Krabbe, G, Untersuchungen über das Diastaseferment unter specieller Berücksichtigung seiner Wirkung auf Stärke- körner innerhalb der Pflanze er — Untersuchungen über das Diastaseferment unter specieller Berücksichtigung seiner Wirkung auf Stärkekörner innerhalb der Pflanze. Von G. Krabbe. Hierzu 3 Tafeln. (Separat-Abdruck aus Pringsheim’s Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik, Band XXI, Heft 4.) Berlin, 1890, Verlag von Gebrüder Borntraeger. Ed. Eggers. no 251066 j . { i B| \ ı i Untersuchungen über das Diastaseferment unter specieller Berücksichtigung seiner Wirkung auf Stärkekörner innerhalb der Pflanze. Hierzu Tafel XIII bis XV. Einleitung. Es kann nicht meine Absicht sein, den nachfolgenden Unter- suchungen über die Natur und Wirkungsweise der Diastase eine eingehende Kritik der umfangreichen Litteratur vorauszuschicken, die über den vorliegenden Gegenstand vorhanden ist. Eine solche Kritik wäre auch insofern überflüssig, als jeder, der sich mit den Fermenten nach irgend einer Richtung eingehender befasst hat, ohne Weiteres zugeben wird, dass wir über das eigentliche Wesen der Fermente, sowie über die speciellen Ursachen ihrer eigenthümlichen Wirkung noch ziemlich im Unklaren sind. Was speciell das Diastaseferment betrifft, so wissen wir darüber trotz der vielen vorhandenen Arbeiten kaum mehr, als dass von demselben die Stärke in Zucker übergeführt wird. Die Arbeiten, die sich mit der Abhängigkeit dieser Diastasewirkung von Temperatur- verhältnissen sowie verschiedenen anderen Factoren beschäftigen, sind natürlich ausser Stande, uns einen tieferen Einblick in das eigent- liche Wesen der Fermentwirkung zu verschaffen. Das gilt besonders von den rein chemischen Untersuchungen; bekanntlich ist es noch nicht einmal gelungen, die chemische Constitution der Diastase festzustellen. Nach der Ansicht verschiedener Forscher, die man wohl als die herrschende bezeichnen kann, soll die Diastase von einem bestimmten, wenn auch noch unbekannten chemischen Individuum gebildet werden, allein durchschlagende Gründe sind bis jetzt von Seiten der Chemie für diese Anschauung nicht erbracht worden. Dass die Diastase in Wasser ziemlich klare „Lösungen“ bildet, ist selbstverständlich noch kein Beweis, dass eine wirkliche Lösung im chemisch-physikalischen Sinne vorliegt. Ein solcher Beweis folgt auch nicht aus der That- sache, dass die Diastase durch Filtrirpapier und Kohlenfilter hin- durchgeht. Nach meinen Erfahrungen gehen durch solche Filter auch eine Menge mikroskopisch leicht nachweisbarer Körper, wie Bacterien, Hefezellen, kleine Stärkekörner, Protoplasmatheilchen ete., Bestandtheile, die durch die verschiedene Behandlung der Diastase, 1 2 G. Krabbe, z. B. durch Fällen derselben vermittelst Alkohol und Wiederauflösen in Wasser, nicht vollständig beseitigt werden können. Damit aber eine nachweisbare Trübung des Wassers eintritt, müssen die frag- lichen Körperchen schon in grosser Anzahl vorhanden sein. So scheint es mir denn z. B. mehr als fraglich, ob man bei den ver- schiedenen Versuchen mit der Diastase jemals eine Lösung in Händen gehabt, die vollständig frei von Bacterien war. Angesichts dieser Sachlage ist es nicht zu verwundern, wenn wir über die Beschaffenheit der Diastase Ansichten vertreten finden, die der soeben skizzirten diametral gegenüber stehen. Nach Ad. Mayer z. B. wird ein Ferment nicht von einer chemisch genau definirbaren Substanz gebildet, dasselbe soll vielmehr aus lebendem Protoplasma bestehen, da es nach seiner Ansicht Theilchen, „Splitter“ des letzteren sind, von denen die Ferment- wirkung ausgeht. Hierauf und auf die Anschauungen Wigand’s kommen wir später noch ausführlicher zurück. Von weit grösserem Interesse aber als die verschiedenen An- sichten der Chemiker über die Natur der Diastase sind für den vorliegenden Gegenstand die Untersuchungen der Botaniker “über die Art und Weise der Stärkeauflösung unter Einwirkung des Diastaseferments. Gerade die hier erhaltenen Untersuchungsergebnisse sind es, aus denen man unter der Voraussetzung ihrer Richtigkeit die Folgerung ziehen könnte, dass es sich bei den wässerigen Diastaseauszügen um eine wirkliche moleculare Lösung und darum aller Wahrscheinlichkeit nach um eine chemisch einheitliche Substanz handelt. Alle bisherigen Forscher stimmen wenigstens in der Be- hauptung überein, dass das Diastaseferment in die Substanz der Stärke- körner eindringe und auf diese nach Art der Säuren und Alkalien eine auslaugende Wirkung ausübe. Vor Allem ist es Nägeli, der bei der Entwickelung seiner bekannten Fermenttheorie diese vermeint- liche Uebereinstimmung zwischen der Wirkungsweise der Diastase und derjenigen der Säuren mit besonderem Nachdruck hervorhebt. Wie aber im ersten Theil dieser Abhandlung auf Grund ein- gehender mikroskopischer Untersuchungen gezeigt werden soll, ist die ‚herrschende Anschauung über die Wirkung der Diastase auf intacte Stärkekörner unhaltbar. Das Diastaseferment dringt nicht in die Substanz der Stärkekörner ein und ist deshalb auch ausser Stande, eine auslaugende Wirkung nach Art der Säuren auszuüben. Untersuchungen über das Diastaseferment etc, 3 Die Thatsachen, aus denen sich der vermeintliche Auslaugungs- process ergeben soll, beruhen zum grossen Theil auf unrichtigen Beobachtungen, die ja auf einem sö schwierigen Gebiete mikrosko- pischer Untersuchung leicht möglich sind. Viele Irrthümer würden indessen, wie ich glaube, vermieden sein, wenn man bei den bis- herigen Untersuchungen die auslaugende Wirkung der Diastase nicht von vornherein als etwas Selbstverständliches angenommen hätte. Unabhängig von dem angedeuteten Untersuchungsergebniss ist die Frage nach den Entstehungsursachen der verschiedenartigen localen Corrosionen, die in den meisten Fällen während der Stärke- auflösung zu beobachten sind. Wie wir sehen werden, ist auch hier die herrschende Anschauung, nach der die fraglichen Corrosionen mit besonderen Structurverhältnissen der Stärkekörner zusammen- hängen sollen, unhaltbar. Ebenso wenig sind die vorhandenen Fermenttheorieen, die sich eigentlich nur mit dem Umwandlungs- process der Stärke in Zucker beschäftigen, im Stande, uns über die Ursachen der localen Corrosionen irgend welchen Aufschluss zu geben. Was nun schliesslich die wiederholt aufgeworfene und discutirte Frage nach dem eigentlichen Wesen des Diastaseferments betrifft, so hoffe ich auch nach dieser Seite einiges Material beizubringen, das uns in den Stand setzt, wenigstens eine präcisere Definition von der Diastase zu geben, als es bisher möglich war. Die Ansicht, dass die Diastase direct aus-irgend welchen lebenden Protoplasma- theilchen oder gar aus Mikroorganismen bestehe, ist nicht aufrecht zu erhalten. Andererseits muss aber auch die Vorstellung, dass die Diastase in Wasser eine moleculare Lösung bilde, als unzutreffend bezeichnet werden. Die später mitzutheilenden Versuche über den Durchgang der Diastase durch engporige Thonzellwände etc. in Ver- bindung mit der Thatsache, dass die Diastase nicht in die Stärke- körner einzudringen vermag, zwingen uns vielmehr zu der Annahme, dass die wirksamen Theilchen des Diastaseferments aus Einheiten höherer Ordnung bestehen, die sich erst aus den einzelnen Moleeülen zusammensetzen. Zum Schluss dieser einleitenden Bemerkungen möchte ich noch in aller Kürze an die von Arth. Meyer vertretene Ansicht erinnern, wonach die Entstehung der sichtbaren Schichtung der Stärkekörner mit einer Fermentwirkung zusammenhängen soll. Eine Schichten- bildung auf diesem Wege ist natürlich nur möglich, wenn das 1* 4 G. Krabbe, Ferment der herrschenden Anschauung gemäss in die Stärkekörner einzudringen vermag und eine auslaugende Wirkung ausübt, was von Arth. Meyer auch ohne Weiteres angenommen wird. Nach obigen Bemerkungen über die Wirkungsweise der Diastase versteht es sich von selbst, dass die Arth. Meyer’sche Ansicht über die Entstehung der Schichtung unzutreffend sein muss. Auf diese und andere Punkte kommen wir jedoch später noch ausführlich zurück. Erster Theil. 1. Die Auflösung der Gramineen-Stärke im keimenden Samen. Triticum vulgare. — Die Stärkekörner im Endosperm von Triticum vulgare besitzen bekanntlich eine scheibenförmige Ge- stalt mit gewöhnlich kreisföormigem Rande. Sobald man diese scheibenförmigen Stärkekörner frei im Wasser auf den Objectträger bringt, legen sie sich natürlich sämmtlich auf die flache Seite. Es ist unter solchen Umständen mit einiger Schwierigkeit verbunden, ein Korn für längere Zeit auf die Kante zu stellen, um dasselbe in dieser Stellung beobachten zu können. Wie wir nachher sehen werden, ist aber eine solche Beobachtung durchaus nothwendig, um zu einer richtigen Beurtheilung der verschiedenen Corrosionen zu gelangen, die vom Diastaseferment an den Stärkekörnern der Gra- mineen hervorgerufeä werden. Man bekommt z. B. über den eigent- lichen Verlauf der Porencanäle, die während der Keimung in den Stärkekörnern zu entstehen pflegen, nur dann eine richtige Vor- stellung, wenn man die Stärkekörner unter dem Mikroskop dreht und von allen Seiten zu beobachten sucht. Da sich ein Stärkekorn von Triticum vulgare, sobald es aufgerichtet ist, im labilen Gleichgewicht befindet, fällt es natürlich ohne künstliche Stütze sofort wieder auf die flache Seite zurück. Sehr oft gelingt es, ein auf die Kante gestelltes Stärkekorn durch Anlehnen an ein benachbartes Korn wenigstens in schräger Stellung zu erhalten. Am einfachsten aber gelangt man dadurch zum Ziele, dass man die Stärkekörner in dickflüssigen Medien, z. B. in ziemlich concentrirtem Glycerin beobachtet. Da sich in solchen Flüssigkeiten Lagenänderungen fester Körper viel schwerer und langsamer voll- ziehen als in Wasser, so gelingt es in den meisten Fällen ver- Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 5 hältnissmässig leicht, durch geeigneten Druck auf das Deckgläschen ein Korn in jeder beliebigen Lage längere Zeit zu beobachten. Die erste Einwirkung des Diastäseferments auf die Stärkekörner von Triticum vulgare macht sich in Erscheinungen bemerkbar, wie sie durch Fig. 1 auf Taf. XIII veranschaulicht werden. Ab- gesehen von den keil- oder kegelförmigen Ausschnitten am Rande des Kornes (a, c, k ete.), die im Gegensatz zu den übrigen Theilen des Kornes durch eine deutliche Schichtung ausgezeichnet zu sein scheinen, finden sich auf der dem Beobachter zugekehrten flachen Seite eine grössere Anzahl mehr oder weniger kreisrunder Partieen, die unter dem Mikroskop fast genau so aussehen, wie Membrantüpfel in der Flächenansicht einer Zellwand. Wie eine genauere Unter- suchung ergiebt, sind diese röthlich schimmernden Stellen Poren- canäle, die von der flachen Seite aus in das Korn hineingehen. In dem Maasse, als sich diese Canäle nach dem Innern des Kornes ver- längern, vergrössert sich auch in der Regel in der hinteren Region ihr Querschnitt, wobei derselbe zuweilen in eine elliptische oder eiförmige Gestalt übergeht. Eine nachträgliche Querschnittsvergrösserung der Poren geht schon aus dem Umstande hervor, dass die letzteren unter sich einen ungleich grossen Durchmesser besitzen; und zwar sind die Porencanäle mit dem grösseren Lumen in der Regel auch am weitesten in das Korn vorgedrungen, also am längsten. Von dieser ungleichen Länge der Porencanäle kann man sich schon bei der Flächenansicht des Kornes durch allmählich tiefere Einstellung des Objectivs überzeugen; es verschwinden dabei einige Poren viel früher aus dem Gesichtsfeld als andere, was natürlich nur möglich ist, wenn die Poren ungleich lang sind. So lange sich die Einwirkung des Diastaseferments auf die Stärkekörner in den Anfangsstadien befindet, verschwinden gewöhn- lich bei allmählich tieferer Einstellung des Objectivs sämmtliche Poren an der nach oben gelegenen Seite des Kornes aus dem Ge- sichtsfelde, während bei noch tieferer Einstellung die .Poren an der unteren Kornseite zum Vorschein kommen, vorausgesetzt natürlich, dass hier überhaupt Poren vorhanden sind. Man überzeugt sich hierbei, dass die Porencanäle der beiden Seiten eines Stärkekornes nicht miteinander correspondiren, wie dies bei den Membrantüpfeln zweier benachbarter Zellen der Fall ist. Auch besteht in der Zahl der Canäle an den Seiten eines Kornes keinerlei Uebereinstimmung; 6 G. Krabbe, die Poren können sogar an einer Seite gänzlich fehlen, während sie an der anderen in grosser Anzahl vorhanden sind. In den Zwischenräumen bereits vorhandener Poren gelangen successiv neue zur Ausbildung, in regelloser Anordnung. Eine successive Entstehung der Poren ergiebt sich einmal schon aus der ungleichen Länge derselben, vor Allem aber aus dem Umstande, dass ihre Zahl mit der Dauer der Fermentwirkung zunimmt. — Bevor wir jedoch diese und andere Verhältnisse weiter verfolgen, mögen zunächst diejenigen Veränderungen ‚besprochen werden, die beim Beginn der Diastasewirkung am Rande der Körner zu beobachten sind. Wie schon kurz angedeutet wurde, entstehen am Rande der scheibenförmigen Stärkekörner mit der Basis nach aussen gerichtete dreieckige Ausschnitte resp. keilförmige Partieen, die sich vor Allem durch ein schwächeres Lichtbrechungsvermögen von der übrigen Substanz des Kornes deutlich abgrenzen. Ausserdem scheint an den fraglichen Stellen eine deutliche Schichtung vorhanden zu sein, von welcher vor dem Beginn der Fermentwirkung am intacten Korn nichts wahrzunehmen war. Man bekommt bei oberflächlicher Beob- achtung ganz den Eindruck, als ob die fraglichen keilförmigen Stellen im Rande der Körner durch eine local begrenzte Auslaugung von Seiten der Diastase entstanden seien. So ist auch in der That diese Erscheinung, von älteren Beobachtern abgesehen, noch neuer- dings von Wigand!) aufgefasst worden. Die Gramineenstärke- körner sollen, wenn auch in unsichtbarer Weise, aus Schichten mit ungleichem Gehalt an Granulose bestehen, und die vermeintliche Schichtung an den keilförmigen Partieen im peripherischen Theil der Körner soll dadurch zu Stande kommen, dass hier die granulose- reichen Schichten stärker vom Ferment angegriffen und ausgelaugt werden als die granulosearmen. Dass die keilförmigen Partieen in Wirklichkeit keine ausgelaugten Stellen des Stärkekornes repräsentiren, davon überzeugt man sich sofort, wenn man ein Korn auf die Kante stellt. Es zeigt sich dann ganz deutlich, dass wir es mit reellen Porencanälen zu thun haben, die vom Rande aus in das Stärkekorn hineingehen. Bei der Ansicht der Porencanäle von oben, wobei man deutlich in die Oeffnung hineinsieht, zeigen sich dieselben in der Regel so scharf begrenzt, 1) A. Wigand, Das Protoplasma als Fermentorganismus. (Forschungen aus dem botanischen Garten zu Marburg, Heft III, p, 118.) Zn Hirn ee er Untersuchungen über das Diastaseferment etc. l dass man den Eindruck bekommt, als ob die Stärkesubstanz an bestimmten Stellen des Randes vermittelst eines scharfen Instrumentes entfernt worden sei (Taf. XIII, Fig..2, a und b). Wie man sich ferner durch Beobachtung der Porencanäle von oben überzeugt, ist der Querschnitt derselben nur in den ersten Entwickelungsstadien ein kreisförmiger; derselbe wird bald elliptisch, schliesslich sogar ausgesprochen spaltenförmig, indem sich der Durch- messer vorwiegend in der Richtung der kreisförmigen Kante er- weitert, während derselbe senkrecht zu den flachen Seiten des Kornes ziemlich unverändert bleibt. Was den Ort der Entstehung und die gegenseitige Lage der Poren betrifft, so ist hier keinerlei Regel zu beobachten; sie entstehen oft in einer Region des Randes in ver- hältnissmässig grösserer Zahl, während sie in einer anderen gänzlich fehlen. Der Beginn der Porenbildung macht sich bei der Profilansicht des Kornes in kleinen Randeinkerbungen bemerkbar, wie sie in Fig. 1 bei b, d, e etc. zu sehen sind. Wenn nun durch den local begrenzten Angriff der Diastase auf die Stärkekörner von Triticum vulgare reelle Porencanäle ent- stehen: woher rührt dann die eigenthümliche Schichtung, die nur soweit deutlich ist, als sich die Poren erstrecken? Die hier in Frage kommenden Verhältnisse treten sofort klar hervor, wenn man bei der Profilansicht der Poren möglichst auf die Mitte derselben einzustellen sucht, um sie gewissermaassen im optischen Längs- schnitt zu beobachten. Es stellt sich dann heraus, dass die seit- liche Begrenzungslinie der Poren nicht gerade, sondern wellenförmig verläuft resp. gekerbt ist. Diese Kerbung kommt dadurch zu Stande, dass die dichteren Schichten an den Seiten der Poren leistenförmig in das Lumen der letzteren vorspringen. Diese vorspringenden dichteren Schichten entsprechen den Bergen, die weniger dichten Schichten dagegen den Thälern der wellenförmigen Begrenzungslinie der Poren. Während der Bildung der Canäle übt also das Ferment auf die weniger dichten Schichten einen grösseren Einfluss aus als auf die dichten; die ersten werden von dem Ferment in einem grösseren Umfange weggefressen als die letzteren; daher kommt es, dass die dichten Schichten über die weniger dichten hervorragen. Räumlich gedacht sieht also das Innere eines Porencanals genau so aus, wie das Innere einer Schraubenmutter; die nach innen vor- springenden Schraubenwindungen derselben entsprechen den vor- \ j 7 CO‘ } 8 G. Krabbe, springenden dichteren Schichten an den Seiten der Porencanäle, nur mit dem Unterschiede, dass hier diese Leisten in Form von getrennten Ringen angeordnet sind und keine zusammenhängende Spirale bilden, wie die Windungen einer Schraubenmutter. Wenn im Vorstehenden von dichten und weniger dichten Schichten die Rede ist, so soll damit nicht gesagt sein, dass eine solche Schichtung bei den Stärkekörnern unserer Getreidearten an- genommen werden muss. Ob eine Schichtung im Nägeli’schen Sinne vorliegt, oder ob nur unter sich gleiche Lamellen oder Schichten mit deutlichen Contactflächen anzunehmen sind, will ich hier ganz dahingestellt sein lassen, da dieser Punkt für den vorliegenden Gegenstand ohne Bedeutung ist. Denn es bedarf keiner besonderen Auseinandersetzung, um einzusehen, dass auch bei der Annahme von Contactflächen die oben besprochenen Erscheinungen an den Porencanälen im Wesentlichen dieselben bleiben. Man braucht das Ferment unter diesen Umständen an den Begrenzungsflächen nur besonders stark auf die Lamellen einwirken zu lassen, um dieselben leistenförmigen Vorsprünge zu bekommen, wie bei der Nägeli’schen ıı Schichtung. Wenn die wasserreichen Schichten sehr dünn werden, \ ist es überhaupt nicht mehr möglich, sie von deutlichen Contact- / flächen zu unterscheiden. = Wie also gezeigt wurde, sind die vom Rande nach der Mitte des Kornes vorspringenden Keile in Wirklichkeit Porencanäle, deren Profil- ; ansicht eine Schichtung hervortreten lässt, die nur eine scheinbare ist. | Was nun die Anlage und successive Verlängerung der fraglichen Porencanäle nach dem Innern eines Kornes betrifft, so will ich schon hier in Kürze die wichtige That- sache hervorheben, dass hierbei von einer auslaugenden Thätigkeit der Diastase nichts zu beobachten ist. Dies folgt schon aus der scharfen Umgrenzung der Poren in allen Entwickelungsstadien derselben. Während der Ent- wickelung der Canäle erfährt die Stärkesubstanz ausser- halb derselben keinerlei Veränderung, weder im Licht- brechungsvermögen, noch im Verhalten beliebigen Re- agentien gegenüber. Quellungsmittel rufen an corrodirten j Körnern dieselben Veränderungen hervor wie an intacten. Was speciell die Jodlösung betrifft, so färbt dieselbe E die Substanz corrodirter Körner bis zum Lumen der Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 9 Canäle in derselben Weise blau, wie vom Ferment nicht angegriffene Körner. Aus diesen und anderen :Thatsachen folgt meiner Meinung nach mit aller Bestimmtheit, dass das Diastase- ferment ausser Stande ist, in die intermicellaren Räume eines Stärkekornes einzudringen, und dass darum auch von einer auslaugenden Wirkung desselben nicht die Rede sein kann. Vielmehr entstehen die Porencanäle, indem an bestimmten Regionen eines Stärkekornes in centripetaler Richtung die Substanz successive, gleich- sam Molecül für Molecül, weggenommen wird. Von dieser localen Wirkung der Diastase abgesehen, kann darum die Zerstörung eines Stärkekornes ohne Weiteres mit der Lösung eines Krystalls verglichen werden. Denn auch bei der Lösung der Krystalle findet bekanntlich kein Eindringen des Lösungsmittels statt; ein Krystall wird allmählich kleiner und verschwindet zuletzt, indem die peripherisch gelegenen Molecüle successive von einander getrennt und in das Lösungsmittel übergeführt werden. Dass die Krystallmolecüle bei dieser Lösung unverändert bleiben, während die Stärkemolecüle eine chemische Veränderung erfahren, ist zunächst von nebensächlicher Bedeutung. Denn diese Umwandlung der Stärke in Zucker ist offenbar erst ein secundärer Process, der in keinem direeten Zusammenhang mit der Lösung der Stärkekörner zu stehen braucht. Während sich die Porencanäle nach dem Innern des Kornes verlängern, pflegen sie sich in der Regel zu verzweigen, wobei sie an mehreren Stellen innerhalb eines Kornes in gegenseitige Com- munication treten. So gelangt schliesslich im Innern des Kornes ein reich ver- zweigtes, complicirtes Canalsystem zur Ausbildung, wodurch endlich ein Korn zum Zerfall gebracht wird, etwa in derselben Weise, wie z. B. ein von Insektengängen nach allen Richtungen durchsetzter Hutpilz schliesslich zu einem Pulverhaufen zusammensinkt. Sind die vorstehenden Angaben über die Wirkungsweise der Diastase richtig, dann darf natürlich ein Porencanal niemals im Innern eines Stärkekornes entstehen, d. h. hier seinen Anfang nehmen, BEE RR 31 << % 10 G. Krabbe, Wie eine sorgfältige Entwickelungsgeschichte zeigt, kommt so etwas auch in Wirklichkeit nicht vor; die gegentheiligen Behauptungen beruhen auf Irrthum. Alle Porencanäle nehmen ihren Anfang an der Oberfläche eines Korns; im Innern desselben entstehen : neue Canäle nur als secundäre Abzweigungen von älteren, die ihrerseits nach aussen münden. Es wird nicht überflüssig sein, die hier in Frage kommenden Verhältnisse an einigen concreten Beispielen näher zu erläutern. Sobald ein Porencanal eine Strecke weit in ein Stärkekorn einge- drungen ist, bildet er Verzweigungen, indem sich die Spitze in zwei oder mehrere Aeste gabelt. Sehr oft kommen die Verzweigungen auch dadurch zu Stande, dass sich in grösserer oder geringerer Ent- fernung von dem Scheitel eines Canals Aeste seitlich abzweigen. Wie Fig. 11 zeigt, haben wir hier zunächst nur einen bei a in das Korn hineingehenden Canal, der im Innern des Kornes in die 4 Aeste b, c, d, e ausläuft. Was die letzteren betrifft, so ist ohne Weiteres ein- leuchtend, dass dieselben bei ihrer weiteren Verlängerung an irgend einer Stelle aus dem Stärkekorne gewissermaassen herauswachsen müssen. Man denke sich hierbei zunächst den einfachsten Fall, dass ein unverzweigter Canal irgendwo aus dem Korn hinauswächst, also das ganze Korn durchsetzt; wir haben dann einen Porencanal mit einer Eingangs- und Ausgangsöffnung. Es lässt sich natürlich in solchen Fällen nicht immer mit Sicherheit entscheiden, wo die Eingangs- und wo die Ausgangsöffnung eines solchen Canals zu suchen ist. Ein im Innern eines Kornes sich verzweigender Canal hat selbstver- ständlich nur eine Eingangsöffnung und mehrere Ausgänge, sobald auch die Zweigeanäle nach aussen münden. Das in Fig. 16 dargestellte Stärkekorn besitzt an seiner Ober- fläche 4 Oeffnungen, a, b, c und d, die, wie man sieht, zu einem im Innern des Kornes zusammenhängenden Gangsystem führen, wie die Mündungen zu den in der Erde mit einander communieirenden Röhren eines Fuchsbaues. In dem vorliegenden Fall ist nicht mehr mit Sicherheit anzugeben, wo das Ferment in das Korn eingedrungen ist, und wo die Ausgangsöffnungen zu suchen sind. Nach der Weite und der sonstigen Gestalt der Porencanäle zu urtheilen, entstand zu- nächst im Punkte b ein Gang, von dem das ganze Canalsystem ab- stammt; darnach hätten wir also in Fig. 16 nur eine Eingangs- öffnung (b) und drei Ausgangsöffnungen (a, c und d). Dagegen lässt Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 41 sich von dem Canal e bestimmt angeben, dass er als eine secundäre Abzweigung entstanden ist und bei seiner weiteren Verlängerung an irgend einer Stelle zwischen a und.c nach aussen münden wird; sobald dies der Fall ist, besitzt das Canalsystem 4 Ausgangsöffnungen. Dass auf diese Weise überaus complicirte Canalsysteme zur Ausbildung gelangen können, ist auch ohne Erläuterung weiterer Beispiele klar. Das Canalnetz im Innern eines corrodirten Stärkekornes erfährt noch dadurch eine nicht unerhebliche Complication, dass anfänglich getrennt verlaufende Gänge während ihrer Verlängerung und Ver- zweigung in gegenseitige Communication treten, indem ein Canal in den andern mündet, oder indem an einer oder mehreren Stellen die trennende Stärkesubstanz nebeneinander verlaufender Canäle voll- ständig gelöst wird, eine Erscheinung, für die sich geradezu unzählige Beispiele anführen liessen; sie ist sogar im Innern ein und desselben Stärkekornes gewöhnlich an verschiedenen Stellen zu beobachten. Das Canalnetz eines Stärkekornes zeigt im Kleinen ein ähnliches Bild, wie eine Anzahl mit einander communicirender Flüsse. Wie z. B, aus Fig.3 auf Taf. XIII hervorgeht, sind die ursprünglich getrennt verlaufenden Porencanäle a, b und c im Innern des Kornes in mehrfache Communication mit einander getreten. Zwischen b und.c ist der Verbindungscanal d entstanden, während a und b durch e in gegenseitige Verbindung getreten sind. Eine solche Vereinigung hat ferner im Punkte q zwischen den