter oder unge⸗ gliederter Abſchnitt bald deutlich von der Kopfbruſt ſich abgrenzt, bald mehr oder minder mit ihr verſchmolzen iſt, kommen bei den Spinnentieren Beine nicht mehr vor. Nur bei Embryonen hat man auch noch am Hinterleibe Gliedmaßenanſätze nachweiſen können, die freilich in ſpä⸗ teren Entwickelungsſtadien in der Regel wieder vollkommen verſchwinden und nur in gewiſſen Fällen, wie z. B. bei den echten Spinnen, zu zipfelartigen gegliederten oder ungegliederten, am Hinterleibsende ſitzenden Fortſätzen, den Spinnwarzen, werden. Sehr eigenartig ſind die 41 * 644 Spinnentiere. Atmungsorgane der Spinnentiere, denn es gibt bei ihnen die beiden ſchon oben namhaft gemachten Hauptſyſteme, einmal die Fächertracheen oder Lungen (Tracheenlungen) und zweitens Röhren⸗ tracheen. Die Lungen beſtehen aus paarigen, im Hinterleibe gelegenen Säcken, die fächer⸗ artig übereinandergeſchichtete blutgefüllte Blätter enthalten. Durch eine ſchmale, ſpaltenförmige äußere Offnung (Stigma) gelangt die Luft in den Lungenſack hinein und kann dort in Gas⸗ austauſch mit den dünnwandigen Lungenblättern kommen. In Bauart und Entwickelung haben die Lungenblätter der Spinnentiere eine ſo unverkennbare Ahnlichkeit mit den Kiemen⸗ blättern der Pfeilſchwanzkrebſe, daß nach Anſicht vieler Forſcher Lungen und Kiemen im 5 Prinzip übereinſtimmende Organe ſind, freilich mit dem einen wichtigen Unterſchiede, daß bei den waſſerbewohnenden Rieſenkerfen die Kiemenblätter frei an den Hinterleibsbeinen zu⸗ tage treten, während die Lungenblätter der landbewohnenden Spinnentiere, in ſackartigen Räumen im Hinterleibe verborgen, eine gegen das Austrocknen geſchützte Lage gewonnen haben. Das zweite, aus Röhrentracheen ſich zuſammenſetzende Atmungsſyſtem erinnert ſehr an das Tracheenſyſtem der Inſekten. Wie bei dieſen ſind die Tracheen der Spinnentiere baum⸗ artig verzweigte, innen mit einer ſpiralig verdickten Chitinſchicht ausgekleidete Kanäle, die mit paarigen ſeitlichen, bisweilen aber auch in der Mitte dicht nebeneinander gelegenen Stigmen beginnen, welche ſich entweder am Hinterleibe oder auch an der Kopfbruſt befinden können. Das Röhrenſyſtem iſt allem Anſchein nach erſt eine ſpätere Erwerbung des Spinnentier⸗ geſchlechts, es fehlt daher noch den einfachſten Formen, findet ſich bei anderen zuſammen mit Fächertracheen und kommt gelegentlich als einziges Atmungsſyſtem vor. Bei gewiſſen Spinnen⸗ tieren find auch Blutkiemen in Geſtalt ausftülpbarer dünnwandiger Hautſäckchen nachgewieſen worden. Vielen ſehr kleinen Spinnentieren fehlen beſondere Atmungseinrichtungen überhaupt, ſo daß ſich bei ihnen der notwendige Gasaustauſch lediglich durch die Körperhaut vollziehen kann. Facettenaugen kommen nicht mehr vor. Die Sehorgane der Spinnentiere beſtehen ledig⸗ lich aus Einzelaugen (Ozellen), die außen eine durchſichtige Chitinlinſe haben und ſich im übrigen aus einem Glaskörper, einer in der Tiefe gelegenen Netzhaut und einer umhüllenden Pigment ſchicht zuſammenſetzen. In der Bauart läßt ſich immer ein Paar in oder nahe der Mittellinie ge: legener Hauptaugen (Mittelaugen) von den ſeitlich angebrachten paarigen Nebenaugen (Seiten⸗ augen) unterſcheiden. Die Zahl der Augen, die oben nicht weit vom Vorderrande der Kopf⸗ bruſt angebracht ſind, wechſelt. Bei den echten Spinnen ſind gewöhnlich ein Paar Haupt⸗ augen und drei Paare Seitenaugen, im ganzen alſo acht Augen vorhanden, anderſeits gibt es aber auch viele Spinnentiere, die nur Mittelaugen oder nur Seitenaugen haben, ſowie ſolche, die ſogar gänzlich augenlos find, weil fie dauernd im Finſtern leben und keine Seh⸗ organe brauchen. Mit Taſtorganen iſt der Körper der Spinnentiere reich ausgeſtattet. Die langen, ſtarren Haare, die am Leibe, an den Beinen, den Kieferfühlern und anderen Teilen ſitzen, ſind zur Übermittelung von Taſtempfindungen ſehr geeignet. Von den kleinen, in Grüb⸗ chen eingelenkten Hörhaaren, die wohl faſt allen Spinnentieren zukommen, war Dr in der allgemeinen Einleitung (S. 640) die Rede. Das Kreislaufſyſtem iſt nach demſelben Grundplan wie bei den Förigen Grupe der Kerfe gebaut, beſchränkt ſich aber vielfach auf ein pulſierendes Rückengefäß, das Herz, und fehlt vielen kleineren Arten vollſtändig. Das Nervenſyſtem zeichnet ſich im allgemeinen durch ſtarke Konzentration von Gehirn und Bauchmark aus, die bei den meiſten Spinnentieren zu einer vom Schlunde durchbohrten zuſammenhängenden Ganglienmaſſe verſchmelzen. Als Ausſcheidungsorgane oder Nieren können außer Malpighiſchen Gefäßen auch Coxaldrüſen vorhanden fein, die ſich am Grunde der Hüften des dritten, ſeltener des erſtnn 1 erer ER 8 E N — 1 3 F N 5 3 5 E E j C 5 1 E f N 3 Skorpione. * 8 645 Beinpaares öffnen. Die Geſchlechtsöffnung liegt beim Männchen und Weibchen bauchwärts am Grunde des Hinterleibes. Die Spinnorgane ſchließlich, die der ganzen Gruppe den Namen gaben, kommen keineswegs allen Spinnentieren zu, denn das Einſpinnen der Eier in Kokons, das Weben ſilberglänzender Wohngeſpinſte oder das Fangen der Beutetiere mittels kunſtvoll gewebter Netze ſind Eigenſchaften, denen wir nur bei den eigentlichen Spinnen ſelbſt und einigen wenigen verwandten Gruppen begegnen, während ſie vielen anderen, wie den Skor⸗ pionen und Walzenſpinnen, noch gänzlich fehlen. 1. Ordnung: Skorpione (Scorpionida). Die Skorpione (Scorpionida) bieten für den vergleichenden Forſcher viel Intereſſantes Mit ihrem langgeſtreckten vielgliederigen Körper, der bei dem afrikaniſchen Pandinus imperator C. L. Koch und anderen tropiſchen Arten eine Länge von über 17 cm erreichen kann, ge⸗ hören ſie nicht nur zu den größten jetzt lebenden Spinnentieren, ſondern erinnern auch noch am meiſten an die urſprünglichen waſſerbewohnenden Rieſenkerfe. Die Skorpione ſind ſehr altertümliche Tierformen. Wie Überreſte aus längſt vergangenen Erdperioden muten ſie uns an, denn ihr Geſchlecht hat bereits in der Silurzeit exiſtiert und ſich in den ungeheuren, ſeit⸗ dem verfloſſenen und auf viele Jahrmillionen zu beziffernden Zeiträumen nur wenig verändert. Der äußere Bau iſt ſehr eigentümlich. Kopfbruſtſtück und Hinterleib (Präabdomen) ſind der Breite nach miteinander verwachſen, während ſich hinten ſechs dünnere geſtreckte 5 Leibesringe anſchließen, die zuſammen einen beweglichen Schwanz (Poſtabdomen) bilden, deſſen letztes Glied am Ende in einen ſpitzen, mit zwei Giftdrüſen in Verbindung ſtehenden Stachel ausläuft. Der geſchmeidige, mit dem Giftſtachel bewehrte Schwanz iſt die Waffe des Skorpions, mit der er ſeinen Feind oder ſeine Beute geſchickt zu treffen weiß. Um jederzeit zum Stich bereit zu ſein, halten die meiſten Arten den Schwanz über den Rücken mit der Spitze nach vorn gekrümmt und können dann leicht über ihren eigenen Kopf hinweg ſtechen. = Sehr wichtig find auch die beiden mächtigen armartigen, in großen Scheren endigenden Kiefer: taſter, die das Opfer, das ſich der Skorpion zur Nahrung auserſehen hat, packen und beim Stich feſthalten, während die kleinen, gleichfalls ſcherenförmigen Kieferfühler die durch den Stich ge⸗ lähmte Beute zerkleinern und ſie unter Zuhilfenahme der am Grunde der Kiefertaſter gelegenen Kaufortſätze in den Mund ſchieben. Von den vier untereinander faſt gleichartigen Beinpaaren ſind die beiden vorderen gleichfalls mit nach vorn zum Munde gewendeten Kaufortſätzen verſehen. An der Unterſeite des Kopfbruſtſtückes zwiſchen dem dritten und vierten Beinpaar be⸗ merken wir eine Platte, das Bruſtbein (Sternum), deſſen verſchiedene Geſtalt zur Unter ſcheidung der Familien benutzt werden kann. Hinter ihm, von zwei kleinen Plättchen bedeckt, liegt in der Mitte des Hinterleibsgrundes die Geſchlechtsöffnung ſowie ein Paar ſeitlicher, wie zwei Kämme geſtalteter großer Anhänge, die, genau genommen, ſchon dem dritten Hinter⸗ leibsringe angehören, mit Nerven reich verſorgt ſind und als Taſtorgane oder vielleicht als Klammereinrichtungen von Bedeutung ſein mögen. Zum Sehen ſtehen dem Skorpion nicht nur zwei Mittelaugen (Hauptaugen) zur Verfügung, die oben auf dem Kopfbruſtſtück in der Mitte angebracht ſind, ſondern auch noch je zwei bis fünf an den ſeitlichen Kopfrändern be⸗ findliche Seitenaugen (Rebenaugen). Auch die ſonſtigen Sinne find ſcharf, denn das feine Summen einer in der Nähe befindlichen Fliege oder das beim Krabbeln eines Käferchens entſtehende leiſe Geräuſch vernimmt der Skorpion ſehr ſchnell, vermutlich mit Hilfe der vielen an ſeinen Kieferfühlern und anderen Körperteilen angebrachten Hörhaare. Als Zugang zu den Atmungsorganen dienen acht ſchmale, paarweiſe an der Unterſeite 646 Spinnentiere. von vier aufeinanderfolgenden Hinterleibsringen angebrachte Spalten; ſie führen in die vier Paare von Lungenſäcken hinein. In den Lungenſäcken (Fächertracheen) kommt die durch die Atemſpalten eingedrungene Luft mit vielen 5 Atemlamellen in Berührung, die ähnlich wie Blätter eines Buches angeordnet ſind und von vielen Forſchern mit den Kiemenblättern der waſſer⸗ bewohnenden Pfeilſchwanz⸗ krebſe verglichen werden. Der Darmkanal ſtellt ein einfaches gerades Rohr dar, das im Anhängen, den ſogenannten Leberdrüſen, umgeben iſt und ausmündet. Als Ausſchei⸗ dungsorgane ſind zwei Mal⸗ den Skorpionen vollkommener als bei allen übrigen Spin⸗ nentieren ausgebildet; es be⸗ ſteht aus einem vielkamme⸗ rigen Rückengefäß (Herz), das vorn und hinten, ſondern auch paarige Seitengefäße (Arte⸗ rien) an die inneren Organe, beſonders an die Atemwerk⸗ \ ’ Me een . — — aus dem Körper zurückſtrö⸗ mende Blut durch beſondere 8 wird. Das Nervenſyſtem wird von einem zweilappigen Ge⸗ hirn, einer großen Bruſtgang⸗ lienmaſſe und einer Reihe hin⸗ tereinanderliegender, durch Afrikaniſcher Skorpion, Pandinus dietator Poc., von der Bauchſeite geſehen. x 0 7... ala HR DE barbng. 2 a Be oben gejehen. Berkleinert, Aa bildet, deren hinterſte dem 8 Schwanzabſchnitt angehören. Bei den weiblichen Skorpionen, die an 1 etwas plumperen Körperbau zu erkennen ſind, beſtehen die Fortpflanzungswerkzeuge aus drei langen, durch Querröhren verbundenen Eierſchläuchen. Die Eier durchlaufen ihre Entwickelung im Körper der Mutter, wobei die pighiſche Gefäße vorhanden. Das Kreislaufſyſtem iſt bei Präabdomen von verzweigten am vorletzten Hinterleibsring nicht nur je ein Gefäß nach zeuge, abgibt, und dem das Gefäße (Venen) zugeführt Nervenſtränge verbundener 4? Skorpione. | 647 Embryonen der meiſten Skorpione im Gegenſatz zu allen übrigen Spinnentieren ähnlich wie bei den Inſekten von zwei Keimhüllen umſchloſſen werden. Kaum ſind die Cier abgelegt, ſo ſchlüpfen ſchon die anfangs noch ſchneeweiß gefärbten Jungen aus und klettern hernach auf die Mutter hinauf, um ſich auf deren Rücken feſtzuhalten, bis ſie nach der nächſten Häu⸗ tung ſelbſtändig werden und ſich in der Umgebung zerſtreuen. Die Skorpione ſind ſämtlich Bewohner der warmen Gebiete, hauptſächlich der heißen Länder, in denen die meiſten und größten Arten vorkommen, obwohl wir einige kleinere Arten auch noch in den gemäßigten Zonen, im Mittelmeergebiet und im ſüdlichen Tirol antreffen. In Deutſchland und im Norden fehlen ſie ganz. Natürliche Höhlungen und Spalten unter Steinen oder im Boden bilden an ſonnigen Plätzen ihren Lieblingsaufenthalt. Einige Arten verſtehen auch, geſchickt zu graben und können ſich ſelbſt geeignete Löcher im Boden herſtellen. Gewiſſe Skorpione von auffallend flacher Geſtalt, wie die auf den Sunda⸗ Inſeln verbreiteten Arten von Hormurus Tor., verbergen ſich unter der lockeren Bauninde, wäh⸗ rend der mächtige, im weſtafrikaniſchen Waldgebiete verbreitete Pandinus dicta- tor Poc. ſeinen Wohnſitz im Mulm und Moder morſch gewordener hohler Bäume aufſchlägt. Alle Skorpione ſind Raub⸗ he tiere und ernähren ſich beſonders von Spinnen, Aſſeln und Inſekten verſchie⸗ dener Art, vermögen jedoch auch erforder⸗ lichenfalls ſehr lange, unter Umſtänden ſogar mehrere Monate hindurch das 8 TS Faften auszuhalten. Um jo gründlicher F 3 wird dann das Geſchäft des Freſſens Iratienife er „ italicus Herbst. Etwas beſorgt, wenn es dem Skorpion gelungen g 3 ift, eine paſſende Beute zu erwiſchen. Buthus occitanus Am., der im Mittelmeergebiet ver⸗ breitete gelbbraune, 7—8 cm lang werdende Feldſkorpion, braucht beiſpielsweiſe reichlich 8 Stunden, um einen Mehlwurm zu verſpeiſen, worauf er nach beendeter Mahlzeit noch mit aller Bedächtigkeit eine umſtändliche Reinigung ſeiner Mundteile, beſonders der großen Scheren, vornimmt, die ſorgfältig an der dicht behaarten Unterſeite der Kieferfühler abgerieben werden. Beim Umherſchweifen, das immer nur im Dunkeln geſchieht, kann es leicht kommen, daß Skorpione unbemerkt in menſchliche Behauſungen eindringen, wo fie fi dann in Mö⸗ beln, Betten, Stiefeln oder anderen Kleidungsſtücken irgendeine paſſende oder unpaſſende Zufluchtsſtätte ausſuchen und dem Bewohner, der unverſehens auf den unheimlichen Gaſt ſtößt, einen tüchtigen Schrecken einjagen können. Die Begegnung, zumal mit den größeren Arten, iſt ſtets eine etwas gefährliche Sache, weil der Skorpion, ſobald er ſich mit der Hand gefaßt oder in irgendeiner Weiſe bedrängt fühlt, ſofort von ſeinem Stachel Gebrauch macht. Ein jäher Schmerz, der die verletzte Stelle durchzuckt, iſt die unmittelbare Folge eines ſolchen Stiches, und wenn auch die Schmerzempfindung allmählich nachläßt und es gewöhnlich zu keinen weiteren Krankheitserſcheinungen kommt, ſo fehlt es doch nicht an Fällen, in denen der Skorpionsſtich ſchwere Erkrankungen oder monatelanges Siechtum zur Folge gehabt hat. Beſonders gefürchtet iſt der in Nordafrika und Vorderindien verbreitete, bis 12,5 cm meſſende Dickſchwanzſkorpion, Buthus australis L. (Androctonus), deſſen Stich tödliche 648 ; Spinnentiere. x en a Wirkungen haben kann und zumal ſchwächlichen Perſonen, Frauen und Kindern gefährlich wird. > f Im übrigen hängt beim Skorpion die Giftwirkung nicht nur von der Widerſtandsfähigkeit des verletzten Menſchen, ſondern auch von der Menge des in die Wunde gelangten Giftes und von der Jahreszeit ab. In der Gluthitze der Trockenzeit ſind in den heißen Ländern Skor⸗ pionsſtiche erfahrungsmäßig immer am meiſten zu fürchten, in den kühleren Monaten da⸗ gegen, ebenſo wenn der Skorpion durch vorherige Stiche ſein Gift ſchon größtenteils veraus⸗ gabt hat, ſind ſie am wenigſten gefährlich. Kaltblüter, wie Fröſche und Fiſche, ſind ſehr wider⸗ ſtandsfähig, während Spinnen, Inſekten und überhaupt alle Gliederfüßler, die dem Skorpion zur Nahrung dienen, dem Gifte regelmäßig raſch erliegen. Daß der Skorpion, wenn er ſich von Feinden oder einem Feuerkreiſe rings umgeben ſieht und keinen Ausweg mehr findet, Selbſtmord begehen ſoll, iſt eine alte Fabel, an der wohl nur ſoviel richtig iſt, daß die Skorpione in verzweifelter Lage gelegentlich wild um ſich ſtechen und es manchmal ausſieht, als ob ſie ſich ſelbſt erſtechen wollten. Es ſteht auch feſt, daß die Skorpione gegen ihr eigenes Gift keineswegs immun find. Von einem beabſichtigten Selbſtmord kann aber jelbftverftänd: lich gar keine Rede ſein: komplizierte ſeeliſche Vorgänge müßten ſich hierbei abſpielen, die wohl beim Menſchen, nicht aber bei einem Gliedertiere möglich ſind. Unſere Abbildung auf S. 647 zeigt eine der kleinen europäiſchen Skorpionarten, Euscor- pius italicus Herbst, der im ſüdlichen Tirol durchaus nicht ſelten iſt, ebenſo wie der ſehr ähnliche, bis etwa 4 em lange, dunkelbraun oder gelbbraun gefärbte, im ganzen ſüdlichen Europa weit verbreitete Euscorpius carpathicus L. Der Stich dieſer 1 europäiſchen Arten hat 5 den Menſchen keine ſchlimmen Folgen. 2. Ordnung: Pſeudoſtorpione (Pseudoscorpionida). Die Pſeudoſkorpione find unanſehnliche kleine Tiere, die äußerlich eine gewiſſe Ahnlich⸗ | keit mit den wirklichen Skorpionen haben und nach Anſicht mancher Forſcher auch tatſächlich deren nächſte Verwandte ſind. Wie die echten Skorpione haben ſie vorn ein Paar mäch⸗ tiger, als Greifſcheren dienender Kiefertaſter. Das Kopfbruſtſtück und der deutlich zehn⸗ bis elfgliederige Hinterleib ſind breit miteinander verwachſen, doch fehlt letzterem im Gegenſatz zu den Skorpionen ein Schwanzabſchnitt mit Giftſtachel. Die Atmung erfolgt nicht durch 1 Lungen, ſondern durch Tracheen, deren Hauptſtämme mit je zwei Luftlöchern an der Bauch⸗ ſeite des zweiten und dritten Hinterleibsringes ausmünden. Mittelaugen fehlen allen Pſeudo⸗ ſkorpionen, auch gibt es viele Arten, die der Seitenaugen entbehren und daher blind ſind. Die ſcherenförmig gebauten Kieferfühler find nicht nur mit einem eigenartigen Putzapparat ausgeſtattet, ſondern enthalten auch noch die Ausmündung von Spinndrüſen, deren fädige = Ausſcheidungen den Tierchen teils zum Überſpinnen ihrer Eier, teils zum Miene von Ge ſpinſten dienen, in denen ſie die ungünſtige Jahreszeit überdauern. Die Pſeudoſkorpione find über die ganze Erde verbreitet. Man findet dieſe Tender in 5 Kompoſthaufen und unter Steinen, unter Moos, Baumrinde und an entſprechenden Orten, an denen ſie Springſchwänzchen nebſt ähnlichem Kleingetier nachſtellen. „Siebt oder ſchüttelt man“, ſagt Dahl, „während der kühleren oder kalten Monate des Jahres feuchte Moospolſter, beſonders von Hypnum-Arten, aus und breitet nachher das Geſiebte auf einem Tiſche aus, ſo wird man regelmäßig Moosſkorpione beobachten können, die in einer oder gar in beiden ze Scheren Springſchwänze oder andere kleine im Mooſe lebende Tiere halten.“ Der Moosſkorpion, Obisium muscorum G L. Koch, ift ein gelbbrauner, bis 25 mmm 5 7 4 * . un Line. Zee nenn RRR man Stubenfliegen oder andere Zweiflügler zu Geſicht, die einen => Pſeudoſkorpion mit ſich herumſchleppen, der fich mit einer feiner PASeritorpton, Chelifer can- | . 4 * A re ZZ FF — Er ee Er er o = era ee * en * 4 ee Feuer, Ye rer: Pſeudoſkorpione. Skorpionſpinnen. 649 langer Pſeudoſkorpion mit etwas lichteren Fangarmen und ſchmutziggelben Beinen. Vorn auf dem Kopf ſitzen bei ihm vier Augen. Eine ungefähr ebenſo große augenloſe Art, die man häufig unter Rinde findet, und welche dort gewiß ähnlich wie der Moosſkorpion von aller⸗ lei Kleingetier ihr Leben friſtet, iſt der Wanzenſkorpion, Chelifer cimicoides F. (Chernes). Der 3—4 mm lange Bücherſkorpion, Chelifer cancroides L., der eingliederige Füße und zwei Augen hat, hält ſich in alten Häuſern zwiſchen ſtaubigen Büchern, in Herbarien und Inſektenſammlungen auf, wo er den Milben und Staubläuſen nachgeht. Einen ſonderbaren Anblick gewährt es beim Offnen eines Inſektenkaſtens, dieſes Tier⸗ 5 chen in einem der Winkel umherkrebſen zu ſehen, denn es bewegt ſich rückwärts und ſeitwärts mit gleicher Leichtigkeit wie vorwärts, telegraphiert mit ſeinen langen Scherentaſtern bald rechts, bald links, kann aber gegen die Fingerſpitzen, die es faſſen, nichts aus⸗ richten. Das Weibchen legt ungefähr 20 Eier. Zuweilen bekommt eroides L. Stark vergrößert. Scheren krampfhaft an einem Bein der Fliege feſthält und weit durch die Luft getragen wird. Solche Luftreiſen kommen wahrſcheinlich nur rein zufällig zu⸗ ftande, wenn einmal ein Pſeudoſkorpion nach einem Fliegenbein gepackt hat. Das Intereſſanteſte iſt hierbei, daß die „Phoreſie“, der Transport durch lebende Inſekten, nachweisbar ſchon in uralten Zeiten zuſtande kam, denn Menge berichtet uns von einem Ichneumon aus dem baltiſchen Bernſtein, an deſſen Körper ein Chelifer hängt. Pſeudoſkorpione find auch ſchon auf dem Kopfe des Menſchen, und zwar namentlich von Kindern, gelegentlich gefunden worden, augenſcheinlich weil ſie dort ergiebige Jagdgründe hatten, denn in ſolchen Fällen hat es auf dem Kopf auch immer noch eine anderweitige zahlreiche Bewohnerſchaft in Geſtalt von Läuſen gegeben. Sogar unter den Flügeldecken von Käfern hat man Pſeudoſkorpione angetroffen, die 5 dort lebenden Milben ee wollten. 2 Die Skorpionſpinnen (Pedipalpa). Die Skorpionſpinnen oder Geißelſ korpione (Pedipalpa) find merkwürdige, haupt⸗ ſächlich in den Tropen, zum Teil auch noch in ſubtropiſchen Gebieten beheimatete Spinnen⸗ tiere von ſehr verſchiedener Größe und verſchiedenem Ausſehen, die von der modernen Syſte⸗ matik in drei Gruppen 3 werden. 1. Unterdsbnung: Skorpionſpinnen (Uropygi). Die e (Uropygi) find geſtreckte Formen mit länglichem Kopfbruſt⸗ ſtück und elf⸗ bis zwölfringeligem Hinterleib, der hinten in einen äußerſt dünnen, fadenförmigen, ohne Giftſtachel bleibenden Schwanzanhang (Flagellum) ausläuft. Das vorderſte Beinpaar iſt ſtets länger als die übrigen. Die Atmung geſchieht durch Lungenſäcke. Einen ſehr langen, vielgliederigen Schwanzanhang haben die Fadenſkorpione (Telyphonidae), die ſich im feuchten Erdreich tropiſcher Wälder verbergen. Pergande hielt einen ſolchen Fadenſkorpion ein⸗ mal in einem Terrarium, in deſſen Sandboden er ſich ſchon im Verlaufe von einigen Tagen eine ſchräge, 10 cm tief hinabführende Röhre ausgeſcharrt hatte. Als Futter wurden ihm lebende Schaben gegeben, die er packte und in ſeine Röhre hinabzog, um ſie dort in aller Gemütsruhe zu verzehren. Der bis 32 mm lange, braunſchwarze, an den Beinen etwas heller gefärbte 650 € Spinnentiere. A Langſchwänzige Fadenſkorpion, Telyphonus caudatus L., ſoll auf Java durchaus nicht ſelten ſein. Als Verteidigungswaffen beſitzen die Fadenſkorpione zwei am Schwanzfaden mündendeStink⸗ drüſen, die einen ſcharf riechenden, erinnernden Wird ein Telyphonus ge⸗ gen ausſtrömen, Tier wie von einer dichten Dampfwolke 5 ceingehüllt wird. Lan 9 chwänziger Fadenſkorpion, Telyphonus et L. Natürliche Größe. Zur Atmung ha⸗ 5 ben die Telypho⸗ 1500 zwei Paare von Lungen, während die Vertreter einer anderen Familie, die Schizo- notidae, die ein geteiltes Rückenſchild auf dem Kopfbruſtſtück und einen kurzen, höchſtens ein⸗ bis dreigliederigen Schwanzanhang haben, nur ein Paar Lungenſäcke beſitzen. 2. Unterordnung: Geißelſkorpione (Amplypygi). Die Geißelſkorpione (Amplypygi) zeichnen ſich durch einen breiten, ſuchgedrückten Körper aus, an dem das Kopfbruſtſtück mindeſtens ſo breit wie lang iſt. Der gegliederte Hinter⸗ leib bleibt ftets ohne Schwanzfaden. Das auffallendſte Merkmal beſteht aber in der ungewöhn⸗ lichen Länge der beiden Vorderbeine, die in ein Paar langer, vielgliederiger, taſterartiger Fuß⸗ geißeln auslaufen. Zwei Lungenpaare übernehmen die Atmung, die außerdem noch durch 8 kleine, mit Blut vom Körperinnern her ſchwellbare Säcke (Ventralſäckchen) unterſtützt wird; letztere können am Segment des zweiten Stigmenpaares ausgeſtülpt werden und gleichen den ausſtülpbaren Säckchen, die wir früher bei verſchiedenen niederen Inſekten und Vielfüßlern erwähnt haben. Die auf der beigefügten Tafel abgebildete ſonderbare, geſpenſterhaft ausſehende Tarantula palmata Herbst, die faſt 4 em lang wird und einen lehmgelben bis braunroten Körper beſitzt, lebt auf den Antillen und in Südamerika unter eee und Steinen. 3. Unterordnung: Palpigraden (Palpigradi). Die Palpigraden (Palpigradi) find winzige Skorpionſpinnen, deren zarter, äußerft zerbrechlicher Körper kaum 2 mm Länge erreicht. So iſt es zu verſtehen, daß man dieſe Zwerge lange überſehen konnte und daß ſie erſt in den achtziger Jahren durch den italieniſchen Forſcher Graſſi in der Umgebung von Catania entdeckt worden ſind. Die beigefügte Figur Stoff abſondern. reizt, ſo läßt er, wie Strubell er⸗ zählt, den flüch⸗ tigen Drüſenſaft in ſolchen Men⸗ daß das ganze an Ameiſenſäure Geißelikorpion. Palpigraden. Walzenſpinnen. 651 | zeigt die italieniſche Koenenia mirabilis Grassi, deren Körper wie bei allen Palpigraden hinten in einen langen Schwanzfaden ausgeht, den man freilich gewöhnlich nur in beſchädigtem Zuſtand zu ſehen bekommt, weil er beim Fangen des Tierchens faſt regelmäßig abbricht. Ver⸗ ſchiedene andere Arten der gleichen Gattung kennt man aus Nordafrika, aus unterirdiſchen Grotten und Höhlen Frankreichs, aus Siam und den wärmeren Teilen Amerikas. Alle ſind äußerſt lichtſcheue Tierchen, die völlig augenlos bleiben und ſich in feuchter Erde unter Steinen aufhalten. Ihnen fehlen Malpighiſche Gefäße und Atmungs⸗ organe. Die kurzen dreigliederigen, am Ende ſcherenförmig ge⸗ ſtalteten Kieferfühler werden von den Tierchen zum Fangen und Feſthalten kleiner Milben und Springſchwänzchen benutzt. Geißelſkorpione. 4. Ordnung: Walzenſpinnen (Solifuga). Die Walzenſpinnen (Solifuga) kann man mit einem ge⸗ wiſſen Rechte das Katzengeſchlecht unter den Spinnentieren nennen, ſo ſehr übertreffen ſie alle übrigen an Behendigkeit und Schnellig⸗ keit der Bewegungen. Ihr überaus geſchmeidiger Körper zeichnet E fich durch eine ungewöhnlich reiche Gliederung aus, die fich ſogar | bis auf das Kopfbruſtſtück erſtreckt, an dem nur ein kleiner vor: * 1 derer, gleichſam als Kopf anzuſehender Teil einheitlich bleibt; letz⸗ EN terer trägt die Kieferfühler, die Kiefertafter und das ſchmächtige N erſte Beinpaar und beſitzt außerdem nahe am Vorderrande in der N 5 Mitte ein Augenpaar. Dann folgen drei deutlich abgeſonderte IN freie Bruſtringe, an denen paarweiſe das zweite bis vierte Bein⸗ A paar angebracht find, und ein breit anfigender, rundlich eiförmiger N Hinterleib, der ſich deutlich aus zehn Ringen zufammenfügt. N Die Walenipinnen find vorwiegend nächtliche Geſellen. Raub: 160 . tierartig ſtreifen ſie einzeln in der Dämmerung oder im Dunkeln umher und ſtürzen ſich mit raſchem Sprunge auf die Beute, die Koenenia mirabilis Grassi. Nach Hanſen u. Sörenſen („Ento- mologisk Tidskrift“, Jahrg. 1897). ſie mit ihren großen, kräftigen Kieferfühlern überwältigen. Die Kieferfühler, an denen der untere, mit ſpitzigen Zähnen bewehrte Finger zangenartig gegen den oberen Finger gepreßt werden kann, ſind furchtbare Waffen, mit denen die großen Arten von Walzenſpinnen ſogar den harten Panzer eines kräftigen Miſtkäfers oder einer großen Heuſchrecke mit Leichtigkeit zermalmen. Angegriffen, ſetzen ſich die Walzenſpinnen ſofort zur Wehr (vgl. Galeodes orientalis Stal, Abb., S. 652) und ſtoßen dabei ein ziſchendes oder fauchendes Ge⸗ räuſch aus, das durch Reibung ihrer Kieferfühler gegeneinander zuſtande kommt. Die Kiefer⸗ taſter, deren Grundteile Kauapparate bilden, ſind lang und beinförmig und endigen mit einem eigentümlichen Haftorgan, das gewöhnlich zurückgezogen liegt, aber wie ein kleines durch⸗ ſcheinendes Bläschen hervorgeſtülpt werden kann. Von den vier langen Beinpaaren endigt das vorderſte häufig nur mit kleinen Borſten, während die drei anderen Paare, die gewöhnlich in kräftige Krallen auslaufen, Laufbeine ſind und es dem Tier erlauben, mit großer Ge⸗ ſchwindigkeit geräuſchlos über den Boden dahinzuhuſchen. An den Hüften des letzten Bein⸗ paares ſitzen bei beiden Geſchlechtern eigentümliche, ihrer Bedeutung nach noch unbekannte Sinnesorgane in Geſtalt dreieckiger Hautfortſätze, und die Atmung erfolgt durch Tracheen. Die Walzenſpinnen bewohnen nur die heißen Gebiete, finden ſich hauptſächlich in trocke⸗ nen Steppen und Wüſten und kommen, Auſtralien und die Sunda⸗Inſeln ausgenommen, 652 . a ie ebenſowohl in der Alten als auch in der Neuen Welt vor. Von dem Blutdurſt und der Mord⸗ gier der Walzenſpinnen wiſſen viele Beobachter zu berichten. Lönnberg war der Augenzeuge eines furchtbaren Zweikampfes zwiſchen einer großen Walzenſpinne und einem ebenſo großen Skorpion, die beide zuſammen in dem gleichen Behälter eingeſperrt waren. Der Skorpion war hierbei der Angegriffene und verteidigte ſich mit dem Mute der Verzweiflung längere Zeit 5 hindurch gegen feine ſchreckliche Gegnerin, die er vergeblich mit dem Giftſtachel zu treffen ſuchte, bis er ſchließlich überwältigt und aufgefreſſen wurde. Bei einem anderen derartigen Kampfe zog allerdings die Walzenſpinne den kürzeren und mußte, nachdem fie einen Stich von dem Skorpion erhalten hatte, das Feld räumen, weil ſie für längere Zeit kampfunfähig gemacht war. Hutton ſah eine große indiſche Walzenſpinns über eine Eidechſe herfallen und ſie bis auf die Haut und den Kopf auf⸗ freſſen, und eine andere Walzen⸗ Augen einen jungen, in ihren Käfig gebrachten Sperling. Am bekannteſten unter den Walzenſpinnen find die Galeo :- didae, zu denen die auf S. 653 abgebildete Gemeine Walzen⸗ ſpinne, Galeodes araneoides Hall., gehört, die im ſüdlichen bekannt iſt. Nicht minder wird der in den Steppen und Wüſten Miittelaſiens ſehr verbreitete Ga- | . . leodes caspius Bir. gefürchtet, Galeodes orientalis Sal in Verteidigungsſtelung. Verkleinert. Nach denn wenn man den Berichten R. Heſſe und H. Doflein, sa os Band II, Leipzig und der einheimiſ chen Bevölke 1 u ng l Re Glauben ſchenken will, fo ſollen die „Falangen“, die bei ihren nächtlichen Streifzügen mitunter in Häuſer und Wohnzelte eindringen, überaus bösartige Tiere ſein, deren gefährlichen Biſſen ſchon mancher Reiſende, der in der Steppe ſein einſames Nachtquartier hatte, zum Opfer gefallen ſei. Dies iſt natür⸗ lich übertrieben, richtig aber iſt, daß die Galeodes, ſobald ſie irgendwie beunruhigt werden, ſpinne tötete einmal vor ſeinen Rußland und in Kleinaſien wohl⸗ | wütend um ſich beißen, wobei fie den Menſchen bis aufs Blut verlegen können. Ihr Biß it aber, wie bei allen Walzenſpinnen, ungiftig und hat, falls keine un. der Wunde dazukommt, durchaus keine ſchlimme Nachwirkungen. Zur Paarung ſpringt das ſchmächtiger gebaute und behendere Männchen plötzlich n mit N großer Wucht auf ein Weibchen los und beißt ſich mit aller Gewalt in die weiche Rückenhaut N des letzteren ein, ſo daß es faſt den Anſchein hat, als müſſe das Weibchen verwundet werden, was aber nur in ſeltenen Ausnahmefällen wirklich geſchieht. Beim Angriff hat das Männchen auch ſeine Kiefertaſter benutzt, mit denen es den Vorderkörper des Weibchens feſthält, während es gleichzeitig ſeine vier Vorderbeine dazu gebraucht, um die Beine des Weibchens zu um⸗ ſchlingen. Durch die ſo überraſchend erfolgte gewaltſame Attacke erleidet letzteres einen förm⸗ lichen Nervenchok und gerät in eine Art hypnotiſchen, willenloſen Zuſtand, in dem es ſich Walzenſpinnen. Echte Spinnen. 653 fortan, ohne nur den geringſten Widerſtand zu leiſten, alles gefallen läßt, was das in der Regel viel ſchwächere Männchen mit ihm unternimmt. Bald nach der Begattung verkriecht ſich das Galeodes⸗Weibchen und bringt einige Wochen ſpäter in einer kleinen Erdhöhle einen Haufen glänzender, wie Perlmutterkügelchen ausſehender Eier zur Welt, aus denen aber ſchon kurz nach der Ablage die madenförmigen, weißen Jungen ausſchlüpfen. Hierauf bleibt die Mutter noch einige Zeit teilnahmlos bei ihrer Nachkommenſchaft ſitzen, bis ſich letztere häutet und ſchließ⸗ lich genügend herangewachſen iſt, um die räuberiſche Lebensweiſe ihrer Eltern zu beginnen. a NV \ \ R \ Gemeine Walzenſpinne, Galeodes araneoides Pall. Natürliche Größe. Die Familie der Solpugidae, zu welcher der ſchwarze, in Nordafrika vorkommende Rhagodes melanus O7. gehört, iſt im Gegenſatz zu den Galeodiden durch freie, nicht bedeckte Atemlöcher gekennzeichnet. Die nur aus dem ſüdlichen Afrika bekannten Hexisopodidae haben ein krallenloſes viertes, zum Graben eingerichtetes Beinpaar. 