HARVARD UNIVERSITY.

KIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY 21,993, GIFT OF

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Ueber

Bindesubstanzen und Gefässwandung bei Mollusken.

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Der medieinischen Sacullät zu Rostoch überreicht als Habilitationsschrift von

Dr. Walther Flemming,

= Prosector am anatomischen Institut.

Hiezu eine Tafel.

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ROSTOCK.

Carl Boldt’s Buchdruckerei.

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Unsere Kenntniss von der Histiologie der Mollusken, wie der Wirbellosen auch sonst, ist in ihrer Gesammtheit noch eine sehr unvollständige und unbefriedigende, so viele und ausgezeichnete Einzelangaben auch seit Leydig’s ersten und bleibenden Arbeiten auf diesem Gebiet zu Tage getreten sind. Zwischen dem Vielen, Werthvollen, was dadurch be- kannt wurde, klaffen überall unverhältnissmässig grosse den Ueberblick hemmende Lücken; und es wird so bleiben, bis die Forschung dazu gelangt alle Gruppen des Typus gleich- mässig der genauen methodischen Untersuchung zu unter- werfen, welche die heutige mikroskopische Technik an die Hand giebt.

Ich bin, wie sich aus dem Folgenden von selbst ergiebt, weit entfernt dieser Aufgabe auch nur bezüglich der Binde- substanzen der Mollusken genügen zu wollen; denn ich fand bisher nicht Gelegenheit, ein reiches Material aus allen Molluskenclassen vergleichend zu sichten und zu bearbeiten. Mehr als Vorläufer für derartige Untersuchungen habe ich fast nur über die Bindesubstanzen der Mollusken des Landes, des Süsswassers und weniger Seebewohner einige Forschungen angestellt. Doch wer auch nur diese mit Hülfe genauerer Methodik in Betrachtung nimmt, wird bald erkennen, wie gering vielfach unser Einblick in die Structur dieses Gewebe noch war, wie schwer verständlich zum Theil ihre Formationen, und wie wenig man nach dem Bekannten eine wirklich ver- gleichend-anatomische Parallele noch ziehen konnte zwischen ihnen und den Bindesubstanzen der Vertebraten Geweben, deren Bau ja auch noch nicht einmal in völliger Klarheit vor uns liegt.

Nur einen Schritt zur Gewinnung solches vergleichenden Verständnisses möchte ich in diesen Blättern versuchen, aus- gehend von der genaueren Schilderung einer äusserst ver-

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breiteten Gewebsformation, die schon an sich selbst viel Bemerkenswerthes besitzt und an deren Morphologie sich ferner manche Betrachtungen über die Kreislaufsverhältnisse bei den Mollusken anknüpfen: einen Gegenstand, welcher ja das Thema für einen langen, interessanten und noch jetzt nicht ganz abgeschlossenen Streit gebildet hat,

Es ist dies eine Form der Bindesubstanz, welche zwar durch die verschiedensten Classen des Molluskentypus verbreitet und wie mir scheint, nirgend innerhalb desselben fehlend in besonderer Ausdehnung und Entwickelung im Körper der Lamellibranchiaten vorliegt. Dieser Fundort wird darum der Beschreibung am Besten zur Grundlage dienen.

Schilde- Das Gewebe ist bei einer andern Gelegenheit!) bereits “flüchtig von mir skizzirt worden. Um es ganz frisch zu Gewebes, Studiren, lässt man bequem den Mantel einer lebenden Teich- muschel (Anodonta) gefrieren, entnimmt einen nicht ganz feinen Querschnitt und lässt zu demselben, nachdem man ihn unter das Deckglas gebracht, Wasser hinzufliessen. Es zeigen sich dicht aneinandergedrängt eine Menge grosser rundlicher, mattglänzender Körper; zwischen ihnen hindurch zieht sich korbartig ein Gerüst blasser, Kerne und kleine Zellen tragender Balken, in welche an vielen Stellen die glatt contourirten Muskelfasern eingeflochten sind. Hie und da, wo die grossen blassen Körper weniger dicht aneinander- gepresst liegen, sind mehrere reihenweis zusammengeordnet und scheinen aneinanderzuhängen. Auf den Gedanken, dass die blassen Kugeln Zellen seien, wird man bei Ano- donta auf den ersten Blick schwer gerathen; man thut gut, dafür zu einem andern Object überzugehen, dem Mantel- rand von Mytilus edulis oder dem Mundfühler dieser Muschel, woher auch meine ], c. gezeichneten Präparate

') Tntersuchungen über Sinnesepithelien der Mollusken. Ar- chiv f. mikr. Anat. (1870) Bd. 6. p. 462 ff. Taf. 24. Fig. 18, 19.

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stammten.!) Hier sieht man sofort, (Fig. 1. dieser Abhandlung) dass jedem der blasigen Körper ein runder, scharfumsäumter Kern mit einem oder zwei glänzenden Kernkörperchen entspricht, welcher zwar fast nie wie verschiedene Ein- ‚stellung lehrt mitten in der Kugel, sondern nach ihrer Peripherie gerückt erscheint, immer aber unzweifelhaft inner- halb des blasigen Körpers liegt. Bei Anodonta sind solche Kerne nun ebenfalls, aber schwerer zu constatiren, denn sie liegen immer sehr wandständig ganz in dem Umfang der hier viel grösseren Kugel, und nach diesem Object allein könnte man also zweifeln, ob sie wirklich zu derselben gehören.

Wenn man das Deckglas anhaltend drückt und beklopft, während man zugleich den Rand des Präparates betrachtet, so sieht man die hier befindlichen Kugeln in einer Weise ihre Form verändern und flottiren, welche über das Flüssig- sein ihres Inhalts keinen Zweifel lässt. Zuweilen gelingt es auch eine derselben auf diesem Wege zum Platzen zu bringen, dann sieht man, wie der Inhalt gleich einem trüben Wölkchen in das umgebende Wasser hinaustreibt und spurlos in demselben verschwindet. Sieht man das Object wieder an, nachdem man es längere Zeit hat stehen lassen, so sind die mattglänzenden Blasen blasser geworden, und nach längerem Warten sind sie ganz verschwunden; man gewahrt nur das umgebende Gerüst.

Dies leitet über auf die Bilder, welche man von ge- härteten Präparaten gewinnen kann. Die Härtung kann zu diesem Zweck in schwacher Osmiumsäure oder in gewöhn- lichem Spiritus geschehen; ein dann entnommener und längere Zeit ausgewässerter Schnitt zeigt ein Aussehen, das im Groben einigermassen an das einer ausgepinselten Lymph- drüse erinnert: die hellen rundlichen Blasen fehlen, man hat,

!) Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, dass das dortige Ob- jeet Fig. 19. versehentlich als aus der Kieme entnommen ange- geben ist; dasselbe stammte von der Basis des Mundfühlers.

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ein spongioses Netzwerk dickerer und dünnerer kemnhaltiger Balken; in den jetzt eckiger aussehenden Maschen liegen, bei Mytilus sehr deutlich, die runden Kerne der ver- schwundenen Körper, oft wie es scheint noch von einer sehr blassen Substanz umkleidet und zuweilen durch diese an die Wand des Hohlraums angeklebt; beim Beklopfen treiben einzelne frei in der Höhlung umher. Härtet man jedoch lange (24 Stunden) in starker Osmiumsäure und nachträglich in Alcohol, so bleibt der Inhalt des Hohlraums erhalten; die kuglige Blase erscheint dann bräunlich-grau, nach längerer Nachhärtung in Alcohol sogar durchweg fein gekörnt, und oft an der Peripherie wie von der umgebenden Kapsel los- geschrumpft, so dass zwischen beiden ein Spalt bleikt.

Die Härtung und Granulirung der Körper erfolgt sehr schön auch nach langer Bewahrung in Kali bichromicum und Nachhärtung in Alcohol, wie ein solches Object in Fig. 2. dargestellt ist.

Bei der Spärlichkeit der früheren Literatur, welche über Histiologie der Bivalven vorhanden ist, kann es nicht Wunder nehmen, dass die Gesammtstruetur dieses merkwürdigen Gewebes bisher keine Erörterung erfahren hat. Doch findet sich dasselbe, zwar nicht besprochen, aber darge- stellt, bereits in dem Lehrbuch der Histiologie von Ley- dig, auf dessen Angaben ja überhaupt schon ein Jeder stossen muss, der irgend ein Capitel aus der Histiologie Wirbelloser bearbeitet. In Leydig’s Fig. 55. (Senkrechter Querschnitt durch Mantel und Schale von Anodonta) ist unter der Bezeichnung „Bindesubstanzschicht des Mantels“ eine netzförmig angeordnete Bindesubstanz gezeichnet, treu dem Bild entsprechend, welches ein Schnitt etwa aus einem Spirituspräparat gewähren kann; denn die hellen Blasen sind daran nicht wiedergegeben, Kerne innerhalb der Hohlräume allerdings auch nicht berücksichtigt. Andererseits hat auch der seltsame Anblick des frischen Gewebes bereits einem frü- heren Beobachter vorgelegen, K. Langer, dessen betreffende Worte aber passender weiter unten ihre Stelle finden werden.

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Wie sind nun jene mattglänzenden Kugeln aufzufassen ? In Gegenbaur’s Grundzügen der vergl. Anat. (1870, p- 35.) findet sich, als einfachste Form der Bindesubstanzen, angeführt „das zellige Bindegewebe (blasiges B. nach Ley dig), welches aus rundlichen oder länglichen Zellen gebildet wird, die nur durch spärliche Intercellularsubstanz geschieden sind; die letztere erscheint häufig nur in Form von Zellmembranen, welche die auseinanderliegenden Zellen sich untereinander verbinden lassen, indem sie benachbarten Zellen gemeinsam sind.2.2.22.2.020.... Diese Form von Bindesubstanzen findet sich (u. a. Wirbellosen) bei Mollusken.“ Leydig giebt in seiner Monographie der Paludina vivipara') mehr- fach an, dass bei derselben ein Gewebe grosser runder Zellen für diejenigen Orte characteristisch sei, an welchen bei Wirbelthieren Bindegewebe gefunden werde. Jenes von Gegenbaur gegebene Schema würde ganz dem des sogenannten Zellenknorpels entsprechen. Haben wir nun ein solches Gewebe hier vor uns? Und wenn, ist damit die Structur des vorliegenden erschöpft? Dies ge- wiss nicht: denn schon ein genauerer Blick auf das Balkenwerk zwischen den kernhaltigen Blasen überzeugt, dass die Balken nicht blos verschmolzene Zellwände oder Intercellularsubstanz sein können; denn sie tragen ja eigene Kerne, selbst Zellen, und ausserdem deutet Manches an ihnen noch auf anderweitige Structur.

