SITZUNGSBERICHTE

DER KAISERLICHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE KLASSE.

CXIV. BAND. I. UND II. HEFT. JAHRGANG 1905. JÄNNER und FEBRUAR.

ABTEILUNG I.

ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE,

KRISTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE,

PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN.

(MIT 5 TAFELN UND 4 TEXTFIGUREN.)

WIEN, 1905.

AUSDERKAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF-UND STAATSDRUCKEREI. IN KOMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN,

BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

INHALT

des 1. und 2. Heftes, Jänner und Februar 1905 des CX1V. Bandes, Abteilung1 I der Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse.

Seite

Molisch H., Über das Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln. [Preis: .

30 h = 30 Pfg.] 3

Gräfe V., Studien über den mikrochemischen Nachweis verschiedener Zuckerarten in den Pflanzengeweben mittels der Phenylhydrazin- methode. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 70 h = 70 Pfg.] 15

Knoll F., Die Brennhaare der Euphorbiaceen-Gattungen Dalechampia

und Tragia. (Mit 2 Tafeln.) [Preis : 70 h = 70 Pfg.j 29

Linsbauer L., Photometrische Untersuchungen über die Beleuchtungs- verhältnisse im Wasser. (Ein Beitrag zur Hydrobiologie.) (Mit 1 Tafel und 2 Textfiguren. [Preis: 70h = 70 Pfg.] 51

Wiesner J., Untersuchungen über den Lichtgenuß der Pflanzen im Yellow- stonegebiete und in anderen Gegenden Nordamerikas. Photo- metrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete. (V. Abhandlung.) (Mit 2 Textfiguren.) [Preis: 1 K 40 h = 1 Mk. 40 Pfg.] 77

Preis des ganzen Heftes: 3 K 60 h = 3 Mk. 60 Pfg.

SITZUNGSBERICHTE

DER

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE KLASSE.

CXIV. BAND. I. HEFT.

ABTEILUNG I.

ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN.

Digitized by the Internet Archive in 2013

http://archive.org/details/untersuchungenub793wies

Über das Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln

Hans Molisch,

k. M. k. Akad.

Aus dem pflanzenphysiologischen Institute der k. k. deutschen Universität Prag.

Nr. 71 der 2. Folge.

(Vorgelegt in der Sitzung am 19. Jänner 1905.)

A. Hühnereier.

In der älteren Literatur finden sich zwar einige wenige Angaben über das Leuchten von Hühner- und Reptilieneiern, doch wird die Erscheinung nirgends genauer beschrieben, auch sind die Ursache des Leuchtens sowie die Umstände, unter welchen ein Leuchten auftritt, noch unbekannt.

Nach Co hausen1 hat man bei Hühnereiern manchmal ein Leuchten bemerkt und Heinrich2 fügt hinzu: »Setzen wir diesen das Leuchten des Fischrogens und der Krebseierchen hinzu, so gewinnt das Phänomen merklich an Allgemeinheit; nur ist zu bedauern, daß auch dieser Fall unter Hunderten kaum einmal zutrifft.«

Heinrich erwähnt, es sei ihm von Augenzeugen berichtet worden, daß auch die Eier unserer Eidechse (Lacerta agilis) leuchten.

1 Cohausen, Lumen novum Phosphoris accensum, Amstel 1717, p. 109. Zitiert nach PI. Heinrich.

2 HeinrichPlacidus, Die Phosphoreszenz der Körper etc. III. Abhandlung etc. Nürnberg 1815, p. 381.

1*

4 Hans Molisch,

Heller1 äußert sich über das Leuchten von Eiern folgender- maßen: »Von Hühnereiern wird angegeben, daß man sie bis- weilen schwach leuchtend gefunden hat. Ich selbst sah ein Hühnerei, welches aber mit unreifer, weicher Schale gelegt wurde, nachdem es im Zimmer gelegen, am zweiten Tage stellenweise leuchten, das Licht war ganz so wie beim ver- wesenden Holze, somit wie bei den Rhizomorphen. Landgrebe erzählt, daß er die Eier der Lacerta agilis und mancher Schlangen öfter leuchten gesehen habe, und zwar mit einem grünen phos- phorischen Lichte. Auffallend ist die Bemerkung, die Landgrebe macht, daß, je frischer die Eier sind, desto intensiver das Licht sei. Sogar bei Tage an schwach leuchtenden Stellen ist das Licht beobachtbar. Werden die Eier in feuchter Erde auf- bewahrt, so können sie wochenlang leuchtend erhalten werden. Beim Trocknen und Einschrumpfen der Eier verschwindet das Leuchten, die nicht mehr phosphoreszierenden Eier können noch durch Bewegung zum Leuchten gebracht werden.

Ich selbst habe die Eier von Coluber natrix leuchten ge- sehen und habe die Überzeugung gewonnen, daß die leuchtende Substanz nur in dem feuchten schlüpfrigen Überzuge der Eier, solange er feucht ist, ganz locker enthalten ist, so daß mit dem Wegwischen dieses das Ei befeuchtenden Überzuges auch die leuchtende Substanz abgewischt wird. Der Grund ist der- selbe wie bei den faulenden Fischen und liegt in der beginnen- den Fäulnis der tierischen Substanz, welche die Schalen der Eier umgibt und von der Kloake herrührt.«

Aufmerksam gemacht durch diese in der Literatur vor- handenen Angaben, habe ich zu verschiedenen Jahreszeiten Hühnereier im Finstern beobachtet, habe aber weder bei frischen noch bei alten oder verdorbenen Eiern ein Leuchten nachweisen können. Daher war ich außer stände, darüber Näheres in meinem vor kurzem erschienenen Buche- mit- teilen zu können.

1 Heller Johann Florian, Über das Leuchten im Pflanzen- und Tierreiche. Archiv für physiolog. und patholog. Chemie und Mikroskopie etc. Neue Folge Jg. 1853 und 1854. Des Ganzen VI. Band. Wien, p. 165.

2 Mo lisch H., Leuchtende Pflanzen. Eine physiologische Studie. Jena 1904, p. 82.

Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln. O

Anfang Oktober 1904 erhielt ich von dem Augenarzte in Nauheim Herrn Dr. Oswald Gerloff einen Brief, in welchem er mich auf das Leuchten von sogenannten Sooleiern aufmerksam machte. Unter Sooleiern versteht man Hühnereier, die in ge- kochtem Zustande in Salzwasser aufbewahrt werden. Sie werden, wie mir Dr. Gerloff1 mitteilt, in den Wirtshäusern Deutsch- lands nicht selten vorrätig gehalten und sollen manchmal leuchten. Herr Dr. Gerloff hatte die Güte, mir darüber folgendes zu schreiben: »Ich selbst sah das erste Soolei in Göttingen etwa 1892, wo ich längere Zeit praktizierte. Es leuchtete auffallend stark in grünlichem Lichte, war an der Spitze zerbrochen und, wenn ich nicht irre, mit gewöhnlichem Kochsalz gekocht. Als ich, sehr überrascht, mein Erstaunen äußerte, sagte der Wirt, ein äußerst intelligenter Mann, das sei doch nichts Besonderes, es käme sehr oft vor und sei ihm längst bekannt. Auch einige Bürger, die im Lokale verkehrten, fanden durchaus nichts Ungewöhnliches in der Erscheinung, so daß ich glaubte, die Sache sei auch in wissenschaftlichen Kreisen wohl bekannt. Ich wollte damals der Merkwürdigkeit wegen ein solches Ei in seinem eigenen Lichte photographieren, unterließ es aber aus irgend welchen Gründen. Bei dieser Gelegenheit äußerte sich ein anderer Wirt, daß er die Erscheinung kenne und öfters Sooleier leuchten gesehen habe. Andere Wirte, die über das Leuchten von Sooleiern befragt wurden, bemerkten, nie etwas desgleichen gesehen zu haben, wieder andere meinten, es sei nur im Frühjahr zu sehen.« 2

1 Für das außerordentlich liebenswürdige Entgegenkommen und für die zahlreichen Aufklärungen in unserer Frage sage ich Herrn Dr. Gerloff meinen verbindlichsten Dank.

2 In dem Briefe Dr. Gerloffs findet sich auch folgende interessante Stelle: »Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen mitteilen, daß der Physiologe E. du Bois Reymond 1879 es für eine Fabel erklärte, daß Holz oder Fleisch leuchten könne. Ich verkehrte als Junge sehr viel in seinem Hause und erzählte eines Abends bei Tisch von leuchtendem Holze, das ich wiederholt gesehen hätte. Er behauptete, das Mondlicht hätte mich getäuscht und wurde zuletzt sogar etwas erregt. Ich entsinne mich genau, daß er sagte, er hätte mir nicht zugetraut, daß ich auf eine alte Fabel hineinfiele. Darauf schickte ich ihm eine ganze Kiste voll leuchtenden Holzes und erhielt von ihm beiliegenden Brief, in welchem er sich für die Sendung bedankt.«

6 Hans Molisch,

Dr. Gerlo.ff teilte mir mit, vyie die sogenannten Sooleier her- gerichtet würden, und auf Grund dieser Mitteilungen begann ich, die Sache in Prag eifrig zu verfolgen. Am Markt gekaufte Hühnereier wurden 8 Minuten gekocht und zur Abkühlung hin- gestellt. Hierauf wurde die Schale mit einem Löffel zerschlagen, so wie das beim Abschälen vor dem Essen zu geschehen pflegt, und schließlich wurde das Ei in eine dreiprozentige Kochsalz- lösung (in Leitungswasser) so hineingelegt, daß es nur ganz wenig über die Flüssigkeit hinausragte. Die Eier wurden im Laboratorium entweder in einem ungeheizten Zimmer (10 bis 12° C.) oder in einem geheizten Zimmer bei 16 bis 18° be- lassen. Unter diesen Umständen konnte ich bei sehr oftmaliger Wiederholung des Versuches niemals auch nur eine Spur von Licht beobachten. Dieses Resultat wäre begreiflich, wenn die das Leuchten des Eies bedingende Bakterie aus dem Darm, dem Eileiter oder der Kloake des Huhnes stammen würde. Denn dann würde die Leuchtbakterie der Schale oder dem Ei über- haupt anhaften und beim Kochen des Eies getötet werden und aus diesem Grunde könnte es nicht zum Leuchten kommen. Ich legte daher zu den gekochten Eiern frische ungekochte Eier oder Schalen von solchen hinzu, aber auch unter diesen Um- ständen war niemals auch nur das geringste Leuchten wahr- zunehmen. Um so mehr war ich überrascht, als mir Herr Dr. Gerloff telegraphierte, er habe drei gekochte Hühnereier in Kochsalzlösung in seiner Küche eingelegt und schon am dritten Tage an zweien Lichtentwicklung bemerkt. Da der Genannte die Güte hatte, mir die Eier in der Salzlösung von Nauheim nach Prag per Post zu schicken, so hatte ich Gelegenheit, mich von der Richtigkeit seiner Beobachtung zu überzeugen. Als ich die Salzlösung nach ihrer Ankunft in eine Glasschale ausgoß und die Eier dann hineinlegte, bemerkte ich in der Dunkelkammer nach einiger Zeit, daß die ganze Salzlösung im milchweißen Lichte leuchtete und daß auch die Eier an verschiedenen Punkten, wo die Schale zerbrochen war, leuchtend waren. Drei Tage nach der Ankunft leuchteten die Eier noch ziemlich stark, nach acht Tagen nur mehr ganz schwach.

Ich ging nun sofort daran, den Erreger des Lichtes rein zu kultivieren, weil ich vielleicht hiedurch einen Fingerzeig

Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln. <

dafür erhalten konnte, wie und unter welchen Verhältnissen das Leuchten der Eier zu stände kommt. Salzpeptonagar wurde mit Spuren der vom Ei abwischbaren Leuchtmasse geimpft, zu Platten ausgegossen und schon nach wenigen Tagen war ich im Besitze von tadellosen Reinkulturen des Lichterregers. Er entpuppte sich als eine mir wohl bekannte Bakterie, als das Bacterium phosphorenm (Colin) Molisch. Es war derselbe Spaltpilz, der nach meinen Untersuchungen das Leuchten des Schlachtviehfleisches hervorruft und sich in unserer nächsten Nähe überall da, wo Fleisch regelmäßig hingebracht wird, in Schlachthäusern, Eiskellern, Fleischerläden, Markthallen und Küchen eingenistet hat.1

Nach und nach drängte sich mir immer mehr und mehr die Überzeugung auf, daß das Leuchten der Sooleier überhaupt von der Bakterie des Schlachtviehfleisches bedingt sein dürfte. Folgende Erwägungen und Tatsachen brachten mich auf diesen Gedanken.

1. Konnte ich mich durch spezielle Versuche überzeugen, daß auf frisch gelegten Eiern keine Leuchtbakterie haftet.

2. Gelingt es nicht, weder gekochte noch ungekochte Hühnereier zum Leuchten zu bringen, wenn man in Räumen arbeitet, wo sich das Leuchtbakterium des Schlachtviehfleisches nicht vorfindet.

3. Das Leuchten von Hühnereiern wurde bisher mit Sicherheit in Gasthäusern beobachtet. Hier werden die so- genannten Sooleier gewöhnlich in Speise-, Vorratskammern oder in der Küche aufbewahrt, wo das Bacterium phosphoreum (Cohn) Molisch ein ständiger Gast ist. Hier ist eine Ansteckung des Eies mit Leichtigkeit möglich, da die Hand der Köchin häufig mit Schlachtviehfleisch in Berührung kommt, dann wieder mit der Salzlösung und den darin liegenden Eiern.

Von dieser Erwägung geleitet, machte ich die vorhin geschilderten Versuche anstatt im Laboratorium in der Küche meiner Privatwohnung. Ich überließ es der Köchin, die kurz

1 Molisch H., Über das Leuchten des Fleisches insbesondere toter Schlachttiere. Botan. Zeitg. 1903. Molisch H., Leuchtende Pflanzen, 1. c. p. 52.

8 Hans Molisch,

vorher das vom Metzger für den Hausgebrauch überbrachte Rindfleisch zum Kochen hergerichtet hatte, die gekochten Eier mit zerschlagener Schale in die Salzlösung einzulegen, ohne sie aber in meine Absichten einzuweihen. Schon nach zwei Tagen konnte ich unter zehn Eiern bei drei Eiern und ebenso bei der ganzen Salzlösung ein Leuchten wahrnehmen. Als ich von diesen leuchtenden Eiern abimpfte und Reinkulturen an- legte, erhielt ich wiederum die Leuchtbakterie des Schlachtvieh - fleisches.

Nach dem Gesagten und auf Grund weiterer von mir gesammelter Erfahrungen unterliegt es für mich keinem Zweifel, daß die sogenannten Sooleier leuchtend werden, wenn sie in den Aufbewahrungsräumen (Küche, Speiseraum etc.) mit derLeuchtbakterie desSchlachtvieh fleisches Bacterium phosphoreum (Cohn) Molisch infiziert werden. Was in der Küche unabsichtlich geschieht, läßt sich mit einem hohen Grad von Sicherheit d. h. fast mit jedem Ei oder mindestens mit einem sehr hohen Prozentsatze erreichen, wofern man das Ei nur für ganz kurze Zeit mit Rindfleisch in Berührung bringt. Man verfahre auf folgende Weise. Am Markt gekaufte Hühner- eier werden 8 Minuten gekocht und abgekühlt. Ihre Schale wird entweder durch Aufklopfen an einem harten Gegenstande oder mittelst eines Löffels zerschlagen, aber nicht abgenommen. Nun wird das Ei einmal über ein handgroßes flaches Stück Rindfleisch gerollt und hiedurch mit der Leucht- bakterie des Fleisches infiziert. Schließlich wird das Ei in eine Schale mit einer dreiprozentigen Salzlösung (Leitungs- wasser + 3% CINa) so hineingelegt, daß das Ei nur ganz wenig aus der Flüssigkeit herausragt. Das Ganze wird noch mit einer Glasglocke bedeckt und bei gewöhnlicher Zimmer- temperatur aufbewahrt. Schon nach 1 bis 2 Tagen treten an den zerschlagenen Stellen der Schale Lichtpunkte auf, auch die Flüssigkeit leuchtet matt; wenn sie etwas geschüttelt wird, leuchtet sie in starkem milchweißem Lichte besonders in der unmittelbaren Umgebung des Eies. Manchmal erscheint die Salzlösung ganz dunkel, sobald sie aber erschüttert wird, leuchten die Bakterien infolge des vermehrten Sauerstoff-

Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln. 9

Zuflusses stark auf. Schält man ein leuchtendes Ei ab, so über- zeugt man sich, daß das Licht hauptsächlich von der weißen, der inneren Oberfläche der Schale anhängenden Haut und von der Oberfläche des Weißen des Eies ausgeht. Die tieferen Teile des Eies leuchten, da sie dem Sauerstoff und vielleicht auch der Bakterie den Eintritt erschweren, nicht. Das Licht des Eies ist weiß, bei starker Intensität mit einem etwas grünlichen Ton. Es währt 3 bis 4 Tage, nimmt schließlich immer mehr und mehr ab und erlischt in den folgenden Tagen völlig. Einzelne Eier habe ich bis 9 Tage leuchten gesehen.

Wenn das Ei zu leuchten beginnt, so ist es noch im genießbaren Zustande und hat keinen unangenehmen Geruch. Erst mit dem Anheben der stinkenden Fäulnis nehmen die anderen Bakterien überhand, das Ei hört dann zu leuchten auf und wird ungenießbar. Es verhält sich daher das leuchtende Ei in dieser Beziehung genau so wie der leuchtende Fisch oder das leuchtende Fleisch.1

Zur Veranschaulichung der geschilderten Verhältnisse sei noch ein einschlägiger Versuch genauer geschildert:

Am 18. Oktober 1904 wurden zehn vom Markte ge- brachte Hühnereier gekocht. Je fünf kamen in je eine mit drei- prozentiger Kochsalzlösung gefüllte Schale, die voneinander durch Glasglocken ganz getrennt waren. Die einen kamen direkt in die Salzlösung, die anderen, nachdem sie mit Rind- fleisch in der vorhin angegebenen Weise in Berührung ge- bracht worden v/aren. Die Schalen befanden sich in einem Laboratoriumszimmer, dessen Temperatur 15 bis 18° C. betrug.

Am 20. Oktober, also nach 2 Tagen, leuchteten alle fünf mit Rindfleisch in Berührung gekommenen Eier an verschiedenen Stellen, besonders an den Bruchstellen der Schale. Auch die Flüssigkeit leuchtete, und zwar recht stark, wenn sie geschüttelt wurde. Am dritten Tage war das Leuchten noch intensiver, die Eier zeigten leuchtende Punkte und Striche, die zumeist den Sprüngen der Schale entsprachen. Auf einem Ei befand sich ein etwa 2 cm großer, intensiv leuchtender Fleck, der so stark leuchtete, daß man ihn auf zehn Schritte im Finstern wahr-

1 Moli seh H., Leuchtende Pflanzen, 1. c. p. 72.

10 Hans Moli seh,

nehmen konnte. Am vierten Tage setzte die stinkende Fäulnis ein, das Leuchten wurde zusehends schwächer und erlosch am sechsten Tage fast ganz. Das Fleisch, mit dem die Eier berührt wurden, leuchtete, mit Salzlösung benetzt, nachher auch prächtig, es ist aber bemerkenswert, daß die Eier, wenn sie mit einem Fleisch berührt wurden, welches später nicht leuchtete, gleichfalls keine Lichtentwicklung zeigten.

Ich will noch erwähnen, daß es auch gelingt, in der ge- schilderten Art ungekochte Eier, wenn sie mit Rindfleisch be- rührt werden, zur Lichtentwicklung zu bringen. Das Leuchten tritt aber viel seltener und schwächer auf als bei gekochten Eiern.

Was es für eine Bewandtnis mit dem Leuchten der Eidechsen- und Schlangeneier hat, ob es sich hier um eine auf der Oberfläche des Eies haftende Leuchtbakterie handelt oder um eine andere ihrem Wesen nach vorläufig noch unbekannte Lichterscheinung, vermochte ich nicht zu eruieren, da die Eidechsen- und Ringelnattereier, die mir in die Hände fielen und die ich längere Zeit beobachtet habe, nicht leuchteten.

B. Kartoffeln.

Was bisher an Angaben über diesen Gegenstand bekannt wurde, habe ich mit folgenden Worten in meinem Buche über »Leuchtende Pflanzen« p. 82 zusammengestellt:

»Schon in der älteren Literatur findet sich mehrfach die Angabe, daß auch Kartoffelknollen sowie Rüben und Kohl im faulenden Zustande zu leuchten vermögen. So bemerkte man1 in der Militärkaserne zu Straßburg am 7. Jänner 1790 leuchtende ungekochte Kartoffeln.

Heller2 sah Rüben und Kartoffelknollen in verwesendem Zustande leuchten, er fand die Farbe und Intensität des Lichtes so wie beim leuchtenden Holze und als Ursache bezeichnet er wieder einen Pilz, aber leider ohne etwas Genaueres darüber zu sagen.

i Heinrich PL, 1. c, III. Abh., p. 337. 2 Heller F., 1. c. p. 54.

Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln. 1 1

Prof. E. Zacharias in Hamburg hatte die Güte, mir mit- zuteilen, daß ihm einmal daselbst zum Speisen hergerichtete gekochte Kartoffeln in leuchtendem Zustande übersandt wurden und daß er sie einem größeren Publikum demonstrierte. Es war mir nicht möglich, obwohl ich mich sehr darum bemühte, in den Besitz leuchtender Kartoffeln zu kommen, und so bin ich leider nicht in der Lage, etwas Bestimmtes darüber zu sagen. Immerhin möchte ich, namentlich auf Grund der Schilderung, die Prof. Zacharias mir von den leuchtenden Kartoffeln entwarf, der Vermutung Raum geben, daß sie in diesem Falle von leuchtendem Fleisch, also Leuchtbakterien infiziert worden waren. Ob bei faulenden leuchtenden Kartoffeln gleichfalls Bakterien beteiligt sind oder Fadenpilze (Hyphomyzeten), die die Zersetzung der Kartoffel bedingen, bleibt noch zu unter- suchen.«

Am 30. Juni 1904 erhielt ich durch die Güte des Herrn Dr. Kleb ahn, dem ich hiefür meinen verbindlichsten Dank aus- spreche, leuchtende Kartoffeln. Ein Hamburger Bürger bemerkte zu seinem Entsetzen, daß die in der Vorratskammer seines Haushaltes aufbewahrten Kartoffeln leuchteten. Er eilte damit zu Herrn Dr. Klebahn, klagte ihm sein Leid und dieser war so freundlich, sie mir nach Prag zur Untersuchung einzusenden. Es waren geschälte, gekochte, anscheinend zum Speisen her- richtete Kartoffeln. Als ich sie in der Nacht mit wohl aus- geruhtem Auge betrachtete, konnte ich an mehreren Kartoffeln eine deutliche Lichtentwicklung wahrnehmen. Ich impfte von den leuchtenden Stellen auf Salzpeptongelatine ab und erhielt leuchtende Bakterienkolonien. Leider war ich damals gerade mit Arbeiten verschiedener Art überhäuft und ich kam nicht dazu, die Bakterie zu bestimmen. Da die Hamburger Kartoffeln gekocht waren und im Haushalt leuchtend wurden, so bildete ich mir die Ansicht, daß derartige Kartoffeln durch irgend einen leuchtenden Fisch oder durch leuchtendes Fleisch in der Küche infiziert worden sein dürften. Leuchtendes Fleisch ist ja, wie wir jetzt wissen, eine ganz gewöhnliche Erscheinung; wenn also solches Fleisch mit Kartoffeln in Berührung kommt oder gar darauf gelegt wird, so kann eine Infektion mit Leucht- bakterien leicht erfolgen und dies wird in einer Hafenstadt wie

12 Hans Molisch,

wie Hamburg um so leichter sein, wo neben Rindfleisch auch leuchtende Seefische sich in der Küche häufig vorfinden dürften. Von der Richtigkeit dieser Ansicht war ich erst recht überzeugt worden, als ich meine Erfahrungen über das Leuchten von Hühnereiern und über das willkürliche Hervorrufen ihrer Lichtentwicklung gemacht hatte. Es war nunmehr für mich in hohem Grade wahrscheinlich, daß das Auftreten leuchtender gekochter Kartoffeln wirklich in der angedeuteten Weise zu stände kommt, und die folgenden Tatsachen haben die Richtig- keit meiner Vermutung außer Zweifel gestellt. Es läßt sich nämlich leicht zeigen, daß m an mit derselben Sicherheit, mit der man sich leuchtende Hühnereier verschafft, auch leuchtende Kartoffeln gewinnen kann, wenn man in folgender Weise vorgeht: Ich koche geschälte Kartoffelknollen eine halbe Stunde in gewöhnlichem Wasser, streiche nach der Abkühlung jede einzelne über ein flaches Stück frisch gekauften Rindfleisches, lege schließlich alle so in eine Schale mit drei- prozentiger Kochsalzlösung, daß sie mit ihrer Ober- fläche etwas aus der Flüssigkeit hervorschauen, Nach lbis2 Tagen schon beginnen sie bei gewöhn- licher Zimmertemperatur zu leuchten. Die Berührung mit dem noch gar nicht leuchtenden Fleischstücke genügt, um die Kartoffel mit der Leuchtbakterie des Schlachtvieh fleisches zu infizieren und so das Leuchten hervorzurufen. Benetzt man das Fleisch für sich mit dreiprozentiger Kochsalzlösung, so leuchtet es, sobald sich die Photobakterien genügend vermehrt haben, ebenfalls. Ich habe mich zu wiederholten Malen überzeugt, daß die Infektion der Kartoffeln nur mit solchen Fleischstücken gelingt, die später für sich zu leuchten vermögen, die also mit der Leucht- bakterie infiziert waren. Daß es sich auch hier um das Bacterium phosphoreum (C oh n) Molisch handelte, lehrten zu wiederholten Malen ausgeführte Reinkulturen.

Niemals gelang es mir, Leuchtkartoffeln zu erzielen, ohne die Kartoffeln mit Fleisch direkt oder indirekt in Berührung zu bringen; daraus geht wohl mit Sicherheit hervor, daß das Auftreten von leuchtenden Kartoffeln im Haushalte auf eine

Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln. 13

Infektion mit der Leuchtbakterie des Fleisches zurückzu- führen ist.

Die Kartoffeln leuchten ebenso wie die Eier schon, wenn sie noch genießbar sind, erst nach einiger Zeit stellt sich die stinkende Fäulnis ein, andere Bakterien gewinnen dann die Oberhand, drängen im Kampfe ums Dasein die Leuchtbakterien zurück und machen der Lichtentwicklung ein Ende. Das Licht ist weißlich, auf der Oberfläche der Knollen am stärksten, es ist auch in der Salzlösung zu bemerken, besonders beim Schütteln.

So ist es denn gelungen, dank den neuesten Studien über die Lichtentwiklung der Pflanze auch in die sagenhaften An- gaben über das Leuchten von Hühnereiern und Kartoffel- knollen Klarheit zu bringen, die Ursachen zu erkennen und das Leuchten der genannten Objekte experimentell mit einiger Sicherheit hervorzurufen.

Weiteren Untersuchungen wird es vorbehalten bleiben, zu zeigen, ob auch rohe oder spontan verderbende Kartoffeln hie und da leuchten können und, wenn dem so sein sollte, welcher Pilz das Leuchten bedingt. Meine Bemühungen, derartige Kartoffeln zu erhalten, waren bisher vergeblich. Zwar waren mir Proben von verdorbenen, im Keller aufbewahrten Kartoffeln als leuchtend eingeschickt worden, allein ich konnte mich stets überzeugen, daß die Leute nicht in absolut flnstern Räumen beobachteten und sich durch den von schimmeligen Myzelien ausgehenden schwachen Lichtreflex täuschen ließen.

C. Zusammenfassung.

1. Die bisherigen Angaben über das Leuchten von Hühner- eiern und Kartoffeln klingen ziemlich dunkel, jedenfalls war über die Ursache des Leuchtens sowie über die Umstände, unter denen sie leuchten, so gut wie nichts bekannt gewesen. Ich beschäftigte mich insbesonders mit den sogenannten Sool- eiern. Darunter versteht man in Deutschland gekochte Hühner- eier, die der längeren Haltbarkeit halber (drei Tage) in Salz- wasser aufbewahrt werden. Solche Eier sollen nicht selten leuchten.

14 Hans Molisch, Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln.

2. Meine darüber angestellten Versuche haben ergeben, daß die sogenannten Sooleier leuchtend werden, wenn sie in den Aufbewahrungsräumen (Küche, Speiseraum) mit der Leuchtbakterie des Schlachtviehfleisches (Bacterüim phos- phoreum (Cohn) Molisch infiziert werden.

3. Was in der Küche unabsichtlich geschieht, läßt sich mit einem hohen Grad von Sicherheit, d. h. fast mit jedem Ei oder mindestens mit einem hohen Prozentsatz erreichen, wofern man das Ei nur für ganz kurze Zeit mit käuflichem Rindfleisch in Be- rührung bringt Man verfahre zu diesem Zwecke auf folgende Weise: Am Markt gekaufte Hühnereier werden 8 Minuten gekocht und abgekühlt. Ihre Schale wird durch Auf- klopfen zerbrochen, aber nicht abgenommen. Nun wird das Ei einmal über ein handgroßes, flaches Stück Rindfleich gerollt und hiedurch mit der hier regelmäßig vorkommenden Leucht- bakterie des Fleisches infiziert. Schließlich wird das Ei in eine Schale mit einer dreiprozentigen Kochsalzlösung so hinein- gelegt, daß das Ei nur ganz wenig aus der Flüssigkeit hervor- ragt. Bei gewöhnlicher Zimmertemperatur treten nach 1 bis 3 Tagen an den zerschlagenen Stellen der Schale Lichtflecke auf und auch die Flüssigkeit beginnt besonders in der Umgebung des Eies zu leuchten. Das Licht geht hauptsächlich von der weißen, die Innenseite der Schale auskleidenden Haut sowie von der Oberfläche des Weißen des Eies aus und kann bis zum vierten Tage recht stark werden, um dann wieder ab- zunehmen.

4. Auch von gekochten Kartoffeln wird angegeben, daß sie mitunter leuchten sollen. Der Verfasser konnte zeigen, daß auch die Lichtentwicklung gekochter Kartoffeln auf eine Infektion mit Leuchtbakterien zurückzuführen ist und daß man mit derselben Sicherheit, mit der man sich leuchtende Hühner- eier verschafft, auch leuchtende Kartoffeln erzielen kann, wenn man gekochte Kartoffeln mit käuflichem Rindfleisch in Be- rührung bringt und hierauf in eine Salzlösung (3%) einlegt.

15

Studien über den mikrochemischen Nachweis verschiedener Zuekerarten in den Pflanzen- geweben mittels der Phenylhydrazinmethode

von

Dr. Viktor Gräfe.

Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der k. k. Universität in Wien.

(Mit 2 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung am 2. März 1905.)

I. Einleitung.

Zahlreiche Methoden wurden bereits zum Zwecke des Nachweises von Zucker in den Pflanzengeweben auf mikro- chemischem Wege ins Leben gerufen, doch entsprach keine den Anforderungen vollständig, teils wegen Mehrdeutigkeit der Reaktion, die auch von Nicht-Zuckern hervorgerufen sein konnte, teils wegen der geringen Haltbarkeit der Reagentien, welche zur Verwendung gelangen mußten. Anschließend an die Arbeiten Emil Fischer's1 und dessen makrochemischen Zuckernachweis mittels Phenylhydrazins fand Senft2, daß sich diese außerordentlich schöne, dabei eindeutige und bequeme Methode auch zum mikrochemischen Nachweise des Zuckers in den Geweben eigne. In seiner Arbeit findet man auch eine Kritik der älteren Methoden. Senft vermag durch sein Ver- fahren-Einlegen der Schnitte in ein Gemisch von je einem Tropfen Phenylhydrazinchlorhydrats und Natriumacetats, welche beide in lOprozentiger Glyzerinlösung angewendet werden,

1 Fischer Em., Synthesen in der Zuckergruppe. Ber. d. d. ehem. Ges., 23, 2114 (1890) und Fortsetzungen.

2 Senft Em., Über den mikrochemischen Zuckernachweis durch essig- saures Phenylhydrazin. Diese Sitzungsberichte, Bd. CXIII, Abt. I, 1904.

16 V. Gräfe,

in der Kälte und besonders nach erfolgter Vg stiincliger Be- handlung am kochenden Wasserbade die Osazone in Sphäro- kristallen oder schönen Kristallnadelbüscheln abzuscheiden. Wichtig ist die Möglichkeit der Durchführung dieser Reaktion auch in der Kälte, wobei es allerdings erst nach 24 Stunden bis 5 Tagen zur Osazonbildung kommt; denn nur Monosen sind befähigt, in der Kälte Osazone zu bilden, Biosen aber nicht direkt, sondern erst nach erfolgter Inversion, die eben durch das Kochen am Wasserbad vor sich geht. Dies fand auch Senft durch seine Versuche bestätigt und sein Verfahren kann daher, je nachdem es in der Kälte oder in der Siedhitze ange- wendet wird, zur Unterscheidung der Monosen und der Saccharose dienen. Doch sei gleich hier erwähnt, daß die Reaktion auch bei viertägigem Stehen oft in der Kälte nicht eintritt, wenn auch evident Monosen vorhanden sind, nament- lich wenn deren Prozentgehalt ein geringer ist, sondern auch da erst in der Wärme.

Die verdienstvolle Arbeit Senft's lehrt uns also eine vor- treffliche mikrochemische Reaktion auf Zucker im allgemeinen kennen und gibt im besten Fall eine Unterscheidung zwischen Monosen und Saccharose, sie läßt aber nicht erkennen, welches Zuckerindividuum wir im pflanzlichen Gewebe vor uns haben. Nun ist es aber namentlich aus physiologischen Gründen oft von Wert, konstatieren zu können, in welcher individuellen Form der Zucker vorhanden ist, namentlich mit Bezug auf dessen Speicherung, Wanderung und Wiederablagerung. Von Monosen des Pflanzenreiches sind wohl nur die d-Glukose, die ^-Fruktose und die Sorbose in Betracht zu ziehen, da nur die genannten frei in der Pflanze gefunden werden, während andere Zucker, wie d-Mannose, ^-Galaktose, namentlich aber die Pentosen: Arabinose, Xylose etc. sowie Methylpentosen, wie Rhamnose, Fukose etc. lediglich als Kondensationsprodukte oder Ester aromatischer Verbindungen vorkommen.1 Von Biosen sind namentlich Saccharose und Maltose ins Auge zu fassen. Ich stellte mir die Aufgabe, auch mikrochemisch zwischen den bezeichneten Zuckerarten unterscheiden zu können.

1 Czapek F., Biochemie der Pflanzen, I, p. 199, Jena 1905.

Zuckernachweis in den Pflanzengeweben. 17

II. Methode.

Für die Erkennung und Isolierung der Fruktose sowie deren Unterscheidung von der Glukose fand ich das sekundäre

C H

asymmetrische Methylphenylhydrazin * 5>N.NH2 beson-

ders geeignet. Nach den Untersuchungen von Neuberg1 geben mit dieser Hydrazinbase nur die Ketozucker, niemals aber die Aldozucker ein charakteristisches Methylphenylosazon. Dieses Reagens ist um so geeigneter, zur Identifizierung der Fruktose verwendet zu werden, als auch andere in der Natur vor- kommende Ketosen, wie die erwähnte Sorbinose, das Methyl- phenylosazon nur in Form eines Sirups, nicht aber so wie die Fruktose sofort in kristallisierter Form geben. Die Empfind- lichkeit der Reaktion, die man in Bezug auf die Phytochemie wohl als spezifische Fruktosereaktion ansprechen kann, ist etwas geringer als die der Senft'schen Probe.

Während die Phenylosazonbildung bei Traubenzucker noch bei einem Traubenzuckergehalt der Probe von 0*015 Pro- zent2 deutlich und charakteristisch eintritt, habe ich das Ein- treten der Methylphenylosazonbildung bei Fruktose nur bei einem Mindestgehalte der Lösung von 0 08 Prozent an Fruktose konstatieren können. In allerjüngster Zeit glaubte übrigens Ofner3 auf Grund seiner Versuche die Eindeutigkeit der Reaktion anzweifeln zu müssen, da es ihm gelungen war, das Methylphenylosazon auch der Glykose, allerdings auf recht ungewöhnlichem Wege, gänzlich abweichend von der Neu- berg'schen Vorschrift und erst nach ötägiger Einwirkung in sehr geringer Ausbeute zu erhalten, während das betreffende Osazon der Fruktose schon nach 5 bis 10 Minuten langer Behandlung am Wasserbade und darauffolgendem mehrstün- digen Stehen in fast theoretischer Ausbeute gewonnen wird.

i Ber. d. d. ehem. Ges., 35, 959, 2626 (1902), E. Fischer, ebendaselbst 22, 91 (1889), Zeitschr. d. Vereines d. deutschen Zuckerindustrie, 52, 246; Hoppe-Seyler, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 36, p. 227 (1902).

2 E. v. Lippmann, Die Chemie der Zuckerarten, I, p.565, III. Aufl., 1904.

3 Ber. d. d. ehem. Ges., 37, 2623, 3362, Dezemberheft d. Monatsh. f. Chemie p. 4399.

Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl.: CXIV. Bd., Abt. I. 2

18 V. Gräfe,

Überdies ist bei Ofner's langandauerndem Prozeß auch eine teilweise Umlagerung der Glykose in Fruktose im Sinne Lobry de Bruyns und van Ekensteins durchaus nicht ausgeschlossen. Auf alle diese Umstände, die übrigens zum Teil auch schon Ofner in seiner Abhandlung anführt, hat dann auch Neuberg1 hingewiesen und im Einklang mit den, Ergebnissen von Kontrollversuchen festgestellt, daß die Ein- deutigkeit der Methylphenylhydrazinreaktion auf Ketosen auch ferner zu Recht besteht. Auch ich habe bei der im folgenden beschriebenen Arbeitsweise auf dem Objektträger in zahllosen Einzelversuchen mit reiner Glykose und Fruktose bei den ver- schiedensten Konzentrationsgraden stets nur bei letzterereinen positiven Erfolg der Methylphenylhydrazinmethode, d.h. Osazon- bildung, feststellen können, während bei Glykose auch nach vielen Tagen lediglich ein undefinierbarer Sirup zu beobachten war. Zur Ausführung der Reaktion benützte ich Methylphenyl- hydrazinchlorhydrat und Natriumacetat, welche beide nach Senft's Angabe getrennt in käuflichem Glyzerin im Verhältnisse 1 : 10 aufgelöst und für sich in Stiftfläschchen aufbewahrt wurden. Die Auflösung der Base geht leicht in der Kälte vor sich und ist jedenfalls nach einigen Stunden Stehens und Durchschütteins vollendet. Die Lösung nimmt mit der Zeit dunkelrote Farbe an, soll aber keinen oder nur schwachen Geruch zeigen.

Man vermeide es, die Auflösung durch Erwärmen zu beschleunigen, um eine etwaige Abspaltung von Phenylhydrazin zu vermeiden. Da in dem käuflichen Methylphenylhydrazin stets etwas Phenylhydrazin beigemengt zu sein pflegt, ist es empfehlenswert, sich die Base selbst darzustellen: Ein Gemisch 2 von 5 Teilen käuflichen Methylphenylnitrosamins und 10 Teilen Eisessig wird allmählich unter fortwährendem Umrühren in ein Gemenge von 35 Teilen Wasser und 20 Teilen Zinkstaub eingetragen, wobei man die Temperatur der Flüssigkeit durch sukzessiven Zusatz von 45 Teilen Eis auf 10 20° hält.

i Ber. d. d. ehem. Ges., Bd. 37, Heft 17, p. 4616 (1904). 2 E. Fischer, Ann. d. Chemie 190, p. 153 (1877), 236, p. 198 (1! H. Mayer, Analyse und Konstitutionsermittlung organ. Verbindungen, p. 417

Zuckernachweis in den Pflanzengeweben. 19

Nachdem das Gemisch unter öfterem Umrühren noch einige Stunden bei gewöhnlicher Temperatur gestanden, wird bis fast zum Sieden erhitzt, nach einiger Zeit heiß filtriert und der zurückbleibende Zinkstaub mehrmals mit warmer stark verdünnter Salzsäure extrahiert, der Extrakt mit dem Filtrat vereinigt. Die Base wird warm durch einen sehr großen Über- schuß konzentrierter Natronlauge abgeschieden und das Öl in Äther aufgenommen. Nach Abdunsten des Äthers wird mit 40prozentiger Schwefelsäure versetzt, auf abgekühlt und mit dem gleichen Volumen absoluten Alkohols verdünnt. Die abgeschiedene Kristallmasse wird mit Alkohol gewaschen, abgepreßt und aus siedendem absoluten Alkohol umkristalli- siert. Das so gereinigte Sulfat wird durch konzentrierte Lauge zerlegt und die in Freiheit gesetzte Base im Vakuum destilliert. (S. P. 131° bei 35 mm.)

Das so gewonnene reine Methylphenylhydrazin wird in möglichst wenig Äther gelöst und sodann sorgfältig von Wasser befreites Salzsäuregas darübergeleitet. Es muß ein Eintauchen der aus dem Salzsäure entwickelnden Kolben in das die ätherische Lösung enthaltende Gefäß führenden Röhre in die Ätherlösung vermieden werden, da sonst leicht Zurücksteigen erfolgt. Alsbald scheidet sich das Chlorhydrat als voluminöse weiße Kristallmasse ab, die rasch abgesaugt, mit Äther nach- gewaschen und getrocknet werden muß; sie wird bis zur Auflösung in Glyzerin zweckmäßig in einem blauen Glas- fläschchen mit eingeriebenem Stöpsel aufbewahrt. Man kann natürlich auch statt des Chlorhydrats -f-Natriumacetat die freie Base verwenden, welche mit der für die Umsetzung zu essig- saurem Methylphenylhydrazin berechneten Menge öOprozentiger Essigsäure versetzt wurde, doch habe ich gefunden, daß die Resultate mit diesem Reagens nicht immer zufriedenstellend ausfielen, so daß ich in der Folge dem Methyiphenylhydrazin- chlorhydrat den Vorzug gab; ich vermute, daß das NaCl, welches bei der Umsetzung des Chlorhydrats und Natrium- acetats entsteht, »aussalzend« wirkt und so die Entstehung des Osazons begünstigt. Ein Tropfen des in Glyzerin gelösten salzsauren Methylphenylhydrazins wird auf dem Objektträger mit einem Tropfen des in Glyzerin gelösten Natriumacetats

2*

20 V. Gräfe,

innig gemengt und dann die Schnitte eingelegt. Nachdem man dafür Sorge getragen hat, daß sie mit dem Reagens allseitig in Berührung getreten sind, wird mit dem Deckglas bedeckt und das eine Präparat bis auf weiteres bei Zimmertemperatur stehen ge- lassen, das andere am Wasserbade höchstens 10 Minuten erhitzt. Nach kürzerem oder längerem Stehen, je nach Konzen- tration, bei den kalt behandelten Präparaten oft erst nach 3 bis 4 Tagen, scheidet sich das Fruktosemethylphenylosazon ab. Die Form der Osazonkristalle ist recht verschieden, bald erscheinen sie als Garbenbündel von Kristallnadeln, bald als sternförmige Aggregate, dann wieder als Sphärite oder warzenförmig, sehr oft in gelappten oder strukturlosen Schollen. Ebenso wechselt die Farbe von hellgelb bis gelbrot und braun. In heißem Alkohol löslich, kristallisieren sie beim Verdunsten desselben in schönen Kristallbüscheln aus. Ebenso wie Senft habe ich die Erfahrung gemacht, daß Zuckerlösungen respek- tive wasserreiche Gewebe, welche den Zucker in Lösung enthielten, viel schnellere und charakteristischere Osazonbildung ergaben als Zuckerkörnchen oder wasserarme Gewebe zucker- reicher Objekte.

Um Objekte nacheinander auf Glykose, Fruktose, Saccha- rose und Maltose zu prüfen, ging ich folgendermaßen vor:

Eine Serie von Schnitten wurde in der oben angegebenen Weise mit dem Methylphenylhydrazin-Reagens behandelt, eine Operation, die ich in Hinkunft der Kürze halber mit I bezeichnen werde, und zwar die eine Hälfte in der Kälte (la), die andere mit 10 Minuten andauerndem Kochen am Wasserbade. Diese kurze Kochdauer führt, wie Parallelversuche mit reiner Saccha- rose ergeben haben, in der Regel noch nicht zur Inversion etwa vorhandenen Rohzuckers, doch ist es zweckmäßiger, die Er- wärmung im Brutofen bei zirka 40° durch mehrere Stunden vorzunehmen (Ib). Ergab einer dieser Versuche das Auftreten von Osazonkristallen, so konnte auf das Vorhandensein von Fruktose geschlossen werden, da Glykose mit diesem Reagens nicht in Reaktion tritt, Rohrzucker aber bei richtig geleitetem Prozeß noch nicht invertiert sein konnte.

Eine zweite Serie von Schnitten desselben Objektes wurde mit dem Senft'schen Reagens ebenso in der Kälte (IIa) und

Zuckernachweis in den Pflanzengeweben. 21

Wärme (Üb) behandelt. Fiel die Reaktion positiv aus, so konnte sowohl Fruktose als auch Glykose die Ursache der Osazon- bildung sein; doch hatte schon der erste Versuch die An- oder Abwesenheit von Fruktose dargetan. Die Vornahme der Reak- tionen in der Kälte bezweckte, den Zucker, welcher in der Wärme aus den Zellen hinausdiffundiert, eventuell zum Teil im Gewebe beobachten zu können.

Eine dritte Serie wurde mit dem Senft'schen Reagens 1 bis \1/2 Stunden am kochenden Wasserbade erwärmt, wobei die Saccharose und zum Teil auch die Maltose durch die Ein- wirkung des Glyzerins 1 invertiert wird (III), was sich natürlich in einer bedeutenden Vermehrung der gebildeten Osazon- kristalle ausdrückt. War bloß oder vorwiegend Maltose vor- handen, welche in zwei Moleküle Glykose zerfällt, so gibt Methylphenylhydrazin natürlich keine Vermehrung der Fruk- tose-Methylphenylosazone. Überdies bildet sich nach \1I2 stün- diger Kochdauer und folgendem Erkalten (IV) das Maltose- phenylosazon, welches durch seine charakteristischen Formen es kristallisiert in flachen, breiten Einzelnadeln, nie in Aggregaten2 leicht unter den übrigen Osazonen identifiziert werden kann. Sehr gute Resultate erhielt ich auch mittels der Invertinmethode3, welche die Inversion des Zuckers ohne Anwendung von Hitze gestattet; das Verfahren wurde stets zur Kontrolle verwendet. Die Schnitte wurden nach H of- meis ter's Vorschrift mit der Invertinlösung (Merck'sches Präparat) behandelt und dann erst der Phenylhydrazinreaktion unterworfen.

Es sind folgende Objekte nach der beschriebenen Methode auf Glykose, Fruktose, Saccharose und Maltose untersucht worden :

i Donath, Journ. f. prakt. Chemie, II, 49, 546, 556.

2 Rolfe und Haddock, American chemical Journal, 25, 1015; Fischer, Ber. d. d. ehem. Ges., 17, 579; 20, 821; Fischer und Tafel, eben- daselbst 20, 2566.

3 Czapek, Über die Leitungswege der org. Baustoffe im Pflanzenkörper. Diese Ber. CVI, I, März 1897; Hofmeister, Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. 31, p. 688 (1897).

22 V. Gräfe,

1. Früchte.

Birne (sehr zuckerreiche Spezies): Fruchtfleisch. \b zeigte schon nach zwei Stunden sehr reichliche Abscheidung von Sphäriteiv (Taf. I, 4). \a ergab nach zwei Tagen schöne ver- zweigte Sterne (Taf. I, 5). IIa und b lieferten massenhafte Nadelbüschel. Nach Behandlung mit III war das ganze Präparat mit Osazonsphäriten erfüllt, welche einander in der Ausbildung gehemmt hatten. Auch Methylphenylhydrazin ergab nach dem Kochen am Wasserbad eine sehr reichliche Vermehrung der Methylphenylosazonbildung.

Es war also Fruktose, Dextrose und Saccharose vorhanden.

Apfel: Nach \a Methylphenylosazonkristalle in schönen Sternaggregaten (Taf. I, 1). II b Kristallbildung in stark ver- mehrtem Maß. Ebenso mit III nach der Inversion. Vorhanden: Fruktose, Dextrose, Saccharose.

Rosine: Gab schon mit \b und II £ ein solches Gewirr brauner Nadeln, daß eine etwaige Vermehrung der Kristall- bildung nach der Inversion nicht mehr konstatiert werden konnte.

Tomate (Fruchtfleisch): Mitla nach 24 Stunden Reaktion, mit \b nach etwa einer Stunde. Mit IIa und II ^7 konnte eine Vermehrung der Kristallbildung nicht konstatiert werden. Wohl aber nach der Inversion mit III und ebenso nach Anwendung derlnvertinmethode. Vorhanden daher: Fruktose und Saccharose.

Frucht des Johannisbrotbaumes: Möglichst dünne Querschnitte durch die zähe Frucht ergaben nach Behandlung mit den Reagentien: Fruktose und Saccharose.

Feige (getrocknet): Ein wenig von dem Fruchtfleisch wurde mit der Nadel herausgezupft und mit dem Reagens unter dem Deckglas zerquetscht. Die Kristalle sonderten sich in schollenförmigen Aggregaten besonders am Deckglasrande ab. Vorhanden: Fruktose, Saccharose, Dextrose (wahrscheinlich aus Invertzucker).

2. Blüten.

Bassia latifolia (Mohra): Die Untersuchung ergab sehr reichliches Vorhandensein von Dextrose, Fruktose (Invert- zucker), Saccharose.

Zuckernachweis in den Pflanzengeweben. 23

Tulpe: Querschnitte durch den Blütenboden: \a ergab erst nach vier Tagen, \b nach zehnstündiger Behandlung Ab- scheidung von feinen Nadeln und braunen Schollen, IIa und b wesentlich reichlichere Mengen von Sphäriten. Bei Behandlung mit III zeigten sich zahlreiche Osazonbüschel (Taf. I, 3) von hellgelber Farbe, mit Methylphenylhydrazin nach der Inversion große Sphärite (braun) (Taf. I, 7). Dextrose, Fruktose, Saccha- rose.

Narzisse: Querschnitt durch den Blütenboden ergab nach Behandlung mit allen Reagentien Saccharose, Dextrose, aber keine Fruktose.

Hyazinthe: Querschnitt durch den Blütenboden lieferte Saccharose, Dextrose und Fruktose.

3. Wurzeln.

Beta vulgaris: \a ergab nach einigen Tagen sehr reichliches Auftreten von Fruktose-Methylphenylosazonsternen im Paren- chym, und zwar desto reichlicher, je mehr gegen die Mitte zu der Schnitt geführt worden war.

Nach der Inversion konnte daselbst auch der meiste Rohr- zucker nachgewiesen werden im Einklang mit den diesbezüg- lichen Untersuchungen Wiesner's.1 Die Gefäßwände färbten sich braun, ohne daß es jedoch dort zu einer Kristallaus- scheidung kam. Das Fruktoseosazon tritt hier in den ver- schiedenartigsten Formen auf, in verästelten Zweigen, die nicht selten zu sternförmigen Gebilden zusammentreten oder auch in feinen Nadeln, die stets die charakteristische braune Farbe zeigen. IIa ergab vermehrtes Auftreten von Osazonkristallen. Es konnte auf Saccharose, Fruktose und Dextrose geschlossen werden. Maltose fand sich in den Zuckerrüben, die mir zur Verfügung standen, nicht.

Von besonderem Interesse war die individuelle Form, in welcher der Zucker beim Keimen und Treiben auftritt und wie dabei die einzelnen Zuckerarten ineinander übergehen. Einige

1 Öst.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, 20, 850; Wiesner, Unters, über das Auftreten von Pektinkörpern in den Geweben der Runkelrübe. Sitz. Ber. d. k. Akad., Wien, L, II. Abt., p. 442.

24 V. Gräfe,

dieser Verhältnisse wurden bei den diesbezüglichen Prozessen an: Kartoffel, Allium cepa, Gerste, Acer campestre und Broussonetia papyvifera studiert.

Kartoffel: Am 23. Dezember wurden zwei Knollen auf ihren Zuckergehalt untersucht. Die Zellen erwiesen sich mit Stärke vollgepfropft, ohne daß eine Zuckerreaktion hätte kon- statiert werden können. Beide wurden einer Temperatur von C. durch 24 Stunden ausgesetzt und dann von neuem unter- sucht. Es erwies sich das Vorhandensein von Dextrose und Saccharose, doch konnte Fruktose nicht konstatiert werden. Die Knollen wurden nun im Dunkeln angetrieben. Am 10. Jänner wurden die ersten Sprosse untersucht und zeigten sehr reichliche Fruktose- und Dextrosebildung, weshalb das Saccha- rosevorkommen schwer zu konstatieren war. Nach der Inversion trat jedoch kaum eine Vermehrung der Osazonbildung ein. Sehr deutlich konnte jedoch Saccharose nachgewiesen werden, als die etiolierten Sprosse beiläufig Fingerlange erreicht hatten. In Parallelversuchen wurde der Zuckergehalt der treibenden Knollen bestimmt. Es ließ sich in keinem Stadium der treibenden Knollen Dextrose1 oder Fruktose, sondern lediglich Saccharose nachweisen.

Allütm cepa: Am 5. Dezember wurden die zum Treiben bestimmten Zwiebeln untersucht. In den Zwiebelschuppen fand sich reichliches Vorkommen von Dextrose. Fruktose war nicht vorhanden. Nach derlnversion war eine reichliche Vermehrung der Osazonkristalle (Taf. I, 8) zu beobachten, doch zeigte sich auch jetzt noch nicht das Vorhandensein von Fruktose. Obwohl auch Maltosazonbildung bei Behandlung mit IV nicht eintrat, konnte doch geschlossen werden, daß der invertierbare Zucker sicherlich nicht Rohrzucker (entsprechend einer alten An- gabe von E. Schultze)2, wahrscheinlich aber Maltose war, welche zu Dextrose invertiert wurde. Anfang Jänner begann eine Zwiebel (aufgestellt an einem halbdunklen Ort) zu treiben. Die Untersuchung der noch nicht ergrünten Blätter ergab denselben Befund wie die der Zwiebel. Gegen Mitte

1 Wiesner, Öst.-ung. Zeitschr. f. Zuckerindustrie u. Landw., XVIII, 409.

2 Zit. bei C. Hofmeister, Pringsh. Jahrb. d. Bot., Bd. XXXI, 688 (1897).

Zuckernachweis in den Pflanzengeweben. 2o

Jänner, als die Blätter schon ziemlich groß und ergrünt waren, wurde eine Untersuchung von Zwiebel und Blatt vorgenommen. Die Zwiebel zeigte nunmehr Dextrose und Fruktose, nach der Inversion jedoch kaum eine Vermehrung der letzteren. Es mußte also ein Teil der Glykose sich in Fruktose umgelagert haben. Das junge Blatt wies Dextrose, Fruktose und Saccharose auf. Nachdem die Pflanzen ans Licht gestellt worden waren und starke grüne Blätter ausgebildet hatten, wurden diese untersucht. Die Chlorophyllkörner waren rostrot gefärbt.

Der Querschnitt durch das Blatt ließ mit IIa nach etwa zwei Tagen schöne Nadelbüschel von Dextroseosazon, mit la charakteristische braune Büschel und Einzelnadeln von Fruk- tosemethylphenylosazon (Taf. II, 1) und eine reichliche Ver- mehrung beider nach der Inversion auf dem kochenden Wasser- bade erkennen (Taf. I, 6, und Taf II, 2). In Taf. I, Fig. 6, ist die Masse der in einem Stern vereinigten Kristallnadeln so groß, daß die ursprünglich hellbraune Farbe der Nadeln bräunlich-rot erscheint. Es sei hier bemerkt, daß man schon nach der Farbe das Dextrosephenylosazon und das Fruktosemethylphenyl- osazon unterscheiden kann. Ersteres ist stets gelb bis gelbbraun, letzteres bräunlich bis braunrot. Das gilt für die Ausscheidung unter normalen Verhältnissen. Nimmt man ein Umkristallisieren des gebildeten Osazons durch Auflösen in heißem Alkohol und Verdunstenlassen des Lösungsmittels vor, so erhält man aller- dings auch das Fruktosazon gelblich (Fig. 2 in Taf. I, während Fig. 1 und 5 nicht umkristallisierte Typen darstellen).1 In Fig. 2 der Taf. II liegen die Osazonsterne im ganzen Parenchym verstreut, während das Xylem frei ist, es muß jedoch erwähnt werden, daß dieselben bisweilen auch im Xylem zu beobachten waren (Taf. II, 3), doch ist es nicht ganz gewiß, ob dieser Umstand nicht bloß der Präparationsmethode zuzuschreiben ist. Regelmäßig aber erscheinen sie im Siebteile des Gefäßbündels. Gegen die Blattspitze nahm die Ausscheidung der Sphärite nach der Inversion am kochenden Wasserbade zu. Im grünen Blatt also war Dextrose, Fruktose und Saccharose, jedoch keine Maltose vorhanden.

1 Die feinere Nuancierung der Farben ließ sich leider durch den Druck nicht wiedergeben.

26 V. Gräfe,

Gerste: Schnitte durch das Endosperm des ruhenden Kornes ergaben beim Kochen am Wasserbade mit den Zucker- reagentien Goldgelbfärbung respektive Braunfärbung des Prä- parates, besonders dort, wo reichlich Stärke angehäuft lag; doch kam es selbst nach vielen Tagen nicht zu einer Osazonaus- scheidung. Es ist das sei an dieser Stelle bemerkt oft notwendig, das Objekt Wochen hindurch zu beobachten, denn es ist vorgekommen, daß sich eine Reaktion erst nach vielen Tagen zeigte und noch häufiger geschah es, daß noch nach Wochen eine fortwährende Vermehrung der Osazonbildung eintrat, z. B. beim Blatt von Allhim cepa, so daß das einmal festgehaltene Bild auch für die zeichnerische Darstellung un- liebsame Veränderungen bot. Nachdem die Gerstenkörner 24 Stunden in Wasser quellen gelassen worden waren, um zum Keimen gebracht zu werden, ergab IV das Auftreten von charakteristischen hellgelben Maltosazonsternen, wie sie Fig. 4 in Taf. II zeigt. Andere Zuckerarten ließen sich in diesem Stadium nicht nachweisen. Nach drei Tagen wurden die Keimlinge untersucht. I a und II a ergaben geringe Mengen von Dextrose und Fruktose. Nach der Inversion war auch Saccharose als Dextrose und mit IV sehr reichlich Maltose zu konstatieren. Fig. 5 auf Taf. II zeigt das Auftreten der Blättchen von Maltosazon in demselben Präparate neben den strahligen Gebilden von Dextrosephenylosazon, herrührend von der in- vertierten Saccharose. Im jungen Blatt endlich, besonders reichlich an Quer- und Längsschnitten der Blattscheide, konnte schon in der Kälte Fruktose und Glykose in ziemlich großer Menge nachgewiesen werden, Saccharose aber erst deutlich in einem späteren Stadium der Entwicklung. Maltose war in keinem Falle vorhanden.

Broussonetia papyrifera: Eine eingetopfte, in Winter- ruhe befindliche Pflanze wurde gegen Mitte Dezember ins Warmhaus gestellt. Die Untersuchung, an Stamm- und Quer- schnitten durchgeführt, ergab nicht eine Spur von Zucker. Die verholzten Elemente färbten sich intensiv gelb. Die Proben wurden in Intervallen von fünf Tagen bis gegen Mitte Jänner wiederholt, ohne das Vorhandensein von Zucker zu zeigen. Um diese Zeit begann die Pflanze zu treiben. Querschnitte

Zuckernachweis in den Pflanzengeweben. 27

durch die jungen Triebe zeigten, mit den Reagentien behandelt, sehr reichliches Vorhandensein von Fruktose, jedoch keine Dextrose und Saccharose. Erst in einem späteren Zeitpunkt war auch Dextrose deutlich nachzuweisen. Saccharose konnte ich nicht mit Sicherheit konstatieren. Wenn Rohrzucker vor- handen war, so war seine Quantität jedenfalls verschwindend. In den jungen Blättern war nur Dextrose und Fruktose, keine Saccharose vorhanden.

Acer campestre: In der Winterruhe waren die Verhältnisse ganz analog wie bei Broussonetia. Die jungen Triebe enthielten Dextrose und Fruktose, jedoch keine Saccharose. Diese letztere Zuckerart war jedoch schon nach weiteren acht Tagen in größerer Menge daselbst nachzuweisen. In den Blättern zeigte sich lediglich Dextrose und Fruktose, nicht aber Saccharose.

Aus den beschriebenen Versuchen geht hervor, daß im Pflanzenreich die beiden Monosaccharide Dextrose und Lävulose in der Regel gemeinsam vorkommen. Saccharose tritt häufig, aber nicht immer, in ihrer Begleitung auf. Vielleicht sind in diesen Fällen die genannten Monosaccharide aus Rohr- zucker durch natürliche Inversion entstanden (Invertzucker). Bei Keimungsprozessen und beim Treiben tritt jedoch Saccha- rose regelmäßig erst in einem späteren Stadium der Ent- wicklung auf, ist also da offenbar erst durch Synthese ihrer Komponenten entstanden. Schließlich konnte auch in einem Fall gezeigt werden, daß sich in der Pflanze Dextrose in Fruktose umlagern kann, ein Prozeß, den ja bekanntlich Lobry de Bruyn in vitro vermittels sehr verdünnter Alkalien durchzuführen vermochte. Die Versuche, die individuelle Form des Zuckers bei verschiedenen Vorgängen im Leben des pflanzlichen Individuums festzustellen, werden fortgesetzt und solche bezüglich der Lokalisation des Zuckers angeschlossen.

Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Hofrat Prof. Dr. Julius Wiesner, sage ich an dieser Stelle für seine Ratschläge und vielfache Anregung meinen ergebensten Dank.

28 V. Gräfe, Zuckernachweis in den Pflanzengeweben.

Erklärung der Tafeln.

Tafel I.

Fig. 1. Sternförmig angeordnete Nadeln des Fruktosemethylphenylosazons. Fig. 2. Typisches Kristallnadelbüschel des Fruktosazons mittels Methylphenyl-

hydrazins (nach einmaligem Umkristallisieren). Fig. 3. Osazone aus dem Blütenboden der Tulpe, herrührend von Saccharose

(nach der Behandlung mit dem Senft'schen Reagens am kochenden

Wasserbade). Fig. 4. Sphärite des Fruktosemethylphenylosazons.

Fig. 5. Verästeiter Stern des Fruktosazons mittels Methylphenylhydrazins. Fig. 6. Querschnitt durch das Blatt von Alliutn cepa. Kristallaggregate von

Osazon, herrührend von Rohrzucker nach der Inversion auf dem

kochenden Wasserbade mittels Methylphenylhydrazins. Fig. 7. Sphärite des Fruktosemethylphenylosazons aus dem Blütenboden der

Tulpe, herrührend von invertierter Saccharose. Fig. 8. Osazonkristalle aus den Zvviebelschuppen von Alliutn cepa, herrührend

von der Inversion der Maltose mittels des Senft'schen Reagens.

Tafel II.

Fig. 1. Querschnitt durch das Blatt von Alliutn cepa. Braune Kristallbüschel und Einzelnadeln von Fruktosazon nach der Behandlung mit Methyl- phenylhydrazin in der Kälte.

Fig. 2. Ebenso wie die vorige, jedoch in der Hitze, herrührend von Saccharose nach der Inversion.

Fig. 3. Osazonsterne im Querschnitt des Blattes von Alliutn cepa, und zwar im Siebteil, jedoch zum Teil auch im Xylem des Gefäßbündels.

Fig. 4. Typische gelbe, unverzweigte Sterne des Maltosazons.

Fig. 5. Querschnitt durch den Keimling von Gerste. Gelbe, unverzweigte Blätt- chen von Maltosazon neben Sphäriten und strahligen Gebilden von Dextrose (Lävulose)phenylosazon, herrührend von invertierter Saccha- rose und Maltose.

(ir<vie,V.:/iiK'l\ornach\N'ois in den PflanzeiigewebeiL. 1. V \

Taf.I

.rFleusrliriKum .lith.

I.itii Mut vTh.KaJuiv\'(ii1h,\\'icri

vSitzungsberichte d.kais. Akad. d.Wiss., nmth.-nauirw. Klasse, Bd.CXIV. Abt.l.l905.

Gr<ll\\V.:Zm'kern;u'liwois in den Pflanzen£ewebeii.

Tai.il.

J.'Flei6chma»m.]illi.

l.itkAn.s! ..v.Tli.I{;iiiuw;u-th,Wicii .

Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math-naturw. Klasse. Bd. ('XIV. Abt.1.1905.

29

Die Brennhaare der Euphorbiaeeen-Gattungen Daleehampia und Tragia

von F. Knoll.

Aus dem Botanischen Institut der Universität Graz.

(Mit 2 Tafeln.)

(Vorgelegt in der Sitzung am 16. Februar 1905.)

Schon seit langer Zeit ist^es bekannt, daß die jungen Früchte derin Brasilien einheimischen AcalypheeTragia volubilisMichx. mit einem dichten Überzug eigentümlich gebauter Brennhaare versehen sind. Crüger erwähnt 1855: »Es sind sehr schöne prismatische Brennhaare, bestehend aus vier bis fünf langen Zellen, von denen eine die Mitte einnimmt und welche von einer zugespitzten Zelle gekrönt sind. Diese Zelle ist an ihrer Basis porös. Diejenige der langen Zellen, welche von den anderen umgeben ist, bleibt fast ganz unverdickt und ich fand sie erst bei der Zerlegung der Haare bei der Mazeration. Die darum herumstehenden Zellen werden ziemlich stark verdickt.«

Von der gleichen Pflanze sagt Kohl: »Jedes ihrer Haare besteht aus drei langen, nebeneinander liegenden, dick- wandigen Zellen und einer diesen aufsitzenden spitzen, zart- wandigen Endzelle, welche einen oder bisweilen zwei große Spießkristalle von oxalsaurem Kalk einschließt.« A. Weiß wiederholt fast wörtlich die von Crüger gemachten Angaben. Eine Notiz, welche nach Ritters hausen in Stahls Arbeit »Pflanzen und Schnecken« vorkommen soll, konnte ich nicht auf- finden. Im Jahre 1892 hat Ritters hausen diese Brennhaare genauer untersucht und für viele Arten der Acalypheen nach- gewiesen. Er unterscheidet »große« und »kleine« Brennhaare.

30 F. Knoll,

Die von den vorigen Autoren beschriebenen Brennhaare gehören zu den »großen« Brennhaaren. Die »kleinen«, »ein- fachen« Brennhaare bestehen »aus einer einzigen haarförmigen Zelle, in deren Spitze, an Zellstoffbalken befestigt, ein pfriemen- artiger, nach oben nadelscharf zulaufender Kristall aus oxal- saurem Kalke hängt. An seinem unteren Ende besitzt er zwei bis drei kleine abgestumpfte Zacken. Sehr oft ist dieses ein- zellige Brennhaar an seinem unterem Teile bauchig erweitert.« Rittershausen erwähnt solche Brennhaare für die Gattungen Tragia, Cnesmone, Leptorliachis und Daleckampia und benützt das Vorkommen dieser Haare zur Sicherung der systematischen Stellung der letzterwähnten Gattung. Zuletzt wurden diese Brennhaare von So lere der untersucht, der zu den gleichen Resultaten kam wie Rittershausen. Die von letzterem gebotenen unklaren Abbildungen hatSolereder durch deut- lichere ersetzt.

Da diese Brennhaare einen so auffallenden Bau besitzen und die schon vorhandenen Angaben ziemlich unvollkommen sind, habe ich dieselben einer genauen Untersuchung unter- zogen. Die interessanten Ergebnisse derselben will ich der größeren Übersichtlichkeit wegen in zwei gesonderten Teilen darlegen.

I. Bau und Funktion der Acalypheen-Brennhaare.

(Hiezu Tafel I.)

Meine über diesen Gegenstand gemachten Beobachtungen und Untersuchungen beziehen sich vor allem auf die im Gewächshause des hiesigen botanischen Gartens kultivierte Dalechampia Roezliana a rosea Müll. Arg., welche das ganze Jahr hindurch reichlich blüht und an den zarten, rosenrot gefärbten Hochblättern jene erwähnten Brennhaare stets in großer Anzahl hervorbringt.

Schon bei schwächerer Vergrößerung sieht man die glas- hellen, mit stark reflektierenden glänzenden Außenwänden versehenen Haare längs des Blattrandes und an der Unterseite der Haupt- und Nebennerven. Die vollkommen entwickelten frischen Brennhaare zeigen uns, abgesehen von der Beschaffenheit

ßrennhaare von Euphorbiaceen. 3 1

des lebenden Protoplasten, nur sehr wenig. Weit besser lassen sich die Verhältnisse untersuchen, wenn das Material nach Fixierung mit Alkohol 24 Stunden in Eau de Javelle gelegt und nach dem Auswaschen mit Wasser etwa gleich lange Zeit mit zehnprozentiger Essigsäure nachbehandelt wird. Die meisten Details lassen sich an dem so vorbereiteten Materiale durch verschieden hohe Einstellung des Mikroskops ermitteln; für die feineren Untersuchungen ist die Benützung von Mikrotomschnitten erforderlich.

Nach den von mir gefundenen Tatsachen kann der Bau eines normal entwickelten ausgewachsenen Brennhaares in Kürze folgendermaßen zusammengefaßt werden. Durch einenSockel von drei bis fünf hoch emporgehobenen Epidermis- zellen (ich nenne sie »Seitenzellen«, »Außenzellen«) zieht sich, etwas unter dem Niveau der Epidermi sinnen wand beginnend, eine langgestreckte Zelle (»Zentralzelle«), welche mit ihrem zugespitzten Ende, das einen Kristall aus oxalsaurem Kalk enthält, weit über das Ende des Sockels emporragt. Fig. 5 der beiliegenden Tafel I gibt ein klares Bild dieser Verhältnisse bei der Gattung Dalechampia. Die Brennhaare von Tragia volubilis Michx., welche mir nebst anderen Tragia-Arten in Herbarexemplaren vorlag, zeigen in den vorerwähnten Details das gleiche Ver- halten wie die von Dalechampia. Der Fehler aller bisherigen Beobachtungen besteht also vor allem darin, daß man von einer birnförmigen Zelle sprach, welche der mittleren Zelle des Sockels aufsitzen sollte, somit in der Annahme einer (in Wirklichkeit nicht vorhandenen) Scheidewand zwischen dem oberen und unteren Teil der Zentralzelle. Schon aus Fig. 10 und 11 der Arbeit Rittershausens ergibt sich, daß die beiden darauffolgenden Figuren 12 und 13 unrichtig sein müssen, wenn, wie schon dieser Autor selbst vermutet, die »großen« und »kleinen« Brennhaare nur als Entwicklungsstadien auf- zufassen sind.

Die Zentralzelle ist die eigentliche Brennhaarzelle. Die Außenzellen bilden den dazugehörigen Hilfsapparat. Die Zentralzelle steckt mit dem etwas verdickten Fußteil zwischen dem subepidermalen Zellgewebe und ist innerhalb des Sockels

32 F. Knoll,

so außerordentlich dünnwandig, daß sie hier in den meisten Fällen ohne eine entsprechende Präparation überhaupt nicht sichtbar ist. Darauf hat schon Crüg er hingewiesen. Dadurch ist auch erklärlich, daß Kohl nur von drei Sockelzellen spricht die zentral gelegene Zelle ist ihm jedenfalls entgangen. Der- jenige Teil der Zentralzelle, welcher über die Seitenzellen hinausragt, zeigt unten eine sehr dicke Außenwand, welche dann rasch an Dicke abnimmt, in eine längere, sehr dünne Partie übergeht und an der Spitze des Haares mit einer kappen- artigen Verdickung endigt. Die Beschaffenheit dieser kappen- artigen Endverdickung wird später noch genauer dargelegt werden.

An jener Stelle, wo die Zentralzelle den Sockel verläßt, zeigt sich, an Zellulosebalken aufgehangen, eine Kristalldruse, deren in der Richtung der Haarspitze gelegene Kristall auf Kosten der übrigen Kristallindividuen außerordentlich bevor- zugt ist. Während der das freie Ende der Zentralzelle durch- ziehende Kristall der Druse eine für die Stichfunktion ganz besonders günstige Beschaffenheit hat, sind die übrigen Kristalle meist nur als kleine Ecken oder Hervorragungen am unteren Ende des Spießkristalls ausgebildet (Fig. 15 und 17). Mitunter findet sich auch in entgegengesetzter Richtung ein mehr oder wenigei ausgebildeter, spießförmiger Kristall ent- wickelt (Fig. 16). Der Hauptkristall zeigt an dem nach außen gewendeten Ende eine unter spitzem Winkel (zur Längsachse des Kristalls) gelegene Fläche (Fig. 17 e). Die sehr großen Brennhaare von Tragia bicolor M i q. (= Tragia Miqueliana Müll. Arg.) aus Ostindien lassen die Beschaffenheit des Kristalls besonders gut erkennen. Bei Tragia zeigt sich am Kristall außerdem eine unter sehr spitzem Winkel verlaufende (rinnen- artige?) Seitenfläche (Fig. 17 s), welche auch bei Dalechampia meist vorhanden ist, aber wegen der Kleinheit der Kristalle bei dieser Gattung wenig auffällt.

Die ganze Kristalldruse ist von einer Zellulosehülle ein- geschlossen, welche jedoch nicht überall die gleiche Dicke auf- weist. Besonders mächtig ist sie dort, wo die Kristalldruse durch Zellulosebalken in der Außenwand der Zentralzelle ver- ankert ist. Diese Verankerung erstreckt sich bei Dalechampia

Brennhaare von Euphorbiaceen. 33

auf die untere Hälfte, bei Tragia auf das untere Drittel des freien Endes der Zentralzelle. Der mittlere Teil des Spieß- kristalls wird von einer sehr dünnen, eng anliegenden Zellulose- schichte umhüllt, welche erst nach der Auflösung der Druse durch Salzsäure sichtbar gemacht werden kann (Fig. 5, 6 und 10). Bei Tragia Miqueliana Müll, ist die Verankerung ent- sprechend der bedeutenden Größe der Brennhaare eine über- aus kräftige. Kristallhülle und Zellwand sind durch dicke, deut- lich geschichtete Balken verbunden, welche öfters unterein- ander zu massiven Platten verschmelzen (Fig. 10, 11, 13). In manchen Fällen (Fig. 12) beobachtete ich solche Platten von besonderer Größe, welche dann nur einige wenige kleine Löcher aufzuweisen hatten. Vielleicht wurden durch ähnliche Bildungen die bisherigen Beobachter zur Annahme von Tüpfeln in der von ihnen gedachten unteren Brennhaarwand gebracht. Oft sieht man in den Zellulosebalken ein feines Lumen (?), das sich in der Querschnittsansicht als Punkt darstellt. Jedenfalls hängt diese Bildung mit der Entstehungsweise der Balken an oder in Plasmafäden zusammen.

Die Spitze des Spießkristalls steckt in einer etwas dickeren Hülle von Zellulose, welche ohne deutliche Grenze in die kappenförmige Verdickung der Brennhaarspitze übergeht.

Die mit mäßig verdickten Außenwänden versehenen drei bis fünf Seitenzellen fixieren die Zentralzelle in der für die Brennhaarfunktion günstigsten Stellung. So stehen die Brenn- haare an den Hochblättern von Dalechampia stets etwas schief von der Epidermis ab (Fig. 5), so daß sie nach außen gegen die Spitze des Blattes zu gerichtet sind.

Die Cuticula, welche das ganze Brennhaar überzieht, ist bei Dalechampia vollkommen glatt, während sie an den Seiten- zellen älterer Brennhaare von Tragia kurze strichförmige Skulpturen aufweist (Fig. 13).

Im lebenden Zustande enthalten die Außenzellen der Dale- champia-Brennhd.a.re stets sehr viel Protoplasma. Doch fand ich den Plasmareichtum bei den von mir untersuchten Brennhaaren nicht überall gleich groß. Der Zellsaftraum ist oft auf eine oder mehrere Vakuolen reduziert, oft aber sehr groß und von körnchenreichen Plasmasträngen durchzogen. Die Zellkerne der

Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl.; CXIV. Bd., Abt. I. 3

34 F. Knoll,

Seitenzellen sind häufig schon an dem lebenden Brennhaar zu erkennen; sie haben die Größe der in den Epidermiszellen vor- handenen Kerne und liegen meist der dünnen Innenwand der Außenzelle an. Der Zellkern der Zentralzelle ist größer als der- jenige der Seitenzellen und liegt in ausgewachsenen Brenn- haaren im oberen Teil in der Nähe der Kristalldruse (Fig. 9).

Die Zentralzelle der Dalechampi a-Bvennhaa.re enthält ebenfalls reichlich Protoplasma und, was sehr wichtig ist, große Mengen von Eiweißstoffen, welche im Zellsaft gelöst sind. Ameisensäure ist in der Zentralzelle (nach Ritters- hausen) nicht vorhanden. Jedenfalls deutet der große Eiweiß- gehalt der Zentralzelle auf eine Übereinstimmung mit den von Haberlandt untersuchten Brennhaaren und läßt vermuten, daß es sich wohl auch hier um die Absonderung eines ferment- oder enzymartigen Giftes handelt. Die Seitenzellen sind frei von nachweisbaren Eiweißmengen. Bei längerem Liegen in absolutem Alkohol oder beim Kochen in Wasser bleiben die Seitenzellen vollkommen klar, während sich die Zentralzelle mit einem dichten undurchsichtigen Coagulum angefüllt hat, welches alle für Eiweiß charakteristischen Reaktionen zeigt. Außerdem enthalten die Zentralzellen bei Dalechampia meist eine Anzahl Stärkekörner, während bei Tragia volubilis Michx. die Seitenzellen sehr viel Stärke aufweisen. Bei letzterer wird die Stärke vielleicht zum größeren Teil an Ort und Stelle gebildet, da Crüger in den lebenden Brennhaaren derselben Pflanze »viele grobe, weiße und grünliche Körner« im Plasma- strome sich bewegen sah. Wahrscheinlich wird die in den aus- gewachsenen Brennhaaren dieser Pflanze vorhandene Stärke bei der Giftbereitung aufgebraucht.

Ich habe die in Rede stehenden Organe von Dalechampia als »Brennhaare« bezeichnet, obwohl sich niemand mit ihnen zu brennen vermochte. Rittershausen konnte sich an den in München kultivierten Exemplaren von Dalechampia nicht ver- letzen, auch konnte ich selbst an den hier vorhandenen lebenden Exemplaren nicht einmal bei der Berührung mit der sonst so empfindlichen Zungenspitze eine Schmerzempfindung wahr- nehmen. Rittershausen meint, daß es sich hier vielleicht um eine Kulturerscheinung handelt, so daß bei den in unseren

Brennhaare der Euphorbiaceen. 35

Gewächshäusern kultivierten Dalechampia- Arten überhaupt kein Gift ausgebildet werde; ich halte es aber für wahrschein- licher, daß die Brennhaare dieser Pflanzengattung für den Menschen überhaupt unschädlich sind. Gegen welche Feinde sich aber die Da leckampia-Br ennhaare als nützlich erweisen, ließe sich nur in der Heimat der Pflanze, in Mexiko, genau fest- stellen. Soviel ist aber sicher, daß die ganz gleich gebauten Haare der Gattung Tragia auch den Menschen verletzen können. Müller Arg., welcher die Acalypheen in De Ca n do lies Pro- dromus bearbeitete, sagt daselbst, die Tragia- Arten seien » . . fru- tices vel suffrutices vel herbae .... saepissime urticarum more pilis plus minusve vehementer urentibus vestitae«.

Frisches Material von Tragia ist leider nicht zu erhalten; ich mußte also trachten, mir am Herbarmateriale eine klare und möglichst sichere Vorstellung von der Funktion dieser Brenn- haare zu verschaffen. Ich ging dabei von dem Gedanken aus, daß Brennhaare, die ihren Zweck erfüllen sollen, ihr Gift in zweckmäßiger Weise in die vorerst geschaffene Wunde ent- leeren müssen. Wenn man z.B. an den bereits geöffneten Brenn- haarenvon Urtica die verkieselte Spitze stets schief abgebrochen findet, so ist das eine Eigentümlichkeit, welche durch die ana- tomische Beschaffenheit derselben zu stände kommt und dem Zweckmässigkeitsprinzip vollkommen entspricht. Das durch Verkieselung steife Ende dringt leicht in die Haut ein, die Spitze bricht an der präformierten Stelle ab und das Gift fließt durch die schiefe Ausflußöffnung beim Zurückziehen des Haares in genügender Menge in die Wunde. Daß im Brennhaare der Acalypheen der Spießkristall ein überaus günstiges Werkzeug darstellt, um eine Wunde zu schaffen, geht aus Fig. 17 deutlich genug hervor. Ein Abbrechen der Brennhaarspitze zur Schaffung einer zweckmäßig gelegenen Ausflußöffnung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil das unverdickte Ende der Zentralzelle eine überaus elastische Beschaffenheit der Wand besitzt. Davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man an die Spitze eines solchen Brennhaares, das sich gerade im Gesichtsfeld des Mikroskops befindet, von der Seite her, also normal auf die Längsachse des Haares, mit einem Glasfaden stark genug anstößt. Wenn durch einen stärkeren Stoß der

3*

36 F. Knoll,

Kristall entzweigebrochen ist, läßt sich dasjenige Ende des Haares, welches die Kristallspitze enthält, rechtwinkelig zur Seite biegen, um nach dem Zurückziehen des Glasfadens so- fort in die ursprünglich gestreckte Lage zurückzukehren. Die Membran zeigt an der umgebogenen Stelle dann nur selten Spuren der vorgenommenen Knickung. Wenn der Kristall hier tatsächlich als Stichwaffe dient, würde eine feste, spröde Beschaffenheit der Haarspitze ein Durchbohren der Membran durch die Kristallspitze erschweren oder ganz verhindern. Ich habe früher erwähnt, daß die Brennhaarspitze eine starke kappen- förmige Verdickung aufweist, welche mit dem oberen Teil der Kristallhülle verbunden ist. Diese Verdickung müßte, wenn an ihr nicht ganz besondere Einrichtungen getroffen wären, der hindurchdringenden Kristallspitze einen ziemlich bedeutenden Widerstand entgegensetzen. Um uns über diese Einrichtungen zu orientieren, wählen wir wieder am besten die großen Brenn- haare von Tragia Miqueliana Müll. An allen unverletzten Brennhaaren werden wir sofort sehen, daß die äußerste Kristall- spitze bis nahe an die Cuticula reicht (Fig. 14). Vollkommenen Aufschluß gewähren jene Brennhaare,- welche den Kristall so orientiert zeigen, daß dessen Breitseite dem Beschauer zu- gekehrt ist (Fig. 14&). Da zeigt sich denn, daß die ganze schräge Endfläche fast unmittelbar unter der Cuticula zu liegen kommt. Hier haben wir die für das Hindurchdringen des Kristalls präformierte Stelle. Mit seinem breiten unteren Ende steckt der Spießkristall unbeweglich in der festen Zellulosever- ankerung, mit seinem oberen dünneren Ende in der Zellulose- kappe der Brennhaarspitze. Daraus geht hervor, daß der Kristall nur dann die Brennhaarspitze durchbohren kann, wenn ein Stoß annähernd in der Richtung der Brennhaarachse das Ende der Zentralzelle trifft. Die Zellwand wird an der verdünnten Stelle gesprengt, die Kristallhülle an der zarten, in Fig. 14 a mit * bezeichneten Stelle zerrissen und das ganze dünnwandige Endstück der Kristallzelle kann nun unter der Führung der durchbohrten Zellulosekappe am entblößten Kristall zurück- geschoben werden (Fig. 18 und 19). Wenn der Turgor der Brennhaarzellen sich an der Entleerung des Giftes auch gar nicht beteiligt, so genügt die durch das Zusammenschieben

Brennhaare der Euphorbiaceen. 37

der Membran des Zentralzellendes bewirkte Volumsver- minderung, um eine wirksame Menge der giftigen Substanz in die Wunde ausfließen zu lassen. Die durch diesen Vorgang bloßgelegte schiefe Endfläche des Spießkristalls bewirkt nun dasselbe wie die schief abgebrochene Spitze der Urtica-Brenn- haare.

Mit der einmaligen Funktion ist der Zweck des Brenn- haares erfüllt; eine Regeneration findet nicht mehr statt. An den Brennhaaren von Tragia vohibilis Michx. bleibt das Ende der Zentralzelle oft am Kristall zurückgeschoben, wo es jedenfalls antrocknet. Bei Tragia Miqueliana Müll. Arg. sah ich nur sehr selten Stadien, wie ich sie für die vorerwähnte Art in Fig. 18 und 19 abgebildet habe, dagegen die Zellulosekappe in sehr vielen Fällen durchbohrt. Es scheint, daß sich in diesen Fällen die Membran infolge ihrer Elastizität nachträglich in die ursprüngliche Lage zurückbegeben hat.

Kohl sagt über die Funktion der Brennhaare von Tragia volubilis: »Unmittelbar an die Rhaphiden schließen sich in ihrer Wirkung als Schutzmittel die großen Kalkoxalatkristalle an, welche in den Brennhaaren einiger Pflanzen als Stichwaffen

funktionieren Bei jeder unsanften Berührung der

Haarspitze hohrt sich der Kristall durch die dünne Membran der Endzelle hindurch in die Haut ein und verursacht, in der Wunde stückweise stecken bleibend, ein unangenehmes Jucken. Noch ist es nicht bekannt, ob gleichzeitig ein flüssiges Gift vom Haare entleert wird.« Ich weiß nicht, ob Kohl diese Wahr- nehmung an sich selbst gemacht hat oder ob diese Äußerung nur eine Darlegung dafür bietet, wie sich Kohl die Funktion der Brennhaare vorstellt. Ich halte es für möglich, daß mit- unter ein Stück des Kristalls in der Wunde stecken bleiben kann ich glaube aber, daß das nur zufällig geschieht. Denn an den von mir untersuchten Brennhaaren der Tragia vohibilis fand ich den Kristall fast immer unversehrt, trotzdem die meisten derselben geöffnet waren und die Endmembran der Zentralzelle oft bis zur Verankerung zurückgeschoben war. Wenn der Kristall abgebrochen war, fand ich stets die Zellhaut an der betreffenden Stelle durch- oder ganz weggerissen, was natürlich, da es sich um Herbarmaterial handelte, im

38 F. Knoll,

getrockneten Zustand leicht geschehen sein konnte. Jeden- falls bringen diese Brennhaare ein weiteres Argument für die von L. Lew in angenommene Bedeutung der Rhaphiden; denn auch hier schafft der spießförmige Kristall eine Wunde für ein in der Zelle vorhandenes Gift. Im übrigen unterscheiden sich die Rhaphiden wesentlich dadurch von dem Kristallapparat der Brennhaare, daß die Rhaphiden von allem Anfang an als voll- kommen ausgebildete, in Bündeln nebeneinander liegende Einzelkristalle entstehen, während der Spießkristall einer um- gebildeten Kristalldruse angehört.

Ich muß hier noch einmal darauf zurückkommen, daß die Brennhaare von Dalechampia Roezliana Müll. Arg. nach meiner Ansicht für den Menschen unschädlich sind. Wenn diese Brennhaare eine fühlbare Wirkung hervorbringen sollen, muß der Spießkristall zuerst eine ausreichend große Ver- wundung zu stände bringen können. Nun beträgt aber die Gesamtlänge des Kristalls hier im besten Falle nur 50 ja! Da das untere Ende noch in der dicken Zellulosehülle der Verankerung steckt, kann der Kristall, wenn die Zellwand möglichst weit zurückgeschoben wird, höchstens 20 (x tief in die Haut ein- dringen. Ferner dürfte der ganze Hilfsapparat zur Übertragung des Giftes bei Dalechampia viel zu schwach gebaut sein, um den ziemlich großen Widerstand zu überwinden, welchen die menschliche Haut der Verwundung entgegensetzt. Denn wenn man an einem lebenden Hochblatt von Dalechampia einige Male auf der Unterseite des Blattes mit dem Finger gegen die Basis streift und dann die dadurch vielfach deformierten Brennhaare untersucht, so findet man in vielen Fällen den Kristall entzwei- gebrochen in der Zentralzelle, oft aber auch unverletzt in den zwischen den Seitenzellen befindlichen Teil der Kristallzelle hinabgesunken. Leicht begreiflich erscheint es dagegen, daß sich mit den sehr spitzen, oft bis 170[x langen Kristallen von Tragia Miqiteliana Müll. Arg. auch der Mensch hinreichend verletzen kann, zumal da der Spießkristall außerordentlich gut verankert ist.

Wenn es auch, wie Haberlandt sagt, »in erster Linie auf den spezifischen Charakter und nicht auf die Quantität des ent- leerten Giftes ankommt«, so möchte ich doch der Vollständigkeit

Brennhaare der Euphorbiaceen.

39

wegen einige Zahlen anführen, welche uns eine Vorstellung von den Dimensionen dieser Brennhaare ermöglichen.

Die Größenverhältnisse sind ohneweiters aus folgender Tabelle ersichtlich; jede Zeile repräsentiert das Ergebnis der Messungen an einem einzelnen Brennhaar.

Bei Brennhaaren von

Länge

der Zentralzelle

der Seitenzellen

des Spießkristalls

Dalechampia Roezliana1

Tragia volubilis

Tragia Miqueliana

26-6|i

30-4

38-0

152-0 fi.

159-6

171-0

418 {jl

437

532

1710p.

2812

3382

15-2 [i

15-2 19-0

102*6 [i.

125-4 114-0

342 jj.

334,4

399

1900 (jl

2660 3230

11 -4 fJL

11-4 19-0

41-8p. 45 6 53-2

95 fi.

140,6 114

152 ja

171

152

Für eine mittelgroße Zentralzelle von Dalechampia Roez- liana berechnete ich ein Volumen von 0-000009234 nim3, für eine solche von Tragia Miqueliana ein Volumen von

1 Zum Vergleich sei erwähnt, daß die Epidermiszellen bei Dalechampia eine Höhe von 1 5 2 jjl besitzen.

40 F. Knoll,

0* 00023 mm3; bei den Brennhaaren von Urtica beträgt der Gesamtinhalt der Brennhaarzelle im Mittel 0*007 bis 0*008 mm3 (nach Haberlandt).

Die im vorigen geschilderten Brennhaare finden sich bei den von mir untersuchten Arten von Tragia und Dalechampia besonders zahlreich in der Blütenregion und an jungen Laubsprossen, wo sie stets in der Gesellschaft mehr oder weniger langer unverzweigter einzelliger Haare vorkommen. Daraus geht hervor, daß jene Organe zum Schutze der sich entwickelndenLaubblätterundBlütenteile, ganz beson- ders aber der heranwachsenden Früchte dienen. Die zer- teilten Kelchblätter an den sich entwickelnden Früchten von Tragia Miqueliana sind mit einem überaus dichten, verderben- drohenden Pelz von 3mm langen Brennhaaren versehen; bei Tragia volubilis ist die junge Frucht außen ganz von Brenn- haaren überzogen. Die Brennhaare finden sich außerdem noch an anderen Teilen dieser Pflanzen, wenn auch sehr ver- streut, so daß die Blütenregion dieser Gewächse die best- bewehrte Region der ganzen Pflanze darstellt.

II. Die Entwicklungsgeschichte und Phylogenie der Acaly- pheen-Brennhaare.

(Hiezu Tafel IL)

Betrachtet man den auf Taf. I, Fig. 5, dargestellten Längs- schnitt durch ein erwachsenes Brennhaar von Dalechampia, so muß es auffallen, daß die Zentralzelle mit ihrem unteren Ende so tief unter das Niveau der inneren Epidermis- wände hinabreicht. Diese Tatsache kann auf zweifache Art zu stände gekommen sein. Entweder entsteht die Zentralzelle aus einer Epidermiszelle, welche sich nach unten verlängert und zwischen die Zellen des unter der Epidermis gelegenen Gewebes hineinwächst, oder die Zentralzelle ist subepi- dermalen Ursp rungs, durchdringt die Epidermis und wächst, gestützt von den mitwachsenden benachbarten Epidermiszellen (»Seitenzellen«) weit über die Außenfläche der Epi- dermis hinaus. Daß subepidermal gelegene Zellen tatsäch- lich imstande sind, durch gleitendes Wachstum bis in die

Brennhaare der Euphorbiaceen. 4 1

Epidermis vorzudringen, hat W. Rothert für die Kristallzellen der Pontederiaceen und H. v. Guttenberg für Citrus nach- gewiesen.

Ich habe schon früher mitgeteilt, daß sich die Zentraizellen der jungen Dalechampi a-Brennhaaxe durch einen bedeutenden Gehalt an Stärke auszeichnen. Wir wollen diesen Umstand benützen, um die ersten Anfänge der Brennhaarbildung aus- findig zu machen. Junge Hochblätter von Dalechampia werden zu diesem Zwecke in der im ersten Abschnitt dieser Arbeit angegebenen Weise mit Eau de Javelle und einer zehnprozen- tigen Essigsäure behandelt und auf einige Zeit in Jodwasser gelegt und in Jodglyzerin untersucht. Die Stärkekörner sind durch Eau de Javelle nicht gelöst worden und haben sich durch Jod schwarzblau gefärbt; der sonst sehr störende Protoplast dagegen ist ganz verschwunden und die Zellen sind dadurch vollkommen durchsichtig geworden.

Wir untersuchen nun an den so präparierten jungen Hoch- blättern die Unterseite der Blattbasis und der Nerven, sowie den Blattrand. Bei entsprechender Einstellung finden wir bald subepi dermal gelegene Zellen, welche sich von den benach- barten durch etwas geringere Größe und besonders durch den vorerwähnten Stärkereichtum auszeichnen. Eine solche Zelle zeigt uns Fig. 10 auf Taf. II. Sie liegt an der Grenze dreier Epidermiszellen, die Epidermis darüber zeigt noch nichts Auf- fallendes. In Fig. 9 dagegen hat sich die stärkeführende Zelle keilförmig nach oben verschmälert und ist gerade im Begriff, die beiden ober ihr liegenden Epidermiszellen auseinander zu drängen. Bald treten die Epidermiszellen etwas auseinander und die junge Zentralzelle tritt aus der Tiefe hervor. Sie ist entweder »zweischneidig« (Fig. 9, 11, 12) oder »dreischneidig« (Fig. Sa a, 10, 13), je nachdem das Hindurchdringen an der Grenze zweier oder dreier Epidermiszellen erfolgte. In manchen Fällen ist die Zentralzelle gezwungen, in schiefer Richtung empor zu wachsen; es bildet sich dann ein Buckel an der darüber liegenden Epidermiszelle (Fig. 8 a ß, 8 b). Wenn die Zentralzelle nach Art von Fig. 10 angelegt wird, dann ist ein Durchdringen leicht möglich; wenn aber die Anlage mitten unter eine größere Epidermiszelle zu liegen kommt, ist

42 F. Knoll,

eine Weiterentwicklung entweder ausgeschlossen oder es tritt im richtigen Zeitpunkte eine Teilung der betreffenden Epidermiszelle ein. Solche Teilungen scheinen in der Tat sehr oft vorzukommen. Ein gutes Beispiel hiefür bietet Fig. 9, wo die Kontur der ursprünglichen Epidermiszelle noch deutlich sichtbar ist. Sehr auffallend ist es auch, daß die (im Verhältnis zur Größe der Epidermiszellen) ziemlich kleinen Zentralzellen- anlagen fast immer wie in Fig. 10 entstehen. Daß nicht jede beliebige, für ein Durchdringen der Epidermis günstig gelegene subepidermale Zelle zur Zentralzelle auswachsen kann, zeigt schon der Umstand, daß die dazu befähigten Zellen sehr plasma- und stärkereich sind und in kleinen Dimensionen ver- harren, während ihre Nachbarinnen oft schon sehr stark heran- gewachsen sind. Sie scheinen also gleichsam ihre ganze Ent- wicklungs- und Wachstumsfähigkeit für jenen Zeitpunkt zu sparen, der ihnen infolge günstiger Zellteilungen ein Durch- dringen der Epidermis ermöglicht. Vielleicht werden die Epi- dermiszellen durch die darunter liegenden Brennhaaranlagen zugleich in irgend welcher Weise veranlaßt, sich entsprechend zu teilen. Fig. 13 zeigt (etwas schief von der Seite gesehen) ein an einem Blattnerv entstehendes Brennhaar, das in seinem oberen Teile bereits eine kleine Kristalldruse ausgebildet hat. Die Kristallindividuen sind aber noch vollkommen gleichartig; eine Andeutung des Spießkristalls ist noch nicht vorhanden. In diesem Stadium dürften bereits Zellulosebalken entwickelt sein, welche die Druse in ihrer Lage im oberen Teile der ganzen Zentralzelle festhalten.

Wir wollen nun die in der Oberflächenansicht beobachteten Entwicklungsstadien auch am Blattquerschnitt betrachten. Die Figuren 1 bis 7 sind nach Mikrotomschnitten gezeichnet worden und sie geben uns in ihrer Reihenfolge von 1 bis 4 ein vollkommen klares Bild der sich entwickelnden Brennhaar- anlage. Fig. 1 zeigt uns eine Brennhaaranlage von einem etwa 1 mm langen Hochblatt von Daleckampia. Das Präparat ist mit Hämatoxylin gefärbt und zeigt vor allem den Plasma- und Stärkereichtum der jungen Zentralzelle. Auch sieht man ihre geringe Größe sehr deutlich an den benachbarten subepi- dermalen Zellen. Nach oben zu ist sie keilförmig zwischen zwei

Brennhaare der Euphorbiaceen. 43

Epidermiszellen eingedrungen und hat dieselben im unteren Teile schon weit auseinandergedrängt. Im oberen Teil der Epidermiszellen ist die Mittellamelle noch nicht gespalten. Fig. 2 zeigt uns eine Anlage, in welcher die künftige Zentral- zelle ihren ursprünglichen Platz zur Hälfte verlassen und noch ein Drittel der Epidermisdicke zu überwinden hat. In Fig. 3 der Schnitt ist etwas seitlich geführt hat die junge Zentralzelle die Außenfläche der Epidermis erreicht und die späteren Seitenzellen bereits mit emporgehoben. Fig. 4 zeigt zwei junge Brennhaare; bei ß, das ebenfalls einen etwas seitlich geführten Schnitt darstellt, ist bereits der Spießkristall aus- gebildet — der untere Teil der Kristalldruse ist beim Schneiden des Objektes weggebrochen. Die benachbarten Epidermis- zellen werden zu Seitenzellen; doch treten unterdessen noch Teilungen in den ersteren auf, so daß aus den ursprünglich »zweischneidigen« und »dreischneidigen« Zentralzellen meist vierseitige Brennhaare gebildet werden. Oft ist der Kristall- apparat einer Zentralzelle schon vollständig ausgebildet, die Seitenzellen sind jedoch noch nicht emporgehoben (Fig. 5 und 7); das sind die »kleinen Brennhaare« im Sinne Ritters- hausens. Meist tritt jedoch das Emporheben der Seitenzellen gleich nach dem Durchdringen der Epidermis ein (Fig. 4 und 6) und dann wachsen Seitenzelle und Zentralzelle gemeinsam in die Länge. Von dem Wachstum und der Gestalt der Seitenzellen wird nun die Richtung der Brennhaarspitze und der Habitus des ganzen Haares bestimmt. Wachsen die Seitenzellen gerade in die Länge, dann entstehen Brennhaare wie Fig. 1, Taf. I; wachsen sie aber spiralig, dann entstehen gedrehte Brennhaare wie Fig. 2, Taf. I. Das Aussehen jüngerer Brennhaare hängt auch davon ab, ob die Seitenzellen oben oder unten die größte Breite haben (Fig. 3 und 4, Taf. I). Öfters treten im Verlaufe der Seitenzellen Querwände auf, welche die normale Gestalt des Brennhaares nicht verändern. So sah ich an einem ausge- wachsenen Brennhaar jede Seitenzelle in drei gleich lange Teile geteilt. Fig. 1 der Taf. I zeigt links unten eine solche Querwand. Oft sind solche Querwände die Ursache von Miß- bildungen (Fig. 7, Taf. I). Eine interessante Mißbildung anderer Art ist in Fig. 8, Taf. I, abgebildet. Es ist dies ein vierseitiges

44 F. Knoll,

Brennhaar mit zwei wohlausgebildeten Zentralzellen. Diese Bildung kam dadurch zustande, daß die Zentralzellen ent- weder in unmittelbarer Nachbarschaft angelegt wurden oder dadurch, daß sich eine Anlage ausnahmsweise geteilt hat. Die beiden Zentralzellen sind dann an derselben Stelle der Epi- dermis hindurchgedrungen und haben sich vier Epidermis- zellen für das gemeinsame Postament mit emporgenommen.

Die im Vorigen gegebenen Details beziehen sich sämtlich auf Dalechampia Roezliana Müll. Arg. Für Tragia habe ich die Entwicklungsgeschichte nicht genauer untersucht; der vollkommen mit den Dalechampien übereinstimmende Bau der Brennhaare und das Vorkommen »großer« und »kleiner« Brennhaare bei Tragia berechtigt uns, auch für diese Gattung der Acalypheen die gleiche Entstehung der Brennhaare anzu- nehmen.

Wie Rittershausen nachgewiesen hat, liegen in der Epidermis der Acalypheen-Blätter sehr oft Idioblaste, welche sich durch verschiedenartig ausgebildete Kristalldrusen, oft auch nebenbei durch eine von den Epidermiszellen verschiedene Form und Größe auszeichnen. Schon Rittershausen hat an verschiedenen Stellen seiner Arbeit auf einen phylogenetischen Zusammenhang dieser in der Epidermis liegenden Kristall- zellen und der Brennhaare hingewiesen. Doch wird die Phylo- genie dieser Gebilde erst durch die soeben dargelegte Ent- wicklungsgeschichte verständlich.

Sehr wichtig ist es, daß in der Blattepidermis von Dale- champia Roezliana Müll. Arg. ebenfalls Kristalldrusenzellen vorkommen. Ich konnte nachweisen, daß diese Zellen keine echten Epidermiszellen sind, sondern daß es sich auch hier um subepidermal entstandene Gebilde handelt. Fig. 16 zeigt eine solche in der Epidermis gelegene Zelle, welche ihren Ursprung kaum mehr erkennen läßt. Sie enthält eine nach allen Rich- tungen gleichmäßig ausgebildete Kalkoxalatdruse, welche von einer enganliegenden Zellulosehülle umgeben ist. Bei der in Fig. 15 dargestellten Zelle, deren subepidermale Entstehung man noch ganz deutlich erkennt, ist die Kristalldruse durch Salzsäure gelöst worden, so daß die Zellulosehülle nunmehr als unregelmäßig geformter Körper im Zellumen sichtbar ist.

Brennhaare der Euphorbiaceen. 45

Von den zahlreichen subepi dermal liegenden Drusenzellen, welche ich bei Dalechampia beobachtete, scheinen nur sehr wenige in die Epidermis emporzudringen. Doch besitzen diese Drusenzellen sehr häufig nach oben zu eine keilförmig ver- schmälerte Partie, welche sich, wie Fig. 14 zeigt, mehr oder weniger weit zwischen die darüberliegenden Epidermiszellen einzwängt. Zwischen den subepidermal gelegenen und den epidermal gelegenen Drusenzellen finden sich in den Präparaten alle Übergänge.

Von Dalechampia scandens ß fallax Müll. Arg. erwähnt Ritters hausen, daß neben Drusen »in den Epidermiszellen« auch große prismatische Einzelkristalle mit Neigung zur Zwillingsbildung vorkommen. Es ist klar, daß auch diese Kristallzellen wie wohl die meisten oder alle anderen Drusen- zellen der Acalypheen-Biätter subepidermalen Ursprungs sind, wenn sie zwischen den Epidermiszellen liegen. Einen wich- tigen Anhaltspunkt dafür bieten die von Rittershausen an vielen Stellen seiner Arbeit gemachten Bemerkungen, daß die in der Epidermis gelegenen Drusenzellen stets sehr weit ins Blattinnere hinabreichen. Dasselbe zeigt ein von Ritters- hausen gezeichneter Blattquerschnitt von Claoxylon. Die von demselben Autor entdeckten sternförmigen »Drusenhaare« der Blätter von Phiketietia (und FragariopsisJ sind, so merkwürdig es auch auf den ersten Blick erscheinen mag, jedenfalls auch subepidermalen Ursprungs.1

1 Nach Rittershausen bestehen diese »Drusenhaare« »aus papillös ent- wickelten Epidermiszellen, welche in ihrem Lumen eine dasselbe erfüllende Kristalldruse aus Kalziumoxalat enthalten, deren (3 bis 6) spitze Strahlen nach außen gerichtet sind und derart von der sehr dünnen Außenwand der papil- lösen Epidermiszelle eng umschlossen werden, daß das ganze Trichomgebilde ein sternhaarartiges Aussehen besitzt. Unter dieser Epidermiszelle liegt in der Regel eine ziemlich schmale lange Zelle, die tief in das Palisadengewebe ein- dringt.« Ritters hausen hält cfiese Gebilde für eine Modifikation der kristall- führenden Brennhaare. Ich glaube, daß Rittershaus en bei der Betrach- tung dieser »Drusenhaare« denselben Fehler begangen hat wie bei der Unter- suchung der Brennhaare. Die »papillöse Epidermiszelle« und die unter ihr liegende »schmale, lange Zelle« entsprechen zusammen der Zentralzelle der Brennhaare, so daß auch hier die Zellulosehülle der Kristalldruse eine Zell- wand vorgetäuscht haben mußte. Natürlich konnte das mächtige Längenwachstum

46 F. Knoll,

Mit Benützung der von Ritters hausen angegebenen Details läßt sich die Umbildung der s üb epidermalen Drusen- zellen zu typischen Brennhaaren von Tragia etc. in der folgen- den phylogenetischen Reihe übersichtlich zum Ausdruck bringen.

I. Subepidermal entstandene Drusenzellen dringen zwischen die Epidermiszellen ein, ohne daß sich die Gestalt der ersteren und die gleichmäßige Ausbildung der Kristalldrusen viel verändert: Dalechampia etc.

II. Die in die Epidermis vorgedrungenen Drusenzellen zeigen bereits eine ungleichmäßige Ausbildung der Kristalldrusen, indem sich die der Blattaußenseite zuge- wendeten Kristallindividuen stärker ausbilden. Die von der dünnen Außenwand der Zelle überzogenen längeren Kristalle ragen etwas über die Epidermisaußenfläche empor: Caperonia, Argyrothamnia.

III. Die subepidermal entstandenen Zellen dringen durch die Epidermis und bilden nun Kristalldrusen, deren nach außen gewendete Kristalle ganz besonders groß und lang werden. Die Außenwand der Drusenzelle ist sehr dünn, kann jedoch aus lokalmechanischen Gründen an einer bestimmten Stelle verdickt sein.

a) Die Druse zeigt 3 bis 6 mächtige Spießkristalle ent- wickelt; die Außenwand ist der Zellulosehülle der Druse eng anliegend und wahrscheinlich mit ihr vielfach oder ganz verwachsen: »Drusenhaare« von Plukenetia (und Fragariopsis)

oder: bj Die Druse zeigt nur einen Kristall besonders stark ausgebildet. Die dünne Außenwand der Zelle berührt den Spießkristall nur an der Spitze und ist hier etwas verdickt; ferner ist sie hier und im unteren Teil der Kristall- druse mit der Zellulosehülle der letzteren verbunden.

der Kristallindividuen erst dann erfolgen, nachdem die Epidermis von der Drusenzelle vollkommen durchwachsen war. (Vergl. Rittershausen, Fig. 4 bis 6 und Solereder Fig. 180, R. S.)

Brennhaare der Euphorbiaceen. 47

Durch starkes Längenwachstum der Drusenzelle und der benachbarten Epidermiszellen erhebt sich das ganze Ge- bilde weit über die Oberfläche des Blattes: Brennhaare von Dalechampia, Tragia etc.

Zum Schlüsse komme ich der angenehmen Pflicht nach, Herrn Prof. G. Haberlandt, unter dessen Leitung vorliegende Arbeit ausgeführt wurde, sowie Herrn Prof. E. Palla für die mannigfaltige Unterstützung und Anregung, die mir von ihnen während meiner Untersuchungen zukam, den besten Dank auszusprechen. Auch Herrn Prof. R. v. Wettstein in Wien fühle ich mich für die überaus bereitwillige Überlassung des nötigen Herbarmaterials zu großem Danke verpflichtet.

Literatur.

1. Crüger Herrn., Westindische Fragmente (Beschluß). Botanische Zeitung,

13. Jahrg. 1855, Nr. 36, S. 618 f.

2. Kohl F. G., Anat. phys. Untersuchung der Kalksalze und Kieselsäure in der

Pflanze. S. 164. Marburg 1889.

3. Weiß Ad., Die Pflanzenhaare. In »Karsten's Bot. Untersuchungen«,

Band I. S. 464. Berlin 1867.

4. Rittershausen P., Anat. System. Untersuchung von Blatt und Axe der

Acalypheen. Dissertation d. Univ. Erlangen. München 1892.

5. So lere der H., Systematische Anatomie der Dikotyledonen. S. 851 f. Stutt-

gart 1899.

6. Haberlandt G., Zur Anatomie und Physiologie der pflanzlichen Brenn-

haare. Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss. (math. naturw. Kl.) Bd. XCIII. Wien 1886.

7. Haberlandt G., Physiologische Pflanzenanatomie, 3. Aufl. Leipzig 1904.

8. Müller Joh. (argoviensis), Acalypheae in De Candolle, Prodromus syste-

matis naturalis regni vegetabilis, pars XV, Sectio posterior, Fase. II, p. 927.

9. Rothert W., Die Kristallzellen der Pontederiaceen. Botan. Zeitung.

58. Jahrg. 1900.

10. Guttenberg H. v., Zur Entwicklungsgeschichte der Kristallzellen im Blatte

von Citrus. Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss. (math. naturw. Kl.) Bd. CXI. Wien 1902.

11. Lewin L., Über die toxikologische Stellung der Rhaphiden. Ber. d.

Deutschen Bot. Gesellschaft, Bd. 18. 1900.

48 F. Knoll,

Tafelerklärung.

Tafel I (Bau und Funktion der Brennhaare).

Fig. 1 bis 4. Brennhaarformen in der Außenansicht, 1 und 2 erwachsene Brenn- haare.

Fig. 5. Optischer Längschnitt durch ein ausgewachsenes Brennhaar; S = Seiten- zelle, C =■■ Zentralzelle.

Fig. 6. Optischer Querschnitt durch ein ausgewachsenes Brennhaar, a in der Höhe der Kristalldruse,, b nahe an der Basis.

Fig. 7. Brennhaarabnormität.

Fig. 8. Vierseitiges Brennhaar mit zwei Zentralzellen (Abnormität).

Fig. 9. Oberes Ende der Zentralzelle, zeigt den Zellkern derselben.

Fig. 10. Oberer Teil des Brennhaares im opt. Längsschnitt.

Fig. 11 und 12. Verankerung der Kristalldruse (opt. Längschnitt).

Fig. 13. Ansicht der Verankerung von außen.

Fig. 14. Beschaffenheit der Brennhaarspitze; Ansicht derselben von drei Seiten (opt. Längschnitt), b in Profilansicht.

Fig. 15 a bis d. Ausbildung der Kristalldruse an der Basis des Spießkristalls.

Fig. 16. Kristallapparat mit zwei Spießkristallen.

Fig. 17. Kristallapparat; s = Seitenfläche, e = schräge Endfläche.

Fig. 18 und 19. Geöffnete Brennhaarspitzen.

Die Figuren 1 bis 9, 15 und 16 beziehen sich auf Dalechampia Roezliana, Fig. 10 bis 14 auf Tragia Miqneliana, Fig. 17 bis 19 auf Tnigia volubilis.

Tafel II (Entwicklungsgeschichte und Phylogenie).

Fig. 1 bis 7. Entwicklungsstadien im Längschnitt (Erklärung im Text).

Fig. 8 a. Epidermisaußenansicht mit jungen Brennhaarstadien. 8 b ist die Vergrößerung von 8 a ß.

Fig. 9. Entwicklung einer »zweischneidigen« Zentralzelle, Flächenansicht der Epidermis.

Fig 10. Entwicklung einer »dreischneidigen« Zentralzelle, Flächenansicht der Epidermis.

Fig. 1 1. »Zweischneidige«, die Epidermis durchdringende Zentralzelle (von der Seite gesehen).

Fig. 12. »Zweischneidige«, die Epidermis durchdringende Zentralzelle (von oben gesehen).

Fig. 13. »Dreischneidige« Zentralzelle, schief von der Seite gesehen.

Fig. 14 bis 16. Zellen mit allseitig ausgebildeten Kristalldrusen; in 14 noch unter der Epidermis liegend, in 15 und 16 bereits in die Epidermis vor- gedrungen.

Alle Figuren beziehen sich auf Dalechampia Roezliana.

Knoll.K.: Breraihaare der Euphorbiaceen.

Taf.I.

malhmaturw. Klasse, Bd. ("XIV. Abt. L L90J

KhüIl,F.:BreTirih nphorbiaceen

Taf.IL

r ,i .

Sitzungsberichte d.tais.Akad.d.'Wiss., mai fts-naüirw. Klasse, Hd.CXIV.Abt. 1.1905.

SITZUNGSBERICHTE

DER

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE KLASSE.

CXIV. BAND. II. HEFT.

ABTEILUNG I.

ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE,

KRISTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE,

PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN.

51

Photometrisehe Untersuchungen über die Be- leuehtungsverhältnisse im Wasser

(Ein Beitrag zur Hydrobiologie)

Dr. Ludwig Linsbauer,

k. k. Gymnasialprofessor in Wien.

(Mit 1 Tafel und 2 Textfiguren.)

(Vorgelegt in der Sitzung am 3. Februar ]905.)

Das Studium der Lichtverhältnisse des Wassers nahm von rein praktischen Interessen der Schiffahrt seinen Ausgang. Bald nachdem die Physik sich des Gegenstandes bemächtigt hatte, wurden die Untersuchungen über Farbe und Durch- sichtigkeit auf exaktere Grundlagen gestellt und als interessantes Kapitel der Hydrographie behandelt. Noch größere Aufmerk- samkeit wurde den Lichtverhältnissen seitens der Biologen zu teil. Ich selbst wurde zu meinen eigenen Beobachtungen angeregt durch die von Wiesner1 inaugurierte und so erfolg- reich angewendete Methode der »chemischen« Photometrie. Die Aufgabe, welche ich mir stellte, besteht nicht so sehr in der Ermittlung von bestimmten Zahlenwerten für die Licht- stärke im Wasser, etwa im Genauigkeitsausmaße exakter physikalischer Meßmethoden, als vielmehr in der Eruierung der- jenigen Beleuchtungsverhältnisse, welche an einem bestimmten Orte, z. B. an einem Algenstandpunkte tatsächlich zu messen sind.

1 »Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete« [Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissenschaften in Wien, 1893 1904] und »Untersuchungen über das photochemische Klima von Wien, Kairo und Buiten- zorg« [Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissenschaften in Wien, 1!

4*

52 L. Linsbauer,

In den folgenden Zeilen will ich neben einer kurzen Dar- stellung der bisher üblichen Untersuchungsmethoden namentlich die von mir vorgeschlagene Methode besprechen, meine Meß- apparate beschreiben und einige Ergebnisse mitteilen. Ich werde ferner nur die Verhältnisse der Lichtstärke näher besprechen, ohne die Farbenfrage ganz außer acht zu lassen.

Die einfachste Tatsache, von der man ausgehen konnte, um über die Stärke der Beleuchtung im Wasser einigen Auf- schluß zu erhalten, sind die Durchsichtigkeitsverhältnisse des- selben.

Von dem uralten und sozusagen primitiven Beobachtungs- faktum ausgehend, daß verschiedene Gewässer Meere haupt- sächlich — einen differenten Grad von Transparenz aufweisen, dauerte es noch sehr lange bis zu einem weiteren Schritte, der eine vergleichsweise Schätzung dieser Verhältnisse an- bahnte. Es wurde hiezu die sogenannte »Senkscheibenmethode« erfunden, deren Prinzip höchst einfach war. Ein meist scheiben- förmiger Körper wurde allmählich im Wasser versenkt, bis er dem Auge unsichtbar wurde. Je nach dem untersuchten Gewässer, der Küstennähe oder -Ferne, der Wellenbewegung, der Farbe der Scheibe u. s. f. wurden auf diese Weise ver- schiedene »Sichttiefen« erreicht, welche zunächst ein Ausdruck für die herrschende Transparenz des Wassers waren, anderseits aber auch zu dem einfachen Schlüsse führten, daß ein Gewässer desto mehr von Licht durchstrahlt war, einen je höheren Betrag seine Sichttiefe erreichte. Als historisch sei angeführt, daß die ersten unvollkommenen Senkversuche von O. v. Kotzebue an Bord des Rurik 1817 angestellt wurden. Planmäßigere Beobachtungen in größerem Maßstabe stellten dann P. Secchi und Cioldi (1865), Wolf und Luksch (1880) an, während Aschenborn (1887) wohl die größte Beobachtungsreihe zu verdanken ist. Die größte Sichttiefe läßt sich nach Secchi zu 40 45 m annehmen.

Diese Methode leidet an einer Anzahl von Mängeln, auf deren Besprechung ich hier nicht eingehe. Ich verweise bezüg- lich näherer Angaben auf die Ausführungen in den »Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie«, XVII. Jahrgang,

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. 53

Berlin 1889, welche eine übersichtliche Darstellung der ein- schlägigen Fragen namentlich auch in historischer Beziehung enthalten.

Die Ergebnisse der Senkscheibenmethode befriedigten nicht und man suchte dem Problem auf andere Weise bei- zukommen.

Die Methode der direkten Beobachtung der in einer bestimmten Wassertiefe herrschenden Lichtverhältnisse mit Hilfe des menschlichen Auges wurde meines Wissens nie in Anwendung gebracht (der Vorschlag dazu wurde von Halley gemacht) und die geringe Tiefe, bis zu welcher Taucher ein- zudringen vermögen, hätte auch keine Aussicht auf gründ- lichere Lösung der in Betracht kommenden Verhältnisse geboten. Da tauchte der Plan auf, den umgekehrten Weg ein- zuschlagen: Eine Lichtquelle zu versenken und das Ver- schwinden ihrer Sichtbarkeit von der Oberfläche des WTassers aus zu beobachten.

Über die Untersuchungsergebnisse berichtete Soret in der Soc. phys. et d'histoire nat. de Geneve 1884 Folgendes:

Die mit verschiedenen Lichtquellen erhaltenen Resultate ergaben natürlich untereinander abweichende absolute Werte, je nach der Lichtstärke der ersteren, und die beiden Experi- mentatoren lehnten es selbst ab, aus diesen vorläufigen Ver- suchen Schlüsse auf die Tiefe zu ziehen, in welche die Sonnen- strahlen in das Wasser eindringen können. Was aber an diesen Versuchen wertvoll ist, das ist das Auseinanderhalten von direktem und von diffusem Lichte und die Feststellung, daß das diffuse Licht sich in ungefähr doppelt so große Entfernungen ausbreitet, als diejenige ist, in welcher ein leuchtender Punkt, die Lichtquelle, dem Auge entschwindet. Denn auch dann, als der Lichtpunkt dem Auge entschwunden war, blieb das Wasser in der Umgebung der versenkten Lampe noch immer erhellt. Wenn auch eingewendet werden kann, daß bei den eben erwähnten Experimenten die Sachlage gegenüber den natürlichen Verhältnissen insoferne verändert ist, als dort das Licht aus dichteren in dünnere Schichten übertritt (höchst- wahrscheinlich läßt sich die daraus entspringende Differenz ganz vernachlässigen in Anbetracht der relativ geringen Tiefen,

54 L. Linsbauer,

in welchen experimentiert wurde), so bleibt doch die prinzipiell wichtige Unterscheidung zwischen den beiden Beleuchtungs- formen, der direkten und der indirekten bestehen, und welche Bedeutung dem zukommt, geht aus zahlreichen Belegen in Wiesner's photometrischen Untersuchungen1 und Studien hervor. Abgesehen von der Verschiedenheit im physikalisch- optischen Verhalten, welche hier zunächst in Betracht kommt, sei schon jetzt auf die verschiedene Rolle der direkten und der diffusen Beleuchtung im Haushalte der pflanzlichen Organismen hingewiesen, welche der genannte Forscher zu wiederholten Malen erörtert und klargelegt hat.

Man hat aber sehr bald ein ganz anderes Untersuchungs- prinzip in Anwendung gebracht, indem man die Reduktion von Silbersalzen durch das Licht, d. h. die dabei auftretende Schwärzung des chemischen Präparates als Maß für die Licht- stärke benützte. Indem man der Reihe nach Chlorsilberpapier, Bromsilberpapier, Bromsilber-Gelatineplatten verwendete, rückte die untere Grenze der Lichtwirkung immer tiefer hinab. Nach einem mißglückten Versuche der Challenger- Expedition war Forel der erste, der im Genfersee die neue Methode einführte, ihm folgten Fol und Sarasin, Apter, Luksch und andere, welche teils im Süßwasser, teils im Meere beobachteten.

Bei allen diesen Versuchen handelte es sich zunächst um die Feststellung, wie weit das Licht in die Tiefen des Wassers eindringen könne, mit anderen Worten, bei welcher Grenze die sogenannte aphotische Region des Meeres ihren Anfang nehme. Die schon erwähnte Tatsache, daß je nach der Empfind- lichkeit des zur Bestimmung der Lichtstärke benützten photo- graphischen Präparates auch die erhaltenen Grenzwerte (im obigen Sinne) andere Zahlenverhältnisse repräsentieren, weist schon zur Genüge auf den problematischen Wert derartiger »Messungen« hin.

Zur Illustration des Gesagten sei erwähnt, daß beispiels- weise Forel im Genfersee bei Anwendung von Chlorsilber- papier im Maximum bis 100 m, Fol und Sarasin ebenda bis rund gegen 200 m Schwärzung auftreten sahen, wenn sie mit

1 Siehe Anmerkung Seite 51.

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. 55

Bromsilberplatten operierten. Noch weiter nach unten rückte Luksch1 diese Grenze, der im Mittelmeer bis 600 m vordringen konnte. Wie aus dieser kurzen Darstellung zu ersehen ist, bedeutet das Aufsuchen einer solchen unbestimmbaren Grenze eigentlich sehr wenig Gewinn. Es würde schon lohnender sein, sie aufzusuchen, wenn man damit die Grenze einer bestimmten Lichtintensität in einem vergleichbaren Maße ausgedrückt eruieren würde. Aber die gefundenen Tiefenwerte bedeuten so, wie sie gewonnen werden, nicht einmal so viel. Sie sind nicht mehr und nicht weniger als ein Ausdruck dafür, daß mit zunehmender Tiefe des Wassers die Lichtstärke innerhalb des- selben endlich soweit abnimmt, daß die angewendeten Chlor- silber- oder Bromsilberpräparate auf sie gar nicht mehr reagieren, da ihre (spezifisch so verschiedene) Empfindlichkeits- grenze erreicht ist.

Alle Arten von Messungen sind erst dann verwertbar, wenn sie mit anderen verglichen werden können. Wohl haben einzelne Beobachter auch versucht, sich durch Vergleiche eine deutlichere Vorstellung von den im Wasser wirksamen Lichtstärken zu bilden. So haben sich beispielsweise Fol und Sarasin in einem Falle damit geholfen, daß sie das im Hafen von Villafranca bei 390 m Tiefe gefundene Licht seinem Schwärzungseffekt nach für schwächer als das einer hellen, mondscheinlosen Nacht erklärten, eine an sich ziemlich anschauliche Vergleichsmethode, die aber für längere Beob- achtungsreihen und Abstufungen des Schwärzungsgrades ihre Brauchbarkeit sehr bald verliert. Gar keine Vorstellung aber läßt sich mit einer willkürlich aufgestellten Schwärzungsskala verbinden, deren Glieder durch Ausdrücke, wie: Lichteindruck sehr schwach, schwach, stärker, sehr stark u. s. f. bezeichnet werden. Gleichwohl hat man auch dieses Auskunftsmittel in Anwendung gebracht. Es soll mit den vorhergehenden Worten nicht gesagt sein, daß nicht auch diese Form zu anschau- licher Darstellung benützt werden könnte; nur wird sie dazu erst geeignet sein, bis die Vergleichsskala nach irgend einer

i Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissenschaften in Wien, LXIX (1901).

56 L. Linsbauer,

brauchbaren Einheit geeicht ist, was die Beobachter meines Wissens bis jetzt nicht getan haben.

Ich will nicht unerwähnt lassen, daß es auch nicht an dem Versuche gefehlt hat, die Lichtstärke im Wasser a priori nach einer bestimmten Formel auszurechnen. Hüfner hat es so gemacht. Wie weit die theoretische Richtigkeit derart errechneter Werte von der Wirklichkeit abweicht, muß und kann natürlich erst die Beobachtung an Ort und Stelle ergeben.

