—__—NnN —o =———iN ——(N 0 io — 9) — UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE MECHANISCHEN URSACHEN DER /ELLSTRECKUNG. HABILITATIONSSCHRIFT DURCH WELCHE MIT GENEHMIGUNG DER PHILOSOPHISCHEN FACULTÄT DER VEREINIGTEN FRIEDRICHS-UNIVERSITÄT HALLE-WITTENBERG ZU SEINER DISPUTATION, AM MONTAG, 12. FEBRUAR 1877, VORMITTAGS 10 UHR, SOWIE ZU SEHNER ANTRITTSVORLESUNG ÜBER DAS ‚ERFRIEREN DER RÜBEN UND KARTOFFELN , AM MITTWOCH, 14. FEBRUAR 1877, VORMITTAGS 10 UHR, ERGEBENST EINLADET HUGO DE VRIES, MATH. MAG. PHIL. NAT, DOCT, OPPONENTEN: PROF. DR. M. MÄRCKER. DR. F. SCHMITZ... HALLE. 1877. ipzig von Wilh. Engelmann. 4 Verlag 2 Le THESEN. Ueber eine specifische Wirkung des Kaliums in den Pflanzen ist zur Zeit nichts Sicheres bekannt. Physiologische Argumente haben für die Ungeschlechtlichkeit der höheren Pilze keine Beweiskraft. ; Die Bewegung des Wassers im Holze ist eine zweifache. Eine sehr rasche Strömung findet an der Innenwand der luftführenden Gefässe statt, während das Imbibitionswasser in den Wandungen der Holz- zellen sich nur sehr langsam bewegen kann. >98. der oamnlt 5 Hesklalklaeldese U ib Hd oh bokwnanal De ni. Koaakwanattididink va Der un day. iu: 1a Me VORWORT. Jedermann weiss, wie sehr Pflanzen für ihre normale Entwieke- lung des Wassers bedürfen. Mangel an Wasser lässt die Blätter und Jungen Stengeltheile welken. Beide hören dabei auf, ihre Fune- tionen in normaler Weise zu erfüllen. In den Blättern ‘nimmt beim Welken die Ausgiebigkeit der Kohlensäurezerlegung, und damit die Bildung neuer organischer Substanz wesentlich ab. Noch mehr hängt das Wachsthum der neu angelegten Organe von ihrem Wassergehalte ab. Ein auf trocknem Boden entwickeltes Exemplar ist kleiner, ge- drungener, weniger reich verzweigt und beblättert, als ein auf feuchtem Erdreich gewachsenes. Diesen äusserst wichtigen Einfluss auf die hervorragendsten Leistungen des Pflanzenlebens übt das Wasser dadurch aus, dass dureh seine Aufnahme die Zellen sich ausdehnen und steifer werden. Verlieren die Zellen das Wasser durch Verdunstung, so hören auch die Ausdehnung und die Steifheit auf; es tritt die bekannte Er- scheinung der Erschlaffung, das äusserlich sichtbare Merkmal des welken Zustandes ein. Bei der Wasseraufnahme wird der Umfang der Zellen grösser, und hierdurch wird ihre Haut gedehnt und ge- spannt. Endlich wird die Spannung der Haut so gross werden, dass sie jede weitere Vergrösserung unter den gegebenen Umständen un- möglich macht. Jetzt hält also die Zellhaut dem Streben des Zell- inhaltes, sich durch Wasseraufnahme weiter zu vergrössern, das Gleichgewicht. Diese Spannung zwischen Zellhaut und Zellinhalt ist eine der wesentlichsten mechanischen Ursachen des Längenwachs- thums pflanzlicher Zellen, und somit des gesammten Pflanzenwachs- thums. Sie ist wegen dieser hervorragenden Rolle mit einem be- sonderen Namen belegt, und Turgor genannt worden. Auf diesem vI Turgor beruht die Steifheit und das frische Aussehen saftreicher Pflanzentheile; er ist es, der den oben erwähnten Einfluss des Wassers auf das Pflanzenleben vermittelt. Will man also den Einfluss des Wassers auf das Pflanzenleben nicht blos empirisch kennen, sondern auch in seinem inneren Wesen verstehen und beurtheilen können, so ist es vor Allem nothwendig, die Erscheinung des Turgors zum Gegenstande eines eingehenden Studiums zu machen. Die physiologische Literatur enthält hierüber auffallenderweise nur gelegentliche, höchst spärliche Angaben. Des- halb stellt sich die vorliegende Schrift zur Aufgabe, den Turgor einer möglichst allseitigen und kritischen Behandlung zu unterwerfen, um dadurch den Weg für weitere Arbeiten über dieses wichtige Thema anzubahnen. ‘Haag, im December 1876. de ee Y Sa er N Reh REIN, WERNER U TEEN EEE RBRLRELSANNEERERER UOTE WERNER I IN a ni ee INHALTSVERZEICHNISS, Vorwort . Erste Abhandlung. Beschreibung einer Methode zur Aufhebung des Turgors in Pflanzenzellen. I. Einleitung. $1. Aufgabe ER $2. Wahl der Methode. Die Plasmolyse U. Kritik der bisher üblichen Methoden. $3. Das Oeffnen der Zellen $4. Die Verkürzung beim Welken .. $5. Die Verkürzung beim Tode des Prokielienie: Messung der Turgorausdehnung an bei 60° ©. getödteten Pflanzentheilen S. 18. II. Die Einwirkung von Salzlösungen auf turgescente Zellen. 86. Die Ursachen des Turgors in der wachsenden Zelle . » Bau der Zelle S.21. Rolle des Zellsaftes und der Zellstoffhaut beim Turgor S.24. Rolle des Protoplasma 8. 26. Concentra- tion des Zellsaftes S. 31. $ 7. Die Einwirkung der Salzlösung ; iR . Die Verkürzung in der Salzlösung S. 34. Fig. 1—4 8. 35. Die Ablösung des lebenden Plasma von der Zellhaut oder die Plasmolyse S. 37. Die Aufhebung des Turgors S. 40. Hof- meister'’s Auffassung des Turgors S. 41. $8. Beweise, dass das Protoplasma bei seiner Ablösung von der Zell- wand lebendig bleibt . i $9. Die zur Ablösung des Protoplasna REN Cohkähtraibn der Salzlösung . IV. Die Pflanzentheile bleiben ; in den en ee $ 10. Weachsthum von Sprossen in verdünnten Salzlösungen . $11. Wachsthum von Wurzeln in verdünnten Salzlösungen Einfluss der Concentration und der Natur des Salzes $. 57. $ 12. Auswaschen von Salzlösungen niederer Concentration $ 13. Auswaschen von Salzlösungen höherer Concentration . } Gelingt nach 2—4 Stunden ohne Schaden $. 62. Natur der Verbindung zwischen Protoplasma und Zellwand S. 65. Seite III 21 VIII $ 14. Allmähliges Absterben bei langem Aufenthalt in der Salzlösung Verlust der Eigenschaft, das Auswaschen ohne Schaden er- tragen zu können S. 67. Absterben des Protoplasma 8. 69. V. Die Ursachen der Verkürzung wachsender Pflanzentheile in den Salzlösungen. $ 1%. Ist die Verkürzung in den Salzlösungen nur eine Folge der Auf- hebung des Turgors? . \ Einstülpung der Zellhäute durch Gemosche Wikkensen S. 1. Imbibition der Zellhäute mit der Salzlösung 8. 73. Methoden zur Beantwortung der Frage S. 74. $ 16. Die Sprosse erreichen in den Salzlösungen nach einiger Zeit eine constante Länge . $ 17. Einfluss der Concentration ee der Kar der Tosuae suf die constante Länge der Sprosse ? $ 18. Einwirkung von Salzlösungen auf Ehekler Aurch Todtung ss Plasma turgorlos gemachte Sprosse VI. Zusammenfassung der Resultate. $ 19. Zusammenfassung der Resultate ; ee Bar Beschreibung der neuen Methode S. 86. Beweise für ihre Be- rechtigung 8. 88. Zweite Abhandlung. Ueber die Beziehung zwischen Turgor und Längenwachsthum. I. Bestimmung der Grösse der Turgorausdehnung in wachsenden Sprossen. $ 1. Methode der Versuche Br $ 2. Die Grenze der ausgedehnten Zone . $3. Die Vertheilung der Turgorausdehnung über die wähsende Strecke der Sprosse. Versuche $. 4. Ergebnisse der Versuche Ä $5. Die Verkürzung nicht völlig ture6äkonlör Bprobke : II. Dehnbarkeit junger Sprosse im turgorlosen Zustand. %6. Methode der Dehnung $ 7. Dehnbarkeit von in Salelüeıneci N TE $8. Dehnbarkeit welker Sprosse Seite | 66 70 76 80 84 s6 Erste Abhandlung. Besehreibung einer Methode zur Aufhebung des Turgors in Pflanzenzellen. I. Einleitung. $ 1. Aufgabe. _ Unter den mechanischen Ursachen der Zellstreekung spielen der Turgor und die von diesem bedingten Spannungserscheinungen eine hervorragende Rolle. Für die Mechanik des Wachsens stellt also ihr Studium eine der ‚wichtigsten Aufgaben dar. Die Lösung dieser Auf- gabe war aber bis jetzt nicht möglich, da eine zweckmässige Methode fehlte. Eine solehe Methode hat offenbar die folgenden Bedingungen zu erfüllen. Sie muss uns gestatten, die Eigenschaften der Zellen im frischen, turgeseenten Zustande mit den Eigenschaften derselben Zellen im spannungslosen Zustande zu vergleichen. Sie muss es also ermög- ‚lichen, den Turgor in lebenden Zellen vollständig aufzuheben, und die Zellen in diesem turgorlosen Zustand den nöthigen Untersuchungen zu unterwerfen. In der vorliegenden Abhandlung habe ich den Versuch gemacht, eine Methode zu begründen, welche diesen Anforderungen genügt. Indem ich die Angabe der Prineipien, auf welchen die von mir vorgeschlagene Methode beruht, für den zweiten Paragraphen aufbe- wahre, will ich hier die Bedeutung meiner Methode etwas ausführlicher beleuchten. Zuerst an einem einfachen Beispiele. Es sei die Aufgabe gestellt, zu erforschen, wie stark junge, wachsende Zellen durch ihren Turgor ausgedehnt sind. Mit andern Worten, man wolle die Turgor- ausdehnung solcher Zellen messen). Die Grösse dieser Turgoraus- 1) Ueber die Definition des Turgors, als die hydrostatische Spannung zwischen. Zellinhalt und Zellhaut, vergl. Sachs, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl,, de Vries, Ursachen d. Zellstreckung. 1 2 “dehnung wird offenbar durch Vergleichung der Grösse der Zelle, oder des Organs, im turgescenten und im turgorlosen Zustand gefunden; sie ist ja einfach gleich der Differenz dieser beiden Werthe. Um die vielfachen Beziehungen der von mir gestellten Aufgabe zu der mechanischen Wachsthumstheorie völlig klar zu legen, werde ich etwas weiter ausholen,, und den Kern dieser Theorie kurz schildern müssen. Die Untersuchungen über die Mechanik des Wachsens sind seit den letzten Jahren in vollem Flusse. ‘Die erste Anregung dazu bildet ein Aufsatz von Sachs, in dessen Handbuch der Experimentalphysio- logie 1865 erschienen !). Hier wird zuerst der Satz ausgesprochen und durch Versuche belegt, dass die heliotropischen und: geotropischen Krümmungen auf einem verschiedenen Längenwachsthum der verschie- denen Seiten der sich krümmenden Organe beruhen. Bis dahin hatte _ man, der Lehre Hofmeister’s?) folgend, allgemein angenommen, dass diese Erscheinungen Folgen von Aenderungen in der Dehnbarkeit wären, indem jedesmal die convex werdende Seite dazu dureh eine Be ihrer Dehnbarkeit veranlasst würde. Anknüpfend an diese Entdeckung von Sachs wurde nun bald eine lange Reihe scheinbar sehr verschiedenartiger Erscheinungen ge- prüft, und viele als Wachsthumserscheinungen erkannt und genauer studirt. 50 wurden z. B. die Richtungsänderungen der Wurzeln, die Krümmungen horizontal gelegter Grasknoten, die Bewegungen von Ranken und Schlingpflanzen in das neu eröffnete Forschungsgebiet hereingezogen. Bis in die allerletzten Jahre dehnten sich dadurch die Grenzen dieses Gebietes fortwährend aus. Gleichzeitig gewannen die Untersuchungen selbst eine sichere Grundlage durch die Ausbildung von feinen und zuverlässigen Be- ..obachtungsmethoden, und durch die Feststellung der wichtigsten em- pirischen Gesetze des Wachsthums®). Diese lehrte uns die Grunder- scheinung kennen, wie sie unter künstlich eonstant gehaltenen äusseren Umständen der Beobachtung zugänglich gemacht werden kann, aber auch die Abweichungen von jenen Regeln beurtheilen, welche uns S. 757 und den Schluss unseres$ 7. Turgorausdehnung nenne ich die Aus- dehnung der Zellwände durch diesen Turgor; Turgorkraft die Kraft, mit der der Zellinhalt die Haut auszudehnen bestrebt ist, resp. wirklich ausdehnt. 1) S. 497 und ff. 2) Hofmeister, Die Lehre von der Pflanzenzelle, 1867. 3) Sachs, Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tozeniinll we die stündlichen und täglichen Aenderungen des Längenwachsthums der Interno- dien. Arb. d. Bot. Inst. in Würzburg, Heft H. 1872, $. 99. 3 unter ‚dem, wechselnden Einfluss äusserer Agentien gewöhnlich das Wachsthum einer Pflanze darbietet. Als durch diese Arbeiten ein ausgedehnter Schatz neuer Erfahr- ungen zu Tage gefördert, und inzwischen auch die ältere Literatur kritisch gesichtet war, unternahm es Sachs in der 3. Auflage seines Lehrbuchs ‚der Botanik (1873), die bereits gesicherten Thatsachen und die angeregten Fragen zu einem neuen grossen Abschnitte der Pflan- zenphysiologie zusammenzufassen, Seit diesem Augenblicke nimmt die Mechanik des Wachsens eine geradezu hervorragende Stelle unter den Forschungsgebieten der neueren Pflanzenphysiologie ein, und steigt mit jedem Jahre die Zahl derer, die sieh an der Lösung ihrer Aufgabe betheiligen. ital \» «Was der ‚erwähnten Sachs ’schen Bearbeitung dieses Kapitels aber den meisten Werth gibt, ist das Streben des Verfassers, die an- scheinend so sehr verschiedenartigen Erscheinungen unter bestimmte, klare, gemeinschaftliche Gesichtspunkte zu bringen, und so die Grund- lage für eine Theorie des Waehsthums zu legen. ı Dieses Streben prägt der ganzen Abhandlung ihren eigenthüm- lichen Charakter auf. Als oberstes Prinzip stellt Sachs die Wechsel- wirkung zwischen Turgor und Intussusception auf. Die Ausdehnung der Zellwände dureh diesen Turgor beschleunigt die Einlagerung neuer fester Theilchen zwischen den bereits vorhandenen Moleeülen der Zellhaut !) ; diese Einlagerung ermöglieht ihrerseits eine weitere Turgorausdehnung. Wie. wiehtig dieser Turgor für das Wachsthum ist, geht am klarsten daraus hervor, dass er eine ganz allgemeine Eigenschaft wachsender Pflanzentheile ist. Auf der Turgorausdehnung beruht ja, wie Sachs zeigte , das frische Aussehen, die Straffheit der jungen saftreichen Or- gane. Bis dahin hatte man die Imbibition der Zellhäute mit Wasser als 1) »Nach der von mir aufgestellten Theorie ist eine wesentliche Bedingung des Wachsehs der Zelle der hydrostatische Druck, den der durch Endosmose sich mehrende Zellsaft auf die dehnbare Haut ausübt; indem die so gedehnte Haut neue Substanz zwischen ihre Molecüle einlagert, wächst'sie; ..... jede Ursache, - welehe die Turgescenz der Zelle steigert, wird ihr Wachsthum fördern, jede, die sie hindert, wird ihr Wachsthum verlangsamen können.« Sachs, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., S. 552. Wenn aber Sachs an einer andern Stelle diesen Satz so auffasst, dass durch die passive Dehnung der Zellhäute, welche der Turgor bewirkt, »die vollständig durchtränkte Zellhaut erst befähigt wird, in den Flächenrichtungen neue Substanz einzulagern« (l. e. 8. 773), so geht er hierin nach meiner Ansicht zu weit. Eine solche Auffassung würde eine spätere Ver- einigung der vom Turgor unabhängigen Wachsthumserscheinungen (z. B. das Waehsthum der Stärkekörner) mit den vom Turgor beeinflussten in hohem Grade erschweren. 1* 4 die Ursache der Steifheit frischer Pflanzentheile betrachtet. Aber diese von Hofmeister aufgestellte und damals fast allgemein angenom- mene!) Hypothese musste bald der neuen Auffassung weichen. Damit war aber dem neu eröffneten Forschungsgebiete eine sehr bestimmte Richtung angewiesen. Unter dem Einflusse der Sachs- schen Theorie traten die vom Turgor beeinflussten Wachsthumserschei- nungen in den Vordergrund. Wachsthumsvorgänge , welche zur Tur- gescenz offenbar in keiner Beziehung stehen, wurden nur gelegentlich erwähnt, nicht aber zum eigentlichen Gegenstande der Untersuchung gemacht. So z.B. das Diekenwachsthum der Zellhäute, das Wachsthum der Chlorophylikörner, der Stärkekörner und anderer Gebilde des Zelleninhaltes. Auf der anderen Seite beschränkten sich die Unter- suchungen nicht ausschliesslich auf das Längenwachsthum. Auch auf andere Erscheinungen wurden sie ausgedehnt, sobald diese nur klare Beziehungen zum Turgor erkennen lassen , oder doch an turgescenten Organen vor sich gehen, so z. B. das cambiale Diekenwachsthum 2) , ja sogar die periodischen und Reizbewegungen ausgewachsener Organe werden mit hereingezogen?). Man sieht, dass die ganze jetzige For- schungsrichtung auf diesem Gebiete von dem erwähnten Prinzipe beherrscht ist. Die Mechanik des Wachsens erforscht jetzt weniger die sämmtlichen Wachsthumserscheinungen, als wohl die sämmtlichen Processe, welehe unter dem Einflusse des Turgors vor sich gehen. Bei dieser Sachlage muss es nun Jedem auffallen, dass bei all diesen Arbeiten doch gerade der Knotenpunkt, um den sich sozusagen Alles dreht, nur sehr beiläufig behandelt, ja fast gänzlich vernach- lässigt worden ist. Der Turgor selbst wurde bisher noch kaum zum Gegenstande einer eingehenden Untersuchung gemacht. Wie gross dieser ist, wie gross die Kraft ist, welche die Zellinhalte auf die ge spannten Zellhäute ausüben ; wie stark durch sie die Zellwände factisch ausgedehnt sind, und welche Aenderungen alle diese Grössen von der frühesten Jugend einer Zelle an mit zunehmendem Alter erfahren ; diese und ähnliche Fragen wurden bisher noch ‘gar nicht beantwortet, ja selbst nicht einmal ernstlich in Angriff genommen. Und doch leuchtet 1) Sie wurde auch von mir in meinen ersten Arbeiten über dieses, Thema an- genommen; Materiaux pour la eonnaissance de Tinfluence de la temperature sur les plantes. Archives Neerlandaises V. 1870, p. 385. 2) de Vries. De l'influence de la pression du liber sur la’ structure des couches ligneuses annuelles. Archives N&erlandaises XI. 1876, S. 1-51. 3) Pfeffer. Physiologische Untersuchungen 1873. Idem, Die periodischen Bewegungen der Blattorgane 1875. ET en eh a rs Zr | | \ | 5 es ein, dass eine mechanische Wachsthumstheorie, deren oberstes Prinzip die Wechselwirkung zwischen Turgor und Intussusception ist, die Beantwortung der angeregten Frage in erster Linie erfordert! Fragen wir, wie es kommen mag, dass grade dieses Thema ver- nachlässigt wurde, so wird es wohl nicht schwer sein, darauf die Ant- wort zu finden. Offenbar war es der Mangel an einer brauchbaren und zuverlässigen Methode. Denn die bisher üblichen Methoden reichten zwar aus, um die Existenz des Turgors zu beweisen, mehr zu leisten vermochten sie aber nieht. Nur in einem Falle gelang es, trotz der Un- vollkommenheit jener Methoden, einen wichtigen Satz aufzufinden. Durch Messung der Verkürzung, welche die Partialzonen wachsender Sprosse beim Welken erleiden, zeigte ich, dass in solchen Sprossen die Stelle der grössten Turgorausdehnung mit dem Maximum der Par- tialzuwachse, also mit dem Maximum der Wachsthumsgeschwindigkeit zusammenfällt!). Einer weiteren Anwendung zeigte sich aber auch diese Methode des Welkens nicht fähig. Aus diesen Erörterungen glaube ich folgern zu dürfen, dass die Begründung einer zuverlässigen Methode zur Erforschung des Turgors eine wesentliche Bedingung für den Aufbau der mechanischen Wachs- thumstheorie ist. Aber noch in einer anderen , sehr wichtigen Hinsicht ist dies der Fall. Bei den meisten Wachsthumsuntersuchungen werden nur die äusserlich sichtbaren Verlängerungen gemessen. Nun ist es aber ein- leuchtend, dass eine auf diese Weise ermittelte Verlängerung nicht unbedingt auf Wachsthum durch Intussusception zu beruhen braucht. Vielmehr muss jede Längenzunahme, welche ein Organ durch einfache Erhöhung des Turgors, also durch vermehrte Ausdehnung der Zell- wände erfährt, nach der bisherigen Methode gleichfalls als Streckung betrachtet werden. Und wenn nun auch eine solehe Erhöhung des Turgors für gewöhnlich wohl auch eine Beschleunigung des Wachs- thums zur Folge haben wird, so ist es doch für eine genaue Einsicht in die Erscheinungen wünschenswerth,, beide Arten der Streekung ex- _ perimentell trennen zu können. Umgekehrt kann Längenwachsthum ‘durch Intussuseeption ohne äusserlich messbare Verlängerung vor sich gehen. Dieser Fall, der meines Wissens bisher fast nie beachtet worden ist, scheint in der Natur ganz allgemein vorzukommen. Jede turgescente Sprosszelle I) de Vries. Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. Arb. d. Bot. Inst. in Würzb. Heft IV. 1874, S. 519. 6 muss diesen Zustand durchmachen, bevor sie den ausgewachsenen Zustand erreicht. Denn sie verliert ihre Turgorausdehnung, ohne sich zu verkürzen. Um ebenso viel, als diese Ausdehnung betrug, muss sie also durch Intussusception wachsen, ohne dass man es bei den gewöhn- lichen Messungen wird bemerken können. Und dass diese Grösse eine nieht unansehnliche ist, wird sich im Verlaufe dieser: Abhandlung zeigen. 1 Man sieht hieraus, dass äusserlich gemessene Längenänderungen nicht immer und ohne Weiteres auf die Anwesenheit von wirklichem Wachsthum zu schliessen erlauben, und dass ebenso wenig der Mangel einer messbaren Verlängerung immer ein Beweis für Abwesenheit von Wachsthum ist. Dem entsprechend ist auch die Grösse einer Verlänge- rung nicht ohne Weiteres ein Maass für das Wachsthum dureh Intussus- ception. »Solehes ist offenbar nur dann der Fall, wenn Aenderungen des Turgors ausgeschlossen sind). Wo die Natur der Versuche ein Ausschliessen von Turgorschwankungen geradezu unmöglich macht, da wird man jedesmal den Antheil bestimmen miissen, den eben diese Schwankungen an den gemessenen Längenänderungen haben. In sol- chen Fällen ist es also wünschenswerth, eine Methode zu besitzen, welche die Grösse der Turgorausdehnung in einem Pflanzenorgane in einfacher Weise zu messen gestattet. rat Ein Beispiel möge dies erläutern. Es ist augenblicklich eine Frage von der höchsten Bedeutung für die Mechanik des Wachsthums, wel- chen Antheil der Turgor und die Intussusception 'an den als Wachs- thumsvorgänge erkannten Krümmungserscheinungen mehrzelliger Organe haben. So bei den heliotropischen und geotropischen Krüm- mungen, bei den Reizkrümmungen der Rariken?). Man hat versueht, diese eomplieirten Vorgänge aus den ähnlichen Reizkrümmungen zu erklären, welehe an einzelligen wachsenden Organen beobachtet wer- den. Andere haben gemeint, einen besseren Erklärungsgrund in den mehrzelligen ausgewachsenen Blattpolstern zu finden, da diese eben- falls unter denselben äusseren Einflüssen ähnliche Bewegungen machen. In dem ersterwähnten Falle beruhen die Krümmungen nur auf verschiedenem Wachsthum, in dem letzten nur auf verschieden starker Turgescenz der entgegengesetzten Seiten. ' In unserem Falle aber, den Krümmungserscheinungen mehrzelliger, wachsender Organe, 1) Wie z. B. in den grundlegenden Arbeiten von Sachs, cf. Arb. d, Bot. Inst. in Würzb. Heft II. 1872, 8. 105. 2) cf. Darwin, Climbing plants 1875, p. 179— 182. 7 betheiligen sich daran voraussichtlich sowohl das Waehsthum als der Turgor. Eine genügende Erklärung dieser complieirten Erscheinung aus den beiden erwähnten ist bis jetzt noch nicht gegeben worden. Es wird hier also vor allen Dingen eine experimentelle Trennung der An- theile beider Ursachen nothwendig werden, und diese wird voraus- sichtlich auf dem von mir eingeschlagenen Wege durchzuführen sein. 8.2. Wahl der Methode. Die Plasmolyse. Die von mir ‚befolgte Methode, um den Turgor in lebenden Zellen und ganzen Pflanzentheilen aufzuheben, besteht in der Be- handlung dieser Objeete mit starken Salzlösungen. Diese entziehen den darin gebrachten Pflanzentheilen das Wasser, und lassen sie er- schlaffen. Die Methode beruht auf einigen früher von mir aufgestellten Sätzen über die Permeabilität des Protoplasma, und über die Beziehung dieser Eigenschaft zum Turgor der Zellen'). Ich zeigte, dass leben- diges Protoplasma für zahlreiche, in Wasser lösliche Stoffe nieht oder nur in äusserst geringem Grade permeabel ist, während die Zellhaut diese Stoffe stets leicht durch ‚sieh. ‚hindurchgehen lässt. Sowohl für einige der im Zellsaft gelösten Körper, als für künstliche, von aussen eindringende Salzlösungen lieferte ich diesen Beweis. »Ich folgerte aus meinen Versuchen, dass diese geringe Permeabilität des Protoplasma, mit andern :Worten dieser Widerstand gegen den Durehgang von ge- ' lösten Stoffen, bei der Turgescenz eine. sehr wichtige Rolle spiele , ja für das Zustandekommen des Turgors geradezu eine unerlässliche Be- dingung sei. Denn da die Zellhaut für die gelösten Stoffe des Zell- saftes leicht permeabel ist, so müssten diese unter dem. Druck der ge- spannten Haut hinausgepresst, durch die Haut hindurch filtrirt werden. Eine Spannung könnte also in der Zelle nieht dauernd bestehen. Diese wird erst durch den erwähnten Filtrationswiderstand des protoplasma- tischen Wandbelegs ermöglicht ?. Aus diesen Sätzen habe ich nun eine Folgerung abgeleitet, welche den Ausgangspunkt für meine Methode bildet. Es ist der Satz, dass turgescente Zellen und Pflanzentheile unter der Einwirkung von star- ken Salzlösungen nicht nur Wasser verlieren und erschlaffen werden, sondern sich dabei auch so lange verkleinern müssen, bis sie ihren I) de Vries, Sur la perm&abilit& du protoplasma des betteraves rouges, Archives Nöerlandaises VI. 1871, p. 117. 2) 1. ec. p. 124—126. 8 Turgor völlig verloren haben. Diesen Satz werde ich in der vorliegen- den Abhandlung experimentell zu beweisen und allseitig zu beleuchten haben. Ist seine Richtigkeit einmal zugegeben, so kann die Methode ohne Weiteres abgeleitet werden. Man bringt die Pflanzentheile, in geeigneter Weise vorbereitet, in die Salzlösung ; indem diese in sie ein- dringt, verlieren sie ihren Turgor. Die Vergleichung der Eigenschaften der Versuchsobjeete vor und nach der Operation kann uns also unter gewissen Rücksichten die gewünschte Aufklärung geben. Nach unserem ersten Paragraphen ist als einer der wichtigsten Punkte dabei hervorzuheben, dass die Vergleichung der Länge des Organs vor und nach der Operation, mit andern Worten die Verkürzung , welche das Organ in der Salzlösung erleidet, das genaue Maass für den Antheil ist, welchen die Turgorausdehnung vorher an der Länge des Organs hatte. Die Anwendung hoch-eoncentrirter Salzlösungen mag für manchen Leser auf den ersten Blick etwas Befremdendes haben !). Denn leider ist das Studium der Einwirkung von Salzlösungen auf lebendige Pflan- zenzellen, seit den bahnbrechenden Arbeiten von Pringsheim?) und Nägeli?), fast ganz verlassen worden. Ja, die von ihnen erlangten Resultate sind stellenweise derart vergessen worden, dass man starke Salzlösungen oft geradezu als tödtliche Gifte bezeichnen hört! %). Diese Sachlage hat mich veranlasst, gerade diesen Theil meiner Arbeit mit besonderer Ausführlichkeit zu behandeln. Die vorliegende Abhandlung hat nun die Vörgedöhlaeh Methode wenigstens in ihren wichtigsten Zügen auszuarbeiten. Sie hat zunächst die oben aufgestellten Hauptsätze, dass Salzlösungen den Turgor wachsender Pflanzentheile völlig aufheben können, und dass die Ver- kürzung dieser dabei das Maass ihrer vorherigen Turgorausdehnung ist, experimentell zu beweisen. Sie hat ferner die der Methode etwa entgegenstehenden Auffassungen und Schwierigkeiten zu beseitigen. Da ich in den folgenden Abschnitten jede einzelne, zu beantwortende Frage für sich abhandeln werde, und den meisten eingehende Detail- untersuchungen widmen muss, werde ich dort nur selten Gelegenheit ’ 1). Vergl. Hofmeister, Die Pflanzenzelle. S. 11, 15. 2) Pringsheim, Bau und Bildung der Pflanzenzelle, Berlin 1854. 3) Nägeli, Primordialschlauch, in dessen Pflanzenphys. Unters. Heft I. 1855, 8. 1. 4) Für die Unschädlichkeit der Einwirkung hoch-eoncentrirter, z. B. zehn- protentiger Salzlösungen auf lebendes Plasma sprechen auch manche Erfahrungen in der Thierphysiologie. Vergl..z.B. L. Hermann, Untersuchungen über den Stoffwechsel der Muskeln, Berlin 1867, S. 77. 9 haben, die Beziehungen dieser Untertheile zu einander und zum Ganzen zu besprechen. Für das klare Verständniss dieser verschiedenen Abtheilungen wird es also zweckmässig sein, wenn ich diesen Zusammenhang vorher dar- zulegen versuche. Ausgangspunkt für meine Untersuchungen bildet die bekannte Ein- wirkung wasserentziehender Mittel auf Pflanzenzellen. Coneentrirte Lösungen von Zucker oder Glycerin entziehen den Zellen das Wasser des Zellsaftes, welches durch den protoplasmatischen Wandbeleg und, dureh die Zellhaut hindurch in die umgebende Lösung übertritt. Ist diese Lösung stark genug, so fängt nach einiger Zeit das Protoplasma an, sich an einzelnen Stellen, meist an den Ecken, von der Zellhaut zurückzuziehen, und je nach der Concentration der Lösung und der Dauer der Einwirkung kann dies so weit gehen, dass das Protoplasma sehliesslich als eine den Zellsaft umschliessende Hohlkugel, allseitig frei, im Zelllumen liegt. Der Raum zwischen ihm und der Zellhaut ist dann von der eingedrungenen Lösung erfüllt. Diese Erscheinungen sind allgemein bekannt; ihre Bedeutung ist aber bis jetzt übersehen worden. Diese ergibt sich aus dem von mir aufgestellten Satze, dass es der bedeutende Filtrationswiderstand des protoplasmatischen Wandbelegs ist, der eine. so starke Wasserein- saugung durch den Zellsaft ermöglieht, dass ein hoher hydrostatischer Druck entsteht, welehem nun die Spannung der Zellhaut das Gleich- gewicht hält. Daraus folgt, dass nach der Ablösung des Protoplasma von der Zellwand in einer Zelle kein Turgor bestehen kann, und dass die Zellwand also durch. diesen Process in den ungespannten Zustand zurückgeführt wird. Nehmen wir nun als Beispiel eine eylindrische Zelle , ‚und berücksichtigen wir nur die Aenderungen ‚ihrer Länge. Diese wird nun offenbar im ungespannten Zustande genau so viel kürzer als im ‚frischen Zustande sein, als sie vorher vom Turgor ausgedehnt war. Die Vergleichung der Länge vor und nach dem Versuche lehrt uns also die Grösse der Ausdehnung durch Turgor kennen. Die Richtigkeit dieser Schlussfolgerungen werde ich nun experi- mentell zu beweisen und ihre Tragweite allseitig zu beleuchten haben, um dadureh die theoretische Grundlage meiner Methode über allen Zweifel zu erheben. Die bereits mehrfach erwähnte Erscheinung der Ablösung des Pro- toplasma ist für meine Methode von soleher Wichtigkeit, dass ich überall auf sie werde zurückgehen müssen. Um dabei die etwas weitschweifige Umschreibung nicht jedesmal wiederholen zu müssen, will ieh sie mit 10 einem einfachen Namen belegen. Ich wähle hierzu das Wort Plasmo- Iyse und bezeichne damit also die Ablösung des lebenden Protoplasma von der Zellwand durch wasserentziehende Mittel. Dieser Bezeichnung entsprechend werde ich Zellen, in denen ‘der protoplasmatische Wand- beleg allseitig oder auch nur stellenweise von der Wand abgelöst ist, plasmolytisch nennen. Es lässt sich dadurch der oben angedeu- tete, von mir zu beweisende Satz auch so fassen, dass in einer plasmo- lytischen Zelle kein Turgor möglich ist. Ich übertrage nun die obige Betrachtung von der einzelnen Zelle auf ganze wachsende Pflanzentheile. Sind diese dünn genug, so können sie ohne weitere’ Vorbereitung in die Lösung gebracht werden, andern- falls müssen sie der Länge nach halbirt werden , um der Lösung das Eindringen zu erleichtern. Ist nun die Lösung so weit eingedrungen, dass in allen Zellen sieh das Protoplasma von der Wand zurückzieht, so 'kann nach dem Vorhergehenden in keiner Zelle mehr Turgor be- stehen, und also muss nun auch das ganze Organ turgorlos sein. Ebenso wie die einzelne Zelle, nenne ich'auch die Pflanzentheile in’ diesem Zustande 'plasmolytisch. Es wäre möglich, dass im frischen Zustande die verschiedenen benachbarten Zellen durch den Turgor nieht gleich stark ausgedehnt wären; in diesem Falle werden im plasmolytischen Organe noch Spannungen zwischen den einzelnen Gewebepartien vor- handen sein können. Die Erfahrung lehrte mich, dass’ diese zwar nicht vollständig fehlen, aber stets sehr geringfügig sind. Jedenfalls aber wird die Verkürzung des Sprosses durch die mittlere Verkürzung seiner Zellen bestimmt sein, und'nur diese ist zunächst für uns von Interesse. Nach diesen Erörterungen folgt fast von selbst, wie die Messungen auszuführen sind. Auf dem zu untersuchenden Spross wird die zu messende Streeke dureh zwei feine‘ Tuschestriehe markirt ‚ihre Ent- fernung genau gemessen. Nachdem jetzt der Spross in die Lösung ge- bracht worden ist und dort eine constante Länge angenommen hat, wird er wieder gemessen. Die Differenz beider Grössen ist der gesuchte Werth, die Grösse der Turgorausdehnung im’ frischen Zustande. Wie man sieht, ist die Anwendung meiner Methode eine sehr einfache, und schliesst sie sich direet an die: bis jetzt üblichen Messungsmethoden an. Statt der Lösungen von Zucker oder' Glycerin benutze ich Salz- lösungen). Und da gegenwärtig die erstere zur Ablösung des Proto- 1) Dass alle Mittel, welche das Protoplasma von der Zellwand ablösen, es aber gleichzeitig tödten, wie z. B. Alkohol, unzulässig sind, braucht wohl kaum bemerkt zu werden. 11 plasma von der Zellwand allgemein gebräuchlich sind, die Salzlösungen aber fast von Niemandem benutzt werden, will ich hier kurz ihre Vor- züge angeben. Der erste und wichtigste Vorzug ist ihre viel grössere Diffusions- geschwindigkeit. Will man einen Spross in Zuekerlösung plasmolytisch machen, so kann es einen vollen Tag oder noch länger dauern, bis er eine eonstante Länge angenommen hat, in Lösungen von Kochsalz oder Salpeter bedarf es hierzu meist nur weniger Stunden. Die Versuchs- dauer ist bei der Anwendung von Salzlösungen also viel kürzer, was nieht nur ein viel bequemeres, sondern auch ein viel sichereres Arbeiten mit sich führt. Unser Abschnitt über die Zeit, welehe Sprosse in den Lösungen zubringen können, ohne zu sterben, wird dies deutlich be- weisen !). Ein Nachtheil der Zuckerlösungen liegt in ihrem grossen osmo- tischen Aequivalente, mit anderen Worten in dem Umstande, dass für ge- ringe 'Mengen in die Zelle eindringenden Zuckers grosse Mengen Was- sers austreten, was leicht eine Einstülpung der Zellhaut veranlassen kann. Eine solche Rinstülpung könnte aber möglicherweise die Länge des Organs unabhängig vom Turgor beeinflussen, ein Punkt, den wir in unserem $ 15 näher beleuchten werden. -. Einen nicht zu unterschätzenden Vortheil der Salzlösungen erblicke ich auch darin, dass.sie in viel geringeren Concentrationen angewandt werden können. Dieses ergibt sich bereits aus meiner oben eitirten Arbeit?), welche lehrt, dass zur Plasmolyse von Rübenzellen von Chlornatrium- oder Chlorkalium-Lösungen etwa 4%, von Kali- oder Natronsalpeter etwa 6—7% genügen, während die Concentration einer Zuckerlösung mehr als 25 % betragen muss, um denselben Zweck zu erreichen. Die Ursache liegt, wie ich damals hervorgehoben habe, darin, dass bei gleicher Coneentration die Zuckerlösungen eine viel ge- ringere Anziehung zu Wasser haben, als die Lösungen der obengenann- ten Salze. In der praktischen Anwendung bieten die Salzlösungen noch andere Vorzüge, welche ich hier aber nieht alle aufzählen kann. Für die Wahl des Salzes ist es massgebend, zu wissen, dass es rasch dureh die Zellhaut diffundirt, aber nieht oder nur äusserst lang- sam und in unbedentender Menge dureh das Protoplasma hindurehgehen kann. Dieser wichtigen Bedingung war durch meine erwähnte Arbeit ” I) Vergl. den vierten Abschnitt. 2) Arch. Neerl. VI. 1871, p. 113. 12 unter Anderm für Kochsalz und Kalisalpeter genügt: und da diesen Salzen nach Graham’s Versuchen eine sehr grosse Diffusionsgeschwin- digkeit zukommt, so habe ich mit ihnen weitaus die meisten Ver- suche angestellt. Ich verhehle mir nicht, dass sich gegen die praktische Brauehbar- keit und die theoretische Berechtigung der hier vorgeschlagenen plas- molytischen Methode anscheinend schwer wiegende Bedenken anführen lassen. Ja vielleicht wird mancher Leser geneigt sein, sie von vorn- herein als unzulässig zu betrachten. Ich werde aber versuchen zu zeigen, dass jene Bedenken unbegründet sind, ja zum Theil auf Vorurtheilen beruhen, deren Widerlegung allein schon die darauf verwendete Arbeit lohnen würde. Auf der anderen Seite wird man aber aus dem zweiten Abschnitte dieser Abhandlung ersehen, dass andere Wege nicht zum Ziele führen. Ich habe dort sowohl die bisher üblichen, als andere sich darbietende Methoden geprüft, aber keine brauchbar gefunden. Sollte _ also die plasmolytische Methode auch nicht so vollständig zuverlässig sein, als ich behaupte, sie wird dennoch die einzige praktisch anwend- bare sein. . Die wichtigsten Bedenken gegen meine Methode lassen meh in den beiden folgenden Fragen formuliren: 1) Bleiben die Sprosse in den Salzlösungen lebendig, und können die an solchen Sprossen gemachten Erfahrungen auf die leben- digen Sprosse übertragen werden ? 2) Wird die messbare Verkürzung bei der Plasmolyse nur durch die Aufhebung des Turgors verursacht, und haben andere Ur- sachen (z. B. die Imbibition der Zellhäute) daran keinen Antheil? Diese beiden Fragen sind von so hervorragender Bedeutung für die richtige Lösung unserer Aufgabe, dass ich sie durch besondere experi- mentelle Untersuchungen beantwortet habe (Abschnitte IV und V). Die Behandlung der zweiten Frage ist nur auf dem Wege des Experi- mentes möglich; in Bezug auf die erstere möchte ich hier aber noch einige allgemeinere Bemerkungen hinzufügen. Es ist eine sehr verbreitete, irrthümliche Ansicht, dass concentrirte Salzlösungen (z. B. eine Kochsalzlösung von 10—20 %) für das Leben der Pflanzenzellen gefährlich seien. Viele halten dafür, dass eine Zelle bereits todt ist, sobald das Protoplasma nur von der Zellhaut abgelöst oder, wie man es häufig nennt, contrahirt worden ist. Andere geben zu, dass eine Zelle zwar in diesem Zustande noch nicht wirklich todt ist, behaupten aber, dass das einmal abgelöste Protoplasma sich nie wieder 13 in normaler Weise an die Zellwand anlegen kann, und dass also die Zellen doch in Folge der Operation nothwendig sterben müssen. Die Unrichtigkeit dieser Meinungen habe ich bereits in der mehr- fach erwähnten Arbeit für ausgewachsene Zellen dargethan; da aber Junge Zellen gegen äussere Eingriffe im Allgemeinen empfindlicher sind als alte, so werde ich bemüht sein, meine früheren Experimente jetzt an wachsenden Zellen zu wiederholen und neue Beweise für meine Behauptung mitzutheilen. In dem allgemein verbreiteten Widerwillen gegen die Anwendung von eoncentrirten Salzlösungen bei pflanzenphysiologisehen Unter- suchungen erblicke ich die Ursache, weshalb die von mir vorge- schlagene Methode bis jetzt noch nicht versucht wurde. Ich meinerseits habe von der Benutzung solcher Lösungen für die Beantwortung der verschiedensten Fragen seit nunmehr sechs Jahren immer nur günstige Resultate erhalten, und kann sie also jedem Physiologen und Mikro- skopiker dringend empfehlen. Ä In Bezug auf die praktische Brauchbarkeit hoffe ich, dass meine ‘ mit dieser Methode durchgeführte Untersuchung über die Grösse der Turgorausdehnung in wachsenden Sprossen die gewünschte Auskunft geben wird. Dass die Sprosse im plasmolytischen Zustande noch zu weiteren Versuchen anwendbar sind, dürften meine mit ihnen ange- stellten Dehnungsversuche beweisen). Auch hoffe ich, dass mir die Gelegenheit nicht fehlen wird, selbst die Methode auf die a anderer wichtiger Fr eu a Ananhehder. II. Kritik der bisher üblichen Methoden. 83. Das Oeffnen der Zellen. Bekanntlich hat Hofmeister?) diese Methode angewandt ge- legentlich seiner Behauptung, dass die Gewebespannung auf den Im- bibitionserscheinungen der Zellhäute, nicht auf der Spannung zwischen Zellinhalt und Haut beruhe. Er stellte aus den zu untersuchenden Ge- weben Schnitte dar, deren Dicke weniger als der mittlere Durchmesser einer der das Gewebe zusammensetzenden Zellen betrug: in diesen t) Vergl. die zweite Abhandlung dieses Heftes. 2) Hofmeister, Ueber die Beugung saftreicher Pflanzentheile durch Er- schütterung; Ber. der K. Sächs. Ges. d. Wiss. 1359, p. 194. 14 - waren: dann alle Zellen geöffnet, und eine Spannung zwischen. Zell- inhalt und Haut konnte nicht mehr bestehen. Es kamen: dabei Span- nungen zwischen den Zellhäuten verschiedenartiger Zellen und Gewebe- partien zur, Beobachtung, und diese wurden: von’ Hofmeister, zur Grundlage seiner Theorie der Gewebespannung gemacht. et Ohne in eine Kritik, der Berechtigung dieser, jetzt ohmehin ver- lassenen Theorie eingehen zu wollen , will. ich‘einen Punkt heryor- heben, der uns hier direet interessirt. Die Zellhäute wurden nur in. den fer tigen Schnitten untersucht, eine ‚Vergleichung ihres neuen. Zustandes, mit ihrem Verhalten in dem lebendigen Pflanzentheile, wurde nicht vor- genommen. Die Herstellung. der Schnitte war mühsam ‚und zeitraubend: sie über grössere, vorher gemessene Strecken ‚des Pflanzentheils AUSZU- dehnen, war geradezu ‚unmöglich. : Dadurch. musste .die bedeutende Verkürzung , welche wachsende ‚Zellhäute; bei der‘ ‘Vernichtung, des Turgors, erfahren ,: unbemerkt: bleiben. ‚Und gerade, dieser Umstand macht die Methode für eine ausgedehnte Anwendung auf.unsere. Fragen unbrauchbar. . Dazu kommt, dass die Operation bei ‚grosszelligen Ge- webepartien mit Mühe ausführbar ist, bei.den allerjüngsten, sich. bereits streckenden Theilen eines Sprosses und ebenso bei den jungen Gefäss- bündeln wegen der Kleinheit der Zellen wohl gar nicht gelingen wird. Auch würde die von uns gestellte Aufgabe. die Herstellung grosser, makroskopisch leicht messbarer Schnitte erfordern, was in den zuletzt genannten Fällen ‚zu kaum überwindliehen Schwierigkeiten führen würde. bir Diese Bemerkungen werden zeigen, dass das Oeffnen de Zellen nicht geeignet ist, eine Methode zur ausführlichen Unter DE der Tur gorchinhnieelihgk zu begründen: $ A. Die Verkürzung beim Welken. Diese Methode wurde von Sachs!) benutzt, um zu zeigen, dass wachsende Wurzelspitzen durch den Turgor ausgedehnt sind und dem entsprechend sich bei Wasserverlust verkürzen. . Er liess Wurzeln von Pisum , Faba u. A. während 10—30 Minuten an der: Luft verdunsten und mass dabei die Verkürzung der einzelnen Partialzonen an vorher aufgetragenen Marken. Er fand, dass eine Verkürzung von 3—5 % 1) Sachs, Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. Ye d. Bot. Inst. in Würzb. III. 1873, 8. 396, 15 sehr gewöhnlich vorkam, ohne dem Leben der Wurzeln zu schaden. Ja in einem Falle verkürzte sich die jüngste 10 Mm. lange Partialzone einer Wurzel von ‚Pisum sativum um 12% , ohne die Fähigkeit zu ver- lieren, sich nachher in Wasser wieder auszudehnen und weiter zu wachsen. Ein Jahr später benutzte ich dieselbe Methode, um die Stelle auf- zufinden, an der in wachsenden ‚Sprossen das Maximum der Turgor- ausdehnung liegt!). Ich ging davon aus, dass man von dieser Ausdeh- nung wenigstens eine annähernde Vorstellung bekommen müsse, wenn man durch Verdunstung den Turgor aufhören lässt und die Zusammen- ziehung der einzelnen Abtheilungen des Sprosses während der Verdun- stung, also beim Welken, beobachtet. Es stellte sieh heraus, dass, wenn man vorher völlig turgescent gemachte Sprosse welken lässt, diese sich in ihren verschiedenen Partialzonen ungleich stark verkürzen. Und zwar ist die Verkürzung in der Höhe des Maximums der Partial- zuwachse am grössten. Aus diesen Versuchen, welche ich später mehr- fach und stets mit demselben Resultate wiederholte, folgerte ich, dass die Stelle der grössten, durch den Turgor verursachten Dehnung der Zellhäute wenigstens annähernd mit der Stelle des raschesten Wachs- thums zusammenfällt. Zahlreiche, nach meiner neuen Methode angestellte Versuche haben diese Folgerung nur bestätigt. Mit diesen Resultaten scheint mir aber die Leistungsfähigkeit der Methode des Welkens erschöpft zu sein. Denn sobald es darauf ankommt zu wissen, wie gross die Turgorausdehnung ist, lässt sie uns im Stich. Absolute Werthe sind mit ihrer Hülfe nicht zu erreichen. Es ist nicht möglich, bei einem welkenden Organe den Augenbliek anzugeben, in welchem der Turgor zwar vollständig aufgehoben ist und die Zellhäute völlig spannungslos sind, aber in welchem noch keine weitere Verkür- zung stattgefunden hat. Denn die Zusammenziehung eines welkenden Organes ist nicht etwa beendigt, sobald die Häute von aller Spannung befreit sind, sondern sie dauert auch nachher stetig fort. An saftigen Pflanzentheilen treten dabei äusserlich Runzelungen und Torsionen auf, und nicht eher hört die Verkürzung auf, als bis das Organ völlig aus- ‚getrocknet ist. Dabei aber verkürzen sich junge, noch wachsende Or- gane um so ansehnliche Procenttheile ihrer Länge, dass es vollständig I) de Vries, Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. Art. d. Bot. Inst. in Würzb. Heft IV. 1874, S. 519. ' 16 unmöglich ist, diese ganze Verkürzung einfach dem Verluste des Tur- gors zuzuschreiben. Einige Beispiele mögen dies erläutern. Ich wähle dazu einige Be- obachtungen an jungen Blüthenstielen, deren Blüthenknospen sich'noch nicht geöffnet hatten und an denen eine bedeutende Strecke noch im Wachsthum begriffen war. Nachdem sie von.den Pflanzen abgeschnitten waren, wurde die jüngste, 20 Mm. lange Strecke durch. zwei'feine Tuschestriche markirt ‚und: sodann die Objeete in trockener Luft der freien Verdunstung ausgesetzt. Nach 3—4 Tagen, als sie völligrausge- trocknet waren, wurden die Entfernungen der Marken‘ von Neuem. ge- messen, Ich beobachtete dabei z. B. folgende Verkürzungen: Thrincia hispida 34onlösd :520425% Agrostemma\ Githago 2.2.01: 25—30% Scabvosa Gramuntia .. 2... 30-—35% Froelichia floridana ©: 11. W24% 1 nd Waren die wachsenden Strecken lang, wie bei Zhrineia und ‚Froe- lichia , ‚so war die Verkürzung. häufig, über 80—100 Mm. eine.‚ebenso oder doch fast ebenso ansehnliche. , Die älteren; noch wachsenden Theile; sowie. die bereits ausgewachsenen verkürzten sich aber viel weniger oder auch gar nicht. Controlleversuche nach der plasmolytischen Methode lehrten, du man für diese und ähnliche Sprosse höchstens eine Turgorausdehnung von 10—15% annehmen kann. Es wäre immerhin noch denkbar, dass sich das Welken dennoch für die Messung der Turgorausdehnung eignete. Denn es muss offenbar wäh- rend des Welkens eines Organes einen Moment geben, wo der Turgor ' völlig aufgehoben ist und die weitere Verkürzung (das Vertrocknen könnte man sagen) noch nicht angefangen hat. Wäre es möglich, diesen Moment zu bestimmen, so würde man die Turgorausdehnung nach dieser Methode messen können. Ich habe deshalb die oben erwähn- ten Blüthenstiele von Anfang des Versuchs an täglich einige Male ge- messen; irgend eine Veränderung im Gange der Verkürzung, welche auf einen solchen Moment hätte hindeuten können, habe ich dabei nicht beobachtet. Auch ist es sehr fraglich, ob dieser Punkt in allen Zonen gleichzeitig eintreten würde. Fassen wir nun die Resultate dieser Auseinander setzung kurz zu- sammen, so sehen wir, dass die Verkürzung beim Welken viel ansehn- licher sein kann, als der alleinigen Aufhebung des Turgors entspricht, und dass sie bis zum Vertrocknen stetig fortschreitet, ohne dass je irgend eine Aenderung im Gange der Verkürzung wahrzunehmen wäre, 17 welche uns den Zustand mit genau aufgehobenem Turgor, aber ohne weitere Verkürzung anzeigt. Hieraus folgt u. A. in Bezug auf die oben mitgetheilten Zahlen aus Sachs’ Untersuchung, dass es sich ohne Weiteres nicht entscheiden lässt, ob sie dem wirkliehen Werthe der -Turgorausdehnung entsprechen, oder ob sie grösser oder kleiner als dieser sind. - Die Methode des Welkens ist also überall unbrauchbar, wo man absolute Werthe zu erhalten wünscht. Nur bei vergleichenden Versuchen kann sie unter Umständen Dienste leisten. Ich werde sie gelegentlich zur Controlle der nach anderer Methode gewonnenen Ergebnisse be- nutzen. a $5. Die Verkürzung beim Tode des Protoplasma. 0 Es ist eine bekannte Thatsache, dass turgescente Pflanzentheile, wenn 'sie dureh irgend eine Ursache getödtet werden, ihre Turgescenz dabei verlieren und mehr oder weniger sehlaff werden. Gekoehte und erfrorene Pflanzen liefern hiervon schöne Beispiele. Der Verlust der Steifheit beruht darauf, dass ein Theil des Zellsaftes dureh die ge- tödteten Zellwandungen austritt, und dass somit die Spannung der . Häute aufhört. Diese Thatsache wurde für das Erfrieren zuerst aus- führlieh dureh Sachs!) klargelegt. Durch diese Arbeit sehe ich mich ‚veranlasst, die Frage aufzustellen, ob vielleieht nicht hierin ein Mittel zu finden sei, die Turgorausdehnung messend zu studiren? Es war doch einleuchtend , dass in -erfrorenen Pflanzentheilen keine Spur von Turgor mehr bestehen kann, und es schien danach, dass die Verkür- zung beim Erfrieren als ein Maass für die vorherige Turgorausdehnung benutzt werden könnte. Aber die Erwägung der Möglichkeit, dass beim Erfrieren auch die Zellhäute in ihrem moleeularen Bau und also viel- leicht auch in ihrer Grösse geändert wären, liess mich auf diese Absieht verzichten. Ich wandte mich zu der oberen Temperaturgrenze der Vegetation, und diese bot mir bessere Aussichten. Aus einer grundlegenden Arbeit von Sachs?) wissen wir, dass Pflanzen und Pflanzentheile in Wasser bei etwa 45°, in Luft bei etwa I) Sachs, Ber. d. K. Sächs. Ges. d. Wiss. 1860, p.1. Dass beim Tode durch eine zu hohe Temperatur die Veränderungen dieselben sind, zeigte ich in meiner Abhandlung »Sur la mort des cellules vegetales par Veffet d'une temperature elev6e«, Archives N6erlandaises. VI. 1871, p. 245. 2) Sachs, Ueber die obere Temperaturgrenze der Vegetation, Flora. 1869, p. 5. de Vries, Ursachen d. Zellstreekung. 2 18 50° C. sterben. Ich habe diese Versuche für eine lange Reihe der ver- schiedenartigsten Pflanzen und Pflanzentheile wiederholt und überall annähernd’ denselben Werth für diese Grenze gefunden). Nur zeigte sich, dass je nach dem Alter und je nach der Natur des Organes geringe Unterschiede in dieser Grenze auftraten, welehe häufig einige Grade. betrugen. Will.man also sicher sein, ‚dass ein Pflanzentheil dureh die angewandte Temperatur völlig getödtet werden wird, so empfiehlt es sich, diese stets einige Grade höher zu wählen als die mittlere monkR für das Pflanzenreich. Zwischen der Temperatur des kochenden Wassers und der tiefsten, bereits tödtlichen Temperatur liegt ein so bedeutender Abstand, dass man von vornherein erwarten darf, dass die Wirkung dieser beiden Temperaturen nicht einfach vollständig dieselbe sein wird. Dieser Er- wartung entspricht die Erfahrung. So sind z. B. gekochte Pflanzen- -theile meist sehr viel schlaffer als solche, welche nur unbedeutend über ihre obere Temperaturgrenze hinaus erwärmt worden sind, Aus diesen und anderen Gründen empfiehlt es sich für unsere Zwecke, die Pflanzen nicht zu kochen, sondern sie nur so weit zu erwärmen, dass man sicher sein kann, dass alle Zellen getödtet sein müssen. Ich wählte eine Er- wärmung von etwa 5 Minuten in Wasser von 60° C. | Erfahren nun die Zellhäute bei dieser Operation keine BER ; in ihrem moleeularen Bau? Diese Frage, welche für unsere Unter- suchung von so hoher Wichtigkeit ist, lässt sich leider nicht definitiv. beantworten. Nach der herrschenden Meinung wäre sie entschieden zu bejahen; nach meinen bisherigen Erfahrungen bin ich aber geneigt an- zunehmen, dass dafür kein einziger stiehhaltiger Grund vorliegt?). Mir scheint, dass bei der Ueberschreitung der Temperaturgrenze des Lebens die Zellhäute wenigstens zunächst keine ‚merkliche Veränderung in ihrem Baue erleiden, Ich glaube diesen Satz durch eine Reihe von Ver- suchen bewiesen zu haben, in denen ich zeigte, dass die Temperatur- grenze des Lebens der ganzen Pflanzentheile mit der Lebensgrenze des Protoplasma zusammenfällt, dass aber merkliche Aenderungen der Zellhäute erst bei um einige Grade höheren Temperaturen eintreten ?). 1) de Vries, De invloed der temperatuur op de levensverschynselen der planten, 1870, p. $ und 105. Idem, Materiaux pour la connaissance de l'influence de la temperature sur les plantes, Archives Neerlandaises V..1870, p. 385. 2) Die von Hofmeister (z. B. Die Pflanzenzelle, S. 11) aufgestellten Argu- mente haben ihren Werth verloren durch den von Sachs gelieferten Nachweis, dass bei der Steifheit wachsender Pflanzentheile die Imbibition der Zellhäute nur eine untergeordnete Rolle spielt. Vergl. hierüber den Schluss unseres &7. 3) Archives Ne£erl. VI. 1871, p. 245. ' 19 Ich bin jetzt, nachdem die damals von mir gefolgte Hofmeister'sche Theorie der Gewebespannung sich als irrig erwiesen hat, geneigt, die gefundenen Unterschiede in den beiden Temperaturgrenzen noeh für zu klein zu halten. Aber die Thatsache, dass die Lebensgrenze für Proto- plasma und Zellhaut nicht zusammenfällt, steht jedenfalls fest. Auch scheint mir das Gegentheil a priori so unwahrscheinlich, dass die Be- hauptung kaum eines ausführlichen experimentellen Beweises bedürfte. Es ist selbstverständlich, dass der Tod des Protoplasma' schliesslich auch die Desorganisation der Zellhaut nach sieh ziehen muss; meine bisherigen Erfahrungen weisen aber darauf hin, dass diese erst nach einer ziemlich langen Zeit bemerkbar werden wird. Ich folgere also: Weder theoretische Gründe, noch direete Ver- suche beweisen bis jetzt, dass bei der Tödtung von Pflanzen durch un- bedeutendes Ueberschreiten ihrer oberen Temperaturgrenze die Zell- häute direet alterirt würden. Dieses zugegeben, ist der Versuch bereeh- tigt, aus der Verkürzung wachsender Pflanzentheile bei der Tödtung in Wasser von 60° ©. ihre vorherige Turgorausdehnung zu bestimmen. Untersuchen wir ‚also, wie gross diese Verkürzung ist. Zu diesem Versuche wählte ich dünne, kräftig wachsende Organe, und zwar Blüthenstiele von _Eschscholtzia californica und Cephalaria leu- eantha, Blattstiele von Tropaeolum majus und Ausläufer von Fragaria grandiflora. Für die Messungen wurde eine Marke dicht hinter der Endknospe und eine andere in einer bestimmten Entfernung mit Tusche aufgetragen. Dann wurden die Sprosse in Wasser von 60° C. während fünf Minuten gehalten und daraus in kaltes Wasser übergebracht. Von Zeit zu Zeit wurden sie gemessen. In der folgenden Zusammenstellung theile ich aus mehreren für jede Art nur einen Versuch mit. Entfernung der Marken in Millimetern) Eschscholtzia Cephalaria , Tropaeolum Fragaria vor der Tödtung 70.0 100.0 80.0 100.0 /4 Stunden nachher 67:2 94.8 76.6 99.0 2 - - 66.7 94.2 76.1 98.6 4 - - 66.1 93.9 75.9 95.4 7 - - 65.9 93.8 75.2 98.3 101/, - - 65.8 93.7 79.2 98.3 22 - - 65.7 93.6 75.1 98.2 Die Tabelle lehrt uns, dass die Verkürzung im Anfange sehr be- dentend ist, dann aber bald abnimmt und nach 10: Stunden bereits so gering ist, dass sie in weiteren 12 Stunden die Grenze der Beobach- tungsfehler (0.1 Mm.) nicht mehr überschreitet. 2% 20 Versuche mit anderen Arten bestätigten dieses Resultat; stets dauert es geraume Zeit, bis die getödteten Zweige eine constante Länge erreichen. Die Ursache davon ergibt sich leicht aus der von mir auf- gestellten Theorie über den Antheil der Permeabilität des Protoplasma an dem Turgor!). Bei der Tödtung wird der Filtrationswiderstand des Protoplasma vernichtet, indem dieses stirbt. Der Zellsaft kann nun durch die Haut austreten, und wird dazu durch den Druck, den diese Haut auf ihn ausübt, gezwungen. Indem der Zellsaft austritt, zieht die Haut sich elastisch zusammen, das Organ wird kürzer. Bald aber er- füllt der Zellsaft die Intercellularräume, wodurch ein Widerstand gegen die weitere Verkürzung geboren wird, indem nun die Elastieität der Häute das Wasser aus dem ganzen Organe hinauspressen muss. Da aber die Infiltration gleich während des Aufenthaltes im warmen Wasser stattfand und die Verkürzung mehrere Stunden nachher fortschreitet, so dürfen wir annehmen, dass sie nicht eher definitiv aufhört, bis auch die letzten Spuren der Spannung der Zellhäute durch den Zellinhalt verschwunden sind. Nach 10 Stunden hatten die Sprosse also annähernd die Länge, welche dem turgorlosen Zustande entspricht. Die Grösse _ der Turgorausdehnung im lebenden Zustande musste also betragen für Eschscholtzia. . . 4.3 Mm. Cephalara . . . 6.4 - Tropaeolum . . . 4.9 - Be ER 3. RS In derselben Weise fand ich die Verkürzung einer 100 Mm. langen Strecke für Blattstiele von Malva parvifora . . . . . 93.2 Mm. Blüthenstiele von Froelichia floridana . . . 6.0 - - von Plantago amplexzicauls . . 1.5 - Wollte man diese Werthe in Procente umrechnen, so würde man die Verkürzung meist etwas zu klein finden, weil die Turgorausdehnung sich nicht immer über die ganze Strecke zwischen den beiden Marken erstreckte. Dieses lehrten mich Versuche, in denen die zu unter- suchende Strecke durch Marken in Partialzonen von je 20 Mm. einge- theilt war. Der langsame Verlauf der Verkürzung würde bei ‚einer prak- tischen Anwendung dieser Methode nieht unerhebliche Unbequemlieh- 1) Vergl. oben 8.7. 21 keiten bieten. Denn erstens wird dadurch die Dauer der Versuche eine sehr lange, so dass der Einfluss einer Desorganisation der Zellhäute in Folge des Absterbens des Protoplasma immer mehr zu befürchten ist. Aber abgesehen davon ist es sehr schwierig, den Zeitpunkt zu bestim- men, wann die eonstante Länge erreicht ist, denn offenbar ist in obigem Versuche die Möglichkeit nieht ausgeschlossen, dass auch nach 22 Stun- den noch eine geringe Verkürzung (z. B. von 0.1 Mm. in den 12 Stun- den) stattfindet. Diese Schwierigkeiten lassen sich bei geschickter Einrichtung der Versuche beseitigen. Anders steht es mit der prineipiellen Schwierig- keit, dass das Intactbleiben der Zellhäute bei der Erwärmung auf 60° C. zwar sehr wahrscheinlich, aber dennoch nicht bewiesen ist. Dieser Umstand allein würde die Verwerthung aller nach dieser Methode er- langten Resultate für die Kenntniss der Eigenschaften lebender Pflanzen- theile immer höchstens als wahrscheinlich, nie aber als bewiesen er- scheinen lassen. Deshalb wird sie zur selbständigen Beantwortung von Fragen wohl nur selten benutzt werden können. Wohl aber wird man sie zur Controlle oder zur Bestätigung anderweitig gewonnener Resultate brauchen können. Auch in Verbindung mit diesen werden wir sie im Verlaufe dieser Arbeit gelegentlich anwenden. Ill. Die Einwirkung von Salzlösungen auf turgescente Zellen. 86. Die Ursachen des Turgors in der wachsenden Zelle. Um eine klare Vorstellung zu bekommen von der Rolle, welche die verschiedenen Theile der Zelle beim Turgor spielen, ist es unbedingt nothwendig, unsere Betrachtungen mit den jüngsten Zuständen der Zellen anzufangen. Die genaue Kenntniss dieses Zustandes, sowie der Veränderungen, welche später in den Zellen auftreten und schliesslich zur Entwickelung einer kräftigen Turgescenz führen, verdanken wir den bahnbreehenden Arbeiten Mohl’s über das Protoplasma !). Er be- schreibt die Zellen im theilungsfähigen Gewebe der Vegetationspunkte folgendermassen: innerhalb der jungen, dünnen Zellstoffhaut beob- achtet man nie einen klaren, wässerigen Zellsaft, sondern eine zäh- I) Mohl, Einige Bemerkungen über den Bau der veget. Zelle. Bot. Ztg. 1844, S. 273, und Mohl, Ueber die Saftbewegung im Innern der Zelle. Bot. Ztg. 1846, 8. 73. 22 flüssige, mit feinen Körnchen gemengte , ungefärbte Masse verbreitet sich in grösserer oder geringerer Menge durch den Zellenraum, und ist namentlich in der Umgebung des eentralen Zellenkerns in 'grösserer Concentration angehäuft. Für diese schleimige Masse schlägt Mohl den Namen Protoplasma vor‘); sie ist'stickstoffhaltig und besteht, so weit man es beurtheilen kann, aus derselben Grundsubstanz wie der Zellkern. Ebenso wie nach innen eine Scheidung zwischen der zäh- flüssigen, mit Körnchen gemengten Masse und der festen Substanz des Kernes eintritt, so sieht man auch an der Peripherie eine Trennung der körnigen Substanz von einer sie umgebenden feinen Haut: Diese Haut ist homogen und glashell, ihr fehlen die Körnehen der übrigen Masse. Sie ist nach aussen scharf begrenzt und liegt hier der Zellstoffhaut un- mittelbar an; nach innen geht sie in die körnige Substanz allmählich über. Mohl nannte diese Haut Primordialschlauch?); sie ist all- mählich als der wichtigste Theil des Protoplasma anerkannt worden und hat dabei von verschiedenen Forschern verschiedene Namen erhal- ten, unter denen der von Pringsheim ) vorgeschlagene (Haut- schicht) wohl die weiteste Verbreitung erlangt hat: Der wichtige Unterschied zwischen dem Primordialschlauch und der KERSUNEER tritt jedoch erst in einem späteren Stadium zu Tage. Bar ul Sobald die Zelle aus dem theilungsfähigen Zustande heraustritt, treten in ihrem Protoplasma neue Erscheinungen auf®). Es bilden sich nämlich unregelmässig zerstreute Höhlungen im Protoplasma, die sich mit wässerigem Safte füllen. Anfänglich sind diese Höhlungen gewöhn- lich klein und durch dieke Schichten von Protoplasma von einander ge- schieden. Je älter die Zelle wird, je mehr sie sich ausdehnt, desto zahlreicher und grösser werden die Höhlungen, welche sich innen mehr vergrössern und'in Folge davon unter einander zusammenfliessen. Dann bildet die zähe Flüssigkeit des Plasma erst noch vollständige Scheide- wände zwischen ihnen, bald aber nur noch dickere und dünnere Fäden, welche von einer centralen, den Nucleus einschliessenden Plasmapartie strahlenartig gegen die Zellwandung gerichtet sind, wo sie sich mit dem wandständigen Körnerplasma auf der Innenseite des Primordialschlau- ches vereinigen. Der letztere ist mit der Vergrösserung der Zelle stetig gewachsen und bekleidet die Zellhaut als eine vollständig geschlossene 1) 1. e. 1846, S. 75. 2) 1.6. 1844, 8.275. 3) Pringsheim, Bau und Bildung der Pflanzenzelle. 1854, 4) Mohl,l.c. 1846, 8.77. 23 Hantschicht. Beim weiteren Wachsthum gehen in den Gewebezellen gewöhnlich die Plasmafäden und Plasmastränge verloren; sie ziehen sich in das Wandplasma zurück, und auch der Kern bewegt sich dahin. und wird also später stets in wandständiger Lage angetroffen. Wir haben also in diesem Zustande, in welchem die rascheste Streckung und bedeutendste Volumenvergrösserung stattfindet, an unserer Zelle von aussen nach innen folgende Theile zu unterscheiden: 1) die Zellstoffhaut, 2) das wandständige Protoplasma sammt dem Kern, 3) den Zellsaft, der den grössten Raum einnimmt und aus dem Zusam- menfliessen zahlreicher früherer kleiner Höhlungen entstanden ist!). Das Protoplasma bildet einen lückenlosen Ueberzug auf der Innenseite ‚ der Zellhaut: es trennt also den Zellsaft vollständig von dieser. Es besteht Aus den zwei wesentlichen Theilen, der Hautsehicht und der Körnerschicht. Die Hautschicht liegt zu äusserst, der Zellwand dicht angedrückt: sie besteht aus einer zähen, schleimigen, homogenen und glashellen Substanz. Die Körnerschicht ist zwar zähflüssig, doch viel beweglicher als die Hautschieht; ihre Substanz ist es, welche die be- kannten Strömungen ausführt. Sie enthält grössere und kleinere körnige Gebilde, welche bei diesen Strömungen gewöhnlich mit fortgerissen werden. Zu den grösseren gehören in den meisten jungen Sprosszellen die Chlorophylikörner und der Kern: die Natur der kleineren ist noch nicht für alle Fälle sicher ermittelt. Bei der Streekung der Zellen nimmt das Protoplasma nicht merk- lich an Substanz zu. Die Folge davon ist, dass die die Zellhaut be- kleidende Sehicht immer dünner wird, je grösser die Zelle wird. Schliesslich kann sie so dünn werden, dass die Körnerschieht nicht mehr deutlich unterschieden werden kann: man muss annehmen, dass die Substanz der Körnerschieht das Material zum Wachsthum der Haut- schicht geliefert hat. Hier fallen die Begriffe Protoplasma und Primor- dialschlauch alzo nahezu zusammen, und werden sie auch vielfach als gleichbedeutend und durcheinander benutzt. Eine nähere Veranlassung dazu gab der Umstand, dass Mohl bei seiner Begründung des Be- griffes Primordialschlauch gerade diesen Zustand der Zellen in den Vordergrund stellte und dabei, in Folge seiner Untersuchungsmethode, Hautschicht und Körnerschieht noch nicht unterscheiden konnte. Er studirte nämlich Pflanzentheile, welche längere Zeit in Alkohol aufbe- wahrt worden waren. In ihren Zellen fand er eine innere Membran, 1) Vergl. Fig. 1 im folgenden |. 24 2 FOR welche sich von der Zellhaut auffallend unterschied !). Diese Membran stellte eine vollständig geschlossene, dünnwandige, zellenähnliche Blase dar, welche nicht wie in der frischen Pflanze genau an der inneren Wan- dung der Zelle anlag, sondern sich von dieser abgelöst und mehr.oder weniger zusammengezogen hatte. Es war offenbar: das ganze, durch den Alkohol eontrahirte und getödtete Wandprotoplasma: Mohlschlug für dieses Gebilde den Namen Primordialschlauch vor und dehnte dann diesen Begriff auf die Hautschicht des jungen, noch keine Höhlungen einschliessenden Protoplasma aus. Die meisten Zellen verharren, nachdem sie Ssperraohaen sind; in dem jetzt ausführlich beschriebenen Zustande. : Das Verhältniss zwi schen der Hautschicht und der Körnerschicht: ist dann je-naeh der Natur der Zelle ein sehr verschiedenes. Solche Zellen; welelte später Luft führen, verlieren dabei Zellsaft und Protoplasma; sie Menden ge- wöhnlich als todte Zellen betrachtet. ’ nsmarte Die obige Beschreibung der wesentlichsten sichtbaren Verände- rungen, welche eine Gewebezelle während ihres Lebens erleidet, sollte uns die Auffassung der Verhältnisse in der turgescenten Zelle erleich- tern. Jetzt können wir also an die Erörterung dieser Verhältnisse heran- treten. Ich schicke noch die Bemerkung voraus, dass wiruns dabei nur auf denjenigen Zustand zu.beziehen haben werden, in welchem alles Protoplasma wandständig geworden ist und Eine grosse Höhlung den ganzen mittleren Raum der Zelle einnimmt. In diesem Zustande aber befinden sieh die Zellen stets in denjenigen Theilen von Sprossen und Blättern, welehe, bei Wachsthumsuntersuchungen makroskopischen ati unterworfen werden und also das Material der Untersuchung bilden. Aus eben diesem Grunde können wir jüngere Zustände vorläufig von unseren Betrachtungen ausschliessen. Dass diese dadurch wesent- lich vereinfacht werden, brauche ich wohl nieht zu bemerken. Im Zellsafte lebenskräftiger Zellen sind stets verschiedene Sub- stanzen gelöst. Einige, wie die Farbstoffe, sind direet wahrnehmbar, andere, wie die Zuckerarten, können mikrochemisch nachgewiesen werden, für noch andere, wie z. B. die anorganischen Salze, kann man nur auf indireetem Wege den Beweis ihrer Anwesenheit liefern. Alle diese im Wasser des Zellsaftes gelösten Stoffe besitzen eine . gewisse Anziehungskraft zu Wasser. Je mehr von diesen Stoffen im Zellsafte gelöst ist, mit anderen Worten, je grösser die Concentration des Zell- saftes ist, um so grösser wird im Allgemeinen diese Anziehungskraft für 1) Mohl, 1. ce. 1844, $. 275. 25 Wasser sein. Diese Ursache ist es; welche es bedingt, dass Zellen, welche dureh Welken einen Theil ihres Wassers verloren haben, dieses sogleich wieder aufnehmen, sobald sie mit flüssigem Wasser in Berüh- rung. kommen. ‚Dieselbe Ursache ‚aber bedingt es, dass frische Zellen, in Wasser gelegt, so viel davon einsaugen, als die Dehnbarkeit der Zell- häute nur. zulässt, was bei sehr dehnbaren Häuten, z.B. im jungen, noch wachsenden Mark mancher Sprosse, oft mehr als 20-30 % des ganzen Volumens betragen kann 2). In jungen Zellen ist die Zellhaut: für gewöhnlich sehr dehnbar: Man kann dies durch obiges Experiment beweisen oder auch. dureh ein- facher Dehnung ganzer junger Sprosstheile 3). Die Folge dieser Dehn- barkeit und des Strebens des Zellsaftes, sein Volumen durch Wasser- aufnahme zu vergrössern, muss sein, ‚dass in. kräftig wachsenden, wasserreichen: Pflanzentheilen die Zellhäute wirklich: gedehnt sind. Dieser wichtige Umstand wurde früher vollständig übersehen. Man be- schäftigte sich hauptsächlich: mit der Untersuchung einerseits ganz Jugendlicher, andererseits ausgewachsener Zellen und kam dadurch zu der Vorstellung, dass die Zellwand starr ‚und, wenig dehnsam , also auch nicht: wesentlich gedehnt sei. ‚Sogar Nägelit), der zuerst auf die Dehnbarkeit junger Zellen aufmerksam machte und richtig angab, dass diese Eigenschaft mit zunehmendem Alter abnimmt, bemerkte nicht, dass die jungen Zellen im Gewebe auch bereits gedehnt ‚waren.‘ Die ganze Hofmeister'sche Theorie. der Gewebespannung 5) beruhte auf der Ansicht, dass die Steifheit der Organe nur durch die Steifheit ihrer Zellhäute bedingt wäre, und ‚dass diese Steifheit ihrerseits direet nur von dem Imbibitionszustande dieser Zellhäute abhängig sei. Es ist Sachs’ Verdienst, hier zuerst das Richtige gefunden: und dadurch die, Grundlage für die ganze mechanische Theorie des Wachs- thums gelegt zu haben. In der ersten Auflage seines Lehrbuchs der Botanik. (1868, -S: 510) führte er ‚statt (der ziemlich. .vagen: Begriffe, welche man bis dahin mit dem Worte Turgescenz verbunden hatte, den ‘ jetzt gebräuchlichen, klaren Begriff‘ des Turgors ein. »Ich, verstehe«, sagt er, »unter Turgor. ausschliesslich den hydrostatischen, nach allen 1) Nägeli, Pflanzenphysiol. Untersuchungen. I. 1855, S. 24. 2), Kraus in Pringsheim’s Jahrbüchern. VII, S. 24. 3) Vergl. hierüber de Vries, Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse, Arb..d. Bot. Inst. in Würzb.; Heft IV..1974, 8. 519. 4) k 0.8. 29. 5) Hofmeister, Die Pflanzenzelle; vergl. hierüber den Schluss des nächst- folgenden $. 26 Richtungen gleichen Druck des Zellsaftes auf die gesammte Zellwand«. Er betonte den Antheil, den dieser Turgor an der Gewebespannung nehme, indem dadurch die Zellhäute ausgedehnt und straff gespannt werden. ‘Wenn durch Wasserverlust, z. B. beim Welken, der Turgor sinkt, so vermindert sieh diese Dehnung der Zellhäute: sie werden schlaf, und sind die Ursache, dass auch das ganze Organ äusserlich schlaff wird. Mit andern Worten, die Steifheit eines jugendlichen Or- ganes beruht auf der Steifheit seiner Zellen; diese aber auf der Spann- ung zwischen Zellinhalt und Zellwand; ohne diese Spannung wäre die Wand schlaff. Je höher also der Turgor, dureh Wasseraufnahme, ge- steigert wird, um so steifer ist das Organ. ' Die jugendliche Zellhaut ist nicht nur dehnbar, sondern auch elastisch. Durch ihre Elastieität stellt sie dem Ausdehnungsstreben des Zellsaftes einen Widerstand entgegen, der mit zunehmender Aus- dehnung fortwährend grösser wird, bis er endlich gross genug ist, um der ausdehnenden Kraft das Gleiehgewieht zu halten. Da nun die ausdehnende Kraft nur durch Wasseraufnahme in den Zellinhalt in Thätigkeit geräth, so leuchtet ein, dass die Gleichgewichtslage um so eher erreicht sein wird, je weniger Wasser die Zelle aus ihrer Um- gebung aufnehmen kann. Jede Wasserzufuhr wird die Gleichgewichts- lage vorübergehend aufheben, und erst bei grösserer Ausdehnung wieder eintreten lassen. ' Wir haben also bis jetzt die zwei Kräfte besprochen, durch deren Wechselwirkung der Turgor der Zellen, und also die Steifheit der Ge- webe bedingt wird. Sie sind das Ausdehnungsstreben des wasseran- ziehenden Zellsaftes , und die Elastieität der dehnbaren Zellhaut. Es erübrigt uns, die Rolle des Protoplasma beim Turgor zu beleuchten. Die Aufnahme von Wasser durch den Zelleninhalt hat man früher, unter dem Einflusse der Lehren Dutrochet’s, als eine einfache osmo- tische Wirkung aufgefasst !). Demzufolge liess man für jedes Quantum eindringenden Wassers ein gewisses Quantum gelöster Stoffe aus der Zelle austreten 2). Es musste auffallen, dass dadureh bei anhaltender. Wechselwirkung zwischen dem Zellsafte und reinem, die Zelle um- gebendem Wasser der Zellsaft immer verdünnter werden müsste. Und wenn auch der Primordialschlauch gegen den Durchgang gewisser Substanzen, wie Farbstoffe, nach Nägeli’s schönen Untersuchungen 1) Nägeli, Primordialschlauch, und Nägeli, Diosmose der Pflanzenzelle, in den Pflanzenphysiol. Unters. von C. Nägeli und C. Cramer, Heft I. 1855, Ss. I und . 2) Ibid. S. 22. Del ze tn DL a hai ie Eu IM un N En nn nd 27 eine bedeutende Resistenz besass!, so war dadurch doch über seine Durehlässigkeit für die osmotisch wirksamen Stoffe nichts entschieden. Man griff zu der Annahme im Zellsafte von Substanzen mit hohen os- motischen Aequivalenten, wie z. B. Eiweiss und Zucker, von denen nur sehr geringe Quantitäten auszutreten brauchten, um grosse Mengen Wasser in die Zelle einzuführen. Diese Annahme schien ausreichend, und man liess es bei ihr bewenden, da man dem Turgor noch keine grosse Aufmerksamkeit widmete. Jetzt aber, nachdem der Turgor von Sachs erst als ein wichtiger Factor der Gewebespannung, bald darauf als die wesentlichste Bedingung raschen Längenwachsthumes in den Vordergrund gestellt worden ist, stellen sich die damaligen Kenntnisse als ungenügend heraus. Die von Nägeli in seiner eitirten bahnbrechenden Arbeit festge- stellten Prineipien bedurften nur einer weiteren Ausarbeitung und all- gemeineren Fassung, um einer Anwendung auf die Erklärung des Turgors nieht nur fähig zu sein, sondern diese Erklärung auch voll- ständig zu liefern. Diese Erklärung wurde zuerst von mir aufgestellt, gelegentlich einer Untersuchung über die Durchlässigkeit den Proto- plasma für verschiedene Substanzen ?. Nägeli hatte gezeigt, dass das Protoplasma für die im Zellsafte gelösten, s0 wie für einige andere Farbstoffe nicht durehdringlich ist, während die Zellhant sie sehr leicht durchgehen lässt. Ich wiederholte die Beobachtungen Nägeli’s mit verschiedenen Pflanzen und Pflanzen- theilen, und fand bald ein Material, das bei einer weiteren Verfolgung dieser Fragen günstige Resultate versprach. Es waren die Parenehym- zellen rother Rüben. Diese boten vor anderen den Vortheil, dass sie, auch wenn in Wasser aufbewahrt, lange am Leben bleiben, und also eine viel längere Dauer der Versuche erlauben, als die zarteren, bis dahin benutzten Pflanzentheile?). Bei vierzehntägigem Aufenthalt in Wasser liessen sie weder ihren Farbstoff noch ihren Zucker entweichen : hier- aus folgt, dass ihre Zellwandungen so gut wie völlig impermeabel für diese Körper waren. Dass, diese Impermeabilität nieht eine Eigen- schaft der Zellstoffhaut, sondern des Protoplasma sei, war für den Farbstoff bereits aus Nägeli's Arbeiten bekannt und wurde von mir bei der Wiederholung seiner Versuche bestätigt. . Für den Zueker lieferte ich den Beweis der Permeabilität der Zellhaut direet, indem ich I) Nägeli, 1. e. Vergl. auch die Tafeln, zumal Tafel II. Fig. 1, 2, 8. 2) de Vries, Sur la perm6abilit& du protoplasma des betteraves rouges. Archives N6erlandaises VI. 1871, p. 117. 3) Vergl. Hofmeister, Die Pflanzenzelle, p. 4. 28 Zuckerlösungen von aussen her in die Zellen eindringen liess, und die Ablösung des Protoplasma von der Zellwand dabei beobachtete. Gestützt auf die Kenntniss dieser Impermeabilität des Protoplasma für Zuckerlösung, und auf die Beobachtung, dass Rübenzellen in Salz- lösungen bedeutender Concentration wochenlang ‚ja oft bis zu einem Monate lebendig bleiben und die normalen Eigenschaften: ihres Proto- plasma behalten können, ersann ich eine Methode, um für jeden be- liebigen Körper die Frage zu entscheiden, ob er durch das Protoplasma zu dringen vermochte oder nicht. Für die Beschreibung dieser Methode muss. ich auf meine. citirte ‚Arbeit verweisen. . Das erlangte, Resultat war,. dass alle untersuchten anorganischen Salze, und. darunter eine Reihe der für das Pflanzenleben wichtigsten Verbindungen , zwar sehr leicht durch die Zellhaut,, aber nicht, oder doch nur in einem äusserst geringen Grade durch das Protoplasma zu dringen vermochten !). Mit andern, Worten, der grosse Widerstand des Protoplasma , weleher von Nägeli zuerst für, Farbstoffe bewiesen war, zeigte sich als eine sehr allgemeine. Eigenschaft, den dieser. wichtigste Bestandtheil der leben- den Pflanzenzelle gegen zahlreiche und sehr verschiedenartige, im um- gebenden Wasser oder in dem umschlossenen Zellsafte gelöste Körper besitzt). | Auf diesem Satze;‚war.es nun möglich, ein Erklärung des Turgors zw bauen: Während: der Zellsaft aus der Umgebung der Zelle mit grosser Kraft Wasser an sich zieht, kann er die Stoffe, welche er in Lösung hält, nicht dafür austauschen., denn das Protoplasma, welches t) Die herrschende Meinung schrieb bis in die letzten Jahre die Eigenschaft geringer Permeabilität im Allgemeinen entweder einfach den Zellmembranen, oder diesen und dem protoplasmatischen Wandbeleg zusammen zu, Vergl.z. B. Hofmeister, Die Pflanzenzelle$.238 und Sachs, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl. S.758, Eine in den Hauptsachen richtige Würdigung der Permeabilitätseigenschaf- ten von Zellhaut und Protoplasma findet sich in einem im vorigen Jahre veröffent- lichten Aufsatze Pfeffer’s in den Landwirthsch. Jahrbüchern V. 1876, S. 111 #f, 2) Es muss hier sogleich hervorgehoben werden, dass diese Undurchlässig- keit keineswegs eine absolute zu sein braucht. Meine Experimente lehren selbst- verständlich nur, dass bei der angewandten Methode keine Spur von Durchlässig- keit nachweisbar war; hieraus auf die Unmöglichkeit einer äusserst geringen, dem Experimente nicht zugänglichen Permeabilität zu schliessen, hiesse die Gren- zen der empirischen Forschung überschreiten. Im Gegentheil ist eine so geringe Permeabilität für wahrscheinlich zu halten, da ja die anorganischen Salze offenbar ursprünglich von aussen herein ins Protoplasma gelangt sein müssen. Doch ihre äusserst geringe Menge und die lange Zeit, welche dazu vorhanden ist, macht, dass diese T'hatsache den im Text gezogenen Schluss nicht beeinträchtigt. Für die in dieser Arbeit zu besprechenden Vorgänge können wir das Plasma als für die be- treffenden Substanzen so gut wie impermeabel betrachten. 29 ihn allseitig umschliesst, lässt diese so gut wie gar nicht durchgehen. Hieraus folgt nun, dass, sobald das Gewebe eine hinreichende Quantität Wasser aufnehmen kann, die Zelleninhalte auf ihre Zellhäute einen steigenden Druck ausüben müssen, welchem schliesslich die elastische ‚Spannung der Zellhäute das Gleiehgewicht halten wird). Die Rolle, welehe das Protoplasma beim Turgor spielt, besteht also in seiner äusserst geringen Permeabilität für die im Zellsafte ge- lösten Substanzen. Dieser Filtrationswiderstand des Protoplasma ist es, der es verhindert, dass der Zellsaft unter dem Drucke der elastisch gespannten Haut ausgepresst wird, denn die Haut selbst ist für alle die hier in Betracht kommenden Körper leieht durchdringlich. Es sei er- laubt, dieses noch an einem sehr klaren, wenn auch nicht absolut be- weiskräftigen Beispiel zu erläutern. Dieses Beispiel bieten uns die in $ 5 beschriebenen Vorgänge, welche durch den Tod des Protoplasma verursacht werden. Beim Tode verliert, wie leicht nachzuweisen ist, das Plasma seinen Filtrationswiderstand , es wird völlig durchlässig. Im Momente also, in welchem bei der Erwärmung auf 60° C. der Tod des Plasma eintritt, kann der Zellsaft unter dem Drucke der gespann- ten Zellhaut durch diese hindurehgehen. Und da die Haut bestrebt ist, sich elastisch zusammenzuziehen, so muss sie den Zellsaft hinaus- pressen. Dass dies wirklich geschieht, ist an der Infiltration der In- tereellularräume leicht zu beobachten. Der Turgor wurde in diesen Versuchen also einfach durch Beseitigung des Filtrationswiderstandes des Protoplasma aufgehoben; diese Eigenschaft des Protoplasma ist also für die Erhaltung des Turgors eine wesentliche Bedingung. Es ist von Nägeli2) die Frage aufgeworfen und diseutirt worden, welchem Theile des Protoplasma die Eigenschaft der Impermeabilität für Farbstoffe zukomme. Wegen der hohen theoretischen Bedeutung dieser Frage will ich es nicht unterlassen, hier die Ansichten Nägeli’s mitzutheilen. Offenbar wird man annehmen dürfen, dass die für Farb- stoffe impermeablen Partien des Plasma auch diejenigen sein werden, welche den iibrigen Inhaltskörpern den bedeutendsten Widerstand ent- gegenstellen. Ich muss aber hervorheben , dass diese Frage zu dem von mir behandelten Gegenstand nur in entfernter Beziehung steht. Für die Lehre des Turgors und seines Einflusses auf das Längenwachsthum reicht es vollständig hin, empirisch nachgewiesen zu haben, dass das wandständige Protoplasma als Ganzes dem Durchtritte der im Zellsaft il) de Vries, Il. c.$. 126. 2) Nägeli, 1.c.8.7f. 30 gelösten Substanzen einen fast unüberwindlichen Widerstand entgegen- stellt. Ob dieses Wandplasma dabei aus einer oder mehreren Schichten besteht, und ob im letzteren Falle eine oder alle die betreffende. Eigen- schaft besitzen, bleibt sich für die Anwendung des Prinzipes auf unsere Aufgaben offenbar völlig gleich, Dass die von Nägeli aufgeworfene Frage einer empirischen Entscheidung noch entbehrt, kann also nie als Einwand gegen unsere Folgerungen benutzt werden. Es sei daran erinnert, dass man im Protoplasma gewöhnlich z zwei Theile unterscheidet: die äussere homogene ruhende Hautschieht, und die innere, körnige, oft in lebhafter Strömung, begriffene Körnerschicht. Die mehr flüssige Beschaffenheit dieser letzteren muss es schon von vornherein als wahrscheinlich erscheinen lassen , dass sie sich anders verhalten wird, als die festeren Theile, wie die Hautschicht und der Kern. Dies braucht aber nicht in allen Hinsichten der Fall zu sein. So nimmt Nägeli z.B. für die im Zellsafte vorkommenden Farbstoffe, Anthoeyan und Erythrophyll, an, dass nicht nur.die lebenskräftige Sub- stanz des Sehlauches, des Zellkerns und der Plasmamembranen, son- dern wahrscheinlich überhaupt das Protoplasma undurehdringlich ist!). Anders verhält es sich mit anderen Farbstofien, wie z. B. mit dem Chlorophyll. ‚Aus dem. Verhalten dieser geht hervor, »dass in der Pflanzenzelle oft zwei verschiedenartige , protoplasmaartige Substanzen sich ausscheiden. Die eine wird von Chlorophyll und anderen in der Zellflüssigkeit unlöslichen Farbstoffen wie eine Diffusion durehdrungen, und überall, homogen ‚und. von gleicher Stärke gefärbt, indess die an dere (Schlauch 2), Körner- oder Bläschenmembran , Plasmawände und Plasmafäden),, obgleich in unmittelbarer Berührung damit, keine Fär- bung annimmt.«® Auf diese Baibankangetwhlieee gestützt, stellte Nase seine Theorie über die Entstehung der Hautschicht und der mit dieser ver- wandten membranartigen Partien des Plasma auf. ; Er erläutert sie au den Plasmapartien, welehe, aus zerschnittenen Zellen (z. B. von Chara) in. Wasser austretend , sich sogleich mit einer Hautschicht umgeben, und sich dadurch vom umspülenden Wasser abschliessen. Zur Be- obachtung dieser Erscheinung‘ seien besonders auch Gewebe mit ge- färbten: Flüssigkeiten, z. B. von Früchten zu empfehlen. Die beim Zerreissen heraustretenden Tropfen verwandeln sich in Blasen mit farb, loser Membran und gefärbtem Inhalte. 7)1.408.7 xu2) ee ist gleichbedeutend mit Hautschicht. 311,0, 8.8 31 »Die Erklärung dieser Thatsache ist einfach. Wenn die entleerte Zellflüssigkeit, welche gelöste Proteinverbindungen enthält, mit Wasser in Berührung kommt, so wird ein Theil derselben fest und bildet eine Membran, die nur die übrige Flüssigkeit vor dem direeten Einfluss des Wassers schützt. Es kann dabei an die von Scherer ‚beobachtete Thatsache erinnert werden, dass im Blutserum, welchem: Wasser beige- mengt wird, ein Niederschlag erfolgt«'. Ebenso bei verwundeten Zellen von Algen und Pilzen, in denen sich der lebendig gebliebene Theil des Plasma vom todten sondert. »Hier ist es auch eine lebens- kräftige Flüssigkeit, welehe in Berührung mit krankhaft veränderter, an ihrer Oberfläche durch Gerinnen von löslichen Proteinverbindungen eine Plasmamembran bildet, die hier aber wirklich Schlauch ist«2. Auf gleiche Weise entsteht nach Nägeli’s Ansicht auch in den übrigen Fällen die Hautschicht oder der Schlauch; gegen den Zellsaft ist das Plasma durch eine ähnliche Fällungsmembran abgeschlossen, und auch die Membranen der Chlorophylikörnersollenin derselben Weise entstehen. Dieser Auffassung der Beobachtungen entsprechend, darf man nur für die äusseren, das Plasma nach aussen und gegen den Zellsaft absehliessenden membranartigen Partien die Impermeabilität als be- wiesen betrachten. Für die inneren Theile (die Körnerschicht) liegen theils keine entscheidenden Beobachtungen vor, theils solehe ‚ welche sie als für Farbstoffe durchdringlich erscheinen lassen. Dem ent- sprechend spricht Nägeli in seiner Arbeit gewöhnlich von dem dios- motischen Verhalten des Schlauches (der Hautschieht) und nur selten von dem des ganzen protoplasmatischen Wandbeleges. Und da beim Wachsthum der Zellen die Körnerscehicht immer mehr gegen die Haut- schicht zurücktritt, so fällt hier ‚der Begriff des Protoplasma immer mehr mit dem der Hautschicht zusammen. In: solehen Fällen ist es also offenbar gleichgültig, ob man von dem Filtrationswiderstande des Primordialschlauches oder von dem des. Protoplasma sprechen will; doch scheint mir das letztere stets vorzuziehen, weil nur diese Aus- drucksweise sich auf völlig bewiesene Thatsachen stützt. Wir haben somit die wichtigsten Verhältnisse, welehe in wachsen- den Zellen den Turgor bedingen und verursachen , soweit klar gelegt, 1) l.e. 8.9. Diese Ansicht Nägeli’s wurde in jüngster Zeit von Pfeffer vertreten (Sitzungsber. der niederrhein. &es. f. Naturw. Bonn, 5. Juli 1875;- Bot. Ztg.. 1875, S. 660, und Landw. Jahrb. 1876, S. 113), dagegen erklärte sich Stras- burger entschieden gegen sie (Studien über das Protoplasma, 1876, 8. 87). 2) 1. c. S.:10. 32 als es der jetzige Stand der Wissenschaft erlaubt. Ohne Zweifel bleibt noch viel für spätere Untersuchungen übrig. Eine sehr wichtige Auf- gabe würde dabei z. B. die Frage bilden, welche Stoffe es sind, die dem Zellsafte seine so ansehnliche Akräehunighiketitt für Wasser ver- leihen. Da die bis jetzt vorliegenden Thatsachen bereits erlauben, hier mit grosser Wahrscheinliehkeit gewisse Behauptungen aufzustellen, so will ich diese Frage hier noch anhangsweise besprechen. Die Anziehungskraft gelöster Körper für Wasser ist für verschie- dene Substanzen sehr verschieden, wenn sie auch für jeden Körper im Allgemeinen mit steigender Concentration zunimmt. Man findet daher ein relatives Maass dieser Eigenschaft in den verschiedenen Concentra- tionsgraden, in denen verschiedene Lösungen das Wasser mit gleicher Kraft anziehen. ' In dieser Weise fand ich z. B. die Anziehungskraft von Kochsalz. urid Chlorkalium für Wasser ungefähr sechsmal grösser, als diejenige von Zucker, während dagegen schwefelsaure Magnesia eine fast dreifache Affinität zu Wasser zeigte als jene Chlormetalle. Von den Körpern, deren Vorkommen im Zellsafte mit Sicherheit ange- nommen werden 'kann , scheinen die anorganischen Salze, und unter diesen wohl die salpetersauren Salze und die Chlormetallle, die grösste Anziehungskraft zu Wasser zu haben"). Mit andern Worten, um mit derselben Kraft Wasser aus ihrer Umgebung an sich zu ziehen, und sich dadureh in den Zustand hoher Turgescenz zu versetzen, braucht die Zelle jene Salze in einer niedrigeren Coneentration, also in ‚ie ins Menge, als andere Körper. ARNR “ Nun 'aber ist bekanntlich die Concentration des Zellsaftes in jun- gen, sich rasch streekenden Zellen eine sehr geringe. Dieses beweist die von Sachs hervorgehobene Thatsache, dass man in Markeylindern aus rasch wachsenden 'Sprosstheilen oft nur 2—5 % Trockensubstanz findet, wovon ein beträchtlieher Theil auf die Zellhäute und das Proto- plasma entfällt 2). Es bleiben für die Zellinhalte also nur sehr einzelne Procente übrig. Hieraus folgt also, dass die Stoffe, welche in wachsen- den Zellen die‘ Anziehungskraft für Wasser bedingen, solche sind, welche bei geringer Concentration schon eine bedeutende Anziehung besitzen. Als sicher darf man also annehmen, dass hier solche Körper eine Rolle spielen, welche eine ungefähr ebenso starke Anziehung zu 1), Vergl. de. Vries, Archiv. Neerl. VI. 1871, $. 124. 2) Sachs. Lehrb. der Botanik 4. Aufl. 8.775. — Einige Angaben über den ‚procentischen Gehalt an Trockensubstanz im wachsenden Marke verschiedener Pflanzen findet man auch bei Kraus, Ueber’ die Ursachen der Formänderungen etiolirender Pflanzen, in Pringsheim’s Jahrbiichern, VII. S. 247—248. BEI," 33 Wasser besitzen, als die genannten salpetersauren Salze und Chlor- metalle. Vielleicht sind es diese selbst, vielleicht auch andere, mit ihnen in dieser Eigenschaft übereinstimmende Verbindungen. Die Wahrscheinlichkeit dieser Behauptung können wir durch einige Controlversuche noch bedeutend erhöhen. Nehmen wir z. B. ein- mal an, dass ein bestimmter soleher Körper die Ursache der Turgor- kraft wäre, und nehmen wir hierzn willkürlich z. B. den Kalisalpeter an. Versuchen wir es nun, unter dieser Voraussetzung experimentell zu entscheiden, in weleher Concentration er im Zellsafte vorhanden sein müsste. Das Mittel zu dieser Entscheidung bietet eine von mir früher zu einem ähnlichen Zwecke ausgebildete Methode’. Nach dieser haben wir uns einfach die Frage vorzulegen, wie hoch die Concentra- tion einer Salpeterlösung sein muss, um das Wasser eben so stark an- - zuziehen, als der Zellsaft. Hat man das Organ in geeigneter Weise vorbereitet und in die genannte Salzlösung gebracht, so wird offenbar nur bei gleicher Coneentration beider Lösungen Gleichgewicht statt- finden können. Ist die äussere Lösung eoncentrirter , so entzieht sie dem Zellsafte Wasser, und die Zelle wird kleiner werden. Ist umge- kehrt die innere Lösung höher eoneentrirt, so wird sie der äusseren Lösung Wasser entnehmen, und die Zelle wird sich ausdehnen.- Bei gleicher Concentration beider Lösungen behält die Zelle ihre normale Grösse, umgekehrt kann man aus dem Unverändertbleiben der Zelle auf die gleiche Concentration der Lösungen schliessen. Statt die ein- zelnen Zellen zu messen, ziehe ich es vor ganze Sprossstücke zu messen, einmal weil dies sich bequemer ausführen lässt, dann aber weil man dadurch Mittelzahlen für eine sehr grosse Anzahl von Zellen erhält. Ich spaltete nun junge, kräftig wachsende Blüthenstiele von Ce- phalaria leucantha der Länge nach, nachdem ich vorher im jüngsten ‚Theil eine Strecke von genau 100 Mm. durch zwei Tuschestriehe mar- kirt hatte. Jetzt brachte ich die Hälften in Lösungen von Kalisalpeter von 1, 2, und 3% und mass sie nach drei Stunden wieder. Ich fand bei 1% Verlängerung um 0.2 %, bei 2% - -+09%, bei3% or -3.3%. Die Zahlen sind Mittel von je drei Sprosshälften. Die Kraft, mit der die Zellen Wasser anziehen, ist demnach gleich derjenigen von einer Salpeterlösung von zwischen 1 und 2% . 1) de Vries, l.e. 8. 126. de Vries, Ursachen d, Zellstreekung. 3 34 Blüthenstiele anderer Pflanzen wurden, ganz oder der Länge nach halbirt und für die Messung in ähnlicher Weise vorbereitet, in Sal- peterlösungen von 2.5 % gebracht. In 2'/, Stunden verkürzten sie sich um folgende Grössen: Cephalaria leucantha . . . 19% Plantago amplexicaulis SET Froelichia floridana . . . . 44% Butomus umbellatus. . . . 6.4% Menyanthes trifolata . . . 6.71%. Die Wasser anziehende Kraft des Zellinhaltes war also viel geringer - als die einer Salpeterlösung von 2.5%. Aehnliche Resultate würde man bei einer Wiederholung der Versuche mit Kochsalz finden. Wir sehen also, dass die hier nur beispielsweise gemachte An- nahme, dass salpetersaure Salze oder Chlorverbindungen der Alkali- metalle die den Turgor bedingenden Substanzen des Zellsaftes sind, in Bezug auf die Concentration der Lösung zu Folgerungen führt, welehe den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Daraus folgt aber mit Sicherheit, dass die Annahme soleher Substanzen wie Zucker, Eiweiss u. 8. w. viel zu hohe Concentrationen erfordern würde, und also wohl kaum erlaubt ist. Vielleicht wird es späteren Forschungen gelingen, durch chemische Analysen des isolirten Markes aus wachsenden Pflan- zentheilen, die im Zellsaft. vorhandenen Stoffe quantitativ nachzu- weisen; und so, dureh Vergleichung ihrer wasseranziehenden Kraft, die aufgeworfene Frage endgültig zu lösen. 87. Die Einwirkung der Salzlösung. Im vorigen Paragraphen haben wir gesehen, dass der Antheil, den die einzelnen Theile einer wachsenden turgescenten Zelle an ihrem Turgor nehmen, ein sehr verschiedener ist. Der Zellsaft sucht das Wasser aus der Umgebung an sich zu ziehen, dadurch unter ent- sprechender Verdünnung sein Volumen zu vermehren und die Zelle aus- zudehnen. Die Zellhaut ist dehnbar und elastisch, sie wird also durch die Zunahme des Zellsaftes gedehnt und elastisch gespannt; je stärker sie gedehnt ist, um so grösser ist ihre elastische Spannung, einer um 80 grösseren ausdehnenden Kraft kann sie also das Gleichgewicht halten. Unter dem Drucke dieser Spannung würde der Zellsaft dureh die leicht permeable Haut unvermeidlich hindurch, und in die Intercellular- räume hinaus gepresst werden, wenn er nicht vollständig vom Proto- 35 plasma umgeben wäre, welches zwar mit Leichtigkeit das Wasser, die darin gelösten, den Turgor bedingenden Substanzen aber nicht oder doch fast nicht durchgehen lässt. - Aus dieser Darstellung ergibt sich unmittelbar eine für uns sehr wichtige Folgerung. Wenn dem Zellsafte dureh irgend eine Ursache Wasser entzogen wird, und sein Volumen sich also verkleinert, so wird die elastisch gespannte Wand sich. zusammenziehen,, die ganze Zelle sich also verkleinern. Dieses muss, bei hinreichendem Wasserverluste, so lange dauern, bis alle Spannung in der Zellwand verschwunden ist, bis die Haut in den ungespannten Zustand zurückgekehrt ist. “Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 1. Junge, erst halbwegs erwachsene Zelle aus dem Rindenparenchym des Blüthenstiels von Cephalaria leucantha. Fig. 2. Dieselbe Zelle in 4procentiger Salpeterlösung. Fig. 3. Dieselbe Zelle in 6procentiger Lösung. Fig 4. Dieselbe Zelle in IOprocentiger Lösung. Fig. I und 4 nach der Natur, Fig. 2 und 3 schematisch. Alle im optischen Längsschnitt. A. Zellhaut; p. protoplasmatischer Wandbeleg; k. Zellkern; ec. Chlorophylikörner; s. Zellsaft; e. eingedrungene Salzlösung. Unsere Figuren 1 und 2 sollen dieses erläutern !). Figur 1 ist eine Zelle des Rindenparenchyms eines jungen, wachsenden Blüthensprosses von Cephalaria leucantha im optischen Längsschnitt; man sieht, wie das wandständige Protoplasma (p) die ganze Zellwand auskleidet ; im Plasma liegen die Chlorophyllikörner (c) und der Zellkern (A). Der ganze vom Plasma umschlossene Hohlraum ist vom Zellsaft (s) gefüllt. In Figur 2 ist nun dieselbe Zelle schematisch dargestellt, wie sie sich in einer Lösung von 4% Salpeter verhalten würde. Die Anordnung der Theile ist noch genau dieselbe , die Länge aber bedeutend geringer; die Sal- peterlösung hat dem Zellsafte Wasser entzogen , weil dessen Concen- tration eine geringere war, und das Volumen der Zelle hat dadurch ab- genommen. Bevor wir die weitere Einwirkung der Salzlösung verfolgen, wollen 1) Die ausführliche Beschreibung der Figuren 3 und 4 ündet man auf S. 37. 3% 36 wir zuerst sehen, welche Folgen die beschriebenen Erscheinungen für das Verhalten der ganzen Pflanzentheile haben. Die Verkürzung der einzelnen Zellen muss nothwendigerweise eine Verkürzung des ganzen Organs zur Folge haben. 'Diese Folgerung lässt sich leicht experimentell-prüfen, und gibt uns gleichzeitig ein Mittel, um die Verkürzung in bequemerer und sichererer Weise zu messen, als bei der mikroskopischen Untersuchung möglich ist. Sehen wir zu, was geschehen wird, wenn man ganze, oder der Länge nach halbirte Sprosse in Salzlösungen bringt. Zunächst dringt das Salz durch die Schnittfläche und die Oberhaut ein, und entzieht hier den. 'Zellhäuten das Wasser. Die Zellhäute entnehmen es dem Plasma , das seinerseits den erlittenen Verlust wieder aus dem Zellsafte zu ersetzen sucht. Inzwischen dringt die Salzlösung durch die Zellhäute, und von Zelle zu Zelle gehend, immer tiefer in das Gewebe hinein. Ueberall entzieht es den Zellen Wasser, die eingedrungene Lösung verdünnt sich dadurch, und muss demzufolge selbst Wasser an die ausserhalb des Sprosses befindliche Lösung abtreten. Diese aber denken wir uns in hinreichender Menge vorhanden, um durch den ganzen Process nicht merklich verdünnt zu werden. Dieses vorausgesetzt, dauert das Ein- dringen der Lösung, das Entziehen und Heraustreten von Wasser so lange, bis ein gewisses Gleichgewicht erreicht ist. Wann dieser Zu- stand eintritt, ist leicht einzusehen. Durch den Wasserverlust wird der Zellsaft immer mehr concentrirt, seine Anziehungskraft zu Wasser nimmt dadurch stetig zu, und wird endlich der’der umgebenden Lösung gleich werden. Dann wird eine weitere Abgabe von Wasser nieht mehr möglich sein, und die Gleichgewichtslage ist erreicht. Es leuchtet ein, dass diese Lage von der Concentration der angewandten Salzlösung wesentlich abhängen wird. Je höher diese Coneentration, um so mehr Wasser wird der Zellsaft verlieren müssen, um ihr gleich zu kommen, und um so bedeutender wird die Verkürzung des Sprosstheiles sein. Diese Darstellung ist eine so einfache, und wird im Laufe dieser Arbeit so vielfache experimentelle Bestätigung finden, dass es genügen mag, hier nur ein Beispiel anzuführen. Der Länge nach halbirte, junge Blüthenstiele von Cephalaria leuc- antha wurden in Salpeterlösungen verschiedener Concentration gebracht, und ihre Verkürzung darin an vorher angebrachten Marken gemessen. Die Entfernung der Marken betrug anfangs 100. 0 Mm. Nach 5 Stun- den war sie: 37 in 2% 99.2 Mm. Verkürzung 0.8 % n3% %9 - a 31% in74% 935° - a 6,5% Il ug 92.50 u 715% in10% 12 - n 8.83%. Die Zahlen sind Mittelzahlen aus je drei Sprosshälften. Man sieht, dass die Verkürzung um so ansehnlicher ist, je höher die Coneentration der Lösung ist, und dass sie in diesem RANDE bei 5% noch nieht ihr Maximum erreicht hat. Von nicht geringem Interesse ist das Verhalten isolirter Gewebe- streifen in Salzlösungen. Die herrschende Lehre der Gewebespannung könnte sehr leicht zu der Meinung führen, dass es nur das Mark sei, welches turgeseire, und dass die Gefässbündel und die Rinde keine oder doch nur eine sehr unerhebliche Turgorausdehnung besässen. Die Sache verhält sich aber anders, wie einige von mir hierüber angestellte Versuche lehrten. Die Verkürzung, welche die verschiedenartigen, vorher gegen einander gespannten Gewebepartien in derselben Salz- lösung erfahren, ist annähernd dieselbe. Der Unterschied in ihrer Turgorausdehnung ist gegenüber der absoluten Grösse dieser Aus- dehnung nur gering. Beim Marke ist sie etwas grösser, als bei den passiv gespannten Geweben, wodurch die Länge im spannungslosen Zustand für alle Schichten nahezu dieselbe wird. Kehren wir jetzt wieder zu der einzelnen Zelle zurück. Wir haben oben gesehen, dass sie bei steigender Concentration der umspülenden Salzlösung sich verkürzt, bis ihre Zellhaut völlig spannungslos gewor- den ist. In diesem Stadium ist die Anordnung ihrer Theile noch die normale, das Wandplasma liegt noch überall der Zellhaut dieht an (Fig. 2, S. 35). Was wird nun geschehen, wenn wir die Concentration der Salzlösung noch weiter zunehmen lassen ? Der Zellsaft wird immer Wasser verlieren, sein Volumen muss also kleiner werden. Die Zell- haut ist zu starr, um nachzugeben, sie behält ihre Form und Lage, und lässt, wegen ihrer hohen Permeabilität, die Salzlösung durchgehen. Das Protoplasma ist für die Salzlösung als solche so gut wie undurch- lässig; diese wird sich also zwischen der Zellwand und dem Protoplasma ansammeln (Fig. 3, e). Demzufolge löst sich das Plasma von der Zell- haut ab, erst an einzelnen Stellen (Fig. 3), dann auf einer immer grösseren Fläche, bis es endlich fast allseitig oder allseitig frei gewor- den ist (Fig. 4). Dabei umschliesst es stets den ganzen Zellsaft, und trennt diesen von der umgebenden Salzlösung vollständig. Es lässt weder die gelösten Stoffe des Zellsaftes, noch das umgebende Salz in 38 merkbarer Weise durch sieh hindurch gehen; nur für Wasser ist es leicht permeabel. Da das Protoplasma vermöge seiner Cohäsion einen, wenn auch noch so geringen Druck auf den Zellsaft ausübt, dieser Druck aber allseitig gleich ist, werden die von der Zellwand losgelösten Partien das Bestreben haben, sich zu Kugelflächen abzurunden (Fig. 3, 4), und wird schliesslich das allseitig frei werdende Plasma die Kugelform an- nehmen (Fig. 4). Diese Erscheinung ist es, für welche ich in der Einleitung den Namen Plasmolyse vorgeschlagen habe. Sie wurde, soviel mir bekannt, zuerst von Pringsheim beschrieben !), der dabei hauptsächlich den Zweck verfolgte, über die Natur des lebenden Plasma Aufsehlüsse zu erhalten. Es sei erlaubt, hier statt einer eigenen ausführlichen Beschrei- bung seine Worte anzuführen. Er untersuchte sowohl die Einwirkung einer Zuckerlösung als die einer Kochsalzlösung. »Naeh und nach zieht sich die äusserste Plasmaschicht von der Zellwand zurück ‚ aber- die Scheidung erfolgt nieht, wie die Trennung zweier Membranen mit glatter Begrenzung, sondern wie die Loslösung einer klebrigen Substanz von einer Haut, an der sie bisher adhärirte. Hier und da bleibt das Plasma an der Zellwand kleben, während es an anderen Stellen sich schon losgelöst hat; bald erscheint das von der Zellwand meist losge- löste, zusammenfallende Plasma nur noch durch einzelne Plasmafäden mit der Zellwand verbunden. Auch diese Fäden werden immer dünner, ziehen sich endlich entweder unter mannichfaltiger Gestaltänderung ganz von der Zellwand ab, und vereinigen sich zusammenfliessend mit dem übrigen, bereits losgelösten Plasma in eine gleichmässige Schicht, oder reissen auch wol ab, wodurch einzelne Plasmatheilehen aueh nach vollständiger Ablösung des sogenannten Primordialschlauches noch an der Zellwand klebend gefunden werden ; bis endlich nach vollständiger Ablösung oder Abreissung sämmtlicher noch vorhandener Verbindungs- fäden zwischen der Zellwand und dem zusammengezogenen Inhalte die äusserste Schicht des Plasma zu einer zusammenhängenden Lage an der äusseren Umgrenzung des übrigen Inhaltes zusammengetflossen ist, und hierdurch der Anschein, als sei der Inhalt von einer Membran um- geben, entsteht«?). In den Zellen junger, noch wachsender Sprosstheile geht die Ein- wirkung von Salzlösungen nach demselben Schema vor sich. Doch 1} Pringsheim, Bau und Bildung der Pflanzenzelle. 1854, S. 12, Vergl. auch Tafel III., Fig. 18. 2) Ein Jahr später, aber unabhängig von Pringsheim, wurde dieselbe Er- scheinung von Nägeli, in seiner bereits mehrfach erwähnten Arbeit beschrieben. 39 lassen sich hier noch einige Einzelheiten der Beschreibung zufügen, welehe von der Form der Zellen abhängen, und deren Kenntniss das Verständniss späterer Erörterungen zu erleichtern im Stande sein wird. In den bereits erheblich gestreekten, lang-eylindrischen Parenchym- zellen des Markes und der Rinde fängt die Ablösung des Protoplasma von der Zellwand gewöhnlich in den Eeken an, wo die Querwände mit der Längswand verbunden sind!). Im optischen Längsschnitt sieht man zuerst hier das Plasma sich zusammenziehen und sich abrunden (vgl. Fig. 3 auf S. 35); je mehr die Salzlösung in die Lücke ein- dringt, um so grösser wird diese, und von einer um so grösseren Fläche hebt sieh das Plasma ab. Indem so im ganzen Umkreise der Querwand die Ablösung zunimmt, zieht sich das Plasma bald ganz von dieser zu- rück (Fig. 3 am oberen Rande). Es liegt nun mit abgerundeten End- flächen in der Zelle; in der Mitte der Höhe ist es aber noch ringsherum mit der Zellhaut im Zusammenhang. Je kleiner dieser der Haut an- klebende Theil wird, um so mehr nähert sich die Form des Plasma erst einem Ovale, dann einer Kugel (Fig. 4). Bei völliger und allseitiger Isolirung nimmt es endlich stets genau Kugelform an. Von jetzt an ändert es seine Form nicht mehr, und die einzige Veränderung, die es erleidet, ist, dass mit zunehmendem Eindringen sehr concentrirter Salz- lösungen die Kugel stets kleiner und kleiner wird, indem sie immer mehr Wasser aus dem Zellsafte abgeben muss. Ganz gewöhnlich be- obaehtet man, dass solehe Plasmakugeln mit ihrem Inhalte weniger als die Hälfte oder ein Drittel des ganzen Zelllumens einnehmen. In den jüngsten Theilen der bei meinen Versuchen in Anwendung gekommenen Sprosspartien waren die Parenchymzellen noch tafel- förmig , also weniger hoch als breit. Dennoch geht auch hier die Ab- lösung im Allgemeinen so vor sich wie in den längeren Zellen; nur dass die Form des Plasma hier eine entsprechend andere wird und dass bei gewöhnlichen Concentrationen nie die genaue Kugelform erreicht wird. Am häufigsten und am schönsten beobachtet man kugelförmige Plas- makörper in demjenigen Theil des Sprosses, in welchem die Zellen ebenso hoch als breit sind. Auch nach der Form der Zellen muss die Ablösung nothwendiger Weise verschieden sein. Am schönsten ist sie im Mark und im weit- 1) Die Ansicht Hofmeister’s (Pflanzenzelle S. 15), dass in vorwiegend nach einer Richtung ausgedehnten Zellen die Ablösung des protoplasmatischen Inhalts allgemein früher von den längeren als von den kürzeren Wänden beginnt, ist, so- viel mir bekannt, für junge parenchymatische Gewebezellen nicht richtig; sie stützt sich auf Beobachtungen an Haaren, Fadenalgen u. s. w., welche eine der- artige Verallgemeinerung nicht zulassen, 40 zelligen Rindenparenchym. In den äussersten Schichten des Rinden- parenchyms, sowie im Gefässbündel sind die Zellen so eng, dass oft Abweichungen vorkommen. So theilt sich z. B. der Inhalt einer Zelle hier häufig in zwei oder mehrere Theile, die sieh dann beide, unabhän- gig von einander, abzurunden suchen. Als wichtig will ich hier aber nur die Thatsache betonen, dass die Erscheinung der Plasmolyse in allen Gewebepartien, sowohl im Gefässbündel und der Epidermis, als in dem parenchymatischen Gewebe des Markes und der Rinde statt- findet. Es erübrigt noch, die Bedeutung der Plasmolyse für unsere Methode klar zu legen. Wir vergleichen dazu unsere schematischen Figuren 2 und 3 mit der Figur 4. Die Umrisse der Zellhaut sind in allen genau dieselben: sie sind nach derselben Originalzeichnung (Fig. 4) entworfen. Die Figuren enthalten also die Behauptung, dass die Grösse der Zelle sich bei der Ablösung des Protoplasma nicht verändert. Diese Behaup- tung gilt bei jeder untersuchten Gewebepartie nur für mittlere Zellen, da sie nothwendig voraussetzt, dass die Grösse einer Zelle nicht durch Grössenänderungen der umgebenden Zellen beeinflusst wird. Dass die Plasmolyse nicht eintreten kann, bevor in einer Zelle die elastische Spannung der Zellwand völlig aufgehört hat, leuchtet ein. Denn die zwischen Zellhaut und Plasma eingedrungene Lösung würde dann unter dem Drucke der gespannten Haut stehen und wegen der leichten Permeabilität der Zellhaut durch diese hinausgepresst werden, bis sie entweder ganz ausgetreten wäre oder die Spannung der Haut sich ausgeglichen hätte. Ist nun gleich beim Anfang der Plasmolyse die Spannung der Zellhäute völlig verschwunden, so kann offenbar diese Spannung während der Plasmolyse die Zellhaut nicht weiter ver- kürzen. Vom Anfange dieser Erscheinung an muss also die Zelle die Form und Grösse beibehalten, welche dem spannungslosen Zustande entsprechen. Es wäre allerdings denkbar, dass später noch andere Umstände die Form der Zellen beeinflussten, doch werden wir in unserem V. Abschnitte sehen, dass dies in Wirklichkeit für gewöhnlich nicht in merkbarer Weise der Fall ist. | Die Zellhäute sind also nach den vorstehenden Erörterungen so-, wohl in dem in Fig. 2 abgebildeten Zustande ungespannt, als in dem plasmolytischen Zustande (Fig. 3 und 4). Beide Zustände sind daher ge- eignet, um durch Vergleichung mit dem turgescenten Zustande (Fig. 1) die Grösse der Turgorausdehnung beurtheilen zu können. Doch hat der plasmolytische Zustand einen entschiedenen Vorzug vor dem in Fig. 2 abgebildeten. Denn bei der mikrosköpischen Untersuchung lehrt in 41 jenem Zustande der Augenschein, dass der Turgor aufgehoben ist; in diesem (Fig. 2) kann der Beweis nur auf einem Umwege geliefert wer- den. Will man also die Gewissheit haben, dass ein Spross völlig turgor- los ist, so ist es offenbar nothwendig, ihn in den plasmolytischen Zu- stand zu versetzen. Gerade in diesem bequemen und sicheren Nach- weise der Spannungslosigkeit liegt ein sehr wiehtiger Vorzug meiner Methode. Ich habe es absichtlich bis jetzt verschoben, die Ansichten anderer Forscher über die Einwirkung von Salzlösungen auf die Turgescenz pflanzlicher Organe und Gewebe zu besprechen. Nachdem wir aber jetzt diese Erscheinung bei wachsenden Organen und Zellen kennen gelernt haben, werden wir uns leichter ein Urtheil über die bisher aus- gesprochenen Meinungen bilden können. Ich betone dabei als Haupt- resultat meiner Untersuchungen den Satz, dass bei dieser Einwirkung zwei Perioden zu unterscheiden sind. In der ersten Periode wird der Turgor aufgehoben und verkürzt sich die Zelle oder der Spross. In der zweiten Periode hebt sich das Plasma von der Zellhaut ab, aber eine weitere Verkürzung der Zelle oder des Organs findet nicht statt. Wir betrachteten den Anfang der zweiten Periode als Beweis, dass in der betreffenden Zelle die erste Periode zu Ende war, die Verkürzung also ihr Maximum erreicht hatte. Nur von diesem Gesichtspunkte hatte die zweite Periode Interesse für uns. | Die ganze erste Periode ist bis jetzt übersehen worden. Die That- sache, dass jugendliche Zellen und Organe sich bei der Einwirkung von wasserentziehenden Mitteln verkürzen, war bis jetzt noch nieht be- obachtet. Nägeli, der zuerst auf die ausserordentliche Dehnbarkeit junger, noch wachsender Zellen aufmerksam machte, kannte sie nicht!). Damals war ja das Stadium des Protoplasma das Hauptaugenmerk der Forschung; die Eigenschaften der Zellhaut konnten nur nebenbei be- achtet werden, und so kann es nicht Wunder nehmen, dass die er- wähnte Erscheinung auch von anderen Forschern übersehen wurde. Einer ausführlichen Untersuehung wurden die Spannungsverhält- nisse in lebenden Zellen von Hofmeister unterzogen ?). Auch er über- sah die Verkürzung wachsender Zellen in Salzlösungen und wurde da- durch zu seiner Ansicht veranlasst, dass die Zellhäute im frischen Zu- stande nicht wesentlich gedehnt seien, dass somit die Spannung zwischen 1) Nägeli, l. ce. 1855, S. 21. 24. 2) Vergl. dessen Pflanzenzelle, 1867. 