£#X Fe Pan 0 = = : > r , > S pr v = ” ä i N i 2 { _ R =. » i . . = « 5 ; 5 j ” a . : x > > — ; j . ‘ e ; 5 R ’- ” ® ed EhP2TOD IDEO 0 INN NUNy 1:17 UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS \ ’ y ) } | Ps | PROTOPLASMA- | } ) ) \ 2 UND DIE CONTRAGCTILITÄT. EEE EEE NETTE VON D: W. KÜHNE. ROTER Mit acht Kupfertafeln, Ei : wm DEREERT D) a WREREERTTLETRELLISITTITTOTIEEEITEITLTIET [ ‚ She , y us “ a N PN Ne LEIPZIG, $ Ä . VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 2 Vz 1864. EERAZARHAER >37 Aal 2 ST LU PR 2 Bea Treten nun fat en 5 Naturwissenschaftliche Werke aus dem Verlage von Wilhelm Engelmann in Leipzig. En Albers, Joh. Chstn., weil, Doctor der Med. u. Chir., K. Pr. Geh. Med. Rath a. D., Ritter etc. Die Heliceen nach natürlicher Verwandtschaft systema- tisch geordnet. 2. Ausg. nach d. hinterlass. Manuser. besorgtv. Eduardv. Martens. gr. 8. 1860. br. 3 Thlr. 7%, Ngr. Aristoteles’ Fünf Bücher von der Zeugung und Entwicklung der Thiere übersetzt und erläutert von | ı Verzeichniss der Schriften über Zoologie, ı welche in den periodischen Werken enthal- Dr. H. Aubert und Dr. Fr. Wimmer. gr. 12. 1860. br. 2 Thlr. Aristoteles’ Vier Bücher über die Theile der Thiere. Griechisch und deutsch und mit sacherklärenden An- merkungen herausgegeben von Dr. A. von Frantzius. gr. 12. 1853. 1 Thlr. 15 Ngr. Aubert, Herm., Prof. in Breslau. : Die Cephalopoden d. Aristoteles in zoolog., anatom. u. naturgeschichtl. Be- ziehung besprochen. (Abdr. a. d. Zeitschr. f. wiss. Zool. XII. Bd.) gr. $. 1863. br. 10 Ngr. Bilharz, Theod., weil. Dr. u. Prof. d. Anat. a. d. med. Schule in Kairo. Das elektrische Organ des Zitterwelses anatomisch beschrieben. Mit 4 lithograph. Tafeln. Fol. 1857. br. 3 Thlr. 10 Ngr. Braun, Alexander, Phil, Dr. Botanices in univ. Berol. Prof. ord. etc. etc. Betrachtungen über die Erscheinung der Verjüngung in der Natur, insbesondere in der Lebens- und Bildungs- geschichte der Pflanze. Mit 3 illuminirten Tafeln. gr. 4. 1851. br. 3 Thlr. Algarum unicellularium genera nova et minus cognita, praemissis observationibus de Algis unicellularibus in genere. Cum tab. VI. (lith.) 4maj. 1855. br. 3 Thlr. I London. Bezold, Alb. v., Prof. d. Physiol, a. d. Universität Jena, Untersuchungen über die eleetrische Erregung der Ner- ven und Muskeln. Mit 2 Kupfertafeln u. 14 Holzschnitten. gr. 8. 1861. br. 2 Thlr. Untersuchungen über die Innervation des Herzens. 1. und 2. Abtheilung. gr. 8. 1863. br. 1: Thlr.' 27% 'Ner. Bibliotheca zoologica. ten und vom Jahre 1846 — 60 selbständig erschienen sind. Mit Einschluss der allge- mein-naturgeschichtlichen, periodischen u. palaeontologischen Schriften. Bearbeitet von J. Vietor Carus und Wilh. Engelmann. 2 Bde. Mit einem vollständigen Sach- und Autorenregister. gr. 8. 1861. br. 11 Thlr. Bary, A. de, Dr. u. Prof. d. Botanik a. d. Univ. Freiburg. Ueber die Fruchtentwicklung der Ascomyceten. Eine pflanzenphysiolog. Abhandlung. Mit 2 Kupfertaf. gr.4. 1863. br. 1 Thlr. 10Ngr. Beale, Lionel S,., Prof. d. Physiol. am Kings College, London. Die Structur der einfachen Gewebe des menschlichen Körpers mit Bemerkungen über Entwickelung, Wachsthum, Ernäh- rung und Zerfall, sowie über Veränderungen derselben in Krankheiten. Vorlesungen, gehalten im Royal College of Physicians, Uebersetzt und mit Zusätzen des Verf. herausgegeben von Prof. J. Victor Carus. Mit 73 in den Text eingedruckten Holzschn. gr. 8. 1862. br. 1 Thlr. 15 Ngr. Bornemann, Dr. J. G., Ueber organische Reste der Lettenkohlengruppe Thüringens. Ein Beitrag zur Fauna und Flora dieser Formation, besonders üb. fossile Cycadeen, nebst vergleichenden Untersuchungen der jetztweltlichen Cycadeengattungen. Mit 12 lithogr. und in Farben gedr. Tafeln. gr. 4. 1856. br. 4 Thlr. Buchner, Dr. Otto, Prof, in Giessen, Die Meteoriten in Sammlungen, deren Geschichte, minera- logische u. chemische Beschaffenheit. gr.8. 1863. brosch. 1 Thlr. 15 Negr. Carus, Jul. Victor, Dr. u. Prof. d. vergl. Anat. in Leipzig. Jahresbericht über die im Gebiete der Zootomie er- schienenen Arbeiten. 1. Bericht über die Jahre 1849—52. gr. 8. 1856. 1 Thlr. 15 Ngr. Icones zootomicae. Mit Originalbeiträgen der Herren G. J. All- man, C. Gegenbaur, Th. H. Huxley, Alb. Kölliker, H. Müller, M.S. Schultze, C. Th. E.v.Siebold und F. Stein. I. Hälfte oder Tafel I bis XXIII mit Text. Die wirbel- losen Thiere. Roy.-Fol. 1857. 14 Thlr. System der thierischen Morphologie. Mit 97 Holzschn. gr. 8. 1853. br. 3 Thlr. Claparede, A. Rene Ed., Dr. u. Prof. d. vergl. Anat. a. d. Akad. zu Genf. Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere an der Küste von Normandie angestellt. Mit 18 Kupfertafeln. Folio. 1863. geb. 16 Thlr. { Claus, Carl, Dr. u. Prof. d. Zool. und Director des zoo]. Museums a. d. Univ. Marburg. Ueber Physophora hydrostatica, nebst Bemerkungen über andere Siphono- phoren. Mit 3 Kupfert. gr. 4. 1860. br. 1 Thlr. Die frei lebenden Copepoden. Mit besonderer Berücksichtigung der Fauna Deutschlands, der Nordsee und des Mittel- meeres. Mit 37 Taf. gr. 4. 1863. br. S Thlr. ne Ueber die Grenze des thierischen u. pflanzlichen Lebens. (Abdr. a. d. zum Prorectoratswechsel aus- gegebenen Programme.) gr. 4. 1863. br. 15 Ngr. Czermak, Joh. N., vormals ord. Prof. d. Physiol. a. d.k.k. Univ. in Pesth, Der Kehlkopfspiegel und seine Verwerthung für Physiologie und Medizin. Eine Monographie. Zweite, theil- weise umgeab. u. verm. Aufl. Mit3 Tafeln u. 36 Holzschn. gr. 8. 1863. br. 1 Thlr. 7:/, Ngr. Dippel, J., Lehrer d. Naturwissensch. a. d. höheren Bürgerschule in Jdar. Beiträge zur vegetabilischen Fıellenbildung. Mit 6 Tafeln in Farbendruck. 4. 2 Thlr. 20 Ngr. Eberth, U. J., Dr. u. Prosector a. d. zootom. Anstalt zu Würzburg. Untersuchungen über Nematoden. Mit 9 Kupfertaf. gr. 4. 1863. br. 4 Thlr. 1858. br. Engelmann, Th. W,, Stud. med. Zur Naturgeschichte der Infusionsthiere. Mit 4 Kupfertaf. gr. 8. 1862. br. 25 Ngr. Fischer, Leop. Henr., Med. Dr. Histor. nat. in univers. Liter. Albert. Ludov. Friburg. privat. doc. ete. etc. Orthoptera Europaea. Acced. tabulae lapidi incisae XVIII quarum ultima coloribus partim illustrata. 4 maj. 1854. cart. (454 8.) 15 Thlr. Uonspectus systematicus Orthopterorum Europae. (Ex ejusd. opere ‚‚Orthoptera Europ.‘‘separatim editus.) 8. 1854. br. (16 8.) 10 Ngr. Frey, Heinr., Dr. u. Prof. d. Med. a. d. Univ. Zürich. Histologie und Histochemie des Menschen. Lehre von den Form- und Mischungsbestandtheilen des Körpers. Für Aerzte und Studirende. Mit 38SS Fig. in Holzschnitt. gr. $S. 1859. br. 4 Thlr. Untersuchungen über die Lymphdrüsen des Menschen und der Säugethiere. Mit 3 illuminirten Kupfertafeln. 4. 1861. br. 2 Thlr. 20 Ngr. Untersuchungen über: die Lymphgefässe des Darmkanals. Mit 5 Kupfertafeln. 8. 1863. br. 2 Thlr. Frey, Heinr., Dr. u. Prof. d. Med. a. d. Univ. Zürich. Das Mikroskop und die mikroskopische Technik. Ein Handbuch für Aerzte und Studirende. Mit 228 Figuren in Holzschnitt. gr. S. 1863.- br. 2 Thlr. 20 Ner. Funke, Otto, Dr. med. u. Prof. d. Physiol. in Freiburg. Atlas der physiolog. Chemie. Zugleich als Eostmenl zu C. G. Leh- manns Lehrbuch der physiolog. Chemie. Zweite, gänzlich neu gezeichnete Auflage. 18 T afeln, enthalt. 180 Abbild., sämmtlich nach dem Mikroskop gezeichnet und er- läutert. Lithographie u. Farbendruck von J. G. Bach. kl. Fol. 1858. cart. 3 Thlr. 20 Ngr. Fürstenberg, M. H. F., Dr. u, Prof. a. d. landwirthschaftl. Akad. Eldena. Die Krätzmilben der Menschen u. Thiere. Mit 15 lithograph. Tafeln, 10 Umrissfiguren und 3 Holzschn. Fol. 1861. geb. 16 Thlr. Geinitz, Hanns Bruno, Direet. d. K. Mineral. Mus. u. Prof. a. d. Polytechn. Schule zu Dresden etc. etc, Die Leitpflanzen des Rothliegenden und des Zechsteingebirges oder der per- mischen Formation in Sachsen. (Sep.-Abdr. aus dem Oster-Progr. der k. polyt. Schule zu Dresden.) Mit 2 Steindrtfln. 4. 1858. br. 1 Thlr. 10 Ngr. Dyas oder die Zechsteinformation und das Rothliegende (Permische Formation zum Theil). Mit Beiträgen der Herren Rob. Eisel, Rud. Ludwig, Dr. Aug. Em. Reuss, Dr. Reinh. Richter u. A. Heft I. Die animalischen Ueberreste der Dyas. Mit 23 Steindrucktafeln u. Holzschn. kl. Fol. 1861. 18 Thlr. Heft 1I. Die Pflan- zen der Dyas und Geologisches. ‘Mit 19 Steindrucktafeln und Holzschnitten. kl. Fol. 1862. br. 12 Thlr. Gegenbaur, Carl, Dr. u. Prof. d. Anatomie a. d. Univ. Jena. Grundzüge der vergleichenden Anatomie. Mit 198 Holzschn. gr. 8. 1859. br. 4 Thlr. Gegenbaur, Carl, Dr. u. Prof. d. Anatomie a. d. Univ, Jena. Beiträge zur näheren Kenntniss der 4 [} Schwimmpolypen (Siphonophoren). Mit 3 lithograph. Tafeln, hoch 4. 1854. br. 1 Thlr. 10 Ngr. Untersuchungen über Pteropoden u. Heteropoden. Ein Beitrag zur Anatomie u. Entwicklungs- geschichte dieser Thiere. Mit $ lithograph. Tafeln. 4. 1855. br. 8 Thlr. Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbel- säule bei Amphibien und Reptilien. Mit 4 Kupfertafeln. Fol. 1862. br. 5 Thlr. 10 Ngr. Gerlach, Jos., Dr, u. Prof. der Physiol. in Erlangen. Die Photographie als Hülfsmittel mikroskopischer Forschung. Mit 9in den Text eingedr. Holzschn. und 4 phot. Taf. gr. S. 1863. br. 1 Thlr. 10 Ngr. Gerstaecker, A., Dr. med. u. Docent a. d. Univ. in Berlin. Eintomographieen. Abhandlungen im Bereich der Gliederthiere, mit besond. Benutzung der kön. entomolo- gischen Sammlung zu "Berlin. 1. Bd. Mono- graphie der Familie En domychidae. Mit 3 Kupfertaf. S. 1858. br. 3 Thlr. 10 Ngr. PB a DE: Dr. med. in Königsberg. Bibliotheca entomologica. Die Literatur über das ganze Gebiet der Entomologie bis zum Jahre 1862. 2 Bände. Mit ein. system. Sachregister. gr. 8. 1863. br. 7 Thlr. 10 Ngr. Handbuch der Zoologie | von W.C.H.Peters, Prof. d. Zool. u. Dir. d. k. zool. Mus. in Berlin, Jul. Victor Carus, Prof. d. vergl. Anatomie in Leipzig und C.E.Adolph Gerstaecker, Docent d. Zool.a. d. Univ. zu Berlin. Zweiter Band: Arthropoden bearb. v. A. Gerstaecker. Räderthiere, Würmer, Echinodermen, Coe- lenteraten und Protozoen bearbeitet von J. Victor Carus. gr. 8. brosch. 1863. 3 Thlr. 20 Ngr. Der erste Band, enthaltend die Wirbelthiere bearbeitet von W. Peters und die Mollusken be- arbeitet von J. V. Carus, befindet sich unter der Presse. Hartung, Georg, Die Azoren in ihrer äusseren Erscheinung und nach ihrer geognost. Natur geschildert. Mit Be- schreibung der fossilen Reste von Prof. H. Bronn. Nebst einem Atlas, enthaltend 19 Tafeln u. 1 Karte der Azoren. gr. 8. 1860. br. $ Thlr. Betrachtungen über Erhebungskrater, ältere und neuere Eruptivmassen, nebst einer Schilderung der geolog. Verhältnisse der Insel Gran Canaria. Mit 2 Karten und 5 Tafeln. gr. 8. 1862. br. 2 Thlr. 24 Ngr. Heckel, Jakob, weil. Kustos am k. k. Hof-Naturalienkab. etc. etc. und Kner, Rudolf, r.u.k.k. Prof. d. Zool. a. d. Univ. Wien etc. etc. Die Süsswasserfische der Oesterreichischen Monarchie mit Rücksicht auf die angrenzenden Länder bearbeitet. Mit 204 Holzschnitten. gr. 8. 1858. br. 8 Thlr. Hensen, V., Dr. und Prosector in Kiel. Studien über das Gehörorgan der Decapoden. (Aus der Zeitschrift f. wissenschaftl. Zool. XIII. Bd. besonders abgedr.) Mit 4 Tafeln. gr. 8. 1863. br. 1 Thlr. 20 Ngr. Hering, Ewald, Dr. med. in Leipzig. Beiträge zur Physiologie. 1 —3. Heft. MitHolzschn. gr. 8. 1861—63. brosch. 2 Thlr. 1. Heft. Vom Ortsinne der Netzhaut. schnitten. 21 Ngr. Von den identischen Netzhautstellen. Mit 38 Holzschnitten. 24 Ngr. Vom Horopter. Mit 10 Holzschn. 15 Ngr. Mit 28 Holz- | 2. = 3. - Hessling, Theodor v., Dr. und Prof. an der Universität München. Die Perlmuscheln und ihre Perlen naturwissenschaftlich und geschichtlich mit Berücksichtigung der Per- lengewässer Bayerns beschrieben. Mit 8 (lithogr.) Tafeln und einer Karte, Lex. 8. 1859. br. 6 Thlr. Hessling, Theodor v., Dr. und Prof. an der Universität München und Kollmann, Jul., Dr. med. in München. Atlas der allgemeinen thierischen Gewebelehre. Nach der Natur photographirt von Jos. Albert, K.b. Hofphotograph in München. I. 2. Lieferung: 28 Tafeln. S. 1860. 61. br. 4 Thlr. 10 Ngr. Heymann, Drei, Die Autoskopie des Auges und eine neue Methode derselben. Mit einer Tafel in Holzschnitt. gr. 8. 1863. br. 18.Ngr. Hiller, .Ferdinand, Dr. u. Prof. a. d. Cantonsschule in Chur. Biehrbuch der Chemie. (3 Lieferungen.) Mit 171 Originalzeichnun- gen in Holzschnitt u. einer Tafel in Farben- druck. gr. 8. 1861—63. & Lief. 2 Thlr. cplt. geb. 6 Thlr. 10 Ngr. Hoffmann, Carl Ernst Emil, | Dr. u. Proseetor am anatomischen Institut zu Giessen. Die Lage der Eingeweide des Menschen. Nebst Anleitung zu ihrer Untersuchung und Herausnahme aus dem Körper. Mit 15 Ta- feln Abbildungen. gr. $. 1563. br. 2 Thlr. Kölliker, Albert, Hofrath, Dr. u. Prof. d. Anat. u. Physiol. a. d. Univ. Würzburg. Entwickelungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Mit 225 Figuren in Holzschnitt. gr. S. 1861. br. 3 Thlr. 20 Ngr. Handbuch der Gewebelehre ' des Menschen. Für Aerzte und Studirende. Vierte umgearbeitete Auflage. Mit 398 Holzschnitten. gr. 8. 1863. br. 4 Thlr. Untersuchungen über das Ende der Wirbelsäule der le- benden Ganoiden und einiger Teleostier. Mit 4 lithograph. Tafeln. gr. 4. 1860. br. 2 Thlr. 10 Ngr. Untersuchungen über die letzten Endigungen der Ner- ven. Erste Abhandlung. Ueber die En- digungen der Nerven in den Muskeln des Frosches. Mit 4 Kupfertafeln. gr. 8. 1862. br. 16 Ngr. (Aus der Zeitschr. für wisseuschaftl. Zoologie Bd. XII. Heft 2. besonders abgedruckt.) Kölliker, Albert, Hofrath, Dr. u. Prof. d. Anat. u. Physiol. a. d. Univ. Würzburg. Die Siphonophoren oder Schwimmpolypen von Messina. Mit 12 (in Farben gedr.) Steindrucktafeln. Fol. 1853. geb. $ Thlr. Keferstein, Wilh., Dr. u. Prof. d. Zool. a. d. Univ. Göttingen Untersuchungen über niedere Seethiere. Mit 11 Kupfert. gr. 8. 1862. 2 Thlr. 25 Ngr. und Ehlers, Ernst, Dr., Zoologische Beiträge esammelt im Winter 1859/60 in Neapel und Messina. Mit 15 Kupfertafeln. 4. 1861. br. 8 Thlr. Kenngott, Adolf, Prof. d. Mineral. a. d. eidgenöss. Polytechn. u. a. d. Univ. Zürich. Uebersicht der Resultate mineralog. Forschungen in den Jahren 1856—1S61. gr. 8. 1859—62. br. $S Thlr. 10 Ngr. Einzeln: 1856 u. 1857. 2 Thlr. 10 Ngr. 1858. 1859. 1860. 1861. A 2 Thlr. Kluge, Dr. Emil, Lehrer a. d. höhern k. Gewerbeschule in Chemnitz. Ueber Synehronismus u. Antagonismus von vulcanischen Eruptionen und die Beziehungen derselben zu den Son- | nenflecken u. erdmagnetischen Variationen. Mit einer graph. Darstellung der vulcan. | Eruptionen von 1600-1860. gr. 8. 1863. | br. 1 Thlr. Kollmann, Jul., Dr. med. in München. Die Entwickelung der Adergeflechte. Ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichte des Gehirnes. Mit 1 (photogr.) Tafel Abb. gr. 8. 1861. br. 15 Ngr. Krohn, Dr. August, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Pteropo- den u. Heteropoden. Mit 2 Kupfertafeln. 4. 1860. br. 2 Thlr. Kühne, Wilh., Dr. med. in Berlin. Ueber die peripherischen Eindorgane der motorischen Nerven. Mit 5 Kupfertaf. 4, 1862. br. 2 Thlr. 20 Ngr. Leydig, Franz, Dr. u. Prof. a. d. Univ. Tübingen. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie und Ent- wickelungsgeschichte d. Rochen u. Haie. Mit 4 Steindrucktafeln. gr. 8. 1952. br. i Thir. 10 Ngr. Leubuscher, Rudolf, weil. Dr. med. in Berlin. Handbuch der medic. Klinik zum Gebrauche für Studirende und Aerzte bearbeitet. 2 Bände. gr. 8. 1860-61. brosch. S Thlr. 20 Ngr. Meyer, G. Herm., Dr. u. ord. Prof. d. Anat. in Zürich, ' Lehrbuch d. Anatomie d. Menschen. Zweite verb. Aufl. Mit 356 Holzschnitten. gr. S. 1861. brosch. 4 Thlr. Müller, Heinrich, Dr. u. Prof. a. d. Universität Würzburg. Ueber die Entwickelung der Knochensubstanz, nebst Bemerkungen über den Bau rachi- tischer Knochen. Mit 2 Kupfertafeln. 8. 1858. br. 1 Thlr. Naumann, Carl Friedr., Dr. u. Prof. d. Mineral. u. Geol. a. d. Univ. Leipzig. Lehrbuch der Geognosie. 2. verbess. u. verm. Aufl. Mit 350 Holzschn. 1.u.2. Bd. (a2 Abtheil.) Lex. 8. 1858— 1862. br. 13 Thlr. 10 Ngr. Der 3. (Schluss-) Band erscheint 1864. Elemente der theoretischen Krystallographie. Mit 86 Holzschn. gr. 8. 1856. br. 3 Thlr. Elemente der Mineralogie. Sechste vermehrte und verbesserte Auflage. Mit ca. 1000 Figuren in Holzschnitt, gr. 8. 1864. br. 3 Thlr. Nägeli, Carl, | Dr. u. Prof, d. Botanik in München. Beiträge zur wissensch. Botanik I—3. Heft. Mit 38 lithogr. Tafeln. Lex. 8. 1858, 60, 63. br. 9 Thlr. Il. Heft. Das Wachsthum des Stammes u. der Wurzel bei den Gefässpflanzen u. die Anordnung der Gefässstränge im Stengel. Mit 19 lithogr. Taf. 1858. 2 Thlr. 20 Ner. Die Bewegung im Pflanzenreiche. — Rechts und Links. — Ortsbewegungen der Pflanzen- zellen u. ihrer Theile (Strömungen). — Unter- suchungen über d. Flechtenthallus von Dr. S. Schwendener. (Mit Taf. I-VII.) — Ueber das angebl. Vorkommen von gelöster oder formloser Stärke bei Ornithogalum. (Mit Taf. VIII.) Mit 8 lithograph. Tafeln. 1860, 2 Thlr. 20 Ngr. Die Anwendung d.Polarisationsmikroskopes auf die Untersuchung der organ. Elementartheile. (Mit Taf. I-VII.) — Untersuchungen über den Flechtenthallus v.Dr.S.Schwendener. Mit Taf. VIIIT—X1. 3 Thlr. 20 Nor. Naumann, M. E. Ad., K. Pr. Geh. Medieinalrath, Prof. u. Director d. med, Klinik a. d. Rh. F. W. Univ. Ergebnisse und Studien aus der medicinischen Klinik in Bonn. 2 Bände. gr. S. 1858, 60. brosch. 5 Thlr. 15 Ngr. tv Pagenstecher, H. A., u. Prof. d. Zool. a. d. Univ. Heidelberg. Beiträge zur Anatomie der Milben. 1. u. 2. Heft. Mit 4 lithogr. Tafeln. Fol. 1860, 61. cart. 4 Thlr. 1. Heft. Trombidium holosericeeum. Trombidium tine- torium. Mit 2 lithogr. Tafeln. 1860. 2 Thlr. Ixodes Ricinus. Mit 2 lithogr. Tafeln. 1861. 2 Thlr. Dr. Pflüger, E. F. W., Dr. u. 0. ö. Professor d. Physiologie a. d. Univ. Bonn. Ueber d. Bierstöcke d. Säugethiere und des Menschen. Mit fünf Kupfertafeln. gr. 4. 1863. br. 3 Thlr. 10 Ngr. Rathke, Heinrich, weil. Prof. in Königsberg. Entwickelungsgeschichte der Wirbelthiere. Mit einem Vorwort von A. Kölliker. gr. 8. 1861. br. 2 Thlr. Vorträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Mit einem Vorwort von ©. Gegenbanur. gr. 8. 1862. br. 1 Thlr. 15 Ngr. | | | Rathke, Heinrich, weil. Prof. in Königsberg. ' Beiträge zur Entwiekelungsgeschichte der Hirudineen. Herausgegeben v. Prof. Rud. Leuckart. Mit 7 Kupfertafeln. gr. 4. 1862. br. Radlkofer, Ludw., Dr. u. Prof. in München. Die Befruchtung d. Phanerogamen, Ein Beitrag zur Entscheidung des darüber besteh. Streites. Mit 3lith. Taf. gr. 4. 1856. br. 1 This. 1!.Nee Der Befruchtungsprocess im Pflanzenreich und sein Verhältniss zu dem im Thierreich. $. 1856. br. 22‘, Ngr. Ueber das Verhältniss der Parthenogenesis zu andern Fortpflanzungsarten. 8. 1858, br. 12 Ngr. Ueber Krystalle proteinartiger Körper pflanzlichen und thierischen Ursprungs. Ein Beitrag zur Physiologie der Pflanzen und Thiere, zur Chemie u. Physik der organi- schen Körper. Mit 3 lithograph. Tafeln. 8. 1859. br. 1 Thlr. 10 Ner. Reichert, C. B., Dr. u. Prof. d. Anat. u. vergl. Anat. in Berlin. Studien des physiolog.Institutsin Breslau. Mit4 Kupfertaf. 4. 1858. br. 2 Thlr. 20 Ngr. Der Bau des menschlichen Gehirns durch Abbildungen mit erläuterndem Texte dargestellt. Mit 33 Kupfert. und 17 in den Text aufgenommenen Kupferstichen. kl. Fol. 1861. geb. 10 Thlr. Rindfleisch, Eduard, Dr. u. pathol. Prosector in Zürich. Experimental-Studien über die Histologie des Blutes. Mit einer Tafel, gr.8. 1863. br. 271%, Ngr. Sämisch, 'T'heodor, Dr. med. in. Bonn. Beiträge zur normalen u. pathologischen Anatomie des Auges. Mit 3 Kupfertafeln. gr. 8. 1862. br. 24 Ngr. Schleiden, M. J. Dr., Hofrath u. Prof. d. Botanik a. d. Univ. Jena. Handbuch der medicinisch - pharmaceutischen Botanik und botanischen Pharmacog- nosie. 2 Theile. Mit 318 Figuren in Holz- schnitt. gr. 8. 1852, 57. br. 5 Thlr. 10 Ngr. Grundzüge der wissenschaftl. Botanik nebst einer methodologischen Einleitung als Anleitung zum Studium der Pflanze. — A. u. d. T.: Die Botanik als inductive Wissenschaft. 4. Aufl. Mit 290 eingedr. Holzschn., fünf Kupfert. u. zwei Registern der Pfanzennamen und Kunstausdrücke. gr. 8. 1861. br. 4 Thlr. 25 Ngr. Zur Theorie des Erkennens durch den Gesichtssinn. Mit 31 Figuren in Holzschnitt. gr. $. 1861. br. 21 Ngr. Ueber den Materialismus der neueren deutschen Naturwissenschaft, sein Wesen und seine Geschichte. Zur Ver- ständigung für die Gebildeten. gr. 8. 1569. br. 12 Ngr. Das Alter d. Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stel- lung des Menschen in der Natur. Drei Vorträge für gebildete Laien. gr. 8. 1863. br. 12. Ngr. Schmarda, Ludw. K., Dr. u. Prof. d. Zool. a. d. Universität Wien. Neue wirbellose 'Thiere beobachtet und gesammelt auf einer Reise um die Erde 1853-1857. 1. Band. (2 Hälften.) — A. u.d. T.: Neue Turbellarien, Rotatorien u. Anneliden. 1.2. Hälfte. Mit 37 color. Kupfertafeln und Figuren in Holzschnitt. kl. Fol. 1859, 61. geb. 35 Thlr. | Speyer, Adolf und August, Die geographische Verbreitung der Schmetterlinge Deutschlands u. der Schweiz. Nebst Unter- suchungen über die geographischen Ver- hältnisse d. Lepidopterenfauna dieser Länder überhaupt. Zwei Theile. gr. 8. 1858, 62. br. 5 Thlr. 20 Ngr. Semeleder, Friedrich, Dr. u. Docent a. d. Wiener Hochschule ete. Die Rhinoskopie und ihr Werth für die ärztliche Praxis. Ein monographischer Versuch. Mit 2 chromo- lithogr. Tafeln. gr. $. 1862. br. I Thlr. Siebold, C. Th. Ernst v., Prof. d. Zool, u. vergleich. Anatomie in München. Wahre Parthenogenesis bei Schmetterlingen u. Bienen. Ein Beitrag zur Fortpflanzungsgeschichte der Thiere. Mit einer Kupfertafel. $. 1856. br. 1 Thlr. Ueber die Band- und Blasenwürmer nebst einer Einleitung über die Entstehung der Eingeweidewürmer. Mit 36 Holzschn. 8. 1854. br. 22‘, Ngr. Seemann, Dr. Berthold, Die Palmen. Populäre Naturgeschichte derselben. Nebst Verzeichniss aller bekannten und in Gärten eingeführten Arten. Unter Mitwirkung des Verfassers deutsch bearbeitet von Dr. Carl Bolle. Zweite Auflage. Mit acht Illustra- tionen 8. 1863. br. 2 Thlr. Hannoversche Sitten und Gebräuche in ihrer Beziehung zur Pflanzenwelt, ein Beitrag zur Culturgeschichte Deutschlands. Populäre Vorträge. 12. 1862. br. 15 Ngr. Stein, Friedr., Dr. med. u. K. K. Prof. d. Zoologie in Prag. Die Infusionsthiere auf ihre Entwickelungsgeschichte unter- sucht. Mit 6 Kupfert. gr. 4. 1854. br. S Thlr. Der Organismus der Infusionsthiere, nach eigenen Forschungen in systematischer Reihenfolge bearb. 1. Abtheilung: Allge- meiner Theil u. Naturgeschichte der hypo- trichen Infusionsthiere. Mit 14 Kupfertaf. gr. Fol. 1859. geb. 16 Thlr. Schmidt, Oscar, Dr. u. Prof. d. Anat. u. vergl. Anat. in Gratz, Untersuchungen über 'Turbellarien von Corfuu. Cephalonia. Nebst Nach- trägen zu früheren Arbeiten, Mit 4 lithogr. Tafeln. (Sep.-Abdruck a. d. Zeitschrift f. wissenschaftl. Zoologie Xl. Bd.) 8. 1561. br. 20 Ngr. Die Spongien des adriatischen Meeres. Mit 7 illuminirten Kupfertafeln. kl. Fol. 1862. geb. 6 Thlr. 20 Ngr. Schultze, Max Sigism., Dr. u. Prof. d. Anat. in Bonn. Ueber den Organismus der Polythalamien (Foraminiferen) nebst Bemerkungen über- die Rhizopoden im Allgemeinen. Mit 7 illum. Kupfertafeln. gr. Fol. 1854. geb. S Thlr. Das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen. Ein Beitrag zur Theorie der Zelle. gr. 8. br. 1863. 16 Ngr. Teichmann, Ludw., Dr. u. Prof. a, d. Universität Krakau. Das Saugadersystem, vom anatomischen Standpunkte bearbeitet. Mit 18 Kupfertaf. 4. 1861. br. $S Thlr. Thury, M., Prof. a. d. Academie zu Genf. Ueber das Gesetz der Erzeugung der Geschlechter bei den Pflanzen, den Thieren und dem Menschen. Aus dem Französ. übersetzt und in Verbindung mit einer kritischen Bearbei- tung herausgegeben von Dr. H. Alex. Pagenstecher, Prof. a. d. Univ. Heidel- berg. gr. 8. 1864. br. 12 Ngr. Engelmann, Th. Wilh., Untersuchungen über den Zusammenhang von Nerv und Muskelfaser. Mit 4 Kupfertafeln. 4. 1863. br. 2 Thlr. Valentin, Georg, Dr. u. Prof. d. Physiologie in Bern, Die Untersuchung der Pflanzen- u. der Thiergewebe in pola- risirtem Lichte. Mit 84 Holzschn. gr. 8. 1561. br. 2 Thlr. 10 Ngr. Welcker, Herm., Dr. u. Prof, d. Anatomie in Halle. Untersuchungen über Wachsthum und Bau des mensch- lichen Schädels. Erster Theil. Mit 17 Tafeln. kl. Fol. 1862. geb. 8 Thlr. Weyrich, Victor, Dr. u. Prof. d. Mediein in Dorpat. Die unmerkliche Wasserverdunstung der menschlichen Haut. Eine physio- logische Untersuchung nach Selbstbeobach- tungen. Mit 1 lithogr. Tafel. 4. 1862. br. 3 Thlr. 20 Ngr. Zeis, Dr. Eduard, Die Literatur und Geschichte der plastischen Chirurgie. 1862. brosch. 2 Thlr. 20 Ngr. Nachträge hierzu. Nebst einem Anhange: prak- gr. 8. | tische Rathschläge für die Bearbeitung eines Literatur- verzeichnisses enthalt. gr. $. 1564. br. Siebold, Prof. C. Th. E. v., Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Mit 64 Holzschnitten u. 2 farbigen Tafeln. gr. S. 1863, 4 Thlr. 20 Ngr. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, herausgegeben von C. Th. v. Siebold und Albert Kölliker. I—XIIl. Bd. a 4 Hefte nebst Supplementheft zum VII. Bde. gr. 8. 1548—1863. br. 95 Thlr. 15 Ngr. Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. UNTERSUCHUNGEN De... wi lLIBRARY IS 1 Wr Zu en; ÜBER DAS PROTOPLASMA UND DIE ESONTRACTILITATF VON Dr W. KÜHNE. Mit acht Kupfertafeln. DI LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 1864. u \ 1% 2, A ER Pr | no nn an ran L 5 1.3 , Ser re TEE [ & R Scan f ar “Ay Zu Pf} D la & " KETTE a a Ben. 1 ‚ ü en! u un A, r tn ir u BE 4 PIE NS x SHE 17 De EZ e ı; ” “ ar Ne, NR w e % u REnnS ı ı° \ My C Vet 2 . y Ad <>: , h > 1 5 % “ r Kor F- n. P- t p + AA A Kilo .. a x» A Ei ee r Hi # er F Se ann "WW, Ei RE ng : . en aaa Akon H r e 5 u vol Pe | Be vr v4 > ji I V I. \ ” . f % Da ni Bar. >? 7 RE ET TR VER Yv sr Ne nn | un rer a n EL2 SEINEM LEHRER HERRN EMIL DU BOIS-REYMOND GEWIDMET VERFASSER, ; Da ir ei da a a a az ie j > L > . a "ah * ih d in Pie‘, a Er a u on. RR, N Pac | Jens BEE PK Mb WB ZHART: Iy | ar, mE. ZI, % ar aEE: Bd, E ae Y ol tan-erod U« Au Han II 2er 3 IIEE U A N E20 und mA ; aan E ie Tannen hal era e > a A ir 71 EMO il EN the PR A va een ea eh Ak ! . BEN 1% r . Pater ak) rd ml Kt s ie a zu u Ah a An | % y Br RT Ez SAMERRTENV. - a bh air eh A en a a. I r4 X UN m. er Ti le vn ae Bee fr N \ i sont, As d iz " v4 Y FR U ie RL EIN wol pe. i u pr j kei: i Br: k TEEN a u Me ı , | i ii D N ee TR me PRORTTRaR, EEE ul, 2 Pe » M Bin Ya Aay % Il A. Ir (A) N I. 11. Ml: Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz Methoden zur Gewinnung des Muskelinhalts (uruireigilend) Verhalten des NER Est (Myosin) Das Muskelserum Das Syntonin Von den Ursachen der Gerirnie as Moskeatpiaäne Die Bewegungserscheinungen der Amoeben Der hyaline Saum der Amoeben . Verhalten der Amoeben gegen eldetriäthe Reize Besitzen die Amoeben eine Membran? Vergleich der Amoeben mit Eiweisstropfen . n i Erscheinungen an ausgedrückten Tropfen contractiler Sabaihnz ander Infusorien Erscheinungen beim Alefeiben den Anodben a) Wärmetetanus b) Wärmestarre Auftreten der uöreelirneweguie Wirkung des Veratrins Wirkung von Reagentien 5 - Verhalten der Amoeben bei der Elektrolyse ah gegen oh eöhstanten ST A Enge 5 Einfluss der Kohlenskute ud Ües Wässkrstofs Die Bewegungserscheinungen bei Actinophrys Bichhornii Zustand des Protoplasma ; Verhalten gegen elektrische Reize Die blasige Hülle besteht aus eontractilem Proisnldniee: Er Einsaiuglzen derselben ist eine Contraclion . : “b.. Vom Einflusse des eonstanten Stroms. Zirekändsgeseiz Verhalten gegen Reagentien Wirkung des Veratrins . Wärmetetanus Wärmestarre . Einfluss der Elehsture rind der Wasserstoffd pzsl a>) » De -) Du D SS TIOTDTR D m mm SD ._00 ww w DL Eee 36 VI Inhalt. IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyceten. V. Vl. Cultivirung von Didymium serpula . . . . ., Die ihyalıne Randachicht 7... >. nr Die fliessende Körnerschicht ; Abhängigkeit des geradlinigen Fliessens von den Conwne de peripherischen Ausbreitungen . . . BP: Die geradlinig fliessende Masse ist a wie de Randschiche : Elektrische Reizung. Contractionen und Zerstörungen Locale Reizung durch Induetionsschläge RL N ». Der ‚künstliche Muskel a. u: Ze 0 2 Ze Verhalten gegen Reagenlien „ . . 3 sc Einfluss der Concenlration des umgebenden een N; Einfluss von’Salz und. Zuckerlösungen .. „...... 1. vr Eintlussgdes Meralııns: as. ee tchee Wärmetelanus7.: «m... 0 en ee ee Wärmestarre . . 708 1.460 ee ea Einfluss der ee des Sr SEE Wirkung der Kohlensäure und des Wasserstofls . . 2... Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staub- fadenhaare von Tradeseantiawirgimiear 7 as Die geradlinige Strömung der Körnchen ist abhängig von Contraetionen ges; Proloplasne,, our Aisch: wann bean Elektrische Reizung Wiederkehr der Strömung nach ae Stillstande deren Bean Locale Reizung und partieller Stillstand der Bewegung Ursachen des Aufhörens der Strömung Einfluss,,desi.constanlen, Stroms... -uislasıheswene na ve Einfluss von Reagentien und Gifen . . 2 2 2 2 m ne ee Wirkung von Temperaturen ‚under, .00. u.ä ein ee Gefrieren und Wiederaufthauen - ... 7... rk rl Vegetabilische Amoeben . . . Sc er = Neubildung des fliessenden N aus in Aue nn Wärmelelanus » .- : x su 0070 5 ya Wärmestarre. .„ . Be ai Vom Einflusse der Tal rl ah ae re Sa Entziehung des Sauerstoffs . a Wirkung der Kohlensäure und des Wasserstoffs LE Rn Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. . Nackte Zellen mit unregelmässigen Kernen . .„ . r : Nackte Zellen mit unregelmässigen plasshanfätinigen Keraan 3. Zellen mit grobkörnigem Protoplasma. . . . . Bewegungen des Protoplasma dieser Zellen. . . . silemsh:* Vergeblicher Versuch durch elektrische Reize PER EN, zu erzeugen Veränderungen der Zellen in Wasser und in Reagenlien . . . Auftreten von Hohlräumen in der Grundsubstanz , - 2» » 2. Isolvumg ler Zellen‘, 2. Yu. 0,8,» Bu Veränderungen der Zellen beim Abseiben ee Veränderungen bei 409 C. Pag. 69 10 71 72 12 78 4 17 81 82 83 84 86 87 87 s8 8 92 93 94 96 37 98 99 100 100 101 101 102 102 103 104 105 106 109 111 111 112 113 115 117 119 119 121 121 Inhalt. VII. Das Protoplasma der Zellen in der Cornea Bewegungserscheinungen dieses a Contraetionen durch Reize . . . Ar Veränderungen nach dem Tode and bei 100 CR 3 vill. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Ne ei häheen. Nerven der Cornea . ...» ee Auffallender Nervenreichthum der Odinen ers Eintritt und Verbreitung der Nerven . e Verhalten der Markscheide und der Sören chen Scheide i Endigung der Nerven in Zellen . . e Nr. * D . Untersuchung der Nervenverbreitung und Endi ung an Chreiissnre" jo] präparalen . Veränderungen der En in ne von 0,1 ut 0, or p: '& B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. Function der Corneanerven . .. .- Ar Direete und indireele Reizung der en Steh Krdaptiche: schläge. Reizung des Centrums und des Randes der Cornea Reizung nervenhaltiger und nervenfreier Zipfel der Cornea Mechanische Reizung des Randes der Cornea . . .» . .» Findet eine Theilung der Zellen bei der Contraction statt? . vn pag- 123 124 126 130 192 133 134 135 136 140 141 146 147 151 152 153 un; | , "= HR Bi x A Desmciteik ERBE 277 277 se et a 2% Mais a A ruhe og a ne “rt Er PER E ee, ern u | ul were waner: eieeh Ind han hin meh hen Vortuneen Annan wa kim were wind ins Fi Take 4 VON TER un ee RT, 5 RETTET EN nn; Era. Are Yin = ne et Are. Near hun 13,1 Ze Air Ver kg Ber sl von A =D walk ai dom Al vx tr m Kae Im ah ra th ht. Pr a. 1 ‘N ats N " dor m mp u ILEIIELIE De tn 4 u Du VaE MR BT nr, WON hs; en BEHRENS ıhaioh nullaynänd) Nabe »annibeiär vn a run a zu 0 nk nor ar vrannkien) be tet. 3 es ame Der era Katar Frag) ik So, a Kata A Man 2, EFT ER Elalı DPI BT DI na BET Tae Dr a | DR 52 7 Me were T N DEzz Tu ud er ven i 4 a { r En ip ’ in rs W, vi * DT 2 n Ir} ’ D € i + u er y er, a 7 Pu u 2 2 27 22 a 25 u u. a ’ D Y i k ‘ „+ % nr 15 Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. Die contractilen Theile niederer thierischer Organismen, die +Sarkode, das Protoplasma der Pflanzenzellen, und alle jene breiigen Massen die wir als contractile Substanzen zu bezeichnen pflegen, zeigen in ihrem chemischen Verhalten eine unverkenn- bare Aehnlichkeit untereinander sowohl, wie mit dem Inhalte der Muskelfaser. Man mag einen Unterschied zwischen geformten contractilen Substanzen und ungeformten festhalten, und dabei zwei grosse Gruppen scheiden, solche welche nur kleine ein- fach liehtbrechende Körnchen enthalten und solche welche doppeltbrechende Disdiaklasten enthalten, immer wird man aner- kennen müssen, dass die eigentliche Grundsubstanz in welche die kleinen festen Körper eingebettet liegen, in beiden Gruppen einige Eigenschaften besitzt, die wir in der Muskelsubstanz und in den contractilen Theilen aller Thiere und selbst der Pflanzen wieder- finden. Dahin gehört vor allen Dingen die sogenannte spontane Coagulation dieser Substanzen nach dem Aufhören der Bewegungs- erscheinungen, und nach übermässiger elektrischer Reizung, und das ganz constante Eintreten dieser Gerinnungen, selbst wenn die Substanz mit solchen Reagentien behandelt wird, die das soeben ausgeschiedene Gerinnsel sogleich wieder lösen. Ferner zeichnen sich die contractilen Substanzen vor allen andern bekannten in der Natur vorkommenden Gemischen von Eiweisslösungen aus, durch ihre Coagulation bei verhältnissmässig niederen Tempe- raturen. Ausser den contractilen Substanzen kennen wir keine natürlich vorkommende Eiweisslösungen die zwischen 35° C. und 50° C. gerinnen. Kühne, Untersuchungen. 1 2 I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. Die angegebenen Charaktere sind der Art, dass sie selbst bei mikroskopisch kleinen Organismen aufgefunden werden können. Sie gehören zu den mikrochemischen Reactionen, und es wäre sehr zu wünschen, dass die contractilen Substanzen niederer Organismen auch einer ausgedehnteren mikrochemischen Unter- suchung unterworfen würden. De Bary's Aufforderung das Proto- plasma der Myxomyceten dafür besonders zu berücksichtigen, konnte ich leider bisher aus Mangel an ausreichendem Material nicht nachkommen, und ich beschränke mich darum hier auf die Mittheilung einiger Untersuchungen über die Eiweisskörper des Muskelgewebes der Wirbelthiere, deren Resultate von Interesse sein werden für das Verständniss desjenigen, was später über die verschiedensten contractilen Substanzen berichtet werden soll. Methoden zur Gewinnung des Muskelinhalts. Muskelplasma. Durch Auspressen von Blut befreiter Froschmuskeln kann man bekanntlich einen Theil der flüssigen Muskelsubstanz rein isoliren, und aus den Sarkolemmschläuchen in Glasgefässe über- füllen. Es war jedoch wünschenswerth andere, einfachere Methoden zu besitzen, die womöglich auch gestatteten die Muskelflüssigkeit in grösseren Mengen zu gewinnen. Will man durch Auspressen oder Auswalzen die Sarkolemmröhren entleeren, so pflegt durch den mechanischen Eingriff immer eine nicht unbedeutende Menge der Muskelsubstanz in den Apparaten zu coaguliren, und man erhält darum einen verhältnissmässig grossen Substanzverlust, der um so bedeutender ausfällt, je mehr Material auf einmal verarbeitet wird. Ich suchte deshalb nach einer Methode, die es gestatten sollte, einen Muskel möglichst zu zerkleinern, ohne dass die Gerinnung zu rasch an den Schnittflächen der Fasern erfolgte. Nachdem ich mich vergeblich bemüht hatte durch rasches Ein- trocknenlassen isolirter schmaler Muskeln des Frosches in einem mässig warmen Luftstrome unveränderte Muskelsubstanz aus festen und pulverisirbaren Muskeln in erheblichen Mengen zu bereiten, bin ich schliesslich auf einem anderen Wege zu besseren Resultaten gekommen. Zuvor sei erwähnt, dass das rasche Eintrocknen einzelner hängender Froschmuskeln in der Nähe eines stark ziehenden Fensters auch bei mässiger Zimmertemperatur recht gut gelingt. l. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 3 Der eingetrocknete Muskel nimmt aber eine so hornartige Beschaffenheit an, dass man ihn nicht pulvern, sondern nur in viele Querschnitte zerkleinern kann. Versucht man ihn mit dem Messer zu zerschaben, so reissen die Muskelfasern in längeren Spähnen aus einander, und die gehörige Zerkleinerung wird ver- eitelt. Die feinen Querschnitte deren Herstellung sehr zeitraubend und mühsam ist, quellen ferner sehr langsam auf, und hierin liegt der Grund weshalb man auf diesem Wege keine genügende Menge von Muskelsubstanz in Lösung überführen kann. Weicht man die Masse mit Kochsalzlösungen von etwa 1 p. C. auf, so erhält man zwar nach einiger Zeit eine filtrirbare Lösung, die auch nach einigen Stunden Gerinnsel absetzt, allein die Menge derselben ist sehr unbedeutend, da die Hauptmasse schon vor- her gerinnt, und die Muskelstückchen zu einem Klumpen vereinigt. Man sieht jedoch aus diesem Versuche, dass die Muskelsubstanz rasch eintrocknen kann ohne zuvor zu gerinnen, und erst nach- träglich sich ausscheiden kann aus einer Lösung der einge- trockneten Masse. Ich erwähne dieses Umstandes, weil er uns eine Differenz zwischen dem Verhalten des Blutes oder der Lymphe und der Muskelsubstanz zeigt. Breitet man Froschblut oder Lymphe selbst in äusserst dünnen Schichten über Glasplatten aus, so erfolgt die Gerinnung stets vor der raschen Ein- trocknung. Die Flüssigkeit breitet sich auf der Fläche aus wie Collodium, und die zurückbleibende trockene Haut quillt nur in Wasser oder in Na Cl von 1 p. C. ohne eine spontane gerinnbare Flüssigkeit zu liefern. Bekanntlich gefriert ein Froschmuskel bei etwa — 5-7. zu einem festen Eisklumpen, ohne seine Erregbarkeit ganz zu verlieren. Nach dem Aufthauen wird er wieder weich, und durch- sichtig, er contrahirt sich auf hinlänglich kräftige Reize wieder und wird längere Zeit darauf, nach vorherigem Verluste der Er- regbarkeit, todtenstarr. Die Zeit des Eintritts dieser Verände- rungen ist abhängig von der Temperatur bei welcher der Muskel sefror und von der Dauer der Abkühlung, so dass im Allgemeinen ein Muskel ziemlich rasch zu Grunde geht, wenn man ihn lange bei sehr niederer Temperatur erhielt. Für meine Zwecke habe ich es vortheilhaft gefunden die Muskeln bei einer Temperatur zwischen —7 u.— 10° C. etwa 3 Stunden lang zu erhalten, und dann zur Verarbeitung des Eises zu schreiten. Solche Muskeln bleiben nach dem Aufthauen in einem auf 15° C. geheizten Zimmer durchschnittlich noch 6 Stunden erregbar und es war deshalb 1% 4 Il, Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. vorauszusetzen, dass auch die darin enthaltene Flüssigkeit noch ihre normalen Eigenschaften besitzen würde. Schneidet man die Muskeln der Unterschenkel von 8—12 durch Injection mit einprocentiger Kochsalzlösung von Blut ge- reinigten Wasserfröschen einzeln, ohne sie an ihren Oberflächen zu verletzen, herunter, so kann man sie zu einem compacten Haufen vereinigt bei der bezeichneten Temperatur in etwa 3 Stunden in einen zusammenhängenden festen Eisklotz verwandeln. Derselbe lässt sich im Freien mit kalt gehaltenen grossen Messern ziemlich leicht in Scheiben zerschneiden, die man in einem stark gekühlten Porzellanmörser mit einem in Holz gefassten und vorher ebenfalls der Kälte ausgesetzten Postell vollständig in ein schneeartiges Pulver verwandeln kann. Die Arbeit ist allerdings ziemlich an- strengend; sie muss im Freien bei strenger Kälte vorgenommen und nicht zu hastig vollendet werden, da man sonst Gefahr läuft, die Masse durch Reibung zu erwärmen. Bringt man diesen Muskelschnee in das erwärmte Zimmer, so thaut er schon bei — 3° C. zu einer syrupartigen, sehr trüben Flüssigkeit auf, welche einzelne Sehnenfasern und daneben noch einzelne grössere Muskel- stückchen enthält. Von diesen Verunreinigungen kann sie durch ein grobporiges Leinenfilter getrennt werden, das jedoch nur einige wenige Tropfen durchlässt, und sich dann verstopft. Der letzte durchfallende Tropfen pflegt im Verhältniss zu den zuerst durchgedrungenen ziemlich klar zu sein; er besitzt eine gelbliche “arbe und verwandelt sich, wenn man ihn auf eine bis zur Zimmertemperatur erwärmte Porzellanplatte fallen lässt, augen- blicklich in einen festen ziemlich durchsichtigen Kuchen, der erst beim Aufheben von der Platte sich zu trüben beginnt. Die Masse auf dem Leinenfilter lässt sich giessen wie eine zähe Flüssig- keit, beim Blasen auf ihre ganz ebene Oberfläche wirft sie Wellen, mit einem abgekühlten Glasstabe kann man Tropfen herausheben, die nur sehr wenig Neigung zum Fadenziehen zeigen, so dass Niemand darüber in Zweifel gerathen wird, dass der Muskelschnee zu einer trüben, aber nicht ungewöhnlich zähen Flüssiekeit aufthaut. Lässt man einen leidlich klar durch Leinen filtrirten Tropfen in Wasser von 0° fallen, so verwandelt er sich sofort in eine weisse undurchsichtige Kugel, die anfangs fast die Festigkeit des Kaut- schuks besitzt, und erst nach längerem Liegen in destillirtem Wasser weicher wird. Ein Tropfen der Flüssigkeit in Salzsäure von 0, 1p.C. fallen gelassen wird ebenfalls sogleich fest, während des Untersinkens löst er sich jedoch von den Oberflächen her durch- I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 5) sichtig werdend, vollständig wieder auf. Lässt man einen Tropfen der Flüssigkeit in Kali von 0, 1 p.C. fallen, so gerinnt er eben- falls sofort, und löst sich beim Untersinken sehr rasch wieder auf. Die auf dem neuen Wege erhaltene Muskelflüssigkeit reagirt deutlich alkalisch, und behält diese Reaction auch, wenn sie bereits sehr schleunig geronnen ist. Drückt man den auf einer nicht sekühlten Porzellanplatte erstarrten Tropfen gegen violettes Lack- muspapier, so färbt sich dasselbe deutlich blau. Wie gesagt ist es unmöglich irgend erhebliche Mengen dieser Muskelflüssigkeit zu filtriren, und ich muss mich darum mit der Angabe begnügen, dass sie in einem abgekühlten Gefässe unter 0° C. lange Zeit flüssig bleibt. Ich habe sie in einem mit Schnee gekühlten Gefässe viele Tage lang flüssig erhalten können; die Muskel- und Sehnenstückchen zeigten trotzdem jedoch keine Neigung sich darin zu senken, noch stiegen sie an die Oberfläche empor. Lässt man das damit gefüllte Gefäss 2—3 Stunden im geheizten Zimmer stehen, so wird der Inhalt fest, das Gefäss lässt sich ohne Gefahr umdrehen, und die Masse hat nun ihre Flüssig- keit eingebüsst. Mit einem Glasstabe erzeugt man darin ein Loch, wie wenn man in gelatinirten Leim gestossen hätte, mit dem die erstarrte, geronnene Masse überhaupt anfangs die grösste Aehnlichkeit hat. Die Erstarrung der Muskelflüssigkeit beginnt an den der Glaswand zunächst gelegenen Theilen, und vorzugsweise an Stellen der Oberfläche, welche von Staubpartikeln verunreinigt sind. Hier bilden sich weisse Puncte, die allmählich an Grösse zunehmen und zur Bildung gelatinöser Schollen auf der Oberfläche führen. Will man den Eintritt der Gerinnung in einem Becherglase z. B. be- obachten, so ist es nöthig, dasselbe vorher stark abzukühlen, denn ohne diese Vorsicht bildet die Flüssigkeit beim Auffallen auf den Boden des Glases gleich festere Kegel, von denen aus die Gerinnung später durch die übrige Masse fortschreitet. Während dieser Vorgänge mehren sich die Consistenzveränderungen ganz allmählich, es wird immer schwerer die Flüssigkeit zu giessen, bis sie endlich durch ihre eigene Schwere keine Gestaltver- änderungen mehr erleidet. Da die Masse an und für sich schon trübe ist, so lässt sich auch nicht durch den blossen Augenschein entscheiden, ob die Gerinnung von einer Trübung begleitet wird. An einem mässig klar durch Leinen gegangenen Tropfen sieht man jedoch die Trübung, wie schon erwähnt, nach eingetretener Gerinnung beginnen. Nach 4stündigem Aufenthalte in einer 6 I. Die Eiweisskörper der Muskelsubslanz. Temperatur von 15°C. reagirt die Masse in der Regel deutlich sauer, jedoch habe ich diesen Umschlag der Reaction bisweilen auch erst am andern Tage eintreten Sehen. Zu dieser Zeit kann man auch beim Umkehren des Gefässes geringe Mengen ausge- presster dünner Flüssigkeit von schwacher Opalescenz gewinnen, die beim Erwärmen auf 45° C. starke flockige Gerinnsel absetzen. Lässt man das Gerinnsel gefrieren und wieder aufthauen, so wird seine Consistenz nicht im mindesten geändert. Aus diesem Versuche geht zur Genüge hervor, dass das Gefrieren und Wieder- aufthauen keinen Einfluss auf den Aggregatzustand des Muskel- inhalts ausübt und dass uns folglich diese Darstellung der Muskelflüssigkeit am besten über die Beschaffenheit des Muskel- inhalts belehren kann. Ein Versuch die Muskelflüssigkeit mit einer Kochsalzlösung von 1 p. C. zu verdünnen scheiterte an der beim Mischen mit dem Glasstabe erfolgenden Gerinnung, und ich war deshalb genöthigt zur Darstellung grösserer Mengen reiner und filtrirter Muskel- flüssigkeit einen anderen Weg einzuschlagen. Eine abgewogene Menge Schnee, wurde mit so viel Kochsalz in abgekühlten Gefässen versetzt, dass daraus eine Lösung von 1 p. ©. des Salzes hervorgehen musste. Die gefrorenen und in Scheiben zerschnittenen Muskeln wurden mit der 4fachen Menge ihres Gewichts des Gemenges von Schnee und Salz sehr innig zerrieben und die so gewonnene breiartige Masse auf ein Leinen- filter geworfen, durch welches sie schon bei — 3° C. Hlüssig durch- filtrirte. Nach dem Filtriren durch Leinen that ich die immer noch nicht bis 0% erwärmte Flüssigkeit auf mehrere Papierfilter, die in stark gekühlten Trichtern steckten und mit abgekühlter Kochsalzlösung von 1p. C. angefeuchtet waren. Die verdünnte Muskelflüssigkeit filtrirt im Anfange ziemlich gut. Beginnen die Filter sich zu verstopfen, so müssen sofort neue in Gebrauch senommen werden. Auf diese Weise bekommt man ohne grossen Zeitverlust aus der aufgethauten Masse eine sehr bedeutende (Quantität eines schwach opalescirenden Filtrats, das sich ziemlich ähnlich verhält, wie die nicht verdünnte Muskelflüssigkeit. Die Gerinnung derselben tritt durchschnittlich eben so rasch ein, wie dort, mit dem Unterschiede jedoch, dass einzelne Tropfen auf ungekühlten Glasplatten nicht sofort gerinnen, sondern sich erst ausbreiten und sich später unter starker Trübung in leicht zer- reissliche Membranen umwandeln. Bei der Gerinnung grösserer Mengen dieser verdünnten Flüssigkeit in Bechergläsern, beobachtet I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 7 man ebenfalls zuerst eine Ausscheidung gelatinöser Schichten an den Glaswänden. Gleichzeitig tritt eine sehr starke Trübung ein, es kommt ein Zeitpunet, wo das Ganze erstarrt und selbst beim Umdrehen des Glases nicht herausfällt, bis endlich das Gerinnsel etwas zusammenfällt, Neigung zur Umwandlung in Flocken und Häute zeigt, und eine grosse Menge stark opalescirender, und auch so trübe filtrirender dünner Flüssigkeit ausstösst. Vor der Gerinnung besitzt die Flüssigkeit etwa die Consistenz von zerschnittenem und durch Leinen filtrirtem Hühnereiweiss, sie gerinnt sofort beim Erwärmen auf 400% 0. ganz wie Hühner- eiweiss beim Kochen, und verhält sich zu Wasser, verdünnter Salzsäure und Alkalien gerade wie die unverdünnte Muskel- tlüssigkeit. Eigenthümlich ist ihr Verhalten zu fast sesättigter Koch- salzlösung. Lässt man einen dünnen Strahl der Lösung durch ein fein ausgezogenes Glasrohr auf den Boden der speeifisch schwereren Kochsalzlösung fliessen, so erhält sie sich darin in Form eines festen Stranges. Während dieser an die Oberfläche steigt, zerbröckelt er jedoch und löst sich vollständig wieder auf zu einer schwach opaleseirenden Lösung. Die Muskelflüssigkeit enthält also einen Eiweisskörper, der durch eoncentrirte Salz- lösungen erst gefällt und später darin wieder gelöst wird. Zur Ausscheidung des spontan coagulirenden Eiweisskörpers habe ich es vortheilhaft gefunden, die verdünnte Muskelflüssigkeit in destillirtem Wasser rasch zur Coagulation zu bringen. Soll der Eiweisskörper ausgewaschen und auf Filtern sesammelt werden, so muss die Ausfällung mit einiger Vorsicht geschehen. Man füllt zu dem Ende einen hohen Glaseylinder mit destillirtem Wasser und lässt die Eiweisslösung tropfenweise hineinfallen. Die Tropfen verwandeln sich dabei sogleich in feste erbsengrosse Kugeln, die auf den Boden fallen und sich dort lagern ohne zu- sammenzukleben. Fliesst etwas Flüssigkeit in rascherem Strahle in das Wasser hinein, so verwandelt sie sich in lange solide eylindrische weisse Stränge, denen man durch richtiges Reguliren des Zuflusses eine colossale Länge geben kann. Nicht selten haftet ein grösserer Tropfen an der Oberfläche des Wassers fest, und in diesem Falle sieht man ihn wie einen zierlich gefalteten Beutel herabhängen. Bei vorsichtigem Zutliessenlassen der Muskel- tlüssigkeit in solche Beutel, dehnen sich dieselben bisweilen stark aus; das Innere ist dabei noch flüssig und nur umgeben von einer schönen, sackförmigen, milchweissen Membran aus coagulirtem 8 I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. Eiweiss. Zerschneidet man einen an der Oberfläche haftenden Beutel mit der Scheere, so bilden sich daraus häufig zwei Kugeln, indem sich die Schnittstelle sogleich durch ein neugebildetes Coagulat wieder schliesst. In andern Fällen zerplatzt der Beutel zu rasch, und sein Inhalt ergiesst sich auf einmal in das Wasser, worin er in Form feiner Flocken coagulirt. Diese Coagulations- form ist es, welche vermieden werden muss, wenn man das Coagulat auf Filtern sammeln will, denn dasselbe ist so fein ver- theilt und gallertig, dass es die Filter verstopft. Es kann kein Zweifel darüber sein, dass die hier entstehenden Gerinnsel identisch sind mit der Substanz, die sich bei der Todten- starre im Muskel ausscheidet, und wir haben es bei seiner Fällung durch Wasser augenscheinlich mit demselben Vorgange zu thun, der stattfindet, wenn man einzelne lebende Muskelfasern rasch in destillirtes Wasser untertaucht. Gegen verdünnte Salzsäure und Alkalien, in denen der Muskel ebenfalls sogleich starr wird, bevor er seine Durchsichtigkeit und Biegsamkeit wieder gewinnt, verhält sich unsere Flüssigkeit, wie wir sahen, ganz ähnlich. Sie wird erst gefällt, und das Gerinnsel gleich darauf wieder gelöst. Verhalten des Muskelgerinnsels. Myosin. Trotz meines schon in früheren Arbeiten über die Todten- starre ausgesprochenen Protestes gegen die Ansicht, dass der lebende Muskel Syntonin enthalte, hat man mir doch die Ent- deckung der spontanen Gerinnbarkeit des Syntonins zugeschrieben. Man ist in seiner Fürsorge mir diese Entdeckung zu wahren so- weit gegangen, zu bedauern, dass man leider noch immer nicht untersucht habe, ob das Muskelgerinnsel auch aus Syntonin be- stehe. Wer meine Untersuchungen über die Todtenstarre ganz gelesen hat, wird mich von der genannten Entdeckung hoffent- lich frei sprechen, denn ich habe nirgends darin Veranlassung gegeben, mir die Meinung unterzuschieben, dass das Syntonin sich überhaupt aus einer Lösung plötzlich ausscheiden könne, wie Fibrin aus Plasma, oder wie das Muskelgerinnsel aus der Muskelflüssigkeit. Das Muskelgerinnsel reagirt, wenn es sorgfältig ausge- waschen ist, vollständig neutral, bildet feucht eine weisse wenig durchsichtige Masse und sieht im trockenen Zustande gelb aus, I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 9 wie die meisten trocknen Eiweisskörper. Durch die gelbe Fär- bung, die es beim Kochen mit Salpetersäure annimmt und durch die orangenrothe Farbe, die auf Zusatz von Ammoniak entsteht, sowie durch die Millon’sche Reaction kennzeichnet es sich zur Genüge als ein Eiweisskörper. Es enthält Schwefel in zweierlei Verbindungen, denn es färbt sich beim Kochen mit Kali und Blei- oxydhydrat schwarz, und liefert endlich nach dem Kochen mit Kali ein Product, das nach dem Schmelzen mit Salpeter und Soda Schwefelsäure enthält. Das Gerinnsel ist unlöslich in Alkohol und in Aether, und ferner unlöslich in Wasser. Dagegen löst es sich ausserordent- lich leicht in sehr verdünnten Säuren und Alkalien auf, aus denen es nicht ohne Veränderungen wieder ausgeschieden wer- den kann. Diese Lösungen verhalten sich genau wie die sauren und alkalischen Lösungen des Syntonins, allein gerade in diesem Verhalten liegt der beste Beweis für die Entstehungsweise des Syntonins, wie nachher gezeigt werden soll. Das Muskelgerinnsel löst sich leicht-in neutralen Salzlösungen, wie in Kochsalz oder Salpeterlösungen aller Concentrationen. Wir haben bereits erfahren, dass die Muskeltlüssigkeit von concen- trirten Kochsalzlösungen anfangs gefällt und später wieder gelöst wird. In der That löst sich auch das einmal ausgeschiedene Muskeleiweiss leicht in Kochsalzlösungen auf, in sehr verdünnten Lösungen wenig, in Lösungen bis zu 10 p. C. sehr leicht, und hierin liegt nr der Grund des verhältnissmässig langen Flüs- sigbleibens der Muskelsubstanz, wenn sie mit verdünnten Kochsalz- lösungen gemischt wird. Ebenso erklärt sich daraus, weshalb ein Muskel so lange in solchen Kochsalzlösungen erregbar bleibt, während er im Wasser, namentlich in destillirtem, gleich abstirbt. Wird das Gerinnsel nach dem Ablaufen des Wassers mit Koch- salzlösung von 1 p. €. sorgfältig zerrieben, so löst sich immer ein Theil davon auf, der sich erst nach langem Stehen im ge- heizten Zimmer in feinen Flocken wieder ausscheidet, und bei starker Verdünnung mit Wasser als eine feine Trübung ausgefällt wird. In Kochsalzlösungen von 10 p. C. löst sich das Gerinnsel zu einer syrupösen aber fast klaren Lösung auf, ohne sich nach längerem Stehen in der Wärme wieder ae “Ein Muskel wird in dieser Kochsalzlösung anfangs starr, spä- ter hellt er sich jedoch wieder auf, und erscheint dann trotz des Verlustes seiner Erregbarkeit, ganz durchsichtig, wie ein frischey, 10 I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. Muskel, dem er auch in seiner Elastieität ziemlich ähnlich zu sein scheint. Aus diesem Verhalten des Eiweisskörpers der Muskeln, den ich von jetzt an Myosin nennen werde, ergiebt sich auch eine Me- thode, den ursprünglich in den Muskeln enthaltenen Körper dar- zustellen, selbst wenn er sich darin schon geronnen ausgeschieden hat. wenn also die Todtenstarre schon eingetreten ist. Da jeder todtenstarre Muskel in eoncentrirten Kochsalzlösungen wieder (durchsichtig wird, so können wir «damit auch aus beliebig altem Fleisch das Myosin extrahiren '). Nur ist dazu eine möglichst feine Vertheilung der Muskeln erforderlich. Ich habe auf diesem Wege dieselben Resultate erzielt, wie die schon lange vor mir in einer wenige beachteten Arbeit von Denis (de Commercy)?) angegebenen. Eine Kochsalzlösung von 10 p. C. scheint, wenn nur die Lösung andauernd und gehörig mit dem Fleische zerrieben wird, die grösste Menge des geronnenen Eiweisses wieder aufzulösen. Die Muskel- fasern werden dabei ganz gallertig und durchscheinend, und man erhält eine ähnliche schlüpfrige Masse, wie wenn man fein ge- wieetes Fleisch zur Darstellung des Syntonins mit sehr verdünnter Salzsäure behandelt. Der erhaltene Brei lässt sich fast so schlecht wie aufgethauter Muskelschnee filtriren. Durch Papier filtrirt er gar nicht, durch Leinen nur äusserst langsam. Je- doch bekommt man nach längerer Zeit, namentlich nachdem das Leinen schon etwas schwerer durchgängig geworden ist, durch Drücken des Beutels eine verhältnissmässig durchsichtige syrupöse Flüssigkeit. Dieselbe verhält sich gegen Reagentien fast genau so wie die Muskelflüssigkeit selbst. Obwohl sie spontan nie coa- eulirt, so bildet sie doch tropfenweise in Wasser gebracht, die- selben harten Coagula, wie jene, und erstarrt auch in sehr ver- dünnter Salzsäure und Alkalien anfangs zu festen Kugeln, die sich nach einiger Zeit im Ueberschusse dieser Flüssigkeiten auflösen. Durch Kochsalzlösungen wird sie natürlich nicht gefällt, indessen kann man den Eiweisskörper, wie auch Derus berichtet, ausschei- 1) Es ist eine ganz bekannte Sache, dass bei der Conservirung des Fleisches durch Einpökeln Eiweisskörper in die Conservirungsflüssigkeit übergehen. Meinem Freunde Dr. J. Rosenthal gelang es, den oben beschriebenen Eiweisskörper in nieht unbeträchtlichen Mengen, z. B. aus der Heringslacke und aus der Lacke von Pökelfleisch darzustellen. Im allgemeinen ökonomischen Interesse sei hier auf diesen nicht unwichtigen Gegenstand besonders verwiesen. 