MASTER NEGA TIVE

NO. 92-81092-10

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AUTHOR:

BERNHARD, JULIUS ADOLF

TITLE:

ÜBER CICEROS REDE

PLACE:

DRESDEN

DA TE :

1890

COLUMBIA UNIVERSITY LIBRARIES PRESERVATION DEPARTMENT

Master Negative #

BIBLIOGRAPHIC MICROFORM TARGET

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Bernhard, Julius Adolf,

...Über Ciceros redo von den konsularprovinzen. . von roktor. Dresden, Teubnor, 1890.

28 p

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XXIX.

PROGRAMM

des

Vitzthumschen Gymnasiums

als

Einladung

zu den am 26. und 27. März 1890 stattfindenden

öffentlichen Prüfungen

herausgegeben von

Prof. Dr. Julius Adolf Bernhard, Rektor.

Inhalt:

I. Über Ciceros Rede von den Konsularprovinzen II. Schulnachrichten.

I Bei

Beides vom Bektob.

Dresden,

Druck von B. G. Teubner. 1890.

1890. Progr. Nr. 527.

über

Ciceros Rede von den Konsularprovinzen.

Von

Julius Bernhard.

über das für die römische Geschichte so denkwürdige Jahr 698/56 liegt uns, ab- gesehen von den späteren Berichten der Historiker, eine reiche Zahl gleichzeitiger politischer Aktenstücke vor, unter denen Ciceros Rede von den Konsularprovinzen einen hervorragenden Platz verdient. Gleichviel ob sie wirklich die vielbesprochene, von ihm später bitter bereute naXivcpdCa^) ist, mit welcher er offiziell seinen Übergang zu den Triumvirn bekundete: auf alle Fälle giebt sie über einen entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben so schätzens- werte Aufklärung und eine so wesentliche Ergänzung zu den gleichzeitigen Briefen und Reden, daß sie niemand unberücksichtigt lassen wird, der auf Grund quellenmäßiger Forschung über die fragliche Zeit sich unterrichten will.

Gehalten ist dieselbe im Jahre 56 unter dem Konsulate des Cn. Corn. Lentulus Mar- cellinus und L. Marcius Philippus, als im Senat über die Provinzialstatthalterschaften beraten wiirde. Diese waren verfassungsgemäß zu Anfang jedes Jahres zu vergeben (decemere, nominare provincias), und zwar die prätorischen für das jeweilig folgende, die konsularischen für das übernächste Jahr. Das war der naturgemäße Geschäftsgang, wie er in den für diese Verhandlungen maßgebenden Gesetzen des Sulla vom Jahre 81 und des C. Gracchus vom Jahre 122 begründet war. Mit der lex Cornelia de provinciis trat die Neuerung ins Leben, daß die Konsuln und Prätoren erst nach Ablauf ihres städtischen Amtsjahres ihre Provinzen antreten durften, dabei blieb aber betreffs der konsularischen Provinzen die Bestimmung der lex Sempronia des Gracchus in Kraft, nach welcher diese schon vor der Designation der Kon- suln bestimmt sein mußten, somit, da die konsularischen Wahlen gewöhnlich im Juli ge- halten wurden, mindestens 6 7 Monate vor Antritt ihrer städtischen Magistratur und mindestens 18 Monate vor Antritt ihres militärischen Imperiums, während die prätorischen Provinzen den betreffenden Jahresbeamten erst nach Antritt ihres städtischen Amtes zu- gewiesen wurden*). Es folgt hieraus, daß, wenn man, wie es gewohnlich geschah, über

1) ad Att. 4, 6,1. Doch wird der Brief gewöhnlich vom April datiert, also vor die Rede von den Konsularprovinzen. Vergl. unten S. 4 Anm. 2.

2) Über die Motive des Sempronischen Gesetzes am besten zu vergl. Lange Römische Alter- tümer I", 734 flg. IIP, 41. Das Gesetz sollte vor allem die Unabhängigkeit der Konsuln vom Senate gewähr- leisten. Da der Senat entschied, welche Provinzen konsularische und welche prätorische sein sollten, so sieht man leicht, welcher Einfluß auf die Stellung der Konsuln geübt werden konnte, wenn nicht diese

die konsularischen und prätorischen Provinzen zusammenfassend beriet, man nicht die Pro- vinzen desselben Jahres, sondern die verschiedener Statthalterjahre zu vergeben hatte ^). Also, um bei dem Beispiel des Jahres 56 zu bleiben: die Provinzen, welche in diesem Jahre zu konsularischen ernannt wurden, konnten nicht für die Konsuln des Jahres 56 in Frage kommen, sondern für die noch (im Juli) zu designierenden Konsuln des Jahres 55, die dann nach Ablauf ihrer städtischen Magistratur vom Januar 54 ab ein Anrecht auf die betrefiPenden Provinzen hatten, während die Prätoren des Jahres 56 ihr provinziales Amt im Januar 55

antraten.

Aus unserer Rede erfahren wir nun, daß man im fraglichen Jahre bald nach der berüchtigten Konferenz in Luca die Gelegenheit der Verhandlungen über die für das Jahr 55 bez. 54 zu vergebenden Provinzen dazu benutzen wollte, Cäsar nach Ablauf der ihm durch das Vatinische Gesetz auf 5 Jahre bewilligten Statthalterschaft aus seiner angemaßten Stellung zu beseitigen, indem man unter mehreren anderen Anträgen auch den Vorschlag machte, wenn nicht beide gallische Provinzen, so doch wenigstens eine derselben einem der nächsten Prokonsuln für das Jahr 54 zuzuweisen^).

Wir sehen bei diesem Anlaß Cicero als Cäsars Anwalt auftreten, ein Verfahren, das ihm bei seinen Zeitgenossen nicht minder als bei der Nachwelt den schwersten Vorwurf pingetragen hat, wie es denn auch mit Rücksicht auf seine kurz vorher eingenommene politische Haltung im höchsten Grade überraschend ist. Zur rechten Beurteilung seiner so plötzlichen Sinnesänderung ist ein Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse der vorher- gehenden Jahre nötig, zu dem ich mich hiermit anschicke, nicht um zu den von berufensten Männern gegebenen Darstellungen eine neue hinzuzufügen, sondern nur um das historische Material zusammenzustellen, welches zugleich für die Einzelerklärung von Wichtigkeit ist. Ich fürchte nicht damit etwas Überflüssiores zu versuchen. Wer im Anschluß an die Lektüre der in der Schule gangbaren Reden sich aufgefordert und verpflichtet fühlt, auch dieser Rede seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, dem wird eine Besprechung der wichtigsten und schwierig- sten Abschnitte um so willkommener sein, als eine brauchbare Ausgabe nie zur Verfügung gest-anden hat. Um zu schweigen von den wenigen älteren Ausgaben, so war auch die ein-

Bestimmung vor der Designation erfolgt war. Eine weitere Anordnung des Sempronischen Gesetzes war 68, daß fär derartige Beschlüsse die tribunicische Einsprache ausgeschlossen war (de prov. cons. 7,17, doch vergl. unten S. 19). Auch diese Klausel war gegen den Senat gerichtet, indem diesem hierdurch die Möglichkeit abgeschnitten wurde, durch Erwirkung tribunicischer Intercession die Feststellung der Eonsularprovinzen in die Zeit nach der Designation zu verschleppen (Mommsen Die Rechtsfrage zwischen Cäsar und dem Senate, Breslau 1857, S. 50 Anm. 128. Römisches Staatsrecht P S. 283. Herzog Römische Staatsverfassung! S. 469 flg.). Im ganzen war das Gesetz jedoch kein grundsätzlicher EingriflT in die Machtsphäre der Regierung, und so erwähnt es denn Cicero in gewissem Zusammenhange auch als ein Zugeständnis an den Senat, de domo § 24: Tu provincias consulares, quas C. Gracchus, qul unus maxime popularis fuit, non modo non abstulit a senatu, sed etiam, ut necesse esset, quotannis constitui per senatum, decreta lege sanxit, eas lege Sempronia per senatum decretas rescidisti. Über die lex Cornelia s. das Ausführliche unten S. 20.

1) de prov. cons. 2,3; 7,17. Mommsen Rechtsfr. S. 49. Rom. Staatsr. II*, 217 flg., dazu die An- merkungen. Marquardt Römische Staatsverwaltung I, 381 flg.

2) Wie es scheint, hat die Verhandlung erst Anfang Juni stattgefunden, da der vermutliche Vor- sitzende L. Marcius Philippus 21) in diesem Monate die fasces hatte, aber auf alle Fälle nach den Iden des Mai, wie aus 6,14; 7,15, vergl. mit ad Qu. fr. 2,6(8),1 hervorgeht. Lange a. a, 0. 111,331.

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zige neuere Schulausgabe von G. Tischer (Berlin, Weidmann 1861) unzulänglich. Sie ist inzwischen rergriffen, und eine Neubearbeitung zu Schulzwecken hat man nicht wieder unter- nommen. Wer die sachlichen und sprachlichen Schwierigkeiten der Rede kennt, wird das nicht beklagen: man wird am wenigsten bei der jetzigen Aufgabe des altklassischen Unter- richts auf den Gymnasien sich veranlaßt fühlen^ auf einen solchen Versuch zurückzukommen. Um so mehr, glaube ich, ist das Unternehmen gerechtfertigt, einmal, soweit es in einem Pro- gramm geschehen kann, in möglichster Vollständigkeit dasjenige zusammenzustellen, was in historischer und antiquarischer Beziehung sowohl zum Verständnis dieser Rede wie der übrigen gleichzeitigen Litteratur von Wichtigkeit ist.

Nur ein kurzer, vorübergehender Rausch der Freude und des Glückes war Cicero durch seine Rückberufung beschieden. Die am 4 August 57 nach allerlei Weiterungen end- lich ermöglichte Abstimmung über seine Rückkehr war zwar über alle Erwartungen glänzend ausgefallen, sein Einzug selbst hatte sich zu einem der erhebendsten Momente seines ganzen Lebens gestaltet: aber nur zu bald zeigte es sich, daß seine Stellung unhaltbar war. So offenkundig auch die antirepublikanischen Pläne der Triumvirn in ihren Folgen schon im Jahre 59 geworden waren, so unpopulär infolge dessen bereits Cäsars Konsulat gewesen war, so weit von vornherein die Ziele der drei Machthaber auseinander gingen: die republi- kanische Partei zeigte sich doch unfähig, die Vorteile zu benutzen, die in der Widernatürlich- keit des Bundes vom Jahre 60 und der persönlichen Spannung der Triumvirn gegeben waren. Wie nun Cicero in diesem Widerstreit der Interessen und im Widerspruch mit seiner bei allem Schwanken doch immer treu republikanischen Gesinnung dazu gekommen ist, die Sache der Triumvirn, insbesondere die Cäsars, bei dieser Gelegenheit zu vertreten, davon hat er in der vorliegenden Rede ein so offenes Bekenntnis abgelegt, daß sie wie ge- sagt zu den wichtigsten politischen Aktenstücken des Jahres 56 überhaupt gehört.

An sich hatten die Aussichten für die Republik seit dem im Jahre 60 geschaffenen Konflikt nie so günstig gestanden wie zu Ausgang des Jahres 57 und Anfang des Jahres 56. Die in Cäsars Konsulatsjahr gemachten Errungenschaften der Triumvirn waren ja schwere Schläge für die Republik gewesen. Die gegen den Widerstand der Optimaten und seines Kollegen M. Bibulus bewirkte Annahme der lex lulia agraria, die hauptsächlich den Veteranen des Pompejus zu gute kam, der den Rittern gewährte Erlaß eines Drittels der Pachtsumme für die Steuerpachtungen in Asien^), die außerordentliche Machtbefugnis, die Cäsar durch Übertragung des Kommandos in Gallien auf 5 Jahre zufiel, das wüste Tribunat des Clodius mit seinen zahlreichen verfassungswidrigen Neuerungen zeigten deutlich genug die Ohnmacht des Senats ebenso den Triumvirn wie den Demokraten gegenüber.

Aber inzwischen war doch eine bedeutende Wendung zum besseren eingetreten. Nachdem Cäsar die letzten Schläge gegen die Verfassungspartei geführt, durch Clodius den durch kein Entgegenkommen und kein Angebot^) für die Sache der Triumvirn zu gewinnen-

1) Die lex lulia de publicanis war eine Gefälligkeit gegen Crassus, der die lichter der asiatischen Zölle veranlaßt hatte, den Senat mit Rücksicht auf ihre Verluste im Mithridatischen Kriege um die Auf- hebung ihrer Pachtkontrakte zu bitten. Die Erledigung dieses Gesuches hatte bisher Cato mit Erfolg hinter- trieben. Cic. ad Att. 2,1,8; dazu ad Qu.fr. 1,12,33. pro Plane. 14,84. Schol. Bob. p. 259. Lange III, 273 u. 282.

2) Die Versuche, die Cäsar machte, um Cicero auf seine Seite zu ziehen, sind von letzterem viel- fach erwähnt, u. a. vollständig und in der zeitlichen Reihenfolge ia unserer Rede § 41 u. 42.

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den Cicero beseitigt, unmittelbar darauf im Frühjahr 58 Rom verlassen und seine Statt- halterschaft angetreten hatte, war Pompejus zurückgeblieben, um dem Abkommen gemäß die Interessen der Verbindung in der Hauptstadt wahrzunehmen. Er zeigte sich aber dieser Aufgabe so wenig gewachsen, bei der Bekämpfung der immer gewaltthätiger werdenden Straßendemokratie so unbeholfen, daß sich ziemlich rasch ein Umschwung der öffentlichen Meinung zu Gunsten der konservativ- republikanischen Partei vorbereitete.