42 Zellinhalt und Zellhaut keine erhebliehe Rolle bei der Straffheit der Gewebe spiele. Bekanntlich suehte er diese Straffheit ausschliesslich durch Spannungen in den lebenden Zellmembranen selbst zu erklären. Sehen wir zu, welche Beobachtungen ihn zu dieser Auffassung führten !).. Ich kann hier nur einige derselben anführen und wähle dazu solche, die in nächster Beziehung zu dem hier behandelten Gegenstande stehen. Für die übrigen verweise ich auf das bereits erwähnte Hand- buch Hofmeister's, sowie auf seine dort eitirten Originalarbeiten über dieses Thema. Auf S. 268 des Handbuches lesen wir: »Eine mit einer scharfen Scheere plötzlich quer durchschnittene Stengel- oder Blattzelle einer Netella verliert trotz der Oeffnung ihres Zellraumes nicht den Turgor der Seitenwände. Dieser geht erst dann verloren, wenn die Seitenwand einen mechanischen Eingriff, eine Knickung erleidet, und dann nur an der Stelle jeder Kniekung selbst. Die Unabhängigkeit dieser Spannung der Zellhaut von der endosmotischen Spannung des Zelleninhalts ist in dem gegebenen Beispiele selbstverständlich. Sie lässt sich noch auf einem zweiten Wege darthun.; Die endosmotische Spannung des Zellinhalts wird aufgehoben, wenn die geschlossene Zelle in eine wasseranziehende Lösung von soleher Concentration ge- bracht wird, dass dem Zellinhalte Wasser entzogen wird. Der Beginn des Austritts von Wasser aus dem Zellinnern gibt sich sofort dureh die Raumverminderung des in der Zelle enthaltenen Protoplasma, durch die Zusammenziehung ihres Wandbeleges aus Protoplasma auf ein ge- ringeres Volumen zu erkennen. Bei dieser Zusammenziehung wird zu- nächst der Turgor der Zellhaut nicht geändert. Zellmembranen von Cladophoren, Oedogonien, Spirogyren u. v. A. bleiben während der Zusammenziehung des Inhalts prall, eylindrisch , dafern die ange- wandte Lösung ein bestimmtes Maass der Concentration nicht übersteigt. Durehschnitte der Epidermis und der nächst darunter liegenden Paren- chymschichten der Blätter von Allium nutans, der Blattunterseite von Elymus arenarius, des Blüthenschaftes der Eucomis regia krümmen sich an der Aussenfläche coneav, selbst beim Einbringen in eine bei- läufig 10 % haltende Zuckerlösung, welche den protoplasmatischen In- halt der Epidermis- und der angrenzenden Parenchymzellen zum Ein- schrumpfen bringt.« Diese Beobachtungen stellen es ausser Frage, dass an den unter- suchten Objeeten die Vernichtung der Spannung zwischen Zellinhalt und Zellhaut keine Erschlaffung und somit auch keine wesentliche Ver- 1)1. ec. 8. 267 ff. Fi a aa dere al a al 2 43 kürzung der Zellhaut herbeiführte. Anscheinend steht diese Thatsache in grellem Widerspruch mit den von mir mitgetheilten Untersuchungs- resultaten. : Eine genauere Betrachtung ergibt aber leicht, worin der Unterschied liegt. Die eitirten Experimente Hofmeister's sind mit ausgewachsenen Zellen ausgeführt worden, die meinigen aber mit jun- gen, noch wachsenden. Nehmen wir an, dass ausgewachsene Zellen in der Regel!) keine Turgorausdehnung besitzen, so hört der Wider- spruch auf, oder vielmehr er beschränkt sich auf die gezogenen Folge- rungen und bezieht sich nicht länger auf die Thatsachen. Und: dass diese Annahme richtig ist, davon habe ich mich durch direete Messun- gen überzeugt. Ich theilte Sprosse, deren oberes Ende noch im Wachs- thum begriffen war, durch Tuschemarken in Zonen von je 20 Mm. und ‚ brachte die so vorbereiteten Versuchsobjeete, ganz oder der Länge nach halbirt, in eine 10% haltende Salpeterlösung. Nach drei bis fünf Stun- den mass ich die Entfernungen der Marken und fand diese in den aus- gewachsenen Theilen nicht verändert, während in den wachsenden Zonen überall eine messbare Verkürzung von oft mehr als $—10% be- obachtet wurde. Eine Salpeterlösung von soleher Concentration löst so- wohl in den jugendlichen als in den älteren Zellen das Plasma sehr stark von der Zellwand ab. Als Versuchsobjeete dienten Blüthenschäfte von Butomus umbellatus, T’hrincia hispida, Alisma Plantago u. A.?). Wir sehen hier also einen wichtigen Unterschied zwischen den noch wachsenden und den ausgewachsenen Zellen von Sprossen: die Zellhäute der jugendlichen Zellen sind durch den Turgor gedehnt, die der ausgewachsenen nicht. Im ganzen noch wachsenden Gipfeltheil eines Sprosses beruht die Straffheit auf der Spannung, in welche die an und für sich schlaffen Zellhäute dureh den osmotisch sieh mehrenden Zellinhalt versetzt werden; im ausgewachsenen Theil beruht die Steif- heit des Ganzen auf der Steifheit der Zellwände. Dem entsprechend erschlafft beim Welken nur der noeh wachsende Theil, der ausgewach- sene bleibt steif. | Hofmeister hatte diesen Unterschied übersehen ; er hatte seine Versuche theils an wachsenden, theils an ausgewachsenen Pflanzen- theilen ‚angestellt und die Resultate ohne hinreichende Trennung zu- sammen zu einer Theorie verarbeitet. Dadurch kam es, dass er die Steifheit ausgewachsener Zellhäute zur Erklärung der Straffheit noch 1) Dass diese Regel Ausnahmen erleidet, z. B. in den reizbaren Staubfäden der Cynareen und dem Polster der Mimosen, ist bekannt; vergl. hierüber Pfeffer, Physiologische Untersuchungen, 1873. 2) Nähere Angaben hierüber finden sich in $ 2 der zweiten Abhandlung. 44 wachsender Organe benutzte. Es ist hier nieht der Ort, auf seine An- - sichten näher einzugehen ; ich habe das Vorstehende nur eingeschaltet, um zu zeigen, weshalb ich mich in dieser Arbeit nieht der Theorie Hofmeister's anschliessen kann, sondern der von Sachs geltend ge- machten Auffassung folge und die von diesem Forscher gegebene De- finition des Turgors annehme !). | 88. Beweise, dass das Protoplasma bei seiner Ablösung von der Zellwand lebendig bleibt. Es gehört zu dem wichtigsten Theile unserer Aufgabe , nachzu- weisen, dass die Ablösung des Protoplasma von der Zellwand ohne Schaden für das Leben der Zelle stattfinden kann. Denn dadureh be- seitigen wir den Einwand, den Viele nur zu leieht geneigt sein werden uns zu machen, dass unsere Messungen an todten Sprossen vorgenom- men seien und die Verwerthung der Resultate für die Auffassung des lebendigen Zustandes nicht erlaubt sei. Indem wir die definitive Lösung dieser Aufgabe für den nächsten Abschnitt aufbewahren, werden wir jetzt versuchen, zu zeigen, dass das Protoplasma und die Zellhaut n allen ihren mikroskopisch erkennbaren Eigenschaften bei der Plasmo- Iyse unverändert bleiben. Für das Plasma können wir diese Unter- suchung so vollständig vornehmen, dass daraus mit voller Sicherheit die Unschädlichkeit seiner Ablösung für sein Leben hervorgeht. Für die Zellhaut stehen uns leider keine solehe Merkmale zur Beurtheilung unserer Frage zu Diensten. ! Um Missverständnissen vorzubeugen, sei noch bemerkt, dass ich nur die Einwirkungen von Salz- (und Zueker-)lösungen vor Augen habe, die Einwirkung anderer gebräuchlieher Ablösungsmittel, wie Alkohol, Chlorzinkjodlösung u. s. w. ist eine ganz andere. Solche Reagentien tödten das Plasma, indem sie es contrahiren ; sie veranlassen aber keine eigentliche Plasmolyse. A Den schönsten Beweis für unsere Behauptung liefern Zellen mit strömendem Plasma, denn in ihnen dauert bei geschiekter Behandlung die Bewegung auch nach der allseitigen Ablösung des Plasma von der Wand fort. Dieses beobachteten Braun?) und Nägeli) bei Ohara, 1) Vergl. 8. 25. 2) Braun in Monatsb. d. Berl. Akad. 1852, $. 225; eitirt in Hofmeisters Pflanzenzelle, S. 52. : 3) Nägeli, Pflanzenphysiol. Unters. Heft I, 1855, $. 33. 45 Hofmeister bei Blattzellen von Vallisneria , Staubfadenhaaren von Tradescantia und Wurzelhaaren von Hydrocharis '). Einen zweiten Beweis liefert die Thatsache, dass die Plasmolyse durch Auswaschen der Salzlösung mit reinem Wasser wieder rück- gängig gemacht, ja an derselben Stelle mehrere Male nach einander wiederholt werden kann. Es war Unger?), der diesen Versuch zum ersten Male beschrieb. Er wählte dazu die Zellen aus dem Blattstiele von Beta Cyela, deren Zellsaft roth gefärbt war und bei denen also das Fortschreiten der Ablösung des Plasma besonders deutlich zu sehen war. Er legte sie in verdünnte Zuckerlösung und beobachtete, dass die Primordialhaut sieh an verschiedenen Stellen von der Zellhaut abge- hoben hatte. »Lässt man auf solche zusammengeschrumpfte Zellen Wasser einwirken, so dehnt sich der Primordialschlaueh wieder aus und nimmt seine vorige Lage ein, ja es lassen sich beide Zustände mehrmals hinter einander nach Belieben hervorbringen. Durch zu rasche Wasser- aufnahme während des Zusammengeschrumpftseins geschieht es auch hier, dass die Primordialhaut zerreisst und ihren Inhalt in den übrigen Zellraum ergiesst; in anderen Fällen beobachtet man aber ein Agglu- tiniren der zerrissenen Theile, wodurch dann in einer Zelle zwei neben einander liegende Primordialschläuche mit ihrem Inhalte erscheinen.« Auch ein solches Zerreissen des Zellinhaltes in zwei oder mehrere Theile ist also dem Leben durehaus nieht sehädlich. Ich habe diesen Unger'schen Versuch vielfach mit wachsenden Gewebezellen verschie- denen Alters aus allen Gewebepartien und bei den verschiedensten Pflanzenarten wiederholt, und fast immer ist es mir gelungen, die Aus- ° dehnung des abgelösten Protoplasma und seine Anschmiegung an die Zellwand zu beobachten. Nur dürfen die Zellen nieht-zu lange in der Salzlösung gelegen haben, sonst werden die Erscheinungen andere (Vergl. $ 14). Ein Merkmal, das man in sehr vielen Fällen anwenden kamn, ist das von Nägeli°) entdeckte Verhalten des Primordialschlauches zu Farbstoffen. »Der Schlauch«, sagt er, »zeigt ein eigenthümliches Ver- halten zu dem im Zellsaft gelösten Blumenblau und Blattroth. Im un- veränderten (lebenskräftigen) Zustande lässt er dasselbe nicht dios- miren; im veränderten (todten?) Zustande jedoch lässt er es, wie die Zellmembran, hindurchgehen.« »Der Farbstoff exosmirt und färbt den 1) Hofmeister, Die Pflanzenzelle, S. 52: 2) Unger, Anatomie und Physiologie der Pflanzen, 1855, $. 262. 3) Nägeli,l.c.,8.5 ff. 46 Zwischenraum zwischen Sehlauch und Membran. Er dringt auch durch diese hindurch und verbreitet sich in der ganzen umgebenden Flüssig- keit. Zugleich erblasst er, und die Flüssigkeit im der Zelle ist fast farblos. Dagegen hat der Schlauch, welcher nun gefaltet in der Zelle liegt und keine diosmotischen Eigenschaften (z. B. zu Zuekerlösung oder Wasser) mehr zeigt, den Farbstoff nieht blos durehtreten lassen, sondern er hält eine bestimmte Menge davon zurück, er erscheint deut- lieh gefärbt in der fast farblosen Flüssigkeit.« Ich habe mich durch vielfache Untersuchungen davon überzeugt, dass dieses Merkmal wirk- lich einen Unterschied zwischen dem lebenden und todten Zustande des Plasma begründet". Der lebendige Sehlauch ist für Farbstoffe un- durchdringlich, der todte häuft solche in sich an und erscheint dunkler als die umgebende Flüssigkeit. Um dieses Merkmal auch bei solehen Pflanzentheilen anwenden zu können, deren Zellsaft nicht gefärbt ist, benutze ich eine Lösung von Carminammoniak in Wasser. Hat man diese durch Auflösung trocknen Carminammoniaks in destillirtes Wasser ohne Zusatz von Ammoniak hergestellt, so tödtet sie die lebendigen Plasmakörper nieht. Färbt man nun eine Lösung von 10% Salpeter damit weinroth und bringt dann hierin wachsende Sprosstheile, so löst die Salzlösung die Plasmakörper der Parenehymzellen als Kugeln ab. Der Farbstoff‘ dringt mit dem _ Salze in den Raum?) zwischen der Zellstoffhaut und dem Protoplasma ein; dieses erhält sich aber inmitten der farbigen Flüssigkeit ungefärbt. Auch der Zellsaft bleibt ungefärbt wegen der Impermeabilität des Plasma} und man sieht also wasserhelle, ungefärbte Kugeln inmitten der rothen Flüssigkeit. Sobald ein Plasmakörper aber aus irgend wel- eher Ursache abstirbt, lässt es den Farbstoff durchgehen und häuft eine bestimmte Menge davon in sich auf: er erscheint dunkler gefärbt als die umgebende Lösung. Durch Anwendung dieses Mittels auf die Gewebezellen wachsender Sprosstheile habe ieh mich überzeugt, dass die Protoplasmakörper selbst in starken Salzlösungen (ich benutzte z. B. zehnprocentige Kochsalz- 1) de Vries, in Archives Neerl. VI. 1871, p. 245. 2) Da, wie wir im vierten Abschnitte Sohn werden, die Zellhäute plasmo- Iytischer Zellen völlig lebendig sind, liefert dieser Versuch einen schönen Beweis für die Durchkissigkeit der lebenden Zellhaut für Farbstoffe; dass auch das Salz der äusseren Lösung durch die Zellhaut eindringt, bedarf kaum eines Beweises, da, wenn der Raum zwischen Plasma und Zellhaut nur Wasser enthielte, der Schlauch nicht zusammengezogen werden könnte, wie unter anderen der-Unger- sche Versuch (S. 45) beweist. 47 oder Salpeterlösungen) bei der Plasmolyse.lebendig bleiben (z. B. in Blattstielen von Oueurbita Pepo, Blüthenstielen von Psoralea orbieularis, Ausläufern von Fragaria grandiflora und vielen Anderen). Aber auch ohne Hülfe von Farbstofflösungen kann man unter dem Mikroskope leicht sehen, ob in einer plasmolytischen Zelle das Proto- plasma noch lebendig oder bereits gestorben ist. Das lebendige Plasına ist hell, homogen und zähflüssig; der gestorbene Schlauch ist faltig und runzlig, mehr oder weniger körnig, häutig und von bedeutend höherer Consistenz ; ja er sieht aus wie geronnen. Wer diese beiden Zustände einmal deutlich gesehen hat, wird sich m der Anwendung dieses Merk- males nie täuschen. Dass aber dieses Merkmal über den lebendigen oder todten Zustand der Zelle entscheidet, habe ich früher bewiesen '!), indem ich die plasmolytischen Zellen künstlieh tödtete (z. B. durch Wärme) und die Veränderungen der isolirten Protoplasmakörper dabei studirte. , F Das glashelle, homogene Plasma zeigt eine glatte Oberflifche, welehe sich immer kuglig abrundet, sofern sie nieht dureh Ankleben an die Zellwand daran verhindert ist. Ein allseitig isolirter Primordial- schlauch nimmt genau die Kugelform an. Ich erblieke darin den Be- weis, dass das Protoplasma um den Zellsaft herum gespannt ist, dass es eine, wenn auch noeh so geringe Elastieität besitzt. Eine solche Spannung ist nur möglich, so lange der Schlauch für die im Zellsaft gelösten Substanzen nicht in merkbarer Weise durchlässig ist und diese aus der umgebenden Lösung Wasser an sich zu ziehen suchen. Da- dureh übt der Zellsaft einen Druck auf den Schlauch aus, dem seine Elastieität das Gleiehgewieht hält. Man könnte sagen, dass der Plasma- körper noch turgescire, ohne seine Turgescenz auf die Zellhaut über- tragen zu können: Der Druck des Zellsaftes kann selbstverständlieh nur ein allseitig gleicher sein, daher das Bestreben des Inhaltskörpers, Kugelform anzunehmen. Die geringe Permeabilität für die gelösten Stoffe des Zellinhaltes ist aber eine der wichtigsten Eigenschaften des lebenden Plasma; daher darf man aus ‘dem Bestreben eines Plasma- körpers,, die Kugelform anzunehmen, ohne Zweifel folgern, dass er sich noch im lebendigen Zustande befindet. Ganz anders verhalten sich die zusammengefallenen Plasmasäcke eines künstlich, z. B. durch Hitze, getödteten Gewebes. Sie sind durch- lässig für alle Substanzen, welche man darauf untersuchen kann: sie zeigen keine Spannung mehr, und nichts deutet darauf hin, dass sie 1) de Vries, Archives N£erl. VI. 1871, p. 256. 48 noch etwas Anderes umschliessen könnten, als dieselbe Flüssigkeit, in der sie liegen. Ohne Zweifel sind diese Merkmale ein Kennzeichen des Todes. Bestätigt wird diese Betrachtung durch folgenden Versuch. Wenn man dünne Schnitte aus einem plasmolytischen Gewebe, in dessen Zellen die Plasmakörper kuglig isolirt sind, unter dem Mikroskope allmählich erwärmt, so wird man beim Ueberschreiten der oberen Tem- peraturgrenze ihres Lebens die Veränderungen wahrnehmen können, welehe der Tod mit sich führt. So lange jene Tremperaturgrenze nicht erreicht ist, zeigen die Plasmakörper eine glatte, kuglige, gespannte Oberfläche, bestehen sie aus einer hellen, homogenen Substanz und schliessen sie den Farbstoff des Zellinhaltes vollständig ab. Sobald aber die obere Grenze erreicht wird, ändert sich dies Alles plötzlieh und mit einem Male. Man sieht unter seinen Augen das Plasma plötz- lich zusammenfallen, Falten werfen und runzlig werden und sieht den farbigen Zellsaft austreten ) Kein Zweifel, dass der gespannte Zustand dent Leben, der zusammengefallene dem Tode entspricht). Die glatte Contour, die glashelle Substanz und die gespannte Ober- fläche habe ich bei meinen Untersuchungen gewöhnlich als Merkmale des lebenden Zustandes der abgelösten Plasmakörper benutzt. Ich be- obachtete sie in plasmolytischen Zellen überall, wo nicht eine Ursache des Todes bereits die Versuchsobjecte beeinflusst hatte. In den folgen- den Absehnitten werde ich mich gewöhnlich dieses Merkmals bedienen. Als das Resultat unserer bisherigen Untersuchungen können wir feststellen, dass bei der Plasmolyse die abgelösten Protoplasmakörper alle Merkmale des lebendigen Zustandes behalten. wenigstens alle die- jenigen, welche einer mikroskopischen Prüfung zugänglich sind. - Für die Zellhaut dürfen wir auf mikroskopischem Wege eine solche Entscheidung nieht erwarten. Ich glaube nieht, dass es sichere Kenn- zeichen gibt, welche die todten Zellhäute unter dem Mikroskop immer von lebendigen unterscheiden lassen. Wir können hier nur zwei Punkte anführen. Einmal sind die Zellhäute plasmolytischer Sprosse noch elastisch , andererseits sind sie noch in hohem Grade permeabel. Da aber gestorbene Zellhäute jedenfalls auch die letztere Eigenschaft be- 1) Ich machte diese Beobachtungen zumal an Zellen aus rothen Rüben, welche, nachdem die Plasmakörper in einer Kochsalzlösung allseitig von der Zellhaut isolirt waren, auf dem Objeetträger im Sachs’schen Wärmkasten (Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., S. 707) erwärmt wurden. 2) Vergl. hierüber auch Hofmeister, Die Pflanzenzelle, 8. 5. 1 x * & 49 sitzen und vielleicht auch die erstere, so scheint es überflüssig, diese Punkte, die ohnehin aus den bis jetzt beschriebenen Versuchen leicht zu beweisen sind, hier noch ausführlich zu erörtern. $ 9. Ä Die zur Ablösung des Protoplasma erforderliche Concentration der Salzlösung. Unsere Methode beruht auf dem Satze, dass Salzlösungen gewisser Concentrationen das Protoplasma der Zellen von der Zellwand ablösen und diese dadurch in den plasmolytischen, spannungslosen Zustand versetzen. Es ist also erforderlich, zu wissen, in welchen Concentratio- nen wir die Lösungen dabei anwenden müssen. Aus vielen Rücksichten empfiehlt es sieh, die schwächsten Lösungen zu gebrauchen, die noch eine völlige Aufhebung der Turgorausdehnung verursachen. Wir wollen deshalb jetzt die Frage vornehmen, welche die niedrigste Concentration ist, welche noch Plasmolyse hervorbringt. Wir werden finden, dass diese Concentrationsgrenze sich im All- gemeinen für bestimmte Salze bis auf wenige Grade feststellen lässt, dass aber Schwankungen von wenigen Graden durch die verschieden- sten Ursachen herbeigeführt werden können. Die Natur der angewandten Lösung übt selbstverständlich einen sehr grossen Einfluss aus, indem die Coneentrationsgrenze offenbar um so niedriger liegen wird, je grösser die Anziehungskraft der gelösten Substanz zu Wasser ist. Eine Vergleiehung der Grenze für Zucker und Salpeter ergibt dies aufs Deutlichste. Für Rohrzucker dand ich diese Grenze bei allen noch wachsenden Parenchymzellen des Markes und der Rinde junger Blüthenstiele von Cephalaria Teucantha zwischen 20 und 30%, für Salpeter und Kochsalz dagegen ungefähr bei 5%. In der zwanzigprocentigen Zuckerlösung war in keiner Zelle Plasmolyse ein- getreten, ja die Sprosse waren darin kaum merklich erschlafft. Bei den folgenden Versuchen habe ich hauptsächlich Lösungen von Kalisalpeter, einige Male auch solche von Kochsalz benutzt. Die er- forderlichen Concentrationsgrenzen dieser beiden Substanzen sind nur unerheblich von einander verschieden. In erster Linie ist hervorzuheben, dass, wie zu erwarten war, die geringste zur Plasmolyse erforderliche Concentration je nach den unter- suchten Pflanzen und Pflanzentheilen eine verschiedene ist. Doch sind die specifischen Unterschiede meist geringe und oft nicht auffallend grösser als die individuellen Verschiedenheiten zwischen gleichnamigen de Vries, Ursachen d. Zellstreekung. 4 50 Theilen derselben Species. Deshalb unterlasse ich es, hier Beispiele anzuführen. - | Die niedrigste für die Plasmolyse erforderliche Coneentration einer Salzlösung ist nicht für alle Zellen desselben Gewebes genau dieselbe. Legt man noch wachsende Sprosstheile derseiben Pflanzenspecies in Salpeterlösungen von 2, 3, 4 und 5 % und 'untersucht man nach 3—4 Stunden mikroskopische Sehnitte aus gleich alten Theilen dieser Sprosse unter starker Vergrösserung, so wird man einen allmählichen Ueber- gang finden. So z. B. in den halbwegs gestreekten Zellen junger Blüthenstiele von Cephalaria leucantha. Bei 2% fand ich hier in keiner Zelle auch nur die geringste Spur einer Ablösung des Plasma. Bei 3% zeigten vereinzelte Zellen im Marke geringe Spuren von Ablösung. Bei 4% fand ich im Marke in den meisten Zellen eine Ablösung an den Ecken; in einigen Zellen war sogar das Plasma bereits von einer oder den beiden Querwänden- abgelöst, in einigen anderen Zellen dagegen, sowie in allen Zellen des Gefässbündels und der Rinde beobachtete ich keine Ablösung. Bei5 % warin'allen Zellen des Markes der Primor- dialschlauch in länglich ovaler Form von dem grössten Theile der Zell- haut abgelöst; im Rindenparenchym sah ich in vielen Zellen Plasmo- lyse, in vielen anderen nicht. Es folgt aus diesen und ähnlichen Beob- achtungen, dass die niedrigste Concentration für die Plasmolyse bei gleichartigen benachbarten Zellen desselben Gewebes häufig um 12% verschieden sein kann. Sehr einzelne Zellen weichen mitunter noch weiter von der mittleren Grenze ab. | Auch das Alter der Zellen hat einen Einfluss auf diese Grenze; im Allgemeinen kann man sagen, dass sie mit zunehmendem Alter abnimmt. So beobachtete ich in dem Marke der oben erwähnten Blüthenstiele von Cephalaria leucantha in einer dreiprocentigen Salpeterlösung nur in der älteren Zone der wachsenden Strecke in einigen Zellen, aber nicht in allen, die Plasmolyse; bei 4% in allen Zonen mit Ausnahme der jüng- sten (20 Mm. langen), und zwar um ‚so mehr, je älter die Zone war; erst bei5% trat die Ablösung auch in der jüngsten Zone auf, doch nur in geringem Grade, während sie jetzt in allen übrigen Zonen schon sehr bedeutend war; doch fand-ich auch hier die Ablösung um 80 stär- ker, je älter die untersuchte Zone war. Um einigermassen das Alter der zu den hier gegebenen Beispielen benutzten Blüthenstiele beurthei- len zu lassen, gebe ich an, dass das Maximum .der Partialzuwachse in ihnen in einer Entfernung von ungefähr 30 Mm. von der Endknospe lag, wie Controlleversuche zeigten. . Die Coneentrationsgrenze. ist für das Rindenparenchym, die Ele- Peer LETTER EEE WERTET TEL TE Br EEE, v“ TRTFERTRTTEE 51 mente des jungen Gefässbündels und das Mark nicht wesentlich ver- . schieden. Nur liegt sie häufig beim Marke etwas niedriger als bei der Rinde und dem Gefässbündel. So findet man häufig in den jungen, noch nieht halbwegs gestreekten Zonen die Plasmolyse im Marke bei 5% Salpeterlösung deutlich ausgesprochen, während sie in der Rinde und im Gefässbündel noch nieht oder nur in einzelnen Zellen stattfand. So fand ich es z. B. bei Blüthenstielen von Cephalaria leucantha, Psoralea orbieularis, Plantago amplexicaulis. In den älteren Theilen der wachsenden Strecke dieser Sprosse hatte die fünfprocentige Lösung. auch in der Rinde und im Gefässbündel die Protoplasmakörper sich von der Zellwand zurückziehen lassen. Endlich ist zu erwähnen, dass auch individuelle Verschiedenheiten wahrgenommen werden und dass diese nicht selten bedeutendere Unter- schiede hervorrufen als die bis jetzt verzeichneten. Um nur ein Beispiel zu nennen, führe ich an, dass, während ich gewöhnlich an jungen Blüthenstielen von Cephalaria leucantha in 4 % Salpeterlösung weitaus die meisten Zellen plasmolytisch fand, ich einmal in einigen der Länge nach halbirten, während zwei Stunden in 5 % Salpeterlösung aufbe- wahrten, den übrigen anscheinend gleichen Sprossen dieser Pflanze noch keine oder doch nur stellenweise eine geringe Ablösung der Plasmakörper fand. Ich lasse es dahin gestellt, ob solche Unterschiede dureh die Trockenheit oder Feuchtigkeit des Wetters oder des Stand- orts, oder durch andere Ursachen bedingt werden können. Abgesehen von all’ diesen kleinen Verschiedenheiten kann man im Grossen und Ganzen den Satz aufstellen, dass die niedrigste für die Plasmolyse erforderliche Concentration einer Salpeter- (oder Kochsalz-) lösung etwa 5% beträgt. In solchen Lösungen werden bei fast allen von mir untersuchten Arten weitaus die meisten Zellen sowohl in den ver- schiedenen Geweben, als in den verschieden alten wachsenden Zonen plasmolytisch. So z. B. ausser den bereits genannten: in Blüthenstielen von Froelichia floridana, Dahlia variabilis, Tyrimnus leucographus, in den Blattstielen von Cueurbita Pepo und in den Ausläufern von Fra- garia grandiflora. Die angeführten Verschiedenheiten machen aber, dass die Grenze keine scharfe ist. Dieser Umstand ist sehr wichtig. Denn es leuchtet ein, dass man für meine Methode nur solche Lösungen wählen darf, in welchen alle wachsenden Zellen der Versuchsobjeete plasmolytisch werden. Es reicht nicht hin, dass weitaus die meisten ihren Turgor verlieren, auch in den letzten Zellen muss der Turgor aufgehoben werden. Denn erst dann ist der Spross völlig spannungslos und ent- 4% 52 spricht seine Länge genau dem plasmolytischen Zustande. Hieraus folgt, dass Lösungen von 5% Salpeter oder Kochsalz für unsere Methode meist noch zu: verdünnt sind, dass man die Concentration wenigstens einige Grade höher wählen muss. Wie viel sie höher sein muss, lässt sich nicht auf mikroskopischem Wege entscheiden. Der Verlauf dieser Arbeit wird zeigen, dass in vielen Fällen bereits 7 bis 8 % hinreichen und dass wohl in allen Versuchen zehnprocentige Lösungen dem Zwecke völlig entsprechen. IV. Die Pflanzentheile bleiben in den Salzlösungen lebendig. $10. Woachsthum von Sprossen in verdünnten Salzlösungen. Dass Sprosse in Salzlösungen niederer Concentration lebendig blei- ben, geht am klarsten aus der Thatsache hervor, dass sie darin noch wachsen können. Freilich darf man aus verschiedenen Gründen kein rasches oder irgendwie ansehnliches Wachsthum erwarten. Denn erstens sind die Umstände für eine'rasche und völlig normale Athmung offenbar ungünstig, und zweitens muss die Verminderung des Turgors die Wachsthumsgeschwindigkeit entsprechend herabsetzen. Man findet dann auch gewöhnlich das Wachsthum um so geringer, je bedeutender die Verminderung des Turgors war, d. h. also je höher die Concentra- tion der Lösung ist. Nicht jede Verlängerung, welche ein lebendiger Spross in einer Salzlösung zeigt, darf ohne Weiteres als Wachsthum betrachtet werden. Findet in sehr verdünnten Lösungen von Anfang an eine Zunahme der Länge statt, so wird diese einfach auf Wasseraufnahme beruhen können. In der That, es muss dies der Fall sein, sobald die angewendete Salz- lösung relativ weniger concentrirt ist, als der Zellsaft der Zellen, und also das Wasser mit grösserer Kraft von den Zellen als von der Lösung angezogen wird. Eine solche Verlängerung kann durch entgegengesetzte äussere Einflüsse, welche Wasserabgabe veranlassen, rückgängig ge- macht werden, und kann also nicht als Wachsthum betrachtet werden. Wenn aber in den ersten Augenblicken des Aufenthaltes in der Salz- lösung eine Verkürzung des Sprosses beobachtet wird, so weiss man, dass eine solche Verlängerung durch Wasseraufnahme ausgeschlossen ist. Findet dann, nachdem der Spross aufgehört hat, sich zu verkürzen, wieder eine langsame Verlängerung statt, so geschieht dies offenbar unter constant bleibenden äusseren Bedingungen. Eine solche nachträg- yo NETTE TUST BETT" a ln ES ee 93 liche Längenzunahme muss also nach der gebräuchlichen Definition als Wachsthum bezeichnet werden. Diese Gründe machen es auch wünschenswerth, die Sprosse nicht einfach als Ganzes zu messen, sondern sie in Partialzonen einzutheilen und so zu beweisen, dass nicht etwa an einer Stelle Verkürzung und an einer anderen Verlängerung stattfindet, sondern dass alle sich erst verkürzen und später verlängern. Nach diesen Erörterungen kann ich zur Beschreibung einiger Ver- suche schreiten, welche ich als Beispiele aus einer längeren Versuchs- reihe auswähle. Versuchsobjeete waren junge Blüthenstiele von Froe- lichia floridana und Plantago amplezicaulis. Um die Salzlösungen besser eintreten zu lassen, wurden sie der Länge nach halbirt. Auf die Blü- thenstiele wurden, von der unteren Grenze ihrer noch jugendlichen Inflorescenz aus, Tuschemarken in Entfernungen von je 20 Mm. aufge- tragen. Dann wurden sie in Lösungen von Kalisalpeter von 2,5—5% gebracht, und nach 1, 3 und 8 Stunden wurden die Entfernungen der Marken an einem Millimeterstabe gemessen. Ich erhielt dabei folgende in Mm. ausgedrückte Zahlen. I. Froelichia floridana, Salpeterlösung von 2.5%. Länge in der Salzlösung | Verkürzung Wachsthum nach in der in der Salzlösung 1 St. 3 St. 8 8t. | Isten Stunde) in 2 St. | in 7 St. Zone Toben | 18.6 | 18.9 vo ol. 0.3 1.1 - OD 18.7 19.2 19.5...;)) 1.3 0.5 0.8 - II 18.9 19.1 19.7 | 1.1 0.2 0.8 -W 18.9 19,0 19.4 | 1.1 0.1 0.5 -.V 19,1 19.4. 19.7 | 0.9 0.3 0,6 Gesammtverkürzung 5.8 Mm. Gesammtwachsthum 3.8 Mm. II. Plantago amplexicaulis, Salpeterlösung von 2.5%. Länge in der Salzlösung | Verkürzung) , Wachsthum nach | in der in der Salzlösung 118t...|5,3 St. 8 St. Isten Stunde] jn 2 St. | in 7 St. | Zone I oben 18.7 | 18.9 19.5 1.3 02 I 08 St 189 | 191 19.6 21 02.0 07 „ed 19.2 1.196 19.9 0.8 0.4 | 0.7 - WV 19.2 119.4 20.0 0.8 0.2 | 0,8 Gesammtverkürzung 4.0 Mm. Gesammtwachsthum 3.0 Mm. 54 III. Froelichia floridana, Salpeterlösung von 5%. Länge in der Salzlösung - « Wachsthum nach Verkürzung... |in der Lösung 181... 38t. | 886. | int St. | in3 St. imsst. Zone I oben 18.6 18.4 19.0 1.4 1.6 0.6 Zr I,’ 18.9 18,8 19.2 1.1 1.2 0,4 - I 18.9 19.0 19.1 1.1 1.0 0.1 SI; 18.6 18.6 18.8 1.4 1.4 0. u V 18.7 18,4 18.9 1.3 1.6 05 Gesammtverkürzung 6.8 Mm. Gesammtwachsthum 1.8 Mm. Bei Plantago amplexicaulis fand in einer fünfprocentigen Lösung nur noch in der jüngsten Zone ein geringes Wachsthum statt. Andere Exemplare der beiden angewandten Arten zeigten bei 5% kein Wachs- thum, sie waren plasmolytisch. In siebenprocentigen Lösungen unter- sucht, zeigte kein einziges Exemplar nachherige Verlängerung. Sehr geeignete Pflanzen für diese Versuche sind auch Butomus umbellatus und Menyanthes trifoliata; bei den Blüthenschäften der ersteren Art beobachtete ich sowohl in 2.5 als in Aprocentigen Salpeter- lösungen Wachsthum; bei der- letztgenannten Pflanze habe ich diese Erscheinung bis jetzt nur in 2.5procentigen Lösungen desselben Salzes constatirt. | Fassen wir die Resultate obiger Versuche zusammen, so sehen wir, dass in Salzlösungen, welche den Turgor eines Pflanzentheils nieht vollständig aufheben, aber doch sehr wesentlich vermindern, noch Wachsthum möglich ist. Im Allgemeinen fand ich dabei das Wachs- thum um so geringer, je höher die Concentration, je bedeutender also die Verminderung des Turgors war. Es leuchtet ein, dass die Kenntniss dieser Beziehung zwischen der Ergiebigkeit des Wachsthums und der Grösse der Turgorausdehnung von grösster Bedeutung für die mecha- nische Wachsthumstheorie ist. Ich zweifle nieht, dass die weitere Aus- beutung der hier nur angedeuteten Untersuchungsmethode zur Auf- findung wichtiger Thatsachen für die Lehre des Wachsthums führen wird. Im nächsten Paragraphen werde ich hierauf zurück zu kommen haben, und werden wir in den Wurzeln ein viel besseres Material zu solchen Versuchen kennen lernen. ' Die Thatsache, dass Sprosse bei künstlich vermindertem Turgor noch wachsen können, lässt sich nicht nur in Salzlösungen , sondern auch in Zuckerlösungen beweisen. Es wird hinreichen, hier nur ein BB) Beispiel zu beschreiben. Ich wähle dazu einen Versuch mit Cephalaria leucantha, der uns Gelegenheit geben wird, einige nicht uninteressante Punkte näher zu beleuchten. Junge Blüthenstiele gleichen Alters und dem Ansehen nach ein- ander möglichst gleich wurden in grösserer Zahl ausgewählt. Auf jedem wurde die jüngste Strecke in einer Länge von 80 Mm. durch zwei feine Tuschestriche bezeichnet. die Sprosse dann der Länge nach halbirt und in Rohrzuckerlösungen verschiedener Coneentration ge- bracht. Die benutzten Concentrationen sind 5, 10, 15, 20 und 30%; bei 20% wurden die Protoplasmakörper noch nieht von der Zellhaut abge- löst, bei 30% fand dieses aber statt. Die Versuchsreihe mit einer so hoch eoncentrirten Lösung ist also nur zur besseren Beurtheilung der anderen hinzugefügt. Cephalaria leucantha. Concentra- | Länge in der Zuekerlösung | Verkürzung Wagbetbwe - Sstion - nach in den ersten ‚folgenden der Lösung 2 St. 48 St. 2 St. 46 St. I 9% 81.5 83.5 _ 2.0 u 10% 81.0 82.5 En 1.5 II 15% 719.5 81.0 0.5 1.5 IV 20% 77.0 78.5 3.0 1.5 V 25% 75.9 74,5 4.5 n— Die Zahlen sind Mittelwerthe aus je zwei Sprosshälften. Man sieht, dass bei 5 und 10% von Anfang an eine Zunahme der Länge stattfindet; diese beiden Versuche sind also nach unserer obigen Erörterung nicht beweiskräftig. Dagegen fand sowohl bei 15 als bei 20 % erst Verkürzung und dann Verlängerung statt; letztere müssen wir also als Wachsthum auffassen. Bei 30% wurde, wie zu erwarten war, kein Wachsthum beobachtet; hier dauerte nach zwei Stunden die Verkürzung noch fort. Die Sprosse in dieser Lösung waren ganz schlaff, wogegen die in den übrigen Lösungen liegenden alle mehr oder weniger steif waren. Ich will nieht unterlassen, den bedeutenden Unterschied zwischen Zuckerlösungen und Salpeter- oder Kochsalzlösungen hier hervorzu- heben. Von letzteren reichte hei Cephalaria 4—5%, von ersteren erst etwa 30% hin, um in den meisten Zellen das Plasma von der Zellwand abzulösen. Eine zwanzigprocentige Zuckerlösung zieht hier das Wasser mit merklich geringerer Kraft an als eine vier- bis fünfprocentige 56 Lösung jener Salze!|. Viel mehr als die gewöhnlieh von-mir benutzten Salzlösungen sind daher diese Versuche mit Zuckerlösungen geeignet, um in klarer Weise zu zeigen, wie unerwartet gross die wasseranzie- hende Kraft jugendlicher, wachsender Pflanzentheile ist. $11. Wachsthum von Wurzeln in verdünnten Salzlösungen. Sprosse bieten bei Wachsthumsversuchen in Salzlösungen den grossen Nachtheil, dass sie sich unter höchst abnormen äusseren Be- dingungen befinden, ein Umstand, der nur eine kurze Dauer der Ver- suche erlaubt. Dieser Nachtheil fällt weg, wenn man statt der ober- irdischen Pflanzentheile Wurzeln wählt. Diese können’ bekanntlich in verdünnten wässerigen Lösungen ihrer Nährstoffe ebenso gut leben als in Erde. Aus den bei Wassereulturen gemachten Erfahrungen ist es be- kannt , dass in Lösungen der gewöhnlichen Nährstoffmischungen die Wurzeln um so länger werden, je verdünnter die Lösung ist. Diese bis jetzt nur empirisch festgestellte Thatsache findet in dem im vorigen Paragraphen mitgetheilten Satze ihre völlige Erklärung. Die Turgor- ausdehnung in den wachsenden Zellen der Wurzeln hängt von der Con- centration der Salzlösung ab und bedingt ihrerseits die Geschwindigkeit des Wachsthums. Die Nährstofflösung retardirt das Wachsthum in dem Grade, in welehem sie den Turgor vermindert. Um die Richtigkeit dieser Erklärung zu beweisen, ist es nothwen- dig, die Versuche in viel einfacherer Weise zu wiederholen, als dies bis jetzt gewöhnlich geschah. Statt der ziemlich complieirten Nährstoff- lösung sind einzelne Salze zu nehmen, und ist ihre Wirkung getrennt von anderen zu studiren. Um den Einfluss der Salze als Nährstoffquelle auszuschliessen, empfiehlt es sich für diese Versuche, Keimpflanzen zu “wählen, da diese keiner Aufnahme von Salzen bedürfen, um sich nor- mal zu entwickeln. Auch kann man solche Salze nehmen, denen, wie z. B. Kochsalz, ein ernährender Einfluss beim Keimungsprocess. be- kanntlich nicht zukommt. Wiederholt man nun die Versuche unter Beobachtung dieser Vor- schriften, so findet man zunächst, dass jedes einzelne Salz das Wachs- thum der Wurzeln um so mehr verlangsamt, in je concentrirterer Lösung 1) Vergl. auch de Vries in Archiv. Ne£erl. VI. 1871, p. 123. 57 es angewendet wird. »>o verlängerten sieh z. B. die Hauptwurzeln Junger Keimpflanzen von Hühnermais in 24 Stunden : in einer Salpeterlösung von Zuwachs in Mm. 0.5% 22.0 Mm. 1.0.% 16.5..