2) Nouvelles &tudes ehimiques, physiologiques et medicales sur les Substan- - ces Albuminoides. Paris 1856 (Bailliere). I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. il den, indem man die Lösung mit einem grossen Ueberschusse von festem Kochsalz fein zerreibt. Die Substanz steigt darauf in Flocken an die Oberfläche der Salzlösung, von wo man sie ab- schöpfen and wieder in 1Oprocentiger Kochsalzlösung auflösen kann. Die neue Lösung wird bei den oenannten Behandlungen wieder gefällt. Extrahirt man gefärbte Muskeln mit Kochsalz- lösungen, so erhält man eine gefärbte Lösung, die in Wasser ge- lassen Gerinnsel von entsprechender Färbung giebt. Beim längeren Stehen mit Wasser geht jedoch der grösste Theil des Farbstofts in das Wasser über, und die Gerinnsel bleichen fast vollstän- dig aus. Bei dieser Gelegenheit muss ich eines sehr merkwürdigen Um- standes erwähnen. Die Muskeln verlieren nämlich durch die Be- handlung mit 10 p. ©. Kochsalzlösung ihre saure Reaction. Selbst wenn sie noch so intensiv auf blaues Lackmuspapier reagirten, zeigt der mit der Salzlösung erhaltene Brei eher Hinneigung zur alkalischen Reaction. Sowie jedoch das Myosin mit Wasser daraus niedergeschlagen wird, reagirt das Letztere wieder deutlich sauer. Da es mir schien, als ob die concentrirte syrupöse Lösung das Lackmuspapier nicht ordentlich benetze, So babe ich mit Lackmus violett gefärbte Kochsalzlösungen auf die zerriebenen Muskeln gethan, allein ich sah auch hier eine Neigung zum Umschlagen der Farbe in Blau. Da ferner die concentrirte Lösung beim all- mähliehen Verdünnen mit Wasser anfangs, wo von einer die Reaction auf Papier hindernden Zähflüssigkeit nicht mehr die Rede sein kann, mindestens deutlich neutral reagirt, so kann ich mit aller Bestimmtheit sagen, dass die saure Reaction des Fleisches in eoneentrirten Kochsalzlösungen verschwindet und erst wieder- kehrt, wenn das Myosin ausgeschieden ist. Ich werde an einem anderen Orte Gelegenheit nehmen, diesen merkwürdigen (segen- stand ausführlicher zu erörtern. Die Löslichkeit des Myosins in Salzlösungen ist es, welche den entscheidenden Beweis liefert, dass dasselbe durchaus Nichts semein hat mit dem Syntonin. Wird das Myosin durch Wasser ausgeschieden, so ist es immer wieder löslich in Kochsalz. Hat man den ausgeschiedenen Körper aber einmal gelöst in verdünnter Salzsäure, so kann man durch N eutralisation der Säure wohl eine Fällung erhalten, allein dieselbe ist ganz unlöslich in Salzlösungen, ist darin so unlöslich wie Syntonin. Ebenso verhält sich der Niederschlag, welchen man durch Neutralisation des in verdünnten Alkalien gelösten Myosincoagulats erhält. Auch dieser ist ganz un- 12 I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. löslich in Kochsalz, löst sich aber mit Leichtigkeit in verdünnten Säuren und Alkalien auf, wiederum genau so, wie das Syntonin. Das Muskelserum. Muskelserum nenne ich die Flüssigkeit, welche von dem Muskelgerinnsel ausgepresst wird. Wie schon erwähnt, erhält man diese Flüssigkeit aus aufgethautem Muskelschnee, nachdem ddas im Muskelplasma auftretende Gerinnsel längere Zeit ge- standen hat. Die Reaction dieses Serums ist nur in dem Falle alkalisch oder neutral, wenn es aus einem sehr rasch entstandenen Gerinnsel ausgetreten ist. Einige Stunden der Zimmerwärme überlassen wird es nachträglich immer sauer. Im verdünnten Zustande, aber mit allen wesentlichen Merkmalen ausgestattet, kann man das Muskelserum darstellen, indem man das nach dien verschiedensten Methoden dargestellte Muskelplasma in Wasser tropfen lässt. Das Myosin scheidet sich aus und das abtiltrirte Wasser enthält das Muskelserum. Ferner erhält man das Muskelserum, wenn man einfach todtenstarre, von Blut gerei- nigte Muskeln mit destillirtem Wasser auslaugt. Je nach dem Grade der sauren Reaction coagulirt das Muskel- serum bei sehr verschiedenen Temperaturen, und da die Säure- menge darin mit der Zeit bis zu einem Maximum zunimmt, so sind diese Temperaturen abhängig vom Alter des Serums, oder dem der Muskeln, wenn es durch Auslaugen todtenstarrer Muskeln gewonnen wurde. Betrachten wir zunächst das unverdünnte Serum. Dasselbe coagulirt, wenn es noch ganz frisch ist und schwach alkalisch, neutral oder schwach sauer reagirt bei 45° C., je nach seiner Reaction auf Lackmus unter Abscheidung einer milchigen Trübung oder in Flocken, die in einer fast klaren Flüssigkeit schwimmen. Wird es 24 Stunden lang auf 25—-30° C. erwärmt, so scheiden sich auch bei dieser niederen Temperatur unter Eintritt einer sehr stark sauren Reaction in der milchig werdenden Flüssigkeit, grosse, tlockige Gerinnsel aus, deren Entstehung ausschliesslich durch die Zunahme der freien Säure bedingt ist. Bei Verhütung der sauren Reaction durch Zusatz von kohlensaurem Kalk, oder beim Stehen- lassen in der Kälte tritt auch nach 24 Stunden keine Trübung ein, selbst wenn man das abgekühlte Serum später rasch bis auf 40° C. erwärmt. Dagegen gelingt es leicht, das Serum bei vorsichtigem Ansäuern mit Milchsäure, Essigsäure oder Salzsäure anfangs klar es l. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 13 zu erhalten, aber nach Verlauf einer Stunde bei 25—30° C. schon serinnen zu machen. Die Gerinnung bleibt natürlich aus, wenn man die Säure nachträglich mit einer Base wieder abstumpft, denn man bekommt dann wieder eine Flüssigkeit, welche erst bei 45° C. gerinnt. Da sich nun nicht allein das aus Muskelschnee gewonnene Serum in der eben genannten Weise verhält, sondern auch das in todtenstarren Muskeln enthaltene, und das auf irgend einem an- dern Wege dargestellte, so wird es leicht begreiflich, wie man in allen diesen Flüssigkeiten Coagulationen bei sehr verschiedenen Temperaturen eintreten sehen kann, und andrerseits geht daraus hervor, dass man durch Auslaugen todtenstarrer Muskeln mit Wasser Flüssigkeiten gewinnen muss, die bei sehr verschiedenen Temperaturen gerinnen. Sind die Muskeln kaum todtenstarr ge- worden, so. gelingt es nach rasch ausgeführter Zerkleinerung, durch flüchtiges Kneten des Fleisches selbst mit destillirtem Wasser eine Flüssigkeit auszuziehen, welche sehr schwach sauer reagirt, und beim Stehen in der Wärme nachsäuert. Aus diesem Grunde kann auch ein solches Extract schon bei mässiger Wärme unter 40° C. gerinnen. Hat dagegen eine grosse Quantität Wasser län- gere Zeit auf die kaum erstarrten Muskeln eingewirkt, oder hat man altes, scharf saures Fleisch nur mit wenig destillirtem Wasser ausgezogen, so besitzt das Extract schon das Maximum des Säure- grades; was durch die Säure ausgeschieden werden konnte, hat sich schon in den Muskelfasern abgelagert, und die abfiltrirte Flüssigkeit gerinnt darum nicht eher als bei 45° C., selbst wenn sie noch so lange an einem warmen Orte gestanden hatte. So begreift es sich auch, weshalb ein todtenstarrer Muskel mit der Zeit immer trüber und undurchsichtiger werden muss, und weshalb diese Trübung in der That sich etwas aufklärt, wenn man diese Muskeln mit schwach alkalisch gemachtem Wasser extrahirt, hin- reichend um die saure Reaction nicht ganz abzustumpfen. Wird das so gewonnene Extract wieder etwas stärker angesäuert, so gerinnt es auch bei niederer Temperatur als 45°C. Es kann dann schon bei 40° C. und bei 35° C. coaguliren. In der Abhängiekeit der Gerinnselbildung von dem Säuregrade, stimmt das Muskelserum auffallend überein mit den von A. Rollett studirten Lösungsgemischen aus Kalialbuminat und phosphor- saurem Natron. Die einfachsten Reactionen zeigen uns, dass dieses Phosphat, wie bekannt, gerade im Muskelserum in reich- licher Menge enthalten ist, und wir können darum erwarten, darin 14 Il. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. senau (dieselben Reactionen zu finden, welche Aodett an seinem Lösungszemische wahrnahm. Man braucht in der That nur das Muskelserum mit irgend einer Säure, mit Milchsäure oder Essig- säure z. B. hinreichend anzusäuern, um den bekannten Nie- derschlag des ausgefällten Albuminats zu erhalten. Das Aus- bleiben dieser Fällung selbst bei sehr deutlicher saurer Reaction, das man immer wahrnimmt bevor ein bestimmter Ueberschuss der Säure zugesetzt wurde, erklärt sich hier aus demselben Grunde, wie das Klarbleiben einer Lösung von Kalialbuminat mit phosphor- saurem Natron, selbst wenn die Letztere mit Essigsäure oder Milchsäure ziemlich stark angesäuert wurde. Ich zweifle nicht an der Richtigkeit der von Zollet ausgesprochenen Vermuthung, dass (die Fällung des Kalialbuminats beim Beginne der sauren Reaction nur deshalb nicht eintritt, weil sich das gewöhnliche phosphorsaure Natron erst in das saure Phosphat verwandelt, denn ich fand, dass weder das Kalialbuminat, noch das Muskelserum durch eine Lösung von reinem saurem phosphorsaurem Natron gefällt wurde. Ist erst die ganze zugesetzte Salzmenge in dem Zollet'schen Gemische in saures Salz umgewandelt, so erzeugt der geringste Ueberschuss der zugesetzten Säure sogleich eine Trübung, und je nach dem Grade derselben gerinnt nun die Lösung bei verschiedenen Tem- peraturen, die bis auf 35° C©. hinabreichen können. Eine solche Opalescenz oder Trübung zeigt nun auch das saure Muskelserum immer, wenn es unter 45° GC. zu Flocken ge- rinnt, und diese Trübung klärt sich stets etwas, wenn man die freie Säure abstumpft mit gewöhnlichem phosphorsauren Natron. Dabei wird zugleich die Coagulationsfähigkeit unter 45° C. auf- gehoben. Wenn ich nun auch der Meinung bin, dass das Muskelserum immer Kalialbuminat neben phosphorsaurem Natron enthält, so muss ich doch daran festhalten, dass ausserdem noch ein beson- derer Eiweisskörper darin existirt. Dieser Körper ist derjenige, der die Coagulation bei 45° C. veranlasst. Der Grund zur An- nahme eines besonderen dritten Eiweisskörpers, oder, wie auch zugegeben werden kann, eines dritten, trennbaren Lösungs- semisches, liegt in der Unabhängigkeit der Coagulation bei 45° C. von dem Säuregrade. Ursprünglich alkalisches, oder saures nach- träglich sehr schwach alkalisirtes oder gerade neutralisirtes Mus- kelserum gerinnt ausnahmslos bei 45° C. Die Gerinnung tritt bei dieser Temperatur sogar noch ein, wenn man durch vorsichtigen Säurezusatz zuvor sehr viel Kalialbuminat ausgefällt, und durch l. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 15 ein Filter entfernt hat. Diese Umstände treffen für das #olet sche Gemisch nicht zu, und sie dienen daher zum Beweise für die Zu- sammensetzung des Muskelserums aus mehreren Eiweisslösungen. Wie bekannt, coagulirt ein grosser Theil des Eiweisses im Muskelserum erst bei höherer Temperatur, die man etwa auf 75° GC. veranschlagen kann. Ich habe diese spät coagulirenden Eiweisslösungen, die man durch längeres Erwärmen des Muskel- serums auf 45° ©. und Abfiltriren des Coagulats isoliren kann, nicht weiter untersucht, nicht nur weil sie für den Muskel nicht speeifisch sind, sondern auch, weil ich mich damit auf eine zu aus- sedehnte Untersuchung des Eiweisskörpers überhaupt hätte ein- lassen müssen. Nach dem Mitgetheilten besteht das Muskelserum aus drei trennbaren Lösungsgemischen: 1) Aus einer Lösung von Kalialbu- minat mit phosphorsaurem Natron; 2) aus einer Lösung, die bis zu einem gewissen Grade unabhängig von ihrer Reaction gegen Lackmus bei 45° C. gerinnt, und 5) aus einer erst gegen 75° C. gerinnenden Eiweisslösung. Das Syntonin. Der frische Muskel reagirt alkalisch und müsste, wenn er Syntonin enthielte, Reactionen zeigen, wie eine alkalische Syntonin- lösung. Keine der uns bekannten Reactionen des frischen Muskels spricht indessen für die Existenz dieses Körpers darin, und es könnte darum höchstens in Frage kommen, ob ausser den bis jetzt beschriebenen Körpern der Muskelsubstanz noch Syntonin daneben vorkomme. Augenscheinlich verliert selbst eine bejahende Ant- wort dieser Frage sehr an Interesse, wenn wir sehen, dass die andern Körper bei weitem die überwiegende Menge des Muskel- eiweisses bilden, und wenn wir dann aus Muskeln trotzdem grosse Mengen von Syntonin darstellen können, so würde die Antwort zugleich aussagen, dass das Syntonin auch aus anderen Eiweiss- körpern erst durch die angewendeten Lösungsmittel entstehen könne. ; Ich will beim Syntonin so wenig wie bei den Eiweisskörpern des Muskelgewebes auf die elementare, procentische Zusammen- setzung eingehen, denn Jedermann weiss, dass ihre Kenntniss uns um keinen Schritt weiter bringt, so lange wir gar keine Garantien für die Reinheit der zur Analyse verwendeten Dinge besitzen. Wir müssen uns vor der Hand bei (den Eiweisskörpern auf einige 16 l. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. Reactionen beschränken, und können damit auch ganz zufrieden sein, wenn diese uns einige Erscheinungen, die wir an den Ge- weben der Organismen wahrnehmen, begreiflich machen. Will man die Reactionen des Syntonins kennen lernen, will man namentlich sehen, wodurch sich seine Lösungen vor denen anderer Eiweisskörper auszeichnen, so muss vor allen Dingen Gewicht darauf gelegt werden, dass man auch nur Syntonin in der Lösung habe. Zu dem Ende darf man z. B. nicht zerhackte Froschmuskeln mit wenig Salzsäure von 0, 1p.C. zu einem Brei anrühren und abpressen, denn die so erhaltene zähe Flüssigkeit kann ausser dem Syntonin noch Kalialbuminat mit phosphorsaurem Natron, und andere nicht wie Syntonin sich verhaltende Körper enthalten. Zur Darstellung des Syntonins ist es vielmehr erforder- lich eine beträchtliche Menge der verdünnten Säure anzuwenden, und man kann nur dann sicher sein, eine Lösung zu erhalten, die alle Charaktere des Syntonins besitzt, wenn dieselbe auch beim Kochen nicht gerinnt. Ich habe mir Syntonin aus Froschmuskeln dargestellt, indem ich die von Blut befreiten Muskeln sehr fein zerhackte, mit Wasser nach Ziebig’s Vorschrift so lange extrahirte bis das Waschwasser keine Trübung mehr mit Salpetersäure gab, und den bläulich grauen bei 0° stets vor Fäulniss geschützten Muskelklumpen 24 Stunden lang mit dem 10fachen Volumen Salzsäure von 0, 1p.C. behandelte. Die filtrirte saure Lösung wurde durch Neutralisation mit kohlensaurem Natron gefällt, das Präcipitat erst durch Decantiren später durch Waschen auf dem Filter mit destillirtem abgekühlten Wasser vollkommen gereinigt, und die gelatinösen Häute vom Filter theils in Salzsäure von 0,1 p.C. theils in kohlensaurem Natron von 1 p.C. gelöst, und die Lösungen filtrirt. Je länger man das Syntonin auswäscht, oder auch vor fauligen Zersetzungen geschützt auf dem Filter feucht erhält, desto schwerer löslich wird es, und man thut darum gut die Operationen soviel wie möglich zu beeilen, selbst wenn man über eine vor Fäulniss schützende niedere Temperatur dauernd dis- poniren kann. Die Reactionen des Syntonins, die in einigen gebräuchlichen Handbüchern der physiologischen Chemie anders beschrieben werden, als ich sie finde, sind folgende: Die Lösung in Salz- säure von 0,1 p. ©. coagulirt nicht beim Kochen, wird kalt ge- fällt durch: Chlornatrium, Chlorammonium, Chlorcaleium, schwefel- saures Natron und schwefelsaure Magnesia. Alle diese Nieder- schläge erscheinen in verdünnten Syntoninlösungen als milchige I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 17 Trübungen, in concentrirteren als dicke, gelatinöse Massen. Beim Kochen verwandeln sich die Niederschläge in weisse undurch- sichtige Flocken. Die Lösung des Syntonins in kohlensaurem Natron von 1p.C. coagulirt nicht beim Kochen, wird schwach getrübt in der Kälte durch Chlornatrium sowie durch ein Gemisch von Chlorammonium und schwefelsaurer Magnesia, kaum getrübt durch Chlorammonium. Beim Kochen nehmen diese Trübungen zu, und der entstehende Schaum enthält feste, weisse Flocken. Von schwefelsaurem Natron wird die Lösung dagegen selbst in der Siedhitze nur unbedeutend getrübt. Die Lösung des Syntonins in Kalkwasser schäumt beim Kochen stark, und es gelingt nach längerem Erwärmen diesen Schaum zu einer feinen wenig durchsichtigen, weissen Flocke zusammen- zudrücken. Die davon befreite alkalische Lösung giebt nichts- destoweniger beim vorsichtigen Neutralisiren einen starken Niederschlag von unverändertem Syntonin. In der Lösung in Kalkwasser erzeugt: Chlorcaleium in der Kälte keine Trübung, in der Siedhitze eine starke Trübung; Schwefelsaure Magnesia in der Kälte schwache Trübung, in der Siedhitze flockige Fällung; Chlorammonium in der Kälte schwache Trübung, in der Siedhitze schwache Vermehrung der Trübung; Chlorhatrium in der Kälte Nichts, in der Siedhitze starke Fällung; Schwefelsaures Natron erzeugt weder in der Kälte noch beim Kochen eine Trübung. Diese Reactionen bleiben dieselben auch wenn die Lösung vorher gekocht und wieder abgekühlt war. Wie man sieht zeichnet sich die Lösung in Kalkwasser vor der in kohlensaurem Natron besonders aus durch die eigenthüm- liche partielle Coagulation beim Kochen. Lösungen in Barytwasser verhalten sich ebenso. Dass dieser Umstand nicht zu dem Aus- spruche berechtigen kann, alkalische Syntoninlösungen coagulirten in der Siedhitze, wie gewöhnliches Eiweiss, bedarf keiner weiteren Erörterung. Sogenannte spontane Coagulation findet in Syntonin- lösungen nie statt. Man kann zwar mit verdünntem Ammoniak oder Kalkwasser Syntoninlösungen herstellen, die dasselbe an der Luft ausscheiden, allein diese Ausfällung hat ihre handgreiflichen Ursachen, einerseits in dem Verdunsten des Ammoniaks, andrer- seits in der Fällbarkeit des Syntonins durch Kohlensäure. Die Kühne, Untersuchungen. 2 18 l. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. Lösung in Kalkwasser wird nämlich durch einen Kohlensäurestrom vollständig gefällt, und da die Kohlensäure den kohlensauren Kalk wieder auflöst, so erhält man eine flockige gelatinöse Fällung, welche nur aus sehr reinem Syntonin besteht. Ich lege auf die angeführten Reactionen Gewicht, weil sie (die einzigen Merkmale sind, an denen wir neben den bekannteren Eigenschaften der Fällbarkeit durch hin und her Neutralisiren, (las Syntonin erkennen, oder seine Abwesenheit constatiren können. Obwohl die Lösungen des Syntonins in kohlensauren Alkalien und verdünnten Säuren selbst in der Siedhitze nicht coaguliren, so ist doch auch dieser Eiweisskörper einer Umwandlung fähig, welche zu den Coagulationserscheinungen zu rechnen ist. Reines und wiederholt ausgewaschenes Syntonin wird nach dem Kochen in Wasser fast unlöslich. Salzsäure von 0, 1 p. C. löst zwar nach längerer Zeit auch von diesem coagulirten Syntonin etwas auf, nichtsdestoweniger lässt sich jedoch der Temperaturgrad ziemlich senau bestimmen, bei welchem das in Wasser suspendirte Syntonin schwerlöslich wird. Ich that zu dem Ende eine Anzahl Gläser, die mit einem dünnen Brei von reinem ausgefällten Syntonin und destillirtem Wasser gefüllt waren in ein Wasserbad, und erhitzte die Proben nacheinander während etwa 15 Minuten. Diejenigen, welche auf 60 und 70°C. erwärmt waren, gaben nach flüchtigem Schütteln mit sehr verdünnter Salzsäure ein Filtrat, das beim Neutralisiren noch stark gefällt wurde. Nach dem Erwärmen auf Ss0° war die Löslichkeit schon sehr vermindert, denn das Filtrat des mit Säure geschüttelten Gemisches zeigte beim Neutralisiren nur eine unbedeutende Trübung. Syntonin, das 15 Minuten auf 350 C. erhitzt war, wurde von der Säure innerhalb 5 Minuten und der dazu zu rechnenden Zeit des Filtrirens gar nicht mehr gelöst. Das hier erhaltene Filtrat blieb nach dem Neutralisiren voll- kommen klar. Zur Anstellung dieser Proben musste natürlich der Syntoninbrei erst wieder abgekühlt werden, bevor das Schütteln mit der Säure ausgeführt werden konnte. Sollte Syntonin neben den anderen Eiweisskörpern im Muskel vorhanden sein, so müsste es sich entweder in der ausgepressten Flüssigkeit gekochten Fleisches finden, oder es müsste doch nach- weisbar sein in dem Filtrate gekochter Fleischtlüssigkeit, aus der (las gewöhnliche Eiweiss als Gerinnsel durch das Filter entfernt wurde. Beide Flüssigkeiten enthalten noch eine Spur von Eiweiss- körpern, und ich habe Nichts dagegen einzuwenden, wenn man die- sen nicht coagulirbaren Rest für das Syntonin in Anspruch nehmen l. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz, 19 will, obwohl ich nicht durch alle Reactionen den Nachweis führen kann, dass er wirklich Syntonin enthält. Die Lösungen gaben mit Salpetersäure gekocht auf Zusatz von Ammoniak in der Regel noch eine deutliche Xanthoproteinsäurereaction, und da sie sauer reagiren, so mag sich bei Verarbeitung grosser Mengen wohl etwas daraus herstellen lassen, das sich wirklich wie Syntonin verhält. Lebende Froschmuskeln können bekanntlich durch rasches Kochen coagulirt und dabei alkalisch erhalten werden. Presst man solche stark geschrumpfte Muskeln aus, so erhält man eine milchige ganz dünne Flüssigkeit von scharf alkalischer Reaction, die sich einer ziemlich stark alkalischen Lösung von Kalialbumi- nat nicht unähnlich verhält, kurz ganz die Charaktere besitzt, wie die milchige Flüssigkeit die man aus verdünntem und nicht neutralisirtem Hühnereiweiss durch Kochen und Abfiltriren von den Gerinnseln erhält. Es ist nicht viel dagegen einzuwenden, wenn diese Flüssigkeit für eine alkalische Syntoninlösung ausge- geben werden soll, da die Lösungen des Syntonins in einem Alkali in der That die überraschendste Aehnlichkeit mit dem Kalialbuminat haben, ebenso wie die sauren Lösungen von dem sog. Acidalbumin nicht zu unterscheiden sind. Somit wären wir an den Punct gelangt, wo sich uns die Frage über die Entstehung des Syntonins aufdrängt. Es war mir seit langer Zeit schon bekannt, dass saure Lösungen irgend eines festen Albuminkörpers oder coagulirten Eiweisses voll- kommen mit den sauren Syntoninlösungen übereinstimmen. Ich habe mir solche Syntoninlösungen dargestellt, indem ich eine Lösung des Zieberkühn’schen Kalialbuminats mit Essigsäure fällte, das feine Präcipitat mit Wasser vollkommen auswusch und darauf in Salzsäure von 0, 1 p. C. löste. Nach hinlänglicher Einwirkung der Säure erhielt ich eine vollkommen klar filtrirende Lösung, die sich genau so verhielt wie eine salzsaure Syntoninlösung. Durch Kochen wurde sie nicht gefällt, wohl aber durch Neutrali- siren und im Uebrigen zeigte sie alle Reactionen, welche vorhin für das Syntonin angegeben wurden. Als ich den Körper durch Neutralisation mit kohlensaurem Natron gefällt hatte, und ihn auf dem Filter aussüsste, legte er sich ganz in der Form von selatinösen Häuten an das Papier, wie 'es das Syntonin thut. Mit Kalkwasser behandelt, gab er eine Lösung, die durch Nichts «von der Auflösung des Syntonins in Kalkwasser zu unterschei- den war. Ein andres ‚Verfahren das Syntonin zu bereiten, besteht in ) %* 20 I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. der längeren Behandlung von: Fibrin mit verdünnter Salzsäure. Was sich dabei nicht sogleich löst, löst sich nach längerer Zeit, oder beim Erwärmen im Wasserbade, und aus der sauren Lösung scheidet sich gerade wie aus der des aus Kalialbuminat darge- stellten Eiweisses, ein Niederschlag durch Neutralisation ab, der sich wieder genau verhält wie Syntonin, und dessen alkalische oder saure Lösungen alle Syntoninreactionen geben. Auch aus flüssigem natürlich vorkommenden Eiweiss kann man Syntonin gewinnen, ohne vorher eine Coagulation damit vorzunehmen. Ich verdünnte geschnittenes und geschlagenes Hühnereiweiss mit so viel Wasser bis es filtrirbar wurde, und versetzte das alkalisch reagtende klare Filtrat mit viel Salzsäure von 0, 1 p. C. Anfangs verhielt sich die Flüssigkeit, wie eine angesäuerte Lösung von löslichem Eiweiss. Sie coagulirte beim Kochen u. s.w. Als ich das Gemische jedoch 24 Stunden hatte stehen lassen, coagulirte es nicht mehr beim Kochen, wurde durch Neutralisation gefällt, und zeigte alle übrigen Reactionen des Syntonins, das ich auch in Substanz daraus darstellen konnte. Wie man sieht entsteht das Syntonin sowohl durch die Ein- wirkung der verdünnten Säure auf coagulirte, ausgeschiedene Eiweisskörper, wie durch eine allmähliche von der Säure her- rührende Umwandlung des löslichen Albumins, eine Thatsache, die aus den Untersuchungen über die Magenverdauung übrigens schon hinreichend bekannt ist. Daher kommt es denn auch, dass alle Eiweisskörper des Muskels sich unter Einwirkung verdünnter Salzsäure in Syntonin verwandeln, und darum ist es aucli für die Gewinnung eines Syntonins aus Fleisch mit constanten Reactionen eanz gleichgültig, ob das gehackte Fleisch vorher mit Wasser ausgelaugt wurde, denn man erhält aus dem ungewaschenen Fleische eine Lösung die gar nichts Anderes enthält, als Syntonin, ° wenn man nur hinreichend grosse Mengen verdünnter Säure anwendet und diese lange genug einwirken lässt. Um allen Ein- wendungen dabei zuvorzukommen, sei hier erwähnt, dass alle diese Versuche bei einer sehr niederen, vor Fäulniss schützenden Temperatur vorgenommen wurden. Es wirft sich nun die Frage auf, ob die Milchsäure, welche sich im Muskel nach dem Tode und nach dem Eintritt der Starre anhäuft, Anlass geben kann zu einer nachträglichen Bildung von Syntonin. Diese Säure ist so gut wie fast alle anderen Säuren geeignet zur Darstellung des Syntonins, und man dürfte darum erwarten, dass saurer Fleischsaft etwas Syntonin enthalte. Seine a I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. > £#] annähernd vollkommene Coagulirbarkeit in der Siedehitze lehrt jedoch, dass die Menge des Syntonins darin nur sehr gering sein kann. Dem entspricht auch die fast unmerkliche Zunahme der Opalescenz, welche solcher Saft bei genauer Neutralisation mit einem Alkali zeigt. Wie schon erwähnt lässt sich die Anwesen- heit des Syntonins in dem nach dem Kochen erhaltenen Filtrate des Saftes auch nicht mit Sicherheit darthun. Wenn ich bestritt, dass ein Körper, wie das Syntonin in (den Muskeln enthalten sei, so soll damit nicht ausgeschlossen sein eine Eigenthümlichkeit der geronnenen Eiweisskörper der Muskel- fasern, die sich eben in der raschen Löslichkeit in verdünnten Säuren ausdrückt. Aber wie wir nicht ohne Weiteres Blutfibrin mit Syntonin identificiren werden, weil es sich in verdünnten Säuren lösen kann, und weil aus dieser Lösung Syntonin durch Neutralisation gefällt werden kann, so wollen wir auch nicht zu- geben, dass der aus der salzsauren Muskellösung fällbare Körper schon in den Muskeln vorhanden gewesen sei. Unzweifelhaft verhält sich indessen der todtenstarre Muskel oder sein auf die verschiedensten Weisen isolirtes Coagulat, anders zu verdünnter Salzsäure, als z.B. das Fibrin des Ochsenblutes, und man kann darum diesem Gerinnsel ebenso gut specifische Eigenschaften zu- schreiben, wie man das Fibrin des menschlichen oder Schweine- bluts von dem des Rindes unterscheidet, das sich so viel schwerer in verdünnten Säuren löst, als jenes. Drücke hat die leichte Lös- lichkeit des Muskelgerinnsels in sauren Flüssigkeiten erklärt durch den Nachweis des Pepsins in den Muskeln und ich muss mich seiner Auffassung der Sache anschliessen, weil ich aus vielen Versuchen über Fibrinverdauung gesehen habe, dass die erste Wirkung eines Pepsinzusatzes zur Säure in der raschen Lösung des Fibrins besteht, ohne dass bereits eine wirkliche Peptonbildung erfolgt. Das erste Product aller Eiweissverdauung ist das Syntonin, und alle Peptone bilden sich erst aus diesem. Diesen von Brücke hervorgehobenen Umstand konnten Diejenigen unmöglich richtig würdigen, welche zu Verdauungsversuchen nicht das Fibrin direet verwendeten, sondern dasselbe erst in verdünnter warmer Säure lösten, den daraus durch Neutralisation fällbaren Körper der Pepsinwirkung auszusetzen. Das zu verdauende Object (das also kein Fibrin mehr war, sondern Syntonin, musste sich natür- lich sofort in der Säure des Magensaftes lösen, da die eine Um- wandlung, die das Pepsin im Verein mit der Säure so unvergleich- lich viel rascher bewirkt, als die Säure allein, bereits stattge- 22 I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. funden hatte, und darum nachträglich nicht wieder beobachtet werden konnte. Dass es Pepsin sei,. welches den Muskeln diese leichte Löslichkeit ertheilt, wird noch besonders wahrscheinlich durch die Schwerlöslichkeit gekochter Muskeln, in denen das Pepsin seine Wirksamkeit eingebüsst hat. (Gekochtes Fibrin aus Ochsenblut hingegen löst sich in verdünnter Salzsäure nicht schwerer als ungekechtes, und dieser letztere Umstand lehrt uns, dass der Eiweisskörper durch das Kochen nicht gerade schwerer löslich zu werden braucht, so wie dass die schwerere Löslichkeit, wo sie selbst dadurch herbeigeführt wird, von der Vernichtung eines anderen für die rasche Löslichkeit erforderlichen Körpers abhängen kann. Wir müssen nach einer solchen Deutung des Factums suchen, weil uns die Beschaffenheit des Syntonins gar keinen Anhaltepunct giebt für die des Muskels. Um endlich die ganze Differenz zwischen dem Muskelcoagulat und dem gefällten Syntonin noch besonders hervorzuheben, sei hier nochmals auf die leichte Löslichkeit des Ersteren in concentrirten Salzlösungen, und auf die Unlöslichkeit des Syntonins darin aufmerksam gemacht. Das Muskelcoagulat (Myosin) ist ausserordentlich leicht lös- lich in verdünnten ätzenden Alkalien, kohlensauren Alkalien und im Kalk- oder Barytwasser. Die so entstehenden Lösungen verhalten sich ganz wie alkalische Syntoninlösungen. Auch durch diese Mittel muss also Syntonin erzeugt werden können. Hier ist natürlich an eine Pepsinwirkung nicht zu denken, und wir müssen zugeben, dass sich das Muskelcoagulum selbst darin auszeichnet vor anderen seronnenen Eiweisskörpern, und z.B. auch vor dem Fibrin, das sich nur sehr wenig und langsam in diesen Mitteln löst. Es herrscht hier genau derselbe Unterschied, wie er sich auch in dem Verhalten des Fibrins zu Salzlösungen bekundet, die das Fibrin aller Blut- sorten zwar lösen, aber so langsam und so wenig, dass an eine Vergleichung mit der Löslichkeit des bei der Todtenstarre ent- stehenden Coagulums nicht gedacht werden kann. Die leichte Löslichkeit in verdünnten Säuren, verdünnten Alkalien, kohlensauren Alkalien und concentrirten Salzlösungen, _ zeichnet das Muskelgewebe nicht so sehr vor anderen Geweben aus, wie gewöhnlich angenommen wird. Schon Denis (l. ce.) hat dies für viele Gewebe erwiesen, und ich werde später zeigen dass Gerinnungsvorgänge, die mit der Todtenstarre der Muskeln die auffallendste Aehnlichkeit besitzen, an ausserordentlich vielen Stellen des Körpers dem entsprechend auch wirklich auftreten. Alles was man Protoplasma nennt zeigt eben dieses Verhalten. rn I. Die Eiweisskörper der Muskelsuhstanz. 3 Will man den Muskelinhalt mit Etwas künstlich darstellbarem vergleichen, so wird man zunächst an das Zieberkühn'sche Kalial- buminat denken müssen. Der Eiweisskörper, den man mit Essig- säure aus Lösungen des Kalialbuminats niederschlagen kann, löst sich äusserst leicht in verdünnten Säuren und Alkalien, und ist ferner löslich in concentrirten Salzlösungen, aus denen er durch Wasser wieder gefällt wird, wie die Lösungen des Myosins in Salzen. Endlich sei hier noch bemerkt, dass man den ganzen Muskel in das Zieberkühn’sche feste Kalialbuminat verwandeln kann. Die nach Weissmann's Methode mit sehr concentrirten Kalilösungen isolirten Muskelfasern sind Pseudoformen, welche nur aus Kalialbuminat bestehen. Man erhält sie am besten, wenn man Muskeln mit concentrirtem Kali gerade durchtränkt, einen etwaigen Ueberschuss durch Fliesspapier entfernt, und die aus- einanderfallenden Muskelfasern rasch mit Alkohol wäscht. Thut man sie nachher in destillirtes Wasser, so kann man den letzten Rest anhaftender Kalilösung fortwaschen, ohne dass sich die Fasern auflösen. Nur nach anhaltendem Kochen mit Wasser erfolgt dann endlich die Lösung unter starkem Schäumen. Auch das letzte Muskelstück erweist sich dabei, bevor es ganz gelöst ist, noch als das Bruchstück einer Faser mit ganz deutlich erkenn- baren Querstreifen. In der Lösung existirt ausser wahrem Kalial- buminat kein anderer Eiweisskörper. Von den Ursachen der Gerinnung des Muskelplasma. Ein Theil der Gerinnungsvorgänge, denen ein Muskel nach dem Tode verfällt erklärt sich leicht aus der Bildung freier Säure, welche, wie wir sahen, die Erscheinungen der Todtenstarre weiter ausprägt, durch Ausscheidung neuer Gerinnsel aus dem Muskel- serum. Ebenso verständlich sind uns die plötzlich auftretenden Gerinnungserscheinungen, wenn der Muskel rasch zu säuern be- sinnt, noch bevor die eigentliche Todtenstarre vorhanden ist, denn hier wird zuletzt das Nämliche eintreten müssen, wie wenn ınan die Muskelflüssigkeit in verdünnte Säuren siesst. Was ferner geschieht, wenn wir statt der Säuren nur destillirtes Wasser anwenden, wird uns ebenso verständlich, wenn wir sehen, dass alles sog. lösliche Eiweiss sich darin nicht anders verhält. In der That sind es nicht die Muskelflüssigkeit und die Lösung des 24 l. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. Myosins in Salzen allein, welche in destillirtem Wasser fest werden, sondern wir können dasselbe beobachten an Hühnereiweiss. Ich zerschnitt Hühnereiweiss gehörig mit der Scheere, bis es den höchsten Grad von Dünnflüssigkeit erlangt hatte, und peitschte es hierauf so lange mit einer kleinen Ruthe, bis es zum grössten Theile in einen feinen Schaum verwandelt war. Das Gefäss wurde dann an einen kühlen Ort gestellt, und die blasenfreie Flüssigkeit mit einer Pipette weggenommen, als sich sämmtliche Häute in dem Schaume der Oberfläche angesammelt hatten. So behandeltes Hühnereiweiss lässt sich auch ohne vorherige Verdünnung erst durch Leinen später durch Papier filtriren, und ist dann geeignet zu ganz Ähnlichen Versuchen, wie die Muskelflüssigkeit. Ein Tropfen davon in destillirtes Wasser gelassen bedeckt sich sogleich mit einer feinen weissen Haut, die sich während des Sinkens zu einem faltigen Schweif zusammen legt, der in der grossen Masse destil- lirten Wassers unlöslich ist. Fällt ein Tropfen dieses filtrirten Eiweisses in Salzsäure von 0,1 p. C., so gerinnt er in der nämlichen Weise, wie Muskelplasma, das Coagulum löst sich aber während des Sinkens wieder auf, und man bekommt auf diesem Wege sehr rasch eine salzsaure Syntoninlösung. Das durch Wasser fest ge- wordene Eiweiss löst sich mit derselben Leichtigkeit in verdünnter Säure zu einer Syntoninlösung auf, und verhält sich ausserdem im höchsten Grade übereinstimmend mit dem Muskelplasma darin, dass es sich sehr leicht in neutralen Salzlösungen auflöst. Dies Verhältniss ist auch bereits bekannt, denn man weiss, dass ver- dünntes durch Wasser getrübtes Eierweiss auf Zusatz von Chlor- natrium, Chlorammonium u. s. w. wieder klarer wird, und dass das durch Wasser mit den Häuten fest ausgeschiedene Eiweiss auf dem Filter durch Behandlung mit Salzen von den eigentlichen Membranen getrennt werden kann. Wenn wir annehmen, dass ein Theil des Mus- keleiweisses, wie im Eierweiss gelöst ist durch Salze, so wird uns der rapide Eintritt der Todtenstarre auf Wasserzusatz verständlich. Das Muskelplasma kann indessen auch ohne Wasserzusatz, und auch ohne Säuerung gerinnen, wie das Blutplasma oder das der Lymphe und ich musste aus diesem Umstande gleich schliessen, dass diese Coagulation, die man ganz unverfänglich als eine spon- tane, zum Unterschiede von den anders eingeleiteten Gerinnungen, bezeichnen kann, auf ähnliche Ursachen zurückzuführen sei, wie die Gerinnung des Blutes. Nachdem die Ursachen der Gerinnung des Fibrins durch die ausgezeichneten Untersuchungen von 4. Schmidt bis zu einem ge- I, Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 25 wissen Grade aufgeklärt worden sind, lag es nahe, durch analoge Versuche wie die berühmten von Schmidt am Blute angestellten, denselben Ursachen auch für die Gerinnung des Muskelplasma nachzuforschen. Ich wollte nachsehen, ob bei der Ausscheidung des Myosins ein Gerinnungserreger wie die fibrinoplastische Sub- stanz thätig sei. Die rothen Blutkörperchen enthalten vorzugs- weise diese Substanz, und daraus mag sich denn auch der rasche - Eintritt der Todtenstarre herleiten lassen, welcher auf Benetzungen des Muskelquerschnitts mit Blut erfolgt. Es giebt in der That kaum ein besseres Mittel einen Muskel rasch abzutödten , als die Durchtränknng eines verletzten Muskels mit Blut. Mösglicher- weise erklärt sich daraus auch die heftige Zuckung, welche jedes- mal eintritt, wenn man den frischen Muskelquerschnitt in Blut taucht. Der folgende Versuch wird zeigen, dass der Gerinnungserreger des Blutes auch auf die Gerinnung des isolirten Muskelplasma von Einfluss ist. Fein zerriebenes Muskeleis aus ganz durch Injeetion mit ver- dünnter Kochsalzlösung gereinigten Froschmuskeln dargestellt, wurde in zwei Portionen getheilt, und zu der einen Hälfte voll- ständig geronnenes, und mit dem Fibrin in Eis verwandeltes, spä- ter gepulvertes Froschblut gesetzt. Hierauf wurde der aufgethaute Muskelsehnee durch zwei Leinenfilter in zwei auf 0° abgekühlte Bechergläser filtrirt, und die Filtrate neben einander in derselben Temperatur aufbewahrt. In dem durch das Blut gefärbten Plasma trat die Gerinnung schon nach einer Stunde ein, als die Temperatur desselben 7° C. betrug, in dem anderen Glase war dagegen die Flüssigkeit zu dieser Zeit noch so flüssig, dass mit einem abge- kühlten Glasstabe einzelne Tropfen herausgenommen werden konn- ten, die auf eine mässig warme Tischplatte geworfen, sofort ge- rannen. Dabei reagirte der Inhalt beider Gläser noch deutlich alkalisch. Erst 2% Stunden später, als die Temperatur 12° C. betrug, war das nicht mit Blut versetzte Plasma soweit fest ge- worden, dass das Glas umgedreht werden konnte. Während dieser Zeit hatte sich das andere gefärbte Gerinnsel stark zusammen- gezogen, viel stärker als ich es je bei einem Muskelgerinnsel sonst gesehen hatte. In diesem Zustande bildete es einen gelatinösen Klumpen wie frisch geronnenes Fibrin. Durch heftiges Schütteln zog sich der Klumpen noch mehr zusammen, worauf die Aehn- lichkeit mit lockerem Blutfibrin noch mehr hervortrat. Der Zusatz grösserer Mengen fihrinoplastischer Substanz be- 26 I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. schleunigt demnach nicht allein die Gerinnung des Muskelplasma, sondern moditieirt auch die Form des Gerinnsels. Aus Ad. Schmidts Untersuchungen wissen wir, dass die fibrino- plastische Substanz nicht allein in den rothen Blutkörperchen vorkommt, sondern auch gelöst im Blutserum, und dass sie sich ferner findet in fast allen mit Zellen versehenen thierischen Flüssig- keiten und Geweben. Der Muskel macht davon keine Ausnahme, aber er unter- scheidet sich von anderen Geweben, wie z. B. von dem der Cornea dadurch, dass er nur ausserordentlich geringe Mengen davon ent- hält, oder mit anderen Worten dadurch, dass er nur sehr langsam fibrinoplastisch wirkt. Legt man einen frischen noch alkalisch reagirenden Froschmuskel in Pericardialflüssiekeit vom Menschen, von der man schon weiss, dass sie allein nicht gerinnt, und ver- setzt man zur selben Zeit eine ebenso grosse Quantität dieser fibrinösen Flüssigkeit mit einem Tropfen geschlagenen Frosch- bluts, so gerinnt der bluthaltige Theil schon nach einigen Minuten, während in der anderen Portion noch keine Ausscheidung zu sehen ist. Erst nach 3 bis 4 Stunden beginnt hier der Muskel sich mit einer gallertigen Fibrinschicht zu umgeben, die nur sehr allmählich wächst. Man erkennt dieselbe leicht als wahres Fibrin, wenn man die Masse stark schüttelt, worauf sich die Gallerte zu Fäden zu- sammenzieht, die dem Muskel anhängen. Zur Ausführung dieses Versuches muss eine ziemlich bedeutende Menge der alkalisch reaegirenden fibrinoplastischen Flüssigkeit benutzt werden. Wirkt das Alkali nicht der Säuerung des Muskels entgegen, so tritt gar keine Ausscheidung von Fibrin ein, da die freie Säure die Wirk- samkeit der fibrinoplastischen Substanz vernichtet, und endlich zu einer feinen Trübung Anlass giebt. Man könnte glauben, dass die im Muskel vermuthete fibrino- plastische Substanz dennoch in nicht unerheblicher Menge darin vorkomme und dass die Gerinnung in der Pericardialtlüssigkeit nur deshalb so langsam ausfalle, weil die Substanz nicht gehörig durch das Sarkolemm diffundire. Obgleich ich den Einfluss eines der- artigen Umstandes nicht in Abrede stellen will, so lehrt uns doch ein anderer Versuch, dass die langsame fibrinoplastische Wirkung des Muskels noch von etwas Anderem herrühren muss. Ich liess 50 C. C. Pericardialflüssigkeit zu Eis gefrieren, pul- verte dasselbe und vermischte es dabei mit einer Messerspitze voll Muskelschnee. Nach sorgfältigem Zerreiben liess ich die Masse I. Die Eiweisskörper der Muskelsubstanz. 27 wieder aufthauen um zu sehen, wann die Gerinnung eintreten würde. Sie erfolgte erst nach 3 Stunden. Als ich darauf 50 ©. C. der nämlichen Pericardialflüssigkeit in Eispulver verwandelt mit 5 Tro- pfen geschlagenen und gefrorenen Froschbluts zerrieb, gerann die Masse nach dem Aufthauen schon in einer halben Stunde. Aus diesen Versuchen ergiebt sich, dass der Muskel im Vergleiche zum Blute wenigstens nur ausserordentlich wenig fibrinoplnstische Sub- stanz enthalten kann. Die leichte Coagulirbarkeit des Muskelplasma unter Einwir- kung mechanischer Veränderungen machte es mir unmöglich, aus dieser syrupösen Flüssigkeit den fibrinoplastischen Körper zu ge- winnen. Man bekommt zwar durch Einleiten von Kohlensäure in die stark gekühlte Masse Trübungen und Niederschläge, allein mir fehlten bisher die richtigen Mittel, dieselben zu isoliren, und von etwaigen Gerinnseln zu trennen. Ich muss darum auf den klaren Beweis vor der Hand verzichten, dass die Gerinnung des alkalischen Muskelplasma herrühre von der gegenseitigen Einwirkung zweier Körper, einer fibrinoplastischen Substanz auf eine fibrinogene. In Erwägung der geringen fibrinoplastischen Wirksamkeit des Muskelplasma muss jedoch die Annahme eleicher Ursachen der Blut- und Muskelgerinnung sehr gefällig scheinen. Sie würde uns erklären, warum das Muskelplasma so viel langsamer als das Blutplasma gerinnt, und würde auch erklären, weshalb das Muskel- plasma rasch gerinnt, wenn wir es mit fibrinoplastischer Substanz in grösserer Menge versehen. Il. Die Bewerungserscheinungen der Amoeben. Als ich begann die Gontractionserscheinungen niederer Orga- nismen zu untersuchen, in dem Streben, die bisher an den Muskeln der Wirbelthiere beobachtete Bewegung, auch bei solchen Orga- nismen kennen zu lernen, welche eigener musculöser Apparate entbehren, richtete sich meine Aufmerksamkeit sogleich auf den kleinen Organismus, den man sich gewöhnt hat, als eine der nie- driesten Stufen thierischer Organisation anzusehen. Ich unter- suchte die Amoeben, jene mikroskopisch kleinen Gallertklümpchen, deren ganze Körpermasse scheinbar aus einem allen nothwendigen Verrichtungen dienenden Brei besteht. Die Substanz der Amoeben ist gallertartig, mit feinen Körnchen durchsetzt, enthält in vielen Fällen ein grösseres einem Kerne mit Kernkörperchen ähnliches Gebilde, und dient, wie es scheint, so gut zur Ortsbewegung unter Formveränderungen des ganzen Thieres, wie zur Aufnahme, Ver- dauung und Ausstossung anderer als Nahrungsmittel aufzufassender Dinge. Unglücklicherweise standen mir früher nur Amoeben des Seewassers zur Verfügung, und diese zeigten trotz ihrer ohne nach- weisbare Ursache vor sich gehenden, fast immer gleich lebhaften Bewegung, zu meiner Ueberraschung ein so indifferentes Verhalten gegen alle Mittel, mit denen ich ihnen beizukommen suchte, dass ich davon abstehen musste, diese Amoeben in die Reihe der übri- gen bekannten thierischen contractilen Substanzen einzuführen. Unsere an Infusorien so reichen Gewässer in der Umgegend von Berlin boten mir indessen bald Gelegenheit, auch die Amoeben des süssen Wassers kennen zu lernen, und ich hoffe durch die Beobachtungen über dieselben eine durchgreifende Verschiedenheit zwischen der früher verwendeten sehr kleinen Amoeba marina und der unsrigen zeigen zu können. — - II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 29 Ohne auf die Systematik der Amoeben eingehen zu wollen, sei hier im Voraus bemerkt, dass das Wasser unserer Teiche und Gräben in seinem Schlamme zweierlei Formen der Amoeben führt. Man findet darunter Thiere mit langsamer Bewegung, und diese besitzen in der Regel die Gestalt der Amoeba radiosa, ausgezeich- net durch ihre langen conischen Fortsätze, und dazu eine zweite Amoebensorte, welche selten längere «dünne Fortsätze ausschiebt, aber meistens raschere Bewegungen zeigt. Nur an diesen letzteren Thieren habe ich Beobachtungen angestellt, wozu mich schon die seltenere Erscheinung der langarmigen Amocben zwang. Ich nenne das Thier, an welchem experimentirt wurde, in Ueberein- stimmung mit der Mehrzahl unserer Zoologen Amoeba diftluens. Man hat behauptet, dass auch diese Amoebe stets von einem hyalinen Mantel umgeben sei und dass es dieser Theil des Thieres sei, welcher in Form feiner Fortsätze hervorgeschoben werde. Ohne die zeitweilige Existenz eines hyalinen Saumes bestreiten zu wollen, muss ich nach langen und aufmerksamen Beobachtungen schon von vorn herein Werth darauf legen, dass derselbe nicht con- stant vorhanden ist. Die hyaline Randschicht ist niemals an der Körperseite scharf begrenzt, und besitzt eine so verschiedene Dicke, gleichviel ob der Rand des Thieres abgerundet oder men- branartig vorgeschoben ist, dass ein grosser Theil derselben schon deshalb nicht für eine constante Umhüllungsmasse gelten kann. Feinere Fortsätze, welche von den Thieren ausgehen, sei es nun in Form conischer Arme, oder in Form kleiner baumartig hervor- spriessender Fortsätze, sind zwar in der Regel bis hart an ihre Basis hyalin und frei von Körnchen, allein die Körner können den- noch häufig bis an die äusserste Spitze solcher Bildungen so weit vordringen, dass sie kleine Hervorragungen an den Spitzen und Rändern bilden. Das Letztere kann auf zweierlei Art geschehen. Es bildet sich entweder zuerst ein hyaliner Fortsatz und in diesen dringen ‚die Körnchen wie fliessend bis zur Spitze ein, oder die körner- reiche Substanz bildet selbst von vorn herein den Fortsatz, indem sie an seiner Bildung sogleich mit Theil nimmt. Finden diese ' Vorgänge an grösseren Mengen der Amoebensubstanz statt, so sieht man im ersteren Falle eine sack- oder membranartige Masse her- vortreten, in welche die Körner nachströmen, und es bilden sich sogenannte Bruchsäcke, die besonders diese Bezeichnung recht- fertigen, wenn die vorgeschobene Masse sich an der Basis wie- der einzuschnüren beginnt. Wo indessen im Augenblicke der 30 Il. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben, Hervorschiebung grösserer Massen kein hyaliner Saum sichtbar ist, gleicht die Erscheinung nicht diesem Bilde, sondern mehr einem Herüberwälzen der ganzen Körpersubstanz. Auch an einer für einige Zeit ruhenden Randschicht des Thieres kann man leicht das Kommen und Gehen der Körnchen erkennen und zwar sieht man sie sowohl in grösserer Menge plötzlich in den Saum hineinfliessen und vom Rande wieder zurücktreten, oder man sieht sie auch ein- zeln stossweise an den Rand vordringen und ebenso wieder zurück- gehen. Genaue Einstellungsversuche am Mikroskope lehren, dass die Erscheinung nicht bedingt wird durch Kräuselungen oder Knöt- chen, welche über die Oberfläche wandern, da die Körnchen in der Substanz mitten drin liegen und auch sehr häufig gefärbt sind. Es verdient erwähnt zu werden, dass Contractionswellen, welche wie laufende Körnchen aussehen, Euer ea bei der Amoebe nicht vor- kommen. Die wahren und constant vorhandenen Körnchen haben, wie hier ebenfalls gleich bemerkt werden mag, nichts gemein mit den kleinen prismatischen Körpern der Muskeln höherer Thiere, welche nach Brücke's Entdeckung aus Gruppen kleinerer doppelt brechender Körperchen bestehen, denn die Körnchen der Amoeben sind wie ihre Grundsubstanz einfach lichtbrechend. Die Amoeben sollen, wenn sie sich contrahiren, kugelförmig werden. Ich weiss nicht, woher diese Angabe stammt, ich kann aber ganz bestimmt versichern, niemals eine Amoebe freiwillig eine vollkommene Kugelgestalt annehmen gesehen zu haben. Die Amoebe kann wohl ganz ruhig daliegen, ohne eine Spur von Bewegung, und besitzt dann immer eine abgeplattete, sehr viel- gestaltige Form; dass sie aber ihre ganze Leibesmasse aus freiem Willen contrahiren und dabei in eine constante Form überführen könne, habe ich nie gesehen, und ich vermuthe, dass man ab- gestorbene Amoeben oder solche, welche sich zur Einkapselung anschicken, für kugelförmig en genommen habe. Der Gedanke, dass die Amoebe im Maximum der Contraction, oder wenn man will, auch im Tetanus die Kugelform annehmen müsse, liegt nichtsdestoweniger sehr nahe. Und dem ist in der That so. Als ich nämlich einen mit lebhaft beweglichen Amoeben er- füllten Wassertropfen zwischen zwei auf Glasplatten gekittete dünne Platinbleche brachte, und eine Reihe mässiger Inductionsschläge hindurchgehen liess, zogen sich alle Amoeben zur Kugelgestalt zusammen. Kurz nachher begannen sie ihre gewöhnlichen Be- weeungen wieder, um sich bei erneuerter Reizung wieder sämmt- [5] II. Die Bewegungserscheinungen der Anmıoeben. 31 lich in unbewegliche Kugeln zu verwandeln. Lässt man mit einiger Vorsicht die Stärke der Induetionsschläge durch langsames Nähern der primären Rolle an die secundäre Spirale des du Bois’schen Schlittenapparats allmählich anschwellen, so erkennt man sehr deutlich, wie das Thier zur Kugelform gelangt. Im Beginne der Reizung verwandelt sich nur ein Theil der Amoebe in diese Gestalt, sie erhält nur an einer Stelle eine kugelförmige Auftreibung, in welcher noch ein lebhaftes Hin- und Herwälzen stattfindet, während ein anderer Theil gleichviel ob hyalin oder körnig, wie ein flacher Anhängsel an die Kugel sich anzusetzen scheint, der erst allmählich mit eingezogen wird. Diese Contraction tritt durchschnittlich in meiner Vorrichtung bei einer 4 Mm. be- tragenden Entfernung der Platinelektroden von einander ein, wenn die Rollen des von zwei kleinen Grove’schen Elementen getriebenen Induetionsapparats gerade bis zur Berührung ihrer Enden ge- nähert werden. Schiebt man die secundäre Rolle näher heran, bis sie die primäre um einige Cm. umeiebt, so schwindet in der kugeligen Amoebe zunächst jede an den Körnchen erkennbare Bewegung, es hat den Anschein, als ob die"Bestrebungen des Thieres sich wieder auszudehnen, wofür man das unruhige Hin- und Herwälzen des Kugelinhalts zu halten geneigt ist, durch die andauernde 'stärkere Reizung vereitelt werden. Verstärkt man jetzt die Induetionsschläge, indem man die Rollen nur noch um eine Spur übereinander schiebt, so platzt die Kugel plötzlich und es Schiesst aus ihr ein wurstförmiges Gerinnsel hervor, das fast immer den Kern mit sich führt. Alle diese Vorgänge sind am besten zu beobachten, wenn man den rasch arbeitenden Hammer des Indluctionsapparats durch ein eingeschaltetes Quecksilbernäpfchen ersetzt, in welches man nach Belieben mit der Hand den mit einem Haken versehenen einen Leitungsdraht der Kette eintaucht. Bei einem nicht mit der Helmholtz’schen Modification versehenen Inductionsapparate sind natürlich nur die immer gleich gerichteten Oeffnungsschläge wirksam, wenn man die Rollen nicht zu weit über einander schiebt. Sind die Letzteren noch um einige Centimeter von einander entfernt, so scheinen einzelne Oeffnungsschläge die hin und her- wälzenden Bewegungen der Amoebe etwas anzuregen, ohne dass sich eine gerade von der Reizung abhängige Formveränderung wahrnehmen liesse. Man sieht dies besonders auffällig bei solchen Amoeben, die aus irgend einem uns unbekannten Grunde nur eine äusserst träge Bewegung zeigen. Für diese genügt oft ein 32 II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben einziger schwacher Oefinungsschlag, um das Thier sogleich für längere Zeit zu den lebhaftesten wälzenden und kriechenden Be- wegungen anzutreiben, die sich auch nicht ändern, wenn man unterdessen diese schwachen Oeffnunesschläge wiederholt. Nähert man die Rollen bis auf ungefähr 1 Cm. Abstand, so verwandelt sich der grösste Theil der Amoebe auf einen einzelnen Oeffnungs- schlag sofort in die Form einer Kugel, welcher noch ein Rest in Form von Buckeln und Lappen anhaftet. Diese mit unregel- mässigen Anhängseln besetzte Kugel erhält sich lange, wenn man jedesmal, wo sie sich wieder abzuplatten strebt, von neuem einen Oeffnungsschlag anwendet. Lässt man dagegen mehrere Oeffnungs- schläge derselben Stärke schnell hintereinander folgen, so werden auch die Anhängsel rasch in die Kugel hineingezogen, und treten nicht eher wieder daraus hervor, bis die Reizung unterbrochen wird. Das Vorschieben einzelner Spitzen und Lappen oder die Abplattung der Kugel, auf welche sofort wieder die wälzende Bewegung folgt, tritt nicht sogleich nach dem Aufhören der Reizung ein. Diese Zeit scheinbarer Ruhe nach der Reizung ist abhängig sowohl vom der Zahl der angewendeten Inductionsschläge wie von der Stärke derselben. Besonders spät stellt sich die freiwillige Bewegung des Thieres wieder ein, wenn man den In- halt der Kugel selbst durch wenige stärkere Oeffnungsschläge vollständig zur Ruhe gebracht hat. Offenbar zeigt demnach die contractile Substanz der Amoeben eine Uebereinstimmung mit der Muskelsubstanz, welche, wie bekannt, erstens leichter erregbar ist für eine schnell aufeinander folgende Reihe von Inductions- schlägen, sich leichter contrahirt beim Tetanisiren als nach einzelnen Reizungen derselben Mächtigkeit !), und welche zweitens nach stärkeren Reizungen langsamer in den Zustand der Er- schlaffung zurückkehrt. So lässt sich denn auch ein der Ermüdung des Muskels ähnlicher Zustand an den Amoeben erzeugen, denn man ist genöthigt nach mehrmaliger Reizung des Thieres besonders, wenn es nur sehr langsam aus der Umwandlung in eine völlig bewegungslose Kugel seine sehr trägen Bewegungen wieder ent- wickelt, immer stärkere Reizungen anzuwenden, um das Maximum der Contraction wieder hervor zu bringen. Reizt man endlich das Thier immer wieder von neuem, sowie es Lust zeigt sich wieder auszudehnen, mit der Vorsicht dabei nie so weit zu gehen, !) Vergl. A. Fick, Wiener. akad. Sitzgsber. Malh.-naturw. Cl. 2. Abıh. XLVIN. p. 220 _222. Il. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 33 dass es zerplatzt, so hört schliesslich alle Bewegung auf, man erhält eine ganz bewegungslose Kugel, welche immer undurch- sichtiger. und trüber wird, und endlich einen kugeligen geronnenen Klumpen darstellt. Das Thier stirbt ab, und gerinnt augenschein- lich, denn der körnige Klumpen kann nur durch Druck auf das Deckglas in einzelne Bröckel zersprengt werden. Die Amoeben ziehen bekanntlich in ihre Körpermasse ziem- lich grosse Dinge hinein, welche ihnen augenscheinlich zur Nahrung dienen, und besondere Vorliebe scheinen sie für Bacillarien zu be- sitzen, deren sie oft eine grosse Menge enthalten. Sie wagen sich selbst an so grosse Exemplare, dass sie dabei häufig zu einer sehr bedeutenden Ausdehnung ihrer Körpermasse genöthigt werden. Nicht selten sieht man dann eine mit Bacillarien vollgepfropfte Amoebe sich ihrer Last freiwillig entledigen, indem eines dieser harten Stäbchen rasch ausgestossen wird, und unter Mitführung eines feinkörnigen Breies die Amoebe verlässt. Immer wenn eine Amoebe Bacillarien enthält, deren Längsaxe grösser ist als der Durchmesser der Kugel, welche das Thier im Maximum seiner Contraction bilden kann, lässt sich dieses Ausspeien der Nahrung künstlich erzeugen. Man braucht das Thier nur schwach zu reizen, bis es Kugelgestalt angenommen hat, um sogleich die Bacillarie hervortreten zu sehen. Anfangs ragt der unbiegsame Stab noch von einem Fortsatze der Amoebensubstanz überzogen, aus der Kugel an einer oder an beiden Seiten heraus, so wie man aber jetzt die Reizung ein wenig verstärkt oder öfter wiederholt, schiesst er mit einer Spitze voran aus der Amoebe heraus, immer begleitet von einer mehr oder minder grossen Menge körniger, breiartiger Masse. Schaden für die weitere Existenz des Thieres scheint diese künstliche Purganz nicht mit sich zu bringen, da es später wieder munter fortkriechen und von neuem zu Reiz- versuchen dienen kann. Ein einziger Oeffnungsinductionsschlag führt, wenn er stark genug ist, schliesslich zur vollständigen Zerstörung des Thieres, gerade sowie es vorhin als Erfolg stärkeren Tetanisirens erzählt wurde. Sind die Inductionsrollen etwa mit halber Länge über- einander geschoben, so bringt ein einziger Oefinungsschlag das Thier zum Zerplatzen und alle Bewegungsfähigkeit ist dahin, denn nun bringt auch die stärkste später angewendete Reizung keine sichtbare Veränderung mehr hervor. Die wurstförmige feinkörnige Masse, welche aus dem Thiere hervorschiesst, ist zu- weilen sehr kurz, zuweilen indessen ist sie so lang, wie der Kühne, Untersuchungen, J 34 II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. längste Durchmesser der Kugel, welchen die Amoebe zuvor bildete. kin Theil der Kugel fällt dabei zu einem kleinen runzeligen und faltigen Körper zusammen, nachdem er an einer Stelle augen- scheinlich dureh einen Riss die Wurst hervortreten liess. Häufig versperrt der in diesem Momente immer sehr deutlich sichtbare orosse Kern der hervorgedrängten Masse den Weg, und demnach besitzt der zurückbleibende runzelige Körper eine sehr verschie- dene Grösse. Sitzt der Kern an dem vorderen zuerst heraus- tretenden Ende der Wurst, so schlüpft die grösste Menge heraus, und der zurückbleibende Körper ist dann am kleinsten. Dasselbe geschieht, wenn der Kern an dem andern äussersten Ende liest. Befindet er sich aber in der Mitte der Wurst, wie man es häufig sieht, so klemmt er sich an der Rissstelle zuweilen ein und dem weiteren Vordringen des Gerinnsels wird damit zunächst eine Grenze gesetzt. Der so zurückbleibende etwas grössere Körper ist dann auch weniger runzelig und faltig, er sieht ganz so aus, wie eine zum Theil entleerte, halb zusammengefallene Blase, und ohne Zweifel besitzt er jetzt eme durch scharfe doppelte Contouren kenntliche Membran. Drückt man auf das Deckglas, oder setzt man durch irgend welche Kunsteriffe den Wassertropfen in Be- wegung, so kann man bei dem sich nun bietenden Anblicke nicht in Zweifel bleiben, dass es sich hier wirklich um einen mit Coa- gulaten theilweise erfüllten, und eingerissenen Sack handelt. Ich nenne seinen Inhalt coagulirt, weil er nach kurzer Zeit ziemlich trübe wird, und weil die Körnchen darin keine Molecular- bewegung zeigen. Auch die hervorgeschossene Wurst scheint coa- sulirt zu sein, denn sie zeigt keine Neigung Tropfen- oder Kugel- form anzunehmen, sondern zerbröckelt beim Andringsen grösserer Körper. Ueber den festen Aggregatzustand dieser Amoebenreste kann füglich keine Meinungsdifferenz stattfinden, und es fragt sich nur ob das T'hier vorher einen anderen Aggregatzustand be- sass. Erwägt man die ausserordentliche Verschiebbarkeit des ganzen Amoebenkörpers, erwägt man das vollständige Bild des rollenden Tropfens, das eine lebendige Amoebe darbietet, erwägt man die Möglichkeit in einer Flüssigkeit die Gestalt einer Kugel anzunehmen, welche sich wieder zu einer Fläche ausbreiten kann, und bedenkt man ferner, dass die im Innern eingebetteten Körnchen und Nahrungsstoffe nach keiner Richtung einen Wider- stand in ihrer strömenden Bewegung erfahren, so wird man an dem ursprünglich flüssigen Zustande der Amoebensubstanz nicht zweifeln können, besonders, wenn man sieht, dass alle diese ll. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 35 Merkmale schwinden, wenn wir künstlich Veränderungen an den Amoeben erzeugen, und wie später gezeigt werden soll, gerade wenn wir solche Mittel anwenden, welche Eiweisskörper coaguliren, die ja’auch in diesen Organismen enthalten sind. Es wirft sich nun die Frage auf, ob ausser den kleinen Körnchen, den Nahrungsstoften und dem Kerne noch sonst etwas Festes an der Amoebe vorhanden sei, ob also diese Thiere eine Membran besitzen. Wir sind hier sowohl, wie überhaupt bei der Entscheidung der Frage, ob irgend ein zellenähnlicher mikrosko- pischer Körper mit einer Membran umgeben sei, noch immer angewiesen auf ein einziges Kriterium, das in der An- und Ab- wesenheit einer Umsäumung durch doppelte Contouren besteht, und den besten Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung liefern die Untersuchungen von 4. Rollett über den Bau der rothen Blutkörperchen. Man erinnere sich nur, mit welcher Sicherheit man aus den Quellungserscheinungen dieser Gebilde auf das Be- stehen einer Umhüllungshaut glaubte schliessen zu können, und wie nun der Mangel einer Membran, den man bei der Abwesen- heit doppelter Contouren schon längst hätte vermuthen kön- nen, durch die genannten Untersuchungen dargethan wurde. Verstehen wir unter einer Umhüllungshaut, in specie unter einer Zellmembran ein von vorneherein existirendes, anatomisch trennbares Gebilde, ein histologisches Element, so dürfen wir aber natürlich dazu alle jene Dinge nicht rechnen, welche sich auch an einem Flüssigkeitstropfen in einem Medium, mit dem er sich nicht mischt, als eigenthümlich für seine Oberfläche zeigen. ‘Objecte die wir in der Natur finden, und die uns im 'Uebrigen die Erscheinungen eines Tropfens zeigen, mögen wir dieselben nun in ihren eigenen Bewegungen oder ihrem Verhalten gegenüber fremden Körpern und von aussen auf sie wirkenden Kräften finden, werden natürlich dieselben Eigenthümlichkeiten an ihrer Oberfläche zeigen, wie künstlich hergestellte Tropfen irgend einer mit dem angewendeten Medium nicht mischbaren Flüssigkeit. Diese Eigenthümlichkeiten sind von zweierlei Art. Auf die eine Art derselben, die man an den meisten Flüssigkeiten be- obachtet, hat Max Schultze so deutlich hingewiesen !), dass hier nur wenig zu sagen übrig bleibt. Es handelt sich dabei um eine I) Max Schultze, Das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen p: 59 u. 60, 3 36 Il. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. physikalische Eigenthümlichkeit, die man an jeder Flüssigkeit findet, und die sich mit der Zeit an der Berührungsfläche der Flüssigkeit mit Luft, also an der Oberfläche immer deutlicher ausbildet. Geschwinder noch stellt sich dieses verschiedene Verhalten der inneren Masse der Flüssigkeit und ihrer Oberfläche her, wenn sie nicht mit Luft sondern mit einer anderen Flüssig- keit in Berührung tritt, die sich nicht mit ihr mischt. So ver- einigen sich z. B. Tropfen von mit lod gefärbtem Schwefelkohlen- stoff, die man in einer concentrirten Salzlösung schweben lässt, im Anfange sogleich bei der leisesten Berührung mit einander zu grösseren Kugeln, während man nach Verlauf einiger Stunden srosse Mühe hat sie an einander zu bringen. Ritzt man die Tropfen vorher mit Nadeln an, so gelingt es aber auch dann leicht sie zusammenfliessen zu lassen. Eine sichtbare Membran ist trotzdem nicht vorhanden und man sieht an den violetten Kugeln so wenig doppelte Contouren, wie an den in mikroskopischen Präparaten so bekannten Eiweisskugeln, deren Zusammenfliessen häufig mit Leichtigkeit vor sich geht, in anderen Fällen aber mit srosser Hartnäckigkeit ausbleibt. Es wäre leicht eine grosse Zahl solcher Erscheinungen von den verschiedensten Flüssigkeiten anzuführen, die alle darauf hinauslaufen würden eine Veränderung, vermuthlich eine Verdichtung der Oberfläche darzuthun. Da indessen M. Schultze diesen Gegenstand so eingehend berührt hat, so will ich gleich von der zweiten Art von Veränderungen reden, die namentlich bei unseren Objecten in Betracht kommen. Wären unsere Organismen, die wir den Tropfen vergleichen, zusammengesetzt aus Lösungen, so unveränderlich wie Oel in Wasser oder wie Schwefelkohlenstoff in Salzlösungen, so hätten wir es nur mit der einen Art der Oberflächenveränderung, mit der sog. physikalischen Oberfläche zu thun. Allein alle diese Organismen enthalten Eiweiss, und bieten deshalb ähnliche Er- scheinungen dar, wie Eiweisstropfen. Nehmen wir einen Tropfen aus einer Eiweisslösung heraus, so wissen wir sicher, dass wir es mit einer membranfreien Masse zu thun haben; wollten wir aber den Nachweis einer Umhüllungshaut daran versuchen mit denselben Mitteln, welche bisher in der Histologie zu diesem Zwecke für heilig galten, so würden wir die Membran finden, obwohl sie nicht existirte. Ich rede hier nicht von Kalialbuminatlösungen, noch von denen des Acidalbumin’s, sondern von natürlich vorkom- mendem, flüssigem Eiweiss, und von Lösungen des Albumins in neutralen Salzen. Tropfen solcher Lösungen überziehen sich schon II, Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 87 in destillirtem Wasser, nicht allein mit einer dichteren Oberfläche, sondern mit einer greifbaren Haut von coagulirtem oder ausge- schiedenem Eiweiss. Man glaube ja nicht, dass diese Coagulationen zu keiner Umsäumung mikroskopisch kleiner Tropfen mit doppelten Contouren führen können, denn wenn die Gerinnung an der Ober- fläche nur rasch genug geschah, und wenn der Process nicht sogleich bis in das Centrum des Tropfens vordrang, so erhält man künstlich die schönsten doppelt contourirten Kugeln, wahre mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen. Das sicherste Mittel aus Eiweisslösungen derartige von festen Häuten eingekapselte Tropfen zu gewinnen, besteht in der Anwendung von Reagentien, wie Säuren und Alkalien, in denen sich der Eiweisstropfen im An- fange so verhält, wie in Wasser, und wenn auch das darin coa- gulirte Eiweiss sich schliesslich wieder auflösen kann, so erhalten wir doch für einige Zeit das nämliche Bild, wie wenn wir den Tropfen in Wasser gesetzt hätten. Sehe ich nun an einem Organismus nicht die leiseste An- deutung von doppelten Contouren, so werde ich gewiss nicht auf die Anwesenheit einer aus festem Stoffe bestehenden Umkleidung schliessen können, wenn es mir wirklich auch gelingen sollte durch irgend welche Reagentien doppelte Contouren auftreten zu lassen. Hat sich eine Amoebe z. B. umgeben von einem überall deutlichen breiten hyalinen nach innen unregelmässig begrenzten Saume, so darf ich mich nicht wundern, wenn ein Reagens, wie Essig- säure, das diesen Saum unter meinen Augen plötzlich schrumpfen macht, zwei runzelige eng aneinanderliegende Contouren erzeugt, und wenn ich weiss, dass jener hyaline Saum vorher unbeständig war, so werde ich nicht glauben die solide in der Essigsäure entstandene Hülle sei an seiner Stelle oder gar um die hyaline Randschicht herum zuvor schon vorhanden gewesen. Bin ich ferner im Stande künstlich eine völlig flüssige Eiweisslösung her- zustellen, die in Aetznatron gebracht zuvor gerinnt und sich erst hinterher wieder darin auflöst, so werde ich keinen Beweis für die Existenz einer Amoebenmembran darin finden, wenn sich die Ampoebe in Aetznatron zu einer von scharfen Contouren umgebenen kugeligen Blase verwandelt, denn der Eiweisstropfen zeigt mır dasselbe Phänomen. Auch dieser wird in eine grosse blasse Blase verwandelt, die gleich darauf platzt, und bis auf den letzten Rest von der Lauge gelöst wird. Was wir also durch Reagentien sichtbar machen können, wird erst dann von Werth für die Ent- scheidung der aufgeworfenen Fragen sein können, wenn wir 38 Il. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. wissen, wie es entstanden ist. Der beliebte Glaube, dass ein Reagens plötzlich etwas klar erscheinen lassen könne, das vorher schon als etwas Unsichtbares existirte, dürfte sich besonders da als ungerechtfertigt herausstellen, wo es sich um Oberflächen handelt, und wo an eine Klärung durch das Reagens nicht gedacht werden kann, weil Nichts vorhanden war, was den Gegenstand ver- decken konnte. Die Schwierigkeit sich einen Organismus, der doch äusseren Einflüssen zu widerstehen hat, als einen freien Tropfen zu denken, wird sehr vermindert, wenn wir das Verhalten von Fiweisstropfen in Wasser mit dem der Amoeben noch in einigen anderen Puneten vergleichen, namentlich in Bezug auf das Ein- dringen fester Körper durch die Oberfläche hindurch. So begreift es sich denn auch, wie die Amoebe fremde Körper vollständig in sich hineinziehen kann, denn dies findet ganz in derselben Weise statt wie Schmutzkörnchen in Eiweisstropfen hineingelangen. Der fremde Körper gelangt in diesem Falle durch seine Schwere oder irgend eine von aussen einwirkende Kraft durch die Eiweissoberfläche hindurch, ohne ein gefährliches Loch zu erzeugen, da sich dieses augenblicklich durch neugebildete Ober- flächenveränderungen wieder schliesst. Wälzt sich die Amoebe um eine grössere Bacillarie z. B. herum, so dass sie in sich zu- rückklappen muss, SO verschmelzen die Oberflächen der Masse miteinander, weil die sie bedeckende Wasserschieht auch auf ein Minimum beschränkt wird, und die bereits an der ursprünglichen Oberfläche ausgeschiedenen Eiweissmassen der Lösung durch Diffusion mit dem Leibesinhalt wieder aufgelöst werden können. Der Eiweisstropfen verhält sich darin nicht anders, denn er kann durch dauernde Berührung mit einem andern Tropfen eben- falls verschmelzen, und wenn ich einen Stab langsam durch ihn hindurchführe, so wird er anfangs quersackförmig eingedrückt, seine Wände klappen in sich selbst zurück, verschmelzen mit einander, und der Stab kann ohne Schaden für die Form des Tropfens auf der entgegengesetzten Seite wieder herausgeführt werden. Vergleicht man den flüssigen Zustand des Centrums des Tropfens mit dem lebenden ebenfalls flüssigen Zustande der Amoebe, so kann man den Tropfen für todt erklären, wenn durch Diffusion mit dem umgebenden Menstruum alles Eiweiss ausge- fällt worden ist. Wir haben dann einen geronnenen Klumpen, der leicht zu Körnchen zerstiebt, gerade wie die geronnene, ebenfalls leicht zerbröckelnde Kugel, in der sich die Amoebe rer II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 39 nach dem Aufhören der Bewegungen, nach dem Schwinden dieses für ihre Lebenseigenschaften wesentlichen Merkmals, verwandelt. Man wird den Einwand machen, dass nicht einzusehen sei, wie ein so kleiner Eiweisstropfen wie die Amoebe, so lange der allmählich fortschreitenden Diffusion zum Wasser widerstehe. Ich kann diesen Einwand nicht durch einen Versuch zurückweisen, da ich künstlich keinen Eiweisstropfen so geringer Dimensionen herstellen kann, der in Wasser gesetzt so lange flüssig bliebe. Allein die Amoebensubstanz ist zugleich fähig Nahrung zu assi- ımiliren und unbrauchbare Reste auszustossen. Sie regenerirt sich also, und das Constantbleiben der Körpersubstanz durch Aufnahme und Ausgabe ist es, was wir als Leben bezeichnen, diese Erhaltung äusseren Einflüssen gegenüber, dieser Kampf un das Dasein ist es, der zur Definition des Lebens gehört. Unsere Unwissenheit darüber, wie die Amoebe dies anfange, mit einem Worte unsere Unkenntniss des Stoffwechsels dieser Thiere schliesst aber nicht aus, dass die im gegebenen Momente vorhandene Eiweisslösung wirklich die angegebenen Eigenschaften einer Lösung besitze, wie wir sie künstlich herstellen können. Zer- störe ich die ursprüngliche Zusammensetzung des Thieres, richte ich einen durch den Stoffwechsel des Thieres nicht mehr auszu- sleichenden Schaden an, so beginnt diese Diffusion, das Wasser fällt die Eiweisskörper und ich erhalte ein von der Peripherie her sich bildendes Gerinnsel, das in der That in Salzlösungen wieder löslich ist. Im Interesse des Gegenstandes wird es erlaubt sein hier eine Excursion einzuschalten, die uns analoge Erscheinungen an den contractilen Substanzen anderer Infusorien aufweisen wird, und uns zeigen wird, dass wir an den Eiweisslösungen lebender Organismen ausser den physikalischen Eigenthümlichkeiten der Oberfläche noch allmählich durch Diffusion entstehende chemische Veränderungen derselben erkennen können. Zerdrückt man z. B. einen Stentor viridis, so quillt aus den Rissstellen seiner sehr derben und schön längs- und quergestreiften häutigen Umhüllung eine blass blaugrün gefärbte Flüssigkeit in grossen Strömen her- vor. Die Ufer dieses Stromes umsäumen sich rasch mit einer festeren Hülle, und wenn die angewendete Gewalt nicht hinreichte srössere Mengen sehr rasch aus dem Inneren herauszupressen, so bleibt die Masse an dem Thiere in Form eines Bruchsackes sitzen, der bei der Reizung mit Inductionsschlägen an den Be- wegungen des übrigen Thieres theilnimmt, sich mit contrahirt, 40 II, Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. indem er der Kugelform sich annähert, wobei es selbst zur voll- ständigen Abschnürung kommen kann. Drückt man stärker auf den Stentor, und sorgt man zugleich für eine gehörige Strömung des Wassers, so breitet sich der Strom contractiler Masse von der Rissstelle aus in langen Strömen aus, die sich rasch zu einzelnen Kugeln zusammenziehen und so lange eine zitternde oder heftig zuckende Bewegung zeigen, bis die vollständige Kugelform her- gestellt ist. Man darf die Erscheinung nicht verwechseln mit der tanzenden und schlagenden Bewegung, welche einzelne solche Kugeln zeigen, die mit flimmernden Membranfetzen verklebt sind, oder in denen ein Flimmerhaar arbeitet. Zur Unterscheidung dieser Dinge ist es gerathen nur mit den besten Mikroskopen den Versuch zu wiederholen, und nur die Tropfen zu beachten, welche aus dem Centrum der Rissstelle hervortreten. Auf den ersten Blick unterscheidet Jeder solche ausgetretene Kugeln, falls sie erst zur Ruhe gekommen sind, von eigentlichen Zellen, oder doch von dem, was man gewöhnlich vollkommene Zellen nennt, obwohl sie sehr häufig andere Blasen, coagulirte Massen, oder nicht selten vielleicht sogar wahre Zellkerne in sich einschliessen. Diese Kugeln sind zuerst nur mit einer physikalischen Membran, sehr bald darauf aber vermuthlich schon mit einer Membran gefällten Eiweisses von erstaunlicher Feinheit umgeben, und zeigen anfangs noch keine doppelt contourirte ringförmige Umgrenzung. Der leiseste Anstoss genügt um Sie entweder fadenförmig auszudehnen, worauf sie unter zuckenden Bewegungen wieder zur Kugelform zurück- kehren, oder sie zu vielen kleineren Kugeln zu zersprengen. Kommen zwei Kugeln aneinander, so sieht man sie sich mit einem plötzlichen Rucke zu einer vereinigen. Zur Zeit wo diese Er- scheinungen stattfinden, zeigt der körnige Inhalt der Kugeln nie- mals Molecularbewegung, obwohl er von Körnchen aller Grössen erfüllt und unzweifelhaft flüssig ist. Diese Bewegung existirt darin so wenig wie in einer kriechenden oder soeben zur Kugel contrahirten Amoebe. Wenn aber die Kugeln zu gerinnen be- ginnen, wenn sich ihre Peripherie mit doppelten Contouren ab- grenzt und wenn sie von dorther trüber werden, so beginnt ein lebhafter Tanz der feinen Körnchen, und dieser dauert fort, bis die Kugel durch und durch zu trüben und eckigen Massen coa- gulirt ist. Zwischen den Coagulaten häuft sich nämlich etwas Flüssigkeit in kleinen kugeligen Blasen an, worin die Körnchen, welche nicht mit in das Coagulum eingeschlossen wurden, weiter tanzen, bis dann das Ganze endlich sehr leicht zerstiebt, und II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 41 bis die kleinen Blasen sich mit den weiter hüpfenden Körnchen in das Wasser ergiessen. Dass die aus dem Stentor austretenden Tropfen contractil sind, lehrt ihre zuckende Zusammenziehung zu einer Kugel, und lehrt endlich ihr Verhalten gegen Reize. Wo ein solcher aus- vedehnter Tropfen durch irgend welche Hindernisse, die sich in Membranfetzen und körnigen Goagulaten ihm entgegenstellen kön- nen. an der Zusammenziehung verhindert wird, kann man die- selbe bewerkstelligen durch mässige Inductionsschläge. Man zer- drückt dazu einen Stentor gleich zwischen den Elektroden, und beeilt sich gleich darauf möglichst mit der Anstellung des Ver- suchs, da die Coagulation immer ziemlich rasch eintritt. f Ich bin nun der Meinung, dass die Amoeben eine solche Membran besitzen können'), wie die aus dem Stentor ausge- drückten Kugeln sie bald nach der Berührung mit Wasser er- halten, und ich finde nichts Auffallendes darin, trotzdem es mir gelang an den freilich im Uebrigen ganz verschiedenen Amoeben des Meerwassers vollständige Verschmelzungen mehrerer Indivi- duen zu sehen, die ich bei der Amoeba diffluens übrigens niemals sah, trotz dauernder und enger Berührung, der diese Wesen nicht abgeneigt scheinen. Der membranöse Sack, welcher sich nach der bis zum Zerplatzen der Amoebe getriebenen Reizung bildet, scheint mir deshalb ein solches neu entstandenes Product zu sein, und ich werde zeigen, dass solche Bildungen stets an den Amoeben auf- treten, wenn sie absterben. Bei dieser Ansicht kann ich auch dem 1) Sehr schön lässt sich das Entstehen und Verschwinden der Membran an einer grossen kernhaltigen Amoebe, die in der Kieler Bucht vorkommt, verfolgen, wenn man das Seewasser unter dem Mikroskop allmählich durch süsses Wasser verdrängt. Anfangs umkleidet sich das Thier stellenweise mit einer doppelt con- _ tourirten faltigen Membran, und schon zu dieser Zeit wird seine Beweglichkeit bedeutend eingeschränkt. Später umgiebt sich die ganze Amoebe mit einer straff gespannten Membran, wird dabei kugelig und verlässt sehr leicht den Ort im Sehfelde, da sie nieht mehr an der glatten Fläche des Objeeiträgers fest zu haften vermag. Das Thier gleicht nun einer doppelt contourirten Blase, in welcher auch theilweise Molecularbewegung auftritt. Wird jetzt das süsse Wasser rasch wieder durch Sceewasser verdrängt, So verliert das Thier nach einigen Stunden die doppelten Contouren, und die anfangs sehr trägen und steifen Bewegungen werden immer vollkommener, während die Membran nur noch an einzelnen Stellen in Form von faltigen Fetzen existirt, die schliesslich auch verschwinden. Ich habe diesen Versuch zwei bis dreimal an den Amoeben desselben Objects immer mit dem gleichen Resultate wiederholen können. Liess ich indessen das süsse Wasser zu lange einwirken, so wurde die gebildete kugelige Blase ganz hell, und zerplatzte zuletzt zu einem sehr feinkörnigen Brei. 42 Il. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. Nachweise einer Membran der Süsswasseramoeben, der durch Be- handlung mit Reagentien wirklich versucht worden ist, keinen Werth beilegen, um so weniger, als das Verhalten der Eiweisslösungen zu den Reagentien, die hier in Betracht kommen, damals noch unbekannt war. Man könnte meinen, die faltige doppelt contourirte Mem- bran erscheine nach dem Zerplatzen der Amoebe deshalb, weil eine ursprünglich vorhandene Membran dicker geworden sei. Allein bei den kugelig contrahirten Amoeben sieht man so lange sie noch nicht abzusterben beginnen, dennoch keine doppelten Gon- touren, obwohl die Oberfläche des Thieres dabei bedeutend ab- nimmt. Verliert dagegen das Thier die Bewesungsfähigkeit, reizt man es so lange, bis die Trübung darin beginnt, unter Verhütung des Zerplatzens, so wird die Oberfläche runzelig und die Ränder bekommen jene doppelten höckerigen Gontouren. Die aus Coa- gulaten gebildete Membran ist jetzt da, und wenn sie sich auch nicht ganz getrennt von dem Inhalte darstellen lässt, da der ersten raschen Gerinnung an der Oberfläche bald eine allmählich nach dem Centrum fortschreitende folgt, so sehen wir doch ebenso deutliche Anzeichen der Membran entstehen, wie wenn wir das Thier haben zerplatzen lassen. So wenig wir einem Muskel seine Lebenseigenschaften rauben können, ohne dass sein eontractiler Inhalt zu irgend einer Zeit serinnt, so wenig vermögen wir eine Amoebe zu tödten, ohne dass diese Gerinnung, und mit ihr die Bildung einer deutlicheren Randschicht, einer Membran erfolgt. Ich kann ohne Bedenken sogleich beginnen mit der Tödtung der Amoeben durch gesteigerte Temperaturen. Bringt man so viel Wasser in ein Probirglas, dass dasselbe eine Thermometercuvette gerade bedeckt, und hängt man das Gläschen in ein grosses im Sandbade erhitztes, Wasserbad, so kann man annähernd bestimmen, bei welcher Temperatur die Amoeben plötzlich absterben. Die Meerwasseramoeben waren in meinen früheren Versuchen schon bei 35° C. abgestorben und ich versuchte deshalb zunächst diese Temperatur auch für unsere Amoeba diffluens. Zu dem Ende liess ich in das Probirglas einen kleinen von Amoeben erfüllten Tropfen fallen, als das Thermo- meter gerade 35° C. anzeigte, und sog mit einer Pipette erst Wasser vom Boden des Glases wieder heraus, bis das Thermometer nach dem Herausnehmen und Wiedereinsenken auf 35° C. gestiegen war, Durchschnittlich bedurfte es dazu einer Minute, Die Amoeben, a Il. Die Bewegungserscheinungen der Amochen. 43 welehe ich jetzt unter dem Mikroskope wieder fand, zeigten nur ziemlich schwache Bewegungen, denn die meisten waren zu Ku- geln zusammengezogen, der Kern erschien darin sehr deutlich, und in einigen sah ich auch kugelige blasse Blasen, während der übrige von einem scharfen ringförmigen Rande umschlossene Raum Körnchen mit Moleeularbewegung enthielt. Die Amoeben, welche ihre wälzende aber langsame Bewegung beibehalten hatten, zeigten diese Veränderungen nicht. Ich legte den Objectträger darauf in einen mit Wasserdampf gesättigten Raum, und beobachtete die Thiere wieder nach 2 Stunden. Innerhalb dieser Zeit hatten sie alle ihr gewöhnliches Aussehen wieder gewonnen und krochen lebhaft in dem Wasser umher. Da sie endlich auch gegen In- duetionsschläge das gewöhnliche Verhalten zeigten, so stehe ich nicht an, die Temperatur von 35° C. für die Amoebe des süssen Wassers als unschädlich zu bezeichnen. Damit soll indessen nicht gesagt sein, dass die Thiere sich darin dauernd am Leben erhalten können. Erwärmt man sie nur 15 Minuten bis auf diese Tempe- ratur, so tritt eine vollständige Gerinnung ein, und ihre Bewe- gungen kehren nicht wieder. Um zu erfahren, bei welcher Temperatur die Amoeben plötzlich coaguliren, weiss ich kein anderes Verfahren, als das beschriebene, obgleich man natürlich von dem Thermometer nicht ganz genau entnehmen kann, wann die Leibessubstanz der Amoebe auf einen bestimmten Grad erhitzt worden ist. Die Ein- richtung des Wasserbades muss natürlich eine möglichst schnelle Ausführung des Versuchs gestatten, da auch niedere Temperaturen bei längerer Dauer das Absterben der 'Thiere erzeugen, wie die höheren in kürzerer Zeit. Das Suchen der Amoeben in der etwas grösseren Wassermasse mit der Pipette ist nicht immer leicht ausführbar, und in der Regel muss man das Röhrchen erst einige Zeit ruhig stehen lassen, damit sich die Thiere auf den Boden senken können. Ich habe deshalb das Thermometer immer in dem Momente herausgezogen, wenn die Quecksilbersäule soeben bis zu dem gewünschten Grade gestiegen war, und dann das Gläschen sofort in kaltes Wasser gestellt. Auf diese Weise gelang es mir, Amoeben bei genau 40° C. absterben zu sehen, indessen habe ich, um alle Thiere so weit zu verändern, dass sie nach langer Ruhe keine Bewegungen mehr zeigten, bis zu 45° Ö. steigen müssen. Aus dem Ansehen einer erwärmten Amoebe kann man voraus- sagen, ob sie fähig sei zum Leben zurückzukehren oder nicht. Die- jenigen Thiere, welche nur die vorhin geschilderte Veränderung 44 II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. erfahren haben, werden ohne Ausnahme wieder beweglich, während eine andere an vielen Amoeben sehr rasch schon bei 40° 0. ein- tretende Veränderung auf einen sicheren Tod deutet. Die Thiere stellen dann eine kugelförmige, scharf und doppelt contourirte Blase dar, welche einen grossen trüben im durchfallenden Lichte bräunlich aussehenden Klumpen einschliessen, der in der Regel mit einer Seite der Peripherie fest anhaftet und den kugeligen Raum zu etwa drei Viertheilen anfüllt. Der übrige Raum ist mit einer durchsichtigen klaren Flüssigkeit angefüllt, in welcher kleine Körnchen in lebhafter Molecularbewegung umherwimmeln. Keine der so veränderten Amoeben erholt sich nach dem Abkühlen wieder, denn man findet an ihrer Stelle nach etwa 12 Stunden einen Haufen grösserer und kleinerer trüber Bröckelchen. Dagegen sah ich viele Thiere, nach der flüchtigen Erwärmung auf 40° C. in der schon bei 35° C. eintretenden Veränderung, und diese ge- wannen ihr normales Aussehen nach einigen Stunden wieder. Bei eben so flüchtiger Erwärmung auf 45° C. waren alle Amoeben abgestorben, allein die Coagulation hatte ihnen ein ganz anderes Aussehen gegeben, da sie in höckerige durch und durch trübe, feste Klumpen umgewandelt waren, die schon bei der Ueber- tragung auf Objectträger leicht zerbröckelten. An solchen Klum- pen war auch kein eigentlicher Contour bemerkbar, sondern sie waren umzogen von einer vielfach einspringenden Grenze, wäh- rend die schwächer erwärmten Amoeben stets eine doppelt con- tourirte nach aussen und innen glatte Umsäumung zeigten. Ich schliesse hieraus, dass die Amoebe nach mässiger Erwärmung zuerst von einem membranartigen Coagulum umzogen wird, und dass bei weiterer Erwärmung im Innern der so gebildeten Blase ein Theil der Flüssigkeit zu einem Klumpen gerinnt, während ein anderer Theil noch flüssig bleibt. Wird endlich das Thier plötzlich auf 45° C. erwärmt, so bildet sich schnell ein einziges klumpiges Coagulum, ohne dass erkennbare Flüssigkeitsreste zu- rückbleiben, und ohne “dass ein häutiges Gerinnsel Zeit hätte, zuvor sich auszuscheiden und das Ganze zu umfangen. Ein direeter Versuch hat mir gezeigt, dass die Amoebe sich in der That in ein solches Gemenge von Flüssigkeiten trennen kann, die erst bei verschiedenen Temperaturen hintereinander oerinnen. Versenkt man die Thiere, welche sich bei 40° C. mit einer Membran bedeckt und mit einem die Blase nicht ganz an- füllenden Klumpen erfüllt hatten, später in Wasser von 45° C., so hört die Molecularbewegung in dem vorher klaren Theile der II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 45 Blase auf, und es bildet sich auch hier ein festes Coagulum, das die Membran nach dem Kiumpen zu einzieht, so dass ein unregel- mässig gestaltetes Ding entsteht, welches noch von der faltig geronnenen Membran rings umkleidet ist. Man erhält darum auch nur diese Coagulationsform, wenn man die Amoebe mit kaltem Wasser allmählich bis zu 45° C. erwärmt, und es erwächst aus diesem Umstande abermals die Vorsichtsmassregel, bei Anstellung solcher Versuche das Wasser vorher ungefähr bis zu der ve- wünschten Temperatur anzuwärmen und dann erst die T'hiere mit einem möglichst kleinen Wassertropfen hineinzuthun. Amoeben, welche ich durch Wasser von 35% C. verändert hatte, konnten sich durch Inductionsschläge natürlich nicht mehr zu Kugeln zusammenziehen, da sie bereits kugelig waren, allein sie zerplatzten unter Anwendung stärkerer Ströme unter Ausstossung eines wurstartigen den Kern tragenden Ge- rinnsels, gerade wie die unveränderten Amoeben. Man sieht daraus, dass die contractile Substanz keineswegs schon bei 35% C. abstirbt oder coagulirt, was schon durch die später erfol- sende Erholung dieser Thiere wahrscheinlich gewesen war. Ist in- dessen bei 40° C. ein geronnener Klumpen abgelagert, so tritt auch nach den heftigsten Inductionsschlägen keine Veränderung mehr ein. Dieser Klumpen ist also die coagulirte contractile Substanz, die wir bei 35° ©. der eintretenden Kugelform wegen uns als durch Wärme contrahirt zu denken haben. Da diese Contraction eine constante, längere Zeit dauernde Formverände- rung verursacht und dieselbe Gestalt erzeugt, welche das Tetanisiren mit Induetionsschlägen herbeiführt, so stehe ich nicht an, sie als Wärmetetanus zu bezeichnen. Wir müssen uns vorstellen, dass verschiedene Eiweisslösungen — oder die Lösungen verschiedener Eiweisskörper — in dem lebenden Thiere auf das innigste mit einander gemengt sind, und dass eine mehr oder minder vollständige Trennung (derselben er- folgen kann, ohne dass wenigstens der contractile Theil seine spe- eifischen Eigenschaften einbüsst. Dafür spricht besonders der Eintritt der Molecularbewegung, wenn die Amoebe bei 35° C. kugelig contrahirt ist, und ich habe aus diesem Umstande Ver- anlassung genommen nachzusehen, ob nicht dasselbe eintrete, wenn man Amoeben längere Zeit durch einzelne nach Bedürfniss in rascher oder langsamer Folge einwirkende Induetionsöffnungs- schläge in der Kugelform erhält. Wie oben bemerkt, bekommen die Kugeln dabei immer deutlichere Umgrenzungslinien, es bildet 46 II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. sich also von der Oberfläche her ein membranöses Coagulum, eanz wie bei 35° C, und im Innern tritt hier wie dort Molecular- beweeung auf. Nur ist es schwer den Zeitpunct riehtig zu treffen für das Aufhören der Reizung, denn die Amoeben gingen mir in der Regel, wenn ich einmal dieses Stadium (durch elektrische Reizung statt der thermischen erreicht hatte, ganz zu Grunde, sie coagulirten völlig, zerfielen zu Bröckeln und waren deshalb unfähig ihre freiwillige Beweglichkeit wieder zu gewinnen. Wird die elektrische Reizung vor dem Eintritt der Molecular- beweeung unterbrochen, so kehrt das mit einer Membran ver- sehene Thier langsam wieder zu seinen eigenthümlichen Bewegungen zurück trotz der membranösen Umhüllung, die ihnen etwas Trä- ges und Ungeschiektes aufprägt. Ich habe mit der grössten Sorg- falt einzelne solche Amoeben von Stunde zu Stunde wieder auf dem vor Verdunstung inzwischen geschützten Objeetträger unter das Mikroskop gebracht und mich überzeugt, dass diese Membran wirklich allmählich wieder verschwindet, und mich mit der Annahme beruhigt, dass die Amoebe sie wieder löst und mit dem übrigen wieder assimilirt, wenn man will, sie verdaut und resorbirt. Die Entstehung dieser Membran lässt sich nicht anders denken, als durch eine Zersetzung an der Oberfläche, und man kann sich nur vorstellen, dass zur Zeit, wo nur hier die Coagulation statt- findet, das umgebende Medium, das Wasser durch Diffusion daran betheiligt sei. Der Tod der Amoeben fällt beim Erwärmen auf 40 und 45° C. ohne Zweifel zusammen mit der Gerinnung ihrer Körpersubstanz. Da indessen Theile, wie die Oberfläche ohne Schaden für das Thier eerinnen können, und da diese Gerinnung nicht nur durch Wärme eintritt, so wird man genöthigt, einen indireeteren Weg für das Zustandekommen mancher derartiger Gerinnungen ZUzU- eeben. Das Folgende soll hierfür Beispiele liefern. Setzt man ein Schälchen mit amoebenhaltigem Schlamm meh- rere Stunden in Eis, so findet man die Thiere kurze Zeit darauf in der Form nicht verändert, allein die Bewegungen sind meistens ganz erloschen oder sehr träge. Während sich indessen der Ob- jeetträger wieder erwärmt, beschleunigen sich auch die Bewegun- gen, und werden schliesslich wieder ganz normal. Die Abkühlung veranlasst also keine Contraction der Thiere, da auch die völlig ruhenden Thiere niemals kugelig werden, und es hört dabei nur der Antrieb, oder die Möglichkeit der Bewegung auf. Ganz anders geht es dagegen den Thieren, wenn man sie in Wassertropfen ll. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 47 auf Objeetträgern rasch einfrieren lässt. Ich legte die Glasplatten auf eine Kältemischung von Eis und Kochsalz, nahm sie herunter, wenn der Wassertropfen fest gefroren war, und beobachtete die Thiere darauf vom Momente des Aufthauens an ohne Deekelüschen. Die Amoeben zeigten jetzt noch dieselben unregelmässigen Ge- stalten wie gewöhnlich, die Bewegung trat aber auch nach 12 Stunden noch nicht wieder ein, und ohne Zweifel liess sich in ihrem Ansehen selbst der Grund dafür entdecken, Sie waren nämlich sämmtlich mit sehr viel schärferen Gontouren als gewöhn- lich, stellenweise sogar mit trennbaren doppelten Contouren ver- sehen, der im Leben nicht immer sichtbare Kern erschien in allen ungemein deutlich, und das Innere war erfüllt von einer Anzahl unregelmässig geformter trüber Klumpen, welche Nahrungsreste einschlossen und sonst nur Körnchen ohne jede Spur von Mole- eularbewegung enthielten. Ein anderer Theil des Inhaltes war dagegen ganz klar, und hier tanzten feine Körnchen ungehindert : in lebhafter Moleeularbewegung. Man sieht also, dass die Thiere auch beim Absterben ohne Gontraction membranöse Gerinnungen an der Obertläche und klumpige Gerinnungen im Innern erleiden unter Abklärung einer körnchenhaltigen Flüssigkeit. Nach 24 Stunden zeigten sich die so veränderten Amoeben stark geschrumpft und zerfielen sehr leicht zu Bröckeln. Ein anderes Mittel die Amoeben zu tödten, besteht in der Anwendung ausserordentlich verdünnter Giftlösungen. Wässerige Abgüsse des so wenig löslichen Veratrins vernichten die Amoe- ben rasch, und ich glaube nicht, dass die alkalische Reaction der Lösung dabei von irgend welchem Belang ist. Man kann Amoe- ben lange in alkalisch reagirendem Wasser bewahren, denn ich fand, dass mein amoebenhaltiger Schlamm zufällig recht deutlich alkalisch reagirte, und ich sah ferner die Amoeben in einem stark alkalisch reagirenden Brei von gebrannter Magnesia mit Wasser über 24 Stunden lang ohne Anfechtung umherkriechen. In einem Brei von Veratrin mit Wasser starben die Thiere in- dessen schon in 10 Minuten, in einem filtrirten kalten Abguss spätestens in einer Stunde. Dabei gingen sie ohne Ausnahme in die Kugelform über, umgrenzten sich mit einer deutlichen innen und aussen von zwei glatten Gontouren bezeichneten Membran, der Kern trat überall sehr deutlich hervor und der Inhalt zeigte nur eine sehr schwache Trübung. Trotzdem war die Moleeularbewegung der Körnchen eine sehr geringe und nur auf eine schmale Schicht dicht unter der Membran beschränkt. 48 ll. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. Zur Zeit wo diese Veränderungen vollendet sind, reagirt auch kein Individuum mehr auf die stärksten Inductionsschläge, ein kräftiger Druck auf das Deckglas sprengt dagegen die Kugeln, die Membran fällt zu einem faltigen Klumpen zusammen, und der Kern schiesst mit einem langen wurstförmigen Gerinnsel heraus, | dessen Länge gerade wie nach dem Zerplatzen unvergifteter Amoe- ben, unter Einwirkung starker Inductionsschläge, abhängig ist von der auch hier öfter vorkommenden Einkeilung des Kerns in die Rissstelle. Auch gegen das hier angewendete Muskelgift eben- | falls verhalten sich unsere Amoeben folglich ganz verschieden von der Amoeba marina. Ich habe mich mit der Anwendung | dieses einen Giftes begnügt, weil seine bekannte Wirkung auf die eontractile Substanz der Wirbelthiermuskeln vorzugsweise interes- | sante Vergleichungspuncte darbot, und weil ich kein anderes Gift anwenden wollte, das nurin stärkeren Concentrationen wirksam wäre. Die Amoeben sind sehr empfindlich für Concentrationsverände- rungen des umgebenden Mediums, und gehen zu Grunde selbst in sehr verdünnten Kochsalzlösungen. Lässt man zu einem flach aus- gebreiteten amoebenhaltigen Wassertropfen langsam eine Kochsalz- | lösung von 1—2p. C. zufliessen, so bemerkt man zuerst ein leb- | hafteres Kriechen der Thiere. Gleich darauf ziehen sie sich plötzlich zu Kugeln zusammen und stossen dabei gewöhnlich alle Nah- rungsreste aus, ja ich habe einmal sogar den Kern mit heraus- kommen sehen, während der Leibesinhalt in der Kugel ganz zurückblieb. Die Letztere schrumpft dann rasch zusammen und | besetzt sich häufig mit einer grossen Zahl ganz feiner hyaliner spitzer Fortsätze, während das Centrum immer trüber wird, und| keinerlei Bewegungen mehr zeigt. Verdrängt man jetzt die Salz- lösung auf dem Objeetträger durch destillirtes Wasser, so quellen die trüben Kugeln wieder auf, wo spitze Fortsätze borstenartig abstehen, verschmelzen dieselben, wo die Kugeln glatt geblieben, verschwindet der Anschein einer Membran und die Thiere ge- winnen schliesslich ihre volle Beweglichkeit wieder. Diese Wieder- belebung findet jedoch nur dann statt, wenn die Salzlösung nicht zu lange eingewirkt hatte. Kochsalzlösungen von 1 p. C. ver- wandeln die Amoeben nach 24 Stunden in grosse myelinartige, | klare, geschichtete Tropfen und Stränge, die in destillirtem Wasser stark quellen, ohne natürlich zur ursprünglichen Form zurück- zukehren. Concentrirte Salzlösungen endlich, z. B. von 10 p. C. verwandeln die Amoeben sogleich in Kugeln, welche schnell zer- platzen, und ein Netz von feinen schleimigen Fäden ausstossen, II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 49 während der Rest zu gröberen und feineren Bröckeln zergeht, die unter lebhafter Molecularbewegung auseinanderfahren. Unter dem Einflusse von Säuren und Alkalien gehen die Amoeben ebenfalls zu Grunde. Salzsäure von 0, 1 p.Ü. z. B. lang- san unter das Deckglas gelassen, scheint im Anfange, wo ein ver- (dünnterer Strom der Säure allmählich einwirkt, die Kriechbewe- sungen zu vermehren, bis die Zusammenballung zu einer Kugel mit scharfen, doppelten Rändern erfolgt. Innerhalb der so beerenzten Kugel finden zuerst noch heftige zuckende Bewegungen statt, unter welchen Bacillarien, die anfänglich an zwei gegenüberliegenden Seiten conische Ausbuchtungen in der Membran vortreiben, aus- gestossen werden. Dann erst pflegen sich zurückbleibende kleinere gelbliche Bacillarien unter dem Einflusse der Säure grün zu färben, die vorher trübgewordene Leibesmasse erblasst, verwandelt sich in eine wie körniger Sago aussehende Substanz, und nun zerreisst die Kugel unter Hinterlassung sehr blasser, mit Membranstücken besetzter Agglomerate. Auch verdünnte Kalilösungen (1 p. ©.) scheinen, wenn sie sich allmählich mit dem Wassertropfen unter dem Deckglase vermischen, die Kriechbewegungen zuvor anzuregen, ehe die Umwandlung in eine grosse, Schnell platzende, blasse Blase erfolgt. Die beim Platzen hervorschiessenden sehr feinen Körnchen schliessen in der Regel viele sehr blasse Bläschen zwischen sich, und ich gebe gern zu, dass den Körnchen häufig membranartige Fetzen anzuliegen scheinen. Gegen Kalilösungen von 0,1 p. C. zeigen sich die Amoe- ben resistenter, und dies bedeutend länger, als gegen Salzsäure von 0,1 p. C. Ich erwähne dieses Umstandes nur, weil die Ver- änderungen der Amoeben unter dem Einflusse des constanten Stro- mes an den beiden Polen diesem Verhalten ziemlich genau ent- sprechen. Es schien mir von Interesse, zuzusehen, ob sich an den Amoe- ben eine Art von Zuckungsgesetz nachweisen lasse, und da es mir bisher nicht recht gelingen wollte, unpolarisirbare Elektroden für diesen Zweck geeignet herzustellen, so war ich darauf angewiesen, zuvor die Einflüsse der chemischen Zersetzungsproducte des Stro- mes kennen zu lernen. Auf flüchtige Schliessungen und Oeffnungen der constanten Kette reagirte die Amoebe zwischen meinen oben beschriebenen Platinelektroden nicht eher, als bis ich eine Kette von 4 kleinen Grove’schen Elementen anwandte. Der Erfolg be- stand in einem plötzlichen Zusammenfahren mit unvollkommener Kugelbildung. Rasches Schliessen und Oeffnen hintereinander, Kühne, Untersuchungen. 4 50 Il. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. oder rasches Hin- und Herwerfen des eingeschalteten Strom- wenders führte zunähst eine vollständige Kugelbildung herbei. In Bezug auf das Verhalten zu -Schliessungen und Oeffnungen ver- hielten sich sämmtliche Amoeben gleich, gleichviel ob sie nahe der einen oder der anderen Elektrode lagen. Während der Dauer des | Stromes entstanden dagegen am positiven Pole Veränderungen, un- gefähr von der Art, wie sie in verdünnter Salzsäure eintreten, am negativen Pole solche, wie unter Einwirkung des verdünnten Kalis, | | | i ebenfalls mit dem Unterschiede, dass die Thiere am negativen Pole | trotz beginnender Blasenbildung nach Unterbrechung des Versuchs wieder zu kriechen begannen, was am positiven Pole rasch auf- hörte. In der Mitte zwischen den Elektroden krochen die Amoe- ben während der Dauer des Stromes lange in normaler Weise umher. Aus den herrlichen Untersuchungen von Zasteur über die Gährung wissen wir jetzt, dass einige der kleinsten Organismen in Sauerstoffgas zu Grunde gehen, und nur in Kohlensäure sich erhalten, und dass andere Arten umgekehrt des Sauerstofis bedürfen, und in Kohlensäure ersticken. Die Amoeben schienen mir deshalb ein ausgezeichnetes Object zu sein, an welchem man prüfen konnte, ob das Protoplasma — denn als solches dürfen wir die contractile Substanz dieser kernhaltigen Organismen wohl auffassen — zu seiner Erhaltung ebenfalls einer Respiration bedürfe. Es wird bekannt sein, dass Amoeben in stark faulenden Infusionen, die nach Pasteur immer in Sauerstoff sterbende, in Kohlensäure lebende Vibrionen enthalten, keine Amoeben vor- kommen, und ich kann hinzufügen, dass in solche Infusionen ge- setzte Amoeben rasch absterbem, und dass dasselbe geschieht, wenn amoebenhaltiger Schlamm Vibrionen zu entwickeln beginnt. Ich eonstruirte mir, um den Einfluss der Gase auf die Amoeben kennen zu lernen, einen Apparat, den ich hier beschreiben will, weil ich im Laufe dieser Untersuchungen öfter Gebrauch davon machte. Auf den platten Boden einer 15 Cm. hohen und 25 Cm. weiten Glasschale wurde ein breiter drei Cm. hoher Kork gekittet, auf dessen oberer Fläche mehrere kurze Objectträger Platz hatten. Ueber denselben wurde ein 7 Om. weites und 10 Cm. hohes Cylinderglas gestülpt, das mit seiner nach unten gewendeten Oefinung auf 3 um den Kork herum gekitteten Glasstäben ruhte. Bis unter den Boden des Cylinderglases ragte ein zweimal recht- winklig gebogenes Gasleitungsrohr aus Glas in die Höhe, dessen II. Die Bewegungserscheinungen der Amochen. öl anderer Schenkel aus der Glasschale hervorragte. Ich legte nun den Objeetträger mit dem amoebenhaltigen Wassertropfen auf den als Sockel dienenden Kork, stülpte das Cylinderglas über, schob das mit den Gasentwickelungsapparaten verbundene zwei- schenklige Glasrohr mit einem Schenkel darunter, beschwerte das Cylinderglas mit einem Gewicht und füllte nun die Glas- schale bis zum Rande voll Wasser. Das unter den Boden des Cylinderglases tretende Gas verdrängte daraus allmählich alle Luft, so dass anfänglich Luft, später das Gas in grossen Blasen aus der unteren Oeffnung durch das in der Schale befindliche Wasser emporsteigen musste. Bei dieser Einrichtung befindet sich das Präparat fort- während in einem mit Wasserdampf gesättigten nicht zu grossen Raume, und kann, wenn der Letztere mit den Gasen angefüllt ist, darin lange Zeit aufbewahrt werden. Setzt man das zwei- schenklige Glasrohr noch aus zwei rechtwinklig gebogenen Stücken zusammen, die durch ein Kautschukrohr verbunden werden, so hat man nach der Lösung dieser Verbindung auch nicht zu fürch- ten, dass Wasser in den Gasraum zurücksteige. Sollen die Prä- parate zur Untersuchung jenen Raum verlassen, so wird das Wasser einfach abgelassen und das Cylinderglas heruntergestülpt. Die Absperrung des Raumes durch eine so hohe Wasserschicht ist geboten, wenn man z. B. völlig sauerstofffreien Wasserstoff anwenden will, der durch einen Strom von Gasblasen in einer niederen Wasserschicht sehr leicht Luft zurück diffundiren lässt. Als ich in diesem Apparate nur eine Stunde lang Kohlen- säure über die Amoeben geleitet hatte, waren die Bewegungen überall erloschen. Die Thiere hatten sich sämmtlich in bräun- liche, undurchsichtige, von doppelten Contouren umerenzte Ku- seln verwandelt, in denen auch nicht einmal Molecularbewegung entdeckt werden konnte. Da ich die Objecte vorher genau durch- mustert und meine Amoeben gezählt hatte, so kann ich auch behaupten, dass keine einzige durch Zerplatzen zu Grunde ge- gangen war. Manche Amoeben zeigten indessen keine voll- kommene Kugelgestalt, vielmehr fand sich auf einigen eine blas- sere, aufgesetzte Halbkugel, die ebenfalls mit unter die doppelten Contouren eingeschlossen war. Nur in diesen mit wenigen blassen Körnchen erfüllten Theilen war Molecularbewegung zu bemerken. Keins dieser Thiere reagirte auf Induetionsschläge, dagegen konnten sie durch Druck in kleinere und grössere Bruchstücke zersprengt werden. Ich liess nun Öbjeetträger mit Amoeben- 4 52 II. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 9 präparaten 24 Stunden lang in Kohlensäure liegen, durchmusterte sie genau, und als ich alle Amoeben in der bezeichneten Weise verändert sah, nahm ich einen Theil mit der Pipette fort, und prüfte sie gegen Inductionsschläge. Sie verhielten sich indiffe- rent. Den Objectträger brachte ich jetzt in einen feuchten mit Luft gefüllten Raum zurück. Nach 24 Stunden war ich erstaunt neben vielem unzweifelhaft von Amoeben herrührendem Detritus, eine Menge sehr kleiner Amoeben in lebhafter Bewegung zu finden. Ich hatte den Versuch angestellt in der Absicht, zu sehen, ob die durch Kohlensäure veränderten Amoeben wieder aufleben könnten, aber ich muss nach öfterer Wiederholung desselben bekennen, dafür keinen Beweis liefern zu können. Manche Amoeben fand ich unver- ändert als Coagulate wieder, von anderen nur Reste, und daneben immer nur bewegliche Amoeben von solcher Kleinheit, dass ich nicht anstehe, sie für neuentwickelte zu halten. Es lag nicht in meinem Plane, diesen Gegenstand weiter zu verfolgen, und ich be- enüge mich darum, Denjenigen, welche der Entwicklung der Amoeben ihre Theilnahme schenken wollen, die Abtödtung der grösseren Amoeben in Kohlensäure zu empfehlen. Leicht möchte das coagu- lirte und zerstörte bewegungslose Protoplasma noch Reste ein- schliessen, aus denen sich neue Individuen bilden können, und wer weiss, ob hierzu nicht der so complieirt gebaute solide Kern der Amoeben ausreicht? Es blieb bei den durch die Kohlensäure ver- ursachten Veränderungen noch zweifelhaft, ob die Amoeben gerade durch die Kohlensäure oder durch den Mangel an Sauerstoff ge- litten hatten. Beides scheint der Fall zu sein, denn es ist mir nie so gründlich gelungen, die Amoeben in Wasserstoff zu verderben, wie in Kohlensäure. Welche Schwierigkeiten zu überwinden sind, um den Sauerstoff für derartige Versuche mit Wasserstoff voll- kommen auszuschliessen, ist bekannt, und ich gelangte auch nicht eher zum Ziele, als bis ich länger als 24 Minuten einen Strom von reinem Wasserstoff durch meinen Apparat geleitet hatte. Viele Amoeben fand ich darauf genau so verändert, wie in Kohlensäure, andere indessen sahen ganz unverändert aus, zeigten aber keine Spur von Bewegung, sondern lagen in den bekannten eigenthüm- lichen Formen völlig regungslos auf dem Objectträger am Boden des Wassertropfens. Ich beobachtete diese Thiere nun unausgesetzt, ohne an dem Objecte zu rühren, unter dem Mikroskope, und sah wie die Thiere in einem Zeitraume von 15 Minuten alle wieder sich zu bewegen begannen, anfangs sehr langsam und träge, später so munter, als wenn ihnen zuvor nichts geschehen wäre. Bei den häu- Il. Die Bewegungserscheinungen der Amoeben. 53 figen Wiederholungen des Versuchs, bei welchenfich auch die Amoeben gleich auf die stromzuführenden Vorrichtungen in Wasserstoff brachte, sah ich, dass die ruhenden Thiere sich auf Induetionsschläge genau so contrahirten und endlich zerplatzten, wie die frischen Thiere, wenngleich ich dazu bedeutend stärkerer Reizungen be- durfte. Die zu bräunlichen, mit Blasen besetzten Kugeln coagu- lirten Thiere liessen indessen keine Spur solcher Reizbarkeit er- kennen. Aus den oben genannten Versuchen ziehe ich den Schluss, dass die Entziehung des Sauerstoffs den Amoeben zunächst die Fähigkeit zur Bewegung raubt, dass schliesslich auf diesen Zustand eine Coagulation unter Kugelbildung erfolgt, und dass die letztere Veränderung auch in Kohlensäure eintritt. Ich füge hinzu, dass die Kohlensäure selbst bei gleichzeitiger Anwesenheit von Sauer- stoff nach längerer Zeit dieselbe Coagulation hervorruft, denn ich sah diese auch eintreten, als ich mit der Kohlensäure kleine Men- gen von Luft gleichzeitig über die Amoeben leitete. Il. Die bewesungserschemungen der Aetinophrys Eichhorn. Ansgeregt durch den Versuch M. Schultze’s die Bewegungs- erscheinungen der Rhizopoden als Contractionen des Protoplasma zu deuten, war es lange mein Wunsch, ausser den Amoeben noch andere Species zu ähnlichen Untersuchungen zu benutzen wie die vorangegangenen. Meine ersten Beobachtungen wurden ange- stellt an den Actinophryen des Meerwassers, allein bei der ausser- ordentlichen Kleinheit meiner Actinophrys marina war es mir anfänglich unmöglich hier zu gehörigen Beobachtungsreihen zu kommen. Viel Schuld daran trug auch die verhältnissmässige Seltenheit derselben in dem Aquarium, das mir zu Gebote stand. Milioliden erhielt ich nur einmal, jedoch in nicht hinreichender Menge, und so entschloss ich mich Gebrauch zu machen von der grossen Actinophrys Eichhornii, die ich früher schon in den Wässern von Meudon, später in grosser Menge vor den Thoren Berlins fand. Actinophrys Eichhornii lässt bekanntlich zwei Schichten erkennen, eine etwas dunklere, kugelige Marksubstanz, und eine helle aus klaren Blasen bestehende Rinde, welche die centrale Masse fast in Form einer Kugelschale umgiebt. Die ganze Peri- pherie ist mit stachelig abstehenden Strahlen dicht besetzt, deren äusserer Ueberzug eine kurze Strecke weit in die Rinde hineinreicht und deren innere fast skeletartige hyaline Axe oft bis an die Marksubstanz zurückverfolgt werden kann. Ich sah die hyalinen anscheinend etwas festeren Axen der Strahlen zuerst II. Die Bewegungserscheinungen der Actinophrys Eiehhornii. a) im Jahre 1860 an Präparaten des Herrn Zalbiani, und verweise in Bezug auf dıe genauere Beschreibung derselben auf die jüngsten Angaben von M. Schultze (l. c.), wo sie So oeschildert werden, wie sie sich auch mir immer darstellten. Die Erscheinungen an dem schwachkörnigen, langsam tliessenden Ueberzuge sind von anderen Forschern schon so gründlich beobachtet worden, dass ich mich darauf beschränken kann nur eine derselben hervorzuheben. An einem sehr grossen, kugelrunden Individuum sah ich einen der mächtigen Strahlen von einem fast eylindrischen Mantel des sehr langsam fliessenden Protoplasma bekleidet, das an dem äussersten Ende mit einer schwachen, keulenförmigen Anschwellung endete. Etwa in der Mitte des Strables bildete sich allmählich eine Knickung, und indem sich diese Stelle zum Drehpuncte der beiden Strahlen- abschnitte gestaltete, bogen sich diese erst unter stumpfem, später unter spitzem Winkel gegen einander. Als der Winkel etwa 300 erreicht hatte, verlor der eylindrische Mantel zuerst an dem Drehpunete seine ursprüngliche Gestalt, das Protoplasma nahm die Form einer mächtigen Schwimmhaut an, die sich ziemlich rasch bis an das Ende und bis an die Wurzel des Strahles aus- breitete. Dabei strömten die spärlichen Körnchen, auch von dem keulenförmigen Ende her, für einen Augenblick rasch nach der Wurzel hin zurück, und vertheilten sich gleichmässig durch die Schwimmhaut, die sich ebenfalls ziemlich rasch verschmälerte, und endlich das Ende und die Wurzel zu einem halb so langen, entsprechend dickeren Strahle vereinigte. Nach geschehener Verschmelzung wurde die Körnchenbewegung wieder sehr langsam, und konnte nur an dem Ende des kurzen Strahles deutlich be- obachtet werden, wo der innere hyaline Faden mit seiner haken- förmigen Umbiegung das Protoplasma etwa wie das Ende eines Spatels flach ausgespannt erhielt. Die Stelle gestaltete sich zuletzt wieder zu einer keulenförmigen Anschwellung um, während der hyaline centrale Faden ganz in sich zurückgebogen wurde, und ein stumpferes deutlich erkennbares Ende bekam. Nun floss das Protoplasma, spindelförmige Anschwellungen treibend weiter vorwärts, und als es schliesslich eine feine Spitze vorgetrieben hatte, war der Strahl wieder so lang, wie die übrigen Fortsätze des Thieres. Die Beobachtung lässt, wie die über das bekannte Zusammenfliessen mehrerer Strahlen zu einem, oder wie die über das rasche Verschmelzen kugelig vorgetretener Protoplasmamassen aus der Wurzel des Strahles mit der äussersten Schicht der Kugelschale, keinen Zweifel aufkommen an der leichtflüssigen 56 III. Die Bewegungserscheinungen der Aclinophrys Eichhornii. Beschaffenheit dieses Protoplasma. Sie zeigt uns jedoch auch, dass die Oberflächen der Flüssigkeit sich während einiger Zeit berühren können ohne zu verschmelzen, und dieser Umstand ge- stattet uns zu schliessen, dass auch diese Flüssigkeit in dem damit nieht mischbaren Wasser entweder eine physikalische Menm- bran oder eine leicht vergänegliche, wenn man will, resorbirbare, Haut von coagulirtem Eiweiss besitzen müsse. Die Beobachtung zeigt uns ferner, dass auch die hyaline Axensubstanz, da sie in sich selbst zurück verschmilzt, von keiner erheblichen Festigkeit sein kann. Unter den Rhizopoden dürfte vielleicht keine Species ge- eigneter für die Anstellung von Reizversuchen sein, als unsere grosse Actinophrys, denn gerade ihre träge Bewegung, derentwegen ich sie anfänglich zu verschmähen Lust hatte, ist hier von be- sonderem Vortheil. Für die Ausführung der elektrischen Reizung brachte ich einzelne Exemplare auf Objeetträger zwischen 4 Mm. Oeffnung haltende Platinelektroden, und beobachtete sie entweder mit Schiek’schen Mikroskopen frei, oder mit Hartnack’schen Stipp- linsen unter Deckgläsern. Legt man auf die Platinelektroden noch kleine Glimmerplättchen, so hat das Thier Platz genug wenigstens in der Fläche seine Strahlen auszubreiten, .und man braucht die fertigen Präparate nur einige Zeit im feuchten Raume liegen zu lassen, um überall die Strahlen hervortreten zu sehen. Werden nun die Enden der secundären Spirale des Inductions- apparats mit den Elektroden verbunden, und der Unterbrecher in Thätigkeit versetzt, so zeigt sich schon bei sehr schwacher Wirksamkeit eine Contraction an den Pseudopodien. Man braucht die Drahtrollen auf dem du Bois’schen Schlitten nur bis auf die Entfernung von etwa 15 Cm. zu nähern, um in kurzer Zeit alle Pseudopodien zurück zu treiben. Die Körnchen des Protoplasma zeigen dabei stellenweis eine sehr beschleunigte Bewegung. Sie irren um einander herum, und häufen sich mit ihrer Grundsub- stanz zu Spindeln und Kugeln zusammen. Diese Kugeln liegen oft an einer Seite der Strahlen, flachen sich dort plötzlich wieder etwas ab, und biegen den Strahl dann unter Schwimmhautbildungen in sich selbst zurück. Viele kleinere Kugeln und Spindeln ver- einigen Sich auch zu grösseren, um mit einer ruckartigen Be- wegung an den durch ihr Centrum gehenden Strahlenrest zurück an-die Rinde zu gleiten, in die auch der letzte spitze Vorsprung des Strahles rasch eingezogen wird. Selbst bei ganz schwachen Il. Die Bewegungserscheinungen der Aclinophrys Eichhornii. 57 Inductionsschlägen, bei solchen, die gerade ausreichen um das beschriebene Phänomen hervorzubringen, pflegen in der Regel einige der Blasen an der Oberfläche zu platzen, und zwar geschieht dieses an den beiden convexen Flächen der Peripherie, welche den Elek- troden zugewendet sind. Ist die Intensität der E.-Schläge nicht grösser, so bleiben die rechtwinklig zur Stromesrichtung liegenden Strahlen unverändert, und auch der blasige Rand der Kugel zeigt hier selten Einschmelzungen. Obgleich bei dem Zerplatzen der Blasen zuweilen kleine Körnchen ausgestossen werden und davon schwim- men, so ist doch durchschnittlich von einem Zerfliessen dabei nichts zu sehen, denn der Blaseninhalt ist oft so klar, dass es keinen Anhaltepunct giebt, der uns zeigen könnte, wo der Inhalt geblieben. Die Contouren der Blasen oder Stücke ihrer Peripherie entfernen sich auch nicht, sondern man sieht nur ein Zer- platzen, wobei die Scheidewände der benachbarten Blasen, und namentlich ihre dreieckigen Berührungsstellen an Mächtigkeit zunehmen. Sucht man durch Blasen auf das Object das Thier zu drehen, so gelingt es die noch nicht eingezogenen Strahlen parallel zur Stromesrichtung zu stellen, und auch diese zurückzutreiben bis das Thier ganz kugelig und frei von Fortsätzen geworden. Gönnt man hierauf dem Thiere einige Stunden der Ruhe, so treten die Pseudopodien wieder heraus, um auf Anwendung einer neuen, etwas stärkeren Reizung, wie es in der Regel nöthig wird, von neuem eingezogen zu werden. So kann man endlich, nur indem man das Thier wieder im Kreise zwischen den Elektroden berum- dreht, alle Blasen der Rindensubstanz zum Platzen bringen, ohne dass wesentliche Bestandtheile der Körpersubstanz vernichtet werden, denn das contractile Protoplasma bedeckt schliesslich die Marksubstanz als eine unregelmässig geformte, wulstige und schmale Umhüllung, in der man bisweilen auch noch einige hyaline centrale Stücke der Pseudopodien wirr durcheinander liegen sieht. Besieht man sich eine so behandelte Actinophrys am andern Tage wieder, so findet man sie zwar noch fast um die Hälfte kleiner, allein sie hat sich jetzt wiederum mit vielen, verhältnissmässig sehr langen Pseudopodien besetzt, an welchen man die hyalinen Axen- strahlen und die mit Körnchen spärlich durchsetzten Ueberzüge sieht. Wird ein solches einzelnes Thier mehrere Tage der Ruhe überlassen, so umgiebt es sich auch wieder mit seiner blasigen Rinde, die auf Kosten des das Mark umgebenden, wallartig an- liegenden Protoplasma entsteht. Freilich habe ich die Bildung 58 Ill. Die Bewegnngserscheinungen der Actinophrys Eichhornii. neuer Blasen nicht im Einzelnen verfolgen können, ich zweifle aber nach dem, was ich an den langen Pseudopodien des ver- kleinerten Thieres sah, nicht, dass sie aus dem Protoplasma und vorzu2sweise aus dem der bereits vorgeschobenen Pseudopodien gebildet werden, denn diese zeigen an ihren wie dichtgedrängte Radien aneinanderliegenden Wurzeln grosse Neigung sich brücken- artig zu verbinden, worauf auch sehr verschieden geformte flache schwimmhautähnliche Platten zwischen den Strahlen verschiedener Ebenen auftreten. Dies zusammengehalten mit einer Beobachtung, die ich an einer ziemlich grossen Actinophrys machte, wo ich zwei Pseudopodien, deren Protoplasma kleine blasenartige Auf- treibungen enthielt, mit einander verschmelzen und diese Blasen an die Kugeloberfläche zurückführen sah, macht es mir äusserst wahrscheinlich, dass die grosse Mehrzahl aller Blasen der Rinden- substanz aus demselben Protoplasma besteht, wie die Pseudopodien, und dass sie anfänglich wohl Nichts als Wasser einschliessen. Langsam fliessende Körnchenbewegungen an den Grenzen der Blasen sind ferner nicht blos an der Oberfläche sondern durch die ganze Rinde hindurch wahrzunehmen, wo sie sich auch häufig als eine ganz natürliche Folge des Einziehens der Pseudopodien herausstellen, da der fliessende Ueberzug der Strahlen sich so- wohl auf der Oberfläche, wie zwischen den Blasen ausbreiten kann. Kommen in den Blasen freie Körnchen, ohne Zusammen- hang mit den Rändern vor, so zeigen sie immer tanzende Molecular- pewezungen. Die Körnchen müssen sich folglich in einer Flüssigkeit befinden, welche leichter beweglich ist als das Protoplasma. Wie mir scheint, braucht man den Thatsachen keinen Zwang anzuthun, wenn man die beschriebenen auf das Tetanisiren mit Inductionsschlägen folgenden Bewegungen in der Actinophrys auffasst als eine durch elektrische Reizung hervorgerufene Con- traction des Protoplasma. Wenn ich eine zu Blasen und Fäden angeordnete Masse dabei überall die Neigung verrathen sehe, sich in Kugeln zusammenzuhäufen, und wenn ich die ganze Masse sich endlich um einen solideren Kern herum als einen wulstigen Mantel festlegen sehe, so liegt, meine ich, Nichts näher, als die Einreihung dieser Erscheinungen unter die sog. Contractionsvorgänge Da bei der Anwendung so schwacher Induetionsschläge an eine er- hebliche secundäre Wirkung, durch Producte der Elektrolyse, die sich an den das Protoplasma gar nicht direct berührenden Klektroden ausscheiden, nicht gedacht werden kann, so müssen wir nachsehen, ob wir es hier nicht mit demselben Phänomen zu Ill. Die Bewegungserscheinungen der Actinophrys Eichhornii. 9 thun haben, wie bei der elektrischen Reizung anderer eontraetiler Substanzen, ja selbst wie bei der Zuckung der Muskeln höherer Thiere auf Induetionsschläge. Man braucht zur Erzeugung des Einschmelzens der Blasen und Pseudopodien die Actinophrys gar nicht zu tetanisiren, sondern einzelne Induetionsschläge genügen schon um die beschriebene Veränderung an der Actinophrys herbeizuführen. Nähert man die secundäre Spirale auf dem Schlitten allmählich der primären, so sind natürlich anfangs nur die Oeffnungsschläge wirksam. Schiebt man die Rollen etwa um 1 Cm. übereinander so erzeugen aber auch einzelne Schliessungsschläge denselben Effect, wie man leicht sieht, wenn die Oeffnungsschläge jedes Mal durch eine Nebenschliessung abgeblendet werden. Dabei ist es gleichgültig, welchen Rand des Thieres man zur Beobachtung wählt, wenn derselbe nur nicht mit einer Seite zu nahe an den Elektroden anliegt. Wo der Strom eintritt ist selbst bei Minimalreizungen die Erscheinung ebenso, wie da, wo er austritt, und nur die- jenigen Randtheile, deren Strahlen rechtwinklig zur Stromes- richtung stehen, bedürfen mächtigerer Reizungen, um in Bewegung zu gerathen. Mit Inductionsschlägen lässt sich also kein soe. Zuckungsgesetz des contractilen Protoplasma der Rhizopoden nachweisen. Der Strom einer constanten Kette zeigt uns dagegen ein sehr auffallend gesetzmässiges Verhalten dieser contractilen Sub- stanz. Ich bemerkte, dass die Thiere kurze Zeit nach dem Ver- weilen in einem immer gleichgerichteten schwachen constanten Strome, fast halbmondförmige Gestalt angenommen hatten. Der dem positiven Pole zugekehrte Rand war ausserordentlich weit eingeschmolzen, während sich der gegenüberliegende Theil ziemlich erhalten hatte. Mit Hülfe eines in den Kreis der Kette einge- schalteten Rheochords, eines Stromwenders und eines Schliessungs- apparats gelang es mir die Vorgänge im Einzelnen zu verfolgen, deren Resultat die Umwandlung in die halbmondförmige Gestalt war. Probirt man nach Versuchen an mehreren Exemplaren von Actinophrys die ungefähre Stromstärke aus, welche nothwendig ist, um sogleich das Einschmelzen an der Seite des positiven Pols zu erzeugen, so sieht man beim Schluss der Kette die Ein- ziehung der Pseudopodien rasch an beiden Seiten eintreten. An beiden Rändern beginnen die Blasen mit einem plötzlichen Rucke zu zerplatzen, jedoch mit dem Unterschiede, dass der Vorgang 60 III. Die Bewegungserscheinungen der Actinophrys Eiehhornii. am positiven Pole während der Dauer des Stromes immer weiter schreitet, eine Schicht nach der andern verwischt, während die Sache am negativen Pole mit dem ersten flüchtigen Zerplatzen einiger ganz peripherisch gelegener Blasen abgethan ist. Wird jetzt die Kette rasch geöffnet, so steht der Einschmelzungsprocess am positiven Rande sofort still, am negativen beginnt er plötzlich wieder, und einige Blasen platzen auch noch, nachdem der Strom sanz beseitigt ist. 30 Secunden später aber ist keinerlei Bewegung mehr wahrzunehmen. Ich erhöhte nun die Stromstärke etwas und beobachtete beim zweiten Schlusse der Kette keine Bewegung am negativen Rande, obgleich das Einschmelzen unter Hervorstossung vieler dunkler Zellen oder kernartiger Gebilde, die im Umkreise der Marksubstanz bei der Actinophrys vorkommen, vom Augen- blicke des Schlusses an, während der Dauer des Stromes wieder eintrat. Als ich die Kette rasch öffnete, hörte das Einschmelzen hier einige Secunden später auf, begann aber sofort am negativen Rande, wo der Vorgang ebenfalls die Oeffnung um einige Secunden überdauerte. Bezeichnen wir den flüchtigen Einschmelzungsprocess als Zuckung, das dauernde Einschmelzen als Tetanus, so finden wir für die erste Ausführung des Versuchs Folgendes: Positiver Rand. Negativer Rand. | Schluss. Zuckung. Schwache Zuckung. | Oeffinung. Nichts. Starke Zuckung. Während der Stro- Tetanus. Nichts. mesdauer. | dee | Für den positiven Rand, wo der Strom eintritt, kann ich nicht angeben, ob beim Oeffnen etwas Besonderes eintritt, da ich den beim Schluss plötzlich beginnenden Einschmelzungsprocess beim Oeffnen allmählich wieder aufhören sah. Jedenfalls zeigte sich bei Oeffnen keine plötzliche Beschleunigung der Bewegung. Wir müssen jedoch auch den Theilen der Peripherie des Thieres noch unsere Aufmerksamkeit schenken, deren radiär aus- strahlende Pseudopodien annähernd rechtwinklig zur Stromes- richtung lagen. Auch diese wurden wie am positiven und negativen Pole beim ersten Schlusse der Kette, als erst ein äusserst schwacher Strom angewendet war, mit eingezogen, unter Zerplatzen einiger Blasen. Als ich aber die Kette öffnete, verhielten sich diese Theile des Randes ruhig, obwohl an der dem negativen Pole zugekehrten III. Die Bewegungserscheinungen der Aclinophrys Eichhornii. 61 Seite eine Zuckung auftrat. Bei gleichbleibender Stromstärke hatte also die am negativen Rande so viel energischer wirkende Oeffnung der Kette hier gar keinen Einfluss, und selbst in dem ‚zweiten Versuche bei erhöhter Stromstärke, sah ich hier Nichts weder auf Schliessung noch auf Oeffnung erfolgen. Demnach musste sich der Gedanke aufdrängen, dass an den von den Elektroden abgewendeten Rändern überhaupt die Stromstärke gar nicht aus- gereicht habe, um die erste flüchtige Zuckung zu erzeugen, sondern dass hier etwas Anderes im Spiele war. Bekanntlich kann die Actinophrys ihre Pseudopodien ohne nachweisbare Ursachen bewegen, und sie kann selbst, wie ich dies auch öfter an Thieren sah, die lange Zeit ohne Deckelas auf dem Objeetträger geruht hatten, einzelne Blasen an der Ober- fläche zerplatzen lassen. Nennen wir diese Bewegungen, ohne Scrupel, willkürliche, so wird es ziemlich wahrscheinlich, dass auch die ersten Zuckungen unseres Thieres beim Schlusse der Kette, sowohl an der negativen Seite, wie an den abgekehrten Rändern willkürliche gewesen seien, oder doch vielleicht durch eine plötzliche unangenehme Empfindung beim Hereinbrechen des Stromes veranlasst worden seien. Um das wahre Zuckungsgesetz der Rhizopoden zu finden liess ich deshalb ein Thier sich ganz allmählich in den Kreis der Kette hineinschleichen. Die Actinophrys wurde mitten zwischen die Elektroden gesetzt wie gewöhnlich, und der hart bis an die Eintrittsstelle des Stromes vorgerückte Schieber des Rheochords ganz langsam zurückgeführt. Jetzt verhielt sich der negative Rand sammt den abgekehrten Flächen vollständig ruhig, ais ich mit der Stromstärke von O an aufsteigend bis zum Maximum vorging, obgleich der Einschmelzungsprocess unterdessen am posi- tiven Rande bereits allmählich beginnend mächtig vorgeschritten war. Als ich den Strom ebenso allmählich abschwächte, hörte die Bewegung an diesem Theile nach und nach auf, und auch die Oeffnungszuckung am negativen Rande war nicht eingetreten, als ich schon bis auf 0 herabgegangen war. Ich merkte mir am Reochord die Stromstärke, bei welcher das Einschmelzen auf einer Seite soeben zu beginnen pflegte, und fand, dass ein über die 4 Mm. Spannweite besitzenden Elektroden gebrückter sehr erregbarer Sartorius des Frosches gerade die ersten Anfänge der Zuckung beim raschen Schliessen und Oeffnen der Kette darbot. Bleibt man bei dieser Stromstärke, also bei dem ungefähren Mi- nimum stehen, so kann man, wenn nur das erste Mal die Schlies- 62 III. Die Bewegungserscheinungen der Aclinophrys Eichhornii. sungszuckung an den abgewandten Flächen und am negativen Pole umgangen ist, den Versuch ohne allmähliches Einschleichen des Thieres in den Kreis anstellen, Die Erscheinung bleibt dann selbst bei sehr rasch ausgeführter Schliessung aus. Oeffnet man rasch nach einiger Dauer des Stromes, so werden am negativen Rande der Actinophrys sogleich die Pseudopodien eingezogen, und einige Blasen zerplatzen. Die zum Strome rechtwinklig liegenden Strahlen bleiben jedoch auf ihrem wohlerhaltenen Rande stehen, und fallen erst mit diesem zusammen, wenn der Ein- schmelzungsprocess, der am positiven Rande stattfindet bis dahin um sich greift, oder wenn von vorneherein zu mächtige Ströme benutzt werden. Das eigentliche Zuckungsgesetz der contractilen Substanz unserer Rhizopode lautet nach diesen Gontrolversuchen: Positiver Rand. Ein- Ne eativerRand. Aus- trittsstelle d.Stromes.| trittsstelle d.Stromes. | Schliessung. | Zuckung. 0. > Dauer des Stromes. | Tetanus. | 0. Oefinung. | 0. | Zuckung. Mit einigem Rechte wird der Beginn des Einschmelzens am positiven Rand im Momente der Schliessung als eine Zuckung aufgefasst werden müssen, da man bei sehr flüchtigem Schliessen hier ganz dasselbe eintreten sieht, wie beim plötzlichen Oeffnen an der negativen Seite. Für die bei der Oeffnung am positiven Rand auitretenden Erscheinungen vermag ich Nichts positives anzugeben, da ich keine Stromstärke finden konnte, bei welcher flüchtige Oefinung Zuckung am positiven Rande erzeugte, ohne dass nicht während der Dauer dieses Stromes dasselbe erfolgt wäre. Auch rasches Wenden der Stromesrichtung liess mich dabei im Stich, und so vermag ich auch noch nicht zu sagen, ob Modificationen der Erregbarkeit durch constante Ströme her- beigeführt werden können. Obgleich diese Versuche nicht mit unpolarisirbaren Elektroden angestellt wurden, die für diesen Zweck schwer zu construiren sein möchten, so liefern doch die Versuche selbst den Beweis, dass ein Theil der Erscheinungen sicherlich nicht von secundären Folgen der Elektrolyse abgeleitet werden könne. Legt man gleichzeitig über die Elektroden einen schmalen Streifen violetten Lackmuspapiers, so sieht man die be- schriebenen Vorgänge viel eher an der Actinophrys auftreten, als IT. Die Bewegungserseheinungen der Actinophrys Eichhornii. 65 eine bemerkbare rothe Färbung am positiven und eine deutlich blaue am negativen Pol entsteht. Zudem legte ich das Thier stets möglichst in die Mitte zwischen die Elektroden, und konnte deshalb sicher sein, dass elektrolytische Ausscheidungen noch nicht zur Wirksamkeit gelangt sein konnten, selbst wenn das Papier an den Elektroden schon gefärbt war, da es einige Zeit dauerte bis die Färbung darin weiter vordrang. Ich habe ferner, als das Papier schon überall stark gefärbt war, den Einschmelzunesprocess an der positiven Seite des Actinophrys-Randes nach der Oeflnung der Kette immer stille stehen sehen, und ich konnte in diesem Falle durch Umlegen des Stromes dieselben Erscheinungen an der negativen Seite erzeugen, als ich sie zur positiven machte, ohne dass nur die geringste Verzögerung, oder ein entsprechender Farbenwechsel im Lackmuspapier dabei auftrat. Wir haben es hier also mit einem eigenthümlichen Verhalten des contractilen Rhizopodenprotoplasma zu thun, das in dem angegebenen Gesetze ebenso seinen Ausdruck findet, wie das Verhalten des Frosch- muskels oder des Froschnerven sich in dem bekannten Zuckungs- gesetze spiegelt. Durch den constanten Strom kann man die Form der Acti- nophrys beherrschen, da der Strom sicherer wirkt wie ein Messer. So kann man den Rand blos von einer Seite allein einschmelzen, oder man kann ihn durch Hin- und Herlenken der Stromesrichtung von beiden Seiten her zusammenfallen lassen. Wir hätten nun den Beweis zu liefern, dass diese Gestalt- veränderungen auch wirklich von einer Contraetion, und nicht von einer unreparirbaren Zerstörung des Protoplasma herrühren. Lässt man den Strom zu lange wirken, oder wendet man auch während kürzerer oder längerer Dauer stärkere Strömungen an, so stirbt das Thier ab, zerfällt zu einem krümeligen mit Blasen unter- mischten Brei, in welchem nur die grösseren Zellen oder kernähn- lichen Gebilde noch zu erkennen sind. Namentlich muss man sich hüten, das Protoplasma nicht zu dicht bis an die Marksubstanz einschmelzen zu lassen. Setzt man solche nicht ganz vermichtete Thiere einzeln in grossen Glasschalen in ganz remes_ filtrirtes Wasser des Fundortes, so erholen sie sich nach einigen Tagen wieder, die Pseudopodien treten wieder hervor, und man kann an der eigenthümlichen Anordnung derselben sehen, dass man es nicht etwa mit neu entwickelten Individuen zu thun hat. Die Pseudopodien wachsen aus der eingeschmolzenen, grubenartig un- geformten Vertiefung des Randes hervor, und es dauert lange, bis das 64 III. Die Bewegungserscheinungen der Actinophrys Eichhormnii. Thier das Gepräge der ursprünglich bewirkten Gestaltveränderung verliert. Es ist nöthig, die Thiere gleich nach der Behandlung mit dem constanten Strome, in eine grosse Menge des ihnen zusagen- (len Wassers zu bringen, da sie in dem zwischen den Elektroden befindlichen Wassertropfen schon binnen 24 Stunden zu Brei zerfallen. Da das Protoplasma von Actinophrys so leicht und schon auf so schwache Reize mit Contractionen reagirt, so kann ich auch das Zerplatzen der Blasen und das Einziehen der Pseudopodien unter vorangehender Bildung von Varicositäten, das unter dem Einflusse vieler chemischer Mittel, mechanischer Reizungen, des Drucks, Umherschleudern im Wasser u. dgl. erfolst, nur auf eine durch Reize bewirkte Contractionserscheinung zurückführen. M. Schultze hat die Veränderungen, welche sehr verdünnte Säuren und Alkalien hervorrufen, schon beschrieben, und darunter schon die Contractionen von den durch die Reagentien bewirkten chemi- schen Zerstörungen unterschieden. Versuche, welche ich mit Salz- säure von 0,1 p. ©. und einer ebenso verdünnten Kalilösung an- stellte, ergaben mir Folgendes. Anfangs traten in der Säure die beregten Contractionserschei- nungen auf, wohin ich auch in diesem Falle noch das Zerplatzen der Blasen rechne. Später jedoch schrumpfte auch die Mark- substanz mit dem Uebrigen zusammen, wurde bräunlich und un- durchsichtig und zerfiel endlich zu einem wieder durchsichtiger werdenden Brei, in dem sich nur ein wabenartiges Netz erkennen liess. Reste der hyalinen Axenfäden sah ich nicht zurückbleiben. In der alkalischen Lösung konnte keine so deutliche Schrumpfung wahrgenommen werden, sondern die Actinophrys löste sich sogleich auf zu einer grossen Anzahl in einander gekapselter Blasen und Tropfen, die zuletzt auch vergingen, unter Hinterlassung vieler sehr kleiner Körnchen. Auch die grösseren vielkernigen Zellen waren vollständig verschwunden. Wenn ich die ersten Erschei- nungen auf Zusatz von Reagentien als eine Oontraction im Gegen- satze zur nachfolgenden Zerstörung (Coagulation oder Auflösung) deute, so geschieht es im Hinblick auf die Möglichkeit, nur die eine Reihe von Veränderungen selbst mit chemischen Mitteln her- vorzurufen. Führt man nämlich einen Objectträger, auf dem sich eine Actinophrys befindet, rasch über einen Teller mit verdünntem Ammoniak hin, so findet man von fast allen vorher ausgestreckten Pseudopodien nur noch einige über die Oberfläche hervorragende. Diese sind stark varicös geworden und der blasige Rand des Thieres zeigt an vielen Stellen Unregelmässigkeiten, die nur durch Ein- III. Die Bewegungserscheinungen der Actinophrys Eichhornii. 65 fallen der Randblasen entstanden sein können. Ein solches Thier ist noch lebendig, ja auch seine varicösen Pseudopodien nehmen nach hinlänglicher Ruhe ihre frühere Gestalt wieder an. Am an- deren Tage findet man die letzteren alle wieder ausgestreckt, und die Einkerbungen des Randes wieder ausgeglichen. Lässt man die Ammoniakdämpfe länger einwirken, oder führt man das Object nur einmal über einen Teller mit gesättigter Ammoniakflüssigkeit hinüber, so geht freilich das Thier zu Grunde, es zerfliesst dann ähnlich wie in verdünntem Alkali. Da wir aber diesen Schaden verhüten können, so sehe ich nicht ein, warum die ersten Ver- änderungen, die sich wieder ausgleichen können, nicht als Con- traetionen gelten sollen. Ich glaube demnach die Annahme einer chemischen Reizbarkeit des Rhizopodenprotoplasma aufrecht er- halten zu können. Das Protoplasma dieser Thiere geht ferner, wie Schultze auch angiebt, in gewissen Giften so z. B. in Veratrin und Strychnin zu Grunde. Ich habe nur Versuche mit Veratrin angestellt, und bin damit zu Resultaten gekommen, welche zeigen, dass das darin erfolgende Absterben der Actinophrys nicht auf Rechnung der alka- lischen Reaction geschoben werden kann. Die Lösungen des Veratrins in Wasser sind so erstaunlich verdünnt, dass ein Brei von gebrannter Maenesia mit Wasser dagegen eine ziemlich concentrirte alkalische Lösung repräsentirt. In dem Letzteren sah ich Actinophryen länger als 24 Stunden unbelästigt fortleben, denn sie hatten nicht einmal ihre Pseudopodien darin eingezogen, und verhielten sich gegen schwache Inductionsschläge ganz wie gewöhnlich. Eine andere Actinophrys die ich in eine gerade bemerkbar auf Lack- mus reaegirende Lösung von Aetzkali gesetzt hatte, war nach kurzer Frist in eine breiige Masse verwandelt, die beim Bewegen der Flüssigkeit leicht: auseinander floss. Nichts von dem Allen beobachtete ich in Veratrinlösungen. Die Actinophrys zieht darin zwar die Pseudopodien ein und viele Blasen der Oberfläche zer- platzen, zuletzt bildet sie aber einen trüben, körnigen Kuchen, der Nichts gemein hat mit den staubartig vertheilten feinen Körnchen, die man mit Aetzkali erhält. Der Rest lässt sich aller- dings mit dem Deckglase zerbröckeln, allein das Zurückbleibende hat immer nur das Ansehen coagulirter Eiweissstückchen. Man kann endlich den Einwand, dass die nun einmal specifische alkalische Reaction der Giftlösung es sei, die dies Alles erzeuge, noch da- durch beseitigen, dass man sie mit äusserst verdünnter Salzsäure Kühne, Untersuchungen. B) 66 Ill. Die Bewegungserscheinungen der Aclinophrys Eichhornii. oenau neutralisirt. Auch in diesen Lösungen stirbt die Actino- phrys in eben so kurzer Zeit ab. Einen Ähnlichen schädlichen Einfluss üben unter gleichzeitiger Coagulation Aether und Chloroformdämpfe. Die Pseudopodien werden hierin eingezogen, es kommt auch zum Zerplatzen einiger Blasen und endlich verwandelt sich das ganze Thier in einen coagulirten Kuchen, an dem Induetionsschläge keine Veränderungen mehr erzeugen. Wenige Minuten des Aufenthalts in chloroform- haltiger Luft genügen um alle diese Veränderungen rasch ins Werk zu setzen. Das contractile Protoplasma von Actinophrys Eichhornii ist, wie aus den soeben geschilderten Versuchen erhellt, coagulabel, die Masse schrumpft, und trübt sich unter Umständen und zerfällt dann durch Druck zu festen Stückchen und Körnchen. Wie zu erwarten war, tritt diese Coagulation auch ein durch gesteigerte Temperaturen und wie sich ferner erwarten liess, findet dies schon bei verhältnissmässig geringer Erwärmung statt. Ich habe in Folge der Mittheilungen von M. Schultze über den Temperatur- grad bei welchem die Wärmestarre eintritt frühere Versuche wieder aufgenommen, und dabei bestätigen können dass dieses Protoplasma im Verhältniss zu dem anderer Organismen erst bei einer etwas höheren Temperatur gerinnt. Man kann den Grad, bei dem dies geschieht nicht finden, wenn man nach einer der früher angegebenen Methoden verfährt, denn die Actinophrys erleidet schon bei 40°C. und darunter Veränderungen, welche leicht zu Täuschungen Anlass geben können. Stellt man den Versuch in einem in ein grosses Wasserbad eingesenkten Probir- vöhrchen an, so sieht man die Thiere etwa bei 40% C. rasch unter- sinken, ml sich fest an den Boden ankleben. Früher hielt ich diese Thiere für abgestorben, seit ich jedoch den Versuch nach M. Schultze's Vorgange auf dem Objectträger im Wasserbade angestellt, fand ich, dass sie sich im Falle, wo die Erwärmung nicht zu lange gedauert hatte, wieder erholten. Ein Aufenthalt von einigen Minuten in Wasser von 40° Ö. genügt um den Thieren das Ansehen kleiner unregelmässig coagulirter Klümpchen zu geben, und die ganze Leibesmasse etwa bis zur Grösse der Marksubstanz zu reduciren. Nimmt man die Erwärmung auf Elektroden vor, so findet man jedoch, dass nachher Inductions- schläge noch den letzten Rest der blasigen Masse zum Zerplatzen bringen, dass also noch Erregbarkeit vorhanden ist. Dem ent- Knreehertl entwickeln sich solche Thiere nach 24 stündiger Ruhe III. Die Bewegungserscheinungen der Actinophrys Eichhornii. 67 auf dem Objectträger im feuchten Raum wieder, und zwar ganz so, wie sich die durch mässige Reizung mit Inductionsschlägen verkleinerten und contrahirten Thiere wieder herstellen. Ihre Pseudopodien werden allmählich von der verkleinerten Kugel nach allen Richtungen so weit, wie ursprünglich wieder ausgestreckt, und nach abermals 24 Stunden ist auch die blasige Rindensub- stanz wieder hergestellt. Nach vielen Versuchen kann ich angeben, dass die Actinophrys bei längerer Erwärmung auf 35—400C. die Pseudopodien einzieht, dass das Protoplasma zusammenrückt und dass folglich eine Contraction durch Steigerung der Tempe- ratur angeregt werden kann. Es giebt also auch hier, wie bei den Amoeben einen Wärmetetanus. Will man den Temperatur- grad annähernd bestimmen, bei welchem die Coagulation des Protoplasma plötzlich erfolgt, so ist es zweckmässig das Thier mit einem kleinen Wassertropfen rasch in eine grosse erwärmte Wassermasse hineinfallen zu lassen und dann sofort mit der Pipette wieder herauszunehmen. Noch bei 44, 5° C. konnte ich das Thier auf diese Weise nach einigen Secunden lebend, wenn auch stark contrahirt, wieder aus dem Wasser hervorziehen. Bei 45°C. hingegen trat die Gerinnung sofort ein, die Kugel schrumpfte zu einem platten wenig durchsichtigen Kuchen zu- sammen, reagirte nicht mehr auf die stärksten Inductionsschläge und zerfiel nach 24 Stunden zu einem Haufen kleiner Körnchen und unregelmässiger Stückchen. Mam muss sich hüten das Thier in dem auf 45° C. erwärmten Wasser nicht ganz bis auf den Boden des Glases hinabsinken zu lassen, und beim Herausnehmen beachten, dass sich die coagulirte Masse nicht an die Pipettenwände anlege, denn in diesem Falle zerbröckelt sie sofort bei der geringsten Bewegung des Wassers. Das Protoplasma dieser Rhizopode coagulirt also bei einer verhältnissmässig hohen Temperatur, bei 45° C. Sehr leicht coagulirt das Protoplasma der Actinophrys in Kohlensäure. Exemplare, die ich im Wassertropfen auf Object- trägern nur eine Stunde in den mit Kohlensäure gefüllten Raum gebracht hatte, waren frei von allen Pseudopodien, ihr Rand hatte eine unregelmässige Gestalt angenommen, und die eigentliche Kugel war in eine blasige trübe und feste Masse verwandelt, die sich gegen Inductionsschläge ganz indifferent verhielt. Auch nach der Aufbewahrung während mehrerer Tage in feuchter Luft war nur in soweit eine Veränderung eingetreten, als sich die geronnene Masse etwas zerbröckelt und mit unzähligen Vibrionen durchsetzt 5* 68 Ill. Die Bewegungserscheinungen der Aclinophrys Eichhornii, ' zeigte. Actinophryen, die ich nur eine Stunde in Wasserstoff ge- halten hatte zeigten sich dagegen wenig verändert, und ich vermag nicht zu sagen, ob die sehr trägen Bewegungen, die ich an ihnen sah, von der neuen Berührung mit Luft abgeleitet werden dürfen. Die Pseudopodien ragten nämlich nur als kurze dicke Stümpfe über die Oberfläche hervor, aus denen sich nach einigen Stunden wieder lange Strahlen entwickelten. Ein längerer Aufenthalt z. B. von 14 Stunden in Wasserstoff bringt dieselben Erscheinungen hervor, wie die einstündige Wirkung der Kohlensäure. Das Thier coagulirt, und verfault zuletzt. Nicht bei jeder Art des Absterbens werden indessen die Pseudopodien eingezogen. So kann man das Thier in einem Wassertropfen gefrieren und wieder aufthauen lassen, ohne dass es seine Gestalt wesentlich verändert. Die Pseudopodien fallen beim Bewegen des Wassers leicht ab, und treiben als etwas ge- runzelte, trübe Stäbchen darin umher; während das ebenfalls undurchsichtiger gewordene blasig geformte Protoplasma Neigung zeigt in grösseren Schichten unter der Form netzartiger Lappen an die Glasplatte anzukleben. Eine Temperatur von 0° wird von Actinophrys lange ertragen, obgleich die Bewegungen der Körnchen anscheinend noch langsamer werden. IV. Die bewegungserscheinmngen der Myxomyceten. Durch die Untersuchungen de Bary's haben wir in den Myxo- myceten eine Substanz kennen gelernt, welche die grösste Aehn- lichkeit besitzt mit den Amoeben. De Bary zeigte, dass die rahm- artige verzweigte Masse der Myxomyceten, die man früher für gänzlich structurlos hielt, aus einer beweglichen dem Protoplasma oder der Sarkode vergleichbaren Masse besteht. Als ich zum ersten Male eine kleine Myxomycete, vielleicht nur ein abgetrenntes Stück derselben sah, fiel mir die Aehnlichkeit dieser fliessenden Masse mit den Amoeben so sehr auf, dass ich Veranlassung nehmen musste, sie zu ähnlichen Versuchen wie die Amoeben zu ver- wenden. Der Gefälliskeit des Herrn Dr. Czienkowsky verdanke ich das dazu nöthige Material, so wie manchen freundlichen Rath, den ich bei meiner anfänglichen Unbekanntschaft mit der Sache nicht hoch genug anschlagen kann. Im Anfange diente mir zu den Versuchen nur Didymium serpula, und erst später lernte ich die Myxomyceten der Lohe für meine Zwecke herrichten. Die Didymien erhielt ich in Form von eingetrockneten spröden platten Bändern, wie man sie zu einem gelben Netzwerk gruppirt auf fau- lenden Blättern findet. Sind diese Massen auf den Blättern ein- getrocknet, so kann man sie lange in diesem Zustande aufbewahren, da die spröde und trockene Masse sich nach dem Aufweichen in Wasser immer wieder zu den herrlichsten beweglichen Protoplasma- netzen umformt. De Bary und Czienkowsky haben in so eingehender Weise die Gestalt dieser Protoplasmanetze beschrieben, und die Bewe- gungen derselben so ausführlich erörtert, dass ich darüber kaum 70 IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomycelen. etwas hinzuzufügen vermöchte,, wenn ich nicht einige Einzelheiten besonders wieder hervorzuheben hätte, die mir für meine Versuche von besonderer Wichtigkeit zu sein schienen. Die Myxomyceten entwickeln sich aus dem trocknen Zustande _ nur, wenn sie hinlänglich feucht gehalten werden, und wenn die Temperatur dabei hinlänglich hoch ist. Ich habe es zweckmässig sefunden, Stückchen der eingetrockneten Masse von ihrer Unter- lage abzuschneiden und auf sehr reichlich befeuchtete Objeetträger in einen mit Wasserdämpfen völlig gesättigten Raum zu bringen. Soll sich das Protoplasmanetz innerhalb 24 Stunden entwickeln, so muss die Zimmertemperatur nicht unter 20° C. sinken. Ferner ist zu beachten, dass die Objectträger aus leicht beschlagendem Glase bestehen, so dass sie sich mit einem nassen Pinsel in grösserer Ausdehnung von einer flach ausgebreiteten Wasser- schicht überziehen lassen. Hat das Wasser Neigung sich zu Tro- pfen zusammenzuziehen, so entwickelt sich die Myxomycete leicht auf der convexen Oberfläche der Tropfen und ist dann, da sie nicht hinlänglich auf der Glasfläche festhaftet und sich nicht ge- hörig kriechend ausbreiten kann, zur Beobachtung untauglich. Die Grösse des sich entwickelnden Protoplasmanetzes hängt ab von der Grösse der angewendeten trocknen Masse, und man kann darum nach Belieben grosse und sehr kleine den Amoeben sehr ähnliche Indivi- duen erzeugen. Da das Protoplasma nicht leicht umgelagert werden kann, weil es sich seiner Flüssigkeit wegen nicht greifen lässt, so hielt ich einige Exemplare immer auf einer grossen Zahl von Öbjectträgern vertheilt vorräthig. Für Versuche, zu denen ich stromzuführender Vorrichtungen bedurfte, liess ich die Ent- wicklung gleich zwischen den Elektroden vor sich gehen, deren ich ebenfalls mehrere auf Glasplatten gekittet fortwährend zur Hand hatte. Die Beobachtung geschah meist ohne Deckglas mit Schiek’schen Mikroskopen, welche ihres grossen Focalabstandes wegen (selbst bei stärkeren Vergrösserungen) zu dergleichen Beob- achtungen sehr zu empfehlen sind. Für die Beobachtung mit schär- feren Vergrösserungen (Hartnack, Stipplinse No. 10)nahmich die Ent- wicklung der Myxomycetenauf Objectträgern vor, aufwelche icheinige kleine Glassplitter in unregelmässiger Vertheilung festgekittet hatte. Sorgt man dafür, dass die Oberfläche dieser kleinen Glasstückchen sich nicht mit Feuchtigkeit beschlägt, indem man eine Spur von Fett darauf streicht, so kriechen die Myxomyceten nicht darüber hinweg, und man kann deshalb nach dem Auflegen grosser und sehr feiner Deckgläser das Präparat auch den stärksten Vergrösserungen zu- IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomycelen. 