608 ■ Itnt. 1 * * * \ i r J >^ -jf i ■ -K OJeber die J" ®> Alo^^ louus Mein. und die Mittel zu ihrer Bekämpfung Von Professor Dr. Max Nowicki in Krakau. t JUL 3 1 19 Herausgegeben k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Wien 1871. Im Selbstverlage der Gesellschaft. J. M. ALDRICH National Museum WASHINGTON, D. C. Wie allgemein den Landwirthen bekannt ist, richtet eine unscheinbare Fliege ganz besonders in Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien, Ungarn, Polen, Südrussland so colossale Verwüstungen an, dass dieselben zu einer wahren Land- plage werden. Ueber diese Fliege, namentlich deren Sommergeneration, wurden bisher schon zahlreiche Mittheilungen gemacht, nur was ihren systematischen Namen anbelangt, wird sie von den verschiedenen Berichterstattern bald als Chlorops taeniopus Meigen, bald wieder als Chi. strigula Fabr. oder Chi. lineata Linne, taeniata Macq. u. dgl. bezeichnet, während die im Frühjahr, wenigstens in Oester- reich und Deutschland, gleichartigen Erscheinungen am beschädigten Weizen darauf hinzudeuten scheinen, dass dieselben wahrscheinlich zum grössten Theile von einer und derselben Fliege herrühren. In diesem Sinne spricht sich auch beiläufig berichtigend der berühmte deutsche Dipterologe Dr. Low im Jahrbuch der Landwirthschaft III. S. 537 folgendermassen aus: „Die Ansicht, Chlorops lineata sei eine zweite Art, welche den Weizen in ganz ähnlicher Weise w ie die Sommergeneration von Chi. taenio- pus angreift, ist nicht stichhaltig; es hat dieser Irrthum seine Quelle lediglich darin, dass Chi. taeniopus Meig. von einigen älteren Beobachtern als Chi. lineata Linn. bestimmt worden ist. Auch die immer wieder auftauchende Erwähnung der Chi. strigula als einer Weizenverwüsterin beruht lediglich auf einer irrthüm- lichen Artbestimmung, da die wahre Chi. strigula Fabr., deren Larve sich durch die ansehnliche Länge der hinteren Stigmenträger gar sehr auszeichnet, aus- schliesslich auf die grösseren, einen nassen Standort liebenden Carex - Arten angewiesen ist. Was über das Vorkommen von Chlorops strigula auf dem Ge- treide berichtet wird, scheint zum grössten Theile auf Chlorops taeniopus zu beziehen sein." Nähere Auseinandersetzungen der Namensverwechslungen findet man auch in Dr. Löw's älterem, in der Breslauer Zeitschrift für Entomologie 4866 publicir- ten Aufsatze: „Ueber die bisher in Schlesien aufgefundenen Arten der Gattung Chlorops Macquart." Darin wird Chlorops strigula Schiner Fauna II. S. 21 5 für eine Varietät der Chi. taeniopus Meig. Syst. Beschr. VI. 141. 9, die Chi. lineata Linne als eine unergründbare Art, und Chi. taeniata Macq. für ein Synonym von Chi. strigula Fabr. erklärt. Die trefflichen Beschreibungen der Chloropinen erleich- tern sehr deren Bestimmung, und wäre es daher zu wünschen, dass Dr. Löw's Aufsalz in Jedermanns Händen wäre, (]^v über Chloropinen am Getreide berichtet. i* In wie weit sich ausser Chlorops taeniopus auch noch andere Chloropinen an der Getreideverwüstung mitbetheiligen, dazu bedarf es noch fernerer Beob- achtungen, um die Acten hierüber spruchreif zu machen. Herr Menault nennt Chi. vittata Guer., von welcher Guerin-Meneville im Juli 1856 ein einziges Stück aus einer krüppelhaften Weizen- (-ble) Aehre erzogen hat. Dr. Gallus führt in den preuss. Annalen der Landwirthschaft 1864 Nr. 19*) Chi. vindicatio, Meig. (von Dr. Low bestimmt) als eine Begleiterin der Chi. taeniopus am Roggen an. Curtis führt in seinen „Farm Insects" 1860 die Chi. Herpinii Gu6r. als Be- schädigerinder Gerstenähren an. Professor Dr. Colin berichtet in seinen geschätz- ten „Untersuchungen über Insectenschäden auf den schlesischen Getreidefeldern im Sommer 1869" und im landwirthsch. Centralblatt 1869 S. 326, dass er aus im englischen Weizen „vorgefundenen Puppen am 1 2. Juli nicht die echte Frit- fliege, sondern eine etwas grössere, übrigens nahe verwandte Halmfliege aus dem Geschlecht der Grünaugen (Chlorops), ausgezeichnet durch metallisch grünschil- lernde Augen, rothgelben Kopf, schwarzen Rücken, citronengelben Bauch und Beine" erzogen hat. Eine Bestimmung der Art gibt Prof. Dr. Cohn nicht. In Galizien habe ich von bekannten Chloropinen bisher: Centor Cereris Fabr., myopinus Low, nudipeshöw; Anthracophaga frontosa Meig. (Scholtzii Egger) ; Diplotoxa messoria Fall., inconstansL'övj ; Chlorops puncticoUisZel U Meigenii Low, taeniopus Meig., speciosa Meig., minuta Low, serena Low, hirsuta Low, Chloropisca ornata Meig., obscurella Zett., glabra Meig.; ferner Meromyza viridula Hai., saltatrix L., laeta Meig. und nigriventrisMeig.; Oscinis pusilla Meig. (Frit auf.), annulifera Zett., gilvipes Low, Crassiseta cornuta Fall, und mehrere andere gesammelt. Doch ist die in diesem Lande von der niederen bis zur montanen Region seit 1863 mit jedem Jahre in grösserem Umfange verheerend auftretende, von mir und Anderen vielfach in Menge durch künstliche Aufzucht aus Getreide erhaltene und auch im Freien beobachtete Art das bandfüssige Grünauge, Chlorops taeniopus Neig., wie dies auch Dr. Low constatirte, als er mich 1869 mit einem Besuche zum gemeinschaftlichen Ausfluge in das Tatragebirge erfreute und hiebei die zahlreichen Chloropsexemplare meiner Sammlung durchzusehen die Güte hatte. Sie waren identisch mit jenen , welche ihm als dem Fachmanne verschiedene Beobachter in Deutschland zur Bestimmung eingesendet haben. Bezüglich einiger anderer von den oben genannten Arten möge hier Nach- stehendes bekannt gemacht werden. Gutsbesitzer Konopka auf Mogilany bei Krakau, ein sowohl in agronomischen als entomologischen Dingen wissenschaftlich gebildeter Landwirth, der die Getreideverwüster beobachtet und ihnen die Erhe- bung eines unverhältnissmässigen Tributes vom Grund und Boden energisch streitig macht, zog aus Weizen im Jahre 1864 Chlorops taeniopus, Diplotoxa in- constans und eine Meromyza. Letztere nannte er M. saltatrix, die zweite Chi. stri- gula. Seither beobachtete er nur Chi. taeniopus im Getreide; erst im Jahre *} Wilda und Krockets landw. Centralblatt 1863 Bd. 2, S. 232. 1870 fand er wieder in der Aehrenhülle des Weizens ein todfces defectes Exem- plar, in welchem er die frühere Mer. saltatrix erkannt zu haben glaubte. Dieses Exemplar wurde jedoch Dr. Low zur gefälligen Bestimmung geschickt und von ihm als wahrscheinlich Mer. laeta bezeichnet. Im Frühjahr 4870, noch vor dem Erscheinen der Wintergeneration der Chlorops taeniopus, fing Gutsbesitzer Ko- nopka auf Roggen- und Weizenfluren *) ausser Diplotoxa inconstans auch die Crassiseta (Elachiptera) comuta. Dass letztere als Larve auf Gräsern lebt, hat Dr. Schultz beobachtet, indessen hat sie der erste österreichische Dipterologe Dr. Schi ner auch aus Puppen gezogen, welche unter Pappelrinde gesammelt wor- den waren (Fauna II. S. 233). ich fing Diplotoxa inconstans im Juli und October, Crassiseta comuta im Juni, Juli und August, also anscheinend in der zweiten Ge- neration. Beim Hinfangen der Fliegen auf Roggen- und Weizenfeldern vor der Ernte erbeulete Gutsbesitzer Konopka zahlreiche Chlorops taeniopus, ausserdem einzelne Exemplare der Diplotoxa inconstans und Merotiiyga nigriventris. Die Cldoropisca ornata Meig. findet er zeillich im Frühjahr in seinem Garten an Frittilarien, Narzissen, ingleichen zahlreich um beschienene Fichtenzweige schwärmend oder an Hauswänden sieh sonnend, über Nacht aber Schutz im Stroh suchend, wo- mit Bäume vom Winter her eingehüllt sind. In Gesellschaft dieser Fliege fing er auch einzelne Chlorops taeniopus und Meromyza nigriventris M ei g., doch ist es ihm nicht bekannt geworden, ob sie alle sich etwa aus dem Rasen seines Gartens entwickeln; sie schwärmten hier zeitlicher, als Chlorops taeniopus in Feldern. Das Auftreten der Chlorops taeniopus im Ohio-Staat und in Europa schil- dert Wilda und Krocker's landw. Centralblatt 1865 S. 30. Die in Galizien zuerst wahrgenommene Verwüstung des Weizens fällt in das Jahr 1863, doch liegen darüber keine Beobachtungen vor, ob sich Chlorops taeniopus zu Lande unbemerkt masslos vermehrt, oder auch nebenbei aus den Grenzländern herein- geschmuggelt hat. Sie haust seit jenem Jahre bis nun zu in Galizien fast über- all, wo Weizen eultivirt wird, doch soweit erkannt worden ist, in abnehmendem Grade von West nach Ost, und hat es den Anschein, als ob ihre Schwärme in dieser Richtung erst fortrückten. Am meisten leiden von ihr die westlichsten Gegenden Galiziens, und wie hier, grassirt sie in neuester Zeit nach Berichten des Prof. Dr. Colin und Anderer in arger Weise auch in Schlesien; Dr Low (1. c.) äussert sich hierüber folgendermassen : „Die grossen Verwüstungen haben den Namen dieser Art, welcher seit 1851. dem Jahre seines letzten massen- haften Auftretens in den Provinzen Schlesien und Posen, fast wieder verschollen war, von neuem zu einem gefürchteten gemacht ." Also gehört Chlorops zu jenen getreideschädlichen Insecten, welche periodisch und in nicht langen Zeit- räumen wiederkehren, sich auch weiter verbreiten. Von um das Jahr 1847 in Polen erfolgten Devastationen berichtete Professor Waga in Revue zoologique *) Am 8. März 1871 sali ich mit Herrn Konopka im Schatten der Rog- geusaat zahlreiche Lonchoptera lutea und triliueata am Boden herumkriechen, 6 pure et appliquee 1848—1849; das verwüstende Auftretet» der Chlorops taeniopus am Weizen in den an das Krakauer Gebiet angrenzenden Thcilen Polens habe ich selber 1869 auf einem Ausflug mit den Studierenden nach Ojcow constatirt. Als vor mehreren Jahren in Galizien die ersten Klagen über enorme Weizenschiiden von allen Seiten erhoben worden sind, und ich um Abhilfe ange- gangen wurde, wendete ich meine besondere Aufmerksamkeit dem sie verursa- chenden Schädlinge, Chlorops taeniopus, zu. Da ich jedoch in meiner Stellung weder hinreichende Müsse noch Gelegenheit zu contiriuirlichen Forschungen hatte, übrigens auch in agronomischen Dingen nicht gehörig versirt war, richtete ich meine Bitte um Mitthätigkeit an den schon oben erwähnten Gutsbesitzer Konopka. Derselbe hat auch den Schädling nach seiner Sommer- und Wintergeneration mit grosser Ausdauer beobachtet, worauf er 1867 die hierüber gesammelten Erfah- rungen in seinem Aufsatze „Ueber Chlorops taeniopus", im Wochenblatt der Krakauer k. k. Ackerbaugesellschaft, publicirte. Ich liess es auch an eigenen Beobachtungen in der Krakauer Umgegend nicht fehlen, und um zu erfahren, wie es sich um Chlorops taeniopus im ganzen Lande verhalte, wendete ich mich als Vorsitzender der physiographischen Commission der Krakauer k. k. Gelehrten- Gesellschaft an die k. k. Begierungs- und autonomen Behörden, ingleichen an Privatpersonen mit der Bitte um einschlägige Berichte und erhielt auch ihrer eine ziemliche Anzahl. Auf Grund eigener Erfahrungen und der mir zugekommenen Mittheilungen verfasste ich einen Bericht, betitelt: „Ueber Insectenschäden auf Getreidefeldern'-' und empfahl darin der Beachtung der Landwirthe jene Mittel, deren praktische Verwerthung, wo nicht zur augenblicklichen Ausrottung, so doch wenigstens zur allmäligen Verminderung des Schädlings führen könnte. Dieser Bericht, welcher zur Bekämpfung des Schädlings mit vereinten Kräften aneifert, auch der fürsorg- licheren Pflege der Naturgeschichte in Schulen ein warmes Wort redet, findet sich in den Schriften der genannten physiographischen Commission für das Jahr 1869 abgedruckt. Im Jahre 1870 setzten die Krakauer k. k. Ackerbaugesellschaft und jene in Lemberg eigene Commissionen zur Beobachtung der Feldschäden und Ermit- telung sowie Erprobung der dagegen zweckmässigen Mittel aus. Das hohe k. k. Ministerium für Ackerbau in Wien, welches den landwirtschaftlichen Interessen die geneigteste Fürsorge angedeihen lässt, gewährte der Krakauer Commission zum besagten Zwecke eine Subvention von 1000 Gulden, wovon sie 400 zu Reisen. Versuchen, Anschaffung nöthiger Utensilien und Anlegung einer Sammlung inländischer Schädlinge, dagegen 600 Gulden als Prämie für die beste populäre polnische Schrift über dieselben bestimmt hat. Im Verlaufe des Jahres 1870 sind an sie durch geneigte Vermittlung der k. k. Regierungs- und autonomen Behörden über 100 Berichte aus verschiedenen Gegenden Galiziens über man- cherlei Schädlinge, insbesondere Chlorops taeniopus eingelaufen. Der summarische Beliebt des Vorsitzenden der Commission Konopka, der in den Schriften der erwähnten physiographischen Commission für das Jahr 1870 abgedruckt ist, ist eine übersichtliche Darstellung der in diesem Jahre bekannt gewordenen Feld- schaden; neue Gesichtspunkte über die Schutzmittel gegen Chlorops taeniopus bringt er nicht. Vorliegender Aufsatz ist ein Versuch der Zusammenstellung zu einem Ganzen der mir bekannt gewordenen, zerstreuten Mittheilungen über das Leben und Treiben der* Chlorops taeniopus und die Mittel zu ihrer Bekriegung. Er ist wohl als eine hauptsächlich für praktische Zwecke berechnete Arbeit etwas zu breit ausgefallen, doch ich konnte mich ob der jetzt noch unausweichlichen zahl- reichen Citate zur Begründung des Dargelegten nicht kürzer fassen; wenn einmal die Naturgeschichte der Chlorops taeniopus und ihre Oekonomie gründlich erforscht sein wird, dann wird sich auch ein Tractat hierüber bündig geben lassen. An das Mitgetheilte habe ich den Massstab meiner in Galizien gemachten Erfahrun- gen angelegt; man entschuldige also, wenn ich unter dem Eindrucke derselben vielleicht hie und da in Einseitigkeil gerathen bin. Naturgeschichte und Oekonomie der Chlorops taeniopus. Chlorops taeniopus findet sich nach Dr. Low in Mittel- und Nordeuropa und in Sibirien, nach Prof. Dr. Zeller auch in Sizilien; nach einem Berichte auch im Ohio-Staate. Sie erscheint des Jahres, soweit bisher gut bekannt, in einer Doppel-, der Winter- und Sommergenera lion *), deren erstere im Frühjahr, die zweite vor der Ernte schwärmt. In beiden wird sie dem Land- wirthe mehr oder weniger, doch nur im Larvenzustande, schädlich; als [mago nährt sie sich von Blumensäften. Die Fliege wählt zu Brutplätzen Gerealien und Wild gras er und legt einzeln ihre Eier auf deren jungen Schossen ab, zu einer Zeit nämlich, in wel- cher die A ehren noch nicht angesetzt haben oder erst so wenig entwickelt sind, dass sie noch immer tief unten zwischen den zusammengeschach- telten Blatthüllen verborgen liegen. Hauptsächlich befällt sie überall den Winter- und insbesondere den Sommerweizen, weniger Gerste, Spelt, Sommer- und Winterroggen. Durch alles dieses trägt sie den weiter unten näher zu besprechenden Lebensbedingungen der Larve vorsorgliche Bechnung. Fast alle Berichte über Verwüstungen beziehen sich vorzugsweise auf Weizensaaten. Die meisten stimmen darin überein, dass das Angreifen des Roggens, Spelzes und der Gerste in geringerem Massstabe erfolgt, was auch in Galizien jedes Jahr allgemein beobachtet wird und ich selbst bestätigen kann. Herr Förster Lippert machte, wie diess Herr Künstler in den Verhandl. der zool. bot. Gesell. 1867 S. 936 berichtet, die Mittheilung, dass „1866 in Tirol vorzugsweise die Gerste, nur hie und da der Weizen beschädigt *) Von Dr. Haberlandt und Herrn Künstler nach der Schwärmezeit der Fliegen Frühjahrs- und Herbstgeneration genannt. 8 wurde". In der schles. landw. Zeitung 1864 theilt v. Rosenberg-Lipinski mit, dass bei ihm im Laufe der Jahre die Banatgerste so häufig und stark beschädigt wurde, dass er den Anbau derselben gänzlich aufgab. Das in Gebirgsgegenden Galiziens cultivirte Staudekorn fand ich 1870 auf der erzherzoglichen Herrschaft Seybusch ebenfalls von Chlorops taeniopus theihveise befallen*). Ueber das Angreifen des Hafers um Ungarisch -Altenburg durch Chlorops strigula (? !) berichtete Dr. Haberlandt im Centralbl. für die gesammte Landeseultur 1865 S. 57; dagegen schreibt Herr Staudacher aus Mährisch- Schönberg in der Wiener landw. Ztg. 1869 S. 339: „Ganz unbesucht liess er (Wurm, Made der Chlorops taeniopus), gar kein Halmgetreide, den Hafer aus- genommen"; an einer anderen Stelle: „Dass das Grünauge im Versuchsfelde der hiesigen Ackerbauschule nicht blos am Winterweizen, sondern auch an Spelz, Eminer und Einkorn, an verschiedenen Sommerweizen, an allen Roggen- und Gerstenarten auftrat. Ist dieses Auftreten auch kein massenhaftes, so beweist es doch, dass vor dem Grünauge, den Hafer abgerechnet, keine Halmfrucht sicher ist." In welchem Umfange Chlorops taeniopus Wildgräser zu Brutplätzen wähle, dazu bedarf es noch fernerer Beobachtungen. Rittergutsbesitzer von Rosenberg-Lipinski in Schlesien lieferte in der Schles. landw. Zeitung 1864 N. 39 sehr werthvolle Beiträge über diese Fliege, die ihm. in den Jahren 1831, 1842 und 1860 vorkam. Er stellte die Behauptung auf, dass sie ausser in allen Cerealien vornehmlich in dem ganzen unzähligen Heere der Gräser sich entwickle, vorzugsweise das Honiggras und die Bispengräser liebe, worüber auch Wilda's Centralblatt 1864 S. 21 und Dr. Nördlinger referiren. Gutsbesitzer Konopka untersuchte Mitte April 1867 eine feuchte Wiese **) auf Chloropslarven und als er an Grashalmen keine Missbildimg bemerken konnte, schnitt er auf's Gerathewohl einen Halm nach dem andern auf, wobei es ihm endlich gelang, junge Maden zu finden, die offenbar als solche überwintert waren **#). Ueber das Befallenwerden der Quecke berichten die Herren Giraud, #J Auf einer Rundschau mit Herrn Förster Wachtl, einem sehr eifrigen und versirten Entomologen, constatirten wir ausser Chlorops taeniopus auch noch Cetonia metallica als Schädiger des Staudekorns. Der Käfer frisst die Körner heraus, indem er an der Aehre kopfabwärts (also umgekehrt wie Zabrus gibbus) mit zwischen Blüthenbälge und Spelzen tief eingesenktem Kopfe träge festsitzt. *#} Prof. Dr. Wierzejski beobachtete am 9. Juni auf einer Wiese in galizisch Podolien sehr viele Chlorops taeniopus. Ich notire einfach diese Beob- achtung, ohne sie weiter deuten zu können, ob nämlich diese Fliegen noch der Wintergeneration angehörten, was mich wegen des damals sehr zeitlichen Frühjahrs unwahrscheinlich däucht, oder aber ob sie im nahen Weizenschlage als Sommer- generation ausschlüpften und auf die Wiese flogen, um hier ihre Brut zu unter- bringen, oder endlich sich auf der Wiese selbst entwickelten. Viele sollen über dem an letztere grenzenden Raps geschwärmt haben, auf dessen Blüthen sie wahrscheinlich Nahrung suchten. **} Auf Phleum* pratensc beobachtete Gutsbesitzer Konopka an der Aehre einen ähnlichen Fressgang wie am Weizen, doch gelang es ihm noch nicht. aus der Larve die Imago zu ziehen. Die Puppe ruht unterhalb der Aehre; die 9 v. Frauenfeld und Lippert*) (Künstler) in den Verhandl. der zool. bot. Gesellsch. Bd. 13, 17, 19 **). Auf eine Pflanze legt das Weibchen gewöhnlich je ein Ei auf die Ober- fläche der Spreite eines Blattes, naher seiner Ligula als der Spitze, an- scheinend desshalb, damit das ausgeschlüpfte Lärvchen keinen zu weiten Weg ins Innere des Schosses zu machen habe. Am Halme oder eigentlich an dem unteren Theile der äusserlichen Blattscheide hat Dr. Haberlandt nach einer brieflichen Mittheilung die Eier ablegen gesehen, was mir und Gutsbesitzer Konopka bisher noch nie vorgekommen ist. Selten findet man sie an der Unterseite der Blatlspreite. Zwei oder drei Eier auf einer Pflanze gehören zu den Ausnahmen, und dürften, wenn man Analogien aus dem Insectenreiche in Anbetracht zieht, eher von eben so vielen, in der Wahl der Nährpflanzen für die Brut fehlgegangenen, als von einem Weibchen herrühren. Man findet sie im Frühjahr entweder auf übereinanderstehenden oder aber alternirenden Blattern abgesetzt, im ersteren Falle auch die durch Larven ausgefressenen Furchen an einander auf derselben Seite, dagegen im zweiten an den entgegengesetzten Seiten des obersten Halmgliedes herablaufend. Wie viel Eier ein Weibchen legt, ist nicht bekannt. Gutsbesitzer Konopka (1. c.) spricht von blos 30, was aber offenbar zu niedrig gegriffen sein dürfte. Wie dem aber auch sei, immerhin bedarf es zum Absetzen des ganzen Wurfes an einzelnen, für die Brut passenden Nährpflanzen, die noch nicht von anderen Weibchen in Besitz genommen wor- den sind, einer geraumeren Zeit, wesshalb auch seine Lebensdauer keine zu kurze sein kann, wie erfahrungsgemäss jener Weibchen überhaupt, die ihre Eier einzeln oder zu mehreren an Nährpflanzen oder W'ohnthieren absetzen, und um davon eine entsprechende Anzahl aufzufinden, oft weite Räume durch- fliegen müssen. Die winzigen, wie ein weisses Strichelchen erscheinenden Chloropseierchen sind schwer wahrzunehmen; erst wenn man ihrer einige erschaut und gut angeschaut hat, übt sich das Auge auf ihr Erkennen auch aus einiger Entfernung ein. Regnerisch kalte Tage im Frühjahr oder Herbste ver- hindern die Weibchen am Absetzen der Eier, deren man in solchem Falle am Getreide weniger bemerkt, wie um Krakau im Jahre 1870. Die Eigentümlichkeit der Larve besteht darin, dass sie ausschliess- lich im Inneren der Pflanze lebt und wirtschaftet, darin auch sich ver- Eier legt das 9 einzeln auf Blättern, wie Chlorops taeniopas, ab, doch ist es letzterer Schädling gewiss nicht. Auf dem erzherzoglichen Gute Dankowice sah ich auf einem kleineu Phleumschlage % Aehren angefressen, die Fliege war jedoch bereits ausgeflogen und liess sich nicht näher kennen lernen. *) Herr Förster Lippert sendete die Fliege unter dem Namen Chlorops taeniopus ein. Herr Künstler aber bemerkte iu den Verhandl. der zool. botan. Ges. 1867. S. 936, dass sie nicht diese Art war, sondern die ihr nahe verwandte Chlorops strigula Fabr., wie Dr. Schiner, dem er die eingesendeten Stücke zur Ansicht mittheilte, erklärt hat. ##j Konopka's bezügliche Beobachtungen finden sich am Schlüsse dieses Aufsatzes. 10 puppt, und dahin von oben eindringt. Zu Tage gefördert ist sie unrettbar ver- loren. Um den Larven- und Puppenzustand glücklich durchmachen zu können. richtet sie je nach der Generation ihre Nährpflanze in entsprechender Weise zu. Im ganz jungen Schosse nämlich zerstört sie die Basis des Herzblättchens und des Endtriebs, und hindert dessen weitere Entwicklung, so dass er eingeht; dagegen bringt sie dem im Frühjahr mehr ausgewachsenen Schosse, den sie nicht mehr abzutödten vermag, Verwundungen bei. welche bekanntlich das oberste Halm- glied nicht in die Höhe wachsen und die Aehre nicht zum Ausschiessen gelan- gen lassen. Hiedurch bewirken die Larven, dass von anscheinend gut aufgegan- genen Saaten oft nur ein schütterer Bestand von ährentragenden Halmen erzielt wird, welcher .Mühe und Kosten der Bestellung vergeblich macht. Den Haupt- schaden verursachen die Maden der Sommergeneration; sie beeinträchtigen den Landwirth öfter um den grössten Theil der Ernte an Winter- und Sommerfrucht. Nach Beobachtungen Dr. Colin' s lebt die Made nur von weichem safti- gen Parenchym; die verholzten Bündel greift sie nicht an *). Junge Lärvchen vermögen ältere, stärker verholzte Schosse nicht mehr anzugreifen, vielleicht nicht ihre stark verkieselte Oberhaut durchzubeissen ; nur in jungen zarten Schossen finden sie Kost. Die Fliegen treffen auch eine dem entsprechende Auswahl des Getreides und legen ihre Eier auf solche Schosse des Winter- und Sommerweizens und der Gerste, weniger dagegen auf Boggen ; alles Früh- getreide, und auch jenes, welches zeitlicher seine Aehren ausschiessen lässt. wie Boggen, Gerste, Spelz, meiden sie meistens, befallen dagegen hauptsächlich den später zur Beife gelangenden Winter- und insbesondere den Sommerweizen. Dass die Fliegen eine Auswahl treffen, dafür sprechen mancherlei Thatsachen, so z. B.. dass wenn unter der Boggensaat, zerstreute Weizenhalme wachsen gewöhnlich alle befallen werden, Boggen aber nicht; ferner, dass wenn an ein und derselben Pflanze jüngere oder schwächere Schosse neben älteren sich zu- sammenfinden, in der Regel nur erstere mit dem Ei bedacht werden. Der An- sicht, dass Weibchen auf Schosse verschiedenen Alters Eier absetzen und dass nur Lärvchen auf den jungen sich weiter entwickeln, die übrigen aber aus Mangel an Nahrung zu Grunde gehen, kann man nicht unbedingt beipflichten. „In allen diesen Fällen-, schreibt v. Rosenberg-Lipinski**), „gewinnt die Made in ihrer Hauptentwicklungszeit für ihre Ernährung die beste und reich- lichste Kost neben einer wärmenden Decke. Tritt nun in solchem Augenblicke bei der Pflanze anhaltend eine Stockung der Vegetation ein, dann beschränkt sich das Erscheinen der Made nicht nur, wie gewöhnlich, auf einzelne Halme, sondern ihre Entwicklung und Beschädigung der Pflanze greift bei derjenigen Gattung, welche in dieser Periode die zartesten Halme besitzt, riesig um sich, und die *) In ähnlicher Weise fressen Zabruslarveu nur das grüne Gewebe, die holzigen Gefässbündel (Nerven des Blattes) lassen sie übrig. **3 Schlesische landw. Zeitung 1864. Nr. 39; Wilda und Krocker's landw. Centralblatt 1863. S. 40. 11 Lebenskraft der Pflanze vermag nicht die yerwundung zu überwinden". In Wilda und Krocker's landw. Centfalblatte 1865 S. 42 heisst es: ..Schnelles üppiges Wachsthum und normale Entwicklung des Getreides beeinträchtigt, ver- zögertes und gestörtes Wachsthum begünstigt die Existenz und Ausbildung der Larven Länger weichbleibende und süssere Getreidearten und Gräser werden von den .Maden am liebsten heimgesucht Eine Stockung der Vegetation des Getreides in vollem Sajt bringt demselben in den meisten Fallen den Untergang durch ungeheur» ntwicklung dieser Verderber". In der schlesischen Zeitung vom Jahre 1S64 berichtet Director Fellinger: „Die Made erscheint immer, und zwar massenhaft, nach vorherge- gangenen trockenen, dürren Sommern-. Rittergutsbesitzer v. Rosen- berg-Lipinski entwickelt daselbst*] in einem längeren Aufsätze treffende An- sichten über Cldorops tdeniopus; SO z. B. schreibt er: ..Bei den Bedingungen. die nach den bisherigen Erfahrungen die massenhafte Vermehrung der Made begün- stigen, steht die vorherrschende Witterung des Frühjahrs obenan. Allgemein ist man nun in dieser Beziehung der Ansicht, dass Kalte und anhal- tender Regen im Frühjahre dergleichen Ungeziefer tödte oder doch seine Beschä- digungen mindere. Dies.- ist jedoch ein grosser Irrthum! Es ist vielmehr für das Ungeziefer nichts verderblicher, als wenn, unter der Gunst der Witterung, die Vegetation in den Hauptperioden des Pfl.anzen- wachsthums einen möglichst schnellen Verlauf nimmt. Es beruht dies einlach auf den Naturgesetzen normaler reichlicher Ernährung der jungen Brut! Je langsamer in Folge der Witterung die Vegetation fortschreitet, desto länger findet die Raupe diejenige zarte Nah- rung reichlich vor, welche ihrem Lebensbedürfnisse reichlich zusagt und ihre normale Erstarkung befördert Gewinnt dagegen die Vegetation ohne Unterbrechung einen lebhaften Ver- lauf, dann überflügelt ihre Entwicklung das Wachsthum, sowie das Nährbedürfniss der jungen Raupe Weder Kälte noch Regen thun allem derartigen Gewürm irgend einen Abbruch; sie finden vollkommen Schutz, während ihnen beim Stocken der Pflanzenvegetation die zarte Nahrung auf lange hin gesichert bleibt und nun ihre Fortpflanzung ins Unendliche geht. Dies alles trifft auch bezüglich der Cerealienmade zu, und zwar um so mehr, als die Chloropsfliege leichte, wie reichliche Gelegenheit hat, ihre Eier innerhalb der Blatthülle ? I) der Cerealien und der Gräser überhaupt abzulagern. Tiitl dann im Mai und Juni in Folge kalter oder abnorm trockener Witterung. oder auch bei anhaltend trockenem Himmel, eine erhebliche Stockung der Vege- tation ein, dann begünstigt die anhaltende Zartheit des Pflanzenhalmes, in Ver- bindung mit dem erwärmenden Schutz durch die Blatthülle, die Ernährung der Made und somit die umfangreichere Beschädigung der befallenen Pflanzen ....." *} In Wilda und Krocker's landw. Centraltlatt I86ö. S. 39 wieder- gegeben. 12 Gutsbesitzer Ko.nop.ka schreibt in seinem Aufsätze über Chlorops taeniopus 1867: „Nasse Gründe, wie einhaltende nasse Witterung führen dem Getreide reichliches Wasser zu; welches in ihm ungesunde Säfte erzeugt, dadurch aber auch für Chloropslarven eine zusagende Nahrung vorbereitet. Dieser und jeder andere krankhalte Zustand der Getreidepflanzen zieht zuerst Chloropsfliegen an, ■sie wählen auch in der T hat mit Vorliebe vorerst solche Schwächlinge und Siechlinge, und haben sie sich einmal stark vermehrt, dann fallen sie auch über gesundes Getreide her. Die Ursache der starken Vermehrung der Chloropsfliege in Galizien lag sichtlich in der mehrjährigen Wiederkehr eines ungün- stigen Frühjahrswetters. Der häufige Wechsel zwischen Kälte und Wärme nach Erwachung der Vegetation, die übermässige Feuch- tigkeit, dazu die grösstenteils nassen und für das Wasser undurchdringbaren Gründe, wirkten schädlich auf das Getreide, seine Säfte und den Wachsthum ein, andererseits aber bildete dies alles sehr günstige Bedingungen für das Ge- deihen des Schädlings", gegen dessen Grassiren sich übrigens auch Landwirt he passiv und lässig verhalten haben, fügen wir hinzu. S ommergeneration . Die Sommergeneration sowie die Art der durch sie verursachten Beschä- digung des Getreides ist allerorts in Europa vielfach beobachtet worden, auf sie auch beziehen sich die allermeisten der bisher publicirten Berichte •'•'), dessen- ungeachtet aber kann man die Acten hierüber nicht für geschlossen erklären. Die Sommergeneration entsteht aus der Wintergeneration, und es ist daher nothw endig, an dieser Stelle über letztere, als Einleitung zur ersteren, einige Be- merkungen vorauszuschicken. Die Fliegen der Wintergeneration erscheinen in Niederungen Galiziens im Allgemeinen im Verlaufe des Monats Mai *#); um Ungar. Altenburg beginnt, ihr (Chloropa strigulatX) Erscheinen nach Dr. Haberland t *##) Mitte April, eulminirt Mitte Mai und erreicht zu Anfang Juni sein Ende. Bei günstiger Witterung stellen sie sich insbesondere auf Weizensaaten in stets wachsender Menge ein, begatten sich und beginnen, in Galizien im Mai, ihre Eier für die Sommergeneration abzusetzen, welches Geschäft wegen ihres ungleich- zeitigen Schwärmens einige Wochen andauert. Nach Curtis findet in England das Eierlegen im Mai oder Juni statt; der Verfasser einer Mittheilung in der Schlesischen landw. Zeitung vom 4. August 1865 beobachtete in Schlesien „bis zum 20. Juni Schwärme von Zweiflüglern in den Weizenfeldern", dessen Dr. Cohn im Jahresbericht der Schlesischen vaterl. Ges. 1865 S. 73 und in seinen Unter- suchungen 1869 S. 14 gedenkt. Das frühere oder spätere Erscheinen der Fliege hängt bei normalen Verhältnissen offenbar davon ab, wann die Eier im Herliste *) Insbesondere reich an ihnen ist die schlesische landw. Zeitung 1864. **} Ob die von mir im Juli im Gebirge gefangenen Exemplare der Winter- oder Sommergeneration angehörten, bleibt zweifelhaft. ##*3 Centralblatt für die gesammte Landescultur 1865 S. 57. 13 von der Sommergeneration abgelegt wurden und wie weit die Maden bis zum Eintritt des Frühjahres in ihrer Entwickelung vorgerückt sind. Ans der Ungleich- zeitigkeit des Schwärmens und dem Umstände, dass die ausgesehlüpften Fliegen nicht in ihrer Brutstätte verbleiben, sondern herumfliegen, ferner vielleicht auch daraus, dass das Weibchen selbst einige Wochen überdauern kann, erklärt es sich, dass nicht bloss Winter- sondern auch die zu verschiedener Zeit im Ver- laufe des Frühjahres bestellten Sommersaaten mit Eiern besetzt werden, dass solche Wintersaaten, welche im Herbste frei von Eiern waren, im Frühjahre solche bemerken lassen. Verspätet sich das Frühjahr oder halten ungünstige Witterungsverhältnisse nach dessen Eintritt an, wie z. B. in Galizien im Jahre 1870, dann erfolgt Schwärmen wie Eierlegen um ebenso viele Tage, ja Wochen später, und umgekehrt. Im Gebirge fällt die ganze Entwicklungsperipde um einige Wochen später, als in Niederungen ; in Nord-, Mittel- und Südeuropa*) mag sie auch bestimmte Zeitunterschiede zeigen. Eier. Wie lange der Eizustand bei normalen Verhältnissen dauert, darüber vermag ich nicht aus eigener Erfahrung zu sprechen. Nach Dr. Taschenberg entwickeln sich die Eier in ungefähr 10 Tagen. Gutsbesitzer Konopka hält dafür, dass sie bei trocken kühler Luft länger liegen bleiben; im Jahre 4870 be- merkte er die ersten Eier am 19. Mai, die erste Made aber, welche bereits bis an die Aehre abwärts gestiegen war, am 1. Juni. Larve. Ihr Leben und Weben im späteren Alter ist schon hinreichend erkannt worden. Eine wunde Stelle aber in unserer Kenntniss der Lebensge- schichte der Chlorops bildet die Frage, wie die ausgeschlüpfte Made von ihrer Geburtsstätte, dem abstehenden Blatte, ins Innere der Pflanze gelange? Dies glückte meines Wissens bisher noch Niemanden durch directe Beobachtung zu entscheiden. Auch meine und Gutsbesitzers Konopka darauf gerichteten Be- mühungen führten bisher zu keinem günstigen Resultate, da einerseits die ver- suchte künstliche Aufzucht im Zimmer nicht gelingen wollte, andererseits es aber unmöglich war, im Freien tagelang vor dem zu beobachtenden Ei bei Tag und Nacht, Regen und Sonnenschein zu lagern. Möglich übrigens, dass ich bei mei- nen Beobachtungen darin fehlte, dass ich die Verfärbung des Chloropseies, wie sie erfahrungsgemäss bei Insecteneiern vor dem Ausschlüpfen der Made Statt findet, erwartete und das weissbleibende Ei nur flüchtig aus einiger Entfernung in Augenschein nahm; zu spät gewahrte ich im Felde, dass die leere Eischale ihre weissliche Farbe beibehält. Indessen fällt es nicht gar so schwer, sich über den besagten dunklen Punkt ein Urtheil zu bilden, wenn man die Erscheinungen am befallenen Ge- treide, wie sie sich in Galizien, Böhmen, Mähren, Schlesien, Deutschland gestal- ten, in gehörige Erwägung zieht. So wissen wir zunächst, dass das Ei ganz *3 Im April '871 konnte ich mit Dr. Syrski und Prof. St os sich um Triest keine Beschädigung des Getreides wahrnehmen, desgleichen mit Herrn Erb er an der dalmatinischen Küste bis Zara. 14 pre i auf die Spreite eines der noch wenigen (meist 3) vom Schosse abstehenden Blätter *) und zu einer Zeit abgesetzt wird, in welcher die Aehre entweder erst ansetzt oder wenn bereits mehr oder weniger entwickelt, doch noch immer tief unten zwischen den inneren Blatthüllen, die erst beim fortschreitenden Wachsthum sich nach und nach entfalten sollen, verborgen liegt. In diesem Le- bensstadium der Pflanze schlüpft die Larve aus, und da sie ausschliesslich im Innern derselben lebt, wird sie wohl auch unverweilt hineinzukommen bestrebt sein. Diesemnach scheint sie von dem Punkte <\v^ Blattes, an welchem sie ge- boren wurde, zu dessen Ligula, wo die inneren noch unentfalteten Blatthüllen hervorstehen, abwärts zu kriechen und hier nach Angabe des Hinterleibes einfarbig gelb mit schwärzlichen Punkten und Binden bis einfarbig ziemlich dunkel gelbbraun mit Ausnahme des stets gelben Seitenrandes. Wie die Färbung, wechselt auch die Grösse nicht sowohl nach dem Geschlechte, als auch nach Individuen, je nach- dem die Larven besser oder schlechter genährt waren. Die munteren Fliegen entwickeln sich vor der Ernte. In Galizien beob- achtete ich sie vom 25. Juli bis 20. August, Gutsbesitzer Konopka bei zeitlicher Ernte schon Mitte Juli. Professor Dr. Stein berichtet in der Prager Zeitung, dass in Böhmen die Fliegen in den letzten Tagen des Juli und zu Anfang August ausschlüpfen; ausserdem theilte er mir brieflich mit, dass er sie 1853 in Tharand in Sachsen noch am 20. August aus der Sommergerste gezogen und bis spät in den October hinein häufig auf Heradeum sphondylium gefangen hat. Dr. Kühn zog sie am 7. August aus Weizen*); in Schlesien sah sie Dr. Colin 1864 am 8. August auskriechen**), und 1869 zog er die erste Fliege am 16. Juli ***). Nach Dr. Haberlandt sollen sie um Ungarisch-Altenburg von Mitte August bis Ende September, Nachzügler noch bis Mitte October schw armen. Da diese späte Flugzeit in einem südlichen Lande mir nicht eingehen wollte, ersuchte ich Dr. Haberlandt *1 Schlesische landw. Zeitung 1864 Nr. 33. **3 Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur 1865 S. 74. ***) Untersuchungen über Insectenschäden 1869 S. 14. 