Canälen m und n stattgefun- den, und zwischen den Canälen o und i in der Region p. Nur von den Gängen m und n lässt sich noch genau angeben, wo ihre Vereinigung erfolgte, nämlich im Punkte q; bezüglich der anderen Gänge sind wir in dieser Hinsicht beim vorliegenden Entwickelungsstadium nur noch auf Vermuthungen angewiesen. Was den Canal c betrifft, so hat derselbe wahrscheinlich an seiner Spitze die beiden Gabeläste i und d gebildet, und diese sind dann mit dem Canal b in den Punk- ten r und p in Verbindung getreten. Die Sache kann sich aber auch anders verhalten; es ist möglich, dass sich der Porencanal b in die Aeste d und o gabelte, und dass diese dann bei ihrer Verlängerung schliesslich in den Canal ce mündeten. Doch würde es viel zu weit führen, diese interessanten Momente ausführlicher zu erörtern; ich muss mich im Wesentlichen auf die einfache Constatirung der Thatsache beschränken, dass die Porencanäle im Innern eines Kornes in verschiedener Weise in gegenseitige 12 G. Krabbe, Communication treten. — Um noch einen Moment bei der citirten Figur stehen zu bleiben, so lehrt eine eingehende Betrachtung der- selben, dass eine Vereinigung anfänglich getrennter Poren bei ihrer Weiterentwickelung auch noch an andern als den soeben hervorgehobenen Stellen erfolgen muss. "So wird der im vor- liegenden Entwickelungsstadium noch isolirte Canal h bei seiner Ver- längerung in den Gang d münden, und was s und t betrifft, so ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, dass dieselben bei längerer Ein- wirkung des Diastaseferments vermittelst des sich gabelnden Canales g in gegenseitige Communication getreten sein würden. Von diesem Augenblicke an würden sämmtliche Porencanäle mit Ausnahme von v unter sich in Verbindung stehen. Das durch Verzweigung und gegenseitige Vereinigung ursprüng- lich isolirter Porencanäle im Innern eines Kornes zur Ausbildung gelangende Canalsystem gestaltet sich noch bedeutend complieirter, wenn man nicht nur die am Rande, sondern zugleich auch die auf den flachen Seiten eines Kornes entstehenden Poren in Betracht zieht. Denn diese können sich während ihrer Verlängerung ebenfalls ver- zweigen und unter sich, vor allem aber mit den vom Rande kommen- den Poren vielfache Communicationen bilden. Um sich hierüber zu orientiren, muss man natürlich die Körner unter dem Mikroskop drehen, damit sie in allen möglichen Lagen beobachtet werden können. Bei jeder Aenderung der mikroskopischen Einstellung ändert sich auch das Bild des Canalsystemes; um eine Vorstellung von der räumlichen Anordnung desselben zu bekommen, sind die verschiedenen An- sichten mit einander zu combiniren. In den beigegebenen Zeichnungen ist stets nur die Anordnung der Porencanäle in einer bestimmten Ebene wiedergegeben worden. So lange bei der Auflösung der Stärke von Triticum vulgare nur die soeben beschriebenen Porencanäle in Frage kommen, ist es verhältnissmässig leicht, den sicheren Nachweis zu liefern, dass die Entstehung derselben nicht auf einen Auslaugungsprocess zurückge- führt werden kann. Man findet aber unter den in Auflösung be- griffenen Stärkekörnern manche, die bei oberflächlicher Beobachtung ganz den Eindruck machen, als ob sie vom Rande aus auf grosse Strecken thatsächlich ausgelaugt worden seien. Dies gilt z. B. von dem in Fig. 7 Taf. XIII wiedergegebenen Korn, an dem in der Region a ein Aus- Jaugungsprocess gewirkt zu haben scheint; hier ist wenigstens in der Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 13 Flächenansicht des Kornes eine Schichtung bemerkbar, die mit der Bildung von Porencanälen anscheinend in keiner Beziehung steht, Indessen zeigt die genaue Entstehungsgeschichte dieser schein- bar ausgelaugten Partieen, dass es sich bei ihnen um dieselben Factoren handelt, wie bei der Bildung der Porencanäle. Ich erinnere zunächst an die bereits oben kurz hervorgehobene Thatsache, dass die am Rande des Kornes entstehenden Porencanäle ihren Durchmesser fast aus- schliesslich in der Richtung der kreisförmigen Kante vergrössern, wo- bei der anfänglich kreisrunde Querschnitt eine elliptische und schliess- lich sogar eine spaltenförmige Gestalt annimmt. Es leuchtet sofort ein, dass bei dieser eigenthümlichen Querschnittsvergrösserung an- fänglich getrennt neben einander verlaufende Poren seitlich mit ein- ander verschmelzen müssen, eine Erscheinung, die man bei den Stärkekörnern von Triticum vulgare in allen möglichen Stadien beobachten kann. In Folge dieses Processes entstehen am Rande vieler Körner oft langgestreckte Spalten, die nicht selten mehr als ein Drittel des ganzen Kornumfanges einnehmen und so zu der Täuschung Veranlassung geben können, dass hier ein gleichmässiges Auslaugen stattgefunden habe. Man sieht also auch hier wieder, wie nothwendig ein Drehen des Kornes ist, um sich vor Irrthümern zu bewahren. Die scheinbar ausgelaugte Partie a des in Fig. 7 wiedergegebenen Kornes ist ganz sicher aus einer solchen seitlichen Verschmelzung zweier oder mehrerer Poren hervorgegangen. Das zeigt vor allem die Betrachtung des Spaltes von oben, wobei dieser an den Stellen, wo die Vereinigung stattgefunden hat, noch deutlich Verengerungen erkennen lässt. Wenn nämlich zwei Poren von elliptischem Quer- schnitt seitlich mit einander verschmelzen, so muss der hierdurch entstehende Spalt an der Vereinigungsstelle der Poren eine Ein- schnürung zeigen, die erst allmählich verschwinden kann. Diese Verengerungen eines durch seitliche Verschmelzung von Poren ent- standenen Spaltes sind zuweilen auch in der Flächenansicht eines Kornes mehr oder weniger deutlich zu erkennen; sie erscheinen als radial verlaufende, die Schichten senkrecht durchsetzende Leisten, die in den ausgelaugten Partieen durch ein stärkeres Lichtbrechungs- vermögen hervortreten. Die citirte Fig. 7 liefert ein Beispiel, an dem man die seitliche Verschmelzung von Porencanälen fast in allen möglichen Stadien beobachten kann. Dieser Vorgang ist z. B. ganz deutlich 14 G. Krabbe, in der Region d an den Poren k, i und h zu verfolgen; man sieht, wie die Porencanäle i und h in ihren unteren 'Theilen bereits mit einander verschmolzen sind und nur noch am Rande des Kornes durch ein keilförmiges Stück intaeter Stärkesubstanz von einander getrennt werden. Zwischen den Canälen k und i bildet die trennende Stärkesubstanz nur noch eine schmale Leiste; dasselbe lässt sich noch an anderen Poren desselben Kornes beobachten. Sobald die trennende Stärkesubstanz zwischen den Poren in der Region d Fig. 7 vollständig verschwunden ist, hat man auch hier, wie in der Region a, eine verhältnissmässig grosse Partie des Kornes, die in der Flächen- ansicht gleichmässig ausgelaugt erscheint. Offenbar sind es solche Körner gewesen, die Baranetzky!) zu der irrigen Ansicht ver- leiteten, dass das Diastaseferment in die Stärkesubstanz eindringe und hier eine auslaugende Wirkung ausübe. An den Stärkekörnern von Triticum vulgare sind zuweilen noch andere Erscheinungen bemerkbar, die leicht zu irrthümlichen Anschauungen über die Wirkungsweise des Diastaseferments Anlass geben können. Es treten nämlich in manchen Körnern concentrische, in der Richtung der Schichten verlaufende, spaltenförmige Canäle auf, die zuweilen den Eindruck erwecken, als ob sie im Innern des Kornes ohne Beziehung zur Aussenwelt entstanden seien. Beim Drehen des Kornes findet man jedoch, dass die fraglichen Gänge an irgend einer Stelle der Stärkekornoberfläche direct nach aussen münden oder mit Canälen communiciren, deren Eingangsöffnung an der Oberfläche des Kornes liegt. Diese von aussen kommenden Fermentgänge sind es, von denen demnach in manchen Fällen die concentrisch verlaufenden Canäle genetisch abzuleiten sind. Die hier in Frage kommenden Verhältnisse werden am besten durch die Figuren 4 und 7, Taf. XIII, veranschaulicht. Die senk- recht zur Schichtung verlaufenden Gänge a und b in Fig. 4 münden in den concentrisch verlaufenden Canal d. Nach anderweitigen Be- obachtungen lässt sich nun auch für den vorliegenden Fall mit Sicherheit behaupten, dass der fragliche Canal d die seitliche Ver- längerung von a und b darstellt, mit anderen Worten nicht unab- hängig von diesen nach aussen mündenden Gängen entstanden ist. Da die vom Diastaseferment gebildeten Gänge nach allen Rich- 1) J. Baranetzky, Die stärkeumbildenden Fermente in den Pflanzen, Leipzig 1878, p. 49. Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 15 tungen im Korn verlaufen können, so kann es nichts Auffallendes haben, wenn hier und da einige Canäle genau in der Richtung der concentrisch angeordneten Schichten eines Kornes verlaufen. Nur ist die Entscheidung der Frage von grosser Bedeutung, ob die be- treffenden Canäle, wie Baranetzky angenommen hat, im Stärkekorn selber, d. h. ohne Beziehung zur Aussenwelt entstehen oder ob sie nur Endigungen oder seitliche Aeste von aussen kommender Canäle repräsentiren. Wie wir nachher sehen werden, scheint man in diesen wie in anderen Fällen die Schwierigkeiten nicht empfunden zu haben, die sich für die Erklärung der Diastasewirkung ergeben würden, wenn die concentrischen Gänge im Innern des Kornes, von homogenen Schichten des letzteren umschlossen, entständen. — Wie noch in Kürze an den Figuren 4 und 7 gezeigt werden mag, können auch die eoncentrischen Canäle seitliche Auszweigungen bilden. Von dem Canal d in Fig. 4 geht nach innen der Gang c ab, der dann weiter nach dem Innern des Kornes in den wiederum concentrisch ver- laufenden Canal e mündet. Was den concentrischen Porencanal h betrifft, so steht derselbe offenbar mit f in genetischer Beziehung. Aehnliche Verhältnisse sind an Fig. 7 zu beobachten, wo im mitt- leren Theil des Kornes mehrere concentrische Canäle vorhanden sind. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass der Durchmesser dieser Canäle in den meisten Fällen viel grösser ist als die Dicke einer wasserreichen Schicht; der eigenthümliche Verlauf derselben kann also nicht mit der Annahme erklärt werden, dass die Diastase den leichter angreifbaren Schichten folgt. Da die vorstehenden Auseinandersetzungen, wie ich glaube, eine genügende Orientirung über den Charakter der Stärkeauflösung im Endosperm von Triticaum vulgare geben, möchte ich mich nicht weiter in die Schilderung von Einzelheiten einlassen, um so weniger, als damit ja nur die eben geschilderten Corrosionsbilder vermehrt werden würden; denn die Wirkungsweise des Ferments bleibt in allen Fällen dieselbe. Die verschiedenartigen Corrosionsbilder, die während der Keimung an den Stärkekörnern von Triticum vulgare ein- zutreten pflegen, sind nach dem Mitgetheilten ohne Weiteres ver- ständlich. Sie hängen vorwiegend mit der Weite, Verzweigungs- weise, dem Verlauf und der Art und Weise der gegenseitigen Com- munication der Porencanäle zusammen; zum Theil rühren sie auch daher, dass die Vertheilung der Porencanäle an den corrodirten 16 G. Krabbe, Körnern eine höchst ungleiche ist. Im Allgemeinen gelangen zwar die Poren am Rande der Körner viel früher und in viel grösserer Zahl als an den flachen Seiten zur Entwickelung, allein im Einzelnen giebt es nach dieser Richtung alle möglichen Variationen. Man findet Körner, die sich nur vom Rande aus durch Poren angegriffen zeigen, während an anderen Körnern, wenn auch seltener, nur die flachen Seiten mit Poren bedeckt sind. Auf diesen Seiten entstehen die Poren vorwiegend in dem mittleren Theil, während sie nach der Peripherie resp. dem Rande hin viel seltener werden. Es ist ein- leuchtend, dass schon durch diese ungleiche Anordnung und Ver- theilung der Poren bei den verschiedenen Körnern Corrosionsbilder von ziemlich abweichendem Charakter zu Stande kommen müssen. Hordeum vulgare und Secale cereale. — Die Auflösung der Stärke im Endosperm von Hordeum vulgare und Secale cereale vollzieht sich nach meinen Untersuchungen fast genau in derselben Weise wie bei Triticum vulgare; die vorkommenden Abweichungen beziehen sich nur auf den äusseren Charakter der entstehenden Corrosionen. Weder bei Hordeum noch bei Secale konnte irgend eine Erscheinung constatirt werden, aus der man auf ein Eindringen des Diastaseferments in die Stärkesubstanz hätte schliessen können. Dass die Diastase nicht nach Art verdünnter Säuren wirkt, diese Thatsache tritt bei der Gersten- und Roggen- stärke noch in viel ausgeprägterer Weise als bei Triticum hervor, einmal wegen der überaus scharfen Begrenzung der Porencanäle, und sodann, weil seitliche Verschmelzungen, wodurch scheinbar aus- gelaugte Partieen zu Stande kommen, viel seltener sind. Die Fermentcanäle der Gerstenstärke zeigen nicht immer in den ersten Entwickelungsstadien die ausgeprägt keilförmige Gestalt, wie wir sie beim Weizen haben kennen gelernt. Auch nehmen sie oft an Länge zu, ohne dass ihr Lumen gleichzeitig eine erhebliche Er- weiterung erfährt. — Infolge zahlreicher Verzweigungen und durch gegenseitige Communicationen der Canäle gelangt schliesslich ein unentwirrbares Labyrinth von Gängen zur Ausbildung, durch welche das ganze Korn allmählich in eine schwammartige Masse und end- lich zum vollständigen Zerfall in lauter kleine Bruchstücke gebracht wird. In Fig. 12 ist der Versuch gemacht worden, ein solches Korn zur Anschauung zu bringen; es findet sich natürlich nur die Ansicht Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 17 wiedergegeben, die man bei einer bestimmten Einstellung des Mikroskops bekommt. Die Körner in Fig. 9 und 10 auf Taf. XIII sind hauptsächlich zu dem Zwecke aufgenommen worden, um den Beginn der Poren- bildung zu veranschaulichen. Wie besonders deutlich an den im Profil sichtbaren Randporen zu beobachten ist, beginnen dieselben stets an der Oberfläche des Kornes, um von hier aus in das Innere desselben vorzudringen. Gerade bei der Gerste lässt sich mit Sicherheit constatiren, dass ein Canal niemals im Innern eines Kornes seinen Anfang nimmt, so dass er nach aussen von homo- genen Stärkeschichten umgeben wäre. Zea Mays. — Um sich an irgend einem Beispiel leicht und schnell über die Art und Weise der Diastasewirkung zu orientiren, können vor Allem die Stärkekörner von Zea Mays als günstige Untersuchungsobjeete empfohlen werden. Die Wirkung der Diastase ist hier besonders deshalb leichter zu verfolgen und zu übersehen, weil sich die entstehenden Porencanäle weniger stark verzweigen, als dies z. B. bei der Gerste der Fall ist. Da die Poren ausserdem während ihrer Verlängerung nach dem Innern des Kornes die Schichten in der Regel senkrecht durchschneiden, so zeigen corro- dirte Mais-Stärkekörner oft ähnliche Bilder, wie von Poren durch- setzte Sklerenchymzellen (Fig. 18 und 19, Taf. XII). Das ziemlich enge Lumen besitzt gewöhnlich in der ganzen Länge der Poren dieselbe Weite; von einer keilförmigen Gestalt der Poren ist auch in den ersten Entwickelungsstadien derselben so gut wie nichts zu beobachten. Ebenso wenig lassen sich an den Wänden der Porencanäle leistenförmige Vorsprünge der dichteren Schichten constatiren, auch nicht bei der nachträglichen Querschnittsvergrösse- rung der Poren, die übrigens nur in unbedeutendem Maasse statt- findet. Was die allmähliche Ausbildung der Porencanäle betrifft, so geben hierüber die Figuren 21, 22 und 17 auf Taf. XIII ohne weitere Erläuterung den’ nöthigen Aufschluss. In Fig. 17 sind die Canäle fast bis zur Mitte des Kornes vorgedrungen. Es ist klar, dass diese Canäle bei ihrer weiteren Verlängerung im Centrum des Kornes in gegenseitige Communication treten müssen, wie dies auch 2 18 G. Krabbe, an den Körnern in Fig. 18 und 19 zu sehen ist. Bei dieser Ver- schmelzung der Poren kommt es fast regelmässig in der Mitte des Kornes zur Bildung eines Hohlraumes, der im Verein mit den von aussen kommenden Porencanälen wie ein See erscheint, in den von verschiedenen Seiten Flüsse münden. Ein solcher innerer Hohlraum ist in Fig. 20 zu sehen. Häufig bleibt zunächst in der Mitte der Höhlung Stärkesubstanz in Gestalt eines Pfeilers stehen, der erst all- mählich vom Ferment aufgelöst, wird (Fig. 18 und 19). Sobald die von aussen vordringenden Porencanäle in der Mitte des Kornes in gegenseitige Verbindung getreten sind, zweigen sich von hier aus Gänge ab, die sich nun in umgekehrter Richtung von innen nach aussen verlängern; bei c, b und f in Fig. 18 sind solche Canäle zu sehen. Selbstverständlich müssen hierbei Fälle vorkommen, in denen die von aussen und aus der Mitte des Kornes kommenden Poren aneinander vorbeiwachsen, wie dies z. B. zwischen den Poren c, b und a in Fig. 18 der Fall ist. Sobald die fraglichen Canäle ce und b das Korn nach aussen durchbrochen haben, lässt sich natürlich über ihre Entstehungsweise nichts Bestimmtes mehr aussagen. Da beim Mais auch auf den flachen Seiten Canäle ent- stehen, die im Innern des Kornes mit den von der Kante kommen- den in vielfache Communication treten, so wird schliesslich die Maisstärke ebenso wie die Gersten- und Weizenstärke von zahllosen Gängen zerklüftet, woraus schliesslich ein gänzlicher Zerfall eines Kornes resultiren muss. Ausser den vorstehend besprochenen Getreidearten wurde noch eine Anzahl anderer Gramineengattungen auf die Auflösungsmodali- täten ihrer Stärke im keimenden Samen untersucht, so z. B. Phleum, Panicum Eragrostis, Avena etc. Da hier überall im Wesentlichen dieselben Verhältnisse wiederkehren, so kann wohl mit ziemlicher Sicherheit die Stärkeauflösung durch Porencanäle als charakteristisch für sämmtliche Gramineen angenommen werden. Wo es sich, wie bei Avena, um zusammengesetzte Stärkekörner handelt, da tritt zunächst infolge der Fermentwirkung ein Zerfall derselben in die Theilkörner ein, die dann durch Gänge in der bekannten Weise zerstört werden. In den Figuren 23, 24, 29 und 30 auf Taf. XIV sind corrodirte Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 19 Stärkekörner von Phleum und Eragrostis dargestellt, die we- nigstens für einige Fälle die Art der Corrosion veranschaulichen mögen. Das Korn in Fig. 29 zeigt‘ in der Mitte eine grosse Höhlung, die hier zunächst durch gegenseitige Verschmelzung der Porencanäle entstand und dann von dem Ferment allmählich ver- grössert wurde. Dadurch entstehen, wie uns dies bei anderen Gattungen noch öfter begegnen wird, Körner mit grossen inneren Höhlungen, die von einer an mehreren Stellen durchlöcherten Schale umgeben sind. Was das in Fig. 24 dargestellte Korn betrifft, so macht die gezeichnete Ansicht den Eindruck, als ob das Stück a vollständig aus dem Verbande mit dem Stärkekorn herausgelöst sei. In Wirklichkeit steht dasselbe jedoch nach unten mit dem Korn in Verbindung, und dasselbe gilt von den Stücken b in Fig. 30. Ohne solche Verbindung würden ja die fraglichen Stücke aus dem Korn herausgefallen sein, wie dies ohne Zweifel in der Region a von Fig. 32 der Fall gewesen ist. Die aus dem Zerfall der corrodirten Körner hervorgehenden Bruchstücke können in der Regel schon ihrer geringen Grösse wegen nicht durch Canäle zerstört werden; sie schmelzen, wie ein Krystall, von aussen ab, wobei das Ferment vorwiegend an denjenigen Seiten zu wirken scheint, die im noch nicht zerfallenen Korn an einen Canal angrenzten. Zum Schluss mag hier noch die auffallende Erscheinung kurz hervorgehoben werden, dass sich die von Gängen durchsetzten Stärkekörner der Gramineen bei Einwirkung einer wässerigen Jod- lösung viel schneller blau färben als uncorrodirte Körner, die sich mit jenen untermischt auf demselben Objectträger befinden, eine Er- scheinung, deren Erklärung auf der Hand liegt. Bei stark corrodirten Körnern kann die Jodlösung viel schneller die ganze Masse durch- dringen, weil sie sich nicht blos von der Oberfläche aus, sondern gleichzeitig auch von den Seiten der Porencanäle aus in der Stärke- substanz ausbreitet. Der anfängliche Farbenunterschied zwischen corrodirten und intacten Körnern gleicht sich bei längerem Aufenthalt in Jodlösung wieder aus. 2% 20 G. Krabbe, 2. Kritik der bisherigen Untersuchungsergebnisse über die | Auflösung der Gramineen-Stärke. | Da es die Gramineen-Stärke ist, an der man vorwiegend die Wirkung der Diastase studirt hat, halte ich es für zweckmässig, in unmittelbarem Anschluss an meine vorausgehend mitgetheilten Unter- suchungsergebnisse in eine kurze Kritik der bereits vorhandenen Arbeiten über diesen Gegenstand einzutreten. Alle bisherigen Forscher stehen unter der von Nägeli begründeten, aber unzutreffenden An- schauung, dass die Stärkekörner aus zwei verschiedenen Substanzen, der Granulose und Cellulose, zusammengesetzt seien, von denen durch das auslaugend wirkende Ferment zuerst die leichter lösbare Granulose aus- gezogen werde. Dass mit dieser Ansicht über die substanzielle Be- schaffenheit der Stärke, auch wenn sie den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen würde, noch keine Antwort auf die Frage nach den Entstehungsursachen localer Corrosionen gegeben ist, bedarf wohl keiner speciellen Auseinandersetzung. — Nach Baranetzky stehen die localen Corrosionen mit besonderen Structurverhältnissen der Stärke- körner in Zusammenhang, in der Weise, dass ein Stärkekorn vor- wiegend an denjenigen Stellen zerstört wird, an welchen es wegen seiner geringeren Dichte resp. leichteren Löslichkeit dem angreifenden Ferment auch den geringsten Widerstand leistet, eine Vorstellung, auf die wir in einem späteren Capitel noch ausführlich zurück- “kommen. Hier möchte ich mich zunächst darauf beschränken, einige thatsächliche Angaben der bisherigen Forscher richtig zu stellen. Soweit sich dies nach der skizzenhaften Schilderung beurtheilen lässt, scheint Sachs!) nicht erkannt zu haben, dass es sich bei den oben ausführlich beschriebenen keilförmigen Partieen am Rande der Weizenstärkekörner um reelle Porencanäle handelt; er spricht wenig- stens in seinen „Vorlesungen über Pflanzenphysiologie“ von einem local begrenzten Extrahiren der Granulose; „die extrahirten Stellen färben sich mit wässerigem Jod kupferroth, die noch übrige Masse blau“?). Diese auch in der „Keimungsgeschichte der Gräser“ gemachte Angabe, wonach infolge der Diastasewirkung Skelette entstehen 1) J. Sachs, Zur Keimungsgeschichte der Gräser, Bot. Ztg. 1862, p. 148. 2) J. Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Auflage, p. 337, Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 21 sollen, die sich mit Jodlösung nicht mehr blau färben, ist bereits von Baranetzky widerlegt worden, indem er p. 49 seiner be- kannten Abhandlung!) ganz richtig angiebt: „An den Stärkekörnern von Triticum vulgare, welche unter dem Einfluss der Fermente aufgelöst werden, konnte ich in keinem Falle ein nach Extrahiren der Granulose etwa zurückbleibendes Celluloseskelett wahrnehmen. In allen Auflösungsstadien und an allen Stellen, wo die Masse des Kornes nahe zum Verschwinden war, konnte ich mit wässeriger Jod- lösung immer noch violette Färbung der Substanz hervorrufen.“ Baranetzky erwähnt diese wichtige Thatsache, ohne daraus betrefis der Fermentwirkung die richtige Folgerung zu ziehen. Wenn sich ein Stärkekorn selbst an den Stellen, an denen die Masse fast zum Verschwinden gebracht ist, in Jodlösung noch blau färbt, so ist das ohne Zweifel eine Thatsache, die mit einer auslaugenden Wirkung der Diastase zum mindesten schwer zu vereinigen ist. Baranetzky sucht sich mit dieser wichtigen Beobachtung durch die willkürliche Annahme abzufinden, die Weizenstärke sei so reich an Granulose, dass dieselbe selbst bei langer und intensiver Ein- wirkung der Diastase nicht völlig ausgezogen werde. Was nun die übrigen von Baranetzky besprochenen Er- scheinungen betrifft, aus denen sich mit Bestimmtheit eine aus- laugende Wirkung der Diastase ergeben soll, so handelt es sich hier nach meinen Erfahrungen offenbar um Beobachtungen, die eine un- richtige Deutung erfahren haben. Beim Weizen sollen sich nämlich neben local corrodirten Körnern in seltenen Fällen auch solche fin- den, „welche in allen Theilen gleichmässig ausgezogen werden, sie werden dabei sehr durchsichtig und zeigen zwei bis drei concentrische, in einander allmählich übergehende Zonen von verschiedener Dichtig- keit; das definitive Verschwinden solcher Körner kann entweder durch Abschmelzen von aussen oder durch das allmähliche, bis zum Un- kenntlichwerden gehende Ausziehen derselben zu Stande kommen“ ?). Wie ich annehmen darf, hat sich Baranetzky hier durch Stärke- körner täuschen lassen, bei denen am Rande der Körner benachbarte 1) J. Baranetzky, Die stärkeumbildenden Fermente in den Pflanzen, Leipzig 1878. 2) J. Baranetzky, ebenda, p. 49. 22 G. Krabbe, Porencanäle mit einander verschmelzen und dadurch nicht selten für grössere Partieen eines Kornes den Eindruck einer stattgefundenen Auslaugung hervorrufen, wie dies im vorausgehenden Kapitel aus- führlich auseinandergesetzt wurde. BR Aehnliches gilt von den Behauptungen, wonach concentrische Spalten in einiger Entfernung vom Rande eines Kornes, also ohne Beziehung zur Aussenwelt, entstehen sollen; „in dem mittleren, von der letzteren (nämlich der Spalte) umgrenzten Raum tritt ein System von unregelmässig verästelten Spalten auf, wodurch dieser Theil wie in Stücke zerfallen erscheint, während der ihn umgebende, ring- förmige Saum ununterbrochen bleibt. Der letztere wird gleichmässig in seiner ganzen Masse ausgezogen, und es ist an ihm dabei oft eine feine radiale Streifung zu beobachten.“!) Nach dieser Schilde- rung übt also dasselbe Ferment an ein und demselben Stärkekorn ganz verschiedene Wirkungen aus, denn an bestimmten Regionen des Kornes findet ein gleichmässiges Ausziehen statt, während an an- deren scharf begrenzte Canäle entstehen. Da Baranetzky diese Beobachtungen registrirt ohne weitere Bemerkungen daran zu knüpfen, so scheint er nicht gefühlt zu haben, dass es sich hier um ganz unver- ständliche und räthselhafte Wirkungen der Diastase handeln würde, wenn seine Angaben ‚richtig wären. Wahrscheinlich hat er unter- lassen, seine Stärkekörner während der Beobachtung zu drehen, sonst würde er gefunden haben, dass die centralen Spalten, sofern sie überhaupt mit der Diastasewirkung zusammenhängen, irgendwo an der Oberfläche eines Stärkekornes nach aussen münden. Was nun die ausführlichen Untersuchungen Wigand’s?) be- . trifft, so kann es nicht meine Absicht sein, die vielen irrthümlichen Angaben, die sich gerade bei diesem Beobachter vorfinden, im Ein- zelnen zu widerlegen. Die Angaben Wigand’s werden noch in viel höherem Maasse als bei Baranetzky von der Vorstellung einer auslaugenden Fermentwirkung beherrscht, so dass derselbe nicht ein- mal diejenigen Corrosionserscheinungen, die bereits Baranetzky ganz richtig als deutliche Porencanäle beschreibt, als solche anerkennt. Betreffs der Weizen- und Roggenstärke heisst es in dieser Hinsicht 1) 1. ©. 9.50. 2) A. Wigand, Das Protoplasma als Fermentorganismus. Forschungen aus dem bot. Garten zu Marburg, p. 116 ff. - x Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 23 l. ec. p. 118: „Sowohl die „Porencanäle“* als die Keile erscheinen mit röthlichem Licht, sie sind nicht leere Räume, sondern leiterartig durch röthliche Platten unterbrochen, welche den ceoncentrischen Schichten im nicht aufgelösten Theil des Kornes entsprechen. Aber selbst der Raum zwischen je zwei solcher Sprossen scheint nicht leer zu sein, indem er gleichfalls ein, wenn auch blasses, röthliches Licht zeigt. Hiernach würde man die beiden Substanzen des Stärke- kornes nicht einfach als mit einander abwechselnde Schichten, son- dern als sich an jedem Punkte nur in ungleichem Verhältniss durch- dringend zu betrachten haben. Die äusserste dieser Schichten, welche den „Canal“ nach aussen verschliesst, ist immer etwas ein- gesunken, wie man am Verlauf der Contur sieht.“ Ich bin der Meinung, dass ein grosser Theil der in dieser Schilderung enthaltenen Irrthümer unmöglich gewesen wäre, wenn Wigand auch nur ein- mal ein Korn auf die Kante gestellt hätte. Dabei würde sich zum mindesten in unzweideutiger Weise gezeigt haben, dass eine äusserste Schicht, die den Canal nach aussen verschliesst, nicht vorhanden ist. Ausser Baranetzky und Wigand hat sich in eingehender Weise nur noch Gris!) mit den Auflösungserscheinungen der Stärke beschäftigt. Die Beschreibung, die Gris von den Porencanälen der Getreidestärke giebt, darf im Allgemeinen als zutreffend bezeichnet werden; ganz unrichtig ist dagegen die Anschauung Gris’ über die Entstehungsweise der Canäle. Diese sollen nämlich mit den unab- hängig von der Diastasewirkung entstehenden centralen Spalten eines Kornes zusammenhängen, indem diese durch das Ferment entweder erweitert oder in Folge der Fermentwirkung erst neu gebildet werden. Wie Gris zu einer solchen Ansicht bei der Gramineen-Stärke kommen konnte, ist mir unverständlich. Die Abbildungen, durch welche die fragliche Entstehungsweise der Poren erläutert werden soll, entsprechen offenbar nicht den thatsächlichen Verhältnissen; dies gilt vor Allem von den Figuren auf Taf. 8, auf der die corrodirten Körner durchweg mit einer doppelt conturirten Haut umgeben dargestellt sind. Es ist das ein Beweis, 1) Arthur Gris, Du developpement de la fecule ete., Annales des sciences naturelles, ser. IV., Bd. 13, p. 106 ff. er — > 24 G. Krabbe, dass sich Gris durch die am Rande der Stärkekörner auftreten- : den Interferenzlinien hat täuschen lassen, Es wird nicht überflüssig sein, bei dieser Gelegenheit einige allgemeine Bemerkungen über die auch bei Baranetzky und Wigand wiederkehrenden Angaben einzuschalten, wonach in vielen Fällen die Auflösung der Stärke von innen heraus erfolgen soll, während die peripherischen Stärkeschichten intact bleiben. Als exquisites Beispiel wird hierfür die Stärke von Phaseolus multi- florus angegeben, in der grosse innere, von homogenen Stärke- schichten umgebene Höhlungen entstehen sollen. Wie ist nun eine derartige Wirkungsweise des Diastaseferments möglich, wenn das- selbe, wie man annimmt, von aussen in das Korn eindringt? Ein solcher Auflösungsprocess ist meiner Meinung nach nur unter der Voraussetzung einigermaassen verständlich, dass die Diastase bei der Entstehung der Stärke in das Innere eines Stärkekornes ein- geschlossen wird. Durch den Keimungsprocess oder durch irgend welche anderen Vorgänge im Protoplasma einer Zelle müsste dann dies eingeschlossene Ferment in Activität versetzt werden, um nun von innen heraus die Substanz eines Stärkekornes in Lösung über- zuführen. Wenn das Ferment in die Stärkesubstanz von aussen ein- dringt, dann ist nicht einzusehen, warum die äusseren Schichten eines Stärkekornes so lange intact bleiben sollen, bis sie durch das eingedrungene Ferment von innen her angegriffen werden. So gut wie eine bestimmte äussere Stärkeschicht von innen her gelöst werden kann, muss dies auch in umgekehrter Richtung, wenn auch in ge- ringerem Maasse geschehen können, um so mehr, als ja gerade der äussere Theil einer Schicht zuerst mit dem eindringenden Ferment in Berührung kommt. Doch halte ich es für zweckmässiger, ohne theoretische Erörterungen später an concreten Beispielen zu zeigen, dass die herrschende Vorstellung über die Diastasewirkung auf Stärke- körner auch nach dieser Richtung nicht den thatsächlichen Verhält- nissen entspricht. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. » 3. Weitere Beispiele von Stärkeauflösung durch Bildung von Porencanälen. Nach meinen Untersuchungen besitzt die Auflösung der Stärke durch Bildung von Porencanälen, die sich in vielen Fällen in der verschiedensten Weise verzweigen können, im Pflanzenreich eine ziemlich weite Verbreitung; sie findet sich nicht nur bei den Gramineen, sondern auch noch bei einer grossen Zahl anderer Pflanzengattungen. Nur der Vollständigkeit wegen und um meiner Folgerung über die Art der Diastasewirkung eine breite und sichere Basis zu geben, sollen noch einige weitere Beispiele von Stärkeauflösung durch Poren- canäle mitgetheilt werden; ich kann dabei sehr kurz sein, da die- selben principiell nichts Neues zu bieten vermögen. — Zunächst sei die wichtige Thatsache hervorgehoben, dass ich auch bei allen übrigen von mir näher untersuchten Gattungen niemals eine Erscheinung zu constatiren vermochte, aus der man auf ein Eindringen der Diastase in die Stärkesubstanz hätte schliessen können. Es entstehen eben von Hause aus scharf begrenzte Porencanäle, die an der Peripherie eines Kornes beginnen, um sich von hier aus nach dem Innern des- selben zu verlängern, während die ausserhalb dieser Canäle gelegene Stärkesubstanz unverändert bleibt. Auch die aus dem Zerfall grosser Körner hervorgehenden Bruchstücke zeigen bis zu den kleinsten nachweisbaren Partikelchen keinerlei Abweichung von der Beschaffen- heit normaler Stärkesubstanz. Die an der Buchweizenstärke zu beobachtenden Auflösungser- scheinungen sind dem äusseren Charakter nach bereits von Baranetzky zutreffend beschrieben worden. Die entstehenden Corrosionsbilder zeigen grosse Aehnlichkeit mit denjenigen, die wir bei der Stärke von Zea Mays näher kennen gelernt haben. Sowohl am Rande wie auf den flachen Seiten der verhältnissmässig kleinen Körner ent- stehen ziemlich englumige Canäle, die sich im Allgemeinen senkrecht zum Schichtenverlauf nach dem Innern des Kornes verlängern ohne sich hierbei zu verzweigen. Die höhlenartige Erweiterung der Canäle in der Mitte des Kornes kann man hierbei öfter beobachten; ein solcher Fall ist durch Fig. 25 Taf. XIV ver- anschaulicht, in dem sich der Porencanal a in der Mitte des Kornes zu der Höhlung b erweitert. Fig. 26 zeigt eines von den verhältniss- ent" en] PER 26 G. Krabbe, mässig selten vorkommenden Körnern, die bereits auf den flachen Seiten eine Anzahl Poren besitzen, während der Rand des Kornes noch intact ist. En In derselben Weise, wie im keimenden Buchweizensamen, wird die Stärke in dem dicken Wurzelstock von Rheum Rhaponticum und Polygonum Bistorta aufgelöst. Die Untersuchung ist jedoch in diesen wie in manchen anderen Fällen nicht ganz leicht, da die Porencanäle in der Regel schr eng und nur mit den besten optischen Hülfsmitteln in ihrem Verlauf genau zu verfolgen sind. Durch gangartige Canäle werden auch die Stärkekörner in der verdickten Wurzel von Convolvulus zerstört. Die Körner bieten jedoch wegen ihrer Kleinheit keine günstigen Untersuchungsobjecte. Viel schönere Beispiele einer Stärkeauflösung durch Porencanäle finden sich dagegen im Rhizom von Adoxa Moschatellina, wo man ausserdem nicht selten die Bildung innerer Hohlräume be- obachten kann. Die flach elliptischen, homogen erscheinenden Stärkekörner von Galanthus nivalis werden in den äussersten Zwiebelschuppen ebenfalls durch enge Canäle angegriffen. Hier scheinen jedoch auch Körner vorzukommen, die durch oberflächlich verlaufende Furchen corrodirt werden. Wo diese Furchen über den Rand der kleinen Körner verlaufen und zu beiden Seiten des Kornes endigen, lässt es sich oft schwer entscheiden, ob man einen ins Innere gehenden Canal oder nur eine an der Oberfläche verlaufende Furche vor sich hat. Da es sich hierbei jedoch nicht um principiell wichtige Punkte bezüglich der Diastasewirkung handelt, kann ich auf eine Erörte- rung dieses Gegenstandes verzichten; denn ein Eindringen der Diastase in die Stärkesubstanz findet in keinem Falle statt, mag es sich nun um innere Canäle oder um rinnenförmige Vertiefungen der Oberfläche handeln. Auch an den kleinen, ebenfalls homogen erscheinenden Stärke- körnern der Zwiebelschuppen von Narcissus poöticus und Tulipa Gesneriana lässt sich die Zerstörung der Stärke durch Canäle in allen Einzelheiten ziemlich leicht verfolgen. Im Innern der Stärke- körner von Tulipa Gesneriana entsteht oft ein derartiges Durch- einander von Canälen, dass die Körner dadurch ein marmorirtes Aus- sehen bekommen. — Als deutliche Beispiele einer Stärkeauflösung Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 97 durch Porencanäle mögen unter vielen anderen schliesslich noch Colehicum autumnale, verschiedene Iris-Arten und Neottia Nidus avis hervorgehoben werden. Die letztere Pflanze ist noch besonders interessant dadurch, dass sich nicht nur in der Wurzel, sondern auch in anderen Organen, z. B. den Blüthenstielen und Frucht- knotenwandungen, die Zerstörung der Stärke durch Bildung von Poren beobachten lässt. 4. Die Stärkeauflösung in den Zwiebelschuppen von Hyaeinthus orientalis. Die Corrosionen, die sich bei der Stärkeauflösung in den äusseren Zwiebelschuppen von Hyacinthus orientalis beobachten lassen, besitzen einen so eigenthümlichen Charakter, dass es mir der besseren Uebersicht wegen zweckmässig erscheint, die hier in Frage kommen- den Verhältnisse für sich gesondert kurz darzustellen. Es ist mir nicht gelungen, an den nicht sehr grossen, mehr oder weniger ausgesprochen bohnenförmigen Stärkekörnern von Hyacin- thus orieutalis besondere Structurverhältnisse, etwa Schichtung, Lamellirung u. s. w. nachzuweisen. Da von derartigen Structuren auch während der Auflösung. der Stärke an der Peripherie der Poren- canäle oder an den Wandungen der im Innern entstehenden Höh- lungen keinerlei Andeutungen zu finden sind, so scheinen die Stärke- körner von Hyacinthus orientalis in Wirklichkeit homogen zu sein, wenigstens weder Schichtung im Nägeli’schen Sinne noch Lamellirung zu besitzen. Die an der Hyacinthus-Stärke zu beobachtenden Corrosionen be- kommen hauptsächlich dadurch ihren eigenthümlichen Charakter, dass die Bildung von Porencanälen mit der Ausbildung von inneren Höh- lungen in der verschiedenartigsten Weise combinirt sein kann. Jedes corrodirte Korn zeigt darum ein anderes Bild. Während manche Körner ausschliesslich durch vielfach verzweigte Gänge von ziemlich gleichmässiger Breite zerstört werden, zeigen andere nur verschieden gestaltete innere Höhlungen, die natürlich irgendwo an der Stärke- kornoberfläche eine Eingangsöffnung für das Ferment besitzen. Wie 28 G. Krabbe, ich glaube, bekommt man durch eine Betrachtung der Figuren 31 bis 42 auf Taf. XIV eine bessere Anschauung von den verschiedenen Corrosionen, als durch eine ausführliche Beschreibung derselben. Deutliche Porencanäle zeigen vor Allem die Figuren 32, 33, 34 und 36; der vom Punkte a ausgehende Porencanal hat sich in allen Fällen im Innern des Kornes wiederholt verzweigt. Was die Figur 32 betrifft, so lässt sich wohl nach anderweitigen Beobachtungen mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass die Ein- gangsöffnung a zu dem Canalsystem im Innern des Kornes nicht von Hause aus in der jetzt vorhandenen Grösse angelegt wurde; wahrscheinlich istinfolge eines eigenthümlichen localen Lösungsprocesses ein durch die punktirte Linie angegebenes Stück aus dem Stärke- korn herausgefallen. Ein solches Stück ist in Fig. 37 bei a noch vorhanden; dasselbe steht mit dem Stärkekorn cb nach unten, an einer in der Figur nicht sichtbaren Stelle, in Verbindung. Was die verschieden gestalteten inneren Hohlräume betrifft, so zeichnet sich Hyacinthus orientalis durch die Eigenthümlichkeit aus, dass dieselben durchaus nicht immer in der Mitte des Kornes zur Ausbildung gelangen. Soweit ich orientirt bin, entstehen in allen sonstigen Fällen die von der Diastase erzeugten Höhlungen 3.4 innerhalb eines Stärkekornes in der Region des Kernes, weil hier |) die Stärkesubstanz am weichsten ist. Natürlich kann die Ausbildung L eines solchen Hohlraumes immer erst beginnen, wenn das Ferment durch besondere Canäle von aussen bis zur Mitte des Kornes vor- gedrungen ist. Wie eine Betrachtung der Figuren 35, 37, 38 und 42 lehrt, kann von einer solchen Beziehung der Höhlenbildung zur Mitte des Kornes bei Hyacinthus orientalis wohl kaum die Rede sein. Nur in den seltensten Fällen sind die Wandungen der Hohl- räume glatt und eben, in der Regel zeigen sich grössere oder ge- ringere Unebenheiten, dadurch hervorgerufen, dass das Diastase- ferment an verschiedenen Stellen der Höhlenwandung eine ungleich intensive Wirkung ausübt. Dadurch kommt es nicht selten zu ganz eigenthümlich gestalteten Vorsprüngen in das Lumen der Hohlräume. In stalaktitenartigen, keulenförmigen oder anders gestalteten Massen ragt die Stärkesubstanz in das Innere des Hohlraumes hinein, wie dies z. B. bei b und c in Fig. 42 Taf. XIV zu sehen ist. Die in Untersuchungen über das«Diastaseferment etc. 29 den Figuren 38 und 41 bei i und in Fig. 42 bei d isolirt darge- stellten Theile sind in Wirklichkeit von oben gesehene pfeilerartige Vorsprünge, die mit der nach unten gelegenen, in der Figur nicht sichtbaren Region der Höhlenwandung in Verbindung stehen. Von diesen verschiedenartigen Vorsprüngen und dadurch ent- stehenden Unebenheiten abgesehen, zeigen sich alle Hohlräume überaus scharf begrenzt. Ich wüsste kein Beispiel zu nennen, an dem sich so deutlich und in so unzweifelhafter Weise als bei Hyaneinthus orientalis der Beweis erbringen liesse, dass das Diastaseferment während seiner Wirkung auf Stärkekörner nicht in die Substanz derselben eindringt. Ich brauche zu diesem Zwecke nur auf die bereits ceitirten Figuren der Taf. XIV zu verweisen, die jede weitere Erörterung überflüssig machen. Wie sollen durch ein Auslaugungs- mittel, das die ganze Masse eines Stärkekornes durchdringt, derartig scharf begrenzte locale Corrosionen entstehen können, wie sie an den Körnern auf Taf. XIV zu sehen sind? Die infolge der Ferment- wirkung entstehenden Skelette besitzen überdies nach jeder Richtung die Beschaffenheit normaler Stärkesubstanz, ebenso die aus dem Zerfall der Körner resultirenden kleinen Bruchstücke. Sehr stark corrodirte Körner mit verhältnissmässig nur noch dünnem, periphe- rischem Stärkemantel, kleine, scheibenförmige Bruchstücke zeigen in Jodlösung allerdings eine weniger intensive Färbung als intacte Körner; diese Erscheinung ‚spricht aber nicht für eine stattgefundene Auslaugung, sondern erklärt sich aus rein physikalischen Gründen, wonach eine farbstofispeichernde Substanz bei durchfallendem Licht um so intensiver gefärbt erscheinen muss, je dicker die absorbirende Schicht ist. 5. Die Auflösung der Leguminosen-Stärke. Um in die Wirkungsweise des Diastaseferments einen möglichst klaren Einblick zu bekommen, sind die Leguminosen im Allgemeinen nicht als Untersuchungsobjecte zu empfehlen, einmal, weil die im Innern grösserer Körner reichlich auftretenden radialen Risse die Untersuchung in hohem Maasse erschweren, und sodann, weil die 30 G. Krabbe, entstehenden Porencanäle bei manchen Arten sehr fein sind, so dass der Verlauf derselben nicht ganz leicht zu verfolgen ist. Zu welchen Irrthümern derartige radiale Risse betreffs der Fermentwirkung bei der Gramineen-Stärke Veranlassung gegeben haben, wurde bereits im 2. Capitel bei Besprechung der Gris’schen Untersuchungen näher auseinandergesetzt. — Wenn die Auflösung der Leguminosen- Stärke hier in einem besonderen Capitel besprochen wird, so ge- schieht das aus dem Grunde, weil sich nach den übereinstimmenden Angaben von Baranetzky!) und Wigand?) gerade unter den Leguminosen vorzügliche Beispiele finden, welche die auslaugende Wirkung der Diastase deutlich erkennen lassen. Uebrigens will ich hier nur nebenbei bemerken, dass einige Beobachtungen Bara- - netzky’s über die Auflösung der Stärke von Phaseolus multi- florus schwer mit einem Auslaugungsprocess zu vereinigen sind. So werden p. 43 seiner Abhandlung Stärkekörner beschrieben, aus denen die Granulose nicht gleichmässig ausgezogen wurde, vielmehr in verschiedenen Theilen „sehr ungleichmässig“ verschwand; „die zurückbleibenden Skelette, trotzdem sie aus reiner Cellulose be- standen, waren doch ungemein substanzreich und fast ebenso scharf conturirt, wie die noch unveränderten Körner.“ Durch eine ein- gehendere Untersuchung hätte sich Baranetzky überzeugen können, dass die fraglichen Skelette nicht nur ebenso scharf conturirt sind wie unveränderte Körner, sondern mit diesen auch in jeder anderen Hinsicht übereinstimmen, schliesslich also gelöst werden, ohne dass das Ferment in ihre Substanz eindringt. Was nun die angebliche Zerstörung der Phaseolus- Stärke von innen heraus durch Bildung innerer Hohlräume betrifft, so gehen Baranetzky und Wigand hierbei natürlich von der Vorstellung aus, dass von dem die ganze Masse eines Kornes durch- dringenden Ferment die Mitte wegen ihrer geringeren Dichte früher in Lösung übergeführt werde als der dichtere und darum wider- standsfähigere peripherische Theil eines Kornes. Solche Differenzen in der Dichtigkeit der Substanz eines Kornes sind ohne Zweifel 1) J. Baranetzky, Die stärkeumbildenden Fermente in den Pflanzen, Leipzig 1878, p. 41. 2) A. Wigand, Das Protoplasma als Fermentorganismus, p. 119. ER CE Untersuchungen über das Diastaseferment etc. st ‘vorhanden, sie geben uns aber keinen directen Aufschluss über die Entstehungsweise der inneren Höhlungen. Würde die Bildung der- selben mit einem Auslaugungsprocess zusammenhängen, dann müssten sich nothwendiger Weise auch Uebergänge zwischen dem Beginn der Fermentwirkung und dem gänzlichen Verschwinden der Stärkesubstanz nachweisen lassen; diese kann unter der Einwirkung eines Aus- laugungsprocesses unmöglich in Form scharf begrenzter Höhlen ver- schwinden, um so weniger, als die Auflösung eines Stärkekornes von Seiten des Ferments in allen Fällen mehrere Tage erfordert. An solchen Uebergängen fehlt es aber gänzlich. Der mittlere Theil der Stärkekörner erfährt infolge der Fermentwirkung nicht erst eine successiv fortschreitende Veränderung, um dann erst zu verschwinden. Schon diese Thatsache beweist, dass das Diastaseferment auch bei Phaseolus ausser Stande ist, in die Micellarinterstitien eines Stärke- kornes einzudringen, vielmehr auf das letztere eine rein äusserliche Wirkung ausübt, indem die an den Hohlraum zunächst angrenzenden Theilchen successive in Lösung gebracht werden. Wie aber ist die Entstehung innerer Hohlräume möglich, wenn die Diastase nicht in die Stärkesubstanz eindringt? Es ist auch für Phaseolus multiflorus verhältnissmässig nicht schwer, den Nach- weis zu führen, dass das Diastaseferment durch besondere Canäle von aussen in die Stärkekörner eindringt, und dass die Lösung der Stärkesubstanz von innen heraus erst erfolgt, wenn das Ferment durch die fraglichen Porencanäle bis zur Mitte des Kornes vor- gedrungen ist. Um diese Gänge zu finden, hätten Baranetzky und Wigand ihre Körner unter dem Mikroskop nur zu drehen brauchen. Zur richtigen Beurtheilung der Verhältnisse ist vor Allem her- vorzuheben, dass in den meisten grösseren Stärkekörnern aus den Cotyledonen von Phaseolus multiflorus bereits vor der Keimung ein deutlicher, innerer Hohlraum vorhanden ist, der von den Basal- theilen radialer Risse gebildet wir. Um diese Risse mit einiger Sicherheit von Fermentgängen unterscheiden zu können, muss man sich über ihre Gestalt im ruhenden Samen, also vor Beginn der Fermentwirkung möglichst eingehend zu orientiren suchen. Ich will hier nur hervorheben, dass die fraglichen Risse nach der Peripherie des Kornes stets in einer ziemlich scharf ausgezogenen Spitze 292 G. Krabbe, endigen, was bei einem Fermentgang niemals in dieser ausgesprochenen Weise der Fall ist; dieser besitzt in der Regel eine abgerundete Scheitelregion wie das Ende eines Pilzfadens. Sobald sich nun die radialen Risse zu erweitern und an den Spitzen abzurunden beginnen, hat man den Beweis, dass das Ferment in den inneren Hohlraum des Kornes eingedrungen ist. Bei dem in Fig. 58 auf Taf. XIV dargestellten Korn führen zwei Gänge a und b in das Innere des Kornes; es ist sicher, dass das Ferment durch diese oder andere, in der Figur nicht sichtbare Gänge in das Innere des Kornes gelangt ist. Die innere Höhlung der in Fig. 57° und 62 auf Taf. XIV wiedergegebenen Körner steht in der ge- zeichneten Profilansicht durch den Canal a mit der Aussenwelt in Verbindung. Wie bei den Gramineen, so kann es auch hier nicht meine Ab- sicht sein, die verschiedenartigen Corrosionsbilder der einzelnen Körner ausführlich zu schildern, um so weniger, als es sich hierbei nur um äusserlich verschiedene Erscheinungen handelt, während die eigentliche Wirkungsweise des Ferments, worauf es hier in erster Linie ankommt, in allen Fällen dieselbe bleibt. — Körner in ziem- lich vorgeschrittenem J,ösungsstadium und mit den verschiedenen Corrosionsbildern sind in den Figuren 43, 48, 49 und 53 bis 62 auf Taf. XIV dargestellt worden. Wie man sieht, ist an dem in Fig. 43 wiedergegebenen Korn das eine Ende b theilweise weg- gefressen worden, während der übrige Theil des Kornes von innen heraus durch Vergrösserung einer Höhle zerstört wird, deren Aus- gangs- resp. Eingangsöffnung bei a sichtbar ist. Derartig corrodirte Körner haben oft grosse Aehnlichkeit mit Aepfeln oder Birnen, die von Bienen ausgehöhlt wurden. Eine Eingangsöffnung von der Grösse, wie sie bei a in Fig. 43 zu sehen ist, scheint nach meinen Erfahrungen gleich im Beginn der Fermentwirkung nur selten zu entstehen. In der Regel werden von dem angreifenden Ferment von aussen kleine Eingangsöffnungen gebildet, die dann erst nachträglich mit der Vergrösserung der inneren Höhlung eine Erweiterung er- fahren. An einer Seite stark angefressene Körner zeigen auch die Figuren 55 und 60. Die peripherischen Stärkeschichten, die den inneren Hohlraum umgeben, besitzen natürlich an verschiedenen Regionen eine ungleiche Ser Era eier Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 33 Mächtigkeit, hauptsächlich aus dem Grunde, weil die Lösung der Stärkesubstanz in den radialen Spalten weiter vorgeschritten ist als an den zwischenliegenden Stellen. Beı genügend langer Einwirkung der Diastase muss der die Höhlung umschliessende Stärkemantel auch von innen her durchbrochen werden, was gewöhnlich an mehreren Stellen geschieht und so schliesslich zum Zerfall des Kornes führt. Wäre das in Fig. 53 wiedergegebene, stark corrodirte Korn auch noch an den Stellen a und b vom Ferment durchbrochen worden, so würde dasselbe wahrscheinlich in Bruchstücke zerfallen sein, an denen die frühere Gestalt des ganzen Kornes nicht mehr zu erkennen ist. Aus vielen anderen Einzelerscheinungen will ich nur noch her- vorheben, dass sich im Innern stark ausgehöhlter Körner zuweilen eine Anzahl kleiner Bruchstücke vorfindet, wie sie in Fig. 62 bei b, c, d und e wiedergegeben sind. Während in manchen Fällen solche Bruchstücke von dem Ferment aus der Wandung der Höhlung herausgefressen werden, kann man in anderen Fällen über die Her- kunft derselben insofern zweifelhaft sein, als sie auch bei Herstellung des Präparates von aussen in das Korn hineingekommen sein können. Um nun schliesslich nochmals auf die radialen Risse zurück- zukommen, deren Entstehung mit der Fermentwirkung nichts zu thun hat, so ist ja einleuchtend, dass eine vorhandene Spalte im Stärkekorn für den äusseren Verlauf der Fermentwirkung die- selbe Bedeutung haben muss wie ein Fermentgang, sobald eine Communication der Spalte mit dem letzteren eingetreten ist, Denn da sich das Ferment von diesem Augenblicke an in der Spalte ausbreitet, so muss es hier auch genau so wirken wie in einem selbstgebildeten Gange. Sofern nun viele Risse im Innern eines Kornes vorhanden sind, kann auch der Fall eintreten, dass der äussere Charakter der entstehenden Corrosionen fast ausschliess- lich von diesen Rissen bestimmt wird, indem sie das von aussen kommende Ferment aufnehmen und in bestimmte Bahnen leiten. Genau dasselbe gilt natürlich auch von dem im Innern der Stärke- körner von Phaseolus multiflorus vorhandenen Hohlraum; so- bald das Ferment in seinen Canälen bis dahin vorgedrungen ist, muss es sich in dem Hohlraum ausbreiten und unter Vergrösserung 3 34 G. Krabbe, desselben ein Stärkekorn vorwiegend von innen heraus zerstören; es müsste geradezu auffallen, wenn wir unter solchen Umständen eine andere Fermentwirkung hätten. Dass die vorstehenden Erörterungen richtig sind; lässt sich auch noch aus anderen Beobachtungen über die Lösungsweise der Pha- seolus-Stärkekörner beweisen. Die radialen Risse und die inneren Hohlräume sind Erscheinungen, die erst in einem vorgerückten Ent- wickelungsstadium der Körner einzutreten pflegen, während in den kleineren Körnern die Risse entweder gänzlich fehlen, oder doch nur in ganz seltenen Fällen vorkommen. Die Corrosionen dieser kleinen Körner zeigen darum auch äusserlich einen anderen Charakter als diejenigen grosser Körner. Nur selten kommt es hier zur Bildung innerer Höhlungen; im Allgemeinen erfolgt die Zerstörung der kleinen Körner durch Ausbildung von Fermentgängen, die gewöhnlich bis zur Mitte des Kornes dieselbe Weite besitzen. Ueber die Art und Weise, wie die kleinen Phaseolus-Stärkekörner vom Ferment an- gegriffen werden, geben die Figuren 44, 45 und 50 bis 52 ohne weitere Erläuterung den erforderlichen Aufschluss. Dass es sich bei dieser äusserlich verschiedenen Auflösung der grossen und kleinen Stärke- körner von Phaseolus multiflorus nicht um eine principiell verschiedene Wirkungsweise des Ferments handeln kann, bedarf wohl keiner besonderen Auseinandersetzung; die vorhandenen Diffe- renzen in dem äusseren Charakter der Corrosionen beruhen in dem vorliegenden Falle ausschliesslich auf Structurverschiedenheiten der ungleich grossen Körner. Von den übrigen Leguminosen sind von mir nur noch Vicia Faba, sativa und Pisum sativum genauer untersucht worden. Es war mir hierbei nicht möglich die Wigand’schen Angaben zu bestätigen, wonach die Stärkekörner von Vicia Faba und Pisum sativum von aussen her abschmelzen sollen, „bis sie unter mannigfacher Gestaltsveränderung endlich ganz verschwinden“). Die Auflösung der Stärke vollzieht sich hier im Wesentlichen in der- selben Weise wie bei Phaseolus multiflorus; vor Allem sind es Pisum sativum und Vicia sativa, welche die Bildung innerer Hohlräume oft recht deutlich erkennen lassen. Ebenso sind die 1) A. Wigand, Das Protoplasma als Fermentorganismus, p. 120. Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 35 vom Ferment gebildeten Gänge deutlich wahrzunehmen, wenn auch der Verlauf derselben oft nicht leicht zu verfolgen ist. Bei Vicia Faba pflegen sich die engen Fermentgänge in der Mitte des Kornes sehr stark zu verzweigen, so dass dasselbe infolge der vielen Gänge ein marmorirtes Aussehen bekommt. Im Uebrigen glaube ich auf eine weitere Schilderung der Corrosionen mit Rücksicht auf das bei Phaseolus multiflorus Gesagte verzichten zu können. 6. Die gleichmässige Auflösung der Stärkekörner von aussen. Die Art der Stärkeauflösung, die im Folgenden kurz besprochen werden soll, lässt sich am besten als ein gleichmässiges Abschmelzen eines Kornes von aussen charakterisiren; sie steht darum in einem gewissen Gegensatz zu den bereits besprochenen Auflösungserschei- nungen. Zwar wird auch in den bisher untersuchten Fällen zuerst die Peripherie eines Kornes angegriffen, jedoch nur an local be- grenzten Partieen, von wo aus das Ferment in das Korn eindringt, um dasselbe durch Bildung von Porencanälen und Höhlungen vor- wiegend von innen heraus zu zerstören, während die peripherischen Schichten bis auf die Porenmündungen in der Regel am längsten erhalten bleiben. | Für die richtige Beurtheilung der Diastasewirkung besitzen gerade diejenigen Pflanzen, deren Stärke gleichmässig von aussen aufgelöst wird, eine ganz hervorragende Bedeutung, weil sich hier mit besonderer Deutlichkeit der Nachweis führen lässt, dass das Ferment nicht in die Stärkesubstanz einzudringen vermag. Dem äusseren Charakter nach erfolgt in all’ diesen Fällen die Stärke- auflösung genau in derselben Weise wie die Lösung der Krystalle, die unter der Einwirkung des Lösungsmittels ebenfalls von aussen nach innen abschmelzen. Alle Pflanzengattungen, welche die fragliche Stärkeauflösung zeigen, sind gewöhnlich durch verhältnissmässig grosse Stärkekörner mit excentrischer Lagerung des Kernes ausgezeichnet, nach Art des in Fig. 67 Taf. XV schematisch gezeichneten Kornes aus den Zwiebel- schuppen von Lilium candidum. Ausserdem besitzen die gleich- 3# 36 G. Krabbe, mässig von aussen abschmelzenden Stärkekörner in der Regel eine deutliche Schichtung. Wie nun die unmittelbare Beobachtung lehrt, befindet sich an dem im Wachsthum geförderten Kornende eine grössere Anzahl von Schichten als in der Kernregion. Wie sich ferner leicht constatiren lässt, endigen die wasserreichen Schichten des diekeren Kornendes an den Seiten des Kornes zum Theil blind, in- dem sie sich zwischen den dichteren Schichten auskeilen; und zwar geschieht dies stets in einiger Entfernung von der Stärkekornober- fläche. Niemals kommt der Fall vor, dass eine Schicht des im Wachs- thum geförderten Kornendes an den Seiten des Kornes frei endigt, vielmehr vereinigen sich hier die dichteren Schichten gruppenweise zu einer homogenen Schicht, die auch um das Kernende herum zu verfolgen ist. Betrachtet man nun die dichteren Schichten als gleichartige Lamellen und die weniger dichten als Contactflächen oder als leere Zwischenräume jener, dann zeigen die excentrischen Stärkekörner äusserlich dieselben Verhältnisse, wie ich sie an der Zellhautbildung bei der Einkapselung des Protoplasmas in den Iocalen Erweiterungen verschiedener Bastzellen zuerst genauer studirt habe!). Wie an dem stärker wachsenden Ende eines Stärkekornes, so befindet sich an den Enden der localen Erweiterungen eine grössere Anzahl von isolirten Kappen oder Lamellen, die an den Seiten der Erweiterungen zu einer homogenen Schicht mit einander verschmelzen. Nach diesen Bemerkungen sind die Veränderungen, die durch ein an der Oberfläche wirkendes Ferment an excentrischen Stärke- körnern hervorgerufen werden müssen, sofort verständlich, wenn man im Auge behält, dass das Ferment mit annähernd gleicher Intensität an der ganzen Stärkekornoberfläche wirkt und nicht dem vor- ausgegangenen Wachsthum entsprechend das diekere Kornende stärker angreift als das Kernende. Es ist klar, dass an den Seiten excentrischer Körner die seitlichen Verwachsungen der äusseren Schichten infolge der Fermentwirkung aufgehoben werden müssen. Sobald dies geschehen, haben wir Stärkekörner, an denen die substanzreichen Schichten des 1) G. Krabbe, Ein Beitrag zur Kenntniss der Structur und des Wachs- thums vegetabilischer Zellhäute. (Pringsheim’s Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XVII, Heft 3.) Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 37 dickeren Kornendes je nach der Intensität der stattgefundenen Diastase- wirkung in grösserer oder geringerer Zahl an den Seiten frei endigen, und bei welchen daher auch die weichen Schichten bis zur Ober- fläche verlaufen. Bei entsprechender Lage solcher Körner sieht man direct auf die freien Ränder der Schichten, wie an den Seiten eines Thales oder Tunnels auf die Ränder freigelegter Gesteinsschichten. Die Figuren 66, 68 bis 74 enthalten aus den Zwiebelschuppen von Lilium candidum und aus der keimenden Kartoffelknolle stark angegriffene Stärkekörner, welche über die fraglichen Verhältnisse ohne weitere Erläuterung Aufschluss geben. An stark excentrisch gebauten Stärkekörnern muss das Kernende mitsammt dem Kern bereits zu einer Zeit aufgelöst sein, wo von dem dickeren Ende verhältnissmässig noch grosse Schichtencomplexe vorhanden sind. Das gilt z. B. von allen Körnern der soeben eitirten Figuren; die hier sichtbaren Schichten gehören ausschliesslich dem stärker gewachsenen Ende des Kornes an, da der Kern bereits ver- schwunden ist. An den Seiten von aussen abschmelzender Körner ist in der Regel dieselbe Erscheinung wahrzunehmen, die bereits bei der Bil- dung der Porencanäle in der Gramineenstärke ausführlich besprochen wurde. Da von dem peripherisch wirkenden Ferment die wasser- reichen Schichten stärker angegriffen werden als die dichten, so müssen diese bald an den Seiten eines Kornes leisten- oder wall- artige Vorsprünge bilden, in derselben Weise wie an der Peripherie der Porencanäle in der Gramineenstärke. Die Erscheinung pflegt je- doch nur dort scharf hervorzutreten, wo die Schichtung eine recht deutliche ist, und wo vor Allem die substanzarmen Schichten eine ziemliche Breite besitzen, wie dies z. B. an den in Fig. 69 und 70 gezeichneten Körnern in der Region a der Fall ist. Es ist nun eine auflallende Thatsache, dass die stärkere Ein- wirkung des Ferments auf die wasserreichen Schichten nur in den ersten Stadien der Auflösung eines Kornes constatirt werden kann. Denn in der fraglichen leisten- oder wallartigen Hervorragung der dichteren Schichten über die weniger dichten ist während der fort- schreitenden Auflösung der Körner selten eine Steigerung zu beob- achten; die dichten Schichten müssen darum von einem bestimm- ten Zeitpunkt an aus irgend welchen Gründen ebenso stark von der | 38 G. Krabbe, Ferment angegriffen werden wie die weniger dichten. Wäre dies nicht der Fall, so müssten die dichten Schichten während der fort- schreitenden Auflösung mit ihren freien Rändern allmählich stärker hervorragen und zuletzt als isolirte Schalen auseinanderfallen. Dass die Schichtung an corrodirten Stärkekörnern zuweilen deut- licher hervortritt als an intacten, darf natürlich nicht als Beweis für eine auslaugende Wirkung des Diastaseferments betrachtet wer- den. Denn da man an den Seiten abschmelzender Körner auf die freien Ränder der Schichten sieht, so muss auch deren gegenseitige Abgrenzung unter gewissen Umständen viel schärfer hervortreten als an uncorrodirten Körnern, an deren Seiten die substanzreichen Schichten mit einander verwachsen sind. Wie schon vorhin betont, liegt gerade in der successiven Auf- lösung der Stärke von aussen der schlagende Beweis für das Unver- mögen der Diastase, in die Stärkesubstanz einzudringen. Denn wenn ein solches Eindringen stattfände, müssten eben ganz andere Auf- lösungserscheinungen resultiren, als sie in Wirklichkeit zu beobachten sind. Um die successive Auflösung der Stärke von aussen durch einen Auslaugungsprocess zu erklären, wäre man zu der einzig mög- lichen Annahme gezwungen, dass das Diastaseferment in diesen Fällen nicht die ganze Masse eines Stärkekornes durchdringe. Die Wirkung der Diastase sei eine so intensive, dass die Stärkesubstanz gleich beim Eindringen des Ferments in die peripherischen Schichten eines Kornes in ‚Lösung gebracht werde. Nun aber sind während der Lösung keinerlei Veränderungen im peripherischen Theil eines Kornes zu beobachten, die darauf hin- deuten, dass hier ein Auslaugungsprocess wirksam ist. Davon aber abgesehen müsste bei der angenommenen Wirkungsweise des Diastase- ferments die Auflösung der Stärke in einem so schnellen Tempo er- folgen, dass die Körner während der mikroskopischen Beobachtung verschwinden würden, wie etwa ein Kochsalzkrystall in Wasser. Es geht aber gerade die Lösung von aussen abschmelzender Körner sehr langsam von statten; sie erfordert nach meinen Erfah- rungen bei der Kartoffel und Lathraea stets mehrere Wochen. Das Diastaseferment hat also hinreichend Zeit, sich im Stärke- korn auszubreiten. Würde dies aber geschehen, dann wäre eine gleichmässige Auflösung der Stärke von aussen undenkbar. Denn es Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 39 lässt sich leicht zeigen, und von Nägeli ist dies bereits in ausführ- licher Weise geschehen, dass besonders die grossen Körner im Innern substanzärmer und darum weicher sind als in ihrem peripherischen Theile. Da demnach die Mitte weniger widerstandsfähig ist als die Peripherie eines Kornes, so muss jene von einem auslaugend wirken- den Mittel viel früher zerstört werden als diese. Es bleibt aber gerade die Mitte eines Kornes unverändert, während dies von aussen abschmilzt. ; Wenn im Vorstehenden von einem gleichmässigen Abschmelzen der Stärkekörner von aussen die Rede ist, so soll damit natürlich nicht gesagt sein, dass die Lösung überall an der Stärkekornober- fläche mathematisch genau mit derselben Intensität von statten gehe. Sehr oft ist an den Seiten der Körner in einer oder mehreren Zonen, die um das ganze Korn herumgehen, die Lösung weiter vorgeschritten als in benachbarten Regionen. Dadurch bekommen die Stärkekörner taillenartige Einschnürungen, die ihnen nicht selten das Aussehen eines gedrechselten Tisch- oder Stuhlbeines geben (Fig. 71, 72 und 89). In den Fällen, in denen die Lösung eine ziemlich regelmässige ist, nehmen die abschmelzenden Körner zuletzt die Gestalt kleiner stäbchen- oder spindelförmiger Körper an, die bis zum Verschwinden das Ver- halten normaler Stärkesubstanz zeigen. Als sehr auffallende Thatsache muss es bezeichnet werden, dass bei der Keimung der Kartoffelknolle und ebenso in verschiedenen anderen Pflanzen, so bei Lilium candidum, Phajus, La- thraea und Orobanche, nicht alle Körner durch Abschmelzen von aussen aufgelöst werden. An vielen Körnern bleibt die Peri/ pherie insofern intact, als es zur Bildung von Porencanälen kommt, die während ihrer Verlängerung Verzweigungen bilden können, wie dies bereits an anderen Beispielen ausführlich gezeigt wurde. Nicht selten sind diese Porencanäle mit der Ausbildung eines Hohlraumes im Innern des Kornes verbunden, wie an den Figuren 63, 64 und 65 zu sehen ist. In all’ diesen Fällen wird die Stärke also vorwiegend von innen heraus zerstört. Auffallender Weise sind es nach meinen | Beobachtungen fast ausschliesslich die kleineren Körner, die in dieser / } Weise aufgelöst werden, während die grossen Körner gleichmässig von aussen abschmelzen. 40 G. Krabbe, | \o Von grösserem Interesse als die weitverbreitete Bildung ao Porencanälen ist eine Reihe anderer localer Corrosionen, die nach meinen Erfahrungen nur an den grossen Stärkekörnern der vorhin namhaft gemachten Pflanzen vorzukommen scheinen. Die Gestalt dieser Corrosionen ist eine so mannigfaltige, dass es schwer hält den Charakter derselben mit wenigen Worten wiederzugeben; am besten lassen sie sich im Allgemeinen wohl als gruben- oder kraterförmige Vertiefungen in der Stärkekornoberfläche bezeichnen. Das in Fig. 79, | Taf. XV wiedergegebene Korn zeigt z. B. an seiner Oberfläche eine An- zahl solcher localer Corrosionen, die noch eine ziemlich regelmässige Gestalt besitzen; bei a ist eine von den grubenförmigen Vertiefungen \ im Profil zu sehen. An excentrisch gebauten Stärkekörnern ist es in der Regel das hintere Ende, welches in dieser Weise vom Ferment angegriffen wird. Wie man an dem in Fig. 77 Taf. XV abgebildeten Korn aus dem Blüthenstiel von Lathraea sieht, zeigt sich hier das ganze hintere Ende in eigenthümlicher Weise angefressen, während an den übrigen Regionen der Stärkekornoberfläche keinerlei Ferment- wirkung wahrzunehmen ist. Aehnliche Corrosionen sind an den Körnern (Lathraea) in Fig. 73 und 87 an den Seiten in a zu sehen. Die Oberfläche solcher Körner zeigt oft ähnliche Bilder wie Hutpilze, die von Schnecken angefressen sind. Die hier skizzirten eigenthümlichen Corrosionen pflegen sehr selten für sich allein vorzukommen, in der Regel sind sie von einem über die ganze Stärkekornoberfläche sich erstreckenden Lösungsprocess begleitet. Was die Kartoffelstärke betrifft, so scheint es mir nach ‚verschiedenen Beobachtungen, dass hier die im Beginn der Keimung entstehenden grubenförmigen Einsenkungen in vielen Fällen während ' des weiteren Verlaufs der Auflösung der Körner wiederum versch win- den; dies ist natürlich nur möglich, wenn die Wirkung des Ferments in den localen Vertiefungen hinter der Wirkung an der übrigen Oberfläche des Stärkekornes zurückbleibt. In Kartoffelknollen, die bereits weit in der Keimung vorgeschritten waren, vermochte ich an stark abgeschmolzenen Körnern nur noch selten locale Vertiefungen zu finden, während solche im Beginn der Keimung an der Stärke derselben Knolle verhältnissmässig zahlreich vorhanden waren. Anders scheinen mir die Verhältnisse bei der Stärke aus den Blüthenstielen von Lathraea zu liegen; hier konnte ich wenigstens | Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 41 ein solches Verschwinden der localen Corrosionen nicht constatiren. Diese werden vielmehr im Gegensatz zu der Kartoffelstärke während des allmählichen Abschmelzens der Körner breiter und vor Allem tiefer. In sehr ausgesprochener Weise zeigt dies z. B. das in Fig. 83 abgebildete Korn, an dem neben einer gleichmässigen Lö- sung von aussen an dem hinteren Ende bei a eine tiefgehende locale Einsenkung zu beobachten ist. Aehnlich liegen die Verhält- nisse bei den in Fig.-84 und 88 wiedergegebenen Körnern. Als interessantes Beispiel einer eigenthümlichen Auflösung mag endlich noch das in Fig. 89 wiedergegebene Korn aus der Knolle von Phajus grandifolius hervorgehoben werden. Hier zeigt sich nämlich neben einem Abschmelzen von aussen am hinteren Ende bei b eine besondere locale Corrosion, während sich am vorderen, dem Kernende, Porencanäle gebildet haben. Wahrscheinlich hängen diese Poren mit vorher vorhandenen Spalten zusammen, in die das Ferment eingedrungen ist, als das Korn bis zu diesen Spalten ab- geschmolzen war. Die verschiedenen Auflösungserscheinungen, die an der Stärke der Kartoffel, Lilium candidum, Lathraea clandestina, Oro- banche und Phajus grandifolius zu beobachten sind, lassen sich dem äusseren Charakter nach kurz folgendermaassen gruppiren: 1. Im Allgemeinen findet eine gleichmässige Lösung von aussen nach innen statt. 2. Neben dieser Lösung finden sich an den grossen Stärke- körnern sehr oft besondere locale Corrosionen in Form gruben- oder kraterförmiger Einsenkungen. 3. Im Gegensatz hierzu werden die kleinen Körner von innen aus gelöst, indem Porencanäle zur Ausbildung gelangen, die sich nach dem Innern des Kornes verlängern und dabei oft die Ent- J stehung eines inneren Hohlraumes im Gefolge haben. / | f | | 42 G. Krabbe, 7. Die Art der Stärkeauflösung in Pflanzentheilen, die nicht zu den typischen Reservestoffbehältern gehören. Soweit es sich um typische Reservestoffbehälter, um Samen, Knollen, Zwiebeln etc. handelt, glaube ich im Vorausgehenden die Erscheinungen der Stärkeauflösung mit hinreichender Ausführlichkeit behandelt zu haben, um nach dieser Richtung eine ganz allgemein | gültige Regel aufstellen zu können. Das Diastaseferment zeigt danach niemals auslaugende Wirkung, diese ist vielmehr eine rein äusserliche, da die Stärkesubstanz direct in Lösung gebracht wird, soweit das Ferment vordringt. Es fragt sich nun, ob eine derartige Stärkeauflösung auch in den übrigen Theilen einer Pflanze, den Blättern, Stengeln ete. statt- findet. Betreffs der ausgesprochenen Reservestoffbehälter sind ja die Verhältnisse insofern eigenthümlicher Art, als hier grosse Massen von Stärke angehäuft liegen, die zu einer bestimmten Zeit ziemlich schnell verarbeitet werden müssen. Es wäre a priori nicht un- denkbar, dass die Pflanze nur dort ein so kräftig wirkendes Mittel, wie die Diastase, in Action treten lässt, wo in kurzer Zeit verhält- nissmässig grosse Mengen von Stärke in Zucker verwandelt werden müssen, während sie in Fällen geringen Stärkeverbrauchs mit weniger intensiv wirkenden Mitteln, wie z. B. den Pflanzensäuren, zum Ziele gelangt. In solchen Fällen muss natürlich auch die Stärkeauflösung in anderer Weise erfolgen als dort, wo die Diastase eingreift. Obgleich nun die mit meinen Erfahrungen übereinstimmenden Angaben Baranetzky’s!), wonach Diastase fast in allen Pflanzen- theilen mit lebenden Zellen vorkommt, solche Verschiedenheiten in der Stärkeauflösung nicht sehr wahrscheinlich erscheinen lassen, habe ich mich doch durch besondere Untersuchungen über diesen Gegen- stand zu orientiren versucht. Danach erfolgt auch in allen übrigen stärkehaltigen Pflanzentheilen die Stärkeauflösung in derselben Weise wie in den typischen Reservestoffbehältern. Ueberaus instructive Beispiele zur Illustration dieses Gegenstandes liefern verschiedene 1) A. Baranetzky, Die stärkeumbildenden Fermente in den Pflanzen, Leipzig 1878, p. 4 ff. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 43 Schmarotzer, wie Neottia Nidus avis, Lathraea- und Oro- banche-Arten. Während der Blüthenentwickelung sammelt sich hier besonders in den Parenchymzellen der Blüthenstiele und Frucht- blätter soviel Stärke an, dass die Zellen oft davon vollgepfropft sind wie die Zellen echter Reservestoffbehälter. Sobald nun die Befruchtung stattgefunden hat und die Samenentwickelung beginnt, zeigen sich die ersten Spuren einer beginnenden Stärkeauflösung; in dem Maasse, als die stärkefreien Samenkörner heranwachsen, ver- schwindet die Stärke aus den fraglichen Gewebetheilen, und zwar genau unter denselben Erscheinungen wie in den echten Reservestoff- behältern. Die verhältnissmässig kleinen Stärkekörner von Neottia Nidus avis werden in der Regel durch Porencanäle angegriffen, die sich nach dem Innern des Kornes verlängern und infolge reichlicher Verzweigung das letztere zum Zerfall bringen. Was die Stärke von _ Lathraea und Orobanche betrifft, so sind die hier zu beobachten- den Auflösungserscheinungen bereits im vorausgehenden Capitel be- sprochen worden. In mehr oder weniger ausgeprägter Weise kehren dieselben Corrosionserscheinungen in einer grossen Reihe nicht schmarotzender Pflanzengattungen wieder, so bei allen Gattungen mit ölhaltigem Samen, wie Linum, Raphanus, Sinapis, Papaver etc. Auch hier sind die Zellen der Blüthenstiele, die Fruchtknotenwandungen, vor Allem aber die später als Samenschale functionirenden Integumente vor der Befruchtung vollgepfropft mit Stärke, die unter Bildung localer Corrosionen in Form von Porencanälen und inneren Höhlungen verschwindet, sobald die Befruchtung stattgefunden hat und die Samenausbildung beginnt. Es erscheint mir mehr als fraglich, ob es einen Sinn hat, die in den angegebenen Gewebetheilen abgelagerte Stärke als transitorisch zu bezeichnen; offenbar spielen hier wie in anderen Fällen die Fruchtknotenwandung und die Integumente für den heranwachsenden Embryo die Rolle von Reservestofl- behältern, da sie bereits bei der Befruchtung grösstentheils das Material aufgespeichert enthalten, was der Embryo zu seiner Aus- bildung bedarf. Die Stärke in den Integumenten besitzt für den heranwachsenden Embryo dieselbe Bedeutung, wie das fette Oel bei der Keimung des reifen Samens. Zur Bildung ausgesprochen localer Corrosionen kann es natür- 44 | G. Krabbe, lich nur dort kommen, wo die Stärkekörner eine genügende Grösse besitzen. Die oft sehr schnell verschwindende kleinkörnige Stärke in manchen Blättern ete. wird wahrscheinlich durch Abschmelzen | von aussen zerstört; die Stärkekörner sind wenigstens zu klein, um einen localen Begriff des Ferments äusserlich erkennen zu lassen. Wie ich schliesslich noch bemerken will, soll mit den vor- stehenden Angaben keineswegs eine erschöpfende Darstellung der Stärkeauflösung in den nicht als Reserstoffbehälter functionirenden Gewebetheilen gegeben sein; ich wollte nur in Kürze zeigen, dass auch hier nichts von einer auslaugenden Wirkung der Diastase zu beobachten ist. 8. Die Auflösung der Stärke ausserhalb der Pflanze in wässerigen Diastaseauszügen und in Bacterienflüssigkeit. Wie durch die interessanten und werthvollen Untersuchungen Baranetzky’s!) festgestellt wurde, werden die meisten Stärkearten auch ausserhalb der Pflanze in wässerigen Diastaseauszügen aufgelöst, wenn es auch bei der Stärke verschiedener Pflanzengattungen lange dauert, bis deutliche Spuren einer Fermentwirkung zu beobachten sind. Ferner wissen wir aus den eingehenden Untersuchungen Wort- mann’s?), dass auch die Bacterien im Stande sind, Stärkekörner anzugreifen. Um sich hiervon zu überzeugen, braucht man Stärke nur in Wasser mit faulenden Substanzen zu bringen; man findet dann je nach der benutzten Stärkeart früher oder später an verschiedenen Körnern deutliche Corrosionen. Wie hier nebenbei bemerkt sein mag, sollen nach Wortmann die Bacterien diese Wirkung auf Stärke- körner nur „im Zustande des Hungers“, so lange „ihnen ausser der Stärke keine andere benutzbare Kohlenstoffquelle zu Gebote steht“, auszuüben im Stande sein, eine Angabe, die ich nicht habe be- stätigen können. Nach meinen Erfahrungen ist die Wirkung der Bacterien auf intacte Stärkekörner bei Anwesenheit von Eiweiss- 1) J. Baranetzky, Die stärkeumbildenden Fermente etc. 2) J. Wortmann, Untersuchungen über das diastatische Ferment der Bacterien. Zeitschr. f. physiologische Chemie, Bd. 6. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 45 substanzen, also unter günstigen Ernährungsbedingungen, eine in- tensivere als dann, wenn sie sich im Hungerzustande befinden. Uebrigens wurden meine Versuche: in erster Linie zur Orienti- rung über die wichtige Frage angestellt, wie die Stärke von Bac- terien und in Diastaseauszügen angegriffen wird, ob hier dieselben Corrosionen auftreten wie bei der Keimung innerhalb der Pflanze, oder ob nach dieser Richtung irgend welche Differenzen vorhanden sind. Was zunächst die Gramineen betrifft, so hat es nach meinen Versuchen den Anschein, als ob deren Stärke unter den verschieden- sten Bedingungen, im keimenden Samen, in Diastaseauszügen und in Bacterienflüssigkeiten in derselben Weise aufgelöst werde; für den keimenden Samen und die Diastaselösung darf eine solche Ueberein- stimmung wohl mit Sicherheit behauptet werden. In der Art der Bacterienwirkung glaube ich jedoch nicht selten Abweichungen von den im keimenden Samen zu beobachtenden Auflösungserscheinungen gefunden zu haben, doch sind mir diese Differenzen nicht prägnant genug, um sie hier besonders zu besprechen. Dagegen zeigen die Corrosionen, die an der Kartoffelstärke in | Bacterienflüssigkeiten und Diastaseauszügen zu beobachten sind, äusserlich einen anderen Charakter als die Stärkelösung in der keimenden Knolle. Ein gleichmässiges Abschmelzen der Körner von aussen, wie dies für die Knolle als Regel hingestellt werden kann, scheint ausserhalb der Pflanze im Bacteriengewimmel und in Diastase- auszügen niemals vorzukommen. Die erste Einwirkung der Bacterien auf Kartoffelstärke macht sich gewöhnlich in dem Auftreten zahlreicher, röthlich schimmern- der kreisföormiger Partieen bemerkbar, von dem Aussehen kleiner, dieht gestellter Membrantüpfel in der Flächenansicht einer Zellwand (Fig. 15, Taf. XIII, und Fig. 86, Taf. XV). Wie eine genauere Unter- suchung ergiebt, sind diese tüpfelartig erscheinenden Partieen kleine bohrlochartige Vertiefungen in der Stärkekornoberfläche, die nicht weit in das Innere eines Stärkekornes hineingehen; davon überzeugt man sich schon bei der Betrachtung der Bohrlöcher von oben durch ver- schiedene Einstellung des Objectivs. Da bei längerer Einwirkung der Bacterien nicht nur die Tiefe, sondern auch der Umfang dieser Bohrlöcher zunimmt, so müssen die letzteren, besonders dort, wo sie ziemlich dicht stehen, seitlich 46 G. Krabbe, mit einander verschmelzen, indem die trennende Stärkesubstanz all- mählich aufgelöst wird. Infolge dieser gegenseitigen Verschmelzung mehrerer kleiner Poren entstehen an der Stärkekornoberfläche grössere grubenförmige Vertiefungen mit unregelmässiger Begrenzungslinie. Es kommen jedoch nicht selten Fälle zur Beobachtung, in denen die verhältnissmässig grossen grubenförmigen Vertiefungen nicht aus einer Verschmelzung kleiner Poren hervorgegangen sein können, viel- mehr einer unmittelbaren Einwirkung der Bacterien auf einen grösseren Raum der Stärkekornoberfläche ihren Ursprung verdanken. Das folgt einmal aus dem regelmässigen Umriss dieser Corrosionen, vor Allem aber aus dem grossen Umfang, den sie schon bei geringer Tiefe besitzen. Diese grossen Gruben pflegen an der Oberfläche eines Stärkekornes nur in geringer Zahl, 2 bis 6, aufzutreten, während ein Korn von den kleinen, bohrlochartigen Vertiefungen wie übersät er- scheint (Fig. 86, Taf. XV). Obgleich sich die hier skizzirten localen Corrosionen bei längerer Einwirkung der Bacterien vergrössern, ist es mir doch niemals gelungen, eine vollständige Auflösung eines Stärkekornes zu beobachten, obgleich ich während eines ganzen Sommers Stärke der Einwirkung von Bacterienflüssigkeit aussetzte, die von Zeit zu Zeit durch frische ersetzt wurde. Ein ganz anderes Bild zeigen die Corrosionen, die an der Kar- tofielstärke in Diastaseauszügen einzutreten pflegen. Da jedoch zur erschöpfenden Behandlung dieses Gegenstandes weitere, eingehende Untersuchungen erforderlich sind, will ich mich hier auf einige orientirende Bemerkungen beschränken. Wie schon hervorgehoben, findet nach meinen Beobachtungen auch in Diastaseauszügen niemals ein gleichmässiges Abschmelzen der Körner von aussen statt. Es treten zunächst oberflächliche, in der Form höchst unregelmässige Corrosionen auf, die sich sehr bald nach dem Innern des Kornes vertiefen, um hier die verschiedenartig- sten Gestalten anzunehmen. In den regelmässigsten Fällen zeigen sich die corrodirten Körner von Porencanälen durschsetzt, gewöhn- lich aber kommt es zur Bildung verschiedener innerer Höhlungen. Die Figuren 90, 93 und 94 auf Taf. XV enthalten drei in Diastase- auszügen stark angegriffene Körner; wie man sieht, sind durch das von aussen eindringende Ferment vorwiegend die innersten Partieen der Körnerangegriffen worden. Derartige Corrosionen, wie sieanden Körnern ET a ae NE LT ST a Ba Se FE Be I Syn m nn a PERS, Bes Kan Sn ee a ee Pa I Ri Ka N s Untersuchungen über das Diastaseferment etc, 47 in Fig. 93 und 94 zu sehen sind, gehören in den Diastaseauszügen mit grösseren oder geringeren Abweichungen zu den ganz regel- mässigen Erscheinungen, gelangen dagegen in der keimenden Kartoffel- knolle niemals zur Beobachtung. In seltenen Fällen habe ich an der Kartoffelstärke in Diastase- auszügen auch die Bildung oberflächlich verlaufender Furchen beob- achtet, die bei reicher Verzweigung ein dichtes Maschennetz bilden, wie dies an dem in Fig. 13 Taf. XIII dargestellten Beispiel zu sehen ist. Die excentrischen und deutlich geschichteten Stärkekörner aus den Zwiebelschuppen von Fritillaria imperialis werden ganz aus- schliesslich durch solche oberflächlich verlaufende Furchen angegriffen, deren Bildung an dem dickeren Ende des Kornes beginnt (Fig. 14, Taf. XIN). Von hier aus verlängern und verzweigen sich die Furchen allmählich, bis die ganze Oberfläche eines Kornes von canalartigen Vertiefungen bedeckt ist. Da diese oberflächlichen Furchen bei ihrer Verlängerung auch an Tiefe zunehmen, so werden die Körner da- durch bei genügend langer Einwirkung der Diastase zuletzt gewisser- maassen in Stücke zerschnitten. — Obgleich ich die Auflösung der Fritillaria-Stärke in der austreibenden Zwiebel nicht beobachtet habe, glaube ich doch nach meinen anderweitigen Erfahrungen mit ziem- licher Bestimmtheit behaupten zu können, dass die Stärkeauflösung ihrem äusseren Charakter nach bei der Keimung in anderer Weise erfolgt als ausserhalb der Pflanze in Diastaseauszügen. Auf welche speciellen Ursachen die besprochenen Verschieden- heiten der Stärkeauflösung im ‚Bacteriengewimmel, in Diastaseauszügen und bei der Keimung zurückzuführen sind, muss ich einstweilen da- hingestellt sein lassen. Dies ist auch für den vorliegenden Gegen- stand vorläufig von nebensächlicher Bedeutung. Hier ist vor Allem die Thatsache wichtig, dass auch bei der Auflösung der Stärke ausserhalb der Pflanze nichts von einem Auslaugungsprocess zu be- obachten ist. Welchen Charakter die Corrosionen auch immer be- sitzen, stets handelt es sich um eine rein äusserliche Wirkung des Ferments. SIERT 48 ’ G. Krabbe, 9. Vorläufige Folgerungen aus den Untersuchungsergebnissen der vorausgehenden Capitel. Auf eine übersichtliche Zusammenstellung der in den voraus- gehenden Capiteln besprochenen verschiedenartigen Auflösungserschei- nungen der Stärkekörner kann ich wohl verzichten und mich darauf be- schränken, hier nochmals die für alle Corrosionen gültige Thatsache in den Vordergrund zu stellen. Wie an einer grossen Zahl von Pflanzen gezeigt wurde, wirkt das Diastaseferment in allen Fällen, so verschieden die entstehenden Corrosionen dem äusseren Charakter nach auch sein mögen, stets nur äusserlich, ohne in die Stärke- substanz einzudringen. Die entgegenstehenden Angaben von Sachs, Baranetzky, Wigand und anderer Forscher beruhen, wie gezeigt wurde, entweder auf ‚unrichtigen Beobachtungen oder auf irrigen Deutungen derselben, was insofern nicht zu verwundern ist, als man die auslaugende Wirkung des Diastaseferments von vornherein als etwas Selbstverständliches betrachtet und darum nicht die strenge mikroskopische Methode verfolgt hat, die zu einer sicheren und zu- verlässigen Beurtheilung der oft äusserst complicirten Corrosions- bilder erforderlich ist. Rein äusserlich betrachtet, kann die Wirkungsweise des Diastase- ferments in den Fällen, in denen Porencanäle zur Ausbildung ge- langen, mit der Thätigkeit gewisser Thiere, z. B. der Bohrmuschel, verglichen: werden. Wie die letztere durch Herstellung von Gängen in das Holz eindringt, so verhält es sich auch in vielen Fällen mit der Wirkung des Ferments auf Stärkekörner. Wie die Holz- masse von der Bohrmuschel nur soweit zerstört wird, als sich die von ihr gebildeten Gänge erstrecken, genau so liegen auch die Verhältnisse bei den Stärkekörnern, deren Substanz ausserhalb der Fermentgänge unverändert bleibt. Es muss darum als ver- fehlt bezeichnet werden, wenn man die Wirkungsweise des Diastase- ferments mit der Wirkung von Säuren und Alkalien auf Stärkekörner vergleicht. Säuren und Alkalien durchdringen die ganze Masse eines Kornes; dasselbe wird bei genügend langer Einwirkung und hinreichender Concentration der Säuren unter vorausgehenden Quellungserscheinungen in Wirklichkeit ausgelaugt, wobei die Schich- tung der. Körner in der Regel deutlicher hervortritt. Allein niemals Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 49 sind hierbei Erscheinungen zu beobachten, die auch nur eine ent- rernte Aehnlichkeit mit den vom Diastaseferment hervorgerufenen Veränderungen hätten. Durch geeignete "Anwendung verschiedener Säuren erhält man schliesslich Stärkeskelette, die sich nicht mehr mit Jod blau färben, während die Bruchstücke der von Diastase eorrodirten Körner bis zu den kleinsten nachweisbaren Partikelchen nicht nur die normale Blaufärbung mit Jod zeigen, sondern auch im übrigen Verhalten mit der Substanz intacter Körner übereinstimmen. Die Wirkung des Diastaseferments ist also nicht blos bei den- jenigen Pflanzen, deren Stärkekörner von aussen abschmelzen, eine rein äusserliche, sondern auch in allen Fällen, in denen locale Corro- sionen in Gestalt von Porencanälen, grubenförmigen Vertiefungen u. s. w. zur Ausbildung gelangen. Was die Entstehung innerer Höhlungen betrifft, so kann dieselbe der gleichmässigen Auflösung eines Kornes von aussen als ein gleichmässiges Abschmelzen von innen direct gegenübergestellt werden, denn der ganze Unterschied beruht ja nur darauf, dass im letzteren Falle das Lösungsmittel durch selbstgeschaffene Porencanäle erst nach der Mitte des Kornes gelangen muss. Nach dieser Orientirung über die Wirkungsweise der Diastase ergeben sich unmittelbar zwei nicht leicht zu beantwortende Fragen. Zunächst fragt es sich, warum das Diastaseferment nicht in die Stärkesubstanz einzudringen vermag, und sodann, welche speciellen Ursachen der Entstehung localer Corrosionen zu Grunde liegen. Beide Fragen sind insofern unabhängig von einander, als jede eine be- sondere Lösung verlangt. Denn mit der Klarlegung der Ursachen des Unvermögens der Diastase in die Stärkesubstanz einzudringen, haben wir natürlich noch keinen Einblick in die Entstehungsursachen localer Corrosionen gewonnen. Damit solche entstehen können, müssen besondere Bedingungen erfüllt sein, die von der Thatsache des Nichteindringens der Diastase in die Stärkekörner unabhängig sind, — Indem ich auf die erste Frage im experimentellen Theil dieser Arbeit zurückkomme, möchte ich die zweite hier nur soweit berück- sichtigen, als kurz gezeigt werden soll, dass die verschiedenartigen | Corrosionen nicht etwa aus besonderen Structurverhältnissen der | Stärkekörner erklärt werden können. | Unwillkürlich ist man geneigt, die verschiedenen Auflösungs- 4 50 G. Krabbe, erscheinungen mit Differenzen in der Beschaffenheit der Stärke- substanz an verschiedenen Regionen eines Kornes in Verbindung zu bringen. Derartige Beziehungen hat man bis jetzt für so selbst- verständlich gehalten, dass man der Mühe überhoben zu sein glaubte, eine besondere Prüfung dieses Gegenstandes eintreten zu lassen. — Nach den Ergebnissen meiner Untersuchung glaube ich jedoch nicht, dass man auf diesem Wege allein zu einer allseitig befriedigenden Erklärung sämmtlicher Auflösungserscheinungen gelangen wird, wenn auch zuzugeben ist, dass der Verlauf der Stärkeauflösung in manchen Fällen von besonderen Structurverhältnissen eines Kornes mit be- dingt ist. Wenn sich z. B. ein Porencanal im Innern eines Kornes höhlenartig erweitert, so geschieht das wahrscheinlich aus dem Grunde, weil hier die Stärkesubstanz weicher und darum der Diastase ‚ gegenüber weniger widerstandsfähig ist als der peripherische Theil eines Stärkekornes. Um dieselben Ursachen handelt es sich offen- bar, wenn an den Seiten der Porencanäle oder an der Oberfläche gleichmässig abschmelzender Körner die weichen Schichten in einem grösseren Umfange vom Ferment aufgelöst werden als die dichten. Es können jedoch nur in verhältnissmässig wenigen Fällen derartige Structurverhältnisse der Stärkekörner herangezogen werden, um den Verlauf der Stärkeauflösung zu erklären. Dass die Diastase z. B. die Stärkekörner der Gramineen an local begrenzten Partieen der Oberfläche angreift, um von hier aus durch Bildung gangartiger Canäle in das Innere der Körner vorzudringen, ist eine Thatsache, deren Ursachen unmöglich in besonderen Structurverhältnissen der Stärkekörner gesucht werden können. Denn solche, den äusseren Charakter der Fermentwirkung bedingende Structuranomalien müssten sich auch am intacten Korn in irgend einer Weise nachweisen lassen, besonders durch Anwendung Quellung erzeugender und aus- laugend wirkender Mittel, wie Säuren und Alkalien; denn diejenigen Stellen, die wegen ihrer besonderen Structur der Diastase den ge- ringsten Widerstand Neiplen,. missen dies auch einem beliebig anderen Mittel gegenüber thun. Was’ speciell die Säuren betrifit, so wissen wir, dass von denselben die notorisch weichen Schichten eines Kornes auch am stärksten angegriffen werden. Allein weder das Licht- brechungsvermögen noch irgend eine andere Erscheinung deutet darauf hin, dass an den Stellen, an denen das Ferment die Stärke- Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 51 kornoberfläche zuerst angreift, sowie dort, wo die Porencanäle ent- stehen, die Stärkesubstanz von anderer Beschaffenheit sei als in den übrigen Theilen eines Kornes. 5 Was die lebende Zelle betrifft, so könnte man hier vielleicht von der Annahme ausgehen, dass die Diastase in der Umgebung eines Stärkekornes local erzeugt werde und darum auch nur local zur Wirkung komme. Allein mit dieser Vorstellung bekommt man keine das Korn nach den verschiedensten Richtungen durchsetzende Porencanäle, und sie wird gänzlich hinfällig, sobald es sich um Diastaselösungen handelt, in denen die Diastasetheilchen gleichmässig vertheilt sein müssen. Dass die verschiedenartigen Corrosionen nicht, zum min- desten nicht ausschliesslich, aus der Structur der Stärkekörner erklärt werden können, folgt vor Allem auch aus der Thatsache, dass z. B. die Kartoffelstärke in der keimenden Knolle, in Diastase- auszügen und in Bacterienflüssigkeit dem äusseren Charakter nach in verschiedener Weise angegriffen wird. Schliesslich möchte ich noch in aller Kürze eine Annahme be- rühren, auf die man möglicher Weise verfallen kann. Wo es sich um die Ausbildung von Porencanälen, wie bei den Gramineen und in anderen Fällen, handelt, könnte man vielleicht von der Vorstellung ausgehen, dass bereits im intacten Stärkekorn unsichtbare Poren- canäle vorhanden seien, die. nur von dem eindringenden Ferment erweitert und so sichtbar gemacht werden. Indessen ist auch an solche Verhältnisse in Wirklichkeit wohl kaum zu denken. Denn da sich das Ferment in solchen mikroskopisch nicht nachweisbaren Porencanälen ziemlich schnell ausbreiten muss, so müssten diese in ihrer ganzen Länge sichtbar werden, was bekanntlich nicht der Fall ist, Die Poren entstehen zunächst als kleine Vertiefungen der Ober- fläche und zeigen eine überaus langsame Längenzunahme nach dem Innern des Kornes. Zudem würden solche unsichtbaren Poren, die während des Wachsthums der Stärkekörner zur Ausbildung gelangen, in die Kategorie jener Structuren gehören, die bei allen Körnern annähernd denselben Charakter zeigen müssen. Die Poren können nicht in dem einen Korn so und in einem anderen anders ver- laufen. Nach alledem kann es keinem Zweifel unterliegen, dass bei der 4* 52 G. Krabbe, Entstehung localer Corrosionen ausser den besonderen Structur- verhältnissen der Stärkekörner noch ganz andere Factoren in Frage kommen, Factoren, die ausserhalb des Stärkekorns in einer be- sonderen Angriffsweise des Ferments zu suchen sind. Es wird darum unsere nächste Aufgabe sein müssen, über das eigentliche Wesen des Diastaseferments möglichste Klarheit zu bekommen, um zu sehen, ob die Entstehung localer Corrosionen mit der Beschaffenheit der Diastase in irgend einem Zusammenhang steht. Zweiter, experimenteller Theil. 1. Ueber die direete Betheiligung von Mikroorganismen oder allgemein von Protoplasmagebilden an der Auflösung der Stärke. Nach den im vorausgehenden Theil dieser Arbeit ausführlich besprochenen Untersuchungsergebnissen betreffs der Stärkeauflösung in verschiedenen Pflanzengattungen scheint mir in erster Linie die Frage einer besonderen Prüfung zu bedürfen, ob und in welcher Weise das lebende Protoplasma an der eigenthümlichen Wirkung der Diastase auf Stärkekörner betheiligt ist. . Vielleicht sind es Mikroorganismen oder in den Geweben der höher organisirten Pflanzen bestimmt geformte Protoplasmagebilde, aus denen die wirk- same Diastase besteht. Die vielförmigen localen Corrosionen, die während der Stärkeauflösung zu beobachten sind, drängen wenigstens unwillkürlich zu der Annahme, dass es irgend welche lebenden Proto- plasmatheilchen seien, durch deren Thätigkeit die Stärkekörner in so eigenthümlicher Weise zerstört werden. Mit einer solchen An- nahme wärde nicht nur das Unvermögen der Diastase, in die Stärke- substanz einzudringen, sondern vor Allem auch die Bildung von Porencanälen, bohrlochartigen Vertiefungen ete. mit einem Schlage erklärt sein. Was die Stärkezerstörung von Seiten der Bacterien betrifft, so braucht man sich ja nur vorzustellen, dass dieselben ein Stärkekorn in der verschiedensten Weise von aussen anfressen und durch Bildung von Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 53 Porencanälen in das Innere desselben eindringen; ein Canal kann sich dann nur in dem Maasse verlängern, ale das Bacterium selber vor- dringt. Die Frage, auf welche Weise die eigenthümlichen Corrosionen von den Bacterien erzeugt werden, ist hierbei zunächst von neben- sächlicher Bedeutung; man kann sich vorstellen, dass die Stärke- substanz in unmittelbarer Nähe eines Bacteriums zum Zerfall ge- bracht werde, indem bestimmte Bewegungszustände der Molecüle verschiedener, das lebende Protoplasma zusammensetzender Sub- stanzen auf die Stärkemolecüle übertragen werden, wie dies nach Nägeli bei der Gährung der Fall sein soll. Die Corrosionen können aber auch in anderer Weise, vielleicht durch Ausscheidung einer bestimmten chemischen Substanz erzeugt werden. Diese Substanz darf jedoch nur an der Oberfläche, also in unmittelbarer Nähe des Bacteriums, zur Wirkung gelangen und sich nicht von dem letzteren trennen lassen; denn alsdann hätte man eine einfache Diastaselösung, die für sich allein, wenn sie in die Stärkesubstanz eindringt, nicht zur Bildung von Porencanälen etc. führen kann. Da nun nach meinen Untersuchungen Mikroorganismen an der Stärkeauflösung in den Zellen höherer Pflanzen weder direct noch indirect betheiligt sind, so wäre man hier zu der Annahme bestimmt geformter Protoplasmatheilchen gezwungen, die eine gleiche oder ähnliche Wirkung wie Bacterien ausüben. Im Gegensatz zu den Schimper’schen Stärkebildnern könnte man diese vermeintlichen Protoplasmatheilchen als Stärkezerstörer bezeichnen. Die meisten localen Corrosionen der Stärkekörner würden, wie gesagt, vom botanischen Standpunkte aus verständlich und einiger- maassen erklärt sein, wenn die Entstehung derselben auf den directen Angriff von lebendem Protoplasma zurückgeführt werden könnte. Es kämen dann bei der Stärkeauflösung ähnliche oder dieselben Factoren in Frage, die auch bei der Zerstörung der Zellwände von Seiten ver- schiedener Pilze eine Rolle spielen. Wie diese eine Zellwand durch- wachsen und so Porencanäle in derselben erzeugen, so müssten sich auch die protoplasmatischen Stärkezerstörer in das Innere eines Stärke- kornes hineinfressen. Die hier entwickelte Anschauung über die Natur und Wirkungs- weise der Diastase ist im Grunde genommen nicht neu. So will 54 G. Krabbe, Marcano!) in der That ein solches Anfressen der Stärke von Seiten der Bacterien auch in den Geweben höherer Pflanzen direct gesehen und ferner beobachtet haben, wie die Bacterien in den Canälen vordringen. Auch von Wigand, auf dessen Arbeit wir nachher noch zurückkommen, werden verschiedene Beobachtungen angeführt, die ein directes Anfressen der Stärke von Seiten der Bacterien beweisen sollen ?). — Von besonderem Interesse aber ist die Thatsache, dass die Diastase mit lebendem Protoplasma auch von solchen Forschern identifieirt wurde, die, wie es scheint, keine Kenntniss hatten von den verschiedenen localen Corrosionen, die während der Stärkeauflösung einzutreten pflegen. So vertritt Adolf Mayer?) in seiner „Enzymologie“* die Ansicht, dass die eigenthüm- liche Wirkung der Fermente nur dann zu verstehen sei, wenn man annehme, dass dieselben aus lebendem Protoplasma beständen. Nachdem er die Molecüle eines Ferments als „Protoplasmamolecüle“ bezeichnet hat, äussert er sich über das Wesen eines Ferments p. 120 folgendermaassen: „Dann könnte man den bestehenden Ver- band zwischen Leben und Fermenten auch so ausdrücken, dass die letzteren Organismenreste oder Protoplasmasplitter seien, vielleicht von sehr wechselnder Zusammensetzung, aber noch mit einem Theil der charakteristischen intramolecularen Bewegung begabt, welche in dem Organismus für einen Theil das Leben ausmachen.“ In einem ähnlichen Gedankengange bewegen sich offenbar Brown und Heron, wenn sie den Eiweisssubstanzen, aus denen die Diastase bestehen soll, Eigenschaften des lebenden Protoplasmas zuschreiben®): „Möglich ist, dass diese Körper aus Theilen des Zellenplasmas (welches noch einige von den Eigenschaften des leben- den Protoplasmas zurückbehalten hat) bestehen.“ — Dass es keinen Sinn hat, von „Protoplasmamolecülen“ zu sprechen resp. den Mole- cülen irgend welcher Substanzen Eigenschaften des lebenden Proto- 1) Marcano, Fermentation de la fecule (Comptes rendus, 1882, T. 95). 2) A. Wigand, Das Protoplasma als Fermentorganismus (Forschungen aus dem bot. Garten zu Marburg, III. Heft, p. 126 ff.). 3) Adolf Mayer, Die Lehre von den chemischen Fermenten oder Enzy- mologie, Heidelberg 1882, p. 120 ff. 4) Horace T. Brown und John Heron, Beiträge zur Geschichte der Stärke und der Verwandlungen derselben. Justus Liebig’s Annalen der Chemie, Bd. 199, p. 251. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 55 plasmas zuzuschreiben, bedarf für den Botaniker keiner besonderen Auseinandersetzung. Das Molecül als solches kann stets nur chemisch- physikalische Eigenschaften besitzen, ganz gleichgültig, wie und wo dasselbe entstanden ist. Was nun die Anschauung Wigand’s über das Wesen und die Wirkungsweise der Fermente betrifft, so ist es nicht ganz leicht, sich in dessen Auseinandersetzungen zurecht zu finden, wenn man ihm keine directen Widersprüche vorwerfen will. Während Wigand auf den ersten Seiten seiner „Theorie der Fermentwirkungen“ die Fermente an mehr als einer Stelle mit lebenden Organismen identificirt, bezeichnet er an anderen Orten erst ein von diesen ab- geschiedenes flüssiges Secret als Ferment, allerdings mit dem Vorbehalt, „dass von einem Ferment im bezeichneten Sinne nur dann die Rede sein kann, wenn es ein lebendiger Organismus ist“ '). In demselben Sinne heisst es kurz vorher: „Nur deshalb vermag ein Ferment von verschwindend geringer Grösse einen so unverhältnissmässig grossen Effect zu bewirken, weil und insofern dasselbe ein leben- diger Organismus ist und als solcher im Stande ist, sich fort- während zu verjüngen ....“ Wie mir scheint, hält Wigand im ersten Theil seiner Theorie die Wirkung eines Ferments und die Bildung desselben nicht scharf genug aus einander. Für die Definition eines Ferments als lebendigen Organismus fehlt jede Grundlage, wenn man die später folgenden Auseinandersetzungen Wigand’s in Be- tracht zieht, wonach die stärkelösende Wirkung eben nicht von den Organismen selber, sondern von einer rein chemischen Substanz aus- gehen soll, die von jenen abgeschieden wird. „Die Erzeugung des Diastaseferments hängt ab von der Natur der Bacterien und von den nöthigen Lebensbedingungen — die Wirkung des Ferments ist aber von den Bacterien unabhängig.“ Ist diese Angabe richtig, dann verstehe ich nicht, wie man ein Ferment als lebendigen Or- ganismus bezeichnen kann; man könnte mit demselben Rechte alle Secrete, die von lebenden Zellen ausgeschieden werden, als lebendige Organismen definiren. Dass die Stärkeauflösung ohne directen Angriff der Bacterien nur unter der Einwirkung eines flüssigen Secrets vor sich geht, 1) A. Wigand, Das Protoplasma als Fermentorganismus, p. 166. 56 G. Krabbe, ‚sucht Wigand noch durch eınen besonderen Versuch ausser Zweifel zu stellen, indem er Thencylinder mit Wasser und Fleisch füllte und darauf die feuchte Aussenfläche derselben mit Weizenstärke bestrich. „Nachdem im Innern eine reichliche Bacterienbildung mit Fäulniss eingetreten war, wurde die anhängende Stärke untersucht; es fanden sich darunter viele stark corrodirte Körner, aber keine Bacterien, zum Zeichen, dass die durch die Thonwand filtrirte Flüssigkeit flüssiges Ferment enthält, welchem die Stärkelösung zu- zuschreiben ist“ (l. c. p. 168). Da Wigand versäumt hat durch Anstellung von Controlversuchen zu prüfen, ob sich an den Stärke- körnern nicht auch Corrosionen gezeigt haben würden, wenn er die Thoncylinder einfach mit destillirtem Wasser gefüllt hätte, so sind seine Schlussfolgerungen ziemlich werthlos. Die Behauptung, nach welcher sich in dem Stärkebrei an der Oberfläche der Thoncylinder keine Bacterien eingefunden haben sollen, steht mit allen unseren Erfahrungen über Bacterienentwickelung in directem Widerspruch. Mit Stärkebrei bestrichene Thoncylinder können geradezu als Fang- apparate für Bacterien bezeichnet werden. Darum kann ich es trotz gegentheiliger Behauptung nicht als ausgeschlossen betrachten, dass die beobachteten Corrosionen der Stärkekörner von Bacterien her- rühren, die an der Oberfläche des befeuchteten Thoncylinders zur Entwickelung gelangten, um so mehr, als der Versuch mehrere Tage dauerte und die benutzte Weizenstärke verhältnissmässig leicht von Bacterien ‚angegriffen wird. Dazu kommt noch, dass die Diastase, wie wir später zeigen werden, nur unter bestimmten Bedingungen engporige Thonzellwände zu passiren vermag. Bezüglich der Wigand’schen Ansicht über die Betheiligung der Bacterien am Keimungsprocess der höheren Pflanzen kann ich mich auf einige allgemeine Bemerkungen beschränken, da dieser Gegen- stand, streng genommen, nicht hierher gehört. Nach Wigand sollen bekanntlich durch eine nicht näher präcisirte Umformung des Protoplasmas in den Zellen höherer Pflanzen Mikroorganismen entstehen, von denen ein stärkelösendes Ferment abgeschieden und so erst ein normaler Keimungsprocess möglich gemacht wird. Aehnliche Beziehungen sollen auch zwischen der Fäulniss und den Bacterien bestehen, insofern als aus dem todten und in Zerfall begriffienen Protoplasma Mikroorganismen Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 57 hervorgehen, von denen dann bestimmte Wirkungen auf das Substrat ausgeübt werden. Bei der Vertheidigung dieser Ansicht macht Wigand den Begründern der herrschenden Lehre von den Ursachen der Fäulniss den Vorwurf eines unlogischen Verfahrens, weil man aus dem Umstande, dass Fäulnissprocesse nur bei Anwesenheit von Mikroorganismen auftreten, noch nicht auf einen derartigen causalen Zusammenhang der Erscheinung schliessen könne, dass die Bacterien die Ursache und die eintretende Fäulniss die Wirkung jener sei. Ob dieser Vorwurf berechtigt ist, kann hier unerörtert bleiben, da die von Wigand gemachten Aussetzungen, auch wenn sie logisch richtig wären, überhaupt keinen reellen Sinn haben. Man kann bekanntlich mit der schärfsten Logik die grössten Irrthümer zu Tage fördern, wenn die Prämissen, von denen man ausgeht, unhaltbar sind. Dies ist bei Wigand der Fall; denn nach dem bisherigen Gang der Naturforschung müssen die Wigand’schen Vorstellungen einfach in das Reich der Unmöglichkeit verwiesen werden. Durch die 'Thätigkeit des lebenden Protoplasmas können wohl verschiedene Substanzen zum Zerfall gebracht werden, gänzlich unbegreiflich muss es dagegen bleiben, wie aus zerfallendem, todtem Protoplasma oder aus Eiweiss Lebewesen von der Organisationsstufe der Bacterien hervorgehen können. Meiner Meinung nach gelangt man mit derartigen Anschauungen direct in das Reich der Wunder, in das Gebiet der übernatürlichen Dinge, mit denen sich wohl die Mythologie, aber keine ernste Naturforschung befassen kann. Wie übrigens auf der Hand liegt, ist man keineswegs zur An- nahme der von Wigand behaupteten Entstehungsweise der Bacterien gezwungen, auch wenn eine Betheiligung von Mikroorganismen am Keimungsprocess sicher nachgewiesen wäre. Die fraglichen Bacterien könnten ja mit den höheren Pflanzen in ein bestimmtes symbiotisches Verhältniss getreten sein, derart, dass sie ausserhalb ihrer Wirths- pflanze nicht mehr zu existiren vermögen. Selbstverständlich mussten die vermeintlichen Bacterien zu einer früheren Zeitperiode im Stande sein auch ausserhalb ihrer Wirths- pflanze zu leben, da sich das fragliche symbiotische Verhältniss erst im Laufe der phylogenetischen Entwickelung herausbilden konnte. Denn es ist nicht anzunehmen, dass zu irgend einer Zeit Pflanzen 58 G. Krabbe, entstanden sein könnten, die von Hause aus unfähig waren eye eigenen Reservestoffe in Lösung überzuführen. | Noch einfacher lägen die Verhältnisse, wenn die Bolerärieheh vor oder beim Beginn der Keimung von aussen in die Pflanze ein- dringen würden. Doch hat es keinen Zweck, diese und andere Möglichkeiten zu erörtern, da sich nach meinen Untersuchungen Mikro- organismen an der Stärkeauflösung in den Geweben höherer Pflanzen nicht betheiligen. Die diesbezüglichen Angaben Wigand’s müssen auf irrigen Beobachtungen beruhen. Vielleicht hat sich derselbe durch die Bewegung kleiner Körperchen täuschen lassen, die alles Mögliche sein können, nur keine Bacterien. — Wie ich glaube, geht schon aus dem Mitgetheilten zur Genüge hervor, dass wir über das eigentliche Wesen der Diastase, speciell über die Frage, in welcher Weise das lebende Protoplasma an der Stärkeauflösung betheiligt an immer noch nicht völlig im Klaren sind. | Um über diesen Punkt eine vorläufige Orientirung zu gewinnen, suchte ich festzustellen, ob und welche Differenzen in der Wirkungs- intensität eines bestimmten Quantums einer Bacterienflüssigkeit, ver- glichen mit einem gleichen Quantum eines wässerigen Diastase- auszuges, vorhanden sind. Dass solche Vergleiche nur Werth haben, wenn die Differenzen sehr gross sind, versteht sich nach Lage der Dinge von selbst. — Etwa '/, kg feingemahlenes Gerstenmalz wurde mit 1 Liter Wasser verrührt und einen Tag stehen gelassen. Dann wurde die Flüssigkeit durch ein feines Leinwandtuch abgepresst, wiederholt filtrirt und darauf ohne weitere Behandlung direct zu den Versuchen benutzt. Soweit es sich um rein physiologische Untersuchungen handelt, ist nach meinen Erfahrungen die ver- schiedene Behandlungsweise der Diastase, z. B. Fällen derselben mit Alkohol und Wiederauflösen in Wasser etc., gänzlich zwecklos. — Bacterienflüssigkeit wurde in der bekannten Weise gewonnen, indem ich Kartoffelstücke, Samen etc. in Wasser der Fäulniss überliess. Mit einer solchen Bacterienflüssigkeit ist man nun im Stande, eine bestimmte Menge von Stärkekleister in Zucker überzuführen. Ich benutzte zu meinen Versuchen einen ca. 0,5 procentigen Weizen- stärkekleister, der durch ein 5 Minuten langes Kochen gewonnen wurde. Setzt man zu 10 ccm dieses Kleisters etwa 1 ccm einer Flüssigkeit mit dem bekannten Bacteriengewimmel, so zeigt der Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 59 Kleister nach einiger Zeit nicht mehr die charakteristische Jod- reaction; gewöhnlich muss man 24 Stunden und noch länger warten, bis eine deutlich wahrnehmbare Aenderung in der Blaufärbung nach - Jodzusatz zu constatiren ist. Wie schon von Wortmann!) ganz zu- treffend angegeben wird, nimmt der Stärkekleister allmählich eine hell- weinrothe Farbe an. Die mikroskopische Untersuchung eines solchen Kleisters zeigt, dass noch eine Anzahl kleiner, stark gequollener Stärkekörner in der Flüssigkeit vorhanden sind; diese färben sich bei Jodzusatz zwar deutlich blau, ihre Zahl ist jedoch zu gering, um der ganzen Flüssigkeit eine blaue Farbe zu verleihen. Ganz anders ist das Resultat, wenn man zu den Versuchen statt der Bacterienflüssigkeit ein gleiches Quantum eines wässerigen Diastaseauszuges benutzt. Dann wird die Jodreaction des Stärke- kleisters in wenigen Minuten zum vollständigen Verschwinden ge- bracht. Der Stärkekleister färbt sich zunächst rothbraun, um bald eine hellgelbe Farbe anzunehmen, ein Resultat, das durch eine vielfache Wiederholung der Versuche nur bestätigt werden konnte. Die Wirkung einer Bacterienflüssigkeit bleibt hinter derjenigen eines gleichen Quantums einer Diastaselösung aus Gerstenmalz weit zurück. Dieses Ergebniss wird von der Concentration der Diastase sehr wenig beeinflusst, diese darf in sehr weiten Grenzen schwanken. Dasselbe ergiebt sich, wenn ‚man die Wirkung von Bacterien- flüssigkeit mit derjenigen eines Diastaseauszuges auf intacte Stärke- körner vergleicht. . Wegen ihrer relativ leichten Angreifbarkeit be- nutzte ich zu solchen Versuchen die Buchweizen- und Weizenstärke. Die erstere zeigt in Diastase schon nach 6 bis 10 Stunden ganz deutliche Spuren von Corrosionen, während sich solche im Bacterien- gewimmel nicht constatiren lassen, von einzelnen Körnern abgesehen. Bei der Weizenstärke muss man zwar etwas länger auf ein Resultat warten, allein die Differenzen in der Wirkungsintensität von Bacterien- flüssigkeiten und Diastaseauszügen sind auch hier ganz auffallende. Wie sich aus diesen Versuchen ohne Weiteres ergiebt, kann die intensive Wirkung der Diastase auf Stärkekleister und intacte Stärke- körner nicht von Bacterien ausgehen, die mit den in der Bacterien- flüssigkeit vorhandenen identisch sind. Will man darum auch die 1) J. Wortmann, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 6, p. 295, 60 . G. Krabbe, Stärkeauflösung während der Keimung auf die Thätigkeit von Bacterien zurückführen, so müssen diese eine ganz specifische, stärke- lösende Wirkung besitzen, die mit derjenigen gewöhnlicher Bacterien nicht zu vergleichen ist. Dasselbe gilt natürlich von irgend welchen Protoplasmatheilchen, wenn man solche als Stärkezerstörer annimmt. Diese vermeintlichen Stärkezerstörer unterscheiden sich auch noch insofern sehr wesentlich von gewöhnlichen Bacterien, als sie ausser- halb der Grenze mikroskopischer Wahrnehmung liegen. Es ist mir wenigstens mit den besten optischen Hülfsmitteln nicht gelungen, ırgend welche Protoplasmagebilde in den Porencanälen corrodirter Körner nachzuweisen, abgesehen von den mit weiten Eingangs- und Ausgangsöffnungen versehenen inneren Hohlräumen, in die ja bei der Präparation alle möglichen kleineren Formgebilde des Plasmas leicht hineinkommen können. Ein Nachweis von Protoplasma müsste schr leicht gelingen, wenn man corrodirte Körner mit verdünnter Jodlösung behandelt; da sich bei dieser Behandlung die Stärke- substanz blau färbt, während Protoplasmatheilchen einen bräunlichen Ton annehmen, so müssten diese in den Porencanälen deutlich her- vortreten, vorausgesetzt, dass sie innerhalb der Grenze mikroskopi- scher Wahrnehmung liegen. — Wie ich meine, lassen schon diese Thatsachen mit ziemlicher Sicherheit darauf schliessen, dass das Protoplasma auch während der Keimung nicht direct an der Stärke- auflösung betheiligt ist. | Es würde ja leicht sein, sich in Kürze über diesen heiklen Gegenstand völlige Klarheit zu verschaffen, wenn man durch Sterili- sation der Diastaseauszüge vermittelst hoher Temperaturen das Proto- plasma tödten könnte. Leider ist dieses Verfahren nicht anwendbar, weil damit auch die Diastase zerstört werden würde, eine That- sache, die unter andern Ad. Mayer veranlasst zu haben scheint, die Diastase mit lebendem Protoplasma zu identificiren. Ich suchte daher den umgekehrten Weg einzuschlagen, indem ich wässerige Diastaseauszüge so niedrigen Temperaturgraden aus- setzte, dass die Lebensthätigkeit irgend welcher Protoplasmagebilde als vollkommen erloschen betrachtet werden konnte. Mit Rücksicht auf ähnliche Versuche Detmer’s!) kann ich in der Mittheilung 1) W. Detmer, Pflanzenphysiologische Untersuchungen über Fermentbildung und fermentative Processe. Jena, 1884, p. 31 ff. 7 # z \ x 2 Ri BE en: 3 = er; a = Te og j En ad EN Br) Bar 5 fr N Untersuchungen über das Diastaseferment etc, 61 meiner Ergebnisse sehr kurz sein. Frisch bereitete wässerige Diastaseauszüge wurden mehrere Stunden einer Temperatur von — 12 bis —15°C. ausgesetzt, dann möglichst schnell auf + 25° erwärmt und sofort zu Versuchen auf Stärkekleister verwandt. Hierbei zeigte sich, dass die Diastase durch das Gefrieren an ihrer Wirkung kaum eine Einbusse erlitten hatte, ein Resultat, das mit einer Protoplasmanatur der Diastase nicht gut vereinbar ist. Wenn man auch nicht annehmen will, dass Protoplasma durch Tempera- turen von — 12 bis — 15 ® vollständig getödtet werde, so dauert es doch erfahrungsgemäss stets längere Zeit, bis dasselbe beim Ueber- gang aus so niederen Temperaturen in höhere seine alte Lebens- energie wiedergewonnen hat; eine so intensive Wirkung unmittelbar nach dem gefrorenen Zustande, wie sie die Diastase zeigt, ist daher für Protoplasma wohl kaum anzunehmen. Dazu kommt noch, dass die Diastase auch bei Temperaturen von — 3 bis 0°C. eine deut- liche Wirkung auf Stärkekleister ausübt. Diastase, die zuvor längere Zeit einer Temperatur von — 12 bis —15 °C. ausgesetzt war, wurde allmählich auf — 3 ° erwärmt, bei welcher Temperatur die gefrorene Diastase in den flüssigen Zustand übergeht. Dann wurde frisch ge- kochter Kleister auf dieselbe Temperatur (— 3 ®) gebracht und 10 cem dieses Kleisters 1 ccm Diastase zugesetzt. Es darf nun wohl an- genommen werden, dass bei einer solchen Temperatur die Lebens- thätigkeit von Protoplasma so gut wie vollständig erloschen ist; das letztere befindet sich im Zustand der Starre. Was die Bacterien betrifft, so wissen wir, dass deren Bewegung und Vermehrung schon bei einer viel höheren Temperatur aufhört. Wenn daher bei —3° eine Diastasewirkung zu beobachten ist, so kann dieselbe wohl kaum von irgend welchen Protoplasmagebilden ausgehen. Nun ist zwar nach meinen Versuchen die Wirkung der Diastase bei einer Temperatur von — 3 bis 0 ° äusserst verlangsamt, allein sie ist nicht gänzlich aufgehoben, ‚wovon man sich schon durch die einfache Jodprobe ganz deutlich überzeugen kann. Schon nach einer Einwirkung der Diastase von 20 bis 30 Minuten zeigt der Stärke- kleister nicht mehr die ursprüngliche Jodreaction, nimmt vielmehr eine schmutzigbraune Farbe an. — Da es nicht möglich war, mit den mir zu Gebote stehenden Mitteln im Sommer die Temperatur längere Zeit auf —3° resp. unter 0° zu halten, so konnte 62 G. Krabbe, ich die Versuche leider nicht auf intacte Stärkekörner aus- dehnen. zig Ich halte es nicht für überflüssig, bei dieser Gelegenheit an die interessanten und werthvollen Untersuchungen von Hermann Müller - Thurgau!) über das Süsswerden der Kartoffeln zu erinnern, weil es sich hier um eine Erscheinung handelt, deren Ursachen zum Theil in der stärkeumwandelnden Thätigkeit der Diastase bei niederen Temperaturen zu suchen sind. Von Herm. Müller ist bereits die Bedeutung dieses Factors ganz richtig her- vorgehoben worden. Da bei niederen Temperaturen von O bis 6° die Lebensthätigkeit, vor Allem der Athmungsprocess des Proto- plasmas, also auch der Zuckerverbrauch sehr herabgesetzt ist, während die Diastasewirkung, d. h. die Ueberführung von Stärke in Zucker, fortdauert, so muss es zu einer Anhäufung des letzteren kommen. / | Uebrigens giebt es noch eine Reihe anderer Thatsachen, aus denen mit Bestimmtheit gefolgert werden kann, dass die Diastase in ihrer Wirkung von lebendem Protoplasma völlig unabhängig sein muss und darum auch nicht mit letzterem identificirt werden kann. Ich möchte in dieser Hinsicht vor Allem den Umstand hervorheben, dass die Diastase auch nach Zerstörung der Zellstructur längere Zeit hindurch ihre Wirksamkeit behält, nach meinen Erfahrungen in allen Fällen mehrere Wochen. Diese Wirkung wird auch nicht zerstört durch das Gewimmel von Bacterien und Hefezellen, die sich sehr bald in wässerigen Diastaseauszügen einstellen. Will man nun auch bezüglich der Stärkeauflösung ausserhalb der Pflanze an der Vorstellung eines directen Eingriffs protoplasmatischer Stärke- zerstörer festhalten, so ist man zu der Annahme gezwungen, dass die letzteren auch nach Zerstörung der Zellstructur ihre stärkelösende Thätigkeit fortzusetzen vermögen. Das ist in der That die Vor- stellung von Ad. Mayer; dieselbe steht aber im Widerspruch mit allen unseren Erfahrungen über das Verhalten irgend welcher Plasma- 1) H. Müller- Thurgau, Ueber Zuckeranhäufung in Pflanzentheilen im Folge niederer Temperatur (Thiel’s landwirthschaftliche Jahrb., Bd. 11), p. 767. — Vergl. auch die Abhandlung in Bd. 14 derselben Jahrb. p. 795: Zur Kenntniss der Wirkung von Diastase und Invertin, besonders in pflanzenphysiologischer Hinsicht. ‚ Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 63 gebilde aus den Zellen höherer Pflanzen. Chlorophylikörner ver- mögen nach Zerstörung der Zelle, wenn überhaupt, nur noch kurze Zeit zu assimiliren, und was die Stärkebildner betrifft, so sind die- . selben im isolirten Zustande ohne Zweifel unfähig Stärke zu bilden. Und so müsste auch die stärkelösende Fähigkeit der vermeintlichen Stärkezerstörer mit dem Tode der Zellen erlöschen. Vielleicht wird man hier einwenden, dass die protoplasmatischen Stärkezerstörer aus den Zellen der höher organisirten Pflanzen in den wässserigen Diastaseauszügen thatsächlich bald ihre Wirksamkeit einbüssen, dass dies aber nicht zu bemerken sei, weil die unwirksam werdende Diastase durch ähnlich wirkende Bacterien, die in der Flüssigkeit zur Entwickelung gelangen, ersetzt werde. Dieser Ein- wand ist jedoch hinfällig, denn wie aus unseren oben mitgetheilten Versuchen ganz deutlich hervorgeht, besitzt eine Bacterienflüssigkeit auf Stärkekleister eine erheblich geringere Wirkung als ein gleiches Quantum einer Diastaselösung aus Gerstensamen; die Wirkung der letzteren müsste demnach bald nach ihrer Herstellung bedeutend sinken, was indessen nicht der Fall ist; sie erfährt im Gegentheil nicht selten eine deutlich wahrnehmbare Steigerung. Schliesslich will ich unter anderen noch die bekannte That- sache betonen, dass die Diastase durch Behandlung mit absolutem Alkohol nicht zerstört wird. Dieser ist aber für wasserdurchtränktes Protoplasma ein absolut tödtlich wirkendes Gift. Lässt man Diastase- lösungen tropfenweise in absoluten Alkohol fallen, dann entsteht ein amorpher Niederschlag, der auch nach längerem Aufenthalt in Alkohol seine fermentative Wirkung nicht verliert. Nach alledem ist also die Vorstellung, dass das lebende Proto- plasma an der Stärkeauflösung irgendwie direct betheiligt sein könnte, definitiv fallen zu lassen. Da ferner die Entstehung der verschiedenen localen Corrosionen, wie ausführlich gezeigt wurde, nicht aus Structur- anomalien der Stärkekörner erklärt werden kann, so stehen wir nun- mehr in der Frage nach den Ursachen der eigenthümlichen Art der Stärkeauflösung vor einem Problem, dessen völlig befriedigende Lö- sung nicht so bald gelingen wird. 64 G. Krabbe, 2. Ueber den Durchgang der. Diastase durch Pergamentpapier, engporige Thonzellen und Cellulosewände. Da nach dem soeben gewonnenen Ergebniss die Stärkeauflösung in allen Fällen ohne direceten Eingriff des lebenden Protoplasmas erfolgt, so sind wir nunmehr gezwungen, nicht nur für das Un- vermögen der Diastase in die Stärkesubstanz einzudringen, sondern auch für die Entstehung localer Corrosionen andere Ursachen auf- \| zusuchen. Die Diastase ist eine nur mit chemisch - physikalischen '\'Eigenschaften begabte Substanz, und es fragt sich, ob die physi- kalische Beschaffenheit derselben irgend welche Anhaltspunkte bietet, aus denen zunächst ihr Nichteindringen in die Stärkesubstanz erklärt werden kann. Zur Orientirung nach dieser Richtung wurde eine Reihe von Versuchen über die Diffusion der Diastase durch eng- porige Scheidewände, wie Pergamentpapier und Thonzellen, aus- geführt, deren Ergebniss im Folgenden kurz besprochen werden soll. Kleine, etwa 1 ccm Diastaselösung enthaltende Gläschen wurden mit vorher angefeuchtetem Pergamentpapier dicht verbunden und dann horizontal in kleine Bechergläser gelegt, die etwa 4 cem eines 0,5 procentigen Stärkekleisters enthielten. Wie ich mich durch Vor- versuche überzeugte, waren einige Tropfen der benutzten Diastase- lösung im Stande, die Jodreaction von 5 ccm Stärkekleister in 2—3 Minuten vollständig zum Verschwinden zu bringen. Trennt man aber Diastase und Stärkekleister in der angegebenen Weise durch Pergamentpapier, dann dauert es nach meinen Versuchen in der Regel 2—3 Stunden, bis die Umwandlung des Kleisters in den Bechergläsern stattgefunden hat. Es ist dies ein Beweis, dass die Diastase selbst durch die verhältnissmässig grossen Poren von Per- gamentpapier schwer hindurch geht. Meine Ergebnisse stehen hier nicht ganz im Einklange mit den von Hirschfeld!) gemachten Angaben, nach welchen Pergamentpapier für Diastase so gut wie undurchlässig sein soll; es war demselben wenigstens nicht möglich, nach sechs- bis zwölfstündiger Versuchsdauer irgend einen Austritt von Diastase zu constatiren. l) E. Hirschfeld, Ueber die chemische Natur der vegetabilischen Diastase. Pflüger’s Archiv für Physiologie, 1886, Bd. 39, p. 513. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 65 Ein ähnliches Resultat ergaben verschiedene Versuche mit so- genannten Bacterienfiltern. Es sind dies ca. 15 cm lange, nur an einem Ende offene Porzellanröhrchen mit etwa 2 mm dicken porösen Wänden und einem Lumen von 2 mm Durchmesser. In der Bacteriologie werden bekanntlich diese Filter dazu benutzt, um eine Flüssigkeit, die man nicht durch Anwendung hoher Temperaturen sterilisiren kann oder will, von Bacterien zu befreien. Bringt man in diese Bacterienfilter vermittelst eines dünnen Capillarröhrchens eine wässerige Diastaselösung, so wird dieselbe von den porösen Porzellanwänden schnell aufgesogen; beim weiteren Nachfüllen von Diastase tritt die Flüssigkeit schliesslich an der Oberfläche der Filter in Form kleiner Tröpfchen aus, die herabfliessen und sich am unteren Ende des Porzellanröhrchens zu einem grossen Tropfen sammeln, der etwa in Zeiträumen von 20—30 Minuten abfällt. Wie sich durch Versuche mit diesen Tropfen auf Stärkekleister leicht fest- stellen lässt, besitzt die aus den Filtern austretende Flüssigkeit nur noch Spuren von Diastase. Die Diffusion der letzteren wird noch geringer, wenn man die mit Diastase gefüllten Thonröhrchen (sobald das Schwitzen ihrer Oberfläche andeutet, dass sich die Capillaren gefüllt haben) in Stärkekleister enthaltende Reagensgläschen hängt. Bei dieser Versuchsanstellung dauert es nicht selten 8—12 Stunden, bis an der Veränderung des Stärkekleisters ein Austritt von Diastase aus den Bacterienfiltern constatirt werden kann. Die Diffusion der Diastase ist gänzlich aufgehoben, wenn man zu den Versuchen statt der verhältnissmässig grobporigen Porzellan- röhrchen Thonzellen benutzt, wie sie zur Herstellung elektrischer Batterieen verwandt werden. Solche Thonzellen von verschiedener Weite und Länge wurden mit Diastaselösung angefüllt und dann kurze Zeit stehen gelassen, bis aus dem Feuchtwerden ihrer Ober- fläche geschlossen werden konnte, dass sich die Poren der Wände mit Flüssigkeit gefüllt hatten. Dann wurden diese Thonzellen in Stärkekleister enthaltende Bechergläser gestellt, wobei dafür gesorgt wurde, dass die Flüssigkeiten beider Behälter dasselbe Niveau hatten. Um die etwa austretende Diastase auf ein möglichst ge- ringes Quantum von Kleister einwirken zu lassen, wurden jedesmal Bechergläser von einer solchen Grösse genommen, dass die Thon- zellen nur von einem dünnen Mantel von Stärkekleister umgeben 5 Be 0 SNAUNERERERL N 22 ee Winhemesnuencn, 66 .