71 gänglich machen, ohne Gefahr zu laufen, sie durch das Deckglas zu beschädigen. Wie den Amoeben hat man auch den Myxomyceten eine con- stante hyaline Randschicht zugeschrieben, und hier vielleicht mit mehr Recht, weil in der That an den meisten Strängen des Myxo- mycetenprotoplasma, namentlich an den stärkeren fliessenden Zweigen eine solche klare Schicht überaus deutlich sichtbar ist. Die von andern Beobachtern in dieser Randschicht schon beschrie- benen abwechselnd zusammenfallenden und sich wieder erweitern- den Vaeuolen lassen uns aber auch diese Umhüllungsmasse als etwas sehr Veränderliches erscheinen, und ich kann hinzufügen, dass ausser der wechselnden Dicke für dieselbe genau das Näm- liche gilt, wie für die Randschicht der Amoeben. Ich sah nicht allein die Randschicht bald in toto schmäler und breiter werden, sondern auch an einzelnen Stellen derselben dunkle Körnchen aus der Axe der fliessenden Fäden hinein- und soweit bis zum Rande vordringen, dass sie daselbst Ausbuchtungen oder Höcker erzeugten. Was mit einzelnen zählbaren Körnchen ge- schehen kann, kann auch mit grossen Massen stattfinden, und es bilden sich deshalb häufig an den fast eylindrischen Fäden knoten- oder kolbenförmige Hervortreibungen, welche anfangs als etwas Besonderes in der Randsubstanz erscheinen und bei weiterem Vor- dringen den Rand mächtig hervorwulsten. In gleicher Weise kann eine solche grössere körnerreiche Masse wieder in die Axen zurück- kehren, so dass sich schliesslich dasselbe Bild wieder herstellt, wie zuvor. In Bezug auf die Frage, ob nun ausser dieser ephemeren hya- linen Randschieht noch eine besondere Umhüllungsmasse, eine Membran existire, kann ich auf die bei den Amoeben vorangegan- genen Betrachtungen verweisen. Wir können uns auch das fliessende Protoplasma der Myxomyceten, das sich mit Wasser nicht mischt, ebensowenig wie die Amoeben ohne eine physikalische Membran, ohne eine Oberflächenveränderung denken, andrerseits werden aber die später folgenden Versuche lehren, dass Gerinnungen an der Oberfläche, Membranen aus coagulirtem Protoplasma, ebenso wie bei den Amoeben entstehen und verschwinden können. Da der Rand der Myxomyceten nicht doppelt contourirt ist, so muss ich Bedeckungen durch eine, wie man sagt, anatomische, trennbare Membran, durch ein besonderes histologisches Element von vorn- herein, als unerwiesen, leugnen. Betrachtet man einen bandartigen Ast der Myxomycete, So 12 IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeeten. nimmt man an ihm während längerer Zeit zweierlei Bewegungen wahr. Die eine Bewegung besteht in einem raschen Fliessen der in der Axe enthaltenen körnchenreichen Flüssigkeit, während die andere in einer Formveränderung des ganzen Fadens besteht. So vollständig ist das Fliessen der Körnchen in der Axe, dass es der Bluteireulation in den Gefässen eines lebenden Thieres vergleichbar ist. Die Geschwindiekeit der Strömung ist dabei ausserordentlich veränderlich; sie kann so gross sein, dass man bei einer drei- hundertfachen Vergrösserung Mühe hat die einzelnen Körnchen als solche in der strömenden Säule wahrzunehmen, während sie andrer- seits so langsam vor sich gehen kann, dass man mit denselben Mitteln nicht einmal auskommt, um sie zu bemerken, so dass man senöthigt wird, einzelne an Gestalt und Grösse wieder erkennbare Körnchen in das Fadenkreuz einzustellen, um nur ein Fortrücken nach längerer Zeit wahrnehmen zu können. Ausserdem ist die Rich- tung des Stromes durchaus veränderlich, ja sie kann in einem Strom- faden beide Richtungen besitzen, und die Körnchen fahren dann an einer Stelle des Canals gegeneinander, um sich hier in grösserer Menge anzusammeln. Wie auch der Unbefangenste die Strömung der Blutkörperchen in den Capillaren nicht einer den fliessenden Theilen oder den wenig veränderlichen Wänden der Capillargefässe inne- wohnenden Kraft zuschreiben, sondern die Bewegungsursache ausser- halb derselben suchen wird, so sind wir auch bei dieser mächtigen seradlinigen Strömung in den Myxomyceten genöthigt, ihre Ur- sachen anderswo zu suchen, als in dem beobachteten Faden- abschnitte, da dieser bei der geringen Veränderung seines Quer- durchmessers, und bei seiner in der Regel sehr langsamen äusseren Formveränderung, augenscheinlich nicht die bewegende Kraft aus- üben kann. Man findet die Ursache der Strömung in der That auch leicht, wenn man die Pflanze in ihrer ganzen Ausdehnung besieht. Eine frei, ohne anderes veeetabilisches Substrat in Wasser ent- wickelte Myxomycete besteht gewöhnlich aus mehreren verzweigten und anastomosirenden grösseren Bändern, welche nach der Peri- pherie hin in einen platten, durchlöcherten Kuchen mit gewulsteten Rändern ausgehen. Dieser Theil ist es, welcher offenbar die Strö- mung in den stärkeren Fäden bedingt, denn die Wulstung und Abflachung seiner Ränder, sowie das langsame Hervortreiben und Zurücksinken vieler darauf befindlicher papillenartiger Fortsätze steht im engsten Zusammenhange mit der Richtung der Bewegung in den Fäden, die ich die Stämme nennen will. Finden sich nur zwei solcher peripherischer Ausbreitungen aneinander geheftet IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeeten. RB durch einen einzigen Stamm, so sieht man bei einer Stromrichtung den Randwulst der Peripherie an dem Ende platt zusammenfallen, woher die Körnchen kommen, während sich die gegenüberliegende peripherische Ausbreitung des Protoplasma stärker wulstet. Kehrt die Bewegung um, so verschwindet die Wulstung am anderen Ende und der flache Kuchen der ersteren Seite bläht sich namentlich an den Rändern wieder in Form von Wülsten auf. Ich habe besonders an recht kleinen Individuen dieses Wech- seln der Stromrichtung und der Beschaffenheit der peripherischen Ausbreitung stundenlang mit grosser Regelmässiekeit sich erhalten sehen, bis endlich in den Stämmen eine ganz andere Bewegungsart auftrat, worauf eine gänzliche Umgestaltung des Protoplasma auch hier erfolste. Betrachten wir zunächst die Peripherie etwas genauer. Der flache Kuchen entsteht aus immer breiter und dichter werdenden Netzen, die aus den Stämmen durch Verzweigung hervorspriessen, und indem die Netzlücken immer enger werden, und die Netz- maschen durch Abflachung an Breite zunehmen, stellt sich das Bild eines durchlöcherten Kuchens her. Hier ist es nun, wo sich die Trennung einer hyalinen Randschicht, und eines körnerhaltigen Centrums am meisten verwischt. Zwar sind manche Löcher noch von einem hyalinen Saume umrahmt, an andern Rändern der Ma- schen sieht man aber denselben ganz fehlen, und die Körnchen Hervorragungsen bilden. An dem gewulsteten äussersten Rande des Kuchens endlich verhält sich der Saum ebenso, und die hyaline Umzäunung desselben erreicht, wo sie überhaupt sichtbar ist, stets nur eine 'sehr geringe Dicke. In dem «anzen peri- pherischen Abschnitte der Myxomycete findet nun ein Strömen der Körnchen statt, das auf das lebhafteste an die Bluteireulation in engmaschigen Capillaren erinnert, und trotz einzelner in sich zurück- kehrender Bahnen, in denen die Bewegung zeitweise erlöschen, zeitweise sich umkehren kann, sieht man doch sehr leicht, dass auch hier die Richtung der in dem Stamme herrschenden entspricht, und dass beim Anschwellen des Randes, die Strömung dorthin, beim Abschwellen, von dort zurück läuft. Es ist also dieser Theil der Myxomycete, dessen Umsäumung eine Beziehung zur Körnchen- bewegung vorzugsweise erkennen lässt, während sich der Saum an den Stämmen in den meisten Zeitabschnitten ganz indifferent ver- hält. Damit soll indessen nicht gesagt sein, dass die Randmassen der Stämme, welche sich gewöhnlich fast wie ein starres dick- wandiges Rohr verhalten, nicht auch die Körnchen in Bewegung 74 IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeceten. setzen können, denn auch sie sind contractil, so gut wie die peri- pherische ausgebreitete und abgeflachte Masse. Ihr Contractions- vermögen kommt nur nicht so oft zur Anwendung. In der Regel geschieht dies nur, wenn die Contractionen an der Peripherie nicht langsam genug abwechselnd aufeinander folgen, oder wenn sie zu gleicher Zeit wirksam werden. Während dann die Körn- chen z. B. in irgend einem Puncte der Stammfäden gegen ein- ander rennen, bildet sich hier eine kugelige Ausbuchtung des Rohres, und an einigen Stellen der Kugel werden nun Aeste vorgeschoben, so dass von hier aus eine ganz neue netz- und endlich plattenförmige Ausbreitung des Protoplasma sich bilden kann. Natürlich geschieht dies auf Kosten der anderen periphe- rischen Kuchen, welche dabei an Volumen abnehmen, und so eine völlige Umgestaltung der Myxomycete herbeiführen. Begegnen sich zwei Ströme in einem Stammfaden, so kommt es indessen, wie oben schon gesagt wurde, auch nicht selten zu einem Stillstande des Protoplasma auf längere Strecken, und, indem die Bewegung dann plötzlich an beiden Enden umkehrt, wulsten sich die peripherischen Randmassen bedeutend stärker hervor, worauf der Stamm zu einem schmalen manchmal fast körnchenfreien Faden zusammenfällt, da er seine ganze körnige Axe nach beiden Seiten in die Peripherie entsendet. Etwas später kehren die Körnchen wieder dahin zurück und das alte Bild stellt sich wieder her. Der dritte Fall welcher eintreten kann, besteht darin, dass die eine Strömungsrichtung über die andere die Oberhand gewinnt. Hier ist ein Stillstand zuweilen gar nicht wahrzunehmen, sondern die Körnchen drehen irgendwo um, und wenn man das Object rasch hin- und herschiebt, sieht man sie alle in einer Richtung von einer Peripherie zur andern laufen. Die Unterscheidung einer activen von einer Contractilität herrührenden, und einer passiven, den ausgeprägten Charakter des Strömens tragenden geradlinigen Bewegung, welche sich aus der blossen Beobachtung möglichst einfach gestalteter Myxomyceten aufdrängt, wird bestätigt durch die Resultate, welche ich bei meinen Reizversuchen an diesem Protoplasma gewann. Zunächst brachte ich Myxomyceten zwischen Platinelektroden von 4 Mm. Spannweite zur Entwickelung, und beobachtete das Verhalten eines sehr kleinen ziemlich in der Mitte dazwischen liegenden Exemplars gegen die Wechselströme des Inductions- apparats, Der Apparat wurde durch zwei kleine Grove’sche Ele- IV. Die Bewegungserseheinungen der Myxomyceten. 75 mente getrieben, und die Drahtrollen waren einander bis zur Berüh- rung genähert. Als ich darauf die Ströme in das Präparat herein- brechen liess, sah ich nur eine ruckartige, plötzliche Unterbrechung der Körnchenbewegung eintreten, die aber sogleich wieder ver- schwand, so dass keine weiteren Veränderungen hinterher zu bemerken waren. Das weitere Herüberschieben der secundären Spirale über die primäre hatte nicht eher Erfolg, als bis ich die erstere ganz aufgeschoben hatte. Die Stammfäden der Myxomycete wurden jetzt plötzlich breiter, bekamen höckerige Aus- buchtungen, die Peripherie zog sich unter gleichzeitiger Verdickung zusammen, und überall traten aus den Rändern grosse hyaline Blasen hervor, in welche nur sehr vereinzelte Körnchen mit über- singen. Alle übrigen Körnchen blieben an ihrem Platze in voll- ständigster Ruhe liegen. Bei fortdauernder Reizung nahm der Austritt blasser Blasen unter gleichzeitiger Schrumpfung des ganzen Protoplasma immer mehr zu, bis endlich völlige Ruhe eintrat und die Myxomycete als eine unbewegliche, todte Masse zurückblieb. So wenig Hoffnungen sich nach diesem Versuche an die Fort- setzung der Anwendung elektrischer Ströme knüpfen liessen, so habe ich dennoch meine Bemühungen wiederholt in der Erwar- tung, dass ich eine zweckmässige Methode finden würde, welche ‚entscheiden könnte, ob das Protoplasma der Myxomyceten zu den irritablen Substanzen rechne oder nicht. Ich stellte weitere Ver- suche mit solchen Exemplaren an, die mit beiden Enden auf die Platinelektroden hinauf gekrochen waren, und salı hier in der That schon nach kurzem Tetanisiren mit etwas schwäche- ren Induetionsschlägen etwas Aehnliches erfolgen. Nur ganz dicht am Rande der Elektroden traten hier beim allmählichen Ueberschieben der Inductionsspiralen jene blassen Blasen aus dem Protoplasma hervor, die Stammfäden verkürzten sich zwar stark und nahmen dem entsprechend an Breite zu, allein die Zerstörung der Masse blieb auf das Abreissen einzelner Aeste beschränkt, und nach dem Aufhören der Reizung stellte sich sogleich die strömende Bewegung der Körnchen wieder her. Nachdem ich das Object später wieder in die feuchte Kammer zurückgebracht, fand ich die Myxomycete am andern Tage noch in der schönsten Bewegung, ja sie war von den Elektroden herunter bis an den Rand der Glasplatte fortgekrochen. Eine andere Myxomycete, die sich am Rande des Glases seitwärts von den Elektroden entwickelt hatte, und einen Ast mit 76 IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeeten. der platten peripherischen Ausbreitung gerade zwischen die Platin- bleche hervorgetrieben hatte, zeigte mir schliesslich das wahre Verhalten gegen elektrische Reizung. Ich wartete einen Zeitpunet ab, wo die Bewegung in jenem Aste recht lebhaft nach der Elektrodenlücke hin zu strömen begann, und schob jetzt, nach- dem der Kreis geschlossen war, die Rollen allmählich überein- ander. Noch ehe ich das Maximum der Stromesintensität erreicht hatte, kehrte jetzt die Strömung in dem Faden um, während sich die gewulsteten Ränder nach der flachen Ausbreitung zurück- zogen und sich hier allmählich ausglichen. Nach Unterbrechung der Inductionsschläge kehrten die Körnehen alsbald wieder zurück, und das Hin- und Zurückfliessen wiederholte sich, wie vorher. Bei der zweiten Anstellung des Versuchs sah ich anfangs keinen rechten Erfolg unter Anwendung derselben Stromes- stärke. Nach längerer Einwirkung jedoch zog sich der direct betroffene Theil des Protoplasma langsam zusammen, fast alle Körnchen wurden aus dem peripherischen Kuchen heraus und durch den Stammfaden in die übrigen Theile der Myxomycete hinübergedrängt, während sich die zurückbleibende ziemlich hyaline Masse zu einem Faden mit kolbenförmiger aber platter Anschwellung zusammenzog. Der seitlich neben den Elektroden liegende Theil der Myxomycete hatte jetzt augenscheinlich an Volum zugenommen, und die Strombewegungen und Gestalt- veränderungen blieben jetzt innerhalb der nächsten 3 Stunden auch auf diesen Theil beschränkt. Allmählich kehrte jedoch die Strömung in die frühere Gegend zurück, so dass ich nun zum dritten Male den Versuch anstellen konnte. Elektrische Schläge von der vorherigen Intensität hatten jetzt keinen Einfluss mehr, ich war genöthigt, die secundäre Rolle ganz aufzuschieben. Mit einem plötzlichen Ruck kehrte der Körnchenstrom, der soeben noch nach der Elektrodenlücke gerichtet war, um, und aus dem wulstigen Rande traten eine Menge grosser heller Blasen mit wenigen Körnchen hervor. Als ich das Präparat am andern Tage besah, befand sich zwischen den Elektroden eine körnige mit trüben runden Blasen durchsetzte Masse, während das übrige Protoplasma theils noch unverändert umherkroch, theils eine Um- wandlung zu Zellen zeigte. Nach diesem Versuche wird es gerechtfertigt sein unserer Myxomycete Contractilität und Reizbarkeit zuzusprechen, denn offenbar verkürzt sich die peripherische Ausbreitung auf den Reiz IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeelen, 17 der Inductionsschläge, und beherrscht auf diese Weise die Körn- chenströmung in den davon abgehenden Stämmen. Ich habe schliesslich auch versucht, die Stämme allein ohne die Peripherie zu reizen, wozu ich mich eines Elektrodenpaares von beistehender Form bediente. Nur solche Präparate verwendete ich zu dem Versuche, in denen ein einzelner Stamm gerade über die beiden schmalen Platinbleche hinüberreichte. Schon des geringeren Widerstandes wegen, den der elektrische Strom bei dieser Vorrichtung erfuhr, konnte ich hier mit schwächeren Inductionsschlägen auskommen, ja ich fand es hinreichend, einzelne Inductionsschläge anzuwenden. Unter vielen Versuchen wähle ich einen zur Beschreibung aus, da es bei der Manmnichfaltigkeit der Lagerung, welche die Myxo- mycete mit ihrer proteischen Form zu den Elektroden einnehmen kann, unmöglich ist, mehrerer zu erwähnen. Der Stamm der Myxomycete lag mit seinem letzten Ende über den Elektroden, so dass ein sehr kurzes kaum 0,5 Mm. betragendes wurstförmiges Stück rechts, ein langes 5 Mm. be- tragendes Stück links darüber hinwegragte. An dem längeren Ende befand sich die flache peripherische Ausbreitung des Proto- plasma. Die Rollen des Apparats waren zur Hälfte übereinander- geschoben, und zur Reizung dienten nur Oefinungsschläge, wäh- rend die Schliessungsschläge abgeblendet wurden. Auf den ersten Schlag sah ich keinen Erfolg, 5 Minuten darauf stand nach dem zweiten Schlage mit einem plötzlichen Rucke die Bewegung der Körnchen in der intrapolaren Strecke still, die Ränder des Fadens bekamen ein knorriges Ansehen, und ein grosser Theil der Körnchen strömte gleich darauf nach zwei Seiten über die Elektroden zurück, während das kurze stumpfe Ende zur Rechten merklich anschwoll. Nach 2 Minuten war der Faden wieder glattrandig geworden, die Körnchen strömten bald in der einen, bald in der andern Richtung darin entlang, während 78 IV. Die Bewegungserseheinungen der Myxomyeelen. der sie umschliessende hyaline Saum bald schmäler, bald breiter wurde. 5 Minuten später schob ich die Rollen, da der nächste Schlag unwirksam blieb, etwas weiter übereinander. Der jetzt folgende einmalige Reiz trieb von der Axe her rasch einen keulenförmigen Fortsatz in den hyalinen Saum hinein, während am andern Elektro- denrande eine schwache Einschnürung des ganzen Fadens stattfand. Nach 5 Minuten, während welcher sich der keulenförmige Fortsatz in dem hyalinen Saume lang ausgebreitet, und dadurch diesen ver- schmälert hatte, reizte ich von Neuem mit einem etwas stärkeren Schlage. Die Körnchen wichen jetzt zum Theil nach zwei Rich- tungen auseinander, ein anderer Theil trat in Form von keulen- förmigen Blasen aus der Axe hervor, und buchtete den Rand des Fadens vielfältig aus. Auch aus diesem Zustande entwickelte sich, obgleich der Faden nur noch eine feine Brücke zwischen den vielen Blasen und Buckeln bildete, schon nach 10 Minuten wieder der alte Zustand, die Strömung der Körnchen und die langsamen Gestaltveränderungen des Fadens selbst kehrten allmählich und vollkommen wieder zurück. Jetzt schob ich die Rollen ganz übereinander und reizte von Neuem. Der Faden zog sich lang- sam dicht an den Elektroden zusammen, und etwa in der Mitte dazwischen traten neben- und übereinander eine grosse Menge mächtiger blasser Blasen auf, mit geringem körnigen Inhalte, die an einem knorrigen Stücke des Fadens haften blieben. Alle strö- ‚mende Bewegung war hier jetzt erloschen, und nach Kurzem be- sann hier die Molecularbewegung. So weit nun die Veränderung in der unmittelbar durch- flossenen Strecke Platz gegriffen hatte, so reichte sie doch nicht merklich jenseits über die Elektroden hinaus, denn das kurze wurstartige Stück Protoplasma zur Rechten bot noch alle Er- scheinungen eines beweglichen Protoplasma dar. Dasselbe hatte sich zu einer Kugel ausgedehnt, und fiel von Zeit zu Zeit zu einem schmalen Cylinder zusammen, während sich an einem Rande jedesmal eine neue kugelförmige Ausbuchtung bildete, die die strömenden Körnchen aufnahm. Füllte sich die erste Kugel wie- der, so entleerte sich die secundär gebildete entsprechend, ja sie konnte für einige Minuten ganz verschwinden. Zuletzt löste sich dieses ganze Stück von dem abgestorbenen intrapolaren Aste der Myxomycete ab, und bewegte sich als ein besonderes Individuum, nach dem Ausdruck Czienkowsky's, als Myxoamoebe weiter. Links von der zweiten Elektrode überragte die Myxomycete, wie er- wähnt, die Elektroden noch mit einem Stammfaden, und hier IV. Die Bewegungserseheinungen der Myxomyeeten. 79 verschwand die strömende Bewegung ebenfalls in kurzer Zeit, da sich der Faden zu einem mit wenigen Körnchen erfüllten höcke- rigen Strange zusammengezogen hatte. Der zurückbleibende hya- line Rest begann indessen später wurzelförmige Fortsätze zu Itreiben, kurz ganz solche Bewegungen anzustellen, wie man sie Jauch an hyalinen Stücken der Amoeben sieht, und die wenigen }Körnchen darin in lebhafte Bewegung zu versetzen. Endlich Istellte sich zwischen diesen auf kurze Strecken hin- und her- laufenden Körnchen und denen des übrigen Protoplasmarestes Jeine Communication her, so dass nach einigen Stunden Nichts un- Igewöhnliches mehr an dem ganzen Organismus zu entdecken war. | Eine Myxomycete, welche sich zwischen zwei 4 Mm. von einander Jentfernten breiteren Elektroden entwickelt hatte, zeigte erst bei ]Anwendung eines constanten E. Stromes von 6 kleinen Grove’schen lElementen eine Veränderung. Im Momente, wo ich die Kette schloss, fand eine ruckweise eintretende Beschleunigung der IKörnehenströmung statt, welche vom positiven zum negativen Pole gerichtet war, während die entgegengesetzt fliessenden für jJeinen Augenblick stillstanden oder auch etwas zurückwichen. ] Umkehrungen der Strömung von irgend welcher längeren Dauer konnte ich indessen durch den constanten Strom nicht erreichen; lich überzeugte mich aber durch rasches Umwerfen einer in den |Kreis geschalteten Poh’’schen Wippe davon, dass die Erscheinung lauf das Jürgenssen’sche Phänomen zurückzuführen sei. Jede Be- wegung der Körnchen, die sich überhaupt abhängig zeigte von /der Richtung des elektrischen Stromes, verlief vom negativen zum |positiven Pole. Ohne Zweifel haben wir es hier wirklich mit dem Jürgenssen’schen Phänomene zu thun, denn eine entsprechende | Contraction bald auf dem einen bald auf dem anderen Ende der |Myxomycete in Abhängigkeit von den Ein- und Austrittsstellen |des E. Stromes konnte nicht beobachtet werden. | Nichtsdestoweniger trat beim Schliessen und Oefinen des |Stromes, oder beim raschen Umlegen der Wippe eine flüchtige | Contraction in der Protoplasmamasse auf, aber diese war am | positiven Pole sowie am negativen gleich ausgeprägt, und erstreckte sich auch auf die nicht mit den Elektroden direct in Berührung stehenden Theile. Wie auf Reizung mit Inductionsschlägen be- stand sie in der plötzlichen Bildung stärkerer Runzeln an den Rändern und Oberflächen der Masse. Während der Dauer des eonstanten Stromes erhielt sich das Jürgenssen’sche Phänomen jedoch nicht, denn die allmähliche, durch Elektrolyse bewirkte od IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyecelen. Veränderung, welche von den Polen aus Platz griff, brachte eine solehe Unordnung in die Körnchenströmunge, dass an eine Ent- räthselung der einzelnen Vorgänge nicht mehr zu denken war. Das Protoplasma zog sich am negativen Pole stark zusammen, blasse Blasen mit einigen Körnchen durchsetzt traten hervor, und (die ganze Masse zerfloss und zerstiebte zu einem Brei von davon schwimmenden Bläschen und Körnchen. Am positiven Pole nah- men die Körnchen eine grüne Färbung an, im übrigen entwickelten sich hier jedoch nur kugelige Auftreibungen, welche mit den erünen Körnchen vollgepfropft waren. Werfen wir einen Rückblick auf die Veränderungen, welche die Myxomyceten unter dem Einflusse elektrischer Ströme er- fahren, so finden wir zwar ein ziemlich wirres Durcheinander von Erscheinungen, allein wir werden ohne Mühe die Hauptsache darin erkennen. Wir können nicht erwarten, dass die Myxomy- cete sich wie die Amoebe zn einer Kugel zusammenziehe, denn einmal ist durchschnittlich ihre Masse dazu zu gross, und andrer- seits treten schon nach schwächeren aber wiederholten Reizungen Störungen auf, welche sich nur langsam wieder ausgleichen. Man sieht leicht ein, dass die contractile Substanz eine bedeu- tende Kraft entfalten müsste, wenn sie eine so grosse Masse, wie die einer ganzen Myxomycete entgegen der Wirkung der Schwere zur Kugelform überführen sollte und dass kräftigere oder wieder- holte Reizungen den Versuch vereiteln müssen, wenn sie gleichzeitig den Austritt von Blasen, kurz Aussonderungen einer anderen Flüssig- keit verursachen, und damit Zerstörungen einleiten. Dass die austre- tenden blassen Blasen etwas Anderes enthalten als unverändertes Protoplasma, sieht man deutlich an der hier vorhandenen Mole- cularbewegung, die im Protoplasma selbst, wenn auch die Körnchen- strömung stille steht, niemals vorkommt. Wenn wir den Begriff der Gontractilität von der Zuckung der Muskelfaser entnehmen, so. müssen wir die Verkürzung unter entsprechender Verbreiterung als Kriterien dieser Eigenschaft ansehen. Bedenken wir indessen, dass wir es bei den Myxomy- ceten mit einer freien Masse zu thun haben, die einer eigenen Umhüllung -entbehrt, und deren Randschichten so weich sind, dass der Inhalt nach allen Richtungen leicht austreten kann, so werden die Erscheinungen an der gereizten Myxomycete leicht verständlich werden. Wie bei der gewöhnlichen Bewegung der Myxomyceten, deren Ursachen wir nicht kennen, werden wir auch hier scheiden müssen: Protoplasma, das sich activ bewegt, sich IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyecelen. sl eontrahirt, und solches, welches passiv bewegt wird. Da nun aber der getriebene, geradlinig strömende, passive Theil immer auch eontractil ist, und unter Umständen auch wirklich sich activ eontrahiren kann, so werden hervortretende keulenförmige Massen desselben wieder dasselbe Phänomen darbieten, wie der andere active Theil. Um mich von allen angeführten in der Hüllenlosigkeit dieser grossen Protoplasmamassen begründeten Schwierigkeiten frei zu machen, habe ich versucht, dieselben in elastische Röhren einzu- schliessen, und der Versuch, in dieser Weise einen künstlichen Muskel darzustellen, gelang über alle Erwartung gut. Ich nahm den Darm ‚eines Hydrophilus piceus, wusch ihn erst mit kaltem Wasser aus, das ich mit Hülfe eines ausgezogenen Glasrohres hindurchspritzte, legte ihn 24 Stunden in Weingeist, und wusch ihn später wieder vollständig mit Wasser aus. Hierauf wurde der Darm an einer Stelle unterbunden, einige Millimeter weiter ein Einschnitt ge- macht, und durch das Loch mit einer feinen Glaspipette Proto- plasma mit Wasser gemengt hineingefüllt, worauf auch hier eine Ligatur angelegt wurde. Das Einfüllen des Protoplasma geschah einfach, indem die trocknen Myxomyceten zu nicht zu’ feinen Pul- ver zerrieben und mit Wasser zu einem Brei angerührt, wie eine Injectionsmasse behandelt wurden. Die kleine Protoplasmawurst wurde quer über die Elektroden gelegt und im feuchten Raume 24 Stunden lang liegen gelassen. Nach dieser Zeit war der Darm bedeutend praller gefüllt, ich konnte aber keine Bewegungen daran äusserlich wahrnehmen, obwohl ich seine Lagerungsstelle reichlich mit Wasser benetzt hatte. Als ich aber die Ströme des Inductionsapparats einwirken liess, contrahirte er sich gerade wie eine colossale Muskelfaser, er verkürzte sich so, dass das eine Ende von den Elektroden herunterglitt und nahm an Breite augenscheinlich zu. Nur einige Secunden brauchte ich den In- ductionsapparat mit beinahe übereinandergeschobenen Rollen dazu wirken zu lassen. Durch Ziehen an den Enden des kleinen nun sehr prall gefüllten Schlauches brachte ich ihn wieder in die vorige Lage. Jetzt musste ich die Inductionsspiralen indessen sanz übereinander schieben, um die Verkürzung erfolgen zu sehen, die bei einer Länge des Schlauches von 6 Mm., 2 Mm. betrug. Nach abermaliger Ruhe und Dehnung trat auf denselben Reiz keine Bewegung mehr ein. Ich schnitt den Schlauch entzwei, und entleerte seinen Inhalt auf der Glasplatte. Er bestand theils aus einzelnen knolligen Massen mit vielen grünlichen und gelblichen Kühne, Untersuchungen. 6 nn 82 IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeceten. Körnchen, theils aus blassen Blasen und freien Körnchen. Am folgenden Tage hatten sich daraus, wie zu erwarten stand, keine] beweglichen Myxomyceten wieder gebildet. | Leider ging mein Material unter diesen Versuchen zu Ende, |; und ich muss mich deshalb für jetzt auf diese Mittheilung be- schränken, da ich nur zwei derartige Versuche bisher anstellen‘); konnte. Sollte ich wieder Gelegenheit zur Anstellung derselben finden, so werde ich mehr darüber mittheilen. Obgleich die Myxomyceten in vielen Beziehungen den Amoeben!|; ähnlich sind, so werden doch die nachfolgenden Versuche zeigen dass auch nicht unwesentliche Eigenthümlichkeiten dieses Proto-|j plasma vor dem anderer Organismen auszeichnen. Was zunächst das Verhalten zu Reagentien betrifft, so kann ich auf die vor- angegangene Beschreibung der Wirkung des constanten Stromes‘ verweisen, denn verdünnte Alkalien wirken etwa wie der Aufenthalt am negativen Pole, verdünnte Salzsäure (0,5 p. C.) so wie der, k am positiven Pole. Bemerkenswerth ist dabei der Widerstand, den dieses Protoplasma der Säure entgegengesetzt. Obgleich die selben Körnchen überall gleich grün werden, zum Zeichen, dass die Säure wirklich eingedrungen, so erhält es sich doch lange in der Form grosser Blasen und Keulen, deren Inhalt weder Strömungen noch Molecularbewegung zeigt. Erst nach längerer‘ Einwirkung grösserer Mengen der verdünnten Säure werden die Ränder dieser Kugeln zackig, bis sie schliesslich zu einem flach ausgebreiteten Brei zerfallen. Saugt man das Wasser um einen Stamm der Myxomycete herum weg und lässt man denselben durch Liegen an der Luft} etwas eintrocknen, so wird er anfangs etwas kürzer und nimmt an Breite zu. Später schrumpft er indessen zusammen, bekommt unregelmässige zackige Ränder und fast alle Körnchen werden aus der Axe heraus in den feucht erhaltenen Theil getrieben. Da |; der leere Stamm gleichzeitig an der Glasplatte festhaftet, so bleibt auch meistens ein heller röthlich glänzender Canal darin zu- rück. Nach der Befeuchtung des jetzt fast ganz hyalin gewordenen Stammes verschwindet dieser Canal wieder, die hyaline Masse treibt viele Buckel nach der Axe und nach dem Rande hin her- | vor, und in kurzer Zeit kehren auch die Körnchen wieder dahin zurück, so dass nach einiger Zeit Nichts auf die vorangegangene Veränderung deutet. Sehr eigenthümlich und in vieler Beziehung an die Amoeben |} erinnernd, verhalten sich die Myxomyceten bei Veränderungen der IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeceten. 83 Concentration der umgebenden Flüssigkeit. Ich sah dies zuerst, als ich ein Muskelgift, das Rhodankalium in einer Lösung von 1 p. C. über das Object fliessen liess. Die feineren Aestchen rissen darauf sogleich auseinander, das kürzere und schmälere Stück wurde rasch in das übrige Protoplasma hineingezogen, während an der anfänglich zugespitzten Rissstelle des anderen Endes rasch eine dicht mit Körnchen gefüllte Kugel hervortrat, deren Durchmesser bald den des Fadens um das Zehnfache übertraf. In dem Maasse, wie sich diese Kugel bildete, umkleidete sie sich mit einer excentrischen sehr breiten hyalinen Schicht, die endlich dem weiteren Anschwellen und Vordringen der Körnchen eine Grenze setzte. An manchen Stellen bildete sich aber auch um die Kugeln herum ein ganz regelmässiger, concentrischer, hyaliner Saum, der diese endlich abschnürte, und vollständig isolirte. Als ich das Präparat weiter durchmusterte, fand ich die meisten Stämme in solche Kugeln verwandelt, und da dieselben noch durch schmale, theils hyaline, theils im Innern mit Körn- chen versehene Brücken mit einander zusammenhingen, so hatte der grösste Theil der Myxomycete seine Continuität gewahrt. Dabei blieb jedoch die Veränderung nicht stehen, sondern die hyalinen Säume begannen nun, sich zu zerklüften. Zuerst zeigte sich eine ungeheure Menge feiner radiärer Streifen, ähnlich den Linien in den gestreiften Deckeln der Darmepithelialzellen. An der äussersten Peripherie bildeten sich schöne stachelige Fortsätze, mit denen das Ganze dicht besetzt erschien, und die Basis des Saumes zog sich zu leiner schmäleren, elasglänzenden Schichte zusammen. So nahmen (denn namentlich die losgestossenen, einzelnen, oder zu zweien und (mehreren aneinandersitzenden Kuseln eine höchst merkwürdige Gestalt an, und wer die Erzeugung dieser Artefaete nicht gekannt hätte, würde sehr erstaunt gewesen sein, hieraus wieder Myxo- amoeben und Myxomyceten entstehen zu sehen. Man brauchte die 1Salzlösung in der That nur durch destillirtes Wasser zu ver- drängen, um sämmtliche, stacheligen Fortsätze in die Kugeln zu- rückzutreiben. Der glatte hyaline Saum bildete sich zuerst wieder, verschmälerte sich später, wurde unregelmässig nach innen und aussen, und die Contractionen mit der davon abhängigen Körnchen- strömung begannen von Neuem. Indessen dauerte dies Alles nicht lange, sondern unter Austritt von schleimigen zitternden Klumpen ging das Protoplasma zuletzt zu Grunde. Aehnliche Erscheinungen treten auch auf, wenn man die 6* 854 IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyecelen. Myxomyceten mit eoncentrirten Kochsalz- oder Zuckerlösungen begiesst. Gewöhnlich kommt es dabei jedoch nicht zu einer so regel- mässigen Bildung von Kugeln mit stacheligen Rändern, sondern es bilden sich mehr keulenförmige Hervortreibungen mit sehr glänzenden glashellen Umsäumungen, an denen nur hier und da die stachelige Zerklüftung eintritt. Nach der Behandlung mit ganz syrupöser Zuckerlösung bringt Wasserzusatz die den Myxo- myceten eigene Beweglichkeit für kurze Zeit wieder hervor. Koch- salzlösungen von 10 p. C. vernichten dagegen die Beweglichkeit für immer. Sehr verdünnte Zuckerlösungen, oder Lösungen die nicht mehr als 0,1 p. C. Kochsalz, gewöhnliches phosphorsaures Natron, oder schwefelsaures Natron enthalten, zeigen eine ganz andere Wirkung, als die concentrirten Salzlösungen. Während die Letz- teren Schrumpfungen, Keulen- und Kugelbildungen mit starkglän- zenden sehr scharfen Rändern erzeugen, heben diese verdünnten Lösungen gerade die scharfe Contourirung der Myxomyceten, wo sie existirt, auf. Es sind dies gerade die Mittel, durch welche man willkürlich überall den Zustand erzeugen kann, der keinen Zweifel über die Membranlosigkeit, über die völlige Flüssigkeit dieses Protoplasma lässt. Verdrängt man das Wasser in dem sich die Myxomycete entwickelte durch destillirtes Wasser, so werden die Contouren immer schärfer, und die hyalinen Säume erscheinen so deutlich, wie wenn man concentrirte Salzlösungen angewendet hätte. Lässt man die Präparate dagegen zuweilen etwas ab- dunsten, und ersetzt man den Verlust immer wieder durch ein nicht zu salzarmes Wasser, z.B. durch das eines mit Vegetationen sefüllten Teiches, so nimmt auch die scharfe Bewegung des Proto- plasma in diesem concentrirteren Wasser ab, man erhält dasselbe Bild, wie auf Zusatz äusserst verdünnter Salzlösungen. So kann man die hyalinen Begrenzungen überall schwinden sehen, und die Stämme der Myxomycete gleichen dann Säulen fliessender Körn- chen, an denen man gar keine Umgrenzung wahrnimmt. Wie wenig auch in Wirklichkeit von einer solchen hier die Rede sein kann, erkennt man aus der ungemeinen Veränderlichkeit dieser Stränge, die sich eben nur dann längere Zeit erhalten, wenn ihre Strömung sehr rasch immer gleichmässig in einer Richtung geht. Tritt nur das seringste Hinderniss in der Bewegung -ein, so breitet sich. die Masse sofort plattenförmig aus, oder es bilden sich nun Zweige in ausserordentlicher Menge, die an ihren Enden zu Platten zusammen- fliessen. Hier gewinnt man denn auch am besten die Ueberzeugung, IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomycelen. 85 jdass alle Theile des Protoplasma jede Art von Bewegung ein- gehen können, die active Contractionsbewegung wie die passive fliessende. Solche immer sehr lebhafte fliessende Myxomyceten können sich natürlich so gut, wie jede andere, mit einer dünnen Membran [bedecken, wenn man rasch coagulirende Reagentien hinzufügt. |Namentlich erzeugt Alkohol, wie de Bary angiebt, eine dünne leicht labhebbare Membran. Dass aber auch nicht der allerfeinste Ueber- zug an den bis zu den Rändern überall fliessenden Protoplasma- ffäden bestehen könne, sieht man leicht an der Mitführung von Schmutzpartikelchen, die, wo sie den Rand berühren, schleunigst Imit fortgerissen werden, und wenn sie ihrer Grösse wegen liegen bleiben, in der Regel gleich Veränderungen an dem Faden erzeugen, der sich anfangs um sie herum ergiessen kann, oder hinter dem gegen die Stromesrichtung liegenden Rande des fremden Körpers ‚einen Ast hervortreibt. Später drückt sich auch häufig genug ein solcher grösserer Körper in das Protoplasma hinein, und wird dann trotz seiner im Vergleich zu den feinen Körnchen enormen Grösse mit fortgeschleudert. Unter Einwirkung der Dämpfe von Ammoniak, Aether und ‚Chloroform sterben die Myxomyceten ab. Legt man sie nur einen Augenblick in einen Raum, der nur schwach nach Ammoniak riecht, so findet man alles Protoplasma platt ausgebreitet, zerflossen. Unter dem Mikroskop erscheint es dabei umgewandelt in eine grosse Zahl gefärbter Tropfen, die auch nach längerer Aufbewah- rung nicht wieder zusammenfliessen und keine Bewegungen zeigen. In Aether und Chloroformdämpfen erlischt die Bewegung zuerst nur an einigen Stellen, sie kann aber dort nach einem Aufenthalte von mehreren Stunden im feuchten Raume wiederkehren. Setzt man die Myxomyceten diesen Dämpfen längere Zeit aus, in ‚Aether 5 Min., in Chloroform 15 Min., so kehrt die Bewegung nicht wieder, das Protoplasma scheint nun offenbar coagulirt zu sein, und auch die Körnchen sind entfärbt. Bei allen bisher geschilderten künstlichen Veränderungen an den Myxomyceten müssen wir scheiden diejenigen, welche sich wieder ausgleichen, und solche, welche bleibend sind. Die ersteren gehören den Contractionserscheinungen an, während die letzteren auf Veränderungen des Aggregatzustandes, oder auf Absonderungen und Trennungen verschiedener Flüssigkeiten deuten. Schon die Contractionserscheinungen führen zu Zerstörungen, wenn sie dauernd sind oder ein gewisses Maass übersteigen, und deshalb 36 IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyceten. folgen ihnen leicht die Veränderungen der zweiten Art. Ob wir ein Recht haben, bei den zahllosen Veränderungen, die sogleich zu einer nicht wieder auszugleichenden Störung Anlass geben, Contractionserscheinungen als Theilnehmer anzunehmen, mag dahin gestellt bleiben. Ich finde in den zuletzt aufgeführten Ver- suchen keine Andeutung für eine chemische Reizbarkeit der Myxo- myceten, und ich habe mich deshalb auf die Mittheilung des That- sächlichen allein beschränkt. Musste ich in dieser Beziehung auf eine Vergleichung der Myxomyceten mit dem Protoplasma anderer Thiere, und mit der contractilen Substanz der Muskeln verzichten, so drängte sich der- selbe doch auf durch die folgenden Versuche über die Einwirkung gewisser chemischer Körper, die wir ihrer Wirkungen in minimalen Dosen wegen Gifte nennen. Ich wählte dazu vor Allem das Vera- trin, dessen wässerige Lösung vielleicht die verdünnteste wirksame Giftlösung darstellt. Jede Myxomycete stirbt in einem wässerigen Veratrinaufgusse ab, kleine Exemplare rascher als grosse, bei denen das Maximum der Lebensdauer in dem Gifte 6 Stunden be- trägt. Ihre Bewegung verlangsamt sich allmählich, die Körnchen werden entfärbt, alle hyalinen Ränder trüben sich, zahlreiche kolben- förmige Auswüchse mit trübem Inhalte treten hervor, und stossen theilweise blasse schwach granulirte Blasen aus. Kurz die Myxo- mycete geht unter den öfter genannten Erscheinungen für immer zu Grunde Um die Temperatur zu erfahren, bei welcher unsere Myxomy- ceten zerinnen, habe ich folgenden Apparat zusammengestellt. In ein eisernes Sandbad wurde ein grosses Blechgeläss, dessen Boden mit dreieckig gebogenen starken Glasstäben bedeckt war, gesetzt. Auf die Glasstäbe setzte ich ein weites eylindrisches Glas, dessen Boden ich mit Bleistücken beschwerte, und dessen Wände innen mit mehreren Lagen feuchten Fliesspapiers bekleidet wurden. Das Blechgefäss wurde beinahe bis zum Rande mit Wasser gefüllt und bildete so für das Glas ein Wasserbad. In dem Glase war ein um- sekehrtes Porzellangefäss so aufgestellt, dass es als Sockel für die daraufzulegenden Objectträger dienen konnte. Die weite Oefinung des Glases bedeckte ein schwerer hölzerner Deckel, der mit einem Loche zur Aufnahme eines in Zehntelgrade getheilten genauen @eissier'schen Thermometers versehen war. Die Vorrichtung gestattete Präparate aufGlasplatten im feuchten Raume zu erwärmen, und da mein Thermometer bis zur Höhe des Trägers der Objecte hinabreichte, so liess sich annehmen, dass IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyceten. 87 diese ungefähr dieselbe Temperatur angenommen hatten, wenn die Quecksilbersäule des gleichzeitig mit eingesenkten Thermometers gerade bis zu dem gewünschten Grade gestiegen war. In allen Exemplaren von Didymium serpula stand die Bewe- sung still, wenn ich sie nur 5 Minuten lang in den auf 30° C. ge- heizten feuchten Raum gelegt hatte. Sämmtliche Stromfäden hatten sich in klumpige Massen mit vielen Hervorragungen verwandelt, die peripherischen flachen Ausbreitungen waren ganz verschwun- den und ebenfalls in unregelmässige mit Wülsten versehene Klum- pen umgeformt. Da die Farbe der Körnchen jedoch keine Ver- änderung zeigte, und auch fast überall hyaline nicht eckig abgestutzte Säume vorhanden waren, so überraschte es mich jedoch nicht, dass die Bewegungen des Protoplasma etwa eine Stunde nach der Ab- kühlung wieder begannen und dass dasselbe sein gewöhnliches Aussehen wieder gewonnen hatte. Setzte ich die Präparate dage- gen einer Temperatur von 35° Ö. aus, so boten sie ein anderes Aussehen dar, sie sahen dann genau so aus, wie die in Veratrin abgestorbenen Myxomyceten, und auch bis zum anderen Tage kehrte keine Bewegung zurück. Bemerkenswerth ist es, dass die durch Coagulation abgetödteten Myxomyceten ihre Farbe bei- behielten, während die durch Reagentien oder Inductionsschläge vernichteten Didymien weiss wurden. Die Körnchen zeigen nach der Coagulation, wie vorauszusehen, niemals Molecularbewegung. Das Protoplasma von Aethalium septicum coagulirt erst bei etwas höherer Temperatur, nämlich bei 40° C. Ich kann von dieser Species noch sicherer behaupten, als von Didymium, dass eine sehr flüchtise Erwärmung auf die angegebenen Grade Coagulation des Protoplasma erzeugt, denn ich bediente mich dazu, zur Zeit, wo ich keine Didymien mehr besass, einer besseren Methode. Ich legte nämlich auf das Object den abgesprengten Boden eines Probirröhr- chens, füllte die so erhaltene kleine umgekehrte Glaskuppel ganz mit Wasser an, das ich mit einer Pipette unter den zackig abgebrochenen Rand treten liess, und versenkte dann das Object mit dieser Vor- richtung vorsichtig in eine grosse Masse auf 40° geheizten Wassers. Die Aethalien waren schon nach einem Aufenthalte von zwei Mi- nuten darin vollständig coagulirt und in die leblose Masse der ange- gebenen Formen verwandelt. Ein ebenso langer Aufenthalt in Wasser von 39° C. hatte dagegen nur Contractionen (Wärme- tetanus) erzeugt, wie ich aus der Wiederbelebung der klumpigen Masse eine Stunde nach dem Abkühlen ersehen konnte. Wie zur Entwicklung der Myxomyceten eine nicht mässige 88 IV, Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeeten. Temperatur nothwendig ist, so muss auch zur Erhaltung ihrer Be- wegung eine nicht zu niedere Temperatur herrschen. Aethalien, die ich noch in voller Bewegung eine Stunde lang in einen mit Eis umgebenen engen Raum gebracht hatte, waren ganz bewegungslos seworden. Ihre Ränder hatten sich sogar mit vielen amoeben- ähnlichen Ausbuchtungen besetzt, die sich beim allmählichen An- wärmen als stark glänzende Kugeln abschnürten und unter Aus- stossung hyaliner Klumpen und vieler Körnchen zerplatzten. In dem hell gebliebenen Reste der Aethalien begann gleichzeitig wie- der die schönste Bewegung. Ich fand sie am folgenden Tage gänzlich umgeformt, und weit von ihrem ursprünglichen Platze weggekrochen. Lässt man die Aethalien und Didymien auf einer Kälte- mischung einfrieren, so verlieren sie ihre Beweglichkeit gänzlich, ihre Form erhält sich aber dabei, nur zeigten die Körnchen an manchen Stellen in der hyalinen Substanz eine gitterärtige An- ordnung, die ihren Winkeln nach den krystallinischen Gittern des frierenden Wassers entsprach. So behandelte Myxomyceten zerfielen in den nächsten Tagen durch Fäulniss. Schliesslich habe ich noch das Verhalten der Myxomyceten zu einigen Gasen untersucht. | Keine Myxomycete vermag sich zu entwickeln in gasfreiem Wasser. Der beweisende Versuch ist leicht zu führen. Man braucht nur die eingetrockneten Didymien mit einem Stücke des Sub- strats in ein Kölbcehen zu thun, dies mit ausgekochtem Wasser anzufüllen und unter Quecksilber umzukehren. Das Präparat steigt in der Regel nach dem Boden des Glases empor, und kann hier mit einem im Retortenhalter fixirten Mikroskope untersucht wer- den. Schon der mikroskopische Anblick zeigt nach einiger Zeit eine ziemlich bedeutende Quellung der eingeführten Substanz, allein die Formen der einmal gequollenen Masse bleiben unver- ändert. Jede Bewegung und jede bäumchenartige Ausbreitung, wie man sie sonst so schön bei der Entwicklung der Myxomy- ceten auftreten sieht, bleiben tagelang aus. Um mich zu über- zeugen, dass nicht etwa zufällig die Entwicklung zurückgeblieben sei, wie das bei dem Versuche die Didymien aus dem ein- getrockneten Zustande zu cultiviren, vorkommen kann, liess ich einige kleine Luftblasen in das Kölbehen emporsteigen. : Nach etwa 5 Stunden hatte sich jetzt das Protoplasma über den Boden des Kölbehens netzförmig ausgebreitet, ein dickerer Faden war hinabgesunken und hatte sich in Form eines zierlichen Bäum- IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyeeten. 59 chens an der gekrümmten Innenfläche des Glases festgeheftet, wo ich mit dem Mikroskope in den an der Glasfläche haftenden Theilen die schönsten Bewegungen wahrnehmen konnte. Stellt man den Versuch mit nicht ausgekochtem Wasser an, oder ver- hütet man nicht den Eintritt von Luftblasen, die oft hartnäckig dem Präparate anhaften, so findet die Entwicklung auch über Quecksilber so gut statt, wie gewöhnlich. Die Menge der Gase, welche die Myxomycete für ihre Entwicklung braucht, ist folg- lich ausserordentlich gering. Versucht man Myxomyceten in dem oben bei den Amoeben beschriebenen Apparate zu ziehen, der entweder mit Kohlensäure oder mit Wasserstoffgas gefüllt ist, so bemerkt man keine Ent- wicklung. Mit Wasserstoff gelingt der Versuch jedoch nur, wenn man das Gas viele Stunden lang hindurchleitet, während ein kurz dauernder Strom von Kohlensäure schon hinreicht, um jeg- liche Entwicklung zu verhindern. Man kann daraus schliessen, dass die Entziehung des Sauerstoffs eine Ursache ist für die Verhinderung der Entwicklung, und dass die Kohlensäure ausser- dem noch einen besonderen schädlichen Einfluss ausübt. Sind die Präparate lange genug in Kohlensäure gewesen, so findet auch nachher in feuchter Luft keine Entwicklung mehr statt; werden sie aber aus Wasserstoff an die Luft gebracht, so erfolgt sie in der Regel schon nach wenigen Stunden. Beide Präparate erscheinen unter dem Mikroskope als stark gequollene weiche Massen, die in dieken Wülsten das Substrat überziehen. Das mit Kohlensäure behandelte besitzt aber eine andere Farbe, als das in Wasserstoff gehaltene. Das erstere ist fast farblos, das letztere hellgelb, und obschon dieses im Anfange keinerlei Be- wegungen zeigt, so sieht man doch schon nach ungefähr 15 Min. langsame Formveränderungen an den Rändern, schwache amoeben- artige Vorstülpungen und Strömungen darin auftreten. Hat sich die Bewegung einmal vollständig ausgebildet, oder hat man es überhaupt mit frisch entwickelten zu schönen Bäum- chen ausgebreiteten Myxomyceten zu thun, so kann man durch Einwirkung von Kohlensäure oder Wasserstoff die Bewegung hem- men. Als ich eine grosse Myxomycete 30 Minuten mit Kohlen- säure behandelt hatte, fand ich alle Bewegung erloschen. Die meisten Stränge sahen aus wie tetanisirt, ihre Contouren waren sehr scharf, der körnige Inhalt war in der Axe zusammengedrängt, viele blasse und schwach granulirte Kugeln und Keulen waren ausgetreten. Die dickeren Stränge hatten sich weniger verändert, 90 IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyceten. denn ihre Gontouren waren nur merklich schärfer und etwas zackig geworden. 15 Minuten nach dem Luftzutritt erschien hier auch die Bewegung wieder; die beweglichen Theile lösten sich von den stärker alterirten ab, und bildeten eine neue kleine Myxo- mycete für sich. Nach der Erholung des Präparats in Luft, ver- setzte ich es wieder 10 Minuten in Kohlensäure. Fast durchweg waren nun dieselben Veränderungen eingetreten, wie in dem zuerst absestorbenen Theile, nur sah ich einzelne schöne nicht entfärbte Protoplasmakugeln zwischen den verfärbten knolligen Strängen liegen. Dieselben fingen schon nach 5 Minuten wieder an sich zu bewegen; es waren die schönsten Myxoamoeben, die ich über- haupt bisher beobachtete. Der verfärbte Rest wurde nun mit einem feinen Pinsel soviel wie möglich aus dem Präparat ent- fernt, und der übrige Theil bis zum andern Tage in feuchter Luft aufbewahrt. Jetzt fand ich nur noch eine einzige kleine Myxomycete, und keine Spur der amoebenartigen mehr, die offenbar durch Zu- sammenfliessen die neue Didymie gebildet hatten. Entwickelte Myxomyceten, die ich 24 Stunden in Kohlensäure gehalten hatte, singen ganz zuGrunde: unter dem Hinzutritt ungeheurer Vibrionen- schwärme verfielen sie der Fäulniss. Die Wirkung des Wasserstoffs auf entwickelte Myxomyceten nimmt längere Zeit in Anspruch als die der Kohlensäure, was zum grossen Theile wohl an der Schwierigkeit liegen mag, den Sauerstoff der Luft durch Wasserstoff vollkommen auszuschliessen. Nach etwa 3stündigem Ueberleiten dieses Gases sah ich die Prä- parate zwar in Gestalt und Farbe nicht verändert, aber die Be- wegung stand still. Man muss das Präparat sehr eilig unter das Mikroskop bringen, um diesen Stillstand zu sehen, denn die Be- wegung pflegt schon kaum nach einer Minute wiederzukehren, und zwar gleich so schön, dass man durch Nichts auf die Vermuthung geführt werden kann, dass sie vorher still gestanden habe. Ich habe selbst nach 24stündiger Einwirkung des Wasserstofis die Bewegung wiederkehren sehen, obschon ein grosser Theil der Myxomycete ganz so verändert aussah, wie wenn er in Kohlen- säure gelegen hätte. Nur ein kleiner Theil des Protoplasma war noch schön gelb gefärbt, und dieser blieb länger als eine Stunde vollständig regungslos. Später begannen hier schwache amoeben- artige Bewegungen, und nach 24 Stunden hatte sich aus diesem Reste wieder ein kleines zierlich verzweigtes Individuum ent- wickelt. Ich breche die Mittheilung meiner Versuche über die Myxo- IV. Die Bewegungserscheinungen der Myxomyceten. 91 myceten hier ab, in der Hoffnung, die Untersuchung mit neuem Material später wieder aufnehmen zu können. Absichtlich habe ich der Umformung des Protoplasma zu Zellen hier niemals erwähnt, da mir die Zahl meiner Beobachtungen in dieser Hinsicht nicht gross genug schien. Nur soviel sei bemerkt, dass alle Mittel, welche uns gestatten die Bewegungen zu hemmen oder zu verlang- samen, ohne zugleich zu eingreifende Störungen zu erzeugen, in dem Protoplasma unverkennbar eine Neigung zur Umbildung in den zelligen Zustand herbeiführen, ja viel geeigneter dazu sind, als die Versuche, das Protoplasma durch Eintrocknen zu zerklüften. An den Didymien gelang mir die Erzeugung des zelligen Zu- standes durch blosses Eintrocknen nie. Wir erfahren aus den mitgetheilten Beobachtungen, dass auch zur Contractilität dieser Organismen der Sauerstoff erforderlich ist, und dieser Umstand möchte leicht geeignet sein, uns den Schlüssel zu liefern für die Auffindung des eigentlichen, gewöhn- lich stattfindenden Reizes, als dessen Folge die scheinbar frei- willigen Bewegungen aufzufassen wären. Endlich dürfte uns jene Thatsache auch auf die Ursache leiten, weshalb ein Theil des Protoplasma willig dem Anstosse eines anderen Theiles folgt ohne selbst in den Zustand der Con- traction zu gerathen. Man versteht unschwer, weshalb der strö- mende Theil vorzugsweise in der Axe der Myxomyceten-Stämme liegt, und weshalb der jeweilig contractile Theil an den Rändern und in der flach ausgebreiteten für die Berührung mit dem Sauer- stoff der Luft günstig geformten Peripherie sich befindet. Für die Annahme zweier Flüssigkeiten, von denen die eine nicht con- tractil sei, liefern die Myxomyceten, diese colossalen und besten Objecte zum Studium des freien Protoplasma, keinerlei Anhalt. 1 Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare von Tradescantia virginica. Durch den bekannten Vergleich der Bewegungen des Rhizo- podenkörpers und der sog. Saftbewegungen in den Pflanzenzellen, sind in den letzten Jahren immer wieder von Neuem auch von Seiten der Physiologen zahlreiche Untersuchungen über das Protoplasma der Pflanzenzellen hervorgerufen worden. Seit dem Jahre 1560 habe ich ebenfalls diesem Gegenstande meine Aufmerksamkeit zugewendet, und ich glaube auch meine Beobachtungen denselben hier anreihen zu müssen, da ich zeigen werde, dass wir es in vielen Pflanzen- zellen mit einer Erscheinung zu thun haben, die nur verstanden werden kann, wenn wir sie als eine mit den Bewegungen der niederen Organismen sehr ähnliche, wenn nicht identische auf- fassen. Schon 7. v. Mohl weist mit Recht die Bezeichnung der Protoplasmabewegung in den Pflanzenzellen als eine Saftströmung zurück, und wenn diese Erscheinung auch in manchen Pflanzen- theilen, wie z. B. in den Wurzelhaaren von Hydrocharis, in den Blattzellen von Valisneria und besonders in den Zellen der Charen als eine regelmässige Circulation sich darstellt, so zeigt sie doch in vielen anderen Objecten, wie in den Brennhaaren von Urtica urens, oder in den Zellen der Staubfadenhaare der Tradescantien eine so auffällige Uebereinstimmung mit den Bewegungserschei- nungen niederer Thiere, dass wir mit einigem Rechte vermuthen dürfen, sie sei, wo sie sich als eine wahre Circulation darstellt, im Grunde dieselbe und nur geregelt durch besondere Einrich- V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. 