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Il 1 WEEK
Mitgebimg, in der m. Engelßrerhſiſrchen Kunſthundlimy. 1795.
Leizell: del. et. SEULPS.
ö engen die verehrten Leſer.
Nr Verfaſſer übergibt dem Publicum den vierten Band der Unterhaltungen aus der Natur-Gefchichte, der den erften Band von der Naturgefchichte der Vögel ausmacht, mit eben den Empfindungen des Danks und der Freude, womit er, vor ungefähr eis nem Jahre, demfelben den dritten übergab, Er hat biezu eben die Veranlaffungen, die er damals harte, Der nachſichtsvolle Beyfall feiner verehrten Leſer nahm eher zu, als ab, Jener großmüthige, ſchon genannte Menfchenfreund fuhr fort, den Derfaffer mit den beften Hülfemitteln zu unterftügen; und auch andere, in der Ferne und Nähe, nahmen an dieſen in der befcheibenften Stille angefangnen Ver⸗ ſuchen einen Antheil, den zu hoffen er nie gewagt haben würde, Ueberdieß hat die Thaͤtigkeit und Uns eigennüßigfeit der Berlagshandlung und der Fleiß des Kuͤuſtlers gewiß alles geleiſtet, was billige Rich⸗ ter fordern konnten. Bey dem ungeheuren Reich⸗ thume dieſer Thierelaſſe, wurde es dem Verfaſſer nicht leicht, alle merkwuͤrdigen Gattungen und ſelbfe
Voͤgel 1, Theil, a zum
ELTERN es ei
i
zum Xheil Arten, in zwey mäßigen Bänden zu uns
faffen. Er hofft damit die Geduld feiner Leſer nicht mißbraucht zu haben, |
Uebrigens war es ihm ein ſuͤßes Befchäfte, fo Manchen mit den Geſchoͤpfen Gottes und den wei⸗ fen und höchfigiitigen Anfislten ver Natur etwas näher befammt zu machen, So wenig er fi felbft
bey diefen nun fehon drey Fahre ununterbrochen forts.
dauernde. naturhiftsrifchen Wochenblaͤttern Ver⸗ dienft zufchreiben kann, und fo gern er den vortreffz lichen Männern, deren Schriften er. bemüßte, die Belehrungen , die fie ihm gaben, vffentlich verdanft: fo erlaubt er ſich Doch die frohe Hoffnung, vielleicht hie und da ein vernünftigeres Anfchauen der Natur und etwas mehr Schonung fo mancher unfchuldigen Geſchoͤpfe, deren Fuͤrſprecher er mit Freuden wurde, bewirkt zu haben.
Augsburg, f } 1794 im November. | Diakon, | Ein)
| Er
; = si Doe⸗ > S 2 > 5 EL 2 u Br
Sinleitung. Ron den Vögeln überhaupt, Auffa lend ſind die Merkmahle und Kennzeichen, welche die Voͤgel von allen andern Thierclaſſen unter⸗ ſcheiden, und den Naturforſcher veranlaſſen, eine eigne Claſſe fuͤr ſie anzunehmen. Zwar ſind ſie ſelbſt untereinander in Ruͤckſicht ihrer Geſtalt, Le— bensart, Sitten, Vorzuͤge und anderer Eigenſchaften ungemein verſchieden: indeſſen haben fie dennoch alle, von Strange bis zum Colibri herab, gewiſſe Dinge miteinander gemein, bie nur ihnen eigen find, und die zuſammen genommen ſonſt Fein Thier anf der Erde befigt. Die Natur felbit hat die Graͤnzen diefer Thierclaſſe ſchaͤrfer und beftimmter gezeichnet, als bey irgend einer andern; und wenn auch gleich der Strauß ziemlich nahe an die Säugethiere, und die Fettgans, mit ihren Floſſen ähnlichen Lappen, an die Fiſche ſich anfchließt, fo bleibt doch ihr Charalger als Vögel immer noch fehr ſichtbar und in die Augen fallend; da hingegen bey Geſchoͤpfen anderer Claſ⸗ fen, dem Mallfifche, der Rungelfchlange, der Fle⸗ dermaus u, a, der Naturforfcher für einen Augen bli in Verlegenheit kommen kann, ob er fte nicht wirklich in die Elaffen hinüber weifen fol, am deren Gränzen fie die Natur ftellte, a2 Alle
ıV Einleitung.
Alle Vögel haben zwey Füße, zwey Fluͤgel, einen hornichten Schnabel und einen in Federn ge- Hüllten Leib. Durch Ihre innerliche Einrichtung naͤ⸗ been fie fich den Saͤugethieren, indem fie, wie diefe, ein Herz mit zwey Herz⸗ und zwey Vorkammern, ro= thes, warme: Blut, Knochen und Fleifh beſitzen. Gleichwohl unterſcheidet fte ihre Fortpflanzung durch Eyer, die fie legen und ausbrüten, von den lebendig gebärenden, wie von den laichenden, hinlaͤnglich.
Die ganze Einrichtung der Vögel entfpricht ihrer Beſtimmung zum Sluge vollkommen. Ein kleiner Kopf, dem der fpitige Schnabel die Bahn durch die Luft oHe Mühe öffnet, ein jplanfer, fein gebauter Leib, ein feſter Ruͤckgrath, ein gelenfiger | Hals, hohle Knochen, die das Gericht des ohnehin leichten Körpers fait um gar nichts ſchwerer machen, ftarke Muskeln und Sehnen, geräumige Luftbehaͤlt⸗ niffe, und vorzüglich die Federn und Flügel, alles ' trägt dazu bey, um den Vogel leicht durch die Luft fortzutragen, Mit unbefchreiblicher Kunft und Zweck⸗ mäßigkeit find die Sedern eingerichtet und über den Körper vertheilt. In regelmäßigen Reihen be= finden ſich nähmlid) um den ganzen Körper herum fehr. leichte, gewölbte, elaflifhe Auswuͤchſe. Mit ihren runden, hohlen Kielen ftecfen fie tief in der Haut, und werden durch das Blut, das vermittelft
eines
Einleitung. v
eines kunſtvollen Canals (die fogenannte Seele) im den Kiel tritt, genährt und im Wachsthum erhalten, Da, wo der hohle Kiel aufhört, fängt der verloren zugehende, oben glatte, unten mit einer Rinne ver> fehbene Schaft an. An ihm iſt auf beyden Seiten die Sahne (der Bart), die aus den feinften, parale lel liegenden, gebognen und untereinander verbunds nen Faſern beſteht. Unterfucht man dieſe letztern mit einem Vergroͤßerungsglaſe; ſo ſtellt jede Faſer wieder eine eigne Feder, mit Schaft und Kiel und Fahne, vor. Durch feine Haͤckchen greifen dann dieſe Faſern in einander, und bilden fo ein undurchdring⸗ liches Gewebe, das der Luft und, der Feuchtigkeit Mideritand thut. Zwiſchen den übrigen Federn liegt der wärmende Flaum, der aus lauter ſeiden- oder wollenähnlichen Faden beſteht. Die ftärkften Fe⸗ dern find die Schwung⸗ (remiges) und Schwanz⸗ federn (reftrices). Jene, die ein Eigenthum der Flügel find, haben Feine beſtimmte Anzahl, liegen mit der fchmälern Seite der Fahne wie Dachziegek ‚über einander, und werden von der Flügelipige bis . nad) dem Leibe zu immer Eleiner. Gie breiten fidy zum Fluge jächerfürmig aus, geben dem Körper den Schwung, fich in die Luft zu heben, und nergrös Bern durchihre beträchtliche Ausbreitung die Luftfäule, die den Vogel tragen Hilft. Die Shwansfedern, 43 deren
gi
vi Einleitung.
deren gewoͤhnlich 12 — 20 find, dienen den Leib bald links, bald rechts zu lenfen, Sie bilden bald Spi— gen, bald breitere Bänder, bald aber kann ber eis denfchaftliche Vogel fie zu einem ſchoͤnen Rade, wie der Pfau und der welfche Hahn, entfalten, um ents weder fich in den Augen feiner Gattinn neue Neize zu geben, oder feinen Zorn an den Tag zu legen, Nur wenige Vögel, wie z. B. der Strauß, der Gas fuar und die Fettgans, muͤſſen fih ohne Schmung- und Schwanzfedern durd) die Melt helfen,
Alle Fahre erneuert die Natur den Federſchmuck der Vögel. Sie mauſern fid) gewöhnlich im Herb: fie, und dann find fie ſchwaͤchlich und kraͤnkein, faft wie die fich haarenden Saugethiere und der feinen Kopfput erneuernde Hirſch. Durch Einfperrung, Hunger, Kälte und einen dunfeln Aufenthalt wiffen BVogelfänger die Mauferzeit bey einigen fo zu bes fchleunigen,, daß fie bereits gegen den Herbft hin ihr volles, neues Gefteder und Kraft und Luft zum Sins gen haben, und die beften Lokvogel abgeben. Mans he Bögel maufern ſich zweymal, 3.9. die Wachteln, und bey den Jungen ift das Kleid, das fie nach der Mauferzeit befommen, fo wie das, welches fie bald nach der Geburt tragen, von demjenigen gemeinig» lich fehr verſchieden, das in reiferm Alter ihr beftän diges Eigenthum ift und bleibt, Um aber dieje in
Federn
- Einfeitung. vır
Federn gehuͤllten Gefchöpfe, die oft in Sturm und- Regen kein Obdach haben, zum Theil wohl für im⸗ mer auf dem MWaffer leben, vor Näfje zu verwahren; ſchenkte ihnen die mütterliche Natur zwey Fett= oder Oehldruͤfen am Steiße, und umgab fie mit pinfels Sormigen Federchen. An dieſe hängt ſich das Dehl an, von wo es der Vogel wegnimmt, und Durch Herumz ſchmieren feinem Kleide eine Schlüpftigfeit gibt, die fein Wafler annimmt, und die Schoͤnheit desſelben er⸗ hält, Oft ift die leßtere unbefchreiblich, Der kunſt⸗ volleſte Pinſel des Malers, und der gewaͤhlteſte Aus⸗ druck des Schriftſtellers bleiden unendlich zuruͤck, wenn fie bie bunten Farben eines Papageyes, den mit Juwelen beſetzten Rock manches Colibris, den prachtvollen Schweif eines Pfaues, oder auch nur das blendende Weiß des Schwans darſtellen ſollen. Eine Prinzeſſinn von Conde hatte gewiß alle koſtbaren Stoffe bereits zu ihrem Putze getragen, als ſie auf den Gedanken kam, ſich aus Haͤherfedern ein Kleid machen zu laſſen, das an Schoͤnheit der Farben alle andere Prachtkleider verdunkelte. Auch bey den Vögeln bat die Natur, wie bey ven Säugethieren, gerade das Gegentheil von dem gethan, was wir bey den Menfchen bemerfen, Alle männlichen Voͤgel übertreffen die weiblichen an Größe, Schönheit
und Talent zum Singen, und nur bey. den Raub⸗
#4 vögeln
2 Einleitung,
odgeln fand die Natur für gut, eine Ausnahme hievon zumaden, Weit ſchlanker, Fühner und muthiger als das Weibchen, ift bey allen Hebrigen der Mann, gegen den die Natur, noch zum Ueberfluſſe, mit Kronen, Kaͤm⸗ men, vothen Rappen, Kieifchanhängen ander Kehle, Prachtſchweifen u. d. fehr frengebig war, Alter, Clima, Geſchlecht, Jahrszeit haben überhaupt auf den bunten Schmuck der Vögel manchen Einfluß. Die Schwung: und Echwanzfedern find tiefen Wera änderungen weniger unterworfen. Zuweilen zeigt ſich wohl auch etwas ganz Unerwarteted, 3. B. eine weiße Krähe, Ze nachdem die Bözel in Kältern oder wärmern Gegenten wohnen, ift auch ihre Bes Heidung wärmender und dichter, oder Iuftiger und duͤnner. Ueberhaupt find fie gegen Wärme und Kälte weniger empfindlich, als man von fo kleinen, zarten Gefchöpfen erwarten follte, Jene maden ihnen die ervigen Bewegungen, ihr Auffleigen in die kuͤhlere Luft u. d. erträglich: und gegen dieſe ſchuͤtzt ſie die dicht anſchließende Federdecke. Wenn laͤngſt in der im Winter erſterbenden Natur alle Thiere vom Schauplatze abgetreten ſind; wenn die Fiſche ſich unter dem Eiſe verbergen, Hirſche ſich zuſam⸗ mendraͤngen, um durch ihren Athem ſich zu waͤrmen, und Amphibien und Inſecten todtaͤhnlich ſchlum⸗ mern: dann ſchluͤpft munter der Zaunkoͤnig um die
beſchney⸗
Einleitung. ' 1X
befchneyten Hecken herum, und würde, wenn er reden Tünnte, wohl nie über Kälte, wohl aber über kaͤrgliches Futter klagen.
Durch merkwürdige Cuftbehaͤltniſſe wird den Bögen der Flug ſehr erleichtert. Sie fliehen zum . Theil mit der Lunge in Verbindung, die an den Rips pen angewachſen und oben durchlöchert Ift, um ber Luft freyen Eingang zu verſtatten. Die aroßen, häutigen Zellen, vie in verſchiedenen Theilen des Leibes verbreitet find, Die fonderbaren Beutel und Kıöpfe, die gewaltigen Schnäbel, womit z. B. die Pfefferfraße prangen, die markieeren hohlen Kno— en, zumal in ben Schultern, die Federſpulen mit ihrem weichen Canale, alle diefe Werkzeuge koͤnnen die Vogel nach Willkuͤhr mit Luft anfüllen und aus: kerei, durch Athmen ein= und auspumpen, und within ihren Koͤrper bald leichter, bald ſchwerer michen. Freylich ift ihre Fertigkeit im Fliegen, vor der Fregatte bid zum. Strauße, welchen ber Mangel an Slugwerkzeugen und feine Schwere an ‚die Erde feifeln, unendlich verſchieden.
- Der Aufenthalt der Vögel ift die ganze Melt, und & ift immer merkwürdig, daß die heißeften Erd⸗ firich: derjeiben auch aus diefer Elaffe die ſchoͤnſten Geſchpfe befigen, da wir hingegen beßre Sänger haben, 2u gewifien Zeiten verändern fie ihren
s a5, Mohns
}
x Einleitung.
Mohnort. Der Trieb fortzumandern ift fo tief in ihre Natur gelegt, daß er auch bey denen, die in häuslicher Sclaverey leben, nicht felten erwacht, obgleich weder Kälte nocd Mangel fie bedroht. Sie träumen wohl gar von ihrer Reife, und laffen int Schlafe Tone hören, die ihnen durchaus nur auf der Manderfchaft gewöhnlich find, Einige bleiben immer bey uns ( Standvdgel), andere fireichen bloß in benachbarten Gegenden herum (Strichtögel), einige ziehen in weitentlegne Länder (Zugvoͤgel), und fchlagen nach ungeheuren Reifen, felbft über Meere, in gemäßigten Ländern ihre Wohnung auf, um entweder dem rauhen Winter im Norden, wie die Kraniche, oder der brennenden Hitze im Suͤden, wie die Störche, zu entgehen. Aber nicht nur Kälte oder Wärme, fondern auch Hunger und Nahrung - mangel nöthigen fie, Pilgrime zu werden. Mern der Schnee den Sperling und den Kiebig im In— fertenfange hindert, wenn die Wintererftarrung der Amphibien dem Sumpfoogel fein Fortkommen uns möglic) macht; wenn die wilde Gans bie fonf er=. giebigen Fiſchbehaͤltniſſe mit Eis verfchloffen findet — müffen fie nicht nothwendig ihren Stab in gelndere Gegenden weiter fegen? Einige ziehen in ungeleuren Scharen, vor dem Eindbruche des Winters, javon,
andere truppz wieder andere familienweife; einige ver⸗
Einfeitung. xt
verlieren ſich einzeln, oder verſtecken fich in hohle - Bäume, Faſt an einem beftiimmten Tage, die Eie nen früher, die Andern ſpaͤter, brechen die verfchieds nen Arten auf, und kommen, gleichfalls an einem bes fiimmten Tage, im Frühjahre wieder, Es ift in der Natur kaum etwas denkbar, wo nicht Vögel wohn: ten, Auf dem Meere, inSeen, Flügen, Zeichen, an Baͤchen und Wafferfällen, an Küften und Ufern, anf Aligpen, Felſen, Gebirgen, Feldern, in Dörfern, Staͤdten, Wäldern, überall find eigne Gattungen und Arten. Die meiften halten fih auf Bäumen, ſehr viele im Waſſer, wenige bloß auf der Erde auf, Se nachdem nun ihr Aufenthait beichaffen ift, je nachdem bildete aud) die Raturihre Süße, und gab ihnen entweder freye oder verbundene Zehen, Drey nad) vorne und eine hinterwärte gefehrte (pedes am- bulatorii) haben die Meiſten. Bey einigen gehen 2 Zehen vor= und 2 hinterwärts (p. fcanforü), und wieder andere koͤnnen bie dritte, innere Zehe, bald vor - bald rückwärts fihlagen, fo daß dieſe bewegliche Zehe (digitus verlatilis) aus ihren Füßen bald Gang: bald Rletterfüße macht. Bey einigen ift die Mittel- an die Seitenzehe angewadhfen (p. gref= forii), bey andern fehlt die hinterfte ganz (p. cur« forii), oder alle vier fiehen nach vorne zu, Die verbundenen Zehen find bald nur bis gegen die
Mitte
>: Einleitung,
Mitte (p. femipalmati), bald ganz (p. palmati } nit einer Schwimmhaut verbunden. Einige haben ftatt diefer bloß an jeder Zehe Lappen, die entweder einen glatten (p.lobati), oder einen franfigen (p. pinnati) Rand haben, Eben diefe Verfchiedenheit der Füße bringt auch in ihrem Gange und in ihren Bewegungen viele Mannigfaltigfeit hervor. Faft alle fliegen, aber nicht alle gehen immer und auf gleiche Art. Wenig geht der Adler, Sm flolger Ruhe figend verzehrt er feinen Raub. Der Specht Elettert, der Sumpfvogel fchreitet, das Huhn lauft, der Sperling huͤpft. Der Colibri kann fliegen, aber nicht gehen; der Strauß gehen, aber nicht fliegen; die Fettgans ſchwimmen, aber weder flies gen noch fertig gehen.
Ganz nad) den verfchiednen Bedürfniffen der Voͤgel ift ihr Schnabel eingerichtet; bald mit eis nem Haden, bald gerade aus ſpitzig; bald lang oder kurz; ; bald dick oder duͤnn; bald flach oder erhoben; bald hart oder weich; bald aufs bald unterwaͤrts ges bogen, Er beftcht im Grunde aus verlängerten Kinnladen, und iſt, befonders dann, wenn dem Vo⸗ gel fhlüpfrige Nahrungsmittel angeroiefen find, ges zähnelt, um diefe feftzuhalten. Weberfehen wir mit einigen Blicken, wie vieles der Vogel damit leifter, wer erſtaunt nicht uͤber die Mannigfaltigkeit der
Dienſte
Einleitung. xırı
Dienfte eines fo einfachen Werkzeuge? Vermittelſt desſelben kann er; zerbeiffen, verſchlingen, zerreiſ⸗ ſen, trinken, Rinden abſchaͤlen, Loͤcher in Baͤume hauen, in die Erde graben, aus dem Schlamme das Nahrhafte abſondern, ſich gegen Angriffe wehren, Pflichtvergeſſene durch derbe Puͤffe zu ihrer Schul⸗ digkeit anhalten, Vorrath zuſammen tragen, Neſter bauen, eine Art Moͤrtel ruͤhren, ſich aufhaͤngen, ein Gewebe flechten, gerade auf klettern, ſeinen Feder⸗ ſchmuck in Ordnung bringen, ſchnaͤbeln, die Zunge aͤtzen, und Töne hervorbringen. Auch die Zunge ift feinen Bebürfniffen angemeſſen, lang oder kurz, breit oder ſchmal, gefpalten oder fpigig, gezafert oder glattweg, knorpelig oder weich, ja bey einigen mit Springfebern und einer Spige verfehben, um Inſecten zu ſpießen. Sie ift aller möglichen Bewe⸗ gungen fähig, fo wie nicht weniger aud) der Hals, den das Thier verlingern, verkürzen, nach jeder Rich⸗ tung bewegen kann. Er ift meiftens lang, wenn die Füße lang find; fonft wuͤrden fie nur mit der größten Anftrengung ihr aan auf der Erbe er⸗ reichen koͤnnen.
Die Vögel naͤhren ſich theils aus dem Thier- theils aus dem Pflanzenreiche, zuweilen aus beyden zugleich, Sie Fauen eigentlich nichts, und zerbeiſſen entweder blog ihre Nahrung mit dem Schnabel, oder
ver⸗
XIV Einleitung.
verſchlucken fie ganz. Im letztern Falle werben bey den Aörnerfreffenden Vögeln, die Körner in dent Kropfe oder Vormagen eingeweicht und zu befferer Verdauung vorbereitet. Diefe haben einen fehr. harten muskuloſen Disgen, fo daß er Hafelmiffe und Dlivenkerne erweichen, und von Münzen das Gepräge ganz verwiſchen kann. Zur Beförderung der Verdauung nehmen fie auch wohl Kiefelfteine zu fi, die dann im Magen die Dienfte einer Mühle thun. Schwach und häntig ift hingegen der Ma⸗ gen der Sleifchfrefienden. Diefe brechen bie Graͤ⸗ the, Haare und Anochen, fo wie die Inſectenfreſſer die Flügeldecken und Beine, nad) der Mahlzeit von fih, Alles was die Natur hervorbringt, finder une ter den Vögeln Liebhaber: Saͤugethiere, Fiſche, In⸗ ſecten, Larven, Amphibien, fo wie Früchte, Korn, Samen, Grad, Blätter, Mangelt ihnen eins, fo halten fie fi) ans andere, und ihr ftumpfer Ge: ſchmack wie ihre Gierigfeit machen, daß fie ſich oft ſelbſt vergiften.
Richt von gleicher Schärfe find alle Sinne der Vögel. Gehdr und Geficht befizen alle in einem - vorzüglichen Grade; einige Waldvögel haben auch einen fehr fcharfen Geruch. Mit dem Gefchmacde fcheint die Natur die meiften kaͤrglich bedacht zu has ben, Ganz eigen find die Sinnenwerkzeuge ihres
Ges
Einleitung. xXxv
Geſichts. Ein knoͤcherner Ring aus einzelnen nach⸗ giebigen Blaͤttchen iſt in der harten Haut, und ein ſchwarzer Faͤcher entſpringt am Ende der Geſichts⸗ nerven, und erſtreckt ſich in den Augapfel. Aeußere Ohren fehlen ihnen ganz, aber die kunſtvolle, kreis⸗ fürmige Richtung der Federchen um die Ohroͤffnung ‚erfet ihren Mangel, wozu nod) bie befondern Des: el kommen, die die Nachtvoͤgel erhielten, Eben diefe fehen auch bey nicht ganz finfiver Nacht fehr gut: Wie Lampen funfeln die Augen im Eulenkopfe, und erfüllen den Furchtſamen mit Entfeßen, Aber eben diefe Empfindlichkeit des Auges für einen ge: singen Srad von Licht, den die Mond: oder Ster⸗ nenhelle verbreitet, macht, daß der volle Tag fie blendet, und fie fich dann zur Ruhe begeben müffen, wenn andre Gefchöpfe geſtaͤrkt erwachen. Aus einer unbejchreiblichen Höhe entdeckt der Adler den klein⸗ ſten Gegenftand, Aber wie mütterlih handelte nicht die Natur gegen die Vögel, indem fie ihnen ein fo fcharfes Auge ſchenkte! Wurden wohl diefe ſchwachen Gefchöpfe es wagen, von ihren Flügeln Gebrauch zu machen, wenn fie nicht die Ausdehnung und die Gränzen des Raumes, den fie Durchftreichen wollen, überfäben, und hier Nahrung, dort einen Ruheplatz erblidten? Und würden fie wohl je die Wanderungen unternehmen konnen, die zur Forts
dauer ihres Geſchlechts fo noͤthig find ? Zwar
3war bat die Stimme der Hübner, Raub⸗ Schwimmvdgel u. a. eben gar nichts Reizendes. Denn wer wollte dad Geheul einer Eule, dad Kraͤch⸗ zen des Raben, dad Gefchwäs der Aelfter, das Schnattern der Band, das Glucden und Arähen der Hühner, das Klappern der Stoͤrche, das Pipen der Küchlein und das Gurren er Tauben fchön fine den? Indeſſen erfegen die lieben, Kleinen Sänger der Wälder durch die bezaubernöften Melodien das hinreichend, was jenen mangelt. Man weiß kaum, ob man mehr über die Stärke der Kehlen fo Kleiner Geſchoͤpfe, und die Kraft ihres Tones, oder über die fchnellen Läufe, oder über das lange Aushalten und das allmähliche Hinfterben und Verhallen ihrer Stim⸗ me erftaunen fol, Einige fingen leidenfchafrlich und anhaltend, wie die Nachtigall, der Einf, die Lerche, die Weißdroffel u. a, Andere find ganz kurz, wie die Wachtel. So fehr jeder feine Mutterfprache liebt, fo fehlts ihm doch nicht an Fähigkeit, die Ges fänge andrer zu lernen. Der Canarienvogel lernt die Weiſe des Hänflings, der Finf ahmt die Nad)s tigall nach, der treulofe Würger copirt alle. Auch kann man fie gewiffe Melodien lehren. So fangen wirklich fehon abgerichtete Dompfaifen Kleine Con⸗ certe zufammen, im denen jeder feine eigne Rolle hatte, Die ſchon erwähnten Luftbehaͤltniſſe tragen
zum
Einleitung. xvix
zum langen Aushalten des Tones, ſo wie der beſon⸗ dere Bau der Luftroͤhre zum Steigen und Fallen des⸗ ſelben unlaͤugbar das Meiſte bey. Kein Thier hat noch die Menſchenſprache ſo gluͤcklich nachahmen ge⸗ lernt, als der Papagey, der Rabe, der Stahr und einige andere Vögel, wozu ihnen ihre dicke und breite Zunge behuͤlflich iſt. Unläugbar verftehen die Vogel untereinander ihre Sprache recht qut, und durch mehrere Erfahrungen haben felbft ſchon Mens ſchen einige ihrer Töne glücklich überfegen gelernt, So Haben die Schwaben und tie weißen Bachftelzen einen eignen Ton, womit fie andern die Annäherung eined Raubvogels ankuͤndigen. Sie feheinen von der Natur als Wächter aufgefellt zu ſeyn, genießen aber aud) für diefes Ehrenamt einer vollfommnen Sicherheit und Unverletzbarkeit unter ihren Mitbruͤ⸗ dern. Nicht felten antwortet dem im Gefängniffe klagenden Sänger fein in der Freyheit herumſchwir⸗ render Bruder, und befucht ihn auch wohl mit ſichtbaren Aeußerungen des Mitleidg,
Liebe und Beduͤrfniß machen eigentlic) die Voͤ⸗ gel beredt, Sie fühlen diefe Triebe in fo hohem Grade, daß man von ihnen durch unnatürliche Paas rungen fehr leicht Baftarde erhält. Die erwachende Natur im Frühlinge weckt in ihnen die Gefühle der Liebe, die den Winter über ſchlummerten. Jeder
Dögel I. Theil, b ſucht
vn ‚Einleitung.
ſucht nun feine Gattinn, Schon im März find die meiften Ehen richtig. Man fieht weder Wittwer noch Hageſtolze, und hat ſich auch ein furchtſamer Juͤngling verſpaͤtet, ſo macht ihn das Beyſpiel bald unternehmender. Doch nicht Alle begatten fich im Fruͤhlinge. Der Kreuzſchnabel waͤhlt die Mitte des Winters, und das Hausgefluͤgel iſt immer dazu aufs gelegt, Ueberfluß und Sorgenlofigkeit ſcheinen es fre⸗ cher und wolluͤſtiger zu machen. Einige Voͤgel leben in einer treuen, dauernden Ehe, die nur der Tod trennt; andere ſchließen den Bund nur auf ſo lange, als die Begattungszeit waͤhrt; und wieder andere ſind flatterhaft und ſtehen jedem Maͤnnchen oder Weibchen zu Dienſte. In dem Geſange des Maͤnn⸗ ‚hend iſt immer Ausdruck der Zaͤrtlichkeit und des Verlangens. Mit ſchwachen, bejahenden Tönen beantwortet ihn das Weibchen. Nur erſt, wenn die maͤnuliche Nachtigall mit der Gattinn ganz vereinigt in der Ehe lebt, wenn dieſe bruͤtet, indeß jene fuͤr Nahrung ſorgt, dann erreicht auch ihr Geſang die hoͤchſte Stärke und Mannigfaltigkeit. So wie die Flamme der Liebe im Junius oder Zulius erlifcht, verftummt auc) der Gefang, und man hört ein un: melodifches Gekraͤchz von dem fonft trefflichen Saͤn⸗ ‚ger, Bald nach der Begattung erwacht in dem Vo— ae das inreiner Ehe zufammen lebt, die rüh-
rendſte
Einleitung. xix
rendſte Sorgfalt fuͤr das Lager und das Wohl der Nachkommenſchaft. Jetzt pflegt es der Liebe nicht mehr. Es iſt nicht Mangel an Gefuͤhl derſelben, ſondern Sorgfalt für die Familie, warum dag zaͤrt⸗ liche Paar der Stimme der Liebe kein Gehoͤr gibt. Denn wenn der Tod, oder ſonſt ein Zufall, ihm feine Hoffuung raubt, fo begattet es ſich wieder. Ges wiſſermaßen ſcheinen alſo dieſe Thierchen mehr ihrer Pflicht als ihrer Leidenſchaft zu gehorchen, ſo wie uͤberhaupt mehr Sittlichkeit und Standhaftigkeit in ihrer Liebe herrſcht, als bey den vierfuͤßigen Thieren, oder den Flattergeiſtern von Vögeln, die Feine bes ſtimmte Gattinn haben, Liebenswuͤrdig ift die Sorgs fait, mit ver das treue Ehepaar gemeinfchaftliche Anftalten zum Empfange dei zu höffenden Ankomm⸗ linge macht. Erſt wird ver Pla gewählt, und ſchon dieſer if der Natur und Lebensart genau änges meſſen. Hier bierhet ein gabliger Aft fich dar, dort eine Höhle Im Ufer; bier ein Loch in der Mauer, dort ein Geftränhe oder eine Hede, Nun werden die Baumaterialien zuſammengetragen, in heißen Ländern nur leichte Dinge, Stroh, Schilf, Heu, in kältern, wärmere, Wolle, Moos, Federn, Zlos Een, Um das Lager innen recht weich zu machen, rauft ſich die gute Mutter ſelbſt Federn und Flaum aus. Ihr Werk iſt immer die Auszierung der Wo⸗ b 2 chen⸗
xx Einfeitung. chenſtube. Einige bauen anf die Dauer, andere nur vergänglich: einige kunſtlos, andere unbefchreiblich kuͤnſtlich. Sie wählen hiezu die verſchiedenſten Fore men, Die Einen begnügen fid) in Mauerrigen und hohle Bäume, andere auf die flache Erde mir Reiſern, Strohhalmen, Blättern u, d. fi und den Ihrigen ein Lager zu bereiten, Die Einen werfen einen Hüs gel auf, um bequem flehend oder lehnend brüten zu Tonnen; andere bauen anf die fteilfien Selfen. Hier lehrte einen die Natur fein Neft wie einen Backofen, dort einen, wieeinen aufgehängten Beutel, da einen, wie einen umgeftürgten Bienenkorb bauen, Bald ift es offen, bald verſchloſſen; bald freyhängend, bald auf allen Seiten feſt; bald ganz: bald halb: bald ey» rund, Hiezu muß der Schnabel auf die verfchie: denfie Urt dienen, Jetzt ift er ein Hacken, der die Hinderniffe wegraͤumt; nun ein Bohrer und eine Hacke, womit tiefe Löcher auögehöhlt werden; bald eine Stridernadel, die die Faden fhlängelnd durchs einander flicht und die verzerrten Mafchen zurechte | ſchiebt; endlicdy gar eine Mauerfelle, die die Zwi—⸗ fchenräume mit Mörtel und Lehm verftreicht. Nur der Kukuk macht von diefer liebenswuͤrdigen Geſchaͤf⸗ tigkeit eine Ausnahme. Er legt feine Eyer in das Neſt einer Grasmuͤcke, und bürdet diefer auf, was eigentlich feine Pflicht wäre Iſt nun die Wiege fertig,
Einleitung. ORXT
fertig, fo legt die Mutter ihre Eyer, die in der Zahl, Größe, Form, Farbe und Härte ungemein verjchieden find, Zumeilen gibt es Windeyer, oder gar ein Ey im Eye. Die weile, haushälterifche Nas tur veranftaltete eg, Daß die größern, gefräßigen und minder nuͤtzlichen Vögel weniger, die kleinern, ge= nügfamern und nüßlichen mehr Eyer legen, und überhaupt mehr Männgen, als Meibchen im Durchs ſchnitt zur Welt kommen. So hart die Schale ift, fo hat fie doch eine Menge Feiner Deffuungen, durch die eine waͤſſerige Feuchtigkeit ausduͤnſtet. Was in Abſicht auf die Ausbildung der Säugethiere im Leibe der Mutter vorgeht, das wird bey den Vögeln durch Brüten bewirkt, EinigeWögelpsare wechſeln darin mit einander ab; bey einigen forgt das Männchen bloß für die Sicherheit der Brut und das Sutter; bey eis nigen ift diefeg ganz unthätig. Wärme überhaupt, nicht bloß mütterliche, entwickelt das Thierchen im Eye. Denn man weiß ja, daß Kapaunen, Hunde, ja Menfchen fon welche audgebrütet haben, Und bey wie vielen Tauſend Eyern gefchieht des nicht durch die Sonnenhige, fo wieim Brütofen mit Lam⸗ penfeuer oder erhistem Miſte. Für die Mutter ift das Brüten immer ein anflrengendes und ermuͤden⸗ des Geſchaͤfte, deſſen Dauer vom Elima und der
Gattung der Vögel felbft abhängt, B ‚3 Mers
xxii Einleitung.
Werfen wir einen Blick in das Innere des Eyes, ſo entdecken wir neue Wunder der Natur. Da der Dotter leichter als das Eyweiß, und ba dieienige Stelle auf feiner Oberfläche, wo das Huͤhnchen ſich zu ent⸗ wickeln anfängt, und zu legen kommt, leichter als die entgegengefeßte Seite iſt; fo iſt folglich der Theil don dem Innern des Eyes, wo daß keben und die Entwicklung ihren Anfang nehmen muß, immer oben, und der Brutwaͤrme am Naͤchſten. Nicht gleich mit dem Anfange des Brütens zeigt fich die Spur des Kuͤchleins. Am Ende des erften Tages bemerft man fie im Hübnereye. Am zweyten nimmt das berühmte Schaufpiel des huͤpfenden Duncts (pundtum faliens) feinen Anfang. Das Herz ichläat, aber noch ift Feine Spur von einem Thiere jichtbar, Am Ende des fünften Tages bes wegt fich ſchon ein Eleines, gallertartiges Geſchoͤpf mit einem aroßen Kopfe und ungeheuren Augen, Am 14 brechen Federchen hervor; am 13 ſchnappt ed zum erften Male nad) Luft; am 19 gibt eö den erften Laut von ſich; am zı pocht ed an fein Gefängniß, und durchbricht die Schale mit dem knorpeligen Anfage am Schnabel, den ed aber bald nad) dem Ausfries chen wieder verliert. Kine ſolche Umwandlung geht in wenigen Tagen mit dem Dotter vor; indeſſen das Eyweiß dem gefangenen Kleinen zur erften Nahrung,
ſtatt
Einleitung, XXIIE
ſtatt der mütterlichen Bruft, dient, weildie verſchloß⸗ ne Schale feine Aezung unmoͤglich macht. Doch nimmt es feine Nahrung nicht durch den Schnabel, fondern durch den Maftdarm zu fid),
Henn nun die Jungen ihre Eyhuͤlle verlaffen ha⸗ ben, fo find fie bald, die einen früher, die andern fpäter, aufden Beinen, Diegrößern kommen fehend- und befietert, die Fleinern meiſtens blind und nadt auf die Weit. Jetzt erfl erreicht die elterliche Zaͤrt⸗ lichkeit den höchften Grad, und mad;t die Mehrlos fen muthig, und die Einfältigen liſtig. Diele Ve gelfamilien find nun Muſter einer guten, friedlichen Haushaltung, zumal die, welche Nefter bauen und ehelich vereint lebens da hingegen bey dem vierfuͤßi⸗ gen Thieren die ganze Laſt auf dem Weibchen liegt. Die gute Mutter vergißt beynabe ſich felbft und ihren Gatten, und macht diefen zurseilen durch Mangel an Zärtlichkeitfo bofe, daß er die Zungen feinen Zorn empfindlich fühlen läßt, Mir unbeſchreiblicher Treue äst und unterrichtet daB gute Ehepaar Die Kleinen, und erweicht ihnen härtere Syeifen zuvor im Kropfe. Mit Zwitſchern und weinenden Gepfeife ſtuͤrmen die Zungen auf die vom Provianthohlen zuruͤckkom⸗ menden Alten log, Jedes will das Erſte ſeyn. Sie werden nad) der Reihe zufrieden gejtelit; keins über- gangen, Unermuͤdet fliegen die Eltern ab und zu,
b4 au)
xxiv Einleitung.
auch reinigen ſie fleißig das Neſt vom Unrath, bis ſich die Jungen ſelbſt mit dem Hinterleib an den Rand desſelben erheben Tonnen, Der Adler vergißt ſeiner Gefraͤßigkeit und bringt ihnen das Beſte, was er findet; die ſonſt unerſaͤttliche Henne ruft emſig, ſobald ſie etwas Genießbares entdeckt, und ſieht theilnehmend dem Flattern ihrer hungrigen Kuͤchlein zu; der Taucher ſtuͤrzt ſich in die Tiefe, um ſeinen Kindern Fiſche zu fangen; der Schwan fuͤhrt ſtolz ſeine Jungen uͤber die ſchoͤne Waſſerflaͤche, und ſieht immer ſchuͤchtern um, ob ſie auch nachkommen; aͤngſtlich verſammelt das Feldhuhn ſeine Brut um ſich her, wenn ſein ſcharfes Auge, da, wo wir am Himmel bloß einen ſchwarzen Punct zu ſehen glau⸗ ben, einen Raubvogel wahrnimmt; und die wilde Ente trägt im Schnabel hre Jungen vom entfernten Neſte zum Teiche. Aber nicht lang bedürfen die Sungen Pflege und Unterricht. Sie entwideln ſich fchnell, und es kann kaum ein angenehmered Schau= fpiel feyn, als junge, wilde Enten, die erft wenige Tage alt find, auf dem Waffer zu fehen. ‚Mit wels dem Muth, wie pfeilfchnell fie herumfchwimmen, . und alles durchwuͤhlen, das ift für den am Morgen feines Lebens fo hälflofen Menfchen ein rührender Anblick, N
©
Einleitung, xxv
So klein der Koͤrper des Vogels iſt, ſo iſt er doch
von außerordentlicher Dauer. Tagelanges Herum⸗ fhwirren und unaufhoͤrliche Bewegungen ſcheinen ihn nur wenig zu ermüden. Nach einem Marie von einigen Meilen bedarf der Hund, das Pferd, das Kameel, das Rebnthier Ruhe, Ein Vogel kaun des Tages hundert Meilen zuruͤcklegen. In 8— 9 Tagen langt vie Schwalbe aus unſrer Ge gend unter der Linie anz und die Meven pflegen son der Inſul Barbados an Einem Tage 200 fran⸗ zöftiche Meilen weit fpazieren zu fliegen. Eben dieſe Dauerhaftigkeit laͤßt uns auch vermuthen, Daß die Meiſten ein ziemlich hohes Alter erreichen moͤ⸗ gen, Man weiß von Papageyen, Adlern, u. a, die es über 100 Jahre braten. Hefiodus will gar von einer Kraͤhe von 220, und einem Raben von 240 Sahren wiften. Die Narur hatte auch nicht noͤthig, mit ihrer Zerjiörung zu eilen, um fpätern Genera⸗ tionen Ping zu machen, Da fie ihnen einen unerz meßlichen Raum zum Aufenthalt und wenig Bes dürfniffe gab, fo fonnte fie ihnen wohl auch eine laͤu⸗ gere Lebensdauer verflasten, ohne ein allzugrofes Gedränge beforgen zu müffen. Freylich verkürzt der erfindrifche Menich-diefe ungemein. Seine Schieß⸗ gewehre, feine Vogelherde, feine ee reiben viele auf. Er zwingt den Lockvogel, feine Brüder mit b 5 ver⸗
xxvr Einleitung.
verraͤtheriſchem Geſange ins Garn zu locken, und noͤthigt den Falken u. a, durch eine graufame Er⸗ ziehung, die Stelle eines Jagdhundes im der Luft, zuweilen auch auf der Erde, zu vertreten. Uebri— gens hat er in der Vogelclaffe durch Erziehung bey Meitem nicht die Veränderungen hervorgebracht, wie bey den Säugethieren. Unfre Hausvögel find wohl unfre Gefangne, nie aber folche Diener, wie 3. B. der Hund, dad Pferd u, a,
Nicht ganz ohne Waffen ließ die Natur die Voͤgel gegen die zahlreichen Feinde, Die fie unter den Thieren haben, Ihre Flügel, ihr Schnabel, ihre Süße und Krallen, ihre Sporen und aud) der unan⸗ genehme Geruch mancher [hüßt fie einiger Maßen, Auch fie find, zumal in der Gefangenſchaft, von Krankheiten nicht frey. Bald martern fie Läufe, bald ver Pips, und bald muß man durch Purgir⸗ mittel ihnen Linderung und Hülfe fchaffen.
Sehr Eurzfichtig muß derjenige feyn, ber die Wichtigkeit und den Nutzen biefer Claſſe verken⸗ nen kann. Es gibt freylich Menfchen, die, wenn etwa einmal ein Sperling fih an ihren Kirfchen vers greift, oder gar der Milan die ſchoͤnſte Pfauentaube und das fettefte Huhn fortträgt, in ihren Eifer dem Schöpfer alle Vögel wieder abtreten würben; bes fonders wenn fie an ihr Fleiſch, Ihre Eyer, ihre Federn
| nicht
Einleitung, xxvii
nicht ſogleich denken. Wahr iſts, die Raubvoͤgel hohlen ſich manches Thier aus dem Huͤhnerhofe und von der Wildbahn, das wir wenigſtens nicht fuͤr ſie beſtimmt haben; der Fiſchadler pluͤndert unſre Tei⸗ che; der Wuͤrger erwuͤrgt unfre Sänger, der Storch ſtiehlt zuweilen unfre Rebhuͤhner; der Kranich ver⸗ wuͤſtet Weizenfelder, der Sperling und andere kleine, ſonſt niedliche Thiere ſind in unfern Saaten und Obſtgaͤrten eben nicht immer ſo gewiſſenhaft, als wir wuͤnſchten; das Leichenhuhn bringt den Aberglaͤubi⸗ ſchen um manche frohe Stunde, und, was das Schlimmſte iſt, oft finden wir da wucherndes Un⸗ kraut, wo nur eine ganz unnoͤthige Geſchaͤftigkeit der Vogel es hingepflanzt haben kann. — Allein, wenn wir nun auch alle dieſe Anklagen gegen die Voͤgel hoͤren, wie leicht wird und nicht ihre Entſchul⸗ Digung! Wie viel Lobenswuͤrdiges, gegen jeden Borz wurf! Haben fie nicht in der Natur, wenn wir fo reden dürfen, die Inſecten-Polizey? Wie viele Mil⸗ lionen derſelben vertilgen ſie nicht, und ſuchen fie da auf, wo das Auge des Menſchen und fein Fleiß nie bindringen würde? Wie empfindlich wurde nicht die vermeintliche Meisheit geflraft, Die den in verachte⸗ ten Sperling in einer Gegend ganz ausrottete, und nun, durch eine furchtbare Menge von Inſecten ges röthigt, dem Verbannten den Zutritt wieder eröffs
nen
xxviii Einleitung.
nen mußte! Schafft nicht der Geyer, der Rabe u. a. eine Menge Aas hinweg, deſſen faulende Ausduͤn⸗ ſtung die Luft vergiften wuͤrde? Verzehren nicht die Sumpfodgel eine Menge Schlangen, Eidechſen, Fröfche ꝛc. fo daß dankbare Völker ihnen Altäre baus ten, und ihre Bilder auf Denkmaͤlern verewigten ? Haben nicht zahllefe Vögel die Beftimmung, da Unkraut auszurotten, wo alles Jaͤten umfonft ſeyn
wirde? Tragen nicht wilde Enten fruchtbare Fiſch⸗ eyer in entfernte Teiche und machen fie fiſchreich? Bringen nicht Tauben auf den Gewärzinjuln den koſtbaren Samen der Musfatnäffe in ihrem Unrath an Stellen, wo nod) Feiner angebaut ift? Verſteckt nicht der Heher manche Eichel, und verichafft fo dem Ermuͤdeten EFühlenden Schatten? Iſts nicht bie Droſſel, die auf Ruinen und alten Mauern einen Garten anlegt, der diefe fo malerifch ſchoͤn macht? Düngen nicht Seeoögel mit ihrem Unrathe die Fahlen Selien und Klippen, auf denen ſo manches heiloolle Kraut für und wächer? Und find denn die Hühner, Enten, Sänfe, Schnepfen, Tauben, Faſanen und Hune dert andere, findihre Eyer, die fonahrhaft und zu dies len Speifen fo unentbehrlich find, findihre Federn, mit denen wir unfre Betten machen, in die wir uns Eleis den, Jnſtrumente befielen u, d. m. find die Freuden, die die Vogel dem Amerifaner, indem er fie zu feinem
Putz
Einleitung. Xxxix
Putz gebraucht und die Vortheile, die ſie durch den Han⸗ del und die Beſchaͤftigung ſo vieler Haͤnde gewaͤhren, find dieſe Dinge nicht in Hohen Anfchlag zu bringen? Und wären auch diefe Vortheile nicht, fo würde ſchon das fie dem Menfchen empfehlen, daß fie die Ein- famkeit der Wälder fo angenehm beleben, Kann wohl ein Gefühlooller am frühen Morgen eines Frühe lingstages durd) einen Wald geben, und das füge Geſchwaͤtz und die raftiofe Geſchaͤftigkeit feiner gefie⸗ derten Bewohner ohne innige Rührung bemerken ? — Und wenn denn auch diefe Thierclaſſe die Arzueyen nicht in ſich halt, die man ihr zufchrieb, fo gereicht es ihr dagegen ja aud) zur Ehre, daß fie fein Gift hat, . In der Geſchichte der alten Römer fpielten vie Vögel eine große Nolle, In allen wichtigen Uns ternehmungen vwourde bey einigen Vögeln ihr Ges ſchrey, bey andern ihr Appetit, und wieder bey ei= nigen der Flug beobacptet, Ihr Ziehen von der linken Eeite ber wurde für ein glückliches, von der rechten für ein ungluͤckllches Vorbedeutungszeichen gehalten, Fraßen die heiligen Hühner nicht fogleich, fo ſtand es fehr ſchlimm. Der Augur durfte fie übri- gend, um die Sache nach Willkür zu leiten, nur vorher hungern laffen, oder reichlich fürtern. Kurz sorher, ehe eine Seeſchlacht geliefert werden folite, meldete man dem P, Claudius; die heiligen Hühner wols
xxx Einleitung.
wollen nicht freſſen. So mögen fie ſaufen, (2) rief der Eonful, und befahl fie ind Meer zu werfen. Die Schlacht gieng verloren und man wird nicht ernangelt haben, dieſer Freygeiſterey die Schuld beyzumeſſen.
Eine ſo zahlreich bebblterte Thierclaſſe mußte nothwendig in gewiſſe Ordnungen, Gattungen und Ar⸗ ten claſſificirt werden. Die verſchiedene Bildung ihrer Schnaͤbel und Füße war dazu ſehr behilflich Die meiften Lehrer der Naturgefchichte der Vögel (Drnithologen) nahmen daher vorzüglich auf diefe Theile Ruͤckſicht: der Eine legte die Bildung der Zehen, der Andre die Bedeckung der Füge, wieder Einer beydes zugleich und den Schnabel, Kinne mehrere Theile und den ganzen Habitus zum Grunde der Eintheilungen. Die ſechs Ordnungen des Letz⸗ tern fchuf Blumenbac in neune um, die in Die fen Unterbaltungen auch zum Grunde liegen, und die wir bloß nensien, da ihre Charaktere im Texte ſelbſt näher beſtimmt find.
I. Accipitres,. Raubvboͤgel. Adler, Geyer, ic. Il. Leviroftres. ' Mit leichten, ungeheuren Schnäbeln, Pfefferfraß, apagey ic, Papagey Bi
(*) Quia ee nolunt, bibant;
Einleitung. xxxi III. Pici. Spechtartige. Wendebals, Specht, Baumläufers IV. Anferes, Schwimmvögel Gaͤnſe ıc. V. Grallae. Sunmpfodgel, Reiher, Schnepfen ꝛc. VI. ‚Struthiones. | Zum Flug ungefchidte, Der Strauß, Dronte ꝛc. VII. Gallinae, Hühnerartige, Trappe, Pfau, Haushühner, Tau⸗ ben, ꝛc. VII. Coraces. Naben und Krähenartige, | IX. Pafferes,. Die Singodgel mit den Schmwalben. Vebrigens, man erlaube uns noch diefen Zufaß, kann wohl nicht leicht ein Nachdenkender ſich mit der Geichichte diefer Geſchoͤpfe beſchaͤftigen, ohne mit Empfindungen des Danfes, der Rührung und der Freude erfüllt zu werden. Menu er bey fich ſelbſt fraͤgt: Wer zeigte diefen Kleinen Thieren aus fernen Gegenden den Weg zu ihren alten Brütorten ? Welche Weisheit lehrte fie zur rechten Zeit den Bau beginnen, damit das Behältniß der zerbrechlichen Ener, daß erfte Wohnzimmer der Zungen, por ihrer . i Ans
XXKXIL Sinfitung. Ankunft fertig ſey? Welche Güte entwickelt die Ges fügte ver. Liebe erft dann, wenn die Natur den Vor⸗ rath von Lebensmitteln und Beduͤrfniſſen für ganze Samilien bereits zu Markte gebracht hat? Mer lehrte die jungen Waifen gerade fo, wie ihre ihnen zu früh entripnen Eiern bauen ? Wer gab ihnen das Maaß, damit das Neft für die ganze Haushaltung hinreiche? Wer zeigte ihnen die Kunft,» ein feftes Gewölbe zu machen? Mo ift ein Korbflechter, der mit folhen Werkzeugen ein fo feſtes Gebäude zu Stande zu bringen vermöchte? Wer kann diefe und ähnliche Fragen thun, ohne mit Liebe und Bewundes rung und Vertrauen an dad Wefen zu gedenken, das fo weiſe, fo gütig für alles forgt, allen wohlthut?
Sit aber wohl eine Sprache ftarf genug, den gerechten Unwillen gegen Mißhandlung und unnds thige Zerſtdrung fo lieber Geſchoͤpfe auszudruͤcken? Und kann wohl ein Freund derjelben ohne tiefen Schmerz durch einen Wald wandeln, in dem Findis fcher Mutywille erwachöner und unerwachöner Kna⸗ ben eine Todesſtille hervorgebracht hat, fo Daß nun fein Elternpaar mehr locken, Fein Junges zwitfchern Faun ?
TORI IOE Tab,
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TaD. L Der Goldadler
Falco Chryfastos, P Aigle royal, döre. (1) Der ſchwarzbraune Adler, Falco Melanaötus, 'Aigle commun. (2) Nicht mit Unrecht führt der Adler den Koͤnigs⸗ titul unter feinen gefiederten Mitgeſchoͤpfen. Sein kuͤhnes Auge fcheuer nicht den blendenden Glanz ver Sonne, und mit unwiderſtehlichem Fluge troßt er Stürmen und Ungewittern; Dem Könige der vier: füßigen Thiere , denrföwen, ähnlich, verſchmaͤht er großmüthig eine Eleinere Beute, und auge muß ihn das Krächzen der Kraͤhe und dad Geſchwaͤtz der Hel- fter reizen, bis er fich entichließt ; ihrem ungeftüme men Lärm ein Ende zu machen; Er lebt; wie der Loͤwe, bloß von dem Ertrage feiner Jagd, ımd ere niedrigt fic) nie wie andre Raubodgel, zum Genuffe des Aaſes. Seit Zagdrevier behauptet er mit ſtren⸗ gem Ernft, vertheidigt muthig den Beſitz desielben gegen jeden Eingriff, und duldet im dem Umfange feiner Kleinen Monarchie Feinen Mitgenoſſen feines
Voͤgel J. zeit) A Rau⸗
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2 . Der Goldadker.
Raubes, feine Familie ausgenommen. Auch geben ihm feine funfelnden Augen, feine entfeglichen Krals len, die das, was fie einmal fefthalten, nie wieder loslaſſen, feine fürdhterliche Stimme und feine Uns bändigkeit und Blutbegierde eben das Recht zur Koͤnigswuͤrde In den Lüften, Das jener auf der Erde befist. Don jeher widerfuhr dem Adler große Ehre, Sein Flug im Sonnenlichte machte ihn zum Sinn⸗ Hilde des Genies, Er trug die Bliße Zupiters, gieng ald Feldzeichen vor den ſiegreichen romifchen Legionen her, und prangt noch heutiged Tages in den Wappen der erften Häufer., Sobald bey den Vergoͤtterungs⸗Feyerlichkeiten der alten roͤmiſchen Kaifer der Scheiterhaufen mit der Leiche angezündet wurde, ließen die Priefier einen Adler fleigen, der, wie fie deutlich zu fehen vorgaben, die Seele gen Himmel trug. Auch hatte nur der Kaiſer das Recht, einen Adler zu opfern, Der Adler gehört unter die Raubvögel, die die erfte Orönung der Vögel ausmachen, Diefe zeichnen ſich befonders durch ſtarke Füße, fcharfe Krallen, und einen ftarfen gefrüämmten Schnabel, deffen oberer Theil an den Seiten in zwey fcharfe,
ſchneidende Ecken auslauft, und bey, den meiſten an { = r ber
Der Goldadler. 3
der Wurzel mit einer fleifchigen Haut bedeckt ift, aus, Lebendige Thiere und Aas ift ihre Nahrung, Nur Ein Paar hält ſich zuſammen. Ihr Fleiſch ift un: genießbar, Vier Gattungen, die Geyer, die Zal- fen, die Eulen und die Würger rechnen die Lehrer der Naturgefchichte zu den Raubvögeln. Unter diefen faßt die Salfengattung die meiften Arten, (nad) Latham 118) in fih, und auch unfer Adler gehört in das große galkengeſchlecht, das ein ge= kruͤmmter Schnabel, eine wacheartige Haut an der Wurzel desſelben, einganz befieberter Kopf und eine am Ende gefpaltne Zunge kennbar macht. Alle Sala Fenarten auch nur zu nennen, würde und zu weit führen; aber das Sntereffantefte und Angenehmfte son ihnen erwarten unfere verehrten Leſer mit Recht. Wenn Kühnheit, Majeſtaͤt, Edelmuth und Stärke auch unter den Vogeln den Rang beſtimmen, wie es unter den Menſchen — ſeyn ſollte; ſo ge⸗ buͤhrt unſern Goldadier (Stein-Stern-Koͤnigs⸗ Land- großer Adler 1.) unſtreitig der erſte Rang. Er hat wohl drey Fuß vom Schnabel bis zum Schwan⸗ ze in die Laͤnge, und mißt mit ausgeſpannten Fluͤ⸗ geln acht Fuß. Der maͤnnliche Goldadler iſt um ein Drittel kleiner, als der weibliche. Dieſe Son⸗ A2 derbar⸗
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4 Der Goldadler.
berbarfeit bemerkt man bey allen Raubvögeln, Es ift das um fo aufjallender, da wir von unferm Hauss geflägel wiſſen, um wie viel größer unfre Haue: oder Puterhaͤhne als ihre Meiber find, und alfo um des Eyerlegens und Brütens willen das Weib des Raub: vogels aus den Händen der Natur ihre anjehnlichere Größe wohl nicht erhalten haben kann, da befannt- lich unfre fleißige Henne, zu unferm Glüde, weit mehr Eyer legt, ald die Gattinn ded Adlers. Der Goldadler hat einen ftarken, blaulichen Schnabel mit einer hellgelben Wachshaut. Seine großen Augen liegen tief im Kopfe, und funkeln un- gemein, Dernußbraune Regenbogen, der fieumgibt, und der trockne fefte Kryſtall in demſelben wetteifern mit dem Feuer des Diamantd. Die Augenlieder be- wegen ſich von oben herab, ine andere hoͤchſt wohl⸗ thätige Augendecke aber geht von unten hinauf umd hust das Auge vor dem Sonnen: und Schneeglanz. Der Racen ift faft eine Zauft weit, Der Goldadler hat einen unteriegten Körper, fefte Knochen, ftarfe Flügel, ftarre Federn, und feine natürliche Stellung verrärh immer Stolz und Kühnheit. Seine Sarbe ift eine Abwechslung von lohgelb, braun, ſchwarz und glänzender Rußfarbe. Die Süße find ganz Miro
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bis am die Zehen geftedert, und dieß unterfcheiber ihn Hon den meiſten andern Adlern. Dieſe Federn ver: wahren die Füße theils vor den Biffen und Krallen der Ihiere, die ihm zur Nahrung angemiefen find; theils ſchuͤtzen fie diefe Feifenbewohner vor der an ihrem Aufenthalt fo grimmigen Kälte. Hiezu dienen auch die vortrefflihen Flaumfedern, die die Natur an den empfindlichfien Theilen anzubringen wußte, An den fon gelben und flark geſchuppten Zehen befinden ſich vier ſpitzige ſchwarze Krallen, deren Hinterfie am längften:ift. In feinem Schlunde ift ein geräumiger Beutel oder Kropf, Diefer fehlt fonft den Rauboögeln, und vertritt nur bey denen, die fich von Koͤrnern nähren, die Stelle des erſten Mas gend der wiederfinenden Thiere, Weberhaupt haben die fleifchfreffenden Thiere einen kleinern Magen, und einen weit Fürzern Darmfanal, alö die, die weniger nahrhafte Speifen zu ih nehmen. Unverkennbar ift Darin die Meisheit ihres Schoͤpfers, der durch die Vortrefflichkeit der Werkzeuge zur Verarbeitung eines ſchlechtern Futters das zu erſetzen wußte, was dieſem an Guͤte und Nahrungskraft fehlt: Im Winter iſt der Goldadler fehr fett und fein Fleiſch nicht ſogar wi: derlich, als von andern Raubvogeln. Eein Aufent:
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6 Der Soldadter,
halt find die gemäßigten und Eältern Theile der gan zen alten Melt. Erwird in Schweden, Dännemarf; Frankreich, Deutfchland, und zwar vorzuͤglich in Schleſien und Thüringen, in Perfien, Arabien, Gries chenland, auf den pyrenäifchen, irländifchen und Earpatifchen Gebirgen angetroffen, Auf unzugänge lichen und fteilen Felſen ift feine Wohnung. Hier boritet er und baut fein Neſt, das von einer Feftigs feit und Dauer ift, die es vermuthen laſſen, er baue für feine ganze Lebenszeit ein fir alle Male eine fo Dauerhafte Wiege. Sie ift flach, und befteht aus - Eünftlich zufsmmengeflochtnen Rurhen und Stäben, Diefe liegen an beyden Enden feft auf, und Zweige und Schilf find die Bindfaden, womit er alles zus fammenfügt. Sechs Schul beträgt ein ſolches Neft im Durcjchnitte, und ift ftarf genug, den Adler, feine Gattinn, die Zungen und den nöthigen Vorrath von Lebensmitteln zu tragen. Der fürchterlic) übers haͤngende Fels ift da8 Dach, und Federn und bie Häute erwürgter Ihiere die Ausfütterung desfelben. Zum Glüce für das Thierreich legt das Weibchen nur 2— 3 Eyer, unter denen zum oͤftern ein umfruchtbares ift, Nach einer Brutzeit von dreyßig Tagen, wäh zend deren die Mutter fehr emſig ift,, verlaffen meis
ftens
Der Goldadler. 7
ſtens zwey Adler die Eyhuͤllen; fie find zuerft weiß, dann blaßgelb und endlich rothbraun. Oft verleitet Mangel und Hunger die Mutter, das ſchwaͤchſte und gefräßigfte ihrer Zungen ſelbſt aufzufreffen. Die El⸗ tern bringen ihnen lebendige Hafen u. d. un Die klei⸗ nen Tyrannen fruͤhe an Mord und Blut zu gewoͤhnen. Doch kommt ihnen dieſe Sorgfalt nicht immer zu gute. Liſtige Bauern feſſeln den jungen Adler im Neſte an, lauern auf die Zuruͤckkunft der mit Beute beladnen Eltern, und ſtehlen das gebrachte Futter, ſobald dieſe wieder weg ſind. Ohne einen Helm auf dem Kopfe iſt es nicht zu wagen. Aber laͤnger als drey Wochen geht dieſer Betrug nicht an. Denn nun ſtoßen die Eltern ihre Jungen aus dem Neſte und noͤthigen ſie, ihr Brod ſelbſt zu ſuchen. Auf alles macht der kuͤhne Goldadler Jagd, under iſt in ven Lüften und Waͤl⸗ dern furchtbar." Tauben, Hühner, Enten, Schildkrös ten, Schlangen, Schwäne, Reiher, ja felbft Hirfche, Gemfen, Lämmer, Hafen find feine Beute, Er frißt nicht unmaͤßig und begnügt fi zum Trunke mit dem Blut feiner Opfer, das bequem auszufaugen ihm die Natur eine Zunge mit einer Rinne gab, Alle Mor: gen wirft er fein Gewölle, d. 5. er gibt die vom geftrigen Raube im Kropfe gefammelten Haare und
Federn
8 Der Goldadler. Federn in Geftalt eines Ballens von ſich. Sein Ge⸗ ficht ift ſcharf. Von dergrößten Höhe herab, von der der Menfch ven beträchtlichiten Gegenftand nicht be⸗ merken würde, fieht er. den Kleinften beſtimmt md deutlich. Ohne müde zu werden oder auszuruhen, eilter pfeilfchnell in eine Hohe, in der ihn die Wolfen, die er hinter fich läßt, unfern Blicken entziehen , und wenn es bey uns Donnert und ſtuͤrmt, fo kann ſich der Goldadler im ſchoͤnſten Sonnenſcheine beluſtigen. Er erreicht ein hohes Alter. Brachte es einer in der Menagerie zu Wien auf 105 Jahre, da doch Gefan⸗ genſchaft, Hunger, Krankheiten und Verdruß den eingeſperrten Adler oft fo ſehr ſchwaͤchen, daß feine dunkeln Federn bleich werden; um wie viel hoͤher mag er es in der Freyheit und in reiner Felſenluft bringen; Im hoͤhern Alter ktuͤmmt ſich fein Schnabel; ſo daß, wenn er ihn nicht beſtaͤndig abwetzte, er keine Nah⸗ rung mehr damit faſſen koͤnnte. Seine Wildheit macht ihn zu zaͤhmen ſehr ſchwer, und hat ihn aus den Falkonierhaͤuſern, in denen ſonſt auch er zur Jagd abgerichtet wurde, verbannt. Man darf ihm nicht wohl trauen. Eine Frau, die auf dem Schloſſe Dor⸗ lau die Faſanen fuͤtterte, wurde von einem Goldadler in die Bruſt gebiſſen, den man ſchon einige Zeit vor⸗ her
Der ſchwarzbraune Adler. 9
ber durch eine Taube ind Net gelockt hatte. Wo er Hunde, Katzen, felbft Menfchen necken kann, fo thut ers gewiß, Und doch hat der Fühne Menich, vor dem den Adler weder Fiügel noch Stärfe zu ſchuͤ⸗ Ben vermochten, ihn zur Gazellen: Hafen- Fuchs: und MWolfsjagd mit den beften Erfolg gebraucht; die Kirgifen thun es noch. Ein gut abgerichteter Goldadler gilt bey ihnen im Tauſchhandel ein Pferd; ein gewöhnlicher nur ein Schaf.
Meder in der Geftalt, noch in den Sitten darf fich der fchwarsbraune oder gemeine Adler (2), den man bald ganz ſchwarz, bald ganz braun, bald von vermifchter Farbe, immer aber unter dem Schwanze weiß findet, mit dem Goldadler meſſen. Er ift klei⸗ ner, hat aber gleichfalls eine gelbe Wachshaut auf dem blauliden Schnabel, und ſchwarze, ſcharfe Krallen an den gelben Zehen, Die Füße find nur zur Hälfte gefiedert. Er wird ungleich zahlreicher, als der Gold⸗ adler gefunden, und wohnt in ganz Europa und in Amerika, Auf Hafen macht er vorzüglich Sagd, wie denn der 1783 bey Leipzig erfchoßne, wirklich einen Hafen im Leibe hatte, doch verſchmaͤht er auch) die Bleinften Biffen nicht. Selbſt Sifchteiche beftiehlt er und verichluckt die Fifche immer fo, daß der Kopf zus
Vögel I. Theil, B erſt
10 Der weißföpfige Adler.
erſt in den Rachen fommt. Seine Stimme iſt rauh, aber nicht fo furchtbar als des Goldadlers, und kommt dem Cras des Raben nahe. Hunger oder Furcht kuͤn⸗ digt er inhohern Toͤnen an. Sein ſtinkender Koth iſt waͤſſerig, und gleicht verduͤnntem Kalk. Auf Felſen und hohen Baͤumen, in der Naͤhe von Fluͤſſen, horſtet er. In fein flaches Neſt legt er 5— 4Eyer, und fcbeint auch darin eine gemeinere Denfungsart als der Goldadler zu haben, daß er mehr für feine Junge - thut, und fie nicht fo frühzeitig aus dem Nefte vers ftößt. Eriftgelehrig, fliegt fchnell, und ftürzt immer in fchiefer Richtung auf feinen Raub herab, Man verfichert, er nehme Steine in die Luft und lafle fte dann in die Gebüfche fallen, um die verftedften Hafen aufzujagen. Die Sager haffen ihn mit Recht, deun er richtet unter dem jungen Wild große Verwuͤſtungen an,
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Tab. IL Der weißkoͤpfige Adler. F.Levkocephalos, / Aigle & t£teblanche, (3) NDer Hühnergeyer F. Milvus, le Milan royal. (4)
Oogleich der weißkoͤpfige Adler (3) fi auch von
Der weißkoͤpfige Adler, 11
von Fiſchen naͤhrt, fo iſt er doch mit dem großen Fiſchadler, oder Beinbrecher, nicht zu verwechſeln, der auf Fiſche fo erpicht iſt, dag er ſich lieber todt hungern würde, als daß er einen andern Biſſen be— ruͤhrte, und der ſeinen Raub naͤchtlicher Weile oft mit einem großen Geraͤuſche aus dem Waſſer hohlt. Denn wenn dieſer einen weißen Bauch, mit roſtig ro⸗ then Flecken, rothbraune Fluͤgel mit dunkeln Raͤndern, und einen blaulichen Schnabel mit einer dunkeln Wachs haut beſitzt; fo hat hingegen unſer weißkoͤpfi⸗ ger Adler einen ganz weißen Kopf, Hals und Schwanz, einen bald weißen bald gelben Schnabel, und eine gelbe Wachöhaut und Zehen, Das Uebrige ift von ſchoͤner brauner Sarbe, Seine Länge beträgt gewöhnlich 3 Fuß und feine Schwere 9 Pfund. Doc wurde bey Kahle einer von 15 Pfund in einem Zuchseifen gefangen,
In Eältern Himmelsſtrichen, um den Nutka⸗ Sund, um Kamtſchatka, am Hubfonsbay, wo er im May anzulommen pflegt, tft er gm Liebſten. Aber auch die deutfchen Jäger haben die Gegenwart dieſes Raͤubers ſchon oft im Thuͤringer Walde an zerfleiiche ten Hirkchen, Damhirſchen, Rehen u. d. bemerft. Ihrem Feuerrohr entgieng er zwar durch feinen hoben
B 2 Flug,
12 Der weißköpfige Adler.
Slug, aber dafür führte ihn feine Genäfchigkeit in Fuchs- und andere Eifen. Er ift kein fo menfchens icheuer Einfiedler wie andre Adler, fondern wohnt gern in unfrer Nähe, Auf hohen Bäumen und Klip- pen flicht er aud Zweigen und Stäben fein plattes Leit, und füttert e8 mit Gras und weichem Moos. Das Weibchen legt zwey Eyer, oft nur eine. Aber in Eurzer Zeit ift die elterliche Zärtlichkeit erfchöpft. Es ift den Alten, die mit Sättigung ihrer eignen Ges _ fräßigkeit genug zu thun haben, zu unbequem, für ihre Jungen auf die Jagd zu fliegen. Noch ehe diefe fähig find, fid) jelbft in der Welt fortzubringen, ftoßen fie die unnatürlichen Eltern aus dem Nefte, Man behauptet, daß, ohne den liebreichen Benftand des obengenannten Beinbrechers, den man feinem Nah men nach eben für feinen fo außerordentlidyen Kins derfreund halten follte, die hülflofen Kleinen meiftens zu Grunde gehen müßten. Diefer foll, durch ihr Ge⸗ winfel gerührt, fie in fein Neft tragen, und diefe ar- men Fuͤudlinge mit eben der Treue, wie feine eignen ungen, erziehen, . Inzwifchen muß man aud) einge: fiehen, daß die Brut des weißFöpfigen Adlers son fehr böfer, unfriedlicher Art fey, Es kommt unter ibe über dem — das die Eltern bringen, oft zu
ſolchem
Der weißkoͤpfige Adler. 13
folchem Herumbeiffen und Zänfereyen, daß diefe, um den Proceß Furz zu machen, einen von den Zänfern auf der Stelle erwürgen, Ein umfehlbares Mittel, den Frieden wieder herzuftellen!
Nur in ganz nördlichen Gegenden nährt er fich mit Sifchen und Waflernögeln. Aber aud) beym Fiſchfange begeht er eine beufpiellofe Frechheit, Nie fängt er einen Fiſch felbft. Im Schilf verſteckt lauert er fo lange, bis fich der Sifchadler einen aus dem Waffer hohlt. Sobald er mit einem auffliegt, flürzt ihm unfer Ndler nad). Will der arme Fifchadler mit heilen Anochen davon kommen, fo ift fein andrer Rath, als dag er feine Beute fallen läßt, die dann der audere mit wundervoller Geſchicklichkeit im Falle aufzuſchnappen weiß. Aus der Haut dieſes Vogels wiſſen die Groͤnlaͤnder ſich Kleidungsſtuͤcke zu ver— fertigen. Schnabel und Fuͤße tragen ſie als Amu⸗ lette, und das Fleiſch eſſen ſie.
Durch ein außerordentlich ſcharfes Geſicht, dem auch die Bewegungen des kleinſten Fiſches im Waſſer nicht entgehen, zeichnet ſich der Fiſchaar (Entenſtd⸗ ßer, Moosweyh) aus. Er iſt klein, bewohnt die ganze alte Welt, und bat eine dunkelblaͤuliche Mache: baut und eben ſolche, nur halb befieverte Füße:
D 3 Ropf,
14 Der Huͤhnergeyer.
Koyf, Hals, Ruͤcken und Schwanz find weiß und braun geſtreift. Der lestere hat fchmußig weiße Querbaͤnder, auch) lauft von den Augen nad) den Fluͤ⸗ gein bin ein brauner Streif, Die Bruft hat drey⸗ eckige, roth- und dunkelbraune Flecken. Flatternd ſchwebt er oft uͤber Teichen und lauert auf die Erſchei⸗ nung feiner Beute, Er trägt fie Stunden weit, um fie in Ruhe zu verzehren, und weiß das Fleiſch von den Gräthen rein abzulöfen. Karpfen und Forellen liebter ungemein. Gr wagt fich oft an zu große Fi⸗ fihe, die ihn, wenn er fih, um fie zu entführen, mit den Krallen in ihren Rüden eingehauen hat; in den Abgrund hinabziehen, Ein ähnliches Schicfal er. fährt zuweilen der aſchgraue Adler, der die Kühne beit hat, felbft einen Seehund aus dem Waffer zu hohlen. Im Nefte eines foldyen fand man einmal eine zwölfpfündige Forelle,
Bon Norwegen bid am Senegal berüchtigt ift der unverfchämte Räuber der Sühnergeyer, (Gas belweyhe, Milan 4), Er ift die Peft der Tau⸗ benhäufer, Teiche und Huͤhnerhoͤfe. Ein gabelfürs miger Schwanz, halbbefiederte Beine wie Fiſcherho⸗ fen, nadte Fuͤße, eine mit braunen Flecken vers miſchte Roſtfarbe, und ein weiß und ſchwarz ges
ftreif-
Der Huͤhnergeyer. 15 ftreifter Kopf zeichnen ihn aus, Er hat’ alle Laſter der Raubvoͤgel, ohneeine ihrer edlern Anlagen zu be figen, Eine gewiſſe dummdreiſte Frechheit, die man für Kühnheit halten koͤnute, wenn nicht die Leſchtig— feit, mit. der man fich feiner. bemächtigen kann, "zeigte, dag es nur Dummheit fey, iſt ihm eigen. Was noch am Meiften Bewunderung verdient, ift fein Sing. Er fist fehr wenig und durchſtreift an jedem Tage uner⸗ meßliche Räume. Auch ohne einen Raub zu verfol⸗ gen, Ereuzter mit großem Gefchreye, beftändig herum. Seine langen Flügel ſcheinen dann völlig unbeweglich zu feyn, indeß der Schwanz durd) nnaufhoͤrliche Men: dungen und Schwingungen, wie ein Steuerruder, ben Flug lenkt. Er ſcheint in der Luft mehr zu ſchwim⸗ men als zu fliegen, bejchreibt fiundenlang zu feinem Vergnuͤgen ungeheure Kreife, und gleitet, fobald er einen Raub erblickt, pfeilſchnell aus der Höhe herab. Seinen Rahmen Föniglicher Milan tragt er nicht etwa um koͤniglicher Eigenjchaften willen, fondern ‚weil es eine Eoniglicye Luft war, durch den kleinern Sperber diefen feigen und tüdifchen Raubvogel zu jagen. Zwar fehlen ihm weder Waffen, noch Ge⸗ ſchwindigkeit und Staͤrke. Aber er ergreift doch die Flucht. Der Sperber eilt ihm nach, verfolgt ihn bis
in
16 Der Huͤhnergeyer.
in die Wolfen, und jagt ihn mit Biffen, Stößen und Flügelfchlägen wieder herunter, Meift nur auf die wehrlöfen Thiere macht der Hühnergeyer Jagd. Gern ftiehlt er der Henne ihre Kuͤchelchen, fo wie fie aber in muͤtterlichem Eifer auf ihn zufaͤhrt, eilt der muthlofe Dieb davon. Die Raben verfolgenihn oft; denn auch dem Aaſe, das fie zu ihrem Gebiethe rech⸗ nen, geht er nach. An Ufern fucht er faule Fifche, Im Flug kann er nichts fangen. Alles ftößt er zuerft auf die Erde herab, Allen Arten von Haus: und Seldgeflügel ftellt er nacy, doch muß er oft mit ſchmaͤ⸗ lern Biffen, 3. B. Schneden, Froͤſchen, Mäufen, Schlangen, Regenwürmern ꝛc. vorlieb nehmen, Die Bauern kennen diefen Dieb jehr gut, und nageln ihm oft an die Thore ihrer Scheuer, damit andre fich daran ſpiegeln. Aber dieß fcheint wenig Eindrud auf fie zu machen. Sie legen nur zwey faſt ganz runde Eyer, die eine weißliche Farbe mit blaßgelben Flecken haben. Ihr Neſt iftauf hohen Bäumen und in Selfenlochern, nicht ohne Lift gebaut, "Gern bes fleiden fie es außen mit verdorrten Blättern und duͤr⸗ ren Reifern, damit es für ein altes, längft verlaßnes angefehen werde, So lieb den Jungen die waͤrmenden Sonnenfirahlen find, fo wagen fie fich doch nicht an
die
Der Hühnergeyer. 17 die Sonne, wenn ein Menfch in der Nähe ift, wovon fie die Stimme ihrer hochfliegenden Eltern benachrichtiget;
In Guinea findet man eine ähnliche Art Zube nergeyer, die wo moͤglich ned) unverfehämter als die Unfrigen find. Cie ftehlen den Weibern anf dem Markte die, wohl nicht für fie, ausgelegten Fiſche weg; ja fie follen im Senegal den Bootsleu— ten fogar den Biffen aus dem Munde nehmen, was wir jedoch nicht verbürgen wollen;
Der Vogel, den die Jäger in Deutſchland gez wöhnlih Milan, auch Bley: und Sübnerfaife nennen, ift die Halbweyhe, die die Größe einer Saatkrähe, einen Eulen ähnlihen Kopf, blauen Schnabel, eine oben afchgraue und unten weiße Farz be, ſchwarze und graue Echwungfedern, einen ſon— derbaren Kranz von fteifen weiß und braunen Federn am den Kopf herum, gelbe Beine und einem afchz grauen, ſchwarz bandirten Schwanz hat, Sie kann nicht hod) fliegen, auch im Fluge felbit nichts fangen, Doch iſt fie den Rebhuͤhnern, Enten, Gänfen 1. fehr gefährlih. Sie blenvet das ſtaͤrkſte Bicht eben fo wenig, als die ſtrengſte Kälte fie beunruhiget. Gekochtes Fleifch ißt fie nur, wenn fie recht hungrig
Vögel I. Theil, € if;
18 Der Heiducken: Adler.
ift; ehe fie aber Brod, Kaͤſe, Aepfel, Weintrauben, und Würmer anrührte, würde fie lieber Hungers fterben. Feld- und Hausmäufe verfchluckt fie gierig und gibt das Fell in einem Ballen von fih. Sie niftet in der Tiefe, und legt 3 fchieferfarbige Eyer. Sonderbar war die Vorficht einer gefangnen Halb wenhe in Abficdht des Trinkens. Nur wenn fie fich ganz allein glaubte — und davon verficherte fie fich durch fcheues Herumblicken, näherte fie fich ihrem Trinfgefäße. Aber noch trank fie nicht gleich; noch oft fah fie mißtrauifc) um fi, und überlegte es lange, bis fie endlich den Schnabel bis an die Aus gen ind Waſſer ſteckte. Sollte nicht dieß beweifen, daß die Raubvögel, von denen man behauptet, fie trinfen nie, nur vor den Menfchen nicht trinken, weil dann ihr fhärfiter Sinn, das Geficht, wenige ftens fo lange fie faufen, ihnen unbrauchbar ift?
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Tab. III. Der Heiducken-Adler. F. Criftatus, Aigle hupe du Brefil. (5) Da Sekretaͤr. F. Serpentarius, le Seeretaire. (6) Ein wirklich ſchoͤnes Ausfehen hat der braſiliani⸗ ſche
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Der Heiduen Adler. 19
ſche Heiducken⸗Adler (3), der auch der guineijche, gebaubte, gekroͤnte, der Orenofo-Adler, die Harpye heißt. Die Brafilianer nennen ihn: Uritavi Cuqui⸗ chu Caviri, und die Mexikaner: Yzquauthli, und machen uns durch diefe Probchen wenig Luft, ihre
Sprache zu lernen, | Stärke und Muth leuchten diefem Adler aus den in rothgelben Kreifen funfelnden Augen, Der bis unter fie gefpaltne Schnabel if ſamt der Wachs⸗ haut braun und hat um die Angeln eine gelbe Eins faffung. Kopf, Kehle und Bruft hasen weißliche und röthliche Federn mit Eleinen ſchwarzen Fleden; der Rüden, die weifgeränderten Flügel, umd der Schwanz find braun oder fchwärzlich; die Schwung» federn ſehr vunfel, Außerdem hat diefes fchöne Thier getiegerte Schenkel, orangegelb gefhuppte Zehen, ſtarke, ſchwarze Krallen, und, was es am Meiften auszeichnet, eine Krone auf dem Mirbel feines Kopfs. Hierfind nämlich zwey längere und zwey Fürs zere Federn, die ed nach Gefallen aufrichten oder fins Een laſſen kann. Oft Eommt diefer Adler vom feften Lande der neuen Welt nach den Antillifchen Inſuln. Ueberhaupt aber pflegen fich die Adler auf den Eleis nern Inſuln nur als Pilgrime aufzuhalten, Man C 2 hielt
u Der Heiduckens Adler,
hielt es daher für etwas Außerordentliches, daß, als Kaifer Tiberius in Rhodus war, fi) auf dem Haufe, das er bewohnte, ein Adler niederließ, und die Hofleute erſchoͤpften daruͤber ihren Witz in Schmeicheleyen.
Die Bewohner von Tabago nennen den Geis Sucken: Adler den Adler von Drenofo, Diefer ſcheint, allen Befchreibungen nach, vollfommen mit dem überein zu fommen, den man 1752 von der guineifchen Küfte lebendig nach London brachte, und den Edwards, aus deffen vortrefflichem Werke der Unſrige genommen iſt, nach dem Leben abge⸗ zeichnet hat. Freylich iſt Amerika von Guinea weit genug entlegen: inzwiſchen iſt es bey den ungeheu— ren Luftreiſen der Vögel, von denen wir noch Be— weife genug geben werden, eben gar nicht unmög- lich, Daß beyde von Einer Art feyen, und daß nur die Temperatur der Luft einen kleinen Unterfhied in
ven Federn bewirkt haben kann.
Uebrigens verläugnet unfer Heiducken⸗ Adler, vb er gleich Heiner als feine Brüder ift, weder in der Schärfe der Sinnen, nod) in der Kühnheit fein Ge ſchlecht. Sein Blick ift dDurchdringend, feine Stärke unwiderſtehlich, fein Flug leicht, hoch, pfeilfepnell,
Er
Der Heiducken ⸗Adler. 21
Er greift kein ruhendes Thier an, ſondern wartet, bis es ſich in die Luft ſchwingt. Dann ſtoͤßt er wuͤthend auf dasſelbe, zerreißt es in Stuͤcken und verſchlingt es. Großmuͤthig ſcheint er den Krieg und Angriff im offnen Felde einem heimtuͤckſſchen Ueber— falle vorzuziehen, Die Arraſe und kleinen Papas
geyen fallen oft in feine miörderifchen Klauen, Einen andern Raubvogel von der Falfengatz tung, der mit einer Art Krone prangt, müffen wir, vorzaͤglich um ſeiner Bosheit willen, unſern Leſern in dem Tharu, der in Chili zu Haufe iſt, bekannt ma⸗ chen. Er verſteht die Kunſt, mit dem Gefluͤgel, auf Bas er ein Abſehen bat, vertraut zu thun. Plau— dernd, und mit affectirtem Ernſt, fehreitet er unter bemjelben herum, und hebt allmählich den Kopf ims mer etwas weiter in die Höhe. Sobald ihm dann irgend eines fo recht bequem unter dem Schnabel durchgehen will, fo haut er ed nieder und fpringt ihm als ein wahrer Verräther auf den Rüden, Er ift nit größer als ein Kapaun, und trägt auf dem Kopfe einen in der Mitte niedrigen, an den Seiten hoͤhern Federbuſch. Auf den höchften Bäumen baut er fein Neft, das wie ein Heiner, vierecfiger Keffel - seftaltet, und mit Wolle, Haaren und Federn, den 3 Ueber⸗
22 Der Sekretär.
Ueberreften feiner Diebereyen, ausgefüttert iſt. Das Maͤnnchen iſt weißlich, das Weibchen aber grau⸗ braun und lest 5 weiße, graugefleckte Ever,
Ein hoͤchſt fonderbares Thier ift der Sefre- taͤr (6), der auf dem Kap und den Philippinen zu Haufe it. Für den erften Anblick fonnte man ihn für einen Sumpfoogel halten, Er ift vom Wirbel bis auf die Füße 3 Schuh hoch. Auf feinem Kopfe prangt, längs dem Halfe hin, ein Federbuich, den er nah Gefallen aufrichten kann und finken läßt, Sein Schnabel ift fihwarz, bie Wachshaut gelb. Die Augen liegen in kahlen, orangerdthlichen Kreis fen, Den Schwanz ausgenommen, der aus ſchwar⸗ zen Federn mit weißen Enden befteht, ift der ganze Vogel blaulich afchgrau. Zwey Schwanzfedern in der Mitte, die über die andern weit hervorgehen, ver= längern den Schwanz ungemein, Die Füße find ſtark, lang, braun, mit fchwarzen, nicht allzulangen Klauen verfehen, und haben das Sonderbare, daß er fie wohl vorwärts nicht aber rüdwärts ſtrecken kann. Mit dieſen faßt er feinen Raub, und wirft ihn fo lange gegen die Erde, bis er todt iſt. Er kann fchnell laufen, fliegt aber fchlecht und nur wenn er muß. Am Kap hat man ihm die Verminderung
der
Der Edelfalke, 23
der Eidechfen, Ratten und Schlangen zu verdanfen, weswegen er auch) Schlangenfreffer heißt.
— — — —
Tab. III. Der Edelfalfe Falco Gentilis, /e Faucon. (7) Yun felbit den Vögeln, die doc) die Natur durch Fluͤgel vor Sklaverey zu ſchuͤtzen ſchien, wußte der unternehmende Menfch das Joch der Knechtichaft aufzulegen, und fie zum Gehorfam zu zwingen, Unz ter Diefe\gehört der Edelfalke, deſſen Unglück feine vorzüglichern Talente waren, Ihn hat ſein fcharfes Geſicht, das längft zum Spricdywort wart, fein entfchloßner Muth, feine Staͤrke und Unverz droffenheit dem Menfchen empfohlen, fo daß er nun da Beute hohlen muß, wo die Kunft unferer Jagdhunde und die Kraft unferer Feuerrohre ein Ende hat. Doch gelang es nie, ihn ſelbſt zum eigentlichen Hausthiere zu machen. Sein Geſchlecht blieb ununterjocht, und man kann weiter nichts, als einzelne fangen und abrichten. Ob der Falke ſeinen Nahmen von ſeinem Fluge oder ſeinen Klauen habe, weil beyde einer Sichel (Falx)
— —
24 Der Edelfalke. (Falx) gleichen, wollen wir nicht entfcheiden, Er bat die Größe einer Henne, zuweilen die eines Hahnes, Kopf und Hals find oben roftfarbig und ſchwarz geftreift, der Ruͤcken, die Schultern und Deckfedern Der Flügel graubraun, und mit Rofts farbe eingefaßt; der ganze Unterleib, vom Kinne bis zum Schwanze iſt weiß: nur befinden ſich an Hals und Bruſt herzformige, dunkelbraune Flecken, und an dem braunen Schwanze 4 — 5 aſchgraue, fm ıgig weiß eingefaßte Bänder, Die befte Art Hat ieegrüne Füße und Zehen; die ſchlechtere gelbe, Inzwiſchen ift das Kleid dieſes Vogels nach, feinem Alter ungemein verfihieden, Seine Stimme iſt ein durchdringended, widriges Geſchrey. Er ift der muthvolleſte Naubvogel, der oft dem Hühnergeyer feinen Raub abjagt, ihn ſelbſt aber unverlegt läßt, weil er den Niederträchtigen zu fehr verachtet, Auf Faſanen iſt er hoͤchſt erpicht. Unbeſchreiblich iſt die Hoͤhe, Geſchwindigkeit und Dauer ſeines Flugs. Der berühmte Falke Heinrich des II. Königs von Frankreich, der ſich bey der Verfolgung eines Vogels von Fontaineblau verirrte, wurde gleich den Tag darauf in Maltha gefangen und an ſeinem Ringe er⸗ kaunt; und ein aus dem Kanarifchen Inſuln gebürs tiger
Der Edelfalke. 25
figer Salfe flog von Andalufien bis in feine Heiz math, Teneriffa, in 16 Stunden zurüd, Uebeln Geruch kann der Falke nicht ertragen, Aas berührf er daher nie, Sein Alter bringt er fehr hoch, und erft vor kurzem wurde in England einer gefangen, an deffen Ring man fehen Eonnte, daß er vor mehr als 100 Jahren ſchon Dienfte gethan habe; Ei wohnt auf den unzugänalichten Klippen der hoͤchſten Gebirge im noͤrdlichen Europa und Nordamerika; Alle Fahre ſchickt der König von Dännemark nad) Ißland und Norwegen einige Leute, die Falken fans gen muͤſſen. Es it kaum möglich, ſich unter allen Gefahren, denen der Menſch aus Gewinnſucht trogt, eine größere vorzuſtellen, als die ift, junge Falken, deren Wohnung durch Eis und Schnee und Klippen gegen jeden Weberfall ünüberwindlich verſchanzt ſcheint, lebendig zu fangen; und weni Auf einer Seite der Gedanfe tröjtend iſt, was der unterneh⸗ mende Menſch Fann , fo iſts auf der andern nieder⸗ ſchlagend, was er muß, um feinen Unterhalt zu vers dienen, Aus Reifern baut der Falke fein Neſt auf Klippen, und er iſt flug genug, ed ander Mittaggfeite einer Felfenwand anzubringen, um feine Eänftigen Zungen vor dem rauhen Nordwinde zu ſchuͤtzen—
Voͤgel J. Theil, — Aus
6 Der | Edelfalke.
Aus den 3 — 4 Eyern, die er im März legt, find die Jungen im May fchon fo weit erwachſen, daß fie fliegen fönnen. Auch die Falken jagen ihre Jun⸗ gen, aus Mangel und Nothwendigkeit gedrungen, fehr bald aus dem Neſte. Allzujung aber darf man die, die zum abrichten beftimmt find, nicht herz ausnehmen. Sie werden fonft ungelehrige Schreyer, Ein paar Monate müffen fie alt ſeyn, doch aud) nicht älter, wenn fie nicht fchon zu fbrrifch und une bändig feyn follen. Bekam man fie zufällig juͤn⸗ ger, fo macht man ihmen ein ihrem Neſte aͤhnli⸗ ches Lager und fuͤttert ſie mit Fleiſch.
Man darf nicht glauben, daß an fo jungen Voͤ⸗— geln ihr wildes, rauberiiches Naturell minder fichtbar feyn werde, Auch die Erziehung der juͤngſten Kal: ken ift mit unbejchreiblicher Mühe verbunden. Bey ſchon Altern würde vollends alles fruchtlos ſeyn. Vielleicht macht es unfern Lefern Vergnuͤgen, zu ers fahren, wie der Fluge Menich ed angefangen habe, ein die Freyheit fo ſehr liebended Geſchopf, als der Falke ift, der überdieß in einer Minute volig-aus | unſrer Gewalt feyn kann, fo abzurichten, Daß er frey= willia wieder in die Sklaverey zurüdelehrt. Hun⸗
ger und ein Durch Kunſt hervorgebrachter Wahnſinn | find
Der Edelfalke, — ,;
find die beyden Lehrmeiſter, deren fich der Falfonier bedient. jenen erregt er Dadurch, daß er ihm, au— Ber der gaͤnzlichen Verfagung aller Nahrungsmittel, vermittelft einer Art Brechpillen, den Magen rein - ausfhenert. Sie beftehen aus Ballen von Flachs und Federn, und reizen das arme Thier zu unaufbdrz lichem Erbrechen. Iſt e& nun vom Hunger genug gequaͤlt worden, fo füttert ed fein Plagegeift, und legt dadurch den Grund zu einer bleibenden Anhäng- lichkeit und Erkenntlichkeit gegen ihn. Aber jetzt warten des Falken noch weit groͤßere Qualen. Um ihn durch eine rt von Wahnſinn ſeines vorigen Zu⸗ ſtandes gänzlich vergeflen zu machen, legt man ihm lederne Feſſeln an die Füße, und ftellt ihn in einem freyhängenden Reif, Sowie er einfd;lafen will, ſtoͤßt man an den Reif, defjen ſchwankende Bewegung den Falken nöthigt, ſich beftändig, nicht ohne Anſtren⸗ gung, feftzuhalten.. Dieſe graufame Uebung wird drey, auch mehrere Tage und Nächte, ohne alle lin- terbrechung fortgefegt, und nun verfällt er in die Dumpfheit und den Wahnfinn, werinn er feiner vo: rigen Freyheit gänzlich vergeffen zu haben fcheint, Nichts bleibt ihm, als ein blinder, Eörperlicher Trieb, ſich in Die Luft zu ſchwingen und auf Vögel zu ſtoßen. D 2 Daß
— Der Edelfalke.
Daß es Dummheit, ohne irgend einen deutlichen Begriff, ſey, beweist er dadurch, daß er auf einen Schwarm Naben, die ihm übel zerzauſen und auf ihm überlegne Raubvögelfiopt, und überhaupt Dinge thut, die, ohne Wahnſinn bey ihm anzunehmen, ſich nicht erflären laffen. Nach diefem fo harten Noviziat, kommen etwas. eriräglichere Uebungen, Set muß er eine Kappe über die Augen und einen Ring mit Schellen am Fuße tragen lernen. Auf dem Ringe befindet fi) der Nahme des Eigenthüs mers, aufden Fall, daß der Falke ſich verirrte. Hat. er fic) nun bey diefen vorläufigen Lectionen gelehrig bezeigt, und Fennt den Falkonier, und defien Stims me hinlänglich; fo nimmt diefer ihn in den Garten, und lehrt ihn, vermitrelft einiger Stücke Sleifch, ſich ihm auf die Fauſt zu feren. Kann erdas, ſo wird er an das Federfpiel gewöhnt, Dieß befteht aus eis nem fchlecht geichnigten und roth angeftrichnen Holze, an dem Fluͤgel und Füße eines Vogels befeftiget find, Für einen wahnfinnigen Falken kann dieſes Kunft: werk immer als ein Raubvogel gelten, Vorne kann man ein Stuͤck Zleifcy anbringen, Hat der Falke einige Mole vasfelbe gefreffen, fo lernt er bald, auch aus der Ferne zu dem Sederfpiele in der Hand feines Leh⸗
Der Edelfalke, - 29
Lehrers zurüczufehren, auf dem er immer einen guten Biffen zu finden gewiß ift. Aber noc) immer hat er nicht ausgelernt. Nun trägt ihn der Jaͤger aufs freye Feld, hält ihn aber an einer fehr langen Leitſchnur. Er nimmt ihm die Kappe ab, und zwingt ihn mit unbeichreiblicher Geduld aufzuſteigen und immer wieder zum Federſpiel herabzueilen. Dieß wird in einer beftändig zunehmenden Entfernung verfucht, bis er ed endlich fo weit gebracht hat, fo lange die Schnur reicht, aufzufteigen und wieder herunterzufommen. Nun lehrt man ihn das Wild- prett und die Vögel Fennen, zu deren Beize er beftimmt ift, zeigt ihm oft, was ihm davon zu heil wird, und jet erſt kann man ed wagen, ihn auch ohne Leitſchnur in die Luft fteigen zu laſſen, um Vögel herabzuftoßen, Doch verliert ſich mans
eher und wird oft vom Winde fortgerifien, Unausſprechlich viele Geduld Fofter es Lehrer und Schüler, bis die Lehrzeit vorüber if, In der That, das Vergnügen einer Reiherbeize ift folcher Graufamfeiten gegen Mitgefhöpfe, iR eines folchen Zeitverluftes wohl nicht: wert), Zu einem ſolchen Zwede mag und wohl die Herrichaft über die Thiere nicht gegeben ſeyn; befonders, da bey dem Nachrei— | D 3 sen,
30 Der Edelfalke. | —
ten, damit der Falke ſich nicht verliere, auch das Menſchenleben in Gefahr kommt. Eigentlich treu und ergeben wird man den Falken nie machen; ſeine Dienſtbarkeit iſt nicht Die edlere unſers getreuen Hundes oder Pferdes, ſondern das Werk des Hun⸗ gers und der Dummheit. Oft erwacht Eigenſinn und Stoͤrrigkeit, und dann taucht ihm der Falko: nier den Kopf ind Waffer, damit ihm die aufwals lende Hite vergehe, An manchem ift alle Arbeit - verloren, weil feine Faulheit und Bosheit unbes zwinglid) find, Nur ein Fahr kann man ihn braus chen. Dann in der Mauferzeit geht in feinem ne nern eine Veränderung vor, die feine verlorne Un: terfcheidungefraft wiederberftelt, und feiner Vers ruͤckung ein Ende macht. {
Die weichen Federn bed Salfen an Bruft und Hals werden ald Flaum, das Pfund zu 2 Thalern, verkauft, Sie find für ihn ein trefflis ches Winterkleid, das ihm die Vorfehung ſchenkte, um ihn in den Falten Regionen, die er bewohnt, vor dem empfindlichen Froft zu ſchuͤtzen.
Unter den verichiednen Falken-Arten iff eine ! der koſtbarſten: der ganz weiße Salfe, der aus den nördlichen Gegenden kommt. Eben fo gibt es
such
Der Edelfalke. 3
auch einen ganz ſchwarzen. Fuͤr einen noch faͤhi⸗ gern Jaͤger haͤlt man den Wanderfalken, der von der Groͤße unſers Raben, und ein Schrecken der Auer⸗ Birk- und Hafelhühner ift. Won lebhaften Bewe— | gungen, hellem Blicke, hohem und ſicherm Fluge if der Thurm- oder Rirchenfalfe (Küttelgeyer ), Er gleicht in der Größe einer Dohle, verfolgt die Eperlinge bis unter die Dächer, und ſtoͤßt oft auf Singvögel, die in einem Käfig vor dem Zenfter han: gen. Ermohnt in der ganzen nördlichen alten Welt, niftet auf Thürmen und hohen Mauern, und läft oft feine helltönende Stimme, Kli Ali Kli, ertönen, Durch fie ſchreckt und warnt er zugleich) die Heinen Vögel, denen er nachſtellt. Man richtet ihn auf Rebhuͤhner und Lerchen ab; für eigne Rechnung haſcht er Schmetterlinge, Wefpen, Käfer, Heufchre- den u. d. Wie ein alter Ritter foll er der gefrink ten Unſchuld beyftehen, und wenn er einen anderır Salken im Kampfe mit einer Taube erblidt, immer dem fchwächern Theile großmüthig helfen, Auch in der treueften Ergebenheit gegen feine Minne, oder fein Weibchen, hat man ihn einem irrenden Ritter verglichen. Faft wie eine Taube in der Größe, ift der gemeine Baumfalke in Europa und Sibirien.
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32 Der Habicht. Er verfolgt die Lerchen oft bi zu den Füßen des Jaͤ⸗ gers, bey den die Verblendeten Schuß ſuchen. Un⸗ | gebethen begleitet er fie auf ihren Wanderungen, und fommt wieder mit ihnen zurück, wobey er denn feinen Zehrpfennig unter ihnen zu nehmen nicht vergißt. So mandye gute Biffen er und andere ſei⸗ nes gleichen rauben, fo muß man doch vom Wefpens falFen (Bienenfreffer, Mäufebabicht) anrühmen, dag er uns von allen Arten Mänfen, Hamftern, Ratten, Nattern, Eidechfen u. d. befreyt, Mit inter geht wohl auch ein Haſe oder ein Vogel. Doch es fen! Die gürige Natur hat in ihrer Vorrathskam⸗ mer für alle ihre Kinder immer noch genug. Um des wohlfchniedenden Fleiſches willen locken ihn die fran- zoͤſiſchen Hirtenjungen mit Sröfchen auf Leimruthen, Lad. Ly, Der Habicht. F. Accipiter, /_Autour. (8) Der Sperber. Falco Nifus, /Epervier. (9) inter die blutdurftigften, unbandigften Raubvoͤgel
gehört der Habicht (Stodfalfe, Taubengeyer, 9). €
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2b. IV.
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Der Habicht. 33 Er ſtoͤßt auf Vögel und vierfuͤßige Thiere, die fo groß, ja größer find als er, imd reißt fie mit fichtbarer Much in Stuͤcken. Sein Geſicht ift fharf, fein. blaulicher mit einer gelbgrünen Wachehaut veriehener Schnabel ſtark gebogen und an der Spitze ſchwarz; über jedem Auge ift ein weißlicher Strich. ine braune Sarbe hat er oben an Hals und Rüden, da hingegen der ganze untere Leib weiß, mit wellenfürs migen Querftreifen iſt. Der Schwanz fallt aus dem Braunen ins Aſchgraue und hat ſchwarze Querbaͤn⸗ der. Er gehoͤrt allen gemaͤßigten Laͤndern, Afrika ausgenommen, an, und wohnt da, wo große Waͤl⸗ der find, das ganze Jahr uͤber. Eelir hoch zu fliegen ift er außer Stande, denn feine Flügel find ziemlich kurz. Dafür aber gab ihm die Natur lange, nerdige Beine mit fcharfen Klauen, und erfegte in der Stärke das, was in Abficht des Fluges fehlt: Er ift im hoͤch⸗ ften Grade fcheu und wild, wird unruhig, wenn man fi) ihm nähert, und erhebt ein heißeres Gefchrey, das er mit einigen fcharfen, durchdringenden Toͤnen endigt, die eine wahre Qual für die Ohren find.
So viel man fonft von der ehelichen Eintracht und Liebe der Vögel zu rühmen hat, fo fünnen wir das von den Habichts: Ehen durdyaus nicht ſagen. Voͤgel I. Theil, € Sie
34 Der Habicht.
Sie hauen einander mit ihren Klauen, und verbittern fid fo das Leben. Sogar in der Gefangenfchaft, wo doc) das gemeinfchaftliche Unglüc eine gewiffe Anz hänglichkeit an einander hervorbringen follte, faflen fie nicht die geringfte Zuneigung zu einander. Man weiß vielmehr, dag ein mit ihrem Manne ein halbes Jahr eingefperrtes Habicht-Weibchen ihren Gatten in der Stille der Nacht ermordete, während daß andere Vögel friedlich der Ruhe genoßen. Auf Tauben macht der Zabicht vorzüglich) Jagd. Aber eben diefe find e& auch, mit denen man ihn ind Netz lodt, Man ftellt eine weiße Taube, die um diefer Farbe willen dem Räuber beſſer ins Auge fällt, zwifchen Netze. So wie er ſchief darauf hinſtuͤrzt, fcheint ihn die Mordluft fo zu verblenden, daß er ruhig die Taube zerreißt, ohne feiner Feffeln gewahr zu werden, Erft wenn er fertig ift, denkt er, nun zu fpät, daran, ſich los zu machen, Gekochtes Fleiſch verſchmaͤht er hartnaͤckig. Aber je blutiger man es ihm gibt, deſto gieriger fällt er darauf hin. Er rupft den Bogel zus erit, und dann zerreißt er ihn. Maͤuſe verfchlingt er - ganz. Auf Felien und hohen Bäumen ift fein Neſt, in dem man gewöhnlich fünf Eyer, die gegen das breite Ende gejprengt und an der Spige mit einem Ringe
Der Sperber. 35
Ringe von purpurrothen Flecken bezeichnet find, findet. | In den älteften Zeiten war in Frankreich der Habicht ein fehr ehrwuͤrdiges Geſchoͤpf. Die Edeln und Srevgeburnen trugen ihn oft auf der Hand, um fid) von Leibeignen zu urterfcheiden. Ob ver Habicht um feiner Grauſamkeit gegen Mehrlofe willen zu diefer Ehre Fam, wiffen wir nicht. Konnte aber Fer manden bewiefen werden, daß er einen Zabicht um⸗ gebradıt habe, fo verurtheilte ihn das Geſetz, ſich von einem Habicht fechd Unzen Fleiſch aus der Bruft frefs fen zu laffen. Diefes fchänvliche Gejeß, das von eis nem Habicht felbit nicht granfamer hätte gegeben werden koͤnnen, durfte nur dann nicht buchftäblich erfüllt werden, wenn der Verurtheilte bezahlen konnte. Auch Habichte find ſchon abgerichtet worden, Sie werden aber ihren Herren leicht ungetreu, und entwifchen, Merkwürdig ift die Entdeckung, dag der fonft ald eine eigne Falkenart befchriekene Zuͤhnerfalke Fein andrer, ald unfer Habicht im zweyten und dritten Jahre fen, ehe er fein bleis bendes, männliches Gewand angezogen hat. Zwar der Eleinfte unter dem zahlreichen Falken⸗ geſchlechte ift der Sperber (Vogelfalke, Finken⸗ &2 fperber,
35 Deer Sperber
fperber, Sinfenhabicht, Lercheniperber 9), aber des⸗ wegen weder dei mutblofefte, noch der enthaltſamſte amd friedfertigſte. Im Gegentheil iſt er ein verweg⸗ ner Dieb, und von ihm haben gerade diejenigen uns ter den muntern Maldbewohnern am Meiften zu be= forgen, die ung theils ihr lieblicher Gefang, theils ihr wohlichmecfendes Fleiſch am Wertheften macht. Er ift nur fo groß wie eine junge Taube, und hat einegelb> grüne Wachshaut und gelbe Füße. Kopf, Rüden, und die Deckfedern der Flügel und des Schwanzes find bald braun, bald bläulich grau; wellenfürmige braune - oder gelbe Streifen bezeichnen die weißlichgelbe Bruſt, ben Schwanz aber fünf breite, ſchwarze Bänder. Ziemlich große Augen funfeln unter den Augenbraus nen, wie unter einem Metterdache verftecft,, hervor, und Blick und Stellung verrathen überhaupt einen Kleinen Wagehale. Das Weibchen ift jlärfer, mu⸗ thiger und geſchickter als das Maͤnnchen, und wird eben darum zum Abrichten dieſem vorgezogen. Nicht uͤbel nennen daher die Franzoſen eine Ehe, worin die Frau den Mann ernährt, wenigſtens mehr als er taugt, eine Sperberebe (mariage d’epervier). Der Sperber wohnt im gemäßigten Europa, und niftet auf Tannen, Zelfen, Thuͤrmen u, d. Geine | Eyer
Dear Spaber. 37
Syer find weiß und haben am ftumpfen Ende rothe Sleden, die einen Kreis bilden. Obgleich das Weib ihrer vier und mehr legt, fo kommen doch gewöhnlich nur zwey Junge auf die Welt, die mit mütterlicher Sorgfalt verpflegt werden, big fie fich felbft forthels fen können, Kleine Vögel find die Nahrung des Sperbers, Befonders fcheint ihm das Finkenfleſſch über alled zu gehen, _ Auf hohen Bäumen legt er fi auf Kundſchaft und lauert, bis Finken ſich gefell: fhaftlich niederlaffen, um Nahrung zu ſuchen. Aber ftatt ihrer finden num viele in feinen Klauen den Tod, und fürchterlich ift das Blutbad, das er oft unter ihnen anrichtet, Er ift das ganze Jahr über unfer Saft, und fucht fein Stuͤck Brod nie in der Fremde, Sein Hunger ift fo groß, daß er zumeilen feinen eignen Mift frißt. Lerchen, Rebhühner, Stahre, ja aud) Räfer haben alles von ihm zu beforgen, Die erſtern drücken fich in feiner Gegenwa« ängftlich ges gen die Erde hin, und fcheinen dann aus Ehrfurcht feinen Flug zu wagen. Eben daher kann man fie, indem man einen flatternden Sperber auf der Hand figen hat, wie junge Gänfe, vor fich, her in ein Netz ſcheuchen. Er wird leicht zahm und zum Fange klei⸗ ner Bögel abgerichtet, Auch bey ihm ift Hunger dev
E3 beſte
98 Der Sperber. befte Lehrmeifter. Sein Herr darf ihm recht gut begegnen, wenn er ihm nicht entwifchen fol, Zus weilen thut er es auch aus Zorn, wenn ihm feine Beute entgieng. Man faͤngt ihn und andre feines Belichter& auf Nogelheerden mit Netzen, inden der verſteckte Vogelſteller an einer ſchlaffen Schnur meh⸗ rere kleine Vögel befeftiget hat, die die hingeſtreuten Körner freffen. Sobald ein Raubvogel fich fehen laͤßt, zieht jener die Schnuran. Die Kleinen flattern auf, fo weit ihre Fefjeln es erlauben. Gierig flürzt der Raubvogel "herunter und geräth ins Netz. Am ſchwarzen Meere find die Sperber fo häufig zu ges wiffen Zeiten, daß ein Vogelfteller wohl Hundert in einem Tage fangen kann. Ihr Fleiſch fol nicht übel fhmeden, Doc durften die Juden es fo wenig, als das von irgend einem Raubvogel efjen. Su Egypten, wo fo Mandjed göttliche Ehre erlangte, widerfuhr diefe auch) dem Sperber. Syn Perfien aber wird eine große Menge derfelben zur Jagd ab⸗ gerichtet. Wer es weiß, wie die Perſer Sperber und andere Vögel fo abzurichten wiffen, um felbft größere und ftärfere Thiere durch fie fangen zu lafe fen, der wird auch hierin dem erfindrifchen Witze der Menſchen Gerechtigkeit widerfahren laffen müffen, Man
Der Eperber. 39
Man gewöhnt diefe Vogel zuerit, aus den Augenhoͤh⸗ len der ausgeitopften Thiere, auf die man fie abrich— tenwill, zu freſſen. Dann werden dieſe erſt nur durd) Menfchen, hierauf durch ein Pferd ın vollem Laufe fortbewegt. Der Sperber eilt dem gewohnten Spei⸗ febehältniffe unaufhaltiam zu, Iſt e8 demnach ein Wunder, wenn er jedem Ihiere, auf das er vom Jaͤger losgelaffen wird, zuerft die Augen aushadt, ‚und das unglüdliche Geichöpf dadurch fo lange auf— hält, bis diefer Hinzufommt, und ihm vollends ven Fang gibt? Eine andere Methode des Abrichtens ift in Perfien die, Daß mar auf dem Kopf und ander Naſe der ausgeftopften Thiere, die fie dereinft leben- dig fangen follen, Fleiſch befeftiget, die Thierpup⸗ pen fortbewegt, und fo die Raubvoͤgel auf fie zueilen und nach der Nafe hauen lehrt, Mit einer Heinen Paucke ruft man fie vom Raube ab, Wie gewoͤhn⸗ lich diefe Art zu jagen in Perfien fey, Fanır man daraus fchließen, daß Dampier im Föniglicen Jagdhauſe goo Raubvoͤgel fand, die auf milde Schweine, Efel, Gazellen, Kraniche, Gänfe und Kebhühner abgerichtet waren. Sie wurden gropen
Theild aus Rußland dahin gebracht. Laͤcherlich ift e8 in der That, welche verſchiedne medis
45 Der Laͤmmergeher. medizinifche Heilkräfte dent Sperber zugefchrieben werden, Denn fein Fleiſch wird gegen die fallende Sucht, die pulverifirten Klauen gegen Dyjffenterie, fein Fett gegen Haut-Krankheiten, und fein Koth gar | zur Erleichterung ſchwerer Geburten empfohlen. Unter den Sperbern felbit gibt es mehrere Epielarten; Inzwiſchen erlauben ums die engen Gränzen unfrer Blätter nicht, mehrere Glieder von der fo anfehnlichen Falkenfamilie anzuführen, Zus frieden, die Vorzuͤglichſten näher befchrieben, und au: Ber ihnen mehrere genannt zu haben, verlaſſen wir jest diefe Gattung Raubvögel, in der Weberzeus gung, vom Könige, dem Goldadler bis zum Fleis nen Sperber herab, doch Manches vorgebracht zu haben, das ver Aufmerkſamkeit unfrer verehrten Leſer nicht ganz unmwürdig war.
Tab. V. Der Lümmergeyer Vultur barbatus, /e Yautour barbu. (10)
Weniger edel von Geſtalt und Sitten als die Vori— ge, ijt eine andere Gattung von Raubvögeln, | die
Der Laͤmmergeyer. ai
die die Geyer in fich faßt. In allen Stüden vers säth der Adler mehr Edelmuth und thieriihe Vors zuͤge, als der Geyer. Jener will keine andre Beute, als die der Lohn ſeines Kampfes iſt; dieſer wagt ſich nur dann an Lebendige, wenn es ihm an Aas fehlt; Jener geht einem Gegner allein zu Leibe, verfolgt und beſiegt ihn ohne Gehuͤlfen; dieſer fällt, mit mehz reren vereitiigt, wie eine Straffenräuberbände, über ein einziges Opfer her. Jener ift Krieger diefer ein bloßer Räuber, Seren ruft Leben und Bewegung zum edlen Kampfe auf, und diefen ladet peftilenzias lifcher Todtengeruch zum Fraße ein: und wenn der Adler an Adel und Großmuth dem Loͤwen gleicht; ſo vereinigt der Geyer die Grauſamkeit des Tiegers mit der eckelhaften Gefraͤßigkeit des Schakals.
Ein nackter Kopf, ein gerade aus gehender Schnabel, der erſt an der Spitze hackenformig ums gebogen iſt, und eine geſpaltne Zunge find die aus: zeichnenden Karaftere der Geyer, Gemeinſchaft⸗ liche Freßluſt und Feigheit,, nicht gefellige Tügenden, vereinigen ihrer eine größere Anzahl, als man fonft bey Raubvdgeln beyiammen zu fehen gewohnt iſt. So fallen in Brafilten zuweilen ihrer hundert zugleich den milde von der Arbeit nach Haufe gehenden Ochſen
Voͤgel J. Theil, F an,
42 Der Limmergeyer. an, beiffen ein Loch in die Haut, und freffen fo, unter taufend Leiden dieied guten, arbeitfamen Thieres, fein Sleifch von innen heraus. Ihr Slug ift träge, und nicht ohne Anfirengung und mehrmaliges Anfes gen heben fie fi) allmaͤhlich in die Luft empor. Ihre Stellung ift unedler, als die desAdlere. Sie figen meiftens in fich gekruͤmmt. Ihre Gefraͤßigkeit macht ihnen den großen Kropf, den fie beſitzen, ſehr wohlthaͤtig. Kuͤrzer und weniger gekruͤmmt, als bey andern Raubvoͤgeln, ſind ihre Klauen. Auch hierin verraͤth ſich die weiſe Oekonomie der Natur. Denn wozu brauchte auch ein vorzuͤglich für Die Aufzeh— rung des Aaſes beftimmter Raubvogel ſtarker Klauen, die eigentlich nur zum Fefthalten einer kaͤmpfenden Beute beftimmt find? Er fättigt fich ja mit Leichen, die er nicht erft feftzuhalten braucht. Der ganze Kür: per der Geyer ift mit weichen Flaumfedern übers deckt, die fat wie Wolle ausfehen, fo daß, wenn man die großen Federn ausreißt, ein gerupfter Geyer einem geflügelten Schafe gleicht. Aber eben diefe Molle gibt feinem Felle einen vorzüglichen Werth. Sn Kairo wird das Foftbarfte Pelzwerk da: von gemacht, und man kann da die fchönften Kleider, mit Geyerhäuten gefüttert, in den Kaufmannsgemüle bern
Der Limmergeyer. 43
bern Faufen. Eben daher werden fie von den Bauern häufig gefangen. Ihre Gefräßigleit ift oft ihr Ver⸗ derben, Denn fie freien fich fo voll, daß fie fich nicht emporheben, fondern mit Hunden geheßt, wohl gar mit Prügeln und Steinen getbdtet werden koͤnnen. Zu wuͤnſchen ift zum Wohl der Menichen, dag
der Geyerfang nicht allzu emfig aus Gewinnſucht betrieben werde. Denn die Geyer find die größs ten Wohlthäter der Menfchheit in den heißen Erde firihen. Hier, wo die Nachläfigkeit und fchlechte Landespolizey zum dftern Menichen und Thiere auf dem Felde verwefen und die Luft verpeiten laßt, hat die weife Natur, ald Vormünderinn der forglofen Menichen, die Geyer als Todtengräber aufgeftellt, Ihr fcharfer Geruch wittert jedes Aas von ferne, Sie verzehren dad, was nun nicht mehr nügen, wohl aber durch giftige Ausdünftung entfeslich fchas den würde und erhalten dadurch taufend Menſchen das Leben, Sie folgen den Karavanen auf dem Zuße nach, lagern fich da, wo jene ihr Lager auf: fchlagen,, frefien die weggeworfnen Eingeweide des Schlachtviehes, und verzehren die vielen Leichname und Aeſer, die bey diefen mübhfeligen, durd) die Ueber⸗ fälle arabifcher Horden oft fo blutigen, Zügen auf den ö 2 Straf:
44 Der Laͤmmergeyer.
Straſſen liegen bleiben. Sie begeben ſich, wie die Hyaͤne und der Schakal, gern auf Schlachtfelder, und verdienen durch ihre Gefraͤßigkeit hier unſern Dank weit mehr, als die, die ihnen Nahrung ver⸗ ſchaffen. Auch wenn der ſich ergießende Nil wieder zuruͤcktritt, und viele todie Thiere liegen läßt, ver: fammeln fid) einige Geyer, doch hat die Natur, um fumpfige Gegenden zu reinigen, ein eignes Gefchlecht, die Eumpfoögel, aufgeftellt, von denen hernady noch die Rede feyn wird, Zur Ehre der Egypter muß man gefteben, daß fie e& ganz einfahen, was fie ven Geyern fchuldig find. Nicht zufrieden, ihnen den Abgang, Unrath und alles Aas zum Sutter zu überlaffen; fo erſtreckt fic) das Erbarmen der Mufelmänner, aus Religionsgrundfügen, fo weit, daß beym Auf- und Untergange der Sonne den Geyern auf dem Plage Romeli friſches Fleiſch vorgeworfen wird. Der Aufwand hiezu wird aus Stiftungen befirirtem, die von befondern Freunden diefer Vögel einzig hiezu errichtet werden, Auf Dbeliäfen und Mumienbefleidungen wurde in den aͤlteſten Zeiten fchon der Geyer verewigt, und ihn zu tödten bey Lebenäftrafe verbothen. Der größte unter unfern europäifchen Geyern iſt
Der Lämmergeyer, 45
ift der Laͤmmergeyer (Bartgeyer, Goldgeyer 10).
Er ift wohl 4 Fuß lang, und mißt mit ausgefpannten
- Flügeln bey zehn Fuß. Im Grunde ift er der groͤßte aller europäijchen Vögel. Don der untern Kinn
Inde feines purpur= fleifchfar&nen Schnabels hängt
ein langer haariger Bart herab. Glänzend funfelt
der gelbe Yugenftern, in dunfelrothem Kreife, und wie ein Schnurbart ziehen fi) vom oben ftarf gewölbten Schnabel fhwarze Streifen bin, dergleichen auch)
über ven Kopflaufen. Sein Oberleib ift dunkel graus braun, der Unterleib roͤthlich gelb und ſchmutzig weiß. Seine Füße find ſtark befiedert, und enden fich in bleyfarbige Zehen mit fiarken Krallen, Seine Heimath find die Zyroler und Schweizer Alpen. Auf dem Gotthard, dem Grimfel und in den Wild: niffen beym Pfefferbade, felbft auch in Sibirien, wird er gefunden, Derjenige aber, den wir nad) eis nem vortrefflichen Originale Edwards haben abbil- den laffen, war aus Santa Crur, Syn feiner Nahe
rung weicht er darin von den gewöhnlichen Geyern
ab, daß er nur dann Aas frißt, wenn er nichts Le⸗
bendiges erhafchen Fann. Ziegen, Schafe, Gemfen
find feine gewöhnlihe Speife. Es muß in der
That ein großes Schaufpiel feyn, einen Laͤmmer⸗
ö 3 geyer
46 Der Laͤmmergeher.
geyer die Gemfe verfolgen zufehen. Welche furcht⸗ bare Sprünge mag fie nicht von Zellen zu Felſen machen, bis fie feine Beute wird, Daß er Kinder ſtehle, ſcheint ein ungerechter Borwurf zu ſeyn; weniaftens Tann man felbft in der Schweiz, fo allgemein diefe Sage herrſcht, doch Feine einzige beſtimmte Xhatfache in Erfahrung bringen,
In den unzugänglichften Eindden, die Feined Menichen Zuß je betritt, baut er fein TIeit, Noch nie toll 5 gefunden worden feyn. Doc behaupten andere, man habe ſchon durch folgendes Wagſtuͤck ihm ſeine Eyer weggenommen. An einem Seile, das an einem eingerammelten Pfahle befeſtiget iſt, hilft man ſich an den ſchrofen Klippen hin bis zum Neſte ſelbſt, ſteckt die Eyer zu ſich, und laͤßt ſich dann von denen, die beym Pfahle ſelbſt ſtehen, an dem Stricke wieder herbeyziehen. Verhaͤlt ſich die Sache wirklich ſo, ſo iſt ſie ein neuer Beweis von dem Unternehmungsgeiſte der Menſchen, der, auch um eines armfeligen Gewinnes willen, zuweilen taufend drohendenfebensgefahren unerfchrocken entgegen geht,
In Menagerien hat man fchon Benfpiele gefehen, day das Weibchen eines Kämmergeyers, ohne Paarung, zwey Eyer, von ber Größe ein Gaͤnſeeyes, gelegt hat, Weit
Der Lämmergeyer. 47
Meit größer noch ale diefer, und nicht mit ihm zu verwechjeln, ift der in der Zarbe einer Aelſter aͤhn⸗ liche Condor oder Greifgeyer, von dem wir immer noch Feine ganz zuverläßige Abbildung Befigen. Er ift mit ausgefpannten Flügeln 15 — 18 Fuß breit, und unläugbar der gröfte Vogel, der fliegen kann. Denn dem Wuchſe nad) ift der Strauß höher, Daß er Kälber, Hirſche, Nehböde, fogar zehnjährige Knaben in die Luft fchleppe, dad wollen wir endlich noch glauben; daß er aber Elephanten aufhebe, und dann zu Tode fallen laffe, ift zuverläßig erdichtet, In Peru und Chili ift feine Heimath, doch will man in Perfien, Indien, Lappland ähnliche Luftunge: heuer gefehen haben, Seine Schwungfebern find am Kiele wohl Fingers di, und feine Füße von au: Berordentlicher Stärfeund Dice. Auf feinem Kopfe hat er einen Fleiſchkamm ohne Kerben: und vorn an der Kehle eine rothe, Fahle Haut, Sein Flug macht ein entfeßliches Getöfe, und feine Stärke if ſo groß, daß Faum ein Ochs ihr widerftehen kann, Die Wälder befucht er gar nicht, denn feine Flügel fordern einen weiten Spielraum, defto dfter aber ift ee an Ufern und Küften und fucht Fifche. Wider Geyer: art iſt er fehr Fühn, doch ſcheint er erwachsne Mens ſchen
48 Der große Geyer.
ſchen zu ſcheuen. Sein Menſchenraub kommt man⸗ chem theuer zu ſtehen. Man bildet ein Kind aus klebrigem Thone. Er eilt darauf zu, und ſchlaͤgt ſeine Krallen ſo tief ein, daß er ſie nicht mehr heraus⸗ bringt, Sein Neſt, man kann ſich die Größe ſelbſt vorſtellen, macht er auf den Kalapaſſenbaum, der unter den Baͤumen gerade ſo ein Koloß, wie der Condor unter den Voͤgeln iſt. Es haͤngt wie ein aus den Zweigen desſelben unordentlich geflochtner Korb daran, Wahrſcheinlich hat der Condor die Veranlaſſung zu den zwey fabelhäften Vögeln Roc und Greif, von denen die arabifchen Feenerzähluns gen fo viel wiſſen, **
Tab; Nhazı Der große Geyer.
Vultur cinereus, /e grand Vautour. (11) Der Geyerkoͤnig.
Vultur papa,; /e Roi des Vautours. (12) Abentheuerlich genug iſt das Ausſehen des großen oder aſchgrauen Geyers (11), mit feinem ſtruppi⸗ gen Kopfputze. Er iſt ſo groß, zuweilen groͤßer als ein Adler, und mißt nach der Laͤnge 3, der Breite aber
nach
Pure
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Der große Geyer. 49 “ach 7 Fuß. Braune Flaumfedern umgeben den obern Theil feines Kopfes, Auch er ijt mit einem Barte, jedoch unter der Kehle, geſchmuͤckt. Eigent⸗ liche Haare aber find das nicht, fondern nur haar⸗ formige Federn, In zwey weißen Binden lanft eine Art von Halszierrarh nach der Bruſt zu, über der eine weiße Querbinse iſt. Der ganze übrige Körper ift braun, Eben diefe Farbe haben die Schwungs federn und der Schwanz, die aber etwas ins Aſch⸗ graue fpielen, Stark befiedert ſind die Fuͤße, und die Zehen gelb, mit jchwarzen Klauen bewaffner;
Auf hohen Gebirgen in Europa wohnt er am ;
Liebften, und kommt nur in die niedrigen Gegenden, um Aas zu ſuchen. Zu dieſem Berufe erhielt er aus den Händen der Natur wie andre feiner Gattung, einen fo fharfen Gerud), daß er biß auf eine Stunde weit todte Körper wittert; Es iſt dasfür ven Geyer um fo nothwendiger, weil er im Flug unbehilflicher als der Adler it, und nicht fo lange auf Hoffnung herumfchwärmen kann. Daß er aber fchon zwey bis drey Tage zuvor es rieche, ehe feine kuͤnftige Speiſe wirklich todt iſt, (*), das möchte wohl eine na he a natur⸗ E) Triduo ante aut biduo volat, ubi cadavera: futura funt. Plin. E
voͤgel J. Theil, | G
So Der Geyerfönig. nafurhiftorifhe Legende ſeyn; wenigſtend muͤßte dann die Faͤulniß vor dem Tode erfolgen.
Eine wahre Schoͤnheit unter den 23 Geyerar⸗ ten iſt der Geyerkoͤnig (Kuttengeyer, Moͤnch 12). Sein kahler Kopf und Hals verweiſen ihn unter die Geyer, obgleich feine Flügel kuͤrzer find, und feine Größe nur die eines Falekutfchen Hahnes erreicht, Der ftarfe röthlihe Schwabel, die orangefurbige breite Haut, die einen ſchlappen Kamm bilder, der bald auf diefe, bald auf jene Seite fällt, die ſcharlachrothe Einfaſſung der ſchoͤnen Augen, die ſchwarzen Dunen, die beyde umgeben, mit einem dunkeln Purpur-Flecken, der niedliche Buͤſchel auf dem Wirbel, der ſchoͤne, rothe Hals, und die aſchgraue, weiche Hals krauſe, in die er, wie in eine Möndhsfappe, Hals und Kopf zurüdziehen und verbüllen kann, und die vollfommen den ehe= mals üblichen Federpalatinen der Frauenzimmer gleicht: alles dieß vereinigt fich, dem Geyerkoͤnig ein vorzüglich ſchͤnes Anfehen zu geben. Bruft, Bauch und Schenkel fpielen ins Aurorafarbige, das Uebrige ift fchwärzlih grün, und braͤunlich, die Füße aber find ſchmutzig weiß mit nr
Krallen. Er
Der Geyerkoͤnig. 51
Er gehoͤrt zuverlaͤßig bloß der neuen Welt, dem ſuͤdlichen Amerika an, ſo manchmal er auch ſchon Oſtindien, ohne hinlaͤnglichen Grund, zugeſchrie— ben worden iſt. Er iſt ein Feind der Kaͤlte, und ſcheint eben darum mit dem waͤrmenden Palatine. von der Natur bekleidet worden zu ſeyn.
Wer aus ſeinem ſchoͤnen Anſehen auf wirkliche Vorzuͤge vor andern ſeines Geſchlechts ſchließen wollte, der würde ſich ſehr betruͤgen. Im Gegen⸗ theile iſt er weder reinlich, noch großmuͤthig. Er riecht hoͤchſt unangenehm, und ſelbſt die Wilden, die doch fonft eben fo eckel nicht find, verfchmähen fein Fleiſch. Nur die ſchwaͤchſten, wehrlofeften Thiere müffen ihm zur Nahrung dienen, Eidech— fen, Schlangen und Ratten find ed, die er am Häufigften verſchlingt. Kann er aud) die nicht antreffen, fo begmügt er fich mit dem N der Menfchen und Ihiere,
Mir verlaffen jeßt diefe in der Haushaltung der Natur fo unentbehrlihen und verfaunten Gefchöpfe, Doc) noch immer Finnen wir unfre Lefer nicht mit geliebtern Vögeln unterhalten. Ein neues, wo moͤg⸗ lich noch fchauerlicheres, Gefchlecht von Raubvoͤ⸗ geln, wartet unſrer.
2 Tah,
Tab. VI. Der Uhu.
Strix bubo, /e grand Duc. (13)
Die kleinſte Ohreule. Strix Scops, le petit Duc. (14)
Nie herrſcht in der Natur bey allen Geſchoͤpfen zu⸗ gleich todte Stille und gaͤnzliche Unthaͤtigkeit. Wenn Menſchen und Thiere ſich dem füßen Schlummer - überlaffen, der ihnen am Abende eines in nuͤtzlicher Gefchäftigkeit durchlebten Tages willfommen ift: fo erwachen die nächtlihen NRaubthiere, wozu ſich nicht felten ſelbſt der Menſch erniedriget, und gehen ihrer Nahrung nach. Auch die Vogelklaſſe hat in ihrer Mitte, wie die der vierfuͤßigen Thiere, ſolche Mitglieder, und dieß ſind vorzuͤglich die Eulen aller Art. Sie ſind Freundinnen der Nacht und Dunkel⸗ heit, und ſchon das weißagt uns fuͤr ihren Beruf nichts Gutes, laͤßt uns manche naͤchtliche Mordthat von ihnen erwarten. Inzwiſchen muß dieſe ihre Be⸗ ſtimmung im Ganzen ſo ſchlimm nicht ſeyn: ſonſt wuͤrde ihnen nicht die gegen alle ihre Kinder ſo muͤt⸗ terlich geſiunte Natur eine zu dieſem moͤrderiſchen
Berufe
‘
Der Uhu. 53
Berufe fo zweckmaͤßige Einrichtung gegeben haben, die ihnen denfelben ungemein erleichtert. In dem großen, runden Kagenkopfe der Nachtraubvoͤgel, oder Eulen, funfeln zwey höchft empfindliche Au⸗ gen, bie dadurch, daß fie bey Tage vom Sonnen⸗ licht geblendet werden, eben nicht mehr Schwäche, fondern nur eine größere Reizbarkeit verrathen, und weiter nichts bemeifen, als daß fie, ihrem kunſtvollen Baue nach, einen geringern Grad von Licht bedüre fen, um ſcharf zu fehen. Die Morgen: und Abend» daͤmmerung, fo wie mondhelie Nächte, find die Ara beitsftunden der Eulen, Unermuͤdet jagen fie dann ihrer Nahrung nach, bis der Aufgang der Sonne fie in ihre Schlupfwinfel feucht, wo nun ihr Feyer⸗ abend anfängt, Daß fie aber am Tage nicht das Geringfte, und in ftodfinfirer Nacht fehr gut fehen Fonnen, ift beydes unerweidlich und grundlos, Ihr Augapfel ift unbeweglih. Sie müffen alfo, um nah verfhiednen Richtungen zu blicken, den Kopf bewegen, und zum Gluͤck erſetzte ihnen der Schöpfer jenen fcheinbaren Mangel durch die aͤußerſte Beweg⸗ lichkeit deö Kopfes, So wie fie Athem hohlen, zieht fich der Stern im Auge bald zufaınmen, bald erwei⸗ gert er ſich. Dieſes gefchieht bey der Ausdehnung,
63 jenes
Urs I
jenes beym Zuſammenſinken der Lunge, Allein nie wird diefer Stern in die Quere, fondern ganz in der Rundung, concentrifch, größer oder Kleiner. Wiels leicht hat unter allen Gefchopfen die Eule das feinfte Gebör. Das leifefte Geräufch erweckt fie, und der unmerfbare Fußtritt eines Mäuschens, das ftille Rauſchen des Baumblattes, bey dem der Vogel forts ſchlummert, entgebtihrnicht. Aber fie befigt auch, un die weite Deffmung ihrer Ohrmuſchel, die eigents lich der Vorhof des Gehörganges ift, oͤffnen und fchliegen zu können, gewiffe, den Augenliedern aͤhn⸗ liche Sederdedel, Nie wird den etwas wälzenden Flug der EKulen ein Geräufcd) verrathen, Die weis chen Fahnen an den Schwungfedern, und die feinen Flocken an den übrigen Spulen, machen ihn fo leife, daß die ruhige Stille der Nacht dadurch nicht im Geringiten unterbrochen wird, und die armen Thiere, auf die fie Jagd machen, ihre Annäherung erft dann erfahren, wenn fie bereitsin ihren Klauen find. Ha⸗ fen, Kaninchen, Fleder- und alle andere Mäufears ten, Vögel u. ſ. w. find ihre (Tabrung. Zumeilen
freſſen fie fich felbit auf; Sie nehmen große Biffen | zu fih, und können zu dem Ende ihren hackenfoͤr⸗
migen Schnabel fehr weit aufiperren. Er ift mit vor:
Der Uhr. 55 vorwärts liegenden Federn bewachfen, und beyde Hälften find außerordentlich beweglih, Auch um ihren etwas plumpen Körper befjer unterſtuͤtzen zu fonnen, ließ fie die Natur nicht unberatben. Sie gab der Neufferften unter den drey Vorderzehen die Einrichtung, daß fie nad) vorn und hintenzu be= weglich ift, und alſo das Thier fo figen kann, als wäre ed vorm und hinten zweyzehig. Die Slügel durchkreuzen fich hinten über dem Schwanze, der aber ziemlich kurz iſt. Am Tage ift der Zlug der Eulen taumelnd und ungewiß. Jetzt verfammeln ſich die Heinern Vögel, Meifen, Finken, Droffeln u. d. in großen Schaaren um fie, Unter beftändi- gem Gefhwäg und Hohngelächter über jeine Ohn— macht am Tage, neden und berupfen fie nun den armen Nachtvogel, und haben ihren Spott mit ihm. Zuweilen mifcht fich ein grober Nabe darein, und reißt ihm einen Büfchel Federn aus, oder die Krähe fällt eben fo unbarmherzig,, als eram Tage ift, über ihn her, und rächt den Tod ihrer Verwandten, Er ‚vermag bey alle dem nichts, als, wie hingepflanzt auf feinen Aft, alberne Geberden zu machen, Selbſt dem, dem eben fonft die Leiden eines Thieres Fein Rachen abgewinnen koͤnnen, würden ficher die Necke⸗
reyen
reyen der Kleinen, und die Unentfchloffenheit des Großen lächerlich vorfommen, Er fährt zufammen, wendet gravitätifch Kopf und Hals nach allen Richs tungen, blinzt mit den Augenliedern, knackt mit dem Schnabel, wechfelt unaufhoͤrlich mit der Stellung feiner Zehen, fo daß die bewegliche bald vor— bald hinterwärts ſteht, und ſtraͤubt die Federn; allein er wehrt fich nicht gegen jeine Fleinen Plagegeifter,, die ſich nun für ihre nächtlichen Sorgen rächen, Eo wie aber die Abenddaͤmmerung einbricht, fliehen die Spötter, und jest tritt wieder Ehrfurcht an die Stelle des Hohns. Doc wußte der Menfch diefe Spottluft recht gut zu benüßen, Er ftellt zu feinen Leimruthen eine Eule hin. Alles verſammelt fich zum gewohnten Spaße, den man aber dießmal mit Freyheit und Leben bezahlen ınuß, Die Eulen wans dern nit; Die Natur verfah fie mit einem wars men Pelze und fhuf Mäufe u. d. genug, um die Kälte einer für andere Thiere nahrungslofen Jahrs⸗ zeit glücklich zu überftehen, Auch verfagte fie ihnen das Geficht, das zu Werfertigung der Reifekarte auf eine fo weite Reife nöthig ift: Doch behaupten einige, die Fleine Ohreule ziehe den Wachteln nady, die ibrer Fertigkeit wegen bey Nacht reifen, und
den Tag über im Fühlen Schatten ruhen, . in⸗
Der Uhu. 57
Unter dem aus 44 Arten beftehenden Eulenge⸗ ſchlechte entdeckt man zwey auffallende Verſchieden⸗ heiten. Einige derſelben haben, faſt wie die Ohren der Säugethiere, in die Höhe flehende Federn, an: dere aber nicht, Cie zerfallen daher in zwey Famis lien, von denen die Eine die Ohreulen, die anz dere die mit glattem Kopfe in fic) faßt:
Die größte ünter den Ohreülen ift der Uhu (Schuhu,; Schuffut, Großherzog 13); Mit auss gefpannten Flügeln mißt er fünf Fuß, fonft iſt er ſo groß wie eine Gans. Die als Ohren emporſtehen⸗ den Federn ſind ſchwaͤrzlich; der Ruͤcken iſt rothgelb, ſchwarz und weiß geſprenkelt, der Unterleib weißgelb mit laͤnglich ſchwarzen Flecken. Ein gelber Ring umgibt feine großen, ſchwarzen Augaͤpfel, feine Flocken bedecken fein Geſicht, und lange, roͤthlich braune Federn feine Fuͤße, die ſtarke Krallen haben; Sein Weibchen iſt von dunklerer Farbe. Er iſt ſo ſtark, daß er einen Adler bezwingen kann. Er ſchreyt mit fuͤrchterlicher Stimme Huyhu, Huhu. Dieß iſt ſein Feldgeſchrey, wenn ſonſt tiefe Stille im Walde herrſcht, womit er die Waldbewohner unſanft genug aus dem Schlafe weckt. Friſch bemerkte bey einem gefangnen Uhu, daß er aus Hunger Puhu tief;
voͤgel J. Theil; H Hu⸗
58 Der Uhu. Huſiete oder räufperte fich eine alte Perfon, fo fing er ein helles Gelächter an, fait wie ein betrunfner Bauer lachen würde, und. wiederhohlte jedeömahl darauf fein Uhu, Puhu fo geſchwind ale möglich, -Dieß deutete Friſch fo, er habe jenes Hufen für ſeines Weibchens Stimme gehalten. Aus Angft kreifchte er wie ein-Zagraubvogel. Ob .diefe Ueber: fegung der Uhuſprache ganz treu und ridjtig fey, ‚müffen wir dahingeftellt feyn laſſen.
Auf dem Rüden hoher Berge, in alten wiften Zhürmen , in zerſtoͤrten Schlöffern wohnt er. Eelten läßt er fich in die Ebene herab. Seine Beute find junge Hirfhe, Rehe, Hafen, Kaninden, Ratten, Schlangen, Kröten, Eidechien, fogar auch Schröter und Maykaͤfer. Sehr zärtlich forgt diefer Unhold für feine Zunge, wenigftens für eine wohl⸗ verfehene Speifefammer. Oft liegt in feinem Neſte ein Borrath von Wildprett aller Art. Vielleicht fins det man in feinem Neſte fo viel, ald im Uhu Nefte, es müßte denn buchftäblich wahr feyn, wag Gefiner von einem Adlernefte erzählt, in dem man 300 En⸗ ten, ıoo ®änfe, 40 Hafen und fehr viele große (wabricheinlich aud) in einer runden Zahl, ) Fiſche angetroffen haben ſoll. Der Uhu iſt ſehr gluͤcklich im
Der Uhu. 59
im Raube, jagt den Weihen oft ihre Beute ab, und ſein weniger empfindliches Geſicht erlaubt ihm etwas friiher Abende auszufliegen, und Morgens etwas ſpaͤter heim zukehren, als andre Eulen. Sein Neſt baut er in Steinkluͤften. Es hat 3 Fuß im Durch⸗ meſſer, und beſteht aus Reiſern, die mit biegſamen Wurzeln zuſammengeflochten und mit Blaͤttern ge⸗ fuͤttert ſind. Hier legt das Weibchen 3 faſt ganz runde, ſchneeweiße Eyer, die etwas groͤßer als Huͤhnereyer und von ſtarker Schale find. Mill man die Zungen paden und aus dem Nefte neh: men, fo zeigen fie frühe ihren Muth, Sie ſetzen fih zur Mehre, und blajen laut und gewaltig, faft wie ein ſchnarchender Menfch,
Oft flürzt ein ganzer Schwarm von Krähen auf‘ den Uhu zu. Sie ſchreyen entſetzlich; er uͤberſchreyt ſie alle. Meiſtens endigt ſichs damit, daß er eine zerfleiſcht. Dieſes traurige Exempel verſcheucht nun die Uebrigen. Um den Geyer herbeyzulocken, bedie⸗ nen ſich die Jaͤger eines Uhus. Sie machen ſeine ohnehin ſchon ſeltſame Geſtalt dadurch noch aben⸗ teuerlicher, Daß fie ihn mit einem Fuchsſchwanz auge zieren. Der Geyer erblickt von ferne den ihm ganz fremden Waldbewohner, Der Vorwitz treibt ihn naͤ⸗
22 ber,
60 Der Uhu.
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ber — und, er ftaunt fo lange, bie die abgerichtetem Rauboögel, die man auf ihn losläßt, over ein Schuß des Jägers ihn feine Neugierde zu Ipät bereuen laſen. Bey Fafanerien hält man den Uhn gern in einem Käfig. Raben und Krähen, die die Faſanen oft bes unruhigen, kommen nun defto häufiger herbey, und werden mit Windbuͤchſen geſchoſſen. Er ift faft überall zu Haufe, In Italien finder man einen Uhu mit ganz [hwarzen Flügeln, und einen kahlfuͤßigen.
So ſchaͤdlich der Uhu der Wildbahn wird, ſo nuͤtzlich iſt hingegen dem Menſchen die mittlere Ohreule durch Verminderung der Waſſerratten, die den jungen Fiſchen und Wurzeln ſo großen Scha⸗ den thun. Ihre kurzen Federbuͤſche beſtehen aus 6— 10 Federn. Sie iſt oben roſtgelb braun gefleckt, und aſchgrau beſpritzt, unten blaßgelb mit dunkeln Streifen und hat dunkelbraune und roſtfarbne Schwungfedern, und einen aſchgrau und dunkelbraun geſtreiften Schwanz. In der Größe gleicht fie eis ner Nebelträbe, und hat funkelnd gelbe Augen und einen ſchwarzen Schnabel, Noch nie hat man ein Lieft von ihrer Arbeit gefunden, Zu bequem fich felbft eins zu bauen, fucht fie eim verlaßnes Neſt on Weihen, Raben, Kräpen, Aelſtern, Eichhbrnz
hen,
Der Uhn, 61
een. Hier hinein legt dad Meibchen 4 — 5 weiße, sundlihe Eyer. Die hervorfommenden Jungen tragen in den erften 14 Tagen ein ganz weißes Ju⸗ gendfleid, Im Winter ſieht man diefe Ohreule öfter, ald im Sommer, Maldige Gebirge, Felſen⸗ Flüfte und hohle Bäume find ihr Lieblingsaufenthalt, Wird fie angegriffen, fo wehrt fie fih mit ihren krummen Klauen und Füßen ihrer Haut tapfer ges nug. Auch fie wird zum herbeyloden anderer Bös gel gebraucht, und es ift immer bemerfenswerth, wie geſchickt doch der Menfch, felbft die Vögel, de: ren Fleiſch und Federn für ihn Feinen befondern Werth haben, gleichſam als Häfcher zu gebrauchen weiß, um andre in feine Gewalt zu befommen, die ihm entweder zur Speife dienen, oder an deren Vers minderung ihm um ihrer Gefräßigfeit willen liegt. Ihr Ruf Hobo foll für die kleineren Vögel eben die Reize, wie das Huhu des Uhu für die Gros Beren, haben. Sie macht taufend Tomifche Ges beiden und gaudelnde Bewegungen, Doch ſcheint fie nicht der Vogel zu feyn, der bey den Alten Taͤnzer, Gaudler, Poſſenreiſſer hieß, und unter dem Nahmen Numidifches Fräulen oder Jungfer vorkommt. 23..% Eing
62 Diie kleinſte Ohreule.
Eine noch kleinere Geſtalt, die der Droſſel gleich konimt, und die bloß aus einer Feder auf beyden Seiten beitchenden Ohren machen es fehr leicht, die Fleinfte Obreule (14) von den beyven vorigen Arten zu unterfiheiden, Wenn fie todt ift, legen fid) die beyden emporftehenden Federchen, mit denen fie ſonſt allerley Bewegungen macht, ſo feſt an dem Kopf an, daß man fie für eine glattföpfige Eule hal- ten konnte, Ihre Farbe ift eine Abwechslung vom Roth, Grau, Braun und Schwarz Sn einigen Gegenden wandert fie, in andern aber bleibt fie das ganze Fahr, Dafür, daB fie den Feldmäufen, die dem Getreide fo fchadlich werden, fo emfig nachftellt, . verdient fie den Dank der Menfchheit. Oft ſchon bemerkte man, daß indem diefe Geißel gewiffe Ge= genden bedrohte, und den Landmann mit Entfegen erfüllie, eine Menge folher Ohreulen, wie von der Voriehung ausdrüdlich gefandt, herbey Famen, und in wenigen Tagen der Landplage fieuerten, er weiß, ob nicht auch da mancher Unwiffende fich über die Menge diefer Thiere beklagte, die als jeine Wohlthäter kamen! Auch May- und Roß⸗ kaͤfer und Nachtfehmetterlinge dienen ihr zur Nahrung,
Tab.
| 63 Tab. VIIL Die Nachteule,
S. Aluco, /a Hulotte. (:5)
Die Schleyereule. S, Flammea, /Efraie. (16) Die Brilleneule,
(17) |
Linter unfern einheimifchen Eulen ohne Öbren ift die Nachteule (große Baumeule, gemeine Eule, fchwarze Eule, 15) die größte, Denn die weit groͤ⸗ Bere Tageule, die ganz weiß it, und ſich durch ei- nen raufchenden Flug auszeichnet, verliert fie) nur einzeln nach Deutfchland, ohne je ihre bleibende Wohnung da aufzufhlagen. Unfre Nachteule ift fo groß wie eine Henne, und Elaftert mit ihren Fluͤ⸗ geln 3 Schuh. Ihr runder Kopf, die Augen, Nafe und der Schnabel find in einen sederfchleyer gehüllt, den fie, vermittelft eigner Muskeln, aufheben und ſinken laffen kann. Durd) ihn, und die wundervolle Einrich⸗ tung ihres Ohres kann fie den Schallmindern und meh; ren. Nicht der leifefte Zon entgeht diefem nächtlichen Srepbeuter, ja der Federkreis um die Augen fcheint die
64 Die Nachteule, die Dienfte eined Hohlfpiegels zu thun, und die fhmwachen Strahlen zu fammeln. Der Regenbogen im Auge ift nußfarben; der Schnabel weißgelb, Der Rücen diefer Nachteule ift röthlich aſchgrau, mit braunen und ſchwarzen Querfleden, Kreuzchen und Streifen, der Unterleib weiß mit ſchwarzen und braunen ins Kreuz durchfchnittnen Slecken bezeichnet; Unter den Schwungfedern ift die vierte und fünfte die laͤngſte: die erfte hat einen gezähnelten Bart; Doc) findet fich das Letztere auch bey andern Eulen; Die zöttigen Füge find weiß imd ſchwarz punctirt. Ihr Flug iſt ſchwankend, aber leife, und ihr Geſchrey Zu, Su, Hu, Zu Das Männchen ift etwas heller ald das Weibchen. Das Leßtere legt vier hellgraue, rund» liche Eyer, faft wie die einer jungen Henne. Auch diefe Eule bedient fich fremder Neſter. Die J Junge find im Anfange in perlgraue und weiße Wolle ges Heidet. Im Sommer wohnt die Nachteule in hohe fen Bäumen, Sie fänat viele Fleine Vogel, Rat⸗ ten, Maͤuſe, Kaͤfer, und gibt hernach das Gewoͤlle von ſich. Iſt ihre Jagd auf dem Felde von geringem Ertrage, ſo nimmt ſie ihre Zuflucht in Scheunen, wo ſie ſich durch fleißiges Maͤuſefangen Anfprüche | auf
Die Schleyereufe, 65
auf unſre Dankbarkeit erwirbt. Sie Fehrt aber fehr früh, meiftens wenn die Hafen fid) vom Rammeln nach Haufe begeben, wieder zurück und verfteckt fich ind Dickig blätterreicher Bäume, wo fie den ganzen Tag über wie eine Bildfäule ſitzt, es muͤßte dann ein ftarker Regen jie nöthigen, im geliebten Baume felbft ein Obdach zu ſuchen. Nichts, als Hunger in der nahrungslojen Jahrszeit ift im Stande, dieſen ‚menfchenfcheuen Einfiedler ven Wohnfigen der Men— fchen näher zu bringen,
Ganz verichieden von ihr denkt in diefem Stücfe die Schleyereule ( Perl- Kirdy= Eule 16), die das Gewuͤhl volkreicher Städte und die Nähe der Men ſchen zu lieben fcheint, Ihr Körper hat weiße, perl: artige Puncte. Ein herzfürmiger, weiß und roth— brauner $ederjchleyer , der das ernithafte Geficht verhüllt, ein aſchgrau gewäfferter Oberleib, mie weißen und fchwarzen, wie Schnüren geieihten, Sleden, ein bald blaßrother, und ſchwarz punctirs ter, bald fhimmernd gelber Unterleib geben dieſem Vogel ein ſchoͤnes Anſehen. Er gleicht einer großen Zaube, Der innere Rand feiner mittlen Klaue ift gezaͤhnelt. Europa und die nördlichen Länder von Aſien und Amerika find feine Heimath.
Dögel I. Theil, 3 Das
66 Die Schlyerule,
Das Freifchende Klagegefchrey diefer Schleyer: eule, Sche, Schei, Gre, Brei, wird für eine Todes: bothfchaft gehalten, und die Naͤhe der Kirchhöfe, da Kirchdächer und Thürme ihre Wohnung find, und der wirklich ſchauerliche Ton, trägt nicht wenig bey, fie als Abgefandten aus dem Reiche der Schatten dem Aberglauben darzuftellen, Gebt fie ſich vols lends auf ein Haus, und ändert den Ton in Etwas, fo weiß die gefchäftige Einbildungsfraft fehr bald das Dpfer ausfindig zu machen, dem fie ruft, Ueber kurz oder lang ftisbt ficher jemand im Haufe, oder in der Nachbarfchaft,, ein Verwandter oder ein Gemüthöfreund, und die Eule behält Recht.
Ihre Nahrung beſteht in Ratten, Felt: Hause und Fledermaͤuſen, jungen Vögeln und Käfern, An ihr bemerft man Feine Spur von der fonft fo rührenz den Gefchäftigkeit der Vögel, ihren Nachkommen eine bequeme Wiege zu erbauen. Findet fie Fein Left von andern Vögeln, fo legt fie im Frühjahre ihre 5— 7 Eyer ſogleich in Mauerklüfte, Dachfpars ren, verwitterten Kalf und Mörtel, ohne fi) darum zu befümmern, wenigftens durch Moos und Blätter dag Lager weich zu machen. Die im Anfange ganz weißen Zunge lafjen fich nicht übel efien, Sie wers
den
Die Schleyereufe. 67
den von ihren Eltern mit Mäufen und Inſecten ge= nährt. Den Tag über hält fi die Schieyereule in ihren Winkeln verborgen, Erft die Dammerung ruft fie hervor. : Oft nöthigt fie die Kälte zum gefells fchaftlihen Leben. In der ſchoͤnen Jahrszeit liebe fie ven Wald. Sie ift nicht fchwer zu fangen, aber defto fchwerer zu erhalten. Denn fie verweigert hartnaͤckig auch die geringfte Nahrung zu fich zw nehmen und will durchaus — frey leben oder fterben. Dft erhebt die arme Gefangne ihr wehmüthiges Sche, Schei. Ihre Schweftern Fommen nun wirk⸗ lich herbey und laffen fich auf dem Vogelhauſe nieder. Aber eben diefer zärtliche Antheil Foftet ihnen oft ſelbſt Sreyheit und Leben, Nur wenn fie frey ift, ruft fie Gre, Grei, und dieß läßt vermuthen, daß dieß eine eheliche Sprache feyn möge. Die, dem Sprichworte nach), ohnehin nicht fetten, Kirchenmäufe werden vonden Schleyereulen fleißig weggefangen; auch fiehlen leßtere das Oehl aus ven Kirchenlampen, und mögen ſchon manchen Küfter in Verdacht gebracht haben, wenn fie Tange unentdeckt ihre Portion hohl: ten, und dem armen Manne immer unbegreiflicher wurde, warum er fo oft nachgießen müße, Oft befus hen fie die aufgeftellten Schlingen und Spren⸗
52 tel,
68 Die Brilleneufe.
Fel, und fichlen die gefangnen —— und Schnuepfen. Sehr unſchuldig iſt die Schleyereule 4 den Mongoliſchen und-Kalmukiſchen Tatarn zur goͤttli⸗ | chen Verehrung gekommen. Denn als der Stifter ihres Reichs Linate Chan von feinen Feinden übers fallen und in die Flucht gefchlagen wurde, werbarg er fich in einem Kleinen Gebüfche, Auf diefes fette fid) num eine Schleyereule, Seine Verfolger hiel— ten es für unmdglich, daß da ein Menfch verbors gen ſeyn Fönnte, wo diefer Vogel ſaͤße, und fuchten ihn alfo gerade da nicht, wo er wirklich verborgen war, Diefer Rettung des geliebten Eingie Chan hatte e& von nun an, bis auf den heutigen Tag, die Schleyereule zu verdanken, daß fie für heilig gebalten wurde, Einen Buſch von ihren: Federn auf dem Kopfe tragen, war die höchfte Zierde, und einige Stämme verebren fogar noch ein Gogenbild in Geſtalt einer Eule, dem fie die wirklichen Füße
dieſes Vogels anfeken. | Um ihres fehr fonderbaren Ausſehens und ihrer Geltenbeit willen, verdient hier die Brilleneule (17) noch Fürzlich erwähnt zu werden. Ein nicht fehr großer, nur leicht befiederter, weißer Kopf, ein ftarker, hell⸗ gelber
Der große Kauz. 69
gelber Schnabel, mit ſchwarzen Borſten, hochgelbe Augenringe, eine vegelmäßige, braune Brille, eben fo rothbraune Flügel, Rücken und Schwanz, mit weis gen Enden, ein quer über die Bruſt gehendes braus nes Band, eine gelblich weiße Farbe des Unterleibes und der bis an die Zehen befiederten Süße, und horns farbe Klauen, zeichnen diefe feltene Eulenart, die nach einer aus Cayenne kommenden in England zum erſten Male abgebildet wurde, aus. Von ihren Sits ten und Gewohnheiten wiffen wir nichts zu fagen, weil ke noch viel zu wenig beobachtet worden ift,
Burucagpe en ET — u U — m — —— — —— — — — — —
Tab. IX. Der große Kauz. Ulula, /a Chouette, la grande Chev£che. Der Mann und das Weib, (18) Das Kaͤuzchen.
Strix pafferina, /a petite Chouette ou Che- veche. (19) Waren einige der bereits beichriebnen Eulenarten gern in der Nähe von Menfchen, und liebten in der ſchenen Jahrszeit das Grüne; fo ift hingegen unfer I 3 gro⸗
ur, Der große Kauz.
großer Kauz ein Feind der Menſchen und der Natur, der unſern Wohnungen und Waͤldern nur ſelten nahe kommt. Da, wo hingegen Steinmaſſen und ſchrofe Felſen den Zugang erſchweren, in Fel⸗ ſenkluͤften, in den Ruinen von Bergſchloͤſſern, bey denen nur ſelten ein Wandrer ſich ſeegnend vor⸗ uͤbereilt, an Abgruͤnden und Steinbruͤchen, wohnt er in ſchauerlicher Einſamkeit. Seine Heimath iſt das nördliche Europa; doch ſcheint die Nachts eule, die auf den franzöfifchen Inſuln in Amerika ihre Wohnung in unterirdifchen Gängen hat, und der Teufel genannt wird, mit unferm Kauze
von gleicher Art zu ſeyn. | Der große Kauz (Steineule, Steinkauz, 18), bat die Größe der Schleyereule. Seine Hauptfarbe am Rüden und an den Flügeln ift duns felbraun mit ſchwarzbraunen oder fchwarzen Flecken, die hie und da etwas weiß gefprentelt find, Die Bruſt ift ein blaffes, ſchmutziges Afchgrau mit duns feln, länglichen Flecken, die, faft wie Slämmchen, oder wie Hermelinfchwänzchen, geftaltet find, Ein jchöner, gelber Regenbogen umgibt das Auge, und ein anfehnlicher Schleyer ziert die vordere Seite des Kopfes, der nieht gar fo di und unfoͤrmlich ift, wie bey
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ref dl? Le, 8* Er.
Der große Kauz. 71
bey andern Eulenarten, Der Echnabel ift braun und in dem borftigen Bart ziemlich; verſteckt: die Füße find ftarf gefiedert und die Klauen ſchwarz. Das Weibchen hat auf den Flügeln einige etwas bellere Spiegel. So gefürchtet ein Tindiicher Aberglaube den großen Kauz gemacht bat, fo halten doch hie und da die Landleute ein großes Stuͤck auf ihn, weil er eine Menge von Feldmäufenvertilgt. Dieje, nebft Käfern und Nachtfchmetterlingen, find auch feine gewöhnliche Nahrung. Im April hört man ihn zum dftern Gu, Gu, ſchreyen. Willaber Regen: wetter einfallen, fo verändert er fein Gefchrey und ruft Goyon. Das Weibchen baut Fein regelmaͤ⸗ Biges Neſt. Doc) fammelt ed Genift, auch Wolle u, d, m. zuweilen auch Stein und Kalkbroden, und legt zu Anfang des Märzes 2 — 6 weiße Eyer, die faft wie die einer Holztaube find. Eine fchnee- weiße Wolle ift das erfte Kleid der Jungen, die wie Küchelchen pipen. Nicht ohne viel Entfchloffenheit vertheidigt die Mutter ihre Kleinen, wenn eine raͤu⸗ beriſche Katze in ihr Gehege kommt. Der Zwey⸗ kampf zwiſchen dieſer und unſerer Kaͤuzinn wird ſo ernſthaft, daß er ſich durchaus nur mit dem Tode der einen oder der andern endigt. Nimmt man ihr ihre
Eyer
72 Der große Kauz. Eyer weg, und vertaufcht fie mit Hühners oder Tau⸗ beneyern, fo brütet fie zwar, ohne den Betrug zu mers ken, fort; fobald aber die junge Brut-aus den Eyern kommt, und fie wahrnimmt, daß es nicht. ihre wah⸗ ren Kinder ſeyen, fo frißt fie diefelben ohne Umftände auf. Auch unter fid) leben die Kaͤuze unfriedlich, und führen einen ewigen Krieg gegen einander, In den fo abenteuerlichen Gefpenftergefchichten, . die ſchon fo viel Unrube und Eorgen erzengt haben, fpielt der Kauz eine bedeutende Rolle. Er hat die üble Gewohnheit, in der Nacht zuweilen, bey offnen Fenftern, in die Zimmer zu fommen, Geblendet vom Fichte, fahrt er. auf dagfelbe zu, und fchlägt e8 unwillkuͤrlich mit den Slügeln aus: Gelegenheits lich nimmt er auch Rolle, alte Lappen u, d, mit fich in fein Neft, Die Furcht fah ſchon in dem Augen blicke, als etwas flatternd zum Fenfter hereinfam, nichts mehr, und die dienjifertige Einbildungsfraft hatte nun Hörner, Krallen und Schwänze genug in Bereitichaft, um gefchwind eine Erfcheinung des leib⸗ haftigen Satans wahrzunehmen, und andre mit Bes tbeurungen und Seufzern davon zu verfichern. Aber gar arg machte es ein Raus im Fahre 1717 dem Lehrer einer Provinzialichule im Preußifchen, Es war
Das Käuschen, 73
war gerade in der Gefpenfterfiunde, als dieſer über einen Kirchhof nach Haufe gieng. Plöglich wird ihm mit außerordentlicher Geſchwindigkeit Die Peruͤcke vom Kopfe geriffen. Das war denn freylich entſetz⸗ lich. Diebe konnten es nicht feyn. _ Denn was foll- ten die mit einer Perücke? Spaßmader wohl aud) nicht. Wie hätten diefe auch fo ploͤtzlich verſchwin⸗ den koͤnnen? Und in der That, in dem Jahre, zu diefer Stunde, und an dem Orte hätte: man wohl feinen Sreygeift gefunden, der fo gefpaßt hätte, Kurz, weg war die Perüce, und das Publikum war mit den — liebreichften Erklaͤrungen dieſer fchauer: erregenden Erfcheinung ſchon fertig und im Keinen, als einige Monate nachher die Maurer das Kir⸗ chendach umlegten, und die bewußte Peruͤcke in einem Kauzneſte fanden, wohin fie die forgfäls tige Mutter ihren Fünftigen Zungen zum warnen Lager -geichleppt hatte.
Weit Feiner und nur fo groß als eine Ging: droffel ift das verrufene Räuschen (19), das aud) Zwergeule, Eleine Eule, Todteneule, Leichenhuͤhn⸗ chen heißt. Es ift der Fleinfte Vogel der ganzen Eu— lengattung, und hat eine kürzere aber breitere Stirn ald die Uebrigen. Der Jichtbraune Kopf, in dem
Voͤgel I. Theil, K die
74 | Das Käuschen.
die tiefliegenden Augen aemeiniglic) einen blaßgelben. Regenbogen haben, ift mit roͤthlichen, die roͤthlich graue.Bruft aber, "mit weißen und braunen Flecken ' bezeichnet. Eben folche bemerkt man auch auf dem Rücken, den Deckfedern der Schultern und Flügel, den Schwungfedern und dem fehr kurzen Schwanse, Selbft wenn man das Verhältniß der verſchiednen Größe des Kauzes und des Käuschens genau in Anfchlag bringt, fo hat das Letztere viel Fürzere Fluͤ⸗ gel. Sein gewöhnliche Gefchrey, wenn es im Fluge ift, lautet Pupu, im Siten hingegen ſchreyt eö mehrere Male hintereinander: Achme, Aähme, Ehme! So natürlich ruft es diefe Worte im Tone eines Menichen, daß man dadurch fehr leicht ge- täufcht werden Fann, Dieß erfuhr Büffon felbft eins mal. Da er auf dem alten Thurm des Schloffes Montbard fchlief, kam etwas an fein Rammerfens fier, und weckte den Grafen durd) beftändiges Haͤh⸗ me, Ehme Rufen. Indem er nody ganz erftaunt borchte, hörte er einen feiner Leute, der über ihm fchlief, das Fenfter aufmachen und ganz erzürnt fas gen: Mer bijt du da unten? Sch heiße nicht Ehme, fondern Peter. Wirklich hatte das Räuschen, denn
das war der Schreyer, mit dem fich der Bediente im | ein
Das Kätzchen: 75
ein Geipräch eingeloffen Harte, foswentlich und fcharf Ehme geſprochen, daß der Irrthum, es rufe ein Meuſch, ſehr natuͤrlich war. Seine Wohnung hat es eben da, wo der große Kauz ſich aufzuhalten pflegt, in altem Gemaͤuer. Hier baut das Weib⸗ chen ziemlich fluͤchtig ſein Neſt, und legt ein oder zwey weiße, runde Eyer, die es gemeinſchaftlich mit ſeinem Manne in ehelicher Eintracht, innerhalb 15 Tagen. ausbruͤtet. Zuweilen findet man ſolche Ever: in den Luftlöchern der Zimmer. » Die Nahrung des. Raͤuzchens beſteht in allen Arten von Mäufen, juns gen Vögeln und Inſecten. Mit ſchlechterm Erfolge macht es oft auf Schwalben Jagd: befler gelingt es ihm, fieraus ıhrem Nefte zu hohlen. Oft ſtoͤßt es auf die Lockvogel, die die Bogelfteller aufftellen, Die Mäufejagd bleibt übrigens immer fein Haupt⸗ beruf, Sehr gut weiß es ihnen zuvor die Haare mit dem Schnabel und den Füßen augzurupfen, und dann fie Biffenweije zu verzehren ; da hingegen andre Eue lenarten fie mit Haut und Haaren verfchlingen, und das Gewoͤlle von fich geben, Menn es verfolgt wird, fo legt es fich auf den Rüden, und vertheidigt fihd mit den Füßen und den Klauen, Erblidt es einen Räuber, der noch im Kampfe mit einem Thiere,
82 das
76 Das Kaͤuzchen. dad er verſchlingen will;obegriffen iſt, fo eilt das Kaͤuzchen dem erſtern zu Huͤlfe.
Schon die ſchauerlichen Rahmen; gs chen, Todteneule, lafjensunire Leſer vermuthen, daß der Aberglaube auch mit diefem Vogelrfeinen Unfug getrieben haben werde, - Die weinerliche Stimme, mit der e3 zuweilen auf Kirchhoͤfen und Kirchen feis nen Klaggefang anftimmt, haben ihm zum Schres densbothen gemacyt. Gewiß gibr ed noch immer manche Familie, in der alle Ruhe und Heiterkeit verfhwinden würde, wenn man ihr die Nachricht brächte, das Leichenhuͤhnchen habe ſich auf ihrem Haufe hören laſſen. Und doch find wir feſt über: zeugt, daß das an Diefem Aberglauben ſo unſchuldige Aäuschen bey feinem Aehmerufen weit mehr mit dem Leben, al& mit dem Tode zu thun habe: denn ficher ift die Sache weiter nichts als ein ebeliches Gefpräb. Unangenehm ift e8 immer dem Freunde der Menfchen, daß der Aberglaube im Gebiethe der Natur fo viel Trauriges zu finden glaubte, da fie doch, mehr als irgend etwas, auch den kleinmuͤthig⸗ ſten und truͤbſinnigſten Menſchen aufzuheitern und zu beruhigen im Stande waͤre. Denn da in der gan⸗ zen Natur alles ſichtbar aufs allgemeine Beſte hiu⸗
zielt,
Das Kaͤuzchen. 27
zielt, da in ihrer großen Werkſtaͤtte auch Gifte und Schlangen und Eulen wohlthätige Werkzeuge werden; fo verräth unfre Furcht vor manchen na⸗ türlihen Dingen größtentheild eine fchimpfliche Unwiffenheit; und wenn wir vollends bey einem bloßen Schalle, wie das Gehen! des Kaͤuzchens ift, beben, fo ſinken wir zu einer Schwachheit her- ab, für die wir Feinen Nahmen haben,
Es gibt nod) eine Menge Kulenarten, Deren ausführliche Befchreibung die Graͤnzen unfrer Blät- ter überfchreiten würde, So ift z. B. die Brand: eule in Europa, die ihres Geſchreyes wegen den Nahmen Anorreule führt; die braſilianiſche Ohr⸗ eule, die im zahmen Zuſtande dem Menſchen allerley Poſſen, faſt wie ein Affe, vormacht; die Falkeneule am 4udſonsbay, die dem Jaͤger den Vogel, den er fo eben erſchoſſen bat, wegftiehlt, ehe er ihn aufneh⸗ men kann; die ſchoͤne große, blendend weiße Eule, im äußerfien Norden, die wie ein Schwein grunzt, und der ihr weißes Kleid zum Schuße vor ftärfern Raubvoͤgeln dient, die fienun nicht oon dem Schnee, Der alles uͤberdeckt, unterfcheiden koͤnnen.
Dod) genug von den Eulen, die ohnehin unfre Lieblinge nie ſind, obgleich ihre Gegenwart in der
83 Haus:
J3 Der Wuͤrger.
8 N Haushaltung der Natur unentbehrlich, und der Aus Ben, den fie ung, troß der Verachtung, die fie von uns erfahren, leiten, unuͤber ehbar ift.
EEE ET a oe — — —
Bm. — —ñ—— —
Tab. X. XI. Der Wuͤrger. Lanius, /a Pie grieche. Der große, graue Wuͤrger. L. Excubitor, /a ‚Pie grieche grife. (20) Der rothkoͤpfige Wuͤrger.
L. Collurio, /a Pie grieche rouſe. Das Männchen. (21) Das Weibchen. (22) Der Dorndreber.
L. Spinitorquus, /Ecorcheur. (23)
“Der Tyrann.
L. Tyrannus, /e Tyrann. (24) Der rothe Senegaliſche Wuͤrger. L.Senegal. ruber, /e Golonek des Negres. (25) Da die ganze Natur das unverkennbare Gepraͤge der Liebe traͤgt, die alles ſchuf; ſo ſcheint es damit
im offenbarſten Widerſpruche zu ſtehen, daß ein ewi⸗ ger
Dear Wird. 9
der Krieg unter den Tbieren, zumal unter den Wüs geln, herricht, und immer ein Geſchoͤpf nur dem Ins tergange ded andern feine Erhaltung verdankt. Wahr ifis, wir haben unfre Kejer immer mit Morde thaten unterhalten muͤſſen; ja wir koͤnnen felbft ihre Heinen Lieblinge nicht ganz von diefem Vorwurf retten. Indeſſen fen es ung erlaubt, nur einen Blick darauf zu werfen, wie hochft weiie die Einrichtung in der Natur fey, die bey weitem die größte Anzahl ihrer Gefchöpfe zu einem gewaltfamen Tode beitimmt hat. Nehmen wir an, ed wäre Fein fleiichfrefiendes Thier in der Welt, fo würden Alter, Krankheit und Entkräftung ihren Tod bewirken, Denn nur dann ftürben fie eines natürlichen Todes. Sollte aber das wohl ein Glück für Thiere ſeyn? Ste, die, wenige ſtens größtentheils, in feinen geiellichaftlichen Ver⸗ bindungen leben, und alſo fhon um deßwillen im hülflojen Alter auf wenig, oder Feine Pflege und Bey⸗ ſtand rechnen koͤnnten; fie, diefobald fie ihrem In— flinet nad) zu handeln durdy koͤrperliche Schwäche gehindert würden, nothwendig fchon aus Mangel eis ner Beichäftigung böchft elend fenn mißten — wiürz den wahrhaftig einen zehnfachen Tod leiden muͤſſen. Hat felbfi bey Menjchen das hinwelkende Alter große
Des
90 Der Würger,
Befchwerden, die doch durch den Zauber der Ruͤcker⸗ innerung, durch die forgfame Liebe und den thätigen Beyſtand andrer und durch die Schäße gefammelter Erfahrungen um fo Vieles erleichtert werden, Was müßte nicht für das Thier ein hohes Alter feyn, das alle Laften des menſchlichen Alters hätte, ohne eine einzige feiner Erleichterungen und Freuden zu genies Ben? Sollte der plößlich überftandne, ſchmerzhafte Augenblick, in dem ein Thier dem andern zum Raube wird, wohl ſchrecklicher feyn, als der langſam toͤdten⸗ de Hunger, die Qualen der Entkräftung und die ohn⸗ mächtigen Verfuche ſich aufzuraffen., Immer wol- len wir alfo den Thieren diefe Einrichtung goͤnnen, und felbft den Raubvoͤgeln, die unfre Lieblingsfänger in den Wäldern zuweilen überfallen, danken, daß fie diefen die Leiden eines hülflofen Alters erfparen, So viel zur Rechtfertigung eiuer Natur, die auch hierin Mutter ift, und die neben friedlichen Tauben und Nachtigallen auch Tyrannen und Würger fchaf: fen mußte. Denn diefe find ed, die wir jetzt unfern Lefern bekannt machen wollen.
Schon der Nahme Würger verräth die Beftims mung diefer vierten Gattung von Raubvögeln, Ihr auszeichnender Karakter iſt: der bald mehr,
bald
Der Wuͤrger. 31
Bald weniger, doch nie ſtark gekruͤmmte Schnabel ohne Wachshaut, mit einer Kerbe, oder einem fchare fen Zahne an dem obern Theile deöfelben nach vorne zu, eine gefpaltne Zunge und nackte nicht allzuftarke Füße, So flein die Würger, deren man 55 Arten kennt, auch find, indem fie nur einer Lerche, hoͤch⸗ fiens einer Amjel gleihfommen; fo machen fie doc) in der Raubbegierde und Verwegenheit weit anjehn lichern Raubvögeln den Rang flreitig, Mit der größten Wuth fallen fie über andere Vögel her, brin⸗ gen ihnen die empfindlichften Wunden bey und jagen fie in die Flucht, Fa, fie warten oft den Angriff von ftärkern Feinden nicht erit ab, fondern Mann und Weib überfallen den friedlich voruͤberziehenden Raubvogel mit vereinten Kräften aus einem Hinter⸗ halte. Doch verbauen fie fich zuweilen mit den Krallen im Leibe andrer Vögel fo ſehr, Daß der Raͤu⸗ ber mit dem Angegriffnen, unfähig fich zu helfen, aus der Luft berabftürzt: Ihre Herzhaftigkeit hat ihnen in den Lüften fo viel Achtung und Aniehen er= worben, daß fie ungeahndet im Gebizihe der Falken und Sperber jagen. Bey ihnen zeigt ſich mehr als bey irgend einem Thiere, wie Tapferkeit, felbft bey einem unanfehnlichen Körper, auch unter ſtaͤrkern Res
Voͤgel I Theil, g ſpekt
m Der Würger, | ſpekt verfchaffe.e So fehr fie Fleiſch Leben, ſo müffen fie fih doch am Häufigften mit Inſecten ernähren. Entfchloffenheit leuchtet aus Auge und Stellung hervor, und ihre Gelehrigkeit und Kift ift außerordentlich, | In Europa und Amerika immer zu Haufe, ohne je wegzuwandern, ift der große, graue Würger (Bergälfter, Krikälfter, Wächter, Würgengel 20), der in der Größe einer Rothdroffel gleich ift. Ein lichtes hie und da ins Weiſſe übergehendes Afchgrau bedeckt den Rüden; zwey ſchwarze Streifen laufen durch die Augen quer über die Wangen hin; der weiße Unterleib ift mit fehr ſchwachen blaßbraunen Halbkreiſen, die Flügel aber find mit zwey weißen Sieden bezeichnet. Die Deckfedern find fchwarz und aſchgrau, die Schwungfedern fhwarz, oben und unten weiß eingefaßt. Der Schwanz ift am Ende weiß, in der Mitte ſchwarz, und von Feil- formiger Form. Er wippt mit demfelben wie eine Nelfter. Unter feinen Nafenlöchern und im Win tel des Maules hat der Würger einen Razens bart, oder vorwärts geboane borftenartige Haare, und fein Schnabel ift fchwarz, ſtark und vorne
zum Zerfleifchen ſcharf geferbt, Seine
Der Würger, 83
Seine Entfchloffenheit verleitet ihn, auf alles Jagd zu machen, ob ihm gleich in taufend Fallen binlängliche Stärke rdangelt. Hätte er diefe in eben dem Grade, als jene, und wären ihm die flarfen Beine amd Krallen andrer zu Theil geworden, er würde der furchtbaritie Rauboogel ſeyn. Geine Wohnung find die kleinern Wälder und Gebuͤſche. Da er keck genug ift, alle Rauboögel aufzujagen, fo braucht man ibn, um Sperber und Habichte, die man zum Abrichten fangen will, an einen beſtimm⸗ ten Platz zu treiben. Sobald er fie ausgefpäht hat, ſchreyt er heftig Trui, Trui, und warnt dadurch die kleinern Vögel vor diefen ihren Reinden, fo daß er den Nahmen Wächter wirklid) verdient. Shm zum Raube werden Mäufe, Sperlinge, Finken, Ammern, Käfer, Heuſchrecken, Aderwerren, Eis dechien u. d. m. Wüthend ftürzt er auf den Käftz, worin der Lockvogel auf Vogelheerden feine Brüder zu ähnlicher Gefangenjchaft einladet. Die Vogels fteller find ihm daher von Herzen gram, denn er verſcheucht die, die den unglüdlichen Schlingen fich bereits nähern. Das Weibchen ift von hellerer Farbe, Sein Neſt ift auf Baumäften fehr kuͤnſtlich aus Moos, Grashalmen, Heidekraut geflochten, und
! 2 mit
vr
84 Der Wuͤrger.
mit Federn und Haaſenhaaren innen — *— fo daß and) dieſe letztern in der Natur nicht ganz verloren gehen. Die 5 — 7 KEyer find blaßblau, braͤunlich gefledt. Die Junge haben in den erften Wochen eine ajchgraue, unten ſchmutzig weiße und grau gewellte Farbe, Jnuſecten find ihre Nahrung, und erft dann, wein fie etwas ftärfer geworden, fuchen ihre Eltern mühfam Fleiſch für fie aufzutrets ben, Bey den Würgern finden wir etwas pon Raubvoͤgeln fehr Unerwartetes, Denn nicht nur, daß die Mutter ihre Zunge weit zartlicher verpflegt, fo bleibt die Familie in Eintracht beyfammen , theilt redlich Ueberfluß und Mangel, und trennt ſich nit eher, bis ein reifered Alter in den Zungen dem Munfch erregt, felbft eine Familie zu ftiften, und bie bisherigen Bande zu zerreißen. Im Zimmer wird der Würger fo zahm, daß er fi) auf die Hand feßt und die Fliegen wegfchnappt.
Mit diefem viele Aehnlichkeit hat der Fleine aſchgraue wWüuͤrger, der aber kleiner und deſſen Bruſt etwas roſenroth uͤberlaufen iſt. Er verſteht die Kunſt, einzelne Stellen aus den Liedern unſrer Singsdgel bis zur Taͤuſchung nachzuahmen. Schon freute fich ein wuͤrdiger, deutfcher Naturforſcher, de
er
Der rochköpfige Würger, 85
er in feinem Garten eine Nachtigall ihr melancholiz ſches Lied anftimmen hörte, diefes lieben Gafted, Am andern Tage entdecfte er, daß fein geliebter, unbekannter Sänger der kleine Würger war, der, während feine Gattinn ihre Cyer legte, ihr das erborgte Lied vorfang,
An feiner braunrothen Platte auf dem — terkopfe und Nacken, dem ſchwarzbraunen Ruͤcken, und dem gelblich weißen Unterleibe kenntlich, iſt der rothkoͤpfige Wuͤrger (21), der auch Finkenbeiß ſer, Neuntoͤdter, Waldkatze heißt. Er iſt ungefaͤhr ſo groß als der Vorige, und macht in der Kuͤhnheit und Raubbegierde feinen Geſchlechte Feine Unehre. Im Herbſte ſieht man dieſe Art Wuͤrger Familien⸗ weiſe aus Deutſchland einem mildern Himmel zus ziehen. Allein, unfähig große Streden an Einem fort zu machen, gehts immer nur von einem Ruhe⸗ plage zum andern. Den Sommer über halten ſich die rothkoͤpfigen Würger auf Feldern, einzelnen Bäumen und Gebüfchen, am Haͤufigſten aber da auf, wo Pferde Tag und Nacht weiden, und alfe ihre Rieblingsfpeife Roß- und Miftkäfer ſich in ergies diger Menge finden. Erſt wenn diefe Art Würger wegzieht, begeben fich in die von ihr verlaßnen Ge=
3. gen
86 Der Dorndreber.
genden die afchgranen aus ihren Wäldern, Mit höchiter Kunſt und Reinlichkeit iſt ihr Neſt gebaut. Es iſt ein wirkliches Gewebe aus Moos und Wolle, die mit biegſamen kleinen Wurzeln, zarten Zweigen und dünnen Grashalmen durchflochten find, Zünf, auch mehr weißliche ind Grüne fchillernde Eyer, mit braunen und röthlichen Flecken, legt das Weib⸗ chen (22), das von einer weit bläfjern Farbe, und ohne rothe Glage ift,
Unter allen Wuͤrgerarten foll nur diefe ein ſchmackhaftes Fleiich haben. In hohem Grade zaͤn⸗ kiſch und unverträglich ift der votbFöpfige Würger, und beißt fi immer bejonders mit den Finfen her— um, denen er vorzüglich aram iſt. Auch er borgt, mehr, wie es fcbeint, zum Vergnügen, als aus heimtuͤckiſchen Abfichten, die. Gefänge andrer Voͤ— gel, und weiß befonders die Nachtigall und die ſchwarzkoͤpfige Grasmuͤcke unuͤbertrefflich nachzus ahmen; doch erraͤth man aus dem, was er bie und da von feiner eignen Fabrife Ereifchend eins miſcht, den Kompilator fehr bald.
Sp groß wie eine Lerche ift der Dorndreber / Dowutreier, der Fleine Neuntodter 23). Auch er bat das ſchwarze Band, das von den Nafenlöchern
| durch
Der Dorndreher. 87
durch die Augen nad) den Ohren zuläuft. Der Nik en ift rothbraun, Bruft und Bauch roͤthlich über: laufen. Das Weibchen aber ift ſchmutzig roſtbraun amd hat an der Bruft dunfelbraune, wellenfürmige Duerlinien; und wenn bey ihm die Schwung = und Schwanzfedern dunkelbraun find, fo find fie dagegen bey dem Männchen weiß und ſchwarz.
Der Dorndreber richtet unter den Maykaͤfern, Seldgrillen, Heufchreden u, d, große Verwuͤſtungen an, und fpießt den Vorrath, den er davon ſammelt, auf die Dornen der Schwarze und Weißdvinfiaude, was auch die Bergälfter thun fol. So wird auch vom Nengeta, einer eignen Würgerart in Rußland, erzählt, daß er in der Gefangenfchaft die Vögel, die man ihm als Futter gibt, immer erſt an einen Spieß, den man in feinen Käfig legt, aufſtecke, und fo zer⸗ fleifche.- Eben diefer Nengeta wird oft in dei uners meßlichen Wäldern von Guiana höchft wohlthätig, weil er durch fein Freudengefchreg beym Anblick eines Waſſers, den durftigen Wandrer von der Nähe dies fer Erquickung benachrichtiget, Der Dorndreber - hat das Eigne, daß er nicht, wie die meiften andern Thiere, das, was ihm zur Beute wird, fogleic) ver- zehrt, fondern beftimmte Mahlzeiten halt, und alfo
erſt
BB ., Der Dorndreher,
erft fammelt, ehe er fich mit Gemächlichkeit zur Tafel feßt. Er fchlägt feinem Raube zuerft den Kopf ab, und ſteckt das Uebrige an einen Dorn. In der Kunft, die Gefänge andrer Voͤgel nachzuahmen, wird ihms nicht leicht ein andrer zuvorthun. Es ſey der Geſang der Lerche, der Nachtigall, der Gras⸗ muͤcke, kurz, welcher es immer wolle, er kopirt ihn vortrefflich, und wenn man ihn im Zimmer neben irgend einen Vogel hängt, fo wird er ſehr bald mit feinem Nachbar um den Preis kaͤmpfen. Auch ana dere Tone, 3. B. den Schall des Geldzaͤhlens ahmt er jehr gut nad. Man füttert ihn in der Gefan⸗ genichaft mit Fleiſch und weißem in Milch geweidy- tem Brod, Iſt ihm eine Speife nicht weich genug, fo legt er fie felbit in fein Trinkgefaͤße. Wenn feine Brüder wandern, fo fühlt er eine folche Luft mir fort- zuziehen, daß er ſich an der Decke feines Käfige den Schedel zerſchmettert, wenn fie nicht von Tuch iſt. Sein Neſt iſt fhon und Fünftlic gebaut, Erſt fommt eine Lage von Wurzeln und Grasftengelnz dann eine von Moos und Wolle, und endlich ganz _ innen die feinften Wurzelfafern, Gewoͤhnlich legt‘ das Weibchen 6 weißliche Eyer, mit dunkeln, braus nen Püncihen, Mit dem Schluffe des Augufts
zieht
en Der yrann. 89
‚sieht die ganze Familie fort, ehe ſich noch die Jun⸗ gen gemaufert haben, Daß die Dorndreher aber auf einem Fuße ftehend, mit dem andern ihren Raub halten, und fo ihrer Beute vor allen Dins gen das Hirn aushacken folen, ſcheint ohne Grund behauptet worden zu ſeyn. +
Die jetzt näher beſchriebnen Würger find alle ünfre Landsleute, Mit einem Paar Ausländer wollen wir dod) unſere Lefer noch bekannt machen, und dann dieſe Gattung beſchließen.
Der Tyrann (24) ift von einer Kühnheit, ſo daß er, mit andern vereinigt, auf ven Adler Jagd macht, und nicht eher ruht, bis er ihn in die Flucht gejagt hat, Es gibt ihrer in Virginien, Karoling, Domiits go, Samatka ic, mehrere Arten, die nur in Kleinigs feiten verfchieden find, Den Virginifchen zeichnen ein fhöner, orangefarber lätglicher Flecken auf der Scheitel, der aber nur dann recht fichtbar wird, went der Vogel die Federn etwas firäubt, ein ſchwaͤrz⸗ lich brauner, an der Wurzel borftiger, kegelfoͤr⸗ miger Schnabel, ein oben graubraunes, unten weiße liches, und an der Bruft afchfarbig fpielendes Gefie- der, ein fchwarzer Kopf, brauner Schwanz md ſchwarzbraune Füße und Klauen aus, In der Brut:
Dögell. Theil, M zeit
90 Der ſenegaliſche Wuͤrger. zeit ſind dieſe Tyrannen ganz beſonders von allen Voͤgeln gefuͤrchtet. Keiner würde es ungeahndet wagen duͤrfen, ſich ihrem Neſte zu naͤhern. Catesby ſah einen, der ſich einem Adler auf den Ruͤcken ſetzte. Umfonft machte diefer taufend Wendungen, um feis wer los zu werden. Es war am Ende fein andrer Rath für den Adler, als fich fo lange auf einen Baum zu fegen, und ruhig zu warten, bis fein Qudlgeift felbft feinen Rücen zu verlaffen Luft befäme.
Um feiner ungemein ſchoͤnen Farben willen, verdient der rothe fenegalifche Würger (25) hier noch mit einigen Morten erwähnt zu werden. Ihn nennen die Neger Goloneck, was eben fo viel, ald Anfectenfreffer bedeutet, In Wuchs und Eitten bat er große Aehnlichkeit mit unferm einhei— miſchen Würger. Sein bezauberndes Kolorit fällt aus der Abbildung in die Augen. Nuch er hat den Ratenbart, der bey allen Würgern fo Farakte- riſtiſch iſt. Es gibt noch mehrere Würger, die mehr durch den Reiz ihrer Farben, als durch Eigenheiten in Sitten und Lebensart ſich auszeichnen. 3. B. der ſchwarzblaue in Mexiko, der goldfarbige ſingende u, a, Doch genug von der Ordnung der Raubvoͤgel, die wir mit ihnen befchließen!
Tab.
a — Tab. XII -XVI. Der Papagey.
Pfittacus, /e Perroguet.
Der Sacadu mit mweiger (26), der mie gelber Krone (27). Der graue Pas pagey (28). Der bunte (29). Der: grüne (30). Der Lori-Moira (31). Der buntgeflügelte (32). Der Sitr tid) mit gleichem (33), mit ungleis chem (34), mit kurzem Schwanze (35). Der YAras (36). Der Amazonens Papagey (37). Der Krik (38). Der braunfehlige Parkit (39). Der vios lette Papagey (40). Der Eleinfte Parkit mit Eurzem Schwanze (41).
ern nährt der Menſch ven folgen Gedanken, er fey der Mittelpunct in der Schöpfung, und nur um feinetwillen habe alles, was ift, fein Dajeyn empfans gen. Diefer übermüthige Wahn äußert fich bey Feiner Veranlaffung unvertennbarer, als wenn er in feinen Betrachtungen uber die Natur anf Dinge ftößt, von denen er Beinen beträchtlichen Nugen
M 2 zieht,
een, m zieht, und auf deren Schmud und Erhaltung ber Schöpfer dennoch eine Sorgfalt gewendet zu haben ſcheint, Die feine Eitelfeir beſchaͤmt. Gewohnt, den Werth aller Dinge nur nach dem Nutzen und Ge⸗ brauch zu ſchaͤtzen, den er davon machen kann, iſt es ihm unbegreiflich, warum ein ihm fo unnuͤtzes Geſchoͤpf, wie z. B. der Papagey, von dem er, au⸗ ßer einem leeren Geſchwaͤtze, einem bunten Kleide, und einem hie und da genießbaren Fleiſche, nichts zu sühmen weiß, fo zahlreich fey, daß von demfelben 155 für ſich beſtehende Arten gefunden werben; und er würde der Natur gern diefe fo bevölferte-Vogel- gattung fchenfen, da die Dienfte, die fie ihm leiftet, von fo gar Feiner Bedeutung find, Inzwiſchen, fo wahr ed ift, daß ein höchitgütiger Schöpfer alles zum Wohl und Gebraudy des Menjchen eingerichtet habe; fo ift doch, unſers Beduͤnkens, der Menſch ein, ftolzer Thor, der feinen Nußen, feine Beluftis gung, für den erften und einzigen Zweck des Daſeyns der ganzen fichtbaren Echöpfung halt, Alle lebens digen Gefchöpfe find zunaͤchſt um ihrer felbft willen da,. Sie follten leben, follten durch ihr Dafeyn gluͤcklich feyn, follten in der großen Kette aller Wer fen ein Glied ausmachen, und zur Vollkommenheit ; des
Der Papagey. 93
des Ganzen mitwirken, Daß uns der Urheber uns ſers Dofeyns ihren Gebrauch, ihre Benigung ers laubte, ift zwar Wohlthat für ung; aber deßwegen verdienen denn doch auch) diejenigen, deren Nutzen uns nicht fogleich ind Auge fällt, unfre Bewunderung nicht minder, und wenn wir alfo gleich von einem fo zahlreichen Gefchlechte, wie das der Papageyen, Feine Reihe von Nußbarkeiten anzuführen wiſſen, fo find fie dennoch unfrer Aufmerkfamkeit hoͤchſt würs dig. Denn der, der ein allgemeines Wohlwollen gegen die ganze Schöpfung, von der der Dapagey, fo gut, wie er, ein Theil ift, in feiner Bruft fühlt, wird fi) des Dafeyns und der kanſtdollen Einrich⸗ tung auch der Geichöpfe von ganzem Herzen freuen, durch Die ihm nicht der geringfte Nutzen zuwaͤchst. Mit dem Papagey oder Sittich, eröffnen wir
eine neue Ordnung von Vögeln (Leviroftres), deren Karakter ein außerordentlich großer und dicker, aber ſehr leichter Schnabel ift, und die bloß den hei⸗ Ben Erdftrichen angehören, Nur die Papageyen a Dfefferfraße und Nashornvdgel gehören dieſer Ord⸗ nung an, und ed ift wohl Fein Zweifel, daß dieſe großen Schnäbel mit zu den Luftbehältniffen gehodͤ⸗ sen, durch die, in Verbindung mit dem übrigen M 3 Kir:
94 Der Papagey. Köryerbaue, die wundervolle Gefchiclichkeit * Flugs erleichtert wird.
Da für den Menſchen die Gefchdpfe immer etz was mehr Intereſſe haben, die in irgend einer ihm eigenthümlichen Fertigkeit ihm nacheifern; fo mußte der Papagey ihm unter den Voͤgeln, durch die ges ſchickte Nachahmung der menſchlichen Sprache, eben ſo wichtig, als der Affe unter den vierfuͤßigen Thieren, werden, der ſeine Gebehrden und Handlungen ſo gluͤcklich kopirt; und es iſt immer ſeltſam genug, daß dieſe beyden Thiere, Papageyen und Affen, durchaus eine Heimath haben. Die Papageyen ſind an ihre Aufenthaltsoͤrter ſo gebunden, daß man nie eine der alten Welt zugehoͤrige Art, in der neuen einheimiſch finden wird, ja einige derſelben ſind ledig⸗ lich auf dieſer oder jener kleinen Inſul anzutreffen, und beſuchen nie eine andere, waͤre ſie auch noch ſo ſehr benachbart. So groß die Anzahl und Mannig⸗ faltigkeit der Papageyen iſt, ſo kannten dennoch die Griechen nur eine einzige Art derſelben, naͤhmlich den großen mit der Halsbinde, der auf dem feſten kande von Indien wohnt. Ein Befehlshaber der Flotte Alexanders brachte den erſten nad) Griechen⸗ land, und der, um die Naturgeſchichte ſo verdiente
Ari⸗
Der Papagey. 95
Ariftoteles Fannte ihn nur vom Hörenfagen, Der sömiiche Lurus wurde bald befatinter damit, und der firenge Sittenrichter Cato halt feinen Zeitgenoſſen eine derbe Strafpredigt darüber, daß Weiber Hunde auf ihrem Schoos ernährten, Männer Papageyen auf den Hinden trügen, und fie um einen höhern Preis ald Sklaven Fauften, ja in Käfigen von Gold, Silber, Elfenbein und Schildpat fie hielten, Die größte Menge von Papageyen der alten Welt wur⸗ de von der Zeit an entdeckt, als die Portugiefen den Weg nad) Indien um Afrifa herum wagten, und dadurch die Küften diefed Weltiheild bekannter zu werden anfiengen, Jetzt fanden fie in Guinea, in den Inſuln des Indiſchen Dceans, und auf dent fe⸗ ſten Lande ihrer eine fo ungeheure Menge, daß z. B. in Kalekut, Bengalen zc, die Neger ihre Reis- und Maisfelder, zur Zeit der Reife, hüten mußten, um die zahllofen Schwärme von Papageyen zu vers ſcheuchen oder zu fangen, An Einem Tage war es nicht fchwer, ihrer 200 zu befommen. Ihre große Menge gab auch einigen Inſuln den Nahmen Pas pagey-Inſuln. Die erften lebendigen Weſen, die Eolomb am Ziel feiner Fühnen Reife fand, waren Papageyen; fie waren aud) der erfte Handlungsara tifel aus der neu entdeckten Welt, Was
96 Der Papagey.
Mas am Papsgey zuerft in die Augen fällt, ift die bezaubernde Schönheit feines Gefieders. Hier ift der Fall, wo der Schriftfteller die Feder rveglegen, und den Maler um Hülfe bitten muß. Und felbft diefer wird fchwerlich den blendenden (Slanz, das wundervolle Schillern , die bald fanften ilebergänge, bald fcharfen Abfchnitte, und das Volle, Saftreiche der Farben erreichen. Schon dieß gibt dieſem Vogel einen Vorzug, von dem Aldrovand felbft im Nahmen Papsgey, von Papagallus abgeleitet, einen deutlichen Wink findet, weil feine Schönheit und Fertigkeiten ihn zum Pabfte unter den Vögeln machen ſollen. Obgleich nun die Natur für feinen Anzug alled gethan zu. haben ſchien, was fie nur immer vermochte, fo hat doch die Kunft ihn noch zu verfchonern gefucht: Die Hilden pflegen jungen Papageyen hie und da Fe: dern auszureißen, und das Blut von einem- fehr ſchoͤnen amerifanifchen Srofhe in die Wunden zu laffen. An den zuvor gelben oder grünen Stellen erfcheinen nun pomeranzenfarbige, rofenrothe und bunte Federn, Diefe künftlich verfchönerten Papas geyen heißen Tapires, und leicht kann durch fie der Reiſende und der Naturforfcher in den unange⸗
neh⸗
Der Papagei; 97 siehmen Fall Fommen, einen derfelben als eine neu entdeckte Art zu befchreiben, der doch nichtö weniger als das ift, Eben fo viel, ja wohl noch mehr Bes wunderung, ald das Gefieder, verdient der Schna= bel. Der obere Theil desſelben ift ſtark, hackenfoͤr⸗ mig, eingelenft und mit vielen Muskeln verbunden, die ihn Außerft beweglich machen; Der untere Theil ift rund, weit, ſcharf und kurz, und der Vogel kann ihn vor⸗ und rüdwärts ziehen, Diefer fehr zweck⸗ mäßige und trefflich eingerichtete Schnabel ift der dritte Fuß des Papageys. Er hält fi damit ein, haut, wie der Specht, in Baumſtaͤmme, um ſich mit diefem Anker im Klettern hinaufzuhelfen, ver: theidigt fie) durch diefes Gewehr gegen feine Feinde, hängt fi) zum Vergnügen an demſelben an einen Baume auf, zermalmt damit die härtefte Schale, die einen wohlfchmeckenden Kern enthält, und bedient fich feiner auch) zur Bildung ſeines Tones. Was die Kunſt zu veden bey dem Papagey am Meiften befördert, ift, außer der Einrichtung ved Gaumens und des Schlundes, die laͤnglich runde, dicke und fleifchige Zunge, die fait wie ein Melonenfern ges ftalter ift: Zwar ift es immer nur verftandlofe Nach⸗ ahmung der menſchlichen Sprache; indeſſen geſchieht
Voͤgel I. Theil; N dieß
98 Der Papagey. dieß doc) mit einer Deutlichkeit und Schärfe, ja mit ſo vieler Anwendung des Gedächtniffed, die Bewun⸗ derung verdienen, Allein nicht bloß Worte weiß er nachzufprechen, fondern faft jeden Ton faßt er auf: er gähnt, er fchnarcht, er räufpert fi), er huſtet, er nießt, er bellt wie ein Hund, myaut wie eine Kate, zwitfchert wie ein Vogel, pfeift wie ein Menſch. Sa, felbft Arien ihn fingen zu lehren, hat man nicht ohne Erfolg Verfuiche gemacht. In der Anwendung feiner Fertigfeiten ift er nicht felten fo gluͤcklich, daß man glauben Fönyte, er rede mit Vers ftand. Er lernt alle Leute nach und nad) fehr aut fennen, und befommt eine Anhaͤnglichkeit an feine Freunde und MWohlthäter, So fah der Verfaffer felbjt einen, der außer der Unterhaltung, worin er unerſchoͤpflich war, einigermaffen zur Bequemlichkeit diente, Er faß gewöhnlich am Fenfter, vor dem ein Spiegel augebradht war, in welchem man, ohne es zu öffnen, die an der Hausglocke Klingelnden fehen fonnte. So wie nun Jemand, den er kannte, unter die Hausthüre trat, fo rief er den Nahmen des Kom: menden, und man Fonnte ficher dffnen, Wurde feine Beſitzerinn krank, oder ftellte fie ſich bloß fo, um andern das Schaufpiel von der Zärtlichkeit ihres Papa⸗
Der Papagey. 99
Dapageys zu geben, wer war gefihäftiger, als dies fer? Wie ein Befeßner rief er dem Geiftlichen, dem Doctor, dem Chirurg, den Domeftifen, und vers ſprach taufendmal gut zu ſeyn, wenn feine grau nur wieder gefund würde, War fie wieder heiter, ſo machte ihn die Freude eben fo ausichweifend, als zuvor der Kummer, Mit hellem Gelächter flog er bald auf den Käfig, bald auf die Kommode, bald auf den Zifch, bald da, bald dorthin, und fehien wie trunken vom Entzüden, Menn mit Anbrud des Tages, die Nachbaren an ihre Senfter Famen, fo both das freundliche Thier ihnen allen guten Morgen, und war Befuch da, fo flahl er das Bifeuit, ehe man fich$ verjah, von den Zellern, rief ein Mal über dad andre: Papagey, Dieb, und ſchlug boshaft ein fchallendes Gelächter auf. Sehr natürlid; ge⸗ . währt das nicht paffende, eben jo wehl, ale das zus weilen genau sreffende der Antworten eines Papagey viel Beluftigung, und die trivialfte Sentenz muß aus einem ſolchen Schnabel immer fomifch genug lauten, So war einer, der, wenn man zu ihm fagte: Lade, Papagen, lache! laut auf lachte; aber gleich darauf mit poffierlidem Ernfte Hinzufügtes DO, über den großen Narren, der mich lachen macht! Und ein
2 And⸗
RW x
100 Der Papagey. —— Andrer, der mit ſeinem alten kranken Herrn die Be⸗ ſchwerden des Alters zu theilen anfieng, pflegte, wenn man ihn fragte: Wie gehts, Paperchen, wie gehts? ſich wirklich krank ſcheinend hinzuſtrecken, und ganz klaͤglich zu ſagen: Ich bin krank.
Der Dapagey hat für und wider manche Mens fchen eine entjchiebene Ab⸗ oder Zuneigungs Er hat Saunen, Eindifche Einfälle, Eigenfinn, Hochmuth, gerade wie der Menſch, dem er demnad) nicht bloß im Sprechen ähnelt. So war in Paris einer, der in unbändigen Zorn gerieth, und die Federn fräubte, fo oft fein Herr fih ihm näherte, Vielleicht hatte ihn diefer einmal hart gezüchtiget, was er fo leicht nicht zu vergeffen pflegt! Kam aber ein Frauenzim⸗ mer, fo war er voll Freundlichkeit, fang’ verſchiedne Theater = Arien mit außerordentlicher Genauigkeit, und begleitete auch) wohl das Harfenfpiel feine Ge: bietherinn. Ueberhaupt aber nehmen Papageyen am Freude und Leid eined Haufes warmen Antheil, Alle Seufzer und Thränen der Familie konnten einen araufamen Vater, der feinen Sohn zum Tode ver: urtbheilt hatte, nicht rühren, nur das Gewimmer eis neö Dapageys erweichte ihn. In allem, was er thut, ift etwas lebhafte und drolliges. Er bewun⸗
dert
Der Papagey. 10V
dert fich, lobt fich, ſpricht mit fich ſelbſt, wird eifer- füchtig und liebt die Freyheit in feinen Bewegungen, Die Papageyen haben einen runden Zopf, ziemlich große Augen, und oben und unten beweg— liche Yugenlieder, Seltſam ift die Bemerkung, daß, da bey allen todten Wögeln fich das untere Augenlied beraufzieht und das Auge bedeckt; nur bey Dapa: geyen beyde ſich nähern, und gleichviel zudecen. Ehre Hirnfchale ift fehr hart, und enthält viel Gehirn. Die Nafenlöcher find rund und nahe an der Wurzel des Schnabels; die Schenkel kurz, die Beine lang, die vier Finger oder Zehen derfelben flei- ſchig und mit ftarken Krallen verfehen. Die Gelenfe der Zehen find fo eingerichtet, "daß der Papagey im Stehen und Sitzen zwey vor- und zwey ruͤckwaͤrts hält. Ein Umftend, den er mit dem Spechte ge- mein hat, und der, in Verbindung mit dem oben erwähnten Einhauen des Echnabels in die Baums ? rinden , ihm in den meiften Lehrbüchern feine Stelle unter den Spechtartigen Vögeln anweist. Diefe Eins sichtung der Zehen, wozu noch die ihm eignen Knie: gelenfe, um die Süße ein= und auswärts zu drehen, kommen, ift ein großer Vorzug des Papageys. Er bedient fich des Fußes wie einer Hand, führt Damit | N 3 alle
102 | Der Papagey.
alle Speifen zum Schnabel, und hilft fi im Auf⸗ and Abklettern. Mehr zu den Rörner: ald Sleifch- freſſenden Thieren miüfjen wir den Dapagey zählen, obwohl er Fleiſch und Fiſche freffen kann. Zu rarhen ift e8 durchaus nicht, einen gefangnen mit Fleifch zu füttern. Die Folge davon ift gemeiniglicy ein Heiß: hunger und eine fallende Sucht, von der er aber aud) in der Freyheit nicht ganz frey ift, Alle Arten von Srüchten, Hanfſaamen, Bifeuit in Waſſer over Mein eingeweicht, find ihm am zuträglichften, Er vera fohlingt nicht große Biffen, wie andre Vögel, fons dern Faut ordentlich, da ihm fein Schnabel, der ans dern bloß fo viel, als eine Hand ift, um etwas hers beyzulangen, völlig ala Maul dient, Nach den vers fchieonen Nahrungsmitteln, die jeder zu fich nimmt, ſchmeckt das Sleifch bald bitter, bald füß, bald ges wuͤrzhaft. Die Frucht des Dehlbaums beraufcht fie, fo daß fie ihrem Verfolger blindlings in die Hände taumeln; wilder Safran hingegen, der die Mens fchen purgirt, macht ihnen Feine Unbequemlichkeit, Sie lieben den Mein, und werden, wenn fie zu tief ins Glas fehen, fo närrifch, als der Betrunfne nur immer feyh kann, ſchwaͤtzen unaufhoͤrlich, und machen Tauſend Poſſen.
Ihr
Der Papagey. #03
Schr ewiges Herumflattern von einer Pflanze zur andern, macht es fehr ſchwer, fie zu ſchießen. Da fie immer in fehr großen Gefellfchaften fliegen, und fich einträchtig zufammenhalten, fo entfteht, wenn einer vom Pfeile getroffen wird, unter den Ueb⸗ rigen ein entfeßliches Geheul. Die Brafilianifchen Wilden fchießen fie mit langen Pfeilen, deren Spitze mit Baumwolle umwicelt ift. Hiedurch werden fie mehr betäubt, als verlegt, Fleiſch und Federn aber vollkommen gefchont, fie mögen nun zu ewiger. Ge⸗ fangenfchaft oder zur Speife beſtimmt feyn. Die, ‚welche zum Abrichten gefangen werden, fucht man ganz jung aus den Neftern zu nehmen, Weil aber- die Bäume, woran diefe hängen, fehr hoch und glatt find, fo haut man fie um, wodurch freylich viele im Salle des Baumes zerfchmettert werden, Die Ka- raiben pflegen durch den Rauch eines Harzes und anderer Dinge fie fo zu betäuben, daß fie von den Bäumen herunterftürzen, Die Indianer fangen fie mit Schlingen, Sn Surinam wird ihrer eine uns geheure Menge erlegt. Um die Zeit der Kaffeeernte kommen fie in zahllofen Schwärmen, und ftehlen die Sucht des Kaffeebaumes, frefien aber nur die rothe Kapfel, die uns fo werthe Bohne hingegen laſſen fie
herab⸗
104 Der VPapage herabfallen. Es muß ein Zug folcher Vögel, vor⸗
zuͤglich im Sonnenſcheine, ein bezauberndes Schau⸗
ſpiel geben. Zuweilen niſten die Papageyen in die Löche. der Baͤume, in welchen, das Jahr vorher,
a
eine Spechtart, mit Nahmen Zimmermann, Jun⸗
ge ausgebrüter hat; oder fie machen fich felbft neue Löcher, reißen einen Zweig ab und hauen nun mit
ihrem Schnabel fehr gefchicft in die Rinde und das
Holz; Defters aber hängen fie ihr Neft an einem ſchwachen Aiie auf. Man will bemerkt haben, daß die in. etwas gemäßigtern Gegenden wohnen, in Baumlöchern, die unter einem brennend heißen Hims mel hingegen, in aufgehängten Neftern brüten. Es wäre dieß ein ſchoͤner Wink vom Juſtinct diefer Thiere. Da, wo die Hiße fürchterlich ift, würde es in Baumlöchern zu ſchwuͤl ſeyn. Die ſchwankende Bewegung eines hängenden Neftes und die damit fpielende Luft, kuͤhlt doch jene Hiße einigermaffen ab; Mo aber die Wärme gelinder iſt, erfpart fich der Vogel eine Mühe, ohne daß er erftichende Hitze zu beforgen hätte, Außerdem Fünnen nun Schlan: gen und Raubthiere auf dem ſchwachen, ſchwanken⸗ den Zweige weder den Fungen noch den Eltern nad)= fhleichen, und der Dapagey, dem es ohnehin eine
Mol:
*
Der Papagey. 105
Wolluſt zu ſeyn ſcheint, ſich zu ſchauckeln, kann, ne⸗ ben dieſen Vortheilen und der Erfüllung feiner elter- lichen Pflichten, auch diefen Genuß haben. Die auf: gehängten Neſter bilden ein ſackformiges Gewebe von Binfen, fehr dünnen Zweigen und feinen Wur⸗ zeln, mit einem Kleinen Eingange, und haben eine Dichtigkeit, daß die Näffe nicht im Geringiten hin: eindringen Fann. Um den Jungen ein weiches La⸗ ger zu bereiten, reißen: fi) die guten Alten einige Federn aus. DieEyer find fo groß, wie Tauben eyer und punctirt, wie die von Rebhuͤhnern. Ihrer find, nad) der verfchiednen Größe und Fruchtbarkeit diefer Thiere, 3— 7, und abwechslend brütet auch das Männchen und das Weibchen, die überhaupt in einer friedlichen Ehe leben und ſich immer treu blet- ben. Nicht gar häufig pflanzen fie fich außer ihrer Heimath fort. In Marmanda, in Frankreich, bes faß Jemand ein Paar, von dem er alle Srühlinge 4 Eyer erhielt. Eins war darunter immer unfrucht: bar. Zur: Brutzeit ließ fie ihr Befiger alleine, und gab ihnen ein Faß mit Einem Boden zur Lagerftätte, Wollte man ins Zimmer, wo fie ihre Eyer und Zunge hatten, fo mußte man Stiefel anhaben, wenn man nicht von dem eiferfüchtigen Wächter feiner Kleinen,
Dögel I. Theil, O dem
—
106 Der Papagey. dem Maͤnnchen, einige Wunden im * — * wollte. Die Papageyen * 4 in der Gehau— genſchaft ihr Alter ſehr hoch. Man erzaͤhlt von einigen, die 100 — 130 Jahre erreicht, und ſich vom Vater auf Söhne und Enkel vererbt haben follen, Sie find dem Podagra, ver fallenden Sucht, und, befonders durch Sleifchfreffen, einem unne- türlihen Heißhunger unterworfen , der ſo weit geht, daß fie fich felbft in die Flügel beißen, und die Federn, die fie fich ausreiffen, zerfauen, Sie abzurichten,, koſtet, nach ihrer mehr oder mindern Gelehrigfeit, auch mehr oder weniger Mühe, Im— mer werden Hunger und einige NRuthenhiebe vie beften Mittel dazu feyn, | Auch bey der flüchtigften Ueberficht * gro⸗ ßen Thiergattung, zeigen ſich in Abſicht der Groͤße, der Bildung des Schnabels und dem Maaße des Schwanzes in die Augen fallende Verſchiedenheiten. Die einen haben die Groͤße eines Huhns — andere die eines Sperlingd; die einen sehr lange, andere kurze Schwänze; die einen glatte Scheiteln, und andre prangen mit Federfronen, Aus diefer Menge von Papageyen der alten und neuen Welt einige der
Der Cacadu. 107
der Borzüglichften unfern Lefern befannt zu machen, ift jegt unfere Abſicht. Buͤffon theilt die Papa— geyen der alten Weltin ſechs Hauptarten ab: it Cacadus, eigentliche Papageyen, Koris, in Sittiche mit’gleichen, ungleichen und kurzen Schwänzen.
Vorzüglich ſchoͤne Thiere find die Cacadus, denen das dftere Ausrufen diefes Wortes ihren Nah: men gab, Die Federkrone auf der unter ihr ganz nackten Scheitel, die fie nach Gefallen finfen laſſen und eniporrichten Fönnen, unterfcheidet fie hinlaͤng⸗ lich vonandern Papageyen. Sie bleiben zeitlebens Schreyer, und lernen nur wenig und fchlecht reden. Aber zähmen laffen fie fich leicht. Sie find auf alles aufmerkffam, gehorchen willig, und nehmen in ihrem Betragen eine einfchmeichelnde Anmuth an, die ihre Schönheit noch mehr erhebt, In Paris fah man im 5. 1775 zwey vollkommen abgerichtete, ie grüßten, nickten, fehüttelten mit dem Kopfe, deute⸗ „ten die Zahl der gegenwärtigen Perfonen, die Fer: ben der Kleider u. d. m. a fie küßten einander fo berzlich, als man ed mir Schnäbeln nur immer kann. In ihren Bewegungen find die Cacadus überhaupt leicht, und Fonnen drollige Sprünge machen,
23 So
108 Der Cacadu. So groß wie ein Huhmift der Cacadu mit der weißen Jaube (Püttacus albus criſtatus, le Kakatoös a hupe blanche 26). Er ift blendend weiß, nur unter den Shigeln und Eeitenfedern des Schwanzes etwas gelb überlaufen, und wenn er im Eifer, oder in irgend einer leidenfchafrlichen Bewe⸗ gung feinen Kopfpuß anfrichtet, fo ſchimmert das rothe Unterfutter desfelben hervor, Schnabel und Füße find ſchwarz. Die einen Fächer bildenden zwey Federreihen auf dem Kopfe find Feine weichen Federn, fondern Schwungfedern mit breiten Fahnen. Seine, fo wie der andern Cacaduarten Heimath find das mittägliche Indien und die Inſuln des indifchen Oceans. Nicht weit von Sumatra ift die Cacadu⸗ Inſul, die ihren Nahmen von der Menge der ſo fhönen Geſchoͤpfe trägt, die ſich dafelbft aufhält. Zahllos ift fie in Amadabat, der Hauptſtadt von Guzurate, und in den umliegenden Gegenden auf 150 deutiche Meilen hin. Sn Ternate find fie wirk- lich Hausthiere, die, wie bey uns die Schwalben, haufenweife auf den Dächern niften, Won dem noch ihönern Cacadu mit gelber Haube (Pf. crifta- tus, crifta plicatili flava, le Kakatoes à hupe jaune 27) gibt es eine größere und Kleinere Raffe, Die citron⸗
Der Cacadu. 109
i eitrongelbe Federfrone und das Gelb an den Flü- geln, die feurigen Augen in einem bleyfarbigen Kreife, die fchwarzen Füße und Klauen machen eine fchöne Wirkung. Man Faun fich Fein zuthätigeres freunde licheres Gejchöpf denken, Durch Kuarren mit dem Schnabel und lebhafte Bewegungen des Kopfs und der Haube gibt er feine Freude zu erkennen; er Füßt, liebfost und läßt fich ungemein gern ftreicheln. Er ſcheint dabey eine Wolluſt zu empfinden und zeigt ordentlich die nadten Stellen unter der Haube und den Flügeln, daß man ihm an denfelben Frage, Auf jeden Winf gehorcht er, kommt freudig herbey, oder entfernt ſich betrübt, und der Käfig fcheint ihm sur darum unerträglich, weil er ihn von feinem lie: ben Herrn trennt, Er ift reinlich, und liebt Obft, Hülfenfrächte und alles was füß ift, ohne zu fehr überzuckert zu feyn, Seltner als diefer ift der mit der rothen Zaube, und fo Eoftbar, daß der Mark- graf von Anfpad) einen mit 100 Garolins bezahlte, Auch die ſo ſchoͤnen, weißen Cacadus haben ihre Neger unter fih, Es find diefes die ſchwarzen Cacadus, die eine blaulich ſchwarze Farbe und an ben Baden unter den Augen eine nadte, rothe, zunzliche Haut und einen längern Schwanz alö die übrigen haben. 23 Unter
110 Der aſchgraue Papagey.
Unter den eigentlichen Papageyen der alten Welt hat ſich, mehr durch Gelehrigkeit und ſanfte Sitten, als durch den Reiz mannigfaltiger Farben, der aſchgraue Papagey (Jako, Pf. cinereus, erithacus, le Perroquet grand 28) in Europa be⸗ liebt gemacht. Ein oben dunkleres, unten helleres Grau, ein mit einer nackten, weißen Haut umgeb⸗ ned, funkelndes Auge, ein ſcharlachrother kurzer Schwanz zeichnen dieſen afrikaniſchen Vogel, der aus Guinea, Congo, Angola zu uns kommt, hin⸗ laͤnglich aus. Auf Isle de France und Bourbon, wohin man mehrere gebracht hat, pflanzen ſie ſich auch fort. Sie lernen außerordentlich gut reden, und ſcheinen eine wahre Luſt dazu zu haben. Sorg⸗ faͤltig merken ſie auf, wiederhohlen das Vorgeſagte tauſend Male und uͤberſchreyen Jedermann. Am Liebſten laſſen ſie ſich von Kindern unterrichten, deren weicherer Ton ihnen weniger Muͤhe macht, als die ſchaͤrfere Ausſprache der aͤltern Perſonen. Sonſt find fie den Kindern eben nicht hold, vielleicht dar⸗ um, weil diefe oft die Kieblofungen der Erwachſe⸗ nen, an die ihre Eiferfucht allein Anfprüche macht, mit ihnen theilen. Selbſt im Schlafe plaudern fie, wenigſtens that dieß Markgrafs feiner zum oͤftern.
Sie
Der afibgraue Papagey. 116
Sie gewöhnen fi genau an den Ton und die. Res densart deffen, der fie unterrichtet: ; Ein alter , mit ‚Heiferkeit und Huſten geplagter Seemann richtete einen ab, und zeitlebens ſprach der Papagey heißer und hufiete beſtaͤndig, ald müßte es ſo ſeyn. Jung find fie am gelehrigſten und ıhr Gedaͤchtniß kann au: Berordentlich viel faffen, Ein Cardinal kaufte einen um roo Rronenthaler, weil er ohne Anftoß das apo: ſtoliſche Glaubensbekenntniß herſagte, und eben fo orthodox und gelehrt ald dieſer war ein anderer grauer Dapagey, der auf einem Schiffe den Ma⸗ trofen den Roſenkranz und andere Gebethe fehr oft vorſagte, und fie am ihre Pflicht erinnerte, Wenn der Papagey fatt ift, fo merkt er bey feinen Lectio⸗ nen am Beften auf; ganz gegen das alte Sprichwort: Plenus venter &c, Der, von deflen Erziehung und Sitten hier einige Züge folgen, fürchtete die Peitſche außerordentlich und gehorchte ihr nie, ohne ſich zu eraͤrgern. Kindern war er feind und gefähr: lich. Oft hielt er eine Unterredung mit fich jelbit, ‚forderte fich ein Pfoten ab, gab ſichs, fragte ſich and antwortete pünetlih, Manche Menfchen Eonnte er durchaus nicht leiden, in die Küchenmagd hinges gen war er fterblich verliebt. Sie hatte einen böfen
Eins
112 Der afchgraue Papagen.
Finger. Niemand Eonnte zärtlichern Antheil daran nehmen, ald unfer Papagey. Blieb fie etwas lange aus dem Zimmer, fo war die Bewillfommung die freundfchaftlichite von der Welt. Sie empfieng mit dem früheften Morgen die erften Beweife feiner Liebe, und, wo fie gieng und fand, wollte er fie begleiten. Doch ſchien alle diefe herzliche Liebe mehr der Küche, als der Perfon zu gelten. Denn, fo wie eine neue Köchinn einftand, fo war erihr vom erften Tage an eben fo herzlid) zugethan, als der Vorige. Im Winter liebte er die Wärme des Kamins unge⸗ mein, und im Sommer konnte er ftundenlang mit Vergnügen einen warmen Regen fi) durchnäffen lafs fen. Er pfiff ſtark, gähnte, wennver Langeweile hatte, und war nie gefhmwäßiger, als wenn im Ne⸗ benzimmer Geräufch war. Am Tage floh er feinen Käfig. Abends fuchte er ihm felbft auf, und fchlief gewöhnlich auf einem Fuße ftehend, den andern eins gezogen, oder am Drath des Bauers eingeflammert und mit unter die Flügel geſtecktem Kopfe.
Ein vorzüglich fehöner Vogel, mit einem Fals kenkopfe, ift der bunte Papagey (Pf. accipitrinus, le Papagai maille 29), der fo groß wie eine Taube iſt. YPurpurfarbige, blau eingefaßte Federn, die
er
Der bunte Papagy, 113
er im Zorn ſtraͤubt, bedecken den Hals, und braun und weiß geſtreifte den Kopf, ein gruͤnliches Gefie⸗ der aber den Leib. Man findet zwar auch in Ame⸗ rika welche, doch behauptet Buͤffon, ſie ſeyen bloß dahin gebracht worden, nicht aber einheimiſch daſelbſt.
So groß wie eine Henne iſt der grüne Papa⸗ gey, (Pf. ſinenſis viridis; le Perroguet de la Chine ou vert 30 )s Ein lebhaft glänzendes Grün am Leibe, blaue Schwungfedern, und fchimmiernd rothe unter und neben den Flügelgelenfen, ein rother Dber- undein ſchwarzer Unterfchnabel, machen dieien feltnen Vogel ungemein ſchͤn. Er bewohnt einen Theil von China, die molufifchen Inſuln und. Neu: guinea. Gerühmt wird von den grünen Pape: geyen eine große eheliche Zärtlichkeit. Sit das Weibchen ſchwach und unvermoͤgend, Körner zu zermalmen, fo erweicht der treue. Gatte in feinem Kropfe erft die härtern Spyeifen, und ſteckt ihe - dann dieielben in den Schnabel,
Eine Menge von verſchiednen Papsgeyen auf den Molufen und in Neuguinea führe den Nahmen Cori's, welches Wort fie beitändig im Schnabel führen. Sie zeichnen fich durch einen etwas wenis ger gebognen und fpigigern Schnabel und durch
Dögel ]. Theil, P große
214 "Der Lori⸗Noira. große Behendigkeit aus." In Rücficht Ihres Auf⸗ enthalte find fie fehr zärtlich: Daher fie auch, ſey die Inſul, die fie bewohnen; noch fo Heim; nie ihren Aufenthalt verwechfeln, und jede Inſul ihrebeftimnite Art zu haben ſcheint, wie dieß auch bey den ameris Tanifchen Inſuln der Fall ift. Sehr leicht lernen fie reden, und fagen alles, was man ihnen vorfpricht, fogleih nah. Mit Bewunderung fprechen die Reis fenden von ihrer Gefchicflichkeit. Roth if die Haupt⸗ farbe verfelben. Ungemein ſchoͤn unter ihnen ift der 2.öira : Noira (Pf. garrulus moluccenfis ‚le Tori des Moluques 31), in Zernate, Geram und Java. Lange hat man umfonft verfucht, einen nad) Europa zu bringen, bis es endlich gelang. Er ift in Indien fehr gefucht und theuer. Eine fehr ſchoͤne Miſchung son rothen, grünen, gelben und blauen Federn em= pfiehlt ihn eben fo ſehr, als feine Anhänglichfeit und Liebe zu feinem Herrn, in deren Aeußerungen er fich nicht ungeabndet von einem Fremden ftören läßt. Groß ift die Familie der Sittiche der alten Melt, die dadurch von felbft in drey Hauptarten zerfallen, daß die Einen gleidy geftufte, die Andern ungleich geftufte, und noch Andre 'ganz kurze Schwänze haben, Ein vorzüglich ſchoͤnes Thier unter
Der Sittich. 115
unter den Sittichen mit gleichgeſtuften Schwaͤn⸗ sen iſt der Lori-Sittich (Pfittacus ornatus, la Perruche Lori 33), fo nennt ihn Edwards und mit ihm Büffon, weil er viel, Roth, den Karafter der Loris, hat. Kleine, braune Wellen find in der hochrothen Kehle; blaulich ift die Scheitel, Smaragdgrün der Hals, die Flügel und der Bauch; vrangegelbe Fleden prangen an den Seiten des Halfes und der Flügel; der grüne Schwanz, an dem man von innen die allmähliche, regelmäßige Abſtufung der Federn fehr deutlich fieht, ift grün, gelb und röthlich gefüttert.
Noch ſchoͤner ald diefer, in Abficht auf die Mannigfaltigfeit der Farben, ift der Fleine Sits tich , mit roſenrothem Ropfe und den langen ungleichen Shwansfedern, (Pf. erythrocepha- lus bengalenfis, ia petite Perruche à tete couleur de rofe a longs brins 34). Er ift zwar, wie der Borige, fehr Elein, aber der Reiz feiner Farben er- fest, was ihm an Größe abgeht. Der Schwanz ift von ungeheurer Länge, und hat acht Zoll, da der Körper nur vier hat. Der oben gelbliche und unten ſchwaͤrzliche Schnabel, die rofenrothen Flecken, welche die gelben Regenbogen des Auges umgeben, das
P 2 Blau,
116 Der Sittich. Blau’, worin fich jenes Rofenroth allmählich vers liert, die ſchwarze Kehle, der grüne Rücken, die dunkelrothen Flecken auf den grünlich gelben Fluͤ— gelm, die blauen: ungleich abgejiuften Echwanzfes dern; Alles vereimzt fich, dieſem Kleinen, ebenswuͤr⸗ digen Vogel ſeinen Rang unter den ſchoͤnſten ſeines Geſchlechtes anzumelfen, Er iſt noch zu ſelten bes fchrieben, noch jeltner abgebiider worden, als daß man von feinen Sitten viel wiffen fünnte, Leben⸗ dig ift wohl noch Feiner nach Europa gekommen. Seine Heimath ift Bengalen, daher er auch den Nahmen, das Bengalerpapageychen, führt. Mon den Sittichen mit ganz Furzen Schwäns zen wimmelt das mittägige Afien und Afrika. Ste find da fait fo häufig, ald bey und Sperlinge und Finken. Merkwürdig iſt die Gewohnheit diefer kleinen niedlichen Vögel, mit den Füßen in einen Baum eingeklammert und mit unterwärt& gekehrtem Kopfe zu fchlafen. Wahrſcheinlich thun fie das, um. von den Raubodgeln, die fie auf den —* ſuchen, weniger bemerkt zu werden, Ein ungemein niedliches Thier ift unter den Sittichen mit kurzen Schwänzen ber guineifche Speruingdprl. pullarius, le Moinsau de Guinde 35). der
Der Sittich. Bi,
der aber nie reden lernt. Ein unangenehmes Ge: fchren ift alles, was man von ihm hört. In Guinea kann mon wohl ein Dugend für einen Thaler haben, Allein ihre Zärtlichkeit, und die große Sterblichkeit, die auf der Reiſe von zehn Faum einen übrig läßt, macht fie doch in Holland fehr thener, Sind fie aber einmal in Europa an Ort und Stelle, fo Ichen fie ſehr lange, Doc muͤſſen immer zwey in einem Käfig gehalten werden, Trennt man fie, oder löst der Tod die innigen Bande, die ein Paar an einan- der feifeln, auf; fo gramt fich der Ueberlebende zu To⸗ De, verweigert jede Nahrung, und folgt bald feinem Geliebten nach. Diefe Anhanglichkeit hat ihnen den Nahmen die Unzertrennlichen erworben, Liebe und Zärtlichkeit erleichtert ihnen das Unanges nehme der Gefangenfchaft, und oft hohlt das Maͤnn⸗ den von dem, was es in feinem Kropfe aufgefpart hat, hervor, und aͤzt fein Weibchen damit. hr Körper ift grün, die Scheitel feuerroth, die Kehle hochgelb. Auf dem Bürzel befindet fich ein ſchoͤner blauer Fleck. Der braunliche Schnabel ift nicht fehr ſtark gebogen und der Schwanz iſt kurz. Sie thun den Feldfrüchten beträchtlichen Schaden, und find in
Yeryiopiin, Buinen, in Oftindien und Java verbreitet.
PZ Ron.
118 Der Sittich. Bon Brown mit unuͤbertrefflicher Schönheit abgebildet ift ein anderer Sittich mit kurzem Schwan: ze, den er den ſchwarzen, Büffon den mit bun- ten Slügeln nennt (Pſ. melanopterus, la Perru- che aux ailes varites 32). in dunfelgrauer Schnabel, ein geldgrüner Kopf und Stirn, mit eis ner blaugrünen Stelle, weldye Farbe auch Bruft und Bauch ſchmuͤckt, wurden ihn fchon ſchoͤn machen. Aber die Flügel find erft feine größte Zierde. Die erften Schwungfedern find fammtichwarz, die an⸗ dern bellgelb mit blauen Säumen, Sein Schwanz ift Lilla, feine Züße find graubraun. Er kommt aus Batavia und von der Inſul Luͤcon. Seine Größe beträgt nicht über fünf Zoll, obgleich er, feiner ſchoͤnen Zeichnung wegen, eine, gegen andere uns verhältnigmäßige Größe in der Abbildung erhalten bat. Ohnehin ifts in einem Buche diefer Art, wo der vorgefchriebne Raum den beften Willen oft ges bietherifch beherrfcht, unmöglich, in der Abbildung der Vögel ihren Verhältniffen gegen einander ganz treu zu bleiben, und oft muß die Treue der Deut: lichkeit weichen, was der einfichtövolle Lefer nie inisbilligen wird, da die wahre Größe ohnehin - beſtimmt angezeigt wird, Auch
Der Aras, 119
Auch die neue Welt ift mit diefen ſchoͤnen Thieren bevölkert, und es mußte immer für die uns ternehmenden Männer, die, um neue Welten zu füs chen, allen nur erdenklichen Gefahren Trotz bethen, ein fehr gutes Vorbedeutungezeichen von den Fruͤch⸗ ten ihrer Unternehmung feyn, da fie Vögel erblich- ten, deren Farben und Goldglanz im Sonnenfdime mer ihnen das fehönfte Schaufpiel gaben, Auch von ihnen kann man ſechs Hauptarten annehmen, deren Gefchlechtönahme ift: der Aras, der Amazo⸗ nen= Papagey, der Krik, der eigentliche Papagey, der Sittich mit langem, und der mit kurzem Schwangze, Sie faffen wieder eine Menge von Arten in fi).
Ein über alle Befchreibung reizendes Thier ift der Aras (Sindianifcher Rabe, Macao), zu deffen Putz die Natur ihre ausgefuchteiten Farben genommen zu haben fcheint. Gold, Purpur und Himmelblau feinen auf feinem Gefieder um den Vorzug zu ſtreiten. Eine ſtolze Miene, ein zuver: fihtliher Blick ein edler Gang und Anftand vers kuͤnden ein gewiſſes Selbftgefühl feiner Vorzuͤge, und feine Gemüthsart ſtimmt mit der Pracht feines Anzugs überein, Er ift gefellig , liebt feinen Wohl⸗ thäter, wird fein Hausgenoffe, ohne fich zu feinem
Sklaven
— ——
| x 220 Der Aras. Sklaven zu erniedrigen, und faßt eine fo redliche
Zuneigung gegen ſeinen Ernaͤhrer und das Haus, in
dem er ſein Brod findet, daß man ihn von Zeit zu Zeit einen Beſuch bey ſeinen Bruͤdern im Walde machen laſſen kann, ohne beſorgen zu duͤrfen, er
werde nicht von freyen Stuͤcken wieder zuruͤckkehren.
Die Araſe verſchoͤnern die Einſamkeit jener ungeheu⸗ ren Waͤlder und romantiſch ſchoͤnen Gegenden in Amerika. Da Anſon und ſeine Officiere dieſe be— ſichtigten, ſchwung ſich ſchnell eine Schaar Araſe in die Luft, und machte uͤber ihren Haͤuptern tauſend Schwenkungen und Wendungen, recht als wollten fie die ganze Pracht ihrer Federn zeigen. Kein Zus fchauer blieb bey diefem einzigen Schaufpiele in fei- ner Art kalt. Ueberhaupt foll es faum einen ſchoͤ⸗ nern Aublick in der Natur geben, als eine Anzahl folcher Vögel auf einem der ohmehin zum Theil fo ſchoͤnen, amerifanifhen Bäume zu fehen. Schon in Abficht der Größe, woran die Arafe alle Papa⸗ geyen der alten und neuen Welt übertreffen, zeich⸗ nen ſie ſich zu ihrem Vortheile aus. Auſſerdem ſind noch die auſſerordentlich langen Schwanzfedern, die nackte, ſchmutzig weiße Haut, die die Augen umgibt, und bis an den Schnabelwinkel ſich erſaeckt, und
dag
Tab . XT:
Der Aras. 121
das beftändige Ara, Ara-Rufen, Farafteriftiiche Kennzeichen diefer Hauptart, Ihrer gibts verichies dene Arten; den rothen, blauen, grünen und ſchwar⸗ zen. Nur. den rothen ( Pfüttacus macao, ery- throxantus, l'Ara rouge 36), deſſen Abbildung nach Edwards ift, koͤnnen wir hier etwas näher bes ſchreiben. Die Heimath der rothen Arafe find die heißen Gegenden von Amerika, Dierifo, Guiana, Brafilien, die Antillen 2c, Doch vermindert fih ihre Anzahl in eben dem Maaße, als fid) die Menſchen verbreiten. An einigen Orten, wo die Thätigfeit des Menfchen Wälder ausgehauen und Berge mit Hütten und Häufern beſaͤet hat, find fie, fo haufig fie auch fonft waren, faft ganz verſchwunden. Dieß ift befonderd auf den Antillen Der Fall. Ein Zinno⸗ berrother Hals, und eine eben foldhe Bruft, gold: gelbe Deckfedern der Flügel, türfisblaue Schwung- ‚und Schwanzfedern, unter denen die vier mittelſten und längften roth find, ein an den Eleinften Federn der Flügel, wie auf der feinften Schmelzarbeit, in einander fließendes Blau und Grün, und ein kupfers rothes Unterfutter der Flügel, thun im Ganzen eine sortreffliche Wirkung. Unmoͤglich aber ift es, die verſchiednen Abftufungen diefer Farben mit Worten
Dögel I, Theil, Q deut⸗
122 DER deutlich genug zu beſchreiben. Der rothe Aras hat einen großen, ſtark gebognen, oder ſchmutzig weiß⸗ grauen, und unten ſchwarzen Schnabel, der nach Screbers Bemerkung, faft wie eine Zeile, gezahs nelt iſt; eine Einrichtung, die den Mangel ver Zähne erſetzt. Der gelbe Regenbogen im Auge liegt in einer nadten, fleifhigen Haut; die Fuͤße und Klauen find ſchwaͤrzlich. Er bewohnt die Gehölze feuchter Gegenden und liebt befonder& die Frucht ver Faͤcherpalmen. Paar und Paar halten fi immer zuſammen. Zuweilen verfammeln fich viele und fchreyen entfeglih. Ihr Flug ift unter allen Pa⸗ pageyen der leichtefte und fchnellfte. Sie find ver- traulich und kommen dem Menfchen ohne Furcht nahe, vorzüglich, wenn er durch Schießgewehr und Schlingen feine Herrfchaft über fie noch nicht gezeigt bat. Ueberhaupt haben die Thiere größtentheils feine natürliche Furcht vor dem Menfchen, Hat er in ihren Gegenden noch nie Mordthaten verübt, fo näbern fie fih ihm zutraulich, und fcheinen fogar feinen Schug gegen andre zu ſuchen. Dieß erfuh— ren viele Reifende auf unbewohnten Inſuln, wo fie die Voͤgel, die noch nie Menfchen gefehen hatten, mit der Hand fangen konnten, Allmaͤhlich erft fängt das
Der Arab. 128
das Thierreich an, den Menfchen allenthalben als feinen gefährlichften Feind kennen zu lernen, und unjre fo wichtigen Entdedfungsreifen haben fon gar vielen dieſe Befanntichaft verichafft. Auch die ro⸗ then Arafe find nicht mehr fo vertraulich, als fie fonft waren, Durch ihr Gefchrey ſollen fie einmal die nichts beforgenden Judianer vor einem- feindli— chen Ueberfalle gewarnt, und dadurd) ihren Landes leuten einen fehr szoßen Dienjt gethban haben, Sie niften zweymal im Jahre, in die Kocher verfaulter Bäume, die zu erweitern ihnen ihr Schnabel die beiten Dienfte thut, und. legen 2 Eyer, ganz wie die obenbefchriebnen. In den Naienlöchern und in ei- ner Beule am Kopfe haben die Jungen, wie dieß bey allen amerifanifchen Papageyen der Fall ift, Mürmer, die man Macacwirmer nennt, die aber ſterben, ſobald die Federn fommen. Zumeilen follen fie fogar ind Fleiſch der Menſchen dringen, und Ges ſchwuͤre heroorbringen, die ehr ſchwer zu heilen find, Die Laft des Brütens und Aezens theilen die Elıern ehelich miteinander, Die Zungen find leicht zahm zu machen, Reden lernen fie aber nie fo gut, als die eigentlichen Papageyen. Obgleih das Fleifch Der Arafe hart und fchwarz ift, fo wird es doch
22 E fehr
fehr gern gegeſſen und gibt Fräftige Suppen Zu Cayenne find fie das gemeinfte Mildprett, Die fal⸗ lende Sucht rafjt ihrer eine Menge dahin, Die Wilden haben ein finpleg Mittel Dagegen, das auf der Stelle hilft. Cie rigen den Franken Vogel an einem Zehen, bis ein Tropfen Blut herauskommt, Auch bey andern Vögeln ift dieſes Mittel bewährt, ja die Natur felbft fd;eint bey einigen das zu thun, was bier die Kunſt leifter, Wenn der Aras Speife nimmt, fo zieht er fie mit dem Hacken des Ober⸗ ſchnabels herbey, hilft mit der Zunge, die überhaupt bey ihm und andern Papageyen weit beweglicher ift, als bey andern Vögeln, nad), und zermalmt den Bife fen mit der untern Hälfte des Schnabels, die eigentlich fein Meſſer if. Zucker, oder fonft' einen harten Körper , faßt er recht geſchickt mit feinen Zehen, und bedient fich auch einer von den beyden Hintern’ dazu. Seine Federn dienen dem amerifanifchen Wilden zum Kopfputze und anderer Bededung, ja er flicht fi) wohl befonders fhone in die Ohren, Nafe und Baden. Einerley Mohnörter und Sitten und Nah rung mit dem rothen Hat der blaue Aras, und der Glanz feines Gelb und Blaues fcheint den India⸗ nern noch beffer zu gefallen, als der rothe Schmuck
Nova
...
Der Amazonen-Papagey, 125
des Vorigen. Wenigſtens enden fie ihre Lieblings- lieder immer mit dem Ausruf: gelber Vogel, gelber Vogel, wie du fo ſchoͤn bift! Ungemein ſchoͤn, aber felten ift der grüne Aras, der auf die Gunft feines Herrn im höchften Grade eiferfüchtig iſt; und noch feltner, als er, iſt der ſchwarze Aras, der, feinem Traueranzuge gemaͤß, ſeine Wohnung, fern von
Menſchen, in unwirthbaren Felſengegenden waͤhlt. Urſpruͤnglich aus dem Amazonenlande ſind die Amazonen-Papageyen, deren Karakter ein ſchoͤ— nes Roth auf den Fluͤgelgelenken iſt. Sie ſind alle vom blendendſten Gruͤn, und ein ſchimmerndes Gelb bedeckt ihren Kopf. Ihre ausnehmende Schoͤnheit macht ſie ſelten und geſucht. Sie lieben die Fruͤchte der Palmen, des elaſtiſchen Gummibaums und die Bananen, niſten um die Regenzeit in Baumhoͤhlen und legen zwey Eyer, die ſie, wider die Gewohnheit der meiſten Vogel, auch dann ausbruͤten, wenn Men⸗ ſchenhaͤnde ſie betaſtet haben. Um die Paarungszeit find fie in zahlreicher Menge beyſammen, und machen den ganzen Tag über ein entfegliches Gelärm, Durch oftmaliged Beraufchen mit Tabaksrauch, kann man den Wildeſten und Starrſinnigſten unter ihnen zaͤhmen, was ein ſehr gutes Mittel auch bey an⸗ 25% den
126 Der Krik.
dern Arten iſt. Selbſt auch ihr unertraͤgliches Can⸗ canſchreyen und ihr um ſich Beiſſen, ohne gereizt zu ſeyn, gewoͤhnt man ihnen dadurch ab. So wie man bey uns ein Haus, ein Bergwerk ꝛc. als Eigen⸗ thum befist, und den Seinigen zurüdeläßt, fo iſts mit den Bäumen, anf denen diefe Papageyen nie fien, bey den Wilden, Sie find ein Eigenthum, das fih vom Vater auf den Sohn vererbt, Nur Einen von den Amazonen-Papageyen, deflen eigentlicher Nahme Ajurucurau ( Pfttacus æſti- vus, P’ÄAouroucouracon 37) ft, führen wir von Diefer Aıt an, Er wohnt in Brafilien und Guiana, bar eine blaue Maske auf feinem gelben Kopfe, ein goldgelbes Auge, fhwärzlichen Schnabel, einen hellgrünen Leib, blaue, fchwarzgefranzte Schwung⸗ federn, fein rothes Zeichen auf den Flügelgelenken und aſchfarbige Füße,
Kleiner, und etwas bläffer von Farbe find bie Kriks, die Fein Roth auf den Gelenken, fondern auf den Flügeln felbft tragen. Sie haben in ihren Sitten viel mit den Amazonen gemein, halten fich oft zu ihnen, find aber häufiger. Ein angenehmer Vogel ift der Krik mit gelbem Ropfe und mit grbort zehle, (Plittacus ochropterus, le Crik à
tete
Der Krik. 127
tete S görge jaune 38). Er macht, wenn aud) nicht an Kraft, doch in der Mannigfaltigfeit der Sarben, feiner ſchͤnen Nachbariun der Amazoninn den Hang ſtreitig. Gelb, grün, roth, bunt, pislett, find fehr fchön vertheilt. Won den Sitten eines Krifs hat ein fcharffinniger Beobachter des⸗ felben, Herr Bougot, Kapuziner Guardian in Semuͤr, folgende Bemerkungen an feinem eignen gemacht. Er liebte jeinen Herrn immer eigennüs Big, und liebfoste ihn nie, als wenn er ihm darin zuvorfam. Empfindlich, wenn er vernachlaͤßigt, und rachſuͤchtig, wenn er beleidigt wurde, biß er wild um ſich, und lachte ſchadenfroh, ſobald ihms gelang, Jemand zu verwunden. Schlaͤge erbitter⸗ ten, nur Sanftmuth und Guͤte beſaͤnftigten ihn. Alles, alles, was ihm in den Wurf kam, zerriß, zernagte, zerbrach er, und kaum hatte man ihn auf eine Stelle gebracht, wo man ihn wuͤnſchte, ſo fuͤhrte ihn der Geiſt des Widerſpruchs wieder an ſeine Vorige zuruͤck. Er ſprach leicht und fertig, im Winter weniger, als im Sommer, wo er vor lauter Schwaͤtzen ſein Freſſen vergaß. An heitern Tagen kam ihn oft die Laune an, freundlich zu ſeyn; aber weils Laune war, gieng ſie auch bald wieder voruͤber.
Kin⸗
128 Der violette Dapagey. Kinder, die die meiften Papageyen haffen, liebte diefer, und jammerte, wenn fie ihn verließen. In der Mauferzeit, die drey Monate währte, ſchien er zu kraͤnkeln. Hanf, Nuͤſſe, Früchte, in Wein ges tunktes Brod war feine Speife, Fleiſch, das er fehr liebte, wurde ihm verfagt, weiler dumm davon wurde und die Federn verlor, Oft verftedte er einen Por: rath von Effen, wie der Affe, in feinen Backentafchen. Unter den eigentlichen Papageyen der neuen Melt, nennen wir den violetten Dapagey, ( Pfit- tacus purpureus, le Perroguet violett 40). ein gewöhnlichfter Aufenthalt ift Guiana, Er ift nicht größer, als eine Zaube, Sein orangefarbiger Schnas bel fällt nad) vorne zu ins Schwaͤrzliche. Ein Kreis von rothen Federn umgibt die Nafenlöcher. Der Kopf tft fhwarz, ins Blaue fchillernd, die Augen liegen in einer hellen, nacten Fläche; am Halfe ift eine hellbraune Stelle mit fehr dunfeln Flecken; von bier fängt das fchöne, bald hellere, bald dunklere Violett an, dad den ganzen Körper bedeckt. Die Schwungfedern find fehr ſchoͤnes Blau, die Füße ſchwaͤrzlich. Er wird, fo ſchoͤn er ift, doch wegen ſei⸗ ner Ungelehrigfeit , nicht fehr gefucht, Nie lernt er gut reden; worin es hingegen ein andre Mitglied diefer
Der Parkit. 129
diefer Familie, der Tavua, ein aͤußerſt bo&haftes Thier, unferm aſchgrauen beynahe zuvor hut,
Auch in der neuen Welt gibt ed, wie bey den Sits tichen der alten, die Verfchiedenheit in den Schwäns zen. Dießift ver Fall bey den Parfiten, die theils fehr lange und gleich geflufte, theils fehr kurze haben. Zu der erften Art gehört unjer braunfchliger Par—⸗ Fit (Plttacus æruginoſus, la Perruche a gorge brun 39) mit der blauen Scheitel, dem grünen Ges fieder, dem braungrauen Halfe, und den blauen Schwungfedern mit ſchwaͤrzlicher Einfaſſung. Die regelmaͤßige Stufenfolge der Schwanzfedern kann wohl Feine Abbildung treuer darſtellen, als die Ed⸗ wards'ſche, der wir bey der Unſrigen gefolgt find: Martinique ift fein Wohnort. Aeuſſerſt niedlich iſt endlich der Fleinite Darfit mit Furzem Schwanz ze, (der Sperlingsparkit, der Zui=ete, Pfittacus Pafferinus, PEt ou Towi eté ar), der am Leibe grün, und auf dem Bürzel und den Flügeln blau ift- Sein Schnabel und feine Füße find gelb.
Ungern trennen wir uns von diefer fchönen Vo⸗ gelgattung,, bey der die Natur den Reichthum ihrer Farben, obgleich noch nicht im hochften Grade, deir
> fen fie fähig ift, fo fehr gezeigt hat, und die no fo Vögel I. Theil, R viel
130 | Der Pfefferfraß.
viel ſchoͤne Geſchoͤpfe enthaͤlt, deren wir keine Erwaͤh⸗ nung thun konnten, wenn wir nicht den Vorwurf der Weitlaͤuftigkeit ohne Noth, wirklich verdienen wollten.
Tab. XVII. Der Pfefferfraß. Ramphaftos, le Toucan. (42)
Unmoͤglich kann für den, der Mannigfaltigkeit und Abwechslung liebt, ein ergiebigeres Feld gefunden werden, ald die Natur, Selbſt die unerſchoͤpflichſte Einbildungstraft Fönnte ich die taufend und aber taufend Veränverungen,, deren ein fo fimpel gebaus ter Körper, als der eined Vogels, fähig ift, unmoͤg⸗ lich fonderbarer und auffallender denken, als fie die ratur wirklich aufftellt, und wenn aud) die taufend Östtungen und Arten der Vögel in manchen Dins gen große Aehnlichkeit haben; fo ift doch immer ges wiß Eins, das fie von allen unterfcheider, und uns als etwas Neues, etwas, wenigſtens in diefer Vers
bindung, Ungemwöhnliches erfcheint. Schon für den erften Anblick überrafchend ift die Öattung von Vögeln, die den Rahmen Pfeffer: fraß
AV.
Tab.
Der Pfefferfraß. 131
fraß fuͤhrt. Ihr ungeheurer, leichter Schnabel weist ihnen ihre Stelle unter der Ordnung on, des ren Karakter ein großer, leichter Schnabel if. Man folte glauben, es jey ein bloßes Spiel der Natur, die zuweilen etwas ganz regellojed, gegen alle Vers bältniffe ftreitendes hervorbringt, Jedoch ift dieg bier der Fall nicht, fondern der unverhältnigmäßige Schnabel ift ein fich fortpflanzendes Eigenthum aller
der 16 Arten, die diefe Gattung in fi) faßt. Die Größe der Pfefferfraße iſt ungefähr die einer Taube, Ihr Schnabel ift diefer und länger, als der ganze Vogel ift, zwey Handebreiten lang, und eine breit, Er ift ungemein leicht, yergas mentähnlich , hohl, fagefürmig ausgezadt und fo weich, daß er dem geringfien Druce des Fin- gers nachgibt, Seine Farbe ift, nad) den vers fhiednen Arten der Pfefferfrafe, verfchieden, immer aber ſchoͤn glänzend, Die Zunge, dem ders felbe zur Scheide dient, ift nur eine halbe Spanne lang, fehr dünn, hornartig, an der Wurzel Faum eine Linie lang, und an den Seiten nad) vorn zu gezafert. Die Nafenlöcher find fehr Elein, und bey mehrern Arten fo unter Federn verſteckt, daß fich die faft allgemeine Behauptung: fie fehlen diefen 2 Do:
132 De Pfefferfraß. x
Voͤgeln ganz, leicht erklären läßt. Sie haben Riet- terfüße, fo daß fie zwey Zehen nach vorn und 4 zwey noch hinten zu halten, Bios Südamerika ift ihre Vaterland, wo fie fo zahm ſind, Daß man fie, unter dem Hausgeflügel flieht, mit dem fie in Eins tracht auf einem Hofe leben, Die große Liebe zum Dfeffer har ihnen ihren Namen gegeben, Man be: hauptet, die nicht eckelhaften Einwohner der Gegenz » den, wo fie zu Haufe find, fammeln den von diefen Vögeln abgehenden Pfeffer wieder, der im Magen derfelben feine allzugroße Schärfe verloren haben fol. Doch können wir hiernicht verſchweigen, daß in Südamerika Fein eigentlicher Pfeffer wachſe, und alfo die Liebhaberey der Pfefferfraße, wenn fie ans ders gegründet ift, nur vom langen, oder dem ſpa⸗ nifchen Pfeffer, gelten Fonne, Ihre Nahrung in der Freyheit befteht vorzüglich in Früchten, Befons ders lieben fie alle Palnıenarten. Da fie diefen zu Gefallen ih gern an feuchten Gegenden aufhalten, fo hat man vermuthet, fie freffen Fiſche. Doch ift diejed unerweislich. Im zahmen Zuſtande hingegen freſſen fie alles, Fiſche, Fleiſch, Brod. Sie haben die ſonderbare Gewohnheit, das, was man ihnen gibt, immer erſt in die Höhe zu werfen, und daun es
Der Pfefferfraß. 133
es in der Luft aufzuſchnappen. Ihre Neſter haben
ſie in hohlen Baͤumen. Sie bedienen fich dazu ſol⸗ cher Hoͤhlen, die die Spechte verlaſſen haben. Denn ihr Schnabel iſt viel zu weich, als daß fie neue hauen Fonnten, Nur zwey Eyer legt das Weibchen, und man muß, aus der großen Anzahl von Dfefferfras Gen, vermuthen, daß fie öfter als einmal im Fahre brüten, Daß die Mutter ihren Schnabel zur Baum⸗ böhle herausſtrecke, und damit vorwißige und bo8s bafte Affen züchtige, möchte die Weiche des Schnas bels fehr unglaublich machen, Gie lieben dad ges fellihaftlihe Leben, Dan trifft immer mehrere beyſammen an. Allein ſie ſind keine Zugvoͤgel, ſondern begeben ſich nur bald nord-bald ſuͤdwaͤrts, je nachdem die Früchte reifen, Ihr Fleiſch iſt duns kel violettblau und ſchmeckt gewuͤrzhaft.
Unter den verſchiednen Arten verdient der Toucan von Brafilien (Braſilianiſcher Poli⸗ phem, Ramphaſtos piſcivorus 42), um der Schoͤn⸗ heit ſeiner Farben willen, eine naͤhere Beſchreibung. Den groͤßern — unfoͤrmlichen Kopf ausgenommen, hat er die Groͤße einer Haustaube. Schon der Schna⸗ bel enthält eine große Mannigfaltigkeit von Farben, Diefe find ein blaffes ins Grünliche fallendes Gelb,
| R 5 a,
134 Der Pfefferfraß.
mit Heinen dunklen Querftrichen und einer orange: farben Spielung am obern Theil des Schnabels; und ein ſchoͤnes, gegen den Kopf bläffereö und gegen Vorne zu höheres Blau am unten, Die Spißen find oben und unten fchon fcharlachrosh. Die beys den flächen Eeitenwände des Schnabels bilden oben einen icharfen Winkel, Der Augenſtern iſt nußfar⸗ ben, mit einer nackten, gruͤnlich gelben Haut ums geben. Der obere Theil vom Kopfe, Hals und Rüs sen, ſo wiedie Fluͤgel und der Schwanz, find ſchwarz. Nur fchillern die Fluͤgel etwas. Die Bruft ift weiße gelb, und hat einen ſchoͤn rothen Halbmond,
Da nad) dem Tode diefer Vogel der Schnabel etwas zufammenfällt, und die Farben ſich einigers maßen ändern, fo verdient diejenige Abbildung Ed: wards, bey der er das Gluͤck hatte, einen lebendigen abzuzeichnen, für eine der treueften angefehen zu wer⸗ den, die man von diefem Vogel finden fan, Nach ihr ift diejenige Fopirt, die unfern Verſuchen einvers Jeibt worden ift. Won den Sitten, der Wahrung u, d. diefes Vogels haben wir nicht nöthig, bier etwas noch hinzuzufuͤgen, weil es bey der Befchreibung ber gamen Pfefferfraß-Gattung überhaupt, bes
seitd binlänglich gefchehen ift, Tab.
a Ak, | 135 Tab. XVII. Der Nashornvogel.
Buceros Rhinoceros, le Calao. (43)
Hatte der Pfefferfraß bloß einen ungeheuer großen, fo hat der Nashornvogel hingegen einen aben= teuerlichen und mißgeftalteten Schnabel, Die obere Kinnlade ift mit einem ftarfen Auswuchfe bededt, der bald wie ein auf dem Schnabel fitjender Helm, bald wie ein rüdwärts gekruͤmmtes Hort ausfiehr, und überhaupt nad) den verſchiedenen Arten auch fehr verfchieden iſt. Sehr Feine und runde Naſen⸗ löcher ftehen hinter der Schnabelwurzel. Die Zunge ift ſehr kurz. Don den 4 Zehen ftehen 3 vor= und eine hinterwärts, Sie find zum Theil mit einander verbunden, Eben die wärmern Gegenden der alten Melt, die die Pfefferfraße in der neuen bewohnen, find der Aufenthalt ver Lalaos oder Nashornvoͤ⸗ gel. Auf Oftindien und Afrika find die 16 bieher entdeckten Arten eingefchrankt, Früchte und Aas find ihre gewöhnliche Speiſe. Vom Genuß des Letz⸗ tern follen fie einen hoͤchſt widerlichen Geruch befom: men. Man behauptet, fie begleiten von Ferne die Jaͤger, um die Eingeweide der Vögel, die diefe
| gleich
— J 136 Der Nashornvogel. gleich auf der Stelle ausweiden, zu bekommen. Marsden bemerkte bey denen, die er in Sumatra fand, und die dort Engang heißen, daß fie geſottnes Fleiſch und weiche Fleiſchſpeiſen liebten. An dem Weibchen konnte er keine Spur von dem Auswuchſe des Schnabels, den das Maͤnnchen hatte, wahrneh⸗ men. Da die Farbe dieſer Thiere, ſo wie die Form des Schnabels ſich mit dem Alter veraͤndert, ſo iſt es ſehr moͤglich, daß unter den bisher entdeckten Arten mancher keine eigne Art ausmachen, ſondern nur ein Vogel von verſchiednem Alter dafuͤr gehal⸗ ten worden ſeyn möge. So lang fie jung find, find fie zahm und pojfterlid), aber fo dumm, daß man ihnen das Futter ind Maul fteden muß, wenn fie nicht verhungern follen. In Abficht auf die Kälte find fie fehr empfindlich. In gemäßigtern Ländern werden fie den Winter nicht leicht überleben. Buͤf⸗ fon befaß einen Sommer über einen Nashorn⸗ vogel, der aus Pondichery herſtammte. Diefer gieng nie, fondern hüpfte vor= und feitwärts mit beyden Füßen zugleich, wie eine Aelfter. Sm Gans zen war er fehr dumm; nur zuweilen fchien er mit Aufmerkſamkeit etwas zu betrachten, das ihm neu war, Er fraß rohes Fleiſch, Ratten, Mäufe, Wir gel
Der Nashornvogel. 137
gel ıc. und ließ verfchiedne, Stimmen von fich hören: zuweilen gluckte er wie eine Zruthenne, Mit fichtbarer Behaglichkeit wärmte er fih an den Sonnenftrahlen, Er zitterte, fobald es kuͤhl wurde, und farb, da der Minter ſich näherte.
Einen gelblihen , hinten etwas .rörhlichen Schnabel, mit einem großen, helmähnlichen,, nach born zu ſchwarzen Auswuchje, einen langen Hals, einen rothen Augenkreis, worunter ein nackter weißer Fleck ift, eine ſchwarze Farbe am ganzen Leibe, nur den Bauch, die Schenkel und die aͤu⸗ ßerſten Schiwanzfedern ausgenommen, die weiß find, und bläulihe Füße haf der malabarifche Nashornvogel (43), von dem ed manche Spiels arten geben mag, die in der Größe, der Farbe, der Form des Schnabels ic, von einander abweiz chen. Da diefer Vogel noch lange nicht fo beob⸗ achtet worden ift, um von feinen Gitten, feiner Vermehrung, feinem Nefte ic. unfern Lefern aus: führliche Nachricht geben zu Fonnen, jo begnügen wir uns, ihnen denfelben als ein fehr feltiames und der Betrachtung immer wuͤrdiges Geſchoͤpf befannt gemacht zu haben,
. 338 A ee | Tab. XVIIL Der Specht. Picus, le Pic.
Der große Buntfpeht. P. Major, fe Pic varie, (44)
Da Schwarzſpecht. P. Martius, /e Pic noir. (45)
Der Grünfped)t. P. Viridis, /e Pie verd. (46)
So wie der Bau aller Voͤgel ihrer Beſtimmung ganz angemeſſen iſt, ſo faͤllt dieß vorzuͤglich bey den ſpechtartigen Vögeln, einer neuen Ordnung, die wir jeßt anfangen, in die Augen, Kurze Füße, fd male Schnäbel von mittelmäßiger Känge, und eine meiltens fadenförmige Zunge find der auszeich- nende Karakter diefer Voͤgel-Ordnung. Si: faft mehrere Gattungen in ſich: die eigentlihen Sprchs te, die Wendehälfe, Eiövdgel, Baumläufer, Kolis bris ꝛc. von denen wir jegt einige der Vorzüglichften
näher beichreiben wollen, Aeuſſerſt merkwürdig ift die Einrichtung der eigentlichen Spechte, deren biöher 53 Arten ente deckt
Der Spedt. 139
deckt find. Schon ihr gerader, ediger Schnabel, mit einer Fielfürmigen, bald mehr, bald meniger, ſcharfen Epige, tft zu ihrem Berufe, Loͤcher in die Baumflämme und Ninden zu hauen, und die ver: ſteckten Inſecten aus ihren Schlupfiwinfeln hervor: zuhohlen, unentbehrlih. Ihre Zunge iſt lang, hat eine knoͤcherne Spiße, die mit rüdwärts liegenden Stacheln und Borften, und in ihrer Scheide mit ei— ner Elebrigen Feuchtigkeit verfehen ift, die beym Tue fectenfange als Vogelleim dient. Ihr Zungenbein endigt fich in zwey Knorpel, die unter ver Haut, von hinten nach vorn und von oben bis unten, über den ganzen Hirnfchädel, fortlaufen, und an der Stirn, nahe bey der Schnabelmurzel, feitfigen, Diefe zwey Knorpel find gleichfam elaftifche Federn, burd) deren Dienfte die Spechte ihre fadenfürmige Zunge, vermittelft zweyer Paare Nerven, wie ein Stilet berausfchnellen und Inſecten fpiegen Fonnen, Ueberdas haben die Spechte Rletterfüfe, fo daß von den vier Zehen zwey vor⸗ und zwey ruͤckwaͤrts gehen. Diefe ſowohl, als aud) das muskuloſe Dic- bein, die ftarken, fehnigen Schenfel, die langen Ze⸗ ben und die fcharfen Klauen erleichtern ihnen das Yuf- und Abklertern an den Bäumen ungemein,
Ä 62 Hiezu
140 Der Specht.
Hiezu fommt noch ein ſteifer, ——— Schwanz. Die zehen Federn desſelben haben ftarfe Schaͤfte, die wie Stahlfedern ſich kruͤmmen, und durch ihre Schnellkraft zum Anſtemmen und Unterſtuͤtzen des Körpers ſehr brauchbar find, Er iſt dann eine un⸗ entbehrliche Stüge, wenn die Spechte mit den Fuͤ— Ben gerade auf klettern und alfo leicht zuruͤckfallen koͤnnten. Die Borften ähnlichen Federn, die die eyrunden Nafenlücher bedecken, verwehren den fleinen Wuͤrmchen, dem Holzmehl ꝛc. das Eins dringen in fo empfindliche Theile,
Wer in diefer Funftreichen Einrichtung eines fo wenig geachteten Vogels, alö der Specht ift, nicht den Finger des Weſens findet, das allen Gefchöpfen hoͤchſt weife und mwohlthätig das ſchenkte, was fie zu ihrem Unterhalte und Fortlommen, bedürfen; dem würde auch die wortreichfte Darſtellung die Yugen nicht öffnen.
Ueberall ift diefe Vogelgattung zu Haufe, auch wandern fie da, wo fie einmal anfäßig find, nie wieder weg. Unter fich leben die Spechte un gefellig, und nie hält ſich mehr als ein Paar zuſam⸗ men. Sie hauen in Baͤume zirkelrunde Loͤcher, worin ſie niſten. Liſtig genug ſtecken ſie oft ihren
Schna⸗
Der Specht. 41
Schnabel in Baumhoͤhlen, und ſchreyen dabey. Furcht und Neugierde treibt nun die Holzwuͤrmer und Inſecten hervor, und ehe ſie ihrem Feinde wie— der entfliehen koͤnnen, ſind ſie ſchon verſchlungen. Durch Schlagen des Schnabels an die Bäume lo— cken ſich die beyden Geſchlechter, und nicht ſelten ha⸗ cken ſie ſo ſtark in den Baum, daß man wirklich in der Ferne einen Holzhacker im Walde vermuthet; ein Nahme, den der Specht daher nicht mit Unrecht fuͤhrt. Die Brutzeit derſelben iſt fruͤhe, und man kann beym Spechte, ſo wenig als bey andern Voͤgeln, die weiſe Sorgfalt der Natur verkennen, die dieſen Trieb gerade Dann erweckt, wenn für die verſchiednen Ar— ten aud) der meifte Vorrath von Futter vorhanden ift. Da die erften warmen Sonnenftrahlen des Fruͤh⸗ lings die Holzwirmer aus den faulenden Bäumen hervorlocken, fo findet auch um diefe Zeit der Specht am Reichteften hinlänglich Futter nicht nur für ſich, fondern auch für eine Familie, Die Staliäner lieben das FSleifh des Spechtes ungemein, Bey den Römern war er ein Gluͤcksbothe, wenn er feinen Flug gegen Mittag richtete, und von der rechten Seite fam, Go betrübt Horaz über die Abreife feis ner Salate war, fo wünfchte er ihr doch, daß
=. @:3 fis
1422 Der große Buntſpecht. fie Feinen Specht, auf ber tinfen Seite fie gend, und Feine K rräbhe antreffen möge, J Gar nicht ſelten und von der Groͤße einer Sing⸗ droſſel iſt der große Buntſpecht (44). Seine Stirn iſt gelblich braun. Die ſchwarze Scheitel um⸗ gibt eine ſchoͤne, rothe Binde, die einige bloß dem Männchen, andere aber auch dem Weibchen zuſchrei⸗ ben. Den Buntſpecht machen ein ſchwarzer Rüden, weiße Schultern, ſchwarz und weiß gefiteifte Fluͤgel und Schwanzfedern, die hie und da etwas gelb übers laufen, und unten wie gefranzt find, ein rüthe licher ſchmutzig weißer Unterleib und ein Farmoifine rother After, nebft feinen übrigen Eigenthümliche keiten, die er als ein Specht beſitzt, Fenntlid) genug, So gefräßig er ift, fo Fann man ihm feine große Nutzbarkeit doc) nicht abfprechen. Indem er eine ungemeine Menge Holzwürmer, Puppen und Mas den vertilgt; löst er zugleich, um fie aufzufuchen, son den Obftbäumen die alte Schale, und das ohne⸗ bin nur ſchmarozende Moos ab, Laubwälder, Felds hoͤlzer und Gärten find fein Aufenthalt. Hier naͤhrt er fich nicht bloß mit Inſeeten, fondern auch gut dem Saamen der Fichten und Kiefern, Buche dern, Eicheln und Hafelniffe. Um aus der hats ten
Der Schwarzßſpecht. 143
ten Schale der Letztern, in deren Genuß er unere fättlic) ift, den Kern, und ans den Fichten: Zapfen den Saamen herauszuhohlen, fucht er eine Baum— fpalte, klemmt die Nuß oder den Zapfen hinein, und haut frifch darauf los, um den Kern oder Saamen herauszufriegen, Auf zufammen getragnes Geniſt legt das Weibehen 3 — 6 weißlicdye Kyer in hohle Bäume Die Junge fehen mit ihren langen Schnaͤ⸗ bein und Zungen, bey ihrer übrigen Kleinheit und mit ihren rothen Kappen, niedlich und fonderbar aus, Das Fleiſch ded großen Buntſpechts ift befonders um die Zeit, wenn die Hajelnüffe reif find, fehr gut und fett,
- Größer als diefer, zumal, wenn er geſtreckt an einem Baume in feinem Beruf zu Eleben ſcheint, und ungefähr wie eine Dohle,iftder Schwarzfpecht (45), der and) den Nahmen Spechtkraͤhe und Hohlkraͤhe führt. Die Hauptfarbe ift [hwärzlid) braun, Die Scheitel hat hochrothe Federn, die das Männchen etwas aufrichten kann; auch ift diefe rothe Kappe bey ihm von ftärferer Farbe, als. bey dem Weibchen, dem fie zuweilen ganz fehlt, Der Schnabel und- Die Füge find bläulich) grau. Jener ift ſtark, hart and dreyedig, und vom häufigen Gebrauche bey den
mei⸗
14 . Der Schwarzfpecht. meiſten ſtumpf. Die mittelfte Schwanzfeder ift die längfte., Alle aber find etwas fpitig und gleichfalls vom Gebrauche abgefchliffen.
Das garize gemäßigte Europa ift die Seimath des Schwarzſpechts. Im Sommer find die Mälz der, im Winter Gärten fein Aufentbalt;, Er weiß i mit feiner Zunge, wie mit einer Lanzette, fogar aus Strohdächern, Inſecten und Inſectenlarven hervor: zuhohlen. Die ſchwarzen, großen Roößameifen in alten Baumfiämmen find fein Lieblingögerichte,
Ohne große Anftrengung macht er in Weißbu⸗ hen u. a. Bäume, mit feiner Hacke ein ziemlich bes trächtliched Koch, wozu er Faum einen Tag braucht. Dieß ift ſein Neſt, worein feine Gattinn ihre 4— 6 glänzend weiße Eyer auf Holzmehl legt. Auch muß es imRegenwetter zum Obdad) dienen. Durch diefe Arbeit leiften die Spechte den Fleinen gefieders ten und vierfüßigen Waldbewohnern einen wefent: lichen Dienft, die nun fich der Baumhoͤhlen ald Zu⸗ fluchtsdrter gegen Raubthiere bedienen. Mit vers ftellter Höflichkeit Elopft der Schwarzſpecht an allen hohltönenden Baumrinden, oder dffnet fich die Thüren mit Gewalt, um ihren Bewohnern einen fehr läftigen Befuch zu machen, Mit feinem Schnas
bel
Der Gruͤnſpecht. 145 Bel ſtdßt er in die Ameiſenrepublik. Auf dem Wege, den ſich diefer oͤffnete, fehlängelt ſich die klebrige Zunge hin und ber. Jetzt wagen die Republikaner mit vereinigten Kräften einen Ausfall. Aber ſchon die Worpoften bleiben am der gefährlichen Leim⸗ ruthe, der Zunge, hängen, und werden num vers ſchlungen. Im Winter ift das die vorzuͤglichſte - Nahrung des Schwarzſpechts. Sein Fleiſch fol nicht bel ſchmecken.
Etwas dider als er iſt der Gruͤnſpecht (46), der einer Taube gleichkommt. Sein Oberkopf ift glaͤn— zend roth und etwas gefleckt. Ein ſchwarzer Strich lauft an den Seiten des Halſes herab. Der Leib iſt oben glänzend olivengruͤn, am Buͤrzel gelblich, und une
ten ſchmutzig weißgruͤn. Der Schnabel iſt ſchwarz⸗ braun. Das Weibchen hat ein weniger lebhaftes Roth.
Den Sommer uͤber lebt er in Waͤldern. Im Winter zieht er ſich etwas mehr in die Naͤhe unſrer Wohnungen. Die Löcher, die er in faulen, anbruͤ— chigen Bäumen findet, erweitert fein Schnabel, und baut fie tief genug aus, Seine Gefchidlichkeit int Bohren und Hauen hat ihm den Rahmen Zimmer⸗ mann nicht ohne Grund erworben, Ungerecht ift die Beſchuldigung, er pflege geſunde Bäume zu des
Voͤgel I. Theil, x hauen;
BR Der Grunſpecht
hauen, und er leidet nicht felten den Tod deswegen unverdient., Ein Schidfal, das die Unwiſſenheit der Menfchen gar vielen Thieren, die nichts wenis ger, als verderblich find, bereitet. Wenn er an eis nem Loche arbeitet, fo läuft er alle $S— 12 Hiebe fehr geihäftig um den Baum herum, und fieht die Stelle, wo er haut, von hinten an. Dieß gefchieht aber nicht, um zu fehen, ob das Loch hinten durchgehe, wie man fälfchlicy glaubte, Denn durch und durch zu hauen ift feine Abficht gar nicht. Sondern weil er weiß, dad Würmer und Maden auf das Pochen bervorfriechen, fo fieht er num fo fleißig nach, was auf fein Pochen auf der andern Seite des Baumes zum Vorfchein gekommen ift. Auffer den Holzwuͤr⸗ mern und Inſecten frißt er auch Weſpen, und ihre Larven, rothe Ameifen, von denen er fich die Zunge, wie der Ameifenfreffer, voll laufen läßt, und Bienen, bey deren Stöden er fich oft einfindet, und fehr fchädlich wird. Doch werden die bey Ameifenhaufen aufgeftellten Schlingen diefen Befuchen bald ein Ende machen. Ohne ein Neft zu verfertigen, legt das Weibchen auf fauled Holz 3—4 grünliche, ſchwarz⸗ gefledte Eyer, Hie und da wird das Fleiſch der Grünjpechte auch in Deutfchland nicht ungern ges geſſen. Von
DR
\ | Der Drehhals. 147
Bon ausländiichen Spechten begnigen wis une den ſchwarzen amerikaniſchen und den drey⸗ zehigen zunennen, weil fie beyde etwas BVorziiglis ces haben, jener befist eine rorhe Federkrone, cis nen weißen Knebelbart, und Ift ein fo geſchickter Bohrer, daß er binnen einer Stunde ſoviel Spaͤhne macht, als in einen ziemlichen Korb gehen; und dien fer hat nur drey Zehen an jedem Fuße und verirrt fid) aus dem nördlichen Europa und aus den Alpen nur felten nach Deurfchland,
— —— — —
Tab. XIX. Der Drebbals.
Jynx torquilla, /e Torcol. (47)
Zwar bat der Drebbals (Matterhald, Natterwine bel, Wendehald, Halswindel 47), der eine eigne Gattung der Spechtartigen Vögel ausmacht, mane - ches mit den Spechten gemein, Aud) er kann feine Zunge wie einen Murfipieß hervorfchießen, und auch er befist ihre Kletterfuͤße. Allein die Korn des Schnabels, die nadten Nafenlöcher, der weichere Schwanz, die Gewohnheit aussuwandern, und bes
2 fonders
' —
28 De Drehhal.
ſonders die außerordentliche Beweglichkeit des Kopfes, suchen die Drehhaͤlſe, deren es nur zwey Arten | gibt, zu einer eignen Battung. Die Art, die den Eommer über in Deutfchland wohnt, hat die Groͤße einer Feldlerche, Die Farbe diejes Drehhalſes ift | eine angenehme Miſchung und Abwechslung von aſchgrau, ichwarz, weiß, gelblich. und roſtfarbig. Der Kopf ift aſchfarbig und marmorirt, Schnabel und Süße find blaulich; die bräunlichen Flügel haben ſchwarze Wellen, Ueberhaupt: ift er ein niedliches Thier, das, wenn es in Eifer geräth, die Federn der Scheitel in die Höhe firäubt, Er iſt über und über mit Fleinen Fleckchen, wie mit Schuppen, bedeckt. Was das Seltſamſte an ihm ift, find die komiſchen Bewegungen und Wendungen, bie er, wenn man ihn in der Hand hält, mit dem. Kopfe macht, ald wenn er fich vertheidigen wollte, Bald perlängert er neugierig feinen Hals, bald verkürzt er ibn. Beinen Schwanz breitet er gern aus, Wie Aloret: Seide fo weich find feine Federn.
Neht tief im Walde, fondern lieber in Vorhoͤl⸗ zen beütet das Ehepaar, abwechjelnd, auf den 6 —g kleinen, faft ganz runden, weißen Eyern, bie. das Weibchen in hohle Bäume auf Holzmehl gelegt
hat,
Die Spechtmeife. 149
hat, Sie Hettern nicht häufig an den Bäumen here um, fondern hüpfen lieber auf ebner Erde, Ihre Stimme laſſen ſie nur dann oft hoͤren, wenn ſie, nach langer Abweſenheit, die gewohnten Gegenden wieder begruͤßen und auf Nachkommenſchaft bedacht ſind. Und wer koͤnnte ihnen die Freude bey der gluͤcklichen Zuruͤckkunft verdenken, da ſo furchtbare Raͤuberbanden, wenigſtens fuͤr Voͤgel, die Reiſen in der Luft unſichrer machen, als auf der Erde? Sie kommen mit dem May zu uns und verlaſſen uns mit dem Eintritte des Septembers. Inſecten, Larven und Ameiſen ſind ihre Nahrung. Sie ſpießen mit der Zunge ihren Raub, und ſchlingen ihn hinter, ohne daß er den Schnabel berührte, Ihr Fleiſch iſt ſchmackhaft aber felten,
wa Ze nr REITER © STETTEN WILL
Tab. XR. Die Spechtmeife Sitta, /a Sittelle. (48) Fever zu den Spechten, noch zu den Meiſen ges hört die Spechtmeife, obgleich) ihr Nahme eins von beyden wermuthen ließe, Sie macht vielmehr & 3 mit
150 Die Spechtmeiſe. mit ihren 8 Arten, von denen nur Eine in Deutfchs land wohnt, eine eigne Gattung von Vögeln aus, die fich) Durch einen pfriemenformigen, geraden, faft runden Schnabel, deffen obere Hälfte etwas länger ift, eine getheilte Zunge, mit Borſten bedeckte Nas fenlöcher und ordentliche Gangfuͤße, mit denen fie aber doc) auch Elettern Fonnen, auszeichnen. Es würde unfre Lefer ermiden, wenn wir alle Nahmen, die man den Spechtmeifen gab, anführen wollten, unter denen Blaufpecht und Nußhacker die bee zeichnendften find, Zwar hat die Spechtmeife Aehnlichkeit mit der Meife; aber ihr Schnabel trennt fie von diefer; und fie hat Aehnlichkeit mit dem Spechte; allein Zunge und Schwanz find ander# befchaffen, als jene fie zu haben pflegen,
Nicht gemeine Stärke hat die Spechtmeife in hrem Schnabel, Wenn fie Nüffe finder, fo mache fie ein Loch in die Baumrinde, ftecft die Nuß hinein, und haut fo den Kern heraut, Daher man oft leere Nußichalen in Baͤumen ſtecken fieht, In der Ges fangenſchaft hadt fie oft gegen die Wände ihres Käfige, ja fie zerfchlägt wohl zuweilen Spiegel und Senfterfcheiben. Wenn fie im Käfig fehläft, fo fige Ar nicht auf den Sproffen, fondern am Boden, und
ſteckt
Die Spechtmeiſe. 151
fteckt den Kopf unter die Flügel. Oft klammert fie fih an: den Seitenwänden, wie an einem Baume an, und es ift feltiam genug, daß fie ed zum dftern mit dem Kopfe nach unten zu, auch in die Duere, thut. Ihr Flug ift leife, ihr Gang hüpferd, und nad) allen Richtungen Hlettert fie am Baume fehr fertig auf und ab. Zuweilen fell fie bis zum Sige des Adlers hinaufflettern und feine Eyer zerhacken. Dieß foll der Grund feyn, warum der Adler die Spechtmeiſe verfhlingt. Doc ſcheint der Raub⸗ vogel, um den Schwaͤchern zu verſchlingen, keinen an⸗ dern Grund noͤthig zu haben, als daß er der Staͤrkere iſt. Im Walde lebt die Spechtmeiſe einſam; in der Gefangenſchaft wird ſie bald mit jedem Vogel vertraut. Ihre Stimme iſt der erſte Bothe des wie⸗ derkehrenden Frühlings, ehe noch die Bäume aus— ſchlagen. Oft ruft alsdann das Männd;en Guie ric, bis fich) daß etwas ſproͤde Weibchen jeinen Wine fchen ergibt. Nun aber gehts mit vereinten Kräften über den Bau des Neſtes her, wozu ein altes Baum⸗ loc) gewählt wird. Findet fich Fein fchicliches, fo haut das einträchtige Ehepaar ein Neues an einer Stelle, wo die Holzwürmer bereit vorgearbeitet haben, Iſt das Loch), das die Spechtmeife fonft zu
‚Ihrer
152 Die Spechtmeiſe.
ihrer Wochenftube brauchbar findet, zu weit, fo wird der Eingang mit fetter Erde, Koth u. d. enger ges macht, und, troß dem geſchickteſten Toͤpfer, wiſſen diefe Thierchen die Maffe durchzufneten, und die Vor⸗ mauer, in der ein außerft kleiner Eingang ift, mit Steinchen zu befeftigen. Iſt nun alles bereitet und das Lager von Moos und Holzmehl fertig, fo legt das Weibchen 5; — 7 ſchmutzig weiße, rothbraum pumetirte Eyer. Auf diefen brüteted To — 15 Tage fo emſig, daß es fich eher Die Federn auerupfen, ald von der Stelle bringen läßt: Brächte ihm der treue Gatte nicht die nöthige Nahrung, fo würde es lieber ver⸗ hungern, als die Eyer verlaſſen, und es ziſcht wie eine Schlange, wenn man es mit einem Reis in ſei⸗ nem muͤtterlichen Geſchaͤfte zu ſtoͤren leichtſinnig ge⸗ VNug iſt. Raupen, Käfer und andre Inſecten, Nuͤſſe, Eicheln ꝛc. lieben fie ungemein.
Die Art Spechtmeiſe, die in Deutſchland ge⸗ funden wird, und die gemeine (Sitta europæa 48) oder auch der Kleiber beißt, hat eine blauliche Stirn, einen blaulich grauen Oberleib, und eben folche Fluͤs gel Dedfedern, eine dunkel citrongelbe Bruft und Bauch, und, was fie hauptſaͤchlich kenntlich macht, fhwarze Schwungfedern, von denen die vier Außers
ften
— Der Eisvogel. 183 ſten unter der Spitze weiß ſind. Ein ſchwarzer Streif lauft vom Schnabel nach den Ohren zu, Die Züge find Eurz, gelblich; drey Zehen gehen nach vorne, und eine nad) hinten zu, und haben fehr fpigige Klauen. Sie hat die Größe einer Lerche. Auch im Winter ſieht man ſie hie und da. Ihr Fleiſch ſoll wohlſchmeckend ſeyn. Doch verſichert Gmelin, die Tunguſen und Jakuten pflegen mit dem Fleiſch und Blut der Spechtmeiſe die Pfeile zu vergiften, womit ſie Raubthiere erlegen: ja, die Letztern ſagten ihm ſogar, daß ein auf dieſe Art ver: wundetes Thier ploͤtzlich todt zur Erde falle.
Tab. XIX. Der Eisvogel, Alcedo, /e Martin pecheur. (49)
Ale die 44. Arten von Voͤgeln, die zu Einer Gattung gehören, und den gemeinfchaftlichen Nahmen Kis- vögel führen, haben einen ſtarken, langen, fehr fpisigen, dregfantigen und gerade ausgehenden Schnabel, eine fleifchige, fehr Furze Zunge, und Schreitfüße mit vier Zehen, wovon aber, außer ber Vögel I. Theil, u ohnes
EREIEZITTEZZECZEN
154 Der Eisvogel.
ehnehin hinterwärts ftehenden, noch eine eine willkuͤrlichen Bewegung nad) hinten, wie bey den Eulen, fähig ift, fo daß fie im Gehen, Schreits füße, im Steigen, Kletterfüße haben. Sie ſuchen ihre Nahrung, die in Fifchen und andern Waffer- thieren befteht, im Waffer, auf dem Eife und unter Eisſchollen.
Der gemeine Kisvogel (Alcedo ifpida, 49) ift einer der vorzüglichen deutfchen Vögel. Seine Scheitel ift das fchönfte, ind Gold fpielende Schwarze grün, mit dunflern Echuppen. Ein orangegelber Etreif lauft über dem Schnabel gegen die Augen zu und vereinigt fich hinter den Ohren, Ein blendene des Hellblau, ins Gruͤne (dimmernd, am Rücken dun= fel gemwellt, berricht vom Halfe bis zum Schwanze, und weiß, orangegelb und dunfel braunroth an der Bruft, dem Bauche und den Seiten, Der Schnee bet iſt ſchwaͤrzlich, die Füße find mennigroth, Die Größe ift die einer Lerche. Hals und Schwanz find fehr kurz, die Schenkel bi6 an die Klauen befievert, die Klauen fpisie. An Zeichen, Zlüffen und Eeen wohnt er in der ganzen alten Welt, und frißt Fiſche, deren Gräthe er in ganz artigen, vollkommen run⸗ den Kuͤgelchen von ſich gibt. Sobald die kaͤltere
Jahrs⸗
Der Eisvogel. 155
Jahrszeit eintritt, fo eilt er von Bach zu Bach, und lauert an Stellen, wo das Eis durchbrochen iſt, eder von einem überhängenden Bufche herab, auf die ſorglos voruͤberſchwimmenden Fiſche und Inſecten. In die Löcher der Teich- und Flußufer lest das Weibchen mit dem Frühlinge 6— 9 weiße, glatte Eyer. Fiſchgraͤthe und Schuppen ohne Ordnung durcheinander geworfen, machen die unterſte Lage des Neſtes aus. Es iſt mit Wolle, Federn und Schlamm gefuͤttert, und ſieht aus wie ein Beutel, an dem zu oberſt der Aus⸗ und Eingang angebracht iſt. Raächerlich genug hat man behauptet, es ſchwim⸗ me auf den Meereäöwellen, und dennoch kaͤmen bie ungen glücklich aus, Eben fo grundlos iſt der vors sreffliche Geruch, fo wie die Unverweslichkeit, die man dem Eisvogel zuichrieb. In den erfien Tagen nach feinem Tode follen aus feinem Leibe einige flinfende Tropfen hervordringen; dann aber foll ex wie Holz werden, Inzwiſchen erfuhr doch Vals mont felbft, wie bald die Käfermotten diefe vors gebliche Unfterblichkeit benagen, und wie ſehr ſich diejenigen taͤuſchen, Die einen Eisvegel als ein fiches res Mittel gegen alle ſchaͤdliche Inſecten in ihrem Schranke aufbewahren, Eben fo gewiß mag er auch
12 des
156 Der Eisvogel.
der fallenden Sucht wehren, gegen die man ihn Kindern in einem Saͤckchen anhaͤngt.
Die Stimme des Eisvogels lautet Giek, Sief, und ift fo unmelodiſch, daß man nicht bes greifen kann, wie man ihn zu den Singvoͤgeln rech⸗ nen konnte. Wahrfcheinticy har bey der Beurthei- lung diefes fchöuen Vogels der Sinn des Gefichte, den des Gehoͤrs befiochen, Er behaupten fein Revier an einem Waſſer gegen andere Eisvoͤgel muthig gen nug, und lebt mit feiner Gattinn in einer friedlichen Ehe. Wenn das Brurungägefhäfte fie auszugehen verhindert, fo bringt er ihr ficher die beften Fiſche, die er nur finden kann, Che er feinen Jungen kleine Fiſche zur Aezung binreicht, erweicht er fie zuvor et⸗ was. Zungen Forellen fcheinen die Eisvoͤgel den Vorzug zu geben, und werden eben dadurch, daß fie foviei und mit ſolcher Gefchicklichkeit Fiſche fangen, ſehr ſchaͤdlich. Wenn man fie in der Gefangenfchaft mit Schmerlen oder Gründlingen füttert, fo faffen fie fie mitten um den Leib, fchlagen ihnen den Kopf wider die Stäbe ihres Bauerd, bis fie todt find, ſchlingen dann zuerft den Kopf hinab, fo daß der Schwanz eine gute Weile zum aufgefperrten Schna⸗ bel herausſeht; bis das allmählich verdauende Kopf⸗ küd such dem Schwanzflüce Platz macht, 2
ab,
*
ihr nd 157 Tab. XIX.
Der Immenwolf.
— le Göepier. (50) Nie ungeheure Menge von Inſecten, die die fo fruchtbare Natur erzeugt, machte auch eine Menge son Vögeln und andern Thieren noͤthig, die ihrer allzugroßen Ausbreitung Gränzen festen, und dem Schaden vorbeugten, welchen die zahllofen Schwär: me derfelben fliften würden. Diefe wichtige Be: flimmung hat auch die Dogelgattung der Immen⸗ woͤlfe oder Bienenfreffer erhalten, von deren 57 Arten nur feiten eine nach Deutſchland verfchlas gen wird, In andern, befonders ſuͤdlichen Laͤn⸗ dern, find fie ſchon häufiger, Ein etwas fichel- fürmiger Schnabel, der unten ſcharf gerändert iſt, eine vorn gefaferte Zunge und Streitfüße find ihr gemeinfhaftlicher Karakter,
In der Schönheit de& Gefieders Tann der ge⸗ meine Immenwolf oder Bienenfreſſer (M. apiaſter 50) mit dem Papagey wetteifern. Die gruͤnliche Stirn, der ſchwarze Seitenfleck an den Augen, die goldgelbe Kehle, der rothbraune Hinter⸗ kopf, der roth und gelbe Ruͤcken, die gruͤnlich blaue
I Sarbe
158 Der Immenwolf.
Farbe der Schwung- und Schwansfedern und der grüne Schwanz machen ein angenehmes Ganzes, Der Lebtere ift fehr lang, und die zwey mittelften Sedern ragen noch über die andern hervor, Er hat die Gräfe einer Amſel. Merkwirdig iſt die Eine richtung der Fuͤße. Die äuferfte Zeche hängt mit Z Knoͤcheln an der mittlern, die innerfte aber nur mit zwey. Seine Stimme ift ſtark, und fein Gefchrey foll ein ztichendes Grulgruruururul feyn. Truppe weife fliegen die Immenwölfe und freffen Bienen, Weſpen, Bremen, Heufchreden ꝛc. Mit den letze tern, an Angeln feſt gemacht, fängt man fie. Aber auch aus dem Pflanzenreiche hohlt der Immen⸗ wolf ſeine Nahrung, wenn er keine Inſecten hat, und es iſt eine ſehr weiſe Einrichtung der Natur, daß mehrere Voͤgel Fleiſch- und Koͤrnerfreſſend zugleich ſind. Wuͤrde nicht eine Menge derſelben, zumahl von denen, die bey uns uͤberwintern, in der Jahrs⸗ zeit, wo ed an Jnſecten mangelt, verſchmachten, wenn nicht der fonft zärtliche Vogel, ſich auch mis sauber Koft behelfen könnte? Aber num findet es immer noch Buchedern, Geſaͤme, fpäte Wachhele derbeere u. d. womit er fid) zur Noth behelfen kann. Bein Neſt baut der Immenwolf in tiefen Erd» hoͤhlen, und fein Sleifch fol ſchmackhaft ſeyn.
In
De Wiedehopf. 159
i | In Bengalen wohnt der afchfarbige Immen⸗ wolf, Der in Braſilien hat einen fpigigen, fichele fürmigen Schnabel; der in Madagaskar ein golds grünes Halcband, und der auf den Philippinen und
in Angola ein ungemein ſchoͤnes und ee Gefieder.
Der Wiedehopf.
Upupa, /a Hupe.
Der gemeine. (51)
Der firuppige. (52). Nr Karakter der 18 Wiedehopfarten,, bon des nen nur eine unfer Vaterland befucht, ift ein er- haben gebogner, etwas zufanımen gedrückter, fehr duͤnner und meiftens fpitiger Schnabel, eine ſtum⸗ pfe, dieyedige und ungetheilte Zunge und Gang⸗ fuͤße. Die Haube, die einige Arten bejizen, macht fie zu den europäifhen Cacadus.
Nicht größer, als eine Singdroffel ift der ge⸗ meine Wiedehbopf (U. epops 51), dem’ feine ſchmutzige Lebensart den Nahmen Kothhahn, Dreck⸗
kraͤmer,
160 Der Wiedehopf.
kraͤmer, auch Gänfehirt erworben hat. Doch fcheint die legte Benennung daher entftanden zu feyn, weil er gern um Gänfeheerden ift, und dabey Zuts hut, Huthut ruft. Erſt im May kommt er kurß vor oder mit dem Kufuf bey uns an, und wird daher von den Jaͤgern der Kukuks-Lakey genannt. Sm - Auguft nimmt er fchon wieder feinen Abfchied. Ihn zeichnet ein hoher Federbufh von ſchmutzig
orangegelben Federn mit ſchwarzen Snden aus. Er
befteht aus zwey Neihen Federn, die Aldrovand In einem kunſtreichen Muskel feſtgemacht fand. Zog man dieſen gegen die Stirn, fo richtete ſich der Feder⸗ bufch auf; z0g man ihn aber gegen den Rücken, fo legte er fih. Sit der Wiedehopf in einer leiden: fchaftlichen Bewegung, fo thut er jenes; ift er aber in Rube, fo gefchieht diefes. "Sein Hals und feine Bruft find roͤthlich braun, die Bruft etwas heller, der Ruͤcken, die Flügel und der Schwanz find fchwarz und weiß. Er ift ſchmaͤchtig und mager, Geine Füge find kurz und fchwärzlid, Der weichen Fes dern wegen ift fein Flug ohne alles Geraͤuſch.
Die Nahrung des Wiedehopfs befteht in Res gemwürmern, Aderwerren, Aas und Miftkäfern, Wo Koth ift, da unterfucht er mit feinem Schnabel
ſorg⸗
Der Wiedehopf. 161
forgfältig, um Inſecten zu finden, und nicht ohne großen Nußen ift ihm die Spige desſelben, um die Erde aufzugraben, und die Mürmer aus ihren Mi⸗ nen hervorzuziehen. Wenn er Ameifeneyer, oder vielmehr Puppen, frißt, fo faßt er fie erft mit dent Schnabel, ſchleudert fie etwas ſeitwaͤrts, und ſchnappt fie dann auf, Seine Unreinligjkeit und die Gewohn⸗ beit, im Koth fein Brod zu fuchen, machen, daß er gemeiniglich ſeht übel riecht, Doch verliert fich dies fer Geſtank, wenn man ihn im Haufe hat, Er wird da ſo zahm, daß er aus der Hand fein Zutier hohlt. Luftig ift der Wiedebopf anzufehen, wenn er auf der Erde fortlauft, was er fehr fchnell Fann, Er berührt dann beftändig mit dent Schnabel und den Fluͤgeln die Erde, fcheint viele Verbeugungen zu machen, und ruft beftändig Hophophop. Sein Neſt macht er in eine Baumhoͤhle auf eine Grunds lage von Menfchen= und andern Koth, wozu Stroh und andereMaterialien kommen; und legt aafcıhgraue,; etwas gefleckte Eyer. Weil dieſes unſaubere Thier ich die Muͤhe nicht nimmt, den Koth ſeiner Jungen aus dem ohnehin ſtinkenden Neſte wegzuſchaffen, ſo iſt ſehr begreiflich, daß dieſe von Kindheit an abſcheulich rie⸗ chen muͤſſen. Inzwiſchen iſt dieſe Abſtumpfung ihrer Voͤgel J. Theil; * Ge⸗
*
162 Der firuppige Wiedehopf.
Geruchsnerven eine ganz gute Vorbereitung zu ihrem Fünftigen Berufe. Etwas abgelegene, große Mäls der. und Viehtriften find fein liebfter Aufenthalt, So ein trefflicher Täufer er ift, fo kann er den⸗ noch auch fehr gut Hlettern, Er ift nicht ſcheu, und läßt fih, wenn er auf Wiefen feinem Futs ger nachgeht, ziemlicdy nahe fommen. In Sfalien wird er, Trotz feinem abſcheulichen Geruche, als Speife auf Märkten verkauft, Man fängt ihn mit Vogelleim, Gegen die Kolif wird die Brühe von feinem Fleifche jehr empfohlen,
Ein aͤußerſt prächtiges Thier ift der ſtruppige Wiedehopf (U. magna, le grand Promerops a parements frifes 52). Er bat von der Spitze des gebognen Schnabel bis zum Ende des Schwanzes 4 Ruß, obgleid) fein Körper nicht größer als der eis ner Taube if. An feinen Schultern fliehen rüd- wärtd gekruͤmmte, purpurfchwarze Federn, deren Fahnen auf einer Seite des Schaftes fehr furz, und auf der andern fehr lang und mit prächtigen gold= grünen Spitzen verjehen find. Eben diefes ſchim⸗ mernde Goldgruͤn iſt am Kopfe und der Bruſt ſicht⸗ bar. Unter den Fluͤgeln haͤngt ein Fiſchgraͤthen aͤhnliches Federngewebe herunter; einige gruͤne,
etwas
Der firuppiae Wicdehopf, 163
etwas weniger als die Schulterfedern gefrimmte Federn fiehen nad) der Richtung des langen, ſtahl⸗ blauen und geftuften Schwanzes bin. Dieje Zara be, nur etwas dunkler, bemerkt man auch am Halfe und den Flügeln, Neuguinea ifi die Geis math diefes ſeltſamen Vogels, von dem wir una entihieden laffen müffen, ob nicht die Kunft zu feiner ganz eignen Frifur etwas beygetragen habe; eine Vermuthung, die das Verfahren der Wilden mit manchen von Narurforfchern gefuchten Merke würdigfeiten nur zu fehr rechrfertiget,
In der Schweiz ift eine Art Wiedehöpfe fehe zahlreich, die den Nahmen Schweizereremiten, Steine rappen führen. Sie find größer als die gemeinen, und kommen einer Taube gleich, Ihr Federbufch glänzt fehr [hön, und ihr Rüden ift dunkelgrün mit Purpur. Sie bewohnen baufülliges Gemäuer, und naͤhren fich wie die Unfrigen. Wenn man in ver Schweiz ein Neft ausnimmt, ſo laͤßt man immer ein Sunges darin, um dieſes nuͤtzliche Gefchlecht nicht ganz zuvertilgen. Leberhaupt wäre eine Einfchrän= fung des Muthwillend, der oft ganz zwecklos Nefter zerſtort, zu wuͤnſchen. Es ift in der That abfcheu-
lich, die Nachkommenſchaft nüßglicher, wenigftens x2 TE
164 Der firuppige Wiedehopf.
unfchädlicher Vögel zu zernichten. Nicht zu ges |
denken der Leiden, die man dadurch ihren armen Eltern, ohne irgend einen vernünftigen Zweck, bes seitet, fo ift ed wahre Frechheit, irgend einem Gee ſchoͤpfe, ohne den geringften Nußen für und und ans dere, den Eintritt ind Leben zu verbiethen. Durch die vernunftlofen Graufamfeiten gegen unfchuldige <Thiere, die man der Jugend zur Unterhaltung erlaubt, gewöhnt fie ſich ohne Zweck wehe zu thun, und Seufzer ohne Rührung zu hören. Freylich legt die Sache nicht im Gebiethe der Polizen; obgleich diefe fonft Wege genug hat, das Erlegen eines die Meder umwühlenden Schweines, oder eined Falken und Reigers zu verhindern, weil — wie ed in einem alten Forfimandate heißt, „wir fie zu unfrer fürfts lichen Luft und Ergdglichkeit gefchont wiffen wollen,“ Doch ſollte eine vernünftige Erziehung, da, wo die Geſetze fchweigen, nuͤtzliche Vögel und ihre Nefter in Schug nehmen; und ficher würde eine rührende Darſtellung unfrer Pflichten auch gegen Thiere im Unterrichte weit nüßlicher , als das Herfagen dunkler und unverftändlicher Dinge ſeyn. Man darf eben kein empfindſamer Schwärmer fern, um dad Verhalten Bieler gegen Thiere roh und unmenfchlich zu finden. j Tab.
4
—
nd —— 105 Tab. XXI Der Daumläufen,
Certhia, /e Grimpereau. Der gemeine. (53) Der Mauerſpecht. (54) Der O⸗Waihiſche. (55)
Ein duͤnner, ſich allmaͤhlich in eine ſcharfe Spitze verlierender, etwas dreyeckiger, gebogner Schnabel, eine ſpitzige Zunge und Gangfuͤße ſind das gemein⸗ ſchaftliche Eigenthum der Baumlaͤufer⸗Gattung, von der bereits über 6o Arten entdeckt ſind. Die Fer⸗ tigkeit dieſer Vogel, an Baͤumen und Balken behende auf: und abzulaufen, hat ihnen ihren Nahmen erwor⸗ ben. Sie haben, beſonders die Auslaͤndiſchen, mit den Colibris manches gemein, ſind aber doch in vielen Stuͤcken, wie wir bald ſehen werden, von ihnen ver⸗ ſchieden. Ihrer gibts eine große Menge, allein, dem Zweck ihres Daſeyns gemaͤß, in warmen Laͤn⸗ dern, wo ed von Inſecten wimmelt, eine weit grös Bere, ald in gemäßigten. Wie oft ein Thier dem andern porarbeite, und zu feiner Nahrung verhelfe, gibt der Baumlaͤufer einen Beweis. Viel zu ſchwach, wie der Specht zum Inſectenfange Rinden
3 aufs
166 Der Baumläufer,
aufzuhacken, führt ein wohlthätiger Inflinet den
Baumläufer dem Holzbicker auf dem Fuße nach: und indem diefer aufbaut, fo hafdıt jener vie hervor:
friechenden Inſecten, und bebilft fich fo mit dem,
was diefer von feinem Leberfluffe wohl entbehren fann, und was, um der Kleinheit willen, von jenem viele leicht gar nicht geachtet wird. Indem der Baum
laͤufer die Eyer des den Obftbäumen fo verderblis
en Bluͤtenwicklers, und des dem Nadelholze eben fo ſchaͤdlichen Borfenfäfers auffucht, wird er ein MWohlthäter der Menfchbeit, und verdient die Scho⸗ nung, die jeder Gutdenkende nüglichen Gefchdpfen ſchuldig iſt. Beſſer und reiner wird fein Gärtner die Kaupennefler wegfchaffen, als unfer Baumläufer, und es ift immer noch eine Trage, ob nicht der Menfch manches jet veracdhtete Geſchoͤpf, wenn er ed an einem Site ganz anzugewühnen verftinde,. als einen fehr nüßlichen Zagelöhner brauchen, und manche faure Mühe fich erleichtern koͤnnte.
Faft fo Flein, wie der Zaunfünig, und wie diefer in einer beftändigen Bewegung ift der gemeine Beumläufer (Baumfletterer, Baumrutfcher, C. familiaris grifea 53), der im nördlichen Deutfche land ſehr haufig iſt. Obgleich Wälder fein gewoͤhn⸗
| lichſter
⸗
Der gemeine Baumläufe. 167
Uichſter Aufenthalt find, fo kommt er doch im Winter unſern Wohnungen näher, und klettert dann aud) wohl, wie ver Mauerfpedht, an den Häufern auf und ab, Seine Kehle und Bruft find weiß, zumeilen mit einem roͤthlichen Anftriche nad) der Bruft zu. Der Oberleib ift wie mit grauen und rothlich gelben Blärtchen vder Schuppen belegt, die Flügelfedern find braun, vorne mit einem roͤthlich braunen Stri⸗ he, und hinten mit weißlichen Puncten bezeichnet, Der fichelfürmige Schnabel ift oben Eraun, unten weißlich. Er ift ziemlic) lang, die Zunge Fürzer als er, mit einem Fnorpeligen Ende. Lang, krumm, und zum Klettern geſchickt find die Krallen, Der Schwanz hat zwölf fpisige, fleife Nuderfedern, auf die fi) der Baumläufer im Klettern fügen kann. Sie find ihm um defto nöthiger, weil er oft länger an einem Plate auf Nahrung harren muß, und ohne Diefe Stüße leicht müde werden würde,
Gern bleibt er an Einem Orte, und fucht da auf Rinden und Moos Inſecten. Das Weibchen legt feine 4 — 7 Eyer in ein niedliches Neſt, das aus Moos, Gras, Federn und Thierhaaren unge- mein artig gebaut ift. Die Eyer find gelblich grau nit ganz Beinen Puͤnctchen. Die Schale ift hart,
DA
168 Der Mauerſpecht.
Da diefer Vogel gern hinter den abftehenden Fine den, oder Schindeln der Bäume brütet, fo I er auch der Schindelkriecher.
Wie diefer an Bäumen, eben fo lebt der Mauer⸗ ſpecht (C. Muraria, le Pic de muraille 54) an Felſen und Mauern, daher er auch in Stalien der Bergfpecht heißt. Er iſt etwas größer und ſteht zwifchen der Amfel und dem Sperling mitten inne, Unftreitig gehört er unter die ſchoͤnſten Vögel unfers Melrtheile, und bewohnt Europa, befonderd Stalien, Das Männchen zeichnet fich durch einen dunkeln Sleden an der Kehle von dem Weibchen aus, Uebrigend haben beyde einen bräunlichen Worders kopf, einen hell afchgrauen Oberleib, einen etwas dunklen Bauch, rothe Deck- und ſchwaͤrzlich und weißgefledte Schwungfedern der Flügel, Der Schwanz ift ſchwarz mit hellem Afchgrau einges faßt. Füße und Schnabel find ſchwarz.
Sie find Höchft unruhig und lebhaft, Fliegen, Ameiſen, Spinnen find ihre Tabrung. Nie wars dern fies Im Winter fommen fie unfern Wohnun⸗ gen näher, Immer Ein Paar hält fid) zufanımen; In Selfen, Mauerhöhlen und hohen Thuͤrmen bauen fie ihre Neſter. Doch find fie auch zum dftern fchon
| *
Der Mauerſpecht. 169
ängetroffen worden, daß fie auf Kirchhöfen und Beinhäufern in Menſchenſchedel nifteten, und fo Tod und Leben recht ſchoͤn zu vereinigen wußten.