- 1.5% 11.5. - 2.0% 0. ’ Die Zahlen sind Mittelwerthe aus je drei Wurzeln: die Versuchsobjeete waren gleich alt und möglichst gleichartig ausgewählt. Zu sehr auffallenden Resultaten führt die Vergleichung der Ein- wirkung verschiedener Salze auf das Wachsthum. Im vorigen Para- graphen zeigte ich, wie man von Zuckerlösungen weit höhere Concen- trationen braucht als von Salpeterlösungen, um den gleichen Effeet zu erreichen, Derselbe Unterschied zeigt sich nun zwischen verschiedenen - Salzlösungen. Ich will hier beispielsweise einen Versuch anführen, in dem die Wirkung von Chlorkalium mit derjenigen von schwefelsaurer Magnesia verglichen wird. Als Versuchsobjeet dienten Hauptwurzeln von jungen Keimpflanzen von Hühnermais. Aus einer grossen Anzahl gleichzeitig in Sägespänen ausgesäeter Samen wurden nach einiger Zeit 12 möglichst stark entwickelte und gleich kräftige Keimpflanzen ausgesucht. Diese wurden jede an eine lange Stecknadel befestigt, und mittelst dieser so über Wasser aufge- hängt, dass der Same dicht über der Wasseroberfläche festgehalten wurde, die Wurzel darin aber senkrecht hinabstieg. Die zu diesen Zwecken benutzten Glaseylinder waren in ähnlicher Weise construirt als die von Sachs bei seinen Untersuchungen über das Wachsthum der Wurzeln angewandten !).. Ich liess sie nun in dem Brunnenwasser wäh- . rend 24 Stunden wachsen, und mass dann ihr Wachsthum mittelst vor- her angebrachter Marken. Ich überzeugte mich dadurch, dass die Exem- - plare hinreichend vergleichbar waren, und theilte nun die 12 Keim- pflanzen in 3 Gruppen, in der Weise, dass die Summe der Zuwachse von den 4 Exemplaren in den 3 Gruppen gleich gross war. Jede Gruppe kam in einen eigenen Cylinder, und erhielt darin statt Wasser die be- treffende Salzlösung. Nach 24 und nach 2x 24 Stunden mass ich die Wurzeln wieder und erhielt nun für die 3 Gruppen folgende Zahlen, welche also die Summen der Zuwachse von je 4 Wurzeln in Mm. aus- drücken: I) Sie finden sich in der betreffenden Abhandlung von Sachs abgebildet: Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln, Arb. d. Bot. Inst. in Würz- burg III., S. 387, fig. 1.A.B. "58 Zuwachse in den Zuwachse in den ersten folgenden i 24 Stunden. 24 Stunden. In 2% Chlorkalium . . . 2°... 10.5 Mm. 5.5 Mm. In 6% schwefelsaurer Magnesial) . 18.0 - 11.0 - In 1% schwefelsaurer Magnesia . . 21.0 - 20.0 - Im Brunnenwasser war der Zuwachs in den einzelnen Gruppen in 24 Stunden 31.0—32.0 Mm. gewesen. Am ersten Tage des Aufenthaltes in den Lösungen war deren Ein- wirkung offenbar noch keine vollständige , daher sind die Zuwachse.an jenem Tage grösser als an dem folgenden Tage. | Ganz unerwartet scheint das Resultat, dass in einer 6procentigen Lösung von schwefelsaurer Magnesia noch ein nieht unbeträchtliches Wachsthum stattfindet. Denn bei gewöhnlichen Nährstoffmischungen gelten so hohe Procentgaben allgemein als schädlich. Noch mehr muss aber auffallen, dass eine 2procentige Chlorkaliumlösung das Wachs- thum in weit wirksamerer Weise verlangsamt, als sogar die 6procentige Lösung des ersterwähnten Salzes. Die beiden Thatsachen werden aber vollständig begreifliceh, sobald man bedenkt, dass die wasseranziehende Kraft der schwefelsauren Magnesia im Vergleich mit derselben Eigen- schaft von Chlorkalium eine sehr geringe ist‘), dass also sehr ver- schiedene Concentrationen dieser beiden Salze erforderlich sind, um den Turgor der Wurzelzellen in gleich starkem Maasse zu vermindern. Es würde mich von meinem eigentlichen Gegenstande zu weit ent- fernen, wollte ich hier die verschiedenen Fragen auch nur kurz an- geben, deren Lösung auf dem hier angedenteten Wege möglich ist. Ich will nur noch hervorheben, dass die Wurzeln für diese Versuche ein - in jeder Hinsicht besseres Material liefern als Sprosse oder Blätter, und dass es sich also empfiehlt, jene als eigentliche Untersuchungsobjeete zu wählen. Die oberirdisehen Organe wären dann nur soweit zu be- nutzen, als erforderlich ist um zu entscheiden, in wiefern die an Wurzeln erhaltenen Resultate auch für sie Geltung haben. g 12. Auswaschen von Salzlösungen niederer Concentration. Wenn der Aufenthalt eines wachsenden Pflanzentheils in einer Salzlösung von geringer Concentration nicht so lange gedauert hat, dass das Organ bereits bleibenden Schaden genommen hat, kann man das 1) Auf das wasserfreie Salz berechnet. SE, 2) Vgl. de Vries, in Archives Nöerl. VI. 1871, $. 123. . 59 Salz ohne Gefahr für das Leben wieder auswaschen. Man braucht da- zu einfach die Pflanzentheile aus der Lösung zu nehmen und sie in viel reines Wasser zu legen. Hier geben sie durch Diffusion das Salz ab . und nehmen gleichzeitig Wasser auf. Dem entsprechend dehnen sie sich auf ihre frühere Länge aus, und verhalten sich dann wie frisch abgeschnittene und in Wasser gelegte Organe. Unter Salzlösungen geringer Concentration verstehe ich dabei die- _ jenigen, welche das Plasma in den Zellen nieht von der Zellhaut ab- . lösen. Wesentliche Veränderungen finden weder beim Bringen der Sprosse in solche Lösungen, noch beim Auswaschen derselben statt, mit Ausnahme der Abgabe, resp. Aufnahme von Wasser durch den Zell- saft, und der entsprechenden Verkleinerung resp. Vergrösserung des Organs. | | Folgender Versuch mit Cephalaria leucantha gibt uns eine: Vor- stellung über die dabei stattfindenden Längenänderungen. Er wurde mit jungen Blüthenstielen angestellt, welche der Länge nach vorsichtig in zwei genau gleiche Hälften getheilt wurden, um die Lösung besser und rascher eindringen zu lassen. Auf jede Sprosshälfte wurde die jüngste Strecke in einer Länge von 100 Mm. durch zwei Marken be- ' zeichnet. Für den Versuch waren möglichst gleiche Blüthenstiele aus- gesucht; in jede Lösung kamen zur Erhöhung der Vergleichbarkeit drei Sprosshälften, so-dass die anzuführenden Zahlen immer Mittelwerthe aus je’ drei Beobachtungen sind. Die Sprosshälften wurden nur 5 Stun- ‚den in den Salpeterlösungen belassen, und dann in reines Brunnen- wasser gebracht, das von Zeit zu Zeit erneuert wurde. Die Messungen ergaben in Mm. folgende Resultate. Cephalaria leucantha. | F: £ te länger- ' Concentra- | Länge in der, Länge im . Verkürzung | Verläng tion der Sal-| Salzlösung | Wasser nach in den Sala wo ir | peterlösung | nach 5 St._ 3 St. 58 . | 3 St 27. 1% 100.3 103.1 a 2.8 “ | 2% 98.6 101.8 1.4 32 III 3% 97.0 101.0 3.0 4,0 IV | 4% 93.5 100,9 6.5 7.4 ) Bei 1 % fand schon in der Salzlösung Verlängerung eteit; bei 2, 3 ünd 4 % verkürzten sich die Sprosse, doch verlängerten sie sich beim Auswaschen der Lösungen wieder, bis etwas über die anfängliche Länge hinaus, was wohl dem erhöhten Turgor durch weitere Wasser- "aufnahme zugeschrieben werden muss. 60 In einem andern Versuche wurden zwei Sprosshälften von Cepha- laria in 5% Salpeterlösung gebracht, wo sie sich um 4.0 resp. 5.4 Mm. verkürzten. Nach 4 Stunden waren ihre Plasmakörper nicht von der Zellwand abgelöst; jetzt wurde das Salz ausgewaschen, und die Sprosse verlängerten sich in kurzer Zeit wieder bis über ihre Anfangslänge. Aus Zuckerlösungen‘ von 15—20 4 kann man Blüthenstiele von Cephalaria noch nach viel längerer Zeit ohne Gefahr für ihr Leben in Wasser überbringen. Ich habe einige nach einem Aufenthalte von 2x 24 Stunden herausgenommen und die eingedrungene Lösung aus- gewaschen, und fand, dass sie dabei ihren früheren Turgor wieder vollständig annahmen , ja bedeutend länger wurden als sie vor An- fang des Versuchs waren, da sie in den Lösungen gewachsen waren (Vergl. $ 10). Kagel Weitere Beispiele lieferten mir junge Blüthenstiele von T’hrineia hispida und Plantago amplexicaulis, sowie Ausläufer von Fragaria grandiflora, welche während 4 Stunden in einer 4procentigen Sal- peterlösung gelegen hatten. Sie hatten da im Mittel aus mehreren Exemplaren 3.8, resp. 1.5, resp. 3.4 Mm. an Länge verloren, und er- reichten nachher bei einem sechsstündigen Aufenthalte im Wasser ihre frühere Länge wieder. Jetzt nahm ich die Blüthenstiele der beiden ge- nannten Arten aus dem Wasser und stellte sie in einem Glase auf, wo nur ihre Schnittfläche noch in Wasser tauchte. Hier wuchsen sie weiter ° und verlängerten sich im Mittel in 12 Stunden um 2,1 resp. 4.0 Mm. Viel deutlicher beobachtete ich das Wechsle nach dem Aus- waschen einer Salzlösung in dem folgenden Versuch: An einem jungen, etwa einen halben Meter hohen und Kita Exemplar von Phaseolus multiflorus , das in einem Topfe gezogen war, wurde die jüngste Spitze durch zwei Marken in einer gegenseitigen Entfernung von 80 Mm. bezeichnet. Darauf wurde dieser Gipfel, ohne von der Pflanze abgeschnitten oder irgendwie verletzt zu werden, in eine vierprocentige Salpeterlösung getaucht. Nach zwei Stunden war er darin ganz schlaff geworden und hatte sich um 2.8 Mm. verkürzt. Jetzt wurde er in reines Wasser getaucht, wo die Entfernung der Mar- ‘ken nach einer Stunde wieder auf 80 Mm. stieg; dabei wurde der Gipfel frisch, weshalb ich ihn jetzt aus dem Wasser nahm und die Pflanze zum weiteren Wachsthum ans Fenster stellte. Der Gipfel wuchs hier freudig’ weiter, und als nach mehreren Tagen die markirte Stelle ausgewachsen war, hatte sie eine Länge von 101 Mm. erreicht, was also einen nachherigen Zuwachs von 21 Mm. bedeutet. . Aus den beschriebenen Versuchen geht hervor, dass man Salz- 61 lösungen geringer Concentration auf jugendliche Pflanzentheile während mehrerer Stunden einwirken lassen und nachher wieder auswaschen kann, ohne dass in irgend einer Weise eine bleibende Beschädigung zu bemerken wäre. Dass dieser Satz ebenso gut für Wurzeln gilt wie für Sprosse, braucht wohl kaum bemerkt zu werden. $13. Auswaschen von Salzlösungen höherer Concentration. Es ist für unsere Methode eine Aufgabe von höchster Wichtigkeit, den Beweis zu liefern, dass die Ablösung des Plasma von der Zellwand in den Zellen eines Organs ohne den geringsten Schaden für das Leben dieses Organs stattfinden kann. Wir haben schon eine Reihe von Argu- menten vorgebracht, welche unserm Satze einen sehr hohen Grad von Wahrscheinlichkeit verleihen, und wollen diese Ausführungen jetzt da- durch zum Abschluss bringen, dass wir einen direeten, unwiderleg- lichen Beweis zu geben suchen. Es sei erlaubt, vorher die bereits fest- stehenden Thatsachen in kurzem Ueberbliek vorzuführen. Für die von der Zellwand isolirten, in der Zellhöhlung mehr oder weniger freiliegenden Protoplasmakörper haben wir in $ 8 unseren Satz vollständig bewiesen. Wir sahen dort, dass alle mikroskopischen Merkmale, welche lebendes Plasma von todtem unterscheiden, einstim- mig den lebenden Zustand der Plasmakörper plasmolytischer Zellen anzeigten. Die Undurehdringliehkeit für Farbstoffe und andere gelöste Körper, das glashelle Aussehen, die glatte Oberfläche und die Neigung, Kugelform anzunehmen, waren Eigenschaften, welche alle an den in starken Salzlösungen abgelösten Plasmakörpern wahrzunehmen waren, welche aber dem todten Protoplasma ausnahmslos fehlen. Für die Zellwand liess sich nur constatiren, dass in ihr bei der Plasmolyse keine mikroskopisch wahrnehmbaren Veränderungen statt- finden. Viel wichtiger sind in dieser Beziehung die Ergebnisse des vorigen Paragraphen, da sie zeigen, dass die Zellhäute durch die Ein- wirkung von 4 procentigen Salpeterlösungen keinen bleibenden Scha- den nehmen. Nun ist wohl nieht anzunehmen, dass die Zellwand sieh bei-der- Plasmolyse erheblich anders verhält, als in Salzlösungen ge- ringer Concentration, zumal da doch in den meisten Fällen bereits bei 5.% die Mehrzahl der Zellen eines Organes plasmolytisch werden. Mit andern Worten, der Umstand, dass 4 procentige Lösungen für die Zell- wand unschädlieh sind, macht esin hohem Grade wahrscheinlich, dass 62 auch 5—7, ja won auch 10 procentige Fa sie nicht MO an- greifen werden. Hi Eine andere Frage ist aber diese: Können die isölirten Place . körper sich wieder in völlig normaler Weise an die Zellwand anlegen? Auch diese Frage haben wir bereits in einem für uns günstigen Sinne _ beantwortet, als wir die darauf bezüglichen Versuche Unger’s be- schrieben ($ 8, S. 44). Allerdings erlaubt die mikroskopische Beobach- tung keine absolute Entscheidung, ob das beobachtete Anlegen ein völlig normales war oder nicht, doch war wenigstens kein sichtbarer Unterschied zwischen dem Ense vor der Plasmolyse und ee nach dem Auswaschen des Salzes vorhanden. i Fassen wir das Vorstehende zusammen, so wird es höchst wahr- scheinlich, dass sich auch aus vlasnläsällchen Pflanzentheilen die Salz- lösung wird auswaschen lassen, ohne dass dabei das Leben des Organs gefährdet wird. ‘Die Erfahrung hat diese Vermuthung vollkommen be- stätigt. Nur darf man nicht hoffen, dass diese Versuche ausnahmslos gelingen werden. Im Gegentheil, es fallen hier eine Reihe von Neben- umständen ins Gewicht, welche leicht viele Versuche resultatlos ver- loren gehen lassen, wenn man es versäumt, gewisse Vorsichtsmass- regeln zu nehmen. Unter diesen will ich hier Be MEERE. welche die Athmung der Zellen betreffen. Hi Junge, rasch wachsende Pflanzentheile bedürfen für ein kräftigen, energisches Leben einer ungestörten Athmung. "Wird die Athmung auf » längere Zeit verhindert oder beeinträchtigt, so sterben sie. Es’ist be- kannt, dass sie eine dauernde Infiltration ihrer Intereellularräume mit Wasser nicht ertragen. Ebensowenig ertragen sie einen längeren Auf-_ enthalt in Salzlösungen, wie wir im nächsten Paragraphen noch näher ausführen werden. Daraus folgt, dass man,'um beim Auswaschen. des Salzes -aus plasmolytischen Zweigen Aussicht auf Erfolg zu haben, diese nieht lange in der Lösung liegen lassen darf, sondern sie am besten herausnimmt, sobald sie im Salz ihren Turgor vollständig ver- loren haben, und alle Zellen also plasmolytisch geworden sind. Beim Auswaschen ist ferner darauf zu achten, dass die Intercellu- larräume. nach Beendigung der Operation vollständig frei von Wasser sein müssen, dass sie überall nur Luft führen dürfen. Denn wo dies nicht der Fall ist, kann ein Organ, auch wenn es beim Auswaschen seinen Turgor wieder völlig zurückbekommen hat, dennoch an den Folgen des Processes sterben. Häufig bleibt an einzelnen Stellen eines Sprosses beim Auswaschen der Salzlösung etwas Wasser in den inter- cellularen Räumen; dann sieht man diese Stellen allmählig braun wer- RE ec REED 63 den und bald deutlich faulen und erschlaffen. Das Wasser in den Lufträumen scheint sich dort schon bei der ersten Einwirkung der Salz- lösung zu sammeln , da plasmolytische Zweige häufig aussehen, als ob sie injieirt wären. Um es nach dem Auswaschen zu entfernen, kann man es entweder verdunsten, oder besser es von den Zellen selbst auf- nehmen lassen. Man braucht dazu,nur so rasch auszuwaschen, dass alles Salz entfernt ist, bevor die Zellen eine hinreichende Menge Wasser aufgenommen haben, um sich wieder auf die frühere Länge auszu- dehnen. Dann nimmt man die Sprosse aus dem Wasser und legt sie an freie Luft. Hier suchen die Zellen sich weiter auszudehnen und finden dazu kein anderes Wasser, als das in den Lufträumen vorhan- dene. Indem sie dieses aufsaugen, entleeren sie die Lufträume und stellen so selbst die wichtigste Bedingung für ihre eigene Athmung, und somit für ihr eigenes Leben her. Nach dieser Erörterung können wir zur Beschreibung einiger Bei- spiele übergehen. Ich wähle dazu eine Versuchsreihe, welche ich mit Jungen Blüthenstielen von T'’hrineia hispida durchgeführt habe. Junge, noch nickende Blüthenstiele dieser Pflanze wurden im Garten eingesammelt und für die Messungen dadurch vorbereitet, dass auf ihren jüngsten Theil feine Tuschestriche in Entfernungen von genau 20 Mm. aufgetragen wurden. Die erste Marke stand so dieht wie möglich unter der Blüthenknospe. Sobald die Marken hinreichend abgetrocknet waren, wurden sie in eine 10 procentige Lösung von Kali- salpeter gelegt. Nach zwei Stunden wurden alle gemessen und einige in ein grosses Gefäss mit Brunnenwasser geworfen, andere aber mikro- skopisch untersucht. Es zeigte sich dabei das Protoplasma in allen Zellen des Markes von der Zellwand so stark abgelöst, dass es nur noch in einer mittleren Zone der eylindrischen Zelle mit der Zellwand in Berührung, an den Endflächen aber völlig abgelöst war. Die Plasma- körper hatten also nahezu eine ovale Form angenommen. So war es nicht nur in den jüngsten und den bereits mehr gestreckten, noch wachsen- ‘den Zellen, sondern auch in den ausgewachsenen. Die Sprosse waren also völlig plasmolytisch , wie dies übrigens nach den in $ 9 beschrie- benen Erfahrungen auch nicht anders zu erwarten war. Da die Ver- kürzung in den aus der Lösung ins Wasser gebrachten Sprossen eben so stark war, als in den mikroskopisch untersuchten, dürfen wir es als bewiesen betrachten, dass auch jene plasmolytisch waren. Die ins Wasser geworfenen Exemplare nahmen hierin bald an Länge zu und wurden dabei wieder völlig turgescent. Nach einer Stunde wurden sie herausgenommen und gemessen: sie hatten sich 64 bereits etwas über ihre anfängliche Länge ausgedehnt. Sie wurden dann auf einer Glasplatte ausgebreitet, um etwas abzuwelken und da- bei womöglich das etwa in den Lufträumen befindliche Wasser zu ver- lieren, und als dies lange genug gedauert zu haben schien , wurden sie in kleinen Glasgefässen mit der Schnittfläche in ein wenig Wasser ge- stellt. Nach 24 Stunden wurde ugtersucht, um wie viel sie weiter ge- wachsen waren. so Ich mass nicht nur den ganzen Spross, sondern stets die einzelnen, 20 Mm. langen Partialzonen. Es geschah dies, um mich zu überzeu- gen, dass überall erst in der Salzlösung Verkürzung und später, nach dem Auswaschen, Wachsthum stattfand, dass nicht etwa einige Strecken sich nur verkürzten und andere nur verlängerten (vgl. $ 10, 8. 53). Es wird genügen, für einen der untersuchten Sprosse die erhal- tenen Zahlen tabellarisch anzuführen. Thrincia hispida, Länge nach in Verkürzung | Nachheriges 2 St. in : 2><24 St. 4 1 St. im |24 St. an in der Wachsthum der Salz- an der N j i lösung Wasser der Luft Luft Salzlösung an der Luft Zone I oben 19.8 20.3 31.2 40.0 0.2 19.7 - LI 19.2 20.7 28.4 30,6 0.8 Rt) - II 19.0 20.8 23.9 23.6 1.0 2.8 -: IV 19.1 20.3 20.9 21.0 0.9 0.7 - V 19.0 20.1 20.1 20.1 1.0 0.0 - VInahe-| 19.8 20.0 20.0 20.0 0.2 0.0 zu ausge- wachsen Die Zahlen der Tabelle sind Mm. -Am zweiten Tage nach dem Auswaschen war ‚die anfangs noch ganz geschlossene Blüthenknospe vollständig aufgeblüht; der Stiel hatte sich aufgerichtet und war nahezu ausgewachsen. Gesammtverkürzung in der Salzlösung: 4.1: Mm. (esammtzuwachs nach dem Auswaschen : 33.1: Mm. Aehnliche Versuche wurden noch mit anderen Arten und Organen gemacht, z. B. mit Blüthenstielen von Cephalaria leucantha, Plantago amplexicaulis, und Froelichia ‚floridana , und mit Blattstielen von 7ro- paeolum majus. Als Salzlösungen wurden sowohl eine. 10 procentige Kalisalpeterlösung, als eine gleich starke Kochsalzlösung benutzt. Es würde zu weit führen, hier auch diese Versuche ausführlich zu beschrei- ben; sie zeigten, dass, nachdem in 1—2?/, Stunde die Zellen in der Salzlösung völlig plasmolytisch geworden waren, die Organe beim Aus- - 65 waschen nicht nur ihre frühere Länge wieder annahmen, sondern nach- her sieh durch Wachsthum noch weiter verlängerten. Die Resultate aus diesen Versuchen lassen sich von zwei verschie- denen Gesichtspunkten betrachten. Erstens mit Beziehung zu den von uns zu lösenden Fragen, dann aber in ihrer Bedeutung für die moleeu- laren Eigenschaften des lebenden Protoplasma. Fassen wir zuerst die erstgenannte Seite näher ins Auge. | Unsere Versuche beweisen in schlagender Weise die Unschädlich- keit der Plasmolyse für das Leben der Zellen; ich glaube, dass kein besserer Beweis für diesen Satz möglich ist als die vollständige Wieder- herstellung des Turgors und das nachherige Wachsen der plasmolytisch gewesenen Theile. Dabei beweisen sie, dass ein etwa 2—3 stündiger Aufenthalt in der Lösung unschädlich ist, und diese Dauer des Aufent- haltes reicht gewöhnlich hin, um die Sprosse eine constante Länge er- reichen zu lassen (vgl. $ 16). Dieser Umstand ist deshalb wichtig, weil nun Versuche, deren Zweck einfach die Messung der Turgoraus- dehnung eines Sprosses ist, nöthigenfalls innerhalb dieser Frist ablau- ‘ fen können. Dadurch hat man von vornherein die Sicherheit, dass die Versuchsobjeete nicht etwa durch Absterben Veränderungen erleiden, welche vielleicht einen Einfluss auf die Messungsresultate ausüben könnten. Aber noch in einer andern Richtung ist der erwähnte Um- stand wichtig. Denn es wird dadurch die Aussicht eröffnet, einen und denselben Spross zu wiederholten Malen dieser Operation unterwerfen und dadurch zu verschiedenen Zeiten seine Turgorausdehnung messen zu können. Da ich auf diesen Punkt erst nach dem Abschlusse meiner Experimente gekommen bin, kann ich darüber leider keine Versuche mittheilen, doch zweifle ich nicht, dass eine weitere Ausarbeitung dieses Gedankens die Brauchbarkeit meiner Methode wesentlich erhöhen würde. Damit wäre der erste Punkt erledigt. Gehen wir nunmehr zum zwei- ten über. Ich muss hier gleich bemerken, dass über die Art und Weise, wie man sich die Verbindung zwischen dem Protoplasma und der Zell- wand zu denken hat, noch keineswegs eine klare Vorstellung herrscht. Der Umstand, dass das Wachsthum der Zellhaut zum Theil durch die Thätigkeit des Plasma bedingt wird, und die damit verbundene Vor- stellung, dass das Plasma an die Zellhaut das Material für ihr Wachs- thum abgibt, haben eine sehr innige Verbindung zwischen Zellhaut und Plasma annehmen lassen. Vielfach verbreitet ist dadurch die Mei- nung, dass diese Verbindung eine organische sei, mit andern Worten eine derartige, dass sie nach dem Ablösen des Plasma von der Zellwand de Vries, Ursachen d. Zellstreckung. 5 66 nicht durch einfaches Anlegen wieder in normaler Weise hergestellt werden könnte. Man läugnet zwar nicht, dass beim Auswaschen des wasserentziehenden Mittels das Plasma sich wieder an die Haut anlegen kann, behauptet aber, dass diese nachherige Anlegung nur eine scheinbar normale ist, und nicht auch in Wirkliehkeit mit dem früheren Zustande übereinstimmt. Zumal nimmt man gewöhnlich an, dass das Wachsthum in einer plasmolytischen Zelle für immer aufge- hört hat. Diese Auffassung wird nun dureh unsere Versuche vollkommen widerlegt. Nach der Plasmolyse genügt der Druck des Zellsaftes voll- ständig, um den plasmatischen Wandbeleg wieder so dicht an die Zell- haut anzudrücken, dass Wachsthum , Athmung, und damit wohl alle Lebensfunctionen in völlig normaler Weise vor sich gehen. : Dies be reehtigt uns zu der Meinung, dass auch vor der Plasmolyse, also über- all in lebenden turgescenten Zellen, die Turgorkraft es ist, welehe die Hautschicht des Plasma so stark an die Zellhaut drückt, dass dadurch der normale Zusammenhang von Plasma und Zellhaut zu Wege ge- bracht wird. Man kann diesen Zusammenhang als einen sehr innigen betrachten, braucht aber zu seiner Erklärung keine anderen als die an- gedeuteten mechanischen Ursachen anzunehmen. $ 14. Allmähliges Absterben bei langem Aufenthalt in der Sael0sung: In den vorhergehenden Paragraphen haben wir gesehen, di in verdünnten Salzlösungen die Sprosse während mehrerer Stunden wachs- thumsfähig bleiben, ja unter Umständen darin auch weiter wachsen. In eoncentrirteren Salzlösungen findet kein Wachsthum statt, doch sahen wir, dass auch hier, wenigstens während ungefähr 1—3 Stunden, die Fähigkeit, nach dem Auswaschen des Salzes weiter zu wachsen, nicht verloren geht. Andererseits ist es. einleuchtend, dass oberirdische Organe auf die Dauer nicht, am Leben bleiben können, wenn sie in einer Salzlösung untergetaucht sind. Nur Wurzeln können darin weiter leben, und auch diese nur unter der Bedingung, dass die Concentration eine geringe sei. Das Absterben von Sprossen in verdünnten Salzlösungen wird sich vor- aussichtlich nicht wesentlich anders verhalten als das Absterben von in Wasser untergetauchten Pflanzentheilen; auch habe ich keine Veran- lassung gefunden, es in den Bereich meiner Untersuchungen aufzu- nehmen. Dagegen erfordert das Absterben plasmolytischer. Pflanzen- 67 'theile in den Salzlösungen in mehrfacher Hinsieht unsere Aufmerk- samkeit. : Die sichtbaren Veränderungen , welche hierbei zu bemerken sind, betreffen ausschliesslich die Plasmakörper; die Zellhaut ändert sich dabei fast nicht in wahrnehmbarer Weise. Die Veränderungen der Plasmakörper sind erstens der Verlust der Fähigkeit, beim Auswaschen wieder den früheren Umfang anzunehmen, und zweitens das Absterben selbst. Die Eigenschaft, das Auswaschen ohne Schaden ertragen zu kön- nen, geht bei den meisten, bis jetzt von mir untersuchten Pflanzen- theilen, innerhalb der vierten bis siebenten Stunde nach dem Anfange des Versuchs allmählig, aber fast vollständig verloren. Mikroskopisch sichtbare Aenderungen erleiden die Plasmakörper während dieser Zeit in der Salzlösung nicht. Wir werden die beste Einsicht in die hier ob- waltenden Verhältnisse bekommen, wenn wir die Erscheinungen, welche beim Auswaschen in diesem Stadium vor sich gehen, ausführ- lieh untersuchen. Es sei dabei die Bemerkung vorausgeschickt, dass es sich völlig gleich bleibt, ob man die Salzlösung plötzlich oder allmählig auswäscht. Eine lange Reihe von Versuchen, um dureh allmähliges Auswaschen die jugendlichen Sprosstheile am Leben zu erhalten, ist vollständig ohne Resultat geblieben. Die Veränderungen beim Auswaschen nach 3—6 stündigem Auf- enthalt in der Salzlösung wollen wir erst auf mikroskopischem, und dann auf makroskopischem Wege studiren. Wir wollen zuerst unter- suchen, was dabei mit den Protoplasmakörpern geschieht, um dann zu sehen, welchen Einfluss dieses auf die Verlängerung der Sprosse beim Auswaschen hat. Mit jungen Blüthenstielen von Oephalaria leucantha und Froelichia floridana, sowie mit wachsenden Ausläufern von Fragaria grandiflora u.a. stellte ich folgenden Versuch an. Ich halbirte sie der Länge nach und brachte sie dann in eine 7procentige Salpeterlösung, welehe ich mit neutralem Karminammoniak roth gefärbt hatte. Nach 5 Stunden waren alle völlig plasmolytisch ; mikroskopische Präparate zeigten, in der rothen Salpeterlösung untersucht, die Plasmakörper als glashelle, farblose Kugeln in der rothen Flüssigkeit, welche in die Zelle eingedrungen war. Das Protoplasma war also noch lebendig. Nun wurde unter dem Mikroskop zu dem Präparate Wasser zugesetzt. Die Plasmakörper fingen alle an sich auszudehnen, einige langsam, an- dere raseher. Einige fuhren hiermit fort, bis sie die ganze Höhlung der Zelle ausfüllten und sich überall an die Zellwand angelegt hatten ; diese 5% 68 blieben lebendig. Andere aber sah ich bei der Ausdehnung platzen, bevor sie die Zellwand überall erreicht hatten. Sie ergossen den um- schlossenen Zellsaft dabei in die umgebende Flüssigkeit, zogen sich wie elastisch zusammen und verloren gleichzeitig ihre glatte Ober- fläche und ihr starkes Lichtbrechungsvermögen. Sie lagen als faltige, runzlige und körnige Häutchen da, absorbirten das Karmin aus ihrer Umgebung; mit einem Worte, sie hatten alle Eigenschaften eines ge- tödteten Plasmakörpers. | Es bleiben also beim Auswaschen einige Zellen lebendig, während andere dabei sterben. Vielleicht wird mancher Leser die direete Be- obachtung nicht als hinreichenden Beweis für das Lebendigbleiben be- trachten. Deshalb will ich noch einen andern Beweis anführen, der, wie ich glaube, nicht anzuzweifeln ist. Er besteht darin, dass die mikroskopischen Präparate, nachdem alles Salz durch Wasser voll- ständig ausgewaschen war, wieder in eine Salpeterlösung von 5—10 % gebracht werden. In den Zellen, welche noch lebendig sind, wird sich dann das Plasma wieder zu den bekannten glashellen und glatteon- tourirten Kugeln zusammenziehen, was in den todten Zellen selbstver- ständlich nicht geschieht. Ich habe diese wiederholte Contraetion in verschiedenen Versuchen, und unter sehr verschiedenen Umständen mehrfach, und oft in zahlreichen Zellen eines Gewebes beobachtet. Das Verhältniss zwischen der Zahl der beim Auswaschen lebendig bleibenden und der sterbenden Zellen hängt von verschiedenen Um- ständen ab, unter denen die Dauer des Aufenthaltes in der Salzlösung und die Concentration dieser Lösung die wichtigste Rolle spielen. Je länger die Organe in der Lösung lagen und je concentrirter diese war, um so ungünstiger wird das Verhältniss für die am Leben bleibenden Zellen ausfallen. Für das Leben des ganzen Organs hat es aber wenig Nutzen, ob viele oder wenige Zellen das Auswaschen überleben, denn der Tod einiger Zellen zieht gewöhnlich allmählig den Tod der übrigen nach sich. Der Einfluss, den das Absterben einiger Zellen auf die Verlänge- rung des ganzen Organs beim Auswaschen haben muss, lässt sich leicht vorhersagen. Denn diese Verlängerung beruht auf der Volumzunahme der einzelnen Zellen, und offenbar betheiligen sich daran nur die leben- dig gebliebenen. Daraus geht hervor, dass die Verlängerung um so unvollständiger sein wird, je mehr Zellen beim Auswaschen gestorben sind. Die Messung dieser Verlängerung unter den verschiedensten Um- ständen führt dem entsprechend zu denselben Resultaten, wie die mikro- skopische Beobachtung des Protoplasma. Sie gibt uns ein bequemeres E, e R + a 2 er RR = 69 und in mancher Hinsicht sichereres Mittel, das wir jetzt anwenden wollen, um noch einige nicht uninteressante Punkte festzustellen. Zuerst über die Versuchsdauer, bei weleher noch messbare Ver- längerung beim Auswaschen stattfindet. Im Allgemeinen fand ieh nach 4—5 Stunden noch eine messbare Verlängerung , welche aber gewöhn- lich nicht halb so gross war als die vorherige Verkürzung in der Salz- lösung. So z. B. verkürzte sich ein Blüthenstiel von Froelichia floridana in einer 5procentigen Salpeterlösung um 6.9 Mm., dehnte sich aber, als er nach 4 Stunden in Wasser gebracht wurde, nur um 3.1Mm. aus. Ein Blüthenstiel von Cephalaria leucantha verkürzte sich in derselben Lö- sung um 7.8 Mm., und dehnte sich, als nach 5 Stunden die Lösung ausgesüsst wurde, nur um 5.7 Mm. aus. Nach einem 6", stündigen Aufenthalt in einer 10procentigen Salpeterlösung war das Vermögen der Ausdehnung gewöhnlich so gut wie vollständig erloschen. So z. B. bei jungen Blüthenstielen von Papaver alpinum , Froelichia flori- dana , Coreopsis auriculata und Oueurbita Pepo, Blattstielen von Tro- paeolum mayus. Auch der Einfluss der Concentration der Lösung zeigt sich in der Verlängerung beim Auswaschen deutlich. So z. B. bei Blüthenstielen von Oephalaria leucantha, welche 5 Stunden in Salpeterlösungen folgen- der Concentrationen gelegen hatten. Die Verkürzungen in der Lösung und die nachherigen Verlängerungen waren: ” in einer Verkürzung in der Verlängerung beim Auswaschen Salpeterlösung von: Salzlösung der Lösung (in 4 Stunden) 5% 6.4 Mm. 5.4 Mm. 7.5% 8.8 - 2.4. - 10% 8.7 .- 1.8 - 15% Mi Re 0.4 - 20% 8.8. - 0.4 - Die Zahlen sind Mittel aus je 2—3 Sprosshälften. Ebenso bei Ausläufern von Fragaria grandiflora, welche 4 Stunden in5% resp. 20% Salpeterlösung verweilt hatten. Verkürzung 6.7 resp. 7.8 Mm.; Verlängerung beim Auswaschen- 5.5 resp. 1.5 Mm. An- dere Arten gaben ähnliche Resultate. So viel über das Absterben plasmolytischer Sprosse beim Aus- waschen der Lösung. Es erübrigt uns nun noch kurz anzugeben, was in den Sprossen geschieht, wenn man die Salzlösung nicht auswäscht. Wir haben schon im Anfang dieses Paragraphen hervorgehoben , dass die Sprosse, unter solehen Umständen, wegen der mangelhaften Ath- mung nach längerer oder kürzerer Zeit sterben. Dieses Sterben wird 70 man mikroskopisch an den Plasmakörpern beobachten können; die Zellhäute zeigen dabei keine deutlich kennbaren Veränderungen. Ich habe also nur die Frage zu behandeln nach der Zeit, während welcher die abgelösten Plasmakörper in den Salzlösungen überhaupt am Leben bleiben können. Dabei muss ich hervorheben, dass die einzelnen Zellen desselben Gewebes sich sehr verschieden verhalten. Meist sieht'man nach 5—bstündigem Aufenthalte in der Salzlösung wohl bereits einige todte Plasmakörper im sonst noch lebendigen Gewebe; dann nimmt die Zahl der lebendigen allmählig ab , und je nach der Art und dem unter- suchten Organ findet man nach 24—48 Stunden noch eine grössere oder kleinere Anzahl lebendiger Plasmakörper im Gewebe. Einige Arten sind sehr empfindlich ; so fand ich z. B. in jungen Blüthenstielen von Dahlia variabilis nach 5stündigem Aufenthalt in einer Tprocentigen Sal- peterlösung fast alle Plasmakörper bereits gestorben. Nach zwei- tägigem Aufenthalt in derselben Lösung wurde in jungen Blüthenstielen von Oephalaria leucantha und Plantago amplexicaulis keine lebende Zelle mehr gesehen. Dagegen waren in Blüthenstielen von Psoralea orbieularıs die Plasmakörper der jüngsten Zellen zwar alle'todt, die der etwas älteren, aber noch nicht ausgewachsenen Zellen aber mehrfach lebendig. Günstiger verhielten sich junge Blattstiele von Cuweurbita. Pepo und Ausläuferspitzen von Fragaria grandiflora. Nach zwei- tägigem Aufenthalt in einer 10procentigen Salpeterlösung war sowohl in den. Jüngsten als in den älteren noch wachsenden Theilen das Proto- plasma in sehr vielen Zellen lebendig. Ich hatte diese Lösung mit neutralem Karminammoniak gefärbt, und der Farbstoff war mit dem Salz dureh die Zellhäute gedrungen. Ich sah also die abgelösten Plasmakörper als farblose, scharfeontourirte Kreise inmitten der blass- rothen Flüssigkeit liegen. Beim Auswaschen der Präparate platzten diese Kugeln und starben dabei in der oben beschriebenen Weise. V. .Die Ursachen der Verkürzung wachsender Pflanzentheile in den Salzlösungen. : $ 15. Ist die Verkürzung in den Salzlösungen allein eine Folge der Aufhebung des Turgors ? Unsere bisherigen Ausführungen haben gezeigt , dass man dureh hoch-eoneentrirte Salzlösungen den Turgor wachsender Pflanzentheile auf kurze Zeit vollständig aufheben kann, ‘ohne dass die Versuchsobjecte 71 bei dieser Operation dauernden Schaden zu nehmen brauchen. Wir haben jetzt noch die Frage zu beantworten, ob wir die so behandelten Organe einfach als turgorlos betrachten dürfen, oder ob ihre Verkürzung in den Salzlösungen vielleicht noch auf anderen Ursachen beruht. Denn nur wenn keine anderen Ursachen die Eigenschaften, welche die Pflan- zentheile in der Salzlösung zeigen , wesentlich mitbestimmen, dürfen wir die an so vorbereiteten Objeeten gemachten Erfahrungen auf den lebendigen Zustand übertragen. Die Frage, ob noch andere Ursachen ausser dem Verlust des Tur- gors die Verkürzung eines Pflanzentheiles in einer Salzlösung bedingen, ist für die Discussion unserer Methode eine sehr wichtige. Denn von ihrer Entscheidung hängt es ab, ob man aus der beobachteten Ver- kürzung auf die vorherige Turgorausdehnung schliessen darf. Es leuchtet ein, dass es sich dabei nur um solche Einflüsse handeln kann, deren Folgen bei den nach unserer Methode ausgeführten Messungen ins Gewicht fallen würden. Ob man bei feineren Untersuchungs- methoden die Mitwirkung fremder Factoren entdecken könnte, kann für uns einstweilen gleichgültig sein. Wir haben nur die Frage zu beant- worten, ob die gemessenen Verkürzungen allein der Aufhebung des Turgors, oder vielleicht auch noch anderen Ursachen zuzuschreiben sind. Indem wir in den folgenden Paragraphen diese Aufgabe experi- mentell zu lösen suchen werden, wollen wir jetzt die Factoren, deren Mitwirkung man vermuthen könnte, einer kritischen Erörterung unter- werfen, um dadurch eine genauere Fragestellung zu ermöglichen. Die gedachten Factoren sind erstens die osmotische Wechselwirkung der Flüssigkeiten ausserhalb und innerhalb der Zelle, und zweitens die Imbibition der Zellhäute. Wir wenden uns zuerst zu den osmotischen Vorgängen. Diese werden wir uns am besten klar machen können, wenn wir den Zustand am Anfange und am Ende des Processes vergleichen. Im Anfang ist die Salzlösung viel concentrirter als der Zellsaft in den Zellen des Sprosses; am Ende befindet sich in dem von der Zellwand jeder ein- zelnen Zelle umschlossenen Raum neben dem Plasmakörper und dem in diesem liegenden, jetzt eoncentrirteren Zellsaft noch die einge- drungene Lösung. Die Concentration dieser letzteren wird dieselbe ge- worden sein, wie die der ausserhalb des Sprosses befindlichen Flüssig- keit, sonst würde ja der osmotische Process zwischen diesen beiden noch fortdauern. Hieraus folgt nun leieht, wie der ganze Vorgang ver- laufen muss. Solange der Turgor abnimmt, geht nur Wasser aus den Zellen in die umspülende Lösung über ; sobald die Plasmolyse eintritt, 72 dringt Salz durch die Zellhäute in das Zellenlumen. Nun darf man nach osmotischen Gesetzen im Allgemeinen annehmen ‚, dass für jedes Quantum eindringenden Salzes ein grösseres Quantum Wasser austreten wird. Dadurch wird das Volumen des ganzen Zellinhaltes kleiner wer- den und die Membran muss sich in Folge des äusseren Druckes etwas einstülpen. Je nach der Steifheit oder Schlaffheit der Membranen wird diese Einstülpung eine unmerkbar geringe bleiben, oder zu mehr oder weniger ansehnlichen Formänderungen der Zellen Veranlassung geben. Im ersteren Fall werden die osmotischen Wirkungen offenbar die Grösse des Organes nicht messbar beeinflussen können; dieser Fall bedarf also keiner ausführlichen Besprechung. Zum Glück ist er weitaus der gewöhnlichste,, ja man kann das Vorkommen messbarer Pa ; als Ausnahmen von der Regel betrachten. | In den selteneren Fällen, in denen die Zellwände nicht starr: were sind, um die ins Spiel tretenden Druckdifferenzen ohne merkbare Ein- stülpung auszuhalten, werden die Vorgänge andere sein. Das Volumen der Zellen, und damit dasjenige des ganzen Organes wird durch die osmo- tischen Wirkungen kleiner werden müssen '). Es fragt sich also, ob diese Volumenänderung eine messbare sein wird, und ob sie auf unsere Längenmessungen einen merkbaren Einfluss ausüben wird. Hier haben wir zunächst die Frage in zwei andere zu zerlegen, und sie so zu fassen : Können durch die osmotischen Vorgänge die Dimensionsänderungen in der Längsriehtung und die in der Querrichtung beeinflusst werden? Dass der Einfluss einer Einstülpung der Membranen in den beiden Rich- tungen voraussichtlich verschieden ausfallen wird, lehrt uns jederBlick ‚auf einen Längsschnitt durch das Gewebe eines rasch in die Länge wachsenden Organes. Die Anordnung der eylindrischen Zellen in Längsreihen und die relative Stellung der Querwände in diesen ver- schiedenen Reihen zeigt auf den ersten Blick, dass Einstülpung der Wände eine bedeutende Verkleinerung in querer Richtung verursachen muss, bevor eine Aenderung in der Längsrichtung bemerkbar zu werden braucht. Es ist also wichtig zu wissen, ob Verkürzungen des Quer- durchmessers der Sprosse unter der Einwirkung von Salzlösungen vor- kommen , mit andern Worten, ob es Sprosse gibt, welche'in den Salz- lösungen in querer Richtung merkbar zusammenschrumpfen. Solche Verkürzungen des Querdurchmessers habe ich nun, wenn auch nicht häufig, doch von Zeit zu Zeit, in bestimmten Fällen beob- achtet. Wir müssen also für solche Fälle die theoretische Möglichkeit 1) Vergl. hierüber Nägeli und Schwendener, Das Mikroskop, 8. 