Es lag nahe, einen weiteren Einblick in den Bau der 1z..u. Substanz von der Injection zu erwarten. Es musste sofort ons-Re- auffallen, dass das fragliche Gewebe sich gerade an den Körper- theilen ausbreitet, welche als Fundorte der durch Langer’s?) schöne Untersuchungen erkannten, sogenannten capillaren

1) Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. 2, p. 125.

2) Ueber das Gefässsystem der Teichmuschel. Denkschr. d. Kais. Akad. d. Wissensch. (math. naturw. Klasse) VII. und XII. (1. Arterielles und capillares, 2. venöses und respiratorisches Ge- fässsystem.)

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Schwellnetze angegeben werden. Da Langer’s Arbeit sich lediglich auf die Beschreibung der Gefässbahnen be- schränkt, deren Beziehungen aber zu den übrigen histiologischen Bestandtheilen,sowie diese letzteren selbst kaum berücksichtigt, so vermochte ich aus ihr keine directe Aufklärung zu schöpfen; hatte jedoch schon vermuthen müssen, dass innerhalb aller der grösseren Balken des spongiosen Netzwerks Gefässe ver- laufen möchten, wie denn auch in dem Object meiner früheren Fig. 18. (l. ec.) einzelne der Balken doppelt contourirt erschienen und dass viele von den kleinen Zellen der Balken eingeschlossene Blutkörperchen seien. Das aber überstieg freilich die Erwartung, was mich bereits die ersten injecetionen lehrten: dass das ganze spongiose Netz weiter Nichts ist, a@s Blutbahn.

Wem das Object neu ist, der würde einen Schnitt aus einem Osmium- und einem Injectionspräparat sicher nicht für dasselbe Gewebe halten.

An Langer’s Abbildungen der Schwellnetze?) tritt schon die ausserordentliche Dichtigkeit der Gefässverflechtung hervor, und der Betrachter derselben mag sich fragen, was denn hier überhaupt noch viel da sein könne, ausser Gefässen. Um mir Aufklärung zu verschaffen, was und wieviel dieses sei, liess ich der Injection die Anfertigung von Schnittpräparaten folgen. Ich injiecirte Anodonten mit einer Mischung von Berlinerblau und Glycerinleim, bald vom Herzen aus, bald durch Einstich in die Kreisvene des Mantels, den Rand oder den oberen centralen Theil desselben, welcher als Keber’s rothbraunes Organ bezeichnet wird. Aufallen diesen Wegen lässt sich gleicher Weise eine Füllung der Gefässe erzielen. Die eingespritzten Theile wurden dann in absolutem Alcohol, oder in Iprocentiger Osmiumsäure gehärtet.

An einem feinen Schnitt aus einem so behandelten, prall injieirten Anodontenmantel sieht man bei schwacher

») 1. e.. 2. Fig. 13—19; Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreichs, (Weichthiere) Taf. 31, Fig. 11.

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Vergrösserung fast das ganze Gewebe blau; nur kleine, ziemlich auseinandergerückte, rundliche Lücken erscheinen in der Farbmasse, und diese werden (wenn man ein frisches Thier injieirt hatte) erfüllt durch die oben geschilderten matt- glänzenden Kugeln (Fig. 3. bei 5. u. a... Wo zwischen diesen am uninjieirten Gewebe die Balken des Netzes erschienen, da zeigt sich hier statt dessen ein breiter blauer Raum. Sehr ausgedehnt sind diese Räume namentlich im centralen, wenig muskulösen Manteltheil, hier ist das Gewebe nach der Injection so auseinandergezerrt und erscheint so durchweg blau, dass man zuerst an ein Extravasat denkt. Eine bessere Controle erlaubt der Mantelrand, wo die Gefäss- verästelung auch bei ziemlich praller Füllung noch den netz- förmigen Typus deutlich zeigt. Verfolgt man diese noch immer sehr weiten Gefässe (Fig. 3. bei g!) nach Stellen hin, wo die Injectionsmasse eben erst sich auszubreiten anfıng, (Fig. 3 bei g?) so erscheinen hier die gefüllten Bahnen als ein Netz schmaler Balken, welches dem Netz des nichtinjieirten Gewebes ganz gleichgeformt ist und über- dies in die Balken nebenliegender, nichtinjieirter Stellen continuirlich übergeht. Auch jene so äusserst grossen, gefüllten Räume im centralen Manteltheil kann man direct bis in das Netz des Mantelrandes verfolgen und sich so überzeugen, dass auch ihr Zustand nicht einem. Extra- vasat, sondern nur einer übergrossen Füllung entspricht.

Die Balken des spongiosen Netzwerks sind also sammt und sonders Gefässe, in ihren Maschen liegen jene blassen Kugeln, sonst nichts. Um der Histiologie des Gewebes Genüge zu thun, bleibt zu fragen, einmal was die Letzteren sind, und zweitens wie die Gefässwand gebaut ist.

Die mattglänzenden Kugeln hat, wie gesagt, bereits yarax. Langer bemerkt und ist, wie es scheint, durch ihren An- ter der blick ebenso frappirt worden, wie ich es anfangs war. 2. „Legt man,“ sagt er (l. c. p. 60) „ein Stück frischen, noch nicht collabirten Mantels am Besten so unter das Mi-

Zellen.

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kroskop, dass man einen Querschnitt des noch aufgequollenen (Gewebes mit einem Deckgläschen fixirt, so findet man in dem beschriebenen Fasergewebe')gerundetehelleBlasen von verschiedenen Grössen. Zellenkerne haben sie keine und da sie stellenweise auch mit einander verschmelzen, so können sie kaum für Zellen gehalten werden. Ich muss gestehen, dass mir diese Gebilde räthselhaft geblieben sind. Manch- mal zeigen sie eine solche Anordnung, dass man sie für Canäle halten könnte, die gewunden und verflochten sind. In diesem Falle würden sie die Wände des Schwellnetzes sein; doch ist diese Annahme so lange nicht zulässig, als nicht ihre Erfüllung durch Injection constatirt ist“.?)

Die letztere Vermuthung widerlegt sich allerdings durch meine obigen Angaben, da die Injection vielmehr eben das zwischen den Blasen liegende Netzwerk erfüllt. Dass Langer in den Blasen keine Kerne fand, erklärt sich wohl einmal aus der schon von mir berührten Schwierigkeit, die- selben gerade bei Anodonta zu constatiren, dann auch wohl daraus, dass Langer sich stärkerer Systeme und dünner Durchschnitte nicht bedient zu haben scheint; seine sämmtlichen Darstellungen der Schwellnetze sind bei auf- fallendem Licht und höchstens 30facher Vergrösserung ge- zeichnet. Die Kerne sind unzweifelhaft da, und wenn sie auch meist wandständig liegen, so gehören sie doch sicher nicht der Wand an; deren eigene Kerne, wie namentlich

'!) L. sagt vorher, dass im frischen Mantel keine andere Gewebselemente sichtbar seien, als „ein Strickwerk jener feinen Fasern, die dem contractilen Gewebe angehören“. Ich kann dem- nach nicht entscheiden, ob L. hiermit nur die Muskeln gemeint, oder vielleicht auch das spongiose Netzwerk gesehen und bei jener Bezeichnung mit inbegriffen hat.

2) Dass ich nicht schon in jener meiner früheren. vom vorigen Winter datirten Arbeit die Stelle erwähnt habe, entschuldigt sich damit, dass ich von ihr, wie von Langer’s schwer zugänglichem Werke selbst, erst im letzten November Einblick nehmen Konnte; und eitirt finde ich den Passus in den Handbüchern nirgends.

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bei Mytilus augenfällig, anders beschaffen, länglichplatt und kleiner sind, Darum -—- und noch mehr, weil an dem Kern öfter etwas schlecht begrenzte trübe Masse zu sehen ist darf man gewiss sagen, dass in dem blasigen Hohl- raum eine Zelle liegt. Ist nun aber die ganze Blase eine solche? An Härtungspräparaten, wo ihre Substanz durchweg körnig wird, sieht es sehr danach aus; aber am lebenden Gewebe ist der Inhalt flüssig, und eine thierische Zelle mit rein flüssigem Inhalt ist nach den heutigen Ansichten schon immer etwas Ausnahmsweises.. Es handelt sich hier ein- mal wesentlich darum, ob der kernhaltige Tropfen eine ei- gene Hülle hat, und ich glaube fast das annehmen zu müssen. Es hängen, wie Langer und ich sagten, öfter mehrere der Blasen aneinander. Hätten sie keine Hüllen, lägen sie bloss abgeschlossen durch den gegenseitigen Contact der eng sich verschlingenden und kreuzenden Gefässwände: so sollte es, wo zwei der Blasen aneinanderhangen, wohl gelingen, durch Druck auf das Deckglas Inhalt aus der einen in die andere zu drängen, Das wollte mir aber nie glücken; die aneinanderstossenden Blasen sind auch immer durch einen, bei wechselnder Einstellung zu verfolgenden Contour von einander abgesetzt. Die fragliche Hülle muss freilich sehr zart sein, denn an gehärteten (Chromkali, Osmium-Alcohol-) Präparaten lässt sich die körnig gewordene Kugel mit der Nadel ganz oder bruchstückweis herauszupfen, ohne dass man an ihrem Umfang etwas Membranartiges sieht. Die Hülle müsste dann entweder in dem Maschenraum sitzen geblieben, oder sie müsste in dem Reagens derselben Ver- änderung wie der Inhalt unterlegen, und darum nicht mehr abgesetzt wabrzunehmen sein.

Wenn ich auch über diese Frage noch nicht entscheiden mag, so liegt jedenfalls Grund vor, die Blasen als Zellen zu bezeichnen, und ich will sie der Kürze halber, ohne irgend ein Präjudiz damit zu fällen, im Folgenden Schleimzellen nennen.

Es bleibt nun die Structur dessen zu besprechen, was

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Bau derals weiteres Element, ausser diesen Zellen und den Nerven,

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d

‘hier noch vorhanden ist: der Gefässwandungen.

Freilich wenn man die älteren Angaben über die Gewebe der Bivalven ansieht moderne Forschungen darüber exi- stiren nicht so möchte man sich über diese kurze Ab- fertigung der Gewebsbestandtheile wundern. Nach Bronn (Kl.u.Ordn. d. Weichthiere p. 354.; soauchnachv. Hessling, dessen Werk über die Perlenmuschel wahrscheinlich die Angaben bei Bronn z. Th. entnommen sind) hat „der Mantel ein von Muskel-Elementen durchsetztes Bindegewebe zur Grundlage, mit oft spaltbaren Bindegeweb-Fasern, die sich nach allen Richtungen durchkreuzen, und an der äussern und innern Seite in ein structurloses Bindegewebe übergehen, das als Membran auch den Mantel-Saum und dessen Falten überzieht“. Als gesonderter Bestandtheile gedenkt Bronn dann noch der „gewöhnlichen Blutgefässe“ und der capillaren Schwellnetze. Jedoch die „spaltbaren Bindegeweb-Fasern“ können schwerlich etwas Anderes wie Muskeln sein, Binde- substanzfibrillen giebt es an diesem Orte soviel ich finde, nicht; das „structurlose Bindegewebe‘ an der äussern und innern Mantelfläche ist nicht structurlos und nur eine Fortsetzung der Gefässwände; die Muskeln endlich sind ihrer Lagerung nach Bestandtheile der letzteren und nehmen nur an bestimmten Stellen eine so mächtige Entwickelung, dass sie dort als der wesentliche Theil erscheinen. Ich möchte durchaus nicht so verstanden werden, als mache ich einen Unterschied zwischen Bindegewebe und Gefässgewebe, im Gegentheil weist Alles darauf hin, dass Beide, wie sie aus einer und derselben Keimanlage entstehen, auch zu ein- ander gehören. Aber wenn es histiologische Regel sein muss, die Structur eines Gewebes nach der topographischen Anordnung seiner Theile aufzufassen, so ist es gerechtfertigt zu sagen: Dies Gewebe besteht lediglich aus (Grefässen, in deren Wänden Muskelzellen und Nerven verlaufen, und aus grossen rundlichen Zellen, welche der Gefässwand aussen anliegen,

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Die Wandung der Gefässe lässt sich in etwas schon studiren, wenn man Injectionsschnitte obiger Art mit Carmin färbt. Sehr auseinander gerückt erscheinen dann, nicht zu verwechseln mit den in der Farbmasse überall suspen- dirten, grösseren Blutzellen jene kleinen länglichen Kerne, die schon am uninjieirten Netzwerk sichtbar waren und un- zweifelhaft der Wand selbst gehören oder anliegen. Weit klarere Bilder aber verschafft man sich, wenn man mit un- gefärbter Masse injieirt. Ich schickte dazu eine Injeetion von Silberlösung (Ygoo—"/200) voran; um diese zur Wirkung zu bringen, lässt man am Besten vorher die Muschel mit aufgeschnittnem Herzbeutel längere Zeit liegen, bis der grösste Theil des Blutes sich entleert hat, und hilft dem durch Streichen nach. Nach der Silberfüllung liess ich auf demselben Wege bald vom Herzen aus, bald durch Einstich eine Ein- spritzung von Glycerinleim folgen, liess die Muschel gefrieren und fertigte dann Schnitte an, welche dem Licht ausgesetzt und mit Pikro-Carmin gefärbt wurden (Fig. 4.).

Die zunächst interessirende Frage ist die nach einem Endo- genen thel. Nach Eberth’s Darstellung, welchem das Verdienst ge- des En- bührt Gefässendothelien bei Mollusken zuerst aufgefunden zu Be haben,!) würde man solche anch hier erwarten. Eberth sagt (p. 96.), dass bei Lamellibranchiaten „an den capillaren, die sich durch ihre grosse Weite auszeichnen, besonders in denen der Kiemen, sich dieselben Verhältnisse wiean den Arterien wieder- holen“ an welch’ letzteren, wenigstens den grösseren, kurz vorher von ihm eine Mosaik spindelförmiger Zellenfelder be- schrieben wird. Ich darf vielleicht vermuthen, dass diese Angabe sich wesentlich nur auf Beobachtung von Capillaren der Kiemen oder etwa der Darmleisten stützt, an denen in der That das beschriebene Verhalten ausserordentlich schön zu sehen ist. An den hier behandelten Gefässen aber, denen der Schwell- netze, welche die grosse Mehrzahl der Uebergangsgefüsse

ı) Ueber den Bau und die Entwicklung der Bluteapillaren. II. Würzburger naturw. Zeitschrift 1866, p. %.

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bilden, hat es mir bei zahlreichen Versuchen doch nie gelingen wollen, eine Endothelzeichnung hervorzurufen ; auch scheint mir dies bei der von Eberth befolgten Methode (Injection von Silberlösung und Maceration in saurem Glycerin) über- haupt nicht thunlich zu sein, da nach Injection flüssig- bleibender Massen die Gefässe hier alsbald wieder zu dünnen Strängen zusammenfallen, an welchen ein Silberbild der Innenfläche völlig unkenntlich sein muss. Aber auch, wo ich diesen Nachtheil ohne Complication der Methode zu vermeiden suchte, indem ich (ohne nachfolgende Leiminjection) die Ausdehnung der silbergefüllten Gefässe durch sofortiges Frierenlassen erhielt, zeigte sich keine Endothelzeichnung;; und an den Präparaten mit nachfolgender Leimfüllung, wo die Silberwirkung fast stets augenfällig vorhanden, die Ge- fässwand violettbräunlich gefärbt war, wo im den Kiemen- gefässen, denen der Darmleisten, den Arterien und an der Oberfläche der Eierstöcke!) beim selben Thier die schönste Silbermosaik ausgesprochen war zeigte sich constant nie eine solche in den Gefässen der Schwellnetze, mochten die- selben noch so prall durch die Silberlösung gefüllt gewesen sein- Nur fein gekörnte, abgebrochene Strichelchen sieht man daran hie und da, welche etwa als Andeutung eines Endothelbildes verwerthet werden könnten. Hiernach kann ich einen inneren Zellenbelag dieser Gefässe nicht als vorhanden annehmen,?)

’) Ich notire hier die eigenthümliche Thatsache, dass die Eierstöcke constant von einer deutlichen, geschlossenen, jener der Arterieninnenfläche ganz ähnlichen Zellendecke überzogen sind; während z. B. mit den Leberläppchen nicht dasselbe der Fall ist. Es sieht dabei in der That aus, als lägen die Geschlechtsdrüsen innerhalb der Blutbahnen des umgebenden Schwellnetzes, welche ihrerseits eines Endothels auch hier entbehren. Die Zellenmosaik auf der Eierstocksfläche erscheint nicht etwa identisch mit den Contouren der unterliegenden Drüsenepithelien, und macht nach ihrem ganzen Wesen den Eindruck einer endothelialen. Die wei- tere Verfolgung des Gegenstandes behalte ich vor.

2) Ich beabsichtige damit nicht zu leugnen, glaube vielmehr selber, dass die Wandung oder ihre Innenschichte aus verschmol-

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Structurlos ist die Wandung darum nicht. Vielfach stusein. sieht man zunächst in ihr Muskeln verlaufen; im centralen Manteltheil spärlich, zahlreicher gegen den Rand desselben sowie im gleichen Gewebe des Fusses und Körpers. Gegen den Mantelrand zu häufen sich diese Fasern an bestimmten Orten ausserordentlich an und bilden so constante Muskel- partieen, welche durchbrochene Platten darstellen; eine stärkste Faserplatte der Art läuft schräg von der Mantel- randnarbe der Schale zur freien innern Kante des Mantel- saums, in welche sie in massigen Zügen ausstrahlt, zwei schwächere parallele Platten laufen längs der innern und äussern Fläche unter dem Epithel, andere Züge streichen parallel dem Rand zwischen den vorigen hindurch. Diejenigen Muskelzüge endlich, welche die von jenen Allen noch übrigge- lasseneRichtung, die vonMantelfläche zu Mantelfläche, einhalten,

zenen Zellen bestehen kann was Eberth (l. e. p. 107) für die feineren Gefässe der Lamellibranchier anzunehmen scheint, freilich mit Hinzufügung der Ansicht, dass immer noch isolirte Zellen sich erhielten. Letzteres ist hier allerdings nicht der Fall; und Kerne, welche speciell auf ein solches verschmolzenes Endothel zu beziehen wären, finden sich ebenfalls nicht; die Kerne in der Wand gehören alle zu den fixen Zellen, welche unten Beschreibung finden werden. Aber man könnte wohl annehmen, dass die ganze structurlos erscheinende Wand (vgl. Fig. 4) nur verschmolzene Substanz eben jener fixen Zellen sei, deren protoplasmatische Mitteltheile sich gesondert darin erhalten hätten. Ebenso gut lässt sich freilich die hyaline Wand als Zwischensubstanz jener Zellen auffassen nach der Schwann-M. Schultze’schen Theorie von der Bildung der Letzteren würde übrigens Beides ziemlich auf's Gleiche herauskommen. Ausser Eberth’s Angaben existiren noch solche von Legros (Notes sur l’epithelium des vaisseaux sanguins. Journ. d. l’anat. et de la phys. 1868 p. 275) über Capillarnetze mit Endothel bei Ostrea. Er sagt ebenfalls nicht aus welcher Gegend des Körpers dieselben stammen. Man muss sich übrigens wundern, dass Legros weler Eberth’s, noch Auerbach’s, noch Aeby’s Entdeckungen erwähnt, obwohl dieselben schon 2 Jahre vorher (1866) publicirt waren und doch hinlänglich Epoche gemacht hatten.

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sindnichtzu grösseren Massen entwickelt, sondern es sind Bün- del von wenigen oder selbst ganz einzelne Fasern (Fig. 3. m.), welche aber dafür überall durch den Mantel verstreut, auch in seinem centralen Theil vorkommen. Bei solchem Ver- halten lässt sich an diesen Letzteren ihr Verlauf innerhalb der Gefässwände oder doch an denselben am deutlichsten constatiren.— Die contractilen Spindeln, welche jene grösseren, compacten und localisirten Muskelplatten zusammensetzen, sind meistens viel dicker, als die einzeln verlaufenden von der letztgenannten Anordnung: erstere 35 « und darüber dick, letztere schmäler bis 0,8 « herab. Deshalb ist wohl zu glauben, dass es grossentheils diese isnlirten Fasern und Faserbündelchen gewesen sind, welche von früheren Beob- achtern (vgl. Bronn.c.) als „spaltbare“ Bindegewebsfibrillen beschrieben wurden; indem bei schwächerer Vergrösserung ihr Grössenunterschied von den andern Muskeln der Art imponiren kann, dass man sie für etwas von diesen Verschiedenes halten möchte. Doch ist die Muskelnatur dieser feinen Fasern zweifellos, es finden sich eine Menge Uebergänge in der Dicke zu jenen grösseren, man kann an vielen die stabförmigen Kerne und die gespitzten Enden ermitteln; ganz sicher endlich ergiebt sich ihre eontractile Beschaffenheit aus dem Vergleich von Injections- und ÖOsmiumpräparaten. Während sie an ersteren (Fig. 3.) wellig gebogen und geknickt zu verlaufen pflegen, sind sie in Schnitten aus letzterem Reagens, welches das Gewebe bei der ersten Berührung zur energischen Con- traction veranlasst und in ihr verharren lässt, völlig starr und gradlinig (Aehnlich in Fig. 2.). Bindegewebsfibrillen, die nur passiv dehnbar sind, müssten sich in beiden Fällen grade umgekehrt verhalten; bei Muskeln erklärt es sich von selbst, dass sie im eontrahirten Zustand geradlinig aus- sehen, dagegen geknickt, wo sie durch die warme Injection erschlafft waren.

Sehr auffallend erscheint aber ein Verhalten dieser Muskeln, das an Injectionsschnitten dentlich wird: sie trennen sich hie und da streckenweise von der Gefässwand und

Pr

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verlaufen anscheinend ganz frei durch das Lumen gespannt; bald mehrere Faserzellen zusammen, bald sogar einzelne. Ob sie dabei nicht doch vielleicht einen zarten Ueberzug von der Wand mitnehmen mögen, ist freilich kaum zu ent- scheiden, sehen konnte ich solchen mit Sicherheit nicht: die Fasern erscheinen ganz frei durch die Injectionsmasse gestreckt, oft in directem Contact mit den in dieser suspen- dirten Blutzellen. Es musste mir dieser Umstand grosse Scrupel machen und die höchste Vorsicht empfehlen bezüglich der Frage, ob der injieirte Raum auch wirklich Blutbahn sei. Daran ist jedoch nicht zu zweifeln, ich verweise dafür auf das Obige und die unten folgende Erörterung.

Ausser den Muskeln sieht man nun noch ein feinfaseriges Fixe Wesen in der Gefässwand, dessen zellige Natur sich aber """s* leicht ergiebt. Die Kerne nämlich, von welchen oben die zeten. Rede war, gehören, wie erst diese Leim-Carmin-Methode lehrt, Zellen an, welche spindelförmige und verästelteFormen zeigen und oft ausserordentlich lange Ausläufer besitzen (Fig. 4.). Diese Ausläufer, blasser und schwächer contourirt wie die Muskeln, könnten den Eindruck zarter Fibrillen machen, wenn man sie nicht leicht an die zugehörigen Kerne zu verfolgen vermöchte. Eigenartige Fibrillengebilde lassen sich hier sonst nicht auffinden; man muss sich natürlich hüten, Faltungen der etwa nicht prall gespannten Wand für Fasern zu halten.

Jene Bindegewebszellen mit ihren länglichplatten Kernen und ihren blassen, äusserst langen Ausläufern gleichen ganz denen der Wirbelthierembryonen; das wäre also wirklich einmal ein brauchbarer Fall für die, ebenso beliebte als sonst unzutreffende Tendenz, die Gewebe der Wirbellosen als den embryonalen ähnlich anzusehen. Die Eigenschaft ‚diesser Zellenkörper als ächter fixer Bindegewebszellen spricht sich auch darin aus, dass sie, seltner zwar im Mantel, aber oft im gleichen Gewebe des Fusses, um die Geschlechts- drüsen und Leberläppehen, häufig einen oder mehrere Fett- tropfen beherbergen (in dem Object Fig. 4. fast alle

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Fett-

zellen,

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vorhandenen), sich also hierin den fixen Bindegewebszellen des Säugethiers analog verhalten.') Zu einer massenhafteren Ansammlung des Fettes und Ausrundung der Zelle kommt es bei den Bivalven nicht, mehr schon bei den Gaste- ropoden, wo (z. B. im subepithelialen Gewebe bei Limax, Arionu.A.) viele Uebergänge zwischen kleinen spindeligen und grösseren rundlichen, ganz mit kleinen Fetttröpfchen gefüllten Bindegewebszellen vorkommen; am Magen von Lymnaeus stagnalis sind solche rundliche ganz gefüllte Zellen schon von Semper?) beschrieben und als Fettzellen gedeutet worden. Unterschieden bleiben diese Fettzellen der Mollusken von denen der Wirbelthiere nur dadurch, dass ihr Fett nie zu eonfluiren scheint, sondern in einzelne Tröpfehen vertheilt bleibt, was sich übrigens an vielen Jugendzuständen von Warmblüterfettzellen auch so verhält;

!) Unmittelbar nachdem ich vor Kurzem (Centralblatt 1870 Nr. 31., 16. Juli, und Arch. f. mikr. Anat. Bd. 7. H. 1.) Befunde über die Histiologie der Fettzellenbildung mitgetheilt hatte, ist ein Aufsatz von Toldt (Wien. Sitzungsber., vorgel. 21. Juli 1870) erschienen, dessen Verfasser zu dem, dem meinigen diametral ent- gegenstehenden Resultate kommt: „das Fettgewebe sei ein Gewebe eigener Art und dürfe durchaus nicht mit dem Bindegewebe zusammengeworfen werden“. So sehr ich mich übrigens freuen konnte, viele von Toldt’s eignen Beob- achtungen mit den meinigen übereinstimmen zu sehen, so muss ich doch das eben angeführte Axiom als unhaltbar bezeichnen und glauben, dass er es schwerlich ausgesprochen haben würde, wenn er die Entwicklung der Fettzelle selbst in seine Untersuchung mit einbezogen hätte. Die Begründung dieses Urtheils war im Voraus in meiner o. c. Arbeit enthalten: dass die Fettzelle vorwiegend und vielleicht allein aus der fixen Bindegewebszelle entsteht, sowohl beim Erwachsenen, als beim Säugling, als beim Embryo dass dieser Entstehungsmodus also nicht, wie Toldt will. stets pathologischer Art sein oder unter den Begriff der Mästung fallen kann habe ich dort erörtert und ein Jeder, der meine entsprechenden Methoden anwendet, wird sich leicht davon überzeugen können.

2) Beitr. z. Anat. u. Phys. d. Pulmonaten, Zeitschr. f. wiss. Zool. VIII. 1856, p. 340.

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die Confluxion ist nur als Folge stärkerer Füllung zu be- trachten (ich verweise dafür auf meine Angaben a. a. O, p- 59 #.). Ferner liegen die Fettzellen der Mollusken ziemlich diffus im Bindegewebe verstreut, sie bilden keine läppchenförmigen Häufchen; so dass also von einem eigenen Fettgewebe hier noch weniger als bei den Vertebraten die Rede sein kann.

Hie und da kommen ausserdem z. B. beiAnodonta, Pigmentzellen in der Gefässwand vor, die als rundliche Ballen dicht gedrängter Pigmentkörnchen in derselben liegen. Kalkhaltige Zellen habe ich bei Lamellibranchiaten in diesem Gewebe nicht gefunden.)

Es bleibt endlich noch der Nerven Erwähnung zu thun, serven welche ebenfalls in den Gefässwänden ziehen oder doch Var ihrem Verlauf an diese sich halten: sie erscheinen frisch zeiten. sehr blass, zuweilen schwach längsstreifig, stets ohne Scheide und Mark, und tragen namentlich an den Theilungsstellen vielfach Ganglienzellen; durch alle die angeführten Reagen- tien werden sie mehr oder weniger feingekörnt und treten dann besser hervor. Den Verlauf vieler dieser feinen Fasern zum Epithel und ihre Endigung in Sinneszellen habe ich auf Grundlage der Chlorgoldbehandlung an anderem Orte?) beschrieben; über Nervenendigungen in den hier besprochnen Geweben kann ich noch Nichts aussagen.

Abgesehen von den so eben beschriebenen Bestandtheilenstructur- zeigt die dünne Wandung der Blutbahnen dieses Gewebes keinerlei Structur ich sehe dabei natürlich ab von Arterien im und grösseren Venen, die, wie dies lange ermittelt Ian (Langer), eine dickere besonders differenzirte, muskulöse ter aer Wand und Endothel (Eberth) besitzen. Doch die Arterien """"

nen als Ueber-

!) Bei Cephalophoren sind dieselben z. B. im Hautbindege- s#nsss«- webe schon durch Leydig (Paludina) und Semper bekannt ge- RE worden. Ersterer erklärt sie bei Paludina für Umbildungsformen der grossen runden Zellen des Bindegewebes.

2) M. Schultze’s Arch. f. mikr. Anatomie 1870 (Bd. 6.)

p- 453 ff.

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sind in unserem Gewebe spärlich, die ungeheure Hauptmasse der Blutbahnen wird ausgemacht durch das beschriebene Netz von Uebergangsgefässen; und man kann nicht sagen, wo in demselben das Capillargefäss aufhört und die Vene anfängt. Denn auch die meisten der dickeren Gefässe des Netzes z. B. im Mantel, welche einander parallel, senkrecht gegen die Längsaxe des Thiers verlaufen und von Langer als aus dem Schwellnetz confluirende Venen bezeichnet werden, können auf solchen Namen einzig durch ihre Weite und ihre Stromrichtung, nicht durch den Bau ihrer Wand Anspruch machen dieser ist ganz derselbe wie bei den feineren Aestchen des Netzes und selbst der grosse Sinus, welcher als Kranzvene der Mantelanheftung parallel läuft, verhält sich darin nicht anders.

An der Aussen- und Innenfläche des Mantels, in den Leisten des Darms und wie es scheint noch an einigen andern Orten besonders der Körperoberfläche geht die Ge- fässwand in ein spärlich ausgebreitetes Gewebe von dichterer Fügung unmittelbar über. Nach Bronn wäre dies Gewebe an den Mantelflächen ein „structurloses“; so kann es wohl nur bei sehr schwachen Vergrösserungen aussehen; bei stärkeren macht es auf den ersten Blick den Eindruck eines fibrillären Binde- gewebes mit Spindel- und Sternzellen und sehr dicht in allen Richtungen verfilzten Fasern. Namentlich an der Darmleiste sieht es so aus; aber feinste Schnitte und genaue Betrachtung mitstärksten Systemen lassen viele der vermeintlichen Fibrillen bald als etwas Anderes erkennen. Die Fortsätze der ge- streckten oder eckigen Zellenkörper nämlich, welche massen- haft in dem Gewebe verstreut liegen, zerfahren je in mehrere, oft viele wiederum feinere Ausläufer, von oft ausserordentlicher Länge, so dass förmliche Büschel von den Zellen ausstrahlen: es erinnert das, wenn auch nur sehr im Kleinen, an das Verhalten der Zellen der Kopfknorpel bei den Cephalopoden, welches Boll!) beschrieben und dargestellt hat. Dies Ge-

u) Beitr. z. Hist. des Molluskentypus, Arch. f. mikr. Anat. 1869 Suppl. p. 14. F. 7.

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webe nähert sich seiner Consistenz nach auch einigermassen dem Knorpel, Ein grosser Theil der Fasern nun, welche man sicht, lässt sich zweifellos in solche Zellenausläufer verfolgen, und in ihrem Lichtbrechungsvermögen erscheinen beide Dinge ganz gleichartig. Dennoch bleibt es sehr schwer zu entscheiden, ob alle Fasern sich auf solche Zellenfortsätze zurückführen lassen, da sie sich in allen Richtungen durchkreuzen und - an Schnitten also vielfach die zugehörigen Zellen abgetrennt sein können. Das Zerzupfen wird durch die Consistenz des Gewebes resultatlos; Auflösung der Grundsubstanz durch die gewöhnlichen Isolationsmethoden gelingt mir nicht; ver- dünnte Essigsäure ändert nichts an dem Aussehen des Gewebes, starke macht nicht nur die Fibrillen, sondern auch die Zellen und die nebenliegenden Muskelfasern er- blassen. Wenn wirklich ein Theil der Fasern eigenartige Bindesubstanzfibrillen sein sollten, so wäre dies der einzige Ort bei Lamellibranchiaten und Gasteropoden, wo ich nach meinen bisherigen Erfahrungen solche zugeben könnte.

Zwischen jenen langen ästigen Zellen kommen noch kleinere runde vor. Die Grundsubstanz erscheint völlig homogen.!)

Von der Darmleiste, die ganz aus diesem Gewebe besteht, setzt sich dasselbe unter den Füssen der Epithelien in einer dünnen Schicht um den ganzen Darmschlauch herum fort, welche, vom Darmlumen gerechnet nach Aussen, eine dichte Lage Muskeln enthält. Viele dieser Muskelfasern strahlen schräg gegen das Epithel in das Gewebe hinein und auch auf sie lässt sich eine Menge der Fasern zurück- führen, die in letzterem erscheinen.

Nach v. Hessling?) besteht die Darmwand von Unio margaritifer „aus einem s, g. formlosen, von Kernfasern und Bindegewebskörperchen durchsetzten, an das Hornhaut-

!) Ein ganz gleiches Gewebe ist es, welches die Grundlage der Radula bei Cephalophoren bildet (z. B. b. Lymnaeus). 2) Die Perlenmuschel und ihre Perlen. Leipzig 1859. p. 270.

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gewebe der Wirbelthiere erinnernden Bindegewebe‘, darunter folge noch „eine Schicht fibrillären und elastischen Gewebes“. Ich darf daraus entnehmen, dass diesem Forscher das eben beschriebene Gewebe in seiner Eigenthümlichkeit schon vor- gelegen hat, wenn mich auch seine Deutung und jener Ver- gleich mit der Hornhaut nicht zum Anschluss auffordern kann. In der Lage „fibrillären und elastischen Gewebes“ kann ich nur jene von mir erwähnte Mukelschicht wiedererkennen.

Das umgebende Schwellnetz reicht ohne Grenze bis an dies Gewebe der Darmleiste und dessen Fortsetzung und seine Gefässwand geht in dasselbe unmittelbar über. Die Gefässe des Darmleistengewebes aber weichen von denen des Schwellnetzes ab durch ihre Spärlichkeit, ihren Verlauf und ihren Bau: Langer hat bereits gefunden und darge- stellt, wie die Arterien hier sich gabelig theilen, entgegen- gesetzt der netzförmigen Anordnung der Schwellnetzgefässe. Von diesen unterscheiden sich die Bahnen der Darmleisten auch dadurch, dass sich an ihnen bis in die letzten Ver- ästelungen durch Silber eine Endothelzeichnung leicht hervor- rufen lässt. Uebrigens ist der Zusammenhang dieser Bahnen mit denen des anliegenden Schwellnetzes ein evidenter, und es rechtfertigt sich deshalb um so mehr, das Gewebe der Darmleiste einfach als Fortsetzung der Wand des Letzteren aufzufassen.

Eigenthümlich geformte Bindesubstanzen finden sich in spärlichem Maasse ausserdem an verschiedenen Orten ent- wickelt, so z. B. als Stützgewebe der Leberschläuche als ein blasses anscheinend ganz structurloses, netzförmiges Strickwerk. Andere treten auf in den Kiemen, von deren Besprechung ich hier einstweilen absehe.

Ich konnte nicht umhin den Leser durch diese vielleicht ermüdende genaue Beschreibung des Gewebes zu führen, um erörtern zu können welche histiologische Geltung dasselbe beansprucht.

Zunächst habe ich es noch zu vertreten, dass ich die injieirten Bahnen ohne Weiteres als Blutgefässe aufgefasst

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habe. Die ungeheure Reichhaltigkeit dieser Gefässformation ist freilich auffallend; diese Bilder, in welchen bei weitem der grösste Theil des Gewebes nichts anders darstellt als injicirte Räume, und die zackigen, unregelmässigen Formen dieser Räume, welche den Blutgefässen des Vertebratentypus fremd sind und eher an dessen Lymphbahnen erinnern dies Alles könnte den Leser auf die Vermuthung bringen, dass hier überall Extravasate vorgelegen haben möchten. Das ist aber mit Sicherheit zu verneinen: ich verweise dafür einmal auf das Oben (p. 9.) Gesagte, ferner auf den Umstand, dass man überall die Blutzellen in der Injections- masse frei eingeschlossen findet; endlich ergiebt sich jene Sicherheit auch aus dem Vergleich mit Langer’s Dar- stellungen, wobei man nur zu berücksichtigen hat, dass diese bei auffallendem Licht und viel schwächerer Vergrösserung gezeichnet sind, und dass sie einem noch etwas stärkeren Füllungsgrad entsprechen wie etwa meine Fig. 3. Langer hat schon die Bemerkung gemacht (l. c. p. 9.), dass die Bilder je nach diesem Füllungsgrad sehr verschieden ausfallen. Ich habe mir durch wechselnd starke Injectionsdrucke eine Reihe von Bildern herstellen können, anfangend von eben beginnender Füllung (ähnlich wie bei g? in Fig. 3.) bis zu den stärksten Injectionsgraden, welche etwa dem der Ab- bildung bei Bronn (l. c. Taf. 31. F. 11., Langer F. 19.) correspondiren, wo die sämmtlichen Gefässe so geschwellt sind, dass auch die Ecken und Zacken meiner Fig. 3. aus- geglichen erscheinen. Das Betrachten solcher Serien lässt keinen Zweifel, dass es immer dieselben Räume sind, welche man füllt, mag man vom Herzen oder durch Einstich injieiren. Ich darf sogar behaupten, dass es am Mantel gar nicht möglich ist, ein Extravasat zu erzielen, denn es giebt dort keine andern Räume, welche man füllen kann, die Schleim- zellen lassen wenigstens im frischen Zustand die Injections- masse nicht in ihre Substanz eindringen, und überall wohin man sticht, kommt man in Gefässe. Etwas anders verhält es sich jedoch an anderen Körpertheilen, worüber unten.

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ala: Nach alle dem haben wir hier also eine Bindesubstanz, ann, Fedueirt auf einen dünnen vielfach verästelten Schlauch, des ge. welcher die Wand der Blutbahn darstellt, und aussen mit ebes, grossen rundlichen Zellen besetzt ist.!) Diese Wandung enthält, ausser einzeln verlaufenden Muskeln und Nerven, spindelige und verästelte fixe Zellen, übrigens erscheint ihre Substanz structurlos; ein Endothel ist nicht darstellbar. und seine Diese Form der Bindesubstanz kommt nun nicht bloss vo. am den einzelnen bisher berührten Orten vor so dass tung in- man sie etwa bloss als ein local entwickeltes Corpus caver-

Fr nosum auffassen könnte —; sie hat vielmehr innerhalb

iusken- des Molluskentypus eine ausserordentliche, vorwiegende

"pe® Verbreitung, und ich glaube, dass sich auf sie als Grundtypus, die gesammten Bindesubstanzen der Weichthiere beziehen lassen.

So massig und typisch wie bei den Unioniden ist sie freilich kaum irgendwo entwickelt. Wenn Langer sagt, dass die Schwellnetze der Anodonta ‚die ganze Dicke der Organe durchsetzen“, so darf ich diesen Ausspruch dahin erweitern, dass die Bindesubstanz der Organe zum weitaus grössten Theil nichts Andres repräsentirt als diese Schwell- netze selbst welche ja nach allem Obigen mit dem hier beschriebnen Gewebe identisch sind. Dasselbe constituirt fast den ganzen Mantel und die Mundfühler, umgiebt in dicker Schicht den Darm, drängt sich zwischen die Leber- läppchen und bettet die Geschlechtsdrüsen in seine Masse ein; die ganze Bindesubstanz des Fusses gehört dazu, kurz fast überall im Körper, wo nach den Angaben früherer Werke Bindegewebe vorkommt, findet man dieses Gewebe. Sehr ähnlich, nur nicht überall in so mächtigen Schichten

!) So wird sich die Lagerungsweise der Zellen am Besten auffassen lassen. Zwar in dem grössten Theile des Gefässnetzes sind die Maschen so klein, dass meistens nur je eine Zelle eine solche auszufüllen scheint; aber wo grössere Gefässästchen eine Strecke weit isolirt. unverästelt verlaufen, sieht man öfter die Schleimzellen eine neben der andern längs der Wand geordnet.

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auftretend und öfter durch die stärker entwickelte Musculatur in Schatten gestellt, verhält es sich bei andern Lamellibran- chiern der verschiedensten Gruppen: so bei Gardium, Mytilus, Mactra, Ostrea.

Aber auch bei den Prosobranchiern und Pulmo- naten findet man das gleiche Gewebe wieder. Die Binde- substanz des Mantels und Fusses dieser Mollusken, also der Hauptmasse des Körpers, repräsentirt jedenfalls einen völlig ähnlichen netzförmig verästelten Gefässschlauch, was Injec- tionen mir sofort darthaten; an manchen Orten, wie im Mantel und an der Körperoberfläche z. B. von Arion, giebt die Dichtigkeit dieses Netzes dem von den Bivalven Beschrie- benen kaum etwas nach. In den Maschen des Gefässnetzes finden sich wiederum blasse grosse, rundliche Zellen mit zugehörigem Kern, welche freilich nicht bei jeder Behandlungs- weise deutlich bleiben; am Besten erkennt man sie auch hier wieder nach Osmium-Alcohol-Härtung. Wer ein solches Präparat z. B. von Limax ansieht, dem wird die Analogie mit einem Schnitt aus dem Anodontenmantel sofort auffallen. Es ist jedoch die Entwicklung der Musculatur hier an den meisten Stellen so mächtig, dass der Typus der Gewebs- structur davor verschwindet.

Diejenigen Maschenräume, welche am Mantel und Leib der Landpulmonaten subepithelial gelegen sind, stellen jene Schleimerypten dar, welche als schleimsecernirende Becher- zellen dieser Mollusken von Marchit) und Boll ?) beschrieben worden sind. Ich habe früher beiläufig die Ansicht ausge- sprochen, dass die in diesen Urypten gelegenen Zellen Aequivalente, wenn auch vielleicht modificirte, der grossen Zellen darstellen, welche in den entsprechenden Räumen der ganzen übrigen Bindesubstanz liegen und hier als Schleim- zellen behandelt worden sind.) Den Beweis, dass sie nicht

1) Arch. f. mikr. Anat. Bd. II. 2) Ebenda Bd. V. Suppl. 3) Ebenda Bd. VI. p. 462. ff.

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dem Epithel angehören, also aus diesem hineingesenkte wirkliche Drüsenzellen sind, vermag ich einstweilen nicht zu geben, vielleicht wird die Entwicklungsgeschichte der Crypten ihn führen können. Zunächst stütze ich mich bei jener Ansicht vor Allem auf den Anblick, welchen jeder Schnitt senkrecht auf die Leibesoberfläche gewährt: die Crypten dringen, oftmals unter seitlicher Auszackung und Communication mit den nebenliegenden Hohlräumen des Bindegewebes, so tief nach abwärts, dass mir die Annahme wenig Wahrscheinlichkeit zu bieten scheint, es sei dies Ganze nur die Einsackung einer einzigen Epithelzelle; und der Schleiminhalt der Urypte mit seinem wandständigen Kern hat so viel Aehnlicheit mit dem Inhalt der neben- liegenden Bindegewebshohlräume, dass ich es viel nahe- liegender finde ihn als dem Letzteren analog aufzufassen. Endgültig kann ich jedoch über die Sache noch nicht ent- scheiden und muss die Möglichkeit der erstgenannten Auf- fassung zulassen.!)

Leydig hat schon in der oben citirten Abhandlung über Paludina das Vorkommen von grossen hellen Zellen mit wandständigem Kern in dem Hautgewebe dieses Thiers constatirt, und setzt hinzu (l. ec. p. 151.), „dass sie einen Hauptbestandtheil der Haut bilden und im ganzen Körper der Paludina überall da vorkommen, wo bei höheren Thieren das Bindegewebe sich findet,“ weswegen er sie auch Binde- substanzzellen nennt. Er beschreibt ein gleiches Zellengewebe aus der Umgebung der Gehörblase und des Schlundes; Semper?) berichtet über ähnliche Zellen am Magen von

ı) Die Hautdrüsen der Acephalen, welche ich a. a. OÖ. nach Goldpräparaten beschrieben und damals mit den Schleimzellen parallel gestellt habe, scheinen mir nach genauerer Untersuchung anderer Natur zu sein; sie sind, wie erst sehr feine Schnitte lehren, zum Theil wenigstens mehrkernig und ihr Inhalt von dunklerer, sehr fein granulirter Beschaffenheit; ich halte sie für wahre Drüsen.

2) Zeitschr. f. wiss. Zool. VIIL, 341.

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Lymnaeus; ich habe ebensolche im Fühlerknopf der Pul- monaten gefunden.!) -Da mir die Injection in Bezug auf das Hautbindegewebe gezeigt hat, dass die Analcgie desselben mit der oben beschriebenen Bindesubstanz der Lamelli- branchiaten eine vollständige ist, so bin ich wohl zu der Annahme berechtigt, dass auch überall anderswo, wo jene grossen Zellen sich finden, das heisst durch den ganzen Körper, der gleiche Gewebstypus vorliegen wird. Vollständige Injectionen sämmtlicher Theile z. B. der Eingeweide, sind bei Cephalophoren schwer zu erreichen und mir bis jetzt aus Mangel an passendem Material nicht gelungen. Aus eben dem Grunde besitze ich auch noch keine Sicherheit darüber, ob ein Endothel der Vebergangsgefässe hier darstellbar ist.

Doch scheint es hier bei den Cephalophoren vielfacher und in ausgedehnterem Maasse zur Ausbildung von Zwischen- substanzen, und damit zum Auftreten eigenthümlicher Bindegewebsformen zu kommen, wie dies bei den Acephalen der Fall ist. So finden sich bei Schnecken (Arion, Limax) an den Wänden der Leibeshöhle und zwischen diesen und den Eingeweiden durchbrochene Membranen ausgespannt, mit Endothelkernen besetzt, einzelne Muskeln enthaltend, sonst aus einer homogenen Substanz bestehend, welche nur mit starken Systemen feinstreifig erscheinen kann; distinete Bindegewebsfibrillen aber finden sich darin-nicht. Bei den Cephalopoden kommen nach Boll’s Angabe solche Fibrillen vor.?) Was sich bei den übrigen Molluskenklassen in früheren Angaben als fibrilläres Bindegewebe bezeichnet findet, hat, wie ich mehrfach schon zu erörtern fand, kein Recht auf diesen Namen und war meistens Muskelgewebe.

Auch Knorpel treten bei den Cephalophoren bekanntlich in reichlicherem Maasse auf, wie bei den Acephalen (z. B- die Zungenknorpel), wenn auch immer in geringerem als beim Wirbelthiertypus.

2 32.78:10.:p. 445: 2) Asse. O0. p. 18.

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Mein Untersuchungsmaterial und namentlich der Mangel frischer Exemplare anderer Gruppen gestattet leider einst- weilen nicht weitere vergleichende Erörterungen. Aus dem gleichen Grunde bedauere ich auch, dass ich grade die neuesten Angaben, welche über Histiologie der Mollusken vorhanden sind, die von Boll (a. a. O. p. 3. ff.) hier nur wenig habe verwerthen können. Seine Schilderungen der schönen und interessanten Bindesubstanzformen der Hetero- poden, welche er beobachtet hat, beziehen sich allein auf das frische Gewebe, Injectionen hat er nicht angestellt und auf eine vergleichende Betrachtung und Eintheilung der be- treffenden Gewebe verzichtet, so dass ich sie mit den von mir Untersuchten einstweilen nur durch Vermuthungen in Beziehung bringen kann.') Ich habe es hier ferner unter- lassen, die meisten eigenthümlich geformten Bindesubstanzen, wie die Knorpel, die Stützgewebe un. A., als beiläufig zu erwähnen, da ihre genauere Beschreibung für den Raum dieser Abhandlung allzu weitgreifend und überhaupt ohne Ver- gleichung reicheren Materials nicht fruchtbar sein würde.

Es ist sehr möglich und selbst wahrscheinlich, dass die Durchforschung anderer Ulassen und Arten noch mannigfache Zusätze zu dem hier Gegebenen liefern und vielleicht noch sehr abweichende Formen aufdecken wird. So weit meine Untersuchungen reichen, glaube ich wenigstens das mit Sicherheit aussagen zu können, dass der bei Weitem grösste Theil der Bindesubstanz sich histiologisch auffassen lässt als ein äusserst reich verästelter Gefässschlauch, dessen Wand fixe Zellen aber keine structurzeigende Zwischensubstanz besitzt, und welchem aussen eine eigenthümliche Art runder Zellen von sehr weicher Consistenz aufgelagert ist. An

1) Bbenso kann ich auch aus Mangel an Material noch nicht anknüpfen an die Resultate, welche von F. E. Schulze (Ztschr. {. wiss. Zool. Bd. XII.) über den Tunicatenmantel gewonnen sind; doch die grossen runden Zellen. welche darin als Hohlzellen be- schrieben werden. können jedenfalls an die ähnlichen der hier beschriebenen Gewebe denken lassen.

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verschiedenen, doch ziemlich spärlichen Stellen des Körpers geht diese dünne Gefässwand unter Zunahme der Zwischen- substanz und der fixen Zellen, und unter Zurücktreten jener grossen Zellen, in eine fester geformte Bindesubstanz über, und die Gefässröhren nehmen in dieser ein deutliches Endothel an. Hie und da, besonders bei den Cephalophoren und Cepha- lopoden, kommt es ausserdem noch zur Anlage eigenthümlich geformter Zwischensubstanzen.

Die geschilderte Bindesubstanz zeigt gegenüber denvergieich

gleichbenannten Geweben der Wirbelthiere so viel Fremd-

mit den Binde-

artiges, dass es auf den ersten Blick schwierig erscheint, supstan-

beide in eine morphologische Parallele zu bringen. Doch eine grosse Grundanalogie zwischen ihnen lässt sich finden, wenn wir die Bindesubstanzen der Vertebraten vom Gesichts- punete ihrer Entwicklungsgeschichte betrachten.

Diese scheint immer mehr darauf hinzuweisen, dass Gefässsystem und Bindesubstanz nicht nur topographisch eng mit einander verknüpft, sondern dass Beide geradezu ein und dasselbe sind; dass ihre Keimanlage die gleiche ist, wenn auch über die Herkunft dieser Anlage, wie über ihre ganze Weiterentwickelung die Untersuchungen noch keines- wegs abgeschlossen sind.!) Zuerst entstehen, wenn wir der Darstellung von His folgen, die Gefässe, als einfaches Endothelrohr, dann erst treten von ihnen vorgeschoben die Bindesubstanzen auf, eine weiterwuchernde und später viel- fach umgemodelte Adventitia der Blutbahn. Und so liesse sich das Bindegewebe, wie es uns noch im erwachsenen Thierkörper vorliegt, fassen als ein vasculärer Schlauch mit vielfältig verdickter und differenzirter Wandung.

Dieses Schema würde sich in einer reineren, weit weniger maskirten Form darstellen in der Bindesubstanz der Mollusken,

:) Ich darf hier auf die Werke von His (Die erste Entwick-

lung des Wirbelthierleibes) und Waldeyer (Eierstock und Ei) verweisen.

zen der Wirbel-

thiere,

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welche uns hier beschäftigt hat denn hier liegt in der That noch das ganze Bindegewebe als Gefässschlauch vor, hier ist die Differenzirung der Schlauchwand noch weit spärlicher und geringer. Freilich im Uebrigen zeigt das histiologische Verhalten Abweichendes in dem Maasse, wie überhaupt der Molluskentypus dem Vertebratentypus fremd ist. Namentlich für die grossen Schleimzellen wenn man dieselben überhaupt als dem Bindegewebe angehörig betrachten will, und ich sehe Nichts, was für das Gegen- theil plaidiren könnte haben keine Analogie bei den Wirbelthieren. Mir ist es übrigens sehr wahrscheinlich, dass diese Zellen einfach als metamorphosirte fixe Zellen der Gefässwand aufzufassen sind; dafür sprechen u. A. ihre äusserst wechselnden Grössen, man beobachtet z. B. bei Gasteropoden viele, welche unter die Grösse der nebenliegenden Fettzellen hinabgehen, auch bei Lamellibranchiaten zeigt Fig. 1. wenn auch viel geringere Grössenunterschiede. Eine fernere Abweichung von dem Wirbelthiertypus liegt darin, dass Zwischensubstanzen in dem Molluskenbindegewebe in viel spärlicher Menge gebildet werden und dass dieselben, mit geringer Ausnahme, keine fibrilläre Structur annehmen, dass elastische Fasern fast ganz und gar zu fehlen scheinen. Für einen chemischen Vergleich dieser Substanzen in beiden Typen fehlt noch jeder Anhalt.

Während endlich bei den Wirbelthieren in die Weiter- wueherung der Gefässwand, welche das Bindegewebe darstellt, ein weiteres, mit dem Gefässraum communicirendes Lacunen- system sich hinausgeschoben findet, das Lymphgefäss- system: scheint dasselbe bei den Mollusken zu fehlen oder besser, es scheinen Beide nicht von einander differenzirt zu sein, vielmehr das Gefässsystem der Mollusken dem Blut- und Lymphsystem zugleich zu entsprechen. Darauf kann hinweisen, dass das Blut der Mollusken nach der Mehrzahl seiner geformten Bestandtheile selbst der Lymphe der Vertebraten nahe steht; ferner, dass bei den Cephalophoren die Leibeshöhle geradezu einen Theil der Blutbahn ausmacht.

sl

Bei den Lamellibranchiaten, wenigstens soweit ich unter- suchte, giebt es jedenfalls keine erkennbare Leibeshöhle: der Darm und die Eingeweide liegen in keinem ausgesprochnen Hohlraum, sondern dicht eingebettet und eingewachsen in der Bindesubstanz des umgebenden Schwellnetzes. Aber auch hier deutet Verschiedenes darauf, dass dieser Ein- wachsungszustand, um so zu sagen, nur eine Verhüllung des eigentlichen Typus ist, nach welchem man sich die Eingeweide als in die Blutbahnen hineingestülpt zu denken hat. Die An- deutung dieses Verhaltens liegt vor einmal in der Durch- bohrung des Herzens durch den Darm, ferner in dem oben (p.14. Anm.) von mir notirten Endothelbelag der Geschlechts- drüsen und deren Lagerung innerhalb der Blutbahn. An den übrigen Eingeweiden fand ich, wie dort gesagt, das Gleiche nicht ausgesprochen, sie erscheinen in der That verwachsen mit der Bindesubstanz des umgebenden Gefäss- netzes; vielleicht ist von der Entwicklungsgeschichte auch hier Aufklärung zu erwarten.

Uebrigens kann ich die Möglichkeit nicht unbedingt verneinen, es möchten ausserhalb des Gefässrohres noch Räume und Wege anderer Art, die vielleicht einem Lymph- gefässsystem entsprechen könnten, bei Mollusken vorhanden sein. Im Anfang habe ich selbst geglaubt, dass die Maschen- räume des Netzes eine solche Lacune darstellten, bis mir die Ausfüllung derselben durch die Schleimzellen und die Zellennatur der Letzteren klar geworden war. Ob aber diese Ausfüllung überall eine vollständige ist, bleibt die Frage. Im Mantel der Bivalven scheint sie es zu sein. Weder neben den Schleimzellen, noch etwa in deren Substanz selbst dringt Injectionsmasse ein, mag man auch durch beliebigen Einstich eimspritzen. In dem Gewebe jedoch des Fusses und Mittelkörpers füllen, wie es mir vorkommt, die blasigen Zellen nicht die ganzen Maschen. Sie liegen am injieirten Object in mehr oder weniger geschlossenen Schichten um die hier weitmaschigere Blutbahn herum, und daneben zwischen ihnen und denen der nebenliegenden Blutbahn zeigt sich oft

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eine Spalte. Ob diese in situ beim lebenden Thier da ist, oder nur der Ausdehnung des gesammten Gewebes durch die Injection ihre Entstehung dankt, will ich nicht entscheiden. In diese Spalträume dringt bei vorsichtiger Injection frischer Thiere die Masse nicht ein, wohl aber geschieht dies häufig an abgestorbenen Muscheln und besonders bei Einstichinjection. Es muss Gegenstand weiterer Unter- suchung bleiben, ob diese Räume etwas Anderes als Kunst- producte sind, ob sie in diesem Fall mit den Gefässen in natürlichem Zusammenhang stehen, und ob sie vielleicht ein Analogon der Lymphlacunen darstellen oder zu dem lange behaupteten Wassergefässsystem der Mollusken sich in Be- ziehung bringen lassen. Die Annahme des Letzteren ist bekanntlich vor Allem dadurch unwahrscheinlich geworden, dass die directe Wasseraufpahme in’s Blut und die Wege der- selben durch Leydig!)und Langer?) nachgewiesen wurden.)

Der Gegenstand dieser Abhandlung fordert unmittelbar dazu auf, zum Schluss mit einigen Worten auf die Streit-

1) M. Schultze’s Arch. Bd.1. p. 3.

SD) FRIEBIOR

3) Von erstgenanntem Forscher ist die, früher auch von Delle Chiaje vertretene Ansicht befürwortet worden, dass das gemeinsame Blut- und Wasser-Getässsystem der Lamellibranchiaten durch besondere feine Oeffnungen (Fori acquiferi) an der Körper- oberfläche ausmünde, und sind diese Mündungen und ihr Zu- sammenhang mit Gefässen der Tiefe am Fusse von Cycelas cor- nea (Müll. Arch. 1855 pag. 55. Fig. 10.) von ihm dargestellt. Nach der Figur möchte ich diese Mündungen als solche von Becherzellen ansprechen. Dass bei den von mir injieirten Lamellibranchiaten (z. B. Anodonta, Mytilus) eine derartige Ausmündung des Gefäss- systems an der Körperfläche nicht besteht, ist sicher, da ein entsprechendes Hervordringen der Leimmasse auch bei ganz voll- ständiger und praller Einspritzung nicht erfolgt. Ein Zusammen- hang der Becherzellen mit den Gefässräumen ist mir nirgends ersicht- lich; viele der Ersteren bilden dagegen ganz evident die Mündungen der Drüsen. welche ich am Mantel von Lamellibranchiaten (l. s. c.) beschrieben habe.

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frage über die „Geschlossenheit oder Nichtgeschlossenheit“ nemer- des Molluskengefässsystems einzugehen, welche so lange “s°r

. zur Con-

von den bewährtesten Forschern erörtert worden ist. Bekanntlich hat Milne-Edwards (im Jahr 1844) die über die Gefäss-

Ansicht aufgestellt, dass bei allen Mollusken das Blutgefäss- „nwan- system ein mehr oder weniger unvollkommenes sei, indem duns bei das Blut in vielen Theilen desselben in Lacunen, in wan- rg dungslosen Interstitien der Organgewebe ströme,') und hat diesen, damals das grösste Aufsehen erregenden Satz in mehreren schönen Arbeiten vertreten.?) Diese Ansicht ist dann wohl lange die allein herrschende gewesen, und auch heute erhält Gegenbaur sie in seinen „Grundzügen der vgl. Anatomie“ (1870 p. 533 fi.) aufrecht. Entgegengetreten ist ihr Langer in seinen hier vielfach erwähnten Werken über das Gefässsystem der Teichmuschel; die immer wieder- kehrenden Resultate seiner Injectionen, welche so fein und sorgfältig wohl Niemand vor ihm bei Mollusken angestellt hatte, veranlassten ihn für Anodonta wenigstens ein ge- schlossenes Gefässsystem mit überall besonders umwandeten Bahnen anzunehmen. Ihm trat Eberth?) bei, welcher die Endothelien der Molluskengefässe entdeckte und damit den Nachweis besonderer Wandungen für entschieden erklärt. Wenn wir Gefässsystem und Bindesubstanz überhaupt als identisch ansehen können, so verliert damit der Gegen- satz beider Ansichten seine ganze Schärfe. Ley dig hat bereits lange, bevor die Frage nach solcher Identität beider Dinge ernstlich in’s Auge gefasst worden ist, ausgesprochen ‚dass, wenn man der Sache genau nach- gehe, die Differenz zwischen einem geschlossenen Gefäss- system und einer interstitiellen Blutbahn (auch bei Vertebraten) nicht streng begründet sei, dass z. B. die Capillaren nur auf

!) „Dans des lacunes dont la substance des organes est creusde.* ?) Memoires de l’acad. d. France. XX, p. 443. u. 485. S)E2a.2,.0: 3

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dem Range von Bindegewebskörperchen stehen können und grössere Venenräume bloss die Bedeutung von grösseren Hohlräumen des Bindegewebes beanspruchen können“. (Lehrb. d. Hist. p. 439.) Wenn seitdem durch die Entdeckung der Gefässendothelien eine solche Betrachtungsweise wieder auf eine Zeitlang zurückgedrängt und eine durchgehende Selbst- ständigkeit des Gefässgewebes als das Wahrscheinliche erschien: so darf man dagegen jetzt, wo neben der Ent- wicklungsgeschichte die fortgeschrittene Kenntniss des Bindege- webes uns auf die engen Beziehungen zwischen Gefässendothel und Bindegewebszellen hinweist,!) mit Grund auf jene An- schauungsweise zurückkommen und könnte sie fast wörtlich wiederaufnehmen, wenn man in dem oben citirten Satz „Uapillaren“ in „Bestandtheile der Oapillaren“ umändert Leydig wollte, in Consequenz jener seiner Auffassung, denn auch bei Mollusken unter den Lacunen der Autoren nur Räume verstanden wissen, „deren Begrenzung zwar Binde- substanz ist, aber ohne von dem übrigen Bindegewebe ab- geschieden zu sein“ (a. a. O.); und ich kann auf Grund meiner hier mitgetheilten Befunde nur in vollstem Maass dieser Anschauungsweise beitreten.

Das feine Lacunensystem, das sich bei Milne-Edwards?)

!) Besonders die Resultate Ranvier’s (Arch. de physiol. 1869 p. 471, referirt Centralbl. 1869 Nr. 47.); z. vgl. in meiner o. ec Azb. (Arch. 1. mikr. Anat.“Bdrr- Er 1) pa38- 1

?) z.B. p. 461.: „C’est un systeme de simples lacunes qui fait les fonetions du reseau formee par les capillaires chez les animaux superieurs, et ces lacunes,. presque microscopiques, de- bouchent dans d’autres m&ats qui, par leur disposition, ressem- blent beaucoup & des veines proprement dites, mais sont d&pour- vues de parois independantes des parties voisines.“

u. p. 450.: „que souvent les veines manquent compl&tement, et qwalors le sang, distribu& dans toutes les parties de l’&conomie, ne revient vers la surface respiratoire que par les interstices dont je viens de parler“. Ich habe oben (p. 20.) ebenfalls sagen müssen, dass die rückführenden Gänge, welche Langer Venen nennt, nur ihrer Weite, nicht ihrem Bau nach von den Gefässen des feinen Netzes verschieden sind.

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und Gegenbaurt) besprochen findet, ist nichts anderes als die Schwellnetze Langer’s, oder die hier beschriebene Bindesubstanz; und es handelt sich wesentlich nur darum, dass die einen Stimmen diese Blutbahnen Lacunen, die anderen Gefässe nennen, Was allein solchen Unterschied rechtfertigen kann, wäre das Fehlen oder Vorhandensein einer besonders gebauten Wandung. Eberth (l. c. p. 95.) findet die Behauptung Gegenbaur’s ungerechtfertigt: „es sei durch Langer nicht nachgewiesen, in wie weit die Gefäss- wandungen von den umgebendenG@eweben sich unterschieden“; ich kann im Gegentheil diesen Vorwurf Eberth’s nicht ge- recht finden. So mustergiltig Langer’s Schilderung der Gefässausbreitung ist und bleiben wird, den wirklich histio- logischen Nachweis einer Wandung der feineren Gefässe vermisst man in seinem Werke und muss ihn vermissen, da eben die Histiologie der umgebenden Theile darin nicht mit untersucht ist.2) Diesen Nachweis hat erst Eberth

ı) p.549. 1.e. „Das von der Blutflüssigkeit erfüllte Lacunen- system, welches sowohl im Mantel als zwischen den Eingeweiden vorkommt, wird von Manchen für einen Theil des Gefässsystems gehalten. So beschreibt Langer Venen und Capillaren. An ein- zelnen Abschnitten des Körpers bildet die lacunäre Blutbahn allerdings eine Anordnung der Wege in Form zierlicher Netze, die Gefässnetzen überaus ähnlich sind. Die Begrenzung dieser Räume bildet jedoch keine besondere Gefässwand, sondern sie wird einfach durch die von den Räumen durchsetzten Gewebe dar- gestellt.

2) Ich habe bisher der Angaben v. Hessling’s über die Gefässe, in dessen schönem Werk über die Flussperlenmuschel, Erwähnung zu thun versäumt, da sie sich fast durchaus denen von Langer anschliessen. V. Hessling beschreibt die GCapillar- wand (l. e. p. 217.) als structurlose und fast unmessbare Membran mit wenig eingestreuten Kernen, nennt dieselbe übrigens eine von den Organgeweben abgegrenzte, ohne dass ich für letztere Angabe in seiner Schilderung oder seinen Abbildungen einen histiologischen Beleg finde. Die Fig. 6. Tafel III. erscheint mir allerdings als der Versuch zu einem solehen, ich erkenne darin sofort das frische Mantelgewebe wieder, aber alle grade in Frage kommenden Ge- websbestandtheile finden sich darin nicht mit angegeben.

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selbst durch die Auffindung des Endothels geliefert; aber auch dieser ist nicht allgemein gültig, er bezieht sich nicht auf den gerade hier in Frage kommenden Theil der Blutbahn, welchem sich nach meinen Erfahrungen wenigstens eine de- monstrirbare innere Zellenauskleidung nicht zuerkennen lässt,

Eine Wandung baben nun diese Gefüsse allerdings, wie aus meiner Schilderung ohne Weiteres hervorgeht; aber diese Wandung ist das Bindegewebe selbst. Man könnte freilich behaupten wollen: das Bindegewebe sind nur jene grossen rundlichen Zellen, der Schlauch ist eine besondere Gefässwand; aber diese Annahme erscheint mir unstatthaft, weil die Wand des Schlauches selbst an manchen Stellen in ein zweifelloses fester geformtes Binde- gewebe übergeht, Stellen, wo zugleich die Schleimzellen ganz fehlen.

In sofern also hätten wir hier gerade eine „lacunäre“ Blutbahn, als die Wand derselben in diesen mächtigen Be- zirken nur von nackter Bindesubstanz dargestellt wird. Und wenn andererseits auf grosse Strecken eine Begrenzung derselben durch geschlossene Endothelien nachgewiesen ist, so sehe ich doch nicht, warum auch deswegen der Ausdruck Lacune verwerflich bleiben müsste. Eine Lacune kann am Ende eine solche sein und doch eine Zellendecke haben; und ich glaube nach Milne-Edwards’ Arbeiten schwerlich, dass derselbe diesen Ausdruck in dem histiologischen Sinne gemeint hat, in welchem wir heute z. B. sagen müssen: eine Gallencapillare sei ein wandungsloser Raum zwischen dem Parenchym der Leberzellen. Als ein Ausdruck dafür, dass die Circulation bei den Mollusken grossentheils in viel weiteren, reicher verzweigten und ausgebreiteten Räumen vor sich geht, als es die Blutgefässe des Wirbelthiers sind, Räumen, welche ja vielfach die ganze Leibeshöhle in sich begreifen und deren Reichthum und Ausdehnbarkeit das grosse Schwellvermögen des Weichthierkörpers erklärt in solchem Sinne scheint mir die Bezeichnung lacunäre Blut- bahn durchaus zulässig und charakteristisch zu bleiben.

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Von Bindegewebselementen aber, sei es auch stellen- weise nur von deren letztem Ueberbleibsel, einer Endothel- decke, ist der Blutstrom überall eingeschlossen. Und je mehr die Erkenntniss von der Identität der Bindesubstanzen und der Gefässgewebe sich Bahn bricht, desto weniger Bedeutung und Tragweite muss auch der Begritf einer gesonderten Gefässwandung behalten.

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Erklärung der Tafel.

Fig. 1. Schnitt aus dem Mantelrand einer lebend gefrorenen Pfahlmuschel (Mytilus edulis) in Seewasser, Hartnack Syst. & imm. 9, Oc.1. m Muskeln, s die grossen Schleimzellen mit ihren runden Kernen, & Gefässnetz.

Fig. 2. Dasselbe Gewebe aus dem Mantelrand von Ano- dontapiseinalis. in Kali bichromienm 5p. e. und nachträglich in Alcohol gehärtet und mit Carmin gefärbt. 7, 1. Bezeichn. ebenso. Die Substanz der Schleimzellen erscheint körnig.

Fig. 3. Dasselbe Gewebe vom selben letzteren Orte, Injection mit Berlinerblau-Glycerinleim, Härtung in Alcohol absolutus, Fär- bung mit Carmin, Durchschnitt. 7, 1. (Je nach der Dicke der durchschnittenen Gefässbalken erscheinen einzelne Stellen dunk- ler; die in den Schnitt gefallenen kleineren Balken sind etwas körperlich schattirt.) Die in der (grau statt blau dargestellten) Injectionsmasse suspendirten Blutzellen sind weggelassen, nur die Kerne der Wandung (deren Zellenkörper bei dieser Methode un- deutlich bleiben) und die der Schleimzellen gezeichnet, und ein- zelne der letzteren mit angegeben (bei ss). m Muskeln. Bei g’g! sind die Gefässe durch die Injection in ziemlich starkem (doch noch mittleren) Grade ausgedehnt, bei g? beginnt eben erst die Füllung, etwas weiterhin war die Masse noch gar nicht ein- gedrungen.

Alle drei Schnitte sind Vertical-Querschnitte (senkrecht auf die Längsaxe der Muschel).

Fig. 4. Feinste Gefässe aus dem gleichen Gewebe der Fuss- basis, zwischen den Genitaldrüsen (Anodonta): Bau der Gefäss- wand. Injection (vom Herzen aus) von Silberlösung 1:300, darauf von Glycerinleim, Schnitt durch das gefrorene Präparat, Färbung mit Pikro-Carmin, untersucht in Ameisensäure-Glycerin. 9 & imm. 1. m Muskeln, f fixe Bindegewebs-Zellen, zum Theil fett- haltig, b Blutzellen.

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