Unter den ausländischen Baͤumlaͤufern gibt es viele von unbefchreißlicher Schönheit, Die Na: tur hat ihre Eoftbarften Farben, Blau, Roth, Burpur, Gelb genommen, und ihnen einen ſolchen Glanz ge: geben, daß fie wie Edelfteine ſchimmern. Schon antodten, getrockneten Bogeln bezaubest ihre Schoͤn⸗ heit, um wie viel mehr würde fie es, wenn wir diefe niedlichen, lebhaften Thierchen im Glanz der Sonne herumfchwärmen fähen, und immer neue Spielun: gen und Schattierungen entdeckten. Die in Afien und Afrika faßt Buͤffon unter dem Nahmen Souis mangas, und die in Amerika unter dem Nahmen Guit-Guits zufammen, So nennen fie ihre gandsleute, Merkwuͤrdig iſts, dag dieſe ſchoͤnen Geſchoͤpfe erſt mehrere Jahre alt werden, bis ſie ihre hoͤchſte Schoͤnheit erreichen.
Nur eines Einzigen erlauben uns die Graͤnzen unſerer Verfuche ausführlicher zu gedenken, und es ift, wir gejtehen ed aufrichtig, Dankbarkeit gegen den Mann, deſſen Fühnen Reifen die Neturgefchichte jetzt und kuͤnftig fo viel zu danken hat, dag wir ges
Dögel 1. Theil; 9 rade
370 Der Ds Waihifche Baumläufer. rade den &: Weibifchen (carmefinrotben, C. Coc- einea 55) dazu wählen. Denn wer ergreift nicht gern jede Gelegenheit, einem fo unfterblich verdienten Manne, wie Cook war, einen Tribut der Verehrung zu entrichten ; follte er auch inimer fo unbedeutend feyn, ald der Verfaffer fühlt, daß der gegenwäirtts ge if. Der Schnabelrüden des O⸗Waihiſchen Baumldufers ift nicht edfig, fondern konvex, und im Ganzen gefrümmter, als bey andern Baumläus fern. Er ift wie die ziemlich ſtarken Füße von gelbe licher Sleifchfarbe, und die obere Hälfte ift etwas breiter, als die untere; die Nafenlöcher find längs lich rund und ziemlich groß. Ein brennende: Roth, zwiſchen Zinnober und Scharlach,, ift die herrfchende Sarbe am Leibe. Die Flügel und Schwanzfedern find fchwarz, die Dedfedern roth. Er ift fo groß wie der Dompfaffe. Seine Speife ift wahrſchein⸗ lich Honigfaft aus deu Blumen, Die Inſul Waihi ift feine Heimath, die unter den Sandwichs-In⸗ fuln immer die Denfwürdigfte bleiben wird, weil bier der Weltumfegler Cook, auf die unglüdlichfte Art von der Welt, ſeine ehrenvolle faufbahn beſchloß. Der werthefte Putz der Männer und Meiber in je: nen Gegenden ift von den rothen Federn diefer Baume
Der D+ Waihifche Baumlaͤufer. 171
Baumlaͤufer. Man beiest damit Mäntel, und trägt fie ald Halsſchmuck und Diademe bey feyer« lichen Taͤnzen.
Um noch mit wenigen Worten ein Paar Aus⸗ länder von dieſer Gattung nahmhaft zu machen, - führen wir die langgefchwänsten an, aus deren Schwanz zwey ſehr lange Federn hervorragen; und den blauen furinamifchen, der fein Neft, in Geftalt einer Retorte, außen von Stroh und Wure geln und inwendig von weichern Materialien, vera fertigt, und ed an einem ſchwachen, beweglichen Aſte aufbängt, fo daß der Hals diefer Retorte nach der Erde gekehrt ift, und den Eingang abgibt, Hie⸗ durch verwahrt er fich und feine Junge gegen Spine nen und Eidechfen, die manchem ſchoͤnen Baumes Täufer nach dem Leben trachten, nun aber in dem durch Wurzelfofern unwegſamen Cingange fich serwideln. Zu dieſer Gattung gehören auch die Zuckerfreſſer, die ihre Schnäbel in die Zuckerrohre fieden, und den Soft ausſaugen. Borzüglich gute Sänger follen einige ausländifche Baumläue fer ſeyn. |
92 Tab.
Tab. XXI. XXI, Der Kolibri.
Trochilus, le Colibri, P’Oifeau ———
Der kleinſte. (56) Der gemeine, (57) Du 3 Suwelenscolibii. (58) Der Haubens eolibri. (59)
Der mit der Granatkehle. (60) Der Ga⸗ |
belſchwanz. (61)
Wir haben in der Ordnung der ſpechtartigen Voͤgel ſchon manchen, den vie praͤchtigſten Farben ſchmuͤckten, unfern Leſern befannt zu machen das Vergnügen gehabt, Aber ficher enthält die Gat⸗ tung der Colibris, womit wir jetzt jene Ordnung beſchließen, die allerſchoͤnſten unter den belebten Weſen. Man muß von den Edelſteinen und den edeln Metallen die Nahmen borgen, um nur eini⸗ germaßen das Colorit dieſer Thierchen zu befchreie ben; aber auch dieſe erreichen ihre auserleſene Schoͤn⸗ heit und ihren blendenden Reiz bey Weitem nicht. Nicht uͤbel druͤcken die Nahmen Sonnenhaare, Sonnenfirchlen, die ihnen die Indianer geben, Ihren Glanz aus, und eher zu wenig, als zu viel far
gen
t
Der Colibri. 173
gen die, welche fie, wenn fie in der Luft ſchweben,
mit funfelnden Sternen vergleichen. Faſt bey jeder Art diefes Gefhlehte muß. der Schriftfteller die Bilder vom Eolde, der Sonne, den Sternen, den Edelfteinen wiederhohlen, und lieber wollen wir gleich im Anfange das freymütsige Bekenntniß ablegen, daß die Piniel unfrer Maler und umnfere Schilderungen nichts als Schattenriffe von der Schönheit entwerfen Fonnen, die diefe Fleinen Nas turwunder wirklich befigen,
Zwar verfagte die Natur dem Colibri ( Honige fauger, Blumenfpecht) die Größe, ja machte ihn vielmehr zum kleinſten Mitgliede der ganzen Vegel- klaſſe; aber fie gab ihm dafür Anmuth, Leichtige feit, Reinlichkeit und Pracht ded Gefieders. Nie beſchmutzt ihn der Staub der Erde, denn auf ihrer Dherfläche hat er nichts zu thun, weil er faft immer in der Luft über Blumen ſchwebt. Nur, wo ein milder Himmel einen ewigen Frühling erhält, wo Feine Jahrszeit ohne ihre eignen Blumen ift, da mag er wohnen, Kommt er aud) in gemäßigtere Ger genden, fo verläßt er fie doch wieder, fobald der Herbfi die Blumen abjtreift, und die Kelde, aus benen er oft feine Nahrung hohlt, verwelfen, Sein
93 ſlug
174 Der Eolibri,
Flug ift etwas raufchend und macht ein Befumme, das dem gleichkommt, das man von Weſpen ıc zu hören gewohnt ift, jedoch angenehmer; und fo aus Berordentlich fchnell fchlägt er dabey mit den Fluͤ⸗ geln, dag man die Bewegung gar nicht wahrnimmt, und den Vogel für ganz unthaͤtig und unbeweglich halten koͤnnte. Man hoͤrt ibn eher, ald man ihn fieht, Da man unter der ganzen Gattung Colis bris, bie aus 67 Arten befteht, bemerkt hat, daß einige gerade ausgehende, andere fichelfürmig = ges kruͤmmte Schnäbel haben; fo fanden mehrere Lehe ser ber Naturgefhichte für gut, fie ald zwey vers ſchiedne Gattungen zu betrachten, und die erfiern Sliegenvögel, die andern eigentliche Colibris zu nennen, Da aber Sitten, Nahrung, Aufenthalt, Glanz der Farben ıc. bey allen ganz diefelben find, jo wirde diefe Trennung fo nahe verwandter Arten aur eine unndthige Zerftücdlung einer und derfelben Gattung ſeyn.
Der Rörper bes Colibris hat, — daß er der kleinſte aller Vögel iſt, nichts Auszeichnendes, Der Hals und Leib find von den gewöhnlichen Ver⸗ bältniffen, die Schenkel und Fuͤße ſehr kurz. Sie beduriten aber auch von der immer zwecmäßig hans .
deln⸗
Der Eolibri. 175
Beinden Natur Reiner längern. Denn fie haben nur wenig zu gehen und zu hüpfen, Einen Sumpfvo⸗ gel hingegen, ber an moraftigen Erellen fein Stüd Brod ſuchen muß, wußte dieje gütige Mutter ſchon mit längern zu verjehen, jo wie fie für den Vogel, der feine Nahrung packen und fefihalten muß, auch fiärfere Zehen und Krallen in Bereitichaft hatte: Man kann denken, wie Hein und zart diefe bey den Colibris feyn müffen. Drey Zehen fiehen vor= und eine hinterwärtd, Mit Screp, Scereprufen be grüßen bie Colibris die Morgenröthe, Gobald die Senne aufgeht, zerſtreuen fie ſich in den Feldern; Außer diefer Stimme laffen fie auch noch, wenn fie Händel untereinander haben, ein Zwitfchern von fid) hören: aber das ift auch all ihr Singen; denn bey den Nadytigallengefang, den einige der oder jener Art fo freygebig zugefchrieben haben, liegt wohl ein Mißverftand zu Grunde, Sie leben vom Ho: nigſaft der Pflanzen, flattern von einer Blume pfeils fehnell zur andern, aber ihre Ernährung Eofter dem Meiche der Natur auch nicht eine Blume, Denn keine derfelben wird davon well, Auch ſetzen fie ſich gewöhnlich nicht darauf, fondern, immer fchwebend, ſtecken fie ihre gefpaltne Zunge tief in den Kelch. Zumels
176 Der Eolibri,
Zuweilen aber vertiefen fie fich felbft in der Blume fo fehr, daß man fie darin fangen kann. Wortreffs lich ift zu diefer Art, ſich zu ernähren, das Werkzeug ihrer Zunge, die eine ganz befondere Einrichtung hat. Sie iſt ein wahrer Saugruͤßel, der aus zwey hohlen Fibern, die eine kleine Roͤhre bilden, beſteht. Ungemein weit koͤnnen fie dieſe Zunge hervorſtrecken, weil auch fie die knorpeligen Federn des Spechtes be⸗ ſitzen. Der Schnabel, der, wie gefagt, bey eini« gen gerade ausgehend, bey andern fichelfürmig iſt, bildet vorn eine Eleine Röhre, indem der obere Theil deefelben den untern etwas umfaßt, Er ift bloß _ das FZutteral der Zunge, und thut zur Nahrung nichts, al& daß er etwa den Weg ins Herz der Blu: men bahnt. Sm Magen des Colibris findet man nichts, ald Blumen: Staub und Gaft,
Die Lebhaftigkeit, Kuͤhnheit und Entfchloffens heit diefer fo Eleinen Gefchopfe ift in der That bez wunderungswürdig. Zwanzigmal größere Vögel, als fie felbit find, verfolgen fie, picken unbarmher⸗ jig auf fie los, quälen fie befonders an den empfinda lichern Theilen unter den Flügeln, oder feßen fich auf ihren Nücen, und bedienen fi) ihrer als na⸗ tuͤrlicher Aeroſtaten. Beſonders ift eine Art Kern⸗
beiſſer
Der Colibri. 177
Heiffer dieſen Verfolgungen ausgeſetzt, weil fie ih⸗ ren Jungen gefaͤhrlich iſt. Unter ſich haben ſie oft heftige Händel und die Galle läuft dieſen Fieinen Thierchen fo bald über, daß, wenn fie eine welfe, aft⸗ leere Blume finden, fie ihren Verdruß Dadurch aus⸗ laffen, daß fie mit zorumürhiger Geſchaͤftigkeit die Blätter ausreiffen, Gewöhnlich leben fie einſam. Nur Ein Paar vereinigt die Liebe, und erhaͤlt es ungetrennt, fo leicht es aud) bey der Kleinbeit und dem ewigen Herumfchiwärmen fich von einander vera irren Fünnte, Miedlich ift das KTeii, das etwa wie eine halbe Aprifofe oder wie eine Wallnuß iſt. Das Meibchen bäut und das Männchen fchafft die Mares tialien herbey. Diefe find Baumwolle, Floden von Seidenpflanzen, Flach, Hanf, Haare, und die fein- ſien Zafern von Citronen- Pomeräanzen= und Lorbers blättern. Zwifchen zwey Blättern von diefen Baͤumen oder auch an einem ſchwachen Zweige, wohl gar an einer Dachſchindel, ift es befeftiger. Es ift dicht gewebt, und von auffen mit Rinde vom Gummi⸗ baume, oder auch mit Moos bekleidet, um es zu vers wahren. Man kann fi) Faum ein angenehmeres Schaufpiel denken, ale die Gefchäftiakeit, mit der dieſe lieben, Eleinen Gejchöpfe die Materialien aus: Dögel I. Theil, 3 waͤh⸗
| 178 De Eolibri,
wählen, umwenden, befefiigen, und wie forgfältig fie die Ränder mit der Kehle, und das. Innere mit dem Schwanze glätten, damit ja nichts die zarten Kleinen verlege. Wechſelsweiſe brüten die Alten auf den zwey einer Erbfe großen, weißlichen Eyern zwölf Tage. Bey etwas größern Arten mögen fie aud) etwas größer feyn, Man kann fi) vorftellen, daß die Zungen im Anfange nicht anderd, als wie Heine Fliegen find. Sie zu vertheidigen hat Die Mut⸗ ter Muth und Lift genug. Wenn Jemand auf den Baum, wo fie ihre Nefter haben, hinauffteigt, fo flattern fie ihm ind Geſicht, und fchlagen ihm mir den Fluͤgelchen fo oft und fo unglaublid) geſchwind in die Augen, daß er gern wieder hinabfteigt, Statt der muütterlichen Bruft läßt fie ihre Zunge an der mit Honigfaft bedeckten Zunge faugen. Aber eben diefe Art der Aezung, fo wie die Nahrung der Colibris überhaupt, macht e& ungemein ſchwer, ja unmoͤg⸗ lich), fie aufzuziehen und lange Zeit, zu erhalten, Man bat eö zwar mit Zucerwaffer, ‚und mit feinem Syrup verfucht: aber wie grob und rauh iſt diefes Futter, gegen den Staub und Saft, die unmittel- bar aus der Werkitätte der Natur fommen, Und
doch esdachte der Witz des Menfchen etwas, um den Co⸗
Der Eolibri, 179
Colibri feiner Freyheit, deren Verluft er fonft nur wenige Stunden überlebt, vergeffen zu machen, und. die Anftalten der Natur für fein Futter nachzuahmen. Capitän Davies machte mit Papier röhrenförmige Blumen genau nad), bemalte fie, füllte ihren Grund mit einer Mifhung von braunem Zuder und Waffer, befeftigte fie an einer Tobackspfeife, und ftellte fie nun in einer der Natur gemäßen Ordnung in den Käfig. Jetzt hatte er das Vergnügen, mehrere diefer kleinen Thierchen aufs genauefte in ihren Sitten beob= achten zu Fünnen, Denn fie wurden ganz zutraulich, fo wie fie überhaupt nicht ſcheu find, und aud) in der Freyheit fi) Menſchen wohl 6 Schritte nahe kommen Jaffen, Bier Monate erhielt er fie fo. Noch länger gelang dieß dem P. Montdidier, der zu gleicher Zeit eine fehr rührende Erfahrung von der ZärtlichFeit der Eltern gegen ihre Junge machen fonnte, Er nahm ein Neft mit Jungen von etwa 15 Tagen, das auf einem Shoppen nahe am Haufe gefunden worden war, zu ſich, und feßte es in einem Bauer vor tag Zenfter feines Zimmers. Bon nun an kamen die Als ten dahin, um ihre Jungen zu füttern, und die Liebe gegen diefe ließ fie jede Gefahr gefangen zu werden pergeffen. Endlich wurden Alte und Zunge fo zahm,
32 daß
180 Der Eike,
daß fie fich der Erlaubniß, aus dem Zimmer zu flie⸗ gen, gar nicht mehr bedienten, und ſich alle vier auf ihres Pflegevaters Finger, wie auf einen Baum⸗ zweig, ſezten. Ihre Nahrung war ein feiner duͤn⸗ ner Zeig von Zwieback ſpaniſchem Wein und Zucker, worein ſie ihren Schnabel ſteckten. Sie ſtrichen im⸗ mer herum, kamen auf den Ruf ihres Herrn herbey, und waren fo fünf bis ſechs Monate feine Haug: und Tiſchgenoſſen. Schon hoffte man, fie ſich fort- Pflanzen zu fehen, ald eines Abends Montdidier ten Bauer aufzuzieben vergaß, Syn diefer ungluͤck⸗ lichen Naht wurden alle diefe liebenswürdigen Thierchen einer Ratte zum Raube,
Ihre Seimath find vorzuͤglich die heiffern Gegen: | den von Amerika, Galifornien und, neuern Entdeckun⸗ gen zufolge, auch das Vorgebirg der guten Hoffnung. Eie find in manchen Gegenden fo häufig, daß ein. Hager ihrer wohl Go an einem Tage bekommen kann. Man fchieht fie gewöhnlich mit Sand, und mit Blasröhren. Aber manche find fo zart, daß man fie bloß durch Beſpruͤtzung mit Waffer aus der Luft niederfchlägt, weil Sand und die feinften Schrote ibren Körper und ihr Gefieder befchädigen würden. Dver man berührt die Voͤgelchen, die einen blühen
den
De Eolibri, | 181
; den Buſch umſchwaͤrmen, mit einer Ruthe, die mit Elebrigem Gummi überzogen iſt. Gemeiniglid) toͤbtet fie Sram und Mangel bald nad) ihrer Gefangenſchaft. Aber erfi nach ihrem Tode bedient fich der Luxus ihrer zum Schmude, Die Indianerinnen tragen fie als Ohrengehänge, und man muß geftehen, daß die Nas tur bey diefer Art von Juwelen die Kunft weit hinter ſich zuruͤckelaͤßt. Um fie auszutrocfnen, damit fie nicht in Faͤulniß übergehen, ſteckt man ein Stäbchen durc) den Schnabel in ihren Leib, wendet es um, und zieht fo die Eingeweide heraus, Hierauf hängt man fie, in Dapier gewickelt, in einen Kamin over einen ana ders jehr warmen Dirt. Aus den Federn wiffen die Deruvianer ganze Gemälde, in einer Art von mo⸗ faifcher Arbeit, zufammen zu feßen, die eine unbe⸗ ſchreiblich ſchͤne Wirkung thun, So erfanden alfo Milde die Kunft, die Bonavita Plant in Würzburg in unfern Zagen mit bewunderungswürdiger Einficht und Geſchmack ausübt, aus Moofen, Vogelfedern und Fluͤgelſtaub der Schmetterlinge die bezaubernd⸗ ſten Gemaͤlde darzuſtellen. Die Prieſter in Surinam duͤrfen feine andre Vögel, als Colibris eſſen, und eine malabariſche Kolonie verehrt fie goͤttlich. Ihre größten Feinde find gewiffe Bufchfpinnen, die ihre 33 Neſier
182 | Der kleinſte Colibri.
Neſter beſchleichen und Junge und Alte ermorden, die auch in ihrem Gewebe oft haͤngen bleiben. Gern bauen daher die liſtigen Eltern in die Naͤhe von gewiſſen Voͤgeln, die dieſe Spinnen vertilgen, ihre Neſter, unter deren großmuͤthigem Schutze ſie nun ganz ſicher leben koͤnnen.
Es konnte nicht fehlen, daß die Geſchichte die⸗ fer kleinen Wunderthiere auch fabelhafte Zuſaͤtze er- hielt. So ſchrieb ihnen der Eine einen Biſamgeruch zu, ein Anderer ließ ſie von Fliegen abſtammen. Ja, ein Jeſuiten Provinzial war kuͤhn genug, zu behaup⸗ ten, er ſey Augenzeuge dieſer Verwandlung geweſen. Der Eine ließ ſie mit den Blumen ſterben und wieder aufleben, und ein Andrer die ganze ſchlech⸗ te Jahrszeit uͤber in einer todtaͤhnlichen Erſtarrung an einem Baume hängen,
Da die Kleinheit der Geftalt eins der auffallend; ften Unterfcheidungszeichen der Colibris ift, fo ma⸗ chen wir bey der Furzen Befchreibung einiger Arten mit dem Fleinften aller Colibris (T. minimus, le plus petit Oifeauw mouche 56) den Anfang. Männz Sen und Weibchen erfcheint auf der Abbildung in der wahren Größe, Er ift offenbar Fleiner, als eine Viehbremſe; vom Schnabel bis zum Schwanze hat
er
‚Der gemeine Eolibri. 183
er nicht ganz anderthalb Zoll, wovon man ohnehin fat die Hälfte auf den Schnabel und Schwanz rech⸗ nen muß, fo Daß der Korper felbft im Grunde wes niger als eine große Fliege beträgt. Das Männchen hat oben auf dem Kopf und Rüden ein ſchimmerudes Goldgruͤn mit braun und roͤthlichem Schiller, der Unterleib ift weißgrau, die braunen Flügel fpielen ins Violette; der Schwanz hat 10 Ruderfedern und ift wie angelaufner Stahl. Der Schnabel, Die Züge und Klauen find ſchwaͤrzlich. Das Weibchen ift etwas Kleiner als dad Männdyen, und hat einen fhmusig braunen Oberleib, mit einem Faum merklichen grünen Glanze, und einen ſchmutzig weißen Unterleib. Ihre Heimath iſt Suͤdamerika, beſonders die angraͤnzenden Inſuln. Das unten liegende laͤngliche und weiße Ey iſt in feiner wah- sen Größe vorgeſtellt. Mehr ald noch einmal fo groß ift der gemei- ne Lolibri (der Rubin, T.Colubris, le Kubis, 57), Kopf und Rüden ift goldgrün mit einem Kupfer: glanze, Die Kehle und Bruft des Männchens hat den Glanz und das Feuer des Rubins, und das präch- tige Roth fcheint mit Gold vermiſcht. Bey dem Weibchen find diefe Stellen weiß, mit einem leichten, braus
134 Der Juwelen⸗Colibri.
braunen Anftrihe, Beyde haben, die grünen Mit⸗ telfedern ausgenommen, einen purpurfarben Schwanz und einen weißen Bauch, Die Flügel haben die den meiften Colibris eigne Violettfarbe. Ihre Zorm wird einer türfifchen Sabelklinge verglichen.‘ Wenn der Vogel im Fluge ift, bilden die beyden Flügel beynahe einen gefpannten Bogen, auf dem der kleine Leib wie ein Pfeil aufliegt: Carolina ift die Heimath des gemeinen Colibri, Er ift unter feinem ganzen Geſchlechte der, der am nördlichften kommt, denn felbit in Canada ift er gefehen worden, Sein Neſt baut er immer in die Mitte eines Baumzweis ges und nicht, wie fo viele andre Mögel, wo zwey Zweige eine Art von Gabel bilden, Edwards fand es innen von Wolle und andern weichen Materiaz lien, und die auffere Mood - Bekleidung fo feft ans gemacht, daß man auch wohl daran hin und her ftreifen kann, ohne daß fie losgeht.
Unläugbar der fchönfte und niedlichſte, aber auch durch Worte und Pinfel unerreichbarfte ift der Ju⸗ welen: Colibri (der rubin-koͤpfige, bälfige, T; Mofquitus, le Rubis-Topaze 58), Der obere Theil feines Kopf und Halfes ift fo glänzend roth, wie der koſtbarſte Rubin; der untere Theil hingegen, Die
Kehle
Der Zumelen+ Eolibri. 185
Kehle und Bruft, ſchimmert wie gelber Topas aus Brafilien, aud) je nachdem man ihn betrachtet wie mattes Gold, und etwas tiefer. if er olivengrün, Der Naden und Rüden find ſammtſchwarz mit olivengrünlichem Schillers, Die Flügel find violett: braun, die Schwanzfedern glänzend gelbbraum, ſchwaͤrzlich eingefaßt, „und, die Dedfedern etwas dunkler; die Füße und, der Schnabel, woran man bey einigen Colibris Borſten bemerkt, find ſchwarz. Diefer treffliche Vogel ift nicht felten und faft allen Naturalienkabinetten gemein, Er ift ziemlich groß und kommt dem Goldhänchen fehr nahe, Eonderbar ifts, daß das Weibchen bloß einen ZTopasfarbigen Streif auf der Bruft hat, und überhaupt nicht fo vorzüglich (hon ale das Maͤnnchen iſt. Brafilien, Guiana, Surinam find die Gegenden, wo die Zus welencolibris leben, Auch in Curagao follen fie häufig gefehen worden ſeyn.
Auch mit Hauben ſchmuͤckte die Natur einige diefer Vögel. So hat der dem gemeinen an Größe faft gleihe Zaubencolibri (T. Criftatus, lOiſeau mouche huppe, 59) eine ſchimmernde Smaragd⸗ Haube, die ſich in fehones Blau endigt. Die obern Theile des Körpers find dunkel goldgrün, die uns
Vögel I. Theil. Ya tern
136 Der Haubens Eolibri.
tern ſchmutzig weiß, Fluͤgel und Schwanz’ find dunfel violett, nur haben die mirtelften Federn des letztern die Farbe des Ruͤckens. Die in Ruhe liegen⸗ den Fluͤgel reichen faſt bis uͤber den Schwanz hinaus. Unter dem Schnabel ift ein ſchmutzig weißer Fleck. Die übrigen Farben find meiſt ziemlich dunkel, Das Veit fand Edwards von zwey wollenartigen Materialien, deren das Eine roͤthlich, das Andere weißgelb wars Genau zu fagen, was es wäre, war er ſelbſt nit im Stande, Es war gerade fo auf Zweigen, mie es die Abbildung zeigt, Cayenne ift die Heimath des Haubencolibris, Dem Meib- chen fol der Federbufc) fehlen,
Einen ſehr ftarf gebogenen Schnabel hat der Colibri mit der Granatfeble (T. auratus, le Granat. 60). Kopf und Ruͤcken find dunkelgrün, mit Gold hie und da befprüßt; die Kehle ift wie mit Granaten beſetzt, die Schmungfedern der Fluͤ⸗ gel und ver Unterleib find ſammtſchwarz. Er gehört zu den größern Arten. Seine Flügel kreuzen fich, wenn er in Ruhe ift, über einander, i
Um aud) von den KLolibris mit langen Schwänzen unfern Lefern einen befannt zu machen,
führen wir den Gaͤbelſchwanz (CT. forficatus, P’Oifeau
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Der Gabelſchwanz. 187
POifeau-mouche a’ longue. queue, 61) an. Geis ne beyden langen Ruderfedern mitemgerechnet ift er fiebenZoll lang. Eine blaue Scheitel, ein präche tig grüner, ſchimmernder Leib, ein weißlicher Uns terleid, ein goldgruͤner, gabelformiger Schwanz, der ins ſchoͤnſte Blau ſchillert, und, violett-braune Schwungfedern zeichnen dieſen Vogel, der in Ja⸗ maifa wohnt, hinlaͤnglich aus,
‚Wir Fonnten noch manche vorzuͤglich ſchoͤne Thierchen aus diejer Gattung anführen, Allein das, was und die Gränzen unfers Werks von diefen Mei⸗ ſterſtuͤcken der Schöpfung anzuführen erlaubten, wird hinreichend feyn, uns zu beweifen, wie groß die Natur auch im Kleinen fey,
Tab. XXIV. Der Schwan.
Anas Cygnus, Olor, le Cygne. (62) Die Schwanengans. A. Cygnoides, Ove de Chine. (63) war enthalten die drey Ordnungen von Vögeln,
Die wir biöher befchrieben haben, ſehr nüßliche und Yaz2 der
13 Der Schwan”
der Betrachtung würdige Geſchoͤpfe. Die Raub: vögel vermindern eine Menge von Thieren, des ren Uebermaaß Schaden ftiftenwürde; die mit Teiche
ten Schnäbeln find um ihrer Sonderbarkeit, md .
bie fpechtartigen um ihrer kunſtvollen Einrichtung und der Vertilgung von Millionen Inſecten willen,
immer merfwirdig genug. Inzwiſchen haben fie
darum für uns etwas weniger Intereſſe weil ihr Nutzen entfernter liegt, und weil fie, wenigftens nicht gewöhnlich und allgemein, weder zur Speife noch fonft zu einem nüßlichen Gebrauche dienen," Jetzt aber haben wir das Vergnügen, unfre Leſer auf eine neue Ordnung, die Schwimmnögel (anferes), aufmerffam zu maden, deren Mitglieder, wenn auch gleih nicht alle durch Klugheit, doch durch auögebreitete Nutzbarkeit fih auszeichnen, Ihnen verdankt faſt die ganze Melt einige ihrer Tiebften
Speifen; fie liefern die Betten, worin Millionen.
fo fanft ruhen, nnd auch die Feder, womit: der Verfaſſer diefe Blätter fchreibt, ift ein Geſchenk diefer müßlichen Thiere,
Durch ihre nach hintenzu fienden Schwimmfüße find die Schwimmvoͤgel fenntlich genug. "Alle has ben mir einer Schwimmhaut verbundene Zehen,
| aber
Der Schwan. 189
aber freylich ift diefe Verbindung nicht bey allen eine und diefelde, Bey einigen find allegehen, bey an⸗ dern nur einige, bey einigen find fie ganz, bey anz dern nur halb, oder ein wenig verbinden: einige haben ordentlihe Echwimmhänte, andere runde Sappen und Franfen. Da Schwimmen der Haupt: beruf diefer Wögel ift, fo find fie defto fchlechtere Käufer und ihr Gang ift ein unbehälfliches Watfcheln. Bey den meiften endigt fi) der ſtumpfe Oberfchnas bel in ein kurzes Haͤckchen, und ift, wie der untere, mit einer zähen Haut überzogen, Bey einigen ift der Schnabel gezähnelt, bey andern nicht, Ihre Zunge ift fleiichig, ihr Gaumen rauh und ftachlig, and eine Inorpelige Kapfel iſt bey den Meiften vorn an der Luftröhre angebracht, Ihr dichtes Gefieder hat eine Glätte, daß es Fein Waffer annimmt, und fchließt fo gut, daß fogar bey manchen Arten Schrot⸗ ſchuͤſſe abprallen. Ihr Bau und ihre Beduͤrfniſſe weifen ihnen ihren Aufenthalt im Waſſer, an Mee⸗ ren, Seeen, Zeichen, Slüffen, auf Klippen und im Schilfe an, Sie lieben die Vielweiberey, und es ift eine unverkennbar weife Einrichtung der Natur, daß bey Vögeln, deren Vermehrung in gewiffen Schranken bleiben fol, das Männchen fich nur zu
Aa3 einer
190. Der Schwan,
einer Gattinn halt, und von Feiner vorzuͤglichern Stärke ift, ald das Weibchen, Bey denen Hinge- gen, die um ihrer großen Nugbarfeit willen nie zu häufig feyn Fönnen, erlaubte die Natur die Viel: weiberey. Dafür wurde aber auch das Männchen mit mehr Kraft und Much ausgerüfter; wie denn wirklich der Gaͤnſerich, der Haushahn, flärker und wilder find, als ihre fanfieren Weibchen, Ziem⸗ lich viele Eyer legen die Schwimmpögel. Ihre unge. aber find fo hülflos nicht, ald die aus an⸗ dern Ordnungen, Sie ſchwimmen ſehr bald unter Anführung ihrer guten Mutter, die ſie zwar warnt und ſchuͤtzt, aber nicht füttert.
Die für und nußbarfte Gattung in diefer Ord⸗ nung ift die Entengsttung: Doch darf ung diefer Nahme nicht verleiten, bloß an die Waſſervoͤgel, die wir im gemeinen Leben unter diefem Nahmen Tennen, zu denken, Deun alle Schwäne, Gänfe und eigentliche Enten faßt fie in fich, deren gemeins ſchaftlicher Karakter ein ſtumpfer, erhabner Schna⸗ bel, mit blaͤtterigen Zaͤhnen, und eine ſtumpfe, an der Seite franfige, Zunge iſt. A
Mit Recht nimmer der Schwan (62), deſſen uralter Nahme Elbſch vieleicht von Albus herſtammt,
den
Der Schwan. 191 den erſten Rang in dieſer Gattung ein. Seine be⸗ traͤchtliche Groͤße, ſein blendend weißes Geſieder, die Wuͤrde und der ſichtbare Stolz, womit er ſhwimmt, die Tapferkelt, die zwar keinen Kampf ſucht, aber auch keinen ſcheut, und ſelbſt dem Adler Widerſtand thut, und der Friede, den er mit der ganzen Natur hält, zeichnen ihn zu feinem Vortheile aus. Sein langer Hald, den er, auf und ab rudernd, wie ein S gebogen, horchend aber geftredit hält, hat 28 Wirbel. Ihn miteingerechnet hat er 44 Fuß in die Laͤnge, mißt mit ausgefpannten Fluͤgeln 71 Fuß, und fein Gewicht fteigt yon 15 bis zu zo Pfund. Da er auf dem Grunde des Maffers oft feine Nahrung fucht, und Fein vorzüglicher Taucher ift, fo hat dieier lange Hals fürihn einen großen Nutzen. Sein Echnabel iſt rothgelb, hat vorn einen ſchwarzen nach untenzu gefrümmten Haden, hinten aber, an der Wurzel ver Kinnlade, einen großen fchwarzen Wulft, mit dem eine ſchwarze, nackte Haut, die wie ein Dreyed nach dem Auge zu fteht, verbunden ift, Nicht umjonft ifk der Schnabel fo breit, damit der Schwan etwas mehr Schlamm auf einmal faffen kann. Die Füße find im erften Fahre feines Lebens fchwarz, im zweyten bleyfarben, und dann werden fie roth. Das ſchoͤnſte
Weiß
Weiß deckt das Gefieder des ausgewachfenen Schwa⸗ nes. Sein Jugendkleid iſt grau. In ganz Europa, vorzuͤglich haͤufig aber in Sibirien, iſt der zahme und wilde Schwan. Will man ihn aber an einem Orte feſthalten, ſo muß man dieſem die Freyheit uͤber alles liebenden Geſchoͤpfe in der Jugend das erſte Ge⸗ lenke der Fluͤgel abſchneiden, oder zerknicken, ſonſt zieht er im Herbſt als ein Zug- und Strichvogel weg. Wenn die Schwaͤne in großen Zuͤgen fliegen, ſo ſoll jeder den Schnabel auf dem Schwanze feines Vor⸗ mannes auflegen. Sobald der Anführer des Zuges müde ift, febließt er fi) hinten an, um nun eben diefer Bequemlichkeit zu genießen. In den Falten Mintern von 1709 und 1740 fah man ganze Schwär: me aus der noch kaͤltern mitternächtlichen Gegend in die Unfrige kommen. Wafferfräuter, Snfecten, MWafferkäfer find die Krahrung des Schwanes. Im Minter gibt man ihm Getreide. Das Meibchen macht ein großes Neſt von Schilf, Binfen und Stene geln, füttert es mit Federn, die es ſich an der Bruft ausrupft, und legt 6— 8 grünlich weiße Eyer, über denen es 5 Wochen fehr emfig brütet. Jetzt hält der Mann treue Wade. Mit fihtbarem Eifer rudert er auf alles los, was fich dem Neſte nähern will
Seine
Der Schwan. 193 Seine Stärke in den Fluͤgeln ift fo groß, daß er ei⸗ nem Menfchen Arme und Beine abfchlagen Fünnte;
So außerordentlich reinlich die Schwäne find,
und fo forgfältig fie fi immer pußen und reinigen;
fo unterläßt das die Mutter, wenn fie Junge bat:
Sie zu pflegen und zu ſtreicheln, ift ihr eine theurere
Angelegenheit, als für ihren Pu zu forgen. Gehr hoch ift das Aiter , das die Schwäne erreichen. Man will wiffen, daß es einige auf hundert Fahre gebracht haben. Ihres ausgebreiteten Nutzens wegen vers dienten fie in größerer Menge gehalten zu werden, ald es gewöhnlich geſchieht. Ohnehin fordern fie weder großen Aufwand noch muͤhſame Pflege zu ihrer
Erhaltung. An vielen Orten werden nur einige Daare
zur Verfchonerung der Waflergraben, Zeihe und Baſſins gehalten. In Brandenburgifchen wußte man einen Zweig der Induſtrie daraus zu machen, Auf
der Spree und der Havel lebt eine Menge gezaͤhm⸗
ter Shwäne. Man treibt diefe in die Enge, wirft
Netze über fie, und rupft ihnen Sedern aus, Go
fehr jie anfangs toben, jo ftill und ntedergeichlagen
find fie, wenn fie gefangen und gerupft find. Viele
Eentner Federn fommen aus Pohlen, Yirthauen und
Preußen auf die Meffe nach Frankfurt an der Oper,
Vögel 1, Theil, 8b Mar
194 Der Schwan.
Man verſteht die Kunſt, die Haut mit den Flaumfe⸗ dern zugärben, und zu einem Eoftbaren Pelzwerke zu bereiten, Die Schwurngfedern dienen zum Schreiben, die übrigen, bejonderö der Flaum, zu vortrefflichen Betten, in denen Bornehme eben nicht füßer ſchlum⸗ mern, alö der Bauer auf feiner Banf und Streu, wenn er nur fonft ein ruhiges Herz und einen gefuns den, von Arbeit ermüdeten Körper darauf legt, Das Sleifh junger Schwäne fol zart und ſchmackhaft feyn. Das von Alten ift aber hart und unverdaus lih. Die erfie Idee zum Schiffbaue foll der Schwan gegeben haben. Sein Hals und feine Bruft führte die erfinderifhen Menfchen auf den Bau des Vorders | theiled und des Kiels. Der Bauch auf das Hinter: theil, der Schwanz auf das Steuerruder, die Füße auf die Seitenruder, und die Flügel auf die Segel, Es ift in ver That ein bezaubernder Anblick, eine etwas anfehnliche Anzahl Schwäne, die alle ihre Flügel, wie angefchwellte Segel, auf dem Rüden - halten, einherrudern, und diefe gefiederte Flotte unter einem günftigen Winde mit großer Gefchwin= digfeit vorübereilen zu fehen. Es würde eine Lüde feyn, wenn wir hier von dem berühmten Schwanengefange, womit diefes fonft
\
Der Schwan. 105
ſonſt nur zifchende und zärtlich lifpelnde Thier von der Erde Abichied nehmen foll,, Feine Erwähnung thaͤten. Es wäre doch traurig, wenn alle die geifireichen Redner, die ſich fo ſchoͤn auszudrücden glaubten, indem fie die letztern Reden eines Jakobs, Simeons, Luthers ꝛc. einen Schwanengefang nannten, eine Fä- cherlichkeit geſagt hätten. Zwar von unfern zahmen Schwaͤnen ifts in der That eine Sole, Denn ſchon der Bau ihrer Luftröhre fcheint ihnen das Singen zu verbiethen. Auch hat wohl noch Niemand von ihnen ein Abfchiedslied gehört. Allein der wilde Schwan oder Singfchwain , eine merflid) Kleinere
Schwanart im nördlichen Europa, reißt jene Redner
einiger Maffen aus der Verlegenheit. Diejer Sing» ſchwan hat einen ſchwarzen Schnabel, der nad) der Wurzel zu gelb ift. Seine Luftröhre hat die Beus gung einer Trompete und gibt einen fcharfen Ton, ben die Islaͤnder mit dem Klange einer Violine vers gleichen. Wenn daher in Olaffens Reife nad) Is⸗ land von einem Gefange, den die Schwäne in Winternächten fliegeud und ſchwimmend ertönen laſſen, die Nede iſt, oder wenn der dänifche Natur— forfcher Muͤller felbft ald Augen- und Ohrenzeuge verfichert, fehr liebliche Gefänge von Schwänen
ee ges
196 Der Schwan.
gehört zu haben, fo gilt dieß zuverläßig son dem Singſchwane. Auch diefer wird feines Fleſſches und feiner Federn wegen fehr häufig gejagt und gefangen, Ob derfelbe aber gerade felnem Tode nahe noch eins mel finge, oder ob die Angft, wenn er in bie Enge. getrieben wird, ihm melodifche Töne erprefle, was fonft auch bey Singvoͤgeln eben nicht der Fall zu feyn pflegt, Tonnen wir nicht entfcheiden, Eine ſinn⸗ reiche aber grauſame Art, dieſe wilden Schwaͤne zu fangen, iſt folgende, Man wirft irgend eine Frucht, in der eine an einer Schnur befeftigte Angel verbors gen ift, in das Waſſer, fo daß fie fchiwimmt, An der Schnur iſt ein Stein feft gemacht, den man auf einen Pfahl legt, der im Waſſer fo eingerammelt ift, daß er gerade bis an die Wafferfläche reicht. So wie nun das arme Thier das Obſt verſchluckt, faͤllt der Stein an den Grund des Waſſers, und zieht es hinab, ſo daß es erſticken muß. Eine Todesart, die um deſto grauſamer iſt, da der guͤtige Schoͤpfer gerade darum dieſem Schwane die trompetenar— tige Beugung der Luftroͤhre gegeben zu haben ſcheint, damit er, ohne Gefahr zu erſticken, etwas länger unter dem Waſſer aushalten und feine Nahrung füchen fonne, Wann werden doch die Menfchen J eruen,
Diie Schwanengans. 197
lernen, auf die kuͤrzeſte und leichteſte Art Thiere zu toͤdten, und ſie nicht unnoͤthiger Weiſe zumartern? Etwas Schwanen- und etwas Gansartiges hat
die deßwegen fogenannte Schwanengans (ber Zrompeter, die fpanifche auch finefiiche Gans 63 ), die in Guinea, am Kap, in Sibirien, Schina, aud), wie ed fcheint, auf den Sandwiches - Infuln angetroffen wird. Sie wird zuweilen, unter dem Nahmen türfifche Gans, was fie ſo eigentlich nicht iſt, in europaͤiſchen Huͤhnerhoͤſen gehalten, wo fie fich fo friedlich mit andern Gänfen beirägt, daß fie fic) fogar mit ihnen begatter. Der Schnabel ift bey einigen ſchwarz, bey andern roth und hat an der Wurzel einen Wulſt, oder eine kugelfoͤrmige Erhoͤ⸗ hung. Die Farbe iſt ein leichtes Braun, graulich ſchattirt. Der Bauch iſt heller, die Fuͤße ſind ſchwarz⸗ grau. Der unter dem Kopfe haͤngende Lappen iſt nicht ſchwammig, ſondern feſt, und ſcheint, da dieſe Thiere gern einander beiſſen, zum Schutz der Kehle, als der gefaͤhrlichſten Stelle, zu dienen. Der Wulſt auf dem Kopfe hingegen beſchuͤtzt die Augen, wenn dieſe Thiere, ihrer Nahrung wegen, ſich tief in dichtes Schilf hinein arbeiten, Boshaft, muthig und wach: fam war die Schwanengans, die Friſch auf feinem Bb 3 Hefte
198 Die Gans.
Hofe hielt. Nührte fi) bey Nacht etwas, fo erhub ſie ein dutchdringendes Geſchrey, und meldete auch bey Tage alle Kommenden. Wie ein Hund lief ſie nicht ſelten den Menſchen nach, und biß ſie, heftig
genug, in die Being, |
— — — —
Tab. XXV. XXVL Die Gans.
A. Anfer, /Oye.
Die zahme, (64) Die wilde. (65) Die Kapifche. (66) Die Baumgans. (67) Die Eidergans, (68)
Gewiß eins der nuͤtzlichſten und wohlthaͤtigſten Ge⸗ ſchoͤpfe der ganzen Vogelklaſſe iſt die Gans, wir moͤgen nun auf ihre mannigfaltige Benutzung, oder auf ihre faſt allgemeine Verbreitung ſehen. Ihre Ge⸗ ſtalt iſt zu bekannt, als daß ſie einer weitlaͤuftigen Beſchreibung beduͤrfte. Ihr Hals iſt kuͤrzer als der des Schwanes, und wird lange nicht mit dem An ftande von ihr getragen. Der Schnabel ift oben et⸗ was gewolbt, unten flach, an den Seiten wie eine Zeile gezähnelt, und vorn mit einem iv die untere
Kinn⸗
REIF UTET ET AR EEE — — m — — —— —— 7
64
ax,
72
Die Gans. 199
Kinnlade eingreifenden Hadchen verfehen, Bey den Zahmen wechfelt die Farbe wie bey allen Hausthie- ven, doch iſt, inunjern Gegenden wenigfiend, Weiß die gemöhnlichfte, obgleich es an braunen und graus lichen eben nicht fehlt. Seltner find Weibchen ganz weiß; aber immer ſchneeweiß ift ver Gänferih. Der Schnabel und die Füße find bey den Erwachfnen mennigroth, bey den Zungen abergelb. Der Schwanz befteht aus 18 und jeder Flügel aus 27 großen Federn. In der Schwere kann ihr Gewicht durch Mäften auf zehn und mehrere Pfund getrieben werden, Die Gans ift weder fo dumm noch fo indolent, als fie ausfieht. Ihr leiter Schlaf macht fie zu einem fehr wachſamen Hausthiere, und fie erhebt bey jedem Geräufche ein. gewaltigesSchnattern. Dieß rettete einft das Capi⸗ tolium vor dem Ueberfalle der Gallier. Am Gedächt: nißtage diefes Vorganges mußte daher der Cenſor alle Jahre eine Summe zu ihrem Unterhalte auswerfen; und an eben dem Tage befamen die Hunde Geifel- hiebe. 3a fogar abzurichten hat man Gänfe ver- ſucht, wenigftend ſah Lemery eine, die einen Bra⸗ tenwender, der vermittelft eines Rades in Bewegung gejeßt werden konnte, fehr ordentlich im Gange er- hielt, und fo Handlangers Dienfte in der Küche ver-
rich
200 Die Gand,
richtete, Wahr ifts freylich, unter anderm Gefluͤ⸗ gel fpielt die Gans eine armfelige,; alberne Rolle,
MWirft man dem gemifchten Haufen von Federvieh
etwas vor, fo wird jeded von den andern wohl zehn
Bıllen erhalten, bis fie Einen befümmt; Schon ihr i unbehuͤlfliches Herbeywaticheln nnd ihr unnuͤtzes Geſchwaͤtz und Gefchnatter gibt den Webrigen einen
beträchtlichen Borfprung, Auch wird der rüftige Haus⸗
hahn einer Menge von Gänfen Fühnen Widerftand
thun, obgleich es ihnen ſonſt, zumal ven Gänferichen,
eben wicht an Much und Verwegenheit fehlt, den Leuten nachzulaufen und fie in die Füße zu beiffen, Hoͤchſt neugierig ftredt die Gans allem, was vor⸗
geht, den Hals entgegen und ſchreyt es an. Im
Zorn ziſcht ſie wie eine Schlange, und laͤßt beſon⸗
ders ihrem Neſte nicht zu nahe fommen, Man hat
merkwürdige Beyſpiele von der zartlichften Anhänge
lichkeit an Menfchen, deren fie fähig ift. Sie bringt
ihr Alter, wenn nicht ein gewaltfamer Tod ihr
Lebensziel verfurzt, ziemlich hoch; wenn wir aber
von go jährigen Greifen unter ihnen hören, fo fteigen
natürlich einige Eleine Zweifel dagegen auf: Kräuter, Körner, und was fie fonjt noch von allerley wegges worfnem Zeuge finden koͤnnen, ſind ihre Nahrung.
Sie
Die Gans, 8201 Sie fliegen nicht Häufig und wacklen, wenn fie gehen, In der Nähe von Flüffen, Zeichen, Seeen und Bäs chen Fommen fie am Beſten fort. Ihr Koth ſoll das Gras verbrennen und alfo den Wiefen fehr-fchädlich ſeyn. Auch in Gärten find fie feine nüglichen Gäfte, Sie treten alles nieder und reifen mehreres ab, Bom zweyten bi& zum vierten Fahre find fie zur Fortpflanzung ihres Geſchlechts am tüchtigflen, ‚wozu man Einem Gänferiche 4— 6 Weibchen gibt, Die Begattungszeit ift im Dezember und Jaͤnner, um welche Zeit fie etwas befferes Futter erhalten. Im März legen die Weibchen 12 — 14 Eyer. Viel⸗ leicht bringt keine Vogelart ſo viele Mißgeburten zur Welt, als die Gaͤnſe. Die Bauern glauben es den Eyern anſehen zu koͤnnen und legen ſie beyſeite. Wenn der Trieb zu brüten in der weiblichen Gans erwacht, fo rauft fie fich Federn. aus der Bruft, und legt fie in ihr Neft. Setzt gibt man ihr 12 Eyer; denn mehr Tann fie nicht wohl bedecken. Doch haben wir nichts dagegen, wenn ed nur eilfe find, weil, wenigftens in unfern Gegenden, dad weibliche Geſchlecht feinen Glauben an die Wunderkraft der ungeraden Zahl in Eyer= Angelegenheiten um keinen Preis aufgeben würde, Nach 26 — 30 Tagen verlaffen die Jungen Voͤgel I, Theil, Cc die
202 Die Gans.
die Eyhuͤlle. Noch einen Tag laͤßt man ſie im Neſte, damit ſie, wie man ſich ausdruͤckt, neſtreif werden. Jetzt werden ſie mit Brodkrumen, geſottnen Eyern, worunter gehackte Neſſeln gemiſcht werden, gefuͤttert, wobey der Gaͤnſerich, wenn er ſeine Junge zum er⸗ ſten Male freſſen ſieht, ſeine Freude auf eine hoͤchſt komiſche Weiſe bezeugt. Sie ſuchen und finden bald das Waſſergefaͤß, das man in ihre Naͤhe ſtellt. Hier⸗ auf erhalten ſie Weizenkleyen mit Neſſeln, auch Gerſten- und Haferſchrot, die in Waſſer oder Milch eingeweicht werden. Sobald die Witterung ſchoͤn iſt, laͤßt man ſie mit ihrer Mutter auf den Raſen. Artig iſt der Anbli, wenn die Junge familienweife ihren Muͤttern nachſchwimmen, und der Gänferich , fiolz auf feine Nachkommenſchaft, den Zug anführt. Man hat die Bemerkung gemacht, daß von den Zungen die gelbwolligen weiß, die grüngelbem ſchwarzbunt werden. Zu Anfang des Sommers find die jungen Gaͤnſe der Sterblichkeit fehr unterworfen, Das Schie⸗ ben der Klügelfedern fchwächt fie fo fehr, daß man fie mit reichlicherm Futter verfehen muß, Ueberhaupt bedrohen fie manche Uebel, die ein kluger Landwirth ben Zeiten abzuwenden fuchen wird. Bald befommen fie die Läufefucht, wogegen man ihnen etwas fläffi-
ges
Die Gans. 203
ges mit Quedfilber vermiſchtes Schmer am SHalfe einreibt ; bald ſetzen fich ihnen Muͤcken und Fliegen in die Ohren und quälen die armen Tiere todt, wenn man ihnen nicht durch Beftreichen mit Baumöhl Fin- derung verſchafft; bald. verſchlucken fie Inſecten, die ihnen fchädlich find. Um wenigftens von den em⸗ pfindlichern heilen, der Naſe und den Obren, jene Plaggeiſter zu entfernen, ift folgendes Mittel er= probe. Man fegt den Gäufen, wenn: fie von der Feldern zuruͤckkommen, ein Gefäße mit flarem Waffer bin, worin am Grumdedieihnen fo werthe Gerſte liegt. Indem fienun, um diefe herauszuhohlen, den Kopf tief ins Waſſer ſtecken muͤſſen, fliehen die Inſecten an die trocknen, weniger empfindlichen Stellen, Wird das zum oͤftern wiederhohlt, fo verlaffen diefe enblich jenen unfichern Pla ganz, und die armen Thiere befommen Ruhe, So muß bier der Menſch durch eine Lift das erreichen, was den von Floͤhen geguälten Fuchs fein Inſtinkt und feine Lift lehrt. Aber freylich:ift jenes auch nur eine Sand, Genen manche andere Krankheiten junger Gänfe iſt Salz und To⸗ bafafche unter das Futter geftreut ein fehr. gutes Berwahrungsmittel, Im Sommer treibt man fie auf bie Brachfelder und auf Raſenplaͤtze; nach der
Gc2 Erute
204 Die Sand,
Ernte in die Stoppeln, Dieß ift die Vorbereitung zu: Fänftigen Maſt. Waͤhrend diefer befommen fie Nudeln von ſchlechtem Mehle Gerſtenſchrot, Hafer, gelbe Rüben u. d, m.. Zn ihr Getränke mifcht man, um die Berdauung zu befordern, Kies. Sie muͤſſen aber dabey, ziemlich eng eingeſchloſſen, an einem finftern, Fühlen und füllen Orte gebalten werden, damit fie Feine Gelegenheit haben, durd) ihr Järmen: des Geſchrey fid) zu ſchwaͤchen. In England hat man eine noch andre Art fie fett zu machen, die ets was graufam fcheint, Man hängt fie an einem breis ten Gurte fchwebend auf, verbindet ihnen die Aus gen, verjtopft mit Wachs die Ohren, damit fie recht abgefchieden von allem feyen, was fie beunrubigen fonnte, Sie werden dadurd) fo fett, daß fie in 14 Tagen 20 Pfund befommen. Durch den dftern Ge⸗ nuß des Salzes wird ihre Leber bis auf 4 Pfund ſchwer. In Mes, Stradburg u. a. O. wo die Gans⸗ leberpafteten einen großen Ruf erlangt haben, weiß man graufame Künfte genug, um die Leber dieſes armen Thieres zu vergrößern, und der Schleder Apickus kannte dieſe Mittel ſchon. Doch die Kunft, diefe armen Thiere in ihrem Fett erſticken zu machen, ia fogar fie lebendig zu braten, und die Glieder, wäh:
rend
Die Gans, | 205
rend das Herz noch fchlägt, zu effen, war unferm barbarifchen Zeitalter aufbehalten. So fehr wir Ben Menſchen ald Nusnieffer der mannigfaltigen Ges ſchoͤpfe Gottes erfenuen, fo nachdrücklich) muͤſſen wir uns dagegen erflären, daß er ihr einiger werde, bloß um einem verwöhnten Gaumen einen neuen Reitz, vier einem Eindifchen Dünfel etwas, das Wenige genieffen Fonnen, zu verſchaffen. Man fage, was man wolle, eö find Barbareyen, die aud) der angenehmſte Geſchmack nie rechtfertigen kann. Unglaublich iſts, wie viele Gaͤnſe dazu gehoͤren, um eine betraͤchtliche Anzahl von Menſchen mit Bet⸗ ten zu verſorgen. Die brauchbaren Federn von 4 ge⸗ maͤſteten Gaͤnſen geben ein Pfund Bettfedern, und 16 ſolcher Gaͤnſe ein Pfund Flaumfedern. Doch ſind diejenigen, die man von gemaͤſteten Gaͤnſen erhaͤlt, lange nicht ſo gut, als die, die man ihnen gewoͤhn⸗ lich jaͤhrlich zwey- hie und da auch viermal ausrauft. Der Habjüchtige, der ihnen aber zu viel von ihrer wärmenden Hülle nimmt, muß fie zuweilen erfrieren fehen. Nur zu einem einfchläfrigen Bette müffen wenigftend 200 Gaͤnſe ihre Federn hergeben, Nehmen wir auf jeden Bewohner einer auch nur mittelmäßig bevolferten Stadt, wie 3.8. Augsburg ift, Ein Bet⸗ = Gc3 te
206 Die Gans. team. Zwar mag ed daſelbſt wohl einige Dirftigen geben, die dieſes nothwendigen Lagers entbehren, obgleich dieß immer noch das Letzte bleibt, wenn der Arme alles Uebrige wegzugeben genöthiget it, Indeſſen erfegen das, was etwa abgehen möchte, die Menge von Gaſtbetten in den Häufern wohlhas bender Familien und in ven Gafthöfen, Offenbar find alfo für die ungefähr 36000 Bewohner diefer Stadt 36000 Betten nicht zu viel angenommen. Um diefe zu füllen, find fieben Millionen und 200000 Gaͤnſe erfordert worden, Man fchließe daraus auf die ungeheure Menge von Gänfen und ihre Ver⸗ mehrung. Auch die Gaͤnſeſpulen, die wir als Schreib⸗ federn gebrauchen, find ein wichtiges Stuͤck ihres Nutzens. Unläugbar taugen fie unter allem, was man etwa ausẽ denken Fünnte, am Beften zu diefem Geichäfte. Nicht gering ift der Handel, der damit getrieben wird, Die fchlechtern haben die Beftims mung zu Slederwifchen, Feuerwedeln u. d. erhalten, Das Fleiſch wird theils friſch, theils gefalzen, theils geräuchert gefpeist. Für einen wahren Leckerbiſſen hält man eine geräucherte Pommeriſche Gans. Auch bie Eyer werden gegeffen. Ein wichtiges Stuͤck zum Schmelzen ift dad Gänfefett, wovon ſich die vorfiche
tige
Die Gars; 207 tige Hausfrau gern einen Vorrath ſammelt, um ihre Gemuͤſe damir zu bereiten, Auch die Wollenarbeiter
ſollen es bie und da zum Tuchmachen anwenden, Sehr wichtig iſt die Gans für die Jüdische Nation, Bey ihr vertritt Gänfefert die Stelle des Butters, den ihr Geſetz verbiethet. Die Juden kochen faft alles damit. Was in Palaͤſtina das Baumohl lei⸗ ſtete, das muß jetzt das Gaͤnſefett thun; obgleich der große Kenner der moſaiſchen Geſetze, Michaelis, fehr geneigt iſt, die Gaͤnſe unter die verbothnen oder unreinen Thiere zu rechnen, Inzwiſchen Fönnte nur ein Unvernünftiger der Nation eine Abweichung von einem Gefeße verdenfen, das fid) nur auf Palaͤſtina bezog, wo daß vortrefjlihe Baumdhl im Ueberfluße war, an deſſen Stelle in einem damit nicht verfeh- nen Lande ein anderes Fett zu feßen, fie eine eiferne Nothwendigkeit zwang. Gie pflegen die Gaͤnſe mit ausgeftochnen Augen in einem Tuche aufzuhängen. Mit den medizinifchen Kräften der Gänfe wollen wir anfre Lefer nicht beläftigen. Nur eins wollen wir aufuͤhren, daß man in Frankreich dad Fett für ein gutes Mittel Hält, um zu verhindern, daß die Pocken⸗ narben nicht zu tief eindringen, Abfcheulich aber ift der Gebrauch diefer nüglichen Thiere bey Gänferen:
new
208 Die wilde Gans. nen und Sifcherfiechen; eine Beluftigung, an der nur rohe, nichtsdenfende Menfchen Freude finden koͤnnen. Sehr ähnlich der zahmen Gans, aber Heiner ift die wilde (65). Ihre Abſtammung von einatı« der ift nicht zu verfennen; ja, die Natur fcheint zur weilen aud) unter denen, die ald Hausthiere leben, zu ihrer urfprünglichen Befchaffenheit zurückzukehren, fo daß Gänfe zum Vorfchein kommen, die man für wilde halten fünnte, Hals und Flügel der leßtern find etwas länger. Shre Farbe ift braun, an der Bruft roftgelb gewölft, am Rande der Flügel blau: lib, an ihren Spigen fchwarz. Der Schnabel ift ſchwarz mit einer rothgelben Stelle; die Füße find ziegelroth. Gie fliegen zu großen Scharen in der beften Ordnung, und bilden dann einen Winkel. Der Anführer durchſchneidet die Luft, und die beyden Kolonnen folgen auf der Straffe, die er gleichfam bahnt. Ihr Geſchrey ift durchdringend. An fumpfts gen Orten machen fie zwifchen Schilf ihr korbfoͤr⸗ miges Neſt, und zwar fo, daß eö mit dem ſteigen⸗ den Waffer gleichfalls in die Höhe ffeigt und vor dem Minde durdy das Schilf geſchuͤtzt wird. Sie find fichre Vorbothen eines bald fallenden Schnees und beißen auch darum Schneegänfe, Da fie immer die Derter
Die Baumgans. 209 Oerter verlaffen, wo die Samenfelder und Teiche ihre "Schnee - und Eisdede erhalten, fo kommen ſie überalf bin, ehe Schnee und Kälte eintreffen. Das Fleifch der Zungen iſt vortrefflich, die Federn werden wie von den zahmen benuͤtzt. Da fie aber fchlau genug find, da, wo der Zug fich lagert, Schildwachen aus= zuftellen, fo find fie fehr fehwer zu fangen, Tauſend Kunftgriffe brauchen die Jaͤger, die das hoͤchſt feine Gehör diefer Thiere doc) oft vereitelt,
Eine der ſchoͤnſten Gänfe in Abſicht auf die Mannigfaltigkeit der Farben iftdie Kapifche (A. Ca- penfis 66), die auch die Nügans heißt, und ob fie gleich an das heiße Afrifa gewöhnt ift, auch in Eu⸗ topäifhen Huͤhnerhoͤfen ihren Beſitzer fchon zum dfterin mit Nachkommenſchaft erfreut hat.
In den kaͤlteſten Laͤndern der nordlichen Erde, Is⸗ land, Neu⸗Zembla ic, wohnt die Baumaans, (A. Bernicla, le Cravant 67), von wo fie zuweilen nad) Schottland, Holland, wohl aud) nach Deutfchland, um zu überwintern, fommt. Ihr Geſchrey hat ihr den Nahmen Rothgans, und ihr Halsband den Nahmen Ringelgans erworben, Sie iſt Kleiner und nicht fo wohl geftaltet alö die gemeine Gans. Schwärzlich ift faft der ganze Leib; nur bemerkt man am Halje einen:
Voͤgel J. Theil, Dd weißer
9
210 Die Baumgans. |
weißen Ring, am Bauche aber und hinten am Leibe eine weißliche Farbe. Der Schnabel ift kurz, ſchwarz, gezähnt, vie ſchwarzen Füße fcheinen auffallend weit hinten zu fiehen. Die Ulten ließen fichs nicht nebmeı, ‚ die Baumgans wachſe auf einem Baume, nur was ren fie darüber nicht einig, vb fie ald Knoſpe ing Waſſer falle und da ſich entwickle, oder, wie eine Frucht, mit dem Schnabel an den Iweigen haͤn⸗ ge und, fobald fie die Federn bekommt, abjalle, Der alte Muͤnſter jchreibt mit voller Weberzengung davon, und citirt einen noch Alters Kosmograpben, „daß du, wie er ſagt, nicht denfeft, ed fey ein Tand von den Neuern erdichtet.“ Man war deifen fo ges wiß, daß man einen Entenbaum in die Botanik aufs nahm. Da die Baumgans fid von dem Einwoh⸗ ner der faft eyformigen Entenmufchel nährt, fo ift aud) die Sage entitanden, fie entftehe nicht aus eis nem Eye, fondern aus einer Mufchel, Daher finder man treffliche naturhiftorifche Kupfer, auf denen man an Bäumen Mufcheln hängen fieht, aus wel: chen bald ein Entenfopf, bald ein Entenfuß hervor⸗ guckt. Sie foll an einigen Orten während der Faſten⸗ zeit zu ejjen erlaubt feyn, und daher Kloftergans heißen, Wenn man ihre Junge rauben will, fo
ftellt
Die Eidergans. 211
ſtellt fie ſich, als wollte fie Ach ſelbſt fangen laſſen, bloß um jenen Zeit zur Flucht zu verichaffen.
Mie die eben befchriebne im rauheſten Norden von Europa, Afien und Amerika einheimifch, ift die berühmte Kidergans (A. molliffima, POye a duvet 68), die fich nur felten im Winter bis nach Deutfchland verirrt. Sie iſt Eleiner ald eine Gans, aber größer ald die Ente. Die Hauptfarbe des Männcheng ift ſchwarz und weiß, die des Weibchens softfarben mit weißen Flecken. Ein breites, ſchwar⸗ zes Band lauft beym erftern von dem fchwärzlis chen, walzenfürmigen Schnabel über die Augen bin, bis an die blaßgrüne Stelle des Oberhalfes, Dunkelſchwarz ift der Unterleib; ſchmutzigſchwarz aber find die Schwung Schwanzfedern und Füße. Alles übrige ift weiß, An der Wurzel des Schna⸗ bels ift die runzlige Wachshaut getheilt, fo daß zwey mit wolligen Federn bededite, fpisige Wins kel fih in den Schnabel hinein erftrecfen.
Fiſche, Muſcheln, Meergras ꝛc. find ihre Nahrung, die zu erhalten fie ſehr tief untertauchen men. Im Winter nur gehen fie weit in die See hinein; die uͤbrigen Jahrszeiten halten ſie ſich an den Kuͤſten auf. Ihre Friedfertigkeit macht ihre Ge—
Dd2 feilz
212 Die Eidergans.
fellfchaft aud) von andern Geevögeln gefucht, Zum Pau ihrer Neſter wählen fie gern folche Pläße, die por Weftwinden ficher find, es fey nun auf Klippen und wuͤſten Kandipigen, oder unter Geſtraͤuchen ꝛc. Gras und Moos iſt die Grundlage derſelben; eine große Menge ausgeraufter Dunen macht das Futter aus. Ein hoher Wall von Federn umgibt jedes Neſt ſo, daß die Mutter, vollkommen hinter demſelben verborgen, ihre 5 blaßgruͤnen Eyer ausbruͤten kann, Diejenigen Feder, die fich die Eidergaͤnſe felbft aus⸗ rupfen , find eigentlich die berühmten Eiderdunen, die man unter taufend Lebendgefahren, oft an den fteilften Klippen, fammelt, Drey- bis viermal lafjen fie fich diefelben aus dem Nefte nehmen und erfegen fie immer wieder mit andern. Nur diefe haben die Feinheit und Elaftieirät, die fie fo werth macht, und fie find fo leicht, daß 5 Pfund ein Berrefüllen, Die von todten Vögeln find ungleich fchlechter und weni⸗ ger elaftifh. Da aber die Neftdunen oft mit Schmuß, Moos ꝛc. vermifcht find, fo muͤſſen fie forgfältig aufgelodert, getrocknet und gereinigt werden, Zehn fund vom Neft ber geben nur drey Pfund reine; und um jene zo Pfund zu erhalten, muß man zo Neſter, jedes dreymal, plündern. Sehr gut find
auch
Die zahme Ente, 213
auch die Eyer, die, wie bey uns Hühnereyer, zum hauslicyen Gebrauche verwendet werden. Das ſchlech⸗ te, thranige Fleiſch wird nur in Grönland gegefjen, Auch Unterfutter werden aus dem Felle gemacht, Weil die Dunen und Eyer nur vom lebendigen Vogel ‚am hauptfächlichften genutzt werden koͤnnen, fo ift weislich in Island das Erlegen der Eidergaus bey Geld- und Gefaͤngnißſtrafe verbothen.
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Tab. XXVII. XXVIII. Die Ente.
Anas, le Canard,
Der gemeine, zahme Entrich. (69) Die weibliche Kriekente. (70) Die Biſam⸗ ente, (71) Die Löffelente. (72) Die Nankingente. (73)
Noch immer koͤnnen wir die anſehnliche Enten⸗ gattung, denn dazu gehoͤrten die erſt beſchriebnen Waſſervoͤgel von dem Schwane an, nicht verlaffen, Doc) nähern wir uns jet den Thieren, die auch wir im gemeinen Leben Enten zunennen pflegen, und die ein Färzerer Schnabel, nad) Verhältniß größere Füße
Dd 3 und
214 Die zahme Ente,
und ein breiterer Rücken von den andern merklich unterſcheiden. Statt unfre Yejer mit einer Menge von Nahmen und trocknen, Furzen Beichreibungen zu beläftigen, begnügen wir uns, einige, die fich vorzüglich auszeichnen, fo wie das, was die Sit. ten und Gefcichte dieſer nüglichen Geſchoͤpfe uͤber⸗ haupt betrifft, anzufiihren,
Dhne Zweifel ſtammt unfre zahme Ente von der wilden ab, Denn nicht nur, daß fiein der Größe und Farbe, abgerechnet den Einfluß, den die Ge fangenfchaft bey Hausthieren immer zu haben pflegt, einander fehr ahnlich find, fo pflanzen fie ſich aud) untereinander fort. Faſt auf allen Europäifchen Flüfe fen, Zeichen und Seeen wohnt die gemeine wilde Ente. Die braunen, weißen und grauen Streifen und Mellen, die Faftanienbraune Bruft, die violetten, ins grünliche ſchillernden Spiegel und der Entenkopf und Hald machen den wilden Entrid) fenntlich ge= nug, von dem fich-feine Gattinn durch ihre lerchen⸗ graue Farbe hinlaͤnglich unterfcheidet, Die zuruͤck⸗ gebognen Federn am Schwanze find allen maͤnnli⸗ chen, gemeinen Enten eigen, Ziemlich lange fonnen diefe Thiere unter dem Waſſer, ohne Athemhohlen, verweilen, Hiezu gab ihnen und andern Vögeln, die
ihr.
Die zahme Ente, 215
ihr Brod da zu fuchen haben, auffer der zweckmaͤßigen Einrichtung der Luftröhre, die Natur einen Luftkaſten, indem fie einen Luftvorrath haben. Im Sommer le: ben die wilden Enten paarweije, im Winter aber vereinigen fie fi) zu großen Herden. Ehe fie ſich wo niederlaffen, fliegen fie mehrmals im Kreiſe her⸗ um, um zu fehen, wo es am Sicherften ift, und als— bald ftellen fie Wochen aus. In Binſen, Schilf, ja auf Bäume machen fie ihr Neſt, worein das Weibchen 12 — 16 Eyer legt, Oft brütet dasſelbe ziemlih tief im Walde auf abgeluppten Weiden, auch wohl in Rabennefter auf hohen Bäumen. Dieß thut fie da, wo fie fih vor Ueberſchwemmungen, oder auch vor den Nachſtellungen der Menfchen nicht fiher genug glaubt. Dann läßt fich aber auch die gute Mutter die Mühe nicht verdrießen, ihre Klei- nen nad) dem Waſſer zu tragen, Tänzer war ein: mal Augenzeuge eines rünrenden Schaufpield. Um den Mittag, wo ed im Walde am Ruhigſten ift, trug eine Ente alle ihre Junge, eins nad) dem andern, aus dem Baumnefte herab, und legte fie alle auf den ‚Rüden in eine Fahrleife, damit ihr ja feines, bis fie die andern hohlte, davon laufe, Sp wie das be- forgte Thier ihr Letztes brachte, fiellte es erft alle
auf
216 Die zahme Ente.
auf die Beine, und fuͤhrte nun die ganze Familie dem Waſſer zu. Faͤngt man aber ſolche wilde Enten, und zerknickt ihnen das erſte Fluͤgelgelenke, ſo ge⸗ woͤhnen fie ſich völlig and häusliche Leben. Ihr Fleiſch ift fehe gut, und eben daher wird ihrem Leben mit Negen, Gewehren, Angeln u. d. nachgeftellt Huch hält man eine zahme Lodente, die mit ihrer Stimme ihre Brüder ins Garn lodt, und deßwe⸗ gen der VDerrächer beißt. Der Schaden, den ihre Gefräßigfeit in Getreidefeldern und Fiſchtei— chen anrichtet, wird von ihnen durd) Vertilgung fradlicher Schnecken einiger Maßen erfeßt. Ihre Menge ift zahllos. Auf einem einzigen Teiche in der Picardie war noch vor wenigen Sahren die Entenjagd für 30000 8, verpachtet,
Meder große Mühe, noch viele Erziehungss Foften verurfacht die zahme Ente ( A. Bofchas do- meftica 69). hr Herumwuͤhlen im Unrath aller Art macht, daß man fie ohne Ungerechtigfeit mit dem Schweine vergleichen kann. Faft alles, Wurzeln, MWafjerlinfen, Schneden, Spinnen ki Mäufe, Würs mer, Fifhe, auch Fröfche frißt fi. Doc) ift fie ſchon mandyes Mal an einem gar zu großen Biffen erfiickt, Se ftinfender ein Schlamm ift, mit deſto
| mehr
Die zahme Ente, 217
mehr Behaglichkeit durchwählt fie ihn. Man kann fie im eigentlichen Verſtande unerfättlich nennen. Denn wenn aud) ihr Kopf zum beriten voll ift, fo wird fie, fobald man den Hühnern etwas vorwirft, dennoch plöglich herbeywackeln, und, als wäre fie heißhungrig, mitfreſſen. Rockenkleyen machen fie ohnmaͤchtig. Aber in wenigen Minuten iſt der Sturm vorüber, und die Ente — wieder am Freßtroge. Zwar leidet das arme Thier an Wuͤrmern, befons ders am Bandiwurme mit dem hammerformigen Ko: pfe, Allein, fonderbar, gerade bey den Gefräßigften, findet man öfters feinen, und diefe Entſchuldigung ünerfättlicher Menfchen kommt ihnen demnach nicht zu Statten, Die Gärten fäudert die Ente von Schnes cken und vergreift-fich nicht eher an Gewächfen , als bis fie jene nicht mehr findet, Die Verdauungskraft ihres Magens läßt fich daraus abnehmen, daß eine Dublone, die eine Ente verfchluckt hatte, in ihrem Magen 16 Gran verloren hatte, als fie diefelbe wieder son fich gab. Da fie fehr oft unter dem Schlamme ihre Nahrung fuhen muß, fo hat der Schöpfer ihr und den Enten überhaupf drey Paar Geſchmack⸗ Nerven im Schnabel gegeben, vermoͤge deren fie Kun durch Gefühl und Gefhmad dag finden, was
Voͤgel J. Theil; €e fie
PT Die zahme Ente,
fie mit den Augen in der Tiefe der trüben Pfuͤtze nicht wahrnehmen koͤnnen. Diefe Einrichtung dient den Enten, Tauchern, Gänfen u. a. vortrefflicy zum Aufjuchen ihres Futters. Bey denen hinges gen, die immer ihr Geficht dazu brauchen koͤnnen, find weniger und kleinere Nerven im Schnabel. Gewiß müffen folche Bemerkungen, die wir bie und da einzumweben für Pflicht halten, jedem nach⸗ denfenden Leſer wichtig feyn! Selten verfuchen die zahmen Enten ihre Kunft im Sliegen. Der Ort, wo fie täglich) ohne Mühe ihren Tiſch gedeckt finden, und die Gefellfchaft im Hübnerhofe, am die fie fi gewöhnen, fcheint ihnen fo werth zu werden, daß jede Begierde nach einer Luftveränderung in ihnen ſchweigt. Ihr Gefchrey lauıet Can, Lan. Ein Entrich, der gewöhnlich bräunlich gefiedert ift, und einen dunfelgrünen Kopf, weißen Halsring, grüne Spiegel und etwas gekruͤmm⸗ te Schwanzfedern hat, nimmt zwoͤlf Enten auf ſich. Er ift mehr als irgend ein Thier zu widernatürlicher Paarung geneigt, und verfolgt oft Haus: und welſche Heinen mit feinen zudringlichen Galanterien. Wie gefährlich e8 aber fey, einen auf feine Geliebte ers pichten Entrich zu reizen, beweist die Geſchichte eines uns
Die zahme Ente. 219
unglüclichen jungen Bauers, die fi) 1753 zu So⸗ teville in Srankreid) zutrug. Diejer nahm dem fterbs lich verliebten Entrich feine Beliebte, und neckte ihn damit beftändig. Wuͤthend fuhr endlich der Entrich, ded Spaßes müde, auf jenen zu, und Eneipte ihn in- die Lippen. Der junge Mann achtete es nicht. Aber bald lauft die Lippe auf. Ueber das Geficht, den Hals und die Bruft verbreitet ſich die Ger ſchwulſt, und in 4 Wochen ift er eine Leiche,
Die Ente legt 12 — 30 Eyer, ehe fie brütet. Ja, wenn man ihr weder einen Entrich, noch die Erlaub: niß zu brüten gibt, fo bringt fie ed über 100, fogar, wie man unläugbare Benfpiele hat, über 200 Eyer, die gefund, nahrhaft und von härterer Schale und roͤtherm Dotter find, ald Hühnereyer. Gut ift es, man läßt die Eyer, von denen man Zunge befommen möchte, durch eine Haus= oder welfche Henne aus- brüten. Denn die Enten brechen gar oft die noͤthige Brutzeit von 4 Wochen ab, und erfälten durch dftes res Baden die Eyer, Es ift ein angenehmer Anblick, wenn die Henne mit ihren Entchen zum erftenmal in die Nähe eines Waſſers kommt, und diefe, vom Inſtinkt getrieben, freudig fich hinein begeben, Aengſt⸗ tich lauft die gute Mutter auf und ab, verfucht immer
Ee 2 ob
220 Die Kriekente,
ob fie nichts zur Rettung thun koͤnne, lockt mütterlich ihre verwegnen Kinder, verſucht auch wohl an feiche ten Stellen ihnen näher zu Fommen, bis fie endlich, überzeugt von der Unſchaͤdlichkelt diefes Elements, ruhig am Ufer warten lernt, bie jene ſich gebadet ha⸗ ben, Merfwürdig ift die Erfahrung, daß die Enten, die durch Hühner audgebrüret worden find, nicht brüten koͤnnen. Sie legen zwar gute, fruchtbare Eyer, aber nie werden fie diefelben ausbrüten fonnen, Eine Bemerkung , die für den Landwirth und die Hausfrau nicht ohne Werth ift. Der jungen Entenbrutgibt man in den erften 8 Tagen, wo man fie aber nicht ins Maffer läßt, Ever, Brodfrumen, gefchrotetes Korn, alles wohl angefeuchtet, Will man Enten mäften, fo gibt man ihnen Hafer, Gerfte, Treber u. d. und fie werden dann ein recht guter Braten, Zum Backwerk ſchaͤtzen Srauenzimmer ihre Eyer fehr, und mit ihren Federn füllt man fchlechte Betten und Polfter, Der Fiſchbrut ift ihre Gefräßigkeit fehr nachtheilig, Ziemlich ahnlich der gemeinen wilden Ente und gortrefflich zu effen, ift die Rriefente, oder Fleine Sommerbalbente, (A. Circia, Sarcelle d’ete) von ber rine weibliche (70) abgebildet ift. Sie liebt Das füpe Waffer, und hat am ganzen Leibe eine braune, ar
Die Bifamente. 221
an den Fluͤgeln mehr araue Farbe, Ueber den Augen ift ein erwas hellerer Streif, der aber bey dem Maͤnn⸗ chen weit ſichtbarer it, und nad) dem Oberhalſe, am rothbraunen Kopfe hin, lauft. Auch find bey ihm die Flügel mir manntafaltigern Farben gezeichnet, Die Eyer diefer Ente find gelblid), Es gibt auch eine größere Kriekente Crecca). deren Fleiſch fehr ges ſucht, ja allem Eutenfleifche vorgezogen wird,
Ein aufterft fonderbares, warziges Geficht hat die Biſamente (Tuͤrkiſche, Indianiſche, A. Mo- fchata, le Canard musgue 71), die eigentlich aus Indien abſtammt, jetzt aber häufig genng auf Eu: ropaͤiſchen Huͤhnerhoͤfen gehalten wird. Sie ift viel groͤßer als die Hausente, und hat ein unfoͤrmliches Geſicht mir rothen Warzen, Ihre Farbe iſt ein Ge. miſche von ſchwarz, blau, weißbunt. Der Verſchie— denheiten unter ihnen gibt es gar viele. Ueberhaupt iſt bey Voͤgeln, die ſo oft, obgleich von einer Art, doch im Gefieder verſchieden ſind, und bey denen Alter, Lebensart und beſonders das Geſchlecht einen betraͤchtlichen Einfluß haben, nichts ſchwerer, als mit Beſchreibungen und Abbildungen einen Jeden zu befriedigen. Wahr iſts, wenn hie und da einer ſagt, er habe den Vogel ander? gefehen, Allein wen kann
Eez das
222 ‚Die Löffelente,
das dfter beaegnen, als dem, der eine Menge der bes ſten Originale vor fih bat? Er kann nichts thun, als dasjenige wählen, das die Erfahrung und die Urtheile SachFundiger im Ganzen fir treu erflären, und dabey auf die Billigkeit derjenigen rechnen, Die es einfehen, wie weit die Kunſt des Malers und die Morte des Schriftſtellers, auch bey dem gemeinften Thiere, hinter dem Pinfel der Natur und ihren mans nigfaltigen Spielarten zurücbleiben müffen. Es ift darum nicht zu vermundern, wenn der Eine eine fchwarze, der Andere eine bunte Bifamente gefehen hat. Dielinfrige ift weiß und fchwarz. Um die Aus gen und um den Schnabel herum find die rothen Ware - zen ſichtbar genug, und dienen nicht im Mindeſten zur VBerfchönerung derfelben, Der Schnabel und die Füße find gelblich fleifchfarb, Das Männchen rischt ſtark nad) Bifam, und felbft fein Fleiſch ſchmeckt dar- nad). Doch liebt man ed, Es ift gar nichts feltnes, daß fih Bifamenten mit zahmen paaren, wovon man Zunge von fehr angenehmem Gefchmade erhält. Auch bey den Köffelenten (Leppelfchutte, Ta⸗ fhenmaul, A. Clypeata, le Sauchet 72) bemerft man, befonders in Abficht der Farbe, viele Werfchie- denbeiten. Der ſchwarze Schnabel ift vorn breiter, etwaß
Die Nankingente. 223 etwas bauchig wie ein Schild, rundlich, und endige fih in einen in die untere Kinnlade eingreifenden Das Een, Ihr Kopf ift grün; der untere Hals bräunlich, die Bruft weiß und braun gewellt, der Unterleib gelb und der Rücken ſchwarz gefleckt; die Flügel ader find gruͤn, blau, weiß und grau, Diefe Farben find bey andern bald mehr, bald weniger verfchieden. Zins noberrork find die Schwinmfüße, Das Meibchen ift fat wie die Schnepfe braug geſchuppt. Die Loͤſ⸗ felente iſt anderthalb Fuß lang. Sie findet ſich an der europaͤiſchen und amerikaniſchen Seekuͤſte und in den Moraͤſten dieſer Gegenden. Ihr wunderbarer Schnabel mag fuͤr ſie ſehr wohlthaͤtig ſeyn, um eine hinlaͤngliche Portion Schlamm, den ſie erſt mit dem Hacken aufgelockert hat, zu faſſen, und das Genießbare zu halten, indeſſen das Ueberfluͤßige an der Seite abfließt. Was der Menſch durch das thranig ſchmeckende Fleiſch derſelben zu verlie⸗ ren ſcheint, das erſetzen die Federn, die den ſchlech⸗ teru Eiderdunen an Güte gleich kommen.
Unmoͤglich Eonnen wir unfern Leſern die Beſchrei⸗ bung und Abbildung der fo ſchoͤnen Nanking⸗ ente (A. Galericulata, Sarcelle de la Chine 73) verfagen. Da fie nur in der Provinz Nanking einheimiſch ift, fo heißt fie ſchicklicher ſo, als die Chi-
neſiſche
224 Die Nankingente.
nefifche. Ein grüner ſchimmernder Federbufch hängt vom Schnabel über die Scheitel rückwärts; den Hal umgibt eine röthlicye Kraufe; die Augen Liegen in eis nem hellen Flecke. Der Hals felbft ifl Purpur bis über dieBruft, der Rüden braͤunlich. Man bemerft hie und da weife und ſchwarze Wellen. Der Schwanz iſt dunkelgrau, der Bauch hellgrau, Was dem Thies ve ein ganz bejonderes Anfehen gibt, find die aufge- richteten Feder, die Iſt an die des firuppigen Wies dehopfs erinnern, und auch die ſeltne Struktur haben, daß biefelben Federn auf einer Seite eine fehr breite, auf der andern aber eine fehr ſchmale Fahne haben, Der Schnabel: und die Füße find ſchmugigent Letztere haben weiße Klauen.
In China wird dieſe Ente ſehr hochgeſchaͤtzt, und uaͤberallhin aus Nanfing gehohlt. Sie iſt ein ſanftes, gutes Thier, folgt den Perſonen, die ſie kennt, nach, und liebkost ſie. Und doch bleibt ihr ihre Freyheit auch beym glüdlichften Leben fo werth, daß fie in ihre Heimath zurücdeilt, wenn man ihr nicht die Flügelgelenke laͤhmt. In den fchönen Höfen wohl⸗ habender Chinefer, in denen man immer Heine Fiſch⸗ teiche, und die feltenften Thiere und Pflanzen findet, deren Pflege ihre füßefte Erhohlung ift, fieht man
immer
Der Kneifer, 225
immer ein Paar fo fehöner Enten, deren Zärtlichkeit und Treue fie zum Sinnbilde ded ehelichen Friedens machte, Wenn daher in China ein Mädchen von guten Eltern heurathet, fo iſt das Hochzeitgefchent ihrer Freundinnen gemöhnlic) ein Paar ſolcher Thiere, Man ſchmuͤckt fe dann mit Bändern, und bezahlt wohl 200 — 300 Gulven, um zu diefem ehrwürdigen Gebrauche welche zu erhalten. Diefer hohe Preis läge vermuthen, daß fie fih nur in ihrer Heimath fortpflangen,
ern a ATTENLEEET EEE ETLTETERSE: BEREITETE ha EEE IS" —— — — ———
Tab. XXVIII. Der Kneifer.
Mergus Merganſer, le Harle. (74)
Ziemlich nahe an die Enten graͤnzt die Tauchenten⸗ gattung (Mergus), die 7 Arten in ſich faßt. Die Natur verlieh ihnen die Kunſt unterzutauchen in ei= nem vorzüglichen Grade, und gab ihnen zu dem En⸗ de die ſchneckenfoͤrmige Einrichtung der Luftröhre, Schr walzenformiger, an der Spitze mit einem Haden bewaffneter, Schnabel bat fcharfe Zacken, flatt der Zähne; und ihre Schwimmfüße haben dad Eigne, daß Die innere Zehe auf der inwendigen Seite mit eis
Dögell. Theil, Sf ner
226 Da Saufen ner lappigen Haut befetst ift. Sie find im Tauchen und Schwimmen gleich geübt.
Größer als unfre Hausente iſt der Rneifer (Tau⸗ chergans, Meerrachen 74). Er hat einen faft aufe secht fiehenden, gegen den Naden zu liegenden Federbuſch, und einen röthlichen Schnabel mit ſchwarzem Haden; bis an die Mitte feines Entene halfes herrfcht eine dumnkelfchwarze, und von da bie über die Bruft und den Unterleib hin eine ſchmutzig weiße Farbe, Der Oberrüden und die Flügel find ſchwaͤrzlich. Leitere haben weiße Spiegel, Um ven Kopf iſt das Weibchen roftbraun,
Obgleich diefe Kneifer, und überhaupt ihre ganze Gattung, von Fifchen leben, fo erleichtern fie doch den Fifchern ihren mühenollen Beruf, Man weiß faum, obman mehr über die Lift und Klugheit, oder über die Ordnung und Unverdroßenheit erflaus nen foll, womit fie den Fifchern in die Hände arbeis ten; Sie verfammeln fich hiezu in großen Haufen, wie zu einem Treibjagen. Ein Theil von ihnen taucht unter, und jagt mit dem furchtbaren Zadenfchnabel die Fifche wie eine Herde vor fich hin. Eine andere Eolonne Kneifer formirt einen großen ſchwimmen⸗ den Halbmond, der fich, je näher ed dem Lande zus
geht,
Die Fettgans. 227
geht, allmählig verengt, und durch gewaltige Flüs gelfchläge das Waffer in eine tobende Bewegung bringt. Zwar durchbrechen nun die alten, Elügern Fiſche den Cordon, und fischen die weite See zu ger winnen. Aber die unerfahrne Fugend eilt beftürzt im die ftille Bucht, oder den Meerbufen, wo die Sifcher bereits in ihren Reuferhütten mit Netzen auf fie wars ten. Natürlich nehmen fih nun auch die Treiber ihren Lohn, und oft entſteht ein fürchterliches Genies Bel unter den Augen der Fiſcher. Die nordlichen Strandbewohner fehonen das Leben der ihnen fo nuͤtz⸗ lihen Kneifer; freylic) mehr aus Eigennus, als aus Großmuth. Ohnehin ſchmeckt ihr Sleifch thrans, artig. Ihre Federn find wie Gänfefedern,
a Br Asp u
Tab. XXVIIL
Die Settgans. Aptenodytes, /e Manchot. (75)
—
Wenn man in einer gewiſſen Entfernung am Mafs fer eine Settgans (Pinguin) erblidt, fo kann man fi in der That täufchen, und einen kleinen Mens ſchen, der eine weiße Schürze anzuhaben fcheint, zu
Sf z fehen
228 Die Fettgans, * ſehen glauben. Denn die Fluͤgellappen, die, ſie wie Arme traͤgt, und die ihr, beſonders in der Ferne, ein Anſehen geben, wie ſonſt kein Thler hat, gewaͤhren wirklich einen ſonderbaren Anblick. Kommt man die⸗ ſen wandernden Pigmaͤen naͤher, ſo erſtaunt man noch mehr, Voͤgel, die gar nicht fliegen koöͤnnen, in ihnen zu entdecken, und die fo dumm und unbehuͤlflich find, daß man fie mit Pruͤgeln todtfchlagen kann. Sie ſcheinen die Gränze auszumachen, wo ſich die Vögel an die Fifche aufchließen, In nördlichen und füdlichen Gewäffern, auf den einfamen Inſuln der Südfee, am Feuerlande, der Magellauiſchen Meers enge, Südgeorgien, an der Falkland: fnfulze, findet man eine ungeheure Menge Kettgänfe,. Ihrer gibt es 11 Arten, deren einige ganz ungeftederte, leder: artige Lappen, andere aber floffenähnliche, mit ganz Heinen Federn, wie mit Echuppen, bededite Fluͤgel, alle aber durchaus Feine Schwungfevern haben. An einigen bemerkt man vier, an andern bloß drey durch _ eine Schwimmhaut verbundene Zehen, und aud) in den Farben findet man Verfchiedenheiten. Ihr Schna⸗ bel ift mefferfdrmig,, etwag zufammen gedrüdt, ges furcht, und unten höderig. Ihre Groge iſt die einer Band, Der Rüden ift bey allen dunkel, der Bauch heile,
Die Feitgans, 229
belle, DiejenigeSettgans (A. impennis, le grand Pingouin), die bey uns (73) abgebilder ift, har um den ganzen Oberleib wie einen feidnen Mantel um, Der Unterleib ift jdn weiß; der Schnabel in die Quere gefürdt, Am Kopfe bemerkt man zwey
‚weiße Zlecken.
Die Settganſe bringen oft Tage und Nächte im Fälteften Waſſer zu Ihr häufiges Fett umd die kleinen feſt anliegenden Federn ſchuͤtzen fie vor der firengen Kälte Schwimmende Eisklumpen find die Schiffe, auf denen fie große Reiſen machen. Schrot prallt au ihrem Kuͤras ab. In einer Bier telftunde ſchlug das Crofifhe Schiffsvolk 300 todt, Aber eben fo leicht hätte man 3000 töbten können, So groß war ihre enge. Wood lief 100,000 Eyer ſammeln. Beydes geihah an der Kuͤſte von Pa⸗ tagonien. Ihre Neſter haben fie in Uferflüften. Hier wohnen fie in friedlicher Gefsliglein Oft unterminiren fie die Hüften fo, daS man unverſe⸗ heus tief hineinſinkt, und einen Biß, ohne zu wiſſen woher, bekommt. Blog Fiſche find ihre Nahrung, Ihr Fleisch fol nit unangenehm ſchmecken, wenn Hunger und Mangel es würzen,
Sfz Tab.
230 vw. 7) | Tab. XXX. ’ Der Dapageyentaucer. Alca, /e Perroguet de mer. (76) Wer auch nur die Bildung, Form, Beſtandtheile, Farben, Groͤße und Zweckmaͤßigkeit der Schnaͤbel bey der Betrachtung der ungeheuren Vogelklaſſe zum Gegenſtande ſeiner Aufmerkſamkeit machte; der wuͤr⸗ de ſchon allein hiebey ſich des Erſtaunens uͤber die unendliche Mannigfaltigkeit unmoͤglich enthalten koͤnnen. So entdecken wir bey der aus 12 Arten bes ftehenden Gattung der Papageyentaucher wies der etwas ganz Neues am zahnlofen Schnabel, Die fonderbaren Surchen in, die Erhöhung hinter, und der Hoͤcker unter demfelben zeichnen fie fehon von andern aus, Außer dem haben fie nur 3 durch eine Schwimmhaut verbindne Zehen. Die Kürze ihrer Fuͤße, die weit hinten find, nöthigt fie, aufrecht zu gehen, und dann find fie Papageyen nicht unahnlich, Ihre Dummheit macht, daß fie leicht gefangen wer⸗ den koͤnnen. In großen Scharen halten fie ſich zu= fammen, und bewohnen den Norden von Europa, Aſien und Amerika. Mehr ald Ein Ey legen fienicht.
Unter 1000 febenggefahren fammeln die Nordländer bie
Der Bapageyentaucher. 231
die wohlſchmeckenden Eyer, die fie auf den nackten Selfen hinlegen, helfen fich mit Stangen und Seilen von Klippen zu Klippen, und fangen die Papas geyentaucher im Fluge mit Netzen, die an langen Stäben befeftigt find, Auch laſſen fie durch Hunde die Junge auffuchen, Das Fleiſch foll, befonders wenn ed halb verfault ift, eine fehr gute Speife ſeyn. Die Häute werden zur Bekleidung benuͤtzt. Das Fett faugt man mit befonderm Wohlbehagen roh aus. Die Federn find vortrefflich,
Auffallend fonderbar fieht der Papageyentau⸗ der (A. Arctica, le Macareux, Weißback, Buttel⸗ nafe 76) aus, den wir nad) Edwards darftellen, Eein Schnabel ift mehr eingedrüct, als die Enten ihn gewöhnlich haben. Deutlich fieht man die Quer furchen, fo wie den weißlichen Wulft um die obere Schnabelhälfte, der eine Menge Eleiner Löcher hat. Bid zur dritten Furche ift der Schnabel roth; von ihr bis zum Wulfte blau, Mau bemerkt über vem roͤthlichen Augenringe eine dreyeckige, und unter ihm eine längliche Erhöhung. Ein ſchmutziges Weiß und Schwarz ift übrigens feine Farbe. Er wuͤhlt ſich an den Seekuͤſten der norölichen Erde ein unter= irdiſches Lager auf, Auch fucht er verlaffene Canin⸗
chen⸗
/
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232 "De Suiten? |
chenbaue, ja erobert fie auch wohl any dem unter Thieren beliebten Rechte des Stärken. Mit tem Haben lebt er in bejtändigem Kriege. Wenn diefer Räuber ihm fein Junges fehlen will, fo packt ihn die entſchloßne Mutter an der Kehle, eilt mit ihm, ihn, immer fefthalrend, aufs Meer, fiirzt mit ihm in Die Tiefe, und erwuͤrgt ihn. Das Ey, das fie legt, ift ziemlich groß. Nimmt man ihr3, fo legt fie ein an⸗ ders, und führt jo fort, bis auf fünfe. Wohin die Dopsgeyentaucher ziehen, um zu überwintern, weiß man nicht. Nur bey ftiller Luft koͤnnen fie flies gen. Stuͤrme verichlagen fie oft an die Kuͤſten.
Sie fenden vor ihren Zuͤgen einige voraus, die ihnen, fobald fie tanglihe Brütorte gefunden haben, Nachricht geben muͤſſen.
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Tab. XXIX. Der Sturmvogel, Procellaria, Ze .Petrel. (77) Meiſtens uͤber der offnen See, fern vom Lande, auf menſchenleeren Klippen, wohnen 24 Arten der Sturmvogelgattung, und ſchwirren Tagelang
herum, Auch wenn der Schiffer ſchon viele Monute kein
Der Sturmvogel. 233
fein Fand erblickte, oder zwifchen furchtbaren Eis⸗ maſſen, wie Coof, fegelt, begegnet ihm dieſer Kühne Vogel. Nur dann, wenn ein Sturm im Anz zuge ift, fucht er eine bleibendere Stätte, und wird dadurch ein warnender Bothe der Vorfehung, der das Schiffsvolk zur Vorficht und Wachfamkeit aufs ruft. Er fucht entweder feine Klippen, oder das Schiff zu gewinnen, wo er meiftend um das Steuer⸗ zuder feinen Plot nimmt, Sein Vorgefuͤhl ift fo untrüglich, daß die Schiffer in den nordifchen Mees ren, fobald er bey ihnen Schuß fucht, die Segel eins ziehen, und fich zum Kampfe mit Wellen und Win- den vorbereiten. Vielleicht machen die nach) Wer: hältniß großen Flügel, daß er im Flug die zunehe sende Bewegung der Luft fehneller fühlt, als der Meuſch. Er geht zuweilen auf der Oberfläche des Waſſers, und weil man darin eine NehnlichFeit mit dem Apoftel Petrus fand, nannte man ihn St, Pe⸗ terövogel. Der Schnabel der Sturmvögel ift etz was zufammen gedrüct. Die gleichen Kinnladen haben oben eine gekruͤmmte, unten eine etwas ges fürchte Spitze, Köcherfürmig und abgeftumpft find die Nafenlöcher, Ihre Schwimmfüße haben nur drey Zehen; hinterwaͤrts eine bloße Kralle.
Poͤgel J. Theil. Gg Die
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234 Der Sturmvogel.
Die Groͤße der Sturmvoͤgel iſt verſchleden. Man findet fie von ber Größe des Raben bis zur Kerche herab. Ihre Zarbe iſt meiftens dunkelſchwarz oder braun. Die Farze Zeit, als fie am Lande les ben, wohnen fie in Felſen- und Erdhoͤhlen, aus dee nen fie oft ein widerliches Quacken hören laſſen. Man findet den wahren Sturnivogel (Pelagica 77) überall, in Süden wie in Norden, Sie nähren fich von Seeinfecten, und laufen oft in den Spuren, die das Schiff zuräcklaßt, ihrem Brod nach. Auf lebendige und todte Wallfiſche fallen fie gierig her, ſchmauſen da die Erebsartigen Käufe, die fie in Men⸗ ge finden, und faugen den Thran. Ihr Schnabel fcheint ihnen hiezu als Hacke, und ver Stachel hin⸗ ten als Fußeiſen zu dienen, um auf einem ſo ſchluͤs pfrigen Felde zu ernten. Vielleicht macht fie das Thraneffen fo fetr, dag die Einwohner von Ferroer fie als wahre Thierlampen brauchen koͤnnen. Sie ziehen naͤhmlich dem Sturmvogel einen Docht durch den Leib, und nageln ihn an. Der Docht wird num angezündet. Alles Fett zieht fich allmählich hinein, fo daß er wie die hellefte Lampe brennt. So gab hier die wohlthätige Natur auf die fimpelfte Art jenen Men- ſchen Lampen, ohne die fie vielleicht eines fo brauch⸗
baren Erfatzes des Sonnenlichtes entbehren müßten, Tab.
Bandes 235 Tab. XXIX.
Der Schlangenvogel. Plotus Anhinga, PArhinga. (78) ©» nahe die Zettgänfe an die Fifche grängen, eben fo nahe gränzt unſer Schlangenvogel an die. Am⸗ phibien, beſonders an die Schlangen. Denn nicht. ame daß Kopf und Hals ſchlangenartig faſt im gleis der Dicke fortlaufen; fo Tann er au), wie eine Schlange, den Hals ſchneckenfoͤrmig zufammen sollen, und auf Stiche eben fo ſchneil losſchnellen, als jenes Friechende Thler and dem Gebuͤſche auf ihr Opfer zufaͤhrt. Brefilien und Guiana find das Vaterland biefer fonderbaren Geſchoͤpfe, deren man dreyerley Arten kennt. Do ſoll auch am. Senegal eine entdeckt werden ſeyn. Zwar nur die Größe einer Ente, aber einen dop⸗ pelt fo langen Hals, bat der Leib des Schlangen: vogels. Auch fein Schwanz ift anfehnlich genug, und beiteht aus zwölf Federn, die etwas auögebreie tet find, Der Schnabel ift gerade, ſcharf und ge⸗ zaͤhnt. Die 4 Zehen verbindet eine Schwimmhaut, Mas feine Farben betrifft, fo ift fein Schnabel, ver Hals und die Bruft filberweiß; braͤunlich und etwas 692 gelbs
236 Der Tropikvogel.
gelbgefleckt der Ruͤcken, glaͤnzendſchwarz das Uebri⸗ ge. In goldnen Kreiſen waͤlzen ſich die ſchwarzen Augen. Er iſt ein wildes ſcheues Thier, das bey Annaͤherung irgend einer Gefahr ſich ins Waſſer ſtuͤrzt, und untertaucht. Und doch, fo ſehr er Waſ⸗ ſervogel iſt, haͤlt er ſich auf den hoͤchſten Baͤumen auf, und niſtet daſelbſt. Auch von hier aus lauert er, im Dickig verfteckt, recht wie die tücifche Schlan⸗ ge, auf die unbeſorgt an der Oberflaͤche des Waſſers ſpielenden Fiſche, die ſeine Gegenwart nicht eher merken, als bis ſie in ſeinem Schnabel huͤlflos zap⸗ peln. Seine Haut iſt di, und fein Fleiſch fett, aber von fchlechtem Gefchmace, |
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— — — — ——
Tab. XXX.
Der Tropikvogel. Phaeton aethereus, /e Paille en cul. (79)
Mar der Sturmpogel für den Schiffer ein zuvers laͤßiger Vorbothe des Sturms; fo bringt ihm dages gen der Tropikvogel eine minder furchtbare, ja oft erfreuliche Nachricht. Sobald er erfcheint, fo zweifelt der Fühne Weltumſegler Feinen Augenblick
mehr,
7 III 7 m
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Doer Tropikvogel. 237
mehr, daß er ſich jetzt innerhalb der beyden Wende⸗ zirkel befinde. Denn die aͤußerſten Graͤnzen, die die Sonne auf ihrer Bahn erreicht, ſind auch von der muͤtterlichen Natur dieſem Vogel geſetzt. Nicht leicht wird er dieſe uͤberſchreiten. Er ſcheint den Zu fuln, die, fern vom fefien Lande, tief in die See hinein liegen, den Berzug zu geben, und oft teifft man ihn in einer fo ungeheuren Entfernung von je⸗ dem Lande an, die fir den erfien Augenblick das größte Erftaunen über die Dauer feined Flugs erres gen muß. Allein er hat auch die Gabe, auf der Dberfläche des Waſſers auszuruhen. Dieß wird ihm dadurd) ungemein erleichtert, daß alle feine 4 Zehen durch eine Schwimmhaut verbunden find; eine Eis. genfihaft, die, nebft dem geraden, foigigen, mefz ferformigen Schnabel, und den länglihen Nafens löchern, den gemeinfchaftlichen Karakter diefer Gate tung ausmacht, die aus 3 Arten befteht. So groß wie eine Taube ift der Tropifvoael, 79) dem Linne den Zunahmen aethereus gab, Sei⸗ ne blendend weiße Farbe mit einigen ſchwarzen Fle⸗ den auf dem Rüden, derhufeifenfürmige Fleck, der das Auge umgibt, und, noch) mehr als dieß, die zwey aus dem Schwanze hervorragenden Federn, an des 93 ven
238 Der Tropikbogel. | ren Schaft nur aͤußerſt kurze Bärte find ‚ und deren Aehnlichkeit mit Etrohhalmen der Grund der franz 3 fiichen: Benennung war, die wir nicht wörtlich überfegen wollen; dieß zuſammen genommen, macht ihn Fenntlich genug. Seiner Freyheit, und des kuͤh— nen, hohen Fluges gewohnt, ift ihm die Gefangen: ſchaft unerträglich, und fo munter, lebhaft und raſt⸗ los thätig er in jener ift, fo macht ihn diefe dumm, unbehälflich und phlegmatifch, Mon tobenden Stür: men hin- and hergejagt, fucht auch er auf Schiffen Schutz und Ruhe, und es gereicht in der That der Erfindungskraft des Menfchen zur größten Ehre, daß ex aud) da, mo ter Zropifongel an feiner Ret—⸗ tung verzagt, eine Srenftätte ihm zu erbauen wußte, D hätten unfre Schiffe immer nur Weisheit, Er: findungen, nüsliche Produfte, und durch fie ver— mehrte Glücfeligkeit, nie aber Lafter, in entfernte Länder gebracht, wer würde ſich noch bedenken, fie für die ehrwuͤrdigſte aller Erfindungen zu halten! In Felfenlöcher und auch auf Baume niften die Tropifvögel, und legen 2 gelblich weiße Eyer mit roͤthlichen Flecken. Wenn fe zur Mauferzeit ihre langen Federn verlieren, fo fammeln diefe die Bes wohner von Dtahaiti fehr forgfältig zum Eriegerifchen Kopf:
Der Schiffsbogel 239
Kopfſchmucke, und die Caraiben ziehen ſie —7 die Naſe, um Ihr Ausſehen, wie ſie glauben, zu vera ſchoͤnern.
Sonderbar war der Auftritt, den Leguat auf einer Seereiſe erlebte. Mit unbeſchreiblichete Ge⸗ ſchwindigkeit riſſen die Tropikvoͤgel dem Schiffs— volke die Muͤtzen vom Kopfe, und trugen fie fort, So Inftig die Sache im Anfange vorfam, fo trieben fie dennoch das Runftftäd fo oft und fo ungeſtuͤmm, daß man immer Pruͤgel neben ſich haben mußte,
um ſie zu verſcheuchen. Was ſie mit den Muͤtzen | gemacht haben mögen, iſt unbekannt.
— — — —
Tab. XXX. Der Schiffsvogel. Diomedea, l Albatros. (80)
Gewiß iſt die Erſcheinung eines jeden Vogels dem Schiffer, der lange Zeit, außer Himmel, Waſſer und Fiſchen, gar nichts ſah, tröftlich und angenehm, Er erblickt denn doch in ihnen Geſchoͤpfe, die fich, wie er, gefahrvollen Elementen anvertrauen, und die Geſellſchaft, die fie ihm leiften, der Gedanke, Daß auch fie ihr Zufter und ein trocknes Lager finden,
— mag
240 Der Schiffsvogel.
mag ihm manche truͤbe Stunde aufheitern. Hat er vollends Urſache, aus ihrer Gegenwart auf die Naͤhe eines ſo ſehnlich erwarteten Landes zu ſchließen, ſo erquickt ihn dieſe troͤſende Hoffnung — die einzige Frenndinn, die auch über Meere begleitet, und ſtandhaft aushält, wenn jene flüchtigen Begleiter bald kommen, bald verfchwinden. Auch die Schiffs> vögel, die die Reiſenden gewöhnlich Albatroffe nen⸗ nen, gehoͤren unter ſie. Ihrer gibt es 4 Arten, die alle durch einen oben ſtark umgebognen, und unten abgeſtumpften Schnabel, und durch koͤcherfoͤrmige, laͤngliche Naſenloͤcher, ſo wie durch ihre Groͤße ſich auszeichnen. So hat der wandernde Schiffsvo⸗ gel (D. Exulans 80) die Groͤße eines Schwanes. | Bringt man alles in Anfchlag, die Stärke feiner Glie- der und feine Dice, fo kann man ihn immer für eis sen der größten Waſſervoͤgel erklären. Seine ſchwar⸗ zen Flügel haben jehr lange Schwungfedern,. Ziem⸗ lich lang und Enochenfarbig ift der Schnabel; graue braun feine Scheitel, gelbbraun und ſchwarz gefleckt der Nücen, und ſchmutzig weiß der Unterleib. Nur drev Zehen haben die fleifchfarbigen Füße. Ihre Schwimmhaut geht an den Eeiten ein Stüd hervor; ein Umftand, der fish fonft bey keinem Waſſervogel
finden
Der Schiffsvogel: 241
finden fol, So groß diefer Vogel iſt, fo Foftet feine Nahrung der Natur Feinen großen Aufwand, weil nur Laich und kleine Waſſerthiere feine Speife find; und es ift in der That eine auffallende Bemerfung, das manche der größten Thiere wenig bedürfen, in⸗ deffen weit kleinere unerfärtlich find, Wer denkt hier nicht an das edle Pferd, den müglichen Ochſen, den. folgen Schwan und andere genuͤgſame Gefchöpfe, die mit nur wenigem und ichlechtem Futter zufrieden find; da hingegen der diebifche Wolf Schafe ſtiehlt, der Roſomack Rehnthiere erwürgt, und der Milan Huͤhnerhoͤfe ausplindert. Friedlich lebt unfer Echiffs- vogel mit allen Vögeln, und felbft dann, wenn fie ihn necken, fchenft er ihnen großmüthig das Leben, Forſter war felbft Zeuge, wie einft graue Moͤven einen ſolchen verfolgten, und ihm nach dem Unterleibe hackten, wo er am empfindlichſten ſeyn mochte, Anz ſtatt eine derſelben fuͤr dieſen Frevel am Leben zu ſtra⸗ fen, begnuͤgte er ſich, ſich ins Waſſer zu ſtuͤrzen, und von da aus ſeinen Schnabel zu weiſen, mit dem es aufzunehmen die Moͤven nicht rathſam fanden. Zu welchen ungeheuren Reiſen der Inſtinct ver⸗ anlaſſe, davon gibt dieſer Vogel einen merkwuͤrdigen Beweis. Um den Zug der Fiſche, die ihnen, nebſt Voͤgel J. Theil. Hh ihrem
242 Der Schiffsvogel.
ihrem Laiche, zur Nahrung angewiefen find ‚zu bes gleiten, unternehmen fie Reifen von der füdlichen Halbkugel bis in den äuferften Norden, Sie verfols gen die Heere von zahlloſen Lachfen, Um die Wendes zirkel nähren fie ſich von fliegenden Fiſchen, die ih— nen durch die Verfolgungen der Doraden u. a, in die Küche gejagt werden. So wußte demnad) die Nas tur dem Schiffsvogel, auch wenn er z00 Meilen vom Lande entfernt, und im eigentlichen Fifchfange unglücklich ift, einen Biffen zu verfchaffen, den man in der Luft nicht fuchen follte, und der, wenn er im Waſſer Ruhe hätte, wohl nie zu fliegen verfuchen wuͤr⸗ de. Allzugroße Kälte ift dem Schiffevogel zuwider, Daher pflegt er den Winter in füdlichen, und die übrige Zeit in nördlichen Gegenden zuzubringen, An der Kuͤſte von Patagonien und an der Falklands-In⸗ ful brütet und erzieht er feine Junge. Sein Flug geht nicht hoch. Die Kamtfchadalen machen auf ihn Jagd, Sie werfen einen Fiſch, in dem eine an einem Stri⸗ cke befeftigte Angel fedt, ind Waſſer. Jetzt kom⸗ men die Schiffsoögel herbey, und freiten um den Fiſch. Der Stärkere oder Liſtigere erkämpft ihn end- lich; aber mit ihm auch feinen gewiffen Tod, Nicht
ſowohl des Fleiſches, ald der Eingeweide willen, des ven
4
Der Rerkehrtfchnabel, 243
zen man fich ald Blafen bedient, um die Netze über
Waſſer zu halten, ftellt jenes Volk ihm nad. Coors Schiffsvolk fand das Fleiſch angenehm, felbft dann, wenn es frifches Schweinefleifch am Bord hat⸗ te, Man angelte dieſe Vögel mit etwas Schaf . fleiſch. Faſt —— Et ibm welche.
Tab. XXX. Der Verkehrtſchnabel.
Rhyncops nigra, /e Bec en cifeaux. (81)
F Weeder einen neuen, unerwarteten Anblick gewährt
uns diefer Vogel, Schon viele fahen wir, bey denen allen der obere Schnabel bald mehr, bald weniger über den untern hervorragte, und ſich über ihn einbeugte, Aber noch Eeinen, wo der obere weit kuͤrzer, als der untere gewefen wäre, wie dieß bey dem Verkehrt⸗ Schnabel der Fall iſt. Natürlich dringt fich hier dem Mißbegierigen Die Frage auf; wie er denn mit einem fo fonderbar gebauten Schnabel feine Nahrung faffen Fonne? Er geht dieß foan. In feinem Fluge, nahe an der Oberfläche des Waſſers, hält er immer die _
untere und längere Hälfte des Schnabels im Maffer,
Sp wie nun die Heinen Fiſchchen hinein kommen, 52 oder
244 Der Pelican. |
oder darüber wegſchwimmen wollen, fo fällt der Dberfchnabel wie ein Taſchenmeſſer zu, und hält die Beute feſt. Da überbieß jener wie eine Rinne mit fcharfen Rändern ift, in welche diefer hinein paßt, fo ift die Wirkung um deito fichrer,
Der ſchwarze Verkehrtſchnabel (gr) ift etwas größer, als eine Taube. Er hat einen vorn ſchwar⸗ zen und nach der Wurzel zu rothen Schnabel. Seine Hauptfarbe ift oben fchwärzlich, unten weißlich, Sein Flug ift langfamer, als feine langen Flügel vermuthen ließen, ber feine Art, fich zu nähren, macht diefe Langſamkeit noͤthig. Die Küften von Cayenne und Gulana find feine Heimath, wo er niftet, Hier fieht man ihn ſehr haufig, und immer in großer Befellfchaft. — — | Nez
Tab. XXXI.
Der Pelican. Pelecanus, /e Pelican. Der.eigentl. Pelican. (82) Die Fregatte. (83)
Der Tölpel. (84)
Reich an Arten iſt die Gattung von Voͤgeln, bie den Rahmen Pelicane führen, Shrer find 32, die alle
— — — — — *
Der Pelican. 245
alle einen geraden Schnabel, mit einer umgebognen Spitze und einem nagelfoͤrmigen Anſatze, ſchwache Risen ſtatt der Naſenloͤcher, einen nur leicht befieder⸗ ten Kopf, und Fuͤße, an denen eine Schwimm⸗ haut alle 4 Zehen verbindet, haben,
Der eigentliche Delican (Pelecanusonocrotalus, le Pelisan 82) kann für den größten Waſſervogel gel⸗ ten. Seine Flügel Haftern 1I— 5 Fuß, und feine Schwere kann über zo Pfund betragen. Auffallend ift fein anderthalb Fuß langer Schnabel, deffen obe⸗ re Hälfte aus 5 Reiten oder Nähten zuſammen ge fügt, an der Wurzel ſchmaͤler, als in der Mitte, vorn aber platt mit einem Nagelanfatze verſehen if.
An den 2 untern, faſt wie fogenannies Fiſchbein biegfamen, Kinnladenfnochen, hängt ein häutiger, gewöhnlich welfer und fchlapper Sad, der ſich aber fo ausdehnen läßt, daß wohlein Menfchenkopf, oder auch zo Pfund Warfer darin Platz haben. Daß er aber ein Negerkind, ein anderes fammt den Klei— dern, einen großen Stiefel, und — wer weiß, was fonft noch alles? — darin beherbergt habe, mag zu den vielen Dingen gehören, die ich zwar aus der Ferne recht gut und leicht erzählen, in der Nähe aber gemeiniglich nur ſchlecht beweifen laffen, Sm Grun⸗
2h3 de
‚246 Der Pelican. be haben alle Vögel einen Kropf, der einigermaßen die Stelle des erftien Magens der wiederfäuenden Thiere vertritt. Nur bey dem Pelican ift er außen, Allein diefer hat nicht die geringſte Verdauungskraft, und übergibt dem Magen die Speifen fo frifch, al er fie empfteng, Gein Kopf hat vorm eine röthliche nackte Maffe, hinten einen Eleinen Federbuſch, und nur etwas Flaum bevedft den Hals. Den Sommer nber ift das Gefieder, außer den ſchwarzen Schwung⸗ und den afchgrauen Schulterfedern, weiß; nad) der Mauferzeit fleifchfarben. Roth find dieFüße, blaßs rorh mit etwas gelb und grau der Schnabel, Die Zunge ift fo kurz, da man glauben koͤnnte, er habe feine. Sein Schwanz befteht aus 18 Federn. Dies fer Vogel ift im Schwimmen und Fliegen gleich ges ſchickt. Sein Flug ift dauerhaft, und geht oft fo hoch, daß er nicht größer als eine Schwalbe zu feyn fcheint. Außer den großen Eraftoollen Flügeln, die ihm den Slug erleichtern, kommt ihm die Leichtig> feit feiner Knochen fehr zu Statten. ‚Sie find dünn, durchfichtig und fo leicht, daß das ganze Gkelet nicht mehr als anderthalb Pfund wiegt. Auch Fann er im Kropfe und im Peibe eine hinlängliche Menge Luft beherbergen, wodurch fein Umfang vergrößert, und
Der Pelican. 247
und das Schweben in der Luft beginftiget wird, Sein Gefchrey ift widerlich und gleiht dem Yahen des Eſels. Im Fifchfange nimmt es der Delican mit dem geübteften Sifcher auf. Am Morgen und am Abende, wo die Fifche am lebhafteften, und in den größten Geiellfchaften beyſammen find, ſchwebt er über dem Waſſer, und ftürzt fenfrecht herunter, fobald er Beute fieht. Die durch ben gewaltigen Fall und das Plätfchern des Waſſers betäubten Fi⸗ fche vergeffen nun, ihr Heil in der Flucht zu juchen, Sie taumeln in den gefährlichen Beutel, Aber noch ift der Pelican nicht zufrieden. Er wiederhohlt das Kunftftüc fo oft, bis fein Vorrathsſack voll iſ. Dann erft eilt er dem Baume oder Felſen zu, wo er das gefammelte mit Muße verzehrt, oder mit feiner Fa⸗ - milie theilt. Auch er hält zuweilen, faft wie der Kueifer, mit mehrern zugleich ein Treibjagen, Nicht ohne Erfolg hat man ihn zum Fiſchfange gebraucht; doch muß ihm alddann die Kehle mit einem Ringe verichloffen werden. Er ſammelt dann ganz geduls dig zweymal hinter einander, was fein Kropf zu fafe fen vermag, für fremde Rechnung. Aber zum drits ten Male behält er ven Fang für ih. Er nimmt eine gewiffe Erziehung an, und liebt die Gejellfchaft der
Men:
248 Der Belican. Menſchen So lebte einſt einer 40 Fahre am bateris ſchen Hofe, der die Gefellfchaft und die Muſik lei⸗ denſchaftlich liebte, und Kaiſer Maximillan ſoll eis nen auf ſeinen Feldzuͤgen zum unzertrennlichen Be⸗ gleiter gehabt haben, Sein Aufenthalt find die gemäßigten und warnen Länder, Selten kommt eis ner nad) Deutichland, wenn nicht Thierführer ihn bindringen. In Kleinafien find ihrer unglaublich viele. Die in Umerifa fcheinen eine andere Art zu ſeyn. Sie find dert fo häufig, daß die Wilden uns zählige erlegen, und aus dem Fett fich Dehl bereiten. Der Delican fängt in fügen undim Meerwaffer Fifche. So nothwendig ihm aberWaſſer und Fifche find, fo trifft man doch aud) in den wafferarmen Wuͤſten von Arabien und Perfien welche an, die, aus zärtlicher Beſorgniß einer Störung, ihre Netter ziemlich weit von den Mafferpläsen haben, wo die ſchmachtende Ka⸗ ravane neue Kräfte zur Fortfegung ihrer Reife ſam⸗ melt. Die Liebe achtet alsdann auch die Laſt nicht, den Jungen im Sade Waſſer und Fifche zugutragen — nicht aber den nad) Mecca wallfabrtenden Pils grimmen, wie die fromme Einfalt der Mufelmänner glaubt, Sein Alter bringt er ziemlich hoch, und hat 70 und gojahrige Greife von feinem Gefchlechte aufs
Der Pelican. 249
aufzuweiſen. Nuf dieebne Erde, gewöhnlich nahe bey einem Waſſer, macht er fein Neſt, aber nie auf Baͤu⸗ me, ober gleich oft auf ihnen fißt, und, müde vom Sreffen, den Kopf tiefinnig auf feinen Schnabel ſtuͤtzt. So emſig figt die Mutter über ihren Eyern, daß auch muthwillige Neckereyen fie nicht dahin brins gen, diefelben zu verlaffen. Ja, als einft ein Reis fender ihr zwey Zunge nahm, und fie bey den Füfe ſen vermittelft einer Schnur an eine Zeltftange band, kam die tree Mütter, um fie zu ägen, und bey Nacht zu bewachen. Unreinlichkeit und Gefräßigkeit machen den Delican zum Hausthiere untauglich, denn fchlefen, freffen, und den Platz, wo er ſteht, zu beſchmutzen, iſt ſein Lebenslauf. Was ſechs Men⸗ ſchen ſaͤttigen wuͤrde, frißt er auf einmal. Selbſt Ratten und Katzen kann er freſſen. Dieß letztere that ein zahmer, der oͤfters auch auf den Fiſchmarkt kam, wo aber die Fifcher einem fo unmwillfommnen Abnehmer die Kehle verbanden, Sehr viel ift von jeher vom Pelican gefabeltworden, Das Vorgeben, er äze feine Zungen mit feinem Blute, hat ihn zum Bilde der elterlichen Zärtlichkeit gemacht, Eine Ere dichtung, die um deito lächerlicher ift, weil nicht leicht ein Thier ein größeres Speiſemagazin beſitzt,
Vögel J. Theil, Ji ſo
250 Der Pelican.
fo daß er wohl nie Veranlaſſung zu einer fo heroifchen That befommen kann. Da die Mutter immer erſt den Fiſchen die Köpfe abbeift, che fie ihre Zunge damit aͤzt, und überhaupt, um den Kropf auszulee: ren, ihn an die Bruft drüct, fo kann dieſer dabey ohne Verwundung leicht blutig werden, Nicht ganz ohne Krugen ift der Pelican. Gein Kropf dient zu Mügen und Beuteln, deren Form man ihm da⸗ durch zu geben ſucht, daß manihn, mit einer Kanos nenkugel gefüllt, aufhaͤngt. Man weiß diefe Beutel fo zu bereiten, daß fie fich) ungemein fanft anfühlen. In Spanien verzieren fie die Srauenzimmer mit Gold und Seide, Die Nilfiicher braucen den Kropf, woran noch die Kinnladen find, theils zum Aufbe: wahren, theils zum Auspumpen des Waſſers. Er hält, ohne einzufchrumpfen, die Näffe aus, Die Derfer überziehen Trommeln damit. Die Haut des Delicans kann man als Pelzwerk, und die Federn, wie Ginfefedern, brauchen. Das Fleiſch ſchmeckt dann erträglich, wenn man kein bejjeres hat. Wars um ihn übrigens die Deutſchen, Kropfgans, die Egypter, Flußkameel, die Perſer, Waflerträger, und die Griechen, Eſelſchreyer nennen, das werden auch unfre juͤngern Leſer ohne Fingerzeig errathen. Mit
Die Fregatte, 25E
Mit Recht trägt die Fregatte (P. Aquilus, le Tailleur 83), eine Pelicanart, ihren Nahmen; denn fie macht den Vögeln den Preis der Geſchwin⸗ digkeit eben jo ftreitig, wie die eigentliche Fregatte _ andern Schiffen, Ihre ungeheuren Flügel tragen fie, ohne merfliche Bewegung, durch unermeßliche Räume Sn Stürmen hebr fie fi) über die Wolfen hinauf, wo Mindftiile herricht, und unfere Blicfe fie verlieren, und ihrer Nahrung nad) zueilen entfernt fie fih, Tage und Nächte ununterbrochen fliegend, mehrere oo Meilen vom Lande. Dion glaube nicht, daß fie, wie andre, auf der Oberfläche des Meers ausruhen Fonne, Eobald fie ſich auf diefelbe nieder ließe, wäre ed um fie gefchehen, Ihren ohnmädhtig das Waſſer ſchlagenden Fluͤgeln fehlte dann der Spielraum, fie in die Luft zu heben. Wer erftaunt nun nicht über die Kraft eines Vogels, der, wenn ihn der Schiffer 300 Meilen tief feeeinwärts antrifft, nun wenigſtens eben fo weit zu feinem gewohnten Lager zurücfliegen, und alfo 600 Meilen an Einem fort machen muß? Ihre Nahrung erhält die Sregat- te, da fie weder gut ſchwimmen noch tauchen Fann, durch die blutigen Kriege, die die Delphine und Dos raden mit den fliegenden Fifchen unter dem Waffer
$i2 fuͤh⸗
253 Die Fregatte,
führen, Jetzt retten ſich die Ungluͤcklichen in die Luft. Aber hier wartet ihrer die Fregatte, die, ſelbſt aus einer Höhe, wo fie uns unfishtbar ift, blitzſchnell herabfchießt, und ihren Raub, er fey nun noch im Fluge, oder an der Oberfläche des Maffers, bald mit den Klauen, bald mit dem Schnabel, bald mit bey den zugleich faßt. Ohne das Waffer zu berühren, ftreift fie in leifem Sluge an der Oberfläche hin, und hohlt fi) Futter. Aber nicht immer gibt fie fich diefe Mühe, Wenn der Töipel, den wir nod) ken⸗ nen lernen werden, fi) fatt gefreffen bat, fo ift unfre, eben nicht eckle, Fregatte hinter ihm her, und haut und ftoßt und beißt fo unbarınherzig auf ihn los, big er fich, fen es nun aus Ulteration, oder um ſich zu erleichtern, erbricht. Weiter aber will fie auch von ihm nichts. Sie ſchnappt, was er von ſich gibt, im Salle auf. Auch gegen den Delican ift fie fo uns verfchämt, ja Fühn genug, felbft einem Menſchen einen Fifh aus der Hand zu nehmen, und fid) bey einem um feinen Kochtopf herumgelagerten Schiffs: volke ungefcheut zu Gaſte zu bitten.
Ob fie gleich nicht großer , als eine Henne ift, fo Haftern doch ihre Flügel 10 —ı4 Fuß. Ein langer, weit geipaltner, rothlicher Schnabel, mit einem flarz
fen
Die Fregatte. 253
fen Haden, muskuloͤſe, wohl befiederte Schenkel, ſcharfe Klauen, und ein treffliches Geſicht machen, daß dieſer ſtark bewaffnete Seeräuter den Nahnen Krieger nicht mit Unrecht führt; Der Kopf ift Elein und glatt, unter dem Schnabel des Männchens ift eine bald weife, bald aufgeblaine Haut; der Schwanz iſt gabelfoͤrmig. Schwarz, auch braun, mit weißer Bruſt, it die Hauptfarbe der Fregatte. Shre 4 Sehen verbindet eine etwas ausgeſchweifte Schwimme haut. Die Natur lie ihr aber an jedem Zehen eis nen Knoͤchel frey, Damit fie ihren Raub beffer halten koͤnne. In wuͤſten Felfengegenden am Meere, oder auf hohen, einſam ſtehenden Baͤumen, niſtet ſie, und legt 2 etwas fleiſchfarbige Eyer mit Garmefin: puncten, über denen fi) die Mutter eher todtfchlas gen laͤßt, ehe fie fie im Stiche laſſen würde,
Aus den langen Halsfedern machen ſich mehrere Inſulaner einen Kopfſchmuck, und außerordentlid) hoch wird das Fett gegen rhevmatiſche Schmerzen geſchaͤtzt, und ſehr theuer verkauft.
Ein hoͤchſt albernes Kopfſchuͤtteln, gaͤnzliche Unfaͤhigkeit, von den Waffen, die die Natur ſchenk⸗ te, Gebrauch zu machen, und ein ſolcher Grad von Einfalt, daß er ſich, ſtatt zu fliehen, einem auf die
3463 Hand
254 Der Tölpel.
Hand feht, auf-dem Lande nie aus dem Wege geht, und den Baum, auf dem er auszuruhen Luft har,
auch wenn man ihn anzündet, nicht verläßt; hat | dem Tölpel ohne Ungerechtigkeit feinen Nahmen ges geben, Wie ihm die Sregatte mitipiele, wiffen wir bereits. Freſſen, und dann, ftatt aller Vertheidi⸗ gung mit kindiſchem Geſchrey, zum Beſten jenes Cor⸗ faren das Genoſſene wieder von ſich geben, das geht an Einem fort. Da er ſich nicht gern weit vom Lan⸗ de entfernt, fo ift er dem Schiffer oft Vorbothe deda felben. Doc fand Cook zumeilen welche ziemlich fern davon, Er fey aber, wo er wolle, fo ift immer fein Erbfeind, die Fregatte, hinter ihm her, und bewahrt feinen Magen vor Unverdaulichkeit und Cru⸗ didaͤten. Ein fpisiger, fcharfer, leicht gebogner, ſaͤgeformiger Schnabel, der oben wie beym Pelican aus beweglichen Streifen zufammen gefeßt ift, ein fegelformiger Schwanz, und 4 Zehen mit Schwimm⸗ haͤuten verbunden, find allen Toͤlpeln eigen. Von der kleinen Inſul Baß bey Schottland führt der Baſſa⸗ ner: Tölpel (P. Baflanus, le fou de Baflan 84) feinen Nahmen. Er ift faft fo groß wie eine Gang, und ganzweiß, Nur find die längften Flügelfedern ſchwarzbraun, und die Haut um die Augen und den
Schna⸗
Die Scharbe. 255
Schnabel blau. Auch hat er am Hinterfopfe eine gelbe Stelle, die man aber für Kennzeichen feines hoͤhern Alters hält, Oft erſtickt er an einem allzu: großen Biffen, Auch im Tode noc) jtinft er gewal- tig. Daß er dad einzige Ey, Das er legt, mit dem Zuße aus bruͤte, iſt eine Fabel. Im Frühling kommt er zu ſeinem Bruͤtorte, den er im Herbſte verlaͤßt. An jenem naͤhrt er ſich mit Haͤringen, und dieſe Zeit uͤber, an den Portugieſiſchen Kuͤſten, mit Sardellen. Nur das Fleiſch der Jungen iſt genießbar. Mit ſchau⸗ dernder Lebensgefahr verfolgen ſie von Klippen zu Klippen ſolche Menſchen, denen ihr Leben für einen Braten feil ift,
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Tab. XXXIL- Die Scharbe,
P. Carbo, le Cormoran. (85)
Der Zauber Colymbus, /e Plongeonm. Der Haubentaucher (30). Die grönländifche . Taube (87). Der Heine Taucher (83). Ein trefflicher Schwimmer ift dieScharbe oder der Eormoran, eine Pelicanart, Sie verfolgt den gefchwin: deften
256 - Die Scharbe, deften Fifch auch unter dem Maffer, und kommt gewiß nie anters, als einen Fifh im Schnabel | haltend, zum Vorſchein. Mil fie ihm num ver ſchlingen, fo ſchleudert fie ihn etwas in die Höhe, und weiß ihn fo gefchicft der Länge nad) aufzufane gen, dad mın die Floffen fich legen, und indem fich die untere Schnabelhaut erweitert, einem Biſſen den Durchgang verfiatter, der oft mehr Umfang als der Hals felbft hat.
So groß, aber fchmächtiger als eine Gans, ift die Scharbe. mn einen fcharfen Haden endigt ſich der etwas fchmale Schnabel, unter dem ein fich ers weiternder Sad, aber nicht fo merklich, als bey dem Pelican, ift. Ihr ſtark befiederter Kopf und Hale ift wie der ganze, Korper ſchwarz mit dunkelblauem Glanze; die Flügel haben braungrüne Halbkreife auf braunem. Grunde, Hinten am zottigen Schenkel hat das Männchen einen weißen Flecken. Die Füße find fchwarz, eine Schwimmhaut verbindet alle vier Zehen der auffallend einwärts ftehenden Füße, Aber auch das war fo wenig ohne Grund von der mütter: lichen Natur veranftaltet, als das gezähmelte der mittlern Klaue. Da die Scharbe oft ihren fhlüpfrie gen Raub mit einem Zuge halt, wobey jene Zähne,
das
Die Scharbe. 257
das Nusgleiten desſelben verhuͤten, und mit dem ans dern rudertz fo mußte der Zuß fo einwärts gebogen fiehen, damit feine Kraft mitten unter dem Leibe wirke. Ruderte der Vogel bloß auf einer Seite, ſo wuͤrde er große Maͤhe haben, nach einem Ziele zu gelangen, Oval abgerundet und etwas ausgebreitet ift der Schwanz von 14 fteifen Federn. Im Geficht ift die Scharbe nackt, und hat am Manlwinfeleine gelb» liche, weiter bin aber weißliche Haut. Oft figt fie, unge⸗ achtet ihrer Schwimmfüße, auf Bäumen. Sn China braucht man fie zum Fiſchfange. Vorn an den Fi⸗ fcherböthen figen dann die geſchickten Scherben mit Ringen um den Hals, um ihre Eßluſt zu mäßts gen. Ein Ruderſchlag ift das Zeichen, auf dad fie fi, fo plöglidy wie Hunde, ins Waffer flürzen, Jetzt bringen fie willig ihren Fang, und ftehen ein⸗ ander treulich bey, wenn der Fiſch für eine zu groß it. Sobald der Fifcher zufrieden ift, nimmt er der Scarbe den fatalen Ring ab, und fie darf num für eigne Rechnung jagen. Nur der Hunger macht fie thaͤtig; fonft ift fie faul. Häringe liebt fie ungemein, Da fie Kälte und Hiße in hohem Grade ertragen kann, fo wird fie auf allen Meeren gefunden, Abs ſcheulich ift ihr blöcfendes Gefchrey, Ihre Zunge
Dögel I, Theil, Kr befieht
258° Die Scharbe
befteht aus einer fchlappen Haut, die in der Mitte ein Sleifchzäpfchen hat. Einige ſprechen ihr diefelbe ganz ab; ja die Kamtſchadalen verfichern, fie habe ihre Zunge an wilde Ziegen gegen die weißen, feidenz artigen Stellen am Halje und an den Schenfeln ver- tauſcht. Eine Volfefage, über die wir erſt dann recht herzlich lachen dürften, wenn nicht ähnliche Tkorheiten auch unter und im Schwange giengen. Ihre Eyer find wie Hühnereyer, und werden, nicht ohne Lebensgefahr, von Felſen gehehlt, über die fie oft felbft in den Abgrund ſtuͤrzt. Ihr Fleifch fand Cook und feine Leute gedämpft vortrefflih, und auch ihre Haut und Blafe wird benüßt, Dimmer kann man Faum in die Schlingen gehen, und fich mit Stoͤcken todtfchlagen laſſen, als fie. Doch ift die Heinere Scharbe (Seefrähe) nod) duͤmmer und trä- ger, und führt den Nahmen Einfaltepinfel mit Recht, Eie wohnt im Außerften Norden, Hier fcheint über: haupt die Natur zu altern, Nur einen fchwachen Inſtinkt und großen Hang zu friedlicher Unthaͤtigkeit verrathen die wenigen Thiere, die gleichfam an der Gränze der bewohnten Erde fliehen, und unter fich einen Bund errichtet zu haben ſcheinen, ihre wechfel-
feitige träge Ruhe nicht durch Verfolgungen zu unters brechen,
Der Haubentaucher, 259
brechen. Daher kann man dort Seelöwen, Seebaͤ⸗ ren, Scharben und Fettganfe fo einig, wie das Ges
flügel in einem Hühnerhofe, beyfammen fehen, Durchaus nicht zu verwechfeln mit den ſchon befchriebnen Zauchenten, ift die aus 28 Arten bes ftehende Gattung von Tauchern (Colymbus), Ein gerader, pfriemenfdrmiger, ungezähnter, fpißis ger Schnabel, an defjen Wurzel die ſchmalen Naſen— löcher liegen, ein gezaͤhnter Schlund, Füße, ganz am Ende des ungefchwänzten Körpers, und Zehen, die, bald jede einzeln eine lappige, bald alle zuſam⸗ men eine gemeinſchaftliche Schwimmhaut haben, find ihr Karakter. Gehen koͤnnen fie faft gar nicht, fliegen, nur mittelmäßig, aber im Schwimmen und Tauchen find fie Meifter. Hiezu fcheinen fie ganz eigentlich von der Natur mehr als andre beftimmt. Der fpigige Schnabel, der die Balın bricht, ver viel ſchwerere Vorderleib, den fein Gewicht ſchon unter: wärts drüdt, die hinten ſtehenden Ruderfüße, mit denen fie wie Sröfche vor= und feitwärts rudern koͤn⸗ nen, die fladyen Klauen — wer kann fagen, daß die Natur, die ihnen die Runft zu gehen umd gut zu fliegen verfagte, ſtiefmuͤtterlich an ihnen gehandelt habe? In der Tiefe verfolgen ſie Fiſche, gerathen Kk2 aber
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"266 Der Haubentaucher,
aber oft in Netze, die nicht für fie aufgeiworfen was . ren, Nur mit Mühe konnen fie auffliegen, Shre Nefter bauen fie im Schilf und auf Felfem Daß fie aber aud) unter dem Waffer brüten, oder gar unter den Slügeln ihre Eyer mit fih tragen, ift eine Fabel, Nur drey, aber fehr verſchiedne Arten, koͤnnen wir bier näher befcjreiben.
Seltfam genug fieht der große Haubentau⸗ cher (C. Criftatus, le Grebe huppe, Schlaghahn 86) aus, auf deſſen Kopf ein Federbufch ift, der fich zu: weilen fpalter, fo daß man ihn fir gehörnt halten koͤnnte. Je nachdem der Vogel in Ruhe vder leidens fchaftlicher Bewegung ift, ſteht jener Buſch aufges richtet oder liegt. Den Hals umgibt ein glänzend: brauner Kragen. Braun ift der Ober: und filbers weiß der Unterleib, Die lappigen Füße, mit ihren fladyen Klauen, fcheinen ganz aus dem Steiß ohne Schenkel heraus gewachfen. Sein ſcharfes Gehör und feine Schüchternheit und Vorficht ermüden oft den Jaͤger, bis er ihm auf eine Schußweite nahe kommt.” Plöglich fährt er in die Tiefe, und kommt eben fo plöglih am andern Ende des Teiches zum Vorſchein. Kleine Fiiche, Inſecten und Waſſerkraͤu⸗ ter ſind ſeine Nahrung. Er iſt nicht viel groͤßer,
als
Die geönländifche Taube. 261
als eine Ente, und bewohnt das ndrdlidye Europa und Alten, Um die Begartungszeit funfeln die rothen Augenkreiſe wie Feuer. Gein in Schilf ges bautes Net wird ver vier bräunlichen Eyer we: gen oft von der Rabenkraͤhe, nicht ohne heftige Kämpfe mit der Mutter, geplündert, Die Bauche haut ift der treffiichfte Pelz, der das Weiche des Flaums mit der Elafticität der Feder und dem Gil: berglanz der Seide verbindet. Alle Federn fehliefen fu, daß fie die glänzende Oberfläche eines Spiegels zu haben ſcheinen, und der Näffe, wie der Kälte, undurchdiinglich find, Ein Damenmuff davon kann "50 fl. koſten. So ſchoͤn Fleidete und fo mütterlid) wärmte die Natur ein Gefchöpf, das auch im rauhe⸗
ften nordlichen Winter das Waſſer nie verläßt. Nur die Größe und eine kaum merkbare Aehns lichkeit mit unfrer guten Haustaube bat der gröns laͤndiſchen Taube (C. Grylie, le petit Gusllemot 87), einer andern Zaucherart, ihren Nahmen gegeben, Ihre Flüge! find Eurz, ihre rothen Füße flehen ganz hinten, ihr Schnabel ift ſpitzig, die Federn gleichen einem Seidengewebe, Ihr Gang ift ſchaukelnd. Sie ift bald ganz ſchwarz, bald ſchwarz und weiß, Indem ihr die Natur zu ihrer Sicherheit ein eignes weißes wre Winter⸗
262 Die grönfändifche Taube,
Winterkleid geben foll. Gegen die furchtbarfte Kaͤl⸗ te in Spigbergen und Grönland fhugt fie ihr Pelz. Doch hat fie auch in Schottland und Schweden fich ſchon fehen laſſen. Hart an der Oberfläche des Waſ⸗ fers hin, ſtreicht fie, ſtark flatternd, ihrer Nahrung nah. Auf nicht allzuhohen Felfen, hart am Meere, hat fie ihr Left, damit das Zunge im Notbfalle, wenn fein Erbfeind, der Fuchs, fommt, fich plößs lich ins Meer ftürzen Fünne, Ueberhaupt fehlt e8 den Tauchern gar nicht an Snftinft, So weiß man von der Lumer, einer andern Taucherart, daß, wenn die Eltern ihr Junges zum erften Male aus dem Nefte in die See führen, der Vater gerade über, und die Mutter unter ihm fliegt, Jener fihert ed vor Raubvboͤgeln; diefe vor dem Fallen, Faͤllt e8 aber doc) auf die Erde, fo werden die guten Eltern lieber felbit, ehe fie e8 verließen, dem Fuchs zum Raube, deſſen Lift und Verwegenheit in jenen nahrungslofen Eisgegenden der Mangel noch furcht⸗ barer macht. Wirft man ein Junges ins Waffer, fo entfteht unter den alten Lumern ein edler Wett: eifer, ja heißer Kampf, wer den Waifen verpflegen fol. Sobald die Mutter erfcheint, ift Friede, und man übergibt ihr gutwillig ihr Kind. |
Yuch
Der Eleine Taucher 263
Auch auf deutfchen Zeichen nicht ungemöhnlid) ift der Fleine Taucher, (C. Minor, le Caſtagneux, le Grebe de riviere 88) der ungefähr fo groß wie der Vorige ift. Sein Oberleib ift kaftanienbraun, auch fchwarz, die Wangen und Kehle rothbraun, der Unterieib ſchmutzigweiß, auch aſchgrau. Gehen und fliegen koſtet ihm etwas Mühe, Doch geht das letz⸗ tere, wenn er einmal im Fluge iſt, noch ziemlich gut von Statten. Seine lappigen Zehen mit ihren brei⸗ ten Naͤgeln haben eine regelmaͤßige Einfaſſung von Schuppen. Mit der Schnelle des Blitzes erſcheint und verſchwindet er im Teiche. Gras, Waſſerin⸗ ſecten, auch kleine Kieſel, finden ſich in feinem Ma— gen; letztere wohl um die Verdauung zu befoͤrdern. Ein Digeſtiv, das bey mehrern Voͤgeln Sitte iſt. Aus Waſſerkraͤutern, zwiſchen Schilf und Gebuͤſche, bauen die friedlichen Gatten ihr Neſt, ſo daß es mit dem Waſſer ſteigt und faͤllt. Der Bau iſt ge⸗ woͤlbt, und hat oben eine Vertiefung, in die das Weibchen ihre 4 — 5 gelblichen Eyer legt, Sie find immer mit etwas Waſſer umgeben, das die Bruͤt⸗ waͤrme lau macht. Sobald ſich Jemand naͤhert, ſo rupft die Mutter die Materialien am Rande des Neſtes in die Höhe, fo daß nun Die Eyer bedeckt find,
und
264 Die Meve,
und der Unerfahrne einen bloßen Klumpen Waſſer⸗ kraͤuter zu ſehen glaubt. Das Fleiſch dieſer Taucher iſt im Winter ungemein fett, und ſchmeckt nicht übel, Doch muß, des Thrangeſchmacks wegen „ die Haut abgezogen werten, Die Federn find treffliche Dunen,
Tab. XXX. Die Meve
Larus, /a Mouette, le Goeland. (89)
Die Seeſchwalbe.
Sterna, /a Hirondelle de mer. (go)
Don den 20 Mevenarten ift mande, die aus ihs rer nordlichen Heimath auch in Deutfchland Befuche macht. Sie haben alle einen ungezähnten, geraden, mefferförmigen Schnabel, der nach vorn zu oben eis nen Haden, und unten einen Höcer hat. In feiner Mitte liegen die ſchmalen Nafenlöcher. Drey Zehen verbindet eine Schwimmhaut. Die vierte nad) hin ten zu, die Einer Art ganz fehlt, ift frey. Immer über dem Waſſer fchwebend, brechen fie das Genoſ⸗ fene bey der gerinaften Verfolgung bald von fidy, Ihre unerfättliche Gefräßigfeit reinigt die Oberfläche
des
Die Meve, 265
des Meerd von todten Leichnamen. Alles freffen fie, paden ſelbſt Laͤmmer an, und fuchen einander tuͤckiſch den Fraß abzujagen. In zahllofer Menge uͤberdecken ſie oft große Strecken, und betaͤuben durch ihr unertraͤgliches Geſchrey. Sie achten auch die ſchneidendſte Kälte nicht. So ſchmackhaft ihre häufig genoßnen Eyer find, fo Schlecht ift ihr Fleiſch. Und doch braten die Bewohner der Antillen ſie ſammt den Federn. Wenn wan ſie verfolgt, ſo beſpruͤtzen ſie ihre Verfolger mit ihrem Unrath. Nur den unter den Meven ſich beſonders aus: zeichnenden Struntjaͤger (L. Parafiticus, le Ster- coraire, der Kothjäger 89) führen wir bier an, Er ift der Todtfeind feines Geſchlechts, und verfolgt be⸗ ſonders die gemeine Meve unbarmherzig, bis fie ihe ren Kropf ausleert. Ploͤtz ich faßt er dann auf, was fie von fich gibt. Daß er ihrem Koth nachtrachte, ift falfh. Er fliegt fehr gut, fommt, fobald die Fiſcher Lap, Lap rufen, herbey, ſchnappt, was fie ihm zu⸗ werfen, in der Luft auf, ſtiehlt Haͤringe aus den Barken, waͤſcht fie aber, werm fie bereits geſalzen find, vorher ordentlich ab, Diefen Diebftahl vergütet er dadurch, daß er den Fifchern den Zug der Haͤringe verraͤth. Ueberhaupt muß er faſt ſich mit Stehlen Voͤgel J. Theil. 21 behels
266 Die Seeſchwalbe. * behelfen; denn er iſt weder im Tauchen noch im Schwimmen Meiſter. Seine Fluͤgel ſind zu groß, und ſein Gefieder iſt zu dicht, und zu ſehr mit Luft angefuͤllt. Sein Geſchrey lautet J⸗a, js-han, Der Norden iſt feine Heimath. Uebrigens bat er, außer dem Mevenfchnabel, eine fchwarze Scheitel, dun: felbraune Flügel, Nüden und Schwanz, aus dem zwey lange Federn hervorragen, einen weißen Unter: leib, und ein afchgraues Band tiber die Bruſt. Gr ift fo groß, ale eine Taube, und niftet auf Felfen. Die letzte Gattung von Wafferpögeln, die wir unfern Lefern bekannt machen, enthält die See— fchwalben, deren 26 Arten find. Ihr pfriemen: förmiger, fehr fpigiger, etwag zuſammen gedruͤck— ter, fcharfer Schnabel, hat die Nafeniocher hart an der Wurzel, und fenntlich genug machen fie die lans gen Schwungfedern und der gablige Schwalbens fhwanz. Die Schwimmfuͤße haben nur ganz fchwa= che Haͤutchen. Sp groß wie eine Taube ift Die ges meine Seeſchwalbe, (S. Hirundo, le Pierre ga- rin go) wovon ein Männchen und Weibchen abge: bildet find. Sie haben beyde eine ſchwarze Kappe, einen blaugrauen Oberleib, und einen feherenformis gen Schwanz, Der Schnabel und die Füße find ſchoͤn roth;
Die Seeſchwalbe. 267
roth; doch beym Männchen von höherer Farbe, es ner ift nach der Spige zu dunkler, Die Füße find äuferft Hein. Alles fängt die Seefchwalbe im Fluge, und ift Flug genug, von feichten Stellen, durch be⸗ ftändiges Hin- und Wiederfliegen, die Fiſche dahin zu treiben, wo es tiefer iſt, Damit fienicht im Hinein⸗ ſtuͤrzen Kopf und Schnabel verlege, Ihr weites Maul ift ihr fehr wohlchätig, um fehnell alles zu er⸗ ſchnappen. So außerordentlich ift ihre Verdauungsz kraft, daß alles, was fie kaum genoſſen hat, wieder bald von ihr geht. Zrefflich kann fie fliegen, und wie eine Schwalbe unermädet herum kreuzen. Ihr Geſchrey ift durchſchneidend, zumal um dieBrützeit, wo die Wochnerinnen in großer Menge geſellſchaft⸗ lic) beyſammen ſitzen, und unaufhoͤrlich miteinander plaudern. Sie find Zugvbgel, und kommen im Fruͤhlinge aus dem Norden in ſuͤdlichere Gegenden. Anſtatt, wenn ein Schuß unter fie geſchieht, ſich furchtſam zu zerſtrenen, kommen alle mit ihrem ver⸗ wundeten Geſellſchafter aus der Luft herab, und um⸗ geben ihn, vielleicht mit Empfindungen, die den be⸗ ſchaͤmen wuͤrden, ber ohne Zweck unter fie feuerte. Die Seeſchwalben legen auf Felſen, Sands banfe ꝛc. gewöhnlich 3 braune, ſchwarzgefleckte, arg ziem⸗
263 Die Seefchwalbe.
ziemlich große Eyer, die die anten Eltern mit zorns müthigem Eifer vertheidigen, Die Mutter figt nur bey Nacht und regnichten Tagen, Bey fhöner Witz terung überläßt fie dieß Gefchäfte den wärmenden Sonnenſtrahlen. Sehr bald verlafjen die getupften Kleinen das Neft, obgleich es lange braucht, big ihre Slügel die zum Fluge gehörige Länge haben, Die Eltern bringen ihnen Stuͤckchen Fifche In das Neft, Doc) das währt nicht lange. Sobald einige Tage vergangen find, fo begnügen fie fih, bloß über das Neft Hinzufliegen, und das Futter in dasſelbe berabfallen zu laffen, Aber jeßt gibt es Handel unter den Kleinen. Die Alten fehen von oben zu, Ein Pfiff des Vaters ftellt den Frieden in der Kinderftube plöglich wieder her. Auch warnt er fie damit, wenn Jemand fich nähert. Sobald diefe Stimme ſich hoͤ— ren läßt, fo halten ſich die zuvor immer unruhigen und gefchwäßigen Kleinen fo ſtockſtill, daß Feine Seele in ihrer Gegend etwas Lebendiges vermuthet. Doc) genug von den Waflervögeln, mit des
nen etwas näher befannt geworden zu feyn, vielleicht feinen unfrer verehrten Leſer reuen wird. Sie ent- halten unläugbar hoͤchſt merkwürdige Geſchoͤpfe, die theils uns felbft fehr große WVortheile gewähren; theils
Tab. AXXIE ⸗
Der Slaming, 269
theil® aber auch da, wo Die fhaffende Natur vor Kaͤl⸗ te erftorben feheint, Leben und Thätigfeit verbreiten, und dem, faft von cllen Mitgefchöpfen verlaffenen Schiffer, dur) ihre Begleitung den Troſt geben, daß er bier nicht garz allein im der Natur fey.
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Tab. XXXIV.
Der Flamingo. Phoenicopterus, le Flammant. (gı) Die Loͤffelgans. Platalea, la Spatule. (92)
Man mag die etwas auffallende Geſtalt, oder die zweckmaͤßige Einrichtung, oder den vielfachen Nutzen überlegen; fo enthält die Ordnung der Sumpf: vögel (Grallae), die wir jetzt anfangen, allerdings fehr merkwürdige Geſchoͤpfe. Ihnen gab die Natur den Auftrag, infumpfigem, mosrichten Boden, der felbft dem Menſchen faft unzugänglich ift, der allzu- großen Vermehrung der Amphibien und Inſecten Einhalt zu thun. Hiezu mußte fie ihnen aber auch fehr lange Beine, um gut waten zu Tonnen, fchen- fen, und diefelben wohl bis über die Kniee nackt und
£r3 | glatt
270 Dear Flamingo. glatt laſſen, Samit ſich der Koth weniger anhänge. Auch würde ein langer Schwanz ihnen nur bins derlich geweſen feyn. Ein feltfame: und fchönes Thler tft der Flamin⸗ 00 (Flamant, Schartenfchnäbler, Korkorre). Diefe Öettung befteht nur aus zwey Arten, deren die eine ganz brennendroch, vie andere weiß mit röthlis chen Stellen an den Flügeln iſt. Beyde haben die laͤngſten Fluͤgelfedern ſchwarz. Der gelbliche Schna- bel ift an der Wurzel did, macht gegen die Mitte zu oben und unten eine ftarfe Wolbung, und endigt fich in eine Krümmung und ſchwarze Spiße. Er ift oben und unten feharf fügeformig gezähmelt, und greift, obgleidy der untere einen Bogen hat, fehr gut in eins ander. Der anjehnlihe Hals und die ungeheuren ſchoͤnrothen Stelzenbeine, machen den Flamingo, deifen Leib doch nicht einmal fo groß, als der eines Schwans ift, 5— 6 Schuh hoch, Die drey Vorder: zehen haben eine kurze Schwimmhaut, womit er zwar nicht eigentlich fchwimmen, aber doc) fich zur Noth forthelfen Fan. Auch bewahrt fie ihn einigermaßen vor dem Unterfinfen, Durch fie macht die Natur von den Waffervögeln den fchicklichften Uebergang zu den Zandvögeln, Der Slamingo ift das Bindeglied | zwifchen
Der Flamingo, 271
zwifchen beyden in der Kette der Weſen. ein faft nackter Kopf ift oben und unten gewölbt, und feine Zunge fleifhig und ungefpalten,
Nicht nur in Afrika und Amerika, fondern auch zuweilen an Europaͤiſchen Küften des mittelländifchen Meeres, finder man den Slamingo, Wenn er an Slüffen gefehen wird, fo muß ihn wohl nur ein uns befannter Zufall dahin verfchlagen haben, Denn ihm ift falziges Waſſer fo ſehr Beduͤrfniß, dag man ihn auch) im zahmen Zuftande das Waſſer falzen muß, Nur heiße und gemäßigte Gegenden liebt diefer Zug: vogel zu feinem Aufenthalt. Er wird auf den Ans tillen in ungeheurer Menge gefunden, Da ihrer in Et. Domingo oft fehr viele, wie nad) einer Schnur . gereihet, an Sümpfen fliehen, fo glaubt man ein Regiment Soldaten mit rothen Unterkleidern aufzies ben zu fehen. Inzwiſchen vermindert fi) ihre Anz zahl in eben dem Grade, als der Runftfleiß und Hun⸗ ger der Menfchen Moräfte urbar macht. Aeußerſt jeltfam find die Neſter diefer Vögel, Unſer- Leſer begreifen fehr leicht, daß einem fo langbeinigen Thiere es fehr befchwerlich ſeyn müffe, auf Eyern zu fißen: nicht zu gedenken, in welcher Gefahr zu zerbrechen dieſe feyn würden, Denn wo foll das arme Thier
die
72 Der Flamingo. die Süße binbringen, ohne bald jene, bald die Jun⸗ ge zu befchädigen? Uber der große Lehrmeiſter der Thiere, der Inſtinkt, zeigte den Flamingo-Weib⸗ chen den ſicherſten Weg, ihre Eyer ohne Gefahr zu bebruͤten. Sie machen kurz vor der Legezeit von Erdſchollen und Koth in ſeichtes Waſſer einen Hügel, der gerade die Höhe hat, daß fie mit dem Schwanz und Steiß die Eyer bedecken koͤnnen, dabey aber die Füße fiehend, over wie auf einem Stuhle fißend, herunter Hängen haben, je nachdem es ihnen bequem ift. Das Ganze fieht aus wie ein abgefürzter Kegel, der auf der obern Fläche eine Höhlung hat, worein das Weibchen feine zwey Eyer legt, ohne daß es fich die Mühe nähme, für Moos, Federn, oder fonft etwas Meiches zu ſorgen. Die Eyer felbft find wie Gaͤnſeeyer, aber etwas laͤnglicher. Die ungen ſehen in ihrer zarten Zugend grau aus, und muͤſſen erft alle Federn haben, ehe fie fliesen fönnen, Das für aber koͤnnen fie fehr bald außerordentlich gefchwind laufen, Mit dem zunehmenden Alter wird die rothe Farbe flammender — denn das ift dad efgentliche Mort, für das treffliche Roth des rochen Flamingo, Muſcheln, Laich, Inſecten find die Nahrung dies fer Vögel, Sie ſtecken den Kopf und den Hals tief
in
*
Der Flamingo. 273
in den Schlamm, wenden dabey den Kopf gegen die Seite, ſo daß derſelbe ganz verdreht iſt, und arbeiten in dieſer Stellung mit dem Hals und den Fuͤßen ge⸗ waltig. Auf dieſe Art ſchoͤpfen ſie ſeitwaͤrts mit dem Schnabel einen Haufen von dem aufgeregten Schlam und Rai, wovon nun das nicht Genießbare, unter dem beftändigen Schütteln, zwifchen den gezaͤhnten Kinnladen, wie durch ein Sieb, fortfließt, fo dag nur Eyer und Thiere in der Schüjjel zuruͤckbleiben. Da ihrer immer eine große Menge beyfammen ift, und ihre Nahrung fie nöthigt, den Kopf fo tief ins Waſſer zu fieden, daß fie weder gut hören noch ſehen, fo ftellt die Geſellſchaft, wenn fie Tafel Hält, einen Wächter aus, der fi forafältig überall umz | guet, und mit einem heftigen Echrey, der wie ein Trompetenſtoß tönt, die Annäherung eines Menfchen verkuͤndigt. Jetzt ergreift alles über Hals und Kopf die Flucht. Da fie aber Thiere nicht fürchten, fo ift ſchon oft die Borficht der Schildwache Durch einen in eine Ochfenhaut gehüllten Menfchen hintergangen worden; Ueberfällt man fie fo ploͤtzlich, daß man ‚unter ihnen fteht, ehe fie es wahrnehmen, fo ift alfe Befinnungskraft durch die Nähe der Gefahr bey ih⸗ nen verloren, der fie doch, fo lange fie entfernt iſt,
Dögel I. Theil; Mm fo
374 Der Flamingo. > fo fertig zu entgehen wiffen. Auch die leichteſte Ver⸗ wundung toͤdtet fi. Schießt man aus einem ver: deckten Orte auf fie, fo bleiben fie ruhig, fehen mit unbegreiflicher Dummheit einen nad) dem andern aus ihrer Mitte hinftürzen, fcheinen aber vollig zu vergeffen, daß fie Flügel haben, Sie werden fehr leicht zahın, leben mit allen Bewohnern des Hühners hofs in muftermäßiger Eintracht, lernen ihren Nähs rer fehr gut kennen, und zupfen ihn auch wohl, wenn fie hungrig jind, an feinem Kleide, damit er fie zu füttern ja nicht vergeffe. Wenn fie ſchlaſen, fo fiehen fie auf einem Beine, und ſtecken unter einen Slügel ihren Kopf und Hals; Dadurch, daß fie diefe auf der rechten Seite unterſtecken, wenn fie das linfe, und auf der linfen, wenn fie das rechte Bein aufheben, feheint der Koͤrper fein Gleichgewicht im Schlummer zur erhalten. Gern wärmen fie fich am Feuer, aber oft jo unvorfichtig, daß fie fich ein Bein verbrennen, In dieſem traurigen Falle gehen fie auf Einem Fuße, und bedienen fich des Schna= bels als einer Krüde, Fortpflanzen werden fie ſich in der häuslichen Sklaverey wohl nicht leicht. In mehrern Gegenden ift der Slamingo dem Milden ein heiliger Vogel, der bey Lebensſtrafe nicht
Der Flamingo. 275
nicht getddtet werden darf, Es ift Daher nicht zu ver= wundern, wenn ein fo fichrer Aufenthalt viele Taus fende nährt, Die einen ungeheuren Laͤrm verurſachen. Andere Neger find in diefem Stüde weniger gewiſ— fenhaft, verfertigen Mäntel, Gürtel, Kopfputz ıc. aus den Federn, die an Güte den Schwanenfedern gleichkommen, und effen das Fleiſch. Diefes fell vortrefflic) feyn, und wie Rebhuhn ſchmecken. Bes fonders wird die Zunge gerühmt. Martial und Ju⸗ venal geißeln ihre verwoͤhnten Zeitgenoffen über dieſe Lederey mit Flamingo: Zungen, Heliogabal ließ ganze Schüffeln davon auftragen. Schlechter konn⸗ te aber aud) der Mann nicht effen, der feine zahmes Löwen mit Safanen und Papageyen, und feine Pfer: de mit den fofibarfien Trauben aus Afien fütterte, Da Caligula wahnfinnig genug war, fich für einen Gott zu halten, fo wählte er fich den Flamingo zum heiligen Opfervogel. Mit dem Blute desfelben wur⸗ de er bey einem feyerlichen Opfer wenige Stunden vor dem Augenblicke befprüßt, der die Erde von dies fem gefrönten Ungeheuer befreyte,
Der flache, fchaufelartige Schnabel, mit den Heinen Naſenloͤchern an der Wurzel desfelben, der weiße Federbuſch, die vierzehigen Füße mit halben Mw2 Schwimm⸗
276 Die Löffelgans.
Schwimmhaͤuten „und die ſehr kurze Zunge, find der gemeinfchaftliche Karalter, welchen die drey Arten der Köffelgänfe gemein haben, unter denen die weiße (P. Levcorodia, Löffelreiher, Plaitfchnäb: ler 92) abgebildet iſt. Dieſe hat einen rückwärts liegenden Echopf, ein ganz weißes Gefieder, eine nackte ſchwarze, auch gelbe, Haut an der Kehle und um die Augen, einen nur ſchwach befiederten Hals, und ſchwarze, mit einer harten Haut, wie mit Schuppen, überzogne Füße. Der Schnabel ift wie lederartig, feine Farbe braun, mit einer dunklern Schattirung. Cie kann damit klappern. An Seefüften wohnen die Löffelgänfe, und kommen ins Innere der Fänder nur dahin, wo fie große Morafte wiffen. Aus feinen Zweigen bauen fie ihre Neſter auf die Gipfel hoher Bäume, und ma: hen in ihrer Brutzeit ein lärmendes Geklapper. Drey bis vier weiße, röthlich geflecfte Eyer legen fi, Die alte und neue Melt ift ihre Herberge, In der leßs tern werden rofenfarbige Köffelgänfe gefunden, Leicht laſſen fie fish zaͤhmen, und fie find fo wenig ſchuͤchtern, daß man ihnen wohl nahe fommen darf. Eie find nicht jo gefellfchaftlich, als die Flamingos, und werden nicht in fo zahlreichen Zuͤgen angetroffen. ig | Nufgeln,
zZ». AAXTT
Der Hornträger, 277
Muſcheln, Kleine Fifche, Juſecten ꝛc. find ihre (Tabs sung. Ihr Fleiſch ſchmeckt faft wie Gaͤnſefleiſch.
Die Neger nennen die Loffelgans den Teu— felsvogel, weil fie von ihrer Stimme eben deu Aber> glauben hegen, der ihren aufgeklärtern Mirbrüdern in Europa das Geſchrey des Kaͤuzchens fo furcht⸗ bar macht, |
‚Tab. XXXV. Der Horntraͤger. Palamedea cornuta, /e Kamichy. (93)
Der Jabiru.
Mycteria americana, le Jabiru. (94)
Der Hoblfchnabel.
Cancroma, le Savacou. (95)
In der That ſeltſam und auffallend iſt das, was wir am Horntraͤger, den man auch Anhima und Kamichy nennt, bemerken. Er frißt Thiere, und hat doch einen Schnabel, ald wären ihm von der Natur Körner zum Zreffen beftimmt; er beſitzt, außer einem Schwarze und Flügeln von ziemlicher Länge, etwas kurze Füße, und iſt demungeachtet ein Sumpf
Mmz vegel
278 Der Hornträger,
pogel; er ift furchtbar bewaffnet, und hat dabey alle Eigenfchaften eines guten und ſanftmuͤthigen Thieres. Pur aus zwen Zirten beftebt diefe Gattung, die ſich durd) einen kegelformigen — oben etwas ge⸗ bogenen Schnabel, laͤnglich runde Naſenloͤcher und geſpaltne vier Zehen, mit einer aͤußerſt kurzen Schwimmhaut, aus zeichnet. | - So ſehr auch die Natur unfern Hornträger (93) bewaffnet hat, indem fie ihm außer dem Horn an der Stirn, noch zwey Sporen an jedem Flügel gab; fo iſt er doch nichtö weniger, als ein kuͤhner Raub: vogel. Nur mit Friechenden Thieren führt er Krieg, und erfüllt dadurd) den wichtigen Beruf, den ihm die Natur gab, in jenen ungeheuren amerifanifchen Sümpfen und Savannen, wo Millionen von Ams phibien leben, der allzugroßen Ausbreitung diefer die nöthigen Schranfen zu fegen, Er ift, fo fehr auch fein Ausfehen dagegen fireitet, ein. ungemein guted, friedliches Gefchöpf. Die Che, in der er mit feiner Gattinn lebt, ift die zärtlichfte, die man fi) denfen Faun, Nie fieht man Eins ohne das Andere, und wenn der Tod das gute Paar trennt, ſo härmt ſich der Überlebende Theil fihtbar ab, ſchleicht ſeufzend an dem Drte herum, wo er fein Lieb⸗
Der Hornträger, 279
Liebſtes verlor, und folgt ihm, vom Gram verzehrt, ſehr bald nach. Alle Schriftfieller Haben, über diefes feltne Mufter eheligyer Liebe mur Eine Stimme. Auf feinem hühnerartigen Kopfe trägt der Horn⸗ träger ein etwas vorwärts gebognes, eylindrifches | Horn, das wie eine ftarfe Darmfaite und mit einer fcharfen Spige verfehen ift; An der Wurzel ſteckt es in einer Scheide, Aus den Fluͤgelknochen gehen zwey dreyedige, gelblide Sporne, mit Hörner, hervor. - Mit ſehr ſtarken Klauen find die fchwarzen, | vierzehigen Füße bewaffnet. Befonders zeichnet: fich die hintere Zehe durch ihre Länge aus, Seine Farbe ift eine Mifhung von ſchwarz, weiß und aſchgrau, der Regenbogen im Auge goldgelb. Das Männchen ift über drey Fuß hoch, das Weibchen aber bat nur die Hälfte. In Geftalt eines Backofens bauen fie ihr ziemlich großes LIeft nahe an Maffern auf’ die Erde, und kneten zuvor die Maſſe forgfältig, Die Eyer, deren fie zwey legen, find wie Gaͤnſeeyer. Nimmt man fie ihnen, fo legen fie zwey andre, Sel⸗ ten wird der Hornträger fliegen. Selbſt wenn er gejagt wird, erhebt er ſich nicht im die Luft, und wird, wie gemwöhnliches Wildprett, verfolgt, Das Sleifch der Zungen ift vortrefflih, Man ſetzt es dem vleiſch
280 Der Sabiru; Fleiſch der Zafanen an die Seite, Die Stimme dies fer Thiere ift ungemein ftark, und lautet Dihu, Vihu.
Weil ein gehörnterBogel etwas fehr Seltfames ift, fo mußte natürlich aud) das Horn eine feltfame Kraft haben; und nun konnte man nichte Beſſeres ausdenfen, ald es zu einem Gegengift zu machen.
Biel größer und ſtaͤrker als der Hornträger, ift der Jabiru (94) in Guiana und Brafilien. Denn auch den ftärfern Amphibien mußte die Natur einen Feind geben, der ed mit ihnen aufnehmen konnte. Sein fchwarzer Schnabel ift ein furdytbared Gewehr. Er ift lang, ſtark, fcharf, oben gerade, unten aufwärts gebogen, und an den Seiten etwas eingedruͤckt. Ihn regieren ein fehr nerviger Kopf und Hals, Außer diefen bemerft man an ihm eine Fahle Stirn, läng: liche Naſenloͤcher, die wie eine Linie ausſehen, vier: zehige Fuͤße. Die Zunge fehlt ihn ganz. Kopf und Hals find bey diefem merkwürdigen Vogel mit einer ſchwarzen, nadten Haut überzogen, den weißen, etwas afchgraulichen Fled am Hinterfopfe aufges nommen: Weiter unten geht um den Hals ein breis tes, blutrothes Band, der ganze übrige Leib ifi fchneeweiß. Schwarze Schuppen befleiden die nad ten Fuͤße, an deren Zehen man eine ganz ſchwache
Verbindung der Außen mit der mittlern ss | er
Der Hohlſchnabel. 281
Der Jabiru iſt faſt 6 Fuß hoch, wild, gefraͤßig, ind lebt von Waſſerthieren. Sein Yieft baut er auf hohe Bäume an Ufern, und legt zwey große Eper. Die Zungen haben im erjten Jahre ihres Lebens graue, im zweyten rofenfarbige Kleider, Und dann erſt im dritten werden ſie weiß. Ihr Fleiſch iſt gut und ſchmackhaft. Das von den Alten aber hart und oͤhlig. Um die Regenzeit ſind ſie am Fetteſten. Mit Kugeln und Pfeilen werden fie eriegt;
In vielen Kabinetten finder man einen Schna⸗ bel, der eitiem unbekannten Wogel zugefchrieben wird, und der Feinem andern, al& unferm Jabiru gehört. Unſre Leſer werden nun in den Stand geſetzt ſeyn, dieß zu beurtheilen.
Wieder eine ganz neue Fotm von einem Schna⸗ bel zeigen uns die Hohlſchnaͤbel, deren es nur zwey Arten gibt. Man glaubt einen kleinen umgeſtuͤrzten Kahn zu fehen, indem man ihren Oberſchnabel bes trachtet. Nicht ganz mit Unrecht hat man die bey⸗ den Kinnladen mit zwey auf einander liegenden Löffeln verglichen, Die Maffe des Schnabels ift hart, die Ränder find ſcharf, und ſchließen feſt auf⸗ einander. Er hat Furchen, worin die kleinen, ova⸗ len Naſenldcher liegen, Nicht unangenehm, bunt gez
Vögel 1. Theil; Rn klei⸗
282 Der. Hohlfehnabel. kleidet, ift derjenige Hohlſchnabel (95), der ben Xinne den Zunahmen Cochlearia führt. Seine Stirn ift weiß, der obere Theil des Halfes und des Ruͤckens ſchwarz. Weiterhin aber find die Fhüs gel, der Rüden und der Schwanz blaugrau; hell tothbraun aber der Unterleib, Seine langen Kopfs federn Fann er aufrichten. Der Schnabel ift von gelblicher Farbe, Die vierzehigen, gefpaltnen Füße, find gelblich roth, die Klauen ſchwarz.
Guiana und Brafilien ift das Vaterland die ſes Vogels. Er lebt von Fifchen und Krebfen, wel- che letztern zu zerbrechen ihm fein Schnabel aut zu Statten kommt. Auf Bäumen, die ihre Zwei: ge über dad Waſſer hinein erftrecken, lauert er auf die ſorglos vorüber ‚fchwimmenden Fifche. Lange mag er nicht im Waffer verweilen, Die Einfam: keit ſcheint er fehr zu lieben, fo wie er überhaupt ein etwas melancdholifched Thier if, Er geht im» mer, fo wie er auch nach Brovwon abgebildet ift, friechend mit gebognem Hals einher, und macht daher einen Katzenbuckel.
Wer eritaunt nicht auf feinen Wanderungen durch das unermeßliche Gebierhe der Natur, wenn er mit jedem Schritte auf neue Merkwürdigkeiten
ſtoͤßt?
— SI Ss 2 13
Der Kranich, 283
ftößt? Und wer bewundert nicht, je mehr er Ges fhöpfe Fennen lernt, den unerſchoͤpflichen Reſch⸗ thum deffen, der fie fo mannigfaltig zu bilden und zu Eleiden, und faſt jedem eine eigne, feinem Baue ganz angemefne Befimmung, zum Beten des Ganzen zu geben wußte?
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Tab, XXXVL Der Kranid.
Ardea Grus, /a Grue. (96)
Das Fräulein von Numidien, A. Virgo, la Demoifelle de Numidie. (97) Der Koͤnigsvogel.
A. Pavonina, POifeau Royal. (98) Reich an Arten ift die Reihergattung. Sie befteht aus nicht weniger ald g7 Mitgliedern, de= sen Karakter ein langer, fpitiger, gerader, etwas zuſammen gedrüdter und gefurchter Schnabel, ſchmale Nafenlöcher, eine ſpitzige Zunge, und vier⸗
zehige Füße find,
Einer der Fühnften Reifenden ift unläugbar der Kranich. Um dem Mangel und Froſt zu entgehen,
Nn2 fliegt
234 5 Kranich,
fliegt er aus feiner Heimath, dem Norden, in febr ſuͤdlich gelegne Länder. Er ſucht waͤrmere Gegenden zu ſeinem Winteraufenthalt, laͤßt ſich im Herbſte, auf der Durchreiſe, in unſern Samenfeldern nieder, und kehrt mit dem Anbruche des Fruͤhlinges wieder in ſeinen Norden zuruͤck. In ſo außerordentlicher Hohe nimmt er mir feiner zahlreichen Reiſegeſell⸗ ſchaft den Weg durch die Luft, daß man auch auf dem ehrwuͤrdigen Hakıpt, des Brocken ſtehend, dag doch 3000 Fuß hoch iſt, ihn weit uͤber ſich erblickt. Wie die wilden Gaͤnſe, in Geſtalt eines Dreyecks ohne Grundlinie, oder eines A, fliegen die Krani⸗ ehe, Kommt ein Sturm, oder will fi ein Raub: vogelunter ihnen einen Braten fuchen; fo verändern fie Diefe Form, und schließen fich in einen Zirkel, um kraͤftigern Widerftand zu thun. Ganze Nächte durch fliegen fie an Einem fort, Oft läßt der Anführer feine Stimme hören, Die Uebrigen antworten, und feinen damit ihm zu melden, daß der ganze zug in feiner Ordnung ift. Ihr Gefchrey Kurru, Kur⸗ u, iſt fo ſtark, daß man im eigentlichen Verftande davon taub werden kann. Es war daher fein Wun— | der, daß, fo oft diefer Laͤrm die nächtliche Stille unterbrach, der Aberglaube eine neue Beſtaͤtigung der
er»
Der Kranich. 285
der Sage vom wüthenden Heere und dem wilden Jaͤger zuhören glaubte. Ihre doppelt gebogne Luft- rohre ſcheint zu der Bildung einer fo lauttönenden Stimme nicht wenig beyzutragen; fo wie fie auch ihnen dazu dienen mag, einen Borrath von dickerer Luft, um in der feinen Luft höherer Regionen befs fer aushalten zu koͤnnen, mit fidy zu nehmen, Iſt ihr Flug Hoch und ruhig, fo kann man gute MWittes rung vermuthen; tiefer Flug, unter vermiſchtem Geſchrey verkuͤndigt Sturm und Ungewitter. Im October des Jahres 1753; ſah man mehrere Tauſen⸗ de, truppweiſe, uͤber Orleans ziehen, und auf den Feldern mit Heidekorn bemerkte man nur zu deutlich die Spuren ihrer nächtlichen Beſuche. Nicht ohne erft einige Schritte zu laufen, und mehrere Male mit den Flügeln zu ſchlagen, koͤnnen fie ſich von der Erde in die Luft erheben, So bedächtlich und laͤcher⸗ lic) ernftyaft fie ſcheinen, fo kommt fie doch zuweilen die kLaune an, allerley Fomifche Sprünge zu machen, zu tanzen, Steine, Spähne u, dgl. zu ſchleudern, und ſich dabey zu ftellen, als wollten fie diefelben mig dem Schnabel auffangen, Wettiäufe mit ihren Ges fellfchaftern zu halten, kurz, taufend laͤcherliche Poß fen zumachen, Dieſes Gaudlertalent entgieng dem — Nn3 0 Mens
286 Der Kranich.
Menſchen — der fie daher zu allerley enifn, nicht ohne Erfolg, abrichtete.
Die Hauptfarbe des gemeinen Rranichs ca it aſchgrau. Sein Vorderkopf ift fhwarz und wols lig, der Hinterkopf Fahl, warzig und roth. Doch ift die rothe Kappe nur dem Männchen eigen, Im Nacken bemerkt man ein dunkelgraues Dreyeck, wor⸗ in ſich die vom Auge aus gehenden weißen Baͤnder verlieren. Schwarz ſind Kehle und Unterhals, ſchwarz und roͤthlichgrau die Schwungfedern. Am Schwan⸗ ze ift ein fchöner, krauſer Federbuͤſchel, den der Rra⸗ nich nach Belieben aufrichten und niederlegen kann. Die Spitzen desfelben find ſchwaͤrzlich. Der ſchwaͤrz⸗ lich arine Schnabel ift gerade, und hat ſchwache Furchen, worin die Naſenldcher liegen. Die Zunge ift kurz und breit, an der Spige hornicht. Schwarz find die Füße, und nicht bejonders lang die Zehen, bey denen man zwifchen der Außerfien und mittlern eine Falte wahrnimmt, Etwas größer und geſtreck⸗ ter als ein welfcher Hahn ift ver Aranich, In ſum⸗ pfigen mit Schilf bewachönen Gegenden, zwifchen Binfen- und Erlenbiifihen, legt das Weibchen zwey graublaue und hellbraun gewölfte Kyer, Kaum find die Zungen nur einigermaßen erwachfen, fo Fons
nen
Der Kranid). 287
nen fie nicht nur pfeilfchnell laufen, fondern fie tre⸗ ten nun auch mit ihren Eltern die ungeheure Reife an, Eine Jugendkraft, die uns, fobald wir an unjre Hülfloigkeit am Morgen unjers Lebens gedens fen, in Erſtaunen fegen muß, Ein ziemlich hohes Alter von go und mehr Jahren erreichen die Kra— nice, Dann werden fie von ihren Kindern und Nachkommen aufs Liebreichfte gepflegt. Diefe wär: men jet die Pahlwerdenden Greife mit ihren Fe- dern, bringen ihnen Nahrung , und unterftüßen fie auch wohl im Fluge. Wenn ſichs wirklich fo vers hält, fo verdient diefeg gute, dankbare Thier, den Zunahmen Pia, den ihm die Alten gaben, wohl in Der ächteften Bedeutung des Wortes. Weniger Io: benswürdig find die Kraniche in Abficht des nicht unbeträchtlichen Schadens, den fie auf Feldern an sichten, und der, befenderd in Pohlen, den Land⸗ mann fein Feld zu hiten noͤthigt, wenn dieſe Diebe vorüber ziehen.’ Ob fie gleich Koͤrnerfreſſend find, fo lieben fie dech Inſecten, Gewürme und Eleine Amphibien, Hiedurch verguͤten fie wieder, was
fie auf den Samenfeldern Boͤſes ftiften, Nicht ohne Grund nahm die Bilderfchrift den Kranich zum Symbol der Wachfamkeit auf, Wenn die
388 Der Kranih. die Reifegefellfchaft weidet, oder fich dem Schlums mer überläßt, was immer auf Einem Beine ſtehend, mit unter einen Flügel geſtecktem Kopfe gefchieht; fo fieht der Anführer mit aufgerichtetem Haupte, und hält treue Wache. Nähert ſich eine Gefahr, fo ruft er laut, und alles ergreift die Flucht: Daß er aber dabey einen Stein zwifchen den Zehen halte, um, wenn er ja einfchliefe, durch den Fall des Steines wieder zu erwachen, iſt ficher eine Fabel, Eben das gilt duch von dem Vorgeben, die Kraniche feyen gervohnt, wenn fie ber das Tauriſche Gebirge zd⸗ gen, einen Stein im Schnabel zu halten, um fich nicht durch unvorſichtiges Geſchrey den auf fie lauern: den Adlern zu verrathen; eine Vorſchrift, die wir übrigens dent Schwaͤtzer wohlmeinend empfehlen. Da ihre Federn zum Schreiben und zu Federbuͤſchen gebraucht werden fonnen, und ihr Fleiſch befonders ehemals fo geſchaͤtzt wurde, daß manihnen, um fie fett su machen, die Augen ausftach, und hier und da hoch gegefien wird; fo haben fie manche Nachftellungen auszuftehen. Man fängt fie in Schlingen, ſchießt fie, läßt Rauboogel auf fie los, mit denen fie kaͤm⸗ pfen, und nicht felten fiegen, Nicht jeder Schuß Födter fies Oft nehmen fie den Pfeil mit fi, und die
Der Kranich; 289
die wohithaͤtige Zeit heilt die Wunde. Auch legt man | dahin, wo ſie ſich niederlaſſen, papierne Duͤten, die inwendig Erbſen enthalten und mit Vogelleim beſtrichen ſind. Sie werden, wenn eine ſolche Duͤte ihnen am Kopfe haͤngen bleibt, ſo geblendet,t daß man fie mit den Händen bafchen kaun. In Perſien und Japan ſind ſie heilige Vogel. Dieß fuͤr ſie gluͤckliche Vorurtheil macht ſie verträut und dreifte im Um— gange mit Menſchen. Haͤufig ſieht man dort ihr Bild in Tempeln und im Pallaſte des Kaiſers, der auch allein das Recht hat, ſie zu jagen. Nie wird dort, had) Kaͤmpfers Verſicherung das gemeine Volk bom Kraniche anders reden, als Zerr Kranich. Sonft fand man etwas fehr Seltfamesi in den berühnt- ten Schlachten, die im Alterthume befonders Heine Menſchen, oder Pygmaͤen, den Heeren von Krani⸗ chen, die ſich zu gewiſſen Zeit en in Indien und Afri⸗ ka einfanden, geliefert haben ſollten. Seit aber der große Alexander einen Zug von Affen, die bekannt⸗ lich das Vogelfleiſch lieben, fuͤr Soldaten anſah, zwei⸗ felt wohl Niemand mehr, wer außer den Kranichen an jenen kriegeriſchen Auftritten Antheil gehabt habe. Wer, ſo glaubte man ehemals ‚einen Knochen von einem Kranichfuße bey ſich tage, den könne Vögel 1. Theil, 90 Feine
290 Das Fräulein von Numidien. keine noch fo ſchwere Arbeit ermuͤden. Unſre Leſer ſehen ſelbſt ein, wie buͤndig und unwiderleglich dieſe Schlußfolge war, weil der Kranich fo große Reifen machen kann: ob ohne Ermüdung? — die hat das verfchwiegene Thier freylih noch Niemand eingeftanden. Gewiß nur die vorzuͤgliche Schönheit und der feltfame Kopfpuß haben dem Sränlein von Nu⸗ midien (97) feinen Nahmen gegeben. Denn, daß das ftolze Betragen, der verliebte Gang, die ficht: bare Kofetterie und Ziererey daran Schuld fey, dieß auch nur zu vermuthen wäre eine Beleidigung des ganzen ſchoͤnen Geſchlechts — in Numidien. Mer indeffen etwas weniger vornehm mit diefer Kranich⸗ art unigeht, nennt fie ſchlechtweg die Numidiſche Jungfer. Ohne ung bier in eine Ahnenprobe einzus laffen, koͤnnen wir diefem Sräulein, aus Numi⸗ dien gebüttig , eine angenehme bläulid) graue Farbe, | artige, fehr bewegliche weiße Federbifche, die von den ſchoͤnen rothen Augen aus nach hinten zu hängen, einen an der Spige rothen, in der Mitte goldgelben, und an der Wurzel grünlichen Schnabel und eine fhwarze Hals: und Bruftfraufe nicht abfprechen, Der Kopf und Hals, fo wie die Schwungfedern und Schwanz-
Der Königsvogel, 20: Schwanzſpitzen find ſchwarz. Die Größe ift die eines Storchs. Sicher ließe fich dieſes fchöne und ünterhaltende Geſchoͤpf in unſern Huͤhnerhoͤfen ein⸗ heimiſch machen, da ein in Verſailles ausgebruͤte⸗ tes fein Alter auf 24 Jahre brachte.
Das Sränlein von Numidien fcheint ſich auf ſeine Schoͤnheit nicht wenig einzubilden. Mit Gefuͤhl von Würde ſchreitet es einher, macht dabey allerley komlſche Verbeugungen und huͤpft zuweilen auf eine Art, die nichts weniger als vornehm iſt. Unlaͤugbar iſt ſeine Anlage zur Pantomime. Daher es Ariſtoteles den Schauſpieler, den Komoͤdianten nennt. Da es gern alles nachahmet, fo iſt es, wie man wenigſtens erzaͤhlt, zum oͤftern durch die Liſt gefangen worden, daß man ſich in ſeiner Gegenwart wuſch, und dann ein Gefaͤße mit Vogelleim hin⸗ ſtellte. Perſonen, die dieſe Vögel in Verſailles fa- hen, vergleichen ihre Taͤnze mit den Zigeunertaͤnzen. Oft ſchon iſt dieſes Fraͤulein ſeiner Spaͤße und Ohren⸗ buͤſchel wegen mit einer Uhuart verwechſelt worden, von der wir oben Einiges erwaͤhnt haben.
Noch ſchoͤner und größer iſt der Koͤnigsvogel (08), der ſeiner Buͤrſtenkrone und dem majeſtaͤ⸗ tiſchen Ausſehen ſeinen Nahmen verdankt. Er hat
902 faſt
392 Der Koͤnigsvogel. fait am ganzen Körper etwas ftruppige Federbuͤſchel. Seine Hauptfarbe ift blaulich grau, Auf feinem ge: wölbren ſchwarzen Kopfe prangt ein ſchmutzig oran⸗ gegelber, punctirter, ausgebreiteter Federbuſch. Er hat hinter den Augen 2 nackte weiß und rothe Stel: len, unter der Kehle einen rothen Wulft, perlfarbige Augenkreiſe und einen fchwarzen Schnabel und Züge, Die Deck- und Schwungfedern feiner Flügel find gelbs lid. Sein Schwanz ift ſchwarz, und gegen den Ruͤ⸗ cen hinauf fieht man eine fchmußig rothe Stelle; Die heißen Gegenden von Afrika find feine Heimath. Er frißt Körner und Fiſche. Seinen langfamen Gang befchleunigt er durch Wehen mit den Flügeln. Sanft find feine Sitten, und oft befucht er ohne die mindez iten feindfeligen Abfichten die Huͤhnerhoͤfe feines Ba: terlandes. Schnell und dauerhaft ift fein Flug, und ftarftönend, wie eine Trompete, fein Geſchrey. Ders jenige Rönigsvogel , den Buͤffon in feinem Gars ten hatte, war aus Guinea. Er fraß Reiß, der aber ganz rein feyn mußte, feine, lebendige Fiſche, Wuͤrmer und Pflanzen, Gern badeteer. Seine ſtarke Stimme lief er hören, wenn er hungrig war, oder, wenn er in feinen Stall fchlafen gieng; auch wenn ei Zangeweile hatte, ‚Das legtere war oft der Zall, denn
Der Stord). 203
denn die Einſamkeit war ihm höchft zumider. Nach Bewunderung ſchien er beitändiq zu geizen, gieng, als wenn er zur Geſellſchaft gehörte, im Garten mit den Peuten auf und ab, blieb, fobald ihm etwas aufftel, ernithaft und nachdenkend ſtehen, und nahm zuweilen wirklich eine koͤnigliche Miene an. So ſehr das Clima von ſeinem vaterlaͤndiſchen verſchieden war, ſo uͤberſtand er doch den Winter 1788. gluͤck⸗ lich, brachte aber die Naͤchte in einem gefeuerten Zimmer zu, das er ſelbſt gewaͤhlet hatte, und vor deſſen Thuͤre er jeden Abend mit einem Trompe⸗
tenftoße eingelaffen zu werden verlangte, — — ————
Tab. XXXVII. Der Storch.
A. Ciconia, la Cigogne. (99) Der gemeine Keiber, A. Cinerea, le Heron. (100) Der Nachtreiher.
A. Nyäicorax, le Bihoreau. (101) Die Rohrdommel.
A. Stellaris, le Butor. (102) Bekannt genug iſt jener Gluͤcksvogel der Storch, der in der ganzen gemaͤßigten alten Welt geſehen wird. ——— Auch
294 Der Storch.
Auch er gehoͤrt zu der ſo anſehnlichen Reihergattung, und hat, obgleich ſelbſt nur eine Art, doch wieder drey Abarten aufzuweiſen. Nur von der des weißen Storchs Fann hier eine nähere Beſchreibung Stait finden, Seine Augen umgeben Fable, ſchwaͤrzliche Kreiſe. Die Schwungfedern ſind ſchwarz, der Schna⸗ bel und die geſchuppten Fuͤße, ſo wie die Faltenhaut, welche die vordern Zehen verbindet, blutroth, die Klauen ſtumpf. Das ganze übrige Gefieder iſt ſchoͤn weiß. Geine Zunge ift ein im Schlunde ſteckender Knorpel. Länger, als ihn fonft die Reiher haben, ift der Schnabel des Storchs, bey dem man auch die ſtruppigen Federn am Halfe und an der Bruſt be⸗ merkt, Diefer wollige Palatin kommt von dem eignen Umftande her, daß fich jede Slaumfeder in mehr als
60 Fleinere Kiele, ald Haare oder Aeſte, theilt. Der Storch iſt ein Zugvogel, der im April und May, ald Vorläufer unferer immer fo willkommnen Schwalbe, bey und anlangt, Er meldet den Früh: ling, fo wie diefe den Sommer, an, und verläßt uns im Herbfte wieder, Als ein Freund der Menfchen wohnt er gern im Gewühl velfreiher Dörfer und Städte, und fchlägt feine Wohnung auf Kirchen und Blodenthürmen, Schornfteinen und Scheunen auf. Zwar
Zwar geht feine Vertraulichkeit gegen Menſchen darin offenbar zu weit, daß er ihnen die befien Fiſche aus ihren Zeichen, Fröfche, Krebfe und ganze Ketten juns ger Rebhühner ftiehlt; ja fogar die fleifigen Bienen von den Blumen, auf denen fie für uns fanımeln, hinweghohlt; indeffen ift er doch überall gern gejehen, und belohnt die Achtung, die wir ihm erweiien, durch Vertilgung ſchaͤdlicher Juſecten und Amphibien, Kröten aber wird er nie berühren, Im Magen eines Stords fand Gög ein feltfames Allerley: Kiefel- fteine, Glasſtuͤcke, ungeheuer viele Kirſchkerne und eine Federmeflerflinge, woraus man auf feine eben nicht ängftliche Diät fchließen kann, Seltfam genug ift es, daß in Abſicht auf menfchenfreundlicdye Ge— felligkeit der fbwarze Storch gerade das Gegentheil vom weißen ift. Wie diefer die Nähe von Menfchen, fo fucht jener die Entfernung von ihnen, und niftet in den abgelegenften Wäldern, Der Flug der Stoͤrche ift Dauerhaft und ſtark. Sie achten fein Ungemitter, und e3 ift ein angenehmes Schaufpiel, unter Bligen und Donnerjchlägen den Story mit der größten Ruhe bey feinem Neſte ftehen zu fehen, indeffen unter ihm fein eingebildeter Herr, der Menfch, fid) ängftigt, und durch Vorhänge und Wolle in den Ohren das
| Leuch⸗
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296 Dar Cioth.
Leuchten des Blitzes und den Schall des Donners ſich ertraͤgli cher zu machen ſucht. Im Fluge haͤlt der Storch den Kopf ſtark vorwaͤrts, die Fuͤße binter- waͤrts geſtreckt. Seine Knochen find hatt und durch⸗ ſichtig, einige wie die Zellen der Bienen gebaut. Am dritten Gliede Des Fluͤgels bemerkt man ein ganz eignes a Streckt eg der Vogel aus, ſo fteigt, zieht er es ein, fo ſinkt er, Ein Mechanlemus, den die wei! and Suftfeg er, fluͤchtigen Angedenkens, un⸗ aufhoͤrlich findiren ſellten. ein Gang iſt ein ernſt⸗ haftes Schreiten in abgemeßnen Schritten. Sanft, gut und friedlich iſt unſer Storch, In ſeiner Miene herrſcht immer eine gewiſſe Schwermuth. Und doch macht er zuweilen, beſonders mit Kindern, allerley Spaͤße und Bocksſpruͤnge. So ſah man ein⸗ mal einen, der das blinde Maus ſpiel foͤrmlich mit⸗ machte, Unter einander find Dig Störche die treue: ften Gatten, die friedlichiten Nachbarn, die dank | barfien Kinder, die zärrlihften Eltern. Dieß leßtere jo) man erjtaunt bey dem unglüdlichen Brande in Deift, im Fahre 1536. Umfonft hatte ein Storch mehrere Male verfucht, feine Zunge von einem in Flammen ſtehenden Hauſe in Sicherheit zu bringen. Da es ihm nicht din: verbrannte fi das gute Thier
Da Stud, 207
Thier freywillig mit ſeinen Kleinen. Mit ruhmwuͤr⸗ diger Liebe und Zaͤrtlichteit verpflegen aber auch die Junge ihre Eltern und Verwandte, wenn dieſe alt und huͤlflos werden. Faſt allen Nationen wurde durch fo ſchoͤne Züge diejer Vogel ehrwuͤrdig. Man hielt fein Kommen für eine Gluͤcksbothſchaft, und behauptete fteif und feſt, da wo er nifte, Tonne Fein BB ein: fhlagen, fo oft auch ſchon derfelbe gerade ins Storch⸗ neſt, als den hoͤchſten Gegenſtand, zuerſt fuhr. Man ſchrieb dem Storch eine beſondere Ahndung eines be⸗ vorſtehenden Ungluͤcks zu. Eden wollte Attila die Belagerung von Aquileja aufheben, als man ihm meldete, ein Storch trage ſeine Junge von einem Thurm der belagerten Stadt hinwez. Jetzt ſchloß er, der Thurm muͤßte bald eine Sturmluͤcke (Breche) be⸗ kommen. Er ließ noch einmal ſtuͤrmen, und eroberte die Stadt. Auch erzaͤhlt man, daß, als die damali⸗ gen Grafen von Oettingen der Religion wegen ihr Land verlaſſen mußten, die orthodoxen Stoͤrche mit ihnen ausgewandert ſeyen; auch ſollen in der Nacht, ehe der unruhige Strigelius gefangen genommen wurde, die Stoͤrche ihr Neſt von feinem Haufe hin: weg auf den Galgen getragen haben, So wußte man die Störche feibft in die Kirchen = und polisifche
Vögel 1. Theil, De
98 Der Storch.
Geſchichte zu verflechten. Unſere Leſer wiſſen bereits, was ſie von ſolchen Wundergeſchichten zu halten ha⸗ ben. Erwaͤhnen muͤſſen wir zuweilen dergleichen Saͤ⸗ chelchen, die noch immer treulich nachgebethet werden. Sichtbar aͤußert das Zeitlebens unzertrennliche Ehepaar ſeine Freude und Ruͤhrung, wenn es, nach halbjaͤhriger Abweſenheit, an ſeinem gewohnten Bruͤtorte aukommt. Gern bezieht es immer ein und dasſelbe Neſt. Dieſes beſteht aus einer großen Men⸗ ge duͤrrer, feſt in einander geflochtnen Reiſer, worein die Alten Leinwand, Garn u. d. m. um es auszu⸗ fuͤttern, ſchleppen. Sorgfaͤltig wird alle Jahre das ſchadhaft gewordne ausgebeſſert. Man weiß Neſter, die hundert und mehrere Fahre von Stoͤrchen bezo⸗ gen wurden, und anderen Seiten man einige hundert Sperlings: und Schwalbennefler leben fah. Gern pflegte man ihnen fonft den Bau der Nefter durch - ein horizontalliegendes Rad auf den Häufern zu ers leichtern, um dem einen Brütort fuchenden neuen Ehepaare Luft zu machen, fich da anzujtedeln. Bey diefer ehelichen Befchäftigung klappern bie Stoͤrche oft mit dem Schnabel, wodurch ſie uͤberhaupt bald Liebe, bald Furcht zu erkennen geben. Am ſtaͤrkſten kliugt dieß Geklapper, wenn fie den Kopf fo ruͤckwaͤrts | drehen,
Der Storch. 299
drehen, daß der Schnabel auf dem Rücken zu liegen kommt. Die Störchinn legt 2 ſchmutzig weiße Eyer, die etwas größer und länglicher find, als Gaͤnſeeyer. Einen Monat lang brüten die guten Eltern ſehr emſig, und verdoppeln ihren Fleiß im Suchen des Futters, fobald die Junge das Tageslicht erblickt haben. Sie find erft von bräunlicher Farbe, und werden immer von Einem der Alten bewacht, das neben dem Nefte auf einem Fuße fieht, und bald auch den allmählich heranwaghjenden im liegen Unterricht gibt. Sehr zärtlich lieben die Störche ihre Nachkommenſchaft. Dieß erhellt neben dem ſchon angefuͤhrten, auch noch aus dem eben gar nicht artigen Spaße, den man ſich in Smirna dfters mit ihnen macht. Man verwechfelt ihre Eyer mit Hühnereyern. Sp wie Die Küchlein zum Vorſchein kommen, erhebt der Mann einen abſcheu⸗ lichen Laͤrm beym Anblid der ihm fo unähnlichen Kinder, Jetzt verfanimeln fidy eine Menge Störche aus der Nachbarſchaft, gaffendas Wunder klappernd an, und toͤdten endlich, unter entſetzlichen Klagge⸗ ſchrey des unglücklichen Gatten, die Mutter, ale eine vermeintliche Ehebrecherinn.
Ehe die Abreife ver Störche aus den europäi: ſchen Gegenden vor fich geht, verfammelt ſich alle& | Pp2 ug
- S , *
300 Der Storch. aus der ganzen Nachbarſchaft auf einer Ebene, Als wenn ſie ſich uͤber die vorhabende Reiſe berathſchlag⸗ ten, klappern ſie nun durch einander. So wie ein Nordwind ſich erhebt, fo ſteigt die ganze Geſellſchaft in die Luft und ploͤtzlich iſt fie aus unfern Augen vers ſchwunden. Vom Winter wiffen ſie nichts. Ihr Leben iſt ein beftändiger Sommer. Doch überleben fie unſern Winter im Huͤhnerhofe gtuͤcklich. In Aegypten ſuchen fie den Schatten der Wälder, bey und den Sonnens _ fein. In Afrika, befonders in Aegypten , find fie in fo großer Menge, daß man eine Gegend, wo ſie ſich gelagert haben, für befchneyt halten Fonnte, Cie serlaffen diefe Gegenden, wenn die allzudrüdende Hitze dafelbft eintritt, und fonımen dann zuund, um einen gemäßigten Sommer zu haben, Daß fie in Hoͤh⸗ fen, ja wohl auch im Waſſer erftarrt überwintern, war befonders fonft eine gemeine Sage, diedurd) den Ums ftand, daß man aus den Zeichen bey Elbing und Ars les mit Sifchernegen erftareteStörche herausgezogen, MWahrfcheinlichkeit erhielt. Allein ihr Wegziehen ift zu gewiß, ald daß etwas anders als ungluͤckliche Zufäls le, jenen feltfamen Fiſchfang verurfachen Fonnten, Die Reifegefellfchaft der wandernden Störche ift im⸗ mer ſehr zahlreich. Zuweilen leiſtet ihnen eine Kraͤhe Ge⸗
Der gemeine Reiher. 301
Geſellſchaft, aber ſicher, weder als Waͤchter, noch als Wezweifer, wie man gefabelt hat. In Japan follen die Störche immer bleiben, und in Suma⸗ ira fand Marsden verſchiedne Aiten von erftaun- licher Größe.
In der Bilderfchrift diente der Storch zum Som: bol der Kindegliebe, Treue und Mohlthätigkeit. Ihn zu tödten war bey den Alten ftreng verbothen, und in Tseffalien ſtand fogar Lebensſtrafe darauf, weil er das Land von Schlangen fäuberre. Allgemein verlacht wurde in Kom der Schlecer, der zur Probe einen aß. Sein Fleiſch taugt ohnehin nichre, Seine Feinde find der Adler, die Krähe, die Fleder— maus, der Taucher und — das Podagra,
‚Kleiner als derStord) ift der gemeine Reiher (100) der an allen europaͤiſchen Teichen, Fluͤſſen und Seeen gefunden wird. An ſeinem Nacken traͤgt er einen nach hinten zu ſtehenden, ſchwarzen Federbuſch. Sein Ruͤcken iſt blaͤulich und fein Unterleib weiß; laͤngliche, ſchwarze Flecken bezeichnen die Bruſt. Er iſt die Geis fel der Fiſche, beißt ihrer weit mehr todt, als er zu feis ner Nahrung bedarf, wadet bis an die Kniee ins Waſ⸗ ſer, und ſtellt beſonders jungen Karpfen gierig nach. Er darf ſich im Fiſchfange nicht ſehr bemuͤhen, denn
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302 Der gemeine Reiher. es verſammeln ſich von ſelbſt genug Fiſche um ihn. Man hat dieß einem den letztern beſonders angeneh⸗ men Geruch der Reiherbeine zugeſchrieben. Allein es iſt wahrſcheinlicher, daß die Fiſche auf ſeinen Unrath Jagd machen, und durch dieſe ſchmutzige Liebhaberey ihren Untergang befoͤrdern. Auch Amphibien frißt der Reiher. Stundenlang ſteht er oft mit ruͤckwaͤrts zwiſchen die Schultern gebognem Halſe wie eine Bild— ſaͤule da. Weil er nicht wandert, ſo muß er oft, wenn Eis ſeine gewoͤhnlichen Nahrungsquellen verſchließt, waͤrmere Quellen und Baͤche aufſuchen, wo es ihm denn zuweilen ſehr kuͤmmerlich geht. Seine langen Fuͤße, ſeine unbefiederten Schenkel, ſeine ſtarken Zehen, von denen die mittelſte gezaͤhnelt iſt, alles traͤgt zu ſeinem beſſern Fortkommen in ſumpfigem Boden bey. Auch ſein ungemein biegſamer Hals iſt für ihn von großem Nutzen. Im Fluge ſtreckt er die Beine ruͤckwaͤrts gerade aus, hält feinen Hals zwi⸗ fchen den Schultern nad) dem Rüden zu gebogen, fü daß, wenn man von unten auf Ihn in der Höhe ers blickt, gar Fein Kopf, fondern nur ein aus der Bruft dem Scheine nach herauswachfender Schnabel, ficht- bar wird. Sehr leicht tragen die großen Flügel den ohnehin magern Leib hoch und weit. durch die Lüfte, Der
Der gemeine Reiher. 303
Der ganze Vogel wiegt nur vier Pfünd, und zu- weilen wohl noch weniger.
Ihr großes Neſt bauen die Reiher, in große Gefellfehaften vereinigt, auf Hügel, die aus Seeen hervorragen, häufiger aber auf hohe Bäume in Tan⸗ nen und Eichenwaͤldern. Es befteht aus Stäben von Schilf und Reifern, und wird von ihnen mit Wolle und Federn ausgefüttert. Sie legen 4—5 grünlich blaue, auf beyden Seiten gleich zugefpigte Eyer. ihren Zungen bringen die zärtlichen Eltern oft mehr Fiſche als fie freffen Eönnen, und wenn denn die un: geſchickten Kleinen zumeilen welche aus dem Nefte fallen ließen, fo war auch ein neues Wunder fertig, und man zeigte ffaunend den Fiſch, der auf einem Baume gewachfen feyn follte. Die Sreyheit liebt der Reiber ungemein. Sn der Gefangenfchaft hungert er fi) aus, wenigftens verweigert er lang jede Nah: zung. Ob Ueberdruß eines ohnehin elenden Lebens bey dieſem, wie Hüffon glaubt, Stieffinde der Nas tur daran Schuld fey, wollen wir nicht entfcheiden, So viel ift gewiß, daß er faft der fchwermüthigfte und ımthätigfte feiner ganzen Claſſe ift. Phlegmatifch läßt er jede Witterung über fich ergehen, ohne ein Obdach zu ſuchen. So lang feine Füße find, fo ift
doch
304 Der ‚gemeine Reiher. |
doch fein Gang. langſam und fchlecht.. Det Schlaf, den er fid) feiner Nahrung wegen abbrechen muß, erfet er dadurch, daß er Stunden fang wie ein Stock ſtille ſteht. Auch feine Stimme lautet traurig genug und. kommt dem Gansgeſchreye nahe, nur iſt ſie et⸗ was Fläglicher. Furcht und Angft verbittern ihm täg- lich das Leben, denn die Raubvoͤgel fielen ihm fehr nad). Von jeher fand man in dem Reiher einen wah⸗ ren Kreuztraͤger, und Plinius mit andern wollen ſo⸗ gar von ihm wiſſen, daß er bey der Begattung blu⸗ tige Zähren meine und 40 Tage vorher ſchon ganz nie⸗ dergefchlagen fey. Ein jung gefangner kann gezähmt und in häuslicher SHlaverey gewiſſer Maßen abgerich tetwerden, Doch wird er immer das geduldigfie, um: beweglichfte, ftillefte Geſchoͤpf auf. dem ganzen Huͤh⸗ nerhofe bleiben. Wie hoch ein Reiher ſein Alter bringen koͤnne, iſt ſchon bey mancher Reiherbeize entdeckt worden. Carl V]. fieng im Jahre 1723. eis nen, den fchon, fo fah nıan an dem ſilbernen Ringe den er trug, Ferdinand III. 1651. gebeizt hatte. Er ſchenkte dem 2jährigen Greiſe das Leben. Sonſt war dieſe Art von Jagd, Reiher durch Falken zu fangen, eine faſt allgemeine Fuͤrſtenluſt. Man hielt eigue Reiherbezirke in Waͤldern, wo man ihnen den Bau
- Der Nachtreiher 305
Bau ihrer Nefter erleichterte, In Oftindien hält das Volk den Flug des Reihers zur linken Seite für eine fehr böfe Vorbedeutung. Man beobachtet ihn ſorg⸗ fältig, ehe man etwas wichtiges vornimmt, und thut hernach gemeiniglich — was man will, Das Fleiſch der Jungen wird ſehr geruͤhmt. Die Federn auf dem Kopfe haben einen hohen Werth. Außerordentlich viele Reiher von großer Schönheit und Mannig⸗ faltigfeit finden fi) in der neuen Welt, wo die ungez heuren Ströme noch nicht durch Menfchenhände einz gedämmt, und alfo die Sumpfsögel, diefe nüßlichen Diener der Natur, in größrer Menge nöthig find. Auf den erften Anblick kenntlich iſt der Nacht⸗ reiher (Quackreiher 101), dem fein fehauerliches Geheul bey der Nacht diefen Nabmen gab, Er hat einen dickern Kopf und einen Fürzern Hals, als der gemeine Reiher. Drey lange, weiße Federn ſchmuͤcken den Hinterfopf des Maͤnnchens. Sein Rüden iſt ſchwarz ins Gruͤnliche ſpielend, der Bauch gelblich. Wie Gold ſchimmern die Augenkreiſe. Schwarz und etwas gebogen ift fein Schnabel. Die Füge find gelb⸗ grün, die Zehen ziemlich lang. Er niftet auf Helfen und Erlenbäumen, die nahe an einem Waſſer fliehen, und nährt ſich außer Fiſchen mit Inſecten und Schnee Voͤgel 1. Theil, Da den,
36 Die Rohrdommel. den, was um fo nöthiger fürihn iſt, da feine kuͤrzern Füße und Hals ihm den Fiſchfang etwas mühfamer machen, ald dem Reiher. Den Tag über lebt er im Verborgnen; nur Nachts geht er feiner Nahrung nach, und dann läßt er feine Stimme Fa, Fa, Fa, Fuck, hören, die man mit dem unangenehmen Schluchzen eines Menfchen, der fich erbricht, vergleichen will, Er ift ein Zugvogel, der mit den Storchen bey ung ans kommt, aber lange nicht fo ausgebreitet iſt, wie diefe, Die drey Nackenfedern, die ale Fahre ausfallen und wieder nachwachfen ,; werden ziemlich hochgeſchaͤtzt. Noch ein unbaͤndigerer, von Ausſehen haͤßliche⸗ rer Schreyer iſt die Rohrdommel, (Waſſerochs, Moosreiher, Iprump 102), die in Europa, Aſien und Amerika gefunden wird. In mit Schilf bewachſe⸗ nen Gegenden von Deutſchland iſt ſie nicht ſelten. Ein durch die ſtruppigen Federn unverhaͤltnißmaͤßig dicker Hals, ein blaßroͤthlicher Ruͤcken mit braunen Querſtri⸗ chen und ein etwas hellerer Bauch mit länglichen Fle⸗ cken, ein weit geipaltner grünlicher Schnabel, eine kurze Zunge mit foharfer Spige und grünliche Füße machen fie fenntlich genug, Ihre Kehle erweitert fich fo, daß eine Kauft darin Raum bat, und ihre langen Klauen dienen ibr, ſich auf ſchlammigem Boden feft zu halten, Sie
Die Rohrdommel. 307
Sie ift nicht fo dumm, aber wilder als der Reiher. Um vor Wind, Regen und den Nachfteflungen ihrer Zeinde ficher zu ſeyn, lauert fie, im dicfiten Schtif verfledt, ſtockſtill auf ihre Nahrung. Nicht die leifefte Bewe— gung verräth fie. Ihre Geduld ift unerihopflich und gern ſtreckt fie den Kopf etwas über das Schilf her⸗ aus, um jede aunähernde Gefahr ſogleich gewahr zu werden. Nur im Herbft verändert fie ihren Wohnort, und ruft dann im Fluge Rob, Kob. Doc) das tft immer noch liebliche Muſik, gegen das wirklich furchtbare Gebruͤll, das fie im Frühlinge erhebt. Der ftärkite Bag kommt ihm nicht gleich, Es lautet 5-prump, bu, hu, Schon mander Wanderer erſchrack gewaltig daruͤber. Man hoͤrt es auf eine hal⸗ be Meile weit. Und dieſes ſchauerliche Brummen iſt Ruf der Liebe und des Beduͤrfniſſes, womit der Mann Das Weibchen einladet, Sobald es erfchallt, kommt ihrer wohl ein Duzend herbey. Sie find Fleiner und von bläfferer Farbe, als das Männchen. Grundfalic) iftes, daß die Kohrdommel,, um den ftarfen Schall hervorzubringen, den Schnabelin den Schlamm ſtecke. Sicher waren die verſteckten Winde, die die Alten in der Ziefezu hören glaubten, nichts anders, als jenes Gebrülle, Ihr Gang ift außerordentlich langfam und
242 bat
308 Die Rohrdommel.
hat ihr den Nahmen Faulthier Rn ei naͤhrt ſich amHaͤufigſten mit Froͤſchen und Inſecten, im Herb⸗ ſte auch wohl mit Ratten. Wenn man ſie anpackt umd gefangen b ätt, fo wird fie fehr grimmig, und hockt nach den Augen. Nie greift fie an, aber immer ver theidig t fie ich wit Muth und Faſſung. Mit ihrem ſpitzigen Schnabel erwartet fie den auf fie floßenden Raubvogel, und laͤßt ihm nicht felten tiefverwundet abziehen. Wuͤthend haut fie den Jaͤger in die Beine, und ihr Widerftand ift gemeintiglich fo hartnaͤckig/ daß man ſie todtſchlagen muß. Gegen Hunde ver⸗ theidigt ſie ſich, auf dem Ruͤcken liegend, mit dem Schnabel und den Klauen, Bon Jugend auf gezaͤhmt, kann man ſie zu Vertilgung des Ungeziefers in Gaͤrten halten. Allein Kinder duͤrfen ſich wohl in Acht neh⸗ men, fie nicht zu reizen, Auf eine dicht mit Schilf ber wachsne Stelle legt die Mutter ihre 4— 5 grünlichen Eyer, worüber fie 25 Tage brütet. Die erfte Nah⸗ rung, die die haͤßlichen nackten Zungen von ihren El⸗ tern erhalten, find Blutigel, Eidechſen, Froſchlaich. Tapfer genug vertheidigen ſie jene gegen Raubvoͤ⸗ gel. Das Fleiſch der Rohrdommel iſt genießbar. Ihre Hinterklaue wird in Silber gefaßt, und baum als Zahnſtocher gebraucht. |
Tab.
B=r7777)
u — 309 Tab. XXXVIL Die Schnepfe.
Scolopaxs, /a Becaje. Die Wardfchnepfe (103). Die Doppels ſchnepfe (104). Die Heerſchnepfe (105). Nicht bloß jenen beruͤhmten Vogel, der unter die angenehmſten Speiſen, die uns der Herbſt liefert, gehoͤrt, ſondern eine ſehr anſehnliche Vogelgattung von 47 verſchiednen Arten, begreift man unter dem Nahmen Schnepfen. Alle haben einen runden, ſtum⸗ pfen Schnabel, der laͤnger als der befiederte So, pfiſt, ſchmale Naſenlocher und vier Zehen, deren Hinterſte mehrere Gelenke hat. Bey einigen iſt der Schnabel gerade, bey einigen auf: bey andern unterwärts ges bogen, Sie halten fich an feichten Waffern i in Sim: pen und in Wäldern auf, daher man die J Jaͤger von Wald⸗ Waſſer⸗ und Sumpfſchn epfen ſprechen hört. hr vortreffliches Fleiſch macht den Menſchen die ganze Gattung werth, wovon wir jetzt drey Ar⸗ ten, denn mehr erlauben die Graͤnzen dieſer Blaͤt⸗ ter nicht, näher beichreiben werben. -
In den Bildern der ganzen alten Welt wird bie Waldſchnepfe (S. Ruſticola, la Becaſe 102 }
243 a
gie
310... Die Wardfchnepfe,
die und am Bekanntefien ift, vornaͤhmlich um ihre Strichzeit, im Oktober, häufig gefunden. Sobald ſich auf den hohen Gebirgen, den Alpen, Pyrenden ıc, den Eommeraufenthalte ver Waldfehnepfen, bie Kälte einftellt, fe eilen fie in tiefere, wärmere Gegen⸗ ben, in windſtille Waͤlder und Ebenen, wo fie aber oft ihren Zoo finden, In der Dämmerung und im Mondſchein juchen fie ihre Nahrung. Um diefe Zeit bemerkt man ſelbſt an Eingeſperrten lebhaftere Bez wegungen, Der helle Tag fcheint ihren Augen em⸗ pfindlich zu feyn. Sie halten fi) dann in verborgner Stille, Weder hoch, nod) ausdaurend ift ihr Flug. Bil fich die Waldſchnepfe auf die Erde niederlafe fen, fo füllt fie wie eine todte Schwere herab, lauft aber fogleich mit erftaunlicher Gefchwindigkeit. Ploͤtz⸗ lich bleibt fie ftehen, richtet den Kopf in die Höhe, und fieht ſich, ehe fie mit dem Schnabel in die Erde ftoßt, forgfältig um, ob fie eö wagen darf. Oft überwirft fie fich im Fliegen, und man bemerkt in ihrem ſchnel⸗ len Gange ein gewiſſes fchüchternes Kriechen auf dem Bauche. Sie gleicht in der Größe dem Rebhuhne. An der Wurzeliftihr langer, gerader Schnabel etwas roͤthlich. Ihre Stirn ift röthlich afchgrau, und ihr Hinterkopf hat ſchwarze Duerbinden, Der Körper iſt
oben
Die Wardfehnepfe. 318
oben roftfarbig, ſchwarz und grau geftreift, ihre Bruft ſchmutzig weiß mit dunfelbraunen Finien, Die Füße find ſchwaͤrzlich grau. Immer pastweife, und immer den naͤhmlichen Weg hin und her, vom Wafz fer nad) dem Winde, fliegt fie. Sie ift jehr dumm. Wenn ein mit Zweigen und Blättern bedeckter Menfch, auf zwey Stäbe gebücdt, fich ihr nähert, und nun mit den Stäben ſchwach zuſammenſchlaͤgt, fo macht ihr die Sache fo lange einen Spaß, bis fie eine Schlin- ge über dem Kopfe hat. Sie foll eine befondere Liebe zum Menfchen haben, und man Fan nicht läugnen, daß auch fie Dagegen der Menſch ſehr lieb hat, und aller weitern Sorge für ihre Nabrung und Sicher: heit — großmüthig überhebt. Schneden, Regen⸗ würmer, Engerlinge u. d. ſind ihre Nahrung. Aus lockerer, naffer Erde hohlt fie diefelben mit ihrem langen Schnabel heraus, Sorgfältig fucht fie unter abgefallnem Laube, wendet es um, und fcharrt e8 auseinander, Gie fcheint hiebey mehr ihren Geruch, als das Geficht zu brauchen, und ſtoͤßt den Schna= bel nie weiter als bis an die Naienlöcher in die Erz de, Sie ift ihrer Sache fo gewiß, daß fie nicht leicht den Schnabel leer aus der Erde zieht, Hiebey leifter ihr ficher die mehr fleifchigte als hornigte Spitze
des⸗
312 Die Waldfchnepfe. | desſelben wefentlihe Dienfte. Er ift uͤberhaupt nicht regelmäßig. Die obere Hälfte geht über die iintere hervor; auch) ift der Kopf nicht recht rund, Sehr groß find die Augenhöhlen.
Am Ende des Winters fehren die Waldſchne⸗ pfen paarweiſe aus unſern Gegenden in ihre einſa⸗ men Gebirge zuruͤck. Nur die Nacht uͤber fliegen ſie. Erſt nach ihrer Ruͤckkehr pflegen fie der Liebe, und ni— fien auf dem ebnen Boden, Gewöhnlich brüten fie bey und nicht. Doc) findet man zuweilen Eyer und Braten wahrfcheinlich von folchen, die fich mit ihrer Abreiſe verfpätet haben. In ein Neſt, das nur aus kunſtlos durcheinander liegenden Blättern und Pflan- zen befteht, legen die Weibchen 4— 5 graulich rothe, dunkelgefledte Eyer, die oben did und ftumpf, uns ten fehr fpitig zugehend, und etwas größer ald Tau⸗ beneyer find. Noch in ihrem Flaumkleide Fonnen die Junge lanfen umd fliegen. Bloß die Liebe und die ges meinfchaftliche Erziehung und Bewachung der Kleis nen läßt von der fonft immer ftummen Waldſchne⸗ pfe eine Stimme hören. Siellingt 90, 90, 90,605 pidi, pidiz Fuan, kuan; Fru, kru. Ihre Ehe ift fehr zärtlich. Neben dem brütenden Weibchen ſitzt | zur Gefellihaft das Männchen, und eins hat den
Kopf
Die Doppelfchnepfe. 313
Kopf und Schnabel auf dem Ruͤcken des andern ru= hend. Heftig Fämpft jenes, wenn ein Nebenbubhler fein Weibchen zur Untreue verleiten will,
Schlingen von Schnüren und Roßhaaren, Neße - und Schießgerwehre bringen dieſe yo leckerhaften Vz gel in unfre Gewalt. Obgleich ihr, befenders im Herbſte, fehr ferres Fleiſch ſchwaͤrzlich iſt, ſo gehört es doch zu den wohlſchmeckendſten und geſundeſten Fleiſcharten. Selbſt ihre Eingeweide werden gegeſ— fen, Die Hunde koͤnnen es. nicht leiden, und nur der gute Budel foll aus natürlicher Kiebe und Gehorfam gegen den Menſchen, fidy überwinden koͤnnen, eine Schnepfe anzufaffen und herbey zu bringen;
So groß wie eine Henne ift die Doppelfchne: pfe (Keilhacken, großer Brachvogel, S. Arquata, le Courlis 104); Ihr Schnabelift lang, duͤnn, nach unten zu gebogen, vorn ſchwarz, in der Mitte braum und an der Wurzel röthlich, Ihre Füge find blaulich, die Flügel ſchwarz mit weißen Strichen bezeichnet. Der Oberleib hat dunkelbraune und roſtgelbe Flecken, in einem ſchmutzig weißgelben Grunde. Der Unterleib iſt heller mit laͤnglichen braunen Strichen. Ihre Heimath iſt Europa, das noͤrdliche Aſien und Ame⸗ rika, wo ſie an Fluͤſſen, Seeen und Suͤmpfen wohnt.
Voͤgel I: Theil; Rr Im
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'Z14 Die Heerſchnepfe. Im Herbfte fieht man ganze Heerden ftreichen. Sie rufen dabey Carly, Curly; daher ihr franzöfifcher Nahme. Hiedurch werden fie ihre eignen Verräther: Der Zäger ahmt nun mit einer meffingenen Pfeife den Ton ihrer Stimme nad, Die betrognen Doppelfchnepfen glauben den Ruf eines Gefell- fchafters zu hören, und fommen in den Schuß. So ploͤtzlich nun alle auseinander eilen, fo Fehren fie doch bald wieder zu ihrem mit dem Tode ringenden Freunz de zuruͤck, und liefern fich fo nach einander an die Schlachtbank. Negenwürmer, Schneden, Kleine Mufchelthiere und Inſecten find ihre Nahrung. Auch Getreide freien fie. Shre Gewohnheit, auf Brache feldern herumzuftreichen und Sutter zu fuchen, hat ihnen den Nahmen Brachvögel erworben, Sm Flie— gen und im Laufen find fie fehr fertig. Blaß olivenz grün mir braunlichen Flecken find ihre Eyer, die; fo wie auch ihr Fleiſch, ungemein hochgefchäßt werden, Einerley Vaterland mit den Vorigen, aber nur die Große einer Wachtel hat die Heerſchnepfe, (8. Gallinago, la Becafline. 105). Ihre verſchiednen Nahmen, die fie führt, bezeichnen ihre Sitten. So heiße fie Heerfchnepfe, weil fie in ganzen Heerem zieht, Haferbod und Haferlämmchen, wegen ihrer Lieb⸗
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Die Heerfchnepfe, 315
Liebhaberen zum Hafer; und Himmelsziege, weilfie, hoch in der Luft fliegend, wie eine Ziege mädert, Wer weiß, wie Maucher ſich fon, wenn er in einer Wal⸗ purgis- Nacht das Maͤkeraͤ unſter Heerſchnepfe aus der Hoͤhe herab vernahm, auf ein Neues in dem Mahne beſtaͤrkt haben mag, die Hexen reiten auf Boͤ⸗— den dem Blofeberge zu. Vier braune Stirnbinden, einen ſchwarzen vorn etwas kolbigen Schnabel, braus ne Züße, ein abwechfelndes Gemifche von Braun, Schwarz, Roͤthlich und Gelb’ am Oberleibe und einen weißen Unterleib hat die Heerſchnepfe. Sie ſchwingt ſich hoch in die Luft, und ſtuͤrzt pfeilfchnell aus derfel- ben herab, In moorigen, ſtark mit Gebuͤſche bes wachsnen Gegenden wohnt fie am Liebften, Mälder und Berge find ger nicht nach ihrem Geſchmacke, worin ſie alſo von der ihr uͤbrigens ziemlich aͤhnlichen Waldſchnepfe ſich ganz unterſcheidet. In eine vom Waſſer ausgeſpuͤhlte Erdhoͤhle macht ſie ihr Neſt aus trocknen Pflanzen und Federn und legt 4 — 5 ſchmutzig olivengrüne, dunkelgefleckte Eyer, Stört man die Mutter im Brüten, fo fliegt fie mit gewaltigem Ge- maͤcker hoch auf, kommt aber eben fo fchnell wieder herab, Die Zunge find außerft haͤßlich. Doc) hat fie ihre Mutter fehr lieb, uud verpflegt fie fo lange muͤt⸗
Rr2 ter⸗
| 316 Der Strandläufer.
terlich, bis der Schnabel hart genug ift, um aus der Erde Nahrung zu graben, Dieſe befteht in Gewürmen, Heinen Schlangen, Snfectenlarven, Getreide, beſonders Hafer, Sumpfgraswurzeln, Sehr vortrefflich ift ihr Fleiſch, beſonders aber hat das Fett einen fo angenehmen Geſchmack, als fonft Fein Wildprett.
Auch mit aufwärts ekruͤmmten Schnabeln wers den Schnepfen gefunden, 3. D, der Geiskopf (Ae- gocephala), die Pfuhlſchnepfe (Limofa), u, a. Allein wir müffen uns begnügen, fie bloß genannt zu haben, | | |
Tab. XXXIX.
Der Strandlaͤufer. Triuga en
Der Hausteufel (106). Der Steindre⸗ ber (107). Der Kiebiß (108). |
Nas beftändige Auf= und Ablaufen am Strande der Gewäfler gab den Strandläufern, einer Sumpf: Vogelasttung, die bereits an z0 Arten aufzuweifen hat, ihren Nahmen. Sie haben zwar mit den Schnes pfen einige Aehnlichkeit, doch ift ihr Schnabel kuͤrzer und
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Der Hausteufel. 317
und ftumpfer, und ihre Zunge dünner. Ihre Naſen⸗ loͤcher ſind ſchmal; ihre Füße bald drey- bald vierzehig. Die hintere Zehe hat nur ein Gelenke und ſteht hoͤher
ſo ſchmackhaft, als das von den Schnepfen. Schon die Nahmen Hausteufel, Braufes hahn, Renomiſt, Kampfhahn, (T. Pugnax, le Combattant, le paon de mer 106), laſſen uns in ber Strandläuferart, die wir jest näher beichreiben, einen unfrievlichen Zänfer erwarten. Das Aeußer⸗ liche ift fo feltfam, als man es nur immer bey einem Vogel jehen kann, Ein Kragen von langen Federn liegt, wie ein gewaltiger Kropf, um den Hals herum, und bilder auch an den Schläfen und am Hinterfopfe fonderbare Wuͤlſte, die einer, freylich fchlecht ger kaͤmmten, Perücke nicht unähnlich fehen, Hiezu formen, um die Häßlichkeit zu vollenden, fleifchfar: bige Warzen im Geſichte. Allein diefe Auswüchfe find nur um die Begattungszeit ſichtbar, wo die Hige diefes Thiered überhaupt auferordentlich ift, Vielleicht ift der Hausteufel die einzige Vogelart, bey der im freyen Zuflande das Gefieder eben fo man⸗ nigfaltigem Wechſel unterworfen iſt, ale bey unferm in häuslicher Sflaverey lebendem Geflügel. Unter Rrz mehr
318 Der Hausteufel.
mehr ald Hundert, die man verglich, fand man nicht zwey gleiche. Alchgrau, Weiß, Schwarz, Braun, Roſtfarbe If auf allerley Art vermiſcht; Füge und Schnabel aber find immer roͤthlich. Die Farbe des Weibchens, Blaßbraun mit ſchwarzge⸗ flecktem Ruͤcken, iſt dem Wechſel weniger unter⸗ worfen. Sein Hals iſt glatt.
Der Jausteufelift ſo groß wie eine Aelſter. Er wohnt an den Seeen, Flüffen und Suͤmpfen des nördlichen Europa, von wo aus er im Frühlinge in etwas füdlichere Gegenden kommt. Ihn hat feine uns bandige Streitfucht berühmt gemacht, Schon feine Miene verräth einen Troß, der alles herauszufor— bern fcheint. Obgleich die Gewohnheit, Daß immer mehrere Maͤnnchen bey einander leben, ihre unnuͤ— sen Kämpfe vermindern und ihnen friedlichere Ger finnungen einflößen follte; fo führen diefe doch einen ewigen Krieg gegen einander, und fehlagen fich mit eben der Heftigkeit, als der Haushahn, der doch für feine Monarchie im Hühnerhofe mehr Recht zum Kampfe gegen den hat, der ſich in feine häuslichen Bin gelegenbeiten und Freuden mifchen will, Die Wuth fträubt dann die Halefedern der Hausteufel fo fehr, paRüsre Haͤßlichteit nicht wenig vermehrt wird. Wie
ein
Der Haueteufel. 319
ein Paar feindliche Armeen ſtellen ſie ſich gegen einan⸗ der, und die Behendigkeit, mit der fie ſich hacken, beifjen, kratzen und rupfen, ift unbeſchreiblich. Im— mer trägt der Wahlplatz blutige Spuren — als wären Menſchen da geweſen. Schießt man unter fie, fo verlaifer fie zwar den Ort; aber ihre Erbitterung verläßt fir darum doch nicht, Am nächften, beften Drte wird der Kampf erneuert. Nicht nur einzeln, Mann gegen Mann, fondern Trupp gegen Trupp, liefern fie Schlachten, und wagen damit offenbar einen Eingriff in das Vorrecht der Menfchen,, ihre eigne Art aufzureiben. Die Weibchen, die eigentlich der Zankapfel find, find aud) Zeugen des Streits, und ver Kampfpreid, Sie erhigen durd) Rufen den Eifer der muthiger Kämpfer, und machen dadurch, daß die Flüchtlinge wieder Stand halten, und auf ein Neues angreifen. Es fcheint dieſer Kampf ihrer weiblichen Eitelfeit ſehr ſchmeichelhaft und werth zu ſeyn. Ueberhaupt find die Hausteufel, ſobald ſie Zuſchauer haben, viel kampfluſtiger. Dann miſcht ſich ein gewiſſer Ehrgeiz ins Spiel, fo daß fie zu= weilen auch z. B. um ein Stüd Rafen mit eben der’ Erbitterung kaͤmpfen, als beträfe es ein Weibchen. Alle Vögel fordern fie trotzig zum Kampfe heraus,‘
i und
320 Der Steindreher.
und theilen daher den Nahmen Nenomift mit gewiſ⸗ fen Mufenfohnen. In der Hiße des Kampfs vergeffen fie Futter und Sicherheit, und man Fann ihnen ganz gemächlich ein Net über den Kopf werfen, Ihre Mähne dient ihnen fehr gut als ein Schild gegen Hiebe. In einen Korb gefteckt, bringen die Männz chen ſich untereinander um, und nie darf man in das finftere Zimmer, wo man fie mit Brod und Milch mäfter, ein Licht bringen, wenn nicht die grimmigften Händel losgehen follen. Sumpfgräfer, Gewürme und Inſecten find ihre Nahrung. Man Fann fie daher auch in Gärten zu Vertilgung der legten halter, Auf trocknen Rafen, oder auch in einen Binfenftrauch, macht das Weib⸗ chen fein Neſt, undlegt 4 weiße Eyer, mit großen, roftfarbigen Sleden. Nach einem Monate kommen die Zunge zum Vorfchein. Ungemäftet find die Hähs ne lange nicht fo ſchmackhaft ald die Hennen. Dbaleich zu einer Gattung mit dem Hansteufel gehörig, doch ihm fehr unähnlich, tft der Stein: dreher, (T. Interpres, Morinellus, le Tourne- pierre 107). Seiner Gewohnheit, am Strande der Gewaͤſſer Steine umzufehren und Fnfecten darunter zu fuchen, verdankt er feinen Nahmen. Ihm gab die | Natur
Der Kiebiß. 921
Natur diefen Inſtinkt und einen fehr harten, aber kurzen Schnabel, weil zum Umwenden der Steine wohl Stärfe deöfelben, nicht aber eine befondere Laͤn⸗ ge noͤthig war. Andern Inſectenfreſſern, die im weichen Boden graben muͤſſen, ſchenkte ſie einen laͤn⸗ gern, der aber, um da, wo das Geſicht nicht hindringt, durch das Gefuͤhl geleitet zu werden, weicher ſeyn mußte und durfte. So zweckmaͤßig handelt die muͤt⸗ terliche Natur immer, Auch Steine von 3 Pfund wendet der Steindreher bloß mit dem Schnabel fehr geihidt um, In der Größe kommt er der Amfel gleih. Stirn, Kehle, Bauch und Steiß find weiß, Dom Auge lauft ein ſchwarzer Streif nach der Seite zu, Der Rüden ift oberhalb roftbraun mit ſchwar⸗ zen Sleden, unterhalb weiß und ſchwarz. Die Bruft und der Schwanz find ſchwarz, nur endigt fid) der legtere mit weißen Spigen. Eine glänzend gelbe DOrangefarbe haben die Beine, Zwar find. die Steindreber nicht gar zu häufig, werden aber doch an allen Küften angetroffen, So groß wie eine Taube ift der Riebitz crF. Vanellus, Gavia, le Vonneau 108). Ihn zeichnen‘ ein glänzend ſchwarzer, ruͤckwaͤrts haͤngender Feders buſch, eine ſchwarze Bruft und rörhliche Süße be; Dögel I. Theil, Ss ſtaͤn⸗
322 Der Kiebitz.
ftändig aus, Sein ſchwarzer Schnabel ift kurz und. ziemlich ftumpf. Seine Farbe ijt ein angenehmes Gemiſche. Die ſchwarzen Bänder an den Augen, der leichte grüne Anftrich am Bauche und am Ende des Schwanzed, der in Blau und Purpur fpielende Rüden, die ſchwarzen Schwungfedern mit weißen Enden machen zufammen eine fehr gute Wirkung, Stark find feine Flügel; hoch und dauerhaft ift fein Flug. Er ift ein muntrer Vogel, der taufend Fo- mifche Bewegungen und Sprünge auf der Erde und in der Luft macht; und fich bald auf die Seite, bald auf den Rüden legt. Ein Sudwind bringt, nach dem leisten Frofte, große Heerden Kiebitze aus ih- sem Vaterlande, beynabe der ganzen Welt, in die gemäßigten Gegenden von Europa, Sie fallen dann vorzüglich auf naffe, fumpfige Wiefen, und wilfen mit :bewunderungswürdigem Sinftinfte Würmer aus der Erde hervorzuioden,. Da, wo ihnen Feine Kiügelchen von Erde die Nähe eines ſolchen Schanz⸗ gräberö verrathen, raunıt der Kiebig vor allen Din⸗ gen die Erde weg, die den Eingang der Mine bes det, Jetzt pocht er mit dem Fuße und heftet feine Yugen unverwandt auf die Defnung. Der Wurm zaudert auch nicht lange; er kommt und wird plöße
lich
Der Kiebitz. 323
lich verfchlungen. Der Inſtinkt fagt es dem Kie- bis, daß die geringfte Erfchätterung Würmer her: vorlode; eine Erfahrung, die Jeder machen kann. Menn der fühle Abend oder Regen die Würmer aus ihren Schlupfwinteln ins Gras lockt, fo finden fi auch die Ricbige ein, Sorgfaͤltig wafchen fie fich den Schnabel und die Füße, Eie ſind ſchuͤchtern amd lafjen ſich nicht leicht nahe Ffommen, Bey ftars kem Winde Eofter ed ihnen Mühe aufzufliegen. Weil ihre Flügel oben dunkel find, und unten weißliche Stellen haben, fo fieht die Wiefe, auf der eine Men⸗ ge aufzufliegen fucht, während den Flügelfchlägen, bald Hell bald dunkel aus, Im Fluge geben diefe einen Ton, wie wenn man Getreide worfelt, Daher ihr lateiniſcher und franzofifäyer Nahme, Die deuts ſche Benennung ahmte den Laut ihrer Stimme nach. Oft hoͤrt man ſie bey Nacht in abgebrochnen Toͤnen ſchreyen. So geſellig fie auch gewoͤhnlich in betraͤcht⸗ licher Menge unter einander leben, ſo erregt doch die Liebe um die Begattungszeit nicht geringe Haͤndel. Dieſe waͤhren ſo lange, bis ſich jeder Kiebitz ſeine Gattinn gewaͤhlt hat, mit der er ſeine eigne Haus⸗ haltung errichtet. Mit dem Baue des Neſtes gibt ſich das Weibchen keine große Muͤhe. Es begnuͤgt
Ss2 ſich,
924 Der Kiebitz. fi), dürred Gras, da, wo das Erdreich an einem Morafte etwas erhöher ift, zu ſammeln, und 324 grüngelbe fehr dunfel gefleckte Eyer darauf zulegen, Nimmt man ihm diefe, fo wiederhehlt es das auch mehrere Male. Die Sorgfalt und Liebe der Eltern für ihre Brut überwindet ihre fonft natürliche Schuͤch⸗ ternheit vor dem Menſchen. Sobald fi) einer näz= hert, fo fliegen fie fo lanae mit ängftlichem Geſchrey über ihm herum, bis fie den Feind entfernt glau— ben. Mitmehr Treue, ald Klugheit, haͤlt der Mann die 30 Brüttage über bey feinem Weibchen Wade, Sein einfältiged Geſchrey aber hilft den Eyerfuchern erft recht auf-die Spur. Klüger iſt die Mutter, Hat fie etwas zu befürchten, fo fliegt fie nicht gleich auf, fondern fchreiter erft eine Strede im Grafe fort, um ihr Meft nicht zu verrarhen. Auch find Die ets was Altern Weibchen, die fen Ein: oder ein Paar Mal ihre Eyer verloren haben, durch die Erfahrung gewißiget, und brüten nun in Samenfeldern. Die unge Fünnen wenige Tage, nachdem fie die Eyer verlaffen haben, ſchon fehr gut laufen, Sie tragen dann ein fchwarzes Flaumkleid. Durch das ängfte liche Herumfliegen über ihren Familien verrathen die Eltern fie oft dem Jäger, Die Brutzeit auöges | nommen,
Der Kiebitz. 325
nommen, bleiben die Kiebitze nicht lange an Ei- nem Orte, weil e8 ihnen bald an Würmern fehlen wirde, Im Oktober, mo die Feuchtigkeit der Jahrs⸗ zeit ihnen reichliches Futter verfhajft, werden fie fehr fett. Ehe aber noch die Kälte ben Erdboden verſchließt, ziehen fie weiter gegen Süden, wo die num eintretende Regenzeit abermald fie den Tiſch hinlänglich gedeckt finden läßt. Hier bleiben fie, bis Hige oder Duͤrre fie im Fruͤhlinge zur Ruͤck⸗ Fehr in unire Gegenden auffordern. Außer dem fchon Genannten find Wafferkäfer, Schneden und Waſſerpflanzen ihre Nahrung.
Man faͤngt ſie, beſonders in Frankreich, mit Netzen, in die ſie das Schreyen eines gefangenen Kiebitz oder der Schall einer kuͤnſtlichen Lockpfeife führt, Auch pflegt man ausgeſtopfte Kiebitze auf einen Steft in die Erde zu befeſtigen, indeß ein Paar lebendige an einer Schnur neben ihnen flattern muͤſ⸗ fen, Da die Kiebige auf neugepflägten Aeckern - ihre Rechnung am Beften finden, jo kann man aud) feinen ſchicklichern Ort zu einem Vogelherd wählen, als in der Nähe von Feldern. hr Fleiſch und ih: se Eyer werden allgemein hochgeſchaͤtzt. Immer ift ed eine große Frage, ob eserlaubt, wenigftens Fing
Ss 3 ————
326 Der Goldregenpfeifer,
fey, die Eyer von wildlebenden Vögeln, die wir nicht durch kuͤnſtliche Zuchten, wie 3. B. bey dem Haus: gefluͤgel, vermehren, in ſo großer Menge wegzuneh⸗ men, als bey den Kiebigen gewöhnlich geſchieht. Ihr Hunger nad) Würmern und Inſecten iſt für uns mwentgftens von fehr großem Nußen. Daher man fie auch in Gärten gern gezähmt hält,
In Afrika und Amerika gibt es einige Ries biserten, die einen fehwarzen Sporn am Zlügel haben.
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Tab. XL. Der Goldregenpfeifer.
Charadrius Pluvialis, /e Pluvier dore (109). Die Seelerche.
Charadrius Hiaticula, /e Pluv. &collier (110). Der Aufterdieb. Haematopus Oftralegus, /e Huitrier (111). Der gemeine Saͤbelſchnaͤbler. Recurviroftra Avocetta, /Avocette (112). Fin länglich runder, etwas ftumpfer Schnabel,
ſchmale Nafenlöcher und dreyzehige Lauffuͤße find das
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Et *
Der Goldregenpfeifer. 327
das Eigenthum aller Regenpfeifer, einer Sumpf⸗ vogelgattung, die 29 Arten in ſich faßt. Ihre ſichtbare Freude am Regen und ihr laͤrmendes Ge- ſchrey, das ſie alsdann erheben, gab ihnen ihren Nah⸗ men. In der Naͤhe von rauſchenden Gewaͤſſern, an den Muͤndungen der Fluͤſſe, wohnen ſie am Liebſten. Meiſtens um die Regenzeit kommen ſie in unſern Gegenden an. Alle Morgen waſchen ſie ſich die von Inſectenſuchen ſchmutzig gewordnen Schnaͤbel und Fuͤße, mit welchen ſie, wie der Kiebitz, durch Klopfen Inſecten aus ihren Schlupfwinkeln heraus⸗ locken. Ob ſie gleich gut faſten koͤnnen, ja oft muͤſ⸗ ſen, ſo werden ſie doch ſehr fett. Lange bleiben ſie nicht an Einem Orte. Indeſſen die Geſellſchaft frißt, halten andere Wache, und laſſen, ſobald ſich eine Gefahr naͤhert, einen ſcharfen Ton hoͤrn. Wenn ſie in der Luft einher ziehen, was immer nach dem Minde geichieht, fo bilden fie fehr lange, gefchlof- fene Querlinien, Jeder fucht ſich einen Schlafplat für ih. Mer am Erſten erwacht, weckt die Uebri⸗ gen. Seßt fliegt alles auf. Aber das ift auch der Augenblick, wo die Zäger den reichften Fang thun, Sie werfen mit großem Gefchrey mehrere Stöde un⸗ ter fie, wodurch die armen Thiere fo betäubt werden,
Daß.
328 Die Seelerche. daß fie, ſtatt aufzufllegen, in die unglücklichen Netze flattern. Der erſte Schnee ift für fie Signal zur Abreiſe. Alles dieß gilt, fo wie überhaupt von allen Regenpfeifern, alfo befondere auch vom Goldre: genpfeifer (Grilivogel, grüner Brachvogel 109), der in Europa und in Aſien zu Hauſe iſt, und vom Sep⸗ tiber bis November auch bey und mit dem, was er findet, vorlieb nimmt, Ein glänzend gelbgräner, ſchwaͤrzlich gefledter Oberz ein weißer Unterleib, eis ne braune Bruft mit grünlichen Streifen, dunkel braune Schwung: und fchwärzliche Schwanzfedern zeichnen ihn aus, Er iſt ſo groß wie eine Feldtaube und hält ſich in feuchten Gegenden auch in der grüs nen Saat gern auf. Durch Nachahmung feines Gefchrenes Tia Tia, lockt ihn der Jäger oft in den Schuß. Sein Feiih ſchmeckt angenehm, | Auch die Seelerche (Strandpfelfer, Uferlerche 11 pP)» eine andre die ganze nördliche Halbkugel bes wohnende Negenpfeifer- Art, läßt fich an deutfchen Gewäffern fehen. Sie hat einen gelben Schnabel mit ſchwarzer Spike, eine weiße Stirn mit einem ſchwarzen Querbande, eben joldye unter den Augen weglaufende Stripe, lichtbraune Scheitel, Rüden und Dedfevern, eine weiße Kehle, an: die fich ein um
Die Seelerche. 329 um den Hals gehender Ring anfchließt, unter ihm an der Bruft ein dunkles Querband, dunkelbraune Schwungfedern, einen braunen Schwanz mit lich- ten Spigen und gelbe Fuͤße. In der Größe kommt fie ver Rorhöroffel gleih, Sie iſt das Schredfen der Warferinfecten und Gewürme, bie ihr zur Nah: rung angewieſen find. Im Grafe oder im. Schilf bruͤtet fie ihre 35 grünlich afchfarbigen und ſchwarz⸗ gefleckte Eyer aus, Sie lauft an Ufern aͤußerſt geſchwind auf und ab, flattert immer dazwiſchen ein Stuͤckchen, ſchreyt auch mitunter ſehr ungeſtuͤmm. Beſſer und ſchneller kann auch der erfahrenſte Arzt die Gelbſucht unwoͤglich heilen, als unſre Seeler⸗ che. Nur anſehen darf ſie der Kranke, ſo weicht ſein Uebel, Auch ſcheint es der Vogel wirklich zu fühe len, daß das Uebel in ihn hinüber gehe; denn er will immer twegfehen. So erzählt die Sage
Ein wahrer Affe in der Nachahmungsfucht iſt ein andrer Negenpfeifer, der Mornell. Stredt der Jaͤger den Arm aus, fo thut erd mit dem Tlügel auch, Geht er fort, fo gehter gleichfalls ;: bleibt der Jaͤger fiehen, fo fteht auch der Mornell. Mit pofe fenhaften Bewegungen fieht er zu, wenn der Jaͤger die Anftalten zu feinem Verderben trifft, und ſchießt
Vögel J. Theil, ; It er
330 Der Aufterdieb, er einen, fo kommt die neugierige Schar herbey, um einen zweyten Schuß deſto ergiebiger zu machen, Von den Regenpfeifern ſehr verſchieden, ift eine andere Gattung Sumpfobgel, der Aufierdieb (Aus ſtermann, Dieerälfter zıı), der die Ehre hat, eine zig und allein eine Gattung. auszumachen. Auch den einfamften Felfen und Klippen am Meere, an denen fich die Mellen ſchaͤumend brechen, und we Erde und Waffer in ewigen Kriege leben, wer dem andern etwas abzugewinnen vermag, nicht bloß un: fern ſchoͤnen Wäldern, gab die Natur gefieverte Ber wohner, denen zu ihrem Glüce nichts zu fehlen fcheint. Dort wohnt auch unfer Aufterdich, dem das tobende Meer und die fteigende Fluth manche ſchmackhafte Mufchel vor die Füße ſpuͤhlt. Er hat einen ziemlichen langen, zufammengedrüdten Schna⸗ bel, ſchmale Nafenlücher, eine Furze Zunge und drey⸗ zehige Lauffuͤße. Schoͤn roth find feine Augenfreife, fein Schnabel und die kurzen Füße, Der Oberleib ift ſchwarz, der Unterleib weiß, die Flügel dun⸗ Felbraun mit einigen weißen Streifen, der Schwanz oberhalb weiß, am Ende jchwarz. Er ift fo aroß wie eine Krähe und wird an den Seefüften von Eus ropa, beſonders England, Afien, Amerika, auch an den
Der Saͤbelſchnaͤbler. 331
den Südfeeinfuln, in Deutfchland aber an der Oft: fee wahrgenommen, Obgleich er Feine Spur von einer Schwimmhaut hat, fo kann er doch ſchwimmen.
Seinen Nahmen trägt er mit der That, denn
er liebt die Auſtern ungemein, und erbricht fie ſehr geſchickt, ohne ich an ihrem fcharfen Rande im Ges ringſten zu beſchaͤdigen. Sein Geſchrey beym Anblick eines Jaͤgers warnt die Gaͤnſe und andre Waſſervoͤ⸗ gel, ihr Heil in der Flucht zu ſuchen. Ans nackte Ufer bin legt das Weibchen feine 4:35 gruͤnlichgrauen ſchwarz gefireiften Eyer, bie es in der Mittagswaͤr⸗ me den Strahlen der Sonne überläßt. Jung wird der Aufterdieb leicht zahm. Belon hielt einen 2 Monate lang im Garten, wo er Würmer, ungefott nes Fleiſch und Brod ganz gern fraß. Das Fleifch ift etwas zäh, doc) fihmedt es, wenn dem Vogel ‚die Haut abgezogen wird, nicpt übel,
Wieder einen ganz neuen fonderbaren Anblid gibt uns der Säbelfhnäbler, eineaus 3 Arten be= ftehende Gattung, die einen ſchwachen zufammenges drücten,in bieHohegebognen Schnabel mit einer biegs famen Spitze befigen. Da ihnen nur die im Schlam⸗ me lebenden Inſecten und der auf dem Waſſer ſchwimmende Laich zur Nahrung angewiefen find, fo
2 bedurf-
332 Der Saͤbelſchnaͤbler.
bedurften fie auch keines ſtaͤrkern. Deſto beſſer aber fonnen fie mit der biegfemen, weichen Spitze im Morafte fühlen, was zu ihrer Nahrung taugt. Ale Gewehr kann er freylich feiner Zerbrechlichfeit we⸗ gen nicht gebraucht werden. Gie haben enge aber durchfichtige Naſenloͤcher, eine kurze Zunge, und vier Zehen, deren hinterfte Fury und weit oben am Beine befindlich iſt.
An der Küfte der Oftfee, fo wie auch an den ſuͤd⸗ lichen Meerufern von Europa und den gemäßigten von Afien, halt fich der gemeine Säbeifcehnäbler (112) auf, deſſen Körper ſchwarz und weiß ift, und auf dem Rüden Querftreifen hat. Der letztere ift immer etwas ſchmutzig, woraus man fchließen muß, daß der Vogel auf demfelben feinen Schnabel ab: trodne, auch wohl im Schlafe darauf liegen habe, Der Schnabel ift ſchwarz; die Füße aber, deren Zehen eine gezähnelte Haut verbindet, find blaulich, In der Größe übertrifft der Säbelfchnäbler den Kiebig nur wenig; die Füße aber find ein Beträchtlis ches höher, Mit vieler Lebhaftigfeit lauft und ſchwimmt er. In der Nabe von Waffer und Schlamm ſchlaͤgt er ſeine Wohnung auf. Hier findet er in Abs fiht feiner Nahrung, der Warfferinferten, am Beſten
ſeine
Der Ibis. 333
feine Rechnung. Er legt 2 gruͤne Eyer mit dunkeln
Flecken, die in ber Große den Tanbeneyern glei⸗ chen. Sein Fleiſch und ſeine Eyer ſind eßbar. Man finder aber diefe Vögel gar nicht häufig, und ihre Vorfichtigkeit und Lift machen ed unge: mein ſchwer, fie zu fangen
jenen ner n se 1... me nme.
Tab. XLI.
a a Tantalus Ibis, [Ibis blane (113).
Indem wir unſre Leſer mir dem Ibis (Nilreiher, aͤgyptiſcher Brachvogel 113) bekannt machen, ſo ler⸗ nen fie in ihn einen Vogel kennen, dem die hoͤchſt Ehre wivderfuhr. Ihn hielten die Aegypter für götts lih und unfterblih, Die meiſten Denkmaͤhler tru⸗ gen fein Bild, und nad) feinem Tode murde er forge fältig einbalfamirt und als Mumie in einem befons dern Gewoͤlbe bengefegt. Ihn glaubten fie für Die großen Wohithaten, die er ihnen eizeigte, nicht an⸗ ders, als durch göttliche Verehrung belohnen zu koͤn⸗ nen, und nur der Gedanke, dad Dankbarkeit Die Trieb feder war, fühnt uns einiger Maßen mit dem Widers
Tt3 ſinni⸗
334 Der Ibis. finnigen des Thierdienſtes aus. Diefer beweist ung, ie viel die Menſchheit, ehe Gefellfehaft und Eultur fte gegen ihre gemeinfchaftlichen Feinde verbanden, von den Thieren gelitten haben muͤſſen, fo dag fie in allem, was ihre Plage verminderte, einen wohls thuenden Gott zu erblicken wähnte, Wäre, fo vers fiyern alte Gefhichtichreiber, nicht eine Menge Ibiſſe gegen die Schwärme Heiner Schlangen, die aus dem Schlamme hervor Famen, zu Felde gezo= gen, ganz Aegypten wäre die menfchenleerefie Wuͤſte geworden, und Tod und Verderben hätte von ihm “aus in die benachbarten Provinzen fich verbreitet, Herodot felbit befand fih auf einem folchen Schlachtfelde, wo die Ibiſſe eine fehlechterdings zahlloſe Menge von zerfitcfelten Schlangen zurüd- gelaffen hatten, War es demnach ein Wunder, wenn ein weifer Geſetzgeber den Ibis zu toͤdten bey Les beneftrafe verboth, und das Einbalfamiren desfel: ben veranftaltete, um auch im Tode noch diefen Wohlthaͤter zu ehren? Noch heutiges Tages findet man daher im fogenannten Pogelbrunnen, in der Ebne Saccara, Töpfe mit Ibis Mumien. Der Ibis gehoͤrt unter die aus 21 Arten beſte— hende Sumpfvogelgattung der Nimmerſatte (Tan⸗ talus),
Der Ibis. 235
talus), die alle einen langen, etwas gebognen Schna- bel, ein nacktes Geſicht, einen Fleinen nadten Sad an der Kehle, eine Farze Zunge, eyformige Nafenlö: cher, und Füße mit vier biö ans erſte Gelenfe durch eine Haut verbundne Zehen haben. Die Gefräßig> feit gab dieſer Gattung ihren Nahmen.
Nicht mehr fo haufig in Aegypten als fonft, ift der Ibis heutiged Tages, und ſcheint ſich mehr nach dem wafferreichen Aethiopien bingezogen zu haben. Er hat einen rothlic) braunen Kopf und Ruͤcken, ſchwarze Schwanzfedern und einen ganz weißen Hinterz und Unterleib. Sein Schnabel ift oben gran und unten ſchwarz; auch die Füge find fhwarz. Die nadten Stellen am Kopfe, um die Augen und an der Kehle, find rörhlid, Scharf genug ift der Schnabel, um Schlangen zu zerfchneis den; denn fie zu fpießen ift er vorn zu weich.
JInſecten, Zröfche, befonders aber Schlangen, find die Nahrung des Ibis, woran es ihm, zumal nad) Ueberſchwemmungen, nie fehlt, Sein Haß ges gen Eriechende Thiereift fo groß, daß er fie, auch wenn er fattift, umbringt. Da ihrer noch eine größere Mens ge als jet in Niederaͤgypten war, fo Eamen fie, unter dem Schuße ihrer Heiligkeit, ohne Zurcht in die Staͤd⸗
te,
265... De bie. | | te, deren Unreinlichkeit fie durch ihren Unrath nicht wenig vermehrten. Da wo der Dalmbaum am dich⸗ teſten iſt, waͤhlen ſie den Platz zu ihrem Neſte. Die Spitzen der Palmblaͤtter bilden dann eine Art von Palliſaden um dasſelbe, wodurch den Katzen, die weniger Ehrfurcht als ihre Herren vor dem Ibis haben, ihre blutdurſtigen Raͤubereyen erſchwert wer⸗ den. Es iſt noch nicht aanz gewiß ausgemacht, wie viel Eyer er lege. Gewiffer aber ifts, daß es aud) ganz ſchwarze Ibiſſe gebe,
Ein fo heiliger Vogel gab den naturhiftorifchen Fabeldichtern Stoff genug, die feltfamften Dinge aus⸗ zuframen. Der Eine läßt ihn zur Rortpflanzung ſei⸗ nes Gefchlechte den Schnabel gebrauchen, ein Andrer gar ans einem Ibiseye den Bafıliet, als die Quinteſ⸗ ſenz des im ſolcher Menge verfchluckten Giftes, ents ſtehen; wieder Einer behauptet, wenn man Crocodille, Nitpferde und andere fruchtbare Thiere mit einer Ibisfeder berührte, fo blieben fie wie bezaubert und angenagelt, und ftürben bald darauf. Ja fogar zum Erfinder der Clyſtiere machte man den Ibis. Erfoll mir dem Schttabel diefe Operation fehr geſchickt vers tichten, vermtithlich wenn Infaretus ihn quälen, Wie fehr Aelian irre, indem er dem Ibis eine folche
Auhaͤng⸗
Das grünfüßige Meerhuhn. 337
Anhänglichfeit an fein Vaterland zufchreibt, daß er in jedem andern Lande fich aushungere, bewveifen die zwey Ibiſſe, die vor nicht gar langer Zeit in Vers failles lebten, ohne eine Spur von Heimweh zu verrathen,
BESBIIIAERLCH TAEBBTUBENSEELT 2 — — —— —— nn —
Tabs: XI Das Waſſerhuhn.
Fulica.
Das grünfüßige Meerhuhn (114). Das ſchwarze Blaßhuhn (115). Mir ven Waſſerhuͤhnern (Rohrhuͤhner, Blaͤß⸗ linge) naͤhern ſich die Sumpfvoͤgel allmaͤhlich unſern Haushuͤhnern. Sie machen eine Gattung von 26 Arten aus. Ihr gewoͤlbter Schnabel hat oben ei⸗ nen etwas erhabenen Rand, der über den Unterfchnas bel, welcher nach vorne zu etwas höderig ift, paßt, Sn einer Furche liegen die länglichen Nafenlöcher ; ihre Stirn iſt Fahl und die Füße haben vier Zehen, Diefe find bey einigen ſchlechtweg gefpalten, bey einigen mit fonderbaren Lappen befest. Won beys
den wollen wir Eine Art- näher befchreiben, Dögel I, Theil, Un Faſt
333 Das grinfhtige Meerhuhn. Faſt auf allen dentſchen Zeichen, fo wie auch im füdlichen Europa und Nordamerika, ja faft übırall, finder man das gruͤnſuͤßige Meerhuhn F.Chlo- ropus, la Poule denn 114). Im October verläßt eö die zu Falt werdenden Gebirge und kommt in die gemäßigten Ebuen, Hochorangeroth iſt der Schna⸗ bel, die gelbe Spige ausgenommen. Eben diefe Far⸗ be haben auch der Stirnlappen und die Kniebaͤnder des Maͤnnchens, bejonders um die Berartungggeit, Die Bruft und der Band) find aſchgrau, Die Schwung⸗ federn und der Echwanz braun, und die Zlügelrän- der weiß; die Füße hellolivengrün. Alles Uebrige aber ift dunfelolivengrün, Diefer Vogel ift, fo we: nig feine freyen Zehen es vermuthen laffen, ein fehr guter Schwimmer, Auch auf Zweigen ſieht man ihn, wie einen Landvogel, figen. Er fliegt nicht befonders gut, umd immer mit herabhängenden Füßen, kann aber fehr fertig laufen, Seine Nahrung befteht in Inſectenlarven, Inſeeten, Beinen Fiichen, Waffer: pflanzen, befonders ven Spigen derfelben, Aus die— fen baut das Weibchen, hart am Ufer, fein Vreft, und weiß e3 fo zu befsftigen, daß das ſteigende Waſ⸗ ſer es wohl heben, aber nicht fortreißen kann. Es legt 6=7 gruͤnliche Eyer. Dieſe bedeckt die ſorg⸗ Mu fältige
Das ſchwarze Blaßhuhn. 339
fältige Mutter immer erſt mit Kraͤutern, ehe ſie, ih- ser Nahrung wegen, dieſelben verlaͤßt; daher ein fol: ches Neft ungemein fchwer zu finden iſt. Dreymal im Fahre foll fie legen. Ungefähr die Größe eines halbjaͤhrigen Huhns erreichen dieſe Wögel, Ihre Stimme lautet Bri, Bri, Sri. Man kann ſie mit weißem in Milch geweichten Brode zahm im Hauſe erhalten. Ihr Fleiſch iſt ſchmackhaft. Etwas größer iſt das ſchwarze Blaßhuhn (F. Atra, la Foulgue, ou Morelle 115), dem man auch vermuthlicy feines ſchwarzen Rockes wegen, den Rahmen Flußteufel zu geben für gut befand, Gein fleiichfarbiger Stirnlappen wird um Die Begattungse zeit etwas roͤthlichter. Der Schnabel ift grünlich; der Ober = und Unterleib Aud ſchwarz, Die Schwung⸗ federn braun und die Aniehänder roſtgelb. Wie mit einem Firnif überzogen find die Federn des Unterleibs, fo dag das Maffer nicht im Geringſten durchdringen kann. Gar artig gefranst find die grünlichen in Bleyfarbe fiielenden Füße, durch dea ren Hülfe es ganz vorirefflih auf dem Wafjer lau⸗ fen und ziemlich gur ſchwimmen kann. Nicht nur auf allen Seeen, Zeichen und Küften Deutfchlandg, fondern auch) in ganz Europa, Preußen, Sina, Nord: Uu 2 amerika
- 340 Das fehrarze Blaßhuhn.
amerika u. a. O. findet man diefes fchwarse Blaß⸗ huhn. Es kommt nie ans Land, als nur um von einem Teiche ſich nach einem andern hinzubegeben. Seine Nahrung beſteht aus kleinen Fiſchen, Blutz igeln, Inſecten, Pflanzen und Wurzeln. An man⸗ chen Orten bleiben dieſe Blaßhuͤhner beſtaͤndig, und wenn ſie ihren Aufenthalt veraͤndern, ſo ſcheint ſie nicht ſowohl die Kaͤlte, gegen die ſie die Natur hin⸗ laͤnglich ſchuͤtzte, als vielmehr das Eis, das ihnen ih⸗ re Nahrung erſchwert, dazu zu noͤthigen. Den Tag uͤber halten ſie ſich immer verſteckt; und wenn man fie in ihrem Lager beunruhiget, fo werden fie ſich lies ber in den Schlamm tief hineinwühlen, als aufflie: gen. Nur die leichtfinnigern Jungen Tafjen fi) zu ihrem nicht geringen Schaden bey jeder Tageszeit fes ben. Zum Reifen und Fliegen ift bloß die Nacht bes ſtimmt, wo fie ſehr gut ſehen. Dieß ift fo unabäns derlih, daß auch die drohendfte Gefahr fie nicht davon abbringt. Die Art, wie in Lothringen viele Hun⸗ derte gefangen werden, beweist diefes zur Genüge, Mehrere Jaͤger begeben ſich auf Kähnen in den Teich, wo ihrer oft eine große Mengeift. In einer gefchloßs nen Linie ruͤckt num die Feine Flotte an, und treibt die Blaßhühner einer Bucht zu in die Enge, Seht
zwingt
Das fchwarze Dlaßhuhn. 341
zwingt fie die Gefahr aufzufliegen, aber indem fie über die Fäger wegfliegen, wird unter fiegefeuert, Statt daß nun die, welche nicht verwundet find, den uns glücklichen Teich verlaffen, fallen fie auf der andern Seite desfelben nieder, weilfte einmal durchaus nur bey Nacht ihren Aufenthalt verlaffen. Die Jäger wie: derhohlen immer die nämliche Jagd, Erft, wein ed dunkel wird, wählt die nun ziemlich verminderte Ge⸗ fellfyaft einen andern Teich. In Schilf legt das Weibchen an einen etwas hohen, recht dicht bewach⸗ ſenen Ort 14= 15 ſchmutzig gelbliche, gefleckte Eyer. Ihre große Fruchtbarkeit wuͤrde ſie uͤberall ſehr haͤu⸗ fig machen, wenn nicht die Raubvoͤgel eine Menge verzehrten. Durch Schaden klug geworden, wiſſen die alten, erfahrnen Blaßhuͤhner ihre Neſter recht gut zu verſtecken. Die Juͤngern, Unerfahrnen, kom⸗ men gar oft darum. So ſorgfaͤltig die Muͤtter im Anfange ihre Jungen pflegen, ſo uͤberlaſſen ſie ſie doch ſehr bald ihrem Schickſale, wenn ſie hinlaͤngliche Kraͤfte haben, ihr Stuͤck Brod ſelbſt in der Welt zu ſucheu. Sm der Gefangenſchaft ſcheint das Blaß⸗ huhn vor lauter Verdruß ſtumm geworden zu ſeyn. Merkwuͤrdig iſt noch, daß es einen, den übrigen Vers bhältniffen nach, außerordentlich großen Magen hat,
Uu 3 Tab.
342 ug Tab. XL Der Mexikaniſche Spornflügel.
Parra variabilis, /e Jacana varie (116),
Da Wachtelkong. Rallus Crex, le Räle de Genet (117). Die Trompete. Pfophia crepitans, !_Agami, !Oifeau Trom- pette (118).
Nicht immer ſieht die Natur in ihren Werken auf Regelmaͤßigkeit und Schönheit, Zufrieden, manchem das Dafeyn gegeben zu haben, fcheint fie fich wenig um Zorm und Berbältniffe zu befümmern, Hft ftellt fie in Einem Lande Geſchoͤpfe neben einander , deren einige durch ihre Schönheit eben fo fehr bezaubern, als andere durch ihre Haͤßlichkeit zuruͤckſchrecken. Da wo die liebliche Gazelle mit unbeſchreiblicher Anmuth herumbiipft, ſchreitet das ungeftaltete Kameel ſchwer⸗ faͤllig einher; da wo das ſchoͤue Zebra weidet, begeg⸗ nen wir der langbalfigen Giraffe; unſer edles Pferd geht mit Anftand und Würde über die Minen bins weg, die der menfchenicheue Maulwurf gräbt; und wo der prächtige Mler fid) Eühn emporfhwingt und
die
x 23 *
we
2 In
Der Merilanifhe Spornflügel. 343
die Nachtigall unfre Obren feſſelt, flattert auch die abjcheuliche Fledermaus, firgt der Kauz fein gefürdh: tete& Todtenlied. Don der huchften Schönheit flieg die Natur in ihren Werken bis zur Höplichkeit ſtufen— weife herab, und fo wie an einigen dad vollkommenſte Ebenmaag aller Theile Bewunderung verdient, fo erres gen andere, durch die fonderbarften Abweichungen von allen Berbäliniffen, Erftaunen. Wer follte, wennerz. B. nur den Fuß von unferm Mexikaniſchen Sporn⸗ flügel (116) fähe, ſich einbilden, daß fo ungeheure Ze⸗ hen und Klauen einem Vogel gehören, defien feib nur wie der Reid einer Taube ift? Und diefe Art hat erft och nicht die längften unter derBattung derSporn: flügel, die aus 15 Arten befteht, die fich alle durch ei⸗ nen fait runden Schnabel, eyfoͤrmige Nafenlöcher in deſſen Mitte, Sleifchlappen an der Stirn, und fpißis ge Stacheln an der Flügelbeugung auszeichnen, Noch längere Zehen hat der Brafilianifche Chirurgus, Zwar haben die Jacanas oder die Spornflügel mit den Wafferhähnern manches gemein, Doch uns terfcheiden fie die Sporen an den Flügeln, ihre Sleifch- lappen und die fpigigen Klauen, die fo fcharf wie Nadeln find, vonihnen, Sie find fehr ſcheu und Fön: nen nur durch Lift gefangen werden, Sie halten fich
immer
344 Der Merikanifche Spornflügel. immer Paarweife zufammen. Trennt fie ein Zufall, fo rufen fie einander mit ſtarkem Geſchrey, das der Stimme des Kaͤuzchens ziemlich nahe kommt, und daher unter den Bewohnern des Huͤhnerhofes oft un⸗ noͤthige Beſorgniſſe erregt. So furchtbar fie bewaff⸗ net ſind, ſo muß man ihnen doch das Zeugniß ertheilen, daß fie gute, friedliche Vögel find, Ihr Flug ift nicht hoch aber ſchnell; ihr Vaterland Amerika. Immer in der Nähe von Waffer halten fie fi) auf und nähren ſich mit Inſecten.
Sehr mannigfaltige Farben ſchmuͤcken den Mexikaniſchen Spornfluͤgel (1160). Sein Schna⸗ bel iſt gelb. Ueber demſelben ſitzt ein kahler, herz: foͤrmiger Fleiſchlappen von rother Farbe, Die Schei⸗ tel iſt braun gefleckt: uͤber die Augen weg lauft ein weißer und durch ſie ein ſchwarzer Streif gegen den Hals zu, der oben ſchwarz unten braunlich iſt. Außer dem bemerkt man einen braungeſchuppten Ruͤcken, purpurrothen Echwanz / gruͤne und ſchwarze Schwung⸗ federn, und gelbe Sporen an der Fluͤgelbeugung. Dieſe ſind ſehr hart und ſtehen einwaͤrts gegen ein⸗ ander zu gerichtet. Die blaulichen Fuͤße haben außer⸗ ordentlich lange Zehen und Klauen. Die mittlere Zehe mit ihrer ſcharfen, langen Klaue iſt ſo lang als
der
Der Wachtelkoͤnig. 345 der Fuß. Die Hintere ſteht ganz gerade aus und hat nur Ein Gelenke, die Innere hat ihrer zwey, die Mittelfte drey, und die Aeußerſte vier. Sicher eine Einrichtung, die fo gewiß ald die Sporen, einen fehr weiſen, ihres Urheberd würdigen, End⸗ jwed hat, obaleich es noch an binreichenden Beobs achtungen fehlt, ihn genau anzugeben,
‚ Eimwas von den Fand: und etwas von ben Wafs
fervögeln haben die Ziellen, Deren e8 31 Arten gibt, Ihr zuſammengedruͤckter fpisiger Schnabel lauft von der diefern Warzel nach der Spiße düns her zu. Die Nafenlöcher find eyfbrmig, die vier⸗ zehigen im Fluge hängenden Füße geipalten, die Schenkel weit befiedert. Ihr Leib ift ſchmal. In⸗ fecten und Gewuͤrme find ihre Nahrung.
Nicht etwa einem befondern Vorzuge, fondern bloß feinem beftändigen Aufenthalte unter den Wache teln, mit denen er fommt und abreiet, ohne deßwe⸗ gen ihr Heerführer zu fepn, verdankt der Wachtele Fönig ( Schnerz, Wiefenfchrarcher, Ortygometraä 117) feinen vornehmen Nahmen. Seine Heimath find die mildern Gegenden ter alten Welt, Er ift von der Größe einer Mifteldroffel, und hat Kopf, Hins terhals, Ruͤcken und Schwanz ſchwarz mit einer röthe
Vögel I. Theil, £r lich
346 Der Wachtefkönig. lich grauen Einfaffung, braunrothe Flügel, eine ſchmutzig aſchgraue Bruſt und Unterhale, einen weißen Bauch und einen dunkelbraunen roſtfarbig und weiß⸗ geſtreiften After. Schnabel und Fuͤße ſind braͤunlich aſchfarb. Oft hoͤrt man ihn des Nachts auf Wie— ſen ſehr ſtark Crek, Crek, Snarrp, ſchreyen. Die Stimme lautet faſt, wie wenn man mit den Fingern an den Zaͤhnen eines ſtarken Kammes, mit einiger Gewalt, hin und her fährt. Naͤhert man ſich dieſem Froſchquaken, fo entfernt fich ploͤtzlich die Stimme um viele Schritte. So ſchnell eilt der Wachtelkoͤ— nig davon, der überhaupt fich zur Flucht lieber feis ner Füße als feiner Flügel bedient. Er hat, wenig: fteng fo lange er bey uns ift, Feinen dauerhaften Flug. Sm Herbfte fcheint ihm das Beduͤrfniß, unter einen wärmern Himmel zu ziehen, Kräfte zu feiner großen Reife, felbft über das mitteländifche Meer, zu geben, Doch mögen auf der Ueberfahrt manche verunglüden, denn es kommen viel weniger zuruͤck, als wegzogen. Gmelin wurde von den Tartaren verfichert, Die Waͤchtelkoͤnige ſetzen ſich auf den Rüden der wan⸗ dernden Kraniche. Inſecten, zartere Pflanzen, Saͤ⸗ mereyen find ihre Nahrung. Auf einen dicken Rar fen und etwas Moos legt dad Weibchen 8: 12 grins lich
—
Die Trompete, 347
lich graue, hellbraun gefleckte Eyer. Diefeverlaffen die Junge in ſchwarze Wolle gehüllt, die fie erft nach drey Wochen mit dem buntern Kleide ihrer Eltern ver: taufchen. Oft hauen die Grasmäher einer brüten den Mutter den Kopf ab, die mit folcher Emfigfeit ihrem Berufe abwartet, daß aud) die Annäherung der mörderifchen Senf? fie nicht aufſcheucht. Doch trift dieſes traurige Schickſal nur die Spätlinge, denn ges wöhnlic) bleiben die andern fo lange, bis die Zeit heran⸗ fommt, daßihr geliebter Wohnort kahl gemacht wird, Sie begeben ſich dann in die Aecker. Zuweilen treibt der Wachtelfönig mit dem Hund, derihn aufgejagt hat, feinen Spaß. Er ftellt fich beherzt gegen ihn, lauft ein Stäüd fort, bleibt wieder fiehen, fo daß der Hund in der Hitze der Verfolgung über ihn hinaus: ſchießt, und fliegt endlich davon, Um ihn in Netze zu loden, fährt man an einem gezähnten Beine ſtark auf und ab; dieſer Ton taͤuſcht ihn. Mit in Milch geweichtem weißen Brode kann man ihn in Zimmern halten. Sein Fleiſch iſt vortrefflich und beſonders im Herbſt ungemein fett.
Nur aus zwey Arten beſteht die Gattung der Trompeten-Voͤgel. Sie haben einen erhabnen, runden, vorn fpigigen Schnabel, deflen untere Kinn⸗
r2 lade
348 Die Trompete,
lade etwas kuͤrzer, als die obere ift, offne, laͤnglich ſchmale Nafenlöcher, wierzebige, geipaltne Füfe, und eine Enorpelige, flache, an der Spike — ſcheinende Zunge.
Auch Agami, Knarrhuhn, Mokutawa, Farzer rc. heißt unſre Trompete (118). Suͤdamerika, be— fonders die Gegend des Amazonenſtroms iſt ihre Zei: matb, Sie ift fo groß als die Doppelfchnepfe, nur etwas Fürzer und dicker. Kopf und Hals find, die nadten rochen Augenkreife auggenommen,mit ſchwar⸗ zem, weichen Flaum bedeckt. Unter der Gurgel be: finder fich ein Flecken, der einen Eoftbaren ins Blaue, . Violette und Grüne fpielenden Soldglanz hat, Der ſchwarze Rüden ift nach hinten zu etwas brandrothe gelb,ver linterleib ſchwarz. Die großen Federn am Buͤr⸗ zel und dem Schwanze find hellafchgrau, der Schnabel ſchmutzig grün, die Füße hellgruͤn. Er hat mit den Kranichen in manchen Stüden einige Nebnlichkeit, Deswegen rechnet ihn auch Pallas zu Diefen, fo wie er auch den Nimmerfatten und den Jabirus die Eh: re abipricht, eigne Gattungen vorzuftellen, und fie unter die Reiher ind Storchg:fchlecht verweist,
Höchit fonderbar ilt der Ton, dem diefer Vogel yon fich gibt , und der vdllig fo Klingt, als ob er aus
der
Die Trompete, 349
ber Tiefe des Bauchs, oder gar aus dem Hintern kaͤ— me, wie einige rwirtlich behaupten, Man hat Muͤhe, fi) vom Gezentheil zu überzeugen. Mit rauher Stimme ruft er zwey bis drey Male Scherek, Sche: ref, und dann antwortet er fich aus der Tiefe herauf im Tone einer girrenden Taube. Der Bau der Luft: roͤhre, die Weite und die zellige Einrichtung des Luft: faces mögen biezu Tas Meifte beytragen, Der Schnabel wird Dabey nicht geöffnet, Im Laufen iſt die Trompete ſchneller als im Fliegen. Gie fest fich nur auf niedrige Bäume und fchläft in eben der Stele Jungwieder Storch. Wildlebtfie, fern von bemohn: ten Pläger, in großer Geſellſchaft im Walde, An: fiatt ein Neſt zu bauen, begnügt fie fich, eine Höhle am Fuße eines Baums zu graben. In diefe legt fie 10:16 fugelrunde, bellgrüne Eyer, die eiwas größer ald Hühnereyer find. Die Trompete ifi eingutes, reinliches, unge: mein geiellige€ Ihier. Man hat fie daher beſonders in Holland gern im Haufe, und kann fie ruhig aus⸗ gehen laffen; fie Fommt immer wieder. Gie beglei: tet fat Jedermann, und wartet, wenn man umnterdef- fen irgendwo fich verftect, geduldig, bid man wieder zum Vorſchein fommt. Unverletzlich iſt ihre Anhäng- +3 lich:
350° Die Trompete,
lichkeit an ihren Wohlthäter und Ernährer; fie bes willfommt ihn, fo oft er nad) Haufe fommt, mit ih⸗ rer Bauchrednerey, und zeichnet ihn fichtbar vor als len andern aus. Kein Thier kommt in der Liebe zur menfchlichen Befellichaft dem Hunde fo nahe, als fie Sie bleibt ihrem Herrn fo treu ergeben, wie diefer, gehorcht pünktlich feinem Rufe, geht vor ihm her, und läßt fich ungemein gern von ihm Fragen und ſchmei⸗ heln, Aber auch fehr eiferfüchtig ift fie auf feine Gunft, fodaß fie manche Stöße und Puͤffe den Negern und Bedienten gibt, die fie mit ihr theilen wollen, Gewiſſe Perfonen und Thiere kann fie durchaus nicht leiden, und verfolgt fie aus bloßer Laune, ohne den geringften Grund dazu zu haben. Bey Tifche ſtellt fie ſich auch ungerufen ein, und jagt, fobald fiefommt, Hunde und Katzen muthig fort. Denn fie hat die Unart, überall Hahn im Korbe feyn zumwollen, In der Vertheidigung gegen einen Hund ift fie eben fo ges ſchickt, als hartnaͤckig in der Verfolgung des übers wundenen Seindes, den fie umbringen würde, wenn man ihm nicht ihrer Wuth entzöge. Auch in Huͤh⸗ nerhöfen weiß fie fich fo in Nefpekt zu feßen, daß fie wirklich die Rolle des Befehlöhabers fpiel, Wenn die Trompeten unter einander Händel haben, fo
wird
Der Strauß. Ba
wird der Streit unter beftändigem Hüpfen mit ftarken Stügelfchlägen ausgemacht. Brod, Buchweizen, In⸗ fecten und Eleine Sifche find ihre Fiahrung. Ihr Fleiſch ift nicht vorzüglich, fondern hart und ſchwarz. Dem ungead;tet fcheint die Natur wenigen Vögeln mehr Anlage zur häuslichen Gefellfchaft gegeben zu haben, ald unferer Trompete,
Mir ihr befcpließen wir die Ordnung der Sumpfvögel, Sie arbeiten fo unermüder an der Verminderung der Inſecten und fchädlicher Thiere, und liefern ung fo treffliche Biffen in Die Küche, daß fie ung immer fehr merkwürdig bleiben, wenn auch gleich der Storch) Fein Gluͤck mehr ind Haus bringt, und die Geelerche Feinen Gelbfüchtigen mehr durch Blicke heilt.
«Tab. XLIH. Der Strauß.
Struthio - Camelus, /_Autruche (119).
Weder an Gattungen, noch an Arten reich iſt die ſechste Ordnung der Voͤgel, die die Strauß⸗ artigen (Struthiones) in ſich faßt. Alle ihre Mit⸗
glieder
”
352 Der Strauß.
- glieder find große Landvdgel, mit freyen, unverbund⸗ hen Zehen, und kurzen, zum Fliegen unbrauchbaren Slügeln, ohne Schwungfedern. Nur zwey Gattun⸗ gen, den Streu und dent Dudu, gibt Blumen⸗ bad) diefer Grdnung, die Eine u. a, unter den huͤhnerartigen Voͤgeln einſchaltet.
Man kennt nur drey Arten Strauße. Ihr gemeinſchaftlicher Karakter beſteht in einem kegelfoͤr⸗ migen Schnabel, eyrunden Naſenlochern, und Laufs fügen. Shre Fllgel, die im Grunde zum Fliegen gar nicht taugen, und matches in ihrer Innern Eiunrich— tung, die in einigen Stuͤcken der menichlichen nabe kommt, weilen ihnen ihre Stelle auf der Gränze zwifchen den Vögeln und den Säugethieren an; faft eben fo, wie die Fettgänfe an die Fiſche, und die Schlangenvoͤgel an die Amphibien granzen,
Ohne alle Einſchraͤnkung iſt der Strauß (119) der allergrößte Vogel. Er übertrifft felbit den Con⸗ vor in ber Höhe, und hat 8⸗ 10 Fuß. Keine Schwe: re beträgt einen bis an drey Eentner hin, Welche Muskeln, welch eine ungeheure Kraft wuͤrde aber nicht erfordert, um eine ſolche Laſt in der Luft ſchwebend zu erhalten! Es iſt daher ſchon um ſeiner Schwere wil⸗ len begreiflich, daß er nicht fliegen kaun. Aber nicht
nu
Der Strauß, 353
nur diefe, fondern auch der gänzliche Mangel tauge licher Flugwerkzeuge, feffele ihn an die Erde, Er hat im Grunde weder eigentliche Flügel, noch einen Ruderſchwanz, fondern bloß krauſe Federbuͤſchel. Die Baͤrte, die an dem vollkommen in der Mitte lie: genden Schafte fich befinden, find lauter einzelne Baden, die nicht, wie an andern Federn die Funftoolfe Einrichtung bemerkt wird, durch Eleine Haͤckchen in einander greifen. Sie bilden alfo Feinewahren Fah⸗ nen, die der Luft Widerfiand thun koͤnnten. Von eben diefer zum Fluge ſchlechterdings untauglichen Structur find auch die übrigen Federn an feinen Leibe, Seine Aehnlichkeit mit den vierfüßigen Thie- ren, beſonders mit dem Kameel, deſſen Nahmen er auch deßwegen bekam, iſt nicht zu laͤugnen. Die Schwielen an der Bruſt und am Hintern, die ihm im Sitzen und Liegen ſehr wohl zu Statten kommen, die Federn, die im Grunde mehr Haare als Federn zu ſeyn ſcheinen, das nackte Geſicht, die geſpaltnen Ze⸗ hen, die offnen Ohren, die beweglichen Augenlieder mit ſtarken Wimpern, und die mit ſolchen Stacheln, wie das Stachelſchwein beſitzt, vorn und hinten bewaff⸗ neten Fluͤgel, beweiſen dieß zur Genuͤge. Ob ihm die Natur dieſe Stacheln als Sporne gab, um ſich
Voͤgel J. Theil. Vp damit
354 Der Strauß.
damit im Laufe anzufeuern, ob fie zur Gegenwehr oder gar ald Mittel, ſich gegen Vollbluͤtigkeit Er⸗ leichterung zu verfchaffen dienen, müffen wir unente ſchieden laſſen. Der Kopf des Straußes ift Hein und befteht aus fehr zarten Knochen. Oben hat ihn die Natur mit einer Hornplatte verwahrt, _ Diefer ſowohl, als der obere Hals ift braunlicy grau, der Unterhald, die Bruft und der Ruͤcken des Männs chens ift ſchwarz, des Weibchens braun; Flügel und Schwanz find weiß. Der Hals ift 3 Fuß hoch und bildet eine gewaltige Kuochenfäule von 17 Wirbeln, Der Ruͤcken hat ihrer fieben, Nackte, beträchtliche Fleiſchkeulen find die Schenkel; anderthalb Schuh bat die Fußwurzel. Sie ift in zwey vorwärts gerich⸗ tete Zehen gefpalten, deren jede 3 Gelenke hats, Nur die längere hat einen ftarfen Nagel. Der gelbe liche, vorn etwas ſchwarze Schnabel ift weit ges fpalten; die Zunge flein,
Das Vaterland der Strauße iſt Afrifa und der an dasfelbe grängende Theilvon Aſien. Xrodne, einfame Gegenden find ihr liebſter Aufenthalt, Scharenweife fieht man fie in waſſerarmen Wüften, Man glaubt in der Ferne eine Schwadron Reiter anruͤcken zu fehen, Sie mildern ſich die ſchwuͤle
Hitze
Der Strauß. 355
Hitze des Climas durch Faͤcheln mit den Flügeln, Ihre Stimme it bald aͤchzend, bald brüllend, bald gladend, je nachdem eine Leidenfchaft fie erregt, Eigentlich find fie nicht wild; fie laffen ſich zähmen, und man kann fie fogargum Reiten und Fahren abrich- ten. Mit einer Leichtigkeit, als hätten fie nicht das Geringſte auffih, tragen ſie einen, auch zwey Mens ſchen, und reinen dabey ſtaͤrker, als der beſte engli⸗ ſche Wettlaͤufer. Doch iſts bisher noch nicht gelun⸗ gen, fie zum Gehorſam nuͤtzlicher Hausthiere zu bringen. So klug der Araber fein Pferd und fein Kameel zu behandeln mußte, fo daß es mehr fein Hansfreund, als fein EHave geworden ift; fo hat ers bisher mit den Straußen ohne großen Erfolg verſucht. Die Stärke derſelben ift ungeheuer, Doch muß man zu ihrer Ehre fagen, daß fie diefelbe mehr zur Dertheidigung ald zum Angriffe anwenden, Sie bedienen ſich gegen ihren Feind des Schnabel, der Füße und der Fluͤgelſtacheln. Schaw war Aus genzeuge, wie ein Strauß einem Menfchen mit der Klaue den Bauch) in einem Augenblicke auffchlißte, Einen Hund in die Höhe zu ſchleudern, einen Mens fchen zu Boden zu ftürzen, ja, wie einige behaup⸗ ten, ihre Verfolger mit Steinen zu bombardiren,, ift | ya für
356 Der Strauß. für Strauße eine Kleinigkeit, und gar. oft thei⸗ len fie mit ihren Schnäbeln Piffe und Rippen⸗ fioße aus, die zu ertragen man entweder einen afrikaniſchen Ruͤcken haben, oder ein barbariſches Pferd ſeyn mug. * Auffallend iſt ihre Fruchtbarkeit. Sonſt iſt dieſe, nach dem Verhaͤltniſſe ver Größe, bald mehr, bald minder betraͤchtlich. Bey ihnen weicht die Natur von ihrer Ordnung ab. Denn ſie gehoͤren zu den fruchtbarſten Vögeln, ob fie gleich die größten find, Eie legen mehrere Male im Fahre und zwar allemal 12 — 15 Eyer, die die Groͤße eined Kinds⸗ kopfs haben, und von gelblicher Sarbe mit Fleinen Puͤnctchen find, Doch mögen fie nicht alle Eyer, die fie legen, ausbrüten; denn Vaillant will die Bes merkung gemacht haben, dag das Straußweibchen neben fein Neſt einige Eyer legt, die eö zur erflen Nahrung für feine Fänftigen Zungen friſch aufbehält, Auf feinen Reifen durch Afrika wurde Thunberg verfichert, der männliche Strauß halte fich immer mit 324 Weibchen zuſammen, die in der vollfommenften Eintracht ihre 320 — zo Eyer in Ein Neſt legen, und miteinander abwechfelnd fie bebruͤten. Das Neſt tre⸗
tem fie im Sande mit den Füßen zurechte, Ruͤhrt man
Der Strauß. 357 man auch nur Ein Cyan, fo zertreten fie bie Uebri⸗ gen und legen frifche, Auch verfolgen fie die, die fich dem Nefte nähern. Die Legezeit hängt von dem größern oder geringern Grad der Wärme ihres Auf⸗ enthalts ad. Im Brüten find die Mütter nicht all: zu emfig. Inzwiſchen erfeßen die Sonnenftrahlen dieſen Mangel an Sorafalt hinlaͤnglich. Ja man hat fogar Beyfpiele, daß ohne Sonnenwärme und ohne Bruͤtung eines Meibchens, ein in Werf liegen⸗ des Ey in einem Käftchen ſich zu entwideln anfieng, Demungeachtet gelang es den forgfältigften Verfuchen nicht, die Eyer, die die Strauße in Verfailles gelegt hatten, durch kuͤnſtliche Warme auszubruͤten. Die Schale der Eyer ift faft wie Stein fo hart. In ihe nen folfen fih, dem aligemieinen Vorgeben in Afrifa nad, Steine finden, die flach, hart, glatt und weiß feyn follen. Man ſchleift fie und faßt fie ale Knoͤpfe. Doch war Thunberg nie fo gluͤcklich, einen zu ers halten. Sehr bald find die Junge auf den Beinen, Sie werden, ſobald ſie laufen koͤnnen, von ihren Eltern ihrem Schickſal uͤberlaſſen. Ihr Jugendkleid iſt eine aſchgraue Wolle, womit ſie uͤber und uͤber bedeckt ſind. Eigentlich ſuchen die Strauße ihre Nahrung im Pflanzenreiche, und thun großen
93 Scha⸗
358 Der Strauß,
Schaden, indem fie die Meizenähren von den Hal: men abfrefien, und ganze Felder verwuͤſten. Cie verſchlucken alles, ja foger Eifen, doch fein glühens des, wie man, um den Straußenmagen in noch größern Ruf zu bringen, lächerlid; genug behauptet bat, Ein dringendes Bedürfniß den Magen anfzus füllen, fen es auch, mit was ed immer wolle, ſcheint fie in die Nothwendigkeit zu verjegen, alles, was ihnen in Wurf kommt, zu verfchluden, Daber fand man in deren, die man dfinete, Kräuter, Früchte, Stride, Steine, Glas, Holz, Mefling, Kupfer, Eifen, Zinn, Bley, Münzen, Knochen, Furz, alles nur Erdenklihe. Nun waren zwar die Metalle u, d. etwas abgeſchliffen; allein verbaut waren fie nicht. Siebenzig Münzen, die durch dag Reiben an den Kieſeln faſt alle um 3 Viertheile verzehrt, zum Theil fchön polivt waren, fand man in einem Straußenmagen, Der Gefchmad fcheint dem Strauß ganz, der Geruch ardßtentheils zu fehlen.
So gefhwind die Strauße aud laufen koͤnnen, obgleich man in einiger Entfernung es nicht dafür anfieht, daß fie fo fehnell vom Flecke kommen, und fo geſchickt fie felbfi den Wind dabey zu Hülfe nehs men; fo willen doch die Araber ihnen mit ihren
Pfer⸗
Der Strauß. 359
Pferden auf den Leib zu kommen. DOffenbare Vers folgung und Zagd würde hier nichts helfen, Ente weder bintergeht man in eine Straußenhaut gehüllt ihre Wachfamkeit, oder eine große Geſellſchaft fchließt fie ganz von Ferne ein, ſtoͤrt fie tin Auffuchen ihres Futters, ermüdet fie lange durch hin und herjagen, endlich aber treibt man fie gegen den Wind. Dieß halten fie nidjt lange aus, Damit Tein Blut die Federn verunreinige, fo tödtet man fie mit Stock⸗ ſchlaͤgen. Falſch und laͤcherlich iſt das Worgeben, der Strauß ſtecke, wenn er ſich nicht mehr zu rathen wiſſe, den Kopf in ein Gebuͤſche, in der Meinung, er ſey num unſichtbar. Auein es iſt weit wahrſchein⸗ licher, er thue dieſes, um ſeinen empfindlichſten Theil, den Kopf, in Sicherheit zu bringen.
Die Vortheile, die der Strauß dem Mens fhen anbiethet, find aud) wirklich zu lodend, als daß er ihm nicht nachjtellen ſollte. In feiner Heiz math wird das Fleifch Häufig gegeffen, ob es gleich Feine befonders angenehmen Geihmad hat. In Zripoli Eoftet ein Strauß im Mittelpreife 2 Rchsthl. da hingegen ein Kameel 40 koſtet. Sn Numivien werden fie haufenweife gemaͤſtet, und in Lybien Licht man befonderö das Fleifch der Zungen, Die Eyer
wer⸗
360 Dar Strauß. 0
werden fehr gern gegefien. Mit Einem follen ſich 6-8 Menfchen fättigen koͤnnen. Kaiſer Heliogabal, ein Nahme, bey deſſen Erwaͤhnung man ſogleich eine Schwelgerey erwartet, ließ einmal zu Einer Mahlzeit das Gehirn von 600 Straußen auftragen, Nicht pergeffen dürfen wir hier der berühmten Straußens butter, die die Araber fo hoch fhägen. Diefe uns terbinden dem todtgejagten Straufe plößlich die Kehle, rütteln ihn tuͤchtig, und num fließt zu dem Loch, das fie in die Kehle machen, das auf den Einges weiden liegende Fett mit Blut vermifcht heraus, Dieß ift nun die Straußenbutter, deren Heilfräfte gegen Sicht und Wunden vorzüglich feyn ſollen. Auch zum eſſen liebt man fie, Don den Eyerſchalen koͤn⸗ nen Gefaͤße und andere kuͤnſtliche Arbeiten gemacht werden. Die Hottentotten ſchleifen ſie und wiſſen ganz artige Halsbänder daraus zu verfertigen, und die Tuͤrken hängen fie in den Moſcheen zur Zierde auf.” Aus den fehr dicken Straußenfellen machen die“ Araber Kleider, Wilde und gefittete Völker bedienen 2 fi) der fhonen Schwanzfedern zum Schmude, Auch die Wolle und der Flaum wird nicht gering geach⸗ tet. Die fanfte, wallende Bewegung hat die Straußs federn beſonders Damen zum Kopfputze fo werth ges macht,
Der Eafuar. 361
macht. Aber nur die, weldye den lebendigen, oder wenigſtens fo eben erlegten ausgeriffen werden, find von vorzäglicher Güte, Man erkennt das daran, wenn ſich aus dem Schafte etwas Blur drüden läßt, " Der Federſchmuͤcker reinigt, bleicht, Fräufelt und färbt fie mit gewiſſen Tinfturen, Bald fchmüden diefe Federn Damen, bald Theaterhelden, baid Baldachine, bald Berthimmel, Aus der feinen Straußwolle werden Hüte, aus der gröbern Tuchenden gemacht, Den beträchtlichen Handel mit Straußenfedern, den ſonſt Marfeille trieb, haben jegt die Juden in Livorno an fid) gezogen,
"Tab, XLIV. Der Eafuar
Struthio Cafuarius, /e Cafoer (120). ever fo hoch, noch ſo dick, aber im Ganzen ſtaͤm⸗ miger und plumper ald der Strauß, ift der Caſuar, der in Europa erft im Jahre 1597 befannt wurde, da die Holländer ven erften aus Java mitbradhten, Er gehört zu Einer Gattung mit dem Gtranße, Seine Heimath ift das füodftliche Afien, und fein Gebieth fängt gerade da an, wo das der Straufße Mögel I Theil, 33 aufs
362 Der Caſuar.
aufhört. Ganz zuwider muß ihm- aber doch ein gemäßigtes Clima nicht ſeyn, weil der Caſuar, ben der Gouverneur von Madagaskar nad) Vers failles zum Gefchenfe ſchickte, 4 Fahre dafelbft lebte. Auf den Moluken, Java, Banda, Sumatra ı% ift er am Häufigften.
Die Höhe des Caſuars beträgt 4a — 6 Fuß. Von der Wurzel des Schnabels bis zur Mitte des Wir⸗ bels erhebt fih, in der Form eines abgeftumpften Kegeld, ein Helm, der mit einer harten, hornigen Haut überzogen ift. Der Kern diefes vorn ſchwar⸗ zenim Uebrigen gelben Helms ift eine Erhöhung des Hirnknochens. Glänzend gelb ift der große Augens ring, das Auge felbjt aber ziemlicy klein. Die bes haarten Augemwimper tragen nicht wenig bey, ihm ein etwas drohendes Aniehen zu geben. Die Ohren und Nafenlöcher find groß. Ueber den Kopf und Hals hängt eine nacte, faltige Haut, faft wie am Truthahne, mit birnfdrmigen Anhängen, herab. Sie iſt theils roth, theils blau. Sein ftarker Schna= bel ift graubraun und nur ein wenig unterwärts gebogen, der Machen weit gefpalten, die Zunge kurz und an beyden Seiten gezähnelt, der Athem ftinkend,
Statt der Slügel hat der Cafuar 4— 7 nadte,
hohle
Der Caſuar. 363
hohle Kiele, an denen feine Spur von einem Bart zu fehen ift. Sie gehen ſtuſenweiſe, faft wie die Singer einer Menihenhand, und find fo fpigig, daß Swam⸗ merdam fich ihrer zum Aufblaſen ſehr feiner Inſecten⸗ theile 3.3. Der Zuftröhren bediente, In einiger Entz fernung fcheint der Caſuar ein zottiges, borftiges Thier , faſt wie ein wildes Schwein zu feyn. Starke, einftämmige Kiele, mit zwey Schäften, von gläus zend ſchwarzer Farbe, und Heinen, bräunlichen, fpißigen und fleifen Fahnen, Die ſo fpröde wie Bors fien oder Pferdehaare find, machen fein Gefieder aus, Sie Hängen über den Hinterleid hinunter, und vertreten da bie Stelle des Schwanzed, der dem Caſuar ganz mangelt. Faſt noch flärkere Bruſt⸗ ſchwielen ald dem Strauße, die ihm im Liegen als Dolfter bey feiner Schwere fehr zu Statten fommen, fchenfte ihm die Natur, Stark, nervig und plump find die mit. vieleckigen Schuppentafeln belegten dreyzehigen Füge mit 3 flarfen Klauen, Die mitt lere ift fo ffaıf, daß er damit daumendicke Bretter durchtreten kann. Ueberhaupt bedient er fich feiner Füße zur Wertheidigung. Er foll damit wie ein Pferd ausſchlagen, feine Verfolger niederwerfen, und ihnen heftig auf der Bruft herumtreten, In ven
33% 2 Gaͤr⸗
364 Der Caſuar. Gärten des Grafen Solms im Haag fah man einen ftarfen Baum, den ein Cafuar bloß mit den Füßen fehr übel zugerichter und unten ganz abgefchält hatte, Eein Geſchrey lautet wie das Grunzen des Schweing, Fliegen kann er eben fo wenig, als der Strauß, aber laufen fehr gut. Er fchlägt immer hintenaus, und thut dabey einen Sprung vorwärts, was feinem Gange ein burlesfes Anfeben gibt, Auch er iftein uns erfättlicher Freſſer, der alles nur Erfinnliche verfchlins gen kann. Alles verfchluckt erganz, und nicht ſelten geht ein Huͤhnerey, ein Apfel u. d. von ihn, ohne die geringfte Veränderung in feinem Leibe erlitten zu haben, Er verzehrt Dann diefe Dinge noch einmal, um fie beffer zu verdauen. Früchte und Körner find feine gewöhnliche TTabrung. Im zahmen Zuftande gibt man ihm Brod und Gartengewaͤchſe. In Frank⸗ relch wollte man an dem Caſuar eine außerordentliche Zuneigung zum ſchoͤnen Gefchlechte bemerkt haben, Laͤnglicher ald Straußeneyer , find die, die das Caſuarweibchen legt, Sie fpielen aus dem Afch- grauen ins Grünliche, und haben eine Menge Züge, Striche, Puncte, die balderhaben, bald vertieft find, Man ift diefe Eyer fehr gern und —E aus
den Schalen — Tab.
ee 365 "Tab. XLIV. Eyer LILDNLE,
Didus Ineptus, /e Dronte. (121)
Es iſt beynahe unmoͤglich, ſich etwas Haͤßlicheres zu denken, als den Dronte (Dudu, Straußcaſuar.) Sein plumper, vierſchroͤtiger Koͤrper ruht auf zwey dicken, kurzen Pfeilern, die die Laſt kaum tragen koͤnnen. Da, wo der Schwanz richt hingehoͤrt, bes merkt man eine Art von Schwanz, deſſen Zweck nicht abzufehen ift, und an den Seiten ftehen Fluͤ— gelchen, die eine ſolche Maffe in die Luft zu heben gänzlich unfähig find. Hiezu kommt ein Kopf, den die fruchtbarfte Einbildungsfraft kaum lächerlicher auszudenken vermochte, und defien Schönheit durch den Fropfigen Hals und den feltfamen Schnabel mit einem höckerigen Rüden fehr wenig erhoben wird, Saft der ganze Kopf ift Schnabel, Er reicht weit hinter bis an die Ohren, In ihm fiehen die Augen, mit ihren weißen Ringen, und er fieht, vermoͤge der bauchigen Krümmung oben und unten, beynahe aus, wie zwey zugefpiäte, mit der Wölbung auss waͤrts gerichtere, auf einander liegende Löffel, Noch hat er einen Zederfaum, der auf der Stirn
333 eine
366 Der Dronte. eine Art Schneppe bildet. Grau iſt die herrſchen⸗ de Sarbe des Dronte, oben etwas dunkler, uns ten heller, Der Schwanz und die Zlügelfedern haben etwas Gelb. Schwarz befiedert find die Schenkel, gelb die vierzehigen Süße mit ihren ſchwarzen Klauen, röthlich eingefaßt die Nafenld- cher, und einen hochrothen Fleck hat der Schna⸗ bel an der Woͤlbung der odern Kinzlade,
Der Dronte hat Flügel, und Fann nicht flie⸗ gen; er beſitzt einen ſtarken Körper, und ift ſchwach; feine Füße find nervig, und er geht und lauft glei) elend. Kaum vermag er fidy feldft fortzufchleppen, Mihfam hilft er ſich durch die Welt und ift das wahre Faulthier unter den Bögeln, Nicht übel wird er mit einer in eine Wogelhaut gehuͤllte Schildkroͤte ver: glichen. Seine Klugheit ift gerade ſo groß, als feine Schönheit und Gewandtheit, und er geräth daher gar leicht in Gefangenſchaft. In feinem Magen fins det fich ein fauſtgroßer Stein, den einige für einen Bezoarftein, andere aber fir einen fimpeln Stein, womit er feine Mahlzeit verftsike, anfehen, eine Heimath ift Zöle de France, Bourbon und die durch ihr Ebenholz fo berühmte Mauritiusinful, Sein Fleiſch ift fert und von mittelmapigem Gefhmade,
Mit
Der Dronte, 367
Mit dem Dronte hat der Einfiedler und Nazar⸗ Vogel fo viel gemein, daß fie mehrere für diefeiben Vögel halten. Sicher gehören fie zu einer Gattung (Didus), und haben in Abjicht auf Wohnort, Les bensart, Federn, Schwanz, Schnabel und den Stein im Magen vieled gemein,
Bereits fecbs Ordnungen der Vogelclaffe ha⸗ ben unfre verehrten Leſer mit ung durchwandert, und fo manchen merkwürdigen Vogel aus allen Weltthei⸗ len feinen gelernt, Aber noch find wir nicht zu Ende, Wir muͤßen fie erft noch in unfre Hühnerhöfe und Zaubenhäufer führen, fie müßen uns noch in die Einfamfeit der Wälder zu den geliebten Sängern, ja felbft an Hochgerichte, zu den Naben und Kraͤ⸗ hen begleiten, um diefe denfwürdige Thierclaffe ganz zu Fennen, Die wird das Gefchäfte des 2ten Theiles ſeyn. |
Ende. des erften Theils der Unterhaltungen aus Der Naturgeſchichte der Vögel,
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Gedruckt mit Deckardtſchen Schriften.
An den Buchbinder.
Damit die Farben fich im Schlagen nicht abs ziehen, wird es fehr gut feyn, die Kupfertafeln zwi⸗ ſchen geglaͤttetem Papiere zu ſchlagen, und in den Büchern felbft fie hinten an weißem Papiere zum Herausichlagen anzuhaͤngen. Die Mühe, die ihnen hiedurch zuwächst, wird jeder billige Befißer * Werkes, mit Vergnuͤgen verguͤten.
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