3* 20 um gefällige Aufklärung und erhielt sie in folgenden Worten: „Bekanntlich erschei- nen die Fliegen der Chlorops strigula (? !) zweimal im Jahre. Im Frühjahr legen sie die Eier an die Sommersaaten; die Larven dieser ersten Generation ent- wickeln sich zu vollständigen Puppen schon vor dem Eintritte der Ernte und die Fliegen erscheinen zur Begründung der zweiten Generation erst geraume Zeit nach der Ernte, in Ungarisch-Altenburg, wo die Ernte in den Juli fiel, erst im August und September." Aus dieser Mittheilung könnte man nur den Schluss ziehen, dass die Puppen mit dem Weizen eingeerntet wer- den *) , die Fliegen erst in den Scheunen oder sonstigen Orten, wo das Getreide deponirt wurde, zum Ausschlüpfen gelangen und von da auf die Felder sich be- geben. Dies kann aber anderen Erfahrungen gegenüber im Grossen kaum der Fall sein und möchte ich eher annehmen, dass Dr. Haberlandt die vor der Ernte ausgefallenen Fliegen übersehen und die von ihm im August und September beobachteten Fliegen einer neuen Generation angehört haben mochten. Um einen Begriff zu geben, in welcher Menge Chloropse erscheinen kön- nen, theile ich die Wahrnehmung aus Galizien mit, dass auf einem Weizenschlage per Quadratfuss auf 90 Halme durchschnittlich 30 befallen waren, daher auf einem Morgen 1,728.000, oder wenn man die verunglückten und durch Ichneu- moniden vernichteten Puppen abrechnet, doch noch bei 1,500.000 Fliegen sich entwickelt haben mochten. Wie viele mögen ihrer auf einem anderen Gewende gewesen sein, wo auf 100 Aehren kaum 30 verschont geblieben waren! Im Jahre 1869 waren in Westgalizien allein 132,322 Morgen mit Weizen bestellt und grossentheils arg zugerichtet worden, wozu viele Hunderttausende Millionen Individuen nothvvendig waren. Trotzdem wimmelt es, soweit meine bisherigen Erfahrungen reichen, kei- neswegs von Chloropsfliegen in heimgesuchten Weizenfeldern; ja es können ihrer daselbst bei vorgerückter Schwärmezeit verhältnissmässig nur wenige eingefangen werden. Wie erklärt sich diese Thatsache? Einfach dadurch, dass die ausge- schlüpften Fliegen alsbald ihre Brutstätte, wo sie ja nichts mehr zu suchen ha- ben, verlassen, sich in der Umgegend zerstreuen und hier auf blühenden Pflanzen, vorzüglich Umbellaten, namentlich aber auf Heracleum sphondylivm , wie dies Gutsbesitzer Konopka und Prof. Dr. Stein mittheilen, Nahrung suchen; viele dürften sich auf Wiesen und Grasplätzen sammeln, was indessen noch zu bestä- tigen wäre, ingleichen ob es gerade und nur Chlorops taeniopus ist. An dieser Stelle mögen einige Beobachtungen über grosse Ansamm- lungen der Chloropsfliegen notirt werden. Am 12. September 1869 war ich in Breslau und begab mich aufs Belvedere zur Umschau der Stadtgegend. Beim Eintritt ins oberste Zimmer des daselbst befindlichen Hauses fand ich den Plafond, #J Bei Raupen der UaJena basilinea ist dies der Fall; nach zwei Be- richten aus West- und Ostgalizien war mit ihnen der ganze Weg vom Weizenfelde bis zur Scheune bestreut ; in der letzteren krochen zahllose Individuen umher, oder fielen beim Drusch aus den Garben heraus. Die Drescher meinten, der Weizen habe Würmer als Frucht getragen. 21 den oberen Theil der Wände und die Fenster mit ihnen dicht bedeckt. Von wan- nen sie und ob einzeln oder schaarenweise hineingeflogen sind, darüber vermochte mir der daselbst ciceronirende Invalide keinen Bescheid zu geben und auch ich konnte keine weiteren Nachforschungen üben, da ich Breslau noch an demselben Tage verlassen musste; leider traf ich damals Prof. Dr. Colin nicht zu Hause, welcher dieser interessanten Erscheinung hätte auf den Grund kommen und so wichtige Aufschlüsse über die dunkle Frage der willkürlichen oder unwillkürlichen Migration der Chloropsfliegen geben können. — Im Jahre 1870 berichtete der Pfarrer Herr Otowski in der Krakauer Zeitung „Czasu, dass im November 1869 in Greboszöw in Westgalizien zahllose Schwärme von Chloropsfliegen sich auf dem Thurmdache der Dorfkirche eingefunden hätten. Der Organist, welcher damals das zinkene Thurmdach anstrich und dabei auf dasselbe öfter klopfte, bemerkte eine grosse Menge kleiner Fliegen unter dem Blech hervorkommen.- welche theils über dem Thurme, wo ein starker Windzug ging, in der Sonne schwärmten, theils massenhaft auf das Dach fielen und am Farbenanstrich kleben blieben. Er benachrichtigte hievon den Pfarrer und dieser liess ihn einige Fliegen herunterbringen. Der Organist schwang den Spatel zum Farbenmischen einige Male durch die Luft und als derselbe dicht mit Fliegen besetzt war, überreichte er ihn dem Pfarrer zur Einsicht. Der Pfarrer, welcher früher Chlorops taeniopus zu eigener Belehrung aus Weizen öfter erzogen hatte und sie von anderem Ge- thier unterscheiden lernte, will eben diesen Schädling in den auf dem Thurm- dache eingefangenen Fliegen erkannt haben. Ich ersuchte ihn brieflich um Sen- dung einiger Exemplare zur Constatirung der Art, erhielt aber zur Antwort, er hätte keines aufbewahrt. Also kann ich nicht bestätigen, ob in der That Chlorops taeniopus im gegenwärtigen Falle Gegenstand der Beobachtung war. — Die Berliner entomol. Zeitschrift für das Jahr 1857 berichtet, dass einmal in Zwittau Massen von Chlorops nasuta vom Sturme durch den abgerissenen Theil des Daches eines Hauses auf dessen Boden geschleudert wurden. — Liegt solcher Ver- gesellschaftung etwa der erwachte Wandertrieb zur Weiterverbreitung zu Grunde? Werden die Fliegen auf ihren Zügen nur zufällig in Massen durchwinde verschlagen? Welches Bewandtniss es um das fernere Dasein und Treiben der vor der Ernte ausgefallenen Chlorops taeniopus hat, dies werden weitere Beobachtungen zu entscheiden haben, namentlich ob nicht etwa in der Zeit zwischen der Ernte und dem Anbau der Herbstsaaten sich in Gräsern an Rainen, Wregen, Wiesen, Gärten u.dgl. eine dritte Generation*) entwickelt, die erst auf Herbstsaaten ihre Brut absetzt. Dafür scheint die oben angezogene Angabe Dr. Haberlandt's, dass die Fliegen in Ungarisch-Altenburg im August und September schwärmen sehr zu sprechen. Herr Förster Lippert in Tirol fand Ende August und An- fangs September 1866 Chloropslarven in Lolium perenne, aus welchen nach kurzer Zeit Fliegen entstanden; an diese Beobachtung knüpfte Herr Künstler in den Verhandlungen der zoolog. bot. Gesellschaft. 186 7 S. 938 die Bemerkung. „Dass *) Vergl. den Schluss dieses Aufsatzes. 22 in günstigen Jahren vielleicht sieh auch noch eine dritte Generation entwickle". Dr.Gallus berichtet in den preuss. Annalen der Landwirthsehaft 1864, dass er am 28 November, an einem vom Samenausfall erwachsenen Gerstenhalme eine Chloropspuppe und Larve gefunden hat. Gutsbesitzer Konopka (1. c.) hat ebenfalls in solcher Gerste am 4. December 1865 eine Puppe, aus welcher sich im warmen Zimmer nach einigen Tagen Chlorops taeniopus entwickelte, ausser- dem einzelne Puppen in sein /.eillichen Herbstsaaten gefunden. Er glaubt ferner auf die Möglichkeit einer dritten Generation in günstigen Jahren daraus schliessen zu können, dass er Chloropseier im Jahre 1866 auf seinem am 4. September gesäeteu und bald aufgegangenen Weizen erst am 12. October und im Jahre 1870 gar erst im November auf Weizen und Roggen zu entdecken vermochte, die Fliegen also, welche sie abgelegt haben, kaum dieselben sein konnten, welche vor der Ernte massenhaft aus Weizen sich entwickelten; die Annahme der Lebensdauer der Fliege von 6—12 Wochen scheint ihm, wie Herrn Starke s. Dr. Taschenberg S. 27S zu hoch gegriffen. Ob die gefundenen Puppen, von denen die Rede war, nur Herbstpuppen der Wintergeneration waren oder aber der muthmasslichen dritten Generation angehörten, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Möglich, dass beide Fälle stattgefunden haben, da die Beschädigung der betroffenen Halme verschieden geschildert wird. Doch ich will mich nicht langer in Vermuthungen ergehen und betrote wieder den Weg der Thatsachen. Eine solche ist zunächst dies, dass wenn die im Herbst bestellten Wintersaaten etwas herangewachsen sind, Chlorops taeniopus sich in manchen Jahren auf Weizen- und Roggenfluren einfindet und ihre Eier einzeln auf Blatter absetzt, ganz wie es auch Fliegen im Frühjahr thun. Aus diesen Eiern entsteht die nun zu schildernde Wintergeneration. Im Jahrbuch der Landwirthsehaft III. S. 536 las ich die Mittheilung Dr. Löw's, dass die Wintergeneration schon seit Jahrzehenten constatirt und beschrie- ben worden ist. Da mir die altere Literatur, aus der ich mich hierüber hätte belehren können, nicht zugänglich war, ersuchte ich Dr. Low um bezügliche Aufklärung und erhielt sie in den Worten: „Die ersten guten Nachrichten über die Wintergeneration von Chlorops taeniopus, veranlasst durch die 1812 angerichteten Verwüstungen, sind von Oli vier und stehen in den Memoires de la Societe d' agriculture de Fr. T. XVI. Die nächsten sind wohl die von Dagonet und Philippes in den Mem. de la Soc. d' agriculture, sciences et arts du departement de la Marne 1840 und 1841. Den Zusammenhang zwischen der Winter- und Sommergeneration hat zuerst Perris richtig nachgewiesen, theils bereits 1840 in Berichten an die Soc. royale et cen- trale d' agriculture und eingehender in seiner 1843 erschienenen ausführlichen Ab- handlung. Er nennt die Art Chlorops lineata; es ist völlig unzweifelhaft, dass sie die von uns Chlorops taeniopus genannte Art ist." 23 West wood beschreibt in „Gardeners Chronicle" 1848 Nr. 49 S. 796 die Lebensweise und Metamorphose der Chlorops lineata, welche nach Dr. Seh in er (Fauna 2. S. 215) sehr gemein sein, deren Larve in Weizenhalmen leben und oft grosse Verwüstungen anrichten soll. Was Dr. Taschenberg über ihre Win- tergeneration, ich weiss nicht ob nach Perris oder Westwood, in seiner „Naturgeschichte der wirbellosen Thiere" 1865 S. 166 schreibt, passt ganz gut auf die Wintergeneration der Chlorops taeniopus, namentlich auf ihre Entwicklung und die Art der Beschädigung des Getreides, wie ich sie in Galizien kennen gelernt habe und weiter unten schildern werde. Dr. Nördlinger schreibt auf Seite 672: „Chlorops taeniopus Meig., nach Guerin-Meneville blos Varietät von Musca lineata Fabr., jedoch sonst als Species anerkannt."' Ohne Exemplare der Fliegen lässt sich hier nicht ins Reine kommen. In Wilda und Krocker's landwirthsch. Centralblatt 1865 Bd. 2 S. 232 und 233 wird referirt: „In den preuss. Annalen der Landw. 1864 Nr. 19 und 23 macht Dr. med. Gallus in Sommerfeld Mittheilungen über die Wintergenera- tion der Chlorops taeniopus. Verfasser hat durch Beobachtung seine Ansicht bestätigt gefunden, dass die Larven der Wintergeneration nicht in der jungen Saat leben. Er fand nämlich am 28. November 1864 auf einem Gerstenstoppel- felde, auf welchem Gerstenkörner bei der Ernte ausgefallen und zu Pflanzen aus- gewachsen waren, an einem durch den Frost wenig beschädigten grünen Ger- stenhalme unter der fast vollständig entwickelten Aehre am Stengel eine ganz ähnliche Rinne mit einer Tönnchenpuppe, wie im Sommer vor der Ernte. Die Rinne an dem obersten Stücke dieses Halmes glich den im Sommer gefundenen vollständig. Dasselbe war rücksichtlich der Puppe der Fall; auch befand sich eine Larve in der Hülse und angestellte Versuche liessen ausser Zweifel, dass sie am Tage des Fundes lebensfähig gewesen. Der Zweck dieser Zeilen soll nur der sein, sagt Verfasser, denjenigen, welche sich für die Sache interessiren, den Weg zu zeigen, auf welchem nach der Ansicht des Einsenders die zweite Generation dieser kleinen schädlichen Fliege über kurz oder lang bis zur voll- ständigen Entwicklung gefunden werden wird. — Hinsichtlich dieser auf eine ein- zige Beobachtung gegründeten Mittheilungen muss bemerkt werden, dass nach unseren jetzigen weitergehenden Erfahrungen die Larven der Wintergeneration factisch auch in Schossen junger Saaten leben und dieselben im frühen Alter abtödten, eine Frassfurche also am obersten Halmgliede, das gar nicht zur Ent- wicklung kommt, unmöglich aushöhlen können. Die beobachtete Larve und Puppe mag daher nicht der Winter-, sondern der oben erörterten, muthmasslich im Herbste sich entwickelnden Zwischengeneration angehört haben. Dr. Kühn, der Chlorops taeniopus am 5. und 7. August aus ihm zuge- sandten Weizen erzogen hat, schreibt in der Schlesischen landw. Zeitung 1864 Nr. 33: „Die \\ eitere Entwicklungsweise dieser Fliege ist zwar noch nicht bekannt, doch steht zu erwarten, dass sie, wie ihre Gattungsverwandten, eine Sommer- und eine Winterentwicklungszeit durchmache, dass daher die jetzt (August) aus- fallenden Fliegen ihre Eier an zeitige Herbstsaaten legen werden." Dieser rieh- 24 ligen Vermuthung Dr. Ktthn's wurde von anderer Seite in den Preuss. Annalen fler LandWirth. Wochenbl. 1864 Nr. 41 widersprochen und zwar aus dem eirunde, „weil die zweite Generation der Fliege dann doch eine von der ersteren ganz verschiedene Lebensweise führen müsste — was eben noch keineswegs entschieden ist." Dr. Taschenberg schreibt in seiner Naturg. d. wirb. Th. 1865 bei Chlorops strigula Fabr.: „Kollar fand die Larve im April (1851) unmittelbar über dem Wurzelhalse von Roggenpflanzen, deren Halm dicker, deren Blätter etwas breiter waren und wodurch sie ein robusteres Ansehen er- halten hatten." Herr Künstler berichtet in den Verhandlungen der zool. bot. Gesellschaft 1867 S. 938 ebenfalls bei Chlorops strigula F.abr.: „Ich habe unter den nachgelassenen, im kaiserl. Museum befindlichen Schriften Director Kollar's einen mit mehreren Zeichnungen versehenen Aufsatz*) über Chloropinen gefunden. Aus diesem Aufsatze ist ersichtlich, dass Director Kollar die Ent- wicklungsgeschichte der Herbstgeneration (wenn er sie auch nicht als solche bezeichnete), dieser Chlorops kannte. Nach seiner Angabe fand er am 13. April 1851 beschädigte Roggenpflanzen am Laerberge, die Made verpuppte sich am 19. April und er erhielt am 8. Mai die Fliege, welche er aus- drücklich Chlorops strigula Fabr. = Meig. bezeichnete." Hält man die An- gaben der Herren Taschenberg und Künstler über die im April gefundene Larve zusammen, so kann man nicht umhin anzunehmen, dass sie sich auf dieselbe, von Dr. Kollar über die Wintergeneration 1851 gemachte Beobachtung beziehen dürften. Herr Künstler gedenkt einfach der beschädigten Roggen- pflanzen, Dr. Taschenberg schildert ihre Missbildung näher, und knüpft daran, ohne der im Mai erfolgten Entwicklung der Fliege Erv\ ähnung zu thun, folgende, ich weiss nicht welcher Quelle entnommene Beschreibung: „Mit der weiteren Entwicklung des Halmes gelangen die Larven etwas höher hinauf, zwischen das erste Internodium. Hier erfolgt die Verpuppung und Ende Juni, Anfangs Juli kriechen die Fliegen aus." Bringe ich den Anfang und Schluss der Angaben Dr. Taschenberg's**) in Verbindung, so kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass in denselben eine Vereinigung der auf Larven der Winter- und Sommergeneration Bezug habenden Thatsachen, dass nämlich erstere sich über dem Wurzelhalse des jungen Schosses, letztere am ersten Internodium des aufgeschossten finden, zu einem Gesammtbilde stattgefunden haben dürfte. Auch mag die besprochene Fliege, wenigstens nach dem Eingangs angezogenen, berichtigenden Ausspruche Dr. Löw's keine Chlorops strigula Fabr. gewesen sein. *) Es wäre sehr zu wünschen, damit der vorgefundene Aufsatz eines so gediegenen Forschers, wie der verewigte Dr. Kollar, vollinhaltlich abgedruckt würde. #*} Von Dr. Nördlinger auf die Gewährschaft Dr. Taschenberg's wie- dergegeben S. 674 u. 675. 25 Dr. Haberlandt macht im Centralblatte für die gesammte Landeseultur 1865 S. 57 über die Wintergeneration der Chlorops strigula (? !) und die Art der durch sie verursachten Beschädigung, nachstehende zu allgemein gehaltene Mittheilungen *): „Die Herbstgeneration schwärmt von Mitte August bis Ende September, selbst noch bis Mitte Oktober setzen Nachzügler ihre Eier auf die Saaten ab. Die meisten an der Oberfläche grubig punktirten Eierchen werden einzeln an Blättern und Halmen abgesetzt. Die kleinen Maden schlüpfen schon nach 2 — 3 Tagen aus, kriechen abwärts bis zur nächsten Blattscheide und bohren sich hier ins Innere des zarten, kurzen Halmes hinein. In ihrer Fressbahn, die in einer allmälig enger weidenden Spirale ver- läuft und die, wenn die Blattscheiden abgezogen werden, von aussen durch eine gelbbraune Linie markirt ist, gelangen sie bis an den unteren Halmknoten, wo ihre Yer puppung erfolgt. In einem Triebe findet sich immer nur eine Made; indem letztere die Terminalknospe des Triebes zerstört, verhin- dert sie dessen weitere Entwicklung; er trocknet ab und macht sich die Beschädigung zunächst durch das Gelbwerden der obersten oder innersten Blätter bemerkbar. Vom Zeitpunkte des Ausschlüpfens der Made bis zu ihrer Verpuppung verstreichen 8—10 Wochen, und da das Eierlegen auf die Saaten je nach der Zeit des Anbaues früher oder später beginnt, überwin- tert das Insect entweder als Scheinpuppe oder als mehr oder we- niger ausgewachsene Made. Dadurch wird auch das rechtzeitige Erscheinen der Frühjahrsgeneration bedingt, das Mitte April beginnt. Mitte Mai culminirt, um zu Anfang Juni sein Ende zu erreichen." Der in Bede stehende Schädling kann nach dem Eingangs angezogenen competenten Ausspruche Dr. Löw's nicht Chlorops strigula Fabr., sondern dürfte eher Cid. taeniopus gewesen sein, obwohl Dr. Haberlandt's Mittheilung, eigentlich nur eine spärliche Andeutung, wenig auf diese Art passt, wie ich es im Weiteren darlegen werde. Eingehender und keine Zweifel zulassend ist die Schilderung Gutsbesitzers Konopka der Wintergeneration von Chlorops taeniopus im Wochenblatt der Krakauer k. k. Ackerbaugesellschaft 1867: „Um mich zu belehren, wo und in welchem Zustande Chlorops taeniopus überwintere, verfertigte ich 1865 einen Zwinger und versetzte in denselben zahlreiche befallene Weizenhalme, aus denen bald Chloropse ausschlüpften. Dieselben flogen munter umher, vergesellschafteten sich öfter schaarenweise, begatteten sich, ohne aber irgendwo ihre Eier abzusetzen. Ich fing deshalb einige copulirte Pärchen und schloss sie in ein Glasgefäss ein, in welches ich etwas Gras hineinthat. Die befruchteten Weibchen legten wohl einige Eier auf das abgetrocknete Gras und die Glaswände, doch entwickelte sich nichts aus denselben bis zum nächsten Frühjahr und so erfuhr ich auch nicht, was ich zu erfahren anstrebte, weshalb ich den Entschluss fasste, meine *) Von Herrn Künstler in den Verhandlungen der zool. bot. Gesellschaft 1867 wiedergegeben. 