5. Ordnung: Echte Spinnen (Araneida). Am gemeinſamen Stammbaum der Spinnentiere bilden die Echten Spinnen (Ara- neida) den am höchſten entwickelten Zweig, der, wie die bedeutende Zahl von verſchiedenen Gattungen und Arten beweiſt, gegenwärtig in voller Blüte ſteht. Faſt auf der ganzen Erde ſind die Spinnen zu finden, ſie kommen ſelbſt auf den höchſten Gebirgen, am Rande des ewigen Schnees, vor und ſind in Grönland noch unter dem 82. Breitengrad in zwei Arten geſammelt worden, ſo daß ſie neben den Inſekten zu den verbreitetſten und häufigſten Land⸗ tieren gehören. Im Gegenſatz zu den Inſekten hat aber das Spinnengeſchlecht nur wenig Freunde unter den Menſchen gefunden, gelten doch die Spinnen überall nur als verabſcheuungs⸗ würdige, häßliche Weſen trotz ihrer zum Teil gar nicht unſympathiſchen Eigenſchaften, die 654 Spinnentiere. jedem, der ſich näher mit ihnen bejchäftigt, reichen Stoff zu intereſſanten Beobachtungen geben. | Da können wir kleine Springſpinnen umherſchleichen ſehen, die ſich katzenartig mit glühenden Augen vorſichtig an eine Fliege oder ähnliche Beute heranpirſchen und ſie mit ſicherem Sprunge überwältigen. Wir bewundern das Geſchick der Netzſpinne, die kunſtvoll ihr glitzerndes Ge⸗ webe anfertigt, während andere Arten wieder die ſchönſten 9 von Brutpflege und treuer Fürſorge für die Nachkommenſchaft abgeben. Auch der ſinnreiche Bau des Spinnenkörpers verdient unſere Beachtung. Deutlich laſſen ſich an ihm immer zwei Hauptabſchnitte unterſcheiden: die Kopfbruſt und der von ihr durch eine dünne, ſtielförmige Einſchnürung beweglich abgeſetzte Hinterleib, der nur in äußerſt jeltenen Fällen gegliedert iſt, gewöhnlich aus einem Stücke beſteht und ſich daher ebenſowohl durch Feſtigkeit als auch durch große Beweglichkeit auszeichnet, was bei der Anfertigung der Fangnetze und Geſpinſte ſehr vorteilhaft iſt. Von den an der Kopfbruſt ſitzenden Gliedmaßen bildet das erſte Paar zwei gekrümmte Klauen, die Kieferfühler, die bei den meiſten Arten nach innen, bei den Vogelſpinnen und ihren Verwandten aber nach unten geſchlagen werden können. Die Kieferklauen ſind die Waffen der Spinne, ſie ſind mit je einer Giftdrüſe aus⸗ geſtattet, deren Gang kurz vor der Klauenſpitze ſich öffnet, ſo daß das Gift in die mit der ſcharfen Klaue gemachte Wunde ſofort eindringen kann. Alle Spinnen find Gifttiere, aber nur die größten Arten haben die Kraft, den Menſchen mit ihrem Biß empfindlich zu verletzen, und nur ganz wenige, wie z. B. die Latrodectes⸗Arten, vermögen mit ihrem Gift las Menſchen oder großen Säugetieren wirklich gefährlich zu werden. Das zweite Gliedmaßenpaar ſind die Kiefertaſter, deren Grundteile als Kaufortſätze bei f der Aufnahme der Nahrung in Tätigkeit treten, während ſie im übrigen aus je einem bein⸗ artigen, gegliederten Taſter beſtehen. Die folgenden vier Beinpaare ſind je nach der Art ver⸗ ſchieden lang und endigen mit Krallen, welche für die Spinnen, die die Fähigkeit des Webens beſitzen und dabei oft akrobatenartig auf einem dünnen Spinnſeil frei in der Luft klettern müſſen, eine beſondere Wichtigkeit haben. Dahl hat hierauf aufmerkſam gemacht: „Damit die Spinne ſich an einzelnen Fäden feſthalten und auf denſelben laufen kann, tragen die beiden Hauptkrallen an allen acht Füßen dichtſtehende Kammzinken. Zwiſchen die Zinken klemmt ſich der Faden ein, und der Fuß kann auf demſelben nicht fortgleiten. Man kann die Kamm⸗ krallen leicht in Tätigkeit ſehen, wenn eine Kreuzſpinne ſich an einem Faden herabläßt. So⸗ lange fie ſchnell weiterſinkt, ſpreizt fie alle Beine aus. Sobald fie aber nicht weiter ſinken will, ergreift ſie den Faden mit einem Hinterfuß, und zwar mit deſſen Kammkrallen.“ Zum Weben beim Anfertigen ihrer Geſpinſte gebrauchen die Spinnen noch eine dritte, kleinere, gekrümmte Kralle, die ſogenannte Afterkralle, mit der ſie dem Spinnfaden genau die ge⸗ wünſchte Richtung geben können, und endlich kommen in der Regel noch ſtarke Hafthaare an der Unterſeite des Fußes hinzu, die das Laufen über Blätter und ähnliche glatte Flächen er⸗ möglichen. Die Kammzinken der Hauptkrallen können ebenſo wie die Afterfralle bei ſehr ſtarker Entwickelung der Hafthaare auch wohl manchmal überflüſſig werden und ſchwinden. Die in der Regel gegliederten Spinnwarzen, die kurz vor dem After am Hinterende des 1 Spinnenkörpers ſtehen, ſind umgewandelte Hinterleibsbeine. Die Entwickelungsgeſchichte hat unzweideutig gezeigt, wie beim Embryo zwei ganz vorn am Hinterleib befindliche Beinanlagen bei fortſchreitender Entwickelung ſich nach hinten ſchieben, um dort zu den Spinnwarzen zu 5 werden, deren bisweilen vier, gewöhnlich aber ſechs vorhanden ſind. Nur bei Spinnen mit oberſeits gegliedertem Hinterleibe, wie bei der hinterindiſchen Gattung Liphistius Seh., find acht Spinnwarzen ausgebildet, die in dieſem Falle noch weit vor dem After an der Bauchſeite 3 Dr ee r r Echte Spinnen: Allgemeines. 655 ſitzen. An den Spinnwarzen münden die in Form vielfach gewundener aufgeknäuelter Schläuche im Hinterleibe gelegenen Spinndrüſen auf dickeren oder dünneren Röhrchen aus, die in großer Zahl auf jeder Spinnwarze angebracht ſind. Beim Spinnen liefert jedes Spinnröhrchen ein äußerſt dünnes, anfangs zäh⸗flüſſiges, ſehr raſch aber erhärtendes Fädchen, das zwar nur eine Dicke von wenigen Tauſendſteln eines Millimeters beſitzt, beim Zuſammenſchmelzen mit benach⸗ barten Fädchen aber doch zur Bildung eines ziemlich feſten Spinnfadens beiträgt, den die Spinne zum Weben ihres Geſpinſtes verwendet. Vor dem vorderſten Spinnwarzenpaar iſt häufig noch ein beſonderes Spinnfeld (Cribellum) gelegen, an dem gleichfalls viele Spinnröhrchen verteilt ſind. Um die hier hervorſchießenden Fäden verarbeiten zu können, haben die im Beſitze eines Cribellum befindlichen Spinnen alle ein ſogenanntes Calamistrum, d. h. eine oder zwei Reihen kammzinkenähnlicher Borſten, die auf dem vorletzten Gliede der Hinterbeine angebracht find. - Man darf wohl annehmen, daß ſich die Kunſt des Fadenſpinnens, die für die Araneen von großer Wichtigkeit iſt und ihnen eine Fülle verſchiedener Exiſtenzmöglichkeiten verſchafft, erſt nach und nach vervollkommnet hat. Urſprünglich mögen die Spinnfäden nur Schutz⸗ einrichtungen für die Eier der Spinnen geweſen ſein, ſpäter lernten viele Spinnen ihre Fä⸗ den auch zur Herſtellung von Wohnröhren benutzen, bis ſchließlich als höchſte Stufe die An⸗ fertigung mehr oder minder kunſtvoller Fangnetze zuſtande kam. Auch noch zu einem anderen Zwecke verſtehen manche Spinnen ihre Fäden zu verwenden, nämlich zu Luftreiſen, indem ſie ſich angeklammert an einen langen loſen Faden vom Winde forttragen laſſen. Selbſt⸗ verſtändlich ſind dies nur kleine und in der Regel junge Spinnen; von ihnen ſoll bei den Krabbenſpinnen noch näher die Rede ſein. Das Nervenſyſtem der Spinnen iſt ſtark konzentriert und bildet eine vom Schlunde durch⸗ bohrte, in der Kopfbruſt gelegene Ganglienmaſſe, von der zahlreiche Nerven ausſtrahlen. Die meiſt in der Achtzahl entwickelten Einzelaugen ſitzen in verſchiedenfacher Anordnung vorn an der Oberſeite der Kopfbruſt. Bei den beweglichen Springſpinnen zeichnen ſich die beiden nach vorn gerichteten Mittelaugen durch ihre Größe aus. Bei den flachen Krabbenſpinnen ſind alle acht Augen mit ihren Achſen nach verſchiedenen Seiten gerichtet, damit das Tier, ohne daß es ſich zu rühren braucht, gleichzeitig ein möglichſt großes Gebiet überſchauen kann. In manchen Fällen kommt im Auge eine beſondere, als Tapetum bezeichnete Flitterſchicht vor, von der ein Teil der ins Auge dringenden Lichtſtrahlen zurückgeworfen wird, ſo daß ſolche Spin⸗ nenaugen im Dunkeln oder im ſchwachen Dämmerlicht in unheimlicher Weiſe zu glühen oder zu leuchten ſcheinen, ähnlich wie dies bei einigen Nachtſchmetterlingen der Fall iſt. Wie gut die Spinnen mit ihren vielen Augen ſehen können, wiſſen wir beſonders von den Spring⸗ ſpinnen. Bis zu einer Entfernung von 10 cm konnten ſolche Spinnchen nachweisbar noch deut: lich ihre Beute unterſcheiden. Als Organe des Taſtſinnes, die es beiſpielsweiſe einer lauern⸗ den Netzſpinne möglich machen, augenblicklich das Zappeln eines in das Fangnetz geratenen Inſektes wahrzunehmen, dienen dünne, aus dem kurzen Haarkleide herausragende Haar⸗ borſten. Andere, in Grübchen eingepflanzte Haare werden als Organe des Hörſinnes oder Erſchütterungsſinnes aufgefaßt, wobei auf Zahl und Verteilung dieſer ſogenannten Hörhaare von ſeiten der Syſtematik neuerdings beſonderes Gewicht gelegt wird. Die vom Munde aus nach innen führende Speiſeröhre erweitert ſich zu einem mächtigen Saugmagen, der mit vielen dehnbaren Blindſäcken im Zuſammenhange ſteht. Durch beſon⸗ dere Saugmuskeln wird die flüſſige Nahrung eingepumpt, bis die Blindſäcke, die als Vorrats⸗ räume dienen, prall gefüllt ſind. So iſt die Spinne imſtande, gleich mit einem Male ſehr viel Nahrung zu ſich zu nehmen, und kann ſich gehörig vollſaugen, obwohl ſie anderſeits auch — 656 Spinnentiere. ohne Schaden lange Zeit den Hunger aushalten kann. Im diggen begmügen ſich die Spinnen durchaus nicht damit, ihrer Beute nur das Blut abzuzapfen, ſondern löſen auch die Muskeln und ſonſtigen Gewebe mit ihrem wie Speichelferment wirkenden Gift auf und ſchlürfen den verflüſſigten Körperinhalt ihres Opfers ein, ſo daß ſchließlich nur noch die ausgeſogene Haut übrigbleibt. Die eigentlichen Verdauungsvorgänge ſpielen ſich bei den Spinnen teils im Mitteldarm, teils in verzweigten, von dieſem ausgehenden ſogenannten Leberanhängen ab. Hinter dem Mitteldarm münden als Ausſcheidungsorgane zwei ſchlauchförmige Malpighiſche Gefäße in den Darm, mit deſſen hinterem Ende noch eine eigentümliche blaſenförmige Er⸗ weiterung verbunden iſt. Das Herz, das bei den Spinnen im Hinterleibe dicht unter der Mittellinie des Rückens ſeinen Platz hat, entſendet nach vorn in die Kopfbruſt ein ſich ver⸗ zweigendes, Aorta genanntes Gefäß und nimmt das aus dem Körper zurückſtrömende Blut durch ſeitliche Spaltöffnungen auf. Die Atmungsorgane beſtehen nur bei den Tetrapneu- mones, den trägen und verhältnismäßig großen Vogelſpinnen und Tapezierſpinnen, aus zwei Paaren von Lungenſäcken, deren ſpaltförmige Offnungen an der Unterſeite rechts und links am Hinterleibsgrunde gelegen ſind. Alle übrigen Spinnen vereinigt man zu den Dipneumones, weil bei ihnen ſtets das hintere, bei der Gattung Caponia ausnahmsweiſe auch noch das vordere Lungenpaar durch Röhrentracheen erſetzt wird. Die Offnungen für die Röhrentracheen find nur ſelten, wie bei Dysdera Walck. und Segestria Walck., noch vorn am Hinterleibs⸗ grunde gelegen, bei den Waſſerſpinnen (Argyroneta Walck.) find fie bis zu deſſen Mitte gerückt, und bei den meiſten übrigen Spinnen haben ſie ihre Lage am Hinterende unmittel⸗ bar vor den Spinnwarzen eingenommen. Die Fortpflanzungsorgane münden bei beiden Geſchlechtern vorn an der Bauchseite! des Hinterleibsgrundes mit einer unpaaren Offnung. Die Männchen ſind faſt durchweg kleiner und ſchwächer als ihre Weibchen und können bei manchen Arten, wie bei der tropiſchen Gattung Nephila, im Vergleich zu den Weibchen ſogar zu winzigen Zwergmännchen werden. Manche Spinnenmännchen zeichnen ſich durch auffallend große Kieferfühler, durch ſeltſame Kopffort⸗ ſätze oder durch buntere lebhafte Farben aus, allen iſt aber eine beſondere Bauart der Kiefer: taſter eigen, deren letztes, verdicktes Glied einen Samenſchlauch enthält und in der Regel mit klammerartigen Haken ausgeſtattet iſt. Wenn das Männchen ſeinen Samenſchlauch füllen will, ſpinnt es ſich zunächſt eine kleine Decke, entleert ein Tröpfchen Samenflüſſigkeit darauf und tupft dieſe vorſichtig mit beiden Taſtern auf. Jetzt erſt macht es ſich an ein Weibchen heran und führt das ausgeſtülpte Ende eines ſeiner beiden Kiefertaſter ein, nimmt aber nach Beendigung dieſer mühſamen Prozedur ſchleunigſt Reißaus, um nicht noch zu guter Letzt von dem Weibchen gepackt und gefreſſen zu werden. Daß ein Spinnenmännchen gleich beim erſten Annäherungsverſuch von ſeinem Weibchen als gute Beute verſpeiſt wird, hat man ſchon öfters geſehen, im allgemeinen ſcheint aber doch das Zuſammentreffen mit dem Weibchen namentlich für jüngere Männchen, die noch behende und kräftig genug ſind, ziemlich harmlos zu ver⸗ laufen. Die Zwergmännchen brauchen überhaupt nicht für ihr Leben zu fürchten, weil ſie ihrer gar zu geringen Größe wegen ohnehin von den Weibchen verſchmäht werden. Spinnen muß es ſchon zur Steinkohlenzeit gegeben haben, wo ſie wahrſcheinlich genau wie jetzt am Waldboden umherhuſchten und Jagd auf andere Kerfe machten. Jedenfalls kennt man eine Reihe von Abdrücken aus jener Periode, an welchen man erſehen kann, daß die damaligen Spinnen denen der Jetztzeit ſchon ziemlich ähnlich ſahen. Nur inſofern zeigt ſich ein recht bemerkenswerter Unterſchied, als die Steinkohlenſpinnen noch von einfacherer Bau⸗ art als die meiſten jetzigen Arten geweſen ſein müſſen, da ihr Hinterleib nicht aus einem Stück Renn FF A 2 * ur 3 . Vogelipinne. ci A en an a bh A mr 5 E 2 4 3 . 4 3 2 — ö Echte Spinnen: Allgemeines. Liphistiidae. Vogelſpinnen. 657 beſtand, ſondern noch ganz deutlich gegliedert war; ja bei einigen Exemplaren will man ſogar am Hinterleibsgrunde auch noch gliedmaßenähnliche Anhänge beobachtet haben, was doch bei den heutigen Arten niemals mehr vorkommt. Reiche Funde von Spinnen früherer Zeiten ſind dann auch im Bernſtein gemacht worden, ſo daß es bereits möglich war, etwa 70 verſchiedene Gattungen von Bernſteinſpinnen aufzuſtellen, darunter ſolche, die ohne Schwierigkeit in die gegenwärtigen Spinnengruppen eingereiht werden können, zum Teil aber auch Formen, die, wie die merkwürdige, mit langen Kieferfühlern ausgeſtattete tertiäre Urſpinne, Archaea Koch, inzwiſchen aus der Reihe der Lebeweſen ſchon vollſtändig verſchwunden find. Unſere heutigen Spinnen zerfallen in viele Familien, von denen wir nur die wichtigſten nennen. Sieht man von der kleinen Familie der Liphistiidae ab, die nur in einer Gattung im indiſchen Gebiete vorkommen und mit ihrem gegliederten Hinterleibe und den weit vorn ſtehenden acht Spinnwarzen als die urſprünglichſten Spinnen der Jetztzeit gelten müſſen, ſo können wir zwei Unterordnungen unterſcheiden. 1. Unterordnung: Vierlungler (Tetrapneumones). Die wichtigſte Familie unter den Tetrapneumones, die alle zwei Paare von Lungen (Fächertracheen) beſitzen, find die großen Vogelſpinnen oder Buſchſpinnen (Aviculariidae), 83 r r 3 + BEE ZEN TE ET Tg pre MY 5 2 . * 2 £ * E . 5 . 17 en FEN Denn vr, 8 — N N * . — gr 2 e: E ER EEE . EEE 2 — Weibchen von Atypus piceus Sulz. am oberirdiſchen Teil ſeiner Neſtröhre. (Zu S. 658.) die ihre Heimat hauptſächlich in den Tropenländern haben. An dem düſter gefärbten, rot⸗ braun oder braunſchwarz behaarten Körper fallen hinten vier lange Spinnwarzen auf. Vorn ſitzen die gefährlichen Waffen, die kräftigen, nach unten einſchlagbaren Kieferklauen, mit denen die Vogelſpinnen ihre hauptſächlich aus größeren Inſekten beſtehende Beute überwältigen, unter Umſtänden aber auch kleinere Wirbeltiere tödlich verwunden können. Die Gemeine Vogelſpinne, Avicularia avicularia L., iſt von dunkelbrauner bis ſchwar⸗ zer Farbe, erreicht eine Länge von etwa 5 em und iſt im tropiſchen Südamerika verbreitet. Noch größer wird die rötlichbraun behaarte Javaniſche Vogelſpinne, Selenocosmia javanensis Walck., die 8—9 em lang werden ſoll und auf Java, Sumatra, Borneo, den Molukken, in Siam und Neuguinea vorkommt. Mit tropiſchen Hölzern und anderen Schiffsladungen wer⸗ den Vogelſpinnen gar nicht ſelten in europäiſche Hafenſtädte eingeſchleppt und laſſen ſich auch in unſeren Breiten im Terrarium ganz gut längere Zeit hindurch in Gefangenſchaft halten. Als Futter gibt man am beſten Küchenſchaben. Im Berliner Zoologiſchen Inſtitut lebte eine ſolche Spinne mehrere Monate. Von einem ausgewachſenen friſch eingefangenen Sperling, der Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 42 658 Spinnentiere. eines Abends zu ihr in den Käfig geſetzt wurde, nahm ſie zunächſt nicht die mindeſte Notiz, bis der unruhig umherflatternde Vogel ihr einmal zu nahe kam und ſie ihm dann plötzlich einen Biß verſetzte, an dem der Sperling im Laufe weniger Minuten ſtarb. Während ſich die Spinne in dieſem Falle nicht im geringſten weiter um ihr Opfer bekümmerte, berichtet Menge von einer anderen Vogelſpinne, die in der Gefangenſchaft verſchiedene Male Fröſche tötete, ſie zu einem Brei zerkaute und verzehrte. Manche Vogelſpinnen können, wenn ſie gereizt werden, ein fauchendes oder ziſchendes Geräuſch hervorbringen, das durch Reiben der Grundteile ihrer Kiefertaſter gegen die eh auliande kommt. In ihrer Lebensweiſe haben alle Vogel⸗ ſpinnen viel Übereinſtimmendes. Es ſind nächtliche Tiere, die im Dunkeln auf Raub ausgehen, ſich aber tagsüber in Erdlöchern oder röhrenartigen Gängen verborgen hal⸗ ten; dieſe werden oft von den Weibchen in⸗ wendig mit Spinnſubſtanz austapeziert, um das Abbröckeln der Wände und das Ein⸗ dringen von Feuchtigkeit zu verhindern. Die kunſtvolle Arbeit des Tapezierens hat Ver⸗ Tapezierſpinnen zu bezeichnen. Die e ſind keineswegs auf die heißen Länder beſchränkt. Die Aty- pidae, kleinere Arten, die im übrigen den wandt ſind, ſind auch in Europa verbreitet. In Deutſchland findet ſich Atypus piceus Sulz. (Abb., S. 657), eine in der Umgebung Berlins nicht ſeltene, etwa 2 cm lange Spinne mit ſechs Spinnwarzen und von dunkel grau⸗ ——ü—ä nn | faft Schwarzer Farbe. Das Weibchen ver: Heft von Nemesia meridionalis Costa. Am Grunde des R R 3 f ; 28 Hauptganges die Spinne ſitzend. Nach Moggridge, „Harve- fertigt eine ſchlauchförmige, ſchräg in den sting Ants and . 3 1873. Links die Boden hinabführende Geſpinſtröhre, die ſich | 5 8 auch oberflächlich noch am Boden eine Strecke unter Moos und Geſtrüpp fortſetzt. Während ſich das Atypus⸗Weibchen gewöhnlich im unterirdiſchen Teile ſeiner Röhre aufhält, hat das Männchen keinen Sinn für Häuslichkeit, treibt ſich vagabundierend umher und dringt nur zeitweilig einmal in den Neſtbau eines Weibchens ein. Andere Tapezierſpinnen, wie die in Süditalien, Algerien und den weſtlichen Mittelmeerländern verbreitete graubraune Nemesia sauvagei Dorth. (caementaria Latr.), bauen ſich Gänge, die oben durch einen kleinen Deckel verſchloſſen werden können. Bei der genannten, etwa 2 em lang werdenden Art, die auf dem Hinterleibe mehr oder weniger deut⸗ liche dunkle Querbinden hat, wird die Neſtröhre an nicht ganz trockenen, mit Moos und Bär⸗ lapp bewachſenen Bodenſtrecken angelegt und oben durch einen dicken, ſtöpſelartigen Deckel verſchloſſen, der aber nur an einer Seite angeſponnen iſt, ſo daß die Spinne jederzeit in der Lage iſt, den ganzen Deckel wie eine Falltür von untenher aufzuklappen. Hat die Spinne ihre anlaſſung gegeben, ſolche Spinnen auch als brauner, pechbrauner oder mitunter ſogar 424 las! * 1 2 5 a 1 ART da a Be a a rn u 3 u ern großen tropiſchen Vogelſpinnen nahe ver⸗ 3 5 Freren N De een a Arad er * FD Echte Spinnen: Atypidae. Hypochilidae. Dysderidae. 659 Tür zugemacht, jo ift fie vollkommen ſicher. Der Deckel, der oben allerlei eingejponnene Moos⸗ teilchen und ähnliche Pflanzenſtoffe enthält und daher kaum ſichtbar iſt, paßt nämlich ſo genau in die Neſtröhre hinein wie ein gutſchließender Kork in einen Flaſchenhals. Noch vorſichtiger geht die ſüdeuropäiſche Nemesia meridionalis Costa zu Werke, denn der Bau, den ſie ſich anlegt, kann nicht nur oben an der Erdoberfläche durch eine ſichere Falltür verſchloſſen wer⸗ den, ſondern beſitzt unterirdiſch auch einen vom Hauptgang ſchräg nach obenhin abzweigenden, blind endigenden Seitengang, in dem die Spinne mit Vorliebe ihren Aufenthalt nimmt, und der durch eine zweite Falltür gegen den Hauptgang abgeſperrt werden kann. Sollte es jetzt wirklich einem Feinde gelingen, von obenher in die Neſtröhre hereinzukommen, ſo wird er wohl immer wieder kehrtmachen, wenn er an dem verſchloſſenen Seitengange vorbei den Gang bis zum Grunde hinunter ergebnislos unterſucht hat. Die kleine, ſich hier anſchließende Familie der Hypochilidae ſei nur erwähnt, weil ſie wegen der nach innen einſchlagbaren Kieferklauen ſchon zur folgenden Unterordnung überleitet. 2. Unterordnung: Zweilungler (Dipneumones). Zu den Dipneumones gehören die meiſten Spinnenarten. Bei ihnen find, im Gegenſatz zu den Vogelſpinnen und Tapezierſpinnen, die Kieferklauen ſtets nach innen einſchlagbar, und zur Atmung iſt höchſtens ein Paar von Fächertracheen vorhanden. Außerdem kommen ſtets Röhrentracheen vor, und bei einigen ſüdafrikaniſchen und ſüdamerikaniſchen Arten geſchieht die Atmung überhaupt nur mit Hilfe von Röhrentracheen. Aus der großen Menge der Familien heben wir nur die wichtigſten hervor, und zwar zunächſt ſolche, bei denen das Cribellum fehlt. Die Dysderidae mit ihren beiden dicht hintereinander liegenden Stigmenpaaren ſind noch verhältnismäßig einfache Formen, die meiſt nur ſechs Augen haben, ſich vorzugsweiſe unter Steinen, Baumrinde und Moos aufhalten und ſchalenförmige, ovale Neſter aus weißer zäher Geſpinſtmaſſe verfertigen, in denen ſie ihre Eier unterbringen, ohne letztere mit einem Kokon zu umgeben. Die auch in Deutſchland nicht ſeltene Kellerſpinne, Segestria senoculata L., ſiedelt ſich nicht nur an den angegebenen Orten, ſondern auch gern in Mauerlöchern und Strohdächern an. Von ihrer mäßig langen, beiderſeits offenen Wohnröhre ſtrahlen nach ver⸗ ſchiedenen Richtungen Fangfäden aus, in denen ſich Inſekten verſtricken. Die Spinne hält am Eingang ihrer Röhre Wache, die ſechs Vorderbeine dabei nach vorn richtend und an den Leib andrückend, ſo daß ſie jederzeit zum Sprunge bereit iſt und ihr Schlachtopfer raſch in die Röhre hineinziehen kann. Sie iſt mutig, wagt ſich an ziemlich große Inſekten heran und ſoll es unter Umſtänden ſogar mit Weſpen aufnehmen. Mitte des Sommers kriechen die Jungen aus den annähernd kugeligen Eierſäckchen aus und halten ſich zunächſt im Neſte der Mutter ‚auf. Der lang eiförmige, pechbraun glänzende Vorderleib iſt bei der Kellerſpinne faſt doppelt ſo lang wie breit, vorn und hinten abgeſtutzt, der bräunlichgelbe, walzige, behaarte Hinter⸗ leib wird auf dem Rücken von einer dunkelbraunen Zeichnung geſchmückt, die aus hinter⸗ einander ſtehenden oder zum Teil verſchmelzenden Flecken zuſammengeſetzt iſt. Zu den Dysderiden gehört auch die blinde Höhlenſpinne, Stalita taenaria Schidte., eine 9—10 mm lange, glänzend blaß roſtbraune Spinne mit elfenbeinfarbigem, fein be⸗ haartem Hinterleib und langen, dünnen Beinen. Sie iſt in den Höhlen Krains zu Hauſe und ſtellt Höhlenkäfern nach. Bei einer verwandten Art, Stalita schiödtei 7%or., die in den Höhlen der Inſel Leſina entdeckt worden iſt, kommen an der Stirn noch ſechs kleine, pigment⸗ loſe, glänzend weiße Augen vor, mit denen die Spinne, wenn ſie im Dämmerlicht des Höhlen⸗ einganges ſich aufhält, wohl immerhin manches wahrnehmen mag. 42* 660 Spinnentiere. Die Radnetzſpinnen (Argiopidae) haben eine mit Zähnchen bewaffnete Grube, in die die Klaue ihrer ſtarken Kieferfühler wie die Klinge eines Taſchenmeſſers eingeſchlagen werden kann. Außerdem beſitzen ſie im Gegenſatz zu allen anderen Spinnen einen ſogenannten Webeſtachel (Hamulus), einen etwas gebogenen glatten Fortſatz, der am Fuße des vierten Beinpaares, und zwar etwas von dem äußerſten Fußende entfernt, zwiſchen einigen dicken, ſägeförmigen Borſten angebracht iſt. Eine der bekannteſten einheimiſchen Spinnen gehört in dieſe Komik die Kreuzſpinne, Araneus diadematus C. (Epeira diademata), die ihren Namen nach der weißen, ſich deut⸗ lich von dem dunkelbraunen oder graubraunen Hinterleibsrücken abhebenden Rückenzeichnung bekommen hat. Die Stellung der acht Augen, die die Kreuzſpinne beſitzt, iſt auf beiſtehender Figur angegeben. Das kleiner bleibende Männchen hat, wie bei den meiſten Spinnen, ver⸗ dickte Kiefertaſter. Das regelmäßige, aus derben Geſpinſtfäden hergeſtellte radförmige Netz, deſſen Strahlen und Speichen im Sonnenſchein glitzern, kennt wohl ein jeder. Nur wenige Weibliche Kreuzſ pinne, Araneus diadematus Gl., natürliche Größe. a) Augenſtellung, 55 Fußſpitze, e) Kieferfühler mit Gift⸗ drüſe, d) Spinnapparat mit e) re und ) Faden. b—d) ſtark vergrößert. wiſſen aber, mit welcher Umſicht und Sorgfalt die Spinne bei der Herſtellung dieſes Kunſt⸗ werkes zu Werke geht. Ein langer Faden, den die hochſitzende Spinne frei aus ihrem Hinter leibe hervorſchießen läßt, iſt der erſte Anſatz dazu. Hat ſich der Faden irgendwo verfangen, ſo benutzt ihn die Spinne als Brücke, läuft darüber hin und her und verſtärkt ihn, bis die i ungefähr horizontal liegende Brücke eine gewiſſe Feſtigkeit bekommen hat. Dann zieht ſie von der Mitte aus einen anderen ſenkrechten Faden hinab, der dazu beſtimmt iſt, den Haupt: durchmeſſer, d. h. die obere und untere Speiche, des künftigen Rades zu bilden. Bevor fie letzteres ausbaut, zieht fie aber noch kreuz und quer einige Fäden, die neben dem erſten Horizontalfaden als ſtützender Rahmen dienen. Nun werden vom Mittelpunkte des Haupt⸗ durchmeſſers radiäre Speichen bis zum Rahmen gezogen und durch Querbrücken miteinander vereinigt, bis das Netz fertig iſt, das übrigens bei den verſchiedenen Arten von Kreuzſpinnen in Form und Bauart etwas abweicht. Zum Schluß hängt ſich die Spinne mit dem Kopf nach unten in ihr Netz und ſtreckt die Vorderbeine aus, mit denen ſie ſofort fühlen kann, wenn ſich irgendeine Beute im Netz verſtrickt hat. Dann eilt fie herbei, ſpinnt raſch ihr Opfer ein, überwältigt es durch Biſſe und ſaugt es aus. E Das Liebesleben unjerer Kreuzſpinne ſowie der ſehr nahe ſtehenden Art A. quadra- tus CJ. hat in Gerhardt einen ſorgfältigen Beobachter gefunden. Überall von etwa 9 Uhr früh bis mittags 1 Uhr ſieht man die dünnen, langbeinigen Männchen auf der Suche nach Aber ein Kreuzſpinnenmännchen iſt ein hartnäckiger Echte Spinnen: Radnetzſpinnen. 661 Weibchen umherſchweifen. Iſt ein Männchen an den Rand eines von einem Weibchen bes wohnten Radnetzes gelangt, jo ſpinnt es zu dieſem einen ſtarken Faden, „als Lebens- und Liebesbrücke“, wie Menge ſagt, an dem es ruckweiſe zerrt und reißt, um die Aufmerkſamkeit der Auserwählten zu erregen. Dies gelingt auch bald, der Empfang aber, der nun dem Männchen bereitet wird, kann recht verſchieden ſein. Ein Weibchen der A. quadratus nähert ſich meiſtens langſam, hängt ſich ruhig mit tiefgelagertem Kopfende, dem Männchen die Bauchfläche zuwendend, auf und läßt ſich alle Betaſtungen ſeitens desſelben gefallen. Die Launen eines Kreuzſpinnenweibchens ſind jedoch unberechenbar. Gerhardt beobachtete gelegent⸗ lich Weibchen von A. quadratus, die ſich zwar anfangs ganz gutwillig ſtellten, aber dann mit einem Male über das vertrauensſelig gemachte Männchen herfielen und es, falls ſie es erwiſchten, ohne weitere Umſtände verſpeiſten. Bei unſerer ge⸗ wöhnlichen Kreuzſpinne nimmt das Liebesdrama aber meiſt einen etwas anderen Verlauf. Hat hier das Zu⸗ tritt begehrende Männchen an dem Netz des Weib⸗ chens gezerrt, ſo ſtürzt ſogleich das Weibchen wie eine Furie auf das Männchen los, ſo daß dieſes ſich vor Schreck oft jählings an ſeinem Faden herabfallen läßt. Bewerber. Immer aufs neue wiederholt es ſeine Be⸗ \ ſuche, und ſchließlich gelingt es ihm doch gewöhnlich, das Weibchen für ſeine Zwecke zu gewinnen. Wenn im Herbſt die Nachtfröſte beginnen, ſo pflegt auch das Ende unſerer Kreuzſpinnen heran⸗ zunahen, und noch vor Eintritt des Winters ſterben letztere, nachdem die Weibchen ihre Eierſäckchen, die in der Regel in gelbe, etwas wollige Flocken einge⸗ hüllt ſind, an irgendeinem möglichſt geſchützten Orte untergebracht haben. Die im nächſten Frühjahr aus⸗ männchen der Langgeſtreckten Stricker⸗ ſpinne, Tetragnatha extensa L., vergrößert. Oben ſchlüpfenden Jungen bleiben noch etwa acht Tage in „ Bea -Hatini-geieher einem Knäuel vereinigt, der ſich bei jeder Störung auflöft, aber bald wieder ſammelt, bis fie ſich nach der erſten Häutung endgültig zerſtreuen. Zu den Radnetzſpinnen wird in der Regel auch die Langgeſtreckte Strickerſpinne, Tetragnatha extensa L., geſtellt, deren Kieferfühler ſo groß ſind, daß ſie die Länge des Kopf⸗ bruſtſtückes erreichen. Ihre acht Augen ſtehen in zwei parallelen Reihen, Beine und Vorderleib ſind rötlichgelb, der Hinterleib meiſt gelblichweiß, oben mit einem rotbraunen, blattartigen, dunkelgerandeten Rückenfelde verziert. Wenn die Spinne in ihrem Netz, das ſie an feuchten Orten oder am Waſſerrande zwiſchen Binſen und Gräſern ausſpannt, auf Beute lauert, ſieht ſie wie ein Stäbchen aus, weil ſie ihre vier Vorderbeine nach vorn und ihre Hinterbeine nach hinten von fich ſtreckt. Andere einheimiſche Arten, wie die Winkelradnetzſpinne der Gat⸗ tung Zilla C. L. Koch, haben außerhalb des Netzes ihre Wohnung, in der ſie ſich verborgen halten und auf Beute lauern. Ein feiner Spinnfaden, der Signalfaden, führt in gerader Linie von der Wohnung in den Mittelpunkt des Netzes hinein und übermittelt der lauernden Spinne jede Erſchütterung, die beim Hineinfliegen eines Inſektes in ihr Netz verurſacht wird. Von ausländiſchen Arten aus dieſer Gruppe verdienen die merkwürdigen Stachel— 662 | Spinnentiere. ſpinnen der Gattung Gasteracantha Sund. und die großen, in den Tropen der ganzen Welt verbreiteten Seidenſpinnen der Gattung Nephila Leach Erwähnung, von denen beiden wir Arten auf unſerer Farbentafel dargeſtellt finden. Die tropiſchen, auch in den deut⸗ ſchen Kolonien häufigen Nephila⸗Spinnen ſind diejenigen Spinnen, deren Spinnſeide ſich techniſch am beſten verwerten läßt. Wie gut dies möglich iſt, hat ſchon Bon, Präſident der Rechnungskammer in Montpellier, gezeigt, der im Jahre 1710 der franzöſiſchen Akademie der Wiſſenſchaften nicht nur eine Schrift über die Gewinnung von Spinnenſeide, ſondern gleich⸗ zeitig auch ein Paar aus ſolcher Seide verfertigter Handſchuhe und Strümpfe zur Beurteilung vorlegte. Bei Nephila quillt die brauchbare Spinnſeide aus den beiden oberen und den beiden mittleren Spinnwarzen hervor. Zur Seidengewinnung ſperrt man die reifen Weibchen, die allein wertvolle Seide zu liefern ſcheinen, in beſondere, mit vielen Fächern verſehene Käſtchen ein. In jedes Fach wird ein Weibchen geſetzt, das aus der Offnung des Faches gerade nur ſeinen Hinterleib hervorſtrecken kann. Dann werden die ſchönen gelben Fäden, die an der Hinterleibsſpitze der verſchiedenen Spinnen hervorquellen, mit Hilfe eines beſonderen Appa⸗ rates über eine Haſpel geleitet und dort ohne weitere Reinigung zu einem gemeinſamen Seiden⸗ faden vereinigt, der an Feſtigkeit und Dehnbarkeit nichts zu wünſchen übrigläßt. Ein Nachteil bei der Gewinnung von Spinnenſeide beruht nach Dahl darin, daß die Spinnen im Gegen⸗ ſatz zu den Seidenraupen nicht eine Sorte, ſondern verſchiedene Arten von Fäden liefern, die ſich techniſch nicht alle gleich gut verwenden laſſen. Die wertvollſte Seide kann man von den reifen Nephila⸗Weibchen bekommen, denn nach der Ablage ihrer Eier geben fie ſehr feſte, halt⸗ bare Fäden von ſich, die zur Herſtellung des Eierkokons dienen ſollen. So kommt es aljo für den Praktiker hauptſächlich darauf an, ſich ſolche reife Spinnenweibchen zu verſchaffen und ihnen die Kokonſeide abzuhaſpeln. Daß die Spinnſeide der Raupenſeide jemals ernſthafte Konkurrenz machen wird, iſt kaum anzunehmen. Dafür iſt die Haltung und Aufzucht der Spinnen, die fortwährend mit lebendigen Inſekten verſorgt ſein wollen, viel zu zeitraubend und namentlich die Beaufſichtigung, ſolange die Spinnen noch jung ſind und leicht entweichen, viel zu ſchwierig im Vergleich zu der Pflege der genhglaman, trägen Seidenraupen. An die Radnetzſpinnen ſchließen ſich die Baldachinſpinnen (Linyphiidae) an, die in Geſtrüpp und Gebüſch flache, deckenförmige Geſpinſte herſtellen und an deren Unterſeite auf Beute lauern. Die bis 7—8 mm lange Linyphia montana Ol. mit braunem Kopfbruſtſtück und ſchwarz geringelten Beinen gehört in dieſe Gruppe. Die kleinſten unſerer einheimiſchen Spinnen find die Mieryphantidae, winzige, meiſt dunkel gefärbte Spinnchen, bei denen die Kieferfühler an der Spitze etwas auseinanderzutreten pflegen, während die Männchen oben auf dem Kopf oft allerlei eigentümliche Höcker oder Zacken tragen. Die Schwarze Glücksſpinne, Erigone atra Bl., eine etwa 2 mm lange, in Deutſchland verbreitete Art, überſpinnt im Hochſommer und Herbſt gelegentlich mit Tauſenden feiner ſilberglänzender Fädchen das Gras und unternimmt auch als erwachſene Spinne manchmal Luftreiſen, indem ſie ſich an einem langen, von ihr hervorgeſchleuderten Spinnfaden forttreiben läßt. Die Kugelſpinnen (Theridiidae) verfertigen unregelmäßige Netze, deren Fäden in den verſchiedenſten Richtungen kreuz und quer wirr durcheinander laufen. Jedes Netz wird in der Regel von einer einzigen Spinne bewohnt, z. B. bei der Geſtreiften Kugelſpinne, Theridium lineatum G., und anderen einheimiſchen Arten. Das eben genannte, etwa 5 mm große Spinnchen, deſſen weißgelber Hinterleib oft rote Längsbinden und hinten zwei Reihen A 3 Pr 4 5 Nees Lee NP > | 1 enen a a en a DU eh . Javaniſche Spinnen. 1) Gasteracantha arcuata F. — 2) Nephila maculata F (Dahl) — 3) Nephila antipodiana Walk. (jung) — 4) Platythomisus octomaculatus Koch. des Mittelmeergebietes vor, und zwar angeblich bes gibt, die die Lieblingsſpeiſe der Malmignatten bil⸗ Echte Spinnen: Baldachinſpinnen. Mieryphantidae. Kugelſpinnen. 663 ſchwarzer Punkte trägt, iſt an allerlei niedrigen Pflanzen und Buſchwerk häufig, ſpinnt mit einigen unregelmäßigen Fäden ein paar Blätter zuſammen und bewirft die Beute, die dort hängenbleibt, mit Spinnfäden, um fie zu überwältigen. Die Mutterſpinne heftet ihr kugel⸗ rundes bläuliches Eierſäckchen an ein Blatt und bewacht es bis zum Ausſchlüpfen der Jungen. Einige ausländiſche Kugelſpinnen bauen ſehr ausgedehnte Neſter, die gleichzeitig viele Hun⸗ derte von Spinnen beherbergen. Eine ſolche geſellige Art iſt das ſüdamerikaniſche Theridium eximium Keys., deſſen große Neſter zahl⸗ reiche, von je einer Spinne bewohnte Kammern enthalten. Die Tiere leben dort ganz friedlich beiſammen und be⸗ taſten ſich, falls ſie ſich begegnen, mit ihren Beinen, ähnlich wie Ameiſen dies mit den Fühlern tun. Seltſame Ge⸗ wohnheiten hat auch das in Ceylon hei⸗ a * ... e Buestipinns, mendium nm kleines Kugelſpinnchen, das ſich als Gaſt in den großen Netzen einer fremden, zu einer ganz anderen Gruppe gehörenden Spinne der Gattung Psechrus Thor. einquartiert und zwiſchen den weiten Maſchen des großen Psechrus- Netzes ſein eigenes beſcheidenes kleines Netzchen ſpinnt, mit dem es allerlei winzige Inſekten zu erhaſchen hofft, die von der großen Wirtsſpinne unbeachtet gelaſſen werden. Die berüchtigten, zur gleichen Familie gehörenden Latrodectes⸗Spinnen, die in den Tropen und ſubtropiſchen Ländern vorkommen, wer⸗ den ihres giftigen Biſſes wegen ſehr gefürchtet. Am N: bekannteſten ift die italieniſche Malmignatte (Mar- mignatto), Latrodectes tredecimguttatus F., eine pechſchwarze, im weiblichen Geſchlecht bis 7,5 mm große Spinne mit 13 blutroten Flecken am Hinter⸗ leib und braunroten Ferſen und Schenkeln. Im ſüdlichen Italien iſt dieſe Art keineswegs ſelten, ſie kommt auch in Südfrankreich und anderen Gegenden ſonders häufig dann, wenn es viele Heuſchrecken den ſollen. Im heißen Sommer hat der Biß dieſer Matmignatte, Latrodectes tredecimguttatus F. Spinne, wie es heißt, ſehr unangenehme Folgen: erz laen he Sudan 10c(o furchtbare Schmerzen, ein allgemeiner Kräfteverfall und häufig noch Lähmungserſcheinungen ſtellen ſich ein, obwohl die Lokalwirkungen des Biſſes, nach Kobert, ſo gering ſind, daß die Patienten die Bißſtelle manchmal gar nicht genau bezeichnen können. Die Angaben über die Giftigkeit der Malmignatten lauten allerdings recht verſchieden. Während, nach Taſchenberg, in Frankreich von einer Seite die Giftigkeit der Malmignatten ganz in Abrede geſtellt worden iſt, ſollen nach anderen Mitteilungen im ſüdlichen Frankreich während der Hundstage gelegentlich wahre Epidemien von Malmignattenvergiftung mit zum Teil recht ſchweren Symptomen vorkommen. In ſehr ſchlimmem Rufe ſteht auch eine andere Art, Latrodectes lugubris Rossi, die in den Steppenländern des Schwarzen und Kaſpiſchen Meeres ihre Heimat hat, aber auch bis tief nach Zentralaſien hinein verbreitet iſt. Karakurt, 664 Spinnentiere. „ſchwarzer Wolf“, nennen die Kirgijen dieſe ganz ſchwarze, bis 19 mm große Spinne, deren giftigem Biß Haustiere, Rinder, Pferde und Kamele nicht ſelten erliegen ſollen, während beim Menſchen die Vergiftungen nur ausnahmsweiſe zum Tode führen, ärztliche Behandlung aber unbedingt notwendig machen. Die übrigen Arten, wie die neuſeeländiſche rotgefleckte Katipo, Latrodectes scelio Thor., werden in ihren Giftwirkungen ähnlich geſchildert. = Die langbeinigen Pholeidae, deren Seitenaugen meift in zwei Gruppen zu je dreien ſtehen, erinnern im Neſtbau an die Kugelſpinnen, indem ſie aus unregelmäßigen, wenig elaſtiſchen Fäden ein lockeres Netz bauen, an deſſen Unterſeite ſich in der Mitte die auf Beute lauernde Spinne aufhält. Das Weibchen packt ſeinen Eierkokon mit den Kieferfühlern und verbirgt ihn unter der Kopfbruſt, bis die Jungen ausſchlüpfen. Der nicht ſeltene Pholcus phalangioides Fuess. ſiedelt ſich mit Vorliebe in Häuſern an, iſt in ganz Mitteleuropa ver⸗ breitet und 8 einen geſtreckten Hinterleib, etwa von doppelter Länge der Kopfbruſt. N N Hausſpinne, Tegenaria domestica L. Links Männchen, darunter die vergrößerte Augenanſicht, von vorn geſehen; rechts Weibchen. Beide in N Größe. Eine wichtige Familie ſind die Trichterſpinnen (Agalenidae), deren Fuße ſtets mit drei kammartig gezähnten Krallen bewaffnet ſind, ein Merkmal, das ſie freilich mit den Kugel⸗ ſpinnen und einigen anderen teilen. Die Hausſpinne, Tegenaria domestica L., iſt ſamt ihren von Staub und Schmutz geſchwärzten Geweben in Winkeln und Kellern oder Wohn⸗ räumen, die dem reinigenden Beſen nicht zugänglich ſind, in ganz Europa und Nordafrika bekannt und vermag ein Alter von mehreren Jahren zu erreichen. Die ockergelbe Grundfarbe ihres Körpers wird großenteils durch dunklere Zeichnungen verdeckt. Da der vordere Teil des Kopfbruſtſtückes durch eine Querfurche abgeteilt wird, ſo bekommt er etwas Kopfartiges. Mit Ausnahme des dritten, kürzer bleibenden Beinpaares ſind die übrigen Beine unterein⸗ ander von ziemlich gleicher Länge. An der obenſtehenden Abbildung ſehen wir, daß die Spinn⸗ warzen wie kleine Schwänzchen den ovalen Hinterleib überragen. Beim Neſtbau verfährt die Hausſpinne folgendermaßen: ſie drückt ihr Spinnfeld in irgendeinen Winkel oder eine Ecke gegen die eine Wand, ſpaziert zur gegenüberliegenden und befeſtigt dort den ſtraff angezogenen Faden, der als äußerſter und wichtigſter verdoppelt und verdreifacht wird. Durch fortwäh⸗ rendes Hin⸗ und Hergehen auf den Fäden entſtehen dicht daneben bis in die Winkelecke hinein gleichlaufende, allmählich immer kürzer werdende Stränge. Dann fügt die Spinne ein paar Querfäden dazu, und das in der Mitte etwas eingeſenkte Fangnetz iſt fertig. Zum Schluß r K a an an F rr und jagt in der Nachbarſchaft nach klei⸗ Renee Echte Spinnen: Pholeidae. Trichterſpinnen. Waſſerſpinne. 665 wird noch ein röhrenförmiges, am Grunde des Fangnetzes ausmündendes Wohngehäuſe ge— webt, in dem die Spinne ſitzt und auf Beute lauert, um ſich ſofort auf die ins Netz geratene Fliege oder Mücke zu ſtürzen und ſie hernach gemächlich in ihrem Hinterhalte zu verzehren. Mit Buſchwerk bedeckte ſonnige Halden und offene Waldplätze liebt eine nahe Verwandte unjerer Hausſpinne, die ſogenannte Labyrinthſpinne, Agalena labyrinthica Clerck; fie iſt an dem graugelben Vorderleib, der zwei ſchwarzbraune Längsſtreifen trägt, zu erkennen. Der Hinterleib iſt grau und gelb gemiſcht mit einem Mittelſtreifen röt⸗ licher Haare, der in einem orangeroten Fleck über den Spinnwarzen endet. Dieſe treten bei der Labyrinthſpinne deutlicher als bei der Hausſpinne hervor. Die acht ziemlich gleichgroßen Augen ordnen ſich in zwei bogenförmigen Reihen an. Die Labyrinthſpinne ſtellt am Boden ein kunſt⸗ volles, wagerechtes, faſt wie eine Hänge⸗ matte ausſehendes Gewebe her und läßt es in der Mitte in eine walzige, beider⸗ ſeits offene, gebogene Röhre auslaufen, die ihre Warte bildet. Zu den Agaleniden gehört auch die Gattung Desis Walck., zu der eine an tropiſchen Meeresküſten vorkommende Art gehört, über deren Lebensweiſe wir einem Bericht von Reh folgendes entnehmen. Die Spinne lebt auf Korallenriffen und hält ſich dort in der Gezeitenzone auf, wo ſie zwiſchen Wurmröhren und Geſtein in. kleinen, von ihr ausgeſponnenen Höh⸗ lungen ihre Wohnung hat. „Steigt die Flut, ſo ſchließt ſie ihre Röhre und wartet, vom Waſſer unbenetzt, bis es wieder zu⸗ rückgetreten iſt. Dann kommt ſie hervor nen Kruſtern und ähnlichem Getier.“ Befferfpinne, Argyroneta aquatica Walck. Das Merkwürdige iſt, daß dieſe Küſten⸗ ſpinne immer in der gefährlichen Gezeitenzone ihren Wohnſitz hat, obwohl ſie auf oder im Waſſer ebenſowenig wie andere Landſpinnen zu leben vermag. Ein echter Waſſerbewohner iſt unſere Waſſerſpinne, Argyroneta aquatica Walck., die zu einer eigenen Familie, Arygronetidae, gerechnet wird. Ganz beſcheiden von Anſehen iſt zwar dieſe düſter graubraun gefärbte Spinne, dafür verdient ſie aber unſer Intereſſe als einzige einheimiſche Art, die im flüſſigen Element ihren Aufenthalt ſich erkor. Das wich⸗ tigſte Erkennungsmerkmal iſt die auffallende Höhe des Kopfteils im Kopfbruſtſtück und das 666 Spinnentiere. Vorhandenſein einer mehrzähnigen Klaue an den Füßen der Vorderbeine. Im Gegenſatz zu den meiſten anderen Spinnen übertrifft das Männchen mit einer Länge von etwa 15 mm das nur etwa 8 mm erreichende weibliche Geſchlecht an Größe. Die Aufenthaltsorte der Waſſerſpinne ſind Gräben, Teiche und Weiher, deren ſtilles, klares Waſſer von Algen und allerlei anderen Pflanzen durchſetzt und von einer üppigen Kleinlebewelt, wie Milben, Inſektenlarven und ähnlichem Waſſergetier, bevölkert wird. Hier ſchwimmt ſie munter mit nach unten gewendetem Rücken, wobei ihr fein behaarter, ſtändig von einer Lufthülle umgebener Hinterleib wie eine große ſilber⸗ glänzende, längliche Blaſe erſcheint. Auch an der Unterſeite der behaarten Bruſt der Spinne bleibt unter Waſſer eine Luftſchicht hängen. Im Waſſer legt ſich die Waſſerſpinne auch ihre Wohnung an, bei deren Herſtellung ſie in der Weiſe zu Werke geht, daß ſie zunächſt zwiſchen Waſſergewächſen ein deckenartiges, feſtes und dichtes, ziemlich luftundurchläſſiges Geſpinſt verfertigt. Hierauf ſteigt ſie zum Waſſerſpiegel empor, kreuzt die Hinterbeine über den nach oben geſtreckten Hinterleib und zieht beim Zurückgehen eine größere oder kleinere Luftblaſe mit ſich hinab, die am Hinterende zwiſchen den Spinnwarzen haften bleibt, dann aber von der Spinne unter der Geſpinſtdecke losgelaſſen wird und ſich nun unter dieſer anſetzt. Wenn die Spinne wiederholt ſolche Luftblaſen herbeiträgt, ſo wird durch die emporſteigende Luft die Geſpinſtdecke bald zu einem ziemlich großen, glockenförmigen Gehäuſe ausgebeutelt, das von nun an ihr Hauptquartier darſtellt. Immerhin hält ſich die Waſſerſpinne keineswegs dauernd in der Luftglocke, ihrer Sommerwohnung, auf, ſondern kriecht häufig unter Waſſer an Pflanzen umher, um Beute, eine Waſſeraſſel oder Inſektenlarve, zu ſuchen, die ſie dann entweder oberhalb des Waſſerſpiegels, an dem erſten beſten Stengel in die Höhe kriechend, ver⸗ ſpeiſt oder in ihr Heim ſchleppt, um es dort zu verzehren. Nicht immer wird eine Taucher⸗ glocke der ſoeben geſchilderten Art gebaut. Oft findet die Waſſerſpinne gleich irgendeine 2 andere paſſende Unterkunft, etwa eine kleine Höhlung im Wurzelwerk von Seeroſen oder ein altes, verlaſſenes, im Waſſer liegendes Schneckenhaus, das ſie ſich leicht als Wohnung her⸗ richten kann. In einem ſolchen inwendig ſorgfältig mit Spinnſubſtanz austapezierten 3 Schneckenhaus ſchlägt die Spinne auch gern ihr Winterquartier auf, verſchließt das Haustor dann aber auch noch durch einen Geſpinſtdeckel oder durch angeſponnene Waſſerpflanzen. Die beiden Geſchlechter der Waſſerſpinne leben miteinander in Frieden, und man kann daher oft ſehen, daß die Wohnglocken von Männchen und Weibchen durch einen beſonderen gedeckten Gang miteinander verbunden find. De Lignac ſagt ſogar, daß im Frühjahr bisweilen drei miteinander verbundene Neſter zu finden ſeien, die freilich hernach manchmal wieder getrennt 3 werden, weil die Spinnen im Frühjahr ſehr erregt find und die eiferjüchtigen Männchen, wenn ſie in das weibliche Neſt eindringen wollen, leicht miteinander Händel bekommen. Hat ſich aber ein Pärchen geeinigt, fo hält es auch immer in Frieden und Freundſchaft zuſammen. EB Das Weibchen heftet feinen abgeplatteten Eierkokon oben an der Dede feines Wohngehäufes an, das den jungen, aus den Eiern kommenden Spinnchen auch als erſte Behauſung dient. Haben wir oben ausländiſche Spinnen kennen gelernt, deren giftiger Biß für den Menſchen ſchlimme Folgen haben kann, ſo fehlen ſolche Tiere auch in Deutſchland nicht, wie die von Bertkau bei Bingen aufgefundene Dornfingerſpinne, Chiracanthium nutrix Walch, beweiſt, die auch aus Frankreich, der Schweiz und Belgien bekannt iſt. Wie unangenem ihre Verwundungen find, wiſſen wir durch A. Forel, den berühmten Pſychiater, der in der Schweiz bei einem Spaziergange zufällig von einer Dornfingerſpinne gebiſſen wurde und nach ſeiner Schilderung nicht nur ſofort einen brennenden Schmerz an der verlegten Stelle empfand, F 7 ET WE 14 rinde und ähnliche Stellen find. Die kleine H e ee Fa a a be eee Agroeca brunnea Blackw., wird etwa Kopfbruſt zwei breite braune Seitenſtreifen — ſeowie verſchiedene braune Flecke auf dem Braune Agröcafpinne, Agroeon brunnea Blackw. In der Echte Spinnen: Waſſerſpinne. Cubionidae. 667 ſondern ſich auch bald hernach ſo matt fühlte, daß er gezwungen war, auf dem Heimwege ſich auf ſeinen Begleiter zu ſtützen. Die Dornfingerſpinne zeichnet ſich, wie alle ihre Familien⸗ angehörigen, die Clubionidae, durch die an den Seiten gezähnten Kieferfühler und den Beſitz von zwei Fußkrallen aus. Sie wird im weiblichen Geſchlecht etwa 1 em groß und iſt vorherrſchend gelblichbraun gefärbt. Das Weibchen hält ſich in einem etwa taubeneigroßen, aus Blättern zuſammengeſponnenen Gehäuſe auf, in dem es ſein linſenförmiges Eierhäufchen bewacht. Bertkau erzählt, daß das Weib⸗ chen beim Offnen des Gehäuſes ſofort eine 55 5 drohende Haltung einnahm, den Vorder⸗ körper aufrichtete und aus den Spitzen ſei⸗ ner geſpreizten Kieferfühler ein Tröpfchen waſſerklaren Giftes austreten ließ. Eine der häufigen deutſchen Arten aus dieſer Gruppe, die ihrer röhrenförmigen Geſpinſte wegen auch als Röhrenſpin- nen (Tubitelae) bezeichnet werden, iſt die Atlasſpinne, Clubiona pallidula Olerck. (holosericea Walck.), deren Aufenthalts⸗ orte allerlei Verſtecke unter Steinen, Baum: braune Spinne legt ſich ein ſackförmiges Geſpinſt an, das oben in eine Röhre über⸗ geht, deren beide Offnungen ſie als Aus⸗ gänge benutzen kann. Zur Eiablage ſpinnt ſie ſich in dem unteren ſackartigen Teile vollſtändig ein, ſo daß ſie nun von der Außenwelt gänzlich abgeſchloſſen iſt. Die Braune Agröcaſpinne, 5—6 mm lang und trägt oben auf der a wo ER 2 Ber 5 Mitte die Spinne am Neſt, oben ein Halbfertiger, unten ein fer⸗ Hinterleibe. Von . dem auf Heideboden, tiger, mit einer Erdkruſte bekletdeter, aber von einer Schmarotzer⸗ zwiſchen Gras, auf Moos und Geftrüpp "Lernen und Tierteden“, Band U. Lebte und Berlin 2014. ſich umhertreibenden Spinnchen fallen be⸗ ö ſonders die zarten, ſchneeweißen, kurzgeſtielten Eierkokons auf; fie hängen gleich kleinen Glöck⸗ chen an Heidekraut oder an Stengeln und Zweigen und heißen im Volksmunde Feenlämpchen, doch behalten ſie ihr hübſches Ausſehen gewöhnlich nicht bei, denn die fürſorgliche Spinnen⸗ mutter pflegt ſie, wenn ſie ungeſtört bleibt, außen noch mit einer dicken ſchützenden Erdkruſte zu bekleiden. „Es iſt klar“, ſagt Dahl, „daß dieſer auffallendſte aller in Deutſchland ſich fin⸗ denden Spinnenkokons die Aufmerkſamkeit vieler Forſcher auf ſich lenken mußte. — Er beſteht aus zwei Kammern, von denen die obere die Eier enthält, während die untere den eben aus⸗ geſchlüpften Jungen bis zu ihrer erſten Häutung, das iſt bis zum Eintritt ins eigentliche Leben, als Aufenthalt dient. Der letztere Raum entſpricht demjenigen Teil des Neſtes an⸗ derer Spinnen, in welchem ſich die Mutter nach Ablage der Eier aufhält. Das Ganze wird 668 I Spinnentiere. deshalb von Wagner als rudimentäres Neſt aufgefaßt, in deſſen oberem Teil ſich der Kokon mit den Eiern befindet. Agroeca brunnea führt eine nächtliche Lebensweiſe. Während der Nacht wird auch der Kokon hergeſtellt. Er wird in einer Höhe von 20— 60 em über dem Boden an einem Halm, einem trockenen Zweig und dergleichen angeheftet. In der erſten Nacht wird oft nur das Geſpinſt hergeſtellt. In dieſem Falle wird der Kokon erſt in der zweiten Nacht fertig. Ein zum Erdboden hinabgehender Faden dient der Spinne als Brücke; auf ihr werden Erdteilchen, zu kleinen in N hinaufgeſchafft und nebenein⸗ 5 3 ander an dem Gewebe befeſtigt.“ Dieſe 13 „ mühevolle Arbeit iſt ſicherlich nicht nutz⸗ los, denn vieles ſpricht dafür, daß die Erdkruſte den Eiern einen gewiſſen Schutz gegen die Angriffe einer kleinen flügel⸗ zomachus Grav. gibt, die den Agroeca Kokons eifrig nachſtellt. „In der Tat geſchlüpfte Schlupfweſpe nur in einem ſchicht; in den Kokons mit dicker Erdhülle dagegen nur junge Spinnen. Der Nutzen der Hülle tritt alſo offen zutage.“ Einige andere merkwürdige Ver⸗ treter der artenreichen, in allen Gebieten ſtimmten Ameiſen. So iſt der auf bei⸗ Ameiſenart, Neoponera unidentata Sphecotypus niger Pert. (ameiſenähnliche Spinne), am Stamm links unten; Neoponera unidentata Mayr (Ameiſe), darüber Spinne ſchwarz 7 fein grünlich behaart ſitzend 3 M yrmecium fuscum F. Dahl (ameiſenähnliche Spinne), und am langen Hinterleibe mit feinen ] rechts unten am Boden. weißen Querbinden verſehen, die die Gliederung eines Ameiſenhinterleibes vortäuſchen. Am merkwürdigſten iſt das lunggefene Kopfbruſtſtück, das in einer für Spinnentiere ganz ungewöhnlichen Weiſe durch Einkerbungen in mehrere Abſchnitte zerlegt iſt, ſo daß wir den Kopf „und die Bruſt einer Ameiſe vor uns zu ſehen glauben. Das rechts unten abgebildete Myrmecium fuscum F. Dahl zeigt uns, daß es auch noch verſchiedene andere Arten gibt, die bald dieſe, bald jene Ameiſenform nach⸗ ahmen und ihren Vorbildern jo täuſchend ähnlich ſehen, daß ſelbſt erfahrene Sammler ſchon oft irregeführt worden ſind. Über die Beziehungen der Ameiſenſpinnen zu den Ameiſen und über E den Nutzen, den erſtere von ihrer Ameiſenähnlichkeit haben, wiſſen wir leider noch nichts Sicheres. An ſchönen Herbſttagen ziehen Hunderte feiner weißer Fäden, im Sonnenſchein wie Silber 5 glitzernd, durch die Luft, bleiben als lange Fahnen bald hier, bald dort an Bäumen und N loſen Schmarotzerweſpe der Gattung Pe- PRIMER verbreiteten Familie der Klubioniden glei⸗ chen in Form und Farbe ganz genau be⸗ ſtehender Figur dargeſtellte Sphecotypus a niger Pert. im tropiſchen Amerika dag Ebenbild einer dortigen großen ſchwarzen Mayr. Wie die Ameiſe iſt auch die 3 fand ich“, fügt Dahl hinzu, „eine N 7 Kokon mit verhältnismäßig dünner Erd⸗ £ 2 Echte Spinnen: Clubionidae. Thomisidae. 669 Sträuchern Hängen oder bilden weiße Flöckchen, die der nächſte Lufthauch wieder weitertreibt. Spinnen, und zwar namentlich junge, ſind die Urheber dieſer Herbſtfäden, der ſogenannten Marienfäden oder des „Altweiberſommers“. Feſt mit ſeinen ſteif ausgeſtreckten Beinen ſich auf den Boden ſtützend, läßt das Spinnchen einen dünnen Faden hervorquellen, deſſen Ende am Boden befeſtigt wird. Je mehr Spinnſubſtanz aber hervorquillt, um ſo länger wird der ſchlingenförmige Faden ausgedehnt, an dem der Lufthauch zerrt. Iſt der Faden genügend lang, ſo klammert ſich die Spinne mit angezogenen Beinen an ihm feſt, beißt das befeſtigte Ende ab, und gleich darauf gleitet der Faden langſam dahin, geführt von einer leiſen Luftſtrömung, die ſtets in dieſer Jahreszeit vorhanden iſt. Vielleicht geht die Reiſe nicht weit, ſondern der Faden bleibt bald irgendwo hängen, und die Geſtrandete iſt genötigt, wieder feſten Fuß zu faſſen. Bisweilen führt die Fahrt auch weiter: Darwin ſah vom Schiffe aus 60 Seemeilen vom Lande entfernt Tauſende von kleinen rötlichen Spinnen in der geſchilderten Weiſe dahinziehen. 4 Umherſchweifende Krabbenſpinne, Xystieus vlaticus C. L. Koch. Im Hintergrunde Fäden ſchießend und an ihnen fliegend, im Vordergrunde links Weibchen, rechts Männchen ſowie die Augenſtellung von der Hinteranſicht. Alles vergrößert. Zu S. 670.) An den Herbſtfäden ſitzen meiſt kleine Spinnen mit flachgedrücktem Körper und vier ſehr langen Vorderbeinen, welche die vier hinteren an Länge und Stärke übertreffen; das ſind kleine Krabbenſpinnen. Genau wie eine Krabbe benutzen ſie ihre Beine zum Seitwärtslaufen, jo daß man früher derartige Spinnen, die jetzt die artenreiche Familie der Thomisidae bilden, als Seitwärtsläufer, Laterigradae, bezeichnete. Ihre Füße haben nur zwei Krallen, die mit gebogenen Zähnchen bewaffnet ſind. Die acht Augen ſind in zwei gekrümmten Linien geſtellt. Zur Gattung Misumena Latr. gehören hübſche, hell gefärbte, blütenbeſuchende Krabbenſpinnen, bei denen die Beine des zweiten Paares länger als die des erſten ſind. Eine häufige deutſche Art iſt Misumena vatia Clerck, die beſonders im männlichen Geſchlechte ſehr hübſch gefärbt iſt. Der Vorderleib des Männchens iſt am Rücken bläulichweiß, an den Seiten dunkel ſamtbraun umrandet und mit zwei breiten dunkelbraunen Linien verſehen. Das Weibchen hat einen in der Mitte weißlichen, mit einer hübſchen blattartigen braunen Zeich⸗ nung verzierten Vorderleib. Der Hinterleibsrücken iſt zitronengelb mit bräunlichen, ſtrahlen⸗ förmigen Linien. Wenn ſich die Spinne, wie ſie gern tut, auf einer ähnlich gefärbten Blüte verſteckt, ſo kann man ſie kaum entdecken, zumal die Räuberin dort völlig unbeweglich ſitzt in Erwartung der arglos herannahenden Beute. Fangnetze ſpinnen die Misumena-Spinnen ebenſowenig wie die übrigen Ruabtenfpinnen Ba a ed e ML 2 Aal Le u A ann nd 2 a A A a a a 4 Em n sc. Zaun au ’ ’ . nn: e N 9 5 > 4 F . ® | 670 Spinnentiere. Das im Jugendalter in jo reichem Maße vorhandene Spinnvermögen geht nämlich bei den er⸗ wachſenen Tieren faſt gänzlich verloren, wenn ſie auch hier und da noch gelegentlich einmal einen dünnen Faden herſtellen, um ſich von einem hochgelegenen Gegenſtand hinuntergleiten zu laſſen. Eine weitere Art aus dieſer Familie iſt Xysticus viaticus C. L. Koch (Abb., S. 669), eine in Deutſchland ſehr häufige Spinne von gelblichbrauner Färbung. Die Zeichnung wechſelt. Im allgemeinen pflegt eine lichtere, von vorn nach hinten allmählich erweiterte, jederſeits drei⸗ mal ausgezackte Zeichnung über den Rücken des Hinterleibes zu laufen, deſſen weißliche Seiten von braunen, hinter dem Rückenfelde bogenförmig nach oben gerichteten Schrägſtrichen durch⸗ zogen werden. Die Spinne hält ſich gern zwiſchen Blättern auf, die ſie mit einigen loſen Fäden umſpinnt und im Mai oder Anfang Juni auch zum Ablegen der Eier benutzt. Letztere werden vom Weibchen in ein pralles, abgerundetes Säckchen eingeſchloſſen und mit großem Eifer bewacht. Eine andere ſehr auffallende einheimiſche Krabbenſpinne iſt Diaea dorsata F., ein grasgrünes Tier mit großem braunen Fleck auf dem Hinterleibsrücken, das ſich gern auf Blättern umher⸗ treibt und dort nicht im mindeſten auffällt, zumal ja auch an den Blättern ſehr häufig allerlei braune, von Fraßminen her⸗ ſind. Eine hübſche auslän⸗ diſche Art, Platythomisus octomaculatus Koch, ſehen wir auf der Farbentafel bei S. 662 abgebildet. Harlekins⸗Hüpfſpinne, Epiblemum scenieum OI. Links Weibchen, rechts Männ⸗ Die Springſpinnen chen, beide vergrößert. In der Mitte ein Tier in natürlicher Größe und die Augen⸗ (S altiei dae) find behende - 7 ſtellung, von hinten geſehen. oft täuſchend an ihre Um: gebung angepaßte Spinnen mit ſchlanken, kurz gekämmten Fußklauen. Ihre Augen ſtehen in drei Reihen, und zwar in der vorderen, aus vier dicht beieinander befindlichen Augen beſtehenden Reihe zwei größere Mittelaugen und zwei kleinere Seitenaugen, während die mittlere und hintere Augenreihe ſich aus je zwei Seitenaugen zuſammenſetzen, von denen die der hinteren Reihe den Mittelaugen an Größe nicht viel nachſtehen. Die Beine ſind kräftig, das hinterſte Paar iſt am längſten. Einen Eikokon ſtellen die weiblichen Springſpinnen nicht her, wohl aber ſpinnen ſie 3 ſich ein Neft, in dem fie ihre Eier ablegen und Wache halten, bis die Jungen ausſchlüpfen. In Deutſchland können wir ſchon an den erſten warmen Frühlingstagen die Harlekins⸗ Hüpfſpinne, Epiblemum scenicum ., auf ſonnenbeſchienenem Mauerwerk oder Holz umherſpazieren ſehen, ein hübſches, etwa 5—6 mm langes Tierchen, deſſen ovaler, nach hinten > verſchmälerter dunkler Vorderleib gewöhnlich mit weißen Zeichnungen geſchmückt ift, ebenſo rührende Stellen zu ſehen — 2 r re „ wie der lang-eiförmige, ſamtbraune oder ſchwarze Hinterleib quere weiße Bogenzeichnungen * trägt. Lauernd ſpaziert die Harlekinsſpinne umher, eifrig dabei nach einer Fliege oder einer 1 anderen paſſenden Beute Ausſchau haltend, nähert ſich vorſichtig ihrem Opfer und ſchießt dann mit ſelten fehlgehendem Sprunge auf die Beute los, ſchlägt ihre Giftklauen ein und ſaugt das Inſekt aus. Die gleiche Fangmethode befolgen einige verwandte, auch wohl Zebraſpinnen genannte Arten der gleichen Gattung mit mehr oder weniger deutlich ſchwarz⸗weiß geringel⸗ a tem Hinterleibe. Sehr ſonderbar ſieht es aus, wenn die männlichen Springſpinnen im Liebes: tanze ihre Weibchen umſpielen, dann ſpringen ſie mit hoch erhobenen oder vom Körper ab⸗ geſtreckten Beinen unter allerlei Verrenkungen umher. ee Ken A] Ideen A + Tee E 3 a 3 E auf dem Boden ein lockeres, nur als Unter⸗ Echte Spinnen: Springſpinnen. Wolfsſpinnen. 671 Die Wolfsſpinnen (Lycosidae) ſind kräftig gebaute, faſt immer düſter gefärbte Spinnen mit nach vorn verſchmälertem, gewölbtem Kopfbruſtſtück. Die Augen ſtehen in drei Reihen: in der vorderſten vier Augen in einer ziemlich geraden Linie, in der mittleren Reihe zwei ein⸗ ander genäherte, ziemlich große Augen und dahinter in der letzten Reihe zwei weiter auseinander ſtehende Augen. Das hinterſte Beinpaar iſt das längſte. Die beiden Hauptkrallen ſind ein⸗ fach, die Afterkrallen meiſt ungezähnt. Fangnetze können die Wolfsſpinnen nicht verfertigen; was ihnen hierin verſagt iſt, erſetzen ſie durch die Schnelligkeit ihrer Bewegungen. Es ſind behende Räuber, die ihrer unſcheinbaren Färbung wegen ſelbſt gewöhnlich nur ſchwer ſichtbar ſind und am Waldboden umherſtreifen oder Felder, Wege und Grabenränder nach ihrer Beute abſuchen. Wehe der Fliege, die ſich ahnungslos, vielleicht nur um kurze Zeit auszuruhen, in der Nähe einer Wolfsſpinne niederläßt, im nächſten Augenblick hat ſich ſchon der Räuber auf ſie geſtürzt und ſie mit ſeinem Biß wehrlos gemacht, ſo daß es kein Entrinnen mehr gibt. Ein ſympathiſcher Zug im Leben dieſer blutdürſtigen Spinnen iſt die Fürſorge für ihre Nachkommenſchaft. Die Weib⸗ . chen tragen ihren ziemlich großen Eierkokon mit ſich herum und verteidigen ihn mutig gegen etwaige Angriffe. Wie die Wolfs⸗ ſpinnen bei der Anfertigung ihrer Kokons zu Werke gehen, hat Henking beobachtet. Das Spinnenweibchen ſtellt ſich zunächſt lage dienendes Gerüſt aus Geſpinſtfäden her und bedeckt es mit einem dichten ſchei⸗ benförmigen Polſter ſchneeweißer Fäden. Wie erſchöpft ruht jetzt das Tier einen Augenblick aus. Dann treten plötzlich die a i Eier nebſt einer gelblichen Flüſſigkeit aus FFV dem Körper hervor und gelangen mitten auf das Polſter hinauf, wobei der Hinterleib zuſehends einſchrumpft, je höher und höher ſich der Eihaufen türmt. Noch aber iſt die Spinne nicht fertig mit ihrer Arbeit, abermals läßt ſie weiße Spinnfäden hervorquellen, die den Eierhaufen auch von oben her bedecken. Iſt dies geſchehen, ſo trennt die Spinne die Geſpinſtmaſſe von der Unterlage ab, preßt die klaf⸗ fenden Ränder der oberen und unteren Kokonhälfte zuſammen und hält jetzt den losgelöſten, etwa linſenförmigen Kokon gewiſſermaßen wie ein Rad unter ihrem Körper, ſetzt ihn mit Hilfe ihrer Taſter in rollende Bewegung und hüllt ihn in graugrüne Fäden ein. Wenn der Kokon hiermit fertiggeſtellt ift, trägt ihn die Spinne durch einige Fäden, loſe am Hinterleibe befeſtigt, mit ſich herum und ſucht ihn, falls er etwa verloren gehen ſollte, emſig, um ihn ſofort wieder am Körper anzuheften. Hernach nehmen ſich die Weibchen auch noch der aus den Eiern geſchlüpften Jungen an und tragen ſie wie einen dichten, wolligen Flaum auf ihrem Körper mit ſich. Eine der häufigſten deutſchen Wolfsſpinnen iſt die Sackſpinne, Lycosa saccata L., die im Jugend⸗ alter gelegentlich Luftreiſen unternimmt und nach der Überwinterung im nächſten Frühjahr zu den erſten Spinnen gehört, die man auf dem kahlen Boden umherlaufen ſieht. Die Paarung erfolgt zeitig, ſo daß man ſchon im Mai die Weibchen mit ihren Eierkokons beobachten kann. In die Familie der Wolfsſpinnen wird auch die ſüdeuropäiſche Tarantel geſtellt, über deren Giftigkeit die erſtaunlichſten Erzählungen vorliegen. Heißt es doch nach den alten, aus dem mittelalterlichen Italien überlieferten Berichten, daß der von einer Tarantel „geſtochene“ Menſch 672 Spinnentiere. von einer raſenden Beſeſſenheit erfaßt wird, die ihn zwingt, bis zur völligen Erſchöpfung oder gar bis zum Tode in wahnſinnigem Tanze umherzuwirbeln. So unglaublich es klingt, ſo hat es doch ſolche in Tanzſucht (Chorea saltatoria) ſich äußernde Paroxysmen, denen viele Men⸗ ſchen zum Opfer gefallen ſind, wirklich einmal gegeben. Es war dies in jener dumpfen Periode der Menſchheit, in der das abergläubiſche Volk, vom ſchwarzen Tod und anderen verheerenden Seuchen heimgeſucht und von unwiſſenden Prieſtern beraten, überall göttliche Strafen zu er⸗ blicken glaubte. Die Gemüter waren damals ſo erregt, daß ſchon der Biß einer Spinne oder nur die Furcht vor den Folgen eines ſolchen krankhafte Reizzuſtände hervorrief, die ſich durch Suggeſtion leicht auf andere übertrugen und die man durch rhythmiſche Muſik und Tanz⸗ bewegungen zu bekämpfen ſuchte. So kam es, wie Hecker ſchildert, „daß nach der Mitte des 14. Jahrhunderts die Furien des Tanzes ihre Geißel über die ge⸗ ängſtigten Sterblichen ſchwangen, und daß die Muſik, für welche die Bewohner Italiens wahr⸗ ſcheinlich erſt um dieſe Zeit Emp⸗ fänglichkeit und Talent ausbil⸗ deten, die ekſtatiſchen Anfälle der Kranken anregen und wiederum das magiſche Beſchwörungsmit⸗ tel ihrer Melancholie werden konnte.“ Als Taranteln, die nach unſeren jetzigen Erfahrungen keineswegs gefährlicher als belie⸗ bige andere große Spinnen ſind, werden in zoologiſcher Hinſicht Männchen der Apuliſchen Tarantel, Tarentula faseiiventris Duf. Natürliche Größe. zur Gattung Tarentula Sund. 2 zuſammengefaßt. Die in früherer Zeit jo berüchtigte Italieniſche oder Apuliſche Tarantel iſt Tarentula fasciiventris Duf. (Lycosa tarentula Rossi), eine im weiblichen Geſchlecht 3—5 em große, rehfarbene mehrere nahe verwandte Arten Spinne mit einigen ſchwarzen, rötlichweiß eingefaßten Querbinden auf dem Hinterleibe und einer ſchwarzen Mittelbinde am Bauche. Eine noch größere Tarantel, die Trochosa sin- goriensis Laxm., kommt hauptſächlich in den ruſſiſchen Steppen vor. Verſchiedene große Arten, wie die amerikaniſche Lycosa arenicola Scud. und Lycosa tigrina M. C., graben Erdröhren, die ſie ähnlich wie Tapezierſpinnen mit Spinngewebe auskleiden und mit e 3 Deckel verſehen, und in denen fie auch den Winter zubringen. En Im Anſchluß an die Lykoſinen ſei noch der Gattung Dolomedes gedacht, die man neuer» dings mit der Gattung Pisaura zuſammen zur Familie der Pisauridae vereinigt hat. Die Gerandete Jagdſpinne, Dolomedes fimbriatus Cl., iſt auf der Körperoberſeite olivbraun, ſeitlich gelb oder weiß umſäumt. Sie findet ſich bei uns in ſumpfigen Laubwäldern am Rande pflanzenreicher, mit Iris und Binſen bewachſener Tümpel und Gräben, über deren Waſſer⸗ ; ſpiegel fie vermöge ihrer langen, dicht behaarten Beine mit Leichtigkeit hinweggleiten kann, ohne Bi einzuſinken. Bei ſonnigem Wetter lauern die Tiere auf Beute, meiſt mit einem oder mehreren 1 e ſchwarze Punkte auf dem brennend kar⸗ Vorderbeine find weiß geringelt, die Hin⸗ ee a Ne 2 8 7 ** 0 0 a auf, um dort unter Steinen, Flechten, SEchte Spinnen: Pisauridae. Psechridae. Eresidae. Afterſpinnen. 673 Beinen ſich auf ein im Waſſer ſchwimmendes Blatt oder einen eingetauchten Zweig ſtützend, während die übrigen Beine ganz flach über das Waſſer ausgeſpreizt gehalten werden. Nicht ganz leicht iſt es, auf dem glitzernden Waſſerſpiegel einen ſolchen regungsloſen Räuber zu ent: decken, weil gerade die hellen Randſtreifen die Umriſſe des dunkeln Spinnenkörpers verwiſchen. Hat die Spinne eine dem Waſſer ſich nähernde Fliege gepackt, ſo eilt ſie mit ihrem Opfer zum Ufer und ſaugt es dort in aller Gemächlichkeit an einer geſchützten Stelle aus. Die Gruppe der mit einem Cribellum (S. 655) ausgeſtatteten Spinnen umfaßt nur wenige Familien; die Psechridae ſind große Spinnen der Tropenländer, deren wahrhaftige Rieſen⸗ netze manchmal, wie bei der bei Singapore vorkommenden Gattung Fecenia E. S., ganz an die Radnetze unſerer einheimiſchen Kreuzſpinnen erinnern, jedoch mit dem Unterſchiede, daß die ſpeichenartigen Netzſtrahlen fehlen. Sehr hübſch gezeichnete Spinnen gibt es unter den Eresidae. Der faſt 1 em große Eresus niger Pet. iſt ſamtſchwarz und hat vier minrot gefärbten Hinterleibsrücken. Die terbeine bis zur Mitte ſcharlachrot. Das hübſche Tierchen, deſſen eigentliche Heimat Italien und andere ſüdeuropäiſche Län⸗ der ſind, wird auch noch in Deutſchland gefunden und hält ſich auf dem Erdboden Moos oder Baumwurzeln ein ſchräg in die Erde gehendes, manchmal 10—15 em langes Neſt zu bauen. Letzteres wird von Gerandete Jagdſpinne, Dolomedes fimbriatus . Etwas king grobem Gewebe ausgekleidet und jein Ein⸗ gang durch Moos und Blätter unauffällig a Eine weſtafrikaniſche Art, Stegodyphus gregarius Cambr., lebt auf Gebüſchen in großen Geſellſchaften. Mehrere Hunderte von Tierchen tun ſich zuſammen und ſpinnen ein Rieſennetz, das etwa ſackförmig geſtaltet iſt und im Inneren eine große Menge kleiner getrennter Kammern und Korridore enthält. 