Die Methoden, sich einen Einblick in die Licht- und also auch in die Farbenverhältnisse des Wassers zu verschaffen, sind mit den aufgezählten nicht erschöpft. Seit langer Zeit schon haben die Biologen, als am meisten daran beteiligt, sich an die Aufhellung der hiehergehörigen Probleme gemacht und aus ihren Beobachtungen die entsprechenden Schlüsse gezogen. Dabei hat man meist weniger die Lichtstärke als vielmehr die qualitative Seite der Frage, nämlich die Wellenlänge des durch- gelassenen Lichtes als Ausdruck der Lichtfarbe im Auge gehabt. Es ist hier nicht beabsichtigt, über diese Verhältnisse zu sprechen. Weit weniger sicher als die Schlüsse oder, für viele Fälle zutreffender, Spekulationen über die Licht- qualität sind diejenigen, aus gewissen biologischen Tatsachen gezogenen Folgerungen, welche die Intensität des Lichtes im Wasser auf diese indirekte, so vielfachen Irrungsmöglichkeiten ausgesetzte Art zu eruieren trachten. Ich erwähne beispiels- halber eine Beobachtung Berthol d's. Bei seinen Algenstudien sah der Genannte im Meere von Capri an gewissen Algen pathologische Erscheinungen, Ausbleichungsvorgänge, ein- treten, welche er mit anscheinend gleichen Veränderungen, welche durch direktes Sonnenlicht hervorgerufen werden, ohne weiteres identifizierte. Er schloß daraus, daß bei Capri in einer Meerestiefe von etwa 70 80 m, in welcher er das Ausbleichen beobachtete, eine noch sehr intensive Lichtwirkung vorhanden sein müsse.

Eine Überlegung anderer Art veranlaßte Kny zu einem originellen Vorschlage. Er wollte zunächst die größte Tiefe ermitteln, in welche Lichtstrahlen in das Wasser einzudringen vermögen; wichtiger aber ist, daß er zu diesem Zwecke die stärker und die schwächer brechbare Hälfte getrennt unter-

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. 57

suchen wollte. Erstere sollte mit Hilfe eines photographischen Papieres gemessen werden. Zur Ermittlung der Intensität der letzteren aber schlug er vor, eine Wasserpflanze in einem luft- dicht schließenden Gefäße gleichzeitig mitzuversenken, und zwar unter vollständigem Lichtabschlusse. Erst in der gewünsch- ten Tiefe wäre die Pflanze und das Papier eine Zeit lang dem Lichte zu exponieren. Schwärzung des Papieres würde dann die Gegenwart (und Stärke) der kurzwelligen Strahlen angeben, während die Änderung des Kohlendioxyd-, beziehungsweise auch des Sauerstoffgehaltes des vorher daraufhin genau unter- suchten Vegetationsvvassers auf die etwaige Anwesenheit assimilatorisch wirksamer Strahlen hinwiese.

Manche, die sich mit algenbiologischen Fragen beschäf- tigten, machten ebenfalls die Assimilationstätigkeit dieser Organismen, als vom Lichte bestimmter Brechbarkeit und Intensität abhängigen Prozeß, zum Ausgangspunkt für Speku- lationen über beide Seiten der in Rede stehenden Frage nach den Lichtverhältnissen des Wassers, nämlich nach der quali- tativen und quantitativen Seite hin. Ich will darauf nicht näher eingehen, da die betreffenden Forscher nicht wie Kny bis zum Experimente gelangten und möchte hier auf meine Dar- stellung dieser Verhältnisse verweisen1.

Ich habe die Absicht, ebenfalls mit Hilfe photographischer Präparate die Lichtstärke und -färbe des Wassers zu prüfen. Es kommt mir nicht sowohl auf die »untere Grenze des Lichtes« an, welche biologisch lange nicht die Bedeutung hat, die man ihr anfangs wohl zuschrieb. Für die Tiefenverbreitung der vom Lichte abhängigen Wasserorganismen, insbesondere für die Lebenstätigkeit der assimilierenden Pflanzen, ist gewiß schon weit früher eine untere Grenze des Funkrionierens eingetreten. Und im allgemeinen läßt sich wohl der Satz aussprechen, daß schon oberhalb des physikalischen Nullpunktes des Lichtes bereits das Minimum der vom Lichte abhängigen physio- logischen Prozesse eingetreten ist, wobei natürlich zu beachten ist, daß dieser »Schwellenwert« des Lichtes keineswegs bei

1 Die Lichtverhältnisse des Wassers etc. [Naturvvissenschaftl. Wochen- schrift, XIII.] (1898).

58 L. Linsbauer,

allen Lebensvorgängen, noch weniger bei den verschiedenen Organismenarten ein und derselbe ist.

Wichtiger ist zweifellos die Konstatierung der spektralen Zusammensetzung und Stärke des Lichtes in bestimmten Tiefen. Auch hier kann ich auf meine frühere Darstellung dieser Sachlage1 hinweisen. Mein Plan ist im Prinzipe der, mit hochempfindlichen Silbersalzen photographischen Films welche in beliebiger Tiefe eine bestimmte Zeit hindurch dem Lichte ausgesetzt werden, in vergleichenden Maßangaben die Lichtintensität zu ermitteln. Da aber bei dem Eindringen der Lichtstrahlen in das Wasser mit der Abschwächung gleich- zeitig eine spektrale Zerlegung desselben erfolgt, so ist es nötig, zur Intensitätsbestimmung nur möglichst monochro- matisches Licht zuzulassen und für dieses Licht die photo- graphische Schichte zu sensibilisieren.

Die schon oben erwähnte theoretische Berechnung der Intensitätswerte, sowie die im Laboratorium ermittelte Größe des Absorptionskoeffizienten des Wassers müssen erst am Beobachtungsorte durch den der Berechnung sich entziehenden Einfluß verschiedenartiger Faktoren auf ihren faktischen Wert reduziert werden.

Ich habe mich selbst bemüht, einen Apparat zu kon- struieren, der geeignet wäre, Lichtmessungen in verschiedenen Wassertiefen auszuführen. Da ich ihn für größere Tiefen bestimmt hatte, kamen bei der Ausführung namentlich zwei Punkte in Betracht. Einmal mußte er geeignet sein, einen größeren Wasserdruck zu ertragen und aus diesem Grunde, da seine Oberfläche wie aus den folgenden Ausführungen erhellen wird relativ groß war, mußte eine besondere Solidität des Apparates angestrebt werden. Am einfachsten schien es, die Wandstärke entsprechend groß zu wählen. Eine weitere Aufgabe bestand darin, einen nicht nur licht-, sondern auch wasserdichten Verschluß herzustellen. Derselbe wurde anfangs dadurch zu erreichen versucht, daß der Deckel mittels Schraubengewindes auf das übrige Gehäuse aufzuschrauben

1 Vorschlag einer verbesserten Methode zur Bestimmung der Lichtverhält- nisse im Wasser. (Verhandl. d. k. k. zool. bot. Gesellschaft in Wien, 1895.)

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. 59

war. Da diese Befestigungsweise den Anforderungen nicht entsprach, wurde dieselbe später dahin abgeändert, daß der Deckel mit Hilfe mehrerer Schrauben auf dem aufmontierten vorspringenden Rand des Gehäuses befestigt wurde. Auf welche Weise die Lichtdichtigkeit der ganzen Vorrichtung hergestellt wurde, ist den Details der folgenden Einzelbeschrei- bung zu entnehmen.

Das Hauptprinzip aber, das der Konstruktion als Aufgabe zu Grunde gelegt wurde, bestand darin, daß es möglich sein sollte, mit dem einmal vorbereiteten Apparate mehrere Messun- gen unmittelbar hintereinander auszuführen, da das ziemliche Gewicht des Apparates, sowie das Versenken in größere Tiefen ein jedesmaliges Einholen und wieder Hinablassen nach jeder Einzelbeobachtung als unpraktisch ausschlössen. Die Exposi- tion der photographischen Präparate innerhalb der Dose mußte nun, das war eine weitere Bedingung, in beliebiger Wasser- tiefe beliebig lange Zeit vorgenommen werden können; zu diesem Zwecke wurde die vom Boote leicht und sicher zu handhabende elektrische Auslösung in Anwendung gebracht.

Nach dieser Vorausschickung des Konstruktionsprinzips gebe ich nun die Detailbeschreibung.

Die Form des Apparates ist die einer flachen Dose. Ihre Wandstärke im Betrage von etwa 1 cm ist eine Gewähr für große Widerstandskraft gegenüber dem Wasserdrucke und ermöglicht ferner ein rasches Versenken im Wasser. Der Dosen- durchmesser beträgt im Lichten \9cm, die innere Höhe der- selben 8 cm. Der äußere Durchmesser der Dose mißt 21 cm, der Deckel ist 23 cm breit, springt also über das Dosengehäuse vor, dessen Gesamthöhe inklusive Deckel sich zu etwa 10 cm bestimmt. Der Apparat, dessen Gehäuse aus Bronzeguß her- gestellt und innen geschwärzt ist, erreicht ein Gewicht von 20 kg. Einen Zentimeter unterhalb der Mündung des Gehäuses verläuft rings um dasselbe ein 21/2 cm breiter Rand, welcher in gleichen Abständen acht Löcher besitzt. Auch vom Deckel springt ein solcher Rand vor, der mit korrespondierenden Löchern versehen ist. Hindurch gesteckte Schrauben mit Flügel- muttern gestatten ein festes Zusammenschrauben von Deckel und Dose, zwischen welchen ein Kautschukring eingelegt ist,

60

L. Linsbauer,

um den Apparat gegen das Eindringen des Wassers abzu- dichten. Der Deckel trägt nun den ganzen Bewegungs-, d. h. Expositionsmechanismus. Derselbe besteht aus zwei Haupt- teilen: Der eine bewirkt die Umdrehung einer Achse, an welcher ein Träger zur Aufnahme der lichtempfindlichen Schichte (Platte, Papier etc.) befestigt ist, der zweite reguliert die Bewegung, welche er teils auslöst, teils arretiert. Die Drehungsachse, welche zentral vom Deckel in das Doseninnere vorspringt, hat das eine Widerlager im Deckel selbst; das andere wird dadurch

Fig. l

Großer Apparat. (Vgl. auch die Tafelerklärung.) A Gehäuse; auf dasselbe ist umgekehrt aufgelegt: A' Der Deckel mit seinem Mechanismus. B Träger der Anker- und Scheibenachse. C Elektromagnet. D Anker desselben.

F Scheibenachse, mittels am Grunde angebrachter starker Feder drehbar. G Zahnrad. / Metallscheibe, auf welcher die die photographischen Papiere tragende und

mit sechs Ausschnitten versehene Kreisscheibe K aufgeschraubt wird.

Durch den darüber befestigten Stern L werden die Papiere niedergehalten. N Lichteinlaßöffnung.

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. 61

gebildet, daß die Achse durch eine Kreisöffnung eines Metall- trägers hindurchgeht. Diese Bewegungsvorrichtung wird durch eine kräftige Spiralfeder, welche am Deckel befestigt ist, auf- gezogen. In der Nähe des zweiten Widerlagers trägt die Achse ein Zahnrad. In dieses greifen die Metallschenkel eines Winkels als Sperrhaken, miteinander abwechselnd, ein. Die Auslösung sowie die Arretierung erfolgt durch einen Elektro- magnet. Seine beiden Spulen sind ebenfalls auf dem Deckel aufmontiert. Die Leitungsdrähte führen durch denselben hin- durch und setzen sich in ein Kabel fort. Wird der Strom geschlossen, so wird durch den Anker des Elektromagnets, welcher mit dem Sperrhakenpaare in fester Verbindung steht, dieses in der Art bewegt, daß der eine Sperrhaken, weicher während der Stromlosigkeit die Drehung der Achse verhindert, zurückgezogen wird, gleichzeitig aber der zweite Sperrhaken in das Zahnrad eingreift, so daß also an der Achse keine Bewegung erfolgt. Wenn man jetzt den Strom öffnet, so wird durch eine Feder mit dem Anker der zweite Sperrhaken zurückgezogen, die Achse dreht sich ein Stück weiter, aber schon greift der erste Haken in den nächstfolgenden Zahn ein und hemmt so die weitere Drehung. Dieses abwechselnde Spiel der Arretierung kann sechsmal hintereinander ausgelöst werden.

Es erübrigt noch, die Exposition zu besprechen. Unter dem Zahnrade trägt die Achse eine fixe, kleine Metallplatte. An diese wird ein kreisförmiges, in der Mitte durchlochtes Blech angeschraubt, das sich also gleichzeitig mit der Achse dreht. An diesem Bleche sind in gleichen Abständen sechs Ausschnitte angebracht, welche die Gestalt von Rechtecken besitzen, 21/2cm breit und Sem lang sind. Die Lichteinlaß- öffnung ist im Deckel exzentrisch angebracht und durch eine starke Glasplatte verschlossen. Sie hat 4 cm Durchmesser und wird im Innern des Apparates von vier senkrechten Wänden begrenzt, welche eine Art Dunkelkammer vorstellen. Das durch den Deckel einfallende Licht kann demnach nicht seitlich in den Apparat entweichen, sondern nur durch die untere, recht- eckige Öffnung dieses Aufsatzes. Dieser hat eine Höhe von einigen Zentimetern, um in seinem Innern Gefäße mit absor- bierenden Flüssigkeiten aufzunehmen, welche nur spektro-

62 L. Linsbauer,

skopisch bestimmtes Licht durchzulassen haben. Damit diese Gefäße leicht eingesetzt werden können, hat der Ausfsatz eine Seitenwand, welche zu öffnen ist. Das durchgegangene Licht wird abermals vor seitlichem Ausstrahlen dadurch geschützt, daß die rechteckige Austrittstelle, welche dieselben Dimen- sionen wie die Scheibenausschnitte besitzt, mit einem etwas vorspringenden Streifen weichen, schwarzen Tuches umgeben ist, welches auf der großen Metallscheibe aufschleift. Die Abmessungen dieser Scheibe sind so gewählt, daß, je nachdem der Strom geschlossen oder geöffnet ist, vor der Lichteintritt- stelle abwechselnd sich ein Ausschnitt oder ein volles Scheiben- segment vorschiebt und hier bis zur nächsten Exposition stehen bleibt. Im ersteren Falle wird das photographische Papier etc., welches auf der Unterseite der Scheibe dieser angedrückt und durch eine aufschraubbare Spange festgehalten wird, beliebig lange dem Lichte exponiert, worauf ein undurchsichtiges Segment die Einlaßöffnung wiederum, bis zur nächsten Expo- sition, verschließt. Als Stromquelle dienten drei Siemens'sche Trockenelemente, System Obach, Type C. Zum Tragen des Apparates wurde ein starkes Hanfseil in Anwendung gebracht, welches an drei in den Deckel des Apparates eingelassenen Ringen befestigt war. 1

Für geringere Tiefen konstruierte ich einen einfacheren, handlicheren Apparat. Derselbe besteht aus einem vierseitig prismatischen Blechgehäuse von etwa 71/2 cm Seitenlänge, dem nach unten zu eine vierseitige Pyramide von 7 cm Höhe aufgesetzt ist. Der Zweck dieser Zuspitzung ist das schnelle Untersinken des Apparates. Dieses wird noch dadurch beschleu- nigt, daß im Innern der Pyramide ein entsprechend geformter Bleikörper den Spitzenraum ausfüllt. Außerdem wird dadurch das aufrecht stabile Schwimmen der ganzen Vorrichtung gewährleistet. An jeder der vier Seitenflächen der Pyramide befindet sich je ein Loch, das außen von einem kleinen Blech- dache überwölbt ist, dessen Öffnung nach unten gerichtet ist. Dadurch kann das Wasser leichter in das Innere des Apparates,

1 Der Apparat kann auch zur Messung des Unterlichtes verwendet werden, wenn man das Tragseil an drei Ringen der Bodenfläche befestigt.

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser.

63

dessen Gewicht erhöhend, eindringen, ohne daß zuviel Außen- licht in den inneren Hohlraum gelangte; um auch diese geringe Lichtmenge noch weiter möglichst unschädlich und in ihrer tatsächlichen Wirkung ganz bedeutungslos zu machen, ist im Innern des Apparates, da, wo das Prisma in die Pyramide übergeht, ein dünnes Blech mittels federnden Metalldrahtes festgeklemmt. Dieses Blech besitzt nur in der Mitte eine kleine Öffnung, durch welche die im unteren Teile der Hohlpyramide

- I

jry?*

J \ \ ' Inf

\ \n lli

^k \j j

Vi Ji

t

F

T,

Cr g

H

i

1

L

4

Fig. 2.

Kleiner Apparat.

A Gehäuse.

B Großer Deckel.

C Ring zur Aufnahme der Öffnungsschnur.

D Führung für die Öffnungsschnur.

E Schwerer Würfel mit den beiden Dosen F und F.

G Kleiner Deckel mit Äquilibriervorrichtung H.

J Feder, um beim Herabsinken des Würfels (E) den kleinen Deckel (G) abwärts

zu drücken und zu schließen. K Wassereinlaßöffnungen.

64 L. Linsbauer,

durch das eindringende Wasser zusammengepreßte Luft nach oben und weiterhin durch den Deckel nach außen entweichen kann. An beiden Seitenwänden des prismatischen Teiles sind kurze Arme angebracht, welche an ihrem oberen Ende in Ösen umgebogen sind und zur Aufnahme der Karabiner der beiden Tragschnüre dienen. An der Hinterwand ist ein ähnlicher, nur viel längerer Arm befestigt, durch dessen Öse eine dritte Schnur hindurchgeht, deren Karabiner in einen Ring des Deckels eingefügt ist. Der ganze Apparat ist nämlich oben durch einen beweglichen Doppeldeckel verschließbar, dessen zwei Teile ungleich groß sind; der eine ist etwa doppelt so breit als der zweite. Ersterer ist um eine Achse parallel zur Hinterkante, der andere ebenso parallel zur Vorderkante des Prismas in Scharnieren drehbar. Der kleinere Deckel greift über den größeren oben 1 cm weit über, umfaßt aber auch dessen Rand. Da beide Deckelhälften mit ihren eigenen Rändern einige Millimeter nach unten umgebogen sind, so dringt auf diese Weise ein Minimum an Licht in das Innere des Apparates ein, dessen kaum mehr schädliche Wirkung durch die später zu besprechende Anordnung der lichtempfindlichen Teile noch weiter verringert wird, so daß in der Praxis dieser Verschluß, wie die Erfahrung gezeigt hat, als genügend lichtdicht gelten kann. Wird mit Hilfe einer Schnur, welche, durch die oben genannte Führung kommend, in einem beweglichen Ringe des größeren Deckels befestigt ist, dieser emporgezogen, so hebt er natürlich den schmäleren Deckel mit in die Höhe. Dieser letztere besitzt nun in Form eines angelöteten, etwa 2 mm starken Bleibandes ein Gegengewicht, das ihn nach außen zieht und so am Zufallen hindert, den Apparat also geöffnet erhält, bis durch Nachlassen der erwähnten Schnur der größere Deckelteil wieder sinkt und mit Hilfe eines stark federnden Drahtes, welcher über den schmäleren Deckel über- greift, diesen niederdrückt und wieder mit herabbewegt. Damit keine der Deckelhälften über ein gewisses Maß nach außen geöffnet werden kann, sind an beide kurze Blechstreifen ange- lötet, welche bei einer gewissen Stellung des Deckels an die Hinter-, beziehungsweise Vorderseite des Prismas anstoßen und so ein weiteres Überkippen verhüten.

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. 65

Der größere Abschnitt des Deckels trägt an seiner Unter- seite, mittels Schrauben befestigt, einen Körper aus hartem Holze, welcher mit geschmolzenem Paraffin getränkt und so wie alle übrigen Apparatbestandteile mit mattschwarzer Farbe über- zogen ist. Die Grundform dieses Holzklotzes ist würfelförmig. Um jedoch den Widerstand, welchen das Wasser dem sich niedersenkenden Körper entgegensetzen würde, zu vermindern und dadurch einen schnelleren Verschluß des Apparates herbei- zuführen, ist die in geschlossenem Zustande des Apparates nach unten zu liegende Würfelfläche schief abgeschrägt worden, so daß der Holzklotz bei seiner Abwärtsbewegung einen mit der Kante nach unten vorspringenden Keil vorstellt. Nur die rechte Seitenfläche des ursprünglichen Würfels ist erhalten geblieben, indem die keilförmige Zuschärfung erst weiter nach innen zu begann und daher eine etwa 1 cm breite Seitenwand bestehen blieb. Durch Anschrauben einer entsprechenden Blei- platte ist das Gewicht des Holzkörpers so reguliert, daß der daran befindliche Deckel mit Hilfe der Schnur leicht gehoben und nach dem Nachlassen desselben von selbst wieder mög- lichst rasch geschlossen werden kann. Bei geschlossenem Deckel hängt der Klotz in das Innere hinein und bewirkt so einen selbstätigen Verschluß des Apparates.

Die Vorderfläche des »Würfels« wird beim Hochziehen des Deckels, der sich durch die schon besprochene Führung vertikal einstellt, nun in horizontale Lage gebracht, während die rechte Seitenfläche vertikal bleibt, aber über das Niveau des Deckels ebenfalls emporgehoben wird. Erstere ist daher bei dieser Stellung dem Oberlichte, letztere dem Seitenlichte exponiert.

Auf diese beiden Würfelflächen werden nun zwei kleine Metalldöschen aufgesetzt, welche dadurch in ihrer Lage fixiert werden, daß über ihre scheibenförmige etwas vorspringende Fußplatte je vier kleine Schrauben mit rechtwinklig umge- bogenem Schenkel (sogenannte Reiber) übergreifen. Wird eine derselben gedreht, so kann das Döschen sofort herausgenommen und auf demselben Wege ebenso rasch wieder eingesetzt werden. Jede Dose hat ^xj%cm äußeren und 3 cm inneren Durchmesser. Eine Platte aus reinem, weißem Glase von etwa

Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl.; CXIV. Bd., Abt. I. 5

66 L. Linsbauer,

1 mm Stärke schützt das Innere der Dose vor dem Eindringen des Wassers. Zur sicheren Befestigung der Glasscheibe wird nämlich auf diese ein Metallring aufgelegt, dessen Unterseite mit einem dünnen Kautschukringe belegt ist; dieser wird seinerseits wiederum durch einen aufschraubbaren Messingring mit etwas übergreifendem Rande gegen die Bodenfläche der Dose zu wasserdichtem Verschlusse niedergedrückt.

Vor Beginn einer Messung wird jede Dose mit einem licht- empfindlichen Papierstreifen (entweder selbst gesilbertes oder käufliches Vindobonapapier) beschickt, verschraubt und mit den »Reibern« am Holzklotze fixiert, hierauf der Apparatdeckel geschlossen. Nun zieht man durch die Öse des langen Führungs- armes an der Hinterwand des Prismas eine Schnur, deren Karabiner in dem auf dem Deckel aufgeschraubten Ringe ein- gehängt wird. Zwei Tragschnüre werden in den Seitenarmen befestigt und der Apparat mit Hilfe der Längenmarken führenden Tragschnüre in eine beliebige Tiefe versenkt. Das durch die Löcher in den Seitenwänden einströmende Wasser verdrängt die Luft aus dem Apparate, welche durch den nicht hermetisch schließenden Deckel leicht entweicht. Wenn keine Luftblasen mehr aufsteigen, wird an der Führungsschnur gezogen, wodurch der Deckel geöffnet und das photographische Papier in den beiden Dosen je dem Ober-, beziehungsweise dem Vorder- lichte eine bestimmte Zeit lang exponiert wird. Nach beendeter Exposition läßt man die Führungsschnur wieder locker, der Deckel wird durch das Gewicht des Holz-Bleikörpers wieder abwärts gezogen und schließt sich von selbst, worauf der ganze Apparat an den Tragschnüren wieder zu Tage gefördert wird. An einem vor schädlichem Lichte geschützten Orte (am einfachsten unter einem großen, schwarzen Einstelltuche, wie es Photographen gebrauchen) wird der Deckel wieder geöffnet, die Döschen entnommen, aufgeschraubt und die mit Nummern versehenen Papierstreifen an einem lichtdichten Orte bis zur Vornahme der indirekten Bestimmung aufbewahrt. Nach neuer- licher Beschickung der Dosen mit frischem Papiere kann der ganze Apparat zur Vornahme einer weiteren Messung neuer- dings versenkt werden.

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. 67

Ich habe mit beiden Apparaten eine Reihe von Messungen vorgenommen, und zwar bis jetzt im Süßwasser. Mit dem größeren derselben arbeitete ich amTraunsee in Oberösterreich, mit dem kleineren teils im alten Donauwasser über der Reichs - brücke bei Wien, teils in Schönbrunn im Teiche hinter der Gloriette. In den beiden letzteren Fällen handelte es sich nur um ganz geringfügige Tiefen.

Ich will nun zunächst die Traunsee-Messungen besprechen. Zur Ausführung derselben ist zu bemerken, daß ich mich der größeren Stabilität halber eines Flachbootes, einer sogenannten Plätte bediente, um mit dem Apparat an eine bestimmte Stelle des Sees hinauszufahren, an welcher eine entsprechende Tiefe herrschte. Letzteres war aus dem Grunde nötig, um nicht auf dem Boden aufzustoßen und so durch Emporwirbeln des Schlammes das Wasser zu trüben. Das Tragseil war samt dem Leitungskabel auf einer großen Trommelvorrichtung auf- gewickelt und konnte mittels einer Kurbel auf- und abbewegt werden. Ein Zahnrad mit eingreifender Hemmvorrichtung diente zum selbsttätigen Arretieren der Trommel. Natürlich war es notwendig, um das mitabgerollte Kabel mit der Batterie in steter Verbindung zu erhalten, an der Achse einen Schleif- kontakt anzubringen. Seil und Kabel mußten sich auch rasch vom Apparate ablösen und wieder daran befestigen lassen, um diesen allein in die Dunkelkammer zu bringen und über- haupt leichter transportieren zu können. Für das Seil war eine solche Auswechslung durch Verwendung von Ring und Kara- biner leicht zu erreichen. Das Leitungskabel aber wurde folgendermaßen vorgerichtet. Das auf der Trommel auf- gewickelte 1 ange Kabel endigt in zwei voneinander natürlich isolierte Drähte. Beide Drähte wurden durch eine Öffnung in der Schmalseite eines parallelepipedischen, innen ausgehöhlten Ebonitkörpers eingeführt und hier mittels Klemmschrauben an einem Metallstücke angeschraubt. Das andere Ende des letzteren leitet zu zwei an der gegenüberliegenden schmalen Außenseite des Ebonitkörpers eingelassenen Klemmen. Diese sind dazu bestimmt, das am Apparate eingedichtete Kabelstück von etwa 1 m Länge aufzunehmen. Dies geschieht leicht und schnell dadurch, daß dieses kurze Kabelstück seinerseits eben-

5*

68 L. Linsbauer,

falls in zwei isolierte Drähte endigt, deren jeder in eine flache, blanke Metallgabel ausgeht. Diese werden einfach unter die gelockerten Schraubenmuttern der Klemmen eingeschoben und letztere dann angezogen. Dadurch ist der Kontakt mit der Batterie hergestellt. Der Hohlraum des Ebonitstückes kann zur Isolierung gegen Wasser mit geschmolzenem Paraffin aus- gegossen werden. Doch ist diese Prozedur im Süßwasser unnötig, da infolge des großen Wasserwiderstandes eine merk- liche Stromschwächung gar nicht eintritt. Um auch die Batterie in eine handliche, leicht tragbare Form zu bringen, wurden die drei Trockenelemente in einen Holzkasten mit verschieb- barer Vorderwand eingestellt und die Verbindungsdrähte im Innern desselben so geführt, daß an der Außenseite des mittels Handhabe zu tragenden Kastens nur zwei Klemmen und ein Druckknopf sichtbar sind. In die Klemmen werden zwei Drähte eingespannt, welche zum Schleifkontakt der Trommel führen. Durch Niederdrücken des Knopfes und darauf folgendes Aus- lassen desselben wurde die Exposition eingeleitet, durch Wiederherstellen des Kontaktes und neuerliche Unterbrechung dieselbe sistiert.

Nach Abschluß der Beobachtungen wird der Apparat in der Dunkelkammer geöffnet und zur Intensitätsbestimmung geschritten. Ich habe bei den hier zu besprechenden Messungen davon abgesehen, nur rein monochromatisches Licht zuzulassen, da ich für meine orientierenden Versuche Chlorsilberpapiere verwendete, welche ohnehin fast nur für Blauviolett empfindlich sind. Die Intensitätsbestimmung war dann die von Wiesner eingeführte indirekte.

Ich will von meinen Beobachtungen hier eine aus den ersten Augusttagen als Beispiel anführen.

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser.

69

Zeit der Beobachtung

£i

51

Tiefe

in

Metern

Intensität :

des Tages- lichtes

w

des Lichtes im Wasser

('0)

Verhältnis

(für i0 = 1)

4 5h p. m. See fast spiegel- glatt.

0-063 0-063

0-053

0-048

0-030

0-015

0-008 0-003 0-000

1 4-2

1

1

14

1

~34~

Fasse ich meine aus einer Serie von Beobachtungen gewonnenen Daten zusammen, so ergeben sich folgende Mittel- werte:

Tiefe

V2 m

1 m

2 m

3 w 5 m

10 m

Verhältnis i0 : J0

3-4

1 5-2

1 20-3

1

32-9 1

69

1

69

1 Anmerkung. B und 5 bedeuten die Beschaffenheit der Bewölkung, beziehungsweise der Sonne in der Art, wie sie von Wiesner in dessen bekannten photochemischen Untersuchungen angewendet wird. B5 heißt also, daß der Himmel halb bewölkt war, 53, daß die Sonne durch Wolken schien.

2 Wenn nicht ausdrücklich anderes gesagt wird, so ist hier und im folgenden stets das auf die Horizontalfläche einfallende Oberlicht gemeint.

70

L. Linsbauer,

Noch übersichtlich werden diese Daten, wenn man sie prozentual ausdrückt und dabei die Intensität des auffallenden Lichtes =100 setzt:

0 m i/2 m

1 m 2m 3 m 5 m

10 m

Stärke des durch- gelassenen Lichtes

100 29 19

4-9

3

1-4

1-4

Es werden also folgende Prozente des auffallenden Lichtes aufgehalten:

Dicke der Wasser- schichte

i/2m

1 m

2 m

3 m 5 m

10 m

Prozente

71

81

95

97

98-6

98-6

Ich möchte nun keine besonders weitgehenden Schlüsse, namentlich aber keine absoluten Zahlenwerte aus obigen Daten ableiten, sondern nur auf verschiedene sich dabei ergebende Gesichtspunkte aufmerksam machen, die eine Vor- stellung davon geben, nach welchen Richtungen aus weiteren, umfangreicheren Beobachtungsreihen Ausblicke zu erwarten sind.

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. 7 1

Ich beginne mit der Intensitätsabnahme mit steigender Tiefe. Es entspricht der allgemeinen Formel, welche die Licht- absorption in einem beliebigen Medium zum Ausdrucke bringt

J' z=z t, daß der in arithmetischer Reihe erfolgenden Tiefen-

zunähme eine Intensitätsabnahme in geometrischer Progression entspricht. Der Regelmäßigkeit dieser Abnahme, welche für reines Wasser gilt, wird in der Natur nicht voll entsprochen werden können, da offenbar die weitere Abschwächung des Lichtes durch suspendierte Partikelchen sowie diffuse Reflexion an deren Oberfläche störend hinzukommt und Wellenbewegung, Sonnenstand, Bewölkung etc. ebenfalls von Einfluß sind. Nichtsdestoweniger ergibt sich aus den oben bei den Traun- seemessungen mitgeteilten Zahlen als unverkennbar eine Gesetzmäßigkeit insoferne, als die nach diesen Angaben gezeichnete Kurve ihrem Verlaufe nach mit der theoretisch geforderten im allgemeinen übereinstimmt.

Aus den mitgeteilten Durchschnittswerten geht auch ohne Rücksicht auf die absolute Größe der Absorption deutlich in Bestätigung der theoretischen Forderungen die Tatsache hervor, daß der größte Teil des auffallenden Lichtes schon von den obersten Schichten aufgefangen wird. Die hienach gezeichnete Kurve zeigt daher sehr bald einen Verlauf, der asymptotischen Charakter in Bezug auf die Abszissen- achse besitzt. Auch das scheint aus den faktischen Beob- achtungen zu folgen, daß (für das untersuchte Traunseewasser wenigstens) der Absorption und diffusen Reflexion seitens suspendierter Partikel im Vergleich zur Wirkung des Mediums selbst keine die (theoretisch) verlangte Gesetzmäßigkeit wesent- lich alterierende Bedeutung zukommt. Welche Rolle diese Faktoren aber in ihrem Verhalten gegenüber dem rein diffusen, beziehungsweise dem aus direktem und diffusem gemischten Lichte spielen ich verweise auf ein paar von Soret mit- geteilte Versuche, welche schon Erwähnung gefunden haben ist für beide Beleuchtungsarten getrennt durch umfang- reichere Beobachtungsreihen erst genauer zu studieren.

Die Schönbrunner Messungen, welche sich auf ganz geringfügige Tiefen beschränken, sollen hier weniger wegen

72

L. Linsbauer,

der Abnahme des eindringenden Oberlichtes angeführt werden, als aus dem Grunde, um das Verhältnis der Abnahme für das Oberlicht im Vergleiche zum Vorderlichte zu beleuchten. Für ersteren Zweck lassen sich auch keine Vergleiche mit den Traunseemessungen anstellen, da nicht nur die Anwendung des großen Apparates hier durch den kleineren ersetzt war, sondern auch die Versenkung desselben vom Ufer aus erfolgte, so daß vom Gesamtoberlichte, das in der Teichmitte geherrscht hätte, hier nur etwa die Hälfte in Betracht kam. Ich will aus einer Reihe von Beobachtungen die folgenden zwei anführen :

Zeit der Beobachtung

B

Tiefe

Intensität

des Tages- lichtes

des Lichtes im Wasser (/)

Oberlicht (*'o)

Vorder- licht

M

Verhältnis

*o : Jo

tv : z0 (*, = !)

27. Oktober 3h p. m.

Vi*

0-009

0-003 3

1 m

0-009

0-002 j

1kM

0-009

0-001 o 8

Im

0-007

o-ooi

0-0007

0 0004 7 0 0002«

1 2-7

1

4-3

1

5

1

Zeit der Beobachtung

Tiefe

Intensität

des Tages- lichtes : Oberlicht

des Lichtes im Wasser

Oberlicht (*o)

Vorder- licht (tv)

Verhältnis

(*o=0

tv- i0

(iv=K

1. November 3i/2h P- m. Wasser viel klarer ge- worden

1 m

n/2m

2m

0-020 0-020 0-028

0-005,

0 006,

0'003c

0-0033 0-0023 0-002,

1

iw

T7

l

iFT

Y7

l

T77

T7

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser.

73

Betrachtet man auch hier wieder nur die abgerundeten relativen Zahlenbeziehungen, ohne den Wert der absoluten Zahlengrößen als definitiv hinzunehmen, so bekommt man ganz ähnliche Verhältniswerte für die durchgelassenen, bezie- hungsweise aufgehaltenen Lichtmengen in Prozenten des auffallenden Lichtes ausgedrückt, nämlich:

Stärke des durchgelassenen Lichtes

Verhältnis i0 : J0

0 m

1 m l/2 m

2m

100 33

23

20

14

Es werden demnach aufgehalten:

Bei einer Wasser-

Prozente des auf-

schichte von

fallenden Lichtes

i/2 m Dicke

67

\ m »

77

1^2 fn »

80

Im »

86

Auch die Verhältniszahlen der zweiten Beobachtungsreihe stimmen im allgemeinen damit überein.

Die Abnahme des Oberlichtes sagt uns also nichts Neues. Interessant ist das Verhalten des Vorderlichtes. Bei vollständig bewölktem Himmel und fehlender oder äußerst schwacher Wirkung des direkten Sonnenlichtes ist das Vorderlicht im Mittel etwa fünfmal so schwach als das Oberlicht.

74 L. Linsbauer,

Am wolkenlosen 1. November erfolgt nun bei vollem Sonnenscheine die Lichtabnahme im wesentlichen ganz ähnlich wie bei Vorherrschen des rein diffusen Lichtes, aber das Vorderlicht zeigt ein neues Verhalten: Es ist im Verhältnisse zum Oberlicht im Wasser nicht mehr so viel schwächer als bei Bewölkung, sondern wenn man einen Durchschnitt annehmen will, nur etwa zweimal so schwach. Das hängt in unserem Falle wohl mit dem tiefen Sonnenstande in Verbindung mit der größeren Durchsichtigkeit des Wassers zusammen.

Es scheint aus den Daten der letzten Kolonne vielleicht auch hervorzugehen, daß bis zu 2 m Tiefe wenigstens das Vorderlicht im gleichen Maße ungefähr wie das Oberlicht abnimmt. Und da ferner sowohl am trüben, wie am sonnigen Beobachtungstage das Oberlicht von der Oberfläche bis 2 m Tiefe dieselbe Schwächung erfährt, so scheint es, als ob bei niedrigem Stande der Sonne die Absorption (im allgemeinsten Sinne) des Oberlichtes, unabhängig von dem Einflüsse der direkten Beleuchtung, stets annähernd in demselben Verhält- nisse erfolge.

Dies einige vorläufige Mitteilungen. Manche Beobachtungs- daten sind schon vor langer Zeit gewonnen worden, doch haben äußere Gründe es mir nicht ermöglicht, meine Vor- untersuchungen weiter zu führen. Ich sehe mich daher genötigt, zunächst diese Zeilen als ersten einleitenden Teil meiner hoffentlich bald fortzusetzenden Studien zu veröffentlichen.

Der hohen Akademie der Wissenschaften, welche diese meine Bestrebungen durch eine Subvention fördern half, sage ich hiemit meinen tiefgefühlten Dank. Ich fühle mich ferner verpflichtet, Herrn Hofrat Wiesner, dessen photometrischen Untersuchungen ich die Anregung zu dieser Arbeit, und dem ich die Einführung in die Methode der Photometrie verdanke, für sein mir stets bewiesenes Interesse und seine tatkräftige Förderung meiner Studien meinen verbindlichsten Dank abzu- statten.

Beleuchtungsverhaltnisse im Wasser. 75

Figurenerklärung zur Tafel.

Fig. I. Vertikaler Durchschnitt durch den großen Apparat. A Gehäuse; A' Deckel, aufgeschraubt. B Träger der Anker- und Scheibenachse. C Elektromagnet. D Anker desselben. E Seine Drehungsachse.

F Scheibenachse, mittels Feder (F') drehbar. G Zahnrad an der Achse, in welches die mit dem Anker verbundene

Sperrvorrichtung (H) eingreift. H Sperrvorrichtung.

/ Metallscheibe, auf welcher die die photographischen Papiere tragende und mit sechs Ausschnitten versehene Kreisscheibe K aufgeschraubt wird. L Sternförmige Scheibe, welche durch die Schraube M an das

photographische Papier angepreßt wird. N Lichteinlaßöffnung.

0 Rahmen aus schwarzem Tuche als Schutz gegen seitlich aus- tretendes Licht. Fig. IL Grundriß des großen Apparates. B H und N wie oben.

PP zwei Schrauben zur Regulierung der Ankerbewegung. Q Feder zum Zurückziehen des Ankers. (Die Scheiben K und L wurden weggelassen, um den Einblick in das Innere des Apparates zu ermöglichen.)

Linsbauer L.: Beleuchtungsverhältnisse im Wassei

n

F'

c

-4 * fl_

& &',

r=3

£-.»

A '|i l 4,

^ä=t^S

JF

M

Sitzungsberichte der kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. CXIV, Abt. I, 1905.

Kk.Hof-u Staatsdruckerei.

77

Untersuchungen über den Liehtgenuß der

Pflanzen im Yellowstonegebiete und in anderen

Gegenden Nordamerikas.

Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete

(V. Abhandlung)

von

J. Wiesner,

w. M.k. Akad.

(Mit 2 Textfiguren.) (Vorgelegt in der Sitzung am 16. Februar 1905.)

Einleitung'.

Meine seit Jahren betriebenen Studien über den Licht- genuß der Pflanzen wurden bisher in den verschiedensten Zonen der Erde angestellt. Dank der Unterstützung, welche mir seitens der hohen Akademie der Wissenschaften zuteil geworden ist, konnten diese Untersuchungen bis etwa zum 79° n. B. und bis zum s. B. ausgedehnt werden. Doch erhob sich in der Regel das untersuchte Vegetationsgebiet nicht sehr hoch über die Meeresfläche. Einige vereinzelte, in den österreichischen Alpenländern angestellte Beobachtungen, auf deren Ergebnisse ich später noch zurückkommen werde, betrafen allerdings die Höhenregionen der Vegetation. Aber ausgedehntere systematische Studien über die Änderung des Lichtgenusses der Pflanzen mit der Seehöhe habe ich bisher nicht angestellt, weil mir ein hiefür erforderliches Terrain nicht zugänglich gewesen ist.

In den Gebirgen Mitteleuropas erlischt die Baumvegetation und sodann die Vegetation überhaupt schon in so geringen

78 J. Wiesner,

Seehöhen, daß die Beeinflussung der Vegetation durch die mit der Seehöhe sich ändernde Lichtintensität sich wegen der zu schmalen Beobachtungsbasis nicht mit der erforderlichen Sicherheit ableiten läßt. In den Gebirgen des wärmeren Europas, insbesondere in den Apenninen und Pyrenäen, wo die Baum- vegetation bis auf 2000 m und darüber aufsteigt und die Strauch- und krautige Vegetation selbstverständlich noch höher hinaufreicht, könnten Lichtgenußstudien zweifellos mit größerem Erfolge durchgeführt werden. Allein es sind in den dortigen Hochgebirgen nicht jene ausgedehnten Plateaus zu finden oder doch nicht leicht zu erreichen, welche zur Bestim- mung der Intensität des gesamten Himmelslichtes erforderlich sind. Und die dortigen Lokalverhältnisse bringen es mit sich, daß umfassende Beobachtungen nur auf einer förmlich organi- sierten Expedition, welche auf Kampieren fern von mensch- lichen Wohnungen eingerichtet sein müßte, ausgeführt werden könnten. Auch wären die dort erreichbaren Profile, etwa im Gebiete des Gran Sasso d'Italia (2921 m in der östlichen Haupt- kette des Apennins) oder in der Maladettagruppe (Pyrenäen), zu kurz, um die Messungen auf ein genügend reiches Vege- tationsgebiet ausdehnen zu können. So gab ich den Gedanken, den Lichtgenuß der Pflanzen in seiner Änderung nach Höhen- regionen in Europa zu studieren, auf.1

1 Nach meiner Rückkehr aus Amerika besprach ich das Thema meiner Lichtgenußbestimmungen, namentlich nach pflanzengeographischer Richtung, mit dem gerade in Wien anwesenden Direktor des botanischen Gartens in Belgrad, Herrn Professor Dr. L. Adamovic, einem der besten Kenner der Vegetationsverhältnisse des Balkans. Er machte mich darauf aufmerksam, daß vielleicht das Rilagebirge (in Südbulgarien) ein passendes Terrain für Studien über den Zusammenhang von Lichtgenuß der Pflanzen und Seehöhe darbieten würde. Die größte Höhe des Rilagebirges beträgt 2923 m, steht also nur wenig zurück gegen den thessalischen Olymp (2980 m). Die subalpine Region mit einer viermonatlichen Vegetationsperiode liegt in dem genannten Gebiete zwischen 2000 bis 2300 m. Innerhalb derselben wird bis 2150 m die Baum- grenze erreicht. Größere Plateaus zur Bestimmung der Intensität des gesamten Tageslichtes sind nach Professor Adamovic dort mehrfach leicht zu erreichen. In den Höhenregionen befinden sich mehrere vom Fürsten von Bulgarien, dem Eigentümer des Gebietes, errichtete Hütten, wo man nächtigen könnte. Proviant muß allerdings mitgenommen werden. Wie Professor Adamovic mir mitteilt, muß der allein reisende Forscher für sich, seine Begleitmannschaft und für das

Lichtgenuß der Pflanzen. 79

Schon vor längerer Zeit habe ich Umschau gehalten, wo solche Höhenregionstudien besser als in Europa durchzuführen sein würden. Bald blieb mein Auge auf dem Yellowstonegebiete haften. Mir schien aus bestimmten Gründen ein Profil, welches aus dem Missouritale zum Unterlauf und sodann zum Oberlauf des Yellowstone River aufsteigt, für meine Zwecke sehr passend zu sein, nicht nur weil ich hier ein Terrain vor mir hätte, welches kontinuierlich in ostwestlicher Erstreckung von einigen hundert Metern bis zu einer baumbedeckten Höhe von mehr als 3000 m sich erhebt, zahlreiche leicht zugängliche Plateaus umschließt, deren Vorhandensein aus schon früher angedeuteten Gründen für meine Lichtbestimmungen erforderlich ist, sondern auch weil in den Höhenregionen des Yellowstone National Park den Bedürfnissen wissenschaftlich Reisender durch mehr als genügende Hotels in nicht geringer Zahl ent- sprochen wird. Fast in unmittelbarer Nähe dieser Hotels lassen sich passende Beobachtungen anstellen und die Erreichung bedeutender Höhen ist von diesen Unterkunftsorten aus eine leichte Sache.

Dieser Plan schwebte mir seit längerer Zeit vor Augen, allein es erschien mir derselbe kaum ausführbar. In meinem vorgerückten Alter entschließt man sich schwer zu einem solchen fern von der Heimat auszuführenden Unternehmen und es müssen besondere günstige Umstände eintreten, um die Möglichkeit der Durchführung in einem besseren Lichte erscheinen zu lassen. Vor allem schien mir ohne Unterstützung seitens einer oder mehrerer wissenschaftlicher Hilfskräfte die Aufgabe zu groß, um erfolgreich bewältigt werden zu können. Da erging im August 1903 an mich die Einladung zur Teil- nahme an dem im Jahre 1904 in St. Louis abzuhaltenden

Gepäck vier Pferde mitnehmen. So bequem wie im Yellowstonegebiete ist also das Reisen im Rilagebirge nicht. Auf Grund der Mitteilungen des Herrn Prof. Ad am o vi c scheint dieses Gebirge mit Rücksicht auf die Länge der zugäng- lichen Profile, auf die Höhe und auf die Vegetationsverhältnisse unter den europäischen Erhebungen ein Gebiet zu sein, welches für weitere Lichtgenuß- studien besonders ins Auge zu fassen wäre. Doch erreicht es ebensowenig wie andere Gebirgsgegenden Europas die Vorzüge des Yellowstonegebietes, namentlich bei weitem nicht die großen Höhen, bis zu welchen dort die Baum- vegetation ansteigt.

80 J. Wiesner,

Congress of arts and science und dies lockte mich, dem alten Plane wieder näher zu treten. Es fügte sich nun gut, daß Herr Leopold Ritter v. Portheim, ein jüngerer, auch in der Methode der Lichtmessung wohlerfahrener Pflanzenphysiologe sich auf meine Einladung bereit erklärte, mich in das Yellow- stonegebiet zu begleiten und an meinen Studien Anteil zu nehmen. Auch Herr Siegfried Strakosch, der, in meinem Laboratorium mit anatomischen und physiologischen Unter- suchungen beschäftigt, gleichfalls in die Methode der Licht- messung gut eingeführt ist, bot für einen Teil der Reise seine Mitwirkung an. Nachdem ich noch auf meine Bitte hin von Herrn Professor Dr. Aven Nelson, Direktor der »Wyoming Experiment Station« in Laramie (Wyoming), welcher bekannt- lich in neuerer Zeit das in Rede stehende Vegetationsgebiet botanisch durchforscht hatte, ausreichende Aufklärungen über für mich wichtige Terrain- und Lokalverhältnisse des Yellow- stone National Park erhalten hatte und er auch durch Über- sendung eines umfassenden, aus prächtig konservierten Pflanzen bestehenden Herbars, das sich auf die von mir zu Studien- zwecken in Aussicht genommenen Vegetationsgebiete bezog, meiner Pflanzenkenntnis zu Hilfe kam, nachdem endlich auch noch einige Vorstudien teils floristischer und pflanzengeo- graphischer, teils lichtklimatischer Art beendet waren, hatte der Plan des durchzuführenden Unternehmens endlich eine bestimmte Gestalt angenommen.

Dieser Plan fand die Billigung der mathematisch-natur- wissenschaftlichen Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und diese gewährte mir aus der Trei tl Stiftung zur Durchführung meines Unternehmens eine ansehnliche Subvention, für welche ich hiemit meinen ergebensten Dank ausdrücke.

Am 5. August 1904 erfolgte meine Abreise von Wien nach New- York. Hier und bald darauf in der Nähe der Nia- garafälle wurden die ersten freilich nur gelegentlichen Beobachtungen angestellt, auf die ich später noch zurück- komme. Nach eintägigem Aufenthalte bei den Niagarafällen ging die Reise über Chicago und St. Paul (Minnesota) dem Ziele entgegen. In der Umgebung dieser beiden Städte wurden

Lichtgenuß der Pflanzen. 81

bereits eingehendere Lichtmessungen und Vegetationsbeob- achtungen gemacht, welche mit den später im Yellowstone- gebiete anzustellenden in Zusammenhang gebracht werden konnten. Auch über diese Beobachtungen wird weiter unten zu berichten sein.

Nun ging die Reise nach Bismarck (North Dakota, am Missouri gelegen), dem eigentlichen Ausgangspunkte des zu studierenden Profils. Weitere Punkte des Profils waren Billings, Livingstone und Gardiner (alle drei in Montana am Yellow- stone River, der letztgenannte Ort am Einfluß des Gardiner in den Yellowstone River gelegen). Gardiner liegt schon knapp am Eingange in den National Park, woselbst die Hauptbeob- achtungspunkte waren: Mammoth Hot Springs, Canon, Lake, Thumb ba}', Old Faithful und Fountain. Von Mammoth Hot Springs wurden zu vergleichenden Beobachtungen Mt. Evarts (2710 m) und Sepulcher Mountain (2895 m) vom Canon Hotel aus Mt. Washburne (3150 m) bestiegen. Die Beob- achtungen auf allen größeren Höhen wurden von Herrn v. Portheim ausgeführt

Das Profil, welchem unsere Beobachtungen folgten, ist durch folgende Höhen charakterisiert.

Seehöhe

Bismarck 515 m

Billings 950 »

Livingstone 1367 »

Cinnabar bis Gardiner. . . .zirka 1600 » Mammoth Hot Springs . . . 1946 »

Canon 2350 »

Lake 2360 »

Fountain 2210 »

Die Rückreise ging über Salt Lake City (1290 m) und Colorado Springs (1851 m), von wo aus zum Zwecke von Lichtmessungen und Vegetationsbeobachtungen Herr v. Port- heim den Pike's Peak (4310 m) besuchte, um noch einzelne ergänzende Beobachtungen anzustellen, während ich in der Höhe von Colorado Springs einige Lichtgenußbestimmungen vornahm.

Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl.; CX1V. Bd., Abt. I. 6

82 J. Wiesner,

Die Beobachtungen wurden in der Zeit zwischen dem 16. August und 16. September ausgeführt, einiger vereinzelter, später angestellter Beobachtungen hier nicht zu gedenken.

Die hier angeführten Höhenangaben genügen für viele der mitgeteilten Beobachtungen. Wo besondere Höhenangaben erforderlich sind, werden dieselben den betreffenden Beob- achtungen angefügt werden.

Die Resultate meiner bisher zum Zwecke des Studiums des Lichtgenusses unternommenen Untersuchungen wurden in je zwei Abhandlungen niedergelegt, indem ich die pflanzen- physiologischen Ergebnisse von den lichtklimatischen trennte. So wurden meine in Wien, Kairo und Buitenzorg aus- geführten Studien über Lichtgenuß in einer besonderen Abhandlung1 veröffentlicht und die an den gleichen Orten gemachten lichtklimatischen Beobachtungen in einer beson- deren Schrift publiziert. 2 In gleicher Weise ging ich bei Ver- öffentlichung meiner Lichtstudien im arktischen Gebiete vor.3

Dieser Darstellungsart werde ich auch diesmal folgen. Allein für die Zwecke der vorliegenden Abhandlung ist es erforderlich, dieHauptresultate meiner lichtklimatischen Studien schon hier vorzubringen, weil sonst die auf den Lichtgenuß der Pflanzen Bezug nehmenden Beobachtungen eine Erklärung und einen rationellen Zusammenhang nicht zulassen würden.

Es sind folgende zwei Resultate meiner im Yellowstone- gebiete gewonnenen lichtklimatischen Studien, welche ich hier vorzuführen für notwendig halte.

1. Untersonstgleichen Verhältnisse nderHi mm eis- bedeck ung nimmt bei gleicher Sonnenhöhe die Inten- sität des Lichtes mit der Seehöhe zu.

» Photom. Unters., II. Diese Sitzungsber., Bd. 104 (1895).

2 Beiträge zur Kenntnis des photochemischen Klimas von Wien, Kairo und Buitenzorg. Denkschriften der kais. Akad. der Wiss., Bd. 64 (1896).

3 Photom. Unters., III. Diese Sitzungsber., Bd. 109 (1900), und Beiträge zur Kenntnis des photochemischen Klimas im arktischen Gebiete. Denkschriften, Bd. 67 (1898)

Lichtgenuß der Pflanzen. 83

2. Unter sonst gleichen Verhältnissen derHimmel s- bedeckung nimmt bei gleicher Sonnenhöhe die Inten- sität der direkten (parallelen) Strahlung im Vergleiche zur diffusen mit der Seehöh e zu.

Der erste Satz ist eigentlich selbstverständlich. Aber es liegen speziell bezüglich der chemisch wirksamen Strahlen bisher nur so spärliche Beobachtungen vor, daß es gewiß zweckmäßig erscheinen muß, durch möglichst genaue und zahlreiche Beobachtungen die mit der Seehöhe erfolgende Steigerung der (chemischen) Lichtintensität zahlenmäßig fest- zusetzen.

Was den zweiten Punkt anbelangt, so ist auch dieser, aus allgemeinen Gesichtspunkten betrachtet, selbstverständlich. Denn je dünner die Atmosphäre wird, desto geringer wird die Lichtzerstreuung ausfallen und wo die Atmosphäre ihr Ende hat, wird auch die Umwandlung des direkten Sonnenlichtes in diffuses Tageslicht aufhören. Aber in dieser Richtung liegen bisher, so viel ich weiß, noch gar keine Beobachtungen vor. Über die Bestimmung des Verhältnisses der direkten (chemi- schen) zur diffusen Strahlung habe ich früher schon zahlreiche Beobachtungen in geringen Seehöhen angestellt. Ich wählte hiezu anfänglich das von Bunsen aufgestellte Prinzip. Es ist mir aber gelungen, auch diese Methode zu vereinfachen und zu zahlreichen, aber nur auf geringe Seehöhen Bezug nehmenden Beobachtungen zu verwerten. Nach der von mir angegebenen Methode sind sehr zahlreiche auf mehrere Jahre ausgedehnte Beobachtungen in Kremsmünster (Oberösterreich) von Herrn Professor P. Franz Schwab, Direktor der dortigen Stiftsstern- warte, angestellt worden, die sich aber auch nur auf eine verhältnismäßig geringe Seehöhe beziehen.1 Die Sternwarte zu Kremsmünster, in deren Nähe die lichtklimatischen Beob- achtungen angestellt wurden, steht auf einer Seehöhe von 384 m.

Bei dieser Gelegenheit scheint mir folgende zum Ver- ständnis später angeführter Daten erforderliche Einschaltung

1 Prof. Franz Schwab, Das photochemische Klima von Kremsmünster, Denkschriften der Wiener Akad. der Wiss., Bd. 74 (1904).

6*

84 J. Wiesner,

am richtigen Platze zu sein. Der letztverflossene Sommer (1904) umschloß eine Periode großer Hitze, welche in einem beträcht- lichen Teile Europas sich sehr fühlbar machte. Die Annahme schien nicht unberechtigt, daß auch die chemische Intensität des Tageslichtes in dieser Periode eine Steigerung erfahren habe. Meine in Wien im Juli 1904 angestellten Lichtmessungen haben aber ergeben, daß sich die Maxima der chemischen Intensität nicht über die in früheren Jahren ermittelten, den gleichen Zeiten entsprechenden Werte erhoben hatten. Der Sicherheit halber wendete ich mich an Herrn Direktor Schwab mit der Bitte, in Kremsmünster Messungen der chemischen Lichtintensität in der auch dort fühlbar gewordenen Hitze- periode anzustellen. Herr Direktor Schwab teilte mir brieflich mit, daß er seine Lichtmessungen überhaupt nicht unterbrochen habe und mich versichern könne, daß die dort in der Hitze- periode beobachteten Werte der chemischen Lichtintensität, mit den in den vorhergehenden fünf Jahren gemachten korre- spondierenden Zahlen verglichen, keine außergewöhnliche Steigerung der chemischen Tageslichtstärke erkennen lassen. Es können also die in Amerika gemachten Lichtbeobachtungen ohneweiters mit den früher in Europa (von mir und anderen), ferner mit meinen in Ägypten und auf Java ermittelten Werten verglichen werden.

Und ein anderes muß hier noch beigefügt werden, was für die nachfolgende Darstellung doch auch einigermaßen ins Gewicht fällt. Man hat die große Hitze des vorjährigen Sommers von mancher Seite als ein die ganze Erde beherrschendes Phänomen betrachtet und mit der elfjährigen Sonnenflecken- periode in Zusammenhang gebracht. In Amerika hörte ich aber in allen von mir besuchten Staaten, daß der Sommer (1904) durch relative Kühle charakterisiert sei, was die mir später bekannt gewordenen meteorologischen Daten bestätigt haben.1 Es ist daraus zu entnehmen, daß die europäische Hitzeperiode des letzten Sommers (1904) kein kosmisches, die ganze Erde

i Nach Washington Weather Bureau, Monthly Weather Review 1905 Juni August, waren die Monatsmittel in jenen Staaten, in welchen ich meine Beobachtungen ausführte, durchwegs unter dem Mittel, wie folgende Zusam-

Lichtgenuß der Pflanzen. 85

betreffendes Phänomen, sondern auf bestimmte Gebiete Europas beschränkt war. Rücksichtlich der weiter unten anzuführenden Beobachtungen über »Hitzelaubfall« ist diese Einsicht von Wert; es erklärt sich, weshalb ich in Amerika nicht jene grellen Formen von Hitzelaubfall wie in Mitteleuropa beobachtet habe.

Die Hauptaufgabe, welche ich mir auf meiner amerikani- schen Studienreise stellte, bestand, wie schon erwähnt, darin, die Vegetation in ihrer Abhängigkeit von den durch die See- höhe gegebenen Beleuchtungsverhältnissen zu verfolgen. Es geschah dies planmäßig in dem schon skizzierten Profil 9 welches von Bismarck bis zum nordwestlichen Ausgang des Yellowstone National Parks reichte. In Luftlinie gemessen hatte dieses Profil eine Länge von beiläufig 900 km. Der Höhen- unterschied zwischen Bismarck und den höchstgelegenen Beob- achtungsorten des Yellowstonegebietes betrug etwa 2500 m. Die Breitenunterschiede betrugen im äußersten Falle etwas über 2°. Die wichtigste Linie innerhalb des Profils, der Anteil nämlich, in welchem die überwiegende Mehrzahl der Beob- achtungen angestellt wurde, von Billings bis ans westliche Ende des Profils, hatte, in Luftlinie gemessen, eine Länge von zirka 250 hn und der Breitenunterschied betrug selbst im äußersten Falle weniger als 1°.

Wie schon bemerkt, wurden einzelne vorläufige Beob- achtungen auch auf der Reise nach Bismarck gemacht. Die betreffenden Beobachtungsorte lagen tief unter dem Niveau

menstellung lehrt. Die Beobachtungen (Abweichung vom Mittel) sind Fahrenheit ausgedrückt.

Juni Juli August

Missouri 3

Minnesota . . . . + 1

Colorado 3

North Dakota 1

Montana 0 '

Wyoming 2'6 —2-9 0'9

Utah —29 —2-6 0'6

3 —3-3 2-2

9 3-6 2-5

9 —2-4 1-5

7 3-6 2-0

8 1-1 0-2

86 J. Wiesner,

des letztgenannten Ortes. Einzelne auf der Rückreise gemachte Aufzeichnungen beziehen sich aber auch auf Orte, die den höchsten Punkt unseres Profils noch überragten.

Über die Änderung des Lichtgenusses mit der Seehöhe habe ich schon früher Beobachtungen angestellt, die aber, wie ich besonders hervorgehoben habe, nur bezüglich des mittel- europäischen Alpengebietes eine Verallgemeinerungzulassen.1 Ich bin zu dem Resultate gekommen, daß sowohl im arktischen als im alpinen Gebiete die Wirkung der direkten Besonnung auf die Pflanze eine größere ist als in mittleren Breiten bei geringer Seehöhe, daß diese Beeinflussung aber bei der alpinen Pflanze in weit höherem Maße zutrifft als bei der hoch- arktischen, und schon damals habe ich dies vermutungsweise auf die größere Intensität der parallelen Strahlung im alpinen Gebiete zurückgeführt.2

Auf Grund der im arktischen und im alpinen Gebiete (Mitteleuropas) angestellten Beobachtungen sprach ich den Satz aus, daß der Lichtgenuß einer und derselben Pflanze desto größer ist, je kälter die Medien sind, in welchen die betreffende Pflanze ihre Organe ausbreiten; ferner, daß mit der Zunahme der geographischen Breite der (relative und absolute) Lichtgenuß wächst, desgleichen mit der Steigerung der Seehöhe.3

Daß der Lichtgenuß einer und derselben Pflanze mit der Erhebung über der Meeresfläche zunimmt, ist von mir, wie gesagt, nur mit Rücksicht auf unser Alpengebiet, wo schon in verhältnismäßig geringen Höhen die Vegetation erlischt, ausgesprochen worden. Wie sich die Sache in Gebieten ver- hält, z. B. in dem von mir besuchten, wo selbst die Baum- vegetation über 3000 m hinaufreicht und wo die Gewächse ganz anderen Beleuchtungsverhältnissen ausgesetzt sind als

i Photom. Unters., III., p. 377, 409.

2 L. c. p. 411.

3 Photom. Unters., IL, p. 709, und III., p. 437.

Lichtgenuß der Pflanzen. 87

unsere mitteleuropäischen Pflanzen, ist bisher ununtersucht geblieben und bildet die vornehmste Frage, welche ich mir zur Beantwortung vorgelegt habe.

Über den Lichtgenuß der nordamerikanischen Pflanzen sind bisher keine Untersuchungen angestellt worden. Ich stand also einem großen Beobachtungsmateriale gegenüber. Selbst- verständlich mußte ich mir betreffs Auswahl der in Bezug auf den Lichtgenuß zu prüfenden Gewächse eine große Beschrän- kung auferlegen. Ich wählte vor allem solche Pflanzen zur näheren Beobachtung aus, welche sich durch besondere Häufigkeit auszeichneten. Ferner traf ich eine weitere Auswahl, indem ich solche Gewächse in den Kreis der Beobachtung einbezog, welche sich aus geringen Seehöhen hoch erheben. Natürlich schenkte ich auch jenen Pflanzen, welche unter sichtlich charakteristischen Beleuchtungsverhältnissen leben, besondere Aufmerksamkeit.

Noch habe ich hier eine Bemerkung über die Verläßlichkeit der Bestimmung jener Pflanzenarten, welche ich auf ihren Lichtgenuß prüfte, vorzubringen. Die Flora der von mir studierten Vegetationsgebiete ist von unserer mir einigermaßen doch geläufigen Flora sehr verschieden. Ich habe mich in erstere schon vor meiner Reise so weit eingearbeitet, daß sie mir nicht fremd erscheinen konnte. Ein sehr wichtiger Behelf war mir hiefür das schon oben erwähnte Herbarium, welches ich dem freundlichen Entgegenkommen des Herrn Professors Aven Nelson in Laramie verdanke. Um aber den Bestim- mungen der untersuchten Pflanzenarten die möglichst größte Sicherheit zu geben, habe ich diese Gewächse gesammelt, in gut präpariertem Zustand mitgenommen und von den berufen- sten Kennern revidieren lassen. Die Kontrolle wurde von den Herren Professoren Trelease (St. Louis, V. St. v. A.) und v. Wettstein (Wien) vorgenommen. Ich danke hier den geehrten Kollegen für ihre Mühewaltung. Ich werde im nach- folgenden stets jene Autoritäten, aufweiche ich mich in Bezug

88 J. Wiesner,

auf die Artbestimmung stütze, besonders namhaft machen. Bezüglich mehrerer Pflanzen bestand für mich kein Zweifel in Betreff ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Spezies, bei diesen fällt natürlich die Berufung auf eine Autorität fort.

I. Beobachtungen über den Liehtgenuß krautartiger und staudenartiger Gewächse.

1. Hordeum jubatum L.

Diese höchst charakteristische, insbesondere wegen ihrer überaus zart begrannten Fruchtähren leicht erkennbare Grasart ist in Nordamerika sehr verbreitet,1 kommt nach Ledebour auch in Asien (Sibirien) vor und wurde im verwilderten Zu- stande auch in Nord- und Süddeutschland und sonst auch noch in einigen Gegenden Mitteleuropas gefunden.2

Ich habe diese Pflanze von Chicago aus verfolgt. Ich beobachtete sie daselbst, später in St. Paul, hierauf in Living- stone und Mammoth Hot Springs, sodann am Wege nach dem Canon (8168 a. F.), in der Umgebung von Colorado Springs. Auch auf der Rückreise habe ich in verschiedenen Orten des Staates Colorado, so in Monument (6874 a. F.) und Palmer Lake (7237 a. F.) dieses Gras gefunden.

In der Regel tritt dieses Gras auf trockenem Boden auf; nur um Mammoth Hot Springs sah ich die Pflanze auch auf feuchtem bis nassem Grunde. In diesen beiden Fällen erscheint der Habitus geändert, auf feuchtem Grunde, an Bachufern in hoch aufgeschossenen schönen Exemplaren mit verlängerter Ähre, auf nassem Boden kurz mit relativ sehr kleinen Ähren.

1 Näheres über die Verbreitung in Nordamerika s. Mc. Mi 11 an, »The Metaspermae of Minnesota Valley«, I., Minneopolis 1892, p. 87. Britton and Brown, »Illustr. Flora of the Northern United States etc.«, I., New- York 1896, p. 229.

2 Ascherson und Gräbner, »Synopsis der mitteleuropäischen Flora«, Bd. 11, I. Abt. (1902), p. 740, wo es heißt: »Bei uns mitunter zu Makartsträußen angebaut, und aus diesen Kulturen verwildert, auch anderweitig eingeschleppt« (Hamburg, Berlin, Warschau etc.). Vielleicht ändert die Pflanze in der Kultur ab, aber was ich von dieser Pflanze in Nordamerika sah, scheint die Eignung zur Verfertigung haltbarer Sträuße auszuschließen. Es zerfallen nämlich die Ähren außerordentlich leicht.

Lichtgenuß der Pflanzen. 89

Überall, auch dort, wo die Pflanze auf feuchtem oder nassem Grunde wächst, ist sie in der Regel völlig frei exponiert. Der Lichtgenuß erreicht also das mögliche Maximum (L = 1). An den verschiedenen Orten sind aber die Minima verschieden. Doch konnte ich diese Minima nur bezüglich jener Pflanzen genau ermitteln, welche auf trockenem Boden auftreten, also nur bei der gewöhnlichen Form, da ich nur diese Pflanzen bei verschiedenerBeschattung beobachten konnte. Die auf feuchtem und nassem Boden auftretenden Pflanzen sah ich nur auf freien Standorten und kann also nicht angeben, welche Minima des Lichtgenusses diese Formen faktisch besitzen.

Zahlreiche von mir angeführte Messungen ergaben für diese Pflanze folgende Minima des relativen Lichtgenusses:

Seehöhe

Chicago 1 80 m

St. Paul 220 »

Bismarck 515 »

Billings 950 »

Livingstone 1346 »

Mammoth Hot Springs 1946 »

Canon 2491 »

Collorado Springs 1851 »

Palmer Lake 2205 »

5-5

1 5

J_ 5 1 5 1 5

Es wurde also von 180 bis zirka 2000 m Seehöhe eine schwache Steigerung des relativen Lichtgenusses wahr- genommen. Bei weiterer Erhebung des Bodens blieb dieses Minimum konstant.

90 J. Wiesner,

Aus dieser Beobachtung geht hervor, daß das Minimum des relativen Lichtgenusses von Hordeum jubatum m i t derSeehöhe steigt und von einer bestimmten Höhe an einen stationären Wert erlangt, d. h. die Pflanze nimmt von einer bestimmten Seehöhe einen kon- stanten Bruchteil des gesamten Tageslichtes für sich in Anspruch.

Dieses Konstantwerden des relativen Lichtgenußminimums habe ich vorher nicht zu beobachten Gelegenheit gefunden, weder bei alpinen (mitteleuropäischen) Pflanzen noch an der arktischen Vegetationsgrenze. Vielmehr beobachtete ich dort ein kontinuierliches Wachsen des Lichtgenußminimums, also sowohl mit der Zunahme der Seehöhe als mit der Zunahme der geographischen Breite.

Es ist nun die Frage, wie sich das Minimum des abso- luten Lichtgenusses dieser Pflanze mit Zunahme der Seehöhe verhält. Es ist dabei zu beachten, daß mit der Zunahme der Seehöhe die Lichtintensität wächst. Es läßt sich deshalb aus den für den relativen Lichtgenuß ermittelten Verhältniszahlen (Minimum am Standort im Vergleich zur Intensität des gesamten Tageslichtes) bezüglich des absoluten Minimums nichts ableiten. Es ist vielmehr erforderlich, die für das Minimum beobachtete Lichtstärke, im Bunsen'schen Maße ausgedrückt, für verschiedene Seehöhen in Vergleich zu ziehen.

Nun entspricht der konstante Wert des relativen Licht- genusses (= ) auf Mittagsintensitäten und auf gleiche o

Himmelsbedeckung bezogen in Bunsen'schem Maße aus- gedrückt

in Livingstone 0* 106

» Mammoth Hot Springs 0*110

» Canon 0-116

(für Colorado Springs und Palmer Lake fehlen die erforder- lichen Lichtmessungen), woraus sich ergibt, daß das Mini- mum des absoluten Lichtgenusses bei Hordeuni jubatum bishinaufzuden höchsten beobachteten Standorten fortwährend steigt.

Lichtgenuß der Pflanzen. 9 1

2. Lepidium virginicum L.

Diese Kruzifere ist, abgesehen von der pacifischen Küste in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, allgemein ver- breitet.1 Als Ruderalpflanze ist sie vielfach eingeschleppt, so in ganz Britisch-Nordamerika, in Zentralamerika und Süd- amerika,2 und wurde als Schuttpflanze auch in England, Deutschland und Österreich beobachtet.3

Ich habe diese Pflanze zuerst in Chicago, dann in St. Paul beobachtet und konnte sie über Bismarck, Billings, Livingstone in den Yellowstone National Park bis auf eine Höhe von 2491 m (Canon, Nähe des Hotels) verfolgen, wo sie, der Sonne völlig preisgegeben, einen eigentümlichen, weiter unten zu besprechenden Habitus annahm.

Die Regel ist ein maximaler Lichtgenuß = 1 ; aber sie kommt auch an teilweise beschatteten Orten, selbst am Wald- rande vor. Letzteres beobachtete ich in Livingstone, wo sie und einige andere Ruderalpflanzen (z. B. Iva xanthifolia Hutt.; nach Bestimmung des Herrn Professors Trelease, Aster sp. etc.) am äußersten Waldrande mit typischen Waldbodengewächsen um Licht und Boden kämpft.

Das von mir in Chicago beobachtete Lichtgenußminimum

dieser Pflanze betrug -, in St. Paul , in Bismarck , in

Billings _ . . im Yellowstonepark von Mammoth Hot Springs 6*5

bis hinauf zum Canon -.

6

Am Waldrande bei Livingstone, wo diese gewöhnlich auf trockenem unbewaldeten Boden oder als Ruderalpflanze auf- tretende Pflanze unter anderen Lebensbedingungen als sonst erscheint, war ihr Lichtgenußminimum merkwürdigerweise höher als auf den genannten tieferen und höheren Stand-

1 Mc. Millan, 1. c. IL, p 257. Britton and Brown, 1. c. IL, p. 112.

2 Schon Linne war bekannt, daß die Pflanze in Jamaika vorkommt; v. Wettstein hat sie auf seiner brasilianischen Expedition (1901) bei Rio Janeiro und bei Santos gefunden.

3 Fritsch, in den Verhandlungen der k. k. zool. bot. Ges., Wien, 1888.

92 J. Wiesner,

orten. Meine Aufzeichnungen ergaben als Minimum , doch

wurden viel häufiger daselbst Werte gefunden, welche zwischen

bis - variierten. Es sind also hier am Waldrande die

höchsten Minima beobachtet worden, was, wie ich glaube, darin seinen Grund hat, daß diese Pflanze hier wohl die für sie erforderlichen Lebensbedingungen findet, aber in der Konkurrenz mit anderen dem Boden besser angepaßten Gewächsen nur bei einer relativ starken Tagesbeleuchtung bis zur Fruchtreife sich entwickeln kann.

Auf großer Seehöhe, im vollen Sonnenschein wachsend, nimmt Lepidium virginicum einen Habitus an, den ich in tiefen Lagen bei dieser Pflanze nirgends beobachtet habe. Die sonst aufgerichteten Stengel wachsen horizontal weiter, ähnlich so wie sich bei uns die Stengel anderer Gewächse (z. B. Hor- deuni murinum L.) auf freien sonnigen Standorten orientieren. Diese höchst auffallende Erscheinung ist bisher auf ihre Ursache nicht zurückgeführt worden, scheint aber stets als eine Folge sehr starker direkter Besonnung.

Meine in der Höhe des Canon Hotels angestellten Beob- achtungen wurden am 31. August ausgeführt. Ein paar Tage früher beobachtete ich die Pflanzen auf tiefen Standorten von Chicago an. Wie gesagt, ich habe an den betreffenden Orten diese eigentümliche Wuchsform nicht beobachtet. Ich meine, daß, wenn sie zur Zeit meiner Beobachtungen aufgetreten wäre, sie mir kaum entgangen wäre. Indes mag es sein, daß bei hohem Sonnenstande, also etwa von Mitte Juni bis Mitte Juli, diese eigentümliche Wuchsform sich auch in tiefen Lagen aus- bildet.

Lepidium virginicum verhält sich rücksichtlich seines Lichtgenusses, abgesehen von dem Vorkommen am Waldrande, genau so wie Hör deum jubatum. Das Minimum des relativen Lichtgenusses nimmt mit der Seehöhe bis zu einer bestimmten Grenze zu und wird dann stationär. Der absolute Lichtgenuß nimmt aber mit der Seehöhe kontinuierlich zu.

Lichtgenuß der Pflanzen. 93

3. Grindelia squarrosa Dunal.

Diese Komposite, von Pursh als Donia squarrosa beschrieben, ist in Nordamerika, namentlich im Westen, ver- breitet. Südlich reicht sie bis Colorado, Texas und Mexiko, östlich bis Minnesota und Nebrasca.1

Ich fand diese Pflanze allenthalben von Bismarck an bis Mammoth Hot Springs. Diese Komposite ist sehr auffallend und mit einer anderen nicht zu verwechseln; schon durch den stark klebrigen, aus stark epinastischen Blättchen zusammen- gesetzten Hüllkelch unterscheidet sie sich von allen auf gleichem Standort vorkommenden Kopfblütlern, zudem tritt sie massenhaft auf, wächst an den Häusern, auf allen unbe- bauten, nicht zu schattigen Plätzen, so daß man sich nicht wundern darf, in ihr eine der Bevölkerung wohlbekannte Pflanze zu finden. In Billings sowohl als in Livingstone wurde auf mehrfaches Befragen diese Pflanze stets »Rose weed«2 genannt. In floristischen Werken wird sie gewöhnlich »Broad leaved Gum-plant« genannt.

Ich habe den Lichtverhältnissen dieser Pflanze eine beson- dere Aufmerksamkeit gewidmet.

Sehr häufig tritt sie in völlig freier Exposition auf, also dem maximalen Lichtgenuß des Standortes (L = 1) ausgesetzt. Die Minima des Lichtgenusses fand ich in verschiedenen Höhenregionen verschieden. Die Bestimmung wurde mit größter Aufmerksamkeit durchgeführt und aus zahlreichen Beob- achtungen das Minimum abgeleitet. In Bismarck ging die

Pflanze in dem Schatten bis auf , in Billings bis auf

10-0' ° 8-2

in Livingstone bis auf , in Mammoth Hot Springs

7-7' r ° 7-4

Es zeigt sich also im allgemeinen eine Zunahme des relativen Lichtgenußminimums mit der Zunahme der

1 Nähere Angaben über das Vorkommen, Britton and Brown, 1. c. III., p. 321.

2 Britton and Brown (1. c.) führen die englischen Namen fast aller von ihnen beschriebenen und abgebildeten Pflanzen an. Der Name »Rose weed< ist in ihren Verzeichnissen nicht zu finden, wohl aber der Name »Rosin weed«, welchen Namen im Volksmunde andere Kompositen (Silphium- Arten) führen.

94 J. Wiesner,

Seehöhe. Doch scheint es mir keine Zufälligkeit zu sein, daß in größeren Höhen die Zunahme eine geringere ist als auf tiefer gelegenen Standorten. Ein Konstantwerden des relativen Lichtgenusses konnte bei dieser Pflanze nicht festgestellt werden.

Die zuletzt angeführte Tatsache läßt sich zahlenmäßig noch besser veranschaulichen, wenn man die Differenzen der Minima von einem zum nächsten Standort berechnet.

Von Bismarck bis Billings beträgt diese Differenz 0 * 020

» Billings bis Livingstone O'OIO

» Livingstone bis Mammoth Hot Springs . . .0*005

Aus diesen Differenzen ergibt sich auch, daß eine direkte Proportionalität zwischen der Zunahme der Seehöhe und dem Minimum des Lichtgenusses nicht zu bestehen scheint.

Mit mathematischer Genauigkeit wird sich die Änderung des minimalen Lichtgenusses wohl nicht ermitteln lassen, wenigstens nicht aus den von mir gemachten Beobachtungen. Wohl darf man aber nach den vorliegenden Beobachtungen annehmen, daß die Abnahme der Minimumwerte ihren Grund hat in der mit der Höhe zunehmenden Intensität des direkten Sonnenlichtes und mit der abnehmenden Intensität des diffusen Tageslichtes. Damit stimmen ja auch die früher an Hordeuni jtibatum und Lepidium virginicum gewonnenen Beob- achtungen überein, welche lehrten, daß diese genannten Differenzen (bei der ersteren) geradezu auf den Wert Null sinken.

Alle die mitgeteilten Daten beziehen sich auf relativen Lichtgenuß. Berechnet man den absoluten Lichtgenuß aus den an den vier Orten beobachteten Mittagsintensitäten, so ergibt sich dieselbe Regel, welche für den absoluten Lichtgenuß der beiden früher besprochenen Pflanzen abgeleitet wurde.

Sehr bemerkenswert erscheint es mir, daß in keinem Falle die freie Exposition, also der maximale Lichtgenuß sich als günstigste Beleuchtung erwies, vielmehr bei etwas einge- schränkterem Lichtgenuß die Pflanze am üppigsten gedeiht, was nicht nur in der volleren Entwicklung der Vegetations- organe, sondern auch in der Größe und Üppigkeit der Blüten- köpfe zum Ausdrucke kam. In Bismarck betrug der optimale

Lichtgenuß der Pflanzen. 95

Lichtgenuß und er erhöht sich mit zunehmender Seehöhe

sichtlich um eine Spur; allein mir scheint die Methode nicht scharf genug, um die sich ergebenden Differenzen mit Genauig- keit bestimmen zu können. Die Werte in den höheren Regionen

betrugen nach meinen Messungen - bis

1-8 1-9 '

Weiters habe ich bei derselben Pflanze beobachtet, daß eine sichtliche Verkümmerung je nach der Seehöhe bei ver- schiedenen Werten des Lichtgenusses sich einzustellen scheint, doch ist mit Bezug auf die Höhenorte, an welchen die Beob- achtungen erfolgten, die Methode gleichfalls nicht fein genug, als daß sich die betreffenden Werte mit Genauigkeit hätten feststellen lassen. Es wurden zahlreiche Beobachtungen ange- stellt, welche ergaben, daß in Bismarck die Verkümmerung

schon bei etwa L = sich einstellte, während an den anderen 4

Beobachtungspunkten die korrespondierenden Werte zwischen etwa L = bis schwankten.

4. Ambrosia artemisiaefolia L.

Diese Pflanze konnte ich nur von Chicago bis Bismarck verfolgen. Schon in Billings suchte ich nach ihr vergebens.

Ich fand sie an allen drei Standorten, d. i. in Chicago, St. Paul und Bismarck bei völlig freier Exposition (L = 1). Die Minima waren verschieden: Das relative Lichtgenußminimum

betrug in Chicago , in St. Paul , welchen Wert ich auch in

Bismarck fand.

Auf unbedecktem Himmel und Mittagssonne bezogen, betrug das ab solute Minimum in Chicago O047, in St. Paul 0-055, in Bismarck 0'058.

Das Minimum des relativen Lichtgenusses wird bei dieser Pflanze schon auf verhältnismäßig geringer Seehöhe (500 m) konstant und die Minima des absoluten Licht- genusses näherten sich schon auf verhältnismäßig geringer See-

96 J. Wiesner,

höhe einem konstanten Werte. Über diese Höhe hinaus scheint die Pflanze nicht mehr fähig, im Kampfe mit anderen Pflanzen ihre Existenz zu sichern.

5. Artemisia tridentata Nutt.

Es ist dies ein im westlichen Teile Nordamerikas in riesiger Menge auftretender Strauch, welcher in Amerika wie einige andere verwandte Arten unter dem Namen »Sage brush« oder »Sage wood« allgemein bekannt ist. In Montana bedeckt die Pflanze ungeheuere Landesstrecken oft ausschließlich. Sie dominiert nach Coulter1 von Montana bis Colorado und weiter westwärts. Auch auf den Prärien im Staate Oregon und im Gebiete des Lewis River 2 kommt dieser charakte- ristische Strauch vor.

Ich habe auf meiner Reise durch Montana und später auf der Rückfahrt in Colorado diese Pflanze reichlich zu beob- achten Gelegenheit gehabt. Ich fand sie fast überall in voll- kommen freier Exposition (L z= 1). Nur in den Höhen von Mammoth Hot Springs fand ich dieselbe bei einer kleinen

Lichteinschränkung, welche den Werten bis ent-

1-3 1-4

sprach. In der Höhe von Canon (zirka 8000 engl. Fuß) beob- achtete ich die Pflanze bei L = schon mit verkümmerten

3-4

Blättern und bei L = Im lichten. Schatten von Pinus Murra- 2

yana völlig blütenlos. Diese und die nächstfolgende Spezies

gehören zu den lichtbedürftigsten Gewächsen.

6. Artemisia gnaphalodes Nutt.

Im weiteren Umkreise von Billings und Livingston beob- achtete ich eine massenhaft auftretende, strauchartige, im Habitus der früher genannten ähnliche, aber von ihr gänzlich verschiedene Artemisia, welche in Billings mit dem Namen Sage-brush odei Salt Sage-brush bezeichnet wird. Auf der Rück-

1 Coulter, Man. Rocky Mountains, New York 1885.

2 Torrey and Gray, Flora von Nordamerika.

Lichtgenuß der Pflanzen. 97

reise, in St. Louis, legte ich die Pflanze in blühendem und gut konserviertem Zustande, Herbarexemplaren, Herrn Prof. Trelease mit der Bitte um Bestimmung der Spezies vor. Er bezeichnete sie als Artemisia gnaphalodes Nutt.

Auch diese Spezies ist in Amerika, insbesondere im west- lichen Nordamerika sehr verbreitet. Vom Westen des Kon- tinents geht sie bis Michigan und Illinois. 1 Auch in Kalifornien, in Minnesota, Texas und Mexiko kommt sie vor. 2

Ich habe die Pflanze insbesondere in der Umgebung von Billings aufmerksam beobachtet; aber ich habe sie dort immer nur bei völlig freier Exposition angetroffen. Hingegen gelang es mir in Livingston sie doch auch bei eingeschränkterer Beleuchtung zu finden. Im lichten Schatten von Populus accu-

minata (L = -— ) fand ich sie, freilich in gänzlich blütenlosem

Zustande in Gesellschaft fruchtender Rosen (Rosa acicularis Lindly) und nicht blühender Exemplare von Solidago sp. und Aster sp.

7. Achillea Millefolium.

Die Schafgarbe gehört, ohne gerade Kosmopolit zu sein, zu den verbreitetsten Pflanzen der Erde. Sie findet sich bekanntlich in ganz Europa, im gemäßigten Asien und in Nordamerika. Engler zählt sie unter den der Vegetation der südlichen Rocky Mountains angehörigen Pflanzen auf,3 welchem Vegetationsgebiete auch der Yellowstone Park zuzu- zählen ist.

Da ich diese Pflanze auf meiner amerikanischen Reise mehrmals auffand, so schien es mir des Vergleiches halber passend, sie auf den betreffenden Standorten auf ihren Licht- genuß zu prüfen.

1 C oulter, 1. c.

2 Näheres über das Vorkommen von Art. gnaph. s. nochTorrey and Gray, Flore North Am. und Britton and Brown 1. c. p. 467 und Mac Millan 1. c. p. 55t.

3 Engler, Vegetation der südlichen Rocky Mountains. Notizblatt des kön. bot. Gartens in Berlin. 1902.

Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl.; CXIV. Bd., Abt. I. 7

98 J. Wiesner,

Nach meinen, auf Wiener Beobachtungen bezugneh- menden, bisher noch nicht veröffentlichten Aufzeichnungen kommt die Pflanze frei exponiert (L = 1) und in Schattenlagen vor. Das Minimum des Lichtgenusses beträgt (im Spätsommer

in Wien beobachtet) = .

13-5

In Livingston fand ich das Minimum z= . Im Schatten

8-6

eines Pappelwaldes (Populus accuminata) , woselbst am

27. August eine Lichtstärke = (bezogen auf Mittagsinten-

\j i

sität bei unbedecktem Himmel = 0*054) gemessen wurde, kam Achillea Millefolium wohl auch noch vor, gelangte aber nicht zur Blüte.

Im sehr hellen Schatten von Pinus Murrayana beobach- tete ich unweit des Canon-Hotels am 2. September in einer Seehöhe von 8000 a. F. bei blühenden Exemplaren von Achillea

Millefolium ein Lichtgenußminimum = (bezogen auf

7*5

Mittagsintensität bei klarem Himmel •== 0*060).

Man sieht aus diesen Zahlen, daß bei Achillea Millefolium mit der Zunahme der Seehöhe der relative Lichtgenuß zunimmt. Ein Gleiches gilt auch für den absoluten Licht- genuß.

Ich führe hier noch eine am 19. August angestellte Beobachtung an, welche ich in der Nähe der Niagarafälle gemacht habe. Ich sah hier eine Achillea, welche ich für A. Millefolium hielt, die sich aber durch Zartheit des Auf- baues und namentlich durch zarte Fiederung der relativ großen Blätter von den mir bekannten Formen der gemeinen Schafgarbe unterschied.1 Es fiel mir auf, daß diese Pflanze viel tiefer in den Schatten ging als unsere gewöhnliche Schafgarbe. Es war mir damals leider mein zu genauen Licht- messungen bestimmter Apparat nicht zur Hand, ich konnte

1 David F. Day führt in seiner Flora von Buffalo (The plants of Buffalo and its Vicinity, Bulletin of the Buffalo Society of Natural Sciences. Buffalo (1882, p. 110) nur eine Achillea, nämlich A. Millefolium L. an.

Lichtgenuß der Pflanzen. 99

also nur eine Schätzung vornehmen, welche ergab, daß das

Lichtgenußminimum unter lag, also beträchtlich tiefer

20

als das relative Lichtgenußminimum, welches ich in Wien an unserer Achillea Millefolium beobachtete.

Die alte Linne'sche Art Achillea Millefolium ist in neuerer Zeit in mehrere Formen zerlegt worden, von denen einzelne als Spezies gelten. Es wäre gewiß interessant, diese verschie- denen Formen auf ihren Lichtgenuß zu prüfen, woraus sich ableiten ließe, ob und inwieweit dieselben an die Lichtstärke sich angepaßt haben, vielleicht auch, ob die einzelnen Formen nicht unter dem Einflüsse verschiedener Lichtintensität zu- stande gekommen sind.

8. bis 13. Aster sp.

Der Reichtum Nordamerikas an Asterarten ist allgemein bekannt. Viele nordamerikanische Arten haben Eingang in unserer Gartenkultur gefunden. Manche weit verbreitete Spezies treten so massenhaft auf, daß sie für den Land- schaftscharakter maßgebend werden.

Einige besonders charakteristische Arten habe ich in Bezug auf den Lichtgenuß eingehend studiert.

Im allgemeinen ist der Lichtgenuß der amerikanischen Arten, zumal der kleinblättrigen, ein hoher; man findet sie am häufigsten bei völlig freier Exposition, doch gehen sie, wenn sie nicht gerade im Wettbewerbe mit Ruderalpflanzen stehen,

noch bis bis oder auch noch tiefer in den Schatten. 5 8

Als Beispiel führe ich Aster adscendens Lindl. an, welche

ich in der Nähe des Canon beobachtete (bei 8000 a. F.), deren

Lichtgenuß 1 bis gefunden wurde. 6

Unter allen Asterarten, welche ich im Yeliowstonegebiete

zu beobachten hatte, besaß keine einen höheren Lichtgenuß

als die auf salzhaltigem Boden vorkommende A. leucanthe-

mifolia Green. Ich beobachtete sie in der zweiten Hälfte des

August in Mammoth Hot Springs. Sie ist beinahe immer voll-

7*

100 J. Wiesner,

kommen frei exponiert und ich habe ihr Lichtgenußminimum nie unter gefunden. Nach meinen Beobachtungen ist also

der relative Lichtgenuß dieser Aster 1 bis .

2 Ich füge hier gleich eine großblättrige, gleichfalls in Mammoth Hot Springs beobachtete Asterart an, welche das niedrigste Lichtgenußminimum aufwies, welches ich bei nord- amerikanischen Astern überhaupt beobachtet habe. Der Licht- genuß dieser Aster (A. conspicttus Lindl.^ = 1 bis . Es ist

auch die einzige von mir beobachtete Asterart, welche euphoto- metrische Blätter besaß. Einige Tage später sah ich eine groß- blättrige Asterart (A. meritus Aven Nelson^ am Yellowstone-

lake, deren Lichtgenuß 1 bis betrug. Euphotometrische

Blätter besitzt sie aber nicht, wenn auch die älteren Blätter eine gewisse Tendenz zu euphotometrischer Ausbildung zeigten. Eine von mir in der Umgebung des Canon am 2. Sep- tember beobachtete Asterart wies einen Lichtgenuß ±z 1 bis

auf. Die Seehöhe des Standortes betrug zirka 8000 a. F. 6

Bei Livingstone beobachtete ich eine blaublühende Aster (Aster incanus Green), welche frei exponiert auftritt, aber

auch am Waldrande bei etwa L = gut gedieh. Sie ging

nicht tiefer als bis auf -— in den Waldesschatten.

Eine von mir in Nordamerika oft angetroffene, weiß- blühende Asterart, deren Lichtgenuß 1 bis betrug, habe ich

o

bei Bismarck als Ruderalpflanze häufig gesehen. Nach den am 24. August vorgenommenen Beobachtungen sinkt der Licht- genuß dieser Pflanze dort nicht unter . Auf lichtärmeren

o

Standorten wird sie von anderen Ruderalpflanzen, namentlich von Ambrosia artemisiaefolia T. und Lepidium virginicum verdrängt.

Lichtgenuß der Pflanzen. 101

Herr Prof. Trelease, dem ich die zuletztgenannte Aster später in St. Louis vorlegte, hatte die Güte, diese Art zu bestimmen. Es ist die Aster multiflorus Ait. Die vier oben genannten Spezies: A. adscendens Li ndl., A. leucavthemifolius Gre e n e, conspicuus Li n dl. und incanus Gray wurden von Herrn Prof. v. Wettstein bestimmt. Die Bestimmung von A. meritus Aven Nelson ergab sich durch den Vergleich mit dem Nelson'schen Herbar (s. oben p. 80).

14. Matricaria discoidea D. C.

Diese nunmehr fast kosmopolitisch gewordene Komposite fand ich Ende August im blühenden Zustande bei Mammoth Hot Springs, wo sie stellenweise reichlich an Waldrändern auftritt. Sie kommt aber auch bei völlig freier Exposition vor. Das Minimum des relativen Lichtgenusses fand ich niemals

unter , so daß auf dem genannten Standorte der Lichtgenuß

dieser Pflanze = 1 bis ist. 2

15. Dysodia chrysanthemoides Lag. Diese von Herrn Prof. v. Wettstein bestimmte Kompo- site habe ich am 12. September sehr häufig in der Umgebung von Colorado Springs, insbesondere auf unbebauten Stellen gefunden, wo sie frei exponiert auftrat. Sie geht aber bis zu einer bestimmten Grenze auch in den Schatten; so fand ich sie auch häufig im lichten Schatten von Pappeln (Populus accu- minata und deltoides). Nach mehreren von mir vorgenommenen Messungen ist der relative Lichtgenuß dieser Pflanze auf den

1

beobachteten Standorten (1860 bis 1900m) = 1 bis

3-5

16. Eryophyllum integrifolium (Hook.) Green. Diese Komposite fand ich am 2. September im blühenden Zustande häufig in der Umgebung des Canon auf einer See- höhe von beiläufig 8000 a. F. Der Lichtgenuß derselben war

== Ibis 4-. o

102 J. Wiesner,

17. Madia glomerata Hook.

Zu derselben Zeit beobachtete ich auf dem gleichen Stand- orte diese Komposite. Sie stand in der Regel frei exponiert,

ging aber in den Schatten bis . Nur bis fand ich sie

4 3

normal. Bei erschien sie schon etwas verkümmert. Einige 4

Tage später fand ich diese Pflanze auch am Yellowstone Lake, etwa 1000 a. F. tiefer. Sie trat hier in stattlicheren Exemplaren als am Canon auf. Der relative Lichtgenuß wurde aber trotz der beträchtlich tiefen Lage genau so wie auf dem hohen Standort gefunden. Die Lichtgenußverhältnisse sind also ähn- liche, wie bei Hordeum jitbatum (p. 89) und einigen anderen oben genannten Pflanzen, bei welchen trotz bedeutender Höhen- differenz von einer bestimmten Höhe angefangen der relative Lichtgenuß konstant bleibt. Da aber mit der Seehöhe die Licht- intensität zunimmt, so ist zu ersehen, daß in all diesen Fällen der absolute Lichtgenuß mit der Seehöhe zugenommen hatte.

18. Phacelia leucophylla Torr.

An dieser schönen Hydrophyllacee, welche ich Ende August im Yelowstone Park noch reichlich im blühenden Zustande gefunden habe, und welche später Herr Prof. Tielease in St. Louis zu bestimmen die Güte hatte, konnte ich einige interessante Wahrnehmungen über die Lage der grundständigen Blätter (sogenannte Wurzelblätter) bei ver- schiedener Beleuchtung anstellen. 1

Die Pflanze kommt zumeist bei angenähert freier Expo- sition (L = bis ) vor, indes auch im vollen Tages-

1-2 1-4

lichte (L =: 1). Nach meinen Aufzeichnungen läge das Minimum

des Lichtgenusses bei L =z ; doch habe ich die Lage des

5

Minimums bei dieser Pflanze nicht mit der nötigen Aufmerk-

1 Über Verbreitung dieser Pflanze, s. Britton and Brown 1. c. (1898), p. 76.

Lichtgenuß der Pflanzen. 103

samkeit zu verfolgen Gelegenheit gefunden. Hingegen konnte ich feststellen, daß sie bei freier oder angenähert freier Exposition ihre grundständigen Blätter mehr oder weniger stark aufrichtet. Unter diesen Beleuchtungsverhältnissen ist das Blatt dieser Pflanze pan photometrisch; es empfängt viel diffuses Licht, wehrt sich aber schon gegen zu starke direkte Insolation. Wenn aber die Pflanze so gegen das Tages- licht orientiert ist, daß sie einen ansehnlichen Teil des gesamten diffusen Tageslichtes als Oberlicht erhält, hingegen der direkten Wirkung des Sonnenlichtes nicht oder nur wenig ausgesetzt ist, dann werden die Wurzelblätter euphotometrisch, sie stellen sich senkrecht auf das stärkste diffuse Licht, und wenn dies von oben kommt, genau horizontal.

Die Einwirkung eines scharf abgeschnittenen Oberlichtes auf die fixe Lichtlage der Blätter von Phacelia leucophylla habe ich nirgends schöner ausgeprägt gefunden als auf einem bestimmten Standort in der Nähe von Mammoth Hot Springs. Es ist ein Vorkommen, welches den Eindruck macht, wie ein zu Gunsten des Beobachters von der Natur angestelltes Expe- riment. Ich meine das Auftreten an bestimmten Stellen jener trichterförmig nach oben geöffneten Höhle, welche zu den Sehenswürdigkeiten von Mammoth Hot Springs gehört und als Mc. Cartney's Cave allen Besuchern des Yellowstone National Park bekannt ist.1 Die obere Öffnung der Höhle hat einen Durchmesser von beiläufig 4 bis 5 m. Sie setzt sich etwa zylindrisch nach unten fort und bildet hier eine stark be- schattete Ringfläche von 1 bis 2 m Breite, von wo aus sie dann vertikal in die Tiefe hinabragt. Auf der genannten Fläche finden verschiedene kraut- und staudenartige Gewächse ihr Fortkommen. Unter anderen wächst und blüht hier Phacelia leucophylla, fast ausschließlich dem diffusen Tageslichte aus- gesetzt, und hier ist es, wo ihre Wurzelblätter euphotometrisch werden und auf der genannten Fläche sich horizontal aus- breiten.

1 Über diese und andere Höhlen in der Nähe von Mammoth Hot Springs, s. Captain H. M. Chittenden, The Yellowstone National Park. Cincinnati 1904, p. 280.

104 J. Wiesner,

Horizontal ausgebreitete Wurzelblätter genießen selbst- verständlich das stärkste diffuse Licht (Zenitlicht). Diese Beleuchtung gereicht der Pflanze, falls sie bloß auf diffuses Licht, wie in unserem Falle, angewiesen ist, zu großem Vorteil. Es ist aber leicht einzusehen, daß horizontal liegende Wurzel- blätter bei völlig freier Exposition der betreffenden Pflanze auch sehr starker Sonnenbeleuchtung ausgesetzt sind, so daß die fixe Lichtlage von Wurzelblättern fast keine stärkere Beleuchtung gestattet, als die durch die horizontale Lage gebotene. Diese Beleuchtung ist aber häufig eine zu starke, d. i. für die betreffende Lage abträgliche. In diesem Falle, wie er ja auch bei Phacelia lencophylla vorliegt, hilft sich die Pflanze, indem ihre grundständigen Blätter den panphotome- trischen Charakter annehmen und auf diese Weise zu starke direkte Sonnenstrahlung abwehren. Die Aufrichtung der Blätter, wie eine solche bei Annahme des panphotometrischen Cha- rakters sich einstellt, hat für die Pflanze auch den Vorteil, die Wärmeausstrahlung zu vermindern nach dem bekannten Leslie-Fourier'schen Gesetze, demzufolge die Ausstrahlung mit dem Cosinus des Neigungswinkels wächst.

19. Orthocarpus luteus Nutt. In der Umgebung von Mammoth Hot Springs habe ich diese Scrophulariacee Ende August im blühenden Zustande häufig gesehen.1 Sie tritt teils auf trockenen, teils auf feuchten Standorten (feuchte Wiesen, Bachufer) auf. Licht- genuß 1 bis -. Sowohl auf trockenem als auf feuchtem Stand- 5

orte schien sie mir bei bereits etwas verkümmert, woraus

5

hervorzugehen scheint, daß das Optimum des Lichtgenusses

über - gelegen sei. o

20. Diodia virginiana L.

Es ist dies eine schön blühende, auffällige Rubiacee, welche ich am 19. August bei den Niagarafällen beobachtete.

1 Über das Vorkommen dieser Pflanze in Nordamerika, s. Britton and rown, 1. c. III., p. 181.

Lichtgenuß der Pflanzen. 10.)

Die Pflanze stand am teilweise bewaldeten Rande eines breiten, in den Niagara sich ergießenden Baches, sichtlich einer großen Bodenfeuchtigkeit angepaßt.

Da ich, wie schon bemerkt, während meines kurzen, bloß eintägigen Aufenthaltes bei den Niagarafällen meinen zu genauen Lichtmessungen dienenden Apparat nicht zur Hand hatte, konnte der Lichtgenuß nur schätzungsweise bestimmt werden. Dieser Schätzung zufolge schwankt der relative Licht- genuß dieser Pflanze zwischen und -, und geht das Mini-

mum gewiß nicht viel unter den angegebenen kleinen Wert hinab. Aber gerade an dieser Pflanze wird ersichtlich, daß das Minimum des Lichtgenusses hier mitbestimmt wird durch den Grad der Bodenfeuchtigkeit, d. h. die Pflanze geht hier sichtlich nicht tiefer in den Waldesschatten, weil die zu ihrer Existenz erforderliche Bodenfeuchtigkeit in den tiefer beschatteten Partien des Terrains nicht mehr vorhanden war. Zur Ermitt- lung ihres wahren Lichtminimums wäre ein anderes Terrain erforderlich gewesen, auf welchem bei für die Pflanze aus- reichender Bodenfeuchtigkeit eine größere Lichteinschränkung geherrscht haben müßte. Es ist ja ganz selbstverständlich, daß der wahre Lichtbedarf einer Pflanze nur unter sonst gleichen Vegetationsbedingungen ermittelt werden kann, wozu noch zu bemerken ist, daß hierbei auch die Konkurrenz mit anderen Pflanzen zu beachten ist, was ich bei früherer Gelegenheit schon ausführlich besprochen habe. 1

21. Sphaeralcea acerifolia Nutt.

In den letzten Tagen des August fand ich in Mammoth Hot Springs eine schön blühende Malvacee, welche mir wegen ihrer sichtlich relativ starken Lichteinschränkung wert schien, auf den Lichtgenuß geprüft zu werden.

Nach der später in St. Louis von Herrn Prof. Trelease vorgenommenen Bestimmung ist diese Malvacee Sphaeralcea acerifolia Nutt.

i Photometr. Unters., IL, p. 607 ff.

106 J. Wiesner,

Die vorgenommenen photometrischen Prüfungen ergaben, daß das Maximum des Lichtgenusses dieser Pflanze = 1 ist, daß aber das Minimum des Lichtgenusses der Blätter bis auf

sinken kann. 30

Die oberen Blätter, welche stets eine relativ größere Licht- menge erhalten, sind panphotometrisch, aber die tiefer situierten Blätter habe ich ausgesprochen euphotometrisch gefunden und gerade diese Eigentümlichkeit schien mir darauf hinzudeuten, daß diese Pflanze sich auch auf einen sehr geringen Licht- genuß einrichten kann, was die Beobachtung auch bestä- tigt hat.

Ich habe auf so großer Seehöhe kein kraut- oder stauden- artiges Gewächs gefunden, welches ein so tiefes Lichtminimum aufwies als diese Malvacee. Ihr zunächst kommt die oben

genannte Aster mit einem Lichtminimum -.

25

22. Lupinus parvifiorus Nutt.

Diese Papilionacee sah ich im blühenden Zustande häutig zwischen Canon und dem Yellowstone Lake. Sie tritt in freier Exposition auf, geht aber mit Juniperus nana und Achillea Millefolium auch in lichten Waldesschatten, wo ich als

Minimum des Lichtgenusses den Wert konstatierte.

6-5

Demnach ist auf den genannten Standorten (zwischen 6000

bis 8000 a. F.; die Messungen wurden in den ersten Tagen

des September vorgenommen) L = 1 bis .

6*5

Die Bestimmung der Pflanze danke ich Herrn Proi. Trelease.

23. Petalostemon violaceus Michx.

Die dichten, lebhaft rotvioletten Blütenähren dieser Pflanze verleihen ihr etwas ungemein Anziehendes, und ich muß gestehen, daß diese wohltuende Wirkung auf das Auge die

Lichtgenuß der Pflanzen. 107

nächste Veranlassung gewesen ist, mich mit ihr eingehender zu beschäftigen.

Ich fand diese Pflanze in der Umgebung von Colorado Springs auf dem Wege zu dem »Garden of the Gods«, wo sie auf trockenen Hügeln, von Gräsern und Kompositen über- wachsen, reichlich zu finden war.

Ich untersuchte die Pflanze auf ihren Lichtgenuß, ohne zu wissen, welcher Gattung sie angehöre. Ich erriet auch die Familie nicht, welcher sie zugehört, und ich möchte zu meiner Entschuldigung anführen, daß ich später in St. Louis einem berühmten europäischen Kollegen ein sehr gut konserviertes Exemplar dieser Pflanze mit der Bitte vorlegte, mir wenigstens die Familie anzugeben, in welche diese Pflanze zu stellen ist. Auch er konnte aus dem Eindrucke, den dieses sonderbare Gewächs auf ihn machte, dessen systematische Stellung nicht angeben. Es wäre ihm und wohl auch mir bei genauer Unter- suchung mit der Lupe wohl gelungen zu erkennen, daß in dieser Pflanze ein Repräsentant einer auch bei uns sehr verbreiteten und selbst dem Anfänger bekannten Familie vor- liegt, eine Papilionacee. Die in der Infloreszenz dicht gedrängt stehenden, sehr kleinen Korollen geben den Blütenständen das rätselhafte Aussehen. Ich führe dies als ein sehr instruktives Beispiel dafür an, daß manche Pflanzen in ihrem Habitus ihre Angehörigkeit zu nahe verwandten Pflanzen so sehr ver- leugnen, daß erst eine genaue Untersuchung über ihre Stellung im Systeme aufklärt.

Herr Prof. Trelease in St. Louis hatte die Güte, diese Pflanze zu bestimmen. P etalost emon violacens Michx. (= Kuhnistera ptirptirea [Vent.] Mc. M.), kommt in Indiana, Texas und Colorado als Prairiepflanze vor.1 Ihr populärer Name ist Violet Prairie-clower.

Die Vergesellschaftung dieser Pflanze mit anderen etwa gleich hohen Pflanzen regte mich an, die eigentümlichen natürlichen Beleuchtungsverhältnisse derselben festzustellen und mit anderen analogen Fällen zu vergleichen.

i Britton and Brown, 1. c., II., p. 250.

108 J. Wiesner,

Mit Rücksicht auf das Terrain, auf welchem Petalostemon violaceus von mir beobachtet wurde , wäre man geneigt gewesen, anzunehmen, daß diese Pflanze des vollen Tages- lichtes teilhaftig sei, also ihr Lichtgenuß = 1 zu setzen ist. Allein man muß beachten, daß diese Pflanze nicht frei steht, sondern neben ihr gleich große oder auch etwas größere Gräser und andere krautartige Gewächse vorkommen, welche ihr einen Teil des Gesamtlichtes entziehen. Wären alle Pflanzen des Standorts gleich groß und alle ihre Blüten gipfelständig, so könnte man wenigstens mit Rücksicht auf die Blüten sagen, daß der Lichtgenuß der letzteren gleich eins sei. Allein nicht nur die Blüten sondern alle oberirdischen Organe unserer Pflanze befanden sich gewissermaßen hinter einem Schleier zarter Gräser und anderer Pflanzen, welcher lichtdämpfend auf sie wirkte. Es kann also trotz der freien Exposition des Terrains von einem Lichtgenuß = 1 weder bei Petalostemon violaceus noch bei den Begleitpflanzen die Rede sein.

Derartige Beleuchtungsverhältnisse habe ich allerdings in meinen früheren Schriften unter Hinweis auf Schutz gegen zu starke Bestrahlung1 oder um die Beleuchtungsverhältnisse des Getreides zu veranschaulichen,2 gelegentlich kurz berührt. Aber gerade die in Rede stehende Pflanze hat mich angelockt, diesen Gegenstand im Vergleiche zu anderen Beleuchtungsverhält- nissen der Pflanze näher ins Auge zu fassen.

Nur in besonderen Fällen wird der Lichtgenuß einer dem vollen Tageslichte ausgesetzten Pflanze ein so vollkommener sein, daß nicht nur die ganze Pflanze, sondern jedes seiner dem Lichte ausgesetzten Organe das gesamte Tageslicht genießt. Man denke z. B. an Lemna, deren grüne Organe auf der Wasserfläche horizontal liegen oder an die so häufig vor- kommenden vollkommen horizontal ausgebreiteten Wurzel- blätter. Bei freier Exposition ist der Lichtgenuß jedes Exem- plares der Wasserlinse 1, desgleichen der Lichtgenuß des ganzen Blattwerkes grundständiger Rosetten.

i Photom. Unters. II. (1895).

2 Photom. Unters. III. (1905) p. 412.

Lichtgenuß der Pflanzen. 109

Die Regel ist aber wohl, daß selbst auf vollkommen frei exponiertem Standorte ein Gewächs mit einem Teile seines Laubes einen anderen Teil desselben beschattet. Bei frei exponierten Bäumen und Sträuchern drücken wir deshalb den Lichtgenuß in der Form aus, daß wir die Grenzen der Beleuchtung in die bestimmte Formel

L= 1 bis

n

bringen. Der Wert 1 gibt die Beleuchtung jener in der Peripherie des Laubes gelegenen Blätter an, welche des

gesamten Tageslichtes teilhaftig sind; hingegen bezeichnet

n

den Anteil des Tageslichtes, welches den am schwächsten

beleuchteten Blättern der betreffenden Holzgewächse eben

noch zu gute kommt.

Eigentlich hätte bei allen Gewächsen, deren Lichtgenuß = 1 ist, die also der vollen Tagesbeleuchtung unterworfen sind und deren Blätter sich teilweise beschatten, das an der- selben sich einstellende Minimum ermittelt werden sollen, z. B. bei den beiden oben besprochenen Ar temisia- Arten, welche nach den mitgeteilten Beobachtungen fast nur bei völlig freier Exposition gedeihen (A. gnapholodes und triden- tata). Auf diese Feinheit ist aber nicht eingegangen worden und es wird Sache späterer Untersuchungen sein, nicht nur die relativen, sondern auch die absoluten Minima des Licht- genusses der Organe dieser Pflanze zu ermitteln. Indes werde ich weiter unten auch für einige staudenartige Gewächse derartige Minima, welche ich auf meiner Reise feststellte, anführen.

Die Einschränkung des Lichtgenusses einer Pflanze wird entweder bedingt durch die Konfiguration des Terrains, oder durch einen Teil des eigenen Laubes oder endlich durch andere Gewächse.

Der erste Fall stellt sich beispielsweise ein, wenn eine Pflanze an einer vertikalen Wand, z. B. an einer Felswand steht, wo ihr bei sonst freier Exposition etwa das halbe Tages- licht entzogen wird, oder wenn eine Pflanze in einer Schlucht

110 J. Wiesner,

wächst, wo sie auf einen kleinen Teil des Oberlichtes ange- wiesen ist. Man wird hierher auch jene Fälle rechnen dürfen, in welchen Mauern, Häuser, andere Baulichkeiten, Dämme etc. einen Teil des allgemeinen Tageslichtes abschneiden.

Der zwreite Fall wurde schon erörtert, derselbe spielt namentlich bezüglich des Lichtgenusses der Bäume und Sträucher eine große Rolle.

Der dritte Fall erfordert eine nähere Betrachtung, da er in zahlreichen Typen auftritt. Man achtet aber gewöhnlich nur auf den am meisten in die Augen springenden Fall, wenn nämlich große, reichlich Schatten spendende Gewächse, Bäume und große Sträucher kleineren Gewächsen Schutz bieten. Hier spricht man von Schattenpflanzen der Au, des Waldes etc.

Aber es gibt noch andere hierher gehörige Fälle, vor allem den, welchen wir im Auftreten der uns hier beschäf- tigenden Pflanze Petalostemon violaceus vor uns haben. Es sind Pflanzen von gleichen oder nur wenig verschiedenen Dimensionen, die sich, gesellig auftretend, gegenseitig im Licht- genusse einschränken. Dieser Fall ist von mir, wie schon oben bemerkt, angedeutet, aber von keiner Seite noch eingehender erörtert worden. Auf Saatfeldern und Wiesen bildet er die Regel. Auf den ersteren entziehen nicht nur die Individuen der Saat sich gegenseitig einen Teil des Lichtes, sondern die zwischen den Getreidepflanzen auftretenden Unkräuter nehmen den kultivierten Gewächsen einen Teil des Lichtes und vice versa. Die »Dichtigkeit der Saat«, bekanntlich ein wichtiger landwirtschaftlicher Gegenstand, ist ein Problem, welches auch vom Standpunkte des Lichtbedürfnisses in die Hand zu nehmen sein wird, während man bisher bloß die Raumfrage und die Menge der bei mehr oder minder dichter Saat den einzelnen Pflanzen zugute kommenden Bodennahrung und etwa noch die bei verschiedener Saatdichte sich ergebenden Unter- schiede der Transpiration in Rechnung gezogen hat. Hier liegt ein interessantes Problem vor, welches aus theoretischen und praktischen Gründen zu eingehender Bearbeitung einladet. Ich möchte den hier beschriebenen Fall als »Verschleierung« der ausgesprochenen »Beschattung« gegenüberstellen.

Lichtgenuß der Pflanzen. 1 1 1

Auf meine Petalostemon violaceits betreffenden dieß- bezüglichen Wahrnehmungen komme ich weiter unten noch zurück. Vorerst möchte ich noch auf einen vierten Typus des Lichtentzuges aufmerksam machen, der durch das Zusammen- leben verschiedener Pflanzen bedingt wird; d. i. nämlich der Lichtentzug, welcher von Epiphyten auf die dieselben tragenden Gewächse ausgeübt wird. Ich werde diesbezüglich später ein klassisches Beispiel vorzuführen in der Lage sein.

Bei der Untersuchung des Lichtgenusses von Petalostemon violäceas habe ich auf drei Hauptpunkte geachtet: 1. auf die Beleuchtung des Standortes durch das Tageslicht, 2. auf den Lichtgenuß, welchem die Blüten, und 3. auf den Lichtgenuß, welchem die Blätter der Pflanze ausgesetzt waren.

Was zunächst die Beleuchtung des Standortes anbelangt, auf welchem ich die genannte Pflanze beobachtete, so war dieselbe so gut wie dem gesamten Tageslichte ausgesetzt. Das Terrain war allerdings gewellt und in der Ferne erhoben sich Gebirge, darunter auch der 4310 m hohe Pike's Peak. Aber was hier an Licht abgeschnitten wird, ist mit Rücksicht auf die geringe Intensität der in der Nähe des Horizonts reflektierten Lichtstrahlen so wenig, daß es vernachlässigt werden kann. Die Lichtstärke des Standortes darf zu 1 gesetzt werden.

Die nachfolgenden Beobachtungen wurden am 12. Sep- tember angestellt.

Die Blütenstände unserer Pflanze habe ich nur selten sich über die umgebenden Gräsern erheben sehen. Die Verschleie- rung der Infloreszenzen durch die begleitenden Gräser hatte einen Lichtentzug zur Folge, welcher einem relativen Licht- genußminimum zz= entsprach.

1-9

Stärker war das Laub durch die umgebenden Gräser und Kompositen verschleiert. Nirgends sah ich die Blätter unter Beleuchtungsverhältnissen, welche einem Lichtgenusse = 1 entsprochen hätte. Als Minimum des Lichtgenusses fand ich

. Unter erscheinen die Blätter vergilbt oder ver-

12 12

kümmert.

112 J. Wiesner,

24. Mentzelia nuda (Pursh) F. et G.

Diese prachtvoll blühende Onagrariacee habe ich auf demselben Standorte wie die frühere, aber sonst noch oft in Colorado gesehen. Gewöhnlich ist die Pflanze vollkommen frei exponiert. Es gelang mir nicht, sie auf Standorten zu beob- achten, auf welchen die Terrainverhältnisse den Lichtgenuß eingeschränkt haben würden. Wo sie wie Petalostemon viola- ceus zwischen hohen Gräsern auftritt, sah ich den Licht- genuß der Blüten nur bis auf sinken. Der Lichtgenuß des

1 ' 8

Laubes sinkt gewiß nicht so tief wie bei Pentalostemon viola- ceus. Da die Pflanze aber nur sehr vereinzelt auftrat, so ist es mir nicht gelungen, eine genauere Messung auszuführen.

Die Bestimmung dieser Pflanze wurde von Herrn Prof. Trelease kontrolliert.

IL Beobachtungen über den Liehtgenuß von Holz- gewäehsen.

1. Pinus Murray ana »Oreg. Com.«

Diese Föhrenart, in Nordamerika Lodgepole Pine genannt,1 kommt, Wälder bildend, im Yellowstonepark in ungeheuren Massen vor. Um Mammoth Hot Springs habe ich sie noch nicht gesehen, aber gegen den Canon zu und weiter bildet sie in den Höhen die vorherrschende, häufig aus- schließlich den Wald zusammensetzende Holzart. Aven Nelson2 bezeichnet sie als die häufigste Föhrenart Wyomings, welche in einer Seehöhe von 6000 bis 9000 a. F. am besten gedeiht.

Ich habe diese Baumart unter allen von mir untersuchten Koniferen des Gebietes am eingehendsten in Bezug auf ihren Lichtgenuß und was damit zusammenhängt, studiert.

1 In anderen Staaten Nordamerikas führt sie andere Namen, so in Mon- tana White Pine, in Colorado Spmce Pine etc. Aven Nelson, Wyoming Expe- riment Station. Bulletin No. 40. The Trees of Wyoming p. 68.

2 Nelson, 1. c. p. 79.

Lichtgenuß der Pflanzen. 113

Die Verzweigung des Baumes ist eine höchst einfache. 2 bis 3 m hohe Bäumchen weisen meist nur eine Zweig- ordnungszahl = 1 auf, 1 d. h. außer dem Hauptaste sind nur einfache Seitenzweige, also nur Nebenachsen der ersten Ordnung vorhanden. Bäume von 50 a. F. Höhe und darüber weisen höchstens eine Verzweigungszahl = 4 auf. In der Regel beträgt aber die Verzweigungszahl der Bäume 2 bis 3.

Bei dieser geringen Verzweigung kann es nicht wunder- nehmen, daß dieser Baum in verschiedenen Seehöhen (beob- achtet zwischen 6400 bis 10.000 a. F.) in der Verzweigungs- weise nichts Auffallendes darbietet. Während reicher verzweigte Bäume mit dem Vorrücken gegen den Pol oft auch mit steigender Seehöhe ihre Verzweigung stark vereinfachen,2 ist eine solche Vereinfachung bei Pinus Murrayana auf zunehmender See- höhe kaum bemerkbar.

Der Habitus der Bäume ist ein höchst auffälliger: diese Föhrenart hat einen pyramidenartigen Bau und nimmt be- sonders auf großer Seehöhe eine zypressenartige Form an, was, wie wir sehen werden, mit dem Lichtgenuß dieses Nadel- baumes im innigsten Zusammenhange steht.

Die Wuchsverhältnisse der Triebe sind stets derartig, daß eine schmale Pyramidenform des Baumes eingehalten wird. Die Seitensprosse streben nach aufwärts und, da sie häufig lang und dünn sind, so wird es begreiflich, daß sie nicht selten sich nach abwärts neigen. Es geschieht dies aber wieder in der Weise, daß der Kronenumfang dadurch nicht oder nur wenig vergrößert wird. Das so ungemein ausgesprochene Aufwärtsstreben der Seitenäste beruht entweder auf negativem Geotropismus oder auf Hyponastie. Diese Alternative könnte nur durch das Experiment entschieden werden. Tatsächlich habe ich folgendes beobachtet. An den infolge »toter Last- krümmungen« 3 nach abwärts geneigten Seitenzweigen richten sich die wachsenden Zweigenden auf. Diese Aufrichtung erfolgt durch das Konvexwerden der morphologischen

1 Über Zweigordnungszahlen, s. Wiesner, Photom. Unters., II. p. 677 ff.

2 Phot. Unters., III. p. 417 bis 425.

3 Wiesner, Studien über den Einfluß der Schwerkraft auf die Richtung der Pflanzenorgane. Diese Berichte, Bd. 111 (1902), p. 734 ff.

Sitzb. d. mathem.-natunv. KL; CXIV. Bd., Abt. I. 8

114 J. Wiesner,

Unterseiten der nach abwärts gekrümmten Sprosse, was sowohl auf negativen Geotropismus als auf Hyponastie dieser Sprosse schließen läßt. Da indes die Zweige aufstreben, ohne jemals die vertikale Lage zu überschreiten, was ja bei starker Hyponastie mehr oder minder häufig eintreten müßte, so ist es wahrscheinlich, daß bei der Aufrichtung Geotropismus im Spiele ist. Diese Auffassung ist um so berechtigter, als an Seitenzweigen von Koniferen bisher wohl epinastisches nie- mals aber noch hyponastisches Längenwachstum beobachtet wurde.1 Wie dem auch sei, sowohl das Abwärtshängen der Zweige als ihre Fähigkeit, sich vertikal aufzurichten, ver- hindert eine stärkere horizontale Ausbreitung der Krone und kommt der Einhaltung der Zypressenform zu gute. Diese Form ist oft ungemein ausgesprochen und man wräre häufig beim Anblick von der Ferne geneigt, Pinus Murrayana eher für eine Zypresse als für eine Föhre zu halten.

Selbst auf beträchtlichen Höhen behält Pinus Murrayana ihren Habitus und geht nicht in die Krummholzform über. Herr v. Portheim hat auf dem in der Nähe des Canon sich erhebendem Mt. Washburne in einer Höhe von etwa 9000 a. F. diesen Baum in pyramidenförmiger Gestalt und nie in der Krummholzform gesehen.

Dennoch ist eine gewisse krummholzartige Ausbildung hin und wieder an dieser Konifere zu beobachten, nämlich gerade an den höchsten Exemplaren, wenn dieselben frei exponiert sind. Die Verzweigung geht dann bis auf den Grund und die tiefsten Zweige streben nicht wie die höher situierten empor, liegen vielmehr horizontal am Boden und nehmen einen krummholzartigen Habitus an.

An solchen freistehenden hohen Bäumen kann man häufig auch die Beobachtung machen, daß die Krone in zwei bis drei Etagen sich gliedert, wodurch die Einstrahlung schrägen Seitenlichtes in die Krone befördert wird. Es ist dies aber doch nur eine bei hohen Baumindividuen vorkommende und auch bei diesen nicht allgemeine Erscheinung; die Regel ist eine gewisse Gleichmäßigkeit im ganzen Bereiche der Krone.

t 1. c. p. 771 ff.

Lichtgenuß der Pflanzen. 115

Ich betone ausdrücklich: im ganzen Bereiche ihrer Krone. Ich betone dies, weil der Baum nur bei völlig freier Exposition seine Krone gleichmäßig entwickelt, bei einseitiger Be- leuchtung aber nur an den Lichtseiten, was man am Wald- rande stets sehen kann. Im Walde sehen wir die Krone klein, indem der Hauptstamm sich hoch hinauf »reinigt«, d. h. von den Seitenästen befreit.1 All' dies hängt mit den Licht- verhältnissen dieser Baumart auf das innigste zusammen, wie ich gleich erörtern werde.

Der Anblick des pyramidenförmigen Aufbaues der Pinus Murrayana lehrt deutlich, daß sie gleich der echten Zypresse2 sich hauptsächlich an das Vorderlicht angepaßt hat und nur relativ wenig vom Zenithlicht genießt. Die Zunahme der Lichtstärke mit der Seehöhe und insbesondere die Zunahme der Intensität der direkten Strahlung nötigen diesen Baum, sich auf den beträchtlichen Höhen, auf welchen er vorkommt, vor jenem besonders intensiven Lichte, welches von hoch- stehender Sonne kommt, zu schützen.

Wir haben also hier dieselbe Anpassung an die Lichtstärke vor uns wie bei der Zypresse. Beide wehren die intensiven Strahlen der hochstehenden Sonne ab; aber während die Zypresse sich gegen die südliche Sonne wehrt, muß sich Pinus Murrayana gegen die infolge der großen Seehöhe gesteigerte Strahlung zur Wehr setzen.

Ich habe zahlreiche Lichtgenußbestimmungen an diesem Baume vorgenommen. Vor allem ist leicht ersichtlich, daß das Lichtgenußmaximum = 1 ist. Es scheint dies auch das Lichtgenußoptimum zu sein, denn die schönsten üppigsten Bäume habe ich nur auf völlig freiem Standort gesehen. Wie ungemein lichtbedürftig der Baum ist, sieht man an der Änderung seines Habitus bei ungleichseitiger Beleuchtung.

1 Eine gute Abbildung des Innern eines aus der »Lodgepole pin« ge- bildeten Waldes mit seinen weit hinauf kahlen Schäften findet sich bei Nelson, 1. c. Fig. VIII.

2 Phot. Unters. III. 428 ff.

8*

116 J. Wiesner,

Ich habe dies schon früher berührt. Bei starkem Vorder- und schwachem Hinterlichte, selbst häufig schon am Waldrande, bildet der Baum nur etwa die halbe Krone aus, entwickelt nämlich die Zweige fast nur an der Lichtseite. Im geschlossenen Walde ist an hohen Bäumen die Krone nur deshalb so klein, weil das dort so starke Zenithlicht gegen die Tiefe der Krone zur Erhaltung des Lebens der Blätter unzureichend wird und das seitliche Licht daselbst gleichfalls nicht ausreicht, den Zweigen die zum Lebensunterhalte erforderliche Lichtmenge zuzu- führen. All dies deutet schon auf ein sehr hohes Minimum hin. Das Minimum ist in der Tat sehr hoch gelegen. Ich fand

dasselbe immer in der Nähe von Pinus Murrayana gehört

6

somit zu den lichtbedürftigsten Bäumen, die man kennt, und wird nach den bisher vorliegenden Unter- suchungen in dieser Beziehung unter den Koniferen nur von der Lärche {Larix decidua Mill.) übertreffen.1

Der angeführte Näherungswert des Minimums bezieht sich auf relativen Lichtgenuß, d. h. zum Gedeihen dieses Baumes ist beiläufig der sechste Teil des gesamten Himmels- lichtes erforderlich. Sinkt die dem Baume sich darbietende

Lichtstärke unter des Tageslichtes, so kann er nicht mehr 6

gedeihen; wo im Bereiche des Waldes die Lichtstärke unter

diesen Wert sinkt, muß die Krone absterben oder kann sich

nicht weiter entwickeln.

Es ist mir an diesem Baume aufgefallen, daß an großen

freistehenden Bäumen die Minima niedriger gelegen sind als

an kleinen im Waldschlusse auftretenden Individuen. Es

sinken da die Minima bis auf , ja selbst bis auf Ich habe

8 10

die gleiche Erfahrung früher schon auch an anderen Baum- arten gemacht, z. B. an der Buche, welche als üppig ge- deihender, freistehender Gartenbaum mit einer kleineren Licht- men^e auskommt als ein im Waldesschluß stehender Baum.1

i Phot. Unters. II. p. 657.

Lichtgenuß der Pflanzen. 1 1 7

Ziehe ich aber die kleinsten Werte in Betracht, welche ich für das Lichtminimum erhalten habe, so finde ich, daß die relativen Minima auf größeren See höhen nicht mehr zunehmen, vielmehr entweder konstant bleiben oder sogar abnehmen.

Was zunächst das Konstantwerden des Minimums bei steigender Seehöhe anlangt, so lehrt eben diese Beobachtung, daß der absolute Lichtgenuß mit der Seehöhe dennoch zu- nehmen muß, da ja die Lichtstärke mit der Seehöhe zunimmt.

Aber gerade auf den größten Höhen beobachtete ich, daß

die relativen Minima etwas gesunken waren (von bei

1 1

6400 Fuß auf ja sogar auf bei 8500 Fuß). Als ich den

6-4 6-9

Lichtgenuß im absoluten Maße ausdrückte, ergab sich, daß

die Lichtintensitätswerte (auf mittägliche Lichtstärke um S4 und

Bq1 bezogen) trotz sinkender relativer Lichtintensität nahezu

konstant geblieben waren, nämlich dem Werte 0'255 sich

näherten.

Aus dieser Beobachtung folgt, daß das relative Licht- genußminimum, von Pinus Murrayana mit der Seehöhe innerhalb der Regionen des normalen Gedeihens dieses Baumes nicht steigt, vielmehr entweder konstant bleibt oder sogar etwas sinkt, daß aber das absolute Lichtgenußminimum mit zunehmender See- höhe einem konstanten Werte sich nähert.

Dieses Resultat scheint mir sehr bemerkenswert, weil es zeigt, daß bei dem Aufstieg eines Gewächses in höhere Regionen doch nicht genau dieselben Änderungen des Licht- genusses sich einstellen, wie bei dem Vorrücken eines Ge- wächses gegen die Pole zu. Nach den früher von mir veröffent- lichten Beobachtungen nimmt sowohl der relative als auch der absolute Lichtgenuß eines Gewächses mit der Zunahme der geographischen Breite des Standortes zu, während bei Pinus Murrayanä der absolute Lichtgenuß in größeren Höhen immer mehr und mehr einem konstanten Werte sich nähert. Die Wahr- nehmung, daß auf großer Seehöhe die relativen Minima des

i Photom. Unters. II. p. 657.

118 J. Wiesner,

Lichtgenusses kleiner werden, lehren deutlich, daß Pinus Murrayana einen Teil des dargebotenen Lichtes, der von dem Baume sonst ausgewertet wird, sich nicht mehr zu nutze macht. Es steht dies, wie ich glaube, im Zusammenhange mit dem Habitus der Pflanze, welcher ja danach angetan ist, das stärkste Licht abzuwehren.

Gerade die Studien über den Lichtgenuß von Pinus Murray ana geben gleich den oben für kraut- und stauden- artige Gewächse mitgeteilten Daten einen Fingerzeig, wodurch die arktische Pflanze von der Höhenpflanze in Bezug auf die Ausnützung des Lichtes sich unterscheidet. Die erstere sucht mit dem Vorrücken gegen den Pol immer mehr und mehr von dem Gesamtlichte zu gewinnen. Dies tut die über die Meeresfläche sich erhebende Pflanze nur bis zu einer be- stimmten Grenze; von hier an wird ihr relativer Lichtgenuß konstant, ja sogar kleiner, ihr absoluter aber nähert sich einem konstanten Werte oder erreicht denselben sogar.

2. Pinus flexilis James.

Dieser Föhre begegnete ich sehr häufig in der Umgebung von Mammoth Hot Springs. Auf beträchtlich größerer Seehöhe wurde sie von Herrn v. Port heim auf Mt.Washburne beobachtet. Sie ist ebenso gut charakterisiert durch ihre verhältnismäßig großen Zapfen wie durch die Biegsamkeit der jüngeren Zweige, daher auch ihr Speziesname und der Trivialname »Limber Pine«.1) Auch durch ihre langen in Büscheln zu fünf ange- ordneten Nadeln unterscheidet sie sich auffälligst von Pinus Murrayana, welche nur kurze Nadeln besitzt, welche an den Kurztrieben zu zweien sich vorfinden.

Die Verzweigungszahl beträgt bei kleinen Bäumen 3, bei mitteren 3 bis 4, aber bei völlig ausgewachsenen Bäumen 4 bis 5. Sie ist also im Vergleiche zu Pinus Murrayana reicher verzweigt.

Was den Habitus des Baumes anlangt, so ist seine Tendenz zu pyramidenförmigem Aufbaue schon auf der Höhe

i Nelson, 1. c. p. 77.

Lichtgenuß der Pflanzen. 1 1 9

von Mammoth Hot Springs deutlich ausgesprochen. Aber erst auf großen Höhen tritt die zypressenförmige Gestalt mit größerer Deutlichkeit hervor. Herr v. Portheim hat auf dem Mt. Wash- burne in einer Höhe von zirka 9000 a. F. eingesprengte Individuen von Pinus flexilis gesehen. Wenn auch der Baumkörper dort nicht jene Schlankheit erveichtwie Pinus Murrayana, so gemahnt nach v. Portheim's Beobachtungen die Gestalt der ersteren doch an die Zypressenform. Pinus flexilis besitzt auch dieselben Mittel, um die Krone schmal zu erhalten wie die letztere, indem auch ihre Astenden vertikal aufstreben, auch wenn die Seitenäste nach abwärts hängen. Die biologische Be- deutung der Zypressenform ist bei Pinas flexilis selbst- verständlich dieselbe wie die schon früher erörterte, auf Pintts Murrayana bezughabende.

Lichtgenuß. Stets ist das Maximum des Lichtgenusses = 1. In der Umgebung von Mammoth Hot Springs habe ich an jüngeren Bäumen ein relatives Lichtgenußminimum

=: bis gefunden. Bei sehr jungen nur wenige Meter

hohen Bäumchen ist das Minimum noch niederer. An hohen Bäumen sinkt hier das Minimum nach meinen Beobachtungen

auf bis . 9 11

Herr v. Portheim hat auf dem Mt. Washburne in der schon angegebenen Seehöhe eigentlich dieselben Werte des relativen Lichtgenußminimums beobachtet, an heran- gewachsenen Bäumen sogar bis , d. h. ein etwas kleineres

11 13

relatives Minimum, als ich in viel geringerer Seehöhe fest- stellte. Es ist dieselbe Erscheinung wie die, welche ich auf verschiedenen Höhen bei Pinus Murrayana wahrgenommen habe. Das relative Minimum des Lichtgenusses bleibt mit zunehmender Seehöhe konstant oder sinkt sogar.

Leider haben die am Mt. Washburne nur durch kurze Zeit durchgeführten Lichtmessunngen es nicht erlaubt, einen genauen Vergleich mit dem in Mammoth Hot Springs gemachten anzu- stellen; aber die größere Lichtstärke (bei gleicher Sonnenhöhe

120 J. Wiesner,

und unbedecktem Himmel) auf Mt. Washburne wurde zweifel- los festgestellt. Es ist deshalb in hohem Grade wahrscheinlich, daß auch Ptnus flexilis mit steigender Seehöhe einem konstanten absoluten Lichtgenuß zustrebt.

3. Picea pungens Enge Im.

Diese charakteristische Konifere, welche man so häufig in unseren Gärten und Anlagen findet, wo sie durch die blau- graue Benadelung auffällt, ist in den Rocky Mountains weit verbreitet, aber sie bildet niemals geschlossene Wälder, sondern erscheint nur im Walde eingesprengt oder zu kleinen Gruppen vereinigt.

Auch in den Wäldern des Yellowstonegebietes ist sie nicht selten zu finden, aber auch hier erscheint sie zumeist ver- einzelt, sticht aber dort durch die blaugraue Färbung ihrer Krone stark ab gegen die sie begleitenden Bäume. Sie wird in Nordamerika, wo sie sehr häufig wie bei uns in Gärten gezogen wird, allgemein »Blue Spruce« genannt.

Im Gesamtgebiete der Rocky Mountains erscheint sie zumeist in mittleren Höhen, steigt aber doch bis auf 9000 a. F., wo sie indes nur mehr selten gefunden wird. Sie bevorzugt feuchten Boden.1

Das Maximum des Lichtgenusses dieses Baumes ist = 1. Das Minimum sinkt aber bei diesem Baume so tief wie bei keiner anderen Konifere des besuchten Gebietes. Wegen des sehr zerstreuten Vorkommens hatte ich nicht Gelegenheit, das Minimum des Lichtgenusses genau zu ermitteln. Es liegt aber sichtlich viel tiefer als bei allen von mir untersuchten Koniferen des Yellowstoneparks. In der Nähe der Canons und auf dem Wege nach Old Faithful, jedesmal in der Höhe von beiläufig 8000 a. F., fand ich an großen Bäumen das relative Minimum

des Lichtgenusses bis . Auf solchen Höhen hatte der 60 62

Baum einen zypressenartigen Habitus, während er bei mittlerer

Elevation mir im Aufbaue unseren Tannen am meisten zu

ähneln schien.

i Nelson, 1. c. p. 83.

Lichtgenuß der Pflanzen. 121

In den Gärten von Salt Lake City (auf einer Seehöhe unter 4000 a. F.) habe ich diesen Baum oft gesehen und auch dort das Minimum bestimmt. Die erhaltenen Werte (ermittelt am 8. und 9. September, während die Beobachtungen im Yellowstone- gebiete 8 bis 10 Tage früher angestellt wurden) schwanken

zwischen bis . Jedenfalls liegt bei 8000 a. F. das 64 70

relative Minimum höher als bei 4000 a. F. Aber der Unter- schied ist, wie man sieht, kein großer. Auf Mittagsintensität und klaren Himmel bezogen, betrug das Minimum in Salt Lake City 0-018 bis 0' 020, bei Old Faithful 0*021 bis 0 023. Aus diesen Zahlen ist zu entnehmen, daß auch das absolute Lichtgenußminimum bei Picea pungens von 4000 auf 8000 a. F. steigt, aber in sehr geringem Grade, und sich einem konstanten Werte zu nähern scheint. In unseren Gärten

ist das relative und absolute Minimum so tief unter , daß

V 90/

es nach meiner Methode nicht mehr mit Sicherheit bestimmt

werden kann.

Jedenfalls lehren die Beobachtungen, daß Picea pungens

ein Baum ist, welcher sich auf einen sehr geringen Lichtgenuß

einzurichten vermag. Die spärlichen Beobachtungen über die

Änderung des Lichtgenusses mit der Seehöhe widersprechen

nicht jenen Wahrnehmungen, welche ich in dieser Beziehung

bei den beiden oben vorgeführten Koniferen gemacht habe,

und scheinen eher mit denselben im Einklang zu stehen.

4. Pseudotsuga Douglasii Enge Im.

Dieser Baum, die Douglasfichte, ist in Nordamerika sehr verbreitet, insbesondere im westlichen Nordamerika, wo er zwischen dem 34. und 52.° n. Br. teils reine Wälder bildet, teils mit anderen Holzarten gemengt vorkommt, so besonders häufig mit Larix occidentalis Nutt., und mit Pinus ponderosa Dougl. In der weiteren Umgebung von Mammoth Hot Springs, wo ich diesen Baum zu beobachten Gelegenheit hatte, fand ich

122 J. Wiesner,

ihn zumeist neben Pinus flexilis. In Wyoming reicht dieser Baum bis auf eine Höhe von 10.000 a. F.1

Im Habitus ähnelt er unserer Fichte, mit der er manches andere gemein hat, unter anderem die große Variabilität. Man unterscheidet zahlreiche Formen, welche auf zwei Typen zurückgeführt werden, nämlich auf Pseudotsuga Doitglasü var. glauca und macrocarpa, erstere mit stark bereiften Nadeln, letztere wenig oder unbereift, mit relativ sehr großen Zapfen, Letztere scheint auf das südliche Kalifornien beschränkt. Im übrigen Verbreitungsbezirk finden sich nur Unterformen der Varietät glauca.

Im Yellowstonegebiete kommt nur die Varietät glauca vor, welche Nelson als Pseudotsuga taxifolia (Lern.) Britt. be- schreibt.2

Die Douglasfichte erreicht in der Umgebung von Mammoth Hot Springs eine ziemliche Höhe, bis 50 und 60 a. F.; innerhalb des Staates Wyoming geht aber die Höhe des Baumes bis auf 100 a. F.

Der Habitus der im Yellowstonegebiete beobachteten Douglasfichte ist fichtenartig, doch, wie ich glaube, im ganzen gestreckter. An herangewachsenen Bäumen geht die Zweig- ordnungszahl bis 5, beträgt aber zumeist 3 bis 4. An jüngeren Bäumen beobachtete man aber doch in der Regel nur den Wert 2 bis 3. Das Maximum des Lichtgenusses ist . 1. Da der Schaft ziemlich hoch hinauf sich reinigt, so ist bei älteren Bäumen die Bestimmung des Lichtgenußminimums häufig nicht ausführbar. An 16 bis 20 m hohen Bäumen war es mir nur ein einziges Mal möglich, eine genaue Bestimmung

auszuführen. Ich erhielt den Wert . Hingegen konnte ich

20

häufig die Intensität des Schattenlichtes mit der gesamten

Lichtstärke des Himmels vergleichen. Ich erhielt, in der Mitte

der Kronenbasis gemessen, 1 m unterhalb derselben, den Wert

bis , Werte, die begreiflicherweise viel höher als das 5 6

1 Nelson, 1. c. p. 85,

2 1. c. p. 85.

Lichtgenuß der Pflanzen. 123

Lichtgenußminimum gelegen sind. Wo ich den Grund der Krone an solchen Bäumen erreichen konnte, betrug das

Schattenlicht bis , Werte, welche dem Minimum schon 11 13

mehr genähert sind. An jüngeren Bäumen sind die Minima

bedeutend höher. So fand ich bei Bäumen von 7 bis 8 m Höhe

die Minima = bis . 5 7

Leider war ich nicht in der Lage, die Lichtminima in weit auseinanderliegenden Seehöhen zu ermitteln, da ich zu den Bestimmungen geeignete Bäume nur in der weiten Umgebung von Mammoth Hot Springs auffinden konnte. Zumeist waren die gereinigten Schaftteile großer Bäume, und um diese hat es sich ja hauptsächlich gehandelt, wenn das wahre Minimum ermittelt werden sollte, zu hoch, als daß ich bei der mir zu Gebote gestandenen Ausrüstung eine Bestimmung hätte machen können.

Meine in den letzten Tagen des August in einer Seehöhe von 5500 bis 6000 a. F. ausgeführten Messungen ergaben für

den Lichtgenuß der ausgewachsenen Douglasfichte 1 bis

1 20*

5. Juniperus virginiana L.

In der näheren und weiteren Umgebung von Mammoth Hot Springs habe ich zahlreiche Bäume dieser Wachholderart gesehen. Diese Bäume erreichten oft eine Höhe von 10m und einen Stammdurchmesser von 0'om. Durch ihre breite Krone unterschieden sie sich von den in die Höhe strebenden Kronen von Pinus ßexilis, P. Murrayana, Picea pimgens und Pseudo- tsuga taxifolia. All die letztgenannten Koniferen sind Vorder- lichtbäume, während sich unsere Wachholderbäume als Ober- lichtbäume schon durch ihre Gestalt offenbarten. Selbst an völlig freistehenden Bäumen reinigt der Stamm sich hoch hinauf, was bei freistehenden Vorderlichtbäumen nicht vor- kommt. Die Zweigordnungszahl reichte bis auf 6, betrug aber an ausgewachsenen Bäumen gewöhnlich 4 bis 5.

124 J. Wiesner,

Was den Lichtgenuß anbelangt, so ist dieser Baum als sehr lichtbedürftig zu bezeichnen; er kommt dementsprechend zumeist auch frei exponiert vor, einem Lichtgenuß = 1 aus- gesetzt. Im Innern der Krone fand ich ein Sinken des Licht- genusses bis auf } sogar bis -— . Es fiel mir auf, daß einzelne o /

mit stark grau bereiftem Laube versehene Bäume ein niedrigeres Minimum aufwiesen, welches bis zu reichte.

6. Juniperus nana Willd.

Diese strauchartige Wachholderart ist bekanntlich weit verbreitet, kommt in Europa, im nördlichen Afrika, in Asien und Nordamerika vor. Ich habe sie im Yellowstonegebiete in Höhen von 6000 bis 8000 a. F. häufig gesehen. Auf sonnigen Standorten sowohl als im lichten Schatten der Wälder (ins- besondere unter Pinus Murrayana) bildet sie einen kleinen am Boden liegenden Strauch, ist also, gleich dem früher genannten baumartigen Wachholder, auf Oberlicht angewiesen. Sie geht in dem beobachteten Gebiete in den Schatten des Waldes mit Lupinus parviflorus, aber auch noch tiefer mit (blühender) Ackillea Millefolütm, indes ist sie auch noch an schattigen Standorten zu finden, wo man Lupinus parviflorus nicht mehr begegnet und wo Achillea Millefolium nicht mehr blüht. Tat- sächlich wurde ihr Lichtgenuß noch kleiner gefunden, näm- lich — bis Q, A Innerhalb der Regionen, welche in dem durch-

y y o

reisten Gebiete ihren Standort bilden (6000 bis 8000 a. F.), habe ich das relative Minimum des Lichtgenusses nahezu konstant gefunden, woraus sich ergibt, daß das absolute Minimum mit der Seehöhe eine Steigerung erfährt. Leider reichten meine Beobachtungen nicht aus, um zu konstatieren, ob der absolute Lichtgenuß der Sträucher in großer Seehöhe einen konstanten Wert erreicht oder einem solchen sich nähert.

7. Acer glabrum Torr. In der Nähe von Mammoth Hot Springs beobachtet. Der

Lichtgenuß betrug 1 bis—. Die tiefer in der Laubmasse befind-

Lichtgenuß der Pflanzen. 125

liehen Blätter hatten einen entschieden euphotometrischen Charakter angenommen.

8. Acer dasycarpum Ehrh.

Ich habe diesen Baum in der Nähe der Niagarafälle beob- achtet. Aus oben angeführten Gründen konnte ich eine genaue Minimumbestimmung nicht vornehmen. Die damals vorgenom- mene Schätzung ergab bis . Da der Baum auch auf freiem 35 40 j j

Standorte vorkommt, so ist der Lichtgenuß = 1 bis : bis .

3o 40

Ich habe später diesen Baum beiPocatello im Staate Idaho

beobachtet. Es war dies auf der Rückfahrt aus dem Yellow-

stonegebiete zwischen Monida und Salt Lake City. Pocatello

liegt in einer Seehöhe von mehr als 4000 a. F. Ich fand den

relativen Lichtgenuß des Baumes hier (am 7. September)

= 1 bis . 25

Aus beiden Daten ergibt sich, daß der relative Licht- genuß dieses Baumes mit der Seehöhe, und zwar in sehr auf- fälligem Maße steigt. Ich bemerke hiezu noch, daß der Breiten- unterschied zwischen Niagarafalls und Pocatello nur ein geringer ist; erstere liegen etwa noch um einen Grad nördlicher als letzterer Ort.

Leider hatte ich nicht Gelegenheit, diesen Baum in noch größeren Höhen zu beobachten. Es ist aber der Lichtintensitäts- unterschied zwischen Niagarafalls und Pocatello (mit Bezug auf gleiche Sonnenhöhe und unbedeckten Himmel) doch derart, daß sich aus den beobachteten Minimis wenigstens das eine mit Sicherheit ableiten läßt, daß auch der absolute Licht- genuß des Baumes bis zu einer Seehöhe von 4000 a. F. zu- nimmt.

9.— 12. Populus sp.

Nordamerika ist bekanntlich reich an Pappeln. In Weyo- ming kommen nach Nelson1 folgende Pappelarten vor: Popu- lus angustifolia James (Narro wleaf Cottonwood), P. aecuminata

i L. c., p. 91 bis 95.

126 J. Wiesner,

Rydb. (Lanceleaf Cottonwood), P. deltoides Marsh. (Cotton- wood), (= carolinenis Moench = monilifera Ait = angulata Ait), P balsamifera L. (Balm of Gilead) und P. tremnloides Michx. (Aspen) (r= tremuliformis Em.).

Ich habe alle diese Arten im Yellowstonegebiete ange- troffen und außerdem die ursprünglich nur in Europa und Asien einheimische P. alba L. und P. pyramidalis Roz., welche letztere bekanntlich vielfach nur als Varietät unserer Schwarzpappel (P. nigra L.) betrachtet wird. Ich konnte der floristischen, auf Nordamerika Bezug nehmenden Literatur nicht entnehmen, ob all die so häufig vorkommenden pyramiden- förmig aufgebauten Pappeln auf P. pyramidalis {■=. P dilatata Ait.) zurückzuführen sind.

Meine die Gattung Populus betreffenden Lichtmessungen sind sehr unbefriedigend ausgefallen, da ich häufig wegen der Höhe der Kronenbasis keine genauen Minimumbestimmungen vornehmen konnte. Ich habe zudem den Eindruck bekommen, daß die Arten sehr variieren, was sich unter anderem in den oft sehr ungleichen Werten der Minima aussprach.

Unsere Populus alba habe ich im Yellowstonegebiete und sonst auch oft in Nordamerika gesehen. Im ersteren fiel es mir auf, daß die Silberpappel hier in einer kleinblättrigen Form vorkommt. Aber auch weiter südwestlich an der Grenze von Idaho und Utah, z. B. zwischen Pocatello und Ogden (also auch noch in beträchtlicher Seehöhe [von zirka 4000 a. F.]) sah ich diese kleinblättrige Form der Silberpappel. Ich habe an ver- schiedenen Punkten auf einer Höhe von 3000 bis 4000 a. F. den Lichtgenuß dieser Form bestimmt und fand als Maximum 1,

als Minimum bis . Indes habe ich in anderen Gebieten, z.B. 8 10

in Ilinois, auch unsere Form der P alba angetroffen, wo

sie in einer Seehöhe von 500 bis 800 a. F. reichlich auftritt.

In Wien beobachtete ich ein Lichtgenußminimum von . Die

15

von mir angestellten Beobachtungen stimmen mit der sonst von

mir beobachteten Regel überein, daß wenigstens bis zu einer

bestimmten Seehöhe das Lichtgenußminimum steigt.

Lichtgenuß der Pflanzen. 127

Sehr häufig sah ich Populus tremuloides, aber in sehr ver- schiedener Ausbildung, so z. B. in Dvelle (am westlichen Aus- gang des Yellowstoneparkes) und Monida relativ dicht beblättert, weniger reichlich in Billings oder noch höher am Yellowstone River hinauf, z. B. in Mammoth Hot Springs. An den dichter

beblätterten Bäumen sank das Minimum bis auf— bis-— , wäh- rend ich auf den Höhen von Mammoth Hot Springs ein Minimum von bis beobachtete. Auch diese Beobachtungen ent-

sprechen der von mir festgestellten Relation, nämlich der Steigerung des relativen Lichtgenußminimums mit der Seehöhe (bis zu einer bestimmten Grenze). Die eben genannten Minima

- und —-beziehen sich auf Bäume, welche bei etwa gleicher 4*26

Seehöhe auf ungleichartigem Boden standen. Das höhere Mini- mum ( A n ) bezieht sich auf trockenen, das niedere auf [4-2J

feuchten Standort. Die starke Erhöhung des Minimums in Mammoth Hot Springs dürfte indes unter Mitwirkung des Hitze- laubfalls (siehe unten) zu stände gekommen sein, den ich ja dort auch faktisch an P. tremuloides festgestellt habe.

Populus accuminata. Am Waldrande bei Livingstone und zwar am Yellowstone River fand ich als relatives Minimum an

vollkommen herangewachsenen Bäumen --bis

9-1

Populus deltoides. In Colorado Springs fand ich den rela- tiven Lichtgenuß dieses Baumes = 1 bis , in Billings hin- gegen 1 bis—-. Ich muß hier hinzufügen, daß ich in Wien eine als Populus monilifera bestimmte Pappel auf ihren Lichtgenuß geprüft habe und denselben = 1 bis - fand. Nun wird P. moni- lifera mit P. deltoides identifiziert. Nach allen meinen sonstigen Lichtgenußbestimmungen müßte der für Wien gefundene Wert im Vergleiche zu den eben genannten Werten der nordameri- kanischen Bäume kleiner sein. Ich kann die Vermutung

128 J. Wiesner,

nicht unterdrücken, daß unter den Formen der P. deltoides Bäume von verschiedenem Lichtgenuß auftreten. Es könnte indes auch sein, daß der Standort (siehe oben S. 116 bezüglich der Buche) hier mehr als sonst auf den Lichtgenuß einwirkt.

Populus balsamea. In Colorado Springs. Lz 1 bis .

16

Poptdus pyramidalis. Herr v. Portheim hat den Licht- genuß dieses Baumes in der Umgebung von Salt Lake City

bestimmt und die Werte 1 bis beobachtet. Ob alle nord-

21

amerikanischen Bäume, welche den zypressenartigen Habitus unserer P. pyramidalis besitzen, mit unserer europäischen Art identisch sind, welche, wie schon bemerkt, nur eine Form der P. nigra repräsentieren soll, muß ich unentschieden lassen; aus der floristischen, auf Nordamerika bezugnehmenden Literatur konnte ich diesbezüglich nichts entnehmen. Ich habe aber auf meiner Reise durch Nordamerika die Beobachtung gemacht, daß viele von mir gesehene Pappeln ich glaube, daß sie zu- meist dem Formenkreis der Deltoides angehörten mehr oder minder die Tendenz zu zypressenartigem Habitus zeigten, namentlich in erheblichen Höhen (so z.B. in der Umgebung von Denwer in einer Seehöhe von zirka 4500 bis 5000 a. F.). Indes sind mir auch auf geringen Seehöhen in Virginien zahllose Pappeln aufgefallen, welche einen Übergang von der abgerun- deten Kronenform zur Zypressenform darboten.

Das Laub aller von mir beobachteten amerikanischen Pappeln habe ich panphotometrisch gefunden.

13. Betula occidentalis Hook.

Ich habe diese Birkenart (Western Birch) in der Umgebung

von Mammoth Hot Springs genauer untersucht. Ich bestimmte

dort ihre Zweigordnungszahl, welche bis 4 reichte. An normal

aussehenden Büschen oder Bäumen konstatierte ich einen

i relativen Lichtgenuß = 1 bis . In einzelnen Fällen, auf feuch-

14

tem Untergrund sinkt das Lichtgenußminimum auch auf kleinere Werte. In einem Falle konstatierte ich sogar Lm-in .

Lichteenuß der Pflanzen. 129

Doch kamen an trockenen Standorten auch Minima zur

Beobachtung, welche über lagen. Dieselben wurden aber nur

14

an stark besonnten Stellen beobachtet, wo infolge Hitzelaub- falles (siehe unten) eine Reduktion des Laubes sich einstellte, welche das relativ höhere Minimum zur Folge hatte.

14. Symphoricarpus oreophilus Gray.1 Ich habe diesen Strauch bei Mammoth Hot Springs oft gesehen. Der Lichtgenuß betrug 1 bis . Ich fand dort klein-

Li\J

blättrige und großblättrige Formen. Der Lichtgenuß der ersteren

J_

3

ist ein sehr hoher, nämlich 1 bis : bei der letzten reicht das

Minimum bis . Ich habe auch an ein und demselben Strauche 20

in der Peripherie kleine, in der Tiefe des Laubes große Blätter

angetroffen. Es hängt aber die Blattgröße von dem Lichtgenusse

ab und es ist kaum zu bezweifeln, daß beim Überschreiten

eines bestimmten Optimums die Blattgröße abnimmt. Ich habe

ähnliche Verhältnisse früher schon auf experimentellem Wege

bei anderen Pflanzen beobachtet.2 Die kleinen Blätter (man

könnte sie nach der geläufigen Terminologie als Sonnenblätter

bezeichnen) waren panphotometrisch, die großen hingegen

euphotometrisch.

15. Shepherdia argentea Nutt.

Diese Elaeagnusart (E. argentea Pursh. = Leptargyreia argentea Green.) fand ich in den Auen am Yellowstone River beiLivingstonein zahlreichen Individuen. Bäume und Sträucher, welche mit Früchten besetzt waren, hatten einen Lichtgenuß

= 1 bis . Unfruchtbare, aber gut belaubte Sträucher sah ich 14

1 Nach Bestimmung des Herrn Prof. Trelease.

2 Phot. Unters. I, 230.

Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl.; CXIV. Bd., Abt. I.

130 J. Wiesner,

im Schatten von Poptilus accuminata bei einem tiefer gelegenen

Minimum. Das Schattenlicht hatte im Vergleich zur Intensität

1 des gesamten Tageslichtes eine Stärke, welche bis auf ~r

<j

abgeschwächt war. In diesem Schatten fand ich, aber gleichfalls

in nicht blühendem Zustande, jene Aster (und zwar die oben

genannte Art, welche blühend bloß bis zu L = vorkommt),

ö

Achillea Millefolium, eine Solidagoart, endlich noch Streptopus amplexifolius DC. in Früchten, welche Pflanze also zur Zeit, als die Pappeln schon belaubt waren, in Blüte stand. Auch eine Rosenart, welche ich mit Früchten besetzt bei einem Licht- genuß = 1 bis —beobachtete, fand ich im Schatten der Pappeln, aber ohne Frucht.

16. Vaccinium myrtillus var. microphylla.

Oft und in zahlreichen Exemplaren fand ich diesen kleinen Strauch im Yellowstonegebiete. Meine auf denselben Bezug nehmenden Lichtgenußbestimmungen sind aber sehr unvoll- kommen. Ich kann aus meinen Aufzeichnungen nur anführen, daß ich diesen kleinen Strauch am 3. September in der Höhe von Thumb bay im Schatten des Waldes so weit verfolgte, bis er zu verkümmern begann, also das Minimum des Lichtgenusses

aufsuchte, welches ich = gefunden habe.

17. Vitis cordifolia als Liane auf Acer dasycarpum.

In der Umgebung der Niagarafälle, im Walde und an den Waldrändern hatte ich Gelegenheit, verschiedene auf Ahornen kletternde Vitis- Arten zu beobachten. Die Ahorne waren mit- hin die Stützbäume, aufweichen die wilden Weinstockarten emporkletterten, also, in der nun herrschend gewordenen Ter- minologie ausgedrückt, als Lianen lebten.

Ich habe die sich mir darbietende Gelegenheit benützt, um, so gut dies bei dem kurzen nur eintägigen Aufenthalte an den Niagarafällen und bei den unvollkommenen Mitteln, welche mir

Lichtgenuß der Pflanzen. 131

auf der Durchreise zu Gebote standen, möglich war, die Licht- verhältnisse der Stützbäume und der mit denselben verbundenen Lianen zu ermitteln.

Die Bedeutung des Lichtes für die Lianen ist von allen neueren, mit dem Studium dieser merkwürdigen Gewächse beschäftigt gewesenen Forschern stets besonders betont worden, so von Ch. Darwin, welcher in seinem Werke über Kletter- pflanzen in den Schlußbemerkungen sagt: »Pflanzen werden Kletterer, damit sie, wie vermutet werden kann, das Licht erreichen und eine große Fläche der Einwirkung des Lichtes und der freien Luft aussetzen können. Dies wird von der Kletterpflanze mit wunderbar geringem Aufwände an organischer Substanz bewerkstelligt, wenn man sie mit Bäumen vergleicht, welche eine Last schwerer Äste auf einem massiven Stamme zu tragen haben.»1 Ähnlich hebt auch Schenck in seinem bekannten den Kletterpflanzen gewidmeten Werke die Bezie- hungen der Lianen zum Lichte hervor, indem er sagt: »Der Vorteil, den die kletternde Lebensweise für eine Pflanze mit sich bringt, besteht darin, mit möglichst wenig Aufwand an Materiale rasch zum Lichte im Kampfe mit den übrigen Gewächsen einer dichten Vegetation emporzugelangen, und alle besonderen Eigentümlichkeiten in der Lebensgeschichte der Lianen lassen sich auf diesen Hauptzweck zurückführen.«2

Etwas genauer beobachtete ich einige Exemplare von Acer dasycarpum Ehrh.,3 auf welcher Vitis cor difolia Lam.4 kletterte. Diese Bäume hatten einen Kronendurchmesser von 3 bis 4 m. Die Krone dieser Bäume war von der Liane zum

1 Ch.Darwin's gesammelte Werke. Aus dem Englischen. Carus, Bd. IX, Kletternde Pflanzen, p. 144.

2 H. Schenk, Betträge zur Biologie und Anatomie der Lianen. I.Teil. Jena 1892, p. 11.

3 Kommt wild wachsend in Buffalo (und weiterer Umgebung) vor. David F. Day, The Plants of Buffalo and its Vicinity. Bull, of the Buffalo Soc. of nat. sc. 1882, No. 3, p. 91. Daselbst werden von dort vorkommenden Ahornen außer der genannten Art noch folgende Spezies angegeben: A. PensylvanicumL, spica- tum Lam., saccharinum Wang. und rubrum L.

4 D. F. Day, 1. c. p. 90, nennt außer Vitis cordifolia noch folgende in Buffalo und Umgebung vorkommende Arten von Vitis: täbrusca L. und aesti- valis Michx.

9*

132 J. Wiesner,

geringen Teile durchwachsen, zum großen Teile bedeckt. Hier trat jene Erscheinung klar zu Tage, welche ich schon oben (S. 111) bei Besprechung der Einschränkung des Lichtgenusses der Pflanzen berührt habe und welche darin besteht, daß ein Epiphyt oder eine Liane dem Stützbaum Licht entzieht. Die Wirkung ist zwar eine gegenseitige, d. h. es entzieht der Epiphyt, beziehungsweise die Liane dem Stützbaume Licht und vice versa. In unserem Falle aber lehrte die Beobachtung höchst auffällig, daß die Liane im Kampfe um Licht im Vorteile gegenüber dem Stützbaume war.

Ich bestimmte zunächst den Lichtgenuß von Acer dasy- carpum. Um möglichst verläßliche Werte zu erlangen, wählte ich Bäume, welche frei von Lianen waren. Da ich Acer dasy- carpam auch völlig frei exponiert antraf, so ergibt sich und zwar ohne jedwede Lichtmessung, daß das Maximum des relativen Lichtgenusses des Baumes = 1 ist. Die Ermittlung des Minimums konnte aus schon angeführten Gründen unter den gegebenen Verhältnissen nur annäherungsweise bestimmt werden. Das Minimum kann, meinen Bestimmungen zufolge

nicht unter gelegen sein; es ist aber nicht ausgeschlossen,

t:0

daß es höher gelegen ist, etwa zwischen bis -. ö ö 35 40

Das Maximum des Lichtgenusses von Vitis cordifolia fand ich

gleichfalls z= 1. Das Minimum reicht entschieden viel tiefer

als bei Acer dasycarpum und liegt, so gut ich dasselbe zu

schätzen vermochte, bei - bis , jedenfalls unter .

Unter dem Einflüsse der Lianen hatten die Stützbäume einen großen Teil ihres Laubes eingebüßt und nur innerhalb dünngebliebener Strecken des Weinlaubes hatte sich das Ahorn- laub verhältnismäßig reichlicher erhalten.

Da sich der Ahorn früher belaubt als der Wein, so ist an- zunehmen, daß die Sprosse des letzteren, indem sie in die Krone einzudringen versuchten, schon in sehr geschwächtem Lichte ihr Geschäft verrichten mußten. Doch suchte die Liane Licht zu gewinnen, was sich in der Tatsache ausspricht, daß die Sprosse von Vitis mehr in der Nähe der Peripherie als im

Lichtgenuß der Pflanzen. 133

Innern der Krone des Ahorns sich entwickelten. Zum größten Teile breitet Vitis, wie schon bemerkt, über der Krone des Ahorns ihr Laub aus. Würde Vitis das Laub früher entfalten als Acer, so müßte letzterer in seiner Laubentwicklung zurück- geblieben sein oder hätte sich überhaupt nicht belauben können. Unter den tatsächlichen Verhältnissen kam es aber doch zu einer, später durch die Entwicklung der Liane stark reduzierten Belaubung.

Der Kampf des Stützbaumes mit der Liane um das Licht prägt sich in dem Zusammenleben der beiden genannten Holz- gewächse klar aus. Da, wie wir gesehen haben, Vitis cordi- folia ein niedrigeres Lichtgenußminimum besitzt als Acer dasycarpum, so ist erstere dem Ahorn bei dem Kampf ums Licht überlegen. Indes scheint der Ahorn doch Mittel zu be- sitzen, um der Unterdrückung durch den Weinstock entgegen zu wirken. Ich sah, daß durch die dicke Laubdecke, mit welcher Vitis den Ahorn überzog, Triebe des letzteren empor- drangen, welche ganz normal belaubt waren. Es waren dies offenbar Triebe, die sich aus Zweigen entwickelten, welche infolge der Lichtschwächung, durch die Liane ihre Blätter ver- loren hatten. Die Belaubung dieser Zweige mußte später er- folgt sein als der normalen Belaubungszeit des Ahorns ent- spricht.

Die eben angeführten, wie ich gerne gestehe, sehr mangel- haften Beobachtungen sind in Bezug auf den Liqhtgenuß der Lianen doch nicht ohne Wert. Nach den oben mitgeteilten Thesen über die Beziehung der Lianen und der Stützbäume zum Lichte möchte man erwarten, daß das Maximum des Licht- genusses der ersteren stets größer sein müßte als das der letzteren. In dem von mir vorgeführten Falle trifft dies aber nicht zu. Wir haben vielmehr gesehen, daß in unserem speziellen Falle die Maxima des (relativen) Lichtgenusses für Liane und Stützbaum gleich hoch gelegen sind, hingegen zeigt sich in Bezug auf die Minima ein großer Unterschied: das Lichtgenußminimum liegt bei der Liane bedeutend niederer als bei dem Stützbaume und dies ist der Grund, weshalb die Liane befähigt ist, den Stützbaum durch Lichtentzug zu entlauben oder doch seine

134 J. Wiesner,

Laubmasse zu verringern. Die Liane ist also im Kampfe ums Licht dem Stützbaume überlegen.

Um es verständlich zu machen, daß bei gleichem Licht- genußmaximum ein niedrigeres Lichtgenußminimum der Liane zum Vorteil gegenüber einem Stützbaume gereicht, der ein höheres Lichtgenußminimum besitzt, stelle ich folgende Be- trachtung an. Ein Laubbaum, welcher im vollem Lichte gedeiht, trägt in der Peripherie seiner Krone Blätter, deren Lichtgenuß = 1 ist. In tieferen Zonen der Laubmasse sinkt der Lichtgenuß

immer mehr, beispielsweise auf , etc., bis das Minimum er-

reicht ist, welches ich beispielsweise = annehme. Es ist nun

vor allem leicht einzusehen, daß ein solcher Laubbaum von einer Liane durchsetzt werden kann, deren Lichtgenuß kleiner als

- ist. Indem sich nun das Laub der Liane innerhalb der 10

Krone des Stützbaumes entwickelt, entzieht sie dem Laube des letzteren so viel Licht, daß es zu einer teilweisen Entlaubung des Stützbaumes kommen muß, falls derselbe schon das Minimum seines Lichtgenusses erreicht hat. Noch stärker wird die Entlaubung des Stützbaumes aber ausfallen, wenn die Liane sich infolge ihres niedrigen Minimums des Lichtgenusses durch die ganze Krone des Stützbaumes hindurch geearbeitet hat und nunmehr ihr Lichtgenußmaximum ausnützend, über der Krone des Stützbaumes sich entwickelt und ausbreitet. Warum die Liane dem Stützbaume gegenüber aber selbst dann noch im Vorteil ist, wenn ihr Laub gleich jenem des letzteren im vollen Lichte sich befindet, ist bisher noch nicht festgestellt; es ist aber anzunehmen, daß das Optimum des Lichtgenusses der Liane mit dem Maximum zusammenfällt oder diesem sehr nahe kommt, während dieses Optimum beim Stützbaume tiefer gelegen sein dürfte. Die Optima des Lichtgenusses sind aber überhaupt bis jetzt noch nicht experimentell ermittelt worden.

Schon nach den bis jetzt bekannt gewordenen Eigen- tümlichkeiten der Lianen kann es wohl keinem Zweifel unter- liegen, daß die Lichtverhältnisse derselben im Vergleiche zu denen der Stützbäume höchst verschieden sind. Vorherrschen

Lichtgenuß der Pflanzen. 135

dürfte aber der eben angeführte Fall, vielleicht mit der Ab- änderung, das auch das Optimum des Lichtgenusses der Liane höher liegt als das des Stützbaumes.

Daß der Lichtgenuß der Lianen je nach der durch die An- passung beherrschten Ausbildung der oberirdischen Organe ein höchst verschiedener ist, läßt sich schon aus manchen in der Literatur vermerkten Daten ableiten. Wir lesen beispiels- weise bei Schenck: »Verhältnismäßig wenige Vertreter (der Lianen des brasilianischen Waldes) bleiben krautartig, so die im Waldschatten sich aufhaltende Dioscoreen und Cucurbitaceen.« 1 Es geht aus dieser Angabe zweifellos hervor, daß die Maxima des Lichtgenusses dieser Pflanzen sehr niedrig gelegen sein müssen und es ist wahrscheinlich, daß die Unterschiede zwischen Maximum und Minimum überhaupt nicht groß sind.

Andrerseits können die Unterschiede im Lichtgenusse auch sehr beträchtlich sein, wofür ja schon Vitis cordifolia ein gutes Beispiel bildet. Ein anderes uns näher liegendes Beispiel bietet der Epheu dar, dessen Lichtgenußmaximum zweifellos = 1 ist und dessen Minimum gewiß sehr tief gelegen ist: man erinnere sich nur daran, in welch tiefem Waldesschatten der Epheu noch gedeiht. Dieses Minimum ist aber bisher noch nicht ermittelt worden.

Ein anderes gutes Beispiel für einen weiteren Spielraum der Lichtgenußwerte (Maximum, Minimum) bieten vielleicht die zweigklimmenden Sträucher von Securidacca (Poly- gonacee), welche nach Schenck2 in den Kronen der Stütz- bäume ihr Laub ausbreiten und zwischen niederem Ge- sträuch ein förmliches Dickicht bilden. Zwischen niederem Strauchwerk kommt ihnen aber gewiß ein hoher Lichtgenuß zu und wenn diese Securidacca-Sträuchev ein Dickicht zu bilden vermögen, so ist dies ein Anzeichen, daß ihr Laub sich auch auf einen sehr niederen Lichtgenuß einrichten kann.

Die tiefsten Maxima des Lichtgenusses sind bei jenen zahlreichen Lianen zu erwarten, welche durch langgestreckte

i l. c. Bd. I., p. 9. 2 1. c. I., p. 203.

136 J. Wiesner,

Internodien ihrer blattlosen oder bloß mit reduzierten Blättern ver- sehenen Sprosse ausgezeichnet sind, deren Lichtgenußminimum möglicherweise = 0 ist, die nämlich im tieferen Waldesdunkel zur normalen Entwicklung kommen können. Daß diese lang- gestreckten blattlosen oder nur mit reduzierten Blättern ver- sehenen Internodien vieler Lianen nicht als bloße Folge eines Etiolements zu betrachten sind, sondern ererbte Eigentümlich- keit repräsentieren, ist schon von Schenck ausgesprochen worden, doch fehlt es auch hier noch an eingehenden Beob- achtungen, vor allem an experimentellen Prüfungen.

Schon die paar oben angeführten gelegentlich gemachten Beobachtungen und die daran geknüpften Bemerkungen ge- nügen, um anzudeuten, wie lohnend es wäre, den Lichtgenuß der Lianen namentlich im Vergleiche zu jenen der Stützbäume eingehend zu studieren. Es könnte durch derartige Studien das Verhältnis der Lianen zu ihren Schutzbäumen in mancherlei Be- ziehung geklärt werden.

III. Über den in großen Seehöhen sich einstellenden Hitze-

laubfall.

Ich unterwarf im vorigen, bekanntlich durch eine außer- ordentliche Hitzeperiode ausgezeichneten Sommer (1904) die in derselben stattgefundene Entlaubung einem eingehenden Studium. An anderer Stelle1 habe ich über diese auffällige Er- scheinung, welche ich als »Hitzelaubfall« bezeichnete, meine Erfahrungen und Anschauungen bekannt gegeben1.

Ich zeigte, daß Roßkastanien, Linden und Ulmen dem Hitzelaubfall unter unseren Holzgewächsen am stärksten unter- worfen sind, Weiß- und Rotbuchen u. a. weniger, Lorbeer in kaum erkennbarem Grade. Am Liguster habe ich (in Baden bei Wien) selbst an den sonnigsten Stellen keinen Hitzelaubfall wahrgenommen.

Der Hitzelaubfall ergreift die verschiedenartigsten Holz- gewächse (sowohl Laub- als Nadelbäume2) aber in ver- schiedenem Grade. Es scheinen auch manche Baum- und

i Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft, Bd. XXII (1904), p. 501 ff. 2 1. c. p. 503 und 505.

Lichtgenuß der Pflanzen. 137

Strauchgruppen zu existieren, welche dieser Form der Ent- laubung nicht unterliegen.

Der Hitzelaubfall tritt nur bei großer Bodentrockenheit und starker (paralleler) Bestrahlung durch die Sonne auf und ist nicht zu verwechseln mit dem »Sommerlaubfall«1, welcher innerhalb des Sommers fällt, in jedem Sommer auf- tritt, die Folge der mit Sommerbeginn sich einstellenden abnehmenden Lichtintensität ist und nicht durch direktes paralleles Sonnenlicht, sondern durch ein Mindermaß von diffusem Tageslichte reguliert wird.

Der Hitzelaubfall kommt bei starker Erhitzung des chloro- phyllhaltigen Gewebes der Blätter dadurch zu stände, daß in- folge übermäßiger Transpiration, bei ungenügender Zufuhr des Wassers das Blattgewebe zerstört wird (»verbrennt«, wie es im Volksmunde heißt). Die Ablösung der Blätter ist eine Folge ihres Absterbens; insoferne verhalten sich die beim Hitze- laubfall sich loslösenden Blätter nicht anders als Blätter, die auf eine andere Weise getötet, stark verwundet worden oder abgestorben sind.

In der Regel erfolgt das Verbrennen der Blätter nicht, wie man vermuten sollte, in der Peripherie der Blattkrone, sondern tiefer im Innern, aber doch immer nur dort, wo das Laub noch direkt bestrahlt ist, also an Stellen, welche, auf die Flächeneinheit bezogen, nicht minder stark als die Peripherie der Baumkrone bestrahlt sind, aber begreiflicherweise einer geringeren Ausstrahlung unterliegen.

Ich habe mir, nachdem ich in Wien und seiner weiten Um- gebung diese Beobachtung machte, vorgenommen, den Hitze- laubfall, so weit es Zeit und Umstände zulassen würden, auch in Nordamerika zu verfolgen und hoffte, da man damals bei uns mehrfach glaubte, daß die Hitzeperiode in allgemeiner Ver- breitung die Vegetationsgebiete beherrsche (man brachte die vorjährige Hitzeperiode mit der einjährigen Sonnenflecken- periode in Zusammenhang) und wegen der bekannten klimati- schen Verhältnisse der von mir durchreisten Länder, dort einen besonders stark ausgeprägten Hitzelaubfall konstatieren zu

i Wiesner, 1. c. p. 64, ff.

138 J. Wiesner,

können. So weit ich auf meiner Reise in geringer Seehöhe mich bewegte (New York, Chicago, St. Paul, Min.), war aber merk- würdigerweise von Hitzelaubfall weniger zu bemerken als in Wien. Nordamerika hatte eben im vorigen Jahre einen relativ kühlen Sommer.1 Doch habe ich in der Umgebung der drei genannten Städte, beziehungsweise in deren Parkanlagen an Ulmen ziemlich stark ausgeprägten Hitzelaubfall beobachtet. Weniger ausgeprägt aber doch erkennbar und vom Sommerlaub- fall unterschieden, auch an Linden, Ahornen und Hainbuchen. Ich bemerke aus bestimmten Gründen ausdrücklich, daß ich an den genannten Lokalitäten an Pappeln {Populus carolinensis, P. alba etc.) keine Spur von Hitzelaubfall wahrgenommen habe.

Es hat mich anfänglich überrascht, überall auf größeren Seehöhen in Nordamerika dem Hitzelaubfall zu begegnen und zwar auch an Holzgewächsen, welche in der Tiefe diese Er- scheinung nicht gezeigt hatten. Es fiel mir zuerst in Billings auf, daß die dort von mir beobachteten Pappeln, wenn auch im geringen Grade, aber doch wahrnehmbar die Erscheinung des Hitzelaubfalles darboten. Es waren dies Populus carolinensis, P. tremuloides und P. alba (kleinblätterige Form). Die erst- genannte Art hatte ich, wie schon bemerkt, in der Umgebung der drei früher genannten Städte in Bezug auf Hitzlaubfall ins Auge gefaßt, ohne daß ich auch nur eine deutliche Spur dieser Erscheinung wahrnehmen konnte. Aber auch in dem viel höher gelegenen Bismarck, wo ich außer P. caroli- nensis auch P. alba und P. tremuloides sah, bemerkte ich an diesen Bäumen nichts von Hitzelaubfall. Viel deutlicher als in Billings trat die Erscheinung schon in Livingstone und in ziemlich starker Ausprägung in der Umgebung von Mammoth Hot Springs auf.

Es war unverkennbar, daß mit der Seehöhe der Hitze- laubfall zunahm. Es erklärt sich dieses Verhalten nicht nur aus der mit der Höhe wachsenden Lichtintensität, sondern aus der mit der Höhe zunehmenden Intensität der direkten Strahlung im Vergleiche zur Stärke des diffusen Lichtes. Um so mehr muß dieser Erklärung zugestimmt werden, als, wie schon

1 Siehe oben p. 85.

Lichtgenuß der Pflanzen. 139

oben dargelegt wurde, der Hitzelaubfall eine Folge direkter paralleler Strahlung ist.

Von Laubhölzern habe ich auf hochgelegenem Standorte Hitzelaubfall noch an Betitla occidentalis und an nicht näher bestimmten Weidenarten festgestellt.

Es wurde schon oben darauf hingewiesen, daß an einzelnen Exemplaren von Betula occidentalis, welche ich in der Um- gebung von Mammoth Hot Springs beobachtete, der Licht- genuß auffallend tief unter dem normalen Werte stand. Bei genauerer Untersuchung ergab sich, daß diese Exemplare der Sonne sehr stark exponiert waren und durch Hitzelaubfall' einen Teil ihres Laubes eingebüßt hatten.

Was die Weiden (Salix sp.) anlangt, welche die Er- scheinung des Hitzelaubfalles darboten, so habe ich dieselben an Bachufern zwischen Tumb bay und Old Faithful in einer See- höhe von 8300 a. F. beobachtet. Die Erscheinung war sehr augenfällig. Bei diesen Weiden (die Specis war nicht zu be- stimmen) war auch das periphere Laub »verbrannt«; da das- selbe trotz der starken Ausstrahlung »verbrannte«, so ist an- zunehmen, daß es der Sonnenstrahlung gegenüber besonders empfindlich ist.

Es ist schon oben bemerkt worden, daß ich in Europa Hitzelaubfall auch an Koniferen gesehen habe. In höchst auf- fälliger Weise trat mir diese Erscheinung an Pinus Murrayana, die ich überhaupt nur auf großen Seehöhen gesehen habe, entgegen und ich kann wohl sagen, daß ich an Tausenden von Exemplaren dieser Baumart Hitzelaubfall in scharf aus- geprägter Form gesehen habe. Die »verbrannten« Nadeln dieses Baumes haben eine auffällige gelbbraune Farbe. Die Nadel- büscheln, welche »verbrannten«, lagen fast nie in der Peripherie der Baumkrone, sondern zumeist tiefer im Innern derselben, aber doch immer so, daß sie der direkten Sonnenwirkung aus- gesetzt waren.

An anderen Pinus-Arten des Yellowstonegebietes tritt die Erscheinung des Hitzelaubfalls in viel schwächerem Grade auf. Ich habe namentlich auf P. flexilis geachtet, insbesondere in der Umgebung von Mammuth Hot Springs, ohne einen einzigen Baum gesehen zu haben, an welchem stark ausgesprochener

140 J. Wiesner,

Hitzelaubfall zu konstatieren gewesen wäre. Die tannen- und fichtenartigen Nadelbäume, welche der Yellowstonpark be- herbergt, scheinen dem Hitzelaubfall nicht oder nur wenig unterworfen zu sein. Ich habe leider bei der großen Zahl ander- weitiger Beobachtungen nicht Zeit gehabt, diese Arten näher zu prüfen; aber ein auffälliger Hitzelaubfall dieser Bäume wäre mir oder meinen Begleitern, glaube ich, kaum entgangen.

IV. Die biologische Bedeutung der Zypressenform von Holzgewächsen.

ich habe schon einmal Gelegenheit gehabt, diesen Gegen- stand zu behandeln, nämlich in meinen »Untersuchungen über den Lichtgenuß der Pflanzen im arktischen Gebiete«.1 Ich habe nämlich im hohen Norden die mich sehr fesselnde Beobachtung gemacht, daß daselbst nicht wenige Holzgewächse, welche in mittleren Breiten abgerundete Kronen ausbilden, in hohen Breiten eine pyramidenförmige Gestalt annehmen und Bäume, welche bei uns schon pyramidenförmig sind, im hohen Norden einen zypressenartigen Wuchs annehmen.

Ich habe schon damals meine Gedanken darüber aus- gesprochen, wie es kommen könne, daß die Zypresse und andere ins subtropische Gebiet reichende Gewächse dieselbe Form der Krone ausbilden, wie Bäume des hohen Nordens.

Ich werde meine damals geführte Diskussion hier nicht wiederholen; ich verweise auf dieselbe und gebe hier nur das damals gewonnene Resultat wieder. Ich sagte: »Die Vorteile, welche der Pyramidenbaum durch seine Gestalt und durch die Art seiner Laubausbildung rücksichtlich der Beleuchtung erfährt, liegen somit klar vor: das Sonnenlicht der niedrig stehenden Sonne kommt ihnen zugute und die durch hohen Sonnenstand bedingte (intensive) Strahlung wird ihm nicht gefährlich; mit dem Höhenwuchs emanzipiert er sich von dem immer mehr und mehr geschwächt in seine Krone dringenden Zenithlicht und macht sich fortwährend das ihm trotz Höhenwuchs in

1 Photometr. Untersuchungen auf pflanzenphysiol. Gebiete. III. Diese Berichte, Bd. CIX (1900), p. 428 bis 431.

Lichtgenuß der Pflanzen. 141

annähernd gleichem Maße förderliche Vorderlicht zu nutze. Der Pyramidenbaum erscheint somit den Beleuchtungsverhältnissen des nördlichen und südlichen Klimas angepaßt«.

Ich habe oben mehrfach darauf hingewiesen, daß auf großer Seehöhe vorkommende Bäume ihre in der Tiefe runden Kronen verlängern oder beim Aufstieg eine Form annehmen, welche an Schlankheit sich der Zypresse nähert, ja sogar manchmal übertrifft. Ich verweise auf die an Pinus flexilis, P. Murrayana und Picea pungens oben mitgeteilten dies- bezüglichen Beobachtungen.

Was ich damals in Bezug auf die biologische Bedeutung der Pyramiden(Zypressen)form der Bäume vorbrachte, läßt sich auch auf meine Beobachtungen über die auf großer See- höhe sich häufig ausbildende Kronenform der Bäume an- wenden, ja diese Beobachtungen liefern, von einer neuen Seite betrachtet, einen Beweis der Richtigkeit meiner schon früher ausgesprochenen Anschauung.

Indem nämlich der Baum sich zypressenartig ausbildet, wird das von hohem Sonnenstande auf ihn niederstrahlende Licht in seiner Wirkung abgeschwächt, während ihm das von tiefem Sonnenstande kommende direkte Licht nur zum Vorteil gereichen wird. Da aber, wie schon in der Einleitung genügend hervorgehoben wurde, mit der Zunahme der Seehöhe die Licht- stärke überhaupt zunimmt und, was besonders ins Gewicht fällt, die Intensität der direkten Strahlung im Vergleiche zur diffusen mit der Seehöhe zunimmt, so begreift man, daß die hochstehende Sonne auf großer Seehöhe Licht von einer Intensität niederstrahlt, welches der Pflanze gefährlich werden kann. Dies zeigt sich ja bei dem an Pinus Murrayana nament- lich auf großen Seehöhen sich einstellenden starken Hitze- laubfall. Da nun der Baum in die Höhe strebt und hiebei der Querschnitt seiner Krone nur in geringem Grade wächst, so ist einzusehen, daß die Strahlen der hochstehenden Sonne die Krone nur unter kleinen Winkeln treffen und in sehr ab- geschwächtem Zustande in die Blattkrone eindringen. Genau das Gegenteil würde eintreten, wenn die Baumkrone sich über- mäßig stark in die Breite entwickeln würde. Da würden die auf großer Seehöhe bei hohem Sonnenstande auf die Bäume fallenden

142 J. Wiesner,

außerordentlich intensiven Strahlen in ungeschwächtem Zu- stande die Hauptmasse der Blätter treffen. Anpassungen an so hohe Lichtstärken kommen in südlichen Breiten vor, sind an baumartigen Wachholderarten auf beträchtlichen Höhen (siehe oben p. 123) erkennbar, aber auf größerer Seehöhe von mir nicht beobachtet worden.

V. Über die Änderung' des Liehtgenusses mit der Zu- nahme der geographischen Breite und mit der Seehöhe.

In früheren Untersuchungen über den Lichtgenuß der Pflanzen bin ich zu dem Resultate gelangt, daß der relative und der absolute Lichtgenuß sowohl mit der Zunahme der geo- graphischen Breite als auch mit der Seehöhe zunehmen.1

Meine Studien über den Lichtgenuß der arktischen Pflanzen konnte ich bis an die nordischen Vegetationsgrenzen ausdehnen. Aber meine, die Höhenregion der Vegetation be- treffenden Untersuchungen gingen über das mitteleuropäische Gebiet nicht hinaus, wo die Vegetation ja schon in geringer Seehöhe erlischt. Ich habe, sehr wohl gefühlt, daß hier in meinen Untersuchungen über den Lichtgenuß eine große Lücke klaffe und dies war ja der Hauptgrund meiner Studienreise in das Yellowstonegebiet, wo ich eine bis 10.000 a. F. reichende sogar noch baumartige Vegetation der Prüfung unterziehen konnte.

Meine die Höhenregion der Vegetation betreffenden Untersuchungen über den Lichtgenuß der Pflanzen waren, soweit sie sich auf Grund meiner früheren Beobachtungen auf- bauten, insoferne unvollkommen, als sie nicht erkennen ließen, ob nicht auf größerer als der bis dahin von mir zu dem ge- nannten Zwecke betretenen Höhe die Verhältnisse des Licht- genusses eine Änderung erfahren.

In der Tat haben meine oben angeführten Beobachtungen gezeigt, daß nur bis zu einer bestimmten Höhengrenze die aus tieferen Regionen aufsteigende Pflanze in Betreff ihres Licht- genusses sich so verhält wie eine aus mittlerer Breite gegen

1 Photom. Untersuchungen im arktischen Gebiete. 1. c. p. 66, ff.

Lichtgenuß der Pflanzen. 143

die Pole fortschreitende Pflanze, nämlich daß sowohl ihr relativer als auch ihr absolutiver Lichtgenuß mit der Seehöhe zunimmt. Über diese Grenze hinaus wird zunächst der relative Lichtgenuß konstant, d. h. es wird nicht mehr ein mit der Höhe steigender Anteil des Gesamtlichtes sondern ein konstant gewordener Anteil des gesamten Tageslichtes als Licht- minimum verwendet. Eine einfache Überlegung lehrt aber, daß dieses konstant gewordene relative Lichtgenußminimum noch auf ein steigendes absolutes Lichtgenußminimum hinweist und mit demselben konstant einhergeht. Denn es steigt, wie ja meine lichtklimatischen Untersuchungen gelehrt haben, mit der Seehöhe die Lichtstärke, desgleichen die Intensität der direkten Strahlung im Vergleiche zur Stärke des zerstreuten Lichtes. Wenn also mit steigender Seehöhe von einer be- stimmten Seehöhe angefangen auch der relative Lichtgenuß konstant wird, so folgt daraus, daß der absolute Lichtgenuß noch eine weitere Steigerung erfährt.

Aber je höher eine Pflanze aufsteigt, desto mehr nähert sich ihr absoluter Lichtgenuß einem konstanten Werte, der in Wirklichkeit auch erreicht wird, wenn der relative Licht- genuß in einem gewissen Maße sinkt.1

Einige meiner oben mitgeteilten Beobachtungen lassen darauf schließen, daß dieser konstante Wert auch wirklich erreicht wird.

Ob nicht auf sehr großen Seehöhen selbst der absolute Lichtgenuß sich verringert, was ja mit Rücksicht auf die zu- nehmende Strahlungsintensität sich nicht als unwahrscheinlich darstellt, hatte ich selbst nicht Gelegenheit zu prüfen und wird wohl nur auf sehr großen Seehöhen in sehr niederen Breiten zu entscheiden sein. Doch möchte ich hier eine Beobachtung nicht unerwähnt lassen, welche Herr v. Portheim auf dem Picke's Peak (Colorado) in einer Seehöhe von zirka 4000 m machte. Er sah, daß bestimmte Gräser, welche sich aber leider nicht mehr bestimmen ließen und die in tieferen Lagen frei

i Es läßt sich durch Rechnung und durch graphische Darstellung leicht zeigen, daß auch mit einem Sinken des relativen Lichtgenusses noch ein Steigen des absoluten verbunden sein kann.

144 F. Wiesner,

exponiert aufzutreten scheinen, in so großen Seehöhen sich nur an Stellen finden, an welchen sie nur auf einen sehr reduzierten Lichtgenuß angewiesen sind, nämlich an Felswänden oder in weit offenen Felsspalten auftreten, so zwar daß ihr maximaler Lichtgenuß tief unter 1 gelegen ist und diese Gräser bei faktisch völlig freier Exposition, auf welcher der Lichtgenuß = 1 sein würde, nicht vorkommen. Es ist freilich nicht ausgeschlossen, daß das Vorkommen dieser Gräser auf großen Höhen an licht- armen Stellen auf Windschutz beruhe.

Was das Konstantwerden des relativen Lichtgenusses und Hand in Hand damit ein abgeschwächtes Ansteigen des absoluten Lichtgenusses bedingt, ließ sich leider nicht sicher- stellen; allein ich halte nach allen von mir angestellten Beob- achtungen dafür, daß hiebei das direkte Sonnenlicht im Spiele ist, welches die Pflanze durch Aufsuchung eines gedeckten Stand- ortes abzuwehren sucht. Ich habe ja schon so viele Tatsachen bekanntgegeben, welche beweisen, daß die Pflanze in der Regel das direkte Licht abwehrt und daß nur verhätnismäßig selten das direkte Sonnenlicht geradezu förderlich in die Entwicklung der Pflanze eingreift, aber doch immer nur bei verhältnismäßig schwacher Strahlung, so z. B. in unseren Gegenden bei der Entwicklung der Laubkronen im Frühlinge.1 Nun ist aber gerade auf großen Höhen die direkte Strahlung außerordentlich intensiv und wir haben ja gesehen, daß hoch hinauf steigende Koniferen durch die Zypressenform gerade das starke direkte Sonnenlicht abwehren und bei hoch aufsteigenden Bäumen in- folge der Einwirkung des direkten Sonnenlichtes sich Hitze- laubfall einstellt, während dieselben Bäume einem solchen in der Tiefe nicht oder nur in geringem Grade unterworfen sind.

Inwieweit die direkte Sonnenstrahlung im Zusammen- hange mit dem Lichtgenuß steht, konnte ich allerdings auf meiner Reise nicht konstatieren und es wird dies wohl nur auf dem Wege des Experimentes festgestellt werden können. Daß aber die in große Seehöhen aufsteigende Pflanze ganz entgegen der nach dem Pol fortschreitenden sich im Lichtgenusse ein- schränkt, das geht aus meinen obigen Beobachtungen hervor

1 Photom. Untersuchungen XII auf pflanzenphysiol. Gebiete IV. (1904.)

Lichtgenuß der Pflanzen. 145

und die Annahme der Zypressenform von Koniferen in großen Seehöhen spricht direkt dafür, daß die Gewächse das direkte Sonnenlicht von großer Intensität (nämlich bei hohem Sonnen- stande) geradezu abwehren.

So zeigt sich also von einer neuen Seite der Unterschied im Verhalten der arktischen und der Höhen Vegetation gegenüber den ihnen dargebotenen Lichtmengen: Die Pflanzen der ersteren suchen desto mehr von dem vorhandenen Lichte sich anzueignen, je weiter sie gegen den Pol vordringen, die Pflanzen der letzteren tun dies nur bis zu ein er bestimmten Grenze; von da an schränken sie zunächst die Steigerung des Lichtgenusses mit dem Fortschreiten in immer größere Seehöhen ein und sicherlich ist es die Baum Vegetation, welche auf großer Seehöhe das starke Licht abwehrt.

Die arktische Grenze für das Fortkommen einer Pflanze ist dort gegeben, wo das Maximum des Lichtgenusses mit dem Minimum zusammenfällt, z. B. bei BeUlla nana auf Spitzbergen, wo die Pflanze nach meinen Beobachtungen nur bei dem konstanten Lichtgenuß = 1 existenzfähig ist.

Wo die analoge Grenze für die in den Hochregionen wärmerer Gebiete aufsteigende Pflanze sich einstellt, läßt sich wegen ungenügender Beobachtungen noch nicht sagen. Die Verhältnisse sind hier viel komplizierter als bei der arktischen Vegetation. Denn bei der letzteren hält sich die Vegetation nahe dem Meeresniveau, während mit abnehmender geographischer Breite die Vegetation immer mehr in die Höhe dringt und so einer steigenden Lichtintensität (namentlich des direkten Sonnenlichtes) ausgesetzt ist.

Da, wie wir gesehen haben, manche Pflanzen, welche in tieferen Regionen das Gesamtlicht ertragen, auf großen Höhen nicht mehr in freier Exposition vorkommen, vielmehr auf großer Höhe ihren Lichtgenuß einzuschränken scheinen, so wird der Gedanke nicht wohl abzuweisen sein, daß die in große Seehöhen aufsteigende Pflanze ihr Lichtgenußmaximum verringert und Maximum und Minimum mit der Höhe sich zu nähern streben. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß auf großer Höhe Maximum und Minimum ebenso zusammenfallen, wie

Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl.; CXIV. Bd., Abt. I.

10

146

J. Wiesner,

im hohen Norden. Aber sollte dies der Fall sein, so müßte der Punkt des Zusammenfallens nicht die Höhengrenze bezeichnen.

Schematische Darstellung der Änderung des Lichtgenusses mit der

Seehöhe:

AB Lichtintensität. Die Intensität wurde photochemisch bestimmt. BC See- höhe, xy Gang der Lichtintensität, zugleich Maximum des Lichtgenusses für ein Gewächs, dessen relatives Maximum = 1 ist. a b . . . .h1 Minimum des Licht- genusses desselben Gewächses. Relativer Lichtgenuß bei c, d, e, f und g konstant; darunter und darüber größer. Der absolute Lichtgenuß steigt von a nach b etc. bis h und ist zwischen h und h' konstant.

auf welcher die Pflanze aufhört, existenzfähig zu sein. Denn da mit weiterer Höhenzunahme die Lichtintensität steigt, so könnte die Pflanze mit ihrem nunmehr konstant gewordenen

Lichtgenuß der Pflanzen.

147

Lichtgenuß noch in größere Seehöhen aufsteigen, soferne es die sonstigen Vegetationsverhältnisse, inbesonders die Tem- peratur der Medien zulassen.

80 c

Geographische Breite Fig. 2.

Schematische Darstellung der Änderung des Lichtgenusses mit der geo- graphischen Breite.

AB Lichtintensität (chemisch). BC geographische Breite, ax Gang der Licht- intensität, zugleich Maximum des Lichtgenusses für ein Gewächs, dessen relatives Maximum = 1 ist. bx Minimum des Lichtgenusses desselben Ge- wächses, x der Punkt, an welchem das Maximum des Lichtgenusses mit dem Minimum des Lichtgenusses zusammenfällt. Bei x arktische Grenze des Vor- kommens der betreffenden Pflanze.

Doch dies sind bloße Vermutungen, welche durch einige der mitgeteilten Beobachtungen rege gemacht wurden. Ob sich die Sache tatsächlich so verhält, wie ich vermute, könnte, wie gesagt, nur auf großer Höhe in sehr geringer Breite festgestellt werden.

10*

148 J. Wiesner,

Um die einerseits beim Vordringen einer Pflanze ins arktische Gebiet, andrerseits beim Aufsteigen in große See- höhen sich ergebenden Verhältnisse des relativen und des ab- soluten Lichtgenusses möglichst zu veranschaulichen, bediene ich mich der beistehenden graphischen Darstellung. Die bei- gegebene Figurenerklärung wird die Verhältnisse, welche ich in möglichst faßlicher Übersicht auszudrücken versuche, verständlich machen.

Ich kann diese Abhandlung nicht abschließen, ohne es auszusprechen, daß einzelne Partien dieser Arbeit mich selbst nicht befriedigen, soferne dieselben zu skizzenhaft ausgefallen sind. Ich habe allerdings die Zeit meiner Anwesenheit im Yellowstonegebiete benützt, um mit dem ganzen Aufwände meiner Kraft zur Lösung der gestellten Frage so viel als möglich beizutragen; allein der Zeitraum meiner dortigen Anwesenheit war an sich ein kurzer, umschloß nur die zweite Hälfte des August und die erste Hälfte des September, aber zudem erfaßte mich kurz vor Abschluß der Arbeit, wohl infolge von Überanstrengung, ein schweres Unwohlsein, welches meine letzte Tätigkeit dort- selbst beinträchtigte. Nichtsdestoweniger wurde die Haupt- frage, nämlich die Änderung des Lichtgenusses der Pflanzen mit der Seehöhe, wie ich wohl sagen darf, gefördert, indem nunmehr ein Einblick in diese Verhältnisse eröffnet wurde, der uns bisher verschlossen geblieben war und auch die alte Frage über die Unterschiede der Lichtverhältnisse, unter welchen die in vielfacher Beziehung sich nahestehende, ja zum Teile über- einstimmende Vegetation der arktischen und der Höhenpflanzen stehen, konnte um einen nicht unbedeutenden Schritt vorwärts gebracht werden.

Zusammenfassung der Hauptresultate.

Die lichtklimatischen Untersuchungen, welche im Yellow- stonegebiete unternommen wurden, haben zu dem Resultate geführt, daß mit der Höhenzunahme nicht nur die Intensität des gesamten Tageslichtes, sondern auch die Intensität der direkten (parallelen) Sonnenstrahlung im Vergleiche zur Stärke des diffusen Lichtes steigt.

Lichtgenuß der Pflanzen. 149

Die Untersuchungen haben weiter gelehrt, daß nur bis zu einer bestimmten Höhengrenze die aus tieferen Regionen auf- steigenden Pflanzen sich in Betreff ihres Lichtgenusses so ver- halten wie die aus niederen Breiten in höhere vordringende Gewächse, daß nämlich sowohl ihr relativer als ihr absoluter Lichtgenuß steigt. Über diese Grenze hinaus wird zunächst beim weiteren Aufstieg der relative Lichtgenuß konstant, d. h. es wird nicht mehr ein mit der Höhe steigender sondern ein konstant gewordener Anteil des gesamten Tageslichtes als Lichtminimum in Anspruch genommen. Mit diesem Konstantwerden des relativen Minimums hört aber das absolute nicht auf, sich zu erheben, wenn auch nur im geringen Grade. Endlich nähert sich auch das absolute Minimum einem konstanten Werte und kann denselben auch erreichen.

Die Untersuchungen haben von einer neuen Seite den Unterschied im Verhalten der arktischen und der Höhen- vegetation bezüglich des Lichtgenusses kennen gelehrt:

Die Pflanzen der arktischen Gebiete suchen desto mehr von dem Gesamtlicht zu gewinnen, je weiter sie gegen den Pol vordringen. Die in die Höhe steigende Pflanze verhält sich bis zu einer gewissen Grenze ebenso. Von da an weiter aufsteigend nützt sie in immer geringerer Menge das dar- gebotene Licht aus.

Es wird also in großen Seehöhen ein Teil des Gesamt- lichtes abgewehrt, was u. a. in der zypressenförmigen Gestalt der dortigen Föhren (besonders der Pinus Murrayana, dem häufigsten Baume des Yellowstoneparkes) und anderen Koni- feren zum Ausdruck kommt. Die Zypressenform bringt es mit sich, daß die von hohem Sonnenstande kommenden Strahlen nur sehr abgeschwächt im Baume zur Wirkung gelangen. So kommt die Zypressenform der Zypresse ebenso zu gute wie den auf großen Seehöhen stehenden Föhren: erstere wehrt die intensivsten Strahlen der Sonne des Südens, letztere die intensivsten Strahlen, welche auf hohen Standorten zur Geltung kommen, zum Vorteil des Baumes ab.

Die schädigende Wirkung der hohen Intensität des direkten Sonnenlichtes in großen Seehöhen spricht sich in der Tatsache

150 J. Wiesner, Lichtgenuß der Pflanzen.

sache aus, daß daselbst Hitzelaubfall bei Gewächsen eintritt, welche in tieferen Lagen demselben nicht unterworfen sind.

Die arktische Grenze des Fortkommens einer Pflanze wird, sich dort einstellen, wo Maximum und Minimum des Licht- genusses zusammenfallen, so z. B. bei Betula nana auf Spitz- bergen, wo nach des Verfassers Beobachtungen dieser Strauch nur bei einem konstanten Lichtgenuß = 1 existenzfähig ist.

Die durch das Licht bestimmte Höhengrenze für das Fort- kommen der Pflanze konnte leider nicht festgestellt werden und wird sich überhaupt schwer feststellen lassen, da die Ver- hältnisse viel komplizierter sind als bei den arktischen Ge- wächsen. Denn die letzteren gehören einer Vegetation an, welche nahe dem Meeresniveau gelegen ist, während mit abnehmender geographischer Breite die Vegetation immer mehr in die Höhe dringt und so steigender Lichtintensität, inbesonders starker direkter (paralleler) Strahlung, ausgesetzt ist. Einige auf großen Höhen am Pike's Peak (über 4100 m) angestellte Beobachtungen legen nach der Ansicht des Verfassers den Gedanken nahe, ob nicht die in große Seehöhen aufsteigende Pflanze ihr Lichtgenußmaximum verringert und Maximum und Minimum sich zu nähern streben, möglicherweise auch ver- einigen, was auf eine weitere Abwehr starken Lichtes schließen ließe. Die Entscheidung hierüber könnte nur auf großer See- höhe in sehr niederen Breiten herbeigeführt werden.

Molisch H., Über das Leuchten von Hühnereiern und Kartoffeln.

Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 3—14.

Leuchten der Hühnereier und Kartoffeln.

Molisch H., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 3—14.

Hühnereier, Leuchten derselben und der Kartoffeln.

Molisch H., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 3-14.

Kartoffeln, Leuchten derselben und der Hühnereier.

Molisch H., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 3-14.

Gräfe V., Studien über den mikrochemischen Nachweis verschiedener Zucker- arten in den Pflanzengeweben mittels der Phenylhydrazinmethode.

Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 15—28.

Mikrochemischer Nachweis verschiedener Zuckerarten in den Pflanzen- geweben mittels der Phenylhydrazinmethode.

Gräfe V., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I.Abt., Bd. 114 (1905), p. 15—28

Zuckerarten, verschiedene; Nachweis derselben in den Pflanzengeweben mittels der Phenylhydrazinmethode.

Gräfe V., Sitz. Ber. der Wiener Akad., 1. Abt., Bd. 114(1905), p. 15—28.

Pflanzengewebe, Studien über den Zuckernachweis daselbst mittels der Phenyl- hydrazinmethode.

Gräfe V., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 15—28.

Phenylhydrazinmethode, Studien über den Nachweis verschiedener Zucker- arten in den Pflanzengeweben mittels derselben.

Gräfe V., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 15 28.

Abt. I, Jänner und Februar.

.nWßoiiaa bau rmioisnriüH nov naJriousJ eßb i9dÜ ,.H rfo (ÖOGI) ±11 .b£I ,JdA .1 ,.bß>!A isnsiW isb .-tsS .sJi8

.nta'ftottß}! bnu i9r9i9nrfüH isb nöirfousJ ,(öOGI)±n bO ,JdA .1 ,.bß>IA isngiW isb .is8 .sJi2 ,.H rfosiloM

.±1-

.ntenohß}! lab bn >~. nsJriousJ .nabtanrfüH

t(ö06I) ±ii .b8 ,.MA .1 t.bß3lA isnaiW iab .isQ. .sJiB VH rfoa

.±1-8 .q

.isiaianriüH isb bnu nsdlsaisb nsirfousJ fnl9"fto*ißH ,(cOGl) ±H .b8 ..idA I rbß>IA isnsiW isb .is: iloM

.±1 8 .q

-i9>IojjS i9n9b9irioai9v nariDsimgriDOiJlim rtgb 19 ,.V atßtO

.gborÜsmnixßib^rflYnarN isb alsttim nsdav/aynssnßn^ nsb ni aai .82— cl .q t(50Gl) ±11 .b3 ,JdA .1 ,.bßjl/.

-nssnßlH fi9b ni n9}-ißi9>l3uS lanabairioeigv Bfowdofitt lodozimfidooiiliM t(ö06i) ±H .bfl ,JdA .1 ,.bßjIA i9nsiW i9b .198 .sli2 ,.V s'ißiO

n»d9W9sn3sniinS nab ni nadl-. aatißiatfoiiX

.sborlismnisßibYrilx«9^ 19t' elsttim ((gOGI) ±11 .b8 ,.JdA .1 ,.bß3iA igngiW 19b .198 .sli2 ,.V al*

S öl .q

-I^ngri^igb alaWim tedlaaßb aiawrioAmdJouS nsb ladü naibui2 «adav^snaxnßm ,(Ö06I) ±11 .ba ,.idA .1 ,.bßilA ignaiW 19b .198 .SJ:

•q

-i9>l3uS I9n3b9iri32i9v ' nab ladi UarnnisßibxrfWnarf*!

n9( 1

,(506i) ±11 .b3 ,.JdA .1 (.bßjJA igngiW iah 12 ,.V sK

: -q

I .JdA

Knoll F., Die Brennhaare der EuphorbiaceengattungenZM^W^ und Tragia. Sitz. Ben der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 29-48.

Brennhaare der Euphorbiaceengattungen Dalechampia und Tragia.

Knoll F., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905) p. 29 48.

Euphorbiaceen, Brennhaare von Dalechampia und Tragia.

Knoll F., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 29 48.

Dalechampia und Tragia, Die Brennhaare derselben.

Knoll F., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905) p. 29—48.

Tragia und Dalechampia, Die Brennhaare derselben.

Knoll F., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd 114 (1905) p. 29—48. h

Linsbauer L., Photometrische Untersuchungen über die Beleuchtungsverhält- nisse im Wasser. (Ein Beitrag zur Hydrobiologie.)

Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905). p. 51-75.

Beleuchtungsverhältnisse im Wasser.

Linsbauer L., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt Bd 114 (1905), p. 51-75. "'

Lichtverhältnisse im Wasser.

Linsbauer L., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114(1905) p. 51—75. '

Hydrobiologie, Ein Beitrag zur : Die Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. Linsbauer L., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt Bd 114 (190^) p. 51-75 ' h

.:■, aißßrfmwiHaiG ..THoiiH KM) MI -b8 ,.JdA .1 ,.bß>IA -lanaiW i9b .198 .x*i2

^T bnu uu\u.. " joßidioriqu3 isb aißßrinnuia

,(<"Oöt) ^ 1 1 .bfl ,.JdA .1 ,.bß>JA igngiW 19b .198 .sJi8 ..3 HpffH

1 oijjßrinnsia frt99yßidtorfqu3 t(öOei) MJ .b8 f.JdA .1 ..bßilA.iansiW isb .138 .sJi2 ,.1 Ilon/I

,8J

sid »ßi^ß-iT bau ßiqmßrioalßa

,(5091) MI .b8 ,.ldA .1 t.bß>IA wnaiW 19b .198 .sJi£ ,.3 HonM

- es .q

jiiqmßrioalßa bnu ßt?ißiT

,(öOGI) Ml .bfl ,.MA .1 ,.faß3lA ftfioiW 18b .198 .sJi?. ,.3 Hon>i

gj Qg .q

-2SniJJriou3[9a aib isdij ä9%äu I arfoeftfemoJoiH ,iJ i»u*daniJ

[oidoibvH -iux 3*1*108 ni3) .isaaßW mi seain >naiW isb .198 .

ni 98ainiIßriTJV«^nuJriou9l9a

MI .b3 ,.JdA .1 ,.bß>IA igng'tW 19b .198 .sJi2 ,.J i9UßdeniJ

Ig .q t(c06I)

, W mi 9?ainlüirfi9V*riDiJ t(c,09I) Ül -b8 ,'JtfA .1 ,.bß>iA i9n9iW tob .198 M& ,.J isußdanU

19MJ . r/iJtaa rti3 t9igoIoidoibvH

M I b8 ,.idA .1 ,.bK^A isngiV/ 19b .198 .sJi?. t<J i9Ußd

Photometrische Untersuchungen über die Beleuchtungsverhältnisse im Wasser. (Ein Beitrag zur Hydrobiologie.)

Linsbauer L., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 51 75.

Wiesner J. Untersuchungen über den Lichtgenuß der Pflanzen im Yellowstone- gebiete und in anderen Gegenden Nordamerikas.

Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 77—150.

Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete. V.Ab- handlung.

Wiesner J., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 77—150

Yellowstonegebiet, Lichtgenuß der Pflanzen desselben.

Wiesner J., Sitz. Ber. der Wiener Akad., I. Abt., Bd. 114 (1905), p. 77—150.

,8 sib tödi- n9§nuriouai3inrJ arioahiam« »nrfl (.sigolo na8 niH) .iggaßW

,(0061) MI .bS t.JdA .1 ,.bß>IA ignaiW 19b .198 .sJi2 t.J isußdaniJ

" If. .q

voIIaY mi nssrißfH iab Qun9$frioiJ rt3b i9dü nsgnuriouaisJnU .L lanagiW omßbioVI ngbnsgsO nsigbriß ni bnu.9J9id9§ q ,(c09I) £l i '.bO ..JdA, .1 t.bjB>lA isnaiW isb .198 ,sJi2

rlbnari t(öOGi)^il b8 t.MA .! (bß>JA »naiW 19b .198 .slr?. ,.t lsnesiW

-" .q

.nadlgaeab ngsnßfil isb Qj ,J9id9^9noJawoIl9Y

,(3001) Ml .bS ,.JdA .1 ,.bßjlA i9fi9iW 19b .198 .sJi8 vli9na9iW

.001— ^ .q

Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können:

Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Kristallographie, Botanik, Physio- logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo- logie, Physischen Geographie und Reisen.

Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie und Mechanik.

Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie.

Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere, sowie aus jenem der theoretischen Medizin.

Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand- lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei- gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Karl Gerold's Sohn (Wien, I., Barbaragasse 2) zu dem angegebenen Preise bezogen werden.

Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus- gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser Monatshefte beträgt 10 K oder 10 Mark.

Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird, wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus- gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 3 K oder 3 Mark.