4 26 meine Nachforschungen im Freien fortzusetzen. Im Frühjahr 1866 untersuchte ich jene Orte, wo Chloropse im Herbste zahlreich vorhanden waren, und fand eine aus Gras eben ausschlüpfende Chloropsfliege, ohne aber deren winterliche Brutstätte und Pupparium entdeckt haben zu können. Ich nahm darauf ein Stück Rasen mit nach Hause, spülte es mit Wasser aus und suchte nach dem Schäd- ling, konnte aber nichts finden. Tags darauf aber sah ich aus diesem hinters Fenster gelegten Grase eine Chloropsfliege ausschlüpfen und gelangte derart we- nigstens zu der Ueberzeugung, dass die Fliege im Frühjahr schwärme. In wel- chem Zustande sie den Winter überlebe, dies sollte mir erst im Jahre 1867 bekannt werden. Ich besichtigte nämlich am 4 2. October 1866 meinen am 4. September gesäeten Weizen und bemerkte an Blättern Ghloropseier. Um über dem weiteren Aufsuchen der Eier keine Zeit zu verlieren, bezeichnete ich mit Holzpflöckchen mehrere befallene Schosse, kehrte zu denselben wieder zurück, so oft sich hiezu vor Eintritt des Winters Gelegenheit bot, bemerkte aber an ihnen keinerlei Aenderungen. Der Winter war ein gelinder, der Schnee thaute mehrmals auf, wobei auch der auf einem Hügel gegen die Sonne gelegene Acker freigelegt wurde. Der nach strengen Frösten gefallene Schnee schmolz am 26. März wieder, einige warme Tage darauf und zeitweilige Regen belebten die Vegetation, der Weizen begrünte sich und am 4. April fand ich, dass er den Winter wohlerhalten überdauerte und aus der Wurzel mehrere Schosse treibe. Doch die im Herbst bezeichneten Schosse mit Eiern zeigten sich nun angeschwollen, ihre Rlätter zusammengedreht und kränklieb, wobei die Pflänz- chen ein ähnliches Aussehen hatten, wie von Ghlorops im Frühjahr oder Herbst befallene Gerstenpflanzen. Ihre Wurzeln waren vollkommen gesund, aber inzwi- schen der Blättchen, wo die Aehre ansetzt, sass je eine Made, aus denen sich nach Uebersetzung des Weizens in Blumentöpfe am 6. Mai Chlo- rops taeniopus entwickelte. Weiter forschend, fand ich gleichartige Maden auch im Roggen, desgleichen in Wildgräsern, welche letztere aber durch keinerlei Anzeichen die Gegenwart der übrigens noch winzigen Maden verriethen. Es unterliegt also keinem Zweifel, dass die Wintergene- ration der Chlorops taeniopus im Weizen und Roggen, sowie in Wild- gräsern im Zustande der Larve überwintert, im Frühjahr sich ver- puppt und als Fliege erscheint." Alles dies habe ich nutgesehen und kann es im Ganzen und Besonderen bestätigen. In Herrn Lippert's Berichte *) findet sich folgende Stelle: Die Winter- generation scheint sich an wildwachsenden Gräsern zu entwickeln, ich habe in dieser Beziehung bis jetzt keine genaue Erfahrung, dass jedoch meine Annahme der Brutplätze an wilden Gräsern vielleicht die richtige ist, glaube ich aus dem Grunde annehmen zu dürfen, weil ich auf Lolium perenne Ende August und *) Mitgetheilt vom Herrn Künstler in den Verhandlungen der zool. bot. Gesellsch. 1867 S. 936. 27 Anfangs September Larven der Chlorops gefunden, aus welchen nach kurzer Zeit vollkommen entwickelte Fliegen schlüpften. Hiedurch ist mir wenigstens der Beweis geliefert, dass diese Chlorops wilde Gräser ebenfalls liebt und diese höchst wahrscheinlich als Brutplätze für die Wintergeneration wählt". Im An- schlüsse daran theile ich mit, dass Gutsbesitzer Konopka seit 1864 bis 1870 nur in den Jahren 1865, 1866 und 1869 auf zeitlichen Wintersaaten abgesetzte Eier vorfand, dagegen in den anderen nicht, dass sich aber dennoch im darauf folgenden Frühjahre zahlreiche Chloropsfliegen im Getreide zeigten, die offenbar von anderwärts herbeigeflogen worden waren. Diess lässt Herrn Konopka vermuthen, dass die Eier der Wintergeneration in der Regel auf Wild- gräser abgesetzt werden mögen und Chlorops nur unter ausnahmsweise günsti- gen Verhältnissen Wintersaaten zu Brutplätzen wähle *). In meinem Eingangs erwähnten Aufsatze „Ueber Insectenschaden in Galizien" habe ich die sich in Getreidesaaten entwickelnde Wintergeneration der Chlorops taeniopus nach eigenen Anschauungen in Verbindung mit Gutsbesitzers Konopka Beobachtungen beschrieben. Seither gewann ich keine neuen Ge- sichtspunkte. Dr. Kollars Beobachtungen über die angebliche Chlorops strigula und die Angaben Dr. Tasche nberg's über die Wintergeneration der problemati- schen Chlorops lineata, stimmen im Wesentlichen damit überin, was wir mit Gutsbesitzer Konopka über die Wintergeneration der unzweifelhaften Chlorops taeniopus in Erfahrung gebracht haben. Nicht so verhält es sich mit Dr. Haber- land t's Mittheilungen über seine Chlorops strigula, wie sich an bezüglichen Stellen der nachstehenden Schilderung zeigen wird. Eier. Diese werden von Clilorops taeniopus einzeln an Blättern der Wintersaaten abgesetzt, die einen früher, die anderen später, je nach der Zeit, in welcher die Weibchen schwärmen; man findet sie hauptsächlich an zeitlichen, weniger oder gar nicht an späten oder auch je nach dem Jahr an keinen von beiden. Die Dauer des Eizustandes dürfte kaum Jemand mit Sicherheit bekannt sein. Dr. Haberlandt giebt wohl 2—3 Tage an, erwiederte jedoch auf meine bezügliche Anfrage, dass er hierüber in seinen Notizen vom Jahre 1865 keine weiteren Anhaltspunkte gefunden habe. Larve. Das Ausschlüpfen der Larven erfolgt ungleichzeitig, doch vor Eintritt des Winters. Ihr Eindringen ins Innere des Schosses, namentlich ob sie sich hineinbohren, wie dies Dr. Haberlandt für seine Chlorops strigula angiebt, oder etwa frei durch die Oeffnung der herausstehenden Blatt— hüllen hineingelangen, dürfte bisher noch Niemand durch directe Beobachtung entschieden haben. Ihre Abwärtsbewegung von der Eintrittsstelle bis zum Wurzelhalse zu verfolgen ist eine Unmöglichkeit und kann man sich darüber ein Urtheil nur aus * ) Siehe den Schlussabsatz : Ausrottung der Quecke. 2^ den Erscheinungen an den Pflänzchen selbst bilden. An diesen sah ich im Frühjahre die Spreiten der ausgeschossten oberen Blatthüllen zum Theile ver- schroben oder gerollt, an der Spitzenhälfte -welk oder abgetrocknet und gelblich, sichtlich aus dem Grunde, dass sie in noch unentfaltetem Stadium von der abwärtssteigenden Made angefressen worden waren. Es leidet daher keinen Zweifel, dass die Made ins Innere des Schosses von oben über der Termi- nalknospe, eindringt, wie jene der Soinmergeneration über der Aehre. darauf fressend, wahrscheinlich am Rande der eingedrehten zusammengeschachtelten Blättchen, allmälig bis zum Wurzelhalse abwärts kriecht. Am Herzblatt ange- langt, zerfrisst sie namentlich dessen Basis, was ich an nicht wenigen Exempla- ren gut gesehen zu haben glaube, und zerstört auch den Aehrentrieb. um die Aehrenbildung zu verhindern. Der Weg. den sie im Ganzen durchmacht. ist bei der Kleinheit des Schosses jedenfalls bedeutend kürzer, als jener, den die Made der Sommergeneration zurücklegt. Im Wurzelhalse macht sie Halt, wie die Made der Sommergeneration über dem obersten Halmtnoten. bereitet sich hier ihre winterliche Lagerstätte * . in welcher sie den Winter in der Regel, wenigstens in nördlichen Ländern, im Larvenzustande überdauert. Also lebt die Made der Winter- wie jene der Sommergeneration aus- schliesslich innerhalb der Pflanze und fiisst geschützt von Blatthüllen. Der Gefahr entblösst zu werden, was jener öfter passirt, ist sie gar nicht aus- gesetzt, da sich der zerstörte Schoss nicht entfaltet. Auch Fröste und überhaupt Unwetter können ihr in ihrer Lagerstätte nichts anhaben. Sie unterscheidet sich durch nichts von der Made der Sommergeneration. Ich habe sie in den von ihr bewohnten, frischen und getrockneten Schossen der Wintersaat mehreren mir bekannten Professoren zur Einsicht eingeschickt und Dr. Stein in Prag äusserte sich über sie in seinem Antwortschreiben derart: -Ich habe die mir wohl erhalten zugegangene Larve aufs genaueste mit dem Mikroskope untersucht und mich von ihrer völligen Identität mit der die Weizen- hahne unterhalb der Aehre bewohnenden Chloropslarven aufs bestimmteste über- zeugt. Die Larve zeigt dieselben feinen queren Punktreihen über der vorderen Hälfte der Körpersegmente und dieselbe Form des Stigma prothoraeieum und der hinteren Stigmen, wie die Larve der Sommergeneration, die ich im vorigen Jahre 1869 sorfältig zu untersuchen Gelegenheit hatte". Also ist es begründete Thatsache, dass in Galizien wie Böhmen dieselbe Art, Chlorops taeniopus, als Weizen verwüstet in auftritt. Herr Künstler nennt die aus Böhmen erhaltene Fliege in den Verhandl. der zool. bot. Ges. 1867 S. 939 Chlorops strigula Fabr. Dr. Löw^ constatirte, dass che ihm von mir eingeschii kten Larven mit den in Deutschland erassirenden identisch sind. ') Hier aufgefunden mag sie früherer Zeit manche Berichterstatter (z. B. Ifittheüungen der Mährisch-Schlesischen Gesellschaft für Ackerbau) auf den Ge- danken geführt haben . dass die Fliegen ihre Eier an die Wurzeln der Winter- saaten ablegen. 29 Pathologische Erscheinungen und Sehaden als Folgen des Madenfrasses. Nach Mittheilungen Gutsbesitzers Konopka 1. c. zeigen befallene Schusse im Herbste keinerlei Anzeichen, an denen sie von den gesunden leicht unterschieden werden könnten, es darf daher auch nicht Wunder nehmen, dass der Schaden nicht bemerkt v\ird. zumal auch die winzi- gen Lärvchen in den etwa aufgeschnittenen Schossen wegen Ueberquellung der Säfte gar leicht übersehen werden können. Anders verhält sich die Sache im Frühjahre. Denn sobald warme Son- nenstrahlen, sowohl Saaten als auch vom Winterschlaf erwachte Larven zu neuer Lebensthätigkeit rufen, wachsen die gesunden Schosse normal und rüstig empor, während die heimgesuchten wegen ihres durch die Larve zerstörten Innern in der weiteren Entwicklung und im Wachsthum zurückbleiben, keine Aehren ansetzen, sich verkrüm- men, dabei, um Dr. Kollar"s Worte zu gebrauchen, unnatürlich dick auf- schwellen, etwas breitere Blätter bekommen und überhaupt ein robusteres Ansehen erhalten, so dass sie dadurch nunmehr dem geübte- ren Auge leicht auffallen. Doch nach kurzer Zeit werden sie von den über- \\ uchernden, gesunden Schossen verdeckt und hiedurch der Aufmerksamkeit entzogen. Die Saat prangt nun in aller Herrlichkeit da. und wenn der Landwirtb sie um diese Zeit ansieht, kann er nicht anders, als die besten Hoffnungen auf eine reichliche Ernte zu schöpfen. Leider aber sollen dieselben nicht in Erfül- lung gehen, denn der im Hinterhalte verborgene Feind wird sich alsbald ent- wickeln und in den Saaten in arger Weise hausen. Schneidet man verdickte Schosse *~) auf. so findet man in jedem in oder etwas über dem Wurzel halse je eine mit dem Kopfende nach unten gerichtete, mehr oder weniger ausgewachsene Chloropsmade als Urheberin der Verunstaltung. So lange sie ihre Met amorphose durchmacht, vegetirt der von ihr heimgesuchte Schoss. erhält sich in seiner grünen obwohl nicht ganz frischen Farbe; erst gegen Ende derselben im Frühjahr welkt er. trocknet allmälig ab und geht schliesslich in seinem verkürzten Zustande ein, wenn der Parasit ausgeflogen ist. Aehn- liche Vorgänge kennen wir auch im Thierreiche an Raupen, die von Schlupf- i Gesunde Schosse :eren sich öfter etwas robuster als andere und der ungeüb.e Beobachter konnte sie für von der Made bewohnte nehmen. So klagte mir auch am 15- März ein Landwirth. da^s sein Winterroggen arg hergenommen sei. da die Made in den meisten Schossen stecke Er zog die Blatthüllen ab. zuletzt das Herzblatt und liess m.ch dann die wie ein aufrechtes Stäbchen aus dem Wurzelhake hervorstehende Made anschauen. Ich that d'es sah aber nur das 6'uige Millimeter lange Aehrchen welches der Landwirth weil es hvalin war und Einschnitte hatte, der Made also in der That nicht unähnlich war. für letz- tere angesehen hatte. Nach dieser Aufklärung schied er frohen Muthe> Ton mir. mit nieiuem Wunsche, er möge nur immer lauter solche Maden in s°inem Win- tergetreide finden. 30 wespen verfolgt werden; die angestochene Raupe lebt ebenfalls so lange, bis ihre Parasiten auswachsen und aus ihr schlüpfen. Wer sich, selbstverständlich in heimgesuchten Gegenden, vom Vorhanden- sein der Wintergeneration mit eigenen Augen überzeugen will, der begebe sich, wie ich es durch mehrere Jahre innerhalb der Zeit vom 8. März bis tl. April gethan habe, nach Erwachung der Vegetation im Frühjahr nöthigen Falls zu wiederholten Malen auf sonnige Stellen der frühzeitig bestellten, nicht späten, Weizen- oder Roggensaaten, sehe sich daselbst ein Pflänzchen nach dem andern insbesondere an Feldrändern oder Furchen an, und er wird bald eines verdickten Schosses mit der Chloropslarve oder Puppe gewahr. Hat er nur erst einen einzigen erschaut, und angeschaut, dann bemerkt schon sein Auge mit Leichtigkeit ihrer mehrere, eventuell viele, so dass er ob der Menge erstau- nen wird, während er anfänglich davon nichts gesehen hat. Aus mit Gaze im Felde überdeckten oder nach Hause mitgenommenen verdickten Schossen w ird sich der Urheber ihrer Missbiklung, Chlorops taeniopus, entwickeln, der alle etwaigen Zweifel über seine Wintergeneration lösen wird. Ueber den Larvenfrass berichtet Dr. Haberia ndt (1. c.) für CUorops strigula: „Indem die Larve die Terminalknospe zerstört, verhindert sie dessen weitere Entwicklung; er trocknet ab und macht sich die Beschädigung zunächst durch das Gelbwerden *) der obersten oder innersten Blätter bemerkbar." Der charakteristischen Verdickung gedenkt Dr. Haberlandt nicht, und schrieb mir auch heuer bestätigend, dass er von einer solchen habe nichts bemerken können. Diesem nach mag also entweder der beobachtete Schädling nicht Chlorops taeniopus gewesen sein, oder aber die Beschädigung der Wintersaat in Ungarn sich anders als in nördlichen Gegenden gestalten. Die Fressbahn im Inneren des Schosses giebt Dr. Haberlandt in seinem Aufsatze als eine all— mälig enger werdende Spirale an; nach seiner gefälligen brieflichen Mit- theilung „zeigte sie sich im Innern der noch verkürzten Schosse sowohl im Frühjahr, wie im Herbste". Ich konnte sie bei auf Chlorops taeniopus untersuchten Schossen nicht erschauen, ingleichen mit mir Gutsbesitzer Konopka, *J Diese spärliche Andeutung ohne alle Zeitangabe könnte auch auf einen anderen Iusectenschaden bezogen werden, wie mir dies selbst begegnete, als wir mit Gutsbesitzer Konopka im November 1870 seine arg gelichteten Weizen- und Roggenfelder besichtigten. Ueber die Hälfte der Pflänzchen waren abgetrocknet oder faul. Hessen sich leicht abreisseu oder aus der Erde hervorziehen, enthielten aber keinen Schädling. Erst als wir einige noch lebende Schosse mit gelbgewor- denen Blättern untersuchten, zeigte sich im Wurzelhalse ein weissliches Lärvchen, welches darüber das ganze Parencbym ausgefressen hatte, so dass nur Geiäss- bündel übrig blieben. Es war sicherlich keine Chloropsmade, ob Oscinis liess sich vorläufig nicht eruiren. Den Zustand der verwüsteten Saaten könnte man trefflich so schildern, dass von demselben nur .äusserst gelichtete Bestände iu den Winter kamen", Worte, die Dr. Haberlandt für seine Chlorops str ig ula gebrauchte. Anzeichen der Beschädigung durch Chlorops taeniopus kounte ich im Herbste nicht wahrnehmen. 31 weder im Roggen noch im Weizen. Wir haben eine Blaltscheide nach der anderen bis zur innersten vorsichtig abgezogen, das Pflänzchen jedesmal durch gute Loupen angeschaut, aber eine spiralige von aussen durch eine gelbbraune Linie markirte Fressbahn nicht wahrnehmen können. Wann der befallene Schoss abtrocknet, bemerkt Dr. Haberlandt nicht. Für Chlorops taeniopus habe ich schon angegeben, dass dies erst dann im Frühjahr eintritt, wenn der Schädling seine Metamorphose beinahe durchgemacht hat. Aus dem Rückblicke auf die geschilderten Folgen der Beschädigung des Getreides durch die beiden Chloropsgenerationen ergiebt sich, dass die im Früh- jahr befallenen älteren Schosse, wenn auch mangelhaft, so doch weiter wachsen, und an ihnen wenigstens taube Aehren zur Ent- wicklung gelangen, dagegen jene im Herbste angegriffenen, an erstere durch ihre kolbenartige Verdickung erinnernden, keine Aehren an- setzen und im verkürzten Zustande im frühen Alter zu Grunde gehen. Dieser Unterschied in den Folgen des Larvenfrasses scheint aber kein constanter zu sein, denn es berichtet Gutsbesitzer Konopka (1. c), er habe einmal im Frühjahr an einigen befallenen Schossen der Gerste und des Sommer- weizens ähnliche Erscheinungen wie an den Schossen des Wintergetreides beob- achtet. Möglich also, dass Schosse der Sommersaaten gleich jenen der Wintersaaten, wenn sie so jung befallen werden, dass sie ihre Aehrchen kaum angesetzt haben, durch dessen Zerstörung nicht weiter wachsen und im verkürzten Zustande eingehen, während ein älterer Schoss mit bereits mehr oder weniger innerhalb der Blatt hüllen entwickelter Aehre von der Larve nicht mehr ganz vernichtet, sondern nur t heil weise beschä- digt werden kann, sich daher weiter entwickelt und nur in der bekannten Weise deformirt. Würde sich diese hier ausgesprochene Vermuthung bestätigen, dann wäre es ein interessanter Zug aus dem Leben der Chloropslarven der Som- mergeneration, dass sie sich den Umständen zu fügen und ihre Nährpflanze in einer deren Alter entsprechenden Weise zu bemeistern wissen. Der durch die Larven der Wintergeneration an den Wintersaaten verur- sachte Schaden liesse sich ertragen und dadurch ausgleichen, dass bekannllich Roggen und Weizen sich gewöhnlich mehrfach bestockt, und wenn auch ein oder zwei Triebe davon vernichtet würden, die übrig gebliebenen auswachsen und ergiebig fructificiren könnten. Allein die im Frühjahr ausschlüpfenden Fliegen der Wintergeneration legen, wie ich es schon einmal bemerkt habe, auf den bereits decimirten Winterweizen ihre Sommerbrut ab, welche denselben wieder und in ärgerer Weise verwüstet. Auf diese Art wird die Herbstsaat zwei Mal beschädigt, von den Larven der Winter- wie Sommergeneration, dagegen Sommergetreide nur einmal von der Sommergeneration. Puppe und Fliege. Je nachdem die Larven im Herbste zeitlicher oder später aus dem Ei geschlüpft waren und nach der Ueberwinterung im Frühjahr mehr oder weniger ausgewachsen sind, verpuppen sich die einen früher, die. 32 andern später, alle innerhalb des Schosses, nicht aber in der Erde, wie ich irgendwo gelesen habe. Demgemäss erfolgt auch das Schwärmen der Fliegen zur ungleichen Zeit, in Galizien früher oder später im Mai. Die ganze Entwicklungs- zeit der Wintergeneration währt länger als jene der Sommergeneration. Nach Dr. H ab er 1 an dt (I.e.) überwintert Chlorops strigula (?!) in Ungarn „entweder als Scheinpuppe oder als mehr oder weniger ausgewachsene Made". Für Chlorops taeniopus mag ersteres vorherrschend in südlicheren, letzteres in nördlicheren Gegenden der Fall sein, übrigens auch wohl vom Herbstwetter und der Anbau- zeit abhängen. Im Krakauer Gebiete fand ich in den Jahren 1869 bis 1871 in der Zeit zwischen dem 8. März und 20. April lauter Larven, die sich erst darauf zu verpuppen begannen. Gutsbesitzer Konopka machte im Jahre 1870 nachstehende, mir zur Verwerthung gütigst mitgetheilte Beobachtungen: 22. April Maden im weissen Sandomirer Weizen; 27. April Maden und einige Puppen im Roggen; 29. April zahlreiche Maden im Weizen und eine Puppe; 6. Mai noch viele Maden im Rog- gen theils im Wurzelhalse des Schosses, theils höher bis gegen die Spitze hinauf, woraus folgen würde, dass Maden mitunter zur Verpuppung aufwärts kriechen, oder vielleicht durch den Pflanzenwuchs hingeschoben werden mögen; 11. Mai im WTeizen mehr Puppen als Larven; 18. Mai die ersten Fliegen und copulirte Pärchen, am 19. Mai die ersten Eier, darauf viele Eier an Rasen, Fur- chen, nassen Stellen, in Niederungen, wo der Weizen schwächer und schütterer wuchs, überhaupt auf nassen und verunkrauteten Aeckern, dage- gen wenig oder gar keine Eier auf entwickelterer und üppig kräfti- ger Saat. Die Fliegen, deren schon in der Einleitung zur Sommergeneration gedacht wurde, legen ihre Eier nicht nur auf dieselben Wintersaaten, aus denen sie her- vorgegangen sind, sondern auch auf aufgehende Sommersaaten, die sie aufsuchen. Aus diesen Eiern entsteht wieder die das Zerstörungswerk im Getreide, vorzüg- lich im Weizen, weiter fortführende schädlichere Sommergeneralion der Chlo- ropslarven. Dies im Wesentlichen der bisher bekannt gewordene jährliche Verlauf des Lebens von Chlorops taeniopus. Die Dauer des Ei-, Larven- und Puppenzustan- des, sowie der Erscheinungszeit der Fliegen der einzelnen Generationen hängt zu sehr von ungleichartigen Verhältnissen nach den verschiedenen Gegenden und Ländern ab, als dass sich hierüber, wenigstens für jetzt, allgemein gütige An- gaben nach Tag und Stunde hätten machen lassen. In dieser wie in anderer Hinsicht, namentlich was z. B. die sich verschieden gestalten sollenden Folgen des Larvenfrasses anbelangt, bedarf es noch fernerer Beobachtungen, um die noch mangelnden und ungenügend erkannten oder verkannten Einzelnheiten aufzuklären. 33 Ueber die Verwüstungen, welche Cklorops taeniopus allerorts besonders im Weizen anrichtet, sind in den letzten Jahren von allen Seiten gegründete Klagen erhoben worden. Diese Verheerungen erreichen mitunter wahrhaft colos- sale Dimensionen, wie z. B. in Galizien im Jahre 1K69, wo der Schaden im Wei- zen allein, niedrig gegriffen, auf 3 Millionen Gulden österr. Währ, berechnet wurde. Es sind nämlich nach den vom Herrn Lange im Auftrage des hohen k. k. Acker- bauministeriums über die Ernte gesammelten statistischen Daten in 26 Bezirken Westgaliziens 420171 Koretz*) von 132322 Morgen eingeerntet worden. Die über Beschädigung des Weizens durch Chlorops eingelaufenen amtlichen und privaten Berichte gaben je nach der Gegend einen zwischen Vio bis % schwan- kenden Verlust des gewöhnlichen Ertrages an. Nimmt man durchschnittlich V3 an, so betrug der Ausfall mindestens 140000 Koretz im Werthe 1,400000 Gul- den, und mit dem Strohverluste an 1,500000 Gulden in Westgalizien allein. Als ich diese Ziffern während der Jahresversammlung der Mitglieder der Krakauer Ackerbaugesellschaft vortrug, unterbrachen mich zahlreiche Stimmen: Mehr! Mehr! ich verlor 10000 Gulden! mein Schaden betrug 6000 Gulden! u. s. w. Ostgalizien wird kaum weniger eingebüsst haben, so dass das ganze Land ohne alle Uebertreibung im Einkommen einen Ausfall von circa 3 Millionen Gulden zu leiden halte. Den Schaden Westgaliziens vom Jahre 1865 schätzte Gutsbesiter Konopka auf 500000 Dukaten, im Jahre 1870 scheint er geringer gewesen zu sein, aber doch über anderthalb Millionen Gulden betragen haben. Nicht besser dürfte es auch anderen viel Weizen cultivirenden Ländern ergehen, daher es auch an der Zeit wäre, dass die Landwirthe die Plage nicht gleichmüthig über sich ergehen liessen, sondern derselben nach Kräften entgegen wirken möchten. Mittel zur Bekämpfung der Chlorops taeniopus. Die Vorbauungs- und Vertilgungsmittel ergeben sich von selbst aus den Lebensbedingungen der Schädlinge, sowie aus den für sie günstigen und nach- theiligen Einflüssen, wenn man diese nur richtig zu erforschen sich bemüht und die gesammelten Erfahrungen gehörig würdigt. Was Chlorops taeniopus anbelangt, so liefert schon die alleinige allerorts beobachtete Thatsache, dass während manche Weizenfluren arg verwü- stet werden, andere nahe mit derselben Frucht bebaute Aecker verschont bleiben oder nur geringen Schaden leiden, den sprechend- sten Beweis dafür, dass der verschiedene Grad des Befallenwerdens oder das Verschontbleiben durch den Schädling nicht zufällig ist, sondern dass hier im Gegentheile gewisse Ursachen zu Grunde liegen müssen, die nur erkannt und ausgenützt werden wollen, um den Schaden hintanzuhalten. ■') Ein Koretz = i Metzen. 34 In allen alleren Mittheilungen, z. B. jenen Rosenhauer's in der Stettiner entom. Ztg. 1860, Dr. Rossmässler"s in „Aus der Heimatlr' 1860, ferner jenen in den Preuss. Annalen der Landw. B. 36 u. ff., der Sehlesischen landw. Zeitung J86i Nr. 32. 39. Allg. land- und forstwirthsGh. Zeitung Nr. 23 u. s. w. finden wir eine Reihe von vorgeschlagenen, übersichtlich von Russ zusammengestellten, in Wilda und Kroeker's landw. Centralbl. 1865 S. 37 wiedergegebenen Mit- teln, deren einige unpraktisch erscheinen, andere aber ganz geeignet sind, der durch Chlorops verursachten Calamität vorzubeugen oder sie wenigstens zu ver- mindern, daher auch hier auf Grund der in Galizien gesammelten Erfahrungen zur Anwendung in heimgesuchten Gegenden eindringlichst empfohlen werden. Die Anordnung der verschiedenen, direeten und indirecten Vorbauungs- oder Yertilgungsmittel kann auf zweifache Art geschehen: eutweder nach dem Grade ihrer Wichtigkeit überhaupt, oder aber in der Aufeinanderfolge, wie sie gegen die Fliegen, das Eierlegen, die Eier selbst und Raupen wie Puppen beider Generationen gerichtet werden sollten. Ich wählte das erstere, indem durch An- wendung der wichtigsten Mittel eigentlich alle Stände des Schädlings bekämpft werden. Bringt man die bisher über das massenhafte Auftreten des Chlorops tae- niopus bekannt gewordenen Thatsachen in Zusammenhang, so ergibt sich für den Landwirth in Bezug auf Schutz gegen den Schädling als hauptsächlichste Regel seines Zuthuns das Hinwirken auf eine möglichst frühzeitige, gleichzeitige und kräftige Bestückung der Saaten. Mit diesen, vom Herrn Staudacher in der Wiener landw. Zeitung 1869 S. 340 gebrauchten Worten oder dem gleichbedeutenden, vom Rittergutsbesitzer Rosenberg -Lipinski in der Schles. landw. Zeitung 1864 Nr. 39 gemachten Vorschlage der Wahl guten Bodens oder guter Beackerung und Dün- gung des mageren, ist in Hinsicht auf die oben geschilderten Lebensbedin- gungen der Chlorops beinahe alles gesagt, wie sich der Landwirth vor Schaden wahren kann, wenn er auch ausser dieser Umsicht sonst keine direeten Vertil- gungsmittel gegen den Schädling in Anwendung bringen sollte und wollte. Man biete also dem Getreide alle jene Bedingungen * , welche sein freudiges Gedeihen, das üppig kräftige und beschleunigte Wachsthum und das möglichst frühzei- tige Ausschiessen der Aehren befördern. „Kränkelnde, spärlich wachsende Pflanzen," schreibt Dr. Taschenberg auf Seite 15 seiner Entomologie für Gärt- ner, „werden viel lieber von dem Ungeziefer angegriffen, als kräftig gedeihende, solche leiden natürlich auch weit mehr unter den Angriffen, während die kräfti- gen ihren Feinden gewissermassen über den Kopf wachsen." *) Schlipf, Populäres Handbuch der Landwirthschaft. 35 Wie das Gedeihen des Getreides erreicht werden kann, das wissen gebil- dete Landwirthe ganz gut. Trotzdem wird es nicht unzweckmässig sein, im Weiteren jene Mittel vor Augen zu führen, welche auf Grund der bisher erkannten Ursachen des massenhaften Auftretens der Chlorops taeniopus sich als zur practischen Yerw erthung entsprechend erweisen . um diesem Schädling erfolgreich entgegenarbeiten zu können. Beseitigung übermässiger Nässe der Aecker. ..Regelung des Feuchtigkeitsgrades einer Feldflur-, schreibt Rittergutsbe- sitzer Rosenberg-Lipinski in seinem geschätzten Werke „der practische Ackerbau- 1866 S. 45, -bedingt zunächst die Wohlhabenheit des Landwirths-. In Bezug auf Chlorops äussert sich Gutsbesitzer Konopka 1. c. : -Die Nässe des Bodens bewirkt eine Wässerigkeit der Säfte und Siechheit des Getreides und begünstigt hiedurch die Vermehrung des Schädlings, da ihm eben dieser Zustand der Pflanze zuträglich ist." — Ueber 100 Berichte aus Galizien klagen über grosse Verwüstungen des Weizens auf nassen Aeckern. Mit Rücksicht also auf diese Thatsaehen empfiehlt sich die Beseitigung aller äusseren, sowie durch Undurchdringlichkeit des Bodens oder sein leichtes Xässigwerden hervor- gerufene Feuchtigkeit durch Drainiren. Abzugsgräben, quere Wasserfurchen und dergl. Richtige Wahl des Ackers und seine sorgsamste Bestellung. Wem es passirt ist. für die anzubauende Getreideart nicht den passend- sten Acker gewählt zu haben, dem wurde die siechende Saat arg zugerichtet. Immer und überall macht man fernerhin die Beobachtung, dass an Feld- rändern und Furchen, wo die Erde magerer ist. desgleichen an Stellen mit unge- nügend /.ereggten Schollen, das Getreide schwächer wächst und dass Chlorops vor allem die daselbst befindlichen Siechlinge angreift. Man beuge also dem vor durch sorgfältige Zerkrümmelung des Ackers und gleichmässige Vertheilung des Düngers bis an die Furchen. Sind letztere in Gesenken im Frühjahr nach erfolgter Schneeschmelzung oder später durch Regen mit Was- ser gefüllt worden, so lasse man es nicht anstehen. Herr Staudacher empfiehlt in seinem oben angezogenem Berichte: Tiefe Pflugarbeit, Unterbringen des Samens in gleichmässige Tiefe M- schinenreihensaat . Vermeidung frischer Stallmistdüngung, indem man dem Wintergetreide einen in alter Dungkraft stehenden Acker anweist, zu Som- mergetreide aber, wenn dazu gedüngt werden muss, die Düngung wo möglich schon im Herbste gibt; entschieden günstig dürften nach seiner Ansicht auch Kunstdünger in gleichmässiger Vertheilung wirken. Diese Schutzmittel begrün- det Herr Staudacher mit folgenden, um Mährisch-Schönbere über die Sommer- 36 generation der Chlorops tatniopus aufmerksam gemachten Beobachtungen : -Ueberall, wo eine lässige und insbesondere seichte Ackerbestellung statt- findet, tritt die Kornfliege weit verheerender auf, als auf gut und tief bestellten Feldern. Es zeigt sich dies hier so deutlich und scharf, dass selbst die sich sonst wenig um derartige Beobachtungen kümmernden Feldarbeiter darauf auf- merksam wurden. Denn man kann sehen, wie zwei Weizenfelder, hart neben einander und von gleicher Lage und Bodenbesehaff'enheit, in ganz verschiedenem Masse von diesem Insecte heimgesucht sind. Jn einem Felde tritt es nur ganz sporadisch auf, in einem andern dagegen hat es %— 2/3 der Halme befallen und geschädigt. Der Ortskundige, mit den verschiedenen Betriebsweisen vertraute Landwirth wird stets die seichte Ackerung und das befallene Feld bei- sammen finden. Weiters habe ich beobachtet, dass das Insect unter sonst gleichen Verhältnissen dort, wo frische Düngung gegeben wurde, verheeren- der auftrat, als auf Feldern mit alter Dungkraft. Sicher ist es auch, dass ver- armte kraftlose Felder am meisten von der Kornfliege zu leiden haben. Auch das zeigt sich hier aufs deutlichste, dass Beihensaaten weitaus weniger gelitten haben, als breitwürfige Maschinen- oder Handsaaten. Endlich konnte sich Jeder überzeugen, dass auf ein und derselben Pflanze nur die jüngeren sich später entwickelnden Halme vom Inseet befallen wurden-. Es ist sehr zu bedauern, dass Herr St au da eher nur allgemein vom Winterweizen und verschiedenen Sommerweizen spricht, und nicht die stärker verwüsteten Sorten namentlich aufgeführt hat. Dass Chlorops gewisse Sorten mehr als andere angreift, davon wird weiter unten die Bede sein. Möglich also, dass die bedeutendere Verheerung um Schönberg theilweise auch darin und nicht bloss in seichter Ackerbestellung oder frischer Düngung ihren Hauptgrund gehabt hatte. Manche vom Herrn Staudacher empfohlene Schutzmittel wurden schon früher von anderen Beobachtern zur Sprache gebracht. So giebt Herr Bode- meyer in der Schles. landw. Ztg. 1864 an, dass in Schlesien sich ganz beson- ders gut bestandene Drillsaaten bewährt haben. „Die starken harten Halme solcher Saaten scheinen dem Insecte durchaus nicht zugesagt zu haben; man findet hier manche gedrillte Felder fast ganz verschont, während unmittelbar daneben stehende Breitsaaten stark mitgenommen sind." Daselbst schreibt auch der erfahrene Landwirth v. Bosenberg - Lipinski : „So wurde mir im Jahre 1860 ein Gerstenfeld, welches zwei Jahre hinter einander zu Buben, dann zu Banatgerste, Stallmistdüngung erhalten hatte, weit schärfer verwüstet als das angrenzende, an demselben Tage und mit derselben Gerstensorte besäete Feld in zweiter Tracht. Ein üppiger Fruchtstand sagt der Made am meisten zu." In Wilda und Krocker's landw. Centralblatt 1865 S. 41 wird gesagt: „Guter Boden und starke Düngung schützen keineswegs immer." Dies bestätigte sich in Galizien bei üppig-zarten Saaten; üppig-kräftige widerstanden den Angriffen. 37 Nachhelfen mit Kunstdüngern wie Guano, Poudrette u. dgl., damit da? Getreide, welches schlecht überwintert und deshalb oder vom Frost im Frühjahr oder aus irgend anderen Ursachen zurückgeblieben ist, sich schnell erhole und nachschösse, und Chlorops zur Zeit des Eierlegens im Frühjahr keine Siechlinge finde. Möglichst frühzeitige Aussaat. Im Centralblatt für die gesammte Landescultur 1864 S. 2->9 veröffentlichte Dr. Haberlandt die ihm zugekommenen Mittheilungen des galizischen Gutsbe- sitzers Prochaska. worin es unter anderm heisst: „Nicht in allen Gegenden hat sich die Plage fühlbar gemacht, sowie auch nicht alle Weizenfelder in gleichem Grade beschädigt sind. Auf meinen Aeckern steht die Vernichtung im Verhältniss zur Alibauzeit. Die frühen Saaten litten am wenigsten, die letzten am meisten, und zu diesen gehört ein Acker nach einjährigem Klee den 8. October angebaut." In einem Berichte der Schlesischen landw. Zeitung 1864 heisst es ebenfalls: ..Die besten Weizenböden waren am stärksten befallen und namentlich späte und schwache Saaten litten am meisten; recht früh bestellte und kräftige Felder am wenigsten und fanden sich darin nur die Nachschosslinge angegriffen." In der Monatsschrift des landw. Provinzialvereines für die Mark Brandenburg und Niederlausitz, Januar 1865. findet sich in dem Berichte Herrn Starkes folgende Stelle: -Dass der Weizen und nur späte Gerste heimgesucht werden, frühe dagegen selbst nicht in der Nähe stark angegriffener Weizenfelder, hat ent- schieden seinen Grund in der Gewohnheit der Fliege, nur unter ! solche Aehren ihr Ei abzusetzen, die noch nicht aus der Blatt scheide hervorgetreten sind." Dr. Taschenberg, der in seiner Naturgeschichte der wirbellosen Thiere auf S. 875—278 über den Bericht des Herrn Starke referirt, schreibtauf S. 167 bei Chlorops lineata wohl taeniopus : -Nach Beobachtungen in England hatten nur die Ende September, Anfangs October bestellten Saaten von der Wintergeneration Schaden erlitten.- Heu Staudacher spricht in der Wiener landw. Zeitung 1869 S. 340 von schlagenden Beispielen um Mährisch- Schönberg, dass Saaten, die unter sonst gleichen Umständen im Herbste früh- zeitig bestellt wurden, wenig oder gar nicht vom Insecte heimge- sucht werden, während alle späteren Saaten davon stark beschä- digt sind." Was Galizien anbelangt, haben auch Gutsbesitzer Kanopka's meinjährige Beobachtungen zeitliche Saaten als günstiger hingestellt. Mein Bericht „Ueber Insectenschäden 1869" fusste hinsichtlich der Chlorops taeniopus auf etwa 200, mir von den verschiedensten Gegenden des Landes zugekommenen Berichten. Sie stimmten darin überein, dass überall, wo ein gesunder Same 38 zeitlich auf trockenen, gehörig gedüngten und beackerten, überhaupt geeig- neten Gründen angebaut wurde, der Weizen unbedeutend oder gar nicht gelitten hatte. Dagegen zeigte aller Orten ein Maximum des Schadens die Spätsaat auf kraftlosen, unter die Weizenfrucht weniger geeigneten, niedrig gelegenen und daher von Natur aus nassen, kalten, gegen Norden expo- nirten Gründen, sowie auf harten Kleefeldern, aufweichen der Klee- same geerntet wurde. In Gegenden, wo wegen der besonderen Lage das Früh- jahr später eintritt, war der Schaden, zumal bei mittelmässigen Gründen, immer ungleich grösser als anderwärts. In dem galizischen Theile des gesegneten Po- doliens führt man die Aussaat gewöhnlich sehr zeitlich aus und es mag eben darin, sowie in der grossen Fruchtbarkeit des Bodens die Hauptursache liegen, dass der dortige Weizen im Grossen und Ganzen weitaus weniger verwüstet wird, als in Westgalizien. Wohl berichtete man aus einigen Gegenden des Lan- des, dass Frühsaaten stärker als Spätsaaten vom Schädlinge zugerichtet worden waren, doch werden daran verarmte Gründe oder andere Umstände Schuld ge- wesen sein. Spätsaaten auf kräftigen, aber lässig bearbeiteten Gründen blieben ebenfalls öfter nicht verschont. Auf unfruchtbaren Gründen zeigte sich mitunter ein Yerhältniss der befallenen Halme zu den gesunden wie 70 : 30, weshalb Landwirlhe nach erlittenen schweren Verlusten den Anbau der Sommer- wie Winterfrucht einstellen mussten, wie dies auch hie und da mit Raps wegen des Meligethes aeneus der Fall war. Und es ist dies alles auch leicht erklärlich, wenn man bedenkt, dass ma- gere oder schlecht bestellte Gründe nur Siechlinge erzeugen können, welche wie es schon einmal der Lauf der Dinge in der Natur ist, dem Gewürme jure for- tioris zur Beute fallen ; dass dagegen ein guter Boden auch eine kräftig gedeihende Saat hervorbringt, welche die ihr vom Schädling beigebrachten Verwundungen leichter überstehen kann, und falls sie zeitlich angebaut wurde, auch ilire Aehren früher zum Ausschiessen gelangen lässt, als der Schädling seine Metamorphose durchmachen kann, wodurch derselbe auf natürlichem Wege, ohne weiteres Zu- thun des Menschen, der Vernichtung preisgegeben wird. Ueberzeugt von dem Vortheile zeitlicher Aussaat auf geeigneten und gut bearbeiteten Gründen, empfahl ich 1869 die Anwendung dieser Culturmassregel in Wort und Schrift, und Landwirthe, welche sie befolgten, haben ihre Zweckmässigkeit anerkannt. Dr. Kühn und Dr. Haberlandt glaubten im verflossenen Decennium spä- ten Anbau der Wintersaaten gegen die Wintergeneration der Chlo- rops befürworten zu müssen. Ersterer empfiehlt nämlich in dem Wochenbl. der Annal. und in der Neuen landw. Ztg. 1864 H. 9. eindringlichst: „Die Aussaat des Weizens, wo irgend zulässig, nicht vor dem 18. September zu beginnen, sie aber auch wo möglich mit Schluss des Septembers zu beenden, da ein Be- richt*) darauf hinweist, dass zu spät bestellte Saaten im nächsten Jahre #} Es ist der auf Seite 37 erwähnte, in der Schlesischen landwirthsch. Zei- tung 1864 enthaltene Bericht. 