6. Ordnung: Afterſpinnen (Phalangida). Die Afterf pinnen ober Opilionen (Phalangida) haben im allgemeinen einen kurzen en rundlichen, aus Kopfbruſt und einem gegliederten Hinterleib beſtehenden Körper, deſſen acht Beine bei vielen Arten ſo lang und dünn ſind, daß ſie auch, wenn das Tier ruhig ſitzt, den Leib wie federnde Stelzen in der Schwebe halten. Unſere einheimiſchen „Weberknechte“, die „Schneider“ oder „Schuſter“, wie ſie in manchen Gegenden auch heißen, ſind gut bekannte Vertreter dieſer Gruppe, von der es zahlreiche Arten in allen Erdteilen und allen Zonen gibt. Das Kopfbruſtſtück, das gewöhnlich der ganzen Breite nach mit dem manchmal nur undeutlich gegliederten Hinterleib verwächſt, enthält zwei Drüſen, die vorn an den Seiten der Kopfbruſt ausmünden und bei vielen ausländiſchen Arten als Stinkdrüſen unangenehm riechende Stoffe, vermutlich zu Verteidigungszwecken, abſondern. Die Kieferfühler ſind ſcherenförmig, die Kiefer⸗ taſter lang und beinförmig. Von Sehorganen iſt meiſt ein Paar von Punktaugen vorhanden, die in der Regel mitten auf der Kopfbruſt auf einer kleinen Erhebung angebracht ſind. Zur Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 43 674 | | Spinnentiere. Atmung dienen Röhrentracheen, deren Stigmen gewöhnlich am Grunde des Hinterleibes, bei den im tropiſchen Afrika und Südamerika heimiſchen augenloſen Kryptoſtemmiden aber hinten an der Kopfbruſt gelegen ſind. Bei den langbeinigen Phalangiden kommen auch an den Schienen der acht Beine kleine kreisförmige Luftlöcher vor, von denen Atemröhren ausgehen, die eigens die Aufgabe haben, die langen Beine mit Luft zu verſorgen. Die Rolle der Aus⸗ ſcheidungsorgane ſcheinen an Stelle der fehlenden Malpighiſchen Gefäße zwei Drüſenpaare zu übernehmen, die zwiſchen den Hüften des dritten und vierten Beinpaares ausmünden. Spinn⸗ drüſen werden vermißt. Männchen und Weibchen ſind im erwachſenen Zuſtande leichter als bei vielen anderen Spinnentieren zu unterſcheiden, denn mit wenigen Ausnahmen haben die Weibchen eine lange Legeröhre, die Männchen dagegen ein röhrenartiges Begattungsorgan oder auffallend ſtark entwickelte, oft geradezu rieſengroße Kieferfühler. Das eigentliche Leben der Afterſpinnen, die im allgemeinen ſchattige, feuchte Wohnorte lieben, beginnt gewöhnlich erſt bei Einbruch der Dunkelheit, obwohl ſich manche Arten auch frei und offen am Tage zeigen. Lautlos und vorſichtig bewegen ſich dieſe ſeltſamen Spinnen⸗ = tiere dann umher und taſten und ſuchen behutſam mit ihren langen Gliedmaßen, um etwas zum Freſſen Geeignetes zu finden, ſeien es weiche Pflanzenſtoffe oder tote Inſekten und Reſte ähnlicher Art. Lebende Inſekten ſcheinen von den Afterſpinnen nicht angerührt zu werden, ſo daß die von Keller geäußerte Anſicht, derzufolge unſere einheimiſchen Weberknechte Schonung verdienten, weil ſie Blattläuſe vertilgten und dadurch nützlich würden, wohl kaum zutreffend ſein dürfte. Von gewiſſen räuberiſchen Arten, die aber 15 den Menſchen e gleiche gültig Kb, 55 unten noch die Rede ſein. 1. Unterordnung: Palpatores. Die eigentlichen Phalangien, faſt ſämtlich ſcheue und unſtete Tiere, werben zur. Unter ordnung der Palpatores (Plagiostethi) zuſammengefaßt und zeichnen ſich dadurch aus, daß ſie an allen Füßen nur eine einfache Kralle haben. Die häufigſte Art iſt der Gemeine Weberknecht, Phalangium opi- - lio L., der in Deutſchland fait nirgends ſelten iſt, ſo daß ihn wohl ſchon jeder einmal zu Geſicht ii 5 dürfte es ſein, daß die langen, dünnen Beine des Weberknechts, | | 1 des Tieres ſehr leicht geſchieht, abbrechen, noch lange Zeit her⸗ nach zucken und ſich bewegen kön⸗ Ant 5 5 2 5 nen. Beſondere Ganglien, die in erlegendes Weibchen des Gemeinen Weberknechts, Phalangium 8 5 5 8 opilio L. Nach Henking („Spengels Zoologiſche Jahrbücher“, 1888). den mit Luftröhren reich verſehe⸗ nen Beinen liegen, geben letzteren eine gewiſſe Selbſtändigkeit im Vergleich zum übrigen Tier und ermöglichen ein oft noch ſtun⸗ denlang währendes Weiterleben nach der Abtrennung vom Körper. Unſern Weberknecht, der uns hier als Vertreter der Familie der Phalangidae gilt, wird man an alten Baumſtämmen oder an Zäunen, Mauern und Hauswänden, die ſeinen Lieblingsaufenthalt bilden, nicht lange vergebens ſuchen. Der rundliche Körper trägt in der Mitte des Kopfbruſtſtückes zwei * ur 2 5 } e h N 7 7 % 1 e 94 * u. 8 4 f 70 = * De Mr 22 1 4 9 2 r eee ct bekommen hat. Ebenſo bekannt wenn ſie, wie dies beim Berühren ER Bi EL ER EN 2 2 re . all Daun ah ne © 17 Ciern ſchlüpfen erſt im = kappenartig Kieferfühler Bei den jugendlichen After Ti innen: Phalangidae. Trogulidae. Ischyropsalidae. 675 wohlentwickelte Augen. Der gelbbraune Leib weiſt oben einige dunklere Zeichnungen auf. Das Männchen hat ein langes Horn am zweiten Gliede ſeiner Kieferfühler, das Weibchen eine ziemlich lange Legeröhre. Zur Nahrung dienen dem Weberknecht hauptſächlich tote Inſekten. Gefangene Tiere ſah man auch in Waſſer eingetauchtes Brot und gekochtes Gemüſe mit großem Appetit verzehren. Im Hochſommer oder Herbſt naht die Zeit des Liebeslebens, das Henking an eingefangenen Tieren beobachten konnte. Wird ein männlicher Weberknecht zu den im Terrarium befindlichen Weibchen hinzugeſetzt, ſo geht er meiſt ſofort zum Angriff über und nähert ſich mit dem langen zweiten Taſterbeinpaar klopfend einem Weibchen. Zur Eiablage ſucht das Weibchen feuchte Stellen am Boden auf und ſenkt dort taſtend feine lange Lege- röhre hinab, der bald darauf die kleinen, kugelrunden Eier eins nach dem anderen entquellen. Aus den überwinternden kommenden Frühjahr die Jungen aus. Die aus Europa, Aſien und Nordamerika 4 [ bekannten Trogulidae 75 haben einen ovalen, flach⸗ N gedrückten Körper, der mit verhältnismäßig kur⸗ zen, kräftigen Beinen aus⸗ geſtattet iſt. Das Kopf⸗ bruſtſtück geht vorn in zwei Fortſätze aus, die und Kiefertaſter mehr ; : j Ar Is ehyropsalis hel w es! ©. TL. Koch beim Überwältigen einer Gehäuſeſchnecke (Hyalina). oder weniger einſchließen. | | u ee | Troguliden iſt dieſes Käppchen allerdings erst unvollkommen entwickelt, ebenſo wie die Beine im jugendlichen Zuſtande noch verhältnismäßig lang und dünn ſind. Die Troguliden ſind aus⸗ nahmslos träge Tiere, die ſich gern unter Steinen aufhalten und ihren ganzen Körper oft der⸗ artig mit Schmutzklümpchen und Erdkrümchen bedecken, daß ſie ſich kaum vom Boden abheben. An den überkörperlangen, ſcherenförmigen Kieferfühlern find die Ischyropsalidae zu erkennen, von denen mehrere Arten aus Europa und Nordamerika beſchrieben ſind. Auch aus Deutſchland ſind ſie durch Verhoeff bekannt, der dieſe merkwürdigen Tiere im Sieben⸗ gebirge gefunden hat. Sie halten ſich in Wäldern unter Moos auf und machen dort, wie das 6—8 mm lange I. helwegi C. L. K., Jagd auf kleine Gehäuſeſchnecken, deren Weich⸗ körper ihnen zur Nahrung dient. „Das Schneckenhaus wird wie ein großes Trinkhorn auf den Boden geſetzt, indem es durch eine Kieferſchere am Randſaum gehalten wird, während die andere bald nach der Schnecke im Inneren taſtet. Zieht ſich dieſe zu weit zurück, ſo wird mit der Abbröckelung des Gehäuſeſaums begonnen, bis der gewünſchte Braten erreicht iſt.“ Beim Freſſen gehen die Kieferſcheren wie zwei Hämmer auf und nieder. Manchmal werden die Gehäuſe nicht vom Saum aus zertrümmert, ſondern gleich in der Mitte abgeknackt. g 43 * 676 er Spinnentiere. Die Familie der Nemastomatidae umfaßt Formen, deren Kopfbruſtſtück mit den 8 erſten fünf Hinterleibsſegmenten zu einem Schilde verwachſen iſt. Die hierhin gehörigen kleinen, nur 2—4 mm meſſenden, meiſt düſter gefärbten Arten ſind Waldbewohner, welche ſich wie das ſchwarze, in Deutſchland nicht ſeltene, mit zwei perlmutterglänzenden hellen Seitenflecken an der Kopfbruſt geſchmückte Nemastoma lugubre Müll. unten am Boden aufhalten. 2. Unterordnung: Laniatores. Zur zweiten Unterordnung der Laniatores (Me- costethi) gehören Afterſpinnen, die an ihren Hinter⸗ verſchiedenen hierhin gerechneten Familien ſind die Go- nyleptidae mit verſchiedenen, faſt nur auf Südamerika > verlängerten Hinterbeine bei ihnen weit auseinander Männchen des Krummbeintgen Sony» treten und beim Männchen an den ſtark verdickten Sir leptus, 165 ipes U. L. Koch. VVV mit kräftigen Dornen beſetzt find, . 7. Ordnung: Milben GAcarina). Am Ende der Aae Reihe ſpinnenartiger Tiere ſtehen die Milben A uns anſehnliche, zum größten Teil faſt mikroſkopiſche Weſen, die eigentlich wieder eine Lebewelt für ſich bilden. In dieſer Welt gibt es zahlloſe Arten von frei lebenden Milben, die unter den verſchiedenſten Verhältniſſen zu finden ſind, teils am Erdboden unter Moos und Steinen, 5 teils unter Rinde oder an toten Pflanzen und Tieren ſich aufhalten, die im Trockenen und im Feuchten, im Süßwaſſer und im Meere vorkommen, an Gewächſen allerlei krankhafte Wuche⸗ rungen oder Gallen erzeugen, ſich bei Ameiſen einquartieren oder endlich auch als läſtige Paraſiten Menſch und Tier peinigen und ihren Wirten unter Umſtänden äußerſt gefährlich werden können. In keiner anderen Ordnung von Spinnentieren begegnet man auch nur an⸗ nähernd einer ſolchen Mannigfaltigkeit von Lebenserſcheinungen wie bei den unſcheinbaren Milben, deren vielfache praktiſche Bedeutung in wirtſchaftlicher und mediziniſcher Hinſicht erſt durch die Forſchungen des letzten Jahrzehnts eine beſſere Würdigung erfahren hat. Ihrem Körperbau nach haben ſich die Milben unter allen Spinnentieren am weiteſten von dem gemeinſamen Ausgangspunkt entfernt. Wenn wir rückblickend uns erinnern, daß die Ur⸗ formen aller Arachnoiden einmal ungeſchlachte Rieſenkrebſe oder mächtige ſkorpionartige Tiere geweſen ſind, ſo müſſen wir ſagen, daß die Milben nur ein ganz fern ſtehender Zweig am Spin⸗ nenſtammbaum ſein können. Dies zeigt ſchon allein die winzige Körpergröße der Milben. Ein vollgeſogenes Zeckenweibchen, das den Umfang einer kleinen Erbſe oder bei tropiſchen Arten etwa den eines Samenkorns von der Rizinuspflanze erreicht, gilt ſchon als etwas Ungeheuerliches. Der überwiegenden Mehrzahl nach ſind die Milben ſo kleine, unſcheinbare Weſen, daß man ſie mit unbewaffnetem Auge kaum bemerkt. Freilich können auch mikroſkopiſch kleine Milben ge⸗ legentlich recht auffallend werden, wenn ſie einmal, wie es zuweilen geſchieht, in ungeheuren 3 engen erſcheinen und eine formloſe, ſich langſam bewegende wimmelnde Maſſe bilden, die En wie ein dichter grauer Überzug modernde Pflanzen, tote Tiere oder andere Gegenſtände bedeckt. füßen zwei Krallen beſitzen. Am bekannteſten unter den beſchränkten Arten, die, wie die nebenſtehende Abbildung zeigt, größtenteils ſehr merkwürdig ausſehen, weil die 2 . Ale, TER e SAT“. ene ER ; 5 hr 2 A fterfpinnen: Nemastomatidae. Gonyleptidae. Milben: Holothyridae. Käfermilben. 677 Die Gliederung des Leibes iſt bei den Milben bis auf geringe Spuren geſchwunden und beſchränkt ſich meiſt auf das Vorhandenſein einer Querfurche zwiſchen dem zweiten und dritten Beinpaar. In vielen Fällen fehlt auch dieſe Furche, und der Milbenkörper bildet dann ein ungeteiltes Ganze. Die Zahl der Gliedmaßen iſt bei den erwachſenen Milben die auch ſonſt bei Spinnentieren übliche, nämlich in der Regel ſechs Paare, von denen zwei Paare Mundteile und vier Paare Gangbeine ſind. Am vorderen Leibesende iſt gewöhnlich ein kleiner ſelbſtändiger Abſchnitt ausgeprägt, der herkömmlich, wenn auch nicht ganz mit Recht, als Kopf (Capitulum) bezeichnet wird. Er iſt der Träger der Mundöffnung und der Mund⸗ werkzeuge, die aus einem Paar Kieferfühler und einem Paar Kiefertaſter beſtehen und bei einigen Arten zum Beißen, bei anderen zum Stechen oder Saugen benutzt werden. Im all⸗ gemeinen kann man ſagen, daß die Grundteile der Kiefertaſter zur ſogenannten Unterlippe ver⸗ wachſen, die mit der angrenzenden Kopfpartie zuſammen eine Röhre bildet, aus der die bald ſcherenförmigen, bald klauenförmigen oder dolchartigen Kieferfühler vorgeſtreckt werden. Die neben der Mundröhre hervorſtehenden freien Teile der Kiefertafter find vielfach beinartig geitaltet. Von Sinnesorganen haben manche Milbenarten zwei oder vier vorn an der Rückenſeite gelegene Augen. Oft fehlen die Sehapparate gänzlich. Der innere Bau iſt recht einfach. Die Atmung geſchieht im allgemeinen nur durch die Körperhaut, obwohl in einigen Fällen auch ein Syſtem verzweigter Röhrentracheen entwickelt iſt, das allem Anſchein nach jedoch nichts mit den Tracheen der übrigen Spinnentiere zu tun hat und bald mit einem, bald mit mehreren Stigmenpaaren beginnt. Ein Herz fehlt den Milben in der Regel vollſtändig. Der Darm iſt zwar gewöhnlich mit Blindſäcken und meiſt auch mit zwei Malpighiſchen Gefäßen aus⸗ geſtattet, doch werden die ſogenannten Leberanhänge vermißt. Die Geſchlechtsöffnung befindet ſich an der Bauchſeite weit vor dem After, bei den Männchen iſt ſie nicht ſelten ganz in der Nähe des Mundes gelegen. Die Milben pflanzen ſich, von wenigen lebendiggebärenden Arten abgeſehen, durch Ablage von Eiern fort, aus denen ſechsfüßige Larven entſtehen. Eine ſolche Milbenlarve erlangt in der Regel nicht ſogleich den fertigen fortpflanzungsfähigen Zuſtand (Prosopon), ſondern muß im allgemeinen erſt noch drei verſchiedene Nymphenſtadien durch⸗ laufen. Von dieſer Regel gibt es allerdings zahlreiche Ausnahmen, denn oft fallen Nymphen⸗ ſtadien aus, oder es ſchieben ſich Ruheſtadien ein, ſo daß gerade die Entwickelungsgeſchichte der Milben reich an allerlei Abweichungen iſt, auf die zum Teil bei der Lebensgeſchichte der een Arten noch ausführlicher aufmerkſam gemacht werden ſoll. 2 Familienreihe: Gamasiformes. Der erſten Familienreihe, den Gamasiformes, gehören zunächſt einige Milben an, die ihre Heimat auf den feuchtwarmen Inſeln des Indiſchen Ozeans haben und ihres urſprüng⸗ lichen Baues und ihrer ungewöhnlichen Größe wegen bemerkenswert ſind. Eine Art, die in den ſchattigen Urwäldern der Seychellen unter abgefallenen Palmblättern lebt, iſt Holothyrus braueri Thon, eine glänzend rotbraun gefärbte, in beiden Geſchlechtern bis 7 mm groß werdende Milbe, die ſich wie die übrigen Vertreter der Holothyridae durch ſehr lange, ſcherenförmige Kieferfühler, durch das Vorhandenſein zweier Stigmenpaare, den Beſitz eines Herzens und zweier Malpighiſcher Gefäße auszeichnet. Sehr weit verbreitete häufige Milben find die Käfermilben (Gamasidae), die jetzt von vielen neueren Milbenkennern allerdings Schmarotzermilben, Parasitidae, genannt werden. Es 5 ſind kräftige, augenloſe Milben von derber Körperbeſchaffenheit, bei denen ebenfalls ein Herz r ü . u ut Ze 7 N 5 n 2 678 Spinnentiere, vorhanden iſt. Am Grunde des zweiten Beinpaares find die beiden Atemöffnungen gelegen. Die Zahl der Nymphenſtadien beträgt nur zwei. Eine der häufigſten Arten iſt die Gemeine Käfermilbe, Gamasus crassipes L. (Parasitus), eine rotbraune, 1 mm große Milbe, die am Waldboden unter feuchtem Laube oder an Pilzen lebt und ſich im männlichen Geſchlechte durch ein ſtark verdicktes zweites Beinpaar auszeichnet. Die Larven kriechen Inſekten an, die ſie am Erdboden überraſchen, klammern ſich beiſpielsweiſe an Miſtkäfer, Totengräber oder andere Käfer und wandeln ſich an ihnen zu achtbeinigen Nymphen um. Gar nicht ſelten ſind Miſtkäfer an der Unterſeite ihres Körpers über und über mit den braunen Nymphen ſolcher Käfermilben beſetzt, ſo daß man ordentlich Mitleid mit dem Käfer bekommen kann, der dieſe vielen Plagegeiſter mit ſich herumſchleppen muß. In Wirklichkeit dient der Käfer aber nur als Reitpferd, die Milben tun ihm nichts zuleide, laſſen ſich ſpäter, wenn ihr Träger fie an einen anderen, für ihre weitere Entwickelung günſtigen Ort gebracht hat, fallen und wandeln ſich dort zu fertigen Milben um. Bevor dieſer Zuſammen⸗ hang bekannt war, ſind die an Inſekten haftenden Ju⸗ gendſtadien der Käfermilbe immer für eine eigene Art gehalten und als Gamasus coleoptratorum L. bezeich⸗ ſteht die ungefähr ebenſo große Hummelmilbe, Ga- masus fucorum Deg., nahe, Gemeine Käfermilbe, Gamasus erassipes L. Links ein einzelnes Tier, ſtark vergrößert, 7 3118 rechts ein von Milben befallener Miſtkäfer, von der Bauchſeite geſehen, in natürlicher Größe. die ſich häufig zu Hunderten in Hummelneſtern aufhält und dort langſam auf den Wachszellen und Honigbehältern umherkriecht, während ihre bräun⸗ lichen Nymphen ſehr oft den dichten Haarpelz von Hummeln für einen geeigneten Wohnſitz halten. Ein Bodenbewohner ift auch Loelaps laevis Mich., eine Milbenart, die faſt regelmäßig in Neſtern der Wieſenameiſe (Formica pratensis Deg.) lebt und ruhig zwiſchen den Ameiſen herum⸗ läuft, die von den Milben nicht die mindeſte Notiz nehmen. Wasmann beobachtete, daß letztere gelegentlich auch wohl auf eine Ameiſe hinaufklettern, ja er ſah ſogar einmal einen Loelaps, der wie ein Reiter mehrere Tage hindurch auf dem Hinterleibe einer Ameiſenkönigin ſasß. Andere Loelaps⸗Arten, die außerhalb der Ameiſenneſter leben und ſich frei am Erdboden aufhalten, kriechen mitunter an Ratten oder Mäuſe, laſſen ſich von dieſen verſchleppen und kommen auch in die Häuſer, wo ſie ſich beſonders in feuchten Kellern und dumpfigen Wohn⸗ räumen anſiedeln. Selbſt der Menſch bleibt von dieſem Ungeziefer nicht immer verſchont, denn ſchon öfters iſt es vorgekommen, daß Milben dieſer Art, die in den Wohnungen aufgetreten waren, in die Kleidungsſtücke krochen und damit an den Körper des Menſchen gekommen ſind. Dort haben dieſe kleinen Plagegeiſter nicht geradezu geſchadet, aber wohl, wenn ſie zu Hun⸗ derten an den empfindlichſten Stellen auf der Haut umherkrabbelten, bald ein ſo unerträgliches Jucken und Kribbeln hervorgerufen, daß die befallenen Perſonen manchmal in völlige Ver⸗ zweiflung gekommen ſind. Nach Dahl dürfte es ſich bei dieſen Kribbelmilben wahrſcheinlich um Nymphen von Loelaps marginatus C. L. Koch gehandelt haben. ; Ameiſenmilben im wahrſten Sinne des Wortes find auch die Antennophorus=Arten, deren net worden. Der Käfermilbe N "4 * 3 BL. Be * 3 pP” = * 3 1 = < a * Milben: Käfermilben. Uropodidae. Zecken. 679 vorderſtes Beinpaar ſich zu zwei langen, taſterartigen Gliedmaßen umgeſtaltet hat. Die An⸗ paſſung an die Ameiſen iſt ſo weit gegangen, daß dieſe Milben im erwachſenen Zuſtande gar nicht mehr fähig ſind, ſich ſelbſt Nahrung zu ſuchen, ſondern ihr Futter von den Ameiſen bekommen müſſen. Wie Janet, der franzöſiſche Ameiſenforſcher, beobachtete, ſetzt fi) Anten- nophorus uhlmanni Hall. (pubescens) am liebſten unten am Kopf einer lebenden Ameiſe von Lasius mixtus oder Lasius flavus F. feſt und wartet dort geduldig, bis die Ameiſen ſich gegenſeitig füttern und dabei einen Futtertropfen aus ihrem Munde hervorquellen laſſen, um ihn einer hungrigen Ameiſe einzuflößen. Raſch kommt jetzt der Antennophorus mit ſeinen langen Taſterbeinen dazwiſchen und fängt den Tropfen für ſich ſelber ab, während die Ameiſen das Nach⸗ ſehen haben. Andere Antennophorus⸗Milben, die ſich an die Hinterleibsſeiten einer Ameiſe angeſetzt haben, ſind noch zudringlicher, ſtrecken flehend ihre langen, fühler⸗ ,, artigen Vorderbeine aus und betupfen mit ihnen vorüber Cine Lasius-Ameije, mit Milben x“ n 7 - 8 (Antennophorus uhlmanni Hall.) gehende Ameiſen, die, in der Meinung, von einer hung⸗ beſetzt. Stark vergrößert. Nach Janet rigen Ameiſe angebettelt zu fein, gewöhnlich gutmütig genug Peadete des Scenes, . = Bade 197, find, dem Antennophorus von ihrer Nahrung abzugeben. 5 Verſchiedene verwandte Formen ſind Blutſauger, die Warmblüter überfallen. Von einer Art, der gemeinen, etwa 1 mm groß werdenden Vogelmilbe, Dermanyssus gallinae Redi, werden nicht nur Hühner und Tauben, ſondern auch Stubenvögel aller Art heimgeſucht, und zwar nachts, da die kleinen, wie rote Pünktchen erſcheinenden Milben erſt im Dunkeln aus ihren Verſtecken hervorkommen, um die ſchlafenden Vögel anzuſaugen, während ſie ſich tags⸗ über in Ritzen und Spalten verborgen halten. Auch auf Menſchen können die Vogelmilben übergehen und durch ihr Saugen juckende kleine Hautanſchwellungen verurſachen. Bei den Uropodidae iſt die Rückenpartie zu einem breiten Panzer geworden, der, von oben geſehen, den Kopfteil ganz bedeckt, ſo daß dieſe Milben, die überdies ihre vier Beinpaare unter das Rückenſchild einziehen können, faſt wie winzige Schildkröten ausſehen. Ihre Nymphen ſitzen häufig feſtgeheftet an verſchiedenen Inſekten, wie Raupen oder Stutzkäfern, die an den Beinen oder am Körper manchmal ganz dicht mit den Jugendſtadien ſolcher Uropodidenmilben beſetzt ſind. Im fertigen Zuſtande ernähren ſich letztere hauptſächlich von modernden Stoffen, ſeltener von lebenden Pflanzen, wie Uropoda obnoxia Reuter, die ſich gelegentlich in Miſtbeeten durch Zerſtörung von Kopfſalat und Radieschen unliebſam bemerkbar macht. Eine wenig anſprechende Geſellſchaft von Blutſaugern find die Zecken (Ixodidae), Milben mit lederartiger, dehnbarer Haut, an deren Rückenſeite ſich oft Querfurchen in regel⸗ mäßigen Abſtänden bemerkbar machen, die den dort befindlichen Muskelanſätzen entſprechen. Die kurzen Beine ſind ſechs⸗ oder achtgliederig. Am Grunde des vierten Beinpaares iſt ein Paar von Atemöffnungen gelegen. Augen fehlen. Das bemerkenswerteſte Organ, der am Vorderende des Zeckenkörpers befindliche Saugrüſſel, iſt ein plattes, an beiden Seiten offenes Rohr, neben dem die Taſter rechts und links als freie viergliederige Anhänge hervortreten. Beim Saugen klammert ſich die Zecke mit den Beinen an die Haut, biegt den Rüſſel ſenkrecht herab, ſtemmt ihn an die anzubohrende Stelle und ſchiebt die Hakenſpitzen der Kieferfühler tief in das Fleiſch ein, wobei die auseinandergeſpreizten Kiefertaſter flach an die Haut angelegt werden. Hierauf wird der Saugrüſſel in die Wunde nachgeſchoben, und ſeine offenen Seiten 680 Spinnentiere. werden von der durchbohrten Haut eng umſchloſſen, ſo daß das hervorquellende Blut keinen Ausweg findet und in den Mund der Zecke einſtrömt. Die Zecken, von denen man bisher etwa 200 Arten kennt, ſitzen beim Saugen ſo feſt, daß ihr eingebohrter Rüſſel beim gewalt⸗ ſamen Losreißen faſt immer in der Wunde ſteckenbleibt. Sie ſchmarotzen ausnahmslos bei Wirbeltieren, erreichen aber gewöhnlich nur dann das Reifeſtadium, wenn ſie eine Gelegen⸗ heit gefunden haben, vorher an Warmblütern zu ſaugen. In den gemäßigten Zonen iſt die häufigſte Art der Holzbock, Ixodes ricinus L., ein 2 in ganz Europa verbreitetes Tier, das ſchon Ariſtoteles unter dem Namen Kroton bekannt war. Im gewöhnlichen Zuſtande, d. h. ſolange ſie nicht vollgeſogen oder durch die heran⸗ reifenden Eier noch nicht unförmig geworden ſind, ſind die Holzböcke abgeflachte ſchwarzbraune, etwa 1—2 mm große Zecken mit kräftigen Beinen, langem Saug⸗ rüſſel und langen Kiefertaſtern. Die Männchen laſſen ſich an einigen derben, unterſeits hinter den Beinen gelegenen Chitinplatten erkennen. einen mit Unterholz und Gras beſtandenen Laubwald kann man ſich Baumäſten auf den vorübergehenden Menſchen ſich fallen zu laſſen, an irgendeiner Hautſtelle feſtſetzen und anſaugen, wobei ihr dehn⸗ barer Körper raſch anſchwillt. Nicht nur der Menſch, ſondern vor ſolchen Zecken befallen, deren Stich für den Menſchen keine ſchlimmen Holzbock, Ixodes ricinus L. NETTE NW Beim Durchſtreifen von Gebüſch oder bei einer Wanderung durch 14 . N 5 EN Lau 21 3 de un ale el. dl 4 dieſe Plagegeiſter leicht zuziehen, die die Gewohnheit haben, von E oder im Geſtrüpp unbemerkt den Wanderer ankriechen und ſich dann 3 allem Waldtiere, wie Füchſe, Eichhörnchen oder Igel, werden von Folgen hat, obwohl die in der Umgebung der Stichſtelle entſtehende © Rötung noch einige Tage nach dem Abfallen der Zecke anhalten kann. Die Begattung findet bei den Zecken in der Regel ſtatt, ſolange 2) In jügendlichem Zustand, das Weibchen noch feſtgeſogen ſitzt. Die Eier, von denen das Zecken⸗ a 16fach vergrößert; b) vollge⸗ 4 ini Au sogen, sfach vergrößert, Nach weibchen etwa 14 Tage nach dem Abfallen einige Tauſende legt, Heſſe und Doflein, „Tier⸗ ' Ey i a ſchiebt es ſich mit der ausftülpbaren Scheide über den Kopf auf feinen Leipzig und Berlin 1914. Rücken hinauf. Die auskriechenden ſechsbeinigen Zeckenlarven haben zunächſt weder Atmungs⸗ noch Geſchlechtsorgane, ſie kriechen bedächtig an Grashalmen umher und ſuchen ihre Opfer hauptſächlich unter dem kleineren Getier, namentlich Eidechſen, hinter deren Vorderbeinen man ſehr oft angeſogene Zeckenlarven finden 1 kann. Haben ſich die Larven genügend vollgeſogen, ſo fallen ſie ab, häuten ſich und erſcheinen nunmehr als achtbeinige Nymphen, die ſchon im Beſitze von Atmungsorganen ſind. Da die Nymphen wiederum Blut ſaugen müſſen, ſuchen ſie ſich wieder einen neuen Wirt und fallen, = 3 wenn fie geſättigt find, abermals ab, um die Häutung zur fertigen Zeckenform durchzumachen. RB. Wie K. Samſon ermittelte, geht die Entwickelung der Zeckennymphen auf Kaltblütern be⸗ 7 deutend langſamer als auf Warmblütern vonſtatten. Beim Menſchen iſt die Holzbocknymphe u beijpielsweife ſchon in vier Tagen vollgeſogen und fällt ab, während fie hierzu bei Eidechſen 10—14 Tage nötig hat. Sind aus den Nymphen weibliche Zecken entſtanden, jo müſſen 5 * N diefe, bevor fie ihre Eier ablegen können, nochmals Gelegenheit finden, Blut zu ſaugen. Eine wirtſchaftlich N: über. bie ganze Erde verbreitete Dr it bie Binder a = Milben: Zeden Golzbock, Rinderzecke, Argafinen). 681 Rinderzecken manchmal buchſtäblich bedeckt wird. Das Vorkommen vieler verſchiedener Stadien nebeneinander erklärt ſich damit, daß Boophilus im Gegenſatz zu Ixodes feine ganze Ent⸗ wickelung auf ein und demſelben Wirtstier durchmacht. Da die Rinderzecken es alſo nicht nötig haben, vor jeder Häutung abzufallen und ſich hernach wieder einen neuen Wirt auf⸗ zuſuchen, ſo verlaſſen bei ihnen erſt die vollſtändig ausgereiften Weibchen das Rind, ge⸗ langen auf den Boden und legen dort zwiſchen Gras und Steinen große Mengen ihrer win⸗ zigen Eier ab. Die ſechsbeinigen Larven, die aus den Eiern ſchlüpfen und wochenlang, ja unter Umſtänden ſogar Monate hindurch faſten können, warten ge⸗ duldig auf den Augenblick, in dem es ihnen auf irgendeine Weiſe mög⸗ lich wird, ein weidendes Rind zu . befallen. Iſt dies gelungen, fo ſaugen ſie ſich ſogleich feſt und kön⸗ nen dann ſchon binnen vierzehn Tagen das Reifeſtadium erlangt haben. Schlimmer als der gar nicht unbeträchtliche Blutverluſt, den das Vieh durch die Rinder⸗ zecken erleidet, iſt es, daß letztere mit ihrem Stich einen gefährlichen Blutparaſiten, Piroplasma bige- minum Sm., den Erreger des Texasfiebers, übertragen, dem in den Vereinigten Staaten wieder⸗ holt ſchon ganze Rinderherden zum Opfer gefallen ſind. Eine nicht minder blutdür⸗ ſtige Geſellſchaft als die eben be⸗ ſprochenen Ixodinen iſt eine wei Unteriomilie 8 Zecken, die Rinderzecke, Boophilus annulatus Say, der Überträger des Texasſiebers, Argaſinen 5 deren Rüſſel mehr in großer Anzahl auf der Haut eines Stieres feſtgeſogen. Natürliche Größe. an der Körperunterſeite ſitzt. Nicht Nach Stiles 0. S. Dep. eee of Animal Industry“, nur die Weibchen, ſondern auch die Männchen find bei ihnen fähig, ſich mit Blut prall vollzuſaugen. Die für die Ixodes- Männchen geſchilderten plattenförmigen Verdickungen der Chitinhaut fehlen hier bei beiden Geſchlechtern. Die Argas⸗Arten find lichtſcheue Geſellen, ſchleichen ſich wie Wanzen nachts an ſchlafende Tiere oder Menſchen heran und zapfen ihnen das Blut ab, um ſich bei Tages: anbruch wieder in Ritzen und Schlupfwinkeln zu verſtecken, ſo daß man dann nichts von ihnen zu ſehen bekommt. Man hat weiter feſtgeſtellt, daß dieſe Zecken ziemlich alt werden und Jahre hindurch ihre Raubzüge ausführen können, und daß ihre Eier nicht mit einem Male, ſondern ſchubweiſe nach und nach abgeſetzt werden. Am bekannteſten und am meiſten gefürchtet iſt die ſogenannte Perſiſche Wanze, Argas persicus Fisch., die in der öſtlichen Mittel⸗ meerregion ihr Hauptverbreitungsgebiet hat. Schon mancher Reiſende, der in Perſien in * 682 Spinnentiere. Hütten und Häuſern übernachtete und dort von den heimtückiſchen Blutſaugern überfallen wurde, hat ſchwer unter den Folgen ihres Stiches leiden müſſen, denn die perſiſche Zecke impft dem menſchlichen Blute Spirochäten, Erreger des gefährlichen Rückfallfiebers, ein, gegen welches die Eingeborenen in jenen Gegenden im allgemeinen immun ſind, während Fremde faſt regelmäßig erkranken. Ebenſo gefährlich wird als Überträger des afrikaniſchen Rückfall⸗ fiebers eine nahe verwandte, augenloſe, im zentralen Afrika verbreitete Zecke, Ornithodorus moubata Murray, die ihre Aufenthaltsorte auf dürrem ſtaubtrockenen Erdboden hat, etwa unter den Schutzdächern, die an den Lagerſtätten der Karawanenſtraßen angebracht ſind, oder am Boden von Eingeborenenhütten. Solche Orte hat der Europäer daher möglichſt zu meiden, er übernachtet in jenen Gegenden, wenn er dieſen bösartigen Blutſaugern entgehen will, am ſicherſten im eigenen Zelt oder unter freiem Himmel. Auch Tiere haben unter den Angriffen von Argaſinen häufig zu leiden. In den wärmeren Teilen Amerikas bürgert ſich die HFühner⸗ zecke, Argas americanus Pack., in Hühnerſtällen ein und ſetzt dem Hühnervolke jo zu, daß die Vögel matt werden, das Cierlegen einſtellen oder ſogar an Entkräftung zugrunde gehen. Eine andere, auch in Deutſchland vorkommende Art, Argas reflexus F., niſtet ſich in Tau. benſchlägen ein, um die gefiederten Bewohner derſelben nächtlicherweile denen befalt * aber bei Gelegenheit auch den Menſchen mit ihren ſchmerzhaften Stichen. 8 * 9 3 . 3 4 | ö E 2. Familienreihe: Trombidiformes. Eine zweite Familienreihe ſind die Laufmilben, Waſſermilben und ihre Verwandten, die Trombidiformes, bei denen ein Paar von Atemöffnungen an den Seiten des Vorderleibes oder unten am Grunde des Saugapparates liegt. Zu den eigentlichen Laufmilben (Trombi- diidae) werden im allgemeinen langbeinige, mit Augen verſehene Tierchen geſtellt, die ſich oft durch lebhafte rote Färbung auszeichnen und raſch über den Boden dahinhuſchen können. Recht kompliziert iſt die Entwickelung dieſer kleinen Weſen. Der noch von der Eiſchale um⸗ gebene Embryo wird nämlich von einer beſonderen Hülle, dem Deutovum (Apoderma) um: geben. Platzt dann die Eiſchale, jo kommt eine ſechsbeinige, noch allſeits von einem häufigen Sack eingeſchloſſene Larve im ſogenannten Schadonophanſtadium zum Vorſchein, die erſt m nächſten Stadium, wenn der Sack aufplatzt, von ihren Beinen Gebrauch machen und davon kriechen kann. Dasſelbe wiederholt ſich beim Übergang zur Nymphe. Auch hier iſt dieſe im ſogenannten Nymphophanſtadium zunächſt von dem häutigen Apoderma umgeben, bis letzteres platzt und die achtbeinige Nymphe frei wird. Endlich geht auch noch dem fertigen Zuſtande ein Teleiophanſtadium voraus, in dem die geſchlechtsreife Form (Prosopon) einſtweilen in einer ſackartigen Haut eingeſchloſſen liegen bleibt. 2 Die Gemeine Samtmilbe, Sericothrombium holosericeum L., iſt eine ſcharlach⸗ er rote Milbe von etwas über 2,25 mm Länge, die namentlich im Frühjahr häufig iſt und einen weichen, hochgewölbten Körper beſitzt. Zwei Augen ſind vorhanden. Neben dem mit zwei 1 kleinen ſcherenförmigen Kieferfühlern ausgeſtatteten Schnabel ſtehen viergliederige, am vor⸗ 8 4 letzten Gliede außen mit einem Haken beſetzte Taſter. Die ſechsbeinigen Larven der Samt⸗ milbe galten früher allgemein für eine eigene Art und wurden als „Grasmilben“ (Leptus = autumnalis) bezeichnet. Es find winzige, rote Tierchen, die wie kleine Pünktchen namentlich im Hochſommer oder Herbſt an Gras und Getreide ſitzen und die unangenehme Eigenſchaft 5 Ä haben, nicht nur auf verſchiedene Säugetiere, ſondern auch auf den Menſchen überzugehen. ge In manchen Jahren können die Grasmilben, die ſich in die Haut einbohren und die Ent: ſtehung roter, ſtark juckender Puſteln verurſachen, zu einer förmlichen Landplage werden. Sie Milbe n: Laufmilben. Tetranychidae. 683 3 beläſtigen vorzugsweiſe Gartenarbeiter und die Schnitter im Felde und führen, da dies be⸗ ſonders zur Erntezeit geſchieht, auch den Namen Erntemilben. Andere Laufmilben halten ſich im Larvenſtadium an niederen Tieren auf, wie Allo- thrombium fuliginosum Herm., eine dunkelrote Milbe, die bei uns auch im Frühjahr ſehr verbreitet und ein eifriger Vertilger von allerlei kleinen Blattläuſen und Schildläuſen iſt. Aus den roſaroten rundlichen Eiern, die die Tierchen in kleinen Häufchen unter Steinen ab⸗ ſetzen, kommen kleine ſechsbeinige Larven zum Vorſchein, die man gelegentlich an den Beinen von Weberknechten oder an Inſekten feſtgeſogen finden kann. Die Färbermilbe, Trom- bidium tinctorium L., die an Größe unſere einheimiſche Samtmilbe übertrifft, bewohnt mit einigen nahe verwandten Formen die ganze Tropenregion. In den Umgebungen von Maſſaua, dem Eingangshafen für die italieniſche Kolonie Eritrea, zeigen ſich dieſe Tierchen gelegentlich in ſolchen ungeheuren Mengen, daß ſie weit und breit dem graubraunen, ſonnenverbrannten Erdboden eine zinnoberrote Farbe geben. Die Ein⸗ geborenen verſtehen es, aus dieſen Milben einen ſehr dauerhaften ſchönen roten Farbſtoff zu gewinnen. Die nahe verwandten Tetranychidae ſind weichhäutige, an grünen Pflanzenteilen vorkommende Milben, die ein oder zwei Paar Augen an jeder Seite der durch eine Querfurche vom Hinterleib geſchiedenen Kopfbruſt haben. Ein Paar von Atemöffnungen iſt vorhanden. Die Kiefertaſter ſind viergliederig, an den zweigliederigen Kieferfühlern iſt das Endglied zu einer langen Sförmig gebogenen Stechborſte umgewandelt. Sr Cr : > emeine Samtmilbe, Sericothrombium ho- Hierher gehören beſonders die „Pflanzenſpinnen“, losericeum L., von der Bauchſeite, achtmal ver⸗ winzige ovale Milben, die ſich in großen Maſſen hauft x deere. ſächlich an der Unterſeite von Blättern anſiedeln und dort alles mit ihren zarten weißlichen Geſpinſtſchleiern überziehen. Eine ſehr häufige ein⸗ heimiſche Art iſt die Blattſpinnmilbe, Tetranychus telarius Gach., die vom Frühjahr an bis in den Spätherbſt hinein oft in geradezu ungeheuren Maſſen 275 Linden lebt, deren Blätter ſie durch ihr Saugen manchmal ſchon im Auguſt zum Vergilben und Abſterben bringt. Aus den Eiern, welche die kaum / mm langen, ovalen, grünlich⸗gelblichen oder rötlichen Milben an die Blätter legen, ſchlüpfen ſchon nach wenigen Tagen ſechsbeinige Larven aus, die ſich häuten und zunächſt in ein erſtes und nach abermaliger Häutung in ein zweites acht⸗ beiniges Nymphenſtadium übergehen, bis nach der letzten Häutung die fertigen Milben er⸗ ſcheinen. Alle Altersſtufen kann man nebeneinander in den dichten Geſpinſtſchleiern finden, die wie eine mehlartige Maſſe die Lindenblätter bedecken. Die Überwinterung erfolgt am Beoden unter dem befallenen Stamm oder unter Flechten in Rindenritzen. Wenn die Linden⸗ ſpinnmilben im Herbſte ſtammabwärts zu ihren Winterquartieren wandern, ſo laſſen fie oft auf ihrer Straße, der dem Licht abgewendeten Seite des Baumſtammes, ihre feinen weißen Schleier zurück. Eine ſchädliche Art iſt auch die Hopfenſpinnmilbe, Tetranychus altheae v. Hanst., die, wenn fie zu Tauſenden die Blätter in den Hopfenpflanzungen befällt und an ihnen ſaugt, den Kupferbrand des Hopfens verurſacht, bei dem ſich die Blätter kupferrot ver⸗ färben, verdorren und abfallen. Traurig ſehen dann die verwüſteten Hopfenpflanzungen aus, in denen die entblätterten kahlen Triebe wie Peitſchen herunterhängen, während der 684 Spinnentiere. Wind mit den dürren, zu Boden gefallenen Blättern ſpielt. In letzteren und in den alten Strünken findet die Überwinterung der Milben ſtatt, ſo daß es ſich zur Bekämpfung dieſes Ungeziefers empfiehlt, den Erdboden gründlich von allen Pflanzenreſten zu reinigen. 5 ; AL AR: een 8 An die Spinnmilben ſchließen ſich die Moosmilben (Bryobiidae) an, bei denen das Spinnvermögen nur ſehr gering iſt oder fehlt. Die Tierchen leben nicht nur im Moos und an gleichgültigen Bodengewächſen anderer Art, ſondern ſind zum Teil Schädlinge an Kultur⸗ pflanzen, wie die Rote Stachelbeermilbe, Bryobia ribis Zhom., die die häßlichen weißen Flecke an Stachelbeerblättern hervorruft, und die auf Klee vorkommende el 3 Wieſenmilbe, Bryobia pratensis Garm. 4 1 Die Tarsonemidae ſind 9 längliche Körperform und deutliche Trennung von Kopfbruſt und Hinterleib ausgezeichnet. Augen fehlen. Die Beine find fünf⸗ oder ſechsgliederig. Die Lebensweiſe iſt verſchieden: viele wohnen als Einmieter in Gallen, andere leben an In⸗ ſekten, meiſt greifen ſie aber Pflanzen an und können dadurch ſchädlich werden, wie die Gras⸗ 4 halmmilbe, Pediculopsis graminum Reut., die Wieſengräſer und Getreide in Europa und Nordamerika befällt und durch ihr Saugen die ſogenannte Weißährigkeit, ein feuhzenges 85 Verwelken und Vergilben des ganzen Oberhalmes ſamt der Ahre, verurſachen kann. Die weib⸗ 1 lichen Grashalmmilben werden, nach Reuter, ähnlich wie dies auch bei manchen anderen Milbenarten beobachtet iſt, ſchon im Nymphenſtadium begattet und entwickeln ſich erſt N nach zu fertigen fortpflanzungsfähigen Tieren. Falls aber die weiblichen Nymphen, wie es 1 auch gelegentlich vorkommt, unbegattet bleiben, ſo ſcheinen ſie bis zu ihrem Tode im Wan 5 a ſtadium ſtehenzubleiben, ohne ſich weiter entwickeln zu können. 3 Die Aufenthaltsorte der Waſſermilben — ſind pflanzenreiche Teiche und Weiher, die mit ihrer reichen Lebewelt von Infuſorien und kleinen Krebstierchen den a räuberiſch lebenden Waſſermilben genügend Nahrung bieten., In der Nähe des Ufers, wo das Sonnenlicht das Pflanzengewirr durchflutet, rudert die ſcharlachrote Hydrarachna geographica O. J. Müll. in dem kriſtallenen Element herum, eine faſt kugelig geſtaltete, im weiblichen Geſchlecht bis 8 mm große Milbe, mit ſymmetriſchen dunkeln Fleckenzeichnungen a am Rücken und Bauch. Zum Schwimmen dient das kräftige letzte, mit langen, fteifen Haar⸗ 4 borſten beſetzte Beinpaar. Auch die merkwürdigen Eiergelege dieſer Milbenart bekommt man an den angegebenen Orten nicht ſelten zu Geſicht, ſie beſtehen aus zahlreichen blaßroten Eierchen, die in flacher Schicht nebeneinander an der Unterſeite von Seeroſenblättern oder anderen Waſſerpflanzen und an Steinen angekittet ſind. Ahnlich wie bei den Laufmilben wird der reife, noch im Ei befindliche Embryo von einer beſonderen Hülle, gewiſſermaßen von e ier zweiten inneren Eiſchale, dem Deutovum, umgeben, aus dem eine kleine, ſechsbeinige, mit | einem kräftigen Saugapparat ausgeſtattete Larve ſchlüpft, die fich mit ihren Mundteilen in die Haut eines Schwimmkäfers oder einer Waſſerwanze einbohrt, um dort zu ſaugen und heranzuwachſen. Waſſerinſekten der genannten Art tragen ſehr häufig an ihrer Körperunte 2 jeite rote, eiförmige oder kugelige Körperchen, die faſt ſtecknadelkopfgroß werden, die Larven der Waſſermilben, die an dem Inſektenleibe ein ſogenanntes Puppenſtadium (Nymphophan⸗ ſtadium) durchlaufen. Im Inneren der feſten abgehobenen äußeren Puppenhaut bildet eine achtbeinige Nymphe aus, die ſpäter frei wird, ſich im Waſſer umhertummelt und da 5 ſchon ganz einer fertigen Waſſermilbe ähnelt, aber noch nicht fortpflanzungsfähig iſt, ne 5 5 Milben: Moosmilben. Tarsonemidae. Waſſermilben. Meeresmilben. Hornmilben. 685 ſich für kurze Zeit an eine Waſſerpflanze anheften muß, bevor ſie nach einem abermaligen Ruheſtadium (Teleiophanſtadium) ſich zur fertigen Form umgeſtaltet. Andere Waſſermilben, wie die Arten der Gattung Eylais Latr., Hydryphantes C. L. Koch, gehören zu den Waſſerflüchtern: als ſechsbeinige Lärvchen verlaſſen fie das Waſſer, klettern am Uferrande an Gräſern und Binſen in die Höhe und klammern ſich an Libellen, Fliegen oder ähnliche, am Waſſer vorkommende Luftinſekten an. Das Schmarotzerleben, das ſomit den Waſſermilben in ihren erſten Lebensſtadien eigentümlich iſt, ſichert ihnen manche Vorteile. Abgeſehen von der bequemen Nahrungsquelle, die ſich die jungen Tierchen auf dieſe Weiſe verſchaffen, kommen ihnen die weiten Reiſen, die ſie mit ihren Wirten unternehmen, auch als ausgezeichnetes Mittel zur Verbreitung zugute. So kommt es, daß dieſe Milben durch fliegende Inſekten von Gewäſſer zu Gewäſſer gelangen und ſelbſt die entlegenſten Wohn⸗ 3 gebiete beſiedeln können, und es erklärt ſich, daß die franzöſiſchen Forſcher Blanchard und E Richard ſelbſt noch in den eiſigen Bächen und Gletſcherteichen des ſchweizeriſchen Hochgebirges in über 2000 m Meereshöhe, in denen keine Pflanze mehr gedeiht, noch zahlreiche Waſſermilben angetroffen haben. Wieder eine andere Lebensweiſe führen manche ſolcher Milben, die nur an niederen Waſſertieren vorkommen. Die Dickbeinige Waſſermilbe, Unionicola crassipes . Müll., hält ſich im Larvenzuſtande in Süßwaſſerſchwämmen auf und lebt als Nymphe und erwachſenes Tier frei, während die Muſchelmilbe, Unionicola bonzi Cap., nicht nur ihre Jugendzuſtände in den Kiemen der großen Teichmuſcheln verbringt, ſondern auch noch als erwachſenes Tier zwiſchen den Kiemen und an den Mantelhälften dieſer Schaltiere ſich aufhält. Während nur wenige Hydrakariniden Meeresbewohner ſind, haben ſich die eigentliche £ Meeresmilben (Halacaridae) faft ausnahmslos an das Salzwaſſer angepaßt und kommen in den Meeren der ganzen Welt vor. Kenntlich ſind ſie an dem gedrungenen, meiſt etwas abgeflachten Körper, der mit ſchildförmigen Verdickungen gepanzert iſt. Die Beine find ſeitlich eingelenkt. Vorn ſitzen viergliederige Kiefertaſter und zweigliederige Kieferfühler. Atemröhren fehlen. Die Meeresmilben ſchwimmen nicht, ſondern halten ſich am Boden auf. Dort kriechen * 3. B. die plumpen Rhombognathus⸗Arten auf Tang und Algen umher, von denen ſie ſich ernähren, während die meiſten Meeresmilben Räuber find, die ihre aus kleinerem Getier be- ſtehende Beute mit den Kieferfühlern aufſpießen, um ſie auszuſaugen. Einige bohren ſich ge⸗ legentlich in feſtſitzende Meerestiere, in Polypen oder Schwämme, ein, und die Schnecken— milbe, Halixodes chitonis Bruch., iſt im Stillen Ozean als Paraſit an den Kiemen von Käferſchnecken gefunden worden. 8. Familienreihe: Krätzmilben (Sarcoptiformes). 3 Eine dritte Familienreihe wird von dem Verwandtſchaftskreiſe der Krätzmilben (Sar- Ceoptiformes) gebildet. Nicht alle hierher gehörenden Formen haben bereits die unangenehmen Eioigenſchaften und Lebensgewohnheiten der genannten Hautſchmarotzer, denn die Familien⸗ reihe zählt zu ihren Mitgliedern auch noch ehrſame freilebende Formen, wie die Hornmilben (Oribatidae), augenloſe Tierchen, die ſich vorzugsweiſe unter Moos oder Baumrinde und aan ähnlichen Orten aufhalten und ſelbſtändig ihrem Nahrungserwerb nachgehen. Die Horn⸗ milben fallen durch ihre harte, panzerartige Körperbeſchaffenheit auf. Am Grunde der fünf: gliederigen, mit Krallen endigenden Laufbeine münden Luftröhren aus. Eine häufige ein⸗ heimiſche Art iſt Hermannia picea C. K., ein höchſtens 0,8 mm großes ſchwarzes Tierchen, deſſen oben durch eine Querfurche geteilter Körper gelbbraune Härchen trägt. Dieſe winzige 686 Spinnentiere. Milbe kann ſich nur äußerſt langſam weiterbewegen und ſucht am Waldboden ihre aus pflanz⸗ lichen Stoffen und zerfallenen organiſchen Reſten beſtehende Nahrung. Den Vertretern der nächſten Familie, den Sarcoptidae, fehlen Augen und ein bejon- deres Atmungsſyſtem ſchon gänzlich. Die fünfgliederigen Beine tragen am Ende gewöhnlich Saugſcheiben. Hierher gehören zunächſt die Tyroglyphinae, die Käſemilben und ihre Kon: ſorten, durchweg ſehr kleine hellgelbliche oder weißliche Milben mit zweigliederigen ſcheren⸗ förmigen Kieferfühlern und dreigliederigen kleinen fadenförmigen Kiefertaſtern. Vorräte aller Art, ganz beſonders mehl: oder ſtickſtoffhaltige Subſtanzen, die in geſchloſſenen Räumen auf⸗ bewahrt werden, im Freien auch alte Pflanzenwurzeln, Knollen oder Tierreſte werden von den Tyroglyphinen oft in geradezu unglaublichen Maſſen bewohnt. Es dauert gar nicht lange, ſo wimmeln dieſe Subſtanzen förmlich von Milben, ohne daß man ſich ſogleich erklären kann, wie dieſe ganze ekelerregende Geſellſchaft eigentlich dorthin gekommen iſt. Ein Hinkriechen ſcheint ausgeſchloſſen, weil die Tierchen ihrer winzigen Größe wegen ſich nur langſam weiter⸗ bewegen und daher nur verhältnismäßig ganz kurze Strecken zurücklegen ſtadium übergehen, in der Regel zu beſonderen „Wanderlarven“ (Hy- gewandelt. Da das Freſſen unnötigen Aufenthalt verurſachen würde, ſo fehlen die Mundteile im Wanderſtadium gänzlich, wogegen die kurzen Gemeine Räfemirse, bpopus ſich an fremden Tieren, beiſpielsweiſe an Nagern oder anderen Tyroglyphus siro . Bodentieren, feſthalten oder Stubenfliegen und ähnliche Inſekten als 34 Luftſchiffe benutzen kann. Kommt dann die Fliege oder das als Trans porn benutzte Tier an eine Stelle, wo die Lebensbedingungen für Milben beſonders Stark e y Aa ER 20010. I N können. Die Natur hat hier aber einen Ausweg in der Weiſe geſchaffen, daß die jungen Tyroglyphus⸗Milben, wenn fie in das zweite Nymphen⸗ popus) werden. Ihr ganzer Körper iſt dann für die Reiſezwecke un⸗ 1 22 Wen = 5 1 : 6 be; f ri > N W N 1 Ei 0 u ZD A RR ee 1 Sanne An A hr * r De Nr Beine mit allerlei ſeltſamen Klammereinrichtungen, mit Saugnäpfen oder kräftigen Klauen, ausgeſtattet find, mit deren Hilfe ein folder Hy- . > günftig find, jo läßt ſich der Hypopus fallen, und es gehen dann feine weitere Entwickelung zur Milbe und hernach die Vermehrung raſch vonſtatten. Alter Käſe übt bejondere An 7 ziehungskraft auf die Tyroglyphinen aus. Hier ſiedelt ſich die Gemeine Käſemilbe, Tyro- 5 glyphus siro L., an, bei der freilich gerade ein Hypopus⸗Stadium noch nicht beobachtet worden iſt. Sie erſcheint für das unbewaffnete Auge nur als weißliches, kaum erkennbares Pünkt⸗ 24 chen, gibt ſich aber mit Hilfe des Mikroskops als feiſtes, lang beborftetes Tierchen zu erkennen, deſſen geſtreckter Körper zweiteilig iſt und deſſen Beine mit kleinen Haftläppchen am Ende ver⸗ ſehen find. Millionenweiſe bewohnt die Käſemilbe alten, ſteinharten Käſe und verwandelt ihn mit der Zeit in Staub, der aus den Auswürfen und Bälgen der Milben beſteht. In ganz ähn⸗ 1 licher Weiſe beſiedelt die Mehlmilbe, Aleurobius farinae de Geer, eine weißliche, mit bloßem = Auge gerade noch ſichtbare Milbe, oft in ungeheuren Maſſen Mehlvorräte und andere vege⸗ 1 tabiliſche Stoffe, beſonders ſolche, die in Kellern und dumpfigen Räumen lagern. Das von den Milben befallene Mehl nimmt bald einen widerlich ſüßlichen, honigähnlichen Geruch an und wird natürlich zum Backen vollkommen untauglich. Bei der Mehlmilbe kennt man ein Hypo- 1 pus⸗Stadium, das freilich im Laufe der Entwickelung dieſer Art nicht immer einzutreten braucht, ſondern unter Umſtänden auch überſprungen wird. Der gleichen Gruppe gehören ferner die Süß mäuler (Glyciphagus Her.) an, die mit ganz beſonderer Vorliebe getrocknete Früchte bevölkern und zu einer abſcheulichen, ſchwer ausrottbaren Plage werden, wenn ſie, wie dies Milben: Sarcoptidae (Käſemilben, Hautmilben, Cytolichinae, Sarcoptinae). 687 nicht ſelten geſchieht, ſich in unglaublicher Weiſe vermehren, in Wohnräume eindringen und dort zu Millionen wie eine dichte graue lebendige Staubmaſſe die Möbel und ſonſtigen Gegen⸗ ſtände überziehen. Beſonders übel berüchtigt iſt die Hausmilbe, Glyeiphagus domesticus dle Gcer, ein weißliches, 0,3—0,5 mm langes, ziemlich langbeiniges Tierchen. e e e eee eee Die nächſten Verwandten der Tyroglyphinen find die Hautmilben, Analginae (Derma- | leichinae), die ſich auf dem Körper lebender Vögel oder Säugetiere anſiedeln und dort eben: falls in großen Maſſen vorzukommen pflegen. Da ihre Nahrung im allgemeinen nur in Horn⸗ ſubſtanz oder Hautausſcheidungen zu beſtehen ſcheint, ſo mögen ſie ihren Wirten manchmal recht unbequem werden, ſind aber doch noch größtenteils als verhältnismäßig harmloſe Be⸗ wohner zu betrachten. Die Vogelhautmilbe, Analges passerinus Deg., iſt ein rötlich⸗ graues, kaum / mm großes Tierchen, das oft maſſenweiſe auf dem Körper von Singvögeln lebt und ſich beſonders in der Halsgegend und unter den Flügeln aufzuhalten pflegt, während die Hühnermilbe, Megninia cubitalis Megn., am Grunde der Federn von Haushühnern und Faſanen zu finden iſt. Bei der Taubenmilbe, Falculifer rostratus Buchh., die Haus: tauben befällt und für gewöhnlich in allen ihren Entwickelungsſtadien gleichfalls oberflächlich zwiſchen den Federn lebt, kann es vorkommen, daß die Tierchen in einem beſtimmten Ent⸗ wickelungsſtadium mit einem Male maſſenweiſe in das Körperinnere des Vogels eindringen und dort zu ſogenannten hypopialen Nymphen werden. Beim Offnen einer ſolchen Taube ſtößt man dann in den Bindegewebsſchichten der Bruſthaut und in der Umgebung der Luft⸗ röhre geradezu auf ein Gewimmel von vielen Tauſenden winziger weißlicher Milben, die in dieſem Stadium rückgebildete Mundteile haben und nur ganz kurze Fußſtummel an ihrem langgeſtreckten Körper beſitzen. Die zur Unterfamilie der Cytolichinae gehörenden Milben leben 0 im Körper⸗ innern von Vögeln und haben einen glatten oder nur ſchwachgeſtreiften Körper, wie die Luft⸗ ſackmilbe, Cytolichus nudus Viz. (Cytodites), die die Bronchien und Luftſäcke von Hühnern und Faſanen bevölkert. Mit bloßem Auge iſt das / mm lang werdende Tierchen als kleines graues Pünktchen noch ganz gut zu erkennen. Bei Anwendung eines Vergrößerungsglaſes erblickt man ein plumpes, ſchildkrötenartiges, auf dem Rücken mit fünf Paaren kleiner Spitzchen beſetztes Geſchöpf, deſſen vier Beinpaare mit Haftſcheiben endigen. Trotzdem dieſe unheim⸗ lichen Schmarotzer manchmal zu Tauſenden in den Luftwegen ſitzen, ſcheint ſich der befallene Vogel noch ganz wohl zu befinden. Wenn die Milben aber allzu ſtark überhandnehmen, ver⸗ ſtopfen ſich die Luftwege, die Atmung des armen Tieres iſt beſchleunigt und ſichtlich erſchwert, 2 und ſchließlich tritt der Tod durch Erſticken ein. | Auch unter den Sarkoptinen, die einen deutlich querfaltigen Körper haben und ſämt⸗ lich Warmblüter befallen, fehlt es nicht an gefährlichen Hühnerparaſiten. Hier iſt die Fuß⸗ milbe des Huhnes, Sarcoptes mutans Rob. (Cnemidocoptes), zu nennen, die allerdings weniger inländiſche Hühner als beſonders ſolche ausländiſcher Raſſen zu befallen pflegt und unter Umſtänden auch auf Tauben und andere Vögel übergeht. Die ſchmutziggelben, am Hinter⸗ ende zwei lange Haare tragenden Milben, deren Körperlänge im männlichen Geſchlecht nur 0,25, im weiblichen 0,45 mm beträgt, legen ſich in der Haut ein Syſtem von langgeſtreckten Gängen, und zwar bei Hühnern ganz beſonders an den Läufen, an, wodurch weißlichgraue, ſich bald mit dicker Borke bedeckende Flecke entſtehen und das Bein förmlich mit einer dicken 688 Kruſte umgeben wird. Die Milbe ruft damit die ſogenannte Kalkbeinigkeit oder Fußkrätze D Et RATEN oe T Sie! ar — re a Spinnentiere. REES der Hühner hervor. Auch an den Kämmen, vorzugsweiſe allerdings bei älteren Hühnern, 3 können dieſe Paraſiten ſich anſiedeln. Die vielen in der Tiefe der geſchwollenen Haut leben⸗ 3 Ein von dem Weibchen der Krätzmilbe, Sar- coptes scabiei L., in der menſchlichen Haut herge⸗ ſtellter Gang. Oben das Weibchen, hinter ihm Eier in verſchiedenen Entwickelungsſtadien und ſchwarze Kotkrümel. Stark vergrößert. Nach Guiart, „Précis de Parasitologie“, Paris 1910. Entwickelungsſtadien und weiter hinten auch ſchon mit jungen Krätzmilben vollgepfropft iſt. . Die Männchen bekommt man A zu ſehen. Sie find kleiner, werden höchſtens 0,5 mm Weibchen der Krätzmilbe, Sarcoptes seabiei L., a) von oben Rücken⸗ Zeitpunkt in welchem ſich die be⸗ 5 jelte), b) von unten (Bauchſeite) geſehen. Stark vergrößert. Nach Guiart, . 5 4 reis de Parasitologio‘, Paris 1010, gatteten Weibchen wieder in die Haut fordert etwa ſechs Wochen. Da die Zahl der von einem Weibchen gelegten Eier ungefähr 30 beträgt, von denen 20 wieder zu Weibchen werden, ſo können nach der zweiten Brut ſchon 400 Weibchen, nach der vierten Brut aber bereits 160 000 weibliche Krätzmilben vorhanden ſein, und man verſteht, wie bei Perſonen, die es an der nötigen Reinlichkeit und Sorgfalt fehlen laſſen, und an Erſchöpfung zugrunde gehen. Kniegegend, aber auch an anderen Stellen ſeine etwas 2 ; tet, von denen die beiden vorderen Paare mit geſtielten = den und ihre Gänge immer weiter treibenden Milben rufen einen heftigen Juckreiz hervor, der die armen Vögel veranlaßt, ſich die Beine mit dem Schnabel blu⸗ tig zu hacken, bis ſie ſchließlich kaum noch ſtehen können 1 Die Krätzmilbe des Menſchen, Sarcoptes scabiei L., iſt ein rötlichgraues, im weiblichen Ge⸗ Er ſchlecht bis 0,45 mm langes Tierchen, das nach Maul⸗ wurfsart in den Epidermisſchichten der Haut, haupt⸗ 2 ſächlich zwiſchen den Fingern, in der Ellbogen⸗ und gewundenen Gänge gräbt, deren Länge zwiſchen einigen Millimetern und über 1 em ſchwanken kann. Am Ende = jedes ſolchen Ganges ſitzt ein großes ausgewachſenes Weibchen; es iſt mit vier kurzen Beinpaaren ausgeſtat⸗ Saugnäpfen endigen. Die langen, vom Körper ab⸗ ſtehenden Borſten machen es dem Weibchen unmöglich, ie ſich in dem engen Gange umzuwenden, es muß daher 3 immer weiter freſſen und ſetzt dabei hinter ſich ſeine RR Eier ab, ſo daß der Binnenraum des Ganges hinter dem Weibchen ganz mit Kot und Eiern in verſchiedenen = lang und haben mit Ausnahme des 2 dritten, i in lange Borften auslaufen⸗ 2 Beinen. Die ſechsfüßigen Larven der Krätzmilbe verlaſſen den Gang, wandern an die Oberfläche der Haut, wandeln ſich dort zu don Nymphen um und werden 14 T Tage ſpäter zu reifen Milben. Der ganze = Entwickelungsverlauf vom Aus ſchlüpfen aus dem Ei bis zu dem eingraben und ihre Eier legen, er⸗ Milben: Krätzmilbe. Haarbalgmilben. Gallmilben. 689 die Krätze zu einer ekelerregenden Krankheit wird, die ſich raſch ausbreitet und ſich in Haut⸗ ausſchlägen oder krankhaften Wucherungen an den befallenen Stellen äußert. Auch an Haus⸗ tieren, Hunden, Ziegen und Rindern kommen Krätzmilben vor, über deren Artzugehörigkeit noch verſchiedene Anſichten herrſchen. Man weiß, daß ſie auf den Menſchen übergehen können, doch pflegen ſie hier in der Regel nach einiger Zeit von ſelbſt wieder zu verſchwinden. Zu Anfang der vierziger Jahre entdeckten Henle und Simon in Berlin in den weißlichen Puſteln, den „Miteſſern“ der menſchlichen Haut, Milben, die allgemeines Intereſſe erregten. Es ſtellte ſich heraus, daß die dort lebende Haarbalgmilbe, Demodex folliculorum Sim., ein beim Menſchen überaus häufig vorkommendes Tierchen iſt; es hat einen wurmförmig geſtreckten Körper mit langem, geringeltem Hinterleibe; die Afteröffnung iſt am Hinterleibsgrunde gelegen. Augen und Luftröhren fehlen den Haarbalgmilben; vier Paare von kurzen, drei⸗ gliederigen, mit kleinen Krallen endigenden Bein⸗ chen ſind vorhanden. Die Aufenthaltsorte dieſer winzigen, im weiblichen Geſchlechte höchſtens bis 0,4 mm meſſenden, im männlichen noch kleiner bleibenden Tierchen ſind die Haarbälge und Talg⸗ drüſen der Haut, in denen ſie gelegentlich in ſolchen Maſſen, den Kopf nach unten gerichtet, ſitzen, daß dadurch kleine Entzündungen hervor⸗ gerufen werden, und ſich an dieſen Stellen dann kleine weißliche Anſchwellungen bilden. Andere Haarbalgmilben (Demodecidae), die man vom Hund, der Katze und ſonſtigen Säugern beſchrieben hat, ſcheinen mit der menſchlichen Haarbalgmilbe identiſch zu ſein. 4. Familienreihe: Eriophyif ormes. Die Gallmilben, Eriophyidae (Phy- 8 / toptidae), die allein die vierte und letzte Haupt⸗ Galtmilbe des Wein⸗ Eine Anzahl von Haarbalg⸗ gruppe der Milben bilden, find winzige, weißliche kart, wanez, dit rum Sim, in einen arb JJ BERRBEIERE TOR DEI SE ee merbenker. _ da eines Baerönigmiide uni förmigem Körper von ſelten mehr als 0,25 mm pas“, Jena 1911. ſtärker vergrößett. Nach Guiart, Länge. Die an der Rückenſeite von einer ſchild⸗ e ee or förmigen Platte bedeckte Kopfbruſt ift mit dem Hinterleibe verwachſen. Statt der üblichen acht Milbenbeine ſind hier nur zwei Beinpaare vorhanden, die alle nach vorn gerichtet ſind, aus je fünf Gliedern beſtehen und mit einer Kralle ſowie einer kleinen gefiederten Borſte endigen. An den ſaugenden Mundteilen läßt ſich ein Paar nadelförmiger eingliederiger Kieferfühler und ein Paar dreigliederiger Kiefertaſter unterſcheiden. Augen und beſondere Atmungsorgane kommen niemals vor. Die Gallmilben ſiedeln ſich auf Pflanzen, beſonders auf ausdauernden Gewächſen an, leben aber ſelten frei, ſon⸗ dern rufen an den von ihnen befallenen Teilen faſt immer Gallbildungen hervor, deren Inneres von ihnen als Wohnraum benutzt wird. An Größe und Form ſind die Milbengallen je nach Brehm, Tierleben. 4. Aufl. II. Band. 44 690 us Aſſelſpinnen. der Art außerordentlich verſchieden, ſtimmen aber darin überein, daß fie niemals völlig geſchloſſen ſind, ſondern ſtets, wenn auch oft nur durch eine kleine, kaum wahrnehmbare Offnung, mit der W in Verbindung ſtehen. Einzelne Gallmilben leben auch als Einmieter in den von anderen Gallmilbenarten erzeugten Gallen. Die Birnblattgallmilbe, Eriophyes piri Pagst., z. B. ruft an den Blättern des Birnbaumes die ſogenannte Pockenkrankheit her⸗ vor. Rundliche oder längliche Auf⸗ treibungen, die fi an der Blatt⸗ oberſeite hervorwölben, verraten die 7 Tätigkeit dieſer Milben, die im In⸗ neren der anfangs gelblichgrünen, ſpäter braun und ſchwarz werdenden Verdickungen hauſen, die das Blatt wie Pockennarben verunftalten. Im Herbſt verlaſſen die Milben die von ihnen beſiedelten Gallen, um in Blätter des Weinſtocks (Vitis vinifera), von Gallmilben, Eriophyes vitis Knoſpen zu überwintern. Die neben⸗ ei Land., befallen. Nach Lebern 7 ‚Berl 3 „Die Reblaus und Ki ſtehende Figur zei gt uns das We rk | f : der Blattgallenmilbe des Wein⸗ ſtocks, Eriophyes vitis Land., die an Rebenblättern weißliche oder rötlichbraune filzige Gallen hervorruft. Pflegen e im allgemeinen auch nicht ſehr nachteilig zu ſein, ſo können doch, wenn einmal die Schädlinge in beſonders großer Menge auftreten, wie dies im Jahre 2 1911 bei Capellen im Rheintale der Fall war, die Rebſtöcke durch die e Musen a von Gallen in ihrer Entwickelung ſichtlich gehemmt werden. * “= Als gefährlicher gilt eine andere Art, die beſonders in der Schweiz Schaden angerichtek 2 hat, aber auch im deutſchen Weinbaugebiete nicht fehlt, die Rebſtockgallmilbe, un 4 Saugen der in Milben wird der Rebſtock derartig geſchwächt, daß er nur üppige, 3 zwerghafte verkürzte Triebe hervorbringen kann. 2 Anhang: Aſſelſpinnen (Pantopoda, Pyenogonida). Die Aſſelſpinnen (Pantopoda, Pyenogonida), die wir als Anhang den Spinnentieren anfügen, haben zu letzteren keine näheren verwandtſchaftlichen Beziehungen, ſondern ſcheinen ſich 8 ſchon frühzeitig von den übrigen Gliederfüßlern als ſelbſtändige Gruppe abgetrennt zu haben. Es ſind ſämtlich Meeresbewohner, die teils in ewiger Dunkelheit am Boden der Ozeane im eiſigen 3 Tiefenwaſſer leben, teils in der Küſtenzone an Steinen und Pflanzen umherkriechen oder 8 manchmal auch auf anderen Tieren ſich aufhalten. Das wichtigſte Merkmal ſind unſtreitig die vier langen, in der Mittellinie faſt zuſammenſtoßenden Beinpaare; ihnen gegenüber tritt den eigentliche Körper ganz zurück, an dem ſich vorn ein ſchnabelartiger Fortſatz (Proboseis), dann ein äußerlich meiſt viergliederiger Rumpf und hinten noch ein kurzer, ſtummelartiger Hinterlei unterſcheiden laſſen. Die gewöhnliche Zahl von Gliedmaßenpaaren, die aber keineswegs imme alle zur Entwickelung kommen, beträgt ſieben. Das erſte, neben dem Schnabel gelegene Pag j 99 8 e DN Re n LT a er ET > 3 ar N 5 Nm en er Ren 2 2 an ew — Uferaffelfpinne. Nymphon. | 691 | ähnelt den Kieferfühlern der Spinnentiere und endigt wie bei dieſen mit Scheren, das zweite Paar, die Taſter, bleibt kürzer und iſt von geringerer Gliederzahl als die vier hinteren Bein⸗ . im ſogenannten Pronymphenſtadium zur Welt und müſſen noch 2 halten ſich die Larven auf Hydroidpolypen, bisweilen aber auch auf paare. Am merkwürdigſten iſt das dritte Gliedmaßenpaar, das oft nur bei den Männchen ent⸗ wickelt iſt und zum Tragen der vom Weibchen abgelegten Eier benutzt wird. Im übrigen ſind die Beine bei den Aſſelſpinnen nicht nur Bewegungswerkzeuge, ſondern enthalten auch wichtige innere Organe, namentlich die Geſchlechtsorgane und Magenſäcke. Der enge, im Rumpf ge⸗ legene Magen iſt nämlich mit paarigen Blindſäcken beſetzt, von denen das erſte kurze Paar in die Kieferfühler eindringt, während die folgenden vier langen Paare in die Beine hineinreichen und ſie faſt der ganzen Länge nach bis zum drittletzten Beingliede durchziehen. Atmungsorgane fehlen. Die jungen Aſſelſpinnen kommen erſt mit drei Gliedmaßenpaaren eine von verſchiedenen Häutungen begleitete Metamorphoſe durch⸗ machen, um zum erwachſenen Tiere zu werden. Zum großen Teil . wi u lipi 5 E Meeresſchnecken und anderen Tieren auf, an denen fie als Para⸗ an nile Seen, en. ſiten leben. Man hat beobachtet, daß die Larven ihren Schnabel benutzen, um den Polypen anzubohren und auszuſaugen. Seltener findet die Entwickelung im Inneren von Polypen ſtatt. Die Larve, bisweilen ſind es auch mehrere, ſitzen dann wie Eingeweideparaſiten in der Magenhöhle des Polypenköpfchens und ſaugen dort die Säfte auf. Die in der Nordſee nicht ſeltene Uferaſſelſpinne, Pyenogonum littorale Stm., 3 erreicht die Länge von 13 mm und kriecht an den europäiſchen Küſten und den atlantiſchen Geſtaden Nordamerikas langſam unter F Steinen und zwiſchen Tang umher, fehlen dieſer Art. Die Oberfläche des vierten Beinpaar. Stundenlang läßt wobei ſie dem Lichte möglichſt zu ent⸗ gehen ſucht. Kieferfühler und Taſter rötlichbraunen oder gelblichen Körpers erſcheint rauh und gekörnt. Die Ge⸗ ſchlechtsöffnung liegt beim Männchen an der Unterſeite, beim Weibchen an der Oberſeite des zweiten Gliedes vom ſich das bei der Begattung auf dem | Nymphon grossipes F. Start vergrößert. Weibchen ſitzende Männchen herum⸗ tagen und ſchleppt ſpäter an feinem dritten Beinpaar die Eierſäcke des Weibchens mit ſich, bis die junge Brut ausſchlüpft. Die Hauptnahrung der Uferaſſelſpinnen beſteht in Seeroſen (Aktinien), die meiſt an der unteren Sohlenfläche angebohrt und von dorther ausgeſogen werden, wobei ſich oft mehrere dieſer Aſſelſpinnen zum Schmauſe zuſammenfinden. Das hier dargeſtellte Nymphon gros- 4 3 sipes V., eine der häufigſten Aſſelſpinnen an den ſchleswigſchen Küſten, erreicht nur eine Länge von wenig über 5 mm. Scheren ſowie Taſter ſind gut ausgebildet, und Brutbeine kommen bei beiden Geſchlechtern vor. Wie Prell mitteilt, ſind die Männchen mancher in den norwegiſchen Gewäſſern vorkommender Nymphon⸗Arten ausgezeichnete Schwimmer, eine Eigenſchaft, die fie hauptſächlich dem Beſitze auffallend langer Borſten an une; Beinen zu verdanken haben. Mit 44* 692 Aſſelſpinnen. großer Vorſicht geht das Nymphon bei der Nahrungsaufnahme zu Werke. Scheinbar gleich⸗ gültig ſehen wir es, nach Prell, auf irgendeinem Stöckchen von Campanularia⸗Polypen ſitzen, vorſichtig ſeine Taſter zum Fühlen benutzend. Kaum hat das Tier dabei einen Tentakel des Polypen berührt, jo wirft es mit einem Male den ganzen Körper herum, und die beiden Scheren⸗ fühler bekommen den Polypenkopf zu packen, deſſen Inhalt nun ausgeſchlürft wird. Den größten Reichtum an Arten entfalten die Aſſelſpinnen in den ozeaniſchen Tiefen. Dort kommen ihnen die langen, dünnen Spinnenbeine am beſten zuftatten, um ein Einſinken in den weichen Bodenſchlamm zu verhindern, und dort leben auch die Rieſen des ganzen Ge ſchlechtes, wie die mächtige, in über 2000 m Tiefe gefundene Colossendeis colossea Wils., 1 die mit einigen ähnlichen Arten durch die neueren Tiefſeeforſchungen zutage gefördert wude und mit ausgeſtreckten Beinen einen Raum von mehr als einem halben Meter N a h —— su 401. — Schwarzglänzender 403. — Vierpunktiger 403. Abdomen 37. Abendpfauenauge 285. Abia sericea 526. Abraxas grossulariata 282. Abrosoma 80. Acalyptera 341. Acanthaclisis oceitaniea 199. Acanthia saltatoria 149. Acanthiidae 149. Acanthocinus aedilis 477. Acanthocorydalus kolbei 191. - Acarina 676. Acentropus niveus 245. Acerentomidae 43. Acerentulus perpusillus 42. Acherontia atropos 212. 284. Acheta domestica 92. Achetidae 91. Acilius sulcatus 388. Aciptilia pentadactyla 274. Ackerhummel 606. Acraea 292, Acrididae 94. Acridiinae 100. - Acridium aegyptium 102. Acrocera sanguinea 330. — trigramma 330. Acroceridae 329. Acrocinus longimanus 477. Acronycta aceris 260. Acronyctinae 260. Acrophylax zerberus 208. Acrotelsa collaris 54. Acrydium subulatum 102. Adanſonibiene 615. Adela viridella 225. Adelphocoris seticornis 136. Adephaga 374. Adern der Zweiflüglerflügel 306. Admiral 292. Afterblattläuſe 177. Afterkralle der Spinnen 654. Afterraife 45. Afterrüßler 490. Afterſpinnen 673. — Afterſtück der Käfer 373. Agalena labyrinthica 665. Agalenidae 664. Agamopsyche 232. Agaoninae 547. Agaristidae 267. Ageniaspis fuscicollis 546. Aegeria apiformis 219, Aegeriidae 219. Agraulis 292. Sachregiſter. Agraylea multipunctata 207. Agrilus biguttatus 416. Agrion puella 67. Agrionidae 67. Agriotes lineatus 414. Agriotypes armatus 541. Agriotypidae 541. Agroeca brunnea 538. 667. Agröcaſpinne, Braune 667. Agromyza 347. Agromyzidae 346. Agrotis latens 565. — pronuba 262. — segetum 263. Ahorneule 260. Ahornſchildlaus 183. Ailanthusſpinner 276. Akazienſchildlaus 188. Akis baccarozzo 436. Aktäonkäfer 467. . Alcides brevirostris 497. Aleurobius farinae 686. Aleurodes 167. — brassicae 168. — eitri 168. — fragariae 168. — olivinus 169. Aleurodidae 168. Aleurodina 167. Aleuropteryx 202. Aelia acuminata 143. Alipes grandidieri 34. Alkermes 187. Allocoelia 562. Allodape 603. Allothrombium fuliginosum 683. Allotriinae 556. Alpenapollo 304. Alpendungkäfer 456. Alpenfalter 303. Altweiberſommer 669. Alysia manducator 544. Amazonenameiſe, Europäiſche Amazonenameiſen 624. 625. Amblycera 124. Amblypodia amantes 297. Amblyzeren 124. Ambroſiakäfer 507. 508. Ameiſe, Bernſteingelbe 399. 636. — Schwarzbraune 635. Ameiſen 615. — Blattſchneidende 632. Ameiſenfiſchchen, ner äiſches 54. Ameiſenfreunde 626 Ameiſenglasflügler 221. Ameiſengrillen 94. Ameiſenfungfern 197. Ameiſenköpfer 339. Ameiſenlöwe, Gefleckter 199. — Langfühleriger 199. — Ungefleckter 197. Ameiſenpflanzen 628. Ameiſenreiter 397. Ameiſenſtutzkäfer 405. Ameiſenwanze 153. Ameiſenweſpe, Europäiſche 566. — Rotbeinige 567. Ammophila sabulosa 571. Amorphocephalus coronatus490. Amphibiotica 55. Amphidasis betularia 280. — — doubledayaria 280. Amphigerontia bifasciata 120. Amphimallus solstitialis 328. 465. 569. Amphizoidae 385. Amplypygi 650. Anacharis typica 556. Anacharitinae 556. Anagrus subfuscus 551. Anajapyx vesiculosus 47. Analges passerinus 687. Analginae 687. Anamerentoma 42. Anamerie 14. Anamorpha 32. Anamorphe Entwickelung 14. Anamorphoſe 21. 31. Anaphe infracta 270. Anax imperator 66. — parthenope 66. Andrena 517. — albicans 590. — ovina 601. Andricus cerri 558. — foecundatrix 554. — pilosus 554. Androctonus australis 647. Anemotropismus der Schwebflie⸗ Anergates 617. [gen 335. — atratulus 625. Anisolabidae 103. Anisolabis maritima 104. Anisomorpha 80. — buprestoides 83. Anisoplia austriaca 466. — segetum 466. — tempestiva 466. Anisoptera 67. Anisozygoptera 63. Anobiidae 418. Anobium abietis 420. — emarginatum 420. — nigrinum 420. — paniceum 420. — pertinax 419. 694 Anobium plumbeum 420. Anomala aenea 465. — vitis 466. Anopheles costalis 314. — maculipennis 314. Anophthalmus dalmatinus 384. Anoplura 127. Anpaſſungen an die Umgebung 15. Antarctophthirius Antennata 18. Antennen 37. Antennophorus pubescens 679. — uhlmanni 679. Antheraea pernyi 277. Anthidium 596. — manicatum 597. Anthocoridae 153. Anthocoris gallarum -ulmi 153. Anthomyidae 350, Anthonominae 498. Anthonomus grandis 498. — pomorum 498, Anthophagus 394. Anthophora 593. — acervorum 594. — fulvitarsis 441. — parietina 594. 602. Anthores leuconotus 477. Anthrax morio 329. Anthrenus claviger 423. — museorum 423. — scrophulariae 424. Anthribidae 489. Anthribus fasciatus 489. — variegatus 489. Anurida maritima 49. Aeolothripidae 134. 5 Aeolothrips fasciatus 134. Aonidiella perniciosa 189. Apachyidae 104. Apanteles 535. — congestus 543. — fulvipes 543. — glomeratus 300. 542, — nemorum 543. Apate monachus 418. Apatidae 418. Apatura ilia 295. — iris 295. Apfelbaumgeſpinſtmotte 226. Apfelbeckia lendenfeldi 22. Apfelblütenſtecher 498. Apfelmade 238. Apfelſauger 166. Apfelwickler 238. Aphaniptera 367. Aphididae 169. Aphidina 169. Aphidinae 174. Aphis avenae 172. — padi 171. — saliceti 171. Aphodiinae 456. Aphodius alpinus 456. — fimetarius 456. — luridus 456. — nemoralis 456. 181. ogmorhini. Sachregiſter. Aphodius niger 457. — nitidulus 456. — porcus 457. — troglodytes 457.. Aphomia sociella 241. Aphoenogaster 620. Aphorura armata 49. Aphrophora alni 161. — corticea 161. — goudoti 156. — salicis 161. Apidae 586. Apinae 608. Apion pomonae 490. Apionidae 490. Apis adamitica 609. — dorsata 615. — florea 615. — meliponoides 609. — mellifica 608. — — mellifica 615. — — — var. cypria 615. — — — var. lehzeni 615. — — var. ligustica 615. — — unicolor 615. — — — var. adansoni 615. — — var. fasciata 615. Apistomyia elegans 323. Apocephalus pergandei 339. Apocrita 534. Apoderma 682. Apoderus coryli 492. Apoica pallida 582. Apollo, Schwarzer 304. Apollofalter 303. Aporia crataegi 300. Apteron crenulella 232. Apterona 230. — helix 232. Apterygota, Apterygoten 43. Arachnoidea 642. Aradidae 147. 5 Aradus einnamomeus 147. Araneida 653. Araneus diadematus 660. — quadratus 660. Araeocerus faseiculatus 489. Araschnia levana 294. Archaea 657. Archaeopsylla erinacei 370. Archicollyris longicollis 376. Archipsocus recens 120. Arctia caja 247. Arctiidae 246. Arctophthirius trichechi 131. Arctophysis gigantea 398. Arda 116. Areola der echten See Areolata 81. 53 Argas americanus 682. — persicus 681. — reflexus 682. Argaſinen 681. Arge rosae 527. Argiopidae 660. Argynnis chariclea var. arctica — paphia 292. [292. Argyra 334. Argyroneta 656. — aquatica 665. Argyronetidae 665. Argyroploce 233. Aricia erratica 350. Arista der Zweiflügler 315. Arixenia esau 107. Aromia moschata 473. Arthropleona 49. Aesalus scarabaeoides 447. Ascalaphidae 199. Ascalaphus libelluloides 199. — longicornis 199. — macaronius 199. Aschiza 334. Aeschna grandis 67.- Aeschnidae 67. Ascospermophora 23. Asilidae 331. Asilus crabroniformis 331. Asopinae 142. Aſpenbock 478. Aspidiotus hederae 191. — nerii 191. — perniciosus 189. Aspongopus nepalensis 144. Aſſelſpinnen 690. Aſſelſpinner, Europäiſcher 221. Astomella lindeni 330. Atelocerata 18. Atelura formicaria 54. Atemeles 396. 626. — emarginatus 397. — paradoxus 397. — pubicollis 397. Ateuchus sacer 459. — semipunctatus 460. Atherix ibis 326. Athysanus e 155. Atlas 276. Atlasſpinne 667. Atmung 6. Atomariinae 430. Atractocerus brevicornis 418. Atropidae 121. Atropus pulsatoria 121. Atta cephalotes 632. Attacus atlas 276. Attagenus pellio 423. Attelabus curculionides 493. 15 — nitens 493. Atypidae 658. Atypus piceus 658. Auchmeromyia luteola 354. Augen der Inſekten 7. Augenfalter 289. Augiades comma 246. Aulacaspis pentagona 190. Aulacidea hieracii 560. ° — sabaudi 560. — scorzonerae 560. Aurorafalter 301. = Autocarabus auratus 379. Autocrates aeneus 436. Autolyca bogotensis 83. Avicularia avicularia 657. 5 * h 4 1 * fa, En 4 a 1 1 Em PR FR Ta - 4 { V. . — [x nie Ma NEE ACER Rn DE a LE" Be A nat a 1 r 187 ee, ee ee 8 N n * N 2 25 . PR.) 5 2 har eee * ir Ma V l r Aviculariidae 657. Aylax glechomae 560. — papaveris 560. Azephale Larven 307. Azteka⸗Ameiſen 628. Azurfliege 353. Bacillus domesticus 81. — rossii 81. Bachläufer, Gemeiner 148. Bachwaſſermotte 208. Balaninae 497. Balaninus glandium 498. — nucum 498. — turbatus 498. — venosus 498. Baldachinſpinnen 662. Balkenſchröter 449. Bandeule 260. Bandfüßler, Abgeplatteter 21. Bär, Brauner 247. Barbitistes serricauda 88. Bärenſpinner 246. Baris coerulescens 502. Baſtkäfer 509. Batrisus 398. Bauchmarkganglien 7. Bauchſammler 587. 595. Baumameiſe 633. Baumſchildlaus, Wollausſchei⸗ Baumſchröter 449. [dende 188. Baumtöter 512. Baumwanze, ng 142. 5 Baumwollfärber 146. Baumwollkapſelkäfer 498. Baumwollmotte 228. Beerenwanze 141. Befruchtung der Eier 13. Begattung 13. Begattungsfühe 20. Begattungstaſche 12. Beinſammler 587. 588. Belgica antarctica 309. Belostoma indicum 138. — niloticum 139. Belostomidae 138. Bembecia hylaeiformis 220. Bembex rostrata 563. 572. — spinolae 573. Bengalia latro 354. Bergſaftkugler 26. Bergzikade 165. Bernſteinfloh 367. Berytidae 147. Bethylidae 563. - Bethylinae 563, Bettwanze 151. £ — Große 150. Beutelgallenlaus 175. Biberkäfer 404. Bibio hortulanus 321. — marci 321. Bibionidae 320. Biene, Afrikanische 615. — Agyytiſche 615. 2 — Jialieniſche 615. Sachregiſter. Biene, Zypriſche 615. Bienen 586. — Staatenbildende 587. 602. Bienenkäfer, Rotſchulteriger 441. Bienenlaus (Braula) 341. — (Triunguline) 440. Bienenwolf (Trichodes) 411. — Europäiſcher (Philanthus) Biesfliegen 361. 574. Binoculus foliaceus 62. Binſenfloh 167. Biorrhiza pallida 553. 557. Birkenblattweſpe, Breitfüßige 530. — Geſellige 532. Birkenſpanner 280. Birkenſpinner 259. Birkenſplintkäfer 513. Birkenſtecher 499. Birnblattgallmilbe 690. Birnſauger 166. Birntriebweſpe 533. Biston hirtarius 280. — pomonarius 281. Bittacus tipularius 204. Bittacusidae 204. Bixadus sierricola 478, Blaps mortisaga 435. Blaſenfüßler 131. Blaſenkäfer 437. Blaſenleibigkeit 398. Blastophaga psenes 41. 548. Blatta orientalis 74. Blattella germanica 72. Blattflöhe 166. Blattgallenmilbe des Weinſtocks Blatthornkäfer 445. 690. Blattidae 71. Blattkäfer 479. Blattläuſe 169. Blattlauslöwe 195. Blattlausſchmarotzer 544. Blattrippenſtecher 491. Blattrüßler 501. Blattſchaber 499. Blattſchneiderbienen 597. Blattſpinnmilbe 683. Blattweſpe, Grüne 528. — Ringelfüßige 529. Blattweſpen 524. Bläulinge 296. Blauſieb 219. Blepharocera capitata 323. Blepharoceridae 323. Blindwanze, Bräunliche 136. Blindwanzen 153. Blissus leucopterus 146. Blitophaga opaca 403. Blumenfliegen 350. Blumenwanzen 153. Blut der Inſekten 6. Blütenſtecher 498. Blutkiemen 6. Blutlaus 176. Blutströpfchen 248. Blutzikade 160. Bockkäfer 470. Bohnenkäfer 488. Bohrblaſenfüßler 132. Bohrfliegen 345. Bolboceras unicorne 454. boll worm 264. Bombardierkäfer 381. Bombinae 602. Bombus 603. — agrorum 606. — lapidarius 605. — pascuorum 606. — terrestris 604. — — yar. xanthopus 606. — terricola 605. Bombyeidae 274. Bombyliidae 328. Bombylius discolor 329. — fugax 329. L major 329. Bombyx mori 274. Boophilus annulatus 680. Borboridae 347. Boreidae 205. Boreus hiemalis 205. Borkenkäfer 505. Bostrychidae 418. Bostrychus capucinus 418, — monachus 418. Brachycera 324. Brachygaster minutus 565. Brachylacon murinus 414. Brachynus 381. — crepitans 382. Brachypauropodidae 28. Bracon 542. 544. Braconidae 442. Bradypodicola hahneli 242. Brahmaea vallichii 275. Brahmaeidae 275. Brassolinae 291. Braula coeca 341. Braunwurz⸗Blattſchaber 500. Breitböcke 472. Bremſen 327. Brenner (Apfelblütenſtecher) 498. Brenthidae 489. Brenthus anchorago 490. Brombeerfalter 214. 297. Brombeergallweſpe 560. Brombeermauerbiene 595. Brontes planata 429. Brotbohrer 420. Brotkäfer 429. brown tail moth 258. Bruchidae 487. Bruchus pisorum 488, Bruſtabſchnitt 36. Bryobia pratensis 684. — ribis 684. Bryobiidae 684. Buchdrucker 514. Buchengabelſchwanz 270. Buchengallmücke 318. Buchen⸗Nutzholzborkenkäfer 516. Buchenſpinner 270. Buchenſpringer 499. Bücherlaus 121. Bücherläuſe 119. 696 Bücherſkorpion 649. Buckelfliege, Dicke 338. — Kohlſchwarze 339. Buckelzirpen 159. Büffelmücken 315. Bulldoggameiſe, Rote 629. Buntkäfer, Ameiſenartiger 411. Bupalus piniarius 283. Buprestidae 415. Bursa copulatrix 12. Bürſte der ſtaatenbildenden Bienen Bürſtenhornweſpe 527. 602. Büſchelkäfer, Großer 395. Buſchhornblattweſpen 526. Buſchſpinnen 657. Buthus australis 647. — occitanus 647. Byctiscus betulae 491. Byrrhidae 424. Byrrhus 424. Byturidae 428. Byturus tomentosus 428. Caeciliidae 120. Caecilius piceus 120. Caenia halophila 347. Caenis harrisella 62. ‚Calamistrum der Spinnen 655. Calandra granaria 503. — oryzae 505. Calidea bohemanni 142. Callidium variabile 474. — violaceum 475. Callidulidae 259. Callima inachis 296. Callimeninae 87. Callimorpha dominula 247. — quadripunctaria 247. Calliphora erythrocephala 352. — vomitoria 353. Callipodoidea 22. Callophrys rubi 214. 297. Calocoris sexguttatus 153. Calofermes flavicollis 118. Calopterygidae 66. Calopteryx splendens 66. — virgo 66. Calosoma inquisitor 381. — retieulatum 381. — serutator 380. — sycophanta 380. Calyptera 341. Campodea 45. — cookei 46. — staphylinus 46. Campodeidae 45. Camponotinae 634. Camponotus femoratus 637. — herculaneus 637. — ligniperda 636. — pubescens 637. — senex 688. Cantharidae 406. Cantharinae 406. Cantharis fusca 406. 407. Capitulum der Milben 677. Capnia nigra 70. / Sachregiſter. Caponia 656. Capritermes 112. Capsidae 153. Carabidae 377. Carabinae 378. Carabus 373. 378. — auratus 379. — auronitens 380. — coriaceus 380. — hortensis 379. Carcinocoris binghami 149. Carebara 626. Carpocapsa pomonella 238. — saltitans 239. Cassida equestris 487. — nebulosa 486. — viridis 487. Cassidini 486. Castniidae 245. Cataclysta lemnata 245. Catocala elocata 267. — fraxini 267. — nupta 267. Cecidomyia destructor 318. 550. Cecidomyidae 317. Celonites abbreviatus 578. Celyphidae 347. Celyphus 347. Cemiostoma coffeella 227. — seytella 227. Cemiostominae 227. Centrotus cornutus 159. Cephenomyia stimulator 368. Cephidae 532. Cephus pygmaeus 533. Cerambycidae 470. Cerambyeinae 473. Cerambyx cerdo 473, — heros 473. Cerapterus horsfieldi 392. Ceratocampidae 275. Ceratophyes typhoeus 454. Ceratopogon 316. Ceratopsyllus sciurorum 370. Cerceris arenaria 574. — bupresticida 574. — tuberculata 574. Cerci 45. Cercopidae 159. Cercopis sanguinolenta 160. Cercyon 427. Ceroplastes ceriferus 189. Cerura furcula 270. Cetonia aeruginosa 269. — aurata 468. — cuprea 469. — floricola 469. — speciosissima 469, Cetoninae 467. Ceutorrhynchinae 502. Ceutorrhynchus sulcicollis 502. Chalastogastra 521. Chalcididae 545. Chalcidinae 545. Chalcophora mariana 416. 539. Chalcosiidae 248. Chalicodoma muraria 598. Chamäleonsfliege 324. Charaeas graminis 264. Charagia ramsayi 217. Charipinae 556. Chartergus chartarius 585. Cheimatobia boreata 281. — brumata 41. 282, Chelicerata 639. Chelidurella acanthopygia 104. Chelifer cancroides 649. — eimicoides 649. Chelizeren der Spinnenkerfe 639. Chermes abietis 177. Chermesidae 177. Chernes cimicoides 649. Chiasognathus granti 447. Chigger 371. Chilocorus kuwanae 433. Chilognatha 18. Chilopoda 29. chinch bug 146. Chiracanthium nutrix 666. Chironomidae 315. N F Chironomus plumosus 16. Chitin 4. Chlamydolycus trabeatus 408. - Chloeon 57. — dipterum 63. Chloridea obsoleta 264. Chloropidae 343. Chlorops nasuta 344. — taeniopus 343. Chordeumidae 23. Chordeumoidea 23. Chordotonalorgane 9. Choerocampa celerio 284. 8 Chorosoma schillingi 136. 144. Chortophila brassicae 350. Chresmodidae 81. 5 5 Chrysididae 560. J Chryſippusfalter 288. Chrysiridia croesus 279. . Chrysis bombycida 562. — ignita 561. 579. — shanghaiensis 562. Chrysocarabus auronitens 380. Chrysochlora gloriosa 483, 4 Chrysomela fastuosa 483. u — graminis 483. N Chrysomelidae 479. Chrysomelini 482. Chrysopa perla 195. = — septempunctata 195. Chrysophanus phlaeas 297. — virgaureae 297. Chrysopidae 195. Chrysops caecutiens 328. Cicadetta montana 165. Cicadidae 163. Cicadina 154. Cicadula sexnotata 162. N Cicindela campestris 374. 375. — hybrida 375. ö — — maritima 375. — quadrilineata 375. — roseiventris 375. 3 Cicindelidae 374. en r Ze A Ei Ba ET Ze ei ar Ze ’ r n r Cimbex femorata 524. Cimbicinae 524. Cimex columbarius 152. — hirundinis 152. — lectularius 151. — pipistrelli 152. Cimicidae 151. Cionus 499. — fraxini 500. . — gibbifrons 500. — scrophulariae 500. Citheronia regalis 275. Cixius nervosus 156. Clambidae 404. Claviger 626. — testaceus 399. Clavigerinae 398. Cleonus ophthalmicus 574. Cleptes semiaurata 564. Cleptinae 564. Cleridae 411. Clerus formicarius 411. Climaciella grandis 196. Clubiona holosericea 667. — pallidula 667. Clubionidae 667. Clunio adriaticus 317. Clunioninae 317. Clypeus 36. Clytra quadripunctata 482. Clytrini 481. Clytus arietis 476. Cnaphalodes strobilobius 179. Cnemidocoptes 687. Cnemidotus caesus 390. Cnethocampidae 271. Coceidae 182. Coceinae 185. Coceinella repanda 433. — septempunctata 431. Coceinellidae 430. Coceinellinae 431. Coceiniglia del gelso 191. Coccos phoenillos 187. Coccotrypes dactyliperda 506. Coceus cacti 186. Cochlidiidae 221. Cochlidion limacodes 221. Cochylis ambiguella 233, 432. cockchafers 465. Cocytius antaeus 284. codling moth 238. Coleophora laricella 225. Coleophorinae 225. Coleoptera 372. Coleopteroidea 372. Coelioxys 601. — ducalis 602. — quadridentata 602. — rufescens 602. Collembola 48. Colletes 588. — ceunicularius 588. Collyris bonelli 376. Colobognatha 25. Coloradokäfer 483. Colossendeis colossea 692. Sachregiſter. Compsilura coneinnata 360. Coniopterygidae 202. Coenomyia ferruginea 326. Coenomyidae 326. Coenonympha pamphilus 290. Conopidae 341. Conopinae 342. Conops scutellatus 342. Conorhinus megisthus 150. — sanguisuga 150. Conwentzia psociformes 202. Copeognatha 119. Copiopteryx semiramis 276. Coprinae 457. . Copris 457. — hispanus 458. — lunaris 457. Coptosominae 144. Corcyra cephalonica 242. Cordulia aënea 69. — metallica 69. Cordylobia anthropophaga 354. — murium 354 Coreidae 144. Corethra plumicornis 315. Corixa femorata 137. — geoffroyi 137. — mercenaria 137. — striata 137. Corixidae 137. Corrodentia 109. Corydalidae 192. Corylophidae 404. Corynetidae 412. Corythoderus 457. Cosmopteryx scribaiella 229. Cossidae 217. Cossonidae 503. Cossus cossus 217. Costa der Hautflügler 520. Cotalpa lanigera 466. Cotton boll weevil 498. — — worm 264. cottony cushion scale 184. Coxa 38. Coxaldrüſen 639. Crabro 574. Crabronidae 570. Craspedosoma simile 23. Craspedosomidae 23. Craesus septentrionalis 530. Craterostigmidae 32. Craterostigmophora 32. Cremastogaster 619. — parabiotica 625. Creophilus maxillosus 544. Cribellum der Spinnen 655. Criocerini 480. Crioceris asparagi 481. — duodecimpunctata 481. — lilii 432. 481, Crossocosmia sericaria 860. Cryptinae 537. Cryptocerata 136. Cryptolaemus montrouzieri 432. Cryptophaginae 430. Cryptops hortensis 34. 697 Cryptorrhynchinae 497. Cryptorrhynchus lapathi 497. Cteniza ariana 330. Otenocephalus canis 370. — felis 370. Ctenolepisma ciliata 53. Ctenophora atrata 310. Ctenopsyllidae 370. Ctenopsyllus musculi 370. Cubitermes fungifaber 114 Cucujidae 429. Cucujo 415. Cucujus 429. Culex annulatus 313. — pipiens 312. Curculionidae 494. Curtilla vulgaris 93. Cyelidius elongatus 470. Cyclopodia greffi 367. Cyclorrhapha 308. 334. Cyclostomi 543. Cylindroiulus 24. Cymatophoridae 268. Cynipidae 551. Cynipinae 556. Cynips 553. 3 — aptera 558. — gallae-tinctoriae 558. — quereus calicis 558. — — folii 556. Cyphocrania gigas 83. Cyphoderus albinos 50. — colurus-50. Cytodites nudus 697. Cytolichinae 686. Cytolichus nudus 697. Dacnusa 544. Dactylopiinae 186. Dactylopius coccus 186. — longispinus 185. Dalmannia punctata 342. Danaida archippus 288. — chrysippus 288. Danaidinae 288. Daphnis nerii 287. Darm der Schmetterlinge 213. Darmkanal der Inſekten 5. Daſſelfliege des Rindes 361. Dasychira pudibunda 256. Dasypoda plumipes 591. Deckelſchlüpfer 308. 334. Deckflügler 372. Decticinae 89. Decticus verrucivorus 89. Degeeria nivalis 50. Deilephila euphorbiae 287. — lineata 284. Delias eucharis 302. Delphax furcifera 157. — saccharicida 157. Demodecidae 689. Demodex folliculorum 689. Dendroctonus micans 512. Dendrolimus pini 249. 550. — segregatus 251. Dermaleichinae 687. 698 Dermanyssus gallinae 679. Dermaptera 102. — genuina 103. Dermatobia cyaniventris 362. Dermatophilidae 371. Dermatophilus penetrans 371. Dermestes 421. — bicolor 422. — lardarius 422. — vulpinus 422. Dermestidae 421. Deronectes griseostriatus 389. Desis 665. Desmonota variolosa 487. Desoria glacialis 50. Deutovum 682. 684. Dexia rustica 358. Dexiinae 358. Diaea dorsata 670. Diactor bilineatus 144. Diamphidia simplex 486. Diapheromera femorata 83. Diaspinae 189. Diaspis pentagona 190, 433. Diastrophus rubi 560. Dichthadoide Königinnen der Trei- beranteife 617. Dickkopffalter 245. Dickkopffliegen 341. Dickmaulrüßler 502. Dickſchwanzſkorpion 647. Dieranorrhina smithi 468. Dieranura vinula 269. Dicrogenium rosmarus 563. Diebsameiſen 625. Diebskäfer, Gemeiner 420. — Meſſinggelber 421. Diebsweſpe, Halbgoldene 564. Dielis formosa 569. Diestramena marmorata 91. Dinarchus dasypus 87. Dinarda 627. Dinoponera grandis 617. Dioctria oelandica 332, Diopsidae 347. Diplatyidae 103. Diplatys longisetosa 103. Diplolepis disticha 553. — quercus folii 556. Diplopoda 18. Diplosis aphidomyza 318. Diplura 45. Dipneumones 656. 659. Diprion pini 526. Diptera 305. Dipteroidea 305. Discoxenus 398. Diskoidalzelle der Zweiflügler 306. Diſtelfalter 293. Diversicornia 406. Dociostaurus maroccanus 97. Docophoridae 127. Docophorus platyrrhynchus 124. Dolchweſpe, Rotſtirnige 568. Dolichoderinae 633. Dolichoderus debilis 625. - — gibboso-analis 242. Sachregiſter. Dolichoderus 633. Dolichopodidae 334. Dolichopus claviger 834. Dolomedes fimbriatus 672. Dolycoris baccarum 141. Denacia crassipes 480. Donaciini 480. Doppelfüßler 18. Doppelſchwänze 45. Dorcadion carinatum 477. — fuliginator 477. Dorcus parallelopipedus 449, Dornfingerſpinne 666. Dornſchrecken 102. Dornzikade 159. Dorthesia urticae 183. Dorylinae 397. 629. Dorylini 629. Doryloxenus lujae 397. — transfuga 398. Dorylus fimbriatus 629. Doryphora decemlineata 483. Drahtwürmer 413. quadripunetatus Dreihorn 454. Dreizackmiſtkäfer 454. Drepana falcataria 259. Drepanidae 259. Drohnenbrütigkeit 613. Drohnenſchlacht der Honigbiene 615. Drosophila ampelophila 344. — fenestrarum 344. — funebris 344. — rubrostriata 344. Drosophilidae 344. Duftorgane der Schmetterlinge 214. Dukatenfalter 297. Dungfliege, Gemeine 349. Dungkäfer 456. Dynastes hercules 467. Dynastinae 466. Dyschirius 384. Dyscritina 103. Dysdera 656. Dysdercus nigrofasciatus 147. — suturellus 146. | Dysderidae 659. Dytiscidae 385. Dytiscus latissimus 388. — marginalis 386. Eccoptogaster ratzeburgi 513. Eecoptogasterinae 513. Ecdyurus fluminum 62. Echidnophaga ambulans 367. Echinomyia fera 358. Echinophthiriidae 131. Echinophthirius 131. Echte Gäſte der Ameiſen 626. — Inſekten 43. Eeitonini 629. Eckflügler 292. Ectobia lapponica 76. Edessinae 144. Eiablage 14. Eichelbohrer, Großer 498. — Kleiner 498. 2; Eichenblattroller 493. Eichenbock, Großer 473. Eichengallweſpe, Gemeine 556. Eichenkernkäfer, Brauner 517. Eichenminiermotte 223. Eichenprozeſſionsſpinner 272. Eichenſchillerchen 296. Eichenſchrecke 89. Eichenſplintkäfer 506. Eichenwickler 235. Eichhörnchenfloh 370. Eier der Inſekten 14. Eierpaketler 71. Eileiter 12. Eingeweidenervenſpſtem 7. Einmieter (Gallweſpen) 554. — der Ameiſen 627. Eintagsfliege, Gemeine 59. Eintagsfliegen 55. Eismohrenfalter 289. Eisvogel, Großer 295. Eizähne 41. Elapheozygum 144. Elaphrus riparius 3882. Elasmostethus griseus 143. Elater sanguineus 414. Elateridae 413. Elcanidae 85. Elefantenkotkäfer 459. Elefantenlaus 130. 3 N (Flügeldecken der DE Embin ramburi 108. Embien 107. Embiidina 107. Empidae 332. . Empis borealis 332. 2 — poplitea 333. 1 — tesselata 332. Empusa egena 80. Enantioneura 269. Encyrtinae 546. Enddarm 5. Endromiidae 259. 0 Endromis versicolora 259. Be Engerlinge der Daſſelfliegen 361. — des Maikäfers 463. a. Enhydrinae 391. Enoicyla pusilla 211. Entenfederling 125. Entenlaus 125. Entoma 3. Entomobrya nivalis 50. Entomobryidae 50. Eosentomidae 43. Epeira diademata 660. Ephemera vulgata 59. Ephemerida 55. Ephestia kühniella 240, Ephialtes manifestator 539. Ephippiger ephippiger 87. — vitium 87. > Ephippigerinae 87. Ephydra riparia 347. Ephydridae 347. NT) Epiblemum scenicum 670. Epicauta pennsylvanica 443. — rouxi 444. — tenuicollis 443. — vittata 443. Epicopeia 273. Epicopiidae 273. Epilachninae 433. Epimorpha 33, Epimorphe Entwidelung 14. Epiphora bauhiniae 278, — — var. damarensis 278, Epipsocus 120. Epipyropidae 232. Epipyrops barberiana 232. Epitheca bimaculata 65. Equites 302. Erastria scitula 266. Erbſenkäfer 488. Erdbeermottenlaus 168. Erdbienen 590. Erdböcke 477. Erdeulen 262. Erdfahl 262. Erdl 485 Gelbſtreifiger 486. rdflö Erdhunemel 604. Erdkäfer 451. Erdkrebs 93. Erdläufer 34. Erdſchnaken 309. Erebia glacialis 289. f Erebus agrippina 216. 267. Eremiaphila turcica 80. Eremit 469. Eremobia eisti 100. Eresidae 673. Eresus niger 673. Erethmoptera browni 317. Ergates faber 472. Ericerus pe-la 189. Erigone atra 662. Eriocampa adumbrata 529. Eriocampoides annulipes 529. — limacina 529. Eriocephalia sparmanella 216. Eriocephalidae 216. Eriococcus mannifer 186. Eriophyes piri 690. — vitis 690. . Eriophyidae 689. Eriophyiformes 689. 3 Eristalis arbustorum 336. — tenax 336. Erlenwürger 497. Erlenzikade 161. Ernährung der Inſekten 5. Ernobius abietis 420. — nigrinum 420. Ernteameife (Messor) 620. Ernteameiſen (Pogonomyrmex) 633. Erntemilben 683. Erotylidae 430. Erotylus histrio 430. Erſchütterungsſinn 9. Eryeininae 291. Sachregiſter. Erzfalter 245. Erzweſpen 545. Eſchendaſttäfer 506. — Großer 512. — Kleiner 512. Eſchenblattſchaber 500. Eſchenzikade 165. Eſpenblattkäfer, Roter 482. Eſſigfliege, Große 344. — Kleine 344. Etrusa raja 248. Eucera longicornis 593. Euchloe cardamines 301. Eudermaptera 104. Eugaster guyoni 87. Eugereon boeckingi 135. Euglossa 593. Eulen 259. Eumenes arcuatus 579. — coarctata 561. 579. — dimidiatipennis 579. — pomiformis 579. Eumeninae 578. Euparia 457. Euphyllura olivina 167. Euporocarbus hortensis 379. Euproctis chrysorrhoea 257. _ Eupterotidae 275. Euryacantha 84. : Eurycorypha 88. Eurycus 303. Eurydema festivum 142. — oleraceum 141. — ornatum 142. Eurygaster hottentotta 143. — maura 143. — nigrocucullata 142. Eurypauropodidae 28. Eurypelma hentzi 577. Eurypterus fischeri 641. Eurytominae 547. Eurytrachelus bucephalus 447. Euscorpius carpathicus 648. — italicus 648. Eustegasta buprestoides 77. Eutermes monoceros 111. 117. — pyriformis 114. — saltans 112, Euzephale Larven 307. _ Evania appendigaster 565. Evaniidae 565. ; Evaniinae 565. Evetria resinella 237. Exenterus marginatorius 540. Exochilum eircumflexum 540. Exodontes 544. Extremitäten 4. Eylais 685. Facettenauge 7 Fächerflügler 517. Fächerkäfer 444. Fächertracheen der Spinnenkerfe 640 Fadenhafte 200. Fadenſkorpion, Langſchwänziger 650. 699 Falangen 652. Falculifer rostratus 687. Faltenmücke, Gefleckte 311. Faltenweſpen 578. Fanghaft, re 196. Fangſchrecken 77. Färbergallweſpe 558. Färbermilbe 683. Faulbrutfliege 338. Faule Grete 141. Faultierſchmetterling 242. Fecenia 673. Federlinge 122. Federmotten 274. Federmücke 316. Fedſchenkiinen 566. Feigenweſpe 41. 548. Feiſtkäfer 436. Feldbienen 613. Feldgrille 91. Feldſandkäfer 374. Feldſkorpion 647. Felſenſpringer 51. Femur 38. Fenſterfliege, Buckelige 330. Fenſterpfriemenmücke 324. Ferſe der Zweiflügler 306. Fettkörpergewebe 6. Feuergoldweſpe 561. Feuerhummel 606. Feuerkäfer (Feuerwanze) 146. — Scharlachroter 433. ö Feuerſchröter 447. Feuervögelchen 297. Feuerwanze, Flügelloſe 146. Fichtenbock, Zerſtörender 474. Fichtenborkenkäfer, Furchenflüge⸗ liger 516. Fichtengallaus 177. Fichtenholzweſpe 522. Fichtenrindenlaus 174. Fichtenrüſſelkäfer 494. Fichtenſchwärmer 571. Figites scutellaris 556. Figitinae 555. Filipalpia 70. Filzlaus 130. Fingerkäfer 383. Fiſchchen 53. 649. Flagellum der Skorpionſpinnen Flata rubra 157. flax seed (Puppe der Heſſenfliege) 319. Fledermausfliegen 366. Fledermauswanze 152. Fleiſchfliege, Gemeine 357. Flexiliventres 544. — Fliedermotte 228. Fliege, Schwarze 133. — Spaniſche 438. 442. — Weiße 168. Fliegen, Eigentliche 341. Fliegenartige Inſekten 305. Flöhe 367. Flohfliege 339. Slohtäfer (Biberkäfer, Platypsyl- lidae) 404. 700 Flohkäfer (Erdflöhe, Halterini) 485. Flöhkrauteule 261. Florfliege, Gemeine 195. Flügel der Inſekten 39. — der Schmetterlinge 213. Flügelgeäder 40. Flügelſchüppchen der Fliegen 341. Foenus affectator 565. Foramina repugnatoria 20. Forcipula decolyi 104. Forda 636. Forficula auricularia 104. Forficulidae 104. Forleule 265. Formica 627. — einerea 158. — fusca 397. 405. 617. 623. 625. 635. — pratensis 469. 678. — rubicunda 624. — rufa 469. 624. 634. — rufibarbis 397. 625. — sanguinea 623. 635. — subsericea 624. Formicaleo tetragrammicus 199. Formicidae 615. Formicoxenus 617. — nitidulus 626. Fortpflanzungsdrüſen 12. Franſenflügler 131. Franzoſen (Feuerwanzen) 146. — (Schaben) 72. Freia⸗Vöglein 431. Frenatae 217. Frenulum der Schmetterlinge 213. Fritfliege 343. Frons 36. Froſtſpanner, Großer 281. — Kleiner 281. — Orangegelber 281. Fruchtbohrer 491. Frühlingsmiſtkäfer 454. Fuchs, Großer 293. — Kleiner 293. Fühler 8. 37. Fühlerborſte der Zweiflügler 305. Fühlerkäfer 392. Fühlerkerfe 18. Fühlerſprache der Ameiſen 622. Fühlerwanzen 140. Fußjinſhi 156. Fulgora phosphorea 156. Fulgoridae 156. Fumea casta 230. Furca 48. Furchenſchwimmer 388. Fuß der Inſekten 38. Fußmilbe des Huhnes 687. Gabelnaſe 468. Gabelſchwanz, Großer 269. Galeodes araneoides 652. — caspius 438. 652. — orientalis 651. Galeodidae 652, Galerucella luteola 485. Sachregiſter. Galerucini 485. Galgulidae 137. Galleria mellonella 240. Gallmilben 689. Gallmücken 317. Gallweſpen 551. Gamasidae 677. Gamasiformes 677. Gamasus coleoptratorum 678. — crassipes 678. — fucorum 678. Gamma 262. 5 Gartenhaarmücke 321. Gartenlaubkäfer 465. Gartenlaufkäfer 379. Gaſtameiſen 626. Gäſte, echte, der Ameiſen 626. Gasteracantha 662. Gasteruption affectator 565. Gasteruptioninae 565. Gastrilegina 595. Gastrophilus intestinalis 364. Gebirgsgoldhenne 380. Gefäßſyſtem der Inſekten 6. Gehirn der Inſekten 6. Geißblattgeiſtchen 233. Geißelſkorpione 649. 650. Geiſtchen 232. Gelbrand, Breiter 388. Gelbrandkäfer 386. Gelechia gossypiella 228. Gelechiinae 228. Gemüſeeulen 261. Genae 36. Generationswechſel 15. Geometridae 279. Geomyzidae 346. Geophilidae 34. Geophilomorpha 34. Geophilus longicornis 35. Geotrupes stercorarius 452. 454. — sylvaticus 453. — vernalis 454. Geotrupinae 452, Geradflügler 71. Gerber 472. Gerridae 148. Gerris lacustris 148, Geruchsformſinn 8. Geruchsortsſinn 8. Geruchsſinn 8. Gervaisiidae 27. Geſchmacksſinn 8. Geſchwulſtfliege der Mäuſe 354. Geſpenſtlaufkäfer 384. Geſpenſtſchrecken 80. Geenen Bor 530. Geſpinſtmotten 226. 360. 546. Geſpinſtweſpe, Rotköpfige 532. Getreideblaſenfuß 133. Getreidehalmweſpe 533. Getreidelaubkäfer 466. Getreidelaufkäfer 377. 383. Getreideſchmalkäfer 330. 429. Ghilianella 143. Gichtweſpe 565. Gierkäfer 374. K „ 5 PETER Gigantostraca 640. 641. Glanzkäfer 428. Glasflügler 219. Glattweſpe 574. Gleichflügler 66. Gletſcherfloh 50. Gliederpuppe der Inſekten 41. Gliederſpringſchwänze 49. Gliedmaßen der Inſekten 3. 4. Gliricola gracilis 125. Glischrochilus quadripustulatus 428. Glomeridae 25. Glomeris marginata 26. — montivaga 26. — pustulata 26. Glossina 355. — morsitans 357. — palpalis 356. Glossosoma vernale 208. Glucken 248. Glücksſpinne, Schwarze 662. Glyciphagus 686. — domesticus 687. Glyphotaelius 206. Gnathocerus cornutus 435. Gnathochilarium 19. Gnitzen 321. Goldafter 257. — Heller 258. Goldaugen 195. Goldaugenbremſe 328. Goldeulen 261. Goldfliegen 353. Goldjungfer 69. Goldkäfer 468. Goldſchmied 379. Goldſmith Beetle 466. Goldweſpen 560. Goliathkäfer 468. Goliathus druryi 468. Gomphocerus rufus 98. Gonepteryx cleopatra 302. — rhamni 301. Goniocotes nigromaculatus 123. Goniodes colchicus 127. — falcicornis 122. 127. — numidae 123. — stylifer 127. Goniodidae 127. Goniozus audouini 563. Gonometa postica 251. Gonopoden 20. Gonyleptidae 676. Goera pilosa 211. Gossyparia mannifera 186. Gottesanbeterin, Europäiſche 78. Gottesſchäflein 431. Grabweſpen 570. Gracilaria syringella 228. Gracilariinae 228. Graeffea coccophaga 84. Grammodes algira 260. Grammotaulius atomarius 210. Grapholitha funebrana 238. 3 Graphosoma italicum 142. — lineatum 142. - 7. u N eee F BEIDE TE ü N ee © we Graseule 264. Grashalmmilbe 684. Grasmilben 682. Grillen 91. Großflügler 191. Großſchmetterlinge 246. Grübchenhaare der Spinnenkerfe 640. Grübler 363. Grünaugen 343. Grünaugenfliege, Kleine 344. Grünzirpe 162. Gryllidae 91. Gryllotalpa vulgaris 93. Gryllotalpinae 93. Gryllus campestris 91. — domesticus 92. — proboscideus 205. i Gundermann⸗Gallweſpe 560. Gürtelſkolopender 33. Gürtelweſpe, Indiſche 583. Gymnocerata 140. Gymnopleurus 457. gypsy moth 253. Gyrinidae 390. Gyrinus natator 391. Gyropidae 124. Gyropus ovalis 125. Haarbalgmilbe 689. Haarlinge 122. Haarmücken 320. Habichtsfliege, Oländiſche 332. Habrobracon hebetor 544. Hadena basilinea 261. Haferlaus 172. Hafthaare 38. Haftläppchen der Zweiflügler 306. Haftlappen der Inſekten 38. Hainwürfelfalter 291. Halacaridae 685. Halbinſekten 42. Halictus quadrieinetus 589. Haliplidae 390. Halixodes chitonis 685. Halmfliege, Gelbe 343. Halmwanze 136. Halmweſpen 532. Halobates germanus 149. Halomachilis maritimus 53. Halsſchild der Käfer 373. a Halteren der Zweiflügler 305. Haltica oleracea 486. Halticini 485. Hamadryas 289. Haematomyzidae 131: Haematomyzus proboscideus 130. Haematopinidae 130. Haematopinus ovillus 128. — pedalis 128. — piliferus 130. — suis 130. Haematopota pluvialis 327. Haemonia zosterae 480. Hamulus der Radnetzſpinnen 660. Handkäfer 384. A Sachregiſter. Harlekin 282. Harlekins⸗Hüpfſpinne 670. Harlekinwanze 142. harlequin bug 142. Harmoncopoda 246. Harpactor iracundus 150. Harpalinae 381. Harpegnathus cruentatus 629. Harpyia furcula 270. — vinula 269. Harzrüſſelkäfer 496. Haſeldickkopfkäfer 492. Haſelnußbohrer 498. . 188. Hausbock 4 Hangeoſſe der Ameiſen 627. Hausgrille 92. Hausmilbe 687. Hausmutter 262. Hausſchabe, Kleine braune 72. Hausſpinne 664. Haustellum der Waſſermotte 205. auswanzen 151. autbremſe des Rehwildes 363. — des Rindes 361. — des Rotwildes 363. Hautengerlinge des Wildes 362. Hautflügler 518. Hautmilben 687. Häutungen 4. . a glaucippe 302. Heckenweißling 300. Hedychrum nobile 562. Heerwurm 319. : Heerwurmtrauermücke 319. Heidebiene, Deutiche 615. Heidekrautwurzelfalter 217. Heimchen 92. — Japaniſches 91. Heldbock 473. Helea latipalpis 316. — myrmecophila 316. — resinicola 316. Heliconinae 291. Heliconius melpomene 291. — rhea 291. Heliocopris colossus 459. Heliophila unipunctata 263. Heliothis armigera 264. Heliothripshaemorrhoidalis133. Helophilus trivittatus 336. Helorus anomalipes 550. — paradoxus 550. Hemaris fuciformis 287. Hemerobiidae 201. Hemerobius nervosus 556. Hemianamorphoſe 21. 31. Hemicoceinae 187. 8 Hemimeroidea 107. Hemimerus talpoides 107. Hemimetabole Verwandlung 41. Hemipteroidea 134. Hemiteles areator 537. Hemizephale Larven 307. Hepialidae 217. Hepialus hecta 217. Heptagenia fluminum 62. R 701 Herbſtmooke 87. Herkuleskäfer 467. Herkuleskugler 27. Hermannia picea 685. Herpetophygas fasciatus 477. Herrgottskäfer 431. Herz der Inſekten 6. Herzwürmer 261. Hesperiidae 245. Heſſenfliege 318. 550. hessian fly 318. Hestia 289. Hetaera piera 289. Hetaerius ferrugineus 405. Heterocera 269. Heterodinae 87. Heterogonie 15. Heteromera 433. Heteronychinae 562. Heteroptera 135. Heufalter, Kleiner 290. Heupferd, 1 . 90. — Grünes 86. 90. Heuſchrecken 94 Heuſchreckenjäger 570. Heuſprengſel 98. Heuwürmer 234. Hexapoda 36. Hexisopodidae 653. Hibernia aurantiaria 281. — defoliaria 281. Hierodula guttata 79. Hilara maura 333. — sartor 333. Himantarium gabrielis 34. Himbeer: under 220. Himbeerkäfer 428 Himmelsfalter 296. Hinterbruſt der Inſekten 36. Hinterkiefer der Inſekten 37. Hinterkiefertaſter der Schmetter⸗ linge 212. Hinterleib der Inſekten 37. Hippobosca equina 366. Hippoboscidae 365. Hirmoneura obscura 328. Hirſchkäfer 446. 447. Hirſchlausfliege 366. Hister fimetarius 405. Histeridae 405. Höhlendungkäfer 457. Höhlenkäfer, Dalmatiniſcher 384. Höhlenſpinne 659. Holomerentoma 43. Holomerie 14. Holometabole Verwandlung 41. Holometopae 341. Holonychinae 562. Holopsyllus glacialis 370. Holopyga ovata 562. Holothyridae 677. Holothyrus braueri 677. Holzameiſe, Glänzendſchwarze 395. 635. Holzbiene, Blaue 592. — Indiſche 592. Holzbienen 568. 591. 702 Holzbock 680. Holzbohrer (Cossidae) 217. — Ungleicher (Xyleborus) 516. Holzbrüter 507. Holzfliege, Schwarze 326. Holzweſpen 521. Holzwürmer 419. Homalomyia canicularis 350. Homalota 394. Homoptera 153. Honigameiſen 621. Honigbiene 608. — Europäiſche 615. Honigtau 172. Hopfenlaus 174. Hopfenſpinnmilbe 683. Hoplocampa fulvicornis 528. — minuta 528. Hörhaare der Inſekten 9. — der Spinnenkerfe 640. Hormambogaster expansus 144. Hormomyia fagi 318. Hormurus 647. Horniſſen 583. Horniſſenſchwärmer 219. Hornmilben 685. Hörſinn 9. Hoſenbiene 591. Hottentottenwanze 142. Hüftdrüſen des Hundertfüßlers 30. Hüfte der Inſekten 38. Hühnermilbe 687. Hühnerzecke 682. Hummelmilbe 678. Hummeln 602. Hummelſchwärmer 287. Hummelſchwebfliege 336. Hundefloh 370. Hundelaus (echte) 130. — (unechte) 126. Hundertfüßler 29. Hundstagsfliege 350. Hungerweſpen, Echte 565. Hyalopterus pruni 174. Hydracarinidae 684. Hydrarachna geographica 684. Hydrometra lacustris 148. — stagnorum 148. Hydrophilidae 425. Hydrophilus piceus 425. Hydroporus griseostriatus 389. — halensis 389. Hydropsyche 207. Hydrotimetes natans 501. Hydrous piceus 425. Hydryphantes 685. Hygrobia tarda 390. Hygrobiidae 390. Hylastes ater 509. Hylastinus trifolii 506. Hylecoetus dermestoides 416. Hylemyia antiqua 350. Hylesininae 509. Hylesinus crenatus 506. 512. — fraxini 512. — minor 512. — piniperda 506. 509. r Sachregiſter. Hylobiinae 494. Hylobius abietis 494. Hyloicus pinastri 287. Hylotoma rosae 527. Hylotominae 527. Hylotrupes bajulus 474. Hymenoptera 518. Hymenopteroidea 518. Hymenopus coronatus 79. Hypermetamorphoſe der Meloiden 442. Hypocera incrassata 338. Hypochilidae 659. Hypoderma actaeon 363. — bovis 361. — diana 363. Hypodermis 4. Hypolimnas aleippoides 296. — inaria 296. — misippus 295. Hyponomeuta cognatellus 227. 546. — malinellus 226. — padellus 358. 360. — rorellus 358. Hyponomeutinae 226. Hypopharynx 38. 306. Hypopus 686. Hypostoma 19. Hypsidae 259. Hystrichopsylla talpae 371. Hystrichopsyllidae 370. Ibalia leucospoides 555. Ibaliinae 555. Ibisfliege 326. Icerya purchasi 184. 432. Ichneumon annulator 537. — pisorius 537. Ichneumonidae 536. Ichneumoninae 537. Idolothrips spectrum 131. Idolum diabolicum 80. Nee 358. Igelfloh 370. Imago 41. Immen 518. Immenkäfer, Gemeiner 411. Inquilinen (Gallweſpen) 554. Insecta, Inſekten 36. Inſtinkthandlungen 11. Inyofliege 354. f Iphiaulax 542. Ipidae 505. N Ipinae 514. Ips bidentatus 506. — chalcographus 516. — micrographus 516. — quadripustulatus 428. — typographus 506. 508. 514. Iridomyrmex 628. Ischnocera 126. Ischnopsyllidae 371. Ischyropsalidae 675. Ismenefalter 290. Isoptera 109. Isosoma tritiei 547. L londinensis 24. Isotoma saltans 50. Be Ithomiinae 289. 7 Ixodes ricinus 680. 5 Ixodidae 679. 2 Jacobsiella magellanica 309. 2 Jagdſpinne, Gerandete 672. = Janus compressus 533. Ey Japygidae 47. 1 Japyx megalocerus 48. 3 — solifugus 47. Jaspidea celsia 260. Jaſpiseule 260. Jassidae 162. Jassus sexnotatus 162. Johannisbeerlaus 174. Johannisbeerſchildlaus 188. Joint worm 547. Juchtenkäfer 469. Jugatae 216. ; Jugum der Schmetterlinge 213 Julidae 23. Sulifäfer 465. Juloidea 23. Julus guttulatus 24. — helveticus 24. nn 8 A *. 1 een u 1 3 — sabulosus 23. Jungfer i 247. Junikäfer 465. OR, r Kabinettkäfer 423. 2 Käfer 372. i — — (Güchenſchabe) 75. Käfermilbe, Gemeine 678. Kaffeebock, Oſtafrikaniſcher 477. Kaffeebohrer, Weißer 477. Kaffeekäfer 489. Kaffeelaus 185. Kaffeemotte 227. Kaiſermantel 292. Kaiſerzikade 163. Kakaomotte 228. Kakaowanze 153. Kakerlak 74. 2 aan den, Sole emen * Nrw 269. Kammücke, Schwarze 310. Kammwanzen 150. : Kampodeoide Bauart 46. Kantharidin 437. 438. Karakurt 663. Karmeſinbeere 187. Kartoffelkäfer, Amerikaniſcher 483. Käſefliege 348. Käfemilbe, Gemeine 686. Katipo 664. Katydid 86. Katzenfloh 370. Kaumagen 5. Kegelbienen 601. Kegelnaſe 150. Kellerſpinne 659. Kerbtiere 3. Kerfe, Kerftiere 3. Kermes ilicis 187. Kermes vermilio 187. Kermesbeere 187. Kermes⸗Schildläuſe 187. Keulenblattweſpen 524. Keulenkäfer 398. — Gelber 399. Kieferfühler der Spinnenkerfe 639. Kieferfüße 29. Kiefernbaſtkäfer, Schwarzer 509. Kiefernbeſtandsrüſſelkäfer 496. Kiefernblattweſpe, Gemeine 526. 537. 541. e Zweizähniger Kie enbaſchhornblaltweſpe 526. Kieferneule 265. Kieferngeſpinſtweſpe 531. 3 Kiefernharzgallenwickler 237. Kiefernholzweſpe 523. Kiefernmarkkäfer, Großer 508. 509. — Kleiner 512. Kiefernprachtkäfer, Großer 416. Kiefernprozeſſionsſpinner 273. Kiefernrüſſelkäfer, Kleiner 495. Kiefernſchwärmer 287. Kiefernſpanner 283. Kiefernſpinner 249. 550. — Oſtaſiatiſcher 251. Kiefernſtangen⸗Rüſſelkäfer 496. Kieferntriebwickler 236. i Kiefertaſter der Inſekten 37. — der Spinnenkerfe 639. Kieferunterlippe 19. Kiemen 6. Kirſchblattweſpe 529. Kirſchenſpanner 280. Kirſchfliege 345. Klammerfuße der Schmetterlings⸗ raupen 215. \ Klatſchmohnmauerbiene 595. Kleiderlaus 130. Kleidermotte 224. Kleinbäuche 542. Kleinſchmetterlinge 217. Kleinzirpen 154. Klopfkäfer 418. — Bunter 419. Knopperngallweſpe 558. f Knotenameiſe, Gemeine 631. Knotenweſpen 574. Köcherfliegen 205. Kohlerdfloh 486. Kohleule 261. Kohlfliege 350. Kohlgallenrüßler 502. Kohlmottenlaus 168. Kohlſchnake, Große 309. Kohlwanze 141. Kohlweißling, Großer 299. — Kleiner 300. Kokospalmen⸗Nashornkäfer 467. Kolbenwaſſerkäfer 425. — Großer ſchwarzer 425. Kolobognathen 25. Koloradokäfer 483. Koloßkäfer 459. Kolumbatſcher Mücke 322. — Sachregiſter. Kommaſchildlaus 189. Koenenia mirabilis 651. Königskrabbe 641. Kopfbruſt 639. Kopfhänger 256. Kopfhornſchröter 449. Kopflaus 128. Kopfſchild 36. Kopulationsfüße 20. Körbchen der ſtaatenbildenden Bie⸗ nen 602. Kornkäfer 503. Kornkrebs 503. Kornmotte 223. Korrodentien 109. f Koſchenillelaus, Echte 186. — Polniſche 184. Kotkäfer 457. Kotſackblattweſpen 530. Kotwanze, Gemeine 150. Koxalſäckchen 44. Krabbenſpinnen 669. Kranzfüße der Schmetterlingsrau⸗ pen 215. Krätzmilbe des Menſchen 688. Krätzmilben 685. Kräuterdieb 420. Krebswanze 149. Kreiſelweſpe 572. a Pe 660. Kribbelmücken 321. Kronenfangſchrecke 79. Krötenfliege 354. Kroton 680. Küchenſchabe, Große ſchwarze 74. Kuckucksbienen 587. Kuckucksſpeichel 160. Schwarzbeiniger Kugelſpinne, Geſtreifte 662. Kugelſpinnen 662. Kugelſpringſchwänze 50. Kupferſtecher 516. Kurzflügelkäfer 393. Kurzflüglerartige 393. Küſtenſpringer 53. Labellen der Zweiflügler 305. Labia minor 107. Labidura riparia 104. Labiduridae 103. Labiidae 107. Labiopoden 37. Labium 37. Labrum 38. 306. Labyrinthſpinne 665. Laccometopus teuerii 147. Lachninae 174. Lachnosterna 465. 569. Lachnus grossus 174. — pinicola 175. Lackſchildlaus, Aſiatiſche 187. — Nordamerikaniſche 188. Laelius trogodermatis 563. Lamellicornia 445, Lamia textor 477. Lamiinae 477. 703 ! Laemobothriidae 126. Laemobothrium atrum 123, — giganteum 126. — titan 126. Lamprima 447. Lampyrinae 408, Lampyris noctiluca 409. Landhafte 194. Landkarte 294. Landwanzen 140. Langbeinfliegen 333. Langfühler, Grüner 225. Langhornbienen 593. Langkäfer 489. Langwanzen 145. Laniatores 676. Laphria gibbosa 331. Lärchenminiermotte 225. Laria lentis 488, . — pisorum 488. — rufimana 488. Lariidae 487. Larvenzeit 14. Lasia vigintiquattuorpunctata 433. Lasiocampa staudingeri 251. Lasiocampidae 248. Lasius brunneus 173. — flavus 173. 399. 636. 679. — fuliginosus 395. 619. 635. — mixtus 679. — niger 158. 635. Laterigradae 669. Laternaria phosphorea 156. Laternenträger, Europäiſcher 156. — Surinamenſiſcher 156. Lathridiidae 430. N Lathridius bergrothi 430. — minutus 430. | Latrodectes 654. — lugubris 663. — scelio 664. — tredecimguttatus 663. Laubſchrecken 85. Lauer (Singzikade) 166. Laufkäfer 377. — Goldgrüner 379. Laufmilben 682. Läuſe 127. Lausfliegen 365. Laverninae 229. Lecaniinae 188. Lecanium corni 188. — coryli 188. — hesperidum 182. — oleae 266. — ribis 188. — robiniae 188. Ledafalter 290. Lederlaufkäfer 380. Lederwanzen 144. Ledra aurita 161. Lehmweſpen 578. Leibeshöhle 6. Lemoniidae 275. Lepidocampa weberi 47. Lepidophthiriidae 131. 704 Lepidoptera 211. Lepidopteroidea 202. Lepidosaphes ulmi 189. Lepidoselaga crassipes 573. Lepisma saccharina 53. Lepismatidae 53. Lepismina emiliae 54. Leptididae 325. Leptinidae 404. Leptinotarsa decemlineata 483. Leptinus testaceus 404. Leptis lineola 326. — strigosa 325. Leptoceridae 209. Leptocerus aterrimus 210. — senilis 210. Leptura maculata 475. — rubra 475. Lepturini 475. Leptus autumnalis 682. Lestes viridis 67. Leſtobioſe der Ameiſen 625. Lethrus apterus 455. — cephalotes 455. Leuchtkäfer 408. — Großer 409. — Italieniſcher 409. — Kleiner 409. Leucaniinae 263. Leucotermes lueifugus 118. Liaskäfer 374. Libelle, Vierfleckige 68. Libellen 63. Libellula depressa 69. — quadrimaculata 68. Libellulidae 68. Liburnia furcifera 157. Libythea celtis 291. Libytheinae 291. Liebſtöckelnäſcher 502. lightning bug 410. Ligniperda muricata 418. Liguſterſchwärmer 287. Lilienhähnchen 432. 481. Limacodidae 221. Limenitis populi 295. Limnaecia phragmitella 229. Limnobates stagnorum 148. Limnophila 311. Limnophilidae 210. Limnophilus flavicornis 210. — rhombicus 206. 210. Limothrips cerealium 133. — denticornis 133. — polyphemus 641. Lina populi 482. Lindenprachtkäfer 416. Linienſchwärmer 284. Linognathus pedalis 128. Linſenkäfer 488. Linyphia montana 622. Linyphiidae 662. Liodes 401. Liogryllus campestris 91. Lipeuridae 127. Lipeurus baculus 127. — luridus 123. Sachregiſter. Lipeurus numidianus 123. Liphistiidae 657. Liphistius 654. Liphyra brassolis 298. Liponeura cinerascens 324. Lipoptena cervi 366. Lithobiidae 32. Lithobiomorpha 32. Lithobius forficatus 32. — matulicii 32. Litomastix 546. Livia juncorum 167. Lixus paraplecticus 501. Lobopelta elongata 629. Locusta 86. — caudata 90. — cantans 90. — tartarica 102. — viridissima 90. Locustidae 85. 94, Locustinae 90. Locustopsidae 85. Loelaps laevis 678. — marginatus 678. Lomechusa 395. 626. 627. — strumosa 395. Lonchoptera lutea 334. Lonchopteridae 334. Lophococcus maximus 184. Lophoproctus lucidus 28. Lophopteryx camelina 269. Lophyrinae 526. Lophyrus pini 526, 537. 541. Lucanidae 446. Lucanus capreolus 447. — cervus 447. -Lueilia bufonivora 354. — caesar 353. — sericata 354. — silvarum 354. Luciola italica 409. Ludia 276. Luftröhren 6. Luftſackmilbe 687. Lühdorfia puziloi 303. Lycaena argus 297. — arion 297. — bellargus 297. Lycaeninae 296. Lyeinae 407. Lycosa arenicola 672. — saccata 671. — tarentula 672. — tigrina 672. Lycosidae 671. Lyctocoris campestris 153. Lyda 531. — erythrocephalus 532. — hypotrophicus 532. Lydinae 530. i Lygaeidae 145. Lygaeus equestris 145. Lygistopterus sanguineus 407. Lymantria dispar 252. — monacha 253. — xar. eremita 253. Lymantriidae 251. 7 ie ee ra en er A — Lymexylon navale 418. Lymexylonidae 416. Lyonetia clerkella 227. Lyonetiinae 227. Lysiopetalidae 22. Lysiopetaloidea 22. Lysiopetalum carinatum 22. Lytta vesicatoria 442. Machilidae 51. Machilis alternata 52. — polypoda 52. Macrocorixa geoffroyi 137. Macrofrenatae 246. Macroglossa stellatarum 284. Macrosiphum rosae 169. 7 Madoryx 284. = Magenbremſe des Pferdes 364. Maikäfer, Gemeiner 461. — Grüner 465. Si Maiskäfer 435. F Maiwürmer 438. A Makroergaten der Ameifen 617. Malachiinae 410. WM Malachius aeneus 410. Malacosoma neustria 251. Malariamücken 314. Mallophaga 122. Malmignatte 663. Malpighiſche Gefäße 6. Mamestra brassicae 261. — persicariae 261. Mandibeln 37. Mannaſchildlaus 186. Mannazikade 165. Mansa pulchricornis 538. Mantichora herculeana 376. Mantidae 77. Mantis religiosa 78. | Mantispa styriaca 196. Mantispidae 196. Margarodes polonicus 184. Margarodinae 184. Marienfäden 669. Marienkäfer 430. Marmignatto 663 Märzfliege 320. Masarinae 578. Maskenbienen 587. Mastotermidae 118. Mauerbienen 595. Mauerſpinnentöter 575. Mauerweſpe 579. Maulbeerbaumſchildlaus 191. Maulbeerſpinner 274. Maulkäfer, Weißfleckiger 489. Maulwurfsfloh 371. Maulwurfsgrille, Gemeine 93. Mäuſefloh 370. Mauszahnrüßler 502. Maxillarpalpen der Spinnenkerfe 639. Marillopoden 37. May-beetles 465. mealy bugs 185. \ Mecaptera 202. 3 Mechanitinae 289. enn Meconema thalassinum 89. — varium 89. Meconeminae 89. Mecostethi 676. Meereserdläufer 35. Meeresläufer 149. Meeresmilben 685. Megachile centuncularis 597. — pluto 595. Megaloblatta longipennis IR Megaloptera 191. Megalothorax minimus 50. Megasoma actaeon 467. — elephas 467. Megistorrhynchus longirostris 328. Megninia cubitalis 687. Mehlkäfer 434. Mehlläuſe 185. Mehlmilbe 686. Mehlmotte 240. Mehlwurm 434. Mehlzünsler 239. Meißelkiefler 119. Melanitis ismene 290. ie leda 290. Melanoplus spretus 96. Melasoma populi 482. — tremulae 482. Melecta armata 602. Meligethes aeneus 428. Melipona 607. — nigra 608. Meliponinae 607. Melitaea 292. Mellinus arvensis 574. Melos proscarabeus 438. 439. Meloidae 437. Melolontha hippocastani 461. — melolontha 461. Melolonthinae 461. Melophagus ovinus 366. Membracidae 159. Menopon extraneum 125. — longitarsus 125. — pallidum 125. Menoponidae 125. Menſchenfloh 369. Menſchenfreſſerfliege 354. Mermithergate Arbeiter der Amei⸗ ſen 618. Mesotermitidae 118. Mesothorax 36. Messor 620. Metalljungfer 69. Metallkäfer 466. Metameren 3. Metamorphoſe 41. Metatarsus der Zweiflügler 306. Metatermitidae 119. Metathorax 36. a Methoca ichneumonoides 567. Metoecus paradoxus 444. Miastor metroloas 318. Microbregma emarginatum 420. Microcryptus basizonus 537. Microdon devius 337. Brehm, Tierleben. 4. Aufl. Sachregister. Microfrenatae 217. Microgasterinae 542. Micronecta minutissima 137. Micropterygidae 216. Micropteryx calthella 216. Micryphantidae 662, Mikrogynen der Ameiſen 617. Milben 676. Mimacraea 296. Mimikry 16. Minierzikade, Gerippte 156. Miſippusfalter 295. Miſtbienen 336. Miſtkäfer 373. 452. Miſtſtutzkäfer 405. Misumena vatia 669. Miteſſer 689. Mitteilungsvermögen 12. Mittelbruſt 36. Mitteldarm 5. Mittelkiefer 37. — Stinkender 394. Möhrenfliege 346. Molanna angustata 209. Molannidae 209. Momphinae 229. Monanthia echii 147. Monarch 288. Mondhornkäfer 457. — Spaniſcher 458. Mondvogel 269. Monedula signata 573. — surinamensis 573. Monomorium floricola 617. — pharaonis 631. Mononyx indicus 137. Monophlebinae 183. Moosmilben 684. Moosſkorpion 648. Mordfliegen 331. Mordwanze, Rote 150. Mormolyce phyllodes 384. Morpho 291. Morphoninae 290. Mörtelbiene 598. 602. Moſchusbock 473. Motten, Echte 222. — im engeren Sinne 223. Mottenläuſe 167. Mouhotia gloriosa 384. Mücken 309. Mückenhafte 204. Müller (Mehlkäfer) 434. Mumienpuppe 42. Murgantia histrionica 142. Musca domestica 351. Muſchelmilbe 685. Muscidae 350. 4 Muscina stabulans 355. Muskarien 341. Muskelmagen 5. Muskeln 5. Mutilla europaea 566. — rufipes 567. Mutillidae 566. II. Band. Mikroergaten der Ameiſen 617. Moderkäfer, Goldſtreifiger 394. . — n N e 705 Mycetophagidae 430. Mycetophilidae 319. Myelophilus minor 512. — piniperda 508. 509. Myiaſis 352. Mylabris cincta 438, Mylacridae 72. Mymarinae 551. Myopa buccata 342. Myopinae 342. Myrientomata 42. Myriopoda 18. Myrmecia sanguinea 629. Myrmecium fuscum 668. Myrmecocystus mexicanus var. horti-deorum 621. Myrmecokleptie 55. Myrmecophana fallax 88. Myrmecophila acervorum 94. Myrmecophilinae (Ameijengril- len) 94. Myrmecoris gracilis 153. Myrmedonia funesta 395. — laticollis 395. e les Guede Uyrmalson formicalynx 197. — formicarius 199. Myrmeleonidae 197. Myrmica laevinodis 631. — rubida 631. — rubra 631. — ruginodis 631. Myrmicinae 630. Myrmilla 566. 15 Myrmosa melanocephala 567. Mytilaspis pomorum 189. Myzus ribis 174. Nabis lativentris 136. eee Großes 214. 79. ö — Kleines 279. — Mittleres 279. Nachtpfauenaugen 275. Nacktfliegen 346. Nanosella fungi 372. 404. Naſenbremſe des Schafes 363. Naſenſchrecke 97. Naſenträger 112. Nashornkäfer 467. Nasuti 112. Natada velutina 222. Naucoridae 139. Naucoris cimicoides 139. Necrobia ruficollis 412. Necrophorus vespillo 401. Nectarina 586. Necydalis major 475. Neelidae 50. Neides tipularius 147. Nemastoma lugubre 676. Nemastomatidae 676. Nematocera 309. Nematus gallicola 530. — septentrionalis 530. — ventricosus 529. 45 706 \ Nemeobius lucina 291. Nemesia caementaria 658. — meridionalis 659. — sauvagei 658. . Nemestrina 328. Nemestrinidae 328. Nemobius silvestris 92. Nemognatha lutea 444. Nemopistha 200. Nemoptera bipennis 200. — lusitanica 200. Nemopteridae 200. Nemura glacialis 70. Neoponera unidentata 668. Neotropinae 289. Nepa cinerea 138. Nephila 656. 662. Nepidae 138. Nepticula centifoliella 222, Nepticulinae 222. Neryi recurrentes der echten Schlupfweſpen 536. — — der Hautflügler 520. Neſſelfalter 293. Neſſelröhrenlaus 183. 432: Neſſelſauger 167. Neſtgeruch 10. 622. Netzfalter 294. Netzflügler 191. Netzmücken 323. Netzwanzen 147. Neuronia clathrata 209. — regina 209. Neuropteroidea 191. Neurotoma pyri 532. Nicagus obscurus 447. Nicoletia subterranea 53. Niptus hololeucus 421. Nitidulidae 428, Noctuidae 259. Nomada 600. Nonne 253. Notodontidae 269. Notonecta glauca 140. Notonectidae 140. Notostigmophora 31. Novius cardinalis 184. 432. Nußbohrer 497. Nutzen der Inſekten 17. Nutzholzborkenkäfer, 507. 516. Nyctalemon 279. Nycteribiidae 366. Nyctipao walkeri 214. - Nymphalididae 288. Nymphalinae 291. Nymphon grossipes 691. Nymphophanſtadium 682. 684. Nymphula nymphaeata 244. Oberflächenfarben 5. Oberkiefer 37. Oberlippe 38. Oberſchenkel 38. Obisium muscorum 648. Obſtmade 238. Geſtreifter Obſtſpitzmäuschen 490. Sachregiſter. Oecanthinae 93. | Oecanthus pellucens 93. Oeciacus hirundinis 152. Oecophylla 637. Ocypus olens 394. : Oedipoda coerulescens 100.1 Oedipodinae 98. Odonata 63. Odontaeus armiger 454. — mobilicornis 454. Odynerus murarius 579. Ogcodes 330. Ohrwurm, Gemeiner 104. Ohrwürmer 102. — echte 103. Ohrzikade 161. Oleanderſchildlaus 191. Oleanderſchwärmer 284. 287. Oligotoma michaeli 109. Olivenmottenmaus 169. Olivenſauger 167. Olkäfer 438. 439. Omoplata pallidipennis 487. Oenophilinae 228. Onthophagus trochiscobius 457. — vacca 457. Onychocerus scorpio 470. Onychothrips tepperi 134. Oothecaria 71. Ophion luteus 537. Ophioninae 540. Opilionen 673. f Opisicoetus personatus 150. Opisthandria 25. Opisthoneura 246. Orangenfliege 168. Orangenlaus 185. Orchestes fagi 499. Orchestinae 499. Ordensband, Blaues 267. — Rotes 267. Ordensbänder 266. Orectochilus villosus 391. Orgyia antiqua 258. Oribatidae 685. Orina 483. Orneodes hexadactyla 233. Orneodidae 232. Ornithobius bucephalus 123. Ornithodorus moubata 682. Ornithoptera 304. Orsodacna cerasi 480. Orthezia urticae 183, 432. Orthomorpha gracilis 22. Orthophlebiidae 203. Orthoptera 71. Orthorrhapha 307. 309. Orthorrhaphe Fliegen 324. Orya barbarica 35. Oryctes nasicornis 467. 569. — rhinoceros 467. Oryssidae 524. Oryssus abietinus 524. Oseinis frit 343. Osmia bicolor 595. — bicornis 596. smaragdina 298. — maculatus 200. | Palaeococcus fuscipennis 183. Panorpidae 203. Osmia papaveris 595. — rubicola 595. 22 Osmoderma eremita 469. Osmylidae 200. Osmylus chrysops 200. Ostomidae 428. Oestridae 361. Oestrus ovis 363. Otiorrhynchinae 502. Otiorrhynchus ligustici 502. — niger 502. Ovenvogeltjes 54. Ovidukt 12. i Oxycarenus 3 147775755 Ozellen 8. 2er 5 15 Br N n 5 RN ES SIR 5 FUN F mm 5 W . 1 Pachyiulus foetidissimus 20. Pachypodistes goeldii 242. Pachyrrhina maculosa 310. Pachytelia unicolor 230. Pachytilus einerascens 98. — danicus 98. — migratorioides 101. — migratorius 98. Paederus riparius 394. Pädogeneſis 13. Palaeococcinae 183. Palaeodictyoptera 42. 191. Palaeontina oolithica 222. Palaeontinidae 211. = Palaeopsylla klebsiana 67. Palingenia longicauda 61. 3 Palmenbohrer 503. Palmenſches Organ 56. Palomena prasina 141. Palophus 80. Palpares libelluloides 199. — voeltzkowi 199. Palpatores 674. Palpen der Schmetterlinge 212. Palpi labiales 37. Palpigradi 650. Palpus maxillaris 37. Palustra 247. Pamphagus marmoratus 100. Pamphiliinae 530. Pamphilius campestris 531. — erythrocephalus 532. — flaviventris 532. — hypotrophicus 532. — inanitus 532. — pratensis 531. — stellatus 531. Panchlora viridis 77. Ä Pandinus dictator 647. 5 — imperator 645. a Pangonia 327. Panolis griseovariegata 265. — piniperda 265. 571. Panorpa communis 203. — klugi 203. Panorpata 202. e ui. 2, a # e 4 1 N . * 0 RE NEE Pantopoda 690. Panurgus 591. 2 — 2 ER Panzeria rudis 360. Papataſtimücke 317. Papilio aristolochiae 804. — dardanus 304. — — antinorii 304. — machaon 302. — podalirius 303. — polymnestor parinda 304. Papilionidae 299. Papilioninae 302. Pappelblattkäfer, Roter 482. Pappelbock, Großer 478. Pappelſchwärmer 286. Parabioſe der Ameiſen 625. Paracletus 636. Paradermaptera 104. Paradesmus gracilis 22. Paraponyx stratiotata 245. Pararge aegeria 290. — egerides 290. Paraſiten der Ameiſen 8 Parasitidae 677. Parasitiformes 677. Parasitisma segregata 359. Parasitus crassipes 678. — fucorum 678. Parnassius apollo 303. — charltonius 303. — delius 304. — imperator 303. - — mnemosyne 304. Parnopes grandior 562. — — par. iris 563. N Parthenogeneſis 13. Pasimachus 384. Passalidae 450. Patagia der Schmetterlinge 213. Patella der Spinnentiere 643. Pauropoda 28. Pauropodidae 28. Paururus 523. Paussidae 392. Paussus favieri 392. — turcicus 392. Pedes coronati der Schmetter⸗ lingsraupen 215. — semicoronati der Schmetter⸗ lngsraupen 215. Pedicinus 130. Pediculidae 128. Pediculopsis graminum 684. Pediculus affinis 130. — capitis 128. E cervicalis 128. — columbae 127. — corporis 130. — melittae 440. — vestimenti 130. Pedipalpa (Geißelſkorpione) 649. Pedipalpen der Spinnenkerfe 639. Pelobiidae 390. Pelogonidae 137. Pelopoeus destillatorius 575. Pelzbienen 593. Pelzfreſſer 122. Fate 423. Pelzmotte 224. PER BTL * RR =: NE Sachregiſter. | Pentaplatharthrus 392. Pentatoma rufipes 142. Pentatomidae 140. Pentila 296. Pepsis 576. — formosa 577. Periclistus brandti 559. periodical cicada 164. Periplaneta americana 76. — australasiae 76. — orientalis 74. Perkinsiella saccharicida 157. Perla cephalotes 70. .. — maxima 70. Perliden 69. Perlmutterfalter 292. Perophoridae 274. Pezomachus zonatus 538. Pfeileulen 260. Pfeilgiftkäfer 486. Pfeilſchwanzkrebſe 641. Pferdelausfliege 366. Pferdemücken 309. firſichblattlaus 174. flanzenfreſſer 470. flanzengrillen 93. flanzenläuſe 169. flanzenſauger 153. flanzenſpinnen 683. flanzenweſpen 521. flaumenblattlaus 174. flaumenblattweſpe 528. Pflaumenbohrer 491. Pflaumenmade 238. Pflaumenwickler 238. Pfriemenmücken 324. Phalacrocera replicata 311. Phalangida 673. Phalangidae 674. Phalangium opilio 674. Phalera bucephala 269. Phanaeus 458. Phaneropterinae 88. Pharao⸗Ameiſen 631. Phasma putidum 83. Phasmoidea 80. Phausis splendidula 409. Pheidole pallidula 392. BERERBSRR — Pheidologeton diversus 355. Phemphiginae 175. Phenacoccus aceris 183. Philanisus plebeius 207. Philanthus triangulum 574. Philaenus lineatus 160. — spumarius 160. Philharmostes integer 452. Philopotamidae 208. Philopotamus variegatus 208. Philösamia cynthia 276. Phlebonotus pallens 77. Phlebopenes splendidulus 545. Phlebotominae 317. Phlebotomus papatasii 317. Phloea 143. Phloeothripidae 134. Phloeothrips oryzae 134. Phloeotrupes grandis 505. 707 Pholcidae 664. Pholeus phalangioides 664. Phonoctonus fasciatus 150. Phora incrassata 338. Phorbia ceparum 350. Phoreſie 649. Phoridae 338. "3 Phorodon humuli 174. Phoronaeus rusticus 450. 451. Phosphuga atrata 403. Photinus pyralis 410. Phromnia marginella 157. Phryganea 207. — grandis 209. — striata 206. Phryganeidae 209. Phryganistria 80. Phthirius pubis 130. Phyllaphis fagi 171. Phyllium siccifolium 83. Phyllobiinae 501. Phyllobius 502. Phyllocnistinae 228. Phyllocoptes vitis 690. Phyllodromia germanica 72 Phyllomorpha laciniata 145. Phyllopertha horticola 465. Phyllotreta lepidii 486. — nemorum 486. — nigripes 486. | Phylloxera vastatrix 179. Phymata 149. Phymatidae 149. Phymatodes testaceus 474. Phyſogaſtrie 339. 398. Physokermes abietis 489. Physopus nicotianae 132. — primulae 132. Physostomidae 126. Physostomum 126. — sulphureum 123. Phytophaga 470. Phytoptidae 689. Picromerus bidens 142. Pieridinae 299. > Pieris brassicae 299. — napi 214. — rapae 300. Pigmentfarben 5. Pillendreher 459. — Heiliger 459. — Kleiner 459. Pillenkäfer 424. Pillenweſpe 561. 579. — Apfelförmige 579. Pilzmücken 319. Pilzzüchter (Ameiſen) 632. Pimelia sulcata 436. Pimpla instigator 537. 539. — oculatoria 539. * Pimplinae 538. Pinienprozeſſionsſpinner 273. Pinſelfüßler 27. Pinſelkäfer 469. — Gebänderter 469. Piophila casei 348. Pipunculidae 337. 45 * Be Balls ch ee en « n 2 r 898 — *. 708 id bigeminum 681. Pisaura 672. ; Pisauridae 672. . Pissodes harcyniae 496. — notatus 495. E piceae 496. — pini 496. — piniphilus 496. Pissodinae 495. Pityogenes chalcographus 516. Plagiostethi 674. Planipennia 194. Plattbauch 69. Platycleis grisea 570. Platygaster herricki 550. Platygasterinae 550. Platyparea poeciloptera 346. Platypezidae 338. Platyphyllum concavum 86, Platypinae 517. Platypsyllidae 404. Platypsyllus castoris 404. Platypus compositus 517. — cylindrus 517. Platystomus albinus 489. Platythomisus octomaculatus 670 Plecoptera 69. Pleuroiulus 21. Pleurostigmophora 32. Plusia 261. 546. — gamma 262. ‚Plusiotis 466. Poecilonota rutilans 416. Podacanthus wilkensoni 84. Podilegina 588. Podura aquatica 49. Poduridae 49. Pogonomyrmex barbatus 616. — — var. molefaciens 633. Pogonostoma 377. Polistes biglumis 581. — gallicus 517. 581. Pollenia rudis 353. Polochrum repandum 568. Polybia scutellaris 585. Polychrosis botrana 235. Polyctenidae 150. Polydesmidae 21. Polydesmoidea 21. Polydesmus.complanatus 21. Polydrosus 502. 4 Polyergus rufescens 625. Polygnotus minutus 551. Polymitarcys virgo 60. Polynema ovulorum 300. Polyphaga 393. Polyphylla fullo 463. Polyrhachis argentea 638. — bicolor 638. Polyxenus 28. — lagurus 27. Polyzonidae 25. Polyzonium germanicum 25. — rosealbum 20. Polyzosteria 450. Pompilidae 575. Sachregiſter. Pompilus quadripunctatus 576. — quinquenotatus 576. — viaticus 575. Pomponia imperatoria 163. Ponera contracta 629. Ponerinae 629. Pontania proxima 530. Porphyrophorus polonicus 184. Porthesia auriflua 258. — similis 258. Poſtantennalorgane 48. Postscutellum 37. Potosia 469. Prachtkäfer 415. — Bweiflediger 416. Prachtkäfertöter 574. Praetarsus 38. Prestwichia aquatica 547. Preußen (Schaben) 72. Priemelblaſenfuß 132. Priocnemis 578. Prioninae 472. Prionus coriarius 472. Prisopus flabelliformis 83. Proapina 587. - Problattoidea 72. Proboseis der Aſſelſpinnen 690. Procrustes coriaceus 380. Proctotrupidae 549. Proculus 450. Prodoxinae 229. Projapygidae 47. Projapyx stylifer 47. Pronuba yuccasella 229. Propolis der Honigbiene 612. Proscarabaeus proscarabaeus 439. Prosopis 566. 587, Prosopistoma 62. Prosoplecta coccinella 77. Prospaltella berlesei 191. Protephemeridae 59. Proterandria 21. Protermitidae 118. Prothorax 36. Protocalliphora azurea 353. Protodermaptera 103. Protogryllus dobbertensis 91. Protoparce albiplaga 212. Protopaussus 392. Proturen 42. Prozeſſionsſpinner 271. Pruſſaki 72. Psammocharidae 575. Psechridae 673. Psechrus 663. Pselaphidae 398. Pselaphognatha 27. Pseudochrysalis der Meloiden 440. Pseudococcinae 185. Pseudococcus adonidum 185. — citri 185. Pſeudogynen der Ameiſen 618. 627. Pseudophana europaea 156. Pseudophonus pubescens 383. Pseudoscorpionida 648. Dan 5 302. Pseudosiricidae 521. Pſeudoſkorpione 648. Pseudovespa austriaca 585. Psila rosae 846. Psilidae 346. Psithyrus 606. — vestalis 607. Psocidae 120. Psocus longicornis 119. Psophus stridulus 100. Psyche 231. — viciella 230. Psychidae 230. Pſychiſche Fähigkeiten 10. Psychoda sexpunctata 317. Psychodidae 317. Psylla alni 167. — mali 166. — pyricola 166. — pyrisuga 166. Psyllina 166. 1 Pteromalinae 546. 2 Pteromalus puparum 300. 546. 8 Pteronus ribesii 529. = Pterophoridae 274. Pterophylla camellifolia 86. Pterostigma der Hautflügler 520. Pterygota, Pterygoten 55. 2 Pterygotus oft er denne > 641. Ptiliidae 404. Ptinidae 420. Ptinus fur 420. Ptychoptera contaminata 311. Ptychopteridae 311. ee Ptyelus 161. 8 n — spumarius 160. EN, Pulex cheopis 370. Re £ 2 Ai — irritans 369. se Pulicidae 369. Be Pulieiphora 339. 2 2 Pulvillen der Zweiflügler 306. Pulvinaria betulae 188. — psidii 432. — vitis 188. a Punktaugen 8. 640. Punktkäfer 404. Pupa libera 41. — obtecta 42. Pupipara 365. Buppengebärende 365. Buppenräuber 380. | = Buppenſtadium 41. 2 Buppenzehriweipe 546. Le Burpurbär 247. Burpurzifade 157. Pyenogonida 690. Pyenogonum littorale 691. Pygidium der Käfer 373. Pyralidae 239. Pyralis farinalis 239. Pyrameis atalanta 292. — cardui 293. 2 Pyrgomantis singularis 77. Pyrgomorphinae 100. I; ut 1 1 TOR N 4 * Me We A en Lu ene e en a D * 3 — — Be l coccinea 433. Pyrochroidae 433. 8 Pyrophorus noctilucus 415. Pyrrhocoridae 146. Fyrrhocoris apterus 146. Queckeneule 261. Quedius 394. Nachenbrenſe des Pferdes 363. — des Rehwildes 363. | Nadnetzſpinnen 660. Rainweidenſchwärmer 287. Ranatra linearis 138. Rapskäfer 428. Rapsmauszahnrüßler 502. Raſchkäfer 382. Rattenfloh 370. Rattenſchwanzmade 337. Raubameiſe, Blutrote 623. 635. Raubbienen 611. Raubfliege, Horniſſenartige 331. Raubfliegen 331. Raubkäfer 374. Raubwanzen 150. Rauchſackſpinner 230. Raupen der Schmetterlinge 215. Raupenfliegen 255. 358. Raupentöter 380. Rebenſchildlaus 188. Rebenſtecher 491. Reblaus 179. Rebſchneider 455. Rebſtockgallmilbe 690. Receptaculum seminis 12. Reduviidae 150. Reduviolus lativentris 136. Reduvius personatus 150. Regenbremſe 327. ifer 447. Rehſchröter 449. Reisblaſenfuß 134. Reiskäfer 505. Reisſchmetterling 290. Retinia resinella 237. Rhagium bifasciatum 476. — indagator 476. L inquisitor 476. — mordax 476. — sycophanta 476. Rhagiumkäfer, Zune diger 476. . Rhagodes melanus 653. Rhagoletis cerasi 345. Rhammura filicauda 542. - Rhaphidia ophiopsis 194. Rhaphidiina 193. Rhescyntis morti 276. 8 Rhienoda 76. Rhinocoris iracundus 150. 5 Rhinoestrus purpureus 363. Rhipidius pectinicornis 445. Rhipiphoridae 444. - Rhizobius lophantae 433. _ Rhizotrogus solstitialis 465. Rhodites eglanteriae 559. — rosae 559. _ Rhogogastera viridis 528. Sachregiſter. Rhombognathus 685. Rhopalocampta forestan 246. Rhopalocera 288. Rhopalosiphum persicae 174. Rhyacophila vulgaris 208. Rhyacophilidae 208. Rhynchites alliariae 491. — betulae 493. . — betuleti 491. — cupreus 491. — pubescens 490. Rhynchitidae 490. Rhynchophora 488. Rhynchota 134. Rhyparia purpurata 247. Rliyphidae 324. Rhyphus fenestralis 324. Rhysodes sulcatus 392. Rhysodidae 392. Rhyssa persuasoria 538. Rieſenameiſe 637. Rieſenbaſtkäfer 512. Rieſenbiene, Indiſche 595. Rieſenbock 372. Rieſenborkenkäfer 505. Rieſeneule 267. Rieſenfingerkäfer 384. Rieſenhafte 199. Rieſenholzweſpe 522. . 615. Rieſenkäfer 466. Rieſenkerfe 640. Rieſenkugler 27. Rieſenläufer 33. Rieſenſchildlaus 184. Rieſenſkolopender 34. 5 Vierpunktiger Nünderlaus, Zweibindige 120. Rindenläuſe 119. Rindenplattkäfer 429. Rindenſchaumzikade 161. Rindenwanzen 147. Rinderbremſe, Gemeine 327. Rinderzecke 680. Ringaugenfalter 290. Ringel (Segmente) 3. Ringelfuß 256. Ningelſpinner 251. Ritter 302. Ritterwanze, Bunte 145. Robbenläuſe 131. Röhrenblaſenfüßler 134. Röhrenſpinnen 667. Rohreulen 263. Rohrjungfer, Grüne 67. Rohrmotte 229. Rollweſpe, Rotſchenkelige 569. Roſenblattlaus 169. Roſenblattweſpe 527. Roſeneule 268. Roſengallweſpe, Gemeine 559. Roſengeſpinſtweſpe 532. Roſenkäfer 467. — Gemeiner 468. — Kleiner 465. Roſenminiermotte 222. =. 709 Roſenzikaden 162. Roßameiſe 636. Roſſis Geſpenſtſchrecke 82. Roßkäfer, Großer 452. 454. Roßkaſtanien⸗Maikäfer 461. Roſtbinde 290. Rotſchwanz 256. Rübenweißling 214. Rückenatmer 31. Rückenſchwimmer 140. Ruderwanze, Geſtreifte 137. Rundmäuler 543. 5 Rüſſel der Zweiflügler 305. Rüſſelkäfer 494. — Echte 494. a — Großer brauner 494. — Schwarzer 502. Rüſſelträger 488. Ruſſen (Schwaben) 72. Rutelinae 465. be Rynchites interpunctatus 490. Rynchophorus palmarum 503. Saateule 263. Saatſchnellkäfer 414. Säbelſchrecken 85. Sackkäfer, Vierpunktiger 482. Sackſpinne 671. Sackſpinner 230. — Einfarbiger 230. Sackträgermotten 225. Saftfüßler 22. 5 Saftkugler 25. — Gerandeter 26. — Geſprenkelter 26. Saftlöcher 20. Sägebock 472. Sagra buqueti 479. — purpurea 480. Sagrini 479. Sahlbergella singularis 153. Saiſondimorphismus 15. Saissetia 266. Salda saltatoria 149. x Saldidae 149. Salius aviculus 578. Saltatoria 84. Salticidae 670. Samenblaſen 12. Samenkäfer 487. Samenleiter 12. Samentaſche 12. Samia cecropia 276. Samtameiſen 566. Samtmilbe, Gemeine 682. Sandbienen 590. Sandfloh 371. Sandkäfer 374. — Langhalſiger 376. Sandknotenweſpe 574. Sandſchnurfüßler 23. Sandweſpe, Gemeine 571. Sanguinea 627. San⸗Joſé⸗Schildlaus 189. Saperda carcharias 478. — populnea 478. Saphonocrus connatus 557. 710 Sapyga quinquepunctata 568. Sapygidae 568. Sarcophaga affinis 358. — carnaria 357. Sarcophagidae 357. Sarcopsylla penetrans 871. Sarcoptes mutans 687. — scabiei 688. Sarcoptidae 686. Sarcoptiformes 685. Sattelträgerſchrecken 87. Saturnia pavonia 279. — pyri 214. 279. — spini 279. Saturniidae 275. Satyrinae 289. Satyrus semele 290. Sauba 632. Sauerwurm 234, 438, Saugfüßler 25. — Deutſcher 25. der Schmetterlinge Sage der Schmetterlinge an 144. Scaphidiidae 405. Scapulae der Schmetterlinge 213. Scarabaeidae 451. Scarabaeus sacer 459. Scaridae 161. Searites 383. — gigas 384. — procerus 384. Scatophaga stercoraria 349. Scatophagidae 349. Scelimena producta 102. Scelioninae 550. Sceliphron destillatorius 575. — javanum 575. Scenopinidae 330. Scenopinus fenestralis 330. Schabe, Amerikaniſche 76. — Deutſche 72. — Indiſche 76. — Lappländiſche 76. — Orientaliſche 74. Schaben 71. Schaden der Inſekten 17. Schadonophanſtadium 682. e 366. Schafzecke 366. Schamlaus 130. Schaufelſkolopender 34. Scheckenfalter 292. Scheeresſchliffer 87. Scheibenbock, Blauer 475. Scheinauge 28. Scheinpuppe der Meloiden 440. Scheitel 36. Schenkelring 38. Schenkelſammler 588. Schenkelweſpe, Geſtielte 545. Schienenſammler 588. Schildchen der Käfer 373. Schildkäfer 486. — Nebeliger 486. Sachregister. Schildläuse 182. Schildmotten 221. Schildwanzen 140. Schilfkäfer 480. — Dickbeiniger 480. Schillerfalter, Großer 295. — Kleiner 295. Schimmelkäfer 404. Schistocerca gregaria 100. — paraensis 96. — peregrina 100. Schizometopae 350. Schizoneura lanigera 176. - — lanuginosa 175. — pyri 176. Schizonotidae 650. Schizophora 341. Schizophyllum 23. IE Schlafkrankheitsfliege 356. Schlammfliege 192, Schlankjungfer 67. Schlehenſpinner 258. Schlundganglien 7. Schlupfweſpen, Echte 536. Schmalbauchweſpen 565. Schmalbiene, Viergürtelige 589. Schmalbienen 589. Schmalbock, Gefleckter 475. Schmalböcke 475. Schmarotzerbienen 587. 600. Schmarotzerhummeln 606. Schmarotzermilben 677. Schmeißfliege, Blaue 352. Schmetterlinge 211. Schmetterlingsartige Inſekten 202. Schmetterlingshafte 199. Schmetterlingsmücke, Sechsfleckige 317. Schmetterlingsmücken 317. Schmiede (Schnellkäfer) 413. Schnabelgrille 205. Schnabelhafte 202. Schnabelkerfe 134. Schnakenwanze 147. Schnarrheuſchrecke 100. Schneckenmilbe 685. Schneider (Spinne) 673. Schnellkäfer 413. — Blutroter 414. — Mäuſegrauer 414. Schnepfenfliegen 325. Schnurfüßler 23. — Getupfter 24. — Schweizer 24. Schönbock, Veränderlicher 474. Schoenobius gigantellus 243. Schönwanze, Sechsfleckige 153. Schöpfrüſſel der Waſſermotten 205. Schreiner 477. Schreitwanzen 150. Schuppenläuſe 131. Schuſter (Spinne) 673. Schutzfärbung 16. Schwabe (Küchenſchabe) 72. 75. Schwalbenlausfliege 366. Schwebfliegen 334. See 517. Sechsfüßler 36. a 1 5 Schwalbenſchwanz 302. Schwalbenwanze 152. N Schwammfliege, Braune 201. 8 Schwammgallweſpe 553. 2 Schwammſpinner 252. Schwan (Schmetterling) 258. Schwärmer 283. — Schwarzkäfer 433. 1 Schweinelaus 130. Schwertweſpen 521. 523. Schwimmbeine 39. ' 2 Schwimmkäfer 385. Schwimmwanze, Gemeine 139. j Schwimmwanzen 139. a Schwinger, Schwingkölbchen der er Zweiflügler 40. 305.807. Sciara militaris 319. a Scirphaga praelata 243. Scolia flavifrons 568. ; — haemorrhoidalis 569. 5 Scoliidae 568. Scolioplanes crassipes 35. — maritimus 35. Scolopendra cingulata 33. — gigantea 34. — morsitans 34. Scolopendrella immaculata 29. Scolopendrellidae 29. 1 Scolopendridae 33. Scolopendromorpha 33. Scolytidae 505. Scolytinae 513. er an Re NN 8 1 Fe ’ * 1 4 an 8 A! 8 a ACER S N ER, g ee een e Y r 5 Wee f — — m ene 2 j 1 Scolytus geoffroyi 506. — 9 — intricatus 506. 12 — multistriatus 506. 1 — pruni 513. 1 — ratzeburgi 513. u — rugulosus 513. a a 1 Scopelosoma satellitium 266. Pi Scorpionida 645. 3 3 Scutellum 37. er Scutigera coleoptrata 31. — forceps 31. Scutigerella immaculata 29. Scutigeridae 31. er 2 * 5 r Seejungfer, Gemeine 66. Segelfalter 303. Segestria 656. — senoculata 659. Segmente 3. Seidenbienen 588. Seidenſpinnen 662. Seidenſpinner 274. — Chineſiſcher 277. — Japaniſcher 278. Seitenatmer 32. x Be Seitwärtsläufer 669. 2 Selenocosmia javanensis 657. 0 Senta maritima 263. Sepsidae 348. Seraphim 641. Sericostomatidae 211. Sericothrombium holosericeum 682. n A Serphidae 549. Sesia empiformis 220. — formicaeformis 221. Sesiidae 219. seventeen year locust 164. Siafu 629. 3 Sialidae 192. Siaialis flavilatera 192. 1 — fuliginosa 193. * — lutaria 192. Sichelflügler 259. — Weißer 259. Sichelweſpe 540. Siebenpunkt 431. Sigara minutissima 137. Silberfiſchchen 53. N Silbermundweſpen 574. Siilberſtrich 292. Silo nigricornis 211. Silpha atrata 403. p opaca 403. Silphidae 401. N Sil vanus surinamensis 330.429, Simuliidae 321. Simulium columbaczense 322. Sinagris cornuta 580. Singzikade, Javaniſche 154. Singzikaden 154. 163. Sinodendron cylindricum 449. Siphonophora rosae 169. Sirex gigas 522. — juvencus 523. Siricidae 521. Sisyphus schaefferi 459. Sisyra fuscata 201. Sisyridae 201. Sitaris humeralis 441. — muralis 441. Sitodrepa paniceum 420, Sitophilus granaria 503. — oryzae 505. Skarabäiden 451. Skelett 4. Skolopender, Biſſiger 34. Skorpione 645. Skorpionsfliege 203. Skorpionshaft, Gemeines 203. Skorpionſpinnen 649. Skorpionswanzen 138. Smaragdameiſe 637. Smerinthus ocellata 285. e populi 286. 2 Smicra sispes 545. Sminthuridae 51. Sminthurides penicillifer 51. Sminthurus fuscus 51. Soldat (Feuerwanze) 146. Soldatenkäfer 406. Solenopsis 625. Solifuga 651. Solpugidae 653. Sonnenkälbchen 430. Sonnenſchwebfliege 336. Sonnenwendkäfer 328. 465. Spaargoos 611. Spalgis epius 299. Spaltſchlüpfer 308. 309. e o Sen are j v 1 9 1 eee h a a NE ET, NN rn s Sachregiſter. 3 Spanische Flagge 247. — Fliegen 438. Spanner 279. Spargänfe 61. Spargelfliege 346. Spargelhähnchen 481. Spargelkäferchen 481. — Zwölfpunktiges 481. Spathegaster taschenbergi 557. Spatzendreckchen 233. Speckkäfer 421. 563. — Gemeiner 422. Speichel 6. Spelaeoglomeris racovitzae 26. Spercheus emarginatus 427. Sphaeridium scarabaeoides 428. Sphaeriidae 404. Sphaerocera subsultans 347. Sphaerodema molestum 139. Sphaerogaster 330. Sphaeromimus musicus 27. Sphaeropoeus hercules 27. Sphaerotheriidae 27. Sphaerotherium actaeon 27. Sphecodes 588. Sphecophila polybiarum 77. Sphecotypus niger 668. Sphegidae 570. Sphenophorus obscurus 503. Sphex lobatus 570. — maxillosus 570. Sphingidae 283. Sphingonotus coerulans 100. Sphinx convolvuli 286. — ligustri 237. — nerii 284. 287. — pinastri 571. Sphodromantis guttata 79. Spiegelzelle der echten Schlupf⸗ weſpen 536. Spießbock 473. Spilographa cerasi 345. Spinnen, Echte 653. Spinnenfliegen 366. Spinnenkerfe 639. Spinnenläufer 31. Spinnentiere 642. Spinnentöter 577. Spinner 274. Spinnfeld der Spinnen 655. Spinnwarzen der Spinnen 654. Spirachtha eurymedusa 398. Spirobolidae 25. Spirostreptidae 25. Spirostreptus seychellarum 19. 25. Spitzenquerader der Muscidae 350. Spitzling 143. Spitzmäuschen 490. Splintkäfer, Großer 513. — Kleiner 513. | Spondylinae 473. Spondylis buprestoides 473. Sprengſel 94. Springgabel 48. Springrüßler 499. * e „ ıi7 D a * . Are 2 5 . 972 * * e eee 2 u“ 0 RE 1 * 2 1 711 Springſchrecken 84. Springſchwänze 48. Springſpinnen 670. Stäbchenkugler 27. Stabwanze 138. Stachelbeermilbe, Rote 684. Stachelbeerſpanner 282. Stachelbeerweſpe, Gelbe 529. Stachelſpinnen 661. 662. Stalita schiödtei 659. — taenaria 659. Stallfliege 355. Stammringler 497. Staphylinidae 393. Staphylinoidea 393. Staphylinus caesareus 394. — olens 394. Staubhafte 202. Staublaus 121. Staubläuſe 119. 121. Stauronotus maroccanus 97. Stauropus fagi 270. Stechfliege, Gemeine 355. Stechfliegen 355. Stechmücke, Gemeine 312. — Geringelte 313. Stechweſpen 534. Stegodyphus gregarius 673. Stegomyia fasciata 314. Steinbrechwidderchen 248. Steinhummel 605. Steinläufer 32. — Brauner 32. Stelis nasuta 602. Stelzenwanzen 147. Stemmata 8. Stemmatoncopoda 217. Stengelbohrer 501. Stenobothrus 98. — biguttulus 571. Stenopelmatinae 91. Stenophylax 211. Stenopsocus stigmaticus 119. Stereonychus fraxini 500. — gibbifrons 500. Sternocera orientalis 415. Sternopteryx hirundinis 366. Sternum der Skorpione 645. Stigmen 6. 644. Stilettfliegen 330. Stilpnotia salicis 256. Stinkſchrecke, Bunte 100. Stinktauſendfüßler 20. Stinkwanze, Grüne 141. Stirn 36. Stirnaugen 8. Stirnganglion 7. Stomaphis 173. Stomoxyidae 355. Stomoxys calcitrans 355. Strachia oleracea 141. Stratiomyidae 324. Stratiomys 546. — chamaeleon 324. Streblidae 366. Streckfuß 256. Streifenwanze 142. 712 Strepsiptera 517. Strichfalterchen 246. Strickerſpinne, Langgeſtreckte 661. Stridulationsorgane 9. Striphnopterygidae 275. Striphnopteryx edulis 275. Strukturfarben 5. Stubenfliege, Gemeine 351. — Kleine 350. Sturmia sericaria 360. Stutzkäfer 405. Styli 39. Stylops melittae 517. Subeoccinella globosa 433. Subeosta der Hautflügler 520. Subulipalpia 70. Sumpfſchnake 310. Süßmäuler 686. Sykophant 380. Symbius blattarum 445. Symmorphus murarius 579. Symphilen der Ameiſen 626. Symphrasis myrapetrella 196. Symphyla 29. Symphypleona 50. Symphyta 521. Synagris calida 580. — spiniventris 580. Synechthren der Ameiſen 627. Synergus pallicornis 557. 5 —- tscheki 557. — vulgaris 560. . Synoeken der Anteilen 697. Syntomididae 268. Syntomis phegea 268. Syromastes marginatus . Syrphidae 334. Syrphus pyrastri 335. — vitripennis 336. Syrtis crassipes 150. Systenocerus caraboides 449. Tabanidae 327. Tabanus bovinus 327, — sudanicus 327. Tachardia lacca 187. . - — larreae 188. Tachardiinae 187. 3 Tachiinae 358. Tachinen 255. Tachinidae 358. Taghafte 201. Tagpfauenauge 292. Tamariskenzikade 155. ; Taeniopteryx maura 70. Tannenholzweſpe 523. Tannenrüſſelkäfer 496. Tanzfliege, Gewürfelte 332. Tanzfliegen 332. Tapetenmotte 224. Tapetum der Spinnen 655. Tapezierſpinne 330. Tapinoma erraticum 634. Tarantel, Apuliſche 672. — Italieniſche 672. Tarantula palmata 650. Tarentula fasciiventris 672. Sachregiſter. Tarsonemidae 684. Tarsus 38. Tarucus theophrastus 297. Taſtſinn 9. Taubenfederling 127. Taubenlaus 127. Taubenmilbe 687. Taubenwanze 152. Taufliegen 344. Taumellifer 390. 391. Tauſendfüßler 18. Tegenaria agilis 330. — domestica 664. Tegulae der Schmetterlinge 213. Teichläufer 148. Teichmücken 311. Teleas laeviusculus 550. Teleiophanſtadium 682. 685. Telephorus 406. — fuscus 407. Telyphonidae 649. f Telyphonus caudatus 650. Tenebrio molitor 434. Tenebrioides mauritanicus 429. Tenebrionidae 433. Tenthredinidae 524. Tenthredininae 528. Teras terminalis 557. Terebrantia 132. Termes bellicosus 112. 113. — obesus 339. 397. Termite, Gelbhalſige 118. — Lichtſcheue 118. Termiten 109. Permitodiscus 398. Termitomyia 340. 5 Termitoxenia heimi 339. Tersestes torrens 316. Tesseratominae 144. Tetrachrysis ignita 561. Tetragnatha extensa 661. Tetramorium aculeatum 638. Tetraneura caerulescens 175. — ulmi 175. Tetranychidae 683, Tetranychus altheae 688. — telarius 683. Tetrapneumones 656. 657. Tetrastichus xanthomelaenae 485. Tetrodontophora bielanensis 49. — gigas 49. Tetropium castaneum 474. — luridum 474. x Tettiges 163. Tettigia orni 165. Tettiginae 102, Tettigometra obliqua 158. Tettigonia viridis 162. — viridissima 90. Tettigonidae 85. Tettigoninae 90. Tettix subulatus 102. Tetyrinae 142. Teufelsblume 80. Teufelsnadel, Große 67. Teufelsnadeln 67. Thysanoptera 131. L tredecim 164. Tineola biselliella 224. Tipula fulvipennis 310. Töne der Inſekten 9. Totenkäfer 435. Thaliura eroesus 279. Be Thanasimus formicarius 411. Thaumatoxena wasmanni 340. Thaumatoxeninae 340. Thaumetopoea pinivora 273. > a ; — pithyocampa 273. — processionea 272. Thaumetopoeidae 271. Thecla athys 214. Theißblüte 61. Thereva annulata 330. Therevidae 330. Theridiidae 662, 3 Theridium eximium 663. — lineatum 540. 662. — nodiferum 663. Thermobin domestica BL Thomisidae 669. Thorax 36. Threnodes 232. Thrips 132. — tabaci 133. Thripsidae 132. Thyatira batis 268. Thynnidae 567. Thynnus 567. Thyrsophoridae 121. Be, Thyrsophorus metallicus 121. Er Thysania agrippina 216. a Thysanura 51. Thysanuroidea 43. Tibia 38. Tibieina haematodes 166. — septemdecim 164. — — var. cassinii 164. Tinea granella 223. — pellionella 224. Tineidae 222. Tineinae 223. Tingidae 147. Tiphia femorata 569. — maculosa 310. — oleracea 309. — paludosa 310. — septentrionalis 41. Tipulidae 309. Tischeria complanella 223. Tischeriinae 223. Titanus giganteus 372. Tomicus lineatus 507. — typographus 514. Tömösvaryſches Organ 19. Töpferweſpe, Gemeine 575. Tortricidae 233. Tortrix buoliana 23686. — viridana 235. . Toryminae 545. Torymus regius 545. 557. N 2 = Tosena fasciata 154. Totengräber, Gemeiner 401. Totenkopf 212. 284. Torch Riopfäfe) 41. | Tracheen 2 8 ebenfemen 6. 5 septentrionalis Traubenwickler 233. — Bexreuzter 235. Trauerbiene 602. Trauermantel 293. Trauermücken 319. Trauerſchweber 329. Trechus 378. 384. Treiberameiſen 629. Tremex 523. 8 Triaenodes bicolor 210. TITribolium 3 435. 8 E navale 435. Trichiinae 469. Trichiosoma lucorum 525. 571. Trichius fasciatus 469. N 8 Trichobothrien 640. Trichocera 310. LJ hiemalis 311. Trichodectes canis 126. E latus 126. D pilosus 126. ee — scalaris 127. Trichodectidae 126. Trichodes apiarius 411. 5 * Trichophaga tapetiella 224. 3 Priichob tera 205. Trichterſpinnen 664. Trichterwickler 493. Trichura 268. a Tricondyla cyanea 376. Trictenotomidae 436. 2 Triebbohrer 490. ; Triecphora vulnerata 160. Trigona duckei 607. x EC bhelleri 608. Ee molesta 607. Trigonaloidae 564. Trigonalos hahni 565. Trigoniophthalmus alternata 52. Trineura aterrima 339. Trinotum conspurcatum 125. — lituratum 126. - — luridum 125. Trioza urticae 167. Triscolia procera 568. Triungulinen 439. Trixalis nasuta 97. Trochanter 38. 520. Trochosa singoriensis 672. Troctes corrodens 121. e divinatorius 121. — silvarum 121. 5 N IE re 451. Troglophilus neglectus 91. Trogulidae 675. Troides paradiseus 304. Trombidiformes 682. Trombidiidae 682. Trombidium tinctorinm 683. Trotzkopf (Klopfkäfer) 419. Trox sabulosus 451. Bee Trutzfärbung 16. Trypetidae 345. Tryphoninae 540, Trypodendron lineatum 507. 516. Trypoxylon attenuatum 575. — figulus 566. 575. Tryxalinae 97. Tſchigalle (Eſchenzikade) 165. Tſetſefliege 357. Tubilifera 134. Tubitelae 667. | Typhloblaniulus 24. Typhlocyba rosae 162. Tyroglyphinae 686. Tyroglyphus siro 686. überläufer 397. Uferaas 60. Uferaſſelſpinne 691. Uferbolde 69. Uferkurzflügler 394. Uferlaufkäfer 382. Uferohrwurm 104. Uferwanze, Gemeine 149. Uferwanzen 149. Uleiota planata 429. Ulmengallaus 175. Ulmenkäfer 485. Ulmenſplintkäfer, Großer 506. — Kleiner 506. Ungleichflügler 67. Ungleichfüßler 433. Unionicola bonzi 685. — crassipes 685. Unka (Zikade) 156. Unterlippe 37. Unterlippentaſter 37. Unterſchenkel 38. Uraniidae 279. Urbienen 587. Ureintagsfliegen 59. Urflügler 42. 5 Urholzweſpen 521. Urinſekten 43. Uropoda obnoxia 679. Uropodidae 679. Uropygi 649. Urſchaben 72. Urſchildlaus, Braunflügelige 183. Urſchnabelhafte 203. Urſpinne 657. Vagar lume 410, Vanessa antiopa 293. — atalanta 292. — cardui 293. — ichnusoides 293. — 10 292. — levana 294. — polychloros 293. — porima 295. — prorsa 295. — urticae 293. — war. ichnusa 293. — — var. polaris 293. Vasa deferentia 12. Velia currens 148. velvet ants 566. in spuria der Shwehtiegen 33 Ventralſäckchen 20. 23. Ventraltubus 48. Verborgenrüßler 502. Vermileo 326. Vermipsylla alakurt 372. Vermipsyllidae 372. 3 Verſchiedenhörnler 406. Verſtecktrüßler 497. Verwandlung 41. Vesicantia 437. Vesiculae seminales 12, Vespa 582. — eincta 583. — crabro 583. — germanica 583. 584. — media 585. — rufa 585. — saxonica 241. 585. — vulgaris 339. 342. 585. Vespidae 578. Vespinae 580. Viehfliegen 327. Vielfreſſer 393. Vielfüßler 18. Vierhornkäfer 435. Vierlungler 657. Viteus vitisfolii 179. Vogelhautmilbe 687. Vogelkirſchenlaus 171. Vogelmilbe 679. Vogelſpinne, Gemeine 657. — Javaniſche 657. Volucella bombylans 336. — pellucens 336. Vorderbruſt 36. Vorderdarm 5. Vorderkiefer 37. Vorwachs der Honigbiene 612. Wachsmotte 240. Wachsſchildlaus, FERN 189. — Oſtindiſche 189. Wachstum 4. f Wachszange der Sonigbiene 609. Wadenſtecher 355. Waffenfliegen 324. Waldameiſe, Rote 482. 624. 004. Waldbockkäfer 473. Walddungkäfer 456. Waldgärtner 512. — Kleiner 512. Waldgoldfliege 354. Waldgrille 92. Waldmiſtkäfer 453. Waldohrwurm 104. Walker 463. Walnußmotte 275. Walzenſpinne, Gemeine 652. Walzenſpinnen 651. Wandelndes Blatt 83. Wanderheuſchrecke, Agyptiſche 100. — Europäiſche 98. — Marok!kaniſche 97. A ER Wanderheufchreden 95. Wanderlarven der Käſemilben686. Wanderlibelle 68. Wangen 36. Wanze, Perſiſche (Bedte) 681. Wanzen 135. Wanzenartige Inſekten 134. Wanzenſkorpion 649. Warzenbeißer 89. Waſſerdornſchrecke 102. Waſſerflorfliege 192. Waſſerhafte 55. Waſſerläufer 148. Waſſermilbe, Dickbeinige 685. Waſſermilben 684. Waſſermotte, Große 209. Waſſermotten 205. Waſſerſkorpion, Grauer 138. Waſſerſpinne 665. Waſſerſpringſchwänzchen 49. Waſſertreter 390. Waſſerwanzen 136. Weberameiſen 298. Weberböcke 477. Weberknecht, Gemeiner 674. Weberknechte 673. Webeſtachel der Radnetzſpinnen 660. Wegameiſe, Schwarze 635. Wegweſpe, Gemeine 575. Wehrſäfte 20. Weichkäfer, Gemeiner 406. Weidenblattgallenweſpe, Gemeine 530. Weidenbohrer 217. Weidenglasflügler 221. Weldenſchaumzikade 161. Weidenſpinner 256. Weinhähnchen 93. Weinſchwärmer, Großer 284. Weißfleck 268. Weißlinge 299. i Weißlingsſchmarotzer 542, Weißpunktrüſſelkäfer 495. Weißwurm 60. Wenigfüßler 28. Werftkäfer 418. Werre 93. Weſpe, Deutſche 584. — Galliſche 581. — Gemeine 585. — Mittlere 585. — Oſterreichiſche 585. Adler 553. Adlerz 567. 568. Aöétius 438. Agaſſiz 50. Aldrich 334. Alfken 590. Anakreon 164. Sachregiſter. ER Weſpe, Rote 585. 5 — Sächſiſche 585. f Weſpen, Echte 578. Weſpenbock 475. white grubs 465. Wickenſackträger 230. Wickler 233. Widderchen 247. Widderkäfer 476. Wieſenmilbe, Amerikaniſche 684. | Wieſenſchaumzikade 160. Wieſenvögelchen 290. Wimperfiſchchen 53. Windig 286. Winkelradnetzſpinne 661. Winterhafte 205. Winterſchnaken 310. 311. Wirbelweſpe 572. Wolfsfliegen 331. Wolfsmilchglasflügler 220. Wolfsmilchſchwärmer 287. Wolfsſpinnen 671. Wollbienen 596. Wollfuß, Verſchämter 256. Wollrückenſpinner 268. Wollſackſchildlaus 183. Wollſchweber 328. — Flüchtiger 329. — Großer 329. Wurmlöwe 326. Wurzelfalter 217. Wurzelſpinner 214. Xenobioſe der Ameiſen 626. Xenopsylla cheopis 370. Xenos vesparum 517. Xeris spectrum 523. Xestobium plumbeum 420. — rufo-villosum 419. — tesselatum 419. Xiphosura 641. Xiphydria 523. - " Xyleborus dispar 516. Xylocopa 591. — latipes 592. — nigrita 592. — violacea 592. Xylodrepa quadripunctata 403. Xylophagidae 326. Xylophagus ater 326. Xyloterus domesticus 516. Xylotrupes australicus 569. Xysticus viaticus 670. Autorenregiſter. Aretäus Cappadox 438. Ariſtoteles 3. 536. 680. Aßmuth 340. 397. 412. Audouin 563. Baer 532. Barker 629. 5 670. f Be 1 410. Zopherosia 436. Pyſiloneule 262. 5 Yucca-Motten es Zabrus tenebrioides 377. 383, Zahnſpinner 269. Zaitha fluminea 139. Zaratha cramerella 228. ecken 679. Zehrweſpen 546. Zelotypia stacyi 217. Zephalothorax 639. Zephyrus quercus 296. Zerrgallweſpe 558. Zeuzera pyrina 219. Hide Siebzehnjährige 164. ikaden 154. Zilla 661. Zimmerbock 477. Zimmermann (Bockläfer) 472. irpapparate 9. a Zirpen 154. Zitronenfalter 301. Zizindelen 375. Zonocerus elegans 100. Zopherus bremei 465 Zottenſchwänze 51. uckergaſt 53. Zu ckerkäfer 450. Zuckmücken 315. Zunge der Käfer 372. Zünsler 239. — Weißer 243. Zweiflügler 305. Zweigſtecher 490. Zweilungler 659. Zwergfüßler 29. Zwerghonigbiene 615. wergohrwurm 107. Zwergſchwimmiter 889. wergſkolopender 29. wergweſpchen 551. wergzikade 162. wiebelfliege 30. wiebelhornkäfer 455. Zwitſcherheupferd 90. Zwitter 13. s Zygaena filipendulae 248. Zygaenidae 247. Zygoptera 66. Bartels 402. Bates 112. 573. Baumann 371. Becker 48. Bemmelen, van 404. Berleſe 191. Bernhard 63. 10. 11. Beh 558. Bainnenthal, R. v. 524. 528. Biro 120. ö e 560. 564. 565. Blanchard 685. Blunck 387. 389. Hengardd 410. Börner 50. 51. 132. 169. 180. Borries 575. - Bory de Saint⸗Vincent a12. Bos 635. € Bouché 353. 550. Brauer, F. 196. 307. 330. Brauns 629. Bummel 577. Büsgen 237. 610. 614. 615. Darwin 452. 669. Davis 203. Delizſch 96. D'Eseayrac de Lauture 116. Desmareſt 37. Deſor 50. Dioskorides 438. D Dorfmeiſter 295. 0 59. Stein : 249. 1 128. 202. 547. 8 a 359. Friederichs 109. Gerſtäcker 34. Buttel⸗Reepen, v. 12. 589. 609. Haaber 448. Haacke 32. Habermehl 536. 537. 538. Hagmann 242. N Sehr 48. 654, 662. 667.668. 678. Hilger 370. Eſcherich 12. 54. 111. 112. 113. 5 114. 117. 253. 329. 392. 393. 2 438. 442. 482. 508. 620. 622. Ferrant 529. Fickert 257. Forel, A. 11. 666. Förſter 550. Fox 339. eg Franck 501. Friedrich 404. Frieſe 440. 441. 590. 591. 596. 598. 600. 605. Frogatt 569. Fruhſtorfer 288. Galenus 438. Ganglbauer 374. Ganin 551. Gauckler 266. Geer, de 545. Geruch 127. Gerhardt 660. 661. Germer 417. Giraud 329. 582. Girſchner 349. Gleditſch 402. Goudot 156. Graſſi 47. 118. 180. 317. 650. Groſſer 176. f Grünberg 367. Hamm 332. 333. Handlirſch 69. 81. 103. 120. 124. 127. 132. 203. Hanſen 154. Hartig 553. Hecker 672. Heikertinger 486. Heim 397. Henking 671. 675. Henle 689. Henneberg 344. 353. Hennings 35. Hetſchko 323. 324. Heyden, L. v. 87. Hippokrates 438. Hoffer 596. 605. 606. Holmgren 117. Honrath 267. Horvath 151. 152. Howard 253. 345. 564. Howlett 332. Huber 633. Hüeber 165. Hutton 652. Ihering, v. 607. 608. Jacobſon 120. 355. Janet 54. 55. 679. Jordan 107. Karſch 216. r Keilhack 64. ne a Keller 674. Kellogg 124. 323. Kieffer 549. 553. Killias 208. Kirby 203. 5 Kirchner 183. 5 Klaus 232. Kleine 575. Knortz 129. Koebele 158. 346. Kobert 438. 663. Koch 330. e Kolbe 472. Koningsberger 376. Konow 524. 530. Krauß 109. Krauße 349. Krieger 155. Krieghoff 264. Krüger 399. 401. Kühn 240. Kulagin 551. La Baume 101. Lamprecht 562. a Landois 382. 462. Latreille 412. 445. Latzel 28. Leeuwen, van 376. Leeuwenhoek 130. Letzner 165. Leuckart 341. Leunis 152. Lignac, de 666. re Lindemann 550. Linné 15. 72. 127. 303. 344. 418. Livingſtone 486. 515. Lockwood 641. 642. Loman 392. Lönnberg 652. Löw 183. Lubbock 547. 617. Ludwig 119. Lühe 430. Lüſtner 105. Lyonet 5. 203. Manners 138. Marſhall 543. 544. Matſumura 156. MeCook 577. Meguſar 425. 427. Meigen 336. Meijere 334. Meißner 432. Melichar 344. Mell 277. 278. Melnikow 126. 2 Menge 649. 658. 661. 2 Meyer 583. Milde 163. Miyaled 203. Mjöberg 122. 123. 124. 125. 127. 128. 129. Mordwilko 176. 82 1 716 Morin 347. 472. 638. Moizkowifi 129. Müllenhof 610. Müller 329. 399. 541. 547. 572. 1I85632. — Fr. 284. — Fritz 116. 628. — H. 582. 591. 607. — M. 563. 571. 576. — W. 546. Muralewicz 20. Nees 543. Neger 418. Nemec 28. Newſtead 188. Nördlinger 419. Nüßlin 508. 515. Ohaus 16. 410. 446. 450. 452. 458. 470. 487. Osborn 125. 128. 162. Oſten⸗Sacken, v. 410. Panzer 205. Peckham, G. und E. 572. 576. Pergande 339. Perkins 158. Perroud 483. Perty 75. 275. 352. Pfankuch 538. Pfeffer 360. Pierre, Abbe 67. Portſchinſky 354. 364. Prell 689. f Preuß 34. 5 Prochnow 284. 382. Przibram 79. Puppel 133. Ramler 164. Ramme 104. 379. Rath, vom 22. 24. Ratzeburg 249. 265. 326. 496. 539. 550. Redi, Francesco 352. i Redtenbacher 98. 197. 198. Reh 96. Rehfous 243. Reiber 152. Reichert 220. 241. 242. 336. 339. 444. 445. 469. 565. Remer 406. 407. Rengel 427. Reuter 79. 134. 152. 153. 204. 317. 349. 684. ö Autorenregiſter. Richard 685. Riley 77. 229. 550. Rimsky⸗Korſakow 43. Ritſema 211. Roſenbaum 196. 5 Roſenhof, Röſel von 286. 369. Roubaud 580. Rudow 602. Rüpplin, Srelben von 221 Sahlberg 500. Saint⸗Fargeau, M. de 562. Sajb 466. Samſon, K. 680. Sauſſure 27. Schenck 582. 597. Schenkling 481. Schiemenz 310. 316. Schimper 628. Schiödte 537. Schmidt, R. 193. 347. 353. Schmidt⸗Schwedt 427. Schmiedeknecht 550. 562. 596. Schmitz 396. 401. 636. Schnuſe 323. Schöffer 415. Scholz 570. 572. Schömmer 127. Schultze, A. 271. 279. — Arnold 199. Schulze, P. 450. Schumacher 142. Schuſter 481. Seitz 289. Shaw 164. Siebold, v. 303. Siltala 74. 206. 207. Silveſtri 42. 47. 346. an 546. Simon 689. Sitowsky 224. Smirnoff 474. Smith 596. Speiſer 151. 342. 420. 523. Spence 203. Spuler 242. Standfuß 286. Stein 196. Stephan 243. 279. Strubell 650. Stuhlmann 371. Sulc 160. Swammerdamm 448. Taſchenberg 59. 74. 75. 92. 105. 152. 164. 167. 185. 218. 225. Druck vom Bibliographiſchen Inſtitut in Leipzig. 249. 257. 261. 262. 264. 276. 282. 332. 344. 366. 367. 394. 407. 410. 411. 412. 419. 421. 436. 448. 475. 500. 501. 537. 539. 546. 574. 590. Thienemann 348. Thomann 298. Thumms 316. Tomala 79. Torka 159. Tower 485. Treichel 474. Tümpel 69. Turley 334. Ulmer 321. Uzel 46. 134. Valery⸗Mayet 492. Vanhoeffen 292. Verhoeff 21. 23. 24. 26. 52. 102. 104. 106. 452. 675. Viehmeyer 405. Virgil 164. Vogler 424. Volkens 101. Volz 27. 634. 663. Voſſeler 80. 87. 88. 89. 100. 114. 109. 629. 630. Wachtl 159. 358. Wagner 605. 668. 5 5 — N. 13. 8 Walker 149. Wallace 289. Walſh 485. 553. Wanach 90. Wasmann 11. 340. 395. 397. 398. 405. 406. 469. 626. 628. 1631. 678. Waſſiliew 502. Weber 446. Weinland 353. Weismann 295. Werner 199. Weſenberg⸗Lund 389. Weſtwood 103. 242. Wilke 148. Kenarchos 164. Zbokil 575. Zehntner 27. Zetterſtedt 358. Zimmer 59. Zſchokke 208. — VERBREITUNG WICHTIGER (, (HARARTERISTISCHER INSEKTEN tr. SPINNENTIE 100 120 140 160 180 160 140 120 2 2 —— 20 Öst.Lge. e " ur a 2 ai | 5 4 | | n | 5 8 1 * | 5 SALES — Vepfaltel ; | , co) * { * N ‘ Distelfalter 1 Te | * > 1 7 5 ede d 8 sous 45 5 ee e 1 7 i J 8 I “a Er 7 372 28 * ons 5 22 | - On 2 N 4 % , — N 2 N om 557 8 k x | 0 7 5 > N Dan 2 S Qi, 5 sl Fuge 1 5 „ \ “ Fe 2 2 N EP Sr 281 > — t 0 2 40 5 1 - A \ 4 ö INT, 1 1 - N n 2 i 2 DIESEN 7 5 1 — 4 x 2 „x 2 9 | N ı 7 e x ' 2 i biene nzu ö 3 1 Reich der = . 25 \ 7 — e Lauf- u.Raubkäfer € | Termiten 2. | \ . — BEE Ameisenkäferaussiden) 2 | SE] Gespenstheuschrecken (Phasmiden) I | | droben Tagfalter(Ornithoptera) PR 5 5 Laufkäfer gattung Me 1a —————- Skorpione (Scorpiones) +++++++ Wanderheuschrecke Windig (Hersa convolvuli) e Kleinschmetterlinge mit gelben Hinterflügeln 760 f I Skorpionspinnen(Pedipalpi) Laufkäfer (Carabus) ———— Distelfalter (Pyrameis) EEE Rosenkäfer (Cetoniden) -----Walzenspinnen (Solifugae) - Cueujos Bienenzucht EZ Eryeiden Heliconiden und Ameisen Vogelspinnen (Mygalomorpha) um. APollofalter (Pamassius) Morphiden EEE Laufkäfergattung Antaretia 5 60 40 20 ___MendOyGreenw. 20Ösulge 40 _ 60 80 100 120 40 160 180 160 140 120 100 80 Ka Bibliographisches Institut, Leipzig. 5 aa var N 415 72 5 * . er 1 A BR BINDING SECT. JUL 6 1981 5 PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY N W Brehm, Alfred Edmund | 4 5 Tierleben | 374 | 911 | Bd.2 I Th 1155 x —— ee Sn 1 Im: 5 — — — 5 10 Kar An, 1 14 Ki 4 770 97 121 a 1 we nn 1 6 h 1 1 1 10 9 100 Ni 7 e . en ” 5 F 1 17570 e eb 997000 LE 5 4 1 515 19 in ( 5 N U MILE, 0 155 1 1 75 7 9912 7 4ů—75 17 = a = Sr BER ä Eee 3 4 > 2 De ee = 25 33 SEE 2 FESSSEE est Peine Si MERTAL DIENEN 7 7 Br Re NE . RN 1 Kb: 1 15 0 1 5 Bi 8 75 7 Nie 4 n Fer eee u 85 e 15 eee * 1 Eu BE 70 neh 17 wor HM 5 190 1 f Ki 91 HER, 10 e t ir Menn), Lu II be e AIR) 3 . 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