377. 73 eines geringen Einflusses der osmotischen Vorgänge auch auf die Längen- änderung des Objeetes annehmen. Ob dieser Einfluss ein messbarer sein wird, lässt sich nur experimentell entscheiden; wir werden diesen Punkt in den folgenden Paragraphen dieses Abschnittes untersuchen. Hier wollen wir über die Aenderungen, welche die Dieke der Versuchs- objeete unter Umständen durch wasserentziehende Mittel erleidet, einige Angaben einschalten. -* Die erwähnte Erscheinung beobachtet man am schönsten an Längs- hälften sehr weicher saftreicher Sprosse, z. B. den jungen Blüthen- stielen von Menyanthes trifohiata und den noch wachsenden Gipfeln der Blüthenschäfte von Butomus umbellatus. Bringt man diese in eine 7—10procentige Salpeterlösung, so rollen sie sich'allmählig ein, indem die beiden Sehnittränder der Epidermis sich nähern und das Mark con- eav wird. Oft wird dadurch eine Sprosshälfte zu einem geraden, fast ganz geschlossenen Cylinder, dessen Aussenseite die Epidermis ein- nimmt. Die meisten Pffanzentheile sind aber im jungen Zustande starr genug, um diese Erscheinung in Salpeter- oder Kochsalzlösung nicht oder nur in sehr geringem Maasse eintreten zu lassen. Dagegen rufen andere Salze, wie z. B. schwefelsaure Magnesia, zumal aber eoncentrirte Zuckerlösungen das Einrollen von Sprosshälften häufig hervor. »o rollten sich die Längshälften junger Blüthenstiele von Cephalaria leue- ‚antha in 10—20procentigen Lösungen von Kochsalz oder Salpeter nicht ein, während sie in einer 20procentigen Lösung von schwefelsaurer Magnesia und in einer 50procentigen Lösung von Rohrzucker fast ey- lindrisch wurden. Ebenso üben die beiden erstgenannten Salze meist keinen merkbaren Einfluss auf die Dicke der Organe aus, wenn diese ganz in ihre Lösungen hineingebracht werden, während man auch dann in den Lösungen der beiden zuletzt genannten Körper häufig ein Ein- schrumpfen der Pflanzentheile beobachtet. So z. B. an Blüthenstielen von Cephalaria leucantha und an Blattstielen von Tropaeolum majus. Dieser Umstand stellt wieder einen Grund dar, weshalb ieh Zucker- lösungen und auch ähnliche Salze, wie die schwefelsaure Magnesia, von . der Reihe der bei meiner Methode brauchbaren wasserentziehenden Mittel ausschliesse. “ Soviel über die Rolle der Osmose. Die experimentelle Entschei- dung, ob sie an den Längenänderungen, welche Pflanzentheile in Salz- lösungen erleiden , einen messbaren Antheil nimmt, werden wir erst in den folgenden Paragraphen zu bringen haben. Die zweite mögliche Fehlerquelle , die Imbibition der Zellhäute, verdient eine besondere Beachtung mit Rücksicht auf die vorliegende 74 Literatur. Denn diese könnte leicht zu der Meinung Veranlassung geben, dass die Zellhäute wachsender Pflanzentheile in Salzlösungen beträchtlich wasserärmer und entsprechend kleiner sein müssten, als wenn sie im spannungslosen Zustand in Wasser liegen. Diese Folgerung würde aber nach meiner Ansicht voreilig sein. Denn erstens sind die meisten Quellungserscheinungen pflanzlicher Zellhäute an besonders quellungsfähigen Membranen gemacht, und dürfen ihre Ergebnisse des- halb nicht auf die jugendlichen Zellhäute von gewöhnlichen Gewebe- zellen übertragen werden. Zweitens wurden bei den einschlägigen Ver- suchen gewöhnlich Zuckerlösungen angewendet, deren Einwirkung aber eine ganz andere ist, als die von Salzen, wie Salpeter und Kochsalz. Denn während Zuckerlösungen den Zellhäuten viel Wasser entziehen, bevor sie selbst in grösserer Menge in die Haut eindringen, ist dies mit den Lösungen der erwähnten Salze nicht der Fall. Wie Zuekerlösung verhalten sieh aber Glyeerin und andere, gewöhnlich zu RO Zwecke angewandte Mittel. tr et Diese beiden Einwände scheinen mir die wichtigsten gegen eine Anwendung der bisher erlangten Resultate über die Einwirkung wasser- entziehender Mittel auf Zellhäute in dem uns vorliegenden Falle. Eine ins Einzelne gehende Betrachtung des thatsächlich Bekannten würde noch weitere Argumente gegen eine solche Anwendung liefern. Doch ist es hier nicht der Ort für: eine detaillirte und kritische Darstellung der Quellungserscheinungen,, und so beschränke ich mich darauf, den Leser auf die Zusammenstellung des betreffenden Materiales in Hof- meister’s Pflanzenzelle (S. 213 ff.) zu verweisen. “Uri Somit kann der Einfluss der Imbibition der Zellhäute mit Salz lösungen auf ihre Länge nur durch neue directe gi studirt werden. Wir kommen also zu dem Sehlusse ‚ dass die Frage, ob die osmo- tischen und die Imbibitions-Eigenschaften der Zellhäute einen messbaren Einfluss auf die Verkürzung von wachsenden Pflanzentheilen in Salz- lösungen haben, auf theoretischem Wege nicht zu entscheiden ist. Es ist nieht unwahrscheinlich, dass diese beiden Ursachen einen solchen Einfluss überhaupt haben. Ob dieser Einfluss aber messbare Folgen hat, das kann nur auf empirischem Wege festgestellt werden. Diese Entscheidung bildet die Aufgabe für die folgenden Paragraphen; jetzt erübrigt uns nur noch, die verschiedenen Methoden anzugeben, welche uns für die Lösung dieser Aufgabe zur Verfügung stehen. 1:9 In Bezug auf den Einfluss der Imbibition wäre ‘ohne Zweifel der directeste Weg die Herstellung von Schnitten einer solchen Feinheit, 75 dass alle Zellen geöffnet wären, und die Messung dieser Präparate im frischen Zustande und in Salzlösungen. Da aber so feine Präparate aus Jugendlichen Gewebepartien äusserst schwer und nur in geringer Grösse anzufertigen sind, so darf man kaum hoffen, auf diesem Wege zuver- lässige und für unsere Zwecke verwerthbare Resultate zu erreichen. Dies ist zumal deshalb der Fall, weil es sich nicht darum handelt, — Jeieht siehtbare Unterschiede zu messen, sondern über die An- oder Abwesenheit sehr geringer Differenzen zu entscheiden. Aus diesen Gründen habe ich anderen, weniger direeten Methoden den Vorzug gegeben. 000 Am nächsten kommt dieser Methode die folgende, welche den Vortheil hat, sowohl den Einfluss der Imbibition als der Osmose kennen zu lehren. Wenn man Sprosse so lange in einer hocheoncentrirten Salz- lösung liegen lässt, dass beim Auswaschen dieser Lösung sämmtliche Plasmakörper getödtet werden, so wird die Vergleichung der Länge des Sprosses vor und nach dem Auswaschen unsere Frage direet ent- scheiden. Denn in beiden Fällen beruht die Länge des Ganzen einfach auf der Länge der Zellen; diese ist nicht mehr vom Turgor beeinflusst und hängt nur von der Imbibition der Häute und etwaiger Einstülpung ab. Der Anwendung dieser Methode steht aber die Schwierigkeit im Wege, das nöthige Material zu erhalten. Denn wir wissen, dass auch bei zweitägigem Aufenthalt in den Lösungen häufig noch viele Plasma- körper lebendig bleiben, und können nicht wissen, ob nicht einige von ihnen das Auswaschen noch überleben können. Ja eigentlich kann nur das Ausbleiben der Verlängerung beim Auswaschen uns lehren, dass alle Zellen getödtet sind, und somit kann eine geringe Verlängerung in Folge der Veränderung des Imbibitionszustandes der Zellhäute auf diesem Wege nie zur sicheren Beobachtung gelangen. Nur wenn beim Auswaschen keine Verlängerung eintritt, dürfte man einen sicheren Schluss ziehen. Solche Fälle habe ich nun vielfach beobachtet, und glaube ich diese auch als ein Argument für die Abwesenheit eines messbaren Einflusses von Imbibition und osmotischen Erscheinungen der Zellhäute auf ‚die Länge plasmolytischer Organe betrachten zu dürfen. So z.'B. beim Auswaschen einer zehnprocentigen Salpeter- lösung aus jungen Blüthenstielen der folgenden Pflanzen nach 6—7- stündigem Aufenthalt darin: Papaver alpinum , Froelichia floridana, Coreopsis aurieulata, Cueurbita Pepo. Doch sind dies nur gelegentliche Beobachtungen. Ausführlicher habe ich die Frage dureh die Lösung folgender Auf- ‚gaben zu entscheiden gesucht: 76 1) Die Vergleichung der Länge lebender Organe bei Concentratio- nen von 7% und höher. v3 2) Die Vergleiehung der Länge lebender Sprosse in hocheoncen- trirten Lösungen von verschiedenen Substanzen. 3) Das Studium der Veränderung, welche Sprosse bei der Einwir- kung von Salzlösungen erleiden, falls sie vorher durch Tödtung ihres Protoplasma (bei 60° C.) vollständig des Turgors beraubt waren. | | Es leuchtet ein, dass etwaige bei diesen Untersuchungen zu beob- achtende Längenänderungen nicht auf entsprechenden Veränderungen des Turgors beruhen können, denn dieser ist überall von vornherein ausgeschlossen. Wenn aber die beiden in diesem Paragraphen behan- delten Ursachen die Länge plasmolytischer Sprosse bedingen, so muss ihre Wirkung bei den angedeuteten Versuchen zu Tage treten. Die Experimente werde ich in $ 17 und 18 beschreiben ; vorher muss ich aber noch Einiges mittheilen über die Frage, inwiefern die Länge von plasmolytischen Organen als constant betrachtet werden darf ($ 16). Denn die Vergleichung der Länge unter verschiedenen Bedingungen setzt voraus, dass sie unter constanten Bedingungen dieselbe sei. g 16. Die Sprosse erreichen in den Salzlösungen nach einiger Zeit eine constante Länge. Es leuchtet ein, dass, sobald eine eindringende Salzlösung in allen Zellen eines Sprosses das Plasma von der Wand abgehoben und also den Turgor völlig vernichtet hat, die Länge dieses Sprosses constant gewor- den sein muss. Streng genommen gilt dieser Satz nur unter der Voraus- setzung, dass nicht auch andere Ursachen die neue Länge beeinflussen. So wahrscheinlich er also auch ist, so wollen wir doch nicht unterlassen, auch für ihn den experimentellen Beweis zu liefern. Wir verbinden aber diese Beweisführung mit der weiteren Frage, eine wie lange Zeit für dieses Erreichen der constanten Länge erforderlich ist. Daauf mikro- skopischem Wege sich nur nachweisen lässt, dass weitaus die meisten Zellen plasmolytisch sind, nicht aber, dass alle in diesen Zustand ge- rathen sind, so werden wir uns hier auf makrometrische Untersuchungen beschränken. In der Wahl der Concentration unserer Lösungen werden wir uns durch die Ergebnisse der mikroskopischen Forschung ($ 9) be- stimmen lassen. Uebrigens werden wir den Einfluss verschiedener Con- centrationen im nächsten Paragraphen noch einer kritischen Prüfung a N En u u Au, x R a ’ 4 e. En, B Da Ba 2 Ki a a 2 R Aal a er de N rd re ae a an ale uazi ur 0 Lu en ud are a EI A au he a a u aan RE TRIRE ki an ee er Da De A ala vr ar all an Hal BE N RT TEE EN Eu m hi > hä 4 Su asucie ca 77 unterwerfen. Niedrige Concentrationen sind hier von vornherein ausge- geschlossen, da bei ihnen statt einer constanten Länge häufig ein Wachsthum der Sprosse in der Lösung beobachtet wird (vergl. $ 10). Unsere Frage lautet also: Nach wie viel Zeit erreichen die Organe in hocheoncentrirten Salzlösungen eine ceonstante Länge? Auch ohne Experimente ist es klar, dass die Antwort auf diese Frage sehr ver- schieden ausfallen wird. Denn sie-hängt offenbar davon ab, wie rasch die Salzlösung in die Versuchsobjeete eindringt. Und hierauf haben die verschiedensten Umstände einen Einfluss. Erstens die Lösung selbst. Denn je grösser die Diffusionsgeschwindigkeit des gewählten Salzes und: je höher die angewandte Concentration ist, um so rascher wird die vollständige Aufhebung des Turgors auch in den letzten Zellen er- reicht werden. Es ist dies ein wichtiger Grund, warum Salzlösungen der Zuekerlösung vorzuziehen sind, denn letztere dringt in verhältniss- mässig äusserst langsamer Weise in die Versuchsobjeete ein, wie ich durch besondere Versuche festgestellt habe. Zweitens die Dicke der ‚Sprosse. Diese muss einen sehr bedeutenden Einfluss haben und ver- langsamt das Eindringen der Salzlösung in Wirkliehkeit in dem Maasse, dass es oft den Anschein hat, als ob gar nie eine eonstante Länge er- reicht werden würde. Alle diese Umstände legen es nahe, unserer Frage eine ganz andere Fassung zu geben, bei der wir eine bestimmtere Antwort er- warten können. Die Veranlassung dazu geben uns die Resultate unseres $ 13. Wir haben dort gesehen, dass nach etwa 2—3stündigem Auf- enthalt in der Salzlösung die Sprosse noch so lebenskräftig waren, dass sie ein Auswaschen der Lösung ohne Schaden ertragen konnten. Bei längerem Aufenthalte verloren sie dieses Vermögen allmählich ($ 14). Nun wäre es sehr wichtig, dass die Messung der Organe im plasmo- Iytischen Zustande noch innerhalb dieser Zeit stattfinden könnte, also während die Sprosse noch nachweisbar lebendig sind. Wir fassen unsere Frage also so: Wird die eonstante Länge bereits innerhalb 2—3 Stunden erreicht? Oder richtiger: Unter welehen Bedingungen ist dies der Fall? Die Resultate der Versuche, welche ich zur Beantwortung dieser Frage angestellt habe, sind die folgenden. Die wichtigste der fraglichen Bedingungen ist die Dicke der Sprosse. In der Regel fand ich Sprosse von 2—3 Mm. Dicke bereits zu dick ; diese mussten also der Länge nach halbirt werden, bevor sie ins Salz gebracht wurden. Diese Operation be- schleunigt aber das Eindringen des Salzes so sehr, dass mit ihrer Hülfe auch diekere Organe in kurzer Zeit eine constante Länge erreichen. Sie 78 ist so bequem, dass sie in allen Fällen ohne Schwierigkeit benutzt wer- den kann. Es wird deshalb überflüssig sein, die mit diekeren, wen halbirten Sprossen gemachten Versuche anzuführen. Eine erste Versuchsreihe wurde mit dünnen, nieht halbirten Spros- sen angestellt. Auf die jüngste, wachsende Strecke wurden in üblicher Weise zwei Marken in einer gegenseitigen Entfernung von 100 oder 80 Mm. aufgetragen. In diesen Versuchen, wie in den meisten anderen, wurden die Sprosse, bevor siein die Salzlösung kamen, nach Mohl’s Vorsehrift!) durch Eintauchen in Alkohol und Abspülen in Wasser von anhängender Luft befreit, um ein rasches und allseitig gleiehmässiges Eindringen des Salzes zu bewirken. Die Entfernung der Marken wurde während des Aufenthalts in der Lösung von Zeit zu Zeit gemessen; die Resultate einiger einschlägiger Versuche enthält die ee Tabelle. Zn 413 "cl, 557 * © Entfernung der Marken Vorkürz Ange- |o 28 nach einem Aufenthalte in Fig wandte 15%7 von ersten] flgdn. ' Lösung 52" 13/4.St.| 2 St. | 48t.} 78.12 8t.|5 St. Fragaria grandi- ‚Nor a, Ausläufer- spitzen NaCl, 10% | 1.7 192.8 | 91.3 | 91.2 1 9.50] 8.7 1202 Id KNO3,10% |. 1.8. [93.1.1 92.3 :].92.1 7:92.03: 7.7 0.3 Eschscholtzia ealıi- ‚Fornica, Blüthen- N was stiele NaCl, 10% |, 1.4 |175.32)] 74,8 | 74,8 | 74.3 || 5.2 0.5 Froelichin flori- au dana, Blüthen- stiele NaCl, 10% | 1.1 195.0 | 94,0 | 93.2 | 93.2 | 6.0 0.8 ld. IKN03,10% | 1.4 78.12)} 76.3 | 76.0 | 75.7 13.71.06 Tropaeolum majus, u Blattstiele NaCl, 10% 7 2.2 1 73.291 72.2 | 72.17 7211 78 0.1 Id. KN03,10% | 2,0. | 76,52)| 75.3- | 75.2: | 75.1 1 4,72.]. 02 Aus meinen Versuchen mit .der Länge nach halbirten Sprossen theile ich die folgenden Resultate mit. R N | il | ns & ® | Entfernung der Marken nach | YarE er Blüthenstiele von 52 2 einem Aufenthalte von | örekie re en 1 St. | 2/28. | 88t. || 21% St. | 9% St Menyanthes trifoliata | 10% 92,1 91.0 91.0 | 9.0 ke 0.0 Cephalaria leucantha '\ 7.35% 91.0 9%, 90,5 | IEIPE N Id. 10% 99.8 90.2 BAD. ; ARE 0%: Plantago amplexicaulis| 1.5% | 74.59) 74.1 7140 | 5,9 0.1 Butomus umbellatus 7.5 Zu | — 9.2: 1°91,6 °11.79,8 0,6 1) Mohl, Bot. Ztg. 1846, 8. 91, Note. 2) Anfangslänge 80 Mm. ae 3) Anfangslänge $0 Mm.; erste Messung nicht nach !/3, sondern nach 11%, St. 79 "Aus beiden Tabellen geht hervor, dass je nach den Arten die Länge in 2—2'/, Stunden nahezu constant wird oder später noch eine deutlich messbare Veränderung erleidet. Wir dürfen also hier keine allgemeine Regel aufstellen, sondern müssen uns in jedem einzelnen Falle durch Wiederholung der Messung nach 1—2 Stunden überzeugen, ob die Länge constant geworden war oder nicht. Bei einiger Uebung bringt man es aber leicht so weit, die Wahl der Versuchsobjeete durch- - sehnittlieh so zu treffen, dass sie innerhalb der gewünschten Zeit die eonstante Länge erreichen, und für jeden einzelnen Fall zu entscheiden, ob es erforderlich ist, die Sprosse zu halbiren oder nicht. i Nachdem nun dieser Punkt so weit erledigt ist, haben wir noch eine zweite Frage zu beantworten. Wir haben gesehen, dass bei rich- tiger Auswahl des Materials die Länge nach 2—2!/, Stunden constant geworden ist. Wir haben diese Länge dazu mit der nach 7—8 Stunden gemessenen verglichen. Würden wir dasselbe Resultat erhalten haben, wenn wir die Versuchsdauer viel länger gemacht hätten, z. B. wenn wir. erst nach einem oder zwei Tagen gemessen hätten? Mit anderen Worten, bleibt die Länge auch naeh der 7.—8. Stunde constant? Die Frage ist deshalb wichtig, weil ja in dieser Periode die Plasmakörper allmählieh absterben und man also nieht von vornherein sicher sein kann, ob dabei nieht auch die Zellhäute merkbare Aenderungen erlei- den. Einige Versuche zur Beantwortung dieser Frage dürfen deshalb hier noch eingeschaltet werden. Ihre Einriehtung war genau dieselbe wie in den zuletzt beschriebenen Versuchen, daher wird die Tabelle ohne Weiteres verständlich sein. Ich theile nur die in zehnprocentiger - Chlormatriumlösung erhaltenen Resultate mit: Ursprüngliche Entfernung der Mar- | Verkürzung Entfernung | ken nach einem Auf- in den der Marken | enthalte von ersten |flgdn. in Mm. | 7 St. | 101/ St. [22 St. || 7 St. |15 St. , Eschscholtzia. californica, Blüthenstiel 80 74.3 74.2 74.2 6 I. Froelichia Bei Blü- thenstie 100 94.1 94.1, 9.1 |. 5,9 | 0.9 Tropaeolum majus, Blatt- stiel 60 54,2 | 542 .| 54.2 |115,8.110.0 Fragaria grandiflora, Ausläuferspitze 100 95.2 | 95.2 | 95,2] 4,8 | v.0 Man sieht, dass die einmal erreichte constante Länge auch ferner- hin dieselbe bleibt. Ja sie ist noch dieselbe, nieht nur nachdem die Fähigkeit, das Auswaschen ohne Schaden zu ertragen, verloren gegan- gen, sondern auch nachdem die meisten oder sogar alle Plasmakörper 80 bereits gestorben sind. Das Absterben des Organes ändert seine Länge- im plasmolytischen Zustande also nicht. Zu diesen Resultaten führten nicht nur die hier beispielsweise mitgetheilten Versuche, sondern auch Wiederholungen derselben unter anderen Umständen, z. B. in anderen _ Lösungen, mit der Länge nach halbirten Sprossen, bei viel Tune Versuchsdauer, u. 8. w. Falls also beim Sterben des Protoplasma die Zellhaut eine mole- culare Aenderung erleidet, so hat diese wenigstens auf ihre Länge keinen merkbaren Einfluss. iu q $ 17. Einfluss der Concentration und der Natur der Lösung auf die constante Länge der Sprosse. In &15 haben wir auseinandergesetzt, dass es von vornherein als möglich zu betrachten ist, dass noch andere Ursachen, als der Verlust des Turgors, die Länge plasmolytischer Sprosse bestimmen könnten. Als solehe mögliche Fehlerquellen lernten wir die Imbibition der Zell- häute mit dem Salze und die osmotischen Wirkungen der Zellmembran kennen. Es war die Frage, ob diese Ursachen messbare Folgen haben, Folgen, welche als Fehlerquellen bei unserer Messungsmethode in Be- tracht kommen. Einen Weg, um diese Frage zu beantworten, bot die Lösung der folgenden experimentellen Aufgabe: Ist die Länge eines plasmolytischen Sprosses von der Concentration und der Natur Er an- gewandten Lösung unabhängig? TR Wenn dem nicht so ist, so muss offenbar die Ursache der beobach- teten Differenzen in anderen Gründen als im Verlust des Turgors ge- sucht werden. Wenn aber Zuckerlösungen mit ihrem hohen osmotischen Aequivalent und Lösungen von Salzen von geringem osmotischem Aequi- valent dieselbe Verkürzung herbeiführen, so darf der Einfluss der osmo- tischen Wirkungen als unerheblich betrachtet werden. Dasselbe gilt von der Imbibition der Zellhäute, falls die Coneentration der Lösung keinen Einfluss hat. n- Ich will hier zunächst eine Versuchsreihe ausführlich beschreiben. Als Versuchsobjeete dienten dabei junge Blüthenstiele von Cephalaria leucantha, deren Blüthenknospen noch nicht die halbe normale Grösse erreicht hatten. Die Blütlenstiele dieser Dipsacee eignen sich beson- ders für unsere Versuche, nicht nur weil sie eine äusserst ansehnliche Länge erreiehen, sondern zumal, weil sie während langer Zeit einesehr lange wachsende Strecke besitzen. In dieser ist die Turgorausdehnung sr gewöhnlich eine sehr bedeutende ; sie schwankt gewöhnlieh über eine Strecke von mehr als 100 Mm., je nach dem Alter und der Wahl der Exemplare (ob Haupt- oder Seitenstiele) zwischen 5 und 10% der Länge. Für jeden einzelnen Versuch werden eine Anzahl möglichst gleicher Blüthenstiele ausgesucht; ihre Endknospe wird abgeschnitten, und nur ihre jüngste Spitze kommt in einer Länge von 120—140 Mm. zur An- wendung. Auf die soweit vorbereitetenObjeete werden nun zwei Marken in einer gegenseitigen Entfernung von meist 100 Mm. mit Tusche auf- getragen; die eine Marke steht in unmittelbarer Nähe des jüngsten Endes. Diese Operationen werden so vorgenommen, dass die Sprosse inzwischen nicht wesentlich verdunsten können, und jedenfalls der Ein- fluss der Verdunstung bei allen möglichst gleich ist. Jetzt werden die Objeete sehr vorsichtig der Länge nach halbirt, und zwar so, dass auch die Marken halbirt werden. Ich habe mich durch mehrfache Controlle- versuche überzeugt, dass bei vorsiehtigem Halbiren die beiden Hälften später bei der Plasmolyse dieselben Verkürzungszahlen geben; ist aber die eine Hälfte merklich dieker geworden als die andere, so können die Resultate verschieden sein, und sind solche Exemplare also von vorn- herein auszuschliessen. Aus den halbirten Sprossen werden nun in der Weise Gruppen von je 3—6 gemacht, dass jede Gruppe nur Hälften von verschiedenen Exemplaren enthält, und dass die Gegenstücke zu den Sprosshälften einer Gruppe immer möglichst über die anderen Gruppen vertheilt sind. Es hat dies den Zweck, die Gruppen unter sich möglichst vergleichbar zu machen, und den Einfluss der individuellen Unterschiede, den man nie ganz beseitigen kann, doch so klein wie möglich zu machen. N ' Sobald die Gruppen so ausgesucht waren, wurden sie in die Ge- fässe gebracht, welche die für die einzelnen Gruppen bestimmten Lö- sungen enthielten. Nach einiger Zeit wurden sie herausgenommen und am Millimeterstabe gemessen; die Zahlen unserer Tabellen sind also Mm. Bei den Messungen müssen die häufig auch noch in der Salz- lösung etwas gekriümmten Sprosshälften gerade gestreckt werden, doch ist jede Dehnung des Ganzen dabei sorgfältig zu vermeiden. Der erste Versuch dieser Reihe sollte den Einfluss verschiedener Concentrationen auf die endliche eonstante Länge untersuchen. Er wurde mit sehr jungen, erst 11—15 Cm. langen Blüthenstielen im Juli, lange _ vor der Blüthezeit unserer Pflanze, angestellt. Jede Gruppe erhielt drei Sprosshälften, die mitzutheilenden Zahlen sind’ also Mittelzahlen aus je drei Exemplaren. Die Verkürzung der anfangs 100 Mm. langen Strecke betrug in einer Salpeterlösung: de Vries, Ursachen d, Zellstreckung. 6 ‘82 Nach 3 Stunden Nach 5 Stunden von 2,5% 2.5 Mm. 2.2 Mm, a Gidium Gudir = .7.5% a TR - 10% RR RE -.15% re Bi Bei 2.5% war das Plasma in keiner Zelle abgelöst; bei 5% in den meisten und bei 7.5% in allen. Dem entsprechend steigt die Verkürzung bis 7.5%. Von da an hat eine Erhöhung der Concentration keinen merklichen Einfluss auf die endliche Länge. Eine Wiederholung dieses Versuches mit etwas älteren Blüthen- stielen, in Gruppen von je 6 Sprosshälften, ergab folgende Zahlen. Die Verkürzung war in einer Salpeterlösung von: Naeh 11/ Stunden Nach 41/, Stunden von 7.5% 6.3 Mm. 6.6 Mm. -..10% 6.2 - 6.6 - -. 15% 6.7. - 70 - - .20% 6.1. - 6.3. - | Also auch hier nach Aufhebung des Turgors kein merklicher Einfluss der Erhöhung der Concentration. In einem anderen Versuche sollte die Einwirkung verschiedener Lösungen verglichen werden. Ich wählte neben den gebräuchlichen Kochsalz- und Salpeterlösungen die schwefelsaure Magnesia, da in dieser die Stielhälften von Cephalaria sich in querer Richtung verkürzen und so zu geraden Cylindern zusammenrollen, und ein Einfluss der os- motischen Wirkungen hier also am ehesten zu erwarten war (Vexgl. $15, 8.73). Aus demselben Grunde dehnte ich meine Versuche auch auf Zuckerlösung aus. Vorversuche lehrten, dass, um völlig sicher zu sein, dass alle Zellen plasmolytisch werden , man am besten von der schwe- felsauren Magnesia eine 20procentige, vom Zucker eine 50procentige Lösung anwendet. Der Versuch ergab folgende Zahlen, welehe Mittelwerthe aus je vier Stielhälften sind. Die Verkürzung war in einer Lösung von: Nach 5 Stunden Nach 7 Stunden Chlornatrium. . .. 10% 5:7 6.0 Kalisalpeter . ... 10% 6.1 6.3 Schwefels. Magnesia 20% 5.4 5.5 Rohrzucker . :... 580% 5.6 ; are Obgleich in allen Lösungen nach 5 Stunden eine hinreichend eonstante Länge erreicht war, liegen die Unterschiede doch ganz im Bereich der 83 Versuchsfehler, welehe durch die individuellen Verschiedenheiten der einzelnen Blüthenstiele bedingt sind. Ein merkbarer Einfluss der Natur der Lösung zeigt sich also nicht. | Eine Wiederholung dieses Versuchs mit etwas jüngeren Blüthen- stielen führte zu demselben Resultat. ' Das Ergebniss dieser Versuchsreihe ist, dass weder die Natur der Lösung, noch ihre Concentration einen merklichen Einfluss auf die end- liche Länge der Sprosse haben , vorausgesetzt, dass in allen Fällen der Turgor vollständig aufgehoben wird. Diese Versuche wurden mit mehreren anderen Arten wiederholt, und ergaben stets dasselbe Resultat. In den erwähnten Versuchsreihen stellen die individuellen Unter- schiede der Versuchsobjeete für die Genauigkeit der Resultate eine Grenze dar. Ich habe deshalb noch nach einer anderen Methode Ver- suche gemacht, bei der diese Unterschiede vollständig ausgeschlossen sind. Ich lasse dabei die Sprosse in einer beispielsweise 10procentigen Lösung eine völlig eonstante Länge annehmen und bringe sie dann aus dieser in eine höher concentrirte, z. B. 20procentige. Nach einigen Stunden untersuche ich dann, ob sie hierin ihre Länge noch änderten. Ist die oben gezogene Folgerung richtig, so darf dies nicht der Fall sein. Dem ist nun auch wirklich so, wie beispielsweise die folgenden Zahlen lehren. | Es verkürzten sich in einer Chlornatriumlösung: a Bei 10% Bei 20% in 101% Stunden re non Blüthenstiele von MER Eschscholtzia californica 5.8 Mm, 0.0 Mm. 0.0 Mm. Blattstiele von ‚Tropaeolum majus .. .. 3.8. - 0.0 - 0.0. - Ausläufer von Fragaria grandiflora . 4.8 - 0.0. 0,1; - Und in einer Salpeterlösung:: a Bei 10% Bei 20 > | in 197, Stunden yeitre in weiteren Blattstiele von Tropaeolum majus . ... 5.8 Mm. 0.1 Mm. 0.0 Mm. Ausläufer von as Fragaria grandiflora .. 8.2 - 0.0..- a 27. DB 54 Wir sehen hier, dass, sobald die individuellen Unterschiede ausge- schlossen sind, der Einfluss der Concentration der Lösung auf plasmo- lytische Sprosse ganz ausserhalb der Messbarkeit fällt. Die im Eingange dieses Paragraphen gestellte Frage ist also fol- gendermassen zu beantworten : Die Länge eines plasmolytischen Sprosses ist von der Concentration und der Natur der angewandten Lösung unab- hängig; andere Ursachen als die Aufhebung des Turgors haben darauf also keinen nachweisbaren Einfluss. g18. Einwirkung von Salzlösungen auf vorher durch Tödtung des Plasma turgorlos gemachte Sprosse. Wir haben im zweiten Abschnitt ($ 5) eine Methode kennen gelernt, um die Grösse der Turgorausdehnung wachsender Sprosse durch Tödten bei 6000. zu bestimmen. "Wir wollen jetzt die nach jener Methode er- haltenen Resultate mit den Ergebnissen der Anwendung von Salzlösun- gen vergleichen. | Bei jener Methode war die völlige Aufhebung des Turgors ausser Frage, doch lag die Möglichkeit vor, dass auch die Zellwand dureh die Operation direet verändert würde. Es war dies zwar sehr unwahr- scheinlich, das Gegentheil liess sich aber nicht definitiv beweisen. Bei der Methode der Salzlösungen ist ebenfalls die Aufhebung des Turgors völlig sicher, doch musste das Fehlen weiterer Verkürzungen bewiesen werden. Obgleich wir im vorigen Paragraphen bereits eine Reihe von Beweisen dafür beigebracht haben, wollen wir es doch nicht unter- lassen, auch die Vergleichung der beiden genannten Methoden dazu zu verwenden. Denn es leuchtet ein, dass es nicht unwichtig ist, zu wissen, ob die Resultate beider Methoden quantitativ dieselben sind. Wäre die Verkürzung in den Salzlösungen grösser, so müsste man die Ursache dieser Differenz als wesentlich mitwirkenden Factor anerkennen. Sind aber die Längenänderungen in beiden Fällen dieselben, so spricht dies sehr dafür, dass sie beide nur durch den Verlust des Turgors be- dingt sind. Ich habe nach dieser Methode nur wenige Versuche angestellt, weil mir ihre Resultate für die Entscheidung obiger Frage theils nieht genau genug, theils nicht hinreichend vorwurfsfrei zu sein schienen. Ich habe . mich nur überzeugt, dass die zu erwartende Gleichheit der Resultate im Allgemeinen besteht. Viel entscheidender schienen mir Versuche zur Beantwortung folgender Frage: Aendern Sprosse, welche bei 6000. s5 getödtet sind, und durch hinreiehend langen Aufenthalt in Wasser völlig eonstante Länge angenommen haben, diese Länge noch, wenn sie in hocheoncentrirte Lösungen gebracht werden? Hier haben wir die bei- den Gruppen von Erscheinungen am vollständigsten getrennt. Einer- seits die Verkürzung durch den Verlust des Turgors, und erst nachdem diese beendigt ist, die Einwirkung der Salzlösung auf die Zellenmem- bran, welehe dureh Imbibition oder Einstülpung der Membranen eine weitere Verkürzung hervorbringen könnte. Es lässt sich also hier der Beweis, dass diese Einflüsse keine merklichen Folgen haben, ganz direet führen, nur dürfen leider, wie wir in $ 5 gesehen haben, die Resultate nur mit grosser Wahrscheinlichkeit, nicht mit völliger Gewissheit auf die lebendigen Sprosse übertragen werden. In Verbindung mit den übrigen Ergebnissen dieses Abschnitts erheben sie den Beweis aber zur vollständigen Sicherheit. Die Versuche wurden nach der schon mehrfach beschriebenen Methode angestellt. Junge Sprosse wurden ausgesucht, ihre wachsende Strecke wurde durch zwei.Marken in einer gegenseitigen Entfernung von 80 oder 100 Mm. bezeichnet. Dann wurden sie in Wasser von 60°C. während fünf Minuten gehalten, daraus in Wasser von der Zimmer- temperatur gebracht und hierin belassen, bis wiederholte Messungen völlig eonstante Längen anzeigten. Dann wurden sie in zehnprocentige Lösungen von Kochsalz oder Salpeter gebracht und nach fünf Stunden gemessen, um zu sehen, ob sie sich hierin noch verkürzt hatten. Ich erhielt u. a. folgende Resultate: Nachherige Verkürzung Yorkiirzung in Angewandte ım er Fk ‘ A laene, Lösung. Cephalaria leucantha, Blüthenstiele 7.3 Mm. 0.0 NaCl 10°), Id. 6.3 - 0.1 KNO; 10 - Eschscholtzia californica, Blüthenstiele 4.3 - —0.3 !) NaCl 10 - Id. 47% 0.2 KNO, 10 - Tropaeolum majus, Blattstiele 5.0 - 0.0 "NaC110 - Id. 4.9 - 0.2 KNO, 10 - Fragaria grandiflora, Ausläufer 1.2 - 0.08) NaCl 10 - Id. 1 0.1 KNO, 10 - 1) Nach 8 Stunden gemessen. 86 Man sieht, dass der Einfluss der Salzlösung so gering ist, dass er bei gewöhnlichen Messungen vernachlässigt werden kann. Nur bei Eschscholtzia überschreitet er die Grenzen der gewöhnlichen Messungs- fehler, und auch hier nur in sehr unbedeutendem Maasse. Am Schlusse dieses Abschnittes angelangt, wollen wir noch einen Blick auf die erhaltenen Resultate werfen. Das Ergebniss aller Versuche war stets, dass es unmöglich war, einen Einfluss anderer Ursachen als des Turgorverlustes auf die end- liche Länge plasmolytiseher Sprosse nachzuweisen. Die Versuche waren aber nach so verschiedenen Methoden angestellt, dass ein soleher Einfluss, falls er bestände, hätte aufgefunden werden müssen. Die ‚wichtigsten denkbaren Einwände betrafen die Verkürzung der Organe durch die Imbibition der Zellhäute mit der Salzlösung, und dureh die Einstülpung dieser Häute infolge osmotischer Vorgänge. Aber ein messbarer Einfluss dieser beiden Factoren war in keinem Falle nach- weisbar. Ich glaube durch diese Resultate berechtigt zu sein zur Auif- stellung des folgenden Satzes: Die messbare Verkürzung, welche wachsende Pflanzentheile in hocheoncentrirten Salzlösungen erleiden; beruht nur auf der Auf I des Turgors. 2 V. Zusammenfassung der Resultate. g 19. Zusammenfassung der Resultate. Die in diesem Aufsatze von mir vorgeschlagene Methode, um den Turgor in wachsenden Pflanzentheilen vollständig aufzuheben, beruht auf der Anwendung von Salzlösungen. Wenn man wachsende, nicht zu dieke Pflanzentheile in geeignete Salzlösungen bringt, verlieren sie in zwei bis drei Stunden ihren Turgor, und somit ihre Turgoraus- dehnung vollständig, ohne eine weitere Verkürzung zu erleiden, und ohne dabei das Leben einzubüssen. Ihre Verkürzung ist somit ein Mai für ihre vorherige Turgorausdehnung. Ich will jetzt die Methode im Zusammenhang beschreiben, und die wichtigsten Gründe für ihre Berechtigung zusammenstellen. Für die Salzlösungen benutze ich Salpeter oder Kochsalz, da diese sieh in vielen Hinsichten vor anderen Salzen empfehlen. So z. B. durch ihr rasches Eindringen in die Pflanzentheile und durch die relativ geringe Concentration, in welcher sie den Turgor aufheben. Zucker- 97 lösungen sind fast in jeder Hinsieht viel weniger geeignet als Salz- lösungen, wofür sich an verschiedenen Stellen dieser Abhandlung die Beweise finden. Was aber von ihnen gilt, gilt im Allgemeinen noch mehr von Glycerin- und Eiweisslösungen. Die Salpeter- und Koch- salzlösungen wende ich gewöhnlich in zehnprocentiger Coneentration an; man kann fast in allen Fällen von vornherein sicher sein, dass diese Concentration den Turgor völlig aufhebt. Nicht selten benutze ich auch Tprocentige, ja bisweilen 5procentige Lösungen, wenn durch Controlle- versuche die Berechtigung dieses Verfahrens bei der betreffenden Art bewiesen ist. | Die Vorbereitung der Sprosse ist eine sehr einfache. DieStrecke, deren Verkürzung in der Lösung man messen will, wird vorher durch zwei feine Querstriche mit chinesischer Tusehe bezeichnet. Will man die Grösse der Verkürzung in verschiedenen Theilen der wachsenden Strecke kennen lernen, so wird diese durch mehrere Striche in so- genannte Partialzonen eingetheilt. Es empfiehlt sich, die Grösse soleher Zonen überall dieselbe sein zu lassen. Nachdem die Tusche hin- reichend abgetrocknet ist, kann man die Organe, falls sie dünn sind, ohne Weiteres in die Lösung bringen. Sind sie zu dick, als dass ein rasches Eindringen der Salze zu erwarten wäre, so muss man sie der Länge nach halbiren, wobei dafür zu sorgen ist, dass die beiden Hälf- ten möglichst gleich sind. . Die so vorbereiteten Sprosse kommen nun in die Salzlösung, wo sie nach 2—3 Stunden gemessen werden können. Dazu nimmt man . ‚sie vorsichtig aus der Lösung heraus, streckt sie nöthigenfalls gerade, aber ohne sie dabei auszudehnen, und legt dann einen Maassstab an die Marken an. Man wiederholt nach weiteren 1—2 Stunden diese Mes- sung, um sich zu überzeugen, ob die Länge bereits eonstant geworden ist. Ist dies der Fall, so ist die gefundene Verkürzung das Maass der vorherigen Turgorausdehnung. Ergiebt sich bei der zweiten Messung die Länge als noch nicht völlig eonstant, so kann man eine dritte und nöthigenfalls vierte Mes- sung nach einiger Zeit vornehmen; doch eignen sich Sprosse, bei denen eine so lange Zeit vergeht, ehe die Länge constant wird, weniger gut für diese Untersuchungen. Die Verkürzungen, welche bei dieser Behandlung in wachsenden Pflanzentheilen beobachtet werden, sind in der Regel so ansehnliche, dass die einfache Messung: mittelst des Millimeterstabes völlig für ihr Studium ausreicht. Ganz gewöhnlich betragen sie 4—5 Mm., häufig sogar $—10 Mm. auf der ganzen wachsenden Strecke eines Sprosses, 88 und dies in Sprossen, in denen diese Strecke, wie gewöhnlich, nieht oder nicht viel über 100 Mm. lang ist. ‘Wir werden in der folgenden Abhandlung sehen, dass diese Werthe noch steigen, wenn man sie für einzelne Partialzonen untersucht und in Procenten der Länge berechnet. Es ist dieser Umstand für die Brauchbarkeit meiner Methode von sehr hoher Wichtigkeit. ; Wenden wir uns jetzt zu den Beweisen für den Satz, dass der Turgor bei dieser Operation vollständig aufgehoben wird, und dass die Verkürzung dabei nur durch den Verlust des Turgors bedingt wird. Ausgangspunkt für die Methode war der früher von mir aufgestellte Satz, dass der Filtrationswiderstand der Zellwandungen ‚ welche das Zustandekommen des Turgors ermöglicht, eine Eigenschaft des plas- matischen Wandbelegs, nicht der Zellhaut sei. Die Zellhaut ist für die hier in Betracht kommenden gelösten Stoffe stets in hohem Grade permeabel, das Protoplasma bietet ihrem Durchgange einen äusserst grossen Widerstand. Diese Sätze finden in der vorliegenden Abhandlung vielfache weitere Begründung. Aus ihnen folgt, dass nur, so lange das Plasma allseitig der Zellwand anliegt, Turgor in einer Zelle bestehen kann. Wir wollen diese Folgerung etwas näher ausarbeiten. Durch die Einwirkung einer Salzlösung von geeigneter Concentra- tion wird das Protoplasma zunächst stellenweise, später allseitig von der Zellhaut abgelöst, denn der Zellsaft muss einen grossen Theil seines Wassers an die eindringende Salzlösung abgeben. Der plasmatische Wandbeleg hört dabei nicht auf den Zellsaft eng zu umschliessen, die . bereits spannungslos gewordene Haut kann sich nieht weiter verkürzen ' und folgt dem Plasma gewöhnlich nicht. Die Salzlösung dringt also zwischen Plasma und Zellhaut ein. In diesem Zustande halten offenbar die elastische Spannung des Plasma und die wasseranziehende Kraft der eingedrungenen Lösung dem Streben des Zellsaftes, sich durch "Wasseraufnahme zu vergrössern, das Gleichgewicht. Der Zellsaft kann also keinen Druck auf die eingedrungene Salzlösung in der Zelle ausüben und also auch nicht auf die Zellhaut.. Ein solcher Druck ist'aber noch in anderer Hinsicht unmöglich , nämlich wegen der Permeabilität der Zellhaut. Denn sobald die Haut durch den Druck der umschlossenen Lösung gespannt werden würde, würde sie durch ihre Elastieität die Lösung durch die eigenen Moleeularporen hinauspressen. Also: in einer Zelle, in der das Plasma stellenweise ‘oder allseitig von der Zellwand abgelöst ist, kann kein Turgor bestehen. Die Turgor- ausdehnung geht also völlig verloren, bevor die Ablösung von der Zell- wand anfängt. Es leuchtet ein, dass hier nur von elastischer Ausdeh- 89 nung die Rede ist; hat der Turgor die Elastieitätsgrenze einer Zellhaut überschritten und eine bleibende Verlängerung verursacht, so kann diese selbstverständlich nicht rückgängig gemacht werden. In solchen Fällen weist meine Methode allein den elastischen Theil der Ausdeh- nung nach, der ohne Zweifel stets der bedeutendste ist. Auch lässt sich bei dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft nicht einsehen, dass auf irgend einem experimentellen.Wege eine bleibende Ausdehnung einer Zelle sich von einer Verlängerung durch Intussusception würde unterscheiden lassen. Dass die Verkürzung nur durch den Verlust des Turgors bedingt ist und keine anderen Ursachen darauf einen messbaren Einfluss haben, habe ich im fünften Abschnitte bewiesen. Ein Faltenwerfen der Zell- häute, wie bei zu starker Verdunstung, tritt bei der Einwirkung von Salzlösungen nie ein. In einzelnen Fällen werden die Zellhäute dabei etwas eingestülpt, indem weniger Salz in die Zellen dringt, als Wasser heraustritt. Doch findet dies nie in dem Maasse statt, dass es die Länge eines Organes wesentlich beeinflusst; und in den oben empfohlenen Salzlösungen kommt die Erscheinung überhaupt nur selten, vielleicht nur bei sehr wasserreichen Sumpfpflanzen vor. Auch die Imbibition der Zellhäute mit den Salzlösungen ändert ihre Länge nicht merkbar. Endlich ist noch hervorzuheben, dass nicht etwa ein Absterben der Zellhäute oder der ganzen Sprosse zu befürchten ist, wenn die Versuche nur nicht über die oben empfohlene Dauer hinausgedehnt werden. Wie lange die Sprosse in den Salzlösungen im Allgemeinen lebendig bleiben, lässt sieh nicht sagen, da nach etwa drei Stunden bei den meisten die- jenige Eigenschaft verloren geht, welche den einzigen direeten Beweis ermöglicht. Sicher ist es aber, dass ein 2—3stündiger Aufenthalt in der Regel unschädlieh ist, da bei dieser Versuchsdauer die Sprosse nach dem Auswaschen des Salzes nicht nur ihre frühere Turgescenz wieder annehmen, sondern sogar weiter wachsen können. Zweite Abhandlung, Ueber die Beziehung zwischen Turgor und Längenwachsthum. I. Bestimmung der Grösse der Turgorausdehnung in wachsenden Sprossen. u: Methode der Versuche. Nach der von Sachs begründeten mechanischen Theorie des Wachsthums ist die Ausdehnung der Zellen durch ihren Turgor einer der wesentlichsten Faetoren des Längenwachsthums. Diese Ausdehnung vergrössert nach seiner Auffassung die Zwischenräume zwischen den Nägeli’schen Moleeülen der Zellhaut und fördert dadurch die Ablage- rung neuer fester Theilchen in der Haut. So wichtig die Rolle dieser Turgorausdehnung beim Wachsthum ist, 80 gering sind unsere bisherigen Kenntnisse iiber diesen Gegen- stand. Nicht nur ist der Einfluss dieser Ausdehnung auf das Wachsthum noch blos eine wahrscheinliche Hypothese, auch ihre eigene Abhängig- keit von äusseren Einflüssen ist noch nicht experimentell studirt worden. Ja selbst die absolute Grösse der Ausdehnung, sowie die Aenderungen, welche sie mit zunehmendem Alter der Zellen erleidet, haben sich bis jetzt jedem genauen Studium entzogen. In unserer ersten Abhandlung haben wir eine Methode begründet, welche die empirische Behandlung der einschlägigen Fragen ermög- licht. Wir wollen jetzt zunächst die wichtigste untersuchen, die nach der absoluten Grösse der Turgorausdehnung und nach ihrer Abhängig- keit vom Alter der Zellen. Die Beantwortung dieser Frage ist nicht nur die wichtigste für die Theorie, sondern sie muss auch nothwendig der Lösung der übrigen Aufgaben vorangehen. Wie in der vorigen Abhandlung auseinandergesetzt wurde, be- 91 stimmen wir die Grösse der Turgorausdehnung als die Längendifferenz zwischen dem völlig turgescenten und dem plasmolytischen Zustande eines Organes. Der plasmolytische Zustand eines Pflanzentheils aber ist derjenige, in welehem das Organ durch mehrstündigen Aufenthalt in einer starken Salzlösung seines Turgors völlig beraubt ist, indem in allen Zellen das Plasma von der Zellwand sich zurückgezogen hat. Dass die Verkürzung, welehe ein‘Organ dabei erleidet, seiner vor- herigen Turgorausdehnung gleich ist und also ein Maass für diese ab- gibt, haben wir in jener Arbeit ausführlich bewiesen. Auch sahen wir, dass dabei nur die elastische, nicht auch der duetile Theil jener Aus- dehnung gemessen wird; der letztere ist jedenfalls weniger wichtig als der erstere und einer empirischen Untersuchung vielleicht überhaupt noch nicht zugänglich. Die Versuche selbst sind alle in derselben Weise ausgeführt, ich will daher hier das Verfahren ausführlich beschreiben, um in den fol- genden Paragraphen die Beschreibung der einzelnen Experimente mög- lichst kurz machen zu können. In erster Linie ist die Wahl des Concentrationsgrades der Salz- lösungen zu bespreehen. Als Salze benutzte ich stets Kochsalz und Salpeter aus .den in der vorigen Abhandlung angegebenen Gründen. Die Concentration war in der Regel 10 %; in einigen Versuchen habe ich auch 7 oder 5% gewählt, wenn diese zur völligen Aufhebung des Turgors ausreichten. Wie ich früher gezeigt habe, heben 7% wohl in allen Fällen und 5% je nach den Arten und Individuen den Turgor voll- ständig auf. Geringere Coneentrationen habe ich in den anzuführenden Versuchen nicht benutzt, sie reichen wohl nie hin, um den Turgor ganz zu vernichten und also die absolute Grösse der Turgorausdehnung kennen zu lernen. Wo es sich aber nur darum handelt, die relative Grösse dieser Ausdehnung in den verschiedenen Partialzonen zu stu- diren, da reichen in der Regel auch 4%, häufig sogar 3% noch hin. In den meisten Fällen aber ist bei 3% die Verkürzung so gering, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Zonen nicht mehr klar hervor- treten. Noch mehr gilt dies von 2%, während bei 1% meist gar keine Verkürzung stattfindet. Wenn man mit 3—4procentigen Lösungen Ver- suche anstellt und hinreiehend deutliehe Zahlen bekommt, so geben diese dieselben Resultate in Bezug auf die relative Grösse der Turgor- ausdehnung wie die mit 5—10procentigen Lösungen ie gen Versuche. In zweiter Linie habe ich Einiges über die Versuchsobjeete selbst zu sagen. Die Auswahl des Materials ist bei diesen Versuchen leider 92 eine ziemlich beschränkte. Nur solche Sprosse, welche eine rasch wachsende Strecke von wenigstens 80—100 Mm. Länge besitzen, sind bei der angewandten Messungsmethode brauchbar. Es empfehlen sich deshalb vorzugsweise lange Blüthenstiele als Versuchsobjeete, und habe ich solehe auch in weitaus den meisten Fällen benutzt. Doch habe ich andere Organe in hinreichender Zahl in den Kreis der Untersuchungen aufgenommen, um den Resultaten allgemeine Gültigkeit zu sichern. Eine weitere Einschränkung des Versuchsmaterials ist durch die Dicke der Objecte vorgeschrieben. Sprosse, welche wenigerals 2—3 Mm. diek sind, können ganz in die Lösung gebracht werden, sind sie dieker, so müssen sie der Länge nach halbirt werden. Organe von über 5—6 Mm. sind auch dann noch zu dick; ich habe sie fast gar nicht benutzt. Der Nachtheil, den eine zu grosse Dicke der Versuchsobjeete mit sich bringt, besteht darin, dass das Salz nicht rasch genug eindringt, um den Spross innerhalb weniger Stunden eine völlig constante Länge er- reichen zu lassen. Dieser Umstand bedingt eine längere Versuchsdauer und dadurch ein allmähliches Absterben der Sprosse während des Ver- suches, oder wenigstens die Unmöglichkeit, am Ende des Versuches noch den Beweis zu liefern, dass die Sprosse noch lebendig sind, wie wir in $13 und 14 der ersten Abhandlung gesehen haben. Glücklicher- weise haben wir in $ 16 unserer ersten Abhandlung gefunden, dass auch bei einem langen Aufenthalte in der Lösung die Länge der plas- molytischen Sprosse nieht von störenden Einflüssen verändert wird. Wir dürfen hieraus schliessen, dass, wenn es, wie hier, nur darauf an- kommt, die Länge eines Organs im plasmolytischen Zustande zu mes- sen, es ziemlich gleichgültig ist, nach wie langer Zeit das Organ. die constante Länge annimmt. Daher habe ich mich bei den mitzutheilenden Versuchen nicht immer auf eine 2—3stündige Versuchsdauer beschränkt, sondern bisweilen erst nach viel längerer Zeit gemessen. Wo es aber möglich schien, habe ich die erste Messung innerhalb der drei ersten Stunden vorgenommen; die zweite folgte dann meist 1—2 Stunden später. Dabei musste ich dann auf eine absolute Gleichheit der Zahlen- reihen der beiden an demselben Organe vorgenommenen Messungen verzichten; Unterschiede von einzelnen Zehntel Millimetern konnten nieht vermieden werden. Wo diese Unterschiede aber so gross waren, dass eine annähernd constante Länge nicht als bewiesen betrachtet werden konnte, habe ich die Versuche als nicht hinreichend beweis- kräftig bei Seite gelegt. Die Tabellen der beiden folgenden Paragraphen werden zeigen, dass die Länge fast stets hinreichend constant war, um die Unterschiede in den Zahlenreihen der beiden Messungen nahezu als 93 gewöhnliche Messungsfehler betrachten zu können. Bei der Besprechung der Resultate werden wir hierauf zurückkommen müssen und sehen, dass die erwähnten Unterschiede, sofern sie dureh nicht völlig eonstante Länge bedingt sind, in unseren Versuchen doch nie einen Einfluss auf die gezogenen Folgerungen ausüben. ' Dass bei den Messungen die Gefahr einer Dehnung des Objectes, Stösse u. 8. w., sorgfältig vermieden werden müssen, braucht in Anbe- tracht der grossen Dehnbarkeit und Schlaffheit der Gegenstände kaum bemerkt zu werden. | Eine wichtige Bedingung bei sämmtlichen Versuchen ist es, die Pflanzentheile vorher in den Zustand der höchst möglichen Turgescenz zu versetzen. Es leuchtet ein, dass unsere Methode es erlaubt, die Turgorausdehnung eines Organes in jedem willkürlich gewählten Moment zu bestimmen. Je stärker das Organ in diesem Momente tur- geseirt, um 50 grösser werden die gefundenen Werthe ausfallen. Um- gekehrt werden die Zellen um so kleiner sein, je mehr Wasser das Organ durch Verdunstung und theilweises Welken verloren hat. Wollte man nun die Pflanzentheile einfach im Garten einsammeln und in die Salzlösung bringen, so würde man sie je nach dem Wetter, der Tages- zeit und anderen Umständen in verschiedenen Zuständen der Turgescenz - untersuchen. Die erhaltenen Resultate würden der Ausdruck dieser Verschiedenheiten sein, nicht aber allgemeine Regeln klar hervortreten lassen. Deshalb muss man die Objeete alle vorher in denselben Zustand versetzen, und dazu empfiehlt sich nur der Zustand der höchst mög- liehen Turgescenz. Um diese zu erreichen, wurden diese frisch abge- sehnittenen Objeete während einiger Stunden in frischem Brunnenwasser ganz untergetaucht gehalten. Um die Turgorausdehnung in ihrer Abhängigkeit vom Wachs- thumszustande zu studiren, habe ich stets auch diesen letzteren selbst bestimmt. Es geschah dies genau in derselben Weise wie bei meinen früheren Versuchen über diesen Gegenstand !), wie die dort befolgte Methode auch in anderen Hinsichten möglichst beibehalten wurde. Doch beschränkte ich mich auf die Bestimmung des Wachsthums- zustandes vor der Erforschung der Verkürzung in der Salzlösung. Nachdem die Tuschemarken in bestimmten Entfernungen (meist von je 20 Mm.) aufgetragen waren, wurden die Objeete, in Brunnenwasser untergetaucht, während 6—12 Stunden sich selbst überlassen. Die I) de Vries, Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse, in d. Arb. d. Bot. Inst. in Würzb. IV., 1874, S. 519. 94 Verlängerungen der Partialzonen wurden als die Partialzuwachse be- trachtet. Die Marken wurden nun nicht erneuert; die Längenänder- ungen in der Salzlösung bezogen sich also auf ungleiche Anfangs- längen und mussten daher stets auf gleiche Anfangslängen umgerechnet werden. ö Zum Schlusse will ich jetzt das Verfahren, wie es in allen Ver- suchen inne gehalten wurde, kurz beschreiben. Ich werde dann in den beiden folgenden Paragraphen jedesmal nur die in den einzelnen Ver- suchen verschiedenen Punkte anzugeben haben. Nachdem das Organ im Garten eingesammelt war, wurde es durch Tuschemarken in Partial- zonen von meist 10—20 Mm. Länge eingetheilt und senkrecht in ein hohes, mit Wasser gefülltes Cylinderglas gestellt, wo es, ganz von Wasser bedeekt, während meist 10—12 Stunden verblieb. Als es hier- aus hervorgenommen wurde, wurden die Entfernungen der Marken ge- messen ; die Verlängerungen lehrten die relative Wachsthumsgeschwin- digkeit der einzelnen Partialzonen kennen. Jetzt wurde es, je nach seiner Dieke, entweder der Länge nach sorgfältig halbirt und in die Salzlösung gebracht, oder ganz in die wasserentziehende Flüssigkeit getaucht. Das Halbiren geschah stets so, dass dabei alle Marken mittendurch getheilt wurden, wodurch es möglich war, beide Spross- hälften zu messen. Ob die beiden Hälften hinreichend gleich waren, ergab sich aus den bei den folgenden Messungen erhaltenen Zahlen, In solchen Versuchen sind die angeführten Zahlen Mittelwerthe aus den an beiden Sprosshälften angestellten Messungen. Nach einem Aufent- halte in der Lösung von 11/,—3 Stunden oder länger wurden die Ent- fernungen der Marken wieder gemessen; und diese Messung wurde dann nach 1—2 weiteren Stunden wiederholt. Die erste dieser beiden Messungen gibt die Verkürzung in der Salzlösung an; die zweite dient nur, um sich zu überzeugen, dass die Länge bei der ersten Messung be- reits hinreichend constant geworden war. Für jede Messung wird der Maassstab dem Objeete so angelegt, dass die oberste, der Endknospe am nächsten liegende Marke dem Null- punkte der Millimeter -Eintheilung entspricht. Die Lage der übrigen Marken wird dann einfach am Maassstabe abgelesen; um die Längen der einzelnen Partialzonen zu bekommen, muss man also diese Zahlen der Reihe nach von einander subtrahiren. In den Tabellen gebe ich als »Lage der Marken« jedesmal diese direet beobachteten Zahlen. Neben diesen gebe ich in den Spalten »Partialzuwachse« und »Verkürzung in der Lösung« die fertig umgerechneten Zahlen. Ich habe alle Zahlen nämlich auf dieselbe Anfangslänge der Partialzonen (10—20 Mim., je 95 nach dem Versuch) umgerechnet, um sie unter sich völlig vergleichbar zu machen. Es war dies erforderlich wegen der verschiedenen Opera- tionen, denen die Sprosse nach einander unterworfen werden. Alle Zahlen der Tabelle sind Mm. 4 Nach diesen Auseinandersetzungen werden die Tabellen der beiden folgenden Paragraphen wohl ohne Weiteres verständlich sein. = $ 2. Die Grenze der ausgedehnten Zone. Wenn man ausgewachsene Theile von Stengeln, Blüthenstielen oder Blattstielen in Salzlösungen auf ihre Turgorausdehnung prüft, so findet man im Allgemeinen keine Verkürzung. Ausgewachsene Theile besitzen in der Regel keine Turgorausdehnung. Dass es hiervon Aus- nahmen gibt, wie die beweglichen Polster von Möimosa und mehrere an- dere Fälle uns lehren, kann keine Ursache sein, die Regel nicht auf- zustellen. Es ist sehr leicht, sich von der Wahrheit dieser Regel mit ausge- wachsenen Stengelinternodien, Blattstielen u. s. w. zu überzeugen. Wichtiger aber ist es zu wissen, ob die Turgorausdehnung und das Längenwachsthum in einer Zelle gleichzeitig aufhören. Um dieses zu erfahren , stellen wir die Frage, ob in einem Organ, dessen unterer Theil bereits ausgewachsen ist, dessen Spitze aber noch wächst, die Turgorausdehnung auch genau auf der Grenze zwischen dem wachsen- den und dem ausgewachsenen Theil aufhört. Die zur Beantwortung dieser Frage angestellten Versuche werden zur Erörterung eines nicht unwiehtigen Punktes Veranlassung geben. Ich gebe zunächst die Be- sehreibung einiger Versuche, welche alle nach der in $ 1 beschriebenen Methode angestellt worden sind. I. Butomus umbellatus. Die Gipfel zweier Blüthenschäfte, deren erste Blüthe sich geöffnet hatte, wurden Abends abgeschnitten, durch Tuschestriehe von der In- florescenz aus in Partialzonen von je 20 Mm. eingetheilt und in Wasser gestellt, um noch einige Stunden zu wachsen. Nach Verlauf dieser Zeit wurden sie der Länge nach vorsichtig halbirt, und ihre Hälften in eine 10procentige Salpeterlösung gebracht. In der Tabelle Ia sind die angegebenen Zahlen Mittelzahlen aus den Messungen der beiden Hälf- 96 ten des einen Blüthenstieles; vom zweiten Gipfel (Ib) wurde nur eine Hälfte gemessen. Der zu Ib benutzte Stiel war etwas älter, als dor zu Ia verwandte. Versuch Ia. Lage der Marke Ka Br iii Partial- | a u der Dicke|| N nach einem Aufent- |zuwachse Lösung, auf20 Mm. An- Zone |(inMm. ee haltin 1 0%Salpeter- m fangslänge berechnet sun = lösung von 68t. | 12 8t. in 6 St. I oben| 4.6 25.4 22.4 5.4 2.4 II 4.6 51.2 45.3 5.8 2.2 III 4.8 75.0 66.9 3.8 1.9 IV 4,9 96.3 86.8 1.3 1.3 V 4.9 116.7 106.5 0.4 0ER VI 5.0 136.7 126.2 0.0 0.3 vu — 156.7 145.9 0.0 0.3 vi 176.7 165.8 0.0 0.1 Versuch Ib. Lage der Marken Verkürzung in der Dicke | nach |nach einem Aufent-|| p,.tal- Lösung, auf 20 Mm, An- Zone |;nMm. 1 Batand, la u zuwachse, fangslänge berechnet & Den thum |v. 21/, St.| von 6 St. in 21/2 St. | in 31/, St. Ioben | 3.7 23.9 21.6 21.4 3.9 1.9 ie 0ER 11 4.0 44.2 41.3 41.2 0.3 - 0,6. 0.5 III 4.3 64.3 61.2 61.1 0.1 0.2 0.2 IV 4.5 84.3 81.2 81.0 0.0 0.0 ‘| V 4.5 104.3 101.2 110.0 0,0 0,0 0.0. II. Alisma Plantago. Ein sehr dünner junger Inflorescenzstiel eines kleinen Erönigäi wurde für diesen Versuch ausgewählt. Er schien hinreichend dünn, um nach der Messung der Partialzuwachse ganz in die Salzlösung gebracht zu werden. Das wasserentziehende Mittel war eine 10procentige Koch- salzlösung. Versuch II. Lage der Marken Verkürzung in der re nach |nach einem Aufenthalt in | Partial- | Lösung, auf20 Mm. An- ueind. der Lösung von zuwachse| fangslänge berechnet acns- thum 13 St. 23 St. in 13 St. in 280% Toben || 23.7 1 21.0 37 22 ya II 48.1 43.2 43.0 4.4 1.9 2.0 III 72.4 65.2 65.0 4.3 1.9 1.9. IV 93.3 85.2 84.8 0.9 0.8 1.0 V 113.4 105.2 104.7 0.1 0,4: 0.2 vI 133.4 125.2 124.5 0.0 0.0 0.2 VII 153.4 145.2 144.5 0.0 0.0: ‚0.0 97 II. Cephalaria leucantha. Junger Blüthenstiel, genau so behandelt wie in Versuch I; die Zahlen sind Mittelwerthe aus den Messungen der beiden Stielhälften. Es wurde eine 10procentige Salpeterlösung angewendet. Versuch III. ” N u ea ne Afene po gain der ae Dicke || nach i WIENt= | Partial- |Lösung, auf 20 Mm. An- Zone | in Mm. | 13 stünd. halt in der Lösung zuwachse fangslänge berechnet Wachs- von R thum 11/a St. | 31a St. in1 Ifa St. in 31a St. ff Fi \ Loben|| 2.7 20.8 19.1 19.1.-1: 0.8 1.6 1.6 1 | 2.5 42.1 38.7 38.5 1.3 1.6 1.8 111 2.4 63.0 58.0 57.7:.|,.30.9 1.5 1.6 IV 2.4 83.7 77.6 77.1 | 0.7 1.1 1.2 V 2.5 103.8 97.6 IT 704 0.1 0.1 VI 2.5 123.8 117.6 1411, 1.4,0,0 0.0 0.0 IV. Plantago media. Junger Blüthenstiel, nach Bestimmung der Partialzuwachse ganz in eine 10procentige Salpeterlösung getaucht. Der Blüthenstiel hatte 3 Stunden unter Brunnenwasser zugebracht, bevor die Marken aufge- ‚tragen wurden. Behandlung sonst dieselbe, wie in den übrigen Ver- suchen. Versuch IV. Lage der Marken | Verkürzung in der ® 8 i Aufent- a Im 5 Dicke || . nach nach einem Aı Partial- | Lösung, auf 20 Mm. An- ir Acnhs- thum 3 St. 5 St. in 3 St. in 5 St. Toben! 13; | :23:6..| ‚21.0 A 4, 11 13 PT Pag NER 2.3 2.6 III I Ei Bi-h area cc 1.4 1.1 IV 1.4 88.3 61.4 Shrek; 0. 0.1 0.1 V 1.4 108.3 101.4 101.1 | 0.0 0.0 0.0 Das Resultat dieser Versuche ist, dass die Grenze der Verkürzung in der Salzlösung annähernd mit der Grenze der wachsenden Zone zu- sammenfällt. Nur in Versuch la erstreckt sich die Turgorausdehnung etwas über die Grenze der wachsenden Zone hinaus. Weitere Bestä- tigungen beider Fälle wird uns noch der nächste Paragraph bieten. (Versuche II— VI.) de Vries, Ursachen d. Zellstreckung. -tı 98 Bei der Beurtheilung des Zusammenfallens der beiden Grenzen muss man einen Umstand in Betracht ziehen, der bis jetzt bei den meisten Wachsthumsuntersuchungen nicht gehörig berücksichtigt wor- den ist und auch kaum berücksichtigt werden konnte, weil ‚man nieht wusste, dass die 'Turgorausdehnung so hohe Werthe erreicht, als in Wirklichkeit derFall ist. Auf der Grenze der wachsenden und der aus- gewachsenen Strecke muss sich eineZone befinden, in der zwar Wachs- thum, aber keine Verlängerung stattfindet. Das Wachsthum holt hier einfach den Rest der Turgorausdehnung nach. Für diese Strecke müssen unsere Versuche kein Wachsthum, wohl aber noch eine geringe Turgorausdehnung nachweisen. In den meisten Versuchen ist sie offen- bar zu schmal gewesen, um durch das Studium von 20 Mm. langen Partialzonen nachgewiesen zu werden, und nur in Versuch Ta mit Bu- tomus und in mehreren Tabellen des folgenden Paragraphen tritt ” klar zum Vorschein. \ Beachtet man diesen Umstand, so kann man das annähernde A sammenfallen beider Grenzen als empirisch bewiesen betrachten. $3. Die Vertheilung der Turgorausdehnung über die wachsende Strecke = der Sprosse. Versuche. Die Versuche wurden genau in derselben Weise angestellt, wie die des vorigen Paragraphen; für ihre ausführliche Beschreibung verweise ich also auch hier auf $ 1. Nurist zu.bemerken, dass jetzt immer solche Sprosse ausgewählt wurden, in denen das Maximum der Partial- zuwachse noch in einiger Entfernung vom Gipfel lag. Ausser in den drei ersten Versuchsreihen, werde ich immer für jede Species nur einen Versuch mittheilen; ich habe mit den meisten Arten deren mehrere ge- macht, welche stets dieselben Resultate lieferten und keine grösseren Abw Sichningent von einander zeigten, als i in den Tabellen der drei zuerst behandelten Arten gefunden werden. I. Butomus umbellatus. Junger, kräftiger Blüthenstiel mit eben sich öffnender Infloreseenz- knospe. Nach der Messung der Partialzuwachse wird er der Länge nach halbirt und kommt so in eine 10procentige Salpeterlösung. ‘Die _ Zahlen sind Mittelwerthe aus den Messungen der beiden Hälften. Mei der FARDAILOBEN 20 Mm. Ei > 99 Tabelle Ia. Bi Ar ee newer p HE, EURE u 27 ge ei /nac n -tial- Lösung, auf 20 Mm. An- ‚Zone Dicke ‚I2stünd. halt i in. der Lösung re, fangslänge berechnet ul:lh Machs- Von. | Kur | ' thum | 21% St. | 41% St. im 21, St. | in 41% St. loben| 4.7 23.1 21.0 21.0 3.1 1.5 1.8 I, 5.2 47.1 lu. 42:9% . 42.7 4.0 1.8 1.9 II | 5.4, 72.0 3): 65,5 65.3 311. 4.9 1,8 1.8 IV, ı 5.848 97.6.219.,88:8 oh; 88.2 5.6 1.5 2.1 Yo 6,2, 122.9 71, 111.8 111.2 9.3 1.8: 1.8, am 6.3 147.1 ©|., 134.1 133.4 4.2 1.6 1.1 vi 6.4 170.1 155.2 154.3 3.0 1.7 1:8 vu 7.0 191.8 175.2 — 81. 1.5 _ Ein zweiter Versuch mit derselben Species, in der statt der Sal- Päterlienng ‚eine ebenso stark eoncentrirte Kochsalzlösung benutzt wurde , möge hier noeh’angeführt werden. Die Messungen des in.der Figh Salzlösung erschlafften Sprosses beziehen sich nur auf eine Längshälfte. Tabelle Ib. an ER brkösr, | i Lage der Marken Verklirzun Eind er a nach | nach einem Aufenthalt | Partial- |Lösung, auf 20 Mm. An- a = Ban: in.der Lösung; von zuwachse füngslänge berechnet thum 18 1,388 12 St. |: 21 St. loben) 22.9 20.9 208 2.9 El ah E Er BR RE 43.5. 43.3 4.6 1.6 7 ME 73.0 67.0 66.6 5.5 1,6 1.7 IV u 2117 798.8 90.3 90,1 5.8 1.9 1.8 IPAV: 7297 113,0 112.7 4.9 1,8 1,8 Ms Me | 146.6 134.1 Bl 2:9 1.6 8:1 vi | 168. 2 154.3 154.0 1.6 1,3 1.2 var «| 189.0 174.1 Em.T er 1.0 1.0 IX | 2091 194.0 1933 | 04 0.2 0.5 Mehrere; andere Versuche führten zu denselben Fe es wäre überflüssig, sie hier alle mitzutheilen. | u. Cephalaria leucantha. Mit den jungen Blüthenstielen dieser Pflanze wurden sehr zahl- reiche Versuche angestellt, aus denen ich hier vier Tabellen mittheilen will, welche sowohl das Uebereinstimmende, als auch die individuellen Unterschiede am klarsten übersehen lassen. Die Längenmaässe der in der Salzlösung erschlafften Stiele sind Mittelwerthe aus den beiden ge- trennt gemessenen Längshälften je eines Stieles. Die Lösung war 10% Salpeter, ausser in Id, wo eine 5procentige Lösung PRPERBN wurde. Grösse der Portiälzönen 20 Mm. | 7 * 100 Tabelle IIa. an een t iin in Aec Dieke| nac j UIEnt- | Pyrtial- Lösung, auf20 Mm. An- Zone |; Mm. 13stünd. | halt in der Lösung zuwachse fangslänge berechnet Wachs- MDR thum | 11% St. | 31% St. in 11/5 St. | in 31, St. Toben | 2.2 | 20.8 | 193 | 192 1 0.8 1.4 1.5 II 2.0 | 42.2 39.0 38.9 1 14 1.6 1.94 I 2.0 | 63.6 58.7 58.3 | 14 1.6 19 IV 2.0 | 843 78.7 78.1.1: 07 0.6 0.9 v 2.2 | 104,5 98.7 98.1 ' 0.2 0.2. 0.2 in 1) } 3 Tabelle IIb. ed Yorke, Dicke| NaeC SE PINS ThBRertial- Fries au 2Ö Mi. u- Zone |; Mm .| 13stünd. | halt in der Lösung |, \wachse | fangslänge berechnet Wachs- von thum 11% St. | 31/, St. in 1'/% St. | in 31, St. I oben | 1.9 21.0 19.1 19.1 1.0 1.8 1.8 1 1,9 42.0 ‚38.6 38.4 1.0 1.4 1.6 111 2.0 63.1 58.1 57,7 1.1 1.5 0 IV 2.0 84.0 11.3 76.9 0.9 1.6 1.6 $ 5 2.0 104.2 96.9 96.3 0.2 0.6 0.8 VE 2.0 124.2 116.8 116 2 0.0 0,2, 0.1 Tabelle IIc. een s aan! | „" SCRMERIENE Bn der Dicke| nac m Partial- |LÖsung, auf 20 Mm Zone |: Mm.) 13stünd. | halt in der Lösung 8 \zuwachse fangslänge berechnet Wachs- von thum | 11% St. | 31% St. | in 11/, St. | in 31% St. I oben | 2.5 20.5 191 19.1 0.5 1.4 1.4 u 2.2 42.0 38.5 38.3 1.5 2.0 2.2 II 2.0 62.7 97.8 91.4 0.7 1.4 1.5 IV 2.0 82.8 71.5 77.0 0.1 0.4 0.5 Y: 2.0 122.8 97.3 96.9 0.0 0.2 0.0 vi 2.0 162.8 157.4 157.0 0.0 —0.1 —0.1 + Tabelle IId (5 % Salpeter). ne men re Dicke| , nae PN ANENT || Partial- |Lösung, auf 20 Mm. An- Zone |: Mm. 12 stünd. | halt in der Lösung zuwachse! fangslänge berechnet | Wachs- von | thum | 31. 8t. | 586; + |.in:3128t..|:i in 5 St, Toben) 1.9. 21.1 19.2 19.101141 1er II 1.8 42.4 38.9 39.1 1.3 1.5 BR 9; II r.8 63.8 58.1 58.5 1.4 2.1 19° Ar: IV 1.9 | 84.2 77.8 78.1 04 0.4 0.4 101 I. Plantago media. : Junge Blüthenstiele, nicht halbirt. Lösung eine 10procentige Sal- peterlösung. Länge der Partialzonen im Anfang des Versuchs 20 Mm. Aus zahlreichen Versuchen theile ich die beiden folgenden mit: Tabelle IIIa. a ek, LORORDENE = ae Dicke|| nac R "|| Partial- Lösung, auf 20 Mm. An- Wachs- von thum | 38. | 58t. in3 St. | in5 St. Toben | 1.6 | 22.0 20.2 20.2 2.0 N h; 1.6 44.0 40,4 40.3 2.0 1,6 1.7 III 1.7 66.0 60.5 60.3 2.0 E;7 1.8 IV 57T 87.1 80.0 79.8 1.1 1.5 1.5 V 1.7 107.4 100.0 99,7 0.3 0.3 0.5 VI 1.7 127.4 120.0 119.5 0.0 0.0 0.2 Tabelle IIIb. Lage der Marke : | . ° eier. in - Dicke, nach einem Aufent- Partial- Lösung, auf 20 Mm. An- 7088 in Mm. 12stünd. | n4lt in der Lösung zuwachse| fangslänge berechnet Wachs- 58 in 5 St. | thum von 7 Ioben | 1.8 22.1 20.0 2.4 1.9 1,9 44.2 40.0 2.3 RR, II ii 67.2 60.4 3.0 2.3 IV 8.) 87.7 80.1 0.5 0.8 4 1,9 107.7 100.0 0.0 0.1 VI 1.9 127.8 120.0 0.1 0.1 IV Froelichia floridana. Junge Blüthenstiele, nicht halbirt. Salpeterlösung von 10%. Länge der Partialzonen 20 Mm. Ten u], Wear Dicke || nac nach ein Auient-]| Partial- we auf 20 Mm. An- Zone | in Mm. || 12stünd. | halt in der Lösung eb Am e fangslänge berechnet "| Wachs- von thum 3 St. 4 St. in 3 St. in 4 St. Toben] 1.4 26 | 192 19.2 0.6 1.4 1.4 I 1.5 42.1 39.2 39.2 1.5 1.4 1.4 III 1.6 63.0 58.8 58.6 0.9 1.2 1.4 IV x 1.8 83.5 78.0 77.9 0.5 3 1.2 V 1.8 103.5 97.6 97.1 0.0 0.4 | 0.8 102 W Alisma Plantago. Kräftiger Blüthenschaft, nach der Messung der Partialzuwachse halbirt und in einer 10proeentigen Salpeterlösung untersucht. Länge der Partialzonen 20 Mm. Die Zahlen für die Verkürzung in der Lösung sind Mittelzahlen aus den beiden Stielhälften. Lage der wereon Verkürzung in der Dicke || nach nach einem Aufent- Partial- || Lösung, auf 20 Mm. An- Zone |: Mm. Home halt in Berg zuwachse | fangslänge berechnet achs- \ thum | 21% $t. | 411, St. in 2!/; St. | in 41/, St. I oben 3.8 24.2 22.0 21:9 4.2: 1.8 1:9 II 3.8 48.2 43,3 43.1 4.0 2.2 2.3 III 4.1 71.0 63.9 63.5. 2.8 2.0 en IV 4,1 91.1 83.1 83.0 0.1 0.9 0.6 V 4.1 111.1 103 0 102.7 0.0 0.1 035 VI 4.1 131/2 122,8 122.5 0.1 0.3 0.2 ., 1 Thrincia hispida. Junger Blüthenstiel, nicht halbirt. Salpeterlösung von 5%. Länge der Partialzonen 20 Mm. Lage der Marken Y erkürzung i in dee Z nach | nach einem Aufenthalt in | Partial- || Lösung, auf 20 Mm. An- one ee mg der Lösung von zuwachse fangslänge berechnet achs- thum 12 St. 14 St. in 12 St. | in 14 $t. Ioben| 22.3 20.6 21.0 2.3 1.5. % 1.2 II -46.3 42,7 43.0 4.0 133 1.27% IH 690 | 63.6 64.0 2.7 1.6 151 IV 89.9 83.5 83,8 0.9 1.0 1.1 eV 110.0 103.4 103.7 0.1 0.2 0.2 vI 130.0 123.2 123.6 0.0 0.2 0.1 vi 150.0 143.1 143.4 0.0 0.1 0.2 VL. Papaver nudicaule. Junger, noch nickender Blüthenstiel, nicht halbirt. Salpoterlösung von 10%. Länge der Partialzonen 20 Mm. Lage der Marken Verkürzung in der Den nach nach 12stünd. Partial- | Lösung, auf 20 Mm. R 7stündigem | Aufenthalt in | zuwachse Anfangslänge Wachsthum der Lösung berechnet I oben 23.4 21.0 3.4 2.0 II 48,5 43.6 9.1 2.0 III i 1 BE 65.6 3.8 1.5 IV 92.4 85.2 0.1 0.5 V 112.5 105.2 0.1 0.1 103 Pharbitis hispida. Ein kräftiger, nicht windender Stengel wurde Abends, ohne von . der Pflanze getrennt zu werden, durch Tuschemarken von der End- knospe aus in Zonen von je 10 Mm. getheilt. Am nächsten Morgen wurde er abgeschnitten , erst eine Stunde, von Brunnenwasser ganz be- deckt, in einem Gefäss stehen gelassen, und als er hierin voraussicht- ‚ lieh den höchsten Grad der Turgescenz erreicht hatte, herausgenommen, gemessen und in eine 10procentige Kochsalzlösung gebracht. Hier wurde er nach 4 Stunden wieder gemessen. Nach weiteren 5 Stunden wurde die Messung wiederholt; die Resultate waren genau dieselben und brauchen deshalb nieht besonders aufgeführt zu werden. Lage der Marken | Verkürzung in der u. nach nach 4stünd. Partial- | Lösung, auf 10 Mm. 12stündigem | Aufenthalt in | zuwachse Aufangslänge Wachsthum der Lösung berechnet _Loben 10.4 9.8 BY 0.6 u 21.2 19.7 0.8 0.8 2 32.2 29,8 1.0 0.8 IV 43.0 39.9 0.8 0.6 and 53.3 49,6 0.3 0.6 VI 63.6 59.3 0.3 0.7 vi 74,0 69.1 0.4 0.6 VI 84.3 78.8 0.3 0.6 Lx, Clematis vitalba. Wachsender Gipfel eines kräftigen Stengels. Der Versuch wurde in jeder Hinsicht genau so durchgeführt wie in VII. Lage der Marken Verkürzung in der y nach nach 4stünd. Partial- | Lösung, auf 10 Mm. nr 12stündigem | Aufenthalt in | zuwachse Anfangslänge Wachsthum der Lösung berechnet I oben - 10.4 9.2 0.4 1.2 11 21.5 19,0 1.4 1.2 III 32.5 29.0 1.0 0.9 IV 43.2 38.8 0.7 0.9 V 53.5 48.2 0.3 0,9 VI 640 58.3 0.5 0.4 vu 14.2 68.1 0.2 0,4 VII 84.4 78.0 0.2 0.3 104 € Ampelopsis hederacea. Wachsender Gipfel eines kräftigen Stengels. Anordnung und De- tails des Versuchs genau dieselben wie in VII. Lage der Marken Verkürzung in der Wohe nach nach 4stünd. Partial- || Lösung, auf 10 Mm. 12stündigem | Aufenthalt in |- zuwachse Anfangslänge 0.0.1 Wachsthum | der Lösung ER I oben 10.8 9.5 0.8 ‚1.2 II 22.0 19.2 1.2 1.4 III 32,8 29.1 0.8 0.8 1 ER, 43.2 39.0 0.4 0.5 xl. H Phaseolus multiflorus. Epieotyles Glied einer im Finstern entwickelten Keimpflanze. Die Pflanze wuchs in Sägespänen ; als das epicotyle Glied etwa 4Cm. lang war, wurden darauf, von der Spitze aus, Marken in Entfernungen von je 3Mm. aufgetragen. Nach 8 Stunden wurden die Entfernungen dieser Marken gemessen, dann erst das Glied von der Pflanze abgeschnitten und sogleich in eine 10procentige Salpeterlösung gebracht. Hier wurde es nach 2 Stunden gemessen. | Lage der Marken Verkürzung in der Yade nach nach 2stünd. Partial- ||Lösung, auf 3 Mm. Sstündigem Aufenthalt in zuwachse Anfangslänge Wachsthum der Lösung berechnet I oben 3.5 3.0 0.5 0.4 II 7.6 6.4 1.1 0.5 III 12,8 + 11.0 2.2 0.4 IV 17,0 14.6 1.2 0.4 Vv 21.1 18.2 11 0.4 VI 25.2 22.1 1.1 0.1 gA. Ergebnisse der Versuche. Die in dem vorigen Paragraphen mitgetheilten empirischen Zahlen- reihen wollen wir jetzt einer kritischen Betrachtung unterwerfen. Am deutlichsten tritt dabei in allen Tabellen hervor, dass man die wach- sende Strecke in Bezug auf die Grösse der Turgorausdehnung in zwei Theile spalten kann. Im oberen Theile ist die Turgorausdehnung in den einzelnen Zonen nahezu gleich gross, in dem unteren Theil nimmt sie nach unten zu stetig ab, um, wie wir in $ 2 sahen, an der Grenze 105 des wachsenden Theiles aufzuhören. In dem oberen Theil ist das Waehsthum überall relativ bedeutend; in dem hinteren Theile nimmt es, wie die Turgorausdehnung, stetig ab. Im Grossen und Ganzen beobachten wir also einen deutlichen Parallelismus zwischen Turgor- ausdehnung und Längenwachsthum. Besteht dieser Parallelismus auch im Einzelnen? Um diese Frage zu beantworten, haben wir zunächst zwei Punkte zu berücksichtigen. Der grossen Periode des Längenwachsthums entsprechend , nehmen bekanntlich die Partialzuwachse eines jungen wachsenden Pflanzen- theils von dessen Gipfel aus im Allgemeinen erst zu, erreichen dann ein Maximum, um darauf wieder abzunehmen. Der Abnahme des Wachs- thums entspricht in unseren Tabellen stets eine Abnahme der Turgor- ausdehnung. Wir haben also jetzt die anfängliche Zunahme und das Maximum des Wachsthums zu betrachten und zu fragen, ob ihnen auch "ähnliche Veränderungen in der Grösse der Turgorausdehnung ent- sprechen. Eine Zunahme der Turgorausdehnung in der oberen Strecke der . Versuchsobjeete ist in manchen Versuchen deutlich, in anderen aber nieht. Man findet sie z. B. in den Tabellen lIa, IIe, IHa, IIIb, V, VI, VII und X. Dies hat offenbar seinen Grund in dem Alter der den Versuchen unterworfenen Strecken. Je älter diese Strecke ist, um so weniger wird eine solehe Zunahme siehtbar sein. Dass dem so ist, zeigen z.B. die Tabellen aus $2, für die im Allgemeinen ältere Blüthen- stiele gewählt sind, um Objeete mit hinreichend kurzer wachsender Strecke zu haben. In diesen fehlt meistens die Zunahme am Gipfel und ist auch die Strecke mit überall ziemlich gleicher Turgorausdehnung nicht vorhanden oder doch nur eine sehr kurze: die Grösse der Turgor- ausdehnung fällt fast in allen von oben nach unten stetig ab. Nun ist es klar, dass die allerjüngsten Zustände der Zellen in keinem einzigen Versuche des $ 3 in der gemessenen Strecke enthalten sind. Denn bei den Blüthenstielen sind alle Zellen nieht nur aus der Theilungsperiode herausgetreten, sondern auch bereits nicht unerheblich gestreckt, bevor die Organe eine hinreichende Grösse erreichen, um uns als Versuchs- objeete zu dienen. Bei den Sprossen aber, welche mit ihrer Endknospe in die Salzlösung kamen, musste aus anderen, praktischen Gründen die jüngste Strecke von (VIII—X) dem zu messenden Theile aus- geschlossen werden. Die bedeutenden Partialzuwachse, welche die oberste gemessene Zone in allen Versuchen zeigte, beweisen zur Ge- nüge, dass die jüngsten Zustände der Zellen nicht in die Versuche auf- genommen wurden. Da nun ungeachtet dieser nachtheiligen Umstände 106 doch in den meisten Tabellen eine, wenn auch geringe Zunahme der Turgorausdehnung siehtbar ist, so dürfen wir es als bewiesen betrach- ten, dass eine solche in hinreichend jungen Organen die Regel ist. Betrachten wir jetzt das Maximum der Partialzuwachse, so finden wir, dass diesem in unseren Tabellen sehr häufig ein Maximum der Turgorausdehnung in derselben Partialzone entspricht. Oft ist dieses Maximum deutlich abgehoben (Versuch Ile, Id, IIIb, V, VI), oft weni- ger deutlich (Versuch I, Ha, Illa, VIIL, X). Auch sehen wir, dass es bei wiederholten Messungen desselben Sprosses nicht constant sichtbar ist, sondern bisweilen dureh Beobachtungsfehler völlig verdeckt wird. So z. B. in den Versuchen mit Butomus umbellatus (la und Ib). Dieser Umstand kann nicht Wunder nehmen, da ja auch das Maximum der Partialzuwachse nieht immer gleieh deutlich ist und selbst nicht selten scheinbar fehlt. Ziemlich allgemein finden wir das Maximum der Turgorausdehnung weniger deutlich ausgezeichnet als dasjenige der Partialzuwachse, doch lässt sich hierüber wenig sagen, weil die Dauer der Zeit, welche für die Bestimmung des letzteren gewählt wurde, einen sehr grossen Einfluss auf seine Deutlichkeit hat. Als sehr wichtig ist aber hervorzuheben, dass überall, wo ein bestimmtes Maximum der Turgorausdehnung in den Zahlen sichtbar ist, es genau in derselben Zone liegt, wie das Maximum der Partialzuwachse. Nur in einzelnen Versuchen fällt es in eine der beiden benachbarten Zonen (z. B. in Ver- such V), dieses aber ist, nach den theoretischen Auseinandersetzungen von Sachs!) über die Methode der Messung der Partialzuwachse, nicht anders zu erwarten. Als das Resultat unserer Versuche betrachten wir also den Satz, dass in hinreichend jungen Objeeten die Turgorausdehnung von ‘der Spitze aus erst zunimmt, dann in der Höhe des Maximums der Partial- zuwachse ein Maximum erreicht), und dann wieder allmählich abnimmt, um endlich an der hintern Grenze der wachsenden Strecke aufzuhören. Fehlen in der zu messenden Strecke eines Organes die allerjüngsten Zustände der Zellen, so kann die Zunahme am oberen Ende unter Um- ständen gar nieht oder nur undeutlich zur Beobachtung gelangen. Ist die wachsende Strecke des Organs sehr lang, so ist die Turgorausdeh- nung oft in einem grossen Theile dieser Strecke überall ziemlich gleich gross, in diesem Falle ist das Maximum der Turgorausdehnung meist 1) Sachs, in den Arb. d. Bot. Inst. in Würzb., Heft III., S 420, 2) Dieses Zusammenfallen der beiden Maxima wurde bereits früher, wenn auch mittelst einer weniger vollkommenen Methode, von mir bewiesen. Arb. d. Bot. Inst. in Würzb. IV. 1874, S. 533, Be . 107 nur sehr wenig scharf ausgeprägt, und kann seine Lage leicht durch Nebenumstände verdeckt werden. Wir können unserem Satze eine kürzere und schärfere Form geben, indem wir sagen: Mit der Grösse der Turgorausdehnung steigt und fällt die Geschwindigkeit des Längenwachsthums in den Partialzonen wach- sender Organe. Was von einer Partialzone gilt, wird offenbar auch von jeder einzelnen Zelle gelten. | | Ohne Zweifel wird der hier ausgesprochene Satz einmal von her- vorragender Bedeutung für die Theorie des Längenwachsthums werden. Der geniale Begründer dieser Theorie geht bei seinen Auseinander- setzungen von der Hypothese aus, dass die Turgorausdehnung das Längenwachsthum in wirksamer Weise beschleunigt. Diese Hypothese, welche bis jetzt noch nicht experimentell bewiesen worden ist, findet nun in unserem Satze eine wichtige Stütze. Denn in Verbindung mit diesem Satze ist sie im Stande, eine der auffallendsten Erscheimungen auf diesem Gebiete, die grosse Periode des Wachsthums, zu erklären, indem sie diese Periode als eine Folge der entsprechenden Veränderung der Turgorausdehnung auffasst. Freilich muss für eine vollständige Erklärung die Beziehung zwischen Ausdehnung und Beschleunigung des Wachsthums auch quantitativ bekannt sein. Mit dieser Erklärung der grossen Periode des Wachsthums ist aber die Aufgabe keineswegs gelöst, sondern eigentlich ihrer Lösung nur um einen Schritt näher gebracht. Jetzt wird es die nächste Aufgabe sein, die Veränderungen der Turgorausdehnung selbst zu erklären. Dieses muss offenbar bei fortgesetzter Untersuchung gelingen. Denn die Tur- gorausdehnung ist ja die Resultirende von mehreren Faetoren, unter denen die Turgorkraft des Zellinhaltes und die Dehnbarkeit und Elasti- eität der Haut die wichtigsten sind. Es fragt sich also zunächst, welche Aenderungen diese einzelnen Faetoren mit zunehmendem Alter der Zellen erleiden. Diese Erwägungen weisen uns den Weg, den die experimentelle Forschung einzuschlagen hat, um zu einer Lösung der wichtigsten Probleme zu gelangen, um welche sich die ganze Wachsthumslehre dreht. Leider sind die Schwierigkeiten, welche sich dem Fortschritte auf diesem Wege entgegenstellen, gerade hier sehr ansehnliche ; doch hoffe ich dureh die vorliegende Arbeit wenigstens die Methode zu ihrer Beseitigung angegeben zu haben. Die grösste Schwierigkeit liegt wohl darin, dass die Genauigkeit der. erhaltenen Zahlenwerthe den höchsten Anforderungen noeh nicht entspricht. Es liegt dies daran, dass die zu messenden Unterschiede 108° En x sehr geringe sind, und nur in günstigsten Fällen weit ausserhalb der Grenze der gewöhnlichen Messungsfehler liegen. Die Tabellen des vori- gen Paragraphen zeigen, wie die Beweiskraft der Versuche hierdurch unter Umständen geschwächt wird. Im Grossen und Ganzen sind die Re- sultate immer über allen Zweifel erhoben ; aber Unterschiede von weni- gen Zehntel-Millimetern können oft’durch eingeschlichene Fehler völlig verwischt werden. Ja sogar bei wiederholten Messungen desselben Sprosses kann dies vorkommen. Nur die Thatsache, dass jene gerin- gen Unterschiede sehr häufig und stets gleichsinnig wiederkehren, er- hebt ihre Anwesenheit über jeden Zweifel. Deshalb will ich. hier nicht unterlassen, nochmals zu betonen, dass die mitgetheilten Versuche aus viel grösseren Versuchsreihen ausgewählt sind, welehe zur Gewin- nung und Sicherstellung der oben besprochenen Resultate von mir durchgeführt worden sind. | Auch für Wurzeln (z. B. Hauptwurzeln von Vieia Faba) habe ich in ähnlicher Weise die Turgorausdehnung bestimmt und gefunden, dass - sie auch hier von der Spitze aus erst zunimmt, in der Höhe des Maxi- mums der Partialzuwachse ein Maximum erreicht und dann wieder abnimmt. Was die absolute Grösse der Turgorausdehnung anbelangt, so sehen wir, dass sie im kräftig wachsenden Theile junger Sprosse sehr gewöhn- lich S—10°/, beträgt. Nicht selten sogar ist sie noch grösser, ja im einzelnen Fällen erreicht sie im Maximum 14—16%. So z. B. Ver- such X Ampelopsis; Versuch XI Phaseolus; auch bei anderen Pflanzen, 2. B. Cephalaria leucantha , beobachtete ich bisweilen so hohe Werthe der Turgorausdehnung. . $5. Die Verkürzung nicht völlig turgescenter Sprosse. In allen bisherigen Versuchen wurden die Sprosse, bevor sie auf ihre Turgorausdehnung geprüft wurden, in den Zustand völliger Tur- gescenz versetzt. Die erhaltenen Resultate gelten also für diesen Zu- stand. Würden sie anders ausgefallen sein, wenn diese Vorsorge nicht beobachtet worden wäre? Offenbar ja, denn unsere Methode misst ein- fach die Turgorausdehnung, wie sie gerade in dem Momente vorhanden ist, in. welchem das Organ in die Salzlösung gebracht wird. Je nach dem Wassergehalte des Organs würden wir seine Turgorausdehnung verschieden gross finden. Von allen denkbaren Fällen interessiren uns hier nur die Zustände, welche in der freien Natur wirklich vorkommen. Wie würden unsere 109 Resultate ausgefallen sein, wenn wir die Versuchsobjeete einfach im Garten eingesammelt und sogleich in die Lösungen gebracht hätten, ohne sie vorher in den Zustand höchster Turgescenz zu versetzen ? Die Antwort auf diese Frage wird je nach Umständen eine verschiedene sein. Bei feuchtem Wetter werden Exemplare, welche bei Sonnenaufgang abgeschnitten werden, wohl den höchsten Grad der Turgescenz haben, unter diesen Umständen wären die Resultate also dieselben geblieben. Bei trockenem Wetter, am Mittag oder Abend eines warmen Tages wird dies nicht der Fall sein. Denn die Pflanzentheile haben dann einen Theil ihres Wassers durch Verdunstung verloren, sie können, auch wenn sie noch ganz frisch aussehen, doch als etwas gewelkt be- trachtet werden. Diese letzte Betrachtung gibt uns ein Mittel an die Hand, um vor- herzusagen, wie die Resultate unter solehen Bedingungen ausfallen würden. Es handelt sich dabei nur um die relative Grösse der Turgor- ausdehnung in den einzelnen Partialzonen; die absolute ist selbstver- ständlich um so geringer, je wasserärmer das Organ ist. Wir haben also einfach zu fragen: wie ändert sich die relative Grösse der Turgor- ausdehnung beim Welken? Hierauf gibt uns unsere frühere Arbeit über dieses Thema folgende Antwort'). Die Partialzonen verkürzen sich beim Welken in der Höhe des Maximums der Partialzuwachse am raschesten; von da aus nimmt diese Verkürzung nach aufwärts und abwärts stetig ab. Daraus folgt, dass das Maximum der Turgor- ausdehnung, da es in der Höhe des Maximums der Partialzuwachse liegt, beim ‘Welken verschwinden wird. Ja, es ist nicht unmöglich, dass die Verdunstung dort so stark sein wird, dass man gelegentlich an jener Stelle ein Minimum statt eines Maximums der Ausdehnung fin- den wird. Dieses gilt nun nicht nur von halbgewelkten Sprossen, sondern im Allgemeinen auch von solchen, welche sich eben nicht im Zustande der höchsten Turgescenz befinden. Wenn man also im Hochsommer an einem warmen trockenen Tage, ja gar auf einem troekenen Boden, junge Sprosse einsammelt, und diese sogleich nach dem Auftragen der Marken in die Salzlösung bringt, so wird man oft mehr Aussicht haben, in der Höhe des Maximums derPartialzuwachse ein Minimum als ein Maximum der Turgorausdehnung zu finden. Einige Beispiele mögen dies erläutern. Drei junge Blüthenstiele von Froelichia floridana, von solchem Alter, dass das Maximum der Partial- 1) de Vries, in Arb. d. Bot. Inst. in Würzb. ]l. e., S. 5:4. 110 zuwachse voraussichtlieh noch in bedeutender Entfernung vom Gipfel lag, wurden an einem warmen Julitage im Freien abgeschnitten, dann sogleich durch Tusehemarken in Partialzonen von je 20 Mm. eingetheilt und in Salpeterlösungen verschiedener Concentration gebracht. Nach drei Stunden war die Verkürzung in den einzelnen Zonen, in Mm. aus- gedrückt, folgende. | ar H: 3l. FL öl: In einer 5proe, In einer 7.5proe. In einer 10proe. _ Lösung. . _ Lüsung., | „Lösung. E ‚In der oberen Zone 1.4 1.8 a 7 In der zweiten - 1:3 I) 4 In der dritten - 1.1 1.0 E 2 ui In der vierten - 1.4 10 ae = In der fünften - 1.5 1.4 Ba 3; In derselben. Weise fand ich, bei Anwendung einer LOprocenfigen Salpeterlösung, folgende Zahlen für Blüthenstiele von: Sans Papaver Catananche Cnenrbita n ; alpinum. eoerulea.'» > /Pepo, " In: der oberen Zone 2.1 2.2134 aan In der zweiten - 1.8 1.8: es In der.dritten »- | 1A 2.142 Bol WE, Brad In.der vierten : - 206 1.64 Hakloaen In der fünften - 1.3 0: rer Diese ver suche sind aus grösseren Beihen Le Su ‚welche 2 neigen, ER AET ster Turgescenz v KT REN, in derjenigen n Höhe wo vo gewöhnlich das Maximum der Partialzuwachse liegt, häufig kein Maximum der Tur- gorausdehnung, ja nicht selten ein Minimum dieser Ausdehnung gefunden wird. Die Einrichtung der Versuche erlaubte nicht, die Lage des Maxi- mums der Partialzuwachse an denselben Exemplaren festzustellen ; ‚dies musste an Controlleobjeeten geschehen. Es bleibt somit Vorlkuhe un- entschieden, ob mit dem Verschwinden des Maximums der Turgor- ausdehnung vielleicht nicht auch das Maximum der Partialzuwachse erlischt; eine Frage, deren Entscheidung offenbar von nicht geringer theoretischer Wichtigkeit sein würde. FL 111 TI. Dehnbarkeit junger Sprosse im turgorlosen Zustande. $6. ‚Methode ‚der Dehnung. In meiner mehrfach erwähnten Arbeit über die Dehnbarkeit wach- sender Sprosse !) habe ich die Organe immer im turgeseenten Zustande gedehnt. Ich habe bereits damals hervorgehoben, dass man so die totale Dehnbarkeit der Zellhäute nieht misst, sondern nur die Differenz zwischen dieser totalen Dehnbarkeit und der bereits vorhandenen Aus- dehnung durch den Turgor. Nachdem wir nun in der ersten Abhandlung ein Mittel kennen gelernt haben, um den Turgor völlig auszuschliessen. können wir die totale Dehnbarkeit direet untersuchen. Wir wollen also jetzt die Dehnbarkeit der Sprosse im plasmolytischen Zustande studiren und die Resultate mit den bei der Dehnung frischer Sprosse erhaltenen vergleichen. R Der Zweck dieser Versuche ist nur, einen vollständigen Anschluss der damals erhaltenen Resultate an die im Vorhergehenden mitgetheil- ten Erfahrungen herzustellen. Nur hierdurch wird es möglich, die Auf- gaben für weitere Untersuchungen auf diesem Gebiete klar zu machen. Solche spätere Untersuchungen werden, im Interesse der Lehre vom Turgor, zunächst die Dehnbarkeit und Elastieität der einzelnen Gewebe- partien studiren müssen. In dem vorliegenden Aufsatze muss ich mich aber noch auf an ganzen Sprossen angestellte Dehnungsversuche be- schränken. Die Methode der Versuche war genau dieselbe wie in der erwähn- ten Arbeit, nur dass die Sprosse erst während einiger Stunden in eine 5—10procentige Salzlösung gehalten wurden, um ihren Turgor voll- ständig zu verlieren. Der Umstand, dass dabei die Sprosse ganz schlaff werden, macht, dass bei den Versuchen sehr grosse Vorsicht nothwen- dig ist, um jede zu starke, zumal locale Dehnung und alle Stösse zu vermeiden, weil diese sonst die Resultate leicht trüben können. Aus demselben Grunde habe ich mich auf die Wiederholung der Dehnungs- versuche beschränkt; für die Biegungs- und Torsionsversuche waren die Objeete zu schlaff. Auch konnten diese wegen des nahen Zusammen- hanges aller dieser Eigenschaften ohne Schaden weggelassen werden. Wie bei meinen früheren Dehnungsversuchen war auch hier die Be- stimmung der absoluten Grösse der Dehnbarkeit nicht der Zweck: es 1) Arb. d. Bot. Inst. in Würzb. -Heft IV. 1874, S. 519. 112 handelt sich nur um die Kenntniss der relativen Dehnbarkeit und der Beziehung dieser Eigenschaft zu dem Alter der Zellen, mit anderen Worten zur Curve der Partialzuwachse. Ueber die Einzelheiten der Methode theile ich noch Folgendes mit, verweise aber im Allgemeinen auf die 1. e. S. 534 gegebene Beschrei- bung. In jedem Versuche wurde erst das Wachsthum und dann die Turgorausdehnung der Partialzonen eines Sprosses genau in derselben Weise bestimmt, wie in $ 1 des ersten Abschnittes beschrieben worden ist. Dann wurde der Spross horizontal auf eine Korkplatte gelegt, die Endknospe mit einer kleinen Korkplatte bedeekt und diese letztere mit- telst einer Klemmsehraube gegen die erstere Platte angedrückt, bis die Knospe unverrückbar fest lag. Am älteren Ende des Sprosses wurde einfach ein Bindfaden mit einer Schlinge befestigt: dieser wurde ange- zogen und, sobald die gewünschte Dehnung erreicht war, mit einer Nadel auf der Korkplatte festgesteckt. Die Messung der Entfernung der Tuschestriche vor und nach der Dehnung geschah durch Anlegen eines fein gearbeiteten hölzernen Millimeterstabes. Jeder Spross wurde zweimal gedehnt. Erst bis auf die Länge, welche er im frischen Zustande gehabt hatte, bevor erin die Salzlösung kam. Sobald die Verlängerung der Partialzonen dabei gemessen war, wurde er noch weiter und zwar-so stark wie möglich gedehnt. Als nun die Entfernungen der Marken wieder gemessen waren, wurde die Nadel weggenommen; die Dehnung hörte also auf, und indem der Spross jetzt sich selbst überlassen wurde, zog er sich elastisch zusammen. Nach einigen Minuten wurde er Hier wieder gemessen. Die Verlänge- rung glich sich dann, wie bei der Dehnung frischer Sprosse, nicht völlig aus, es konnte also ein elastischer und ein bleibender Theil der Aus- delhinung unterschieden werden. Ueber diesen Unterschied zwischen dem elastischen und dem blei- benden Theile der Dehnung will ich mich hier etwas weiter verbreiten. Ich habe sehon in meiner früheren Arbeit hervorgehoben, dass dieser so gemessenen »bleibenden Ausdehnung« kein grosses Interesse zu- kommt. Die Zusammenziehung des gedehnten und wieder befreiten Sprosses hört nach den ersten Minuten nicht auf, sie wird nur äusserst langsam, geht aber noch stundenlang fort. Man kann diese langsame, nachträgliche Verkürzung als elastische Nachwirkung bezeichnen. Die Grösse dieser elastischen Nachwirkung zu bestimmen, ist äusserst schwer. Es ist aber durchaus nothwendig, sie genau zu kennen, wenn man die wirkliche bleibende Verlängerung bei der Dehnung bestimmen will. Denn die bleibende Verlängerung ist die Differenz zwischen der 113 ’ totalen und der (ganzen) elastischen Dehnung. Das Studium dieser Grössen ist aber eine für die Waehsthumstheorie äusserst wichtige Auf- gabe. Zumal ist dies der Fall, seitdem von dem Begründer der jetzigen mechanischen Wachsthumstheorie ein Ueberschreiten der Elastieitäts- grenze der Zellhäute bei der Turgorausdehnung angenommen und als wichtiger Faetor des Längenwachsthums betrachtet worden ist!). Denn nur unter voller Berücksichtigung dieser elastischen Nachwirkung kann eine wirkliche bleibende Verlängerung bei der Dehnung empirisch be- "wiesen werden, und nur dieses ist der Beweis, dass die Elastieitäts- grenze wirklieh überschritten würde. An turgeseenten Sprossen scheint diese Frage nach einigen Vorversuchen gar nieht entschieden werden zu können, wegen der langen Dauer der elastischen Nachwirkung. Denn bevor die elastische Nachwirkung aufhört, kann das Längen- wachsthum bereits eine messbare Verlängerung herbeigeführt haben, welche also jede bleibende Verlängerung durch Dehnung unsichtbar macht. Wenn man also an einem künstlich gedehnten Spross mehrere - Stunden nach der Operation die Länge noch etwas grösser findet, als sie im letzten Momente vor der Dehnung war, so kann man nie wissen, ob dieser Längenunterschied eine bleibende Verlängerung durch die Dehnung oder einfaches Längenwachsthum ist. Nur an Sprossen, welche in der Salzlösung ihres Turgors beraubt sind, kann die Frage entschieden werden, denn in diesen ist das Wachsthum völlig ausge- . schlossen. Aber hier erschweren andere Umstände den Nachweis der. _ jedenfalls kleinen »bleibenden Verlängerungen« sehr. Denn die Sprosse müssen selbstverständlieh, bevor man sie der Dehnung unterwirft, in der Salzlösung eine völlig constante Länge haben ; wäre dies nicht der Fall, so würde ihre eigene allmählige Verkürzung nach dem Augen- blieke der Dehnung weiter gehen und jede bleibende Verlängerung verwischen können. Um dieser Anforderung zu genügen, muss man aber eine reiche Auswahl sehr geeigneten Materials haben. Ich habe zahlreiche Versuche gemacht, um diese Frage zu beantworten, kann aber wegen der erwähnten Schwierigkeiten als Resultat nur die Ver- muthung aussprechen, dass in jungen Zellen die Elastieitätsgrenze der Zellhäute bei der Turgorausdehnung vielleicht erreicht oder über- schritten werde, dass aber in älteren, noch wachsenden Zellen dies keineswegs der Fall sei. Vielmehr scheinen mir diese ohne Ueber- schreitung jener Grenze auch über ihre Länge im frischen Zustande ausgedehnt werden zu können. Wäre dieser Satz richtig, so müsste 1) Sachs, Lehrb. d. Bot. IV. Aufl., S. 762. de Vries, Ursachen d. Zellstreekung. Ss 114 allerdings die erwähnte Meinung von Sachs eine Einschränkung er- leiden; doch betone ich nochmals, dass ich ihn hier nur als Vermuthung ausgesprochen haben will. $7. Dehnbarkeit von in Salzlösungen erschlafften Sprossen. Bei sämmtlichen von mir an plasmolytischen Sprossen ausgeführten Dehnungsversuchen war die Vertheilung der Dehnbarkeit bei ge- ringer Dehnung eine andere als bei sehr starker Dehnung. Wir müssen beide also getrennt besprechen und fangen mit der ersteren an, mit dem Falle also, in welehem die Sprosse auf die Länge gedehnt wurden, welche sie vor dem Eintauchen in die Salzlösung besassen. Bei dieser Methode hält die Verlängerung der einzelnen Partialzonen, d. h. also ihre relative Dehnbarkeit, gewöhnlich annähernd gleichen Schritt mit der Grösse der Turgorausdehnung derselben Zonen. Sie ist also meist in dem oberen, rasch wachsenden Theile überall ziemlich gleich gross und nimmt im hinteren, langsamer wachsenden Theile stetig ab. Dem Maximum der Turgorausdehnung entspricht häufig ein schwaches Maximum der Dehnbarkeit. Aber wie das erstgenannte Maximum in den Zahlen häufig nicht zu Tage tritt, so fehlt auch Bu selten das Maximum der Dehnbarkeit. Anders verhält es sich bei sehr starker Dehnung. Dann findet man die Dehnbarkeit in der jüngsten Zone am grössten, von da aus ist sie um so geringer, je älter die betreffende Partialzone ist. Mit anderen Worten: bei sehr starker Dehnung plasmolytischer Sprosse nimmt die Dehnbarkeit von der Endknospe aus mit zunehmendem Alter stetig ab. Genau dieselbe Regel habe ich in meiner früheren Arbeit für turgescente Sprosse gefunden. Die Uebereinstimmung beider Regeln war übrigens nach den Resultaten des vorigen Abschnittes zu erwarten. Denn die totale Dehnbarkeit, wie sie in den Versuchen mit plasmolytischen Sprossen beobachtet wird, ist offenbar gleich der Summe der Turgor- ausdehnung und der Dehnbarkeit im frischen Zustande. Da nun die Turgorausdehnung im oberen, rasch wachsenden Theile eines Sprosses nur geringe Schwankungen zeigt, im hinteren, langsamer wachsenden stetig abnimmt, so war zu erwarten, dass sie das Resultat nicht merk- lieh beeinflussen würde. Ich habe hier die beiden extremen Fälle beschrieben. Es jenciien ein, dass bei den Versuchen selbst nieht nur diese, sondern auch Uebergänge zwischen beiden beobachtet werden. Und diese stellen sogar die gewöhnlichen Fälle dar, weil man aus folgenden Gründen 115 stets sehr geneigt ist, die Extreme zu vermeiden. Einerseits darf man nieht zu schwach dehnen, weil dann die Zahlen zu klein werden, um geringe Unterschiede hervortreten zu lassen. Andererseits aber stellt die Gefahr des Zerreissens bei der starken Dehnung eine Schranke, denn wenn der Spross bei der Operation reisst, so ist der Versuch verloren. In den Uebergangsfällen aber werden selbstverständlich die Resultate nur wenig scharf ausgeprägt sein, wie dies z. B. in un- serem zweiten Beispiele (S. 117) der Fall ist. Die Verschiedenheit der Resultate bei schwacher und bei starker Dehnung ist eine auffallende Erscheinung. Doch glaube ich, dass es nieht schwer halten wird, eine Erklärung für sie zu finden. Dazu wollen wir aber zunächst uns klar machen, in welchen Zonen sieh denn eigentlich diese Verschiedenheit findet. Wir betrachten dazu zuerst die Zonen, welche hinter der Stelle des Maximums der Partialzuwachse liegen, und dann die jüngeren, zwischen dieser Stelle und der End- knospe befindlichen. In den erstgenannten nimmt sowohl bei schwacher als bei starker Dehnung die Dehnbarkeit mit zunehmendem Alter stetig ab: hier finden wir keinen wesentlichen, mit unserer Methode nach- weisbaren Unterschied. Anders verhält es’sich in der jüngsten Strecke. Bei schwacher Dehnung ist hier die Dehnbarkeit überall annähernd dieselbe oder sie nimmt sogar mit zunehmendem Alter um ein Geringes zu; bei starker Dehnung nimmt sie dagegen mit zunehmendem Alter stetig und meist bedeutend ab. Der Unterschied zwischen beiden Re- sultaten liegt also in den jüngsten Zonen und ist um so grösser, je Jünger die betreffende Stelle ist. Die Ursache dieser Verschiedenheit kann nun wohl nur darin lie- gen, dass bei der starken Dehnung die Elastieitätsgrenze überschritten wird. Wir dürfen also mit Wahrscheinlichkeit behaupten, dass bei der starken Dehnung die Elastieitätsgrenze um so mehr überschritten wird, je jünger die betreffende Querzone ist. In den älteren Zonen wird das Ueberschreiten jener Grenze durch unsere Versuche nicht bewiesen und tritt vielleicht bei manchen Versuchen auch gar nicht ein. Es liegen wiehtige Gründe vor, um eine Dehnung, bei der die Länge der Partial- zonen im frischen Zustande nicht überschritten wird, als eine Dehnung innerhalb der Elastieitätsgrenze zu betrachten. In diesem Falle würden die beiden für geringe und für starke Dehnung aufgestellten Regeln eine höhere Bedeutung bekommen; jene wäre die Regel für die elasti- sche Dehnbarkeit, diese für die Dehnbarkeit bei der Ueberschreitung der Elastieitätsgrenze. Ich habe diese Dehnungsversuche mit zahlreichen Arten und für g*+ 116 die meisten mehrere Male gemacht und dabei das eine Mal eine 10pro- centige Salpeterlösung, das andere Mal eine ebenso starke Kochsalz- lösung angewandt. Auch mit 5—7procentigen Lösungen machte ich einige Versuche, einzelne sogar mit 3procentiger Lösung. Für das richtige Verständniss wird es hinreichen, die beiden folgenden Versuche mitzutheilen. Die Anordnung der Versuche ist im vorigen Paragraphen beschrie- ben; nur über die Tabellen habe ich noch Einiges zu sagen. Die Mes- sungen fanden genau in derselben Weise wie in den Versuchen der $$ 2 und 3 statt; der Uebersichtlichkeit wegen habe ich aus den erhal- tenen Zahlen hier die Längen für die einzelnen Partialzonen berechnet, aus denen durch Addition die empirischen Zahlen wieder erhalten wer- den können. Ich füge für jede Art eine zweite Tabelle bei, in der diese Zahlen auf gleiche Anfangslängen der Partialzonen (20 Mm.) umge- rechnet sind, | :% Thrincia hispida. Junger, noch nickender Blüthenstiel, nicht halbirt. lösung von 5%. Salpeter- Tabelle A. Absolute Längen der Partialzonen. Einige Minut. Nach Bei : rs Ranger Nach 14 Std. Bei nach d. Auf- Zone | Picke ndigem inder Lösung Dennung Dehnung hören der inMm. (Totallänge (Totallänge dam auf a. Ganzen ones 2 105.3 Mm.) auf116.1Mm.| (Totallänge 113.0 Mm.) 112.2 Mm. 106.8 Mm.) loben | 1,5 23.3 21.2 23.2 25.1 21.8 11 INT | 24.7 22.4 24.7 25.4 22.5 III 1,7 | 24.1 21.7 23.7 24.6 22.4 IV 1.8 20.9 20.0 20.6 20.9 20.1 Vv 1.9 | 20.0 20.0 20.0 20.1 20,0 Tabelle B. Längenänderungen der Partialzonen, auf gleiche Anfangslängen berechnet. Partial- | Verkürzung | Längenzwnahme __.\Bleibende| Ela-, Zone | zuwachse| ind. Lösung | bei Ver-. | stische 'in 10 Std.| in 14 Std. | schwacher | starker ingerung| Dehnung Dehnung | Dehnung Ioben| 3.3 1.8 1.9 3.7 0.6 3.41% 11 4,7 +9 2.1 2.7 0.1 2.6 111 4.1 2.0 1.9 2.1 0.7 2.0 IV 0.9 0.8 0.6 0.9 0.1 0.8 Vv 0.0 0.0 0.0 0.1 0,0 0.1 117 Plantago media. Junger Blüthenstiel, nicht halbirt. Kochsalzlösung von 10 %. Tabelle A. $ Absolute Längen der Partialzonen. Nach Bei \ Einige Minut. 233 ‘Nach 5 Std. | Bei nach d. Auf- Zone |Picke| ASP IGPIR in derLösung D ar Dehnung | hören der in Mm. (Totallänge (Totallänge | Peer des Ganzen | Dehnung 112.0 Ma) 105.2 Mm.) 11.0 Min auf116.1 Mm.| (Totallänge | H . Sa ; 107.4 Mm.) Toben | 1.1 | 25.2 22.7 25.1 27.4 23.8 1 1.2 25.2 22.4 24.9 26.8 23.3 III 1.2 21.5 20.1 20.9 21.7 20.3 IV 1.2 20.1 20.0 20.1 20.1 20.0 V 1.2 20.0 20.0 20.0 20.1 20.0 Tabelle B. Längenänderungen der Partialzonen, auf gleiche Anfangslängen berechnet. _ ! I Partial- Verkürzung. Längenzuwachse Bieibenddl. Els- Zone |zuwachse lin der Lösung bei Yan atische in 12 Std.| in5 Std. | schwacher starker lä u. h 2 Dehnung Dehnung Angerung | Mohnund oben! 52 2.0 21 41 1.0 31 1 10152 33.3 22 3.9 0.8 3.1 II Pr cs 1.3 0.8 1.6 0.2 1.4 IV rs 5 0.1 0.1 0.1 0.0 0.1 0.0 0.0 0.0 0.1 0.0 0.1 “m Bei den mitgetheilten Versuchen konnte die Grösse der ange- wandten dehnenden Kraft nicht angegeben werden. Da aber diese dehnende Kraft der elastischen Spannkraft der gedehnten Häute gleich ist, so wäre es sehr wichtig zu wissen, welche Kraft erforderlich ist, um einen in Salzlösung erschlafften Spross wieder auf die frühere Länge auszudehnen. Denn diese Kraft muss wenigstens annähernd der elasti- schen Spannkraft der Zellhäute im turgescenten Zustand gleichkommen. Um nun eine Vorstellung von der Grösse dieser Kraft zu geben, habe ich einige Versuche angestellt, in denen die Dehnung durch angehängte 118 Gewichte geschah. Das Versuchsobjeet lag dabei. wie immer, horizon- tal; der Faden lief über eine Rolle. Um die Sprosse auf die ursprüng- liche Länge zu dehnen, waren in. einigen Versuchen beispielsweise folgende Belastungen erforderlich. Bei einem jungen Blüthenstiele von Thrineia hispida von 1.3 Mm. Dicke, der sich in einer 10procentigen Salpeterlösung in 3'/; Stunden um 9.8 Mm. (auf 100 Mm.) verkürzt hatte: 60 Gramm. Bei einem jungen Blüthenstiele von Plantago am- plexicaulis von 1.0 Mm. Dieke, der sich in derselben Lösung um 4.9Mm. (auf 80 Mm.) verkürzt hatte: 50 Gr. In einem ähnlichen Versuch mit Froelichia floridana (Dieke 1.1 Mm.; Verkürzung 4.2 Mm. auf 100): 30 Gr. In mehreren anderen Versuchen erhielt ich ähnliche Zahlen. Also stets sehr ansehnliche Werthe. Berechnet man hieraus die elasti- sche Spannkraft eines Querschnittes in dem fraglichen Zustand, so findet man diese = 4!/,, 61%, resp. 3 Atmosphären. Da diese Spannkraft an- nähernd dieselbe ist, wie im lebenden turgescenten Zustand der Sprosse, so sieht man, dass die Kräfte, welche bei den Turgorerscheinungen im Spiel sind, jedenfalls äusserst grosse sind. 88. Dehnbarkeit welker Sprosse. Genau dieselben Resultate, wie bei der Dehnung plasmolytischer Sprosse, erhält man bei der Wiederholung dieser Versuche mit welken Exemplaren. Diese Uebereinstimmung stellt eine nicht unwichtige Be- stätigung jener Resultate dar. Dazu kommt, dass sie die Widerlegung einer Reihe kleinlicher Einwände erleichtert, welche vielleicht gegen das Uebertragen der an plasmolytischen Sprossen erhaltenen Resultate auf den lebenden turgescenten Zustand gemacht werden könnten. Denn sie zeigt, dass auf jene Resultate die abnormen Zustände, welche die Salzlösung herbeiführt, keinen wesentlichen Einfluss haben. Aus diesen Gründen theile ich hier noch ein paar Dehnungsver- suche mit welken Blüthenstielen als Beispiele mit. Die Anordnung der Versuche war genau dieselbe wie bei den Experimenten von $ 7, nur dass, statt des Aufenthaltes in einer Salzlösung, die Sprosse in trockner Luft welken gelassen wurden. Die Tabellen sind also ohne weitere Erläuterung verständlich, E 119 I. Froelichia floridana. Tabelle A. Absolute Längen der Partialzonen. ; Einige Minut. Nach Nach Bei Bei e \ ei nach d. Auf- Dicke 12stündigem | 4stündigem Dehnung Dehnung Avan Ads. Zone |i: Wachsthum | Welken |des Gan- - n Mm. - u des Ganzen | Dehnung . "| (Totallänge (Totallänge zen auf auf 144.9Mm.) (Totallänge 142.1 Mm.) | 130.3 Mm.) [142.1 Mm. {47.8 Mm.) Toben! 1.4 20.2 W/ 20.6 21.6 20.0 a 1 1,6 20.8 18.2 20.4 20.9 19.6 III 87; 20T 17.4 20.8 21.3 19.4 IV 1.8 23°... 17.2 20.2 20,7 19.0 V 1.9 20.1 19.5 20.1: + 20,4 19.9 Vi 1.9 20.0 19,8 20.0 200. 19,9 via 1.9 20.0 20.0 20.0 20.0 20.0 Tabelle B. Längenänderungen der Partialzonen, auf gleiche Anfangslängen berechnet. I 1 Partial- Verkürzung Längenzunahme Bleibendel Ela- Zone |\zuwachse/beim Welken bei Ver- stische in 12Std.| in 4Std, schwacher | „starker |]ingerung| Dehnung Dehnung Dehnung Ioben 0.2 2.0 2.6 3.7 2.0 41 II 0,8 29 2:8 3.0 45 1. III 0,7 4:2 3.9 4.5 2:3 2:2 IV 0,3 3.0 3.5 4.1 24 2.0 V. 0.1 0.6 0.6 0.9 0.4 0.5 VI 0.0 0.2 0.2 0.2 0.1 0.1 vu 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 1. Papaver dubium. Tabelle A. Absolute Längen der Partialzonen. Nach Nach Bei r [Einige Minut. Dieke| !2stündigem | 5stündigem | Dehnung | is ar d. ar Zone |; Mm.) Wachsthum | Welken | des Gan- d a u x (Totallänge | (Totallänge | zen auf 89 Mn Sennung 87,0Mm.) | 76.1Mm.) [87.7 Mm. | 1f$9.1Mm. | (Totallänge ö 83.8 Mm.) Iobn | ı8.| 20 18.2 22.4 31 - 21.0 II | 23.0 18.9 23.5 23.9 21.7 III E82 19.6 20.9 _ 21.2 20.6 IV | 1.9 | 20.9 19.4 20.9 20.9 20.5 1720 Tabelle B. PR a Längenänderungen der Partialzonen, auf gleiche Anfangslängen berechnet. ng - - . u 1 ö Er ; ! Partial- | Verkürzung| > Längenzunahme _ \Bleibende Ela; Zone |zuwachseibeim Welken| bei Ver-... stische in 128td.| in5 Std. | schwacher starker Iiingerung Dehnmng | _Dehnung Dehnung | Toben, 2.0 3.4 6] sac9e) 3.0 24 u 3.0 3.6 4,9 5:3.) 3.0: I 1.1 1.4 13 1.6. 1.0. 0.6 IV. 0.9 1.4 ig ae? 148 - 0.4 2 um Schlusse füge ich noch eine Bemerkung tiber die ‚Turgorkraft bei. Der gleichsinnige Verlauf der Curven für die’ Turgorausdehnung En für die Dehnbarkeit bei, schwacher Dehnung gibt dazu die Veran- lassung. Dieser annähernde Parallelismus findet: sich ‚aueh bei den beiden ' ‚Curyen- für: die, ‚Verkürzung beim Welken und für, schwache Dehnung im welken Zustand. Es lässt sich dieses Resultat unserer Versuche auch so fassen: Wenn man,einen in einer Salzlösung oder durch Welken erschlafften. ‚Spross vorsiehtig, auf seine vorherige Länge ausdehnt, so nehmen dabei die einzelnen Partialzonen ebenfalls an- nähernd die Länge an, welche sie im frischen Zustand hätten. Nun ist bei der künstlichen Dehnung in unseren Versuchen offenbar die deh- nende Kraft in jeder Partialzone dieselbe. Also muss in ' diesem ge- dehnten Zustande auch die elastische Spannkraft der Zellhäute in Jedem Querschnitte dieselbe sein, da ja diese der dehnenden Kraft das Gleich- gewicht hält. Da nun dabei die einzelnen Partialzonen alle annähernd die Länge zeigen, welehe sie im frischen Zustand hatten , so liegt die Annahme nahe, dass die elastische Spannkraft in ie Zustande ebenfalls in allen Zonen annähernd gleich sein wird. Bei kräftiger Turgescenz hält die Turgorkraft dieser elastischen Spannkraft das Gleichgewicht, und es ist also zu vermuthen, dass auch die Turgorkraft im wachsenden Theile eines ‚Sprosses überall annähernd gleich gross sein, wenigstens keine sehr grossen Differenzen zeigen wird. .... Spätere Versuche werden über die Richtigkeit dieser Vermuthung entscheiden müssen. Ich theile sie nur mit, weil sie sich aus den von mir 'erhaltenen Zahlen direet ergibt und vordüsdiehtfich bei der Fort- setzung der Untersuchungen auf dem hier angegebenen Wege Dienste leisten kann. Druck von Breitkopf u. Härtel in Leipzig. » San) SEEN a a RE HE 2) 1 ua, Sen nr Ei lb 1 ee aK Vries, Hugo de 759 Untersuchungen BioMed PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY