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Museum of Comparative Zoology

| UNTERSUCHUNGEN

über

NICHT CELLULÄRE ORGANISMEN

namentlich

CRUSTACEEN-PANZER, MOLLUSKEN-SCHALEN UND EIHÜLLEN |

W. von Nathusius-Königsborn.

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BERLIN. Verlag von Wiegandt, Hempel & Parey.

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W. VON NATHUSIUS-KÖNIGSBORN.

UNTERSUCHUNGEN

über

NICHT CELLULÄRE ORGANISMEN

namentlich

CRUSTACEEN-PANZER, MOLLUSKEN-SCHALEN UND EIHÜLLEN

W. von Nathusius-Königsborn.

BERLIN. Verlag von Wiegandt, Hempel & Parey. "1877.

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Herrn Professor Dr. Henle.

Aıs der Verfaffer vor etwas über einem Dezennium durch zootechnifche Arbeiten auf das Gebiet der Mikroskopie und der Hiftiologie geführt, von dem dankbaren Felde, welches fowohl die mächtig entwickelte Technik des Mikroskops, als das in feiner durchgeführten Confequenz damals noch fo beftechende Syftem der Zellen-Theorie darbot, auf das Lebhaftefte ergriffen wurde, verwies ihn ein wiffenfchaftlicher Freund als Rathgeber bei den erften noch ziemlich fchwankenden Schritten auf diefem Gebiete an Ihre Jahresberichte als Führer auf demfelben und als Schutz gegen das Verfüh- rerifche der Zellen-Theorie.

Dafs mir die ganze Berechtigung Ihres mit Ruhe und Confequenz aufrecht erhaltenen Wider- fpruchs gegen die Zellen-Idolatrie damals fchon völlig deutlich wurde, darf ich nicht behaupten ; jemehr aber die Phrafeologie der Protoplasma-Theorie die frühere Auffaffung der Zelle ihrem Wefen nach aufgab, um mit dem Wort noch fpielen zu können, und zugleich die thatfächlichen Refultate eigner Unterfuchungen immer fchwieriger in die Zellen-Theorie fich einreihen liefsen, defto klarer wurde mir diefe Berechtigung.

Ihre Warnung dagegen: die Zelle als die einzige Form der Organifation als die ausfchliefs- liche Trägerin der Lebensfunktionen zu betrachten; trat immer bedeutfamer entgegen und lehrte die fich häufenden Thatfachen, die nur mit der Anerkennung nicht cellulärer Organifation zu vereinigen waren, verftehen.

Als weiterhin bei den Anfängen meiner Unterfuchungen der Mollusken-Schalen und Cruftaceen- Panzer neben der Fülle des Neuen, welche fie ergaben, auch die Schwierigkeit, einem fo reichen Stoff gerecht zu werden, entgegen trat, ermuthigte mich das von Ihnen ausgefprochene Intereffe.

So genüge ich nur einer Pflicht der Dankbarkeit mit der Widmung der Refultate diefer Ar- beiten; darf aber freilich für Vieles, das in der Darlegung des Gefundenen ausgefprochen ist, fowie für den Verfuch einer Kritik mancher in weiten Kreifen geltenden Auffaffungen die eigene Verantwort- lichkeit nicht abwälzen. Sollten folche Themata überhaupt berührt werden, fo mufste es mit einer gewiffen Schärfe und Entfchloffenheit gefchehen, und wurde mir diefe vielleicht weniger fchwer, weil viele derjenigen Rückfichten fortfielen, welche abzuweifen für den berufsmäfsigen Forfcher nicht leicht

ist. Es fcheint mir wirklich an der Zeit, gewiffen Theorien, welche nicht nur innerhalb wiffenfchaft-

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licher Kreife in den cireulus vitiosus conventioneller Schulbegriffe zu gerathen und dadurch den freien Umblick der Forfchung zu beengen drohen, fondern fchon der incompetenten Menge mit dem Anfpruch einer felbstgenügfamen Infallibilität imponiren wollen, einmal mit Thatfachen entfchieden entgegen- zutreten.

Der Prüfung diefer Thatfachen durch Andere hoffe ich ziemlich ruhig entgegenfehen zu dürfen. Der Schwierigkeit der Aufgabe, aus einer Menge ganz verfchiedenen Objekten entnommener Einzeln- heiten nicht nur zu allgemeineren und in die Tiefen unferer Wiffenfchaft ftrebenden Schlüffen zu gelangen, fondern auch dem Lefer das Ganze in fchmackhafter Form vorzutragen, bin ich mir nur zu bewufst geworden. Ebenfo der Steigerung diefer Schwierigkeit dadurch, dafs nur befchränkte Mufse- ftunden auf fo fchwierige Aufgaben verwendet werden konnten, und es mehrerer Jahre bedurfte, um das allmälig auszuarbeiten, was beffer in einem Guffe vollendet worden wäre; aber ich hoffe wenig- ftens bei Ihnen, dem diefe Arbeit zuerst vorliegen wird, eine billige Würdigung diefer Schwierigkeiten

und eine nachfichtige Betrachtung der aus ihnen hervorgehenden Mängel zu finden.

Königsborn, Februar 1877.

Der Verfasser.

Inhalts-Verzeichniss.

Einleitung Refume der Ei-Unterfuchungen Die Schale des Eies der Lamprete (Petromyzon marinus) Die Schale des Eies von Raja clavata Die Eiertrauben von Buccinum undatum . Der Panzer der Cruftaceen Die Gehäufe der Mollusken. Frühere Unterfuchungen und diefelben betreffende Annahmen Gaftropoden . Cormopoden. Mytilus Meleagrina margaritifera Pinna Anodonta Oftraea edulis Cephalopoden (Nautilus) Conclufionen . Beziehungen zu Heitzmann’s Unterfuchungen über das Protoplasma und Robins Ana- tomie et Physiologie cellulaires

Erklärung der Abbildungen

Seite

Bosienilbe 1b urator

Die Zufammenftellung einigermafsen heterogener Unterfuchungsgegenftände in dem weiterhin Folgenden möge es rechtfertigen, wenn in einigen allgemeinen Betrachtungen verfucht wird, den Gefichtspunkt, von welchem diefe Unterfuchungen ausgegangen find, den Gedanken welcher fie ver- bindet, klar zu ftellen.

Dafs die fogenannte Zellentheorie in derjenigen Form, in welcher fie fo lange und mit fo glücklichen und bedeutenden Refultaten die Grundlage der hiftiologifchen Forfchung gewefen ift, ihre Allein-Herrfchaft verloren hat, ift eine Thatfache, welche dadurch, dafs man diefe Thatfache durch terminologifche Flickarbeit verhüllt, wohl dem Bewuftfein des gröfseren Publikums vorenthalten werden kann, aber hiermit nicht aus der Welt gefchafft wird.

Eine neuere Theorie hat an-ihre Stelle treten wollen. Es ift die Beale’fche, welche man ja fo vielfach, wenigftens in den terminis, welche ihren leitenden Gedanken: die begriffliche Gegenüber- ftellung von »Keimfubftanz« (germinal matter) und »geformter Subftanz« (formed matter) enthalten, eitirt findet, ohne dafs fie eines näheren Eingehens gewürdigt wird, fo dafs man auf die Arbeit, in welcher Beale fie felbft darlegt*), zurückgehen mufs, um einen klaren Einblick zu gewinnen.

Eine fo) klar und mit logifcher Confequenz durchgearbeitete und dabei einen vollftändig neuen Boden bietende Theorie, die von einem fo bedeutenden Forfcher ausgegangen ift, beanfprucht ent- weder eine gröfsere Beachtung als tie wenigftens direkt gefunden hat oder einen motivirten Wider- fpruch. Als einen folchen wird man die kurze Aeufserung Max Schultze’s in der bekannten Arbeit über ‚das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen nicht betrachten können. Er fagt dort nur: »Das Bedürfnifs nach folchen Fortfchritten wird zwar auch da empfunden, wo man die Zellentheorie noch nicht verftanden hat, und folcher Art ist das Werkchen von Beale, welches die Aufmerkfamkeit, die es in vieler Beziehung verdient, defswegen nicht finden wird, weil es aufserhalb der Zellentheorie fteht. Beale’s »germinal matter« ift zwar wefentlich das, was wir Protoplasma nennen, freilich den Kern mit inbegriffen, und die »formed matter«, das Geformte und Formgebende an den Geweben, ift in eine im Wefentlichen gewifs richtige Abhängigkeit von dem Protoplasma gebracht. Aber von Zellen als Elementartheilen oder Elementarorgarismen, von Kernen, welche vom Protoplasma ver- fchieden und ihm doch fo nothwendig ind, ist nicht die Rede. Die grofse und unveräufserliche Ent- deckung der Zelle ist dem Verfaffer nur von hiftorifchem Intereffe.«

Das find in der That etwas wunderliche Vorwürfe. Dafs eine Theorie, welche die Zellentheo- rie umftofsen will, aufserhalb der letzteren ftehen mufs, ift doch felbftverftändlich. Dafs Beale den Ausdruck: Zelle nicht gebraucht, ift confequent und fehr viel richtiger als das Verfahren bei Auf- ftellung der Protoplasmatheorie: das Wort fortzugebrauchen, während man das Weien der Sachlage, das durch diefes Wort richtig bezeichnet wird, ableugnet. Den Begriff des »Elementarorganismus« hat Beale vollftändig und gebraucht das Wort Elementartheilchen überall für das, was er von feinem Standpunkt aus ganz richtig nicht mehr als Zelle bezeichnen darf. Der Kern ist doch für Beale, indem

*) Die Struktur der einfachen Gewebe des menfchlichen Körpers von Lionel S. Beale, überfetzt von J. Victor Carus mit Zufätzen des Verf. Leipzig 1862. ;

W. von Nathusius-Königsborn. 1

er ihn als eine ruhende Referve von Keimfubftanz betrachtet, noch immer etwas viel Bedeutungsvolleres- als für die Protoplasmatheorie, die gar keine Bedeutung deffelben kennt, und ihn ebenfalls nicht als einen wefentlichen Beftandtheil betrachtet.

Ich möchte verfuchen, motivirtere Bedenken anzudeuten. In dem Beftreben an die Stelle der Zellentheorie eine ebenfo in fich harmonifche und ebenfo umfaffende andere Theorie zu fetzen, hat Beale wohl der Phantafie einen zu freien Spielraum gelaffen. Seine ganze Darftellung der Struktur und Entwickelung der Keimfubftanz aus diefen kleinen und kleinften, bis zum Unfichtbaren fich ver- kleinernden Theilchen, ift kaum eine Hypothefe zu nennen, fondern wird zur blofsen, auf keine Beob- achtung gegründeten Vorausfetzung. Warum diefe hypothetifche Keimfubftanz, für welche nur das eine rohe äufserliche Kriterium der Rothfärbung durch Carmin-Ammoniak angegeben wird, todte Materie zur lebenden machen foll, die fogenannte »geformte Subftanz« (— ich fage fogenannte, weil im Grunde genommen die Keimfubftanz nach Beale’s eigner Darftellung doch auch geformt ift —) diefe Eigen- fchaft nicht haben, was ich, beiläufig gefagt, als falfch nachzuweifen hoffe, dafür giebt die Hypothefe auch nicht die leifefte Andeutung. Die fpezielle Geftaltung der geformten Subftanz z. B. die Fibrillen der Bindegewebe auf die Formen der Keimfubftanz zurückzuführen, dazu wird auch nicht der fchwächfte Verfuch gemacht. Das angebliche centrifugale Streben der neugebildeten Keimfubftanz widerfpricht fogar dem Befunde, dem abfchliefsenden peripherifchen Charakter der Zell-Membran und dem parallelen Verlauf der Fibrillen in den Bindegewebsbündeln. Die radiär von der Zelle ausge- henden Bildungen der »geformten Subftanz«, die nach Beale zu erwarten wären, finden fich nicht. Und endlich mufs fogar das wirklich Bedeutende der ganzen Hypothefe der im Prinzip ausge- fprochene Gegenfatz zwifchen Zelleninhalt und Intercellularfubftanz wieder aufgegeben werden, indem ein »allmäliger Uebergang« eingeräumt werden mufs, weil die Behauptung, dafs letztere keinerlei Lebens- funktionen ausüben könne (!), doch zu crafs ift, um sich durchführen zu laffen.

Ein pofitiver Werth bleibt alfo für die ganze Hypothefe nicht. Aus einer einfachen Negation der Zellmembran hervorgegangen, baut fie, wenn auch mit anerkennenswerthem Scharffinn und Phantafiereichthum, ein Gebäude, das für wiffenfchaftliches Erkennen nichts Pofitives darbietet.

Ebenfowenig aber kann ich diefes für die Protoplasmatheorie zugeben. Reicherts fchon vor Jahren dagegen erhobener Proteft*) fcheint mir im Wefentlichen durchaus begründet.

Eigentlich handelt es fich nur um die Frage der Zellenmembran, auf die ich weiterhin aus- führlich zurückkommen werde. Der unter der Ueberfchrift »Ueber Muskelkörperchen und das was man eine Zelle zu nennen habe« im Archiv für 1861 erfchienene Auffatz von Max Schultze hatte mit Recht Auffehen erregt und als eine geiftreiche, wenn auch etwas flüchtige Hindeutung auf neue Ge- dankenwege ein unbeftreitbares Verdienft, aber die Früchte die er getragen hat, dürften fehr zwei- deutiger Art fein. Ob deffelben Autors Arbeit: das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzen- zellen genügt, um Reicherts Auffaffung der Körnchenbewegung gegenüber des Letzteren fpäterer Er- wiederung**) vollftändig zu befeitigen, darüber wage ich kein Urtheil, aber diefes auch zugegeben, ift damit aufserordentlich wenig gefchehen, um die protoplasmatifchen Auffaffungen auch nur zur Digni- tät einer Hypothefe, gefchweige denn einer Theorie zu erheben. Auch nur über die äufsere Form der Bewegungserfcheinungen ift M. Schultze mit Brücke in einer eben fo grofsen Differenz als mit Reichert.

Tritt der verfuchte Nachweis der wefentlichen Uebereinftimmung des hypothetifchen Protoplasma der Rhizopoden etc. mit dem früher als Protoplasma bezeichneten Theile des Inhalts der Pflanzen- zelle in gewiffen Entwicklungszuftänden offenbar als das entfcheidende Thema probandum hervor, fo: kann das Gelingen diefes Nachweifes nicht zugegeben werden. Es ift allerdings ein von Anfang an ziemlich ausfichtslofes Unternehmen, zwifchen zwei gleich unbekannten Gröfsen Uebereinftimmung nach- weifen zu wollen, und mit wie fchwachen Analogien man fich befriedigt fühlt, dazu giebt eine Aeufse- rung von Max Schultze***), nach welcher es von Wichtigkeit fein mufste, die Schnelligkeit, welche die:

*) Archiv 1863. **) Archiv 1863 pag. 388. ***) a. a. O. pag. 47.

Körnchenbewegung an den Pfeudopodien der Polythalamien erreicht, im Vergleich zu den Meffungen bei der Bewegung des Inhalts von Pflanzenzellen zu beftimmen, den Nachweis. Grofs gedruckt, um die Wichtigkeit diefes doch wirklich ganz nichtsfagenden Refultates hervorzuheben, conftatirt er dann: dafs die Gefchwindigkeit der Körnchenbewegung an den Pfeudopodien der Milioli- den übereinftimmt mit der höchsten an dem Protoplasma der Pflanzenzellen beob- achteten. Und nun diefes beftändige Hindeuten auf die Art der Bewegung als Beweis der Identi- tät der Subftanz welche bewegt wird! Wie kann man nur daran denken, da wo die Urfache der Bewegung vollftändig im Dunkeln liegt, aus gewiffen Aehnlichkeiten in der äufseren Erfcheinung auf eine Gleichartigkeit der unbekannten Urfachen, auf eine Zufammengehörigkeit der Wefen, an welchen fich diefe Bewegung zeigt, fchliefsen zu wollen.

Man denke fich einmal, dafs unfere ganze Thierwelt eine mikrofkopifche fei und wir durch feinere Beobachtungsmethoden allein in Stand gefetzt wären, die Schnelligkeit und die fonftige Art ihrer Bewegung zu beobachten. Welche höchft lächerliche Claffifikation würde man darauf nach diefer neuen Art wiffenfchaftlicher Forfchung begründen, welche fonderbare Analogien würde man danach feftftellen. Nicht nur käme z. B. die Fledermaus zu den Vögeln, fondern auch unbelebte Körper, welche durch irgend eine aufser ihnen liegende Wirkung bewegt würden, gehörten in das Thierreich. Ein durch irgend eine aufser ihm liegende Kraft durch die Luft gefchleudertes Felsftück natürlich zu den Vögeln. Und dann noch eine Unterabtheilung der fliegenden Thiere in fchnell und langfam fliegende etc.

Wenn freilich ein fo bedeutender und verdienftvoller Forfcher als der leider nun verftorbene Max Schultze fich zu Deduktionen verleiten läfst wie die folgende*):; »Wenn wir die Körnchenbewe- gung der Pfeudopodien der Rhizopoden als Ausflufs der Contractilität ihrer Subftanz betrachten, wogegen fo lange nichts zu erinnern fein wird, als nicht ein anderer Grund für diefe Bewegung nach- gewiefen ift (!), fo können wir folgerichtig auch nicht anftehen, als Urfache der Körnchenbewegung am Protoplasma der Pflanzenzellen Contractilität anzufehen. Wenn je (!), fo haben wir hier einen Grund, aus gleicher Wirkung auf die gleiche Urfache zu fchliefsen;« dann freilich ift es weit mit der »modernen Wiffenfchaft« gekommen.

Am forgfältigften hat W. Kühne**) diefe vagen Analogien durch eine Reihe von Unterfuchun- gen zu begründen gefucht, und wie gering find die erlangten Refultate!

Das ift ja gar nichts Neues, dafs die verfchiedenartigften Organismen in ihren Lebensfunctio- nen durch elektrifche, chemifche und phyfifche Agentien beeinflufst werden; und eben fo wenig ift es neu, dafs in verfchiedenen Organismen, auch wenn in ihnen die hiftiologifchen Bildungen, die wir als Muskelfafern und Nerven bezeichnen, nicht nachzuweifen find, Bewegungserfcheinungen als Folgen ihrer Lebensfunktionen auftreten können, aber deshalb gewiffe unbekannte Theile diefer Organismen unter ein Rubrum bringen zu wollen ift doch mehr als kühn. Freilich wenn man ohne Weiteres mit der ftillf[chweigenden perztzo principri anfängt Bewegung, überhaupt aequal »Contractilität« zu fetzen, diefen aufserordentlich billigen Begriff der »Contractilität« als Charakterifticum dem »Protoplasma« anheftet, dann kommt man unfchwer dazu, »Protoplasma« als aequal »Organifation« zu deduziren, aber mit folchen Wortfpielereien lockt man doch nach dem alten trivialen Spruch »keinen Hund vom Ofen«, gefchweige deffen, dafs man dadurch wiffenfchaftliches Erkennen förderte.

Nicht im Geringften foll hiermit dem thatfächlichen Inhalt der Kühne’fchen Unterfuchungen zu nahe getreten werden. Sie bewegen fich auf dunkeln Gebieten, deren Durchforfchung gewifs wün- fchenswerth, und dabei nach einem leitenden und verbindenden Faden zu fuchen, ift gewifs richtig, aber es follte nur nicht eine blofse Vermuthung, die als Anregung zu Weiterem ja nützlich fein könnte, als ein Beweis hingeftellt werden. Diefe Vorwürfe treffen alfo die Schlufsfolgerungen, nicht die Richtigkeit der Thatfachen und die Gewiffenhaftigkeit ihrer Wiedergabe. Letztere geht theilweife fehr weit. Z. B. wenn bei Mittheilung der wohl ficher zu erwartenden und defshalb ziemlich bedeutungs-

*) a. a. ©. pag. 50. **) Unterfuchungen über das Protoplasma und die Contractilität 1364.

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lofen Thatfache, dafs man wie andere Thiere auch Amöba und Actinophrys mit Veratrin vergiften kann, noch forgfältig erwogen wird, ob es fich auch um eine eigentliche Vergiftung und nicht um fchäd- liche Nebenwirkungen der Alkaleszens handelt.

Auf eine vollständige Erörterung der Beweiskraft der Verfuche in der beabfichtigten Richtung darf hier nicht eingegangen werden, aber das fei doch in Bezug auf die Wirkung der elektrifchen Reizung bemerkt, das was an Amöba, Actinophrys, Didymium, dem Protoplasma der Tradefcantiazel- len und den Corneazellen hierüber berichtet wird, etwas ganz anderes erfcheint, als die Contraktion der Primitivbündel von Muskelfibrillen. Es handelt iıch bei jenen offenbar gar nicht um eine Aktion die erregt wird, fondern nur um ein Hemmen der vorher vorhandenen Aktion. Wenn wirklich »fliefsende« Fäden einer zähen Flüffigkeit vorhanden wären und diefe fich bei Hemmung derjenigen unbekannten Thätigkeit, welche diefes Fliefsen bewirkt, in Tropfen zufammenziehen, fo ift dies nur eine negative Wirkung, das Gegentheil einer Aktion. Erhöhen wir die Wirkung der elektrifchen Schläge, fo können wir ebenfowohl einen Ochfen als eine Maus tödten, defswegen ift aber erfterer noch kein Nager, oder letztere ein Wiederkäuer, und wenn ein Blitzfchlag auch das Leben eines Baumes vernichten kann, fo ift der Baum deshalb noch kein Thier.

Uebrigens bleibt fowohl bei der Pflanzen- als bei der Corneazelle die Frage vollständig offen, ob die elektrifche Reizung der Membran oder des fogenannten Protoplasma das Wirkfame ift. Kühne führt mit anerkennenswerther Unbefangenheit den Umftand, dafs bei »Contraktion« der Cornea- zellen die Grundfubftanz der Formveränderung des Protoplasma folgt, als einen für feine Anfchauungen »peinlichen« an. Allerdings müfste daraus gefchloffen werden, dafs jedenfalls nicht das fogenannte Protoplasma allein das Gereizte, der Sitz der erregten Aktion, und die Grundfubftanz nur pafliv fein kann.

Wurde fchon oben die Berechtigung bei folchen Unterfuchungen nach einem| verbindenden Faden für weitere Forfchungen zu trachten anerkannt, fo mufs auch darauf hingewiefen werden, dafs wenn nicht, wie es in der Ordnung ift, auf den grofsen Unterfchied folcher Vermuthungen von wirk- lich Bewiefenem beftimmt hingewiefen wird, die Nachtreter fich berechtigt halten, diefen Unterfchied zu überfehen, und mit diefen Vermuthungen als etwas Feftgeftelltem, mit den dabei gebrauchten Worten, als mit klaren Begriffen frifch darauf los weiter zu argumentiren.

So geht es mit dem Wort »Protoplasma«, das in der verfchiedenften Richtung gebraucht wird. Bald foll es einen Stoff bezeichnen, deffen myfteriöfe Eigenfchaften ihn aufserhalb der phyfifchen Zuftände der Materie ftellen; bald ein morphologifches Element, das aber wieder keine Geftalt hat. So kann man fich nicht wundern, wenn aller Gefetze des logifchen Denkens entbunden, diefes ‚Protoplasma«, ein wahres »Mädchen für Alles« wird, und dafs mancher in Verfuchung kommt, mit einem in Wirklichkeit Nichtsfagenden Ausdruck in höchft bequemer Weife Alles zu bezeichnen.

Zufällig finde ich in dem ı. Heft der neuen Folge der Jenaifchen Zeitfchrift für Natur- wiffenfchaft in einem Auffatz von Eduard Strasburger: Ueber die Bedeutung der phylogenetifchen Methode folgenden Gallimathias: »Die Erblichkeit beruht aber in der Fähigkeit, welche das Proto- plasma befitzt, die Eigenfchaften der Vorfahren auf die Nachkommen zu übertragen. Das Proto- plasma ift es, dem diefe Eigenfchaft zukommt, denn mit einem Protoplasmaklümpchen beginnt zu- nächst jedes Thier und jede Pflanze, ein Protoplasmaklümpchen ist, was es zunächft von Vater und Mutter erhält«.

Es ift doch wirklich weit gekommen, wenn an Stelle foliden Forfchens und vernünftigen Den- kens, ein folches Wortgeklingel, bei welchem aufs gröblichfte Thatfachen, die jedem Anfänger be- kannt fein müffen, aufser Augen gefetzt werden, lich breit machen darf. Ift es noch nöthig, daran zu erinnern, dafs das zur Befruchtung reife Thier-Ei keineswegs ein Protoplasmaklümpchen, fondern ein durch mit Struktur verfehener Membran, durch die ebenfalls nicht blofs eine Subftanz, fondern eine Struktur darftellenden Dotterkörperchen und durch Nucleus und Nucleolus fehr complizirter Orga- nismus ift. Ebenfowenig ift das thierifche Samenkörperchen und der pflanzliche Pollen ein »Proto- plasmaklümpchen.« 2

Hat fich aber der myfteriöfe Ausdruck Protoplasma fo bewährt, um für Sachen, die man dem

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gefunden Menfchenverftande gegenüber nicht klar auszufprechen wagt wie z. B. dafs eine Flüfig- keit organifirt fein foll, dafs etwas ungeformtes eine Geftalt haben kann u. dgl. allmälig einen ge-

wiffen Compromifs mit der Logik zu fchliefsen, fo taucht nun ein ganzes Heer von ähnlichen Aus- drücken auf. Die »Zelle« (— NB. die aber keine Zelle ift. —) »kriecht«, man »füttert« fie. Ich weils wirklich nicht, ob man fchon fo weit gelangt ift, zu fagen: »fie fühlt, fie beabfichtigt«e. Es wäre nur confequent, denn da fie »felbftftändig« ift, da der Begriff des organifirten Individuums damit geleug- net wird, fo bleibt ja nur die Zelle oder das »Protoplasma«, um auch diefe Funktionen zu verfehen. Umgekehrt wird nun aber wieder der Organismus als eine »Subftanz« bezeichnet. So fänst Kühne das Capitel über die Bewegungserfcheinungen der Myxomyceten (a. a. O. pag. 69) mit dem Satze an: »durch die Unterfuchungen de Barys haben wir in den Myxomyceten eine Subftanz kennen gelernt, welche die gröfste Aehnlichkeit befitzt mit den Amöben.«

Mit derfelben Berechtigung könnte man z. B. fagen: Der Zoologifche Garten in N. hat kürz- lich einen Elephanten erhalten. Diefe Subftanz hat den Transport glücklich überftanden und be- findet fich, wie die übrigen in dem Inftitut befindlichen Subftanzen, vortreflliich. Das würde aller- dings jetzt noch Verwunderung und einige Heiterkeit erregen. Nur Geduld. Wenn die Protoplasma- wirthfchaft noch einige Zeit fo fort geht, wird man das ganz natürlich finden.

»Zellenleib« ift noch eins diefer bedeutungslofen Worte, mit denen Unklarheiten fich geltend zu machen ftreben. Da die Zelle keinen Kopf und keine Glieder hat, da man doch auch einen Gegenfatz gegen Seele oder Geist nicht damit ausdrücken will, fo ift gar keine Veranlaffiung von einem. Leibe derfelben zu fprechen. Graflirt aber einmal diefer gänzlich finnlofe Ausdruck, fo bleibt der Mifsbrauch nicht aus, wie z. B. wenn ein Theil des Inhalts das fogenannte Protoplasma als Leib der Pflanzenzelle bezeichnet wird, was in jeder Beziehung ein Unfinn ift.

Das Schlimmfte bei unlogifchem Gebrauch der Worte ift, dafs mit der eintretenden Verwirrung der Ideen der Reiz zu ftrenger Forfchung abgefchwächt werden muß. Diefer beftand doch für altmodige Leute darin, dafs wenn ihnen eine Thatfache entgegentrat, wenn fie eine Beob- achtung machten, die in den logifchen Kreis der bekannten Thatfachen, der acceptirten Theorie nicht pafste, der Gegenftand nicht ruhen durfte, bis die Beobachtung berichtigt, der Thatbeftand ge- klärt und unter Umftänden die Theorie modifizirt oder corrigirt war. So kam man, freilich langfam und mühevoll, vorwärts. Welche Summe von folider Arbeit ift z. B. der Frage der Intercellularfubftanz gewidmet und auch wo wie hier eine volle Löfung nicht erreicht wurde, was ift bei diefer Gelegen- heit alles erforfcht und feftgeftellt worden? Das ift nun freilich bequemer geworden. Intercellular- fubftanz? Veralteter Begriff! Das ift »Protoplasma.« Nun wiffen wir auf einmal, was es ift, und brauchen uns weiter keine Mühe zu geben.

Es giebt ja freilich noch Leute, die tich unnütze Mühe machen, und die volle Confequenz einer fo vortreffllichen Erfindung als »Protoplasma« wird noch nicht gezogen. Man fragt z. B. noch, in welcher Art bei gewiffen Arthropoden Töne entftehen, und giebt fich Mühe mit Unterfuchungen dar- über. Wozu? Wir brauchen ja nur »anzunehmen«, dafs »Protoplasma« auch Mufik machen kann. Da es, wie wir gelefen haben, fogar die viel künftlichere Fähigkeit »die Eigenfchaften der Vorfahren auf die Nachkommen zu übertragen« befitzt, ift das doch verhältnifsmäfsig leicht, und nun ift die Sache ohne alle Mühe klar, denn dafs der ganze Organismus Protoplasma ift, »wiffen« wir ja fchon.

Unzweifelhaft hat ja die Anatomie grofse Fortfchritte auch in dem letzten Dezennium ge- macht, die auch der Phyfiologie zu Gute kommen müffen, aber doch wohl mehr in Bezug auf die Kenntnifs der gröberen wenn dies vergleichsweife fo ausgedrückt werden darf Struktur des Organismus z. B. der Vertheilung der Nerven in den Geweben und ihrer Endigungen in den Sinnes- organen, aber in der für eine philofophifche Naturbetrachtung fo unendlich intereffanten Frage nach dem was unten anfangend, dieffeits des fogenannten Elementarorgans der Zelle liegt, nach der feine- ren Struktur der letzteren felbft find wir trotz der wefentlichen Verbefferung der Methoden nicht nur um Nichts weiter gekommen, fondern es fcheint fogar die Forfchung hier zu ruhen, der früher fo in- tenfive Kampf fchweigt. Das unglückliche Wort Protoplasma hat wie ein beruhigendes Oel diefe geiftigen Wogen in Todesfchlaf gebracht.

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Diefen Bemerkungen liegt wirklich Unterfchätzung der verdienftvollen Männer, welche fich um das Protoplasma gefchaart haben, fern. Es ift die Schule, der hier entgegengetreten werden foll, und mit Lebhaftigkeit gerade deshalb, weil fie ihre Verderblichkeit darin zeigt, dafs fie Männer deren wiffenfchaftliche Bedeutung und Verdienft an anderen Stellen fo unzweideutig hervortritt, zu Dingen bringt, deren Möglichkeit kaum zu verftehen ift. Mit diefer vorausgefchickten Salvation möchte ich noch einmal auf die Kühne’fche Arbeit über Protoplasma und zwar auf den »künftlichen Muskel« (pag. S1) zurückkommen.

Neigt die protoplasmatifche Schule unzweifelhaft zu der kühnen Vorausfetzung hin, dafs das Erkennbare in der Organifation nicht etwa auf Formeigenfchaft beruhe, fondern dafs es Stoffe gebe, die von aller Form abgefehen, als Stoff Organismus fein könnten, fo wird ein fo ungeheuer- liches Axiom doch meiftens nur zwmplicite ausgefprochen oder angedeutet; unzweideutig aber liegt diefe Vorausfetzung der verfuchten Darftellung des künftlichen Muskels zu Grunde.

Um dem Lefer das Nachfchlagen im Original zu erfparen, darf ich wohl Folgendes über diefen Verfuch anführen: Das Därmchen eines der grofsen Wafferkäfer (Fydrophilus piceus) wird nach möglichfter Reinigung mit einem Brei gefüllt, der durch Zerreiben der Myxomyceten zu einem »nicht zu feinen Pulver«e und Anrühren mit Waffer hergeftellt wird, und durch Ligaturen folchermafsen eine kleine »Protoplasmawurft« gemacht; diefe reichlich befeuchtet im feuchten Raume 24 Stunden lang quer über den Elektroden liegen gelaffen, war bedeutend praller geworden und zeigte keine Bewe- gungserfcheinungen. Das Folgende wird nun beffer wörtlich citirt. Kühne fagt: »Als ich aber die Ströme des Inductionsapparats einwirken liefs, contrahirte er (— sc. der Darm —) fich gerade wie eine coloffale Muskelfafer, er verkürzte fich fo, dafs das eine Ende von den Elektroden herunterglitt, und nahm an Breite augenfcheinlich zu. Nur einige Sekunden brauchte ich den Inductionsapparat mit beinahe übereinandergefchobenen Rollen dazu wirken zu laffen. Durch Ziehen an den Enden des kleinen nun fehr prall gefüllten Schlauches brachte ich ihn wieder in die vorige Lage. Jetzt mufste ich die Inductionsfpiralen indeffen ganz übereinander fchieben, um die Verkürzung erfolgen zu fehen, die bei einer Länge des Schlauchs von 6 mm, 2 mm betrug. Nach abermaliger Ruhe und Dehnung trat auf denfelben Reiz keine Bewegung mehr ein. Ich fchnitt den Schlauch entzwei, und entleerte feinen Inhalt auf der Glasplatte. Er beftand theils aus einzelnen knolligen Maffen mit vielen grün- lichen und gelblichen Körnchen, theils aus blaffen Blafen und freien Körnchen. Am folgenden Tage hatten fich daraus, wie zu erwarten ftand, keine beweglichen Myxomyceten wieder gebildet.«

Natürlich liegt kein Grund vor, die genaue und im Wefentlichen erfchöpfende Darftellung der Beobachtung zu bezweifeln, aber in wie fern diefes Kunftftückchen einen »künftlichen Muskel« dar- ftellen kann, müffen wir doch etwas näher unterfuchen.

Die Contraction des Muskels ift eine Formveränderung, keine Volumverände- rung! Diefe Contraction ift eine Bewegungserfcheinung in beftimmter Richtung. Für diefe Richtung ift nach der Auffaffung derjenigen, welche Fibrillen als die Elemente des Primitivbündels be- trachten, felbstverftändlich die Fibrille der mafsgebende und beftimmende Träger. Nach der Brücke- fchen Auffaffung ift die Sache bekanntlich komplizirter. Aber immer mufs auch diefe auf eine Struk- turveränderung herauskommen. Der Sarkoplaft verändert feine Form in beftimmter Richtung durch die Ortsveränderungen der Disdiaklaften. Ein ‚Brei von aus ihrer Lage gebrachten Sarko- plaften, wenn er herzuftellen und wieder in das Sarkoleum zu injiciren wäre, würde nie wieder das Phänomen der Contraction zeigen können. Das ift doch eine einfache Schlufsfolgerung des vernünf- tigen Denkens. Wenn Kühne wirklich einen Brei aus reizbaren, im eigentlichen Sinn contractilen Ge- webe in fein Würftchen hätte einfüllen können, dann würden diefe in den verfchiedenftenRich- tungen unregelmäfsig wirkenden Contractionen niemals eine Verkürzung des ganzen Würftchens herbeiführen können. Ja, hätte er geordnete Fibrillen fo in das Würftchen bringen können, dafs ihre Enden durch die Ligaturen befeftigt wären, dann könnte die Contraction diefes Fibrillenbündels in feiner Längsrichtung allerdings verkürzen; es würde dabei aber nicht »praller«, fondern wie wir gleich fehen werden, fchlaffer geworden fein; aber von einer folchen Contraction ift ja hier gar nicht die Rede. Wäre es möglich, dafs Kühne Contraction im hiftiologifchen Sinne mit Volumveränderung ver-

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wechfelte? Bei der Art, wie die Herren Protoplasmatiker fonft mit den Worten wirthfchaften, darf man dergleichen vielleicht vorausfetzen. Dann aber würde er fich gänzlich täufchen, wenn er aus einer Verkürzung des Würftchens auf eine Volumverringerung des Inhalts fchlöffe. Wenn die Formveränderung des Würftchens aus einer Volumveränderung feines Inhalts hervorgeht, fo befteht diefe nicht in einer Verringerung fondern in einer Vergröfserung. Das ift ja ganz ein- leuchtend, auch wenn nicht beobachtet wäre, dafs nach der Verkürzung das Würftchen nun »fehr prall gefüllt« war; denn wie die Kugel im Verhältnifs zur Fläche den gröfstmöglichen Inhalt hat, wie ein Cubus mehr enthält als eine quadratifche Säule mit derfelben Flächengröfse, fo mufs eine Verbrei-

terung und Verkürzung das Refultat einer Inhaltsvergröfserung fein wenn NB. die einfchliefsende Membran vielleicht giebt Kühne in diefem Falle doch zu, dafs der »künstliche Muskel« eine Membran befitzt? in ihrer Flächenausdehnung unverändert geblieben ift. Wäre dies letztere nicht

der Fall, hätte fie fich zufammengezogen, fo würde Verbreiterung und gleichzeitige Verkürzung des Würftchens, ebenfowohl allein hieraus, als aus einer Volumvergröfserung des Inhalts hervorgegangen fein können. Welches von beiden hier eingetreten, wage ich nicht zu entfcheiden. Dafs ein frifcher Arthropoden-Darm wirklich durch elektrifche Reizung contractil ift, wäre wohl nicht überrafchend, fehr überrafchend freilich, wenn er es noch nach 24ftündigem Liegen in Weingeift wäre. Es liegen hier allerlei Möglichkeiten vor, am nächften wohl der Gedanke an Electrolyfe. Auch von direkten chemi- fchen Wirkungen abgefehen, könnten diefelben indirekt vielleicht eine Quellung des Inhalts bewirkt haben. Doch das find müfsige Vermuthungen.

Darüber aber können wir nach dem Erörterten wohl beruhigt fein, dafs die »Protoplasmawurft« eben fo wenig ein künftlicher Muskel war, als ein hölzerner Hampelmann ein Homunculus ift.

Ich fchliefse diefen flüchtigen Verfuch einer Kritik der Protoplasmatheorie mit der ausdrück- lichen Anerkennung deffen, dafs allerdings die ältere Zellentheorie eine bedenkliche Lücke in Bezug auf die Intercellularfubftanzen liefs, und das Streben diefelbe auszufüllen volle Berechtigung hatte, mufs aber behaupten, dafs diefe neue Theorie nichts Pofitives in diefer Richtung geleiftet hat.

Suchen wir nun nach pofitivem feften Boden, um wenigstens den Umfang und die Bedeutung diefer Lücke zu conftatiren.

Kein Denkprozefs, auch kein Ausdruck von Thatfachen, kann es vermeiden von gegebenen Vorausfetzungen, von Axiomen auszugehen. Es ift ehrlicher, diefelben offen auszufprechen, als fie unter der Hand zu infinuiren. Ich fchicke als ein folches voraus, dafs: die Bedingung jeder Organifation eine beftimmte Geftaltung des Stoffes*) und dafs: diefe Geftal-

*) Diefe einleitenden Bemerkungen waren im Jahre 1873 niedergefchrieben, als die erften Unterfuchungen von Schnecken- gehäufen und Krabbenpanzern fich fchon als bedeutfam documentirt hatten. Dafs über zwei Jahre vergehen würden, ehe diefes intereffante Thema einigermafsen zum Abfchlufs gebracht werden konnte, wurde damals freilich nicht vorausgefehen. Das be- deutende 1873 bei Balliere erfchienene Robin’fche Werk: Anatomie et Phyfiologie Cellulaires ik mir erft nach zwei Jahren bekannt geworden. Zum Schlufs diefer Arbeit wird näher auf daffelbe eingegangen werden müffen. Da meine Refultate fo vielfach mit feinen Auffaffungen harmoniren, möchte ich wenigftens hier fchon die Differenz präzifiren, in welcher der für mich fundamentale Satz: dafs eine beftimmte Geftaltung des Stoffes die Bedingung der Organifation fei, zu der durch das ganze Robin’fche Werk gehenden Auffaffung des Wefens der Organifation fteht, wenn er immer wieder darauf zurückkommt, dafs Organifation un- abhängig von beftimmten Formen Zellen, Kernen, Membranen oder Röhren beftehen, dafs organi- firte Materie amorph fein könne und dafs der Zuftand der Organifation durch ein molekuläres Verhältnifs, nicht durch eine Struktur bedingt fei, worin eben der Gegenfatz zwifchen Organismus und Mechanismus beftehe. R., fcheint es mir, will hiermit hauptfächlich derjenigen Theorie, welche in der Zelle die einzige Form der Örganifation fieht, entgegentreten, und in folchen an das Transcendentale grenzenden Thematen ift es leichter die Negation als die Pofition fcharf zu bezeichnen. So ift hier der Ausdruck »molekuläres Verhältnifs« vielleicht nicht ganz durchfichtig, und ganz bedenklich wird es, wenn R. den Gegenfatz der matiere organifee als matiere brute wiederholt bezeichnet. Nach dem Dietionnaire de !’Academie if allerdings der Gegenfatz zwifchen cords örut und corps organif? ein fprachlich acceptirter; wafiere drute ift aber nach derfelben Autorität: gwi est dans letat grossier ou la nature la produite,; alfo Gegenfatz gegen menfchliche Bearbeitung. Das Wort wird alfo hier in einem freieren, einigermafsen figürlichem Sinne gebraucht, und dann möchte es fich fogar kaum für die einfachen Stoffe, wie fie fich uns als folide, flüchtige oder gasförmige Körper darftellen, fondern mehr zur Bezeichnung eines chaotifchen Zuftandes eignen. Die fogenannten Elemente aber, aus denen Mineralien und chemifche Verbindungen beftehen, beruhen auf

tung fich nicht felbftftändig aus dem unorganifirten Stoff entwickeln kann, dafs wenigftens in der uns jetzt umgebenden Natur jede Organifation die Fortfetzung, derAbkömmling einer vorher vorhandenenfeinmufs. Es ift der allgemeinere Ausdruck des bekannten: onmmis cellula e cellula, welches letztere mir in diefer engen Faffung etwas bedenklich geworden ift. In der obigen allgemeineren Faffung ftehen die Sätze wohl in Harmonie mit aller foliden wiffenfchaftlichen Anfchauung auch der neueften Zeit und müffen acceptirt werden, bis ihre Unrichtigkeit pofitiv nachgewiefen fein follte.

Ferner mufs eine kleine terminologifche Erörterung vorausgefchickt werden, wenn wir aus dem Wuft vielfagender und zweideutiger Ausdrücke herauskommen wollen.

Cella heifst: Behältnifs, Kammer. Der Begriff des durch eine Wandung ein- und abgefchloffe- nen Raums ift wefentlich. Dafs diefer Abfchlufs ein abfoluter fei, ift begrifflich nicht nothwendig. Behältniffe können fehr wohl einzelne Oeffnungen haben, ohne ihren Charakter zu verlieren. Auf der Hand liegt es, wie treffend es war, den gröfsten Theil der pflanzlichen und viele thierifche Gewebe als ce//luläre zu bezeichnen, und konnte man den Begriff der Zelle, infofern er einen Hohlraum im Gewebe bedeutet, als einen negativen betrachten, fo mufste dies in den Hintergrund treten, als man die einzelnen Zellräume mit den ihnen individuell zugehörigen Wandungen in den meiften Fällen unfchwer ifoliren konnte, und auch die Bedeutung ihres Inhalts hervortrat. So wird die mit ihrer begrenzenden Wandung ifolirte Zelle einfchliefslich des Inhalts ein pofitiver klarer Begriff.

Hätten die Protoplasmatiker mit der Behauptung, dafs der Zelleninhalt ohne Wandung ohne Membran, als ein hiftiologifches Element beftehen könne, Recht, was wir einftweilen unberührt laffen wollen, da diefe Frage fich weiterhin fehr vereinfacht zeigen wird —; hätten fie Recht, auch dann würden wir obige Definition nicht aufgeben dürfen, und würden verlangen müffen, dafs fie ihren »Elementarorganismus« mit einem anderen Wort als Zelle bezeichnen ; denn fie könnnen ja nicht leug- nen, und wollen nicht leugnen, dafs wirkliche Zellen, und aus ihnen zufammengefetzte Gewebe be- ftehen. Dafs es aber auch für die phyfiologifchen Functionen der Gewebe nicht gleichgültig fein kann,

einer Schöpfung, repräfentiren eine Ordnung, und die Mineralien und chemifchen Verbindungen felbft befitzen unzweifelhaft eine Struktur! Ich erinnere in diefer Beziehung an die alte Thatfache der Ifomerie und an den jetzt jedem Chemiker geläufigen Begriff der Strukturformel. Verftände alfo R. unter »association molcculaires nur das, was wir in Deutfchland als Verbindung von und zu Atomen, auszudrücken gewöhnter find, fo fehlte ihm der wirkliche Gegenfatz zwifchen Organifation und Chemismus. Auch die complicirtefte molekuläre oder atomiftifche Zufammenfetzung kann eine chemifche Verbindung nicht zu einem Orga- nismus machen, wenn auch fo zufammengefetzte Stoffe ein geeigneteres Material für gewiffe Functionen des Organismus als ein- fachere Verbindungen darftellen. Es mufs hier ein wirklicher Qualitätsunterfchied vorhanden fein. Lehrt die tägliche Erfahrung, dafs Organismen nicht aus dem Chemismus hervorgehen, dafs fie von vorher vorhandenen Organismen tradirt werden und von aller nicht organifirten Struktur abweichende Form-Eigenfchaften überall zeigen, aufser da, wo die Unvollkommenheit unferer optifchen Hülfsmittel den fehlenden Nachweis derfelben leicht begreiflich macht, fo glaube ich allerdings das Charakteriftifche der Organifation als eine Form-Eigenfchaft, im Gegenfatz zu den fubftantiellen Eigenfchaften, welche die Domäne der Chemie find, richtig zu bezeichnen, ohne damit an eine äufserliche Geftaltung als Zelle u. dgl. zu denken, und befinde mich damit wohl auch nicht in einem fo fchroffen Gegenfatz zu R., als aus dem Gebrauch gewiffer Worte hervorzugehen fcheint. Molekül kann eben eine allgemeinere, mehr metaphyfifche Bedeutung haben, als das Atom unferer deutfchen Chemie, und vielleicht würde R. fich mit mir begegnen, wenn wir den Begriff der Homogenität zu Grunde legten. Auch die complizirtefte atomiftifche Zufammenfetzung fchliefst die Homogenität eines Stoffes einer Subftanz nicht aus, während ein Organismus feinem Wefen feiner Function nach nicht homogen fein kann; und da diefe Unhomogenität keine zufällige, keine Verunreinigung, fondern eine geordnete, eine wefentliche ift, fo fchliefst fie den Begriff eines Baues (Struktur) oder inneren Geftaltung ein. Amorphie gebraucht R. in einem Sinne der in diefer Richtung einer Erläuterung bedürfte, indem der Ausdruck »matiere amorphe granulee« gerade für etwas das als organifirt betrachtet wird, ein häufig wiederkehrender ift, während doch diefe Granulation der Gegenfatz von Amorphie ift, und zu dem gehören dürfte, was ich unter Geftaltung verftehe.

Das allerdings ift mir das Bedenklichfte, dafs R. in der Anmerkung zu pag. 592 davon fpricht, dafs organifirte Ma- terie auch eine Flüffigkeit fein könne. Einer folchen Auffaffung kann ich nicht mehr folgen. Eine wirkliche Flüffigkeit was Blut z. B. freilich nicht ift, da es Maffen fefter Organismen aufgefchwemmt enthält kann diejenigen Form-Eigenfchaften, welche ich meine, nicht befitzen, fowenig als ein Gas, und wenn erft der von Einigen freilich noch fchüchtern angedeutete Ge- danke, dafs »Protoplasma« auch gasförmig fein könne, zur Herrfchaft kommen follte, dann nun dann ift eben das Reich der

Phrafe ftatt des Reichs der Logik eingetreten.

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ob fie durch differenzirte Wandungen zu einem Syftem von Kammern, das ihren Inhalt, wenn auch nicht abfolut fondert, gemacht find, oder ob diefer Inhalt als nackte Klümpchen fich direkt berührt, das iftt doch einleuchtend.. Warum alfo für zwei wefentlich verfchiedene Dinge diefelbe Bezeichnung wählen, obgleich fie für das eine gar nicht pafst, wenn nicht muthwillig Verwirrung herbeigeführt werden foll?

Solche gefchloffene Behälter, wirkliche Zellen in der allgemeinen Bedeutung des Wortes, finden wir nun aber im thierifchen Organismus allerdings von der verfchiedenften Art. Der Wortbe- deutung nach wäre ja auch z. B. die Hirnhöhle eine Zelle, und wenn nun auch hierbei ein Mifsver- ftändnifs nicht eintreten könnte, fo ift dies in anderen Fällen nahegelegt. Das Ei der Arthropoden ift unzweifelhaft keine Zelle, fondern ein Zellencomplex, obgleich es ein von einer fehr charakterifti- fchen Membran eingefchloffenes Behältnifs ift und neben anderen echten Zellen eine Eizelle enthält. Dafs in Bindegeweben häufig Hohlräume auftreten, welche man als Zellen im engeren Sinn nicht gelten läfst, ist bekannt. Ich werde fpäter nachweifen, wie maffenhaft folche uneigentliche Zellen vor- kommen und welche grofse Bedeutung fie haben; endlich ift ja fchon jeder »bläschenförmige Kern« dem Wortlaut nach eine Zelle.

Diefe Bildungen begrifflich von der echten Zelle in der engeren Bedeutung, welche ihr die Hiftiologie beigelegt hat, zu fondern, ift ein unabweisbares Bedürfnifs, wenn Klarheit herrfchen foll. Aeufsere Merkmale werden wir nicht finden. Ob ein kernhaltiges Bläschen eine echte Zelle oder ein Kern mit Nucleolus fei, wird nach äufserlichen Kriterien Niemand zu unterfcheiden wagen dürfen.

Zum Begriff der echten Zelle gehört es dagegen, dafs fie ein Theilprodukt, ein Ab- kömmling der Eizelle fei, oder wenigftens in allen übrigen Beziehungen gleich- artig mit Abkömmlingen von Eizellen auftritt. Diefer letztere Satz ift hinzuzufügen in Rückficht auf die von Pflüger behauptete Art der Regeneration der Epithelzellen der Speicheldrüfen*) und derjenigen wohl zu beachtenden Auffaffungen, welche an einer Genefis neuer Kerne, aus welchen fich Zellen entwickeln, noch fefthalten. Als wefentlicher Vorzug diefer Definition würde vielleicht an- erkannt werden, dafs fie direkt auf ein verftändliches Prototyp der Zelle, nämlich die Eizelle, hinweift.

Einer fo controverfen Frage z. B. wie die nach der Zellmembran, die in der bisherigen Art der gegenfeitigen Argumente gar nicht erledigt werden kann, rücken wir vielleicht etwas näher, wenn wir fragen: Gehört die Membran zum Wefen der Eizelle und welches ift dort ihre Befchaffenheit und Bedeutung ?

Bekannt ift, dafs das reife Ei eine unbezweifelbare und zwar mit deutlicher Struktur verfehene Membran befitzt; ebenfo bekannt, dafs die Protoplasmatiker ohne Spur einer Begrün- dung ihr Vorhandenfein in den früheren Stadien zu leugnen für gut finden. Ich fage wohlbedacht: ohne Spur einer Begründung, denn »dafs fie fich nicht nachweifen läfst« ift wie fchon oft, aber wie es fcheint ohne Effekt, bemerkt worden, keine Begründung. Leider bringt es die Methode der mikro- fkopifchen Unterfuchung mit fich, dafs wir fehr wefentliche Dinge nicht immer, nicht üb erall »nach- weifen« können, und aus dem Wenigen, was wir thatfächlich nachweifen können, durch vernünftiges Denken auf folche Dinge, deren faktifcher Nachweis begreiflicher Weife unthunlich ift, fchliefsen müffen. Da wir z. B. wiffen, dafs die Vergröfserung unferer Mikrofkope eine eng begrenzte ift, alfo fehr wohl begreifen können, dafs der optifche Querfchnitt einer fehr feinen Membran keinen doppelten Kontur zeigen kann, erlaubt es der gefunde Menfchenverftand nicht, zu fchliefsen: ein doppelter Kontur ift nicht nachzuweifen ; ergo: ift keine Membran vorhanden.

Wenn es mir einfiele, zu behaupten, dafs die ganze organifche Struktur nur ein temporärer, während der Beleuchtung vorhandener Zuftand, dafs im Dunkeln keine feinere organifche Struktur vorhanden fei, fo kann mich Niemand zwingen einzugeftehen, dafs diefe »Theorie« unvernünftig ift. Man wird mir das Vorhandenfein der Struktur während der Dunkelheit mit dem Mikrofkop ganz be- ftimmt nicht »nachweifen« können. Solche Behauptungen find eben Gefchmacksfache.

Nun ift allerdings das Vorhandenfein einer Membran an den jüngften Eiern auch von unbe-

*) Stricker, Handb. d. Lehre v. d. Geweben Cap. XIV.

IV. von Nathusius-Königsborn. 2

IO

fangenen Beobachtern und auf beffere Gründe hin beftritten und es ift fchwer, dem entgegenzutreten. Zu bemerken dürfte aber doch fein, dafs wenn ich am gelegten Vogelei die inneren Schichten der Dotterhaut als ein Fafergewebe an trocknen Präparaten in elegantefter Deutlichkeit nachweifen konnte, (Zeitfchr. f. wiffenfchaftl. Zool. B. XIX, Taf. XXVII), wenn Kramer die Faferftruktur auch fchon am Eierftocksei nachgewiefen hat, es vielleicht geftattet ift, fich diefe beftrittene Membran in den jüng- ften Zuftänden als ein fo aufserordentlich feines und weitmafchiges Netz zu denken, dafs diejenigen Erfcheinungen, auf Grund deren fie geleugnet ift, recht wohl eintreten könnten.

Ift am reifen Ei eine organifirte Membran vorhanden, fo haben wir zu fragen: welches ift, wenn fie nicht von Anfang an da war, der Organismus, von welchem fie abftammt? Im Dotter, im Inhalt felbft finden fich keine Elemente von folcher Form, dafs wir auf fie zurückgehen könn- ten. Die Protoplasmatiker haben das Bedürfnifs, hier eine Erklärung zu geben, wohl gefühlt. Waldeyer”) nimmt an, dafs die Zona radiata der Ausdruck von Protoplasmafäden der Epithelzellen fei. Die Membran felbft wird als eine ebenfalls von den Epithelzellen ausgehende »Cuticularbildung«, die bei gewiffen Fifcheiern vorhandene fiebartige Perforation als ein Abdruck der oben erwähnten Proto- plasmafäden in dem Sekret betrachtet, obgleich er das Vorhandenfein der Fafernetze kennt, diefelben freilich fehr ungenügend als »verfilzte Fäferchen« bezeichnet.

Man braucht nur einmal einen Blick auf ein gutes Präparat von der Dotterhaut eines Vogel- eies geworfen zu haben, um fich zu überzeugen, wie. ganz unmöglich die Waldeyerfche Vorausfetzung ift; dafs es fich überhaupt gar nicht um ein Sekret, alfo ein Exfudat, fondern um einen gewachfenen Organismus handelt. Diefe unglücklichen »Cuticularbildungen« find auch eins diefer Wörter, welche, indem fie eine Erklärung unbekannter Vorgänge zu geben fcheinen, von der näheren Erforfchung der thatfächlichen Verhältniffe abgeleitet haben, trotzdem Kölliker, der fich ja leider auch diefes Aus- drucks bedient, das Thatfächliche der Bildung der Hülle des Fifcheies fo berichtet, dafs es gar keine von aufsen bewirkte Cuticularbildung fein kann; trotzdem fchon Agaffız an der Entwickelung des Schildkröteneies gezeigt hat, wenn er es auch nicht klar ausfpricht, dafs das Eiweifs dort ein organi- fches, diefelbe wefentliche Struktur, als die Schalenhaut darbietendes Gebilde ift (Zindryology of the Zurtle in Contributions to the natural history of the United States o. A. Vol. ID. In einigen Fällen hoffe ich weiterhin zu zeigen, welche fehr intereffante organifche Formen in manchen fogenannten ‚Cutieularbildungen« vorliegen und wie fehr unfere Kenntnifs des Baues der Organismen durch das Eindringen in diefe höchft complizirten Strukturverhältniffe gefördert zu werden verfpricht.

Ift das Dotterhäutchen unzweifelhaft kein blofses Sekret, fo haben wir wenigftens die Rudi- mente deffelben auch da zu fuchen, wo ein darftellbares continuirliches Häutchen durch das Verhalten des Dotters unwahrfcheinlich wird. Ebenfo würden wir fie bei den erften Theilprodukten der Eizelle, bei den Furchungskugeln zu fuchen haben, wenn ein continuirliches Häutchen wirklich nicht nachweis- bar fein follte. Bekanntlich ift der Streit über den Reichert’fchen Faltenkranz an den erften Furchungs- kugeln des Batrachier-Eies zu einer endgültigen Entfcheidung nicht gekommen. Ich finde fchon an den Zellen der Keimhaut des Hühnereies bei geeigneter Behandlung eine unzweideutige continuirliche Membran, habe aber diefe Unterfuchung noch nicht zum Abfchlufs bringen können.

Nicht darauf aber dürfte es ankommen, die Membran immer und überall zu demonftriren. Es wird genügen, diefes auch nur in einzelnen Fällen thun zu können. Nie und nimmer wird man mehr von der fo fchwierigen mikrofkopifchen Demonftration verlangen dürfen.

Als wefentlich aber wird freilich das betrachtet werden müffen, dafs die Zellenmembran, als ein Organismus, als mit Struktur verfehen und einer Weiterentwickelung fähig, nachgewiefen wird. Ihre Mifsachtung durch die Protoplasmatiker fand darin, dafs auch in der älteren Zellentheorie die- felbe nur zu häufig als eine »Erhärtungsfchicht«, überhaupt als etwas mechanifch entftandenes betrach- tet wurde, ein leider fehr begründetes Motiv. Wäre fie nur das, fo hätte fie freilich keine tiefere morphologifche Bedeutung, und ob ein Theil des Zelleninhalts während des Lebens der Zelle fich

*) Strickers Handbuch.

als ein mechanifches Produkt abfcheidet, oder erft während der Unterfuchung durch die angewandten Reagentien, ift eine ziemlich unwichtige Frage.

Alfo nur das: die Membran als einen Organismus durch ihre Strukturverhältniffe und ihre Entwickelungsgefchichte nachzuweifen, ift das wirklich Bedeutende. Soweit dies aber, wenn auch nur in einzelnen Fällen gefchehen kann, ift von den Gegnern zu verlangen, dafs fie diefe Bedeutung und die Berechtigung, in anderen Fällen die direkte Demonftration durch vernunftgemäfse Schlufsfolgerungen zu ergänzen, anerkennen.

Geht nun aber die Frage dahin: ob eine folche Membran, die ja kein zufälliges Ereignifs fein kann, zum Wefen der Zelle gehört, fo müffen wir vor Allem klar fein, ob wir es in ftreitigen Fällen wirklich mit Zellen, d. h. mit Theilprodukten der Eizelle zu thun haben. Bedenkt man z. B. von wie fundamentaler Bedeutung für Max Schultze’s gefammte Auffaffungen die Vorausfetzung, dafs das Muskelkörperchen nur ein Kern und keine Zelle fei*), gewefen ift, fo mufs man ftaunen über die Leichtigkeit, mit welcher er über die entgegengefetzten Meinungen Anderer hinweggegangen ift. Er hat auch nicht einmal verfucht, den letzteren irgend einen thatfächlichen Beweis entgegenzuftellen.

Schon vor einigen Jahren habe ich**) an der Entwickelung des Rehgehörnes nachgewiefen, dafs das runde Körperchen oder der mit einem differenten Inhalt gefüllte Hohlraum in den fpindel- förmigen Gebilden, welche man leicht und in grofser Menge aus den jugendlichen Bildungsfchichten des Knorpels des fproffenden Gehörns durch Zerzupfen in indifferenten Flüffigkeiten darftellen kann, ganz unzweideutig der Zelle des Knorpels deffelben, alfo die fpindelförmige Hülle der hyalinen Grund- fubftanz entfpricht. Dafs die eben fo leicht darzuftellenden fpindelförmigen Körperchen aus zahl- reichen anderen Bindefubftanzen, dafs die ganz analogen Bildungen aus der noch in Entwickelung begriffenen Muskelfubftanz etwas wefentlich anderes —, dafs die Zelle im Innern der Spindel aus dem Rehgehörn eine echte Zelle, dagegen in den identifch erfcheinenden Spindeln der übrigen Bindefub- ftanzen und des Muskels nur ein Kern fei, wird doch nicht wohl behauptet werden können. Als erwiefen darf alfo betrachtet werden, dafs das runde Muskelkörperchen fowohl, als das runde Körperchen in den Spindelkörperchen der Bindefubftanzen morphologifch gleichwerthig mit der Knor- pelzelle, alfo echte Zellen find. Nicht erwiefen, aber allerdings wahrfcheinlich dürfte es fein, dafs auch der fogenannte Kern der Ganglienkugeln eine echte Zelle ift. In Strickers Handbuch pag. 1229 findet fich als Refultat der neueften Unterfuchungen Babuchins über die Entwickelung des Nervengewebes Folgendes angegeben: »Die embryonalen Nervenzellen, welche fchon ganz entwickelte Axencylinderfortfätze haben, befitzen einen auffallend grofsen Kern, fo dafs es beim erften Anblicke fcheint, als ob diefer ganz nackt fei und unmittelbar am Ende des Axencylinders fitze, wie ein Steck- nadelknopf auf der Nadel. Doch bei genauerer Betrachtung und bei guter Vergröfserung kann man fchon eine fehr fchmale Protoplasmafchicht unterfcheiden, welche von dem grofsen Kern von allen Seiten fcharf abgegrenzt ift und dem Axencylinder feinen Urfprung giebt.«

Sollte denn in der That bei unbefangener Auffaffung eines folchen Befundes nicht mindeftens die Frage entftehen, ob nicht diefer »auffallend grofse« faft nackte »Kern« eine echte Zelle, und diefe nicht leicht nachweisbare »fehr fchmale Protoplasmafchicht« eine Membran bedeute? Wird die Frage aber geftellt, fo ift nicht abzufehen, mit welchen Gründen fie verneint werden kann ***).

Man fieht, wie bedeutend dies in die Frage von der Zellenmembran eingreift. An den bisher meift als Kerne betrachteten rundlichen Körnchen der Bindefubftanzfpindeln, der Muskelkörperchen,

*) Archiv f. Anat. u. Phyf. 1861. **) Ueber die Markfubftanz verfchiedener Horngebilde etc. Archiv 1869.

***) Wie fchon erwähnt, ift mir die Robinfche » Anatomie et Phyfiologie cellulaires«e erft nachträglich zur Kenntnifs ge- kommen. Vergleicht man das dort, pag. 331 u. ff. über die Genefis der nervöfen Elemente Gefagte und die dazu gehörigen Abbildungen, namentlich Fig. 65 u. 66, fo wird es um fo deutlicher, wie nahe es liegt, den fogenannten Kern der Nervenzellen als eine wirkliche Zelle aufzufaffen. Robin thut dies freilich nicht, was mit der von ihm vertretenen Annahme der von vor- handenen Zellen unabhängigen Genefis freier, fich durch Theilung vermehrender Kerne zufammenhängt, und womit dann auch eine motivirte Unterfcheidung zwifchen Zelle und Kern kaum noch möglich erfcheint. Ich werde zum Schlufs auf feine ganzen, in Deutfchland gewifs zu wenig beachteten Auffaffungen zurückzukommen haben.

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der Ganglienkugeln ift eine Membran theils wie bei letzteren beftimmt nachweisbar, theils gar kein Grund fie abzuleugnen vorhanden. Fragen wir nun weiter nach der Bedeutung der diefe Zelle um- gebenden Hüllen, fo wird fie fehr klar, wenn wir vom Ei ausgehen. Das Vogelei und das Ei der befchuppten Amphibien, diefe riefenhafte Zelle, ift wegen feiner Dimenfionen ein aufserordentlich gün- ftiges Unterfuchungsobjeet. Ich habe in einer Reihe von Arbeiten, welche in der Zeitfchrift f. wilfen- fchaftl. Zoologie Bd. XVII 2, XIX 3, XX 1, XXI ı u. ff. publizirt und aus deren Gefammtrefultaten eine kurze Zufammenftellung auch im Cabanis’fchen Journ. f. Ornithologie 1871 Nr. 112 gegeben ift, nachgewiefen, dafs die Auffaffung des Eiweifses und der Schale als einer mechanifchen Bildung aus einem Sekret des Eileiters eine vollftändig unhaltbare ift. Alle Beobachtungen, fowohl an normalen, als an vielen abnormen Eiern weifen mit der unzweifelhafteften Beftimmtheit nach, dafs diefe Eihüllen, wenn auch der Stoff zu denfelben aus Sekreten des Eileiters entnommen, aus dem Dotterhäutchen als eine morphologifche Fortentwickelung deffelben, als ein Organismus erwachfen find.

Kann in diefem Falle nachgewiefenermafsen die Zellenmembran die Grundlage für fo beträcht- liche Organifationen werden, als die Eihüllen repräfentiren, fo liegt es doch wahrlich unabweisbar nah, die Hüllen, welche bei der Bindefubftanz, der Muskel- und der Nervenzelle den wirklichen Zell- raum umgeben, ebenfo als ein organifches Produkt der Zellenmembran zu betrachten. Dann find wir den gröfsten Theil des finnlofen »Protoplasma« los, und gewinnen den Gefichtspunkt, der mit der phyfiologifchen fowohl, als der morphologifchen Bedeutung der Intercellularfubftanzen, die dann nicht mehr blofse Sekrete zu fein brauchen, harmonirt.

Damals hatte ich es noch nicht für nöthig gehalten, die Hoffnung aufzugeben, dafs auf diefe Weife vielleicht die Intercellularfubftanzen als äufsere Hülle als Chorion der echten Zelle in den Rahmen der älteren Zellentheorie fo unterzubringen fein würden, dafs die Zelle ihre Bedeutung als ausfchliefsliche Grundlage des gefammten Organismus behält. Von Schritt zu Schritt wurde diefe Auffaffung erfchüttert, und traten diefe fibrillären Gewebe immer mehr als etwas hervor, das eine gewiffe Selbftftändigkeit gegenüber der Zelle behauptete. Vom Doppelei beginnend, wo fich die Hüllen genau ebenfo um zwei Eizellen, als fonft um eine entwickeln, zu den eigenthümlich und bis- her meines Wiffens nach gar nicht unterfuchten Eifchnüren gewiffer Schlangen und den irrthümlicher Weife für »Schleim« erklärten, zufammenhängenden Eihüllen gewiffer Batrachier, wo alfo eine gemein- fchaftliche äufsere Hülle eine grofse Zahl von Eiern umfchliefst; und endlich bis zu den Ovarien der Lepidopteren, wo eine das Keimfach jener auskleidende, fcheinbar ftrukturlofe, röhrenförmige Membran fich um einen Zellenhaufen, der nur eine wirkliche Eizelle enthält, allmälig abfchnürt, und erft nach- dem fo das aufser der Eizelle auch das Epithel und andere Zellen enthaltende Ei zum Abfchlufs ge- langt ift, mit beträchtlichem Dickenwachsthum die charakteriftifche Struktur erlangt. Hier ift weder die erfte Entftehung diefer Membran noch ihre Weiterentwickelung auf eine Zelle zurückzuführen. Die Entwickelung zeigt, morphologifch wenigftens, eine entfchiedene Selbftftändigkeit. Es ift nicht die Zelle, welche die Membran bildet, fondern umgekehrt die Membran, welche die Zelle bildet; aller- dings keine echte Zelle, fondern das einen complizirten Inhalt umfaffende Behältnifs, welches bei den Arthropoden als Ei bezeichnet wird. Weiterhin werde ich in den Cruftaceenpanzern und den Mu- fchel- und Schneckenfchalen Organismen zeigen, die in keiner Weife morphologifch auf die Zelle zu- rückzuführen find, und deren Geftaltung ohne jeden cellulären Einflufs vor fich geht.

Wenn ich fage, dafs diefe Organismen morphologifch felbftftändig find, fo möchte ich damit den Gegenfatz gegen eine phyfiologifche Selbftftändigkeit hervorheben. Sowie die Bildung von Eiweifs und Schale des Vogeleies phyfiologifch unzweifelhaft von den Sekreten des Eileiters abhängig ift, indem diefe das Material für ihr Wachsthum liefern, fo wenig ift fie diefes morphologifch. Von einer abfoluten Selbftftändigkeit kann übrigens bei den einzelnen Organen eines Thierkör- pers felbftverftändlich überhaupt nicht die Rede fein. Dafs in der Eizelle, mit welcher die Exiftenz des Individuums beginnt, fchon die wefentlichen Bedingungen der fpezififchen Geftaltung feiner fämmt- lichen Organe enthalten find, ift eben fo unabweisbar, als bis jetzt für uns unfafsbar, folche allgemeine und indirekte Abhängigkeit ift etwas anderes als eine direkte Abhängigkeit der einen Struktur von der andern. Wäre die Schwann’fche Theorie der Entftehung der Fibrillen gewiffer Bindefubftanzen aus Ausläufern von

Zellen oder aus Zellen, die fich in die Länge gezogen haben, richtig, dann würde ich einen folchen Zufammenhang der Zelle mit der fibrillären Subftanz einen morphologifchen nennen. Wenn aber die Anordnung der Fibrillen im Faferknorpel eine folche ift, dafs fie unzweifelhaft die Zellengebiete, wie fie im hyalinen Knorpel noch nachweisbar find, nicht berückfichtigt; wenn die lammelläre Struktur der Knochenfubftanz fich als unabhängig von der Anordnung der Knochenzellen zeigt, dann glaube ich in diefen Fällen die Struktur der Grundfubftanz als morphologifch unabhängig von der Zelle be- zeichnen zu dürfen.

Die als Beifpiel hier angeführten Gewebe des Faferknorpels und der Knochenfubftanz gehören fchon zu denjenigen Bildungen, deren volle Bedeutung man erft dann würdigt, wenn man aus der Befangenheit, welche ein fo imponirendes Syftem als die fogenannte Zellentheorie giebt, befreit ift ; ich möchte diefes wenigftens von mir eingeftehen; es find aber nicht die einzigen, die hier in Betracht kommen. Dafs das elaftifche Gewebe des Nackenbandes fich auch dann noch weiter entwickelt und wächft, wenn fämmtliche celluläre Gebilde aus demfelben verfchwunden find, ift von Henle in einem feiner Jahresberichte mit Recht als eine Thatfache betont, welche mit der Zellentheorie, fo weit fie das ganze organifche Werden und Sein auf die Zelle zurückführen will, unver- einbar if. Die Verfuche, Bindegewebsfibrillen und elaftifche Fafern als Anhängfel von Zellen oder aus letzteren erwachfen zu erklären, dürften doch nun nachgerade als vollftändig gefcheitert zu betrachten fein. Faft am bedeutfamften aber möchte hier das Muskelgewebe fein. Das Primitivbündel als eine Zelle zu betrachten, war ja naheliegend, folange das Sarkolemma als Membran derfelben galt und fo lange die Bildung der quergeftreiften Muskelfubftanz im Unklaren war. Nun aber, wo Niemand mehr das Sar- kolemma als eine Membran betrachtet, wo die Entftehung der fibrillären Subftanz aufserhalb des Muskelkörperchens, die Cuticulariften würden confequenterweife fagen müffen: als eine Cutieula —, un- zweifelhaft feftfteht, ift doch aufser einer vorgefafsten Meinung kein Grund mehr für die Zellennatur des Primitivbündels. Die Wagener’fchen Unterfuchungen, nach welchen im Hühnerembryo die Muskel- fubftanz zuerft als eine zarte fibrilläre Schicht ohne alle zelligen Elemente auftritt, müffen der vorgefafsten Meinung zu Liebe todtgefchwiegen werden; ebenfo deffen Nachweis, dafs die Pri- mitivfibrille des Muskels unmittelbar in Bindegewebsfibrillen übergehen kann, was fich leicht im Schwanz von Batrachierlarven beobachten läfst. Diefes Faktum, das mir felbft fchon vor längerer Zeit bei Unterfuchungen, die auf anderes gerichtet waren, unabweisbar entgegenfprang, hat mir felbft zuerft die Augen über vieles Andere geöffnet. Wie wenig das Primitivbündel auch in anderer Rich- tung einen abgefchloffenen Organismus darftellt, zeigt fchon der merkwürdige Umftand, dafs die Querftreifung ganz genau ftimmend durch fämmtliche Primitivbündel der Fafern hindurchgeht.

Ich mufs hierbei wohl erwähnen, dafs die pag. 177 u. ff. des Stricker’fchen Handbuchs der Lehre von den Geweben von Schweigger-Seidel gegebene Darftellung der Herzmuskeln diefem nur fcheinbar widerfpricht. Der dort Fig. 40 und 41 abgebildete Umftand, dafs die Querftruktur der Muskelfubftanz ftellenweis fo prononzirt ift, dafs durch die verfchiedenften Methoden die Bilder von Querfcheidewänden dargeftellt werden können, ift ebenfowenig ein Beweis, dafs diefe Fragmente von Muskelfubftanz Zellen find, als das häufige Zerfallen derfelben in entfprechende Stücke. Die »Zelle« läfst fich allerdings vieles zumuthen, dafs aber die »membranlofe Muskelzelle« fich nun auf einmal flicken- weife an gewiffen Stellen unmotivirter Weife eine zuweilen fogar treppenförmige Membran zulegen foll, müfste doch einigen Verdacht erregen. Das Zerfallen der Muskelfafer in »Disks« ift doch eine fo bekannte Thatfache und dafs das bis jetzt unermittelte Strukturverhältnifs, auf welchem es beruht, da befonders zur Geltung kommt, wo es fich, wie in diefen fogenannten Scheidewänden, fo deutlich documentirt, kann doch nicht wohl anders fein. Ob diefe Scheidewände die organifche Struktur wirk- lich feheiden, das zu erörtern und zu unterfuchen, hat Schweigger nicht für nöthig gehalten. Seine Zeichnungen, wenigftens Fig. 40 B, fcheinen zu ergeben, dafs fie es nicht thun, und dafs die fibrilläre Struktur fich regelmäfsig durch diefe vermeintlichen Scheidewände hindurch fortfetzt. Ich werde weiterhin an den Panzern der Cruftaceen und den Schalen der Mufcheln und Schnecken zeigen, dafs eine Querftruktur fibrillärer Organismen etwas fehr gewöhnliches ift, und dafs fie häufig zur Bildung folcher »Scheidewände« fich potenzirt, die wir aber dort beftimmt, als die fibrilläre Struktur nicht

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wirklich unterbrechend, nachweifen können. Unbefangener Weife fcheint es mir unthunlich, das Mus- kelgewebe als etwas szz generis von den übrigen fibrillären Intercellularfubftanzen zu trennen, und wenn fich Wagener’s Nachweis feiner nicht nur extracellulären, fondern fogar von den zelligen Ele- menten faft unabhängigen Entftehung weiterhin beftätigt, wird es dadurch noch bedeutfamer.

Ueberall im thierifchen Organismus finden wir alfo extracelluläre, organifirte und die höchfte Lebensthätigkeit zeigende Gebilde. Diefen Befund damit zu eskamotiren, dafs man fie mit dem weil zu viel und defshalb eben Nichts fagenden Worte »Protoplasma« oder »Cuticularbildung« belegt, ift der gerade Gegenfatz eines foliden wiffenfchaftlichen Verfahrens. Liegt ein folches Feld von Gceheim- niffen vor uns, fo haben wir es fachlich zu erforfchen; wir haben ungenügende Unterfuchungsmetho- den durch andere zu erfetzen; wir haben nach analogen Objekten zu fuchen, die gröfsere Klarheit als die bisherigen verfchaffen ete.; aber was wir ficher nicht thun dürfen ift die klaffende Lücke, die fich foin dem ganzenhiftiologifchen Wiffen zeigt, durch Worter- findungen maskiren zu wollen.

Resum& der Ei-Untersuchungen.

Die Ergebniffe einer genaueren Unterfuchung der verfchiedenen Hüllen, welche den Dotter fowohl des Vogel- als des Reptilieneies umgeben, find der Ausgangspunkt für diejenigen Auffaffun- gen gewefen, welche ich in der hier vorliegenden Arbeit beftätigen und weiter ausbilden konnte. Sie find in der Zeitfchrift für wiffenfchaftliche Zoologie in mehreren einzelnen Abhandlungen (Bd. XVIIL 2, XIX 3, XX 1, XXI ı u. ff.) niedergelegt. Ein kurzes Refume, das allerdings nur als erläuternde Ein- leitung zu den Gefichtspunkten dienen follte, welche fich aus diefen Arbeiten für die Syftematik der Ornithologie und die Speziesfrage ergeben, ift in dem Cabanisfchen Journal für Ornithologie 1871 Nr. 112 mitgetheilt und in derfelben Zeitfchrift 1872 Nr. 119 fehr intereffante Verhältniffe an fogenann- ten Doppeleiern der Hausgans abgebildet und befchrieben. Endlich ift in Nr. 125 v. 1874 deffelben Journals der Verfuch gemacht, die fpecififchen Unterfchiede der grauen von der Rabenkrähe in einer längeren Unterfuchungsreihe ihrer Eifchalen nachzuweifen und die Verhältniffe ihrer häufig vor- kommenden Verbaftardirung zu verfolgen, ein Thema, das allerdings nicht direkt ein hiftiologifches, fondern wefentlich ein fyftematifches Intereffe darbietet.

Diefe Arbeiten haben fich zwar in einigen Fällen einer Erwähnung Anderer zu erfreuen ge- habt, welche indefs doch nur dahin ging, den Gedanken einer organifirten Befchaffenheit der Eihüllen als einen fo fremdartigen zu betrachten, dafs man in mitleidiger Schonung folcher Wunderlichkeit kurz darüber hinwegging. Indefs fühle ich mich doch nicht fo ganz in der Lage von George Primrofe im Vicar von Wakefield, der mit einer Reihe unerhörter Paradoxen mindeftens lebhaften Widerfpruch zu erregen gedachte und fich fchmerzlich darin täufchte. Es ift mir gar nicht eingefallen, Paradoxen auf- zuftellen, fondern ich habe eine beträchtliche Reihe vollftändig untereinander harmonirender thatfäch- licher Beobachtungen mitgetheilt, die in direktem und gänzlichem Widerfpruch gegen diejenigen Hypo- thefen ftehen, mit welchen man, obgleich fie unter fich ebenfalls in direktem Widerfpruch ftanden, die Entftehung der Eihüllen zu erklären verfuchte. Diefe Thatfachen find in allen denjenigen Einzel- heiten, welche ihre Kritik ermöglichen, und in Begleitung von deutlichen Abbildungen publicirt. Meines Wiffens ift bis jetzt auch nicht eine einzige derfelben von Anderen auf einen Irrthum zurück- geführt worden, obgleich diefer bei Einzelheiten, wie es für Jeden, welcher derartige Unter- fuchungen kennt, felbftverftändlich ift, wird gefchehen können, und wie ich es in einigen nebenfäch- lichen Fällen im Fortfchritt der Unterfuchungen felbft zu thun hatte. Ebenfowenig ift mir ein Ver- fuch bekannt geworden, die Schlufsfolgerungen anzugreifen*), und dabei geht eine alles thatfächliche ignorirende Phrafeologie bezüglich der Eihüllen munter fort.

Abgefehen von der Unbequemheit diefer Thatfachen für gewiffe eingeroftete Hypothefen, ift übrigens das Beifeitelaffen der erfteren fehr wohl daraus erklärlich, dafs es fich dabei um Organifatio-

*) Ob in diefer Beziehung Folgendes anzuführen wäre, ift mindeftens zweifelhaft. Die erfte Bafis für den Nachweis, dafs Eiweifs, Schalenhaut und Schale des Vogeleies keine mechanifchen Appendices find, war mir, dafs die Dotterhaut des ge- legten Eies keineswegs identifch mit der des reifen Eierftockeies war. Ich betrachte Eiweifs und Schaale einfchliefslich der membrana vitellina als eine organifche Fortentwickelung der Zora ellucida. Kramer hat nun (Verh. d. Phyfik.-Med. Gef. zu Würzburg. Neue Folge ı. Bd. 3. Heft 1868) fchon im Dotterhäutchen fehr junger Follikel Andeutungen einer Faferftruktur ge- funden, und führt diefes in einer Form an, als ob er hierin eine Widerlegung meiner Auffaffungen fähe, weil ich, während fich

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nen und Gewebe handelt, welche direkt eine phyfiologifche oder entwickelungsgefchichtliche Bedeu- tung nicht haben, und mit Recht richtet fich die Aufmerkfamkeit der Forfcher vorwiegend auf Gewebe und Organifationen, welchen eine folche Bedeutung zukommt.

Ift aber auch der Zweck der Eihüllen für die Entwickelung des Individuums nur ein vorüber- gehender, fo hat ihre Struktur und die Theorie ihrer Bildung für eine philofophifche Auffaffung des organifchen Sein und Werdens ganz diefelbe Bedeutung, als ob fie den höchften phyfiologifchen Zwecken dauernd dienten. Eine Theorie, welche mit dem Befunde bei denfelben nicht beftehen kann, ift eben fo unzuläffig, als ob ihr durch die complieirteften Verhältniffe der Sinnesorgane widerfprochen würde, und gerade folche einfachere dürfen wir fagen niedere Organifationen find befonders ge- eignet, die Verhältniffe klar und deutlich erkennen zu laffen.

Somit halte ich es für berechtigt, im Nachftehenden eine Darftellung der wefentlichften Struk- turverhältniffe der Eihüllen zu geben, indem ich mich auf die vorhin eitirten Arbeiten als Belagftücke des hier in möglichfter Kürze Gefagten beziehe, und nur einige, fpäter feftgeftellte Thatfachen hin- zufüge.

Dafs die mermbrana testae das elaftifche, porzellanartig undurchfichtige Häutchen, das fich zwifchen dem Eiweifs und der Kalkfchale befindet, aus einem Filz glasartig durchfichtiger Fafern be- fteht, ift leicht zu erkennen und fchon von Vielen beobachtet. Ein folches mit den elaftifchen Ge- weben fowohl äufserlich, als auch in feinem Verhalten gegen chemifche Agentien vollftändig überein- ftimmendes Gebilde als ein mechanifches Produkt zu erklären, war natürlich nicht leicht, indeffen mit einem fo billigen Aushülfsmittel, wie diefes, es als: »das Sekret befonderer Drüfen, das bei dem Her- vortreten aus der Drüfenöffnung erftarrt, wie das Sekret der Spinndrüfen bei den Araneen und In- fectenlarven« zu betrachten, läfst fich viel ermöglichen. Noch origineller ift die Landoisfche Meinung, in diefen Fafern: »meift die Muskelzellen des Eileiters, wenn auch mit einzelnen Blutgefäfsen unter- mengt« zu fehen.

In der Wirklichkeit befteht die Schalenhaut des Vogeleies aus zahlreichen aber untereinander verwachfenen und nicht ftreng gefonderten Lagen dichter Fafernetze. Durch Behandlung mit Natron- lauge, welche das ganze Gewebe ftark aufquellen macht und eine Kittfubftanz löft, laffen fich als Grundlage diefes Gewebes unverzweigte Fafern ifoliren, die ftark aufgequollen und dadurch fchwach lichtbrechend find, aber bei Zufatz von etwas Effigfäure fich wieder contrahiren und meift nun einen Durchmeffer von 0,,—0,,; ı zeigen.

Diefe Fafern find in dem Gewebe durch die erwähnte Kittfubftanz zu Bändern und Balken ver- fchiedener Dimenfionen vereinigt und an den Punkten, wo fie quer übereinander liegen, feft verbunden.

In denjenigen Reptilieneiern, welche ich unterfuchen konnte, ift eine folche Kittfubftanz gar nicht, oder nur in verfchwindender Menge vorhanden. Die Fafern bleiben ifolirt und find niemals zu Balken oder Bändern verfchmolzen, erreichen aber theilweis eine beträchtliche Dicke und zeigen na- mentlich an den Endpunkten keulenförmige Anfchwellungen, auf deren Bedeutung ich zurückkommen werde. Ein röhrenförmiger Bau der Fafern, mindeftens eine Differenzirung von Inhalt und Hülle ift hier häufig nachzuweifen.

Alles diefes find Sachen, die einer mechanifchen Bildung der Schalenhaut beftimmt ent- gegenftehen.

Das Dotterhäutchen, wie es sich sowohl im natürlichen, als gekochten Zustande leicht isoliren lässt, besteht aus mehreren Schichten. Als den Dotter begrenzend lässt sich in günstigen Fällen auf Falten ein schmaler hyaliner Saum bemerken, der beim gekochten Hühnerei cca. I u Dicke hat.

Fafernetze in der membrana vitellina bei beftimmter Behandlung unzweideutig nachweifen liefsen, bei derfelben Behandlung fand, dafs das Dotterhäutchen des Eierftockeies nichts Aehnliches zeigt. Es befitzen nun die Eiweifsfchichten ebenfowohl als die membrana testae Fafernetze und ift es durchaus congruent, dafs ein Organismus, aus welchem Tafernetze erwachfen, Andeutun- gen derfelben fchon früher zeigt, und dafür, dafs nur die membrana vwitellina dem Dotterhäutchen des Eierftockeies entfpricht

und beide identifch find, ift mit der Kramerfchen Beobachtung gar nichts bewiefen, aber es ift doch wenigftens eine Redens- art gemacht.

Auf diefe Grenzfchicht folgt eine zweite von ca. 4 u Dicke, welche auf dem optifchen Querfchnitt der Falten ein für diefelbe fehr charakteriftifches punktirtes Ausfehen zeigt. Diefes rührt daher, dafs diefe Schicht von über einander liegenden Fafernetzen gebildet wird, welche, wenn auch in weit ge- ringeren Dimenfionen, im Wefentlichen die Verhältniffe der Schalenhaut repetiren. Schon die Flächen- anfichten von Glycerinpräparaten ergeben mehr oder weniger beftimmte Andeutungen diefer Fafer- ftruktur, die ja auch von Anderen fchon beobachtet find; in vollfter Schönheit erfcheinen die Fafer- netze aber nur auf trocknen Präparaten. Die Herftellung derfelben ift eine fo leichte und der Auf- fchlufs, den fie über fonft verborgene Strukturverhältniffe gewähren, ein fo wichtiger, dafs ich ihrer Herftellung hier einige Bemerkungen widmen möchte.

Wird die feine Membran in feuchtem Zuftande mit einem Waffertröpfchen auf den Objektträger gebracht, möglichft glatt ausgebreitet, ein Deckgläschen aufgelegt und durch fanften Druck zum An- faugen gebracht, fo ergiebt ein folches Präparat, nachdem das Waffer vollftändig verdunftet ift, Bilder von Strukturverhältniffen, die oft von überrafchender Schönheit find. Schon dadurch, dafs das Medium, in welchem das Objekt fich befindet, Luft und nicht Waffer ift, mufs jedes Relief, der ftärkeren Diffe- renz der Brechungsindices entfprechend, fchärfer hervortreten; aber aufserdem wird ohne Zweifel das Relief felbft ausgefprochener, indem zartere, durch Feuchtigkeit aufgequollene Theile beim Eintrock- nen ftärker fchwinden, als derbere.

Wie fchon früher beim Ei ift auch weiterhin im Laufe diefer Arbeiten mit gutem Erfolg häufiger Gebrauch von diefer Methode gemacht worden, und ich möchte fie in der Ueberzeugung, dafs fo manche jetzt für »ftrukturlos« erklärte Membrane dabei ihre Struktur zeigen könnten, aufs dringendfte empfehlen.

Diefe Präparate enthalten allerdings faft immer mifslungene Stellen, aber es genügt für den Zweck vollftändig, wenn fie auch nur einzelne gelungene Stellen darbieten. An folchen fieht man nicht nur die Fafernetze fich fcharf abheben, fondern man kann auch an den Rifsrändern die Dicke der Fafern fchätzen, die z. B. beim Schwan-Ei I—0,, u beträgt. Man fieht dort auch, wie zwifchen den Fafern feine Membrane gefpannt find, innerhalb deren fich runde Perforationen zeigen.

Auf diefe Faferfchicht folgen nach aufsen zu mehrere membranöfe Lagen, welche beim Hüh- ner-Ei in gekochtem Zuftande 10—12,; u, in ungekochtem nur 3—3,; w Dicke haben, welche Differenz ebenfowohl daher rühren kann, dafs erfteren Falles flüffiges Eiweifs, das zwifchen den Membranen eirculirte, coagulirt ift, letzteren Falles die Membrane fich theilweis ablöften. Diefe Dimenfionen würden überhaupt eine nur fpecififche Bedeutung haben, denn bei den Eiern verfchiedener Vogel- Arten find die bezüglichen Verhältniffe fehr abweichend. So hat z. B. beim gekochten Schwanen-Ei die innere faferige Schicht 6 u, die äufsere glattere 23 u Dicke, und auch in letzterer finden fich Zwifchenfchichten, bei denen eine im optifchen Querfchnitt bemerkbare, feine Punktirung auf Fafern hindeutet, und der faferige Charakter tritt an Lamellen, die von diefer äufseren Schicht abgelöft und in der erwähnten Weife trocken präparirt find, auch in der Flächenanficht mit Beftimmtheit hervor.

Noch beträchtlicher find die Dimenfionen des Dotterhäutchens beim Straufsen- und Kafuar-Ei und noch beftimmter die Andeutungen alternirend gelagerter glatter und faferiger Schichten auf dem optifchen Querfchnitt, wennfchon die Flächenanfichten der trockenen Präparate die Fafernetze nicht in derfelben Schönheit, als bei Schwan-, Gänfe- und Hühner-Eiern zeigen. Auch für das eigentliche Eiweifs läfst fich ein lamellärer und faferiger Charakter demonftriren; wird das ganze Eiweifs einige Tage in Waffer gelegt, das öfter erneuert wird, bis erfteres feine Durchfichtigkeit verloren hat und eine membranöfe Maffe darftellt, und werden dann Stückchen derfelben mit dem Deckglas breitgedrückt unter Waffer beob- achtet, fo treten neben den Falten der bekannten Membrane ganz zarte Faferzüge hervor; ebenfo wenn von frifchem Eiweifs mit Scheere und Pincette getrennte Stückchen unter dem nur auf zwei Kanten mit einer Mifchung von Wachs und Pech angefchmolzenen Deckglafe der Einwirkung des Waffers 24 bis 48 Stunden ausgefetzt werden. Werden diefe Membrane von Vielen als ein Artefact, als ein Präzipitat durch die Einwirkung des Waffers betrachtet,. fo ift dem zu entgegnen, dafs aus einer folchen Präzipitirung vielleicht einfache Membrane, jedenfalls aber doch keine Fafernetze hervorgehen könnten, und dafs eine lamelläre Struktur der Eiweifshülle fich auch nachweifen läfst, ohne dafs eine

IF. von Nathusius-Königsborn. 3

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Waffer-Einwirkung ftattgefunden hat. Mäfsig dünne Schnitte des hart gekochten Eiweifses in Glycerin eingelegt, laffen eine ziemlich regelmäfsige Schichtung und bei durchfallendem Licht durchfichtigere und weniger durchfichtige alternirende Lagen erkennen. Die undurchfichtigften, keine Schichtung, aber eine feinkörnige Befchaffenheit zeigenden Stellen entfprechen dünnflüffigen ftrukturlofen Eiweifs- maffen. Die hellften entfprechen membranöfen Lagen, zwifchen welchen fich nur fchwächere flüffige Schichten, vielleicht auch dickflüffigeres Eiweifs befindet; denn wenn man filtrirtes dünnflüffiges Eiweifs coaguliren läfst, zeigen Schnitte davon die körnige, wenig durchfichtige Befchaffenheit, während das Coagulum der Eiweifslöfung, wenn fie vorher durch Eindampfen concentrirt ift, durchfichtigere homo- gene Schnitte giebt.

Indem man ein hartgekochtes Ei erft mit einem glatten Schnitt theilt und dann ein Syftem feiner, einzelner Schnitte anfertigt, läfst fich fomit eine Ueberficht der Struktur der gefammten Eiweifs- hülle gewinnen. Diefe ergiebt, dafs beim Hühner-Ei zunächft unter dem Schalenhäutchen eine vorwie- gend membranöfe, halb durchfichtige Schicht liegt. Dann folgen 5—6 fehr durchfichtige Lagen, durch undurchfichtige, mehr Flüffigkeit enthaltende getrennt, in regelmäfsiger concentrifcher Anordnung, welche nur gegen die Pole hin unregelmäfsiger wird, indem fich dort aus diefen membranöfen Lagen die Chalazen entwickeln, welche einen aus Membranen gefchichteten, ftark gekräufelten und gewundenen Strang bilden, der fich auf dem Dotterhäutchen wieder ausbreitet und deffen Schichten dort wieder an- gewachfen find. Zwifchen diefem äufseren lamellären Theil des Eiweifses, der den bei weitem gröfsten Theil deffelben bildet, und dem Dotterhäutchen bleibt ein Raum, der mit dünnflüffigem, ftrukturlofem Ei- weifs ausgefüllt ift, und innerhalb deffen der Dotter foweit fluktuirt, als es die derbere äufsere Eiweifs- lage und die aufgerollten Chalazen geftatten, die ihn wie elaftifche Polfter von den Polen abhalten, nicht aber, wie man früher annahm, Stränge bilden, mittelft deren er zwifchen den Polen gewilfer- mafsen aufgehängt wäre. Der flüffige Zuftand der inneren Eiweifsfchichten und das Fluktuiren des Dotters innerhalb derfelben läfst fich auch durch Schnitte nachweifen, die durch Eier, welche in ver- fchiedenen Stellungen ihrer Achfe hart gekocht find, geführt werden. Ueberhaupt zeigt diefe ganze fo leicht nachzuweifende Struktur des Eiweifses die Unrichtigkeit der zu Gunften der mechanifchen Erklärungsweife feines Entftehens erfundenen Behauptungen, dafs die Eiweifslagen fpiral aufgerollt feien, dafs die inneren Schichten aus fefterem Eiweifs beftänden etc.

Die ganze Eiweifshülle bildet mit dem Dotter- und Schalenhäutchen einen auf daffelbe Bil- dungsprinzip Membrane, die fich auf Fafernetze ftützen zurückzuführenden Organismus.

Die innere Fläche der Schale des Vogeleies befteht aus zitzenförmigen Fortfätzen, die ich der Kürze halber als die Mammillen der Schale bezeichnet habe, und welche mit ihren Endungen in die äufseren Schichten der Schalenhaut inferirt und von den Fafern der letzteren hier durchzogen find. Hierdurch bildet fich ein zufammenhängender Luftraum, welcher nach innen mit den Interfticien der Schalenhaut, nach aufsen durch die Porencanäle der Schale mit der umgebenden Atmofphäre communicirt. Von dem Eiweifs find diefe Luftfchichten nur dadurch getrennt, dafs die Zwifchenräume der innerften Faferfchicht durch eine diefelben ausfüllende Membran gefchloffen werden.

Die Struktur der Eifchale läfst fich nur aus Dünnfchliffen in verfchiedener Richtung erfehen. Ihre Anfertigung erfordert bei dünneren Schalen gewiffe Vorbereitungen und Handgriffe, welche im Wefentlichen in den oben citirten Arbeiten, namentlich in dem Journ. f. Ornithologie Nr. II2 angege- ben find. Ihre Erörterung würde hier zu weit führen, und bemerke ich nur, dafs es mir gelungen ift, fogar von der nur 0,065 mm dicken Schale von 7roglodytes parvulus einen brauchbaren Querfchliff zu erlangen.

In der Grundfubftanz der Schale des Vogeleies find die Kalkfalze fo innig mit dem organi- fchen Subftrat, das nach Behandlung mit Säuren zurückbleibt, verbunden, dafs diefe Grundfubftanz vollftändig durchfichtig und homogen erfcheint; aber deffen ungeachtet ift die Schale im Ganzen un- durchfichtig, weil diefe Grundfubftanz Maffen runder Körperchen enthält, deren Brechungsindex ein wefentlich anderer ift. Ihre Gröfse ift bei verfchiedenen Eiern eine fehr verfchiedene, aber innerhalb der Familien ziemlich übereinftimmend. Am beträchtlichften habe ich fie bei dem Ei eines der gröfse- ren Papageien mit 3,,; u gefunden. Dies dürfte aber eine feltene Ausnahme fein. Beim Straufs kann

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ich fie nur auf 0,,—0,, u fchätzen. Bei Gänfen und Schwänen find fie noch kleiner, dagegen bei Haliaeus und Pelicanus o,,, bei Larus L,,, bei Uria 2,;, und bei den Öscinen verhältnifsmäfsig grofs TUCH Tos ll. \

Bei fchwächeren Vergröfserungen fich nur als dunkle Punkte bemerkbar machend, geftatten ftärkere und eine forgfältige Controle der Erfcheinungen bei höherer und tieferer Einftellung den Nachweis, dafs fie einen bedeutend geringeren Brechungsindex als die Grundfubftanz belitzen. Sie machen fo den Eindruck von Hohlräumen, find aber keineswegs einfache Hohlräume, fondern befitzen einen Inhalt, welcher, nachdem feine Schliffe von Schalen, bei denen wie bei Uria troile die Körperchen verhältnifsmäfsig beträchtliche Dimenfionen haben, mit Chromfäure entkalkt find, fich ftärker licht- brechend als die verbleibende Grundfubftanz herausttellt.

In Schildkröten- und Schlangen-Eierschalen finden fich, wenn auch viel vereinzelter, runde Körperchen, deren Dimentionen in letzteren zwiichen 19 und I,, u fchwanken und deren Refractions- verhältniffe vor und nach der Entkalkung mit Chromfäure ganz fo wie die der kleinen Körperchen in der Vogel-Eifchale find. Dabei zeigen fie im Schlangenei eine deutliche, theils concentrifch gefchich- tete, theils radiar geftreifte Struktur (Abbildung in der Zeitfchr. f. wiffenfchaftl. Zoologie Bd. XX Taf. XXVI Fiz. ı1), und Andeutungen einer ähnlichen Struktur fand ich auch in den mit Chromfäure be- handelten gröfsten Körperchen der Vogel-Eifchale. Dafs fie in der unveränderten Grundfubftanz den Eindruck von Hohlräumen machen, liegt fonach nur darin, dafs fie gar keinen oder wenigftens nur fehr geringen Kalkgehalt haben, und fie müffen als für die Geneiis der Schale bedeutuongsvolle Orga- nismen um fo mehr betrachtet werden, als ganz ähnliche Gebilde fowohl in den Schalenrudimenten unvollkommener, weichfchaliger Vogel-Eier, als in den eigenthümlichen runden Körpern der Ei-Schalen- haut von 7rogopogon nairix, die ich als Antänge einer Kalkfchalenbildung betrachten mufs, vorkom- men. Ehe ich auf letztere näher eingehe, foll aber die Befchreibung der Verhältniffe der Vogel- Eifchale vervollftändigt werden.

Die runden Körperchen iınd in der Grundfubftanz nicht fo gleichmäfsig vertheilt, dafs die Trübung oder Undurchfichtigkeit der Letzteren eine gleichmäfsige ift, und ihre regelmäfsige Anord- nung in Gruppen oder Schichten giebt fowohl bei Flächen- als bei Querfchliffen Bilder, welche für die Genera, Familien oder Ordnungen, welchen die betreffenden Eier angehören, oft fehr charakteriftifch und von grofser Zierlichkeit fein können, indem bei fchwacher Vergröfserung die einzelnen Körperchen nicht mehr zu erkennen find und bei durchfallendem Licht nur in ihrer Gefammtheit verdunkelnd wirken.

Bei dierer Gruppirung und Schichtung fpricht mit, dafs in der Eifchale zwei Strukturverhält- niffe gleichzeitig vorhanden find: erftens eine feine lamelläre Schichtung, welche im äufseren Theil der Schalen der Oberfläche parallel liegt, aber in den Mammillen fich wie die Segmente mehr oder weni- ger gewölbter Kugeln verhält. Das gemeinfame Centrum diefer fphärifchen Schichtung liest in der Infertion der Mammillen in die Schalenhaut oder wenisftens in der Richtung derfelben, wenn auch weit über diefelbe hinaus. Zweitens befteht eine Gliederung der Schale in Säulen, deren Achfen im Allgemeinen zum Centrum des Eies radial geftellt find, aber in den Mammillen gegen den Mittelpunkt ihrer Endung convergiren.

Bei manchen Eiern fchlieist fich die Anordnung der Körperchen, welche die erwähnten dunkeln Zeichnungen der Schliffe bei durchfallendem Licht veranlaffen, ziemlich eng an diefe Strukturverhält- niffe an: fo zeigen die Eifchalen der Struthioniden auf den Quer- oder Radialichlitfen eine ent- fprechende feine Streifung, indem die Körnchen in Schichten zufammengelagert find, zwifchen welchen die Grundfubitanz lagenweis durchfichtig bleibt; und auf Flächen- oder Tangentialfchliffen wenigftens in den inneren Schalenfchichten aufserordentlich zierliche Zeichnungen von dunkeln Dreiecken mit hellen Zwifchenräumen, welche den Querfchnitten dunkler Säulen entfprechen, wefshalb dort auch die Radialfchliffe eine entfprechende, fenkrecht auf die Schalenfläche gerichtete Streifung erkennen laffen. (Vergl. die Abbildungen in der Zeitfchr. f. wiffenfch. Zoologie Bd. XVIH, Taf. XII, Fig. 4 und 6, Taf. XIV Fig. 7, 8 und 9 und Bd. XXI, Taf. XXV, Fig. I, 2, 4.u. 6eetc.).

Die Schliffe anderer Eifchalen geben viel einfachere Bilder. Sehr häufig bietet der gröfste Theil der Radialfchliffe nur eine gleichmäfsig bis zur Undurchfichtigkeit getrübte Maffe, während nur

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die Mammillen durchfichtig oder durch unregelmäfsig eingefprengte Körner mäfsig getrübt find. Letzte- res ift der Fall bei fämmtlichen von mir unterfuchten Öscinen; aber auch in der Grundfubftanz felbft ift die erwähnte lamelläre Schichtung und prismatifche Gliederung nicht nur durch diefe dunkeln Zeichnungen markirt, fondern ebenfo beftimmt bei mit Chromfäure entkalkten Schliffen an dem Sub- ftrat, welches die Grundfubftanz hinterläfst, zu erkennen.

Sehr charakteriftifch für die organifirte Befchaffenheit der Eifchale find die verzweigten Poren- canäle, die bei den Struthioniden einfchliefslich des neufeeländifchen Dizornis und des, wie diefer letz- tere ausgeftorbenen Aepyornis von Madagaskar, vorkommen. Es ift ganz unerfindlich, wie eine folche Bildung der Porencanäle das Refultat einer mechanifchen Appofition der Schale fein könnte.

Bei den äufserften Schichten der Schale kommen mannichfache, auch in fyftematifcher Be- ziehung wichtige Abweichungen vor. Zuweilen ein biegfames, in Carmin fich lebhaft röthendes Ober- häutchen (Puter), ein fchmelzartiger durchfichtiger Ueberzug bei den Struthioniden, fehr complizirte, ohne Abbildungen nicht zu verdeutlichende Verhältniffe bei den Lamelliroftren, wobei für die alten Genera Cygnus, Anfer und Anas charakteriftifche Unterfchiede auftreten; ein eigenthümlicher kreide- artiger Ueberzug, der nur vereinzelte organifirte Elemente zu enthalten fcheint, bei den Steganopoden; eine Durchbohrung der äufseren Schichten mit dicht ftehenden, tiefen Grübchen, fo .dafs Flächenfchliffe ein fiebartiges Anfehen haben, bei Upxpa; ähnliche, aber tiefer eindringende und nicht ganz fo dicht ftehende Kanäle bei CZconza und bei den meiften Tag-Raubvögeln, von denen aber mindeftens Sarco- rhamphus eine Ausnahme macht etc. etc.

Nur eine einzige in der Entwickelung begriffene Eifchale habe ich zu unterfuchen Gelegenheit gehabt. Herr Dr. B. Buchheim in Giefsen, der fich ebenfalls erfolgreich mit Eifchalen-Schliffen be- fchäftigt hatte, überfandte mir zur Einficht mit folchen Präparaten, auch die in Glycerin gelegte Schale eines dem Oviduct entnommenen halbreifen Eies von Hirundo riparia und hatte fpäter die grofse Güte, mir den in Spiritus confervirten Reft diefer Eifchale zur Dispofition zu ftellen. Die Flächenan- ficht derfelben ftimmt mit dem überein, was fchon Purkinje von der Schale eines unreifen Hühner-Eies richtig abgebildet hat. Die Rudimente der Schale, refp. der Mammillen, zeigen fich als eckige Körper in folcher Weife, dafs es wohl begreiflich wird, wie fie, wenn man fich mit der Betrachtung der Flächenanfichten begnügt, irrthümlich für Cryftallifationen von Kalkfalzen, welche fich auf die äufsere Fläche der Eihaut abfetzen, gehalten werden können. Der Vergleich der nach meinen Präparaten gefertigten Abbildung Fig. I B, Taf. I, wird diefes beftätigen.

Verfolgt man indeffen dasjenige, was fich ergiebt, wenn man die weiche Eifchale fo in eine Falte legt, dafs fich ihre Oberfläche auf der äufseren Seite der Falte befindet, fo fchwindet diefe Täufchung. Man fieht dann, dafs die äufsere Fläche der Eifchale aus einer feinen Membran befteht, und dafs die Schalenrudimente fich innerhalb derfelben gebildet haben; dafs letztere ferner in der Seitenanficht, welche die Falte gewährt, fich als platte Körper darftellen, welche durchaus keinen eryftallinifchen Charakter tragen. (Vergl. a bei Fig I B.)

Im Wefentlichen daffelbe ergeben Querfchnitte diefer weichen Eifchale (Fig. IA). Die harten Schalenrudimente verhindern, indem fie dem Meffer ausweichen, häufig einen glatten reinen Schnitt, und meiftens reifst durch denfelben das zarte äufsere Häutchen ein, fo dafs nur ausnahmsweife fo günftige Stellen, als die in Fig. I A gezeichnete, in den Präparaten vorkommen, und auch beim Legen der Falten reifst das äufsere Häutchen, fobald der Druck des Deckglafes zu ftark ift, ein, und die Schalenrudimente ftehen dann freilich auf den Rifsftellen hervor, aber gerade auf diefen Stellen läfst fich andererfeits die Exiftenz des Häutchens an den Lappen und Fetzen, die von demfelben übrig bleiben, am beftimmteften nachweifen.

Meine derartigen Präparate find nun über 3 Jahre alt und in Folge eines überfehenen fchwachen Säuregehalts des Glycerins, in welches fie damals gelegt wurden, ift ein Theil derfelben fo verändert, dafs von den Schalenrudimenten nur ein entkalkter Rückftand von mehr oder weniger unbeftimmter Geftalt geblieben ift. In denjenigen Präparaten, nach welchen die Zeichnungen gemacht wurden, find die Formen im Wefentlichen noch unverändert, wenn auch vielleicht etwas weniger fcharf, als fie ur- fprünglich waren, und jedenfalls ift das entfcheidende Verhältnifs, dafs die Anfänge der Schale fich

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nicht auf der Schalenhaut, fondern innerhalb ihrer äufseren Schicht bilden, noch deutlich zu erfehen.

Diejenigen weichfchaligen Eier, welche von Haushühnern und Putern herrührend, nicht dem Oviduct entnommen, fondern in weichem Zuftande gelegt find, entfprechen nicht Entwickelungsftufen der Schale, fondern fie find Monftrofitäten. In der Z. f. wiffenfch. Zool. Bd. XIX, Taf. XXVII, Big. 12 u. 13 habe ich Abbildungen von einem folchen weichfchaligen Puter-Ei gegeben. Auch Präparate von derartigen Hühner-Eiern ftimmen mit jenem darin überein, dafs die Schalenrudimente durchaus keinen cryftallinifichen Charakter befitzen, aber fich nicht unter einem Oberhäutchen gebildet haben, fondern frei der Faferhaut auffitzen. Man wird annehmen dürfen, dafs es das Fehlen des Ober- häutchens ift, welches das Wefen diefer Teratologie ausmacht.

Bei den Eiern verfchiedener Reptilien findet fich auch die normale Schalenbildung in fo ver- fchiedenen Zuftänden, dafs hier vielleicht das befte. Objekt vorliegt, um das Wefen derfelben klar zu ftellen.

Es kommen Schlangen-Eier vor, deren Hülle nur aus einem ziemlich lofen Filz feiner Fafern befteht, und wo nur zuweilen an den Enden der Fafern keulenförmige Anfchwellungen beobachtet werden können. Solche Anfchwellungen hatte ich auch in der äufserften Schicht der Faferhaut eines hartfchaligen Schlangen-Eies nach Auflöfung der Schale in Salzfäure beobachtet (a. a. ©. Bd. XIX, pag. 332. Abbildung Bd. XXI, Taf. VII, Fig. I). Befonders inftruktiv tritt diefes Verhältnifs bei der Eifchale der Ringelnatter auf, wo diefe Anfchwellungen bis zu rundlichen abgeplatteten Körpern entwickelt find, welche unter einer äufseren Hautfchicht ein dichtes Pflafter bilden.

Diefes Vorkommen ift a. a. OÖ. Bd. XXI, Heft ı ausführlich abgehandelt und mit Abbildun- gen erläutert, und foll hier nur in der Kürze angeführt werden, dafs diefe Körper, wenn fie durch Zerzupfen ifolirt find, fich aus den mehr oder weniger verdickten Fafern hervorgehend zeigen und dafs fie eine äufsere Hülle, welche die Fortfetzung der Faferfubftanz ift, und innerhalb derfelben einen feinkörnigen Inhalt, häufig auch kernähnliche Einfchlüffe befitzen. Die feinen Körnchen machen bei Balfam-Präparaten ganz denfelben Eindruck, als diejenigen Körnchen, welche die Undurchfichtigkeit der Vogel-Eifchale bewirken. Derfelbe körnige Inhalt findet fich auch in den verdickten Enden der Fafern und fteht mit dem der runden Körper in Verbindung. Auch die feinften Fafern können in Balfampräparaten einen durch Lufteinfchlüffe bezeichneten, röhrenförmigen Charakter, mindeftens eine Differenzirung des Inhalts von der äufseren Schicht erkennen laffen. Ein Kalkgehalt der Natter-Ei- fchale ift vorhanden und durch fehwache Gasentwickelung bei Säureeinwirkung nachweisbar, er ift aber noch fehr gering.

Die lederartigen Schalen von den Eiern der Schildkröten und gewiffer Schlangen zeigen fchon eine gröfsere Ausbildung der Schale. Die Faferhaut ift mit einer dichten Lage verkalkter Buckeln befetzt, die ähnlich den Mammillen der Vogel-Eifchale in die Faferhaut inferirt find und auch in ihrer concentrifchen Schichtung und den körnigen Einfchlüffen ihrer Subftanz grofse Analogie mit jenen haben; auch find fie keineswegs einfache Kalkablagerungen, wie frühere Beobachter anführen, fondern fie hinterlaffen bei Behandlung mit Chromfäure einen erheblichen organifchen Rückftand, welcher die frühere Struktur in allen Einzelnheiten beibehält. (Vergl. a. a. ©. Bd. XIX, Heft 3 Taf. XXVI Fig. 5—8.)

Wo, wie bei gewiffen Schlangen-Eiern, eine weitere Fortentwickelung diefer Buckeln eintritt, müffen fie nothwendig zu einer feften ftarren Schale verfchmelzen, womit dann daffelbe als beim Vogel-Ei vorliegt (ibid. Taf. XXVII Fig. 9).

Durch diefe Zurückführung der Genefis der Schale auf die Fafern der Schalenhaut erkennen wir in fämmtlichen Eihüllen einen einheitlichen Organismus, der morphologifch eine Fortentwickelung der Membran der Eizelle darftellt, unbefchadet deffen, dafs das Rohmaterial, aus welchem er fich auf- baut, in Sekreten der Drüfen des Oviducts beftehen mag.

In den mehrfach citirten Arbeiten find mancherlei Schalen monftröfer Eier abgehandelt wor- den. In der That bieten fich hier Verhältniffe dar, welche die direkteften Beweife dafür liefern, dafs die Schale nicht eine mechanifche Appofition, fondern etwas organifches, aus dem Ei erwachfenes ift,

indem teratologifchen Verhältniffen des Eies meift auch eine abweichende Struktur und Bildung der Schale entfpricht: fo ift erftere bei den kleinen fogenannten Spur-Eiern des Haushuhns wefentlich anders, als bei den normalen Eiern deffelben; fo entfpricht abnormen Formen der Eifchale auch eine abnorme Struktur oder abnorme Dicke, und endlich finden fich auch bei Eiern, deren Inhalt normal ift, Teratologien der Schale felbft, deren Entftehung auf mechanifche Motive gar nicht zurück- geführt werden kann (vergl. a. a. ©. Bd. XIX, H. 3, Taf. XXVII u. XXVII, Fig. 14—18).

Diefe Verhältniffe feien hiermit nur erwähnt, fo wie auf die unzweifelhaft hervortretende fyfte- matifche Bedeutung der Eifchalenftruktur nur infoweit hingewiefen wird, als fie bei einer mechani- fchen Entftehung der Schale ebenfo befremdlich, als bei einer organifchen Zugehörigkeit zum Ei- individuum felbftverftändlich ift; dagegen möchte ich auf einen intereffanten Befund bei Doppel-Eiern der Hausgans etwas näher eingehen, weil er nur, wie Eingangs angeführt, in ifolirter Weife in dem Cabanisfchen Journal für Ornithologie publicirt ift. Während in allen unterfuchten Doppel-Eiern vom Haushuhn die beiden Dotter, jeder von einem befondern Dotterhäutchen umgeben, in der inneren flüffigen Eiweifsmaffe Auktuiren, und nur die äufseren membranöfen Eiweifsfchichten für beide gemein- fam find (vergl. Z. f. wiffenfch. Zool., Bd. XIX, Taf. XXVII, Fig. 23 A), und daffelbe Verhältnifs auch bei einzelnen Gänfe-Doppel-Eiern vorkam, find mir zwei folche Gänfe-Eier zugegangen, bei welchen die beiden Dotter von einer gemeinfamen Dotterhaut, aufser diefer aber jeder von einer befon- dern umgeben war.

In Fig. 2, Taf. I ift, um die Befchreibung abkürzen zu können, der Durchfchnitt eines diefer beiden Eier in der Hälfte der wirklichen Gröfse gezeichnet, um aber dabei die Beziehungen des ge- meinfamen und der beiden partikularen Dotterhäutchen zu einander zu verdeutlichen, mufsten fie in einer, das wirkliche Verhältnifs um das 35fache überfchreitenden Dicke gezeichnet werden; denn das erftere Häutchen ift nur 21 uw und die letzteren nur I6 u dick. Detailzeichnungen findet man im Journ. f. Ornithol. 1872 Nr. 119, Taf. II. Die partikularen Dotterhäutchen haben diefelbe Struktur, als beim normalen Gänfe-Ei, nur in etwas geringeren Dimenfionen, als fich diefelben bei dem von letzterem unterfuchten Individuum ergeben. Von innen aus folgt im Querfchnitt auf einen fchmalen, hyalin erfcheinenden Saum eine Faferfchicht, die, wie es bei diefen Faferhäutchen immer der Fall ift, in diefer Anficht punktirt erfcheint, und hierauf eine Anzahl glatt erfcheinender Schichten, welche da, wo die beiden Dotter feft aneinander geprefst find, faft ganz verfchwinden. Diefen liegt, aufser da wo der in der Zeichnung mit e bezeichnete ringförmige, mit flüffigem Eiweifs gefüllte Raum die inneren partikularen von dem äufseren gemeinfchaftlichen Häutchen trennt, das letztere mit einer Faferfchicht dicht auf. Auch die äufserfte Lage deffelben wird wieder durch eine folche Faferfchicht gebildet, während zwifchen den beiden Faferfchichten 4—5 membranöfe glatte Lagen fich befinden.

Dafs die Struktur diefer Faferfchichten des gemeinfamen Dotterhäutchens genau diefelbe als bei dem eigentlichen Dotterhäutchen ift, war ein zu wichtiger Punkt, als dafs fein Nachweis lediglich dem, wenn auch noch fo charakteriftifchen Bilde der optifchen Querfchnitte hätte entnommen werden können. Mehrfach find trockene Präparate von der äufserften Schicht des gemeinfamen Dotter- häutchens angefertigt, und deren Flächenanfichten gewähren das nicht zu verkennende fchöne Bild der für das Dotterhäutchen fo charakteriftifchen Fafernetze, wenn auch dem unbewafineten Auge diefes Häutchen aus den übrigen Eiweifsfchichten nicht befonders auffallend ‚entgegentritt; fchält man indefs die beiden Dotter mit dem Dotterhäutchen aus dem hartgekochten Ei aus, fo bleiben fie in Verbin- dung mit der Eiweifsfchicht e und es läfst fich dann das Material zu den erwähnten trocknen Präpa- raten durch Ablöfung mit dem Pinfel leicht gewinnen.

Eine befondere Genugthuung gewährt es, fo mit einem einzigen glücklich aufgefundenen und dann forgfältig unterfuchten Objekt ganze Colonnen phantaftifcher Erklärereien aus dem Felde fchlagen zu können. Der fonderbaren Idee, die Doppel-Eier aus zwei zufällig im Oviduct zufammengerathenen Dottern entftehen zu laffen, braucht kaum gedacht zu werden. Das Vorkommen von normalem Eiweifs innerhalb der Schichten der Dotterhaut ift ein Beweis, dafs es dort gebildet ift, alfo nicht blofs äufserlich angefetzt fein kann. Auch die Erklärung der Dotterhaut als eines Sekrets der Epithel- zellen, fällt mit dem obfchon nur teratologifchen Vorkommen einer folchen doppelten Dotterhaut in

fich zufammen, und gerade der Umftand, dafs eine gemeinfchaftliche Dotterhaut nur als feltene Aus- nahme bei den Eiern mit doppelten Dottern vorzukommen fcheint, dafs wenigftens jedenfalls häufig Doppel-Eier diefelbe nicht befitzen, ift der deutliche Hinweis darauf, dafs die Dotterhaut überhaupt gar nichts von den übrigen Eiweifsfchichten genetifch verfchiedenes ift, wie fie ja auch diefelben Struktur- Elemente enthält, und bei ihr die Fafernetze, die in den übrigen Eiweifsfchichten zarter und undeut- licher find, nur ftärker und beftimmter hervortreten. In noch höherem Grade ift diefes dann bei der Schalenhaut der Fall.

Müffen wir die Eihüllen als aus der Zona pellucida des Eierftock-Eies alfo der typifchen Zellmembran entwickelt acceptiren, fo ift damit freilich der älteren Zellentheorie noch in Nichts zu nahe getreten, es reihen fich fogar die Intercellularfubftanzen, foweit fie wie beim Knorpel auf Zellenterritorien zurückzuführen find, noch glücklicher in diefelbe ein; und indem die Doppel-Eier, fo betrachtet, die fortdauernde Entwickelungsfähigkeit der Mutterzelle, auch nachdem ihr Inhalt in Tochterzellen zerfallen ift, illuftriren, verurfachen auch fie keine Schwierigkeit. Bedenklicher wird die Sache, wenn bei gewiffen Schlangen eine ganze Reihe von vollftändigen, mit Schale verfehenen Eiern durch eine wurftförmige, aber zwifchen den einzelnen Eiern eingefchnürte Hülle zu einem Strange ver- bunden ift. In Bd. XXI, H. ı d. Zeitfchr. f. wiffenfch. Zool. habe ich ein folches Vorkommen aus- führlich befchrieben und auf Taf. VII, Fig. 11 —ı3 die merkwürdigen Strukturverhältniffe diefer Hüll- haut dargeftellt: Verhältniffe, die fo eigenthümlich find, dafs es fchwierig ift, auf dem ganzen Gebiete der Hiftiologie Anknüpfungspunkte für fie zu finden. Aber gerade diefes macht um fo gröfsere Vor- ficht in der Verwerthung einer fo ifolirten Beobachtung an einem unvollftändigen und fchon längere Zeit "in Spiritus aufbewahrten Objekt nöthig, und ich blieb, wie a. a. O. ausführlicher erörtert ift, zweifelhaft, ob ich diefes Gebilde als ein Analogon der Dotterhaut, oder als eine Fortentwickelung der mermbrana propria der Follikel oder endlich nur als eine dann allerdings ganz finguläre Form des Bindegewebes annehmen follte. Jetzt würde ich diefe drei Alternativen gar nicht mehr als fich unbedingt ausfchliefsende betrachten, doch eine folche Heterodoxie wird vielleicht erft am Schlufs diefer Arbeit verftändlicher werden.

Welches auch die Bedeutung diefer Eier-Convolute, wo fie bei Schlangen vorkommen, fein mag, fo ift eine Verbindung der Eier zu Schnüren oder Klumpen durch ein zu den Eihüllen gehöriges Gewebe bei den Batrachiern unzweifelhaft etwas normales. Wie es möglich gewefen ift, die zähen und refiftenten, kaum anders als mit fchneidenden Inftrumenten zu zertrennenden Schnüre des Laichs von Dufo cinereus als ein fchleimiges Sekret zu betrachten, während fie fich doch fchon in ihrem äufserlichen Verhalten fo beftimmt als ein Gewebe, alfo als einen Organismus manifeftiren, gehört zu den Dingen, über welche man fich der Verwunderung fchwer entwöhnt.

Auch über diefes Gewebe habe ich in dem zuletzt citirten Heft der Z. f. wiffenfch. Zool. einige Beobachtungen mitgetheilt und in Fig. ı8 eine Abbildung der von Fafergerüften geftützten Membran, aus welchen es fich aufbaut, gegeben. Es reiht fich damit vollftändig dem Eiweifs der Vogel-Eier an.

Hier ift es kaum noch möglich, diefe Faferhäute, die doch theilweife für die ganze Laich- fchnur gemeinfame und zufammenhängende find, als Zellmembran zu betrachten, und ficher ift diefes unmöglich für die Membran, welche den hinteren Theil der Eiröhren der Zepzdopteren auskleidet und fich durch Einfchnürung zur Eifchale entwickelt.

Diefes Verhältniffes habe ich ebenfalls in der zuletzt citirten Abhandlung fchon erwähnt, und in demfelben Bande pag. 325 u. ff. die auf Taf. XXIV B davon gegebenen Abbildungen erläutert. Die Refultate follen ihrer Wichtigkeit wegen hier wiederholt werden.

Schon im Keimfach, wo gefonderte Eier noch nicht nachzuweifen find, hingegen eine unbe- ftimmte Zellenmaffe die Eiröhre erfüllt, läfst fich innerhalb des eigentlichen Eierftocks, welcher aufser einer mit Kernen befetzten Membran muskulöfe Elemente enthält, eine zweite glashelle glatte Mem- bran erkennen, welche das Keimfach röhrenförmig auskleidet. Sobald eine Gruppirung der Zellen zu Eiern *) erkennbar wird, bemerkt man ein eigenthümliches faferiges Gewebe, welches diefe Gruppen

*) Confequenter Weife dürften die Eier der Arthropoden nicht als folche, fondern nur als Follikel bezeichnet werden,

wenn man mit erfterem Ausdruck nur etwas dem Ei der Verteörater analoges bezeichnen will, denn der Organismus, aus welchem

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von einander fcheidet, und diefen Scheidewänden entfprechend eine leichte Einfchnürung der erwähn- ten Membran.

Während mit fortfchreitender Entwicklung das Ei in allen feinen Theilen wächft und auch diefe Membran fich verdickt, wird die Abfchnürung der einzelnen Eier eine immer tiefere und ausge- fprochenere, bis fie endlich eine fo vollftändige ift, dafs fich jedes Ei von einer gefonderten, aus diefer früher röhrenförmigen Membran hervorgegangenen Schale umgeben darftellt, auf welcher Schale in ihren letzten Entwicklungsftadien die für die Genera oder Species charakteriftifchen Sculpturen etc. hervortreten können.

Die Schale der Eier der Arthropoden oder der einzelnen Follikel ihrer Eiröhre entwickelt fich alfo als ein fortwachfender Organismus, als Theilftück einer Membran, die wir, dem allerdings in diefer Beziehung nicht fehr prägnanten Sprachgebrauch folgend, als membrana propria der Eiröhre bezeichnen müffen, zur Eifchale, indem fie einem in ihr felbft liegenden morphologifchen Motiv folgt. Diefe Entwicklung läfst fich nicht auf den beftimmenden Einflufs einer einzelnen Zelle zurückführen, wennfchon felbftverftändlich phyfiologifche Beziehungen diefer Entwicklung zu dem Leben der an- ftofsenden Zellengruppen ftattfinden müffen.

Was alfo bei dem Doppel-Ei noch nicht mit Nothwendigkeit entgegentrat und bei den Ei- fchnüren von Schlangen und Batrachiern in einen gewiffen Zweifel gehüllt blieb, finden wir hier in unabweisbarer Beftimmtheit, nämlich: einen Organismus, der inmorphologifcher Unab- hängigkeit von der Zelle befteht und fich felbftftändig neben der Zellenform entwickelt.

Aber bei allem Streben, folche Befunde unbefangen und unbeeinflufst von hypothetifchen Vor- ausfetzungen aufzufaffen, wird die Forfchung nur zu leicht irregeführt, und wo diefe Befunde eine fo tief greifende Bedeutung haben, ift es freilich nothwendig, fie auf einem breiteren Felde und an ver- fchiedenartigen Objekten zu beftätigen. Diefe Erwägung führte auf ein eingehendes Studium der Cruftaceen-Panzer und Mollusken-Gehäufe, und ich denke im Folgenden an ihnen zeigen zu können, in welchem grofsen Umfange der thierifche Körper lebende Organifationen darbietet, die von cellulären Formen gänzlich unabhängig find, zunächft müffen hier aber noch einige Nachträge zu den Beobachtungen an Eiern Raum finden.

Die Schale des Eies der Lamprete (Petromyzon marinus).

Die Schale des Fifcheies ift ein fchon häufig unterfuchter, aber doch noch nicht erfchöpfter Gegenftand. Ganz gelegentlich erlangte ich frifch gelegte Eier einer Lamprete, die als ein hier felten vorkommender Fifch einige Zeit lebend confervirt wurde, und in dem Behälter gelaicht hatte. Die Eier wurden zunächft in verdünntem Spiritus beobachtet, da die Hülle derfelben in Waffer quillt und dann noch zerftörbarer wird. Werden fie unter dem Deckglafe vorfichtig zerdrückt, fo finden fich Stellen, wo man den optifchen Querfchnitt der Hüllen unfchwer beobachten kann. Starke Ver- gröfserungen laffen deutlich erkennen, dafs diefelben aus vier verfchiedenen Schichten beftehen. (Vergl.

das Räupchen hervorgeht, enthält, wie längft bekannt, innerhalb feiner eigenthümlich gebauten Schale nicht nur die Eizelle, fondern auch die Zellen des Epithels und die m. A. n. ganz willkürlich als Dotterbildungs-Zellen bezeichneten. Es ift alfo in der That der Follikel, der hier zz Zoo von dem Eierftock ausgeftofsen wird. Sicher it manche Unklarheit dadurch entftanden, dafs man, dem vulgären Sprachgebrauch folgend, hier von Eiern gefprochen hat, ohne den wefentlichen Unterfchied, der zwifchen ihnen und den Eiern der Vertebraten befteht, immer im Auge zu behalten; aber es ift in der That nicht leicht, eine confequente Terminologie durchzuführen, und ich werde, nachdem fo dem Mifsverftländnifs vorgebeugt fein wird, mich nicht fcheuen, auch

hier die Bezeichnung: Ei zu gebrauchen.

Taf. I, Fig. 3.) Die äufserfte a bei A, wenig über 7 u dick, ift radiär geftreift, löft fich namentlich bei Waffereinwirkung leicht von den inneren ab und ift durch eine fcharfe Linie gegen die ihr folgende (b bei A) abgegrenzt. Trotz diefer fcharfen Abgrenzung fetzt fich die Streifung continuirlich in Letztere fort. Da diefe aber nur I ı Dicke hat, ftellt fie fich, namentlich wo die äufsere Schicht fich abgelöft hat, mehr wie ein aus Perlen beftehender Saum der dritten Schicht (c) dar. Letztere ca. 3,; ıı dick erfcheint vollftändig hyalin und ift an ihrer innern Seite durch eine ganz zarte, wenig über 0, u dicke Schicht begrenzt, die nur mit ganz ftarken Syftemen (Gundlach VII a immers.), aber auch da wenig deutlich ebenfalls als ein folcher perliger Saum erfcheint und den Dotter-Elemen- ten unmittelbar aufliegt. Die Figur zeigt zwifchen ihr und dem Dotter einen leeren Raum, welcher durch die Contraction des Letzteren entftanden ift. Die gefammte Dicke der Eihülle beträgt fonach in verdünntem Spiritus nur etwas über 12 u. Die Verfuchung liegt nah, in diefen Schichten Analoga der Hüllen des Vogel-Eies zu fehen. Der innerfte punktirte Saum liefse fich dem Dotterhäutchen zur Seite ftellen, und feine Punktirung könnte allerdings fehr wohl der Ausdruck einer Faferfchicht fein; die hyaline Schicht dem Eiweifs sensz strietiori, und die äufseren Schichten der Schalenhaut und der Schale; aber folche vage Vermuthungen find unzuläffig, wo eine Beobachtung fich fo an den Grenzen des möglichen Erkennens bewegt, dafs durch die Bilder, welche fie gewährt, die wirklichen Struktur- verhältniffe nur theilweife mit Beftimmtheit erfchloffen werden. Conftatirt ift nur, dafs die Dotterhülle des Lampreten-Eies annähernd diefelbe Complikation der Struktur als die Hüllen des Vogel-Eidotters befitzt. Diefes Refultat, das übrigens mit früheren Beobachtungen Andrer an Fifch-Ei-Schalen har- monirt, ift kein unwichtiges gegenüber den wunderlichen Erklärungsverfuchen, die man für die Struktur der Hüllen des Vogel-Eies und fogar für die einfacheren Verhältniffe und die Exiftenz der noch unent- wickelten Dotterhaut für nöthig gehalten hat, als ob eine Erklärung dafür, dafs ein Organismus wächft und dafs feine Struktur eine complizirte ift, nothwendig oder möglich wäre.

In einer Beziehung läfst fich übrigens die Struktur unferes Objektes foweit verfolgen, dafs fie eine befonders intereffante Nutzanwendung geftattet, und war diefes die wefentliche Veranlaffung, von der etwas einzeln daftehenden Unterfuchung Act zu nehmen.

Wo die Schale des Lampreten-Eies in günftiger Weife fo ifolirt ift, dafs fie vom Dotter nicht getrübte Flächenanfichten darbietet, läfst fie eine ganz feine Punktirung erkennen, welche der ent- fprechende Ausdruck der radiären Streifung des Querfchnitts der äufseren Schicht ift. Vorfichtige Handhabung der Einftellung des Mikrofkops geftattet dann, zu ermitteln, dafs diefe Punkte nichts negatives, fondern etwas pofitives find, d. h. fie erfcheinen bei tiefer Einftellung dunkel auf hellem Grunde und bei hoher Einftellung hell auf dunkelm Grunde, wie dies in Fig. 3 Bau. b veranfchau- licht ift*). Hieraus folgt mit Beftimmtheit, dafs die radiäre Streifung keineswegs der Ausdruck von Porenkanälen, fondern nur von Stäbchen oder Fafern, die als dichtere Cylinderchen in einem weniger. dichten Medium ftehen, fein kann.

*) Diefes einfache und fichere Verfahren, Formverhältnilfe mikrofkopifcher Objekte feftzuftellen, hat m. W. zuerft Welcker angewendet und empfohlen, um Hervorragungen und Vertiefungen an deren Oberfläche zu unterfcheiden; aber es ift ebenfo anwendbar, um zu beftimmen, ob ein innerhalb eines Gewebes auftretendes Accidens ein Körnchen oder ein Hohlraum ift; allgemeiner und genauer ausgedrückt: ob ein Gegenftand das Licht ftärker oder fchwächer bricht als das Medium, das ihn umgiebt. Damit das Aufleuchten eines Körnchens beim Heben und das Dunkelwerden deffelben beim Senken des Tubus und das Umgekehrte bei einem Hohlräumchen oder Bläschen deutlich eintritt, mufs ihre fcheinbare Gröfse innerhalb gewiffer Grenzen liegen. Ift diefelbe zu beträchtlich, um die Erfcheinung beftimmt zu erkennen, fo ift die Abhülfe durch Verringerung der Ver- gröfserung leicht. Das Entgegengefetzte wird zwar feltener eintreten, wenn aber die Objekte über einen gewillen Grad von Fein- heit hinausgehen, ift doch grofse Vorlicht nöthig, um Täufchungen zu vermeiden. Liegen, wie in der Eifchale, die mit fchwächer lichtbrechendem Inhalt gefüllten Räumchen fehr dicht zufammen und find fie fehr fein, wie z. B. bei den Gänfen und Schwänen, fo ift es kaum möglich, die Beobachtung auf beftimmte Räumchen zu fixiren, und das ift allerdings nothwendig, denn da die ganze Dicke des Schliffes mit diefen Räumchen erfüllt ift, fieht man faft bei jeder Einftellung helle und dunkle nebeneinander. In denjenigen Eifchalen aber, wo diefe Einfchlüffe gröber find und nicht fo dicht ftehen, ift es fchon bei mäfsige- ren Vergröfserungen leicht, die Beobachtung auf einzelne von ihnen zu fixiren und unzweideutige Refultate zu erlangen.

Ferner darf man nicht vergeffen, dafs viele Präparate einen mehr oder weniger unbeftimmten Detritus von Körnchen und Fäferchen enthalten. Namentlich ift diefes der Fall bei Schliffen von Kalkfchalen, die mit Chromfäure behandelt find.

IWW. von Nathusius-Königsborn. 4

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Mit diefer Anführung follen die mehrfach als nachgewiefen betrachteten Porenkanäle in den Schalen anderer Fifch-Eier nicht in Zweifel gezogen, fondern nur dagegen Proteft erhoben werden, dafs ganz allgemein die radiäre Streifung der Zona pellucida des Eies der Mammalien als der Ausdruck von Porenkanälen betrachtet wird, ohne dafs man es für erforderlich erachtet, die Frage: ob es fich dabei nicht um pofitive Gebilde handeln könnte, auch nur zu discutiren; und doch find Stäbchen- fchichten an Fifch-Eiern, wie in Leidigs Hiftiologie der Menfchen und der Thiere pag. 513 angeführt wird, fchon von Joh. Müller und Reichert gefunden, ebenfo (ibid. pag. 548) von Leuckart an Tänien-Eiern.

Die Schale des Eies von Raja clavata.

Wohl jedem Befucher der deutfchen Nordfeeküfte find die, durch die vier von ihnen ausge- henden Spitzen oder Hörner fo eigenthümlich geformten, dunkelbraunen Eifchalen von Raja clavata, welche die Fluth leer an den Strand fpült, aufgefallen. An einigen folchen Schalen habe ich das feinere Strukturverhältnifs unterfucht, nachdem die wohl erft durch die natürliche Maceration im Seewaffer erfolgte Auflöfung der häutigen Flügel derfelben fchon ziemlich deutlich auf eine fibrilläre Struktur diefer Eifchale hinwies.

Die hornartige Confiftenz der Schalen geftattet, ohne Weiteres Schnitte mit dem Rafirmeffer zu fertigen, welche einfach in Glycerin gelegt werden können. Sie zeigen namentlich gegen die innere und äufsere Fläche hin eine deutliche Schichtung dadurch, dafs punktirte mit fein geftreiften Lagen abwechfeln, wie es Fig. 4 A, T. I fchon bei fchwacher Vergröfserung nach einem in der Richtung des kürzeren Durchmeffers der länglich viereckigen Schale geführten Querfchnitt darftellt. Bei einem entfprechenden Schnitt in der Richtung des längeren Durchmeffers find diejenigen Schichten punktirt, die hier geftreift find und umgekehrt.

Die Subftanz der Schale quillt in alkalifchen Löfungen beträchtlich auf, und bei energifcher Anwendung derfelben und nachherigem Zufatz von Effigfäure läfst fich auch in den inneren Schichten die fibrilläre Struktur deutlich nachweifen, und man bringt in Zerzupfungspräparaten der fo behandelten Schalenfubftanz fich kreuzende Schichten ganz feiner Fafern von nur etwa 0,3 u zur Anfchauung; ein ähnliches Verhalten, als das der membrana testae des Vogel-Eies, wo ebenfalls die Subftanz bei An- wendung von Alkalien unter Löfung eines Bindemittels aufquillt, und Zufatz von Effigfäure dann die primären feinften Fafern wieder contrahirt. Die Schale des Rochen-Eies ift nur refiftenter.

Die prinzipielle Präzifion des angegebenen Kriteriums fchliefst Täufchungen nicht aus, und ift es befonders bei den Diatomeen ziemlich gefährlich. Mit ftarken Vergröfserungen erhält man z. B. bei Pleurosigma angulatum \bei hoher Einftellung leicht das Refultat, dafs die Schale helle Punkte auf dunklem Grunde zeigt, während beim Senken des Tubus, wenn auch weniger fcharf dunkle Punkte auf hellem Grunde erfcheinen. Die Schlufsfolgerung, dafs danach Erhöhungen vorhanden, deren Bafis hexagonal ift, würde ich für eine übereilte halten. Schachts Annahme von 3 wirklichen Linienfyftemen, die in verfchiederen Ebnen, alfo wenigftens theilweife innerhalb der Schale liegen, dürfte unabweisbar fein, und wenn man die Bruchgrenzen an befchädigten Exemplaren verfolgt, ergiebt fich fogar, dafs das quer über der Längsachfe liegende Linienfyftem eine ganz andere Bedeutung hat, als die beiden fchräg über derfelben liegenden Syfteme, denn die Brüche der Schale oder einzelner Schichten derfelben fie befteht offenbar aus mehreren Schichten folgen immer nur den fchrägen Syftemen, niemals dem quer über der Längen- Achfe liegenden, und zwar fchliefsen fie fich fo beftimmt der Richtung der Erfteren an, dafs man geradlinig begrenzte Vor- fprünge von ziemlicher Länge findet, die nur aus einer Reihe fcheinbarer Buckelchen beftehen. Solche Bruchlinien wären ganz unmöglich, wenn Höcker mit hexagonaler Bafıs die wirkliche Struktur bildeten, und die Linienfyfteme nur eine optifche Täu- fchung wären. Es ift eben umgekehrt, aber freilich die Bedeutung diefer linearen Struktur noch eine offene Frage.

Diefes Beifpiel von Pleurosigma ergiebt, dafs man die wechfelnden Lichteffecte beim Heben und Senken des Tubus eben nicht blos auf Sculpturen der Flächen des Objekts zurückführen darf, und die Urfache des Phänomens allgemeiner ausge- drückt werden mufs, wie ich diefes oben verfucht habe.

Am einfachften laffen fich die Fafern, wie fchon angeführt, da beobachten, wo die macerirende Einwirkung des Seewaffers fie an den flügelartigen Randmembranen blos gelegt hat. Bei E derf. Fig. find zwei folcher Bündel bei ftarker Vergröfserung gezeichnet. Die feineren find 0,,—0,, u dick, die ftärkeren gehen bis I,,,; u und erfcheinen drehrund.

Fibrilläre Struktur der Eihüllen in den verfchiedenften Thierclaffen betrachte ich nach früheren Unterfuchungen als etwas fo regelmäfsiges, dafs ihr Nachweis auch bei Raja keinen befondern Werth gehabt hätte, aber hier tritt in der markartigen Schicht, welche das Innere der Schale einnimmt, eine fehr intereffante Bildung auf. Der markartige Charakter diefer Schicht wird dadurch bedingt, dafs fie aus unzählbaren Hohlräumchen befteht, deren Dimenfionen aufserordentlich wechfelnde find. Ihre Anordnung in den verfchiedenen Theilen der Schale bietet manches bemerkenswerthe, deffen Dar- ftellung aber hier von dem vorliegenden Thema abführen würde, ich will alfo nur bemerken, dafs die Markfchichten derjenigen Theile der Schale, in welchen der Inhalt liegt, fich in den Seitenflügeln nicht vereinigen, fondern getrennt fortlaufen, fo dafs hier zwei folcher Schichten vorhanden find, welche an den Polen durch eine deutliche, aber in Wellenlinien verlaufende Sutur getrennt werden, womit das Ausfchlüpfen des Embryo an dem einen Pol durch ihre Oefinung geftattet ift. Auch in den 4 Hörnern der Schale finden fich folche Hohlräumchen aber in geringeren Dimenfionen und ver- einzelter.

B, C u. D ftellen Schichten und Gruppen derfelben aus ganz feinen Quer- und Flächenfchnitten bei 600facher Vergröfserung dar. Man fieht, wie fehr Geftalt und Gröfse abwechfeln.

Gewifs find fchon oft Dinge, die noch weniger Anfpruch auf diefe Bezeichnung haben, unter das Rubrum der »Zelle« gebracht worden, ich mufs aber auf das Entfchiedenfte in Abrede ftellen, dafs es fich hier um Zellen nach dem acceptirten hiftiologifchen Begriff handelt. Wie follten auch folche in die Schale eines Eies, welche ja felber Zellenmembran ift, hineingerathen? Wären nach der älteren, von mir in den Unterfuchungen über die Eihüllen bei Vögeln und Amphibien als unhaltbar nachgewiefenen Auffaffung die Eihüllen mechanifch geformte Sekrete, fo könnten um fo weniger Zellen in ihnen vorkommen. Nur der Karften’fche fo fehr weit ausgedehnte Begriff der Zelle (Chemismus der Pflanzenzelle Wien 1869) würde vielleicht ähnliche Gebilde umfaffen können, aber diefer Standpunkt ift zunächft ein fo ifolirter und den landläufigen Begriff der Zelle fo gänzlich negirender, dafs er hier nicht herangezogen werden kann. Hiermit foll feine Berechtigung nicht geleugnet werden, bei aller Sympathie indefs für jeden neuen Gefichtspunkt, der über die Tretmühle der Zellenidolatrie hinaus- blicken läfst, möchte ich doch zunächft daran fefthalten, dafs die Verwirrung nur gröfser werden kann, wenn das Wort »Zelle« auch für Gebilde angewendet wird, die wie Karften’s »Sekretionszellchen« offenbar etwas anderes bedeuten.

Ich mufs mich begnügen zu conftatiren, dafs auch in der Eifchale von Raja einer der vielen fibrillären Organismen vorliegt, in welchen zellige Räume vorkommen, welche nach ihrem Urfprung Zellen im engeren Sinne nicht fein können. Wir werden weiterhin fehen, welche umfaffende Be- deutung ein folches Vorkommen für die Panzer der Cruftaceen und die Gehäufe der Mollusken hat. Diefe fo häufig vorkommende Gewebsform nach dem Beifpiel franzöfifcher und englifcher Autoren im Gegenfatz zur cellulären als »areolär« zu bezeichnen, nehme ich nur deshalb Anftand, weil in der deutfchen Literatur auch folche Gewebsformen, die man als cellulär betrachtet, nebenbei areolär ge- nannt werden.

In der Faferhaut des Eies der Ringelnatter habe ich die Entftehung zellenartiger Körper innerhalb der Fafern nachweifen können *), mufs aber gänzlich dahin geftellt fein laffen, ob der- felbe Vorgang bei Raja ftattfindet, und vermuthe, dafs auch in Membranen, welche die äbrilläre Struktur fo häufig begleiten, folche Hohlräume fich bilden können.

Eine Ausficht, vollftändige, in Spiritus confervirte Eier von Rochen und Hayen zu erlangen, ift leider gefcheitert, und mufs ich die weitere Verfolgung des Thema aufgeben, das wefentlich ver- muthlich nur durch das Studium der Entwickelung diefer Eier wird gefördert werden können.

*) Zeitfchr. f. wiffenfch. Zoologie Bd. XXI p. 109. . fe

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Nur den allgemeineren Gefichtspunkt will ich hier noch hervorheben, dafs auch der fanatifchfte Anhänger der mechanifchen Entftehung der Eihüllen doch in Verlegenheit gerathen dürfte, wenn er diefe Anficht auf die eigenthümliche Form und Bildung der Eifchale von Raja anwenden wollte.

Die Eier-Trauben von Buceinum undatum.

Beim Aufenthalt am Nordfeeftrande find, aufser den eben abgehandelten Eifchalen von Raja clavata, traubenartig zufammenhängende bis fauftgrofse Maffen ihres Inhalts entleerter pergamentartiger Schalen von 10°—ıı mm Länge, S—9 mm Breite und ca. 3 mm Dicke mir der auffallendfte Gegen- ftand unter den vielen organifirten Ueberreften, welche die See an den Strand fpült, gewefen. Diefe Schalen haben eine convexe Fläche, die mit einem Syftem feiner Leiften überzogen ift (Fig. 14), und eine abgeflachte, welche eine nah am Rande ftehende Oefinung von 2, und 3,; mm Durchmeffer zeigt. Nach dem ganzen Habitus und nach den dotterartigen Rückftänden, welche fie zuweilen noch enthalten, ftellen fie fich als die Ueberrefte ausgefchlüpfter Eier dar.

Die Eingeborenen haben die fonderbarften Anfichten über diefelben. Sie werden zuweilen nach einer entfernten Analogie in der äufseren Erfcheinung als »Hummelnefter« bezeichnet. Fifcher verfichern es feien »Meergewächfe«, die auf dem Meeresgrunde haftend, zuweilen von den Netzen mit heraufgebracht würden. Die Stelle, an welcher die Eier-Traube angefeffen hat, ift allerdings leicht auch an den angefpülten derartigen Gebilden noch zu erkennen, aber fchon populäre Abhandlungen über die Seeprodukte, wie fie für die meiften Seebäder zur Unterhaltung der Badegäfte publizirt werden, fprechen es mit zweifellofer Beftimmtheit aus, dafs diefes die leeren Eihüllen eines in der Nordfee fehr häufigen Gaftropoden, des Duceinum undatum find, und auch in der mir bekannten wiffenfchaftlichen Literatur wird diefes als eine feftftehende 'Thatfache erwähnt.

Es ift diefes hier des Breiteren angeführt, weil diefe Thatfache allerdings in einer Beziehung höchft auffallend erfcheint. Diefe Eierklumpen haben nämlich im Verhältnifs zur Gröfse des Thieres überrafchende Dimenfionen. Ich befitze einen folchen, am Strande von Norderney aufgelefenen, der in trocknem Zuftande bei 9 cm Länge, 3 cm Breite, ca. 5 cm Dicke hat; ein Volum, das die ge- fammte Capacität des Gehäufes auch der gröfseren Exemplare von Duccinum undatum erheblich überfchreitet. Diefer Umftand würde ja nicht unerklärlich fein, er ift aber doch fo auffallend, dafs es wohl der Mühe werth wäre, die Vorgänge bei der Produktion diefer Eiermaffen im Einzelnen zu verfolgen.

Dafs fo leicht über diefes auffallende Verhältnifs hinweggegangen wird, liegt theilweis wohl daran, dafs die Natur des ganzen Gebildes in einer wichtigen Beziehung überfehen ift. Man fast, die Eier werden »dutzendweife« oder »in fauftgrofsen Haufen zufammengelegt«, dafs aber, wie ich zeigen werde, es fich nicht um einzelne mechanifch verbundene Eier handelt, fondern dafs die ganze Hüllmaffe einen organifchen Zufammenhang zeigt, fcheint gänzlich überfehen zu fein, obgleich ähnliche Verhältniffe auch bei anderen Gaftropoden z. B. den Limnaeaceen vorkommen, wo dann aller- dings die zufammenhängende Eihülle als »Schleim« oder »Gallert« bezeichnet und damit ihre wefent- liche Bedeutung ignorirt wird. Gerade diefe organifche Einheit des ganzen Gebildes macht aber fein im Verhältnifs zur Gröfse des Thieres fo auffallendes Volum befonders merkwürdig.

Bei Duccinum kann von einer Schleim- oder Gallerthülle nicht die Rede fein. Die pergament- artigen und im trocknen Zuftande fehr zähen und refiftenten Hüllen deuten fchon durch die erwähnte äufsere Sculptur ihre organifirte Befchaffenheit an, und ihr fibrillärer Charakter ift leicht fchon durch das Zerzupfen in Wafler aufgeweichter Stückchen, das bei der grofsen Zähheit der Membran allerdings etwas Geduld erfordert, zu demonftriren. Die Lamellen, die fo erhalten werden, beftehen grofsentheils

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aus ftark lichtbrechenden, in mehreren Schichten über einander eng zufammen liegenden, in Wellen- linien verlaufenden Fafern. Diefer Verlauf ift aber kein paralleler, fondern die Fafern nähern fich und entfernen fich wieder von einander. Wo das Zerzupfen dickere Lagen diefer Fafergewebe ge- laffen hat, entfteht hieraus nur ein verwirrtes Bild, zumal da in übereinander liegenden Lamellen die Faferrichtung fich häufig rechtwinklig kreuzt, wo aber dünnere Fetzen des Fafergewebes ifolirt find, tritt entgegen, wie zwifchen den Wellungen der Fafern in ziemlich regelmäfsiger Weife fpindel- förmige Lücken bleiben. In Fig. 6 A, Taf. ı ift ein folcher Fetzen bei ftarker Vergröfserung abgebildet, aber auch hier konnte der Verlauf der einzelnen Fafern nicht fo genau verfolgt werden, dafs er ge- nau nach der Natur hätte copirt werden können. Ich mufste mich begnügen, die Zeichnung einiger- mafsen fchematifch auszuführen, um wenigftens den Gefammteindruck wiederzugeben. Man wird übri- gens bemerken, wie an den Rändern durch das Zerzupfen einzelne Fafern oder aus mehreren ver- kitteten Fafern beftehende Balken ifolirt find.

Aufser diefen grobfaferigen Schichten werden feine und immer feinere Fafergewebe durch das Zerzupfen ifolirt, über folche hinaus, wo man Fafern nur noch andeutungsweife mit den ftärkften Syftemen erkennen kann, bis zu folchen, wo eine Struktur nicht mehr erkennbar ift. Letzteres tritt um fo eher ein, als die Fafern nur das Gerüft von Membranen bilden, mit welchen fie innig ver- wachfen find. Aber gerade in diefen zarteren Lamellen, welche die Fafern gar nicht oder nur an- deutungsweife erkennen laffen, tritt häufig ein anderes Strukturverhältnifs um fo deutlicher hervor, nämlich in der Membran liegende linfenförmige, aber meift ftark in die Länge gezogene Hohlräume. ‚In Fig. 6 B ift ein Segment einer mit folchen blafenförmigen Hohlräumen verfehenen Lamelle bei fo tiefer Einftellung, dafs die Hohlräume hell und mit einem dunkeln Saum umgeben erfcheinen, abge- bildet. Das Bild, das die tiefe Einftellung giebt, war in der Zeichnung leichter wiederzugeben; es ift aber in Fig. 6 C die mit dem Buchftaben a bezeichnete Region des Objekts auch bei hoher Ein- ftellung, wo die Hohlräume fich dunkel und von einem deutlichen hellen Saum umgeben darftellen, abgebildet.

Aus diefen Befchreibungen und Abbildungen wird man fchon entnommen haben, dafs es fich um Gebilde handelt, welche die gröfste Aehnlichkeit mit elaftifchen Faferhäuten haben; es liegt alfo die Frage nahe, ob es fich bei den Laich-Hüllen von Azecznum wirklich um blafenförmige Hohlräume oder um Perforationen, wie man fie bei den elaftifchen Membranen annimmt, handelt. Ein Zweifel hierüber kann indefs nicht ftattfinden.

Stücke der Hüllen hatte ich längere Zeit mit mäfsig concentrirter Natronlauge gekocht, um zu verfuchen, ob fich nicht, wie in der membrana testae des Vogel-Eies, hierdurch die Fafern von den fie verbindenden Membranen oder einer Kittfubftanz ifoliren liefsen, jedoch ohne anderen Erfolg, als ein mäfsiges Aufquellen des ganzen Gewebes. Auch nachheriges Zerzupfen ifolirt die Fafern und einzelne Lamellen weniger gut als bei den ungekochten Membranen, aber es ftellte fich dabei ein intereffantes Refultat heraus. Gewiffe feine auf diefe Art ifolirte Lamellen der mit Natronlauge ge- kochten Membran rollen fich beim Zerzupfen derartig auf, dafs man vielfach ihren optifchen Quer- fehnitt fieht, und dabei kommen an günftigen Stellen blafiıge Auftreibungen, deren Inhalt fchwach lichtbrechend ift, fo zur Anfchauung, wie fie in Fig. 5 abgebildet find. Evident ift, dafs fie den in Fig. 6 Bu. C in der Flächenanficht abgebildeten Geftalten entfprechen und ift fomit handgreiflich, dafs es keine Perforationen, fondern wirklich blafige von einer Membran bedeckte Hohlräume find, deren In- halt oder deren Hülle vermuthlich durch die Einwirkung der alkalifchen Lauge befonders ftark auf- gequollen ift.

Zugleich geht aus diefer Beobachtung hervor, dafs man aus der Umfäumung, welche fie in der Flächenanficht darbieten, auf eine befondere, fie umgebende Kapfel zu fchliefsen, nicht berechtigt ift. Wenn in einer fo dünnen Membran, als die in Fig. 5 abgebildete ift, blafige Auftreibungen vor- handen find, deren Querfchnitt die Fig. 7 fchematifch verdeutlicht, fo ift einleuchtend, dafs in der Flächenanficht bei durchfallendem Licht der zwifchen den punktirten Linien aa und bb liegende Ab- fchnitt, ebenfo wie der zwifchen den punktirten Linien cc und dd liegende eine abweichende Refraktion bewirken mufs, welche je nach der Einftellung eine helle oder dunkle Umfäumung des Blafen-

raums erfcheinen läfst, ohne dafs eine wirkliche Kapfel oder auch nur eine verdichtete Grenzfchicht vorhanden zu fein braucht.

Feine Querfchnitte beftätigen und ergänzen die Refultate des Zerzupfens, was das Vorhanden- fein und die Form der Hohlräume betrifft, Fafern laffen fich jedoch in erfteren nicht erkennen. Fig. 9 auf Taf. I u. 10 u. ıı auf Taf. II ftellen folche Querfchnitte bei ftarker Vergröfserung ($%4) dar. Nur an den ganz fein auslaufenden Schnitträndern wie bei d der Fig 9 u. a der Fig. 10 laffen fich die Hohlräumchen genau beobachten; bei nur etwas dickern Schnitten wie Fig. ıı und der anderen Seite der Fig. 9 trüben die mehrfach fich deckenden Hohlräumchen das Bild, das übrigens, je nach den verfchiedenen Präparaten und den Stellen von welchen fie entnommen find, ein fehr verfchiedenes fein kann. Theils liegt diefes daran, dafs die Hohlräumchen nur ausnahmsweife rund und meiftens in die Länge gezogen find. Da, wie fchon die Flächenanfichten der Lamellen in den Zerzupfungspräparaten ergeben, diefe Längsrichtung in den übereinanderliegenden Schichten fich häufig kreuzt, ift der Quer- fchnitt, den die Hohlräume zeigen, je nach der Richtung des Schnitts ein verfchiedener. Wäre letztere z. B. bei Fig. ı0 eine andere, fo würden die länglichen Hohlräume der unterften Schichten vermuth- lich rundlich und die rundlichen der oberen Schicht länglich erfcheinen. Letzteres läfst fich in der That an anders gefchnittenen Präparaten von der entfprechenden Stelle beobachten, wo wegen der grofsen Feinheit der Hohlräumchen die Schnittfläche dann wie geftreift oder faferig erfcheint, und auch das Präparat, nach welchem Fig. ır gezeichnet ift, läfst an einer anderen Stelle wegen der abweichen- den Schnittrichtung erkennen, dafs die Hohlräume in die Länge gezogen find und fich hier nur rund- lich darftellen, weil die Schnittebne mit ihren kürzeren Durchmeffern zufammenfällt, in ihren Dimen- fionen aber und ihrer Vertheilung, ja in ihrem Vorkommen überhaupt finden allerdings grofse Variationen ftatt.

Vergleichen wir das, was fich hiernach über die feinere Struktur der Eihüllen von Auccinum ergiebt, mit demjenigen, was im vorhergehenden Abfchnitt über die Eikapfel von Raja clavdta mit- getheilt wurde, fo ift eine wefentliche Uebereinftimmung in den Grundlagen Beider ganz unverkenn- bar, und diefe ift um fo intereffanter, als es fich bei Letzterer um die Kapfeln ifolirter, bei Erfteren um zufammengewachfene Eier handelt, was die gewöhnliche Annahme der Entftehung der Eifchalen als Sekrete des fie umgebenden Epithels unzuläffig macht.

Es ift nun die gröbere Struktur diefer intereffanten Organifation in das Auge zu fallen.

Schon Fig. 9 läfst mehrere fcharf gefonderte Schichten erkennen. Zur Orientirung über diefes Verhältnifs ift nach einem feinen Querfchnitt durch einige zufammenhängende Eihöhlen, auf Taf. II. die Fig. 12 bei mäfsiger Vergröfserung gezeichnet. A u. B find die Eihöhlen, welche durch die hier im Querfchnitt abgebildeten Hüllhäute begrenzt werden. Sie charakterifiren fich nicht nur durch die vor- handenen Dotterrefte, fondern auch durch eine feine, fich leicht ablöfende Membran, welche fie aus- kleidet. In der ftark vergröfserten Fig. 10 ift fie mit b bezeichnet und hat, wie man dort nachmeffen kann, in Glycerin liegend einen Durchmeffer von etwas über 2, u. Bei einem Zerzupfungspräparat in verdünntem Chlorcalcium ergiebt die Meffung des optifchen Querfchnitts einer Falte nur etwas über 2 u. In feuchtem Zuftande hyalin erfcheinend, zeigt fie von der angefeuchteten Hüllmaffe abgelöft und trocken eingelegt bei ftarker Vergröfserung ebenfalls eine ganz feine Faferftruktur. Es find in der- felben ziemlich engliegende, annähernd parallel, aber in Krümmungen verlaufende Züge von Fafern, deren Durchmeffer nahe an 0, ıı geht, mit ftarken Syftemen zu erkennen. Mehrfach fieht man diefe Fafern an den Rifsrändern auch ifolirt hervorftehend. In diefen trocknen Präparaten ift die Dicke des Häutchens erheblich geringer als in feuchtem Zuftande, und erreicht auf Falten gemeffen kaum I u.

Die in Fig. 6 in Flächenanfichten und in Fig. 9, IO u. II in Querfchnitten bei ftarker Ver- gröfserung dargeftellten, mit Hohlräumchen verfehenen Faferhäute find in Fig. 12 mit c bezeichnet. Dem kleinen Mafsftabe entfprechend treten hier die Hohlräumchen nur als dunkle Punkte und Striche auf. Man fieht, dafs diefe Faferhäute je nach Umftänden in 2 auch 3 Lagen auftreten, welche durch eine fchwächer lichtbrechende, anfcheinend hyaline Schicht von beträchtlicher Stärke von einander gefondert oder mit einander verbunden werden.

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Eine Struktur habe ich in diefer letzteren Schicht auch nicht andeutungsweife finden können. In den Zerzupfungspräparaten läfst fie fich als ifolirt nicht erkennen, was vielleicht daran liegt, dafs fie in denfelben mit den mit c bezeichneten Faferfchichten feft verbunden und dann ihrer grofsen Durchfichtigkeit wegen nicht erkennbar bleibt. Dafs fie wirklich ftrukturlos fei, läfst fich danach na- türlich noch nicht mit Grund behaupten.

Gröfsere zufammenhängende Schnitte, welche die Beziehungen der einzelnen Eihöhlen zu ein- ander verdeutlichen, find nicht leicht zu erlangen. Ich habe von dem grofsen Klumpen abgefchnittene Gruppen von Eiern in Stearin, welchem auch, um es gefchmeidiger zu machen, etwas Oel zugefetzt wurde, eingefchmolzen, aber brauchbare Schnitte durch mehrere vollftändige Eihöhlen nicht erhalten können. Mehrere Umftände, namentlich aber der, dafs folche Schnitte an zu wenigen Stellen die Eihäute vollftändig quer treffen, wirken hierbei zufammen.

Für die Beobachtung mit unbewaffnetem Auge genügt ein Durchfchneiden eines Theils des Eiklumpens, der fo viel Feuchtigkeit angezogen hat, dafs die Membrane nicht fpröde find, mit einer fcharfen Scheere. Nach einem folchen Durchfchnitt ift Fig. 8, Taf. ı in nur doppelter natürlicher Gröfse gezeichnet.

Die Verbindung der einzelnen Eikapfeln mit einander ftellt fich hier in mannigfaltiger Weife dar. Dafs es fich um keine blofs zufällige Zufammenhäufung handelt, fondern eine organifche Zu- fammenordnung ftattfindet, bezeichnet fchon der Umftand, dafs durchgehends die convexe mit den in Fig. 14, Taf. II abgebildeten Leiften verfehene Fläche der Eikapfeln in derfelben Richtung und zwar, wie man wohl mit Recht fagen kann: nach Oben liegt; indem die flache oder concave Seite nach der Anfatzftelle des ganzen Klumpens auf dem Meeresgrunde gerichtet if. Später wird fich zeigen, dafs, wenn nicht wie hier der Schnitt dem Zufall überlaffen wird, eine fehr regelmäfsige Anordnung der Eikapfeln erkennbar ift.

Nach der Betrachtung einer Anzahl von auf verfchiedene Weife hergeftellten Schnitten glaubte ich Anfangs annehmen zu müffen, dafs die in Fig. 12 mit c bezeichneten Faferhäute eine gemeinfame Hülle der Eier oder wenigftens mehrerer derfelben darftellen. Erft als ich das eine Präparat ab- zeichnete, was ja immer zu einem eingehenderen Verftändnifs, als das blofse Befehen führt, mufste ich dies als einen Irrthum erkennen. Fig. ı3, Taf. II läfst wohl nicht bezweifeln, dafs nicht nur die innerfte feine, in Fig. 10 u. 12 mit b bezeichnete Membran als jeder einzelnen Eihöhle individuell zuge- hörige Kapfel zu betrachten ift, fondern auch die ftärkeren, nach oben die Leiften tragenden Fafer- häute folche individuell gefonderte Eikapfeln darftellen; aber diefe ftärkeren Faferhäute bilden aller- dings, wie fchon aus Fig. 12 hervorgeht, keine einfache, dem inneren Hohlraum entfprechende Hülle, fondern fie fetzen fich an den zugefchärften Rändern des Eies in lappigen Ausläufen fort, welche auf die Oberfläche der benachbarten Eier übergehen und mit derfelben durch die mehrfach erwähnte, hyalin erfcheinende Zwifchenfchicht feft verbunden find.

Befonders deutlich wird diefes Verhältnifs, wenn man eine ganze Gruppe von Eihüllen in Natronlauge kocht. Nach einiger Zeit löft fich ihr Zufammenhang vollftändig, und wenn fie dann auch theilweife fo aufgequollen und erweicht find, dafs die Form der Eihülle nicht mehr deutlich hervor- tritt, fo finden fich doch auch folche, die, obgleich vollftändig ifolirt, nur wenig erweicht find und diefe lappigen Fortfätze noch deutlich erkennen laffen. In Fig. ı3 B ift eine folche ifolirte Eihülle in ungefährer natürlicher Gröfse in der oberen Anficht bei a, in der unteren bei b und in durchfchnitte- nem Zuftande gedacht bei ce fkizzirt.

Hat man fich diefe Geftaltung vergegenwärtigt, fo wird über die Verhältniffe, welche der Querfchnitt durch Theile von zwei Eikapfeln und die fie verbindende Brücke (Fig. 13 A) darbietet, kein Zweifel bleiben.

Bei a‘ findet fich der Querfchnitt der einfacheren und nicht fehr beträchtlichen Auslappung des einen Endes von dem mit A‘ bezeichneten Ei; bei a‘ die ftärkere Auslappung des Eies A‘, die durch die hyaline Zwifchenfchicht feft mit der Kapfel von A‘ verbunden ift, aber bei aa“ endet und fich dort etwas abgelöft hat. aa‘ ift der Nebenlappen oder kleinere Fortfatz an demfelben Ei-Pol, welchen auch Fig 13 B c erkennen läfst. Er tritt bei diefem Querfchnitt wahrfcheinlich wegen

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der Lage des Schnitts ziemlich in den Hintergrund, ift aber bei anderen Präparaten in gröfseren Di- menfionen vorhanden. a‘ endlich ift der Fortfatz eines dritten Eies, deffen Höhle und eigentliche Kapfel in dem Präparat nicht mehr enthalten find, und welcher faft die ganze Kapfel des Eies A’ überzieht.

Eingangs diefer Bemerkungen wurde dem Eiklumpen von Duccinun ein organifcher Zufam- menhang vindicirt, und mufs ich hieran fefthalten trotz der leichten Auflösbarkeit der die einzelnen Eikapfeln verbindenden hyalinen Schichten in alkalifcher Lauge; denn dafs diefe Löslichkeit einen or- ganifirten Charakter diefer Schichten nicht ausfchliefst, bedarf keiner weiteren Argumentation, und ein fo regelmäfsiger Bau, als ihn der ganze Eiklumpen zeigt, wäre lediglich als Refultat einer zu- fälligen mechanifchen Aggregation undenkbar.

Abfolute mathematifche Regelmäfsigkeit ift keinem Organismus eigen, und die früher er- wähnte Fig. 8, nach einem auf das Gerathewohl fchräg geführten Scheerenfchnitt entworfen, giebt kein Bild von dem wirklich vorhandenen Grade von Regelmäfsigkeit. Löft man aus der durch Be- feuchtung erweichten Hüllenmaffe einzelne Schichten, wie fie deutlich hervortreten, aus, fo tritt, na- mentlich bei Betrachtung der unteren Fläche, die reihenweife Anordnung der Eier in zwei Rich- tungen und das regelmäfsige Uebergreifen derfelben in beiden Richtungen deutlich hervor. Fig. 13 Ca auf Taf. II wird dies Verhältnifs ziemlich anfchaulich machen. Noch mehr b u. c derf. Fig., welche die Querfchnitte von zwei der in a abgebildeten Reihen nach vorfichtig in der Richtung der punk- tirten Linien e—a und 5—3 geführten Scheerenfchnitten darftellen. Es ift ficher nicht zu viel gefagt, dafs ein fo regelmäfsiger Bau als Refultat einer zufälligen Aggregation undenkbar ift.

Dafs die einzeln gelegten Eier im Seewaffer auf dem Meeresgrunde erft zu einem folchen Bau zufammenkleben follten, kann jedenfalls nicht angenommen werden. Wo follte die die Verbindung bewirkende hyaline Schicht dann herkommen. Die Eier müffen fchon im Mutterleibe zufammenge- wachfen fein, und wären fie nicht fchon am Orte ihrer Bildung in einem organifchen Zufammenhange verblieben, fo konnte ihre Anordnung auch dort keine fo regelmäfsige geworden fein. Will man an- nehmen, dafs die hyalinen Zwifchenfchichten ihrer Maffe nach aus Sekreten herrühren, fo fteht einer folchen Annahme ebenfo wenig etwas entgegen, als Pofitives dafür fpricht; aus den vorftehend ange- führten Gründen wird fie aber jedenfalls von der Vorausfetzung ausgehen müffen, dafs der Ergufs diefes Sekrets nur in ein vorhandenes organifirtes Gewebe erfolgt fein kann.

Die ausführliche Erörterung diefer Verhältniffe bei dem Laich von Duceinum wird fich da- durch rechtfertigen, dafs bei verfchiedenen Gaftropoden, Cephalopoden und anderen Evertebraten, aber auch bei den Amphibien die Eier durch eine gemeinfame Hülle, welche als »Schleim« bezeichnet zu werden pflegt, zu Laich-Maffen verbunden find. Obgleich das Wort Schleim eine organifirte Be- fchaffenheit nicht ausfchliefst, fcheint es doch hier nicht eine folche bezeichnen zu follen. Die gemein- fame Hülle der Eier von Limnaea bezeichnet Giebel fogar als einen »Gallertklumpen«, und ebenfo finde ich in Wiedersheim’s Monographie über Salamandrina perfpicillata (Würzburg 1875) zwar eine Abbildung von deren Eifchnüren, welche den membranöfen Charakter ihres Gewebes deutlich erken- nen läfst, aber in der Befchreibung wird deren Subftanz »gelatinös« genannt.

Die Laich-Maffe der Amphibien zeichnet fich dermafsen durch ihre ungemeine Zähigkeit aus, dafs fchon daraus wahrfcheinlich wird, dafs fie ein Gewebe ift, und es mufs als eine gewiflfe Ober- flächlichkeit bezeichnet werden, diefelbe gelatinös zu nennen, denn eine Gallerte hat auch nicht die geringfte Spur von Zähigkeit, hier liegt alfo eine Sprachmifshandlung vor, wie fie allerdings leider in der deutfchen wiffenfchaftlichen Literatur fo fehr im Schwange ift, und man darf dergleichen nicht für unbedeutend halten und die üblen Folgen davon unterfchätzen. Die Phantafterei, .wie fie fich z. B. mit dem »Protoplasma« in die Wiffenfchaft eingefchlichen hat, würde fchon durch einen correkten und präzifen Gebrauch der Worte erheblich befchränkt worden fein.

Wenn ich auch, wie früher erwähnt, fchon in den als Schleim betrachteten Laichfchnüren der Batrachier Fafermembrane gefunden hatte, fo kann diefer Nachweis doch als ein mehr oder weniger künftlicher betrachtet werden, und wenigftens für die Bedeutung der bei Gaftropoden und Cephalo-

poden fo häufigen Laichhüllen ift es von grofser Bedeutung, in dem Laich von Dueceinum die die or-

-) ganifirte Struktur fo beftimmt kennzeichnenden Faferhäute leicht demonftriren zu können.

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Der Panzer der Crustaceen.

Den Panzer der Krabbe (Patycarcinus pagurus) hat Carpenter einigermafsen eingehend unterfucht*) und die gröbere Struktur ziemlich anfchaulich befchrieben. Er unterfcheidet drei Schichten: zu innerft eine dicke kalkige, welche dem Elfenbein verglichen wird, fehr durchfichtig (?) und fcheinbar homogen fein foll, aber von einer ungeheuern Zahl feiner gewellter Röhrchen durchbohrt wird, welche annähernd parallel von einer Fläche zur anderen gehen. Diefes gelte befonders für die Endungen der Scheere, wo das Bild eines Querfchnittes ganz dasjenige des Zahnbeins darftelle. Diefe Kalkfchicht erhebt fich zu einzelnen Papillen, die wie Berge von Thälern umgeben find, in welchen letzteren eine Schicht von »Pigment-Cellen« liegen foll, welchen die Schale ihre Farbe verdankt und welche. die Gipfel der papillären Erhöhungen der Kalkfchicht frei laffen, fo dafs auf diefen nur die völlig glatte Epidermis haftet, welche das Ganze bedeckt.

Der Schale von Hommarus, welche allerdings viel weniger präzife Refultate giebt, aber das Verftändnifs der von Patycarcinus wefentlich erleichtert, wird im Text nicht befonders gedacht. Ich habe fchon erwähnt, dafs Carpenter die gröbere Struktur anfchaulich befchrieben hat, aber feine Auf- faffung derfelben ift vielfach irrig, namentlich ift von »Pigmentzellen«, überhaupt von Zellen, nichts vorhanden. Derjenigen Theile der Schale, wo die papillären Erhebungen fehlen oder doch nur ganz vereinzelt find, erwähnt er gar nicht. Ich mufs mit diefen letzteren beginnen, da hier die Verhältniffe einfacher liegen, habe aber Einiges über die Behandlung der Präparate vorauszufchicken.

So leicht fich der Panzer von Platycarcinus fchleift, fo fchwierig ift es, die Schliffe derartig zu behandeln, dafs die feinften Strukturverhältniffe deutlich werden. Die Schalenfubftanz ift keineswegs durchfichtig, fondern makrofkopifch betrachtet vollftändig opak in Folge der Struktur, welche fie überall durchzieht. Legt man feine Schliffe mit reichlicher Anwendung von Terpentinöl, fo dafs fie überall durchtränkt find, in Canadabalfam ein, fo werden fie, gewifs weil der Brechungsindex der Subftanz dem des Balfams fehr nahe fteht, zu fehr aufgehellt; ich ziehe alfo vor, um Ueberfichtspräparate zu erhalten, den Schliff, den ich ftets auf dem definitiven Objektträger mit Balfam angefchmolzen fertig- fchleife und nicht wieder ablöfe, mit feiner Balfamunterlage in Glycerin einzulegen. Diefe Präparate haben den genügenden, aber keinen übermäfsigen Grad von Durchfichtigkeit. Zum Studium der feinern Struktur eignen fich vorzugsweife Präparate, die in Balfam eingelegt, von demfelben aber nur theilweife durchdrungen find, fo dafs z. B. in einem Theil der Röhrchen der Luftgehalt noch nicht verdrängt ift. Diefes wird an den dickeren Schliffftellen faft immer eintreten, wenn nicht fehr viel Terpentinöl und ftarke Erwärmung beim Einlegen angewendet ift; leider aber ift nicht zu vermeiden, dafs der halbflüffige Balfam mit der Zeit immer weiter eindringt, und fo Präparate, die anfangs an einzelnen Stellen fehr fchön waren, mit der Zeit ganz durchfichtig und dadurch werthlos werden. In fteifen Balfam ohne Anwendung von Terpentinöl kann man nur ganz feine Schliffe einlegen, da dickere dann zu undurchfichtig bleiben. Alle diefe Präparate laffen viel zu wünfchen übrig: ein vollftän- diges Verftändnifs der feinften Struktur an den intereffanteften Schichten habe ich zur Zeit nicht erreichen können, wenn auch gewiffe Dinge fich, wie wir fehen werden, mit Beftimmtheit ergeben.

Ein Entkalken des Panzers mit Säuren erfordert eine ziemlich energifche Einwirkung der letzteren und das Subftrat ift nachher zu fpröde, als dafs die dann daraus anzufertigenden Schnitte beffere Refultate als die Schliffe ergeben; in einigen Beziehungen ift diefe Behandlungsweife nützlich, namentlich um die Anfertigung der fehr belehrenden Zerzupfungspräparate einzuleiten. Das nach Be- handlung mit Säure zurückbleibende Chitin-Gewebe, das vollftändig die Struktur der Kalkfchale bei- behält, 'ift gegen alkalifche Laugen fo refiftent, dafs auch mehrftündiges Kochen mit denfelben keine Einwirkung bemerken läfst.

Was den angewandten mikrofkopifchen Apparat betrifft, fo glaube ich das Eine bemerken zu

*) General results of Mierosc. Inquiries into the minute Structure ofthe Skeletons of Mollusca, Crustacea and Echinoder- mata (Annals of natural history 1843) und: On the microscopic structure of shells i. d. Brit. Assoc, Report. für 1847.

IV. von Nathusius-Königsborn. 5

müffen, dafs für diefe Schliffe die ftärkften Syfteme keine verhältnifsmäfsig guten Resultate geben. Dies liegt nicht nur daran, dafs im Allgemeinen die Mängel des Präparats mit der penetrirenden Kraft des Objektivfyftems um fo mehr hervortreten, fondern, wie mir fcheint, auch daran, dafs wenn es gilt, in den inneren Schichten eines äufserlich durch den Balfam aufgehellten Schliffs die dort noch lufterfüllten feinen Röhrchen etc. zu beobachten, diefe, je empfindlicher das Syftem für die feineren Refraktionseffekte ift, um fo getrübter durch die verdeckenden, doch nicht ganz homogenen Schichten erfcheinen. Ein fo vielfeitiges und praktifch brauchbares Syftem als die Hartnack’fche 10 X immersion bleibt ja immer anwendbar, aber und dies gilt auch für die fpäter zu behandelnden Schliffe der Mollusken-Gehäufe bei Winkel in Göttingen Gelegenheit hatte zu erproben, wie vorzüglich für meine Schliffe deffen

die modernen, ftärkeren Syfteme leiften weniger, und nachdem ich

trockne Nr. 8 war, die ja nur mäfsig penetrirt, aber aufserordentlich definirt, habe ich diefes Syftem mit ftarken Ocularen, die es vollftändig verträgt, vorzugsweife verwendet. Bei wichtigen und fchwie- rigen Punkten wird man freilich wohl thun, fucceflive die mehr definirenden und die mehr penetrirenden Syfteme anzuwenden, wozu mir die erwähnte Winkel’fche Nr. 8, die Zeifs’fche F, die Hartnack- fche Nr. 10 und dieGundlach’fche Nr. 5, beide letztere Immerfion, zur Dispofition ftanden. Es ift vorher unberechenbar, welches Syftem auf einen gegebenen Schliff am beften wirkt.

Die Krabbenfchale an den nicht körnigen Theilen, mit Ausnahme der Scheeren-Endungen etc. befteht aus zwei Haupt-Schichten, deren Verfchiedenheiten an den Querfchliffen fchon bei fchwachen Vergröfserungen deutlich hervortreten (vergl. Fig. 15 A, Taf. IN). Die äufsere von 110—137 w Dicke ift in längliche, fenkrecht auf die Oberfläche geftellte Septen getheilt, durch welche eine horizontale Querftreifung ebenfo, wie durch den übrigen Panzer hindurchgeht. Diefe find es, welche Carpen- ter irrig als »Pigmentzellen« bezeichnet. Ihre wirkliche Befchaffenheit wird beffer verftändlich fein, wenn wir uns diejenige der innern Schicht, welche den bei weitem gröfsten Theil des Panzers bildet, klar machen.

Dafs fie von einem dichten Syftem paralleler fchwach gebogener oder wohl gewundener Canälchen durchzogen wird, ift leicht an den mit Balfam theilweife durchtränkten Querfchliffen zu beobachten. Sie ftellen fich fo als vom Balfam nicht ausgefüllte Röhrchen mit einem Durchmeffer von ca. I u dar. Diefes Bild beruht nicht auf einer blofsen Perforation der Subftanz, aus welcher der Panzer befteht. Werden von einem mit Säuren entkalkten Stückchen deffelben Querfchnitte ge- fertigt, diefe mit Natronlauge gekocht, dann zerzupft oder beffer nur in der Richtung der lamellären Schichtung durchriffen, und endlich wieder Effigfäure zugefetzt, fo ift der Rifs mit zarten blaffen Fafern, die ziemlich weit aus dem Rande hervortreten, befäumt. Sind dies wirklich Fafern oder Röhrchen ? Die fchon von Carpenter hervorgehobene Aehnlichkeit unferer Canälchen mit denen des Zahnbeins, welche in der That äufserlich zu beftehen fcheint, erinnert an die grofse Schwierigkeit, welche die Entfcheidung fo zarter Fragen hat, und die Dimenfionen der Canälchen des Krabbenpanzers find noch erheblich geringer, als im Zahnbein. Es ift fchon angeführt, dafs fie durchgehends nur I uw be- tragen. An den zarten blaffen Fafern in den entkalkten Zerzupfungspräparaten, die in verdünntem, effigfauren Glycerin liegen, konnte ich den Durchmeffer nur zu Os beftimmen, was dafür fpräche, dafs die ifolirten Fafern nur ein Inhalt der Canäle, welche die Balfampräparate zeigen, find; aber die Schätzung denn von genauer Meffung kann ja hier nicht füglich die Rede fein ift eine fehr fchwierige. An einem andern Präparat, wo der zerzupfte Schnitt des entkalkten Panzers trocken ein- gefchloffen ift, kann ich den Durchmeffer der einzelnen, aber hier fcharf conturirten Fafern auf ca. Iıı fchätzen, was beide Möglichkeiten offen läfst, und der lufterfüllte Canal des Balfampräparats kann ebenfowohl ein zartes nicht erkennbares Gewebe, welches die Austreibung der Luft erfchwert, enthalten, als das blofse Lumen einer Röhre darftellen. Bei einem mit Chromfäure entkalkten und in Chlorcalcium gelegten Flächenfchliff fehe ich mit unzweideutiger Beftimmtheit die Querfchnitte der fraglichen Gebilde bei hoher Einftellung als helle Flecke auf dunkelm Grunde, bei tiefer als dunkele Flecke auf hellem. Danach find fie unzweifelhaft ftärker lichtbrechend als die umgebende Subftanz, und bei Anwendung der ftärkeren Syfteme (Hartnack ı0 u. Gundlach VII & zmmersion) erfcheint bei einer gewiffen mittleren Einftellung ein ganz feiner dunkler Punkt mit einer Areola, die fich auch

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von der Umgebung hell abhebt. Das wäre alfo das Bild einer mit Wandung verfehenen Röhre und nicht einer gleichartig gebauten Fafer; ob indefs das Lumen der Röhre ganz leer oder noch mit einem feinen Gewebe erfüllt ift, bleibt immer noch unentfchieden. So an den Grenzen des Erken- nens, welche die jetzigen optifchen Hülfsmittel ftecken, über die Natur eines winzigen Organismus, für den uns fogar die Analogien fehlen, Vermuthungen nach Wahrfcheinlichkeitsrechnung aufzuftellen, ift ziemlich müfsig. Ob Röhre oder Fafer ift im Grunde gleichgültig, fo lange wir nicht daran denken dürfen, die Struktur der Röhrenwand oder der Fafer, die doch vorhanden fein mufs, zu erkennen. Für jetzt mufs es genügen zu wiffen, dafs die Canälchen nichts blofs negatives, nicht einfache Perforationen der Lamellen, was fie nach der Cuticulartheorie fein müfsten, darftellen, fondern etwas pofitives den Panzer durchdringende Organe find.

Ihre Anordnung, wie fie ein feiner Querfchliff durch die inneren Schichten zeigt, giebt Fig. 16 F, Taf. III. Häufig, aber nicht der Regel nach, liegen fie fchnurweife in ziemlich parallelen Reihen zufammen. Der Grund hierfür beruht auf einem fpäter zu erwähnenden Strukturverhältnifs.

Eine wirkliche Analogie mit dem Zahnbein hat durch die Erwähnung deffelben in keiner Weife angedeutet werden follen. Die Unterfchiede fchon in der Form der Canälchen find in der That erheblich. Beim Krabbenpanzer find fie rein cylindrifch, ohne Verjüngung nach aufsen, ohne Anaftomofen durch Seitenzweige, wie fie beim Zahnbein übereinftimmend befchrieben und abgebildet werden. Nie habe ich ferner an dem regelmäfsig geformten Theil des Panzers eine Gabelung be- merken können ; als Ausnahme freilich kommt Gabelung, hakenförmige Umbiegung und ein wirres Quer- und Durcheinanderlaufen der Canäle gegen die äufsere Fläche da vor, wo der Panzer Leiften oder Criften bildet, und diefe Verhältniffe find, trotz des ausnahmsweifen Vorkommens, immerhin wichtig genug, weil fie der Cuticulartheorie den Boden nehmen.

Der fo fehr ausgefprochen lamelläre Bau der Cruftaceenpanzer befeitigt noch mehr die Ana- logie mit dem Zahnbein. An den mit Säuren behandelten Schliffen tritt er noch viel deutlicher her- vor: wohl ein Beweis dafür, dafs eine Abwechslung von Schichten, die reicher an Kalkverbindungen find, mit kalkärmeren befteht.

Aber auch ein Vorhandenfein wirklicher, über einander gefchichteter Membrane läfst fich na- mentlich am Hummer-Panzer, den ich ftets fehr viel unvollftändiger verkalkt gefunden habe, leicht demonftriren. Von feiner inneren Fläche kann man Lamelle auf Lamelle als feine Häutchen mit der Pincette abziehen.

Und diefe Membrane find keinesweges ftrukturlos.. Abgefehen von der feinen Punktirung, welche fie in Folge deffen zeigen, dafs fie von den Röhrchen oder Fafern durchbohrt find, enthalten fie in ihrer Flächenrichtung verlaufende Fafern. In Flächenfchnitten des mit Chromfäure entkalkten Krabbenpanzers, die in Chlorcalciumlöfung gelegt find, fehe ich in Bogenlinien fich kreuzende Fafer- züge zwifchen den Querfchnitten der bisher abgehandelten Röhrchen verlaufen. Sie finden fich nicht in allen Präparaten; wie mir fcheint nur in den inneren Schichten. Beftimmter noch find fie im Panzer von Hommarus zu finden, der, wie fchon erwähnt, viel unvollftändiger verkalkt ift. Ich habe La- mellen, die aus den inneren Schichten einer Schwanzfchuppe mit der Pincette abgezogen waren, erft mit Effigfäure entkalkt, dann mit Natronlauge macerirt, wieder angefäuert, mit Goldchlorid ftark tingirt und zerzupft und trocken eingefchloffen. So laffen fich Fafern bis auf o,, u Dicke herab ziem- lich vollftändig ifoliren.

Noch frappanter ift das Refultat, wenn folche feine Lamellen nach dem Entkalken und Ab- wafchen glatt unter das Deckgläschen gebracht und dann dem freiwilligen Eintrocknen überlaffen werden. Ich habe diefes fo einfache und leicht auszuführende Verfahren, wie fchon früher erwähnt, zuerft beim Dotterhäutchen des Eies mit glänzendem Erfolg angewendet. Die feine Faferftruktur zarter Membrane tritt durch das Eintrocknen, wobei fie durch das von felbft erfolgende Anfaugen des Deckgläschens ganz glatt erhalten werden, oft in merkwürdiger Schönheit hervor. Bei den La- mellen des Hummerpanzers ift das Bild freilich nicht immer ein fo elegantes, weil die abgeriffene Fläche an den meiften Stellen etwas Rauhes behält, und die von den fenkrecht auf die Fläche ge- richteten Röhrchen herrührenden dicht ftehenden Perforationen, zwifchen denen fich die Fafern durch-

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winden müffen, dafselbe beeinträchtigen; namentlich aber da, wo die Perforationen wegen der Zart- heit der Membranen mehr in den Hintergrund treten, fieht man die Faferzüge in dichter Lage parallel neben einander häufig in Bogenlinien verlaufend, und öfter fich mit denen einer andern Lage kreuzend in unzweideutiger Beftimmtheit. Die Präparate gewähren diefe Anfchauungen übrigens auch fchon vor dem Trocknen und fobald fie unter das Deckglas gebracht find, wenn auch nicht mit derfelben Schärfe, in Wasser liegend; während diefes in Glycerin nicht ftattfindet. In Fig. 17 A ift der Verfuch gemacht, das Bild nach einer fehr zarten und gelungenen Stelle eines folchen Präparats foweit zur Anfchauung zu bringen als die Schwierigkeiten, welche fo ftarke Vergröfserung für die Zeichnung mit fich bringt, diefes geftatten. Bei hoher Einftellung fieht man nur die von den querdurchgehenden Röhrchen herrührenden Perforationen. Diefe find nur in® der Mitte der Zeichnung wiedergegeben. Selbftverftändlich können fie nur in den Schneidepunkten der Lücken der dicht zufammenliegenden Fafern fich befinden, find übrigens ganz unregelmäfsig vertheilt. Ob fie bei der Behandlung des Präparats noch fämmtlich offen geblieben und fich nicht theilweife der Beobachtung entziehen, mufs dahin geftellt bleiben. Beim tieferen Senken des Tubus tritt die feine Streifung, wie fie links allein angegeben ift, hervor. Die dunkeln von den Perforationen herrührenden Punkte verfchwinden, da der zarte durch die Senkung hellgewordene Fleck in den Streifen nicht mehr bemerkbar ift. Bei noch tieferer Einftellung erft tritt die gröbere Streifung, von einer anderen Faferfchicht herrührend, wie fie rechts allein angegeben ift, in ganz matten Linien hervor. Die obere Lage befteht aus fo feinen und dicht. liegenden Fafern, dafs zwifchen den Mittellinien derfelben je nur ein Raum von ca. Iıı kommt, bei der gröberen Schicht beträgt diefelbe Dimenfion etwas über 1,5 u. Uebrigens findet man an den Rändern diefer Präparate häufig zufällig ifolirte Fafern von entfprechender Fein- heit, welche keinen Zweifel darüber laffen, dafs die Streifung wirklich von an einander” liegenden Fafern herrührt.

Endlich finde ich diefe Fafern mit der fchönften Deutlichkeit in einem in Balfam liegenden Schliff des Krebspanzers, einem Präparat, das von Möller in Wedel acquirirt ift. Die Verkalkung geht bei diefem Präparat, wie ich dies auch beim Hummer gefunden, von den gröberen Porencanälen des Panzers, aber bei Astacus fo aus, dafs im Flächenschliff fcharf abgegrenzte unverkalkte Feldchen zwifchen den nicht überall zufammenftofsenden, die Porencanäle umgebenden Gebieten bleiben. In diefen unverkalkten Feldchen fieht man fich in fpitzen Winkeln kreuzende Syfteme von in Bogen- linien parallel verlaufenden, fcharf hervortretenden Fafern von etwas über I ıı Dicke. Die Entfernung der Fafern von einander beträgt ungefähr 6 u. Sind, wie nach dem Hummerpanzer zu vermuthen, aufser diefen ftärkeren, noch feinere, dichter ftehende Fafern vorhanden, fo ift es leicht begreiflich, dafs der Canada-Balfam ihr Bemerklichwerden verhindert. Auch in dem zum Präparat gehörigen Quer- fchnitt gelangen diefe Fafern an einzelnen Stellen zur Anfchauung.

Auf den beftimmten Nachweis diefer parallel mit den Flächen verlaufenden Faferfyfteme im Panzer der Cruftaceen glaube ich einen grofsen Werth mit Recht legen zu dürfen. Ihre Natur fchliefst den Gedanken einer Entftehung als Cuticularbildung an und für fich aus, und wenn der Befund bei Hommarus ergiebt, dafs zwifchen den dicht ftehenden fenkrechten Röhrchen oder Fafern und diefen fie durchflechtenden wieder eng zufammenliegenden Faferlagen die Kalkablagerung von den Poren- canälen aus in das fchon vorhandene Gewebe ftattfindet, fo bleibt für die Kittfubftanz diefes dichten Geflechts nur eine geringe quantitative Bedeutung über, und trägt das Chitinfubftrat des Cruftaceen- panzers in fo eminentem Grade den Charakter des Organifirten, dafs die Cuticulartheorie für denfelben als gänzlich befeitigt betrachtet werden kann. Während wir fpäter in den Gehäufen der Mollusken faft überall eine die deutliche fibrilläre Struktur ebenfo wie hier durchfetzende lamelläre Schichtung wiederfinden, fo werden wir auch dort, wo freilich der feinere Bau der Lamellen noch nicht erkannt werden kann, auf organifirte Membrane als Grundlage derfelben analogifch fchliefsen dürfen. Zunächft wird uns diefe Analogie das Verftändnifs für die wirkliche Bedeutung der von Carpenter irrthümlich als cellulär betrachteten äufseren Schicht des Krabbenpanzers eröffnen.

In Fig. ı6 AB CundEE, Tafel II find Details derfelben' bei ftarker Vergröfserung abgebildet. E wird am beften orientiren. Die Figur ift nach einem ganz feinen fenkrechten Querfchliff, der ohne

Terpentinöl in ganz fteifen Canadabalfam gelegt ift, gezeichnet. Unten bei d ift ein fchmaler Streif der bisher abgehandelten Hauptfchicht der Schale mit den wellig verlaufenden Canälen mitgezeichnet. In einen Theil der letzteren ift der Balfam fo eingedrungen, dafs fie nur noch ftreckenweis luft- haltig find. Die lamelläre Schichtung macht fich nur durch dunklere Streifen bemerkbar.

c ift der Querfchnitt der hier 7,5—9 u dicken Platte, welche die Wabenfchicht wie ich fie, um eine unverfängliche Bezeichnung dafür zu haben, nach ihrer grofsen äufserlichen Aehnlichkeit mit den Waben eines Bienenftockes nennen will von den inneren Schichten abgrenzt. Man fieht und diefes ift durchaus charakteriftifch und wird durch viele Präparate beftätigt —, dafs, wenn diefe Platte auch im Ganzen durchfichtig wird, einzeln oder gruppenweife die directe Fort- fetzung der Röhrchen aus der unteren Schicht durch die Platte hindurch in die Röhrchen der Wabenfchicht verfolgt werden kann. Man vergleiche in diefer Beziehung auch Fig. ı8. Dafs das Eindringen des Balfams in die Röhrchen hier im Allgemeinen foviel leichter und früher erfolgt, mufs man als Thatfache hinnehmen, ohne den Grund dafür mit Sicherheit angeben zu können; fteht indefs anderweitig feft, dafs man die Membrane, welche die lamelläre Struktur bewirken, nicht als abfperrende todte Hinderniffe, fondern als organifirte Wege für die Stoffbewegung zu be- trachten hat, wie daraus hervorgeht, dafs durch fie die Kalkablagerung von den gröberen Porencanälen aus ftattfindet, fo wäre es fehr begreiflich, dafs gerade in diefer Platte auch der Balfam am leichteften in das ganze Gewebe eindringt; übrigens beweift, beiläufig bemerkt, das allfeitige leichte Eindringen des Balfams auch in die Röhrchen, dafs deren Wandungen, oder wenn es Fafern find, deren Subftanz felbft, nicht homogen fein kann, fondern eine diefes geftattende Struktur und Organifation befitzt, die zunächst allerdings gänzlich aufserhalb der Grenzen unferes Erkennens liegt.

Und auch in dem lamellären Bau ift die Wabenfchicht im Wefentlichen ganz mit dem übrigen Panzer übereinftimmend. Es fei hier vorgreifend bemerkt, dafs bei Cormopoden (Melagrina und Pinna), deren fogenannte Faferfchicht offenbar der Wabenfchicht des Krabbenpanzers homolog ift, die lamelläre Schichtung des darunter liegenden Perlmutters direct in die Faferfchicht fich fortfetzt, indem fie der beiderfeitigen Begrenzung nicht parallel liegt.

Eine Veranlaffung, für die Wabenfchicht eine befondere Genefis anzunehmen fie als einen befonderen morphologifchen Typus zu betrachten, liegt in keiner Weife vor: fie ift lediglich eine Modification desjenigen Typus, welcher im ganzen Panzer ausgefprochen ift.

Diefe Modification ift allerdings eine auf den Flächenfchliffen durch die Septirung, welche dort der Wabenfchicht ihren pfeudocellulären Charakter aufdrückt, fehr in die Augen fallende, wie Fig. 16 ABC, Taf. II ergiebt. Bei den Wandungen diefer Septen ift es auffallend, dafs die Röhrchen, welche in dem Flächenfchliff als Punktirung zum Ausdruck vorkommen, theilweife auch in diefen Wandungen zu bemerken find. Diefes ift in den unteren Schichten, wie B theilweife und C vollftändig zeigt, der Fall, während in den oberen Schichten die Röhrchen obliterirt fein mögen. Hierin liegt es auch wohl, dafs im Querfchliff (16 E) die Wandungen nur im oberen Theil durchfichtig hervortreten.

In diefer Beziehung mufs noch auf das Auftreten der Wabenfchicht in dem Theile des Panzers, welcher eine körnige Oberfläche befitzt, recurrirt werden. aaa der Fig. ı5 B Taf. II find Querschnitte der Wabenfchicht, die von den papillären Erhebungen durchbrochen find. Der Flächenfchliff Taf. III Fig. ı7 B läfst deutlich erkennen, wie die Wabenschicht eine zufammenhängende, die infulären Er- hebungen allfeitig umgebende Fläche bildet. In Fig. ı5 B bemerkt man, wie die dort mit dunkeln, ftärkeren Strichen bezeichneten Septen nicht durch die ganze Schicht reichen, fondern im unteren Raum zwar auch die den Lamellen entfprechende Streifung vorhanden ift, diefe aber nur von der den Röhrchen entfprechenden Streifung durchbrochen wird. Aus der bei ftarker Vergröfserung gezeich- neten Fig. ı8 Taf. III ift einiges hiervon noch klarer zu erfehen, doch ändert fich das Bild bei dem Canadabalfam-Präparat in mancher Beziehung. Fig. 16 D ift das Segment eines Flächenfchliffs, wo er durch die Grenze zwifchen dem feptirten und dem nicht feptirten Theil der Wabenfchicht eines Panzerftückes mit körniger Oberfläche wie Fig. ı5 B geht. Man fieht wie die Wandungen der Septen immer feiner werden und auslaufen bis fie allmälig verfchwinden. Sie find hier bei tiefer Einftellung hell auf dunklem Grunde, alfo im optifchen Effect negativ gegen die Grundmaffe. Diefes würde fich

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erklären, wenn fie als feine, nicht verkalkte Wand in die verkalkte Maffe der letzteren hereinragten; doch ich weifs hierüber weitere Rechenfchaft nicht zu geben. Jedenfalls gehen die als Punktirung auf- tretenden Querfchnitte der Röhrchen ohne Trennung aus dem nicht feptirten Theil in den feptirten über, und letzterer befteht hier aus unten offenen Cylindern. Soviel folgt hieraus, dafs: die ganze Septirung, fo charakteriftifch fie ift, nur eine accefsorifche Bedeutung für die durch- weg fibrillären Gewebe hat; und gilt diefes hier, fo mufs es auch in dem glatten Theil des Panzers fo fein, obgleich dort die Septen bis auf die Platte reichen, und dadurch als unten abge- fchloffene Cylinder auftreten. Diefe Betrachtungen zeigen, wie unbegründet es ift, aus den Septen auf eine fpecififch verfchiedene Natur der Wabenfchicht zu fchliefsen. Am allerwenigften kann von Zellen dabei die Rede fein.

Die Frage nach dem »Warum« ift bei allem organifchen Wachfen eine abfolut unbeantwort- bare und defshalb müfsige. Gewiffe organifche Formen werden dadurch für uns gewohnte, dafs fie uns öfter entgegentreten, und dann wundern wir uns nicht mehr darüber, wie z. B. über die makro- fkopifchen Geftaltungen bekannter Creaturen. So fällt es uns nicht als merkwürdig auf, dafs bei den meiften Ordnungen der Mammalien 4 Beine vorkommen. Warum ihnen diefelben aber gewachfen find, refp. die im Embryo zu beobachtenden Anlagen derfelben fich bilden, bleibt uns ebenfo abfolut unbegreiflich, als wenn uns ein ungewohntes Entwickelungsphänomen entgegentritt, obgleich zuweilen der thörichte Verfuch gewagt wird, gerade neue Dinge zu »erklären.« Ihre Uebereinftimmung oder Harmonie mit anderen Vorgängen aufzufinden und nachzuweifen, das allerdings ift recht eigentliche Aufgabe der Naturforfchung, und hier nicht unerreichbar. In allen fibrillären Geweben ift die Bildung von Membranen, welche einen Theil der Fibrillen unter fich verbinden, ein fo gewöhnlicher Vorgang, dafs er als etwas normales und typifches betrachtet werden kann, und auch das ift etwas häufiges, dafs diefe Membrane denen der Wabenfchicht des Krabbenpanzers ähnliche Septen einfchliefsen. Diefes gilt neben den Faferhäuten des Eies nicht nur für die fchon erwähnten Wabenfchichten vieler Cormopoden, fondern auch für längst bekannte Gewebe der Bindefubftanzgruppe, namentlich Muskel und Sehne. Was ift das Sarkolemma anderes als eine Septirung eines fibrillären Gewebes durch Membrane?*) G. R. Wagener hat in feinen fchönen Unterfuchungen über den Muskel, gegen welche den Zellentheoretikern nur die Waffe des Todtfchweigens zu bleiben fcheint, fogar nachgewiefen, dafs die Muskelfibrillen in dem erften embryonifchen Stadium noch nicht durch das Sarkolemma feptirt find, dafs diefes erft fpäter zwifchen fie wächft. Was das Bindegewebe im engeren Sinne die Sehne betrifft, fo kann die Septirung feiner fibrillären Maffe durch Membrane eine fehr ausge- fprochene fein. Die Abbildung, welche Lieberkühn in feiner Arbeit: Ueber Offification (Reichert’s Archiv 1860) bei Fig. 3 Taf. XX von den fecundären Scheiden einer mit Salpeterfäure längere Zeit behandelten verknöcherten Puterfehne giebt, könnte füglich auch als ein correctes Bild der mit Säure entkalkten Wabenfchicht eines Cormopoden gelten; fogar die Querftreifung der Wandungen ift darin ausgedrückt. Die bündelweife Umfchliefsung der Fibrillen des fubcutanen und anderen Bindegewebes durch Membrane ift altbekannt. So entfchieden treten diefe Analogien hervor**). Freilich find in

*) Die Behandlung des Sarkolemms in den verfchiedenen Phafen der Muskelhypothefen ift faft ein pfychologifches Phänomen. So lange die Membran als zum Begriff der Zelle gehörig betrachtet wurde, war es gerade das Sarkolemma, das als ein ftarker Beweis für die Zellennatur des Primitivbündels betrachtet wurde. Nun die Membran als Charakterifticum für die Zelle abgefetzt ift, fteht es freilich mit den Argumenten für die Einzelligkeit des Primitivbündels fehr mifslich, aber Logik gehört nun einmal nicht zu den ftarken Seiten der jetzigen Naturforfchung. Und was ift nun das Sarkolemma? Entweder »modificirtes Protoplasma«, womit eben gar nichts gefagt ift, denn felbftverftändlich mufs ja nach der Protoplasma-Terminologie alles Orga- nifirte modificirtes Protoplasma fein oder ein »Sekret«. Letzteres ift freilich die ftets bereite Aushilfe, um alles unterzubringen, was fonft nicht in ein beliebtes Schema pafst. Wir find damit foweit gekommen, dafs die überwiegende Maffe des thierifchen Organismus Sekret fein foll. Wir follen uns damit das E60v unter dem burlesk-gräfslichen Bilde einer wandernden Halb-Leiche, das noch vervollftändigt wird durch die »felbftändigen« Zellen, die faft wie Factoren der Verwefung jede für fich darin umher kribbeln, vorftellen.

*=#) Leydig’s in feinem Lehrbuch der Hiftiologie des Menfchen und der Thiere fchon vor längeren Jahren ausgefprochene

Auffalfungen dürfen hier nicht unerwähnt bleiben. Einerfeits tritt aus denfelben uns eine Identifieirung der Chitinhüllen der

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Sehne und Muskel überall zellige Elemente eingefprengt, welche dem Bindegewebe der von mir unterfuchten Körperbedeckungen der Evertebraten gänzlich fehlen, aber deshalb ift eben diefes Fehlen für die Beziehungen zwifchen den Zellen und den fibrillären Elementen der Bindegewebe höherer Thiere ein fo fehr lehrreiches und zeigt die morphologifche Selbftändigkeit des fibrillären Gewebes.

Ift man auf diefe Analogien erft aufmerkfam geworden, fo fcheint es kaum möglich, die feinere Struktur der Wabenfchicht, wie fie in Fig. 16 E dargeftellt ift, im Einzelnen zu verfolgen, ohne auf das leb- haftefte an die der Primitivbündel des quergeftreiften Muskels erinnert zu werden. Zunächft mufs ich ein bei dem letzteren vorkommendes Verhältnifs conftatiren, das meines Wiffens nirgends erwähnt und jedenfalls nicht feiner Bedeutung nach gewürdigt wird. Verfolgen wir die Querftreifung bei Muskeln, an welchen diefelbe deutlich ift (— es liegen mir augenblicklich fchon 7—8 Jahre alte eigene Präparate in Effigf. Glycerin von der Muskelfchicht entlang des Schwanzes einer in Spiritus getödteten Batrachier- Larve vor, die noch auf der äufseren Haut liegend, die Muskelbündel fehr fchön in Situ zeigt —), fo fehen wir, dafs nicht nur, wie bekannt, die Querftreifung fich correfpondirend über die einzelnen Fi- brillen fortfetzt, fondern dafs eine folche Correfpondenz der Querftreifung auch über die Grenzen der Primitivbündel hin durch die ganze Muskellage geht: ein Befund der allerdings für die Hypothefen, welche das Primitivbündel als eine abgefchloffene Einheit, als eine gefonderte Zelle betrachten, höchft unbequem fein mufs. Diefes gewinnt an Bedeutung, wenn man folche Stellen betrachtet, wo die Muskellage ohne Zerreifsung, doch fo gezerrt ift, dafs die Querftreifung in ftark gekrümmten Linien verläuft. Auch hier kann man, wenn man mit dem Focus eines ftarken Syftems, z. B. der Hartnack’fchen 10 @ zinmerfion, die aus den alternirenden Lagen ftärker und fchwächer lichtbrechender Subftanz*) entftehende Querftreifung über mehrere Bündel fort verfolgt, diefelbe als eine zufammenhängende nachweifen. Wenn nach Rollets Ausdrucksweife **) durch die hypothetifchen Disdiaklaften, »ähnlich wie bei einer Compagnie Soldaten verfchiedene Breiten und Tiefen der Aufftellung durch Ortsveränderung der einzelnen Individuen erzielt werden«, fo müfsten diefe »Individuen« allerdings vortrefflich eingeübt fein, wenn fie bei ihrem Herumexerziren in dem als eine Flüffigkeit (!) gedachten Bündel fogar quer durch die trennenden Sarkolemmafchichten hin- durch fo‘genau Richtung und Vordermann hielten! Für eine nüchterne Auffaffung wird es vielleicht näher liegen, in diefer genauen Correfpondenz eine gemeinfame Struktur, welche durch die vom Sarkolemma gebildeten Septen hindurch geht, zu fehen.

Arthropoden mit den Bindefubftanzen entgegen, wie z. B. auf S. Im, wenn er anführt, dafs die innere nicht chitinifirte Lage »mit dem interftiziellen weichen Bindegewebe des Körpers zufammenhängt, während nicht minder die harte Schale fich continuir- lich in innere chitinifirte bindegewebige Theile, Sehnen z. B. fortfetzt«; und wenn er fogar ebendafelbft fagt: »durch die Poren- canäle werden die Schichten der homogenen Grundfubftanz, ähnlich wie das Bindegewebe der Wirbelthiere durch die Binde- gewebskörperchen in cylindrifche Abtheilungen gefondert, welche den »Bindegewebsbündeln« entfprechen«.

Allerdings tritt uns in Leydig’s ganzer Behandlung der Bindefubftanz fowohl, als in dem Gebrauch den er von dem Begriff der Cuticula macht, eine gewiffe Unklarheit entgegen, die z. B. in der auf S. 31 in Fig. 14 gegebenen Synthefe der Bindegewebskörperchen wohl nicht befriedigen kann, und ihn m. A. n. in confequenter Weife dazu hätte führen müffen, die foge- nannten Grundfubftanzen der Bindegewebe geradezu für Cuticularbildungen zu erklären, was er ausdrücklich wenigftens nicht thut und daneben den Kölliker’fchen Cuticularbegriff einmengt. Das aber darf ich aus feinen Darftellungen für die von mir hier hervorgehobene Analogie des Panzers der Cruftaceen mit Bindegewebsformen wohl entnehmen, dafs fchon einem fo geübten Beobachter, der darin ein fo weites Feld wie wenige andere beherrfcht, die Chitinhüllen und die Bindefubftanzen als etwas Zufammengehöriges entgegentreten. Befonders frappant ift in diefer Beziehung noch die von ihm auf S. 32 in Fig. 15 gegebene Abbildung »Aus der Lederhaut von Zolypterus bichir« (— eines Fifches —). Für die Bezeichnung der Septen als »Bindegewebs- körper« kann ich freilich nicht eintreten, aber wenn ich die Figur für einen Querfchnitt der Haut wohl anfprechen darf, er- innert fie auf das lebhaftefte an meine »Wabenfchicht« bei Zlatycareinus und vielen Cormopoden.

*) Es giebt gewiffe Dinge in der Hiftiologie, welche fchwer begreiflich find, und dazu gehört, dafs auch die beften Beobachter von »hellen und dunkeln« Streifen in dem Primitivbündel fprechen. Es ift doch fo aufserordentlich leicht, fich zu überzeugen, dafs das hell und dunkel hier lediglich von der Focaleinftellung abhängt: dafs der bei hoher Einftellung dunkle Streifen beim Senken des Tubus hell wird und umgekehrt, dafs es fich alfo nur um verfchiedene Brechungsindices und nicht um verfchiedene Helligkeitsgrade handelt. Natürlich mufs fich auch bei fo ftarker Vergröfserung, dafs fieh nur die Grenzen beider Lagen als Linien präfentiren, die Zahl der Letzteren verdoppeln.

**) Strickers Handb. d. Lehre v. d. Geweben pag. 174.

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In dem Cruftaceenpanzer habe ich eine folche, ebenfalls durch fibrilläres Gewebe und Sep- tirung hindurchgehende Struktur, als in Fafermembranen beftehend, direct nachgewiefen. Dürfen wir nicht wenigftens auf etwas Achnliches beim Muskel fchliefsen? Dafs eine folche Struktur zu fein ift, um fie mit unferen jetzigen Hülfsmitteln direct nachweifen zu können, ift da kein Beweis gegen ihr Dafein, wo fie nach Analogien vorausgefetzt werden darf, und diefe Analogie erfcheint doch hier als eine fehr auffallende. Der quergeftreifte Muskel bleibt auch für diejenigen, die von der reellen Natur der Fibrillen überzeugt find, ein Räthfel. Die zierliche Regelmäfsigkeit der Querftreifung und das Zerfallen in Disks weift doch beftimmt auf einen reellen Grund für diefe auffallenden Erfcheinungen hin. Im Cruftaceenpanzer finden wir nun neben den faft greifbar nachzuweifenden Fibrillen oder Röhrchen, als Grund für die trotz derfelben mechanifch leicht zu bewirkende Theilbarkeit in die der Querftreifung entfprechenden Lamellen, ein Strukturverhältnifs der letzteren. Der Hinweis auf eine folche Analogie erfcheint mir eine gröfsere Annäherung an die Löfung des Räthfels, als die phanta- ftifche Aufftellung der Sarcoplaften und Disdiaklaften, welche ganz aus der raftzo deffen hinaustreten was wir von organifchen Strukturen wiffen.

Gegen die Schlufsfolgerung, dafs ich mit diefen Analogien irgendwie auf eine muskuläre Natur der Wabenfchicht des Krabbenpanzers hindeuten wolle, verwahre ich mich ausdrücklich. Ich fehe darin nur eine gemeinfame Struktur zweier Bindegewebe. Die fpecififch muskuläre Function mufs auf daneben vorhandenen Differenzen beruhen.

Vielleicht wird es nicht als ganz correct betrachtet, dafs ich mit diefen Erörterungen den zu ziehenden Schlufsrefultaten vorgreife; es dürfte aber doch nützlich fein, fchon in die immer ermüdende Befchreibung von Einzelnheiten die Gefichtspunkte® einzuflechten, von welchen aus fie Beachtung beanfpruchen.

Zu Fig. 16 E Taf. II ift noch Folgendes zu bemerken: Ohne dafs eine Veranlaffung für diefe Verfchiedenheit erkennbar ift, fieht man innerhalb der Septen bald die Längsftreifung, bald die Ouer- ftreifung, bald beide zufammen. Bei denjenigen Präparaten, die in weichen Balfam mit Terpentinöl eingelegt wurden, ift das Bild, da wo der Balfam nur theilweife eingedrungen, ein viel fchärferes und eleganteres, wenigftens für die Längsftreifung, die als von zarten lufterfüllten, ganz fcharf abgegrenzten Canälchen herrührend auftritt, wie dies auch aus Fig. ı8 zu erfehen ift. Die Querftreifung tritt dann allerdings nur in Form unregelmäfsiger breiterer Lufträume, welche fie nur annähernd andeuten, auf. Im Totaleindruck ift fie aber auch da beftimmt hervortretend, wo die Wabenfchicht durch das Nicht- eindringen des Balfams ganz dunkel geblieben ift. So fehr fchätzbar der Canadabalfam als Mittel, feine Lufträume zu demonftriren, ift, darf er doch nicht überfchätzt, und namentlich nicht vergeffen werden, wie weit die Bedeutung diefer Demonftration geht. Bei einem in weichen Balfam gelegten Präparat treten hauptfächlich nur die Gegenfätze des Balfams und der nicht von ihm durchdrungenen Räume auf. So gut als die Struktur in den erfteren maskirt wird, findet diefes auch für die letzteren ftatt. Ein Raum der von einem feinen, in feinen Interftizien luftführenden Gewebe erfüllt ift, welches das Eindringen des Balfams verhindert, wird fich gleich einem einfachen Hohlraum darftellen, und wo der Balfam das Hindernifs überwindet, wird das Gewebe ebenfowenig zur Wahrnehmung gelangen. Ich lege deshalb befonderen Werth auf das Präparat, nach welchem Fig. 16 E entworfen wurde. Es ift, wie fchon früher erwähnt, ein ganz feiner Schliff, der mit fo geringer Erwärmung in ganz harten Balfam gelegt ift, dafs eine vollftändige Durchdringung in gröfserer Ausdehnung nirgends eingetreten ift, und der Balfam hauptfächlich nur die Rauhheiten der Schliffläche befeitigt hat. Daher macht es einen fehr trüben und wenig zierlichen Eindruck; es fcheint mir aber, dafs die dunkeln Zeichnungen in der Wabenfchicht hier der Ausdruck der wirklichen Struktur find. Die Längsftreifung erfcheint nicht als glatte, fcharf begrenzte Canälchen, fondern matt und wie aus aneinandergereihten Körnchen beftehend; ebenfo auch die dunkeln Bänder der Querftreifung, die hier wirklich dunkel, d. h. undurch- fichtig find, wie aus Lagen eines dunkeln Staubes gebildet. Die Wandung der Septen ift mit her- vorragenden Reifen befetzt, welche den hellen Querftreifen entfprechen. Zuweilen fcheinen die dunkeln Querftreifen auch durch die Wandungen der Septen wirklich hindurchzugehen. Die fogenannte Epi- dermis ift fehr fpröde, in den Schliffen meift gefplittert und befchädigt und kann ich eine beftimmte

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Struktur in ihr nicht finden. Zuweilen fcheint es, als ob Ueberbleibfel obliterirter Röhrchen auch in ihr noch zu bemerken feien, wie auch in der Zeichnung angedeutet ift.

Aus alle diefem weifs ich Schlufsfolgerungen nicht zu ziehen und glaube noch darauf, als eine vielleicht im Auge zu behaltende Analogie hinweifen zu müffen, dafs ganz kleine dunkel erfcheinende Hohlräumchen von mir fowohl in den Fafern der Schalenhaut des Reptilien-Eies, als in der Kalkfchale des Vogel-Eies nachgewiefen find, und dafs in der bindegewebigen Markfubftanz der Haare kleine von Flüffigkeiten erfüllbare Hohlräumchen vorkommen, von deren Inhalt ob Luft oder nicht die Durchfichtigkeit oder Undurchfichtigkeit des Markftranges beim Haar abhängt. Kölliker be- handelt fie namentlich in den älteren Ausgaben feiner Mikrofkop. Anatomie fehr ausführlich; fie find aber noch immer etwas Räthfelhaftes geblieben und verdienen ein erneutes eingehendes Studium. Nach einigen vorläufigen Unterfuchungen kann ich anführen, dafs es fich nicht um runde Hohlräumchen handelt. In Splittern von markhaltigen Haaren, die in fteifen Canadabalfam gelegt find, treten bei ftärkfter Vergröfserung Bilder auf, welche auf fibrillären Charakter zu deuten find. |

Endlich komme ich zu den Befonderheiten derjenigen Theile des Krabbenpanzers, die eine körnige Oberfläche haben. Fig. ı5 B Taf. II und ı7 B Taf. III mögen zur Orientirung und Erläuterung des darüber zu Sagenden zunächst dienen.

Der Panzer ift hier im Allgemeinen dicker als an den glatten Theilen; diefes beruht aber nicht darauf, dafs die Zahl der Lamellen eine gröfsere ift, fondern, foweit ich verfolgen kann, lediglich dar- auf, dafs die von den Lamellen gebildeten Schichten mächtiger find. In Fig. ı5s B find von den Buchftaben c und d kurze Hinweifungslinien nach der Zeichnung gezogen. Denkt man fich diefe durch eine fortlaufende Linie verbunden, fo wird diefe ungefähr der Schliffebene entfprechen, in welcher der Tangential-Schliff Fig. 17 B liegt. Die auf letzterem mit b, b bezeichneten, von Carpenter nicht un- zutreffend »Papillen« genannten Gebilde liegen wie Infeln in der Mitte der das Meer darftellenden Wabenfchicht. Nur in der mit a, a bezeichneten Region bemerkt man die Querfchnitte der Septen, welche von Carpenter irriger Weife als Zellen aufgefafst find. Diefe Region entfpricht einer Lage des Schliffs, wie fie die Linie c d (Fig. ı5 B) in der Nähe von c zeigt. Die weifsgelaffenen Stellen a‘, a‘ find nur mit einer dichtftehenden Punktirung, den Querfchnitten der Röhrchen —, ausgefüllt; diefe, nur bei ftärkerer Vergröfserung bemerklich, konnten in dem kleinen Mafsftabe der Abbildung nicht wiedergegeben werden. Diefe andere Region entfpricht einer Lage des Schliffis, wie fie die Linie c d in der Nähe von d zeigt. In der Mitte diefer Linie geht die Schliffebene durch die Grenzen zwifchen a und a’ der Fig. ı7 B, und in Fig. 16 D Taf. III findet man bei ftarker Vergröfserung ein Segment aus diefer Grenze, das ich fchon früher erläutert habe.

Aus Fig. ı5 B erfieht man, wie mit der Hebung der Papillen die lamelläre Schichtung fich wölbt, in der Papille fich verliert, und diefe die Wabenfchicht förmlich durchbricht, indem die Canälchen ihr feitwärts ausbiegen. So lange die Cuticular-Theorie für diefe Organismen nicht vollftändig auf- gegeben ift, wird immer und immer wieder darauf verwiefen werden müffen, dafs eine folche Bildung mit derfelben unvereinbar ift, und nur aus einem in dem Gewebe felbft verlaufenden Entwickelungs- procefs hervorgehen kann.

Flächenfchliffe durch die inneren Schichten der körnigen Schalentheile haben an der Stelle der Papillen helle, runde Flecke von 12 u, aber auch bis auf 6 und fogar 4 u heruntergehendem Durch- meffer. Sie machen den Eindruck, als ob fie früher Porencanäle gewefen und fpäter mit fefter Kalk- maffe ausgefüllt feien. Sie bilden die Centren gewiffer, fich gegen einander abgrenzender Gebiete, die aber Lücken laffen, welche von einer abweichenden Struktur ausgefüllt find. Es hängt diefes Bild wohl jedenfalls mit dem Bau der Faferhäute zufammen, auf welchen, wie nachgewiefen wurde, die lamelläre Struktur beruht; daneben aber auch gewifs von dem Gange der Verkalkung, deren Ausgang von den Porencanälen, wie fchon erwähnt, der Hummerpanzer nachweift. Auch die homologe Bildung bei A/facus ift fchon erwähnt.

Je näher der äufseren Fläche der Flächenfchliff liegt, defto deutlicher treten um diefen kleinen Kern concentrifche Ringe auf, welche unzweifelhaft von dem Querfchnitt der gegen die Bafis der Papille fich erhebenden Lamellen (vgl. Fig. ı5 B) herrühren. Diefe verlaufen aber noch matt und ohne

IT. von Nathusius-Künigsborn. 6

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beftimmte Abgrenzung, und erft da, wo die Schliffebene in die Wabenfchicht tritt, find die Papillen durch einen fcharfen doppelten Contur den Querfchnitt der durch die Papille faft fenkrecht ge- hobenen Grenzplatte zwifchen der Wabenfchicht und dem unteren Theil der Schale abgegrenzt, und mit einer feinen concentrifchen Streifung verfehen, welche in Fig. 17 B wegen des kleinen Mafsftabes nur angedeutet werden konnte. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs diefe Ringe des äufseren Umfanges des Papillenquerfchnitts den Lamellen, welche hier wie umgekehrte Trichter fich fteil um die Papille erheben, angehören. Die Detailzeichnung Fig. ı8 läfst diefes noch deutlicher erkennen. Die radiäre Streifung, welche in den Papillenquerfchnitten der Fig. 17 B ebenfalls nur grob angedeutet werden konnte, beruht in ähnlicher Weife darauf, dafs die Canälchen in Bogenlinien fich von der Axe der Papille entfernen, um die gehobene Grenzplatte zu durchbohren. Auf den Querfchnitten der Papillen kommen fonach nicht mehr ihre punktförmigen Querfchnitte zum Ausdruck, fondern eine Streifung, weil fie ganz fchräg gefchnitten find. Am überzeugendften tritt diefes durch den Vergleich des Verlaufs diefer Canälchen auf Fig. 13 mit von Canadabalfam nur unvollftändig durchdrungenen Flächenfchliffen ent- gegen, indem man auf Letzteren diefe radiären Streifen als lufterfüllte Canäle beobachten kann. Der innere helle Kern, welchen die Papillenquerfchnitte bei Fig. ı7 B haben, befitzt anfcheinend gar keine oder wenigftens ganz undeutliche Struktur. Er ift fpröder und reicher an Kalk als der übrige Panzer. Dafs er aber trotzdem ein Subftrat von Chitin enthält, beweifen die mit Chromfäure behandelten Schliffe. Dafs diefer Kern, deffen hügelförmige Erhebung die eigentliche, auf der Schalenfläche her- vortretende Papille bildet, die verbreiterte Fortfetzung der in den inneren Panzerfchichten als ver- kalkte Porencanäle fich darftellenden, fchon erwähnten Gebilde ift, kann wohl nicht bezweifelt werden.

Das Eigenthümliche der Wabenfchicht in dem körnigen Theil der Schale, im Wefentlichen nur darin beftehend, dafs die Septen nicht überall bis auf die Grenzplatte reichen, ift fchon vorhin erläutert.

Eine erfchöpfende Darftellung der gefammten Verhältniffe des Krabbenpanzers im zoologifchen Sinne ift hiermit freilich nicht gegeben. Sie würde aufserhalb des Rahmens diefer Arbeit liegen, die, nur um allgemeinere hiftiologifche Gefichtspunkte zu gewinnen, charakteriftifche Objecte ausfuchen wollte. Erftere würde fich zugleich auf möglichft viele Familien auszudehnen haben und dann wahr- fcheinlich für die Syftematik fehr wichtige Anhaltspunkte bieten. Einiges wenigftens kann ich über Hommarus und Aftacus angeben, ohne aber eine Vermuthung darüber ausfprechen zu können und zu wollen: ob die fich ergebenden erheblichen Verfchiedenheiten für Drachyuren und Macruren überhaupt charakteriftifch find.

Dafs der Panzer von Zommarus nach den mir vorliegenden Exemplaren viel unvollftändiger verkalkt ift, als bei Patycarcinus, wurde fchon gelegentlich erwähnt”). Diefes erfchwert die Anferti- gung guter Schliffe erheblich, und auch das Hilfsmittel: die Panzerftücke reichlich mit Canadabalfam zu überziehen und bis zur vollftändigen Erhärtung deffelben zu erwärmen, gewährt keine vollftändige Abhülfe hierfür. Soviel zeigen meine Präparate indefs mit Evidenz, dafs die Grundlage der Struktur des Panzers auch hier ein Syftem zahllofer, dicht ftehender und in feinen Wellungen verlaufender Röhrchen bildet, das von einem zweiten Syftem, in der Flächenrichtung gefchichteter, auf Faferhäute zurückzuführender Lamellen durchfetzt wird. Soweit wäre Uebereinftimmung, aber eine eigentliche Wabenfchicht kann ich in keinem Theile des Hummerpanzers nachweifen, obgleich auch beim Hummer eine äufsere Schicht fich von der übrigen Schale beftimmt abfondert (vergl. Fig. 19. B. Taf. II.). In diefe Schicht fetzen fich die Canälchen ebenfo wie bei Platycarcinus fort, ftatt aber, dafs durch Septirung fich die Pfeudozellen der Wabenfchicht bilden, zeigt der Flächenfchliff der äufseren Schicht nur das eigenthüm- liche Bild, das in Fig. I9 A wiedergegeben ift. Ift der Balfam nicht vollftändig eingedrungen, fo find die mit a bezeichneten Stellen von undurchfichtigen Säumen umgeben. Die feine Punktirung in denfelben rührt von den Querfchnitten der Canälchen her. Wo der Schliff gegen die äufsere Fläche verläuft, fliefsen fie vollftändig zufammen, wo er fich in die unteren Schichten fenkt, ftehen fie infelartig in

*) Diefe unvollftändige Verkalkung dürfte nicht Entwickelungszuftand, fondern Regel fein. Die 3 Exemplare, die ich unterfuchte, waren aus den Monaten April, September und November, und war ein Unterfchied zwifchen ihnen in diefer Be-

ziehung nicht zu bemerken.

der hellen Fläche und find mit einem durchfichtigeren Saum umgeben, in welchem die Punktirung durch die Querfchnitte der Canälchen weniger hervortritt. Auch in Fig. 19 A bemerkt man diefe helleren Säume noch an einigen Stellen. Diefer Theil der Schale ift der Träger des Farbftoffs, der aber ganz gleichmäfsig in den mit a bezeichneten Stellen vertheilt ift, fo dafs das Netz oder die Infeln mit röth- licher Färbung*) in dem farblofen Grunde ftehen. Die Oberfläche ift dem entfprechend gleichmäfsig roth gefärbt. Von »Pigmentzellen« kann auch hier die Rede nicht fein.

Auch in den mit b bezeichneten farblofen Stellen des Flächenfchliffs tritt eine, fchon bei fehwacher Vergröfserung deutliche Punktirung, doch mehr gruppenweife auf. Diefe rührt von Kalk- körnchen her, während diefe Stellen im übrigen kalkfrei find; neben und zwifchen diefen Kalkkörnchen find aber auch hier die Querfchnitte von Canälchen zu bemerken, allerdings nur mit ftarken Syftemen und bei Balfampräparaten nur da, wo der Balfam nicht vollftändig in die Canälchen eingedrungen ift. Am deutlichften wird diefes Verhältnifs bei Schliffen, die von der Balfamunterlage abgelöft und in verdünntes Glycerin gelegt find. Hier fieht man bei hoher Einftellung die Kalkkörnchen hell und da- neben die Querfchnitte der Canälchen als dunkle Punkte, die erft beim Senken des Tubus hell werden, zwar matt, aber unzweideutig.

Die Behandlung folcher Schliffe mit Chromfäure ergiebt, dafs das eigenthümliche Bild, wie es Fig. 19 A darbietet, im Wefentlichen darauf beruht, dafs die mit a bezeichneten Stellen verkalkt, die mit b bezeichneten kalkfrei find; denn nach Auflöfung der Kalkfalze zeigt das Präparat eine faft gleichmäfsige Befchaffenheit diefer vorher fo verfchiedenen Stellen”*). Zwar ift bei der Beobachtung in Waffer noch ein ganz fchwacher Unterfchied wie eine matte Satinirung zwifchen denfelben zu be- merken, aber er ift fo gering, dafs er nach dem Einlegen in Chlorcalcium fo gut als gänzlich ver- fchwindet, und jedenfalls find keine Septen vorhanden, welche die mit a und die mit b bezeichneten Stellen trennen.

Der Querfchliff, wie die äufserften Schichten eines folchen in Fig. 19 B abgebildet find, wird diefes Verhältnifs näher erläutern. Auch hier find a die verkalkten, b die nicht verkalkten Stellen. Flächenfchliffe, welche durch diefe tiefere Region gehen, zeigen das oben erwähnte Verhältnifs, wo erftere infular auftreten. Der bei I9 A abgebildete Schliff entfpricht ungefähr der Linie c—d von Fig. ı9 B, der Querfchliff ift aber nicht fein genug, um hier die nicht verkalkten Stellen deutlich zu zeigen; fie machen fich nur durch eine hellere Streifung geltend. Scharfe Conturen zwifchen a und b treten hier noch weniger hervor. e ift diejenige äufsere Panzerfchicht, wo auch die Flächenfchliffe homogen erfcheinen.

Befonders möchte ich hervorheben, dafs Fig. 19 B wohl keinen Zweifel darüber läfst, dafs f. wirklich der Wabenfchicht von Platycarcinus homolog ift, woraus fich des weiteren beftätigt, dafs die Septirung bei diefer ein Accidens ift, wenigftens keine originale Bedeutung hat.

Ich hatte anfangs geglaubt, der Meinung, dafs der Panzer der Cruftaceen ein cuticulares Secret von Zellen fei, durch eine Verfolgung feiner Entwickelungsgefchichte entgegentreten zu müflen. Die Hinfälligkeit diefer Meinung läfst fich jedoch auf kürzerem Wege nachweifen.

Schon Leidig tritt”**) der Meinung entgegen, dafs die polygonalen Felder, welche die freie Fläche des Hautpanzers vieler Arthropoden zieren, obgleich fie lebhaft an Zellen erinnern, als der Ausdruck eines genuinen zelligen Epidermisüberzuges angefehen werden dürfen, und fagt am Schlufs des Satzes, der hiervon handelt: »Da ich nun niemals, mochte auch die Zeichnung noch fo fehr einem

*) Die unterfuchten Schalen waren von gekochten Exemplaren, was aber in der Vertheilung der Pigments wohl keinen Unterfchied machen dürfte.

**) Diefe Befchaffenheit befteht in einer überall gleichmäfsig vorhandenen feinen und dichten Punktirung durch die Querfchnitte der überall den Panzer durchziehenden Canälchen; aber auch hier find, wie bei dem entkalkten Krabbenpanzer, diefe Punkte pofitiv, d. h. fie erfcheinen bei hoher Einftellung hell, bei tiefer dunkel, find alfo ftärker lichtbrechend oder dichter als die fie umgebende Subftanz, mithin keine blofsen Perforationen, fondern Fafern, die übrigens wohl ficher ebenfo wie bei Platycarcinus ein Lumen haben, wenn auch das mir vorliegende Präparat diefes nicht in der bei jenem erwähnten Art beobachten läfst. Diefe Faferröhren find eben beim Hummer noch viel feiner als bei Zagurus.

*%*) Lehrbuch der Hiftiologie S. ıı2 $ 114.

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»Pflafterepithel ähnlich fehen, wirkliche Zellen gewinnen konnte, fo betrachte ich den ganzen Panzer »als chitinifirte Bindefubftanz und glaube in den Porencanälen die Aequivalente der Bindegewebs- »körperchen zu erblicken.«

Ich habe fchon früher Gelegenheit gehabt, auf das Bedenkliche einer Auffaffung, welche dahin gedrängt wird, die Bindefubftanzen als Cuticularbildungen zu behandeln, aufmerkfam zu machen; eine Confequenz ift ihr aber nicht abzufprechen, und es handelt fich hier nicht darum, ihr entgegenzutreten, fondern nur den Bindefubftanz-Charakter des Arthropodenpanzers zu acceptiren. Ebenfo wenn Leidig nun fortfährt:

»Nicht minder find die mancherlei fchuppen- und haarartigen Auswüchfe des Panzers homogener Natur und keineswegs aus Zellen gebildet. Sie find häufig einfach oder ge- ‚kammert, hohl und fitzen allezeit oberhalb der Oeffnung gröfserer Porencanäle, fo dafs das Lumen »beider in einander übergeht.«

Beim Hummer und bei Aftacus fluviatilis finde ich diefes beftätigt. Sind aber die Borften des Cruftaceen-Panzers keine cellularen Gebilde, fo find fie ebenfo zweifellos keine cuticularen Secretionen. Die Unmöglichkeit einer folchen Entftehung ergiebt fich aus ihrer Befchaffenheit.

Fig. 20 A Taf. IV läfst die Infertion der Borften, mit welchen der Panzer von Zommarus viel- fach befäumt ift, erkennen. Die Zeichnung ift nach einem Präparat, zu welchem eine Endfloffe in Effig- fäure entkalkt und dann zu einem Längsfchnitt verwendet wurde. Das gezeichnete Segment ift der Saum, in welchem die Borften inferirt find. Es ift ein ähnliches Verhältnifs, als es Leidig a. a. ©. in feiner Fig. 56 (S. ııı) von Zocufta viridiffima darftellt, nur dafs mein gröfseres Object Einzeln- heiten deutlicher zeigt.

Es ift bekannt, und, wie man fieht, auch nicht anders möglich, als dafs bei der Neubildung des Panzers der alte mit fämmtlichen Borften und fonftigen Anhängfeln abgeworfen wird; ebenfo ift bekannt, dafs der neue Panzer, fobald er ausgebildet ift, wieder eben folche Borften trägt. Dafs das Bindegewebe, welches die Endfloffe ausfüllt, zellige Elemente enthält, ift nicht zu bezweifeln“), obgleich fie im Zuftande des Präparats nicht zu erkennen find; wie wäre es aber irgend denkbar, dafs die Borften des jungen Panzers als cuticulares Secret diefer Zellen entftehen könnten? Wollte man fich den Inhalt der gröfseren Borften als cellulär denken, und ich glaube allerdings dort beim Hummer unter Umftänden Andeutungen ähnlicher Zellenformen als in den Fühlern zu fehen, während bei Aytacas Borften vorkommen, die ausgebildet einen einfachen Hohlraum enthalten —, fo bliebe es immer noch eine phyfifche Unmöglichkeit, dafs in dem fchwachen Markcanal der kleineren Borfte, eine neue auch nur vonannähernd gleichen Dimenfionenals die alte fecernirt würde!

Aber es giebt einen noch fchlagenderen Beweis gegen die cuticulare Entftehung der Anhängfel . des Panzers und fomit auch des Letzteren felbft. Bei Fig. 20 A find an der einen Borfte Rudimente von Federchen oder Seitenftrahlen gezeichnet. Wir finden, fo leicht auch derartige zarte Gebilde verletzt und abgeftofsen werden, doch an vielen Theilen des Panzers Borften, welche mit folchen Seitenftrahlen fo vollftändig befetzt find, dafs das Bild, namentlich bei Yommarus, der Vogelfeder ziemlich ähnlich wird. Sowohl bei diefem als bei Affacus habe ich fie am zierlichften entwickelt und namentlich am wenigften abgeftofsen und befchädigt an den Floffenfüfschen des Hinterleibes gefunden. In Fig. 20 Ba Taf. IV ift die Spitze einer folchen gefiederten Borfte von Aftacus bei mäfsiger Ver- gröfserung, in b ein Theil derfelben bei ftarker Vergröfserung unter Weglaffung des gröfsten Theils der Seitenftrahlen gezeichnet. Die Seitenftrahlen find anfcheinend drehrund und folide, ganz ähnlich in den Hauptftamm eingelenkt, als diefer in den Panzer, nur dafs keine Porencanäle zu ihnen führen. Die Borfte felbft ift hier wahrfcheinlich ziemlich ftark abgeplattet, und ftehen die Seitenftrahlen in der Richtung des längeren Durchmeffers. In dem Innern der Borfte ift ein einfacher inhaltlofer Hohlraum, wie fich an folchen Stellen des Präparats ergiebt, wo er noch Luft enthält. Es ift auch nicht die leifefte Andeutung eines cellulären Inhalts deffelben vorhanden.

*) Von einem noch lebenden Aftacus fauviatilis fchnitt ich einen Fühler ab und unterfuchte den Inhalt der Panzer- röhre frifch in indifferenter Flüffigkeit. Er beftand in einem indiftineten, fafrig membranöfen Bindegewebe, welches maffenhaft

länglich runde Zellen von 20—13 u Durchmeffer, die auch zahlreich frei in der Flüffgkeit umherfchwammen, enthielt.

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Bei Hommarus find die Verhältniffe etwas anders. Die Seitenftrahlen ftehen viel dichter und dabei find fie nicht rund, fondern foweit fich diefes aus den Refractionseffekten fchliefsen läfst, ftark abgeplattet, nach der einen Seite ganz dünn auslaufend, nach der anderen mit einer ftärkeren Rippe verfehen. Dadurch können, wie fchon erwähnt, Bilder entftehen, welche bei fchwacher Vergröfserung der Vogelfeder täufchend ähnlich fehen. Auf fonftige Complicationen einzugehen, ift hier nicht der Ort, und habe ich dazu die Borften an den verfchiedenen Theilen des Panzers nicht vollftändig genug unterfucht, will alfo nur noch bemerken, dafs auch Borften ohne Seitenftrahlen fowohl bei Hommarus als bei A/tacus vielfach vorkommen, und dafs diefe bei Erfterem im Querfchnitt vollftändig rund find. Immer aber bleibt die Genefis derjenigen Borften, welche Seitenftrahlen befitzen, ein intereffantes Problem, denn es ift, wie wohl nicht weiter auseinandergefetzt zu werden braucht, abfolut unmög- lich, fich diefe Entftehung überhaupt, befonders aber bei der Neubildung des Panzers, als eine cuticulare zu denken, in dem Sinne, dafs fie ein Secret, eine Ausfonderung von Zellenfchichten, welche für ihre Form beftimmend wären, fein könnten. Dafs fie aber, und zwar in der Regel genau da, wo fie früher ftanden, wiederwachfen, ift leicht verftändlich, da fie ja, wie auch Fig. 20 A zeigt, die Fortfetzung von Papillen find, aus welchen fie leicht von Neuem producirt werden können.

Das Studium diefer Reproduction im Speciellen wird gewifs eine intereflante Aufgabe fein, aber um die Meinung, dafs die Borften oder der Panzer felbft ein Secret fein könne, zu befeitigen, bedürfen wir deffelben nicht. Es ift unmöglich, dafs Seitenftrahlen von noch nicht 2 u Dicke, welche ohne jeden Zufammenhang mit dem Innern der Borften find, ein cuticulares Secret von Zellen vor- ftellen; es ift unmöglich, dafs die Wandung der Borfte, wäre fie felbft ein Secret, die Seitenftrahlen produciren könnte; und von der Wand der feinen durch die der gröberen Borften, zu dem Panzer der Antennen und von da zu dem der gröfseren Glieder finden wir einen fo allmäligen Uebergang, dafs wir auch dann für den Panzer den cuticularen Charakter in Abrede ftellen könnten, wenn nicht, wie früher fchon nachgewiefen, feine complicirte Struktur, namentlich die in feiner Flächenrichtung verlaufenden Fafernetze oder Faferlagen denfelben ohnehin ausfchlöffen *).

Der Panzer unferes gewöhnlichen Krebfes ift wegen feiner unvollftändigen Verkalkung ein noch ungünftigeres Object zur Anfertigung von Schliffen als der des Hummers; ich habe deshalb nur einen Flächenfchliff durch die äufseren Schichten vom Thorax eines ziemlich jungen Krebfes gemacht, und genügte derfelbe zu dem Nachweis, dafs die Verhältniffe ganz ähnliche, als die in Fig. 19 A von Hommarus abgebildeten find. Aufserdem findet fich jedoch in den äufseren Lagen, alfo über diefer Schicht in einer gleichmäfsig verkalkten, gefärbten und von deutlichen Porencanälen durchbohrten Lage die Andeutung einer an die von Platycarcinus erinnernden Septirung in einer wefentlich auf hexagonale Formen zurückzuführenden netzförmigen Zeichnung des Flächenfchliffs. Die Mafchen diefes Netzes haben eine Gröfse von etwa 12—13 u, find alfo nur um etwas gröfser als die Septirung bei Platycarcinus, machen fich aber nur dadurch bemerklich, dafs die Punkte, als welche die Querfchnitte der Canälchen erfcheinen, gruppenweife durch Bälkchen getrennt werden, welche indefs nur dadurch bezeichnet find, dafs ihnen entlang dicht ftehende Punkte fo in regelmäfsigen Linien geordnet find, dafs die Bälkchen als eine punktfreie Gaffe erfcheinen, an welcher ein von der übrigen Schalenfubftanz differenter Brechungsindex nicht zu conftatiren ift. Daraus folgt, dafs diefe netzförmige Zeichnung nur an günftigeren Schliffitellen bei forgfamer Beachtung entgegentritt und leicht überfehen werden kann.

Im Uebrigen ift Ay/tacus zur Demonftration der fibrillären Befchaffenheit der übereinander liegenden Lamellen, welche die Schichtung des Panzers beftimmen, fehr zu empfehlen. Bei folchen mit der Pincette abgezogenen Lamellen, welche mit Effigfäure entkalkt und unter dem Deckglas ein-

*) Erft nach Beendigung diefer Arbeit erlangte ich Kenntnifs eines Auszuges der Braun’fchen Arbeit über die hiftiologifchen Vorgänge bei der Häutung von Aftacus fluviatilis. Nach demfelben mufs ich annehmen, dafs der Verfaffer der- felben die »cuticulare« Entftehung des Krebspanzers dermafsen als Axiom betrachtet, dafs er es nicht für nöthig hält, einen Nachweis für diefelbe zu fuchen. Ich kann einen folchen in keiner der angeführten Beobachtungen fehen, habe alfo keine

Veranlaffung gefunden, nachträglich noch näher auf diefe Arbeit einzugehen.

getrocknet find, werden, namentlich wenn fie vor dem Einlegen eindringend mit Natronlauge gekocht werden, die von den Canälchen durchbohrten Faferlagen noch deutlicher als bei Yommarus, und findet man an den Rändern folcher Präparate auch mehr oder weniger ifolirte Fafern von 1,25—0,75 ıı Dicke, auch wohl auf noch gröfsere unmefsbare Feinheit herabgehende, in erheblicher Menge.

Die Gehäuse der Mollusken.

.Als ich mit einigen Schliffen von Molluskenfchalen begann, hatte ich nur eine fehr oberfläch- liche Kenntnifs der betreffenden Literatur, wufste aber doch, dafs in derfelben die Auffaffung diefer Gehäufe als eines Productes der »Abfonderung« vorherrfche. Damit war nun aber keines der erlangten Refultate in Einklang zu bringen, und erfchienen mir deshalb längft bekannte und auch publicirte Thatfachen als neu, weil fie in der herrfchenden Auffaffung ruhig bei Seite gelaffen werden.

Nur zu fehr zeigt diefer Gegenftand, in wie falfche Bahnen vorgefafste Meinungen und namentlich die Manie, die Dinge »erklären« zu wollen, ftatt ihre Befchaffenheit erft gründlicher zu ftudiren, führt.

Keine geringe Schwierigkeit würde es haben, aus dem Gewirr der verfchiedenartigften, aber meift nur auf eine möglichft bequeme »Erklärung« des Wefens der Mollusken-Gehäufe herauskommenden Meinungen und Erzählungen ein deutliches Bild alles des darüber fchon gefagten zu entrollen. Ueber- dem kann ich leider nicht beanfpruchen, die betreffende Original-Literatur vollftändig zu beherrfchen, glaube fie aber doch foweit zu überfehen, dafs ich die Ueberzeugung, es handle fich hier wirklich um die Legung eines neuen Grundes, ohne übergrofse Kühnheit ausfprechen möchte.

In einem fonft fo werthvollen Werke, als Leidig’s »Lehrbuch der Hiftiologie des Menfchen und der Thiere« ift, kann die Behandlung des Gegenftandes als eine klare und genügende nicht be- trachtet werden, und die darin unter Fig. 55 enthaltene Abbildung eines »Schalenfchnitts« von Ano- donta entfpricht der Wirklichkeit nicht, kann auch wohl kaum beanfpruchen, in der Verbindung von Mantel und Schale, wie fie gezeichnet ift, eine Beobachtung wieder zu geben, fondern fcheint nur ein Schema bieten zu wollen.

Die bedeutendften Arbeiten über die Struktur der Molluskengehäufe dürften die von Bower- bank (Transactions of the microfcopical Society wol. 1) und Carpenter fein. Leider ift es mir nicht gelungen, von der erfteren Kenntnifs zu nehmen; fie wird jedoch von Carpenter und fpäteren Autoren mehrfach citirt, und danach ergiebt fich, dafs Bowerbank den organifirten Charakter diefer Gehäufe mit der gröfsten Beftimmtheit hervorhebt, ihn jedoch auf cellulären Urfprung zurückführen will. Dabei nimmt er an, dafs feine Canäle in den Schalen ein Gefäfsfyftem derfelben darftellen. Dafs er hierin mindeftens zu weit gegangen ift, fcheint die allgemeine Annahme zu fein.

Auf die Carpenter’fchen Arbeiten bin ich erft aufmerkfam geworden, als die Refultate meiner Unterfuchungen im Wefentlichen fchon feftftanden. Ich habe jedoch bei der Ausarbeitung derfelben wenigftens die eine in den Annals of Natural Hiftory 1845 enthaltene kurze Abhandlung: General rejfults of Microfcopic Inquiries into the minute Structure of the Skeleton of Mollusca, Crus- tacea and Echinodermata einfehen können. Sie hat übrigens nur den ausgefprochenen Zweck, Paläontologen auf das aufmerkfan zu machen, was die feinere Struktur für die Einordnung der Petrefacten ergeben kann.

Wichtiger find die beiden anderen Carpenter’fchen Arbeiten: Oz the Microfcopie Structure of Shells in den Reports of the Britifh Ajfociation für 1844 u. 1847, in deren Befitz ich erft dann gelangen konnte, als diefe Arbeit fchon druckfertig war, wo ich mich überzeugte, dafs die Anführungen derfelben, die fich vielfach bei anderen Autoren finden, ziemlich unvollftändig find. Leider kann ich dadurch nur in diefen einleitenden Bemerkungen von ihnen Notiz nehmen. Sie enthalten eine grofse

Menge meift recht guter Abbildungen von Schliffen etc. (153 Figuren), welche allerdings auch Brachio- poden, Echinodermen und fogar Cruftaceen berückfichtigen. Der Text in feiner gedrängten Kürze läfst Manches unklar. Auch hier wird der organifirte Charakter der Schalen beftimmt behauptet und obgleich ein Wachsthum durch Intusfusception geleugnet wird, auf celluläre Bildung zurückgeführt, welche mit der Epidermis der Vertebraten parallelifirt wird. Die Septen der äufseren Schicht bei vielen Cormopoden, welche der Wabenfchicht, die hier im Vorhergehenden bei Platycarcinus abgehandelt wurde, im Wefentlichen fehr ähnlich find, follen aus fenkrecht auf einander gelagerten verfchmolzenen Zellen entftanden fein. Auch die Röhrenfyfteme, deren Exiftenz mehrfach in durchaus überzeugender Weife nachgewiefen wird, werden als vermuthlich aus aneinander gereihten Zellen entftanden be- trachtet; und die inneren perlmutterartigen und ähnlichen Schichten werden nach Andeutung von Septirung, die fich auch hier mehrfach findet, als wahrfcheinlich aus feitlich verfchmolzenen Zellen entftanden betrachtet.

Hiermit harmonirt denn freilich nicht recht, dafs andererfeits der Urfprung diefer häutigen Schichten auf die »basement membrane« des Mantels zurückgeführt wird.

Ich gedenke weiterhin zu zeigen, dafs, fo fehr Carpenter darin Recht hat, dafs die Schalen organifirt find, und dafs ihre fo verfchieden fcheinenden Schichten doch auf daffelbe Bildungsprincip zurückgeführt werden müffen, er irrt, wenn er die Grundlage ihrer Organifation als eine celluläre be- trachtet. Am auffallendften tritt diefer Irrthum darin hervor, dafs fogar die fo charakteriftifche Schalenftruktur der Gaftropoden, welche ich bei SZ/rombus genauer abhandeln werde, als cellulär be- fchrieben wird. Schon durch diefe falfche Vorausfetzung mufste er trotz des grofsen Umfanges feiner Unterfuchungen viele der intereffanteften Strukturverhältniffe überfehen, wie er z. B. von dem fo be- deutungsvollen Mytzlus faft Nichts zu fagen weifs; aber auch das mufs billiger Weife berückfichtigt werden, dafs ein drittel Säculum feit diefen Arbeiten vergangen ift, und die damaligen optifchen Apparate fehr viel unvollkommener waren, als die uns jetzt zu Gebote ftehenden. Die ftärkfte Ver- gröfserung, welche bei den Abbildungen aber auch nur ganz ausnahmsweife vorkommt, ift 450. Diefe ift für manche Strukturverhältniffe, die hier in Betracht zu ziehen find, ungenügend, und dabei liefsen die damaligen Mikrofkope bei gleicher linearer Vergröfserung weniger erkennen als unfere jetzigen. Immerhin bleibt es eine fehr verdienftliche und auch jetzt noch werthvolle Arbeit, die zu Grunde zu legen fein wird, wenn man, was nachgerade wirklich an der Zeit wäre, vom fyftematifchen Ge- fichtspunkte aus die Strukturverhältniffe der Mollusken-Gehäufe klar legen will. Der Gefichtspunkt meiner Arbeit war diefer allerdings nicht; aber ich würde vielleicht mit weniger Mühe einzelne noch charakteriftifchere Objecte für meine Gefichtspunkte haben wählen können, wenn ich die gröfsere Carpenter’fche Arbeit früher gekannt hätte. Ob ich nicht durch die Autorität der in ihr aus- gefprochenen Meinungen auf Irrwege geführt wäre, ift eine andere Frage, und jedenfalls macht mich das nachträgliche Studium derfelben in keinem einzigen Punkte zweifelhaft über das von mir Aufgeftellte. Sämmtliche thatfächliche Befunde Carpenters reihen fich vollftändig harmonifch in die meinigen ein und beftätigen mir die Schlufsfolgerungen, welche ich aus letzteren gezogen habe.

Beiläufig fei hier für diejenigen, welche auf diefem Felde weiter arbeiten wollen, bemerkt, dafs King (on the hiftology of the test of the Clafs Palliobranchiata. Transact. Royal Irish Academy. Vol. XXIV. Part. XI. Dublin 1869) einiges von Carpenter über die wahrfcheinlich fehr intereffanten Terebrateln, die ich leider nicht berückfichtigen konnte, Gefagte zu berichtigen verfucht hat.

Wende ich mich zu allgemeineren Werken über Zoologie, fo darf ich die älteren wohl über- gehen, und mich nur an die fehr vollftändigen und überfichtlichen Darftellungen halten, welche fich in der Abtheilung Malakosoa des grofsen Bronn’fchen Werkes finden.

In dem erften noch von Bronn felbft verfafsten Bande wird ohne Referve die mechanifche Abfonderungstheorie nicht nur für die Schale, fondern auch für das eisenthümliche fadenförmige Gebilde des Byffus acceptirt.

Es wird nach Hefslings Zufammenftellung angeführt, dafs bei den Cormopoden durch die äufsere Mantelfchicht alternirend Conchiolin und Kalk abgefondert werde und fo die blättrige Struktur entftehe, und netzförmige Zeichnungen der Flächenanficht diefer Blätter durch »Albumintröpfchen«,

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welche zufammenfliefsen, fich bilden. Die prismatifche Schicht, welche bei vielen Mufcheln den äufseren Theil der Schale bildet von anderen als »Faferfchicht«, im Gegenfatz zu der »Perlmutterfchicht«, oder auch als »zellig« bezeichnet, foll aus fich deckenden Löchern den Conchiolin-Blättchen entftehen. In die fo gebildeten prismatifchen Räume foll fich körniger Kalk abfetzen. Diefe prismatifche Perio- ‚/tratum-Schicht foll der Rand des Mantels abfondern, die Perlmutterfchicht die Mantelfcheibe, und das Schlofsband, das wefentlich diefelbe Struktur habe, die Mantelnath.

Die alte Erzählung von dem »Spinnen« des Byfius wird mit den fonderbarften Details, deren Unmöglichkeit, wie wir weiterhin fehen werden, fchon eine oberflächliche Unterfuchung der Struktur der Byflus ergiebt, wiedergegeben.

Gründlicher und unbefangener geht Keferftein in dem von ihm verfafsten 2. Bande der Bronn’fchen Malakozoen vor. Wir fehen daraus, dafs der Reaumur’fchen mechanifchen Auffaffung der Schalenbildung, welche hauptfächlich auf feinen Experimenten über die Neubildung der befchädigten Schalen von Zelöx beruht und allerdings etwas fehr Verführerifches hat, fogleich Herissaut mit der Behauptung eines inneren Wachsthums der Schale entgegengetreten ift, welche er, wie es fcheint, befonders auf das Fortrücken der Anfatzftelle des grofsen Schliefsmuskels bei den Bivalven nach dem Schalenrande hin, begründete.

Reaumur hat diefes Vorrücken in einer zweiten Arbeit durch die Annahme, dafs der Schliefsmuskel an der einen Seite neue Fafern anfetze, während diefe an der anderen Seite reforbirt würden, zu erklären gefucht. Eine Erklärung, durch welche, wie bei vielen anderen, eigentlich gar nichts gefagt ift. Wenn das einfeitige Abfterben des Muskels nachgewiefen wäre, fo würde das hier ganz finnlofe Wort »Reforption« es müfste doch auch dabei gedacht fein, von was die Action der Reforption ausginge —, überflüffig fein. Eine eingehendere Unterfuchung zeigt, wie ich fpäterhin nach- weifen werde, dafs die Anfatzftelle des Muskels durch eine beftimmte Struktur der Schale bezeichnet ift, dafs alfo allerdings ein Vorrücken des Muskels ohne Strukturveränderung der Schale nicht denk- bar ift. Uebrigens befteht bekanntlich der Schliefsmuskel der Aufter aus zwei verfchiedenen Geweben, man müfste alfo dem kühn erfundenen Vorgange noch die Umwandlung des einen diefer Gewebe in das andere hinzudichten.

Wenn Reaumur am Mantelrande »eine kalkige, fchleimige Maffe« abgefondert fieht, die zur Schale erftarrt, fo ift diefs ein Irrthum. Der jüngfte Theil des Schalenrandes von Helix ift eine organifirte Membran und keine amorphe Maffe.

Ein organifches Wachsthum des Schalenbandes der Bivalven durch Intusfusception wird wohl von den meiften Autoren zugegeben, und wenn Keferftein fagt: »dafs die Schalen organifirte Ge- bilde find, ift jetzt allgemein nachgewiefen«, und ihre Belebung daraus herleitet, dafs fie, aufser Zu- fammenhang mit dem Thier gebracht, fich fchnell verändern, hierfür die Abftofsung der hinterften Windungen von Bulimus decollatus, nachdem das Thier fie verlaffen hat, anführt und fogar eine

Ernährung« der Schale durch das Thier zugiebt, fo könnte es fcheinen, als ob damit die Frage: ob die Schale ein gewachfener Organismus oder nur ein Secret ift, fo ziemlich entfchieden fei. Doch wird hiermit kein rechter Ernft gemacht, und felbft Keferfteins Refume geht noch dahin:

»Es fcheint ficher dem Wefen der Schalen am meiften zu entfprechen, wenn wir fie als eine Cuticularbildung anfehen, wie fie in mannigfachfter Weife im Thier- und Pflanzenreiche vorkommen. Doch wie nirgends fonft finden wir bei diefen mächtigen Cuticularbildungen der Mollusken, den »Schalen, eine merkwürdige Mifchung des organifchen und mineralifchen Stoffs, die beide eine gewiffe Selbftftändigkeit bewahren, dadurch befonders ausgedrückt, dafs der kohlenfaure Kalk theilweife zu Kryftallen zufammengelagert ift, welche von organifchen Häuten umgeben werden.«

Hier liegt doch wohl eine unklare Auffaffung der Bedeutung, welche das Wort »Cuticular- bildung« nun einmal in der Hiftiologie erhalten hat, vor. Diefe ift doch fo, dafs man von der Vor- ausfetzung aus, dafs eigentliches organifches Wachsthum nur von der Zelle ausgehen könne, für eine Reihe von in Organismen auftretenden Bildungen, welche offenbar integrirende Theile von Zellen nicht fein konnten, ein mechanifches Bildungsgefetz fuchte und darin gefunden zu haben glaubt, dafs Secrete von Zellen durch ihre fchichtweife Auflagerung auf letztere gewiffe regelmäfsige Formung

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zeigen, die nicht nur in einer Schichtung zu beftehen braucht, fondern auch je nach den Secretions- vorgängen in anderer Richtung beftimmte Formen zeigen kann, wie z. B. die Entftehung der Poren- canäle dadurch erklärt wird, dafs bestimmte Regionen der Zelle nicht fecerniren.

Eine folche Cuticularbildung kann man nicht im eigentlichen Sinne als einen Organismus be- trachten; man kann ihr die Lebensfunctionen des Letzteren nicht zufchreiben; fie kann wohl allmählich erhärten, fie kann mit Flüffigkeiten getränkt werden, fie kann fich durch Anlagerung neuer Schichten verdicken; aber von einer »Ernährung« würde man bei ihr nicht fprechen. Ebenfowenig wird von einer eigenen Fortentwicklung, von einem organifchen Wachfen bei dem, was unter Cuticular- bildung bis jetzt verftanden wurde, füglich die Rede fein können. Wie kann es endlich als Cuticular- bildung bezeichnet werden, wenn die neu entftandenen Schichten in gar keinem Zufammen- hang mit denjenigen Geweben ftehen, die fie abfondern follen!

Wenn die Schnecke mit dem Gehäufe, wie allgemein angenommen wird, nur durch den Spindel- muskel zufammenhängt, wenn bei Cormopoden ein Zufammenhang des Mantelrückens mit der Schale nicht angenommen wird, dann ift es doch man verzeihe den deutlichen Ausdruck ein Unfinn, dort eine Cuticeularbildung anzunehmen.

Das Keferftein’fche Refume kommt alfo fchliefslich auf ein zon liguet heraus.

Einer vortrefflichen Specialarbeit mufs noch befonders gedacht werden. Sie ift betitelt: Ueber die heteromophen Zuftände der kohlenfauren Kalkerde, von Guftav Rofe (in den Verhandl. d. Akad. d. Wiffenfch. zu Berlin 1858. Phyfik. Abh. S. 63 u. ff... Das wechfelnde Vorkommen des kohlenfauren Kalks als Kalkfpath oder als Arragonit auch in Organismen hatte fchon früher Beachtung gefunden, und Graf Bournon dabei die Struktur der Molluskengehäufe, namentlich von Sirombus gigas, geradezu als eine cryftallinifiche bezeichnet: wohl die äufserfte Grenze der Abfurdität, zu welcher fich die mechanifche Auffaffung der Schalenbildung verlieren konnte. Guftav Rofe hat nun das Vorkommen des kohlenfauren Kalks theils als Kalkfpath, theils als Arragonit ein- gehend unterfucht eine Unterfuchung, die vom phyfiologifchen und chemifchen Standpuncte aus bedeutungsvoller fein dürfte, als vom hiftiologifchen —, er hat auch in einzelnen Fällen wirkliche Kryftallifationen fowohl von Arragonit als von Kalkfpath nachgewiefen, ein Vorkommen, welches ich als Ausnahmefall oder Entwickelungszuftand beftätigen werde; er hat ferner auch durch Aetzungen von Schlifflächen, z. B. bei der fogenannten Fafer- oder Zellenfchicht von Pirna, eine cryftallinifche Struktur auch in den Kalkmaffen, welche die prismatifchen Hohlräume in den durch Conchiolinhäutchen gebildeten Waben ausfüllen, nachzuweifen geglaubt, aber mit gefundem Beobachtungsfinn hat er er- kannt, dafs die Struktur der Gehäufe eine organifche ift. Mit Beftimmtheit fpricht er z. B. aus: »Die Struktur der Schale des Sfrombus ift offenbar organifch, wiewohl fie aus verhältnifsmäfsig fehr »reiner kohlenfaurer Kalkerde befteht und von dem Conchiolin nur äufserft wenig in ihr enthalten ift.«

Dafs organifche Struktur zugleich von ceryftallinifcher derartig durchfetzt fein foll, dafs auch Rofe in Bezug auf die Radiaten fagt: »Jeder Stachel, jedes einzelne Stück der Schalen, Arme und »Stiele befteht aus einem einzigen Individuum von Kalkfpath, und in den Stacheln und Stielgliedern »ftimmen die Kryftallifations-Axen mit den Axen der Körpertheile überein«; während diefe Stacheln doch unbeftrittenermafsen von einem zarten Mafchenwerk organifcher Materie durchfetzt find, mufs zunächft als ein ungelöftes Myfterium der feinften Molekularzufammenfetzung betrachtet werden. Meine Beobachtungen an geätzten Präparaten von Meleagrina werden mich auf diefes Thema noch zurückführen.

Namentlich liegt mir daran, hervorzuheben, dafs Rofe die eigenthümliche blättrige, organifche Struktur der Schale von Szrombus gigas im Wefentlichen richtig erkannt, befchrieben und abgebildet hat, während ihm allerdings fowohl der Aufbau diefer Platten und Balken aus Fafern entgangen ift als er auch die eigenthümlichen, daraus hervorgehenden Lichteffecte der Schliffe nur andeutungsweife gefehen hat, und endlich wohl aus Mangel an geeigneten Dünnfchliffen die horizontale Schichtung, welche die von ihm befchriebene Struktur durchfetzt, unberückfichtigt läfst.

Meine Unterfuchungen über die Molluskengehäufe, namentlich über S/rombus, find begonnen und auch im Wefentlichen zu Ende geführt, ohne dafs ich diefe und andere Vorarbeiten gekannt habe.

W. von Nathusius-Königsborn.

b)

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Ich bedauere diefes nicht. Es hat mir ficher etwas mehr Mühe gemacht, mich durchzufinden, aber ich bin der Gefahr entgangen, mich bei der anfcheinenden Beftätigung vorgefafster Meinungen zu be- ruhigen. Hieraus folgt jedoch auch, dafs, wie ich z. B. die folgende Darftellung der Struktur von Strombus niedergefchrieben hatte, ehe ich dieRofe’fche und andere Arbeiten kannte, die Deutlichkeit der Entwicklung der von mir erlangten, doch in ihren Endzielen wefentlich neuen Refultate, leiden würde, wenn ich diefes umzuarbeiten fuchte, um überall im Einzelnen zu fondern, was ganz neu, oder nur theils neu, oder auch nur anders aufgefafst ift. Wie hier in Bezug auf die Rofe’fchen Unter- fuchungen über Sfrombus durch das Gefagte der Gerechtigkeit gegen meinen Vorgänger hoffentlich ge- nügt ift, werde ich mich auch weiterhin bemühen, ähnlich zu verfahren, wobei ich mir freilich nicht verhehlen kann, dafs mir fehr viele Spezialarbeiten unbekannt geblieben fein mögen.

Gastropoden.

Ein in Canadabalfam gelegter Querfchliff durch die Schale eines noch ziemlich jugendlichen Strombus (wahrfcheinlich S/r. gigas) zeigt bei mäfsiger Vergröfserung und durchfallendem Licht ein fchwer zu deutendes Bild, das in Fig. 21 Taf. IV zwar nicht in feinem Gefammteffect, aber doch in einfacheren Linien fo ausgeführt dargeftellt ift, dafs es die Befchreibung verftändlicher machen wird.

Zuerft tritt eine den Flächen der Schale correfpondirende Schichtung entgegen. Sie ift der inneren Schalenfläche annähernd parallel, während an der äufseren Fläche, die durch dunklere (fc. weniger durchfichtige) und hier breitere Streifen bezeichneten Schichten gegen die äufsere Fläche nach der Mündung der Schale hin auslaufen. Die Schalendicke ändert an verfchiedenen Stellen einigermafsen ab, und mit ihr die Mächtigkeit der einzelnen fo bezeichneten Schichten, aber fie nimmt immerhin nach der Mündung eher zu; es müfste alfo die Zahl der Schichten nach der erften Windung zu be- trächtlich gröfser, und die Mächtigkeit der einzelnen Schichten entfprechend geringer als an der Mündung fein, vorausgefetzt, dafs nicht aus einer Schicht fich mehrere neue entwickeln. Diefes mufs ich dahingeftellt fein laffen. Es mufs zunächst überhaupt darauf verzichtet werden, auf das Wefen diefer Struktur näher einzugehen. So auffällig fie entgegentritt, läfst fich direct von ihr nur fagen, dafs fie nur durch horizontal gelagerte Maffen undurchfichtiger Körnchen oder Partikelchen bezeichnet wird, und dafs bei unvollftändiger Auflöfung der Schale in Effigfäure der Zerfall der erfteren auch diefer Richtung folgt, woraus fich auf einen verfchiedenen Kalkgehalt der entfprechenden Lagen mit Wahrfcheinlichkeit fchliefsen läfst.

Für die Panzer der Cruftaceen ift im Vorhergehenden nachgewiefen, wie die lamelläre Schichtung zarte Faferhäute zur Grundlage hat, welche von den anderweitigen Strukturelementen durchfetzt werden. Solche organifirte Membranen als Motiv der Schichtung kann ich allerdings hier nicht dar- ftellen, damit ift jedoch ihr Vorhandenfein, für welches alle Analogien fprechen, nicht ausgefchloffen. Weniger deutlich tritt eine von diefer zuerst erwähnten Struktur unabhängige und fie quer durchfetzende auf, die fich jedoch bei näherer Unterfuchung als bedeutfamer ergiebt. Auf der Zeichnung fieht man in der Mitte der Schalendicke die horizontale Schichtung durch ein Syftem fenkrechter Linien durch- fetzt, welche nach aufsen und innen in andere Linienfyfteme übergehen. Diefe anderen Linienfyfteme fchneiden fich unter einander in ungefähr rechten Winkeln und bilden mit dem erfteren, fenkrechten Syftem nach rechts und links beftimmte Winkel. Bei ftärkerer Vergröfserung und ganz feinen Schliffen bilden die fenkrechten Linien ungefähr gleiche Balken, die aber in fich noch eine feinere Strichelung zeigen, und an den fchrägen Linien wird mit Syftemen von kurzer Brennweite deutlich, dafs die Kreuzung daher entfteht, dafs verfchiedene Schichten oder Blätter, deren Streifung eine fich kreuzende Richtung hat, über einander liegen. Es fei hier gleich bemerkt, dafs bei allen von mir unterfuchten

Gaftropoden (Helix, Nerita, Buccinum, Mitra, Cypraea) die Grundftruktur der Schale ein ähnliches Bild zeigt, allerdings aber in erheblichen Abweichungen bezüglich der Zahl und der Lage diefer ver- fchiedenen Schichten. Sogar bei demfelben Individuum treten an verfchiedenen Stellen der Schale erhebliche Abweichungen auf. Bei genauerer Prüfung fieht man, dafs die Linien, welche durch den Zufammenftofs der fenkrechten mit den fchrägen Streifungen gebildet werden, fich nach der Mündung zu allmälig in die inneren Schichten der Schale fenken. Auf der kurzen Strecke, welche die Fig. 21 darftellt, ift diefes Verhältnifs allerdings wenig auffallend, und deshalb beim Lithographiren überfehen und nicht wiedergegeben. Es befteht aber beftimmt und andere Präparate ergeben, dafs etwa 30 mm. weiter nach der Mündung zu die innere Schrägftreifung fchon gänzlich verfehwunden ift und die fenk- rechte Streifung vollftändig bis zur inneren Fläche fich fortfetzt, während die äufsere Schrägftreifung nun über 0,4 der ganzen Schalendicke einnimmt. Diefs genüge beiläufig, um davor zu warnen, in diefem gegenfeitigen Verhältnifs und der Zahl diefer Schichten ohne Weiteres etwas Typifches zu fuchen.

Es ift diefes Strukturbild der Gaftropodenfchale fchon oft gefehen worden; man findet es auch vielfach fo weit deutlich befchrieben, dafs man es wiedererkennen kann, Guftav Rofe dürfte aber, wie fchon Eingangs erwähnt, der Erfte gewefen fein, der bis zu einer gewiffen Grenze die Urfachen diefer Erfcheinung richtig erkannt hat. Die Löfung des Räthfels ergeben bei genauerer Unterfuchung folgende Beobachtungen:

1) Legt man in derfelben Region der Schale einen Schliff quer über die Richtung des früheren, alfo in Bezug auf Fig. 21 rechtwinklich auf die Spirale oder ungefähr parallel dem Rande der Mün- dung, fo kehrt fich das Verhältnifs vollitändig um. Die fchrägen fich kreuzenden Linienfyfteme nehmen dann die Mitte der Schalendicke ein. Nach aufsen und innen ift nunmehr eine fenkrechte Streifung.

2) Betrachtet man einen folchen in Canadabalfam gelegten Schliff bei directer Beleuchtung und zwar fo, dafs die fenkrechten Streifen in der Richtung des fchräg vom Fenfter auffallenden Lichtes liegen, fo erfcheinen an der Stelle der fenkrechten Linien ca. 30 u breite, matt filberglänzende, alfo das Licht zurückwerfende Streifen, getrennt durch ebenfo breite dunkle, alfo das Licht mehr durch- laffende Streifen. Fig. 22 A giebt diefes Bild thunlichft wieder. Es ift dort nur der äufsere Theil der Schale gezeichnet. Die innere Schicht, wo bei durchfallendem Lichte die Schrägftreifung auftreten würde, zeigt hier nichts befonders Auffallendes. Die horizontale Streifung ift in der Zeichnung nur angedeutet. Natürlich find auch hier die Querfchnitte der undurchfichtigeren Schichten hell und umgekehrt.

Dreht man das Präparat um 90°, fo dafs das Licht quer auf die Streifen fällt, fo verfchwindet die Abwechslung zwifchen hell und dunkel. Dreht man es um 180°, fo find diejenigen Streifen, die früher hell waren, dunkel, und die früher dunkeln hell. Denfelben Effect der ab- wechfelnd dunkeln und hellen Streifen kann man übrigens auch bei durchfallendem Licht durch fchräge Beleuchtung darftellen.

3) Fertigt man einen Schliff, der in der Ebene der Schalenflächen liegt, fo zeigt er, foweit er nicht durch die Grenzlinie zwifchen der fchrägen und fenkrechten Streifung geht, wo die Verhältniffe fich compliciren und einigermafsen verwirren, wiederum die Streifung mit genau denfelben Beleuchtungs- effecten. Nur dafs von der Horizontalftreifung der Querfchliffe felbftredend nur da breite verwafchene Zonen zu fehen find, wo der Schliff durch Wellen der horizontalen Schichten geht.

Fig. 22B Taf. IV ift nach einem folchen Präparat bei derfelben fchwachen Vergröfserung als bei Fig. 22 A und ebenfalls bei directer Beleuchtung, welche in der Richtung der Streifung auf das Präparat fällt, gezeichnet.

Bei feinen derartigen Schliffen, durchfallendem Licht und ftarker Vergröfserung fieht man deutlicher die Begrenzung der Streifen, die dann gleichmäfsig hell find, durch dunkle Linien und in ihnen eine feine Strichelung.

Aus alle diefem folgt, dafs die Schale bei S/romdus und vielen anderen Gaftropoden, ab- gefehen von dem, was die von der die übrige Struktur vollftändig unabhängig durchfetzenden Schich- tung in der Flächenrichtung betrifft, durchweg aus ungefähr fenkrecht auf die Flächen geftellten

Blättern oder Platten befteht, deren Flächen aber in den verfchiedenen Schichten rechtwinklich zu 7*

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einander geftellt find. Es folgt ferner, dafs diefe Blätter durchweg diefelbe feinere Struktur haben, die Richtung der letzteren aber in den neben einander liegenden Blättern eine regelmäfsig alternirende ift, und dafs diefe feinere Struktur eine folche fein mufs, dafs daraus die angeführten eigenthümlichen Lichteffecte entftehen. Die zarte Streifung innerhalb des Querfchnitts der Blätter geftattet, diefe feinere Struktur nur als eine lamelläre oder als eine fibrilläre zu betrachten, und die verfchiedenen Beleuchtungs- effecte laffen fich nur bei Annahme der Letzteren erklären.

Die nähere Ausführung diefer Folgerung kann unterbleiben, denn glücklicherweife bedarf es des indirecten und immerhin mifslichen Beweifes aus der Erklärbarkeit hier nicht, indem fich die fibrilläre Struktur auch direct demonftriren läfst:

Schon wenn Schalenftückchen ohne weitere Vorbereitung durch Zerdrücken zwifchen harten Körpern gröblich zerkleinert werden, erhält man in den gröfseren Fragmenten den Nachweis diefer plattenförmigen Struktur, und findet unter den feinften Trümmern Fafern oder Nädelchen. Noch beffere Refultate giebt das Maceriren von Schalenftücken in einer fo geringen Quantität verdünnter Effigfäure, dafs fie zur vollftändigen Auflöfung des Kalkgehalts ungenügend ift. Dann werden beim Zerdrücken der mürber gewordenen Schalenftücke zahlreiche Fragmente von ziemlich regelmäfsiger rhomboedrifcher Form gefunden, fie entfprechen einzelnen Balken der Plättchen, welche auch in der Richtung der horizontalen Schichtung durch die Einwirkung der Säure zerfallen find, ein Umftand der darauf hinweift, dafs diefe Schichten, wie fchon erwähnt, durch einen verfchieden ftarken Kalkgehalt oder durch verfchiedene Angreifbarkeit deffelben durch die Säure charakterifirt find; in den feinften Fragmenten aber treten zahlreiche Nadeln oder Fafern von ziemlich gleichmäfsiger, etwa 0,75 bis 0,9 u betragender Dicke auf. In Fig. 22 D Taf. IV find einige derfelben bei ganz ftarker Vergröfse- rung nach einem ausgewafchenen und trocknen Präparat gezeichnet.

Verfolgt man ihre allmälige Auflöfung bei ftarker Vergröfserung in ganz fchwacher Säure, fo fieht man fie von den Enden aus verfchwinden und dort die leife Andeutung eines) von der Säure hinterlaffenen organifchen Subftrats, das aber fo ungemein zart oder in der Effigfäure foweit quellbar ift, dafs feine Spuren nach vollftändiger Auflöfung der Nädelchen verfchwunden find. Auch bei Auf- löfung gröfserer Schalenftückchen in Effigfäure bleiben nur zweifelhafte Spuren eines organifchen Rückftandes wahrnehmbar. Derfelbe läfst fich noch am Beften durch vorfichtige Behandlung mit verdünnter Chromfäure in einer zur vollftändigen Auflöfung nicht genügenden Menge nachweifen, und erhält man beim Zerdrücken fo behandelter Schalenftückchen auch die Nädelchen oder Fafern in grofser Zahl, als die feinften darftellbaren Elemente derfelben, fowie dickere Bälkchen und breitere Plättchen, welche aber immer die feine Streifung und meift am Ende Theilung in feine Spitzen zeigen. Bei den Plättchen finden fich häufig auch folche, wo die Schichten noch fo zufammenhängen, dafs man zwei Lagen fich kreuzender Fafern über einander fieht.

Sind, wie hieraus hervorgeht, die Plättchen Aggregate feiner Fafern oder Nadeln, und mufs die Richtung derfelben dann eine in den neben einander liegenden Plättchen fich kreuzende fein, fo müffen auch Schliffe in geeigneter Richtung diefes zeigen und beftätigen.

Diefes ift vollftändig der Fall.

Legt man durch eine Region der Schale, wie fie die Fig. 22 A in einem fenkrechten Quer- fchliff darftellt, einen Schliff in einem Winkel von ca. 45° auf die Fläche, fo mufs er in einem Theil der Plättchen die Fafern ungefähr rechtwinklig fchneiden, in den dazwifchen liegenden ungefähr der Richtung derfelben folgen. Dafs diefes der Fall ift, ergeben folche Präparate.

Fig. 22 C Taf. IV ftellt ein Segment eines folchen bei durchfallendem Licht in ziemlich ftarker Vergröfserung dar. In den mit a,a,a bezeichneten Plättchen treten neben der einfachen Längsftreifung nur dunkle verwafchene breite Querbänder auf, welche von der fchräg gefchnittenen Horizontalftreifung herrühren. In diefen undurchfichtigeren Bändern ift eine fchwache Andeutung der fchon früher erwähnten Körnchen oder Partikelchen. In den mit b,b,b bezeichneten Plättchen, welches diejenigen find, wo der Schliff die präfumtiven Fafern rechtwinklig fchneiden mufs, ift kein anderes Strukturverhältnifs als eine feine Punktirung zu beobachten, und der Abftand diefer Punkte untereinander ftimmt befriedigend mit der Dicke der anderweitig, wie oben angegeben, dargeftellten Fafern überein.

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Obgleich der entfcheidende Umftand, dafs in den Schichten b,b,b nur eine Punktirung und keine Streifung vorhanden ift, mit unzweideutiger Beftimmtheit hervortritt, fo haben diefe Präparate, auch beim forgfältigften Schleifen und in Canadabalfam liegend, im Uebrigen eine gewiffe, wenig befriedigende Trübheit. Die ftärkften Objectivfyfteme geben keine günftigen Refultate bei ihnen, und weiter, als bis zu der ja fo vielfach bewährten Hartnack’fchen No. I10 & /mmerfion, kann man darin mit gutem Erfolg nicht gehen. Noch fchöner aber wird das Bild mit Syftemen, in denen der Schwerpunkt mehr auf die definirende Wirkung gelegt ift, z. B. der fchon bei den Cruftaceenpanzern erwähnten Nr. 8 von Winkel in Göttingen, die auch zur Anfertigung der Zeichnung gedient hat.

Bedenkt man, dafs die Dicke der quergefchliffenen Fibrillen nur 0,9—0,75 u ift, dagegen ein Schliff fchon fehr fein fein mufs, wenn feine Dicke unter 0,05 mm. gehen foll, dafs aber, fobald man im Feinfchleifen zu weit geht, gerade diefe Schliffe gern fplittern, fo ift die Trübheit diefer Präparate leicht dadurch erklärlich, dafs die Länge der quer gefchnittenen Fibrillen in denfelben ungefähr das sofache ihrer Dicke beträgt.

Bei einer ähnlichen Struktur in einem Theil der Schale von Ayzzlus, wo allerdings die Fibrillen den dreifachen Durchmeffer befitzen, habe ich ein leichtes Aetzen der Schliffläche mit verdünnter Chromfäure mit glänzendem Erfolg angewendet. Es fcheint die Säure die Fibrillen derartig anzu- greifen, dafs ihre Schlifflächen runde Hervorragungen bilden, während das kalklofe Gewebe, das fie von einander trennt, und deffen Exiftenz wenigftens bei Myizlus, wie weiterhin gezeigt werden wird, anderweitig ziemlich beftimmt nachzuweifen fteht, fo zart ift, dafs es für diefe Beobachtung verfchwindet. Ein.ebenfo behandelter und nach dem Aetzen in Canadabalfam gelegter Schliff von S/romöus hatte wenigftens fo viel an Deutlichkeit gewonnen, dafs nicht nur die Punktirung noch fehr viel deutlicher war, fondern dafs auch die Fibrillen-Querfchnitte bei hoher Einftellung beftimmt als helle Punkte, bei tieferen ebenfo beftimmt als dunkle erfchienen, womit wenigftens ihr. pofitiver Charakter, d. h. dafs fie nicht etwa Röhrchen, fondern folide ftark lichtbrechende Körper im Zuftande des geätzten Präparats wohl ohne Zweifel Hervorragungen find. Auch läfst fich an diefem Präparat beobachten, dafs diefe Punkte ziemlich regelmäfsig in Reihen, welche den Schalenflächen parallel liegen, geordnet find, was auf dem ungeätzten Präparat, nach welchem die Zeichnung gefertigt ift, nicht deutlich hervortrat.

Diefe fchräg gefchliffenen Präparate geftatten endlich die Beobachtung, dafs die bei auffallendem Licht dunkel erfcheinenden Balken oder Querfchnitte von Platten diejenigen find, wo die Schliffläche mit der Faferrichtung zufammenfällt, während diejenigen, wo die Fafern quergefchnitten wurden, den matten Silberglanz zeigen.

In vollftändiger Klarheit tritt hiernach der Grund der eigenthümlichen Lichteffecte bei den Quer- und Flächenfchliffen hervor: wo die Lichtftrahlen in der Längsrichtung der Fafern einfallen, werden fie grofsentheils reflectirt; wo fie fenkrecht auf die Längsrichtung einfallen, geht ein gröfserer Theil hindurch.

Refumiren wir .die erlangten Refultate dahin, dafs die Struktur des Haupttheils der Schale bei den Gaftropoden eine fibrilläre ift. Diefe Fibrillen find in fenkrecht zu den Schalenflächen ftehende Platten vereinigt, die Fafern felbft ftehen in Winkeln von ca. 45% zu den Schalenflächen, haben aber in den neben einander befindlichen Platten eine fich kreuzende Richtung, und endlich ändert fchicht- weife auch die Stellung der Platten fo um, dafs die Flächen der oberen und der unteren Schicht Winkel von ca. 90° mit einander bilden.

Diefe fo complizirte Anordnung der übrigens gleichmäfsigen Fibrillen glaubte ich durch die fchematifche Fig. 23 Taf. IV leichter deutlich zu machen, in welcher von einem als Parallelepipedum aus der Schale herausgefchnitten gedachten Stück einzelne Theile der Platten als abgefplittert vor- ausgefetzt find. Zu bemerken ift dabei, dafs das Gröfsenverhältnifs der Fibrillen zu den Platten in der fchematifchen Zeichnung ein naturwidriges ift, wie fich aus dem früher darüber Angegebenen und der der Wirklichkeit entnommenen Fig. 22 C ergiebt.

Bei fchräg von oben auffallendem Licht würden die Platten a,a,a diejenigen fein, welche das Licht ftärker reflectiren, bei fchräg von unten auffallendem Licht dagegen die Platten b,b.

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Die Grenzfchicht, wo die Stellung der Platten eine veränderte wird, ift in der Fig. 23 nur mit Punkten und einigen unbeftimmten Strichen ausgefüllt, da es mir nicht gelungen, diefes intereffante Verhältnifs fo klar zu legen, dafs ein Schema deffelben gegeben werden kann. Nur Folgendes kann darüber angeführt werden.

Wie in der Fig. 21 auch angegeben, ift es vielfach möglich, ein directes Uebergehen der fenk- rechten Linien in die fchrägen zu beobachten. Es fcheint ferner aus der Anordnung der fchrägen Linien, wie fie dort ebenfalls gezeichnet ift, wahrfcheinlich, dafs die Platten aus einzelnen Balken, deren Breite ungefähr der Dicke der Platten entfpricht, beftehen, und könnte es vielleicht fein, dafs jeder Balken einer Platte der unteren Schicht, die Fortfetzung je eines Balkens der fämmtlichen Platten der oberen Schicht ift; conftruktiv unmöglich ift es aber, dafs die einzelnen Balken diefe Torfion neben einander und als ein ungetrenntes Ganzes vollführen.

Fig. 22 A u. B zeigen nun, dafs die Platten überhaupt nicht überall diejenige regelmäfsige Schichtung haben, die der Deutlichkeit und Kürze halber in dem Schema und der Befchreibung zu Grunde gelegt ift. Sie fpalten und verzweigen fich vielfach, und diefes findet nachweisbar auch in der betreffenden Grenzfchicht ftatt. Die Krümmung der Schale bringt es mit fich, dafs man durch ein Stück von dem Bau des in Fig. abgebildeten einen tangentialen Schliff durch fämmtliche Schichten der Schale anfertigen kann, der dann, wie leicht erfichtlich, viermal diefe Grenzfchichten fchneiden mufs. Es ift alfo keine Schwierigkeit, fie auch in Flächenfchliffen zu beobachten. Weiteres ergiebt fich hieraus indeffen nicht, als dafs fich die Platten, ähnlich wie am oberen Rande der Fig. 22 A vielfach fpalten, fo wie kleinere Faferbündel entftehen, in welchen die Faferrichtung eine Torfion erleidet und nun fich in ein ziemlich undeutliches Gewirr auflöft, aus welchem die Platten mit ver- änderter Stellung wieder klar und deutlich hervortreten. Die einzelnen Fafern über diefe Grenzlinie hinaus fo zu verfolgen, dafs man ermeffen könnte, ob diefelben Fafern, die diesseits der Grenzlinie einen Balken gebildet hatten, jenfeits derfelben wieder zufammentreten, oder ob die Fafern verfchiedener Balken fich zu einem neuen vereinigen, ift wohl unmöglich; überhaupt ift hier zu bemerken, dafs das Längenmafs der Fafern zweifelhaft bleibt. Dafs fie fich continuirlich durch die ganze Platte erftrecken, ift ebenfowenig zu demonftriren, als daraus, dafs die ifolirt dargeftellten weit kürzer find, das Gegen- theil zu beweifen ift.

Die fehr geringe Dicke derfelben verhindert überhaupt an diefem Object, tiefer in ihr Wefen einzudringen. Bei Mytzlxs werden wir fpäter Gewebe kennen lernen, bei welchen die etwas gröbere, fonft aber anfcheinend analoge Struktur geftattet, die ftark lichtbrechenden kalkreichen Nadeln oder Prismen von dem kalkfreien Gewebe, das fie in feinen Septen enthält, zu unterfcheiden. Wir werden ferner in Meleagrina, Pinna, Anodonta, den Unionen eine ähnliche Struktur, aber in derartig ver- gröfserten Dimenfionen finden, dafs nicht nur ein fehr complicirter Bau des umhüllenden, hier aus Chitin beftehenden Gewebes nachzuweifen ift, fondern dafs für die organifirte Befchaffenheit auch des kalkhaltigen Gehalts die Andeutung einer Struktur und der Umftand fpricht, dafs er nach Behandlung mit Säuren ein entkalktes Subftrat hinterläfst. Daneben befteht nun aber noch die alles diefes quer durch- fetzende horizontale Schichtung, die wenigftens bei den Cruftaceen als eine organifirte Form und nicht als ein blofses Ablagerungsverhältnifs nachgewiefen werden konnte. Ift diefes für Strorndaus und über- haupt für die von mir unterfuchten Gaftropoden nur analogifch anwendbar, fo werden, auch mit Bei- feitelaffung diefer allerfeinften Strukturverhältniffe, felbft die beftimmt nachgewiefenen, ebenfo unmög- lich als ein celluläres Gewebe betrachtet, wie in der beliebten und abgebrauchten Weife der »Cuticular- bildung« erklärt werden können. Ein fo complieirter und fo wechfelnder Bau mufs die mor- phologifchen Bedingungen feines Werdens in fich tragen, und charakterifirt fich dadurch als ein felbft- ftändiger Organismus im Gegenfatz zu dem, was man fich unter einer Cuticularbildung zu denken pflegt.

Von Bedeutung erfchien es in diefer Beziehung noch, die Imbibitionsfähigkeit der Schale von Strombus zu prüfen. Die Bedingungen derfelben ftehen für ein jedenfalls feit langen Jahren aufbe- wahrtes Gehäufe nicht fehr günftig, trotzdem ift eine erhebliche Imbibition nachweisbar.

0) Ein abgebrochenes Stück in demjenigen Zuftande von Trockenheit, den es nach monatelangem

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Liegen in der Stubenluft angenommen hatte, 10,0075 Grm. wiegend, wurde nach 24ftündigem Ein- tauchen in deftillirtem Waffer forgfältig und vollftändig äufserlich abgetrocknet und dann wieder

gewogen. Das Gewicht betrug nun: I0,0445 Grm. nach 2 Tagen 10,059 ge 10,073 « «4 10,0785 Ku I0,0875 « 6 «& [0,0935 « 7 «€ 10,097

Hier wurde der Verfuch abgebrochen, da es auf eine genaue Beftimmung der Grenze der Zunahme nicht ankam. Sicher wäre fie bis auf ı Procent des Schalengewichts gegangen. Strombus enthält nach den von Rofe veranlafsten, allerdings nur auf indirectem Wege angeftellten Beftimmungen, wenn ich einen unzweifelhaften Druckfehler berichtigen und die Berechnung nach den neueren Atom- gewichten corrigiren darf, wenig: über ı Procent Conchiolin. Andere Gehäufe (— mit Ausnahme von Helix mit über 18 Procent —) follen auch nur wenige Procente enthalten. Mein junger Sfrombus hatte wahrfcheinlich mehr Conchiolin, als ein alter, aber immer fieht man, dafs gegenüber dem Conchiolin- gehalt die oben nachgewiefene Imbibition keine unerhebliche ift. Dafs die Imbibition fo fehr langfam ftattfindet, darf bei der grofsen Dichtheit der Struktur nicht verwundern. Mikrofkopifch nachweisbare Hohlräume, wie Canälchen oder dergl., deren Exiftenz bei manchen Cormopoden unfchwer nach- zuweifen ift, kommen wenigftens bei S/rombus in der unverletzten Schale nicht vor.

In den älteften Theilen der Schale diefes Exemplars find von der äufseren Fläche eindringend neben flacheren und Io u im Durchmeffer haltenden cylindrifchen Einbohrungen, die offenbar von Parafiten herrühren, ganz feine hohle Canälchen, die tief eindringend, einen unregelmäfsig gekrümmten Verlauf und einen Durchmeffer von nur 1,25—1,67 u haben, in den Canadabalfam-Präparaten leicht zu conftatiren. Würden fie auch in den jüngeren frifcheren Theilen der Schale, d. h. an der Mündung beobachtet, fo läge die Verfuchung nahe, fie im Sinne von Bowerbank als Circulationsorgane zu betrachten; ohne aber der Frage vorzugreifen, ob folche bei anderen Gaftropoden vorkommen, was mir bei Axceinum wahrfcheinlich ift, halte ich fie hier, da fie in den frifchen Theilen der Schale fehlen, und keine Verzweigungen zu beobachten find, für durch Parafiten eingebohrte Canäle. Welche Ge- fchöpfe aber fo feine Canäle fo tief einbohren können, darüber wage ich nicht einmal eine Vermuthung.

Der fogenannte Ueberzug der Schale, den manche Ga/tropoden im lebenden Zuftande befitzen, erfchien als ein zu wichtiger Beftandtheil derfelben, um ihn ganz vernachläffigen zu dürfen. An den gewöhnlichen Sammlungsexemplaren ift er nur noch fragmentarifch vorhanden, und auch diefe Fragmente fchienen mir durch diejenige Behandlung, welcher die meiften Exemplare zur Be- feitigung des gröfseren Theils des Ueberzuges unterworfen werden follen, fo weit zerftört zu fein, dafs an ihnen nichts Deutliches mehr zu erkennen ift.

Der Liberalität des Berliner zoologifchen Mufeums verdanke ich jedoch ein zur mikrofkopi- fchen Unterfuchung genügendes Fragment von dem noch am Gehäufe befindlichen, fich aber fehr leicht ablöfendem Ueberzuge eines ganz jungen Spiritusexemplars von Sfrombus gigas (Venezuela). Bei der Betrachtung deffelben mit fchwacher Vergröfserung fallen zunächst Kryftalle, beftehend aus kurzen Säulen mit fchief abgeflächten Endungen, auf. Die gröfseren haben 26—20 u Länge und 20 bis 17 u Breite, fie gehen aber auch bis auf ganz kleine Dimenfionen herab. Ich bin nicht Kryftallo- graph genug, um aus den fehr wechfelnden Formen und bei der wenig regelmäfsigen Ausbildung der ftumpfen Kanten, die Grundform ficher zu bezeichnen, ziehe alfo vor, in Fig. 24 A u.B Taf. IV einige Zeichnungen diefer Kryftalle zu geben.

Auf Zufatz von etwas Effigfäure zu einem in Waffer liegenden Stückchen des Ueberzuges tritt eine fchwache Gasentwickelung ein, die aber nicht von den unverändert bleibenden Kryftallen ausgeht, alfo auf eine geringe Ablagerung von kohlenfaurem Kalk in dem Gewebe felbft zurückgeführt werden mufs. Auch energifche Einwirkung von Effigfäure unter Zuhülfenahme von Erhitzung läfst

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die Kryftalle unverändert, wohingegen fie fich ohne merkliche Gasentwickelung allmählig in Salpeter- fäure löfen. Hiernach liefse fich wohl eine phosphorfaure Verbindung vermuthen.

Diefe Kryftalle bilden eine mäfsig dichte Tapezierung der inneren*) Seite des Ueberzuges, jedoch fo, dafs fie nicht ganz frei auf der Fläche liegen, fondern noch von einer ganz feinen Membran bedeckt find.

Nach dem optifchen Querfchnitt auf einer Falte, von in verdünntem Glycerin liegenden, mit Säuren behandelten Präparaten, ift die gefammte Dicke des Ueberzuges, abgefehen von den Kryftallen, 23—26,5 u. Das mit Effigfäure behandelte Präparat, das etwas gequollen fein dürfte, hat die letztere Dimenfion. Der Ueberzug befteht aus mehreren Lamellen, deren fich vier deutlich unter- fcheiden laffen.

Die zwei mittleren von ungefähr gleicher Dicke machen zufammen ®/, des Ganzen aus. Eine Struktur ift an ihnen nicht nachzuweifen. Die äufserfte von nur ca. 3 u Dicke enthält eine Lage äufserft feiner und dicht ftehender Hohlräumchen, die in der Flächenanficht, auch der nicht mit Säuren behandelten, fondern einfach in Waffer oder verdünntes Glycerin gelegten Präparate, diefelbe Be- fchaffenheit haben und bei mittleren Vergröfserungen fich als eine dichte und feine Punktirung der Membran zeigen. Mit ftarken und ftärkften Syftemen läfst fich durch das Dunkeln derfelben beim Heben und Aufleuchten beim Senken des Tubus ihr negativer Charakter mit der gröfsten Beftimmt- heit demonftriren. Perforationen der Membran können fie nicht fein, da fich diefes auf dem optifchen Querfchnitt zeigen müfste. Sie können alfo nur Grübchen oder Hohlräume fein, und fpricht gegen erfteres fchon das Bild des optifchen Querfchnitts, fo wird der Nachweis, dafs es kleine rundliche Hohlräumchen innerhalb der Membran find, noch dadurch verftärkt, dafs bei trocken in fteifen Canada- balfam gelegten Präparaten, obfchon der Balfam in den gröfsten Theil derfelben eindringt, fie doch an einzelnen Stellen als kleine Gruppen fcharf umgrenzter Bläschen beobachtet werden. So ift auch mit Anwendung der allerftärkften Vergröfserungen eine annähernde Meffung ermöglicht, nach welcher der Durchmefier der einzelnen Hohlräumchen ca. 0,6 u ift. Die Entfernung von Mitte zu Mitte ift etwa I,2 u und würden fomit auf einem DMillimeter der Membran nahe an 700,000 diefer kleinen Organe fein.

Die Dicke der innerften Schicht, in deren Lamellen die Kryftalle fich befinden, ift, wo fie nicht durch letztere ausgedehnt wird, ungefähr diefelbe als die der äufserften, alfo ca. 3 u.

Mit Beftimmtheit ift eine Struktur in derfelben, fo wie auch in den mittleren Schichten nicht nachzuweifen, aber Andeutungen einer ähnlichen, wenn auch unbeftimmteren als der der äufseren Schicht, glaube ich doch in einigen halb abgelöften Läppchen derfelben zu fehen. Figur 25 und 26 Taf. IV erläutern das im Vorftehenden über die Struktur diefes Ueberzuges Angeführte.

Es wäre hier die Gelegenheit, auch Einiges von den Ueberzügen der Gehäufe anderer Gaftro- poden zu fagen, leider kann ich diefes aber nur für Felix thun. An Zimnaea und Planorbis habe ich keine Struktur deffelben nachweifen können, vielleicht mit deshalb, weil durch ihre Habitation im ftehenden Waffer Detritus aller Art fo feft an ihnen hängt, dafs die Beobachtung ungemein erfchwert ift, dagegen giebt Helix pomatia beachtungswerthe Refultate.

Von gut erhaltenen frifchen Exemplaren ift, zumal nach Anfeuchtung und Einknickung der Schale, der Ueberzug als ein biegfames Häutchen ziemlich leicht mit der Pincette abzuziehen, und auf Falten desselben der optifche Querfchnitt ohne Schwierigkeit zu ftudiren. In Fig. 27 Taf. V. find nach einem folchen, in verdünntem Glycerin liegenden Präparat die wefentlichften Verhältniffe diefes Ober- häutchens bei 664facher Vergröfsernng gezeichnet. Die Dicke des Häutchens fchwankt im Allgemeinen zwifchen ca. 6u.7 u. Auf den Höhen der Wülfte, welche fich auf der äufseren Fläche erheben und in an- nähernd parallelen, aber nicht fortlaufenden, fondern abgebrochenen Linien quer über die Anwachs- ftreifen, alfo in der Richtung der Spirale gehen, fteigt fie bis über ıı u. Das Häutchen befteht aus vier deutlich gefonderten Lagen, welche fich auch an den Rifsrändern als folche zeigen. Die äufserfte

*) Es ift allerdings verfäumt, bei Abnahme des Ueberzuges gleich zu notiren, welches innere und äufsere Seite des-

felben ift; es ift aber wohl nicht zu bezweifeln, dafs die glattere, glänzende Fläche die Aufsenfeite deffelben vorftellt.

von ca. Iıı Dicke, die fich aber auf den Wülften verftärkt, enthält ausfchliefslich die Körnchen, welche fpäter erwähnt werden follen; die innerfte von nicht ganz I u Dicke ift fehr ftark lichtbrechend. Die beiden mittleren find durch eine deutliche Grenzlinie getrennt und haben nichts befonders Auffallendes. Diefe Verhältniffe ergeben fich am Rlarften aus Fig. 27 A, wo zugleich die Flächenanficht der Wülfte angedeutet ist. Aus B erfieht man, dafs die innere Fläche vollftändig glatt ist. Dort find auch die Körnchen gezeichnet, welche in der äufserften Schicht enthalten find, und in der Flächenanficht am deutlichften hervortreten. Annähernd wenigftens ergeben fich ihre Dimenfionen und ihre Vertheilung aus der Abbildung. Es find unzweifelhaft, und diefs ist eine ziemlich auffallende Abweichung von den Verhältniffen bei Strombus —, Körnchen, welche das Licht ftärker als die Umgebung brechen, und keine Hohlräumchen, und zwar find es keine Kalkkörnchen, denn fie bleiben bei Behandlung mit Effigfäure und fogar beim Erwärmen mit Salpeterfäure gänzlich unverändert. An Intereffe würden diefe fpeciellen Strukturverhältniffe gewinnen, wenn fie von einer gröfseren Zahl verfchiedener Genera und Species verglichen würden, aber das geht auch ‘fo aus ihnen hervor, dafs fie auf Organifation beruhen, und zwar auf einer Organifation, in welcher auch nicht die leifefte Andeutung cellulärer Geftaltung zu finden ist.

Letzteres gilt auch für die Entwickelungszuftände, die fich unfehwer in der zarten Membran auffinden laffen, welche an noch wachfenden #elices an der Mündung den Schalenrand bildet. Diefe Membran, in welche der Ueberzug der Schale ohne merkliche Grenze und ganz allmälig übergeht, ist keineswegs, wie es zuweilen bezeichnet wird, ein Schleimfecret, fondern ein organifirtes, wachfen- des Gebilde.

Ein von einem jungen Thier abgelöftes Stück der Membran, welche den noch wachfenden Rand bildet, zeigte, in verdünntes Glycerin gelegt, eine allmälig vom feften Rande ausgehende Ab- nahme der Dicke, die bis auf nur 1,3 u herunterging, was fich auf Falten leicht meffen läfst, und an Rifsrändern eine Zufammenfetzung aus mehreren feinen Lagen und keine deutliche Struktur. Der Schleim, welchen die Weichtheile des Thieres in grofser Menge abfondern, enthält allerdings zahl- reiche Zellen, welche von der Randmembran vorfichtig abgewafchen werden müffen. In gröfseren Stücken läfst fich diefe Membran da gewinnen, wo die Aufsenlippe der Mündung, an der der Spitze des Gehäufes am nächften liegenden Stelle, in die fogenannte Innenlippe übergeht, oder fich vielmehr an die ältere Windung anlegt. Ein dort entnommenes Stück der Membran, möglichst gereinigt, zeigt nach dem Eintrocknen unter dem aufgelegten Deckglafe eine feine fibrilläre Struktur in der Art, dafs die einzelnen Lagen aus nah und parallel an einander liegenden Fafern beftehen, deren Richtung fich in den verfchiedenen Lagen zu kreuzen fcheint. An einzelnen Stellen wird die Membran durch eingelagerte Körnchen (— wohl kohlenf. Kalk —) getrübt, an anderen tritt dagegen eine Punktirung durch kleine, dicht zufammenliegende Hohlräumchen auf, deren Durchmeffer von unter I u bis 3 u geht.

Das find allerdings fehr unbeftimmte, aber mit demjenigen, was fpäterhin für die Conchiolin- membranen der Cormopoden nachgewiefen werden wird, übereinftimmende Refultate, und beanfpruche ich für diefelben auch nur den Nachweis, dafs diefe Membran keine Schleimabfonderung, fondern etwas organifch Gewachfenes ist, wie fie denn im Uebrigen ja auch als eine Fortfetzung des Oberhäutchens der Schale auftritt. z

An einem ziemlich jungen, noch lebenden Thiere hatte ich den Rand der Mündung mit der Pincette ausgebrochen und habe verfucht, von dem fich fchnell reproducirenden neuen Rande nach Tränken in Canadabalfam und Erhärten des letzteren einige Querfchliffe durch die ältere und die reproducirte Schale zu fertigen. Es ist diefe natürlich ziemlich fchwierige Präparationsmethode, welche ich weiterhin noch mehrfach zu erwähnen habe, das einzige mir bekannte Mittel, um Auffchlufs über die Verbindung älterer, vollftändig erhärteter mit jüngeren, noch weichen Schalentheilen zu erlangen. Das Präparat war in diefem Falle wenig gelungen, und zur Wiederholung fehlte mir das Material. Während des Schleifens zeigte fich, dafs der neugebildete Schalenrand allmälig fich verdünnend direct in die zarte Randmembran überging. Als durch weiteres Abfchleifen der Schliff dünner wurde, ging die letztere leider"verloren. Ganz beftimmt ergiebt aber nun das Präparat, dafs die Struktur des neugebildeten Randes eine andere ist, als die der älteren Schale. Die Struktur der älteren Schalen-

IWW. von Nathusius-Königsborn. 8

theile ist bei Helix pomatia im Wefentlichen diefelbe als die bei Siromdus ausführlich befchriebene, namentlich ist die lamelläre Schichtung fehr ausgefprochen und durch fcharfe Abwechslung dunkler und heller Lagen bezeichnet. In dem hierrim Laufe einiger Tage neu gewachfenen Rande hört aber die lamelläre Schichtung allmälig ganz auf, bemerklich zu fein. Er ist fcheinbar ftrukturlos, nur gleich- mäfsig gelblich getrübt. Es wird alfo die junge Schalenfubftanz nicht fertig abgefetzt, fondern fie ftellt ein Plasma dar, deffen Struktur fich noch weiter entwickelt. Wo der neue Rand beginnt, ist allerdings ein deutlicher fcharfer Abfatz, der aber doch einen fo geringen Theil der ganzen Schalen- dicke ausmacht, dafs ich geneigt bin, zu vermuthen, die inneren jüngeren Schichten der Schale feien direct weiter gewachfen, und es habe fich der neueRand nicht blofs unter der alten Schale als Fort- fetzung neu entftandener Schichten derfelben angefetzt. Es beträgt nämlich, die Dicke des neuen Randes, wo er fich an die frühere Bruchftelle anfchliefst, faft 132 u, die Dicke des älteren Schalentheils dafelbft etwas über 219 u, der Abfatz alfo nicht ganz 88 u, und ich mufs bezweifeln, dafs die Schale, als ich den Rand abbrach, nur diefe Dicke hatte und in wenigen Tagen fo beträchtlich zunehmen konnte.

Doch diefen Punkt mufs ich als durchaus zweifelhaft geblieben erklären, da an älteren voll- ftändig ausgeheilten Schalenbrüchen Nichts auf einen ähnlichen Vorgang hinweift. Diefe lagen freilich in älteren und vielleicht dadurch zur Prolification unfähig gewordenen Schalentheilen, und es wäre fehr begreiflich, wenn der Vorgang hier ein anderer als in den lebensfrifcheren Randzonen ist.

Von einem ziemlich ausgewachfenen Exemplar von 7. pomatia, das einen früher ftattgehabten beträchtlichen, aber vollftändig ausgeheilten Schalenbruch zeigte, habe ich durch die Bruchftelle einige Querfchliffe gelegt. Sie zeigen eine vollftändige Schliefsung derfelben durch neue normale Schalen- fchichten, welche die directe, wenn auch in Krümmungen fich anfchliefsende Fortfetzung der inneren Schichten des unverletzten Theils der Schale find. Sie ftehen in dem einen Schliff auch in gar keinem Zufammenhang mit der alten Bruchftelle, fondern gehen in einer Krümmung fchon in einiger Ent- fernung von dem alten Bruchrande ab. Leider ist auch diefes Präparat kein fehr gelungenes, da 7. pomatia wegen der glasartigen Sprödigkeit der Schale fehr fchwer ganz gute Schliffe giebt.

Diefe Refultate glaubte ich, fo wenig entfcheidend fie find, nicht unerwähnt laffen zu dürfen und mufs nun noch näher auf die Reaumur’fchen Verfuche eingehen.

Diefe vielfach citirten Verfuche beftanden darin, dafs Reaumur Löcher in die Schalen lebender Helices machte, unter denfelben zwifchen die Weichtheile des Thiers und die Schale feine Lederftückchen fchob und nun bei guter Fütterung der Thiere die Wiederergänzung der Schale beob- » achtete Sie erfolgte in der Art, dafs fich das neue Schalenftück zwifchen dem Leder und den Weichtheilen bildete. Reaumur zog hieraus den Schlufs, dafs fomit die Schale nur ein Secret des Mantels fein könne, und fand darin ziemlich allgemeine Nachfolge. Diefes einmal als entfcheidend —, als Angelpunct der ganzen Auffaffung annehmend, mufste man, wie fchon früher angeführt, nach den künstlichen Erklärungen für andere Erfcheinungen, z. B. für das Vorrücken der Muskelanfätze in der Mufchelfchale greifen.

Man fieht, wie gefährlich es ist, Fundamentalfragen nach Schlufsfolgerungen aus einer einzelnen Kategorie von Experimenten beantworten zu wollen, weil, wie hier, ganze Reihen auch von guten Köpfen fich durch einen Trugfchlufs irreleiten laffen können, denn der obige Schlufs ist durchaus kein zwingender, und das Experiment beweift in diefer Beziehung gar Nichts.

Ein ganz analoger Irrthum entftand früher bezüglich der Reproduction der Epidermis der Vertebraten aus der oberflächlichen Beobachtung der Heilung von Hautwunden, und liegt der Fall in vieler Beziehung ähnlich. Ist durch folche die Epidermis an einer gröfseren Stelle vollftändig entfernt, fo bildet fich die neue Epidermis auf der blofsgelesten Fläche des Coriums auch dann, wenn ein Schorf oder ein anderer todter Körper wie ein Pflafter die Wundfläche bedeckt. Es lag allerdings nahe, diefe neugebildete Epidermis als ein Secret des Coriums zu betrachten, und erft die Ent- wickelung der Lehre von der Zellengenefis und der fpecififchen Verfchiedenheit der Zellen des äufseren und des mittleren Keimblattes liefs fuchen und finden, dafs die Neubildung der verloren gegangenen Epidermis lediglich und ausfchliefsliich von den Rändern der Wunde aus durch eine Wucherung der dort noch vorhandenen jungen Epidermiszellen vor fich geht.

Bes 59 —.

Ganz ähnlich begreift fich der Vorgang bei der Heilung der Schalenwunde. Weiterhin wird nachgewiefen werden, dafs die innerften Schichten der Schale die jüngften find, und dafs wenigftens ein Theil des Wachsthums in einer Prolification diefer innerften Schicht befteht; von dort mufs alfo, wie meine Schliffe durch geheilte Schalenbrüche beftätigen, auch die Neubildung ausgehen. Wir werden ferner fehen, dafs, wie bei den Cruftaceen, die Chitinmembranen, aus welchen fich der Panzer fchichtet, Faferhäutchen find, und wie wir in dem Randmembran der wachfenden Helix Faferfchichten finden, auch die innerften Schichten der Mufchelfchale fich in einem günftigen Ausnahmefall bei Anodonta als Faferhäutchen erkennen liefsen. Die feitliche Prolification der Faferhäutchen kann erst von da ausgehen, wo fie nicht mortificirt find, was im Bereich des Lederftückchens wohl der Fall fein möchte; dafs fie ein noch einfacherer Prozefs als die Zellenvermehrung fein dürfte, leuchtet ein, und dafs fie nach innen zu von dem fremden Körper und nicht äufserlich um denfelben herum ihre Richtung nimmt, kann nicht überrafchen. So erklärt fich das Refultat diefer Reaumur’fchen Experimente mindeftens ebenfogut aus der Annahme eines Wachsthums der Schale felbst, als aus der eines Secretionsproceffes.

Sollte man das Verlangen ftellen, dafs diefes innerfte Schalenhäutchen als etwas Vorhandenes direct demonftrirt oder vielmehr ifolirt werden müffe, fo verfchweige ich nicht, dafs ich diefes bei Helix vergeblich verfucht habe, ich werde jedoch zeigen, dafs mir dies wenigftens einmal, wie fchon erwähnt, an Anrodonta gelungen ift; aber auch davon abgefehen, müffen wir überhaupt für das Ver- langen, jedes feinfte Strukturverhältnifs direet nachgewiefen zu fehen, wenigftens die Schranken fetzen, dafs es unberechtigt ist, eine Struktur, die wir nicht ifoliren und die wir nicht fehen, deshalb für nicht vorhanden zu erklären. Membranen von nur I u Dicke begegnen wir in diefen Unterfuchungen viel- fach. Das find die gröberen, fehr leicht nachzuweifenden; dann werden wir unmefsbar feine finden, die aber auch noch ficher und leicht zu ifoliren find, endlich aber fo feine, dafs fogar der Nachweis ihrer Exiftenz häufig mifslingt. Vergeffen wir doch nicht, dafs in diefen zarten durchfichtigen Gebilden es immer nur eine Differenz der Refraction ist, aus der wir das Vorhandenfein erkennen können, und diefe mufs mit einer gewiffen äufserften Dünnheit auch für die kräftigften optifchen Hülfsmittel un- wahrnehmbar werden. Diefes würde vielleicht fchon in ziemlichem Mafse bei einem Häutchen von noch 0,001 u Dicke eintreten, und woher wollen wir denn wiffen, ob nicht noch viel feinere Strukturen exiftiren? Es ift das auch eine Folge der Zellenidolatrie, dafs, weil diefe Form der Organifation immer nur in verhältnifsmäfsig riefenhaften Dimenfionen auftritt, und weil man hier an der Grenze der Organifation angekommen zu fein vermeinte, diefe doch fo nahe liegenden Betrachtungen ganz

-in den Hintergrund getreten find.

Meine Erklärung des Reaumur’fchen Experiments beanfprucht felbftverftändlich durchaus nicht ein pofitiver Beweis zu fein, fie ist aber wenigftens ein negativer in Bezug auf die Tragweite, welche der bisher gültigen beigelegt wurde, und zeigt, dafs diefe Experimente über die Reproduction der Schale bedeutungslos für die Natur der Letzteren find. So kurz und einfeitig läfst fich die Sache eben nicht zur Entfcheidung bringen. Wie ich fchon im Vorhergehenden nachgewiefen zu haben glaube, dafs die Struktur der Gaftropodenfchale viel zu complicirt ist, um auf einer cuticularen Bildung beruhen zu können, wird fich im Folgenden ergeben, dafs die Cormopodenfchalen diefes in den ver- fchiedenften Form- und Strukturverhältniffen beftätigen.

Es ist ein eigenthümliches Ding mit der organifirten Struktur. Das Bewufstfein ihres fpeci- fifchen Unterfchiedes von der anorganifchen ist ein tief begründetes und durch alle Sophismen wieder durchbrechendes. Während man durch Raifonnement diefen Unterfchied zu verleugnen fucht, erkennt man ihn in Praxis an; wie z. B. die thierifche Natur von £0s00n auch nach Max Schultzes neueren Unterfuchungen dadurch als festgeftellt betrachtet wird, dafs feine petrificirten Kammerwände annähernd diefelbe von feinen Röhrchen durchzogene Struktur befitzen, als der Panzer der Cruftaceen. So wird diefe Struktur als der Beweis einer vorliegenden Organifation und fogar als der einer animalifchen Organifation acceptirt, während fie im Krebspanzer eine Secretion, alfo das Gegentheil einer Organi- fation fein foll, und während man fogar die fpecififche Differenz zwifchen animalifcher und vegeta- bilifcher Organifation beftreitet. Welche Logik, welche Confequenz!

8*+

So =

Cormopeoden. Mytilus.

Eine glückliche Fügung hat diefe Unterfuchungen befonders auf Mytilus, deffen Gehäufe eine Fülle der belehrendften Verhältniffe darbietet, gerichtet. Indem ich die Nothwendigkeit fühlte, von irgend einem Cormopoden eine gröfsere Zahl lebensfrifcher Individuen in den verfchiedenften Alters- zuftänden zu unterfuchen, gedachte ich der kurz vorher in Borkum beobachteten Colonien von zahl- lofen Mytilus auf den dortigen Steinbuhnen, und erhielt durch die Freundlichkeit von Herrn Amtsvoigt Abtmeyer in Borkum eine Sendung von zahlreichen Individuen von Mytzlus edulis in den ver- fchiedenften Altersftufen, die hier lebend ankamen, leider aber, da die Zeit zur Unterfuchung nur allmälig gewonnen werden konnte, in fchwachem Spiritus confervirt werden mufsten.

Wenn ohne Zweifel auch die Unterfuchung der Weichtheile, denn ich mufs von vornherein mich losfagen von einer »Logik«, welche diefe allein als »Thier« bezeichnend, die verkalkten Theile des letzteren als etwas von ıhm Differentes hinftellt —, Intereffantes darbieten würde, fo habe ich auf diefe verzichten müffen. Nur auf den Byffus werde ich näher eingehen und mich im Uebrigen auf die Schale befchränken.

An diefer treten fünf verfchiedene Bildungen entgegen. Der Ueberzug, vielfach als eine Zellenfchicht betrachtet —; die äufsere, blau oder violett gefärbte Schalenfchicht, welche sich ftreng von der inneren Perlmutterfchicht fondert; die das Schalenband gegen die Schalenfläche begrenzenden, mit Grübchen verfehenen, dem blofsen Auge gelb gefärbt erfcheinenden Wälle einem fo intereffanten und eigenthümlichen Gebilde, dafs deffen Nichterwähnung in allem mir bekannt Gewordenen kaum begreiflich erfcheint; und endlich das Schalenband felbst.

Der Ueberzug ift äufserlich von dunkelolivengrüner oder auch leuchtend gelbrother, inner- lich von derjenigen gelben Farbe, welche ich bei dem »Conchiolin«*), wo die Dicke feiner Schichten fie zu beobachten geftattet, überall gefunden habe.

Trägt man mit dem Meffer flache Schichten von der äufseren Fläche der Schale, da wo der Ueberzug noch frifch und unverletzt ist, ab, fo erhält man Bilder, deren Deutung auf ein aus Zellen beftehendes Gewebe freilich nahe liegt. Fig. 30 E Taf. V ergiebt ein folches Bild, wenn auch nach einem etwas anders hergeftellten Präparate, das deshalb eine regelmäfsige feine Streifung nicht zeigt, welche auf feinen Leistchen der Oberfläche, die quer über die fcheinbaren Zellen hinweggehen, beruht. In Fig. 282 BHu. I Taf. V, die allerdings jüngere Entwickelungsftufen des Ueberzuges darftellen, kann man diefe Streifung fehen.

Querfchnitte find von dem fest mit der harten Schale verbundenen Ueberzuge mittelst des Meffers nicht zu fertigen, aber an Schliffen der gut mit erhärtetem Canadabalfam, der ihn durchtränkt

*) Sehr unwahrfcheinlich ist es mir, dafs »Conchiolin« für die häutigen Schichten der Molluskengehäufe infofern ein guter Ausdruck ist, als er eine gleichmäfsige chemifche Befchaffenheit derfelben bezeichnen follte. Offenbar ist die derbe, leder- artige und gegen Löfungsmittel fehr widerftandsfähige Subftanz, welche das Gerüst der fogenannten Faferfchicht bei Meleagrina Pinna, Ostraea etc. bildet, chemifch eine durchaus andere, als z.B. die kaum auch der verdünnten Effigfäure widerftehende zarte Gerüstfubftanz von Strombus, und beim Mangel eines beftimmten Nachweifes läfst fich nicht annehmen, dafs fie auch nur in den verfchiedenen Entwickelungsftufen derfelben Spezies chemifch identifch fei; um aber die hiftiologifche Zufammen- gehörigkeit diefer Gewebe fest zu halten, bedürfen wir eines gemeinfamen Ausdruckes. Sie als das »Organifche« zu bezeichnen, würde die unbegründete Vorausfetzung impliziren, als ob die, wenn auch grofse Menge von Kalkfalzen enthaltenden Gewebe etwas Unorganifches feien. Die überlieferte Bezeichnung gewiffer chemifcher Verbindungen als organifcher, anderer als unorgani- fcher wirkt hier leicht verwirrend; aber fo wenig es geftattet ist, nur Periost und Mark des Knochens der Vertebraten als organifch, das Uebrige als unorganifch zu bezeichnen, fo wenig kann ich mich entfchliefsen, folchem falfchen Sprachgebrauch bei den Geweben der Evertebraten zu folgen. Für eine gefunde Logik ist ein Kryftall von Benzoefäure ebenfo unzweifelhaft etwas Unorganifches, als eine Schmelzfafer trotz des geringen Gehalts an verbrennlicher Subftanz etwas Organifches ist. Ich gebrauche alfo den Ausdruck »Conchiolin« nur in dem Sinne, ein unverfängliches Wort für eine Reihe von Bildungen zu haben, deren Zufammengehörigkeit unbeftreitbar, deren Wefen aber zunächst noch zu unklar ist, um eine charakteriftifche Bezeichnung

zu ermöglichen, und verwahre mich dagegen, hiermit eine chemifche Identität derfelben anerkennen zu wollen.

61° ———

und fchleifbar macht, überzogenen Schale, läfst fich fein Querfchnitt beobachten. Fig. 33 D ist nach einem folchen Präparat gezeichnet. Die zellenartigen Hohlräume find nur theilweife von dem Balfam gefüllt, und find die dadurch verbleibenden Luftblafen in der Zeichnung wiedergegeben. Auch hier ist der Eindruck ein zellenartiger, obgleich die in den tieferen Schichten befindlichen, theils in Lagern, theils fenkrecht geordneten ganz kleinen Hohlräumchen fchon darauf hindeuten, dafs es fich nicht um eigentliche Zellen handelt.

Beftimmt geht diefes aus der Genefis des Gewebes hervor, die fich unfchwer auch an älteren Thieren verfolgen läfst.

Betrachtet man einen geöffneten frifchen Myzzlus, fo ift fehr auffallend, wie fich vom Rand aus der Ueberzug nach innen als eine umgebogene bräunliche Membran bis unter den Mantel fortfetzt. Mit einiger Gewalt läfst fich der Mantel von der fefter mit der Schale verwachfenen Membran ab- ftreifen und auch diefe abziehen, nachdem man fie am Schalenrande losgefchnitten hat.

Die Flächenanficht diefer Membran in Glycerin bei ganz fchwacher Vergröfserung giebt Bio 28°A Tat V; B, D, E, BE, G Hund derfelben Rigur die Details bei ganz ftarker Ver- gröfserung.

A zeigt bei a noch ein Fragment der Faferfchicht des Mantels mit den auf und in ihr vor- kommenden zelligen Elementen. Daneben, wo die Refte des Mantels gänzlich entfernt find, fieht man die fragliche Membran in ein anfcheinend gänzlich ftrukturlofes Häutchen auslaufen. Bei & treten in derfelben fehr kleine Hohlräumchen, theils nur 0,8 u grofs, auf. Diefe nehmen allmälig an Gröfse zu und werden dabei fchärfer begrenzt, bis fie nahe am Schalenrande bis zu 8 u Durchmeffer gehen, dabei aber fich zuweilen in ziemlich complicirten Formen darftellen. Ein ganz regelmäfsiger Ent- wickelungsgang ist dabei nicht zu verfolgen. Bei C find die Hohlräumchen wieder ganz klein, als ob fie aus einer Theilung der bei E abgebildeten gröfseren entftanden fein könnten, während anderer- feits Manches darauf hinweist, dafs die gröfseren Hohlräume von B aus Verfchmelzung der kleinen von C hervorgegangen fein könnten. Jedenfalls finden hier beträchtliche individuelle und örtliche Variationen ftatt; wie z. B. Fig. 23 I von einem ganz jungen Exemplar ein einfacheres Bild von gröfseren, regelmäfsigeren und dicht ftehenden Hohlräumen giebt.

Schon auf Falten der Membran läfst fich beobachten, dafs fie nach dem Schalenrande hin fchnell an Dicke zunimmt. Nah an der Stelle, wo fie von ihrem Anfatz an der inneren Schalenfläche abgeriffen ist, hat fie nur 0,75 uw Dicke, während diefe vor der Umbiegung, mit welcher fie fich an den Schalenrand anfchliefst, 35 u erreicht. Auch auf den freien Theilen der Membran entfteht zu- weilen ein der wabenförmigen Hohlraumfchicht des fertigen Ueberzuges (Fig. 30 D) ähnliches Bild.

Noch vollftändiger laffen fich die Beziehungen diefer Membran zu dem Ueberzug der Schale bei Schliffen der letzteren verfolgen. Dazu mufs fie derartig präparirt werden, dafs der Mantel und die inneren Weichtheile von der Randmembran fo abgeftreift werden, dafs letztere an der Schale bleibt. Die trockne Schale wird nun in Terpentinöl gelegt, dann mit Canadabalfam überzogen und fo lange erwärmt, bis diefer in erkaltetem Zuftande vollftändig hart ist*), Wird nun ein Schliff am beften gleich von mehreren übereinander gelegten Schalenftückchen quer durch den Rand ge-

*) Das Verfahren, das hier kurz befchrieben, ist überall da von der gröfsten Wichtigkeit, wo es fich darum handelt, die Verbindung der eigentlichen Kalkfchale mit weicheren Theilen zu ftudiren. Schon früher hatte ich mich überzeugt, dafs Schliffe von derartig erhärteten Weichtheilen, z. B. von den lederartigen Schalen von Schildkröten- und Schlangen-Eiern, Vorzüge vor Schnitten haben; wo aber fpröde nicht fchneidbare Gewebe in Verbindung mit weicheren Theilen präparirt fein wollen, ist es nicht zu entbehren. Freilich mifslingen folche Schliffe zuweilen, wenn die Weichtheile wegen unvollftändigen Eindringens des Balfams fich beim Schleifen ablöfen, und mufs das Abfchleifen der zweiten Fläche immer erst dann ftattfinden, wenn das Object, nachdem die eine Fläche angefchliffen ist, auf dem definitiven Objectträger mit hartem Canadabalfam ange- fchmolzen ist. Man kann bei diefer Art des Schleifens auch bei anderen Schliffen viel weiter im Schleifen gehen, weil ein Splittern des Objects, das ja nicht abgelöst zu werden braucht, keine wefentlichen Nachtheile bringt. Dafs folche Präparate nicht immer den höchften Grad der Sauberheit haben, wird reichlich durch den Werth, den fie für das Studium der feinften Verhältniffe haben, erfetzt. Erst fpäter fand fich, dafs in fchwierigen Fällen die Anwendung von Wafferglas ftatt des Balfams, wo dann beim Schleifen mit Spiritus befeuchtet werden mufs, zweckmäfsiger fein kann, worüber an geeigneter Stelle das Weitere

bemerkt werden wird.

Pe ei.

legt, fo gelingt es, namentlich wenn man nicht zu dünn fehleift, häufig, die Randmembran vollftändig zu erhalten und ihren Verlauf im Querfchnitt zu beobachten.

Fig. 29 Taf. V giebt den charakteriftifchen Theil des Randes und zwar vom Vorderrande, d. h. dem dem Schlofs gegenüber liegenden, bei fchwacher Vergröfserung mit Vermeidung jeglicher Schematifirung wieder; Fig. 30 A, B, Cund D nach einem eben folchen, nur feineren und umgekehrt liegenden Präparat die Details charakteriftifcher Stellen bei ftarker Vergröfserung.

Danach kann es einem Zweifel wohl nicht unterliegen, dafs diefe umgebogene und mit der inneren Schalenfläche verwachfene Membran wirklich dasjenige Gewebe ist, aus welchem fich der fogenannte Ueberzug der Schale bildet, und folgt hieraus das weitere, fehr wichtige Refultat, dafs der Ueberzug von Mytilus trotz des täufchenden Scheins kein celluläres Gebilde, für welches er doch fo oft erklärt wurde, ift.

Hohlräumchen, die als minimale Pünktchen in einem membranöfen Gewebe entftehen und allmälig, ohne dafs ein Kern oder fonftiger geformter Inhalt nachweisbar ist, anwachfen, bis eine im vulgären Sinne allerdings »zellige« Schicht daraus entfteht, find eben keine Zellen in dem Sinne, den die neuere Hiftiologie diefer Bezeichnung beilegt.

Dagegen erinnert die Entwicklung diefes Gewebes auf das lebhaftefte an das, was ich an der Eifchale von Aaja clavata beobachten konnte und vorher befchrieben habe. Man wird nicht anzu- ftehen brauchen, die Entftehung folcher Hohlräume, die doch gewifs nicht ohne functionelle Bedeutung find, in Geweben, die keine zellige Struktur befitzen, als einen weit ver- breiteten Vorgang zu acceptiren, mit welchem dann der oft ausgefprochene Satz: dafs vielfach Hohlräume in Bindefubftanzen ohne cellulären Charakter beftehen können, zufammenfällt.

An Bedeutung für die Betrachtung der Schalen der Mollusken und auch der Cruftaceen ge- winnt diefer Befund noch dadurch, dafs wir fehen werden, wie Unzo und Anodonta einen Uebergang von dem pfeudocellulären Ueberzug von Myzzlus zu der fogenannten Fafer- und Zellenfchicht von Pinna, Meleagrina, Ostraea etc. ergeben.

Die Eifchale von Raja clavata war ein unzweifelhaft fibrilläres Gewebe. Diefe Struktur ist an der Randmembran von Mytzlus allerdings nicht nachzuweifen; einen ziemlich deutlichen Hinweis auf diefelbe finden wir aber doch in der Befchaffenheit der äufseren Fläche diefer Membran.

Die Fig. 23 B, Cu. I zeigen eine deutliche Streifung, die von der äufseren Fläche der Membran ausgehen mufs, denn fie tritt nur bei Einftellung auf diefe hervor. Fig. 28 H beftätigt diefes. Beim Abfchneiden der Membran vom Schalenrande bleibt an manchen Stellen der umgebogene Theil der Membran am Präparate, und gewinnt man an diefem eine Profilanficht. Sie ergiebt, dafs die bei Flächenanfichten bemerkbare Streifung von dicht ftehenden parallelen Leistchen herrührt, deren Richtung quer über den Rand geht. Sie haben eine Breite von 1,5—1,6 u. Auf den jüngften Theilen der Membran konnten fie nicht beobachtet werden. Es fcheint mir nicht zu kühn, hiernach die Wahr- fcheinlichkeit einer fibrillären Grundftruktur der Membran anzunehmen. In den jüngften Theilen, wo fich Hohlräumchen noch nicht zeigen, kann ich allerdings keinerlei Struktur nachweifen; in folchen Fällen aber das Vorhandenfein einer Struktur kurzweg abzuleugnen, ist gewifs nicht zuläffig, wenn es auch oft gefchieht, und von »ftrukturlofen Membranen« gefprochen wird, wo es nahe genug liegt, dafs nur die optifchen Hülfsmittel, zur Zeit nicht ausreichen, den Nachweis zu führen.

Jedenfalls glaube ich aus der Genefis des Ueberzuges nachgewiefen zu haben, dafs er nicht aus Zellenin der angenommenen Bedeutung diefes Wortes entfteht.

In diefer Beziehung ist auch noch ‚auf die jüngeren Formen des Ueberzuges hinzuweifen. Bei einem Mytzlus von nur 5,5 mm Länge wurde ein Fragment des Ueberzuges mit dem Rafiermeffer abgetragen und in verdünntes Glycerin gelegt. Von den Leistchen der Oberfläche ist hier noch gar nichts zu bemerken, und die Hohlräumchen find fo klein und ftehen fo eng, dafs die Entfernungen von Mitte zu Mitte durchfchnittlich kaum auf 2 u anzunehmen find, während fie, wie Fig. 30 E ergiebt, bei dem ziemlich ausgewachfenen Thiere auf 6—8 u fich berechnen. Es ist dem Wefen eines cellu- lären Gewebes durchaus entgegen, in den jüngeren Formen mit foviel kleineren Dimenfionen aufzu-

treten. Bei einem ganz kleinen Müfchelchen, das ich in meiner Mytzlus-Colonie fand, und deffen durch- fichtige Schale die Beobachtung ohne Weiteres geftattete, war keine Struktur des Ueberzuges zu beobachten, und auch die umgeklappte Randmembran zwar geftreift, aber ohne alle Hohlräume; da- gegen die äufsere Fläche mit borftenartigen Anhängfeln befetzt. Anfangs fchien es zweifelhaft, ob dies ein Mytzlus fei, ich fand dann aber auch an einer Schale von ca. 6 mm Länge, die unzweifelhaft als ein Mytzlus zu erkennen war, diefe borftenartigen Anhängfel noch theilweis erhalten. Auf fo früher Entwicklungsftufe müfste doch ein cellulärer Urfprung des Ueberzuges deutlich zu conftatiren fein, wenn ein folcher beftände.

Der unter dem Ueberzuge liegende Theil der Schale foll hier der Kürze halber, im Gegenfatz gegen die innere oder Perlmutterfchicht, wegen feiner blauen oder an jüngeren Thieren violetten Farbe als die »blaue Schalenfchicht« bezeichnet werden.

Diefe Schicht erfcheint als das wefentlich Formbildende der Schale, da fie am Vorder- und Bauchrande, wo das Längen- und Breitenwachsthum der Schalen ftattfindet, allein vorhanden ist, während das Perlmutter vom Rückenrande aus eine innere Verdickungsfchicht bildet, ohne jemals den Vorder- und Bauchrand zu erreichen.

Trotzdem läfst fich nicht nachweifen, dafs die blaue Schicht früher als das Perlmutter vor- handen ift. Schon an Exemplaren von nur 5 mm Länge finde ich eine reichlich entwickelte Perl- mutterfchicht in derjenigen eigenthümlichen Verbindung mit der blauen Schicht, auf welche ich fpäter zurückkommen werde. Zunächft ist die Struktur der blauen Schicht zu befchreiben.

Auf allen Schliffen quer durch die Schale fieht man fchon bei mäfsigen Vergröfserungen eine feine parallele Streifung der blauen Schicht, welche bei Schliffen, die in den von dem Wirbel aus- gehenden Radien liegen, fast überall auf die Ausnahmen komme ich zurück einen Winkel von ca. 45° gegen die Flächen bildet. Auf Fig. 30 A u.B Taf. V ist fie angedeutet. Bei A fieht man ferner, dafs die Fläche des Schalenrandes keine glatte ist, fondern dafs in der Richtung der Streifen

kleine Säulchen in den leeren Raum, welcher zwifchen der umgebogenen Membran und der Schalen- fläche fich befindet, hineinragen.

Am einfachften und überzeugendften fieht man diefe Sculptur der freien Fläche der blauen Schalenfchicht, wenn man eine ganz kleine Schale, deren Jugendzuftand fie noch ziemlich durchfichtig macht, wohl gereinigt und trocken oder in Glycerin fo unter das Mikrofkop bringt, dafs ihre innere Fläche nach oben liegt. Man fieht fie dann bei ftarker Vergröfserung ganz bedeckt mit den abge- rundeten Enden der Säulchen, aus denen die blaue Schicht befteht, und diefe treten durch die fchräge Richtung der Säulchen um fo deutlicher hervor. Fig. u. 32 Taf. VI find nach folchen Präparaten von zwei ganz jungen Schalen gezeichnet.

Bevor mir diefe fo fehr leicht zu beobachtende Thatfache entgegentrat, hatte ich einen mühfameren, aber allerdings auch erfolgreichen Weg, um die prismatifche Struktur der blauen Schicht nachzuweifen, eingefchlagen.

Legt man einen Schliff fo, dafs er die äufsere Fläche des Schalenrandes in einem Winkel von etwa 45° in der Richtung nach dem Innern der Schale fchneidet, fo fällt er rechtwinklig auf die an den Querfchliffen beobachtete fchräge Streifung. Solche Schliffe find auch von kleineren Schalen verhältnifsmäfsig leicht herzuftellen, wenn man die eine Schalenhälfte mit dem Rande auf die Glasplatte legt, nur etwas abfchleift, dann auf den Objectträger anfchmilzt und nun die ganze Schale fo weit fortnimmt, dafs nur ein genügend dünnes Plättchen des Randes bleibt. Einfach in Balfam eingelegt, zeigt es allerdings in der Mitte die Grenzen der einzelnen Prismen nur in fchwachen Linien, aber am Rande des Schliffs, namentlich da wo derfelbe durch die innere, im Wachsthum begriffene Fläche geht, zeigen ftarke Objectivfyfteme diefelben fehr deutlich, und zwar fo, dafs bei hoher Einftellung die Querfchnitte der Prismen hell und von dunkeln Säumen umgeben find, vergleiche Figur 33 Taf. VI —, während fich bei niedriger Einftellung die Begrenzungen hell und die Prismen dunkel darftellen. Letztere find alfo die ftärker lichtbrechende, wefentlich aus Kalkverbindungen beftehende Subftanz, während die Scheidewände als ein Conchiolingerüst erfcheinen, deffen Septen durch die

Prismen ausgefüllt werden.

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Diefes Gerüst durch Entkalkung mit Chromfäure für fich darzuftellen, habe ich mit nur fehr zweifelhaftem Erfolge verfucht. Das Conchiolin hat hier eine fehr viel zartere Textur, auch wohl andere chemifche Befchaffenheit als in der Faferfchicht von Meleagrina. Es bleibt nach erfchöpfen- der Einwirkung der Chromfäure auf Stückchen der blauen Schicht allerdings ein beträchtlicher Con- chiolinrückftand, der auch die Streifung in vollfter Deutlichkeit zeigt; der Rückftand eines feinen Schliffs fenkrecht auf die Prismen giebt aber nur ein fehr undeutliches Bild. Beim ganz frifchen, nur in Waffer liegenden Präparat find wohl Andeutungen eines ähnlichen, wenn auch ganz unbeftimmten Netzwerkes, als es die Faferfchicht von Meleagrina hinterläfst, zu finden, aber bei dem älteren in Chlorcalcium confervirten Präparat kann ich auch diefe nicht wiederfinden. Die Conchiolin-Membran mufs wohl in der blauen Schicht von Myzzlus zu zart und zerftörbar fein; aber mit Chromfäure nur angeätzte Schliffe geben fehr fchöne Refultate. Mit der gröfsten Schärfe markiren fich die Enden der Prismen als hervorftehende Körper, von deutlichen Zwifchenräumen getrennt. Es mufs dies da- her rühren, dafs die Refte des Conchiolin gar nicht zur optifchen Wirkung kommen und die Säure auch auf die Seitenflächen der Prismen wirkend, die Schlifflächen derfelben abrundet. Am fchärfften ist das Bild bei in Waffer, oder wenigftens verdünntes Chlorcalcium gelegten Präparaten, aber auch in Balfam gelegte find noch von befriedigender Deutlichkeit.

Fig. 34, 35 u. 36 find nach folchen Präparaten gezeichnet, und ihr Vergleich mit Fig. 31, 32 u. 33 ergiebt, wie verfchieden die Dimenfionen der Querfchnitte der Prismen fein können. Zuerst fchien die Annahme gerechtfertigt, dafs mit dem Alter des Thieres auch die neu anwachfenden Prismen erheblich gröfser würden. Vergleicht man z. B. Fig. 33, von einer ziemlich ausgewachfenen Mufchel, mit Fig. 34 von einer erst I3 mm langen, und befonders Fig. 35 A, den fpäter gewachfenen Theil, mit Fig. 35 B, dem früher gewachfenen Theil deffelben Individuums, fo liegt diefelbe fehr nahe; aber fpäter ergab fich aus Fig. 31 u. 32, dafs gerade bei den jüngften Individuen die Dimenfionen der Prismen fehr erheblich fein können. Uebrigens find fie auch hier bei dem etwas älteren wieder merklich gröfser als bei dem allerjüngften, und nachdem fich, wie Fig. 36 ergiebt, mitten zwifchen Schichten mit beträchtlich dicken Prismen Stellen mit ganz dünnen (Fig. 36 B) finden, fo mufs es zweifel- haft bleiben, ob hier irgend eine Regel festzuftellen ist, obgleich ich noch dazu neige, auszufprechen, dafs im Allgemeinen die Struktur bei den fpäter gewachfenen Theilen erheblich gröber ist als bei den früher gewachfenen, wovon nur die fehr grobe Struktur in dem allerfrüheften Entwicklungs- zuftande eine Ausnahme macht, fowie befondere Umftände das Verhältnifs überhaupt modificiren können.

Ein anderweites Strukturverhältnifs der blauen Schicht, welches diefe Prismen quer durchfetzt, fpricht fich in den Anwachsftreifen, wie fie in Fig. 29 Taf. V angedeutet find, aus. Die blaue Färbung liegt in Schichten, welche diefen entfprechen, aber es zeigen fich auf den Querfchliffen auch. fcharf bezeichnete dunkle Linien, welche derfelben Richtung folgen. Bei einzelnen Exemplaren und Präparaten findet fich fogar eine feine regelmäfsige Schichtung ausgefprochen, welche in derfelben Richtung die von der prismatifchen Struktur herrührende Streifung quer durchfetzt und zuweilen nur matt, wenn auch fcharf angedeutet, zuweilen durch Lagen feiner undurchfichtiger Partikelchen be- zeichnet ift.

Das Wefen diefer Schichtung kann ich nicht fixiren, bemerke aber, dafs eine folche zwiefache Struktur in fich durchkreuzenden Richtungen fast als eine allgemeine Regel für die Gewebe, mit denen wir uns hier befchäftigen, betrachtet werden mufs. In der Krabbenfchale habe ich fie, wie früher fchon abgehandelt ist, in ihren Einzelnheiten verfolgen können; bei den Schnecken ist die Thatfache ihres Vorhandenfeins wenigftens fehr deutlich, und wir werden ihr bei den Mufcheln noch viel- fach begegnen.

Für die blaue Schicht von Mytzlus ist endlich noch zu conftatiren, dafs auch längliche Hohl- räumchen in derfelben vorkommen können, wie fie in Fig. 30 C Taf. V in den dicht unter dem Ueber- zuge liegenden Schichten angegeben find. Ob fie in den Kalkprismen oder in dem Conchiolingerüst liegen, mufs ich dahingeftellt fein laffen. Da in den anderen Theilen der Schale vasculöfe Hohlräume im Conchiolingerüst vorkommen, ist letzteres auch hier wahrfcheinlich.

Vor näherem Eingehen auf die Wachsthumsverhältniffe der blauen Schicht mufs ein Ueberblick

Far

du ee = 65 nn

über die noch übrigen Beftandtheile der Myzzlus-Schale gewonnen werden. Faflen wir zuerft das Perlmutter ins Auge.

Dafs das eigentliche Perlmutter, wie es einen wefentlichen Beftandtheil fo vieler Schalen, z. B. von Pinna, Meleagrina, Unio, Anodonta bildet, gröfstentheils aus zahlreichen, fehr eng über- einander gelagerten Blättern befteht, ift eine bekannte Sache; dafs diefe Blätter nicht in vollftändigen Ebenen liegen, fondern foweit Falten oder vielmehr Wellen bilden, dafs ein der Schalenfläche an- nähernd paralleler Schliff in dem Perlmutter ein Syftem feinzackiger Linien zeigt, welche mannigfach wechfelnde Figuren bilden, weil die Schliffebene die Blättchen in ihren Falten oder Wellen fchneidet, ist ebenfalls ein von allen Autoren, die fich mit der Mufchelfchale näher befchäftigt haben, befchrie- benes und meift auch abgebildetes Vorkommen. Hiermit ift aber dasjenige, was über das Perlmutter, namentlich von Myrzlus, zu fagen ift, noch lange nicht erfchöpft.

Wir finden dort, abgefehen von diefen feinen, je nach den verfchiedenen Exemplaren 1,5—1,2 u dicken Schichten oder Blättern, eine gröbere durch einen verfchiedenen Grad von Durchfichtigkeit bezeichnete Schichtung, die aber mit der Lagerung der feinen Blättchen correfpondirt.

Diefes Perlmutter ift überhaupt im Verhältnifs zu demjenigen von Meleagrina wenig durch- fichtig, woher auch wohl fein nur matter Glanz bei der Betrachtung feiner Fläche mit blofsem Auge rührt, und diefe Trübung, die den Querfchliffen bei durchfallendem Licht einen bräunlichen Ton giebt, kommt lagenweife in verfchiedenem Grade vor. Wo fie eine gewilfe Intenfivität hat, ist auf den Querfchliffen die feine Schichtung nicht zu beobachten, aber auch bei ganz feinen und dadurch hellen Schliffen kann diefes ftattfinden. Es fcheint die Textur felbst dort zu unbeftimmt und wie verwafchen oder zerbröckelt zu fein.

Der unglücklichen Erklärung der Entftehung von »netzförmigen Zeichnungen« der Flächen- anficht diefer Blätter, welche Bronn nach Hefslinger citirt, habe ich fchon früher erwähnt. Leidolt hat, wie ich der fchon erwähnten Guftav Rofe’fchen Arbeit entnehme, durch Aetzung des Flächenfchliffs des Perlmutters von Pinna und Meleagrina »fymmetrifche Sechsecke«, die alfo wohl als etwas Kryftallinifches gelten follen, erhalten, und Rofe hat fie bei ähnlicher Behandlung nicht herftellen können, wohl aber ohne Aetzung »auf der inneren Seite der Perlmutterlage kurz vor ihrem Ende, wo fie fich an der Faferlage auskeilt«, fechseckige Zeichnungen gefehen, die er für Arragonit- Kryftalle erklärt, was auch nach den gegebenen Zeichnungen wohl nicht zu bezweifeln ist; abgefehen von folchen befonderen Fällen, kann ich die von mir fowohl bei Meleagrina als bei Mytilus durch Aetzung mit Chromfäure erhaltenen netzförmigen Zeichnungen auf den Flächenfchliffen des Perlmutters nicht für den Ausdruck einer kryftallinifchen Struktur halten, fondern mufs fie als ein organifches Strukturverhältnifs betrachten.

In Fig. 37 B Taf. VI ist die netzförmige Bildung gezeichnet, welche aufeinem folchen geätzten Flächenfchliff hervortritt. Das Präparat hat eine gewiffe Trübung, und die zur genauen Wiedergabe der Linien, die bei höherer Einftellung dunkel find, erforderliche ftarke Vergröfserung macht diefe Linien etwas unbeftimmt. Bei der tiefen Einftellung, wo fie als Vertiefungen hell auf dunkelm Grunde erfcheinen, machen fie einen feineren, fchärferen Eindruck, das Netz fcheint fich aber in noch feinere Spalten zu verzweigen, fo dafs die Abbildung noch fchwieriger werden würde. So viel ift aber deutlich erfichtlich, dafs wir es hier nicht mit blofsgelegten Kryftallformen zu thun haben. Sehr auffällig ist die grofse Uebereinftimmung meiner Fig. 37 B mit der Fig. 14 T. ı von Rofe, welche als die »geätzte Faferlage von Pinna fubquadrivalvis« bezeichnet wird.

Auch ohne Aetzung läfst fich auf Querfchliffen eine die blättrige Struktur des Perlmutters fenkrecht durchfetzende zweite Struktur fehr häufig nachweifen. Eine ziemliche Anzahl meiner Präparate zeigt diefelbe bei Individuen der verfchiedenften Altersftufen; bei dickeren oder trüberen Schliffen nur durch die verfchiedene Intenfivität des bräunlichen Tons ausgedrückt, bei feineren Schliffen aber auch fo, wie fie in Fig. 37 A Taf. VI bei mittlerer Vergröfserung mit möglichfter Genauigkeit abgebildet ist.

Mit vollftändiger Schärfe erkennt man die auf der Zeichnung in ungefähr fenkrechter Richtung angegebenen dunkeln Linien als Hohlräume in der Schalenmaffe von 0,5 u Breite. Der Vergleich mit dem Netz, das der Flächenfchliff zeigte, läfst zunächst vermuthen, dafs diefe Hohlräume Spalten

WW. von Nathusius-Königsborn. 9

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und nicht Röhrchen find. Es kommen aber im Perlmutter auch, wenigftens an gewiffen Stellen mit vollfter Beftimmtheit zu erkennende, die blättrigen Schichten annähernd fenkrecht durchbrechende feine Canälchen vor. Ich habe fie eigentlich zufällig an Flächenfchliffen durch die fpäter zu erörtern- den Schalenbandwälle entdeckt, welche der Natur der Sache nach zugleich durch die daneben liegenden Perlmutterfchichten gingen. Diefe Präparate wurden, um fie mit Chromfäure vollftändig zu entkalken, mit Aether vom Objectträger abgelöft und vollftändig vom Balfam gereinigt. Während der Ein- wirkung der verdünnten Säure auf diefe Schliffe gefchah die Auflöfung des Kalkes in der Perlmutter- fchicht fo, dafs zuerst ein Syftem regelmäfsig vertheilter feiner Löcher entftand, die fich nach und nach verbreiterten. Ein folcher ifolirter und vollftändig gereinigter Schliff wiederum ohne jeden Terpentinölzufatz in ganz harten Canadabalfam mit möglichst geringer Erwärmung fo eingefchmolzen, dafs der Balfam die Luft nicht aus diefen Canälchen vertreibt, zeigt fie mit unzweideutiger Beftimmt- . heit die Blättchen der Schalentextur, deren durchfchliffene, wellenförmige und gezackte Ränder man wie gewöhnlich fieht, durchbohrend. Es liegt wohl an der erwähnten Behandlung diefer Schliffe, dafs fie hier fo deutlich hervortreten, während fie bei meiner gewöhnlichen Behandlungsweife derfelben, mit eingedrungenem Balfam ausgefüllt, fich der Wahrnehmung entziehen müffen. Etwas hängt ihr Auf treten vielleicht auch von dem Alterszuftande des Thieres ab. Die Präparate, an welchen ich fie gefunden habe, waren von einem fehr alten Exemplar von 73 mm Schalenlänge.

So wenig es alfo überrafchen könnte, wenn die in Fig. 37 A abgebildeten Hohlräume Röhrchen wären, mufs ich fie doch hier nach ihrem Verhalten beim Senken des Tubus für Spalten erklären, welche man fich jedoch nicht als leere Räume, fondern als mit einer Conchiolinfchicht oder Membran ausgefüllt, vorzuftellen hätte. Canälchen würden hierbei verfchwinden, nachdem fie erst hell geworden find, Spalten dagegen, weil fie fast nie genau mit der Sehaxe coincidiren, beim Heben und Senken hin- und herfchwanken. Die Trübheit diefer Präparate im Verhältnifs zu den fehr ftarken Vergröfse- rungen, die für eine folche Beobachtung erforderlich find, macht diefe hier zu einer der fchwierigen, wo man auch nach wiederholter reiflicher Prüfung fich eines inneren Vorbehalts gegen ihre abfolute Richtigkeit nicht erwehren kann. Diefes will ich nicht verfchweigen, wenn ich ausfpreche, dafs ich mich für Spalten gegen Röhrchen entfcheiden mufs. Indefs berührt diefer Zweifel dasjenige nicht, worauf es hier ankommt: dafs nämlich der fehr charakteriftifche, unregelmäfsig gewellte und gebogene Verlauf diefer Hohlräume jeden Gedanken an kryftallinifche Formen ausfchliefst. Ihre unregelmäfsige Vertheilung ergiebt, dafs die Struktur, die der geätzte Flächenfchliff nachweift, wenn auch fchon vor dem Aetzen vorhanden, doch als fichtbare, übrigens wahrfcheinlich durch Conchiolin ausgefüllte Hohlräume auf dem nicht geätzten Querfchliff nur an einzelnen Stellen hervortritt.

Es fei fchon hier bemerkt, dafs ich auch bei Meleagrina ähnliche netzförmige Zeichnungen auf einem geätzten Flächenfchlifl, wenn auch nicht fo deutlich, finde, und da diefe Erfcheinungen von Anderen ganz allgemein dem Perlmutter zugefchrieben werden, dürfen wir die ihnen zu Grunde liegende Struktur nicht als auf Mytzlus befchränkt annehmen, wenn auch das fehr bedeutfame Hervortreten derfelben auf den Querfchliffen nur auf diefen befchränkt fein follte.

Auch das Perlmutter ift alfo nicht nur von blättrigem Gefüge, fondern es ist zugleich in pris- matifche Septen wie nicht anders anzunehmen ist durch Conchiolinmembranen getheilt, und aufserdem können feine Canälchen, die jedenfalls wohl in den Conchiolinmembranen liegen, daffelbe durchfetzen.

Doch wir können daffelbe damit noch nicht verlaffen. Mitten im Perlmutter finden fich fcheinbar ganz von demfelben abweichende helle und klare Schichten, deren fenkrechte Streifung fo hervortritt, dafs fie die blättrige fehr zurückdrängt. Ich mufs annehmen, dafs es fich auf diefe Schichten bezieht, wenn Rofe (a. a. O. pag. 83) davon fpricht, dafs zuweilen die Perlmutterfchicht recht dick wird und dann im Querbruch ein ganz fafriges Anfehen bekommt. Ganz klar ist mir feine Ausdrucks- weife hierbei jedoch nicht.

Wie dem auch fei, fo ergeben Querfchliffe durch die mächtiger gewordene Perlmutterfchicht älterer Mytilusfchalen, dafs theils mitten in diefer, theils auf ihrer Grenze gegen die blaue Schicht, namentlich aber am Anfatz des Mantels und der Schliefsmuskeln klare und helle Schichten vorkommen,

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die fich in Folge ihrer Durchfichtigkeit leicht von den trüben Schichten des eigentlichen Perlmutters unterfcheiden. Sie find in eigenthümlicher Weife in das Perlmutter, fast wie Gänge in ein gefchichtetes Geftein eingefprengt. In Fig. 29 bei e Taf. 5 findet man ihre Lage am Anfatz des Mantelrandes, bei Fig. 38 Taf. VI fieht man ihr allmäliges Auffteigen, in Fig. 37 A bei b derfelben Tafel eine ganz fchwache Lage zwifchen der blauen Schicht und dem Perlmutter. Ihre eigenthümlichen Beziehungen zum Anfatz des grofsen Schliefsmuskels, die wegen der ftärkeren Dimenfionen bei Meleagrina deutlich hervortreten, ergiebt Fig. 65 Taf. XII.

Durchaus charakteriftifch ist, dafs ihre Lagerung mit der Schichtung des Perlmutters nicht übereinftimmt, dafs fie diefelben fchräg durchfetzen und durch Ausläufer, die fich von der Hauptmaffe abzweigen, mit diefem verwachfen find. Dergleichen ist fchwer zu befchreiben, aber Fig. 38 und 65 werden diefes eigenthümliche Verhältnifs verdeutlichen.

Die beftimmt ausgefprochene fenkrechte Streifung mufs bei Mytzlus auf eine Perforation durch feine Canälchen zurückgeführt werden, wenigftens da wo diefe Schicht die Bafis des Schliefsmuskels bildet, find folche auf Flächenfchliffen deutlich nachzuweifen, wie Fig. 39 Taf. VI ergiebt. Dort haben fie meiftens 0,3—I u Durchmeffer und die gröfseren zeigen eine unregelmäfsige Form. Es liegt wohl nah, in ihnen einen Apparat zu fehen, der den Muskel in Beziehungen zum Innern der Schale bringt, aber ob man ihr Vorkommen generalifiren darf, verlangt eine weitere Prüfung. Bei Meleagrina kann ich es wenigftens nicht nachweifen. Hier zeigt dagegen ein Flächenfchliff durch die Bafis des Schliefs- muskels bei hoher Einftellung ein zartes Netz dunkler Linien (Fig. 64 Taf. XII); diefs ist aber nur da deutlich zu bemerken, wo der Schliff gegen die Oberfläche ausläuft, ist alfo ein Relief diefer letzteren, während der Schlif, da wo er mitten durch die Schicht geht, nur unbeftimmt marmorirt ist. Die fenkrechte Streifung der Querfchliffe ist aber fowohl bei Meleagrina als auch bei der ähnlichen fehr mächtigen Schicht von Offraea edulis vorhanden, und überhaupt eine prismatifche Gliederung diefer intereffanten Schichten neben der nicht immer nachweisbaren und zuweilen (z. B. bei Oftraea) nur zufällig bemerkbaren Perforation wohl unzweifelhaft vorhanden. Wenn ich auch erst weiterhin auf die Entwicklung der Schale bei Myrzlus näher eingehen werde, liegt es doch zu nahe, dafs die Lagerungsweife diefer Schichten bei einer »cuticularen« Entftehung des Perlmutters vollftändig unerklärlich fein würde, um hierauf nicht fchon jetzt hinzudeuten. Ferner begnüge ich mich hier mit der Andeutung, dafs die Perlen, die bekanntlich auch in Mytzlus vorkommen und deren Struktur mit der der edlen orientalifchen Perlen übereinftimmt, direct aus diefer Schicht hervorgehen. Auch diefes wird bei der Entwicklung der Schale näher abgehandelt werden. Zunächst müffen wir den für das Verftändnifs des Schalenwachsthums fast noch bedeutungsvolleren mit Grübchen verfehenen Wall, der das Schalenband begrenzt, ins Auge faffen.

Die Verwunderung darüber, dafs ein fo eigenthümliches Gebilde, an einer fo verbreiteten und gewöhnlichen Mufchel als Myzzlus ist, fo geringe Beachtung gefunden hat, ist fchon ausgefprochen. Etwas erklärlicher wird diefs dadurch, dafs beim Oeffnen der Schale gewöhnlich das Band zerriffen und zerbrochen und dadurch, befonders bei gröfseren Exemplaren, häufig auch diefer Wall lädirt wird. Will man diefe Theile vollftändig und unverletzt zur Anfchauung bringen, fo mufs man von den ungeöffneten Schalen den ganzen Rücken abfägen, aber auch dann noch wird beim Eintrocknen des Schalenbandes durch deffen Contraction häufig, namentlich bei älteren Exemplaren, der Schalenband- wall zerriffen oder lädirt.

Fig. 40 Taf. VI giebt nach einem fo erhaltenen Präparat die Anficht des Schalenbandes von Innen bei directer Beleuchtung und fchwacher (2*) Vergröfserung von einem ganz jungen Exemplar; Fig. 41 Taf. VII ebenfo Theile des Walles von einem fehr alten Exemplar; Fig. 42 u. 43 derfelben Tafel entfprechende Flächenfchliffe bei durchfallendem Licht, und Fig. 44 u. 45 Taf. VIII Querfchliffe rechtwinklig auf den Rückenrand ungefähr durch die Mitte des Schalenbandes und die angrenzenden Theile der Schale von einem alten und einem jungen Exemplare; Fig. 46 Taf. VIII endlich einen Querfchliff durch einen Theil des einen Walles nach feiner Längsrichtung, der fo gelegt ist, dafs die Schliffebene annähernd mit den in dem Walle vorhandenen Löchern oder Gruben zufammenfällt, von einem alten Exemplar. Diefe Zeichnungen werden genügen, um die Form diefes merkwürdigen

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Gebildes zu verdeutlichen. Vollftändig verzichte ich darauf, Vermuthungen über feine phyfiologifche Bedeutung aufzuftellen, möchte diefelbe fogar fehr gering anfchlagen, da ich kein anderes Genus der Cormopoden kenne, bei dem etwas Achnliches vorkömmt, was fchon dagegen fpricht, dafs es fich um ein Organ mit wichtigen Functionen handelt; auch habe ich eine entfprechende Struktur an dem- jenigen Theil der Oberfläche des Mantels, der fich gegen das Band und die Wälle legt, nicht be- merken können, aufser einmal einem Abdruck der äufseren Form, der fich aber mechanifch wohl genügend erklärt.

Will man einen Zweck für diefes Gebilde finden, fo liegt ein mehr mechanifcher am Nächften. Das einfeitige Wachsthum von Myzzlus, das auch die fchiefe Form der Schale beftimmt, indem eine Vergröfferung des Schalenrandes nur am Vorder- und Bauchrande, nicht aber am Rückenrande ftatt- findet, führt dahin, dafs die beiden Schalenflächen am Rückenrande, wo das Schalenband oder Schlofs- band liegt, einen erheblich ftumpferen Winkel beim alten als beim jungen Thier bilden. Es würde fich alfo eine Lücke zwifchen Band und Schale zu bilden ftreben, die durch das Wachsthum diefes Walles ausgefüllt wird. Doch folche Speculationen haben, auf Einzelnheiten gerichtet, immer etwas Bedenkliches, und gar ein »Kampf ums Dafein«, durch welchen fich gerade Mytzlus allein unter feinen Mitbewohnern einen folchen Apparat aus Zweckmäfsigkeitsrückfichten »allmälig angewöhnt« hätte, würde eine ziemlich abfurde Fiction fein. Ich mufs aber um deshalb für diefen Theil der Schale eine befondere Beachtung in Anfpruch nehmen, weil feine Befchaffenheit auf das Beftimmtefte zeigt, dafs er nicht durch Appofition, fondern nur durch Intusfufception wachfen kann.

Vergleicht man Fig. 42 mit Fig. 43 Taf. VII, namentlich aber Fig. 40 Taf. VI mit Fig. Taf. VII, fo wird man fich unfchwer überzeugen, dafs aus dem Wall, wie er beim jungen Thier exiftirt, der des älteren nie und nimmer durch ein blofses Anfetzen neuer Schichten entftehen kann. Wie bei dem in Fig. 40 vollftändig abgebildeten Schalenband die wirkliche Länge der Wälle 5,5; mm, bei dem älteren (Fig. 4r) ca. 31 mm, alfo fast das Öfache ist, fo verhalten fich auch alle anderen Dimenfionen einfchliefslich des Durchmeffers der Grübchen und ihrer Abftände unter einander. Auch die Zahl der Grübchen ift ungefähr diefelbe. Von fehr beachtungswerther Seite bin ich auf die Ver- hältniffe von Haliotis, als eines Analogon aufmerkfam gemacht. Bekanntlich befitzt diefe Schnecken- fchale dem rechten Rande parallel eine Reihe von Löchern, durch welche die linken Seitenfäden des Fufses hervortreten, und fteht allerdings auch hier die Gröfse der Löcher bei ungefähr gleicher Zahl derfelben im Verhältnifs zu der Gröfse der ganzen Schale, obgleich letztere, wie bei allen Gaftropoden, nur am Rande wächst. Es erklärt fich diefes hier dadurch, dafs fich in dem weiter wachfenden Rande neue, immer gröfsere Löcher bilden, während die älteren kleineren fich fchliefsen; aber ein folcher oder ähnlicher Vorgang ist bei den Schalenbandwällen von Myzz/us einfach unmöglich.

Bei diefen find die kleineren Grübchen an beiden Enden, die gröfseren in der Mitte; von diefer müfste alfo die Neubildung ausgehen. Ift diefes fchon ein ziemlich unfafsbarer Gedanke, und wäre diefes auch gar keine Appofition, fondern erst recht eine Intusfufception, fo braucht man nur die Längenmafse von Fig. 41 B u. C auf Fig. 40 zu übertragen, um fich zu überzeugen, dafs eine folche Erklärung in keiner Weife genügen kann; es ist eben das Wachsthum diefer Wälle eine einfache Vergröfserung ‘in allen ihren Dimenfionen.

Um fo intereffanter ift die feinere Struktur des Gewebes, aus welchem fie beftehen.

Einigermafsen läfst fich diefelbe aus Fig. 44 u. Fig. 46 erfehen, obgleich diefe Zeichnungen nur nach geringen Vergröfserungen gefertigt find. Wiederum ist die Gliederung eine zwiefache; einerfeits in, der Hauptrichtung nach oben ftrebende, aber doch zuweilen auch in wunderlich ftalaktiten- ähnlicher Form in verfchiedene Richtungen wie gefchobene oder gedrängte Prismen (Fig. 46); andererfeits (Fig. 44) eine lagerhafte, der äufseren Fläche parallel liegende Schichtung. Betrachtet man das Präparat, nach welchem Fig. 46 gezeichnet ift, mit ftärkeren Vergröfserungen, fo fieht man Syfteme von Canälen, die etwa 0,75 u Durchmeffer haben (vergl. Fig. 47 A und B Taf. VII), theils regelmäfsig und parallel neben einander verlaufen, wie im oberen Theile von Fig. 47 A, wo aber, da die Schliffebene ihre Richtung fchneidet, nur kürzere Enden zur Anfchauung kommen; theils aber auch in den mannigfachften Windungen und Verzweigungen die Subftanz des Walles durchziehen. Sie find

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nur an einzelnen Stellen des Präparats deutlich zu verfolgen und zwar da, wo der Canadabalfam nicht in fie eingedrungen ist. Wo diefes gefchehen, treten nur Andeutungen derfelben hervor. Löft man einen folchen Schliff, was leider nur bei dicker gehaltenen ohne Zerbröckelung thunlich ift, mit Aether von dem Öbjectträger ab und reinigt ihn durch Behandlung mit Aether, lest ihn dann trocken ohne Terpentinöl in erhärteten Canadabalfam bei möglichst geringer Erwärmung, fo fieht man, wie diefe Röhrchen fast überall die Subftanz maffenhaft in Syftemen von verfchiedener Richtung durchziehen, und auch mit gröfseren dunkeln Hohlräumen zufammenhängen. Leider find folche Präparate zu wenig durchfichtig, um den Verlauf diefer Röhrenfyfteme überall deutlich verfolgen zu können. Präparate wie die, nach welchen Fig. 42 u. 43 Taf. VII gezeichnet find, ergeben bei ftarken Vergröfserungen die entfprechenden Bilder: an einigen Stellen Netze von verzweigten und wirr durch einander laufenden Canälchen; an anderen den Querfchnitt der regelmäfsig neben einander verlaufenden Canälchen, als ein Syftem von ziemlich gleichmäfsig vertheilten dunkeln Punkten; endlich auch an noch anderen Stellen die Querfchnitte der Prismen, aus welchen fich der gröfste Theil der Subftanz des Walles zufammenfetzt. Zuweilen finde ich die dunkeln Punkte, als welche fich die Querfchnitte der Röhrchen darftellen, an Stellen, wo der Querfchliff keine Septirung in Prismen bemerken läfst, häufig letztere, ohne dafs die dunkeln Punkte hervortreten, doch aber auch Stellen, wo Andeutungen von beiden in folcher Verbindung vorkommen, dafs ich annehmen mufs: die Canälchen liegen in den Scheidewänden, welche die Septen bilden, und nicht in den Kalkprismen, welche diefe ausfüllen.

Ganz feine und faubere Schliffe durch die Schalenband-Wälle herzuftellen, hat befondere Schwierigkeiten, und es liegt ohnehin in der Natur der Sache, dafs da, wo die Septirung hervortritt, die Querfchnitte der Röhrchen, gerade wenn fie, wie ich annehmen mufs, in den Scheidewänden liegen, in den dunklen Linien, welche die Septen begrenzen, gar nicht oder nur unbeftimmt wahrgenommen werden können. Dafs ich da, wo die Septirung hervortritt, nie einen Röhrenquerfchnitt innerhalb der Prismen, welche die Septen ausfüllen, bemerken konnte, ist einer diefer negativen Beweife, welche eine individuelle Ueberzeugung begründen oder verftärken können, aber allerdings einen vollen objectiven Nachweis noch nicht erreichen. Wir werden denfelben weiterhin noch einigermafsen ver- ftärken können.

Bei Behandlung von Fragmenten der Schalenbandwälle mit verdünnter Chromfäure bleibt ein beträchtlicher, aber doch ziemlich formlofer Conchiolin-Rückftand. Aetzt man die obere Fläche von auf Canadabalfam liegenden Flächenfchliffen mit Chromfäure an und legt fie dann mit ihrer Balfam- unterlage in Chlorcalciumlöfung ein, fo tritt die gewöhnliche Folge diefes Verfahrens, nämlich eine deutlichere Blofslegung der Struktur ein. Die Prismen, welche fchon der ungeätzte Schliff zeigt, find fchärfer von einander gefondert, und auch wo eine Gliederung in folche vorher nicht bemerkbar war, fieht man je nach der Richtung der Struktur ein feines Netz oder eine Längsftreifung; in der Un- regelmäfsigkeit des ganzen Baues liegt es aber, dafs, weil eben keine regelmäfsigen Bilder ent- ftehen, doch immer Zweifel bleiben, wie weit mechanifche Splitterungen und Spaltungen oder eine wirkliche vorhandene Struktur dem, was man fieht, zu Grunde liegt.

An einem der Flächenfchliffe fehe ich da, wo er durch die unteren Schichten des Walles geht, und zugleich die Einwirkung der Säure eine erfchöpfende gewefen ist, ein deutliches und beftimmtes Netz, aus deffen Septen die Kalkmaffe vollftändig entfernt ist (Fig. 47 E Taf. VII); ob daffelbe aber wirklich das Conchiolingerüst ganz unverletzt fo darftellt, wie es urfprünglich vorhanden, mufs ich be- zweifeln. Man wird in diefer Beziehung etwas mifstrauifch, wenn man öfter beobachtet hat, wie leicht in folchen Verhältniffen die fich entwickelnde Kohlenfäure Blafenräume erzeugt, die für ein urfprüngliches Strukturverhältnifs gehalten werden können, ein Irrthum, der bei früheren Unterfuchungen der Schale des Vogel-Eies auf fo entfchiedene Abwege geführt hatte. Ich glaube nun nicht, dafs die hier beob- achteten Netze nur folche Blafenräume vorftellen, aber ich vermuthe, dafs ein Theil der Septen durch die Kohlenfäure-Entwicklung theilweife zerftört, und dadurch das Bild ein nicht ganz genaues geworden ift. Uebrigens würde man auch von einer unwahrfcheinlichen Vorausfetzung ausgehen, wenn man fich das Conchiolingerüst als einen abfolut kalkfreien Organismus und den Inhalt feiner Septen als lediglich aus Kalkfalzen beftehend dächte. Bei der Faferfchicht von Meleagrina, wo beide fo fehr

fcharf gefondert erfcheinen, läfst trotzdem, wie wir weiterhin fehen werden, auch der Inhalt der Septen einen Conchiolinrückftand bei vorfichtiger Behandlung mit Chromfäure deutlich erkennen, und wenn das Gerüst, welches die Septen bildet, nur Kohlenftoff, Wafferftoff, Sauerftoff und Stickftoff enthielte, fo würde diefes als etwas fo Singuläres in der organifchen Schöpfung daftehen, dafs es gewifs nicht vorausgefetzt werden darf.

Ich habe die Mühe nicht gefcheut, an den fchon erwähnten, vom Objectträger mit Aether gelöften und vom Balfam gereinigten Schliffen durch erfchöpfende Behandlung mit Chromfäure das Conchiolingerüst deutlicher darzuftellen, aber ohne Erfolg. Betrachtet man diefe Präparate während der Einwirkung der Säure unter dem Mikrofkop, fo fieht man an den Bewegungen, welche die Blafen- entwicklung in der theilweife entkalkten Maffe hervorbringt, dafs letztere einen fo weichen gelatinöfen Charakter hat, dafs beftimmte Formen leicht verloren gehen können; aber diefe in einer Richtung mifslungenen Präparationen haben ein anderes fo wichtiges als überrafchendes Refultat ergeben.

Die nach Auflöfung des Kalks zurückbleibende Conchiolinmaffe enthält noch eine Menge gröfserer Gasblafen, welche in dem Gewebe eingefchloffen bleiben, und bleibt aufserdem an vielen Stellen fehr undurchfichtig. Bei Anwendung ftarker Vergröfserungen löfen fich diefe dunkeln Stellen in ein Syftem feinfter, mit Luft oder vielmehr wohl mit Kohlenfäure erfüllter Canälchen auf, deren Lumen bis unter 0.5 u herabfteigt, und die an vielen Stellen ein fo dichtes Gewirr bilden, dafs da- durch das ganze Conchiolingerüst der Schalenband-Wälle einen vasculöfen Charak kerzerchlalle

Diefe Verhältniffe in der überzeugenden Beftimmtheit, mit welcher fie in den Schalenband- Wällen hervortreten, find von fo eminenter Bedeutung für das Verftändnifs der Schalenftruktur, dafs ich fie auch noch auf Taf. VIII durch Fig. 47 C u. D, welche erftere einem Schliff in Balfam quer durch Röhrenfyfteme, letztere einem mit Chromfäure vollftändig entkalkten Schliff in Chlorcalcium ent- nommen ift, illuftrire. Dadurch, dafs die Chlorcalciumlöfung nicht in das vasculöfe Röhrchenfyftem des entkalkten Conchiolingerüftes eingedrungen ift, präfentirt fich jenes in ziemlicher Vollftändigkeit.

Der Rückblick auf diefe einzelnen Befunde ergiebt alfo den Bau der Schalenbandwälle, als aus einem Conchiolingerüst beftehend, das ein Syftem zahllofer Canälchen enthält, die eine Saft- circulation geftatten. Die durch diefes Gerüst gebildeten prismatifchen Septen find von Kalkmaffen ausgefüllt; quer durch diefe Prismen zieht fich aber auch hier, freilich nur an einzelnen Stellen beftimmt zu beobachten, diefelbe Schichtung, die wir bis jetzt in allen Theilen der Schalenfubftanz gefunden haben.

Bei einem folchen Organismus ift ein Wachfen durch Intusfusception leicht begreiflich. Dafs in dem Conchiolingerüst fich neue Septenräume bilden können, die fich dann mit Kalkmaffe füllen, ist ebenfowohl denkbar, als dafs fich die vorhandenen vergröfsern, und neue Kalkmaffe im Anfchlufs an die vorhandene den erweiterten Raum ausfüllt.

Beim Schalenbande felbst ist ein Wachfen durch Intusfusception, wie erwähnt, fchon früher von unbefangenen Beobachtern als felbstverftändlich angenommen. Trotzdem bietet der ge- nauere Nachweis feiner Struktur ein erhebliches Intereffe, weil wir in allem Wefentlichen auch hier denfelben Typus als in der Schale wiederfinden.

Schliffe laffen hier die feinere Struktur nur mangelhaft erkennen. Das Schalenband quillt ftark in Waffer auf, wird dann leicht beim Schleifen zerftört und wenn es fo ftark mit Terpentinöl und Canadabalfam getränkt und durch Erhitzen erhärtet ist, dafs dies nicht eintritt, zeigt es Riffe und Hohlräume, die Artefacte find, wie z. B. bei Fig. 44 Taf. VIII. Die dort fchwarz fchattirten Stellen find nur undurchfichtig geblieben, weil der Balfam nicht in fie eingedrungen ist, und wenn auch fowohl eine der Oberfläche parallele Schichtung als eine diefe durchfetzende röhrige oder fafrige Struktur im Allgemeinen hervortreten, fo find doch feine Schnitte zu der Unterfuchung, da wo es fich nicht um die Beziehungen zu der eigentlichen Schale handelt, den Schliffen weit vorzuziehen. Ihre Anfertigung mit dem Rafirmeffer hat bei der hornartigen Confiftenz der Subftanz keine befonderen Schwierigkeiten.

Senkrecht auf die Oberfläche geführte Schnitte zeigen eine diefer Richtung entfprechende feine Streifung, welche, wie fchon der bei den Schliffen in Canadabalfam zuweilen verbleibende Luftgehalt andeutet und die Flächenfchnitte beftätigen, der Ausdruck von röhrigen Perforationen ist. (Fig. 48 Taf. VI.)

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Die genaue Feftftellung diefes Verhältniffes ist aber auch hier keine ganz leichte. Die ganze Subftanz ist fein punktirt, und zwar kann ich diefe Punkte nicht für Querfchnitte von Fibrillen halten, denn ich fehe fie als ebenfolche Pünktchen auf den fenkrechten Schnitten. Soweit dies bei einer fo feinen Struktur zu beftimmen ist, mufs ich fie ferner für pofitiv, d.h. für Körnchen und nicht für Hohlräumchen erklären. Ob fie eine weitere, unferen Beobachtungsmethoden noch tief verfchleierte organifche Struktur andeuten, oder mechanifches Gefüge find, mufs gänzlich dahingeftellt bleiben. Es ist wohl in diefer Beziehung noch zu bemerken, dafs auch da, wo die Kalkprismen in den Septen fo deutlicher Conchiolingerüfte, als fie die Faferfchicht von Meleagrina befitzt, mit Chromfäure behandelt werden, in dem Refiduum immer diefe feine Punktirung auftritt, die dort aber allerdings fehr leicht ein körniges Präcipitat fein könnte.

In den Flächenfchnitten des Schalenbandes erfchwert diefe körnige Befchaffenheit der Subftanz die exacte Festftellung der wirklichen Perforationen erheblich, indefs gelingt fie an ganz feinen Stellen gut mit Glycerin aufgehellter Schnitte dadurch befriedigend, dafs, abgefehen von den verfchiedenen Dimenfionen, bei tiefer Einftellung die Perforationen hell aufleuchten, während die Körnchen dunkel find. In der Abbildung (Fig. 48) konnte ein folches Bild freilich nur unvollkommen wiedergegeben werden; dagegen ist die Stellung der dort hell erfcheinenden Perforationen in möglichfter Genauig- keit mit Anwendung des Zeichenprisma dargeftellt, und man fieht, dafs diefelben keineswegs gleich- mäfsig in der Subftanz vertheilt find, fondern ähnlich wie bei dem Perlmutter fich in Reihen ordnen, welche häufig nichtperforirte Infeln umgeben. Beim Perlmutter geht diefes wohl ficher daraus hervor, dafs die Perforationen ein Gefäfsfyftem des Conchiolingerüsts bilden.

Abbildungen auch der fenkrechten Schnitte zu geben, würde zu weit führen und keinen wefentlichen Zweck haben, und bemerke ich nur, dafs die durch die Perforation bewirkte Streifung am deutlichften in den Glycerinpräparaten, dagegen eine feine, der Oberfläche parallele, lamelläre Schichtung bei folchen Schnitten hervortritt, die trocken in Canadabalfam gelegt find. Diefe Schichten haben eine Dicke von nur ungefähr 1,4 u und werden, foweit ich verfolgen kann, durch eine regel- mäfsig alternirende Lagerung. der erwähnten Körnchen bezeichnet.

Blicken wir auf die Menge der im Vorftehenden erörterten Einzelnheiten der Struktur der verfchiedenen Schalentheile zurück, fo ist das überrafchende Refultat:

Eine Zurückführung aller diefer anfcheinend fo abweichenden Strukturen auf dasfelbe Bildungsprinzip, auf diefelben Grundlagen des feineren Baues. Ueberall findet fich ein organifirtes Conchiolingerüst, meiftens mit einem erkennbaren vasculöfen Syftem verfehen. In dem Schalenbande ist eine Septirung deffelben allerdings nur durch die Stellung der Perforationen angedeutet. Diefe Septen find theilweis leer wie in der Epidermis —, theils mit Kalkmaffen ausgefüllt, wie in der blauen Schicht und im Perlmutter; und überall findet fich, die obige Struktur quer durchfetzend, eine feine lamelläre Schichtung, die in der blauen Schicht allerdings nur angedeutet ist.

Das mehr oder weniger ausgefprochen in den Vordergrundtreten eines diefer Verhältniffe genügt, um den verfchiedenen Theilen der Schale ihren Charakter aufzuprägen. Diefes felbe Bildungs- prinzip habe ich in den Panzern der Cruftaceen fchon nachgewiefen; wir werden es, wie fchon bei den Gaftropoden, auch noch bei den übrigen Cormopoden finden, und ich mufs dasfelbe wenn ich, meinen Schlufsbetrachtungen vorgreifend, diefes fchon jetzt bemerken darf als das gemeinfame der ganzen Bindegewebsgruppe, einfchliefslich des quergeftreiften Muskels, der Sarkode und des roman- haften Protoplasma vermuthen. Dann nähme eine von dem vulgären Zellenbegriff morphologifch gänzlich unabhängige Struktur für den thierifchen Organismus ein räumlich mindeftens ebenfogrofses Gebiet als die Zelle in Anfpruch.

Von diefem Gefichtspunkte aus foll gleich hier noch etwas über die Struktur des Byffus von Mytilus angefchloffen werden.

Für einen Theil der Lefer darf ich vielleicht daran erinnern, dafs der Byffus als ein Stämmchen aus der Bafis des Fufses hervortritt, von welchem Stämmchen zahlreiche fehr elaftifche Fäden aus- gehen, mit denen fich das Thier an fremde Gegenftände oder auch an Schalen von Individuen feiner

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Art fest und dauernd anheftet, wodurch Mytilus eng zufammenhängende Colonien bildet, und dafs Byfsus nicht nur bei Mytiliden vorkommt, fondern auch in anderen Familien der Cormopoden (Tri- dacniden und Myaciden) erwähnt wird. Befonderes Intereffe hat von Alters her der von Pinna wegen feiner technifchen Verwendbarkeit zu Geweben erregt. Chemifch betrachtet wird der Byfsus für Chitin erklärt, was für den von Mytilus, der in Alkalien leicht und beträchtlich aufquillt, jedenfalls ungenau ift. Eine derartige Unterbringung von Organismen in chemifche Kategorien hat immer etwas Verfehltes, und fo wichtig für den phyfiologifchen Standpunkt die chemifche Conftitution fein kann, von fo geringer Bedeutung ist fie für den morphologifchen.

In Fig. 49 A Taf. IX. ist ein ungewöhnlich kleines Byffusftämmchen, wohl von einem fehr jungen Individuum herrührend, welches ich, fchon aus diefem herausgeriffen, mit einem gröfseren Stamm verwickelt fand, deshalb abgebildet, weil die Verhältniffe bei diefem kleinen Exemplar über- fichtlicher darzuftellen waren. Die Fäden waren grofsentheils fchon abgeriffen, von denen die noch mit der Endplatte verfehen find, ift nur der eine vollftändig abgebildet, von den andern find in der Zeichnung nur die Stummel wiedergegeben, wodurch die Art des Anfatzes deutlicher geworden ift. Das Wurzelende ist, obgleich der Stamm aus einer wirklichen Spalte des Fufses hervortritt, mit der darunter liegenden Fafermaffe des Leibes vollftändig verwachfen und gehen die Fafern des Byffus- ftammes, fo weit ich bei anderen Präparaten beobachten konnte, continuirlich in die Fafern der erfte- ren über. Hier ift das Wurzelende, wohl in Folge von Maceration der vergänglicheren Körpertheile, ziemlich ftumpf abgeriffen. Die fibrilläre Struktur des Stammes ift evident, wie in der Zeichnung angedeutet, aber auch in den Fäden, welche fich vom Stamm abzweigen, ift fie fowohl durch die Punktirung der Querfchnitte, als auch beim Zerzupfen unzweideutig hervortretend. Aufser diefer inneren fibrillären Maffe ift eine differenzirte Rindenfchicht vorhanden. Die letztere macht fich namentlich durch Runzeln bemerklich, die im Contur und als eine über die Fäden hingehende Querftreifung auf- treten. Schon bei einigen Fäden von Fig. 49 A ift fie angedeutet und in C find zwei Enden von Fäden bei derfelben fchwachen Vergröfserung, aber von einem älteren Individuum, wo alle Dimenfionen entfprechend gröfser werden, abgebildet. Bei letzteren tritt die Runzelung deutlicher auf. Noch deut- licher geht die Sachlage aus Fig. 49 D hervor, wo die Profilanficht der einen Seite eines Fadens von mittlerer Dicke bei ganz ftarker Vergröfserung dargeftellt ift. Man fieht hier fogar einen doppel- ten Contur, einer äufseren Membran von ca. 0,8 u Dicke entfprechend. Dafs diefe die ganze Dicke der Rindenfchicht repräfentirt, erfcheint indefs nicht wahrfcheinlich. Die unregelmäfsig quer über den Faden verlaufenden Falten zeigen fich bei hoher Einftellung, darunter bei tiefer Einftellung die fibril- läre Struktur des inneren Fadens. Die Erfcheinung ift bei verfchiedenen Präparaten und verfchiede- nen Fäden in den verfchiedenften Phafen von einer ganz groben Faltung durch immer feinere Runze- lung bis zu ganz glatten Fäden zu beobachten. Welche fpezielle Urfachen für diefes verfchiedene Auftreten mafsgebend find, darüber liefsen fich vielerlei plaufible Vermuthungen aufftellen, die aber nichts fördern würden. Die Grundurfache liegt mit Evidenz vor: die Byffusfäden zeigen fich bei jeder Handhabung von überrafchender Elaftizität und Zähigkeit. Die Rindenfchicht befitzt diefe Elaftizität nicht, fie faltet und runzelt fich alfo, fobald die innere Faferfubftanz aus irgend welchen Gründen contrahirt ift, und glättet fich, fobald der Faden verhältnifsmäfsig ausgedehnt wird. Die von Anderen gegebene Erklärung, dafs diefe fo fehr wechfelnde Bildung mechanifch einem nicht organifirten Ge- fpinnst aufgedrückt fein foll, ist eben eine Erklärung und eine ungewöhnlich ungefchickte.

Dafs die Fäden nicht rund, fondern entfchieden abgeplattet find, ergiebt fich fchon aus den verfchiedenen Durchmeffern, welche ein und derfelbe Faden an verfchiedenen Stellen und na- mentlich da, wo er umgebogen ift, befitzt. Querfchnitte der Fäden fetzen diefes Verhältnifs aufser allen Zweifel und zeigen zugleich, dafs die Form derfelben meiftens ein ziemlich regelmäfsiges Oval ift.

Von fieben Fäden eines älteren Individuums find folgendes die an den Querfchnitten gemeffe- nen Dimenfionen:

——— 13 m

Längfter Durchmeffer. Kürzefter Durchmefier. Nr. I 224 u. IOo3 u. » 2 206 » 103 » 23 201 » S5 »4 155 > 73 > » 5 113 » 52 » » 6 103 ;2 » »7 99 > 60 »

Der längere Durchmeffer ist alfo durchfchnittlich etwas über das Doppelte des kürzeren.

Zugleich ergeben diefe Meffungen, wie fehr verfchieden die Dicke der Fäden bei demfelben Individuum ist.

Befondere Beachtung nehmen die Endplatten, mit welchen die Fäden an anderen Gegenftänden angeheftet find, in Anfpruch. Es ist nicht zu erwarten, dafs man diefe Endplatten da vollftändig vor fich haben kann, wo fie abfichtlich oder zufällig von diefen Gegenftänden abgelöst find. So fehlt auch bei der in Fig. 49 A abgebildeten Platte ohne Zweifel ein erheblicher Theil des Randes. Man erkennt fchon hier, dafs die Endplatte aus zwei verfchiedenen Schichten, einer inneren, von bei diefer fchwachen Vergröfserung körnig erfcheinender Struktur, und einer äufseren durchfichtigeren, von welcher ein Läppchen über die erftere hinwegragt, befteht. Dafs oberflächliche Beobachtung zu der Annahme einer »trichterförmigen Endung« des Fadens geführt hat, ist nach Fig. 49 A auch wohl begreiflich.

Der wirkliche Bau der Endplatte ergiebt fich am beften aus Schliffen, die durch folche Schalen gelegt werden, auf denen Fäden, die von anderen Individuen ausgehen, mit ihren Endplatten noch festfitzen. Werden diefe Schalen mit einer reichlichen Schicht von Balfam überzogen, und diefer durch genügend langes Erwärmen in den erhärtenden Zuftand gebracht, fo bieten folche Präparationen keine befonders erheblichen Schwierigkeiten. Es kommt nur darauf an, den Schliff genau in der Richtung des Fadens zu legen und nur fo weit abzufchleifen, dafs der Anfatz des Fadens noch nicht verletzt ist. Fig. 49 B ist nach einem folchen Präparat gezeichnet. Die Epidermis der Mytilus-Schale, auf welcher die Endplatte angewachfen ist, hat fich von der blauen Schicht der Erfteren etwas abgehoben, aber der Zufammenhang der Platte mit der Epidermis ist ungeftört. Die Platte ist keineswegs trichter- oder gar glockenförmig, fondern fie ist durchweg folide, aber es hebt fich die körnig erfcheinende Maffe als ein ftumpfer Kegel bis in den Anfatz des eigentlichen Fadens, deffen Subftanz fich zu der durchfichtigeren oberen Schicht der Platte ausbreitet.

Die feinere Struktur diefer beiden Schichten wird am beften aus Zerzupfungspräparaten er- kannt. Diefe zeigen, dafs die innere körnige Subftanz ein Gewebe ist, welches zahlreiche kleine Hohl- räumchen in fich fchliefst. An einigermafsen dicken Lagen kann man dies freilich nicht erkennen, aber man erhält Stückchen der membranöfen äufseren Schicht, an welchen eine nur fo feine Schicht der inneren Maffe geblieben ist, dafs die befferen Syfteme, z.B. die Hartnack’fche IO & zmmer/fion, die Wandungen des zarten Gewebes, das diefe kleinen Hohlräumchen umgiebt, in vollftändiger Klar- heit zeigen. Fig. 49 E giebt ein folches Bild bei tiefer Einstellung, wo die Wandungen dunkel er- fcheinen; bei hoher Einftellung bilden fie ein helles Netz auf dunkelm Grunde. Die Durchmeffer diefer kleinen Räumchen liegen zwifchen 4,, und etwas über 2 u.

Diefelben für Zellen im engeren hiftiologifchen Sinne zu erklären, liegt keinerlei Veranlaffung vor, und das Auftreten von folchen, ganz ifolirt am Ende eines rein fibrillären und membranöfen Fadens würde fchwer begreiflich fein. Zur Genüge ist nachgewiefen z.B. bei der Eifchale von Raja und den Jugendzuftänden der Epidermis der Mytilus-Schale wie normal das Vorkommen folcher pfeudocellulären Gewebe in fibrillären und membranöfen Organifationen ist. Es ist die Ge- websform, die von manchen Autoren im Gegenfatz zur cellulären mit einem allerdings nicht ganz un- zweideutigen Ausdruck als »areolär« bezeichnet wird.

Die äufsere Schicht der zerzupften Endplatte zeigt die zarten Membranen, in welche fie fich zertheilt, in Verbindung mit Lagen von Fafern, welche annähernd parallel neben einander verlaufen, ‚und wenn auch der Faden felbst fich grofsentheils in Fafern auflöst, fo fcheint es, dafs auch diefe

W. von Nathusius-Königsborn. Io

durch Membranen zufammenhängen können. Die gröberen Fafern, in welche der Faden leicht beim Zerzupfen zerfällt, find übrigens wohl noch nicht die Primitivfafern, fondern aus letzteren zufammen- gefetzte Bündel, denn einzeln erhält man Fäferchen von unmefsbarer Feinheit.

Wie von einem Gebilde, deffen organifirte Befchaffenheit fo klar ist, die fonderbare Ent- ftehungsgefchichte erfunden werden konnte, dafs aus einer »Byffusdrüfe« Fäden nach Analogie der Arachniden gefponnen werden follen, welche der Fufs dann mit bewundernswerther pedaler Gefchick-

lichkeit mit einem Ende an den Stamm welchen wenigstens die neueren Autoren als etwas Orga- nifirtes anerkennen, während die älteren ihn einfach ignoriren ankleben, mit dem andern auf dem Gegenftande, an welchen fich das Thier anheften will, breit drücken foll etc.; das ist allerdings

fchwer begreiflich. Alles diefes wird fo befchrieben, als ob es wirklich gefehen wäre; es läfst fich aber doch verfolgen, wie die Erzählung mit immer neuen hypothetifchen Details ausgefchmückt wird, je mehr ihr die fortfchreitende Kenntnifs der wirklichen Verhältniffe den Boden nimmt, wie denn z.B. die als »Querftreifung« bezeichnete, häufig eintretende Runzelung der Rindenfchicht, die allerdings mit dem »Spinnen« des Fadens fich nicht zufammenreimen wollte, frifch weg mit der neuen hypothetifchen Erfindung, dafs fie der Abdruck einer Struktur der »Byffusrinne« im Fufs fei allfeitiger Abdruck einer Rinne! »erklärt« wird.

Vergeffen wir nicht, dafs noch früher mit derfelben Zuverfichtlichkeit auch die Entftehung einer Entenfpecies aus Mufcheln, die als Blüthen an einem Baum wachfen, nicht nur befchrieben, fondern fogar abgebildet ist, dafs es eine förmliche und leider weit verbreitete Manie geworden zu fein fcheint, die organifche Natur zu einer Art Spritzkuchen-Fabrik herabzuziehen, und dafs, fobald diefes »Erklären« anfängt, die Wiffenfchaft ihr Haupt verhüllt.

Ohne Zweifel ist die Entwicklungsgefchichte eines fchon durch das Fehlen der cellulären Ele- mente in ihm fo intereffanten Organismus, und die Reproduction der Fäden bei älteren Thieren, fo wie die Bildung und Befestigung der Endplatte eines eingehenderen Studiums würdig, und müfste fie an ganz jungen, noch nicht angewachsenen Individuen, fo wie an älteren, in Aquarien lebend erhal- tenen nicht befonders fchwierig fein. Mein Material war hierzu nicht mehr geeignet. Ich will nur noch anführen, dafs der Vergleich älterer und jüngerer Byffusftfämme von den getödteten Thieren wohl das als unzweifelhaft ergiebt, dafs der Stamm nicht an feiner Spitze, fondern hauptfächlich von unten her wächst, wo fich auch die Knospen neuer Seitenzweige bilden möchten. Damit foll indefs ein nebenhergehendes weiteres Anwachsen des ganzen Stammes von Innen heraus nicht als unmöglich ausgeschloffen werden. Für ein folches fpricht fogar die verhältnifsmäfsige Vergröfserung aller Dimen- fionen in den älteren Stämmen. Wie ausgefprochen diefes Verhältnifs ist, will ich doch durch die folgenden Meffungsrefultate nachweifen.

Colonne ı enthält die Dimenfionen eines ganz kleinen Stammes, und zwar des in Fig. 49 A gezeichneten; Col. 2 die eines etwas älteren, und Col. 3 die eines ziemlich grofsen, wenn auch noch

nicht zu den gröfsten gehörigen. Die Mafse find Micromillimeter (0,001 mm u). I 2: 3 Durchmeffer des Hauptftammes, dicht unter den ersten Zweigen . . . 131 315 970 » der Baden, kleinften „2 14 30 90 » » » Grolste 49 103 273 IRansezeinerb late 530 880 2300 Breite derlelben 2... 2 re 440 630 2000

Die Mafse der Platten beruhen auf nicht ganz ficheren Annahmen, da diefelben, wie fchon

erwähnt, nicht unverletzt ifolirt werden können. Endlich mufs ich noch eines fehr auffallenden Befundes erwähnen, der fich erst ergiebt, als ich behufs der vorftehend regiftrirten Meffungen die Präparatenfammlung durchmuftere; nämlich eines

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Byffusfadens, der mit ganz unzweideutigen, feitlichen Fortfätzen oder feinen Seitenzweigen verfehen ist. Einige find in Fig. 5o A Taf. IX abgebildet, und ftehen mehrere derfelben ziemlich dicht zu- fammen in einer Region des Fadens. Es ist ein ganz ifolirtes Vorkommen und leider geftattet diefes Präparat die Anwendung der Syfteme mit ganz kurzem Focus nicht überall, fo dafs mir Manches bei demfelben unklar bleibt. Bei A fieht man den Anfatz in ziemlich reinem Profil, und ist der Neben- faden offenbar ganz intact; zweifelsohne abgeplattet zeigt er 13—I9Q u Durchmeffer und läfst fich bis zu einer Länge von I,, mm. verfolgen, wo er ftumpf zu enden fcheint. Eine matte Längsftreifung ist deutlich zu erkennen und auch in der Zeichnung wiedergegeben. Die fibrilläre Struktur diefer Nebenfäden wird auch anfchaulich, wo fie gefplittert find. Bei C ist ebenfalls eine reine Profilanficht eines anderen Anfatzes abgebildet, der Faden ist aber bis in feine Bafis gefplittert und nur Rudimente deffelben vorhanden. Gerade dadurch wird aber der aus einer fein punktirten Maffe beftehende ftumpfe Kegel, der fich in den Anfatz erhebt, um fo deutlicher. Bei B erfcheint die Spitze diefes Kegels fogar mit einem abgegrenzten Umrifs. Ich geftehe, dafs ich die diefer Figur zu Grunde liegende Bil- dung fchwer deuten kann. Man fieht den Anfatz nicht in reinem Profil. Er fitzt etwas mehr nach dem dem Befchauer zugekehrten Theil der Ründung. Bei ganz hoher Einftellung erfcheinen nur die Linien « und 3 deutlich und fcharf, dann tritt beim weiteren Senken des Tubus die Linie y hervor, aber der Focus liegt noch immer über dem Kontur des Hauptfadens. Erst bei noch tieferem Senken des Tubus tritt der punktirte Kegel in den Focus und fcheint fein Kontur in den des Hauptfadens überzugehen. Vielleicht ist der Anfatz nicht mehr ganz vollftändig.

Wer die Schwierigkeit kennt, mikrofkopifche Bilder bei ftarken Vergröfserungen genau ohne jedes Schematifiren zu zeichnen, wenn die Formen, welche fie darftellen follen, nicht in allen Bezie- hungen klarliegen, wird diefe Zeichnungen, bei denen übrigens der Hauptfaden nur flüchtig fkizzirt ist, mit einiger Nachficht beurtheilen. Sie werden indefs genügen, um zu beweifen, dafs es fich nicht um zufällige Täufchungen, fondern um wirkliche aus dem Hauptfaden hervorgewachfene Seitenzweige han- delt, und diefes würde allein fchon genügen, um die Spinnhypothefe über den Haufen zu werfen. Ein folches Vorkommen nur einmal beobachtet zu haben, ist ja immer etwas mifslich, aber ich wüfste nicht, wie in der Hauptfache eine Täufchung möglich wäre, und möchte auch das für erwiefen halten, dafs die Knospen diefer Seitenzweige aus der körnigen Subftanz unterhalb oder innerhalb der Rinde des Hauptfadens gebildet werden und dafs jedenfalls auch hier eigentliche celluläre Elemente bei diefem Wachsthumsvorgange gänzlich unbetheiligt find.

Kehren wir nach diefer, meinem Hauptthema allerdings nicht fremdartigen Abfchweifung zu der Schale felbst und zwar zu der Art des Wachsthums der verfchiedenen Schichten, deren Bau im Vorftehenden erörtert ist, zurück; wobei auf den Ueberzug nicht nochmals eingegangen zu werden braucht, da feine Entftehung aus einem zarten, unter dem Mantel hervortretenden Häutchen fchon klargelegt ist.

Es mufs zunächst die Entwicklung der äufseren Form der Schale, die bei Mytilus eine gewiffe Eigenthümlichkeit darbietet, vollftändig vergegenwärtigt werden, um fich beim Vergleich junger mit alten Schalen, aus welchem allein Schlüffe auf die Art des Wachsthums gezogen werden können, ohne Umhertappen zu orientiren.

Dafs fich bei Betrachtung der äufseren Fläche die Jugendformen der Schale in den Anwachs- ftreifen deutlich erkennen und verfolgen laffen; dafs am fogenannten Wirbel die junge Mufchel noch unverändert vorhanden und nur durch Anwachfen neuer Subftanz am Rande vergröfsert ist, tritt an- fcheinend mit folcher Evidenz entgegen, dafs hierdurch die Meinung: die ganze Schale wachfe nur durch Appofition am Rande, allerdings nahgelegt war. Wir werden weiterhin fehen, dafs der Schein in diefer Beziehung trügt, und auch bezüglich der äufseren Schalenfchicht die Sache keineswegs fo ein- fach liegt, obgleich fie allerdings auch am Rande fich wefentlich vergröfsert.

Eine genaue Verfolgung der Anwachslinien (vergl. Fig. 51 Taf. X) zeigt, dafs bei Mytilus diefe Vergröfserung der jungen Schale nur am Vorder- und Bauch-Rande ftattfindet. Der Rückenrand ver- breitert fich nicht, er verlängert fich nur durch die am Bauchrande erfolgenden Anfätze, was mit einem entfprechenden Längenwachsthum des Schalenbandes und der daffelbe umgebenden Wälle ver-

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bunden ist, fo dafs die Anwachsftreifen hier nicht gegen den Wirbel gerichtet find, fondern mehr oder weniger ftumpf gegen die das Schalenband begrenzenden Schalenränder auslaufen. Am Vorderrande findet dagegen überall eine wenn auch geringere Verbreiterung als am Bauchrande ftatt, die je näher dem Wirbel um fo geringer ist, fo dafs die Anwachslinien in der Vorderanficht als Radien gegen das Centrum, das der Wirbel bildet, zufammenlaufen. Hieraus folgt, dafs derjenige Theil der äufseren Fläche, welche dem jungen Müschelchen angehörte, nicht in der Mittellinie bleibt, fondern ganz nach dem Rückenrande hinübergedrängt wird; es folgt ferner, dafs es unmöglich ist, ganz adäquate Schliffe durch junge und alte Schalen, die man vergleichen will, zu legen. Man wird conftructiv immer zu krummen Linien gelangen, in deren Richtung fich natürlich nicht fchleifen läfst. Wenn ich z. B. durch eine junge Schale einen Schliff lege, welcher genau vom Wirbel durch die Mitte des grofsen Muskel- eindrucks geht, fo berührt er zwifchen beiden Punkten andere Schalenregionen, als wenn ich den Schliff ebenfo durch eine alte Schale lege (vergl. Fig. 532 Taf. X).

Unklarheit über diefes Verhältnifs hat mich im Anfang diefer Arbeiten fast auf Irrpfade ge- führt und mich wenigftens zu manchen vergeblichen Präparationen verleitet; es hat defshalb fchon für die Unterfuchungsmethode eine grofse praktifche Bedeutung, und fchien es angemeffen, durch Fig. 51 Taf. X diefes Verhältnifs vollftändig zu verdeutlichen. Sie wird keine weitere Erläuterung bedürfen, als

dafs A die Anficht vom Vorderrande eines vollftändigen, halbausgewachfenen Individuums, B vom -

Rückenrande her, wo das Schlofs fichtbar wird, und C fenkrecht auf die Wölbung der Schale ist. Bei A und C find die Byffusfäden mit ihren Endplatten angedeutet.

Die Geftalt der inneren Schalenfläche wird durch die Fig. 52 dargeftellt, und ist, um auch den Entwicklungsgang anzudeuten, eine jüngere Schale in die ältere eingezeichnet. Die Zeichnung ist etwas perfpektivifch gemacht, und um die jüngere Schale und alle ihre Details ficher an ihren richtigen Fleck zu bringen, ist erft die junge in die alte nach einigen genauen Meffungen, für welche Wirbel und Schalenband die Grundlage bilden, möglichst genau eingezeichnet, und danach die Figur entworfen. Für die Bedeutung der Buchftaben beziehe ich mich im Allgemeinen auf die ausführliche Figuren- Erklärung und mache zunächst nur darauf aufmerkfam, wie bei der Anficht von Innen die ältere Muschel bis in die kleinften Details der jüngeren vollftändig ähnlich ist und fich nur als eine Vergröfserung der letzteren in allen Dimenfionen darftellt. Ebenfo evident, als bei der Betrachtung der äufseren Fläche der Anwachs blofs am Rande, erfcheint bei der Betrachtung der inneren Fläche ein Wachfen von Innen heraus. Schon hieraus läfst fich wohl entnehmen, dafs es fich um fehr complicirte Ver- hältniffe handelt.

Für die blaue Schicht ist ein Anwachfen in der bei Fig. 52 Taf. X mit c und c‘ bezeich- neten Region aus Querfchliffen durch den Schalenrand (Fig. 29 und 30 Taf. V und 53 Taf. X) fehr einleuchtend. Deutlich kann man die Anwachsftreifen, welchen, wie früher erwähnt, auch öfter eine feinere Schichtung parallel liegt, verfolgen, fo wie die Köpfe der vorwachfenden Prismen als runde Hervorragungen, beobachten.

Hier ist zunächst daran zu erinnern, dafs gerade hier die Schale gänzlich frei liegt. An manchen Stellen mag die Frage nach irgend welchem Zufammenhange der Weichtheile mit der Schale fchwierig mit Beftimmtheit zu verneinen fein, hier kann diefes aber mit Sicherheit gefchehen; denn die um den Schalenrand gebogene Membran, aus welcher fich der Ueberzug entwickelt, läfst hier einen Hohlraum, und irgend welche Berührung des Mantels mit der blauen Schalenfchicht ist unmöglich.

Es ist ein glücklicher Umftand, dafs hierdurch die Unmöglichkeit, dafs der aus der blauen Schicht beftehende Rand der Schale eine Abfonderung des Mantelrandes fein könne, fo fchlagend nachgewiefen wird. Die blaue Schicht kann hier nur aus fich felbst heraus wachfen, da fie aufser jeder Berührung mit den Weichtheilen des Thieres ist.

Ein fernerer fehr bedeutfamer Umftand, welcher auch aus den Fig. 29 Taf. V und 53 Taf. X zu erfehen ist, befteht darin: dafs die den Anwachsftreifen entfprechende Schichtung mit den Schichten des Perlmutters correfpondirt geradezu eine Fortfetzung derfelben ist.

Was über die gemeinfame Grundlage der Struktur aller Schalenfchichten früher angegeben ist, macht den Gedanken weniger befremdlich, dafs die, wenn auch in den Mufchelfchalen nicht wie in der Cruftaceen-Schale ifolirbaren, Membranen, welche die lamelläre Struktur des Perlmutters bewirken, die- felben find, welche die den Anwachsftreifen entfprechende Schichtung der blauen Schalenmaffe bilden. Uebrigens wird diefes Verhältnifs, das bei Mytilus allerdings der oberflächlicheren Betrachtung ent- gehen kann, noch dadurch beftätigt, dafs bei Meleagrina in der auffallendften Weife die Schichtung des Perlmutters continuirlich auch durch die Prismen der fogenannten Faferfchicht hindurchgeht.

Eine fehr wichtige Frage ist: ob aufser diefem Wachsthum des freien Randes der blauen Schicht ein Dickenwachsthum derfelben auch da ftattfindet, wo fie fchon mit dem emailartigen Ueber- zuge des Perlmutters bedeckt ist. Sie ist nicht leicht zu entfcheiden.

Dafs die blaue Schicht bei älteren Thieren erheblich dicker als bei jüngeren ist, fpringt in die Augen; aber auch bei dem ältern Thier für fich betrachtet, ist fie an den früher gewachfenen Theilen nach dem Wirbel zu auffallend dünner, als an den fpäter gewachfenen nach dem Rande zu. Um mafsgebende Refultate zu erlangen, müffen vergleichbare Schliffe durch junge und alte Schalen fo gelegt werden, dafs fie die entfprechenden Regionen der Schale, und zwar folche Regionen, wo auch bei den jüngeren fchon ein Perlmutterüberzug nachweisbar ist, in genau derfelben Richtung fchneiden. Die Auswahl hierzu geeigneter Exemplare wird leider dadurch eine ziemlich befchränkte, dafs bei den älteren Thieren die äufsere Schalenfläche gröfstentheils fo corrodirt ist, dafs auf die eigentliche Dicke der blauen Schicht dort kein Schlufs gezogen werden kann; man kann alfo für die extremen Alters- und Jugendzuftände keine vergleichenden Gröfsen erhalten, und mufs fich begnügen, verhältnifsmäfsig wenig auseinanderliegende Entwicklungsftufen zu vergleichen.

Die erlangten Refultate hatten anfangs etwas fehr Verwirrendes. An vielen Stellen war die blaue Schicht des älteren Exemplars entfchieden ftärker, als die des jüngeren an der correfpondirenden Stelle. Gerade aber an den dickeren Stellen nach dem Rande hin, wo doch das auffallendfte Refultat zu erwarten ftand, fand fich meiftens das Umgekehrte. Fast gab ich die Hoffnung auf, ein beftimmtes Refultat zu erlangen. Es lag ja fo nahe, die fcheinbaren Widerfprüche auf individuelle und zufällige Verfchiedenheiten zurückzuführen. Indefs wufste ich aus Erfahrung, dafs in folchen Fällen einzelne Meffungen häufig im Unklaren laffen, und dafs erst eine graphifche Darftellung aller Dimenfionen zur Klarheit verhilft. Diefe ist hier allerdings eine mühfame Aufgabe.

Auch bei nur 24facher Vergröfserung geht das zum Zeichnen benutzbare Sehfeld nicht über 3 mm hinaus; es müffen alfo die Präparate durch auf dem Deckglafe angebrachte Farbenftriche in entfprechende Sektionen getheilt, jede der letzteren für fich gezeichnet, und dann das Ganze durch Zufammenkleben der einzelnen Zeichnungen verbunden werden.

In diefer oder ähnlicher Art habe ich 4 verfchiedene Präparationen von zur Vergleichung geeigneten Schliffen älterer und jüngerer Schalen behandelt, und das Refultat ist bei allen vier darin ein vollkommen übereinftimmendes, dafs auf dem mittleren Theil der Schale eine Dicken- zunahme der blauen Schicht ohne Ausnahme und regelmäfsig zu beobachten ist. Fast ebenfo ausnahmelos findet fich aber daneben, dafs da, wo an der jüngeren Schale die meiftens ziemlich deutlich markirte Anfchwellung der blauen Schicht in der Nähe des Randes ftattfindet, die der älteren an der correfpondirenden Stelle eine verhältnifsmäfsige Depreffion zeigt, fo dafs fie dort abfolut dünner ist, als die jüngere, obgleich die auch bei ihr ftattfindende Anfchwellung der Randzone dicker als die Randzone der jüngeren ist.

Diefe Thatfache erklärt fich nur dann, aber auch dann fehr einfach, wenn man annimmt, dafs die Vergröfserung der blauen Schicht nicht nur durch Anfatz am Rande und nicht nur durch Zunahme in der Dicke, fondern auch zugleich durch ein innerliches Wachsthum in allen Dimen- fionen gefchieht. Es ist dann fehr begreiflich, wie die urfprünglich näher am Centrum des Wachs- thums liegenden, an und für fich dünneren Regionen der blauen Schicht fo nach dem Rande zu vorge- fchoben werden, dafs fie in diejenige Zone gerathen, wo bei der jüngeren Schale die Anfchwellung des Randes liegt.

Sind wir hiermit fchon bei der blauen Sthicht auf den Kern der Frage der Schalenentwicklung gelangt, fo möchte ich auch dem Lefer diejenige Evidenz nach Möglichkeit verfchaffen, die mir aus der Bearbeitung und dem andauernden Studium diefer Präparate in ganz überrafchender Weife ent- gegentrat. In Fig. 53 Taf. X find 2 correfpondirende Schliffe von Exemplaren verfchiedenen Alters in einer ziemlich ausgeführten Skizze abgebildet; aber abgefehen von der Schwierigkeit, auch die übrigen in diefer Art hier zu reproduciren, bedürfte es immer noch zahlreicher Meffungen und eines eingehenden Studiums, um die Endrefultate aus ihnen zu ziehen. Daneben mufsten diefe Figuren gegen das in 24:1 Gröfse gezeichnete Original auf !/, alfo auf 6:1 reducirt werden. Die forgfältige Ausführung hat die Darftellung eines grofsen Theils der Strukturverhältnifse trotzdem ermöglicht, aber die Reduction hat doch nicht fo genau gefchehen können, dafs man zutreffende Meffungen der Dicken- verhältnifse an diefer Figur vornehmen könnte. Ich habe alfo in Fig. 54 derfelben Tafel die gefammten Refultate in der Art graphifch, aber fchematifch dargeftellt, dafs die correfpondirenden Schliffe in ein- ander gezeichnet find und ihre Umriffe durch verfchiedene Ausführung leicht unterfcheidbar gemacht find. Dabei find aber, während die Durchmeffer der Schalenfchichten in ı2facher Gröfse aufgetragen find, die Längendimenfionen der Schliffe nur in 3facher Gröfse auf eine Linie aufgetragen, welche der wirk- lichen Krümmung der Schale ungefähr entfpricht. Letzteres erleichtert nicht nur die Publikation der {onst riefenhafte Tafeln beanfpruchenden Zeichnungen, fondern es läfst auch das, warum es fich handelt, fchärfer und charakteriftifcher hervortreten. Freilich ist dabei eine gewiffe Verzerrtheit der Bilder unvermeidlich, die umfomehr eintritt, als die Grenzlinie zwifchen der blauen Schicht und dem Perlmutter in der Wirklichkeit keine einfache Curve ist, fondern fich nach dem Schalenrande zu mehr oder weniger in ftufenförmigen Abfätzen bewegt (vergl. Fig. 53). Ganz befonders verzerrt würde die durch die innere Fläche des Perlmutters gebildete Linie wegen der aus der Verkürzung der Abfciffen hervor- gehenden übertriebenen Convergenz der Ordinaten wenigftens auf den Querfchliffen erfcheinen; fie ist deshalb dort, als ohnehin für die vorliegende Demonftration unwefentlich, grofsentheils fortgelaffen, und nur der Auslauf des Perlmutters gegen den Rand hin angedeutet. Neben jeder einzelnen Zeichnung find die Mufcheln, von denen die Schliffe gefertigt find, in Umriffen in '/, der natürlichen Gröfse ge- zeichnet und darin durch eine punktirte Linie die Situation des Schliffes markirt. Die Zahlen über den Ordinaten find die wirklichen Durchmeffer der blauen Schicht in Millimetern, und gilt die höher ftehende Zahl immer für das ältere, die darunter ftehende für das jüngere Exemplar. j

Zu diefen Zeichnungen ist im Speciellen zu bemerken, dafs bei den Längsfchliffen A der Rand der älteren Schale um fast IQ mm weiter reicht, als die Zeichnung. Das Maximum der Dicke der blauen Schicht ist dort an der Randanfchwellung 0,96 mm, das Minimum 0,5 mm. Sehr charakteriftifch treten am Längsfchliff der älteren Schale drei erhebliche Anfchwellungen hervor. Selbstverftändlich entfprechen fie der als Anwachsftreifen bezeichneten Skulptur der Oberfläche der Schale. Ihr Fehlen an der correfpondirenden Region der jungen Schale halte ich nicht für zufällig. Es dürfte Regel fein, dafs bei den älteren Schalen diefe Anwachsftreifen fich häufig wie von innen gehoben zeigen in Re- gionen, wo diefes bei den jungen Schalen gar nicht oder nur ganz ausnahmsweife vorkommt. Sehr erklärlich ist diefes, wenn ein Dickenwachsthum ftattfindet, da diefes doch fchwerlich ein überall gleich- -mäfsiges ist, mindeftens durch jede Störung der normalen Entwicklung, deren Spuren wir vielfach an den Schalen finden, fo beeinflufst werden mufs, dafs Stauchungen innerhalb der blauen Schicht ein- treten, die zu derartigen theilweifen Erhebungen führen können. Intereffant ist es, in diefer Beziehung auch die faferige Struktur in den Schliffen quer über die Schale vom Rücken- zum Vorderrande zu vergleichen. In den beiden Enden diefer Schliffe liegt die Faferrichtung, abgefehen von einzelnen, wie Wirbel auftretenden Unregelmäfsigkeiten, ganz fchräg gegen die Oberfläche; nur in der Curve, welche die Mittellinie der Schale bildet wie fie in Fig. C durch eine punktirte Hülfslinie bezeichnet ist, und mit der bei Mytilus übrigens wenig hervortretenden radiären Streifung, die dort ebenfalls ange- deutet ist, aber fast nur an ganz jungen, noch durchfcheinenden Schalen durch die Färbung bemerklich ist, entfpricht kann in diefen Querüberfchliffen die Faferrichtung fenkrecht zur Oberfläche ftehen. Diefes kommt aber nur in den jüngeren Schalen in klarer Weife zum Ausdruck, während in den älteren Schalen auch hier die Faferrichtung wie geknickt und geftaucht erfcheint (vergl. Fig. 53). Es darf

un ho auch hierin wohl eine innere Strukturveränderung, die mit dem allfeitigen Wachsthum der blauen Schicht zufammenhängt, gefehen werden.

Da die Querüberfchliffe wie B, C und D die Curven der Erhöhungen, welche die fogenannten Anwachsftreifen bei älteren Schalentheilen bilden, quer durchfchneiden, können hierdurch leicht Un- regelmäfsigkeiten in der fcheinbaren Dicke bewirkt werden. Am einfachften tritt das Verhältnifs bei B hervor, und ich würde, wenn es fich um Wiederholung diefer Präparation handelte, mich vorzugs- weife an jüngere Schalen halten.

Bei C ist, wie bei den übrigen, die jüngfte Schale in punktirtem Umrifs, die ältere in voller Linie gezeichnet. Auch bei diefen beiden find die beregten Verhältniffe beftimmt ausgefprochen. Bei der ganz alten Schale, deren Umrifs mit kleinen Kreuzen bezeichnet ist, war die Oberfläche aufsen am Rande fo corrodirt und weggerieben, dafs die urfprüngliche Dicke nicht mehr mefsbar war. Das- felbe gilt von der älteren Schale bei D, einem eigentlich zu einer anderen Vergleichung angefertigten Präparat, bei welchem übrigens die Vorfchiebung fehr deutlich hervortritt.

Die Meffungsrefultate der älteften Schale bei C (— Umrifs mit Kreuzchen bezeichnet —) habe ich nur defshalb eingezeichnet, um mit gutem Gewiffen fagen zu können, dafs ich kein Refultat, auch wenn es mit der Theorie weniger ftimmt, verfchwiegen habe. Vergleichen wir fie mit der jüngften (— Umrifs in punktirter Linie —), fo ist allerdings auch hier eine wirkliche Vorfchiebung des Randes, die nicht in einem blofsen Anfatz beftehen kann, evident; aber der Vergleich zwifchen der älteften und der mittleren (— mit einer einfachen Linie umriffen —) ergiebt Formbeziehungen, die zwar eben- falls nicht durch Appofition am Rande erklärlich fein würden, jedoch die Vorfchiebung nicht zeigen. Der Grund liegt nahe genug in der abnormen Befchaffenheit, welche der Randwulft der mittleren Schale überhaupt in feiner geringen Dicke und fpeciell in der tiefen Einkerbung zeigt, deren wirkliche Befchaffenheit fich aus Fig. 53, wo fie mit den verhältnifsmäfsigen Dimenfionen gezeichnet ist, ergiebt.

Bedenken wir die Verwicklung des ganzen Wachsthumsvorganges, die fich noch mit den indi- viduellen Variationen, welche fchon die äufsere Form der Mytilus-Schalen fo häufig zeigt, mit der für alle Conchylien angenommenen öfteren Divergenz zwifchen Gröfse und Alter, fo wie endlich mit lo- kalen Entwicklungsftörungen, deren Spuren viele Schalen zeigen, complicirt, fo müffen nicht fowohl einzelne Abweichungen, fondern vielmehr die grofse Uebereinftimmung in dem Hauptrefultat, die ich nachgewiefen zu haben glaube, überrafchen.

Wegen diefer Complicationen ftehe ich aber gänzlich von dem Verfuche ab, das Mafs der einzelnen Relationen zu beftimmen. Neben der Breiten- und Längen-Ausdehnung, die in dem Vor- rücken des Randwulftes nachgewiefen wurde, befteht, wie ich mich bemühen werde, weiterhin nach- zuweifen, doch noch ein wirkliches Anfetzen neuer Schichten am Rande; die Dickenzunahme wird theilweis fcheinbar abgefchwächt durch das bei der Flächenausdehnung eintretende Vorfchieben der früher gewachfenen und urfprünglich dünneren Theile der blauen Schicht, fo dafs in der That in meinen Schliffen gar nicht die wirklich correfpondirenden Schalenregionen verglichen wurden. Hierdurch konnte nun nicht etwa eine Täufchung in der Art eintreten, dafs ein fehlendes Dickenwachsthum fimulirt wurde, fondern es mufste im Gegentheil das Mafs deffelben fcheinbar verringert werden.

Zu beklagen ist es, dafs genauere Beftimmungen ziemlich ausfichtslos find, denn aus folchen würde vielleicht entfchiedener zu entnehmen fein, in welchen Perioden das Dickenwachsthum der blauen Schicht ftattfindet, ob es z. B. ein continuirliches oder auf einen gewiffen Entwicklungszuftand be- fchränktes ist. Letzteres ist aus manchen Gründen das Wahrfcheinlichere, doch möchte ich mich mit Erwägungen von Wahrfcheinlichkeiten nicht aufhalten.

Der Vollftändigkeit halber ist hier noch Einiges über die früher fchon erwähnte eigenthümliche Abgrenzung der blauen Schicht von dem Perlmutter in der Nähe des Schlofsbandes zu fagen. Den Sachverhalt ergeben die Fig. 44 und 45 Taf. VIII in den verfchiedenen Altersftufen im Wefentlichen ohne Weiteres. Auch bei einem Müfchelchen von nur 5 mm Länge zeigt der Querüberfchliff fchon ganz ähnliche Verhältniffe als Fig. 45.

Es hatte diefes leiftenförmige Hervorragen der Schichten in einander und auch die ftufen- förmigen Abfätze der Begrenzungslinie anfangs etwas fehr Befremdliches, was fich aber verliert, da

so

wir wiffen, dafs, indem die Lamellen des Perlmutters direct in die den Anwachsftreifen entfprechende Schichtung der blauen Schicht übergehen, ähnliche Beziehungen auch zwifchen Perlmutter und Schalen- bandwall und ohne Zweifel ebenfo zwifchen letzterem und dem Schlofsbande beftehen, die verfchie- denen Schichten einen zufammenhängenden Organismus bilden, in welchem, wenn ich ein Bild aus der Textilinduftrie und die Zermini technici derfelben anwenden darf, die Lamellen des Perlmutters und die ihnen entfprechenden der anderen Schalentheile den »Aufzug« des Gewebes bilden und nur die Verfchiedenheiten des »Einfchlags« den Schichten ihren Charakter geben. In welchem Entwick- lungsftadium der Letztere unterfcheidbar hervortritt, mufs dahingeftellt bleiben, da, wie fchon erwähnt, die jüngften Individuen, die mir in 5 mm langen Schälchen zur Dispofition ftanden, ihn fchon auf das Vollftändigfte zeigten.

Der Gedanke, an der weiteren Entwicklung diefer fo charakteriftifchen leiftenförmigen Ver- zahnungen beider Hauptfchichten die Art des Wachsthums zu erkennen, lag nahe. Querfchliffe recht- winklig auf den Rückenrand in derfelben Entfernung vom Wirbel, ergaben bei jüngeren und älteren Thieren wefentlich diefelben Dimenfionen der blauen Schicht, bei einer unverhältnifsmäfsigen Ver- dickung des Perlmutters, das, ähnlich wie bei Fig. 44 Taf. VIII, die blaue Schicht derartig überwalmt, dafs es mit dem Schalenbandwall in directe Verbindung tritt. Wurden jedoch entfprechende Schliffe, nur wenige Millimeter weiter ab vom Wirbel, durch diefelben Individuen gelegt, dann veränderte fich das Bild. Die blaue Schicht nimmt an Dicke und Länge (— letztere von dem äufserften Ende der Leifte bis zum Rückenrande gemeffen —) zu.

Diefe Refultate, über welche ich eine kleine Suite von Zeichnungen befitze, welche aber doch nicht wichtig genug erfcheinen, um die Publikation zu beanfpruchen, betrachtete ich damals als nega- tive. Jetzt wo genügend conftatirt ist, dafs alle Schalentheile in den vom Wirbel ausftrahlenden Radien gegen Bauch- und Vorderrand vorgefchoben werden, beweifen diefelben Zeichnungen, dafs auch hier ein Wachsthum durch Intusfusception ftattfindet, denn die beim jüngeren Thier näher am Wirbel liegenden Schalentheile find ja diefelben, welche am älteren Thier weiter ab liegen und dort eine erhebliche Expanfion in allen Dimenfionen zeigen.

Endlich ist noch, obgleich ich für jetzt keine Nutzanwendung daraus zu ziehen vermag, der auffallende Umftand zu regiftriren, dafs gerade in der Leifte, welche aus der blauen Schicht in das Perlmutter hineintritt, mit der gröfsten Conftanz eine Aenderung in der Richtung der Streifung, welche auf dem prismatifchen Bau beruht eine Art von Scheitelung eintritt. In Fig. 44 und 45 Taf. VII ist diefes durch eine leichte Schraffirung in der Richtung der feinen Streifung der blauen Schicht zur Anfchauung gebracht. |

Was die Entwicklung des Perlmutters betrifft, fo liegt es in der Natur der Sache, dafs wenn die anderen organifch mit ihm verbundenen Schalentheile wirklich von Innen heraus fortwachfen, auch jene nicht lediglich in einer äufserlichen Appofition beftehen kann. Um die Beziehungen, in welchen

die verfchiedenen Formen der Schalenfubftanz zu einander ftehen, und die gegenfeitige Abhängigkeit ihrer Entwicklung recht fchlagend zu demonftriren, ist in Fig. 55 Taf. XI eine fchematifche' Zeichnung, entfprechend den Querüberfchliffen, d. h. folchen, die vom Rückenrande (Schalenband) nach dem Vorder- rande gehen, entworfen. Das Schema entfpricht infofern der Natur nicht, als in Wirklichkeit die Schale verhältnifsmäfsig dünner ist. Es ist ferner gänzlich davon abgefehen, dafs gleichzeitig mit dem Anwachfen neuer Schichten eine Expanfion der vorhandenen in allen Dimenfionen ftattfindet. Diefes auszudrücken, würde das Schema nur verwirrt und unklar gemacht haben, während feine Einfachheit nicht ausfchliefst, dafs auch diefe Vorgänge daran verdeutlicht werden. So wird man fich leicht davon überzeugen können, dafs das früher nachgewiefene Dickenwachsthum der blauen Schicht auch an den Stellen, wo fie fchon mit Perlmutter ausgekleidet ist, bei der fchrägen Stellung ihrer Faferrichtung zu der begrenzenden Fläche des Perlmutters nothwendig mit einer entfprechenden Ausdehnung der Schichten des letzteren in allen Dimenfionen verbunden fein mufs; denn ohne eine folche gemeinfame Ausdeh- nung würde nicht nur die Continuität der Anwachslinien unterbrochen, fondern auch die Verbindung beider Schalentheile mit einander gelöst werden.

Um das Schema nicht mifszuverftehen, mufs im Auge behalten werden, dafs es einen Quer-

überfchliff darftellt, defien Scheitelpunkt bei g, der punktirten Linie bei Fig. 51 C Taf. X entfprechend, ist. Daraus folgt, dafs dort die in Schraffirung angedeutete Lage der Fibrillen der blauen Schicht fenkrecht auf die Flächen gerichtet erfcheint. Ihre Schrägheit würde nur in einer andern Schliffebene bemerkbar fein. Es folgt ferner, dafs wenn die erfte der angedeuteten Anwachslinien m—l nur blaue Schicht in fich fchliefst, daraus nicht zu entnehmen ist, dafs in einem gewiffen Entwicklungsftadium die Schale nur aus diefer befteht. Die Betrachtung von Fig. C wird verftändlich machen, dafs auch diefes Segment nach dem Wirbel zu mit dem Perlmutter in Verbindung fteht.

Der Querüberfchliff ist aus folgenden Gründen für diefes Schema gewählt. Es kam nicht nur darauf an, zu verdeutlichen, wie mit dem für die blaue Schicht nachgewiefenen Wachsthum von Innen heraus ein Gleiches für das Perlmutter mit Nothwendigkeit folgt, denn diefes Sachverhältnifs halte ich ‘für leicht erweisbar; aber wir müffen auf Grund deffelben der Frage ernstlich näher treten: ob denn wirklich pofitive Beweife die allerdings nahe liegende Annahme, dafs daneben auch ein Wachsthum durch Anfatz an der inneren Fläche und am Rande ftattfindet, beftätigen. Diefe finden fich in der That, wenn wir die gegenfeitigen Beziehungen des Wachsthums am Rande und am Schalenbande prüfen.

In Fig. 55 Taf. XI ist durch die ftark ausgeführte Linie i—h die innere Fläche der Schale in einem beftimmten, leicht zu beobachtenden und charakteriftifchen Entwicklungszuftande bezeichnet, wo an gewilfen Stellen am Rückenrande der Schalenbandwall und das Perlmutter noch nicht zufammen- ftofsen, wie dies bei den in dem Schema angedeuteten fpäteren Entwicklungsftadien der Fall ist, fon- dern an der mit n bezeichneten Stelle die Leifte der blauen Schicht frei von einem Perlmutterüberzuge, die innere Schalenfläche bildet. Während am Vorderrande die Vergröfserung der Dimenfionen eben- fowohl durch verhältnifsmäfsige Zunahme aller einzelnen Theile, als durch Anwuchs neuer Schichten, eingetreten fein könnte, ist diefes am Rückenrande nicht der.Fall. Der Vergleich des durch die Linie i—h begrenzten jüngeren Entwicklungszuftandes mit dem älteren ergiebt, dafs hier eine Ueberwalmung, ein wirklicher Anfatz neuer Perlmutterfchichten, ftattfindet*). Das Schema enthält übrigens in diefer Beziehung keine Fiktion; durch eine Reihe comparativer Schliffe kann ich nachweifen, dafs am Schalen- bande wirklich diefe erhebliche Verdickung der Perlmutterfchichten, während welcher die blaue Schicht verhältnifsmäfsig ftationär bleibt, eintritt. Sind. aber die zwifchen der Linie i—h und der inneren Schalenfläche liegenden Perlmutterlagen neu angewachfen, fo müffen diefes auch die mit ihnen correfpon- direnden Lagen der blauen Schicht fein. :

Soweit ich die Verhältniffe beim Schalenbandwalle und dem Schalenbande felbst verfolgen kann, findet hier ebenfalls ein Anwuchs neuer Schichten ftatt, was natürlich nicht ausfchliefst, dafs, wie früher nachgewiefen ist, die fchon vorhandenen durch Intusfusception weiter wachfen.

Beruht aber auch nur ein Theil der Gröfsenzunahme der Schale auf Anwuchs am Rande, fo tritt die Schwierigkeit, fich die Vorgänge zu verdeutlichen, aus welchen das genau im Verhältnifs der allgemeinen Gröfsenzunahme ftehende Vorrücken der Anfätze des Mantels und des grofsen Schliefs- muskels entfteht, von Neuem hervor; denn bei beiden liegen die Verhältniffe was bisher überfehen worden zu fein fcheint vollftändig analog. Drückt das in Fig. 55 gegebene Schema nur die Ver-

*) Anm.: Mit dem Ausdruck: »Anfatz neuer Schichten« gebe ich nicht auf, dafs diefer Anfatz ein organifches Wachs- thum und keine mechanifche Appofition ist, als welche die Cuticularbildung, wie fie dargeftellt wird, zu betrachten fein würde. Will man letzteres nicht zugeben, oder leugnet man, wie viele der neueren Schule, prinzipiell den Unterfchied zwifchen organi- fcher und mechanifcher Entwicklung, fo läfst fich hier der Gegenfatz der Auffaffungen noch immer darin conftatiren, dafs ich auch bei dem Anfatz der neuen Schichten das morphologifch Beftimmende in der Schale felbst fehe, während die Cuticular- theorie daffelbe in einem aufserhalb der Schale liegenden, als cellulär präfumirten Gewebe fuchen mufs, daffelbe freilich bei der Mufchel, wie nachgewiefen, nicht finden würde.

Uebrigens fchliefst meine Auffaflung des Anwachfens neuer Schichten nicht aus, dafs, foweit es fich um das Perl- mutter handelt, das Anwachfen fo ftattfindet, dafs eine vorhandene Membran fich abhebt und fo die neuen Lamellen bildet. Eine folche kann fo fein fein, dafs fie nicht nachweisbar ist. Uebrigens läfst fich an ganz jungen Individuen, wenigftens beim Schalen- bandwalle, erkennen, dafs feine Oberfläche mit einer zarten gelben Conchiolin-Schicht überzogen ist, welche fich auf das Band Telbst fortfetzt.

W. von Nathusius-Königsborn. 11

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gröfserung durch Anwuchs aus, fo folgt daraus, dafs der Anfatz des Mantelrandes wirklich von k nach d vorrückt, alfo feine Lage gegen die Schichten der Schale erheblich verändert.

Schon früher ist auf die Incongruenz und Willkürlichkeit der zuerst von Reaumur gegebenen Erklärung: dafs die Muskelfafern des nach dem Wirbel gerichteten Theiles reforbirt und neue nach dem Schalenrande hin gebildet würden, aufmerkfam gemacht. Ich mufs dem hier noch hinzufügen, dafs, da die Verhältniffe für den Mantelfaum ganz analog find, hier daffelbe angenommen werden müfste, dann aber bei einem Verfchwinden der angewachfenen Fafern eine solutzio continis im Mantel entftehen würde. Hier kann man ja freilich wieder durch die Phantafie irgend eine beliebige Abhülfe fuppeditiren, aber die ganze Sache würde dadurch noch weiter auf Gebiete gerathen, welche mehr die Heimath des Dichters als des Naturforfchers find.

Wir haben aus der Wirklichkeit zunächst zu conftatiren, dafs die Bafis, mit welcher fowohl der Muskel als der Mantelfaum innig verwachfen ist, ftets durch das eigenthümliche Schalengewebe gebildet wird, welches mehrfach fchon als durchfichtige oder prismatifche Perlmutterfchicht bezeichnet und abgehandelt ist. Das regelmäfsige Vorkommen diefes intereffanten Gewebes in Verbindung mit dem Schliefsmuskel und dem Mantelfaum läfst auf die engen Beziehungen fchliefsen, welche zwifchen Beiden beftehen. Die gangartige Einfprengung diefes Gewebes in die Schichten des gewöhnlichen Perlmutters (— man vergleiche Fig. 29 Taf. V und 38 Taf. VI, auch Fig. 65 Taf. XII von Meleagrina, fo wie das dazu Abgehandelte —) weist fchon darauf hin, dafs fich daffelbe mit einer gewiffen Selbst- ftändigkeit innerhalb der übrigen Schichten entwickelt und für fich fortwächst.

Auf diefe Weife ist es fehr wohl zu verftehen, wie diefe eigenthümlichen Perlmutterfchichten, mit den auf ihnen angewachfenen Weichtheilen, fich correfpondirend weiter entwickeln und mit ihnen ftärker vorgefchoben werden, als die übrigen Schalentheile, fo dafs die Muskel- und Mantelanfätze durch die neugebildeten Perlmutterfchichten nicht überwalmt werden, fondern ihre relative Pofition behaupten.

Diefe Auffaffung wird erheblich verftärkt durch Vorgänge bei der Perlenbildung. Die Struktur der Perle wird befchrieben als eine einerfeits concentrifch gefchichtete, andererfeits radiär geftreifte. Hiermit ftimmen Schliffe durch edle orientalifche Perlen, deren Einficht ich Herrn v. Schlicht in Potsdam verdanke, welcher folche Präparate gefertigt hat, überein. Sie zeigen aufserdem diefelbe klare Befchaffenheit, als die fo eben abgehandelte Bafalfchicht der Muskelanfätze und des Mantelfaums und ftimmen überhaupt mit diefem Gewebe, foweit ich überfehen konnte, vollftändig überein. Ich habe nun das Glück gehabt, in einem ziemlich ausgewachfenen Mytzlus zwei kleine noch angewachfene Perlen, dicht neben einander ftehend, in der Bafis des grofsen Schliefsmuskels zu finden, und gelang es, einen befriedigenden Querfchliff durch diefe Schalenregion und die beiden Perlchen felbst herzuftellen, aus welchem in Fig. 56 Taf. XI das Wefentlichfte abgebildet ist.

Diefes intereffante Präparat ergiebt mit unzweideutiger Beftimmtheit, dafs die äufsere Schicht diefer Perlchen, deren Struktur vollftändig mit der der orientalifchen Perlen übereinftimmt, eine con- tinuirliche Fortfetzung der Bafalfchicht des Muskelanfatzes ist; bei ftarken Ver- gröfserungen find die feinen Porencanälchen, welche fie durchziehen, fowohl in den Perlen felbst, als in der benachbarten Bafalfchicht ungewöhnlich fchön zu beobachten; fie ergiebt ferner, dafs der Punkt, von welchem die Bildung diefer Perlen ausgeht, unterhalb der Bafalfchicht und innerhalb des gewöhn- lichen Perlmutters liegen mufs, wie denn auch ihr Inneres noch mit gefchichteten Maffen des letzteren, das in diefen Regionen häufig eine deutlich röthliche Färbung hat, ausgefüllt ist; dafs aber auch die blaue Schicht, wie fich an dem etwas gröfseren Perlchen zeigt, an diefen abnormen Vorgängen participirt.

Fremdartige Körper find wenigftens in der kleineren Perle beftimmt nicht vorhanden, und auch die unklaren rundlichen Maffen in der gröfseren dürften fchwerlich folche fein. Es ist ja doch auch gar nicht abzufehen, wie dergleichen unter die übrigens noch von dem Muskel befchützte Bafalfchicht des letztern gelangen follten. Die blaue Schalenfchicht ist unmittelbar über den Perlen durchaus normal und unverletzt. Erst in einiger Entfernung davon hat fie eine corrodirte und befchädigte Stelle, die ja möglicherweife die Perlenbildung beeinflufst haben kann, aber doch nicht in mechanifcher Weife. Dauert der Bildungsprozefs, der diefe Perlen fchon foweit aus der Perlmutterfchicht hat hervorwachfen

laffen, an, fo mufs er früher oder fpäter zu einer wirklichen Abfchnürung derfelben führen, nach welcher fie fich dann in den Weichtheilen des Thieres finden werden. Doch es handelt fich hier noch um ein fehr unklares Gebiet, und bin ich weit entfernt, die Möglichkeit deffen zu beftreiten, dafs Perlen fich auch, wie häufig behauptet wird, in den Weichtheilen des Thieres ohne Zufammenhang mit der Schale bilden können. Es fteht ferner fest, dafs bei Margaritana Perlen vorkommen, welche gar nicht die Struktur der hier befchriebenen haben. Ich verdanke Herrn Möller in Wedel die Einficht eines Prä- parats, welches Schliffe von Norwegifchen Süfswafferperlen (Wargaritana margaritifera?) enthielt. Diefe zeigen eine ganz ähnliche Struktur, als die äufsere pfeudocelluläre Schalenfchicht der Unzonzden und Anodonten, repräfentiren freilich ohne Zweifel nur den Typus der dunkeln und deshalb werthlofen Exemplare der Süfswaffer-Perlen.

Ob aber die von mir an Mytzlus beobachtete und in Fig. 56 dargeftellte Bildung den nor- malen Vorgang des Perlenwachsthums repräfentire oder nicht, fo beweift fie die grofse Entwicklungs- fähigkeit der Bafalfchicht des Schliefsmuskels und des Mantelfaums. Ein Gewebe, an welchem folche Wucherungen ftattfinden können, ist jedenfalls eines lebhaften Wachsthums und einer beträchtlichen Weiterentwickelung fähig, und folches genügend, um leicht begreiflich zu finden, dafs Schliefsmuskel und Mantelrand mit diefer Bafis ein von den übrigen Schalenbeftandtheilen unabhängiges Fort- rücken zeigen können.

Kann ich hiermit Myzzlus endlich verlaffen, fo brauche ich mich gegen den Vorwurf, die Struktur- und Entwicklungsverhältniffe feiner Schale oberflächlich behandelt zu haben, nicht zu ver- wahren; mit gutem Gewiffen glaube ich auch fagen zu können, dafs die Schlufsfolgerungen aus den einzelnen Beobachtungen objectiv und ohne Tendenz auf ein beftimmtes Refultat gezogen find. Bei der geringen Mufsezeit, die mir für diefe Unterfuchungen bleibt, hat mich die Ayizlus-Schale, wenn auch mit Unterbrechungen durch andere in diefen Gedankenkreis gehörige Objecte, über ein volles Jahr befchäftigt, und bis vor Kurzem blieb ich im Zweifel über einzelne der wichtigften Fragen. Erst als beim Abfchlufs der Gefammtrefultate der Umftand, dafs auch die blaue Schicht nicht nur durch Anwuchs am Rande, nicht nur durch Dickenzunahme wächst, fondern zugleich durch eine innerliche Zunahme, welche die Dimenfionen in allen Richtungen vergröfsert, in ganz überrafchender und uner- warteter Weife hervortrat —; erst da ftimmte alles Uebrige harmonifch zufammen. Ist man in folcher Weife zu den Endrefultaten gelangt, fo hat auch die Ueberzeugung, im Wefentlichen das Richtige getroffen zu haben, eine objective Berechtigung, und diefe beanfpruche ich für den Nachweis einer complicirten, organifirten Struktur, welche aber von cellulären Bildungen unabhängig ist, in allen Theilen der Schale einfchliefslich des Bandes, fo wie der typifchen Uebereinftimmung und des organi- {chen Zufammenhanges derfelben unter einander; ich beanfpruche fie ferner für folche Spezialitäten, wie das Wachsthum der Schalenbandwälle durch Intusfusception, für die Entwicklung des pfeudocellu- lären Ueberzuges aus der Randmembran, für das Wachsthum der blauen Schicht aufser jedem Contact mit den Weichtheilen des Thieres etc. —; Refultate, welche vollftändig genügen, um die bisher herr- fchenden Auffaffungen zu befeitigen, und von grofser Bedeutung für die wichtigften Fragen der Hifto- logie von einem wirklich philofophifchen Standpunkt aus erfcheinen.

Freilich find die Schwierigkeiten, welche fich einer vollftändigen Erfchöpfung des Thema ent- gegenftellen, fo grofse, dafs ich darauf gefafst fein mufs, noch manche Einzelnheiten überfehen zu haben, welche Einzelnes zu einem noch vollftändigeren Verftändnifs führen könnten, als ich es ge- bracht habe, und damit auch felbstverftändlich Manches zu berichtigen haben würden.

Diefes wäre namentlich einerfeits von einer noch weiter zurückgreifenden Bearbeitung der Ent- wicklung von Myrzlus, andererfeits von einem ähnlichen eingehenden Studium anderer Schalentypen zu hoffen, auf welche ich aus vielen Gründen verzichten mufs.

Was ich im Folgenden über einige andere Cormopoden hinzuzufügen habe, mufs einen mehr fragmentarifchen Charakter haben, wie es mich aber wefentlich in der Auffaffung der Verhältniffe bei

Mytilus geleitet und geführt hat, wird es auch geeignet fein, das für diefen Gefundene zu beftätigen und zu illuftriren.

1b

a

Meleagrina margaritifera.

Meine Unterfuchungen diefer fchönen Mufchel befchränken fich auf eine ziemlich jugendliche Schale, wie deren vielfach als Nippes-Gegenftände käuflich find, allerdings in einem Zuftande, wo der Rand und die äufsere Fläche abgeftofsen und befchädigt find, und wo über den Zufammenhang des Erfteren mit den Weichtheilen des Thieres fich Nichts conftatiren läfst.

Demjenigen was fich über das Perlmutter von Meleagrina auszuführen fchon bei Myzzlus Ge- legenheit fand, habe ich hier nichts Wefentliches hinzuzufetzen. Es ist die fogenannte Fafer- oder Zellenfchicht, die ich, wie bei den Crzftaceen, mit »Wabenfchicht« bezeichne, welche hier ein befon- deres Intereffe in Anfpruch nimmt. Sie ist bei fo vielen Mufcheln, wo fie ziemlich ähnlich vorkommt, als bekannt befchrieben und auch abgebildet, dafs es doch eine gewiffe, wenn auch ungerechtfertigte Ueberrafchung erregt, wenn fie bei näherer Unterfuchung zahlreiche, bisher ganz unbeachtete Bildungen darbietet, die doch fehr bedeutungsvoll find.

Fig. 57 C Taf. XI, ein bei fchwacher Vergröfserung gezeichneter Querfchliff in radialer Rich- tung durch die Wabenfchicht und einen kleinen Theil des Perlmutters, läfst diefelben fchon einiger- mafsen erkennen. Die horizontale oder lamelläre Schichtung, welche die Septirung der Wabenfchicht quer durchfetzt, ist weder der äufseren Fläche noch der Grenzlinie gegen das Perlmutter parallel, fon- dern fetzt fich aus letzterem in die Wabenfchicht fort, was nach dem bei Wytzlus ausführlich darge- ftellten nicht überrafchen kann, da ja auch bei Letzterem die lamelläre Schichtung eine durch ganz verfchieden gebaute Schalentheile im Zufammenhang hindurchgehende und gegen die Oberfläche aus- laufende ist.

Es zeigt die erwähnte Abbildung ferner, dafs die feptirten Abtheilungen der Wabenfchicht keine eigentlichen Prismen find, fondern dafs der gröfste Theil der Säulchen, desen Querfchnitt nahe an der Oberfläche Fig. 57 B Taf. XI darftellt, kegelförmig nach dem Innern der Wabenfchicht aus- laufen, fo dafs die Zahl der Abtheilungen fich nach innen verringert und ihr Querfchnitt fich dem entfprechend vergröfsert. In wie beträchtlichem Mafse diefes ftattfindet, ergiebt der Vergleich von Fig. 57 A, dem Flächenfchliff der Wabenfchicht dicht über der Grenze des Perlmutters, mit B. Beim Vergleich beider mit Fig. 57 C ist nicht zu überfehen, dafs jene Figuren in dem 3 fachen Mafs- ftabe diefer gezeichnet find, was erforderlich war, um bei B die genügende Deutlichkeit zu erreichen.

Man fieht ferner, dafs die Septen in ihrem Längsfchnitt nicht glatt verlaufen, fondern meiftens eine Wellenlinie darbieten. Eine fpirale Bildung fcheint fich in den fchräg geftellten dunkeln Streifen, die in mehreren Abtheilungen fichtbar werden, auszufprechen. In wiefern fie wirklich vorhanden ist, wird weiterhin erörtert werden. Aufserdem finden fich gegen die äufsere Fläche hin dunkle Quer- ftreifen in den Septen, welche durchaus anders als die durch die ganze Wabenfchicht hindurch gehende Schichtung erfcheinen, und endlich zeigt die Grenzlinie zwifchen Wabenfchicht und Perlmutter darin ein eigenthümliches Bild, dafs die erftere wie mit dunkeln Faferbüfcheln in dem letzteren zu wurzeln fcheint.

Alle diefe Erfcheinungen haben wir eingehender zu verfolgen, ehe die Bildung der Waben- fchicht verftändlich werden kann. Beginnen wir mit der fchrägen Streifung, mit der fcheinbaren Spirale.

Wäre wirklich eine die einzelnen Prismen umziehende fpirale Cannelirung vorhanden, fo müfste man diefelbe an günftigen Stellen dickerer Schliffe mit dem Focus verfolgen können, man müfste über- haupt die Schrägftreifung nicht nur in einer Richtung, fondern je nachdem diefe oder jene Wandung der Prismen durch den Schliff blofs gelegt wäre, in den verfchiedenen entfprechenden Richtungen fehen können; aber mit ganz verfchwindenden Ausnahmen ftellt fich diefes Verhältnifs fo, wie es in Fig. 57 C abgebildet ist, dar, und zwar bei Schliffen, die in der Richtung vom Wirbel aus radial auf den Rand gerichtet find, ftets fo, dafs diefe fchrägen Streifen nach dem Rande hin anfteigen und nach dem Wirbel hin abfallen. Ich befitze nicht weniger als 6 zur Beobachtung diefes Verhältniffes ge- eignete’ Querfch'iffe in radialer Richtung, und bei allen ist das Verhältnifs, wie eben befchrieben und in Fig. 57 C abgebildet. Allerdings finden fich in einigen derfelben ganz vereinzelte Stellen vor, wo Unregelmäfsigkeiten der Art, welche die Abbildung nahe an der Grenze des Perlmutters zeigt, vor-

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kommen; fie find aber nichts auf eine wirkliche Spirale Hindeutendes. fondern wmehr ein zickzack- förmiger Verlauf der Streifung und übrigens viel zu feltene Unregelmäfsigkeiten, als dafs fie die oben ausgefprochene Regel umftofsen könnten.

Vollftändig anders präfentirt fich das Bild in einem Querfchliff, welcher parallel mit einer Tangente des Ranties geführt ist, alfo die früher erwähnten ungefähr rechtwinklig fchneidet. Ein charakteriftifches Segment diefes Schliffes ist in Fig. 53 A Taf. XII bei ftärkerer, der Fig. 57 A und B Taf. XI gleicher Vergröfserung abgebildet. Hier zeigt fich die fchräge Cannelirung der Septen nur in der Verkürzung; es find alfo nur diejenigen Theile derfelben fchräg cannelirt, welche annähernd in der Richtung der vom Wirbel nach dem Schalenrande gehenden Radien liegen. Nun fehen wir aller- dings in Fig. 57 A, dafs die Richtung der Septen eine anfcheinend regellofe ist, aber darin mag es eben liegen, dafs auch in den radialen Querfchliffen die Schrägftreifung nur in einem verhältnifsmäfsig kleinen Theil der Septen auftritt. Es werden dies diejenigen fein, welche in einem gewiffen Grade mit der radialen Richtung coincidiren. Ein morphologifches Motiv für diefes eigenthümliche Struktur- verhältnifs, das für Meleagrina charakteriftifch fein möchte es tritt wenigftens in der fonst fo ähn- lichen Wabenfchicht von Pirna, Ofiraca und der Unzoniden nicht entgegen —, weils ich nicht anzu- geben, und fomit kann ich ihm eine wefentliche Bedeutung nicht vindiziren; daffelbe durfte aber doch nicht mit Stillf[chweigen übergangen werden, da es in den inneren Lagen der Wabenfchicht von MWe- leagrina fehr auffallend ist und leicht mifsdeutet werden kann.

Wo wie bei Fig. 57 C die fchräge Cannelirung der Septen in Geftalt von breiteren dunklen Streifen auftritt, laffen fich diefe mit ganz ftarker Vergröfserung in feine Körnchen, die aber nicht pofitiv, fondern Hohlräumchen find, auflöfen. Es ist dies eine Struktur der Septen felbst und nicht ihres Inhalts, wie im Folgenden näher dargelegt werden foll.

Die correfpondirend durch die Maffe der Wabenfchicht und des Perlmutters hindurchgehende Schichtung ist ın Fig. 55 A Taf. XII bei ftärkerer Vergröfserung und nach einem feineren Schliff an- fchaulicher wiedergegeben, als in Fig. 57 C Taf. XI. Innerhalb der Wabenfchicht find die einzelnen Lagen durch dunkle Linien gefondert, welche der Ausdruck des Querfchnitts ganz dünner Schichten von Körnchen find. Aufserdem wechfeln in den fo gefonderten Lagen weniger durchfichtige mit durchfichtigeren Schichten ab, werden aber nicht fcharf gegen einander begrenzt. Diefe Lagerung, als eine durch die ganze Maffe der Wabenfchicht hindurchgehende, fpricht fich auf den Querfchliffen, auch dann, wenn letztere nicht in derfelben Ebene als die Axen der von den Septen eingefchloffenen Prismen liegen, ftets als eine in geraden und zufammenhängenden Linien durch die Querfchnitte der Septen hindurchgehende aus.

Eine zweite Art von Querftreifung der Prismen, welche vorwiegend nach der äufseren Schalen- fläche zu auftritt, ist in diefer Region fchon in Fig. 57 C Taf. XI angedeutet; ausnahmsweife findet fie fich auch in den tieferen Lagen der Wabenfchicht, und find Spuren derfelben in Fig. 53 A zu er- kennen, fo wie ein Vorkommen derfelben in den äufseren Lagen in Fig. 55 Ba Taf. XII bei ganz ftarker Vergröfserung abgebildet ist. Diefe Querftreifung, die überhaupt einen ganz andern Eindruck als die zuerst erwähnte macht, tritt, wo der Schliff die Axen der Prismen in einem mehr oder weniger ftarken Winkel fchneidet, durch die Perfpektive in entfprechenden Curven auf. Schon hierdurch ist fie als eine Struktur der Septen felbst, und nicht der von diefer eingefchloffenen Maffe, bezeichnet. Sie fällt demgemäfs unter Umftänden nicht mit der Schichtung der letzteren zufammen, wie diefes auch in Fig. 58 A zu erfehen ist. Auch darin läfst fie fich von jener unterfcheiden, dafs, während die lamelläre Schichtung auf der oberen Schliffläche und bei ganz hoher Einftellung in fcharfen Linien zu erkennen ist, die Struktur, welche die Flächenanficht der Septen zeigt, erst bei tieferem Senken des Tubus deutlich wird. Auf das allerbeftimmtefte aber tritt die Struktur der Septen da hervor, wo ein günftiger Zufall in den Präparaten Querfchnitte der Septen genau beobachten läfst.

In Fig. 58 Bc ist ein folcher aus einem mit Chromfäure entkalkten, ganz feinen Schliff, der in Chlorcalciumlöfung liegt, bei ganz ftarker, über 1300fach gehender Vergröfserung abgebildet. Um ein fonst wohl gerechtfertigtes Mifstrauen zu vermeiden, mufs ich bemerken, dafs die Beobachtung mit der ganz foliden Vergröfserung von 664 auf 32 cm Sehweite angeftellt ist und fchon fchwächere

s6 Vergröfserung genügt, um das Sachverhältnifs der Perforation der Septen durch Kanäle, deren Ouerfchnitt im Präparat erfcheint klar zu ftellen; für das Entwerfen der Zeichnungen einen gröfseren

Mafsftab zu nehmen, ist aber in folchen Fällen eine Erleichterung und macht die Sache auch deutlicher.

Der Vergleich diefer Querfchnitte der Septen mit ihren Flächenanfichten lehrt, dafs die bei letzteren auftretende Querftreifung der Ausdruck von Canälen ist, welche in der Wandung felbst ver- laufen, wie auch fchon die mehrfach früher erwähnte Prüfung durch Heben und Senken des Tubus nachweift, dafs fie negativer Natur, alfo keine hervorragenden Leiften fein konnten.

Die parallel und gradlinig verlaufenden Canäle, wie folche der obere Theil der Fig. 55 Ba darftellt, find die am regelmäfsigften und namentlich in den äufseren Lagen der Wabenfchicht vor- kommende Struktur; ein unregelmäfsigerer Verlauf, wie er in den unteren Theilen derfelben Figur auftritt, ist feltener, ich habe aber doch mehrere folcher Stellen in meinen Präparaten gefunden. Diefe breiteren beinahe 2 u Canäle geben bei Anwendung der ftärkften Vergröfserungen Bilder, über deren Deutung ich einigermafsen zweifelhaft bleibe. Noch bei Anwendung der Hartnack’fchen No. Io a immerfion mit fo ftarkem Ocular, dafs fich auf 20 cm Sehweite eine 775fache Vergröfserung ergiebt, bleibt bei hoher Einftellung das Bild eines Canals, wie dies in a’ bei 1550facher Vergröfserung ab- gebildet ist; bei tiefer Einftellung dagegen das in a‘ ebenfo gezeichnete. Ich habe diefes zuerst fo deuten zu müffen geglaubt, dafs die beiden parallel laufenden, mit dem gewöhnlich einen Hohlraum bezeichnenden röthlichen Schein verfehenen, aber fcharf und dunkel conturirten Streifen innerhalb eines Canals liegen und vielleicht auf eine diftinete Wandung deffelben hinweifen. Mit der Gund- lach’fchen No. VIII @ zirmerjfion und demfelben ftarken Ocular, welche Combination eine 1400fache Vergröfserung bei 21 cm Sehweite ergiebt, wird das Bild aber deutlich das zweier neben einander herlaufender Canälchen von wenig über 0,6 u Breite, die aber fchliefslich in eine Endfchlinge zufammen- laufen. Es ist diefes in a“ bei 1400 gezeichnet. Dafs fo feine und fo dicht neben einander liegende Canälchen bei fchwächerer Vergröfserung oder hoher Einftellung fich als ein einziger Canal darftellen können, ist leicht erfichtlich. Indefs wird die Beobachtung auch der gelungenften derartigen Präpa- rate, da man die Flächenanfichten der Septen nicht auf der Oberfläche des Schlifis ftudiren kann, durch eine gewiffe Trübung, welche der Maffe der Wabenfchicht inhärirt und ftörende Refractions- effecte innerhalb der letzteren bewirkt, erfchwert, und möchte ich diefen Zweifel unentfchieden laffen. Der Gegenftand deffelben hat auch um fo weniger eine abfehbare Tragweite, als die Struktur der Septen überhaupt in den verfchiedenartigften Formen auftritt. Aufser dem parallelen oder unregel- mäfsigen Verlauf der Canäle fehen wir fchon in Fig. 55 Ba, wie fich einzelne Canäle in linear geord- nete längliche oder runde Hohlräumchen abtheilen; wir fehen zwifchen den Canälen folche fchwächer conturirte Punkte perlfchnurartig fich aufreihen und endlich auch gröfsere Flächen mit diefer von Hohl- räumchen herrührenden Punktirung bedeckt. An anderen Stellen der Präparate und namentlich gegen die Grenze des Perlmutters hin ist von Canälen Nichts zu bemerken, dagegen gröfsere, in der Flächen- anficht rundliche, aber wohl jedenfalls linfenförmig abgeplattete Hohlräume, deren Durchmefier bis nahezu 2,5 u geht, und die häufig ganz unregelmäfsig in der Septe verftreut erfcheinen. Ein folches Segment einer Septe ist in Fig. 53 Bb abgebildet. In diefer Zeichnung ist auch die lamelläre Lage- rung der Wabenfchicht angegeben. Sie erfcheint in fcharfen Linien nur bei ganz hoher Einftellung

auf die Oberfläche des Schliffs, während die runden Hohlräumchen erst bei viel tieferer Einftellung _

deutlich werden, und zwar tritt diefes bei letzteren für alle gleichzeitig ein, woraus fich ergiebt, dafs fie nicht in der Maffe der Wabenfchicht zerftreut find, fondern in einer Septe liegen. Wir werden weiterhin fehen, dafs diefes auch dadurch bewiefen wird, dafs wir fie bei Flächenfchliffen in der Maffe der Wabenfchicht nicht finden.

Eine zu weit führende Aufgabe würde es fein, alle die wechfelnden Bilder, welche die Struktur der Septen an den verfchiedenen Stellen der Präparate darbietet, abzubilden und zu befchreiben. Es fei nur noch erwähnt, dafs auch eine Längsftreifung, aber anfcheinend nicht durch in der Septe lie- gende Canäle, fondern durch Leiften oder Fältchen, ausnahmsweife vorkommt. Dann aber ist es wefentlich, hervorzuheben, dafs das Auftreten der befchriebenen und abgebildeten Strukturen gänzlich unabhängig von dem Canadabalfam ist, welcher zur Aufhellung der Präparate allerdings Dienfte leiftet,

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Ich befitze einen nach möglichftem Poliren trocken eingelegten Querfchliff der Wabenfchicht, der aller- dings durch zahlreiche Sprünge und fonftige Unvollkommenheiten im Ganzen ein unklares und unreines Bild giebt; deffen ungeachtet find aber an vielen Stellen die Strukturdetails gut zu erkennen und fie treten dort ganz fo, wie in den Balfam-Präparaten auf. Ferner find in den vom Balfam abgelösten, mit Chromfäure vollftändig entkalkten und dann in Chlorcalcium gelegten Schliffen in den zurück- bleibenden Septen die Details der Struktur ganz entfprechend und häufig mit befonderer Schärfe zu beobachten, fo dafs, abgefehen von den einzelnen, ausdrücklich als zweifelhaft verblieben hervorge- hobenen Punkten, diefe Festftellung der Struktur der Septen an Präzifion wenig zu wünfchen übrig läfst. Dafs fie auch bei Pirna und den Unzoniden in den meiften Punkten beftätigt wird, fei hier vorläufig erwähnt. Dafs die Prismen der Wabenfchicht wie mit feinen Wurzeln in das Perlmutter ein- gepflanzt zu fein fcheinen, ist fchon Eingangs bemerkt. Die Fig. 53 A zeigt diefes Verhältnifs ziem- lich deutlich.

In Flächenfchliffen ftellen fich diefe Gebilde fo dar, wie in der Fig. 59 Taf. XII. Bei Aa geht die Schliffebene fo dicht unter der Wabenfchicht durch, dafs fie diefelbe in der Mitte fast tangirt. Das dunkle Netz wird bei tieferer Einftellung hell. Es macht den Eindruck von Spalten, aber bei mit Chromfäure entkalkten ähnlichen Präparaten zeigt fich, dafs es mit Conchiolinmembranen erfüllt ist, und auch in der Mitte, wo die Zwifchenräume der Infelchen breiter werden, bleiben jene nach dem Entkalken als eine gelblich gefärbte Conchiolinmaffe zurück und die Infelchen als Hohlräumchen in derfelben. Auch bei entkalkten Querfchliffen fieht man, wo in Fig. 53 A die dunkeln Fafern von der Wabenfchicht ausgehen, ftatt derfelben ein genau ebenfo geformtes Conchiolingewebe.

Bei Fig. 59 Ab, wo der Schliff durch ein höher liegendes Gebilde geht, löst fich das Netz fchon mehr auf und bei Fig. 59 B, nach einer andern Region des Schliffes gezeichnet, wo die Schliff- ebene wefentlich tiefer liegt, fieht man nur noch ifolirte, unregelmäfsig eckige Flecke, wie dies auch dem Bilde des Querfchliffs entfpricht.

Schon bei Mytelus war gezeigt, dafs die Lamellen des Perlmutters von Conchiolinmembranen derartig durchfetzt werden, dafs diefe auf geätzten Flächenfchliffen als ein engmafchiges Netz hervor- treten, und des ähnlichen Verhaltens des Perlmutters von Meleagrina gedacht. Hiernach ist die Deu- tung diefer Befunde nicht fchwierig. Das zarte Conchiolingerüst, welches auch das Perlmutter durch- fetzt, entwickelt fich gegen die Grenze mit der Wabenfchicht zu ftärkeren Fafern und Septen, und diefe ftehen mit den Septen der Wabenfchicht in organifchem Zufammenhang und gehen in fie über. Die ganze Schale ist eben, wie an Wyzzlus fpecieller nachgewiefen wurde, von einem zufammenhängen- den Conchiolingerüst durchzogen, und ihre verfchiedenen Theile find nur Modificationen deffelben Bildungsprinzips.

Bei Meleagrina läfst fich fogar verfolgen, wie die Lücken des Conchiolingerüfts dicht unter der Wabenfchicht an den Septen kleiner werden und allmälig in kleine Hohlräumchen innerhalb der Septe felbst übergehen.

Sogar mitten im Perlmutter finden fich ausnahmsweife ftärker entwickelte Conchiolinfchichten, die pfeudo-celluläre Lücken enthalten. Eben folche ftärkere Conchiolinfchichten finden fich auch in der Wabenfchicht und fondern diefe in gröfsere Abtheilungen, welche fich auskeilen und fo ganz allmälig in das Perlmutter übergehen. Endlich durchfetzen von der äufseren Schalenfläche her folche Conchiolinlagen die Wabenfchicht, bis fie allmälig in die gewöhnliche Schichtung derfelben übergehen. In Fig. 60 A find diefe Verhältniffe, die in vieler Beziehung bedeutfam find, dargeftellt. Mit dem ftufenförmigen Bau der äufseren Fläche hängt die Schuppenbildung derfelben zufammen, wie ich bei einem Schliff von einer wohl erhaltenen /zrna nachweifen kann; bei den Exemplaren von Meleagrina, die ich kenne, ist die Oberfläche fo abgerieben, dafs nur noch die Rudimente der Schuppen vor- handen find. Bei c der Fig. 66 A fieht man aber noch den Punkt, wo die Schuppe fich abgehoben haben wird.

Die Auskeilung von Abtheilungen der Wabenfchicht in das Perlmutter finde ich bei meiner Meleagrina nur ausnahmsweife an einzelnen Stellen und zwar in der Nähe des Schalenrandes. Bei den Unzonziden ist fie etwas Normales und überall regelmäfsig Vorkommendes.

) c

I [02]

Die dunkle körnige Linie, in welche bei Fig. 60 A an der unteren Begrenzung der Waben- fchicht die immer kürzer werdenden Prismen derfelben auslaufen, verliert fich allmälig und vollftändig in die normale Schichtung des Perlmutters. An einem mit Chromfäure entkalkten Schliff gewährt ein günftiger Zufall eine Flächenanficht der Conchiolinmembran, deren Querfchnitt diefe dunkle Linie darftellt. Ein Segment diefer Anficht ist in B bei ftarker Vergröfserung und hoher Einftellung, welche die Hohlräume, in denen fich die Struktur diefer Membran ausfpricht, dunkel erfcheinen läfst, ab- gebildet.

Die Verfolgung diefer Verhältniffe ist deshalb fo intereffant, weil fie, wie fchon angedeutet,

die genetifche Uebereinftimmung der Wabenfchicht mit dem Perlmutter nachweift, und die Ver- muthungen, nach welchen man der erfteren einen cellulären Charakter und eine vom Perlmutter ab- weichende Entftehung vindiziren wollte, gänzlich hinfällig macht. Von ganz befonderer Bedeutung ist fie aber noch deshalb, weil fie den Nachweis, dafs die lamelläre Schichtung durch organifirte Mem- brane bewirkt wird, wefentlich verftärkt und vervollftändigt.

Auf ftark mit Chromfäure geätzten Querfchliffen tritt in der Wabenfchicht die lamelläre Schich- tung fehr deutlich hervor. Die Maffe, welche von den Septen eingefchloffen wird, hat eine körnige Befchaffenheit angenommen und ist dadurch ziemlich undurchfichtig geworden, und in derfelben fieht man bei tiefer Einftellung helle zarte Querftreifen, welche den dunkeln Linien entfprechen, die in den ungeätzten Schliffen, wie bei Fig. 55 A und Bb, die Lamellen bezeichnen. In Fig. 61 Taf. XII ist diefes Verhältnifs nach einem in Chlorcaleium liegenden, geätzten Schliff mit möglichfter Wiedergabe des Effects bei ganz ftarker, 775facher Vergröfserung gezeichnet. A ist aus dem Innern der Waben- fchicht, wo die einzelnen Lagen ziemlich dick find. Die breiteren hellen Streifen find ca. 0,5 u-dick, aber einzelne find wefentlich fchmäler, wie der fünfte von oben auf diefer Zeichnung, und vielleicht ist der auf diefen folgende Zwifchenraum deshalb fo breit, weil ein in ihm liegender heller Streifen fo fein ist, dafs er fich der Beobachtung entzieht. In anderen Regionen der Wabenfchicht liegen die Streifen viel enger, wie dies in B abgebildet ist.

Von befonderem Intereffe ist der Vergleich der gänzlich entkalkten Stellen, die in dem Prä- parat vorkommen, mit den blofs geätzten. Meiftens bemerkt man an erfteren nur Flächenanfichten der Septen und unbeftimmten Detritus; an- einigen kann ich aber beim forgfältigen Abfuchen des Präparats beobachten, dafs nun ftatt der früheren hellen Streifen matte dunkle Linien vorhanden find, welche fich von der durchfichtig gewordenen Maffe freilich nur ganz fchwach abheben. Ein folches Vorkommen ist bei Fig. 61 C gezeichnet; a ist der Querfchnitt einer Septe. Auf der einen Seite ist der Inhalt nur geätzt, auf der andern gänzlich entkalkt, und die hellen Streifen von erfterer fetzen fich als dunkle in letztere fort. Eine Verwechslung mit der Struktur der Septen ist nicht möglich, denn die Streifung, welche diefe zeigen, ‚ist, wie wir gefehen haben, weil von in ihnen liegenden Ca- nälchen herrührend, negativ; fie ist bei hoher Einftellung dunkel, bei tiefer hell, während die hier beobachteten Streifen bei tiefer Einftellung dunkel find und beim Heben des Tubus hell werden. Die hellen Streifen in den geätzten Schliffen find alfo nicht blofs Spalten, fie haben einen pofitiven Inhalt: es find Membrane, welche nach vollftändiger Einwirkung des Löfungsmittels zurückbleiben.

Es handelt fich hier allerdings um eine diefer feinen und fchwierigen Beobachtungen, auf welche allein Schlufsfolgerungen zu bauen immer bedenklich bleibt, es gilt aber in der That doch nur, eine Annahme zu beftätigen, die ohnehin nahe liegt, fogar faft unabweisbar ist.

Dafs die lamelläre Schichtung des Cruftaceen-Panzers, die fo ganz analog auftritt, durch Mem- brane bewirkt wird, die fich handgreiflich darftellen laffen, und deren Organifation klar vorliegt, wurde früher nachgewiefen. Es ist ferner gezeigt und in Fig. 60 A abgebildet, wie auch bei Meleagrina un- zweifelhaft aus diefen Lamellen deutliche Conchiolinmembrane hervorgehen, deren Struktur eine fehr beftimmte ist (vergl. Fig. 60 B). Endlich werden wir weiterhin in der jungen Wabenfchicht des Schalenrandes von Anodonta (Fig. 69 B Taf. XIV) diefe Conchiolinmembrane mit ganz unzweideutiger Beftimmtheit finden.

Es ist fchon erwähnt, dafs die dunkeln Linien, welche die lamelläre Schichtung in den nicht

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geätzten Querfchliffen bezeichnen, aus Lagen feiner Körnchen oder vielmehr Hohlräumchen zu beftehen feheinen. Auf Flächenfchliffen beftätigt fich diefes.

Stellt man ein gutes ftarkes Objectiv genau auf die Oberfläche eines Flächenfchliffs durch die Wabenfchicht fo ein, dafs die Conturen der Septen in voller Schärfe erfcheinen, fo zeigt der Inhalt des Netzes, welches durch ihre Querfchnitte gebildet wird, nur eine gewiffe Trübung und Unklarheit. Senkt man nun allmälig den Tubus, fo tritt plötzlich ein Moment ein, wo in diefem Inhalt eine Lage ganz feiner dunkler Körnchen von ziemlich unregelmäfsiger Geftalt und meiftens unter 0,5 u Durch- meffer. fichtbar wird, wie dies in Fig. 62 Taf. XIII abgebildet ist. Beim weiteren Senken des Tubus werden fie hell, find alfo Hohlräumchen. Ihr gleichzeitiges Ein- und Austreten aus dem Focus beweist, dafs fie eine horizontale Lage bilden und nicht etwa in der Maffe zerftreut find, was vollftändig mit dem Bilde der Querfchliffe übereinftimmt, und ist durch eine folche Coincidenz aller Beobachtungen wohl zur Genüge nachgewiefen, dafs auch die lamelläre Schichtung durch feine, organifirte, mit Hohl- räumchen verfehene Membrane bewirkt wird, dafs hier alfo noch eine zweite Septirung vorliegt, und die von denjenigen Septen, welche hier bisher katexochen als folche bezeichnet wurden, eingefchloffenen Prismen folche eigentlich nicht find, fondern, wie eine Geldrolle die einzelnen Geldftücke einfchliefst, aus’ einem Syftem übereinander liegender dünner Scheibchen gebildet werden, welche durch parallel gefpannte Membrane von einander gefondert find. Selbstverftändlich werden wir dadurch berechtigt, die analoge lamelläre Schichtung aller Cormopoden- und Gaftropoden-Schalen auf daffelbe Motiv zurückzuführen.

Es bleibt bei der Wabenfchicht von Meleagrina der Inhalt der Mafchen diefes Syftems von Conchiolin-Membranen zu betrachten. Eingangs war der Guftav Rofe’fchen Unterfuchungen gedacht, welche ihn bei Pirna und /noceramus auf Querfchliffen der Wabenfchicht entfchieden cryftallinifche Bildungen haben finden laffen, die durch Aetzung mit Salpeterfäure hervortreten. Ich habe bei Be- handlung der Flächenfchliffe von Meleagrina mit Chromfäure Aehnliches nicht erhalten. Werden von der Balfamunterlage durch Aether abgelöfte und gereinigte Schliffe mit fo ftarken Löfungen diefer Säure behandelt, dafs eine lebhafte Gasentwicklung eintritt, fo ist nach Vollendung der Reaction der Inhalt des durch die Septen gebildeten Netzes vollftändig verfchwunden; dies ist jedoch nur eine Folge der mechanifchen Aktion der Kohlenfäureentwicklung, ‘denn, wird eine verdünntere Säure angewendet, fo bleibt das Netz von einem zarten organifchen Subftrat ausgefüllt, das aber ebenfowohl von den fehon nachgewiefenen, die einzelnen Lamellen trennenden Conchiolin-Membranen, als von dem eigent- lichen Inhalt herrühren könnte. Ist der Schliff nur geätzt, fo zeigt fich das Netz mit einer feinkörnigen helldurchfichtigen Mafie erfüllt, wie wir diefes fchon in den geätzten Querfchliffen (vergl. Fig. 61 Taf. XII) kennen gelernt haben.

Ein Hervortreten der Andeutung einer cryftallinifchen Struktur finde ich in keinem Stadium diefer Reaktion, es fei denn, dafs man eine ganz ausnahmsweife auftretende feine, parallele und recht- winklig auf die Septen gerichtete Streifung als folche betrachten dürfte.

Aehnliches findet fich häufiger und bei einzelnen Präparaten mit einer gewiffen Regelmäfsigkeit auf Querfchliffen. Die in Fig. 63 A und B gegebenen Abbildungen werden diefen eigenthümlichen Befund beffer, als eine blofse Befchreibung verdeutlichen. In Fig. 63 A Taf. XIII ist der Effect bei tiefer Einftellung, welche das charakteriftifchfte Bild giebt, möglichst genau wiedergegeben. In der körnigen Grundfubftanz erfcheinen die zarten parallelen Streifen wie Spalten. B ist, um die mühfamere Ausführung zu vermeiden, bei hoher Einftellung gezeichnet. Bei beiden fieht man die Querfchnitte der die Lamellen fondernden Membrane als dunkle körnige Linien.

Nach wiederholter Prüfung der Präparate und reiflicher Ueberlegung kann ich diefe Linien nur für Spalten erklären, die durch das Aetzen erweitert und deutlicher geworden find, und zwar in fofern für Artefakte, als fie erst durch das Schleifen entitanden find. Dafür fpricht aufser ihrem un- regelmäfsigen, gewiffermafsen zufälligen Auftreten der Umftand, dafs auch fchon in den nicht geätzten Schliffen, namentlich in den Flächenfchliffen, ähnliche Spalten auftreten, und dafs auch folche Spalten, die ihrem unregelmäfsigen Verlaufe nach offenbar durch Splitterung mechanifch entftanden find, nach dem Aetzen ein ähnliches Bild zeigen.

W. von Nathusius-Königsborn. 12

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Wenn aber auch diefe Linienfyfteme Artefakte fein follten, fo bleiben fie ein bedeutungsvoller Hinweis auf eine vorhandene Struktur. Niemals könnten in einer amorphen Maffe durch mechani- fchen Effect Spaltungen in folcher vollendeten Regelmäfsigkeit entftehen. Dafs die vorhandene Struktur, aus welcher fie hervorgehen müffen, keine organifche, fondern eine cryftallinifche ist, erfcheint mir un- abweisbar, und wird um fo wahrfcheinlicher den Rofe’fchen Unterfuchungen gegenüber, die eine fo beftimmte cryftallinifche Struktur bei Pinna und /noceramus nachgewiefen haben. Dann ist aber der Umiftand fehr bedeutfam, dafs diefe cryftallinifche Struktur die organifchen Strukturverhältniffe fo rück- fichtslos, wenn ich diefen Ausdruck gebrauchen darf, durchfetzt. Man fieht allerdings an den Abbil- dungen, dafs an einigen Stellen der Verlauf der Spalten durch die lamellen-bildenden Membrane bedingt wird, dafs fie an diefen abfetzen oder ihre Richtung verändern; aber an anderen Stellen fetzen fie fich quer durch diefelben fort. Erklärungen find allerdings »fo wohlfeil als Brombeeren«, und es möchte fchwierig fein, irgend welche wirkliche oder vermeintliche Thatfache hinzuftellen, welche fich nicht mit einigem Aufwand von Dialektik erklären liefse. Mufste ich aber in den einleitenden Bemer- kungen über die bisherigen Auffaffungen bezüglich der Gehäufe der Mollusken referiren, dafs der Stachel einer Radiate alles Ernftes als ein Cryftall, als »ein einziges Individuum von Kalkfpath« be- zeichnet wird, fo ist es doch wohl geboten, fich die Veranlaffung eines folchen Mifsbrauchs etwas klarer zu machen.

Dafs der regelmäfsige cryftallinifche Bau auf einer polaren Attraction gewiffer kleiner, gleich- mäfsiger Theilchen beruhe, ist eine plaufibele und wohl berechtigte Hypothefe, und dafs, wenn dem fo ist, diefe polaren Kräfte auch auf Entfernungen und durch feine Membrane trotz deren Organifation wirken können, hätte nichts Unwahrfcheinliches. Dann darf es aber auch nicht überrafchen, dafs fich eryftallinifcher Bau und cryftallinifche Spaltungsflächen quer durch organifche Strukturverhältniffe hin- durch fortfetzen können. Nur die Berechtigung mufs beftritten werden: einen Organismus defswegen als einen »Cryftalle zu bezeichnen, weil eine folche Anordnung feiner nicht organifirten Einfchlüffe in feinem Innern ftattfindet; und nun gar defshalb von einem Arragonit- oder Kalkfpath-Individuum zu fprechen ist mindeftens fehr mifsverftändlich. Aufserhalb des organifirten kann von einem eigentlichen Individuum überhaupt nicht die Rede fein. Begreiflich ist, wie eine einfeitige Behandlung ihrer Objecte Mineralogen zu diefem fchlechten Sprachgebrauch verleiten konnte; wenn aber folche incorrecte Aus- drücke in andere Gebiete hineingetragen werden, droht eine wirkliche Verwirrung der Begriffe.

Von diefen Gefichtspunkten ausgehend konnte ich mich fehr wohl mit dem Rofe’fchen Befund eryftallinifcher Struktur in dem Inhalt der Septen der Wabenfchicht, obgleich derfelbe von organifchen Strukturverhältniffen durchzogen ist, abfinden; es hatte aber doch der Wunfch, das von Rofe Ge- fundene zur eigenen Anfchauung zu bringen, etwas Unabweisliches, und da diefes bei Meleagrina durch Aetzen mit Salpeterfäure ebenfowenig als mit Chromfäure gelang, mufste ich es bei Pinna verfuchen. Hierzu ftanden mir zwei in einer Naturalienhandlung erftandene Exemplare, oder vielmehr Fragmente derfelben, zur Dispofition. Das eine dort als ?P. nigrina bezeichnet, von einer grofsen, ca. 0,5; m langen und entfprechend dicken Schale, tief violett fchwarz gefärbt, welche Färbung fich aber auf Dünn- fchliffen in ein zartes Rofa umwandelt, das andere von einer fehr viel kleineren, dünneren, von gelblich rother Färbung. Leider kann ich nicht angeben, welcher Species das zweite angehört. Sie könnten möglicherweife Individuen derfelben Species, aber verfchiedenen Alters fein. Bei Beiden ergiebt das Aetzen von Flächenfchliffen durch die Wabenfchicht in der von Rofe empfohlenen Weife, d. h. mit ziemlich concentrirter Säure*), die man nur kurze Zeit einwirken läfst, keine, auch nicht die entfern-

*) Das Aetzen mit Salpeterfäure habe ich fo ausgeführt, dafs ich auf etwas ftärkere Schliffe als die gewöhnlichen, die auf der Balfamunterlage befeftigt blieben, und die mit einer Walerfchicht bedeckt waren, mit einem Glasflabe einen ftarken Tropfen reiner nicht rauchender Salpeterfäure, die übrigens auch durch längeres Aufbewahren fchon ziemlich an Stärke verloren hatte, fallen liefs. Ehe das fofort eintretende lebhafte Aufbraufen beendet war, wurde die Action durch Uebergiefsen mit einer gröfseren Menge reinen Waffers unterbrochen, und das Präparat, nachdem es vorläufig in Walfer geprüft war, noch immer auf der Balfamunterlage in Chlorcaleium eingelegt. Diefes Verfahren hat erftens das Gute, dafs nur die eine Fläche geätzt wird, wodurch das Bild klarer bleibt, und dafs bei einem gröfseren Schliff an de’fen verfchiedenen Stellen, die Action mit gradueller

Intenfivität eintritt, fo dafs man dann die Stellen auffuchen kann, welche als die gelungenften erfcheinen.

Sa Ani a A

teften Spuren von eryftallinifcher Bildung, wohl aber zeigt fich auf den Querfchnitten der von den Septen eingefchloffenen Prismen auf den Stellen, die ich als die gelungenften betrachte, ein zartes Netz oder Mafchenwerk, das fich bei hoher Einttellung hell auf dunklem Grunde, bei tiefer Einftellung als ein Syftem dunkler Linien auf hellem Grunde darftellt. In Fig. 66 A Taf. XIII ift der Querfchnitt eines Prisma mit den ihn einfchliefsenden Septen bei tiefer Einftellung mit möglichst genauer Wieder- gabe des Linienfyftems, welches das Netz bildet, dargeftellt. Es tritt hierbei derfelbe Umftand ein, als bei den Netzen, welche durch Aetzung mit Chromfäure auf den Flächenfchliffen des Perlmutters von Mytzilus erzeugt werden (vergl. Fig. 37 B von Mytilus auf Taf. VI): dafs nämlich einzelne Linien ohne Anfchlufs in den Mafchen allmälig verlaufen und überhaupt ein Theil der Linien fo fein wird, dafs der Eindruck entfteht, als könnte ein allmäliger Uebergang in noch feinere, aber nicht mehr wahr- nehmbare Linien vorhanden fein. Der wefentliche Unterfchied von den obenerwähnten Netzen ist aber der, dafs die von /rnna beim Heben des Tubus mit voller Klarheit in hellen Linien auf dem dunklen Grunde ftehen. Hiernach ist wohl kein Zweifel darüber, dafs bei der Erofion der Grundfubftanz durch die Säure Membrane, welche die erftere durchziehen, unzerftört geblieben find und die netzförmige Zeichnung als Relief auf der Erofionsfläche fteht.

An den früher bei Myizlus befchriebenen Aetzungen mit Chromfäure trat das Gegentheil ein. Das Netzwerk erfchien als ein vertieftes, und da wenigftens in der blauen Schicht von Mytzlus das Vorhandenfein von membranöfen Septen zwifchen den Kalkfäulchen fchon an nichtgeätzten Schliffen nachweisbar war, hatte ich die vertiefte Zeichnung des Netzes nach dem Aetzen damit erklären zu müffen geglaubt, dafs die Membrane, deren Querfchnitte das Netz bilden, zu zarter und zerftörbarer Natur find, um nach dem Aetzen optifch zur Geltung zu kommen, während fie ein Eindringen der langfam wirkenden Chromfäure in die Maffe erleichtern, fo dafs alfo Furchen an ihrer Stelle entftehen.

Um zu prüfen, ob die entgegengefetzte Wirkung der Salpeterfäure auf die Schliffe von Pirna von dem Object oder dem Reagens herrührt, wurde ein dazu gefertigter Schliff durch die blaue Schicht von Mytzılus mit Salpeterfäure geätzt und war das Refultat daffelbe, als bei den früheren Aetzungen mit verdünnter Chromfäure; ebenfo bot ein mit Salpeterfäure geätzter Flächenfchliff von Meleagrina fowohl im Perlmutter als in der Wabenfchicht wefentlich diefelben Refultate, als die früheren Aetzungen mit Chromfäure. Es ist alfo in erfter Linie das Object und nicht das Reagens, auf welchem die Ver- fchiedenheiten beruhen. Ich fage: in erfter Linie, denn freilich habe ich auch bei Pirna die fchönen Refultate, welche die Salpeterfäure ergiebt, mit verdünnter, längere Zeit wirkender Chromfäure nicht er- reicht; allerdings nur einen derartigen Verfuch gemacht.

Die verdünnte Chromfäure ergab diefelben unregelmäfsigen Bilder, als die Stellen, wo die Salpeterfäure zu lange eingewirkt hatte, und glaube ich diefes damit erklären zu müffen, dafs auch die Grundfubftanz nicht aus blofsen Kalkfalzen befteht, fondern ein organifches Subftrat zurückläfst. Bei einer energifchen Einwirkung der Säure, wenn fie nicht zu tief eindringt, wird diefer Detritus durch die lebhafte Gasentwicklung fortgeriffen und befeitigt, während er bei der langfamen Einwirkung der verdünnten Chromfäure, die ohnehin bekanntlich die organifchen Rückftände erhärtet, oder bei einem tiefern Eindringen der Action zurückbleibt und der Erofionsfläche ein unregelmäfsig zerfreffenes Aus- fehen giebt. Einen folchen Unterfchied in der Einwirkung auch für Chromfäure je nach ihrer Ver- dünnung oder Concentration habe ich fchon früher hervorgehoben.

Nach alledem mufs man den Umftand, dafs bei den mit Salpeterfäure geätzten Flächenfchliffen der Wabenfchicht von Pinna das Netz als ein Relief der Erofionsfläche auftritt, als darauf beruhend annehmen, dafs die Membrane, welche es bilden, derber und weniger zerftörbar, als bei den früher unterfuchten Objecten find.

Kehre ich nun zu dem Vergleich mit den von Rofe erhaltenen Aetzrefultaten zurück, fo ist es wohl evident, dafs die in Fig. 66 A dargeftellten Formen keine Beziehungen zu cryftallinifchen zeigen. Weit davon entfernt, hiermit infinuiren zu wollen, dafs in einer fo gründlichen und volles Vertrauen erweckenden Arbeit, als die von Guftav Rofe ist, und welche ich übrigens in fo vielen Details nur beftätigen konnte, ein fo grobes Verfehen enthalten fein könnte, als das fein würde, in etwas, das

meinen Präparaten ähnlich wäre, cryftallinifche Formen zu fehen, acceptire ich vollftändig, dafs er 12*

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wirklich Cryftallgeftalten durch Aetzung blofsgelegt hat, und diefes um fo mehr, als ich ja auch, wie fchon berichtet, in der Wabenfchicht von Meleagrina beftimmte Andeutungen einer die organifche Struktur durchfetzenden cryttallinifchen Struktur gefunden zu haben glaube.

Für die Divergenz der Refultate laffen fich mancherlei Gründe denken. Wirkliche 'Cryftalle fcheinen in den Gehäufen der Mollusken ziemlich häufig, aber mit einer gewiffen Inconftanz aufzutreten. So habe ich zahlreiche Cryftalle in gewiffen interftiziellen Schichten bei einer jungen Aufter, ganz übereinftimmend mit dem was Rofe darüber fagt, gefunden, während in älteren Schalen mir nichts Derartiges vorkam. Dafs der Inhalt des Conchiolingerüfts unter gewiffen Umftänden- cryftallinifche Form annimmt, unter anderen Umftänden nicht, könnte nicht überrafchen, und dafs die 'cryftallinifche Anordnung über die von organifchen Membranen gefetzten Grenzen hinausgehen kann, habe ich bei Meleagrina fchon gezeigt. N

Wollte man übrigens annehmen, dafs meine Aetzungen fo mifslungen feien, dafs mir dadurch die cryttallinifchen Geftaltungen entgangen, fo glaube ich diefes zwar nicht zugeben zu. können, ‚dena auch in mifslungenen Präparaten hätten fich doch wenigftens Andeutungen zeigen müffen; aber es würde auch dies den Kern der Sache nicht berühren, denn das membranöfe Netz, welches bei; meinen Aetzungen blofsgelegt ist, ftellt ein pofitives Refultat dar, welches ich nicht anfechten laffen kann, und ob der Inhalt deffelben cryftallinifch oder amorph ist, hat keine wefentliche Bedeutung. Cryftalli: firt diefer Inhalt unter gewiffen Verhältniffen, fo werden fich, wie ich es bei Meleagrina gefunden habe, die Spaltungsflächen correfpondirend aus einer Netzmafche in die andere fortfetzen ‘können. Die Mafchen werden in eckige Formen geprefst werden, wie es an den Cryftallen bei O/raea ftattfindet, die nach der Auflöfung in Säure einen ihre Form genau beibehaltenden Hohlraum zurücklaffen, der von einer deutlichen Membran umgeben ist. So ist es erklärlich, dafs Rofe die in der von ihm ge- fundenen cryftallinifchen Struktur vorhandenen Membrane überfehen haben kann.

Dafs das in Fig. 66 A dargeftellte Netz keine prismatifchen Räume einfchliefst, ergeben die Querfchliffe der Schale. Ein Segment eines folchen, ebenfalls mit Salpeterfäure geätzten Schliffes ist in Fig. 66 B abgebildet. Die Schliffe in diefer Richtung fplittern mehr, als die Flächenfchliffe, und geben keine fo fauberen Präparate, fo dafs das auch hier fich zeigende Netz nach dem Aetzen nicht fo fein und regelmäfsig, als bei den Flächenfchliffen hervortritt. Vergleicht man aber die vor dem Aetzen rauhe, gar keine beftimmte Struktur zeigende Schliffläche mit dem Bilde, welches fie nach dem Aetzen darftellt, fo bleibt kein Zweifel, dafs auch hier ein membranöfes Netz blofsgelegt wird, und die Membrane unregelmäfsig geformte, pfeudo-celluläre Räume einfchliefsen, in denen aber doch eine gewiffe, fchräg auflteigende Richtung vorwaltet, die übrigens, wie es die Abbildung auf‘ der Sa: links vom Befchauer zeigt, alterniren kann.

Diefes Alles gilt aber nur für die äufseren, nicht ganz die Hälfte der Wabenfchicht e- den Lagen derfelben, wo auch die nicht geätzten Querfchliffe die lamelläre Schichtung nicht erkennen laffen. In den inneren Lagen, wo diefe auf den nicht geätzten Schliffen, wenn auch nicht fo deutlich als bei Meleagrina vorhanden ist, findet fich auch nach dem Aetzen das in Fig. 66.B 'Abgebildete nicht. Theils liegen die Membrane flach gefchichtet wie bei Meleagrina, theils bleiben zwifchen.der flachen Schichtung nur kleimere, diefelbe nicht ftörende Hohlräume.

Kehre ich nach diefem Seitenblick auf Pinna zu Meleagrina zurück, fo darf ich durch denfelbeh wohl beftätigt fehen, dafs die Spuren cryftallinifchen Baues etwas Accefforifches, nur neben der orga- nifchen Struktur Vorhandenes find. Dafs die Septen, welche der Wabenfchicht das charakteriftifche Gepräge geben, und ebenfo die Membrane, welche die lamelläre Schichtung bewirken, organifirt find, glaube ich genügend nachgewiefen zu haben. Es bleibt die Frage: ob der Inhalt der durch’ diefe Membrane abgefchloffenen Räume ebenfalls noch Organifation enthält, oder ob er nur einen entweder amorphen oder cryftallinifchen Charakter befitzt.

Zunächst glaube ich an den mit Chromfäure vollftändig entkalkten Querfchliffen conftatiren zu können, dafs diefer Inhalt ein, wenn auch fehr zartes Subftrat hinterlaffen hat, alfo nicht blofs aus auflöslichen Kalkverbindungen beftehen kann. Dann mufs die mehrfach erwähnte körnige Befchaffen- heit diefes Inhalts in den mit Chromfäure nur geätzten Schliffen erwogen werden. Ich hatte auf die-

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felbe, indem ja auch amorphe, fogenannte organifche Subftanzen mit Chromfäure körnige Nieder- fchläge geben, keinen befonderen Werth gelegt. Da aber auch Salpeterfäure bei Meleagrina diefelbe körnige Befchaffenheit der Grundfubftanz hervorruft als Chromfäure, da ferner bei Pirna beide Aectz- mittel nichts dergleichen, fondern das Gegentheil thun, indem dort allerdings auch Punktirungen hervor- treten, die aber negativer und nicht wie bei Meleagrina pofitiver Natur find, fo mufs es mindeftens als fehr wahrfcheinlich betrachtet werden, dafs es fich hierbei nicht um Präzipitate handelt, fondern dafs auch in der von den Septen eingefchloffenen verkalkten Grundfubftanz noch eine organifirte Struktur vorhanden ist, welche beftimmter zu definiren ich allerdings mit den jetzt gegebenen optifchen Hülfsmitteln aufser Stande bin. Auf folche Dinge hinzuweifen, wenn fie zunächft auch offene Fragen bleiben, dürfte nicht nur gerechtfertigt, fondern geboten fein, denn ihre weitere Ergründung ist doch etwas, was unfere Auffaffung von dem Wefen der ÖOrganifation erheblich fördern könnte, während die vielfach gebräuchliche Weife: Organismen als ftrukturlos zu bezeichnen, wenn nicht unter gewiffen Objectivfyftemen des Mikrofkops Refractionserfcheinungen ohne Weiteres beftimmte Geftaltungen erkennen laffen, etwas höchst unfruchtbares ist.

PZenen a,

Dem was im Vorhergehenden über /z»na fchon angeführt ist, habe ich nur einige Einzeln- heiten hinzuzufügen. Die Struktur der Septen der Wabenfchicht ist im Wefentlichen diefelbe als bei Meleagrina, nur weniger deutlich hervortretend. Einige wohl vorhandene Abweichungen näher zu erörtern, ist keine Veranlaffung. Es kann hier überhaupt nicht die Aufgabe fein, im fyftematifch- zoologifchen Sinne diefe Themata erfchöpfend zu behandeln. Die gegebenen Andeutungen werden hoffentlich ein genügender Anlafs fein, dafs fo intereffante Verhältniffe nicht ferner fo wenig berück- fichtigt werden als bisher. So will ich auch nur kurz anführen, dafs die Septen, wo fie an der Grenze gegen das Perlmutter enden, fich wie mit Fufsleiften plötzlich verbreitern und dort auch die Mem- brane, welche die einzelnen Prismen von dem Perlmutter trennen, in dem Centrum der Erfteren knopfartige Erhebungen bilden.

Diefe Bildung ist jedoch keine durchweg vorkommende. Ich finde fie nur bei meinem gröfseren Exemplar und auch da nur in der Region des Schliefsmuskels. Da die Entwicklungsfähigkeit diefer Conchiolinmembran fchon anderweitig genügend conftatirt ist, gebe ich keine Abbildung davon, ob- gleich die Bilder folcher Flächenfchliffe äufserst zierliche find.

Dagegen erfcheinen die Strukturverhältniffe der fogenannten Schuppen der Schale bedeutfam genug, um näher auf fie einzugehen.

An der Schale des fchon erwähnten kleinen röthlichen Exemplars find die Schuppen fehr wohl erhalten und gelang es, einen radialen, d. h. vom Wirbel nach dem Rande gerichteten Querfchliff fo durch die Schale zu legen, dafs er ungefähr durch die Scheitellinie von 2 Schuppen geht, von welchen wenigftens der gröfste Theil erhalten blieb. In Fig. 67 Taf. XIV ist ein Segment deffelben, welches den Anfatz der einen Schuppe enthält, bei fchwacher Vergröfserung gezeichnet, bei welchem der Pfeil nach dem Rande der Schale zeigt, und die Querfchnitte der Septen der Wabenfchicht nur fkizzirt sind. Die Schale befteht hier lediglich aus der Letzteren, und ist vom Perlmutter wenigftens Nichts wahr- zunehmen. Das mit c bezeichnete‘ Anhängfel (Nebenfchuppe) fcheint eher Regel als Ausnahme zu fein, denn auch die andere im Präparat enthaltene Schuppe zeigt eine ähnliche Bifurkation ihres Quer- fchnitts. Man fieht, dafs die Schuppe fich aus der Wabenfchicht als ein identifch gebautes Anhängfel derfelben heraushebt. Irgend ein mechanifches Motiv für ihre Bildung ist ganz unerfindlich, und mufs das Motiv ihrer Bildung in der Wabenfchicht felbst gefucht werden. Es ist ein organifcher Wachs- thumsvorgang und leicht dadurch begreiflich, dafs an beftimmten, fymmetrifch vertheilten Punkten derfelben eine lebhaftere Subftanzvermehrung eintritt, aus welcher die Abhebung und Krümmung dann mit Nothwendigkeit erfolgen mufs. Solche Fälle, wo man gerade der Einfachheit der Form wegen, die Veranlaffung der Bildung beftimmter und charakteriftifcher organifcher Geftaltung fo deutlich

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erfehen kann, fcheinen mir fehr intereffant, wenn fchon die tiefere Urfache fich unferem Er- kennen entzieht.

Dafs eine wirkliche Entwicklung ein eigentliches organifches Wachsthum auch in der Wabenfchicht vorgeht, und nicht blofs ein äufserlicher Anfatz erfolgt, wird übrigens weiterhin bei Ano- donta auf das Beftimmtefte nachgewiefen werden.

Ueber das Perlmutter von Pirna habe ich nichts Befonderes zu erwähnen und nur noch zu bemerken, dafs auch hier die Bafıs des Schliefsmuskels durch eine, freilich ziemlich fchwache, aber fonft der bei Mytzlus und Meleagrina ähnliche »Prismatifche Schicht« gebildet wird.

ANOdOnNKa

Die wichtigften Folgerungen für die Natur der Mufchelfchale ergeben fich, wie Mytzlus gezeigt hat, nur aus der vergleichenden Unterfuchung von Reihen lebender oder doch wenigftens vollftändig in Spiritus confervirter Individuen verfchiedenen Alters. Den glücklichen Fund einer gröfseren Zahl von Anodonten in einem oberhalb Magdeburg durch neuere Wafferbauten gröfstentheils trocken ge- legten Elbarme habe ich defshalb gern benutzt, um die bei Mytzlus erlangten, fo überrafchenden Re- fultate zu controliren refp. zu ergänzen.

Unter etwa einem Dutzend Exemplaren hatte bei dem gröfsten die Schale 109 mm Länge bei 66 mm Breite, bei dem Kleinften 79 mm Länge bei 51 mm Breite. Soweit es fich um einen Zweifel handeln könnte, ob A. cygnea oder A. anatina vorlag, müfste ich mich für Erftere entfcheiden, da fich Individuen, welche das Maximum der Gröfse erreichen, immer nur ganz vereinzelt aus gröfseren Mengen herausfuchen laffen. Mit welchen der neuerdings aufgeftellten mehreren Spezies von Anodon- ten ich es zu thun hatte, wage ich indefs nicht zu entfcheiden, und möchte überhaupt folchen Spezies- Aufitellungen einen gewiffen Scepticismus entgegentragen. Unterfchiede in der Gröfse, äufseren Form und Färbung der Schale dürfen, fowie jetzt die Speziesfrage fteht, nicht ohne Weiteres mafsgebend fein. Die feinere Struktur der Schalen, wenn fie erst gründlicher ftudirt fein wird, kann hier vielleicht fpäter Licht geben.

Für den Zweck meiner Unterfuchungen ist es glücklicherweife gleichgültig, ob ich es mit der eigentlichen A. cygrzea oder einer nahe verwandten Spezies zu thun habe. Für einige Beftimmungen, wie man fehen wird, ist es freilich von Erheblichkeit, dafs die verglichenen Individuen einer und der- felben Spezies angehören; das aber bei einem Dutzend Thieren, demfelben, nur einige Quadratfufs grofsen Tümpelchen entnommen, die keinen äufserlichen Unterfchied als den der Gröfse und diefen in einer regelmäfsigen Reihenfolge zeigen, zu bezweifeln, dürfte wohl zu weit gegangen fein. %

Zunächst wurde ermittelt, ob bei Anodonta etwas Aehnliches, als die bei Myrzlus fo leicht nachweisbare, unter dem Mantelfaum aus der Schale hervorwachfende und am Rande in die Epidermis übergehende Membran vorhanden fei. Diefes ist der Fall. Sowohl an lebend geöffneten, als an nicht zu alten Spiritusexemplaren läfst fich bei vorfichtigem Eingreifen mit einer Nadelfpitze die Exiftenz einer folchen ganz zarten Membran conftatiren, aber nur ihre Exiftenz. Sobald fie von dem Anfatz unter dem Mantelrande abgeriffen ist, fchnurrt fie bei ihrer grofsen Zartheit und Elaftizität dermafsen zufammen und verliert fich in den blättrigen Membranen, in welche der Schalenrand verläuft, dafs es mir unmöglich gewefen ist, fie zu ifoliren und ihre Struktur zu unterfuchen, was übrigens auch wahr- fcheinlich refultatlos gewefen fein würde, denn auch in den Membranen des Schalenrandes ist felbst in trocknem Zuftande keine Struktur nachweisbar, und man wird fich erinnern, dafs diefes felbst bei Mytilus nur in den derberen Theilen der Membran, nicht aber da, wo fie noch ganz zart ist, gefchehen konnte. Selbstverftändlich mufste unter diefen Umftänden auch darauf verzichtet werden, zu confta- tiren, ob der Uebergang der Membran in den Schalenrand in derfelben Weife als bei Myzzlus ftattfindet.

Zweckmäfsig fcheint es, an diefer Stelle zu erwähnen, dafs es fchon früher gelungen war, eine ähnliche zarte Membran bei Os/raea edulis aufzufinden , mit freilich noch gröfserer Schwierigkeit. Ich

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hatte zwei Dutzend frifch geöffneter Auftern mit der gröfsten Aufmerkfamkeit unterfucht, ohne fie fin- den zu können, und glaubte danach fchon ihre Nichtexiftenz annehmen zu dürfen, als fie bei Wieder- holung der Unterfuchung an einem anderen Tage bei einzelnen Exemplaren unzweideutig hervortrat. Setzt man die Spitze einer Nadel vorfichtig in den Raum zwifchen Mantelrand und Schalenrand ein, fo hebt man in günftigen Fällen die zarte Membran, die offenbar dort nur lofe auf der Schale liegt, ab, aber auch hier ist fie fo zart, dafs man ihrer faft-nur durch den Refractionseffect, der aus ihrer Bewegung erfolgt, gewahr wird. Warum es nur in einzelnen Fällen gelang fie nachzuweifen, kann ich nicht beftimmt angeben. Wahrfcheinlich wird fie bei dem Oeffnen des Thiers, das doch immer mit einer gewilfen Gewaltfamkeit gefchehen mufs, meiftens zeritört. Danach darf vermuthet werden, dafs diefe Membran ein normales Gebilde der Cormopoden, wenn auch vielleicht nur bei Myzzlus fo ftark und deutlich entwickelt ist.

Ich kann nicht unterlaffen hier darauf hinzuweifen, wie bedenklich es ist, aus fehlendem Nach- weife ähnlicher Verhältniffe pofitive Schlufsfolgerungen ziehen zu wollen, wenn derfelbe für folche Ge- bilde und Zufammenhänge bei den Mollusken auch unter günftig erfcheinenden Verhältniffen folche Schwierigkeiten hat, die fich bei älteren Spiritusexemplaren noch wefentlich erhöhen.

Wenn z. B. defshalb bei Argorauta ein organifcher Zufammenhang der Schale mit den Weich- theilen des Thieres frifchweg geleugnet wird, fo müfste eine einigermafsen philofophifche, ja auch nur logifche Auffaffung dergleichen doch ohne Weiteres als einen »on/ens erkennen laffen, während es felbstverftändlich ganz in der Ordnung ist, nicht zu verfchweigen, dafs bisher die Auffindung diefes Zufammenhanges nicht gelang. Befteht diefer Zufammenhang durch fo zarte Organismen als das Randhäutchen von Anodonta , fo ist leicht begreiflich, dafs er beim todten Thier fchon durch das eigene Gewicht deffelben fich löst und nachher nicht nachweisbar ist.

Eine weitere für die Schalenftruktur wichtige Beobachtung wurde in ganz unbeabfichtigter Weife an diefen Anodonten gemacht. Aus einem der gröfsten, einige Tage in Spiritus liegenden Exemplare waren nach Oeffnung der Schalen die Weichtheile vorfichtig entfernt. Der ungewöhnlich lebhafte Schiller des Perlmutters veranlafste mich mit dem Finger über die innere Fläche zu ftreichen, wobei durch den Druck deffelben eine häutige Lamelle von derfelben in überrafchender Weife abge- löst wurde. Die Ablöfung einer folchen gelang noch an mehreren Stellen und am andern Tage hatten fich von der trocken gewordenen Schale an den meiiten Stellen folche Lamellen freiwillig foweit ab- gelöst, dafs fie leicht mit der Pinzette gänzlich abgezogen werden konnten. Die Dicke diefer Lamellen ist in feuchtem Zuftande in Glycerin liegend und nach dem optifchen Querfchnitt der Falten beftimmt, etwa 8,75 u; doch ist fie wechfelnd: an einzelnen Stellen durch Wülfte bis fast IO u verftärkt, daneben wieder bis auf 7,5 ıı herabgehend. Die Lamellen erfcheinen als aus mehreren Lagen zufammengefetzt, was allerdings auf den Falten der Glycerinpräparate, wegen der gleich zu erwähnenden Trübheit diefer Bilder, nicht fcharf entgegentritt, aber diefe Struktur wird auch durch die Rifsränder trocken eingelegter Präparate beftätigt.

Diefe Trübheit der Lamellen ruhrt daher, dafs fie mit dichten Lagen zahllofer Kalkkörnchen von 0,7—0,5 ıı Durchmeffer bedeckt find. Noch feinere Pünktchen find vorhanden, entziehen fich aber der Gröfsenbeftimmung. Zuweilen kınn man eine Anordnung der Körnchen in unregelmäfsig ver- laufenden Linien beobachten. Wo fie fich häufen, verfchmelzen fie zu unregelmäfsig gekrümmten Stäbchen, aber auch zu ringförmigen Gebilden von 3—4 u äufserem Durchmeffer. Es kommen auch Stellen vor, wo nur die eine Fläche der Lamelle mit diefen Körnchen befetzt ist, und von der noch feuchten Schale können mit der Pinzette ganz feine Lamellen abgezogen werden, die an einzelnen Stellen von Kalkkörnchen frei, an andern nur ganz dünn damit befetzt find. Der Grad der Verkal- kung ist eben ein fehr verfchiedener. Dafs die Körnchen wefentlich aus kohlenfaurem Kalk beftehen, geht daraus hervor, dafs ein Tröpfchen Säure fie unter Aufbraufen verfchwinden macht.

Wird eine fo mit Chromfäure behandelte Lamelle nach vollftändigem Auswafchen mit deftil- lirtem Waffer, in der fchon öfter erwähnten Weife, unter dem aufgelegten Deckgläschen dem Ein- trocknen überlaffen, fo tritt eine fibrilläre Struktur in fich durchkreuzenden Lagen, ganz ähnlich als bei den Lamellen des Hummerpanzers, nur nicht ganz fo regelmäfsig und fcharf, hervor.

LE NES

In diefer Art habe ich diefe Beobachtung nur an einem Exemplar und zwar dem gröfsten meiner Anodonten machen können. Bei einer jüngeren Schale, die zufällig einige Stunden in Seifen- waffer gelegen hatte, traten ebenfalls nach dem Einknicken der Schale an der inneren Fläche an den Bruchrändern Fetzen einer zarten durchfichtigen Membran auf, die fich leicht in gröfseren Stücken abfchälen liefs. Wurden Stücke derfelben Schale in reines Waffer gelegt, fo trat diefes nicht ein, wohl aber bei Wiederholung der Behandlung mit Seifenwaffer. Mit reinem Waffer abgefpülte Fetzen der fo gewonnenen Membran waren viel zarter und weicher als die von dem älteren Exemplar ab- gelöften. Auch nach dem Eintrocknen unter dem aufgelegten Deckglafe war eine fibrilläre Struktur nicht zu erkennen. Diefelbe kann fehr möglicherweife durch die alkalifche Aktion des Seifenwaffers undeutlich geworden fein; dagegen waren an einigen Stellen ähnliche feine Körnchen als die früher erwähnten und auch eben folche kleine Ringe zu bemerken. Die Dicke diefer Membran, auf einer Falte des trockenen Präparats gemeffen, betrug nicht ganz 4u. Mag die freiwillige Ablöfung der Membran auch auf abnormen, vielleicht fogar pathologifchen Verhältniffen des Thieres, welches fie zeigte, beruhen und ihre Ablösbarkeit in dem zweiten Falle auch auf chemifcher Aktion, fo verringert fich dadurch die Bedeutung der Beobachtungen nicht. Diefe fehe ich darin, dafs fie eine neue Ana- logie der Cormopodenfchale mit dem Panzer der Cruftaceen ergeben, und nachweifen, dafs auch dielamelläre Schichtung der erfteren, durch organifirte Membrane von fibril- lärer Struktur bewirkt wird. Diefe Membrane müffen, wie ich es fchon früher ausfprach, auf der inneren Schalenfläche durch ihre Prolifikation wefentlich bei der Verdickung der Schale mitwirken.

Die Struktur der Wabenfchicht von Anodonta bietet keine wichtigen Befonderheiten dar. Es find ihre Wachsthums- und Entwicklungsverhältniffe, welche ich, da die Individuen verfchiedenen Alters hierzu die Gelegenheit boten, hauptfächlich ins Auge gefafst habe.

Wie fchon erwähnt, hatte das gröfste meiner Exemplare 109 mm Länge bei 66 mm Breite, eins der Kleinften 79 mm Länge bei mm Breite. Durch die Schalen derfelben wurden zwei corre- fpondirende Schliffe in der Richtung vom Wirbel durch den kleineren, dem Wirbel am nächften liegenden Schliefsmuskel gelegt, und da am Wirbel die Wabenfchicht, wie bekannt, ftets abgerieben ist, an beiden eine abgemeffene Länge von 9 mm befeitigt. Die Schliffe wurden, wie dies früher bei Mytilus gefchah, fectionsweife gezeichnet, und die einzelnen Zeichnungen auf einem gröfseren Blatt zufammen aufgeklebt. Ebenfalls wie früher wurde das Refultat, was die Dickendimenfionen betrifft, dadurch anfchaulicher gemacht, dafs auf einer geraden, die Grenzlinie zwifchen Wabenfchicht und Perlmutter bedeutenden Linie, die Länge nur einer 6fachen Vergröfserung entfprechend, nach oben die Dicken der Wabenfchicht, nach unten die des Perlmutters, beide bei 24facher Vergröfserung auf- getragen, und die wirklichen Dicken in mm dabei notirt find. Beide Schalen wurden in einander ge- zeichnet, und die jüngere mit punktirtem Umrifs angegeben.

Diefe Abbildungen werden, um die Zahl derfelben nicht noch mehr zu häufen, hier nicht publizirt, da das Refultat klarer als bei Myrz/us hervortritt und durch Befchreibung eher verdeutlicht werden kann.

Man wird fich erinnern, dafs bei Jenem die blaue Schicht eine Aufwulftung des Randes zeigte, durch deren Vorfchiebung bei dem Wachsthum durch Intusfusception die Dickenzunahme theilweife undeutlich wurde. Die Wabenfchicht von Anodonta befitzt eine folche Aufwulftung nicht, und in Folge davon ergiebt fich die Dicke derfelben an allen correfpondirenden Stellen des älteren Exemplars als erheblich und augenfällig dicker als am jüngeren Exemplar, wie folgende kleine Tabelle zeigt, welche die Meffungen von vier correfpondirenden Stellen, die fo weit vom Rande abliegen, dafs die dort häufiger vorkommenden fchuppigen Unregelmäfsigkeiten der Oberfläche die Conftanz der Zahlen

nicht alteriren, wiedergiebt. Aelteres Exemplar. Jüngeres Exemplar.

NäherzamıRander... 2.2.2.2. 20375 mm 0,208 mm

Weiternabienita He Ban 02/7008 0,154 » » Blankenese ie AT » 0,I0OO » Sybase rei aaO 0,096»

Summa: 1,062 mm 0,5598 mm

FT ——— 97 ———

Die Dicke der Wabenfchicht des älteren Exemplars ift alfo fast das Doppelte von der des jüngeren an den correfpondirenden und gleich weit vom Wirbel abliegenden Stellen, und diefes Ver- hältnifs repräfentirt noch nicht einmal das volle Dickenwachsthum der von den Weichtheilen des Thieres doch gänzlich ifolirten Wabenfchicht, denn es wird weiterhin ein Vorfchieben aller Theile der Schale auch bei Anodonta aus anderen Beobachtungen erwiefen werden, und obige kleine Tabelle ergiebt, dafs auch bei jedem Individuum für fich betrachtet, die Wabenfchicht an den dem Wirbel näher liegenden Theilen dünner ist, als an den dem Rande näher liegenden.

Beim Perlmutter von Anodonta fcheint das Verhältnifs ähnlich als bei der blauen Schicht von Mytilus zu fein, tritt aber doch nicht fo beftimmt hervor, dafs fichere Schlüffe daraus gezogen werden könnten. Unter diefen Umftänden hatte es ein befonderes Intereffe, die Dimenfionen der Querfchnitte der Prismen der Wabenfchicht in verfchiedenem Alter zu vergleichen.

Von denfelben beiden Schalen habe ich je einen Flächenfchliff gefertigt, deffen Mittelpunkt an der genau correfpondirenden Stelle 17—ı8 mm vom Wirbel liegt. Die Schliffebene, die bei der Krümmung der Schale natürlich nicht parallel der Oberfläche, fondern in einer Tangente derfelben liegt, fchneidet bei beiden die Grenze zwifchen Wabenfchicht und Perlmutter derartig, dafs in der Mitte des Schliffs ein Infelchen des Perlmutters hervortritt, während der Rand durch diejenigen Stellen gebildet wird, wo die Schliffebene die äufsere Schalenfläche fchneidet. An dem Uebergange der Waben- fchicht in das Perlmutter wurden nun bei jedem Präparat zwei Segmente der Wabenfchicht, die auf den beiden Seiten des ungefähr 3 mm breiten Perlmutter-Infelchens, das eine nach dem Wirbel, das andere nach dem Rande zu liegen, bei 24facher Vergröfserung mit dem Zeichenprisma gezeichnet. Die Gröfse der gezeichneten Flächen wurde mit dem Amsler-Lafond'schen Planimeter beftimmt, der für die Meffung folcher unregelmäfsig begrenzten Flächen ein, vorfichtige Handhabung voraus- gefetzt, fehr empfehlenswerthes Inftrument ift. Die Refultate find folgende:

wirkliche Gröfse der Zahlderdarin befind- Zahl der Prismen-

gezeichneten Fläche lichen Querfchnitte Querfchnitte pro in Djmm. von Prismen. Omm. A. Junge Schale ca. 16 mm vom Wirbel . . 0,1325 120 906 B. Diefelbe » IQ » » SE LONHOE 116 741 Durchfchnitt 2 0.0. 2 20. m re 822 C. Alte Schale ca. 6 mm vom Wirbel . . 0,2321 102 440 D. Diefelbe » IQ » » » 0,2430 102 420 Durchichnite Sn 2 ve

‘Danach verhält fich alfo die Fläche der einzelnen Prismen-Querfchnitte an der Grenze des Perlmutters bei der gröfseren Schale gegen die bei der jüngeren fast wie 2 : 1, genauer = 1,914 : 1. Das Verhältnifs der ganzen Schalenflächen ist ungefähr = 7:4, genauer 1,785 :1; ungefähr daffelbe Verhältnifs, als zwifchen den Flächen der ganzen Schale ftattfindet; und würde die ganze Gröfsen- zunahme der Mufchel auf Vergröfserung der einzelnen Prismen zurückzuführen fein, während doch, abgefehen von der Unmöglichkeit, dafs die Dicke der einzelnen Prismen ftärker zunimmt als die Fläche der ganzen Schale, unzweifelhaft auch ein Anwachfen am Rande mit Bildung neuer Prismen ftattfindet. Es ist jedoch zu bedenken, dafs, wie früher bei Meleagrina erwähnt und abgebildet und was auch bei Arodonta zutrifft die fogenannten Prismen keine wirklichen Prismen find, fondern dafs fie fich von der Oberfläche her theilweife auskeilen, alfo in der Nähe des Perlmutters ihre Zahl kleiner, und demnach die Querfchnitte der einzelnen gröfser find, als in der Nähe der äufseren Fläche. Schwerlich ist aber anzunehmen, dafs die Dickenzunahme der Wabenfchicht nur in einem gleichmäfsi- gen Auswachfen ihrer einzelnen Lagen befteht. Es finden fich entfchiedene Andeutungen davon, dafs das Wachsthum der neu gebildeten Lagen allmälig fchwächer wird, und die inneren find unzweifelhaft die jüngeren. Aufserdem ist namentlich bei Anodonta, wo die Prismen der Wabenfchicht nicht durch eine ausgefprochene Conchiolinmembran vom Perlmutter abgetrennt find, die Möglichkeit eines Anfatzes von Wabenfchicht von Innen her nicht ganz ausgefchloffen. Fände aber eine ftärkere Dickenzunahme der inneren Lagen der Wabenfchicht oder gar ein Anfatz von unten ftatt, fo müfste

W. von Nathusius-Königsborn. 13

a

bei der fortwährenden Auskeilung eines Theils der Prismen hierdurch allein fchon eine gewiffe Ver- gröfserung des Querfchnitts der übrig bleibenden entftehen. Ich nehme alfo nicht an, dafs die oben gegebenen Zahlen das exakte Verhältnifs der Vergröfserung der einzelnen Prismen-Querfchnitte beim Wachsthum ausdrücken, eine erhebliche Zunahme findet aber gewifs ftatt, und wir können auch an- nähernd beftimmen, wie ftark diefe Vergröfserung mindeftens nach den beiden unterfuchten Indi- viduen fein mufs.

Die Ouerfchliffe zeigen, dafs in der den Flächenfchliffen entfprechenden Region die Dicke der Wabenfchicht der älteren Schale fast das Doppelte (375 : 208) ist. Legte man die Schliffebene durch die ältere Schale fo, dafs fie eine Lamelle der Wabenfchicht auf 0,555 der gefammten Dicke letzterer tangirt, (0 würde dies der Grenzfchicht gegen das Perlmutter bei der jungen Schale dann entfprechen, wenn nur ein Anfatz von unten die Verdickung bewirkte. So genau läfst fich die Schliffebene natür- lich nicht legen; wenn man indefs an meinem Präparate, deffen Schliffebene, wie fchon erwähnt, in

der Mitte einen kleinen Theil des Perlmutters, an den Rändern die Aufsenfläche der Wabenfchicht

fchneidet, zwifchen diefen beiden Grenzen eine geeignete Stelle auswählt, fo kann man die Flächen der Prismen-Querfchnitte aus beliebigen Lagen der Wabenfchicht annähernd beftimmen. Allerdings mufs dabei die Wölbung der Schale in Betracht gezogen werden, denn ein Punkt, der genau in der Mitte zwifchen der Linie, wo der Schliff den Anfang des Perlmutters fchneidet, und derjenigen, wo er die Epidermis fchneidet, fich befindet, liegt wegen der Wölbung der Schale nicht in der Mitte der Wabenfchicht, fondern etwa auf 0,554 derfelben. Es ist ein Zufall, dafs diefe Zahl fast genau mit der oben für das Dickenverhältnifs angegebenen übereinftimmt. Ich hatte eigentlich ein Segment des

Flächenfchliffs zeichnen und deffen Prismen -Querfchnitte beftimmen wollen, das genau in der Mitte.

zwifchen den beiden Grenzlinien lag. Beim Nachmeffen fand ich jedoch, dafs es etwas näher an der Linie liegt, wo die Schliffebene die Epidermis fchneidet (das genaue Verhältnifs ist 0,53 : 0,47). Sicher liegt es al’o innerhalb derjenigen Lagen der Wabenfchicht der älteren Schale, welche der Dicke der ganzen Wabenfchicht bei der jüngeren an der correfpondirenden Stelle entfprechen, und repräfentirt diefes Meffungsrefultat das Minimum der Vergröfserung der Querfchnitte der Prismen durch das wirkliche Wachsthum in die Breite. F

Das in derfelben Gröfse als die früheren gezeichnete Segment, deffen Mitte ebenfalls 17 bis 18 mm vom Wirbel lag, wurde in zwei Hälften getheilt, deren eine mehr nach dem Wirbel, die andere mehr nach dem Rande zu lag. Erftere hatte 0,1902 Omm wirkliche Gröfse mit ııı Prismen-Quer- fchnitten, letztere 0,1882 ODmm mit 101 Prismen-Querfchnitten.

Bei der Erfteren enthält alfo ı mm 583 Querfchnitte, bei der Letzteren 537 »

Durchfchnitt 560 Querfchnitte.

Bei der jüngeren Schale war der Durchfchnitt beider Meffungen 823, alfo ergiebt fich, da die durchfchnittliche Flächengröfse der einzelnen Querfchnitte im umgekehrten Verhältniffe fteht, auch hier eine Zunahme von 47 Procent.

Hätten diefe Zahlen eine exactere Bedeutung, fo würde allerdings noch eine kleine Correction dafür anzubringen fein, dafs in Folge der Wölbung der Schale bei dem gezeichneten Segment die Axe der Prismen nicht ganz fenkrecht auf der Schliffebene fteht. Es würde jedoch die Bedeutung, welche ich diefen Zahlen überhaupt nur beilege, mifsverftanden werden können, wollte ich auf folche Minutien eingehen. Ohne Vergleich ftärker wird ihre Genauigkeit in umgekehrter Richtung durch einen Fehler beeinflufst, welcher fich wohl erkennen, aber nicht eliminiren läfst. An der Schale des- felben Individuums find nämlich gleichzeitig in den Regionen, welche nach dem Rande zu liegen, die Prismen erheblich dicker als in den Regionen, die nach dem Wirbel zu liegen. Diefer Unterfchied ist fo erheblich, dafs es der Anfertigung befonderer Flächenfchliffe zu feinem Nachweife nicht bedurfte. Schon die in radialer Richtung vom Wirbel ausgehenden Querfchliffe zeigen ihn unzweideutig und er läfst fich auch fchon aus den angeführten Meffungsrefultaten von Flächenfchliffen erkennen, wo ja immer zwei Segmente, das eine nach dem Wirbel, das andere nach dem Rande zu gemeffen find.

Fr #3)

Im Folgenden find die Refultate fo, dafs fie in diefer Richtung vergleichbar find, zu- fammengeftellt: A. Aeltere Schale von der Grenze mit dem Perlmutter nach dem Wirbel zu: 440 Abth. pro Omm, nach dem Rande zu: 420. B. Diefelbe auf 0,554 der Wabenfchicht von der äufsern Fläche gerechnet nach dem Wirbel zu: 583 Abth. pro Dmm, nach dem Rande zu: 537. C. Jüngere Schale an der Grenze mit dem Perlmutter nach dem Wirbel zu: 906 Abth. pro ODmm, nach dem Rande zu: 741.

Man fieht, dafs das Verhältnifs auch auf diefe kurzen Diftanzen ganz conftant hervortritt, und dürfte diefe Conftanz, nebenbei bemerkt, zugleich ergeben, dafs diefe Zahlen nur in engen Grenzen von Zufälligkeiten beeinflufst werden.

Da wir nun wiffen, dafs mit dem Wachsthum der Schale eine Ausdehnung der. fchon vor- handenen Theile in der Flächenrichtung verbunden ist, was übrigens auch durch die Gröfsenzunahme der Prismen-Querfchnitte in den Flächenfchliffen allein fchon bewiefen wird, habe ich, indem ich Seg- mente der älteren und der jüngeren Schale in gleicher Entfernung vom Wirbel wählte, das gar nicht erreicht, die wirklich correfpondirenden Stellen zu vergleichen. Das Segment der älteren Schale, das jetzt die gleiche Lage zum Wirbel hat, als das der jüngeren, hat fich näher am Wirbel gebildet, als das Letztere. Es wurde fchon darauf hingewiefen, dafs das Gefüge der Wabenfchicht, wie es durch die Septirung befteht, je näher dem Wirbel um fo feiner ist; wenn ich alfo die Dimenfionen diefes Gefüges bei der älteren Schale 17—ı8 mm vom Wirbel beftimme, fo entfpricht diefe Stelle für die jüngere Schale einem um fo viel näher am Wirbel liegenden Segment, als die Vorfchiebung nach dem Rande zu durch die Flächenausdehnung innerhalb diefer Altersftufe betragen hat. Diefes Mo- ment meiner Unterfuchungsmethode mufste alfo nothwendig die Vergröfserung der Prismen-Querfchnitte erheblich geringer erfcheinen laffen, als fie wirk- lich ist.

Ergiebt es fich nach alle dem, dafs es nicht gelingen kann, das Flächenwachsthum durch Intusfusception gegenüber der Vergröfserung durch Anfatz neuer Schichten am Rande in exacten Zahlen festzuftellen, fo dürfte um fo ficherer nachgewiefen fein, dafs ein folches Wachsthum durch Intusfusception überhaupt ftattfindet und dafs die Vergröfserung der Mufchelüberwiegen- den Theils auf diefes Wachsthum zurückzuführen ist, und nur zum kleineren Theil auf Anfatz neuer Schichten am Rande.

Ich lege den gröfsten Werth darauf, dafs bei Fragen von fo grofser Tragweite und immerhin fchwieriger Löfung die letztere nicht von einzelnen Beobachtungen abhängig gemacht wird, bei deren Interpretation ja fo leicht eine Uebereilung vorkommt, wie denn fchon bei er erörtert ist, dafs die ungerechtfertisten Schlufsfolgerungen, welche Reaumur aus feinen ganz einfeitigen Experi- menten mit der Heilung befchädigter Schneckenfchalen zog, die ganze Frage nach der Natur der Ge- häufe der Mollusken für drei Viertel eines Säculum auf einen unfruchtbaren Irrweg gebracht haben, wobei, um die Interpretation einer ifolirten Beobachtung aufrecht erhalten zu können, die kühnften und unwahrfcheinlichften »Erklärungen« aus der Luft gegriffen wurden. Defshalb glaube ich dem günftigen Lefer das wiederholte Eindringen in folche Einzelnheiten der Unterfuchung zumuthen zu dürfen. Das Flächenwachsthum der Schale war freilich fchon bei Myfzlus durch die Verhältniffe ihrer -äufseren Geftalt nachgewiefen worden, und da in der Wabenfchicht eine Neubildung von Septen in jedem Präparat durch das Vorhandenfein ihrer Anfänge bemerkbar fein müfste, was nicht der Fall ist, fo war eine Vergröfserung der Querfchnitte der durch die Septen begrenzten Prismen durch das Schalenwachsthum ohnehin vorauszufetzen. Dafs fie aber, wie gezeigt worden, bei Anodonta auch nachweisbar ist, hat einen grofsen Werth, indem fie einen zweiten felbstftändigen Beweis für das Wachsthum durch Intusfusception liefert. Diefes Convergiren der Refultate aus Unterfuchung der Form und Unterfuchung der Struktur diefes Zufammen-Klappen der beiden Beweisführungen fcheint mir eben die Zuverficht auf die Richtigkeit der Schlufsfolgerung wefentlich zu rechtfertigen.

Es bleibt noch Einzelnes von dem bei Anodonta cygnea Beobachteten zu erwähnen.

13*

= 1(0/0)

ı) Die Schicht, welche ich bei Myzzlus als »prismatifches Perlmutter« bezeichnete, findet fich ganz ähnlich als bei diefem und bei Meleagrina in dem Querfchliff der älteren Arodonta und ebenfo aus den äufseren Lagen des Perlmutters mit gangartiger Durchfetzung feiner Schichten in die inneren Lagen herabfteigend, bis fie, wo der Anfatz des Schliefsmuskels beginnt, an die innere Fläche tritt und die Bafiıs des Muskelanfatzes bildet. Ihre Dicke beträgt aber innerhalb der Schale höchftens 15,5 u, als Bafıs des Muskelanfatzes nur 13,7 u.

Bei dem jüngeren Exemplare find nur Andeutungen derfelben zu fehen. Da fich diefe pris- matifche Schicht auch bei der fonst fo abweichenden Ofraea als Bafıs des Muskelanfatzes wieder finden wird, dürfen wir fie wohl bis auf Weiteres als ein regelmäfsiges und gewifs fehr bedeutfames Strukturverhältnifs der Cormopoden-Schale betrachten, das fich aber in jüngeren Schalen nicht immer mit Beftimmtheit nachweifen laffen wird.

2) Aetzung eines Flächenfchliffs mit Salpeterfäure bringt in den äufseren Lagen des Perlmutters ein ungemein fchönes und deutliches, negatives Netz hervor, in der Wabenfchicht nur eine fehr feine Punktirung, die fich als pofitiv, d. h. von Körnchen oder Hervorragungen und nicht von Grübchen wie bei Pirna herrührend, ergiebt, ohne dafs eine andere Struktur oder Andeutungen von Cryftalli- fation bemerkbar wären.

3) Der Schalenrand von Anodonta, fo wie der von Unzo charakterifirt fich durch eine eigen- thümliche, weiche und blättrige Befchaffenheit. Blättrige Anfätze finden fich fchon in einiger Entfernung vom Rande. Dafs die blättrige Befchaffenheit des Randes nur ein ausgefprocheneres Auftreten diefer Bildung fein mufs, tritt von felbst entgegen; wichtig erfchien es aber doch, die Endung der Waben- fchicht, alfo überhaupt der harten Schale denn das Perlmutter läuft fchon früher aus genau be- obachten zu können.

Dies hat feine befondere Schwierigkeit. Tränken der mit der gröfsten Vorficht behandelten Randftücke mit Terpentinöl und dann mit Canadabalfam, wo es auch bei dem anhaltenditen Erwärmen kaum möglich ist, den zwifchen den blättrigen Membranen befindlichen Balfam zum vollftändigen Er- härten zu bringen, geftattete die Anfertigung von Querfchliffen, welche manche fpäter zu erwähnende Verhältniffe fehr fchön zeigen; aber der Auslauf des eigentlichen Randes der Wabenfchicht konnte in mehrfachen Präparationen nicht zur Anfchauung gebracht werden. Er war immer abgebrochen oder mehr und weniger befchädigt; es wurde alfo zu einer anderen Präparationsmethode gefchritten.

Wafferglas ist fchon vor längeren Jahren irre ich nicht von Welcker als einfaches und zweckmäfsiges Medium zum Einlegen von Präparaten empfohlen, aber nicht zur allgemeinen Anwen- dung gelangt. Bei Schliffen von Eifchalen habe ich früher einige Verfuche damit gemacht, fie aber nicht fortgefetzt, aus Gründen, die hier nicht intereffiren. Ich überzog nun ein gröfseres Randftück einer Jjüngern, noch feuchten Arodonta-Schale mit mehreren auf einander folgenden Schichten von gutem dickflüffgem Wafferglafe in der Art, dafs namentlich der ganze Rand in eine ziemlich dicke Wulst erhärteten Wafferglafes eingehüllt war. Nach vollitändiger Erhärtung des Ueberzuges wurde das Stück mit einer Laubfäge in paffende Theile zerlegt und diefe mit neuen Schichten von Wafferglas fo auf einander gekittet, dafs ein handliches Stückchen entftand. Das vorläufige Schleifen auf einem kleinen Schleifftein konnte trocken gefchehen; zum Feinfchleifen darf natürlich Waffer nicht angewandt werden. Hierzu diente Alkohol und zwar gewöhnlicher roher Brennfpiritus von ca. 80° Tralles, da fchon diefer eine merkliche löfende Wirkung auf das Wafferglas nicht hat. Das Befeftigen der zuerst abgefchliffenen Fläche auf dem Objectträger geht fehr leicht mittelst eines reichlichen Tropfens Wafferglas. Die Schliff- ebene haftet fofort fehr fest, und nachdem durch wiederholtes Auftragen von Wafferglasfchichten zur befferen Befeftigung des Schliffs rings um denfelben auf dem Objectträger ein mäfsig anfteigender Rand gebildet ist, macht das Schleifen der andern Fläche, erst trocken auf dem Stein, dann mit Spi- ritus und einer Feile, und endlich mit Smirgel auf einer Glasplatte keine befonderen Schwierigkeiten. Das Einlegen des fertigen Schliffs ist eine aufserordentlich einfache Procedur. Auf den leicht mit deftillirtem Waffer befeuchteten Schliff wird ein Tropfen Wafferglas gebracht, und das Deckglas ohne weiteres aufgelegt. Diefes mufs aber mit forgfältiger Beachtung der richtigen Lage gefchehen, denn

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das Wafferglas fafst fo fchnell, dafs fchon nach einem fehr kurzen Zeitraum das Deckglas nicht mehr verfchiebbar ist.

So habe ich ein im Wefentlichen befriedigendes Präparat erlangt. Uebelftände waren erftens, dafs der Schliff unerwartet früh Anfänge von Splitterung zeigte, fo dafs nicht gewagt werden durfte, ihn fo fein zu fchleifen, als wünfchenswerth gewefen fein würde; zweitens, dafs nach dem Auflegen des Deckglafes Luftbläschen hervortraten, die früher nicht bemerklich waren. Ich habe diefes fchon bei früheren Präparaten bemerkt. Es fcheint mir nur daher rühren zu können, dafs beim Festwerden des Wafferglafes irgend eine Gasentwicklung eintritt. Dafs der Schliff foviel leichter fplittert als in Balfam, möchte darin liegen, dafs bei letzterem die weichere, elaftifchere Einbettung die kleinen Stöfse und Dröhnungen, welche das Schleifen unvermeidlich begleiten, weniger heftig auf die zu fchleifende Subftanz einwirken läfst.

Bei alle dem wird das Verfahren, wo man zarte Weichtheile wegen ihrer Verbindung mit harten Geweben, die unfchneidbar find, um diefe Verbindung zu ftudiren, fchleifen mufs, wohl im Auge zu behalten fein.

Fig. 68 A Taf. XIV giebt einen folchen Schliff. vom Auslauf des Bauchrandes eines ziemlich jungen, nur 77 mm langen Exemplars bei fchwacher Vergröfserung. Die Wabenfchicht, an ihrer äufseren und inneren Fläche von derben Conchiolinhäuten und deren Detritus bedeckt, läuft mit diefen in eine leuchtend rothgelbe Conchiolin-Membran aus, von welcher fich nach aufsen und innen zahl- reiche Blätter abfpalten und in der mannigfaltigften Weife fich verzweigen und kräufeln. Der Schliff ist nicht fein genug, um überall nur die reinen Querfchnitte diefer Blätterfyfteme zur Anfchauung zu bringen. Dazu liegen fie auch wohl nicht regelmäfsig genug. Zudem find ihre Zwifchenräume auch mit Detritus aller Art, theils gewifs von ihrer eigenen Zerfetzung und Zerftörung herrührend, angefüllt. Leider befinden fich unter diefem Detritus auch zahlreiche Sandkörnchen, die an und zwifchen den Blättern festgeklebt find und, fo weit fie fich beim Dünnfchleifen ablöfen, den Schliff leicht befchädigen. So konnte in der Zeichnung nicht überall der Verlauf der einzelnen Blätter in ihrem Querfchnitt exact dargeftellt werden, denn das fogenannte Schematifiren ist bei allen diefen Zeichnungen ftreng vermieden, oder wenigftens da, wo es ftattgefunden hat, ohne Rückhalt eingeftanden. Jedenfalls wird man aus der Fig. 68 A das Wefentliche diefer eigenthümlichen- und überrafchenden Struktur des Schalenrandes entnehmen können.

Noch complicirter ist bei einem ältern Exemplar die Bildung am Vorderrande, d.h. dem bei Anodonta vom Wirbel am weiteften abliegenden Theile des Randes. Die Ausläufer gehen hier nicht nur von der Oberhaut aus, fondern die fich abfpaltenden Blätter beftehen aus Abzweigungen der ver- kalkten Wabenfchicht felbst. Man vergleiche in diefer Beziehung die Fig. 69 A Taf. XIV nach einem Schliff in Balfam, welche, um einen orientirenden Ueberblick zu bieten, in noch kleinerem Mafsftabe als Fig. 68 A gezeichnet ist. Hier liegt offenbar eine ganz ähnliche Bildung vor, als diejenige, welche die abftehenden Schuppen fo vieler Mufchelfchalen veranlafst. Unter den mannigfachen Verfuchen, die Bildung der Mufchelfchale mechanifch zu erklären, ist mir ein folcher in Beziehung auf diefe Schuppen nie aufgeftofsen. Es möchte auch die lebhaftefte Phantafie Schwierigkeiten bei demfelben finden, ebenfo wie es bei der Betrachtung folcher Randformen, als Fig. 68 A und 69 A fie darftellen, fich als eine Ungeheuerlichkeit ergiebt, fie als cuticulare Secretionen des Mantelfaums zu erklären. Alle folche Erklärungen find eben ohne Unterfuchung und Kenntnifs der wirklichen Befchaffenheit gemacht, was freilich fehr bequem ist.

Diefe Präparate geftatten einen ziemlich tiefen Einblick in die Genefis der Wabenfchicht. Bei demjenigen, auf welches fich Fig. 69 bezieht, ist der eigentliche Rand durch Befchädigung unvollftändig, aber an der mit d,d bezeichneten Stelle gewährt er bei ftarker Vergröfserung ein fehr charakteriftifches Bild, das in Fig. 69 B, allerdings nicht ohne etwas zu fchematifiren*), dargeftellt ist. Man fieht ein

*) Diefes Schematifiren geht nur foweit, dafs, da die Querfchnitte der horizontalen Membrane in dem ziemlich dicken, etwas getrübten Schliff an einzelnen Stellen nur undeutlich waren, fie dort den anderen günftigeren Stellen entfprechend ausgeführt wurden. Zahl, Abftand und Dicke derfelben find nach der Natur. Was die fenkrechten Septen betrifft, fo fieht man eine gröfsere Zahl, als gezeichnet, aber nur undeutlich. Weil diefe Septen prismatifche hier freilich mehr tafelfürmige Ab-

verhältnifsmäfsig derbes Conchiolingerüst, welches die Wabenfchicht fowohl in horizontaler, als in fenk- rechter Richtung feptirt. Die horizontalen Membrane verlieren fich vom Rande nach dem Wirbel zu, indem fie immer fchwächer werden und allmälig in die gewöhnliche horizontale Schichtung der älteren Wabenfchicht übergehen, wie in Fig. 69 A angedeutet ist. An einigen Stellen der Fig. 69 B fieht man in der Flächenanficht der Septen die runden Hohlräumchen, welche bei Meleagrina ausführlich abgehandelt find und hier weiterer Erwähnung nicht benöthigen.

Von gröfserem Intereffe find die dunkeln, d. h. undurchfichtigen Theile der Wabenfchicht nahe an dem inneren Conchiolinüberzuge. Die Undurchfichtigkeit rührt ohne Zweifel davon her, dafs der Balfam hier nicht in den Schliff eingedrungen ist. Diefe Wirkung ist aber nur dadurch erklärlich, dafs die Verkalkung noch unvollftändig ist, denn die ausgebildete Grundmaffe der Wabenfchicht bedarf des Eindringens des Balfams nicht, um durchfichtig zu fein. Auch an der mit a bezeichneten Stelle der Fig. 69 A erfcheint die Wabenfchicht durch Trübung, Färbung und Nichthervortreten der Septen als noch nicht, oder wenigftens nicht vollftändig verkalkt. Ein weiterer intereffanter Einblick in die Genefis der Kalkfchale ergiebt fich aus Fig. 68 B. Sie ftellt aus einem andern Schliff des Wafferglaspräparats den Uebergang der verkalkten Wabenfchicht in den membranöfen Conchiolinrand dar. Man fieht, wie Rudimente der erfteren ifolirt mitten in dem letzteren auftreten. Es kommen auch in der äufseren Conchiolinhaut, die überhaupt eine lamelläre Schichtung zeigt, regelmäfsig gelagerte Hohlräume vor, wie beides in Fig. 69 B zu erfehen ist.

Faffen wir alles diefes zufammen, fo ergiebt fich, dafs die Wabenfchicht von innen heraus organifch aus den Schichten der Conchiolin-Membran erwächst, ziemlich ähnlich, als wir bei Myzzlus die Entftehung der fogenannten Epidermis aus der Randmembran haben verfolgen können. Diefe Analogie war dort fchon angedeutet. Es ergiebt fich ferner, dafs eine innere Entwicklung in der Wabenfchicht verfolgt werden kann; dafs, während in den Jugendzuftänden die Conchiolin-Membrane prävaliren, fie fpäter immer mehr in den Hintergrund treten, während die kalkigen Maffen, welche das Conchiolingerüst erfüllen, in allen Dimenfionen zunehmen, woraus natürlich auch ein eigentliches, inner- liches Wachsthum fchon gebildeter Schalentheile, wie es früher nachgewiefen wurde, erfolgen mufs.

Die Verhältniffe bei Unzo pzetorum find denen von Arodonta fo ähnlich, dafs ich nicht weiter darauf eingehe, obgleich ich einige Schliffe auch von Erfterer befitze, und glaube ich, das wefentliche Ziel diefer Abhandlung der Cormopoden-Gehäufe: den Nachweis, dafs fie durchaus organi- firter Natur find, und zwar Organismen, derenGrundlage nicht die Zellenform ist, erreicht und diefen Nachweis auf ein Material von genügendem Umfange und von der verfchiedenften Art fest begründet zu haben; ich könnte diefe Unterfuchungen alfo hier abfchliefsen, denn ihnen auch nur eine annähernde Vollftändigkeit im zoologifchen Sinne zu geben, daran darf ich leider nicht denken.

Es liegt mir jedoch in einer Reihe von Präparaten von O/raea edulis ein Material vor, das wegen der von den unterfuchten Dimyarieren und auch von den Malleiden fo ganz abweichenden Struktur eine gewiffe Wichtigkeit hat, und das ich deswegen nicht ganz mit Stillfchweigen übergehen möchte, da es wenigftens zeigt, wie oberflächlich die Befchaffenheit einer fo alltäglich vorliegenden Mufchelfchale bis jetzt bekannt war.

Gerade hier würde eine eingehende Unterfuchung für die Beziehungen der Schalenftruktur zur Speziesfrage, bei den mannigfachen Formen, in denen O/raea vorkommt, von befonderer Wichtigkeit fein ; leider dürften aber wenig Schalen einem genaueren Studium fo grofse Schwierigkeiten entgegen- ftellen, als gerade diefe. Es liegt darin, dafs es aufserordentlich fchwierig ist, gute Querfchliffe der Schale herzuftellen. Bei Flächenfchliffen tritt diefe Schwierigkeit nicht ein, aber die Querfchliffe löfen fich beim Dünnfchleifen, indem fie zerfplittern, mit einer alle Geduld ermüdenden Confequenz von dem’ Objectträger ab. Die Urfache hiervon ist mir nicht ganz klar geworden. Auch die Hoffnung, dafs

theilungen der Wabenfchicht umfchliefsen, kommen in einem dickern Schliff auch folche Septen, die nicht von der Schliffebene gefchnitten werden, und in nicht reinen Profilanfichten undeutlich zur Anfchauung. Diefe find, um die Zeichnung nicht unklar

zu machen, bis auf eine fchwach angedeutete weggelaffen worden. 7

mit Wafferglas ein befferer Erfolg zu erreichen fei, hat fich nicht realifirt. Man kann indefs aus einer längeren Reihe auch mangelhafter Präparate immer noch gewiffe Refultate ziehen.

Ich habe zuerst die fogenannte holfteinfche Aufter aus der Nordfee unterfucht. Ein mit einer mäfsig feinen Laubfäge gefertigter Querfchnitt einer Schale vom Schalenbande aus durch den grofsen Schliefsmuskel bis zum Rande ergiebt fchon dem unbewaffneten Auge ein überrafchendes Refultat. Eine Darftellung deffelben giebt Fig. 70 Taf. XIV in doppelter natürlicher Gröfse. Vom Anfatz des Schliefsmuskels nach dem Schlofs zu findet fich bei a ein Syftem durch feine Zwifchenwände vollftändig von einander getrennter Kammern. In der Zeichnung wurden fie fchraffirt, um fie gegen die dichte Schalenmaffe zurücktreten zu laffen. Sie find beim lebenden Thier mit einer wäffrigen Flüfigkeit ge- füllt, und ist es auffallend, wie lange mehrere Wochen lang diefe Flüfigkeit fich ohne merkliche Verdunftung noch in der todten Schale, aus welcher die Weichtheile entfernt find, hält. Leider habe ich verfäumt, ihre Befchaffenheit, die phyfiologifch wahrfcheinlich von Intereffe ist, rechtzeitig zu unter- fuchen. In jetziger Jahreszeit ist kein Material dazu vorhanden. Sehr befremdend war es mir, ein fo intereflantes Strukturverhältnifs, das doch bei der holfteinfchen Aufter fo von felbst hervortritt, dafs grofse Vorficht dazu gehört, die dünne Lamelle, welche diefe Hohlräume gegen das Innere der Schale abfchliefst, nicht zu verletzen, gewiffermafsen erst entdecken zu müffen, während doch eines ähnlichen Verhältniffes bei Spondylus als »höchst eigenthümlich« erwähnt wird.

Auch Rofe fagt in diefer Beziehung in der öfter angeführten Arbeit nur, dafs man »zuweilen« bei dicken Schalen bemerke, dafs die Schichten der Perlmutterlage nicht vollftändig auf einander liegen, fondern flache Höhlungen zwifchen fich einfchliefsen, in denen dann oft eine fchneeweifse Haut liege, in der man lofe neben einander liegende Kalkfpathrhomboeder mit dem Mikrofkop erkennen könne.

Ich finde in den Kammern weder Häutchen noch Cryftalle, wohl aber die Flächen der Scheide- wände, welche im Uebrigen die fpäter zu befchreibende Struktur der Schalen-Grundfubftanz befitzen, mit dicht ftehenden rundlichen Hervorragungen überzogen.

Rofe befchreibt fonst fehr anfchaulich, und hat ihm offenbar dasjenige, was Fig. 70 zeigt, nicht vorgelegen, fondern etwas mehr an die Struktur der jungen Aufterfchale Erinnerndes, und dürfte diefe Kammerung der Schale der holiteinfchen Aufter eigenthümlich fein. Ich habe einige Exemplare der fogenannten grünen Aufter, die im Atlantifchen Meer zu heimathen fcheint, unterfucht und keine folche Kammerung, überhaupt die Schale viel dünner und fefter und zwifchen Muskelanfatz und Schlofs ganz folide gefunden. Wahrfcheinlich wird es fo auch bei der fogenannten englifchen Aufter, die ich aber zu unterfuchen keine Gelegenheit hatte, fein. Ist ein fo erheblicher Unterfchied im Schalenbau fpezififch oder Variation? Das ist eine intereffante Frage, die ich hier nur ftellen, aber nicht beant- worten kann.

Ein weiteres für O/2raea charakteriftifches Strukturverhältnifs, das aber bei allen Formen der- felben, nur bei den dünnfchaligeren in geringerer Ausdehnung vorkommen dürfte, ist das in Fig. 70 mit e bezeichnete und durch Punktirung der von ihm eingenommenen Flächen gegen die folide Schalen- fubftanz hervorgehobene.

Rofe erwähnt feiner, indem er darüber fagt: »Zwifchen den verfchiedenen Schichten der Perl- »mutterlage kommt an verfchiedenen Stellen, befonders bei dem Muskeleindruck, eine fchneeweifse »erdige Maffe abgefondert vor, die unter dem Mikrofkop aus kleinen Stäbchen und Körnchen befteht, »die aber eine regelmäfsige Form nirgends erkennen laffen.«

Er fügt dann noch hinzu, dafs Offraea lamellosa von Montpellier diefe »Kreidefchicht« in viel gröfserer Menge habe und fie dort förmliche Schichten bilde, deren fenkrechte Faferung eine gewiffe Aehnlichkeit mit der Faferlage von Pinna zeige. Diefem ist nach dem Befunde bei der holfteinfchen Aufter doch noch Manches hinzuzufügen.

Aus Fig. 70 Taf. XIV und 71 Taf. XV wird man ein befferes Bild von dem Bau diefes Theils der Schale, als aus einer langen Befchreibung entnehmen können. In erfterer find die »Kreidemaffen«, wie fchon bemerkt, durch Punktirung bezeichnet. Die Septen, welche fie abtheilen, konnten bei dem kleinen Mafsftab der Zeichnung nur angedeutet werden. Fig. 71 läfst diefelben deutlicher erfehen, wie fie fich bei Beleuchtung von unten in dem ziemlich dicken, in Balfam liegenden Schliff halbdurchfichtig

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von dem durch feinen Luftgehalt undurchfichtigen Gewebe, das von Rofe als Kreidefchicht bezeichnet wird, abheben.

Hier von einer förmlichen Schichtung zu fprechen, ist wenigftens mifsverftändlich. Das Grund- gewebe der Schale, das allerdings ein gefchichtetes ist, hat fich lagenweis gefpalten und bildet da- durch ein Syftem von Hohlräumen, ähnlich, wenn auch nicht ganz übereinftimmend mit denjenigen, die zwifchen Muskelanfatz und Schlofs liegen, aber nicht, wie diefe, leer oder nur mit einer Flüffigkeit, fondern mit einem eigenthümlichen lufthaltigen Gewebe erfüllt, deffen genauem Studium erhebliche Schwierigkeiten entgegentreten.

Wir werden fehen, dafs diefes Gewebe aus einem complieirten Syftem feiner Blättchen befteht, welche lufthaltige Hohlräumchen einfchliefsen. Um faubere, exacte Schliffe zu erlangen, müfste man nicht nur vorher den Luftgehalt derfelben durch Canadabalfam vollftändig austreiben, fondern letzteren auch vollftändig erhärten. Beides gelingt nicht. Dazu kommt noch, dafs die Grundfubftanz der Schale fo fplittert, dafs man Situationsfchliffen eine Dicke von beinahe einem Millimeter laffen mufs, um fie unbefchädigt zu erhalten, wo dann die »Kreidefchicht«, wie ich fie hier noch nennen will, ganz un- durchfichtig bleibt, wenn auch die fie durchziehenden Septen, wie bei Fig. 7I, glücklicherweife fchon ziemlich durchfichtig find.

Die beften Präparate zum Erkennen der feineren Struktur der Erfteren habe ich erhalten, indem ich gar nicht mit Smirgel fchlif, fondern das auf einer Seite mit einer feinen Feile trocken behandelte und dann mit Terpentinöl befeuchtete Stück, nachdem fteifer Canadabalfam mit einer heifsen Mefferklinge möglichst eingetrieben war, auf den ÖObjectträger festfchmolz und dann foweit abfeilte, dafs nur ganz dünne, wenn auch fragmentarifche Blättchen deffelben blieben. Wird nun das Deckglas mit reichlicher Anwendung von Terpentinöl und ftärkerem Erwärmen aufgelegt, fo wird die Luft aus diefen Rudimenten genügend entfernt, und in gröfseren Fragmenten, fowie in den nach gewöhnlicher Art hergeftellten, wenn auch unanfehnlichen Schliffen findet man immer einzelne Stellen, welche die Zufammenhänge der Struktur genügend überfehen lafien. Nach einer folchen ist Fig. 72 Taf. XV bei

mäfsiger Vergröfserung gezeichnet, Fig. 73 A, B und C dafelbst nach ganz dünn gefeilten Präparaten

bei ftärkerer Vergröfserung.

Der Vergleich von Flächenfchliff und Querfchliff ergiebt, dafs es fich um ein Syftem von Septen und nicht um Fafern handelt. Am deutlichften treten diejenigen Septen hervor, welche annähernd fenkrecht auf den Lagen der Grundfubftanz ftehen. Sie bilden ein Syftem unregelmäfsig prismatifcher Räume, welche aber in allen Richtungen von anderen Septen durchfetzt werden, fo dafs fich zahllofe allfeitig gefchloffene Fächer bilden. Diefe find es, welche die Luft fo hartnäckig festhalten. Die fenk- rechte Stellung der Hauptfepten ist jedoch keine durchgehende. Schon Fig. 72 zeigt, dafs fie von der näher an der Oberfläche befindlichen Lage der Grundfubftanz in gekrümmter Richtung und ziem- lich fpitzen Winkeln ausgehen. Deutlicher noch fieht man diefes bei dem in Fig. 73 D gezeichneten Fragment. Hier gehen in der einen Richtung die Blättchen fo dicht liegend und in fo fpitzen Win- keln von der Lage der Grundfubftanz aus, dafs der Eindruck von einem Uebergange der Grundfubftanz in die Blätterfchicht, fo zu fagen von einer Auflöfung der Erfteren in die Letztere —, fich fchwer zurückweifen läfst. Und diefer Eindruck wird noch durch einen andern Umftand verftärkt.

In Fig. 72 ist die untere, breitere, fich theilende Lage der Grundfubftanz durch das Schleifen abgefplittert und zeigt die gleichzeitig eingetretene Lockerung ihrer Struktur, dafs fie aus zahlreichen feineren Lagen gefchichtet ist; aber diefe Schichtung liegt, wie es gezeichnet ist und wie es das Prä-

parat mit unzweideutiger Beftimmtheit erkennen läfst, nicht parallel mit den Flächen der Lage, fondern

verläuft in allerdings ziemlich fpitzen Winkeln gegen diefelben.

Wie fchon angeführt, befchreibt Rofe die Blätterfchicht als aus kleinen Stäbchen und Körnchen beftehend, die aber eine regelmäfsige Form nirgends erkennen laffen follen. Er hat danach das Ge- webe nur unterfucht, nachdem fein Zufammenhang gänzlich zerftört war. Man kann, auch ohne dafs Letzteres eintritt, die feineren Formelemente noch weiter verfolgen, als die Schliffe geftatten, wenn man mit dem Rafirmeffer in trocknem Zuftande ganz feine Querfchnittchen ablöst und diefe in Wafier oder ganz verdünntem Glycerin beobachtet. Die Blättchenfchicht felbst fchneidet fich bei der aufser-

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ordentlichen Zartheit der Blättchen, trotzdem letztere aus einer fpröden Subftanz beftehen, ganz gut; nur kann nicht erwartet werden, dafs die Schnittchen Zufammenhang behalten. Zerbricht man indefs die ganze Schicht fo, dafs die für den Schnitt hinderlichen Lagen der eigentlichen Schalenfubftanz ent- fernt werden, und führt diefen dann derartig, dafs die Schneide des Meffers rechtwinklig mit der Längs- richtung der Lage liegt, oder mit der fenkrechten Septirung übereinftimmt, fo bleiben zufammenhängende Fragmente von genügender Gröfse, und gerade die kleineren zeigen die feinere Struktur am beften. Ein folches ist in Fig. 73 E genau nach der Natur bei ganz ftarker Vergröfserung gezeichnet. Man fieht, dafs die Septen, von denen in den Schliffen vorwiegend nur die Querfchnitte zur deutlichen An- fchauung kommen, aus einem Gewebe von Stäbchen oder Fafern beftehen, die fich in verfchiedenen Winkeln kreuzen und fo ein Netzwerk bilden, und dafs die Zwifchenräume diefes Netzwerks mit ganz feinen Platten ausgefüllt find. Die ftärkften Stäbchen haben etwa ı u Dicke, aber ein Theil derfelben geht bis auf unmefsbare Feinheit herunter, und wird auch für die Hartnack’fche No. 10 4 Zimmerfion fo undeutlich, dafs die Möglichkeit des Vorhandenfeins noch feinerer Stäbchen, die fich nur aus den Platten nicht beftimmt genug abheben, nahe gerückt wird.

Die Frage, ob jenes in E gezeichnete Netzwerk wirklich aus Stäbchen refp. Fafern befteht, oder ob es nur die Ueberrefte und Querfchnitte anderer Platten, die fich in Winkeln an diejenigen an- fetzen, deren Flächenanficht man hier fieht, darftellt, darf nicht umgangen werden, aber fie wird un- bedenklich für die erftere Alternative zu beantworten fein. Man kann eine Platte, die doch nur aus- nahmsweife ganz genau in der Sehaxe ftehen könnte, bei fo ftarken Syftemen fehr wohl an der fcheinbaren Seitwärtsbewegung ihres Bildes beim Auf- und Niederfchrauben des Tifches von einem Stäbchen unterfcheiden, und überdies finden fich, wie ja fchon Rofe bemerkte, bei weiterer Zertrüm- merung des Gewebes Fragmente von Stäbchen in grofser Menge. Dafs einzelne der Stäbchen, welche folche Fragmente, als das in E abgebildete, zeigen, nur die Bafıs abgebrochener Plättchen darftellen möchten, kann um fo eher zugegeben werden, als es ohne Zweifel für das ganze Gewebe charakte- riftifch ist, dafs von einem Theil derfelben Plättchen in anderer Richtung ausgehen.

Das ganze Gewebe ftellt alfo ein in verfchiedenen Richtungen fich kreuzendes Syftem von zarten Stäbchen oder Fafern dar, die zwar wieder in verfchiedenen Richtungen, aber doch in einer dominirenden der fenkrechten durch Plättchen oder verkalkte Membrane verbunden find. Auch diefes anfcheinend fo heterogene Gewebe wird alfo durch die nähere Unterfuchung auf den allgemeinen uns überall in der Bindefubftanz begegnenden Typus der Faferhäutchen zurückgeführt. Wefentlich unterfcheidet es fich von anderen, z. B. der Wabenfchicht, dadurch, dafs bei diefer Conchiolinmembrane eine verkalkte Subftanz feptiren, während bei jenem die Septen und die Fafern felbst verkalkt find, und die fo gebildeten Räume nur Luft einfchliefsen.

Uebrigens fei noch, namentlich für diejenigen, die überall Cryftallifationen vermuthen, bemerkt, dafs bei Behandlung mit verdünnter Chromfäure keine einfache Auflöfung erfolgt, fondern das dem Charakter der Organifation entfprechende Subftrat zurückbleibt.

Die eigentliche Grundfubftanz der Schale, in welcher diefe verfchiedenen Hohlräume liegen und aus welcher auch die feinen und feinften Plättchen beftehen, welche diefe Räume abtheilen, ist die von Carpenter als »szbnacreous« bezeichnete. Sie wird von Rofe in ihrer gröberen Struktur an- fchaulich befchrieben und auch nach einem Splitter eine Abbildung ihrer blättrigen Lagen, die eine in rechten oder fpitzen Winkeln fich kreuzende Streifung zeigen, abgebildet. Die Auflöfung oder Zer- bröcklung in diefe Blätter ist das, was diefe Struktur auf Querfchliffen der Schale nur zu deutlich her- vortreten läfst; fie ist aber, wie auch Fig. 72 ergiebt, etwas anderes als die regelmäfsige Schich- tung des wirklichen Perlmutters. Die Lagen ändern häufig ihre Richtung, fo dafs eine fasrige Ver- wachfung entfteht, in welcher allerdings eine, wenn auch unvollftändige, blättrige Abfonderung prädominirt.

Auffallender Weife haben fowohl Rofe als Carpenter überfehen, dafs diefe Subftanz überall von einem dichten Syftem feiner Röhrchen durchzogen ist, welche es eben find, die das Bild einer »Streifung« geben. Letzterer fagt fogar ausdrücklich, dafs eine röhrige Struktur in den wahren Auftern nur wenig zu finden fei. Ob diefes nur in der Anwendung ungenügender Vergröfserungen, oder auch

IV. von Nathusius-Königsborn. 14

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darin liegt, dafs geeignete Balfampräparate nicht unterfucht wurden, mufs dahingeftellt bleiben. Car- penter's von anderen Autoren als problematifch betrachtete »röhrige Struktur«, die mir leider bei meinen Unterfuchungen niemals aufgeftofsen ist, foll in Röhrchen von Yzoo00 —'/2000, meiftens von Yjs40 Zoll Durchmeffer beftehen. Das wäre 1,3 —13, refp. 5,5 u, während die Röhrchen in der Schalen- fubftanz der Aufter allerdings nur ca. 0,7 u Durchmeffer befitzen. Am besten fieht man fie in feinen nicht gefchliffenen Lamellen, oder an Flächenfchliffen, die ohne Terpentinöl in fteifen Canadabalfam gelegt find; aber auch an vorher mit Terpentinöl behandelten Präparaten find fie noch leicht zu er- kennen. Häufig läfst fich fehen, wie in verfchiedenen Lagen diefe Röhrchen fich in mehr oder weniger fpitzen Winkeln kreuzen, aber ein vollftändiger Parallelismus findet auch in derfelben Lage nicht ftatt, und häufig wird die Richtung eine ganz unregelmäfsige, zuweilen fogar Wirbel bildende. Verzwei- gungen laffen fich nicht bemerken, und felten kann man auf längere Strecken ein und daffelbe Röhrchen im Zufammenhang verfolgen. Auf 40 u Länge gelingt dies aber doch leicht und häufig, wenn auch kürzere Endchen vorherrfchen. Ob hierbei mitfpricht, dafs die Röhrchen ftreckenweis obliterirt find, mufs dahingeftellt bleiben, denn jedenfalls liegt diefes auch vielfach daran, dafs die Schliffebene oder die Fläche der abgefprengten Lamelle die Richtung der Röhrchen in verfchiedenen Winkeln kreuzt. Auch an Präparaten, wo eine feine Lamelle fo eingelegt ist, dafs die innere Fläche der Schale un- verletzt bleibt und nur von oben her dünn gefchliffen wurde, ist der Eindruck der, dafs die Röhrchen in wenig fpitzen Winkeln auf diefer Fläche ausmünden, wie diefes Carpenter auch für feine röhrige Struktur anführt.

Bleibt, fo lange gute, feine Querfchliffe der Aufterfchale fehlen, die Struktur der Grundfubftanz einigermafsen dunkel, fo geht doch wiederum aus dem Vorhandenfein diefes Syftems von flach ver- laufenden Röhrchen wenigftens das hervor, dafs von einer Cuticularbildung nicht die Rede fein kann, fondern ein organifirtes Gewebe vorliegt.

So verfchieden auch diefe Grundfubftanz von dem Perlmutter anderer Mufcheln erfcheint, fo läfst doch das gleichmäfsige Vorkommen derjenigen Schicht, welche ich bei Myzzlus als »prismatifches Perlmutter« bezeichnet hatte, und der Meleagrina, Pinna, Anodonta und Unio im Wefentlichen ähn- lichen Wabenfchicht, bei dem Zufammenhange, der fich für diefe mit dem gewöhnlichen Perlmutter ergeben hat, darauf fchliefsen, dafs letzteres mit der Grundfubftanz der Aufternfchale auf demfelben Bildungsprinzip beruht.

In Fig. 71 ist ein Theil der eigenthümlich klaren und durchfichtigen Schicht, aus welcher auch bei O/fraea die Bafıs des Schliefsmuskels befteht, abgebildet. Theilweis ist das Präparat abgebröckelt, aber die Linie a—b deutet den Verlauf der inneren Fläche in der Richtung nach dem Wirbel an. Von c bis über a hinaus ist der Anfatz des Schliefsmuskels; man fieht alfo, dafs ganz wie bei Myrzlus, Meleagrina und Anodonta diefe charakteriftifche Schicht aus den inneren Lagen der Schale zum Muskel- anfatz herabfteigt, und findet auch Andeutungen eines ähnlichen Zufammenhanges mit der Grundfubftanz der Schale, als bei jenen mit dem Perlmutter. Sie giebt ferner auf Quer- und Flächenfchliffen im Wefentlichen ähnliche Bilder; aber ein Unterfchied liegt darin, dafs fie bei Ofraea viel ftärker ent- wickelt ist und, wie die Figur zeigt, die erhebliche Dicke von fast 0,5 mm erreicht.

Was die Wabenfchicht betrifft, fo ftimmt fie im Allgemeinen und, was die in den Septen vor- kommenden Strukturen betrifft, auch im Befonderen mit den früher befchriebenen Cormopoden überein. Ein wefentlicher Unterfchied befteht jedoch in der Art ihrer Verbindung mit der bei Offraea das Perlmutter vertretenden Grundfubftanz der Schale und dem entfprechend in der ganzen Form ihres Auftretens.

In Bezug hierauf fagt Rofe, nachdem er bemerkt hat, dafs Offraea edulis innere Perlmutter- und äufsere Zell-Lage*) enthalte, fehr zutreffend: »Letztere ist aber oft nicht vollftändig zufammen- »hängend, da fie nur aus den äufseren Rändern der verfchiedenen, neben einander liegenden, bei dem »jedesmaligen Wachfen des Thieres immer mehr vorgefchobenen Schichten befteht, und diefe oft nicht »aneinander ftofsen.«

*) Dafs die Bezeichnung der Wabenfchicht als »Zell-Lage« ein Mifsbrauch ist, wurde früher fchon zur Genüge erörtert.

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Ich habe diefe Befchreibung, an der mir auffallend entgegentrat, wie einem unbefangenen guten Beobachter das Verhältnifs der Schale als eines Theiles des Thieres felbst und ihres wirklichen Wachs- thums fo einleuchtend ist, dafs er gar nicht das Bedürfnifs fühlt, diefe Auffaffung noch eingehender zu rechtfertigen, treffend genannt; deutlich wird fie aber erst, wenn man fie an die Wirklichkeit hält.

In Fig. 74 Taf. XV ist nach einem Schalenftückchen, das erst durch fucceffives Auftragen mit einer ftarken Schicht von Wafferglas überzogen, dann in radialer Richtung angefchliffen und mit Waffer- glas auf einem Objectträger befeftigt ist, bei directer Beleuchtung eine Zeichnung des Querfchnitts gegeben, welche die Rofe’fche Befchreibung verdeutlichen wird. Man fieht daraus, dafs die Waben- fchicht bei O/f?raea in der That keine zufammenhängende Maffe bildet, fondern nur die Ausläufer der unregelmäfsig gelagerten Grundfubftanz der Schale darftellt. Die Endungen diefer Schuppen habe ich bei den mir zur Dispofition ftehenden Auftern niemals unverletzt beobachten können. Die Art des Transports der zum Verzehr beftimmten Exemplare fcheint fie mehr oder weniger zu zerftören. Ver- muthlich wird etwas Achnliches, als das bei Anodonta befchriebene vorhanden fein.

Hier ist noch eines von Rofe nicht bemerkten Verhältniffes zu gedenken. So fchwierig es auch ist, Querfchliffe von derjenigen Feinheit herzuftellen, welche geftattet, die Details der Struktur zu erkennen, ohne dafs zugleich eine Zerfplitterung und Zerbröckelung des Präparats eintritt, fo finden fich doch auch in folchen zerbröckelten Präparaten einzelne, zur genaueren Beobachtung geeignete Stellen. Fig. 75 Taf. XVI ist nach einer folchen gezeichnet und ergiebt eine ganz eigenthümliche Be- ziehung der von Carpenter als »sxÖnacreous« bezeichneten Grundfubftanz zu der Wabenfchicht.

Während bei denjenigen Schalen, die ein wirkliches Perlmutter haben, die lamelläre Schichtung des Letzteren, wie mehrfach gezeigt worden ist, fich vom Wirbel nach dem Rande zu in die Lagerung der Wabenfchicht fortfetzt, fehen wir in Fig. 75 ganz beftimmt, dafs die Linien, welche die Struktur der Grundfubftanz bezeichnen, aus der Wabenfchicht entfpringen und nach dem Rande zu verlaufen. Die Lagerung der Wabenfchicht, welche bei Ofraea allerdings nur aus der Struktur der Septen zu erkennen ist, correfpondirt nicht mit der Lagerung der Grundfubftanz, fondern ftöfst quer auf diefelbe. Hieraus ergiebt fich, dafs die Struktur der Grundfubftanz von Ojfraea von der des Perlmutter bei Mytilus, Meleagrina, Pinna, Anodonta und Unio wefentlich verfchieden, und dafs es unzuläffig ist, diefe Verhältniffe zu generalifiren. Die Struktur der Grundfubftanz bei O/fraea ist eine verwirrte und wie durch einander geflochtene, und ihr Uebergang in die Wabenfchicht ist ein derartiger, dafs nicht eine blofse Appofition der einen an die andere ftattgefunden hat, fondern beide zufammen organifch ge- wachfen fein müffen.

Rofe führt an, dafs angebohrte Auftern an den befchädigten Stellen erst eine grüne und dann eine Perlmutter-Schicht vorlegen. In der grünen papierdicken Schicht »fieht man eine Menge kleiner, »fcharf begrenzter Kalkfpath-Rhomboeder, die in Zellen mit dunkelgrünen runden Wänden zu liegen »fcheinen.«e Abbildungen diefer Gebilde giebt er a.a. O. auf Taf. II, Fig. 3 und 4, und citirt Car- penter, welcher in dem Report von 1844 ‚auch folche Rhomboeder in Auftern mit unvollftändig ver- kalkten Schichten (wz2k layers incompletely calcified) gefunden hat.

In dem Querfchliff einer jungen Aufterfchale finde ich, während von den früher abgehandelten Hohlräumen und der Blätterfchicht Nichts vorhanden ist, die Grundfubftanz von mehreren gelben Con- chiolinfchichten bis über 50 u Dicke, aber auch ganz dünn auslaufend, welche ganz mit diefen Cryftallen erfüllt find, durchzogen. Der Schwierigkeit, von Aufterfchalen gute Querfchliffe zu erhalten, ist fchon öfter gedacht, und es find Flächenfchliffe oder aus der zertrimmerten Schale mit dem Meffer aus- präparirte Fetzen der Conchiolinfchichten, an welchen fich die Cryftalle am besten ftudiren laffen. Ihrer gröfsten Zahl nach find es ziemlich regelmäfsige Rhombo&der, deren Kanten 7—5 u Länge haben. Viele find aber nur 3 u grofs. Sie ftehen durch geringe Zwifchenräume getrennt, gleichmäfsig ver- theilt und jeder Cryftall für fich und ohne Zufammenhang mit den anderen in der gelb gefärbten Conchiolinfchicht, löfen fich leicht in. Salpeterfäure und hinterlaffen dann einen Hohlraum, der aufser bei den gröfseften Cryftallen, wo er fich abrundet, genau und fcharf der Form des früheren Cryftalls entfpricht. Der Hohlraum zeigt fich von einem dichteren Saum begrenzt, der fich deutlich von der

übrigen Conchiolinmaffe abhebt. 14*

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Ich möchte fast vermuthen, dafs die auffallende Angabe von Rofe, wonach die Einhüllung der Kryftalle in organifche Materie bewirken foll, dafs man fie lange und mit concentrirter Säure kochen müffe, um fie aufzulöfen, worunter dann auch die organifche Materie leide, auf einem Mifsver- ftehen der oben erwähnten Verhältniffe beruht.

Die Täufchung, welche die nach der Behandlung mit Säure verbleibenden fcharf eckigen Hohl- räume als noch vorhandene Kryftalle erfcheinen läfst, ist in der That eine fehr vollkammene, nament- lich dann, wenn das Präparat frifch in concentrirtes Glycerin gelegt ist, wo durch die ftarke Waffer- anziehung des Glycerins den Hohlräumchen auch der flüfige Inhalt entzogen wird. Obgleich mir von früheren Unterfuchungen der Markfubftanz des Haares diefe eigenthümliche, übrigens auch bei concen- trirten Kochfalzlöfungen vorkommende, aber nur vorübergehende Wirkung des Glycerins bekannt war, täufchte fie mich doch fo, dafs ich erst durch wiederholte Behandlung mit Salpeterfäure mich über- zeugte, dafs die Auflöfung der Kryftalle fofort und ohne alle Schwierigkeit fchon durch verdünnte Säure und in der Kälte eingetreten war. Ist das Präparat erst einige Tage alt geworden und da- durch das Glycerin felbst allmälig in die Hohlräumchen eingedrungen, dann treten die durch die Säure bewirkten Veränderungen wieder deutlicher hervor, und läfst fich an den bekannten optifchen Erfchei- nungen beftimmt erkennen, dafs Hohlräumchen vorhanden find, obgleich fie auch in alten Präparaten die meinigen find, indem ich diefes niederfchreibe, über 13 Monat alt noch vollkommen die fcharfe Kryftallform behalten haben.

Mifslich bleibt es ja, bei einem Anderen, namentlich wenn man nicht ganz daffelbe Object, fondern nur ein Aehnliches unterfucht hat, einen folchen Irrthum, wie er übrigens in der Mikrofkopie fchon häufig vorgekommen ist, vorauszufetzen; ich kann aber fogar die Vermuthung nicht zurück- weifen, dafs auch dabei, dafs die rhombo&drifchen Kryftalle häufchenweis in Zellen enthalten fein follen, eine irrige Deutung des Beobachteten unterläuft. Rofe fagt ja auch ausdrücklich nur, dafs die Kry- ftalle in den fogenannten Zellen zu liegen fcheinen, beanfprucht alfo gar nicht, diefes Verhältnifs beftimmt nachgewiefen zu haben.

Ich finde nun bei meiner jungen Aufter, dafs unter der gelben Conchiolinfchicht, welche die kleinen Kryftalle enthält oder nach der inneren Schalenfläche zu diefe nicht durch die gewöhn- liche Grundfubftanz begrenzt wird, fondern dort die Kryftalle in gröfsere rundliche Maffen von kalkiger Schalenfubftanz übergehen, welche durch Conchiolinfchichten von einander getrennt werden. Beim Auspräpariren der kryftallhaltigen membranöfen Schicht bleibt diefe Uebergangsfchicht häufig mit erfterer fo verbunden, dafs wenn letztere beim Präparat nach oben liegt, man deutlich diefe runden Maffen und darunter die eigentliche Kryftalllage nur undeutlich durchfcheinend fieht. Erst dann, wenn diefe kugeligen Maffen in Säure aufgelöst find, treten die kleinen Kryftalle oder die Hohlräume, welche fie zurücklaffen, deutlich hervor. Dafs Rofe von feinen »Zellen« fagt, dafs fie fich nur auf der Ober- fläche finden, fich mit Salzfäure fortnehmen laffen, und man dann erst die Rhomboeder deutlicher fehe, ftimmt, was die beobachteten Facta betrifft, hiermit fo auffallend überein, dafs es wirklich nahe liest, eine Täufchung in der Annahme zu fehen, dafs die Kryftalle in und nicht unter den fogenannten Zellen liegen follen.

Ich fage »fogenannte Zellen«, denn es ist auch nicht der geringfte Anhalt dafür vorhanden, fie als folche im Sinne der jetzigen Zellentheorie bezeichnen zu können, obfchon an geeigneten Stellen der mit Salpeterfäure entkalkten Präparate die Conchiolinfchichten, welche die verkalkten kugeligen Maffen von einander trennen, als ein deutliches netzförmiges Gewebe zurückbleiben. Es find eben Hohlräume, welche fich in dem Bindegewebe, das hier in der Form des Conchiolins auftritt, wie in fo vielen andern Fällen zeigen, und mit Ablagerungen ausgefüllt find, in welchen die Kalkverbindungen vorherrfchen, und es fcheint mir auch nicht zweifelhaft, dafs in der mit den kleinen Kryftallen erfüllten Schicht diefe fich in ähnlichen Hohlräumen des Conchiolingewebes bilden. Ihre regelmäfsige Verthei- lung und ihre durchgehende und vollftändige Vereinzelung, obgleich fie doch fo dicht bei einander liegen, wäre ohne diefes nicht zu verftehen.

Auch diefe eigenthümlichen Schichten der Aufternfchale ordnen fich fomit in das Schema eines organifirten Conchiolingerüfts, deffen Mafchen mit Kalkverbindungen ausgefüllt find, ein, und Rofe’s

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Entdeckung, dafs Verletzungen der Schale durch die Bildung eines folchen Gewebes ausheilen, ist unter den den organifirten Charakter der Molluskengehäufe nachweifenden Thatfachen eine der be- deutungsvolleren.

Cephalopoden.

Die Acquifition einer anfcheinend ungewöhnlich gut erhaltenen Schale von Nautilus pompilius liefs mich nicht widerftehen, auch ein Cephalopoden-Gehäufe zu unterfuchen. Bekannt ist, dafs die Nautilus-Schale hauptfächlich aus einem fehr glänzenden und fchönen Perlmutter befteht, das mit einem Ueberzuge, der als eine »derbe kalkige Schicht« befchrieben wird und die braun und weifs geftreifte Färbung trägt, verfehen ist (vergl. Fig. 82 A Taf. XV). Diefes Perlmutter fiimmt im Wesent- lichen mit dem, das bei den Cormopoden vorkommt, überein; nur ist diejenige Struktur, welche die Lamellen quer durchfetzt, bei Erfterem fehr viel auffallender und hervortretender, fo dafs in Balfam gelegte Querfchliffe eine ohne Weiteres und befonders in den äufseren Schichten fehr deutliche, fenk- recht auf die Flächen geftellte dichte Streifung zeigen (vergl. c bei Fig. 76 Taf. XVI). Noch mehr erfcheint diefe Struktur auf den Flächenfchliffen als die prädominirende. Die bekannten, von anderen fo oft abgebildeten zackigen Wellenlinien, welche fich aus den durchfchliffenen Lamellen auf den Flächenfchliffen des Perlmutters bilden, fieht man hier nur, folange der Schliff noch nicht in Balfam eingelegt ist, nachdem diefes gefchehen, fieht man der fenkrechten Streifung entiprechend die Quer- fchnitte dünner Säulen fich abheben ; mit fcharfer Begrenzung allerdings nur zuweilen in der äufserften und innerften Perlmutterfchicht. Im Allgemeinen geben die Prismen-Querfchnitte nur ein undeutliches Bild, und diefem entfpricht es auch, dafs auf den Querfchliffen die Streifung nur wie verwafchen er- fcheint. Auch nach Aetzung mit Säuren tritt das helle Netz, welches, wie bei dem Perlmutter der Cormopoden, den membranöfen Scheiden der Prismen entfpricht, weniger fcharf hervor; dafs jedoch im Wefentlichen die früher an den Cormopoden erörterte Struktur vorliegt, ergiebt fich nicht nur daraus, dafs in dickeren und nicht vollftändig von Balfam durchdrungenen Quer- und Flächenfchliffen kleine Lufträumchen bleiben, deren Lage fich nach der Streifung der Querfchliffe ordnet, fondern auch daraus, dafs bei vollftändiger Entkalkung eines Flächenfchliffs durch die äufseren Perlmutterfchichten an Stelle der Prismen Löcher erfcheinen, die allerdings nicht fcharf begrenzt find und durch ein ver- hältnifsmäfsig voluminöfes Gewebe getrennt werden. Wo der Schliff in den tieferen Schichten durch die Chromfäure nur ftark geätzt ist, fieht man dagegen die Prismen als Hervorragungen und durch verhältnifsmäfsig fchmale Rinnen getrennt. Somit erfcheint das membranöfe Gerüft als ein fehr volumi- nöfes, in verfchiedenem Grade mit Kalkverbindungen imprägnirtes und meist von den Kalkprismen nicht fcharf gefondertes Gewebe. Im Allgemeinen ist alfo die dem Perlmutter der Cormopoden homo- loge Struktur unverkennbar, aber die die Lamellen durchfetzende Säulenbildung mehr in den Vorder- grund tretend.

In Fig. 77, 78, 79 Taf. XVI find einige Abbildungen gegeben, welche diefe Verhältniffe verdeutlichen.

Fig. 77 ist aus einem ziemlich dicken Flächenfchliff durch die äufserften Schichten des Perl- mutters. Der Balfam ist in die Gerüftfubftanz fo wenig eingedrungen, dafs fie dunkel geblieben ist, und die Säulchen fich als helle Scheiben von derfelben abheben. Wird eine entfprechende Schliftftelle mit Chromfäure vollftändig entkalkt, fo bleiben, wie Fig. 78 zeigt, an Stelle derfelben Lücken, durch breite Zwifchenräume des Conchiolingerüfts getrennt. Bei ganz feinen nicht entkalkten Schliffen kann der Canadabalfam fo weit in diefes Gerüft eindringen, dafs auch diefe Zwifchenräume durchfichtig werden und die infelartig in ihnen liegenden Querfchnitte der Kalkprismen fich ohne fcharfe Umriffe und bei hoher Einftellung nur als helle runde Flecke abheben; faft immer bleiben aber auch dann in dem Conchiolingerüft von dem Balfam nicht ausgefüllte unregelmäfsige Lufträumchen.

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Fig. 79 ist aus den mittleren Perlmutterfchichten eines ftark mit Chromfäure geätzten Schliffs. Wie gewöhnlich ist die Säure in und an dem Conchiolingerüft tiefer eingedrungen, fo dafs die Quer- fchliffe der Prismen Hervorragungen bilden, welche fich bei hoher Einftellung hell, wenn auch ohne fcharfe Grenzen abheben. Man fieht, dafs diefelben in den mittleren Schichten einen erheblich gröfseren Durchmeffer als in den äufserften haben.

Fig. So endlich ist ein Flächenfchliff in Balfam liegend durch die innerfte Perlmutterfchicht. Die prismatifche Gliederung tritt hier auch ohne Aetzung mit grofser Deutlichkeit und um fo fchärfer hervor, als das Conchiolingerüft ein dünnwandiges und dabei fcharf abgegrenztes ift; namentlich bei tiefer Einftellung, wo das durch den Querfchnitt des Gerüfts gebildete Netz in hellen Linien auftritt. Die Querfchnitte der Prismen zeigen hier theilweife noch gröfsere Flächen, aber ähnlich wie bei dem geätzten Flächenfchliff durch das Perlmutter von Mytzlus (Fig. 37B Taf. VI) fieht man auch hier, wie unvollftändige oder wenigftens nicht genau zu verfolgende Scheidewände in den Feldern verlaufen, fo dafs leicht verftändlich ift, wie fich in den äufseren Schichten die Zahl der Prismen vermehren kann.

Bei einem meiner Flächenfchliffe durch die innerften Perlmutterfchichten findet fich unter diefer Prismenfchicht noch eine dünne undurchfichtige Lage. Diefe Undurchfichtigkeit wird durch eine Menge eingefprengter dunkler Partikelchen bewirkt; ob es Körnchen. oder Hohlräumchen find, mufs ich un- entfchieden laffen. Sie find in einer gewiffen Lage diefer Schicht fo in Reihen geordnet, dafs eine feine, der Axe der Windungen parallele Streifung erfcheint. Leider kann ich die Stelle des Gehäufes, von welcher diefer Schliff gefertigt ift, nicht mehr festftellen. Ich wollte aber den Umftand doch nicht mit Stillf[chweigen übergehen, da er auch anderen Forfchern aufftofsen könnte und er jedenfalls mit auf die complicirte Organifation des Gehäufes hinweift.

Wird der Ueberzug des Gehäufes (a bei Fig. 76 und 82A) als eine »derbe« Schicht bezeichnet, fo ist diefer Ausdruck kein zutreffender, denn er befteht, wie feine Quer- und Flächenfchliffe überein- ftimmend ergeben, zum gröfsten Theil aus einem Aggregat kleiner Kügelchen, die lufthaltige Zwifchen- räumchen zwifchen fich laffen;, nur die innerfte Schicht hat eine mehr fasrige, aber ebenfalls lücken- hafte Struktur.

Bei vollftändiger Entkalkung mit Chromfäure bleibt ein zartes Subftrat, das aber eine Struktur nicht mehr erkennen läfst, ich wage alfo die Frage: ob auch hier die Form der Kalkmaffen durch organifirte Septen beftimmt wird, oder eine mechanifche Bildung vorwiegt, nicht zu entfcheiden, ob- gleich Erfteres wahrfcheinlicher ift.

Erwähnenswerth ist, dafs bei Schliffen durch die Scheidewand zweier Gewinde diefer charak- teriftifche Ueberzug die mittlere Schicht der Scheidewand bildet, was freilich nicht anders zu erwarten ftand. Ueberrafchender dürfte fein, dafs bei ausgeheilten Brüchen des Gehäufes, wo fich der Anwuchs neuer Schichten, wie bei den Gaftropoden, auf der inneren Fläche der Schale zeigt, {chon unter der alten Schale der fogenannte Ueberzug des neuen Stücks auftritt: eine Beftätigung des genetifchen Zufammenhangs der in der Form fo verfchiedenen Gewebe der Schale, wie er bei den Cormopoden fchon nachgewiefen ist. Auch Fig. 82 A läfst diefen Zufammenhang an der mit e bezeichneten Stelle ziemlich deutlich erkennen.

Von grofsem Intereffe ist die feinere Geftaltung der dünnen dunkeln Schicht, welche zwifchen Perlmutter und Ueberzug liegt (b bei Fig. 76 und 82A). Bei den als Flächenfchliffe zu bezeichnen- den Präparaten liegt die Schliffebene durch die Wölbung diefer Flächen ftreng genommen immer tangential, und ftellt fich eine dünne Schicht auf folchen Flächen- oder Tangentialfchliffen nothwendig als ein Ring dar; es ist aber dadurch auch leicht, in demfelben Präparat mehrere über einander liegende Schichten zu verfolgen, und ohne Schwierigkeit jede derfelben zur Anfchauung zu bringen. Was fich auf den Querfchliffen als eine undurchfichtige, alfo dunkle Schicht zwifchen dem Ueberzug und dem Perlmutter darftellt, zeigt fich auf feinen Tangentialfchliffen da wo der Balfam nicht ein- gedrungen ist, als ein Syftem dunkler fich kreuzender Linien als ein dichtes Netzwerk. Mit der Gundlach’fchen No. VII ä immerfion und nicht ganz fchwachem Ocular (Soofache Vergröfserung auf 217 mm Schweite) löfen fich diefe dunklen Linien mit der gröfsten Beftimmtheit in lufterfüllte röhrenförmige Hohlräume von 0,8—0,6 ıı Durchmeffer auf (vergl. Fig. 8A). In den äufserften Schich-

At

ten, d. h. da wo diefe Faferlage in den fogenannten Ueberzug übergeht, ist ein ausgefprochener fein gewellter (? fpiraler) Verlauf der Röhrchen, die übrigens auch in der inneren Lage nicht fcharf geftreckt fondern etwas wellig erfcheinen, auffallend und charakteriftifch (Fig. 8s1B). Warum gerade an diefem Object die Hartnack’fche No. 10 und die Winkel’fche No. $ auch mit den ftärkeren Ocularen, die fie vertragen, mangelhafter definiren, ist mir nicht deutlich, aber über das Verhältnifs felbst laffen auch fie keinen Zweifel. Uebrigens läfst fich auch da, wo der Balfam in diefe Röhrchen eingedrungen ist, diefes negative Netzwerk innerhalb der kalkigen Schalenfubftanz deutlich erkennen.

Wird ein möglichit feiner Schliff von der Balfam-Unterlage mit Aether abgelöst und gereinigt, dann mit verdünnter Chromfäure fo lange behandelt, bis er wenigftens ftellenweis gänzlich entkalkt ist*), und in verdünntes Chlorcalcium gelegt, fo ändert fich das Bild dahin, dafs nunmehr ein pofi- tives Fafernetz in dem zarten, zurückbleibendem Subftrat auftritt. Diefe Fafern ftellen fich allerdings nicht fo fcharf begrenzt dar, dafs man ihren Durchmeffer genauer beftimmen kann. Die ganze Maffe hat, wie es die Anwendung der Chromfäure gewöhnlich mit fich bringt, ein körniges Ausfehen, das die Schärfe des Bildes beeinträchtigt, aber ein Netz von hellen Linien bei hoher und ein entfprechen- des von dunkeln bei tiefer Einftellung ist fo beftimmt und zwar am fchönften mit fchwächeren Syfte- men zu beobachten, dafs an dem Vorhandenfein wirklicher Fafern bei den entkalkten Präparaten kein Zweifel bleibt.

Es ftellt die fragliche Schicht fomit eine Lage fich netzförmig kreuzender Fafern, welche in die Kalkmaffe der Schale eingebettet find, dar, und zwar dürfte nach den Balfampräparaten wenig Zweifel fein, dafs diefe Fafern röhrenförmig, d. h. hohl find und in der todten Schale nur noch Luft enthalten.

Fafermembrane hatte ich fchon in andern Mollusken-Gehäufen mehrfach nachgewiefen, aber an deutlicher Ausbildung ftehen diefe bei Nautilus noch weit voraus, und auch die Aehnlichkeit der wellig verlaufenden Formen mit gewiffen elaftifchen Fafern ist etwas Frappantes. Die Formen in diefer Schicht der Naxfzlus-Schale auf etwas anderes als Organifation zurückführen zu wollen, wird wohl Niemand mit Erfolg unternehmen.

So fchwierige und complicirte Verhältniffe, als die Entwicklung der Mollusken-Gehäufe dar- bietet, laffen fich, wie meine Unterfuchungen bei Mytzlus und Anodonta ergeben, nur an gröfseren Reihen verfchiedenaltriger uud vollftändiger, frifcher Individuen mit Erfolg ftudiren; etwas bietet aber doch auch der Schalenrest eines todten Thiers dar, und da mein Exemplar wirklich ein ungewöhnlich gut erhaltenes zu fein fcheint, möchten einige an demfelben fich darbietende Beobachtungen nicht mit Stillfchweigen zu übergehen fein.

Die herrfchende Auffaffung ist bekanntlich auch hier, dafs das Gehäufe ein Abfonderungs- produkt des Mantels ist. Ebenfo für die Kammerwände**), und follen die Kammern felbst dadurch gebildet werden, dafs das Thier gewiffermafsen ruckweife fich gegen den Schalenrand vorfchiebt, wo- durch dann jedesmal das Motiv zur Abfonderung einer neuen Kammerwand gegeben fein foll: eine Prozedur welche einigermafsen an die finnreiche Idee des grofsen Jägers Münchhaufen erinnert, der um den Balg eines Fuchfes ohne Befchädigung des »Thieres» zu erlangen, die äufserfte Spitze der Schwanzhaut mit einem Nagel befeftigte, in die Stirnhaut einen Einfchnitt machte und den Fuchs dann durch Hiebe veranlafste, feine Haut zu verlaffen. Bei Nautzlus wäre der Vorgang allerdings

*) Um Schliffe zu erhalten, welche fich ohne zu zerbröckeln ablöfen laffen und doch an einzelnen Stellen ge- nügende Feinheit erhalten, mufs man fie etwas keilförmig fchleifen, und da bei vollftändiger Entkalkung das zarte Subftrat fich rollt, faltet oder reifst, empfiehlt es fich, die Action der Säure zu unterbrechen, fobald der Randtheil des Schliffes fo weit ent-

kalkt ist, als für die anzuftellende Beobachtung erforderlich erfcheint.

**) Für einzelne Lefer mufs ich, um das hier zu Erwähnende zu verdeutlichen, vielleicht bemerken, dafs das Gehäufe der Nautiliden fich von dem der Gajftropoden dadurch wefentlich unterfcheidet, dafs es gröfstentheils durch zahlreiche Querwände in Kammern getheilt ist. Nur der Theil des Gehäufes, welcher vor diefen Kammern liegt, enthält nach der bis- herigen Annahme die Weichtheile, die mifsbräuchlicher Weife allein als »das Thier« bezeichnet werden. Die Kammern find Lufträume und in innen befindet fich nur der fogenannte Sif4o, ein mit den übrigen Weichtheilen zufammenhängendes, als

«häutig« bezeichnetes Rohr, welches die Scheidewände der Kammern in ihren Centren durchbohrt.

II2

nicht ganz fo anfchaulich, da erftens die Schale nirgends anders, als an den Weichtheilen befeftigt ist, und zweitens auch das draftifch vorwärts treibende Motiv fehlt.

Dafs eine Neubildung von Kammern mit dem fortfchreitenden Wachsthum ftattfindet, und wenigftens die dem Rande zunächst befindliche Kammerwand fich zuletzt bildet, ist allerdings wohl nicht zu bezweifeln. Die zahlreiche Suite theilweis in der Mittellinie durchfchnittener Gehäufe des Berliner zoologifchen Mufeums zeigt an mehreren Exemplaren die vorderfte Wand rudimentär, d.h. nur einen ringförmigen Anfatz an der innern Fläche des Gehäufes. Vie Unterfuchung frifcher in einem folchen Entwicklungs-Stadium befindlicher Exemplare würde vermuthlich Andeutungen über die Art der Bildung geben. Ohne eine folche Grundlage find Vermuthungen ziemlich müfsig.

Ein negatives Refultat wenigftens läfst fich indefs aus folchen Schliffen gewinnen, welche quer durch das Gehäufe und den Anfatz einer Kammerwand an demfelben gelegt find. Fig. 82A ist nach einem folchen Präparat bei nur 12facher Vergröfserung, um die Ueberficht des Verhältniffes zu gewähren, gezeichnet. Sie ergiebt, dafs die inneren Schichten des eigentlichen Gehäufes keineswegs in die der Kammerwand übergehen. Erftere bilden ein durch den Anfatz der Letzteren nicht unter- brochenes Continuum und die Schichtung der Kammerwand läuft gegen die innere Fläche aus, ohne fich in das Gehäufe fortzufetzen.

Fände ein der gewöhnlichen Annahme ähnlicher Vorgang ftatt, fo müfste die Lagerung der Schichten fo fein, wie fie in dem Schema Fig. 82B angedeutet ist. Das Gehäufe müfste innerhalb der Kammer weniger Schichten haben und dünner fein, als es vor derfelben ist. Es verhält fich in diefen Beziehungen aber gerade umgekehrt, wie aus Fig. 32 A zu erfehen ist. Ueberdies ergiebt diefe Ab- bildung auch, dafs die innere Wölbung des Gehäufes durch den Anfatz der Scheidewand merklich be- einflufst wird: ein organifcher Zufammenhang, welcher bei einer mechanifchen Entftehung der letzteren nicht wohl begreiflich wäre.

Als ein erhebliches Moment erfcheint es ferner, dafs bei meinem Exemplar die convexe, von dem Rande abliegende Fläche (auf Fig. 82 A mit f bezeichnet) aller Scheidewände, mit einer zarten fich in Fetzen ablöfenden bräunlichen, in Waffer liegend etwa 2 u dicken”) Membran bedeckt ist. In der Flächenanficht zeigt fie fich dicht befetzt mit fcharf begrenzten Körnchen von ca. 0,8 u Durch- meffer. Da diefes Häutchen im ganzen Verhalten demjenigen fich fehr ähnlich zeigt, das ich früher, als auf der innern Schalenfläche von Anodonta zuweilen vorkommend, befchrieben habe, liest es um fo näher, auch hier diefe Körnchen für eine Kalkablagerung zu halten, als fie bei Behandlung mit Säuren verfchwinden. Allerdings fcheint kalte verdünnte Salpeterfäure ohne Einwirkung auf fie zu fein und löst fie erst beim Erwärmen auf. Diefes läfst fich leicht daraus erklären, dafs in Säuren fchwerer lösliche, etwa phosphorfaure Kalkfalze in ihnen vorwalten. In diefer Auffaffung wurde ich dadurch beirrt, dafs in älteren Glycerinpräparaten die Körnchen verfchwunden waren, aber auch in anderen Fällen ergab fich, dafs das verwendete Glycerin nicht abfolut fäurefrei war und Kalkverbin- dungen in den Präparaten allmälig aufgelöft hatte.

Falten der Membran ergeben, dafs diefe Körnchen der freien Fläche der Membran nicht äufserlich aufliegen. Ich glaube zu fehen, dafs die Membran aus zwei Schichten, einer äufsern etwas ftärkeren und aus einer innern ganz feinen befteht, und die Körnchen zwifchen diefen beiden liegen.

Keines der aufgefägten Exemplare des Berliner Mufeums zeigt Spuren diefer Membran, die,

nur ausnahmsweife in den Schalen-Ueberreften des todten Thieres, welche die gewöhnlichen Samm- lungsobjecte bilden, erhalten fein dürfte und defshalb auch fchwerlich in meinem Exemplar noch intact,

fondern mehr oder weniger fchon in Zerfetzung übergegangen fein wird. Um fo fchwieriger ist es,

über fie vollftändig ins Klare zu kommen. Ihre organifirte Natur kann aber wohl nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden, und dann fpricht ihr Vorkommen auf der convexen Fläche der Kammer- wände fehr entfchieden gegen die bisherige Annahme einer Bildung der Letzteren durch Abfonderung des Mantels, die doch von der concaven Fläche aus ftattfände.

*) Diefe Dimenfion, welche fich aus der Meffung des einen der Präparate ergiebt, theile ich nur zum unge- fihren Anhalt mit. Die Dicke der Membran ist eine ziemlich variabele; fo fleigt fie in einem andern Präparat an der Stelle,

wo die Kammerwand gegen das Gehäufe ftöfst, auf über 3,5 I.

..

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Auch über den S52%7o konnte ich einiges den beftehenden Anfichten fo widerfprechendes fest- ftellen, dafs es überrafchen müfste, wenn es nicht leider fast immer fo wäre, dafs eine genauere Unter- fuchung Früheres berichtigen mufs.

Der Szpho wird als ein »häutiges« Gebilde bezeichnet, und foll in den todten Gehäufen bis auf kurze, röhrige Anfätze an den Perforationen der Scheidewände durch Fäulnifs verfchwinden. Daran ist die Vermuthung geknüpft, dafs er fich von der Mantelhöhle aus mit Waffer anfüllen und in den Kammerräumen dick anfchwellen könne, wodurch dann das Thier, fein fpezififches Gewicht vermeh- rend, fich in die Tiefe fenke, während es bei Entleerung des Sipho an die Oberfläche fteige. Diefer Deutung feiner Funktion wird nun zwar andrerfeits aus Gründen, welche die Vergleichung mit den foffilen Ammoniten ergiebt, @ friori widerfprochen, dabei aber doch in fchwer zu begreifender Weife überfehen, dafs es einfach unrichtig ist, ihn als ein lediglich häutiges Gebilde zu bezeichnen. Auch die durchfchnittenen Exemplare des Berliner Mufeums zeigen, dafs eine derartige Erhaltung deffelben, dafs fich feine wenigftens theilweife fefte und nicht blofs häutige Befchaffenheit conftatiren läfst, keines- wegs zu den feltenen Ausnahmen gehört. Auch in meinem Exemplar ging er als eine continuirliche Röhre durch fämmtliche Kammern und wenigitens in den vordern derfelben befitzt er einen fo feften verkalkten Ueberzug, dafs er bei Befeuchtung nicht erweicht. Allerdings erweicht er in den hintern Kammern bei Behandlung mit Waffer foweit, dafs er biegfam wird und dem Druck des Deckglafes nachgiebt. Diefes liegt aber nur daran, dafs das kalkige Gewebe, welches den Ueberzug bildet, zarter ist, und im Innern befindet fich allerdings ein membranöfes Rohr. Jedenfalls macht aber diefer Ueber- zug eine Ausbauchung des 52270 in die Kammern durch einen in ihm ftattfindenden Wafferdruck zu einer Unmöglichkeit.

Bei der Unterfuchung eines neuen Objects ist es felten möglich, gleich die richtigen Methoden anzuwenden. Man mufs erst durch Schaden klug werden, und es kann gefchehen, dafs das Material verbraucht ist, bis man in diefer Beziehung orientirt ist. So erging es mir mit meinem Nauftzlus. Der Verfuch, ihn in der Mittellinie zu zerfägen, zerftörte den S2f7o im gröfsten Theil der Kammern, und nur in den vorderen erlauben feine Dimenfionen die Verwendung zu gewiffen Präparationen. Man mufs, um die Zerftörung zu verhüten, den Schnitt etwas neben die Mittellinie legen, und ich ahnte freilich nicht, dafs der S7>Ao ein fo intereffanter Gegenftand fein würde; ebenfo wenig die Schwierig- keiten, welche feine Unterfuchung darbietet. So mufs ich Manches in feiner Struktur im Unklaren laffen, fogar was ich fehr ungern thue über Einiges mehr Vermuthungen als Gewifsheit aus- fprechen. Diefes ist indefs bei der Unterfuchung eines todten Exemplars, deffen Weichtheile mehr oder weniger der Zerfetzung unterlegen find, ohnehin fchwer zu vermeiden, und der Befund bietet immerhin fo Manches Unerwartete dar, dafs es Erwähnung verdienen dürfte.

Um die Beziehungen des 52540 zu den Kammerwänden zu überfehen, find Längsfchnitte durch feine Axe an denjenigen Stellen, wo er durch jene hindurchgeht, erforderlich. Sie find wegen der Befchaffenheit der Kammerwände natürlich nur durch Schleifen herzuftellen, und mufs alfo der mem- branöfe Theil des S2pro fo gehärtet werden, dafs er fchleifbar wird, und ebenfo fein fehr bröcklichter Ueberzug die nöthige Confiftenz erhält. Mehrere Verfuche, diefes durch Tränken mit Canadabalfam zu erreichen, fchlugen fehl. Hat man auch nach demfelben fo lange erwärmt, dafs der Balfam äufser- lich genügend erhärtet fcheint, fo bleiben in den Membranen und dem lockeren Gewebe des Ueber- zuges weiche Balfamrefte, die den Präparaten die erforderliche Widerftandsfähigkeit nehmen. Die Schliffe find mir bei diefem Verfahren fämmtlich mifsglückt.

Wahrfcheinlich würde Wafferglas befriedigende Refultate gegeben haben, wenn ich noch ge- nügendes Material gehabt hätte. Wiederholtes Ueberziehen eines paffenden Stückes des Gehäufes mit Schichten von gutem concentrirtem Wafferglafe, das fchnell trocknet, wobei daffelbe auch tropfen- weis in das Innere des ‚Szp%o geleitet wird, verfprach ein brauchbares Refultat. Dafs folche Waffter- glaspräparate mit Spiritus und nicht mit Waffer gefchliffen werden müffen, ist fchon früher angeführt. Leider war aber bei dem letzten hierzu brauchbaren Gehäufefragment, das ich noch befafs, doch nicht die nöthige Vorficht angewendet, um das Innere des S2p/o ganz mit Wafferglas zu füllen. Es war eine Luftblafe darin geblieben, und wieder brach beim Schleifen der erften Fläche der S2p/o aus der

IV, von Nathusius-Könsgsborn. 15

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Kammerwand aus. Es gelang den Schliff noch fo weit fertig zu machen, dafs die Zeichnung Fig. 83 A Taf. XVI danach entworfen werden konnte. Ihre Ausführung ist allerdings eine vorwiegend fchema- tifche. Namentlich konnte die Verbindung der Kammerwand d,d mit der membranöfen Scheide des Sipho b,b,b,b nicht beftimmt feftgeftellt werden. Ich befitze indefs einen Schliff durch die vorderfte Kammerwand, bei dem allerdings der S2p%ko verloren gegangen ist, fich aber verfolgen läfst, wie das Perlmutter der Kammerwand, indem fie fich ftark verjüngt, in eine membranöfe, weichere Subftanz übergeht. Dafs der 52P7o ebenfalls aus verfchiedenen Lagen, welche die dem »Conchiolin« eigen- thümliche tiefgelbe Färbung befitzen, befteht, läfst fich leicht nachweifen, und das Verhältnifs, welches bei h der Fig. S3A angedeutet ist, wo in dem Präparat eine dunkle, allerdings weiter nicht erkennbare Maffe abfatzweife in die Schichten der Kammerwand eindringt, fpricht ebenfalls für einen Uebergang beider Gewebe in einander ein Uebergang, der übrigens nach Allem, was fich in diefen Unterfuchungen fchon über die Beziehungen der Gehäufe zu folchen Conchiolinmembranen ergab, nichts Ueberrafchendes haben kann. Glücklicherweife giebt der fchon erwähnte kalkige Ueberzug des Sipho c,c,c,c der Fig. 83 A etwas beftimmtere Refultate.

Schon bei einem einfachen Abfchaben deffelben ist feine complieirte Struktur zu erkennen. Zuweilen und wohl da, wo er fchon in Zerfetzung übergegangen, ist er allerdings fo mürbe, dafs wenig mehr als ein aus ganz feinen Nadeln von bald etwas mehr, bald etwas weniger als ı u Dicke beftehender Detritus erhalten wird. Meiftens finden fich aber noch aus diefen Fafern beftehende Bündel, die unter fich zu einem fehr characteriftifchem Gewebe vereinigt find. In Fig. 84 Taf. XVI find einige folche, den Zufammenhang im Gewebe noch mehr oder weniger zeigende Fragmente aus Präparaten, wo folche Abfchabfel in verdünntes Chlorcalcium oder Glycerin eingelegt find, abgebildet.

Bei B und C fieht man diefe Bündel und ihre Verbindung unter einander, die meiftens an- nähernd in einem Winkel von 60° ftattfindet, am deutlichsten. Man kann fich diefe Verbindung fo veranfchaulichen, dafs die Lage diefer Bündel ungefähr den Kanten eines Syftems von Tetra&dern entfpricht. Die Tetraöder felbft hat man fich aber als Hohlräume und auch ohne Flächen vorzu- ftellen, fo dafs ein von zufammenhängenden Hohlräumen durchzogenes Gerüft entfteht. An eine mathe- matifche Regelmäfsigkeit diefes Baues darf man freilich nicht denken. Ich finde, dafs die gröbere Struktur fich in fitu am beften bei ftarker direkter Beleuchtung an den Enden des Sipho aus den hinteren Kammern, die nach Tränkung mit Terpentinöl in Balfam gelegt find, überfehen läfst. Man fieht dann die Faferbündel wie ein lockeres Gewebe von Kryftallen fich mit Silberglanz von dem intenfiv rothgelben Grunde, welchen die membranöfe Scheide darbietet, abheben, und die Interftizien der Bündel meist, wenn auch unregelmäfsige Dreiecke darftellen. Bei A fieht man, wie in diefe Hohlräume auch mehr oder weniger vereinzelte Nadeln oder Fafern hereinragen, welche eine weitere lockere Verbindung der Bündel unter einander herftellen. Zuweilen ist zu fehen, dafs diefe lockeren Nadelgruppen durch eine zarte Membran verbunden find. In welchem Zuftande diefes eigenthümliche Gewebe im frifchen Thiere fich befindet, bleibt leider zweifelhaft, denn wie es hier zur Unterfuchung vorlag, ist feine Integrität fchwerlich auch in den beft confervirten Theilen noch eine vollftändige, und an anderen Theilen ist eine gewiffe Zerftörung oder Verwefung ziemlich evident.

Schon bei A bemerkt man ein dort mit a’ bezeichnetes Bündel, das Fafern oder Nadeln nur noch an den Enden zeigt, und ein mit a bezeichnetes, wo kaum noch Andeutungen der Fafern vor- handen find. Durchweg tritt eine folche Verwitterung der Elemente des Gewebes bei Fig. 85 hervor. Die Figur ist nach einem Tangentialfchliff durch die Hülle des Sipho in einer der vorderen Kammern, der vorher um ihn fchleifbar zu machen mit Wafferglas durchtränkt und überzogen war, gezeichnet. Den lockeren Zufammenhang des Gewebes kann man auch hier ziemlich deutlich überfehen, aber ftatt der Bündel hat man nur compaktere, geftreckt citronenförmige Körper, an denen die Nadeln oder Fafern nur noch in Rudimenten vorhanden find, vor fich. Die Faferbündel fcheinen im Innern zu einer fefteren Maffe verfchmolzen zu fein, und nur diefe hat hier einem Zerfetzungs- oder Verwefungs- prozefs widerftanden, während von dem zarteren Theil des Gewebes nur noch Detritus vor- handen ist.

Ein innigerer Zufammenhang diefes Ueberzuges mit dem membranöfen Rohr des Szp%ko ist

Pe

nicht nachzuweifen. Die Faferbündel fcheinen gegen letzteres nur zu einer dichteren, pflafterähnlichen Schicht zu verfchmelzen; dagegen ist eine Verbindung des Sipho-Ueberzuges mit dem Perlmutter der Kammerwand deutlich. Ich befitze einen Schliff, der einen ziemlich gelungenen Längsfchnitt des Ueber- zuges von der Stelle, die in Fig. 83 A in der Nähe von f liegt, enthält. Er hat fich in der Gegend von f abgelöst, aber gerade dadurch bemerkt man um fo deutlicher, wie dort aus den äufseren Perl- mutterfchichten Nadeln und Prismen hervorwachfen, welche vollftändige Uebereinftimmung mit den- jenigen Gebilden zeigen, aus welchen an der entfprechenden Stelle die äufsere Schicht des Sipho- Ueberzuges befteht. Fig. 83 B ftellt den Querfchnitt der äufseren Schicht der Kammerwand mit den aus ihr hervorfproffenden Nadeln und Prismen an der in Fig. 83 A mit f bezeichneten Stelle dar.

Solche Auswüchfe zeigt die Kammerwand nicht nur an diefer einen Stelle. Bei g der Fig. 83 A find die Hervorragungen ihrer Oberfläche, foweit es der kleine Mafsftab der Zeichnung geftattete, an- gedeutet, und in Fig. 83 C daffelbe Verhältnifs in ftärkerer Vergröfserung dargeftellt.

Aehnliche Protuberanzen, obfchon vereinzelter, befitzt auch die vorderste Kammerwand in der Gegend, wo fie fich, um den Sipho aufzunehmen, trichterförmig einfenkt. Zu den Weichtheilen des Thieres fcheinen fie mir aber deffen ohnerachtet in keinen beftimmten Beziehungen zu ftehen, fondern einfach als eine gewiffe Hypertrophie der Kammerwände aus diefen hervorgewachfen zu fein.

Ich mufste mich begnügen, die fo intereffanten Struktur-Details von Nazzzlus kurz zu befchreiben. Verwerthen werden fie fich erst dann laffen, wenn das ungeheure Forfchungsgebiet, das diefe und ähnliche Organifationen der Evertebraten darbieten, feiner Bedeutung entfprechend weiter bearbeitet fein wird. Bis jetzt hat die Phrafe »Cuticularbildung« ein bequemes Beruhigungsmittel für die Un- kenntnifs derfelben gewährt. Vielleicht ist es aber nicht zu voreilig, wenn ich wenigftens darauf hin- weife, dafs für die spzcalae der Spongien, die doch als ein ziemlich räthfelhaftes Curiofum daftehen, Analoga in den Nadelbündeln des Sipho-Ueberzuges und ähnlichen noch ebenfo unbekannten Geweben, als diefer es bis jetzt war, fich finden könnten.

Gonelusiomen.

Aus den Unterfuchungen der Cruftaceen-Panzer und Mollusken-Gehäufe ergiebt fich mit Evi- denz zunächst das Refultat, dafs es fich bei ihnen wirklich um lebende und wachfende Organifationen und nicht um mechanifch geformte Secretionen handelt. Man hat die letztere Auffaffung durch Sta- tuirung fogenannter »Cuticularbildungen« geniefsbarer machen wollen. Diefer Erklärungsverfuch reicht in keiner Weife aus, um die der Oberfläche parallelen Faferlagen des Cruftaceen-Panzers und im Be- fonderen die Formen der Wabenfchicht, welche die äufsere Lage deffelben bei Platycarcinus bildet, zu motiviren. Ebenfowenig harmonirt er mit der eigenthümlichen Struktur, welche bei den Gehäufen der Gaftropoden die Regel bildet und hier an Sfrombus fpeziell verfolgt wurde, und den Verhältniffen, welche die Gehäufe der Cormopoden ergeben. Das freie Wachsthum des Randes von Mytilus, der durch die Randmembran nachweislich aufser jedem Contact des Mantels fteht, deffen Zellen man die Secretion der Schale mit kühner Phantafie angedichtet hatte, würde allein genügen, um über die Cuti- cular-Hypothefe den Stab zu brechen. Dem kömmt noch die ganze complizirte Struktur der Schale und ihrer fo verfchiedenen Schichten hinzu, nebst den Beziehungen diefer Schichten zu einander, wie fie bei Mytilus, Meleagrina, Oftraea und anderen ausführlich erörtert ist. Immer und überall zeigt fich diefe Hypothefe hier als unhaltbar. Endlich aber wird die ganze Auffaffung diefer Bildungen als mechanifch geformter Secrete vollftändig vernichtet durch den Nachweis, dafs bei ihnen, neben dem Anfatz am Rande und an der inneren Fläche, ein Wachsthum durch Intusfusception, alfo eine Ent- wicklung, wie fie organifirten Geweben ausfchliefslich zukommt, ftattfindet. Diefer Nachweis begründet fich nicht auf ein ifolirtes Factum. Die Entwicklung der eigenthümlichen Wälle, welche das Schalen-

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band von Mytilus begrenzen, die Dickenzunahme der blauen Schalenfchicht deffelben, obgleich fie durch das Perlmutter von dem Mantel ifolirt ist, die Formveränderung der fchon gebildeten Schale bei Mytzlus, wie fich diefelbe durch das Vorrücken des Randwulftes manifeftirt, die Gröfsenzunahme der fchon gebildeten Pfeudo-Zellen der Wabenfchicht bei Anodonta und das Wachsthum des Randes der letzteren, das find vollftändig harmonirende Thatfachen und wohl vielfeitig genug, um darauf zu begründende Conclufionen zu rechtfertigen.

Ist fomit der organifirte Charakter diefen Panzer- und Schalenbildungen vindizirt, fo ist diefer Nachweis um fo bedeutfamer, als fich zugleich ergeben hat, dafs ihre Entwicklung ohne jeglichen directen Zufammenhang mit cellulären Elementen ftattfindet.

Was bisher häufig in den Panzern und Schalen als Zellen betrachtet wurde, nämlich die von mir als Wabenfchichten bezeichneten äufseren Lagen des Krabbenpanzers und vieler Mufchelfchalen, fo wie die fogenannte Epidermis von MWytzlus, befteht keineswegs aus Zellen im hiftiologifchen Sinne.

Dafs wenigftens im Thierreiche Organifation und Leben aufserhalb des Ge- bietes der Zelle in reichem Mafse beftehen kann und befteht, mufs ich fonach als vollftändig erwiefen betrachten.

Und zwar dürfen wir diefe von der Zelle unabhängige Organifation nicht als auf das engere Gebiet der Panzer und Gehäufe von Zvertebraten befchränkt uns vorftellen. Die Strukturverhältniffe, welchen wir hier begegnen, bieten die frappanteften Analogien mit denjenigen der Bindefubftanzen im weiteren Sinne, welchen ich auch das Muskelgewebe einreihen mufs*). Analogien zu verfolgen, birgt freilich eine gewiffe Gefahr, deren Bewufstfein man nicht verlieren darf, aber die Verfolgung mufs verfucht werden, wenn man das Beftreben, fich der Wahrheit zu nähern, nicht aufgeben will.

Nur ein Theil der Panzer- und Schalenfubftanzen ist nachweisbar fibrillär. Bei diefem liegt die Analogie mit den fibrillären Bindegeweben fehr nahe; aber auch unter letzteren kommen folche Formen vor, in welchen Fibrillen nicht erkennbar find (Knochen und hyaliner Knorpel). Die lamellären Schichtungen der Panzer und Schalen finden fich im Knochen wieder; die Combination zweier fich kreuzender Strukturen (lamelläre Schichtung von prismatifcher Gliederung durchfetzt) im quergeftreiften Muskelgewebe; die Septirung der »Wabenfchichten« fowohl in Muskel- als Sehnenbündeln; ein ähn- liches fcheinbar unregelmäfsiges Fibrillen-Syftem, als in der Hauptmaffe der Aufternfchale in dem Bindegewebe der Cutis; und endlich findet fich das für Panzer und Schalen fo charakteriftifche Ver- hältnifs, dafs Kalkverbindungen einen erheblichen und integrirenden Theil des Gewebes ausmachen, aufser in den Eifchalen, was weiterhin erörtert werden wird, nur in einigen Bindefubftanzen wieder.

Diefes gilt nur für die Grundfubftanzen der Bindegewebe; aber gerade deren Beziehungen zu den cellulären Elementen, welche in ihnen enthalten find, bilden das Problem, mit welchem fich die Hiftiologie fchon fo vielfach befchäftigt hat, ohne zu einer ganz befriedigenden Löfung deffelben zu gelangen. Es war ein fchwerer Entfchlufs, diefe Subftanzen, die doch als lebende und organifirte

*) Schon bei der Befchreibung des Cruftaceenpanzers ift Gelegenheit genommen, unter Hervorhebung auffallen- der Analogien der allgemeinen Struktur des quer geftreiften Muskels mit derjenigen der Wabenfchicht des Erfteren, einiges über das Muskelgewebe anzuführen, an das ich hier erinnern darf. Die Ausfonderung des letzteren aus der Gruppe der Bindefub- ftanzen, obgleich über feine genetifche Zugehörigkeit zu derfelben kein Zweifel befteht, ist allerdings dann erklärlich, wenn man das Primitivbündel als eine Zelle betrachtet; aber ein ausreichendes Motiv für diefe Betrachtungsweife fcheint mir jetzt nicht mehr vorhanden, und diefelbe durch die Unterfuchungen von G. R. Wagener, namentlich die in den Marburger Sitzungsberichten No. 4 vom Juni 1873 über die Verbindung von Muskel und Sehne, vollftändig unhaltbar geworden zu fein. Ich glaube in Uebereinftimmung mit deffen Auffaffungen in den Schwanzmuskeln der Batrachierlarven einen directen Uebergang der Muskel- fibrillen in die Fibrillen des Bindegewebes zu fehen. Ganz unzweifelhaft wird das Primitivbündel gegen das Bindegewebe nicht durch eine Fortfetzung des sarcolemma abgefchloffen. Schüttelt man erst die traditionelle, aber durch Nichts begründete Auf fafung des Primitivbündels als einer Zelle ab, fo tritt die übereinftimmende Struktur von Muskel und Sehne beides fibrilläre Gewebe, deren Fibrillen durch membranöfe Septen, welche celluläre Elemente enthalten, in Bündel gefondert find auf das frappantefte hervor. Allerdings bliebe die Querftreifung, aber fie ist, wie bekannt, keine nothwendige Eigenfchaft des Muskels, und auch bei der Sehne kommt fie, nach den fchon früher citirten Lieberkühn’fchen Unterfuchungen, wenigftens an den Septen der Bündel vor. Heitzmann findet fie fogar in den Fibrillen der Sehne und anderer Bindegewebe (Unterfuchungen über das Protoplasma in den Wiener Sitzungsberichten Bd. LXVII S. 141; namentlich find Abbildungen Fig. 5 u. 7 charakteriftifch).

Gewebe anerkannt werden. mufsten, begrifflich von den Zellen loszulöfen, die ihre nothwendigen Be- gleiter mindeftens bei ihrer Entwicklung zu fein fchienen.

In diefen Zweifel dürfte dasjenige, was fich aus der näheren Unterfuchung der Panzer- und Schalengewebe ergeben hat, entfcheidend eingreifen. Sind fie lebendige Organismen, welche fich ohne irgend welche celluläre Elemente entwickeln, und bieten fie zugleich mannigfache Analogien mit den Grundfubftanzen der Bindegewebe dar, fo müffen wir auch in den letzteren ein neben ihren cellulären Einfchlüffen felbftftändiges organifches Leben anerkennen. Selbftftändig zwar nicht in dem Sinne, als ob die Lebensvorgänge in den Grundfubftanzen unabhängig von den Lebensvorgängen der Zellen und umgekehrt fein könnten. Kein Theil eines Gefammt-Organismus eines Individuums kann eine unbedingte Selbftftändigkeit von den anderen Theilen deffelben befitzen, und in phyfiologifcher Bezie- hung müffen ja fehr enge Beziehungen zwifchen der Grundfubftanz und den Zellen ftattfinden —; aber morphologifch felbftftändig in ähnlichem Sinne, als es z. B. Epidermis und Cutis von ein- ander find, obgleich erftere unzweifelhaft von der. letzteren ernährt und fubftantionell gebildet wird. Diefer Begriff der morphologifchen Selbftftändigkeit, als eine phyfiologifche Abhängigkeit nicht aus- fchliefsend, ist fchon in den einleitenden Bemerkungen deutlich zu machen gefucht, und wenn auch der günflige Lefer einige Wiederholungen äufseren und inneren Gründen, die fie fchwer vermeiden liefsen, hoffentlich zu Gute halten wird, darf doch darin nicht zu weit gegangen werden.

Diefe morphologifche Selbftftändigkeit der Grundfubftanzen der Bindegewebe wird aber nicht etwa nur durch ihre Analogie mit anderen zellenlofen Geweben bewiefen, fie geht fchon aus ihrer eigenen Struktur hervor, wenn z. B. die lamelläre Schichtung des Knochens in keine formale Beziehung zu den von ihm eingefchloffenen Knochen-Körperchen zu bringen ist, und ebenfowenig die Fibrillen der fafrigen Grundfubftanzen zu den von ihnen eingefchloffenen Zellen. Der einfachen Anerkennung diefer faktifchen Verhältniffe widerfetzten fich aber theoretifche Vorausfetzungen ; deshalb ist allerdings der Nachweis von der Bindefubftanz im Uebrigen analogen Geweben, die aber gänzlich zellenfrei find, fomit keine Hinterthür in diefer Beziehung offen laffen, von erheblicher vielleicht darf ich fagen, von entfcheidender Bedeutung.

Dafs in fcheinbarem Gegenfatz hierzu gewiffe hyaline Knorpel in Zellenterritorien getheilt find, wenigftens in folche zerfallen können, fei hier nicht überfehen. Wie diefes dem Obigen nicht wider- fpricht, wird fich ergeben.

Zeigen die Panzer- und Schalengewebe einerfeits eine Struktur-Analogie mit den Bindefubftanzen, fo thun fie diefes nicht minder mit den Eihüllen. Die fibrilläre und lamelläre Struktur ist in dem Ei- weifs und den zu demfelben gehörigen Faferhäuten, die aus paralleler Schichtung und diefe durch- fetzender prismatifcher Gliederung beftehen, fowie in den Eifchalen vertreten. Auch der Umftand, dafs Kalkverbindungen einen fo wefentlichen Theil der Subftanz . bilden, aus welchen das Gewebe befteht, tritt bei letzteren ein. Endlich bieten die Verdickungen der Fafern in der Schalenhaut des Eies von Trogopogon natrix und die Hohlräume in den Fafermembranen des Eies von Raja clavata und der Eitrauben von Duccinum undatum Beifpiele des Vorkommens ähnlicher pfeudo-cellulärer Räume, als in Geweben der Mufchelfchalen vorkommen.

Hiermit wird einerfeits das Gebiet diefer Gewebe, die ich, um eine kurze zufammenfaffende Bezeichnung für diefelbe zu haben, Bindegewebe im weiteren Sinne nennen möchte*), ein fehr

*) Gewifs ist es bedenklich, einen fo gebräuchlichen Ausdruck als »Bindegewebe« in einem Sinne anzuwenden, der fich mit dem bisherigen nicht deckt. Zu einiger Entfchuldigung möge dienen, dafs dem Verfaffer die möglichfte Befchrän- kung in der Erfindung neuer Bezeichnungen an und für fich als erwünfcht erfcheint, dafs feine Auffaffungen ja ihrer Natur nach zu einer Abänderung des jetzigen Gebrauchs des Ausdrucks in mancher Richtung ftreben müffen, dafs derfelbe fchon vor der Herrfchaft der Zellentheorie eine berechtigte Bedeutung hatte, deren Beifeitelaffung damals auch unberechtigt war, und dafs in anderen Richtungen die Anwendung, die ich mir erlauben möchte, fich nicht fo fehr von derjenigen, die auch jetzt fchon davon gemacht wird, entfernt.

Wenn z. B. fast allgemein dıe Gewebe des thierifchen Körpers in Zellgewebe und Gewebe der Bindefubftanz gefondert, und diefen als dritte Gruppe das Muskelgewebe angereiht wird, fo würde zunächst, wenn meine Auffaffung des letzteren als dem eigentlichen Bindegewebe analog zugegeben wird, dann die Berechtigung, das Muskelgewebe auch der Bindefubftanzgruppe,

_ deren Begrenzung ja aus theoretifchen Vorausfetzungen erfolgt ist, anzureihen, anerkannt werden müffen. Die Bezeichnung des

umfaffendes; leicht verftändlich wird es auch, wie in einzelnen Fällen die Grundfubftanz von den Mem- branen der Zellen, die fie umfchliefst, auswachfend, in Zellenterritorien getheilt fein kann, wie bei ge- wiffen hyalinen Knorpeln; aber andererfeits läfst fich dem bisher hier ausgeführten dann das entgegen- fetzen, dafs diefe Bindegewebe nun doch mit der Zelle in enge Beziehungen treten, dafs fie dann eigentlich nur als eine Amplification der Zellenmembran zu betrachten feien, alfo eigentlich nur als in gewiffen Fällen felbstftändig gewordene Theile der Zelle, als die perfifirende Membran nicht mehr nachweisbarer Mutterzellen. Es kommt immer darauf an, von welchem Gefichtspunkt man bei folchen Fragen ausgeht. Mir würde der dem Obigen entgegengefetzte näher liegen, nämlich zu fagen: wenn zu diefem im thierifchen Organismus fo weit verbreiteten Bindegewebe auch die Zellenmembran ge- hört, fo verliert die Zelle noch mehr die Bedeutung eines Elementarorganismus; fie ist dann nur eine der Geftaltungen des Bindegewebes, fie würde ihrer Form nach etwas Negatives, d. h. eine Vacuole des Bindegewebes fein, und nur ihrem Inhalt nach wäre fie pofitiv zu charakterifiren.

Die Entfcheidung zwifchen diefen beiden gegenfätzlichen Betrachtungsweifen implieirt ein altes naturphilofophifches Problem, das populär in die Frage: ob das Huhn oder das Ei zuerst exiftirt habe, gefafst werden kann.

Diefe Frage geht allerdings fehr tief. Betrachtet man Huhn und Ei als Begriffe, fo wird man »adb ovo« anfangen müffen,; behandelt man fie als reale Dinge, fo fcheint es, dafs eine mäfsige Portion gefunden Menfchenverftandes dem Huhn die Priorität zuerkennen mufs, da ein Ei, namentlich ein noch ungelegtes, ohne dafs ein Huhn vorhanden ist, einen ziemlich erfolglofen »Kampf ums Dafein« führen möchte, während ein Huhn ohne Ei hierin günftiger geftellt ist. Hiermit würde der gefunde Menfchenverftand freilich in einige Differenz mit der Häckel’fchen Phylogenie gerathen. Doch ist es mit dem gefunden Menfchenverftand jetzt eine eigene Sache. Manchem erfcheint es ein menfchen- würdiges Gefühl, an Darwin, Vogt und Häckel ftatt an einen Schöpfer zu glauben. De gufkibus non est disputandum.

Ein completes neues Syftem der Hiftiologie aufzuftellen, ist die Prätention diefer Arbeit nicht gewefen. Mit folchen Syftemen ist es wiederum eine eigene Sache. Es find Dinge und nicht Syfteme erfchaffen, und wenn diefe Dinge auch einen fchöpferifchen Gedanken enthalten, deffen Darlegung ein Syftem und zwar das einzige wahre Syftem fein würde, fo geht die Erfüllung diefer Aufgabe über das hinaus, was menfchliche Forfchung leiften kann. Die Syfteme, die wir aufltellen können, find des- halb nothwendig unvollkommen, und je fchärfer und confequenter fie formulirt werden, defto beftimmter mufs bei erweiterter Kenntnifs früher oder fpäter an gegebenen Punkten ihre Unrichtigkeit hervortreten.

eigentlichen Bindegewebes behält dabei ihre unveränderte Bedeutung, nur dafs ich felbftverftändlich die darin vorkommenden Zellen als ein Accefforium, wenigftens nicht als begrifflich dazu gehörig, anerkennen kann. Der Gegenfatz zwifchen Zellen- gewebe und Bindegewebe im allgemeineren Sinne wird dann ein viel klarerer.

In der gebräuchlichen Eintheilung, eine ganze Gruppe als »Gewebe der Bindefubftanz« zu bezeichnen und diefe dann im Einzelnen, wie z. B. in Kölliker’s 5. Auflage, als

Einfache Bindefubftanz,

Knorpelgewebe,

Elaftifches Gewebe,

Bindegewebe,

Knochengewebe, aufzuführen, liegt etwas entfchieden Unlogifches. Zwei »Gewebe der Bindefubftanz« durch die Bezeichnungen des einen als »einfache Bindefubftanz«, des andern als »eigentliches Bindegewebe« unterfcheiden zu wollen, ist lediglich conventionell; denn, wenn beide »Gewebe der Bindefubftanz« find, können fie fich wirklich nicht dadurch unterfcheiden, dafs das eine Bindefub- ftanz, das andere Bindegewebe ist. Eine derartige Terminologie kann eine dauernde Bedeutung nicht beanfpruchen, und glaube ich fie deshalb nicht refpectiren zu müffen.

Uebrigens würde ich einen bezeichnenderen Ausdruck vorziehen, aber für einen folchen ist die Frage noch nicht reif. Fibrilläre Gewebe, im Gegenfatz zu Zellengeweben, würde vielleicht einigermafsen zutreffen. Da aber in einigen derfelben der fibrilläre Charakter noch nicht nachgewiefen werden konnte, mag ich, obwohl er auch dort vorhanden fein mag, diefem Nach- weis nicht vorgreifen.

Diejenigen Bindegewebe, wie Schale und Panzer, die Zellen nicht enthalten, alfo auch memdranae propriae u. dergl.,

würden als incelluläre Gewebe kurz und deutlich bezeichnet werden können.

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Selbstverftändlich ist dies kein gegen folche Verfuche fprechender Grund, da fie trotzdem nothwendige Stufen der wiffenfchaftlichen Erkenntnifs bilden, und es ist ein hohes Verdienft eines begabten Geiftes, ein Syftem aufgeftellt zu haben, das für eine gewiffe Periode die Summe des erfahrungsmäfsigen Wiffens einer Disciplin zufammenfafste und die Einreihung der neuen Forfchungsrefultate geftattete. Dafs ein folches Syftem feine befchränkte Zeitdauer hat, hebt diefes Verdienft nicht auf.

Einen folchen Preis beanfpruche ich in keiner Weife, und es fcheint mir eine folche Aufgabe augenblicklich als eine befonders fchwierige. Das Zufammenbrechen eines fo bedeutenden Syftems als das der Zellentheorie ist für die Wiffenfchaft, welche es beherrfcht hat, immer ein kritifcher Zu- ftand, und wenn man die Sprünge und Lücken, welche in feinem Gefüge entftanden, mit Worten hat zukleiftern wollen, wie es mit dem »Protoplasma« gefchehen ist, ftatt durch fie hindurch neue Gefichts- punkte zu fuchen, dann fteigert fich die Schwierigkeit. Das möchte ich aber verfuchen, diejenigen Lücken anzudeuten, die m. A. n. auszufüllen find, um wieder zu einem ähnlichen Syftem gelangen zu können.

Da die Zelle als »Elementarorganismus« nicht mehr haltbar ist, kann die allerdings fehr be- queme Gewohnheit nicht mehr genügen, fie als Grenze der Forfchung zu acceptiren, d.h. wenn man ein »rundes Ding mit einem zweiten runden Ding darin« gefunden hat, fich damit zu beruhigen, dafs man nun an den Grenzen der Organifation angekommen fei. Die neuere Schule weifs dann freilich, dafs diefes Ding kriecht, frifst, trinkt, fich reproducirt, ja nachdem auch denkt, und nimmt nun an, dafs fie das perfonificirte Leben vor fich hat und daffelbe durch in Holz gefchnittene Abbildungen, die wenigftens unter fich eine grofse Portraitähnlichkeit haben, verdeutlichen kann.

Statt deffen gilt es m. Erachtens, die Elemente diefer complizirten Organifationen und zunächst den Inhalt der Zelle näher zu ftudiren, was bei fo riefenhaften Zellen, als viele Eier find, Ausficht auf Erfolg hat. Die bisherigen Unterfuchungen drehten fich zu einfeitig um die Frage: ob die Dotter- Elemente »Zellen« feien oder nicht, und mit einem Argument für die eine oder andere Meinung be- ruhigte man fich im Wefentlichen, weil ja nach der geltenden Theorie davon ihr Charakter als Orga- nismen abhing, während doch gerade dann, wenn fie keine Zellen find, es um fo wichtiger ist, ihrem Verhalten und ihrer Befchaffenheit auf den Grund zu kommen. Dafs fo beftimmte Formen, als die der Dotterkörper, auf Organifation beruhen, ist @ frzorz wenigftens zu vermuthen.

Dann handelt es fich um die Zellenmembran. Dafs die Membran der Ei-Zelle in einem

gewiffen Entwicklungszuftande ein organifirtes Gewebe darftellt, ist m. A. n. eine festgeftellte That- fache. Die Verfolgung ihrer Entwicklung nach rückwärts müfste ergeben, ob fie in den früheren Stadien, wo die Exiftenz der Membran bis jetzt beftritten ist, wenigftens rudimentär, etwa in zarten Fafernetzen doch fchon vorhanden ist, was ich, wie fchon in der Einleitung gefagt, annehmen möchte, oder aus welchen anderen Anfängen fie fich entwickelt. So lange nicht eins von beiden nachgewiefen ist, bleibt die Frage der Zellenmembran Sache der Meinung. 2 Nur aus beftimmterer Definition des Inhalts und der Membran der Zelle und deren Vergleichung mit den Entwicklungsftufen der zellenartigen Hohlräume in Bindegeweben, welche mir fo vielfach z. B. in der Eifchale von Raja und Buccinum, auch im Byffus von Mytzilus entgegentraten, wird ferner zu beftimmen fein, in wie weit diefe Pfeudozellen von wirklichen Zellen fcharf zu trennen find. Bis jetzt habe ich für letztere das Kriterium fefthalten zu müffen geglaubt, dafs fie als Theilprodukte fcehon vorhandener Zellen entftehen. Es befteht aber noch immer, worauf ich bei Erwähnung der Robin’fchen Auffaffungen zurückkommen werde, der Zweifel, ob nicht auch wirkliche Zellen aus an- deren organifirten Geweben, alfo nicht blofs durch Reproduktion entftehen können.

Endlich fehe ich auch bei der Entwicklung der Gewebe des äufseren und inneren Keimblatts, alfo der epidermoidalen und epithetialen, einen noch ungelösten Zweifel. In der Einleitung habe ich kurz berührt, dafs nach der Entwicklung des Knorpels des fproffenden Rehgehörns, die bisher als Kerne bezeichneten Theile der Bindefubftanzzellen, einfchliefslich der fogenannten Kerne des Muskel- und wahrfcheinlich auch des Nervengewebes die wirklichen Zellen find, d.h. wie von den Knorpelzellen fchon allgemein anerkannt und nachgewiefen ist, Segmenten der Dotterhöhle entfprechen.”)

*) Vergl. meine Abhandlung in Reichert’s Archiv. 1869.

Wie es in diefer Beziehung mit den Zellengeweben im engeren Sinne fteht ob z. B. in der Epidermis nicht auch der fogenannte Kern dem eigentlichen Zellenraum entfpricht, und die bisher als die wirkliche Zelle betrachtete äufsere Schicht ein extracelluläres, wenn auch fast immer in Zellen- territorien getheiltes Gewebe darftellt dafür dürfte, wenn man den Muth hat, die Frage zu ftellen, in den bisherigen embryologifchen Unterfuchungen eine beflimmte Antwort fehlen. Für die Gewebe des mittleren Keimblatts liegt in dem Nachweife der Perfiftenz von Dotterkörnchen in der embryo- nalen Knorpelzelle eine folche Antwort. Aehnliche Beobachtungen an epidermoidalen Zellen habe ich nicht finden konnen, und die bekanntlich fo fehr controverfe Genefis der letzteren, fo wie die Ent- ftehung der als Schleim- und Eiterkörperchen bezeichneten Gebilde als Theilprodukte, die nur dem fogenannten Kern der Epithelialzellen entfprechen, macht diefe Frage zu keiner unmotivirten*). Auch an die noch ziemlich unklaren Verhältniffe der Samenelemente dürfte hier zu erinnern fein.

Ich kann diefe Frage nur als eine noch offene betrachten.

Ohne alfo ein umfaffendes und erfchöpfendes Syftem darftellen zu können oder zu wollen, glaube ich noch auf folgende allgemeinere Beziehungen der Anfchauungen, die fich aus der Reihe diefer Arbeiten ergeben haben, hinweifen zu dürfen.

In der wefentlichen Einheit und dem Zufammenhange diefer Bindegewebe, die mindeftens den aus dem mittleren Keimblatt refultirenden Theil des Organismus überall durchziehen, kommt der Be- griff des Individuums zu einem präzifen und deutlichen Ausdruck und wird in einer Weife verftändlich, welche aus der Zellentheorie nicht zu entnehmen war. Diefe hatte dazu geführt, die »Selbftftändig- keit« der Zelle in einer geradezu carrikirten Weife zu betonen. Richtig ist freilich, dafs bei gewiffen niederen Thieren die Frage: was dort eigentlich das Individuum fei, fchwer und für jetzt vielleicht gar nicht zu beantworten ist; daraus aber entnehmen zu wollen, dafs der Begriff der Individualität ein nicht mehr haltbarer fein, wäre unberechtigt, und der Nachweis thierifcher Gewebe, in welchen die Zufammengehörigkeit der einzelnen Theile des Organismus fich documentirt, dürfte einen wefent- lichen Fortfchritt gegen die Auffaffung bieten, welche das Individuum nur als Conglomerat von Zellen hinftellt.

Diefes führt auf einen Vergleich mit der pflanzlichen Organifation. Das Vorkommen einer Art von Intercellularfubftanz in den Pflanzen ist von Schacht zwar nachgewiefen; dafs fie aber eine erhebliche Bedeutung für das Leben der Pflanze habe, ist meines Wiffens noch niemals behauptet worden. Jedenfalls ist fie mit den Bindegeweben der thierifchen Organismen nicht in eine Linie zu ftellen, und incelluläre”*) Gewebe kommen bei keiner Pflanze vor. Parallel hiermit fchwächt fich auch der Begriff der Individualität bei der Pflanze bedeutend ab, wenn er überhaupt hier noch aufrecht erhalten werden kann.

Aus diefer Betrachtung fpringt mit überrafchender Schärfe ein Unterfchied der thierifchen von der pflanzlichen Organifation entgegen, der allerdings zu frappant ist, als dafs er gänzlich hätte über- fehen werden können, der aber doch feiner Bedeutung nach viel zu wenig gewürdigt fein dürfte. Wir finden das mittlere Keimblatt fogar vielfach als animales richtig bezeichnet, da aus ihm Gewebe, welchen diejenigen Functionen, die den Thieren, nicht aber den Pflanzen eigenthümlich find, entfpringen, und doch wird mit diefer Unterfcheidung kein rechter Ernst gemacht.

Die Schuld liegt hierbei an den Feffeln, in welche die Zellentheorie und ihre einfeitige Fest- |

haltung auch die bedeutendften Geifter fchlug. Dujardin’s Entdeckung der Sarcode mufste in die Zellentheorie eingezwängt und, um dies zu ermöglichen, zum »Protoplasma« verfälfcht werden. Von der ganz willkürlichen Vorausfetzung aus, dafs jeder Organismus nur »zellig« fein könne, gingen folche irrationale Fragen, als die: ob die Infuforien »einzellig« oder »mehrzellig« feien, aus. Argumente

gegen beides liegen auf der Hand, und ist demnach die folchermafsen falfch geftellte Frage eine un-

*) Vergl. Fig. gl, 92 u. 147, fo wie den entfprechenden Text in Frey’s Hiftiologie, 2. Auflage.

**) Leider weifs ich einen beffern Terminus zur Bezeichnung gänzlich zellenlofer und auch genetifch nicht auf die Zellenform zurückführbarer Gewebe nicht vorzufchlagen. Er fchliefst die Verwechslung mit »intracellulär« erfahrungsmäfsig nicht vollftändig aus, aber »acellulär« würde Barbarismus fein, einigermafsen auch »uncellulär«. »Nicht cellulär« ist freilich deutlich,

aber nicht ein Wort.

lösbare geworden. Abgefehen davon, ob die Infuforien einzelne Zellen enthalten oder nicht, worüber

ich mir keine Meinung anmafse, fcheint es mir für eine unbefangene Auffaffung ganz klar, dafs fie

eben kein zelliger Organismus find, dafs fie aus Sarkode oder wie ich es ausdrücken mufs aus

incellulären oder Bindegeweben beftehen. Gegen die Sarkode ist meines Wiffens, abgefehen davon,

dafs man fie in die Zellentheorie nicht einreihen konnte, alfo nicht anerkennen durfte oder wollte, nur

das geltend gemacht, dafs in einzelnen Fällen Sonderung vermeintlicher Sarkode in Zellen auftrat

oder vermeintliche Zellen zu Sarkode verfchmolzen. Ich glaube gezeigt zu haben, dafs Septirung in

Pfeudo-Zellen ein häufiger Vorgang in Bindegeweben ist, und abgefehen von der Conjugation, die ein

befonderer charakteriftifcher Act ist und keineswegs etwas der Sarkode ähnliches producirt, würde

das gänzliche Verfchwinden des cellulären Charakters eines cellulären Gewebes etwas fo abnormes fein, dafs man wohl Zweifel hegen darf, fo lange es fich nur um optifche Eindrücke handelt, die von Refraktionsphänomenen bedingt werden*). Uebrigens ist wohl nie an einem Infuforium eine Sonderung der Sarkode in Zellen beobachtet worden, und dafs Spongien nicht blofs aus Zellen beftehen, liegt auf der flachen Hand. Von allem Uebrigen abgefehen, ftellt fich das fogenannte hornige Fafergerüst **),

das fich an dem gewöhnlichen Badefchwamm fo leicht unterfuchen läfst, als ein unzweifelhaft incellu- , läres Gewebe heraus.

Alfo auch bei den niedrigften Thierformen und gerade bei ihnen am entfchiedenften treten die incellulären oder Bindegewebe auf, die den Pflanzen gänzlich fehlen, und ftellt dies eine überrafchend fcharfe Grenzlinie zwifchen Thieren und Pflanzen, auf deren Abwefenheit die materialiftifche Hypothefe fo grofses Gewicht legen mufs, her.

Wenn bei kleinften Organismen unfere Beobachtungsmethoden nicht ausreichen möchten, um ein Sarkode-Körperchen von einer einzelligen Pflanze zu unterfcheiden, fo ändert dies nichts an der Natur der Dinge, die ja von dem geringeren oder höheren Grade unferer Fähigkeiten oder unferer Unwiffenheit nicht alterirt wird. Uebrigens behauptet Robin***), durch chemifche Reaktion auf Am- moniak auch in folchen Fällen den Unterfchied conftatiren zu können, worüber ich mir ein Urtheil nicht erlaube. Wenn bei den Gefchlechtsprodukten eine gewiffe prinzipielle Uebereinftimmung denn von Identität kann ja felbstverftändlich auch nicht einmal bei verfchiedenen Spezies deffelben Reiches die Rede fein herrfchen follte; wenn fogar das noch in der Furchung begriffene Ei oder der Larvenzuftand gewiffer Thiere in gewiffen Stadien rein celluläre Gewebe zeigt, und andrerfeits auch die Membran der Pflanzenzelle Anknüpfungspunkte an die Struktur-Elemente der Bindegewebe dar- bietet, fo kann eine folche Harmonie der pflanzlichen und thierifchen Schöpfung nicht überrafchen und ändert Nichts daran, dafs entwickelte Thiere und entwickelte Pflanzen wefentlich verfchieden find.

Ich habe ohne Bedenken den Ausdruck »Sarkode« acceptirt und würde es für ganz angemeffen erachten, ihn beizubehalten oder wieder zur verdienten Geltung zu bringen als Bezeichnung für die-

*) Diefes bedarf vielleicht der Erläuterung: zarte Septen machen fich dem Beobachter optifch nur dadurch bemerkbar, dafs der Brechungsindex ihrer Subftanz ein etwas verfchiedener von dem des Inhalts, gewöhnlich ein ftärkerer ist. Aendert fich der Brechungsindex des Inhalts, z. B. dadurch, dafs letzterer dichter wird, fo kann der Unterfchied fich foweit ausgleichen, dafs die Septen für den Beobachter verfchwinden; damit würde aber die wirkliche Struktur eines folchen Gewebes nicht ver- ändert fein.

**) Diefes Fafergerüst als »hornig« zu bezeichnen, was wenigftens in allgemeineren zoologifchen Werken gefchieht, hat man fich wohl erlauben zu dürfen geglaubt, weil allerdings kein Sachkundiger daran denken kann, hier ein wirkliches Horngewebe zu fuchen. Reifst aber eine folche Unfitte erst ein, fo ist die Grenze fchwer zu finden. In Hoffmann’s Jahresbericht für 1874 finde ich pag. 418, dafs Schenk dem Rochen-Ei aufser einer fafrigen auch eine »hornige« oder vielmehr gar drei hornige Schichten giebt. Es wird fogar von »Keratin« gefprochen. Ich habe vom Ei von Aaja clavata zu erwähnen gehabt, wie leicht an den in Seewaffer macerirten Schalen deffelben, mit Ausnahme der pfeudo-cellulären Vacuolenfchicht, der durchweg fibrilläre Charakter nachzuweifen fteht. Dies mag an frifchen Schalen von X. guadrimaculata nicht der Fall fein, aber von Horn im hiftiologifchen Sinne darf felbstverftändlich nicht gefprochen werden. Dies nebenbei zu bemerken lag nahe.

Das Fafergerüst des Badefchwamms ist eines derjenigen Gewebe, die nach ihrer Refiftenz gegen Alkalien einen Ueber- gang von Elaftin zu Chitin bilden. Bei energifcher Behandlung mit alkalifcher Lauge aufgequollen, contrahirt es fich wieder auf Zufatz von Effigfäure und ist, wenn die Lauge nicht zu zerftörend gewirkt hat, dann der fibrilläre Charakter des Gewebes, wenigftens der Corticalfchicht der Fäden, an einzelnen Stellen ziemlich deutlich.

***) Anatomie & Phyfiologie cellulaires. Paris 1873. pag. 280.

I. von Nathusius-Königsborn. 16

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jenigen incellulären Gewebe, deren wirkliche Struktur noch nicht ergründet werden kann, für welche alfo ein allgemeiner unpräjudizirlicher Ausdruck erwünfcht ist. Es würde fogar geftattet fein, »Proto- plasma« als Bezeichnung für noch in der Bildung begriffene Gewebe beizubehalten, wie es ja z. B. bei den Bildungszuftänden der Muskelfafer für die jüngften Theile des Gewebes, die noch keine Form er- kennen laffen, auch von folchen gebraucht wird, die fich von den Verirrungen der Protoplasma-Hypo- thefen fern gehalten haben. Es würde aber dann die Anwendung auf extracelluläre unfertige Gewebe befchränkt werden müffen, und nicht nur der bisherige Mifsbrauch, fondern auch der Umftand, dafs Protoplasma in der Botanik eine beftimmte und unanfechtbare Bezeichnung gewiffer Theile des Zellen- inhalts ist, macht diefes unzuläffig.

Solche allgemeinere Betrachtungen bieten unvermeidlicher Weife mannichfache Angriffspunkte dar, und bin ich mir deffen wohl bewufst, dafs es eine gewiffe Kühnheit war, fie zu wagen, darf alfo wohl daran erinnern, dafs der Nachweis lebender und wachfender, aber dabei incellu- lärer Organismen in den Panzern und Schalen, fo wie in dem Byffus von Mytzlus, den ich ge- führt zu haben denke, von dem nicht alterirt wird, was an diefen allgemeineren Betrachtungen beftreit- bar fein könnte, und dafs mit diefem Nachweis die Annahme der Zelle als ausfchliefslichem Elementar- Organismus, mag man ihn als Cy/a, Cytode, Plajtide oder Biont zu benamfen für gut finden, unver- einbar ist.

In die Sarkode, deren Struktur zu erkennen wir noch nicht im Stande find, konnte man mit einem gewiffen Aufwande von Phantafie die Fiction eines Conglomerats von »Plaftiden» hereintragen, die nachweisbare, wohl definirte Struktur der Panzer und Schalen fchliefst eine folche phantaftifche Fiction abfolut aus.

Bevor ich fchliefse, mufs ich noch zweier Werke gedenken, deren Erfcheinen in die Zeit fällt, wo ich mit diefen Arbeiten fchon befchäftigt war, und die erst zu meiner Kenntnifs gelangten, als die Refultate der Letzteren fchon niedergefchrieben waren, fo dafs ich diefe Werke bis hierher nur durch einige kurze Einfchiebungen berückfichtigen konnte. Sie greifen fo tief in mein Thema ein, dafs es angemelfen erfcheint, nun hier noch etwas näher auf fie einzugehen.

Es find die in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wiffenfchaften von 1873 (Band LVII und LVIII) erfchienenen 5 Abhandlungen von Heitzmann: »Unterfuchungen über das Protoplasma« und das felbititändige, ebenfalls 1873 erfchienene Werk von Robin: »Anatomie et phyfiologie cellulaires«.

Heitzmann hat unter Anwendung der ftärkften Objectiv-Syfteme, wie der Hartnack’fchen No. 15 in Amöben, Blutkörperchen des Krebfes, farblofen Blutkörperchen des Triton und des Menfchen und in Coloftrumkörperchen eine Struktur gefehen, welche er derartig befchreibt, dafs die Körnchen, welche diefe Organismen enthalten, durch »Speichen« oder Fädchen mit den benachbarten Körnchen zufammenhängen, fo dafs fich ein Netz- oder Mafchenwerk bildet. Ein ähnliches Netz fieht er, meiftens die Vergoldung oder Verfilberung zu Hülfe nehmend, in der Grundfubftanz des hyalinen Knorpels und im Zufammenhang mit den Fäden deffelben fpeichenartige Fortfätze des »Protoplasma» des Knorpel- Körperchens. In dem letzteren felbst foll durch Vacuolenbildung ein ähnliches, wenn auch dichteres Netz vorhanden fein, und endlich der Kern aus noch dichterem ähnlichen Gewebe beftehen. Entfprechende Angaben werden für die meiften Bindegewebe und Bindefubftanzen gemacht und auch auf Epithelien ausgedehnt.

Diefes Alles wird zu einem förmlichen Syftem verallgemeinert, in welchem die »Zelle« fo gut als bedeutungslos wird, wogegen »lebende Materie« im Kern und dem »Protoplasmakörper«, d.h. der Zelle im älteren Sinne der fich durch »Schalenbildunge d. h. Membran abgrenzen kann, dichter angehäuft, die Grundfubftanz mit einem Netz- oder Mafchenwerk durchzieht, in deffen Interfti- zien die charakteriftifchen, z. B. die leimgebenden Subftanzen, je nach Umftänden mit Kalkfalzen ver- bunden, abgelagert find. Im Befonderen wird diefes Syftem auf den ofteogenen Prozefs und die

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pathologifchen Zuftände von Knochen und Knorpel angewendet, worauf ich hier nicht weiter eingehen möchte. Es ist ohnehin fchwierig genug, in fo kurzer Wiedergabe den Sinn des Autors zu treffen.

Was die von Heitzmann mitgetheilten thatfächlichen Befunde betrifft, fo fcheinen fie mir wefentlich in Harmonie mit den hier ausgefprochenen Auffaffungen zu ftehen. Das Fafernetz in den Amöben, Blutkörperchen und Leucocyten läfst ihr fogenanntes Protoplasma als eine Form des Binde- gewebes erfcheinen und macht ihre Contractilität, die nicht Eigenfchaft einer Subftanz, fondern nur einer Gewebesform fein kann, verftändlich*). Die Prüfung der von Heitzmann gegebenen Abbil- dungen der Struktur zahlreicher Bindefubftanzen leider fehlen folche von Amöben, Blutkörperchen und Leucocyten ergiebt bei den Goldpräparaten der fibrillären Bindegewebe (Fig. 5 und 7 zu Ab- handlung II) eine entfchiedene Querftreifung der Fibrillen und ihrer Bündel und zwar eine eben- falls auf Fafern zurückzuführende; befonders bei Fig. 7. Auch im Text wird der an Rifsftellen, welche der Längsfaferung folgen, hervorragenden Fafern als »Zäckchen« gedacht. Bei den Silberpräparaten zeigen diefelben Objecte allerdings ein unregelmäfsigeres Netz, wie die ofteogenen Gewebe überhaupt, in welchen das ganze Bild undeutlicher wird und nur elaftifche Platten quergeftreift, fowie Zellen- und Kernmembrane radiär geftreift find.

Ohne diefe Beobachtungen bemängeln oder beftätigen zu können, würde ich eine folche Er- weiterung des Nachweifes fibrillärer Struktur in den Zwifchenfubftanzen und der Querftreifung in fibril- lären Bindegeweben, als fich vollftändig an meine Auffaffungen anfchliefsend, gern acceptiren, aber das Syftem, das Heitzmann auf feine Unterfuchungen begründen zu können glaubt, mufs gerechte Be- denken erwecken. Es bietet ein Beifpiel davon, wie gefährlich es ist, von einer zwar nicht unbeträcht- lichen Zahl von Unterfuchungsobjecten aus, die aber doch gegen das ganze Gebiet der Hiftiologie verfchwindend klein ist, Alles bisher angenommene auf den Kopf ftellen zu wollen. Eine folche totale Leugnung der Bedeutung der Zelle, eine folche Verwifchung des Unterfchiedes zwifchen extracellulärer und intracellulärer Organifation wäre nicht nur ein entfchiedener Rückfchritt, fondern ist auch unver- einbar mit den thatfächlichen Befunden an vielen anderen von Heitzmann nicht berückfichtigten Unterfuchungsobjecten, namentlich an dem Ei, diefem Prototyp der Zelle. Ein Hühner-Ei zeigt uns diefes Prototyp in fo erheblichen Dimenfionen, dafs etwas dem Heitzmann’fchen Schema der Örganifation Aehnliches darin leicht nachweisbar fein müfste, wenn es wirklich vorhanden wäre; es ist aber überall das Gegentheil diefes Schema nachweisbar. Wo follen im Dotter Netze lebender Materie vorhanden fein? Wo find »Speichen« in den Fafernetzen der Dotterhaut zu finden? Schon Heitz- manns eigene Abbildungen der wirklichen Objecte zeigen in dem Zelleninhalt nirgends das Netz, das er in dem Schema auf S. 156 der IIten Abhandlung abbildet. Wie man ferner die Dotterfurchung, ja den ganzen Vorgang der Zellentheilung und der Gemmation, der wenn er auch nicht die einzige Form der Zellenbildung fein follte, doch immer in gewiffen Fällen eine unleugbare Realität hat, mit dem gegebenen Schema in ungezwungene Verbindung bringen will, ist unerfindlich. Auch die Orga- nifation der Panzer und Schalen wüfste ich in diefem Schema nicht unterzubringen.

*) Wie man einen folchen Organismus als ein kernlofes Blutkörperchen, wenn man es als keinerlei celluläre Elemente enthaltend, fondern nur als aus einer bindegewebsartigen Faferftruktur beftehend betrachtet, bezeichnen will, ftelle ich anheim. Dafs folche Organismen, wenn auch nur teratologifch in Dimenfionen und unter Umftänden vorkommen, bei welchen über eine folche Struktur kein Zweifel ist, zeigen einzelne der von Haushühnern fo häufig gelegten fogenannten Spur-Eier. In Bd. XIX d. Z. f. wiffenfch. Zoo]. Fig. 24 habe ich ein folches Spur-Ei abgebildet, in welchem Dotter nicht nachweisbar war, und diefe Verhältniffe pag. 339 erörtert. Diefes Ei, obgleich es einen Dotter nicht befafs, hatte eine normale Faferhaut und eine Kalkfchale, deren Struktur allerdings wie bei andern Spur-Eiern teratologifche Abweichungen von der normalen haben mochte, gebildet, und fein Inhalt war wirkliches Eiweifs von im Wefentlichen normaler Struktur. Hier haben wir alfo einen folchen ab- gefchloffenen Organismus, der Nichts von dem enthält, was das Ei als cellulär charakterifirt, und doch als ein Ei, wenn auch als ein abnormes bezeichnet werden mufs. Uebrigens ist a. a. O. fchon angeführt, dafs die meiften Spur-Eier Dotter enthalten, nur zuweilen in fo geringen kaum nachweisbaren Spuren in die Faferhäute des Eiweifses eingehüllt, dafs ich nicht behaupten kann und mag, dafs minima von Dotter-Elementen auch in dem Fig. 24 abgebildeten Spur-Ei gefehlt haben. Träte Aehnliches bei einem Organismus von der Rleinheit eines Blutkörperchens ein, fo wäre es abfolut unnachweisbar. Dafs bei Eiern ein fo wichtiger Beftandtheil als der Dotter fehlen kann, macht es vielleicht weniger befremdlich, dafs in Blutkörperchen der Mamma- lien der fogenannte Kern fehlt, während er bei Vögeln doch vorhanden ist.

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Warum denn immer das Kind mit dem Bade ausfchütten und fich aus einem Extrem in das andere ftürzen? Warum foll denn, weil allerdings in den Bindefubftanzen und den Geweben der nie- deren Thiere nicht alles Zelle ist, nun auf einmal gar Nichts mehr Zelle fein? Und wo bleibt denn fchliefslich die wefentliche Aehnlichkeit der pflanzlichen und der thierifchen Zelle, denn das Heitz- mann’fche Schema ist doch auf die Pflanzenzelle gänzlich unanwendbar.

Gerade aus der Anerkennung einer extracellulären Organifation fcheint mir die biologifche und phyfiologifche Wichtigkeit der Zelle um fo fchärfer hervorzutreten. Solche Polaritäten, wie fie im Gegenfatz der extracellulären und der intracellulären Organifation liegen, find häufig die Bedingung lebhafterer Aktion und ich fehe eine grofse Bedeutung darin, dafs wie einerfeits dem niedrigeren pflanzlichen Organismus die extracellulären Gewebe fehlen, die incellulären Gewebe der Thiere theils nur äufseren Zwecken dienen und trägere Aktion befitzen, während die höheren Lebensfunktionen in Nerv und Muskel an das neben einander Vorkommen von beiderlei Organifation geknüpft erfcheinen.

Ohne alfo den hohen Werth der Heitzmann’fchen Unterfuchungen, was neue Thatfachen betrifft, verkennen zu wollen, und obgleich ich im fpeziellen in feiner Theorie der Ofteogenefe, na- mentlich in der Annahme eines, auch bei der Umfchmelzung der Grundfubftanz perfiftirenden Gewebes, eine fehr befriedigende Klärung diefes Vorganges fehen würde, mufs ich das allgemeine Schema der Organifation, welches er aufitellt, als ein nicht genügend begründetes betrachten; aber fchon in einem Verfuch etwas Durchdachteres an die Stelle des nichtsfagenden Protoplasma zu fetzen, liegt etwas Verdienstliches.

Das Robin’fche Werk ist ein zu bedeutendes, um hier in feiner Totalität auch nur einiger- mafsen gewürdigt werden zu können. Seine Gegnerfchaft gegen die Virchow ’’fche Cellulärpathologie und gegen Zellentheorie überhaupt, infoweit als letztere die gefammte Organifation unter das Schema der Zelle bringen will, müffen in wiffenfchaftlichen Kreifen als bekannt vorausgefetzt werden, wenn fie es vielleicht auch in Deutfchland nicht in dem Mafse find, als die eingehende Gründlichkeit feiner Be- handlung diefer Fragen, und die Originalität und Unbefangenheit feiner Auffaffungen verdienen.

Dem Thema meiner Arbeiten widmet er ein tieferes Eingehen, als es fonst in hiftiologifchen Werken der Fall ist, und diefe Beziehungen darf ich nicht mit Stillfchweigen übergehen. Leicht ist es nicht, fie in der Kürze völlig klar zu ftellen, denn in dem, was einerfeits Robins grofses Verdienft ist, nämlich diefes durchaus befonnene Zurückweifen jedes Generalifirens und Syftematifirens, das über die Thatfachen hinausgeht, liegt andrerfeits die Gefahr, dafs feine Meinungen nicht mit voller Schärfe und Klarheit hervortreten.

Ein klar und confequent durchgeführter Ausdruck einer Meinung implizirt fchon eine Theorie oder ein Syftem, und wo man ein folches nicht aufitellen will oder darf, mufs eine gewiffe Unklar- heit bleiben.

In dem I. Capitel Theil I über die anatomifche Befchaffenheit der Zellen führt Robin pag.4 aus, dafs nicht fämmtliche anatomifche Elemente Zellen feien oder auch nur früher waren, und fährt fort: »Endlich find viele fkelettartige Organe der Echinodermen, Polypen und Cephalopoden, die fo häufig mit complicirter Struktur verfehenen Chitin-Decken der Gliederthiere, die befonderen Ei-Hüllen der Vögel, Reptilien, Selachier und Cephalopoden, der Zahnfchmelz, die Linfenkapfel, die Scheide der Chorda dorfalis, die funicae propriae der Drüfen etc. ohne jeglichen cellulären Charakter, in welcher Periode ihrer Entwicklung man fie auch beobachten möge«*). |

Diefe Zufammenttellung der Panzer und Schalen mit anderen Objecten, denen Robin an anderen Orten den organifirten Charakter zu vindiziren fcheint, fowie der Ausdruck »organes squeletti- gues« fcheint keinen Zweifel darüber zu laffen, dafs er diefe fämmtlichen nicht cellulären Bildungen als organifirt betrachtet.

Liest man dann aber das VI. Capitel 2ten Theils: des &lements non cellulaires tant calcaıres,

*) Enfin, beaucoup d’organes squelettiques des echinodermes, des polypiers, des c@phalopodes, les teguments chitineux a structure souvent si complexe des articuls, les enveloppes speciales des oeufs des oiseaux, des reptiles, des s@laciens, des c&pha- lopodes, l’&mail dentaire, la capsule du cristallin, la gaine de la notocorde, les parois propres des tubes glandulaires ete., n’ont

aucun des caracteres des @lements celluleux & quelque periode de leur &volution qu’on les obferve.

que chitineux, fo wird man doch über Robins eigentliche Meinung bezüglich der organifirten Be- fchaffenheit der Panzer- und Schalenbildungen zweifelhaft.

Geht auch aus dem, was Robin über Mollusken-Schalen, Cruftaceen -Panzer und Ei-Hüllen fagt, hervor, dafs er eigne Unterfuchungen über diefelben angeftellt hat, und verfteht es fich auch bei einem folchen Forfcher von felbst, dafs diefe meift richtige Refultate gegeben haben, fo find fie doch nicht umfaffend genug. So ist es eine fehr erhebliche Lücke, dafs von Gaftropoden-Gehäufen nur die Randmembran von Helix erwähnt wird. Gerade die Struktur der Gaftropoden-Gehäufe, wie ich fie von Strombus im Speziellen befchrieben habe, dürfte geeignet gewefen fein, Robins Auffaffungen wefentlich zu modifiziren.

Was auf pag. 137 über das Perlmutter gefagt ist*), weicht fo vollftändig von dem Befunde beim eigentlichen Perlmutter ab, dafs ein Forfcher von Robins Bedeutung dabei unmöglich diefes vor Augen gehabt haben kann. Prismatifches Gefüge kommt allerdings, wie ich nachgewiefen habe, auch dem Perlmutter zu und ist bei Naziz/lus auch fchon ohne Aetzung fehr deutlich, aber ftets find diefe Prismen rechtwinklig auf die Schalenfläche geftellt und nie laufen fie in Kegel aus. Wohl aber pafst die Befchreibung auf die blaue Schicht von MWyzz/us, und mufs Robin diefe oder eine ähnliche vor fich gehabt haben. Am beften flimmt fie mit dem überein, was Carpenter von Terebdratula und Zzma abbildet.

Ferner ist es nicht richtig, dafs die Borften des Cruftaceen-Panzers immer durch alle Panzer- Schichten durchgehen, bis auf die darunter liegende Haut reichen, und ihr Central-Kanal ftets zellen- artige Vacuolen darfitellt, wie pag. 141 gefagt wird. Meine Abbildung Fig. 20 A Taf. IV zeigt, dafs fie auch auf der Oberfläche eingelenkt fein und einen einfach cylindrifchen Kanal, der eine Fortfetzung der Papille ist, auf welcher fie ftehen, enthalten können ; und gerade diefe Borften, die Anhängfel des Panzers felbst und Nichts von ihm wefentlich Verfchiedenes find, charakterifiren fich auf das Be- ftimmtefte als Organifationen.

Wenn endlich Robin die Fafern der Schalenhaut der Eier nicht als wirkliche Fafern aner- kennen will, fondern (pag. 132) diefelben mit Cofte als ein Drüfenfekret betrachtet, fo ist dies nur möglich, weil er ihre ftrikte Analogie mit den Fafern der Dotterhaut überfieht und ihre complizirte Zu- fammenfetzung bei den Vögeln und ihr röhrenförmiger Bau und ihre keulenförmigen Endungen bei Reptilien ihm unbekannt geblieben waren. Ich kann ebendafelbst die Meinung, dafs deutliche, fo zu fagen handgreifliche Faferbildungen nur als eine Uebertreibung (erageration) der in Eiweifsmembranen und ähnlichen Organismen fich zeigenden Streifung (fat /lrie) feien, nicht billigen. Es liegt doch wahrlich näher, wenn man häufig Fafern beftimmt nachweifen kann und zuweilen in analogen Geweben nur Andeutung von Streifung fieht, die erfteren als das Wirkliche, die letztere als den undeutlichen Ausdruck der erfteren zu betrachten.

Beftimmt und ausdrücklich beftreitet übrigens Robin den organifirten Charakter der Panzer- und Schalenbildungen auch in diefem Capitel nicht, wenn er aber fchliefslich Analogien zwifchen ihrer Struktur und den Calcosphäriten, die Harting auf mechanifch-chemifchem Wege erzeugt hat, fehen will, fo müfste er confequenter Weife ihren organifirten Charakter leugnen.

Eines Theils liegt diefe Unklarheit wohl daran, dafs es Robin hauptfächlich auf die Negation einer cellulären Bildung der Panzer und Schalen ankommt, worin ich vollftändig mit ihm überein- fimme und mich einer fo bedeutenden Bundesgenoffenfchaft dankbar erfreue; anderntheils aber in einer gewiffen Unklarheit, die mit Nothwendigkeit aus Robins Definition der » szbflance orga- nifee « folgt.

Schon in einer Anmerkung zu S. 22 meiner einleitenden Bemerkungen ist verfucht, gegen die Confequenzen der Thefe, dafs Organifation von Struktur-Eigenfchaften unabhängig fei, Verwahrung einzulegen, es mufs aber doch noch einmal darauf eingegangen werden.

*) Die Stelle lautet im Original: La nacre ou couche interne, irisee, est formee de prismes morphologiquement ana- logues au prec&dents, nämlich der Prismen der Wabenfchicht, die Robin als »le tet ou test proprement dit« bezeichnet mais beaucoup plus petits et pourvus d’une ligne centrale plus fonc&e que le reste. Ils sont disposes tres-obliquement par rap-

port ä la surface du test et viennent se terminer par une extr@mite amincie conique.

126

Am vollftändigften drückt Robin feine Auffaffung der Organifation im Cap. III des erften Theils aus, ich wage aber das pofitive Refultat nicht in kurzen Sätzen wiederzugeben. Auch hier kommt es ihm hauptfächlich darauf an, hervorzuheben, dafs die Organifation nicht an beftimmte For- men, als Zelle, Nucleus, Fafer, Röhre oder dergleichen gebunden fei, und man wird vielen Sätzen, wie z. B. dem, dafs die Organifation etwas anderes fei, als einfach eine phyfifche oder mechanifche Dispofition der Theilchen, dafs es fich nicht um etwas Mafchinelles handle, dafs ihre Wefenheit fich nicht direkt durch das Auge, auch wenn es mit den ftärkften Vergröfserungen bewaffnet fei, erkennen laffe, dafs Organismus und Mechanismus etwas durchaus verfchiedenes feien, dafs endlich die auf ver- fchiedenen Wegen zu conftatirenden Lebens- Aeufserungen das allein entfcheidende Kriterium für das Vorhandenfein der Organifation ausmachten, vollftändig beipflichten können, aber man wird eine Lücke fühlen, und diefe fehe ich darin, dafs der Gegenfatz zwifchen Organifation und unbelebtem Stoff ein vollftändig unklarer bleibt; dafs gar kein Grund für die grofse und entfcheidende Thatfache, dafs Organifation niemals autogen aus todtem Stoff hervorgehen kann, dafs fie immer von einer fchon vor- handenen Organifation tradirt oder reproducirt werden mufs*), aus demjenigen, was Robin von der matiere organifee fagt, hervorgeht, obgleich er doch ihren Gegenfatz gegen die wmatiere brute auch feinerfeits fefthält.

Wäre er hierin vollftändig klar, fo könnte er nicht auf pag. 592 über Bennetts molekuläre Theorie der Organifation fich wie folgt ausfprechen:

»Wenn man die folgenden Sätze des ausgezeichneten Edinburger Pathologen mit demjenigen » vergleicht, was ich an den oben angeführten Stellen ausgefprochen habe, wird man fehen, dafs in » vielen Punkten unfere Lehre übereinftimmt. Er fagt: Die letzten Elemente des Organismus find » nicht die Zellen und eben fo wenig die Kerne, fondern kleine Partikelchen, welche felbstftändige » phyfifche und vitale Eigenfchaften befitzen, vermöge deren fie fich zu höheren Geftaltungen ver- » einigen und ordnen. Diefe Geftaltungen find die Kerne, die Zellen, die Fafern, die Membrane. Alle » diefe können fich direkt aus diefen Molekülen bilden. Die Entwicklung und das Wachsthum der »Gewebe wird bewirkt durch die Bildung hiftogenetifcher und hiftolytifcher Moleküle, welche fich »unter einander verbinden, fowohl innerhalb als aufserhalb der Zelle; aber es ist weder der Kern »noch die Zelle, welche dabei als Centrum agiren « **).

Wie eine Uebereinfimmung im Wefentlichen mit Robin’s Ausfpruch, dafs Organifation von Geftaltung, von Struktur unabhängig fei, hierin gefunden werden kann, ist mir unbegreiflich. Diefe Bennett’fchen Moleküle find doch offenbar etwas ganz anderes, als Atome oder Moleküle im chemifchen Sinn. Sie find ja eben ein Strukturverhältnifs.

Im Einzelnen liefse fich gegen die Bennett ’fche Ausdrucksweife Einiges einwenden, was um fo weniger zu verwundern ist, als feine Werke fchon vor 20 Jahren publizirt find. Ich möchte nament- lich das moniren, dafs fich Zelle, Kern, Membran und Fafer jedes direkt aus den Molekülen bilden” foll, und eher dazu neigen, die Zelle, wenn zunächft von ihrem Inhalt abftrahirt wird, aus der Mem-

*) Ich überfehe hierbei nicht, dafs immer wieder die Verfuche erneuert werden, Organismen aus todtem Stoff abzu- leiten, und dafs man es neuerdings wieder möglich gemacht hat, in diefer Beziehung wenigftens eine Controverfe anzuregen. Das ist aber auch gegen die am fefteften ftehenden Wahrheiten ftets möglich. Wäre die autogene Entftehung von Organismen aus todtem Stoff ein natürlicher oder der natürliche Vorgang, fo würde fie uns auf Tritt und Schritt entgegentreten, es könnte gar nicht fchwer fein, Hunderte von Beifpielen dafür anzugeben; aber es find umgekehrt immer mehr Fälle, die man früher auf folche Vorgänge zurückführte, als einfache Reproduktion vorhandener Organismen nachgewiefen, und dafs man in einzelnen Fällen Zweifel dagegen geltend machen kann, dafs der Beweis eines Reproduktionsvorganges vollffändig geführt fei, hat keine Bedeutung gegenüber der erdrückenden Maffe des Beweismaterials das gegen die generatio originaria fpricht.

**) En lisant les pages suivants de l’€minent pathologiste d’Edimbourg, comparativement aux pages qui viennent d’etre indiqu&es, on verra que nous soutenons en bien des points Ja m&me doctrine. Les &lements ultimes de l’organisme ne sont point des cellules, ni des noyaux, dit-il, mais de petites particules possedant des proprietes physiques et vitales independantes, en vertu desquelles elles s’unissent et s’arrangent pour constituer des formes plus &levees. Ces formes sont les noyaux, les cellules, les fibres, les membranes. Le developpement et la croissance des tissus s’operent par la formation de mol&cules histo- genetiques et histolytiques, pouvant s’unir entre elles ici en dedans, en dehors des cellules; mais ce n’est point le noyau ni

la cellule qui agissent comme centre.

127° ——

bran und die Membran aus der Fafer hervorgehen zu fehen, fo dafs die Fafer das einfachere diefer Formelemente wäre, wenn auch zwifchen ihr und den letzten Elementarorganismen noch andere uns bis jetzt unbekannte Zwifchenftufen liegen möchten. Ueberhaupt gelangen wir mit den »Molekülen« zu weit auf das Gebiet der Spekulation, denn fie find nichts Beobachtetes, fondern eine Abiftrak- tion, und es fcheint mir richtiger zu fein, wenn man fich begnügt anzuerkennen, dafs überhaupt Struk- tur die nothwendige Bedingung der Organifation ist, und die Aufgabe der Hiftiologie darin befteht, diefe Struktur, fo weit als für die Beobachtung möglich ist, zu verfolgen, aber von Spekulationen fich fern zu halten.

Ein eigenthümlicher Umftand trägt gewifs wefentlich dazu bei, dafs Robin dem Standpunkt: Struktur als die Grundlage der Organifation anzuerkennen, ferner bleibt. Merkwürdiger Weife hält er an dem cellulären Urfprunge der fibrillären Elemente des Bindegewebes fest, und mufs deshalb auch den wahrhaft fibrillären Charakter incellulärer Gewebe, wie z. B. der Eimembrane, wie wir gefehen haben, beftreiten ; und doch ist diefer celluläre Urfprung der Fibrillen d. h. ihre Entftehung als Aus- läufer fpindelförmiger Bindegewebskörper niemals nachgewiefen, fondern nur von der Vorausfetzung aus, dafs alle organifchen Geftaltungen cellulär fein müfsten, vermuthet worden, und jetzt wohl ziem- lich allgemein aufgegeben.

Auch in Bezug auf die Muskelfafer hält Robin noch an dem intracellulären Urfprung fest, und fcheinen ihm die Wagener’fchen Unterfuchungen gänzlich unbekannt geblieben zu fein, was allerdings bei dem fyftematifchen Todtfchweigen, das gegen diefelben in Deutfchland ftattfindet, nicht zu verwundern ist.

In noch einer Beziehung finde ich Veranlaffung, mich mit den Robin’fchen Auffaffungen auseinanderzufetzen, nämlich bezüglich feiner »zoyaux embryoplastiques» und der Entftehung des Knor- pels. Einer der erheblichften Widerfprüche, welche er gegen die deutfche Zellentheorie, wie fich die- felbe darin allerdings weit über Schwann herausgehend entwickelt hat, fefthält, befteht darin, dafs er die autogene Bildung von Kernen in feiner »amorphen organifirten Subftanz « annimmt, und auf eine folche freie Kernbildung die Entftehung der Gewebe in überwiegendem Mafse zurückführt. Ueber die Hauptfrage: ob hier wirklich Neubildung oder blofs Reproduktion durch fortdauernde Segmen- tation oder Gemmation der vorhandenen Kerne oder Zellen ftattfindet, erlaube ich mir ein Urtheil nicht. Wenn es auch richtig ist, dafs felbst in den in lebhafter Entwicklung begriffenen Geweben, fich in dem Acte der Segmentation begriffene Zellen oder Kerne viel feltener finden, als nach der Meinung, dafs diefer Vorgang die alleinige Quelle neuer Zellenbildung fei, erwartet werden müfste, fo bleibt die Möglichkeit, dafs er fich mit folcher Schnelligkeit vollzieht, dafs hierüber hinweg- zukommen ist. Jedenfalls fcheint die autogene Entftehung der »embryoplaftifchen Kerne« aus der als formlos betrachteten organifirten Materie auch von Robin nicht in dem Sinne wirklich beobachtet zu fein, dafs Anfänge derfelben oder Uebergänge zum fertig gebildeten Nucleus wirklich zur An- fchauung gelangt find. Aufserdem kann ich nicht beftätigen, dafs die Segmentation nur bei folchen Zellen oder Kernen eintritt, die eine gewiffe normale Gröfse erreicht haben. In dem jugendlichen Knorpelgewebe des fproffenden Rehgehörns finde ich die allerdings nur ganz einzeln aufzufindenden, in Segmentation begriffenen Zellen nur unter den kleinften Individuen. Endlich ist mir Folgendes für Robins Auffaffung fehr bedenklich: Fände freie, autogene Kernbildung in einer vorher vorhandenen formlofen organifirten Materie ftatt, fo wäre zu erwarten, dafs letztere fich im jüngften Gewebe in reichlicheren Schichten mit nur einzeln eingefprengten Kernen fände. Nach Robins eigener Angabe verhält es fich aber fo, dafs gerade in den jüngften Schichten die Zwifchenfubftanz am fpärlichften ist und erst in den älteren Schichten reichlicher auftritt. Dies fpricht nicht dafür, dafs die Zelle fich aus der Zwifchenfubftanz bildet, fondern eher dafür, dafs die Zwifchenfubftanz durch die Zellen entfteht.

Doch diefes nur beiläufig. Die Frage hat, fobald anerkannt wird, dafs die Zelle kein Elementar- organismus ist, dafs auch aufser der Zelle Organifation befteht, gar keine fo tief greifende Bedeutung mehr. Ob der Satz: ommis cellula e cellula richtig bleibt, ist verhältnifsmäfsig gleichgültig, fobald nur befteht, dafs überhaupt Organifation nicht autogen aus todtem Stoff entfpringt, fondern Repro- duktion vorhandener Organifation ist.

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Hiervon alfo abgefehen, ist kein Zweifel, dafs Robins »oyauxr embryoplaftigues identifch mit den Gebilden find, die ich in den Jugendzuftänden der Bindefubftanzen als Zellen betrachten zu müffen glaubte*), und hieran allerdings weitgehende Folgerungen über die Bedeutung der fogenannten Zwifchenfubftanzen knüpfte. Ich finde bei reiflicher Prüfung in Robin’s Werk keinen Beweis dafür, dafs diefe fogenannten zoyauxr embryoplaftiques wirklich Kerne und keine Zellen find. Diefen Beweis aus ihrer Entftehung zu führen, ist für Robin unmöglich, da fie nach ihm »par genese«**) ent- ftehen follen, alfo eine Beziehung zu fchon vorhandenen Zellen oder Kernen nicht befteht. Er fcheint ihn in ihrer Weiterentwicklung zu fehen, indem er angiebt, dafs fich z. B. bei der Knorpelbildung um den Kern, welcher zuerst ganz allein die durch die Zwifchenfubftanz begrenzte Höhle ausfülle, allmälig eine amorphe, feinkörnige Subftanz innerhalb der erweiterten Höhle ablagere, die der eigentliche Zellenkörper fei (pag. 363 u. ff.). Die beigefügte Fig. 70 fteht aber mit diefer Darftellung in entfchie- denem Widerfpruch. Dort haben die vermeintlichen Kerne durchfchnittlich fchon diefelbe Gröfse, als’ die Zellen, die fich aus ihnen entwickelt haben follen. Der Unterfchied zwifchen beiderlei Gebilden befteht nur darin, dafs in letzteren ein Kern fichtbar ist, in erfteren nicht; es müfste fich alfo nach Robin’s Auffaffung des Vorganges der Kern erheblich verkleinert haben, während fich der Zellkörper in der nicht wefentlich vergröfserten Knorpelhöhle um ihn ablagerte. Es liegt doch näher, anzunehmen, dafs ein früher nicht wahrnehmbarer Kern fpäter zur Erfcheinung kommt. Ebenfo ergiebt Fig. 74 (die Darftellung der caudalen Verlängerung eines Embryo vom Rind) die fogenannten zoyaux embryo- plajftigues im Innern des Gewebes erheblich gröfser, als die Kerne der Zellen, welche die äufseren Schichten bilden. Diefe Zellen follen nun allerdings nicht autogen entftanden, fondern Segmente der Eizelle fein und bald verfchwinden, worauf fich aber die Annahme eines fo verfchiedenen Urfprungs diefer unmittelbar aneinander ftofsenden Schichten begründet, ist nicht erfichtlich.

Ich finde (vergl. die fchon angeführte Arbeit in Reichert’s Archiv, 1869) in den jüngften Knorpelgeweben des fproffenden Rehgehörns beim Zerzupfen in indifferenten Flüffigkeiten zarte, klare Zellen bis auf 7,5 u längften Durchmeffer herabgehend, mit einem oder mehreren glänzenden Kernen, zuweilen in Segmentirung begriffen. In den älteren Schichten nimmt, während fie fich allmälig mit einer zart gekörnten, häufig fpindelförmigen Hülle umgeben, ihre Gröfse zu, bis fie die der Zellen des fertigen Knorpels (14 uw längften Durchmeffer und mehr) vollftändig erreichen, während die Zwifchen- fubftanz des Knorpels unverkennbare Andeutungen davon zeigt, dafs fie den Hüllen der durch Zer- zupfen ifolirten Zellen entfpricht. Mit gutem Grund glaube ich alfo dabei beharren zu müffen, dafs es fich hier um Zellen und nicht um freie Kerne handelt, und auch Robin’s zoyaux embryoplajtiques Zellen und nicht Kerne find.

Bei den epidermoidalen Geweben ftellt fich der Vorgang vollftändig anders dar, wie diefes auch von Robin ganz richtig angegeben wird. Bei gewiffen Horngeweben wenigftens ist er un- zweifelhaft fo, als ihn Robin in feiner Fig. 25 abbildet und im Text erläutert: dafs nämlich in der

*) Ueber die Markfubftanz etc. in Reichert’s Archiv. 1869. pag. go u. ff.

**) Genese in dem Sinne Robin’s kennt wenigftens das Dictionnaire de l’Academie in der nach der 8. Auflage bear beiteten deutfchen Ausgabe noch nicht. Dort gilt es ausfchliefslich für »Genefis« als Bezeichnung der erften fünf Bücher der heiligen Schrift. Sicher darf man das Wort auch im weiteren Sinne gebrauchen, aber es erfcheint mir in jeder Beziehung will- kürlich, zwifchen Genese und G£n&ration einen Unterfchied machen, und noch willkürlicher, dem Wort naissance, wie es gefchieht, feine klare und unbeftreitbare Bedeutung nehmen zu wollen und es für eine präfumtive Form der erften Entftehung zu ge- brauchen. Ganz unverftändlich ist mir aber für einen franzöffchen Autor die Behauptung: dafs Formation für die Bildung von Organismen nicht angewendet werden dürfe (vergl. pag. 174: Le terme naissance dans je sens le plus general, en un mot, ne s’applique quwau fait de l’apparition des corps organises en un point ou ils n’existaient pas, et le terme formation n'est applicable quwau fait de l’apparition d’une ou de plusieurs especes de corps bruts, de composes chimiques). Mein Dietionnaire de l’Aca- demie führt als Beifpiel für die Bedeutung von Formation ausdrücklich an: La formation de l’enfant dans le ventre de la mere.

Trotz diefes willkürlichen Gebrauchs der Terminologie wird ja dem aufmerkfamen Lefer des I. Capitels, 2. -Abfchnitts, 3. Theils der Gedanke, den er auszudrücken fucht, ziemlich deutlich; und es würde hier zu weit führen, die Ausdrucksweife entwirren zu wollen. Es genügt festzuhalten, dafs Robin unter Genese, oder beftimmter ausgedrückt Autogenese, hier die Zellenbildung aus vermeintlich formlofer, organifirter Materie, ohne Descendenz von vorhandenen Zellen oder Kernen, be-

zeichnen will.

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jüngften Form des Gewebes runde Körperchen, welche ficher den allgemein als Kerne bezeichneten Einfchlüffen der Zellen der älteren Gewebsform entfprechen, in eine reichlich vorhandene, keine Son- derung in Zellen zeigende Zwifchenfubftanz eingebettet find. Erst fpäter fegmentirt fich diefe Zwifchen- fubftanz derartig, dafs fie in Gebiete zerfällt, deren jedes einen der »Kerne« enthält und fich nun auch mechanifch ifoliren läfst. Ob in dem jungen Gewebe die Zellengrenzen wirklich nicht beftehen, oder nur nicht fichtbar find, ist eine alte, zunächst wohl unlösbare Controverfe. Ich habe a. a. ©. Fig. Io diefes von dem Horngewebe des Flotzmauls des Rindes genau mit Robin's Fig. 25 übereinfimmend abgebildet, würde aber nicht zugeben können, dafs es fich überall fo darftellt. Im Pferdehuf ist das Bild ein anderes, doch das kommt hier nicht in Betracht. Jedenfalls liegt aber hier darin, dafs fich die gefammte frühere Zwifchenfubftanz in Zellengebiete fegmentirt, etwas ganz anderes vor, als auch nach Robin’s Darftellung beim Knorpel und dem T7ssz embryoplajtigue, da bei Letzterem der Zellen- körper als eine vollftändige Neubildung den vermeintlichen Kern umgeben foll, die Zwifchenfubftanz fich an diefem Prozefs nicht betheiligt, ungetheilt bleibt und dabei noch in erheblichem Maafse zunehmen foll.

Mein Zweifel, ob die allgemein als Kerne der Epithelzellen bezeichneten Gebilde wirklich folche darftellen oder ebenfalls als Zellen zu betrachten feien, wird hierdurch nicht berührt; es foll mit diefer Anführung nur darauf hingewiefen werden, dafs es nicht zuläfig fein würde, zwei fo verfchiedene Vor- gänge als analoge zu behandeln, und damit eine gewiffe Auffaffung, als bei beiden zutreffend, wahr- fcheinlicher zu machen.

Damit es nicht den Anfchein gewinnen kann, als hätten fich diefe letzten Bemerkungen von meinem Hauptthema allzufehr verirrt, erinnere ich daran, dafs allerdings die extracelluläre Natur der äufseren Schicht des fpindelförmigen Bindegewebs-Körperchens und der celluläre Werth des gewöhnlich als Kern betrachteten runden Körperchens in feinem Inneren wefentlich für den Kreis der Auffaffungen des Verfaffers find, wie fruher erlautert wurde.

W. von Nathusius-Königsborn. 17

Erklärung der Abbildungen.

Die Bemerkung, dafs hier, wie im Text, bei den Gröfsenangaben das griechifche u, wie in der neueren Hiftiologie gebräuchlich, durchgängig als Bezeichnung für den Mikromillimeter (= 0,001 Milli-

meter) angewendet ist, dient vielleicht zur Bequemlichkeit folcher Lefer, welche nicht Mikrofkopiker von Fach find.

"Tafel.

Fig. 1. Weichschaliges Ei. Aus dem Ovidukt einer getödteten Zirundo riparia. Die Eifchale in Spi- ritus confervirt. G]lycerinpräparate. A Querfchnitt der Schalenhaut mit den Schalenrudimenten. 4301. a Feine Membran, unter welcher fich die Kalkfchale bildet. b Schalenrudimente. c Feine membranöfe Maffe zwifchen denfelben.

d Schalenhaut (membrana testae).

B Flächenanficht von Aufsen und optifcher Querfchnitt auf einer Falte. Die Oberfläche ist auf der äufseren Seite der letzteren. 205/I. a Öptifcher Querfchnitt der Schalenrudimente. b Flächenanficht. ce Rudimente der Kalkfchale.

d Faferhaut in deren Zwifchenräumen.

Fig. 2. Gänse-Doppel-Ei, gekocht, im Durchfchnitt. 1/2. a u. b Die beiden Dotter. c,ce Aeufseres, für beide gemeinfames Dotterhäutchen. d,d Particulares Dotterhäutchen des Dotters b. e,e Eiweiss, welches den ringförmigen Raum zwifchen dem gemeinfchaftlichen und dem partikularen Dotter- häutchen ausfüllt. f Andeutung der Schichtung der Eiweifshülle. g Luftraum. h Schale und Schalenhäutchen. Um die Verhältniffe der Dotterhäutchen bei dem kleinen Mafsftabe der Zeichnung andeuten zu können, mufsten fie in einer die Wirklichkeit weit überfchreitenden Dicke dargeftellt werden. c hat in Wirklichkeit etwa zn, dı6n.

Fig. 3. Ei von Petromyzon marinus (Lamprete). A Optifcher Querfchnitt der Schale des zerdrückten Eies. In verdünntem Spiritus beobachtet mit Hartnack 10. 775/I. a Aeufsere Zowa radiata, fehr zart, leicht ablösbar. Innere Zora radiata. Zona pellucida. Scheinbar ftructurlos.

Innere Zowa radiata. Nur mit Gundlach VIII als perliger Saum andeutungsweife zu beobachten.

emo

Hohlraum durch Contraktion des Dotters entftanden. f Dotter-Elemente.

B Flächenanfichten der Eihülle. In indifferenter Flüffigkeit beobachtet. a Bei hoher Einftellung m. Gundlach VIII Oc 2. = 8oo/1. b Bei tiefer Einftellung mit Hartnack 10. Oc 3. = 775/I-

Fig. 4. Eischale von Raja clavata. Gilycerin-Präparate. A Querfchnitt aus der Mitte in der Richtung des kürzeren Durchmeffers. 2os/r.

Die äufsere Schalenfläche nach oben.

B Segment eines Querfchnitts durch einen Seitenflügel in der Richtung des längeren Durch- meffers. 60071.

C Segment eines Flächenfchnitts durch einen Seitenflügel. 6ooJr. Man fieht mehrere Schichten von Hohlräumen übereinander.

D Aus demfelben Präparat als C. 6oojı. Der Schnitt geht hier durch kleinere Hohlräume. Der kleine dunkle Kreis in einem der unteren Hohlräume ist kein Kern, fondern nur ein in einer anderen Ebene liegender gefonderter Hohlraum.

E Faferbündel aus dem Schnittrande deffelben Präparats als C und D.

Sie gehören der äufseren durch Seewalfer macerirten Schicht an. 60071.

Fig. 5. Laich von Buccinum undatum. Öptifcher Querfchnitt der feinen Membran, auf einer Falte eines Zerzupfungs-Präparats in verdünntem Glycerin. Vorher mit Natronlauge gekocht. 66a/1. a Flächenanficht der aufgerollten Lamelle. c,c,‚c Blafenförmige Hervorragungen der Membran mit fchwach lichtbrechendem Inhalt. Zwifchen a und c fieht man den optifchen Querfchnitt der Membran, welcher zwei Schichten zeigt, von welchen die äufsere ftärker

lichtbrechend und etwas dünner ist. Letzteres ist in der Zeichnung aus Verfehen nicht angedeutet.

Fig. 6. Laich von Buccinum undatum. Aus Zerzupfungspräparaten der in Waffer aufgeweichten Membran. In verdünntem Chlorcalcium. 664/1.

A Dünnes Läppchen einer dichten Faferlage, das am Rande ifolirte Fafern oder aus mehreren Fafern beftehende Bälkchen zeigt. B Feine Lamelle, in welcher aufser bei b Fafern kaum angedeutet, dagegen die blafenförmigen Hohlräume deutlich find, welche bei der tiefen Einftellung hell mit dunkler Umfäumung erfcheinen. b. Ganz fcharf conturirte Fafern, welche fich veräftelnd in die Lamelle übergehen. C Die mit a bezeichnete Stelle von B, aber bei hoher Einftellung, fo dafs die blafigen Räume dunkel (mit röthlichem Ton) und mit heller Umfäumung erfcheinen.

Fig. 7. Dasselbe Object. Schematifche Darftellung. Sie zeigt, dafs auch einfache blafıge Hohlräume zwifchen Membranfchichten, an den hier durch die Hülfslinien a-a und b-b, fowie c-c und d-d begrenzten Stellen in der

Flächenanficht, in Folge von Refraction, Umfäumungen wie in Fig. 6 B und C zeigen können.

Fig. 8. Dasselbe Object. Schnitt durch 7 leere zufammenhängende Eihüllen.

a Die leeren Eihüllen.

2/1.

b,b Die Oeffnungen, durch welche die jungen Thiere ausgefchlüpft find, bei diefen 2 Hüllen in der Schnitt- ebene liegend. ce Leerer, aber nicht allfeitig gefchloffener Zwifchenraum. d,d,d Brücken, welche die Eihüllen verbinden.

e,e Gemeinfame Scheidewand von Eihüllen.

Fig. 9. Dasselbe Object. Segment eines feinen Querfchnitts einer Eihülle. In ftellung. 664/1.

Glycerin. Hohe Ein-

Bei d läuft der keilförmige Schnitt aus. Auf der entgegengefetzten Seite ist er dicker. Defshalb dort die Hohlräume gedrängter.

erfcheinen

Tafel IT.

Fig. 10. Laich von Buccinum undatum. Segment eines ganz feinen Querfchnitts der Membran. Dem oberen Auslauf der Fig. 12 entfprechend. Glycerin-Präparat. 66411. a Auslauf des keilförmigen Schnitts.

b Dünnes Häutchen mit feiner Faferftruktur, das fich durch den Schnitt theilweis abgelöst hat, und wahr- fcheinlich die eigentliche Dotterhaut ist.

Fig. ı1. Dasselbe Object. Segment eines gröberen Querfchnitts, ungefähr der bei Fig. 12 mit C bezeichneten Stelle entfprechend. Glycerin-Präparat. 664J/ı.

Aus andern Stellen des Präparats fcheint fich zu ergeben, dafs die Hohlräume von länglicher Form und hier in ihrem kürzeren Durchmefer gefchnitten find.

are

Fig. ı2. Dasselbe Object. Segment eines gröfstentheils gelungenen Querfchnitts durch mehrere Ei- höhlen. Giycerin-Präparat. 72/1. A und B bezeichnen die Lage der Eihöhlen. a,a,a Refte von Dotterkörperchen. \ b,b Dotterhaut, welche die Eihöhlen bekleidet. Bei b’,b’ hat fich diefelbe durch den Schnitt abgelöst. 6,c,c,c Die ftark lichtbrechenden, mit Hohlräumen verfehenen Faferhäute, deren Flächenanfichten Fig. 6 und deren Querfchnitte Fig. 9, IO und Ir bei ftärkerer Vergröfserung darftellen. Bei c’,c‘ fchrägt fich der Schnitt ab, fo dafs die Struktur mehr ftreifig erfcheint. Bei C und D ftellen fich die Leiften, welche der oberen, convexen Fläche der Eihüllen ein gerunzeltes Aus- fehen geben, im Querfchnitt dar. d,d,d,d Hyalin erfcheinende Schichten zwifchen den Faferhäuten.

Fig. 13. Dasselbe Object. A Querfchnitt durch zwei Eihöhlen und die fie verbindende Brücke. Glycerin-Präparat. 24/1. A’ und A“ die zwei Eihöhlen. Faferhaut der Eihöhle A‘. Läuft bei a’ in eine Platte aus und ist bei a’ zu fchräg gefchnitten, um einen glatten Umrifs zu zeigen. a‘, a“ Faferhaut der Eihöhle A”. Die Platte in welche fie ausläuft hört bei aa’ auf und zeigt dort ihre Flächenanficht. Bei aa’ hat fie einen Anhang, deffen Befchaffenheit nicht deutlich ist. b,b,b Hyalin erfcheinende Zwifchenfchicht, welche die Faferhäute verbindet. c,‚c Leere Räume.

a’' Auslaufende Platte der Faferhaut einer dritten Eihöhle.

B Ei-Kapfel durch Kochen mit Natronlauge, welche die hyalinen Zwifchenfchichten löst,

ifolirt. Ungefähr natürliche Gröfse.

a Anficht von oben.

b Anficht von unten.

c Schema des Durchfchnitts nach der Längsrichtung und durch den kürzeren Durchmeffer.

C Gruppen verwachfener Eikapfeln. In natürlicher Gröfse fkizzirt.

a Anficht von der Unterfeite.

b Querfchnitt der oberen Reihe derfelben in der Linie «u von a.

c Querfchnitt der mittleren Reihe in der Linie ßß von a.

Fig. 14. Dasselbe Object. Flächenanficht eines Segments des oberen convexen Theils einer Ei- kapfel. 12/1. a bezeichnet die Stelle, wo das abgebildete Segment dicht an den Rand der Kapfel ftöfst.

Die Zeichnung, welche fich hier darftellt, wird durch die hervorragenden Leiften der Faferhaut bewirkt.

Fig. ı5. A und B Krabbenpanzer (von Platycarcinus pagurus). Querfchliffe. 73/1. Für die horizontale Schichtung entfprechen die Dimenfionen der Natur. Die fenkrechte Streifung ist in Wirklich- keit eine viel feinere. Auch der wellenförmige Verlauf der Kanäle, welche diefe Streifung bewirken, ist nicht wiedergegeben und konnte in der äufseren Schicht die Struktur nur grob angedeutet werden. In diefen Be-

ziehungen mufs auf die ftärker vergröfserten Detailzeichnungen verwiefen werden. A Von dem inneren glatten Theil der Scheere. Balfam-Präparat. B Von dem äufseren körnigen Theil derfelben. Abgelöfter Schliff in Glycerin gelegt.

Sattel In

Fig. 16. Krabbenpanzer. Details bei ftarker Vergröfserung. 66a/ı. ABC Aus einem Flächenfchliff durch die Wabenfchicht einer glatten Stelle der Scheere.

Präparat auf Balfam in Glycerin gelegt. Hohe Einftellung. A ist aus der äufserften, B aus der mittleren, C aus der innerften Schicht.

D Aus einem Flächenfchliff der Wabenfchicht einer körnigen Stelle der Scheere. Hohe Ein- ftellung. Das dargeftellte Segment liegt in dem Uebergange aus dem feptirten Theil in den nicht feptirten. Bei tiefer Einftellung erfcheinen die zarten Septen hell auf dunklem Grunde.

E Aus einem fehr feinen, ohne Terpentinöl in ganz harten Balfam gelegten Querfchliff durch den glatten Theil des Scheerenpanzers.

vo

m 133 ——n

a Die Wabenfchicht.

b Die fogenannte Epidermis.

c Platte, welche die Wabenfchicht gegen

d die mittlere Panzerfchicht, von welcher nur ein kleiner Theil dargeftellt ist, abgrenzt. Die Zeichnung ist etwas fchematifirt.

Die direkte Fortfetzung der Kanälchen aus d durch c in a, welche, wo fie nicht durch den Balfam

theilweis ausgefüllt ist, beftimmt verfolgt werden kann, ist in der Zeichnung nicht überall genau genug ausgedrückt.

Fig. 16. F Aus einem Flächenfchliff auf Balfam in Glycerin gelegt durch die innerften Schichten eines glatten Panzerftücks. Mittlere Einftellung.

Fig. 17. A Hummerpanzer. Von einem jungen Exemplar. Aus einem trocknen Präparat einer mit

der Pincette abgezogenen und mit Efiigfäure entkalkten Lamelle der inneren Schichten. 8oo/1. (Grundlach VIII). Die nur in der Mitte der Zeichnung angegebenen Perforationen erfcheinen nur bei hoher Einftellung. Sie ftehen ftets in den Kreuzungspunkten der dunkeln Linien, welche die Grenzen der Fafern, aus welchen die Membran gefchichtet ist, bezeichnen, was in der Lithographie theilweis nicht ganz genau wiedergegeben ist. Bei etwas tieferer Einftellung erfcheint erst die feinere Streifung und erst bei ganz tiefer die gröbere, welche fich mit erfterer kreuzt.

B Krabbenpanzer. Körniger Theil der Scheere. Segment eines Flächenfchliffs. Ungefähr einer Linie von c nach d der Fig. ı5B Taf. II entfprechend. Auf Balfam, in Glycerin. 73/1. a,a Querfchnitte des feptirten Theils der Wabenfchicht. (vgl. a d. Fig. ı5B). a’a‘ Querfchnitte des nicht feptirten Theils derfelben. Die hier vorhandene feine Punktirung durch die Quer- fchnitte der Kanälchen ist bei der fchwachen Vergröfserung nicht fichtbar. b,b Querfchnitte von Papillen. (vergl. b der Fig. Iı5B). c Vermuthlich der Querfchnitt der Mündung eines Porencanals.

d Vermuthlich der Querfchnitt einer Borfte.

Fig. 18. Krabbenpanzer. Körniger Theil der Scheere. Querfchliff. In weichen Balfam gelegt. 664/Jı. Das gezeichnete Segment entfpricht der mit e bezeichneten Stelle der Fig. 15B Taf. II.

a,a Die Platte, welche die Wabenfchicht gegen den übrigen Panzer abgrenzt.

b Der Erhebung der Papille folgende Lamellen des Letzteren.

c Gruppe von Kanälchen in welche der Balfam nicht eingedrungen ist. Sie durchbohren die Platte und fetzen fich in die Wabenfchicht fort.

d Gruppe von Kanälchen, in dem nicht feptirten Theil der Wabenfchicht, in welche ebenfalls der Balfam nicht eingedrungen ist.

Wo in den übrigen Theilen der Zeichnung der Balfam in die Kanälchen eingedrungen ist, deuten

nur matte Linien ihren Verlauf an.

d‘ Spuren der lamellären Struktur als dünne Schichten, in welche ebenfalls der Balfam nicht eingedrungen ist.

e Septirter Theil der Wabenfchicht. Das Bild ist durch theilweifes Eindringen des Balfams undeutlich und nur fkizzenhaft wiedergegeben.

f Drei Septen, welche deutlicher hervortreten.

g Ist anfcheinend nicht verkalkt, defshalb find die Kanälchen nur äufserft fchwach angedeutet und die lamel- läre Struktur ganz zurücktretend.

h Grenze des verkalkten und des nicht verkalkten Gewebes.

Fig. I9. Hummerpanzer. Balfam-Präparate, ftark mit Terpentinöl getränkt. 205/I. A Aus einem Flächenfchliff durch die äufsere Schicht einer Schwanzfchuppe eines jungen Individuums vom November. B Aus einem Querfchliff durch die rauhe Seite des Scheerenpanzers eines älteren Individuums vom September. Buchftaben-Erklärung im Text S. 42 und 43.

“Tafel IY.

Fig. 20. A Hummerpanzer. Mittelgrofses Individuum vom Dezember. Aus einem Längsfchnitt durch den

mit Borften befetzten Saum einer Endfloffe, die vorher mit Efiigfäure entkalkt war. Chlorcalecium-Präparat 124/I.

a,a,a Die unteren Enden von 3 Borften.

b,b,b Markröhren derfelben. Bei der dickften Borfte ist die Markröhre mit einer körnigen Subftanz gefüllt. c Refte von Seitenftrahlen, welche an der mittleren Borfte noch befindlich find. d Inneres Bindegewebe, von welchem drei Stränge nach der Bafiıs der Borften abgehen.

e Entkalkter Panzer, welcher noch die Schichtung zeigt. Fig. 20. B Krebs (Astacus fluviatilis). Junges Individuum. Glycerin-Präparat. a Spitze einer mit Seitenftrahlen verfehenen Borfte von einem Floffenfufs des Hinter- leibes. 124/r. b Unteres Ende von a. Stärker vergröfsert. 6641.

Von den Seitenftrahlen find nur die unteren Enden gezeichnet.

Fig. 21. Strombus. Junges Individuum von Sfr. gzieas? Aus einem Querfchliff der Schale in der

Richtung der Spirale. Balfam-Präparat. Bei durchfallendem Licht. 3171.

Die Pfeilfpitze zeigt nach dem Schalen-Rande. Bei der Zeichnung war das Verhältnifs, dafs die Grenz- linien zwifchen der fenkrechten und der fchrägen Streifung nicht parallel mit der horizontalen Schichtung liegen, fondern fich im Verhältnifs zu letzterer nach dem Schalenrande zu tiefer in die Schale einfenken, nicht präzis genug ausgedrückt, und ist defshalb in der Lithographie nicht richtig wiedergegeben; diefes Verhältnifs ist aber charakteriftifch und führt herbei, dafs daffelbe Präparat näher am Schalenrande unten nur ie fenkrechte Streifung und oben die fchräge Streifung bis zur Mitte der Schalendicke herab- gehend zeigt.

Fig. 22. Strombus. Daffelbe Individuum. A Aus einem fenkrechten Querfchliff durch die Schale, quer über die Spirale, alfo dem Rande

ungefähr parallel. Balfam-Präparat. Beleuchtung von oben. 73/1. Das gezeichnete Segment ftellt nur die äufseren Schichten bis ungefähr zur Mitte der Schalendicke dar. B Aus einem Flächenfchliff durch die inneren Schalenfchichten. Ebenfalls von oben beleuchtet. 73/1. Die dunkeln Streifen liegen hier quer über der Spirale, alfo parallel mit dem Schalenrande. C Aus einem feinen Schliff, der in einem Winkel von 45° auf die Flächen der Schale durch diefelbe gelegt ist. Balfampräparat. Durchfallendes Licht. 378/1. Die mit a,a,a bezeichneten Schichten find diejenigen, wo du:ch die Schräge des Schliffs derfelbe der Fafer- richtung parallel liegt. Die mit b,b,b bezeichneten diejenigen, wo die Fafern rechtwinklig gefchnitten find. D Elemente des Zerfalls der Schale durch Behandlung mit einer zur Auflöfung ungenügenden Menge von Effigfäure. Trockenes Präparat. 664/1. Die Melfung ergiebt den Durchmeffer der Fafern auf 0,9—0,75 u.

Fig. 23. Schematifche Darftellung der Faferlagen der Gaftropoden-Schale in den von ihnen gebildeten Platten oder Balken.

Die Dimenfionen find infofern nicht der Wirklichkeit entfprechend, als die Platten eine weit gröfsere Zahl von Fafern enthalten. Letztere mufsten der Deutlichkeit halber dicker dargeftellt werden, ftehen auch nicht fo regelmäfsig.

Die mittlere Grenzlinie, wo die charakteriftifche Torfion der Fafern und mit derfelben die veränderte Stellung der Platten eintritt, ist nur punktirt, da der Verlauf der Fafern hier zweifelhaft bleibt.

Die mit a,a,a bezeichneten Platten find diejenigen, deren Schnittflächen bei fchräg von oben einfallender 3eleuchtung das Licht ftark reflektiren würden; bei fchräg von unten einfallender Beleuchtung würde diefes durch die mit b,b,b bezeichneten gefchehen.

Fig. 24. Strombus gigas. Ganz junges Spiritus-Exemplar. Kryftalle aus dem Ueberzug der Schale. 378Jr. A Aus dem mit Effigfäure behandelten Präparat.

B Aus einem nur in Glycerin gelegten.

Fig. 25. Dasselbe Object. Präparate in verdünntem Glycerin. 378/t. A Optifcher Querfchnitt des mit Salpeterfäure behandelten Ueberzuges auf einer Falte deffelben. Die äufsere Fläche des Ueberzuges liegt nach Aufsen. B Optifcher Querfchnitt des mit Effigfäure behandelten Ueberzuges auf einer Falte deffelben.

Die innere Fläche liegt nach Aufsen. Sie zeigt einen in die innere Membran eingefchloffenen Kryftall und einen halb abgelöften Lappen diefer Membran, auf dem eine Punktirung befindlich zu fein fcheint.

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a

15

Fig. 26. Dasselbe Object. Flächenanfichten der äufseren Membran des Ueberzuges. A Nach einem Präparat in ftark verdünntem Glycerin. Gundlach VII. Tiefe Einftellung. Die Zeichnung bei 1400/I entworfen. B Nach dem Effect, den einzelne Stellen des in fteifen Canadabalfam gelegten Ueberzuges ergeben. Hohe Einftellung. 1400/1.

Tafel V.

Fig. 27. AundB Helix pomatia, Ueberzug eines jungen Gehäufes. Nach Befeuchtung mit der Pincette abgezogen. Präparate in verdünntem Glycerin. Optifche Querfchnitte auf Falten, welche in der Richtung der Anwachsftreifen gefchlagen find. Die Leiften, deren Querfchnitte fich hier darftellen, liegen alfo in der Richtung der Spirale. 664J/r.

a Ist bei beiden Figuren der Querfchnitt des Ueberzuges.

A Die äufsere Fläche liegt auf der äufseren Seite der Falte.

B Die innere Fläche liegt auf der Aufsenfeite der Falte. Die Flächenanficht zeigt die in Effigfäure unverändert bleibenden Körnchen der äufsern Schicht bei tiefer Einftellung. Stellung und Gröfse derfelben nur ungefähr angegeben.

Fig. 23. Mytilus edulis.

A Flächenanficht der Membran, welche zwifchen der Faferfchicht des Mantels und der Schale entfpringt und aus welcher fich der Ueberzug der Schale bildet. Von einem ziemlich ausgewachfenen Individuum.

Halbfchematifche Situationszeichnung nach einem Glycerin-Präparat, auf 24/1 reduzirt.

a Faferfchicht des Mantels, nach oben mit

b der eigentlichen Membran verwachfen. Die Faferfchicht ist an diefer Stelle mit zahlreichen Zellen bedeckt und auch nach unten finden fich Zellen und Kerne zwifchen den Fafern. Auf der rechten Seite ist die Faferfchicht gänzlich abgelöst. Die Membran wird dort fehr zart und zeigt aufser feinen Querfalten keinerlei Struktur.

Oben ist b in der Gegend des Schalenrandes abgeriffen. B—H Details von A bei ftärkerer Vergröfserung. 6oojı1. B Segment aus der mit c bezeichneten Region. Hohe Einftellung.

Die parallelen Linien, welche der Ausdruck der Leiftchen find, mit denen die Oberfläche verfehen ist (vgl. H),

treten hier und bei C erst bei ganz hoher Einftellung auf.

C Segment aus der mit d bezeichneten Region. Hohe Einftellung.

D Aus derfelben Region, aber bei ganz tiefer Einftellung. Die hellen Kreife, welche fich fo darftellen, deuten vielleicht die Entwicklung von B aus C an.

E entfpricht der mit e bezeichneten Region von A.

F der mit f und

G der mit g bezeichneten.

H Nach einem ähnlichen Präparat, wo aber die um den Schalenrand gebogene Stelle der

Membran vollftändig erhalten ist. 6oojı. Man fieht hier das Profil der Umbiegung um den Schalenrand, und dafs die Streifung der älteren Theile der Membran der Ausdruck einer Skulptur der Oberfläche ist. I Anfiıcht der äufseren Fläche der Randmembran eines ganz jungen Individuums. Segment aus der Mitte derfelben. Hohe Einftellung. 600/1.

Fig. 29. Mytilus edulis. Ziemlich ausgewachfen. Querfchliff rechtwinklig auf den Schalenrand gegen- über dem Schlofsband. Der Mantel des in Spiritus confervirten Thiers war vorfichtig abgelöst, die Refte delfelben und die vollftändig erhaltene Randmembran mit Canada-Balfam getränkt und vor dem Schleifen erhärtet. 24/I. Ueberzug und Randmembran find, ihrer natürlichen Färbung entfprechend, gelb colörirt. In der blauen

Schicht die Färbung nur da, wo fie intenfiver ist, durch Schattenton angedeutet.

Fig. 30. A—D Details der Fig. 29 ftärker vergröfsert. Auch hier ist die gelbliche und röthliche Färbung der Conchiolinmembran durch Colorirung wiedergegeben. Diefe Zeichnungen find nach einem feineren Schliff von derfelben Stelle als Fig. 29, der aber umgekehrt liegt, fo dafs auch bei den Zeichnungen die Richtung

die umgekehrte von Fig. 29 ist.

A Entfpricht der bei Fig. 29 mit a bezeichneten Stelle. ca. 2So/t. B der mit b bezeichneten ca. 2So/r. C der mit c bezeichneten ca. 280/I. D der mit d bezeichneten ca. 2So/t.

E Flächenanficht der äufseren Schicht der Membran, der Stelle d der Fig. 29 entfprechend. 430/1.

“Tafel VI.

Fig. 31 bis 36. Mytilus edulis. Struktur der blauen Schicht. 664/1. Alle Zeichnungen bei hoher Einftellung.

. 31. Anficht der inneren Schalenfläche eines jungen Individuums (Schale 5,5 mm lang), vom Rande, wo

noch kein Perlmutter vorhanden. Trocknes Präparat. Fig. 32. Ebenfo von einer ganz jungen noch mit Borften befetzten Schale. Glycerin-Präparat.

Fig. 33. Ziemlich ausgewachfenes Individuum. Aus einem Schliff vom Vorderrand der Schale, der in einem Winkel von 45° auf die Schalenfläche gelegt ist. Segment vom Rande des Schliff. Balfam-Präparat.

Fig. 34. Junges Individuum. Schale 13 mm. lang. Schliff im Winkel von 450 auf die Schalenfläche. Schwach mit Chromfäure geätzt. Segment vom Bauchrande. Balfam-Präparat.

Fig. 35. Mittelgrofse Schale. Ebenfo behandelt. A Segment vom Vorderrande. B Segment deffelben, aber von einem höheren Anwachsftreifen, alfo von früherem Wuchs.

Fig. 36. Ziemlich ausgewachfene Schale. Schliff im Winkel von 450 auf die Fläche durch den Rand, ftark mit Chromfäure geätzt. Auf Balfam in verdünntes Chlorcaleium gelegt. A und find Segmente von den geygenüberliegenden Rändern des Präparats. 3 ungefähr in der Mitte, alfo zwifchen A und C befindliches Segment.

Der gröbere und feinere Bau fcheint alfo von Zufälligkeiten abzuhängen.

Fig. 37. Mytilus edulis. A. Schale von 33 mm Länge. Segment nah am Schalenbande eines Querfchliffs, fast recht- winklig auf den Rückenrand, 15 mm vom Wirbel. Balfam-Präparat. 378/1. a,a Theile der blauen Schicht.

b Helle prismatifche Saumfchicht.

c Perlmutter. Aufser der horizontalen Schichtung zeigt daffelbe auch eine fenkrechte Streifung. Der fein- gewellte Verlauf diefer Streifen ist charakteriftifch. Sie leuchten beim Senken des Focus auf, find alfo der Ausdruck von Spalten, die aber wahrfcheinlich mit Conchiolinmembranen gefüllt find.

d Detritus, welcher die innere Schalenfläche bedeckt. Wahrfcheinlich mit Membran-Reften.

B Segment eines mit Chromfäure geätzten Flächenfchliffs durch das Perlmutter. Balfam- Präparat. 664/1. Hohe Einftellung.

C—F Darftellung der horizontalen feinen Schichtung des Perlmutters aus Querfchliffen. 664/1. Hohe Einftellung.

Ziemlich ausgewachfenes Exemplar. Segmente nahe am Wirbel. Abftand von Mitte zu Mitte der La- mellen 1,25 und 1,2 wu.

D Exemplar von 47 mm Länge. Segment 5 mm vom Wirbel, nahe der inneren Fläche. Abftand von Mitte zu Mitte der Lamellen 1,5 u.

F Exemplar von 31 mm Länge. Segment nahe der inneren Fläche. Abftand von Mitte zu Mitte der La- mellen 1,2 u.

Fig. 35. Mytilus edulis. Ziemlich ausgewachfen. Aus einem Querfchliff der Schale, nahe am Vorder- rand, ca. 7 mm vom Rande. Balfam-Präparat. 124/1. Die Pfeilfpitze zeigt nach dem Rande. Das gezeichnete Segment fchliefst fich ungefähr da an, wo Fig. 29 Tafel V aufhört, die Vergröfserung ist hier aber ungefähr die sfache von Fig. 29. Es ist hier nur das Perlmutter und die dalfelbe gangartig durchfetzende, helle, prismatifche Schicht gezeichnet; die blaue Schicht darüber ist nur angedeutet. Fig. 39. Mytilus edulis. Segment eines Flächenfchliffs durch die’ Bafıs des Anfatzes des grofsen Schliefsmuskels (helle, prismatifche Schicht) mit deren Perforationen. 66g/1.

I/

Fig. 40. Mytilus edulis. Ganz junges Individuum. Anficht des Schalenbandes mit den anliegenden Wällen der geöffneten Schale von Innen. Bei direkter Beleuchtung. 24/t.

a Das nach dem Bauchrande gerichtete Ende. b Das nach dem Wirbel gerichtete.

c,ce Anfätze des kleinen Schliefsmuskels.

d,d Wälle mit den Grübchen. e Schalenband.

“Tafel VII

Fig. 41. Mytilus edulis. Sehr altes Individuum. Anficht von Segmenten des Schalenbandwalles der geöffneten Schale von Innen. Bei direkter Beleuchtung. 24/1. A Segment aus der Mitte des einen Walles. Die gefammte Länge deffelben beträgt 31 mm. B Das nach dem Bauchrande gerichtete Ende des gegenüberliegenden Walles. C Das nach dem Wirbel gerichtete Ende des Letzteren. a Ist bei allen drei Figuren die Grenze gegen das Schalenband. Da die Breite des Papiers für B und C in richtiger Stellung neben einander nicht genügte, find die aus- laufenden Endungen über B und C fkizzirt.

Fig. 42. Mytilus edulis. Ganz junges Individuum. Aus einem Flächenfchliff durch das Schalenband, die angrenzenden Wälle und die an letztere ftofsende blaue Schicht. Balfam-Präparat bei durch- fallendem Licht. 24/1. Ziemlich dicker Schliff.

Fig. 43. Wie Fig. 42, aber von einem fast ausgewachfenen Individuum, bei derfelben Vergröfserung. Die Zeichnung ftellt nur einen kleinen Theil des Walles von der einen Seite des Schalenbandes dar.

Bei b geht die Schliffebene in die blaue Schicht. Bei a fteigt fie in den Kamm des Walles. Bei c würde fie das Schalenband fchneiden, diefes hat fich aber beim Schleifen abgelöst, und ist im Prä-

parat nur fragmentarifch vorhanden.

“Tafel VII.

Fig. 44. Mytilus edulis. Querfchliff durch das Schlofs eines ziemlich ausgewachfenen Individuums. Balfam-Präparat. 24/1. Die blaue Schicht ist durch blaue Colorirung, das Schalenband und der Ueberzug durch gelbe und röth- liche bezeichnet; Perlmutter und Schalenbandwälle durch grauen Ton; letztere etwas dunkler gehalten. Die punktirte Linie I—m deutet das Lumen des Wallhügels nach einem andern ähnlichen Präparat, wo die Schliffebene durch das Lumen geht, an. Durch die Erwärmung beim Erhärten des Balfams ist das Schalenband und auch der eine Wall eingeriffen.

Einige beim Schleifen verloren gegangene Theile des Bandes find durch punktirte Linien angedeutet. Fig. 45. Ganz wie Fig. 44, aber von einem jungen Individuum.

Fig. 46. Mytilus edulis. Segment eines Querfchliffs durch den Schalenbandwall in feiner Längsrichtung. Balfam-Präparat. 24/1. Fig. 47. A Entfpricht ungefähr der mit a bezeichneten Stelle von Fig. 46. Bei ftärkerer Vergröfserung ge- zeichnet. 664/1. B Aus der mit b bezeichneten Stelle von Fig. 46. Ebenfalls 664/1. C Aus einem feinen Flächenfchliff durch den Schalenbandwall. Mit den Querfchnitten der Perfora- tionen. Balfam-Präparat. 664/1. D Aus einem fenkrechten, mit Chromfäure entkalkten Schliff durch den Schalenbandwall eines alten Individuums von 73 mm Schalenlänge. Vasculäres Syftem in dem Conchiolin- gerüft in der Bafıs deffelben. Chlorcaleium-Präparat. 664/1. Das Lumen der Kanäle von ca. 0,7 w ist durch die Präparation mit Kohlenfäure erfüllt. E Entkalktes Conchiolingerüft des Schalenbandwalles eines alten, 73 mm langen Individuums.

Aus einem ftark mit Chromfäure geätzten Flächenfchliff. Chlorcalcium-Präparat. 664/1. Hohe Einftellung.

Fig. 48. Mytilus edulis. Alt, 73 mm lang. Segment eines ganz feinen Flächenfchnittes durch das Schalenband, nahe an deffen Oberfläche. Giycerin-Präparat. 66/1.

W. von Nathusius-Königsborn. 18

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Byssus von Mytilus edulis.

Fig. 49. A Byffus-Stämmchen von einem ganz jungen Individuum. Glycerin-Präparat. 57/1. Die Fäden find bis auf einen, welcher noch die Befeftigungs-Platte trägt, theils abgeriffen, theils in der. Zeichnung gekürzt dargeftellt. B Querfchliff durch die Endplatte eines Byffus-Fadens, nebft einem Theil der Schale eines anderen ‚Individuums, auf welchem fie angewachfen ist. Balfam-Präparat. 97/1.

a,a Fibröfer und membranöfer Theil des Fadens und der Platte. b Pfeudocellulärer Theil der Platte. c Der hier weggefchliffene Theil des Fadens ist durch punktirte Linien angedeutet. d Ueberzug der Schale, auf welcher die Platte angewachfen ist, im Querfchnitt. Die Hohlräume deffelben find dunkel, weil lufterfüllt. e Blaue Schalenfchicht, von welcher fich der Ueberzug beim Schleifen theilweife abgehoben hat. C Zwei Fäden mit Runzelung der Rindenfchicht von einem fehr ftarken Byffus-Stamm. Gily- cerin-Präparat. 97/1. j

.

D Contur der einen Seite eines Fadens von 140—IO3 u Durchmeffer. Präparat in verdünntem Glycerin. 600/1. Bei tiefer Einftellung tritt die fibrilläre Struktur des Fadens unter den bei hoher Einftellung fich zeigenden Falten der Rindenfchicht hervor. E Pfeudocelluläres (areoläres) Gewebe der Endplatte. Daffelbe haftet noch in dünner Schicht auf der

äufseren Membran. Aus einem Zerzupfungs-Präparat in verdünntem Glycerin. Tiefe Einftellung. 600/1.

Fig. 50. Anfätze feiner Abzweigungen an einem Faden eines alten Byffus-Stammes. Glycerin-Präparat. 378/t. Der Hauptfaden ist mehr oder weniger fkizzenhaft ausgeführt, aber die Nebenfäden und ihre Anfätze fo genau als möglich ohne irgend zu fchematifiren gezeichnet.

A Unverletzter Nebenfaden von 1,2 mm Länge und 13—19 u Durchmeffer. Der Anfatz ftellt fich in reiner Profilanficht dar. Im Nebenfaden feine Längsflreifung.

B Der Anfatz ftellt ich nicht in reinem Profil dar und befindet fich mehr auf der oberen Seite des Hauptfadens. | Der punktirte Kegel wird erst bei tiefer Einftellung fcharf wahrnehmbar.

Der Anfatz ist in reinem Profil, der Nebenfaden felbst zerfplittert und zerftört.

I ratel

Fig. 51. Mytilus edulis. Halbausgewachfenes Individuum. In drei verfchiedenen Anfichten in wirk- licher Gröfse fkizzirt, um die Anwachsftreifen der äufseren Schalenflächen zu verdeutlichen; es ist jedoch nur

ein kleiner Theil der vorhandenen Streifen wiedergegeben.

Fig. 52. Mytilus edulis. Anficht zweier Schalen verfchiedenen Alters von Innen. Natürliche Gröfse. Die Schale eines alten Exemplars ist nach Entfernung der Weichtheile perfpektivifch fo gezeichnet, dafs die Gefichtslinie mit der Wand des Vorderrandes zufammenfällt. Die Theile der Innenfläiche, wo die blaue Schicht frei liegt und ein tiefes Blau-Violett zeigt, find ganz dunkel gehalten; diejenigen, wo fie von einer fchwachen Perlmutterfchicht bedeckt ist, entfprechend heller. In die Fläche ist nach genauen Meffungen eine jüngere Schale fo eingezeichnet, dafs fie den Entwicklungsgang in feinen lokalen Beziehungen verdeut- licht. Die jüngere Schale ist nur in Umriffen angegeben, und vom Schalenbandwall derfelben nur der End- punkt mit a’ bezeichnet. Diefer jüngere Schalenbandwall ist dem älteren mathematifch ähnlich, nur in allen Dimenfionen geringer. Die Buchftabenbezeichnung ist für beide Schalen diefelbe, nur bei der jüngeren mit Apoftrophen (’) verfehen. r b,b Rand der Schale. c Fetzen der umgebogenen Randmembran (Fortfetzung des Ueberzuges). d Freie Fläche der blauen Schicht, beim lebenden Thier mit der Randmembran bedeckt, welche dort aber nicht anhaftet, fondern einen Hohlraum läfst, und erst unter dem Mantel an e angewachfen ist. e Aeufserfter Rand des Perlmutters. f Anfatz des Mantels. g Dickere Perlmutterfchicht, welche den mittleren und oberen Theil der Schale bekleidet. h Bafis des grofsen Schliefsmuskels. Die helleren, concentrifchen Streifen entftehen durch Perl- mutterlagen.

Aut“

Während d nur einen matten Sammtfchimmer durch die hervorragenden Endungen der Prismen der blauen Schicht befitzt, ist f und h glänzend, wie gefirnifst, weil mit der durchfichtigen, prisma- tifchen Perlmutterfchicht überzogen.

i Nebenmuskel-Anfatz.

k Muskeleindruck am Wirbel. Neben demfelben Grübchen, welche ebenfalls als Muskel- Anfätze erfcheinen.

] Schalenband. Beim Oeffnen der Schale durchgebrochen.

m Schalenband-Wall.

n Aeufsere Fläche der Schale, von welcher hier ein kleiner Theil durch die perfpektivifche Anficht zur Darftellung kommt.

Fig. 53. Mytilus edulis. Querfchliffe durch zwei Schalen von 60 und 53 mm Länge. Die daneben ftehende Skizze giebt die Umriife der beiden Schalen, von welchen die Schliffe gefertigt find, fo wie einer dritten gröfseren, die fich in demfelben Präparat befindet. Balfam-Präparat. 6/1. Die Linie a—b zeigt die Schliffrichtung. Der Schliff der oberen gröfseren Schale ist bis d, der der unteren, kleineren bis c gekürzt. Nähere Erläuterung im Text pag. 78. Fig. 54. ABCD Schemata zur Erläuterung der Wachsthumsverhältniffe der Schale von Mytilus.

Aus vergleichenden Meffungen von correfpondirenden Querfchliffen älterer und jüngerer Individuen.

Nähere Erläuterung im Text pag. 78 und 79.

‘Tafel XI

Fig. 55. Mytilus edulis. Schema eines Querfchnitts der Schale rechtwinklig auf das Schalenband, zur Verdeutlichung des Wachsthums der Schale, bei welchem aber die zugleich eintretende Expanfion der fchon vorhandenen Theile unberückfichtigt geblieben ist. Von den wirklichen Dimenfionen ist infofern abgewichen, als die Schale verhältnifsmäfsig dünner ist.

a Fragment des Ueberzuges.

b Biaue Schicht. Die Schraffirung deutet die Richtung der prismatifchen Struktur innerhalb derfelben an.

c Perlmutter, ebenfo fchrafhrt.

d Klare prismatifche Perlmutterfchicht, welche hier die Bafis des Mantel-Anfatzes bildet.

e Schalenband-Wall.

f Schalenband.

g Scheitelpunkt der Schalenwölbung. Entfpricht der punktirten Linie bei Fig. 51 C, Taf. N. Die Anwachslinien gehen zufammenhängend durch diefe Schichten hindurch. Eine derfelben:

« hi ist fehr ftark ausgeführt, um ein charakteriftifches Entwickelungsftadium, wo diefe Linie die innere Fläche

der jungen Mufchel darftellt, zu bezeichnen. In diefem Stadium ist bei

k der Mantel-Anfatz, und liegt bei

n die blaue Schicht frei.

Fig. 56. Mytilus edulis. Schale von 69 mm Länge. Querfchliff durch zwei Perlchen, welche fich aus der Bafıs des grofsen Schliefsmuskels in letzteren erheben. Balfam-Präparat. Beleuchtung von Unten. 57/1.

Die blaue Schicht ist durch blaue Colorirung bezeichnet; die prismatifche helle Bafalfchicht, deren Conti- nuum die peripherifche Schicht der Perlen bildet, ungefärbt gelaffen. Die zwifchen beiden liegende trübere Schicht (— eigentliches Perlmutter —) ftellt fich bei durchfallendem Licht röthlich dar. An der gröfseren Perle haftet noch eine gelbe Membran (Conchiolin?).

Fig. 57. Meleagrina margaritifera. Ziemlich kleine junge Schale, aus welcher fämmtliche Meleagrina- Präparate hergeftellt find. Nach Schliffen in Balfam.

A Aus einem Flächenfchliff in der Ebene der lamellären Schichtung. Segment, bei welchem die Schliffebene dicht über dem Perlmutter durch die Wabenfchicht geht. 217/1.

B Segment deffelben Schliffes. Die Schliffebene geht durch die Wabenfchicht dicht unter der äufseren Fläche. Ebenfalls 217/1. Die bräunliche Färbung ist durch dunkeln Ton angedeutet.

C Aeufsere Schichten eines Querfchliffs, welcher radial, d. h. vom Wirbel nach dem Rande liegt. 72/1.

Die Pfeilfpitze zeigt nach dem Rande.

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“Tafel XII.

Meleagrina margaritifera.

Fig. 58. A Innere Lagen der Wabenfchicht und äufsere des Perlmutters. Aus einem Querfchliff, der einer Tangente des Schalenrandes parallel liegt. Balfam-Präparat. 217 1. B Details der Struktur der Septen der Wabenfchicht. Nach Querfchliffen der Schale. a Aus dem mittleren Theil der Wabenfchicht. Balfam-Präparat. Hohe Einftellung. 6641. a‘ Theil eines der breiteren Kanäle der Septen-Wand. Hartnack No. 10. Oc. 3. Hohe Ein- ftellung. Mafsftab der Zeichnung 1550/1. a‘ Ebenfo. Tiefe Einftellung. a’ Kanal mit feiner Endung. Gundlach VIII. Oc. 3. ca. 1400/1, bei 21 cm. Sehweite. b Aus dem inneren Theil der Wabenfchicht. Balfam-Präparat. 66g/t. Die runden Körperchen find Hohlräume in der Septe felbst. c Querfchnitt einer Septe aus einem mit Chromfäure entkalkten fehr feinen Quer- fchliff der Wabenfchicht. Chlorcalcium-Präparat. Hohe Einftellung. Winkel 8. Oc. 3, aber in

doppeltem Mafsftabe gezeichnet 1328/r.

Fig. 59. Querfchnitte der wie bewurzelt erfcheinenden Uebergänge der Waben in das Perlmutter.

Aus einem Flächenfchliff. Balfam-Präparat. Hohe Einftellung. 378/1.

A a Die Schliffebene geht dicht unter der Wabenfchicht durch. b Von der dicht daneben liegenden Stelle des Schliffs, aber die Bafıs der Wabe liegt hier höher, alfo die

Schliffebene relativ tiefer. B Nach einer andern Schliffftelle. Die Schliffebene geht hier nur durch die Ausläufer der wie Würzelchen erfcheinenden Gebilde.

NB. Die entkalkten Schliffe zeigen, dafs das, was hier dunkel refp. als Hohlräume erfcheint, ziemlich derbe

Conchiolin-Gewebe find.

Fig. 60. A Aus einem radialen Querfchliff in der Nähe des Schalenrandes. Die Pfeilfpitze zeigt nach Letzterem. Balfam-Präparat. 57/1.

a,a Wabenfchicht. b,b Perlmutterfchicht. Die Zeichnung ist infofern etwas fchematifirt, als die äufsere und die innere Begrenzung der Wabenfchicht in dem Präparat nicht genau fo coincidiren; diefe ftufenförmigen Abfätze der äufseren Fläche kommen aber überall an derfelben in ähnlicher Form ver. Uebrigens ist die Zeichnung nur fkizzirt und viele Details weggelalfen, auch die lamelläre Schichtung nur durch einige Linien angedeutet, um die ftufenförmige Bil- dung der Oberfläche und das horizontale Eingewachfenfein einer Abtheilung der Wabenfchicht in das Perl- mutter deutlicher darzuftellen, worauf es hier ankam.

B Flächenanficht der Conchiolinmembran, welche den Uebergang des horizontalen Auslaufs der Wabenfchicht in die lamellären Membrane des Perlmutter, wie derfelbe bei A im Querfchnitt dargeftellt ist, bildet.

Nach einem mit Chromfäure entkalkten Flächenfchliff. Chlorcalcium-Präparat. Hohe Einftellung. 664/1. Fig. 61. Aus einem feinen, abgelösten und ftark geätzten Querfchliff der Wabenfchicht. _Chlorcaleium-

Präparat. Tiefe Einftellung. Hartnack 10. Oc. 3. 775/1.

A Aus den inneren Lagen der Wabenfchicht. Der verkalkte Inhalt der Septen ist durch das Aetzen feiner Schliffläche körnig und halb undurchfichtig geworden, und ftellen fich dadurch die horizontalen Membrane, welche den Inhalt der Septen in Fächer theilen, bei der tiefen Einftellung hell dar. Ihre Dicke ist fo ca. 0,5 u, nur die 5tevon oben ist dünner. B Ebenfo aus den äufseren Lagen der Wabenfchicht. C Aus den mittleren Lagen. Hier ist links von der mit a bezeichneten Septe der Inhalt vollftändig entkalkt und zeigen fich auch dort Andeutungen der die Fächer abtheilenden und die horizontale Schichtung bewir- kenden Membrane. Beim Heben des Tubus werden fie hell, was nicht fein könnte, wenn es fich hier um

Canäle in den Septen handelte.

"Tate XII.

62-65. Meleagrina margaritifera.

Fig. 62. Aus einem polirten Flächenfchliff durch die Wabenfchicht. Trocknes Präparat. 664/1.

Bei fcharfer Einftellung auf die obere Schlifffläche fieht man Nichts von der Punktirung. Sie erfcheint beim

Fig. 65.

Fig. 66.

Fig. 67.

Fig. 68.

Fig. 609.

allmäligen Senken des Tubus und zwar alle Punkte gleichzeitig. Bei noch tieferer Einftellung werden fie hell, müffen alfo als Hohlräumchen in den die Jamelläre Schichtung bildenden Membranen betrachtet wer- den. Form unregelmäfsig, Gröfse höchftens 0,5 pn.

Aus einem radialen, abgelösten und mit Chromfäure ftark geätzten Querfchliff der Waben- fchicht. Chlorcalcium-Präparat. 775/1.

A Bei hoher Einftellung.

B Bei tiefer Einftellung.

Nähere Erläuterung im Text pag. 89.

Aus einem Flächenfchliff durch die Bafıs des grofsen Schliefsmuskels. Balfam - Präparat. Hohe Einftellung. 600/1.

Das gezeichnete Segment ist von der Stelle, wo der Schliff gegen die Oberfläche der Bafıs ausläuft, und die Skulptur der Oberfläche fich darftellt.

Segmente von radialen Querfchliffen durch die Bafis des grofsen Schliefsmuskels und das angrenzende Perlmutter. Balfam-Präparate. 37/1.

A Das dem Wirbel am nächften liegende Segment.

B Das dem Schalenrande am nächften liegende.

Bei beiden liegt der Schalenrand links vom Befchauer, wo die Buchftaben A und B ftehen.

Pinna nigrina. (?) Grosses Exemplar. Nach auf Balfam liegenden, mit Salpeterfäure ge- ätzten und in Chlorcalcium gelegten Schliffen durch die Wabenfchicht. Tiefe Einftellung. 485/t. A. Aus einem Flächenfchliff.

Aufser dem in der Zeichnung dargeftellten Netz erfcheinen in deflen Mafchen ganz feine, hellleuchtende Punkte (Grübchen oder Hohlräume der Grundfubftanz), die in der Zeichnung nicht wiedergegeben werden konnten. B. Aus einem Querfchlift. a,a Räume, aus denen die Säure den ganzen Inhalt der Septen entfernt hat. Dort ist zuweilen, wie in dem links vom Befchauer gelegenen, eine matte Horizontalftreifung (Struktur der Septen?) zu fehen. b Freigelegter Querfchnitt einer Septe. Die beiden andern Septen werden durch den Schatten verdeckt.

In beiden Objecten ftellt fich bei hoher Einftellung das Netz hell auf dunklerem Grunde dar.

“Tafel XIV.

Finna spec.’ Kleine röthliche Schale mit gut erhaltenen Schuppen. Segment eines radialen Querfchliffs, wo derfelbe durch den Anfatz einer Schuppe geht. Balfam-Präparat. 24/1. a,a Eigentliche Schale. Hier ohne Perlmutter. b Schuppe. c Neben-Schuppe.

Die Pfeilfpitze zeigt nach dem Schalenrande.

Anodonta cygnea. Junges Exemplar. Aus Spiritus. A Querfchliff durch den wachfenden Schalenrand. Der Schliff liegt radial in der Richtung der kür- zeren Durchmeffer durch den Bauchrand. Wafferglas-Präparat. 57/1. Der Conchiolin-Ueberzug und die mit demfelben zufammenhängende Randmembran find gelb colorirt. B Aus demfelben Präparat, aber von einem andern Schliff. Schon verkalkte Rudimente von Waben- fchicht in der Randmembran. 430[/I. Die tiefgelbe Färbung der Membran ist durch dunkeln Ton angedeutet. Die fchwächer conturirten Kalkkugeln find die in tiefern Schichten liegenden.

Anodonta cygnea. Altes Exemplar. Balfam-Präparat. A. Querfchliff durch den Vorderrand der Schale. 18/1.

Bei a erfcheint die Wabenfchicht als nur unvollftändig verkalkt. Bei b find die inneren Membranfchichten der Schale trotz der fchwachen Vergröfserung deutlich. c Perlmutter. Zwifchen d—d liegt die in B bei ftärkerer Vergröfserung gezeichnete Stelle. e ist nur Detritus.

B Die mit d—d bezeichnete Stelle von A bei ftärkerer Vergröfserung. 485/t.

Die Pfeilfpitze zeigt nach dem Schalenrande. Die gelbe Färbung der Conchiolinmembrane, auch derjenigen

welche das Gerüft im Innern der jungen Schale bilden, ist nur durch matten Ton angedeutet. Die dunkeln Flecke unten find lufthaltig; alfo dort die Verkalkung noch nicht vollftändig.

Fig. 70. Ostraea edulis (Holsteiner Auster). Anficht des Querfchnitts der Schale durch Schalen- band und Schliefsmuskel. 2/1.

a Refte des Schliefsmukels.

b Querfchnitt eines Theils des Schalenbandes.

c Die fefte Schalenfubftanz, welche bei

d durch ihre Sonderung in dünne Blätter ein Syftem unter fich nicht communicirender Kammern bildet, die beim lebenden Thier mit einer Flüffigkeit gefüllt find, welche auch nach Wochen in der todten Schale noch nicht verdunftet ist. Das Lumen diefer Kammern ist in der Zeichnung fchrafhrt.

e,e Zweites Syftem von Hohlräumen, welche mit einer fcheinbar kreidigen Subftanz erfüllt find. Letztere ist jedoch ein faferig-blättriges, organifirtes, lufthaltiges Gewebe. Die äufsere Fläche war ftark corrodirt, auch durch das Zerfägen gefplittert und befchädigt, fo dafs hier die

Struktur nicht genau wiedergegeben werden konnte.

Tafel XV. Ostraea edulis (Holfteiner Aufter).

Fig. 71. Segment eines fehr dicken Querfchliffs der Schale, ungefähr der zwifchen « und $ liegenden Stelle der Fig. 70 (Tafel XIV) entfprechend. Balfam-Präparat. Durchfallendes Licht. ı12/t.

Die äufseren Lagen find ftark abgefplittert, alfo unvollftändig; ebenfo die innere Lage theilweis. Die punk- tirte Linie a—b giebt ungefähr die Begrenzung der inneren Schalenfläche an. Zwifchen a und c liegt ein Theil der Bafıs des Schliefsmuskels. Zwifchen c und d prismatifches helles Perlmutter, welches diefe Bafiıs bildet und fich von e her aus den inneren Schalenfchichten herabfenkt. f,f,f etc. ist das Grundgewebe der Schale. Durch die Spaltung feiner Schichten entfteht ein Syftem von Kammern: g,g,g etc., welche mit einem eigenthümlichen lufthaltigen Gewebe (Blätterfchicht) angefüllt ind. Wegen diefes

Luftgehaltes ist das Gewebe in diefem dicken Schliff undurchfichtig.

Fig. 72. Aus einem ähnlichen, aber viel feineren Querfchliff der Schale. Theil der Blätterfchicht, aus welchem mit Terpentinöl und Balfam die Luft ausgetrieben ist, nebst Theilen der Septen, welche aus dem Grundgewebe beftehen. Balfam-Präparat. 73/1.

Der gröfsere Pfeil zeigt mit feiner Spitze nach dem Schalenrande, der kleinere nach der inneren Schalenfläche. a Breitere, fich theilende Septe. Die punktirte Linie deutet an, wo ein Theil derfelben beim Schleifen abgefplittert ist. b Ganz fchmale Septe. ,6,c,c,c Lufthaltig gebliebene Theile der Blätterfchicht, deren Undurchfichtigkeit durch dunkeln Ton ange-

deutet ist.

Fig. 73. ABCD Blätterfchicht nach nur abgefeilten und nicht abgefchliffenen Präparaten. Durch ein-

dringende Behandlung mit Terpentinöl ist die Luft vollftändig ausgetrieben. Balfam-Präparate. 430/I. Nur die ftärkeren Blätter konnten in den Zeichnungen genau nach der Natur dargeftellt werden. Für das Gewirr der zarteren mufste ich mich mit der Darftellung des allgemeinen Verhältniffes begnügen.

A und B nach Flächenfchliffen. Die Lithographie giebt die Querfchnitte der ftärkeren Blätter in zu dunkelm Ton wieder.

C Aus einem radialen Querfchnitt.

D Aus einem eben folchen. Mit dem Querfchnitt einer der fcehwächeren Septen, welche die Grundfubftanz der

Schale bildet. E Ebenfalls Blätterfchicht. Fragment aus einem ganz feinen mit dem Meffer gefertigten Querfchnitt. Prä-

parat in verdünntem Glyecrin. Hartnack No. 10. Oc.3. 775/1. Die Dicke der ftärkften Stäbchen ist ca. Iy.

Fig. 74. Radialer Querfchnitt der äufsern Schalenfchichten nach einem dicken Anfchliff. Wafferglas- Präparat. Beleuchtung von Oben. 24/l.

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a,a,a,a,a Wabenfchicht, wie fie in nicht zufammenhängenden Lagen die fchuppige Oberfläche der Schale bildet. b,b Grundfubftanz mit Andeutung der unregelmäfsig blättrigen Schichtung. c,c,ce Mit Blätterfchicht ausgefüllte Kammern in der Grundfubftanz.

Die Pfeilfpitze zeigt nach dem Schalenrande.

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Ostraea edulis. Segment eines ziemlich feinen, an andern Stellen vielfach gefplitterten radia-

len Querfchlifts. Es zeigt die Verbindung zwifchen Wabenfchicht und Grundfubftanz. Balfam-Präparat. 205/1.

Der Pfeil zeigt nach dem Schalenrande.

. 76 bis 85. Nautilus pompilius.

Aeufsere Schichten eines feinen Querfchliffs der Schale mit dem Rande parallel. Balfam-Prä- parat. Durchfallendes Licht. 205/I1. a Ueberzug mit lufthaltigen Zwifchenräumen, in welche der Balfam. nicht eingedrungen ist. b Im Querfchnitt undurchfichtige Zwifchenfchicht. Flächenfchliffe ergeben, dafs fie aus Netzen von Hohlfafern befteht, welche in die Schalenfubftanz eingebettet find.

c Aeufsere Schichten des Perlmutters.

Ziemlich dicker Flächenfchliff durch die äufserften Perlmutterfchichten. Balfam-Präparat. 664/1. Der Balfam ist in das die Prismen fondernde Gewebe nicht eingedrungen, fo dafs letzteres undurch- fichtig ist.

Aehnlicher Schliff als Fig. 77, aber abgelöst und mit Chromfäure vollftändig entkalkt. Präparat in verdünntem Chlorcalcium. Hohe Einftellung. 664/1.

An Stelle der Kalkprismen zeigen (ich nun Lücken.

Aus einem ftark mit Chromfäure geätzten Flächenfchliff durch die mittleren Perlmutterfchichten. Chlorcaleium-Präparat. 664/1. Hohe Einftellung.

Aus einem feinen Flächenfchliff durch die innerften Perlmutterfchichten, zwifchen der vorderften Kammerwand und dem Schalenrande. Balfam-Präparat. 664/1. Hohe Einftellung.

Aus einem ganz feinen Flächenfchliff durch die dunkle Schicht zwifchen Ueberzug und Perl- mutter (b der Fig. 76). Balfam-Präparat. Gundlach VIII. Oc. 2. ca. 8oo/t. A Lage lufthaltig gebliebener Hohlfafern.

B Einzelne der gekräufelten (? fpiralen) Hohlfafern aus den äufseren Lagen der Zwifchenfchicht, welche den Uebergang in den Ueberzug bilden.

A Querfchliff in der Mittellinie des Gehäufes durch die Region des Anfatzes der vorderften Kammerwand. Balfam-Präparat. 12/1.

a,a Ueberzug. Dunkel, weil wenig durchfichtig. b,b Dunkle Zwifchenfchicht mit Fafernetzen. c,ce Perlmutter des eigentlichen Gehäufes.

d Perlmutter der Kammerwand.

B Schema A entfprechend, welches zeigen foll, wie der Zufammenhang der Schichtung bei dem Anfatz der Kammerwand fein müfste, wenn die gewöhnliche Annahme über die Bildung der Letzteren richtig wäre.

Fig. 83. A Durchfchnitt des Sipho, wo er durch eine Kammerwand geht, nebst der von ihm aus-

gehenden Theile der Letzteren. 12/1. Schematifirt.

a,a Lumen des Sipho.

b,b,b,b Membranöfes Rohr deffelben.

&,c,c,c Ueberzug delfelben (Verkalktes areoläres Bindegewebe?). d,d Kammerwand im Querfchnitt.

e,e Membran, welche auf der inneren Fläche liegt.

Fig. 83. B und C Aus Querfchliffen durch die Kammerwand, deren äufserfte Schichten darftellend. Balfam-Präparate. 205/1. B entfpricht der bei A mit f bezeichneten Stelle. Es ist die Anfatzftelle des Ueberzuges des Sipho, deffen Fortfetzung fich im Präparat abgelöst hat. C entfpricht der mit g bezeichneten Stelle der Fig. A.

Fig. 84. A B und C Fragmente des abgefchabten Ueberzuges des Sipho. Theils in verdünntem Chlor- calcium, theils in Glycerin. 378/I.

Fig. 85. Aus einem tangentialen Flächenfchliff durch den mit Wafferglas incruftirten Ueberzug des Sipho. Wafferglas-Präparat. 378/1. f Der Ueberzug fcheint hier durch Verwefung viel ftärker gelitten zu haben, als.bei den in Fig. 84 ab- gebildeten Fragmenten. Die feineren Theile des Gewebes find zerftört; man erfieht jedoch den Zufammen- hang der Faferbündel, indem fich die zurückgebliebenen folideren Kerne derfelben in dem Schliff noch in der natürlichen Lage befinden.

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