@. Krabbe, waren. Andere Vorkehrungen, die noch getroffen wurden, wie z.B. vorheriges Auskochen der: Thonzellen etc., lasse ich unerwähnt, da sie für das schliessliche Resultat der Versuche ohne Bedeutung sind. Sämmtliche in dieser Weise ausgeführten Versuche ergaben ein ı übereinstimmendes Resultat. Ein Austritt von Diastase aus den ' Thonzellen fand in keinem Versuche statt, obgleich alle über mehrere Tage ausgedehnt wurden. — Um eine möglicher Weise vor- handene ungünstige Einwirkung des Kleisters auf die Diffusion der Diastase zu beseitigen, stellte ich die Thoncylinder in destillirtes Wasser. Allein auch unter diesen Umständen waren niemals auch nur Spuren von Diastase selbst nach achttägiger Versuchsdauer im destillirten Wasser nachzuweisen. Ein anderes Resultat ergiebt sich, wenn man die Diffusion der Diastase unter Anwendung von Druck vor sich gehen lässt. Schon ein verhältnissmässig geringer Druck ist hinreichend, um deutliche Spuren von Diastase aus den Thonzellen austreten zu lassen, Stellt man z. B. 20—25 cm lange, mit Diastaselösung gefüllte Thoncylinder unter Ausschluss von Verdunstung in leere Bechergläser, so erhält man nach Verlauf mehrerer Stunden ein Quantum durchfiltrirter Flüssigkeit, die stets Spuren von Diastase enthält, wie sich ja leicht an der Wirkung der in den Bechergläsern angesammelten Flüssigkeit auf Stärkekleister constatiren lässt. Dieses Ergebniss beweist, dass der Nichtaustritt von Diastase bei Ausschluss von Druck nicht etwa aus einer schädlichen Einwirkung der Thonmasse auf die Diastase erklärt werden kann. Zur Filtration der Diastase durch Zellwände wurde von mir das Edeltannenholz benutzt, weil dasselbe frei von Gummigängen ist und ausserdem keine offenen Tracheidenstränge besitzen soll. Durch solide Cylinder dieses Holzes können also nur wässerige Lösungen hindurchgepresst werden, die im Stande sind, die Schliesshäute der behöften Poren zu passiren. Leider sind derartige Versuche mit Diastase viel schwieriger, als dies auf den ersten Blick scheinen mag. Es kommt nämlich darauf an, zwischen Holz- und Glas- oder Metallrohr absolut dichte Verschlüsse herzustellen, da natürlich die geringsten Spuren von Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 67 Diastase, denen ein anderer Weg als durch die Zellwände offen steht, das Versuchsergebniss werthlos machen. Sind nun auch ziemlich zuverlässige Verschlüsse vermittelst Lack oder anderer Substanzen herzustellen, so erfordert dies Verfahren doch soviel Geduld und Zeit, dass es in Fällen, in denen eine öftere Wiederholung der Ver- suche erwünscht ist, kaum anwendbar ist. Ich habe daher einen anderen Weg eingeschlagen, der es gestattet, ohne Anwendung von Lack möglichst schnell einen dichten Verschluss herzustellen und in verhältnissmässig kurzer Zeit mehrere Versuche auszuführen. Aus frischem Edeltannenholz wurden auf der Drechselbank eine grössere Anzahl von soliden Holzeylindern hergestellt, von der Ge- stalt des in Fig. 92 auf Taf. XV in natürlicher Grösse dargestellten Exemplares. Ein solcher Cylinder wurde so in die Mündung eines Metallrohres eingesetzt, dass das dünnere Ende frei hervorragte. Die Art und Weise der Verschlusseinrichtung ist aus dem Längsdurch- schnitt in Fig. 91 zu ersehen. Das Metallrohr bb besitzt an seiner Oberfläche ein Schraubengewinde und bei aa einen absatzartigen, mit Gummi- oder Lederring versehenen Vorsprung nach innen, auf den der Holzcylinder mit seinem dickeren Ende aufgesetzt wird. Sodann schiebt man über das dünnere Ende einen ziemlich dicken, im Querschnitt kreisrunden Gummiring dd, .auf den der Konus ee zu liegen kommt. Die Schraubenmutter ec, die nunmehr auf das Metallrohr bb aufgeschraubt wird, ist in der Mitte mit einer Oeffnung für das dünnere Ende des Holzcylinders versehen. Wie aus der beigegebenen Figur ohne weitere Beschreibung direct zu ersehen ist, wird durch das Anziehen der Schrauben- mutter der Holzeylinder mit dem peripherischen Theil seiner unteren Schnittfläche gegen den inneren Vorsprung aa gepresst, wodurch allein schon ein sicherer Verschluss zwischen Holz- und Metallrohr zu Stande kommt. Indem aber gleichzeitig die Schraubenmutter cc den Konus ee auf den Gummiring dd drückt, wird dieser unter Aenderung seiner Form in den Winkel zwischen dem dickeren und dünneren Ende des Cylinders gepresst, woraus ein zweiter Ver- schluss zwischen Holz und Metallrohr resultirt. Der Konus ee darf nur abwärts gedrückt, nicht aber während der Bewegung der Schraubenmutter im Kreise herumgeführt werden, weil dadurch der Gummiring dd zerrieben werden würde. Um eine 5* 1 \ } 1: i | } # 68 G. Krabbe, freie Bewegung der Schraubenmutter auf dem Konus zu ermöglichen, empfiehlt es sich, die Berührungsflächen beider Theile gut einzuölen. Da der Holzeylinder aus der beschriebenen Verschlusseinrichtung sehr leicht herausgenommen werden kann, um eine neue untere Schnittfläche herzustellen oder um ihn durch einen neuen Cylinder zu ersetzen, so lassen sich in verhältnissmässig kurzer Zeit mehrere Versuche ausführen. Die zu meinen Versuchen benutzten wässerigen Disstasbndaine wurden unter einem Quecksilberdruck von 1 Atm. durch das Edel- tannenholz hindurchgepresst. Es fand unter diesen Umständen an der oberen Schnittfläche des Holzeylinders ein Austritt von Flüssig- keit statt, der jedoch auch bei Fortdauer des Druckes nach fünf bis zehn Minuten aufhörte, offenbar in Folge von Verunreinigung ug; 2 Verstopfung der unteren Schnittfläche. Wie aus der Wirkung auf Stärkekleister constatirt or konnte, enthielt die durchfiltrirte Flüssigkeit in den meisten Ver- suchen Spuren von Diastase. Dies beweist, dass die Zellwände nicht absolut undurchlässig sind für Diastase, vorausgesetzt, dass diese wirklich durch die Zellwände gegangen ist. Es fragt sich eben, ob die herrschende Ansicht zutrifft, dass offene Tracheidenstränge im Edeltannenholz vollständig fehlen. Da ich Zweifel nach dieser Rich- tung nicht sicher widerlegen kann, so wäre es erwünscht, wenn meine Versuche auch von anderer Seite mit besserem Material wiederholt werden könnten. Folgerungen. — Die mitgetheilten Versuche über das Diffusions- vermögen der Diastase durch Scheidewände von Pergamentpapier und Thonzellen sind in erster Linie von hervorragender Bedeutung zur Illustration unserer mikroskopischen Untersuchungsergebnisse über die Auflösung der Stärke, die, wie im ersten Theil dieser Arbeit ausführlich gezeigt wurde, in allen Fällen erfolgt, ohne dass die Diastase in die Stärkesubstanz eindringt. Wer sich von der Richtigkeit dieser That- sache durch die mikroskopischen Befunde noch nicht überzeugen konnte, wird nunmehr die letzten Zweifel fallen lassen müssen. Wenn eine Substanz ohne Anwendung von Druck Thonzellwände nicht zu passiren vermag, so muss dieselbe ganz sicher ausser Stande sein, in die Micellarinterstitien eines Stärkekornes einzu- Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 69 dringen; denn den intermicellaren Räumen eines Stärkekornes gegenüber sind die mikroskopisch sichtbaren Poren einer Thonzell- wand als riesengrosse Oeffnungen zu bezeichnen. Die mikroskopisch festgestellten Thatsachen über die Art der Stärkeauflösung stehen also. mit den Ergebnissen der Diffusionsversuche in vollkommener Harmonie. Was nun ferner die Frage nach der physikalischen Beschaffen- heit der Diastase betrifft, so zwingen uns die mitgetheilten Diffusions- ergebnisse meiner Meinung nach zu der Vorstellung, dass die fermentativ wirksamen Theilchen der Diastase nicht die einzelnen Moleeüle sein können. Es kann sich vielmehr nur um Einheiten höherer Ordnung, um Theilchen handeln, die sich erst aus den Molecülen aufbauen und die letzteren um ein Vielfaches an Grösse übertreffen. Diese aus einer Anzahl von Molecülen zusammen- gesetzten Theilchen mögen auch hier als „Micelle“ bezeichnet werden, |. obgleich dieselben nicht in allen Punkten mit den Nägeli’schen Micellen identisch zu sein brauchen. Die Diastase bildet also in Wasser keine moleculare, sondern nur eine micellare Lösung. ————, Es ist einleuchtend, dass die Ursachen des Nichteindringens der Diastase in die Stärkesubstanz wohl nur in der Grösse der Diastasetheilchen liegen können; diese sind eben zu gross, um in die Micellarinterstitien eines Stärkekornes -eindringen zu können, während die letzteren bekanntlich weit genug sind, um alle Sub- stanzen, die moleculare Lösungen bilden, aufzunehmen. Es müsste darum auch die Diastase leicht eindringen können, wenn sie in Wasser eine moleculare Lösung bilden würde. Möglicher Weise wird man hier einwenden, dass nach den An- schauungen verschiedener Chemiker die Diastase in die Gruppe von Eiweisssubstanzen gehöre oder diesen doch sehr nahe stehe. Das aus einer verhältnissmässig sehr grossen Zahl von Atomen zu- sammengesetzte Eiweissmolecül überrage aber die Molecüle beliebiger anderer Substanzen so sehr an Grösse, dass es nicht mehr in Räume einzudringen vermöge, die für andere Molecüle leicht passirbar seien, Die Thatsache, dass das Diastaseferment nicht in die Stärkesubstanz eindringe, zwinge darum noch nicht zur Annahme von Diastase- micellen. Nun wissen wir leider über die absolute Grösse der Molecüle sowie über die Weite der intermicellaren Räume eines Stärkekornes Bee - z 4 z i ; I “ fr ’ ’ E 2 3 re — ER A Miıvir 2 er 1 aan Viral. UI f Te; £ ! Er } rt 2 vr | £ ve Fa 70 G. Krabbe, nichts Zuverlässiges. Wie gross aber auch immer ein Eiweiss- resp. Diastasemolecül sein mag, im Vergleich zum Durchmesser der Poren einer Thonzellwand ist es doch so klein, dass es durch diese auch bei Aus- schluss von Druck leicht hindurchgehen müsste. Gerade die Diffusions- versuche mit Thonzellen sind es, die die Annahme einer micellaren Diastaselösung nothwendig machen. Ueberdies verweise ich auf die scharfsinnigen Auseinandersetzungen Nägeli’s, wonach die Eiweiss- | substanzen in Wasser nur micellare Lösungen bilden sollen "). | Um noch einen Moment bei den Versuchen über den Durch- gang der Diastase durch Thonzellwände stehen zu bleiben, so reicht die einfache Annahme von Micellen nicht einmal aus, um hier alle Erscheinungen zu erklären. Wie wir sahen, findet unter Anwendung von Druck ein Austritt von Diastase statt. Da nun durch Druck nicht die von starren Wänden umgebenen Poren einer Thonzellwand erweitert werden können, so beweist diese Thatsache, dass die Ur- sachen, warum bei Ausschluss von Druck ein Diastasedurchgang unterbleibt, nicht ausschliesslich in der Grösse der Diastasetheilchen zu suchen sind. | Wie ich glaube, kann das fragliche Verhalten der Diastase kaum anders erklärt werden als mit der von Nägeli?) entwickelten An- schauung, nach welcher sich die Micellen einer Micellarlösung leicht zu Verbänden an einander legen. Durch diese lose zusammenhängen- den Micellen werden die Poren verstopft, da die Bedingungen zur Bildung solcher Micellverbände beim Eintritt der Micellen in die Porencanäle besonders günstige sind. „Die Ursachen, warum in anderen Fällen der Durchgang (nämlich von Eiweiss durch Zell- wände) unmöglich ist, muss also darin liegen, dass die Micellen sich zu Verbänden an einander legen, und dies wird natürlich da besonders leicht geschehen, wo sie beim Eintritt in die Canäle von mikroskopischer oder selbst von mikroskopisch unsichtbarer Feinheit sich anhäufen und zugleich langsamere und gleichmässigere Be- wegungen annehmen“ 3). Sobald nun die Diffusion der Diastase unter Druck vor sich geht, wird einerseits die Bildung solcher Micellverbände beim Ein- 1) €. v. Nägeli, Theorie der Gährung. München 1879, p. 96 u. 152. 2) lc.» 108 u. 128: 3) 1. e. p. 105. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 71 tritt der Flüssigkeit in die Porencanäle erschwert, andererseits eine Trennung bereits zusammenhängender Micellen herbeigeführt werden. Es ist darum klar, weshalb unter Anwendung von Druck der Durch- gang der Diastase durch Thonzellen gesteigert oder überhaupt erst ermöglicht wird. Schliesslich möchte ich noch mit einigen Worten auf die Filtrationsversuche mit Diastase durch Edeltannenholz zurückkommen. Ist das von mir erhaltene Ergebniss richtig, d.h. sind die während der Filtration an der oberen Schnittfläche des Holzeylinders aus- tretenden Spuren von Diastase durch die Tracheidenwände gegangen, so zwingt uns diese Thatsache zu einer bestimmten Annahme be- züglich der Zellwandstructur. Nach den Erfahrungen über den Durch- gang der Diastase durch Thonzellwände sind die Diastasemicellen offenbar viel zu gross, um selbst unter dem Einfluss eines hohen Druckes in die Micellarinterstitien einer Zellwand eindringen zu können. Ein Durchgang von Diastase durch Zellwände ist nur denkbar, wenn diese ausser den micellaren Zwischenräumen noch besondere gröbere Porencanäle besitzen, mögen diese auch jenseits der Grenze mikroskopischer Wahrnehmung liegen. Möglicher Weise bestehen diese Poren aus den Canälen, die im Leben der Zellen mit Protoplasmafäden erfüllt sind, durch welche die Plasmakörper be- nachbarter Zellen zusammenhängen. Die Forderung von gröberen Porencanälen in der Zellwand ist eine Consequenz, zu der sich auch Nägeli in seiner Theorie der Gährung p. 148 gezwungen sieht, um die unter gewissen Bedingungen eintretende Eiweissausscheidung aus den Hefezellen zu erklären. Da ein Durchgang von Diastase durch Edeltannenholz nur unter Anwendung von Druck erzielt werden kann, so ist der Durchmesser der fraglichen Zellwandcanäle vielleicht kleiner als derjenige der Diastasemicellen. Die Filtration der Diastase erfolgt ausschliesslich durch die Schliesshäute der behöften Poren, die infolge eines ein- seitigen Druckes elastisch gespannt werden. Da die Canäle einer solchen Haut im Gegensatz zu den Poren einer T'honzelle nicht von starren Wänden umgeben sind, so können sie sich erweitern und Diastasetheilchen passiren lassen, die einen grösseren Durchmesser haben als die Poren in der ungespannten Schliesshaut. »2 G. Krabbe, Was nun die Frage nach der chemischen Constitution der Diastase betrifft, so kann ich mich hier auf wenige Bemerkungen beschränken, da dieselbe, streng genommen, nicht in den Rahmen dieser Arbeit gehört. Es ist der Chemie bekanntlich trotz aller Bemühungen bis jetzt nicht gelungen, bezüglich der chemischen Natur der Diastase zu einem sicheren Ergebniss zu gelangen. Die obigen Versuche über die Diffusion durch Pergamentpapier ‘\ und Thonzellen lassen wohl keinen Zweifel darüber, dass das Diastaseferment in die Reihe der colloidalen Substanzen gehört. Mit Rücksicht hierauf möchte ich vor Allem auf eine interessante Unter- suchung Hirschfeld’s!) hinweisen, in welcher an der Hand ver- schiedener chemischer Reactionen der Beweis zu führen versucht }\ wird, dass die Diastase alle Eigenschaften eines Gummi besitze und u { i 13 j Hl daher aller Wahrscheinlichkeit nach selber ein gummiartiger Körper sei. Wenn sich auch gegen diese Ansicht nicht unerhebliche Ein- wände geltend machen lassen, so folgt doch aus der Arbeit Hirsch- feld’s, Lintner’s?) und anderer Autoren soviel wohl mit Sicher- heit, dass die Diastase nicht zu den Eiweisssubstanzen gerechnet werden kann, wie dies verschiedene Forscher wollen. Alles Uebrige ist noch in Dunkel gehüllt. Genau genommen lässt sich noch nicht einmal entscheiden, ob die Diastase von einem bestimmten chemischen Individuum gebildet wird, oder ob mehrere chemisch differente Sub- stanzen an ihrer Zusammensetzung betheiligt sind. Die Annahme eines bestimmten chemischen Individuums würde sehr an Wahr- scheinlichkeit gewinnen, wenn die Diastase in Wasser eine moleculare Lösung bildete. Da aber die wirksamen Theilchen der Diastase Einheiten höherer Ordnung, nämlich Moleeülgruppen sind, so ist es nicht undenkbar, dass diese Micellen in ganz bestimmter Weise aus den Molecülen resp. Individuen verschiedener chemischer Sub- stanzen zusammengesetzt sind. 1) E. Hirschfeld, I. c. Pflüger’s Archiv f. Phys., Bd. 39. 2) C. C. Lintner, Studien über Diastase. Journ. f. pract. Chemie, 1887, Bd. 144, N. F. Bd. 40. 2. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 13 3. Ueber die Wanderung der Diastase. Nach der vorliegenden Litteratur zu urtheilen, scheint man die Wanderungsfähigkeit des Diastaseferments von Zelle zu Zelle für eine sicher gestellte Thatsache zu halten. Auf den ersten Blick erhält diese Ansicht eine nicht unerhebliche Stütze in dem Umstande, dass von den Bacterien und anderen Pilzen Diastase oder wenigstens ein diastaseähnlicher Körper nach aussen abgeschieden wird, was ja nur möglich ist, wenn der letztere die Zellwand und den noch viel dichteren Plasmaschlauch zu passiren vermag. Man könnte nun ein- fach behaupten, dass ein Körper, der von einzelligen Organismen nach aussen abgeschieden wird, auch im Stande sein müsse in Ge- weben der höher organisirten Pflanzen von Zelle zu Zelle zu wandern. Ich halte es jedoch für verfehlt, aus dem Verhalten der Bacterien irgend welche Schlüsse auf die Stoffwanderung innerhalb der Gewebe- pflanzen zu ziehen, selbst wenn es feststände, dass der stärkelösende Körper der niederen Pilze mit der Diastase der Gefässpflanzen identisch ist. So folgt ja auch aus der Thatsache, dass von den Hefezellen unter gewissen Bedingungen Eiweiss nach aussen ab- geschieden wird, nichts für die Art und Weise der Eiweisswanderung in den höheren Pflanzen; es ist sogar wohl ziemlich sicher, dass das Eiweiss hier nicht in der Form wandert, in der es aus den Hefe- zellen austritt. Würde das Diastaseferment in der Form, in der es lösend auf Stärke zu wirken vermag, leicht von Zelle zu Zelle wandern, so müsste man dasselbe eigentlich auch gewinnen können, indem man diastasehaltige Gewebetheile, z. B. die Cotyledonen keimender Bohnen, in Stücke schneidet und diese in Wasser legt. Es findet aber bekanntlich unter diesen Umständen kein Austritt von Diastase statt; um solche zu gewinnen, muss man die einzelnen Zellen zertrümmern und das ganze Protoplasma in das Wasser aus- treten lassen. Dass aber aus dieser Thatsache noch nicht ohne Weiteres die Wanderungsunfähigkeit der Diastase gefolgert werden kann, bedarf nach ähnlichen Erfahrungen mit anderen Stoffen, z. B. dem Zucker, keiner besonderen Hervorhebung. — Andererseits kann ich aber auch die Versuche, aus denen sich eine Wanderung der 74 G. Krabbe, Diastase ergeben soll, nicht als beweiskräftig gelten lassen. So hat Sachs z. B. gefunden, dass im Endosperm unserer Getreidesamen auch unter normalen Keimungsbedingungen keine Stärkeumwandlung stattfindet, wenn zuvor der Keimling mit dem Scutellum entfernt worden war, ein Resultat, das ich auf Grund eigener Versuche nur bestätigen kann. Sachs glaubt damit bewiesen zu haben, dass die Diastase im Embryo entsteht und von hier aus in das Endosperm übertritt. Es folgt aber aus den mitgetheilten Versuchsergebnissen nicht mehr, als dass die Stärkeumwandlung im Endosperm nur bei Anwesenheit des Keimlings erfolgt. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass die Diastase im Endosperm selber, also am Orte ihrer Wirk- samkeit, gebildet wird, wenn auch erst infolge irgend einer Beeinflussung (einer Reizung) des Endosperms von Seiten des Embryo. | Nun aber sind ausser den Angaben von Sachs’) ziemlich ein- gehende Versuche von van Tieghem?) und Bloziszewski?) vor- handen, aus denen die Wanderung der Diastase mit aller Bestimmt- heit zu folgen scheint. Nachdem van Tieghem bei endosperm- haltigen Samen, z. B. von Mirabilis Jalapa, die Embryonen mit ihrem Sceutellum vorsichtig vom Endosperm getrennt hatte, liess er einige von den isolirten Keimlingen in feuchtem Moos wachsen, während andere unter denselben Wachsthumsbedingungen mit einem künstlich bereiteten Stärkebrei in Berührung gebracht wurden. Wie nun ganz deutlich zu beobachten war, zeigten die mit dem Stärke- brei in Verbindung gebrachten Keimlinge eine kräftigere Entwickelung als die Keimlinge ohne künstliche Nahrungsquelle, eine Thatsache, die van Tieghem mit Recht als Beweis dafür ansieht, dass von seinen Keimlingen Nahrung aus dem Stärßebrei aufgenommen wurde. Dies geht ferner auch aus dem Umstand hervor, dass die dem Sku- tellum eines Keimlings zunächst gelegenen Stärkekörner deutliche Spuren einer beginnenden Auflösung zeigten. Etwas Anderes ist es aber, wenn van Tieghem und später 1) J. Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, II. Aufl., p. 341. 2) Van Tieghem, Recherches physiologiques sur la germination. Ann. d. sciences naturelles, ser. V, t. 17, 1873, p. 205 ff. 3) Thaddäus Bloziszewski, Physiologische Untersuchungen über die Keimung und weitere Entwickelung einiger Samentheile bedecktsamiger Pflanzen. Thiel’s landw. Jahrb., 1876, Bd. 5, p. 145. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 75 Bloziszewski behaupten, die eintretende Stärkeumwandlung und die Nahrungsaufnahme von Seiten der Keimlinge werde nur dadurch möglich gemacht, dass von diesen ein stärkelösendes Ferment, also Diastase, ausgeschieden werde. Zu diesen Folgerungen zwingen die mitgetheilten Thatsachen nicht. Van Tieghem hat bei seinen Versuchen die Bedeutung der Bacterien übersehen, weil man da- mals die Thatsache noch nicht kannte, dass auch von den Bacterien ein stärkelösendes Ferment abgesondert wird. Nun aber haben sich nach den eigenen Angaben van Tieghem’s in dem Stärkebrei, besonders an der Berührungsstelle zwischen letzterem und dem Scutellum, reichlich Bacterien entwickelt. Von diesen wurde Stärke in Zucker verwandelt; und dieser Zucker ist es gewesen, der den Keim- lingen als Nahrung diente. Diese konnten sich darum mit Hülfe der Bacterien auch ohne Abscheidung eines Ferments kräftiger entwickeln als diejenigen Keimlinge, die ohne Stärkebrei zu wachsen gezwungen waren. Dass diese Erklärung der von van Tieghem gemachten Beobachtungen die richtige ist, ist bereits von Bloziszewski, wenn auch unbewusst, bewiesen worden. Als Bloziszewski nämlich verschiedenen Keimlingen anstatt Stärkebrei eine Zuckerlösung als Nahrung gab, machte er die Beobachtung, dass diese Zuckerlösung auf das Wachsthum der Keimlinge denselben fördernden Einfluss ausübte wie Stärkebrei. Um für die Entscheidung der Frage, ob die Diastase in ihrer wirksamen Form zu wandern im Stande ist oder nicht, be- stimmte Anhaltspunkte zu gewinnen, hielt ich zunächst eine Orientirung über die Vertheilung des Diastaseferments im keimenden Samen etc. für erforderlich. Zu diesem Zwecke suchte ich bei etwa vier bis fünf Tage in Keimung begriffenen Gerstensamen das Endosperm vom Embryo zu trennen, was bei einiger Vorsicht ziem- lich leicht gelingt; zwischen Endosperm und Scutellum pflegt eine ganz glatte Trennung zu erfolgen. Die so vom Endosperm befreiten jungen Keimlinge wurden in drei Theile zerlegt, indem ich die jungen Würzelchen und den jungen Spross dicht am Scutellum ab- schnitt. Von je 50 Samen wurden dann die Scutellen, die Endo- sperme, Sprosse und Würzelchen getrennt in einer Porzellanschale sorgfältig zerrieben und auf ihren Diastasegehalt geprüft. Obgleich im Endosperm der untersuchten Samen erst die Anfangsstadien der 16 G. Krabbe, Stärkeauflösung zu beobachten waren, überstieg doch der Diastase- gehalt des Endosperms den des Scutellums, des Sprosses und der Wurzeln um ein Bedeutendes. Denn einige Tropfen des aus den Endospermtheilen hergestellten Diastaseauszuges vermochten in wenigen Minuten eine Quantität von Stärkekleister zu verwandeln, auf welche die Auszüge aus den Scutellen, Wurzeln und Sprossen erst nach mehreren Stunden eine deutliche Wirkung erkennen liessen. Es fragt sich nun, ob die im Scutellum und den übrigen Theilen des Keimlings vorhandene Diastase von hier aus in das Endosperm auswandert. Es ist nicht zu vergessen, dass auch in den Geweben des Keimlings Diastase vorhanden sein muss, um die transitorische Stärke und vor Allem die Querwände in den sich entwickelnden Ring- und Spiralgefässen aufzulösen; denn auch die Zellwände können nur von der Diastase oder einem ähnlich wirken- den Körper zerstört werden. Aus der Anwesenheit von Diastase im jungen Keimling lässt sich also noch nicht die Folgerung ziehen, dass das stärkelösende Ferment nur hier entstehe und von hier aus in das Endosperm übergeführt werde. Dazu kommt weiter die soeben erwähnte wichtige Thatsache, dass bereits in den Anfangs- stadien der Keimung, wenigstens in den dem Embryo zunächst ge- legenen Endospermzellen, der Gehalt an Diastase ein grösserer ist als in einer Zelle des Scutellums.. Wie sich ferner leicht zeigen lässt, erfährt dieser bereits in den ersten Tagen der Keimung vor- handene Diastasegehalt des Endosperms im weiteren Verlauf des Keimungsprocesses eine nicht unerhebliche Steigerung. Soll nun die im Endosperm vorhandene Diastase aus dem Scutellum kommen, so ist das nur möglich, wenn dieselbe von einem Orte geringer Con- centration nach einem solchen höherer Concentration wandert. Dies spricht aber gegen unsere sonstige Erfahrung über Stoffwanderung, die stets in umgekehrter Richtung erfolgt. Hierbei kann es be- kanntlich zu einer Anhäufung eines Körpers an einem bestimmten Orte nur kommen, wenn derselbe eine chemische Umwandlung er- fährt, was bei der Diastase nicht der Fall ist. Wie hier nebenbei bemerkt sein mag, ist der Diastasegehalt der Jungen Wurzeln grösser als derjenige des Scutellums und des jungen Sprosses. Zur Entscheidung der Frage nach der Wanderungsfähigkeit der Untersuchungen über das Diastaseferment etc. fyi Diastase sind folgende Versuche von noch grösserer Bedeutung als die eben erörterten. — Trockene, ungekeimte Samenkörner vom Weizen, Roggen und der Gerste wurden vermittelst eines scharfen Messers vom Embryo befreit und dann in frisch bereitete wässerige Diastaselösung gelegt. Das Endosperm zeigt unter diesen Umständen eine erhebliche Volumenzunahme, indem sich die einzelnen Zellen mit Wasser vollsaugen. Würden nun bei diesem Wassereinstrom Diastasetheilchen mit in die Zellen eindringen, so müsste sich dies an den nothwendig eintretenden Corrosionen der Stärkekörner sehr bald constatiren lassen. Da aber solche Corrosionen, so lange die Zellen von einer geschlossenen Zellhaut umgeben sind, niemals ein- treten, so ist das ein Beweis, dass trotz der starken osmotischen Saugung der Endospermzellen keine Diastase mit dem Wasser ein- dringt. Dagegen zeigen die Stärkekörner der durch das Messer an- geschnittenen Zellen sowie die frei in der Diastaselösung liegenden Körner schon nach einigen Stunden ganz deutliche Corrosionen. Um eine zu starke Bacterienentwickelung und damit einher- gehende Fäulniss zu verhüten, muss man die Diastaseauszüge von Zeit zu Zeit durch frisch bereitete Lösungen ersetzen. Geschieht dies etwa alle zwei Tage, dann behalten die vom Embryo befreiten Endosperme monatelang ihr frisches und gesundes Aussehen, zeigen aber in den geschlossenen Zellen auch bei diesem langen Aufenthalt in Diastase nicht die geringsten Spuren von Stärkeauflösung. Wie sich nach dem Vorausgehenden eigentlich von selbst ver- steht, erhält man dasselbe Resultat, wenn man die vom Keimling befreiten Endosperme in Bacterienflüssigkeit bringt. Die Endosperme werden zwar von der Schnittfläche aus durch die Bacterien successive zerstört, allein niemals zeigen sich hierbei in geschlossenen Zellen irgend welche Andeutungen von Stärkeauflösung, ein Beweis, dass auch die von den Bacterien ausgeschiedene Diastase oder diastase- ähnliche Substanz nicht in die Endospermzellen einzudringen vermag. Das von den Bacterien ausgeschiedene Ferment beginnt erst dann auf die Stärkekörner einzuwirken, wenn die Zellmembran aufgelöst und damit der Protoplasmakörper freigelegt ist. Sehr instructive Beispiele liefern nach dieser Richtung die Co- tyledonen von Phaseolus multiflorus. Bringt man diese in Bacterienflüssigkeit, so werden zunächst die einzelnen Zellen durch 78 G. Krabbe, Zerstörung der Mittellamelle von einander getrennt. Es bildet sich so eine aus isolirten Zellen bestehende pulverige Masse, in der die einzelnen Zellen wie kleine, mit Stärke gefüllte Säckchen erscheinen. Die allmähliche Auflösung der Wände dieser isolirten Zellen lässt sich nun Schritt für Schritt verfolgen; die Zellmembran wird successive dünner, bis sie schliesslich an verschiedenen Stellen gänz- lich zerstört wird. Erst nach dem Auftreten solcher Oeffnungen sind die ersten Corrosionen an den Stärkekörnern wahrzunehmen, und zwar zeigen sich stets diejenigen Körner zuerst angegriffen, die den Oeffnungen in der Zellwand zunächst liegen. | Erinnern wir uns nun nach diesen Versuchsergebnissen an die oben festgestellte Thatsache, dass die Diastase ohne Anwendung von Druck nicht durch die verhältnissmässig grobporigen T'honzell- wände zu diffundiren vermag, so glaube ich bezüglich der Diastase- wanderung zur Aufstellung folgender Sätze berechtigt zu sein: 1. Die Diastase ist ausser Stande, in der Form zu wandern, in der sie Stärke in Zucker verwandelt. Um eine Wanderung der Diastase zu ermöglichen, muss sie zuvor irgend eine chemische Veränderung erfahren, um sodann am Orte ihrer Wirksamkeit restituirt zu werden. 2. Es lässt sich aber wohl mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit be- haupten, dass die Diastase überhaupt nicht wandert, sondern direct am Orte ihrer Wirksamkeit entsteht. Diese Diastasebildung erfolgt im Endosperm der Getreidesamen erst infolge irgend eines Reizes von Seiten des Keimlings. 4. Die Schiehtung der Stärkekörner in Beziehung zur Diastasewirkung. Wie ich als bekannt voraussetze, ist von Arth. Meyer!) der Versuch gemacht worden, die Structur, vor Allem die Entstehung einer sichtbaren Schichtung im Stärkekorn mit einer Fermentwirkung in Zusammenhang zu bringen, eine Ansicht, die nach unseren Unter- suchungsergebnissen über den Gang der Stärkeauflösung keiner ein- l) Arth. Meyer, Ueber die Structur der Stärkekörner. Bot. Ztg. 1881, p. 841. Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 719 gehenden Widerlegung bedarf. Denn die von Arth. Meyer an- genommene Entstehungsweise der Schichtung ist ja nur möglich, „wenn das Diastaseferment der alten Anschauung gemäss auf die Stärkekörner eine auslaugende Wirkung ausübt. Wenn aber durch meine Untersuchungen etwas sicher bewiesen ist, so ist es in erster Linie die Thatsache, dass die Diastase nicht in die Stärkesubstanz eindringt. Die Beobachtungen Arth. Meyer’s über die Stärkeauflösung im Iris-Rhizom sind in unrichtiger Weise gedeutet worden. Zunächst scheint es Meyer entgangen zu sein, dass auch die Iris-Stärke in der Regel durch Bildung deutlicher Porencanäle angegriffen wird. Obgleich die Iris-Rhizome für das Studium der Fermentwirkung keine sehr günstigen Objecte abgeben, sind doch die fraglichen Porencanäle besonders an kleinen und mittelgrossen Körnern sehr deutlich zu verfolgen. Die Wirkung des Ferments ist darum auch hier wie in anderen Pflanzengattungen eine rein äusserliche, ohne jede Beziehung zu einem Auslaugungsproces. Da die Porencanäle im Innern der grossen, excentrisch gebauten Körner oft sehr dicht stehen und ausserdem nicht selten im diekeren Ende die Schichten rechtwinklig durchlaufen, so tritt hier die Schichtung besonders. deutlich hervor. Dies ist wahrscheinlich die Arth. Meyer’sche „Kegelschichtung“, deren Entstehung also mit einem Auslaugungsprocess nichts zu thun hat. Aber selbst angenommen, die auslaugende Wirkung der Fer- mente wäre sicher constatirt, so würde damit die Frage nach der Entstehungsweise der eigenthümlichen Structur und nach der Wachs- thumsweise der Stärkekörner doch wenig gefördert sein; jedenfalls würde daraus noch nicht folgen, dass die Stärkekörner durch Apposition wachsen, wie dies Arth. Meyer meint. Dieser geht bekanntlich von der Voraussetzung aus, dass die mit der Grössen- zunahme eines Kornes eintretende Structurveränderung, besonders die Schichtenbildung, das Resultat einer einfachen Fermentwirkung auf „Stärkesphärokrystalloide“ sei, die durch Apposition wachsen, während nach Nägeli die Schichtenbildung ohne Annahme innerer, mit Substanzeinlagerung verbundener Differenzirungsprocesse nicht zu erklären ist. Wie nun Arth. Meyer recht wohl einsieht, kann durch einen Auslaugungsprocess in einem homogenen Körper keine 80 G. Krabbe, Schichtung hervorgerufen, gewissermaassen erst geschaffen, sondern nur deutlicher gemacht werden; die Schiehtung muss mit anderen Worten im Stärkekorn bereits vor der Fermentwirkung in einer entsprechenden Structurverschiedenheit der Stärkesubstanz vorhanden sein. Um die Schwierigkeiten, die sich hier ergeben, aus dem Wege zu räumen, macht Arth. Meyer ohne Weiteres die Annahme einer Periodieität in der Apposition, ohne indessen plausibel zu machen, dass eine solche Periodieität in Wirklichkeit existirt, und dass die- selbe, wenn sie vorhanden sein sollte, zur Bildung verschieden structurirter Schichten führen muss. In der Arth. Meyer’schen Vorstellungsweise liegt ausserdem die stillschweigend gemachte Voraussetzung, dass die grössten Stärke- körner in einer Zelle auch die ältesten sind. Denn wo eine Schichtung, wie z. B. an der Kartoffel- und Cannastärke, deutlich zu beobachten ist, da pflegt dieselbe bekanntlich immer erst bei einer bestimmten Grösse der Körner aufzutreten, während dieselbe in den kleineren Körnern nur schwach entwickelt ist oder gänzlich fehlt. Diese eigen- thümliche Erscheinung rührt nach Arth. Meyer daher, dass die grösseren Körner längere Zeit der auslaugenden Wirkung der Fer- mente ausgesetzt gewesen und darum natürlich älter sind als die kleinen, ungeschichteten Körner. Ist es nun auch schwer, über das relative Alter der Stärke- körner zuverlässige Anhaltspunkte zu gewinnen, so kann doch mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, dass die grösseren Stärke- körner einer Zelle nicht immer die älteren sind. In einer stärke- haltigen Zelle hören manche Körner bereits in einem jungen Ent- wickelungsstadium zu wachsen auf und bleiben klein, während später entstehende und darum jüngere Stärkekörner viel grösser werden. Da also unter den kleinen Körnern einer Zelle manche‘ einer auslaugenden Wirkung des Ferments längere Zeit ausgesetzt gewesen sind als die grösseren Körner, so müssten sich auch Fälle finden, in denen bereits an jenen eine deutliche Schichtung wahr- zunehmen ist. Weil sich so etwas aber niemals beobachten lässt, so kann auch die sichtbare Schichtenbildung der Stärkekörner nicht von einem Auslaugungsprocess abhängig gemacht werden. Zu alledem kommt noch eine andere, die Ansicht Arth. Meyers direct widerlegende Thatsache. An den deutlich geschichteten grösseren Untersuchungen über das Diastaseferment ete. s1 Stärkekörnern der Kartoffel, von Canna, Lathraea, Phajus etc. gelangen gewöhnlich im Innern, sogar in unmittelbarer Nähe des Kernes überaus dichte Schichten zur Ausbildung, die ohne Zweifel ebenso substanzreich sind als kleine noch ungeschichtete Körner in ihrer ganzen Masse. Selbstverständlich kann die Entstehung solcher Schichten nicht von einem auslaugend wirkenden Ferment verursacht werden, denn unter solchen Umständen müssten sämmtliche Schichten in der Nähe des Kernes grosser Körner substanzärmer sein als die kleinen ungeschichteten Stärkekörner. Ist demnach die Arth. Meyer’sche Ansicht über das Wachs- thum und die Schichtenbildung der Stärkekörner, von welcher Seite man sie auch betrachten mag, unhaltbar, so soll damit doch nicht behauptet werden, dass nun die Intussusceptionstheorie Nägeli’s riehtig sei. In welcher Weise die Stärkekörner wachsen, ob durch Apposition oder Intussusception, kann selbstverständlich an diesem Orte nicht erörtert, geschweige denn entschieden werden. Jede Theorie hat natürlich so lange unbedingten Anspruch auf Anerkennung, als sie eine Reihe zusammenhängender Erscheinungen ohne willkürliche An- nahmen in ungezwungener Weise erklärt. Und dass dies bei der Nägeli’schen Wachsthumstheorie der Stärkekörner bis jetzt noch zutrifft, wird auch der eifrigste Anhänger der Apposition ernstlich nicht in Frage stellen können. Mit vorstehenden Erörterungen sollte im Wesentlichen nur ge- zeigt werden, dass die Schichtenbildung der Stärkekörner in keinerlei Zusammenhang mit der Wirkung der Diastase steht. Ob und in welcher Weise die Structur der Stärkekörner in der lebenden Zelle von anderen Substanzen verändert wird, muss ich dahingestellt sein lassen; wir wissen darüber zur Zeit nichts Bestimmtes. Was z. B. die Pflanzensäuren betrifft, so dringen dieselben ohne Zweifel in die Substanz eines Stärkekornes ein; es ist darum auch nicht unmöglich, dass dieselben bei genügender Concentration und längerer Einwirkung irgend welche Veränderungen an den Stärkekörnern hervorrufen. 82 G. Krabbe, 5. Theoretische Erörterungen. über die Wirkung der Diastase auf intaete Stärkekörner. Wenn ich nunmehr in eine kurze Erörterung der Frage eintrete, wie man sich auf Grund der im ersten Theile dieser Arbeit aus- führlich besprochenen Auflösung der Stärkekörner die Wirkungsweise des Diastaseferments vorzustellen hat, so kann das selbstverständlich nach Lage der Dinge nicht in der Absicht geschehen, eine völlig befriedigende Antwort auf diese Frage zu geben. Ich muss mich vielmehr darauf beschränken, die Richtung anzugeben, in der nach meiner Meinung die Lösung unseres Problems erst durch weitere Untersuchungen gefunden werden kann. Es ist vor Allem die Frage zu beantworten, auf welche speciellen \ Ursachen die verschiedenartigen localen Corrosionen, die Bildung ‚grubenförmiger Vertiefungen in der Stärkekornoberfläche, die Ent- ‚stehung der die Körner durchsetzenden Porencanäle etc. zurück- j zuführen sind. Wie bereits ausführlich gezeigt wurde, können alle “diese Erscheinungen nicht etwa mit einem direeten Angriff von Mikro- organismen oder lebenden Protoplasmagebilden in Verbindung ge- bracht werden; ebensowenig gelingt es, wie im 9. Capitel dargelegt wurde, die fraglichen Corrosionen aus Structuranomalien der Stärke- körner zu erklären. Die nach anderer Richtung wichtige Thatsache, dass das Diastaseferment nicht in die Stärkesubstanz einzudringen vermag, ist ebenfalls ausser Stande, uns über das eigentliche Wesen der Diastasewirkung irgend welchen Aufschluss zu geben; sie zeigt nur, dass die bisher beliebte Vergleichung der Diastasewirkung mit der Wirkung von Säuren unzutreffend ist. Was die vorhandenen Fermenttheorieen betrifft, so ist wohl ohne specielle Auseinandersetzung klar, dass dieselben für die Beantwortung unserer Frage gleichfalls keinerlei Material zu liefern vermögen. So verschieden die bisherigen Theorieen auch sein mögen, so zeigen sie doch insofern völlige Uebereinstimmung, als sie sich fast nur mit der rein chemischen Seite der Diastasewirkung befassen, indem sie die Ursachen klarzulegen suchen, von denen die Umwandlung der Stärke in Zucker bedingt wird. Die Theorie Nägeli’s bewegt sich zwar ausschliesslich auf physikalischem Boden, was sie aber zu Untersuchungen über das Diastaseferment etc. s3 erklären sucht, ist wiederum die alte Frage nach den Ursachen der Stärkeumwandlung, und wie man es sich vorzustellen habe, dass von einer geringen Quantität von Diastase eine so verhältnissmässig grosse Wirkung ausgeübt werden kann. Da es nun gerade die chemische Seite der Diastasewirkung ist, die für den vorliegenden Gegenstand so gut wie ohne Bedeutung ist, so habe ich auch keine Veranlassung, in eine Kritik der vorhandenen Theorieen einzutreten. Denn es liegt auf der Hand, dass die Erklärung der localen Corro- sionen um keinen Schritt gefördert sein würde, auch wenn wir über die Bedingungen der Stärkeumwandlung genau unterrichtet wären und die chemische Constitution der Diastase ebenso genau kennten wie die irgend eines Salzes. — Indem wir also von der chemischen Veränderung der Stärke vollständig abstrahiren können und nur die eigenthümliche Lösung derselben in’s Auge zu fassen haben, gestaltet sich unser Problem zu einem rein physikalischen; denn es ist ja in erster Linie die Physik, die sich mit derartigen Lösungsprocessen befasst; für den Chemiker gewinnt die Sache erst in dem Momente ein Interesse, in dem die Stärkesubstanz eine chemische Veränderung erleidet. Es ist nun von hervorragendem Interesse, dass auch die Physik bei der Lösung echter Krystalle ähnliche Erscheinungen aufzuweisen hat, wie sie nach unseren Untersuchungen vom Diastaseferment an den grossen Stärkekörnern der Kartoffel und verschiedener anderer Pflanzen hervorgerufen werden. Wie hier die Lösung der Stärke- körner, so erfolgt auch die Lösung verschiedener Krystalle (z. B Alaun, Kochsalz ete.) nicht immer durch ein gleichmässiges Ab- schmelzen von aussen, sondern es entstehen gleichzeitig auf den "| Krystallflächen verschieden gestaltete locale Vertiefungen, die als \l Aetzfiguren bezeichnet werden. Da es natürlich zu weit führen ) würde, hier auf eine Besprechung der physikalischen Litteratur über den fraglichen Gegenstand einzugehen, so begnüge ich mich damit, auf die zusammenfassende Darstellung im ersten Bande der Molecular- physik von O. Lehmann!) hinzuweisen, wo sich auch die nöthigen Litteraturangaben vorfinden. Die Aetzfiguren des Alauns sind wohl am eingehendsten untersucht und für uns am interessantesten; sie ' 1) 0. Lehmann, Molecularphysik, Leipzig, 1888, Bd. I, p. 488 ff, 6* 34 G. Krabbe, entstehen nicht nur bei Anwendung von Säuren, sondern auch beim Eintauchen der Krystalle in reines Wasser, und zwar, was von be- sonderer Wichtigkeit ist, in verschiedener Grösse und verschiedener Zahl auf den einzelnen Krystallflächen. Speciell über den ersten Punkt bemerkt Fr. Klocke)} „Ich fand sie ohne Einfluss der Grösse bald so klein, dass sie erst bei 300facher Vergrösserung überhaupt wahrnehmbar wurden, bald so gross, dass sie mit der Lupe, zuweilen schon mit blossem Auge zu sehen waren. Auch die Abmessungen der gleichzeitig entstandenen Aetzfiguren derselben Fläche weichen oft von einander ab; grosse und kleine liegen neben einander, zuweilen aber sind ganze Strecken mit Aetzfiguren gleicher Grösse bedeckt.“ Von grösserem Interesse als die einfache Beschreibung der Aetz- figuren ist für uns die Frage, wie die Physik die Entstehung der- selben zu erklären versucht hat. Abgesehen von einigen Fällen, in denen die Bildung der Aetzfiguren wahrscheinlich mit besonderen Structurverhältnissen der Krystalle zusammenhängt, ist es der Physik bisher nicht gelungen, eine allgemein befriedigende Erklärung dieser Erscheinung zu geben. „Welche Ursache daran Schuld ist, dass die homogene Krystallfläche nicht überall gleichmässig von dem Lösungs- mittel angegriffen wird, ist bis heute noch nicht klar“?). Man hat natürlich die naheliegende Vermuthung ausgesprochen, dass das Auf- treten der Aetzfiguren in allen Fällen von bestimmten Structur- anomalien der Krystalle bedingt werde, allein man sieht nicht ein, woher solche Structuranomalien bei regelmässiger Ausbildung der Krystalle kommen sollen; jedenfalls ist soviel sicher, dass damit nicht die ganze Erscheinung erklärt werden kann. Die Ursachen der Aetzfiguren sind vielleicht ausschliesslich, jedenfalls zum Theil, ausserhalb des Krystalls in einer besonderen Wirkungsweise des Lösungsmittels zu suchen, wie dies auch von O0. Lehmann?) mit Recht betont wird: „Möglicher Weise sind bei der Entstehung der Aetzfiguren zwei Factoren von wesentlichem Einfluss, nämlich die Contactbewegungen der Flüssigkeit an der Oberfläche des Krystalls 1) Fr. Klocke, Ueber die Aetzfiguren der Alaune. Groth’s Zeitschr. f. Krystallographie u. Mineralogie, 1878, Bd. II, p. 127. 2) Fr. Klocke, 1. c. p. 128. 3) ‚Molecularphysik, Bd. I, p. 493. Untersuchungen über das Diastaseferment etc. 85 während des Lösungsprocesses und die Structuranomalien des Krystalls.“ | Ich bin nun der Meinung, dass solche Contactbewegungen, die i unter bestimmten Bedingungen bei der Berührung mischbarer Flüssig- ' keiten zu Stande kommen, auch bei der eigenthümlichen Lösung der ‘ Stärkekörner eine hervorragende Rolle spielen. In Folge des an- NY A % | gedeuteten Contacts bilden sich bekanntlich bestimmt gerichtete eu - Flüssigkeitsströmchen, locale wirbelnde Bewegungen, deren Entstehung “ ; bei der Einwirkung der Diastase auf Stärkekörner ebenso gut mög- lich ist wie in der Umgebung echter Krystalle. Selbstverständlich “u befinde ich mich nicht in dem Irrthum, mit diesem Heranziehen localer Flüssigkeitswirbel alle Auflösungserscheinungen der Stärke | mit einem Schlage erklärt zu haben, ich wollte hier nur in Kürze ® auf Factoren hinweisen, die nach meiner Meinung bei der Erklärung 2 . der verschiedenartigen localen Corrosionen der Stärkekörner berück- sichtigt werden müssen. Von einer weiteren Erörterung dieses Gegenstandes nehme ich absichtlich Abstand, weil damit doch nicht eine definitive Lösung des Problems erreicht werden würde. Ob eine befriedigende Aufklärung der räthselhaften Corrosionen auch bei weiterer eingehender Verfolgung des Gegenstandes bald gelingen wird, erscheint mir mehr als fraglich, da uns die Physik schon bei der Erklärung der Aetzfiguren im Stich lässt, obgleich hier die Ver- hältnisse ohne Zweifel viel einfacher liegen als bei der Lösung der Stärkekörner. Figuren-Erklärung. Tafel X. NB. — In allen Figuren von Taf. XIII sind die infolge der Fermentwirkung ent- standenen Löcher, Porencanäle, oberflächlich verlaufende Rinnen etc. durch braune Farbe hervorgehoben worden. Fig. 1. Ein im Anfangsstadium der Auflösung befindliches Stärkekorn von Tritieum vulgare in der Flächenansicht. a, e, f, k ete. im Profil mehr oder weniger keilföürmig erscheinende Poren des Randes, die eine scheinbare Schichtung erkennen lassen. b, d, e ete. Beginn der Porenbildung in Form kleiner Rand- ‚einkerbungen. m, n, q ete. von oben gesehene Porencanäle der flachen Seite des Kornes. Vergr. 800. 86 G. Krabbe, Fig. 2. Zwei auf die Kante gestellte Körner von Triticum vulgare, welche einige vom Rande in das Korn eindringende Porencanäle von oben zeigen. Der spaltenförmige Querschnitt einiger Poren ist erst infolge vorwiegender Ver- grösserung der letzteren in der Richtung des Randes entstanden. Vergr. 800. Fig. 3 und 4. Corrodirte Weizenstärkekörner. Erklärung im Text p. 531 u. 584. Fig. 5. Corrodirtes Gerstenstärkekorn. Der bei a in das Korn eindringende Canal gabelt sich bei a‘ in zwei Aeste, bei a‘ findet dagegen eine Vereinigung zweier Poren statt und bei a'' wiederum eine Gabelung. Der concentrisch ver- laufende Porencanal d ist offenbar genetisch von den Canälen ce und b abzuleiten. Die von oben gesehenen Poren der flachen Seite des Kornes zeigen einen ungleich grossen Querschnitt. Die Poren mit dem grössten Querschnitt sind die längsten und ältesten. Vergr. 800. Fig. 6. Corrodirtes Weizenstärkekorn. Bei a im Unterschied zu den übrigen Poren ein Canal, der in seiner ganzen Länge ziemlich dieselbe Weite besitzt und sich im Innern des Kornes stark verzweigt hat. Vergr. 800. Fig. 7. Stark corrodirtes Weizenstärkekorn. Erklärung im Text p. 534. Vergr. 500. Fig. 8. Weizenstärkekorn, dessen Porencanäle a, b und ce im Innern des Kornes in gegenseitige Communication getreten sind. Es ist möglich, dass diese Communication durch einen in der Mitte des Kornes vorhandenen Spalt, in den die Poren mündeten, herbeigeführt ist. Bei seiner weiteren Verlängerung würde auch Canal d mit den übrigen in Verbindung getreten sein. Vergr. 500. Fig. 9. Ein Gerstenstärkekorn im Beginn der Auflösung. Die am Rande entstehenden Poren besitzen eine geringe Länge oder überhaupt erst die Form kleiner Einkerbungen. Vergr. 500. Fig. 10. Korn von Hordeum vulgare in den Anfangsstadien der Auf- lösung. Von den Randporen zeigt a den Beginn einer Verzweigung. Die ziem- lich zahlreichen Poren der flachen Seite besitzen ungleich grossen Querschnitt und verschiedene Länge, was natürlich bei der Ansicht der Poren von oben in der Figur nicht zu sehen ist. Vergr. 800. Fig. 11. Ein ausschliesslich mit Randporen versehenes Korn von Kor. deum vulgare. Der bereits ältere Porencanal a hat sich im Innern des Kornes in die vier Aeste b, c, d und e gegabelt. Vergr. 800. Fig. 12. Ein Stärkekorn von Hordeum vulgare in weit vorgerücktem Auflösungsstadium. Vergr. 800. Fig. 13. Ein im wässerigen Diastaseauszuge corrodirtes Kartoffelstärkekorn. Es haben sich oberflächlich verlaufende Furchen gebildet, die an der Oberfläche des Kornes ein ziemlich dichtes Maschennetz bilden. Vergr. 400. Fig. 14. Ein mehrere Tage im wässerigen Diastaseauszuge aus Gerstenmalz gelegenes Korn von Fritillaria imperialis. Das excentrisch gebaute Korn zeigt an seinem dickeren Ende oberflächlich verlaufende Furchen, die bei weiterer Einwirkung des Ferments an Länge und Tiefe zugenommen haben würden. Vergr. 400. Fig. 15. Ein Kartoffelstärkekorn mit einer grossen Zahl bohrlochartiger Ver- tiefungen an der Oberfläche. Das Korn hat mehrere Wochen in Bacterienflüssig- keit gelegen. Vergr. 250. Fig. 16. Corrodirtes Stärkekorn von Hordeum vulgare mit vier Dein: canälen a, b, c und d, die im Innern des Kornes in gegenseitige Comamunlarnnne getreten sind, Vergr. 500. Untersuchungen über das Diastaseferment ete. 87 Fig. 17 bis 22. Corrodirte Stärkekörner von Zea Mays in verschiedenen Stadien der Auflösung. Vergr. 800. Fig. 21 und 22 zeigen den Beginn der Fermentwirkung. In Fig. 17 sind die Randporen fast bis zur Mitte des Kornes vorgedrungen. Fig. 18, 19 und 20 bereits stark corrodirte Körner mit vielen unverzweigten Porencanälen. Näheres im Text. Tafel XIV. NB. — Sämmtliche Figuren zeigen eine 800fache Vergrösserung, Fig. 23 und 24. Corrodirte Körner aus dem Endosperm von Eragrostis. Fig. 25 bis 28. Corrodirte Buchweizenstärkekörner. In Fig. 25 führt der vom Rande kommende Porencanal a in den inneren Hohlraum b. Die nach oben gerichtete Fläche des Kornes besitzt drei Poren. Fig. 26 zeigt nur Poren auf der flachen Seite. Die Körner in Fig. 27 und 28 besitzen neben den Poren auf den flachen Seiten auch Randporen. Fig. 29 und 30. Corrodirte Stärkekörner aus dem Endosperm von Phleum. In den inneren Hohlraum des Kornes in Fig. 29 münden von aussen mehrere Porencanäle. Die Figuren 31 bis 42 enthalten corrodirte Stärkekörner aus den äusseren Zwiebelschuppen von Hyacinthus orientalis. Die nähere Erläuterung der- selben befindet sich im Text p, 547. Die Figuren 43 bis 62 zeigen ceorrodirte Stärkekörner aus den Cotyledonen von Phaseolus multiflorus, mit Ausnahme der Figuren 54, 55, 56 und 61, in denen corrodirte Körner von Vicia sativa wiedergegeben sind. In Fig. 59 sieht man einen von aussen kommenden Porencanal, der sich im Innern des Kornes stark verzweigt. Aehnliches zeigen die Figuren 56 und 61. Alles Weitere im Text. Tafel XV. NB. — 500fache Vergrösserung der Figuren mit Ausnahme von 91 und 92. Fig. 63 bis 65. Kleine Stärkekörner aus der keimenden Kartoffelknolle. Die Körner zeigen sich vom Ferment durch Bildung von Porencanälen in Ver- bindung mit einem inneren Hohlraum angegriffen. Fig. 66. Ein von aussen abschmelzendes Stärkekorn aus den äusseren Zwiebel- schuppen von Lilium ecandidum. Anfangsstadium der Auflösung. Fig. 67. Intactes Korn aus der Zwiebel von Lilium candidum in schematisirter Darstellung. Fig. 68 bis 70. Corrodirte Körner aus der keimenden Kartoffelknolle in weit vorgerücktem Auflösungsstadium. Fig. 73. Ein stark abgeschmolzenes Kartoffelstärkekorn mit einer besonderen localen Vertiefung am hinteren Ende. Fig. 71, 72 und 74. Stark abgeschmolzene Körner aus der Zwiebel von Lilium candidum. Fig. 75 bis 78. In Auflösung begriffene Stärkekörner von Lathraea clan- destina. Sämmtliche Körner zeigen neben einem Abschmelzen von aussen bei a eine besondere locale Corrosion, 88 G. Krabbe, Untersuchungen über das Diastaseferment etc. Fig. 79. Ein von aussen abschmelzendes Kartoffelstärkekorn, gleichzeitig durch mehrere grubenförmige Vertiefungen in der Oberfläche ausgezeichnet. Fig. 80 und 81. Stark corrodirte Körner aus dem Blüthenstiel von Lathraea clandestina. Bei dem Korn in Fig. 80 zeigt sich der Auflösungs- process auf das hintere, im Wachsthum geförderte Ende des Kornes beschränkt, während das vordere Ende mit dem Kern intact geblieben ist. Fig. 82. Ein schalenförmiges Bruchstück eines Kartoffelstärkekornes, das in einem wässerigen Diastaseauszuge vorwiegend von innen her zerstört wurde. Fig. 83. Ein bereits stark von aussen abgeschmolzenes Korn aus dem Blüthenstiel von Lathraea clandestina. Bei a hat sich eine besondere locale Corrosion gebildet. Fig. 84. Ebenfalls ein stark ahgeschmolzenes Korn von Lathraea clan- destina mit einer weit in das Korninnere vordringenden localen Corrosion bei a, Fig. 85. Ein im Anfangsstadium der Auflösung befindliches Stärkekorn von Lathraea elandestina. Nur das hintere Ende des Kornes ist von dem Auf- lösungsprocess ergriffen worden. Fig. 86. Ein Kartoffelstärkekorn, das mehrere Wochen in Bacterienflüssig- keit gelegen. Neben den zahlreichen kleinen bohrlochartigen Vertiefungen sind einige grössere, grubenförmige Vertiefungen mit kreisrundem Querschnitt ent- standen. Fig. 87. Ein Stärkekorn von Lathraea celandestina mit einer localen Corrosion bei a. Die gleichmässige Auflösung von aussen hat noch nicht begonnen. Fig. 88. Ein gleichmässig abschmelzendes Stärkekorn von Lathraea, mit einer tiefgehenden localen Corrosion bei a. Fig. 89. Ein Stärkekorn aus der Knolle von Phajus grandifolius. Am Kernende a haben sich Poren gebildet, während am hinteren Ende b ein localer Auflösungsprocess gewirkt hat. Im Uebrigen zeigt das ganze Korn ein Ab- schmelzen von aussen. Fig. 90, 93 und 94. Stark corrodirte Kartoffelstärkekörner nach längerem Aufenthalt in einem wässerigen Diastaseauszuge aus Gerstenmalz. Die zunächst von aussen angefressenen Körner werden in der Folge vörwiegend von innen her zerstört. Fig. 91 und 92. Siehe Text p. 586. Druck von G, Bernstein in Berlin, TEN ER E EER = a ern ee an EEE er ee Be N PEN EEE nn m nennen QK Krabbe, G. 896 Untersuchungen über K75 das Diastaseferment unter specieller bmed Berücksichtigung seiner Biolozical Wirkung auf Starkekörne & Medical innerhalb der Pflanze, =” Gebr. Borntraeger (1890) PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY