Untersuchungen über die Endigung der Nerven in den quergestreiften Muskeln der Arthropoden. Inaugural-Dissertation Erlangung der Doktorwürde der hohen philosophischen Fakultät der Grossherzogl. Herzogl. Sächsischen Gesamtuniversität Jena vorgelegt von Dr. med. Ernst Mangold aus Berlin. Mit 8 Abbildungen im Text. Jena, Gustav Fischer. 1905. Ba.MarT Untersuchungen über die Endigung der Nerven in den quergestreiften Muskeln der Arthropoden. Inaugural-Dissertation Erlangung der Doktorwürde der hohen philosophischen Fakultät der Grossherzogl. Herzogl. Sächsischen &esamtuniversität Jena vorgelegt von Dr. med. Ernst Mangold aus Berlin. Mit 8 Abbildungen im Text. Jena, Gustav Fischer. 1905. From the University by exchange. MUS. COMP, ZOOL. LIBRAPYV MAR 3 1 1982 HARVARD UNIVERSITY „Genehmigt von der philosophischen Fakultät der Universität Jena auf Antrag des Herrn Professor Dr. HAECKEL.“ Jena, den 24. Februar 1905. Professor D. Dr. EUCKEN, d. Zt. Dekan. eucsterkuman 2. A nen. 4 KB. aa Er A. Historisches B. Methode I. Untersuchungsobjekte. . . . . ET Mieikylonblaukreinie, 0 ee Ren 1. Stärke der angewendeten Lösung . .. . . . RR Be Rohner erlAhrene 8 ee EI. III. IE LIE N: 3. Beziehung der Färbung zur Funktion der Nervensubstanz Fe WOuEERnERVertahzen®. 0 2.0.0 ee ee ERREEIIE TR ER Fe C. Resultate I. Bau der marklosen Nerven der Arthropodenmuskeln Brächseneyhadersund! Bihrillen : ... 2 len 2 28 ERENBSINErRVEHRCHEINER rn. a ee ee Verlauf und Verzweigung der marklosen Muskelnerven . . . . . im Oeffnungsmuskel der Krebsschere . . . . . 2.2.2... . im Schließmuskel der Krebsschere . .. .. 2.22 2.. . in den übrigen Skelettmuskeln von Astacus . ....... in den‘ Muskeln; der Heuschrecken ... :.. 2... 0... Susden?Muskelntden Kaferer „Au en ee . in den Muskeln der Schmetterlingsraupen . .. ...... An Rare Rracheermabven 4.2 AllV N ERITOHRDRIEOIRR TEEN N ee Mar ar, 1. Der Doyzresche Hügel und die Sarkolemmfrage . . . ... 2. Nervöse Elemente im Innern der kontraktilen Substanz? . . . . 3. Beziehung der Nervenendfasern zur Muskelquerstreifung . . . . 4. Typus der eigentlichen Nervenendigung . ... ...... Br Die SV arik dan a a, Die Doppelinneryalomı ans ws ee VI. Der Innervationsvorgang D. Literaturverzeichnis HU pWwmD m ET N en Et TEL Te NEE a ER EN TR DENN AT u, SE De eV Te Fi a Ve ee N ET I a u A Ken De EEE AI N Fa UT u et ET EN A a ve ae re ET Er RN AT Die Innervation der quergestreiften Skelettmuskeln der Arthro- poden verdient aus mehreren Gründen ein besonderes Interesse; für den vergleichenden Anatomen, weil es sich um die höchstdifferenzierten kontraktilen Elemente handelt, für den vergleichenden Physiologen, weil wir hier ferner auch den flinksten aller Muskeln begegnen und zugleich eine eigenartige Doppelinnervation beobachten, welche viel- leicht geeignet ist, für das Studium der allgemeinen Nerven- und Muskelphysiologie auf neue Gedanken zu leiten. Ich möchte daher im folgenden über die Ergebnisse berichten, welche ich mit Hilfe der Methylenblaumethode an den Muskeln einiger Arthropoden erhielt. Dabei soll auch mitgeteilt werden, was sich mir neues bezüglich jener Methode von praktischer oder theoretischer Wichtigkeit ergab. Zuvörderst erscheint es jedoch notwendig, ja un- umgänglich, die sehr verstreute und zusammenhangslose einschlägige Literatur einmal kritisch-historisch zusammenzufassen, um uns in den Status quo unserer Frage hineinversetzen zu können. A. Historisches. Naturgemäß kann es in dieser allein die Muskelnerven von Arthropoden behandelnden Arbeit nicht die Aufgabe sein, historisch darzustellen, wie sich unsere allgemeinen Kenntnisse von den histo- logisch-physiologischen Beziehungen zwischen Muskel und Nerv ent- wickelt haben. Hierüber finden sich ausführliche Literaturangaben 1 u und geschichtliche Rückblicke bei KüHnE!), Arnpr?) und Mays?), bei J. GERLACH) der noch besonders die älteren histologischen Methoden zusammenfaßt, und aus der Zeit der neueren Methoden bei Rerzıus?); SIHLER®) unterzieht die um die Jahrhundert- wende noch strittigen Fragen dieses Gebietes einer eingehenden Prüfung. Einen kurzen Ueberblick möchte ich dagegen hier einfügen über die bisherigen Methoden und Ergebnisse der Erforschung der Nerven und Nervenendigungen in den quergestreiften Muskeln der Arthro- poden. Ich kann mich dabei um so kürzer fassen, als ich bei der Darstellung der eigenen Resultate mich stets auf die einschlägigen Literaturstellen beziehen werde. Als erster hat bekanntlich Doykre ’) im Jahre 1840 eine direkte Verbindung zwischen Nerv und Muskelfaser beobachtet, und zwar bei Milnesium tardigradum. Er endeckte, daß jener Zustand der Erstarrung, des latenten Lebens, wie ihn die Tardigraden oder Bär- tierchen mehrere Tage lang ohne Schaden aushalten können und wie er ihn durch 24-stündige Asphyxie in ausgekochtem und durch Oel abgeschlossenem Wasser herbeiführte, den Geweben dieser Tiere eine Lichtbrechung verleiht „qui les rend distinets du liquide dont ils sont baignds“®). So konnte er die Nerven von den Ganglien her verfolgen und auf den Muskeln mit einer Verbreiterung endigen sehen, welche KüHne°) ihm zu Ehren den Dov&reschen Hügel taufte. 1843 hatte QUATREFAGES!®) DoYErEs Befunde bestätigt, KÖLLIKER sie auch an einer Dipterenlarve erhoben. Ueber die Nervenfaserelemente, „Nervenfibern“ und „Primitiv- röhren“ bei Krebsen, Spinnen, Insekten arbeiteten zuerst EHRENBERG !!), NEWPORT !?), HANNOVER, HELMHOLTZ !®) in seiner Dissertation, REMAK, Wir!) und Leyvıgc '5), doch sämtlich, ohne die Nerven in ihre moto- rischen Endorgane zu verfolgen. Daß sie sich in ihrem peripheren Verlaufe wiederholt teilen, beschreibt zuerst HAECKEL !°), und zwar 1) 1871 (Näheres siehe stets Lit.-Verz.), p. 147 und 165. — 2) 1873, p. 481. — 3) 1884. — 4) 1874, Das Verhältnis der Nerven ete., p. l und 18. — 5) 1892, p. 41. — 6) 1900, p. 323. — 7) 1840, p. 345. -—.8) 1840, p. 332, — 9) 1871, p. 151. — 10) 1848, p. 300. — 1) 1836, p. 56. — 12) Siehe Reıcnerrs Bericht in Mürters Arch. No. 1, 1843, p. CCI. — 13) Siehe auch Reıcnerts Bericht p. CXCVII und SırsoLvos Bericht ebenda p. II. — 14) 1844. — 15) 1855 und 1857. — 16) 1857, MüLters Arch., p. 479. a ae ausführlich in der seiner histologischen Dissertation „De telis quibus- dam Astaci fluviatilis“ folgenden Arbeit. Er beobachtete bereits die hier typische gleichzeitige Gabelung der meisten ein Nervenstämmchen zusammensetzenden Röhren !. Auch fand er es als erster nahe- liegend, „dieeinzelnenFaserndesAchsenbündels“ (REMAKS zentrales Faserbündel) „für die wahren, letzten Formelemente der Nerven, die bisher als solche aufgefaßten Primitivröhren aber als gröbere Nervenscheiden, die ganze Komplexe von Primitivfibrillen umhüllen, anzusehen“ ?).. Er untersuchte teils in Krebsblut, teils in Seewasser, verdünnter Chromsäure oder Zuckerwasser und fand bei diesen Methoden, daß die Nervenzweige peripherwärts durch fort- gesetzte Teilungen so fein, „blaß und undeutlich werden, daß man sie schließlich unmöglich mehr von echten Bindegewebselementen unterscheiden kann“ 3). Erst Künne*) fand, durch BrRÜCKES Arbeit über das Ver- halten der Muskeln im polarisierten Lichte auf die Käfermuskeln hingeleitet, in den tracheenarmen Beinmuskeln von Hydrophilus piceus und Oryctes nasicornis ein geeignetes Objekt für die Er- kennung des motorischen Nervenendapparates, den er frisch im eigenen Blute der Tiere untersuchte. Er sah den Achsencylinder unter dem Sarkolemm stumpf endigen bezw. in die intramuskulären „Körnerreihen“ übergehen ’) und erwähnt bereits, daß eine moto- rische Nervenfaser durch mehrere sekundäre Aeste mit demselben Muskelprimitivbündel in Verbindung treten kann. Die Künneschen Ansichten über die „Endplatte“ fanden eine wesentliche Klärung durch LeypDıG °), welcher auch zur Lösung der Sarkolemmfrage und zur Fibrillentheorie wichtiges beitrug. 1864 erkannte RouGET’) durch Untersuchungen an Crustaceen (Cancer maenas, Astacus), Dipterenlarven (Chironomus, Corethra) und Coleopteren (Cervus, Ateuchus, Carabus), daß der DovyEresche Hügel nicht die wahre Endigung des Nerven darstellt, daß er vielmehr durch die mechanische Abziehung des Sarkolemms durch die Nervenfaser entstehen kann, und daß auch die zwischen Sarkolemm und Muskel- faser liegende „substance granuleuse est completement &trangere aux 1) 1857, MürLLers Arch., p. 480. — 2) Ebenda, p. 482. — 3) Ebenda p. 538. — 4) 1859, p. 571. — 5) 1859, p. 576, vergl. Abbildg. in STRICKERS Handb., p. 150. — 6) 1864. — 7) Compt. rend. LIX. p. 852. — ]* I Re el&öments nerveux.“ Als einzige nervöse Elemente betrachtet er die aus der Bifurkation der Nervenendfaser im Gipfel des Hügels resul- tierenden Fibrillen, die fast unmittelbar nach Erreichung des Muskel- primitivbündels endigen oder sich nach entgegengesetzter Richtung der Oberfläche der kontraktilen Fibrillen anlegen, ohne Platten, Kerne und körnige Substanz, überhaupt ohne besonderes Endorgan. Wenn Künne!) also noch 1871 schreibt, daß nach RouGET die breiartige Masse mitsamt den darin liegenden Kernen die eigentliche Endigung des Nerven sei, so trifft das wenigstens für die Arthropoden nicht zu. Künne?) faßt die weiteren Ergebnisse bei allen drei Klassen der Arthropoden zusammen, daß jede Muskelfaser eine große Anzahl von Nervenenden erhält, daß die Nervenscheide mit dem Sarkolemm verschmilzt und daß alle Nervenhügel „eine Sohle von Muskel- bildungsmaterial besitzen“. Während Künne die Präparate frisch mit Zusatz von !/, Proz. NaCl untersuchte, wandte ARNDT?®) auch !/, „—'/,-proz. Salzsäure oder !/,-proz. Essigsäure an, ferner hob er die leicht zu Verwechselung Anlaß gebenden Trachealendigungen durch Natron- oder Kalilauge oder Oxalsäure hervor; die Muskelfasern färbte er mit Chlorgold- natrium, so daß in Essigsäure die ungefärbten Nerven deutlich wurden. Trotzdem bringen uns seine an einem reichen Material von Fliegen, Raupen, Spinnen und Crustaceen ausgeführten Beobachtungen außer in der Beurteilung des Dov&reschen Hügels nicht viel weiter: Der Achsencylinder soll sich in das Protoplasma eines großen Kern- haufens auflösen, der mit anderen oberflächlichen oder im Muskel- innern gelegenen Kernen in Verbindung steht; dadurch soll „der Kontakt zwischen Nerv und Muskel auf das innigste bewerkstelligt“ sein*). Außerdem findet er, daß die Nerven bei allen drei Klassen der Arthropoden „extramuskulär als umspinnende, zum Teil netz- artig verflochtene Fasern“ oder „intramuskulär durch Auflösung in eine körnig-faserige... . Masse“ „zu endigen scheinen“ 5). Weiterhin waren eine Aeußerung ENGELMANNS, welchem an den Nervenhügeln verschiedener Käfer mehrmals „die besonders innige Verbindung der Zwischenscheibe mit der Sohlensubstanz“ aufgefallen war: „Sollte hierin ein Fingerzeig für das Bestehen einer besonders innigen Be- ziehung der Nerven zur Zwischenscheibe gelegen sein ?“ ®), wie seine fernere Vermutung, daß „in physiologischer Beziehung... die isotrope 1) Srrıckers Handb., p. 157. — 2) Ebenda, p. 152. — 3) 1873, p. 481. — 4) 1873, p. 516. — 5) Ebenda, p. 520. — 6) 1873, p. 47. BBEN ei al: Grundsubstanz der Muskeln...als eine, wenn auch modifizierte Fort- setzung des Achsencylinders der motorischen Nervenfaser“ würde betrachtet werden dürfen !), für FOETTINGER Grund genug, mehrfach abzubilden, wie sich die Fibrillen des Achsencylinders in die Zwischen- scheiben fortsetzen. Er hat diese von dem Wunsche als Vater der Beobachtung erzeugten Resultate an Hydrophilus und anderen Käfern, an Periplaneta und an Raupen erhalten nach Fixation in starkem ‚Alkohol oder Injektion von 1-proz. Osmiumsäure. Seine Ergebnisse bestätigt THANHOFFER in Wort und Bild an Hydrophilus, er hebt zugleich hervor ?), daß KoLoMAN BALoOGH schon 1865 ähnliches fand, nämlich „daß die Sohle der Endplatte gezahnt ist, und die Zähne in die anisotrope Substanz hineinragen“. THANHOFFER fand an In- sektenmuskeln, die er mehrere Stunden lang von einem Magenfistel- hunde verdauen ließ, daß das Sarkolemm aus einer äußeren hyalinen und einer inneren kernigen Membran besteht), weiter nach Färbung durch Goldchlorid, Ueberosmiumsäure und Karmin, daß der Nerv nur die äußere Lamelle durchbohrt®), sich in der Endplatte netz- förmig verästelt und nicht unmittelbar mit der Muskelsubstanz in Berührung steht’). Letzteres widerspricht also seiner Fig. 2 und seiner Bestätigung FOETTINGERS®). BREMER konnte an den Bein- muskeln von Hydrophilus mit der Goldsäuremethode von COHNHEIM- Löwır ’) die Beobachtungen EnGELMANNsS und FOETTINGERS nicht bestätigen ®). Er bildet eine von ihm deutlich gesehene Endverzweigung ab, glaubt auch an Querschnitten gesehen zu haben, wie „ein End- zweig sich in die Zwischensubstanz fortsetzte, welche die CoHn- HEIMschen Felder begrenzt“. Von Bedeutung ist seine weitere Mit- teilung, daß es in den Muskeln des Hydrophilus nur marklose, von einfachen Scheiden umgebene Nerven gibt. Mit Anwendung der Goldchloridfärbung fand Rossı, daß die Nerven der Trommelfellmuskeln der Singzikade (Cicada plebeja) sich wiederholt teilen und in sehr zahlreiche Endigungen auslaufen, die, ähnlich wie bei KÜHNE und ARNDT, von Kernen oder kerniger Sub- stanz umgeben werden. Sein Chef Craccıo sah in den Flügelmuskeln von Chlo& diptera den Achsencylinder in der körnigen Substanz eines DovEreschen Hügels sich verzweigen, bei Sphinx convolvuli teilte sich der Nerv 1) 1875, ebenda XI, p. 463. — 2) 1882, p. 29. — 3) 1882, p. 28. — 4) Ebenda p. 34. — 5) Ebenda p. 32. — 6) Ebenda p. 31. — 7) 1882, p. 196. — 8) Ebenda p. 179. ER schon vor dem Erreichen des Muskelprimitivbündels in zwei Aestchen. Gegenüber all diesen tastenden und widerspruchsvollen Versuchen, welche stets in unüberwindlichen technischen Schwierigkeiten ihre Schranke fanden, bedeutete auch auf dem Gebiete der Arthropoden- nerven die Einführung der vitalen Methylenblaufärbung durch EHRLICH die Bahnung eines freien, vielversprechenden Weges. Höchst merk- würdig muß es erscheinen, daß dieser seitdem noch nicht öfter be- gangen wurde. EHRLICH sagt bereits in seiner ersten Mitteilung im Januar 1886: „Auch beim Krebs erzielt man leicht Färbungen sensibler und motorischer Nerven. Die quergestreiften Muskelfasern lassen hier zwei Unterarten erkennen, die auch sonst morphologisch in betreff ihrer sonstigen Eigenschaften unterschieden sind. Die eine Art, die schmale, fein gestreifte Fasern enthält, entspricht in ihren Innervationsverhältnissen vollkommen dem Typus der glatten Muskel- fasern, indem die Nerven sich intensiv färben und intramuskuläre Plexus bilden. Die zweite Art breiterer und grob quergestreifter entspricht vollkommen den quergestreiften Muskelfasern der höheren Tiere, indem die Nerven isoliert verlaufen, Oberflächenendverzweigungen bilden, welche durch Methylenblau nur ganz ausnahmsweise gefärbt werden“ !). Der erste, der sich die neue Methode für unser Gebiet nutzbar machte, war BIEDERMANnN. Als die physiologische Untersuchung der Innervation der Scherenmuskeln des Krebses ihm gezeigt hatte, daß „die Reizung des Scherennerven bei gleicher Stromstärke zu gerade entgegengesetzten Erfolgen an beiden antagonistisch wirken- den Muskeln führt, und zwar bei geringer Intensität der benützten Ströme zur Kontraktion des Oeffners und Erschlaffung des Schließers, bei starker Reizung dagegen gerade umgekehrt zu Kontraktionen des Schließers und Erschlaffung des Oeffners“ ?), suchte er dieser auf- fallenden Erscheinung auch von morphologischer Seite auf den Grund zu gehen:). Während es BIEDERMANN mit der Goldmethode leicht gelang, die Nervenfasern bis in ihre feineren Verzweigungen zu ver- folgen, versagte auch ihm diese Methode zur Darstellung der Endi- gungen. Die Methylenblaumethode führte hier leicht zum Ziel. BIEDERMANN fand am Oeffnungsmuskel ausnahmslos je zwei Achsen- 1) 1886, Deutsche med. Wochenschrift, p. 51. 2) 1887, Sitzungsber. der Kais. Ak. d. Wiss. XCV, III,‘ Jänner, p. 35. 3) 1887, Sitzungsber. der Kais. Ak. d. Wiss. XCVI, III, Juni. ze“ cylinder in einer gemeinsamen „Nervenscheide“ verlaufen und sich nach dem von HAECKEL beobachteten Modus stets gleichzeitig dicho- tomisch : teilen‘). Beide, meist verschieden dicke Achsencylinder endeten immer in derselben Muskelfaser in gleicher Weise?). Aehn- lich war der Befund an allen übrigen Krebsmuskeln, wie auch bei Hydrophilus piceus. Jetzt endlich war auch über die Nervenendigung einiges Licht verbreitet, und BIEDERMANN konnte, wie bereits 1876 °) den GERLACHschen Lehren von der „Sprenkelung“ und den „intra- vaginalen Nervennetzen“ der Muskelfasern, jetztauch den FOETTINGER- schen Angaben wirksam entgegentreten. Da die weitere Verfolgung jener Beobachtungen den eigentlichen Gegenstand der vorliegenden Arbeit bildet, werden wir auf die höchst interessanten Resultate noch des öfteren zurückzukommen haben. Gute Beobachtungen an den Muskelnerven einer Feldheuschrecke, Oedipoda fasciata, machte MAzzon1*) mit einer modifizierten Gold- Ameisensäuremethode. Auch er sah in einer kernhaltigen Scheide oftmals zwei Achsencylinder verlaufen und bildet die doppelte dicho- tomische Verzweigung gut ab; doch scheint er diesem Befunde kein besonderes Interesse beizulegen. Die freien Nervenendchen legen sich oberflächlich der kontraktilen Substanz an und haben mit dieser nur „un semplice rapporto di contiguitä*. Zu ganz anderen Resultaten als Cıaccıo gelangte RAMÖN Y CAsAaL an den Flügelmuskeln der Insekten; an den leicht in Primitiv- bündel „dissociablen“ Muskeln von Hydrophilus, Musca, Vespa, Calli- phora färbten sich mit der rapiden GoLGI-Methode mit ausnahmsloser Sicherheit die Tracheen, weniger zuverlässig auch die „cellules ner- veuses“. CAyaL fand nämlich’) keine Dovykreschen Hügel, wohl aber einen „plexus nerveux ou ganglionnaire“, der auf der Ober- fläche der Hülle des Muskelbündels dieses der ganzen Länge nach umgab, mit multipolaren Nervenzellen, Anastomosen und freien, das Sarkolemm durchbohrenden Endfasern. Die Methylenblaumethode führte nun BIEDERMANN‘) und RETZIUS’)®) zu .weiteren schönen Erfolgen bei Wirbellosen, be- sonders auch bei Crustaceen. Hier untersuchte RETZIUS auch den 1) Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wiss. XCVI, III, Juni, p. 4. 2) Ebenda p. 8. — 3) 1876, Sitzungsber. der Kais. Ak. d. Wiss. LXXIV, III, Juli. — 4) 1888. — 5) 1890, p. 36. 6) 1891, Jenaische Zeitschr. f. Naturw. XXV, N. F. XVIII, p. 429. 7) 1890, Biolog. Unters. (Crustaceen). 8) 1891, Biolog. Unters. (Würmer etc.). a 2 peripheren Verlauf der markhaltigen und marklosen Nerven. Er konnte die HAECKELSschen Befunde bestätigen und erweitern. Zwischen den prachtvoll klaren Abbildungen finden sich auch mehrere von Muskelnervendigungen, varikösen, perschnurartigen Endverzweigungen ohne Endhügel (Taf. XIII, Fig. 9—11). Während die Achsencylinder der Muskelnerven bei Astacus keine Myelinscheide haben, fand er sie bei Palaemon markhaltig mit RAanvIeErschen Einschnürungen und Kernen. Auf Taf. XIII (1890) ist in Fig. 1 ein solcher abdominaler Körpermuskelnerv abgebildet, an welchem auch die doppelte, gleich- zeitige dichotomische Teilung auffällt. Obgleich Rertzıus in Taf. VII, Fig. 4, in VIII 1 und 3, XI 2, la, XIII 12 ähnliche Teilungen zeichnet, äußert er sich zu BIEDERMANNS Ergebnissen an den Krebs- muskeln nicht weiter‘). Auch 1892 bildet RETZIUS einige Muskel- endigungen von Astacus und Palaemon ab?). Angeregt durch die letzterwähnten Arbeiten gelangte Rına MoNTI mit Hilfe der Methylenblaumethode als erste zu etwas genauerer Kenntnis der Insektennerven. Bei Orthopteren (Locusta viridissima, Bacillus Rossi, Gryllus campestris) zeigte sich der Achsencylinder von einer homogenen Scheide umgeben, mit deren Rändern er manchmal parallel lief; in anderen Fällen war er wellenförmig gekrümmt inner- halb der Scheide. Oefters liefen zwei Achsencylinder in einer Scheide, „luno, il principale, molto grosso ed uniforme, l’altro molto sottile e varicoso“ ®), also ganz wie HAECKEL und BIEDERMANN am Krebs und Hydrophilus entdeckten. Die in überaus reicher Anzahl vor- handenen Nerven fand Fräulein MonTı von Tracheen begleitet und an den Teilungsstellen mit Kernen versehen. Von den mit den Muskelfasern parallelen Zweigen verloren sich feine Fibrillen auf der Oberfläche der Muskelfaser, die sie gitterartig umgaben, um punkt- förmig oder mit einer kleinen Anschwellung frei zu endigen. Bei Larven von Lucanus und Melolontha wie beim ausgewachsenen Hydrophilus fanden sich motorische Endplatten (Hügel) von ver- schiedenster Struktur. Bei den Schmetterlingen zeigten die Larven Doyvkresche Hügel, an Thoraxmuskeln nervöse Zellnetze, die Imagines ein kompliziertes Fibrillensystem mit knopfförmigen Endigungen. Bei Hymenopteren endlich ließen Cimbexlarven dicke, kernhaltige Endplatten erkennen, über welchen das Sarkolemm in die Nerven- scheide überging. Leider sind diese ergebnisreichen Angaben nicht durch Abbildungen anschaulicher gemacht, woran wohl das damalige 1) 1890, p. 46. — 2) 1892, Taf. XIV Fig. 5—7. — 3) 1892, p. 4. Fehlen einer geeigneten Methylenblau-Fixierungsmethode bei Wirbel- losen Schuld trägt. In den letzten 12 Jahren ist, sovielich ermitteln kann, kein Arthro- pode zur Erforschung seiner Muskelnerven mit Methylenblau injiziert worden, die Nervmuskelfrage wurde fast ausschließlich an Wirbel- tieren, aus alter Gewohnheit hauptsächlich am Frosch studiert, und so konnte sich unser Gebiet keiner -wesentlichen Bereicherung er- freuen, obgleich schon 1871 KüÜnHne die Insektenmuskeln als geeignete Objekte für das Studium der Innervation bezeichnete, und obgleich diese doch als die höchstdifferenzierten aller uns bekannten Muskeln sich der vergleichenden Forschung immer wieder in den Vorder- grund des Interesses hätten drängen müssen. Die technischen Schwierigkeiten sind nicht unüberwindlich. So findet sich indessen nur noch 1900 in der bereits erwähnten Arbeit von SIHLER, welcher mit seiner kombinierten Methode!) der Maceration in Essigsäure-Glycerin-Chloral, der Färbung mit Hämato- xylin und Entfärbung in Essigsäure-Glycerin am Frosch zu Resul- taten gelangt, bei deren Beurteilung mir einige Skepsis geboten er- scheint, die im Texte gar nicht erwähnte Abbildung einer mit der- selben Methode dargestellten „Nervenendfaser“ aus dem Sprungbein „der Heuschrecke“. Man wird weder über die Natur der eigenartigen Faserzüge noch die der kernartigen Gebilde dieser Fig. 15 ins klare kommen. Bei seiner Theorie der „Kontaktstellen“ ?) kommt es dem Verfasser auf eigentliche Nervenendigungen nicht an. Mit einer ähnlichen Hämatoxylinfärbung nach NEGRO konnte dann noch AG6AzzoTTI 1902 bei Hydrophilus und Melolontha, deren Muskeln er nach Mays Vorgang mit dem Perkussionshammer zer- teilte (!), die Befunde von Cıaccıo und Monrı bestätigen, daß der Achsencylinder sich im DoyEreschen Hügel verzweigt und die Nerven- scheide in das Sarkolemm übergeht. Von der feinkörnigen Substanz ausgehende Nervenfibrillen verzweigten sich unregelmäßig auf der Oberfläche der Muskelprimitivbündel, um ohne sichtbare Beziehung zur Querstreifung meist knopfförmig zu endigen°). Endlich erwähnt noch M. WoLrr 1902 beiläufig *), daß er bei Locusta und Culiciden- larven mit Methylenblau schöne Färbungen erhielt. 1) p. 324. — 2) p. 328. — 3) p. 728. — 4) p. 164. Erd B. Methode. Aus den voranstehenden historischen Angaben wird man leicht verstehen, warum ich gleich von vornherein mein Heil mit der Methylenblaumethode versuchte Man möchte sagen, allein schon der ästhetische Genuß, den die Betrachtung eines der Pracht- bände von Rerzıus’ Biologischen Untersuchungen gewährt, könnte zur Anwendung dieser Methode veranlassen. Wenn ich dann, außer bei einigen unbefriedigenden GOLGI-Versuchen, während meiner ganzen Untersuchungen ausschließlich die Injektion von Methylenblau zur Nervenfärbung anwandte, so wird man diese Einseitigkeit begreiflich finden, wenn ich hervorhebe, daß es mir nach Einarbeitung in eine bestimmte Technik gelang, 3 Stunden nach der Injektion die äußerst elektiv und unzweideutig gefärbten Präparate von Hydrophilus, Heuschrecke oder Krebs dauerhaft fixiert und zwischen Objekt- träger und Deckgläschen in Kanadabalsam eingebettet zur weiteren genauen Untersuchung zurücklegen zu können. Da konnten all die anderen Methoden mit ihren vielfach doch recht unbestimmten Resultaten wenig verlocken, das teilweise immerhin schwer zu be- schaffende Material an sie zu riskieren. Es kam eben hier auf die geeignetste Methode wie auf geeignete I. Untersuchungsobjekte an. Als solche erwiesen sich mir Astacus fluviatilis, von Coleopteren der schwarze Kolbenschwimmkäfer Hydrophilus piceus, der Gelbrand Dytiscus marginalis, von Orthopteren (Laubheuschrecken, Locustiden) (der Warzenbeißer Decticus verrucivorus, von Lepidopteren besonders die Raupe des Weidenbohrers Cossus ligniperda. Bei etlichen anderen Insekten mißglückte die Färbung oder waren die Muskeln schlecht zu präparieren, ersteres war meistens beim Maikäfer Melolontha vulgaris der Fall, letzteres wegen der Zartheit der Muskeln bei kleineren Raupen, z. B. vom Tagpfauenauge Vanessa Io, dem großen Kohlweißling Pontia brassicae, wie ferner auch bei Iulus und Asellus, wegen der breiig-klebrigen Konsistenz der Muskeln bei den Schmetter- lingen (Imago) und Hummeln. Ueber die II. Methylenblautechnik. im allgemeinen liegt hier keine Veranlassung zu weiterer Erörterung vor. Es ist hinlänglich bekannt, daß diese histologische Methode a FR sich nicht nach Schema F anwenden läßt, sondern je nach Gegenstand und Zweck der Untersuchung modifiziert werden muß. Ueber all die während des allmählichen Ausbaues der EHrLIcHschen Methode ein- geführten Verbesserungen und Aenderungen der Färbung und Fixation, besonders durch DOGIEL, SMIRNOW, APÄTHY, BETHE, ARNSTEIN, haben wir ausführliche Darstellungen von M. WoLFF!) und DOGIEL?). Von der Technik bei Insekten beschreibt nur BIEDERMANN die für Hydrophilus genauer, für die Dekapoden belehren uns BIEDERMANN °) ReETzıUs, BETHE*), OwWSIANNIKOW®). Daß andererseits bei der Methylenblaumethode stets mehrere Wege zum Ziele führen, beweist zunächst 1. die Stärke der angewendeten Lösung. Während BIEDERMANN mit nahezu gesättigten Lösungen arbeitet (Astacus, Hydrophilus), ARNSTEIN und seine Schüler eine 4—1-proz., OWSIANNKOW eine !,—1-proz., RETZIUS eine 0,2-proz. (Astacus, Palaemon) anwendet, stimmt M. WoLFF®‘) APpÄTHY zu, wenn dieser sagt, daß es „nicht nur überflüssig, sondern geradezu nachteilig“ sei, „eine konzentriertere Lösung als 1:1000 zu benutzen“. Ich stellte mir anfangs von Methylenblau rectificatum von Dr. GRÜBLER- Leipzig, welches mir Dr. M. WoLrr dedizierte, tiefdunkle, völlig un- durchscheinende, also wohl nahezu gesättigte Lösungen her in !/,-proz. Kochsalzlösung (nicht chemisch rein) und verwendete sie unfiltriert teilweise mit sehr gutem Erfolg. Als mir dann einige Krebse und Gelbrandkäfer mißglückten, fertigte ich mir eine neue Lösung an. In einem mit Alkohol, destilliertem Wasser und 0,6-proz. Kochsalz- lösung ausgespülten Glasgefäß stellte ich 400 ccm einer 0,5-proz. Lösung chemisch nicht ganz reinen Kochsalzes her. Davon wurden 200 eem. in eine nacheinander mit Salpetersäure, destilliertem Wasser, Alkohol, destilliertem Wasser und Kochsalzlösung gespülte ‘) Flasche filtriert und 2 g frisch von GRÜBLER bezogenes Methylenblau rectificat. dazu gegeben. Diese 1-proz. Lösung hat mich zu meinen besten Resultaten geführt. Die Flasche wurde durch einen mit Filtrierpapier umwickelten Glasstöpsel verschlossen und blieb auf dem Arbeitstische stehen, wo sie in den Sommermonaten stets die Mittagssonne bekam. Erneuert habe ich die Lösung nie, auch nie 1) 1902, p. 164. — 2) 1903, Encyklop. d. mikr. Techn. — 3) 1891. — 4) 1896, Anat. Anz. XII, p. 33. — 5) 1900. — 6) 1902, p. 175. — 7) Vergl. Docıer, Encyklop., p. 811, BER: ı or: den sehr geringen Niederschlag am Boden durch Erwärmen wieder gelöst‘), und doch erwies sich das Präparat, am 1. Mai hergestellt, im Oktober noch völlig brauchbar. Von den verschiedenen 2. Färbungsverfahren wandte ich fast ausschließlich die Injektion am lebenden Tiere an. Ich entnahm von der beschriebenen Methylenblaulösung direkt mit der PrAavazschen Spritze die erforderliche Menge, welche natür- lich mit der Größe der Objekte variiert. Bei Hydrophilus kommt man zum Ziel mit 0,5 ccm, welche vor dem letzten Hinterleibsring kopfwärts seitlich in das Abdomen injiziert werden. Je schwächer, lang- samer und stetiger der dabei angewendete Druck, desto gleichmäßiger verteilt sich der Farbstoff im Körper, desto besser wird der Eingriff von dem Tiere vertragen, und desto weniger wird die Kontrolle der Farbstoffmenge dadurch unmöglich, daß, wie bei starkem Drucke, gleich wieder etwas aus der Injektionsöffnung herausgespreßt wird. In derselben Weise kann man Dytiscus injizieren, bei welchem 0,3 cem genügen. Ob die Verteilung des Farbstoffes im Körper ge- lungen ist, kann an der Färbung des den Kopf mit dem Prothorax verbindenden Gewebes wie derjenigen Muskeln, welche den durch den Druck etwas hervorgestülpten After umgeben, beobachtet werden. Auch zeigt sich im gelben Rande des Dytiscus ein grüner Schimmer. (Gregebenen Falles wird die Injektion wiederholt. Die Tiere schwimmen nach der Injektion meist ziemlich lebhaft davon, ich habe sie manchmal noch tagelang gehalten; durch größere Quantitäten werden sie allerdings schnell matt. Bemerkenswert war mir, daß ich nie eine auch nur minimale Bläuung des Wassers durch Farbstoffabgabe der darin schwimmenden in- Jizierten Tiere beobachten konntee Umgekehrt habe ich auch stets vergeblich versucht, dieNervender Wasser- käfer durch Einbringen der Tiere in eine Methylen- blaulösung zu färben, was ich nach den Erfahrungen ?) von APrATHY, BETHE, RETZIUsS und DocIEL an Hirudo, Unio, Cteno- phoren und Amphioxus und von WoLFF?°) an Distomen für möglich 1) Vergl. Docıeı, Eneyklop., p. 811. 2) Ebenda p. 819. 3) 1902, p. 175. nr hielt. Doch selbst nach mehreren Tagen fand sich keine Spur des Farbstoffes im Innern der Dytisken. Die gleiche Methode war R. Montı!) bei Planarien mißlungen. Ebenso negative Resultate hat KoLMErR?) mit Larven von Corethra bekommen, welche er „wochenlang in dünner bis konzentrierter Farblösung“ leben ließ. Aus eigenen Beobachtungen an Corethralarven schien mir allerdings hervorzugehen, daß wenigstens die Chitinelemente der Haut im stande sind, sich von außen her mit Farbstoff zu imprägnieren. Die Pig- mentierung des Chitinpanzers mit Methylenblau kann man übrigens, allerdings nur nach Injektion, bei helleren Exemplaren von Dytiscus deutlich sehen. Jene negativen Resultate scheinen mir beiläufig auch zu beweisen, daß die Wasserinsekten per os von der sie umgebenden Flüssigkeit selbst nichts aufnehmen. Mit der Nahrung aufgenommenes Methylenblau wird nämlich, wie man sich an Corethralarven, welche man mit gefärbtem Eiweiß füttert, überzeugen kann, von den Organen, z. B. Leber und Muskeln, aufgenommen. KOLMER sah sogar die Nervenstämme von Corethralarven sich färben nach Fütterung mit gefärbten Stentorkolonieen. Ich habe nur einmal mit einiger Sicher- heit zwei Nervenstämme gebläut und verblassen sehen. Es war mir übrigens auch bei Unio pietorum nie gelungen, durch Aufenthalt der Tiere in einer Farblösung tiefere Nervenfärbung zu erhalten. Im Verlaufe mehrerer Tage färbte sich nur der Rand des Mantels und des öfters herausgestreckten Fußes. Als mir einmal eine ganze Reihe von Gelbrändern und Maikäfern mißglückte, stellte ich mir die Frage, ob vielleicht bei dem außer- ordentlichen Tracheenreichtum auch der tiefsten Gewebe der Sauer- stoffgehalt der Muskelnerven zu groß sei, um von ihnen das ein- geführte Methylenblau zu seiner Leukobase reduzieren zu lassen. Ich suchte daher den Sauerstoffgehalt zu vermindern, indem ich eine Anzahl Exemplare von Dytiscus, Hydrophilus, Melolontha nach der Injektion im Exsiccator mit der Wasserstrahlluftpumpe bis zur Be- wegungslosigkeit evakuierte, andere hielt ich nach der Injektion 3 bis 4 Stunden unter Quecksilber. Meine Erwartungen wurden nicht in dem gewünschten Maße erfüllt, da auch so einige Tiere keine brauch- bare Nervenfärbung zeigten; bei den meisten jedoch erwiesen sich Verlauf und Endigungen der Nerven schön und ausgiebig gefärbt, und ich möchte darum diese wenn auch noch nicht entscheidenden Versuche nicht unerwähnt lassen. 1) 1896, p. 4. — 2) 1904, p. 222. SIE 28 Bei Decticus (Locustidae) bekommt man schöne Nervenfärbung besonders in den intrathorakalen Muskeln durch Injektion von 0,15 bis 0,25 ccm der 1-proz. Methylenblaulösung kopfwärts seitlich ins Abdomen. Zur Präparation zieht man nach Abschneiden des Kopfes den Magen vom Schlunde aus hervor und biegt nach dorsalem Median- schnitte die Thoraxhälften auseinander. Bei der Injektion geht übrigens nie eine Spur des Farbstoffes in die Extremitäten hinein, wie das bei Astacus, Hydrophilus und Dytiscus stets der Fall ist, Man muß daher die Sprungbeine einzeln injizieren, um in ihren Muskeln Nervenfärbung zu bekommen. Hier kann wie bei der In- jektion abgebrochener Krebsscheren nur das Gutdünken und eine gewisse Erfahrung die Menge der erforderlichen Lösung bestimmen, Das gleiche Gefühl wird bei der Behandlung der verschieden großen Raupen leiten. Der 2—3-jährigen Raupe des Weidenbohrers in- jizierte ich O,l cem hinter das 3., 0,15 ccm in das 6. und 0,4 cem vor das zweitletzte Segment. Mit diesen 0,65 ccm gelang die Färbung gleichmäßig schön in allen Teilen. Bei den Raupen muß man sich besonders hüten, zuviel zu geben, weil hier leicht durch Farbstoffüberschwemmung und Mitfärbung anderer Gewebs- elemente die Elektivität der Nervenfärbung leidet. Es empfiehlt sich hier übrigens auch, durch einen kleinen Einstich etwas Körperflüssig- keit heraustreten zu lassen und dann erst durch dieselbe Oeffnung zu injizieren, weil sonst durch die pralle Füllung des elastischen Hautmuskelschlauches die Injektionsflüssigkeit sofort wieder unter Druck ausgepreßt wird. Zur Präparation befestigt man die Raupen am besten in Bauchlage mit Nadeln auf einer Korkplatte, schneidet in der Rückenmittellinie längs auf und breitet die Tiere nach vor- sichtiger Entfernung des Darmes und der blasig erweiterten Tracheen aus. So schont man am besten die von der Bauchganglienkette ab- gehenden Nervenstämme und ermöglicht auch der Luft den Zutritt. Beim Krebs kann man auf mancherlei Weise eine schön elektive Färbung der Muskelnerven bekommen. BIEDERMANN!) injiziert 0,5 bis 1 ccm einer nahezu gesättigen Lösung durch Einstich seitlich von der Medianlinie in den Thorax, RETZIUS?) 1—2 ccm einer 0,2-proz. Lösung ins Abdomen, BETHE?°) bringt 5—6 Tropfen einer 1-proz. Lösung auf die venösen Ostien des Herzens und läßt auf diese Weise das Herz die Injektion besorgen, OWSIANNIKOW injiziert unter die 1) 1887, Zur Kenntnis etc., p. 16. — 2) 1890, p. 25. —-3) 1896, Anat. Anz., p. 33. ra ee Haut der unteren Fläche der Schwanzgegend. Ich injizierte mit gutem Erfolg anfangs seitlich der Medianlinie unter den hinteren Thoraxrand. Wenn mir die Farbstoffverteilung nicht gelungen schien, klappte ich ein Stück des Thorax auf, stach den nicht zu langspitzigen Spritzenansatz in das pulsierende Herz und ließ unter sehr leisem Druck etwas Farblösung in dasselbe eintreten. Es ist nun sehr schön zu beobachten, wie die blaue Farbe abwechselnd nach vorn und hinten in die Hauptgefäße geschleudert wird, und bei vorsichtigem, absatzweisem Nachfolgen der Lösung färben sich sämtliche Körper- teile. Die große Vorsicht bei dieser natürlich auch ohne sonstige Injektion anwendbaren Methode ist deshalb geboten, weil das Herz schon bei geringem plötzlichen Ueberdruck leicht seinen Dienst ver- sagt. Diesen beiden Methoden noch vorzuziehen und als sicherste am meisten zu empfehlen: ist jedoch die Injektion von 0,6 bis lcem der 1-proz. Lösung in die Bauchseite des ersten Abdominalsomits kopfwärts seitlich der Medianlinie, wobei es leicht gelingt, mit der Ansatzspitze subkutan zu bleiben, ohne sich in der Muskulatur zu verfangen. Vom Abdomen wie vom Thorax aus erfolgt sofort die Aufnahme des Farbstoffes in das Gefäß- system. Man sieht das blaue Blut im einen Bauchgefäß pulsieren, auch die Scherengefäße wie die der anderen Beine schimmern dunkel- blau durch. Dieses Verhalten macht jedoch sehr bald einer diffusen, entsprechend helleren Blaufärbung des ganzen Tieres Platz, welche ihrerseits wieder etwas verblaßt, wohl durch die nun einsetzende Reduktion des Farbstoffes zur Leukoverbindung. Wenn man dann das Tier nach einiger Zeit präpariert, zeigt sich die Körperflüssig- keit völlig farblos, auch die Muskeln nur noch in einem Hauch von blauem Farbenton, der besonders von der Färbung der Nervenstämme herrührt. Ist die Nervenfärbung mißlungen, so sind die Muskeln etwas stärker pigmentiert, der Farbstoff findet sich in feinsten Körnchen zwischen den Fasern. Zur Färbung der Muskelnerven der Arthropoden kann ich die „direkte Methode“ durch Benetzung heraus- geschnittener Präparate oder Einlegen derselben in eine Methylen- blaulösung nicht empfehlen; wenigstens erhielt ich stets eine ungünstige Mitfärbung der bindegewebigen Elemente, konnte diese Methode daher auch als Ergänzungsfärbung nicht gebrauchen. Bei den Insekten verbietet sich übrigens jedes mehr als absolut notwendige Berühren und Umlegen der Präparate wegen der außerordentlichen Zartheit und Vergänglichkeit des Muskelgewebes von selbst. BR: Die Frage, wie spät nach der Injektion die zu untersuchenden Muskeln durch Präparation bloßzulegen und in der feuchten Kammer dem Sauerstoff der Luft auszusetzen sind, läßt sich anscheinend noch nicht einheitlich beantworten. Die Verteilung des Farbstoffes durch die Gefäße erfolgt momentan, sehr bald auch, wie beim Krebs zu beobachten ist, die diffuse Färbung und das Abblassen der Gewebe durch die Reduktion des Farbstoffes zur Leukoverbindung. Es ist schwer, sich vorzustellen, warum die Nerven zur Bindung des ihnen verwandten Pigments noch mehrere Stunden brauchen sollen. Und doch haben fast alle Forscher ihnen geraume Zeit dazu gegönnt. OWSIANNIKOW geht sogar so weit, zu behaupten, daß man einen Krebs zum guten Gelingen der Färbung noch 12—14 Stunden nach der Injektion am Leben erhalten muß, und daß man keine Dauerpräparate bekommen kann, wenn das Tier schon nach 4—6 Stunden getötet wird). BIEDERMANN hielt die Krebse noch 2—4 Stunden in feuchtem Raum, die Hydrophilen 3—4 Stunden im Wasser. Auch ich habe die meisten Tiere erst nach Ablauf dieser Zeit oder wenigstens nach 1!, Stunde getötet und präpariert, doch muß ich hervorheben, daß ich eine sehr vollkommene Nervenfärbung in allen Muskelgebieten auch erhielt, wenn ich bereits nach !, Stunde die Präparation begann. Ich kann daher das Amlebenerhalten der Tiere nach der Injektion zum mindestennichtfür dringendes Erfordernis halten. Mißglücken kann die Methylenblaufärbung leider noch oft genug so oder so; ihr eine ganz unfehlbare Sicher- heit zu geben, ist mir ebensowenig gelungen wie all meinen Vor- gängern in der Methode. Aehnlich gehen die Erfahrungen auseinander über die Zeit, welche es dauert, bis die Färbung der Achsencylinder und ihrer Endigungen an der Luft hervortritt. Retzıus?) fand bei Garneelen nach 2—3 Stunden einige Nerven- fasern gefärbt, nach 8 Stunden die Ganglienzellen teilweise, nach 12 bis 20 Stunden viele Ganglienzellen mit Fortsätzen ; beim Krebs konnte er den Bauchstrang erst nach 18—24 Stunden untersuchen. Er folgert daraus, „daß es bei Wirbellosen viel länger dauert, ehe die Färbung der Nervenelemente entsteht und schön hervortritt“®). Von den Wirbeltieren sagt DoGıEL*): „Nach meinen Beobachtungen an ver- 1) 1900, p. 2. — 2) 1900, p. 25. — 3) 1900, p. 24. — 4) 1903, Encyklop., p. 813. Be. > schiedenen Organen schwankt die für die Nervenfärbung erforder- liche Zeitdauer, wie oben angegeben, zwischen 15—30 Minuten (für feine Häute, Schnitte u. dergl.) und 1—1!/,—2 Stunden (für dicke Präparate). “ BIEDERMANN sah die Nervenfärbung beim Krebs nach einem Aufenthalt der Präparate in der feuchten Kammer von 2 bis 6 Stunden, bei Hydrophilus von 3—4 Stunden vollendet. Ich habe im allgemeinen beobachtet, daß die Nervenfärbung um so langsamer hervortritt, je später nach der Injektion die Tiere getötet und präpariert wurden. Da ich die Muskeln meist nach 1!/,—2!/, Stunden bloßlegte, so stimmt es mit BIEDERMANNs Resultaten überein, wenn ich die Nerven meist 1!/, bis 21/, Stunden später gefärbt fand. Später als 3 Stunden nach der Präparation habe ich nie mehr eine Färbung auf- treten oder zunehmen sehen. Wohl aber sah ich bei den Tieren (Astacus, Dytiscus), welche ich bereits einige Minuten nach der Injektion präparierte, die Nervenfärbung auch schon nach 1 Stunde vollendet und kaum mehr einer Zunahme fähig. Bei der Prä- paration zeigen sich fast stets die größeren Nerven- stämmchen bereits blau, manchmal jedoch auch die feineren VerzweigungenundEndigungenschon so weit gefärbt, daß hier der Zutritt der Luft kaum noch etwas verbessern könnte. Besonders fiel mir das bei Raupen und Heuschrecken auf, und ich würde geneigt sein, dies eigenartige Ver- halten mit der ausgiebigen Sauerstoffumspülung der Gewebe durch die Tracheen zu erklären, doch hat WoLFrF!) eine ähnliche Erfahrung am Musc. cutaneus pectoris und mylohyoideus des Frosches gemacht. Es scheint demnach der Zutritt der Luft doch kein völlig unentbehr- licher Faktor zum Auftreten der Methylenblaufärbung der Nerven zu sein; doch möchte ich noch nicht so weit gehen wie OWSIANNIKOW, welcher die längere Berührung der Luft für die Färbung des Nerven- systems als wirkungslos bezeichnet und behauptet, daß jedenfalls „die einzelnen Elemente dadurch nicht sichtbarer“ werden ?). Die verschiedene Schnelligkeit der Entstehung der Färbung scheint mir aufs neue darauf hinzuleiten, die Methylenblaureaktion in direkte 3. „Beziehung zur Funktion der Nervensubstanz"“ zu bringen, wie es EHRLICH) selbst bereits getan, welcher die ver- schiedene Färbbarkeit bei auch schon morphologisch unterschiedenen 1) 1902, p. 162. — 2) 1900, p. 2. — 3) 1886, Deutsche med. Wochenschr., p. 51. 2 [= BE Krebsmuskeln beobachtete. ARNSTEIN läßt die verschiedenen Re- sultate an Froschmuskeln ebenfalls vom jeweiligen Zustande der Nerven abhängen). BIEDERMANN hat für die Muskeln der Krebs- schere, von denen der Oeffnungsmuskel sehr leicht eine vollkommene Nervenfärbung zeigt, während sich die Nerven des Schließmuskels nur selten und auch dann noch unvollständig tingieren, selbst die physiologischen Unterschiede in der Innervation klargelegt. Weiter hat er die unvollständige, aber symmetrische Färbung der Elemente in den Ganglienzellen von Hirudo auf gleichartige funktionelle Zu- stände wie den Unterschied der Färbbarkeit auf chemische Differenzen bezogen *). Die schlechte Färbbarkeit der Nerven des Schließmuskels der Krebsschere gegenüber dem Verhalten beim Oeffnungsmuskel habe ich ebensowenig überwinden können. Weiter spricht für unsere Annahme aber noch, daß fast nie nur einer der beiden Scheren- öffnungsmuskeln eines Individuums gute Färbung zeigt, sondern, wenn der eine, dann auch der andere mißlungen ist, ferner daß die Schnelligkeit des Auftretens der Färbung in zwei symmetrischen Muskeln stets nahezu gleich ist, während z. B. der Schließmuskel das Maximum seiner Tinktion meist schneller erreicht als der aller- dings ausgiebiger gefärbte Oeffnungsmuskel. Weiterhin muß es höchst auffallend erscheinen, daß sich die zwei in gemeinsamer Nervenscheide verlaufenden Achsencylinder in den Muskeln des Krebses fast ausnahmslos beide tingieren, während in denen der Insek- ten, bei welchen wir ebenfalls zu einer derartigen Doppelinnervation kommen werden, meist nur einer. Ferner sah ich oft nur die größeren Stämme gefärbt, oft nur die feineren und die Endigungen. Es mag hier noch angeführt werden, daß diejenigen Tiere, welche nach der Injektion matt wurden oder es schon vorher waren, auf- fallend sicherere Färbungsresultate gaben als die munteren. Der Er- nährungszustand scheint keinen ähnlichen Einfluß zu haben. Ich konnte zwischen der Färbbarkeit der Nerven von Hydrophilen, welche 14 Tage gehungert hatten, und solchen, welche sich an Froschkeulen gemästet hatten, keinen Unterschied beobachten. Auch die längere Reizung mit Induktionsströmen vor oder nach der Injektion ergab beim Krebsscherennerv keinen merklichen Ein- fluß auf die Färbbarkeit. Mit jenen günstigen Erfahrungen an den matt gewordenen Tieren stehe ich im Gegensatze zu WOLFF, welcher seine Wirbeltiere strychni- sierte und fand, daß „diese tätigen und leicht erregbaren, nicht 1) 1887, p. 129. — 2) 1891, Jenaische Zeitschr., p. 436. a aber die ruhenden, schwer erregbaren oder gelähmten alkalisch reagierenden Nerven leicht und gut vital zu färben“ seien. Mein angeführtes Resultat läßt sich mit meinen Ergebnissen an den unter Quecksilber oder der Luftpumpe erstickten Käfern leicht in Ein- klang bringen, wie auch mit älteren Erfahrungen von ARNSTEIN und schon von EHRLICH, welcher außer der Sauerstoffsättigung die alkalische Reaktion als Bedingung für die Methylenblaufärbung be- zeichnete!). EHRLICH kam weiter durch die Alizarinblaufärbung wieder anderer Nervenelemente zur Annahme von saueren, alkalischen und neutralen Fasern. Die Frage nach dem Einfluß des funktionellen Zustandes der Nerven auf ihre Methylenblaufärbbarkeit steht in engem Zusammen- hange mit derjenigen, ob diese Färbung eine vitale oder eine Absterbeerscheinung ist. Man hört immer noch ge- legentlich die letztere Ansicht, obgleich schon mancher für den Vita- lismus der Methylenblaufärbung eine Lanze gebrochen. Daß das Methylenblau letal wirken kann, ist bekannt. Nach DOGIEL und ARNSTEIN ?) gehen Säuger und Vögel nach einer größeren Infusion des Farbstoffes zu Grunde, ein Kaninchen stirbt während der Injektion der vierten Pravazschen Spritze in die Vena cruralis. Viele meiner Wasserkäfer und Krebse gerieten besonders nach In- jektion ins Herz in einen Zustand, von welchem sie sich nicht wieder erholt hätten. Die Nervenfärbung kann in all diesen Fällen gelingen. Daß die Färbung nach dem Tode noch eintreten kann, beweist die Injektion dekapitierter Tiere, die direkte Tinktion an heraus- geschnittenen Teilen wie die DoGIELsche Erfahrung’) am Frosche, in dessen Extremitäten die Nervenfärbung noch 7—3 Tage nach der Trennung vom Körper sehr intensiv zu erreichen ist, wo anderer- seits ja bekanntlich die Lebenstätigkeit der Gewebe noch nicht er- loschen zu sein braucht. Nach DoGIELs Anschauung verlieren die Nerven mit dem Absterben die Fähigkeit der Methylenblaubindung. Jedenfalls will er die angeführte Erfahrung nicht als Beweis dafür angesehen wissen, daß sich „auch längst abgestorbene Elemente noch färben“ können, wie KOLMER*) es mißzuverstehen scheint. DOGIEL glaubt vielmehr, daß „wir durch die Bestimmung, wie lange nach dem Tode des Tieres die Nervenelemente in den verschiedenen Ge- weben das Vermögen, durch Methylenblau tingiert zu werden, be- wahren, die Möglichkeit erhalten, zugleich auch genau die Zeit zu bestimmen, wann erstere ihre Lebenstätigkeit verlieren — absterben“. 1) 1886, p. 52. — 2) 1887, Anatom. Anz,, p. 553. — 3) 1890, p. 310. — 4) 1904, p. 221. DE Von großer Bedeutung für die Entscheidung der Frage zu Gunsten der vitalen Auffassung ist die weitere Mitteilung DoGIELs, daß die verblaßte, ursprünglich durch Injektion erzielte Färbung wieder her- vorgerufen werden kann, „indem man zu der Flüssigkeit, in welche das Präparat eingesenkt ist, etliche Tropfen einer !/,—!s-proz. Methylenblaulösung hinzufügt“ %). Hierzu stimmt die Beobachtung KOLMERSs, welcher von seinen mit gefärbten Stentoren gefütterten Corethralarven, welche diese Methylenblauapplikation sehr gut ver- trugen, beschreibt, wie „im Verlauf von einer Stunde ... mehrmals deutlich zu sehen war, wie langsam im Ganglion die Färbung völlig verschwand, um einige Minuten später wieder aufzutreten. Merk- würdigerweise ließ sich öfters an verschiedenen Ganglien beobachten, wie die eine Hälfte des Ganglions sich dunkel färbte, während die andere Hälfte vollkommen farblos blieb“ ?). Mir selbst ist es nicht ge- lungen, die KoLMERschen Beobachtungen zu wiederholen, doch hege ich keine begründeten Zweifel an ihrer Richtigkeit. Weiter möchte ich hier anführen, daß EHRLICH?) an lebenden Würmern, den „in der Froschblase schmarotzenden Eingeweide- würmchen“, „die bei Methylenblauinfusion des Frosches das blaue Serum in sich aufsaugen“, die Färbung der Ganglienzellen und ihrer Nervenfortsätze zu den Muskeln beobachtet hat. Ebenso sah RETZIUS ®) in lebenden Appendicularien das ganze Nervensystem gefärbt, und WOLFF wies die Vitalität der Färbung an Froschmuskeln nach. Diese Angaben lassen es mir als etwas gewaltsam vorkommen, wenn man die Aufnahme des Farbstoffes als Absterbeerscheinung erklären will. Sonst müßte die Färbung auch wohl immer gelingen, wenn man die Nerven zum Absterben bringt. Auch das Verblassen kann nicht stets durch das Absterben bedingt sein. Ich stimme nach obigem WOLFF nicht zu, wenn er DOGIEL entgegnet: „sobald die in ihrer chemischen Struktur äußerst labile lebende Substanz die Färbung annimmt, hört sie auf zu leben“). Daß die Methylenblau- färbung andererseits vielleicht trotz der Lebenstätigkeit eintreten und einstweilen nicht als Resultat derselben bewiesen werden kann, wird man ApÄtHy mit WoLFrrF‘) zugeben. 4. Fixierungsverfahren. Bei der schnellen Vergänglichkeit der schönen Blaufärbung im frischen Präparate mußte es, besonders um zum genaueren Studium 1) 1890, p. 307. — 2) 1904, p. 223. — 3) 1886, p. 50. — 4) 1890, p. 2. — 5) 1902, p. 173. — 6) 1902, p. 172. SER a und zur Abbildung der feineren Verhältnisse zu gelangen, in hohem Maße darauf ankommen, eine geeignete Methode der Fixierung heraus- zufinden. Beim Krebs war das sehr einfach, da BIEDERMANnN ein sehr zweckmäßiges Verfahren vorgeschlagen hat!) mit dem nach SMIRNOWS Vorversuchen mit Pikrokarmin von DoGIEL empfohlenen Ammonpikrat. Ich fixierte also ebenfalls die Krebsmuskelstückchen in der feuchten Kammer auf Filtrierpapierstreifen, welche ich mit einigen Tropfen einer gesättigten Ammonpikratlösung getränkt hatte. Dann kombinierte ich dieses Verfahren mit einer Nachfixierung in einer Lösung des von BETHE eingeführten Ammoniummolybdates, indem ich hierzu das BETHESsche Gemisch No. I benutzte. Bei den feinen, klebrigen, leicht verletzlichen Insektenmuskeln wäre ich mit dieser, mehrfaches Umlegen erfordernden Technik wohl kaum zu einem Resultate gekommen; ich ließ mich daher bereits bei meinen Krebsversuchen von dem Bestreben leiten, die Methode möglichst zu vereinfachen, und ließ zunächst die Vorfixierung in Ammonpikrat weg. Weiter verzichtete ich noch auf den Zusatz von Salzsäure, welche BETHE selbst als nicht absolut notwendig bezeichnet?) und ohne den auch DoGIEL ausgekommen ist?). Das ganze Rezept meiner Fixierungsflüssigkeit hieß demnach: Ammon. molybdat. 2) Ag. dest. 20,0 Hiermit erzielte ich ausgezeichnete Fixierungs- resultate bei Astacus wie bei Insekten, und zwar, wie DOGIEL, ohne besonders abzukühlen oder dergleichen. Auch an heißen Tagen gelang die Bildung des wasserunlöslichen Methylenblaumolybdates bei Zimmertemperaturen. Für die zierlichen Präparatstückchen ge- nügte es stets, wenn ich ihren Aufenthalt in der Lösung, der Sicherheit halber, auf !/;, Stunde ausdehnte. Uebrigens dissoziieren sich die am Rande der Muskelstückchen gelegenen Muskelfasern stets in der Ammoniummolybdatlösung, wodurch sie oft ausgezeichnet isoliert werden. Im Gegensatze zu DoGIELs Erfahrung, daß selbst mehr als 24-stündiger Verbleib in der Lösung der Färbung nicht schadet *%), fand ich die Nerven mehrfach nach 5 Stunden völlig ver- blaßt. Die Krebsnerven sah ich auch bei längerem Liegen auf Ammonpikrat wieder verbleichen. Ich möchte daher empfehlen, die Präparate lieber bald in Sicherheit zu bringen. Es folgt zunächst die Abspülung des Ammoniummolybdates in destilliertem Wasser, 1) Jenaische Zeitschr., 1891, p. 433. — 2) 1896, Anatom. Anz., p. 439. — 3) Encyklop., p. 825. — 4) Ebenda p. 826. Pr was man bei ganzen Krebsmuskeln auf eine kurze Wässerung aus- dehnen kann; bei den zarten Muskelteilchen der Insekten muß man sich vorsehen, nichts durch den Wasserstrahl oder etwaiges Schütteln zu zerreißen, und es genügt hier auch ein langsames Umschwenken in zweimal erneutem destillierten Wasser. Danach läßt man die Stückchen mit Hilfe eines Spatels oder einer groben Pincette, welche nichts zerquetscht, die Reihe der 2—3 verschieden konzentrierten Alkohole passieren, und zwar möglichst schnell, weil der Alkohol im stande ist, die Färbung wieder zu vernichten. Etwas länger bleiben die Muskeln dann im Alkohol-Xylol 2:1 und im Xylol-Alkohol 2:1. Darin scheint die Bläuung nicht mehr so leicht zurückzugehen. Nach der Uebertragung in reines Xylol, in welchem die völlige Aufhellung der Muskelfasern erfolgt, kann der Aufenthalt darin natürlich beliebig ausgedehnt werden, bis das Präparat in Kanadabalsam zwischen Objektträger und Deckgläschen fertiggestellt werden soll. Die sanze Prozedur der Fixierung dergelungenen Nerven- färbung kann demnach zweckmäßig in ?/, Stunden nach der Entnahme der Muskelstückchen aus der feuchten Kammer bequem vollendet sein. Nun findet man oft bei der Durchsicht der auf einem Objektträger ausgebreiteten Präparate eine besonders gute oder in irgend einer Beziehung wertvolle Färbung an sehr kleinen Stückchen, deren Entfernung von dem Glase, auf welchem sie infolge minimaler, unvermeidlicher Verdunstung bereits etwas angetrocknet sind, auch bei größter Vorsicht nicht ohne mechanische Verletzung zu bewerkstelligen wäre, und deren mehr- fache Umbettung mit Sicherheit die zarten Gewebe und damit den ganzen Wert der betreffenden Stellen vernichten würde. Solche Präparate müssen auf dem Objektträger in unveränderter Lage, und sonst völlig unberührt, fixiert werden. Das ist in- folge des Festhaftens an der Glasfläche ziemlich einfach. Man be- netzt sie mit einigen Tropfen der Ammoniummolybdatlösung und beobachtet, daß sie stets davon bedeckt sind. Nach kurzer Zeit spült man die Lösung weg, indem man auf der einen Seite des Präparates einen Filtrierpapierstreifen mit dem Rande der Flüssigkeit in Be- rührung bringt und von der anderen her einen leisen Strom destillier- ten Wassers leitet. Auf dem gleichen Wege folgen sich dann all- mählich die Alkohole, Alkohol-Xylol und Xylol, wie bei der oben beschriebenen Methode, und durchströmen das Präparat, um auf der anderen Seite wieder abgesaugt zu werden. Dann kommen einige Tropfen Balsam und das Deckgläschen, und die Fixierung ist voll- ee endet. Uebrigens hat sich auch schon DocIEL der Fixierung auf dem Objektträger bedient, wenn er ein Präparat bereits auf dem- selben mit Methylenblaulösung gefärbt hatte‘). III. Untersuchung. Auch über die Untersuchung sind bei den schwierigen Ob- jekten, wie die Insektenmuskeln es sind, hier vielleicht einige Be- merkungen am Platze. Es ist klar, daß die über das Fortschreiten der Färbung orientierende Untersuchung möglichst rasch zu ge- schehen hat, damit an der Luft keine Vertrocknung eintritt. Wenn man die Objektträger mit den Präparaten alle Viertelstunden aus der feuchten Kammer nimmt und mit Zeiß 4A durchsucht, wird man nichts versäumen. Es empfiehlt sich, bei den Insekten aus allen Muskelgruppen zunächst nur ganz wenige Stücke zu kontrollieren, die anderen möglichst lange mit den Chitinteilen in Zusammenhang zu lassen, da die Färbung in gleichartigen Muskeln gleichzeitig her- vortritt. Bei den Krebsmuskeln liegen die technischen Verhältnisse infolge der größeren Dimensionen und der derberen Konsistenz wesentlich einfacher. Die Untersuchung mußstetsbeivöllig erweiterter Blende erfolgen, erst um an fixierten Präparaten die näheren Beziehungen zwischen Nerv und Muskel zu studieren, kommt die Abblendung des Lichtes in Betracht. Zur Fixierung eignen sich sämtliche Stellen, wo sich überhaupt etwas von Nerven- färbung gezeigt hat; denn erst an den im Xylol völlig aufgehellten Präparaten ist die störende Lichtbrechung der Muskelfaserkonturen und der Tracheen gänzlich beseitigt und können die feineren Ver- hältnisse hervortreten. Es zeigt sich übrigens, daß die Tracheen auch schon am frischen Präparate bei offener Blende so wenig sicht- bar sind, daß sie trotz aller Verzweigungen bei der Methylen- blaumethode unmöglich zu Verwechslungen Anlaß geben können, wie das z. B. bei der GoLGI-Methode in dem Maße in Betracht kommt, daß selbst Forscher wie CAJAL nicht zu ein- wandfreien Ergebnissen bei Insekten gelangen konnten. Hat man das Injektionsquantum nicht zu groß bemessen, so wird man auch durch keine Farbstoffniederschläge oder Mitfärbung anderer Gewebs- bestandteile, wie Muskeln, Bindegewebe, Drüsen, gestört, und es zeigt sich eine so reine und klare Blaufärbung der Nerven inmitten des gelblich schimmernden Muskelgewebes, daß neben dem wissenschaft- lichen Interesse, welches sich der wie auf dem Präsentierteller aus- 1) 1890, Arch. f. mikrosk. Anat., p. 311. Zen Dr gebreiteten Strukturverhältnisse bemächtigt, auch der ästhetische Genuß, der sich hier dem für die Kunstformen der Natur empfäng- lichen Auge bietet, die technischen Mühen belohnt und für manche mißglückte Färbung reich entschädigt. C. Ergebnisse. I. Bau der marklosen Nerven der Arthropodenmuskeln. 1. Achsencylinder und Fibrillen. Schon bei VALENTIN und HELMHOLTZ (1842) bestehen die Nerven des Flußkrebses als des geeignetsten Untersuchungsobjektes unter den Wirbellosen aus Fibrillen, welche durch Bündel oder Membranen fibrillären kernhaltigen Bindegewebes miteinander verbunden sind. Bei Insekten fehlen den zarteren Bindegewebsmembranen die Kerne und fehlen vor allem Nervenfibrillen, welche denen der markhaltigen Wirbel- tiernerven glichen ). Es scheint mir das der erste Hinweis auf das allgemeine Fehlen markhaltiger Nervenfasern bei Insekten zu sein, abgesehen von der von ACKERMANN, REIL, BICHAT aufgestellten und von JOHANNES MÜLLER (1828) durchgeführten Analogie des Eingeweidenervensystems der Insekten mit dem Sympathicus der Wirbeltiere. Daß andererseits bei den Krebsen auch markhaltige Nervenfasern vorkommen, haben bereits EHRENBERG (1836) und HANNOVER beschrieben, RETZIUS und FRIEDLÄNDER wieder hervor- gehoben ?). HELMHOLTz’ „Fibrilla nervea“ entspricht dem zuerst bei Wirbel- tieren als „Achsencylinder“ (PURKINJE) bezeichneten Nervenelement, während die in jener Zeit vielgebrauchte Bezeichnung der „Nerven- primitivröhre“ auch die Achsencylinderscheide mitumfaßt. Im Zentrum der damals als Cylinder mit flüssigem Inhalt angesehenen Primitiv- röhren des Bauchstranges des Flußkrebses fand bekanntlich REMAK zuerst das. „zentrale Faserbündel“?).. Ein Bündel scheint ihm hundert bis einige hundert der sehr zarten, glatten, mitein- ander parallelen Fasern zu enthalten. REMAK hat also zweifel- los zuerst den fibrillären Aufbau des Achsencylinders gesehen, wie auch BETHE*) hervorhebt. Ob REMAK dieselben Strukturelemente sah, welche KuPFFEr in den markhaltigen Wirbel- tiernerven und APÄTHY bei Wirbellosen mit vollendeter Mikrotechnik färberisch differenzierten, ist schwer zu sagen. BETHE glaubt es 1) Heumnortz, p. 7. — 2) FrıepLÄnDeR, p. 256 Anm. — 3) 1838, Dissertation, und Mürters Archiv, 1843, p. 197. — 4) Allgemeine Anat,, p. 13. nicht. ArAtHY!) gesteht noch nicht einmal MAx SCHULTZE zu, die Primitivfibrillen wirklich gesehen zu haben, REMAK, LEYDIG und HAECKEL erwähnt er gar nicht erst. Daß Max SCHULTZE sie in den peripheren Nervenfasern wirklich dargestellt hat, hält BETHE dagegen für zweifellos?). Auch ich halte es für sicher, z. B. in Max SCHULTZES Fig. 17c auf p. 109 in STRICKERs Handbuch wirk- liche Primitivfibrillen aus dem Olfactorius des Hechtes vor mir zu sehen. Ebenso glaube ich aber auch aus REMARSs obiger Beschreibung schließen zu dürfen, daß schon dieser Forscher die letzten bis jetzt gefundenen fibrillären Elemente gesehen hat, und wenn seine zen- tralen Fasern wirklich nicht die Primitivfibrillen selbst gewesen sein sollen, so sind es mindestens Aggregate von wenigen derselben ge- wesen, also jedenfalls eine tiefere Ordnung als der Achsencylinder. Für reine Sophistik halte ich es, wenn man behauptet, jene älteren Forscher hätten nur die Interfibrillärsubstanz gesehen, die durch die Fibrillen häufig ein fibrilläres Aussehen bekomme; denn wenn sie die streifige Teilung jener Substanz durch die Fibrillen sahen, so sahen sie eben auch die Grenzen der Fibrillen. Die älteren Meister haben schon manches mit den einfachsten Werkzeugen gesehen, zu dessen Sichtbarmachung wir komplizierter Methoden nicht mehr entraten zu können glauben. Uebrigens scheint weder ArÄitayY noch BETHE noch sonst im allgemeinen bekannt zu sein, daß schon ERNST HAEcKEL 1857 eingehend begründete, was stets nur als Max ScHutzes oder ApAtays Fibrillentheorie dargestellt wird. HAECKEL suchte die wiederholte Teilung der Nervenprimitiv- röhren des Krebses in ihrem peripheren Verlaufe mit dem dadurch anscheinend verletzten physiologischen Fundamentalgesetz von der isolierten Leitung in Einklang zu bringen und schloß, daß die einzelnen Fasern des Achsenbündels die „wahren letzten Formelemente der Nerven“ seien. „Die Nerven- röhrenverzweigungen würden sich nach dieser Auf- fassung natürlich viel einfacher von selbst erklären, da die Röhren, welche wir ursprünglich als Primitiv- elemente auffaßten, nun zum Werte einer bloßen schützenden und zusammenhaltenden Scheide herab- sinken, welche die wahren Primitivfasern in Bündel zusammengefaßt zur Peripherie leiten. Den einzelnen Fäserchen fiele dann die isolierte Leitung anheim, 1) 1897, p. 510. — 2) Allgem., p. 15. En welche sie, nicht mit der Röhre sich verzweigend, gegeneinander selbständig behaupten würden“! Ur- sprünglich hatte HAEcKEL mit REMAK den gesamten Inhalt der Nervenprimitivröhren dem Achsercylinder gleichgesetzt, war jedoch dann der Anschauung von LEYDIG beigetreten ?), welcher das Zentral- bündel allein für den Achsencylinder in Anspruch nahm. Wir finden demnach die Fibrillentheorie schon 1857 von HAECKEL morphologisch wie physiologisch ausgesprochen, anatomisch von REMAR bereits begründet. Die weiteren Forschungen seit jener Zeit haben uns nur die morphologischen Fundamente zu einem sicheren und festen Bau erhoben, die physiologische Seite ist seit HAECKEL unverändert geblieben bis auf die größere Wahrscheinlichkeit, welche sie durch die Befestigung ihrer anatomischen Grundlage erfahren hat; doch zweifellos müssen wir uns mit BETHE bewußt bleiben, daß anatomische Tatsachen keine bindenden Schlüsse auf eine Funktion zulassen ?). Demnach verfällt auch einstweilen die Be- rechtigung, den Primitivfibrillen, Elementarfibrillen, Neurofibrillen ein Eigenschaftswort hinzuzufügen, welches ihnen eine physiologische Eigenschaft beilegt, wie der Zusatz „leitend“. MAx SCHULTZE gebührt allerdings der Ruhm, die Primitiv- fibrillen als allgemeines Strukturelement der nervösen Substanz näher charakterisiert und aus den schon bestehenden Ausdrücken Nerven- fibrille (bei HELMHOoLTZ), Faserbündel (REMAR), Primitivfaser (LEyvıe), Primitivbündel, Fäserchen (HAECKEL) das „Primitivfibrillen- bündel“ geprägt zu haben. LEyYDIG bezeichnet auf Grund von Studien an Arthropoden- nerven die „fibrilläre Punktsubstanz“ als den eigentlichen Grundstoff der Nervenfasern, die wesentliche Nervenmaterie*). In den Nerven- fasern setzen sich Längszüge dieser Substanz zu neuen Einheiten zusammen, also bereits genau wie sich ArAtHY die Elementar- fibrillen aus Längsreihen von Neurotagmen zusammengesetzt denkt’). Die marklose Nervenprimitivfaser kann nach LEYDIG durch innige Vereinigung der feinsten Fäserchen ein anscheinend homogenes Aus- sehen gewinnen ®). Schon nach LEYDIG und SCHULTZE ’’) findet sich in den Fibrillen- bündeln der meisten Wirbellosen eine interfibrilläre körnige Substanz, welche übrigens die isolierte Leitung. ermöglichen soll °). 1) 1857, p. 483. — 2) Ebenda p. 478. — 3) 1898, p. 403. — 4) 1864, p. 225. — 5) 1897, p. 508. — 6) 1864, p. 92. — 7) 1871, p. 116. — 8) Ebenda p. 118. ee a Jene haben also allerdings die Interfibrillärsubstanz gesehen. Als Inter- oder Perifibrillärsubstanz bezeichnen ArAtay und BETHE die Flüssigkeit — vielleicht von ölartiger Konsistenz (ArATHy) —, in welcher die mehr festen Primitivfibrillen frei be- weglich sind). Diese Perifibrillärsubstanz färbt sich bei der Methylenblaumethode oft zuerst, beginnend von der Oberfläche’), so daß ein derartiges Präparat eine dünnwandige, hellblaue Röhre mit fast farblosem Inhalt darstellt. Taf. 1, Fig. 2, 3°) zeigen einige Achseneylinder mit Verzweigungsstellen durch die beschriebene Tinktion der Perifibrillärsubstanz angedeutet. In Fig. 3 fällt auch die verschiedene Dieke und Färbung der Achsencylinder auf, wie sie auch in Fig. 12, 17, 22 zu sehen ist. Auf den außerordentlich schwankenden Durchmesser der in derselben Bindegewebsscheide verlaufenden Nervenprimitivröhren des Krebses und anderer Arthro- poden haben schon HAECKEL und LEYDIG hingewiesen. Wie HAECKEL gibt auch HuxLeyY°) deutliche Abbildungen dieser Verhältnisse, welche BIEDERMANN®) genauer untersucht und für Hydrophilus piceus bestätigt hat. Da der Achsencylinder aus einem Bündel von Primitivfibrillen oder aus einigen oder nur einer derselben bestehen kann, so erklärt sich die verschiedene Dicke der Achsencylinder anatomisch aus der verschiedenen Anzahl der ihn zusammensetzenden Fibrillen. Auf die Dicke wie die Anzahl der in demselben Nerven enthaltenen Achsencylinder werden wir bei Besprechung der Nerven- teilung zurückkommen. 2. Die Nervenscheide. Seit LEypıe und Max SCHULTZE betrachten wir die Achsen- eylinder der marklosen Nerven als direkt von dem festen Binde- gewebe einer kernhaltigen, mehrschichtigen fibrillären Scheide um- geben. LEYDIG ®) unterscheidet bei Käfernerven eine „glashelle Haut“ aus homogener gestreifter Grundsubstanz und Kernen und eine zu dieser gehörige innere kernhaltige Epithellage als „inneres Neuri- lemm“, wobei die Epithellage als „Matrix“ aufgefaßt wird, und andererseits als „äußeres Neurilemm“ das mehr lockere, zellige Bindegewebe, welches mit den umgebenden Teilen, wie Gefäßen und Tracheen, in Verbindung steht. Das äußere Neurilemm entspricht wohl dem „Perineuralsinus*“ von ArArtHy’), welcher in ihm bei Astacus die Zellgrenzen darstellen konnte. Bekanntlich unterscheidet 1) Berue, 1898, p. 390. — 2) Ebenda p. 388. — 3) p. 87. — 4) 1887. — 5) Dieser Arbeit. — 6) 1864, p. 214. — 7) 1897, p. 539. BE. APATHY noch eine „Gliascheide“, welche innerhalb der „Neurilemm- scheide“ (das innere Neurilemm LEYDIGs) die einzelnen Neurofibrillen mit ihrer speziellen Interfibrillärsubstanz umfaßt. Die bindegewebige Nervenhülle ist unter anderen von KÜHNE!) bei Hydrophilus, von Mazzonı bei Oedipoda, von Rına MonrI bei verschiedenen Insekten beschrieben worden. BIEDERMANN’?) unter- scheidet bei Astacus fluviatilis „die mächtige Bindegewebsscheide, welche die Achsencylinder umhüllt und deren einzelne konzentrische Schichten in der Nähe der letzteren am dichtesten gelagert, nach außen hin lockerer werden“, als „Nervenscheide* von der jeden einzelnen Achsencylinder umhüllenden „Achsencylinderscheide“, ein Unterschied, welcher wieder dem äußeren und inneren Neurilemm ent- spricht. Auf Taf. 1, Fig. 3 kann man sehr deutlich zwei Schichten der Nervenscheide erkennen. Zunächst umziehen fibrilläre Bindegewebs- züge, an einigen Stellen zart mit Methylenblau tingiert, die beiden Achsencylinder der primären wie sekundären Nervenfaser. Nach außen kommt dann eine mehr feinkörnige, etwas schwächer licht- brechende Hülle mit rundlichen, peripherwärts länglicher und schmaler werdenden Kernen, von welchen an anderen Stellen des Präparates sich ebenfalls einige schwach mit Methylenblau gefärbt haben, während die übrige äußere Scheide völlig ungefärbt blieb. Die äußere Hülle ist an einer Stelle eingerissen, und die inneren Bindegewebszüge be- weisen ihre größere Elastizität und Festigkeit durch ihren unverletzten Zustand. Meist bekommt man übrigens bei der hauptsächlich auf die Darstellung der Achsencylinder und ihrer Endigungen gerichteten Methode nur die innere Hülle reich entwickelt zu sehen, wie z. B. in Fig. 17. Außer bei den Heuschrecken habe ich wenigstens die äußere zellige Hülle bei keinem Insekt gesehen, vermag aber nicht zu entscheiden, ob es sich hier etwa um einen Ordnungsunterschied handelt. Die kernhaltige Nervenscheide findet sich übrigens schon auf einer Leyvısschen Abbildung des Sehnervenstabes des Krebses aus dem Jahre 1855. II. Verlauf und Verzweigung der marklosen Muskelnerven. Während HELMHOLTZ noch im Anschluß an VALENTIN von den Aequivalenten der Achsencylinder berichtet: „simplices decurrunt per nervos, numquam in ramos dividuntur neque in nervis simpli- cibus neque in plexibus nervorum“ 3), beschreibt HAECKEL zuerst „die schönsten und deutlichsten Gabelteilungen“ derselben: „Alle 1) 1859, p. 572. — 2) 1887, p. 6. — 3) 1842, p. 5. m. = Nervenprimitivröhren der Decapoden teilen sich wiederholt während ihrer ganzen peripheren Ausbreitung. und zwar gehen fast bei jeder Gabelung eines Stämmchens die meisten dasselbe zusammensetzenden Röhren, ebenso wie jenes selbst, in je zwei divergierende Aeste, von gleichem oder verschiedenem Durchmesser, auseinander“ !). Er konnte diesen von ihm auch deutlich abgebildeten Teilungsmodus bis in die 4. bis 6. Ramifikation verfolgen und beobachtete auch dabei „die ungemein große Verschiedenheit im Durchmesser nicht nur der dicht aneinanderliegenden Röhren, sondern auch der verschiedenen Aeste einer und derselben, so daß bald beide Zwillingsäste ganz gleich sind, bald der eine den anderen um das 10—15fache übertrifft“ ?). Erst BIEDERMANN hat dieses eigenartige Verhalten wiedergefunden und weiter verfolgt. 1. Im Oeffnungsmuskel der Krebsschere fand er mit der Goldmethode wie mit Methylenblau in einer dicken kernhaltigen „Nervenscheide“ stets zwei Achsencylinder, in der Regel von verschiedenem Durchmesser, welche sich bis in die feinsten Verzweigungen ausnahmlos an einer und derselben Stelle teilten ?). Ich konnte diese Befunde in jeder Hinsicht bestätigen, und es gelang mir, das gesamte Innervationsgebiet des Oeffnungsmuskels nach vitaler Färbung zu genauerem Studium in Ammoniummolybdat- lösung zu fixieren. Ich gebe der Raumersparnis halber das Uebersichts- bild schematisch (Textfigur 1, p. 30), während Tafel 3, Fig. 21 nur die Nervenversorgung der distalen Hälfte des Muskels darstellt. Zur Orientierung über die Lage des Oeffnungs- und Schließungsmuskels in dem chitinigen Exoskelett des Propodits der Krebsschere diene die Abbildung von HuxLEY auf p. 80 seiner berühmten Mono- graphie „Der Krebs“. Daraus wird auch im Vergleich mit meiner Textfigur verständlich, daß der Nerv in den symmetrisch gefiederten Muskel von dessen Ursprunge her eintreten muß und sich parallel mit der Sehne verlaufend nach deren stark verdicktem Ende hin in seine Endverzweigungen auflöst, so daß sich die primären Seitenäste des Hauptstammes in ihrer Richtung mit der der Muskelfasern kreuzen, da diese nach dem Sehnenende zu konvergieren. Die beiden mit ihrer gemeinsamen Nervenscheide als Mediannerv in gerader Richtung über die Oberfläche des Muskels hinziehenden Achsencylinder unter- scheiden sich stets mehr oder minder in ihrem Kaliber, in der Regel ist der dünnere tiefer gefärbt. Man kann beiderseits 5—7 Haupt- 1) 1857. p. 480. — 2) Ebenda p. 537. — 3) 1887, p. 4. zw äste unter spitzem Winkel von dem Mediannerven abgehen sehen, welche stets durch gleichzeitige dichotomische Teilung seiner "IITOMZIHA YOSTLUooTILp yoıs ‘Sunupig A919poru purpkouosyoe "LIOISTWULIUOg "wwapLmoNn sorsuur 2 ‘sodogny 2 -sdungaz g pun on 'sSPNSHMN SOp vugag A9gDJaM ‘u9ATDUURIPaN SOp Aapurpfoussyay uopıaq vIp qg pun » ap 8 "7 SI "SI[LIBLANTF SNOBISY UOA S[OySHVISSUNUFFQUIAONDg SOP UOIMWBALDUUT beiden Achsencylinder entstehen und von einer Fortsetzung derNerven- scheide umhüllt sind. Während die Hauptäste der beiden Seiten sonst nie symmetrisch von derselben Stelle des Mediannerven ent- springen, teilt sich die- ser schließlich in die zwei letzten, gleich starken Hauptäste, von welchen der eine oft als die eigentliche Fort- setzung des Haupt- nerven erscheint (vergl. Tafel 3, Fig. 21), wäh- rend meist beide von der bisherigen Richtung desselben divergieren (vergl. Textfigur 1). Wie der Mediannerv stets die gerade Richtung einhält und höchstens an den Austrittsstellen der Hauptäste sehr stumpfe Winkel bildet, so halten auch die pri- mären Seitenzweige die bald nach dem Abgange eingeschlagene Rich- tung in der Regel inne; manchmal verlaufen sie indessen auch in Zick- zacklinien, von deren spitzen Winkeln die weiteren Seitenzweige abgehen (siehe Tafel 3, Fig. 21 bei « und b), ein Verhalten, wie es besonders bei den letzten Teilungen wiederkehrt und sicher nicht als Kunstprodukt infolge mechanischer Insulte aufzufassen ist; endlich können sie auch von vornherein einen völlig unregelmäßigen Verlauf annehmen. Meist ist eine gewisse Symmetrie in Verlauf und fernerer Verzweigung der ungefähr in gleicher Höhe entspringenden Hauptzweige zu beobachten. Feinere und kürzere Aeste scheinen nur ausnahmsweise vom Haupt- stamm direkt abzuzweigen; in solchen Fällen ist auch die binde- gewebige Scheide entsprechend dünner. Man sieht die Achsencylinder bis zur nächsten Verzweigung oft wieder an Dicke zunehmen, ohne daß es den Eindruck machte, daß diese Verdickung durch ein Zu- sammenschnurren des Nerven oder eine der später zu besprechenden Varikositäten bedingt wäre. Bei allen weiteren Teilungen wiederholen sich die gleichen Vor- gänge. Nicht selten zweigen die Aeste im spitzen Winkel rückwärts ab; es scheint dies besonders dann vorzukommen, wenn auf eine längere Strecke vorher keine Verzweigung auf derselben Seite statt- fand (Tafel 3, Fig. 21 bei c), und findet seine Analogie in der von HAECKEL beschriebenen und abgebildeten rückläufigen Teilung der Röhren in den größeren Nervenstämmchen des Krebses. Bemerkenswert erscheint, daß die Wurzeln der abzweigenden Achsencylinder vielfach durch kegelförmige, dunkler tingierte Ver- dickungen charakterisiert sind, welche mit ihrer Grundfläche dem Achsencylinder höherer Ordnung aufsitzen. Doch habe ich ebenso- wenig an diesen Teilungsstellen wie sonst an den Krebsnerven wirk- liche Kerne gesehen. Die größeren Nervenzweige laufen über mehrere Muskelfaser- bündel hinweg und geben denselben Aestchen ab, oft findet die aus- giebigere Teilung erst in einem fernen Gebiete statt, welches gleich- zeitig von den autochthonen Nervenelementen versorgt wird. Auf den breiten Muskelfasern verlaufen dann meist die feinen Doppel- nerven, deren beiderseitige Aestchen nach Uebergang der Nerven- scheide ins Sarkolemm sich innerhalb des letzteren verzweigen und die kontraktile Substanz umfassen, umspinnen (Fig. 23), ohne jedoch auch nur Spuren von Anastomosen und Netzen zu bilden. Ich habe noch in keinem quergestreiften Skelettmuskel eines Arthropoden auch nur miteiniger Sicherheit eine ner- vöse Anastomose gesehen. Der Doppelverlauf der Muskelnerven läßt sich, wie wir sehen werden, beim Oeffnungsmuskel der Krebs- schere bis unter das Sarkolemm in die feinsten, mit u BB der kontraktilen Substanz in Kontaktstehenden Endi- gungen verfolgen. (Textfigur 8, p. 47, und Tafelfig. 23). Ich möchte die gleichzeitige diehotomische Teilung zweier zusammengehöriger, parallel laufender, von gemein- samer Nervenscheide umhüllter Achsenecylinder, deren allgemeinere Bedeutung wir noch kennen lernen werden, der Kürze halber als „diplotomische Nervenverzweigung“ be- zeichnen. Von der überaus reichen Nervenverzweigung in dem in Rede stehenden wie in anderen Krebsmuskeln bekommt man nur selten an stellenweise besonders gut gefärbten Präparaten den richtigen Begriff. Es darf wohl angenommen werden, daß die einzelnen Fasern des zierlichen Muskels in annähernd gleicher Weise innerviert werden. Daraus würde folgen, daß stets noch viele Nervenzweige ungefärbt bleiben. Andererseits ist es höchst wahrscheinlich, daß sämtliche zu den Muskelfasern tretenden Achsencylinder dem oberflächlichen Median- nerven entstammen, da ich sie fast ausnahmslos bis in denselben ver- folgen konnte. Nur ein einziges weiteres nervöses Gebilde zeigt sich manchmal am Oeffnungsmuskel gefärbt. Es gleicht ungefähr den mehrfach beschriebenen „sensorischen Schläuchen“ und besteht aus einem dicken Bündel von feinen, anscheinend nur aus je einer Pri- mitivfibrille bestehenden, wellig verlaufenden Achsencylindern und seiner zarten, kernhaltigen Bindegewebsscheide. Dieser Nerv läuft oberflächlich neben dem Mediannerv her, ohne daß ich je irgend eine Teilung oder Verzweigung aufzufinden vermochte. Auch Ursprung und Ende habe ich nicht ergründet. Vielleicht ist es die sensible Leitung von der ja sehr empfindlichen Scherenhaut her. Nicht mit völliger Sicherheit könnte ich bis jetzt auch dem Einwande begegnen, daß dieses Fibrillenbündel eigentlich zu dem 2. Schließmuskel der Krebsschere gehört, welcher mit seiner Hauptfläche der Oberfläche des Oeffnungs- muskels anliegt, und zwar so, daß beide nur durch das Bindegewebe getrennt sind, welches die herantretenden Nerven und Gefäße locker umhüllt. An der Oberfläche dieses gleichfalls gefiederten Muskels zeigt sich nämlich ein gleicher Nerv, meist von doppelter Stärke und oft in zwei getrennten parallelen Portionen ungefähr median längs verlaufend. Hier finden sich auch nicht allzu selten Verzweigungen, welche ich jedoch noch nicht einwandsfrei als Muskelnerven nach- weisen konnte. Einen anderen Hauptstamm bringt indessen unsere Methode im Scherenschließer nicht zur Darstellung. Die feineren Ei FL > Per Aeste der Muskelnerven färben sich auch nur sehr unregelmäßig und stellenweise, doch gelingt es, die Analogie ihres Verhaltens mit dem am Öefinungsmuskel zu beobachten. BIEDERMANN hat bereits auf den außerordentlichen Unterschied in der Methylenblaufärbbarkeit der Nerven an diesen zwei antagonistischen Muskeln hingewiesen und das bemerkenswerterweise ebenso verschiedene Verhalten gegen- über der Goldmethode hervorgehoben. Doch hat er mit der letzteren auch am Schließmuskel wichtige Befunde erhoben: in den größeren Stämmchen verlaufen in der Regel mehrere Achseneylinder, bis 6 an der Zahl, von welchen je ein stärkerer und ein feiner ihre Zusammen- gehörigkeit dadurch beweisen, daß sie sich an derselben Stelle teilen. Von den größeren Stämmchen gehen zwar mehrere Zweige gleich- zeitig ab, doch meist nicht von allen Achsencylindern einer, die feineren führen nur noch 4 Achsencylinder, die Endästchen bilden sich aus je zweien derselben wie beim Oefinungsmuskel. Einige Abbildungen veranschaulichen die eigenartigen Ergebnisse. Fig. 2. Die vier Achsencylinder eines Nerven des Scherenschließmuskels von Astaeus fluviatilis mit zwei Teilungsstellen. ce und d variköse Fasern. Die Textfigur 2 zeigt, nach einem frischen Präparate gezeichnet, die auffallende Verschiedenheit von 4 ein Nervenstämmchen im Schließmuskel zusammensetzenden Achsencylindern in ihrer Dicke, Färbungsintensität und Struktur, wie andererseits die gleichzeitige Teilung von dreien derselben. Bei ce und d sieht man an den Ver- zweigungsstellen die oben beim Oeffnungsmuskel erwähnten Ver- diekungen. Besonders eigenartig ist das Verhalten der glatten, band- artigen Faser b, welche nicht an der Verzweigung teilnimmt. 3. Die übrigen Skelettmuskeln von Astacus, deren Nerven sich meistens leicht mit Methylenblau färben, bieten von vornherein kein so hohes physiologisches Interesse wie die auf die Eigenschaften ihrer Nerven genau studierten Scherenmuskeln, 3 doch sind sie auch bereits von BIEDERMANN!) zum Gegenstand ein- gehender Untersuchung gemacht worden. Ich will besonders be- stätigend hervorheben, daß in den Nervenscheiden der Mediannerven, welche die antagonistischen Muskeln des nächsten Gliedes des Scheren- armes (Carpopodit) versorgen, wie in denjenigen der größeren Glieder der Gehfüße (Meropodit), sich einige dicke Achsencylinder finden, welche, sich zu mehreren gleichzeitig teilend, ihre Aestchen an die Muskulatur abgeben, und dazwischen Bündel von ganz feinen Fasern. Bei letzteren habe ich keine Teilungen im Muskelgebiet beobachten können, halte es daher nicht für unmöglich, daß wir hier einen ge- mischten Nerven vor uns haben, falls es zutrifft, daß die nun mehr- fach angetroffenen Fibrillenbündel sensorische Leitungsbahnen dar- stellen. In diesen wie in den dorsalen und ventralen Muskeln des Schwanzes und den dorsalen des Thorax, demnach also bei allen bei Astacus fluviatilis daraufhin untersuchten Skelettmuskeln läßt sich mit der Methylenblaumethode zeigen, daß die zu den Muskel- fasern tretenden Nervenästchen zwei Achsencylinder führen, welche der wiederholten gleichzeitigen dichotomischen (diplotomischen) Teilung der Achsencylinder höherer Ordnung entstammen. 4. In den Muskeln der Heuschrecken untersuchte zuerst wohl Mazzonı Bau und Verlauf der Nerven. Aus seiner Beschreibung und den sehr klaren, nach Goldpräparaten ge- zeichneten Abbildungen geht hervor, daß er bei Oedipoda fasciata in den kernhaltigen und aus einer „sostanza granosa fibrillare“ be- stehenden Nervenscheiden einen oder zwei Achsencylinder beobachtete. An den letzten Verzweigungen verschwindet die Scheide, und der nackte Achsencylinder teilt sich in seine meist frei oder in Knöpfchen ausgehenden Endigungen. Ohne es im Text zu erwähnen, bildet MazzonıI auch die gleichzeitige Teilung der Zwillingsachsencylinder in der Nervenhülle und den weiteren doppelten Verlauf im Muskel deutlich ab. Rına Monti fand bei anderen Orthopteren, Locusta viridissima, Bacillus Rossii, Gryllus campestris, mit der Methylenblaumethode einen dem Achsencylinder äquivalenten „cordone centrale“ in der leicht längs gestreiften oder unregelmäßig granulierten Nervenscheide ?). Dieser Mittelstrang verlief selten mit den untereinander parallelen Scheidenrändern parallel, in der Regel wand er sich in wellenförmigen 1) 1887, p. 14. — 2) 1891, p. 3, 4 ER Krümmungen innerhalb der Hülle. Die mehrfache Beobachtung zweier Achsencylinder in gemeinsamer Hülle durch Fräulein MoxrI wurde schon in dem historischen Ueberblick erwähnt. Den außer- ordentlichen Nervenreichtum der Insektenmuskeln charakterisiert die Forscherin treffend mit den Worten: „La riechezza dei nervi, special- mente nei muscoli degli arti posteriori delle locuste, & cosi grande che le mie descrizioni non ne possono dare un’idea.“ Vielleicht können meine nach Dauerpräparaten angefertigten Zeichnungen die Fülle der nervösen Elemente in den Insekten- muskeln besser veranschaulichen als alle Beschreibungen. Dabei muß noch bemerkt werden, daß meistens nur die in einer Ebene sichtbaren Nerven zur Darstellung kamen, während die in den anderen Einstellungsebenen erscheinenden ungezeichnet blieben, um die Ueber- sichtlichkeit des Bildes nicht zu beeinträchtigen. Von den Orthopteren gelang die Nervenfärbung besonders schön und elektiv bei dem Warzenbeißer, Decticus verrucivorus, dessen Thorax- muskeln ich wie auch die Femoralmuskeln seines Sprungbeins unter- suchte. An den im Thorax längs und quer gelegenen, in länglich- rechteckige Partieen zerfallenden Muskeln sieht man, wie die nach einem fixierten Präparate etwas schematisierte Textfigur 3, p. 36, an- deutet, in der Mittellinie dieser Muskelrechtecke zwischen den hier etwas auseinanderweichenden Faserbündeln in einer dichten, doppel- schichtigen Bindegewebsscheide zwei verschieden stark ge- färbte Achsencylinder meist verschiedenen Kalibers in gerader Richtung längs verlaufen. Oft zeigt sich nur ein Achsen- cylinder, doch beruht dieser Befund wohl mit Sicherheit auf unvoll- ständiger Färbung, da anzunehmen ist, daß die gleichen Muskeln desselben Tieres in einheitlicher Weise innerviert werden, so daß auch hier wieder der Zwillingsnerv als Regel erscheint. Von diesem Mediannerven gehen die zur Richtung desselben und der Muskel- fasern etwa im rechten Winkel verlaufenden Seitenäste im Gegen- satze zu dem am Oeffnungsmuskel der Krebsschere beschriebenen Verhalten meistens beiderseits auf gleicher Höhe ab, indem sie hier meist einer gemeinsamen Wurzel entstammen. Auch in ihnen läßt sich die Doppelnatur oft bis in die feinsten Verzweigungen verfolgen. Wenn irgendwo, so ist man hier berechtigt, von baumförmigen Nerven- verästelungen oder Nervenbäumchen zu sprechen. Bei der manchmal in der ganzen Dicke der Muskelbündel gelungenen Färbung kann man an den Totalpräparaten oft von der Seite, in schräger Richtung oder von oben in das sich äußerst plastisch und zierlich 3*+ 36 Fig. 3. sich diplotomisch verzweigt. Ordnung. Schematisiert. Innervation eines Thoraxmuskels von Dectieus verrucivorus. e äußeres, © inneres Neurilemm. a und b die beiden Achseneylinder des Mediannerven, welcher c baumförmige Endverzweigung. a und ß Zwillingsachseneylinder niederer zZ abhebende Geäste der Nervenbäumchen hineinsehen. Leider kann die Zeichnung wie jede bildliche Darstellung die Plastizität des eigenen Anblicks nicht annähernd erreichen, auch immer nur wenige Einstellungsebenen wiedergeben, doch bringt z. B. Taf. 1, Fig. 2 mit einiger Vollkommenheit die typische Baumform zur Anschauung; man sieht den Stamm in dem Hauptachsencylinder wurzeln und die beiden dicksten Zweige seiner zwei Hauptäste nach vielfacher Teilung zur Oberfläche der Muskelfasern ziehen, wo ihre letzten Enden, wie andere Präparate lehren, wieder unter dem Sarkolemm die kontraktile Substanz berühren. Taf. 1, Fig. 4 zeigt ein anderes Nervenbäumchen von der Seite gesehen. Die beiden Aestchen der letzten gabeligen Teilungen laufen meist in einander entgegengesetztem Sinne auf der Oberfläche der Muskelfasern parallel mit deren Längsachse, wie auf Fig. 2 und 4 zu sehen ist. Da man von diesen Endästchen her die sämtlichen gefärbten Elemente in Fig. 2 und 4 bis in den Haupt- stamm verfolgen kann, so handelt es sich zweifellos in diesen Prä- paraten um je ein mit ziemlicher Vollständigkeit gefärbtes Nerven- bäumchen. Will man auf diese Nerven die mehrfach aufgestellte Theorie anwenden, daß die Teilung des Achsencylinders in einer fort- schreitenden Isolierung der ihn zusammensetzenden Primitivfibrillen besteht, so ergibt sich für Fig. 2, daß die Wurzel des Bäumchens allermindestens 100 Primitivfibrillen enthält. Die Zahl derselben in jedem der beiden Achsencylinder des als Mediannerv der Muskelpartieen beschriebenen Nervenstämmchens würde danach bei Hinzurechnung all der anderen in jenem wurzelnden Bäumchen hoch in die Tausende gehen. In Fig. 4 müßte das zierliche Stämmchen zum mindesten 170 Primitiv- fibrillen führen, die Achsencylinder höherer Ordnung eine dement- sprechende Zahl. Aus diesen und zahlreichen anderen Beobachtungen scheint mir mit größter Wahrscheinlichkeit hervorzugehen, daß, wenn auch die Teilung der Achsencylinder höherer Ordnung oft einfach durch Abbiegen einiger sie zusammen- setzenden Primitivfibrillen geschieht, doch diesem Teilungs- modus keine ganz allgemeine Bedeutung zukommt, vielmehr die Teilung der feinsten Achsencylinder, die nur noch eine oder einige Primitivfibrillen enthalten, in der Weise vor sich geht, daß die letzteren sich wirklich verästeln. In Taf. 2, Fig. 11 sieht der Beobachter von oben in das Geäste eines jener Nervenbäumchen hinein. Es sind die Verzweigungen ver- schiedener Einstellungsebenen gezeichnet, daher an einigen Stellen Anastomosen vorgetäuscht. Die Endfasern folgen wieder dem welligen Verlaufe der Ränder der Muskelfasern. ET ge In den Femoralnerven des Sprungbeines von Decticus verzweigen sich die Nerven nach etwas anderem, wie bei Astacus un- regelmäßigerem Typus. Wir sehen, daß auch für die Arthropoden der von RoLLETT!) auf Grund der Arbeiten von REICHERT und Mays ausgesprochene Satz zu Recht besteht: „Jeder Muskel hat eine besondere Topographie seiner Nervatur.“ Aus Fig. 5 ist ersichtlich, daß es auch zuweilen gelingt, den ge- meinsamen Verlauf zweier Achsencylinder und ihre stets gleichzeitige Teilung nach Art der Eisenbahnschienenstränge weit zu verfolgen. Auch in dem Präparate, nach welchem Fig. 1 gezeichnet ist, lassen sich an vielen Stellen in den diffus hellblau tingierten Nerven bei genauerem Zusehen zwei dunklere Fasern erkennen. An den ver- breiterten Teilungsstellen der stärkeren Stämmchen auf Fig. 1 sind übrigens mit einiger Wahrscheinlichkeit Nervenkerne zu beobachten. Sie sind durch ihre rötlich-violette Färbung und ein als Kern- körperchen imponierendes Gebilde ausgezeichnet. Wenn der aus der Tiefe tretende Nervenstamm nicht deutlich ist, ähneln daher die oberflächlichen Verzweigungen manchmal vielverästelten Ganglien- zellen. In den Beinmuskeln der Heuschrecken begegnen wir wieder jenen dickeren Bindegewebsschläuchen mit einer größeren Anzahl von feinen, fibrillenartigen Achsencylindern, wie sie oben beim Fluß- krebs beschrieben wurden. Doch auch hier gelang es mir bis jetzt noch nicht, eine Beziehung der oft in größerer als Zweizahl den Haupt- stamm verlassenden, sich von dessen Achsencylinder abzweigenden Fasern zu den Muskeln einwandsfrei festzustellen. Wie in den be- schriebenen Nervenbündeln in den Muskeln von Astacus gleichen die meisten der Fasern in ihrer Zartheit und dem wellig geschlängelten Verlauf den Primitivfibrillen der „sensorischen Schläuche“. Ein höchst merkwürdiges Verhalten in der Teilung der Achsen- cylinder zeigt in Fig. 7 der in Fig. 3 von einem Stamme höherer Ordnung abgehende Thoraxmuskelnerv von Decticus, indem sich bei der Bildung der Seitenzweige in einigen Fällen beide Achsencylinder, in anderen nur einer derselben beteiligt. Ein ähnliches Verhalten kann man bei Hydrophilus und Astacus beobachten, bei diesen findet indessen die Nichtbeteiligung eines Achsencylinders an der Bildung der weiteren Verzweigungen anscheinend nur in denjenigen Nerven statt, welche mehr als zwei Stämmchen enthalten. Es macht nicht den Eindruck, als wenn es sich in Fig. 7 um unvollkommene färbe- 1) p. 30. a a rische Darstellung handelte, man müßte denn einen tiefgreifenden chemisch funktionellen Unterschied zwischen einem Achsencylinder und seinem Zweige, von dessen Wurzel an, als Ursache der Indiffe- renz des letzteren gegenüber dem Farbstoffe voraussetzen. Ob hier wie auch sonst in den Skelettmuskeln der Arthropoden ein einfacher Nervenverlauf neben dem doppelten vorkommt, möchte ich nach anderen Erfahrungen zwar für unwahrscheinlich halten, muß es in- dessen nach dem eben Gesagten noch dahingestellt sein lassen. 5. In den Muskeln der Käfer sind der Verlauf und die feineren Verzweigungen der Nerven noch kaum Gegenstand der Untersuchung gewesen, während nach Künnes Vorgang (1859) einige Forscher sich zum Studium der motorischen Nervenendigungen gelegentlich auch der Coleo- pteren bedienten. Ich habe die Methylenblaumethode hauptsächlich bei dem Maikäfer und den großen Wasserkäfern angewandt und be- sonders von Dytiscus marginalis und Hydrophilus piceus gute Prä- parate erhalten. Von den Nerven des letzteren wußte schon KÜHNE!), daß sie „eine deutliche kernhaltige Scheide erkennen lassen, welche schwach längsgestreift ist und den ziemlich dicken Nerven wie ein straffes Gewand umgibt“. Er betont auch schon mehrfach, daß die motorischen Nerven der Käfer durch ihre außerordentlich zahlreichen Teilungen, die mit den Ramifikationen der Blutgefäße der höheren Tiere wetteifern könnten, sehr von denen der höheren Tierwelt ab- weichen ?)°). BIEDERMANN) fand wie beim Krebs, so auch bei Hydrophilus „fast immer mehrere gefärbte Achsencylinder in einer gemeinsamen bindegewebigen und gänzlich ungefärbten Scheide“. Sie unterschieden sich auch hier durch Dicke und Färbungsintensität und teilten sich wieder, wenn in der Zweizahl, gleichzeitig an derselben Stelle. Zahl- reiche unzweideutige Zeichnungen erläutern diese Befunde. Die Angaben KÜHNnEs und BIEDERMANNS konnte ich vollkommen bestätigen. Das Verhalten der Muskelnerven bietet bei Dytisceus keine wesentlichen Abweichungen von dem bei Hydrophilus. Ich gebe daher die an den Bein- und Thoraxmuskeln dieser beiden er- haltenen Ergebnisse zusammengefaßt wieder. Die Nervenscheide ist wie bei Astacus und Decticus gebaut und begleitet die Nerven bis zur Muskelfaser. Der Unterschied im Kaliber der einzelnen Achsen- 1) 1859, p. 572. — 2) 1859, p. 572. — 3) 1871, p. 150. — 4) 1887, p. 28. Ba) Kr cylinder eines Nerven ist oft so beträchtlich, daß der blasser und gleichmäßiger gefärbte um das 5—6-fache dicker ist als der dunklere, welcher körnig und manchmal varikös erscheint. An einigen Prä- paraten schien mir die tingierte perifibrilläre Hülle der dickeren Achsencylinder schmale dunkler gefärbte Kerne aufzuweisen. In manchen Nerven fand ich nur einige dickere Axone; vielleicht hatten sich die feineren Begleiter nicht gefärbt. Die umfangreicheren Schläuche mit zahlreichen fibrillenartigen, wellig verlaufenden Achsen- cylindern ließen sich auch hier wieder beobachten. Die feineren darin waren manchmal in kurze Längsstückchen auseinandergerissen, öfters zeigten sie spindelförmige Anschwellungen, in deren Bereiche die Intensität der Färbung vermindert war. Ein wesentlich verschiedenes Verhalten der Nervenverzweigung in den einzelnen Muskeln, wie es sich bei dem Scherenöffner und in anderen Krebsmuskeln und auch bei den Thoraxmuskeln der Heu- schrecken im Gegensatze zu deren Sprungbeinmuskeln zeigte, konnte ich in den Thorax- und Beinmuskeln der Wasserkäfer nicht beobachten. Die Nervenstämmchen treten meist in Begleitung der Tracheen- stämmchen an die Muskeln und verlaufen anfangs in Zickzacklinien zwischen den mehr die gerade Richtung einhaltenden Tracheen. Trotz der reichen Verzweigungen der letzteren ist eine Verwechslung beider Elemente ausgeschlossen, da, wie bereits oben bemerkt, bei weiter Blende nur die gebläuten Nerven und erst bei Beschränkung des einfallenden Lichtes auch die Konturen der Tracheen sichtbar sind. Fig. 10 gibt eine mehrfache diplotomische Verzweigung eines Zwillingsachsencylinders in einem dem Thoraxrückenschilde von Hydrophilus entnommenen Muskel wieder. Ein in mehrfacher Hinsicht interessantes Präparat aus einem Muskel von Dytiscus stellen Fig. 17”—19 dar. An der Bildung des obersten Seitenzweiges des Nervenstammes scheinen sich in Fig. 17 von den anfangs unterscheidbaren 3 Axonen nur b und c zu beteiligen. c teilt sich späterhin allein in einen selbständigen Ast ec, und anderer- seits c,, welcher mit Teilungsprodukten von a und b einen gemein- samen Weg einschlägt. Die anderen beiden, der gleichzeitigen Hauptteilung von a und 5 entstammenden Achsencylinder biegen scharf um, und der dunklere von ihnen läßt sich durch a, und a, auf Fig. 18 und 19 viel verzweigt bis in seine Endigungen an den Muskelfasern verfolgen, während der andere bei x plötzlich aufzuhören scheint, zweifellos weil hier die weitere Färbung versagte. Dieses Präparat scheint mir den vollen Beweis und die denkbar größte Be- rechtigung für die Annahme zu liefern, daß die Doppelinner- Se er vation bei den Muskeln der in dieser Arbeit be- sprochenen Arthropoden die Regelist, wenn es auch noch nicht gelingt, sie überall histologisch nachzuweisen. Es wird niemand annehmen wollen, daß sich das Teilungsprodukt von b bei x ohne weiteres in Wohlgefallen auflöse, obgleich es in dem Präparate so ‘zur Darstellung kommt und der bis in seine Endigungen hinein lückenlos gefärbte Axon «a nirgends mehr einen Begleiter aufweist; dieser Achsencylinder 5 wird vielmehr, wie schon vorher, entweder selbst oder durch seine Verzweigungen, als treuer Zwilling von a auch dessen fernere Wege teilen. Erst nach der letzten Doppel- teilung kann dann noch die Frage entstehen, ob die Endigungen beider verschiedene oder die gleichen Muskelelemente innervieren, was später noch zu Gunsten des letzteren entschieden werden soll und für Astacus bereits entschieden ist (s. Textfigur 8, p. 47). Fig. 20, nach einem Präparate aus einem Hüftmuskel von Dytiscus gezeichnet, führt die schon mehrfach erwähnte Fülle von Verzweigungen und Endigungen im Insektenmuskel in annähernder Vollständigkeit vor Augen!). Die Produkte der letzten gabeligen Teilungen legen sich wieder, meist in entgegengesetzter Richtung, parallel der Längs- achse der Muskelfasern der Oberfläche derselben an, ein Verhalten, wie es auch in Taf. 4, Fig. 24 zum Ausdruck kommt. Die einzelnen Muskelfasern werden stets von mehreren Aestchen innerviert, so daß sie, wie schon KÜHNE wußte, eine ganze Anzahl von Nervenendigungen aufweisen. Daß andererseits auch die einzelnen feineren Nerven- ästchen mehrere Muskelfasern versorgen, zeigt sich deutlich in Fig. 13. Aus diesen beiden anatomischen Tatsachen ergibt sich, in wie voll- kommenem Maße den Fasern der Insektenmuskeln die Möglichkeit geschaffen ist, alle zugleich den nervösen Reiz zu empfangen und mit ihrer rapiden Zuckung zu beantworten. Von besonderem physiologischen Interesse würde es sein, die Innervation der die Flügel der Insekten bewegenden Muskeln, jener flinksten aller uns bekannten Muskeln, genau zu erforschen. Bisher haben nur CAsaL und CIaccıo gelegentlich die Nervenendigungen in den Flügelmuskeln, mit fragwürdigen Er- gebnissen, untersucht. Auch hier ist offenbar die Methylenblau- methode geeignet, zum Ziele zu führen, wenn auch Färbung und Fixation hier anfangs auf anscheinend unüberwindliche Schwierig- 1) Auch hier mußten, um das in eine Ebene projizierte Bild nicht zu verwirren, aus verschiedenen Einstellungsebenen Nervenästchen weg- gelassen werden. a a keiten stoßen, welche zum Teil in der klebrig-breiigen Beschaffen- heit und der Undurchsichtigkeit der Muskelelemente, zum Teil auch in der nur sehr selten gelingenden Färbung der Nerven begründet sind. Doch würden sich an einem einzigen gelungenen und mit einigem Glücke fixierten Präparate schon viele Einzelheiten ergründen lassen. Ich habe bei Hydrophilus wie bei Dytiscus auf den Flügel- muskeln den Zwillingsverlauf von Achsencylindern gesehen, auch die gleichzeitige Beteiligung beider an der Verzweigung, doch besitze ich nur von Dytiscus zwei fixierte Nervenpräparate vom Flügelmuskel, IA N "Ey © EN DIET Zu ei: m er 523 ET EN wu Fig. 4. Nervenverzweigung aus einem Flügelmuskel von Dytiseus marginalis. Zeiß C 2. in deren einem teils 2, teils 4 Achsencylinder in derselben gemein- samen Nervenscheide gefärbt sind. Eine andere Faser endet in einem ganglienzellenartigen Körper. Die reiche und sehr unregelmäßige Nerventeilung im Flügelmuskel kommt in der Textfigur 4 zum Aus- druck, welche nach dem anderen Dauerpräparate gezeichnet ist und keinen wesentlichen Unterschied mit der Innervation der Bein- und Thoraxmuskeln der Käfer aufweist. Nervennetze und Anastomosen waren auch hier nicht zu beobachten. 6. In den Muskeln der Schmetterlingsraupen habe ich endlich ebenfalls mit der Methylenblaumethode einiges über Verlauf, Verzweigung und Endigungsweise feststellen können. Die besten Präparate erhielt ich von einer Raupe des Weidenbohrers, Cossus ligniperda, und konnte einige der Befunde beim großen Kohl- weißling, Pontia brassicae, bestätigen. Von den Ganglien des Bauch- stranges gehen beiderseits zwei divergente dicke Nervenstämme a FU aus. Ihre Teilungsprodukte, Bündel mehrerer Achsencylinder in ge- meinsamer Nervenscheide, lassen sich zu den Muskeln verfolgen, in welchen meist nur 1—4 Fasern in einer Hülle gefärbt sind. Sie treten als Begleiter der größeren Tracheenstämme heran und ver- laufen auch im Muskelgebiet noch neben deren Aesten her. Man kann die dichotomische Teilung eines Achsencylinders innerhalb des Neurilemms beobachten. Die beiden so entstehenden Zweige laufen oft noch eine längere Strecke in derselben Hülle nebeneinander her, bis der eine, von einer Fortsetzung der Scheide umhüllt, den Haupt- stamm verläßt, um sich bald noch mehrmals zu teilen. Die Nerven- ästchen, welche sich dann in den Muskeln reichlich an die einzelnen Fasern derselben verzweigen, sind, wie sich als Regel ergab, durch ihre außerordentliche Feinheit vor denen gleicher Ordnung bei den bisher beschriebenen Arthropoden ausgezeichnet; allerdings geben sie auch trotz ihres oft über viele Muskelbündel hinziehenden Weges lange nicht so unzählige Endfäserchen ab, wie es z. B. bei den Käfern der Fall ist. Dieser histologisch nachweisbare Unterschied ist wohl mit den bedeutenden Schnelligkeitsunterschieden der Bewegungs- organe der betreffenden Klassen in Zusammenhang zu bringen. Die Seitenästchen der in der Regel wie die Tracheen im rechten Winkel zur Längsachse der Muskelfasern verlaufenden Axone sind schon so zart, daß sie im Zusammenhang nur selten weit verfolgt werden können. Es zeigen sich meist des weiteren nur perlschnur- artige Längsreihen von Varikositäten, welche mehr oder weniger lückenhafte Ziekzacklinien darstellen, auch wie die größeren Aeste rückläufige Wege beschreiben und einander unter den verschiedensten Winkeln kreuzen. Gewöhnlich laufen die beiden Teilästchen einer Gabelung in direkt entgegengesetzter Richtung. Die letzten Nerven- zweige sind stets von zahlreichen, gruppenartig angeordneten, dunkel gefärbten Körnchen oder Varikositäten umgeben, welche oft eine kreisförmige Reihe zusammensetzen und durch ihre deutliche Hervor- hebung als Endplatten imponieren. Oft stellen die letzten Aestchen auch kurze Längsreihen von solchen ovalen, regelmäßig geformten Körnchen dar, welche durch die rechtwinklige Stellung ihrer Längs- achse zur Richtung des ganzen Aestchens auffallend von dem sonst durchgängig zu beobachtenden Verhalten der „Varikositäten“ ab- weichen und dadurch hier zu der Vermutung verleiten können, daß es sich um präformierte Nervenkörperchen handelt. Fig. 22 zeigt, daß an den letzten Verzweigungen an einer Muskel- faser gelegentlich noch 2 nebeneinander verlaufende Achseneylinder zu beobachten sind, von welchen wie bei den beschriebenen Zwillings- Do Be nerven der übrigen Arthropoden einer zarter, blaß und homogen ge- färbt, der andere dunkler tingiert und varikös erscheint. Daß also die diplotomische Teilung der Achsencylinder eines Nervenstämmchens auch bei den Raupen nachweisbar ist und daß der Doppellauf derselben nochin der einzelnen Muskelfaser wiederzufinden ist, dürfte Fig. 22 im Verein mit Fig. 12 einwandsfrei dartun. Letztere ist die Abbildung eines an- fangs mit den Tracheen verlaufenden Muskelnerven von einer Raupe, welche ich im Juni an einem Weidenbusche fand (Scopelosoma satellitia?). An der Bildung des oberen Seitenastes nehmen alle 4 in der dicken Bindegewebshülle eingeschlossenen Achsencylinder teil durch dichotomische Verzweigung. Dabei sind die mehr oder weniger bedeutenden Verdickungen an den Wurzeln der abgegebenen Fasern wie der äußerst geringe Kaliberunterschied mit den Stammfasern be- merkenswert. Bei z und y ist mit keiner Vergrößerung sicher zu erkennen, welcher der Zweige über dem anderen gelegen ist. Im Hauptverlaufe sind im allgemeinen 2 dicke und 2 dünne Achsen- cylinder zu unterscheiden. Die beiden feineren, 7 und 2, von welchen 1 ursprünglich am höchsten, nachher unter 2 und 3 verläuft, biegen ungeteilt um, während die beiden breiteren, 3 und 4, an jener Um- biegungsstelle eine zweite dichotomische Teilung erfahren. Ob die Lage des herabgeschlagenen Zweiges von # ein Kunstprodukt ist oder der untere Ast von 3 sich artefiziell den übrigen Fasern an- gelegt hat, ist naturgemäß nicht mehr zu entscheiden, da die Ver- bindung des Nerven mit dem Muskel nicht mehr besteht und im Gebiete des letzteren die Färbung nicht gelungen ist. Es bleibt daher auch unentschieden, ob die Teilungsprodukte von 3 und 4 funktionell untereinander oder in zwei Gruppen mit 1 und 2 zu- sammengehören. | In Fig. 22 ist an der isolierten Muskelfaser der Doppellauf der nervösen Fasern auf weite Strecken verfolgbar, auch an den Seiten- zweigen derselben das Zwillingsverhältnis noch an einigen Stellen zu erkennen, während in den feinsten Details die Varikositäten in störender Weise überhandnehmen und die Färbung anscheinend lückenhaft wird. Auf dieses Bild werden wir bei der Besprechung der Endigungsweise der Muskelnerven noch zurückkommen. Anhang: Tracheennerven. Bei den Raupen fand ich des Öftern auf und zwischen den Muskeln schön blau gefärbte Fasern, welche, völlig glatt und homogen, in ziemlich gerader Richtung oder in sanft geschwungenen Linien ver- ee laufen und sich dann polytomisch in eine Anzahl feinerer Fäserchen aufspalten, an welchen dann manchmal weitere Teilungen eintreten. Diese ganz offenbar als Nervenfasern anzusprechenden Gebilde, an welchen in der Regel eine zarte umhüllende Membran zu beobachten ist, enden an den Tracheen, in deren oft recht beträchtlichen kern- haltigen Bindegewebsscheiden ihre feinsten Fäserchen verschwinden, ohne besondere Endigungsstrukturen erkennen zu lassen. Auf den Textfigg. 5 und 6 sind zwei derartige Endgebiete von Tracheennerven naturgetreu dargestellt. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich hier um sensible Nerven. Daß solche dem Luftröhrensystem der Insekten zukommen, scheint mir mit Sicherheit aus einem Versuche hervor- ZD; Y / anstellen kann. Diese Tiere 7/1 . 4 N, zugehen, welchen man leicht HIGH, N - 2 HEINE HEN an Gelbrandschwimmkäfern DEU] Fig. 5. Tracheennerven von einer Raupe von Cossus ligniperda. ir Tracheenast. n Nerven. Zeiß D 3. Fig. 6. Nervenendigung an einem Tracheenast der Raupe von Cossus ligniperda. ir Trachee. n Nerv. s Tracheenscheide, Zeiß D 3. pflegen bekanntlich in je nach dem gerade vorhandenen Atem- bedürfnis verschiedenen Pausen an die Oberfläche des Wassers emporzuschwimmen, sich hier umzudrehen und mit dem Hinterleibe so weit hervorzutauchen, daß die unter dem hinteren Rande der Flügeldecken gelegenen Hauptöffnungen ihres Tracheensystems, aus welchen unmittelbar vorher einige Gasblasen herausgepreßt wurden, nunmehr geöffnet die Luft berühren. In dieser Stellung verharren sie etwa !/, bis 11/, Minuten und lassen sich weder durch das An- stoßen der Artgenossen noch durch sonstige nicht allzu heftige Be- BR rührung in der Füllung ihres Körpers mit frischer Luft stören. Bläst man dagegen etwas Tabaksqualm gegen die aus dem Wasser hervorragenden Atemöffnungen, so schließen sich dieselben fast augenblicklich, und das Tier stößt steil in die Tiefe oder taucht wenigstens ein Stück weit unter. Offenbar ein Schutzreflex gegen atmungsschädliche Gase, welcher sensible Nerven in den Tracheen voraussetzt. III. Endigungsweise. 1. Der Doyäresche Hügel und die Sarkolemmfrage sind, wie an den Muskeln der Wirbeltiere, so auch an denen der Arthropoden schon vielfach Gegenstand der Untersuchung gewesen, und man sollte erwarten, daß nunmehr eine gewisse Sicherheit in der Kenntnis beider bestünde, doch sind die Ansichten über Existenz und Bedeutung des ersteren noch recht widersprechend und nie einer zusammenfassenden Kritik gewürdigt, während andererseits die Frage nach dem Verhältnis von Nervenendfasern und Nervenscheide zum Sarkolemm noch neuerdings be- handelt wird, als wenn nicht schon längst berufene Forscher einwandfreie Ergebnisse darüber erhalten hätten. So läßt SIHLER an der letzten Jahrhundert- wende die lange begraben geglaubte Lehre wieder erstehen, daß „die motorischen Endfasern der Nerven m Fig. 7. Nervenendigung an einem Muskel von Milnesium tardigradum. m Muskel. n Nerv. Nach DoYERE 1840. auf dem Sarkolemm liegen“ !), und kann er, nachdem er „jahrelang und Tausende von Nervenendigungen angesehen“ hat, „nicht ver- stehen, wie man sagen kann, man könne sehen, daß die SchwAanNnsche Scheide in das Sarkolemm übergehe“. Aus diesen Gründen scheint mir das Bedürfnis vorzuliegen, die bisherigen Ergebnisse vergleichend zu betrachten und durch neue zu ergänzen. DoYErE selbst beschreibt das von ihm zuerst beobachtete und abgebildete (s. Textfig. 7) Herantreten eines Nerven an die Muskelfaser folgendermaßen bei den Tardigraden: „Au moment d’arriver sur le muscle, le nerf s’&panouit et prend l’aspect d’une matiere gluante ou visqueuse, qui serait coul&e sur le muscle, l’envelopperait dans certains cas, le plus souvent s’etendrait sur une de ses faces en une couche de plus en plus mince, et dans une 1) p. 332, 333. er De portion considerable de sa longueur, et peut-&tre meme dans sa longueur tout entiere“ ). Ein Neurilemm konnte DoYERE wie auch später GREEFF nicht finden, ein Sarkolemm erwähnt er nicht, „beide Gebilde — Nerv und Muskelfaser — sind bei dem Bärtierchen hüllenlos, nervöse und kontraktile Substanz berührten sich also direkt“ ?), wie auch aus der historisch gewordenen Abbildung her- vorgeht (s. Textfig. 7). An den von Sarkolemm umhüllten Muskelfasern gestaltete sich der Nerveneintritt und mit ihm der DoyEresche Hügel schon wesent- lich komplizierter. LEypıG fand 1850, daß an den toten Muskeln eines Copepoden, Argulus foliaceus, die Hülle derselben ziemlich weit absteht und der Raum mit feinkörniger Masse und bläschen- förmigen Kernen aus- gefüllt ist?). Die Ab- bildung dieser Sarko- lemmstruktur stimmt mit der im folgenden Jahre von einem an- deren Crustaceen, Ar- temia salina, gegebe- nen überein®). Auf Grund weiterer Stu- dien an Muskeln von Fig. 8. Diplotomische Verzweigung im ‚„Nerven- Bash Hs re hügel“; aus dem Scherenöffnungsmuskel von Astacus ochen un alen Wle Auviatilis. a und 5 die beiden zur Muskelfaser tretenden auch Daphniden und Achseneylindee. ns ihre gemeinsame Nervenscheide. s Sarkolemm. Sarkoplasma (Matrix LEYDIG). g quer- an Insektennerven, wo gestreifte Substanz Eee ERSTEN E können er unter dem hellen, sich noch weiter verzweigen. Schematisiert. homogenen Neurilemm eine feine, körnige, kernhaltige Schicht entdeckte, kam Leyvis zu dem Schlusse, „daß die aus glasheller Haut bestehende Neurilemm- hülle das Abscheidungsprodukt der unter ihr gelegenen granulären, mit Nuclei versehenen Schicht ebenso ist, wie die Cuticula der äußeren Haut aus der unter ihr gelegenen Matrix hervorgeht“ >), und daß ebenso jene innerhalb des Sarkolemms befindliche Schicht die Matrix derselben sei. LEYDIG empfiehlt zur Untersuchung der motorischen Endigungen ganz besonders derartige Muskeln mit be- Zt 1) p. 346. — 2) Küme 1871, p. 147. — 3) 1850, p. 327. — 4) 1851, p. 302. — 5) 1864, p. 72. a le We trächtlicher ausgebildeter Matrix unter dem Sarkolemm, „wie man es... auch bei Astacus fluviatilis antrifft“), und kommt selbst bereits zu dem Ergebnis, daß die von ENGELMANN im Gegensatz zu Krause an der Innenfläche des Sarkolemms beobachteten „Endplatten“ der Muskelnerven ein Teil jener granulären, kern- haltigen Substanz und ihre Kerne denjenigen der letzteren gleich- artig seien. Diese LEYDIGsche Anschauung scheint mir, wie folgender weiterer Hinweis: „Hat man Muskeln vor sich, wo die Matrix des Sarkolemms weniger stark oder nur durch Nuclei vertreten ist, dann erhält die sogenannte Endplatte mehr das Aussehen einer Bildung eigner Art, so z. B. bei Käfern (Dytiscus). In noch höherem Grade ist wohl letzteres der Fall bei Wirbeltieren“ ?), dies also scheint mir von allergrößter Wichtigkeit zu sein für die Beurteilung vieler späterer Beschreibungen von Nervenendapparaten und besonders auch der Künneschen Beobachtungen über die Struktur der Nervenhügel. Höchst merkwürdigerweise findet man fast nirgends sonst bei der Beschreibung von Muskelnervendigungen eine Andeutung jener Struktur zwischen Sarkolemm und kontraktiler Substanz, deren Vor- handensein allerdings, wie mich eigene Präparate belehrten, die Lage der Nervenenden bedeutend leichter erkennen läßt. Taf. 4, Fig. 23 möge einstweilen das Gesagte bekräftigen. Das Sarkolemm wird sonst stets nur als einschichtige zarte Membran genommen, welche durch ihre dichte Umschließung des quergestreiften Inhaltes der Muskelfaser das wahre Verhalten der Nerven verschleiert. Auch hierbei kommt es eben wieder sehr auf die geeignete Wahl des bequemsten Unter- suchungsobjektes an. LeypıG fand übrigens bei Astacus den kontinuierlichen Ueber- gang der Nervenscheide in das Sarkolemm?°), welches er also als Cuticularbildung jener Matrix auffaßt, zu welcher nach ihm auch das zwischen den kontraktilen Fibrillen befindliche Protoplasma, also Sarkoplasma, gehört. KÜHneE, welchem dieser kontinuierliche, überall zwischen Sarko- lemm und Muskelsubstanz gelegene Cylindermantel bei den Arthro- poden ebenfalls bekannt war, sah auch bei Hydrophilus und Oryctes nasicornis den Nerven mit Zurücklassung der Scheide das Sarkolemm durchbrechen *) und den nackten Achsencylinder in die kontraktile Substanz hineinragen. Er fand besonders die mittleren Strecken der Muskelfasern mit Reihen von trichterförmigen Fortsätzen, hohen und 1) 1864, p. 100. — 2) 1864, p. 100. — 3) 1864, p. 100. — 4) 1859, p. 571. a niedrigen Hügeln besetzt, deren Gipfel immer dem Eintritte eines Nervenästchens entsprach. Die letzteren schienen stets nur einen Achseneylinder zu enthalten, meist teilten sie sich unter dem Gipfel des Nervenhügels in zwei stark divergierende Aeste!). Diese hypolemmale Zweiteilung im Doy&reschen Hügel beobachteten auch ROUGET, THANHOFFER, ÜCIACCIO, BIEDERMANN, AGGAZZOTTI bei verschiedenen Arthropoden, bei deren von mir untersuchten Ver- tretern sie sich ebenfalls häufig finden läßt. KÜHnE konnte es weiter außer Zweifel setzen, daß die Konturen des Sarkolemms, die sich zu dem Trichter erheben oder über den Triehter hinziehen, kontinuierlich in die Nervenscheide fortlaufen. Die Verneinung dieser Ansicht oder vielmehr zweifellosen Tatsache, wie sie seinerzeit KÖLLIKER, BEALE, KRAUSE besonders bei Wirbel- tieren unternahmen, zu unterstützen, hat SIHLER jenen angeführten schwachen Versuch gemacht. Alle anderen Forscher stimmten der leicht zu bestätigenden Ansicht KÜHneEs zu. Die Entdeckung RoUGETs, daß der DovEresche Hügel noch nicht die wahre Endigung des Nerven ist, hat oben schon ihre Be- rücksichtigung erfahren. ArnDT beschreibt den Dov&reschen Hügel bei Dipteren, Coleopteren, Hymenopteren, Lepidopteren. Seine Beobachtungen er- streckten sich im wesentlichen nur auf den Inhalt desselben, welchen er als lichte, ziemlich homogene, allenfalls etwas körnige, leicht opalisierende, außerordentlich quellungsfähige, krümlig-fädige, körnig- faserige Masse mit Bläschen, Kernen und Kernkörperchen schildert (!). Sein wichtigstes Ergebnis scheint mir, daß der DoyEresche Hügel bei verschiedenen Arthropodenklassen sehr verschieden zur Geltung kommt und daß er in zweifelhaften Fällen vielfach durch Ingredienzien noch sichtbar gemacht werden kann?) Es beweist das mit der angeführten Quellungsfähigkeit, daß bei der Darstellung des DoyErkE- schen Hügels das artefizielle Moment eine gewiße Rolle spielt, eine Ansicht, zu welcher auch meine Beobachtungen führten. Bei den Krebsen erkannte ARNDT richtig als Aequivalent des Dovyäreschen Hügels die ausgedehnte mantelartige Protoplasmaanhäufung um die Muskelfasern, welche „nach Zusatz von manchen Säuren und Alkalien aufquillt und mehr weniger stark gekreppt sich von dem gewöhn- lichen Muskelkontur abhebt“ °). Auf sonstige ArnpDTsche Ergebnisse wurde bereits hingewiesen. Seine Zeichnungen bringen uns noch nicht viel weiter. 1) 1871, p. 150. — 2) p. 499. — 3) p. 515. BR Se Wie Arnpr beobachtete FOETTINGER und danach THANHOFFER bei Hydrophilus und anderen Käfern angeblich die Entstehung und Ausbreitung der Kontraktionswellen vom Doy&Erzschen Hügel aus. FOETTINGERS Angaben auch über die Nerventeilung daselbst er- scheinen indessen wertlos, da Kunstprodukte und Phantasiegebilde ohne genügende Selbstkritik mithineinverwoben sind. THANHOFFERS „Nervenmantel“, wie er die untere Lage der „Nervenplatte“ nennt, ist, wie aus seiner Abbildung 4a von einer Nervenendigung aus einem Krebsscherenmuskel hervorgeht, mit jener Leyvısschen „Matrix“ zu identifizieren. „In einem Falle“ konnte er bei Hydrophilus beobachten, wie ein Achsencylinder „mit einem Kerne des Nervenmantels zusammenhing“ !). Auf FOETTINGERs und THANHOFFERS zwischen den Nervenendfasern und der Querstreifung der Muskelfasern aufgestellte Beziehungen werde ich noch zurück- kommen. Aehnlich wie THANHOFFER bildet HuxLeY?) die Verbindung eines Nerven mit einem Krebsmuskel ab, doch bezeichnet er jenen kernhaltigen Mantel richtig als eine zwischen Sarkolemm und quer- gestreifter Muskelsubstanz liegende kernhaltige Protoplasmaschicht); auch erkennt er die sogenannte motorische Endplatte als einen kleinen Wulst in jener Schicht unter dem Sarkolemm, in welches hier die Nervenscheide übergeht. BREMER erklärt zwar, daß er bezüglich der Terminalachsen- cylinder im Nervenhügel von Hydrophilus zu keinem definitiven Re- sultate gekommen ist, doch bildet er eine netzartige Endverzweigung ab, wie ich sie mit Methylenblau nie gesehen habe. Die Arbeiten von Rossı, CIACCIO, AGGAZZOTTI und MAZZONI wurden bereits oben erwähnt. Der letztere sah die letzten Nerven- endigungen bei Oedipoda auf der Oberfläche der kontraktilen Sub- stanz, vielfach auch auf den „nuclei della fibra muscolare“. RAMÖN Y CaAyaL konnte an den Flügelmuskeln von Musca und Hydrophilus keine Dov&reschen Hügel finden. Die Endfasern seiner Nervennetze durchbohren das Sarkolemm. Für die Crustaceen fand Rerzıus‘, daß die letzten Nerven- ästchen die Muskelfaser eng umspinnen und an ihr endigen. MonTtı beobachtete hypolemmale freie Endigungen in den Bein- und Flugmuskeln der Orthopteren, Endplatten mit Fibrillenverzwei- gungen bei Käferlarven, an deren Thoraxmuskeln jedoch wie bei Hydrophilus ein Nervennetz, bei Schmetterlingslarven Dov&resche 1). p. 31. — 2) p 72.8) 163. 4) 1890, p. 49. 5 3 er Hügel, bei deren Imago Fibrillenverzweigungen mit Endknöpfchen, bei Hymenopteren wieder Nervenplatten. Auf SıuLers Ergebnisse und Abbildungen, welche den Reiz der Neuheit leider mit einem entsprechenden Mangel an Wahrschein- lichkeit erkaufen, näher einzugehen, würde hier viel zu weit führen, und da er fast ausschließlich Froschmuskeln untersucht hat, in dieser Arbeit auch nicht am Platze sein. Die einzige von einem Wirbel- losen, nämlich einer Heuschrecke, gewonnene Abbildung einer Muskel- innervation beweist im Vergleich mit den Methylenblaubildern zur Genüge, daß SIHLER uns in der Nervmuskelfrage nicht weiterbringt. Mit der Methylenblaumethode kann man es bei Astacus, Hydro- philus, Dytiscus, Dectiecus, Cossus (Raupe) leicht zur Darstellung bringen, wie beim Herantreten der marklosen Nervenan dieMuskelfasern dieäußere Konturder Nervenscheide kontinuierlich in die äußere Kontur des Sarkolemms übergeht, wie der oder die Achsencylinder unter der eigentlichen Sarkolemmembran innerhalb jener in fixierten Präparaten oft fibrillär oder körnig erscheinenden, bei Astacus deut- lich kernhaltigen Umhüllungsschicht einmalodernoch mehrmals sich dichotomisch teilen und mit ihren letzten nach- weisbaren Fasern der Oberfläche der quergestreiften Substanz der Muskelfasern meist in deren Längs- richtung aufliegen. Damit ist zugleich gesagt, daß der Doyiresche Hügel tatsächlich noch nicht die moto- rische Nervenendigung vorstellt oder enthält. Natürlich muß es bei dem Uebergange des Neurilemms in das Sarkolemm zu einer konischen Ausbreitung des ersteren kommen, welche, im Profil ge- sehen, als Hügel erscheint. Doch kommt dem sogenannten DOYERE- schen oder Nervenendhügel für die Reizübertragung vom Nerven auf die Muskelfaser wohl keine physiologische Bedeutung zu, da er eben nur die grobe anatomische Verbindung beider Organe darstellt. Sein Inhalt unterscheidet sich beim Krebs nicht von der übrigen Masse jener „Matrix“ Leyvıss. Bei anderen Tieren, deren Sarko- lemm enger der kontraktilen Substanz anliegt, kann es wohl in dem durch die trichterartige Ausbreitung des Neurilemms beim Ueber- gange auf das Sarkolemm entstehenden Hohlkegel zu einer An- sammlung von Sarkoplasma oder Matrixsubstanz mit Kernen kommen, doch scheint mir diese Füllungsmasse zu den eintretenden Achsen- cylindern in keinerlei Beziehung zu stehen. Je nach der mehr oder minder ausgesprochenen Profillage des Präparates wird sich natürlich der Hügel in stärker oder geringer ausgeprägter Deutlichkeit zeigen, 4* a I so daß er auf vielen Abbildungen gar nicht zur Geltung kommt. Durch mechanische Insulte, wie Zerrung des Nerven, kann die Hügelbildung offenbar bedeutend verstärkt zum Ausdruck kommen, so daß ihr besonderes Hervortreten als Kunstprodukt zu bezeichnen ist. In Taf. 2, Fig. 13 sind die von dem Nervenstämmchen beiderseits abgehenden Achsencylinder durch die während der Färbung und Fixierung erfolgte mechanische Enfernung der 3 Muskelfasern von- einander derartig gezerrt worden, daß die Verbindung der Faser «a mit ihrer „Endigung“ sogar eine völlige Trennung erfahren hat. Bei b und e ist es durch denselben Vorgang zur Ausbildung von Doyireschen Hügeln gekommen, welche, wie die in sie mithinein- gezogene quergestreifte Substanz beweist, nicht wohl als präformiert angesehen werden können. In Präparaten von ganzen Muskeln oder Muskelbündeln bekommt man übrigens, auch wenn man die Nerven- scheiden bei enger Blende verfolgt, meist keine typischen Nerven- hügel am Eintritt in die Muskelfaser zu sehen. Wenn ferner in Betracht gezogen wird, daß die früheren Beobachter in Ermangelung von geeigneten Färbemethoden meist Zupfpräparate herstellten, einige sogar mit dem Perkussionshammer die Dissoziation der Muskelfasern bewerkstelligten, so ‚scheint der Schluß gerechtfertigt, daß, wie den Quellungsvorgängen in den Reagentien !), so auch dem mechanischen Moment eine wohl in Betracht zu ziehende Rolle bei der Darstellung des Dovireschen Hügels bei Crustaceen und Insekten zukommt. Da weiter nachgewiesenermaßen die Nerven noch gar nicht ihr Ende darin finden, so erweist sich die Bedeutung desselben für die Nerv- muskelfrage überhaupt als überschätzt und ziemlich gleichgültig. Die hüllenlose Nervmuskelverbindung bei den Bärtierchen läßt sich nicht ohne weiteres mit der Verbindung der gleichen Organe bei anderen Arthropoden vergleichen. 2. Nervöse Elemente im Innern der kontraktilen Substanz? Taf. 4, Fig. 23 zeigt deutlich, wie die Nervenfasern auf größere Strecken innerhalb des Sarkolemms verlaufen und Zweige abgeben, welche die kontraktile Substanz von beiden Seiten umspinnen. Von höchster zu tiefster Einstellung des Mikroskopes werden in diesem von Krebsscherenmuskeln gewonnenen wie bei allen von mir untersuchten Präparaten von anderen Arthropodenmuskeln zuerst Nerven, danach die Querstreifung in hoher und tiefer Einstellung und darunter wieder 1) Vergl. Arnpr. Ba yes Nerven scharf erkennbar, so daß ich hier besonders betonen möchte, daß ich die hypolemmalen Fibrillenverästelungen stets und ohne Ausnahme nur an der Oberfläche der quer- gestreiften Substanz finden konnte. Auch in dem zu Fig. 22 gehörigen Präparate, in welchem die Innervation einer Muskelfaser der Weidenbohrerraupe sehr ausgiebig gelungen war, sind die blau gefärbten Elemente ausschließlich an der Oberfläche der kontraktilen Substanz, also bei höchster und tiefster Einstellung zu finden; daß es sich hier bereits um die hypolemmalen Verzweigungen handelt, dürfte die Stelle « der Abbildung beweisen. Nun gelingt aber die Nerventinktion nicht nur auch an der von dem direkten Luftzutritt durch die Dicke der Faser abgeschlossenen Unterseite der letzteren, sondern in zahllosen Fällen auch an Muskelfasern, welche durch darüberliegende unverletzte Lagen anderer Muskelfasern von der Luft getrennt sind. Wenn also innerhalb der quergestreiften Substanz noch nervöse Elemente existieren, so müßte man geradezu krampfhaft einen hochgradigen funktionellen Unterschied dieser Elemente mit den auf der Ober- fläche verlaufenden Nervenfasern konstruieren, um die absolute In- differenz der ersteren gegenüber dem Methylenblau zu erklären. Viel naturgemäßer scheint mir die Annahme, daß im Innern der quergestreiften Substanz keine nervösen Elemente mehr existieren, welche etwa die Muskelprimitivfibrillen einzeln innervierten. Man kann dieselben ja auch sonst physiologisch nicht als notwendiges Postulat aufstellen, andererseits allerdings auch nicht als unmöglich bezeichnen. Wenn indessen AritHuy glaubt, in den glatten Muskeln der Darmwand von Pontobdella mit Hilfe der Vorvergoldung die „Neuro- fibrillen, als Aeste der eindringenden Primitivfibrillen, inder ganzen Dicke der Muskelfaser verfolgt“ !) zu haben, so erscheint mir die Richtigkeit dieser Behauptung aus Arituys Abbildung Tafel 32, Fig. 3 und deren genauerer Beschreibung ?) nicht einwandfrei hervor- zugehen, wie z. B. BETHE es acceptiert und mehrfach verwertet °) “7 sogar wieder abbildet®).. Aus ArAruys eigener Beschreibung geht hervor, daß er nur das Aestchen 5 innerhalb der kontraktilen Sub- stanz gesehen hat; es teilt sich in der „unteren kontraktilen Wand der Faser“. Von den Teilungsprodukten ist nicht berichtet, daß sie innerhalb der kontraktilen Substanz verlaufen, andere Zweige senken sich wieder in die „Zwischenleisten der unteren Muskelschlauchwand"“. 1) 1897, p. 696. — 2) Ebenda. — 3) 1903, p. 40. — 4) 1904. Auf dieses eine winzige, nicht in einem Querschnitt bestätigte, sondern nur in einem Totalpräparate gefundene, als nervös angesprochene Fäserchen hin Theorieen von intramuskulären d. h. innerhalb der kontraktilen Substanz vorhandenen Verästelungen der Primitivfibrillen oder — mit dem älteren Ausdrucke — intravaginalen Muskelnerv- endigungen aufzubauen, dürfte etwas voreilig sein, zumal bei einer Goldmethode bekanntlich oft nicht garantiert werden kann für die wirklich nervöse Natur eines so minimalen Strukturelementes. APÄTHY sah ferner oft die dünnsten Neurofibrillen aus der Muskelzelle wieder austreten und noch in eine andere, benachbarte oder entferntere Muskelzelle eintreten!). Daraus schließt er auf die Existenz eines geschlossenen „intermuskulären Elementargitters“ aus den feinsten Neurofibrillen. Die oben erwähnte ArÄrtHysche Zeichnung der Darmmuskel- innervation von P:ontobdella, ein Typus, auf welchen er übrigens „auch die Innervierung der quergestreiften Muskeln der Wirbeltiere leicht und ungezwungen“ zurückzuführen beabsichtigt?), erinnert lebhaft an die GERLACHschen „intravaginalen Nervennetze“ und ähnelt im Prinzipe auffallend der Fig. 12 aus GERLACHSs Arbeit?), welche ein ebenfalls mit Vergoldung und Differenzierung hergestelltes Präparat vom Frosche darstellt. Ein weiteres Eingehen auf die von nur wenigen acceptierte, von GERLACH selbst auch durch Methylenblaupräparate angeblich be- stätigte Theorie‘) vom Zusammenhang eines „intravaginalen Nerven- plexus“ mit einer den ganzen Muskelfaden durchziehenden Granular- formation, „Sprenkelung“, glaube ich um so mehr hier unterlassen zu dürfen, da all seine Behauptungen, die sich übrigens nur auf die Wirbeltiere erstrecken, bereits zur Genüge von EWALD, BIEDERMANN °), THANHOFFER, KÜHNE®), DOGIEL’) und anderen mit überzeugender Sicherheit auf Kunstprodukte zurückgeführt wurden. Für die Arthropoden kann man jedenfalls mit Be- stimmtheit behaupten, daß sich mit der Methylenblau- methode, welche sichhier bisherals dievollkommenste Nervendarstellungsmethode erwiesen hat, von ner- vösen Elementen im Innern der quergestreiften Sub- stanz keine Spur nachweisen läßt. Auch die innerhalb des Sarkolemms den kontraktilen Inhalt der Muskelfaser umspinnenden Fibrillen bilden keine eigentlichen Netze, wie es mir überhaupt nicht 1) 1897, p. 695, 693. — 2) 1897, p. 686. — 3) 1874. — 4) 1889, p. 128. — 5) 1876 und 1887. — 6) 1886. — 7) 1890. ein einziges Mal gelungen ist, im Bereiche der quer- gestreiften Skelettmuskeln der Arthropoden eine ein- wandfreie oder auch nur mit einiger Sicherheit als solche anzusprechende nervöse Anastomose aufzufinden. Ebensowenig besteht eine nachweisbare direkte 3. Beziehung der Nervenendfasern zur Querstreifung der innervierten Muskelfasern. Wir sahen schon oben, daß KOLOMAN BALoGH eine Beziehung der Nervenendigungen zur anisotropen Substanz zu finden glaubte, und daß FOETTINGER und THANHOFFER die Teilungsprodukte der Achsencylinder in die Zwischenscheiben hinein verlaufen ließen. Diese Befunde sind schon mehrfach, so von BIEDERMANN und ROLLETT, als Kunstprodukte nachgewiesen worden, auch hat KüHnE!) bei der Beurteilung der Ergebnisse GERLACHS und FOETTINGERS betont, daß das Nichtübergehen der Erregung vom Muskel auf den Nerven einen gewichtigen theoretischen Grund gegen die Annahme einer Kontinuität zwischen Nerv und Muskel darstellt. Auch Cıaccıo sah die Fasern des Achsencylinders im Doyv&reschen Hügel auf die Amıcıschen Zwischenscheiben zulaufen, ist indessen vorsichtig genug, nicht bestimmt zu behaupten, daß die Fibrillen sich in dieselben fortsetzten. An ungefärbt in Alkohol oder Osmiumsäure fixierten Käfer- muskeln kann man allerdings leicht die FOETTINGERschen Befunde bestätigen, wenn man sich nicht weiter darüber zu orientieren sucht, ob nicht vielleicht Bindegewebe oder Faltungen im Sarkolemm oder der Muskelsubstanz anstatt nervöser Elemente vorliegen. Ich habe des öfteren Stellen gefunden, an welchen von dem vermeintlichen Nervenhügel aus deutlich zarte Streifen in die Querstreifen der Muskelfasern hineinliefen. Mit Hilfe des Polarisationsmikroskopes ließ sich indessen jedesmal leicht feststellen, daß hier eine partielle Abhebung von Muskelsubstanz infolge Faltenbildung in der Längs- richtung stattgefunden hatte. Die abwechselnd doppelt und einfach brechenden Muskelquerstreifen ließen sich deutlich in den „Nerven- hügel‘“ verfolgen. So werden wir diese anscheinend recht bequeme Lösung der Nervmuskelfrage wie manche andere endgültig zu dem übrigen legen müssen, was in unserer Wissenschaft nur noch historisches Interesse beanspruchen kann. Bei der Untersuchung der Methylenblaupräparate kann über die Beziehung der Nervenendästchen zur Querstreifung gar kein anderer 1) 1886, p. 335. BRTE ri Gedanke aufkommen, als daß die ersteren außerhalb der äußeren Oberfläche der letzteren liegen ohne intimere Verbindung. Die Ab- bildungen 9, 14, 16, 19 mögen das besser als Worte beweisen. Auch die Zahl der Querstreifen, über welche die Nervenendigung sich aus- breitet, und welche von früheren Beobachtern mit in Betracht ge- zogen wurde, läßt nichts Gesetzmäßiges erkennen, wie Fig. 6 und 13 zeigen, bei deren ersterer die „Nervenendigung“ sich über 40 Quer- streifen verbreitet. 4. Der Typus der eigentlichen Nervenendigung läßt sich für die Muskeln der Arthropoden nicht im allgemeinen auf- stellen, wie ja schon Rına MonTIs Beobachtungen ergaben. Ihn im einzelnen festzustellen, wird bei unserer wie bei jeder Färbemethode dadurch erschwert, daß man nicht immer vollkommen sicher ist, ob die Färbung der betreffenden Elemente auch ganz vollständig ist und ob man wirklich schon die Endigung vor sich hat, bei einzelnen Klassen der Arthropoden noch dadurch, daß in ihnen offenbar mehrere Typen vorkommen. Bei Astacus wird man es als Regel ansehen müssen, daß die beiden in derselben Nervenscheide an die Muskelfaser herantreten- den Primitivfibrillen sich innerhalb des Sarkolemms noch mehrfach teilen, und daß ihre letzten Zweige, welche die kontraktile Substanz umspinnen, auf der Oberfläche derselben frei endigen. Die Beziehung der beiden letzten Zwillingsäste zueinander ließ sich nur schwer be- obachten, doch scheinen sie schließlich, ohne etwa zu verschmelzen oder zu anastomosieren, ihre eigenen Wege zu gehen. Die ersten Teilungsprodukte innerhalb des Sarkolemms pflegen, wenn der Nerv ungefähr im rechten Winkel an die Muskelfaser herantritt, in ein- ander entgegengesetzter Richtung zu verlaufen. Dieselbe Beobachtung wiederholt sich sehr häufig bei Hydro- philus, bei welchem diese Endgabeln jedoch bereits die wahren Endigungen darzustellen scheinen, da beide Aestchen meist annähernd gleiche Länge und Struktur aufweisen und frei oder in varikositäten- artige Knötchen ausgehen. Fig. 13 zeigt bei b diesen Typus, der auch in Fig. 6 und 15 wiederkehrt. Daß hier jedoch auch andere Endigungsformen vorkommen, zeigt z. B. Fig. 14, in welcher der Endstern anscheinend polytomisch aus dem größeren Knötchen ge- bildet ist, wenn in letzterem nicht nur eine artefizielle Knäuelbildung vorliegt. Bei Dytiscus ließ sich keine gesetzmäßige Gestalt der letzten freien Endigungen bestimmen. Sie verlaufen, wie Fig. 24 zeigt, vor- wiegend längs des quergestreiften Faserinhaltes, um sich schließlich in unregelmäßiger Bahn auf dessen Oberfläche zu verteilen, wie aus Fig. 18 und 19 hervorgeht. Auf der ersteren sind auch wieder zwei polytomische Verzweigungen dargestellt. " Die Endgabeln treten wieder mehr typisch bei Decticus als letzte Zweigspitzen der Nervenbäumchen hervor, wie Fig. 11 und 4 an einigen Stellen, und 2 unten erkennen lassen. Im Präparate der Fig. 1 trennen sich die äußersten Aestchen meist nicht in entgegen- gesetzter Richtung. Auf Taf. 1, Fig. S und 9 sind wieder feine knotige Nervenfasern innerhalb des Sarkolemms zu verfolgen. Sehr verschieden ist das Verhalten bei den Raupen. Fig. 22 und 25 stammen von demselben Individuum, einer Weidenbohrer- raupe. Während fast in der gesamten Muskulatur derselben die Seitenäste der zarten Nerven in ovale oder runde Endplatten von typischer Bildung auslaufen — vergl. Fig. 25 —, sind, wie die oben schon beschriebene Fig. 22 zeigt, manche größeren Muskelfasern von reichverzweigten Zwillingsnervenfasern innerviert. Die isolierten blau gefärbten Punkte, Tropfen und Knötchen sind jedenfalls so- genannte Varikositäten, zwischen welchen die Fäserchen auseinander- gerissen sind. Daß wir auch bei den übrigen oben beschriebenen Arthropoden die doppelte Nervenversorgung der einzelnen Muskel- fasern als Regel annehmen müssen, geht aus dem früher Gesagten hervor. Sehr bemerkenswert erscheint es, daß gerade in den höchst- differenzierten Muskeln, wie wir sie bei den Insekten antreffen, fast ausnahmslos besondere Nervenendorgane, Endgeweihe, Endplatten oder dergleichen fehlen, und daß wir vielmehr weitaus vorwiegend die von ROLLETT als die einfachsten bezeichneten Nervenendigungen vorfinden, nämlich eine ‚„Terminalfaser, die sich dem Muskelfaser- inhalte der Länge nach anlegt“. IV. Die Varikositäten sind bekanntlich jene eigenartigen Anschwellungen im Verlaufe der Nervenfasern, wie sie besonders in Methylenblaupräparaten oft in erstaunlicher Anzahl und verschiedener Gestalt zu beobachten sind. Auch ich habe sie in den meisten meiner Präparate angetroffen, wie auch aus mehreren der Zeichnungen hervorgeht; bisher habe ich in- dessen absichtlich ihre Erwähnung fast völlig vermieden, um mir eine Zusammenfassung der bezüglich dieser noch nicht ganz ein- heitlich gedeuteten Gebilde existierenden Erfahrungen und An- schauungen vorzubehalten. a Im allgemeinen sind die Autoren darüber einig, daß die so- genannten Varikositäten keine normalen Strukturelemente des leben- den Nerven darstellen; von den meisten werden sie als Kunstprodukte, d. h. durch die chemische Einwirkung der bei den verschiedenen Färbungsmethoden angewendeten Reagentien entstandene Verände- rungen der zarten Nervensubstanz, angesehen. Nach APATHY können sie aufzwei Wegen entstehen !), entweder durch unregelmäßige Quellungen und Schrumpfungen der Inter- bezw. Perifibrillärsubstanz, oder durch lokales Auseinanderweichen der in der Primitivfibrille vereinigten Elementarfibrillen. MAx SCHULTZE wußte schon im Jahre 1871), daß die „Varikositäten“ der „Nervenprimitivfibrillen‘‘ durch „partielles Aufquellen‘“ zu stande kommen, welches durch „wässerige Lösungen verschiedener Salze und der Chromsäure oder Ueberosmiumsäure bestimmter Konzentrationen“ bewirkt wird, „bis unter dieser Quellung die Faser unkenntlich wird“. Er bildet variköse Primitivfibrillen ab °). Uebrigens hat bereits REMAK*) variköse Nervenfasern genau be- schrieben und abgebildet; er fand sie im Froschischiadieus und den Cerebrospinalnerven junger Kaninchen und schrieb ihnen eine ge- wisse entwickelungsgeschichtliche Bedeutung zu im Gegensatz zu TREVIRANUS?), welcher sie in der Corticalis des Gehirns beobachtete. Auch HAEcKEL*) spricht von „eigentümlich variköser Gerinnung des Inhaltes‘“ der Röhren des sympathischen Nervensystems. ARN- STEIN ') gegenüber, welcher die mit Osmium, Chlorgold und Methylen- blau erhaltenen Varikositäten als präformiert ansah, macht BIEDER- MANN®) geltend, daß auch die an gebläuten Nerven frischer, noch erregbarer Muskeln zu beobachtenden perlschnurartig aneinander gereihten knotigen Verdickungen durch „die mit der Färbung not- wendig verbundenen chemischen Veränderungen‘ erklärt werden können und „immer wenigstens als ein Zeichen beginnenden Ab- sterbens aufzufassen“ sind. Gewiß würde es auch gelingen, Krebsscherenmuskeln, an deren Nerven man bereits die Varikositäten konstatiert hat, noch vom Nervenstamm aus erfolgreich zu reizen; doch würde dieser Versuch nicht einwandfrei beweisen, daß die varikösen Fasern noch erregebar und leitungsfähig sind, da der Erfolg auch durch ungefärbt gebliebene und daher nicht zur Beobachtung gelangte, chemisch nicht veränderte Fasern bedingt sein könnte. 1) 1897, p. 519. — 2) Strickers Handbuch. — 3) p. 109. — 4) 1836, p. 145ff. — 5) Siehe Rena, p. 156. — 6) 1857, p. 538. — 7) 1887, p. 125. — 8) 1887, p. 21. Sy per Von entscheidender Bedeutung sind die Untersuchungen von ALLEN, welcher an ungefärbten und an Methylenblaupräparaten die Entstehung der Perlschnurformationen durch Zusammenfließen der Fasersubstanz aus den sich entsprechend verdünnenden Nachbarstellen direkt beobachtete. BETHE!) konnte dies bestätigen. Die dünnen Verbindungsfasern können schließlich reißen, so daß man nur noch eine Reihe blauer Kugeln vor sich hat. Auf derartige Vorgänge sind jedenfalls auch die zwischen den Endvarikositäten entstandenen Kontinuitätstrennungen in meinen Figg. 8, 9, 13, 22, 25 zurück- zuführen. Einen ferneren wichtigen Beweis für die artefizielle Natur der in Rede stehenden Erscheinungen haben ArÄrtHY?), und WOoLFF’?) dadurch geliefert, daß sie gleichartige Untersuchungsobjekte, welche nach Färbung mit stärkeren Methylenblaulösungen zahlreiche Vari- kositäten zeigten, mit verdünnteren Lösungen von jenen frei erhielten. ArÄTHY*) hebt hervor, daß bei langsamen Methoden Varikositäten ausbleiben. In gleichem Sinne äußert sich OwsIANNIKOW’°), welcher übrigens eine Bewegungsfähigkeit der Dendriten und Endausbreitungen annehmen zu müssen glaubte ®). Die gleichen kugeligen oder spindelförmigen Gerinnungströpfehen zeigen bekanntlich die Pseudopodien mancher Rhizopoden, z.B. Actino- sphaerium, Amphistegina, bei ihrer Kontraktion auf chemische Reize hin, eine Analogie, welche einige Forscher verleitete, den Proto- plasmafortsätzen der Ganglienzellen eine amöboide Bewegungsfähig- keit zuzuschreiben und eine „Plastizität der Neurone“ aufzustellen, nachdem sie mit GoLGI derartige Perlschnüre dargestellt hatten (s. VERWORN, Allgem. Physiol., p. 403). Wenn wir uns übrigens von SIHLERS Ansichten überzeugen lassen könnten, so würden wir sämtliche Methylenblau- und sonstigen Varikositäten als „Kontaktstellen“ auffassen, da nach SIHLERs Angabe seine Hämatoxylinmethode „den Anspruch erheben darf, die richtige Deutung der varikösen Endfasern nachgewiesen und das richtige Verständnis für das, was wirklich Nervenendigungen (resp. Kontakt- stellen) sind, angebahnt zu haben“ '). Von Rına Monrti sind mit der Methylenblaumethode bei Lepido- pteren kleine Knöpfchen (piccolo bottoneino) als Endigungen mo- torischer Nervenfasern beschrieben worden®).. Vermutlich handelt 1) 1898, p. 389. — 2) 1897, p. 519. — 3) 1902, p. 175. — 4) Encyklop., p. 695. — 5) 1900, p. 14. — 6) p. 16, 21. — 7) p. 341. — 8) p. 8. Pe es sich dabei ebenfalls um Varikositäten. Bis vollkommenere Methoden uns etwa eines besseren belehren, dürfte jedenfalls für die Innervation der quergestreiften Skelettmuskeln der bisher untersuchten Arthropoden im allgemeinen streng daran festzuhalten sein, daß sich die Primitivfibrillen, welche den letzten Nerven- verzweigungen unter dem Sarkolemm entstammen, mit freien Enden im Sarkoplasma der quergestreiften kontraktilen Substanz.anlegen und so per contigui- tatem den Reiz übertragen, während besondere Endorgane fehlen und auch die „Varikositäten“ keinerlei derartige Bedeutung haben. V. Die Doppelinnervation. In der vorliegenden Arbeit wurde aufs neue die doppelte Inner- vation der Muskelfasern des Oeffners der Krebsschere nachgewiesen und als Typus aufgestellt. Die beiden, gemeinsam aus einer Nerven- scheide unter das Sarkolemm einer Muskelfaser tretenden und sich hier an die kontraktile Substanz verzweigenden Achsencylinder wurden nebeneinander durch alle Verzweigungen höherer Ordnung weiter- verfolgt bis in die beiden Hauptachsencylinder des an den Muskel herantretenden Nerven, und es kann weiter unter Hinzuziehung älterer Erfahrungen (HAECKEL) ihr getrennter Ursprung aus einem Bauchganglion als feststehend betrachtet werden. Des ferneren wurden die gleichen oder, betrefis der Anzahl der gleichzeitig von einem Achsencylinder höherer Ordnung abzweigenden Aeste, etwas verschiedene Verhältnisse für sämtliche übrigen Skelettmuskeln von Astacus fluviatilis und die Thoraxmuskeln von Hydrophilus piceus bestätigt gefunden. Derselbe Befund der Doppelinnervation wurde weiter für die Beinmuskeln von Hydrophilus, für sämtliche, auch die Flügelmuskeln von Dytiscus marginalis, für die Thorax- und Sprung- beinmuskeln von Decticus und endlich die Körpermuskulatur der Raupen erhoben. Ein übereinstimmendes Bild fanden wir bereits dargestellt von einer anderen Heuschreckenart, Oedipoda fasciata (MAzzont), und einem anderen Crustaceen, Palaemon (RETZIUS). Wir glaubten daraufhin die Innervation der Muskelfasern durch zwei Nervenelemente getrennten Ursprungs für die Arthropoden als Regel aufstellen zu können. In dem Scherenöffner von Astacus wie den Thorax- und Bein- muskeln von Decticus konnten bei der Uebersichtlichkeit des ganzen Innervationsgebietes alle einzelnen Doppelnerven zusammengenommen auf einen einzigen Hauptdoppelstamm, der erste Ursprung von allen aus dem Zentralorgan also auf ein Paar getrennter Wurzeln zurück- geführt werden. Höchst wahrscheinlich gilt dies auch für alle anderen doppelt innervierten Arthropodenmuskeln, da jene diplotomische Verzweigung ja als zufällig und bedeutungslos erscheinen würde, wenn nicht von der ersten bis zur letzten Teilung die zweifache Natur des Nerven gewahrt bliebe. Fragen wir uns nun nach der physiologischen Bedeutung dieser jedenfalls äußerst eigenartigen und sonst noch nirgends aufgefundenen Innervierung, so kommen wir leider einstweilen noch zu keiner be- friedigenden Beantwortung dieser Frage, wenn wir zwecklose Hypo- thesen in Anbetracht der so schon bestehenden Ueberproduktion in diesem Artikel vermeiden wollen. Zunächst bedarf es weiterer, um- fangreicher, vergleichender Forschung, um zu entscheiden, ob diese Doppelinnervation im Gebiete der Muskeln der Gliederfüßer ihre Domäne besitzt oder auch bei anderen Tierklassen vorkommt und sich vielleicht ein phylogenetischer Zusammenhang dieser Erscheinungen nachweisen läßt. Auch ein ontogenetisches Studium des Gegenstandes scheint mir reichlich Interesse zu bieten, besonders bei den merk- würdigen Veränderungen der Insekten. Bei dem Aufsuchen ähnlicher anatomischer Befunde bei anderen Tierklassen wird es sehr auf die glückliche Wahl geeigneter Untersuchungsobjekte ankommen. Die ganze bisherige Untersuchung ging bekanntlich von den antagoni- stischen Krebsscherenmuskeln aus, deren eigentümliche Innervation BIEDERMANN eingehend untersucht hatte. PIOTROWSKI hat diese Versuche wiederholt. BIEDERMANN kam zu den oben (p. 6/7) bereits erwähnten Ergebnissen, welche er im gleichen Sinne wie die PAw- rowschen Beobachtungen an den Schließmuskeln von Anodonta zu deuten geneigt ist‘). „Es würde sich dann in beiden Fällen um gemischte Nerven handeln, welche teils Fasern enthalten, deren Er- regung zu einer Kontraktion der zugehörigen Muskelelemente führt, wenn dieselben sich im Ruhezustande befinden, teils solche, durch deren Erregung ein gegenseitiger Erfolg, d.i. Hemmung, bezw. Erschlaffung kontrahierter Fasern bewirkt wird.“ „Die Annahme von zwei verschiedenen antagonistisch wirkenden Fasergattungen, welche in einem und demselben Nervenstamm vereinigt einen quer- gestreiften Muskel versorgen, der ähnlich wie zahlreiche glatte Muskeln, sowie auch der Herzmuskel in hohem Grade zu einer vom 1) 1887, p. 8. er Zentralnervensystem unabhängigen tonischen Erregung neigt, würde nach den Erfahrungen, über welche man gegenwärtig bezüglich der Verbreitung von Hemmungsnerven verfügt, keine allzu gewagte sein, selbst wenn man sich nicht auf den von GASKELL neuerdings ver- tretenen Standpunkt stellt, welcher für alle innervierten Gewebe das Vorhandensein zweier antagonistisch wirkender — ‚anabolischer‘ und ‚katabolischer‘ — Faserklassen annimmt.“ Nun hat sich diese Annahme einer doppelten Nervenversorgung für die Scherenmuskeln zwar bestätigt, und man könnte leicht geneigt sein, darin das anatomische Substrat jener auffallenden physiologischen Verhältnisse zu erblicken, doch gibt der Umstand hier wieder zu denken, daß sich die gleichen histologischen Ergebnisse noch an so vielen anderen, a priori als physiologisch sehr verschieden anzu- sehenden Muskeln, wie denen der Schwimmkäferflügel und Beine, der Sprungbeine der Heuschrecken und der sich nach Art der Würmer bewegenden Raupen, erhalten ließen. Auch hier müßten zunächst umfangreiche experimentelle Untersuchungen einsetzen. Eine interessante Doppelinnervation gibt übrigens FLETCHER an. Er stellte in dem Musculus retractor penis des Igels mit Methylenblau eine oberflächliche Plexusformation dar, von welcher ein intercellulares Netzwerk ausgeht und die motorische Nerven- endigung bildet. Besondere Endorgane oder freie Endigungen fehlten völlig. In den Anastomosen dieses Netzwerkes treffen sich nun die Endfasern der beiden den Muskel versorgenden Nerven, des Pudicus und Erigens, deren tatsächlichen Zusammenhang FLETCHER durch Degenerationsversuche sichergestellt zu haben glaubt: nach Durchschneidung beider Nerven stellte sich prompt die Degeneration des Endnetzes ein, sie blieb jedoch völlig aus, wenn nur einer der Nerven durchschnitten wurde, da seine Elemente durch jene Ana- stomosen mit dem anderen Nerven in trophischem Zusammenhange blieben. Es wird noch mancher neuen Analogie bedürfen, bis die Lehre von der doppelten Innervation durch erregende, dissimilierende (Löwır), katabolische und hemmende, assimilierende, anabolische Fasern auf breiterer Basis begründet werden kann. VI. Der Innervationsvorgang. Ueberblicken wir noch einmal die gewonnenen Ergebnisse, um uns darüber klar zu werden, was sich daraus zur Beantwortung einer der wichtigsten Fragen der allgemeinen Nervmuskelphysiologie, Er der Frage nach der Art des Vorganges bei der Uebertragung der Erregung von der Nervendigung auf die Muskelfaser, lernen läßt. Zunächst muß, wie wir sehen, streng daran festgehalten werden, daß eine Kontinuität zwischen den in Rede stehenden nervösen und muskulären, speziell kontraktilen, Elementen (Fibrillen) nicht nach- zuweisen ist. Wir werden es um so eher endgültig aufgeben können, aufs neue nach einem derartigen Zusammenhange zu suchen, als ja feststeht, daß auch die Uebertragung der Erregung von Ganglien- zellen auf Nervenfasern und umgekehrt vielfach nicht per continui- tatem, sondern nur durch Berührung erfolgt }). Als derjenige Ort, an welchem diese Kontiguität zunächst statt- findet, darf wohl gegenwärtig das Sarkoplasma angesehen werden, da unseres Erachtens innerhalb der kontraktilen Fibrillen nervöse Elemente noch nicht einwandfrei dargestellt, theoretisch auch kaum zu erwarten sind. Die Möglichkeit ihrer Existenz kann anderer- seits natürlich nicht vollkommen abgestritten werden. Von den Muskelfasern, welche ein Sarkolemm besitzen, mag noch besonders hervorgehoben werden, daß ihre motorischen Nerven- endigungen hypolemmal gelegen sind. Wo die quergestreifte Substanz innerhalb des Sarkolemms noch von einem protoplas- matischen Mantel umhüllt wird, verlaufen die Nervenendfasern dem- nach in dem letzteren. Ob sie indessen den fibrillären Inhalt der Muskelfaser wirklich erreichen und berühren, muß als zweifelhaft gelten. Falls wirklich eine Berührung stattfindet, entsteht die Frage, ob die Nerven die quergestreifte Substanz nur mit ihren Endpunkten oder streckenweise berühren und so mehrere „Kontaktstellen“ bilden. Im allgemeinen ist für eine so gut wie gleichzeitig an mehreren Stellen erfolgende Innervation der einzelnen Muskelfasern, besonders bei den am höchsten differenzierten der Arthropoden, durch die Ver- ästelung der einen oder mehreren zur gleichen Faser tretenden Primitivfibrillen die Bedingung gegeben. Bei derartig reich innervierten Muskeln ist das Auftreten eines Gesamtstromes als resultierend aus einzelnen phasischen Aktions- strömen nicht wohl denkbar, da ein Aequator im Sinne von HERMANN nicht angenommen werden kann, weil immer unzählige, im ganzen Muskel verteilte Stellen gleichzeitig negativ werden müssen. Dem als Endorgan bei Arthropoden beschriebenen DoYEreschen Hügel ist mit größter Wahrscheinlichkeit keine Bedeutung für den Innervationsvorgang beizumessen, da er teils artefizieller Natur, teils 1) BıepermAans, Elektrophysiol., 1895, p. 485. er seinem Inhalt nach jenem Protoplasmamantel zuzurechnen ist und endlich meist noch gar nicht die Nervenendfasern enthält. Die Gestalt der letzteren läßt sich noch weniger als bei den Wirbeltieren in ein Schema zwängen, wie das zur Aufstellung der elektrischen Innervationshypothesen geschehen mußte. Du Boıs- REYMmonD hatte bekanntlich in seiner ersten „Entladungshypothese“ die Endplatte als allgemein zutreffendes Schema der motorischen Nervenendigung angenommen; durch die Erregung sollten die beiden Flächen dieser „elektrischen Platte“ entgegengesetzt elektrisch werden, und die Ausgleichung dieser Spannungsdifferenz sollte als elektrischer Schlag die Muskelfaser erregen. Als sich dann nur bei wenigen Tierklassen motorische Endplatten histologisch nachweisen ließen, stellte Du Boıs-REyMmonD in einer „modifizierten Entladungshypo- these“ eine hakenförmige Umbiegung der Nervenendfasern als Prinzip auf; ihre Endfläche sollte negativ gegen ihren Verlauf sein und negative Schwankungen eines hierdurch bestehenden Ruhestromes den elektrischen Reiz auf die kontraktile Substanz ausüben. KÜHne !) wies darauf hin, daß derartige umgebogene Enden von Achsen- cylindern noch von niemandem beobachtet seien und suchte zunächst durch ausgedehnte histologische Untersuchungen auf diesem ihm längst heimischen Gebiete die Grundlagen einer Innervationstheorie zu erweitern. So konnte er den „Endplatten in Nervenhügeln“ seine Befunde beim Frosch und Salamander gegenüberstellen: „es giebt motorische Nervendigungen, welche bloß aus markfreien und kern- losen, direkt und ohne jedes Zwischenglied zwischen Sarkolemm und kontraktilem Gewebe gebetteten Endfasern bestehen. Wir werden also den eigentlichen Innervationsapparat nur in diesem Teile der Nerven- endigung zu suchen haben und müssen uns fragen, von welcher Gestalt, von welchem Baue und von welcher Struktur er sei“ ?). Auch KÜHNE sucht nun die von ihm beobachteten Anordnungen der Endfasern, „Plattengeweihe und Stangengeweihe,“ auf schematische, „das ganze Gesetz der motorischen Nervenendigung“ enthaltende Figuren zu reduzieren, und findet, daß es bei den Amphibien kein hypolemmales Nervengeäst ohne Parallelfasern gebe. Da auch er der Meinung ist, daß, wenn die Wirkung des Nerven auf den Muskel eine elektrische ist, dies nur in der Anordnung der Endfasern zueinander und zur Muskelsubstanz liegen kann, und daß es andererseits darauf ankomme, daß die „Verästelungsweise Ablauf der Schwankungswellen in den nächstbenachbarten Zweigen mit Phasendifferenz bewirke“ ?), so sieht 1) Kine 1879, p. 104. — 2) Kvnne 1879, p. 122. — 3) p. 133. EN er alle Bedingungen für eine elektrische Hypothese gegeben, die er mit größter Konsequenz durchzuführen sucht. Selbst die „Platten- sohle“ wird als stark polarisierbarer Leiter zur Ausschließung der übrigen bypolemmalen Aeste von der Wirkung des elektrischen Schlages der Theorie angepaßt. Daß einer so einfachen und anschaulichen Theorie wie der von Künne begründeten die in vorliegender Arbeit um einige neue ver- mehrten Befunde bei wirbellosen Tieren jeden Boden entziehen, hat schon BIEDERMANN hervorgehoben. Es erscheint nach den äußerst mannigfaltigen Ergebnissen in den verschiedensten Tierklassen kaum möglich, ein so einfaches Schema zu konstruieren, auf welchem eine physikalische Erklärung des vom Nerven aus auf den Muskel wirkenden Reizes aufgebaut werden könnte. Nun drängt sich aber die unverkennbare grundsätzliche Ueberein- stimmung der motorischen Nervenendigungen mit denjenigen in den elektrischen Organen immer wieder in den Vordergrund des Interesses. Man wird dieselbe nicht für eine zufällige Konvergenz halten wollen, vielmehr zu der Annahme geneigt sein, in dieser anatomischen Uebereinstimmung den Ausdruck einer physiologischen Analogie zu sehen. Es dürfte daher die Hypothese noch keineswegs von der Hand zu weisen sein, daß doch vielleicht die bei der Erregung in den Nervenendigungen bewirkten chemischen Vorgänge elektrische Spannungsdifferenzen hervorbringen, welche ihrerseits die kontrak- tilen Elemente reizen; eine Vorstellung, die nicht mehr so unbe- gründet erscheint, seitdem sich durch GARTENS Befunde die Annahme bestätigte, „daß die Nervenendausbreitung selbst oder ein funktionell innig mit dieser verbundenes Gebilde das elektromotorisch Wirksame im elektrischen Organ des Zitterrochens darstellt“. D,. Literaturverzeichnis. Acsazzottı, A., Sulla terminazione nervosa motrice nei muscoli striati degli insetti. Nota preventiva. Atti della R. Accad. delle Scienze di Torino, Vol. 37, 1902, p. 724. 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HOFFMANN aus Gießen, genoß ich den Vorschulunterricht bei meinen Eltern und besuchte dann von Ostern 1888 bis Herbst 1897 die Klassen des Askanischen Gymnasiums zu Berlin. Darauf widmete ich mich in Jena dem Studium der Medizin nnd Naturwissenschaften und hörte hier die Vorlesungen der Herren Professoren VON BARDELEBEN, BIEDER- MANN, DETMER, FÜRBRINGER, HAECKEL, KNORR, KÜKENTHAL, STAHL, VERWORN, WINKELMANN, WOLFF, ZIEGLER und der Privat- dozenten BRAus und L. S. SCHULTZE. Meine klinischen Semester studierte ich in Gießen, Leipzig und Jena, bestand im März 1903 die ärztliche Staatsprüfung und promovierte im gleichen Monat in der medizinischen Fakultät Jena mit einer Arbeit über die post- mortale Erregbarkeit quergestreifter Warmblütermuskeln. Meiner Militärpflicht genügte ich bei dem Inf.-Regt. 116 und dem 1. Garde-Dragoner-Regt.; ich bin Assistenzarzt der Reserve. Seit Januar 1904 bin ich als Volontärassistent am physiologischen Institut zu Jena (Geh. Hofrat Prof. Dr. BIEDERMANN) tätig, wo auch die vorliegende Arbeit entstand. Dr. med.» ERNST MANGOLD. | |