Die zahlreichen Neuerungen, die Clodius sich gleich beim Beginn seines Tribunats erlaubte, hatte man sich wohl oder übel gefallen lassen, ja sie waren, weil klug und geschickt berechnet, zum Teil sogar populär gewesen: die Aufhebung des Älisch-Fufischen Gesetzes steuerte einem überaus widerwärtigen Unfug, indem sie die Möglichkeit beseitigte, durch Mißbrauch der Religion jede legislative Thätigkeit zu hemmen; die censorische Rüge hob er nicht auf, wie Cicero mit parteiischem Haß die Sache entstellend sagt (pro Sest. 25, 55), sondern er band sie an die Form gerichtlicher Verhandlung. Als absolut verwerflich konnten eigentlich nur die beiden anderen Gesetze gelten, sein Korngesetz, welches dem Gesindel der Hauptstadt das Korn nicht bloß billig, sondern umsonst gab, sowie das vierte, welches die zum Segen der Ordnung aufgehobenen Kultgenossenschaften des niederen Volkes, die sogenannten Kollegien, wieder als politische Klubs organisierte. Hatte er also bei diesen Rogationen eine stattliche Quote des gewöhnlichen Volkes, bei den ersten beiden sogar einen großen Teil der vernünftigen und urteilsfähigen Bürgerschaft für sich^), so war er dann weiterhin bei seinem Vorgehen gegen Cicero und Cato gedeckt durch den Schild der Triumvirn. Bald aber trieb er Politik auf eigene Hand mit einer Rücksichtslosigkeit, daß vor allem der Nimbus des Pompejus schwer darunter litt. Daß er den Priester der großen Mutter zu Pessinunt vertreiben, seines Priestertums berauben, diesen Priesterstaat dann um schweres Geld verkaufen ließ, daß er verurteilte byzantinische Flüchtlinge gegen gute Be- zahlung wieder in ihre Heimat zurückführen, das Reich des cyprischen Königs Ptolemäus annektieren und mit diesem unsauberen Auftrag durch Volksbeschluß den ehrwürdigen Cato belasten ließ, um ihn von Rom zu entfernen, war noch nicht das Schlimmste, obwohl Pompejus durch diese Übergriffe in die auswärtige Politik insofern auch persönlich getroffen wurde, als zum Teil seine asiatischen Einrichtungen dadurch wieder in Frage gestellt wurden^). Verdrießlich aber und im höchsten Grade beleidigend für ihn war ein anderer bald darauf verübter Gewaltakt des Clodius. Unter den Gefangenen, die Pompejus im Jahre 62 aus Asien mitgebracht, war auch Tigranes, der Sohn des gleichnamigen Königs von Armenien, der seitdem in sogenanntem freiem Gewahrsam im Hause des Senators L. Flavius gelebt hatte. Wer mochte es dem Fremdling verdenken, wenn er die gesetzlosen Zustände zu seinem Vorteil auszubeuten suchte? Bei einem Gastmahl, welches Clodius dem Flavius zu Ehren gab und zu welchem auch der Prinz mit geladen war, wurde er entführt und an Bord eines bereit gehaltenen Schiffes gebracht. An der Küste von Antium durch ein Unwetter

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1) In den Reden freilich wird Cicero nicht müde, sie allesamt als verderblich und verfassungs- widrig zu bezeichnen, so oft er darauf zu sprechen kommt; daß er sie aber zur Zeit ihrer Beantragung zum Teil selbst gebilligt, sich gewisse Vorteile davon versprochen hatte, wenn er sie weder selbst be- kämpfte noch bekämpfen Ueß, das steht mit nackten Worten geschrieben ad Att. 3, 16,4: nee esses passus mihi persuaderi nobis utile esse legem de coUegiis perferri.

2) Vergl. u. a. Lange III, 308.

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zur Landung gezwungen, fielen die Flüchtigen zwar den nachgeeilten Bewafl&ieten des Flavius wieder in die Hände: aber Clodius schickte den letzteren seinen Spießgesellen Sextus Clodius entgegen. Vier Meilen von den Thoren Roms kam es zu einem regelmäßigen Gefechte, auf beiden Seiten gab es Tote und Verwundete, Flavius unterlag mit seinem Gefolge^ Tigranes entkam und Pompejus ließ alles ruhig geschehen , obwohl sein persönlicher Freund L. Papirius dabei sein Leben mit verloren hatte (April 58). Wie Clodius dann wenige Monate später seinem Mutwillen und seiner Frechheit die Krone aufsetzte, indem er den großen Mann in sein Haus einsperrte, das hat Cicero mit verschmitztem Behagen an mehreren Stellen berichtet. Er hatte ja, so sehr er dem Pompejus zu Danke verpflichtet war, anderseits auch mancherlei Anlaß, über die bei seiner Verbannung und Rückberufung bewiesene Lauheit und ünzuverlässigkeit desselben sich mit Recht zu beklagen, und so hat er sich es denn später zum Entgelt hierfür nicht versagt, den großen General in dieser wenig beneidenswerten Lage zu zeigen. Natürlich unter der Maske sittlicher Entrüstung über die Erbärmlichkeit der Zustände und scheinbar in tiefster Verehrung und Dankbarkeit für den so wertgeschätzten Pompejus, aber mit unverkennbarer Schadenfreude hat er es der Nach- weit überliefert, wie der große Kriegsheld sich vor einem wahrscheinlich gar nicht ernst gemeinten Mordanschlag des Clodius in sein Haus verkroch. Es geschah während des Sommers 58, zur Zeit, da man die ersten Versuche zu Ciceros Erlösung aus dem Exil machte. Im Ärger über die Frechheiten * des Clodius hatte Pompejus sich nach längerem Zaudern endlich bereit finden lassen, nach der Wahl der neuen Konsuln für das Jahr 57, geeignete Schritte für Cicero zu thun. Um diese zu hindern, griff Clodius zu einem damals nicht ungewöhnlichen Mittel. Am 11. August sollte im Castortempel Senatssitzung sein, als vor Beginn der Verhandlung im Vorhofe ein Sklave des Clodius mit einem Dolche er- griffen wurde, der bei der Untersuchung bekannte, von Clodius zu Pompejus Ermordung angestiftet worden zu sein. Pompejus erklärte hierauf seine Sicherheit für gefährdet, Clodius aber genügte es nicht, daß jener sich in seine Gärten einschloß, sondern er setzte ihm unter Anführung seines Freigelassenen Damio eine Wache vor die Thür, und nachdem der von dem Prätor Flavius am 18. Augast versuchte Angriff mißlungen war, verließ Pompejus sein Haus nicht wieder, so lange Clodius im Amte war! (Cic. pro Sest. 7,15; 32,69; p. Mil. 7,18; 14,37, dazu Asconius; de har. resp. 23,49.)

Weitere höchst empfindliche Niederlagen erfuhr Pompejus bei dem doppelten Versuche, sich ein außerordentliches Kommando zu verschaffen. Unter dem drückenden Gefühl seiner hauptstädtischen Mißerfolge trug er nach einer Entschädigung dieser Art um so lebhaf- teres Verlangen, als das Machtverhältnis zwischen ihm und Cäsar durch die alle Welt über- raschenden Erfolge des letzteren in Gallien sich wesentlich zu seinen Ungunsten verschoben hatte. Gelegenheit, seine Wünsche zu befriedigen, sollte zunächst eine Teuerung bieten, die unmittelbar nach Ciceros Rückkehr wenn auch nicht, wie Clodius behauptete, infolge des dabei geschehenen Menschenzusammenlaufes eine so besorgniserregende Höhe erreicht hatte, daß außerordentliche Maßregeln gerechtfertigt erschienen; zum andern suchte man seinen Ansprüchen gerecht zu werden gelegentlich der vom vertriebenen König Ptolemäus erbetenen Wiedereinsetzung auf den ägyptischen Thron.

Wie die Dinge lagen, konnte es nicht fehlen, daß beide Versuche zu einer hoch- politischen Angelegenheit wurden, aber beide endeten mit einer nicht wieder gut zu machen- den Demütigung des Pompejus. Er erhielt zwar die cura annonae auf fünf Jahre, aber

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niclit mit der von ihm gewünschten und in seinem Sinne von dem Tribunen Messius bean- tragten Machtbefugnis^ sondern nach einem Gegenantrag der Eonsuhl des Jahres miter der Bedingung des Verzichts auf die freie Verfügung über die Staatskasse, auf die eigenen Legionen und die Flotte und auf die den übrigen Statthaltern des römischen Reiches über- geordnete Gewalt. Und was die berüchtigte ägyptische Angelegenheit anbetrifft, so endete sie, nachdem die Verhandlungen vom September 57 bis in den April des neuen Jahres ver- schleppt worden waren, schließlich damit, daß man die Wiedereinsetzung des unglücklichen Flötenbläsers zunächst vertagte. Pompejus hatte Gelegenheit vollauf, sich von seiner Unbeliebtheit zu überzeugen, und die Heuchelei des frommen Senats mag ihm wenig erbau- lich gewesen sein, der, um allen ehrgeizigen Plänen entgegenzutreten, seine religiösen An- wandlungen vorschützte und unter Beihilfe pfäffischen Truges sich hinter einen sibyllinischen Spruch verschanzte, nach welchem es angeblich Rom zum Verderben gereichen würde, wenn man einen ägyptischen König mit Waffengewalt auf den Thron zurückführte.^)

Nimmt man noch hinzu, welch widerwärtige Scenen sich bei den Verhandlungen um Ciceros Rückberufung abgespielt hatten, wie da das Blut in Strömen geflossen war, wie brutal und gewaltthätig Clodius auch nach Ciceros Rückkehr gegen ihn und seine Anhänger wütete, wie er den Wiederaufbau seines Hauses zu stören versuchte, ihn selbst auf offener Straße überfiel und an seinem Leben bedrohte, wie er das Haus seines Bruders in Brand steckte und dasselbe gegen Milo versuchte: so wird man sich nicht wundern, wenn die Verfassungspartei trotz ihrer Zerfahrenheit und Unentschlossenheit sich zu energischen Ent- schlüssen aufraffte, dieses Treibens müde endlich einmal einen Anlauf nahm wider die, welche als die eigentlichen Schuldigen anzusehen waren. Die Zeit war dazu gewiß günstig: Pompejus hatte, wir wir gesehen, seine Rolle ausgespielt und Niederlage auf Niederlage erlebt. Mit Crassus hatte er nie ein recht lauteres Verhältnis gehabt, von Cäsar war er durch dessen ruhmreiche Thaten in Gallien überholt, Cäsar selbst konnte unmöglich sein in Gallien begonnenes Werk liegen lassen, er war auf dem Kriegsschauplatz durchaus unab- kömmlich, wenn er nicht alles in Frage stellen wollte. Die antimonarchische Strömung war unter solchen Umständen in Rom mächtig erstarkt, sie gab sich, abgesehen von dem eben Berührten, nicht nur in dem Verlauf der Prozesse kund, sondern auch in dem Ausfall der Wahlen.^) So wagte man denn endlich zu Anfang des Jahres 56 einen Versuch, mit dem Clodius schon zu Ende seines Tribunats in einer vorübergehenden Anwandlung des Argers über Cäsars Aussöhnung mit Cicero, sowie überhaupt über den damaligen Verlauf der Dinge

1) PompejuB mußte seinen Schützling Ptolemäus zunächst fallen lassen. Sein Schicksal wurde erst im Jahre 65 durch Gabinius, den nachmaligen Statthalter von Syrien, entschieden, der ihn in Pom- pejus Auftrage von seiner Statthalterschaft aus einsetzte. Einstweilen hatte er die Bestechungssummen umsonst gezahlt.

2) Wer ein recht drastisches Bild der jämmerlichen Zustände haben will, der lese Ciceros aus- führlichen Bericht (ad Qu. fr. 2,3) über das, was sich Pompejus am 6. Februar 56 gelegentlich der vorbe- reitenden Verhandlungen über die Anklage des Clodius de vi gegen Milo hatte bieten lassen müssen. „Es liegt in der That nicht viel daran, all die Mordthaten, Häuserbelagerungen , Brandstiftungen und sonstigen Bäuberscenen inmitten einer Weltstadt aufzuzählen und nachzurechnen, wie oft die Skala vom Zischen und Schreien zum Anspeien und Niedertreten und von da zum Steinwerfen und Schwerterzicken durchgemacht ward." Mommsen, R. Gesch. IIP, 308. Über die Wahlen ebenda 318. Wahrheitsgetreu und Zug um Zug nach den Quellen ist auch die Darstellung bei Nissen in Sybels Zeitschrift XLIV S. 414: „Durch die Ver- schwörung der Triumvim nahm der Krawall in den Straßen Roms ungeahnte Dimensionen an. Ihr Ver-

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(vergl. Lange III, 309 flg.) seinen Herrn und Meister bedroht hatte (Cic. de domo 15, 40; de har. resp. 23,48): man machte einen ernstlichen Anlauf gegen Cäsars Ackergesetz, gegen die „Festung der Triumvim" (ad fam. 1,9,8).

Die äußere Veranlassung bot eine für den 5. April angesetzte Verhandlung über das Getreidewesen. Es sollten dem Pompejus zu weiterer Ordnung der Zufuhr 40 Millionen Sesterzien bewilligt werden. Da konnte es denn nicht fehlen, daß bei der Schwierigkeit diese Summe aufzutreiben die Verluste zur Sprache kamen, die der Staatsschatz durch die Verteilung des Campanischen Gemeindelandes erlitten (ad Qu. fr. 2,5,1; ad fam. 1,9,8). Das Julische Ackergesetz wurde auf das heftigste angegriffen und nach Ciceros Antrag be- schlossen, die Sache für den 15. Mai wieder auf die Tagesordnung zu setzen und für mög- lichst zahlreichen Besuch des Senats an diesem Tage zu sorgen.

Wir finden also hier Cicero an der Spitze der Opposition aber freilich nur auf wenige Wochen. Am 7. Mai hielt er die Rede über die Aussprüche der etruskischen Wahrsager (Lange III, 330), die noch ganz im Einklang ist mit der Herzhaftigkeit, welche er als Wortführer der Oppositionellen in der Campanischen Angelegenheit an den Tag gelegt. Aber schon an dem von ihm selbst beantragten Tage der Wiederaufnahme der Verhandlung (15. Mai) finden wir ihn in Antium, und zu seiner besonderen Freude erfuhr er dort, daß die Verhandlungen unterblieben waren (ad Qu.fr. 2, 6 [8], 1 flg.). Bald daraufwar er von maßgebendem Einfluß bei den Senatsbeschlüssen, durch welche Cäsar die Kommission von zehn Legaten behufs Einrichtung der neuen Provinz und für die vier neuen Legionen, welche er eigen- mächtig ausgehoben hatte, den Sold aus dem Staatsschatze bewilligt erhielt, de prov. cons. 11,28. p. Balbo 27,61. (ad fam. 1,7,10 gedenkt er der Thatsache, verschweigt aber seinen Anteil an diesen Beschlüssen, vergl. u. S. 24), und Ende Mai oder Anfang Juni (s. ob.) hielt er die Rede von den Konsularprovinzen. Das ging so zu. Bald nachdem der Senat Ciceros oben erwähnten Antrag durch förmlichen Beschluß genehmigt hatte, begab sich Pompejus, ohne sich im geringsten merken zu lassen, daß er beleidigt war^) (ad. fam. 1, 9,9), nach Sardinien und Afrika, machte aber dabei einen Abstecher nach Luca. Cäsar hatte sich, wie schon die beiden Jahre vorher, im Winter 57/56 nach seiner diesseitigen Provinz begeben, er war zunächst in Illyricum (b. g. 2, 35; 3,7), dann in Aquileja und Ravenna gewesen (Cic. in Vat. 16,38; Schol. Bob. p. 324; ad fam. 1, 9,9), zuletzt nahm er Aufent- halt in Luca. Ehe Pompejus hier eintraf, hatte Crassus ihm in Ravenna über die Verhältnisse der Hauptstadt Bericht erstattet, hatte Beschwerde über Pompejus und

bündeter Clodius gab dem Mob eine gesetzlich anerkannte Organisation. Die Zustände, welche das letzte Dezennium vor dem Beginn des Bürgerkrieges herrschten, spotten jeglicher Beschreibung. Der Burger wird bezahlt für seine Stimme in den Komitien, bezahlt um auf dem Markt, im Schauspiel, vor Gericht zu klatschen oder zu zischen, Beifall zu rufen oder niederzubrüllen, er wird bezahlt für seine Fäuste. Recht und Gesetz sind ein leerer Schall geworden; Schwert und Knüppel bestimmen den Ausfall der Komitien, Geld den Spruch der Richter. Die Magistrate werden nach Umständen verhöhnt, angespien, mit Steinen geworfen, geprügelt, bisweilen auch totgeschlagen. Einzelne Parteiführer sammeln disziplinierte Banden um sich und führen offene Fehde. Man überfällt den Gegner, belagert ihn, zerstört sein Haus, zieht ihn zur Abwechslung auch wohl vor Gericht hier schimpfen sich die Parteien herum, bis die Kraft der Lunge ermattet und die Galle einen Ausweg sucht dann schließt die Verhandlung mit einer allgemeinen Rauferei." 1) Inwiefern Pompejus sich durch den Antrag wegen des Campanischen Gemeindelands nicht bloß als Triumvir, sondern zugleich persönlich getroffen fohlen mußte, ist klar aus dem, was oben über die lex lulia agraria (S. 5) gesagt ist.

1890. Progr. Nr. 627. ^

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nicht minder über Cicero geführt, mit dem er sich nach seiner Rückkehr nur zum Scheine ausgesöhnt (Plut. Cic. 33, Crass. 13; Cic. ad fam. 1, 9, 9). In Luca erfuhr nun Cäsar das Weitere über die Geschehnisse in Rom, über die Strebungeu und Stimmungen der Parteien. Seinem überlegenen Geiste gelang es ohne große Schwierigkeiten, die zwischen Pompejus und Crassus bestehende Spannung auszugleichen und mit beiden einen weiteren Plan gemeinsamen Handelns zu verabreden. Unter anderem mußte es Pompejus übernehmen, Cicero uuter Hinweis auf die von ihm selbst gelegentlich seiner Erlösung aus dem Exil gegebene Zusage vor weiteren, den Triumviin feindlichen Schritten zu warnen. Pompejus konnte sich seines Auftrages noch auf der Rückreise entledigen. Er traf in Sardinien mit Ciceros Bruder Quintus zusammen und erklärte ihm in Cäsars Namen, daß er für das ein- stehen müßte, was er in des Marcus Namen zugesagt habe: Cäsar verlange als das min- deste, daß er die Campanische Angelegenheit wenigstens unangefochten lasse, wenn er sie nicht fördern könne oder wolle.

Welcher Art und inwieweit die fragliche Zusage formuliert gewesen ist, ist leider nicht bekannt; Cicero gedenkt ihrer nur in dem viel citierten Briefe an Lentulus; daß er sich aber die erfolgte Warnung sehr zu Herzen genommen hat, dafür sprechen abgesehen von seinen Worten (in dem Briefe an Lentulus) die Thatsachen. Als er die Rede de haru- spicum responsis hielt, hatte er noch keine Kunde von der durch Pompejus an seinen Bruder ergangenen Weisung: eine Folge derselben waren aber bereits die oben erwähnten, kurz darauf zu Cäsars Gunsten gefaßten Beschlüsse, und die völlige Sinnesänderung bezeugt nun eben die Rede von den Konsularprovinzen.

Aus naheliegenden Gründen hat er es denn doch für nötig gehalten, seinen so plötz- lichen und auffälligen Widerruf ausführlich zu begründen. Aber mit weiser Berechnung ist seine Rechtfertigung nicht an den Anfang gestellt. Es traf sich für ihn glücklich, daß er seine Parteinahme für Cäsar entschuldigen konnte mit dem Hinweis auf die Unfähigkeit und Verworfenheit des Piso und Gabinius, der Statthalter von Macedonien und Syrien, seiner Todfeinde vom Jahre 58 her, und so hat denn die Rede folgende Disposition erhalten:

I. Er geht aus von dem Gedanken, daß, wenn es sich um eine Neubesetzung von Provinzen handle, man von vornherein auf Macedonien und Syrien zu- kommen müsse. Abgesehen davon, daß die dortigen Statthalter Piso und Gabinius diese Provinzen in höchst verfassungswidriger Weise ^) in Besitz genommen haben, so sei auch ihre Verwaltung eine so verwerfliche, daß man ebenso aus sittlichen wie aus politischen Gründen ihre Beseitigung dringend wünschen müsse.

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1) Gemeint ist die Vertauschung der Provinzen: beide ließen sich unter Clodius' Vermitteluog durch Volksbeschluß andere Provinzen zuweisen, als ihnen vor ihrer Designation durch den Senat bestimmt gewesen waren. So erhielt Piso Macedonien, Gabinius zuerst Cilicien, dann durch abermaligen besseren Tausch Syrien: pro Sest. 26, 55: ut Gabinio pro illa sua Cilicia, quam sibi, si rempublicam prodidisset, pactus erat, Syria daretur et uni helluoni bis de eadem're deliberandi et rogata lege potestas per novam legem fieret provinciae commutandae. Vergl. auch de dorn. 9, 23; 21, 55; 26, 70. Eben daraufgehen die Worte in unserer Rede 2,3: ita partas (provincias) habent, ut non ante attigerint, quam hunc ordinem (senatum) condemnarint, quam auctoritatem vestram e civitate exterminarint, quam fidem publicam foedissime crudelissimeque vexarint. Unbekannt ist, welche Provinzen ihnen ordnungsgemäß zugefallen waren. Vergl. u. a. Zumpt comment. epigraph. Vol. II p. 196.

TL Aber auch wenn sie die besten Menschen wären, müßten sie abberufen werden, damit nur Cllsar in seiner Provinz bleiben könne. Die Wichtigkeit der galli- schen Frage verlange unbedingt sein ferneres Verweilen auf dem Kriegsschau- platze. Im weiteren Zusammenhange hiermit steht endlich III. die ausführliche Motivierung der Parteinahme des Redners für Cäsar, sowie eine Abfertigung derjenigen, welche ihn der Inkonsequenz zeihen. Dieser Disposition entsprechend schließt sich unmittelbar an die Einleitung das Sündenregister der beiden verhaßten Feinde: ein Seitenstück zu der kräftigen Schilderung ihres Konsulats (58) in der Sestiana § 18 flg. Weitere Ergänzungen bieten insonderheit die Rede über die Aussprüche der Wahrsager, einzelne Briefe und die haßerfüllte Invective in Pisouem.

Er spricht zunächst von dem letzteren und seinen Provinzen Macedonien und Griechen- land^), und nach seinem Berichte ist es buchstäblich wahr, was man gesagt (Drumann G. R. II S. 68): „er frevelte an Rom und der Provinz, an Römern und Einf^ebornen an Barbaren und Griechen, an Männern und Frauen, an Göttern und Menschen". Wir sind ausführlich genug unterrichtet, um die Leiden und Drangsale zu ermessen, die Macedonien und Griechenland auszustehen hatten, seitdem sie unter römischer Hoheit standen. Außer den Statthaltern und der mit ihnen stets solidarischen Genossenschaft der Steuerpächter, die, begleitet von dem entsetzlichen Gesindel der Händler, Lieferanten und Wucherer, weit schlimmere Blutsauger noch waren als die Prokonsuln und Proprätoren selbst, hausten ja dort noch die rohen* Anwohner barbarischer Länder, Agräer, Doloper, Pirusten, Dardaner, Bastarner, Thraker u. a. Die schwer zugänglichen macedonischen Gebirge schützten ihre Raubzüge und immer von neuem hatten die macedonischen Statthalter schwere Kämpfe mit ihnen zu bestehen. Eine verhältnismäßig glückliche und ruhige Zeit war dem geplagten Lande erschienen, nachdem das Entsetzen des Seeräuberkrieges überwunden und der Schau- platz des Mithridatischen Krieges mehr nach dem Osten verlegt war. Um diese Zeit waren auch die römischen Waffen gegen die nordischen Barbaren wieder glücklich gewesen, so daß die Berichte von Feldzügen in größerem Stile schweigen 2). Diese Zeiten meint Cicero, wenn er sagt (3,5): Macedoniam domitis iam gentibus finitirais barbariaque compressa pacatam ipsam per se et quietam tenui praesidio atque exigua manu etiam sine imperio per legatos*) nomine ipso populi Romani tuebamur. Mit Piso kam nun eine neue Zeit des Entsetzens. Seine Rechtspflege war ebenso abscheulich wie seine Civil- und Militärverwaltung. Bei

1) Ich nehme an, daß Griechenland mit Macedonien zusammen nicht erst unter Au^astus

römische Provinz geworden, und daß es von dort aus mit verwaltet worden ist. Die gesamte Litteratur über diese Streitfrage bei Hertzberg Gesch. der Griechen unter römischer Herrschaft l S. 284 Anm. 2 S. 296.

2) Die Namen der macedonischen Statthalter, welche hier in Frage kommen, sowie ihre Thaten bei Zumpt a. a. 0. II p. 179 flg. und Hertzberg a. a. 0. I S. 418 flg.

3) Speziell die Worte sine imperio per legatos bezieht Zumpt a. 0. S. 187 nicht ohne Grund auf die Zeit der Statthalterschaft des Q. Metellus Creticus (68 64), der, während er den Seeräuberkrieg um Kreta führte, in Achaja den Legaten Flaccus, in Macedonien C. Sacerdos zurückgelassen zu haben scheint. Im übrigen ist sine imperio der technische Ausdruck für den exceptionellen Zustand, daß kein magistratus populi Romani, sondern ein legatus pro magistratu (lex Antonia de Thermess. II, 6, 14) die Provinz ver- waltet. Fontes iuris Romani antiqui von Bruns - Mommsen. Freiburg 1887 S. 93. Dazu Mommsen Rechtsfr. S. 26 Anm. 63. R. St. S. 677 Anm. 3.

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seiner Ankunft herrschte in der Provinz Friede; er reizte die befreundeten Denseleten (in Pia. 34,84), sowie die Dardaner und Thraker (de prov. 2,4 und dazu p. Sest 43,94) zum Kriege, erkaufte von den letzteren den Frieden um schweres Geld, und um hierfür sich schadlos zu halten, plünderten diese die Provinz (pro empta pace bellum nobis prope iustum intulerunt 2,4). Von den Dyrrhachinern zum Morde seines früheren Gastfreundes Piator bestochen, lud er denselben unter dem Versprechen seines Schutzes zu sich nach Thessalonich und ließ ihm dort die Adern öffnen, seinen Begleiter, den greisen Pleuratos zu Tode geißeln. Eine Gesandtschaft der Besser bot ihm Zuzug an Fußvolk und Reiterei, wenn er sie schützen wollte gegen die Tyrannei ihres Königs Kottos. Piso ließ sowohl dem Führer der Gesandtschaft Rabocentus als seinen sämtlichen Begleitern die Köpfe abschlagen und für 300 Talente dem Kottos verkaufen (in Pis. a. a. 0.; de har. resp. 16,35). Dabei zeigte er sich als Feldherr so erbärmlich, daß sein ganzes mit schweren Opfern und höchst eigen- mächtig (superbissimo dilectu § 5^) geworbenes Heer durch Mangel an Pflege, durch Hunger und Krankheit zu Grunde ging, daß Macedonien aufs neue von den räuberischen Scharen der Barbaren überschwemmt und ausgeplündert wurde, daß die Bewohner von Thessalonich ihre Stadt aufgeben und sich hinter ihrer Festung verschanzen mußten, dass die römische Straße von Dyrrhachium bis Thessalonich durch feindliche Posten beherrscht und unsicher gemacht war. Dazu nun die ebenso ungerechte wie brutale innere Verwaltung, die Habgier und Genußsucht des frechen Lüstlings und seiner unsauberen Handlanger. Nachdem die treue Stadt ßyzanz bis auf das Letzte ausgeplündert war, mußte sie noch die Last der Winter- quartiere seiner Soldaten tragen, und sein Gefolge hauste dort so, daß anständige Frauen, um der Schande zu entgehen, sich in die Brunnen der Stadt stürzten. Ungeheure Summen erpreßte er alljährlich von den Achäern und Dyrrhachinern, im ganzen Bereich seiner Ver- waltung nahm er das Getreide in Beschlag, um den Preis zu bestimmen, die Zölle erhob er auf eigene Rechnung, und was Byzanz und die Städte Achajas im Mithridatischen Kriege an Kunstschätzen gerettet hatten, das verfiel nun seiner Habgier (4, 6 flg.); exhausti sumptibus bellisque maximis Byzantii, cum omnes Mithridaticos impetus totumque Pontum armatum etfervescentem in Asiam atque erumpentem ore repulsum et cervicibus interclusum suis sustinerent (?)^), signa et reliqua orbis ornamenta sanctissime custodita tenuerunt: te imperatore infelicissimo et taeterrimo, Caesonine Calventi, civitas libera sie spoliata atque nudata est, ut, nisi C. Vergilius legatus vir fortis et innocens intervenisset, unum signum Byzantii ex maximo numero nullum haberent.

Wesentlichen Vorschub bei seinen Räubereien leistete ihm die Formulierung des Clodischen Gesetzes, kraft dessen er nebst Gabinius in den Besitz der Provinz gekommen war. Eine besondere Bestimmung desselben gab ihm freie Hand zu allerlei eigenmächtigen Finanzmaßregeln, sowie die Möglichkeit, sich in die Rechtspflege der freien Städte ein-

1) Das Clodische Gesetz gestattete ihm durch eine besondere ausdrückliche Bestimmung außer- ordentliche Werbungen. In Pis. 16,37: habebas exercitum tantum, quantum non senatus aut populus Bo- manus dederat, sed quantum libido tua conscripserat.

2) So nach der in den neueren Texten aufgenommenen Lesart; doch ist der Wortlaut noch nicht richtig gefunden. Über C. Vergilius und sein Verdienst nichts näheres bekannt. Caesoninus Calventius wird Piso auch in Pis. 6, 14 und post red. 6, 18 g^enannt nach seinem Vater L. Piso Caesoninus, der die Tochter eines Galliers Oalventia geheiratet, somit seinen Stammbaum durch barbarische Beimischung verunziert hatte. Daher auch pro Sestio 9, 2 1 : hominem ad integritatem maiorum revocabant matemi generis obliti.

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zumischen (4,7): emisti a foedissimo tribuno pl. grandi pecunia, ut tibi de pecuniis cre- ditis ins in liberos populos contra senatus consulta et contra legem generi tui dicere liceret. Id emptum ita vendidisti, ut aut ins non diceres aut bonis ciyis Romanos everteres. Eben darauf geht die Bemerkung in Pis. 16, 37: obtinuisti provinciam finibus iis, quos lex cupiditatis tuae, non quos lex generi tui pepigerat. Nam lege Caesaris iustissima atque optima populi liberi plane et vere erant liberi: lege autem ea, quam nemo legem praeter te et collegam tuum putavit, omnis erat tibi Achaia, Thessalia. Athenae, cuncta Graecia addicta.^) Daß dieses Gesetz mit gewissen Bestimmungen des Cäsarischen Gesetzes de repe- tundis vom Jahre 59 in Widerspruch stand 2), wie hier ausdrücklich betont wird, ist insofern befremdend, als dasselbe unter Cäsars Konivenz durchgegangen sein muß. Da Cäsar notorisch erst nach Ciceros Verbannung in seine gallische Provinz abgegangen ist (Plut. Caes. 14), das Gesetz über Ciceros Verbannung aber nach seinem ausdrücklichen Zeugnis an demselben Tage bestätigt worden ist, wie das berührte über die Provinzen des Piso und Gabinius (p. Sest. 10,25), so ist es klar, daß Clodius auch bei diesem zweiten Gesetze in offenbarem Einverständnis mit Cäsar gehandelt hat. Die Gründe, mit welchen Zumpt, der zuerst auf diesen VS^iderspruch hingewiesen hat (a. a. 0. p. 199), denselben zu erklären sucht, sind mir nicht recht klar. Was er für unwahrscheinlich hält, ist denn doch das über- wiegend Wahrscheinliche, Clodium hoc fecisse, ut Pisoni gratificaretur: einfach weil er von Piso bezahlt war. Cäsar anderseits brauchte damals die Beihilfe des Piso eben so gut wie die des Clodius, und wie er an Gewissensbissen wohl nie gelitten hat, so wird es ihm auch im gegebenen Falle nicht allzugroße Überwindung gekostet haben, wenn in Anbetracht be- sonderer Verhältnisse und vielleicht unter anständigem Vorwande (Zumpt a. a. 0. S. 200) eine seiner Gesetzesbestimmungen wieder in Frage gestellt wurde. Aus Mitleid und Für- sorge für die Provinzialen war ja überhaupt sein Repetundengesetz nicht hervorgegangen. Sei dem auch, wie ihm wolle: auf alle Fälle verstand es Piso aufs beste, sich das Clodische Gesetz zu nutze zu machen. Dank der von ihm geübten Justiz kamen die römischen Gläubiger nicht zu ihrem Gelde, die verschuldeten Gemeinden nicht aus ihrem Elend, und

nur seine Taschen füllten sich.

So war denn Macedonien bei seinem Abschied für das Reich so gut wie verloren. Die wenigen Truppen, die das Land noch hätten schützen können, entließ er. Seine Schande und sein Unrecht war so groß, daß er es nicht wagte, den üblichen Bericht nach Rom zu schicken und um die Anordnung eines Siegesfestes zu bitten, daß man ihn (samt Gabinius) schon im Jahre 57 zurückgerufen haben würde, wenn man freie Hand gehabt hätte und die Sache nicht durcb Intriguen hintertrieben worden wäre (6, 13). Außer ihm selbst konnte sich über seine Provinzialverwaltung nur noch Clodius freuen, der, abgesehen von den wiederholten Zahlungen in Geld, von Piso auch noch eine Anzahl unschuldiger Männer als Geschenk geliefert bekam, die bei seinen ädilicischen Spielen im Jahre 56 als Verbrecher mit den wilden Tieren kämpften (in Pis. 36, 89).

Seine Statthalterschaft dauerte von 57—55. Sein Nachfolger wurde Quintus Ancharius, der bald nach dem 1. Januar 55 den Oberbefehl übernahm (in Pis. 36, 88. s. u.).

1) Über die weiteren Vergünstigungen, welche die lex Clodia de provincüs den Konsuln gewährte,

vergi. Lange 111 S. 301.

2) Mommsen R. St. III, 1 S. 703 Anm. 4. Lange III S. 292 flg.

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Folgt der Bericht über die Verwaltung des Gabinius in Syrien 4,9 5,12. Syrien, von Pompejus in den letzten Jahren seiner asiatischen Statthalterschaft zur Provinz ein- gerichtet, war zunächst bei Pompejus' Weggang (62) von seinem Quästor Scaurus verwaltet worden. 59 folgte diesem als Proprätor L. Marcius Philippus, darauf 58 Cn. Lentulus Marcellinus, den 57 Gabinius ablöste. Da er ebenso wie Piso noch vor Ablauf seines städtischen Amtes Rom verließt), scheint er bei guter Zeit in die Provinz gekommen zu sein, somit dieselbe drei volle Jahre verwaltet zu haben; denn sein Nachfolger Crassus übernahm Syrien ordnungsgemäß im Jahre 54.

Bemerkenswert ist des Gabinius Eingreifen in die jüdischen und ägyptischen Ver- hältnisse während dieser Zeit. Cicero konnte hiervon nicht sprechen, weil das Wichtigste zeitlich nach der von ihm gehaltenen Rede fällt. Aber auch das, was vor das Jahr 56 fällt, hat er gewiß absichtlich unerörtert gelassen: er hätte nicht wohl anders gekonnt, als im großen und ganzen sein Verhalten zu loben. Denn in dem Bruderkrieg der Makkabäer handelte er im Sinne der von Pompejus eingeleiteten Politik und im wohlverstandenen Interesse des römischen Reiches, wie er denn schon als Pompejus' Legat Gelegenheit gehabt hatte, in die Wirren des jüdischen Reiches Einblick zu gewinnen, und an dem Kampfe um Jerusalem im Jahre 63 schon thätigen Anteil genommen hatte (Joseph, ant. 14, 2 flg. bell. Jud. 1, 6. Zon. 5, 6. Drumann G. R. III 44 flg. Schürer Lehrbuch der neutestamentlichen Zeitgeschichte S. 130 flg., S. 174 175).

Daß er persönlich seine Rechnung dabei gefunden, ist ohne weiteres anzunehmen, und in den pactiones pecuniarum cum tyrannis (§9) ist ein offenbarer Hinweis gegeben auf seine Beziehungen zu den jüdischen Fürsten Hyrkanos und Antipater, die er im Kampfe gegen Aristobul und dessen Söhne unterstützte denn die ein Jahr später fallende Wieder- einsetzung des PtolemUus Auletes in Ägypten kann eben aus diesem zeitlichen Grunde nicht gemeint sein. Im übrigen ergeht sich Cicero über sein Verschulden mehr in Andeutungen, entweder weil er Genaueres selbst nicht wußte, oder weil ihn seine Zeitgenossen auch ohne weitere Ausführungen verstanden. So ist auch unter Hinzunahme des einschlagenden Be- richtes des Appian nicht zu ersehen, gegen wen ihn der kappadokische König Ariobarzanes zum Mord gedungen, und nur vermutungsweise läßt sich schließen, daß er seine Reiterei gegen die Araber verloren hat 9, dazu pro Sest. 33,71; App. Syr. 51).

Im weiteren Verlauf scheint er glücklicher gewesen zu sein; denn er erhielt den Im- peratortitel und begehrte im Anfang d. J. 56 daraufhin ein Dankfest in Rom. Es wurde ihm am 15. Mai verweigert, zu Ciceros großer Genugthuung (ad Qu. fr. 2, 6,1; in Pis. 17; de prov. c. 6, 14): er posaunt diese moralische Niederlage gehörig aus, verschweigt aber, daß der Senat dem Gabinius die Ehre im Antagonismus gegen die Triumvirn verweigert hatte.

Ebenso wenig klar sind seine angeblichen Versündigungen an dem ehrenwerten Stande der Bankiers. Was Cicero meint 10), wenn er sagt: publicanos miseros tradidit ludaeis ac Syris, nationibus servituti natis (sie!), muß dahingestellt bleiben. Nahe liegt die Vermutung, daß er dem bekannten Unwesen der Steuerpächter entgegentrat nicht

1) Durch das Clodische Gesetz, welches Gabinius und Piso durch Volksbeschluß ihre Provinzen verschaffte, ist offenbar dem Cornelischen Gesetz, welches den Konsul in der Hauptstadt zu bleiben zwang (8. oben), derogiert worden. Mommsen Rechtsfr. S. 36 flg. Wahrscheinlich war Cäsar durch das Vatinisehe Gesetz dieselbe Vergünstigung gewährleistet, ohne daß er von derselben Gebrauch gemacht hat. Ebenda S. 42.

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aus Edelmut, sondern weil er sie haßte, als seine hauptsächlichsten Widersacher bei Ciceros Austreibung aus der Stadt (p. red. in sen. 5; p. Sest. 8; 12; 16; in Pis. 10. Dio38, 16) und weil er sich auch bei diesem Verfahren eine Quelle zur Befriedigung seiner Habsucht zu eröfi&ien wußte; kurz er erntete ihre Feindschaft und den Dank der Juden. Daher die bewegliche Klage Ciceros um seine so oft gefeierten Ritter 11 flg.): „Ihr seht, wie die Steuerpächter nicht durch gewagte Spekulationen bei der Pachtung oder durch mangelnde Geschäftskenntnis, sondern durch des Gabinius Habgier und despotische Rücksichtslosigkeit so gut wie zu Grunde gerichtet sind. Trotz des schlechten Standes der Reichsfinanzen werdet ihr ihnen beispringen müssen; es wird ohnehin schon bei vielen zu spät sein. Denn weder Sparsamkeit noch Tüchtigkeit und Fleiß, noch die Würde ihres Standes vermochten sie zu schützen gegen die Frechheit dieses Schlemmers und Banditen." Demgemäß verlangt er, daß sie schadlos gehalten werden sollen ganz in derselben Weise, wie es durch das .,cen- sorische Gesetz" an die Hand gegeben sei für den Fall, daß die Aufrechterhaltung eines eingegangenen Pachtverhältnisses durch den Ausbruch eines Krieges den Pächtern unmöglich gemacht werde: si qui frui publico non potuit per hostem, hie tegitur ipsa lege censoria: quem is frui non sinit, qui est, etiamsi non appellatur, hostis, huic ferri auxilium non oportet? Daß unter „publicum" zu verstehen publicum vectigal und unter lex censoria kein eigent- liches Gesetz, sondern die Bekanntmachung der Censoren über die Pachtbedingungen, bez. der mit den Censoren abgeschlossene Kontrakt, bedarf keiner weiteren Ausführung. Das Ge- nauere bei Mommsen R. St. II 1, 430 Anm. 2; Marquardt R. St. IF^), 300 und Dietrich, Bei- träge zur Kenntnis des römischen Staatspächtersystems. Leipzig 1877, S. 62 flg.

Cicero kommt nun im Anschluß hieran zu den gemachten Vorschlägen und bespricht dieselben an zwei Stellen 7,17 imd 15,36, an der ersteren insonderheit mit Rücksicht auf Syrien und Macedonien, an der letzteren mit Rücksicht auf die gallischen Verhältnisse. Ich gebe zunächst den Wortlaut 7,17: Atqui duas Gallias qui decernit consulibus duobus, hos retinet ambo; qui autem alteram Galliam et aut Syriam aut Macedoniam, tamen alterum retinet et in utriusque pari scelere disparem condicionem facit. 'Faciam', inquit, 'illas praetorias, ut Pisoni et Gabinio succedatur statim.' Si hie sinat: tum enim tribunus inter- cedere poterit, nunc non potest. Itaque ego idem, qui nunc consulibus iis, qui designati erunt, Syriam Macedoniamque decerno, decernam easdem praetorias, ut et praetores annuas provincias habeant et eos quam primum videamus, quos aequo animo videre non possumus. Sed, mihi credite, numquam succedetur illis, nisi cum ea lege referetur, qua intercedi de provinciis non licebit. Itaque hoc tempore amisso annus est integer vobis exspectandus, quo interiecto civium calamitas, sociorum aerumna, sceleratissimorum hominum impunita« propagatur. Es handelt sich hiemach um folgende drei Anträge: 1. entweder beide Gallien zu konsularischen Provinzen zu bestimmen, oder 2. eines von beiden Gallien vereint mit Syrien oder Macedonien zu konsularischen, oder endlich 3. Syrien und Macedonien zu prä- torischen Provinzen zu machen.

Alle drei Vorschläge erklärt Cicero teils aus praktischen, teils aus rechtlichen Gründen für unannehmbar. „Der erste Vorschlag", sagt er, „führt dazu, daß Piso und Ga- binius zum Verderben für ihre Provinzen auf weitere unberechenbare Zeit im Amte bleiben; der zweite empfiehlt eine verschiedene Behandlung der Sache, wo doch bei beiden Statt-

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haltern die gleichen Verbrechen vorliegen*); der dritte wird auf den tribunicischen Ein- spruch stoßen." Die freie Verfügung hatte der Senat eben nur, wenn die Provinzen zu kon- sularischen gemacht wurden, da dann, wie wir gesehen, der tribunicische Einspruch ausge- schlossen war. Darauf beziehen sich die Worte: si hie sinat: tum enim (wenn sie zu prä- torischen ernannt werden) tribunus intercedere poterit; nunc (wenn sie nach dem Sempro- nischen Gesetze den Konsuln des nächsten Jahres vorbehalten werden) non potest. Soweit ist alles in Ordnung. Schwierigkeiten aber bieten die Worte, in welche Cicero seinen An- trag zusammenfaßt (es ist derselbe, welchen schon P. Servilius 1] gemacht hatte): itaque ego idem, qui nunc consulibus iis, qui designati eruut, Syriam Macedoniamque decerno, decernam easdem praetorias, ut et praetores annuas provincias habeant et eos quam primum videamus, quos aequo animo videre non possumus: sed, mihi credite, numquam succedetur illis, nisi cum ea lege referetur, qua intercedi de provinciis non licebit.

Marquardt in Beckers Handbuch der röm. Altert. Abt. 11,3 S. 186 flg. Anm. 54 ver- zichtete auf eine Erklärung: „aus diesen Worten möchte ich gar kein bestimmtes Resultat ziehen; denn die Worte ea lege dürfen keineswegs auf ein bestimmtes Gesetz gehen" u. s. w.; ebenda III, 1 S. 279 Anm. 11 nimmt er das zurück, ohne jedoch für die Erklärung etwas weiteres zu schaffen, als was von vornherein selbstverständlich ist, nämlich daß mit ea lege denn doch die lex Sempronia gemeint sein müsse, wie bereits Ferratius ep. III, 8 u. A. die Stelle erklärt hatten. Vergl. u. a. auch Mommsen R. St. 1 S. 283 Anm. 4. Wenn also hier gar keine Schwierigkeit zu suchen ist, so ist eine andere unberührt geblieben; denn es fragt sich, wie die Worte zu verstehen: ego idem, qui nunc consulibus decerno, decernam eas- dem praetorias etc. Hof mann de origine belli civilis p. 6 adn. 9 nimmt decernam als Futurum und er denkt, wie es scheint, an zwei zeitlich verschiedene Verhandlungen: in der ersten sei auf Ciceros Antrag den künftigen Konsuln Syrien und Macedonien zugesprochen worden, in der späteren habe er, wie er es in der Rede de prov. cons. aügekündigt, nachträglich den weiteren Antrag gestellt, daß sie zu prä torischen gemacht werden sollten, und dies sei für Macedonien wenigstens auch durchgegangen: „Decretae sunt ex Ciceronis sententia Macedonia et Syria futuris consulibus. Deinde, ut mos erat, de provinciis praetoriis relatum est. Quo facto Cicero, id quod se facturum esse ipse in or. de prov. cons. c. 7 significat, easdem illas decrevit praetorias, ut et praetores annuas provincias habe- rent et Piso et Gabinius quam primum decederent. Atque id quidem, ut uterque statim decederet, patribus non persuasit, perfecit tamen, ut Pisoni Ancharius praetor successor mitteretur." Ebenso hat Tischer in seiner Ausgabe an der betreffenden Stelle decernam als Futurum genommen = „faciam, nämlich bei der künftigen Verhandlung.'* Er scheint somit auch an zwei zeitlich auseinander fallende Handlungen zu denken, wiewohl es nach dem Wortlaut in seiner Einleitung wieder zweifelhaft wird. Gleichviel wie sie beide sich den Vorgang gedacht haben, auf alle Fälle bleibt unverständlich, wie man auf diesem Wege den tribunicischen Einspruch umgehen konnte, daß man ein und dieselbe Provinz erst zur

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1) Ganz abgesehen davon, daß eine Teilung der gallischen Provinzen eine Eücksichtslosigkeit gegen einen Mann ivie Cäsar sein würde, die man schlechterdings vermeiden müsse. Dies Argument ^ommt 15,38 noch nachträglich hinzu: quae cum gravia sunt, tum nihil gravius illo, quod multari impera- torem deminutione provinciae contumeliosum est neque solum summo in viro, sed etiam mediocri in homise id ne accidat providendum.

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konsularischen und dann zur prätorischen bestimmte. Gegen diese nachträgliche Bestimmung wäre doch wohl der tribunicische Einspruch ebenso berechtigt und ebenso zu erwarten ge- wesen, wie wenn man von voruherein eine pratorische Vergebung in Aussicht genommen hätte ?^) Daß schließlich der tribunicische Einspruch thatsächlich nicht erfolgt ist (s.u.), hat offenbar außer Ciceros Berechnung gelegen: er hat ihn sicher erwartet} andernfalls ist seine ganze Ausführung sinnlos.

Nein; es ist entschieden mit Mommsen (Rechtsfr. S. 49) an eine die konsularischen und prätorischen Provinzen zusammenfassende Beratung zu denken, wenn man auch die Ab- stimmung nacheinander vorgenommen haben wird, und die Worte können nur heißen: Ich, der ich jetzt mich dafür ausspreche, daß Syrien und Macedonien den künftigen Statthaltern zugewiesen werden, würde sie ja (gern) auch zu prätorischen bestimmen, damit die Prätoren ihre jährlichen Provinzen erhielten und wir sobald als möglich jene Menschen (hier) sähen, die wir mit gutem Gewissen nicht länger in der Provinz dulden können. Aber man wird ihre Abberufung nicht ermöglichen, wenn man nicht den Antrag nach dem Gesetz stellt, bei welchem der tribunicische Einspruch ausgeschlossen ist (nach dem Sempronischen). So hat auch Lange 111,332 die Worte verstanden, wenn er mit Beziehung auf unsere Stelle sagt: Cicero stimmte also dem Servilius (§. 1) bei, obwohl er erklärte, daß er es noch lieber sehen würde, wenn Syrien und Macedonien jetzt, um Piso und Gabinius baldmöglichst ab- berufen zu können, zu prätorischen erklärt würden. (Beiläufig bekennt er sich hier still- schweigend zu der Mommsenschen Annahme, nach welcher über die konsularischen und prätorischen Provinzen zusammenfassend beraten wurde, obwohl er 111,383 auch von einer „üblichen Trennung" dieser Beratung spricht.) Wegen des Conj. decernam beziehe ich mich auf die Ausführungen Müllers zu Seyfferts Ausgabe des Laelius, Leipzig 1876, S. 272 flg. Decernam als Futurum im eigentlichen Sinne zu nehmen, geht in keinem Falle; ja, ich möchte nicht einmal an jenen dem potentialen Konjunktiv nahekommenden Gebrauch des ind. fut. denken, von welchem derselbe Gelehrte ebenda S. 454 spricht: Ich finde den Konjunktiv besser im Einklang mit den folgenden Worten: sed mihi credite, numquam succedetur cet. ... Cicero setzt doch, wie man hieraus sieht, den Einspruch bestimmt voraus und macht sich schon mit dem Gedanken vertraut, daß man noch ein ganzes Jahr der Leiden den armen Provinzialen hinzugeben muß. Das scheint ihm also unabwendbar und deshalb begnügt er sich mit der halb wünschenden Form der Rede: „ich würde ja gern selbst einen andern Antrag stellen, aber es ist keine Aussicht, damit durchzudringen". Damit finden zugleich die folgenden Worte ihre Erledigung: hoc tempore amisso annus est integer*) vobis exspectandus, quo interiecto civium calamitas . . . propagatur. Die Worte hoc tempore amisso haben ihre

1) Klotz zu Ciceros Reden III, S. 1041 nimmt allerdings an, daß man die Tribunen durch ein solch interimistisches Verfahren habe um ihr Intercessionsrecht bringen können; doch ist er den Beweis dafür schuldig geblieber. Auch seine weitere Ausführung ist mir unklar, daß der Redner den Einspruch gegen diese Hinterlist nur betreffs der beiden Gallien gefürchtet habe, während sich sein vermittelnder Vor- schlag doch auf Syrien und Macedonien beschränkt: Itaque ego idem, qui nunc consulibus iis, qui desig- nati erunt, Syriam Macedoniamque decerno, decernam easdem praetorias cet.

2) d. h. außer dem so wie so selbstverständlichen Rest des Jahres 56 noch das ganze Jahr 65, wie es nach Sullanischer Ordnung nicht anders möglich war. Danach modifiziert sich auch die Bedeutung der Worte vorher, ut Pisoni et Grabinio statim succedatur dahin, daß nicht eine Abberufung für 56, sondern für 65 verstanden werden darf.

1890. Progr. Nr. 527. ^

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Erklärung schon voraus in dem, was 6,13 gesagt ist; at idem vos anno superiore hos revocabatis, cum vix in provincias pervenissent. Quo tempore si liberum fuisset vestrum iudicium nee totiens dilata res nee ad extremum e manibus erepta, restituissetis, id quod cupiebatis, vestram auctoritatem iis, per quos erat amissa, revocatis et eis ipsis praemiis extortis quae erant pro scelere atque eversione patriae consecuti, wiewohl nicht zu ersehen und anderweit nicht bekannt ist, mit welchen Mitteln damals die Beschlußfassung hinter- trieben worden ist. Möglich, daß man, um schneller zum Ziele zu kommen, mit der Zeit- bestimmung des prätorischen modus succedendi die Abberufung hat erzwingen wollen, was eben nicht geglückt ist. Deshalb warnt hier Cicero vor einem nochmaligen Betreten des- selben Weges und rät dazu, daß man zwischen zwei Übeln das kleinere wählen solle, und um wenigstens für das Jahr 54 endlich die Abberufung gesichert zu haben, jetzt Syrien und Macedonien zu konsularischen Provinzen machen solle. Daß wie gesagt die Abberufung, des Piso wenigstens, hernach doch erreicht worden ist, imd daß er im Jahre 55 in der Person des Prätors Q. Aiicharius einen Nachfolger erhalten hat trotz des von Cicero gefürchteten tribunicischen Einspruches ist Thatsache, wenn wir auch nicht wissen, wie es zu diesem Beschlüsse gekommen; daß er bei derselben Verhandlung zustande gebracht worden ist, bei welcher Cicero unsere Rede gehalten, kann nach der obigen Ausführung nicht zweifel- haft sein.

Nachdem Cicero sich hierauf (§§ 18 35) über sein personliches Verhältnis zu Gabinius und Piso einerseits, sowie zu Cäsar anderseits ausgesprochen, Cäsars großartige militärische Verdienste ins rechte Licht gesetzt, endlich in ausführlichster Weise die Be- deutung der gallischen Frage ^) für Rom erörtert hat, kommt er noch einmal auf den Vor- schlag das eine oder das andere der beiden Gallien neu zu besetzen zurück, um denselben mit Rücksicht auf die geschilderten gallischen Verhältnisse zu bekämpfen. Es folgen nun die schwierigen, auch in den Streitschriften zu der sogenannten Rechtsfrage zwischen Cäsar und dem Senat, sowie in den gangbaren Handbüchern der römischen Altertümer, in demselben Zusammenhange vielfach angezogenen Worte § 36 flg.: Nam illae sententiae virorum clarissi- morum minime probandae sunt, quorum alter ulteriorem Galliam decernit cum Syria, alter citeriorem. Qui ulteriorem, omnia illa, de quibus disserui paulo ante, perturbat. Simul ostendit eam se teuere legem, quam esse legem neget, et quae pars provinciae sit, cui non possit intercedi, haue se avellere, quae defensorem habeat, non tangere. Simul et illud facit, ut, quod illi a populo datum sit, id non violet, quod senatus dederit, id Senator pro- peret auferre. Alter belli Gallici rationem habet, fungitur officio boni senatoris, legem quam non putat, eam quoque servat: praefinit enim successori diem. Quo mihi nihil videtur alienius a dignitate disciplinaque maiorum, quam ut, qui consul Kalendis Januariis habere provinciam debet, is ut eam desponsam, non decretam habere videatur. Fuerit toto consulatu sine provincia, cui fuerit, antequam designatus est, decreta provincia? Sortietur an non? Nam et non sortiri absurdum est et, quod sortitus sis, non habere. Proficiscetur paludatus?

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1) Tergl. H. Köchly, Cäsar und die Gallier. Vortrag. Berlin 1871. „Die Rede, die in ihrer überschwenglichen und sophistischen Vergötterung Cäsars ein Seitenstück zu der Rede über das Ober- kommando des Pompejus bildet, hat andererseits gerade für uns ein besonderes Interesse, da sie, unzweifel- haft der Wahrheit gem&ß, die Bedeutung der „gallischen Frage" im römischen VolksbewuOtsein in ein so, helles Licht setzt, wie kaupi ein anderes aus jener Zeit stammendes DpkuniQpt.*'

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Quo? quo pervenire ante certam diem non licebit? Tanuario, Februario provinciam non habebit, Kalendis ei denique Martiis nascetur repente provincia? Ac tamen his sententiis Piso in provincia permanebit. Quae cum gravia sunt, tum nihil gravius illo, quod multari imperatorem deminutione provinciae contumeliosum est neque solum summo in viro, sed etiam mediocri in homine id ne accidat providendum.

Er wendet sich hiernach zunächst gegen den Vorschlag, nach welchem das trans- alpinische Gallien mit Syrien nach der Zeitbestimmung der konsularischen Provinzen vergeben werden soll und erklärt denselben für unannehmbar mit Rücksicht auf die Lage der Dinge im jenseitigen Gallien. Wer das jenseitige Gallien vergeben will, sagt er, stürzt meine ganze Ausführung betreffs der gallischen Frage über den Haufen und befindet sich gleich- zeitig in dem offenbaren Widerspruche, daß er das Vatinische Gesetz, dessen Rechtskraft er doch als Senator bestreiten muß, aufrecht erhält (insofern er das diesseitige Gallien, welches Vatinius dem Cäsar mit Umgehung des Senates verschafft hat, unangetastet läßt). Ferner sucht er den Teil der Cäsarischen Provinzen zu beseitigen, für welchen der tribunicische Einspruch ausgeschlossen ist (das jenseitige Gallien), während er den Teil unangefochten läßt, wo er möglich ist (quae defensorem habeat) das diesseitige Gallien. Es muß also hier, obwohl es sich um eine konsularische Provinz handelt (s. oben S. 3 Anm. 2), den Tribunen das Recht des Einspruchs zurückgegeben gewesen sein. Mommsen (Rechtsfrage S. 50 Anm. 128) vermutet, weil die Vergebung nach einem außerordentlichen Volks - beschluß geschieht: gewiß richtig. Doch wird vermutlich dieser Einspruch nicht ein für allemal nach einer allgemeinen Bestimmung giltig gewesen sein, sondern nach einer beson- deren Klausel bei jedem einzelnen derartigen Plebiscit, und so hat man vielleicht auch 6,13, wo von den angeblichen Versuchen die Rede ist, Piso und Gabinius schon im Jahre 57 die Nachfolger zu bestellen, an andere Schwierigkeiten zu denken als an die hier von Cicero angedeuteten.

Cicero mißbilligt also den fraglichen Vorschlag als einen selbst von dem Stand- punkte des Antragstellers verkehrten. Wolle man sich auf den streng senatorischen Stand- punkt stellen was er jedoch für seine Person aus höheren politischen Rücksichten nicht thue , so sei es inkonsequent, wenn man nicht jetzt, wo sich die Gelegenheit dazu biete, dafür sorge, daß der Teil der Provinz Cäsar wieder entwunden werde, der ihm durch tribunicisches Einschreiten immer von neuem gesichert werden könne.

Wer dagegen das jenseitige Gallien ihm lasse, aber das diesseitige nehmen wolle, der stelle sich zwar auf den korrekten Standpunkt des Senators; aber sein Vorschlag führe wieder zu einer anderen praktischen Inkonvenienz; denn er bringe Cäsars Nachfolger in die Lage, daß er im Januar und Februar des auf sein städtisches Amt folgenden Jahres (54) und damit zugleich während seines ganzen Konsulates (55) keine Provinz habe.

Zum rechten Verständnis dieser überraschenden Behauptung bedarf es, abgesehen von den schon berührten Gesetzen des Gracchus und Sulla einer Besprechung des Vatini- schen Gesetzes.

Das von dem Tribunen Vatinius im Jahre 695/59 mit Umgehung des Senates an das Volk gebrachte und von demselben gebilligte Gesetz gab Cäsar das cisalpinische Gallien mit lUyricum auf 5 Jahre. Nachdem dies erreicht war, beschloß der Senat, bei den den Komitien vorangehenden Beratungen über die Provinzen, daß Cäsar auch Gallia Narbonensis als Provinz erhalten solle, jedoch enthielt dieses senatus consultum keine Bestimmung über

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ein 5jähriges Imperium, sodaß der Senat jährlich die freie Verfügung über das transalpinische Gallien nach der oben erwähnten lex Sempronia des C. Gracchus behielt.^)

Die lex Sempronia war durch die schon mehrfach berührte lex Cornelia des Sulla Tom Jahre 673/81 nicht außer Kraft gesetzt worden. Letztere erkannte das Recht des Senats zur Bestimmung der konsularischen und prätorischen Provinzen in der von der lex Sempronia de provinciis ordinaudis regulierten Weise an, erhob es aber zur Regel, daß die Konsuln in die zwei konsularischen, die acht Prätoren in die acht prätorischen Provinzen erst nach völligem Ablauf ihres städtischen Amtsjahres abgehen dürften. (Lange, III, 164. Mommsen, Rechtsfrage S. 29 flg.) Amt und Kommando blieben wie früher staatsrecht- lich identisch, fielen aber zeitlich um ein ganzes Jahr, thatsächlich in der Regel um 14 Monate auseinander, da die Kriegsunternehmungen naturgemäß im Frühjahr ihren Anfang nahmen, die Höchstkommandierenden infolge dessen in der Regel erst nach dem 1. März in ihre Kriegsbezirke abgingen. Mit anderen Worten: Der Konsul bez. Prätor hatte von seiner Designation an auf die ihm angewiesene Provinz in derselben Weise wie auf sein städtisches Amt ein ideelles Anrecht, da er aber, solange er im Besitze der städtischen Magistratur war, nach der Sullanischen Neuordnung keine Erlaubnis mehr hatte, sich von der Hauptstadt zu entfernen 2), so war ihm erst vom 1. Januar des auf sein städtisches Amt folgenden Jahres die Möglichkeit gegeben, das militärische Kommando zu übernehmen, und wenn er thatsächlich erst Anfang März oder später in seine Provinz abging, war es doch konstitu- tionelle Voraussetzung, daß seine Statthalterschaft unmittelbar an das städtische Amt an- knüpfte, also vom 1. Januar an datiert wurde. Sein Vorgänger in der Provinz galt recht- lich bis zu seinem Eintreffen als sein Vertreter, er selbst wieder nach seinem Abgange in die Provinz als der Vertreter seines Nachfolgers in der städtischen Magistratur, wie denn auch die Auspicien, mit denen die Provinz verwaltet werden sollte, sich bei dem letzteren befanden (Cic. de nat. d. 2,3,9 u. de div. 2, 36, 76 flg., dazu Mommsen Rechtsfr. S. 29 u. 33). Damit war die Erstreckung des höchsten Amtes von einem Jahre auf mindestens zwei Jahre gegeben. „Amt und Kommando blieben wesentlich identisch; aber jeder Beamte war recht- lich unfähig zu kommandieren und jeder führte das Kommando nur in Erwartung seines selbst zu fungieren unfähigen Nachfolgers." Mommsen ebenda. Außerdem Rom. Staatsrecht,

u.a. 111,2,1102.

Unter Berufung auf diesen „Successionszug" stellt nun Cicero die Behauptung auf, daß die noch zu designierenden Konsuln des Jahres 55 nicht als Cäsars Nachfolger in Frage kommen könnten, weil durch das Vatinische Gesetz, wie hier mit unzweideutigen Worten ge- sagt ist, in Abweichung von der sonstigen verfassungsmäßigen Observanz Cäsar seine Statt- halterschaft — wenigstens in dem diesseitigen Gallien bis 1. März 54 gewährleistet, so- mit der Zusammenhang zwischen dem Konsulat und der Statthalterschaft durchbrochen war. Ob diese ganze Argumentation eine „Advokatenflause" ist (Ihne Rom. Gesch. VI S. 532 j, und ob die Verfassung nicht dennoch Mittel und Wege an die Hand gegeben hätte, über

1) Ziemlich unzweideutig ist das, abgesehen von dem bereits berührten, u. a. in den Worten 16, 39 gesagt: monemur, ut provideamus ne citerior Gallia nobis invitis alicui detur post eos consules, qui nunc erunt designati, perpetuoque posthac ab eis, qui hunc ordinem oppugnant, populari ac turbulenta

ratione teneatur.

2) Außer wenn infolge eines besonderen Plebiscits dem ComeliBchen Gesetze derogiert war.

S. ob. S. 1».

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die berührte Schwierigkeit hinwegzukommen, mag vorläufig, da es hier nur darauf ankommt, Ciceros Standpunkt zu kennzeichnen, unerörtert bleiben. Es werden aber nach der gegebenen Ausführung die Worte zum Schluß der angezogenen Stelle verständlich sein: Quo mihi nihil videtur alienius a dignitate disciplinaque maiorum, quam ut, qui consul Kai. lanuariis habere provinciam debet, is ut eam desponsam, non decretam habere videatur. Fuerit toto in consulatu sine provincia, cui fuerit, antequam designatus est, decreta provincia? lanuario, Februario provinciam non habebit. Kalendis ei denique Martiis nascetur repente provincia?

Unerledigt ist nun freilich noch die Frage, welche Bewandtnis es mit diesem unge- wöhnlichen Termine des Vatinischen Gesetzes hatte. Ich komme hierauf im Anhang zurück, um zugleich der weiteren Frage nahe zu treten, inwiefern der Vorgang des Jahres 56 als Präjudiz für den späteren Konflikt bei dem Ablauf des zweiten Quinquenniums der Cäsa- rischen Statthalterschaft gelten konnte, bez. mit welchem Rechte anderseits nicht der 1. März 54, sondern der letzte Dezember 54 als Endtermin der durch das Vatinische Gesetz Cäsar übertragenen Provinzialverwaltung angenommen worden ist Zunächst habe ich noch einiges Wenige über den letzten Teil unserer Rede hinzuzufügen, in welchem Cicero seine persönliche Rechtfertigung angebracht hat (§§ 38 47). Daß dieselbe nicht gerade glänzend gelingen konnte, wird man nach Lage der Sache erwarten. Er war ein Abtrünniger und zwar diesmal im schlimmsten Sinne; denn während er bisher immer nur zwischen den repu- blikanischen Parteien hin und her geschwankt hatte ^ war er hier zum ersten mal der repu- blikanischen Sache selbst untreu geworden.

Seine Laufbahn hatte er begonnen als Demokrat; ohne sich direkt an dem Pro- gramm der demokratischen Partei, dem Sturze der Sullanischen Verfassung, zu beteiligen, hatte er doch den Zielen derselben durch seine sachwalterische Thätigkeit nicht unverächt- liche Dienste geleistet. Als Demokrat hatte er die Anklage des Verres mutig, glänzend und siegreich geführt, durch den Ausgang des Prozesses die ganze Partei der Aristokraten in einem ihrer verruchtesten Glieder gebrandmarkt, als Demokrat hatte er dem Pompejus das Kommando im Mithridatischen Kriege verschafft, ohne sich deshalb zum prinzipiellen Gegner der Nobilität zu bekennen. Er hatte im Gegenteil immer gewisse Beziehungen zu derselben gesucht und durch Übernahme verschiedener Verteidigungen zu erhalten gewußt, bis die Zeiten des Catilina ihn ganz in das Lager der Regierung hinüberführten, indem die Aristokratie selbst, ihren Stolz in der Gefahr vergessend, sich freiwillig um den Emporkömmling scharte und es ihm gern gestattete, daß er für sie seine Haut zu Markte trug. Aber trotz dieses Schwankens war er doch immer mit ganzer Seele und voller Aufrichtigkeit Republikaner ge- wesen, und als nach dem Jahre 60 die tyrannischen Gelüste der drei Gewaltigen immer unver- kennbarer zu Tage traten, da hat niemand bitterer über die Wendung der Dinge geklagt als er, und es war doch nicht bloß Kurzsichtigkeit, sondern zugleich ehrbare Gesinnung, wenn er den wiederholten Versuchungen Cäsars stand hielt, der ihn gern zu sich herübergezogen hätte, seine Bedeutung offenbar besser zu würdigen gewußt hat, als seine neueren Verkleinerer.*) Hier scheint es nun, als ob er mit seiner ganzen Vergangenheit gebrochen hätte.

1) Abgesehen von den weiter unten citierten Stellen insbesondere bezeichnend die spätere Be- merkung ad Alt. 9, 2^ 1: ac seiet (Caesar), cum se purgat, in me conferre omnem illorum tempomm cnh pam: ita me sibi fuisse inimicum, ut ne honorem quidem a se accipere vellem.

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Sehen wir zunächst zu, welches Inhalts seine Rechtfertigung ist, denn da er sich aus verschiedenen Gründen nur in Andeutungen ergeht, ist auch in diesem letzten Abschnitte nicht alles ohne weiteres verständlich.

Um sich nicht unaufhörlich in seinen Ausführungen unterbrechen zu lassen oder stillschweigende Verurteilung zu erfahren 40), will er sich in Kürze noch einmal aus- sprechen über sein Verhältnis zu Cäsar. Mit einem gewissen Fug durfte er sich auf die Freundlichkeit und Wertschätzung berufen, die ihm derselbe trotz zeitweiliger schwerer Kränkungen immerhin hatte zu teil werden lassen. Ehe er ihn dem Clodius preisgab, hatte er ihm dreimal die Hand zum Bunde geboten. Er hatte den Wunsch ausgesprochen, daß er zu ihm in dasselbe Verhältnis wie Pompejus und Crassus treten möge, er hatte ihm eine Stelle im Vorstande der mit der Ackerverteiiung in Kampanien beauftragten Kommission, desgleichen eine sogenannte freie Gesandtschaft in den denkbar ehrenvollsten Formen an- geboten (§ 41): consul ille egit res, quarum me participem esse voluit me ille, ut quin- queviratum acciperem, rogavit; me in tribus sibi coniunctissimis consularibus esse voluit; mihi legationem, quam vellem, quanto cum honore vellem, detulit.^) Nachdem Cicero alle diese Anerbietungen als unvereinbar mit seiner politischen Vergangenheit (convenire eis rebus, qnas gesseram, non putabam) abgelehnt, hatte Cäsar noch einen letzten Versuch gemacht. Als Clodius schon Plebejer und Tribun geworden war, wollte er ihn als Legat mit nach Gallien nehmen, um ihn der drohenden Gefahr zu entziehen. Wer mag es dem schwachen, aber edel fühlenden Manne verdenken, wenn er sich über das Bittere seiner Verbannung mit diesen Erinnerungen tröstete, und es dem Triumvir dann weiter im Guten anrechnete, daß er schließlich in seine Wiedereinsetzung gewilligt? Auch hatte er ja nicht Unrecht, wenn er seinen Parteigenossen den Vorwurf der Inkonsequenz zurückgab (adfam.l, 7u.9). Sie waren nicht mehr dieselben wie früher. Schon bald nach seiner Rückkehr hatten sie dafür gesorgt, daß ihm die Flügel nicht wieder wuchsen, indem sie bei der Bestimmung der Summen für den Wiederaufbau seines Hauses und den Wiederersatz seines Vermögens kargten; auch sonst ließen sie ihn vielfältig im Stich, bemerkten nicht ohne Schadenfreude gelegentliche Spannungen mit den Triumvirn, liebäugelten vor seinen Augen mit seinem Todfeinde Clodius, und nun hatten sie gar die schnöde Bemerkung gemacht, daß sich for- mell gegen seine Verbannung nichts einwenden ließe, da sie salvis auspiciis erfolgt sei: illam proscriptioriera capitis mei contra salutem reipublicae, sed salvis auspiciis rogatam esse dicebant. Itaque vir summa auctoritate summa eloquentia dixit graviter casum illum funus esse reipublicae, sed funus iustum atque indictum (19, 45).*) Eine eigentümliche Gereiztheit spricht darum aus den Worten seiner Erwiderung, die man wohl auch bei einem weniger

1) Dazu noch zu vergleichen ad Att. 2,8,3; 2,18,3.

2) Der Hohn liegt hier namentlich in der Wahl des Ausdrucks, und es erscheint deshalb nicht überflüssig darauf hinzuweisen, was man unter einem funus iustum atque indictum verstand. Vergl. Mar- quardt dae Privatleben der Römer Leipzig 1879: I S. 340 flg. „Die Aufforderung zur Teilnahme an jedem solennen Leichenzug erging durch einen öffentlichen Aufruf (davon indictivum funus. Festi ep. p. 106. Festus p. S34i>, 27. Varro d. 1. L. 6,160; 7,42. funus indicere Suet.Caes. 84. Cic. d. leg. 2,24, 61), bei welchem der Herold mit den Worten einlud: Ollus Quiris leto datus. Exsequias, quihus est eommodum, ire iam tempus est. Oüus ex aedihus effertur." Danach war seine Ausweisung eine in allen Formen des Rechtes veranstaltete und der Bürgerschaft angekündigte Leichenfeier, bei der man nach Gebühr allen ceremoniellen Brauch gewahrt und gleichsam die offiziellen Einladungen hatte ergehen lassen, um so

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eitlen Manne begreiflich finden würde. Nicht mit Unrecht wendet er ein, daß es ein übles Ding sei mit jedem Hinweis auf die Auspicien und das Älische Gesetz. Wolle man seine Vertreibung als eine gesetzlich korrekte bezeichnen, insofern damals keine Himmelsbeob- achtung angestellt worden sei, so vergesse man eine andere Konsequenz. Man könne nicht wohl unter stillschweigender Anerkennung des Älischen Gesetzes seine Verbannung für rechtmäßig erklären, ohne dann zugleich den Übertritt des Clodius in den Stand der Plebejer nach demselben Gesetze für unrechtmäßig zu erklären. Wenn aber Clodius' wider die Auspicien erfolgter Übertritt, sowie sein Tribunat und was er in demselben verfügt, als zu Recht bestehend gelten sollten, so folge dann ferner, daß auch Cäsars mit Gewalt und wider die Auspicien durchgebrachte Gesetze anerkannt werden müßten. Entweder sei das ganze Tribunat des Clodius mit allen seinen Verfügungen null und nichtig, oder wenn man Ausnahmen machen, einzelne Handlungen (z. B seine Verbannung) für rechtsgültig erklären wolle, so müsse man ihm dann auch gestatten, daß er es mit den von seinen Gegnern als rechtswidrig beanstandeten Verfügungen des Cäsar nicht so genau nehme.

Man kann über die Bündigkeit dieser Beweisführung verschieden urteilen, ich finde, sie ist nicht besser und nicht schlechter, als wir sie heute noch in parlamentarischen Ver- handlungen erleben, wenn es gilt, eine heikle Sache zu verfechten. Jedenfalls wird man zugeben müssen, daß die Waffen, die der Redner hier führt, von seinen Gegnern ihm in die Hand gegeben waren, warum sollte er sie nicht benutzen? Bedenklicher aber ist, was er hinzufügt in den Worten praesertim cum ab illis aliquotiens condicio Caesari lata sit, ut easdem res alio modo ferret, qua condicione auspicia requirebant, leges comprobabant, in Clodio auspiciorum ratio sit eadem, leges omnes sint eversae ac perditae civitatis. Daß er die gescheiterten Versuche des Jahres 58, die acta des Konsulats des Cäsar zu beseitigen, für eine Anerkennung der letzteren seitens der Senatspartei erklärt, ist jedenfalls nicht schön und anders können die dunklen Worte doch nicht verstanden werden. Ich sehe in denselben (mit Lange lU, 306) eine Anspielung auf das, was auch pro Sestio 18,40, in Pis. 32,79, in Vat. 6,15 und in unserer Rede vorher 18,43 angedeutet ist Die Prätoren C. Domitius, Ahenobarbus und C. Memmius Gemellus referierten im Senate zur Zeit der ersten lex Clodia gegen Cicero de superioris anni actis; Cäsar gab scheinbar gesetzlich dem Senate die Ent- scheidung anheim, aber seine Freunde sorgten dafür, daß kein Senatsbeschluß zustande kam und der Senat war zu ohnmächtig, um weitere Maßregeln zu ergreifen. Vergl. dazu Suet. Caes. 23; 73; Ner. 2, SchoL Bob. p. 297 u 317 Orelli. Wie schlecht es somit bestellt war um diese Anerkennung, die man angeblich trotz der entgegenstehenden Auspicien (qua auspicia

schlechter war der Witz, als er ausging a viro summa auctoritate (von Cato?) im Namen derer, quorum consilio rem publicam conservayerat et quorum auctoritate illam coniunctionem Caesaris defugerat 46). Freilich war es anderseits kein Wunder, wenn Cicero, indem er nicht müde wurde, die Nichtigkeit aller amtlichen Handlungen des Clodius zu behaupten, mit diesen unaufhörlichen Lamentationen auch Leuten wie dem ehrwürdigen Cato unbequem werden mußte, der doch nicht wünschen konnte, daß durch ein summarisches Verdikt über Clodius' Tribunat auch der von ihm vollzogenen Einziehung der Insel Cjpem der gesetzliche Boden entzogen wurde. Denn da er den Aufkrag übernommen hatte, lediglich um die Aus- führung nicht in weniger ehrbare Hände kommen zu lassen, so durfte er wohl erwarten, daß man diese leidige Angelegenheit endlich in Euhe lasse, um so mehr., als er sich des schwierigen Gescl^ftes in ge- yrohnter Unbestechlichkeit aufs beste entledigt hatte.

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requirebant^ leges com^robabant) aussprach, das konnte keinem Zweifel unterliegen und niemand wußte es besser als Cicero selbst.

Er hat entschieden bei dieser Verhandlung die am wenigsten glückliche Rolle ge- spielt, und abgesehen von den bald darauf erfolgten Verteidigungen des Gabinius und Va- tinius ist die hier geübte Thätigkeit der dunkelste Punkt in seinem Leben. Es unterliegt keinem Zweifel, daß damals ein offener Angriff auf die angemaßten Machtbefugnisse der Triumvirn Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, und es kann ihm deshalb der Vorwurf nicht erspart bleiben, mit seiner Rede ganz wesentlich dazu beigetragen zu haben, daß man den denkbar günstigsten Zeitpunkt, sich der Gewaltherrscher zu entledigen, ungenutzt verstreichen ließ. Über die durch den ungewöhnlichen Termin des Vatinischen Gesetzes bereitete Schwierigkeit wäre man schon hinweggekommen, wenn man nur ernstlich gewollt hätte. Die römische Verfassung ist so oft verletzt worden, und man hat dafür so schöne Worte zu finden gewußt (z.B.Cic.deimp. Cn.Pomp.), daß man auch im gegebenen Falle durch einen außer- ordentlichen Beschluß recht wohl die Nachfolger für das Jahr 54 hätte bestellen können.

W^ir sind über den ferneren Verlauf der denkwürdigen Senatsverhandlung im ein- zelnen leider nicht unterrichtet, daß aber die beiden Gallien unangetastet blieben, ist all- bekannte Thatsache. Anstatt über die Cäsarischen Statthalterschaften zu verfügen, wurde vermutlich Hispania ulterior und sicher Syrien zu konsularischen Provinzen, (Zumpt studia Rom. p. 77) Macedonien zur prätorischen Provinz bestimmt (in Pis. 36,88). Dem- gemäß erhielt Piso in Macedonien im Jahre 55 einen prätorischen Nachfolger (in Pis. 1. c, ad fam. 13,40 und Ascon. p. 1, 2), während Gabinius im Jahre 54 von Crassus abgelöst wurde (vergl. ob. S. 14).

Zunächst rühmte sich Cicero seines Anteils an diesen verhängnisvollen Beschlüssen (pro Balbo 27,61: Hamm ego sententiarum et princeps et auctor fui); wenige Monate später frei- lich verschweigt er denselben und bürdet die Schuld schamloserweise anderen auf (ad Lent. 1,7,10^); Quod scribis te velle scire, qui sit reipublicae status, summa dissensio est, sed contentio dispar. nam qui plus opibus armis potentia valent, profecisse tantum mihi viden- tur stultitia et inconstantia adversariorum, ut etiam auctoritate iam plus valerent: itaque perpaucis adversantibus omnia, quae ne per populum quidem sine seditione se assequi arbi- trabantur, per senatum consecuti sunt; nam et Stipendium Caesari decretum est et decem legati, et ne lege Sempronia succederetur, facile perfectum est. Quod eo ad te brevius scribo, quia me status hie rei publicae non delectat!

Man wird dieses Mißbehagen begreiflich finden; er konnte sich aber seine Seufzer sparen, wenn er mannhaft geblieben wäre bei dein, was er im April desselben Jahres im Verein mit der Verfassungspartei versucht hatte. Das wäre für ihn anständiger gewesen, und der wenig schmeichelhafte Ehrentitel, den er sich im falschen Gefühl der Reue wegen seiner Opposition in der Kampanischen Angelegenheit beilegte (ad Att. 4, 5, 3) , konnte besser gelten als Epilog zu der Rede von den Konsularprovinzen: se asinum germanum fuisse.^)

1) Der Brief kann unmöglich in den März 56 (Wesenberg Cic. ep. vol. I. p. 9) gehören, sondern muß selbstverständlich nach der Rede von den Konsularprovinzen angesetzt werden.

2) Inwieweit seine späteren Worte Phil. II, 24 Glauben verdienen, wird sich schwer entscheiden lassen: Duo tamen tempora inciderunt, quibus aliquid contra Caesarem Pompeio suaserim. Ea velim re- prehendas, si potes: unum, ne quinquennii imperium Caesari prorogaret: (alterum, ne pateretur fern ut absentb eins ratio haberetur).

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Anders urteilt freilich Mommsen. Er findet das Verdikt Ciceros über die oben be- rührte Opposition gegen die acta Caesaris in der Ordnung und anderseits den in unserer Rede eingenommenen Standpunkt formell richtig (vergl. Rechtsfr. S. 43 und Rom. Gesch. III ^, 323). Dem entsprechend gilt ihm dann der fragliche Beschluß vom Jahre 56 über die *^ Konsularprovinzen als Präjudiz für den späteren Konflikt und im Einklang damit ist seine \ Darstellung in der römischen Geschichte (s. insbesondere III, S. 362 flg.). Ich komme damit zu dem angekündigten Schlußwort über die Endfrist der Cäsarischen Statthalterschaft oder mit andern Worten zu der Rechtsfrage zwischen Cäsar und dem Senat, berühre sie jedoch nur in aller Kürze, insoweit als sie an unsere Stelle anknüpft.

Es existiert über dieselbe bekanntlich eine ganze Litteratur. Abgesehen von den betreffeüden Abschnitten in der römischen Geschichte bei Drumann, Mommsen, Peter, Ihne, sowie in den Handbüchern der römischen Altertümer von Mommsen, Marquardt, Lange Herzog habe ich hier zunächst noch einmal zu verweisen auf die bereits vielfach angezogenen Spezialuntersuchungen von Hofmann, Mommsen, Zumpt, außer diesen aber noch folgende neu hinzuzufügen:

Chr. Godt, quomodo provinciae Romanae per deceimium hello civili Caesariano antecedens

administratae sint. Kiliae 1876. Rieh. Müller, das Gesetz der 10 Tribunen. Berlin 1877. R Nissen, der Ausbruch des Bürgerkrieges 49 v. Chr. in Sybels Zeitschrift Bd. 44

S. 409 flg. u, Bd. 46 S. 48 flg. Iginio Gentile, il conflitto di Giulio Cesare col senato. Torino 1885.

Die Abhandlungen von P. Guiraud, le differend entre Ce'sar et le Se'nat. Paris Hachette 1878 und Pustel de Coulanges, la question de droit entre Cesar et le Senat (Journal des savants) kenne ich nur aus der kurzen Inhaltsanzeige in dem Berliner „Jahres- berichte der Geschichtswissenschaft". II. Jahrg. 1879. Berlin 1881. Abt. I, 106.

Ich habe oben S. 20 flg. bemerkt, daß der Endtermin des Vatinischen Gesetzes der I.März 54 gewesen sei, zweitens, daß dies ein außerordentlicher Termin gewesen, sowie endlich drittens, daß anderseits auch der letzte Dezember 54 als Endtermin angenommen worden sei.

Dem entsprechend galt als Endtermin für das zweite, durch das Pompejisch-Licinische Gesetz dem Cäsar bewilligte Quinquennium der 1. März bez. letzte Dezember 49.^)

Momuisen (Rechtsfr. S. 36) nennt diese letztere Annahme (des Dezember) die „gang- bare". Sieht man genauer zu, so ist es vielmehr die von den Cäsarianern den alten und den neuen in Gang gebrachte. Eigentlich hatte Cäsar weder im Jahre 54 noch viel weniger im Jahre 49 das Recht, über den 1. März des fraglichen Jahres hinaus das Kom- mando zu beanspruchen. Nichtsdestoweniger hat man es ihm zugesprochen; jedoch mit einer Beweisführung, die ich nicht zutrefiend finden kann. Es ist ungefähr folgende:

Wenn Cäsar nach dem Vatinischen Gesetze 1. März 54 veranlaßt werden sollte, seine Statthalterschaft niederzulegen, so konnten, da erwiesenermaßen nach der Sullanischen Ordnung die Statthalterschaft an die städtische Magistratur unmittelbar anknüpfen sollte, wie wir oben gesehen, als seine Nachfolger nicht die Konsuln des Jahres 55 in Frage

1) Die Aufstellungen des 13. November (Zumpt) bez. 1. März des Jabres 60 (Guiraud) sind als ganz vorfehlt zu betrachten. Vergl. u. a. Müller a. a. 0. S. 24 flg., Lange III, 339.

1890. Progp. Nr. 627. 4

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kommen; denn diese würden, da Cäsar erst im März 54 abeutreten brauchte, im Januar und Februar desselben Jahres keine Provinz gehabt haben. Bah man darin wirklich eine kon- stitutionelle Unmöglichkeit was jedoch, wie schon oben angedeutet, entschieden fraglich erscheint , so konnte allerdings gefolgert werden, daß Cäsar in seiner Provinz bleiben mußte, bis die verfassungsmäßig in Frage kommenden Nachfolger ihn abIbsen konnten: das waren frühestens die Konsuhi des Jahres 54, die vom Januar 53 an ein Anrecht auf eine Provinz hatten. Somit konnte allerdings in gewissem Sinne als Endtermin der galli- schen Statthalterschaft auch der letzte Dezember 54 bezeichnet werden. Es lag diese Kon- sequenz nicht ausdrücklich, aber thatsächlich in dem Vatinischen Gesetze, und es spricht alles dafür, daß der außergewöhnliche Termin absichtlich gewählt worden ist, um die Wiederbesetzung zu erschweren. Die Streitfrage, ob dieser 1. März ein willkürlich gewählter war, wie ich hier mit Hofmann, Lauge, Herzog u. A. angenommen habe, oder der Tag der Durchbringnng des Vatinischen Gesetzes (Peter), oder endlich „ob die nach uralter Übung mit dem 1. März beginnenden Imperienjahre gemeint sind" (Mommsen Rechtsfr. S. 42), lasse ich auf sich beruhen; für die Sache ist sie belanglos. Mommsen stützt sich hierbei auf seine zum ersten mal a. a O. S. 12 flg. mit großem Scharfsinn und vieler Gelehrsamkeit vorgetragene Vermutung, daß das Prozeßjahr und Kriegsjahr nach wie vor bis in die spätesten Zeiten von März zu März gerechnet worden seien, auch nachdem im Jahre 153 der Anfang des bürgerlichen Jahres von März auf Januar verlegt worden war. Zustimmung hat seine Annahme bisher nirgends gefunden; bekämpft hat sie u. A. Zumpt studia Ro- mana p. 185 flg.

Lag denn nun aber für die Endfrist des zweiten Quinquenniums die Sache noch ebenso? Man kann das nur behaupten und auf den Vorgang in unserer Rede sich nur be- rufen, wenn man das inzwischen schon im Jahre 53 in Aussicht genommene, im Jahre 52 bestätigte Gesetz des Pompejus de provinciis, nach welchem die Übernahme der Provinz erst 5 Jahre nach Verwaltung der städtischen Magistratur gestattet sein sollte, einfach ignoriert.0 Was hat man aber dazu für Recht? Daß es Pompejus selbst übertrat und im Anschluß an sein Konsulat sich die beiden Spanien auf weitere 5 Jahre übertragen ließ, ist nicht durch- schlagend; was Cäsar unbedingt abgeschlagen werden mußte, konnte ihm, dem unzweifel- haft weniger Gefahrlichen, noch immerhin bewilligt werden. Das Gesetz, obwohl auf Cäsar gemünzt, mußte dennoch gelten, und somit waren die Schwierigkeiten, die einer Abberufung im März entgegenstanden und auf die man noch für das Jahr 54 mit einem gewissen Rechte, wenn auch nicht ohne Sophistik, hingewiesen hatte, vollständig beseitigt. Denn nachdem nun zwischen Statthalterschaft und Konsulat ein fünfjähriges Intervall vorgeschrieben war, war es gleichgiltig, ob der vor fünf Jahren abgegangene Beamte nach seiner städtischen Magistratur gerade fünf Jahre oder zwei Monate mehr im Privatstande zugebracht, somit auch gleichgiltig, ob er anstatt am 1. Januar am 1. März antrat. Das giebt denn auch Mommsen zu, aber nur beiläufig. Er erwähnt zwar das Gesetz des Pompejus in seiner Schrift über die Rechts-

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1) über dieses Gesetz, sowie die weiter hier noch au erwähnenden muß ich der Kürze wegen auf die gangbaren Handbücher verweisen. In Frage kommen auDer der lex Pompeia de provinciis insonderheit auch die lex Pompeia de iure magist ratuum und die lex decem tribunorum. Betreffs der Letzteren ist zu vergleichen die oben zitierte gründliche Untersuchung von R. Müller, im übrigen genüge der Hinweis auf Lange IH, 376.

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frage sowfe m ßkft röm^che» Öescbichtev aber immer nur so, als ob es eigentlich gar ni<5ht hätte gelte» dürfen. Wenn er &. 4^ der Rechtsfrage sagt: „im ordentlichen Laufe der Dinge und abgesehen von dem Pompejischen Gesetze würden z. B. im Januar oder Februar 703/51 die konsularischen Provinzen für das Statthalterjahr 705/49, die prätorischen für difts Statthatt^rjahr 704/50 zur Verteilung gekommen sein*', so ist dagegen einzuwenden, daß seitdem das Fompejische besetz in« aller Form genehmigt war, von demselben eben nicht mehr abgesehen werden und ebensowenig von dem ordentlichen Laufe der Dinge in Mommsens Sinne die Rede sein konnte.^) Auch in dem betreffenden Abschnitt der romi- schen Geschichte tritt nach meinem Gefühl die Bedeutung dieses Gesetzes zu wenig hervor. Da wird zwar das durch das Fompejische Gesetz geschaffene neue „Regulativ für die Statt- halterschaften" als ein zu Recht bestehendes und- Cäsar beschränkendes erwähnt, aber auch hier mit dem stärksten Ausfall gegsen Fompejus „kümmerliche Hinterhältigkeit und zögernde Tücke" sowie gegen den „knifflichen Formalismus und die Staatsrechtsgelehrsamkeit der Ver- fassungspartei" (Rom. Gesch. III 362 flg.), die doch beide nichts weiter verbrochen hatten, als daß sie auf dem Wege der Gesetzgebung das Mittel suchten, nach Ablauf des Pompejisch- Licinischen Gesetzes Cäsars Abberufung endlich zu ermöglichen. Wer mochte ihnen das verargen?

Es kann nicht genug betont werden, daß das Gesetz des Pompejus de provinciis nur die Antwort war auf das Gesetz der 10 Tribunen Diese Zeitfolge nimmt auch Mommsen an (Rom. Gesch. IIT, 362), im Gegensatz zu seiner früheren Auffassung (Rechtsfr. S. 47) und im Gegensatz zu Hofmann, der auch in der neuesten Ausgabe des bellum civile Einl. S. 4 noch das Gesetz der 10 Tribunen nach dem Gesetz des Pompejus ansetzt. Das Irrige dieser Annahme ist von Müller a a 0. S. 2 flg. überzeugend nachgewiesen worden.

Mommsen fügt dann noch hinzu: Cäsar sei tief verletzt gewesen, und er verweist auf seine bitteren Worte, mit denen er auf die Folgen des Gesetzes zu sprechen kommt (b.c. 1,85,8: omnia haec iaui pridem contra se parari: in se novi generis imperia constitui, ut idem ad portas urbanis praesideat rebus et duas bellicosissimas provincias absens tot annis obtineat; in se iura magistratuum commutari, ne ex praetura et consulatu, ut semper, sed per paucos probati et electi in provincias mittantur. ibid. I, 6,5: provinciae privatis decemuntur, duae consulares, reliquae praetoriae.) : diesen Arger wird man begreiflich finden, aber deshalb noch nicht zu dem Schluß berechtigt sein, daß das.

1) Selbst der Geschäftsgang war nun wohl nicht mehr derselbe. Auf das was Mommsen hierüber in den Zeilen vorher sagt, habe ich mich oben S. 3 bezogen, wo die Verhandlung des Jahres 56 be- sprochen ist. Daß es aber auch im Jahre 51 noch notwendig gewesen sein sollte, die Frage über die konsularischen Provinzen Monate vor dem Antritte der Statthalterschaften zu erledigen, vermag ich nicht einzusehen. Durch das Pompejische Gesetz war doch das Sempronische aufgehoben, und so hat denn auch der Konsul Marcellus die im Jahre 61 in Aussicht genommenen Verhandlungen über die Provinzen mit Rücksicht hierauf unterlassen. Cic. ad fam. 8, 1, 2; 8,2,2. Ich verstehe deshalb auch nicht, was Lange meint, wenn er Ilf, 379 bei Besprechung der Motive des Gesetzes der 10 Tribunen u. A. sagt, Cäsar habe nach der lex Pompeia- Licinia das Imperium bis zum 1. März 705/49, nach der bisher üblichen Praxis aber bis zur Ankunft seines Nachfolgers gehabt, der ihm nach der lex Cornelia erst am 1. Januar 706/48 habe folgen können. Im Widerspruch mit dem, was er selbst vorher S. 368 behauptet hat, berührt er sich hier mit Mommsen und scheint das Recht Cäsars, bis Ende 49 in der Statthalterschaft bleiben zu dürfen, auch aus der früheren, durch die lex Pompeia de provinciis abgestellten Praxis herleiten zu wollen!

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was Cäsar yerletzte, widergesetzlich und unberechtigt war. Oder mußte etwa Aas zu Gunsten Cäsars durchgebrachte Gesetz der 10 Tribunen die Regierungspartei nicht auch verletzen? Welche Anmaßung lag in der Forderung dieses Gesetzes! Man braucht gar nicht tm- zunehmen, daß durch dasselbe die Fortführung der Statthalterschaft vom März bis Dezember 49 gleichzeitig gewährleistet war, wie man vielleicht irrigerweise vermutet hat: schon der An- spruch, um ein zweites Konsulat auf ungewöhnlichem Wege, nämlich ohne persönliche Meldung, werben zu dürfen, mußte als unerträglich empfunden werden. Mochte im einzelnen noch so vieles streitig sein, in der Hauptsache war das formelle Recht auf Seite der Reeierung Das Gesetz der 10 Tribunen war durch Pompejus' Gesetz vereitelt und somit hatte der Senat die unbestreitbare konstitutionelle Befugnis, Cäsar 1. März 49 abzuberufen^ Schwäche und kurzsichtige Friedensliebe hielt ihn ab, den Beschluß zu fassen. Der Veriaut des diplomatischen Kampfes hat gezeigt, wie groß der Fehler war.

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