39 mehr gefährdet sein würden." Dr. Haberlandt schreibt wieder im Cen- tralblatt für die gesamrate Landescultur 1865 S. 58: „Dass die Beschädigung eine geringere ist, wenn die Saat spät erfolgte, diese Erfahrung konnten die Landwirthe in unserer Gegend (Ungarisch-Altenburg) alljährlich machen, ohne dass sie desshalh zur sichernden Spätsaat ihre Zuflucht genommen hätten. Recht auffällig zeigten kleine Saaten, die im botanischen Garten und auf den Versuchsfeldern der Anstalt im Herbste dieses Jahres gemacht wurden, diesen Unterschied. Im botanischen Garten erfolgte die Aussaat der diversen Getreide- sorten bereits in der ersten Hälfte des Septembers, auf dem Versuchsfelde säete ich Getreide aus nördlich und südlich gelegenen Ländern Europas, an deren sicherem Gedeihen mir viel gelegen war, erst am 1. Oktober aus. Letztere Saaten blieben von Chlorops strigula vollkommen verschont, wogegen im bota- nischen Garten, trotz der dichten Aussaat, trotz des für die Bestückung des Ge- treides ausserordentlich günstigen Spätherbstes, äusserst gelichtete Bestände in den Winter kamen." Zum Anrathen der späten Aussaat von Wintergetreide, die auch Herr Künstler in den Verhandlungen der zool. bot. Gesellschaft 1867 S. 939 auf die Gewährschaft Dr. Haberlandt's als günstig hinstellt, gab sichtlich die Schwär- mezeit der Chloropsfliegen Veranlassung. Denn es schreibt Dr. Kühn *), der Chlorops taeniopus am 5. und 7. August aus ihm zugesendeten Weizen erzog, ..dass die jetzt auskriechenden Fliegen ihre Eier an zeitigen Herbstsaaten legen werden". Dr. Haberlandt soll wieder beobachtet haben, dass die Fliegen um Ungarisch-Altenburg von Mitte August bis Ende September schwärm- ten, und bis Mitte Oktober nur Nachzügler ihre Eier auf den Saaten absetzten. Es lasst sich wohl nicht läugnen, dass frühe Wintersaaten mit Eiern bedacht werden, dagegen späte in der Regel davon mehr verschont bleiben, dass ferner der Landwirth in der Spätsaat ein Mittel in seiner Hand hat, das Eierabsetzen der Wintergeneration theilweise zu verhindern und hiedurch dem Schädling wesentlich beizukommen. Doch ist damit noch nicht alles gewonnen. Denn erstlich sollen späte Wintersaaten nach dem Dafürhalten sachverständiger Agronomen auch ohne Chloropsangriffe fast immer bedenklich sein. Ferner wissen wir, dass Chloropsfliegen ihre Eier nicht allein auf Saaten, sondern auch auf Wildgräser absetzen und dass die im Frühjahr massenhaft hier oder dort ausschlüpfenden Fliegen der Wintergeneration sich über alle Saaten, frühe und späte, zerstreuen und dieselben mit Eier beschenken. Liegt also einerseits für die Spätsaat der unbestreitbare Vortheil darin, dass sie fast keine Beschädigung durch die Wintergeneration erleidet, so erwächst ihr andererseits ein Nach- theil daraus, dass sie in ihrer Entwicklung noch zurückgeblieben ist, wenn sie im Frühjahre vom herbeigekommenen Schädlinge befallen wird, und ihm als *} Schlesische laudw. Zeitung 186* N. 33. 40 solche erliegen muss. Anders verhält es sieh mit der Frühsaat, denn wenn auch die Wintergeneration davon ein gewisses Perzent vernichtet, so kann doch der verschont gebliebene und in seiner Entwicklung vorgerückte Rest den An- griffen der Sommergeneration besser widerstehen und zur Zufriedenheit des Landwirthes gerathen, wenn derselbe auch anderweitigen Umständen Rechnung getragen hat. Daraus geht hervor, dass wenn man unter zwei Uebeln wählen muss, man lieber das kleinere wählen und daher dem von manchen landw. Blättern *) als massgebend betrachteten Rath Dr. Kühn's, ingleichen jenem Dr. Haber landt's und Künstler's nicht unbedingt beipflichten solle. Zur besseren Begründung der Ungünstigkeit einer späten Aussaat will ich noch einige Thatsachen aus Galizien mittheilen. Am "20 April 1869 fuhr ich zum Gutsbesitzer Konopka nach Mogi- lany in der Absicht die Wintergeneration zu beobachten, und als wir uns zu diesem Zwecke verschiedene Feldslücke mit Winterweizen und Winterrogen besahen, fanden wir in zeitlichen Saaten ziemlich viele, dagegen in den späten fast keine angeschwollenen und daher angegriffenen Schosse. Tags darauf nach nach Krakau zurückgekehrt, wollte ich einigen Bekannten die Art der Beschä- digung des Getreides durch die Wintergeneration auf einem nächstgelegenen WTeizenfelde zeigen, machte jedoch Fiasco, indem trotz allen Nachsuchens auch nicht ein einziger missgebildeter Schoss entdeckt werden konnte. Die ganze Wintersaat blieb also von Chlorops völlig verschont; sie war, wie ich nach- träglich vom Eigenthümer erfahren habe, spät im Herbste ausgeführt worden Vor der Ernte aber fand ich sie fast zur Hälfte angegriffen, und auch Gutsbe- sitzer Konopka theilte mir mit, dass auf seinen Aeckern die Spätsaaten trotz des Verschontgebliebenseins von der Wintergeneration ärger stünden, als die durch letztere befallen gewesenen Frühsaaten. Viele Landleute in Galizien pflegen den Weizen erst im October nach erfolgter Ausgrabung der späten Kartoffelsor- ten auf dem Kartoffelfelde zu säen, und wer nur im Sommer ihre Weizenfelder besehen wollte, würde gewiss nicht die Spätsaat für ein heilsames Mittel halten. Was Dr. Ilaberlandt von der befallenen Septembersaat im botanischen Garten und der verschont gebliebenen Octobersaat auf dem Yersuchsfelde mit- theilt, kann ganz richtig sein, nur wird die Ursache dessen nicht in der verschie- denen Anbauzeit, sondern vielmehr in anderen unerkannten Umständen, wahr- scheinlich darin gelegen haben, dass das Frühjahrs wetter dem Eierlegen nicht günstig war. In Galizien ist so mancher Fall beobachtet worden, dass die im Herbste von Chloropseiern freie Saat auch im Frühjahr aus gedachter Ursache unversehrt blieb. Das Ablegen der Eier durch die Fliegen der Wintergeneration im Früh- jahr durch späte Aussaat der Sommerung hindern zu wollen, wäre eben so zwecklos als verderblich, denn man könnte damit höchstens bis gegen Ende Mai *} Wilda und Krocker's laudvv. Centralblatt 1865 S. 41. 41 verziehen und da es um diese Zeit an Chloropsfliegen nicht fehlt, so würden sie über die kaum aufgegangene zarte Saat, die ihren Larven eben sehr genehm ist, herfallen. Wahl der anzubauenden Weizengattung. Dr. Kühn veröffentlicht*) in dem Wochenbl. d. Annal. 1864 einen ihm vom Herrn v. Aldenhoven über Verwüstungen des Weizens im militscher Kreise in Schlesien übersandten Bericht, worin unter andern angegeben wird: „Ich habe Felder in meiner Nachbarschaft gefunden, die wohl die Hälfte ihres Ertrages durch die Made verloren haben. Namentlich hat der englische Kol- benweizen darunter zu leiden; ich selbst habe 20 Morgen solchen Weizens der sehr gelitten hat, während mein Blumenweizen nur wenig von der Made heimgesucht ist." In der Schlesischen landw. Zeitung 1864 schreibt ein Berichterstatter: „Der weisse Weizen leidet noch mehr als der gelbe und gebe ich dessen späterer Entwicklung die Schuld;" ferner v. Rosenberg-Lipinski: „Nächst den Witterungsverhältnissen scheinen einige Sorten derselben Pflanzengattung die Ueberhandnahme der Made besonders zu begünstigen, oder vielmehr von der Chloropsfliege vorzugsweise aufgesucht zu werden. So bemerkte man in diesem Jahre ziemlich allgemein, dass dies beim weissen Weizen, bei einigen englischen Sorten und insbesondere beim Sommerweizen der Fall war." Nach Mittheilungen des Herrn Künstler in den Verhandlungen der zool. bot. Gesellschaft 1867 S. 939 empfiehlt Herr Förster Lippert in Tirol den: „Anbau von Frühgetreide, welches niemals von Chlorops befallen wird, weil bei demselben die Aehren schon aus der Blattscheide hervorgetreten sind, wenn die Fliege ihre Eier legt," Dr. Cohn schreibt in seinen Untersuchungen über Insectenschäden 1869 S. IS: „Die Verwüstungen werden namentlich in solchen Schlägen mit engli- schem Weizen, auch weissem Frankensteiner und anderen exquisi- ten Sorten beklagt, die vom Frost im Frühjahr zurückgeblieben schienen." Gutsbesitzer Konopka's Beobachtungen im Krakauer Gebiete, sowie die in verschiedenen Gegenden Galiziens gemachten, in mir zugekommenen Berichten mitgetheilten Erfahrungen, die ich 1869 in meinem Aufsalze „Ueber Insecten- schäden" verwerthete, stellten fest, dass der rothe Bart- oder begrannte Winter weizen als der derbere und minder empfindliche von Chlorops weni- ger leide, als alle Abarten des Kolben- oder unbegrann ten, insbeson- dere weissen Weizens, dass ferner aller früh zur Reife gelangende, insbesondere der Banater Weizen fast keinen Angriffen unterliege. In der Herrschaft Dzikow wurden nach einer Mittheilung dea Herrn Seeling *J Von Dr. U aberlau dt im Ceatralblatt für die gesammte Landescultur 1864 S. 290 wiedergegeben. 6 42 30 Morgen Sandomirer Weizens übel zugerichtet, während die nur durch einen Feldweg getrennten 30 Morgen Banat er Weizens un angegriffen blieben. Von dem verschiedenen Grade der Beschädigung habe ich mich selber überzeugt, als ich im Jahre 1870 mehrere Ausflüge zum Behufe der Constatirung mancher Schädlinge, der Beobachtung der Feldschäden und Zweckmässigkeit der von mir 1869 dagegen empfohlenen Mittel machte. Der gesehene Banater Weizen stand unver- sehrt da. Auf der erzherzoglichen Herrschaft Seybusch, wo ich unter freundlicher Leitung des Wirthschaftsverwalters Herrn Potyka unter anderem mehrere Wei- zenfluren in Augenschein nahm, zeigte sich der englische Kolbenweizen schrecklich angegriffen, während ein nahes Gewende Bartweizen fast gar keine Spur von Chlorops aufwies. Anderwärts, wo nur Bartweizen angebaut \\ ar. liess sich mitunter eine ziemliche Beschädigung wahrnehmen, doch stellte sieb auch in solchen Fällen nach gepflogener Bücksprache mit Landwirthen heraus, dass sein Anbau entweder spät oder aber auf mittelmässigen Gründen effectuirt worden ist. Die obigen Mittheilungen aus verschiedenen Ländern stellen es über allen Zweifel hinaus, dass das Befallenwerden oder Yerschontbleiben von der Sorte des Weizens abhängt. Dies gibt dem Landwirth ein sicheres Mittel an die Hand, sich vor Schaden zu bewahren und gleichzeitig auch den Schädling zu bekämpfen. Welcher Weizengattung dieser oder jener Boden entspricht, das wird jeder ge- bildete Landwirth am besten beurtheilen können und ist es daher überflüssig weitere Worte darüber zu verlieren. Bei gebotener Not h wendigkeit setze man für eine Zeit den Anbau edlerer Sorten aus und nehme fürlieb mit dem Bart- weizen, der wenn er auch an Werth und Verwendbarkeit dem unbegrannten Weizen nicht gleichkömmt, dem Landwirthe dennoch einen grösseren Ertrag sichert, als der verwüstete Kolbenweizen. Jene galizischen Landwirthe, welche dies thaten, hatten keinen Grund zur Unzufriedenheit, als sie in ihrer Nachbar- schaft die arg gelichteten Fluren des unbegrannten Weizens sahen. Da Chlorops insbesondere im Sommer- und Winterweizen brütet, so sind auch diese Saaten die Hauptursache ihrer stets wachsenden Vermehrung. Will man daher eine Verminderung des Schädlings herbeiführen, so schmälere man in Gegenden, wo er in bedeutenden Mengen wiederkehrt, seinen Tisch durch : Aussetzen des Anbaues des Sommerweizens. Der Sommerweizen soll nach dem Dafürhalten der Agronomen, selbst bei normalen Verhältnissen und keinen Angriffen der Chlorops häufiger miss- rathen als gerathen. Zudem bieten seine süssen Säfte und zarten Gewebe dem Schädlinge eine sein- zusagende Nahrung, und zwar gewöhnlich zu einer Zeit, in welcher derselbe massenhaft erscheint und seine Brut absetzt. Der Som- merweizen ist es auch, welcher überall, auch dort, wo Winterweizen mit ange- baut wird, gewöhnlich am meisten verwüstet wird, so dass öfter nicht 43 einmal der zum Anbau verwendete Same eingebracht wird. In der Schlea- schen landw. Zeitung 1864 besagt auch ein Bericht, dass man deswegen den Anbau des Sommerweizens jetzt ganz verwirft. Ich warnte seinerzeit davor galizische Landwirthe, insbesondere in jenen Gegenden, die zu den stark heimgesuchten gehörten. Manche Wirthschaften befolgten den Rath, andere dage- gen nicht und diese mussten es mitunter über sich ergehen lassen, dass sie nicht einmal die Anbaukosten einbrachten. Das schlagendste Beispiel arger Ver- wüstung bot mir 1870 der Sommerweizen auf der gräflich Potocki'schen Herr- schaft fcaricut, wo übrigens, nebenbei gesagt, an Weizen- und Roggenähren der Wintersaat auch Zabrus gibbus sein Zerstörungswerk trieb. In manchen vom Wetter besonders begünstigten Wirthschaften zeigte sich die Grösse des ange- richteten Schadens wohl minder empfindlich, doch waren dies eben nur Aus- nahmen von der Regel, ein zufälliges Gelingen des auf ein blindes Ungefähr hin Unternommenen. Ein Gutsbesitzer aus dem Krakauer Gebiete bespöttelte den in Rede stehenden Rath, indem bei ihm der Sommerweizen vortrefflich jahraus jahrein gerathe; es geschieht dies aber blos deshalb, weil auf seinem Gute der Weizenboden, wie mir Herr Seeling mittheilte, von der Güte der Mistbeeterde ist. Aber wie viele Landwirthe befinden sich in einem so glücklichen Falle! Dr. Kühn machte den Vorschlag: Man vermeide unbedingt den Anbau von Sommerroggen, wenn die Maden im vorhergehenden Herbst bemerkt wurden. Rittergutsbesitzer Rosenberg-Lipinski berich- tet in der Schlesischen landw. Zeitung 1864. dass er den Anbau der Banat- serste gänzlich aufgab. Einschränkung des Anbaues des Winterweizens auf die besten Aecker. In dieser Hinsicht stellte es sich als vortheilhafter heraus, weniger Win- terweizen auf vorzüglichen Gründen, als viel auf minder guten anzubauen. Jene galizischen Landwirthe. welche dieses empfohlene Mittel in Anwendung gebracht haben, versicherten mich, dass sie sich hiedurch vor Schaden schützten. Bei richtig gewählter Weizengattung beschränkten sie deren Aussaat auf die frucht- barsten Gründe, bewerkstelligten dieselbe thunlichst zeitig, und wiewohl sie im Frühjahr die zu üppige Saat ein bis dreimal schröpfen liessen , Avobei viele Chloropseier oder Larven zu Grunde gegangen sein mögen, fiel dennoch che Ernte zu ihrer vollen Zufriedenheit aus. Die durch Einschränkung erübrigten Weizenfelder bebauten sie mit Roggen und die Praxis lehrte, dass der Ertrag im Korn und Stroh, wenn auch verhaltnissmässig etwas kleiner, so doch ein siche- rer war, als dort, wo man den Weizenbau forcirte und der Chlorops den Tisch deckte. In manchen Gegenden mit nassen und daher kühleren, sowie minder fruchtbaren Gründen mussten Landwirthe wegen der alles Mass übersteigenden Verwüstungen den Anbau des Sommer- und Winterweizens einstellen. Warum 6* 44 also es auf dieses Muss ankommen lassen? -wozu säen, wenn man die arg ge- lichtete Saat abzumähen und grün zu verfüttern oder zu Heu zu machen bemüs- sigt ist, wie dies aus vielen Gegenden verschiedener Länder berichtet wird? Uebrigens thut noch gescheidt Derjenige, welcher die Aufopferung der stark heimgesuchten Saat nicht scheut und damit auch den Schädling vernichtet. Doch nicht alle Land- wirthe thun dies. Die meisten lassen das Getreide in Anhoffnung seiner Erholung stehen und erleichtern nur hiedurch, zum eigenen und Anderer Unheile, dem Schädling seine Vermehrung. Angegriffene Halme können sich, wie ich schon einmal erwähnte, ihres Feindes nur dann entledigen, wenn ihnen zur Zeit des Eindrehens der Aehrenhülle warme Witterung und Regen verhelfen, ihre einge- kerkerten Aehren zum Ausschiessen gelangen zu lassen. Ist dies nicht geschehen, so bleibt der Schädling ihrer Meister, sie werden sich nicht mehr erholen und sollen abgemäht werden, bevor die Larven ihre Verwandlung in Puppen und Fliegen durchgemacht haben. Die im obigen besprochenen Vorbauungsmittel versprechen sichere Vor- theile in der Bekämpfung der Chlorops und haben anbei das Gute, dass sie die Thäligkeit der Landwirthe am wenigsten in Anspruch nehmen. Wo aber und welche von ihnen, einzeln oder in Combination, hauptsächlich anzuwenden wären, dies hängt von localen Verhältnissen ab, nach denen sich der kundige Landwirlh richten soll. Die grosse Verschiedenheit der Qualität der Aecker und ihrer Lage, die Ungleichartigkeit klimatischer Verhältnisse, der umfassendere oder beschränk- tere Anbau gewisser Culturpflänzen, die damit zusammenhängende übermässige oder erträgliche Vermehrung des Schädlings und dgl., machen einen allgemein giltigen Rath unmöglich, und es muss daher dem Einzelnen vorbehalten bleiben, unter umsichtiger Würdigung der obwaltenden Umstände die geeignetsten Mass- regeln in Anwendung zu bringen. Ein gewisses Mittel kann sich für eine be- stimmte Gegend heilsam zeigen, anderwärts aber überflüssig sein, oder ange- wendet, sei es wegen unzweckmässiger Ausführung, sei es wegen Eintrittes unvorhergesehener Umstände, trügen, in welchem Falle aber es nicht recht gehandelt wäre, wenn man seine Wirksamkeit anzweifeln und zu seiner Anwen- dung sich und Anderen die Lust benehmen würde. Will man jedoch ferneren, zur Landplage werdenden Verwüstungen des Weizens vorbeugen, so thut eine Allgemeine Anwendung bewährter Mittel und deren ebenso eonsequente wie energische Durchführung in allen mit Weizen- cultur beschäftigten Gegenden Noth. Kein Landwirth dürfte sich in eigenem und Anderer Interesse dieser eisernen Notwendigkeit entziehen, da eine partielle 45 Ankämpfung gegen Chlorops wie alle anderen Schädlinge für Einzelne eventuell noch schädlicher werden könnte, als gar keine. So z. B. nehmen wir an, dass die Grundherrschafl den Weizenanbau zeitweilig einschränkte, die Gemeinde dage- gen nicht. In solchem Falle könnte Chlorops den Gemeindeweizen desto massen- hafter befallen und ihn total vernichten, würde sich in demselben in Menge fort- erhalten und fortpflanzen, und wenn die Grundherrschaft wieder Weizen unter lässiger Beachtung der Schutzmittel anbaute, diesen arg verwüsten. Auch der umgekehrte Fall oder ein ähnlicher zwischen Nachbarn könnte eintreten, und so oder so würde dem Uebel nicht gesteuert werden, die partielle Anwendung der Mittel müsste mit bitterer Enttäuschung und allgemeinem Missvergnügen endigen. Darauf darf man es nicht ankommen lassen ; die um das allgemeine Wohl besorg- ten Landwirthe oder landwirthschaftlichen Gesellschaften müssen sich hierum kümmern und eventuell auf die Erlassung eines bezüglichen Gesetzes und dessen Execution bei dem Ackerbau-Ministerium anstreben. Erörterung anderweitiger Mittel. Zuthun der Witterungsverhältnisse. Wie diese, nach den trefflichen Erörterungen v. Rosenberg-Lipinsky's*), wesentlich zur Vermehrung der Chlorops taeniopus beitragen, so bewirken sie auch deren Verminderung. Eine rauhe Zeit verhindert die Fliegen am Eierlegen im Frühjahr und Herbste, warme Witterung und Regen zur Zeit des Schossens des Getreides verhilft befallenen Halmen ihre gewaltsam zurückgehaltenen ober- sten Halmglieder zu Tage zu fördern und dadurch sich des Schädlings zu ent- ledigen. Es liegt wohl nicht in der Landwirthe Macht, eine für die Felder der Einzelnen erwünschte Witterung herbeizuführen und die ungünstige hintanzuhalten, wohl aber vermögen und sollen sie den möglichen üblen Folgen der letzteren durch rationelle Wirthschaft entgegenarbeiten. Das Sichverlassen auf das blosse Zuthun unentgeltlicher Naturkräfte ist bedenklich, wie dies zweifelsohne schon mancher Landwirth, welcher in seiner Behäbigkeit die Sorge um Alles der Mutler Natur und dem lieben Herr Gott überlässt , in Erfahrung gebracht hat. Fröste können den in ihrer winterlichen Lagerstätte im Herzen des Schosses gut geborgenen Larven nichts anhaben, sie möchten sich denn etwa bis zu einem Grade steigern, der die Auswinterung der Saat nach sich ziehen würde. Der strenge Winter von 1869—70 und noch strengere und anhaltendere 1870— "71 tödtete die Larven durchaus nicht; sie überwinterten, wenigstens im Krakau- schen , im besten Wohlsein. Ein schwacher Trost das für jene Landwirthe, welche ihre Hoffnungen der Erlösung vom Feinde in die Winterkälte setzen' *J Schlesibche landw. Zeitung 1864; Wilda und Krocke r"s Centralblatt 1865 S. 39. 46 Fröste im Frühjahr nach erwachter Vegetation verursachen nur eine den Maden genehme Stockung des Wachsthums der Saat, ihnen selbst bringen sie keinen Schaden. Zuthun der natürlichen Chloropsfeinde. Zur Verminderung der ChZorops taeniopus sind in erster Linie einige kleine Schlupfwespen (Ichneumoniden) thätig, indem sie die verborgenen Chlorops- maden aufsuchen und in dieselben ihre Brut absetzen, welche den Schädling in beiden Generationen gleichsam im Keime vernichtet. Hiedureh werden sie Freunde und WohlthSter des Landwirthes und verdienen es im \ ollen Masse, dass er sie kennen lerne und zum eigenen oder Anderer Vortheile ja nicht um- bringe, da es um ein nützliches getödtetes Thier immer und überall Schade ist. Wie die anmuthigen Meisen durch rastlose Thätigkeit die Bäume von Eiern schädlicher Insecten reinigen, was der Mensch fast gar nicht auszuführen im *) Eine umfassende, sorgfältige Zusammenstellung der natürlichen Feinde schädlicher Insecten hat Karl Russ (Schles. landw. Ztg. 1864 Nr. 41 u. 42: Wilda und Krockets Centralblatt 1864 Decemberheft) geboten: „Eine genaue Beobachtung der Schlupfwespen (Ichneumonidae) ist ihrer Kleinheit wegen aus- serordentlich schwierig und mühselig; dennoch ist sie. bei einiger Geduld. Sorg- samkeit und Liebe zur Sache wohl ausführbar. Der einzig sichere "Weg hierzu, der auch die Naturforscher stets allein zu dem richtigen Ziele ihrer gründlieben Erkenntniss führt, ist Einsammeln und Erziehen derselben aus den Eiern und Larven. Auch den Besitzern der verheerten Weizenfelder möchten wir dies recht dringend au- rathen — denn nach dem Vorbilde des Verfahrens der Forstwirthe beim Raupenfrass, dürften auch die Landwirthe sich selbst den sichersten Beweis dafür liefern können, ob der arge Feind im nächsten Jahre wieder kom- men wird oder nicht — ! Nach der vortrefflichen Anleitung Ratzeburg's sam- meln nämlich die Forstwirthe bei bedeutend erscheinenden Raupenverheerungen eine grosse Anzahl von Raupen und Puppen ein und bewahren dieselben in ver- schlossenen Gläsern sorgfältig auf — um die aus denselben sich entwickelnden Schlupfwespen zu zählen. Zeigen sich dann nur 15 bis 25 Prozent der Raupen von den Schmarotzern befallen, so ist fürs nächste Jahr immerhin eine Fortsetzung des Raupenschadeus zu erwarten, während derselbe nach den sichersten Erfah- rungen als bestimmt beseitigt betrachtet werden darf, sobald nur 25 bis 30 Stück der Raupen vom Hundert Schlupfwespeneier enthalten. Man ist dann sogar so sicher, dass man das Raupensammeln völlig einstellt und fest darauf baut, der Wald werde sich ganz von selbst reinigen. — Warum soll dasselbe nicht auch bei den Weizenfeldern der Fall sein'!1 ! Immerhin dürfte es sich der Mühe verlohnen, den Versuch zu unternehmen. Man möge nun im Spätherbst. Frühjahr oder noch später, kurz vor dem Ausschlüpfen die Larven oder Puppen (aus dem beschädigten Getreide) einsammeln, immer wolle man die daraus ent- wickelten vollkommenen Insecten sorgsam beobachten. Der sichere Unterschied zwischen der schädlichen Fliege und Mücke einerseits und der nützlichen Schlupf- wespe andererseits ist auf den ersten Blick zu erkennen: Die ersteren beiden haben nur zwei Flügel, während die letztere deren vier besitzt. Hiernach wolle man nun beide zählen — und nach den Prozenten der eingesammel- ten, eben so wie die Forstwirthe, die der kommenden berechnen." 47 Stande wäre, ebenso vertreten ihn die Ichneumoniden im Vertilgen der Chlo- ropslarven. Naturhistorisch gebildete Landwirthe wissen um den besagten Gang der Dinge in der Natur. Doch ist dabei zu bedauern, dass sie mitunter auf das Zuthun der Schlupfwespen, wie andere auf Witterungsverhältnisse, eben zu viel bauen und ihnen allein die Herstellung des Gleichgewichtes überlassen möchten. Dies wäre freilich eine bequeme Sache, erwägt man aber, dass bei der jetzigen endlosen Vermehrung der Chlorops die Thätigkeit der Schlupfwespen, so erspriess- lich sie auch sei, keineswegs eine Verminderung des Schädlings herbeiführen könne, so ist es klar, dass im Interesse des allgemeinen Wohles diejenigen Landwirthe heilsamer verfahren, welche gegen den Schädling einen directen Kampf aufnehmen und diesen auch siegreich zu bestehen bestrebt sind. Dass auch manche Vögel Chloropsfliegen als gute Beute betrachten, nimmt Herr Künstler (1. c.) als sicher an. Gutsbesitzer Konopka liess auf Chlorops- fliegen zur Zeit des Eierlegens im Frühjahre 1870 Jagd machen und es wurde dabei eine Masse allerlei Gethiers eingefangen. Den Haupttheil bildeten Chloropse, Coccinellen und die Wanze Miris dolabrata, welche sich schon vom März an auf Saatfeldern herumtreibt, Eine Partie der Gefangenen versetzte er in ein Glas und als er dieselben Tags darauf besichtigte, bemerkte er zu seinem Er- staunen eine schreckliche Niederlage unter den Chloropsen, die theils von Miris ausgesogen, theils wie es scheint von den Coccinellen aufgezehrt worden waren. Der eifrige Beobachter ging darauf ins Feld und sah hier, wie die genannle Wanze auf Chloropsfliegen fahndete und die herankommenden mit dem Rüssel auffing. Nachdem er sie so als einen Verbündeten des Landwirths kennen gelernt hat, sorgte er dafür, dass die bei der erwähnten Jagd eingefangenen Wanzen und Coccinellen in Getreidefeldern freigelassen wurden. Nachträgliche Beobachtungen liessen Gutsbesitzer Konopka erkennen, dass in seinem heimge- suchten Getreide zahllose Mengen der Coccinellen und Miris dolabratus vor- handen waren. Von grosser Häufigkeit der Coccinellen im von Chlorops befal- lenen Getreide in der Sandecer Gegend berichtete auch Herr Oberförster Firganek. Also hat Chlorops ausser Ichneumoniden auch noch in anderen Inseclen arge Feinde die der Landwirth schonen möge. Abmähen, Schröpfen, Abweiden, Walzen der Saaten*). Alles dieses wurde zur Vertilgung der Chloropseier empfohlen, doch hat es damit in der Praxis seine mancherlei gewichtigen Bedenken. Das Abmähen der Saat mit noch nicht angesetzten Aehren könnte nur zur Vertilgung der schon abgesetzten Chloropsbrut führen, sie aber keineswegs vor weiteren Angriffen bewahren, da Chloropsfliegen nicht auf einmal erschei- nen, und die sich später entwickelnden von anderwärts herbeifliegen und ihre *) Wilda und Krocker's landw. Centralblatt 1865 S. 37. 48 Eier auf den nachgewachsenen Weizen absetzen könnten. Mit Rücksicht darauf und noch mehr auf den Umstand, dass der durch Abmähen geschwächte Weizen für den Schädling eine sehr willkommene Beute wäre, rathen sachverständige Agronomen von dessen Anwendung eindringlichst ab. Ingleichen kann das als Mittel gegen das Lagern der Saat angewendete Schröpfen die Entwicklung der Larven nicht hindern, indem die Blätter, in welchen die Eier abgesetzt sind, zur Schröpfezeit von der Sichel grossentheils nicht mehr erreicht werden. Es berichteten auch aus Galizien einige Landwirthe. dass die Anwendung dieses Mittels ihren Weizen vor Verwüstung nicht geschützt hat. Andere erzählten mir wieder, dass sie 1870 über meinen Rath den Weizen- anbau auf kräftige Gründe eingeschränkt haben, die zu üppige Saat ein bis drei mal schröpfen lassen mussten und sich einer ergiebigen Ernte erfreuten. Nun, das war für sie ein eben glücklicher Ausgang der Dinge, denn dass das Blatt auch sich hätte wenden können, davon zeugt der nachstehende Passus eines schon weiter oben angezogenen Berichtes der Schlesischen landw. Zeitung 1864: „Der weisse Weizen leidet noch mehr als der gelbe und gebe ich dessen späterer Entwicklung allein die Schuld, denn je näher wir dem Gebirge kommen, wo die Vegetation also mehr zurück ist, desto grösser auch die Verheerung. Darum auch meine Behauptung, dass die Felder, die geschröpft wurden, wo also absichtlich die Vegetation verspätet wurde, desshalb so viel mehr gelit- ten haben." Daselbst schreibt auch v. Rosenberg-Lipinski, „dass die ver- späteten Sorten und der im Frühjahr abgehütete oder stark geschröpfte Weizen der bezüglichen Beschädigung vorzugsweise unterliegt." — Im L'annöe scientifique 1869 S. 377 wird Kohlenasche als Dungmittel sehr empfohlen. Nach Ansicht Gutbesitzer Konopka's erzeugt sie Kieselsäure und bewirkt eine festere Consistenz der Strohtheile und härtere Structur der Gewebe, was einer- seits Chloropslarven nicht lieben , andererseits die Saat vor dem Lagern gchützt und ihr Schröpfen überflüssig macht. Seine Bestreuungsversuche mit Kohlenasche blieben nicht ohne Erfolg, wenn sie auch das Eierlegen durch Chlorops nicht hintangehalten haben. Eine andere Massregel gegen das Lagern der Saat liegt nach einer gefälligen Mittheihmg Herrn Seeling's darin: „Richte das Saatquantum zur Ackerkraft ein, so wirst du kein Lager- getreide habe n." Vom Beweiden der Wintersaat ist auch keine Abhilfe zu erwarten. Es hätte ebenfalls nur etwa die Ertödtung der abgesetzten Eier zur Folge, einen weiteren Nutzen aber brächte es nicht, da Chlorops wie schon mehrfach bemerkt wurde, ausser im Getreide auch in Gräsern nistet, und die Fliegen der Winter- generation von daher im Frühjahr über Saaten herfallen und sie mit Eiern be- schenken können. Uebrigens Hess ich mir sagen, dass durch Zertreten der Saat, insbesondere aber die vielen Fusseindrücke, in denen sich Wasser sammelt und Nässe erzeugt wird, ein grösserer Schade entstehen würde, als der ist, welchen die Wintergeneration der Chlorops dem Landwirthe beibringen könnte. 49 Eine Vertilgung der Larven der Wintergeneration kann weder durch Abmähen noch durch Beweiden erzielt werden, da sie meist tief über dem Wur- zelhalse sitzend weder von der Sense oder Sichel noch vom weidenden Vieh erreicht weiden können. Auch das Walzen dürfte ihnen kaum verderblich sein. Aus diesen Bemerkungen, sowie aus den weiter oben dargelegten Vortheilen einer Frühsaat geht hervor, dass die vom Herrn Künstler (I. c.) angerathene „Aufnahme des Kampfes vorzugsweise gegen die Herbstgeneration der Chlorops" keine zureichenden Erfolge in Aussicht stellt. Herr Künstler stützte sich zunächst auf die begründeten Mittheilungen Dr. Haberlandt's, dass der Landwirth in der Spätsaat ein sicheres Mittel in seiner Hand habe, das Ablegen der Eier durch die Wintergeneration zu verhindern, und fügt selber hinzu, dass ..rücksichtlich der Frühjahrsgeneration, bei welcher das Ablegen der Eier auf die Getreidepflanzen nicht gehindert werden kann, es schwierig ist, den Verheerun- gen des Insectes entgegenzuwirken." Letztere Ansicht kann gegenüber den von anderer Seite empfohlenen, gegen Chloropsangriffe sichernden Culturmassregeln nicht Stand halten. Beseitigung angegriffener Halme vordem Zeilpunkte desAus- schlüpfens der Fliege. Dieses nach Herrn Künstler (1. c.) vom Herrn Förster Lippert in Tirol zuerst empfohlene Mittel würde zweifelsohne zur Vertilgung zahlloser Chlo- ropslarven oder Puppen dienen, dem massenhaften Wiedererscheinen der Fliegen und ihrer Weiterverbreitung vorbeugen. Man erwäge nur, dass durch Tödlung einer weibliehen Raupe oder Puppe ein Weibchen zu Grunde ginge, deren Brut zum mindesten 200 Halme vernichten würde. Wären darunter wie- der etwa 100 Weibchen, so würde deren Brut schon an 20000, die dritte Gene- ration an 2,000000 Halme zerstören u. s. f. In Gegenden, in denen sich Chlorops unzählig vermehrt hat und den Wei- zen übermässig heimsucht, wäre freilich das Herauslesen aller befallenen Halme aus einem grossen Weizenschlage ebenso langwierig wie kostspielig, ja vielleicht auch nicht durchgehends durchführbar, wie Herr Künstler richtig bemerkt, doch wenn ein Nutzen für die Zukunft erreich! werden soll, so ermangele man nicht, wenigstens das zu thun, was sich thun lässl. Lieber etwas, als gar nichts, je eher, desto besser. Man vergleiche den Nutzen aus dieser Arbeit mit dem voraussichtlichen Verluste, welchen Zahlung der Arbeiter und Zertreten des ge- bunden Getreides verursachen würde, und wenn das Missverhältniss kein zu ;rosses ist. so stehe man nicht an, der Bekämpfung des Feindes ein Opfer zu bringen, welches sich lohnen miissle. Wohl bleibt das Hinwirken auf eine möglichst frühzeitige, gleichzeitige und kräftige Bestückung des Getreides das vorzüglichste, aller anderen Thatigkeit über- hebende Schutzmittel gegen Chlorops. doch dürften nicht alle Landwirthe in der lü( k liehen Lage sein, es dahin bringen zu können, denn der eine hat mit ma- ;erem Boden zu kämpfen und vermag ihm öfter bei sorgsamster Bestelluna keine 7 50 freudig gedeihenden Saaten zu entlocken; dem anderen macht wieder die Wit- terung oder .Mangel an Arbeitskraft einen Strich durch die Rechnung und lässt ihn beim besten Willen die Aussaat nicht rechtzeitig ausführen; die Saaten des Dritten leiden durch Frühjahrsfröste u. dgl. In solchen Fällen trachte man dem Schädling durch andere mögliche Mittel scharf an den Leib zu rücken, z. B. durch die eben in Rede stehende Entfernung beschädigter Halme. Es fragt sich, gegen welche Generation der Larven hiedurch zu kämpfen wäre? Ich habe schon oben dargelegt, es lasse sich nichts rechtes gegen die Wintergeneration unternehmen, und auch die Beseitigung befallener Schosse könnte im Grossen kaum durchgeführt werden. Denn erstlich sind sie im Herbste von den gesunden kaum zu unterscheiden und da lässt sich mit ihnen auch nichts vornehmen. Im Frühjahr machen sie sich durch ihre Verdickung wohl bemerkbarer, immerhin aber verlangt ihr Erkennen eine gewisse Uebung und ihr Aufsuchen viele Geduld , die man bei den zu verwendenden Arbeitern kaum fände. Die Arbeit liesse sich übrigens nicht ohne Zertreten vielen Getrei- des ausführen. Ob das Umackern der ganzen Herbstsaat*) auf stark heim- gesuchten Feldern zur Vertilgung des vorhandenen Ungeziefers und Vorbeugung der Verheerungen seiner zweiten Brut im Frühjahr in manchen Fällen gerathen wäre, muss dem Gutdünken des Landwirths überlassen bleiben. Ein jedenfalls leichteres Spiel hätte der Landwirth mit derSom- mergeneration , weil Jedermann die durch sie defonnirten Getreidehalme leicht währnehmen kann und ein Arbeiter zu deren Unterscheidung von den ge- sunden nicht erst eingeübt zu werden brauchte. Durch Vertilgung der Sommer- generation würde übrigens auch die Wintergeneration mitbekämpft werden. In welcher Weise wären angegriffene Halme zu beseitigen? Das Jäten derselben wäre unzweckmässig, weil mit ihnen auch gesunde Halme aus der Erde gerissen würden. Durch ihr Ausschneiden könnte man sich im Stroh und Korn einen Verlust beibringen, welcher den durch Chlorops angerichteten Schaden vielleicht überstiege. Am geratensten wäre es daher, wenn im Mai oder Juni, sobald nur sich deformirende Hahne gut bemerkbar werden, ihre sich über der Äehrenspitze eindrehenden Aehrenhüllen abgezwickt würden, damit das oberste Halmglied hervortreten könne und hierdurch der Schädling entblösst werde und von selbst zu Grunde gehe. Letztere Methode wendeten die westgalizischen Gutsbesitzer Herr Tariski und Grudzinski, wohl nur probeweise auf einem kleinen Acker, doch mit gutem Erfolge an, indem die Aehren ausschossten und gute Körner getragen haben. Ich selbst war einmal auf einem stark heimgesuchten Weizenschlage und konnte gemächlich in einer Stunde an 900 Halme operiren, deren Aehren später ausschossten. Man erwäge nun, wenn ein Arbeiter täglich durch 10 Stunden, wenn mehrere Arbeiter durch einige Tage damit beschäftigt würden, welche furchtbare Niederlage das Schädlingsheer hierdurch erleiden müsste, zumal, wenn es allerorts thatkräftig *} Wilda uud Krockets laudw. Ceiitralblatt 1863 S. 37. 51 angegriffen würde. ,.In Ortschaften, oder an Stellen der Felder, wo mehr befallene als gesunde Halme vorhanden sind," schreibt Prof. Dr. Stein in der Präger Zeitung vom 5. Juli 1869, „wird es gerathen sein, den Weizen grün schneiden und verfüttern zu lassen", oder zu Heu zu machen, könnte man nach einem Berichte in der Schles. landw. Ztg. hinzufügen. Gelänge es bei Anwendung dieser oder jener Mittel das Gros der Chlorops- fliegen zu vermindern, oder erfolgte dies ohne Zuthun des Menschen auf natürli- chem Wege, dann sollten Landwirthe die rechtzeitige Beseitigung der befallenen Halme fürsorglich jahraus jahrein vornehmen, um hieclurch eine neuerliche über- mässige Vermehrung des Schädlings zu erschweren. Diese Vorsicht ist dringend geboten, denn es gehört Chlorops taeniopua zu jenen getreideschädlichen In— secten, welche periodisch und zwar in nicht langen Zeiträumen wiederkehren, wie dies z. B. in Schlesien schon constatirt worden ist. Anscheinend verbreitet sie sich auch weiter von Gegenden, in denen sie zahlreich entstanden, wie dies auch mit anderen Insecten der Fall ist, z. B. in Galizien mit Zobrus gibbus und Thamnus sexnotatus, welche anfänglich in je einer Gegend sich zeigten, und derzeit schon in mehreren Kreisen grassiren, weil man deren Vermehrung keine Schranken gesetzt hat. Vertilgung aller vom Samenausfall beim Ernten erwachsenen Pflanzen, welche in der Begel reich mit Maden besetzt sind. Dieses Mittel bringt Dr. Kühn in der Neuen landwirthsch. Zeitung 1864 zur Sprache und empfiehlt dessen Ausführung bis Ende August, sobald Klee untergesäet wurde. Wo dage- gen nicht Klee unter das Getreide gesäet wurde und die Stoppel also im Herbste zum Umbruch kommt, da lasse man die aus ausgefallenen Körnern erwachsenen Pflanzen bis Mitte September ungestört, so weit dies wegen etwaigen Bedarfes an Stoppelweide zulässig ist. Hier dienen diese Pflanzen als treffliche Köder, die reichlich mit Eiern besetzt werden. Pflügt man dann im Herbste unter Anwen- dung des Schälseches um und bestellt im Frühjahr auf die Herbstfurche, so kommen die Larven unter eine so starke Bodenschichte zu liegen, dass die zar- ten Mücken und Fliegen sich bei ihrer Entwicklung nicht hindurcharbeiten können und somit umkommen." Auch Dr. Gal Ins empfiehlt in den Preuss. Anna- len der Landw. Nr. 19 das Vertilgen des Gerstennachwuchses, überhaupt aller im Spätherbste unnütz umherstehenden Grashalme auf Rainen, an Wegen u. s. w. Abfangen *) der Chloropsfliegen zur Zeit des Eierlegens im Frühjahr und Herbste. Damit haben in Galizien zwei thätige Landwirthe im Frühjahr 1870 absichtliche Versuche gemacht. Dr. Alt h bediente sich hiezu eines mit Theer ■•-) Wilda und Krocker,s landw. Centralblatt 1X6"> tlieilt mit. dass man gegen die Weizen-Gallmücken das Kinfangen derselben in ganz feinen Flie- 52 bestrichenen Brettes, wie solches gegen Erdflöhe und den Ripsglanzkäfer hier und da angewendet wird. Auf zwei Rädchen befestigt wurde es über Wei- zenfelder hin und her gefahren, wobei von den aufgescheuchten und aufgeflogenen Chloropsen eine Menge am Brette kleben blieben. Nehmen wir an, dass durch diese Massregel Tausende vertilgter Weibchen am Eierlegen gehindert wurden, so sind dadurch Millionen Halme vor Beschädigung gerettet worden. Freilich fanden bei dieser Art Jagd auch viele unschuldige, ja nützliche Insecten ihren Untergang, doch leider mitgefangen, mitgehangen! Gutsbesitzer Konopka Hess am 21. Mai 1870 die Fliegen mit gewöhnli- chen Insectennetzen einfangen. Zehn Knaben gingen in den Furchen eines 15 Morgen haltenden Weizenfeldes auf und ab, streiften mit den Netzen über die Saat und schüttelten das Erbeutete in einen Sack. So oft sie auf bereits abgefangene Stellen zurückkehrten, fanden sich wieder zahlreiche Chloropsfliegen ein, als ob ihre Schaaren nachgeflogen wären. Nach mehrstündiger Jagd wurden an 8 Garnetz allerlei Gethiers eingefangen, darunter am meisten Chloropse, Coc- cinellen und die Wanze Miris dolabratus, von welchen letzteren als angeblichen Feinden der Chlorops schon oben (S. 47) die Bede war. Der WTeizen zeigte später eine geringe Beschädigung, und wenn man dies auch nicht als eine Folge der abgefangenen Chloropse ansehen wollte, indem andere später herbeigeflogen sein konnten, so muss man doch zugeben, dass durch Vertilgung von Hunderttausen- den Weibchen Millionen Halme der Vernichtung entzogen worden sind. Die zur rechten Zeit in Feldern unternommene Chloropsjagd ist also folge- wichtig. Wer sie indessen unternimmt, der sollte das Leben nützlicher Insecten möglichst schonen. Dies lässt sich leicht erreichen, wenn man das in einen Sack geschüttelte eingefangene Gethier z. B. mit Benzin schwach betäubt, dann die nützlichen Insecten herausliest und die zu sich gekommenen davonfliegen lässt. Ausserdem wäre es rathsam auch anderwärts nach dem Schädling zu fahnden. Die vor der Ernte ausfallende Sommergeneration verlässt ihre Brut- stätte und scheint sich zahlreich auf Wiesen, Rasenplätzen u. dgl. zu sammeln, oder aber sucht sie Nahrung auf blühenden Pflanzen, nach Angaben Gutsbesitzers Konopka und Prof. Dr. Stein insbesondere auf Heracleum sphondijlium. Werden daher die Fliegen auf Wiesen betroffen, oder halten sie im Spätsommer und Herbste an den Blüthen der Umbellaten ihr geselliges Mahl, so könne sie hier ohne Mühe eingefangen und getödtet werden. Um ihnen übrigens die Er- nährung zu erschweren, empfiehlt Gutsbesitzer Konopka (1. c.) die Ausrot- tung der Doldenpflanzen, die ohnehin als Viehfutter wenig taugen. Wäre es nicht angezeigt, hie und da Umbellaten zur Anlockung der Chloropsfliegen stehen zu lassen ? Die Beobachtung Gutsbesitzers Konopka, dass Chlorops ornata und einige andere Chloropineri im Frühjahr in seinem Garten über Nacht Schutz im Stroh gennetzen oder grosse, zur Nachtzeit entzündete Fackeln empfohlen hat, denen sie in unendlichen Massen zufliegen sollen. 53 suchten, brachte ihn auf den Gedanken, Strohbündel als Köder zur Her- beilockung der Fliegen auszustellen und diese Nachts zu verbrennen. Er übte diese Fangmethode auch in Weizen- und Roggenfluren gegen Chlorops taeniopus zur Zeit des Eierlegens, gab sie jedoch auf, als er mit ihrer Hilfe keine besonders erspriesslichen Resultate erzweckte. Anderweitige Mittel. Das von mehreren Seiten empfohlene Bespritzen mit Petroleum führte den Gutsbesitzer Konopka, der damit am 20. Mai 1870 einen Versuch anstellte, zu keinem besonderen Resultate. Die Fliegen wurden nur zeitweilig abgehalten, bis sich der Geruch verflogen hatte, dann kamen sie wieder. Die bespritzten Pflanzen wurden theilweise gelb, ohne jedoch schliesslich einen Schaden genom- men zu haben. Das Pfund Petroleum wurde mit einer Kanne Wasser gemischt. Ob und in wieweit das Bespritzen mit anderen stark riechenden Stoffen, z. B. Theer, einem Absude aus Rübenblättern u. dgl., die Fliegen verscheuchen würde, bleibt zu erproben; von nachhaltiger Folge dürfte es kaum sein. Im Journal d'Agriculture par Barral wird das Räuchern mit Schwefel in Weinbergen gegen Eumolpus als wirksam dargestellt. Wer Gelegenheit hat, möge immerhin den Versuch unternehmen, in wie fern Beräucherungen der Saaten mit viel widerlichen Rauch gebenden Stoffen die Chloropsweibchen zur Zeit des Eierlegens vom Felde abhalten*) oder das Bestreuen mit getheer- ten Spänen sie vertreiben würde, und ob der dadurch erzielte Nutzen die verwendete Arbeit aufwiegen wird; meines Erachtens würde mit dem blossen Vertreiben der Fliegen wenig gewonnen werden. Ueber das vom Herrn P eleu ze in Frankreich gegen Erdflöhe angewendete Naphthalin, sowie über die Ver- suche, welche der schweizerische Prof. Ducrest in Porentruit mit dem Am- moniakgas zur Vertilgung der Insecten anstellte, berichtet Figuier in L'annee scientifique 1 869 ; ob diese Mittel irgendwie gegen Chlorops wirksam sein könnten, müsste erst ermittelt werden. Das Bestreuen der Saat mit gepulvertem Kalke zur Zeit, „wenn eben die Aehren aus ihren Scheiden sich erheben,"' heisst es in Wilda und Krocker's landw. Centralblatt 1865, S. 38, „soll mit einigem Erfolge versucht sein"'. Auf Chloropseier angewendet, könnte sie wohl der Kalk durch seine kaustischen Eigenschaften ertödten, sollte man aber Eier zu diesem Zwecke erst aufsuchen, so wäre es ja angezeigter, sie mit Fingern zu zerdrücken. Auf der gräflich Potocki'schen Herrschaft taiicut wurden Saat und Boden gegen Zabrus gibbus versuchsweise mit Kalk bestreut, doch liess sich der Käfer weder im Ausfressen der Aehren stören, noch vom Boden ver- scheuchen, nahm keine Notiz von dem ee°;en ihn berichteten Schutzmittel. Auf *) Nach Wilda uiid Krocker's laiidw. Csntralblatt 1865 S. 38 waren solche Versuche von einigem Erfolge begleitet. 54 der gräfl. Branicki'schen Herrschaft Sucha bestreute man mit Kalk Rapspflanzen gegen die Raupen der Athalla spinarum , erzielte aber kein Resultat; dagegen soll dies Mittel, nach Behauptung eines Berichterstatters, gegen Thamnus sexno- tatus auf Hafer von günstigem Erfolge begleitet gewesen sein. Die Schlag- eintheilung kann gegen die sich herumtreibenden Chlorops von keiner Wirkung sein; das Einweichen des anzubauenden Samens in verschiedenen Sub- stanzen als Vorbauungsmittel gegen Chlorops hat offenbar keinen Sinn. Dr. Haberlandt schreibt im Centralblatt für die gesammte Landescultur 1s6o S. 58, er möchte aus dem Entwicklungsgang der Chlorops strigula (?!) „als sicher annehmen, dass in Betreff ihrer Vertilgung das tiefe Stürzen der Stoppeln noch mehr aber das Abbrennen derselben gleich nach der Ernte von gutem Erfolg begleitet sein müsste". Hinsichtlich dieser Annahme schreibt Herr Künstler in den Verhandl. der zool. bot. Gesellschaft 1867 S. 940: „Dagegen möchte ich bemerken, dass dieses Mittel, welches gegen die Hessen- fliege (Cecidomyia destructor Say) allerdings vorzügliche Dienste leistet und auch in anderer Beziehung zu empfehlen ist, gegen Chlorops kaum von Nutzen wäre, denn die Puppe der Chlorops liegt stets ganz oben über dem obersten Knoten und ist daher gar nicht mehr in den Stoppeln vorhanden." Wie Herrn Künstler wollte es auch mir nicht eingehen, wie Dr. Haberlandt aus der beobachteten und geschilderten Lebensweise seiner Chlorops strigula (? ! ) diesen Bath gegen i ire Sommergeneration ableiten konnte und was letztere mit den Stoppeln zu thun hat. Ich theilte daher Dr. Haberlandt meinen Zweifel hierüber mit. und erhielt von ihm nachstehende gütige Aufklärung: „Bekanntlich erscheinen die Fliegen von Chlorops strigula zweimal im Jahr. Im Frühjahr legen sie die Eier an die Sommersaaten; die Larven dieser ersten Generation entwickeln sich zu vollständigen Puppen schon vor dem Eintritt der Ernte und die Flie- gen erscheinen zur Begründung der zweiten Generation erst geraume Zeit nach der Ernte, in Ungarisch-Altenburg, wo die Ernte in den Juli fiel, erst im August und September. Da wundert es mich nun, dass Sie die Mass- nahme wegen des tiefen Stutzens der Stoppeln oder des Abbrennens derselben unbegreiflich finden." Aus dieser gütigen Mittheilung kann ich keinen anderen Schluss ziehen, als dass Dr. Haberlandt die vor der Ernte ausgeschlüpften Fliegen übersehen hat und die von ihm im August und September beobachteten einer vielleicht schon neuen, aus jenen hervorgegangenen Generation angehört haben mochten. Ueberall in Europa schlüpfen die Chloropsfliegen vor der Ernte aus, daher es unwahrscheinlich ist, dass sie sich um Ungarisch-Altenburg im Puppenzustande mit. dem Weizen einernten lassen, erst in Mandeln oder Scheu- nen entwickeln und von da auf Stoppelfelder fliegen sollten, wo sie nichts zu suchen haben. Ob Dr. Haberlandt die Fliegen auf Stoppelfeldern beobachtete, davon macht er keine Erwähnung. Wäre dies aber auch der Fall, so kann Dr. Haberlandt's Rath dennoch von keinem Belange sein, da ja die mit. Flügeln 55 versehene Chlorops sicli nicht ruhig wird einackern oder verbren- nen lassen. In demselben Aufsatze schreibt Dr. Haberlandt weiter: „In Japan ver- fährt man bei der Getreide-Ernte in der Weise, dass man die Aehren mit kurz belassenen Halmen, büschelweise übers Feuer hält, hell aufflackern lässl; die versengten Aehren fallen zu Häuf, erlöschen alsogleich und werden hierauf ge- droschen. Sollte dies eigentümliche Verfahren durchaus unanwendbar sein bei Getreide, das von Chlorops taeniopus beschädigt worden ist und bei welchem die Puppen am obersten Theil des Halmes sitzen?" Dagegen bemerkt Herr Künstler (1. c.) : „Wollte man nur die Aehre mit einem kleinen Theile des Halmes abnehmen, so würde der Schade, den der Landwirth durch den Verlust des Strohes erleidet, in den meisten Fallen den durch Chlorops angerichteten Schaden weitaus übersteigen." Hinsichtlich der empfohlenen Massnahme hatte Dr. Haberlandt die Freundlichkeit mir nachstehende briefliche Mittheilung zu machen: „Das Versengen der Halme habe ich nur für den Fall des Vorkommens der Puppen an den zum Schossen gekommenen Halmen in Vorschlag gebracht. Mir selbst ist diese Art der Beschädigung, die ich Chlorops taeniopus zuschrieb, nicht vorgekommen. Ich gab den Rath in der Voraussetzung, dass auch Chlorops taeniopus die Pupparien erst nach der Ernte verlasse, um in ähnlicher Weise wie Chlorops strigula durch Besetzung der Herbstsaaten mit ihren Eiern für eine zweite Generation zu sorgen. Wenn Chlorops taeniopus aber schon vor der Ernte ausfliegen, somit andere Entwicklungsphasen haben sollte, wie Chlorops strigula, so wäre natürlich der ertheilte Rath, der übrigens praktisch nicht aus- führbar wäre und nur deshalb berührt worden ist, weil die Massregel in Japan üblich sein soll, vollkommen überflüssig." Ausrottung der Quecke (Triticum repens). Während des Druckes der vorliegenden Schrift haben wir mit Gutsbesitzer Konopka neue Beobachtungen über das Ueberwintern der Larven der Chlorops taeniopus in der Quecke gemacht, und da dieselben an entsprechen- den Stellen der Abhandlung nicht mehr eingeschaltet werden können, theile ich sie im Nachfolgenden mit. Der .Weizen war vorigen Jahres in Galizien durch Chloropslarven fast überall stark heimgesucht worden und es unterliegt daher keinem Zweifel, dass sich auch zahllose Chloropsfliegen vor der Ernte entwickelt haben mussten. Da das weitere Verhalten dieser Genera lion noch unbekannt ist, gaben wir uns wie in früheren Jahren die möglichste Mühe, demselben auf die Spur zu kommen, namentlich aber dies in Erfahrung zu bringen, wann sie und ob auf Wildgräser ihre Eier absetzen, allein dies wollte uns wieder nicht gelingen, indem uns das schlechte Wetter in den anhaltenden Beobachtungen störte. 56 Nach vergeblichen Bemühungen in dieser Richtung warteten wir die Be- stellung der Wintersaaten ab, um zu sehen, ob dieselben mit Eiern bedacht würden oder nicht. Sobald die Saaten aufgegangen waren, untersuchte Konopka die Getreidefluren auf seinem Gute Mogilany und anderwärts, allein trotz der sorgfältigsten wiederholten Nachschau bis spät in den Herbst hinein liessen sich daselbst weder Fliegen bemerken, noch auch abgesetzte Eier entdecken. Das Wintergetreide war hier also vom Schädling verschont geblieben und Konopka glaubte daraus den Schluss ziehen zu können, dass Chloropsfliegen vom anhal- tend schlechten Wetter vernichtet oder doch am Absetzen der Brut verhindert worden sind. In dieser Voraussetzung verging der ausnehmend strenge Winter. Nach Eintritt des Frühjahrs Mitte März nahmen wir sofort unsere Beobachtungen wie- der auf. Doch konnte Konopka in Mogilany und Umgegend weder im zeitlich noch spät bestellten Wintergetreide keine verdickten Schösslinge auffinden, welche auf das Vorhandensein des überwinterten Schädlings, wie im Frühjahr 1 870, hin- gewiesen hätten. Um uns zu überzeugen, ob sich die Sache ebenso auch in anderen Ort- schaften verhalte, folgten wir der freundlichen Einladung des Gutspächters Herrn Seelin<* in iagiewniki bei Krakau, und als wir seinen zeitlich im Herbst be- stellten Winterroggen am 23. März untersuchten, fanden wir nicht wenige ver- dickte Schosse mit wohl überwinterten Chloropslarven. Also haben hier Chlorops- fliegen im Herbste geschwärmt und ihre Eier auf den Roggen abgesetzt, in Mogilany dagegen scheinen sie um diese Zeit gefehlt zu haben. Angeregt durch diese Beobachtung, unternahm Konopka bei sich von Neuem die eingehendsten Nachsuchungen, als er aber im Getreide wieder keine befallenen Schosse finden konnte, lenkte er Anfangs April seine Aufmerksamkeit Rasenplätzen und Kleefeldern zu, und untersuchte diese mit allem Eifer. Hier fielen seinem Kennerblicke alsbald verdickte Schosse der Quecke mit Chlorops- larven auf, bei weitem zahlreicher auf ein- und zweijährigen Kleefeldern, als auf Rasenplätzen im Garten und anderwärts. Der Schädling überwinterte somit auch in Mogilany, nur nicht im Getreide, sondern in der Quecke; Konopka's Hoffnung, dass er eingegangen sei, bestätigte sich somit nicht. Nach erhaltener Nachricht über diese Entdeckung fuhr ich am 28. April nach Mogilany, um mich über den Gegenstand durch Autopne zu belehren. Wir fingen mit Gutsbesitzer Konopka auf das nächste Kleefeld und suchten nach befallenen Queckenschossen, landen sie aber nicht ohne einige Mühe, weil der Klee um diese Zeit bereits ziemlich emporgewachsen war und die kurzen, an der Erde liegenden Oueckenschosse verdeckte. Letztere zeiglcn dieselben. pathologischen Erscheinungen, wie der befallene winterliche Weizen oder Roggen im Frühjahr. Sie waren nämlich verkürzt, kolbenartig verdickt, welk und bleich oder schon ganz verdorrt, ihre Blätter theilw eise verkrümmt und das Innere des Schosses zerstört. Wie im Weizen oder Roggen steckte auch hier über dem 57 Wurzelhalse je eine mein- oder weniger ausgewachsene Made oder Puppe, wie Anfangs April, als Konopka zuerst seine Entdeckung machte. Die Made war jener der Chlorops taeniopus ganz ähnlich. Um aber ihre Zugehörigkeit zu dieser Fliege ausser allen Zweifel zu setzen, versuchte Konopka ihre Aufzucht und brachte diese glücklich zu Stande; aus den von ihm am 10. April nach Hause mitgenommenen, von Larven besetzten Schösslingen, die in Blumentöpfe versetzt wurden, fiel am 14. Mai die erste Fliege, Chlorops taeniopus, aus; auf Getreide- feldern konnten um diese Zeit noch gar keine Fliegen bemerk! werden, weil das kalte Wetter ihre Entwicklung verzögerte. Das Ueberw intern der Chloropslarven in der Quecke ist somit zur Thut- sache geworden. In derselben Pflanze, nur zur anderen Zeit, beobachtete den Schädling auch Förster Lippert in Tirol. Sie dient also dem Schädlinge zu Brut- st allen und begünstigt dessen Vermehrung, welcher Umstand für die rationellen Landwirthe ein neuer Grund zur sorgfältigsten Ausrottung der Quecke sein sollte. Die oben mitgetheilten Beobachtungen berechtigen zu gewissen Schlüssen über die noch dunklen Punkte der Naturgeschichte der Chlorops taeniopus, na- mentlich die Anzahl ihrer Generationen im Verlaufe eines Jahres. Dass diese Anzahl nicht immer und nicht überall eine gleiche ist, dafür spricht die schon mehrfach in Galizien constatirte Thalsache, dass das Wintergetreide, frühe oder späte, im Herbste in manchen Jahren mit Eiern bedacht wird, in an- deren dagegen nicht, obwohl die Chloropsfliegen sich massenhaft vor der Ernte aus dem Weizen entwickelt haben und ihre Brut absetzen konnten. Der Grund dieser Erscheinung und der damit in Zusammenhang stehenden ungleichen Anzahl der Generationen dürfte hauptsächlich in den Witterungsverhältnissen im Sommer zu suchen sein. Sind diese günstig, alsdann scheinen 3 Generationen zu entstehen, d. i. 1). die vor der Ernte ausfallenden Fliegen der Frühjahrsgeneration dürften ihre Eier in Ermanglung junger Saaten blos auf Wildgräser absetzen und diese Brut sich schnell entwickeln, sodass 2). eine zahlreiche Sommer gener a- tion der Fliegen zu Stande kommt, die wenigstens zum Theile auf aufgehende Herbstsaaten ihre Eier ablegen, aus denen wieder 3). die im Frühjahr (Mai) schwärmende Wintergeneration entsteht. Im entgegengesetzten Falle schei- nen nur zwei Generationen zu Stande zu kommen. Die eine derselben ist die vor der Ernte ausfallende Frühjahrsgeneration. Diese setzt in Wildgräser ihre Brut für die Sommergeneration ab, welche aber, da sie sich wegen ungünstiger Verhältnisse über den Madenstand zu entwickeln nicht vermag, in diesem Zu- stande in Gräsern und der Quecke überwintert und so zur Wintergeneration wird- In dem Ausfall der Sommergeneration dürfte der Grund gelegen haben, dass in Mogilany das Herbstgetreidg keine Hier zeigte, während diese Generation in Lagiewniki zur Entwicklung kam und das Getreide anging. Das Ausbleiben und Erscheinen aber dieser Generationen in den genannten Ortschaften hing offenbar 8 58 vom Temperaturunterschiede ab. Das hoch und frei gelegene Mogilany ist näm- lich überhaupt kühler, als das im Thale versteckte und geschützte -bagiewniki, und dieser Unterschied äusserte sich in erhöhtem Grade bei dem vorjährigen regnerisch kalten Wetter im Herbste. Zum Schlüsse die schönen Worte in Wilda und Krocker's landw. Cen- tralblatt 1865 S. 44: „Die Natur gibt überall die besten Fingerzeige dem Landwirthe; um diese aber benützen zu können, muss er sie verstehen und, um sie zu verstehen, muss er sie kennen lernen." -^S>ä380^^ i,ch>jBu<;lidrutkcrc-i(M. Salier).