95 tungen, welche der Bewegung Balın und Richtung anweisen. Ich habe alle genannten Objeete mit untersucht; ich will mich aber hier beschränken auf die Mittheilung meiner Versuche an den Staubfadenhaaren von Tradescantia virginica, die ich ihres durch- sichtigen Gehäuses wegen, und ihrer violett gefärbten Intra- eellularflüssigkeit (Brücke) halber für das seeignetste Object halte. Unverkennbar leiten uns einzelne Bewegungserscheinungen im Pflanzenreiche, wie z. B. die Ortsveränderungen der Chlorophyll- körnchen in den Blattzellen von Valisneria von den ungeord- neten Bewegungen unseres Objectes hinüber zu den ganz gesetz- mässig geordneten der Charen, wo statt eines kreuz und quer fliessenden Protoplasmanetzes, ein vollständiger fliessender Mantel die Innenseite des Zellengehäuses überfluthet. Ich würde der aus- führlichen Untersuchung der geordneten Bewegung einen Vorzug vor der ungeordneten gegeben haben, wenn ich den Grund des regelmässigen Fliessens hätte herausbringen können, und ich entschloss mich endlich um so lieber zur Wahl der Tra- descantia, weil ich die grünen Charen mit ihrem lebhaften Gas- wechsel nicht gebrauchen konnte für die Versuche, welche mir die Abhängigkeit der Bewegung von gewissen Gasen zeigen sollten. Die Contraetilität des Protoplasma in den Tradescantiahaaren erschlossen wir bisher nur aus der Bewegung, die sich ohne nachweisbare Ursache daran findet, und wohl nur deshalb, weil es unbequem schien, sie auf eine andere Ursache zurückzuführen. Weder Diffusion noch sonst Etwas schien als äussere Triebkraft das wunderbare Stromnetz erzeugen zu können, und man sah sich deshalb genöthigt, die Ursache der Erscheinung in die bewegte Substanz selbst zu verlegen, so wie es die Leute thaten, welche die Ursachen der Blutkörperchenströmung in den Körperchen selbst, statt in den Muskeln des Herzens und der Arterien suchten. Durch den Vergleich der Protoplasmabewegung in den Pflanzenzellen mit dem des frei vorkommenden Protoplasma der Amoeben und Rhizo- poden gewann dieHypvthese sehr an Wahrscheinlichkeit, nur liessen sich manche von der ganzen Consequenz dieser Ansicht zurück- schrecken, weil es bisher nicht gelungen war, die Bewegung durch einen äusseren Reiz einzuleiten, da diejenigen Erregungen, welche an den eontraetilen Substanzen der meisten Thiere Bewegung hervorriefen, hier Stillstand und Zerstörung erzeugten. Beobachtet man die Ströme in den Tradescantiazellen auch noch so lange, so wird man niemals ein überall glattrandiges 94 V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare etc. Stromnetz zu sehen bekommen, ja nicht einmal bei Chara ist dieses der Fall, sondern der innere Mantel des rotirenden Sackes treibt unaufhörlich Wellen auf und nieder. Sehen wir in diesem Spiele ein verkleinertes Bild der kriechenden Myxomyceten, so müssen wir in den wellenartig sich hebenden und senkenden Massen die Ursache der weithin geradlinig fliessenden Bewegung suchen, so wie wir die Ursache des Fliessens bei der Myxomycete in dem papillären, wulstigen auf und niedersteigenden Rande der- selben fanden. Machen wir noch dazu die Annahme, dass das sanze Protoplasma durch und durch contractil ist, und ausser den Körnchen keine, nur passiv bewegliche, flüssige Theile enthält, so wird es auch leicht verständlich, wie in den strömenden Fäden bei vollkommener Contraction einzelner Flüssiekeitsabschnitte eine Kugel, bei unvollkommener, Spindeln oder wulstige Hervortreibun- sen auftreten können. Solche contrahirten Abschnitte können dann passiv eine Strecke weit in der Strömung mit fortbewegt werden. Verhält sich die Sache so, und zu dieser Annahme haben wir so lange ein Recht, als sie uns sämmtliche Erscheinungen erklärt, so können wir auch vorhersehen, was geschehen wird, wenn wir rasch aufeinanderfolgende Inductionsstösse durch das Präparat schlagen lassen. Bei Anwendung der gewöhnlichen Vor- richtungen wirkt der Reiz an allen Puncten überall gleich mächtig: was kann also anderes geschehen, als eine Gesammteontraction des Protoplasma? — und wahrlich keine Beschleunigung der fliessen- den Bewegung! In der That treibt man durch einige energische Inductionsschläge das Protoplasma zu Klumpen zusammen, man iockert sogar seine Verklebung vom Zellgehäuse und der soge- nannte zusammengefallene Primordialschlauch fällt in den Zell- raum hinein, oder hängt mit einigen Puncten noch an den Wänden haftend, wie eine Hängematte oder wie ein zum Theil zerstörtes Spinnengewebe in der Zellflüssigkeit. Hat man es einmal dahin gebracht, so steht die Bewegung für immer still, denn das Proto- plasma ist zugleich chemisch verändert, es ist coagulirt, keine Molecularbewegung findet darin statt, und in kurzer Zeit färbt es sich durch Imbibition aus der Zellflüssigkeit blau oder violett. Es würde eine unbillige Forderung sein, an diesem mikroskopisch’ kleinen Elementarorganismus, wenn seine Bewegung aus irgend einem uns unbekannten Grunde still steht, nun durch einen auf allen Puncten gleich wirksamen Reiz, wie ich ihn doch immer V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. 95 nur erhalte, wenn ich die Zelle einfach zwischen zwei breite Elektroden lege, das strömende Netz wieder herzustellen, oder in dem ruhenden Netze nun wieder Strömung zu erzeugen. Steht die Strömung still, und zeigt das Protoplasma dabei die Formen eines ruhenden Netzes, ohne Trübung durch Coagulate, und ruhen auch alle Körnchen darin ohne Molecularbewegung, wie man das nicht selten bei frisch hergerichteten Präparaten sieht, so bringt jedoch der in der beschriebenen Weise applieirte Inductionsschlag eine Bewegung hervor, die zwar dem normalen Strömen ganz unähn- lich ist, die aber dennochals eine wahre Öontraction gedeutet werden muss. Nach langem mühseligen Experimentiren kann ich zu solchen Versuchen vorzugsweise das ruhende Protoplasma empfehlen, und ich mache dabei aufmerksam auf die Anwendung einzelner In- ductionsschläge, denen durch allmähliches Annähern der Inductions- rollen die gerade ausreichende Stärke zu geben ist. So sah ich nach einem oder mehreren langsam auf einander folgenden Schlägen namentlich in schräg zur Stromesrichtung liegenden Zellen immer nur einen Theil des Protoplasma sich kugelig zusammenballen, und in den noch erhaltenen feineren Fäden später zuweilen eine unregelmässige fliessende Bewegung entstehen und fortdauern. Die entstandenen Klumpen und Kugeln blieben noch einige Zeit nach der Reizung in dem ruhenden Zustande, dann begann darin eine Bewegung der Körnchen, die man für Molecularbewegung hätte halten können, wenn es nicht ausgesehen hätte, wie wenn die Körnchen. durch ein Reissen und Ziehen der Grund- substanz einem andern Triebe folgten. Jedenfalls fehlt dieser Bewegung das für die Molecularbewegung charakteristische Tanzen der Körnchen um verschiedene Centra herum, wodurch der be- kannte Anblick des durcheinander Wimmelns entsteht. Mit dem Beginne der genannten Bewegung flachen sich auch die Kugeln und Klumpen wieder ab, sie treiben theilweise noch als solche erkennbar mit den benachbarten Strömen fort, und gleichen sich schliesslich so vollkommen mit dem Uebrigen aus, dass kein An- zeichen die vorhergegangene Veränderung an dem fliessenden Protoplasmanetze verräth. Die genannte partielle Klumpen- bildung sah ich immer bei Anwendung von Minimalreizen in den stärkeren Fäden des Protoplasma entstehen, die feineren Fäden zerrissen, wo sich Kugeln in ihnen bildeten in der Regel, und die entstandenen Verdickungen wurden dann rasch entweder nach einer oder nach zwei Seiten zurück in einen dickeren Faden hineingezogen. 96 V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. Zur Rückkehr in die Formen eines normalen fliessenden Stromnetzes sieht man das Protoplasma der Tradescantie nur velangen, wenn man nur wenige und nicht zu starke Inductions- schläge anwendet, denn nur in diesem Falle wird der chemischen Zerstörung vorgebeugt, welche nur zu leicht der künstlich er- zeusten Contraction nachfolgt. Der Beginn dieser auf theilweise Coagulationen zurückzuführenden Vorgänge, kündigt sich an durch ein Zerplatzen der durch den Reiz entstandenen Kugeln, Klum- pen und mächtigen wulstigen Erhebungen auf dem Protoplasma. Als etwas Analoges möchte ich auch das von Brücke bei der Reizung der Brennhaare von Urtica urens zuerst beobachtete Hervorschiessen kleiner keulentragender Fortsätze deuten, die mich, als ich sie sah, -sehr lebhaft erinnerten an die schwankenden und sich schlängelnden feinen Fortsätze der Amoeba porrecta. Wie schon Brücke angiebt, können diese Fäden wieder in das Protoplasma zurückgezogen werden, dessen normale Bewe- gung hierauf wieder beginnen kann. Es ist indessen äusserst schwer, bei der Tradescantia die Stärke des Reizes gleich so zu trefien, dass nur die keulen- oder papillenartig plötzlich vorspringenden Auswüchse sich bilden, (hier kommt es nie zur Bildung jener feinen Fäden) denn fast immer ist damit die Grenze bezeichnet, wo der Reizung sehr rasch die Zerstörung folgt. Das Protoplasma färbt sich nach einiger Zeit zum Theil violett, und ist dann in eine aus trüben Schollen und Klumpen zusammengeklebte Masse verwandelt. Ein anderer Theil schwimmt in Form von sehr durchsichtigen farblosen Blasen in der violetten Flüssigkeit umher, in denen die spärlichen Körnchen wahre Mo- lecularbewegung zeigen. Auch diese kleinen Bläschen verlieren sich endlich, und die daraus entleerten Körnchen setzen dann ihre Molecularbewegung unmittelbar in der gefärbten Zellflüssigkeit fort. So lange diese Erscheinung noch nicht aufgetreten ist, so lange überhaupt noch keine wahre Molecularbewegung in den ungefärbten Theilen der Zelle existirt, kann man sicher sein, dass die Bewegung wieder beginnen wird, wenn man die Staubfaden- haare vor Eintrocknung geschützt längere Zeit zurücklegt. Ich habe sie später als 24 Stunden in abgeschnittenen Haaren wieder- kehren sehen !), wenn ich die Präparate gleich von dem Drucke 1) Siehe hierüber auch: Studien des physiolog. Instituts zu Breslau, heraus- gegeben von Heidenhain. Heft II. p. 66. V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. 97 des Deckglases befreite, oder nur gestützte Deckgläser benutzte. Die fliessende Bewegung kann unter dieser sorgsamen Pflege der Präparate wiederkehren, wenn sie schon in allen Theilen der Zelle erloschen war, und wenn das ganze Protoplasma umgewan- delt war in eine Masse von farblosen Kugeln und Klumpen. Selbstverständlich darf man zu diesem Versuche nur einzelne Haare verwenden, deren Zellen man genau wieder erkennen kann, und es ‚ist zweckmässig, das Präparat erst vollständig mit dem Zeichenprisma bei schwächerer Vergrösserung zu copiren, die Zellen in der Zeichnung mit Nummern zu bezeichnen und dazu die durch die Reizung erzeugte Veränderung und deren Grad zu notiren. Wenn auch abgeschnittene Haare sich auf Objeetträgern in Wassertropfen im feuchten Raume tagelang normal erhalten kön- nen, so sieht man doch die Versuche leicht fehlschlagen, durch eine zuweilen allmählich, auch an nicht gereizten Präparaten eintretende Ablösung des Primordialschlauchs, welcher die Zerstörung der Zelle sehr bald folgt. Ich habe deshalb versucht, die Haare in der Blume zu reizen, indem ich den Stengel in ein Gefäss mit Wasser setzte, die Blumenknospe in ein anderes Gefäss hinabbog, und in das Wasser der Gefässe die beiden Elektroden tauchte. Bei den unverhältnissmässig mächtigen Induetionsschlägen, die man bei diesem Verfahren zur Reizung des Protoplasma braucht, und bei der Schwierigkeit ein Haar an der Knospe zu unter- suchen, kann ich dasselbe jedoch nicht empfehlen. Es ist mir indessen möglich gewesen, auf diesem Wege ein vorher an der Blume besehenes Haar, durch ein mit Gummi befestigtes Zeichen von Schaumgold wieder zu finden, und die Bewegung des Proto- plasma darin nach einigen Stunden wiederkehren zu sehen, trotz- dem alle der Untersuchung zugänglichen Zellen des Haares gleich nach der Reizung nur contrahirtes Protoplasma enthielten. Partieller Stillstand lässt sich in einer grösseren Zelle der Tradescantia leicht erzeugen, wenn man dieselbe quer zwischen zwei um 1 Mm. auseinanderstehende Elektroden von Staniol legt, die nach ihrer Lücke hin in fein ausgeschnittene Spitzen enden, und mit Ausnahme ihrer beiden Enden mit einer Lösung von Mastix in Chloroform bestrichen sind. Die Ströme der grössten Dichte gehen dann allein durch ein beschränktes Stück der Zelle. Als ich nun einzelne Inductionsschläge hindurchgehen liess, und diese allmählich durch Anschieben der secundären Spirale des Apparats verstärkte, sah ich den Stillstand der Strömung in den Kühne, Untersuchungen. [ 98 V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. Protoplasmasträngen nur m einer Ausdehnung von etwa einem Viertel der ganzen Zellenlänge erfolgen, unter Bildung von Wül- sten, Klumpen und Kugeln. Immer befand sich diese veränderte Stelle zwischen den Elektrodenspitzen, während die übrigen Theile der Zelle keine Veränderung darboten, sleichviel, ob sie in der Mitte oder an den Enden lagen. Die angeführten Versuche dürften den Beweis enthalten, dass sich das Protoplasma der Tradescantia gegen Inductionsschläge nicht anders verhält, als das der Myxomyceten. Stellt man die Forderung, ruhendes Protoplasma zu bewegen, so können wir auch diese erfüllen, denn wir brauchen nur das ruhende mässig zu reizen, um eine Bewegung zu erreichen, die zwar nicht in dem sewöhnlichen Fliessen besteht, sondern in dem Zusammen- fliessen nach mehreren Centren, um die sich die Kugeln und Klumpen anordnen. Dass diese Puncte an den Orten der grössten Stromdichte liegen, sieht man auch an einer zufällig ruhenden Zelle klar, wenn man sie zwischen die zugespitzten Elektroden rechtwinklig zur Stromesrichtung lagert. Es ist nicht unmöglich, dass die dann einmal entstandene locale Contraction den Anstoss giebt, zur Fortleitung anderer Contractionen, denn ich sah in der ruhenden Masse, gleich auf Anwendung des localen Reizes die Strömung in den übrigen Theilen derselben Zellen zuweilen sofort beginnen, oder doch sich rasch ausbilden, wenn die Contraction an der unmittelbar durchflossenen Stelle sich wieder ausglich. Da der genannte Erfolg indessen nicht constant ist, so kann man immer noch annehmen, die strömende Bewegung hätte sich auch ohne den Reiz wieder eingestellt, ein Einwand, dessen Werth ich nicht zu controliren vermochte. Wer in der ganzen Erscheinung, die das Protoplasma der Tyadescantia auf Inductionsschläge darbietet, nur die Wirkung elektrolytischer Ausscheidungen sieht, wird kaum einen Grund zur Rechtfertigung seiner Ansicht finden, wenn er das Verhalten dieses Protoplasma zum constanten Strome verfolgt. Ohne chemische Veränderungen ist zwar bei keiner con- | tractilen Substanz, die ja immer aus Elektrolyten besteht, ein Durchgang elektrischer Ströme denkbar, allein dieser Umstand darf nicht verwechselt werden mit der secundären Wirkung der an den Polen ausgeschiedenen Producte der Elektrolyse. Ken- nen wir diese, so werden wir leicht unterscheiden können, wie dieses Protoplasma sich gegen Schwankungen der Stromdichte, ge- gen constante Ströme und gegen flüchtige Ströme von grosser V, Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. 99 Spannung verhält, wir werden darunter dann ebenso unterscheiden lernen, wie wir die durch Aetzung eines Muskels am negativen Pole und durch seine Coagulation am positiven Pole verursachten Erscheinungen scheiden gelernt haben von den Folgen der elektri- schen Muskelreizung aller Variationen. Um einen Einfluss auf die Protoplasmabewegung mit dem constanten Strome zu erzielen, der dem mit Inductionsschlägen erfolgenden ähnlich ist, muss eine Kette von mindestens 4 kleinen Grove'schen Elementen in Anwendung gebracht werden. Rasches Schliessen und Oeffnen der Kette, oder rasches Umlegen des Stromes bringt im Anfange keine besonders bemerkbare Ver- änderungen hervor. Unterbricht man jedoch den Strom in dieser Weise öfter hintereinander, so steht zuletzt die Bewegung auch in denjenigen Zellen still, die in der Mitte zwischen den Elektroden liegen, an denen noch keine durch elektrolytische Ausschei- dungen bewirkte Veränderungen sichtbar sind. Es ist mir dabei aufgefallen, dass sehr häufig erst ein Stillstand der Bewegung im Protoplasma entsteht, und dass erst hinterher die Bildung von Klumpen und Kugeln, kurz das für die Inductionsschläge charak- teristische Phänomen allmählich auftritt. Die Klumpenbildung ist natürlich von einer auch an den Körnchen sichtbaren Be- wegung begleitet, welche schliesslich in der contrahirten Masse wieder zur Ruhe kommen, und dann mit dieser zu einem körnigen Brei zerfallen. An der negativen Elektrode färbt sich der Zellinhalt grün, an der positiven hellroth, und auch das zerstörte Proto- plasma sammt dem Kern nimmt namentlich am negativen Pole die Färbung rasch an. Häufig sieht man ferner, namentlich in den grünen Zellen, den körnigen Inhalt, der den Kern einschliesst nach dem positiven Pole hintreiben, so dass in allen Zellen der grösste Theil des Inhalts in einer dem positiven Pole zugewandten Ecke sich ansammelt. Der Primordialschlauch ist dann natürlich längst zusammengefallen, so dass eine Wiederherstellung der Bewe- gung unmöglich wird. Der violette Farbstoff giebt uns also das beste Reagens in die Hand mit dem wir prüfen können, ob eine Zelle der Tradescantia chemischen Zersetzungen unterlag, und da wir nach der Reizung mit nicht zu starken Inductionsschlägen keine Farbenveränderung an den Zellen auftreten sehen, so kann von einem Vergleich der übrigen dabei stattfindenden Veränderungen mit den an den Elek- troden der constanten Kette auftretenden Erscheinungen nicht die Rede sein. Wird freilich der ganze Zelleninhalt durch längere, me 100 V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. Reizung mit sehr starken Inductionsschlägen vernichtet, so tritt auch hier eine Verfärbung der Zellflüssiekeit auf. Dass man durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure dieselben Veränderungen wie am positiven Pole, durch Kali dieselben, wie am negativen Pole erhält, bedarf kaum der Erwähnung. Ebenso wird es nicht über- raschen, dass Salz- und Zuckerlösungen, welche den Primor- dialschlauch loslösen, die Bewegungen des Protoplasma endlich aufheben, und dass Aether und Chloroformdämpfe dieselbe Wir- kung äussern, wie auf alle anderen bisher abgehandelten con- tractilen Substanzen. Merkwürdig ist dagegen die Resistenz des Protoplasma höherer Pflanzen gegen Gifte. Ich habe abgeschnit- tene Haare der Tradescantia 17 Stunden lang in wässerigen Vera- trinlösungen sich normal erhalten gesehen, und zweifle deshalb, ob später eintretende Störungen der Bewegung gedeutet werden dürfen als specifische Vergiftungsfolgen. Das Protoplasma der Tradescantia zeichnet sich wie das mancher anderer Pflanzen auch noch vor anderen contractilen Substanzen aus durch seine erst bei höherer Temperatur erfol- gende Wärmestarre. Ich habe mich überzeugt, dass bei sehr flüchtiger Erwärmung, die freilich nicht anders bewerkstelligt werden kann, als durch Einsenken des Objectträgers mit fest- sekittetem Deckglase in ein Wasserbad, die Wärmestarre erst bei 480, wie M. Schultze angiebt, eintritt, vielleicht erst bei noch höherer Temperatur. Indessen braucht es noch keiner allzulangen Zeit, um auch bei 45° C. eine gründliche Coagulation herbeizu- führen. M. Schultze hat durch seine Messungen der Geschwin- diekeit der Körnchenbewegung auch wieder für die Tradescantia die Beschleunigung derselben bei höheren Temperaturen nach- gewiesen. Ich finde es wahrscheinlich, dass Beschleunigungen der Bewegung einerseits eintreten durch blosse Schwankungen der Temperatur, andrerseits durch eine, wenn auch langsam, aber beträchtlich hoch steigende Temperatur. Legt man die abgeschnittenen Staubfadenhaare in einem Wassertropfen mit dem Objectträger auf eine Kältemischung von Eis und Kochsalz, so findet man nach dem Aufthauen alles Protoplasma zerstört, zu krümeligen, geronnenen Klumpen zer- fallen, die sich rasch mit dem violetten Farbstoff imbibiren und keine Neigung haben, wieder ein Netz von fliessendem Proto- plasma zu bilden. Legt man dagegen die Haare in einen in die Kältemischung gesenkten dünnen Platintiegel, so dass sie auch ohne Wasserzusatz rasch gegen die Wände des Tiegels anfrieren, V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. 101 so erhält sich das Protoplasma länger als 5 Minuten in dieser Temperatur von — 14° C. lebend. Ich zog den Tiegel aus der Kältemischung heraus und brachte die Haare in Wasser unter das Mikroskop. Der Anblick, welcher sich mir darbot, war über- aus merkwürdig, denn von dem Protoplasmanetze war keine Spur mehr zu sehen, sondern der violette Binnenraum der Zelle ent- hielt neben dem nackten Kerne eine grosse Zahl gesonderter run- der Tropfen und Klümpchen. Wenige Secunden später begann in diesen eine sehr lebhafte Bewegung, sie veränderten ihre Um- risse, zogen sich lang aus, und verkürzten sich wieder, und geriethen dabei in eine wirbelnde Tanzbewegung. Des Vergleichs halber könnte man diese Producte vegetabilische Amoeben nennen, denn sie bewegten sich gerade wie Amoeben, nur ausserordentlich viel geschwinder, als jene. Schon nach wenigen Minuten begannen diese Körperchen zusammenzufliessen zu einzelnen grösseren Tropfen und indem diese sich wieder mit anderen Gruppen ver- einigten, stellte sich in einem Zeitraume von ungefähr 10 Minuten das ursprüngliche Protoplasmanetz wieder her, das auch nach 24 Stunden noch lebhaft strömend gefunden wurde. Ich habe nicht herausbringen können, ob die Zertheilung des Protoplasma beim Gefrieren oder beim Wiederaufthauen erfolgt, ich will aber den Versuch, der mir darüber Aufschluss geben sollte, des- halb anführen, weil er sehr vortheilhaft ist, wenn man sich über- zeugen will, dass die getrennten Kugeln anfänglich bewegungslos sind. Zu dem Ende wird ein Objectträger auf die Kältemischung gelegt, und wenn er sich mit Reif zu beschlagen anfängt, ein Häufchen der Tradescantiahaare trocken darauf gelegt, die mit einem Deckglase beschwert werden. Beginnt auch das Deck- gläschen sich mit Reif zu überziehen, so wird der Objectträger rasch unter das Mikroskop gebracht, ein Wassertropfen unter das Deckglas geführt und sofort mit einer Stiplinse untersucht. Im Momente, wo der wegthauende Reif das Bild durchscheinen lässt, sieht man bereits die Zerklüftung des Protoplasma fertig vor sich, aber auch alle Kügelchen in Ruhe. Spätestens in 10— 15 Secunden beginnt hierauf die wirbelnde Bewegung der kleinen Tröpfehen. Länger als 15 Minuten darf man jedoch die Zellen auch ohne Wasserzusatz nicht in der niederen Temperatur halten, denn in diesem Falle unterliegen sie derselben Zerstörung, wie wenn man sie einmal rasch mit Wasser einfrieren gelassen. Legt man ein Präparat mit Tradescantiazellen mindestens während einer Stunde in einen mit Eis auf 0° abgekühlten Raum, 102 V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare etc. so zeigt ihr Protoplasma bereits eine Neigung zum Zerfallen in einzelne Tröpfehen. Wo noch ein Netzwerk existirt, ist es aus ausserordentlich feinen Fäden gebildet, die nur stellenweise mit grösseren Kugeln und Tropfen besetzt sind. Viele freie Kugeln befinden sich unabhängig davon in der Zellflüssigkeit, wo sie unter lebhaften zuckenden Bewegungen, ohne ergiebige Ortsbewegungen zu machen, sich um ihre Axe drehen. Wenige Minuten später vereinigen sich jedoch diese freien Kugeln mit den feinen Fäden, oder verschmelzen mit anderen daran hängenden Kugeln, und das schöne Bild des fliessenden Protoplasmanetzes stellt sich völlig wieder her, selbst wenn in den feinen Fäden zuvor alle Bewegung ruhte und sich auf die dazwischen geschalteten grösseren Tro- pfen beschränkt zeigte. So lange das feine Netz still steht, herrscht auch keine eigentliche Strömung in der dicht unter den Wänden der Zellen liegenden sog. Körnerschicht, deren weit auseinander liegende Körnchen vielmehr eine der Molecularbewegung nicht unähnliche Lagenveränderung erkennen lassen. Das eigenthüm- liche Strömen dieser Schicht bildete sich jedoch gleich wieder aus, als bei tieferer Einstellung des Mikroskops die Strömung in den netzartig die Zelle durchsetzenden Fäden wieder erschien. Kühlt man die Zellen nur kürzere Zeit in Eiswasser auf 0% ab, so bemerkt man keine wesentliche Veränderung an dem Proto- plasma, und wenn auch im ersten Augenblicke die Bewegung etwas verlangsamt scheint, so erreicht sie doch nach sehr kurzer Frist augenscheinlich wieder ihre durchschnittliche Geschwindig- keit. Da das Präparat hierbei nur einem raschen Wechsel der Tem- peratur von 0° — auf20°C. (die Temperatur des Zimmers) unterworfen wurde, so scheint mir daraus hervorzugehen, dass nicht die ab- solute Temperatur (wenn diese unter einer gewissen Grenze liegt), sondern der Wechsel der Temperatur in kurzen Zeitabschnitten zur Beschleunigung der Bewegung beiträgt. Ein Temperaturwechsel würde also als ein Reiz für das Protoplasma angesehen werden können. Ich unterlasse es Messungen über die Geschwindigkeit mitzutheilen, da ich nicht im Besitze eines zuverlässigen Mikro- meters war. Flüchtige Erwärmungen der Zellen auf etwa 45° C. bringen Erscheinungen hervor, die den bei der Abkühlung entstehenden nicht ganz unähnlich sind. Nachdem ich ein Präparat mit fest- sekittetem Deckglase 2 Minuten in das auf 46° C. erwärmte Wasserbad eingesenkt hatte, fand ich die Strömung in den Zellen V Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. 103 anfangs beschleunigt. Einige Minuten später, die während der ersten Beschauung vergangen waren, setzte ich das Präparat in Wasser von 45°C. und liess es 6 Minuten darin liegen. Alle Stromfäden waren jetzt sehr fein geworden, und die Strömung war ausserordentlich unregelmässig, so dass die in grosser Zahl an den Fäden haftenden grösseren Kugeln an diesen hin und her krochen ohne, wie gewöhnlich, in das allgemeine Stromnetz übergeführt zu werden. Ferner enthielt die violette Flüssigkeit einzelne blasse Kugeln mit langsamer amoebenartiger Bewegung, und die dicht unter der Zellmembran befindliche Schicht feinzerstreuter Körnchen zeigte entweder vollständigen Stillstand oder ein an Molecularbewegung erinnerndes Verhalten. 30 Minuten später war die Bewegung überall etwas lebhafter geworden, es schien aber, wie wenn träge nicht recht zerfliessliche Massen mit- geführt werden müssten. In einzelnen Fäden strömten zwar die Körnchen schnell und geradlinig, allein ein recht continuirliches Stromnetz durch die ganze Zelle war immer noch nicht wieder- hergestellt. Als ich das Präparat 8 Stunden später besah, war das continuirliche Stromnetz auf das herrlichste wieder ausge- bildet, kurz die Zelle sah aus wie jede andere frisch von der Blume genommene. Zu dem beschriebenen Versuche ist es nicht erforderlich, die Haare rasch zu erwärmen, sondern man kann dieselben auch in der Zeitdauer von einer halben Stunde allmählich von 30° auf 45° anheizen, um ganz ähnliche Bilder zu erhalten. Nur muss die Steigerung, die zwischen 30 und 40° noch ziemlich langsam ge- schehen kann, zwischen 42 und 45° C. rascher bewerkstelligt werden. Braucht man z. B. zum Uebergange von 44 auf 450 C. 10 Minuten, so ist alles Protoplasma coagulirt. 2 Der vorübergehende Stillstand unter Bildung von Kugeln, den man sowohl durch Gefrierenlassen wie bei längerem Aufent- halte bei 0% und bei kurzer Erwärmung auf 45°C. erreicht, scheint mir ohne Zwang als eine Contraction, als ein Wärmetetanus ge- deutet werden zu können. Demnach würde sich dieses Proto- plasma in seinem Verhalten wie Das der Myxomyceten, der Amoe- ben und der Rhizopoden von der contractilen Substanz in den quergestreiften Muskeln sehr wesentlich unterscheiden, während eine gewisse Uebereinstimmung in diesem Puncte mit den glatten Muskeln unverkennbar ist. So wenig wir daran zweifeln, dass wir alle Strömungserschei- nungen des Protoplasma künstlich würden hervorrufen könne E Ei AR \ 104 V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete, wenn wir an der einmal ruhenden, allen Erregungen entzogenen Masse, z. B. elektrische Reize, überall wo es uns beliebt, gleich- zeitig anbringen könnten, so muss doch unsere nächste Aufgabe darin bestehen, den Umständen nachzuforschen, unter denen ge- wöhnlich die Strömung stattfindet. Luft umgeben, und wir meinen, dass auch im Zusammenhange mit der ganzen Pflanze das Protoplasma im Zustande der Be- wegung enthalten sei. Leider können wir das Protoplasma, wenn. die Zelle von Luft umgeben ist, gar nicht sehen, und wir müssen die Bewegung während des Lebens nur daraus schliessen, dass wir sie eben augenblicklich sehen, sowie wir die Zelle mit Wasser benetzen. Die Luft, welche die Zelle umgiebt ist nun nicht allein kein Hinderniss für die Bewegung, sondern, wie ich zeigen werde; sogar die einzige Bedingung, unter welcher sich die Bewegung über- haupt erhält. Wir wissen aus M. Schultze's Versuchen, dass das Proto- plasma noch strömt, wenn der Primordialschlauch schon etwas von der Zellwand abgehoben ist, dass die Strömung auch dann noch wenigstens einige Zeit fortdauert. Ich kann diesem Ver- suche einen anderen hinzufügen, welcher zeigt, dass nicht nur die Berührung mit der Zellwand Nichts mit der Sache zu thun hat, sondern dass auch keine Diffusionsvorgänge mit dem um- sebenden Wasser erforderlich sind. Legt man die Zellen trocken unter ein Deckglas und stellt man das Mikroskop scharf darauf ein, so sieht man das Protoplasma durch die glänzenden Zellen- wände nicht hindurchschimmern. Wird nun plötzlich ein Tropfen reinen Olivenöls unter dem Deckglase ausgebreitet, so erscheint in den Zellen, deren Luftmantel vollständig von dem Oel ver- drängt wurde, das Protoplasmanetz klar und deutlich, und man erkennt daran auf kurze Zeit noch die Bewegung. Sehr bald steht dieselbe jedoch still, während die Anschwellungen der Fä- den sich zugleich glätten, und wir haben es nun in der Gewalt, sie willkürlich wieder hervorzurufen, wenn wir die Haare rasch aus dem Oel herausziehen und in Wasser so vollständig wie möglich abwaschen. Besieht man die Zellen nach etwa 15 Minuten wieder, so ist die Strömung beinahe überall im vollen Gange. Nur ein- zelne spindelförmige Anschwellungen zögern noch, an der all- semeinen Cireulation mit Theil zu nehmen‘ während der körnige Inhalt solcher Spindeln in unruhigem Schwanken begriffen ist. Lässt man die Tradescantiahaare längere Zeit in Oel liegen, so ‚geht das Protoplasma zuletzt zu Grunde, unter Bildung von Ku- IN er u. cn Die Haare der Staubfäden von Tradescantia sind rings von V, Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare ete. 105 geln, die sich trüben und auf den Boden der Zelle fallen. Es Ferdient bemerkt zu werden, dass das einmal in Oel zur Ruhe ge- brachte Protoplasma, so lange seine netzförmige Anordnung nur noch erhalten ist, und keine Coagulate neben frei in die violette Flüssigkeit sich kershreuenken Körnchen gebildet sind, den Körn- chen niemals eigentliche Molecularbewegungen in seinem Innern sestattet. Als einzigen Ausdruck der Molecularbewegung fand ich nur ein eigenthümliches schaukelndes Schwingen der allerfeinsten Protoplasmafäden, das mir zum Theil von den spärlich darin enthaltenen Körnchen herzurühren schien. Das Protoplasma, welches nach dem Verweilen der Zellen in Oel einmal aufgehört hat sich zu bewegen, beginnt wieder zu fliessen, auch ohne Benetzung der Haare mit Wasser. Man kann das Oel von einem einzelnen Haare leidlich gut wieder entfernen mit feinem Fliesspapier. Nach einem Aufenthalt des Haares von etwa 90 Minuten im feuchten Raume zeigt sich dann das Strömen in seinen Zellen wieder, auch wenn man sie wiederum in Oel besieht. Wir sehen daraus, dass nur der Zutritt von Luft an die Zellwände die Bewegung hervorruft. Die Berührung mit dem Sauerstoff der Luft scheint das gewöhnlich wirkende Erregungsmittel zu sein, dem das erregbare Protoplasma vielleicht überhaupt den Antrieb zu seinen Bewegungen verdankt. Da das Oel in der Regel hartnäckig an den Zellen haften bleibt, so gelingt der Versuch nicht immer, wie es zu wünschen wäre. Man muss mit grosser Sorgfalt nur "einzelne lange Haare wählen und diese immer an einem Ende mit der Pincette fassen, mit der Vorsicht, sie nicht durch Capillarität sich an die Bran- chen der Pincette anlegen zu lassen, in welchem Falle sie weder mit noch ohne Wasser, ohne Zerstörungen mit der Nadel auf die Glasplatten gebracht werden können. Ich habe deshalb versucht, den Luftabschluss mit Quecksilber zu erreichen. Das Letztere lest sich indessen nicht eng genug an die Oberflächen der Zellen an, um alle Luft herunter zu treiben, und wo es geschieht, pflegt te Zelle durch Druck zu Grunde zu gehen. Leichter als durch das Verf hren mit Oel gelingt es, die Be- wegung zu hemmen durch Ausschluss des Sauerstoffs mittelst anderer Gase, wozu ich auch bei der Tradescantia Kohlensäure und Warstestef verwendete. Die Haare müssen einzeln auf Ob- jectträgern in Wassertropfen dem Gasstrome ausgesetzt werden, denn es gelingt nie, den Recipienten frei von Sauerstoff herzu- 106 V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare etc. stellen, wenn man die Blume mit dem grünen Stengel oder über- haupt mit irgend welchen grünen Pflanzentheilen hineinthut. Nach einem Aufenthalte der Haare von 45 Minuten bis einer Stunde im Kohlensäurestrome fand ich durchschnittlich die Be- wegung überall erloschen. Einzelne kleine durchsichtige Vacuo- len und Blasen hatten sich in dem Protoplasma gebildet, im Uebrigen war dasselbe aber unverändert, und mit ziemlich glat- ten Rändern versehen, die namentlich an den Enden der Zelle sehr scharf und glänzend gegen die gefärbte Zellflüssigkeit ab- stachen. Nach 15—20 Minuten fingen die Körnchen des Proto- plasma an, sich zu regen. Das Zucken und Ziehen daran eröff- nete die immer deutlicher werdende Strömung, die nach 10 Minu- ten vollkommen ausgebildet war und in demselben Präparate, (las ich ohne Deckglas in die feuchte Kammer gesetzt hatte, noch nach 15 Stunden sich vorfand. In der Kohlensäure ist also ein Mittel gefunden, das die Bewegung des Protoplasma für längere Zeit hemmt, und an sol- chen Präparaten wurden auch vorzugsweise die oben geschilder- ten elektrischen Reizversuche angestellt, wenn ich ruhendes Proto- plasma zu reizen beabsichtigte. Das stillstehende Protoplasma hat durchaus seine Contractilität noch nicht eingebüsst, denn einzelne Inductionsschläge verursachten immer noch die Bil- dung klumpiger Kugeln, und schienen gerade hier den Wie- derbeginn der Strömung in den nicht varikös gewordenen Thei- len zu beschleunigen. Ganz besonders empfiehlt sich zum Stu- dium dieses Punctes die Anwendung der scharf zugespitzten, sehr nahe aneinander stehenden Elektroden. So sah ich bei gehörig regulirter Reizung das Phänomen der localen Contraction, des Wiederbeeinns der Strömung, und endlich der Lösung der Con- traction in den zusammengeballten Strecken, an einem Zellen- leibe auf das Prächtigste zum Vorschein kommen. Wie voraus- zusehen, durfte die Kohlensäure indessen nicht zu lange einge- wirkt haben. Tradescantiahaare, welche 24 Stunden in Kohlen- säure gelegen hatten, enthielten nur coagulirtes sammt dem Kern blaugrün gefärbtes Protoplasma, auf welches auch Inductions- schläge keinen Einfluss mehr ausübten. In dieser Weise lassen sich also zwei Wirkungen der Kohlensäure unterscheiden, und es kann nicht bezweifelt werden, dass die zuerst resultirenden Phä- nomene des Stillstandes nicht von der Kohlensäure als solcher herrühren, sondern nur daher, weil das Gas als ein Verdrän- gungsmittel des Sauerstoffs auftrat. V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubladenhaare'ete: 107 - Der Gegenversuch, welcher die Frage entscheidet, liegt in der Anwendung des Wasserstoffs. Nach mehrstündigem Ueber- leiten dieses Gases findet man das Protoplasma in allen Zellen völlig zur Ruhe gebracht, jedoch ohne die nach kurzer Einwirkung von Kohlensäure auftretenden Vacuolen und scharfen Grenzlinien, in denen ich überhaupt nichts Anderes schen kann, als den Anfang einer Erhärtung. Dem entsprechend beginnt auch die Bewegung in diesen Zellen sehr rasch wieder, die im günstigsten Falle schon nach 2 Minuten wieder völlig normal sein kann, in ande- ren Fällen aber bis zu 5 Minuten auf sich warten lässt. Die Vorläufer der wiederkehrenden Strömung sind auch hier zuckende Bewegungen einzelner Körnchen, und ich überzeugte mich hier von Neuem, dass diese Körnchenbewegung durchaus Nichts mit der Zrown’schen Molecularbewegung gemein habe, sondern dass die Körnchen ihre Lage dabei nur änderten, weil ihre Grundsubstanz begann, wellige Hervorbuchtungen zu bilden. Coagulationen des Protoplasma in Wasserstoff habe ich nach längerem Verweilen in diesem Gase öfter gesehen, ich bin aber nicht sicher, ob sie dem Wasserstoff oder auch nur dem Sauer- stoffmangel zuzuschreiben sind, da sie erst sehr spät eintraten, zu einer Zeit, wo auch die zur Controle von derselben Blume ent- nommenen Haare in feuchte Luft gelegt, bereits in einigen Zel- len coagulirtes Protoplasma enthielten. Ausser dem Zutritte des Sauerstoffs weiss ich keinen Um- stand namhaft zu machen, der unter den gewöhnlichen Lebens- bedingungen einer Tradescantia von Einfluss wäre auf die Erre- gung der Bewegungen ihres Protoplasma. Abgeschnittene Haare der Pflanze besitzen ein fliessendes Protoplasma, wenn man nur dem Zutritt des Sauerstoffs keine Hindernisse bereitet, gleich- viel, ob dabei z. B. das Licht zutreten kann oder nicht. Ich fand die Bewegung sogleich im vollsten Gange, als ich Zellen besah, die länger als 24 Stunden in einem finstern Kasten gele- gen hatten. Ist nur die eine Bedingung des Luftzutritts erfüllt, so geht die Bewegung ziemlich continuirlich weiter, und wir haben gesehen, in wie weiten Grenzen die Temperatur dabei schwanken kann. Vergleichen wir den Einfluss des Sauerstoffs auf das Proto- plasma aller bis hierher genannten Organismen, mit dem bekann- ten Verhalten der Muskeln zu Sauerstoff und Kohlensäure, so müssen wir uns vor der Hand noch einer bestimmten Ansicht darüber enthalten, ob der Sauerstoff im Sinne unserer physiolo- 108 V. Die Bewegungserscheinungen in den Zellen der Staubfadenhaare etc. gischen Terminologie als ein Reiz aufzufassen sei. Für die Er- haltung der Erregbarkeit der Muskelsubstanz ist der Sauerstoff erforderlich, aber er ruft durch seine Anwesenheit noch keine Bewegung darin hervor, die vielmehr erst auf irgend einen an- deren sogenannten Reiz erfolgt. Der Umstand, dass wir in den Pflanzenzellen keine Reiz zuführenden Bahnen, wie die Nerven in den Muskeln kennen, berechtigt uns nicht, nun auch den für die Erhaltung der Erregbarkeit erforderlichen Sauerstoff zugleich für den Erreger zu halten. Dass dagegen höhere Temperaturen, rasche Schwankungen der Temperatur, und Inductionsschläge z. B. als wahre Erreger des Protoplasma aufzufassen sind, lehrte die Eigenthümlichkeit der diesen Reizen entsprechenden Bewe- gungen. Das Protoplasma darf demnach nicht allein zu den con- tractilen, sondern auch zu den irritablen Substanzen gerechnet werden. VI Das Protoplasıa der Zellen des Bindegewebes. Nachdem wir von der niedrigsten Organisation aufwärts steigend die Eigenschaften des Zellenprotoplasma verfolgt haben, und überall eine grosse Aehnlichkeit zwischen den Zellenleibern gefunden, bleibt uns nur noch übrig, auch das Protoplasma höhe- rer Thiere kennen zu lernen. Ich habe bisher zu diesem Zwecke, als ich mit der Untersuchung auf die Wirbelthiere überging, nur den Frosch benutzt, und werde auch in dem Folgenden nur bei diesem Einen Vertreter der Thierklasse stehen bleiben. Viele Gründe bewegen mich dazu. Einerseits ist es gerade dieses Thier, dessen Organe am besten physiologisch durchgemustert wurden, denn gerade hier wurden bisher die Gesetze der Bewegungs- erscheinungen contractiler Theile am ausführlichsten untersucht, andrerseits war es aber auch mein Wunsch, die Vortheile zu be- nutzen, welche die langsame Abnahme der Lebenseigenschaften isolirter Organe des Frosches gewährt. Beobachtungen über Be- wegungen an Zellen sind sehr zeitraubend und mühsam; ich darf darum wohl hoffen, keinen Vorwürfen ausgesetzt zu sein, wenn ich meine Aufmerksamkeit beschränkte auf eine kleine Zahl von Geweben, und wenn ich diese einem immer zur Disposition ste- henden Thiere entnahm. Bewegungen wurden bereits früher nicht bloss an den Pig- mentzellen, sondern auch an farblosen Zellen der Wirbelthiere beobachtet, und ich erinnere, ohne auf die grosse Geschichte die- ses Gegenstandes eingehen zu wollen, nur an die namentlich von Lieberkühn mit Sorgfalt studirten Formveränderungen der farb- losen Blutkörperchen, und an die bekannten Arbeiten von Brücke 110 VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. über die Bewegungen der Pigmentzellen. Wenn ich auf diesen Gegenstand nicht näher eingehe, so geschieht es, weil ich den vorhandenen Beobachtungen nichts Neues, Wesentliches aus eige- ner Beobachtung hinzuzufügen weiss, und weil ich mir von der Untersuchung solcher zelligen Elemente, welchen man eine be- sondere Bedeutung für die Entwicklung und die Erhaltung der Gewebe zuschreibt, grössere Vortheile versprach. Ich wandte mich deshalb vor Allem dem fibrillären Bindegewebe zu, das seit Jah- ren den Gegenstand heftigen Streites unter den Morphologen bildet. Allen Controversen indessen, welche meine Untersuchun- gen nicht unmittelbar berührten, werde ich auch in der Darstel- lung fern zu bleiben suchen. Das geeignetste Objeet zur Untersuchung der Bindegewebs- zellen fand ich in dem glasartig durchsichtigen feinen und locke- ren Bindegewebe, welches sich zwischen den Muskeln des Ober- und Unterschenkels der Frösche findet, und das man mit einer feinen Pincette aufheben und mit der gekrümmten Scheere leicht herausschneiden kann. Es ist zwar sehr leicht, auf diesem Wege Stückchen zu erhalten, welche nach der Beschwerung mit einem Deckglase hinlänglich durchsichtig erscheinen, um ohne irgend einen sogenannten aufklärenden Zusatz von Reagentien selbst bei starker Vergrösserung untersucht werden zu können, allein für die Beobachtung ohne Druck war ich genöthigt, unter den her- ausgenommenen Stücken noch eine besondere Auswahl vorzuneh- men, und nur solche Lamellen zu benutzen, welche bei vorsich- tiger Ausbreitung auf der Rückseite des Deckglases in einen Tropfen Flüssigkeit eingesenkt, auch nach Unterstützung des Deckglases hinreichend dünn und durchsichtig erschienen. Zur Benetzung der Präparate diente mir durch feinporiges Papier filtrirtes Froschserum oder Froschlymphe, in welchem das Binde- gsewebe erst von anhaftenden farblosen Lymphkörperchen gerei- nigt und später beobachtet wurde. Ein so behandeltes Object übertrifft an Klarheit alie mit Hülfe von Reagentien hergestellten Präparate des Bindegewebes, weil es uns sämmtliche Elemente in dünner Schicht in der nur den lebenden Geweben eigenthümlichen Durchsichtigkeit zeigt. Man sieht die geschlängelten Bindegewebsfibrillen in der zarten, glasartigen Grundsubstanz, ferner einzelne von den Fibrillen, wie jetzt allgemein zugegeben, sehr verschiedene strafie Faltungen der Letztern, einige sehr feine, netzartig verstrickte, ela- stische Fasern, die fast überall etwa gleiche Dicke besitzen, und VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. 111 endlich die, wie es scheint, ohne Regel eingestreuten zelligen Elemente. Die Letzteren erscheinen nun im physiologisch - frischen Zu- stande, oder im Stadium des Ueberlebens, um mit Flourens und du Bois-Reymond zu reden, so auffallend verschieden von dem Bilde, welches man nach den geläufigen Beschreibungen davon besitzt, dass eine neue und genaue Darstellung durchaus noth- wendig wird. Alles Gewicht fällt dabei auf den frischen und augenscheinlich noch functionsfähigen Zustand des Gewebes. Fast in jedem Stückchen Bindegewebe ausgewachsener Frösche von einigen QD]Millimetern Grösse giebt es drei Formen zelliger Elemente, welche zwar nicht völlig scharf von einander geschie- den sind, aber doch ohne Zwang als eben so viele unterscheid- bare Dinge aufgefasst werden können. 1) Findet man nämlich Gebilde, welche nur aus einer äus- serst feinkörnigen Masse bestehen, die an irgend einer Stelle zu einem dickeren gerunzelten Klümpchen zusammengeballt erscheint. Die feinkörnige Masse bildet nur sehr selten einen annähernd kugeligen Klumpen, sondern zeigt fast immer eine wechselnde Zahl von Ausläufern, deren Länge den grössten Durchmesser der Hauptmasse um das Doppelte und Dreifache übertreffen kann. Die Zahl solcher langer Ausläufer beträgt selten mehr als vier, dagegen sieht man viele dieser Körperchen gewöhnlich mit einer ungeheuern Zahl von kürzeren Ausläufern besetzt, und von sol- cher Feinheit, dass es schwer wird anzugeben, wo die Grenze des Körperchens sei, das vielmehr aus einer nach allen Richtun- gen hin gleichmässig ausstrahlenden Substanz zu bestehen scheint. Ein Theil dieser Körperchen liegt vereinzelt in der Grundsub- stanz des Bindegewebes, eben so viele stehen aber auch durch lange oder kürzere Ausläufer untereinander zu zweien und meh- reren vereinigt in Verbindung. Die Körperchen von diesem Aus- sehen bilden die überwiegende Mehrzahl in dem Bindegewebe sesunder und ausgewachsener Frösche. Ihnen allen gemeinsam ist das Fehlen einer äusseren scharfen Begrenzung und die gänz- liche Abwesenheit eines bläschenartigen Kerns, während sie sämmt- lich statt dieses eine dichtere und trübere gerunzelte Masse ent- halten. 2) Neben diesen Gebilden finden sich in dem Objecte Anhäu- fungen von feinkörniger Masse, welche nicht so diffus begrenzt sind, durchschnittlich eine viel geringere Zahl von Ausläufern besitzen, und im Innern einen schönen klaren, bläschenartigen, 112 VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. elliptischen Kern enthalten. Mit guten Mikroskopen sieht man den Kern überall durch doppelte Contouren begrenzt, man bemerkt, dass der klare Inhalt von der Substanz, die seine äus- sere Umgrenzung bildet, optisch unterschieden werden kann, und sieht ferner, dass derselbe irgendwo ein kleines glänzendes Kern- körperchen enthält. Auch diese Gebilde können durch ihre Aus- läufer unter sich sowohl, wie mit den Gebilden zusammenhängen, welche keine bläschenartige Kerne führen. 3) Die dritte Form der hierher gehörigen Körperchen des Bindegewebes zeichnet sich aus durch die grobkörnige Beschaf- fenheit, ihr trübes Aussehen im durchfallenden und ihr glänzend weisses Aussehen im auffallenden Lichte '). Diese Massen finden sich vorzugsweise in einer Richtung untereinander zu Strängen vereinigt, und sind nur sehr selten zu Gruppen nach verschie- dener Richtung angeordnet. An vielen sieht man einen deut- lichen bläschenartigen Kern mit glänzendem Kernkörperchen, bei andern dagegen zeigt sich an Stelle des Kerns nur ein hel- lerer Hof, dessen Erscheinung wahrscheinlich bedingt wird durch einen im Innern der trüben körnigen Masse versteckt liegenden durchsichtigen Kern. Körperchen von dieser Beschaffenheit kom- men auch einzeln vor, in der Regel hängen sie aber zu längeren wurstförmigen Strängen verschmolzen mit einander zusammen. Mit demselben Rechte, mit welchem bisher trübe und dun- kele, gezackte oder spindelförmige Körperchen im Bindegewebe als Zellen beschrieben wurden, dürfen auch wohl die soeben beschriebenen Formen als Zellen oder Elementarorganismen be- zeichnet werden. Die Abbildung Taf. I. Fig. 6, welche besser als eine Beschreibung eine Anschauung von den lebenden Zellen des Bindegewebes liefern wird, zeigt zwar Formen, welche als Bilder der Bindegewebskörper schwerlich wieder zu erkennen sein werden; allein. die Differenz wird leicht begreiflich scheinen, wenn wir sehen, welche Veränderungen das Absterben und der Aufenthalt in einer unzulässigen Flüssigkeit in den Zellen erzeu- gen. Schon während des Zeitraums, der auf das Herausschnei- den des Gewebes folgt, beginnt eine Veränderung an dem Proto- plasma der Zellen, so dass sich diese vermuthlich nie an einem 1) Es scheint mir sehr zweifelhaft, ob diese Zellen ihren Glanz kleinen Feil- körnchen verdanken. Nach der Behandlung der Präparate mit Alkohol und Aether, und später mit Essigsäure, sah ich den Zelleninhalt noch eben so glän- zend, wie zuvor, VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. 115 ganz frischen Objeete in ihrer wahren Natur zeigen. Es fiel mir auf, dass die sehr langen Ausläufer, welche ich bei meinen ersten Beobachtungen häufig an den Zellen gesehen hatte, an ganz fri- schen, zwar eilig, aber doch mit Sorgfalt hergestellten Präpara- ten sehr selten vorkamen. Später überzeugte ich mich, dass die Bindegewebszellen, wie viele andere zu Experimenten die- nende thierische Apparate erst einer gewissen Ruhe bedürfen, um ihre Lebenseigenschaften offenbaren zu können. Um in- zwischen keine neuen Störungen auf das Objeet einwirken zu lassen, umgab ich dasselbe mit einem von v. Recklinghausen construirten, sehr zweckmässigen und einfachen Apparate, der die Präparate während der Beobachtung unter dem Mikroskope vollständig vor Wasserverlust schützte, und sah nun, dass die längeren Ausläufer der Zellen nach 10— 15 Minuten sehr deut- lich aus den Zellen hervortraten. Die Zellen des Bindegewebes besitzen nämlich ein contractiles Protoplasma. Das Objeet ist zwar zur Beobachtung der Bewegungen des Protoplasma bei weitem nicht so geeignet, wie unendlich viele andere Elementarorganismen, es steht aber den contractilen Pigmentzellen darin nicht nach, und bei einiger Geduld und Aufmerksamkeit wird es Keinem schwer werden, auch die Gontractionen des Protoplasma der Bindegewebskörper zu sehen. Die Bewegungen zeigen sich am deutlichsten an denjenigen Zellen, welche eine grosse Zahl sehr feiner Ausläufer besitzen. Fixirt man eine solche Zelle, und entwirft man, ohne viel Zeit zu verlieren, mit dem Zeichnenprisma eine Copie davon auf Pa- pier, so gewinnt man sehr bald die Ueberzeugung von einer all- mählich vor sich gehenden Veränderung in den Umrissen des Zellenleibes, die nach einigen Minuten so bedeutend werden kann, dass man Mühe hat, das alte Object wieder zu erkennen. Diese bei den Pigmentzellen schon längst bekannte Bewegung, ist natürlich an dem so durchsichtigen, nur mit farblosen Körn- chen erfüllten Protoplasma der Bindegewebszelle nicht in glei- chem Maasse in die Augen fallend, und es bedarf zu ihrer Wahr- nehmung einer unausgesetzten Aufmerksamkeit auf eine ein- zige Zelle, welche nicht durch den Blick auf die vielen, ausser- dem im Sehfelde liegenden Zellen abgelenkt werden darf. Eine Zelle, welche z. B. gleich nach der Herrichtung des Präparats annähernd die Form eines kugeligen Klumpens mit grob gerun- Kühne, Untersuchungen. - S 114 VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. zelten Rändern besass, schickt plötzlich eine grosse Anzahl von sehr feinen und kurzen Ausläufern an irgend einer Stelle des Randes aus, so dass der Rand hier wie die Basis eines sehr fein- haarigen Pinsels erscheint. Auf diese Bewegung folgt häufig sehr bald ein Herumwälzen des ganzen Protoplasma um den Kern (?) herum, so dass der grössere Theil der Zelle auf eine Seite des- selben zu liegen kommt, dessen unregelmässige Contouren sogar auf der entgegengesetzten Seite unbedeckt hervorragen können. In diesem Zustande pflegt die Zelle dann häufig 5—10 Minuten fast bewegungslos zu verharren, namentlich wenn die Peripherie des Protoplasma überall die feine, pinselförmige Ausbreitung zeigt. In der Kegel beschränkt sich indessen das feinhaarige Ausstrahlen des Protoplasma auf einige Stellen des Randes, und nun sieht man die Masse von diesen aus sich allmählich weithin vorschieben. Die feinsten Ausstrahlungen vereinigen sich zu einem einzigen hervorstehenden Ast, der langsam vorwärts schrei- tet, während der übrige Theil der Zelle Material in denselben nachschickt und dabei entweder, wie sich dies aus seinem Er- blassen schliessen lässt, platter wird, oder sich allmählich in der anderen Dimension verschmälert. Diese Veränderungen kann die Zelle in 10—15 Minuten durch- laufen, und da andere Zellen ihrer Nachbarschaft dieselbe Be- weeung eingehen können, so sieht man in diesem Zeitraume oft Verbindungen zwischen zwei Zellen eintreten, welche vorher nicht bestanden. Vor den übrigen zuvor geschilderten Protoplasma- bewegungen zeichnet sich die der Bindegewebszellen aus durch ihre ausserordentliche Langsamkeit. Das gänzliche Fehlen der sogenannten Molecularbewegung dagegen hat sie mit jenen ge- mein. Eine tanzende Bewegung einzelner Körnchen in der „flies- senden“ Masse habe ich nie gesehen, selbst nicht in solchem Protoplasma, das ausnahmsweise schärfer begrenzte, und dunklere kleine Körperchen enthielt. Hat sich nun zwischen zweien oder mehreren Zellen einmal eine Verbindung durch ineinander geflossene Protoplasmaäste her- gestellt, so steht die Bewegung häufig ganz still. Man sieht zwar, dass die Aeste zuweilen kleine knotige Anschwellungen treiben, welche eine kurze Strecke weit sehr langsam am Rande weiter gleiten und dann wieder zusammenfallen, allein auch diese letzte Spur einer Bewegung sah ich nur sehr selten; fast immer war Jetzt die Bewegung erloschen. In demselben Präparat, bei welchem VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. 115 ich meine sanze Aufmerksamkeit auf 2 bis 4 in demselben Seh- felde sichtbare Zellen gerichtet hatte, fand ich dagegen bei wei- terer Durchmusterung viele andere Zellen, in denen die Bewegung augenscheinlich erst im Entstehen war, und es ist mir darum möglich gewesen, über zwei Stunden hindurch in derselben Binde- sewebsflocke Bewegungen zu entdecken. Nicht überall kam es dabei zu einer thatsächlichen Verschmelzung von mehreren Zel- len durch lange Ausläufer, sondern an vielen blieb die Erschei- nung auf die allerfeinste, allseitige Ausbreitung des Protoplasma beschränkt. Nur ein einziges Mal ist es mir ferner bisher gelun- sen, die Verbindung zwischen 2 Zellen, welche durch einen lan- sen Ausläufer von Anfang an zusammenhingen, langsam zerreis- sen zu sehen, der Verbindungsast fiel dabei hart an der Ba- sis der einen Zelle langsam zu einem feinen Faden zusammen, worauf er von der anderen Zelle ganz allmählich eingezogen wurde. Unter den Zellen des Bindegewebes scheinen nur die beiden zuerst beschriebenen Formen ein bewegliches Protoplasma zu besitzen, während die grobkörnigen, wurstartig zusammenhängen- den Zellen mir nie eine Spur von Bewegungsfähigkeit verriethen. Zwischen den Zellen mit gerunzeltem unregelmässigen, trüben und klumpigen Kern, und denen, welche einen schön bläschen- artisen Kern führen, fand ich in dieser Hinsicht keine Unter- schiede. Ja ich beobachtete sogar eine ausgesprochene Beweg- lichkeit des Protoplasma einmal an einer Zelle der zweiten Form, welche zugleich einzelne zählbare, feine Fett(?)körnchen und einige braune Pigmentkörnchen enthielt. Da sich das bewegliche Protoplasma in den Objecten nach zwei Stunden fast überall vollkommen ruhig zeigte, so schien es mir äusserst wahrscheinlich, dass die Bewegung oder „die Con- traction“ wieder eintreten würde nach der Application sogenann- ter Reize. Ich kann versichern, in dieser Hinsicht Nichts unver- sucht gelassen zu haben, ich habe die Präparate unter dem Mi- kroskope behandelt mit Inductionsschlägen von der verschieden- sten Stärke, mit rasch und langsam aufeinander folgenden Schlies- sungen und Oeffnungen des constanten Stromes u. s. w.; es ist mir aber ganz unmöglich gewesen, irgend einen Erfolg wahrzu- nehmen, der auf eine Irritabilität im Sinne derjenigen des Mus- kelprotoplasma deutete. Namentlich hatte ich nach den neuesten gr 116 VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. Erfahrungen von Bernstein ') und von Fick ?) über das Verhalten des Schliessmuskels der Anodonta erwartet, durch sehr langsam auf einander folgende Schliessungen und Oeffnungen des constan- ten Stromes etwas ausrichten zu können, und ich kann auch in der That den Beweis nicht führen, ob bei höheren Stromstärken keine Bewegungen an dem Protoplasma der Bindegewebszellen eintreten, da ich durch Faltungen und Verschiebungen des Ob- jeets, welche bei der elektrolytischen Zersetzung nicht zu ver- meiden waren, zu keiner genauen Einsicht gelangen konnte. Ebensowenig vermag ich mit Bestimmtheit zu sagen, ob mecha- nische Beleidigungen das Protoplasma zur Contraction anregen können, obwohl ich es für sehr wahrscheinlich halte. Spült man nämlich die feinen Bindegewebsflocken, nachdem man sie vorher sorgfältig beobachtet hat, wieder mit Serum ab, kurz verhält man sich ganz so, als wolle man ein neues Object daraus herrichten, so scheint die Zahl der nicht zusammenhängenden Zellen, mit gerunzelter Form und sehr spärlichen Ausläufern zugenommen zu haben, das Objeet gewinnt eine unverkennbare Aehnlichkeit mit den ganz frischen, eben erst herauspräparirten Bindegewebs- flocken, und man sieht in der That an vielen Stellen die Be- wegung von Neuem beginnen. Da ich in diesem Falle selbstver- ständlich aber niemals eine und dieselbe Zelle vor und nach dem Versuche in gleicher Lage zur Anschauung bekam, und da es mir ferner nicht gelingen wollte an Präparaten, wo nach einigen Stunden nirgends mehr Bewegungen sichtbar waren, dieselben durch das Umlagern auf andere Objectträger, durch das Abspülen, Zerschneiden u. Ss. w. von Neuem wieder hervorzurufen, So muss ich von dem Beweise einer künstlichen Erregbarkeit vorläufig ab- sehen und mich darauf beschränken, dem Protoplasma der Binde- gewebszellen nur dieselbe Contractilität zuzuschreiben, wie sie be- reits an so vielen, anderen Zellen beobachtet wurde. Man hat sich bereits daran gewöhnt, Zellen, deren Contou- ren auffallende Veränderungen eingehen, für membranlos zu hal- ten, und die Zeit wird nicht mehr fern sein, wo Niemand mehr daran zweifeln wird, dass selbst Gebilde, wie die rothen Blutkör- perchen, deren Membran im Sinne der alten Zellenlehre am feste- 1) J. Bernstein. De animalium evertebratorum musculis nonnulla. Diss. inaug. Berolini. 1862. 2) A. Fick. Beiträge zur vergleichenden Physiologie der irritablen Substan- zen. Braunschweig. 1863, VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. 117 sten eingebürgert schien, der Umhüllung einer besondern Haut oder Zellhaut entbehren. Die überaus schlagenden Versuche Rollett's, deren Richtigkeit Jedermann so leicht zu prüfen im Stande ist, dürften jener Anschauung sehr bald den letzten Stoss ertheilen, und ich glaube darum Nichts besonders Auffallendes zu behaupten, wenn ich den hier beschriebenen Bindegewebs- zellen eine eigene Membran abspreche. Die Verschmelzung der Zellen untereinander durch ihre Protoplasmafortsätze giebt den Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung. Verfolgt man die Veränderungen, welche die Bindegewebs- zellen durch die Einwirkungen von Reagentien erfahren, so sieht man bald ein, wie die früher gültige Ansicht vom Baue der Bindegewebszellen entstehen musste. Schon die Meinung, dass die Zellen im frischen, fibrillären Bindegewebe schwierig oder gar nicht sichtbar seien, beruht ohne Zweifel auf der früher durch- wee ohne Beanstandung vorgenommenen Untersuchung solcher Gewebe in Wasser. Wenn man noch nicht weiss, wo die Zellen in einer Bindegewebsflocke liegen, So wird man nach dem Be- netzen derselben mit Wasser schwerlich andere Zellen, als die unter No. 3 vorhin beschriebenen darin entdecken. Die beiden anderen Formen entziehen sich anfangs dem Blicke ganz, und man entdeckt sie erst wieder, wenn man nach dem allmählichen Verdrängen des Serums unter dem Deckgläschen durch einen Strom destillirten Wassers die rasch eintretenden Formverände- rungen der Zellen kennen gelernt hat. Das vorher sehr deutliche körnige Protoplasma zieht sich nämlich in Wasser zu einem ausserordentlich feinen festen Netzwerke zusammen, welches vom Kerne ausgeht, und andererseits mit vielen Puncten an der Intercellularsubstanz festhaftet. Zwischen den Maschen die- ses Netzwerkes treten dann sehr kleine Pünctchen in sehr gerin- ger Zahl auf, welche lebhafte Molecularbewegung zeigen. Der Kern, gleichviel, ob von Anfang an bläschenartig oder trüb und gerunzelt, schwillt unter dem Einflusse des Wassers bedeutend an, bekommt stärkere Contouren und in seinem Innern treten röthlich-glänzende Hohlräume auf. Während der Bildung dieser Hohlräume erleiden die Umrisse des Kerns häufig noch weitere Veränderungen, so dass derselbe unter dem Austritte von Bla- sen nicht selten quersackförmig oder bohnenförmig werden, ja selbst in zwei, anfangs zu einer sförmigen Figur vereinigte Ge- bilde auseinander fallen kann. Auf diese Veränderungen folgt dann häufig ein völliges Zusammenschrumpfen des Kerns zu 118 VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. einem sehr kleinen und gerunzelten Körperchen. Bei dieser Veränderung des Kerns und des Protoplasma tritt an manchen Zellen eine äussere Umgrenzung durch eine deutliche Linie auf, die man für den Ausdruck einer Zellmembran halten könnte, wenn nicht gewichtige Umstände dagegen sprächen. Nur selten umschliesst diese Linie nämlich das ganze Gebiet des feinen Protoplasmanetzes, sondern sie tritt meist nur an einigen Stellen als eine theilweis vorhandene und unterbrochene Umgrenzung desselben auf. Dabei scheinen dann einige Zellen in einer blas- sen Blase, andere in einem grössern, nicht allseitig scharf be- srenzten blassen Raume zu liegen. Zur Veranschaulichung der Zellen des hibrillären Bindegewe- bes war bisher die Behandlung mit Essigsäure besonders beliebt, und zwar mit einem gewissen Rechte, weil die Säure namentlich die Kerne, wenn auch sehr verändert, doch sehr scharf und deut- lich hervortreten lässt, während das fibrilläre Zwischengewebe darin bekanntlich gallertartig und sehr durchsichtig wird. Man (darf sich indessen nicht vorstellen, dass die spindelförmigen Figu- ren, wie sie im Bindegewebe der Cadaver durch Essigsäure zum Vorschein kommen, ebenso bei der Behandlung des frischen Ge- webes auftreten, obgleich der schliessliche Erfolg, namentlich nach Anwendung concentrirter Säure, auch hier in der Erzeugung solcher Bilder besteht. Legt man ganz frische Bindegewebsflocken in Essigsäure von 0,5 bis zu 3 und 4 Procent, so sieht man das Proto- plasma der Zellen ähnlich wie in Wasser zu einem feinen Netze zusammenschrumpfen, das sich an den Kern anheftet und von hier aus auf kurze Strecken verfolgt werden kann, auf längere Strecken, wenn die Zelle vorher längere Ausläufer besass. Das durch Essigsäure entstehende Netz zeichnet sich vor dem bei der Imbibition mit Wasser entstehenden immer durch ein dunkleres Aussehen aus; die feinen Aeste und Maschen erscheinen schärfer und deutlicher. In der Säure schrumpft ferner der Kern rasch zusammen, und füllt sich, wie allbekannt, mit einer grossen Menge neu entstandener, dunkler Körnchen. Das Dunklerwerden des Kerns mag zum Theil vielleicht auf einer blossen Schrumpfung und Faltung beruhen, das Auftreten körniger Niederschläge darin, die sich selbst in concentrirter Essigsäure erhalten, scheint mir aber auf einen Gehalt an Mucin zu deuten, da die Niederschläge auch nach vorhergegangenem Auswaschen mit Wasser entstehen, wo an eine Fällung von Acidalbumin durch die in der Zelle ent- haltenen Salze sicher nicht mehr gedacht werden kann, VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. 119 Unter der Einwirkung verdünnter Essigsäure umgeben sich die Bindegewebszellen nun auch meistens mit einem deutlich con- tourirten Hofe und es entsteht dadurch ein Bild, das mit den von Cellulosemembranen umgebenen jungen Pflanzenzellen, deren Kern in dem zusammengefallenen Primordialschlauche hängt, die grösste Aehnlichkeit hat. Es ist aber trotzdem hieraus auf das Vorhandensein einer Zellhaut nieht zu schliessen, da solche scharf begrenzte Hohlsäcke gleichzeitig in grosser Menge in dem Binde- gewebe auftreten, selbst an Orten, wo gar keine Zellen liegen. Ich glaubte anfangs, das Bild entstehe durch eine eigenthümliche Configuration der feinen elastischen Fasernetze, und ich wurde in dieser Meinung noch bestärkt, als ich häufig die Ränder der Hohl- säcke in weiter reichende feine Spitzen auslaufen sah. Obgleich sich häufig wahre elastische Fasern an den Rändern dieser Hohl- säcke hinziehen, so kann man doch auf's Bestimmteste erkennen, dass neben denselben Hohlräume durch die Essigsäure sichtbar werden, deren Begrenzung durch die Ränder der gequollenen Grundsubstanz des Bindegewebes gebildet wird, da man durch langsames Senken und Heben des Mikroskops die Grenze der sanzen Peripherie des Sackes verfolgen kann. Für die Zellmembranen pflegt man eine besondere Wider- standsfähigkeit gegen Reagentien anzunehmen, und es lag des- halb der Gedanke nahe, dass es Mittel geben müsse, welche die Grundsubstanz des Bindegewebes auflösen und die Zellen mit ihren hypothetischen Membranen isolirt zum Vorschein bringen könnten. Die Isolation der Zellen des Bindegewebes ist in der That sehr leicht, besonders wenn man zu dem Versuche das feine Bindegewebe wählt, dem unsere Beschreibung entnommen ist. Man braucht die feinen Flocken nur 24 Stunden in einen grossen Ueberschuss von Schwefelsäure von 0,01 Procent zu legen, hier- auf mit viel Wasser abzuspülen, und dann 24 Stunden lang in destillirtem Wasser auf 40° C. zu erwärmen, um alles leimgebende Gewebe in Lösung zu bringen. Es ist nach dieser Behandlung nur schwer, überhaupt etwas von den Flocken wiederzufinden, und die Untersuchung ‚wird erst möglich, wenn das mit äusserster Sauberkeit rein und verschlossen erhaltene Gläschen längere Zeit ganz ruhig gestanden hat. Zieht man dann mit einem faden- förmig ausgezogenen Glasrohre einen Tropfen Wasser hart vom Boden des Gläschens heraus, und bringt ihn auf den Objeetträ- ger, so zeigt sich derselbe bei der mikroskopischen Untersuchung erfüllt von feinen Flocken, die aus elastischen Fasernetzen beste- 120 Vl. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. hen, und die fast das Ansehen haben, als wären sie aus einem Stück des derbsten elastischen Gewebes herausgeschnitten. Ohne Zweifel ziehen sich die sehr feinen elastischen Fasern der | Bindegewebsflocken nach der Auflösung der leimgebenden Sub- stanz in einer Richtung sehr stark zusammen, während sie in der andern Richtung anschwellen, an Breite also zunehmen. Neben diesem reinen und isolirten elastischen Gewebe findet man eine grössere Menge von stark geschrumpften, durchschnittlich länglich gewordenen Kernen, welchen meist nur eine Spur von Protoplasma irgendwo anhängt. Sie hängen zuweilen zu zweien oder dreien sehr eng aneinander, verbunden durch Reste von sehr verändertem Zellprotoplasma. Jedenfalls spricht das Resultat die- ses Versuchs sehr zu Ungunsten der Annahme einer Zellmem- bran, um so mehr, da man an diesen Kernen mit ihren Proto- plasmaresten niemals Spuren einer häutigen Masse sieht. Der Versuch der Isolirung der Bindegewebszellen lehrt uns ausserdein noch, dass die in diesem Bindegewebe enthaltenen elastischen Fasern in keinerlei Verbindung mit den zelligen Ele- menten stehen, was, wie erwähnt wurde, auch an dem frischen Objecte niemals nachgewiesen werden konnte. Ebensowenig ver- mochte ich jemals einen Uebergang von leimgebenden Binde- gewebsfibrillen in die Zellen des Gewebes, oder eine Einschal- tung der Zellen in den Lauf der Fibrillen zu erkennen. Die Letz- teren laufen immer an den Zellen vorbei. Da das Protoplasma der Bindegewebszellen Contractilität be- sitzt, und da diese in herausgeschnittenen Stücken im Sommer wenigstens schon nach einigen Stunden erlischt, so schien es mir wünschenswerth zu untersuchen, ob sich der functionsunfähige Zustand, welcher nach dem Herausnehmen aus dem Gesammt- organismus eintritt, auch optisch erkennen lasse. Die Oontractilität erhält sich, wie gezeigt wurde, wohl in Serum, aber nicht in destillirtem Wasser, das vielmehr eine sehr auffallende Formveränderung verursachte. Man kann indessen die Contractilität sehr bald vernichten, ohne dass man eine beson- ders auffallende Veränderung an den Zellen durch das Mikroskop wahrzunehmen im Stande wäre. Eine rasch hintereinander fol- sende Reihe von Induetionsschlägen genügt dafür. Brachte ich die Bindegewebsflocken zwischen Platinelektroden unter das Mikroskop, und behandelte ich sie nur wenige Secunden lang mit den Inductionsschlägen eines Magnetelektromotors (von den ge- wöhnlichen Dimensionen), so erloschen sämmtliche Bewegungen, VI. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. 121 wenn ich die seeundäre Rolle nur halb über die primäre schob. Eine sichtbare Veränderung an den Zellen stellte sich dabei nicht ein, aber ich konnte mit Hülfe des Zeichnenprismas bemerken, dass die Zellenumrisse stundenlang denen der anfangs davon entwor- fenen Zeichnung congruent blieben. Ein anderes Mittel, welches die Contractilität vernichtet, ist die Erwärmung auf 40% GC. Ob- jeete, welche gleich nach der Herrichtung nur wenige Minuten in einem feuchten, auf 40% C. geheizten Raum verweilt hatten, zeigten keine Protoplasmabewegungen mehr, und auch an diesen konnte ich keinen optischen Ausdruck für das eingetretene Absterben finden. Sehr auffällig ist dagegen die Veränderung der Bindegewebs- zellen, welche eintritt beim längeren Liegen der Präparate in Serum, oder die damit identische Veränderung, welche die Zellen beim völligen Absterben innerhalb des Frosches erleiden. Im Sommer braucht man den durch Köpfen und durch Zerstörung des Rücken- marks getödteten Frosch nur 24 Stunden in einem feuchten Raume liegen zu lassen, um Bindegewebe zu gewinnen, dessen Zellen alle Contractilität eingebüsst und dabei eine auffallende Formver- änderung erlitten haben. Die Zellen sind in solchen Präparaten sehr viel schwerer aufzufinden, als in frischen, obwohl die Kerne durchschnittlich deutlicher begrenzt und im Innern stark getrübt sind. Das Protoplasma dieser Zellen hat nämlich die körnige Beschaffenheit und das fadenziehende Aussehen, wie man es nennen könnte, verloren, und bildet gewöhnlich matte Platten, welche in der Regel an zwei einander gegenüberliegenden Sei- ten eingerollt oder eingeschrumpft erscheinen. Solches Proto- plasma bildet bei der Behandlung mit verdünnter Essigsäure nicht die eigenthümlichen Netze, welche an den frisch behan- delten Zellen auftreten, sondern die Säure erzeugt darin mehr eine Zusammenballung zu kleineren dunklen Klümpchen. Aus diesen Beobachtungen über das Absterben der Zellen des Binde- gewebes scheint mir hervorzugehen, dass das Zellprotoplasma wie das Muskelprotoplasma in eine Art von Todtenstarre über- gehen kann, bedingt durch eine Gerinnung der im lebenden Zustande flüssigen Substanz. Die Gerinnung würde sich indes- sen dadurch von der Gerinnung der Muskelsubstanz unterschei- den, dass sie ohne eine entsprechende Trübung, d. h. ohne eine Ausscheidung kleiner und gesonderter Körnchen entsteht, wofür auch das Durchsichtigbleiben des Protoplasma nach dem Tode und nach der Erwärmung auf 40° C. spricht. Man würde sich 122 Vl. Das Protoplasma der Zellen des Bindegewebes. diese Gerinnung also ähnlich vorzustellen haben, wie wir sie an gelatinirendem Leim oder an verdünnten und kohlensäure- armen Lösungsgemischen von fibrinogener und fibrinoplastischer Substanz eintreten sehen. Es verdient noch bemerkt zu wer- den, dass die sichtbare Veränderung in dem Protoplasma des Bindegewebes früher eintritt als die Todtenstarre der daneben liegenden Muskeln, in denen ich bei allen Beobachtungen noch einen schwachen Rest von Erregbarkeit und vollständige Durch- sichtigkeit gleichzeitig beobachtete, selbst wenn die Muskelfasern isolirt mit der Bindegewebstlocke unter demselben Deckglase zur Beobachtung kamen. VIL Das Protoplasma der Zellen in der Cornea. Auf die Controverse über den Bau der Cornea einzugehen, finde ich bei der Darstellung des Folgenden keine Veranlassung, da meine Untersuchungen nur die zelligen Elemente betreffen. Ich werde versuchen meine Erfahrungen über die Letzteren mit- zutheilen, ohne die Frage zu berühren, ob die Grundsubstanz der Cornea faserig, lammellös oder homogen sei. Wenn man die Zellen der Cornea aus der Zis’schen Beschrei- bung und aus der Beschauung der gangbaren Präparate kennt, so wird man auf das Höchste überrascht durch den Anblick, welchen eine Cornea des Frosches darbietet, die soeben aus dem lebenden Thiere herausgeschnitten, und in Humor aqueus aus- gebreitet wurde. Statt der vielverzweigten und durch Ausläufer zusammenhängenden, kernhaltigen, schönen Zellen, sieht man nur eine Menge geschlängelter, mattglänzender, länglicher Körper in ‘der verschiedensten Lage im Gesichtsfelde umherliegen. Diese Streifen einer nur selten feinkörnigen Substanz bilden zum Theil wurstförmige, einfache Körper, zum Theil erkennt man aber auch dicht neben denselben noch einige schmälere, mit der Haupt- masse fast parallel verlaufende, ebenso geschlängelte Linien, welche meist an einigen Stellen Unterbrechungen zeigen, und bis- weilen auch durch einen feinen Querfaden wie durch eine Brücke mit dem mittleren stärkeren Körper zusammenhängen. Für die Präparation der Cornea bemerke ich zuvor, dass das Herausschneiden derselben am besten mit einer breiten, sehr spitzen, recht scharfen Lancette gelingt, welche von der Sklera her unter der Cornea durchgeschoben wird. Saugt man mit einem \ 124 VI. Das Protoplasma der Zellen in der Cornea. feinen Glasrohre sogleich den auf die Lancettenfläche sich er- giessenden Humor aqueus weg, so gewinnt man gleichzeitig Flüssig- keit genug für die Aufbewahrung der Membran. Nach dem Zu- rückziehen der Lancette wird die Cornea von der letzten Haftstelle an der Sklera mit der Scheere abgeschnitten und nach Entfer- nung der Iris, mit der hinteren Fläche auf ein sehr dünnes Deck- glas gelegt, das in einen Tropfen Humor aqueus zu liegen kommt. Drei Glassplitter umgeben den Tropfen, um das Präparat vor Druck zu schützen. Es ist ganz unnöthig, das im frischen Zu- stande so äusserst fest haftende Epithel der Cornea zu entfernen, da die Membran auch mit dem Epithel hinreichend durchsichtig ist. Verfertigt man in der angegebenen Weise zwei Präparate von demselben Frosche, und lässt man die eine Cornea zuvor in einem mit Wasserdampf gesättigten Raume, vor Verdunstung voll- ständig geschützt, 2>—=5 Stunden liegen, so zeigen die beiden Prä- parate einen sehr bemerkenswerthen Unterschied. Während das sanz frische Präparat fast immer an Stelle der bekannten Horn- hautkörperchen ausschliesslich geschlängelte Linien erkennen lässt, enthält das zweite Präparat die schönsten sternförmigen Hornhaut- zellen mit .dem System sehr deutlich erkennbarer feiner Fortsätze und anastomosirender Ausläufer. Man sieht mit einem Worte in dem zweiten Präparate das bekannte Bild der Hornhautzellen, mit Ausnahme der darin enthaltenen Kerne, die nur in seltenen Fällen durch den eigentlichen Zellenleib hindurchschimmern, ihre Gegenwart aber häufig verrathen durch das stark glänzende Kern- körperchen, das nicht überall von dem Protoplasma völlig un- sichtbar gemacht wird. Das verschiedene Aussehen der beiden Präparate rührt her von einer allmählich vor sich gehenden Bewegung des Proto- plasma der Gorneazellen. Dr. v. Recklinghausen beobachtete zuerst diese sichtbare, und wie man sich ausdrücken kann, „spontane“ Bewegung der Zellen, und ich habe seitdem im Laufe meiner Untersuchung sehr häufig Gelegenheit gehabt, diese Erscheinung zu bestätigen und genauer zu verfolgen. Umgiebt man nämlich das Präparat sowie das untere Ende des Mikroskops mit einer kleinen Glasglocke, welche unten auf eine mattgeschliffene kreis- förmige und mit Fett geschmierte Bahn des Objeetträgers luft- (licht aufgesetzt ist, und oben ebenfalls luftdicht durch ein dünn- wandiges und weites Kautschukrohr mit dem Rohre des Mikro- skops verbunden ist, so gelingt es leicht, dasselbe für einen lan- gen Zeitraum vor Verdunstung zu Schützen, besonders wenn man VII. Das Protoplasma der Zellen in der Cornea. 125 die Wände der Glasglocke noch mit nassen Fliesspapierlagen bedeckt. Die „spontane“ Bewegung der Hornhautzellen geht durch- schnittlich sehr langsam vor sich, und man thut darum gut, sie durch Copirung der Zellumrisse in verschiedenen Stadien der Bewegung zur Anschauung zu bringen. Was die unmittelbare Beobachtung nur als eine Vermuthung aufkommen liess, wird hierbei zur objectiven (Gewissheit. Man braucht den Versuch nur an einer beliebigen Hornhautzelle zur Ausführung zu bringen, um die ganze Reihe der Veränderungen zu übersehen, welche schliess- lich zu einer erstaunlichen Umgestaltung dieser Gebilde führen. Es wäre müssig, diese Veränderung zu beschreiben, da die Ab- bildungen Taf. H. Fig. 1., welche mittelst Durchzeichnung der mit dem Zeichnenprisma gewonnenen Copien hergestellt wurden, den Formenwechsel getreu wiedergeben. Die Figuren zeigen zu- gleich, wie feine das Licht stark brechende Körnchen, welche öfter in den Zellen stecken, bei der Bewegung des Protoplasma umgelagert werden, was nur dieser Ursache zugeschrieben werden darf, weil man niemals eine Molecularbewegung an denselben wahr- nimmt: Da die Gestalten der Hornhautzellen an und für sich schon so ungemein mannichfaltig sind, so findet man auch kaum einen allgemein gültigen Ausdruck für die Rückkehr der ge- schlängelten und spindelförmigen Formen in die sternförmigen Körper. Man kann nur ganz allgemein sagen, dass die schmalen und langen Körper ein Bestreben zeigen, breiter und flacher zu werden. Ich nenne diesen ganzen Bewegungsvorgang eine Rückkehr von der Spindelform zur sternähnlichen Gestalt, weil ich über- zeugt bin, dass die Hornhautzellen im Leben gewöhnlich die letz- tere Form besitzen. Hebt man nämlich die Hornhaut mit einer äusserst scharfen und spitzen Lancette, rasch und ohne Hin- und Herzerren des Auges ab, und breitet man die Membran auf der Glasplatte nur durch das Herabfallenlassen einiger Tropfen Humor aqueus aus, so erhält man nicht das Bild, das vorhin von der frischen Hornhaut gegeben wurde, sondern man findet darin stellenweise wenigstens immer grosse Gruppen der schönsten, ver- zweigten und sternförmigen Zellen. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir gewöhnlich dieses Bild nicht zu sehen bekommen, weil es von zu vielen Zufälligkeiten abhängt, ob das Präparat unter den angegebenen günstigen Verhältnissen zur Beobachtung kommt- Aus dem Angeführten ergiebt sich schon, dass mechanische 126 VII. Das Protoplasma der Zellen in der Cornea. Misshandlungen der Hornhaut, wie das Zerren derselben, ein Schnitt mit stumpfen, sägend wirkenden Instrumenten, Druck u. dergl. auf die Gestalt der Zellen von Einfluss sind, und wir können zur all- semeinen Verständigung in ganz unverfänglichem Sinne hier von (der Einwirkung mechanischer Reize reden. Will man zur Einsicht in diese Vorgänge gelangen, so ist es natürlich erforderlich, im | Uebrigen mit der äussersten Vorsicht zu verfahren, und ich kann es darum an dieser Stelle nicht dringend genug hervorheben, bei dem Anstellen aller auf diesen Gegenstand gerichteten Versuche, nur die geeigneten Flüssigkeiten zur Benetzung zu verwenden, und in jedem Falle für ein vollkommenes Gleichbleiben ihrer Concen- tration Sorge zu tragen. Nur der Humor aqueus des angewen- deten Auges hat mir hierin die erwarteten Dienste geleistet. Serum und Lymphe desselben Thieres, oder künstliche aus ver- dünnten Salz- oder Zuckerlösungen hergestellte Gemische gaben mir unbefriedigende Ergebnisse. Es ist nun leicht, an einer Cornea, welche ganz frisch stern- förmige Zellen zeigte, oder welche nach mehrstündiger Ruhe so geformte Zellen hatte hervortreten lassen, die geschlängelten und spindelförmigen Körper wieder zu erzeugen. Eine Umlagerung des Objectes, das Bestreichen mit einem von Humor aqueus be- netzten Pinsel, ein ausreichender Druck auf das Deckglas und andere scheinbar unschuldige, mechanische Angriffe genügen, um fast sämmtliche sternförmige Körper verschwinden zu machen. Diese Umwandlung der Zellformen geschieht im Gegensatze zu der langsamen Rückkehr der spindelförmigen Körper in die Sternform sehr rasch; man sieht in wenigen Minuten fast überall das Bild der ersteren erscheinen, und wenn man nicht sehr sorgfältig und mit geblendetem Lichte untersucht, so gewinnt es fast den An- schein, als ob manche Zellen ganz und gar verschwänden. Bei senauerer Durchmusterung sehr bekannter, oder am besten bereits in allen Tiefen copirter Stellen überzeugt man sich aber, dass die neu entstandenen geschlängelten Liniensysteme doch so ziemlich der Zahl der vorher anwesenden, sternförmigen Zellen entsprechen. Man mag sich anstellen, wie man will, immer wird die directe mechanische Misshandlung oder Reizung einer vorliegenden und zuvor durchmusterten Hornhautstelle vom Ziele etwas abwärts führen, da die Verlagerung der Membran, die Ausgleichung früherer Falten und das Entstehen neuer Biegungen nicht verhindert wer- den kann. Ich versuchte deshalb die in der Physiologie so ge- bräuchliche Reizung des Organs mit abwechselnd gerichteten In- VII, Das Protoplasma der Zellen in der Cornea. 127 duetionsschlägen, d. h. ich tetanisirte die Hornhaut unter dem Mi- kroskop auf der bekannten Weber'schen Vorrichtung durch die Ströme des Magnetelektromotors. Lässt man selbst die heftigsten Schläge, welche der du Bois’sche Apparat von gewöhnlichen Dimensionen zu leisten vermag, in rascher oder langsamer Folge einwirken auf ein Präparat, das nur spindelförmige Hornhautzellen enthält, so sieht man nur sehr selten irgend einen sogleich sichtbaren Erfolg eintreten. Die meisten geschlängelten Liniensysteme bleiben ganz unverändert, und man erkennt nur bisweilen eine schwache Ver- längerung und entsprechende Einschrumpfung der Spindeln. Hält man sich an die etwas breiteren und massiveren Körper, so gelingt es noch am leichtesten, ein schwaches Verschieben ihrer Spitzen zu beobachten, ja man sieht solche Körper auch noch etwa um die Hälfte an Breite abnehmen, wobei es geschehen kann, dass ein Theil des länglich abgeplatteten Kerns an einer Seite sichtbar wird. Alle diese Erscheinungen sah ich indessen nur unter Ein- wirkung stärkerer Ströme auftreten, denn die spindelförmigen Zellen verhielten sich gegen schwächere Ströme ganz indifferent. Offenbar werden bei höheren Stromstärken die Lebenseigenschaften und die Beweglichkeit der Zellen vernichtet, denn sie zeigen nach einer solchen Behandlung an einem kühlen Orte vor Verdunstung geschützt, in den nächsten 24 Stunden keine Veränderung mehr, da man in so bewahrten Präparaten das von Anfang an vorhandene Bild wieder findet, ohne dass sich irgendwo eine Rückkehr zur Sternform wahrnehmen liesse. _ Die elektrische Reizung der Hornhaut liefert ein sehr auf- fallendes Resultat, wenn man die sternförmig gestalteten Zellen zur Beobachtung wählt, oder wenn man eine ziemlich frische Mem- bran benutzt, welche fast ausschliesslich solche Formen zeigt. Es genügt dann, eine beliebige Stelle zu fixiren, um allem Anscheine nach augenblicklich eine sehr bemerkbare Bewegung beginnen zu sehen. Das Endresultat besteht auch hier in der Rückkehr der Sternform zur Spindelform, von welcher die nach der öfter an- geführten Methode erhaltenen Abbildungen Taf. II. Fig. 2. ein deutliches Bild geben werden. Unverkennbar findet bei dieser Reizung eine Dickenzunahme des Zellprotoplasma statt, da die sehr flach ausgebreiteten und darunı sehr matt erscheinenden sternförmigen Hornhautzellen jetzt viel stärker glänzend und dunkler werden, und da sich einfach der vorhin geschilderte und bekannte Anblick jener leichter sichtbaren spindelförmigen Körper wieder einstellt. Die Ver- bindung der Zellen untereinander durch Ausläufer, sowie das netz- 1285 VII. Das Protoplasma der Zellen in der Cornea. artige Einkehren vieler Ausläufer in ein System von Maschen, das die Peripherie der Zelle umgiebt, verleiht der Bewegung, welche auf elektrische Reizung der Cornea folgt, einen eigenthümlichen Charakter. Man sieht nicht nur eine einfache Umgestaltung eines sternförmigen Gebildes zu einem spindelförmigen, sondern daneben noch ein Hineinfliessen des Protoplasma in Ausläufer der ursprüng- lich so vielgestaltigen Zelle, und so entsteht nicht selten der An- schein, als ob ganz neue Liniensysteme an der Zelle aufträten. Eine genaue Verfolgung der Bewegungsvorgänge, welche am besten ausführbar ist, wenn man das Präparat durch einzelne etwa von Secunde zu Secunde aufeinanderfolgende Schliessungs- und Oeft- nungs-Inductionsschläge reizt, lehrt, dass die Hornhautzelle in den meisten Fällen offenbar verschiedene Contractionscentra besitzt,und dass zwar durchschnittlich der grössere centrale Theil des Zellenleibes um den Kern herum eine dickere Spindel liefert, dass aber daneben in einzelnen mit den längeren Seiten der Zelle parallel liegenden Ausläufern ebenfalls eine Anhäufung oder Contraction des Proto- plasma stattfindet, auf deren Kosten der zunächst liegende Theil netzförmig verbundener Ausläufer ganz verschwindet. So kann aus einer ganz unscheinbar feinen Linie ein stärkerer geschän- gelter Faden entstehen, der nun fast genau parallel neben der grösseren Spindel auftritt. Häufig sind diese stärkeren Fäden durch rechtwinklig abgehende feinere Aeste mit der Hauptmasse der übrigen contrahirten Zelle verbunden, allein es ist nicht immer möglich, selbst nicht mit den besten optischen Hülfsmitteln und unter Zuziehung aller Kunstgriffe der Beleuchtung solche Verbin- dungswege zwischen einzelnen Theilen einer Zelle zu entdecken. Darum kann auch die Annahme nicht zurückgewiesen werden, dass eine Zelle bei der auf Reize erfolgenden Bewegung in eine Gruppe getrennter Protoplasmaanhäufungen zerfallen könne, deren eine allein dann den Kern einschliessen würde. Für den weiteren Bestand der Zelle ist die mit Vorsicht an- gestellte elektrische Reizung der Cornea ungefährlich. Hört man nach der künstlichen Erzeugung der Spindelform mit der Reizung auf, so kehren fast alle Zellen im Verlaufe von einer bis zwei Stun- den wieder zur sternförmigen Gestalt zurück, und es gelingt wäh- rend dieser Zeit die Systeme geschlängelter Linien wieder in eine oder mehrere überall mit einander communicirende Zellen sich um- wandeln zu sehen. Später kann der Versuch wiederholt werden, so dass es möglich wird, innerhalb eines Tages das beschriebene Phänomen an einer Cornea drei- oder viermal zu beobachten. VU. Das Proloplasma der Zellen in der Cornea. 129 Besondere Aufmerksamkeit verdient das Verhalten des Zell- kerns während der Bewegung des Protoplasma, das ihn umgiebt. Wir wissen aus anderen Beobachtungen, dass der Kern der strah- ligen Hornhautzellen einen ziemlich platten Körper mit zwei grösseren kreisförmigen oder auch fast quadratischen Flächen bil- det. Wo der Kern von Protoplasma nicht bedeckt wird, ist er auch an frischen Präparaten ohne Anwendung von Reagentien sichtbar, und er erscheint deshalb überall da, wo er zwischen dem ahirten Protoplasma und dem Rande der Grundsubstanz deı Cornea liegt. Zieht sich das Protoplasma zu einer Spindel zu- sammen, so bleibt offenbar kein Raum mehr für den grossen und flachen Kern, und wenn wir ihn in manchen Fällen als einen ebenfalls spindel- oder wurstförmigen Körper neben dem eontrahirten Proto- plasma erscheinen sehen, so bleibt uns nur die Annahme übrig, dass er sich entweder ebenfalls mit contrahirt habe, oder dass er weich genug sei, um sich mit Leichtigkeit der Zelle in ihrer neuen Form anschmiegen zu können. Da Bewegungen an Zellkernen bisher nicht beobachtet wurden, so wird man sich für die letztere An- nahme einer passiven Formveränderung entscheiden dürfen. | Die elektrische Reizung braucht, um wirksam zu sein, nicht in einer Tetanisirung zu bestehen, sondern alle jene Variationen der Reizung, welche am Frosehschenkel Zuckung erzeugen, führen auch für die Cormeakörperchen die beschriebene Gestaltveränderung herbei. Einzelne Inductionsschläge, sowie Schliessungen und Oeff- nungen der constanten Kette, sind geeignet, die Bewegung hervor- zurufen. Indessen sind nur einigermassen kräftige Inductions- schläge und die Schliessung und Oeffnung einer mindestens aus 4 kleinen Grove’schen Elementen bestehenden Säule des Erfolges sicher. Beim Tetanisiren reichen etwas schwächere Ströme aus, denn ich sah die Erscheinung vollkommen deutlich-eintreten, als ich die Rollen des von zwei kleinen “rove'schen Elementen getrie- benen du Bois’schen Schlittens kaum bis zur Berührung genähert hatte. Einzelne Inductionsschläge (Oeffnungsschläge) wirkten erst als die Rollen etwas weiter gegeneinander genähert waren. Die Bewegung erfolgt allem Anscheine nach im Momente, wo der Schliessungsapparat einfällt. Dagegen überdauert die Be- wegung ohne Zweifel die Reizung um einige Zeit, da man z. B. auf einen einzelnen Inductionsschlag, wie mit dem Zeichnenprisma an- gestellte Beobachtungen lehrten, erst nach mehreren Minuten den höchsten Grad von Verschmälerung der Zelle eintreten sieht. Be- merkenswerth ist es, dass das Protoplasma auf einen einzigen Kihne, Untersuchungen. I 130 VII. Das Protoplasma der Zellen in der Cornea. nicht allzu kräftigen Inductionsschlag niemals bis zum Maximum sich zusammenzieht, sondern, dass die Zelle dann in einem mitt- leren Contraetionszustande verharrt, aus dem sie schon nach etwa 10 Minuten zur vollkommenen Sternform zurückkehrt. Lässt man dagegen mehrere solche Schläge hintereinander wirken, so tritt der höchstmögliche Grad der geschlängelten Spindelgestalt in den Zellen ein und es dauert durchschnittlich mindestens eine Stunde bis sich der ‚‚ruhende“ Zustand wieder herstellt, in dem das Proto- plasma offenbar einen flachen Kuchen darstellt, von dem die Aus- läufer den Strahlen eines Sterns nicht unähnlich ausgehen. Die Contractilität der Corneazellen dauert wie. die der Mus- keln und aller anderen irritabeln Gewebe, wie sich aus den vor- stehenden Versuchen ergiebt, noch einige Zeit nach der Tödtung des Thieres (Decapitätion, Verblutung, Zerstörung des Rücken- marks und Gehirns) fort; sie zeigt sich noch in der ausgeschnit- tenen Cornea, und kann sich daselbst noch ziemlich lange erhalten. Wie bei den Muskeln ist die Zeit der Erhaltung der Lebenseigen- schaften abhängig von manchen äusseren der Willkür des Beobach- ters unterworfenen Bedingungen. Bei niederer Temperatur gelang es mir, die Bewegung auf Reizung noch nach 24 Stunden an der ausgeschnittenen Cornea zu beobachten, in der Hitze des Sommers dagegen hatten die Zellen selbst in Humor aqueus nicht selten schon nach 3—4 Stunden das Bewegungsvermögen eingebüsst. Höchst wahrscheinlich folgt auf den Zustand, wo die Reizbarkeit des Protoplasma dahin ist, sehr bald eine gänzliche Veränderung desselben, eine Coagulation, eine Ausscheidung fester Körper aus vorher gelöstem Zustande. Indessen hat die Trübung der Cornea nach dem Tode, dieses seit Jahrhunderten bekannte Undurchsichtig- werden derselben, nicht ausschliesslich in den Zellen ihren Sitz. Beim Frosche, dessen Comeazellen so lange funetionsfähig bleiben, kann man die Veränderungen der Cornea nach dem Tode sehr leieht studiren und dabei leicht benrtheilen, wie weit das Epithel und wie weit die Corneazellen an der Trübung betheiligt sind. Bringt man nämlich die in Humor aqueus befindliche Membran in einen auf 40° ©. erwärmten und mit Wasserdampf gesättigten Raum, so trübt sie sich sehr stark, sie wird weiss und undurchsichtig, so wie man es an einem geschlachteten und einige Tage dem Aufent- halt in feuchter Luft überlassenen Frosche sieht. Das Epithel kann in diesem Zustande sehr leicht als eine zusammenhängende Lage abgestreift werden, worauf die Cornea wieder durehsichtiger erscheint, wenn auch lange nicht so durchsichtig, wie die frische VII. Das Protoplasma der Zellen in der Cornea. 131 noch mit Epithel bedeckte Haut. Unter dem Mikroskope erscheinen jetzt die Zellen der Cornea überall sternförmig, man erhält eigent- lich das schönste Bild, das sich überhaupt davon herstellen lässt, umsomehr, weil jetzt das Protoplasma viel deutlicher gegen die Grundsubstanz absticht. Alle Zellen sind viel deutlicher contourirt als man es je bei dem frischen Organe sieht, und der compactere Theil derselben zeigt einen starken Glanz, wobei die Ränder der Zellen sehr deutlich schattirt hervortreten. Durchschnittlich finden sich in diesem Protoplasma dann feine Körnchen, welche mit dazu beitragen, die ganze Zelle markirter erscheinen zu lassen. Ob die Grundsubstanz gleichzeitig ebenfalls getrübt wird, vermag ich nicht zu sagen, weil eine allgemeine schwache Trübung an den zellenfreien Stellen entstehen kann nur durch die in mehreren Lagen darunter zerstreut liegenden Zellen anderer Ebenen. Erhitzt man die Cornea dagegen auf etwa 55° C., so tritt aber auch hier eine sehr deutliche Trübung ein, welche ohne Zweifel von der Ge- rinnung einer die Hornhautsubstanz durchtränkenden, eiweisshal- tigen Parenchymflüssigkeit herrührt. In so hoch erwärmten Horn- häuten sind die Zellen nicht wesentlich undurchsichtiger, als sie schon bei 40° C. erscheinen, während die Grundsubstanz selbst in sehr dünnen nach der Fläche geführten Schnitten ganz opak aussieht. Wir können in den Corneazellen also durch Erwärmen auf 40° ©. plötzlich Veränderungen hervorrufen, welche nicht zu unter- scheiden sind von denen, welche nach dem Tode „spontan“ ein- treten, und wir können bei Temperaturen zwischen 20 und 40° C. den Eintritt dieser Erscheinungen beschleunigen. Wie man sieht, zeigt das Protoplasma der Hornhautzellen des Frosches ein ganz ähnliches Verhalten, wie die contractile Substanz der Froschmus- keln, es verdient jedoch bemerkt zu werden, dass die Zellen in der Regel viel eher aufhören auf Reize Bewegungen zu zeigen, als die Kopfmuskeln der Thiere, deren Augen die Cornea entnommen wurde. 9* VII. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nerven- substanz. Nerven der Cornea. Der von Schlemm entdeckten Nerven der Cornea geschieht hier Erwähnung, weil sie in einer ungeahnten Beziehung stehen zu dem Gegenstande, der auf den vorstehenden Blättern abgehandelt wurde. Man hat die Corneanerven oft untersucht, ihre Verbreitung bei den verschiedensten Thieren vergleichend verfolgt, und auch versucht, ihre letzten Endigungen zu erkennen. Da die Geschichte dieser Bestrebungen in der letzten Zeit’ wieder so gründlich be- handelt worden ist, so scheint mir keine Veranlassung mehr vor- handen zu sein, wieder Ansichten und Gegenansichten vorzuführen, welche allgemein bekannt sind. Nach einer langen Beschäftigung mit diesen Nerven will ich vorzugsweise nur das hervorheben, was mich zum Widerspruche gegen die gangbarsten Ansichten führte, um schliesslich auf die Verknüpfung der Nerven mit unserem 2er senstande überzugehen. Obgleich ich viel Zeit an die Untersuchung der Cornea der verschiedensten Thiere verwendet habe, so beschränke ich mich hier ausschliesslich auf die Cornea des Frosches, weil sie das ein- zige Object war, an welchem ich anatomische und ‚experimentale Untersuchungen zugleich anstellen konnte. Die Cornea des Frosches enthält 6—S Lagen übereinander seschichteter Corneazellen, welche man sowohl auf Querschnitten der getrockneten Haut, wie durch Senken des Mikroskops auf VII. A, Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensnbstanz. 133 eine flach ausgebreitete Cornea zählen kann. Zwischen der ersten und zweiten Lage der Zellen, von der vorderen Augenkammer aus gerechnet, treten die Nerven von der Sklerotica her in die Cor- nea mit einer nicht ganz constanten Zahl von Stämmchen ein, deren Gehalt an Primitivfasern ebenfalls ziemlich wechselnd ist. Naclı meinen Zählungen erhält die Cornea des Frosches durchschnittlich 15 Nervenstämmichen, die im Ganzen 60--70 Primitivfasern in die Membran einführen. Im Uebrigen sei in dieser Beziehung auf die neueste Beschreibung der Corneanerven des Frosches von Sämisch') verwiesen, der den Eintritt derselben richtig beschreibt. Zugleich sei hier hinzugefügt, dass die Cornea der Frösche andere als diese Nerven nicht besitzt. In Bezug auf die Dicke der Nervenstämmchen, auf die Breite der einzelnen Nervenprimitivfasern, und auf die Länge der markführen- den Nerven in der Substanz der Cornea kann ich auf die Abbil- dungen verweisen, welche mit dem Zeichnenprisma copirt wurden, und genau die Grösse der Bilder bei den angegebenen Ver- grösserungen darstellen. Aus denselben ist zu entnehmen, dass die Nervenfasern alle mit deutlichen Markscheiden versehen in die Cornea eintreten, dass aber die markhaltigen Strecken derselben eine sehr verschiedene Länge besitzen, so dass die Fasern an sehr verschiedenen Orten der Cornea markfrei in das Gewebe gelangen. Die Methoden, welche ich zur Untersuchung der Nervenenden in der Cornea anwendete, sind folgende: 1) Betrachtung der frischen Cornea in Humor aqueus. 2) Betrachtung der durch beginnende Zersetzung nach dem Tode von Epithel befreiten und schwach getrübten Cornea in Humor aqueus. 3) Behandlung der Cornea mit sehr verdünnter Essigsäure. 4) Behandlung der Cornea mit sehr verdünnter Chromsäure. 5) Isolirung der Corneazellen und Nerven durch Schwefelsäure. 6) Betrachtung der mit Silberlösung schwarz gebeizten Cornea. Von diesen Methoden ist es die letztere, welche mich zuerst auf die Hypothese führte, die im Laufe der Darstellung ihre Be- stätigung finden wird, und ich kann an dieser Stelle nicht frei- müthig genug das Verdienst meines Freundes v. Recklinghausen, des Erfinders der Methode, anerkennen, bei dem ich zuerst Cornea- präparate sahı, welche jetzt für die Verbreitung und Endigung der Corneanerven schon beweisend sein würden. IB) Beiträge zur normalen und pathologischen Analomie des Auges von Th. Sämisch. Leipzig bei W. Engelmann 1862, 154 VII. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz; An diesen Präparaten sah man nämlich in der durch Silber schwarz gebeizten Grundsubstanz der Cornea, farblose dickere, scheinbar faltige Stränge vom Rande der Sklera her eintreten. Diese Stränge vertheilten sich nach dem Centrum der Hornhaut hin zu einen Netzwerk von dickeren und feineren Strängen, das sich schliesslich mit seinen feinsten Aesten vollständig zu dem System der ebenfalls als farblose Körper in dem dunklen Grunde erscheinenden Hornhaut- zellen auflöste. Man erhält in diesen Präparaten, wie bekannt, eben ein Bild, wie eine umgekehrte Silhouette, mit dessen Deutlichkeit kein anderes mikroskopisches Bild wetteifern kann. Es lag nahe nach den Bildern, welche die nach v. Recklinghausen’s Methode be- handelten Ursprünge der Lymphgefässe im Bindegewebe ergeben hatten, zu schliessen, dass die Hornhautzellen in Lymphgefässe der Hornhaut einmündeten. Allein der Mangel des charakteristischen Lymphgefässepithels selbst in den dickeren farblosen Strängen, die man in der Cornea sah, während gerade die vorangegangene Behandlung des Objects die Grenzen zwischen den Epithelialzellen besonders deutlich hätte erscheinen lassen müssen, führte zu der Ansicht, dass es sich hier um etwas Anderes und zwar um ein Bild der Nervenverbreitung handelte. Ich untersuchte zunächst die ganz frische Cornea in der Weise, wie es vorher als zweckmässig für die Betrachtung der lebenden Zellen beschrieben wurde, indem ich die Nerven von ihren dunkel contourirten Anfängen aus verfolgte. Alle Nerven, welche in die Cornea eintreten, sind begleitet von einer sehr deutlichen Nervenscheide. Es ist schwer zu sagen, ob diese Scheide genau entspreche der sog. Schwann’schen Nerven- scheide, d. h. ob sie ein einfaches um die Markscheide herun- velegtes Rohr mit kernhaltiger Wand darstelle, oder ob sie in weiter Ausdehnung als eine gefaltete oder vielleicht sogar faserige Masse die Nervenröhren umhülle. Man sieht, dass die Nerven eleich von Anfang an zwischen sich und an ihren Rändern eine längsgestreifte, mit Kernen versehene Masse in die Cornea hinein- führen. Die Kerne sind länglich, zuweilen an einem oder an beiden. Enden zugespitzt, sehr deutlich contourirt, und von einem sehr schwach granulirten Inhalte erfüllt, der zuweilen ein stärker elänzendes Korn (Kernkörperchen) enthält. Nach dem Centrum der Cornea zu werden diese Kerne immer seltener, und finden sich dort vorzugsweise an den Theilungsstellen und Anastomosen, wo sie durchschnittlich eine dreieckige Gestalt besitzen. Ohne Zweifel sind diese Letzteren dieselben Körper, welche früher für periphe- VII. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. 135 rische dreieckige Ganglienzellen gehalten wurden, mit denen nach der Ansicht von is die Corneanerven enden sollten. Wo die Nerven einzeln oder zu mehreren auf einmal die Mark- scheide verlieren, sind die scheidenartigen Umhüllungsmassen deut- licher zu erkennen, und hier schien mir besonders das Bild nicht ganz der Annahme günstig zu sein, als ob die Corneanerven von einer einfachen röhrenartigen Scheide umgeben seien. Mindestens wird es wahrscheinlich, dass diese Scheide sehr abgeplattet und dadurch verbreitert sei. Innerhalb derselben sieht man als Fort- setzung des eigentlichen Nerven die Axencylinder als schlanke und blasse ziemlich breite Bänder weiter nach dem Centrum der Cornea zu vordringen, immer begleitet von den Scheiden, deren Kerne im weiteren Verlaufe allmählich seltener werden. Schon innerhalb der ersten blassen Stränge, welche unmittelbar aus den mark- haltigen Nerven hervorgehen, hat es den Anschein, wie wenn die meisten Axeneylinder sich theilen, da ihre Zahl später auf Kosten der Breite zunimmt; es ist mir jedoch nicht immer gelungen, die Theilungsstellen auch wirklich zu sehen, denn die Axencylinder sind so ungemein blass, dass es äusserst schwierig wird, einen ein- zelnen Nervenfaden in seiner ganzen Ausdehnung zu verfolgen. Aus diesem Grunde dürften sich an frischen Objecten zahlreiche Theilungsstellen derselben dem Blicke entziehen. In Bezug auf die Theilungen ganzer markfreier Nervenbündel, und auf die zahl- reichen, häufig vollkommen rechtwinkligen Anastomosen der Stämm- chen untereinander, finde ich den früheren Darstellungen nichts hinzuzufügen, besonders da Sämisch auch das Auseinanderweichen der feinen Axencylinder vor der Theilungs- oder Verknüpfungs- stelle, wo die einzelnen Axencylinder in weiten Bogen zu den neuen Stämmchen hinübergehen, sehr richtig beschreibt. Gabelige Theilungen der dunkel contourirten markhaltigen Fasern sind da- gegen sehr selten, und wo aus den Nerven gleich nach ihrem Ein- tritt in die durchsichtige Cornea ein Abgang von Fasern stattfindet, geschieht es in einer von den sonst bekannten Formen sehr ab- weichenden Weise. Häufig sieht man nämlich den dunklen doppel- ten Contour, der die Nervenfaser einschliesst, an einer Stelle unterbrochen und hier meistens fast rechtwinklig eine feine marklose Faser abgehen, welche sich am Rande der Cornea weiter hinzieht, oder wenn die markhaltige Faser von dem gemeinsamen Stämmchen sogleich sich abzweigte und eine Strecke weit dem pigmentirten Rande der Membran parallel verlief, nach dem Üen- trum weiter vordringt. Auch diese feinen und sehr blassen Fa- 136 VM. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. sern sind anfangs von einer deutlichen mit Kernen spärlich be- setzten Scheide umgeben, denn man erkennt an ihnen einen inneren etwas glänzenden feinen geschlängelten Faden, und zwei andere schmälere Contouren, welche seinem Laufe. folgen, und zeitweise durch die Kerne unterbrochen werden. Der innere Faden tritt so bestimmt aus dem centralen Theile der mark- haltigen Fasern hervor, und die Unterbrechung der Markscheide an den Absangsstellen ist so deutlich, dass ich nicht anstehe, denselben für eine, durch eine rechtwinklig abgehende Verzwei- sung, entstandene Fortsetzung des Axencylinders zu erklären. So’ weit der Letztere nun von der Scheide umgeben ist, erzeugt er ein Bild, das sich durch drei sehr zierliche ganz parallel neben- einander verlaufende feine Stränge darstellt. Der Axencylinder besitzt schon bei 400maliger Vergrösserung deutliche doppelte, wenn auch blasse Contouren, und behält diese auch, so weit man ihn überhaupt verfolgen kann. Charakteristisch ist ferner der end- liche Uebergang der centralen Faser in einen, feine glänzende, theils kugelförmige, theils spindelförmige Varicositäten tragenden Faden, unter welcher Gestalt er in der Regel zuletzt seine Scheide verlässt, die irgendwo ohne deutliche Grenze unsichtbar wird. Selbst dann aber stellt sich der Axencylinder niemals als eine einfache Linie dar, sondern er kann bis zu seinem Uebergange in andere Elemente als ein glänzender, unregelmässig mit Varico- sitäten besetzter, stets doppelt contourirter Faden weiter verfolgt werden. Schon das erste Präparat dieser Art, dessen ich ansichtig wurde, und das sich im frischen Zustande überall mit stern- förmig gewordenen Hornhautzellen erfüllt zeigte, liess mir keinen Zweifel mehr darüber, dass diese feinen Axencylinder wirklich in andere Gewebselemente, nämlich in die Zellen der Hornhaut übergehen. Die Ausläufer der Hornhautzellen sind im lebenden Zustande ebenfalls meistens varicös, und es wird des- halb unmöglich zu sagen, ob ein nackter Axencylinder durch dieselbe hindurchgehe. Sehr häufig tritt indessen die Nerven- faser mit ihrer dünnen Scheide an ein Hornhautkörperchen heran, der Contour der Scheide verschmilzt an der entsprechenden Seite vollständig mit dem der Zelle, und die durch ihre drei Linien kenntliche Faser verlässt die Zelle hierauf meist auf der gegen- überliegenden Seite. Solche Einschaltungen von Hornhautkör- perchen in den Lauf des in der Scheide liegenden Axencylinders sind sehr häufig, und man sieht darin, dass die Zellen sich unter den verschiedensten Winkeln an die Nervenfaser anlegen. Ja man VII. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. 137 sieht die eine der drei Linien auch an einer Stelle durch den Fortsatz einer Zelle unterbrochen werden, der dann mit seinen Varicositäten den direeten Uebergang in den mittleren varieösen Faden erkennen lässt. An der Stelle, wo in dieser Weise ein feiner Axencylinder sich durch die Scheide hindurch abzweigt, oder was dasselbe sagt, wo sich ein Zellenfortsatz an den Axen- eylinder festsetzt, findet sich in der Regel eine feine dreieckige Variecosität. Die Begleitung der Scheide ist an den verschiedenen Axen- evlindern eine sehr unregelmässige. Ich sah sie bisweilen nur eine sehr kurze Strecke weit dem Axencylinder folgen, der sich später durch massenhafte Theilungen und Netzbildungen in das System der zusammenhängenden Zellen auflöste, an derselben Hornhaut sah ich aber wiederum die Scheide fast bis zum gegen- überliegenden Rande mitgehen, und endlich bei dem Uebertritt des Axencylinders in das dort gelegene Zellennetz bis hart dahin hinüberreichen. Wie man sieht, entspricht das soeben entworfene Bild ganz den durch Beizung mit Silberlösung entstehenden Silhouetten. Die Stämmchen bilden Theilungen und Netze, die immer feiner werden, und welche schliesslich alle Zellen mit in sich hinein- ziehen, so dass die Zellen der Cornea mit sämmtlichen Nerven ein einziges wirr verschlungenes Netzwerk darstellen. Die Verbindung der Axencylinder mit den Fortsätzen der Zellen ist nicht beschränkt auf die feineren und feinsten einzeln verlaufenden Axencylinder, sondern selbst aus den dickeren Bün- deln und den mächtigen Anastomosen treten viele kurze Aeste aus, welche direct in die Zellen übergehen und mit den Aus- läufern der Letzteren verschmelzen. So wird die grosse Zahl von Uebergängen der einzelnen weit durch die Cornea sich verzwei- senden Axencylinder also noch vermehrt durch diese Verknüpfungs- stellen und auch die Zellen am Rande der Membran erhalten deshalb ihre Nervenfasern häufig auf einem ziemlich kurzen Wege. Damit ist indessen nicht ausgeschlossen der Zusammenhang der am Rande der Cornea befindlichen Zellen mit anderen Nerven, sondern ich glaube sogar die Ansicht vertreten zu können, dass jede derselben auf irgend einem Umwege mit jeder in die Mem- bran eintretenden Nervenfaser in Zusammenhange stehe. Man hat aus meiner vorläufigen Beschreibung der Endigung der Corneanerven bereits den Widerspruch entnommen gegen die allgemeine Annahme, dass die Nerven der Comea auf eine be- 158 VI. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. stimmte Schicht der Membran beschränkt seien. Die Annahme ist ohne Zweifel richtig für den grössten Theil der Nerven, nament- lich für die markhaltigen Stämme, die mächtigeren Verzweigungen und für grosse Strecken der anastomosirenden Netze, welche alle etwa in der Höhe der zweiten Zellenlage liegen, und diese Schicht nicht verlassen. Die einzelnen Axencylinder und namentlich die von den Scheiden ganz freien nackten Fasern treten indessen. gar nicht selten aufwärts und abwärts sich verzweigend in höhere und tiefere Schichten der Membran über, so dass auch andere Zellen, als die der zweiten Schicht (von innen gerechnet) mit Nerven versorgt werden. Indessen sind diese nach oben und unten steigenden Fasern nicht häufig; einige solche findet man aber in jeder Cornea. Das Verhalten der. Nerven gleicht darin dem der Hornhautzellen selbst, welche, wie bekannt, nach der Fläche dureh ihre Ausläufer in vielen Berührungspuncten zusammen- hängen, in den verschiedenen Schichten der Cornea aber nur mit wenigen Ausläufern zu einander hinüber reichen. Trotz der ver- hältnissmässigen Seltenheit der die Dicke der Cornea durch- dringenden Nervenfasern und Zellenfortsätze ist es mir indessen doch niemals gelungen, Inseln von Gruppen sternförmiger Zellen nachzuweisen, und auch für die contrahirten spindelförmigen Zellen möchte ich nicht in dieser Beziehung einstehen. Der Umstand endlich, dass man von jeder beliebigen sternförmigen Zelle auf irgend einem Wege von Fortsatz zu Fortsatz, von Zelle zu Zelle schliesslich einen continuirlichen Weg zurück in eine dunkel- randige Nervenfaser findet, spricht sehr entschieden für das Zu- sammenhängen sämmtlicher Corneazellen mit den zur Cornea tretenden Nerven. Wer den Anblick einer frischen Cornea in Humor aqueus kennt, wird fragen, wie es möglich sei an einem so blassen Ob- jecte Dinge von solcher Feinheit, ein so eomplieirtes, scheinbar verworrenes Fasersystem zu erkennen, und ob es verantwortlich sei, auf ein solches Bild hin Ansichten zu gründen, welche mit unsern übrigen Anschauungen in einem so grossen Gegensatze stehen. Nach der vorläufigen Mittheilung meiner Resultate war eine andere Aufnahme derselben nicht zu erwarten, und ich ge- stehe gern, dass es mir selbst nicht leicht geworden, den neuen Bildern volles Zutrauen zu schenken. Für die Wiederholung der Beobachtungen kann ich darum nicht dringend genug die äusserste Subtilität empfehlen; ich wiederhole hier, dass die Beschreibung nur entnommen wurde dem Anblicke einer frischen Cornea in Humor vIll. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. 139 aqueus, und dass man zu gar keiner Anschauung der Nervenverbrei- tung kommt, wenn man das Präparat nicht vorher mindestens eine Stunde ruhen lässt, geschützt vor Druck selbst mit dem dünn- sten Deckglase, und vor Verdunstung völlig bewahrt. Es ist nieht zweckmässig die Cornea zur Verhütung der Faltenbildung vom Rande her einzuschneiden, da man bei sorgfältiger Durch- musterung die Nerven leicht über die Unebenheiten hinweg ver- folgen kann. Stark gefaltete Präparate sind natürlich un- brauchbar. Das meiste Gewicht ist natürlich zu legen auf die Anschauung ganz frischer noch funetionsfähiger Objeete, und das oben Abge- handelte dürfte mehr als einen Beweis liefern für die absolute Nothwendigkeit der Untersuchung während des Lebens oder im Stadium des Ueberlebens. Deshalb wurde die soeben gegebene ausführliche Beschreibung der Nervenendigung auch nur solchen Objeeten entnommen. Erst nach der Untersuchung der frischen Objecte hat die Unter- suchung unter Anwendung von Reagentien Werth, und es giebt in der That sehr zahlreiche Methoden die Nerven der Cornea auch auf diesem Wege zur Anschauung zu bringen. Zu diesen Methoden rechne ich bereits die Beobachtung der Cornea von Cadavern, welche durch innere chemische Zersetzungen bereits eine Ver- änderung erlitten hatten. In einem gewissen Stadium des Ab- sterbens, dessen Eintritt natürlich abhängig ist von der Tempe- ratur, und das man am besten erfasst, im Momente, wo sich das Epithel gerade leicht ablösen lässt, findet man die Cornea sehr geeignet zur Untersuchung, und man braucht dann auch weniger behutsam damit umzugehen. Man kann alle Unreinigkeit von dem Präparate abpinseln, man kann die Membran von den Rändern her einschneiden um ein flaches faltenfreies Object zu gewinnen, und man kann dasselbe bequem in Lymphe oder Serum unter- suchen. Das Bild, welches man erhält, ist fast genau so, wie das des frischen Objectes, nur sind die Fortsätze der Zellen und die Axencylinder weniger mit leichten Knickungen versehen, wie es bei der Vermeidung des Drucks, ohne Zweifel der Faltungen in der so weichen Membran wegen, im frischen Objecte der Fall ist. Die Behandlung der Cornea mit verdünnter Essigsäure, wie sie Sämisch anwendete, hat mir keine sehr günstigen Bilder ge- liefert, jedoch würde ich mich wohl getrauen, auch an Präparaten dieses Autors den Uebergang einzelner Axencylinder in die Zellen der Cornea Anderen zu demonstriren. 140 VI. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. Bei weitem die schönsten Objecte gewann ich durch Ein- legen der Cornea in verdünnte Chromsäure, ein Reagens, um dessen Verwendung sich Max Schultze so grosse Verdienste erwor- ben hat. Ich verwende bei der Cornea Lösungen von 0,1 —0,01 p- C. Beide Concentrationen sind brauchbar, wenn man die Ver- änderungen kennt, welche sie hervorrufen. Saure Lösungen, welche Chromsäure oder ein saures chromsaures Salz enthalten, fällen mit Ausnahme der Peptone alle Eiweisskörper, als Coagulate, welche in Ueberschüssen des Reagens unlöslich sind. Selbst die allerverdünnteste Chromsäurelösung bildet darum in einem eiweiss- haltigen Gewebe Niederschläge und erzeugt eine Härtung, wenn die Menge der Lösung und die Dauer der Einwirkung hinreichend waren. Es ist dabei natürlich nicht eleichgültie, in welchem Zustande die Chromsäure das Gewebe antrifft, und da meine Er- fahrungen an der Cornea sehr wenig den Voraussetzungen über die Wirkung des Reagens entsprachen, welche man von vorn- herein sehr geneigt sein würde, für richtig zu halten, so sollen hier die Bilder, die ich erhielt, etwas ausführlicher beschrieben werden. Endlich ist noch zu bemerken, dass die Chromsäure die Grundsubstanz der Cornea stark trübt und runzelt. Man begegnet diesem ungünstigen Umstande etwas, indem man die Säure nicht in Wasser sondern in einer 0,25 p. C. NaCl enthaltenden Salz- lösung auflöst. In dem Nachfolgenden ist unter der Chromsäure- lösung immer nur eine solche salzhaltige Lösung gemeint. Ist das Protoplasma der Corneazellen noch erregbar und also wahrscheinlich noch flüssig, so erzeugt Chromsäure von 0,01 p. C. eine Gerinnung, welche nach etwa 5stündiger Einwir- kung beobachtet werden kann. Das Epithel lässt sich zu dieser Zeit durch sanftes Schaben mit dem Messer als eine zusammen- hängende Membran entfernen, und man findet in der verhältniss- mässig sehr durchsichtigen und sehr schwach gefärbten Cornea die meisten Zellen zu glänzenden Klümpchen verändert. Einige dieser Zellen haben ihre spindelförmige Gestalt beibehalten, die meisten besitzen indessen die Sternform, welche als ein sehr blasses Bild in der Grundsubstanz erscheint. In diesen stern- förmigen, ausgedehnten Räumen liegt der zusammengeschrumpfte Zellenleib, wie erwähnt, als ein unregelmässiger, elänzender Klum- pen fest zusammengeballt mit dem Kerne, der nur in den selten- sten Fällen darin als soleher zu unterscheiden ist. Der Klumpen füllt seinen Hohlraum nur sehr unvollständig aus, sondern hängt VIll. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz, 141 meist nur mit zwei Stellen an den Wänden desselben fest, wäh- rend der ganze übrige Raum mit einer von Körnchen und Nieder- schlägen vollkommen freien Flüssigkeit erfüllt ist. Legt man ein solches Präparat später in Chromsäure von 0,1 p. C., so färbt es sich rasch ziemlich stark gelb, die Grundsubstanz wird um ein Geringes trüber, schrumpft und dehnt dadurch augenblicklich die sternförmigen Räume noch weiter aus, so dass diese sich nach längerer Einwirkung selbst in grosse kugelföürmige Blasen mit kurzen und sehr weiten röhrenförmigen Ausläufern verwandeln können. h Ein ganz ähnliches Bild erhält man, wenn man eine abge- storbene, und schwach gefaulte Cornea sogleich in Chromsäure von 0,1 p. C. legt. Auch hier sind die meisten Zellenleiber mit ihren Kernen zu einem einzigen Klumpen zusammengeschrumpft und liegen ziemlich lose in den erweiterten sternförmigen Hohl- räumen. Legt man in diese concentrirtere Auflösung (0,1 p. C.) eine ganz frische Cornea sogleich hinein, so erhält man nach 5 Stunden ‚ein ganz anderes Bild. Nach Entfernung des leicht abfallenden Epithels erscheinen alle Zellen ausgedehnt zu den schönsten Sternformen. In allen ist auch der Kern mit dem Kernkörper- chen sehr deutlich sichtbar; derselbe liegt in einem feinkörnig geronnenen Protoplasma, das den ganzen sternförmigen Hohlraum überall ausfüll. Die Kerne sind immer stärker getrübt oder sranulirt, als die sie umgebende Masse und besitzen immer deut- liche doppelte Contouren. Ihre Formen bedürfen keiner weiteren Beschreibung, da sie in den Abbildungen getreu wiedergegeben sind. Dasselbe Bild erhält man ferner durch Behandlung einer unerregbar gewordenen, aber nicht gefaulten Cornea. Ein solches Präparat verschafft man sich am schnellsten, wenn man die frische Cornea vom Rande her mehrfach einschneidet, und in Humor aqueus legt, der mit der Hälfte seines Volumens destillirten Was- sers verdünnt ist. Lässt man die Cornea darin 2—3 Stunden liegen, so bewahren alle Zellen auch unter Einwirkung von Reizen ihre sternförmige Gestalt. Chromsäure von 0,1 p. C. erhält sie dann Tage lang in dieser Form, lässt aber überall die Kerne ausser- dem scharf hervortreten. Ganz anders sieht das Chromsäurecoagulat in den Zellen aus, wenn man eine ebenso zum Absterben gebrachte Gornea nur eine Stunde lang in die verdünntere Lösung von 0,01 p. ©. legt. Hier. sind die Kerne durchschnittlich etwas geschrumpft, und 142 VI. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. hängen in einem sehr feinen Netze des geronnenen Protoplasma. Da die Chromsäure auch in dieser Verdünnung, besonders nach längerer Einwirkung, die Zellräume erweitert, und das zu so äusserst feinen netzartig verbundenen Fäden coagulirte Proto- plasma an vielen Punceten der Wände des Hohlraums festhaftet, wodurch es über einen verhältnissmässig grossen Raum ausgespannt wird, so entgeht es anfangs leicht der Beobachtung. Der Kern scheint in dem Zellraume zu schweben, und nur mittelst der gedämpften Beleuchtung konnte ich in solchen Objeeten anfäng- lich das Protoplasmanetz auffinden. Ich habe von den Zellen gesprochen, wo ich die Chromsäure für die Untersuchung der Nerven empfahl. Da wir das Verhalten der Nerven zu den Zellen kennen lernen wollten, so durften die durch das Reagens bewirkten Veränderungen der Zellen hier nicht übergangen werden. Die Nervenfasern verändern sich, so weit sie markhaltig sind, durch Chromsäure in der bekannten Weise, und in den übrigen Theilen der Cornea, wo die Axencylinder nackt oder nur von marklosen Scheiden umgeben sind, auch so, dass man sie leicht wieder erkennt. Ihre Scheide erscheint sehr häufig blasig auf- getrieben, während die Axencylinder sehr deutlich doppelt con- tourirt mitallen Theilungen, Varicositäten und Anastomosen sichtbar bleiben. Hier wäre denn auch der Ort, auf diese Dinge zurückzu- kommen, da die Öhromsäurepräparate eine vortrefiliche Bestätigung der durch andere Methoden gewonnenen Bilder liefern. Thei- lungen, welche an frischen Präparaten nicht überall mit wünschens- werther Deutlichkeit in den stärkeren Stämmchen sichtbar sind, erscheinen in den Chromsäurepräparaten sehr häufig, und ebenso zeigen sich auch wahre Anastomosen zwischen den Axencylindern. An den Letzteren sind dreieckige Varicositäten, welche vor Ver- wechselungen mit einfachen Kreuzungen schützen können, nicht selten. Dass Axencylinder unter den verschiedensten Winkeln übereinander hinweglaufen, soll damit nicht geläugnet werden; wirkliche Anastomosen zwischen zweien und mehreren Fasern sind aber ausserdem sehr häufig. Bei der Mannichfaltigkeit der hierbei möglichen Bilder sei statt einer weiteren Beschreibung wiederum auf die Abbildungen verwiesen. Ich habe mittelst der angegebenen Variationen der Chrom- säurebehandlung eine grosse Zahl von Hornhäuten untersucht, und kann nach diesen Versuchen über das Verhalten der letzten Nervenenden zu den Zellen der Cornea Folgendes hinzufügen: VII. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubslanz. 145 Nur wo sich ein Corneakörperchen mit einer Seite an einen noch von der Scheide umgebenen Nerven anlegt, geht der Letz- tere durch dasselbe hindurch, denn nur hier lässt sich von der Faser, die am entgegengesetzten Ende die Zelle verlässt, sagen, dass sie ein Nerv sei, da eben nur die Scheide hierüber Auf- schluss geben kann. Das Protoplasma der Zelle scheint hier mittelst einer kleinen Stelle ein Continuum mit dem Axeneylinder zu bilden, denn man sieht die Zelle sammt dem Kerne, im Falle die Gerinnung zu einem gemeinsamen Klumpen erfolgte, dem ent- sprechend seitlich an der Nervenfaser festkleben. Wo hingegen der Nerv frei und ohne Umhüllung in eine Zelle eintritt, lässt es sich nicht mehr entscheiden, ob irgend einer der Zellenfort- sätze noch eine Nervenfaser sei, da es an einem entscheidenden sichtbaren Unterschiede zwischen Zellenfortsatz und Nervenfaser gebricht. Viele feine Axencylinder nehmen nach Max Schultze’s Erfahrungen in sehr verdünnter Chromsäure Varicositäten an. Die Nerven der Hornhaut sind schon im frischen Zustande, wie wir sahen, varicös, und ich halte deshalb die in der Chromsäure sichtbaren Anschwellungen derselben nicht für neue durch das Reagens erzeugte Verdickungen. Da ferner die Fortsätze der Zellen fast immer ebenfalls varicös sind, und sich in der Chrom- säure nicht anders darstellen, so muss ich darauf beharren, dass der Nerv unmittelbar in das Zellprotoplasma übergehe, ja dass zwischen den feinen Axencylindern und dem Zellprotoplasma kein Unterschied mehr bestehe. Für das Letztere spricht noch besonders der Umstand, dass sich niemals eine scheidenfreie Faser, ein nackter Axencylinder, durch eine Zelle hindurch verfolgen lässt. Ist das Protoplasma feinkörnig und dabei verhältnissmässig sehr durchsichtig geronnen, so sieht man nie eine varicöse Faser in der Zelle liegen; ist ferner der Zellinhalt zu einem feinen Netze erstarrt, so sieht man eben- falls nie einen gesonderten Faden dieses Netz durchsetzen, und ist endlich der Kern sammt dem Protoplasma in einen unzertrenn- baren Klumpen verwandelt, so besteht der Axencylinder in seiner ganzen Länge aus einem feinen mit sehr kleinen und sehr mäch- tigen Varicositäten besetzten Faden, welche Letztere eben von den geronnenen Zellenleibern gebildet werden. Dieses Ganze kann dann als ein Stück des grossen Nervennetzes der Hornhaut durch alle sternförmigen Räume hindurch verfolgt werden. Ich habe nun schliesslich den Versuch gemacht, die Horn- hautnerven mit ihren Zellen zu isoliren. Bekanntlich hat His ein 144 VI. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. Verfahren gefunden, die Zellen der Cornea aus der Grundsub- stanz herauszulösen, das in der Maceration mit ziemlich eoncen- trirter Schwefelsäure besteht. Meine Versuche fielen anfangs nicht glücklich aus, denn ich sah bald, dass die Hornhautkörper unter einander nicht so fest zusammenhingen, als mir für das Gelingen des Versuchs nöthig schien. Offenbar erhält man durch die Einwirkung der Säure Kunstproducte, die aller Wahrschein- lichkeit nach aus Eiweisscoagulaten bestehen, etwa wie man einen Eiweisscylinder erhält, wenn man gelöstes Eiweiss in einem Glas- rohre erwärmt. Ich habe die Entstehung der zierlichen Gitter- systeme, in welche sich die Hornhautzellen umwandeln, unter meinen Augen vor sich gehen sehen und kann deshalb über die wahre Natur derselben kaum in Zweifel sein. Legt man näm- lich eine Hornhaut in ein sehr kleines und flaches Uhrgläschen, und bedeckt man die Membran mit einem Deckglase, das gross senug ist, um an den Rändern des Uhrglases eine Stütze zu finden, das aber doch die Krümmung und Runzelung der Horn- haut beim Zufluss der Säure durch seine Anwesenheit zu ver- hindern im Stande ist, so gelingt es, die Veränderungen unter dem Mikroskope zu verfolgen. Beim Zufliessen der Säure (2 Th. engl. SO, 1 Th. HO) tritt zuerst eine starke Trübung in allen Theilen der Hornhaut auf, die allmählich wieder verschwindet, Die Kerne der Zellen werden dann zunächst so deutlich, wie wenn man Essigsäure hinzugefügt hätte, und hierauf sieht man eine Schrumpfung in den Körperchen entstehen, wobei sich sämmtliche Fortsätze bedeutend verkürzen und die der Hauptmasse des Körperchens parallel liegenden Ausläufer oder Verbindungsbrücken mit gegen dieselben heranrücken. So ver- schrumpft das ganze Körperchen zu einem System von gitter- artig verbundenen Stäbchen, und die Verbindung sehr vieler sol- cher Zellen wird dadurch gleich zu Anfang gesprengt, während die Grundsubstanz noch nicht aufgelöst ist. Man sieht hierbei auch Zellen während der Veränderung von den ganz deutlich sichtbaren, den Nerven entsprechenden, ebenfalls veränderten Strängen sich lösen, andere jedoch namentlich im Centrum der Cornea auch haften bleiben. Noch etwa zwei Stunden bleibt das Bild in diesem Zustande, die Hornhaut behält so ziemlich ihre Formen, und man bemerkt nur, dass sich die Descemersche Menı- bran beim Verschieben des Deckglases, oder beim Hin- und Her- tliessen der Säure als eine faltige Masse leicht loslöst. Ebenso geht es mit den Epithelien. Die Substanz der eigentlichen Horn- VIll. A. Die Verbindung des Protoplasma mit Nervensubstanz. 145 haut zerfällt zu dieser Zeit sehr leicht in Lamellen, denn beim Drücken auf das sehr dünne und elastische Deckglas sieht man sie sich in grössere Platten zerspalten, welche je eine Lage von Hornhautzellen mit sich führen. Man kann diese Platten über- einander in Schwankungen versetzen, und durch wiederholtes Rütteln am Deckglase auch eine seitliche Verschiebung derselben übereinander erreichen. Lässt man jetzt wieder die Säure öfter hin- und herfliessen, so löst sich die Grundsubstanz fast vollständig auf, ein krümeliger Haufe schwimmt im Sehfelde umher, in welchem einzelne, oder auch mehrere zusammen verklebte, oder vielleicht in Wahrheit zusammenhängende Zellderivate, die klei- nen Gittersysteme nämlich, umherschwimmen. Ich habe ganze Büsche von runzeligen Strängen mit diesen Gitterchen besetzt isolirt umherschwimmen sehen, von so charakteristischer Anordnung, dass ich sie für Abkömmlinge der Nerven halten musste. Hätte ich indessen nicht aus der Untersuchung mit den vorhin beschriebenen Methoden die Ueberzeugung vom Zusammenhange der Nerven mit den Zellen gewonnen, so würde ich aus diesem Bilde keinen Schluss gezogen haben, da es natürlich unmöglich ist, zu entschei- den, ob die mit Schwefelsäure isolirten Körper und Stränge nicht zufällig unter einander verklebt seien. Kühne, Untersuchungen. 10 B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. . Function der Corneanerven. - Das Zellennetz, welches die Cornea enthält, geht nach den Darlegungen im vorigen Capitel direct hervor aus den innern Theilen der Corneanerven; die Axeneylinder gehen allmählich über in ein Protoplasma, das mit dem der Zellen ein Continuum bildet. Damit wird die Auffassung von der Natur dieser Zellen völlig geändert, denn, während man stets geneigt war, diesel- ben für Apparate zu halten, welche den Zellen des Bindegewebes mindestens analog sein sollten, so drängt sich uns jetzt die Ver- muthung auf, dass sie vielmehr Aehnlichkeit mit gewissen Zellen der nervösen Centralorgane besitzen möchten. Das erste Krite- rium einer Nerven- oder Ganglienzelle besteht ohne Zweifel in ihrem Zusammenhange mit Nervenfasern, und unter diesem Ge- sichtspunete würden die Zellen der Hornhaut mehr den Ganglien- zellen entsprechen. Allein die Zellen der Hornhaut bestehen aus einem contractilen Protoplasma, während Bewegungserscheinun- ven an Ganglienzellen noch nie beobachtet wurden. Unbekümmert um Das, was vielleicht eine sorgfältige Beob- achtung lebender Ganglienzellen uns bald lehren wird, will ich die wenigen entscheidenden Versuche und Beobachtungen vor- führen, welche mich bestimmen, die Corneanerven zu den moto- rischen Nerven zu zählen. Ich sehe dabei ab von dem Begriffe sogenannter Ernährungsnerven, von der Aufstellung sogenannter trophischer Nerven, denn ich will hier nur die Beziehungen die- ser Nerven zu der einen uns bekannten Function ins Auge fas- VII. B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. 147 sen, nämlich die Beziehungen zu der Contractilität der Zellen, mit welchen diese Nerven verschmelzen. Anfänglich hoffte ich durch die elektrische Reizung entschei- den zu können, ob die Corneanerven ihre Erregung an das con- tractile Protoplasma übertragen oder nicht. Da ich aber dem Versuche keine hinlänglich entscheidende Gestalt geben konnte, so erwähne ich desselben nur so weit, als er überhaupt für die Contractionserscheinungen der Zellen von Interesse ist. - Wenn für die Corneanerven dasselbe Gesetz gelten würde, wie für die motorischen Nerven, dass nämlich die Erregbarkeit sinkt mit dem Vordringen der unmittelbar vom Strome durch- tlossenen Strecke nach der Peripherie, so musste die Bewegung des Zellprotoplasma leichter bei schwächeren Reizungen eintreten, wenn ich den Rand als wenn ich das Centrum der Cornea reizte. Dies scheint nun in der That der Fall zu sein, und ich wünschte nur, dass die hier gefundenen Unterschiede in der Erregbarkeit grösser sein möchten. Zur Anstellung des Versuches verfertigte ich mir den in der beistehenden Figur abgebildeten N, Die Elek- troden bestehen aus dünnem, mit Siegellack auf die Glasplatte befestigtem Platinblech, welche mit kleinen Bleiklötzen beschwert und durch diese mit den Enden der secundären Rolle des Induc- tionsapparats verbunden werden können. Die ganze Vorrich- tung scheint mir zum Zuführen elektrischer Ströme auf den Tisch des Mikroskops sehr geeignet, da sie jederzeit rasch herzustel- len ist und die Beweglichkeit des Objectträgers niemals beein- trächtigt. 1 Vor dem Gebrauche müssen die Bleiklötzchen zur Harsiat lung eines guten Contaets mit den Platinelektroden an ihrer unteren Fläche mit Sandpapier abgerieben werden. Um die Ver- schiebbarkeit des Objeetträgers ferner so bequem wie möglich zu machen, empfiehlt es sich, an die Klötzchen dünnen, aus- geglühten Eisendraht, wie ihn die Chirurgen zum Nähen be- 10* 148 vIll. B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. nutzen zu schrauben. Solche Drähte folgen der Bewegung des Ob- jeetträgers, besonders wenn sie spiralig aufgerollt sind, so gut wie ein Faden. Die übrigen Utensilien, wie die Nebenschliessung u. del., welehe man zur Anstellung des Versuches braucht, über- gehe ich, da sie als allgemein bekannt und gebräuchlich voraus- gesetzt werden dürfen. Nur eines Umstandes erwähne ich noch, der zur Anstellung vergleichender Reizversuche an verschiedenen Stellen der Cornea nöthig ist. Die schmalen Platinstreifen unserer Elektroden müs- sen nämlich von beiden Seiten her mit einem isolirenden Firniss überzogen werden, der in der Mitte nur eine Stelle von 1 Mm. Länge unbedeckt lässt. Auflösungen von Damarharz in Chloro- form leisten dafür gute Dienste. Man erhält so ein Elektroden- paar, das einen Schlitz von 0,5 Mm. Breite und 1 Mm. Länge einfasst, während die ganze Breite der mit dem Apparate in Be- rührung stehenden Corneastelle bei einer Breite der Platinstrei- fen von 0,5 Mm. nur 1,5 Mm. beträgt. Der Sinn dieser Einrich- tung wird später erklärt werden. Zunächst brachte ich nun drei kleine Wachströpfehen im Um- kreise der nicht isolirten Stelle meiner Elektroden an, die so weit mit dem Messer wieder abgetragen wurden, dass ihre Höhe die Dicke der Cornea um ein Geringes überragte. Um ein geeignetes Corneapräparat zu gewinnen, schnitt ich die Hornhaut mit der Lancette so heraus, dass an der Stelle, entsprechend dem inneren unteren Augenwinkel, wo gewöhnlich die grösste Menge der Nerven eintritt, ein Lappen der Sklera hängen blieb. Mit Beobachtung der oben angegebenen Vorsichtsmassregeln lagerte ich diesen Theil der Cornea auf die nicht lackirte Stelle meiner stromzuführenden Vorrichtung, und liess den pigmentirten Rand gerade mit der äussersten Grenze des einen Platinstreifens zusammenfallen. Die vordere mit geschichtetem Epithel bedeckte Gornealfläche wurde zur Erleichterung der Beobachtung natür- lich nach unten gewendet. Als das Deckgläschen auf die drei Wachsplättchen festgeklebt. war, wurde schliesslich der ganze Raum unter demselben mit Humor aqueus angefüllt. Man ist genöthigt, die Vorbereitungen zu dem Versuche in der angegebe- nen Reihenfolge anzustellen, da es sonst unmöglich wäre, die Cornea sicher in der gewünschten Lage zu fixiren. Namentlich darf man dieselbe nicht gleich auf die benetzten Elektroden legen, weil sie sich in diesem Falle beim Auflegen des Deckglases fast immer verschiebt. Zur Anfüllung des Experimentirraumes mit VI. B, Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. 149 Flüssigkeit dient ein fadenförmig ausgezogenes Glasrohr, das zu- vor mit dem Humor aqueus gefüllt wird. Das so hergestellte Präparat wird endlich zwei Stunden lang im feuchten Raume vor Verdunstung vollkommen geschützt, zu- rückgelegt. Als nach Verlauf dieser Ruhezeit das System der communieiren- den Zellen sich auf das schönste hergestellt hatte, liess ich nun die rasch aufeinander folgenden Schläge des Schlittenapparats in den Gornealrand hereinbrechen, und durch einen Gehülfen die secundäre Rolle langsam der primären annähern. Bei 2 Cm. Abstand zwischen den Rollen nahm ich an den im Sehfelde etwa im Centrum der Cornea befindlichen Zellen zuerst den Eintritt der Contracetion wahr, die in wenigen Minuten zu einer vollkom- menen Umwandlung der Körperchen in die Spindelform führte. Jetzt hob ich das Deckglas ab, legte das soeben beobachtete Centrum der Cornea auf die lackfreie Stelle der Elektroden und liess das Präparat abermals im feuchten Raume zwei Stunden hindurch ausruhen. Die Zellen hatten sich nach Verlauf dieser zweiten Ruhezeit wieder vollständig ausgedehnt, viele waren mit schönen varicösen Ausläufern besetzt, und auch die Axencylinder zeisten, wo sie deutlich sichtbar waren, die zierlichsten spindel- und kugelförmigen Anschwellungen. Von neuem wurde jetzt die Reizung versucht, und diesmal wieder das Centrum direet beobachtet, das nun zugleich die un- mittelbar durchflossene Stelle bildete. Bewegungserscheinungen traten nun erst ein, als ich die Rollen um 1 Cm. übereinander schieben liess. Erwägt man die steile Erhebung der Curve unserer Ströme, bedenkt man, dass eine Differenz von 3 Cm. Rollenabstand bei dieser Nähe der primären und secundären Rolle einer sehr be- trächtlichen Steigerung der Reizung entspricht, so wird man sehr geneigt sein, auf das Abfallen der Erregbarkeitscurve der Cornea- nerven nach der Peripherie zu schliessen, und man wird bei die- ser Erklärung der Erscheinung stark versucht, in dem Erfolge des Versuchs den Beweis zu finden, dass es sich hier um eine durch die gereizten Nerven vermittelte Erscheinung handle. Ein Umstand macht indessen den Versuch verdächtig, und dieser liegt in dem allmählichen Sinken der Erregbarkeit des Corneaproto- plasma, das selbst beim Aufbewahren im feuchten Raume und bei sehr niederer Temperatur nicht zu vermeiden ist. Aus frühe- ren Versuchen war mir dies bereits bekannt, und wenn man in 150 VII. B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. Erwägung zieht, dass zwischen den beiden Reizungen eine Ruhe- zeit von zwei Stunden unumgänglich ist, so wird man dem Ver- suche misstrauen müssen. Ich habe, um aus dieser Verlesenheit heraus zu kommen, zunächst die Reihenfolge der Reizungen um- gekehrt, erst das Centrum der Cornea und dann den Rand ge- reizt, und in der That beobachtet, dass die Differenz der noth- wendigen Annäherung der Induetionsrollen nicht so sehr zu Gun- sten der Erregbarkeit des Cornearandes ausfiel. Die Differenz betrug dann häufig statt 3 Cm. nur 1— 0,5 Cm., unter Umstän- den war sie sogar überhaupt nicht wahrzunehmen. Von Einfluss ist hier ausser der Ruhezeit auch das beschleunigte Sinken der Erregbarkeit des Protoplasma nach einmaliger wirksamer Reizung, wovon man Sich unzweideutig überzeugen kann, wenn man das Centrum, ohne die Cornea zu verrücken, nach der ersten zwei- stündigen Ruhe einmal, und abermals nach zwei Stunden wieder reizt. Die Differenz fällt hier durchschnittlich grösser aus, als die- jenige, welche sich ergiebt, wenn man den bei der ersten Reizung nothwendigen Rollenabstand vergleicht, mit dem, welcher nöthig ist, um nach vierstündiger Ruhe in dem Centrum der anderen Cornea desselben Frosches die Bewegung hervorzurufen. Nach dem Abzuge, welcher folglich von der Differenz zwischen der Erregbarkeit des Gentrums der Cornea — also bei directer Reizung — und der Erregbarkeit des Randes — bei der vermutheten indirecten Rei- zung der Hornhautzellen — gemacht werden muss, kann ich mich nicht entschliessen, mit diesen Versuchen den Beweis der Abhän- sigkeit der Bewegungen des Gornealprotoplasma von der Erre- gung seiner Nerven zu führen. Ich kann nicht läugnen, trotz dieser wenig entscheidenden Versuche, lange Zeit sehr zähe die Vorstellung fest gehalten zu haben, dass dem dennoch so sei, und ich hoffe schliesslich, die- sen Beweis auch führen zu können, wenn ich auch davon abstehen muss, das Gesetz der Erregbarkeitscurve dieser Nerven aufzu- klären. Es fiel mir auf, wie gross die Unterschiede in den Rollen- abständen ausfielen, wenn ich den Eintritt der Contraetion im Centrum der Cornea beobachtete, nach Reizung verschiedener Strecken der Peripherie des Präparats. Der Versuch wurde nach wiederholtem Probiren in folgender Reihe angestellt. Ich nahm die Cornea mit einem beträchtlichen Saume der Sklera heraus, zerschnitt sie mit einer sehr scharfen Scheere, sowie es die auf folgender Seite beigefügste Figur zeigt, und erhielt so ein grös- VII. B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. 151 seres centrales Stück der Membran mit vier daran hängenden schmalen Zipfeln. Selbst bei ganz planlosem Zurechtschneiden gelingt es leicht, eine Hornhaut zu bekommen, welche, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, mit nerven- haltigen und mit nervenfreien Zipfeln versehen ist. Ich legte nun einen nervenfreien Zipfel auf die Elektroden, bedeckte und benetzte das Präparat ganz wie es bei den früheren Versuchen geschah, und lies _ | es so lange ruhen, bis ich die Zellen im Centrum der N: Cornea ausgedehnt und miteinander communieirend sah. Hierauf liess ich die Ströme des Schlittenapparats, dessen Rollen einander bis zur Berührung genähert waren, auf den Zipfel einwirken, also Ströme von solcher Mächtigkeit hindurchgehen, dass ich hoffen durfte, einen Erfolg damit zu erzielen. Die Be- wegungen der Zellen blieben indessen aus. Als ich nun die Menm- bran mit einem anderen Zipfel über die Elektroden reichen liess, und zwar mit einem nervenhaltigen, und nach wiederholter Ruhe im feuchten Raume die Reizung begann, trat die Gontraction der Zellen im Centrum bereits ein, nachdem die Rollen allmählich nur bis auf 3 Cm. Abstand gegeneinander geschoben wurden. Mir scheint dieser Versuch hinreichend zu sprechen für eine Ue- bertragung der Erregung vom Cornealrande nach dem Centrum zu, da der Verdacht ausreichend wirksamer Stromschleifen in diesem Falle durch den Versuch am nervenfreien Zipfel aus- geschlossen ist. In der That bedarf es ausserordentlich mäch- tiger Schläge des Inductionsapparats, wenn von den nervenfreien Zipfeln aus sogleich eine Contraction der Zellen im Centrum der Membran stattfinden soll, denn ich musste die Rollen des Magnet- elektromotors fast ganz übereinanderschieben, um die Rückkehr der sternförmigen Zellen in die Spindelform an den nicht direct gereizten Theilen der Cornea zu beobachten. Alle Einwände, welche gegen den Versuch zu erheben wären, können nun schliess- lich beseitigt werden durch die Möglichkeit mittelst ganz local wirkender Reize die Bewegungen der Corneazellen von einer ent- fernten Stelle hervorzurufen. Können wir zeigen, dass solche Stellen stets Nerven enthalten müssen, wenn die Erscheinung eintreten soll, so darf an der Wirkung der Nerven auf das Proto- plasma nicht mehr gezweifelt werden. Durch Uebung gewinnt man hinlängliche Sicherheit, um einen Zipfel der Cornea mechanisch zu reizen, ohne dass in dem Prä- parat eine Verschiebung eintritt, und so ist es mir auch möglich 152 VII. B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. Er seworden, ganz einfach den entscheidenden Versuch anzustellen. Die mit den Zipfeln versehene CGornea wird unter ein durch Wachs- plättchen gestütztes Deckglas gebracht, und wo möglich so, dass auf der einen Seite des Deckglases ein nervenfreier, auf einer anderen Seite, oder was leichter zu bewerkstelligen ist, an einer Ecke desselben ein nervenhaltiger Zipfel hervorragt. Natürlich muss man auch hier dem Präparate so lange Ruhe gönnen, bis die Zellen im Centrum vollständig ausgedehnt sind. Drückt man jetzt mit einer lanzenförmigen Nadel auf den nervenhaltigen Zipfel der Membran, so tritt keinerlei Bewegung an den Zellen auf, Als ich aber mit langsam wachsendem und schliesslich sehr kräftigem Drucke den nervenhaltigen Zipfel reizte, sah ich die Zellen innerhalb weniger Minuten zu spindelförmigen Körpern zusammenfallen. Ich habe den Versuch sehr häufig wiederholt, und kann an der grossen Differenz des Erfolges der mechanischen Reizung nervenfreier und nervenhaltiger Stellen des Cornealran- des keinerlei Zweifel mehr haben. Der Versuch fällt in den mei- sten Fällen vollkommen präcis und deutlich aus. So sehr ich im Rechte zu sein glaube, wenn ich diesen Ver- such als beweisend für die Erregung des Zellprotoplasma durch seine Nerven ansehe, so sind mir doch wieder Zweifel aufgestie- sen, als ich sah, dass auch die mechanische oder mässige elek- trische Reizung des Cornealrandes, oder selbst einzelner nerven- freier Zipfel desselben, mit der Zeit, wenngleich meistens erst nach etwa 30 Minuten, Formveränderungen an den Zellen des Centrums der Cornea erzeugte. Es ist nicht möglich, diesen Um- stand ganz auszuschliessen, und auch die mechanische Reizung, welche mit grosser Vorsicht nur auf den pigmentirten Theil des Uornearandes oder selbst jenseits desselben auf die eigentliche Sklera angebracht wurde, hatte durchschnittlich nach längerer Zeit denselben Erfolg. Ich vermag die Erscheinung nur so zu erklären, dass die immer mitgereizten Zellen des Randes den Bewegungsvorgang allmählich, wenn auch langsamer, nach dem Centrum von Zelle zu Zelle übertragen, und ich glaube hierin den ganz natürlichen Grund sehen zu müssen, weshalb sich auch die Zellen des Gentrums der Hornhaut bewegen müssen, wenn die damit durch so viele Wege verknüpften Zellen des Randes erregt werden. Bei der Schilderung der Versuche habe ich absichtlich von den Zellen im Allgemeinen gesprochen und dabei keinen Unter- schied gemacht zwischen den Hornhautkörperchen verschiedener VI. B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma, 155 Schichten. Sind die Präparate wohlgelungen, so pflegt auch der Versuch einen ganz constanten Erfolg zu haben, man sieht die Zellen in allen Tiefen der Cornea, auf welche man das Mikroskop ingestellt hat, an der Bewegung Theil nehmen '). Um die Erschei- nung objeetiv zu machen, habe ich auch bei der Reizung der erven die dilatirten Zellen zuvor einzeln mit dem Zeichnenprisma eopirt, und nach der Reizung die veränderte Form mit einer anders gefärbten Kreide wieder fixirt. Die Abbildungen geben Beispiele dieser Veränderungen, aus denen ersichtlich wird, dass je Contraetion auf indireete Reizung nicht zu unterscheiden ist on derjenigen nach directer Erregung. Von Interesse würde es sein zu wissen, wie weit die Nerven- faser, welche ja continuirlich in das Corneaprotoplasma über- seht, selbst contractil sei. Reizungsversuche haben mir darüber wenig Aufschluss gegeben, da es mir bis jetzt noch nicht gelin- sen wollte, Verschiebungen an den Varicositäten der Axencylin- ler abhängig von der Erregung des Nervenstammes zu entdecken. Dagegen habe ich bisweilen eine solche gegenseitige Lagenver- änderung, ein sehr langsames Hin- und Herrücken dieser Vari- cositäten „spontan“ auftreten sehen, und ich glaube deshalb die- sen Theilen des Axencylinders schon Contractilität zusprechen zu müssen, wenn man eben die Fortpflanzung einer knotenför- igen Verdickung als ein charakteristisches Merkmal der Con- tractilität gelten lassen will. Zum Schlusse muss ich noch auf einen für unsere Anschauun- en peinlichen Umstand zurückkommen. Allem Anscheine nach wird ämlich bei dem Gontraectionsvorgange der Zellen ein Theil der Ver- indungen zwischen denselben, oder auch zwischen einzelnen Proto- lasmatheilen einer und derselben, Zelle ebensowohl gelöst, wie ein- elne Verbindungen der Zellfortsätze mit den feinsten varicösen xencylindern. Die Brücke, welche die Theile vorher verband, kann ür das Auge in vielen Fällen vollständig schwinden, sobald die Zel- en die Gestalt geschlängelter, spindelförmiger Körper angenommen aben, und nur da muss sich eine nachweisbare Communication des Corneakörperchens mit der Nervenfaser erhalten, wo diese mit einer Scheide versehen an die Zelle herantritt. Zieht sich der Zellen- 1) Natürlich sind hiervon ausgeschlossen die von v. Recklinghausen in der Cornea entdeckten wandernden Zellen, die weder mit den Nerven noch mit den sogenannten sternförmigen Corneazellen in irgend welcher Verbindung stehen. 154 VIT. B. Von der Wirkung der Nerven auf das Protoplasma. j leib auf Reizungen zusammen, so bildet er nicht etwa einen Klum- pen in einem unnachgiebigen Gehäuse, wie wir es z. B. bei de Tradescantia gesehen haben, sondern die Grundsubstanz der Cor nea scheint dem contrahirten Protoplasma in allen seinen Bewe gungen zu folgen, so dass sie demselben unter allen Umstär den fest anliest. Aus zufälligen Beobachtungen scheint mi jedoch hervorzugehen, dass (die Zellen wenigstens durch unsich# bare capillare Flüssiekeitsschichten in denselben Linien ihre Zusammenhang mit den Nachbarn sowohl, wie mit den Nerve wahren. Zuweilen bleiben nämlich feine, stark glänzende Körn chen in den feinsten Fortsätzen der Zelle, trotz der Contraction des sie umgebenden Protoplasma unverrückt an derselben Stelle liegen, und so kann es geschehen, dass man den Weg, welchen früher die vereinigten Zellfortsätze bildeten, durch Reihen solcher Körnchen noch angedeutet sieht. | Wichtiger erscheint mir jedoch noch der Umstand, dass die Zelle selbst bei mehrmaliger Wiederholung der Reizung nach der Ruhe des Objects unter dem Mikroskop in der kleinen feuchten Kammer immer ziemlich denselben Habitus wieder annimmt, was man durch Abzeichnen mit dem Zeichnenprisma klar zeigen kant, Die beigegebenen Abbildungen werden hierfür, obgleich sie kein vollständige Congruenz der Zellen erkennen lassen, einen Bele geben. Will man eine Zellmembran für die Corneakörperchen nicht zugeben, weil ihre Anwesenheit nicht erwiesen ist, so wird man wenigstens anerkennen müssen, dass das Lückensystem in der Grundsubstanz der Cornea, welches den nackten Zellenleibern Platz gewährt, ziemlich constante Formen besitze. 4 . { 3 ı \ d 3 y RT" er Fig. Fig. Fig. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. . Zelle aus einem Staubfadenhaare von Tradescantia virginica. Die violette Zellflüssigkeit ist weiss gelassen. a. Die Zellmembran. b. Der Kern. e. Protoplasma. d. Contraetionswellen im Protoplasma. e. Schwimmhautähnliche Platte durch Zusammenfliessen zweier sehr feiner Stromfäden entstanden. f. Wandernde Brücke zwischen zwei stärkeren Protoplasmaströmen. Vergr. — #00), . Kleinere Zelle von Trasdescantia. Rechts ist die gefaltete Ober- fläche der Zellmembran sichtbar, mit der darunter liegenden, sehr feinen Ausbreitung des körnigen Protoplasma. #00. . Zelle von Tradescantia mit dem Zeichnenprisma genau copirt. A. Frisch in Wasser beobachtet. B. Dieselbe Zelle nach mässiger localer, elektrischer Reizung. Das Gebiet des gereizten Protoplasma erstreckt sich von &— b. e. Zu Klumpen und Kugeln contrahirtes Protoplasma. d. Blassere Bläschen und Keulen. #00. . Tradescantiazellen. In der Zelle A. ist die Wirkung mässiger paral- lel der Längsachse gehender Induetionsschläge, in B. diejenige stär- kerer Ströme dargestellt. In C. ist das Protoplasma durch Reissen der Zellmembran und durch den Eintritt von Wasser eoagulirt. *0%. . Amoeben durch starke Inductionsschläge zum Zerplatzen gebracht. a. Kern. b. Protoplasma. c. Der zusammengefallene membranöse Sack. d. Loch (?) im Nucleolus. #5%. 156 Fig. 6. Fie., 7. Fig. 8, Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12, Erklärung der Abbildungen. Tafel II. Zellen aus dem intermuseulären Bindegewebe des Frosches frisch in Lymphe untersucht: 1) Nackte Zellen mit unregelmässigen Kernen. | 2) Nackte Zellen mit regelmässigen, bläschenförmigen Kernen, 3) Zellen mit grobkörnigem Protoplasma. 4) Eine Zelle in einer blasigen Höhle der Grundsubstanz. Zellen aus demselben Bindegewebe nach kurzer Einwirkung vom Wasser. Das Protoplasma ist zu einem sehr feinkörnigen Netze geronnen, welches innerhalb grösserer, in der Grundsubstanz ent- -standener Blasen liegt. Die Kerne sind gequollen und enthalten theilweise Vacuolen. #0. | Bindegewebszellen frisch mit mässig verdünnter Essigsäure behan- delt. aa. Contouren, herrührend von den in der Grundsubstanz entstandenen Blasen. bb. Netze von geronnenem Protoplasma. cc. Die stark getrübten und geschrumpften Kerne. *0%. ' Tafel III. i Ein Stück Bindegewebe (wie in Fig. 6), genau mit dem Zeichnen- prisma copirt. Bezeichnung wie bei Fig. 6. a. Bindegewebsfibril- len; b. feine elastische Fasern. Der getonte Grund der Zeich- nung entspricht der glashellen homogenen Grundsubstanz des Gewebes. #00. Bindegewebszellen ebendaher genau mit dem Zeichnenprisma copirt. Die ausgeführten Linien zeigen die Umrisse der Zellen 30 Minuten nach Anfertigung des Präparats mit Lymphe. Die punctirten Linien zeigen die Zellen in der eine Stunde später erfolgten Formverän- derung. Bei a sind 2 Zellen durch vorgeschobene Fortsätze mit- einander verschmolzen. Bei b ist auch der Kern der Zelle von seinem ursprünglichen Platze fortgerückt. *%. Zellen aus der Cornea des Frosches. Frisch in Humor aqueus untersucht. Vergr. = *%. Die ausgeführten Linien entsprechen den Umrissen der mässig contrahirten Zellen in der soeben mit einem sehr scharfen Messer ausgeschnittenen Membran, die punc- tirten Linien bezeichnen die Umrisse der Zellen nach der 2 Stun- den später erfolgten Formveränderung. Hornhautzellen vom Frosch. Die ausgeführten Linien zeigen die Zellen, wie sie sich nach zweistündiger Ruhe der frischen Cornea in Humor aqueus darstellten. Die punctirten Linien entsprechen ig. 13. Fig. 16. Erklärung ‘der Abbildungen. 157 den Umrissen zwei Minuten nach directem Tetanisiren mit Indue- tionsschlägen. #004. Zellen aus einer Froschcornea, welche ‘eine Stunde in Humor aqueus ruhte. Die punctirten Linien bezeichnen die Zellen- umrisse gleich nach mechanischer Reizung eines nervenhaltigen Corneazipfels. #00. 4. A. Eine dilatırte Corneazelle durch ausgeführte Linien bezeichnet. Die hineingetragenen punctirten Linien zeigen die Umwandlung der Zelle nach der Reizung des Cornealrandes. Die schwarz aus- gefüllten kleinen Kreise entsprechen den bei der Contraction ver- lagerten Körnchen. DB. Dieselbe Zelle eine Stunde später. 5%. Auch Fig. 11— 14 sind mittelst Durchzeichnungen von genau mit dem Zeichnenprisma hergestellten Copien gewonnen, so dass selbst die relative Lage der contrahirten und dilatirten Zellen zu einander durch die Abbildung genau wiedergegeben wird. Nur Fig. 4 B. musste der Klarheit des Bildes wegen verschoben werden. Tafel IV. . Eintritt und Verbreitung eines Nervenstämmchens in die Cornea des Frosches. Frisches Präparat. aa. Dunkelrandige, markhaltige Nervenprimitivfasern. bb. Blasse Nervenfasern. cc. Blasse Kerne der Nervenscheide. dd. Theilungen der Nerven. ee. Kerne von annähernd dreieckiger Gestalt an den Theilungsstellen der Ner- ven. ff. Anastomosen und Plexusbildungen. gg. Seitlicher Aus- tritt blasser Nervenfasern aus den markhaltigen. Tafel V. Zellen aus der Cornea des Frosches nach längerer Behandlung mit Chromsäure von 0,01 Proc. Durch Schrumpfen der Grundsubstanz ist der Zellraum erweitert. aa. Kerne. bb. Feine Netze von ge- ronnenem Protoplasma. %0%, 7. Austritt einer feinen varicösen Nervenfaser (b) aus einer dunkel- randigen Faser (a). c. Comeazelle (Cornea vom Frosch, frisch in Humor aqueus). . Aus der anderen Cornea desselben Frosches, 24 St. nach der Deca- pitation in Humor aqueus ausgebreitet. a. Rechtwinkliger Aus- tritt eines Axencylinders aus einem schon markfreien Nervenstämm- chen. b. Scheide. c. Corneazellen mit varicösen Fortsätzen. d. Nackte varicöse Axencylinder. Die freien Enden derselben sind nur scheinbar, da sich die Fasern in andere Ebenen des Präpa- rats begeben. #004, 158 Erklärung der Abbildungen. Fig. 19. Uebergang feiner varicöser Nervenfasern in Zellen der Cornea. a. Dickeres Bündel von Fasern mit Kernen (b). Frisches Präparat in Serum. 400%. Fig. 20. Uebergänge der Corneanerven in Zellen. Präparat nach sehr flüchtiger Behandlung mit Chromsäure von 0,1 Procent und nach dem Abschaben des Epithels erhalten, a. Blasses Nervenbündel mit Kernen. 5%. { Tafel VI. Fig. 21, 22 und 23. Nervenendigungen in der Cornea des Frosches, nach Behandlung mit Chromsäure von 0,1 Procent mit dem Zeichnen- prisma genau copirt. #004. = Tafel VII. Fig. 24 und 25. Nervenendigungen aus der Froschcornea nach Behand- lung mit Chromsäure von 0,01 Proc. Die Kerne sind mit dem Protoplasma der Zellen zu einem Coagulum zusammengeballt, das sich als direete Fortsetzung der Nervenfasern darstellt. 35%. Fig. 26. Austritt feiner und kurzer Nervenfasern aus einem stärkeren blas- sen Stämmchen. Chromsäurepräparat nach sehr kurzer Einwirkung untersucht. 49%. Tafel VIII. Fig. 27. Zwei Zellen aus der Cornea des Frosches. Präparat in Chromsäure von 0,1 Procent gehärtet, mit Carmin gefärbt, nachdem die Fär- bung der Grundsubstanz gerade wieder durch Chromsäure entfernt war. Vergr.— 240%. Mit künstlichem Lichte unter Anwendung des Condensors beleuchtet und in allen Einzelheiten mit dem Zeich- nenprisma copirt. . Doppelt contourirte Membran des Kerns. . Trüber Inhalt des Kerns. . Kernkörperchen. .. Körnig geronnenes Protoplasma der Zelle. . Axencylinder. . Faltige Nervenscheide. f’. (B) Contouren der Grundsubstanz der Cornea, oder Grenzen der Saftcanälchen. ni S SD .p Bent nt 9 de wi ee net Ass Br, “ % 127 isn ul rn f nn j N Weiz d eine a PETE TIER a x Beeren rin 2 ui re , h 4 rw. Seen c Bei. \ & nF isir? er Pr Hs re L 73 Pe ri nn ußen % arg sr a; y » u dar - D un Er: Ba ei Mit ai | f Sie PT X N * 5 1 j & , Si re 2 EN üf ' j I) Tarr 2 I: Du" z 3 c j > f D » * . u, H 4 ee E j a % & L « 104 { r ha, = Tun iz k; v . * E * > 2 d u 1 . i ; . @ “ = nbhnn in + i ’ BER Ve Kan iz eh ee RE “ “. EL: Inn2TE. m. dr he FE 3 De en 5 ie ‚Verih Be a: en ar” . ıB$ ve, An. rg x. BE % i ! J WREt 5 vs % P) h £ u > N . dr E} er er ri Bl s. E P- Bei n 1 1 . - wi y & ram: An) # a a Wh A bi BF" De er > “|. eis: et N) ji L 5 . a‘ 1128 & 7 n Ä . 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Schultze, 0. ö. Prof. der Anatonıie in Bonn. gr. S. brosch. 1863. 16 Ngr. "> Deber die Eierstöcke der Säugethiere und des Menschen von Dr. E. F. W. Pflüger, o. ö. Professor der Physiologie an der Universität Bonn. Mit fünf Kupfertafeln. gr. 4. 1863. br. 3 Thlr. 10 Ngr. Das Mikroskop und die mikroskopische Technik. Bin Handbuch für Aerzte und Stulirende von Dr. Heinrich F'rey, Professor der Medicin an der Univ I Zürich. Mit 228 Figuren in Holzschnitt. gr. S. 1863. br. 2 Thlr. 20 Ner. “ Nies’sche Duchdru aka (Carl B. Lore) i in Leipzig. BEN # =”